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Full text of "Die Erdkunde im Verhältniss zur Natur und zur Geschichte des Menschen; Namen- und Sach-Verzeichniss .."

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http://www.archive.org/details/dieerdkundeimver12ritt 





















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Die Erdfunde 


Carl Ritter 


Band VIII. Erſte Abtheilung. 
Die Halb nTen Arge 


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Berlin, 1846. 
Gedruftund — 
bei G. Reimer. 


— —— — 


G 
Be 
Die Erdfunde 
im Berhältniß zur Natur und zur Gefchichte 
des Menjchen, | 


oder 


allgemeine 


vergleichende Geographie, 


als 
fichere Grundlage des Studiums und Unterrichts in 
phyſicaliſchen und biftorifchen Wiffenfchaften 


von 


Carl Ritter, 


Dr. und Prof. p. Ord. an der Univerfität und allgem. Kriegsjchule in Berlin, Mit- 
glied der Königl. Arademie der Wiffenfchaften daf., Ritter des vothen Adler - Ordens 
dritter Klaffe m. d. Schl., wie des Drdens p. 1. Merite Friedensklaffe; Kommandeur 
2ter Kl. des Kurheffifchen Hausordens vom goldnen Löwen, Ritter des Dannebrog- 
und Nordftern-Ordens; Wirfl. Mitgliede der Wetterauifchen Gef. f. d. gef. Naturf.; 
correfp. Ehren-Mitgl. der Gef. f. ältere deutſche Gefchichtsf.; Correfp. d. Königl. Sor. 
d. Wiffenfch. in Göttingen, der Senfenberg. Naturf. Gef. zu Frankfurt a. M.; ausw, 
Mitgl, der Soc. Asiat. und Geogr. in Paris, der Roy. Asiat. Soc. of Gr. Br., der 
Roy. Geogr. Soc. in London, d. Königl. Daniſch. Geſellſch. d. Wiff. in Kopenhagen, 
wie der Königl. Gefellich. f. nordifche Alterthumsfunde daf.; Ehren-Mitgl. d. Kaiferl. 
Ruff. Academie der Wifjenfch. in St. Petersburg, der Soc. der Wiff. in Stodholm ; 
Gorrefp. de !’Acad&m. Roy. des Inscr. et Bell. Lettres de I'Institut de France, 
Mitglied der Societe Egyptienne in Kairo, der New-York Historic. Soc., der 
American Ethnological Soc., der Soc. Ethnologique in Paris, der Cornwall 
Polytechnic. Soc., der Soc. seientifig. des Pyren6es orientales in 
Perpignan, der Bafeler Naturf. Gef. u. dv. a. 


Zwölfter Theil. 
Dritte Bud. Wef-Ajien h \ 











Zweite farf vermehrte und umgearbeitete Ausgabe. 
TTS 


Berlin, 1846. 
Gedrudt und verlegt 
bei ©. Reimer. 





„Citius emergit veritas ex errore, quam ex confusione.” 
Baco de form. calid. Aphor. X. 


Vergleichende 


Erdfunde von Arabien 


Sarl Ritter, 


Erkennen 


mm — —— — 
Berlin 
Druf und Verlag von ©. Reimer. 
1846, 





Vorwort. 


| Si Büſching's Zeit hat die Geographie von Arabien in 
den Compendien Brache gelegen; eine Durcharbeitung bes feit 
Niebuhr’s Zeiten gewonnenen überreichen Stoffes zu einer 
wiſſenſchaftlichen Darftellung und Entwidelung der Geſammt— 
verhältniffe diefer merfwürdigen Halbinfel ift noch nicht ver— 
fucht worden. Ohne Rommel's treffliche eritifche Arbeit, die 
fi) aber nur auf einen Kommentar zu Abulfeda’s Arabien 
befhränft, und ohne Berghaus Fartographifche Arbeit würde 
es noch viel Schlimmer damit in den geographifchen Hand- 
büchern ausfehen, die, wenn fie auch Einiges aus Jomard's 
inhaltreichen Arbeiten über Arabien aufgenommen haben, ober 
ihren dürren Mechanismus durd Bruchftücde aus Burckhardt's 
Meifterwerfen zu beleben fuchten, doch ein innerlih unzu— 
ſammenhängendes, todtes, uneritifches Flickwerk blieben, Das 
bei weitem die wichtigften Ergebniffe überging, und fich mit 
einem nußlofen und unfruchtbaren Ballaft von Namen ohne 
Inhalt, als wäre etwas dahinter, ausftaffirten. 3. v. Ham: 
mer’s reichhaltige, türfifhe Schagfammer, von Namen und 
Daten über Arabien, blieb ganz zur Seite liegen. Wo etwa 
noch mehr geſchah, da wurben manche bunte Flitter aus Tou— 
riften willkührlich herausgeriffen und eben fo oberflächlich, 
als Einſchlag in den magern Zettel, eingewebt. Bolf, Nas 
tur und Land blieben neben einander fteben, die Landesge- 


vın Vorwort. 


fhichte der Gegenwart fand feine Wurzel in der Vergangen- 
heit, feinen Spiegel in der Natur der Gegenwart. Alles 
blieb dunfel, oder confus und ohne inneres Leben, ohne Cau— 
falzufammenbang. 

Das wiffenfhaftlihe Ergebnif der Geſammt— 
beobadhtung eines ganzen Jahrhunderts, fo vieler 
Studien und Betrachtungen ausgezeichneter Drientaliften wie 
Autopten, in ihren, wenn ſchon nur partiellen Beftrebun- 
gen, Doch oft meifterhaften Mittheilungen, als Reiſende, Be— 
obachter und Forſcher der verichiedenften Art, aus allen Zo— 
nen, Zeiten, Culturen, auf arabifhem Boden, in arabifcher 
Natur, unter arabifchem DVolfe, fehlte durchaus; denn felbft 
Niebuhr's Meifterwerfe waren in dem, was fie für höheres, 
geiftiges Bedürfnig der Wiffenfchaft darboten, nur von We- 
nigen anerfannt, und von noch Wenigern für den Kortfchritt 
benußt, fo allgemeinen Ruhmes fie ſich auch, und mit Recht, 
erfreuten. | 

Und doch ift ein Land wie Arabien wol einer durch— 
dDringendern ernftern Erforfchung werth; ein Gebiet des Pla- 
neten, dem Areale eines Drittheils von Europa an Inhalt 
gleich, von fo eigenthümlicher, individueller Art; der Welt- 
ſtellung nad) der Uebergang von Alten nach Afrika, beider 
Erdtheile Naturen fo haracteriftifch in ſich vereinend, wie 
eigenthümliche, jelbftändige Populationen herbergend und ent— 
wickelnd, denen, zwifchen der indischen Welt, dem atlantifchen 
Maghreb und dem chriftlichen Europa, eine der großartigften, 
welthiftorifchen Rollen in dem Entwidelungsgange der Welt: 
gefchichte übertragen war. Denn das Gepräge des arabi- 
Shen Völferlebens, das in Religion, Gefes, Sprache, Poefte, 
Schrift, Handel und Wandel nicht für fich in der Luft ſchwebt, 
fondern der Landesheimath, der Landesnatur entwachfen war, 


Vorwort. 1x 


wurde, gen Aufgang der Malayenwelt eben ſo aufgedrückt, 
wie gen Untergang den Völkern am Atlas und den Al— 
pujaras, wie denen vom Oxus, Euphrat, Tigris bis zum 
Nil und Nigerſtrom. Auf den Thronen der Khalifen in Bag— 
dad, in Cairo, Damask, Cordova, Sevilla, Fez, Schiraz, 
Samarkand, Delhi gewann es ſeinen höchſten Glanz, auf 
vielen andern Thronen der Sultane von Malakka bis Bo— 
khara, von Conſtantinopel bis Marokko, Timbuctu, Darfur 
und zurück bis Sanaa in Jemen iſt es, wie bei den zuge— 
hörigen Völkern, noch in ſeiner geiſtererſtarrenden Nachwir— 
fung zurückgeblieben. Als geiſterbannender Mittelpunct des 
ganzen mohamedaniſchen Zauberweſens haben ſich aber in der 
Mitte der arabiſchen Halbinſel Mekka und Medina als An— 
ziehungspuncte von Außen für ſo viele Millionen eben ſo 
erhalten, wie im Innern der Halbinſel ſich das patriarcha— 
liſche Beduinenleben der antiken Welt, aus den Abrahamiſchen 
Zeiten bis in die modernſten herüber in ſeiner Urſprünglich— 
keit fortzugeſtalten vermochte. 

Dies ſind Erſcheinungen in dem ſo räthſelreichen, irdiſch— 
planetaren und wundervollen Entwicklungsgange des Men— 
ſchengeſchlechtes, die ſich vom europäiſch-hergebrachten, vor— 
nehmen Standpuncte der Weltbetrachtung (der noch immer 
derſelbe iſt, wie bei Griechen und Römern, Alles was nicht 
europäiſch iſt mit dem Namen barbariſch zu bezeichnen) nicht 
durch die Worte: „Wüſte“ und „Rohheit“, die man aus 
Nichtkenntniß, auch der arabiſchen Welt irrig beilegt, zur 
Seite geſchoben und ignorirt werden können und dürfen. 
Und zumal nicht zu einer Zeit, in welcher der Orient, wie 
ein mächtiger Rieſe aus der langen Erſtarrung ſeines ver— 
meintlichen Grabes, einer inhaltreichern Zukunft entgegen ſich 
zu erheben begonnen hat, deſſen Schickſal kein Sterblicher in 


X Vorwort. 


den Sternen zu leſen vermag, wie der einft noch ſchlummernde 
Rieſe des amerifanifchen Deeidents, dur Merkur und Mi— 
nerpa mit dem Delzweige berührt, aus feiner trümmerreichen 
Bergangenheit am Fuße des Chimborazo Schon längſt fih 
erhoben bat (fiebe, zu Al. v. Humboldt’s Voy., Gerard's 
ſchönes Titelfupfer: Humanitas, Literae, Fruges) zu größe- 
vem Dafein. 

Daher mußte in einer allgemeinen, vergleichenden, wif- 
jenfchaftlichen Betrachtung auch diefer ebenbürtigen Planeten- 
ftelle, gleich jeder andern, ihr Recht gefchehen, wenn die— 
ſes auch noch nicht allgemein anerfannt fein follte, welches 
aber hiermit nach ſchwachen Kräften verfucht wurde, jedoch 
in einer Art, die, bei vielen Mängeln, eine ungemein reiche, 
ja wir fünnen fagen, kaum geahnete Ausbeute gab, nicht 
durch eigene Arbeit und Erfindung etwa, fondern nur durch 
gewiffenbaftefte Beachtung aller derjenigen Wahrheiten, die 
von den gebildetften Vorgängern und Zeitgenoffen auf diefem 
Gebiete ſchon gefunden waren; wie denn alle Wiffenfchaft, 
und die Philoſophie felbft, nichts anders ift, als nur ein Be- 
achten des menfchlichen Geiftes und ein Auffinden deſſen, was, 
obwol durch Gottes Rathſchluß noch verſchleiert, doch fhon 
vorhanden war, in der Natur, in den menfchlichen und 
in den göttlihen Dingen, Nie kann daber die ftrenge und 
umfaffende Unterfuhung fehl geben, weil jeder Inhalt zulegt 
unendlich iftz und wie follte fie es bier, wo der vorliegende 
Segenftand, felbit göttlicher Natur, vom Beginn der Schö- 
pfung an zur Gefhichte der Menſchheit in ihrer har— 
monifhen Entwidlung mit dem Erdball gehörte, zur 
Ermittlung der Culturftufe mit der ihr zugetwiefenen Stelle 
im großen Erziehungsbaufe des Planeten, während ihres ir- 
diichen Dafeins. 


Vorwort. xi 


Einen, gegen frühere, kurzgefaßtere Abriſſe Arabiens, 
größern Rahmen mußte daher die gegenwärtige Arbeit in 
zwei mäßigen Bänden einnehmen, die ein zuſammen— 
hängendes, für ſich abgeſchloſſenes Ganze bilden, 
weil aus der compacten, in ſich zuſammenhängendern Maſſe 
Aſiens deſſen weftwärts immer mehr und mehr fortſchrei— 
tende Gliederung auch wirklich Sonderbetrachtungen 
dieſer einzelnen Glieder (wie Arabien, Syrien, Aſia mi— 
nor, Kaukaſus) nicht nur möglich, ſondern, als eigne kleine 
Welten für ſich, nothwendig machte. Daher denn zu der 
Gruppirung von Oſt-Aſien in vorigem (Bd. IT bis VT), 
dem ein eigner Regifterband folgte, und zu der Gruppirung 
von Weft-Afien (Bd. VII bis XD), deffen fünf Bänden 
unmittelbar ein zweiter Negifterband folgen wird, auch die 
bier folgenden zwei Bände Tert Arabiens (Bd. XI und 
XI) gehören, denen ebenfalls ein angebängtes Negifter bei- 
gegeben fein wird. Zu ihrem Gefammtverftändnig kann, bei 
der großen Unvollfommenheit bisheriger Generalfarten, ein 
eignes Heft „Kartenmaterial zu Arabien” ausgege- 
ben werden, deſſen gewiffenhafte Nedaction, nad den ung 
von den verfchiedenften Seiten dargebotnen, zum Theil fonft 
noch unbenusten bandfchriftlihen Quellen, wir dem raftlofen 
Eifer unfers jüngern Freundes, dem Lieutn. Zimmermann 
vom Generalftabe, verdanfen, der fi ſchon in fo vieler Hin- 
fiht um Fortbildung der Erdkunde im In- und Auslande 
nicht unbeachtet gebliebene Verdienfte erworben bat. Unſerm 
füngern Freunde Kiepert verbanfen wir die forgfältige 
Durchſicht der erften Hälfte diefes Bandes in den orientalt- 
hen Namen beim Drude, bevor derfelbe nad) Weimar über- 
fiedelte, und Hr. ©. Fr. 9. Müller nicht nur die forgfältigfte 
Unterftüßung bei der Gorrectur des ganzen Bandes, fondern 


xii Vorwort. 


auch die mühſame Ausarbeitung des Regiſters, beides keine 
geringen Bemühungen, die daher auch wol die Nachſicht der 
Kenner in Anſpruch nehmen dürften. 

Die Vergleichung der Angaben der vier ausgezeichnete— 
ſten orientaliſchen Geographen über Arabien, mit welcher die— 
ſer erſte Band beginnt, war ein neugewagter Verſuch, der 
aber ganz nothwendig ſchien zur Beſeitigung vieler Irrthü— 
mer und um nur die Gegenwart verſtehen zu lernen, die 
auch im geographiſchen, wie im hiſtoriſchen, auf dieſem Bo— 
den und unter dieſem Volke faſt nur auf der Vergangen— 
heit baſirt. Die Möglichkeit eines ſolchen Verſuchs, mit der 
Grundlage des Ißtachri, verdanke ich der deutſchen Ueber— 
ſetzung meines jüngern Freundes A. D. Mordtmann, jest 
Geſchäftsträger und Geſandter der Freien Hanſeeſtädte an der 
Hohen Pforte in Conſtantinopel, die ſeitdem auch öffentlich 
erſchienen iſt (Ißtachri, das Buch der Länder, aus dem Ara— 
biſchen von Mordtmann, mit Vorwort von C. Ritter, Ham— 
burg, 1845. 4.), die aber nur erſt im Mſer., nicht im Druck, 
benugt werben fonnte. Eine VBergleihung mit Abulfeda’s 
vollftändigem Terte wurde mir durch meinen fo zuvorfom- 
menden Freund, Hrn, Reinaud, Prof. des Arabiichen und 
Academifer in Paris, möglich, der die große Güte hatte, mir 
feine .franzöfifche Ueberfegung des arabifchen Tertes und der 
eritifhen Noten zum Abulfeda, Die noch nicht publicirt find, 
zur Benugung bei meiner Arbeit zusufenden, Edrifi und 
Ebn Batuta waren fchon Yeichter zugänglich gemacht, aber 
doch in ihrem reichen Gehalte für die Geographie der Halb- 
infel noch gar nicht, felbft bei Rommel nur der Edrift topo— 
graphiſch, benutzt. Den aus folhem Verſuche bervorgegan- 
genen Gewinn für das Verſtändniß der Autoren, wie für ihr 
Land und Volk, bleibe dem Urtbeil der Kenner überlaffen. 


Vorwort. xım 


Die türkiſche Geographie Arabiens im Dſchihannuma war 
durch unfern hochverehrten Gönner und Freund J. v. Ham— 
mer fchon fo vortrefflih in ihrem Tericalifchen Ueberreich— 
thum ‚geordnet, daß wir auf ihren vollftändigen Fluß nur 
binzumeifen brauchten, wo es für unfre Arbeit nöthig ſchien. 
Die reiche Fülle ganz neuen Materials, wie von Sad— 
tier, 9. Wrede, Arnaud, Aucher Eloy, Haines, Arbudle, Fo— 
fter, Stocqueler, Noberts u. v. A., zu unferm Aufbau faft 
an allen Enden der Halbinfel, über welches bisher alle Geo- 
graphien gefchwiegen, haben wir bier nicht aufzuzählen, da 
daſſelbe überall im Werfe feiner Duelle nach genau bezeich- 
net iſt. Obwol wir ung feineswegs mit dem Titel einer 
vollftändigen Geographie von Arabien brüften wollen, da 
ja Vieles noch Terra incognita, und von dem ſchon Bekann— 
ten felbft gar Manches, nah Namen und Sachen, dafelbft 
für eine bereinftige Tericalifche Einregiftrirung übrig bleibt, 
mit der wir hier nichts zu thun haben, fo glauben wir doch 
verfichern zu können, daß in der Characteriftif und dem 
Wefen ihrer Berhältniffe nicht leicht ein Hauptmoment 
vermißt werden bürfte. 
| Da wir überall dem innerften Gedanfengange in ber 
Geſchichte des Volks, feiner Politik, feiner Religion, feiner 
Sitten und deren mannichfaltigften Nefleren und Manifefta- 
tionen in Sprade und Literatur, wie feinen treueften und 
geiftreichften Beobachtern, einem Niebubr, Burdbardt, Fresnel, 
De Sacy, Jomard, Reinaud, Gefenius, Rödiger, NRüdert, 
Weil, Ewald u. A., zu folgen und die eigenthümliche Na— 
tur des Landes wie feiner Organismen zu erfennen bemüht 
waren, nad den lehrreichen Vorarbeiten der genannten, wie 
eines Forskaͤl, Seesen, Ehrenberg, Botta, Rüppell, Schim— 
per, Wellfted, Hulton, Gruttenden, Malcolm, Vie. VBalentia, 


xiv Vorwort. 


Owen, Haines, Whitelock, Moresby, Carleß u. v. A., fo 
trat nun die vermeintliche „Wüſte“ an ſo vielen Stellen als 
ein wirklich reich begabtes und bevölkertes Land, die eben ſo 
für blos „roh und barbariſch gehaltne wilde Volksmaſſe,“ 
als ein in ſich vielfach gegliedertes Volksſyſtem voll mannich— 
faltig geſonderter Individualitäten und Entwickelungen zu den 
verſchiedenſten Culturſtufen, Lebensarten, Sitten und Gebräu— 
chen hervor, wie ſie der Gang der Völkergeſchichte, die hier 
in die früheſten Jahrtauſende zurückgeht, auch erzeugen mußte. 
Das Land zeigte ſich reich an hiſtoriſchen Anklängen in allen 
Richtungen der älteſten Völkergeſchichten, von denen es, wenn 
ſchon durch Kriegszüge ununterjocht, doch keineswegs in Mythe, 
Genealogien, Sprachen, Hiſtorien, Culturen, Literatur, Ideen, 
ſo geſondert und iſolirt oder zurück geblieben, da man ihm 
allein nur etwa antiken Welthandel und Verkehr, zur Zeit 
der Sabäer, oder Poeſie und Mährchen zuzuſchreiben für gut 
fand, alle andern Zweige der Entwicklung aber ihm oft von 
vorn herein verſagen zu müſſen wähnte. 

Die älteſte Periode hat nun ſchon ihren noch unerſchöpf— 
ten Reichthum an überdauernden Monumenten an allen Ge— 
ſtaden und an vielen Localitäten des Innern dargeboten, die 
durch ihre zahlreichen antiken Inſcriptionen aus einer ver— 
ſchwundenen Culturperiode dereinſt eben ſo, um die Metropo- 
lis Regia Sabaeorum das Dunkel der Vergangenheit erhellen 
werden, wie die Denfmale zu Theben am Nil, zu Babylon 
am Euphrat, zu Niniveb am Tigrig, wie die am Indus und 
Ganges, in Yucatan Palenque, und in noch andern undurd- 
forfchten amerifanifchen Urwäldern. 

Die jüngfte Zeit der ägyptiſchen Kriegsperiode Moham— 
med Alis gegen die Wahabi und der britifchen Politik in 
Arabien hat, noch mehr als die lange vorhergegangene Frie- 


— * 
ee 


Vorwort. - XV 


densperiode, eine neue Aera für die Entdedungsgefchichte der 
Binnenlandfhaften diefer Halbinfel, von Hedſchas und feinen 
Dergfetten, von Nedfched, von Bahrein und den Piraten- 
füften, yon Afyr, felbft von Theilen Jemens, von Aden und 
Dman, herbeigeführt, deren Refultate wir, durch die Zeitums 
ftände mehrfach begünftigt, zum erftenmale in ihrem erfolg- 
reihen Zufammenbange für Kenntnig von Land und Bolf 
bier für die Erdfunde fruchtbringend vorführen Fonnten, 
Freundfchaftliche Meittheilungen mancherlet Art festen ung in 
Stand, die Wiffenfhaft durch Bertilgung mander Irrthümer 
und durch Ausfüllung mander Lüden zu bereichern. Sp: 
Ehrenberg’s handſchriftliches Tagebuch von feiner arabi— 
hen Reife, nebft Kartenſtizze; W. Schimper’s durch Prof, 
Braun in Carlsruhe gütig zur Benusung überlaffenes Jour— 
nal des Routier von Dſchidda nah Taif. Eben fo des 
öſtreichiſchen Gefandten Graf v. Stürmer Uebergabe lehr— 
reicher Confulatsberichte über die Kriege in Afyr, bei unſerm 
Aufenthalte in Conftantinopel; ferner die vielen fürdernden 
Beiträge, die wir während unfers Testen Aufenthaltes in 
Paris, 1845, der Güte der Herren Neinaud und Jomard 
verbanfen; auch die Geftattung einer Copie des handfchrift- 
lichen fehr fchäsbaren neuen Kartenentwurfes der Ingenieure 
Galinier und Ferret über Hedfchas, zum Verftändniß von 
Chédufeau's, Tamifier’s, Planat’s u. a, Kriegsberichte, Vor— 
züglichen Dank fohulden wir Hrn. 3. Mohl, Academifer in 
Paris, für Anvertrauung einer inhaltreichen ibm übermad)= 
ten Gorrefpondenz des gelehrten und geiftreihen Spradfor- 
ſchers F. Fresnel aus Dididda, während deſſen mebriäh- 
rigen dortigen Aufenthaltes, durch die einen Schag neuer 
Forfhungen und Beobachtungen für unfere Wiffenfhaft ges 
wonnen zu haben, wir bier zum voraus anerfennen, Die 


xvi Vorwort. 


Anwendung, die wir von allen dieſen Gaben, oft nur an— 
führungsweiſe, um zu neuen Forſchungen an Ort und Stelle 
aufzufordern und auf vieles bisher Ueberſehene aufmerkſam zu 
machen, wie von jo manchen andern, für den Fortſchritt der 
Erdfunde gemacht haben, möge jenen Gebern genehm fein, 
und mehr als Worte unfere Berbindlichfeit dafür bezeu- 
gen, fowol in Diefen erften Bande, als im unmittelbar 
nachfolgenden zweiten, dem auch ein Anhang über geo- 
grapbifche Verbreitungsfphären einiger für Arabien 
charaeteriftifchen Producte, wie des Kaffeebaumes, der 
Dattelpalme, des Kameels u, a., nebft Negifter und 
arabifhem Kartenheft beigefügt fein wird, 
Berlin, am 26, März 1846, 
C. Ritter, 


Inhaltsverzeihniß und Blattweifer, 


Allgemeine Erdfunde Th, XII 
J 


Band VII. Erſte Abtheilung. 


Drittes Buch. 


Biere 
Band VI. 





Vierte Abtheilung. 
Südliche Gliederung. Das Halbinfelland Arabien, 


Erfter Abſchnitt. 
8.58. Einleitung ©. 3—401. 


1. Allgemeine Ueberfidt. ©. 3—15. 
Erſtes Kapitel. Die hiftorifchen Verhältniffe der Halbinfel Aras 
biend. ©. 15 — 401. 
2. Bormohamedanifhe Zeit. ©. 12. 
a. Mittel-Arabiens Zuftände. Die Ismaëliten. Mekka und Mes 
din. ©. 15. 
b. Süd⸗-Arabiens Zuftände vor der mohamedanifchen Zeit. Jemen. 
Die Joetaniden, die Himyariten, die Suriyani, die Chhfili. ©. 38. 
3. Juden» und Chriften-Gemeinfchaften und ihre Verbreitung durch 
Arabien bis zum Jahrhundert Mohameds. Die äthiopifche Chri- 
ften » Ufurpation in Jemen (530—601 n. Chr. ©.). ©. 58. 
Die Nera Seil alarim; die Berheerung des Dammdurchbruchs von 
Mareb (Seed Mareb). Die Nuswanderungen der Stämme von 


Iemen und die Stiftung ihrer Golonien und Reiche im mittlern 
und nörblichen Arabien. ©. 73. 


4. 


xvm Inhaltsverzeichniß. 


$. 59. Die arabiſchen Grenz-Reiche gegen Iral und Sy— 
rien: Dira und Ghaffan. ©. 87—11l. 
1. Das Königreich Hira der Nraber gegen Irak, unter dem Einfluß 
der Saſſaniden. ©. 87. 
2. Das Königreich Ghaffan der Araber gegen Syrien, unter dem Ein: 
fluß der Byzantiner. S. 107. 


$. 60. Nordweftlihes Grenzland Nabataea, die Arabia 
Petraea der Griechen und Nömer Das Land der Naba- 
tüer, der Nicht- Araber, in vormohamedanifcher Zeit. Die Urfſitze 
der Nabat vom aramäifchen Stamme im Guphratlande; ihre Aus— 
breitung durch Nord-Arabien bis zum Golf von Alla. Ihre Co— 
lonifation, ihr Territorium, ihre Dynaftie, ihr Handel. Berhältnig 
der Nabat zu Affyriern, Syrien und Phöniciern. Ihr Kommen 
und Verfchwinden. Fortdauer ihrer VBopulation und ihrer Sprache 
im euphratenfifchen ISraf. ©. 111— 140. 


$. 61. Zweites Kapitel. Siftorifhe Einleitung. Portfegung. 
Arabien nach den arabifhen Geographen des Mittels 
alters, vom X. bis zum XIV. Jahrhundert. Nach Ißta— 
chri (950), Edrifi (1150), Abulfeda (1331), Ebn Batuta 
(1354). ©. 140 — 234. 

1. Arabien nach des Ißtachri Liber Climatum (950 n. Chr. Geb.). 
Nordarabien von ihm als Augenzeuge bejchrieben. Mannichfache 
Berichtigung aus ihm für feine Nachfolger, zumal über Nordara: 
bien. ©. 141. 

2. Nrabien nah Edrifi, geboren 1099 n. Chr. G. (493 Heg.), aus 
feiner Djiagrafia alkollia (Geographia universalis) oder dem 
Nozhat el Mofchtäf (Oblectamentum cupidi), vom Jahre 1153 
(548 Heg.). Insbeſondere feine Namrichten über die Nordweſt— 
füfte und über das Orenzgebirgsland der unabhängigen Völker: 
ftämme zwifchen Hedfhas und Jemen (Aſir) mit Burckhardt's 
Nachrichten verglihen. ©. 167. 

3. Arabien nach Ismaëöl Abulfeda (geb. 1273, geit. 1331 n. Chr. ©.), 
zumal jeine Sünftheilung der Halbinfel nad dem Vorgange des 
A Madayny im 9ten Jahrhundert. ©. 213. 

I. Tehama. er 219. II. Nedjd. ©. 220. III. Hedſchas. ©. 224. 
IV. Aroudh. S. 227. V. Semen. ©. 229. 


d. 62. RER, Ginleitung. Bortfeßung. 


Wanderungen durch Süd-Arabien im Mittelalter und 


VBergleihung ihrer Angaben mit alter und neuer Zeit, 
S. 234 —312. 


Inhaltsverzeichniß. xix 


1. Ebn Batuta's Wanderungen in Arabien, 1328— 1330; Pilger— 
fahrt nach Meffa, Schiffahrt bis Hali und Fandreife über Zebid, 
Taäs, Sanaa nach Aden. ©. 234. 

2. Ebn Batuta’s Fahrt nach Zafar (Sepher, Dhafar), Dofar der heu— 
tigen Zeit, an der Südoftfüfte Arabiens, deifen oceaniſches Geftade- 
land nach Ißtachri, Edriſi, Abulfeda und den alten Römern. Das 
Land Hadhramaut. Das Weihrauchland Chedjer. Die Mahri; 
Land Mahra oder Mehret (Cap Morehat). Der Berg gegen den 
Morgen (Shher, Sochar, der Weihrauchberg). Der Berg Lous. 
©. 251. 

3. Das gewächsreiche Geftade von Zafar nach Ebn Batuta, und das 
Binnenland der Sandwüfte El Ahfaf. A. v. Wrede’s Ereurfion 
zum El Ahfaf und nad) dem Lande Kubr el Hüd im Jahre 1843. 
Der Brunnen Barhut (Stygis aquae fons bei Vtolemäus), das 
Volk der Minäer und Rhadamäer (des Minos und Rhadamanthus 
nach Blinius). Die Capitale der Minäer, Carnon, Al Ckam im 
Madi Doän. ©. 268. 

4. Der Wadi Doän, im alten Lande der Minäer, bewohnt von den 
Toani des. Plinius. Miederentvekung durch A. v. Wrede's Er: 
eurfion im J. 1843. ©. 284. 

5. Berfchwundene Zafar des Ebn Batuta; die heutige Dörferreihe Za— 
far zwifchen Mirbat und dem Cap Sadjir nach Ausfage Mouhhfins 
und Fresnel's Bemerfungen. C. 3. Eruttenden’s Excurſion von 
Morebat durch den Diftriet Dofar zu deſſen Hauptſtadt Dyreez 
(Addhariz bei Fresnel) im Januar 1837. ©. 295. 

6. Ebn Batuta’s Meberfahrt nach Hafif und Kalhaat in Oman. Die 
Bay von Hafif, die Djoun al Hafchifch (Sinus herbosus, Golfe 
des Herbes bei D’Anville) oder Kuria Muria-Bay mit den In: 
feln Khartan und Martan. DOrientirung des Sachalites Sinus bei 
Arrian und Ptolemäus (der Sachar- oder Schhehr: Küfte); das 
Syagros extrema (Gap Saugar) in Haſik (ad Asichon). ©. 305. 


$. 63. Hiftorifche Einleitung. Fortſetzung. 
Wanderungen und Umfchiffungen des füdöftlihen Ara— 
biens nach den ältern Autoren, verglichen mit denen 
der neuern Zeit und die jüngften Entdvedungen anti: 
fer Denfmale ©. 312 — 372. 

1. Cane Emporium und Orneon, die Vogelinfel des Periplus Mar. 
Erythr.; Hiſn Ghorab, das Nabenfchloß, mit feinen himjaritifchen 
Inferiptionen nad) Gapt. Haines und Lieut. Wellſted's Entdeckung, 
1834. ©. 312. 


xx Inhaltsverzeichniß. 


2. Nakab el Hadſchars Trümmerſtadt im Wadi Mefat, Maephat Vi- 
cus des Ptolem., nach Wellſted's Entdeckung und Excurſion dahin 
im April 1835. S. 322. 

3. Des Periplus Bericht vom Weihrauchgeſtade, d. i. vom Sachalites 
(Schahr, Shher); von Cane (bei Hiſn Ghorab) bis zum Syagros 
Promontorium (Gap Saugra) und zu den Sieben Infeln des Ze— 
nobius (den Infeln Khartan und Martan, oder Curia Muria in 
dem Hafchifch Golf). Dr. Hulton's Beſuch diefer Infelgruppe der 
Beni Zenobi im J. 1836. ©. 332. 

4. Ebn Batuta’s und des Periplus Umfchiffung der Außerften Südoft: 
fpige der arabijchen Halbinfel vom Cap Saugra und Gap Sfolette 
bis zum Nas el Had mit der Infel Sarapis, der heutigen Maſſera. 
Capt. Dwen’s und Wellſted's Stationen an diefen Geftaden. Die 
Fifcher auf Schlauchfloogen; die Ascitae der Alten. ©. 347. 

Anmerkung. Der arabifhe Weihraud. Lubän der Araber, 
Lebonah der Hebräer; Adßavos der Griechen. vos, Iuulaue; 
Thus der Römer. Incensus, Encens, Franckincense. Oli- 
bano der Italiener. Die Weihrauchländer in Arabien, in Afrika, 
in Perfien und Indien. Xovdoos, Chonder des Avicenna; Kun 
dur der Perfer und Inder. Javana, der arabifche, im Sans: 
frit. Der indifhe Weihrauchbaum: Boswellia serrata; bie 
verwandten Species der Bäume und Gummiarten in Indien. 
&. 356 — 372. 

$. 64. SHiftorifche Einleitung. Fortſetzung. 

Manderungen und Umfchiffungen von Dman und der 

Dftfüfte Arabiens, im perfifhen Meerbufen, nad den 

Berichten der Altern arabifhen Autoren. ©. 373—401. 

1. Ebn Batuta’s Befuh in Oman. Befuh in Kalhat und Neswa. 
Die Städte Kalhat, Sour, Masfat und Szohar, nah Ißtachri, 
Edriſi, Abulfeva. ©. 373. 

2. Ebn Batuta’s Nachricht von Ormuz und den Oftfüften Arabiens 
am perfifchen Golf. Die Berichte von diefem arabifchen Geftade- 
lande von Al Hadiar, Jemama, Alahſa (Lachſa), Al Kathif, Bahrein 
und den Perlfifchereien, nach Ißtachri, Edrifi, Abulfeda. ©. 383. 


Zweiter Abſchnitt. 
Die geographiſchen Verhältniſſe der Halbinfel Arabiens in der 
Gegenwart. ©, 402 — 1035, 
$. 65. Erſtes Kapitel. Der perfifche Golf in feinen Beziehun— 
gen zum arabijchen Geſtadelande. ©. 403 — 468. 


Erl 


Inhaltsverzeichniß. XXI 


äuterung 1. Ueberſicht; Viratenkriege, Capt. Sadlier's Ein: 
gang 1819; britiſche Küſtenaufnahme und Entdeckung. ©. 403. 


Erläuterung 2. Einfahrt in den Perfer- Golf und feine Umgebun- 


gen im Umfreife des Cap Muffendom. ©. 426. 


Erläuterung 3. Die arabifchen Inſelſtationen im Perfer-Golf, ent: 


— 


» 


9% 


10. 


$. 66. 


I. 
E 


lang der perſiſchen Geſtadeſeite, von Ormuz bis Karek. 1) Or— 
muz; 2) Kiſchmi; 3) Larek; 4) Angar; 5) Klein und Groß 
Tambo; 6) Polior; 7) Keiſch oder Kenn; 8) Hinderab und 
Buſheab; 9) Gogana, Abuſchähr; 10) die Inſel Karek oder 
Charedſch. S. 435. 

Die Inſel Ormuz, 'Ooyava, Organa des Nearch —— Gy⸗ 

rine, Tyrine bei Strabo?); Jerun der Einheimiſchen und der 

Araber; Necrokin und Zambri der Tataren nach Herbert. S. 435. 

Die Inſel Kiſhm, Kiſchmi. Queixome bei Teixeira; Broct oder 

Vroct der Portugieſen; Ogoezre, d. i. Oaracta Nearchs, bei 

Arrian H. Ind. 37; OdooöyYea bei Ptolem., Vuorokhtha; Djesn 

der Araber. Djezirat tuileh oder tauilah, d. i. die Lange Inſel, 

der Araber; Djezirah diraz der Perſer. Auch Diezivah Läfet, 
nach ihrem Hafen (Labet nach Edriſi bei Jaubert; Lamet der 

latein. Ueberſ.). S. 445. 

Larek, Larej oder Lareg. S. 455. 

Angar, Angam oder Anjar. ©. 456. 

Klein» und Groß-Tumbo, oder Nabgiu und Tombo, oder Tumb 

Namin. ©. -457. 

Die Infel Polior; Pylora, Pollior over Belior nah Niebuhr. 

©. 457. 

Die Infel Keifch, Käs oder Kenn; die Aaraı« bei Arrian. S. 458. 

Die Infeln Hinderab, Kecandros bei Arrian, und Bufheab, die 

namenlofe; das Gap Berdiftan, Ochos Promontorium bei Ars 

rian. ©. 459. 

Nearchs Küftenfahrt bis Gogana, Abuſchähr. ©. 460. 

Die Infel: Karraf, Karef oder Charedſch. ©. 461. 

Zweites Kapitel. Das dftliche arabifche Geſtadeland ges 
gen die Seite des Perſer-Golfs und feiner Eingänge. ©. 469. 
Dman das Küftenland. ©. 469 — 535. 
rläuterung 1. Meberfiht von Oman: Geftadeland, Meeresan: 

fuhrt, die Gove von Masfat. Gintheilung: drei Gebirgszüge, 

Wüſtenland, Dafenreihen; Quellen, Glima, Producte; Handel 

und Gewerbe, Bevölkerung, Lebensweife, Seeten; Geſchichte, 

Imam-Herrſchaft, Seeherrichaft, Flotte, ©. 469. 


xxu Inhaltsverzeichniß. 


Erläuterung 2. Die Stadt Maskat, der Haupthafen, die Reſi— 
denz, das Emporium, die Flottenſtation; Gewerbe und Verkehr. 
Matrah der Schiffswerft. Die Heilquelle bei Rian; Excurſion 
dahin; die heiße Duelle, die Badeſaiſon. ©. 508. 

1. Masfat. ©. 509. 
2. Matrah nad Rödiger, Mattrah bei Niebuhr, Matarah beı 
Mellfted, und die warme Heilquelle bei Rian. ©. 518. 

Erläuterung 3. Küftenftädte in Oman: 1) Sib, 2) Burfa, 3) 
Suwef, 4) Sfahar, 5) Schinaf, 6) Dibba und die felfige Wild- 
niß der Afabberge bis zum Nas Muffendom an der Nordſpitze 
von Oman, 7) die Kaſab-Bay, 8) Nas el Khaimah und die Tri— 
bus der Piratenküſte. ©. 523. 

$. 67. Drittes Kapitel. U. Oman das Binnenland. ©. 536 
bis 563. 

Erläuterung 1. Ausflug von Sfur gegen Süd nah Dſchilan; zu 
den Beni Abu Hafan, den Beni Abu Ali und den Dſcheneba-Be— 
duinen, 1835. ©. 537. 

Erläuterung 2. Die Dafenreihe im Binnenlande Omans, von Diehl: 
lan und den Beni Abu Ali gegen N.W. durch den Wadi Betha 
über Bedi'a, Sbra, Semmed, Minach bis Neswa. ©. 543. 

Erläuterung 3. Greurfion von Neswa zum Dfehebel Achdar, d. i. 
dem grünen Gebirge, und Rückweg nad Neswa. Rückweg zur 
Wüſte nad) Sib, 1836. ©. 550. 

Erläuterung 4. Querroute von Sib über Kothra, Maskin, Mafis 
nijat und Obri, 1836. Mißglückte Verfuche, bis zur Grenze der 
Mehabi in Birma vorzudringen. ©. 560. 

$. 68. Viertes Kapitel. Das Küftenland Oftarabiend gegen 
den perfifchen Golf, vie Piratenfüfte, EI Hedſcher, Bahrein, 
EI Katyif, EI Ahſa, Gran und das auffteigende Binnenland 
von Nedichen bi Dreyeh. ©. 563 — 605. | 

Grläuterung 1. Gapt. Sadlier's Duerreife von el Kathif über el 
Ahfa nach Deranije (Dreyeh) in Nedſched, 1819. ©. 569. 

1. Abreife von El Kathif über Amer Nubiah nah el Ahſa. ©. 570. 

2. Weg von Amer Rubiah W.S.Weftwärts nach Dreyeh in el Aa— 
red. ©. 576. | 

Erläuterung 2. Specielle Notizen über die Topographie und Eth— 
nographie der Piratenfüfte von Nas Muffendom bis Bahrein, nach 
Lieutn. Whitelof. S. 582. 

Srläuterung 3. Nachrichten von Bahrein dem Infelftaate und fei- 
ner Berlfifcherei. S. 594. 


Inhaltsverzeichniß. XXI 


Erläuterung 4 Serftreute Notizen über den Küftenftrich und feine 

Anwohner; Gran, el Ahfa. ©. 599. 

$. 69. Bünftes Kapitel. Die oceaniſche Südküſte Arabien 
zwifchen Mahrah und Bab el Mandeb, oder die Küfte von 
Hadhramaut und Aden. ©. 605 — 707. 
I. Die Küftenterraffe Hadhramaut. ©. 609. 

Erläuterung 1. Hadhramaut im Allgemeinen, zumal das Bin- 
nenland, nach den Berichten von Niebuhr und den Ingfien Er: 
fahrungen von Wellfted. ©. 609. 

1. Nah Niebuhr (1763). ©. 609. 
2. Nach Wellſted's Erfahrungen (1840). ©. 614. 

Erläuterung 2. Die öftlihe Küfte Hadhramauts vom Naben 
ſchloß Hiſn Ghorab an dem Weihrauchgeftade über Mafallah und 

Shehr bis Mifenät. ©. 621. | 
1. Die Küfte Hadhramants von Hifn Ghorab bis Makallah. 
6. 621. 
2. Das Dorgebirge und die Stadt Mafallah. ©. 625. 
3. Die Hadhramant-Küfte oftwärts von Mafallah bis Shehr und 
Mifenät. ©. 634. 

Erläuterung 3. Portfekung: die öftlihe Küfte Hadhramauts von 
Mijenät über Ras Fartak, Dhafar, Merbät bis zum Cap Iſo— 
lette; oder die Küfte der Mahrah-, der Gharrah- und der Je— 
nobi-Tribus. ©. 645. 

Erläuterung 4 Die weftlihe Küfte Hadhramants vom Naben: 
ſchloß Hifn Ghorab bis gegen Aden; oder die Küfte der Jafa— 
(oder Dafai), der Fadhli-, Urladſchi-(Urladji), Dudfchabi- (Du: 
djabi) und Wahidi- Tribus. S. 659. 

$. 70. I. Die Küfte von Aden. ©. 664. 

Erläuterung 1. Babel Mandeb und das arabifche Geftadeland 
von diefer Meerenge bis zur Halbinfel Aden. ©. 664. 

Erläuterung 2. Die Halbinfel Aden, ihre vulcanifche Bildung. 
Die Stadt Aden und ihre Negeneration durch die britifche Befik: 
nahme feit 1839. ©. 677. 

Nachtrag zu Aden nah Malcolm. ©. 696. 
Erläuterung 3. Der Sultan der Abd-Ali von Aden und feine 
Herrſchaft. ©. 702. 
$. 71. Sechstes Kapitel. Die Weſtſeite der arabifchen Halb 
infel. ©. 708— 868. 
I. Jemen (Oſchemen),, Arabia felix. Die füdweitliche Berg: 
landfhaft oder vas glüdlihe Arabien. ©. 708. 


XXIV Inhaltsverzeichniß. 


A. Jemen im weitern Sinne. Ueberſicht. S. 708. 

1. Jemen im weitern Sinne nach Niebuhr's Landkarte und Be— 
ſchreibung, nebſt Zuſätzen von Seetzen, Burckhardt, und Kar— 
tenberichtigungen von Berghaus. S. 711. 

2. Jemen im allgemeinen, im weitern Sinne, nach der türkiſchen 
Geographie, oder dem Dſchihannuma des Hadſchi Chalfa (blüht 
1650), nach J. v. Hammer's critiſcher Bearbeitung, und Be— 
richtigung der frühern Daten. S. 719. 

3. Der politiſche Zuſtand Jemens nach feinen acht Dynaſtien, 
der älteſten Türkenobmacht und des Regentenhauſes der Ima— 
me von Sanaa bis auf Niebuhr's Zeit (1763). S. 728. 

$. 72, B. Jemen im engern Sinne (das Land der Sabäer). Der 

Staat des Imam von Sanaa. Der Kern der jemenifchen Staa- 

tengruppe und ihre Zerfpaltungen der Gegenwart, nach Beobach— 

tungen und Anfchauungen der Reifenden unfrer Zeiten. ©. 738. 

Anmerkung. Hiftorifche Nachweifung der Quellſchriften für die 
Kenntnig Jemens in der Gegenwart. ©. 739. 

1. Lodovicho di Barthema aus Bologna, Reife nach Arabien, 
1508. ©. 739. 
2. De la Grelaudiere’s GefandtenNeife von Mochha zur Ne: 
fivenz Mouab des Königs von Semen, 1712. ©. 740. 
3. K. Niebuhr's Neife in Semen im J. 1763. ©. 743. 
4. Dr. 1.5. Seegen’s Keife durd) Jemen im J. 1810. ©. 744. 
5. Ch. 3. Eruttenden’s und Dr. Hulton’s Reife von Mochha 
auf dem Nordwege (Tarif es Sham) nah Sanaa, und zus 
rück nah Mochha, 1836. ©. 747. 
5. Sof. Wolff's, des Judenmifftionars, Reife von Mochha nad 
Sanaa, Ende 1836. ©. 751. 
7. Paul Emile Botta’s Reife in Jemen, 1837, unternommen 
für das naturhiftorifhe Mufeunm in Paris, zumal in bota- 
nifcher Sinfiht. S. 755. 
8. Des Frangofen Paflama, Schiffslieutnants, Bereifung eines 
Theils der Küfte von Jemen und der Hauptftädte im nörd— 
lihen Tehama bis zur Neftdenzitadt Häs, und neue Erkun— 
digungen, 1842. ©. 758. 
Chédufeau und Mari, Galinier und Ferret, Nachrichten von 
Ihren Beobachtungen während eines längern Aufenthaltes 
in Arabien, nebft einer neuconftruirten Karte des Grenzge— 
birgslandes zwijchen Jemen und Hedſchas, 1843. ©. 760. 
10. Th. Sof. Arnaud, Bericht feiner Neife von Sanaa nad 
Mareb (Saba) zu den Nuinen der alten Reſidenz der Sa— 


9 


Inhaltsverzeichniß. xxv 


bäer Könige, und zu den Ueberreſten des Dammdurchbruchs 
Seed oder Sitte Mareb, mit ihren himjaritiſchen Infchrif- 
ten, 1843. ©. 761. 

Erläuterung 1. Der Küftenweg von Aden nach Mochha; der Süd— 
- weg, Tarif el Jemen, von Mochha nach Taäs, und die Befteigung 
des Dfchebbel Sabber. ©. 766. 

1. Der Küftenweg von Aden nad Mochha, 8 Tagereifen nach) See— 
ten. ©. 766. 

2. Die moderne Hafenftadnt Mochha und ihr Verkehr. ©. 768. 

3. Weg von Mochha über Mufa nach Taäs, nach Niebuhr, 1763. 
©. 780. < 

4 9. E. Botta’3 Aufenthalt in Taäs, Dichennad, und Beteigung 
des Gebirges Sabber, 1837. ©. 783. 
Anmerkung. Eultur und Gebraud von Cät oder Kaad, Cela- 
strus edulis (Catha edulis Forsk.) in Jemen, zumal auf dem 
Dichebbel Sabber und im hohen Nethiopien. ©. 79. 
Erläuterung 2. Die Vorterraffe des ſüdlichen Jemen-Gebirgslan— 
des zwifchen Taäs und Häs, nad) Niebuhr, Botta und Paſſama. 
Die Stadt Häs, der Dichebbel Nas, die Felsfchlöffer Maamara und 
Gahim des Sheikh Haflan. ©. 798. 
1. Niebuhr's Route von Taäs gegen N.N.W. nach Häs, 2 Tage: 
reifen. ©. 798. 
2. Die Stadt und. Nefidenz Häs (Hais) des Sheikh Haſſan. ©. 799. 
3. Die vergeblicye botanifche Ereurfion von Häs zum Dichebbel Ras, 
und nad Häs zurüf. ©. 802. 

4. Die botanifhe Erceurfion zum Bergſchloß Maamara des Sheifh 
Haflan. S. 803. 

5. Die Ueberſiedlung nad) dem Bergſchloß Cahim und Rückkehr nach 
Häs. ©. 808. 

Erläuterung 3. Die Hauptftrafe von Taäs nordwärts über den 
Mhärras-Paß nach Dfjöbka und von da die Seitenftrage durch den 
Kaffeegarten Udden. Dann von Dfjöbla über den Sumära -Paß 
auf die Hochterrafie von Jemen über Damar nad) Sanaa. S. 810. 
1. Weg von Tais nach Jemen ala, dem obern Jemen, über den 

Gebirgspaß Mharras nad Dfjöbla, zur großen Waflerfcheide. 

©. 810. 

2. Die Seitenftraße durch den Kaffeegarten Udden von Beit el Fa— 
fih im Tehama nach Dfjöbla.. ©. 813. 

3. Bortfegung der Hauptronte gegen Nord, von Dfjöbla und Jemen 
ala, dem obern Jemen, Über den Sumädra-Paf, Jerim und Das 

mar nad) Sanaa. ©. 815. 


xxvi Inhaltsverzeichniß. 


Erläuterung 4. Sanaa (Uſal, Ozal der alten Zeit; Öſer, Oſeir der 
Gegenwart), die Hauptſtadt von Jemen, die Reſidenzſtadt des Imam; 
nad) den Beobachtungen von Niebuhr (1763), Seetzen (1810), 
Gruttenden (1836), Wolff (1836). ©. 820. 

Erläuterung 5. Th. 3. Arnaud’s Reife von Sanaa nad) Mareb, 
durch die wilden Beduinen=Horden der Alliirten- Tribus der Saleh— 
Asfour (1843). Entdeckung der Mariaba Metropolis Sabaeorum, 
der Saba mit ihren Ruinen, Inferiptionen und den Gonftructionen 
des Siddi Mareb der Himjariten. ©. 840. 

Kbreife von Sanaa nad Mareb 1843. ©. 840. 

Anmerfung. Die Meberrefte der antifen Stadt Saba, die Pi: 
lafter und das Hharam Balfis; die Gonftructionen am Siddi 
Mareb mit dem Dammdurchbruch, Seil al arim. Nah Ar: 
naud’3 Dietat an 3. Tresnel in Dſchidda und deffen fehriftlicher 
Mittheilung an 3. Mohl in Paris. ©. 858. 

Nachtrag. ©. 862. 


$.73. Siebentes Kapitel. Die Weſtſeite der arabiichen Halb— 
infel. Bortfesung. ©. 869 — 918. 
B. Jemen im engern Sinne. ©. 869. 

Erläuterung 1. Das Nieverland, Tehama Jemens; die Stähte 
Zebid, Beit el Fakih mit den Hafenſtädten Ghalefka, Hodeida ; 
Loheia mit Umgebungen und der Injel Kamerän; Rückweg zum 
Buß der Gebirge. Characteriftif der Natur des Tehama in Je: 
men und feiner Bewohner im Gegenjat des Berglandes Jemen, 
des Dichebal. ©. 869. 

1. Zebid (oder Sebid) am Wadi Zebid. ©. 870. 

2. Beit el Fakih, mit feinen Hafenftädten Ghalefka, Hodeida und 
Umgebungen. ©. 872. 

3. Loheia, die Hafenftadt, und ihre Umgebung, mit der großen 
Küfteninfel Kamerän. S. 882. 

4. Rückweg von Lohein zum Fuß der Bergkette. Characteriftif 
der Natur des Tehama in Jemen und feiner Bewohner im Ge: 
genfat des Berglandes Jemen (Diehebal). S. 892. 

Grläuterung 2. Das Gebirgsland Jemens (Dfehebäl) auf dem 
Tarif es Sham oder dem Nordwege; nach Niebuhr’s, Seeben’s, 
Gruttenden’s, Dr. Hulton’s und Botta’8 Beobachtungen. ©. 902. 

1. Niebuhr's Ausflug in das Kaffeegebirge von Hadie und Kusmä 
(1763). ©. 903. 

2. Seetzen's Aufweg über Kusmä und Dorän zum Plateau von 
Sanaa (1810). ©. 905. 


3. 


Inhaltsverzeichniß. xxvu 


Niebuhr's Rückweg auf dem Tarik es Sham von Sanaa über 
Möfhak, Sehan, Hadsjir und den Wadi Rema bei Andsjor nach 
Beit el Fakih (1763). S. 907. 


4. Cruttenden's und Dr. Hulton's Erſteigung der Vorterraſſe und 


des Plateaulandes von Sanaa auf dem Nord-Wege (Tarif es 
Sham), 1836; mit Söhenmeflungen und geognoftifchen. Beobach— 
tungen. ©. 909. 


$. 74. Achtes Kapitel. Die Weftfeite der arabifchen Halbinfel, 
Vortfegung. ©. 918—1035.. 


U. Das Grenz-Öebirgsland der unabhängigen Araber: 
Stämme zwifchen Jemen, Hedſchas und Nedſched. Die 
Aiyr-Öruppe ©. 918. 

Anmerkung. Angabe der Ouellen und Hülfsmittel zur geographi- 
ſchen Kenntnig des zuvor unbekannten Grenzgebirgslandes der un: 
abhängigen Araberftämme zwifchen Semen und Hedfchas. ©. 919. 


[n 


8. 


9, 


. Ehedufeau’3 und Mari’s Beobachtungen. S. 919. 
. Galinier’s und Ferret’s Karte (Mfer.). S. 920. 


.Paſſama's Nachrichten. S. 921. 


. Ehrenberg’s Aufenthalt in Gomfude und N in das 


— — 1824. ©. 921. 


3. Planat’s Nachricht von den Feldzügen gegen Afyr 1824 bis 
10h. ©. 921. 


.Tamiſier's Journal feiner Reiferoute von Taif im Hedſchas ſüd— 


wärts über Tarabeh, Aafif, Wadi Bifhe und Wadi Ehahran 
nach) Khamis-Mifcheit und Afyr, 1834. ©. 922. 


. Kriegsberichte über Aſyr von den Jahren 1833 —1837 (Mier). 


©. 923. 

Ausfagen der Beni Hobab und der Beni Arhab nad) Wolff, 
1836. ©. 923. 

Jomard, Notice geographique sur l’Asyr etc. 1839. S. 923. 


Erläuterung 1. Kriegs- und erfte Entdeckungs-Geſchichte der 
Grenzgebirgsgruppe Aſyr. Der Aegyptier Wegbahnung dahin 
auf dem Landwege über Taif, Tarabeh, Wadi Bifheh und an der 
Geftadefeite von Gomfude aus, von 1824—1833. ©. 925. 


Erläuterung 2. Die Keldzüge der Negyptier unter Achmed Paſcha 
im Gebirgslande Afyr, 1834—37; Characteriftif diefer Gebirgs: 


landichaft und ihrer Bewohner, der Aſyrinen. S. 956. 


Grläuterung 3. Das Grenzgebirgsland Mittelarabiens zwifchen 


Hedſchas, Jemen und Nedſched mit der Gruppe von Afyr, nad) 


XXVIN Inhaltsverzeichniß. 


feinen Gebirgszügen, Strömen (Wadi, Seil), Diſtrieten, Ort: 

fohaften und Tribus, von Afyr bis zum Wadi Tarabah. S. 984. 

Gebirge. ©. 985. 

Flüſſe. ©. 986. 

Diftriete der arabifchen Gebirgsfette. S. 988. 

Ortichaften und Landfchaften der Oftfeite der arabifchen Kette. 

©. 992. 

Erläuterung 4 Die Binnenlandfchaften der Kahtan-Tribus und 
der Beni Dam (Jam) von Nedfcheran, Wadia, dem Wüftenftriche, 
dem Hadjaman, und der neue Groberungsitaat des Mafframi feit 
1750. S. 1006. 

Erfundigungen über den Groberungsitaat des Mafframi in Ned- 
fcheran feit 1750. ©. 1008. 

Erläuterung 5. Das Tehama oder das Niederland Mittel-Ara- 
biens längs dem Geftade des Rothen Meeres, zwifchen Jemen 
und dem Scherifat von Meffa. Das Küftenland Abu Arifh mit 
Dichefan, über Gomfude bis Liht. S. 1015 — 1035. 

1. Abu Ariſch. ©. 1016. 

2. Die Infelgruppe Farfan, nach Ehrenberg's Unterfuchung, 1825. 
©. 1021. 

3. Gomfude die Hafenftadt, der Hauptwaffenplag der Aegyptier 
gegen Afyr. Hemprich's und Ehrenberg's naturhiftorifche Er: 
eurfionen in die Vorberge von Afyr, 1825. S. 1025. 

4. Liht die Hafenitadt, Merfa Ibrahim. S. 1034. 


ne ie dei 


Drittes Bud. 


MWefit-Afien 


— VI 


Ritter Erbkunde XII. A 





Drittes Bud. 
2 a A LEE A GR: Aa Bd or 


Vierte Abtheilung. 


Die füdlichen Gliederungen von 
Weſt-Aſien. 


Das Halbinſelland Arabien. 
Erfter Abſchnitt. 
$. 58. 
Einleitung. 
1. Allgemeine Ueberficht. 


An die Südufer des zuvor betrachteten Euphratſyſtems ſchließt ſich 
das weite, ſyriſch-arabiſche Flachland an, und breitet ſich dann 
als immer höher und höher ſich erhebende arabiſche Halbinſel 
zwiſchen dem indiſchen Ocean und dem ſyriſch-mittelländiſchen Kü— 
ſtenmeere, zwiſchen dem perſiſchen und arabiſchen Meerbuſen, bis 
gegen die Veſte Nordoſt-Afrikas hin aus, zu welcher ſie in vieler 
Hinſicht das verwandte Mittelglied, ſowol der räumlichen 
Stellung als auch ihren innern Naturverhältniſſen nach, bildet; ein 
Länderraum von mehr als fünfzigtauſend Quadratmeilen, viermal 
ſo groß wie Deutſchland, der uns kaum erſt ſeinen Begrenzungen 
und einigen ſeiner bewohnteſten Theile nach etwas genauer bekannt 
geworden iſt. Theils iſt dies eine Folge ſeiner afrikaniſchen Natur— 
beſchaffenheit, welche ſchon der eigne Name „Araba,“ d. i. Wüſte 
(oder Ebene) !), verräth, der von der vorwaltenden Form, ſeit 


) Mahl, Vorder- und Mittel-Aſien S. 327; Hartmann, — 
über Aſien IL. ©. 6; Roſenmüller, Bibtlifche Geogr. B.3. ©. 2 


A2 


ıp 


4 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Hiobs Zeiten, zum allgemein geltenden des Landes wie feiner Bes 
mohner geworden, an deſſen Einförmigkeit fehon die trapezoide Ge— 
ftalt und der Küftenparallelismus erinnert, wie Die Sandmaſſen, 
der Mangel an Stromthälern und Küftenferraturen. Theils aber 
ift der Mangel an Kenntniß des Binnenlandes diefer KHalbinfel 
ver leichtern Communication des Occidentes, wie des Sudan, mit 
dem Drient vermittelft ver beiden Waſſerſtraßen im Norden und 
Süden derfelben, über Euphrat und Rothes Meer, zugufchreiben, 
deren nördliche wir im Vorigen als die große mittlere Fahrt Fennen 
lernten, deren ſüdliche im Folgenden ihre nähere Betrachtung fin= 
den wird. 

Die Mangelhaftigkeit unferer Erkenntniß eined großen Theiles 
diefer arabifchen Halbinjel, melche die Eingebornen felbft Djezi— 
reh oder Dichefirat=zel-Arab,, „die Infel der Araber,” 
nennen, kann ung jedoch nicht hindern, hier den früher befolgten 
Gang, von der Mitte zu den Grenzen der Landftriche fortfchreitend, 
ganz zu verlajfen, wenn wir ihn auch modifteiren müfjen, da wir 
das Allgemeinſte hier als befannt vorausfegen, dann von den ein- 
fachern und characterifirenvden Erfcheinungen zu den zufammengefeß- 
teren und generellen fortfchreiten, diefe aber in innmer mannichfalti= 
gern Gombinationen gegen die Grenzgebiete hin auftreten. Iſt es 
auch noch verhältnigmäßig wenig, was wir vom Innern wifjen, fo 
wollen wir doc Abulfeda folgen, wenn er fagt: quod totum non 
seitur, tamen totum non praetermittatur ?). 

Bisher pflegte man, feit Ptolemäus, Arabien in drei 
Theile gefonvert zu betrachten (neroula,- Eonuog, zudalumv), 
was zur Ginrichtung einer außern Anordnung bequem fchien; da 
indeß dieſe, vielleicht einft nur im politifcher Beziehung auf die 
Herrichaft von Petra angenommene, Gintheilung längft ihre Dienfte 
geleiftet Hat, den Arabern jelbft aber ganz unbefannt blieb, und 
manche ganz ige Vorftelung förderte, und weder in der Confi— 
guration des Landes begründet, noch von irgend einem einheimi= 
ſchen arabijchen oder fonft orientalen Autor angenommen ward, fo 
laſſen auch wir fie hier als Grundeintheilung fallen, und erwähnen 
ihrer nur da, wo es zum Verſtändniß ältefter und wiederum mo⸗ 
derner Zeiten etwa — ſein mag. 

Wir gehen mit den orientaliſchen Geographen von der Be— 


?) Abulfedae Proëmium ad tabulas geogr. in Hudson’s Geogr. Min. 
Yol. II. p. 21. 


Arabifhe Halbinfel, Einfeitung. 5 


trachtung der das Gefammte characterifirenden Mitte, des Dſche— 
firat el Arab, d. i. ver Halbinsel, als dem Gentrallande 
aus, deſſen Erhebung wir keineswegs, nach dem gewöhnlichen Aus— 
druck, als eine bloße Fortſetzung der ſyriſchen Gebirgsket— 
ten anſehen können, ſondern ganz ſo, wie die Plateaus des El 
Mughreb und Cataloniens, oder des analog gebildeten Dekan, als 
ein nicht wie das perſiſche Iran mit Central-Aſien zuſammenhän— 
gendes, ſondern als ein iſolirtes, vom Hochlande des aſiatiſchen 
Continentes getrenntes Gebirgsglied, als ſelbſtändiges Berg— 
land, als das arabiſche Hochland mit vorherrſchender Pla— 
teaubildung betrachten müſſen. In N.W. mag es allerdings in 
ſeinen Ausläufern an die ſyriſchen Bergzüge anſtoßen, ohne jedoch 
mit ihnen ein geſchloſſenes Ganze, weder als Bergkette noch als 
Waſſerſcheide zu bilden, wie Karten und Hypotheſen es oft zu ver— 
ſtehen geben. Don dieſem Dicheflrat el Arab, das ſich immer nur 
ſehr unvollfommen durch KHalbinfel (Peninsula; Div) überfegen 
läßt, geht der characterifirende Typus des Arabifchen, in Hins 
ſicht auf Natur= und Menfchenverhältniffe aus; von bier, feiner 
erhabenen Mitte, beginnt die und befannt gewordene ältefte Ges 
fchichte chamitiſcher und femitifcher, arabifcher Völkerſtämme und 
Reiche, ver Himyariten, die mittlere der Mohamedaner und 
die jüngfte ver Wehabiten, fo daß Hier wiederum, wie ander= 
wärts, vie Elemente der Gefchichte mit ver Landesnatur auf dem— 
felben Erdgrunde zufammenfallen, welcher mit Necht der haracte= 
 rifirende des Geſammten genannt zu werden verdient. Und 
dennoch ift nirgends ein Volk weniger ald das arabifche auf die 
geographifchen Grenzen feined in ven Compendien abgeftedten Ter— 
ritoriums beichränft; fein Bereich geht in der That nach allen 
Winden hin, weit über vie peninfulare, topographiiche Schranke 
hinaus. Durch ſolches lebloſes Element den ganzen Cyelus der Be— 
trachtung einer ſo lebensreichen Erſcheinung beſchränken zu wollen, 
führte zu jenem Mechanismus, zu jener ſcholaſtiſchen Leerheit, wel— 
cher der Geiſt über dem Buchſtaben entflieht, die eine der beleh— 
rendſten menſchlichſten Disciplinen an den Bettelſtab gebracht hat. 
Nicht von den Begrenzungen, die wir jedoch als Uebergänge zu den 

Nachbarländern und Nachbarmeeren in ihrem weſentlichen Zuſam— 
mienhange mit jenen aufzufaffen haben, fondern von der Mitte ges 
hen wir aus, um und zur Gharacteriftif des Ganzen zu erheben, 
und durch viele raniirende Gliederungen gehen wir von da 
zu den SBeripherien und zu deren MWechjelverhältniffen mit den Uns 


6 MWeft-Afien, IV. Abtheilung. $.58. 


gebungen, nahe wie fern, den Hauptumriſſen nach über. Allerdings 
müſſen diefe Unterfuchungen bei einem großen Theile des noch Terra 
incognita gebliebenen arabifchen Ländergebietes fehr lückenvoll blei- 
ben, indeß ift doch Vieles, was vor furzem noch zu jenem ganz 
unbefannten Gebiete gehörte, jeit dem lebten Jahrzehend genauer 


erforfcht und befucht, und wo die Autopfie des europäiſchen Wan— 


derer nicht außreichte, da muß die einheimifche Berichterftattung, 
die einheimische Geſchichte, das Völkerleben und feine Entwidelung 
zu Hülfe fommen, die und bier gar manchen wichtigen Rückſchluß 
som Volk auf die Heimath, in der jenes fich jpiegelt, geitatten. 
Allerdings ift die Geographie dieſes Landes noch immer, wie 
wir es ſchon bereitS vor drei Sahrzehenvden beflagten, mit einer 
gewaltigen Nomenclatur überladen, weil die orientalifchem Autoren, 
welche daſſelbe befchreiben, meift nur Topographen find, und noch 
fein europäifcher Naturforſcher, Geolog, Botanifer, oder wiljen- 
fhaftlicher Geograph, feine Mitte durchzog, Die meiften europälfchen 
Beobachter und Sammler nur feine Orenzgebiete betreten durften. 
Denn dem chriftlichen Beobachter war fogar die für heilig gehaltne 
Provinz der beiden großen Wallfahrtsſtädte Mekka und Medina ein 
ſtets mit Lebensverluft bedrohtes, verbotnes Land, und die mäch— 
tige Scheivemand des Neligionshafjes ſchloß jede Annäherung der 
Nichtmodlemen von dem Innern der Halbinjel aus, fo wie durch 
dad nomadiſche Hirtenleben der räuberifchen Beduinen überhaupt 


jede Erſcheinung des Fremdlings auf ihrem Gebiete mit den 


größten Gefahren bedroht war, die auch bis heute noch nicht über- 


wunden find. Dennoch hat auch bier die Zeit nicht wenig bedeu— 


tende Fortſchritte herbeigeführt, zumal-durh die Entwidelung der 
Gefchichte der reformatorifchen Serte des Islams, nämlich der We- 
habiten, im centralen Hochlande, und die Bekämpfung derfelben, 
mehrere Iabrzehende hindurch, durch die Kriegäheere der Pafchas 
von Damaskus und Bagdad, zumal aber des Vicekönigs Mohamed 
Ali von Negypten. Mit ihnen drangen auch europaifche Beobach— 
ter, wenn aud) nicht unter den günftigften Umſtänden und nicht 
immer die dazu geeigneteften, in die Mitte jener- Randfchaften ein, 
theils Militaird, theil3 Aerzte und Beamte des europäifch organi- 
firten Kriegäheeres, und dieſe bahnten wieder andern ihnen nach- 
folgenden und fühnen Wanverern ven Weg. Wenn nach der Mitte 
des vorigen Jahrhunderts faft nur der einzige Carſten Niebuhr, 
in den Jahren 1762 und 1763, durch die großen nicht genug zu 
preifenden Anftrengungen der däniſchen Regierung, zu rein wiſſen— 


Arabien, geographiſche Ueberſicht. 7 


ſchaftlichen Zwecken dazu beauftragt, ven weſtlichen und ſüdlichen 
Küſtenrand dieſer Halbinſel durchwandern konnte, und durch ſeine 
Beſchiffung des arabiſchen wie des perſiſchen Golfes das Ausge— 
zeichneteſte für Ortsbeſtimmung dieſer Localitäten und topographi— 
ſche Beſchreibungen zu leiſten im Stande war, und noch heute we— 
gen der Treue ſeiner eigenen Beobachtungen und wegen des großen 
Schatzes der mit Kritik auch von den Eingebornen des Landes ein— 
geſammelten Nachrichten über die phyſiſchen und ethnographiſchen 
Berhältniffe, wahre Bewunderung verdient, ſo war doch die Auf⸗ 
gabe für den Einzelnen, vem noch dazu feine wiffenfchaftlichen für 
andere Fächer der Beobachtung audgerüfteten Gefährten mährend 
feines Aufenthaltes im Orient hinwegftarben, zu groß und umfaf- 
ſend, auf einem fo außerordentlich großen Ländergebiete, um Alles 
zu Ietften, was für Wilfenfchaft Bedürfniß gemwefen wäre Nicht 
nur blieben bei weitem die größten Räume des Landes unbejucht, 
fondern auch die wichtigften Zweige: feiner Verhältniffe mußten une 
berüdfichtigt bleiben. Die Berichte in ver Reifebefhreibung 3) 
wie die Befchreibung von Arabien *) werden aber für alle 
Zeiten claffifche Arbeiten bleiben, fo mie mehrere der von Nie— 
buhr gang neu aufgenommenen Länderfarten, 5. B. die von Je— 
men, nach einem ebenbürtigen Beurtheiler 5) derfelben wahre Mei: 
fterwerfe in ihrer Art zu nennen find. 

Niebuhr's Reife war auf einen mehrjährigen Aufenthalt 
im füdlichen Arabien berechnet, um mit feinen vier Neijegefährten 
daſelbſt, unter denen Forskal durch feine naturhiftorifchen Beobach— 
tungen am befannteften geworben ift, zu einer grümplichen Beant— 
mwortung der wiffenfchaftlichen Hundert Bragen zu führen, die vom 
Ritter I. D. Michaelis 6), dem berühmten Drientaliften, zun Bes 
jten der Kunde des Morgenlanded an dieſe Geſellſchaft arabifcher 
Neifenden geftellt ward, deren Reiſe durch die Munificenz des Kö— 
nigd Friedrich V. von Dänemark zur Ausführung fam. Im Aus 
guft 1762 wurde die Neife von Sue zum Sinai begonnen, im 


) Garften Niebuhr's Neifebefchreibung nach Arabien und andern um: 
liegenden -2ändern. Kopenhagen, 1774. 4. Th. I. ©. 209 — 451. 
*) Derf. Befchreibung von Arabien aus eigenen Beobachtungen und 
im Lande felbft gefammelten Nachrichten. Kopenhagen, 1772. 4. 

) Berghaus, Arabia und das Nilland. Gotha, 1835. 4. ©. 66. 

9) 3. D. Michaelis, Prof. und Director der Societät der Wiſſenſchaf— 
ten in Göttingen, Bragen an eine Gefelfchaft gelehrter Männer, die 
auf Befehl Ihro Majeftät des Königs von Dänemarf nach Arabien 
reifen. Frankf. a. M. 1762. 8, 


8 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Detober bis December über Dſchidda und Lohaia, und von da im 
Frühjahr und Sommer über Mochha und Sana bis zum Auguſt 
fortgefegt, dann aber von da, nach nur einjährigem Aufenthalte in 
Arabien und nad einem kurzen Befuche auf ver Küfte Oman, die 
Ueberfahrt nad) Bombay in Indien gemacht, weil bi8 dahin Nie— 
buhr alle feine Reifegefährten fchon durch den Tod verloren hatte, 
und dadurch dad ganze Neifeunternehmen eine andere Richtung ge= 
winnen mußte Der Rüdmeg von Bombay führte dann, in den 
Jahren 1765 und 1766, über den perfiichen Meerbufen, über Basra 
und Bagdad nach dem mittelländifchen Meere zurück. 

| An ein Vorpringen in dad Innere Arabien fonnte alſo hier— 
bei nicht gedacht werden; was darüber mitgetheilt wird, ift aber 
nicht aus Büchern gefchöpft, jondern aus dem Munde der Einhei— 
mifchen mit der forglamften Vorficht und Umficht erkundet, und 
jeitvem fo vielfältig in ven wichtigften Theilen feines Inhalts be= 
ftätigt, daß derſelbe größtentheild dem Berichte eines Augenzeugen 
gleich zu achten ift. Die aftronomifchen Ortöbeftimmungen, Die geo— 
metrifchen Meffungen, die Directionen und Zeitbeftiimmungen ber 
Noutierd mit den trefflichiten geographiichen Befchreibungen, find 
jeit einem Jahrhunderte von allen Nationen und den nachfolgenden 
Reiſenden an Ort und Stelle geprüft, im hohen Grabe durch nau— 
tifche Aufnahmen 7) wie durch Eritifche Bearbeitungen bewährt ges 
funden, und find ald Mufterarbeiten für ähnliche Unternehmungen 
anerkannt. Niebuhr's Karten vom arabifchen und vom per— 
fifhen Golf, wie die vom Sinai, von Hedjaß, von Jemen 
und Oman gaben der Darftelung von Arabien dad ganze Teste 
Sahrhundert hindurch eine neue Geftaltung. Vor ihm hatte nur 
D’Anville’3 Karte von Arabien 8) (1751), durch veffen jcharfe 
Combinationsgabe und Vergleichung mit den Autoren der Griechen, 
Römer und der arabifchen Geographen, wie died Niebuhr felbft 
anerfannte 9), einen hohen Werth; aber es entging ihm die Fülle 
der Kenntniß der Gegenwart, mit der der Dänische Reiſende die 
Geographie von Arabien bereicherte. Die frühern Karten waren 
mit den unnüßeften Yabeln überlapen. 


) Bon den Gapitainen der britifhen Marine: Court, Owen, Elson, 
Moresby u. a. m. °) D’Anville, Premiere partie de la Carte 
d’Asie contenant la Turquie, l’Arabie, la Perse etc. Paris, 
MDCCLI; und deſſen Description du Golfe Arabique ou de la 
Mer Rouge. Paris, 1766. 4. p. 219— 276. ) Niebuhr, Beichr. 
von Arabien, Borberidt S. xxın. 


Arabien, geographiſche ueberſicht. 9 


Unmittelbar nach Niebuhr beſchiffte J. Bruce, der ſchottiſche 
Reiſende zu den Nilquellen!®), dieſelben arabiſchen Küſten des Ro— 
then Meeres, die er jedoch, wie er ſelbſt bemerkt, nur leicht be— 
rührte, weil er ſeinem Vorgänger unmittelbar auf dem Fuße folgte, 
und nur angewieſen war deſſen Arbeit zu vervollſtändigen, oder 
zumal auf der afrifanifchen Küfte zu berichtigen.- Wiemol ihm vie 
wichtigen aftronomijchen und Fartographiichen Arbeiten Niebuhr's 
erft fpaterhin, nach der Jahrzehende hindurch verzögerten Heraus— 
gabe feines Werkes über die abyifinische Reife, befannt geworden 
fein. fonnten, fo ftimmten doch viele feiner Arbeiten über dieſe Kü— 
ftenftriche fo fehr mit denen feines Vorgängers überein, indeß an— 
dere minder zuverläaflig erfchienen, dag die Stimmen felbft unter 
feinen eignen Landsleuten11) Jaut genug wurden, ihn nebft den 
mancherlei Vorwürfen, vie ihn auch fonft verfolgt haben (ſ. Erdk. 
Th. J. Afrifa ©. 179, 180), ald einen Plagiator zu verdächtigen, 
ein Vorwurf von dem er jenoch neuerlich auf eine glänzende Weife 
durch Fritifch genaue DVergleichung feiner Obfervationen mit denen 
der englifchen Survey's durch Capt. Wehftev!?) gerechtfertigt er- 
fcheint. Dad Binnenland der arabifchen Halbinfel ift aber auch 
von Bruce nirgends betreten worden. 

Mit diefen beiven Männern ver Beobachtung im Gebiete Ara= 
biend, mit Niebuhr und Bruce, trat gleichzeitig in Deutjchland 
der gründlichſte Geograph feiner Zeit, U. F. Büſching, mit dem 
fünften Bande feiner neuen Grobejchreibung hervor, in melcher die 
Geographie von Arabien mit einem Fleiße wie nie zuvor bear- 
beitet war. Niebuhr's gehaltvolle Worte in dem Vorbericht !3) zu 
feiner Befchreibung Arabiens geben davon Zeugniß, wo er fagt: 
„Dieſes Werk, würde mir auf meiner Neife befonverd große Dienfte 
„haben leiſten können, weil deſſen gelehrter Verfaffer in demſelben 
„alles merkwürdige, was man in den in Europa befannten: arabi= 
„ſchen und griechifchen Werken, ingleihen in allen Neijebefchreis 
„bungen, von Arabien findet, mit großer Mühe zufammengetragen, 


10) Kam. Brufe, Reifen zur Entdeckung der Quellen des Nils in den 
Sahren 1768— 1773. Ueberſ. von Volkmann u. ſ. w. Leipz. 1790. 
Th. I. Ein. ©.64 und 316 u. a. O. ) Salt und Viscount 
Valentia. '*) J. R. Wellsted, Notes on Bruce’s Chart of the 
Coastes of the Red Sea. im Journ. of the Roy. Geogr Society. 

. London, 1835. Vol. V. p. 2856—295; und in deifen Reifen in 
Arabien, deutich bearb. von Dr. EC. Rödiger. Halle, 1842. 8. B. II. 
Kap. 15: Gbrenrettung des Neifenden Bruce S. 236 — 268, 

+) Niebuhr, Befchreibung von Arabien, Vorbericht S. xx. 


10 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


„und wenn die verichiedenen Schriftfteller die Namen der Städte 
„oft Fehr verfchieden gefchrieben Haben, fie doch glücklich mit eins 
„ander vereinigt hat. Allein viefer Band ift erft nach meiner Zus 
„rückkunft gedruckt worden.” Niebuhr felbft trug mehrered!t) Neue 
zur Vervollftändigung dieſes Meiſterwerkes jener Zeit bei, obwol 
nun erjt durch feine eigenen Bereicherungen eine ganz neue Wera 
in diefem wilfenfchaftlichen Gebiete beginnen konnte. Die frühere 
Kenntniß von Arabien beichränfte fih auf die älteren allgemeinen 
geographifchen Werke de8 Strabo, Plinius und Ptolemäus 
und die Nachrichten, welche ver Verfaſſer ded_Periplus Maris Ery- 
thraei von deſſen Beichiffung feiner Küften und ven Handel feiner 
Küftenanwohner mittheilt. 

Strabo's Beichreibung (XVI. 767— 780) meift nah Era= 
tofthenes, beichränkt fich fat nur auf die Küfte des Rothen Mee— 
red und auf dad Südende, dad glückliche Arabien, worüber ihm 
merfwürdige aber nur unvollfonmene Nachrichten zufamen; am 
wichtigften ift fein Bericht vom Feldzuge des Aeltus Gal— 
lus (XVI. 780 — 783), feines Zeitgenojfen vom Jahre 24 vor 
Chr. Geb., weil es ver erfte und im Alterthum einzige und be= 
fannt gewordene Groberungdzug in das Innere Arabiens ift, ver 
aber eben deshalb für die vielfach verfuchte Erflärung der Locali— 
täten gar manches zu mwünfchen übrig ließ. Mannert!d) gefteht 
jelbit, daß feine erflärenven Beitimmungen längs der Küfte nur im 
Ganzen genommen Zuverläffigfeit haben, im innern Lande fich aber 
auf wenig mehr als nichts beichränfen. Glüdlicher in neuefter 
Zeit find durch den Fortfchritt ver Xocalkenntniß die jüngften Com— 
mentatoren dieſes merkwürdigen Kriegdzuged gewefen; Jomarv16) 
durch Kartenberichtigung und Frednel!?) durch Sprachkenntnig 
und Gelbitanfhauung im Lande jener Begebenheit. 

Wenn Strabo nur den Gratofthenes ald feinen Lehrer über 
"Arabien anführt, von Herodot aber auch hier wie gewöhnlich ganz- 
lich ſchweigt, fo hat er, wenn er ſonſt auch deöhalb vielfach zu ta= 
deln ift, doch diesmal Necht: denn der Vater der Gefchichte Hat 


1, Niebuhr, Neifebefchreibung Th. J. Vorbericht ©. xv. IR, 
Mannert, Geographie der Griechen und Römer. 1799. TH. VI. 1.9. 
13. Ray. ©. 113— 119. 16) Jomard, Etudes geographiques 
et historiques sur l’Arabie. Paris, 1839. 8. p. 142— 149. 

'") Fulg. Fresnel sur la Geographie de l’Arabie. Lettre im Jour- 
nal Asiatig. III. Ser. Paris, 1840. T.XI. p. 83 - 96 u. 176 — 181. 


— 





r 


Arabien, geographiſche Ueberſicht. 11 


‚über Arabien, dad er ſelbſt nicht beſuchte!s), keinen geographiſchen 
Aufſchluß gegeben, und meiſt nur übertriebene Berichte von An— 
dern 19) mitgetheilt (Herod. II. 107— 113 ed. Baehr Vol. I. 
p- 196 Not.), wie fie eben auch heute noch von Orientalen, auf 
Befragen, nicht zu fehlen pflegen. Dem Straho hat aber Dio- 
dor von Gicilien größtentheild nachgefchrieben und nichts Neues 
hinzugefügt. 

Plinius hat, wie er felbft jagt, Feine andere Unternehmung 
der Römer nach Arabien ald Duelle vertiger Landeskunde vor’Au= 
gen gehabt, wie die des Feldherrn Aelius Gallus: denn ©. 
Gaefar, des Auguftus Sohn, ſahe das Land nur von fern (Plin. 
VI: Romana arma solus in eam terram adhuc intulit Aelius 
Gallus ex equestri ordine. Nam C. Caesar Augusti filius pro- 
spexit tantum Arabiam). Des Plinius Mittheilung aus dem 
Berichte jenes Feldherrn ift noch weit unvollfommener und unbes. 
friedigenver al& Die ded Strabo, dem man aber mol anfieht, daß 
er auf eine Ehrenrettung jeined Freundes ausgeht und alle Schuld 
der verfehlten Unternehmung ver Treulofigfeit der Araber und ven 
Landesbeſchwerden zufchreibt. Dennoch führt Plinius, wenn er 
ſchon viefelben Ihatfachen und auch gleiche und ähnlichlautende 
Bölfer und Ländernamen aufzählt, doch außerdem noch eine Menge 
neuer Städte und von merfwürdiger Größe, fo wie Völker an, fo 
daß man nicht daran zweifeln. kann, ihm ftanden noch andere Quel— 
Ien 20) »on demfelben Beldzuge wie dem Strabo zu Gebote, die 
und wenn auch nur einen vorübergehenden Blick in jene immer 
mehr und mehr ſich verdunfelnde Glanzperiode der älteren Zuſtände 
des füdlichen Arabiens geſtatten, das im höhern Alterthume in 
einem Rufe des Wohlſtandes ſich befand, von dem wir gegenwär— 
tig feine Ahnung mehr haben. Plinius, der ſtolze Römer, ver— 
ſchmäht e8 fogar nicht, die weithingeftredte arabiſche Halbinfel, 
der fein anderes Land vorzuziehen (VI. 32: Arabia gentium nulli 
postferenda), als ein vom Meere zwiefach umfloffenes Kunftwerf 
ber Natur mit der herrlichen Italia zu vergleichen, die deshalb 
beide unter gleichem Himmel gleiche Segnungen des Glückes ge— 
nießen (ebenpaf.: Ipsa vero peninsula Arabia inter duo maria, 





) F. C. Dahlmann, Herodot aus feinem Leben.. Altona, 1823. 8. 
$.14. ©. 70— 71. ') 9. Bobrif, Geographie des Herodot. Kö: 
nigsberg, 1838. 8. ©. 192— 196. *°) Jomard, Etudes G£ogr. 
l, c, p. 149. 


12 Weft- Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Rubrum Persicumque procurrens, quodam naturae artificio ad 
similitudinem atque magnitudinem Italiae mari eircumfusa, in 
eadem etiam caeli parteın nulla differentia speetat). Seine 
Hinmweifungen bereiten auf vie noch weit zablreichern Angaben des 
Ptolemäud über Arabien vor, welche durch die Ueberfülung 
diefed Landes mit Nomenclatur in Erjtaunen fegen, aber von jeher 
auch in Verlegenheit, fie zu deuten, und in Trauer über den gro= 
Ben Verluſt, ver vie Nachwelt getroffen, da fie daran verzweifeln 


muß, je viejed Inhalte ver Ptolemäiſchen Beichreibung Arabiens 


volftändig bewußt zu werden. 

Die Feldzüge ver Römer, feit Blinius Zeiten, wenn auch in 
ihnen von Siegen über arabijche Völker die Rede ift, berührten 
doch Faum die Grenzen Arabiend: venn der Praefectus von Syrien, 
Cornelius Palma, der unter Kaifer Trajan die Araber im Jahre 
105 n. Chr. ©. befiegt haben fol, hat nad Dio Eaffius (Hist. 
Rom. Lib. LXVIII. Trajan. 15. 1131. 3, ed. Sturz. IV. p. 314) 
nur den an Petra grenzenden Landestheil unter römifche Botmäßig« 
feit gebracht. Was von Trajans eigenen Siegen über fie gejagt 
wird, kann fich nur auf die Fehde gegen die Atrener (Erof. Th. X. 
©. 125, 130; fie felbft waren eigentlich Syrer, mit arabifchen Söld— 
lingen)?!), und auf jeinen flüchtigen Zug zur Euphratmündung am 
Eingange zum Ocean (Erdk. a. a. D. ©. 121) beziehen, ven die 
Schmeichler zu einem Triumphe über Arabia felix ausgeſchmückt 
haben, das aber, wie jhon U. Schulten3??) gezeigt hat, feit 
Aelius Gallus Unglüfszuge von den römischen Waffen ganz un— 
berührt geblieben ift. Andere VBerfuche ver Nömer, in Arabien ein— 
zuoringen, find und bis auf die Nogierungszeit Kaifer Marc Aus 
rels, unter welcher Ptolemäus fein geographiiches Werk längft 
vollendet hatte, nicht befannt. Diejer Aftronom und Geograph in 
Alexandrias Mufeum mußte alfo wol ganz andere ald die uns 
durch jeine Vorgänger befannt geworvenen Quellen haben, aus de— 
nen er jeine jo reichhaltigen geographiichen Tafeln conftruirte, vie 
alle frühere Kenntniß von dieſer Halbinfel weit hinter fich zurüde 
lajfen. In Arabia felix allein hat er 56 Völker (unftreitig 
Stämme), 170 Stäpte, Häfen und Fleden mit 6 Metropolen, 5 
Königsfigen namhaft gemacht?3), von 13 Bergen, 4 Flüffen, 33 


2") Quatremere, Memoire sur les Nabateens, im Nouv. Journ. Asiat, 
Paris, 1835. T. XV. p. 98. °°) A. Schultens, Oratio de Re- 
gina Sabaeorum p. 24. 9) Jomard, Etud. geogr. 1. c. p. 153. 


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Arabien, geograpbifche Weberfiht, 18 


Infeln, Borgebirgen und Golfen die Namen und von den meiften 
die Rängen» und Breitengrade, wenn auch keineswegs nad) Obfer- 
vation, jo doch wol nah Rechnung in Beziehung auf Wegdiſtan— 
zen und relativen Abſtand der Orte, eingetragen. Man kommt 
ſchneller darüber hin, dies für Erfindung und Lüge auszugeben, als 
mit dem Eingeſtändniß eigner Unwiſſenheit der Gegenwart, durch 
die mühſamſte Erforſchung von Sprache, Hiftorie und Monu— 
menten die Vergangenheit und die nächſte Gegenwart zu befras 
gen, in Beziehung auf einen Autor, den man zu den wiffenfchaft- 
lichen Heroen aller Zeiten rechnen mug. Wir können nicht mehr 
jo leichtfinnig an einer ſolchen frappanten Erfcheinung vorüber— 
gehen, da wir in andern Erogegenden von der Gewifjenhaftigkeit, 
von der bewundernswürdigen Sprach- und Ortöfunde des Ptole— 
maus und der Sruchtbarfeit feiner Lleberlieferungen für alte und 
neue Zeit und ſchon anderwärts zu überzeugen hinreichende Gele— 
genheit gefunden haben (j. Erf. Th. VI. ©.19—28 über Geylon; 
Erf. Th. V. S. 487,515 — 519 über Defan; Ih. II. ©. 1089 über 

Kaſchmir; Ih. VI. ©. 198 — 202 über Kabuliftan; ebendaf. 
S.406, 483, 557, 627 u. a. D. im Th. X. unv XI. über Armenien 
an vielen Stelen). E38 würde vergebliches Beftreben fein, alle 
Daten dieſes Autord nachweifen zu wollen, oder wie Mannert 
und Reichard größtentheild aus Mangel vorhandenen Materiales 
gethan, blos aus Namensähnlichfeiten, Nechnungsangaben und will- 
führlichen Sypothejen, ohne Kenntniß der Rocalitäten, der einhei= 
mifchen Sprachen, noch der vorhandenen Monumente, an die ſyſte— 
matijchen Erklärungen verjelben fich zu wagen. Nur nach und nad) 
kann der Bortfchritt der localen Obfervation im Lande, und unter 
dem Volke jelbft, zu Beleuchtung jener vergangenen Periode im 
Einzelnen führen, und hierin ift man ſeit den Iegten Jahrzehenden 
durch die Autopfie ſehr bedeutend fortgefchritten. Die Wanderungen 
eined Burkhardt, Seetzen, Ehrenberg, Nüppel, Schim— 
per und anderer, haben viele Lofalitäten im Norden, die eines 
Sadlier, Botta, Wellfted, Haines, Cruttenden, Pla— 
nat, Tamifier, Chedufeau, v. Wrede, Arnaud u. a. viele 
im Süden Urabiend zur genauern Kenntniß gebracht, fo wie die 
verfchiedenen türfifchen und ägyptiſchen Feldzüge gegen die Wecha— 
biten erft dad Innere der Halbinfel für die Erforſchung erfchloffen 
haben. Diefen mannichfaltigiten Beftrebungen verdankt die Ptole— 
mäifche Ervfunde Arabiend jchon die beveutenpften Erläuterun— 
gen, um melde neuerlidd Jomard in Paris, der berühmte Mit« 


\ 


14 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


begründer des gelehrten Inftitut3 zu Cairo in der Periode ver Neu— 
franfen, und Fulg. Fresnel, der gelehrte und geiftvolle Orienta- 
lift und Confularagent des franzöfifchen Gouvernements in Dſchidda, 
ſich durch öffentliche Mittheilungen ihrer ———— die größten 
Verdienſte um die Wiſſenſchaft erwarben. 

Die ſpätere römiſche Kaiſerzeit iſt noch weniger geeignet, lehr— 
reich für arabiſche Erdkunde zu ſein. Die Darlegung der Natur— 
und Handelsverhältniſſe auf dem Rothen Meere in der noch ſehr 
unbefriedigenden Beſchreibung dieſes Meeres von Agatharchides 
von Knidus (120 Jahr vor Chr. Geb. Agatharchidis Periplus 
Rubri Maris ed. ‚Hudson. Oxon. 1698. 1—69), fo wie die lehr— 
reichere in dem befannten Periplus, welcher einem fonft unbefann- 
ten Arrian im erften, oder auch wol einem jpätern Jahrhunderte 
nach Chr. ©. zugefchrieben wird (Arriani Periplus Maris Erythraei 
ed. Hudson. Oxon. 1698, 1—38)?*), gehören noch einer frühern 
Zeit an, und werfen hie und da einiges Licht auf die Hafenorte, 
ven Verkehr und die Schiffahrt, Doch mehr der römifchen und ägyp— 
tifchen als der arabischen Küftenbewohner. Ueber diefe Verhältniffe, 
die jedoch au fir die Kenntnip der Zuftande der Araber nicht 
unwichtige Auffchlüffe geben, haben wir die Iehrreichen Commentare 
von Goffellin?) und dem Dr. Vincent?6) erhalten. 

Von ven arabifchen Feldzügen der fpätern römifchen Kaiſer 
find gar Feine Itinerarien erhalten. Von Avidius Caſſius, 
unter Mare Aurel im Jahre 165 n. Chr. G., wilfen wir, daß feine 
Siege ſich nur auf die DOsrhoener und Adiabener innerhalb des 
Guphratgebietes beſchränkten (Dio Cassius, Hist. Rom. Lib. LXXI. 
Marc. Anton. Phil. 1178. ed. Sturz. IV. p. 402), und daß eben 
ſo Kaifer Severus, im $. 201 n. Chr. G., wenn es von ihm 
heißt, er habe Arabia felix durchzogen und „Arabes debellavit,” 
es nur mit den Arabern von Hatra zu thun.hatte, iſt früher ges 
zeigt (Erdk. Th. X. ©.131). Wenn Eutropius (in Histor. Rom. 
VII. 10) von ihm jagt: „Parthos vicit et Arabas interiores et 
Adiabenos,” fo ift dies eben fo Uebertreibung, wie jene Ausfage 


2) Mannert, Geogr. d. Gr. u. Röm. Th. V. J. H. ©.161; Ukert, 
Gevgr. d. Gr. u. R. Th. J. 1. ©. 209. 25) P. F. J. Gossellin, 
Recherches sur la geographie systematique et positive des An- 
ciens. Paris, an. VI. 4. Tom. II. Recherches dans le Golfe 
Arabique p.75— 278. 20) Will. Vincent, The Periplus of the 
Erythrean Sea. London, 1807. 4. Part. II. Book III. Arabia. 
p- 257 — 370. 





EEE ⏑ä⏑— 


Arabien, hiſtoriſche Ueberſicht. 15 


von Trajan (ebend. VIII. 2): Arabiam postea in provinciae for- 
mam redegit; in mari rubro classem instituit, ut per eam In- 
diae fines vastaret. Jene Brovinz Arabia ift mit Ummian 
Marcellin (XIV. 8, 15) aanz richtig nur auf die an Syrien 
grenzende Landfchaft ver Araber zu befchränfen. ben fo verhält 
ed fih mit allen übrigen von Diocletian bis auf Kaifer Theo— 
doſius, Anaftafius und bis in die mohamedanifchen Zeiten auf 
Heracliud herabgehenden fogenannten Kriegführungen gegen die 
Araber, welche nur im fyrifchzeuphratenfifchen Gebiete ihre 
nördlichften Streifhorden berührten, oder Arabia petraea, das 
Land der Nabatäer ?7), das nörblichfte Grenzland der Araber, 
temporair trafen, nie aber in das SHalbinfelland jelbft eindrangen. 


| Erfies Kapitel. 
Hiftorifhe Verhältniffe dev Halbinfel Arabien. 
2. Vormohamedaniſche Zeit. 


a. Mittel-Arabiens Zuftände Die Jsmaeliten. 
Mekka und Medina. 


Erft mit der einheimifchen Gefchichte Mohameds tritt, zum 
erften male, die innere Landſchaft ver Halbinfel in ihren Ein— 
zelnheiten, in ihren characteriftiichen Localverhältniffen zu ihren 
Stämmen und Völkern, und die Lebensweiſe von dieſen in Bezie— 
hung auf die Landesnatur, auf das lebendigſte und anfchaulichite 
hervor. Nicht nur die Hauptorte, die feitvem die dauernden 
Mittelpunkfte ded Landes und feiner Gefchichte geblieben, Mekka 
(Maxoocßa bei Btolem.) und Medina (früher Sathreb2), "Ia- 
Foınna bei Ptolem.) 29), werden feit Ptolemäus zum eriten anale 
wieder genannt, fondern auch die Umgebungen nady allen Seiten, 
oftwärts bis Jamama?0), ſüdwärts bis zum glüdlichen Arabien 
oder Jemen, nordwärts über Daumat Aldjandal nad) der ſy— 
rifchen Grenze zu auf dem Wege gen Damaskus bis Tabuf und 
bis Eila (Ailah), am Ailanitifchen Golf, werden ſchon bei Lebzeiten 
Mohameds mit ihren Bewohnern, im deſſen Gefchichten, aus dem 
bisherigen Dunkel gezogen, fowol in den Suren des Koran wie in 





27) Quatremöre, M&moire a. a. DO. p. d etc. 28) Der Koran von 
Günther Wahl. Halle, 1828. S. 398, Not. 5. 29) Mannert, ©. 43, 
46, 90. 20) G. Weil, Mohamed der Prophet, aus handfchriftlichen 
Quellen u. d. Koran. Stuttg. 1843. 8. ©. 9, 81, 142, 200, 258, 285. 


16 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


den Schriften ihrer Commentatoren. Selbſt die in gemilfe Theile der 
Halbinjel damals eingedrungene, freilich nur temporäre Gewalt von 
Fremdlingen wird erft durch den Wiperfland, den ihnen Moha= 
med und feine Mufelmanner (von Muslim, vd. h. die gläu- 
bigen, gottergebenen Männer) !) entgegen jeßen, jetzt erft 
befannter. Diefer außerorbentliche, feltfame Mann, der feinen eig— 
nen Wahn, ein Prophet des höchiten alleinigen Gottes zu fein, 
auch) durch einen feltnen Verein von höherer Einficht, Begeifterung, 
aber auch von Schlauheit, Oraufamfeit, Selbfttäufchung und offen= 
baren Betrug feinen Stammedgenofjen einzuimpfen wußte, hatte 
für die damals heidniſchen, an viele Gößen und alle Laſter verfunf- 
nen, in ſich ind unendliche feindlich getheilten Stämme der Ara— 
ber, die dadurch ungemein gefchwächt auch ſchon Hier und da in 
Gefahr waren, fremder Oberherrfchaft ganz anheim zu fallen, wie 
fein jüngfter eritifcher, trefflichiter Biograph jagt, dem wir hier 
vorzüglich folgen, außer den ungeheuern Erfolg nad außen, für 
diefe nach) innen wenigftend den Gewinn, daß er fie zu einer im 
Glauben an Einen höchſten Gott verbrüderten großen 
Nation zufammenhielt, die er der roheften Wilführ, den leiden— 
Ichaftlichften Graufamfeiten und Zerftörungen unter fich felbft und 
der fchranfenfofeften Lüderlichkeit des Lebens durch ein unumftöß- 
liches, neues Gefeg entriß, das wenigftend die vorhergegangenen 
Dffenbarungen des alter und neuen Teftamented nicht ganz vers 
warf, wenn 08 fchon Diefelben vielfach vwerdrehte, dem Egoismus 
des Geſetzgebers wie den weltlichen Gelüften und Intereffen der Sei— 
nigen ſo bequem als möglich anpaßte und mit einem Wuft von 
Menfchenfagungen, an deren Erfüllung das Ziel des Paradiefes ges 
fnüpft war, verumnftaltete. 

Die Verhältniffe der am den verfchiedenen Enden des Halb» 
infellande3 eingedrungenen Fremdlinge und der dadurch für jene 
Zeit bedingten Zuſtände Arabien gehen aus den Anforve= 
rungen hervor, welche Mohamed und jeine Mufelminner an Dies 
jelben machten: ihre Gdtter zu verlaffen und dem neuen 
Propheten zu Huldigen; fo an die chriftlich=arabifchen Dy— 
naften von Hira am Euphrat, an Die perfifchen Beherricher 
von Semama und Jemen, an die Fürſten von Aila im Rande ver 
alten Nabatäer, an vie chriftlichen Statthalter der byzantinifchen 
Kaifer in den ſyriſchen Grenzprovingen Arabiens, die Ghaſſa— 


’) ©. Weil, Mohamed a. m O. ©. 42, 400 u. a. D. 





| 


Hiftor, Veberf. Mittelarabiens; vormohamed, Zeit, 17 


niden und an die jüdiſchen Fürſten, die an der Spige zahlrei— 
her und mächtiger Confönerationen in mehrern Iheilen Inner 
Arabiend zeritreut Iebten, ja jelbft an die äthiopiſch-chriſtli— 
hen Küftenfürften von Abyffinien, vie feit ihrer temporären 
Obergemalt in Jemen nicht ohne Einfluß auf arabifhe Zuftinde 
geblieben waren. Zur Kenntniß der mittelaltrigen Geogra- 
pbie Arabien, die ja bis in die Gegenwart eine ftationaire 
geblieben ift, geben jene meift nur Hiftorifch beachteten Umſtände, 
deren Kern und Mittelpunct Meffa und die Zeitgefchichte ſei— 
nes Propheten bildet, jedoch ganz unentbehrliche Elemente, auf die 
fih oft nur ausſchließlich die Berichte der ſpätern Zeiten, zumal 
einheimifcher Autoren, beziehen lafjen, da diefe immer wieder auf 
die Zeiten Mohameds in ihren Befchreibungen, als ftationaire für 
alle Zeiten, ausfchlieplich unter Moslemen gültige, zurückweifen. 
Wir haben daher auf fie, zumal da fie weniger von ven Ethno— 
graphen, von den neuern Geographen gar nicd)t beachtet find, bier, 
wenn auch nur auf ihre Kauptpuncte, hinzumeifen; denn die her— 
fümmlich vorgegebene Verſchmelzung der vielen Partieularverhältniffe 
der arabifchen Bevölkerung jener Zeiten, zu einer Geſammt— 
maffe der Araber und noch weniger der Mufelmänner, ift 
feinedwegd jo gewaltig und Alles durchdringend gemwefen, wie fich 
die moderne Betrachtungsweife dies gewöhnlich einbildet, und die 
merfwürdigften Differenzen 3?), die aus jenen primitivern Zuftins 
den, zum Theil wenigftens, bervorgingen, leben noch bis heute fort, 
wenn ſchon das gleichartige Gewand des Muhamedanismus ihre 
immer darunter originell gebliebenen Geftaltungen umhült. Die 
Völkerverhältniffe wirken aber auf vie Verhältniffe der Län— 
der zurück, auf die wir hier vom Volke auf die Heimat zurüd= 
fchließen müfjen, da uns der größte Theil diefer arabifchen Heimat 
nod) eine Terra incognita geblieben, und wir alſo nicht gleich den 
meiften Sifterifern in ihren Ginleitungen zu den Gejchichten von 
der meiſt fehr oberflächlichen vorgegebenen Characteriftif des Lan— 
des ausgehen fünnen, um zu der des Volkes fortzufchreiten, ſondern 
umgefehrt, in diefem Sale, vom Volk auf die Heimat zurüde 
ſchließen müffen, in einem Lande mo Stammesdverhältniffe 
der Völker faft Alles enticheiven, Grenzverhältniffe der 
2änder??) nur von untergeorbneter Einwirkung jind. 


”?) Fulg. Fresnel, Lettre V. in Journal Asiat. Paris, 1838. 3, Ser. 
T. V. p. 500 u. f. »») 6, Ritter, zur Gefchichte des Peträifchen 


Nitter Erdkunde XI. B 


18 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Mohamed, in Mekka geboren (im 3. 571 n. Chr. ©.), von 
Porältern die dad Land Hedſchas bewohnten abſtammend, Eonnte, 
nach den Angaben ver orthodoxeſten Mufelmänner, fein Geichlecht 
mit Beſtimmtheit, und wenn man auch fehr hohe Lebendalter an- 
nähme, doch nicht höher aufwärts als bis zur zwanzigften Ge— 
neration®*), bis Maad und Adnan, noch lange nicht bis zu 
ein Zaufend Jahren rückwärts datiren; alfo nur etwa big in die 
Zeiten des Glanzes ver Achämeniden, nicht bis in die Salomoni— 
ihen und die der arabifchen Königin von Saba. Nach der mitt- 
lern Annahme einer Generation zu je 33 Jahren geht die genealo- 
giihe Tabelle nur bis 122 Jahre vor die chriftliche Zeitrechnung 
zurück 35). In diefer ganzen Zeit vor Mohamen ift nur Anein— 
anderreihung von Genenlogien und Sagen aber feine Gejchichte 
für Mittelarabien vorhanden, die nur erft mit Mohamed beginnt; 
nur Poeſie, Rhetorik und Sage Dennoch ſahen Moha- 
meds Landsleute, Die Bewohner Mittelarabiend wenigſtens, ins— 
gemein Ismael, ven Sohn Ibrahims (d. i. Abrahams), 
allgemein als ihren Stammpater an; ob urſprünglich oder 
erft feitvem fie bei der vielfachen Zerftreuung der Juden vielleicht 
mit deren Genealogien befannt geworben, bleibt Hier36) unausge- 
macht. Nach ihrer älteften, von Chamis und Infän Alujun?”) 
angeführten Sage fol die Gründung Mekkas, in Ismaéls Jugend— 
zeit, von bem uralten Rieſenſtamme ver Amalefiten, den älteften 
Feinden Israels (1. Mofe 14,7; 2. Mof. 17; 4. Moſ. 13,30; 14,25; 
doch ift zu bemerken, daß Amalek auch bei Arabern Schimpfname 
uralter heidnifcher, gewaltübender Bölferfchaften gewworden war), aus— 
gegangen fein, unter dem der Verſtoßene aufgewachjen. 

Ein verlaufened Kameel fand jich wieder, erzählt Die Sage, am 
Duell Semfem, den ein Engel für Hagar und Ismael aus 
dem Boden hervorgerufen, und ald die Amalefiten dies Thier ihrer 
Heerde wieder trafen, riefen fie ihre Stammedgenoffen aus dem be= 
nachbarten Lager hierher, um ſich am Duell Semſem niederzulaſſen. 


Arabiens und feiner Bewohner, in d. Abhandlungen der Königl. 
Akademie der Wiſſenſchaften. Berlin, 1826. Aus den Sahre 1824. 
&.189 u. f. 

) Fulg. Fresnel, Lettre IV. in Journ. Asiat. 1838. T. VI. Aout. 
p- 217. 37) Nach Silo. De Saey, in Schlofferd Weltgeſch. IL. 1. 
S. 216 Not. e. 6) Vergl. Ewald, Gefchichte des Volkes Israel. 
Götting. 1843. Th. J. ©. 367 — 370; Fulg. Fresnel, Lettre 1. 
Paris, 1836. p. 25, 26. »”) G. Meil, Mohamed a. a gr @u2; 
vergl. Gefenins Amalekiter, in Erich Enchelop. Th. UM. S. 301. 


4 


Hiſtor. Ueberſ. Mittelarabieng; vormohamed. Zeit. 19 


Iönael mit Abrahanı feinem Bater mit dem alten Glauben an den 
Einigen Gott, werben ald Erbauer des heiligen Hauſes (ver Kaaba) 
genannt, nad) welchem lange vor Mohameo, feit älteften Zeiten, viele 
Pilger aus der arabifchen Halbinfel wallfahrteten. Noch bei Jsmaels 
Zebzeit wurden die Amalefiten aber von den Stämmen Djor- 
ham und Ratura vertrieben, fo daß jened Urvolk, fo wie nach 
den Berichten ver Israeliten, zu Saul und Davids Zeiten, und big 
auf vie legte Spur von den Simeoniten unter Hiskia (n. 1. Chronif. 
5,43) vertilgt, eben jo aud) aus der arabifchen Gefchichte verjchwin- 
bet, und ihre Erinnerung nur als Schimpfname übrig bleibt 38). 
Die Vertreibung von Mekka geſchah, nad) ver arabifchen Sage’), 
in Folge ihrer Entweihung des Tempelheiligtfums, durch die Waf- 
fen der Djorhamiden, wie durch die Plage ver Nanil (Geſchwüre, 
eine peftartige Kranfheit, nicht Ameifen), die fie ald Strafe Gottes 
traf, indem ihnen in der Berne am Horizont grüne MWeideländer 
vorgefpiegelt wurden, auf die ſie Tosgingen, ohne fle erreichen zu 
fönnen, indeß die Dürre fie überall bis zu ihrer Heimat zurück— 
begleitete, wo ihnen ver Tufan, d. i. der Tod oder das Verderben, 
zugefandt ward. 

Die Djorhamiden, die unter ihrem Könige Mudadh bald 
ven Stamm der Katurder unterjochten, wurden unbefchränfte 
Herrſcher von Meffa; Ismaël blieb aber die Verwaltung 
des Tempels; er beirathete eine Tochter ded Königs; daher feine 
Nachkommen nun „Arab Muftaraba” (D. i. die durch Ver— 
ſchwägerung gewordenen Araber) heißen, im Gegenſatz ver 
von Kahtan abjtammenden Arab al Araba (d. i. ver Ur-Ara- 
ber), over ver VBölferfchaften Südarabiend®). So verbin- 
vet, von dieſem Mittelarabien aus, die Genealogie und vie 
Sage ver Bewohner, nady den für claffiich angefehenen Sagen 
ver erften Mufelmänner, over der Zeitgenoffen und Anhänger ihres 
Propheten, fich mit den Gefchlechtern im Norden wie im Süden 
der Halbinfel. Den Hergang der Geſchichte kennen wir freilich 
nicht, aber nad) vielen andern Richtungen hin Fmüpfen fich analoge 
Berhältniffe, durch Sagen und Genealogien, auf die mannichfaltigfte 
Weife unter den arabifchen Stämmen mit ihren Nachbarn und Um— 
gebungen. Nicht unwichtig ift es für daß Folgende zu bemerken, 


”») Fulg. Fresnel, Lettr. IV. T.V. p. 539. ”) Fulg. Fresnel, 
l. c. T. VI. p.205; vergl. ©. Weil, Mohamed a. a. O. ©. 2. Not. 2. 
*°) Diefe Sagen ſ. vollftändig bei Fresnel 1. c. VI. p. 196 - 203, 


B2 


20 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


daß in allen Genealogien und Erzählungen der Araber vie vorfom- 
menden Namen nicht blos Individuen bezeichnen, fondern auch eben 
ſowol eolleetive gebraucht werben, und zugleich die ganze Nach— 
fommenfchaft mit befaffen *). 

Aus der Verheirathung mit der Araberin wird es abgeleitet, 
daß die zahlreichen Nachfommen, von 12 Söhnen Ismaëls, die 
arabifhe Sprache annahmen; der Name der Hagar findet ſich 
in dem arabifchen Stamm der Hagräer*) wieder, der in einem 
beftimmten Verhältniß zu den Ismaslern genannt wird; der Stamm 
der gedemüthigten und zinspflichtig gemachten Katura, melche ven 
untern Theil von Meffas Boden beſetzt hatten, indeg Mudadh 
den obern von Ibrahim argebauten einnahm, wird von der Ke- 
tura, dem zweiten Kebsweibe Abrahams, und ihren 6 Söhnen her— 
geleitet. Obmol diefer geringere Stamm aus dem Süden Arabiend 
eingewandert fein fol, fo findet er fich Doch nicht unter den Genea— 
Iogien von Jemen genannt, e8 flimmt aber wol mit den hebräifchen 
Angaben der Patriarchen in Kanaan überein, daß von den beiden, 
um gemwiffe niedre Stufen ftehenden Kebsmeibern Abrahams, auch 
die Nachkommen als geringere, halb entartete galten, die außerhalb 
ded gelobten Landes, gegen den Often in dad arabifche Wüftenleben 
übergegangen (I8maelier, Nomaden, Beduinen), ſich wie die andern 
Stämme daſelbſt in weiten Flächen zerftreuten, und von den mehr 
zum Landbaue fich neigenvden, feſter geftevelten Völkerſchaften ver- 
wandten Blutes entfernt hielten. 

Ismaéls Sohn Nabit, der mit dem Nebayoth ded 1.8. 
Mof. 25,13 identifieirt #) ein neues Dand Altefter Verknüpfung der 
Genealogien darbot, erbte noch nach derſelben Sage vie Vorfteher- 
ſchaft des Hauſes Gottes (der Kaaba); nad) deſſen Tode aber rifjen 
die Djorhamiden auch dieſe Würde an flch, und einverleibten die 
Nachkommen Ismasëéls fo gewalttgätiger Weiſe zu ihrem Stamme, 
daß dieſe nur darauf fannen, dies Joch wieder abzufchütteln. Auch 
waren ed dieſe Djorhamiden, welche die Tempelverehrung ver 
Kaaba verunreinigten, die bis dahin vom alten Gultus nur in ſo— 
fern abgewichen war, daß Colonien, die von Meffa audzogen, von 
den Mauern derfelben Steine mitnahmen, und dieſen eine Art Ver— 
ehrung bezeugten. Die Djorhamiden aber nahmen einen alten Gö— 
gen der Amalefiter, Hobal, miener im Tempel auf und ließen vie 


) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. p. 31 Not. }, *2) Ewald 
a. a. O. I 369 Not. J. *) F. Fresnel I. c. 


| 


Hiſtor. Heberf. Mittelarabiens; vormohamen. Zeit. 21 


Einführung vieler neuen zu, fo daß man im Raume der Mauern 
der Kaaba bald die Abbilder von mehr ald 300 Götzen zählte *). 
Eine günftige Gelegenheit zur Abfchüttelung dieſes Joches zeigte fich, 
nach der arabifchen Sage, freilich erft fehr fpat, nämlich im zmeiten 
Jahrhundert nach Chr. Geb., ald vie berühmte, große Ueber- 
fhwemmung in Süd-Arabien (Seilelarim, ruptura Cata- 
ractae bei Reiske, torrent des Digues bei De Sacy; ver Siddi 
Mareb, oder Dammdurchbruch bei Mareb, den nach der Legende 
eine Ratte durchwühlt hatte) 5), wahrſcheinlich verbunden mit gro— 
Ben innern Fehden, zablreihe Stämme zur Auöwanderung 
nach dem Norden veranlaßte. 

Damals unterftügten die ISmaeliten ven Umru ben Xohai, 
den Häuptling mehrerer aus Jemen eingewanderten Stämme, die in 
der Nähe von Meffa zu Bath-Marr ihr Lager genommen: hat- 
ten, und es gelang ihnen mit deren Hülfe die Diorhamivden aus 
Mekka zu vertreiben. Diefe neuen Croberer erhielten ſpäter den 
Namen Ehuzaiten (d. i. die Getrennten), weil fie unter jenen 
Ausgewanderten in Mekka zurückblieben, inveß andere Stämme ent- 
weder wieder nach dem Süden zurücfehrten, oder nady dem Nord— 
weften und Oſten weiter ziehend an den Grenzgebieten der Halbinfel 
unter der Oberherrfchaft der Griechen oder Nömer und Saffaniven, 
in Südoſt von Damasf und in Irak nahe dem Euphrat Fleine 
Königreiche gründeten. (3.8. die älteften Ueberfälle noch heidniſcher 
Araber in die mygoonifche Landfchaft, die Batna Sarugi u. a., f. 
Erdk. Th. X. ©. 1139 u. f.; und vielleicht ſelbſt die noch weit Altern 
Arbäh oder Arabah ver iranijchen Keiljchrift, die Lafjen für Be— 
zeichnung ver Lanpfchaft Arbelah oder Arpharad hielt (Erdk. Th. X. 
&.89), was aber von Sacquet*), wol noch mit mehr Wahr- 
fcheinlichkeit, für die nördlichſte und ältefte Anfiedlung eines 
Araberftammes, die Drei, Druri, richtiger Durhoi (Orrhoene, 
Erdk. XI. ©. 335), deren Stadt von Nicanor, dem Eparch Mefo- 
potamiad, Antiohia Arabis genannt ward, anzufehen ift.) 

Die Ismasöliten blieben zwar wieder von der Regierung aus— 
gejchloffen, doch erhielten je das echt, einen der vier heiligen Mo— 
nate, während denen unter Arabern fein Krieg geführt werden durfte, 
nad) Umſtänden auf die eine oder andere Zeit zu verlegen, wodurch 


), Schloſſer, Weltgefh. 1. 1. ©. 214. *°) Silv. de Sacy, Mem. 
de l’Acad&mie des Inscript. T. 48. p. 488. *°) Jacquet im 
Journal Asiat. 3. Ser. T. V. 1838. p. 588 Not. 


22 Meft-Afien. IV. Abtheilung, $. 58, 


fie großen Einfluß über die friegerifchen Stämme *7) des nörblichen 
Arabiens ausübten, ein Necht das auch Mohameds Ahnherrn vom 


vierzehnten Glieve an bejaßen. Aber erft mit dem vierten der 


Ahnherrn feines Stammes, mit Kufjai oder Chuzai (alfo etwa 
Mitte des 5ten Jahrh. n. Chr. &.), hört die Obergewalt ver Chu— 
zaiten auf; denn diefer Hatte eine Tochter Hulails, des legten 
Fürften diefer Chuzaiten, zur rau, und riß nach feines Schwieger- 
vaterd Tode die weltliche und geiftlihe Macht über Mekka 
an ſich. Er allein hatte fortan das Necht die Pilger, die in ver 
vormuhamevanifchen Zeit zum Haufe Ibrahims (der Kaaba) nie 
fehlten, mit Zebensmitteln und Waffer, das bei Mekka jo jparfam, 
zu verforgen; um feine Sahne mußten fich alle Krieger verfammeln 
und ihm ald Führer zum Kampfe folgen. Er erhob ven Zehenten 
von allen nach Mekka eingeführten Gütern, er war der Verwalter 
des Tempeld und führte den Vorfitz im Rathhaus, wo alle Staatd- 
angelegenheiten befprochen, alle feierlichen Handlungen, mie Beſchnei— 
dungen, Hochzeiten flattfanden, und auch vie Jungfrauen mit ihrem 
erften weißen Oberhemde befleivet wurden. Um fich ald Gebieter 
gegen die verfchiedenen Stammedanfprüche zu behaupten, theilte er 
alle feine Verwandte in zmölf Stämme, und erhielt deshalb, nach 
Ginigen, auch den Namen des Sammlers, Koreifch (ein Wort 
unfichrer Ableitung, von verfammeln gebildet #), das fpäterhin ſo— 
viel ald den Adel bezeichnete), und feine Nachkommen Koreiſchi— 
ten, deren Glieder Mohamed wiederholt für feine würbigften 
Nachfolger erklärte, deshalb die Khalifen Abu Ber und Omar (ob— 
wol Ali ein Kureifchite war), die nicht zu dieſem Gefchlechte gehör— 
ten, der Benennung Koreifchiten fpäterhin eine andere ermeiter- 
tere Bedeutung gaben, um auch deſſelben Adelstitels theilhaftig zu 
fein. Kuſſai flarb etwa 100 Jahr vor Mohameds Geburt; er 
jeßte feinen Alteften Sohn Abd al Dar in feine Nechte ein, aber 
deffen jüngerer Bruder Abd Menaf empörte ſich gegen ihn, und 
ein großer Theil der Koreifchiten (vie zugleich ala blos Conföde— 
rirte ſtets Gegner jeder Erbmonarchie, wodurch ihre ebenbürtigen 
Stammesrechte nur beeinträchtigt werden mußten) fehloß ſich ven 
Empörern gegen den Ufurpator an, ver als Tyrann galt. Um blus 
tige Fehden (bei der im Volke herrſchenden Blutrache, die zu uns 
envlichen Kriegen der Stämme unter fich führte) zu vermeiden, trat 


) ©. Weil, Mohamed a. a. D. ©. 3. 6) Günther Wahl, der 
Koran a. a. O. S. 719 Rot. 


Hiftor. Meberf. Mittelarabiens; vormohamen. Zeit. 23 


Abd al Dar einen Theil feiner Vorrechte an feine Neffen ab: das 
ver Pilgerbewirthbung an Hafchim, das Feloherrnamt an Abo 
Shems und fo noch andere mehr. 

Diefe beiden genannten Neffen waren Zwillingsbrüver, die, an 
ber Stirne zufammengemachjen, nach der Geburt durch einen Schnitt 
von einander getrennt werden mußten, wobei fo früh das Blut zwi— 
ſchen ihnen floß, ein böſes Omen für den Haß und die blutige 
Feindfchaft ihrer nachfolgenden Gefchlechter: denn Abd Shems 
Sohn war Ommeija, deſſen Enkel vie berühmten Omajaden 
(Omiaden) ald Khalifen die Vertilger Alis; Haſchims Enfel aber 
waren Mohamed und Ali. Schon zwifchen diefen Altern Gliedern 
gab es viel Neid und Streit, mehr noch und furchtbarere Spaltun= 
gen und Kämpfe zwifchen ihren Nachfolgern. Haſchims Sohn Abd 
Almuttalib, wegen feiner anfangd nur ſchwachen Nachkommen— 
ichaft bei feinem Volke verachtet, bei dem dad Sprichwort: „zehn 
Söhne, zehn Brüder, zehn Oheime haben,“ M zeigt, wie 
wichtig ihnen eine zahlreiche Verwandtjchaft fein mußte, fuchte auf 
einem andern Wege Einfluß zu gewinnen. Er bemühte fich, mit 
feinem nur einzigen Sohne Harith den bei der Diorhamiven 
PBerjagung von deren letztem Könige verfehütteten Brunnen Sem— 
ſem (noch heute der bei der Kaaba fo Hoch verehrte) aufzugraben, 
in der Hoffnung die darin zu jener Zeit ver Flucht verborgenen 
Schätze wieder zu finden. Obwol anfänglich deshalb nur verhößnt, 
fand er nach fortgejegtem Bemühen dennoch diefelben auf; e8 waren 
zwei Gazellen von Gold gearbeitet, inpifche Schwerter (von Gfalan)50) 
und foftbare Juwelen, die aber der Neid der Koreifchiten ihm nicht 
gönnte. Er mußte darüber, auf ihr Verlangen, vor dem Götzen 
Hobal die Loofe werfen laffen, wobei er und die Kaaba ihren An- 
theil an dem Eoftbaren Bunde erhielten, die Koreifchtten aber Teer 
ausgingen, Urfache genug zu Streit. 

Unter feinen vielen Söhnen waren auch Abbas, Stammvater 
der jpätern Abafftoifchen Khalifen, Abu Talib, ver Vater Alis 
und Erzieher wie der ungigennüsigfte Breund Mohameds, auch 
Abo Allah, Mohameds Vater. 

As Abd Almutallibs Anſehn wieder geftiegen war, und er 
unter den Koreifchiten an dev Spitze der Gefchäfte fand, ward ihm 
fein Enkel Mohamed geboren, in vemfelben Jahre (571 nad 


) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. p. 27, Not. 10. °’) Fulg. 
Fresnel 1, c. T. VI. p. 209. 


24 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Chr. Geb.), da der Abyifinier Abraha st), Statthalter von Jemen, 
auf Elephanten, mit einem chriftlichen Heere gegen Mekka zu 
Felde z0g, aber noch ehe er die Stadt erreichte, plöglich fein Heer 
einbüßte und kaum felbft noch nady Sana zurüdzufehren vermochte. 
Eine Begebenheit die Hiftorifeh erwiejen 52), wenn ſchon im Koran 
und anderwärts fabelhaft dargeftellt it. Im Koran, 105te Sure, 
werden Vögel mit glutheißen Steinen in den Krallen die Vertilger 
des feindlichen Heeres genannt, weshalb der gelehrte ©. Wahl an 
einen Regen von Meteorfteinen dachte, indeg Schlofjer darin ven 
tödtenden Hauch des Wüftenwindes aus Südoft, der Biograph Mo— 
hameds darin, wahrfcheinlich nach genauern Sprachforfhungen, die 
Peſt ver bis dahin bei ven Arabern ungefannten Boden) fieht, 
deren Verderben vielleicht von einem Sagelmwetter begleitet gewe— 
fen jei. 

Die Urjache dieſes merkwürdigen Ueberfalles, der für einhei- 
miſche Gefchichtsanfänge jo wichtig ſchien, daß mit demfelben Jahre 
571 (nicht im Jahre 569), die Araber, noch ehe fie wußten, daß 
Mohamed in demfelben geboren war, doch ſchon mit demfelben 
ihre jogenannte Zeitrehnung des Elephanten begannen, weil 
berittne Elephanten, vielleicht zum erjten male, in Kriegsheeren ge= 
gen fie zu Felde ziehen mochten, lag in religiöfen Beleidigungen. 
Das alte Geſchlecht der Könige von Jemen im ſüdlichen Arabien 
hatte ſich im Anfange des 4ten Jahrhundert? n. Chr. zum Juden= 
thume befehrt; es ward wegen feiner Graujamfeit gegen die Chri— 
ften in dem Gebiete Nadjeran, von deren Glaubensbrüdern den 
Abyffiniern, etwa 40 Jahre vor Mohaneds Geburt vom Throne 
verdrängt (Procop. de Bello Pers. I. 20), und abyſſtniſche Statt= 
halter wurden vort eingeſetzt, deren einer Abraha war. Zu Sa— 
naa, feiner Hauptftadt, ward eine chriftliche Kirche gebaut, die den 
Tempel zu Meffa an Größe und Pracht weit übertraf, weshalb fie 
aus Yanatidmus von einem Mekkaner verunreinigt und in Brand 
geftecft ward. Dies zu rächen >*) jollte Mekka überfallen werben, 
deffen Tempel Mohameds Großvater Gott ſelbſt zur Vertheidigung 
anheim ftellte, da den Meffanern feine hinreichende Macht gegen 
ein ſolches Heer zu Gebot ftand, und fie nur für die Nettung ihrer 
Heerden beforgt waren. So die Erzählung. 


1) G. Weil, Mohamed a. a. D. ©. 9. 2) Schloffer, Weltgefch. II. 
1. ©. 203, Not.n; Günther Wahl, der Koran ©. 716— 718, Not. t. 
>) G. Weil, Mohamed a. a. O. ©. 10. >) Ebend. 


Hiftor. Ueberſ. Mittelarabiens; vormohamed. Zeit. 25 


Nah Abd Almurallibs Tode ging das Bewirthungsrecht 
der Pilger an deffen Sohn Abu Talib über, ver dabei aber bald 
jo verarmte, daß er ed feinem zweiten Bruder Abbas überließ, 
der noch andere Vorrechte befaß, indeß der vritte Bruder Abo Al— 
lab, Mohameds Vater, ohne befondere VBorrechte blieb, und bei 
feinem frübzeitigen Tode feinem noch unmündigen Knaben nur eine 
Erbſchaft von 5 Kameelen, einer abyifinifchen Sclavin, wenigen 
Schaafen und von einem Hauſe überließ, indeß feine Oheime und 
GroßsOheime im Befig der Tempelhut, des Vorſitzes im Rath 
Haufe, des Feldherrnamtes und anderer Würden und Reichthümer 
waren. Die Armuth jchadete in damals fo einfachen Lebensver— 
hältniffen nicht, wo jedes einzelne Glied feiner ganzen Familie an— 
gehörte; daher er bei dem frühzeitigen Tode beider Eltern dennoch 
bei feinem Großvater und dann bei feinem Oheim Abu Talib gut 
aufgehoben war. 

Die Sitte ver Meffanerinnen verlangte es (und noch heute 
befteht, nach Burckhardt, unter den vornehmen Mefkanern derſelbe 
Gebrauch) damals, ven neugebornen Säugling der Amme in einem 
Beduinenftamne zur Aufnährung zu geben, um im Zeltlager 
rüftiger und tapferer aufzumwachfen, und weil man glaubte, die Land— 
luft trage aud, vieles zur Entwidelung des Rednertalen— 
te3855) bei, das höchſte Ziel damaliger Männer im Staat. Mo— 
hamed, der der größte Redner feiner Zeit fo gepriefen ward, 
rühmte fich felbft einft gegen fein Volk ſagend: „ich bin der Be- 
redtefte unter euch, denn ich bin als Koreijchite geboren, und bei 
den Beni Saad aufgewachfen.” Seine Mutter, Amina, eine tus 
gendhafte Frau, war aus Medina gebürtig, wohin fie mit dem 
heranwachjenden Knaben in jeinem ſechsten Jahresalter zu ihren 
Berwandten reifte, und jo ward ihm frühzeitig die Bekanntſchaft 
der Vaterſtadt und ver Mutterjtadt, in denen beiden fein Un- 
ternehmungsgeift fo große Kämpfe hervorrufen follte, fo wie ihm 
dad Leben mit den Beduinenſtämmen vertraut ward, die er zu 
feinen Heeren heranzog. Die Mutter ftarb auf der Rückreiſe zu 
Abwa auf dem Wege, einem Orte ver näher bei Medina als bet 
Mekka liegt. Nun ward der Knabe der Hausgenoß feines Oheims 
Abu Talib, ver damals noch die Schlüffel zur Kaaba hatte, die 
dem ſchlauen Knaben ficher frühzeitig einen Blick in vie Geheim- 
niffe und die Betrügereien des Götzendienſtes in ihrem Innern ges 


*) ©. Well, Mohamed a. a. D. ©, 21. 


26 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


flatteten, der ihn mit jenem Abſcheu vor demjelben erfüllen mochte, 
welcher fich jein ganzes Leben hindurch bis zur höchſten Leidenſchaft 
und Graufamfeit fleigerte. Seinen Oheim Abu Talib begleitete 
er, ſchon im 9ten und im 12ten Jahre, auf Reifen nah Boßra, 
an die Grenze von Syrien, mo er im der Nähe dieſer Handelsſtadt, 
bei einem Mönche Djerdjis (Georgiud) gaftlih aufgenommen, 
defien Wohlgefallen durch feine befondern Geifteögaben gewann; 
feinen Oheim Zubeir begleitete er im 16ten Jahre auf einer Hans 
delsreiſe nach Sud=- Arabien, und im- 20ften verfuchte er fich an 
der Seite feines Oheims im einem erften Feldzuge, den die Korei- 
ſchiten im Bunde mit den Beni Kinanah gegen ven Stamm 
der Hamazin führten, wozu die Plünderung einer Karawane Die 
Beranlaffung gab 5°), vie Numan over Noman, Sohn Mund— 
firß (er befteigt erft im Jahre 588 m. Chr. Geb. den Thron von 
Hira; vgl. Erdk. Th. X. S. 60) mit Getreide und Weihrauch be- 
laden auf die große Meſſe nach Okaz gejandt hatte und die dem 
Stamme Hawazin zum Schuße anvertraut war. Hierauf lebte 
Mohamed eine Zeit lang, big in fein 25ftes Jahr, in ver Nähe 
von Mekka, auf ven Beiden zu Adjiad, als Schafhirte, vom Lohn 
der ihm anvertrauten Heerden, wie Moſes ver Geſetzgeber, morauf 
er als ein anderer Geſetzgeber ſelbſt Gewicht legte. Dann trieb er 


mit einem gemiffen Saib Leinwandhandel, und bejuchte als Kaufe 


mann den Marft Hajafcha, 6 Tagereifen in Süden von Meffa, 
beim Dorfe Djoraſch, auf deſſen dreitägiger Mefje vie Mefkaner 
ihre Leinwand (wahrfcheinlih nur als Fabrifat von Jemen zu 
haben) einzufaufen pflegten. Seine dabei bewiefene Gewandtheit 
gewann ihm dad Vertrauen einer reichen Kaufmannswittwe, Cha— 
didja, die viele Waaren nach Syrien fandte, und einen tüchtigen 
Geichaftsführer in ihm fand, dem fie den doppelten Lohn, ver in 
2 Kameelen beftand, für feine Dienfte zufagte. Die glückliche Aus- 
führung dieſes Gefchäftes und einiger anderer auf Handelsreiſen 
nach dem ſüdlichen Arabien wurde dadurch belohnt, das Chadidja 
ihm ihre Hand anbot ald Gemahl. Auch ward die Hochzeit in 
feinem 26fter Jahre vollzogen. Aber das Handelsglück blieb ihm 
nicht Hold, er verlor das Vermögen wieder, genoß aber dagegen ein 
großes Anſehn in Mekka, wo er in feinem 35ſten Jahre als Schieds— 
richter in den wichtigften Beziehungen ftand, denen er aber mehr 
und mehr die Einfamfeit und das beichauliche Leben im einer Grotte 


>) G. Weil, Mohamed a. a. O. ©. 30. 


Hiftor, Meberf. Mittelarabieng; vormohamed. Zeit. 27 


des benachbarten Berges Hara vorzog, in welcher er fich, wie auch 
jhon fein Großvater gethan, den Geremonien und religidfen Bes 
trachtungen, zumal in den heiligen Monaten und Baftenzeiten, ganz 
überließ, und fo gegen die zweite Hälfte feines Lebens dem 
Drange nachgab ein Reformator Yer Religion feines tief in Gö— 
Benthum verfunfenen Volks zu werden, und es zum reinen alten 
Slauben feines Ahnherrn Abrahams, ver weder Jude noch Chriſt 
geweſen, wol aber als Heiliger Prophet, als Erbauer der Kaaba 
und Stammpvater galt, oder zur Anbetung eines einzigen Got— 
tes zurüdzuführen. Seine vielfache Bekanntſchaft mit Magiern over 
Sabaern der Perſer, mit Juden und nur fehr dürftig unterrichtes 
ten Chriſten, während feines vielbewegten Lebens, hatte ihn mit 
ihren erhabenern monotheiftiichen Religionslehren und ihren ewigen 
Wahrheiten befannter gemacht, aber auch die mancherlei Auswüchſe 
ihrer damaligen Secten, die er mitunter für dad Weſen hielt, glaubte 
er kennen gelernt zu haben; 3. B. daß die Juden jener Zeit ven 
Esdras und die Rabbiner wie Götter verehrten, die dortigen 
orientalifchen Chriften aber dem doch nur einzigen Gotte, wie er 
ſich aus Mißverftand ver Dreieinigkeitölehre in ihrer blos vom Aus 
Bern Standpunct erkannten Firchlichen Auffafjung ausdrückte, einen 
Sohn und einen Gefährten zur Seite ftellten. Diefen Irrlehren 
entgegen treten zu müſſen, hielt er jich von höherer Macht berufen, 
und fügte zu falichen Anftchten und Taufchungen, mit dem Irr— 
wahne erhaltner Offenbarungen eines wahren Propheten, noch une 
enpliche Irrthümer und furcktbare Thaten hinzu, in deren Verwir— 
rungen er fein ganzes Zeitalter wie eine unaufhaltfame Lawine mit 
fortriß zur Umgeftaltung de3 ganzen Orientes. 

Eine Reaction des lebendig erkannten Monotheismus, der aber 
vom Element feiner eignen Volkseigenthümlichkeit getrübt war, gex 
gen den Polytheismus, eine einfeitige Auffaffung der göttlichen Ei— 
genfchaften, in welcher die Allmacht hervor-, die Idee einer heiligen 
Liebe ganz zurüdtrat, in ver alfo Willführ und herrſchender Fata— 
lismus eime fittliche Breiheit gänzlich ausfchloß, aus der das fittliche 
Element in der ethifchen Auffaſſung der Gottesidee gänzlich ver- 
bannt war umd daher auch in der Lehre ded Koran fehlte, oder doch 
ganz In den Hintergrund trat, konnte mit der mährchenhaften Auf- 
fafjung der jüpdifch = chriftlichen Begebenheiten des Alten und Neuen 
Teſtaments, fagt fo vortrefflich ein großer Kirchenhiftorifer 57), mußte 


) U. Neander, Allgemeine Gefchichte der Pi Religion und 
Kirche, Iter Band. Hamburg, 1834. ©, 168— 17 


28 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 58. 


nur ein völliger Gegenjag zum Chriſtenthum hervorgehen, da | 
‚jene Xehre dad Bedürfniß eines Erlöferd und einer Erlöfung aus— 
fchließt. — | 

Wir Haben diefen Verlauf ver Dinge nur vorgeführt, weil fich 
aus jolhem Spiegel der Geſchichte von jelbft einige Hauptzüge 
der Natur jenes Lande und jener Völferfhaften Mittels 
Arabien ergeben, wie fie und durch feine andere Beichreibungen 
aus jenen Zeiten überliefert werden. Mekka und feine Umge- 
bung tritt fo ald ver natürliche und Hiftorifche Mittelpunect 
eined weites Länder- und Völkergebietes hervor, an ven fich viele, ja 
wol die bedeutenpften ver übrigen Verhältniffe anfchliegen. Wurve 
es doch durd) das Gebot ded Koran, Sure II: „Kehre dein Antlis, 
von welchem Drte du auch herkommſt, gegen das heilige Bethaus 
zu Mekka,” auch zum recht eigentlich bewußten, religidfen Birpunet 
für die an dad Irdiſche fo fehr durch ihren Propheten gefeffelten 
Gläubigen, auf der ganzen Erde, wie e8 ihnen zu einer geogra= 
phifchen Drientirung diente. Doch war es in jener Zeit nicht 
wie fpäterhin das einzige Civilifationdrentrum von Land und Volk, 
dad auch noch in Süd-Arabien ein Gegengewicht gefunden hatte. 
Doch ehe wir zur Ueberficht von biefem übergehen, noch einige we— 
ſentliche characteriftiiche Züge von Mittel-Arabien, meil auf ih- 
nen die Umgeftaltung des Geſammten beruhte. 

Mekka, ald Wallfahrtsort feit undenklichen Zeiten, übte einen 
großen Einfluß aud auf alle angrenzenden Provinzen, doch Feine 
Herrichaft über ſtets freie Wüſtenbewohner bis heute; der lebendige 
genealogifche Glaube einer gemeinfanen Abftammung vom Patriar- 
chen Abraham, verbunden mit dem religiöjen Glauben an die Rein— 
heit und Urfprünglichkeit ſeines Tempelheiligthums, bewegte das 
Blut in den Adern wie den geiftigen Menfchen, und mußte ein 
nie von Außern Zwingherrn unterjochtes Nationalgefühl mit einen 
ungeheuern Gewicht an eine ſolche Mitte eines heimatlichen ges 
weihten Bodens feileln, wenn fid Fanatismus, Eiferſucht 
und Leidenſchaft aller Art hinzugefellte, fo daß ein ſolches Local 
Alles Fremde von ſich ausftoßen und jedem Ungehörigen in der, 
That den Zutritt verweigern mußte, wie died wirklich feit einem 
vollen Jahrtaufend gefchehen, der wahre anziehende und abſtoßende 
Bol für Inland und Ausland, für Moslem und Nichtmoslem. | 

Die Ebbe und Fluch der Bölferftämme, die in diejer ges | 

| 
| 





meinfamen Landesſitte hin und her wogte, wurde nur in ihren 
gejonverten Wogen durch Stammedgemeinfchaft, durch gemeinfames 


Hiftor, Meberf, Mittelarabiens; vormohamed. Zeit, 29 


Herkommen und Alles was daran fich knüpft, zufammengehals 
ten; mo aber vieles Band zerriß oder verlegt ward, Durch Unge— 
rechtigfeit, Druck, Blutvergiepen oder Befleckung der Stammesehre, 
da begann die Zerfpaltung, die Feindfchaft, die Blutrache, die Fehde 
und der faft unverfühnliche Haß und Krieg, der von Gefchlecht auf 
Geflecht um fo mehr vererbt wurde, je weniger die NRachefucht 
und das file Brüten in den Wüſteneien auf Verderben des per— 
fünlichen Widerfachers, durch Kriege und Neibungen von außen ge— 
fidrt ward; im denen eine gemeinfame Noth auch wieder die 
Nationalkraft zu großen Ihaten nach außen vereint haben würde, 
die fich jegt im Kleinen, in fich felbft gegenfeitig einwüthend, zer 
fplitterte.. Die Blutrache der Väter und Großväter feste ſich 
hier auf die der Kinder und Kindesfinder als heilige Pflicht, ja 
auf ganze Gefchlechter und ihre Verbündete, felbft mol Jahrhunderte 
und längere Zeiten hindurch fort, woraus nebft der durch dad Land 
bedingten Lebensweiſe feiner Bewohner veffen ganze hiftorifche Ge— 
ftaltung hervorgeht, und das furchtbare, innere Verderben eines 
Bolkes, wenn zu diefer Teidenfchaftlichen Teiblichen Zerriffenheit auch 
noch eine fanatifche, religidfe hinzutritt, die durch viele Hunderte von 
Privatgögen bemirft wird, die eben fo, wie ihre Knechte, Stamm 
gegen Stamm aufregten. In dieſem Zuftande einer tiefften, durch 
ausſchweifende Lebensweiſe, durch Blutrache und durch particularen 
Götzendienſt herbeigeführten Verſunkenheit, fand Mohamed ſein 
durch große und herrliche, geiſtige und körperliche Anlagen vor vie— 
len andern bevorzugtes Volk, und befreite daſſelbe allerdings durch 
ſein unumſtößliches Geſetz von vielen der aus jenem Zuſtande her— 
vorgegangenen Gebrechen, ſie zu einer religiöſen National— 
einheit erhebend, indeß er ſie zugleich durch viele andere Satzun— 
gen in neue Gebrechen und dauernde Wirren hinabſtieß, ſo daß es 
keinen Wunder nehmen kann, wenn die Viſionen des epilepti— 
hen?) Mannes, vie er ſelbſt für Offenbarungen ausgab, lange 
Zeit hindurch, auch ven Seinigen, wie einem unbefangenen Abu 
Talib feinem Oheim, oder feiner befonnenen®9) Tante Um Sani, 
und Andern, nach dem Geifterglauben der Zeit, bald ald Eingebun— 
gen böfer Dämone, bald guter Engel, bald nur ald Träume eined 
franfen, over eines feltfam gereizten, abfonverlichen Mannes er— 
fchienen. 


et, Mohamen a. a. D. S. 42,45, 47, 52. 9) Ebend. 


30 Weit-Aften. IV. Abtheilung. $. 58. 


Das eigenthümlich von der Natur durch Wüſten und Meere 
umfchlofjene Land hatte auch auf die Lebensweiſe feiner durd) Ab⸗ 
ſtammung zufammenbhaltender und doch in ſich unendlich 
zerſpaltner Bewohner ſeinen eigenthümlichen Einfluß ſchon 
dadurch ausüben müſſen, daß es nirgends zuſammenhängende 
gleichartigfruchtbare Landesſtrecken darbot, ſondern über 
all durch Berge und nackte Klippen oder durch wüſte Sandſtrecken 
geſchiedne Oaſen, wodurch von der einen Seite auch die Be— 
wohner gezwungen waren zu urſprünglichen Trennungen 
und Spaltungen oder Vereinzelungen ihrer Geſchlechter, 
da nirgends zahlreiche Gemeinheiten auch nur Waſſer genug zu 
ihren Heerden und ihrer eignen Erhaltung beſaßen. Dagegen an— 
dern Theils aber auch wieder die edelſte und hochgeprieſenſte Tu— 
gend, die ſich bei ihnen wie bei keinem andern Volke der Erde in 
ſolchem Maaße ala Nationaltugend entwiceln mußte, die der Gaſt— 
freundfchaft war, die alle jene Mißverhältniffe auszugleichen hatte 
und bemundernswerthe Thaten erzeugte, die nie auf enlere Weife 
ausgeübt ward als bei arabifchen Stämmen, nie feuriger befungen 
ward ald von ihren antiken Dichtern, und deren Verlegung ald das 
größte der Berbrechen nie auf Vergebung rechnen Fonnte®0). Selbſt 
das Kameelblut des Onftfreundes, wenn e8 feindjelig vergofien 
war, verlangte Sühne und führte zu blutigften Schlachten 1); es 
führte zum ewigen Haß ver Bafr und Taghlebiten, obmol fle 
beide aus einem Gefchlecht Wäils abftammten. In welchen ans 
dern Rande ald in ven Wüſten Arabien wäre es Sitte geworben 
wie da, dem Wanderer auch in den einfamen Nächten Feuer 
auf ven Höhen?) anzuzünden, in ver Nähe ihrer Wohnungen, um 
ihm den Weg zu diejen zu mweifen und zum Eintritt einzuladen; es 
waren die Leuchten der Hospitalität in dem Gandorean, um das 
Steuern des Schiffes der Wüſte dahin möglich zu machen. Diefe 
Nachtfeuer neben den Zeltlagern gehörten in den vormohamedani— 
fchen Zeiten zu den Chrenpuneten des Nomadenlebens, um fich Gäfte 
zu gewinnen. SHiftorifer, Die e8 noch immer für zu erniedrigend 
halten, bei ihren Gefchichtöentwidelungen auch die Natur und das 
Rand zu befragen, weil fie Alles aus den innern Zuftänden der 


0) S. Beifpiele bei Fresnel im Journ. Asiat. T. II. 1837; —55 
der Moallakat u. A. p. 333, T. IV. p. 1—21 u. A. 1) Fulg. 
Kresnel, Lettre sur l’hist. des Arabes avant l’Islamisme. Paris, 
1836. p. 16,20 u. a. O. 6?) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. 
p- 27. 





Hiftor, Meberf, Mittelarabiens; vormohamed. Zeit. 31 


Völker wähnen erflaren zu können, ohne die Gottesgabe, die Mit« 
gift der Heimath, mögen in diefer einen Erfcheinung ihre Theo— 
rien auch für andere endlich einmal gründlich zu durchmuftern be— 
ginnen, um nicht Länger hochmüthig an dem auch von außen, 
durch eine höhere Weisheit bedingten und nicht felbfterfchaffenen 
vorüber zu geben. 

Wenig fefte Anſiedlung, wanderndes Hirtenleben, Streit um 
Mafjer und Weide, Befehdungen, Trennungen durch Individuen 
vermehrter Gefchlechter, Stammesbildungen aus Noth von außen, 
oder durch innern Kern, gefonverte Haufen in unendlicher Zahl, mit 
dadurch bedingten eignen Sagen, Gefchichten, Schiefalen, Sympa— 
thien und Antipathien, Gebräuchen, Gewöhnungen, Ipeenfreifen, 
beim Verharren in allgemeinfter Uebereinftimmung der Verhältnifie, 
waren nothwendige Folgen dieſer Grundlagen, in welchen Die durch 
die Umgebung bevingte politiihe Richtung der Kriege, ber 
Gang den ver Handel zum nothwendigen Austaufch der localen 
Gaben und zur Befriedigung ihrer Mängel und Bedürfniſſe 
nahm, und die geiftigere Thätigkeit die fich Hier allein in ver Nas 
tionalpoefie und Rhetorik offenbarte, die einzige Mannichfaltigkeit 
hervorriefen. 

Das Kameel, ver Balmbaum mit der Dattel, die Quelle 
war Allen unentbehrlicher Befig, wo nicht das Pferd oder fonit 
ein andered Nahrungsmittel Erfag für den Mangel von jenen dar— 
bot. Die Verdrängung von Quellen oder ihr Verfiegen nöthigte 
oft zu weiten Emigrationen. Die wichtigften von den berühmten 
Dichten befungenen Schlachten werden nad) den Quellen bei denen 
jle vorfallen, benannt, meil ihr Beſitz mit Eiferfucht von den Stäm— 
men bewacht wird, und eben deshalb bei Zeltlagern am häufigften 
die unerwarteten Ueberfälle und die hartnädigiten Vertheidigungen 
geichehen. Gin verwundetes Kameel, das fich auf eine fremde Weide 
an eined Nachbars Brunnen verlaufen hatte, führte einen blutigen 
Krieg zwijchen ven nahe verwandten Stämmen Befr und Taghlib 
herbei, ven Muhalhil jo kühn befungen Hat®). Gin Pferveren- 
nen 64), bei dem die Ehre eines Stammes durch Veberliftung 
eined Bruderſtammes verlegt war, und alle Bundesgenofien den Eh— 
renpunet zu dem ihrigen machten, verurfachte einen 40jährigen Krieg 


) Fulg. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. La guerre des Bagous 
p. 15— 28, 5 Fulg. Fresnel, Sec. Lettre im Journ. Asiat. 
3. Ser. T. I. 1837. p. 334 — 359. 


32 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 58. 


zwifchen den Stämmen Abs und Dfubian, der den Namen der 
beiden dabei beiheiligten Pferde, Dabes und Gabra, erhielt ®®), 
und von dem Mitfampfer, einem ihrer großen Dichter, von An- 
tar, befungen ward. Diefe und ähnliche fortwährend fich ereig« 
nenden fleiniten, meift aus der Natur der Heimath hervorgehenden 
Beranlaffungen führten, ſobald nur Blut dabei floß, das Blut— 
rache oder fehr große Sühne (für ven Sayyid oder dad Stamm 
haupt 1000, für andere 100, für ein Weib 50 Kameele)66) erheifchte, 
meift zu fo großen, erfchöpfenden Fehden, daß man frühzeitig we— 
nigftend auf temporäre Unterbrechungen verjelben bedacht war, was 
die vier heiligen Monate berbeiführte, in denen fein Schwert ge— 
zogen werden durfte, wie zur Zeit der olympifchen Spiele in Grie— 
henland, bier um der Wallfahrt nad Meffa, ald eines reli- 
giöfen Gebrauchs willen, der troß der Divergenz in den verfchieden- 
ften Richtungen ihres Götzenthums dod allen Stämmen ein 
geheiligter Gebrauch Klieb, und durch Mohameds Satzungen nur 
jeine Mopificationen erhielt. Mit diefer Wallfahrt Hatte fich gleich- 
zeitig in der Nähe des Tempelheiligthums die große jährliche 
zwanzigtägigee”) Meffe zu Okaz (Dcadh), eines Ortes zwi— 
ihen Nahla und Taif (vermuthlich felbft erft mit ihr entitane 
den), dad im Oſten von Meffa liegt, ausgebildet. Sie begann 
mit dem Anfang der 3 geheiligten Friedensmonate und diente zum 
Austaufh der Waaren, aber auch der Naubbeute (3. ©. ver 


rothe Mantel), ven Riyab dort zum Verkauf brachte und dadurch 


feinen Mord an Schä8 verriet), woraus ein blutiger Krieg ent— 
ftand, oder dad Schwert ded Harith u. A.)68) aller Stämme des 
Weſtens und Oſtens, des Südens wie des Nordend, wohin dann 
die Karawanen der Kaufleute, auch durch feindliche Stämme, ihre 
Wege mit Sicherheit nehmen fornten. Daß auch diefed Her— 
fommen, wenn es fchon auc) zumeilen verlegt wurde, auf ben 
ang ded Verkehrs, wie auf die Straßenzüge, die Sta— 
tionen und Anfiedlungen, die wiederum durch Weideboden und 
Duellen local bedingt waren, den entjchievenften Einfluß ausüben 
mußte, ergiebt fid) von felbit, ein Einfluß, der ſich auf gleiche Weife 
bis im die jüngfte Zeit, im Großen, bei der noch heute fortbefte- 


65) G. Weil, Mohamed a. a. O. S. 13. °°) F. Fresnel, Lettr.1. 
l. c. p. 35. °”) De Sacy, Mem. de l’Acad. d’Inser. Vol. L. 
p. 351— 352; Sclofier a. a. ©. II. ©. 217; ©. Weil a. a. O. 
©. 14. 68) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. Journee de 
Manidj p. 28—31; 60. 


Hiftor. Meberf, Mittelarabieng; vormohamed. Zeit. 33 


henden Pilgermeſſe in Mekka an ver Kaaba bewährte, und an fehr 
vielen im arabifchen Lande zerftreuten auf beſtimmte Tage verleg« 
ten Wochenmärkten, nur im Fleinern Maapftabe, wiederholt. So 
verbanden jich nomadifches Hirtenleben und Befehdung mit 
Handel und Karamanenverfehr in demfelben Lande und Volke 
auf die natürlichite Weife, was in andern Ländern, unter andern 
Bölkern, gleichzeitig unmöglich erfcheint. So ift alles, was von 
der Natur ded Landes urfprünglich bedingt war, ftationair 
wie fie ſelbſt geblieben feit uralter Zeit, bis heute, und nur durch 
religiöſe Sagungen find hie und da andere Wendungen eingetreten; 
wie z. B. daß die vier heiligen Monate von Mohamed aufgehoben 
wurden, meil er den Krieg unter Mufelmännern zu jeder Zeit 
verbot, aber gegen die Ungläubigen zu jeder Zeit geftattete, 
eben fo, daß er der Wallfahrt eine andere Einrichtung gab, wo— 
durch ‚auch die poetifchen Wettjtreite ritterlicher Dichter, die freilich 
auch oft zu Ruhmredigkeit und Partheikämpfen führten, an jenen 
Vilgerverfammlungen ihr Ende finden mußten, und zugleich vie 
Ausleger des Koran in Meffa und den Städten die Männer der 
Literatur wurden, während zuvor nur die Nomaden), die Bes 
duinen oder ächten Ismaelier die Dichter und Nhetoren der Na= 
tion waren, deren Werke auf die Nahfommenfchaft gekommen find. 
Denn Mekka war eben nur der Sammelplag der Nomaden bei ih— 
rem Heiligthume; die Mekfaner jelbft befaßen vor Mohamed feinen 
literarifchen Vorzug der Bildung vor den Kindern der Wüfte, den 
Beduinen. in literariicher Congreß hatte fich feit langer Zeit 
zum edeln Kampfe der trefflichiten Dichter gebilvet, der unter dem 
Vorſitze eined Dichterfünigs die Entſcheidung hatte. Der vortras 
gende Dichter fprach, und ein Rhapſode, oder der Schreier neben 
ihm (der Mouhalligh, wie heute noch in ver Mofchee, ver Mes 
benmann des Imand, der deſſen leife Gebete laut wiederholt) wie— 
derholte laut feine Worte?0). Der Hauptgegenftand des Vortrags 
war Schilderung der eignen Tugenden und Thaten des Dichters 
und jeined Stammes. Das mit dem Preife gefrönte Gevicht durfte 
zum Lohn mit golvig verzierter oder in Seide geſtickter Schrift an 
dem Tempel zu Mekka eine Zeit ang angeheftet werden. Die fie- 
ben Muallafat?t), die alle fieben jedes einen bepuinifchen 


) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. p. 25 Not. "*) Ebeub. 
p. 32, Not. 4. ") ©. Weil, Mohamed a. a. O. 6.15; Schloffer, 
Weltgeſch. II. 1. S. 217; f. Günther Wahl, Koran, Einleit. S. ıx, 


Nitter Erdkunde XII, C io 


34 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58, 


Dichter zum Verfaffer hatte, feinen einzigen Städtebewohner, und 
einige andere Gedichte, find von dieſen antiken Preisgevichten noch 
übrig, die zeigen daß, wie im Mittelalter, jo auch bei den Bedui— 
nen Arabiend mit den Rittertugenden auch eben fowol Diebftahl, 
Raub und Mord, felbft Ehebruch und andere Verbrechen, wenn fie 
mit Lift und Kühnheit nur nicht gegen Stammedverwandte und 
Gaftfreunde, fonvdern gegen den Feind geübt wurden, ald rühmlich 
und preigwürdig erfchienen, eine Anficht die von Mohamed nur 
religiös gefteigert und auf dad Ververben aller Unglüubigen 
ausgedehnt ward. Allerdings ward diefer Congreß auch ein Tum— 
melplag der Leidenſchaften und des Haffes, des Chrgeiged der Werts 
ftreiter unter fich, die nicht immer frienlich fich entwirrten und öfter 
dur blutige Händel unterbrochen wurden, wenn ſchon es Geſetz 
war, daß der recitirende Dichter durch ein Gewand (Tagannou',??) 
eine Art Schleier oder Maske, um ihn den andern unfennbar und 
den Nichterfpruch des Dichter-Areopags ganz unpartheiifch zu ma— 
hen) verhüllt erjchien. Wer ale jene Tugenden und Thaten in 
ſich vereinte, die bei der Verfanmlung in den Moeflen gepriefen 
worden, und dabei der befte Dichter in ihrer Darftellung war, ward 
Dichierfönig, und für feine Stammedgenoffen von größtem Einfluß: 
denn der Dichterfönig ward zugleich Schievsrichter und Lenker ſei— 
ned Stammes. 

Ein jolher Dichter, Aaſcha aus Demama, ein Beitgenoffe 
Mohameds, fagt man, brauchte einft nur in wenigen Verfen die 
Tugend der Gaftfreundfchaft eined armen Beduinen zu preis 
fen, und das war hinreichend, um deſſen acht Töchtern an einem 


einzigen Tage acht Ehegatten zu verfchaffen. Solche Dichter tra- | 


ten bei Kriegen im poetifchen Wettkampfe zur Vertheidigung ihrer 
Stimme auf, und dem Berichterftatter irgend einer Begebenheit, 
dem Erzähler einer Thatſache in Proſa yflegte jededmal aus der 
Verſammlung der Zuhörenden, um ihn zur Grhartung der Wahr 
heit des Vortrags zu vermögen, die Trage zugerufen zu werden 73): 
„Kannft du die Wahrheit deiner Gefchichte auch durch einen Vers 
belegen?“ Einen fo gewaltigen Eindruck übte die Poeſie über jene 
feurigen Naturſöhne aus, daß jelbft die zweite Sure im Koran durch 
ihren fchönen Veröbau 7%) und poetifchen Schwung den Lebid, 


2) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. p. 32. ”) F. Fresnel, 


— —— ——— Eee 


Lettre a Mr. Duprat sur l’Histoire des Arabes avant l’Isla- | 


. misme, Paris, 1836. 8. p. 3. +) Günther Wahl, der Koran, 
Sure II. S. 3, Not. i. 


Hiftor. Meberf, Mittelarabiens; vormohamed, Zeit. 39 


deffen Gedichte fchon an der Kaaba hingen, dazu vermochte fie wie— 
der abzunehmen und zu Mohamed ald dem Meifter fich zu be— 
fehren; und daß felbft einzelne Verſe Mohameds manche feiner 
erbittertiten Feinde in feine gläubigen Anhänger verwandelten. 
Durch das vichterifche Wettftreiten, dad Disputiren, Fam von dies 
fem Iocalen Gebrauch im Arabiſchen das Zeitwort „okadh“ in 
Gang, vom Orte von mo es ausging. 

Der Kongreß zu Okadh übte aljo ven wichtigften Einfluß auf 
die Bildung der arabifchen Sprache aus, indem hier alle 
Dialecte damaliger Tribus fich in den Poeſien ihrer gemaltigften 
Helden, denn alle Helden waren damals zugleid Dichter, zu einer 
gemeinfamen celafjifhen Sprache vereinten, die eben Moha— 
med zum Meifter ver Rede erhob und zum Giege führte 75). 
Denn Mohamed, der mol vie Poeſie als den Hebel der Araber 
fannte, bahnte fich einen neuen Weg im Koran, in welchen er die 
Beichränftheit des Versbaues fallen ließ, weil diefe feinen Gedan— 
Een Eintrag gethan hätte. Dagegen führte er in jeder Sure ein 
Gedicht in poetifcher Proja mit beftimmt angemefjenen Reimen ein. 

Zu den localen Einflüſſen, wenn ſchon untergeorpneter Art, 
auf damalige Zuftände gehört noch, daß auch Wahrfager der 
Araber, die Kahin?6) (d. h. divinus), meift Dichter oder Dichtes 
rinnen waren, die orafelten und aus dem Vogelflug, oder dem 
Looswerfen vor ihren Götzen, die den verſchiedenen Stämmen ans 
gehörten, mancherlei Unfug herbeiführten, und daß die Zahl diefer 
Götzenbilder ziemlich groß und weit durch das Land mit vielen 
Particularculten verbreitet war. Schon Herodot (III. 8, ’Ogo- 
za‘, Dionyfos, vielleicht verhört für Olla taal, oder Alla taal; 
und Akıkar, Alilat, verhört für Al elahat, nad Gejenius)’”) 
kannte arabifche Gdtternamen, deren Verehrung daher wol 
neben dem alleinigen Gotte Abrahams fchon in fehr frühe Zei— 
ten zurücdgeht, obgleich der meiften derfelben (vie vielen meift un— 
genannten in der Kaaba ausgenommen) erft bei der Zerftörung 
ihres Cultus durch Mohamed gedacht wird. Zwar bemerft deſſen 
Biograph 8), daß die Mekfaner ihre Götzen (Al elahat) in ber 
Kaaba, neben vem Glauben an ein höchſtes Wefen, vor Mohameds 
— — i 


”®») F. Fresnel, Lettre 1. 1836. p. 33, 52. *) G. Weil, Moham. 
a. a08D. © 17. °?) Gefenius, Artikel Allah in Erſch Encyelop. 
Th. 11. ©. 152; Pococke Specimen Histor. Arabum p. 110. 

*) G. Weil, Mod. a. a. DO. ©. 18; vergl. Günther Wahl, der Koran 
Einl. ©. xıv 


C2 


36 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Zeit Allaha tanla (d. i. ver Höchfte Gott) genannt (Daher wol 
Allah, bei Mohamed, ver allgegenmwärtige eingig wahre), 
nur für untergeordneter Art hielten, und daß ed nur rohe 
Steine in thier- oder menfchenähnlichen Geftalten geweſen, daß 
ihre Zahl aber doch auch in andern Kapellen und vielen Stäbten 
des arabifchen Landes nicht gering gewefen fei. In der Kaaba 
kömmt als der größte der Götzen Hobal’9) (vom Hebräijchen häbel, 
Molke, Unficherheit, hier de8 Toojes Vorftand)®%) vor, den man 
von den Amalefiten ererbt haben follte, vor dem die Schickſalslooſe 
geworfen wurden; nach andernS!) jol er durch Amruben Lohai 
wie viele der andern, die Allat, Uzza und Mana (Koran Sure 
53), drei weibliche, aus Syrien eingeführt fein, zu denen fpäter- 
hin Iſaf und Naila?) famen, zwei verfteinerte Sünder, wahr— 
Scheinlich in männlicher und weiblicher Yorm, die man zur Zeit 
Kuffais auf den Hügeln Safa und Merwa ald Verfammlungs- 
orten Gottes verehrte, die auch Mohamed im SHeiligthume ließ), 
um die Götzendiener für fich zu gewinnen, und den Pilgern bie 
Proceſſion um diefelben fogar als eine heilige Handlung des Abra- 
ham pries, die verjelbe vom Engel Gabriel erlernt habe. Bei Ho— 
bal, Naila, Uzza und Lat pflegte gefchworen®#) zu werden; bei 
Iſat und Naila wurden auch die Looſe geworfen, und von den 
Koreijchiten 5) ihnen Thiere geopfert. Sonft werden auch nod) 
Wadd, Dauf, Neſſr, Aſſaf und andere mit Namen genannt. 
Zumal in demfelben Jahre von Mohameds Nachezug gegen Mekka 
(630 n. Chr. ©.; das Ste der Hedjra), in welchem die alte Kaaba 
zerjtört ward, ift davon die Rede, daß in ihr auch Bilder von Abra= 
ham, von Propheten, Engeln, von Maria und von Jeſus gewefen, 
die zeritört wurden, wobei Mohameds Wortes6) angeführt werden: 
„Gott verderbe ein Volk, dad Bildniffe macht von Dingen, die e8 
nicht Schaffen Fan; fie wußten wol, daß Abraham und Ismael 
nichtd mit Pfeilen des Looſes zu thun hatten, wie fie diefe Bilder 
vorjtellen,” woraus man wol auf eine Art wenigftens ihres bejon- 
dern Mißbrauchs fchliegen Fan. Dennoch blieb gar mancher Reſt 
ſolchen Gögendienftes wie bei Thieropfern u. f. w., aber auch ſelbſt 


) Schloſſer, Weltgeſch. I. S. 214. 50) Fulg. Fresnel, Lettre IV. 
in Journ. Asiat. 3. Ser. T. VI. 1838. p.227 Not. 1) G. Weil 
a.a.0. ©. 17u.18. ) F, Fresnel 1. c. p. 204. °°) Günz- 
ther Fr er Koran, Sure II. S. 26, Not. f.  &. Weil a. 
0.9.61 85) F. Fresnel I. c. p. 226. °°c) G. Weil 
0.0.dD. & 210. 


Hiftor. Heberf. Mittelarabiens; vormohamen. Zeit. 37 


noch in ver Kaaba übrig, wie z. B. in dem berüchtigten, abgöttifch, 
auh von Mohamed verehrten ſchwarzen Steine 9), ver bei 
jedem Umgange des Tempels bis heute gefüßt werden muß, und 
der, wenn er auch Fein in Stein gehauener fchwarzer Kopf fein 
mag, wofür ihm der junge Negerpilger, den Fres nelss) deshalb 
ausfragte, anfah, doch, nach andern Angaben, ein folcher nicht figu— 
rirter Stein fein fol, „ver am Auferftehungstage ſich mit Hand, 
Ohren uud Zungen erheben wird, um den frommen Pilgern ala 
Zeuge?) bei dem Weltgericht beizuftehen.‘ 

Auch Amd mar der Name eines Idols, das bei den Beni 
Bakr ibn Wail durch Opfer verehrt war, und Sair (Seir in 
der Bibel) ein partieufaired Idol des Stammes ver Anezeh, von 
denen beiden Fresnel ) die Verſe des Dichters Aſchä eitint: 
„ich ſchwöre bei ven Blutbächen, die um Awd fließen, und bei den 
errichteten Sieinen zu Sair.” Nach ver Einnahme von Mekka 
und nad) deſſen Tempelzerftörung lernen wir durch die Vertilgungds 
boten, die Mohamed audfandte, einige gräßliche Scenen des Ido— 
lencultus auch in andern Tocalitäten von Mittelarabien Fennen, 
die auf ähnliche Vorgänge in noch fernern Landſchaften zurück— 
ſchließen Taffen, in denen ver alte, reine Glaube der Patriarchenzeit 
noch ftärfer als in Mekka befleckt fein mochte, obwol auch da fic) 
Spuren von Seelenwanderung 1), von Aftraleultus, von Sabäis— 
mus, von Menfchenopfern, von Töchtermord und dem zügellofeften 
Leben unter dem Schuge der Kaaba nachweifen laſſen. Amru 
follte den Götzen Suwa zerftören, der vom Stamme Hudſeil 
verehrt ward; doch befehrte fich der Diener ded Ipold zum Islam 
(dah. unbedingte Ergebung, der eigentliche Name den Mohas 
med feiner Lehre gab; nach dem Koran, Sure ll: „Die wahre vor 
Gott geltende Religion ift allein der Islam’) 9), da er wol fah, 
daß ihn fonft nichts vom Tode retten würde. An der Meeresküſte 
war Mana's Götzenbild aufgeftellt, dad die Stimme Aus und 
Chazradj anbeteten. Es zu ftürgen ward Saad Ibn Zeid, zu 
gleicher Zeit, von Mohamed dahin gefchieft. Als dieſer darauf los— 
ging, fprang ein Schwarzes, nacktes Weib hervor mit fliegenden Haas 
ren, ſchlug die Hände übereinander und fchrier Wehe! Wehe! Saad 
haute dies mit feinem Schwerte zufammen und Tieß die Kapelle ein= 


*7) Günther Wahl, der Koran, Ginleitung ©. 24, 54 u. 690, Anm. h. 
) F, Fresnel Il, c. p. 205, Not. 1. 9, G. Meil a. a. O. S. 40. 
9) F. Fresnel I, c. p. 221. 2) G. Weil a. a. O. ©.19. 

»?) Günther Wahl, der Koran, ©. 47, Not. o. 


38 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


reißen. Den Gögen Uzza, der in Nahla”), auf dem Wege zum 
Marktort Okadh, feinen viel bewallfahrteten heiligen Hain Hatte, follte 
Chalid Ihn Walid zu Boden werfen. Diefer ritt mit dreißig 
Mann dahin und zerftörte ven Hain ſammt dem Idole, und Fehrte 
dann nach Mekka zurück. Haft du Jemand gejehen? fragte ihn fein 
Prophet. Nein. So fehre noch einmal dahın zurück. Chalid 
fprengte fogleih nah Nachla zurück, und traf diesmal die Prieſte— 
rin, die mit fliegenden Haaren umherlief, ſich Erve auf den Kopf 
freute und rief: O Uzza! o Geliebte! Chalid theilte fie mit dem 
Schwert in zwei, und erflattete Mohamed Bericht davon, ver ihn 
fagte: diesmal haft du Uzza vernichtet. Solcher Orte mit ver- 
meintlichen Helligthümern der Götzen jener alten Zeiten waren, va 
jeder Familienvater feinen Schutz- und Hausd-Gott) hatte, den 
er bei feinem Aus- und Eingange begrüßte, und an alle diefe zahl» 
Iofe Fabeln und Travitionen vol Aberglauben und eben fo feier- 
liche wie fittenlofe Gebräuche gefnüpft waren, 3. B. das Orakel zu 
Schul Eholoja in Jemen, dad Amrilfais der Dichter) befragte, 
ficher noch viele in Mittelarabien, die den verſchiedenen Tribus mit 
verfchievdenen Eulten angehörten, wenn fie auch nicht alle nament= 
lih angeführt werden. Einer der älteiten dieſer Gögen war zu 
Tajef ein bloßer Baumftamm, den der Aberglauben geheiligt hatte, 
und in Nadjeran gab ein folcher geheiligter Palmbaum Veranlafjung 
zur Befehrung zum Ghriftenthume. Nach taufend Jahren lebt auch 
noch da3 Andenken an ſolche Idole und vermeintliche Heiligthümer 
in Steinen und Rocalitäten, deren fehauerlichen Scenerien noch 
manche heidnifche Verehrungen, trotz des Islam, von den wilden 
Stämmen der Beduinen und dem Landvolke gezolt werden, fort, 
und jolche Stellen find es zumal in dem füdlichen Arabien, vie bei 
antiquarifchen DBergleichungen der alten und neueften Geographie 
den Entdeckern, in jenen Gegenden, durch das Labyrinth der anti- 
fen Nomenclatur hindurch bie und da ald Wegweiſer gedient haben. 


b. Süd-Arabiens Zuftände vor der mohamedanifcen 
Zeit. Jemen. Die Ioctaniden, die Himyariten, die 
Suriyani, die Ehpfili. 

Süd-Arabien ift verfchieden von dem mehr continentalen 
Mittelarabien, ven Lande der Ismasliten und ihrer ver— 


22) 8. Weil a.a.D. ©. 228. >) Günther Wahl, der Koran, Einl. 
©. xım. ) Amrilfais von Br. Rückert. Stuttgart, 1843. ©. 14. 


Hiſtor. Ueberſicht Süd-Arabiens; Joctaniden. 39 


brüderten Geſchlechter, der Muſtaraba, die ſich auch Söhne 
Maads zu fein rühmten 8), von einem ihrer urväterlichen Ahnen, 
einem früheften Vorfahren Mohameds, Maad Sohn Adnans, deſſen 
Söhne zumal ald Feldherrn tapfer in den Kriegen gegen bie 
Südaraber oder Joctaniden gekämpft hatten, und vielfach von 
ihren eignen Dichtern befungen wurden. Sie treten lange Jahr— 
hunderte, ehe fie durch ven Islam zu einer vereinigten Völkerſchaft 
zufammenfchmelzen, als die feinpfeligften Gefchledyter auf. Die Maad 
haben einen langen Kampf beftanden gegen die Araber von Je— 
men, um ihre Selbftfländigfeit zu behaupten und fi von einer 
Tributzahlung an Jemen zu befreien, wovon die drei großen 
Schladten?”) in den Hiftorien zeugen; die erfte von Albayda 
330 Jahr vor Mohamed, die dritte zu Khazäz 231 vor Moha— 
med und die zweite zu Sullän zwiſchen beiden. Das Land der 
Süpdaraber breitet ſich mehr infelartig, weil Eeilförmig, dop— 
pelt zugeipist, und doppelartig meerumfloffen, ald dad Südende 
der arabifcben Halbinfel aus, dad wie jened vom vorherrſchen— 
ven Lande Jemen (oder Vemen, Arabia felix, Agapia 7 evdai- 
uov bei Ptolem.) benannt zu werden pflegte. Voll von beiciff- 
baren Küften, von Schifferftationen und Meeredanfuhrten und an 
der großen Schifferftraße der eultivirteften Völker jened hohen Als 
terthbums, von Aegypten und Aethiopien nach Perſien und Indien, 
im erythräifhen Meere gelegen, fich weit hinaudftredend ge= 
gen den Südoften, reichte ed in andere Regionen des älteften 
Weltverfehres hinein, von dem Mittelarabien weder berührt 
noch bewegt wurde. Ihm war daher eine andere Natur, eine 
andere Berührung mit Völkern, eine andere Geſchichte und Ent— 
widelung in einem mebr ald taufendjährigen monarcifchen Neiche 
mit befondern Segungen gegeben, wenn fchon ein gleiches Land 
und, einem großen Theile nach wenigſtens, auch ein gleihes Volk 
ihm von Anfang an mit jenem Mittelarabien zu Theil ward. Ein 
ſolches Länvergebiet, das fehon zu Salomond Zeit, ald die Kö— 
nigin von Saba eine Berehrerin der Weisheit war, blühend fein 
mußte, und noch lange blieb, ift Faum zu denken 88) bei hoher Cul— 


*0) G. Weil, Mohamed ©. 13, Not.2; 36; F. Fresnel, Lettres sur 
hist. des Arab. Paris, 1836. p. 15. ) Caussin de Perceval, 
Examen d’une Lettre de F. Fresnel, in Nouv. Journ. Asiat. 1836. 
3. Ser. T. II. p.507, und Berichtigung der Daten von Fresnel in 
Journ, Asiat, 1837. T. IV. p. 26. ↄ) F. Fresnel, Lettre 1. 
Paris, 1836. p. 25. 


40 Weft-Afen. IV. Abtheifung. $. 58. 


tur und MWeltverfehr ohne eine eigene Literatur und Gefchichte. 
Aber wad von diefer in fparfamen Andeutungen auf die Nachwelt 
gekommen, wird faft ausfchlieglih nur den Genealogien und 
Dihtern der nomadifhen Beduinen vervanft; doch auch de— 
ren Fragmente find nur in ihren Poeſien erhalten, von den eig: 
nen Annalen des Gulturreiches ift feine Spur in den Bü: 
chern. Sollten dieſe fammt ihren Archiven, fragt Fresnel, etwa 
von ihnen ſelbſt verbrannt oder vernichtet fein, als fie zum Islam 
übergingen, und alle Weisheit in ven Koran gebannt war, aller 
Adel und alle Herrlichkeit nur von dem neuen Bropheten und 
feinen Gefchlechten ausgehen follte, und Alles andre ald heidniſch 
in Vergeſſenheit verfanf? 

Wenn dort die Mittelaraber in Hedſchas fih Nachkommen 
Fömaels zu fein rühmten, und ohne allen Gaftenunterfchied doch 
ihren Adel nah edlern Geſchlechtern ganz wie bei vem Stamm— 
baum ihrer Pferderacen abmaßen und bezeichneten”), jo fahen fich 
die Bewohner von Südarabien dagegen ald die Nachlommen von 
Kahtan, dem Joctan bei 4. Mof. 10,26 u.29, an; aljo in gera= 
der Linie ald Semiten von Noah abjtammend, und erfannten unter 
fih Königsgeſchlechter, die den Ismaliern fehlen. Died war bie 
bei den nachherigen Doctoren und Genealogen des Koran übrig— 
gebliebene und anerkannte einflimmige Tradition aller unter 
dem Namen Saba begriffenen Araber der ſüdlichen Halbinfel. 
Alſo doch auch ein urfprünglicherer Seitenzweig von Abrahams Ge— 
jchlechte, der fich frühzeitig, wie diefed in Aram und Kanaan, jo im 
Ard el Jemen, dem Lande Jemen, over der Arabia felix, ein— 
gebürgert hatte. Nach befonvdern genealogijchen Daten ift jedoch zu 
bemerken, daß zwifchen ihnen und den Ismaeliten doch auch noch 
eine andere Verzweigung angegeben ward, obwol dieſe nicht von 
allen Autoren gleichmäßig als richtig anerkannt wird. Die Ko: 
reifchiten nannten fi Söhne Maads, deſſen Vater Adnan war, 
jollten aber viefen Namen vermieden haben, meil ein zweiter Sohn 
Adnans, Akk, aljo ein Bruder Maads, fchon in fehr früher Zeit 
mit feinen Nachkommen Jemen bewohnte, von denen die Maaditen 
alfo gejchieden bleiben wollten und fich daher nicht Söhne Adnans 
nannten, fondern mit dem Nuhme, Söhne Maadg zu fein, groß 
thaten 109). 


°) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1836. p. 53. 100) F, Fresnel 
1. c.. p. 28. 


Hiftor. Ueberſicht Süd -Arabiens: Joctaniden. 41 


Nach jener erften arabiichen Tradition d), die Hinfichtlich 
der Alteften Abſtammung mit der mofaifchen Genealogie gut genug 
übereinftimmt, ift aber Saba nicht wie dort unmittelbar der Sohn 
von Kahtan, fondern Ebn Kotaiba nennt deſſen Sohn Dareb, 
deffen Enkel Yeſchal, und deffen Sohn erft Saba. Andere nen= 
nen ihn anderd. Saba Hatte aber „ſehr viele” Söhne, die bei 
Moſe nicht weiter aufgezählt werden, wol aber von den Arabern, 
unter denen zumal zwei: Himyar oder Homair und Kahlan, 
eine jehr zahlreiche Nachkommenfchaft Hinterliegen (bei 1. Mof. 10, 
28 ift außer diefem Seba, dem Sohne Joctans, noch ein ande— 
rer Seba, 10, 7, ein Sohn Chus, alfo fein Semite, der mit je— 
nem nicht zu verwechjeln, obmol er auch im ſüdlichen Arabien an= 
faßig, ſ. unten). Die Nachkommen Himyard machten ftetd die 
größten Anfprühe auf Oberherrfchaft über alle Nachfommen 
Saba, die in Jemen wohnten. Daher unftreitig der Name Hi— 
myYariten oder Homeriten bei Griechen und Römern (. E. Plin. 
VI. 32: numerosissimos esse Homeritas) und andern Nationen für 
gleichbedeutend, was er doch nicht ift, mit Sabäern, ein Name der 
viel allgemeiner, weil er außer Himyariten auch noch Kahlaniten 
umfaßte 2), im Auslande in Gebraud) fam, wie 3. B. bei ven Is— 
raeliten und Syrern, denen jener von dem vorherrichenden Stamme 
genommene Name für dad ganze Geſchlecht unbekannt geblieben zu 
fein fcheint. 

Die Joctaniden (Kahtanivem der Araber) und Kahla= 
niden zerfallen im zwei Sauptzmeige: die Söhne Kahland und 
Himyars, zwijchen deren Nachkommen, weil Himyard Stamm in 
Jemen allein herrfchte und die Söhne Kahland unterwürfig hielt, 
beftändiger Stammhaß befand. Darauf beruht wol der Unter- 
chend, den der einheimifche Autor der Genealogien 3) im engern 
Sinne zwifchen Himyariten und Sabäern, unter denen er nur 
die Nachfommen jener fehr vielen Söhne begreift, macht, wenn er 
die Weifung gibt: Alle Nahfommen von Saba heißen Sa— 
bäer, ausgenommen die Söhne von Himyar und Kablan, 
deren Söhne ſich von der großen Yamilie trennten. Bragft du 
alfo einen Mann, von welchem Volke bift du, und er 


') Silv. De Sacy, Mém. 1. c. T. 48. p. 502; vergl. Schloſſer, Melt: 
geich. II, S. 209. °) C. Th. Johannsen, Historia Jemanae e 
Cod. Msc. Arab. Bonnae, 1828. p. 46. ) Fulg. Fresnel, Sur 
la g&ographie de l’Arabie, in Journ. Asiat. 3. Ser. T.X. 1840. 
p. 197. 


42 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


fagt Sabäer, fo mußt du daraus fchließen, daß er weder 
Himyarite noch Kahlanide ift. — Eben fo war auch zwifchen 
Joctaniden in Jemen, und den Ismaeliten im Hedſchas und 
allen ihnen zugehörigen Verbündeten durch die Wüften hindurch bis 
Aegypten hin beftändige Eiferfucht vorherrfchend. Daher die Ver— 
achtung und der milde Stoly ver Ismaeliten und ihrer Nach— 
fommen (wie heute noch der Beduinen gegen bie feßhaften Ara— 
ber, Uderbauer wie Städter) gegen die Ioctaniden, und ber 
Hochmuth der Jortaniden gegen jene bis in die fpäteften Zei— 
ten hinein, worüber Maſudi, nah De Sacy's Ueberfegung ®), 
ein ſehr characteriftiiches Beifpiel giebt. 

„Am Hofe de erften Abaſſiden rühmte einft ein Joctanide, 
„gegen einen Abkömmling Ismaels, die Vorzüge feines Gefchledy- 
„tes Kahlans und Himyars. Aus Achtung gegen ven Khalifen, 
„deifen Mutter eine Joctanidin war, jehmieg der Ismaslier Kha— 
„Led, bis ihn ver Khalif ſelbſt zu antworten aufrief. Mit der bit- 
„teriten Verachtung erwiederte er: was kann ich Leuten fagen, die 
„nur Belle gerben, Affen abrichten, grobe Zeuge weben, die durch 
„eine Hatte fich überſchwemmen ließen (den Damm zu Mareb, f. 
„db. ©. 21) und von einer Königin (Balfıs, Königin von Saba) 
„regieren, der ein Wiedehopf (nach einer Legende im Koran, Sure 
„XXVII) 5) als Wegweifer viente. Haben fie fih nicht von ven 
„Aethiopiern unterjechen laffen, und verdanken fie nicht ihre Be— 
„freiung dem Beiftande der Perſer?“ — 

Wirklich trieben die ISmaéliten, wie ihre heutigen Enkel 
die Beduinen, feine Gewerbe, ſie fchmeiften umher, lebten in 
Zelten, vermieden die wenigen Städte, die fie hatten, lebten felbft 
in ihrem Hauptfige nur in einer Art Ariftofratie, in Freiheit unter 
Stammeshäuptern, nie uitter Königen, wurden nie von Fremden 
unterjocht, nie von fremden Geſetzen beherricht, und ftolg auf ihren 
Ahnheren wähnten fle den alten Glauben Abrahams bewahrt zu 
haben. Die Joctaniden fonnten in ihren fruchtbaren Landſchaf— 
ten zu größern VBölfermafien und bevölfertern, monardis= 
hen Reichen anwachien, die an den Zufammenhalt gewöhnt, 
wenn ſie auch durch Noth zu Ausmwanverungen gendthigt wurpen, 
doch immer noch in Golonien zufanımenbhielten, und fo zur 
Stiftung neuer Bürftenthümer ülergingen, wie fie niemald bei 


104) Silv. de Sacy, Mem. d. Iuser. etc. T. 48. p. 632, bei Schloffer 
II. 210. °) Günther Wahl, der Koran, ©. 344, Not. kundl. 


Hiftor, Meberfiht Süd-Arabiens; Foctaniden. 43 


den fich ſtets zerfpaltenden, Hin und Her wandernden Stämmen ber. 
nur ariftofratifch von Stammeshäuptlingen geleiteten Jsmaeliern 
ftattfanden. Die Ismaelier hatten nie Könige, und wenn ber 
Titel Malik (König) etwa bei ven Söhnen Maads vorkommt ©), 
fo bezeichnet er nichts weiter, ald ein Stammeshaupt, dad mächtig 
genug war, andere Stammeshäupter von fi) abhängig zu machen. 
Jene Joctaniden dagegen wurden in ihrem gefegnetern Berg— 
ande, vol Flüffe, fruchtbarer Thäler, und in den Ebenen Ader- 
und Gartenbauer, Gewerbleute aller Art, an ihren Küften Fifcher, 
Schiffer, Seefahrer, reiche Kaufleute, in ihren Städten Architecten, 
Sculptoren, Schreiber; fie hatten Könige und glänzende Hofhaltuns 
gen; fle fanden in frievlichem Verkehr mit andern Nationen; fie 
wurden aber auch von Juden, von chriſtlichen Abyffiniern und 
von dem Magismus ergebenen Berfern tyrannifirt, und in ihrem 
eignen Keimatjige, wenn auch nur temporair, doch unterjocdht. Das 
her die höhnenve Rede des ftet3 eiferfüchtigen und gehäſſig gefinn- 
ten Stammedgenoffen, auch nachdem fie fehon längſt hätten durch 
den Koran verbrüvert fein follen. Um wie viel mehr wird nicht 
folcyer Partheihaß im vormohamevanifchen Alterthume flattgefuns 
den haben, wo vie Jömaelier in Mekka fo vieles durch die Dior 
hamiden (von Joctans Stamme, die aus Südarabien famen, f. ob. 
&.20,24) bei deren Uebermacht und Tyrannei, und wol auch noch 
an andern Orten, zu leiden gehabt hatten. 

Oder follte diefer große Gegenjaß zweier Bevölkerun— 
gen nicht blos in Stammedverzweigung, fondern mol gar 
in wirkliche Stammesverfchiedenheit etwa begründet geweſen 
fein? Bisher hatte man dieſe beiden Völferabtheilungen doch immer 
ald Brudervölfer Eines femitifhen Stammes, mit urfprünglich 
gleicher, der arabifhen Sprache, nur höchftend mit Dialert- 
verfchiedenheit, angefehen. Sp jagt Iſtakhri 7) vom Lande Mahra 
und feiner Haupiftadt Schahr: ihre Sprache Elingt jehr bar— 
barifch, daß man fie faum verftehen fann, und daſſelbe 
wiederholen wörtlih Abulfeda, Evrifi und Hadji Chalfa, 
ohne jedoch eine vom arabifchen weſentlich verſchiedene Sprache das 
mit zu bezeichnen. Edriſi fügt aber bei den Arabern von Meh— 
ret in Chedjr öſtlich von Hadhramant noch Hinzu: dieſe ſchwer— 


°) F. Fresnel, Lettr. I. Paris, 1836. p. 36, Not. 9. ) Isthachri 
Liber Climat, bei Möller p. 14, und Ueberſ. v. Mordtmann S. 13; 
desgl. Rodiger b. Wellſtedt, Reif. I. ©. 361. 


4 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


verftändliche Sprache ift dad antife Himyaritifche 8), obgleich 
er ed zuvor ein verdorbnes Arabiſch nannte. Hiergegen hat je 
doch (nachdem auch fchon Seegen) zuerfi von Hadhramaut 
berichtet hatte, Duß e8 eine eigme alte Sprache habe, verjchie= 
den von der arabifchen, doch ohne dieſen Gegenftand welter 
aufzuklären) jüngft ver geiftreiche Sprachforfcher Fulg. Fresnel, 
während feines längern Aufenthaltes in Arabien felbft nicht geringe 
Zweifel erregt, durch Die Entdeckung einer ganz neuen, nicht ara= | 
bifhen Sprache im Munde des dortigen Volkes im In— 
nern des Gebieted von Jemen, zumal gegen Habhramaut, vie 
er dem Stamme der Kufchiten (Chus, der Eritgeborne Kams) | 
zu vindieiren fucht. Und diefe Behauptung, wenn ſchon den biähe- 
rigen Annahmen der angefehenften muſelmänniſchen Autoritäten ent= 
gegen, ſcheint, durch Vieles geftügt, auch die wichtigften Aufſchlüſſe 
über die jüngften Entdeckungen von dortigen Monumenten mit fehr ' 
zahlreichen fogenannten hHimyaritifcheen Schriftzügen darzu= 
bieten oder doch zu verheigen. Wir können, fo jung auch diefe Tor- | 
chung über primitive Araber, und in vieler Hinftcht auch noch | 
keineswegs vollendet ift, fie doch hier nicht ganz übergehen, da mit | 
den Sprachen aud) die Völkerſtämme auf dad genauefte zuſam— 
menhängen, und dieſe Entvekung daher auch auf Geographie und 
Ethnographie nicht wenig tief eingreifend erjcheint. Doc) begnügen 
wir und nur mit den Sauptpuneten, die Beweiſe den Briefen des 
Entdeckers felbft überlaffend, ver viefe Sprache, eine andere als 
die arabijche, für diejenige anfieht, die zu Abrahams Zeit 
überhaupt die Sprache!) von Arabia felix war. Sie 
war, nach dem berühmten Sojuthi (er ftirbt im I. 911 d. Heg., 
vd. i. 1505 n. Chr. ©.), am Ende des XI. und XIV. Jahrhun— 
derts noch im!) Gebrauch, aber die arabifchen und mufelmänni- 
chen Autoren gaben darüber feine genauere Auskunft, als daß fie 
die Sprace der Nachkommen Ad's (Ad ben Auz, d. i. Sohn 
Uz, 1. B. Mof. 10,22, 23), ver Adäer, gemwejen, an die ſich Ales 
in der Sage der Südaraber anfchlieft, was im ihre urälteften 
primitiven Zeiten hinaufreicht. In des Ritter Michaelis, ded Orien— 
taliften, berühmten Aufgaben für die Niebuhrfche Reifeerpedition in 
Arabien war fchon vor faft einem Jahrhundert manche Frage in 


108) Kdrisi Géogr. b. Jaubert I. p. 150. >) Seegen in Monat. 
Gorrefp. Octob. 1805. ©. 347. 10) F. Fresnel, Lettre Ill. 1837. 
Journ, Asiat. T. V. 1838. p. 65. ı1) F. Fresnel, Lettre IV. 
T. V. p. 512. 





Hiſtor. Meberfiht Süd - Arabiens; Joctaniden. 45 


- Beziehung auf diefe Sprache geftelt, die aber unbeantwortet blieb, 


! 


da jene Erpedition nicht tief genug in das Innere zu den in Mah— 
rah und Hadhramaut wohnenden Stämmen vorbrang. „Da wir 
aber bisher, find die merkwürdigen Worte1?) des fcharffinnigen 
Göttinger Gelehrten, nur eigentlich die Sprachen des weſt— 
lihen Arabiens oder der Ismasliten haben Fennen lernen, 
und von den Mundarten des innern und des dftlihen Ara— 
biens, fo von den Nahfommen Joctans bevölkert ift, 
wenig wiffen, fo lajje ich ven Muth nicht finfen, daß und bie 
Reijenden aus dem glüclichen Arabien noch ein neues Licht für 
diefen Theis der hebräifchen Sprache mitbringen werben.” Damit 
ſtimmt auch dad Gutachten der PBarifer Acad. des Inser, jener Zeit, 
welches fagt: ein großer Wüftenftrich jcheivet Jemen von Oman und 
Yamama, über den vorzüglich Aufklärung nöthig if. Von Mah— 
rah weiß man nichts weiter, ald daß ed gegen Oft an Jemen ftößt, 
ſehr dürr ift, und daß man dafelbft eine befondere Sprade 
redet. Silv. De Sacy war e8, der zu feiner Zeit auch ſchon 
die Bemerkung 13) von der DVerfchiedenheit der Sprache der Nach— 
fommen Sabad von den übrigen Arabern mittheilte, und daß die 
Namen der Sabäer und Himyariten ganz andere ald die 
der Araber von Hedſchas feien, jo wie er auf Niebuhr's Beobach— 
tung Gewicht legte, daß die Sprache von Hadhramaut von der 
in Jemen ganz verfchieden fei. Im allgemeinen wußte dies ſchon 
der Verfaſſer des Periplus Mar. Erythr. p. 11—12, der nicht nur 
von verfchiedenen Dialecten, fondern auch von verfchiedenen 
Sprachen der Araber gehört hatte, weshalb ihn auch Niebuhr!*) 
mit einigen dies im allgemeinen beftätigenden Bemerfungen anführt. 
Iſtakhri fagte auch, die Sprache der Einwohner von Mahrah iſt 
barbarifch, man fann fie nicht verftehen 15). 

Diefe Sprache ift num aufgefunden und mit ihr ein Volks— 
ftamm, der biöher immer mit dem arabifchen verwechfelt war, 
wenn er auch im der neuern Zeit durch Neligiondgemeinfchaft und 
Sitte vielfach mit ihm verfchmolgen erfcheint, und dadurch zu jener 
Nichtbeachtung der Differenz Veranlaffung gegeben hat. Fresnel, 


2) J. D. Michaelis, Fragen an eine Gefellfchaft gelehrter Männer ac. 
die nach Arabien reifen. Frankf. a. M. 1762. ©, 287,373. 

19 Silv. de Sacy, M&m. sur les divers @venemens de l’hist. des 
Arabes etc. in M&m. de l’Acad. d, Inser. et Bell. L. T. 48. p. 509. 

+) Niebuhr, Befchreibung von Arabien ©, 83. 3) Istachri, Liber 
Climatum, Ueberf. von Morbimann ©. 13. 


46 MWeft-Afien. IV. Abtheilung: 9.58. 


fhon früher durd) dad Studium der vor-idlamitiichen Zeit darauf 
aufmerfjam geworden, bat diefe Sprache aus dem Munde dort Eins 
heimischer, die fie Ehhkili nennen, im Jahre 1837 zu Dſchidda 
entdeckt. 

Durch die Bekanntſchaft einiger reichen Kaufleute von Hadhra— 
maut oder Mahrah, die in Dſchidda etablirt ſind, lernte Fres— 
nel den gegenwärtigen Zuſtand dieſes Küſtenlandes, das bis auf 
60 geogr. Meilen landein in voller Anarchie und Empörung ſteht, 
fennen. 

In Ekifhin!6), ver jegigen Gapitale diefed Landes Mah— 
tab, reidirt zwar ein jogenannter Sultan, aber außerhalb der 
Mauern feiner Stadt wird fein Anfehen von Ummohnenven nur 
veripottet. Einer jener in ihrer Heimat mohlbewanverten Männer, 
der Hadji Salim Alhhadrami, drückte ſich characteriftiich über 
den Zuftand feines WVaterlandes fo aus: „ed fei nie die Sonne 
über Hadhramaut aufgegangen, als nur um Schlachten, 
Scharmügel und Fehden mit ihrem Lichte zu beſchei— 
nen.” Mein Lehrer in der Ehhfili-Sprace, fagt Treönel, 
ift Mouhhſin aus Mirbät bei Zhafär; feine Mutter ift eine 
Beduinin 1?) aus der Weihrauchgegend, fein Vater einer der Pira— 
ten, die fürzlich erft von den Englänvern gebändigt find. Begierig 
Nachrichten über deſſen Heimat einzuziehen, um fie dereinft zu bes 
reifen, erhielt Treönel auf die Trage: Wer regiert bei Dir? von 
Mouhhfin die Antwort: Bei uns hat Feiner die Herrfchaft. Wer 
wird mich ſchützen, wenn ich da reiien will? Antwort: Dein Sä— 
bel. Und der Anbau? Meine Kandsleute leben von Milh und 
Fleiſch; fie wiffen nicyt3 von Brot. Einige haben Bohnen gefüet, 
aber die Ernte befommt nur der Stärfere. Gegenwärtig fei im 
ganzen innern Jemen von Affir bi8 Aden zu reifen Feine Sicher— 


heit, wenn fchon Ibrahim Paſcha die Herrfchaft Taëzz befegt habe 


und der Imam von Sanä ſich zu unterwerfen anftelle. 
Jenes Land der Wilden in Mahrah 18), dem Binnen» 


Iande, öftlich von Sanaa gegen Sadhramaut Hin, wird alfo wol 
noch lange Zeit, einzelne Streifzüge vielleicht audgenommen, wie wir 


kürzlich dem fehr Fühnen Baron Ad. v. Wrede (1843) 19) einen 


16) F, Fresnel, Journ. Asiat. T.V. p.507. m, Fresnel ]. c. 
Lettte .V. .T. VI. p: 529, 18) F, Fresnel, Note sur la langue 
Hhymiarite, in Journ. Asiat. Paris, 1838. T. VI. p. 79—83. 

19%) Adolph Baron Wrede, Account of an Excursion in Hadhramaut, 
in Journ. ot the R. G. Soc. Lond. 1844. Vol. XIV. p. 107—112. 


Hiſtor. Ueberſicht Sid -Arabiens; Ehhkili. 47 


ſolchen Höchft Iehrreichen nach dem Wadi Doan im Mahrah— 
gebiete verdanfen, unzugänglich bleiben. Wir müffen, bis viefes 
Verhältniß fi ändert, nur vermittelft der Sprachen und der 
Nuinen, an feinen Küften hin, auf fein Inneres zurückichließen. 
Ehhkili wird diefe Sprache genannt, weil died der Name der 
edelm Gejchlechter, des dortigen Adels ift, das Idiom der Berge 
landichaft Hhacif, Mirbät une Zhafär im Lande Mahrah 
an der Hadhramautiichen Süpoftfüfte Arabiend. Der Name 
Ehhfili wird ihr gegeben, im Oegenfag der Tifhhäri, des ges 
nerifchen Namend der Gemeinen des Volks (ver Plebejer), ob— 
wol dieſe diefelbe Sprache ſprechen. Tſſhhari over Shhäri bes 
zeichnet diefe von jener unterjechte Eafte, und fol von Shher?%), 
Name des Berges mo der Weihrauch wächſt, hergeleitet fein, der 
auf D’Anvilles Carte de l’Arabie 1751, nadı einem alten Aus 
tor ald Sochar eingetragen iſt. Die erfte Urticulation, bemerft 
jedoch Bresnel, Yafje ſich weder im Arabifchen noch im Franzöſi— 
fchen richtig wiedergeben. Nach ver Grammatik und dem Voca— 
bular derjelben, die Fresnel ausgearbeitet hat, fann fie zu feinem 
der bieher befannten drei Hauptzmweige ded Semitifchen, weder dem 
Aramäifchen, Cananitifchen, noch Arabiſchen und dem dazu gehöri— 
gen Xethiopifchen untergeordnet werden, jondern macht fchon ver 
Bildung des Zeitwortd nad einen andern Stamm aus, und He— 
rodots Behauptung, daß die Phönicier, nad) ihrer eignen Aus— 
fage (Herod. 1.1; VII.89), urfprünglich aus diefem DOften, vom 
erythräiſchen Meere, d. i. von dem Küftenlande Jemens, über 
Syrien in ihre fpätern Site am Mittel- Deere eingewandert fein, 
erhalte durch eine gewiſſe Uebereinftimmung der Grammatik ihrer 
Sprache mit der Ehhkili, nad) Fresnel, eine merfwürbige Be— 
ftätigung. Nach immer fortgefegtem Studium bemerft Fresnel?t), 
daß diejenige Sprache, welche mit ihr die größte Analogie haben 
mag, ihm dad Aethiopifche zu fein fcheine; doch fei diefem eine 
weit größere Portion des Urabifchen einverleibt ald dem Ehhkili. 
Doch finde auch eine große Aehnlichfeit im grammatifchen Bau ftatt, 
die auf einen gemeinfchaftlicdyen Uriprung zurückzuführen fcheine, 
Ein innerer Character jedoch, der dem Ehhkili eigen und fein höch— 
ſtes Alter bezeichne, fei ver Dualis für alle Verfonen der Verben, 
felbft nod) außer dem Dualis der Nomina, und dadurch übertroffe 





20) F, Fresnel, Lettre III. T. V. p.534. 29 F. Fresnel, Lettre V. 
T. VI. p. 529, 563 — 65. 


48 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


das Ehhkili noch das Aethiopiſche bei weitem, das ſchon durch 
die Uebereinanderfchichtung fo vielerlei Nacen fehr corrumpirt fein 
mußte, ald es erft durch fein Schreibfyftem firirt wurde. In noch 
weit älterer Zeit, zweifelt Fresnel nicht, daß fowol von den Kus 
ſchiten in Uethiopien wie von denen in Jemen diefelbe Sprache 
geiprochen und gejchrieben fei. Im Ehhkili fprechen die Brauen 
jedoch zu Männern in andern grammatifchen Sormen, ald die Mäns 
ner zu den Frauen. Das Ehhkili hat einen Reichthum von Tö— 
nen ??), wie feine andere Sprache; e8 hat 36 Confonanten und über 
12 Vocale; das an 28 Confonanten reiche Alphabet des Hedſchas— 
Arabifchen, zur Zeit des Koran, von denen mehrere heutzutage den 
ägyptifchen Arabern ganz überflüjfig geworden, fei viel zu arm, 
an 8 Zeichen, für die Sprache der Mirbat und Zhafar. Seit we— 
nigftend 3000 Jahren geiprochen hätte ſich die Zahl ihrer Articu= 
lationen, nad) Analogie des Arabifchen zu urtheilen, eher vermindern 
als vermehren follen, wie ed dies gethan. Es ift nicht fo reih an 
Derivativen, wie dad Arabiſche, ed finden fich darin hebräifche und 
forifche Wörter und der Artikel ift derſelbe wie der phönicifche. 
Es hat fehr vorherrſchende Nafaltöne, wie das Franzöfliche und Por— 
tugiefifche, aber auch Laute, die nur durch Verdrehung des Mundes 
nach einer Ceite Hin ausgejprochen werden Fünnen, und aljo das 
Geficht verzerren, wodurch es eben jo horribel anzufehen wie anzu— 
hören ift, wenn es gefprochen wird. Dieje Sprache hat das Eigne, 
daß bei der Verzerrung 3) der Organe während dem Sprechen, die 
Zunge im Munde auf die rechte Seite an ven Gaumen gelegt wird, 
nie auf die linke Seite, und daß fie gewiffe wie ausgeſpuckte Raute 
mit der Ambara=- Sprache gemein bat. Wie fie heute noch in 
Mahrah geſprochen wird, ift fie vom Arabiſchen weit mehr ver— 
fchieven ?*), als das Arabijche vom Hebräifchen und hat mit Ießtes 
rem mehr Wörter ald mit erfterem gemeinfam. Sie mag feit 
Noahs Zeiten, deffen Enkel fich hier anfiedelten, noch ehe Abra— 
ham in Kanaan einzog, bis heute wol mand)e Veränderungen er= 
litten haben, uber nach Fresnels Forſchungen gehört fie zu den— 
jenigen Sprachen, welche die wenigften Veränderungen ?°) 
erlitten haben. Aus einer Anekdote des Citates 1. p. 535 gebt 
hervor, daß die Einwohner von Zhafär dad Arabiſche zur Zeit 


122) F,Fresnel, Lettre V. in Journ. Asiat. T. VI. 1838. p.531—554. 
23) Ebend. T. VI. p. 539. 2) Gbend. T. V. p.512—5186, 534. 
23) (hend. T. V. p. 535 u. f.; VI. p. 531. 


Hiftor, Meberfiht Süd-Arabiens; Ehhfili. 49 


Amr Sohn Tobba's nicht verftanden, weil diefer König dies felbft 
fagte, um ein Mißverſtändniß aufzuklären, dad auch ſchon Niebuhr 
nad) Pococke anführte. In jener Zeit ftand es der urfprünglichen 
Sprache des Stammvaterd Chuſch, Sohn Noahs, wol weit nä— 


ber als heutzutage, und Fresnel, der nur dad gegenwärtige Ehh— 


2 


fili fludiren Eonnte, hofft doch auch noch für die Sprache jener 
primitiven Zeit daraus Frucht zu ziehen. Die wenigen Verän— 
derungen dieſes ſeßhaft gebliebenen Urvolfs gehen wol aus dem 
Abfcheu hervor, den alle Racen der Bewohner Arabiend vor Miß— 
heirathen mit fremden Stammesgefchlechtern hatten, jo daß auch 
heute z. B. noch) ein Beduine nie feine Zuftimmung zu einer Ver— 
heirathung feiner Tochter felbft mit einem Paſcha von Hedſchaz ge— 
ben würde, dann aber auch, daß die furz dauernde perfifche Inva— 
fion, die nach der athiopifchen erfolgte, zur Zeit Mohameds, 
feinen großen Einfluß auf die Himyaritenfprache auszuüben im 
Stande war, andere Ueberfälle der Fremden aber fehlten. Nur ver 
Islamismus mit feiner Allgewalt Fonnte auch diefer Sprache durch 
die neu aufgedrungene des Koran Verderben bringen; doch ift es 
gewiß, daß die innern independenten Stämme Arabien dieſer Reli— 
gion viel hartnädigern Wiverftand leifteten als die meiften der gro— 
fen Nationen nad) außen. Diele verfelben find auch heute noch 
feine Mufelmänner und verftehen auch heute noch nicht das 
Arabiſch des Koran. 

Doch machen vie Araber im Süden ver Halbinfel felbft einen 
Unterfchied zwifchen vem Cfaräwi und dem Mahri, dem reinern 
und den mehr arabifchgemengten Abtheilungen des Ehhkili. Das 
Gfaräwi (Ckrawi auch Grami) ift die Sprache, die man in 
Mirbät und Zhafär fpricht, in einem Abſtande von 3 bis 4 Tages 
reifen Höchftend (vom Meere); das Mahri dagegen, im ganzen 
übrigen Lande Mahrah gefprochen, enthält eine größere Propor- 
tion des Urabifchen beigemengt. Gin Mann aus Mirbat, ver 
arabiſch weiß, verfteht auch die Sprache von Ckiſchin der Capi— 
tale von Mahrah; dagegen ein Mann aus diefer Neflvenz des dor« 
tigen Sultans, der nur das Arabiſche außer feinem eignen Dialecte 
weiß, darum doch noch Feineswegs die Sprache von Mirbat ver- 
fieht. Nur dieſe letzteren nennen fich felbft wie ihre Sprache, die 
fle iprechen, Ehhkili, da fie die andern mit dem arabifchen Bei— 
namen ver Gfarämi belegen. 

Nun erft wird das Sprichwort der Araber begreiflih, das 
im Sfahhlahh aus dem vierten Jahrhundert der Hedjra ange» 

Nitter Erdfunde XII. D 


50 Weſt-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


führt wird: „Derjenige der in Zhafär eintritt, muß hi— 
myariſiren,“ das heißt, er muß: die Landesſprache ſprechen, 
wenn er verftanden jein will, ein Sprichwort?6), das im Munde 
der Araber noch heute gleichbedeutend ift, wie unfer Deutfches etwa: 
„mit den Wölfen muß man heulen.“ Alfo ift fie die Sprade 
ver Himyariten, welche die Könige von Jemen, welche die Kö— 
nigin von Saba Sprachen, die man für ein antifes Arabiſch hielt, 
das europäifche Sprachgelehrte, wie Gefenius, für das Athiopifche 
Arabifch anfprachen. Wäre dies der Fall, fo müßten äthiopifche Gram— 
matiE und Wörterbud), wie fie aus H. Ludolf's Werfen befannt 
geworden, die Schlüffel zu dieſer Ehhkili enthalten, was nad) 
Freönel nicht der Fall ift. Wie e8 aber zugehen Eonnte, daß die 
moslemifchen Doctoren des Koran eben eine folhe himyaritiſche 
Sprade eine arabifche nennen Fonnten, worin auch alle euro« 
päijchen Orientaliften ihnen folgen mußten, da dieſes Ehhkili doch 
weniger Verwandtfchaft mit denjelben zeigt, als dad Hebräifche mit 
dein Arabifchen des Alkoran, und dadurch die große Völkerverwir— 
rung begünftigten, das fucht fih Fresnel dadurch zu erklären, 
daß ganz generell bei ihnen „Araber“ nur ganz einfach heißt: 
„Bewohner von Arabien,” alfo Racen begreifen Fann, die in 
ſich verjchieden find und fehr verfhiedene Spraden haben. 
Nur im geographifchen Sinne, nidyt im hiftorifchen, wie bei 
ung, ift died Wort im Gebrauch: denn in ihren Hiftorien ges 
neralifiren fie nicht nach europäiſcher Art, ſondern gehen, mit 
Poeſie und Eloquenz verbunden, ſtets genealogifch zu Werfe. 
Das Arabiſch des Alforan, die claffiich gewordene Sprache der 
inodernen Araber, ift keineswegs die urfprüngliche ver Bemohner; 
fondern erjt nachdem fi fchon viele Nacen und Gefchlechter des 
Landes gebrängt, und an verfchiedenen Orten in verſchiedenen Zei— 
ten übereinanver gelagert hatten, iſt e8 nur eben die legte oberfte 
Schichte, vie am wenigften, nach eigner Ausfage, rein arabifche, 
welche das Hedſchas bewohnte und zur Sprache des Koran die Bafts 
gab. Das Himyari und das Hebräifche waren ihr längft voran 
gegangen. Zu diefem Sprachgebrauch kommt aber noch hinzu, daß 
die Doctoren des Koran nur zu gern ihrem arabifd von Heds— 
jad die Priorität überhaupt als einer Sprache der Urahnen 
und ber primitiven des ganzen Gefchlechted zu vindieiren ſuch— 
ten, was im Ungeficht ihrer fo nahen Nachbarn ver Araber von 


26) F. Fresnel I. c. T.VI. 2.83; T. V. p. 512. 


Hiftor. Ueberſ. Süd-Arabiens; Himyariten-Sprade, 51 


Iemen doch fehr ſchwer war, und felbft ganz unvereinbar mit fo 
vielen antiken Meberlieferungen und Genealogien ver uralten Ges 
fchlechter der Adäer im ſüdlichen Arabien, von denen auch «die ih— 
nen verhaßten, fie tyrannifirenden und auch wieder verjagten Djor— 
hamiden (f. ob. ©. 21) in direeter Linie abftammten. Sie fuchten 
fich, im Bewußtfein ihres nur jüngern Supremates, bei einem Völ— 
ferftamme, dent fo vieles, ja alles am hohen genealogifchen Alter— 
thum gelegen war, eineötheils offenbar nur durch ihre Abftammung 
von dem bei Juden, Chriften und Jsmaeliern jo hoch gefeierten 
Patriarchen Abraham zu brüften und zu entjchädigen, andern Theis 
led aber auch durch ein Falſum der Sprachverwechslung zu retten, 
indem fie zwei ganz verfchiedene Sprachen, oder wie Fresnel fagt, 
doch fo verjchieden ald es femitifche nur fein können, mit einem 
und vemfelben Namen, dem Arabifchen, belegten, und nur. ein 
erftes und zweites Arabifch unterfcheiden, das erfte für „das 
Arabifch von Jemen” ausgeben, dad zweite für „das Ara— 
biſch von Hedsjas. So jagt Abdalmalik: „die primitive 
Sprache war arabiſch;“ gu jagen: die primitive Sprache war 
„das Arabifche,” mit vem Artikel, dad hieße nämlich die Spra— 
he des Koran, das wagte er doch noch nicht, weil diefe Behaup— 
tung eine zu offenbare Lüge gemefen wäre. Wenn er dann weiter 
bin von einem ältern Arabifch (al-arabiyyou lawwal, i. e. 
arabe prieur) fpricht: jo ſetzt dies ein ſpäteres Arabiſch (ein poste- 
rieur) voraus, ganz fo wie die Djorhamiden, die prieurs, die Djor- 
hamides posterieurs voraudfegen, die auch bei den Doctoren des 
Koran vorkommen, als urältefte und ältefte ihrer Vorfahren. 

Daß diefe von Himyariten geſprochene Sprache, zu deren we— 
fentlihdem Beftandtheile oder ältefter Form das Ehhfili 
gehört, in Jemen in ein ungemein hohes Alter, bis in die Zeiten 
ihres Hochgefeierten Patriarchen oder Propheten Hud?) (fol Hebr 
oder Eber in 1. Mof. 10, 21— 25 fein) hinaufreicht, aljo in bie 
ältefte Zeit der Semiten, beftätigt Sojuti, wo er fagt: Einige ha— 
ben bemerkt, das Arabifche begreife zwei Sprachen: die eine das 
Arabifche ver Himyar, das man zur Zeit ded Propheten Hüd 
redete und vor ihm, davon auch noch in unfern Tagen einige Nefte 
übrig find, und dad zweite, nämlich das eigentliche Arabiſche, 
oder die Sprache in welcher der Koran offenbart ift. Diefe ganz 


*) F. Fresnel 1. c. Lettre IV. T. V. p. 512 und p. 6313 Günther 
Wahl, der Koran, S. 128; Sure XI. S. 170 u. f. und 691, Not. i. 


v2 


52 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


offene Erklärung des Gelehrteften feiner Zeit, bemerkt Fresnel, 
beftätigt es alfo auch, daß nicht dad Arabiſche Mohameds die 
Sprache Kahtans, d. i. Ioctang, ded Stammpaterd der Araber 
war, aber wol die Sprache die man ſchon in älterer Zeit in Je— 
men oder Güdarabien fprach, als Joctan ſich daſelbſt nieberlieh, 
und welche fein Sohn Darub adoptirte, ganz fo wie die Söhne 
und Neffen Mohamed Alis von Aegypten die Sprache der Araber 
angenommen haben, die fie beherrichen. Es ift die Sprache der äl- 
teften drei Nacen, welche Arabien bewohnen. Denn auch Kah— 
tan (Ioctan, einer der Söhne Ebers nach 1.3. Moſ. 10, 25) 
redete urfprünglich eine dritte andere Sprade, die Syriſche, 
oder dad Suriany der arabifchen Autoren, d. i. die Sprade 
von Suriyah, d. i. Mefopotamien (ſ. unten bei Nabataer). 
Er war wie die Abrahamiden von dem Stamme Arphachſad 
(Sohn Sems, 1. Mof. 10, 22). Seine Sprache war alfo derjenigen, 
welche Abraham vor feiner Anfievlung in Kanaan fprach, oder der— 
jenigen, welche noch Zaban (1.8. Mof. 31,47) mit Jakob dem 
ſchon Hebraifch Redenden fprach, gleich. Es ift die vom Lande wo 
fie gefprochen wurde fogenannte aramaifche Sprache, ohne Rück— 
fit auf die Genealogie. Diefelbe ift ed nun, welche Joctan ver= 
möge feiner Abftammung ſprach, als fein Geſchlecht fid, in Ara— 
bien nieverließ; denn von feinen vielen Söhnen, heißt ed nad) den 
Genealogien Sojutis, war Darub, ver arabifch fprady und 
deshalb jo genannt ward, weil er der erfte war, deffen Spra= 
be fih vom Suriany zum Arabiſchen wandte. Diefelbe 
Veränderung der Sprache durch Verichwägerung Ismaels mit ven 
fpätern Diorhamivden, wovon die Annahme der arabifhen Sprache 
bei Sömaeliern oder den Beduinen des Hedſchas abgeleitet ward 
(j. ob. ©. 20), wiederholt fich auch hier in Südarabien oder Jemen, 
um bie Joctaniden ald Araber zu vindieiren. 

Solche Angabe von einem Wechjel ver Sprache wird von den 
Doctoren ded Koran in ihren genealogifchen Gefchlechtöreihen in 
noch weit frühere, jelbft in Sems Zeiten zurückdatirt, ein Beweis, 
daß viele die zu mohamevanifchen Zeiten Araber genannt wurden, 
doch aus ſehr verfchievenen Elementen der Urperiode zufanımens 
gewachien waren. 

Abd-al-malik, um die Sprache des Koran, welche nun die 
Sprache Gottes jelbft und feiner Offenbarungen an feinen Prophe— 
ten fein follte, zu heben, mußte fie natürlich auch ihrer gegen an= 
dere fehr modernen Ausbildung nach, ungeachtet doch zur primi= 


Hiftor. Heberfiht Süd -Arabieng; Adäer-Sprache. 53 


tiven Sprache erheben, und ſich wie alle Doctoren des Koran, die 
zugleich die gelehrten Annaliften der arabifchen Genealogien und 
Gefchichtfchreiber find, durch allerlei Wendungen und Künfte zu 
helfen fuchen, dte ganz andern genenlogifchen Ueberlieferungen 
arabifcher Gefchlechter mit ſolchen aus religiöfen Gründen gebotenen 
Annahmen des Koran in Uebereinftinmung zu bringen. So ent« 
fteht jene Tabyrinthifche Verwirrung, der auch die europäifchen Be— 
richterftatter gefolgt find, und jenes Helldunkel der Vorzeit, aud dem 
aber doch noch felbit in den mufelmännifchen Originalen fo manche 
lichte Puncte nicht ganz verlöjcht werden Fonnten, daß fle mit Hülfe 
der einfachen Sätze der biblifchen Meberlieferungen, mit Hülfe ver 
neuern Sprachforfchung und der einheimifchen Denfmale einen hel- 
lern Bli in den wahren, innerr Zufammenhang diefer älteften 
Dölkerperiode, wenn auch nur in gewiſſen Beziehungen und nad) 
gewiffen Sauptmomenten geftatten, ald das der hiftorischen Wahr— 
heit übergeworfene Ne der Nebelfappe der Babeleien des Koran 
feinen wörtlichen Anhängern geftattete. Hierzu dienen auch noch 
einige folgende fragmentarifche die primitiven Araber betreffende 
erläuternde Daten, die wir zur Vervollſtändigung des Oefagten in 
jener dunfeln Periode, nach ven Audfagen der Moslemen felbft, nur 
anführen, um auf die weitere Ausführung verfelben in Fresnel's 
zerftreuten Schriften hinzuweiſen, ehe wir zu dem dritten Abjchnitt 
unſerer Ueberficht, zu der hiftorifchen Periode, übergehen Fünnen. 
Die primitive Sprache, welche Adam beim Austritt aus dem 
Paradieſe gejprochen, fagt jener Abo=-almalik 28) ganz Fed, fei 
arabifch gemwefen, aber mit ver Zeit verderbte fie fih in Su— 
riany, von Suriyah, Mefopotamien, genannt, darin Noah und 
fein Volk wohnte vor der Sündfluth. Dieſes Suriyah glich dem 
ſchlechtgeſprochenen Arabiſch. Died war aber die Sprache 
Aller, die in die Arche Noah eingingen, außer einem Einzigen, ver 
ein Dijorhum war; denn diefer ſprach noch das primitive Ara— 
bifch (ver Djorhomidae priores). Nach der Sündfluth heirathete 
Jram, Sohn Sams (d. i. Aram, der Sohn Sems in 1. B. Mof. 
10,22), eine der, Töchter Djorhums, weldye die Sprache ihres Va— 
terd Sprach; daher Fam 08, daß das Arabiſche auf die Söhne 
JIrams, Auz (vd. i. Uz) und Djathir (Gether, ver Bruder des 
Uz, 1.8. Mof. 10,23) überging. Bon Uz aber ftanımen die Söhne 
Ad und Abil, von denen die Adäer (oder Aditen) genannt find, 


120) F, Fresnel, Lettre IV. Journ. Asiat, T. V. p. 525. 


54 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


an die fih alle urältefte Sage der arabifhen Erinnerung 
als an ihr höchſtes Alterthbum anfchließt. Djathirs 
Söhne find aber Thamud (Themud) und Djadid, und deren 
Nachkommen die Thamudäer, eben fo wie jene Adäer das 
Höchfte Alterthum bezeichnend. Ihrer wird in den biblifchen Ge- 
fhichten nicht gedacht, fondern nur ihrer Väter; aber der Koran?) 
und die arabifchen Autoren fprechen von ihnen, als den allbefann= 
ten, älteften, eifrigften Gößendienern Süd-Arabiens, deren Anden— 
fen auch noch bis in die Gegenwart fortlebt. 

Eine Tribus Ad lebte im XIV. Jahrhundert noch in Arabien, 





die ſich von ihrer mütterlichen Herkunft Djorhum nannte. Die 


Surianys Sprache erhielt fih in ver Nachkommenfchaft Arphadi= 


ſad's des andern Sohnes von Sem, und pflanzte ſich vom DBater 
auf den Sohn fort bis Kahtan (Ioctan), der Daman (Jemen) 
bewohnte, deffen Kinder die arabiihe Sprade von den Söhnen 
Ismaëls Ternten, die nach Semen kamen. 

Nach diefer Tradition würde dad PrimitivsArabifche ein ganz 





anderes ald das des Mohamen, namlich eine aramaifche Sprache 
fein, deren Ueberrefte wol in Mefopotamien zu juchen find. Eine 
aramäifche, die Fres nel 0) jevoch auch nicht für dad Syrifche ver 
ſyriſchen Chriften zu Halten geneigt ift, fondern vielmehr eine in= 


termediaire Sprache, zwiſchen ver alten chaldäiſchen und ver Spra= 
che von Kanaan, d. i. der phöniciſchen. Wenn die Söhne Kah— 
tand oder die Joctaniden alſo viele aramäiſche Sprache damals 
aufgaben, und dad Urabifche ver Ismaélier angenommen haben fol= 
Ien, fo ift die Brages!): welches Arabifh war diejes? Nach 
der herföinmlichen Meinung lernte Ismaëöl das Arabifche von den 
Djorhamiden (j. ob. ©. 19). 

Aber es gab zweierlei Raçen diefed Namens, und Abulfeda 
fagt, daß viefer Name Djorhum zwei [ehr verfchiedenen Völ— 
fern angehöre. Dad eine die Djorhum aloula (d. i. Djor- 
humidae priores) gleichzeitig mit ven Aditen (Adäer), einem 
Volke, das von der Erde verfehmunden; deſſen Gefchichte eben fo 
verloren fei mie feine Nachfolger. Das andere die Djorhum 
atthaniyah (Dj. posteriores), die von Djorhum, einem Bruder 
de8 Darub, Sohn Kahtand, herſtammen. Bon diefen beiden 
Brüdern regierte der eine, Darub, über YDaman (Iemen), ver 


29, Günther Wahl, der Koran, S. 691 Not.i. °°) F. Fresnel, 1. c. 
p- 929. 1) Ebend. p. 526. 


Hiftor. Meberfiht Süd-Arabiens. 55 


andere aber, Diorhum, in Hedſchas (f. ob. S. 20). — Sp weit 
Abulfeda. Bon diefem Tegtern würde alfo Ismael das Arabifch 
erlernt haben. Die Doctoren ded Koran nehmen nun an, dies fet 
dad Aradifche des Koram gewefen, mad doch erft die letzte über— 
gelagerte modernfte Schicht des Arabifchen, die in und um Moha— 
meds Zeit in allgemeinen Gebrauch Fam, fein konte. Fresnel 
zeigt 32) aber, daß in jener Periode, da dad Suriany des Kahtan 
aud der Sprache der Joctanivden, feiner Söhne, aus Jemen vers 
dringt ward, dies nicht durch das Arabifche des Koran gefchehen 
fonnte, fondern durch dad Arabifche des Himyar geichah, das 
die Doctoren der Mujelmänner aber iventificiren mit dem der Ad, 
der Thamud und der Djorhumiden, jene Vorzeit unter einan— 
der mifchend. Doch wird von den Zeitgenofjen Mohameds 33) die— 
ſes Idiom auch wirflih mit dem Namen himyaritiſch belegt, 
eine Benennung, deren wahre Bedeutung heutzutage gar nicht mehr 
von feinem der arabifchen Stämme verftanden wird. Diejenige Pe— 
riode, in welcher aber nach, obiger Angabe die Soctaniven das Ara= 
bifche de8 Koran von den Ismasöliern, d. i. den Mittels Urabern, 
annahmen, Fonnte nach Fresnel's Dafürhalten mol erft mit der 
Invasion des Islamis mus flattfinden, mit welcher fpätern 
Zeit, des Tten Jahrhunderts, denn auch die Verdrängung der Sprache 
der Himyariten aud den zum Mohamedanismus bekehrten Theilen 
Jemend oder Süd-Arabiens zufanmen zu fallen fcheint. Doch 
fügt Fresnel an einer andern Etelle hinzu, daß alle Urfache, nach 
längerm grammatijchen Studium, vorhanden fei, anzunehmen, daß 
auch ſchon Tängere Zeit vor dem Jahrhundert Mohameds vie 
Sprache des Koran (das eigentliche Arabiſche) große Fortfchritte 
in Jemen (Daman) gemacht gehabt Habe, und daß der Tribus, 
welcher die antife Sprache des Landes befaß, ſchon damals fehr 
bedeutend vermindert 3?) gewejen. 

Wenn jene Sprache Ads und Thamuds von Fresnel?s) 
eine aramaifche genannt wurde, fo will er damit nur das Ver— 
haltnip der Abſtammung von Iram (dem Aram der Genefid) 
nad dem arabifchen Stanppuncte bezeichnet wiffen, nicht aber 
den der Herkunft aud dem Lande diefer Tribus, nach dem Stanbs 
punete der hebräifchen Philologen, wozu noch folgende Beziehungen 
deffelben auf das Verhältniß zu den Kufchiten zu beachten find. 


”) F. Fresnel I. c. p. 528. 2) Ebend. p. 534. ») Ebend. 
T. VI. p. 560 — 570. 29 Gbend. T. V. p. 533. 


56 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Die Sprache von Kanaan, oder der Phönicier, die dem Hebräi- 
ichen fo nahe fteht, werde wol, bemerkt Fresnel, mit Recht eine 
femitifche genannt, aber bemerken müffe man, daß die Hebräer viefe 
Benennung nicht gebrauchten. Nach ihrer Anficht war Kanaan ein 
Sohn Cham und Bruder Chus (1.8. Mof. 10,6). Aber Chus 
(Khouſch) ald Nation oder Region gennmmen, begriff nad 
Mofe das Land von Saba in Süd-Arabien (1.3. Mof. 10, 
7, wo die Kinder und Enfel Chus aufgeführt werden: Seba, He— 
vila, Sabtha, Raema, Scheba, Devan und Nimrod); aljo 
das Land, wohin Joctan ſich niederzulaffen ausging, wo aber vie 
Adäer Schon vor ihm faßen. Daß Herodot, wie oben ſchon 
bemerft ward, die Phönicier von dem erythräifchen Meere her ein= 
wandern laßt, ift übereinftimmend mit der Genefid; denn zwei 
Brüder, hier Chus und Kanaan, gehen doch gewöhnlich von 
derfelben Gegend aud. Da fih nun in dem Idiom von Mir- 
bat und Zhafär nad obigem auch eine große Anzahl hebraifcher 
Wörter findet, die dem Arabifchen fremd find, jo Halt fih Fresnel 
für vollfommen berechtigt, diefe genannte Sprache des Ehhkili für 
einen Reſt ver Sprache von Chus (Khoufch) zu Halten. 

Ueber das Land Chus, zu dem Arabien die Vermittlung an 
die Hand giebt, herrichten von jeher verfchiedene Meinungen, weil 
ein Theil dieſes Gebieted auf der Grenze der Schwarzen und 
Nothen, d. i. Chams und Semd, gelegen war, und weil dad Volk 
Chus, in einer der Sündfluth rahen Zeit, fih von den Ufern des 
Euphrat bis nad) Aethiopien ausdehnte. So war Nimrod ein 
Sohn Chus, d. h. nicht daß Chus ein Aethiope, noch weniger ein 
Neger geweſen, ſondern daß die Nation, der er angehörte, Aethio— 
pien beſetzt hatte und ſich daſelbſt auch erhielt. Im ſüdlichen Ara— 
bien dagegen ward das Volk Chus von den Joctaniden erſetzt, die 
darum aber eben ſo wenig in Aethiopien oder Abyſſinien ju ſuchen 
ſind, das aus dieſem Grunde den Namen Chus auch beibehielt, 
mit Ausſchluß der andern Landſchaften, die primitiv von den 
Chuſiten beſetzt waren. Hier Fam dagegen der Name Saba, Sa— 
bäa in Gebrauch, auf doppelte Weife, nach Genef. 10, 7, ale 
Saba (Seba) Sohn von Raema, Sohn von Chus; und, nad) 10, 
28, ald Seba Sohn von Joctan, von denen der erftere Saba 
weit alter ift als Joctan, der die reinen Arab (die Arab äri- 
bah) repräfentirt, welche Aethiopien befaßen, während ver Iegtere 
Saba Sohn des Joctan den nicht reinen von Geblüt (ven 
Arab moutaarribah) in Semen vorftand. 


N En RL... 


Hiftor. Ueberſ. Süd-Arabiens; verſchiedene Araber. 57 


Daß auch zu feiner Zeit in Folge diefer verſchiedenartigen Abs 
ftammungen und Sprachen der Name der Araber wirklich jehr 
verfchienentlich gebraucht ward, jagt Sojuti; mit deſſen Eintheis 
lung ver verfchiedenen Nationen, die man mit dem Namen 
der Araber, nah Ibn Dihh yah, den er als feinen Gewährsmann 
anführt, belegte, wir hier vorläufig diefe Ueberficht ver ſüd-arabi— 
ſchen Vorzeit fchließen Fünnen. SHiernach werben dreierlei ara= 
bifhe Völferfchaften36) unterfchieden. 

I. Die Araber, genannt Aribah oder Arbä (vie Arabes 
par excellence, nach Fresnel), das ift die Reinen (Khoullad). 
Diefe begreifen 9 Tribus, alle aus der Nachfommenfchaft Jrams, 
Sohn Semd, Sohn Nouhh's (Noahs). Deren Namen find 1) Ad, 
2) Thamud, 3) Umayyim, 4) Abil, 5) Tasm, 6) Djadis, 
7) Amlid, 8) Djorhum, 9) Wabar. | 

I. Die Araber der zweiten Nation, die Mutaärribah, 
ein Wort dad von den Doctoren ded Koran durch „die nicht 
rein find” erklärt wird, wozu die Nachkommen Kahtans, d. i. 
Joctans, die Joctaniden gehören. 

II. Die Araber ver dritten Nation, die Muftaarribah, 
ein Wort dad von denfelben Doctoren wie dad vorige definirt wird 
(j. ob. ©. 8 die Arab Muftaraba, die es durch DVerfchwägerung 
geworben) und das die Nachfommenfchaft Ismaéls begreift. Es 
find die Kinder von Maad, Sohn Adnan, Sohn Udad (oder 
Dedan ded 1.8. Mof. 10,7 und 25,3), die nach der Genefld von 
Abraham auszogen gegen ven Aufgang, das ift dad Morgenland. 
Die Kinder Maad find aber die Hochgefeierten ald die Stammge— 
nofjen ihres Propheten. 

Mit der erften Klaffe ftimmt auch Ibn Dourayd in feinem 
MWörterbuche Djamharah, dad Fresnel eitirt, im mefentlichen über: 
ein, bemerft jedoch dabei: der größere Theil diefer Tribus fei erlo- 
fchen, und kaum feien unter den neuern Bewohnern Arabiend noch 
einige Nefte von diefen zerftreut. Dann aber fügt er hinzu, was 
oben fhon angeführt war: ver Sohn Kahtan (Ioctan) ward Na— 
rub (er Spricht arabifch) genannt, weil er der erfte war, deſſen 
Sprache von dem Suriany fich zum Arabifchen wandte. Aller— 
dings, bemerft Fresnel, mußten die Ariba-Araber (von rei: 
nem Blute) diefe Sprache fchon vor ihm geredet haben; aber Ihn 
Dourayd hätte hinzufeßen können, daß hier nicht vom arabi— 


6) F, Fresnel, Lettre IV. T. V. p. 529 531. 


58 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


hen des Koran die Rede fei. Davon hielt ihn aber vie Furcht 
ab, den Irrthum zu deutlich aufzuderfen, und Arabiſch eine an= 
dere Sprache zu nennen, als die Sprache Allahs und feined ver> 
meintlichen Propheten. 


3. Juden- und Chriſten-Gemeinſchaften und ihre Ver— 
breitung durch Arabien bi8 zum Jahrhundert Moha— 
meds. Die äthiopifche Chriften-Ufurpation in Jemen 
(530 — 601 nach Chr. ©eh.). 


Erft mit dem Jahrhundert Mohameds treten aud dem 
dunkeln Felde ver Sagenzeit, auf dem nur zurüdgehende Ge— 
Ihledhtöreihen und Sprachforſchungen einige Orientirungen 
über Sand und Xeute geftatten, durch Hiftorifch überlieferte Bege— 
benheiten hie und da auch gewifje Theile der arabifhen Halb— 
injel in ein helleres Licht hervor, als dies früher ver Ball fein 
fonnte. Doc gejchieht auch dies nur in Folge der Kriegfüh- 
rungen mit dem Audlande, oder im Berlauf der Fehden 
im Innern, welche durch die Verbreitung ded Islam erregt wer— 
den, der die moderne Umgeftaltung der arabifhen Welt 
berbeiführt, die Durch die bluttriefende Feſſel ihres Religionscultus 
und feines Fanatismus jene früher gejonderten Bölfertheile 
wie Flüſſe und Bäche zu einer gemeinfamen, weiten, aber ftagnis 
renden Limne verfammelt hat, die ohne alle fortfchreitende Bewegung 
doch durch innere Stürme der Reidenjchaften in fortwährendem Auf— 
ruhr begriffen ift, und jedem Bremdling den Zutritt wehrte, was, 
wie aus den frühern Angaben ſich ergab, in ältefter vormoha— 
medanifcher Zeit feineswegs in gleichem Maaße der Ball war. 

Außer den Somaeliern und Keturdern der älteften Ein— 
wanderung aus dem Rande ver Hebräer in dad innere Ara— 
bien, von denen im vorigen die Rede war, und welche fich ganz 
mit den Araberftännmen affimilirt Hatten, finden wir, zu Moha— 
meds Zeit, noch eine dritte unftreitig jüngere Coloniſation je= 
ner weftlichen Nachbarn, nämlich der fehr zahlreichen Juden im 
Hedſchas over Mittel-Arabien vor, die jelbititändig In vielen 
Gemeinschaften, mitten unter Ismasliern und Joctaniden, ſich er- 
halten hatten, und eben darum, weil fie fi) nicht unter dad Joch 
des Koran beugen wollten, ſpäterhin untergehen mußten. Ihr An: 
jehn in jener Zeit in Dathrib (Medina) geht daraus hervor, 
dag ein König von Jemen, der auf einem Eroberungszuge auch vor 


Hiftor, Meberficht Arabiens; Judenbevölkerung. 59 


Medina ald Belagerer erfchten, durch den Rath einiger bortigen 
Rabbiner zur Rückkehr nach Jomen bewogen, und zu gleicher 
Zeit durch diefe zum Judenthum befehrt ward (um das Jahr 
300 v. Chr. G.)27). Derfelbe König, Tobba ben Haſſan, oder 
der letzte Tobba genannt, ſchützte feitden nicht nur auf den Rath 
feiner jüpifchen Lehrer den Tempel (Kaaba) zu Mekka, fondern 
beffeivete ihn, der vieleicht nod) nicht fo viele Idole wie fpater in 
fih aufgenommen haben, jondern unter der Obhut der Jsmaelier ſte— 
ben mochte, mit einem föftlichen Teppich. Miele des Volkes von 
Jemen waren damald unter ihren jüdifchen Königen zum Juden— 
thum übergegangen, und wenn fchon deren Serrichaft nicht von 
fehr langer Dauer blieb, jo mag die jünifche Bevdlferung in Ara— 
bien dadurch doch ſehr begünftigt worden fein. Die Erzählung diefer 
Belagerung von Dathrib und Tobbas Judenbefehrung 
ift, unter rabbinifchem Einfluß, umſtändlich im Legendenſtyl in ver 
Geſchichte Ohhayhhahs8) etwa 100 Jahr vor Mohameds Ge— 
burt mitgetheilt, auf die wir hier verweiſen. Späterhin treten die 
Juden zu gleicher Zeit mit Mohamed, erft ald feine Breunde, 
dann als feine Widerfacher, ohne daß die neuern Geſchichtſchreiber 
wiffen, feit wann), doch wol ald Esdras- und Rabbiner— 
Verehrer (ſ. 06. S. 12), wenigftend jeit der Römer Zerftörung Jeru— 
ſalems, in bedeutender Zahl und Kraft, in einer ganzen Anzahl zer= 
ftreut liegender meift Eleiner, aber ſehr Eriegerifcher Staaten 
hervor, wie: Khaibar, Fadak, Karaidha, Wapilfora, Na= 
phir und Yanbo, denen wol noch manche andere, deren Wohnfige 
weniger genau ald dieſe befannt wurden, hinzuzufügen wären. Zus 
mal in und um Jathrib (Medina) fcheinen fie beſonders zahlreid) 
geweſen zu fein, wo der Stamm der Chazradjiten, früher mit 
Juden verbündet, fpäter deren Beherricher geworden war, und 
durch die Erwartungen dieſer Juden von einem Meſſias aufge- 
regt #0), fich fo frühzeitig geneigt zeigte, den Mohamed für einen 
folden zu erfennen und ihm zu huldigen, ehe noch die von ihnen 
theilweis unterbrücten Juden, wie fie fürchteten, ihnen in biefer 


137), Schloffer, Meltgeih. II. 1. ©. 200. »°) Histoire d’Olıhayhhah 
fils d’al Djoulalhıh, in D. M. P. Perron, Prof. au Caire, Lettre sur 
l’histoire de l’Epoque du petit Tobba, du Siege de Medine et 
de lintroduction du Juduisme dans le Yaman, in Journ. Asiat, 
3. Ser. T. VI. Paris, 1638, p. 434 — 464. 29) Sclofler, Welts 
geſch. II. 1. ©. 200. 9) G. Weil, Mohamed a. a. O. ©. 71 und 
Anhang ©. 409— A413. 


60 Weft-Afien. IV. Abtheilung, $. 58. 


Anerkennung zuvorkämen, wodurch freilich mol politiiche Nachtheile 
für fie hätten daraus hervorgehen müfjen. Daher vie frühzeitige 
und dreimal wiederholte Unterwerfung der chazradjitifchen Män— 
ner aud Medina an Mohamed, ald dieſer noch von Meffa- 
nern, mit denen die Medinenfer immer rivalifirten, verfolgt ward, 
und ihre dringende Einladung *!), dad ihm in Medina bereitete 
Afyl anzunehmen (im 3. 621 n. Chr. ©.). Die höhere Ausbil- 
dung jener Juden und ihre heiligen Schriften hatten ven heran 
wachſenden Propheten in vielfachen Verkehr mit ihnen gefegt. Ein 
Better feiner erften Gattin Chadidja, mit Namen Warafa, ein 
getaufter Jude*), der das alte und neue Teftament gelefen, und 
letzteres theilweife ind Arabiſche überfegt hatte, juchte ihn von ſei— 
nem eignen eingebildeten Prophetenthume abzubringn. Moha— 
med felbft gab lange Zeit die Hoffnung nicht auf, daß dieſe Juden 
in Hedſchas ihn zunächſt als ihren erwarteten Meſſias anerfennen 
würden, und richtete auch feine Dogmen und feinen Eultus ganz 
auf der Grundlage des Glaubens ihrer Erzväter ein. Geine Flucht 
oder Ueberfiedelnng nah Medina, wo auch mit den Chazrad— 
jiten, feinen Verwandten) mütterlicher Seite, mancher Jude für 
ihn gewonnen fein mochte, war darauf mit berechnet. Viele feiner 
Gebote, jagt fein Biograph, laſſen fich aus dieſer Beziehung zu 
jenen Suden**) auch erklären, denen die Erfeheinung eined Pro- 
pheten ſelbſt vou Mofe verheigen war. Daher ſchloß Mohamen 
in Medina, wie mit den Stämmen der Chazradi und Aus, fo 
auch mit den dortigen Juden ein förmliches Bündniß, in denen 
er ihnen Conceſſionen machte, die er jedoch fpäter widerrief; z. B. 
Serufalem als Kibla zu betrachten, d. h. al& diejenige Seite nach 
der man fi im Gebete wenden follte; die Geftattung ihrer Gab» 
bathfeier ſtatt des Sreitags, und ihrer Faſten im Monat Tifchri ald 
ihred Sahresanfangd u. a. m. Da aber fih ihm nur wenige ans 
fchloffen, viele ihn verfpotteten, da fie einen Propheten aus dem 
Geſchlechte Davids wollten, jo näherte er fich wieder dem alten 
arabiichen Glauben. Doch wurde er durch ven Uebertritt eines 
fchriftgelehrten Suden, des Abo Allah ben Salam, mit der 
ganzen talmudifchen Dialektik und Spitzſindigkeit jener Zeit 
vertrant. 

Als nun alle Bemühungen vergeblich fchienen, die Juden für 


1) G. Weil, Mohamed a. a. ©. &©.73,79. *2) Ebend. ©. 47. 
3) Ebend &.79. **) Eben. ©. 90. 


Hiftor, Ueberſicht; Juden in Cheibar. 61 


feine Parthei zu gewinnen, und ſchon in fünf) Raubzügen 
und Ueberfällen mit diefer, die aus den verbündeten Medinenfern 
beftand, zumal gegen Koreifchiten und die von ihnen escortirten 
Handeldfarawanen, das erſte Araberblut gefloffen war, die gemachte 
Beute aber für die Seinigen ſich nicht unerfreulich gezeigt hatte: 
jo wurde nun, nachdem der Krieg gegen die Heiden lüngft gebo= 
ten und ald vervienftlich gepriefen war, auch der Mord und bie 
Bernichtung der Juden fanctionirt, und fie insgefammt, durch Die 
Rache Mohameds an ihnen, für vogelfrei erflürt. Einen 120 
jährigen jüdischen Greis, der über fein neues Prophetenthum ges 
fpottet, Tieß er jelbft ermorden, und nun wurde (im $. 628 n. Chr. 
G.) von ihm und feinem NRaubgefolge der erfte frievliche, bei ven 
altern arabifchen Dichtern fogar wegen feiner Treue fo gepriefene*6) 
Judenftamm der Beni Nadhir, der in der Nahe bei Me— 
dina zu Zahra?) feinen befeftigten Wohnfis hatte, überfallen 
und belagert. Da er ſich nicht länger zu halten vermochte, erhielt 
er durch Eapitulation freien Abzug; ein Theil emigrirte nad Sy— 
rien, der andere aber zog ſich nur einige Tagereiſen weiter nord— 
wärtd zu feinen Glaubensbrüdern den Cheibar (Khaibar); ihr 
ganzes Vermögen fiel Mohamed ald Beute anheim. Bald darauf 
fuchten ſich die vertriebenen Beni Napdhir*), in Verbindung mit 
4 Abtheilungen der Koreifchiten, und einigen andern Tribus aus 
dem Tehama und Nedjd, denen ſich auch noch ein nahe bei Me— 
dina wohnender Judenftamm, die Bent Kureiza, anjchlof, 
durch eine Belagerung von Medina zu rächen, wobei ihre 
10,000 Mann die Parthei Mohameds und feine ihm treuen Cho= 
zalten in große Noth brachten, woraus fie nur der erfte Stadtgra= 
ben, den diefe damals um einen Theil Medinas zogen, rettete, was 
jedoch als eine bis dahin bei Arabern unerhörte Beigheit, ſich hin— 
ter einem Graben zu bergen, zu großem Spotte gereichte. 700 in 
die Gefangenfchaft gerathene Juden ließ Mohamed graufam hin— 
Ichladhten, und ihre Weiber und Kinder in Selaverei abführen. 
Im nächſten Iahre (dem Tten der Hedjra, 628 n. Chr. Geb.) 
wurde nun, nach einem mißglücdten Anfall gegen Mekka, um fein 
raubfüchtiges Gefolge zu befchwichtigen, ein Feldzug gegen bie 
Juden in Gheibar #) bejchloffen, ver im Ball des Oelingens 


+), ©, Weil, Mohamed S. 95 — 115. *°) Edrisi, Geogr. éd. Jau- 
bert T. I. p. 334 u, Not. , G. Weil, Mohamed ©. 117, 136. 
*) Ebend. ©. 144. ») Ebend. S. 184— 189, 281. 


62 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 58. 


reiche Beute verfprach. Ihr Gebiet, 4 613 5 Tagereifen im Nord= 
oft von Medina gelegen (nah Burkhardt), wurde damals über 
die Nachtlager Uffr, Sahba, Radji von dem 1400 Mann ftar= 
fen Kriegöheere am vierten Tagemarſche erreicht. Cheibar fei 
nicht der Name eined einzelnen Ortes, meint Abulfeda, gemefen, 
ſondern eines ganzen Bezirkes, in dem fich die Juden nieder- 
gelaffen Hatten, weil der Name jo viel ald Feſtung, over nach 
Weil vielmehr Conföderation bedeute; denn es waren viele 
Fürften der Juden, die unter fih im Bunde ftanden, und deren 
Schlöſſer, in die fie ſich mit ihrer Habe geflüchtet, eind nach 
dem andern erobert werden mußten. Diefe feften Schlöffer, die fehr 
hartnäckig vertheidigt wurden, werden genannt: Naim, Kamuß, 
Kulla, Bara, Ubejj, Sab; fie mußten alle erflürmt werben. 
Watih und Sulälim öffneten freiwillig ihre Thore, unter der 
Beringung, daß fie im Befig blieben, aber Tribut zahlen wollten, 
und diefer fügten fi auch die Juden von Fadak, das auch in 
derfelben Gegend nur eine Tagereife weiter abwärts (feine Lage ift 
unbekannt) gelegen war. Auf dem Rückwege von Cheibar, das 
auch auf neuern Karten noch fleht, wurden auch die Juden in 
Wadi-l-Kura, nur eine Station im Nord der Stadt Medina 
liegend, belegt, worauf die Juden von Teima, das viel weiter 
im Norden an der fyrifchen Grenze gegen Damask gelegen, fich 
freiwillig unterwarfen. Die Zahl ver durch ganz Mittelarabien in 
vielen Conföderationen angefiedelten Juden war fo groß, daß Mo— 
hamed e8 doch, nachdem er feine erite Rache an ihnen gefühlt hatte, 
für vortheilhafter hielt, ihnen, wie ven Chriſten in Arabien, weil 
er fie, wenn ſchon Polytheiften, doch „Leute der Schrift‘ nannte, 
dennoch bald wiederum Duldung außerhalb Meffa zu geftatten, 
wenn ſie fih nur demüthigten und Tribut zahlten 60). Wie ver- 
haft diefe Juden von Cheibar feitvem den Mohamevanern ge— 
blieben find, ergiebt fih aus dem arabifhen Sprichwort, daß 
Seegendl) noch heute von ihnen ald im Gebrauche anführt: „er 
gleicht einem Juden von Cheibar,“ d. h. er ift niederträch— 
tig. Es befteht zwar noch heute in Mekka und Dſchidda die 
Meinung, als lebten in Cheibar nod fortwährend die Nachkom— 
men der früher port angeflevelten Juden fireng ihrem Religions 
eultus folgend; aber Burckhardts?) verfichert, daß feine genaue= 





150 G. Weil, Mohamed &. 280, 285. 1) Seetzen in Monatl. Cor: 
refpondenz, Nov. 1808. S. 392. °?) Lew. Burckhardt, Travels 
in Arabia ed. W. Ouseley, Lond, 1829. 4. Append. VI. p. 464. 





Hiftor, Ueberſicht; Juden, Koraiten, 63 


ften Nachforſchungen darüber in Medina ihn vom Gegentheile über« 
zeugt haben, und daß die jo verbreitete Meinung völlig ungegrüns 
det fei, als eriftirten in irgend einem Theile der norbarabifchen 
Wüftenlandfchaften noch Judencolonien. Diejenigen Juden, weldye 
vordem in Arabien angefievelt waren, gehörten nach dem arabijchen 
Autor Samhoudy, in feiner Gefchichte von Medina, insgefammt 
zu dem Tribus der Beni Koreyta (Karaiten). Sie fanen, ihm 
zufolge, jchon ſehr frühzeitig nah Medina, nachdem Nebucad« 
nezar Jerufalem erobert hatte (alfo etwa ein halbes Sahrtaufend 
vor der Zerſtörung Ierufalems durch Titus). Diejenigen Juden, 
welche der Tobba, der Himyarite, bei dent Ueberfalle von Mekka 
und Medina mit nach Jemen genommen, fagt verfelbe Samhoudy, 
fein Beni Koreyta (Karaiten) geweſen; died feien die erften 
Juden gemefen, die fi) in Jemen anfievelten, und deren Nach— 
fommen follen noch diejenigen fein die in der heutigen Reſidenz des 
Imam zu Sanaa Ieben, wo, wie wir nach Gruttenden’d Angabe 
wiffen, ein ganzes Stadtviertel dad Judenquartier), mit etwa 
3000 jüdischen Bewohnern, genannt wird. Nod) wichtiger ald dies 
jer räumliche Beſitz des jüdischen Eigenthums, veffen ſich Mo- 
hamed bemächtigte, war die eben jo ungerechte Plünderung ves 
geijtigen Eigenthums der heiligen Schriften der Hebräer und 
ihre Verfälſchung, Die er ſich in der Veränderung der Hifto= 
rien und der Worte ihrer Geſetzgeber und Propheten zu 
Schulden kommen ließ, ja, daß er bei der Ginführung fo vieler 
wichtiger hebrääſcher Worte in die Suren jeined Koran, Dies 
jen, mit welchen er ald DBemeifen aus Moſe und den Propheten 
jeine eigene Lehre zu ftügen und als göttlich zu weihen fuchte, ganz 
falihe Bedeutungen unterlegte für feine unwiſſenden blinden Nach— 
beter.. Diefe Vorwürfe, die ihm durch die gründlichiten Borfcher5*) 
mit großer Öelehrfamfeit der Sprachen der Texte nachgemiefen find, 
laſſen jich feinedwegs dadurch entichuldigen, daß ihm dieſe Daten 
nur mündlich etwa und irrig mitgetheilt worben, da er ſich überall 
ald auf feine Kenntniß der Terte, in den Augen feiner Gläubigen, 
beruft, die fle nicht Fannten. 

Auch Chriſten fehlten zu Mohameds Zeiten wol nicht ganz 


) Ch. Cruttenden, Narrative im Journ. of the Roy. Geogr. Soc. 

f Lond. 183#. VIII. p. 285. +) Abr. Geiger, Was hat Mohas 
med aus dem Judenthume aufgenommen? eine gefrönte SBreisfchrift. 
Donn, 1833.8, Vergl. Silv. de Sacy in Journ. des Savans 1835. 

P. 162— 171; defien Article Mahomet in der Biogr. Universelle. 


64 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $.58. 


in Mittels Arabien, da er fie fo frühzeitig mit den Juden in 
eine Klafje feiner Wiverfacher fest; nur erhalten wir fehr wenig 
Nachricht von ihnen, die meiften fommen nur an den Grenzen der 
Halbinjel meift ald Namenchriften und Renegaten vor, die feinen fo 
hartnäckigen Wiverftand wie die Juden Ieiften. Daß in Jemen 
ſchon 40 Jahre vor Mohamed hriftlich- abyjjinifche Könige den 
graufam verfolgten Chriftengemeinden in Nadjeran zu Hülfe 
gefommen waren, ift oben ſchon angeführt (1. ob. ©. 24); unten 
wird nachmweißlicher von ihnen die Rede fein. 

Doch werden auch verfchievene andere Gegenden der arabifchen 
Halbinfel jchon feit vem Anfange des 4ten Jahrhunderts, feit Kais 
jer Conſtantius Zeiten, durch chriftliche Lehrer namhaft gemacht. 
Theophilus, ald Geißel am Hofe des Kaiferd Conftantinus 
erzogen, und zum Diafonus geweiht, um feinen Landsleuten den 
Arabern (er ward ein Inder aus Diu (Fıßovg) genannt, wahr- 
fcheinlicher, da er fihmerlich aus dem zu entfernten Diu der Por— 
tugiefen, wol aus der arabifchen und zugleich banianifchen Sans 
delsinſel Doipa Sufhatara, ver Glücklichen, die heutige Sof: 
otora (f. Erdk. Th. V. ©. 443, 603 — 604), die auch fpäter noch 
dem Kaifer Julian ihre Embafjaden fandte, |. Ammian. Marcell. 
XXII. 7,10) dad Evangelium zu verkünden. Auch fand er dazu 
die gunftigfte Gelegenheit. Dielleicht, daß vor ihm ſchon zu noma= 
diſchen Araberftimmen gelegentliche Kunde von chriftlichen Lehren 
gelangt waren, haften mochten fie nicht, wenigftens fehlen die Bes 
richte darüber. Uber unter Conjtantius (reg. 337 bis 361 n. Chr. 
G.) veranlaßte ver blühende Handelsverkehr Arabiend mit dem römi— 
ſchen Reiche dieſen Kaiſer, eine Oefandtichaft an den mächtigen Kö— 
nig der Himyaren (Homeriten, von der Lesart Homair, die De 
Sacy verwirft) oder der Sabäer in Jemen (Arabia felix) zu fens 
den, um von ihm die Srlaubniß eines Kirchenbaues im deſſen 
Reiche und des freien Kirchencultug für feine römifchen Unter- 
thanen zu erbitten, die dorthin jo Häufig ald Handelsleute ihren 
Geſchäften nachzugehen pflegten. Theophilus, der diefe Miffton 
erhalten hatte, wirkte mit fo glücklichem Erfolge, daß er den dama— 
ligen Fürften der Himyaren jelbft befehrte, und diefer nun auf 
eigene Koften drei Kirchen erbauen ließ; Die eine an dem Haupt— 
plate jeines Volkes, zu Taphar (Dhofar bei Edriſiss), Za— 


35) Edrisi b. Jaubert T. I. p- 348; vergl. Jomard, Etud. geogr. et 
histor,. sur l’Arabie. Paris, 1839. 8, p. 126. 


Hiftor, Ueberſicht; Chriften in Arabien, 65 


phar in Mahrah), die zweite im Hafen und Handelöplag Aden, 
den die Römer zu befuchen pflegten (zum Kandel nach dem Indi— 
chen Meere), und vie dritte am perfifchen Meerbufen zu Hor— 
muz (Philostorgius II. $.6; IH. $.4 bei Neanver) 56), 

Wir fehen zugleich aus diefen wichtigen Daten, wie weit fich 
damals die Macht des Himyaritifchen Reiches durch Süd- Arabien 
erftreckte, und wie leicht e8 durch Hormuz gegen Perſien (wie 
heute Oman) und durch Aden gegen Süden in die politifchen und 
Handelsintereſſen der ſaſſanidiſchen wie abyifinifchen Herr— 
ſcher verwickelt werden konnte, was denn auch bald geſchah. Theo— 
philus ſoll mit den Juden dieſer Gegend viel zu kämpfen gehabt 
haben, die auch ſpäterhin bald die Oberhand ſo ganz gewonnen, 
daß die chriſtlichen Bewohner dadurch ſehr unterdrückt wurden. 
Dieſe Angabe chriſtlicher Geſchichtſchreiber wird durch obige Aus— 
ſage mohamedaniſcher Autoren von der Bekehrung des Tobba ben 
Haſſan, nad ver Belagerung von Medina, zum Judenthum durch 
die Rabbiner beftätigt, die fehon ein halbes Jahrhundert vor Theo— 
philus ftattgefunden hatte (f. ob. ©. 59). Zu gleicher Zeit, nad 
chriſtlichen Gejhichtfchreibern 57), follen die Lehren des Evangeliums 
auch an ven Örenzen der arabijchen Wüfte manchem der noma= 
difchen Saracenenftämme, durch Mönche und Eremiten, verfüns 
det worden fein, an deren einfamen Zellen fie auf ihren Zügen 
vorüberfchweiften (3.8. wie bei Taiba oder Arfoffa Emir, ſ. Erdk. 
Ab. X. ©. 1098, 1109). Sp werden ein Mönch Hilarion ges 
nannt, ein Moſes, Episcopus in der Wüſte bei einer ſaraceniſchen 
Königin Masia oder Mauvia (im I. 372 n. Chr. ©). Symeon 
Stylites, ver Säulenheilige, an der ſyriſch-arabiſchen Grenze, zu 
dem die Araberhorden ald zu einem Halbgotte hinzogen, ift ſchon 
befannter, fo wie an der paläftinifch=arabifchen Grenze Euthy— 
mius, der erfte faracenifche Lagerbiſchof (Emioxonos zwv 
rupeußorhov) genannt, dahin gehört etwas jpäter auch das Klo— 
fter des Georgius in der Nähe von Bofra, dad Mohamed als 
Knabe bejuchte (ſ. ob. ©. 26). Anfang des VI. Jahrhunderts er— 
folgte (nad) 'Theodoret lector. L. II. fol. 564 ed. Mogunt. 1679 
bei Neander) die Befehrung eines faracenifhen Stammfürs 
ften (piiooyos) Almundar (Nooman Ben el Monvar zu Kira, 
ſ. Erdk. Th. X. ©. 60), doch wol fehwerlich in Folge des vorigen. 


°°) A. Neander, Allgemeine Geſchichte der chriftlichen Kirche B. II. 1. 
1828. ©. 248, 250. ) Ebend. ©. 251 — 254. 


Nitter Erdkunde XII. E 


66 Meft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Nur in Jemen hatte die chriftliche Lehre beim Volke Wurzel ge— 
faßt, doch nicht dauernd bei den himyaritifchen Königen, die, unter 
dem Titel der Tobba, jeit per Mitte des zweiten chriftlichen Jahr— 
hunderts in ihren Negententafeln aufgeführt, durch viele oft fabels 
haft audgefchmüdte Eroberungszüge und Verzweigungen in nahe 
und ferne Gegenden, doch meift nur den Namen nach befannt wer= 
den, und noch Feiner Hiftorie, Feiner beftimmten Chronologie an= 
gehörig betrachtet werden können 'S). In eine frühefte Periode, 
nämlich noch vor Theophilus Befehrung des Himyariten-Königs 
in Jemen, der nicht mit Namen genannt wird, füllt vie Zeit (etwa 
von 150 bi8 170 n. Chr. Geb. an, nah ©. De Sacy's Beſtim— 
mung) der wichtigften Begebenheit in Semen, die zu einer wenn 
auch noch immer jehr ſchwankenden Zeitbeftimmung jener erjten 
arabifchen Aera, Seil el Arim (Ruptura cataractae, ded Dam— 
mesdurchbruchs), bei den orientalifchen Autoren geführt hat, 
weil durch fie die Zerftörung eines fruchtbarften Landestheiles von 
Jemen und viele Emigrationen veranlapt murden, die Ara— 
biend Bevölferung und Herrſchaft eine veränderte Geſtalt 
gaben. 

Von diefer Begebenheit, die offenbar nicht auf ein beftimmtes 
Jahr anzufegen ift, fondern einer Reihe von Jahren zu ihrer 
Entwickelung bedurfte, Taffen fich erft einige, wie Johannſen's 
Eritif der De Sacyichen Angaben nachmweifet, nur ungefähre Be- 
rechnungen diefer Ausmwanderungen nachmeifen 59), mit deren An— 
fiedelungen in der Berne neue arabiiche Landſchaften geogras= 
phiſch bervortreten, weil in ihnen neue Herrfchaften entitehen, 
deren Gejchichten durch die Berührungen mit dem Auslande früher 
befannter werden und gleichzeitige Beftätigungen erhalten, als die 
allerdingd wol nunmehr gefchwächten zurücbleibenden heimate 
lichen ©efchlechter und Neiche, deren Geſchichten noch immer ſehr 
fabelhaft bleiben. | 

Sei 28 nun, daß diefe Veränderungen auch noch bis zum 
Ende des vierten Jahrhunderts einen verdunfelnden Einfluß auf die 
Verbindung mit den zum Chriftenthum befehrten Himyariten aus— 
geubt, oder daß man von Seiten der abenvländifchen orthoporen 


159) C, Th. Johannsen, Historia Jemanae e Cod. Ms. Arab. Bonn. 
1828. p. 67. °®) Silv. de Sacy, M&moire sur divers Evene- 
mens de l’histoire des Arabes avant Molıamed, in Memoires de 
l’Acad. d. Inscr. Tom. XLVIII. p.488—564 etc.; Johannsen |. c. 
Hist. Jem. p. 62 - 67. 


Hiftor, Meberfiht; Chriften in Nedjran. 67 


Kirche, weil Theophilus, der fpäter nah Abyffinien ging, ein 
Arianer war, jene arabifchen Bekehrungen nicht meiter beachtete, 
genug ihre Schiefjale bleiben unbefannt. Aber e3 tritt flatt des 
chriftlichen nad) der Mitte des zten Sahrhunverts in Jemen ein 
legter König de3 Himyaritenſtamms, Dhu-Nevas60) (Du— 
naan, Dſunovas auh Du'lnawas) auf, der, nach Ueberein— 
ſtimmung 61) ver verfchtedenften grientalifchen Annalen, ein fanati— 
icher Unhänger des Judenthums war, und unter dem Vor— 
wande, die Verfolgungen feiner Glaubensgenoſſen im römifchen 
Reiche zu rächen, die chriſtlichen Kaufleute, die von dorther 
famen und ded Handels wegen Arabien befuchten, oder nach Abyf- 
finien durchreifeten, ermorden ließ. Dies erbitterte den benachbar— 
ten chriſtlichen König der Abyffinier, ven Negus jenes 
mächtigen, feit dem Jahre 333 unter Aizanas (ver Griechen, Ta 
San ver abyifinifchen Chronik) 6?) zur chriſtlichen Kirche über- 
gegangenen Königreiches, jo ſehr, daß er feinen Nachbar jenfeit ver 
Meerenge mit Krieg überzog. Er wird Elesbaan (bei Procop. 
de Bell. Pers. I, 20 Hellesthaeus, der nah Rüppel in der abyffi- 
niſchen Chronik der Zeitgenofje des Abreha IM. if) genannt. Die- 
fer befiegte ven Dhu=Nevas in einer Schlacht, die nicht fern von 
Aden vorgefallen fein fol, fegte einen Chriften Abraham (Ubra= 
hah der Mohamedaner) ein, der aber bald ftarb. Hierauf fol Dhu— 
Nevas (nad) Andern Fam er gleich nach der erften Beflegung im 
Meere um), der noch einmal die Herrfchaft an fich rip, mit ver— 
doppelter Wuth und Grauſamkeit gegen die Ehriften feines Landes 
gewüthet haben, fo daß damals viele Chriften, e8 werden 20,000 
genannt, in Südarabien den Martyrtod erlitten. Die graufas 
men Peiniger dieſes Tyrannen, von ihm abgefandt, den Martyrtod 
an den Unglüdlichen dur „Verbrennen in Gruben” zu volls 
ftrefen, werden im Koran 63) die Azhhäb el Ochdüd, d. i. „die 
Theilhaber der feurigen Gruben‘ genannt, um die fie herum 
faßen, die Qualen mit anzufehen. Insbefondere wird die Land— 
Ihaft Nedjräan (ſprich Nedſchraͤn) genannt, deren chriftliche 
Bewohner dies Loos traf. Leider ift Feine nähere Nachricht über 
diefe Chriften von Nedjran, eine Landſchaft die zwiſchen 


°°, Günther Wahl, der Koran, ©. 680, Not. f.; Neander a. a. D. 

©. 257 — 258. °') C. Th. Johannsen, Hist. Jem. p. 88—91. 

*?) GE, Rüppell, Reife in Abyffinien. Frankfurt a. M. 1838. Th. I. 

5 wu 346. 9) Koran bei Günther Wahl, Sure 85. ©. 680. 
ot, 1. 


E 2 


68 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Sanaa und Mekka in der Mitte, auf der Grenze von Jemen 
und Hedſchas im Berglande mehrere Tagereiſen landeinwärts liegt, 
und die fich durch ihre Standhaftigfeit in ihrem Chriftenthum ges 
gen die jüdischen Tyrannen ausgzeichneten, befannt. Nur eine fabel- 
hafte Erzählung giebt Tabaris Ehronif6), aus dem Iten Jahr— 
Hundert, von ihrer mirakulofen Bekehrung, die verfichert, Died Volk 
von Nedjrän fei zuvor ein heivnifches geweſen, das einen großen 
mächtigen Balmbaum, der außerhalb ihrer Stadt aeftanden, gött- 
lich verehrt Habe. An einem befonvdern Tage mard er durch Feſt— 
verfammlungen, Behängung von reichgeftickten Teppichen, durch Ge— 
bete, Proceiflonen gefeiert, weil dann aus diefem Idole ein Dämon 
zu ihnen ſprach, dem fie fo ihre Ehrfurcht bezeugten. Diefe An— 
betung hörte aber auf, ald ein Mann aus Syria, Kaimun ge- 
nannt, ein Jünger des Apoftel Iefu, ver unter Räuber gefallen und 
als Sclave nah Nedjran verkauft war, einft um Mitternacht uns 
ter dem Palmbaum von feinem Herrn überrafcht ward, als er bei 
einem hellen Lichtjtrahl, der vom Simmel Fam, dafelbft dad Evan 
gelium lad. Died Mirakel befehrte das Volk von Nedjran, das 
nun alle feine Idole zerftörte und gu eifrigen Ehriften ward (Ou— 
feley hält dieſe Ortfchaft für Nayaga Mnrteonokıs, bei Ptolem. 
VI. 7. fol.155, was freilich wol zu weit gegen Oft liegt). Aus 
der Gefhichte Mohameds ergiebt es ſich, daß damals wol in 
Nedjran nicht alle Chriften, die mwenigftend fo genannt werden, 
ausgerottet wurden; denn zu jener Zeit, ald er zum erften male 
ala Prophet Öffentlich aufzutreten den Muth faßte, und feine 
nächſten in Meffa gewaltig von den Koreiichiten verfolgten Ans 
Hänger in den Schuß des chriftlichen Negus ver Abyffinier befahl, 
und zur Slucht dahinwärts beftimmte, Fam, fagt fein Biograph®®), 
eine hriftlihe Handelskarawane aus Nedjran (einer Stadt, 
7 Zagereifen im Süden von Mekka gelegen), die Mohamed in ver 
Kaaba predigen hörte, und von feinen Reden jo ergriffen ward, 
daß fie trog des Geſpöttes der Koreifchiten fich zu feinem Glauben 
befannte. Nur wenig fpäter, im Jahre 630, kamen auch die Beni 
Harith Ibn Kaabsb) die Nedjran bewohnten, und ihr ganzer 
Stamm huldigte dem neuen Propheten in Mekka, und ging 
zu feiner Parthei über. 


169) Mscr. Tarikh i Tabri b. Will. Ouseley, Voy. Lond. 1819. 4. 
Vol.I. p. 369, Appendix on the Sacred Tree. ®ergl. Pococke, 
Specim, Hist, Arab. 1650. p. 62. °°) ©. Weil, Mob. a. a. O. 
©. 56, 61. °°) Ebend. ©. 250. 


Hiſtor. Ueberfiht; Aethiopier-Chriften in Jemen. 69 


Die Graufamkeiten des jüdischen Königs Dhu-Nevas zogen 
ihm einen wiederholten Krieg des abyffinifchen Negus zu, der 
von Kaifer Juftinian, um den Perſerkönig zu fchwächen, mit dem 
er jelbft in Krieg fand, zu einem folchen auch angefeuert wurde. 
Nach ſehr hartnädigem Widerſtande (Procop führt drei verſchie— 
dene Kriege an, Andere geben andere Details; jo nennt ihn 3. B. 
Ludolph in Hist. Aethiop. Il. 4 Dunavas iste ultimus Sabaeorum 
Rex, Secta Judaeus.), in dem der jüdische König feinen Tod ge— 
funden, und ein anderer Dhu Dieden an deffen Stelle genannt 
ift, der aber auch umfam, wird endlich Jemen von dem äthio— 
pifhen Heere im Jahre 530 erobert, und hiermit hat die be— 
rühmte Dynaftie der Himyariten ihr Ende erreicht, nachdem 
fie ein halbes Jahrtaufend (nach Andern 2020 oder 3082 Jahr) 67) 
in den Augen ihrer Berichterftatter ſehr ruhmvoll und glanzvoll, 
aber nur unter 26 Königen, woraus fich das Unhiſtoriſche von felbft 
ergiebt, geherricht haben fol. Die Aethiopier bleiben nun 72 
Sabre vie Oberherrn von Jemen) (von 530 bis 601 n. Chr. 
G.). Ein Wivderfacher de3 vorigen Könige, Arnat oder Aryat 
auch Amath, aus einem andern Stamme der Himyariten entiprof= 
fen, aber ven Chriſten günftig gefinnt, ward von den Aethiopen 
als Unterkönig eingefegt. Diefem Arnat folgt Abraha ald Kö— 
nig von Jemen, der Ehrift, ver in Mohameds Geburtöjahre mit 
einem Heere und Elephanten gegen Meffa zu Belde zieht (ſ. ob. 
&.24). Daher Abraha Aschram, Aethiopum, der ſchwarze 
Prinz, und Dominus Elephanti ded Koran (nah Sure CV 
der Elephant) 69), und nicht zu verwechjeln mit zwei andern 
Abraha, die auch Könige von Jemen geweſen?0), wie Abulfeda 
Histor. anteislamitica p. 136 dies gethan, die beide weit älter fin, 
und ald mweife Männer, Mäcene der Poeſie bei den Beduinen, und 
ſelbſt al8 Dichter gepriefen werden, während dieſer ald afrifani= 
fher Ufurpator und megen feines beabfichtigten Zerſtörungszugs 
gegen die heilige Kaaba bei allen Mohamedanern, wenn jchon die 
ganze Erzählung wol nur eine Ausfhmüdung zu Ehren des Trium— 
phes der Koreifchiten über das Ghriftenthum fein mag’!), ver» 
haßt if. 


6°) GC, Th. Johannsen, Hist. Jem. p. 90. 9, Schloffer, Weltgeſch. 
11.1. S. 201 u. f. nad) De Sacy u. N. 9%), Günther Wahl, der 


Koran, ©. 716— 718. 0) Fulg. Fresnel, Lettre Il. Journ. 
Asiat. 3. Ser. T. III. 1837. p. 370. ”ı) C. Th. Johannsen, 


Hist. Jem. p. 9. 


70 MWeft-Afien. IV. Abtheilung, $. 58. 


Der harte Drud, ven Jemen unter der Reihe der äthiopiichen 
Unterfönige zu erleiden hatte, kann nicht jehr vortheilhaft weder für 
das Land noch für die dortige chriftliche Kirche gemejen fein, wenn 
fhon von Abraha ein Prachttenipel zu Sanaa erbaut ward, ver 
die Kaaba weit überftrahlen ſollte (1. ob. S. 24). Es ift nicht un— 
wahrfjcheinlich, daß durch fie zum Theil jchon vieles von den An— 
nalen der glanzreichen Gejchichte ihrer himyaritifchen Vorfahren in 
Jemen unterging, da e8 kaum zu denken ift, daß ein ſolches Neich 
nicht auch feine eignen 7?) hiftorischen Documente gehabt haben follte, 
von denen, die Negentenreihe abgerechnet, faft nichts erhalten ift, 
als unbedeutende Fragmente mit meift mäahrchenhaften Zuthaten. 
Ein ſolches Fragment?) z. B. gibt einer der Alteften arabifchen 
Hiſtoriker im Tabri über die Croberungszüge eined himyaritifchen 
Königs Rayeih (al Hareth al Rayeſh, der 15te König der 
Tafel, ver erfte ver den Titel Tobba erhielt, nach Pococke Spec. 
Hist. Arab. Oxon. 1650. p. 58), der bis nad) Medien und In— 
dien vorgedrungen fein joll, und mit Beute beladen ald Sieger zu— 
rückzog. Von ihm, jagt Tabri, fer auf einem großen, berühmten 
Feld in Aderbidjan eine Infchrift feines Namens, die er dort zurück— 
gelaffen, mit der Angabe feiner Ankunft, Rückkehr, der Zahl feiner 
Truppen und feiner Siege, und bis zu feiner Zeit zu lefen, und 
daraus die Größe des Siegers kennen zu lernen. (Bocode, ver 
diefe Gefchichte nicht Fennt, erflärt doch ihr gemäß deſſen Namen 
Rayeſh, ven dieſer Eroberer ald Titel erhielt: quod reportatis in 
Yamanum spoliis populum ditavit, cognomento nominatus est 
etc. —) Aehnliche Erzählungen folcher den Sefoftrivifchen ähnlicher 
Eroberungszüge althbimyaritifcher Könige und ihrer Inferipe 
tionen, die bis Samarfand reichen, das fie erbaut haben jollen, 
mit himyaritiſchen Inferiptionen zu Chren des Sonnengotted auf 
den Thoren, ja fogar von Verbreitung Himyaritiicher, noma= 
diſcher Stämme bid an die Grenzen von China, die durch Feld» 
zuge der Tobbas bis dahin gelangt und dort zurüdgeblieben fein 
jollen, find von De Sacy, Frähn und Nödiger*) gefammelt, 
und meift dahin gedeutet worden, daß es eine Zeit lang bei arabi- 
fchen Autoren in Gebrauch Fam, alle nicht zu lefenvde unver— 
ftändliche Infeription in noch jo weiter Berne kurzweg himyaritiſch 


172) F. Fresnel, Lettre V. I. c. T.VI. p. 554. ”®) W. Ouseley, 
Trav. Lond. 1823. Vol. III. p. 394. *) Dr. E. Nödiger, Erceurs 


über himyaritifche Inferiptionen in Wellſted's Neifen, Ueberf. Th. II. 
©. 363 — 368; Johannsen p. 49. 


Hiftor. Ueberſicht; Chriftenbefehrungen zum Koran. 71. 


zu nennen. Selbſt von folchen Feldzügen nach dem innern Afrika 75) 
ift bei ihren Autoren die Rede, wie von dem des Naſchir on Niam, 
der deshalb auch Afric, ver Afrikaner heißt, deffen Zug mit der 
Berjchüttung feines Heered im Sande der Wüfte endete, weshalb 
er auf deſſen Grabe das Monument mit einer Infcription „ul- 
terius progredi non licet” errichten ließ. 

Daß die Christen felbft unter den Arabern aber bei ihren 
zum Chriftentfum übergetretenen Königen nichts gemannen, zeigt 
ihr jehr bereitwilliger Uebertritt zu der Fahne Mohameds, als vie- 
fer die Aufgehote an fie ergehen ließ; denn aus dem Süden Ara 
biens ftrömten ſchon im Jahre 630 ganz freiwillig ihm die Ge— 
fandtichaften’6) von vielen der noch übriggebliebenen him ya— 
ritifhen Fürften zu, die fih dort unter der aufgezwungenen 
Fremdherrſchaft deſto eifriger zum Glaubendbefenntnig des Koran 
drängten, von denen die de8 HarithH Ibn Abo Kulal, des Nu'man 
Dfi Stuein, des Maafir, des Hamdan und des Nueim Ibn 
Abd Kulal namentlich aufgeführt werden. Bon den Nordgrenzen 
Arabiens ſchickte Johanna, d. I. Johann Sohn Rubahs, ver 
Fürſt von Eila (Ailah am Nothen Meere, am Golf von Afaba 
Ailah, wahrſcheinlich doch mol nur ein chriftlicher Statthalter 77) 
von Byzanz), fein Glaubendbefenntniß und jein DVerfprechen ein, 
jährli Tribut von 300 Goldſtücken zu zahlen?8). Es gefchah, dies 
in Folge jened Kriegsüberfald gegen Tabuf’9), nordmwärts auf 
denn Wege nach Dumasf, durdy welchen wie es ſcheint auch vie 
Nachbarn in Furcht gejegt wurden. Bon der ſyriſch-arabiſchen 
Grenzlandfchaft desgleichen der hrijtliche Fürſt Ufeidar (Okaid 
bei Abulfevda) zu Daumat Aldjandal im Lande Djof, das an 
der Norpgrenze von Nedjd auf dem Wege nach Damaskus Tiegt, 
ein Bürft der aus dem chriftlichen Fürftenhaufe ver Kinda ab: 
ftammte. Auf eben fo ſchwachem Grunde des Glaubens ftand 
Barmwa, ein hriftlicher Statthalter ver byzantiniſchen Grenz⸗ 
provinz Maan 80), an der heutigen Pilgerſtraße von Damaskus 
nach Medina im Oſt von Wadi Muſa im Südoſt von Kerek 
gelegen, alſo jenem benachbart; denn auch er wandte ſich zum Ko— 


”») C, Th. Johannsen, Hist. Jem, etc. p. 58. *) ©, Weil, Mo: 


hamed a. a. O. ©. 280. ) Quatremere, Mém. sur les Naba- 
teens im Journ. Asiat, 1835. T. XV. p. 47. *9) G. Weil a, 
a. O. ©. 263, 264. 9) Abulfedae Annales Moslemici ed. J. 


Reiskii Edit. J. G. Chr. Adler. Hafniae, 1789. T. I. p. 175. 
*, G. Weil a. a. O. ©. 285. 


72 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


ran, und fandte als Zeichen der Unterwürfigfeit dem neuen Pro= 
pheten einen weißen Maulefel, wofür er aber bald, als dieſes ruch— 
bar ward, von feinen griechiichen Chriften erichlagen ward. Eben 
fo wurde der ghaffanidifche König Diehabalası) von Tadmor 
(Balmyra), ver legte dieſes Haufes, zu gleicher Zeit ein treuer 
Moslem, fo wie der König oder vielmehr nur der ſaſſanidiſche oder 
hirenfiiche Statthalter von Bahrain, Mondar Ibn Sawaz aud 
der Fürft der diefem Bahrein landeinwärts angrenzenden Landſchaft 
Yamamah, ein hriftliher Apoſtat, der jedoch auch wieder zum 
Chriſtenthum zurückkehrte. 

So treten auf allen Seiten, zunächft mit diefen religiöfen Be— 
fehrungen auch die genannten landichaftlichen Gebiete meift 
nun zum erften male in ver Geographie der arabijchen Land— 
ichaften fichthar hervor, nur Semen bleibt noch längere Zeit im 
Halbounfel liegen. Obgleich die verdrängten Häuptlinge der His 
myariten aus dieſem fchönften Theile Arabiend noch gar mande 
einheimifche Hülfe, oder ver Nachbarichaft, in Anſpruch nehmen 
mochten, fo Fonnten doch auch unter Daffum und Mesruf, ven 
Nachfolgern Abrahas, die Aethiopier noch nicht aus Jemen ver— 
trieben werden. Erſt ſpäter, als nach vielen innern Zerwürfniſſen 
Seif?) ein Himyaritenhäuptling (Seiph ben Dfi Jezen, 
im Jahre 601) den Safjaniven König Khosru Parviz (reg. 591 
bis 625) um Hülfe rief, der überall die Chriften auf jeinen Krieges 
zügen gegen die Byzantiner verfolgte, und darum auch ſchon, wie 
manche feiner Vorgänger, der Alliirte der Araber gegen die äthio— 
pifchen Chriften war, gelang dies. Damals eben, als Khosru fich 
durch feine Creaturen des arabiichen Grenzreiches Hira am Eu— 
phrat (im J. 604 n. Chr. ©.) bemächtigt hatte, wo er an die Stelle 
der von ihm geftürzten Noman=Dynaftie ven Ayyaz (einen 
arabijchen Emir) zum Könige eingefeßt, gelang e8 dem Sajjanie 
den, eben durch viefen Ayyaz, ver zugleich arabifche Stämme ver 
Wüfte gegen die Ufurpatoren aufzumiegeln verftand, auch ven leg: 
ten äthiopifchen Verweſer des Landes, Mesruf mit Namen, 
aus Jemen ganz zu verjagen (im J. 611), und jo vie äthiopi- 
Ihe Herrſchaft in Südarabien zu jürgen. Khosru Parviz, 
der Sieger am Euphrat und Syriend, ver Beitürmer von Jeruſa— 


181, Günther Mahl, der Koran, Einl. ©. ıı, Not. i. 82) Schlojier, 
Weltgeſch. II. 1. S. 195, 199, 203: C. Th. Johannsen, Hist. Jem. 
p- 959 — 97. 


Hiftor, Meberficht; die Aera Seil al arimn. 73 


lem und Mlerandria (614 und 616), der damald das grischifche 
Neih in Schreden feste, und in Arabien jelbft Sympathien er= 
weckte, gegen die fich aber in Meffa Mohameds prophetifche Stimme 
(Sure XXX ENRum)3) erhob, weil diefer damals noch auf ven 
Beiftand der Ehriften hoffte, hatte das größte Anfehn in Arabien 
gewonnen, dad er aber nicht zu benugen verftand. Seif und feine 
Nachfolger, es werden ihrer 8 genannt 89), erhielten dad Land aber 
nur zum Lehn, worauf bald der leßtere, Badjan mit Namen, oder 
fein Sohn, Dadujah, als perfiicher Statthalter, von feinem Ge— 
bieter durch Befehrung zum Islam abfiel und Mohamed als 
Oberherrn huldigte. Ihm folgten nun auch noch die legten der 
übrig gebliebenen Beni Hamdan 85), denen Ali, Mohameds 
Schwiegerfohn, den neuen Olauben in Jemen felbft predigte, wo— 
bin Mohamed ihn als feinen Statthalter gejchickt Hatte. So war 
gegen Mohameds Lebensende (im I. 632 n. Chr. ©.) dad große 
Reich der Himyariten jummt den äthiopiſchen und ſaſſa— 
nidifchen Ujurpatoren geftürzt, und zugleich der von Saffani- 
den dominirte Bafallenftaat des arabiichen Königreihd Hira 
erlojchen. Alle irdifche wie geiftlihe Gewalt vereinte fich in 
dem Khalifate, und von Juden und Chriſten ald gefonder- 
ten Bölkerfchaften war bei der Alleinherrichaft des Koran 
von nun an nicht mehr die Rede. In der Nähe von Hira erhob 
ih) aber nun die neue mohamedanifche Kufa (i. Erdk. TH. X. 
©. 183 — 188). 


4. Die Uera Seil al arim; die Verheerung ded Damme 
durchbruchs von Mareb (Seed Mareb). Die Ausmwan- 
derungen der Stämme von Jemen und die Stiftung 
ihrer Golonien und Reiche im mittlern und nördlichen 
Arabien. 


Die ältefte arabiſche Aera (j. ob. ©. 21,66), die Seil al 
arim, ward durch die Cocalität, an die fie gefmüpft ift, zugleich 
ein ungemein wichtiges geographiiches wie hiftorifches Ele— 
ment der antifen Zuflinde Arabiens, auf weldye die fpätere Zeit 
fortwährend zurüdweifet. Als paradiefiich bebauter Mittels 


29 G. Weil, Mohamed ©. 64; Günther Wahl, Koran, ©. 374, Not. 
) Bei C. Th. Johannsen, Hist. Jem, p- 98 ihre Aufzählung. 
*9) ©, Weil, Mohamed ©. 286, 320. 


74 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


punet in der höchften Blüthezeit de Himyaritifchen Reiches, 
ift das Local diefer Aera, zu Mareb in Jemen, zugleich ver 
Zeit nad) der Ausgangspunct der neuen Bevölferung und 
etönographifchen Umgeftaltung des arabifchen Halbinſellan— 
des und feiner einbeimifchen Herrichaften. Bisher konnte darüber 
nur die Ueberlieferung mohamedanifcher Autoren Auskunft geben, 
die durch die audgezeichneteften Drientaliften wie Bocode, Lu— 
dolph, Reiske, Eihhern u. U, zumal aber dur Silv. de 
Sacy und Iohannfen ihre eritifchen Erläuterungen erhielten, 
aber immer viel dunkles, mährchenhaftes zurüdkießen, weil fein eu— 
ropäifches Auge noch die hinterlaffenen Denfmale einer von Drien- 
talen fo ungeheuer erhobenen Ihatfache zu erbliden vermochte. Im 
Allgemeinen konnte wol die Thatfache einer einheimifhen Fluth 
bei ven Arabern, wie fie auch der Ausgangspunet der mehr hifto= 
rifchen Zeiten der Noachiſchen, Deucaleonijchen, Ogygiſchen und ans» 
derer Fluthen bei anvern Völkern der Erde ift, nicht ganz aus ver 
Erinnerung der Bewohner Jemens geftrichen werden, doch mußten 
die damit in Verbindung gebrachten Fabeln viele Zweifel dagegen 
erregen, und genauere Daten wurden höchſt wünſchenswerth. Nie- 
buhr, Seegen, Cruttenden erreichten zwar Sanaa, die mo— 
derne Nefivenz des Imam von Jemen, von der die alte Mareb 
nur 2 over 3 Tagereifen (nach Niebuhr 16 deutſche Meilen in 
DO.ND.)S) liegen follte; ja fie fammelten dort manches Zeugniß 
über wirflich vorhandene große Ruinen ver zeritörten antifen 
Mareb, der einft glänzenden Reſidenz der Königin Balkis des 
Sabäerlandes ein; aber fie Eonnten viejelbe nicht erreichen und im— 
mer fhien Vieles nur noch der Mährchenmelt ver Araber -über Dies 
fen Glanzpunct ihrer Urzeit anzugehören. | 

Endlich ift ed der Energie und dem Eifer F. Fresnel's durch 
feinen von ihm ausgefandten Landsmann, Arnaud, im legten 
Sahre g.lungen, von Sanaa aus Mareb, vie antike Gapitale 
Süd-Arabiens, zu erreichen, von deren Untergang die Aera Seil 
al arim und fomit die Vorhale einer hiftoriichen Zeit ver arabi« 
ſchen Gefcbichte beginnt. Arnaud hat, wie ver berühmte Orien— 
talift, unfer in Paris eingebürgerte Landmann Jul. Mohl87) 
fo eben berichtet, wirflih Mareb erreicht, und daſelbſt wirklich 





186) Niebuhr, Beſchr. von Arabien S. 277. °7) J. Mohl, Rapport 
10. Juillet 1844, in Journal Asiatique Tom. IV. Nr. 16. Juill. 
1844. p. 14. 





Hiftor, Meberfiht; Sedd Marib in Jemen. 75 


einen Ueberreft des Dammed (Sedd, daher Sedd Marib ge— 
nannt), und die Ruinen einiger großen Monumente gefehen, 
welche von den Eingebornen dad Harem und die Golnnnen der 
Balfis, Königin von Saba, genannt werden, daran eine 
große Zahl von Inferiptionen in alter bimyaritifcher 
Schrift befindlich, von denen er die Eopien, von 60 verfchiede- 
nen, alfo 6mal fo viel als bisher von diefen aus zerftreuten Loca— 
Iitäten Arabiens befannt geworben, bereitö an die Pariſer alia= 
tifhe Societät überfandt Hat. Hoffentlich werden wir bald feine 
nähern Bejchreibungen ver Denfmale erhalten; es fönnen nun die 
Entzifferungen diefer Schrift, wie fie Gefenius, Rödiger und 
Andere begonnen hatten, einen rajchern Fortgang gewinnen, und 
die antife Gefchichte und Geographie AUrabiend eben jo bereichern, 
wie died Durch die perjepolitanifchen Keilfchriften mit gang Vorder— 
Aften ſchon geichehen (j. Erdk. Th. VI. S 71— 1115858 — 952), 
denen diejenigen in Ninive (f. Erdk. Ih. XI. ©.240— 247) und 
die neuefte Groberung ver Inferiptionen über dem Veljen- Grabe 
ded Darius durch N. 8. Weftergaard und Chr. Laſſenss) ald 
reiche Ernte für die Kenntniß der antiken Zuftände Vorder-Aſiens 
bereitö nachfolgen. 

Was wir bid jebt über vie Localität dieſes Waſſerbe— 
hälters von Mareb erfuhren, an welches die Nationalwohl— 
fahrt von Jemen in den Urzeiten eben fo gefnüpft gemefen war, 
wie an ähnliche Kocalitäten in Iran (Erof. Th. VII. S. 29 u. a.D.), 
in Kaſchmir (ebenv. III. 1091), in Geylon (ebend. VI. 37 u. f.), 
in China (IV. 527) und andere die Schidjale ihrer rejpectiven 
Bewohner und Länder, dieſe Kenntniß hatte feit 1818 feinen Fort— 
fehritt gewonnen, der aber nun nicht audbleiben wird. Wir mies 
derholen alio vorläufig bier nur, mad wir früher ſchon vorzüglich 
nad De Sacy's trefflicher VorarbeitS9), die aud dreierlei Haupt— 
quellen ®) abgeleitet ift, darüber hatten zufammenftellen können. 
Eine große Landſchaft, fo erzählten die arabifchen Geſchichtſchreiber, 


#3) Die altperfiichen Keilinichriften nach N. L. Weſtergaard's Mittbeis 
lunaen von Chr. Laſſen, ın Zeitfchr. zur Kunde des Morgaenlandesg, 
B. VI. 9.1. S. 1— 168. *°) Silv. de Sacy, Mém. de l’Acad, 
d. Inser. et Bell. L. T. 48. p. 488 — 526; vergl. Erdkunde erfte 
Aufl. 1818. Tb. I. ©. 193 — 195. 0) Masudi in A. Schultens 
Histor. Imperii vetustissimi Joctanidar, in Arabia Felice; Reiske 
de Arabum Epocha vetustissima Sail al Arem dicta, i. e. ruptura 
cataractae Marebensis. Lips. 174%. 4; und das Der, Sirat al- 
resoul der PBarif. Bibl. b. De Sacy I. c. p. 489. 


76 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 58. 


dad Land Saba over Mareb, war lange Zeit wegen gewaltiger 
Bergftröme unbemohnbar gemwefen, bis Lofman, König von Je 
men, ein Sohn Ads und Nachfomme Himyars vom Geſchlechte 
Sabad, Kahtans und Nouhs, den Waffern neue Wege öffnete, 
daß fie zum Meere zogen. Den Ueberfluß aufzubewahren und 
nußbar für dad Land zu machen, baute er einen hohen Damm 
(Sedd) zwifchen 2 Bergen, mit Schleufen oder Oeffnungen, um 
nac) Belieben Abzug zu geben und dad Land zu bewäſſern. (Diefe 
Methode entipricht ganz verjelben Art der Conſtruction der Waſſer— 
behälter, die wir bei Eonftantinopel gefehen, welche ven Aquä— 
duct von Vera fpeifen, diefelbe Conftruetion wie am Nehberger Gra— 
ben auf dem deutfchen Harz. Jene Analogie mit den großen Waf- 
jerbauten der Dämme bei Beligrad Köi war auch fchon Niebuhr 
aufgefallen) ). 

Seitdem ward Mareb, dad Land der Sabäer, zum ſchön— 
ften Bruchtgarten, ven Maſudi, nach alten Erzählungen, als ein 
weites Paradies befchreift, voll Berge, Ströme, Canäle, Luft: 
und Opfthaine, vol ſchöner Gebäude, bewohnt von zahlreichen, 
glücklichen, gerechten, gaftfreien Völfern, deren Geſetz von allen 
andern anerfannt ward, die über alle ihre Nachbarvöl— 
fer herrſchten, und, nach des Drientalen Ausdrud, gleich vem 
Diadem auf der Stirne ded Univerſums glänzten. Die 
dreigig Schleufen, weldye die Waller aus dem Damme durdy 
die fruchtbarfte Landſchaft leiteten, wurden aber alt und manften; 
viele der Einwohner fahen den Einfturz ded Dammes voraus, und 
wanderten, eine Verheerung fürchtend, aus. Died waren die ver- 
ſchiedenen Familien vom Geſchlechte der Sabäer, Joctaniden, 
oder Himyariten, welche ſich aus Süd-Arabien über Nord— 
Arabien verbreiteten, und wenigſtens theilweis durch Staaten— 
ſtiftung ein Uebergewicht über die ISmaeliten gewannen, die 
eigentlich niemals zu einem beſtimmten Staatenverbande gelangt find. 
Nach dieſen Emigrationen (150 bis 170 Jahr n. Chr. G., nach 
De Sacy's Beftimmung) gefiel es, jagt der Koran, Allah, nicht 
länger den Damm beftehen zu laſſen, er ward unterwühlt, brach 
ein und die Fluth verwandelte dad Land in eine Wüfte. Der Ko— 
ran jagt, ald ein Strafgericht über die Bewohner ded Landes 
megen ihres gottvergeffenen Uebermuths und gehäuften Frevelö, fo 
daß ftatt der zwei paradiefifchen Gärten, weil nad andern Angaben 


101) Niebuhr, Befchr. von Arabien ©. 278. 


Hiftor, Veberfiht; der Dammdurchbruch. 77 


die Bewäſſerung nad zweien entgegengefegten Seiten des Waſſer⸗ 
beckens audging, nun zwei andere Gärten entftanden, mit bittern 
Gewächfen, in denen man nur Tamarisfen (Tamarix orientalis 
nach Forskal Flor. Aeg. Arab. p. 206) und wenige Sidrbäume 
(eine Rhamnus=Xrt, Lotus bei De Sucy) fortfonmen fah (Sure 
Saba XXXIV)P). Die Dichter fagten, daß nun alles Waffer ver- 
rann, und nicht fo viel übrig blieb, al3 die Mutter zum Bade des 
Säuglings gebrauchte. Nach andern Erzählungen ver Araber, die 
faft alle diefe ihre Hauptbegebenheit mit mehr oder weniger bun— 
ten Farben und Sagen ausſchmücken, wird dad Werf auch andern 
Erbauern, wie vem Himyar, oder einem Abd-Schams, wie einem 
Lokman, zugefchrieben, vie es vielleicht auch nur ermeitert, oder 
die Bauten verjchönert Haben. Ibrahim Halebi, der die ganze 
Begebenheit in fehr nüchternem Style erzählt”), nennt ven Stamm 
Azd ale Bewohner von Mareb, und Saba, einen der himyariti= 
chen Könige, ald Erbauer des jleinernen Dammes, um die zu gro= 
Ben Waſſer abzuleiten, und die Wafjer bei Mangel zum Tränken des 
Landes zu ſammeln. Amru Muzeifia war, nach ihm, ver legte 
König von Mareb, ein jehr gelehrter in jede Wiſſenſchaft einge- 
weihter Mann (nad) Andern nur ein Nebenzweig des regierenden 
Haufed), der auch die baldige Zerftörung ded Dammes vorausjah, 
und deöhalb mit allen feinen Stammgenojjen, wie e8 fcheint, zuexft 
auswanderte (nach der andern Sage ald Ufurpator durch innere 
Fehden vertrieben wurde). Ihm folgte fein Sohn Thalaba auf 
dem Throne, zu dejjen Zeit unter den Arabern fo viele Aus— 
wanderungen flattfanden, daß man feitdem im Sprüchwort fagte: 
Sie zerftreuten fich wie die Nachkommen Sabas. — Noch 
Andere jchreiben dieſen Bau der ſabäiſchen Königin Balkis (in ver 
Regentenreihe, bei Pococke, die 22fte) zu, die auch mit der Kö— 
nigin von Saba zu Salomod Zeit iventificirt wird (Koran, 
Sure XXVII die Ameiſe)2); was die Anlage in eine weit ältere 
Zeit zurückführen würde. Wieder Andere, denn dieſe ganze Periode 
der himyaritifchen Königsreihe gehört noch der unbiftorifchen Fabel— 
zeit an, die, wie Johannjen®) gezeigt bat, durchaus noch aller 
Critik und Chronologie entbehrt, laſſen den Damm durch eine große 


2) Günther Wahl, Koran, ©. 413 Not. ) ©, bei G. Weil, Mo: 
hamed, Anhang, Auszug aus Ibn Halebi ©. 410. ) Günther 
Mahl, Koran, ©. 345, Not.1; ©. 413, Not. s. »») C, Th. Jo- 
hannsen, Historia Jemanae e Cod. Mser. Arab. Bonnae, 1828. 8. 
p: 43— 69. 


78 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Regenfluth, noch Andere durch eine Unzahl von Bergmäuſen, die 
denjelben durchlöcherten, daber Michaelig den Damm für ein Werf 
der Natur nicht der Kunſt hält 86), zeritören, worauf jener Spott 
des Ismaeliten mit der Ratte hindeutet (|. ob. ©.17), und an- 
dere abmeichende Erzählungen mehr. Sheifh Kotbeddinꝰ) fagt, 
daß Mareb in dem Diftriet Djof liege, ein Name der mehrere 
Landfchaften Arabiens innerhalb und außerhalb Semen eigen ift (f. 
06. ©. 71). Daffelbe fagte auch Niebuhr, der Mareb die vors 
nedmfte Stadt in Dſchof nennt. 

Das hohe Alter diefer Erzählung ift in der Benennung Seil 
al arim, wie Silv. de Sacy bemerft, ſchon conftatirt, da Arim 
(torrent, nach feiner Ueberfegung) ein fo altes Wort in der 
Sprache von Jemen, d. i. der Himyaritenſprache, ift, daß ed 
in der jüngern Sprache der Koreifchiten, over des Koran, 
nicht gebraudlich war, und deshalb auch verfchiedene Ausle— 
gungen ®) erhielt, und bald mit Gießbach, heftiger Regen, Stein 
geröll überfegt, oder auch für den Eigennamen eined fo genannten 
Thales, nach ven neueften aber für gleichbedeutend mit dem Worte 
Sedd, d. i. Damm, gehalten war. 

Ueber die Lage von Mareb in Jemen, und deſſen Identität 
mit dem Lande Saba, dem Lande der Sabäer, find alle orien— 
taliichen Autoren einftimmig, die ſich im Lobe dieſes Landes über 
bieten und es rühmenꝰ): „weil e8 die gefundeften Menfchen 
berberge, niemals Kranfe, feine giftigen Thiere, Feine 
Narren, Feine Blinde zu Bewohnern habe, aber Frauen 
die ohne Schmerzen gebären, und immer jung bleiben, 
in einem gemäßigten paradiefifchen Clima, in dem man 
das Sommerfleid mit dem Winterfleivde nicht zu wech— 
feln brauche.“ Uebereinftimmend mit einem folchen Clima ift 
allerdings Cruttenden's (1836) Meffung der abfoluten Höhe des 
benachbarten Sanaa, dad nad) ihm 4000 Fuß über dem Meere 
liegen fol 200), 

Silv. de Sacy hielt dafür, daß diefes Mareb (daS aber 
Marib geiprochen werde) und Saba, urfprünglich nur eine Ort- 


96) Michaelis, Fragen a. a. D. Quaestio 94. p. 269— 278. 

°”) Silv. de Sacy, Sheiklı Kotbeddin in Notices et Extraits des 
Mser. de la Biblioth. National. Paris, ane 7. T. IV. p. 526. 
*8) Silv. de Sacy, Mem. T. 48. p. 498. 9) Ebend. p. 503,504. 

20°) J. Cruttenden, Narrative of a Journey from Mokha to Sanaa 
1836. Journ. of tlıe Roy. Geogr. Soc, Vol. VIII. 1838. p. 284. 


Hiftor, Meberfihtz; der heutige Damm, 79 


fchaft ausmachten, daß aber Mareb ver Name der Citadelle oder 
des Schloſſes war !), der in der Simyaritenfprache (die er aber 
noch für Arabifch und nur noch für einen vom Koran verſchiedenen 
Dialekt Hielt) ven erweiterten Begriff von Capitale hatte, woraus 
er ſich das Vorkommen der drei verichiedenen Ortichaften dieſes, 
oder doch verwandter Namen bei den alten Autoren zu erklären 
juchte (f. darüber unten, nah Fresnel). 

Niebuhr's Erfunvigung in Sanaa nad dem „großen 
Teiche ver Sabäer,“?) wie er den Sitte Mareb nennt, ging 
nad) ver Ausſage eines glaubwürdigen Mannes, eined Bewohner 
dieſer noch heute beftehenden Stadt Mareb, dahin, daß jenes ehe— 
malige Wafferbehaltnig ein Thal zwifchen zwei Bergreihen, 
faft 5 deutjche Meilen lang, einnehme. In dieſem Thale verfam- 
melten fich nod) heute 6 bis 7 Eleine Flüffe, welche aud dem We— 
ften und Süden und zum Theil aus dem Gebiete ved Imams von 
Sana fommen, movon einige fiichreich find, Die alfo das ganze 
Jahr hindurch Waffer haben müjfen. Die Berge des einjchließen- 
den Thales ftoßen bis auf 5 oder 6 Minuten Weges ganz nahe an 
einander, und diefe Deffnung, fagte man, fei mit einer ftarfen 
Mauer verjchloffen geweien, zur Dämmung des Wafjerd während 
der Negenzeit, und mit drei Thüren (oder Schleufen) übereinander, 
um es auf die weiter im Dften und Norden liegenden Felder 
und Gärten zu vertheilen. Die Höhe diefer Mauer jchägte jener 
Mann auf 40 bi 50 Fuß, von großen behauenen Quadern (mir 
maßen die Höhe des Quaderdamms über Konitantinopel bei Be— 
ligrad Koi, 60 Fuß, die Breite deffelben oben 10 Schritt mit einer 
Ausladung von 6 bis 8 Schritt noch unten in der Tiefe), und von 
dieſer war, bis zu feiner Zeit, an beiden, Seiten noch fehr vieles 
übrig. Aber viefe Dauer Hält den Fluß nicht mehr auf, fondern 
das Wafler fließt gegenwärtig gleich in die Ebene, und verliert fich, 
je nachven viel oder wenig Regen gefallen ift, im einer kurzen oder 
langen Entfernung im Sande und auf den umliegenden Feldern. 
Bon Infchriften wußte ver Berichterſtatter vafelbft nichts, was Nie— 
buhr zu dem irrigen Schluß verleitete, ald verdienten diefe Ruinen, 
— vielleicht — fegt er jedoch hinzu, nicht einmal gefehen zu wer— 
den. Arnaud hat dad Gegentheil bemiefen. 

Etwas wunderbares, bemerkt fhon Niebuhr zu viefem Bes 


*) Silv. de Sacy, Mém. T. 48. p. 509. ?) Niebuhr, Behr. von 
Arabien ©. 277. 


80 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


richte, hätte alfo diefer jo fehr gepriefene Damm keineswegs, zumal 
in einem Sande, wo man fo hausbälterifch mit dem Waſſer umgehen 
müffe, wie in diefem, wo ein folcher Bau zu den erften Bepürfnifjen 
einer Nationalwohlfahrt gehöre und nur den ſpätern gang architec— 
turlofen Arabern jo wunderbar vorfommen Fonnte. Diefer Danım 
erinnert, wie dies auch ſchon Niebuhr aufftel, außer obigen, von 
den Sultanen ſchon angeführten Bauten, auch an andere ähnliche 
Werke diefer Art, wie fie zumal am Akes in Choradmien, nach 
Herod. II. 117, am Mörisfee in Aegypten, zu Höms in Sy— 
rien oder Emeja nach Abulfeda, der Bendi Kaifar zu Toflar 
in Chufiftan (Erdk. IX, ©. 185), der Bend Emir in Fars (eb. 
VII. ©. 860 u. f.) und an andern Orten zur Nationalwohl— 
fahrt des Landes, aber immer nur durch mächtige Herrfchaften zu 
Stande famen, was meit die Kräfte eines heutigen ſchwachen Imam 
von Sanaa, bei der Sorglofigkeit der modernen Araber, überfteigen 
würde, und daher unftreitig ſchon frühzeitig die wunderbaren Lob—⸗ 
preifungen der Araber bedingt hat. Marebs früherhin glänzen- 
dere Herrſchaft ift durch diejes Monument und die daran gefnüpfte 
Aera mol außer Zweifel gejebt; doch pflegt ein folches Werk, 
wie Niebuhr ſchon bemerkt, nur allmalig durch Vernachläſſigung 
der Regierungen jelbft und mit ver Zeit zerflört zu werben; ber 
Verfall des Sabäer-Reiches mag aljo wol mit ver Vernach— 
läjfigung des Dammes gleichen Schritt gegangen und nicht blos 
erit eine Volge des Einfturzed geweſen zu fein, was auch durch vie 
Ausfage von der Borausficht der Gefahr betätigt erfcheint, und 
durch Die längere Zeit der Ausmwanderungen, die auf eine ganze 
Periode der VBerwirrungen hindeutet, die mol eben fo fehr 
dur) inneren Zwiefpalt der Stämme und Herrſchaften unter 
jich, wie durch Außere Naturereigniffe, wie dad genannte, herz 
beigeführt fein mag. 

Oder jollten etwa plutonifche Erſcheinungen, da überall ſchwarze 
pordje Lava, nach Seetzen, den Bauftein Sanaad ausmacht, oder 
natürliche Beichaffenheiten ded Terraind, etwa Auswaſchungen, in 
Folge von Auflöfungen des Erdreichs, dazu beigetragen haben; denn 
ſchon Niebuhr erfuhr, daß alles Salz, dad in Sanaa verbraudt 
werde, aus Mareb komme; daß aljo vort Salinen fein müffen, 
und Seegen fagt, Marib fei vol Steinfalz, und ganze Kameel- 
zuge damit beladen fah er von da nad Hhadramaut ?) fommen. 


09) Seetzen in v. Zach's Mon. Gorrefp. Bd. XXVIII. ©. 180, 240. 


Hiftor, Ueberſicht; Mareb, Himjarit, Inferiptionen, 81 


Den einzigen Zufaß zu obigen Daten, die wir zur Beftatigung 
des hohen Alters und des frühern Glanzes von Mareb 
erhalten haben, giebt 3. Eruttenden *) wahrend feines Aufent- 
balte® 1836 zu Sanaa, wo er auf einem Spaßiergange durch die 
Stadt mehrere weiße Marmorjteine, 2 Tagereifen weit von Ma = 
reb dahin gebracht, wahrnahm, 5 mit 3 bis 10zeiligen himjari— 
tifhen Inferiptionen, darunter eine vorzüglich Tange ſich auf 
einem folhen Duader befand, der über dem Dadı einer Moſchee 
angebracht war. Dieje Steine waren, wie viele andere Baus 
fteine, wol feit uralten Zeiten, wie die Baufteine Babylons nad 
Bagdad, jo aus Mareb hierher nah) Sanaa zum Neubau viefer 
Stadt herbeigeführt. Cruttenden fand fie in dem ältejten Quar— 
tier der Stadt, dem Dar el Tawajbi, d. i. Wohnungen der 
Eunuchen, oder auch Bakhiri genannt, am Oſtende ver Stadt, 
wo früher dad Judenquartier gewefen. Die Schriftzuge hatten 
2, Zoll lange Buchftaben. Die Eopie derfelben brachte er mit nad) 
Europa zurüd, wo fie nebft einer zweiten auch entziffert ward. Die 
jüdifchen Goldarbeiter und Juweliere in Sanaa verficherten 
ferner, dag die Schäfer von Mareb nicht felten vieredige 
Goldmünzen nah Sanaa zum Verkauf brachten. Gin indifcher 
Kaufmann, ein Baniane, beitätigte died und bemerfte, daß auch 
Juwelen, zumal aber Berlen, dafelbft nach ftarfen Regengüffen 
ausgewajchen und gefunden würden, und immer irgend etwas die 
Mühe des Nachjuchens belohne. Das Land, welches man heute 
noch Ard ed Saba nenne, aljo entjchieden das berühmte Sa— 
baerland, Habe noch viele Inschriften derfelben Züge in Mar: 
mor gehauen, auch zerbrochne Säulen und Statien, darunter auch 
häufig Brauengeftalten mit einem Kinde auf dem Arm, das einen 
Stern auf dem Kopfe trage, die Eruttenden für Nefte ver chrift- 
lich-athiopifchen Zeit zu halten geneigt war. Xeiver gelang es feine 
der Münzen zu Kauf zu befommen. Doch in des Imams Gar— 
ten zu Sanaa, in welchem Gruttenden einquartirt war, befand 
fih ein Marmorfopf aus Mareb, von einer ganzen 3 Buß 
hohen Figur, die aber auf Befehl des Imam, ald Ueberreſt alten 
Gögendienftes, zerfchlagen war. Den Marmorfopf nahm Grut« 
tenden mit nach England als einziges Specimen antifer Sculptur 


*) Charles J. Cruttenden, Narrative of a Journey, im Journ, of the 
Roy. Geogr. Soc. Lond. 1838. VIII. p. 287 -— 288; vaffelbe Jour- 
nal of an Kxcursiou to Sanaa in Proceedings of the Bombay 
Geogr. Soc. 8. Nov. 1838, p, 39— 55. 


Ritter Erdlunde XII, * 


82 Weſt-Aſien. TV. Abtheilung. $.58, 


aus dem jo berühmten Lande der Sabaer. Sein Project nah Ma— 
reb zu reifen wurde durch die Eiferfucht ded Imam, der feine Gäſte 
wie Gefangene hielt und Aufruhr fürchtete, den man den Chriſten 
zufchrieb, wie durch eintretende Krankheit des Neifegefährten Dr. 
Hulton leider vereitelt. 

Den ſcharfſinnigen unermüdeten Arbeiten des gelehrten Orien— 
taliſten E. Rödiger 5), in Halle, verdanken wir die Entzifferung 
dieſer himjaritiſchen Inſchriften, deren Schrift bis auf ein 
paar Zeichen ziemlich ſicher erkannt wird. Die erſte vierzeilige 
enthält eine Schenkungsurkunde über einen, Tempel, mit 
deſſen Beſitz wol liegende Gründe, Zehnten, Votivgaben oder ſon— 
ſtige Einkünfte verbunden waren. Der Legatarius wird in der In— 
ſchrift nicht genannt, vielleicht weil der untere Theil derſelben abge— 
brochen iſt. Ein entzifferter Name Abd-Kulalaäm iſt wol ſicher 
identiſch mit Abd-Kulal, einem himyaritiſchen Könige, der 
nah De Sacys Berechnung von 273 bis 297 n. Chr. Geb. re— 
gierte. Die Lehnöverhältniffe, die erwähnt werben, find ven 
Arabern keineswegs fremd. Der Name Jlähat bezeichnet die 
Hauptgottheit ver alten Araber, die bald Sonne oder Mond be- 
deutet, die mit dem Artikel ausgefprochen jene Diıdar bei Herod. 
II. 8 ift, von der oben die Rede war, und, noch weiter contrahirt, 
auch in die Form Allät im Koran Sure 55, 19 (f. ob. ©. 36) 
überging. Das Datum der Schenfung enthält den Ausdruck: 
‚im Monat Eharif,” was eigentlich die Zeit des Gintritts 
des heftigen Süupwefi-Monjuns bezeichnet, vejjen alljähr- 
liche periodifche Wiederkehr und Dauer für den Seehandel de 
jüplichen Arabiend Bedeutung genug hatte, um eine ganze Jahrs— 
zeit oder einen Monat, wie hier, danach zu bezeichnen. Wäre der 
Legator jener König Abd-Kulal, bemerft Rödiger, jo würde die 
Hera, nach welcher die Sahrszahl gerechnet ift, um das Jahr 250 
vor Ehr., alfo im der Zeit der eriten Ptolemäer beginnen. Nur 
ließe fih dann wol erwarten, daß der Königstitel nicht ganz fehlte. 
Aber die Araber hatten vor Mohamed jo viele Aeren, daß Teicht 
eine andere gemeint jein fünnte. 

Die Ueberſetzung der erften Infchrift lautet: 

„Abd-Kulalam und feine Gemahlin vermachten mir dad Gottes— 


95) Dr. E. Rödiger, Berfuc über die himjaritiſchen Schriftmonumente. 
Halle, 1841. 8. 1—xxıı und 1L— 52; vergl. deſſ. Ercurs in Well- 
ſted's Reifen in Arabien, deutsch bearb. Halle, 1842. B. II. S. 379 
bis 386, °) Günther Wahl, Koran, S. 556, Not. a. 


Hiftor, Ueberſicht; Mareb, Himjarit, Inferiptionen. 83 


„baus zum Leben, und ihre Söhne übergeben es (jebt) — Mit 
„Anrufung der Gottheit haben fie ihre Rede befraftigt. Glücks— 
„güter möge ihr Haus erben durch Hülfe der gnädigen Götter. 
„Und es ift (viefe Schenkung) feitgejtelt worden in Monat Cha— 
„tie des Jahres 537.“ 

Die zweite Inſchrift ift ebenfalls eine Urkunde über ein 
als Lehen empfangenes Stück Land. Darin läßt fi Ag auch als 
Ali Iefen; dem Namen Karib entjprechen die hHimjaritifhen 
Namen Abufarib und Kulaikarib. Taar Fann vieleicht auh 
Taan heißen. Erde, Land ift wie Erpfchofle fehr im Gebrauch in 
äthiopiſchen Infchriften. Todt nennen die Araber ein wüftliegendes 
Stück Land im Gegenfaß zu beadertem oder mit Gebäuden bejeß- 
ten Boden, und „todted Rand beleben“ heißt entweder es ur— 
bar machen, oder beftellen, oder mit Gebäuden befeen. Nach die— 
jen vorläufigen Erklärungen jagt die Inschrift: 

„Ag und Dadfarib und ihre Söhne Nufafarib und Taar der 
„jüngere übernehmen ald Lehen viefed todte (d. h. wüſte, unbes 
„baute) Stüf Land und bebauen es wieder. Und fo fei es in 
„Bells genommen.“ —- 

In diejen Infchriften und jenen Sculpturen, Münzfunden, Ju— 
welenſchmuck, noch ftehenden Säulenreihen und Wafferbauten haben 
wir vorläufig beftimmte Thatfachen für die einftige höhere Cul— 
tur von Mareb zur Zeit eined mächtigen Sabüerreiches, 
was von großer Wichtigfeit für die an Marebs Emigrationen 
ſich anſchließende ältefte Gefchichte anderer arabifcher Land— 
ftriche fein muß, deren Betrachtung und nody übrig bleibt, fo wie 
es und einiged Licht darüber giebt, daß wenigftens vie Sagen der 
mohamedanifchen Autoren von der einftigen Blüthe des himyariti- 
ſchen Reiches, eben jo wie die einer Sefoftrivenzeit in Aegypten, 
body einigen biftorischen Hintergrund haben, wenn fie auch fehr ins 
mährdhenhafte übertrieben fein mögen. Es fchließt fich hieran ver 
ſo frühzeitige, großartige Weltverfehr Sud» Arabiens mit 
Indern, Phöniciern, Aethiopen und andern Völkern, der als 
ein nothwendiged Ergebniß ſolcher ruhmvoller himjaritifcher Vor— 
zeit erfcheint. Die große Zahl anderer Monumente und felbft der 
Schriftzüge, in denen diefe Infchriften abgefaßt find, werden dies 
weiter unten nachmeifen. Hier nur, daß auch aus dieſer Olanz« 
periode eine dunkle Kunde ded Großhandels von Schiffahrt 
und Karawanenwegen fi erhalten hat, worüber das ganze 
Süd» Arabien Ausweis und Denfmale an ven Küften wie im in- 

°2 


84, MWeft- Afien, IV. Abtheilung. $. 58. 


nern Lande darbietet, das keineswegs überall eine ſolche Wüſte iſt, 
wie man ed biöher fich im allgemeinen gedacht hatte. Die Ara- 
ber des Nordens, vor Mohamed fchon, mußten, daß im Süden 
bimjaritiiche Buchſtabenſchrift jei; aber fie verbanden damit 
jo viele Kabeln und Mährchen, daß ihnen nun alles Unlesbare für 
bimjaritiich galt. Die 60 Inferiptionen Arnauds von Mareb 
werden zur Entzifferung der andern verhelfen, die ſchon in weiter 
Zerjtreuung auf vielen andern großartigen Denfmalen, zumal durch 
ganz Hhadramaut, gefunden find. Die völlige Unbefanntjchaft 
mit der alteinheimifchen chuſchitiſchen Sprache und die geringe Kennt- 
niß der altarabifchen, die man himjaritifch nannte, Iegten der Ent- 
zifferung große Schwierigkeiten in den Weg, doch überzeugte ſich 
Rödiger, wie er jelbft fagt, „ehr bald, daß die Sprachform 
der Inferiptionen eine ältere fei, über welde die neu— 
himjaritiſche (nämlich ein Altarabifh) nur wenig Auf- 
ſchluß darbiete ).“ Nur die Schriftzüge diefer hbimjaritifchen 
Injeriptionen, welche in der älteften Zeit zugleich Süd-Ara— 
bien und Abyffinien angehörten, und theil® auf einigen vor— 
chriftlichen Injchriften Abyffiniens (zu Adule und Adowa) vor« 
fommen, theils, nur weniges modifteirt, dann auch ald gewöhn— 
lihe Bücherjchrift bei ven abyifinifchen oder äthiopiſchen Ehriften 
in Gebrauch blieb, Haben es der Sagacität der Forſcher möglich 
gemacht, durch fie und die grammmatifchen Formen den Inhalt der— 
jelben feftzuitellen. 

Wir lafjen die hiftoriihen Angaben ver AUuswanderungen 
jelbft folgen, weil wir nun den Ort des Ausganges und die Ver— 
hältniffe, unter denen fie jtattfinden Eonnten, jo weit #8 pofltive Daten 
geftatten, fennen; eine Beriode der Berwirrungen, innerer Zerwürfniſſe 
von Stämmen und Ufurpationen, können wir als mitwirfende 
Urſachen, wenn jchon mit hoher Wahrfcheinlichkeit, doch nur hy— 
pothetifch vorausfegen, weil wir feine Berichte von ihnen befigen. 

Amru ben Amir) (auh Amru Muzeifia genannt, T. ob. 
5.77), gewarnt durch das Wühlen ver Zorftörung am Damm, ver⸗ 
faufte frühzeitig feine Güter und zog mit feinem Gefchlechte in eine 
Sandichaft der arabijchen Halbinſel, Acc genannt (während ver 
Jahre 150 bis 170 n. Chr. ©. nah De Sacy's Berechnung), die 


0?) Rödiger bei Wellfted II. ©. 362. *) Silv. de Sacy, Mem.].c. 
in Mem. de l’Acad. d. Inser. T. 48. p. 494 — 498, 564 ; Schloffer, 
Weltgeih. 1. 1. ©. 212. | i 


Hiftor. Meberfiht; Emigrationen aus Jemen. 85 


jedoch nicht naher befannt ift, als dadurch 9), daß fie von den 
Söhnen Aces, Abkömmlingen von Adnan, aljo von Vorfahren 
Mohameds bewohnt war, und wol auf dem Wege von Jemen nach 
Mekka in Mittele Arabien lag, zwifchen Jemen und Hedjchad. 
Mit den Altern Befigern des Landes bald in Fehde zogen die Aus— 
wanderer weiter, und ließen fi zu Batn-Marr in der Nähe 
von Mefka nieder, von wo fie auch bald in die Streitigkeiten mit 
den Djorhamiden verwidelt diefe verjagen halfen, und ihr Zweig 
ver Chuzaiten daſelbſt fein Glück machte (f. 06. ©. 21). Dies 
war die Zeit, mit welcher die Soctaniden anfingen ein Ueber— 
gewicht über die Ismaéliten zu erlangen. Gleich nah Amru's 
Tode hatten fie ſich auch anderwärts in verfchiedene andere Länder 
verbreitet, in denen fie ſich nieverließen. Die Yamilie feines Soh— 
ned Djofna fiedelte fich in Syrien (ob im Lande Djof? |. ob. 
&.71), die feines anderen Sohnes Ihaleba, die Thalebiten, 
mit deffen Söhnen Aus und Chazrad, in Sathreb an, das 
feitvem Medina hieß (vaher die Chazradjiten, die mütterlichen 
Verwandten Mohameds, f. 06. &.37,60). Diefe Söhne Thalebs 
oder Taghlebs, die Taghlebiten, waren es auch, vie fich bis 
in das Küſtenland Hedſchas, in das dortige Tehama, zur Wins 
terzeit mit ihren Heerden zurüdzogen, wo noch vor Mohameds Zeit 
fie durch ihre Schlachten und Dichter jo berühmt 0) wurden. Sie 
die Nachkommen von Azd festen ſich in Oman feſt; andere in der 
Gegend Syriend, die Scherat heißt, und nad) Mafudi zwifchen 
Medina und Damask liegt, nahe Balk und Heösbon!!). Fahms 
Sohn, Malec, auch ein Nachkomme von Azd, zog in die dürre 
Gegend von Mekka, wo vie Seinen eine Zeit lang mit den Chu— 
zaiten lebten, bis dieſe fo viele Fremde nicht mehr ernähren konnte 
und ein Theil zurückblieb (daher die Getrennten, |. 0b. ©. 21), ein 
anderer aber z0g weiter und ließ fich in Irak nieder, aljo im Nord— 
often der Halbinfel. Gr ging von Ace aus, an dem Nande der 
Wüfte Hin, gegen ven Euphratftrom, vereinigte mehrere Ismas— 
litenftämme mit den feinigen, und gründete im Jahre 210 jenes 
feine Königreich Hira, dad nachher zwar abhängig von Saffas 
niden ward, aber doc) bis auf Khosru Parviz Einfegung ded oben 
genannten Ayyaz feine eigenen Könige behielt und eine Geſchichte 
aufzuweiſen hat. 


) S. de Sacy I. c. p. 494, Not.h. 10) F. Fresnel, Lettre. Paris, 
1836. p. 25 Not. 1) De Sacy I. c. T.48. p. 496, Not. k. 


36 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 58. 


Nur kurze Zeit auf jene erſte Auswanderung Amru's folg- 
ten feinem Beifpiele andere Joctaniven auß Jemen; fo z0g ber 
Stamm Tai (richtiger Thay) aus dieſem Süden Arabiens ab, 
nah Nedjed in Mittel- Arabien, und ließ jich zmwifchen den 
Bergen Adja und Solma nieder, die nach Unterjochung der dor— 
tigen Aſaditen ſeitdem Thay genannt wurden, mo die Stadt 
Fayd erbaut ward. Diefe haben eine für den Norden Arabiens 
wichtige Stellung, weil fie auf Halbem Wege zwifchen Kufa und 
Mekka an ver Pilgerftraße an der Nordgrenze von Nedjed lie- 
gen, welche Mittel-Arabien durchſchneidet, weshalb diefe Anſiedlung 
für dad Schieffal von Kira von Wichtigkeit war (Erdk. X. ©. 60)12). 
Die Familie des Enkeld von Amru, Rebia, ließ fih in Meffa 
nieder, wo ein Theil wenigftend von ihnen unter dem Namen der 
Chuzaiten (die Getrennten, ſ. ob. ©. 21; nach Andern von einem 
Amru Khozai oder Kuffai, auch ſpöttiſch Amru ben Loheja, d. i. 
Kleinbart genannt) ſitzen blieb, und fie fo mit zu den Vorahnen 
Mohameds gehören. Ein anderer Zug, der Stamm Ghajjan, 
gerieth am meiteften gegen Nordweft, und gründete an der Wüſte 
Djofna, an der Grenze gegen Syrien, das Fleine Königreich 
ver Ghaſſaniden (feit 210—230 n. Chr. ©.), das unter Rö— 
mern und byzantinifchen Kaifern in dieſelben abhängigen Vers 
hältniſſe kam wie Hira von PBerfien, und eben deshalb eine Ge— 
ihichte wie Hira Hinterlaffen hat, was bei feiner der andern Co— 
Ionifationen der Soctaniden der Ball war. Erſt nachdem alle 
diefe Familien Jemen verlaffen hatten, und cö werden 
ihrer auch wol noch andere untergeoroneter 13) Art genannt, brach 
die Verheerung des Seil al Arim los, und verwandelte jenes 
Sand in eine unfruchtbare Landſchaft, in der aber darum keines— 
wegd die Negentenreihe der himjaritifchen Könige, wie wir oben 
gejehen, ein Ende nimmt, die aber wol höchſt wahrscheinlich eine 
andere Reſidenz eingenommen haben mag. 

Die Eingriffe, welche durch diefe Ginwanderungen der Joctani- 
den in den Zuftinden von Mekka und Mevdina jtattfanden, finv 
oben ſchon berührt, fo wie die Folgen, welchen vie Schwächung ber 
in Jemen Zurüdgebliebenen durch Fremdherrſcher ausgejegt mar. 
Es bleibt Hier nur noch übrig, an die Schieffale ver kleinen antifen 


*1) Abulfedae Descriptio Arabiae, in Hudsons Geogr. Min. T. I. 
p- 99; Traduit franc. p. Reinaud p. 131. ) Günther Mahl, 
Koran, 8,414, Not.a u. a. O. 


»  Hiftor. Ueberſicht; Grenzreich Hira. 87 


Grenzkönigreiche Hira und Ghaſſan zu erinnern, die, obwol 
ſie beide im Conflicte nach außen nur kurze Zeit beſtehen und bald 
untergehen mußten, ohne in die Weltgeſchichte ſelbſt einzugreifen, 
doch als vermittelnde Staaten mit ihren Nachbarn den Saſ— 
ſaniden und Byzantinern nicht ohne Rückwirkung auf die 
Centralaraber, ihre Stammesgenoſſen, und auf die Zuſtände 
ihrer Landſchaften bleiben konnten. 


$. 59. 
Die avabifhen Grenz Reiche gegen Irak und Syrien: 
Hira und Ghaffan. 


1. Das Königreich Hira der Araber gegen Irak, unter 
vem Einfluß der Saffaniden. 


Die Localität diefer Anſiedlung, in fo weit ihre Erforfchung 
heutzutage möglich wird, da noch fein Europäer fie mit Augen ge= 
jehen Hat, ergiebt fich aus den Umgebungen der Landſchaft um 
Kufa, auf dem weſtlichen Ufergebiete des mittlern Cuphrat, von 
der früher die Nede war (von Hira Mundarorum regia j. Erdk. 
Th. X. ©. 43,58 — 62, und Kufar ebend. ©. 185 — 188). 

Die Hronologifche Tafel ihrer Negentenreihe#), vom 
J. 210— 611, alfo während 400jähriger Dauer, nad) genealogifchen 
und fynchroniftiichen Wahrfcheinlichkeiten hat ©. de Sacy berech— 
net, in welcher Anfang und Ende Gewißheit darbietet, die Mitte 
hinfichtlih der Succeſſionen aber lückenvoll bleibt, doc aber im 
Allgemeinen in diefer vormohamedanifchen Periode orientirt. Als 
Maler, ver Sohn Fahm, der Begründer diefer Dynaftie, mit feis 
nen Gefährten in Chaldäa anfam, fand er dort fihon Uraber, 
Nachkommen von Monphar, vor, die dafelbft unter arabifchen 
Bürften Syriend lebten. Es beftand zwar noch der arfacidifche 
Thron der Parther, aber doch unter folchen Umftänvden, daß 
Malec (Malek ift auch Titel 15) eined Häuptlings oder fürftlichen 
Unführers, dann König) dort fich zu Anfange des dritten Jahr: 
hundertö na Chr. ©. in Kira niederlaffen fonnte, wo, während 


) Tableau celıronologique des Rois de Hira in Mem, I. c. T.48. 
p. 564 — 571; veral. Schloſſer, Weltgefh. II. 1. S. 194, 200. 
») F, Fresnel, Lettre 1, Paris, 1836. p. 36, Not.®, p. 63, Not. 3, 


88 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 59. 


des Untergangs des Parther- und des Aufichwungsd dei Saſ— 
janiden- Reiches, aud) feine Söhne und Seitenverwandten von 
Geſchlechte Lakhm ald Könige von Hira fih auf dem Throne 
an der Grenze beider Weltreiche erhielten. Ohne eigene Annalen 
treten die Verhältniffe diefer Dynaftie blo8 aus den Berührungen 
mit den Sajjanidven= Königen und aus einzelnen übriggebliebenen 
hiftorifchen Iragmenten 16) und Poeſien 17) hervor. Hiernach hatte 
der Nachfolger Malecs, Djodhaim, noch nicht zu Kira felbit ge— 
wohnt, jondern ſich erft am Euphrat zu Anbara (der merfwürdi« 
gen Piriſabora, |. Erdk. Th. X. ©. 147) aufgehalten, von wo er 
dann durch Raub und Handel bereichert, wie durch einige glückliche 
Siege gegen die dort ftreifenden Griechen (die Byzantiner) mit 
Beute beladen, fich erft in Kira niedergelaffen; unftreitig weil dies 
Ihon der Wüfte genähert, geficherter lag, um da unabhängiger von 
den nördlich angrenzenden Machthabern das arabijche Leben fort 
zuführen. Aber nicht blos Araber, fondern auch eine friedliche 
ältere aramäifche Bevölkerung fand fih in Anbar und 
Hira, auf der MWeftieite des Euphrat, vor, welche die Orientalen 
Nabat, d.i. Nabatier!S), nennen, die Chriften waren und Nach— 
fommen dortiger Bevölkerung Meſopotamiens. Sie unterwarfen 
fich theild und blieben in ihren Wohnfigen, ihr Kopfgeld zahlenp, 
mährend ein anderer Theil von ihnen, wie Tabaris Chronik jagt, 
in ihre urjprüngliche Heimath über ven Euphrat zurüdwan- 
derte, wodurch auf die Norpfeite des Euphrat Feine fremde Popu— 
fation, fondern die dort nur einheimijche dahin zurückkehrte. Bon 
diefer gedrücten Volksclaſſe, den Nahat, in Kira ift weiter nicht 
die Rede, wenn es nicht die in Ghafjan und Kira jo genannten 
Tanufh waren, die aber dort mit der allgemeinen Benennung 
Araber belegt jind, die nur ein einzigesmal als chriftliche, nied— 
rigite, aber zahlreiche Volksclaffe in Hira erwähnt werden. Gin 
perfifcher anonymer Geichichtfchreiber fagt ausdrücklich in einer von 
Duatremerel) citirten Stelle: die Araber bei ihrer erften Nie— 


»16) Historia Regum Hirtensium ex Ibn Kothaiba, in Eichhorn, 
Monumenta Antiquissimae Historiae Arabum. Gothae, 1775. 
p. 41—54; H. O. Fleischer, Abulfedae Historia Anteislamitica, 
Lips. 1831. 4. p. 123— 129. '") Quatremere, M&moire sur 
l’Ouvrage de Kitabalagäni c. a. d. Recueil de Chansons in Nouv. 
Journ. Asiat. 1835. T. XVI. p. 3855 — 419,497 — 545 nnd 3. Ser. 
1838. T. VI. p. 465 — 526. '*) Quatremere, Memeire sur les 
Nabateens in Journ. Asiat. T. XV. 1835. p. I08 - 110. 

’°) Quatremere, Mém. 1, c. XV. p. 118. 


Hiftor. Meberfiht; Grenzreih Hira. 89 


derlaffung in der Gegend von Anbar und Hirah verjagten die 
Armins, welche dajelbft wohnten, und ein Reit ver Aram (v. i. 
der Aramäer, d. i. Nabat, Nabataer) waren. 

Hier ift ed nun, wo Djodhaims Nachfolger Amru und 
Amru alKaid (Amrilfaid) im Lande, das Ihn Kothaiba Cho— 
warnef, Alſadir und Baref nennt, das hohe Schloß Schedad 
bauten, welches Abulfeda dagegen ald zwei Baumerfe: El Cha— 
warnaf und Es Sedir, aufführte, dafjelbe von dem auch fchon 
früher die Sage mitgerheilt ift (Erdk. X. ©. 62). In der früheften 
Verbindung mit Anbar, ver Epifcopalitadt jomol der Neſto— 
rianer ald aud) der wichtigen Feſtungsſtadt ſaſſanidiſcher Prin— 
zen (Firuz Schahpur), glauben wir ven Schlüffel zu den Ein— 
flüſſen chriftlichen Kirchenweſens wie ſaſſanidiſcher Oberherrichaft zu 
finden, die hier jo frühzeitig auf arabifches Leben umgeftaltend 
einmwirkten, wie in feiner andern Landſchaft des Halbinfellandes die— 
ſes der Fall war. 

Während Shahpur’s II. Jugend (er reg. von 309— 381) 
überfielen Ufurpatoren vom euphratenfifchen Deltalande, die Abul— 
feda Amalefiten nennt, dieſe Gegend und festen zwei ihrer An— 
führer auf den Thron von Kira, die Schahpur aber fpater durch 
Siege verdrängte, und der frühern Dynaftie wieder zu ihrem Throne 
verhalf, auf dem nun Noman der Einäugige (En Noman el 
Awar bei Abulfeda)?0), auch Noman der Alte?!), zum Uns 
terjchiede eines Nachfolgers, genannt wird... Bei diefen Siegen joll 
Schahpur auch in Arabien eingedrungen fein, was mol eben 
nicht jehr tief lanvein anzunehmen fein wird, aber das Küſten— 
land Bahrein wird allerdings ausdrücklich genannt, daß er e8 
fi unterworfen, und daſelbſt wegen feiner Oraufamfeit gegen die 
dort gemachten Gefangenen, denen er Riemen durch die Schulter« 
blätter ziehen ließ, den Beinamen Dhulactaf??), ver Schultern: 
brecher erhielt. Dies ift die erfte Nennung von Bahrein, 
ald einer arabifchen, unter fafjanidifche Botmäßigfeit ge: 
fommenen Landſchaft, die aber nachher auch unter der Gewalt 
Hira's 2) geftanden zu haben fcheint. Gie wird nur felten einmal 
in den Altern Zeiten erwähnt, wie 3. DB. bei Ibn Kothaiba?*), 


20) Fleischer, Abulf. Hist. I. c. p. 123. ) Quatremere, Mem. 
sur le Kitab alagäni VI. p. 505. ) Mirkhond, Histoire des 
Sassanides in Silv. de Sacy, Mém. s. divers, Antiqg. de la Perse. 

) Quatremere, Mem. I. c. T. VI. p. 478. ) Ibn Kothaiba, 
Hist, Regum Hirtensium b. Kichhorn p. 195, 


90 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 59. 


der vor dem Sturze ded Hira= Königreiches durch Khosın Parviz, 
zu Anfang ded Tten Jahrhunderts, die Provinz Bahrein eine 
PBräfeetur von Hira nennt. Bahrein muß aber eine vermits 
telnde Handelsftation mit Indien geweſen fein: denn die ſchön— 
ften Waffen arabifcher Krieger in der vormohamenanifchen Heroen— 
zeit fommen von Bahrein. In dem antifen Trauergeſang des 
Dichters Mouhathil über den Mord feines Bruder Kulayb, 
des Taghlebiten, heißt e825): „vie Tanzen, welche die Kinder Tas 
„ghleb ſchwingen, find von guten Schaften aus Indien, die gute 
„Sorte, die ajchgrauen, die zu Khatt-Hadjar gefertigt werden, 
„mit den blauen Gifenfpigen. Wenn fie zur Tränfftätte gehen (mo 
„es jo oft Gefechte giebt) find die Eifen blank, wenn fie heimkeh— 
„zen find fie voth gefärbt von Blut.’ Die Stadt Khatt-Hadjar 
lag an der Küfte Bahrein, wo man diefe Lanzenichäfte kaufte. 
Eben daher kamen wol die Schwerter von Mardj-alckalah, einem 
Emporium von indifhen Waaren, das Ckamous eine Stadt 
in Indien Ckalah nennt, welche diefe Schwerter und andere 
Metallwaaren (wol aus indiſchem Stahl, Wu, dielelben die 
auch die Achämeniden ſchon fannten, da Cteſias einen foldhen in= 
diſchen Säbel von Artaxerxes zum Geſchenk erhielt, ſ. Erdk. V. 
S. 448) lieferte. Bahrein, deſſen vorliegende Inſeln einſt die 
älteſten Phönicier am erythräiſchen Meere bewohnt zu haben 
ſcheinen (Herod. I. 1; VII. 89, Strabo XVI. 766), ſteht alſo hier 
feit altefter Zeit fhon im Sandelöverfehr mit dem. fernen Often. 

Noman Einauge, oder Noman der Alte (Luscus bei 
Abulfevda nach Wleifcher, le Borgne bei De Sacy), der arabiſche 
Emir, dur König Schahpur wieder auf den Thron von Kira 
erhoben, woraus fich wol die fpätere Abhängigkeit von den Kö— 
nigen der Saffaniden ergiebt, joll, nah De Sacy’8 chrono— 
logiicher Tafel, von 400 bi8 430 regiert haben, dann aber, wie 
Abulfeda?”) jagt, fly ganz den religiüfen Betrachtungen hinge— 
geben Haben, weshalb er die Verſe des Adi, Sohn des Zeid, in 
ſeinem berühmten Gedichte von der Gitelfeit aller weltlichen Herr— 
lichfeit anführt, wie diefer König, der Herr von Chowarnek, feinen 
Gipfel der Herrfchaft, feine Schäße, die Weite feines Beſitzthums und 
auch feine Serrichaft auf dem Meere (wol eben der Verkehr 


»25) F, Fresnel, Lettre I. Paris, 1836. p.'22, v. 7. 6) F. Fres- 
nel, Lettre IV. Journ. Asiat. T. VI. p. 208. 2) Fleischer, 
- Abulfeda |, c. p. 123. 


Hiſtor. Heberfiht; Grenzreich Hira. 91 


auf der Küſte Bahrein, im erythräiſchen Meere, das iſt hier im 
perſiſchen Golf, wo das Grab des Erythras war), ſammt der Pracht 
ſeines Palaſtes Es Sedir, überdacht, aber plötzlich mit zitterndem 
Herzen ſich geſagt: „Was iſt das Glück des Lebens, ſo lange der 
Tod noch droht.“ 

Ihm Hatte der Saſſanidenkönig Jezdegerd (reg. bis 421) ſei— 
nen Sohn Bahram-Gur, nah Mirkhonds Erzählung (Erdk. X. 
S. 62), zur Erziehung übergeben, wol aus gleichen Gründen wie 
die Mekkaner ihre Söhne in die Zeltlager der Beduinen ſchickten 
(ſ. ob. S. 25), oder vielleicht auch, weil ſchon bei den Arſaciden 
und andern Herrſchern des Orients es ganz gebräuchlich geweſen, 
durch Ueberſendung der Königsſöhne an fremde Prinzen und Große 
dieſen Zeichen des hohen Vertrauens zu geben, das in fie geſetzt 
ward 28). Der junge Saſſanidenprinz gewann dadurch Liebe 
zur arabiſchen Sprache und Literatur, und wird ſelbſt als Dich— 
ter im Arabiſchen gerühmt. Ihm ſtanden zur Erlangung des per— 
ſiſchen Throns die arabiſchen Könige von Hira und ihre 
Stammesverwandten bei, wofür auch ſpäterhin Bahram (der 440 
ſtirbt) der Parthei der Araber in Jemen wider die äthiopi— 
ſchen Ueberfälle Hülfe darbot. 

Nah Nomans des Alten Tode beſtieg Mondhar I. ven 
Thron von Kira, von dem die Gefchichte nichts zu fagen weiß, 
wie denn auch fein Sohn und Nachfolger Nomen ben Mondhar 
in den Negententafeln, bei Ibn Kothaiba, bei Abulfeda und 
De Sacy, ganz ausgelafien ift, obwol er in dem Kitab ala= 
gani Noman der Große 20) genannt wird und auch im dem 
Schlachtgeſang des Abou Obeydah Mamar 3) feine Rolle 
jpielt. Denn unter ihm und jeinen unmittelbaren Nachkommen er— 
hob fi das arabifche Dichtergefchlecht der Zeid in Sira, 
deſſen Ruhm noch größer in der Nachwelt geworben durch ihre 
Geſänge, ald dad ver Könige von Kira durch ihre Thaten. Die 
Sage und die hinterlaffenen Fragmente von dieſem Dichterge- 
ſchlecht, die zugleich die Lenker und Leiter (die Majordomen) ver 
hirenfifchen Könige waren, jind es vorzüglich, welche das trodene 
Beripp der chronologischen Tafel dieſes Kleinen Königreiches beleben, 
aud denen und allein eine Anſchauung jener Zeitverhältnifie 





) Quatremere, M&m. sur Kitab alagäni 1. e. XVI. p. 543. 

) Gbend. XVI. p. 531; VI. p. 502. 0) F, Fresnel, Lettre I. 
Paris, 1836. p. 28,39; derſ. über defien Chronologie in Lettre I. 
Journ. Asiat. T.V. p.45 — 51. 


92 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 59. 


arabifcher Länder und Völker in ihrer jonft aus jener Zeit 
ganz ungefannten Beziehung zum nördlichen Nachbarftaate hervor— 
geht. Die Duelle, aus der diefe Daten gefioffen find, gehört zu der 
reichhaltigften und alteften Sammlung von Lebendbefchreibungen, 
dem Kitab alagani, d. h. Sammlung von Gefängen de 
Abulfaradj Ali ben Sofain Isfahani, ver 897 n. Chr. ©. 
geboren, der größte Genealoge feiner Zeit war, und aud dem No— 
wairi, Mafudi, Ebn Khotaiba, wie ©. de Sacy alle ihre 
erften Nachrichten über die Gefchichte der Könige von Hira ges 
jchöpft haben, sine Duelle, deren vollen Inhalt, eined Fragmentes 
wenigſtens, wir der meifterhaften Bearbeitung Duatremere's ver- 
danfen. 

Schon unter Noman des Großen Vorfahren hatte jich ein 
angejehener Araber aud Demamah (im S. Welt von Bahrein, 
ſüdöſtlich vom heutigen Dreyich ver Wechabiten), Ajoub 31) 
(d. i. Hiob) mit Namen, der Stammvater diejed Dichter« 
geichlechts, aus feiner Heimath wegen des Todtichlags eined Man— 
ned aus feinem Tribus der Amrulfais geflüchtet, und hatte in 
Hira bei Aous ben Kallam, einem Seitenverwandten, ald Gaſt— 
freund Aſyl und Aufnahme gefunden. Diefer lieg ihm im öftlichen 
Theile der Stadt ein Haus für 100 Ukiah Gold bauen, und Bes 
ichenfte ihn mit 200 Kameelen fammt deren Hirten, mit einen 
Pferd und einem Sclaven. Als ein fehr beredter Dann und Dich— 
ter jener Zeit ward Aioub mit dem Umgang der Könige von Hira 
beehrt und mit ihrer Gunſt üßerhäuft, wiewol er von den Bedui— 
nendichtern, d. i. den Ismaeliern, nicht zu dem erften Nange der— 
jelben gerechnet ward, weil fie eben ſchon ald Stadtbewohner an 
ihm tadelten, daß er nicht wie die Beduinendichter nur dag 
befänge, was er felbft geſehen und erlebt, jondern aud 
Anderes. Solcher Gegenfaß mit frühefter Dichtkunſt, des Pa— 
ganismus (Riwayät, der öffentlichen, mit ver Theilnahme aller 
dabei Richtenden) trat fpäter, zu und nah Mohameds Zeit, in 
der Poeſie, genannt Hadith (d. i. des Einzelnen)3?2), noch meit 
ichärfer hervor. Dagegen werden von den fpätern mufelmäannijchen 
Doctoren jene ältern Poeſien des Paganismus verächtlich mit ver 
‘Beriode der „Jgnoranz“ (Djahiliyyah) 33) bezeichnet. 

Ajoub, wie fein Vater und feine ganze Familie, befannte ſich 

\ 


3) Quatremere |. c. XVI. p. 526. ) F. Fresnel, Lettre 1. 
I. c. p. 34. 39 Ebend. p. 13. 


RER Eee ee a nn nd a 


Hiftor. Meberfiht; Grenzreich Hira. 93 


zur hriftlichen Religion, was auch fein Name beflätigt: denn 
er wird der erſte Araber genannt, ver viefen Namen führte, ver 
vor dem Hten Jahrhundert in Arabien auch gar nicht vorkommt, 
und es mwahrfcheinlich machen Fünnte, daß verjelbe Name Hiobs 
(Job) mit der hriftlichen Lehre überhaupt erft feinen Eingang in 
Arabien gefunden, wie manche andere, nebft ven Tugenden und dem 
Ruhme der Männer des Alten Teftaments, die ſeitdem erft, wie 
3. B. die Verehrung Ismaëls und Abrahams, meint Quatre— 
mere, dort eingebürgert erjcheinen möchten (ſ. ob. ©. 18, 20, 28). 

Huch ver Sohn Aroub's, Zeid, der eine Tochter feines mäch— 
tigen Beſchützers Aous zur Gattin erhielt, genoß diejelbe Eönigliche 
Huld wie fein Vater, wurde aber einft auf ver Jagd aus Blutrache 
von einem Araber aus dem Stamme der Amrulfais erfchlagen. Die 
Gunft ging auf feinen Sohn Hammar über, der Kof= Page: bei 
Noman dem Großen ward, und weil er ver ausgezeichneteite 
feiner Zeit in der Kunft des Schreibens war, als Secretair 
de3 Königs lange Zeit fein hohes Amt verwaltete. Durch) Heirat 
einer Frau aus dem Stamme ver Tai (f. ob. ©. 86) trat er mit 
diefem in Verbindung; ein Freund von ihm war einer der Großen, 
der erften Difhane (Adeyaves bei Bolybius, f. Erdk. X. &.70) 
. bei ven Saſſaniden-Königen, dem er, als er ftarb, feinen Sohn Zeid 
(Zeid ben Sammar) vermachte. 

Aus Noman ded Großen (Noman ben Mondhar) und 
feines Bruders Aswad Zeit, der ihm (ſeit 460 nach der chrono— 
logifhen Tafel) als König von Hira folgte, find einige poetifche 
Bragmente erhalten, die jene Zeit des wildheroiſchen Beduinenlebens 
an ber Grenze des ermachenden Gulturftaated von Hira characte- 
rifiren. König Noman hatte feinen Gaſt Schä8’*, Sohn Zus 
hayıs, vom Stamm der Abſid, mit reihen Gaben beedrt, unter 
denen auch ein prachtvoller rother Mantel mit Franzen war, 
von ver Sorte Katifah (das heißt von Seide, oder einer Art 
Plüſch, fagt Quatremere; folte er nicht vom Marftort EI 
Katif im Emporium von Bahrein ſtammen, von woher aud) vie 
föftlichen indiſchen Schwerter und Lanzen Famen? f. ob. ©. 90). 
Schäs ritt auf feinem Heimwege im Weidelande des Tribus der 
Ghaniyy zu der Quelle Manidj (oder vielmehr ein Radhah, 
d.:. eine flache Pfütze zwiſchen Belsklippen), wo er fein Kameel 


) Guerre des Tribus de la tige de Qays-Aylan; Journee de Ma- 
nidj b. F, Fresnel, Lettre 1, Paris, 1836. p. 28— 36. 


94 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 59, 


tränfte und felöft ein Bad nahm. Aus dem benachbarten Zelie 
Niyähs fah deſſen Frau diefem Fremdling zu, ihr Mann aber 
holte Bogen und Pfeil, erfhoß den Mann im Bade, erwürgte fein 
Kameel zum Schmaufe und raubte feine Habe. Da aber bald dar— 
auf der Foftbare Mantel zum Verkauf auf die Mefje von Okadh 
(0b. ©. 32) kam, wurden die Wegräuber enideckt, der Kampf wegen 
Sühne um Blutrache begann, vom Stamm der Abjid namlich, 
mit dem Tribus Ghaniyy, in dem aber der andere Sohn Zu— 
hayr, Bruder des Schäg, auch erfchlagen ward, indeß der Mörder 
Riyäah als tapferer Held ſiegreich und vom Dichter gepriefen dar— 
aus hervorging. 

Eine andere Begebenheit, die am Hofe zu Kira felbit unter 
den Augen beider Brüder, der Könige Noman und Adwad, vor 
fi ging, ift ver Mord Khälids?6), der ald Gaftfreund Aswadé 
zu Hira von diefem auf einer „Lederdecke von Jemen“ mit 
Datteln bewirthet ward, vie zugleidy einem andern Gafte, ven Ha— 
rith neben ihn, den er eine Wohlthat erzeugt zu haben glaubte, 
dargeboten wurden. Ein einziges Wort des Vorwurfs der Undank— 
barkeit, da8 Khalıd in Gegenwart Aswads gegen feinen Neben- 
mann Sarith fallen laßt, empört diefen, der mit der Eurzen Ant: 
wort: „das wolle er ihm lohnen“ das Gemad) plöglidy verläßt, 
und in der nächſten Nacht, da Khalid forglos (wenn jchon der 
König im Vorgefühl der Gefahr bei dem Abmarſch Hariths feinen 
Gaſt Khalid mit feinem Stocke berührend zugerufen: „die Sand 
diefes Manned wird Dir den Tod bringen“) in feinem Zelte 
jchläft, diefen Saft des Königs erfchlägt. 

Die Folge davon, lange blutige Kriege, find in drei Schlacht— 
gefüngen erzählt (Journee de Rahrahan, J. de Schib Djabalah, 
J. de Houraybah) 36), in welche viele Stämme vermwidelt wurden, 
bi8 Harith, der von Stamm zu Stamm irrend umberflieht, ſich 
zuleßt gegen das Ausland nach Syrien wendet. Hier zu Ha— 
raybah wird er von Jazid, Sohn Amr, dem arabifchen Könige 
ver Shaffän, melde dort die Markgrafen over Grenzwäch— 
ter der byzantinifchen Kaifer waren, wie die Könige von Kira die 
der Safjaniden- Könige, mit Ehren als Flüchtling aufgenommen. 
Unter Füniglicher Protection ließ Jazid jener Zeit eins feiner Ka- 
meele in feinem Gebiete frei umberfchweifen, dem er an 


5) Journee de Batn Agil in F. Fresnel, Lettre I, p. 39 55. 
’*) F. Fresnel, Lettre I, Paris, 1836, p. 45 —63. 


Hiftor, Ueberſicht; Grenzreid Hira. 95 


den Hald ein Meſſer zum Erjtechen, einen Feuerſtein zum Brat— 
feuer und Salz zur Würze der Speije anhängen ließ, ald Heraus— 
jorberung an Jeden, der feiner Füniglichen Obmacht Trotz bieten 
möchte. 

Harith, deſſen Frau lüſtern nach einem Biſſen Kameelfleiſch 
war, weil fie ſich in andern Umſtänden befand, in denen der Ara— 
ber den Willen nicht zu gewähren für Unrecht hält, ſchlachtete heim— 
lich das Kameel ſeines Beſchützers. Doch bald hatte der Prieſter 
des Orts, Haſan vom Taghlib-Stamme, den Thäter erkundet, und 
dem König angezeigt, der ſeinen Zorn gegen einen Gaſtfreund zwar 
unterdrückte, da aber Harith nun aus Rache und aus Trotz auf 
ſein Recht als Schützling den Prieſter erſchlug, dem Sohne des 
Prieſters zuließ, ſich an dem Mörder ſeines Vaters zu rächen. Auf 
Hariths Hülferuf bei dem Könige, fein Gaſtrecht nicht zu ver— 
letzen, warf ihm Jazid die Antwort hin, er könne wol einmal 
zum Verräther werden an ihm, der ihn mehrmal hintergangen 
habe. Der Jüngling rächte das Blut ſeines Vaters, aber mit dem 
erbeuteten Schwerte Hariths hatte er die Thorheit ſich auf der 
Meſſe zu Okadh zu brüſten, wo er von Hariths Verbündeten, 
Kais, bald erkannt und erſchlagen ward, der nun bei der Todten— 
feier die Verſe ſprach: 

„Erde, du nahmſt nie die Gebeine eines Mannes in deinem 
Schooß auf, der ſeinem Wort getreuer war als Harith; nie eines 
Helden, der kühner war wie er; nie eines treuern Beſchützers, ei— 
nes furchtbarern Kriegers im Staube der Schlachten.“ 

— JaJadzid, der König der Ghaſſan, iſt zwar in der chronologi— 
ſchen Tafel ver Ohaffan-Dynaftie nicht unter dieſem Namen (wahr: 
icheinlich, nach Bresnel?), ald Noman, Sohn Amt, geboren 457 
n. Chr. G., over deſſen Vorgänger), fondern unter einem andern 
Namen aufgeführt, der ein Zeitgenoſſe Aswads war, und mit die— 
ſem in „Fehde fand, etwa 100 Jahr vor Mohameds Geburt, in 
welche Zeit denn auch, etwas früher noch, Khalids Tod fält, 
chronologiſche Combinationen, die mit ver Negententafel der Könige 
von Kira in binreichendem Einklang fteben. 

Don Noman dem Großen (Noman ben Mondhar), zu 
deſſen Negierungsperiope wir nach dieſen jene arabifche Zeit charar- 
terifirenden Epiſoden zurüdfehren, jagt die Tradition, er habe nod) 
Idolhe angebetet; fie nennnt ihn zwar König (Malen), aber aus 


2) WW, Fresnel, Lettre III. I, ce. T. V. p. 48. 


96 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 59. 


der Geſchichte ergiebt jich, daß er wol eben ur Bafall der Saſ— 
faniden, von ihnen eingejegter Grenzftatthalter über Hira 
war, oder Vicekönig, obwol aus altem arabiſchen Stamme; 
denn von einen feiner Nachkommen, dem Mondhar, Sohn Mä 
alfema, fagt Abulfeda 38) ausdrücklich, daß der perfiiche Mo— 
narh Kobad ihn vom Throne geftoßen, und einen andern der 
Zendlehre ergebenen Satrapen, ven Araber Sarith, einen Ken— 
diten (einer feiner Nachkommen war der berühmte Dichter Am— 
rulfais) eingefeßt, daß dann aber derſelbe Mondhar von den 
nachfolgenden Khosroes Nuſchirwan (reg. 532— 579) 39) wir- 
der auf feinen Thron von Hira reftaurirt worden fei. 

Dies Abhängigkeitsverhältniß wird durch die Schickſale 
von Zeid, dem Sohne Hammars (Serretair Nomansd), naher ins 
Richt geſetzt. Zeid, von dem Freunde feines DVaterd, dem Di— 
fhan®), liebevoll erzogen, ward jehr gewandt in der Schrift und 
Literatur des Arabifchen; der Satrap lehrte ihn auch die perſiſche 
Sprache. Entzückt über die Talente ſeines Schützlings empfahl 
er ihn dem Sajfanidens Könige (dem Khosru) zur Adminiftration 
der königlichen Voten, eine ſehr ehrenvolle Stelle, die nur an Söhne 
der Satrapen gegeben zu werden pflegte. Cine Zeit lang verwal« 
tete er dies Amt, bis nah Nomans Tode (Noman Nasri Lakhmi 
wird er hier genannt, der Bruder Aswad aber nicht ald Künig ers 
wähnt, der nach Fresnel auch gar nicht zur Regierung gekom— 
men®), obwol er in ver chronvlogifchen Tafel bei De Sary als 
König beim Jahre 460 aufgeführt wird). Als aber dann die Be- 
wohner von Hira ungewiß waren, wem ſie die Führung threr 
Stadt übertragen ſollten, bis der Kedra einen neuen König einjegen 
würde, jo wählten fie, auf des Satrapen Borfchlag, ven Zeid, 
Sohn Hammars, zu ihrem Vorftand, bis der perfliche Monarch ven 
Mondhar Sohn der Maalfena (nad) feiner Mutter genannt, 
auch Mäsajfamä bei Freönel, die aus dem Tribus der Ma— 
wija ald große Schönheit galt) auf dem Thron von Kira ein— 
jeste (na) De Sacy chron. Tafel Mondhar IM. 520 und im J. 
531 n. Chr. ©. reftaurirt). 

Zeidd Frau, Namah, eine Tochter Thalebahe, aus der Fa— 
milie Adi, gebar ihm einen Sohn Adi (bei Quatremere; Adiyy 





’»®) Fleischer, Abulfedae Hist. Anteisl. I. c. p. 127 und 129. 

) Vergl. Richters Nrfaciden= und Saffaniden- Dynaftie. Leipz. 1804. 
©. 216 — 228. *°) Quatremere 1, c. T. XVI. p. 533, 

*) F. Fresnel, Lettre I. I. c. p. 63. 





nd Fa ZU ZU HU ung , Zu 


Wa —[ 


Hiſtor. Ueberſicht; Grenzreich Hira. 97 


bei Fresnel), der in der arabiſchen Schule zuerſt gebildet, dann vom 
Satrapen mit deſſen Sohne Schahanmard auch in die Schule 
der Perſer (vielleicht zu Edeſſa? wo Ibas Epiſcopus war; ſ. 
Erdk. XI. S. 351; denn Adi ben Zeid wird auch der Ib-adi), 
d. i. der Neſtorianer genannt, ſ. Erdk. X. S. 60— 63) geſchickt 
ward, wo er die perſiſche Sprache mit höchſter Eleganz ſprechen und 
ſchreiben lernte, auch die Poeſie und die Kunſt des Pfeilſchießens, 
ſo daß er unter die Cavaliere der Bogenſchützen eintrat, und auch 
alle Spiele der Perſer trefflich erlernte. Sein Eintritt, mit dem 


Schulkameraden Schahanmard, in die Dienſte des Kesra er— 


hob ihn bald zum erſten Diener, als arabiſchen Schreiber, in 
des Königs Canzlei, die er zu Madain in der Reſidenz (Erdk. X. 
S. 165) bewohnte. Die Bewohner von Hira waren ihm ganz er— 
geben, und König Mondhar folgte in allem feinen Rathſchlägen. 
Er, Adi, der Sohn, verdunfelte ven Ruhm feines noch Iebenvden 
Vaters. Mit Urlaub des Kedra brachte er 2 bis 3 Monat des 
Jahres im Haufe feiner Bamilie zu Kira zu; trat ex bei dem Kö— 


nige Mondhar ein, fo erhod ſich die ganze Verſammlung und ſtand, 


bis ſich Adi gefegt hatte. Dom Kesra (Khosroes Nuſchir— 
wan, der wiederholte Kriege und Friedendfchlüffe mit Kaifer Ju— 


ſtinian gepflogen) mit Gefchenfen als Gefandter an den Kaijer von 


Eonftantinopel geſchickt, genoß er dort alle Ehren feiner Stellung, 
wozu auch freie Poſten durch alle Provinzen des Kaiferreiches ge— 
hörten. Syrien wurde damals von dem Kaifer an Khosroes abges 
treten, daher wol hielt fi) Adi eine Zeit lang in Damask auf, 
wo er fich ven poetifchen Studien überließ und feine erften Ge— 
dichte befannt machte. Indeß brachen Unruhen in Hira aus, die 


fein Vater Zeid, der noch Iebte, beilegte, fo wie diefer eine Em— 


pörung und Verſchwörung gegen das Leben des habfüchtigen Kö— 
nigs Mondhar, der die Güter feiner Unterthanen gewaltfamer 
Weiſe an fich zu reißen fuchte, dadurch unterdrückte, daß er felbft 
die Zügel der Gewalt in feine Hände nahm, und Mondhar nur 
den Titel überließ. Seines Königsgefchlechted wegen war es das 
Volk zufrieden, daß diefer im Ball eines Krieges das Commando 
führte. Zeid, fagt die Gefchichte, handelte fo aus Dankbarkeit 
gegen Mondhar und aus Achtung vor dem Sabad, dem Idole 
das in Kira angebetet ward. Zeid flarb bald darauf, als fein 


*?) Quatremere, Journ. Asiat, 3, Ser. Tom, VI. p. 502; F.Fresnel, 
Lettre Ill. T. V. p. 114, 


Nitter Erdkunde XII, 11) 


98 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 59. 


Sohn nod) in Damask war; dad Volk hatte ihm eben 1000 Kas 
merle zur Sühnung einer Blutrache übergeben. Als das Volk diefe 
nun zurücnehmen wollte, widerſetzte fih König Mondhar und 
jhwor bei den Idolen Lat und Uzza, fo lange er Iebe, jolle von 
Zeidd Eigenthum Fein Stückchen abgehen. Indeß kehrte Adi *) 
mit den Gegengefchenken des griechifchen Kaiferd zum Kesra und 
von da nach Hira zurüf, wo ihm der König Mondhar mit ven 
Einwohnern der beiden Orte Aftenia (?) entgegenzog und ehren- 
von einholte. Seinen Gefchäften ftand er am Hofe zu Madain vor, 
brachte aber die Winter bei Spiel und Jagd in Lira und zu Dje— 
fir (2) in der Wüfte gu. So verfloffen mehrere Jahre, in denen er 
bald allen andern LZagerorten in der Wüfte denjenigen vorzog, wel— 
hen die Beni Djarbu (mol die Djerbo oder Djerboa, die au) | 
heute nody reiche Weivelänvder im eupbratenfifchen Gebiete befigen, | 
ſ. Erdk. Th. XI. ©. 838 u. a.) bewohnen. Es war die einzige der | 
Tribus, die von den Temin (wol vie Tai, die großmütterlichen 
Seitenverwandten) abftammten, unter denen er fich gern aufhielt; 
doch waren unter allen Arabern ihm die Beni Djafar die lieb- 
ften. Seine Kameele ließ er auf den Territorien der Beni Dab- | 
bah und der Beni Saad weiden, denn fehon fein Vater hatte 
diefe beiden Stämme vorzugsweiſe mit der Pflege feiner Heerden 
beehrt, und darin folgte er deſſen Vorgange. Zur Gemahlin erhielt 
Adi eine Chriftin, die Schöne Hind, die Tochter eines Prinzen von 
Kira, Noman ben Rawiahs, deren Liebesgeſchichte umſtänd— 
lich“) erzählt wird; feine Brüder lebten am Hofe des Kesra, der 
ihnen Gehalte, Ländereien gab und fie noch mit Gaben überhäufte. 
Diefe ganze Bamilie bekannte fih zur Kriftlihen Religion 
(Ibaditen, d. i. Neftorianer). Auch übergab ver König 
Mondhar feinen Sohn Noman dem Schuge Adi's, der mit dem 
Beiftande feiner Brüder die Pflege und Erziehung des jungen Prin« 
zen beforgte. Einen andern Prinzen Aswad, deffen Mutter Ma= 
via hieß, eine Tochter Hareth, des Sohnes Dielhem, übergab er 
einer der ausgezeichneteiten Bamilien in Hira, den Bent Marina, 
die vom Föniglichen Tribus Lakhm ſelbſt abftammen folte. Außer ' 
diefen hatte er nod) 10 Söhne, die man wegen ihrer großen Schön- 
heit die Weißen (Aſchahib) nannte. Bon ihnen fang ein Dich— 
ter: „Die Weißen, die Söhne Mondhars, Iufiwandeln am More | 








#3) Quatremere I. c. T. XVI. p. 542. 9) Quatremere i, e. VI. 
p: 495 —500. 


Hiſtor. Meberfiht; Grenzreih Hira. 99 


gen in Hira umber, ftraf wie blanfe Degen.” Noman war 
aber roth im Geficht, mit Leberflecken, und flein von Geftalt. Wie 
es am Hofe zu Kira herging, wenn die Häuptlinge der Be— 
duinenftämme dafelbft verfammelt waren, davon hat Sojuti, 
aus jehr antiker Berichterftattung des Tabrizy*), eine ungemein 
characteriſtiſche Anecdote aufbewahrt, die recht lebendig in die Mitte 
jener Landfchaft und jener Zeit verfegt. Bei einer folchen Abge— 
erdnneten= Berfammlung am Hofe dieſes Mondhar ließ der König 
zwei Mäntel von ver Art, die „Burd“ heißen, hereinbringen, und 
fagte: ver ftehe auf, der ein Sproß vom evelften Stamme der Ara= 
ber ift und nehme die beiden Burds. Sogleich erhob ſich unges 
faumt Amir, Sohn Duhaymir, Sohn Bahdalah vom Tribus 
der Tamim, und riß die Mäntel an ſich. Alſo dein Tribus follte 
der edelfte aller fein? fragte ihn der König, worauf Amir erwiderte: 
Adel wie Zahl find vem Tribus der Maadd (j. ob. ©. 18, 
d. i. allen Muftaraba) eigen. Nah Maadd fommt Nizär, jein 
Sohn, nad) ihm Mondhar u. f. w.; denn er zählte nun die lange 
Reihe der edelften Vorfahren von männlicher und meiblicher Seite 
bis auf ven Tribus der Tamim auf, und fchloß jo: amı gefeierteften 
unter den Tamim ift Sad, unter den Sad ift es Kab, unter den 
Kab ift es Awf und unter den Awf ift es Bahdalah. Wer 
mehr Ahnen aufweifen kann, der mache feine Anfprüche geltend, 
hier vor dem Schiedsrichter der Genealogien. Ale fehwiegen. Da 
fuhr Amir fort und fagte: ich bin Vater von 10, Bruder von 
10, Oheim von 10 (f. ob. S.23) und hier fteht mein Fuß, in= 
dem er dad Bein feft auf ven Boden flampfte, wer ihn von feiner 
Stelle rücken kann, dem follen 100 Kameele zum Kohn fein (d. h. 
den werde er erfchlagen, und zur Sühne feiner Yamilie den Blut— 
preid von 100 Kameelen zahlen). Niemand rührte fich, und Amir 
ging mit feinen beiden Mänteln zum Walaft des Königs hinaus. 
As Mondhar ftarb, ernannte er Alias, Sohn Kabifah, 
vom Tribus der Tai, zu feinem Verweſer, bis Kesra feinen Nach— 
folger auf den Thron zu Kira erhoben haben würde. Diejer 
Mondhar ©. Maalfema fol, nach einer andern Erzählung *6), 
von Harith dem Ghaſſaniden, dem Statthalter ver byzantini« 
Shen Kaifer an der fyrifchen Grenze, mit Krieg überzogen wor— 


*) F. Fresnel, Lettre 1. Paris, 1838, p. 27, Not. 8. **) Fres- 
nel, Lettr. III. in Journ. Asiat, T.V. 1838, p. 114 nad) dem Kitäb- 
alickd in der Journde d’Ayn Abägh. 


&2 


100 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 59. 


den und in der Schlacht zu Ayn Abägh überwunden und ge- 
tödtet fein, die in der Reihe der berühmten arabifchen Schlachttage 
bejungen ik. Nah Ibn Kothaiba) geht feinem Tode noch der 
Tod feines Nachfolgerd vorher, der auch als König von Hira auf— 
geführt ift, und im Krieg gegen bie Ohaffan von ihnen erichlagen 
ward. 

Aber diefer Kedra, Sohn des Hormuz (alſo Khosru Par— 
wiz, reg. von 591 bis 628, deſſen Herrſchaft große Verwirrungen 
vorhergingen, welche auch auf Hira einwirken mußten), konnte nicht 
ſo ſchnell eine paſſende Wahl treffen, und ſagte: Wolan, ich werde 
12000 meiner Reiter unter einem Perſer General nach Hira zur 
Einquartirung in die Häuſer der Araber ſchicken, ihre Güter und 
Weiber in Befib zu nehmen. Adi, der auch in andern Erzählun— 
gen der Dolmetjcher *) des Kesra genannt wird, wußte dieſes 
Unglüf abzuwenden; er erinnerte ven Kesra daran, daß Nachkom— 
men Mondhard vorhanden feien, der auch die Söhne fogleidy zu 
Hofe rufen ließ. Hier wurde Noman, nad dem Kitäb=zalidd, 
der jüngfte der Söhne von Adi, Aswad aber von Ebn Merina 
(einem Verwandten feiner Mutter) begünftigt. Noman erhielt vom 
Kedra das Ehrenkleid jamnıt Krone, und wurde mit dem Königs— 
titel nach Hira gejandt; Ebn Merina aber ſchwur dafür beim Gaſt— 
mahl und in der Kirche (er ſchwur beim Kreuz und der Taufe, 
denn er war Neftorianer) dem Adi ewige Feindſchaft. Auch ge= 
lang es ihm bald, durch Verläumdung den Adi zu jtürzen. 

Als Noman, ver bei Abulfevda En Noman Abu Kabus Heißt, 
und nach ihm 22 Jahre regiert Hat*), ven Thron von Hira beftieg 
(nach De Sacy's chronologijeber Tafel im J. 588 n. Chr. ©.), war 
Adi fein Beiftand; denn der Neuinjtallirte war arm, ohne eignes 
Vermögen, und mupte doch, um ſich die Gunft feines Oberfönigs 
zu erhalten, große Summen ihm darbringen. Adi führte feinen 
Schügling zu einem der Neichen in Sira, zu Ebn Firdis vom 
Tribus Dumah, um eine Geldanleihe zu machen, was diejer aber 
abſchlug. Darauf gingen fie in Hira zu Djaber, dem Epifco= 
pus, dem Sohne Simeond, Bruder der Beni Aus ben Kalam, 
welcher der Beſitzer des Weißen Schlofjes in Hira war. Dies 
fer ftredfte dem König Noman 80,000 Stück Goldes vor. Denn 


??7) Ibn Kothaiba, Hist. Regum Hirtensium bei Eichhorn 1. c. p. 193. 

+3) Im Kitäb-alickd in der Journee d’Ayn-Abägh bei F. Fresnel, 
Lettre III. T.V. p. 114. °°) Abulfedae Hist, anteisl, ed, Flei- 
scher p. 127. 





Hiſtor. Ueberficht; Grenzreich Hira. 101 


in der Stadt Hira waren es die Araber oder vielleicht älteſte ara— 
mäiſche Bevölkerung vom Tribus Tanufh 50), die daſelbſt einen 
großen Theil der hriftlichen Bevölkerung ausmacht, die aber 
von andern aus DVBerachtung ven Namen Ibad, Ibapdi erhielten, 
was auch fo viel als Sclaven, auch ein Schimpfname ver Ne— 
ftorianer, bezeichnete (f. unten bei Ghaſſan und Nabatäer). (Nach 
einem Berichte des Neftorianers Amru fol jener Simeon, ald er 
Epifcop von Kira war, den Noman, der bid dahin noch Soole 
anbetete, nach einer Heilung durch fein Gebet zum Chriſtenthum 
befehrt 51) Haben. Daß er Chriſt geworden, führt auch Abul— 
feda5?) an). Auf diefen jüngern Noman fcheinen allein auch 
jene Lehren über die Vergänglichkeit aller Herrlichkeit der Welt paſ— 
fen zu können, die von Adis Verſen fih erhalten Haben, obwol 
der undanfbare Noman, bei feinem Jähzorn und wüſten eben, 
wenig Brucht von denſelben gezogen zu haben ſcheint. Einft, fo 
erzählt die Tradition 53), ritt Adi mit Noman an den Gräbern 
vorüber, die außerhalb des Weichbildee der Stadt Hira an dem 
Fluſſe lagen, der fie beſpülte. Möge jedes Unheil fern von dir fein, 
o König, ſprach Adi zu ihm. Weißt du auch, was diefe Gräber 
fagen? und nun eitirte er die Verſe: 

D ihre die ihre noch auf der Wanderung fpringt und auf der Erde 

umberjagt, | 

Mir waren was ihr feid, bald werdet ihr fein was wir find. 

Nach einem zweiten VBefuche bei denſelben Gräbern, wo er dem 
Könige wieder andere belehrende Verſe mitgetheilt haben fol, feßt 
diefe wahrfcheinlich verfälfchte Tradition mehreres hinzu, was ſich 
nur auf einen frühern Noman beziehen mag. 

Verſchiedene Legenden über die Urfache des fpäter durch Ver— 
läumdungen feiner Feinde erregten Miptrauend flimmen jedoch darin 
übereins“), daß Noman feinen Wohlthäter in das Gefängniß San— 
nin werfen ließ, wo der Dichter feine Tage im Unglück vertrauerte, 
doc) in der Poeſie noch fortwährend feinen Troft fand. Als es 
ihm enplich gelang, feinem Bruder Obai am Hofe des Kesra von 
feiner Gefangenfchaft Nachricht zu geben, fandte diejer durch einen 
Eilreiter jogleih an feinen Statthalter den Befehl, Adi vie Frei— 


»°) Quatremöre I. ce. VI. p. 505, Not, p. 9) Quatremere l. c. 

’?) Abulfed. Hist. anteisl. 1. c. °»’») Quatremere I. c. VI. p. 502. 

°*) Quatremere 1. c. VI. p. 478—484; F. Fresnel, Lettre Ill. in 
Journ. Asiat. T. V. p. 114; Ibn Kothaiba bei Eichhorn, Histor, 
Regum Hirtensium p. 195. 


102 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 59. 


heit zu geben; aber eben dies beichleunigte defien Tod, denn deſſen 
Feinde erlangten ed, daß der. Unglüdliche, noch ehe dieſer Befehl 
dem Noman eingehändigt ward, ſchon im Kerfer erwürgt war. 
Nun ſah Noman fein Unrecht ein und fuchte am Sohne, den 
der Dichter hinterließ, an Zeid (Zeid ben Adi in der Tradition, 
bei Fresnel wird er Amr genannt), gut zu machen, was er an 
dem Vater, dem großen Dichter feiner Zeit, verfchuldet Hatte. Er 
empfahl den Zeid der Gunft der Safjanivens Könige durch deſſen 
Oheim, der ihm befonderd fortzuhelfen vermochte. Diefer Oheim 
hatte bei dem Kedra deffen Correfpondenz mit den arabifchen 
Fürſtenss) über ihre beiondern Verhältniſſe zum Saffanivenreiche 
zu führen; er war alfo ein Minifter der auswärtigen arabifchen 
Angelegenheiten. Dafür erhielt er von den Arabern einen feiten 
Gehalt, der in zwei edlen Füllen und andern Naturalien beftanv. 
So lieferten ihm die Araber auch die Halam, d. i. die friſchen 
Trüffeln (|. Erdk. XI. ©. 677, 746), zur gehörigen Jahreszeit 
und außerdem auch die getrodneten, vie beide noch heute eine 
Hauptnahrung ver Wüſtenbewohner ausmachen. Sie lieferten ihm 
aber au Käfe, Leder, kurz alle Arten ver Erzeugniffe Arabiens, 
jagt der Erzähler, und Zeid, der Sohn Adis, verrichtete bald diefe 
Geſchäfte feines Oheims, der in den Poſten feines Water eingetre= 
ten war. Auch gewann Zeid ganz das Vertraun des Kesra, und 
füllte bald bei demſelben die Stelle feines Waters aus; aber deſſen 
graufame Ermordung Fonnte er nicht vergejfen, auch regte er, ers 
zahlt die eine Tradition, nur zu bald ded Kesra Haß und Zorn 6) 
gegen den König von Hira, den Mörder feines Baterd, auf. Seine 
Mutter, Adis Gattin, die ſchöne Hind??), erzählt die Tradition, 
hatte ihrem Gemahl bis in jein Unglüd treulich zur Seite geſtan— 
den; nach deffen Ermordung ergriff fie dad Nonnenleben im 
Klofter Hind, das außerhalb der Stadt Hira lag. Wahrſchein— 
lich dafjelbe, das in ihrer Jugendgefchichte mit der Kirche von Du— 
mah (oder de Touma, d. i. Sanct Thomas) gerühut wird, 
in welcher die Verlobung mit ihrem Gemahl ftattgefunden, das fie 
aber nach dem Tode einer geliedten Freundin auf ihre Koften Hatte 
aufbauen laſſen. In diefem Kloſter fol fie viele Jahre gelebt ha— 
ben, und erft lange nach Entſtehung des Islam geftorben fein, wenn 
ed wahr ift, daß Moghirah, ver erfte Gouverneur der neuerbauten 


255) Quatremere |, c. VI. p. 485. 6) F, Fresnel, Lettre III. 
T.V. p. 115. ) Quatremere ]. c. VI. p. 499, 504. 


Hiftor, Meberfiht; Grenzreih Hira. 108 


Moslemenſtadt Kufa, nahe Sira, ihr noch die Sand geboten, die 
fie aber zurückgewieſen. Diefer legten Tradition zu Folge wird 
gejagt, daß dieſes felbe Klofter bei Kufa Ing (vergl. Erdk. Th. X. 
S. 59— 60). Die andere Tradition s8) giebt die befondere Veran— 
laffung an, die für den orientaliihen Hof des Saffanivden, wie für 
den Gefchlechtäftolz der Araber gleich characteriſtiſch iſt. Das Ha- 
rem der Saſſanidenkönige mußte mit den größten Schönheiten des 
Landes verjehen werden; die Auswahl hatte bisher nach einem ge= 
wiffen Signalement nur unter Berferinnen flattgefunden, weil 
die Araberinnen bei den Saffaniven nicht für Schönheiten galten, 
bi8 Zeid den Kesra auf andere Anficht durch feine Verficherung 
brachte, die Königsfamilie zu Hira allein zühle wol zwanzig Schön— 
heiten unter ihren Töchtern. Sogleidy wurde Zeid zu Unterhand- 
lungen für das Harem dahin gefandt, obwol er dem Kesra von dem 
Stolz der Araber Kunde gab, die ihre Gefchlechter reinen Bluts für 
weit edler ald das der Perſer Halten. Defto begieriger wurde der 
Safjanide. Zeid, der den Erfolg der Sendung voraugfah und für 
feine Zwecke wohl berechnet hatte, erhielt auf feinen Antrag von dem 
erbitterten Araber-König die Antwort für feinen Gebieter: Ob der 
König von Perfien denn nicht unter den Anteloven von Sawad 
(2. i. perfiich Irak) und den Gazellen von Perſien mählen Eönne, 
um feine Lüfte zu befriedigen. Die ſtolze Antwort Nomand erregte 
den wüthenden Zorn des ſaſſanidiſchen Monarchen. Zeid erinnerte 
ihn an feine Vorherfagung von dem Stolz der Araber und ihrem 
böſen Naturell, ihre Töchter Andern ald Arabern zu verfagen; daß 
fie Nadıheit und Hunger dem Pomp und dem Ueberfluß, und den 
Samum mit feiner Gluthitze ihres Landes der fchönen Climamilde 
des Verferlandes vorzögen, das fie jogar ein Gefängniß nannten. 
Da entbrannte der Zorn des Kesra und er entbot den Noman von 
Kira an der Schwelle feines Palaſtes zu ericheinen. Noman ent= 
floh dem Zorn des Perferfönigs mit feiner Bamilie, feinen Waffen 
und feiner ganzen Macht in die Berge von Tai, und rief ven 
Tribus der Tai (f. ob. ©. 86) um feinen Beiftand an. Die 
Tai gaben ihm zur Antwort: wenn dir nicht unferd Gefchlechtes 
wäreft, würden wir dich nieverhauen; denn wir wollen Feine Feind— 
Schaft mit dem Kesra, gegen den wir viel zu jchwach find. Auf 
gleiche Art durchirrte der verjagte König mehrere Tribus der Ara— 
ber, ohne Hülfe bei ihnen zu finden, bis die Rawahah ben Re: 


’»®) Quatremöre 1. c. T. VI, p. 485 —490. 


104 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 59. 


# 


biah ihm fagten: wenn du willft, werden mir an Deiner Seite 
fechten. Sie wollten fich dankbar gegen ihn für eine früher er- 


zeigte Wohlthat beweiſen; er fah aber felbft ein, daß fle zu ſchwach 


waren, und wollte fie nicht in das DVerverben führen. Bei ven 
Bafriven hinterließ Noman, dem Hani, Sohn von Cka— 
biffa, feine Tochter Sind und feine Waffen, eine Anzahl von 
800 Schuppenpanzern, und ftieg auf Hanis Rath, fih der Gnade 
des Kesra anheim zu ftellen, insgeheim hinab nah Dhu-kar, zu 
den Beni Sheiban, wo aber fein Unglück ihn erreichte; denn er= 
fannt und in Ketten gelegt wurde er nach Madain in dad Ge— 
fängnig Khänefin gebracht, und fo die Rache Zeid, des Sohns 
von Adi, für dad Blut jeined Vaters befriedigt. Hier fol ihn der 
Tod ereilt haben, nach den einen durch die Peſt, nach andern durch 
den Zorn des Kedra, der ihn durch Elephanten, nach Abulfeva von 
Kameelen, zertreten ließ. Männer aus Kufa haben ausgefagt, er 
jei in der Stadt Sawad, d. i. ein Ort bei Madain, geftorben; 
andere zu Khanefin, ven Gefängniß; er habe eine ganze Zeit lang 
darin gefangen gefeffen und fer dann erft kurz vor der Entſte— 
hung des Islam (alfo kurz vor 622 n. Chr. ©.) geftorben. In 
der chronologifchen Tafel De Sacy's ift fein Todesjahr 611 n. 
Chr. G. angegeben. Sein fehmählicher Untergang, mit dem nun 
auch das alte Gejchlecht der Könige von Hira erlojchen war, ift 

“von vielen Arabern befungen ald warnendes Zeichen des mwanfens 
den Glücks. 

Da der Kedra (Khosru Parviz, vergl. Erpf. X. ©. 161) 
bald nachher zwar fiegreicher Eroberer, aber kurz vorher im eignen 
Lande noch flüchtig gewejen war, mo ein arabifcher Emir vom 
Stamme Tai, Ayyaz (Ajas oder Jjas ver Tajite bei Abulfeda, 
oder Jyas bei Fresnel), ihm auf feiner Flucht zu den Griechen 
mit zehn Kameelen, Lebensmitteln und einem Führer beigeftanven, 
jo erhob er, bei wieder gewachfenem Anjehn vdiefen aus Dankbar— 
feit, wahrjcheinlich fon im 3. 604 (oder 607 nach Schloffer, 611 
im 40ften Jahre Mohameds nah De Sacy), als Noman feinem 
Sturze nahe war, zum Könige von Kira‘), obwol Ayyaz nur 
dort dad Commando der Araber erhielt, um der Perſer Einfluß 
in Arabien zu unterftügen, der aud) bald groß genug ward, als 
Seif der Himjarite den Saffanivenfönig gegen die athiopifchen 
Ujurpatoren in Jemen zu Hülfe rief (f. 06. ©. 72). Wie aber 


»>9) Schlofier, Weltgefch. IL. 1. ©. 199, 203. 


u un 


Hiftor. Ueberſicht; Gvenzreih Hira. 105 


in der unmittelbar darauf folgenden Zeit der allgemeinen Bekeh— 
rung zum Koran auch die nördlichen Uraberhäuptlinge dem Mo— 
hamed huldigten, der Saffanidenthron zufammenbrach, wie Die 
Aethiopenherrfchaft, und ſeitdem die Particularreiche in dem einen 
großen Chalifenreich aufgingen, ift fchon früher nachgemiefen (f. 
06. ©. 71, Erdk. X. ©. 161,183 u. v. a. D.). Doch zunächſt wa— 
ren noch innere Fehden der nördlichen Araberſtämme unter fi, 
die Folgen jenes Sturzed der Dynaftie von Hira, und was 
Abulfaradj Isfahani im Kitab alagani®) nur nebenbei an- 
deutet, wo er jagt: Die Araber ergriffen vie Waffen und Nomans 
Hinrichtung folle Die wahre Urſache der Schladht von Dhukar 
gewefen fein, wird vollfommen in der Reihe der Schlacdhten- 
gefänge des Kitab alickd beitätigt, im welchen auch ein Gefang 
dem Schlachttage von Dhufar (Dhou Efär bei Fresnel)sl) 
gewidmet ift, aus dem das eigenthümliche Verfahren der kriegeri— 
ſchen Araber- Tribus gegen te Zumuthungen der ſchlauen Politik 
ihrer Gegner für ven Anfang jenes erften Jahrhunderts des 
Islam haraeteriftifch Hervortritt. Es giebt viefe Erzählung 
eine lebendige Anſchauung unzähliger nachfolgender Scenen, die auf 
denfelben nördlichen Örenzgebieten Arabiens in den Ieb- 
ten drei Jahrhunderten fich ftetö in der analogen Art gegen die 
Ueberfäalle der Türfenherrichaft, und in allerjüngfter Zeit, zumal 
gegen die Bafchad von Bagdad und ihre Kriegäheere, oft ganz in 
derfelben Geftalt erneuert haben. Deshalb dieſe Erzählung dort 
localer, bis heute ganz ftabiler, ethnographifcher Ver- 
hältniſſe zum Schluffe ver Nachrichten über Hira und feine 
Umgebungen bier an feiner Stelle ftehen mag. 

Diefer Schlachttag ift nach einer Wafferquelle oder Ci— 
fterne Dhukar benannt, und foll, nach dem Erzähler, erft nach 
dem erften Auftreten Mohameds vorgefallen fein; ſie wiro 
zu den großen gefeierten Schlachten der Araber gezählt, an deren 
Ruhm die ganze Nation Aheil nahm. Sie wird auch nach andern 
um jenen Wafferbrunnen liegenden Orten: die Schlacht von Hima, 
Gkiraffir, Djibäyät, Dhataloudjroum orer Batha-dhi— 
Ckar genannt, deren Localität und aber nicht näher bezeichnet wird. 

Ayyas, der neu eingefeßte Statthalter zu Kira, erhielt von 
feinem Gebieter dem Kesra den Befehl, Alles was feinem Vorgän- 


°°) Quatremöre 1. c. VI. p. 494. *') F. Fresnel, Lettre II. in 
Journ. Asiat, T. V. p. 116—124: Journde de Dhou- Ckär. 


106 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 59. 


ger angehört hatte, zu vernichten. Als der Monarch hörte, daß dei= 
fen Hinterlaffenihaft im Beſitz des Hani war, der fie herauszu— 
geben wider die Ehre ded Stammes hielt, dem fle anvertraut war: 
fo befchloß der Safjanide in feinem Zorn, auch den Tribus ver 
Bakriden, dem Hani angehörte, zu vertilgen. Dazu war jedoch 
Schlauheit nothwendig; aber der gegenfeitige Haß der Araberftämme 
unter ſich, der ſie bis Heute verfolgt, und noch Fürzlich auch die 
Wechabiten in die Gewalt Mehmed Alid gegeben, war auch da= 
mald dad Mittel fle zu entkraften. Nouman, Sohn Zurah, ein 
Zaghlibite, vol Haß gegen den Tribus der Bafr, gab Khosru 
Parviz den Rath, feinen Zorn unter freundlichen Mienen zu ver- 


bergen, um die Bakriden aus ihrer Wüfte, wo fle unantaftbar, auf 


die befjern Weiden in die Euphratnähe, nah Iraf, zu ver- 
loden. Da würden fie dann alle zu dem Brunnen Dhufar ſtür— 
zen, den fie an der Grenze der Wüfte beiten, und mie die Nacht« 
falter, wenn diefe die Tadel umfchwärmen, bei einem plößlichen 
Ueberfall Teicht zu vernichten fein. Der Kesra folgte dem gehäſſi— 


gen Rath feines Dieners, und in vollem Frieden fich dünkend, rüd- 


ten die Bakriden nach ihrer alten Gewohnheit im heißen Sommer 


zum Wafferbehälter Dhukar. Alsbald fandte ihnen der Perfer 
Despot den NRathgeber Nouman zu, mit der Aufforderung zur 


Unterwerfung nach vreierlei Wahl. Ihr liefert die Waffen des Kö— 
nigs von Hira aus; oder ihr verlaßt das Weideland des Brunnen 
Dhufar; oder ihr ftellt euch zur Schlacht. Nach vielen Debatten 
wurde Hani, der zum Rückzug rieth, von Hanzhalahs überftimmt, 
der zur Schlacht aufrief. Alle Stämme der Bafriven wurden durch 
Eilboten an den Brunnen Dhufar bejchievden, auch erjchienen fie 
alle bis auf die Beni Hanifah, die ausblieben. Nun gab Hani 
die Waffenröcke aus Nomans Erbfehaft zur Bekleidung der Käm— 
pfer; die drei Häuptlinge, Hani und Dazid von den Untertribus 
der Schayban, und Hanzhalah, Sohn Ihalabahd, waren die 
Feldherren des Tages. Das gewaltige Heer der Perfer, dad nah 
feinen 5 Abtheilungen näher bezeichnet ift, in denen auch Nou— 
man der Taghlibite, der Verräther, und der neue Statthalter von 
Hira, Ayyas, an der Spige der Taijiten und furdhtbarer Neiter« 
fchwadronen der Schahba und Daweär, die bei Perjern im Solo 
ftanden, ihre Commandos hatten, wurbe dennoch von den Helden 
ver Bakr gefchlagen. Ein Theil ward niedergehauen, ein anderer 
nach dem ſüdlichen Irak in die Flucht gejagt; der Verräther wird 








ö— — — CE — — — nm en 


gefangen, und Ayyas der König von Hira dankte nur die Ret- 


Hiftor, Ueberfiht; Grenzreich Ghaſſan. 107 


tung feiner flüchtigen Stute, der Taube (fo Hieß fle, Hamaͤmah). 
So endet der Schlachttag von Dhufar, und zugleich erftirbt Damit 
die letzte Macht von Hira. 


2. Das Königreih Ghaffan der Araber gegen Syrien, 
unter dem Einfluffe der Byzantiner. 


Weniger noch als von Hira find und die Berichte über dies 
zweite Grenzreich der Araber aus jener vormohamedanifchen Pe— 
ziode überliefert; denn mit derfelben verfchwindet auch dieſes mie 
jened aus den Reihen der Geſchichten. Wenn die angeführten Tra= 
ditionen von Kira für den Einfluß des ſaſſanidiſchen Lebens 
auf das der arabifchen Grenzvölfer im euphratenfifchen Land— 
firich und der benachbarten Müfte von großem Interefe find: fo 
würden fpeciellere Daten über den Einfluß des chriſtlich-griechi— 
ſchen Lebens und der mehr abendländifchen Givilifation 
auf die Syrien anwohnenden Völker ver Ghaſſaniden nicht we— 
niger Iehrreich für die Folgezeit arabifcher Zuftände im Innern der 
Halbinjel geworden fein. Uber hier haben wir nur dürre Regen— 
tentafeln, die untereinander bei den verfchievenen Autoren noch we— 
niger flimmen, ald die von Hira, und bei den einen, wie Ibn Ko— 
thaiba 2), zu dürftig oder in Zahlen abenteuerlich, bei andern, wie 
bei Abulfeda63), an verwirrenden Pringennamen, unter denen die 
regierenden ſchwer herauszufinden, zu reichhaltig find, ohne daß ſub— 
ftanzielere Daten ald bloße Namen und Zahlen darin enthalten 
wären, um bie es und hier doch gar nicht zu thun if. Wir wür— 
den daher und nur im allgemeinen mit der Angabe des Vorhan— 
denſeins eined folchen Grenzverhältnifjed begnügen können, wenn 
nit von der einen Seite auch aud den dürren Tafeln der große 
wenn ſchon nur vorübergehende Einfluß fich zeigte, den die chriſt— 
lie Kirche auf dieſe Grenzaraber durch griehifhe Nach— 
barjchaft ausübte, und amdererfeitd auch viele geograpbifche 
Namen von Orten und Baumwerfen darin vorkfämen, die, wenn 
wir jchon heutzutage kaum einen oder den andern diejer Orte auf 
ber heutigen Landkarte nachzuweiſen im Stande find, doch die Mög: 
lichkeit der Nachforſchung an Ort und Stelle nah Monumenten, 


| Historia Regum Gassaniorum ex Ibn Kothaiba III. Reges Sy- 
riae, b. Eichhorn, Monum. Antiq. Hist. Arab. 1. c. p. 151—175. 

PP) Abulfedae Hist, Anteisl. ed. Fleischer I, c. De Regibus Ghas- 
sanitis p. 129— 131. 


108 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 59. 


die wir ald noch immer beſtehend kaum bezweifeln, übrig laffen, 
und aljo die Erwähnung diefer bisher unbeachtet gebliebenen, wenn 
ſchon unbefannten Localitäten doch eben hierher recht eigentlich ge= 
bört. Wir folgen ©. de Sacy'3 chronologifcher Tafel, die vor- 
zugsweiſe nach Abulfeda's Daten berechnet 6%) ift. 

ALS allgemeines Reſultat ergiebt fi, daß auch dieſe Colo— 
nifation ver Ghaſſan nicht vor dad Jahr 210 nach Chr. Geb. 
zurüdgeht; denn 400 Jahr vor Mohamen wird Diofna, Sohn 
Azd, als der erfte König in Ghafjan genannt, der, feinen Vor— 


vätern nah, von Kahlan (Bruder Himyars) und deffen Vater ! 


Saba abftammte (f. 0b. ©.41) und bei der allgemeinen Verhee— 
rung des Seilalarim feine Heimat Jemen verließ. Vom Waffer 
Ghaſſan (zwifchen den Thälern Zeinaf und Zama gelegen, nach 
Mafudi)e) ir Syrien erhielten fie ihren Namen, fie waren aber 
keineswegs die erften Araber jener Landfchaft, denn fie fanden eben 
daſelbſt jchon andere Araber, die Dhadjaima von Salih abftam= 
mend, vor. Diefe, fagt Ibn Kothaiba, waren Ehriften, ihre 
Statthalter waren vom griechifchen Kaiſer eingejegt, den fie auch, 
ald die Azditen, ihre Landsleute die Einwanderer, famen, um 
deren Aufnahme erjuchten, die gegen Tributleiftung auch geftattet 
ward. Als aber zum erften male des Kaiferd Präfect vor Dſcho— 
za, dem einen der Häuptlinge dieſer Azditen, zur Gintreibung des 
Tributs erfchien, fcehlug ihm diefer mit dem Säbel den Kopf ab. 
Mit den Truppen des Kaiferd Fam es zu Gefechten, nach denen 
Dſchoza wieder zurüdzog nach Mittelarabien, wo er in Jathreb 
(Medina) mit ven Juden in ein Bündniß trat, Djofna aber im 
Lande blieb, Chrift und der erfte König in Ghafjan murde. 
Nach Abulfeda fol er die Salih verdrängt, ihren König erfchlas 
gen (was mol fich auf Dichozas That beziehen mag), und auch vie 
dortigen Khodaiten wie die Griechen, welche in Syrien wohnten, 
fi) unterworfen haben. Maſudi fagt nur, daß diefen Ghaſſan, 
in ihren neuen Wohnfigen, von den griechifchen Kaifern die Ober- 
herrichaft über die dortigen Araber übertragen fei, worunter wol 
jene und ſonſt unbefannten Khodaiten, fo wie die von ihrem 
Waſſer verdrängten Salih verftanden fein mögen, die auch zuvor 
ſchon einen andern Tribus, nämlich den der Tenufh, von demfel- 
ben Waſſer Ghaſſan verorängt hatten (die Tanukh machten auch 


6°) S, de Sacy, Mém. I. c. T. 48. Table chronologique des Rois 
de Gassan p. 571— 577. 65) De Sacy 1. c. p. 574. 


Hiftor, Meberfiht; Grenzreih Hira, 109 


einen großen Theil des gemeinen Volks der Stadt Hira aus, j. ob. 
&.88). Mafudi beſtimmt die Zocalität, welche die Ghaſſan ein- 
nahmen, genauer; er nennt fie Serat®6) und fagt: Serat fei der 
- Berg, den die Azditen einnahmen, den man daher ald Azd Serat 
von andern unterjcheibe. „Dieſen Berg nenne man eigentlich He— 
„dſchas; man bezeichne jenoch damit nur den Rücken diefes Se— 
„rat genannten Berges, wie man mit Hedſchas auch den Rücken 
„eines Thiers bezeichne. Die Ghaſſan ließen fich in diefem Lande 
„nieder, und jchlugen ihre Wohnflge in der Ebene, auf dem Berge 
„und in allen Nachbarſchaften auf. Diefer Berg liege aber auf ber 
„Grenze von Syrien, er jcheide Syrien von Hedſchas, 
- „indem ex entlang dem Territorium von Damasf, ver Pro— 
„vinz des Jordan und Paläftinas Hinziehe und fo am 
„Mofesberge (per Sinai?) ende.” Wir jehen alſo hier den an— 
tifen Namen deſſelben Gebirged, dad ſchon Moſes Seir nannte 
5.8. Moſe 2,1), das bei Abulfeda6”) und allen Arabern Sche— 
rath und auch heute noh Scharat, auch Scharah, oder hei 
Burckhardt Schera heißt, im Südoſt ſchon von Damask, und 
im Oft des Jordanlandes, auf der Grenze des wüſten Ara— 
biens gegen Syrien, und wie dieſes in jener Zeit die erften 
Anfänge feiner arabifchen Eolonijation aud Jemen er= 
hält. Dies ift ein für die Bolgezeit arabiicher Stämmeverbreitung 
nicht unwichtiges bisher jedoch meift unbeachtet gebliebenes Datum, 
deſſen Beftimmung wir Mafudi, dem großen Gefchichtfchreiber ſei— 
ner Zeit, verdanfen. Der Name Serat erftredte fi) damals alfo 
ichon bis gegen Damask hin, und ift nicht wie in neuern Zeiten 
blos auf die jünlichen Enden dieſes fyrifchen Grenzgebirgszuges be= 
ſchränkt. 

Wo ſpeciell das Waſſer Ghaſſan lag, oder wo das Thal 
zwiſchen den Bergen Zeinak und Zama, iſt uns bis jetzt unbe— 
kannt geblieben. Schon Djofna, heißt es, führte hier viel Bau— 
werke auf, was nie von Jsmaeliern geſagt wird (ſ. ob. S. 43), 
fein Sohn Amru und Nachfolger in der Herrſchaft, ſagt Abuls 
jeda, baute fogar viele Klöfter‘) in Syrien, die er Deir= Halt, 
Deir-Ejjub und Deir-Hind nannte. Deffen Sohn. und Nach— 
folger ald König in Ohafjan, Tha’leba, lebte in ver und Hinrei« 


E 


66) De Sacy I. c. °’) Abulfedae Tabula Syriae ed. B. Koeler. 
Lips. 1766. 4. p. 8, Not. 31, *®) Abulf, Hist, anteisl. 1. c. 
ed, Fleischer p. 129, 


110 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 59. 


chend befannteren Gegend, in Hauran, im ©.S.D. von Damasf, 
und erbaute in dem einen Theile vefielben, fagt Abulfeda, ver 
EI Belfa heiße (alſo meiter ſüdwärts, im Parallel von Jericho, 
jedoch auf der Dftieite ded Todten Meeres, nicht fern vom alten 
Hesbon, wo die Wilgerftatinn el Belka auf der Pilgerroute nach 
Mekka befannt ift, lange vorher ehe viefe dort in Gang Fam), fein 
feftes Eaftell, das er El Ghadir nannte. Sein Nachfolger, ver 
4te König diefer Dynaftie, erbaute eben vafelbft in EI Belfa das 
Caſtell EI Hafir, und deffen Sohn und Nachfolger, Diabala, 
noch drei hinzu, namlih EI Kanatir, Adrah und EI Kaftal. 
Alfo, ihrer jemenifchen Herkunft gemäß, ſehr bauluftige Herren, 
die fih hier im Lande durch ftarfe Burgen feftzufegen fuchten, 
und zugleich Begünftiger ded Klofterlebend waren, dad damals | 
freilih ganz Paläftina und Syrien ergriffen hatte. Denn, nah 
einer Lücke in der chronologifchen Tafel, in der 5 Brüder hinter- 
einander ald Landesfürſten aufgeführt werden, wird in biefer Zeit 
auch wieder der Erbauung zweier Klöſter gedacht, Deir ed 
dhachm und Deir el bunuwwa. Es treten nun, mit den Jah⸗ 
ren 424 und 454, wieder Könige mit Namen Djofna hervor, des | 
ren erfterer, Diofna der Kleine, die Stadt Hira eingeäfchert 
haben fol, weshalb feine Familie ven Zunamen al Moharrif, 
d. i. die Mordbrenner, erhielt. Jetzt beginnen ihre Kriege mit 
den Königen von Hira, in denen ein paar von diefen, wie wir 
oben gefehen, in den Schlachten ihr Leben verloren. Die Statt« | 
halter ihrer ſtets fich befriegenden griechifchen und ſaſſanidiſchen 
Oberherrn werden eben dadurch wol in fortwährendem Aufruhr als 
Grenzwächter beider Reiche gewefen fein. Die Klage der byzan- 
tinifchen Geſchichtſchreiber dieſer Periode über Sararenenüberfälle | 
an den arabifchen Grenzen ihrer Provinzen ift an der Tages-— 
ordnung. | 
Ein Zeitgenoffe de8 EI Mondhar, ©. Maalsfema zu 
Hira, nämlich Noman II. (457) in Ghaffan, erbaut wieder | 
ein Gaftell, E8 Soweida, und deſſen Nachfolger Djabala IM. | 
(520 n. Chr. ©.) verlegt feine Nefivenz nah Siffin, das und | 
(über das Schlachtfeld Siffin, wo unftreitig dieſe Neftvenz Naffa | 
gegenüber am Südufer der Euphratmüfte, f. Erdk. X. ©. 1077) ſo 
unbefannt bleibt, wie die von Hirenfern zerftörte Gifterne Er Ro« 
fafa, die einer feiner Nachfolger miederherftelt, im Lande jener 
fchon zu Iefatad und König Salomond Zeiten (Hohe Lied Salo« 
monis 7, 4) fo berühmten Wafferteihe von Hesbon. Nach 





Hiftor, Meberfiht; Nabatäer - Land, 111 


einer ganzen Aufeinanderfolge von unbefannteren Zwiſchenkönigen 
wird der 22fte ver Reihe, EI Eihem, dadurch merfwürdig, daß 
derfelbe Befig von Thadmor, d. i. von Balmyra‘9), genommen, 
wo ihm fein Präfeet EI Kain, Sohn von Chaör, in der Wüfte 
ein großes Schloß mit noch andern Gebäuden aufbaute, das 
Abulfeda für Kasr Barkfa feiner Zeit zu halten geneigt war. 
Noch folgen auf die Regenten in Ghaſſan, auf welche, wie e8 
feheint, die Bauluft Kaifer Juſtinians und anderer byzantinifäher 
Kaifer jener Periode nicht ohne Einfluß geblieben fein mag, noch 
vier in der Aufzählung bei Abulfeda, deren letzter Djabala, un« 
ter dem Khalifen Omar Mufelmann wird, alfo auch als der legte 
König von Ghaffan genannt wird, der aber als Apoftat fpäter 
wieder zur chriftlichen Kirche übergeht und fein Heil in der Flucht 
bei den Griechen fucht. Ibn Kothaiba, ver ihn ald einen Rieſen 
befchreibt, fagt, daß er zu Kaifer Heraclius nach Conftantinopel 
geflohen, und daß mit ihm die Reihe der 37 Könige von Öhaf- 
fan befchloffen gewejen fei. 


$. 60. 


Norpweftliches Grenzland Nabataea, die Arabia Petraea 
der Griechen und Römer. Das Land der Nabatäer, ver 
Nicht » Araber, in vormohamedanifcher Zeit. Die Urſitze 
der Nabat vom aramäifchen Stamme im Euphratlande; 
ihre Ausbreiiung durch Nord-Arabien bis zum Golf von 
Alla, Ihre Eolonifation, ihr Territorium, ihre Dynaftie, 
ihr Handel. Berhältnig der Nabat zu Affyriern, Syriern 
und Phöniciern. Ihr Kommen und Verſchwinden. 
Fortdauer ihrer Population und ihrer Sprache 
im eupbratenfifchen Irak. 
Durch die Eolonifationen von Kira und Ghaſſan, die ung 
die Verbreitung arabiſcher Stämme bis an die Euphrat— 


länder, bis an das ſyriſch-paläſtiniſche Grenzgebirge 
Serat, ja ſelbſt bis zum Außerflen Norppunct, bis zum bes 


#9) Abulf, Hist, Anteisl, ed. Fleischer p. 131. 


112 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


braifhen Thadmor, dann dem fyrifchen, römifchen und endlich 
arabifch gemordenen Balmyra vor Augen ftellfen, lernen wir das 
hinwärts auf hiftorifhem, dem einzig möglichen, Wege den 
Begriff von Arabien, fo weit diefes bei einem Lande thunlid) 
ift, dad niemald von feinen eignen Bewohnern in folchem Umfange 
mit dem Geſammtnamen Arabien belegt worden ift, in jofern feſt— 
jtellen, ald dadurch ein Halbinfelland zwifchen Syrien und 
Mefopotamien bezeichnet wird, dad von arabifchen Völ— 
ferfchaften bewohnt und beherrſcht ward. 

Aber noch bleibt von der fogenannten arabifchen Halbinjel 
ein großer Länderraum, ihre norbweftlichfte Begrenzung gegen die 
beiden Golfe von Suez und Aila mit der Halbinfel ded Sinai 
übrig, die noch nicht mit in diefen Complex arabifcher Völkerver— 
baltniffe aufgenommen und verwickelt erfcheint, und doch mit zu 
Arabien gerechnet wird, fogar bei Griechen und Römern den Nas 
men zu einer Hauptabtheilung veffelben, nach ihrer Gapitale Petra, 
Arabia petraea dargeboten hat. ine Benennung die dann in 
neuern Zeiten erft, wo man die politifche Bedeutung nicht mehr 
fannte, in die moderne Ueberfegung ded fteinigten Arabiens 
(Arabie petree) umgemodelt ift, ein Ausdruck, ver fich auf das 
ganze große Halbinfelland eben fo gut ausdehnen ließe, wie man 
ihn auf diefen befondern Theil deffelben angewendet hat. Bisher ift 
bei den Altern Arabern nur in fofern von dieſer, aber namenlofen, 
Landfchaft die Neve, ald jene Gegend zu und nach Mofed Zeiten 
der Ausgangsort der Söhne Ismaels war, die fih ald Arab 
Muftaraba den Stämmen Mittel-Arabiend anfchloffen. Zum er— 
ften male wird ihrer erft in den arabifh-moslemifhhen An— 
nalen mit der Unterwerfung des Fürften Johanna von Aila, 
am ailanitifchen Golf, an das Geſetz des Koran, und bei dem ſeit— 
dem tributairen VBerhältnig an die mufelmännifche Oberherrfchaft er= 
wähnt (j. 06. ©. 71). 

Ohne den herkömmlichen Gebrauch der Griechen und Rö— 
mer, die ſo viele Gebiete des-Auslandes mit ganz faljchen und 
isrigen Namen belegten, und auch diefe Lanpfchaft zu Arabien 
Ihlugen, würde fie, dem ethnographifchen Begriffe gemäß, 
in frühefter, vormohamedanifcher Zeit gar nicht zu Arabien zu 
rechnen, fondern nur etwa nach ihren vorherrfchenden Bewohnern 
mit viel größerm Recht Nabataca zu nennen fein; nicht einmal 
das nabatäifhe Arabien, weil und vor Nabatäern dort gar 
feine arabiiche Stämme bekannt find, diefe erſt nachher bort ſich 


ee — — =: 


— —— — ——— ——— — —— ——— ——— —— — ——— —— >> 


Hiftor. Ueberſicht; Nabatäer- Land, 113 


einniften. Zu den Zeiten Davids und Salomons find aber 
dort weder Araber noch Nabataer, fondern Phönicier muß— 
ten dort einheimifch fein, die den Schiffbau betrieben und bekannt— 
lid) die Steurer der Flotten nach Ophir waren, wie fie auch die 
Flotten Pharao Necho's von da nad) dem Süden Afrikas gelei— 
ten (1. Buch d. Könige 9 und 10 und Herod. IV. 42). 

Nach mohamedanifcher Zeit wurde diefe Nabataea, mie die 
benachbarten Landſchaften Syrien, Mejopotamien, Aegypten, von mos 
bamedanifchen Bevölferungen überfluthet, und tritt ſeitdem auch erft 
in ihren arabifch=einheimifchen Gefchichten hervor. Da aber dieſe 
fpätere arabijche Uebervölferung bei weitem die früher ein- 
heimiſche überboten, oder vertilgt, oder doch wahrfcheinlich endlich 
- auch gänzlich verdrängt hat, und auch der frühere bei Ausländern 
gebräuchliche Name Arabia petraea num einmal bei europäifchen 
Autoren feftgewurzelt war, fo hat fich der alte Irrthum bis in 
die Gegenwart fortgepflanzt, vie alte Bevölkerung ebenfalls 
für eine urfprüngliche arabifche anzunehmen, wovon das 
Gegentheil zuerft durch die jo feltene wie umfaſſende orientalifche 
Gelehrfamkfeit Quatremére's in das volle Licht gefegt worden 
ift, wodurdy das vermirrende Dunkel, das biöher über dieſem Lande 
und feinen Zuftänven fehwebte, großentheild, was die Ueberlieferung 
aus dem Alterthum betrifft, gehoben erfcheint 70). 

Dad Land der Nabatäer am Nordende der Halbinfel bil« 
det einen merkwürdigen Gegenfag zum Lande Jemen der Him— 
yariten am Südende derjelben; dadurch, daß beide urjprünge 
lich keine arabifchen Völker, fondern folche mit andern Sprachen 
herbergten, die aber für arabijche genommen und mit dieſen ver— 
wechfelt wurden; daß fie beide ganz verjchiedenen vom mit- 
telarabifchen völlig abweichenden Entwidelungdgang 
nehmen, der dem trogig umherſchweifenden, in völliger Unabhäne 
gigkeit beharrenven, vitterlich poetifchen, aber ftationairen Character 
der geichlechtöftolgen Beduinen ganz entgegen, in Jemen aus wil- 
der Ariftofratie fich zu einer geregelten Monarchie mit meifen, ge— 
jeglichen Ginrichtungen, mit Ugricultur, Gewerben, Schiffahrt und 
Künften erhebt, in Nabatia veögleichen, aber mehr noch zum gro= 
fen Welt- und Landhandel und Luxus in den Künften der Archi— 
tectur binneigt, wovon bei Mittelarabien ſich nie eine Spur 


?70) Quatremere, M@moire sur les Nabateens im Journ, Asiatique, 
Paris, 1835. T.XV. p.5—55; 97— 137; 209 — 271. 


Ritter Erdkunde XII, H 


114 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 60. 


gezeigt hat. Auch darin bilden fie beide einen Gegenſatz zu ver 
übrigen Landesbevölkerung, daß fie als eigenthümliche Völkerſchaf— 
ten vom Schauplaß der Gefchichte gänzlich zurüdgetreten 
find, wahrend ihre politifchen und religidfen Befieger und Ver— 
dränger nur einzig und allein noch von der Nachwelt genannt find; 
daß jene beiden Feine eignen Annalen ver Olanzzeit ihrer Ge— 
Schichten Hinterließen, deren Vragmente wir aus den confufen Be— 
richten ihrer Verpränger und Ueberwinder erft 5 herauszu⸗ 
leſen haben. 

Die Nabatäer erſcheinen gleich den Himyariten als ein Me— 
teor, das plötzlich gleich einem hellen Geſtirn ſtrahlt, aber nach we— 
nigen Jahrhunderten eben ſo wieder in das Dunkel zurücktritt, aus 
dem es hervortrat, ohne daß man ſeinem Namen nach erfuhr, wo— 
her es kam und wohin es ging; und doch wird ihm, wie jenem 
Geſtirn, in ſeinem Syſteme die Bahn, woher es gekommen und 
wohin es gegangen, ficher beſtimmt geweſen fein; nur daß die Hi— 
ftorie biäher diefe Bahn nachzuweiſen verfäumte, und es mit dem 
Moment ded Erjcheinend auf fich beruhen ließ, Meinungen ftatt 
Thatfachen überliefernd. Im einer gewiſſen Periode der Geichichte 
in den Jahrhunderten unmittelbar vor und nach unferer Zeitrech- 
nung treten Nabatäer, alö eine zahlreiche, ja mächtige Nation, 
mit berühmter Königsreihe von Malek (Malchus) bis Aretas”!), 
vol Thätigkeit, Welthandel, großen Neichthümern und Luxus in 
der Gefchichte auf, die aber bald wieder verfchwindet, und fat zu 
einem Mährchen hätte werden können, wenn nicht ganz neuerlich 
erft (im Sahre 1812 durch den unermüdeten & Burkhardt) ??) 
die grandiofen und luxuriöſen Denfmale ihres großen Emporiums 
in der Mitte des wüſten Klippenlandes am Wadi Mufa, dem Mofe= 
thale, wieder entdeckt worden wären, eine Entdeckung, die auch zu 
der hiſtoriſchen Wieder-Entdeckung ihrer Erbauer geführt hat, Die 
durchaus Feine Araber waren. Den Beweis, daß fie nicht dem 
arabijchen, fondern dem aramaifchen Völkerſtamme anges 
hörten, finden wir in Quatremeres Memoire, dem wir nur daß 
Hierhergehörige entlehnen, vollftändig ausgeführt, weshalb wir dar— 
auf zurücfweifen. 


2°), Chronologifche Tafel ihrer Könige bei Dr. Vincent, Commerce 
and Navigation of tlıe Ancient in the Indian Ocean. London, 
1807. 4. Vol. II. p. 273— 276. 2) J. Lew. Burckhardt, Trav. 


in Syria. London, 1522. 4. p. 420. Deutjch. Ausg. v. Sefenius | 


Th. I. €. 702 u. f. 


Hiftor, Heberfihtz; Volk ver Nabatäer. 115 


Nabatäer, bemerkt viefer gelehrte Orientalit 3), wurden im 
hebraifchen Text ver Bibel nirgends. genannt, und auch Herodot 
nennt fie nicht, woraus man vielleicht ſchließen dürfte, daß fie auch 
in ältefter Zeit, ald die Söhne Edoms (Eſaus) dort umherfchweife 
ten, auch noch gar nicht in der Nähe Paläſtinas anfaffig geweien, 
fondern erft fpäter eingezogen. Die nachfolgenden griechifchen und 
lateinifchen Autoren, welche fie nennen, fegen dies Friegerifche und 
zugleich induftriöfe Volk insgeſammt nach Arabien. Flavius Jo— 
ſephus kennt den Namen des Landes, ohne deſſen Volk von den 
Nachkommen Ismaels und feiner 12 Söhne zu unterſcheiden, die 
nach ihm den großen Landſtrich vom Nothen Meere bis zum Eu- 
phrat einnehmen, ein Landſtrich der nach ihm (Antiq. Iud. I. c. 12 
ed. Haverec. I. p. 40) Nabataea heißt. Vielleicht, daß Damals 
die Ismaelier, die fpäterhin ald Bevölkerung Mittelarabieng, alfo 
viel weiter ſüdwärts gerückt erfcheinen, auch noch fo weit gegen 
den Norden ftreiften, wo aber dad Land von einer andern, ein- 
gezogenen, vorberrfehenden Golonifation ven Namen Naba- 
taea ſchon trug. Dem Joſephus find Hieronymus wörtlich 
(in Quaest. hebr.) und die andern chriftlichen Kirchenhiftorifer ge— 
folgt. Diodor (Hist. Lib. I. ed. Haverc. T.1. 93 a, pag. 160) 
ift der erfte der Altern Claſſiker, der ſie als Nation mit ihrer Ge— 
ſchichte aufführt. Vom Lande zwifchen Aegypten und Syrien fagt 
er, 28 fei von Arabern bewohnt, die Nabatäer heißen, deren Land 
eine Wüfte fer, ohne Waſſer und mit wenig Gulturjtellen; in Dies 
ſem Tiege ein fehr fefter Fels, zu dem nur auf engſtem Pfade ein 
einziger Steig hinaufführe, der jo befchwerlich, daß nur wenige 
Menfchen, und zwar nur unbelaftete, ihn erreichen könnten, dies fei 
Petra die Capitale. In vemfelben Lande liege der 500 Stadien 
lange und 60 breite See, der das Bitumen, den Asphalt Tiefere 
(im Norden von Petra dad Todte Meer, an defien Ufern aljo die 
Nabatäer ſchon ein politifches Uebergewicht gewonnen haben muß— 
ten). Auch bringe Nabataea Balfam (ven Balfam von Gilead), 
und wo Diodor von der Schiffahrt im ailanitifhen Golf 
(zöAnog Alkavlıng) und ver Infel Tyran, die er Infel der 
Phoken (ywx@v vzoog Lib. Il. T. 1. 123, a, p. 209 und 210, 
unftreitig des Dugong, Salicore, hier Naka bei den Unwohnern 
ded Aila-Golfs genannt, ven E.Nüppell dort und in Danafil wies 
der entveeft hat) 74) nennt, Spricht, jagt er ausdrücklich: bier lägen 


*9) Quatremere, M&m. 1. c. XV, p. 7. +, E. Rüppell, Reifen in 
52 


ce 


116 Weſt-Afien. IV. Abtheilung. $. 60. 


jowol am Meere als tief Iandein die vielen Ortſchaften der 
nabatäifhen Araber. Hiermit ift chen vie große Ausdeh— 
nung des Landes der Nabatäer vom ailanitifchen Golf bis über 
Gilead auf ver Oftfeite de8 Todten Meeres und ded Jordans 
Hin bis über Belka nah Hauran bezeichnet, wo wir zuvor auf 
der fyrifch=arabiichen Grenze die ülteften Sige der Tanufb und 
der Salih vor dem Ueberfall ver himjaritifchen Araber in Ghaſ— 
fan nachgewiefen haben, die mwahrjcheinlicy in die Fußtapfen der 
entwichenen Nabataer traten. 

Die bekannten Kriege des Antigonus und feines Sohnes 
Demetrius (um das Jahr 310 vor Chr. ©.) gegen vie Naba— 
täer gehen in daſſelbe Ränvdergebiet, wie wir an einem andern Orte 
gezeigt haben 5), mobei wir zugleich eine Bemerfung über das Em- 
porfommen diefer Nabatäer machten, die wir auch heute noch 
als Tichtgebend hier glauben wiederholen zu müffen. Da Diodor 
ausdrücklich ſagt, daß Antigonus dieſe Expeditionen audfendete, 
nachdem er ſo eben Herr von Syrien und Phönicien geworden 
war: fo iſt es wol möglich, ja ſelbſt wahrſcheinlich, daß er die 
Kenntniß diefed Petra und feiner Schäge im Nabatäer-Lande, 
die Shen damals nicht unbedeutend geweſen, weshalb er nach ihrem 
Befige fo begierig war, bei den Phöniciern in Erfahrung ges 
bracht hatte, deren Zwifchenhändler und bald Rivalen eben 
diefes DVolk, mit vem jüdlichen Arabien und gegenüberlie= 
genden Aethiopien, durch jeine fo günftige Weltftellung gewor— 
ven war. Die Nabatäer treten alſo, felbft wenn die gemannte 
Felsburg, das Aſyl ihrer Schäge, nicht das fo berühmt gewordene 
Petra im Wadi Mufa, jondern nur als eine nörvlichere Vorhut 
deſſelben (Goffellin meinte e3 jei Karac)’6) gelten follte, Doch 
mit diefer Begebenheit, gleich zum erjten male in der Gefchichte 
mit der ganzen Wichtigfeit auf, die fie in älterer Zeit für Ty— 
rifche un Jüdiſche Beherrfcher hatten. Diefes Verhältniß ift 
es eben, was in feinem bisherigen Geleife, mit den Veränderungen 
durch Alexanders Demüthigungen der Phönicier und nach deſſen 


— 


Nubien und dem peträifchen Arabien. Frankf. 1829. ©. 187; defien 
Reife in Abyii. 1838. B. J. ©. 243, 253. 

’>) @, Ritter zur Gefchichte des peträifchen Arabiens und feiner Bes 
wohner, in Abhandlungen der Akademie der Wiſſenſchaften in Berlin 
vom Jahre 1824. Abth. Hifterifch:philofoph. Klaſſe. Berlin, 1826. 4. 
&.196 u. f. "°) Geographie de Strabon. Paris, 1819. 4. T. V. 
p- 260 Not. 





— 


1 


Hiftor. Meberfiht; Volk ver Nabatäer. 117 


Tode (feine letzte Leivenfchaft war darauf gerichtet, von Babylon 
aus Arabien ganz zu umfaiffen, um eben den Handel der Him— 
gariten und ver Nabatäer bis an ven ailanitifchen Golf für 
Aleranoria in feine Gewalt zu befommen, |. Erdk. X. ©. 37 u. f.), 
mehr und mehr geftört ward, das aber eben vazıı beitrug, denjelben 
Nabatiern aus einer frühern Abhängigfeit (einer mercantilifchen ) 
von Bhöniciern und Syrern zu einer Selbftändigfeit in Han— 
del und politifcher Herrichaft zu verhelfen, die ihnen früher ganz 
gefehlt zu haben jcheint. 

Strabo beftätigt nur nach Eratofihenes Vorgange diefelbe 
Lage, wenn er fagt (XVI. 767): dag vom arabifchen Golf über 
Petra der Nabatäer bis Babylon (alſo die Breite der Halbe 
infel) eine Entfernung von 5600 Stadien (140 geogr. Meilen) ſei, 
und diefe Strede eine bequeme Route aus Aegypten durch Daß 
Land der arabifhen Tribus der Nabatäer nah Babylon 
darbiete. Nah Artemidorus führt er an einer andern Gtelle 
auch erft einen reichen Palmenwald, wol bei Tor, dann die In= 
fel ver Phoken, oder die Robbeninfel, wie Diodor an, und fagt: 
dortiger Landſpitze im Rüden liege Petra, die Stadt der nabatäi— 
ſchen Araber (XVI. 776), und das Land Paläſtina, zu denen die 
Minäer uno Gerrhäer und alle Nachbarvölfer vie Gewürze 
ladungen brächten; der atlanitifche Golf und Nabatäa fei 
ein fehr ſtark bevölfertes und weidereiched Land. Auch von Syrien 
aus wiederholt Strabo (XVI. 779) an einer dritten Stelle, 
aljo noch weiter nordwärts, daß man dort zuerjt ven Nabatäern 
begegne, dann den Sabäern, die Arabia felix bewohnten, und 
daß jene früherhin fehr oft ihre Wege durch Syrien zurüdgelegt 
(unftreitig in Sandelöfarawanen), daß aber died vorher der Fall 
gemwefen, ehe die Nömer ſich Syrien unterworfen hätten. Damit 
ſtimmt auch die Gefchichte ver Makkabäer, bei denen es (1. Buch 
5, 24 und 25) heißt: Aber Judas Maccabäus und Jonathas, fein 
Bruder, zogen über den Jordan in die Wüften drei Tagereifen. 
Da kamen zu ihnen die Nabatäer und empfingen fie freundlich 
und zeigeten ihnen an, wie es ihren Brüdern in Galaad ginge. 
Diodor hatte bemerkt, daß die Nabatäer, die vorher durchaus 
nur im Frieden mit ihren Heerden und dem Handel auf dem ande 
beſchäftigt gemefen, feit ven Zeiten der Ueberfälle des Antigonus 
auch im ailanitifchen Golf Seeraub trieben, bis fie von den ägyp— 
tischen Königen deshalb zur Nuhe gebracht. Während der letzten 
Herrichaft der Ptolemäer tritt ihre Hauptſtadt Petra als die 


118 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


Refivenz eines bedeutenden einheimijchen Königshaufes auf. Stra» 
bo's treffliche Vefchreibung der Lage von Petra 7) war früher 
unverſtändlich geblieben, fie giebt dad treuefte Abbild des fehr eigen- 
thümlich gelegenen Ortes, in einer quellenreichen, ebenen, jelbft bis 
heute ſtark bewohnten Gegend, die aber überall durch die Natur 
von Felfen ummauert und dadurch zur natürlichen Veſte gemacht 
ift, nicht auf einer Telshöge, wie man früher annahm, fondern im 
Felsthal, zu deſſen befruchteter Tiefe nur enge Schluchten ald Fels— 
eingänge führen, welches jelbjt wieder in der Mitte der einförmi- 
gern Wüftenlandfchaft liegt. Diefe hierdurch entſchiedene Identität 
jener antifen und ver heutigen Petra war dad große Empo— 
vium, von den Minäern 70 Tagereifen aus Südoſt und den be— 
fanntern Gerrhäern 40 Tagereifen aus Nordoſt frequentirt, aber 
eben jo auch von der Seejeite her; denn der Periplus des Ery- 
thräifchen Meeres fagt, daß von dem Geeflapel und der Zolljtätte 
Leufefome nun auch der Dandeldweg nach Petra führe (Arriani 
Peripl. M. Erythr. ed. Ox. p. 11. eis nötgav noög Mailyav 
BooıLda Nußotaiwv). So treten nun auch mit dem Reichthum 
und dem Großhandel der Nabatäer ihre Könige hervor, deren 
Namen Malek over Malchus (offenbar nur der Titel Melek, ver 
daher vielen der angeführten Könige zufam) und Obodas (Obeida 
nach Quatremoͤre's Schreibart) bei Flav. Joſephus fchon andert= 
halb Jahrhunderte vor chriftlicher Zeitrechnung in der Gejchichte ver 
Maffabäer vorfommen. Zu Kaiſer Auguſts Zeit ift es Obodas 
(der zweite, nach Dr. VBincent3’3) chronologifcher Tafel, im J. 
24 vor Chr. G. Obeida bei Duatremere), ein Bunvesgenoffe der 
Römer, welche feinem nördlichen feindlichen Ntachbarreiche, vem ſyri— 
ſchen, ein Ende gemacht hatten; deshalb die Nabatäer unmittelbar 
darauf ald ihre natürlichen Bundesgenoffen erfcheinen. Doch wurde 
dem Obodas ein Theil des verunglückten Feldzugs des ägyptifchen 
Statthalters, des Aelius Gallus, im genannten Jahre beigemej- 
jen, der für den Kaiſer zur Erforjchung, zur Befreundung oder Un— 
terwerfung der Küftenvölfer, zu den Arabern gefenvet ward (Strabo 
XVI. 780). Obodas, der König der Nabatäer, überließ nämlich 
nach dem bortigen Gebrauche ver Könige, ſich, wie Strabo fagt, 
nicht felbjt um den Krieg zu befümmern, alle Sorge deshalb fei- 
nem oberjten Staatsbeamten (Eriireonog), feinen Vizier Saleh 


27) Zur Gefch. des peträifchen Mrabiens a. a. D. S. 201 u. f. 
) Vincent, Commerce and Navigat. l. c. Il. p. 275. 





— — — — — — — 


Hiftor. Ueberſicht; Volk der Nabatäer. 119 


(nad) Quatremoͤre's Schreibung, für IurAuıog), der ven Titel Bru— 
der (AdeA@os) führte. So vortrefflich diefer auch für die Ver- 
waltung bei ven Nabatäern beforgt war, jo vernachläjfigte er doch, 
wie Strabo erzählt, in allem die Pflege für das verbündete Nö« 
merbeer, und mag ſogar wol abfichtlich das Verderben diefer un« 
willfommenen Gäſte durch faljche Rathſchläge geförvert haben, vie 
mit der Unterjochung Syriens auch die Erringung der Obergemwalt 
in Arabia felix beabjichtigten, und wol nur zu gern auch in Bes 
fit der Handeldvortheile der Nabatäer getreten wären. Für jenen 
Verrath an dem Herrjchervolfe und an feinen Legionen, durch wel- 
chen er ihr Verderben herbeiführte, ward dem Saleh aud) fpäter« 
bin, wie Flav. Joſephus und Nicol. Damascenus berichten, 
jo wie auch noch für manche Hinzufommenvde Verbrechen in Nom, 
die Beftrafung. Strabo fagt es ganz offen, daß Auguftus diefen 
Feldzug in Hoffnung des Erwerbs großer Reichthümer befchloffen, 
weil jene Araber (die Himyariten) ſchon feit alter Zeit im Rufe 
ftanden, große Reichthümer zu befisen, da fie ihre Gewürze und 
edeln Steine gegen Gold und Silber verfauften, aber aus ihrem 
Lande nicht wieder von den herausgehen ließen, was ſie eingehan= 
delt hatten. Detavianud Auguftus Hoffte alfo an ihnen, jagt 
Strabo, reihe Freunde zu gewinnen, oder reiche Feinde zu 
befiegen; die Nabatäer hatten ihn ald treue Bundesgenoſſen zu 
unterftügen Hoffnung gemacht. Der Verrath, den Syllasus (Sa= 
leh) der Nabatäer an den Nömern beging, beftand darin, fagt 
Strabo (XVI. 780), daß er fie von Kleopatris, an der Mündung 
des Nilcanald gelegen, in ver Gegend des heutigen Suez, diefem 
Orte mehr gegen Nordost, verleitete, die gefahrvolle und langwei— 
lige Schiffahrt auf dem nördlichen Ende des Nothen Meered zu— 
rückzulegen, ftatt die Legionen ven Landweg über Petra nad 
dem fühlichern Hafen von Leukekome zu führen, eine Landroute 
von der Syllasus behauptete, daß fie für ein Kriegsheer bis Leuke 
umpracticabel fei, eine Unwahrheit, da doc) von dieſem großen 
Handeldorte ver Nabatäer große Handelskarawanen mit 
vielen Menſchen und Kameelen fortwährend nach Petra ihre 
Waaren hin und wieder zurüd transportirten. in zweiter Behler 
war diefer, daß er ven Aelius Gallus, welcher von der Schiffe 
fahrt im Rothen Meere Feine Kenntniß hatte, erſt im «Hafen zu 
Kleopatris oder Arfino& nicht weniger ald 82 große Schiffe (Bi— 
und Triremen, mit vielen Barken) zum Transport feiner Regionen 
bauen ließ, die fich bald, wegen des jeichten und Elippigen Mees 


120 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 60. 


red, old ganz unbrauchbar ergaben. Ael. Gallus mußte daher, 
als man diefen Irrthum erkannte, nun erft 130 Brachtbarfen zim= | 
mern Jaffen, um nur die 10,000 Nömer aus Aegypten, nebft ven 
Bundeögenoffen, worunter auch 500 Judäer und 1000 Nabatäer un- 
ter Syllaeus Befehl waren, bis Leufefome fortzubringen. Hiezu 
fam nun, daß durch einen jo langen Verzug der Truppen an der 
unwirthbaren Wüfte des Golfs von Sue (wo nur fihlecdhte und 
falzige Wafjer), und durch eine langſame Neberfahrt von da, in 15 
Tagen, vol Noth, Hunger, Scorbut und andern Krankheiten, das 
Heer bei feiner Landung in Leukekome fo herunter gekommen war, 
daß der Teloherr Sich gezwungen ſah, zu deſſen Wiederherftellung 
dafelbft den ganzen Sommer und Winter zu verweilen, ehe ex fei= 
nen eigentlichen Groberungszug nach dem ſüdlichen Arabien 
nur beginnen Fonnte, der bier bei vem Austritt aud dem Ge— 
biete der Nabatäer erft feinen Anfang nahm. Und auch hier 
wurde er noch durch wafferlofe Ummege aller Art irre geführt, mo 
man fogar dad Waller auf Kameelen mit fi führen mußte, bis 
man nach vielen mühfeligen Tagemärfchen das Gebiet des Are- 
tas, eined Verwandten des Obodas, erreichte, der die Nömer zwar 
freundlidy aufnahm und beſchenkte, in deffen Gebiete aber 30 Tage— 
märfche weit die Noth des Heeres durch Syllaeus Irreleitung nicht 
abnahm (Strabo XVI. 781). Den weitern Vortgang ded Zuges 
fpäterer Unterfuchung überlaffend, bleiben wir Hier nur bei den 
wichtigen Nefultaten ftehen, die ficy daraus für das Land ver 
Nabatäer ergeben, das mit dem ſüdlichſten Emporium deſſel— 
ben, Zeufefome, dem Safenorte, in feiner ganzen großen Kü— 
ſtenausdehnung hervortritt, jo wie der wichtige Karawanenverkehr, 
der von da bis Petra ging. Die lebte Klage des Waffermangels 
liegt in der Natur des Landes, und ift der Unwiſſenheit des Feld— 
heren von demſelben zuzujchreiben, aber keineswegs feinem Führer; 
aber aus der frühern Ablenfung des Römerheeres von der 
großen Karawanenftraße von Aegypten (von Rhinocolura der Phö— 
nicier ausgehend, jagt Strabo XVI. 781) über Petra nach Leuke— 
fome ift die Abſicht der Nabatier Könige Teicht zu erfennen, 
denen jolche Gäfte wie ein Römerheer, wenn fie ſich fchon Freunde 
der Römer nannten, für ihre Nefivenz und die Mitte ihrer Lande 
ichaften, die nur im dauernden Frieden ihren blühenden Kandel trieb, 
der allein fie reich und unabhängig machte, nur unwillfommen 
fein mußten. Syllaeus war nur fchlau genug, den Plan feines 
Gebieters durchzuführen und alle Vorwürfe auf fi zu nehmen, 





Hiſtor. Ueberſicht; Volk der Nabatäer. 121 


was ihm doch zuletzt auch noch zum Verderben gereichte. Von 
dem Innern des Landes erhalten wir daher keine genauere 
Nachricht, und Strabo begnügt ſich nur im allgemeinen von dem 
Reichthum und dem großen Handel mit arabiſchen und indiſchen 
Waaren, der über Petra nach Aegypten und Syrien ging, zu 
ſprechen; daß dieſe Stadt, nur 3 bis 4 Tagereiſen von Jericho und 
5 von Phönikon gelegen, einen König habe, ver ftetd aus einem 
Königsgefchlechte gewählt „werde; daß fein erfter Vizier (der Exi- 
oonog) den Titel eines Bruders führe, daß die innere Verwaltung 
ſehr gut fei. Strabo fügt Hinzu, daß fein Freund, der Philoſoph 
Athenodor, der Petra Gefuchte, fehr überrascht geweſen fei, dort 
eingewanderte Nömer und andere Fremde zu finden, die zwar 
unter ſich und mit den Peträern manche Zwiftigfeit hätten, indeß 
die Bewohner von Petra felbft unter ſich ſehr friedlich lebten 
und niemald in Streit ſtänden (Strabo XV. 779). Alſo ein ganz 
verfchiedener Character von arabifchen ganz unfriedlich gejinn= 
ten Völkern, welche die Fremden zurüdftoßen, unter ſich 
jelbft aber in ewiger Fehde ftehen. Schon Hieraus follte man auf 
eine ganz von den Arabern verfchiedene Völferfchaft der Naba— 
täer haben zurückſchließen können, wozu aber noch andere bewei— 
jende Gründe hinzufommen. 

Die Beflimmung der Lage von Leukekome, Weißerhafen, 
eine bloße Ueberfegung des griechiichen Autors, ift hier, wegen der 
Grenzbeftimmung des Nabatäerlandes gegen Süd, an der 
Meeresfüfte Hin, ein wichtiger Punct, ver Die verfchiedenfte Deus 
tung erhalten hat. Zuerft haben Bochart und D’Anville?”®) 
übereinftimmend aus den Schifferdaten des Periplus und aus ber 
fgrifchschalpäifchen Bedeutung des Wortes hauar, d. i. weiß, in 
dem heutigen arabifchen Hafenorte Hauara das alte Leufefome 
(Asvan Kon, i. e. Albus pagus) des Aelius Gallus wieder 
gefunden. Wirklich hat Steph. Byz. dieſes Hauara (s. v. Lvage) 
ald die Stadt ver Nabataer aufgeführt, welche ihren Namen, 
der bei Arabern und Syrern fo viel ald „weiß“ beveute, jo wie 
ihre Entftehung der Legende von einem Drafeliprud) des Obodas 
verdanke. Mannert hat mit großer Zuverſicht, ohne auf jene 
Gründe Rückſicht zu nehmen, den noch ſüdlicher gelegenen Hafen 
Janbo für das Leukekome des Strabo erklärt), weil Niebuhr 


9), D’Anville, Description du Golfe Arabique ou de la Mer Rouge, 
in Mein. sur l’Egypte ancienne. Paris, 1766. 4. p. 243. 
*0) Mannert, Geogr. d. Gr. u. R. Th. VI. B. J. 2te Aufl. 1831. S. 4. 


122 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


bei feiner Schiffahrt von Suez bis Janbo eben jo viele Tage wie 
Aelius Gallus gebraucht, und weil der Periplus (Arriani Peripl. 
Mar. Erythr. p. 11 ed. Oxon.) eine Ueberfahrt von dem ägypti— 
jchen Hafen Berenife nach Leufefome auf 2 bis 3 Tage an— 
giebt, diefer Hafen alfo ver nächte der gegenüberliegenden arabi- 
ſchen Küſte fein müſſe. Aber die große mit fo vielen Schwierig- 
feiten am Küſtenmeere kämpfende Nömerflotte brauchte unfireitig 
ichon diefelbe Zeit, um nur einen noch nördlicher gelegnen Hafen 
wie Hauara zu erreichen, und der Periplus laßt feinen Schiffer 
nicht direct von DBerenife gegen Oft nach Arabien hinüberfjegen, 
fondern aus guten Gründen, die dort die Küſtenſchiffahrt der alten 
wie der heutigen Araberichiffe erheifcht, von Berenike erft von ver 
Linfen (x de av Övowvicuwv, Peripl. 11), das heißt gegen 
Norden, am Hafen Myos Hormos (das jpätere Koſſeir) vor: 
über, an der Küfte hinjchiffen, und dann erft direct gegen Oft fich 
wendend, auer über den Golf, ven Hafen von Zeufefome, ver 
alſo nördlicher ald Janbo, der Hafen von Medina, liegen muß, er- 
reihen. Don vdiefem SHandeldmarfte, mit einem Gaftrum, beſtä— 
tigt es der Beriplus, daß von da der Weg nad Petra zum König 
Malek ver Nabatäer offen ftehe, der hier in feinem Landungs— 
orte der arabifchen Waarenfchifie, mo eine Befagung und Comman— 
dant ftehe, den Zoll, welcher ein Biertheil des Werthes betrage, 
erheben laſſe. Dann aber folge weiterhin, d. i. gegen Süd, die 
weite Landjchaft Arabien, von welcher ver Periplus alio das 
Land der Nabatier unterjcheidet. Gojjellin hatte es vor- 
gezogen St), eine noch nördlicher gelegene Küftenftadt, Moilah (v. h. 
Eleiner Salzort), die aber erſt jpäter in der Notit. Dignitat. 
vorkommt, mit Zeufefome zu identifieiren, und darin ift ihn Jo— 
mard gefolgt3?). Dann müßte aber dieſe Eleine Saline den Na— 
men des großen Marktortes verdrängt haben, was jehr unmwahr- 
jcheinlich ift,; auch würde dann dies Emporium, wie Quatremere 
bemerkt, jo nahe gegen Petra gerücdt fein, daß die Klagen des Ae— 
lius Gallus über Mipleitung des Syllaeus, und die Verweigerung 
des Waffers auf einer fo kurzen Wegſtrecke, von Petra bis Moila, 
nur wenig begründet gewefen wären. Noch unpafjender jiheint es 
daher, mit Vincent den noch nördlicher gelegenen Hafen Ain— 


9 Ge£ogr. de Strabon éd. Paris, 4. Trad. {r. T. V. p. 292 etc. 
) Jomard, Etudes g&ographiques et historiq. sur l’Arabie. Paris, 
1839. 8. p. 143. 





Hiftor, Ueberſicht; Nabataer - Grenze. 123 


une für das Leufefome der Alten zu halten, wenn auch Wellfted 
diefer Anficht Geipflichtet 3). Obwol Heutzutage, wie Nüppell$*) 
bemerft, alle arabijchen Küftenfahrer, die von dem Süden kom— 
men, bi8 Moilah nordwärts (unter 27° JO N.Br.), dann erft 
weftlih unter Tyran Infel und vem Nas Mohamen nad) der 
ägyptifchen Seite fchiffen, fo werden doch damals die Handels— 
leute des Alterthums ihre ſtets befchwerliche Nordfahrt jo früh als 
möglich abgekürzt haben, und froh gemefen fein, fchon im jüplichen 
Hauara einen fihern Nabatäerhafen für ihren Landtransport 
nach Petra zu finden, und nicht in VBerfuchung gefommen fein, um 
Petra zu erreichen, noch nördlicher ald nur bis an die Südſta— 
tion der friedlichen Nabatäergrenze zu fchiffen. Obwol auch 
E. Ruppell hoffte, noch irgendwo die Spuren eines alten Römer— 
cafteld der Zeufefome in N.W. des Hafens von Wuſchk, alſo 
nicht ſüdwärts von demfelben nach Hauara zu, aufzufinden: jo 
hat ſich doch bis jegt Fein Monument der Urt gezeigt; der noch 
problematifche Ruinenberg Dſchebel MactubS) kann e8, ald tie= 
fer im Lande liegende Binnenftadt (vielleicht das antife Modiana), 
auf feinen Ball fein. Nach vem Peripius fängt alfo erit im Sü— 
den von Leukekome das eigentliche Urabien an, das nur 
von unabhängigen Nomadenvölfern bewohnt ward, wührend 
mit Leufefome dad geficherte Land der Nabatäer mit dem 
Karawanenverfehr begann, und in jofern begreift man Strabo 
jeher wohl, wenn er behauptet, wie viel Noch Aelius Galluß jeis 
nem Heere ftatt der befchwerlichen Küftenfahrt hätte erſparen kön— 
nen, wenn er feinen Marjch auf ver geregelten Landſtraße der 
Nabatäer genommen, da er hingegen nun in das gefahrvolle, weg- 
lofe Gebiet der independenten Araberftamme gerieth, Die von da. erfi 
ihren Anfang nahmen. 

Der Identität von Dauara und Leukekome ſtimmt auch) 
Duatremere bei, weil die berühmte Inſchrift von Adule ſage, 
daß der äthiopifche Bürft, ver died Monument errichtete, alle dieje— 
nigen Gegenden befiegt habe, „die fi von Leukekome aus— 
dehnten bis zu den Sabäern,” die aljo dad ganze Küftenland 
des eigentlihen Arabien audmadıten, daß er fih alfo nicht 
an dem Lande der Nabatäer vergriff. 


9 Dr. Vincent, Commerce and Navigat. Vol. II. p. 258; Wellſted, 
Reife in Arab. Th. Il. ©. 137. ») Dr. E. Nüppell, Reife in 
Abyffinien. Frankf. 1838. ©. 131. 56) E. Nüppell, Reife in Nu— 
bien, Kordofan S. 222; deli. Reife in Abyffinien Th. J. ©. 148. 


124 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 60. 


Mürden die erften arabifchen Stämme, die im Oft von Leu— 
fefome haufeten, mit Namen genannt, fo hätte man daran viel- 
leicht einen nähern Anhaltpunct, wo die Grenze nabatäifcher 
und arabifcher Bevdlferung mehr landeinwärts flattgefunden 
hätte. Im Agatharchides wird diefe nun folgende Küfte ver 
Araber die der Thamud (Ouuovdırwv b. Agatharchidis Periplus 
Rubri Maris, ed. Huds. p.59) genannt, wie auch bei Ptolemäus 
und Diodor, und wirklich ſtimmt die mit dem heutigen Namen 
der im Nordweft von Medina, im N. von Janbo um NO. 
von Hauara wohnenden Thamud, deren Name Ad und Tha— 
mud, flet3 die primitivften Staämme®6) der Araber, im nord— 
wetlichen Arabien, an der Grenze der arabifchen Stämme gegen die 
Söhne Abrahams, Loths, Midians und fo viel als uralt bezeich- 
nete (Koran Sure VII, IX, XXXILu. a.)87). Diefe Ihamud wa— 
ren es, die dort ihre Felfenthäler bewohnten, melde Wahl fchon 
mit zu dem peträifchen Arabien glaubte rechnen zu müfjen. Die 
Mekkaner famen auf ihren Handelsreiſen in frühern Zeiten oft un 
den Orten vorbei, mo diefe gemohnt, deshalb ihrer auch oft von 
Mohamed im Koran erwähnt wird. 

Des Plinius Nachrichten von Ddiefem angrenzenden Arabien 
find zu fehr ververbt oder zu nachläffig aus Juba und andern Au— 
toren ercerpirt, als daß man viel daraus lernen könnte; jelbft wenn 
man für feine anwohnenden Araber, die er Omani nennt, Tho— 
mani conjectiren und mit Gellarius die Zahlen ver Diftanzen 
vom Perſergolf und von Gaza nach Petra für transponirt halten 
möchte, und mit Duatremere88) fein „„huc convenit” auf den Per— 
jergolf bezöge, weil viefer dad Ziel des römischen Handels war, mo 
zwei Karawanenzüge fich vereinigten: der eine von Syrien aus 
Damask über Balmyra, der andere aus Gaza durch Petra und 
dad Nabatäerland. Auf fo langen Routen, durch die Mitte der 
Wüſten bi zur Euphratmündung oder zum Tigris (zu Charar, 
jagt Plinius VI. c. 32, ſ. Erdk. X. ©. 55,121), waren ihnen Sta- 
tionen für die Führer und die Kamteele, wie für Provifionen und 
Waaren nothwendtg. Auf viefer letztern Route von Petra nach 
Charax wohnten, nah Plinius, die genannten Thomani 
(Omani over Themani, nach VI. 33: Nabataeis Thimaneos 


86) F, Fresnel, Lettre IV. in Journ. Asiat.T. V. p. 511. 
) Günther Wahl, der Koran, ©. 124, 152, 393 u. a. D. 
9) Quatremere, Mém. sur 1. Nabateens 1. c. XV. p. 16. 


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Hiftor, Heberfiht; Nabataͤer Landwege. 125 


junxerunt veteres; Abfümmlinge von Thaman, einem Sohne Is— 
maels, 1.8. Mof. 25, 15), und da lagen auch die Städte Thu— 
mata, noch im der Mitte ver Wüfte, wo das Dumata des Ptol, 
heute Dumat-al⸗djendal, und Barbatia wol ſchon am mittlern 
oder untern Euphrat, weil er fie 10 Tagesfahrten am Fluſſe aus— 
einander nennt, und fonft wenig befannte Städte oder Kara wa— 
nenorte jened Landhandels, denen er auch noch andere einft von 
Seniramis erbaute, berühmte Städte (Abedamide und So— 
ractia) zuzählt, tie wir noch weniger zu beflimmen im Stande 
find. Doch aus der Beenvigung ded Satzes, den Pliniud damit 
befchließt, zu fagen: gegenwärtig fei aber dort ver ganze Raum 
nur eine Wüfte; weiterhin aber finde man eine Stadt Forath (mo 
jpäter Basra) auf dem Ufer ded Pafitigris, dem Könige Cha— 
rar gehörig, dahin gelangen die Neifenden, die von Petra fommen, 
die dann noch 12 M. Pass. bis zur Stadt Charar den Fluß hin— 
abzugeben haben — aus alle dieſem fieht man, daß er, wenn auch 
confus genug, die große Route durch die ſyriſche Wüſte, und 
zwar die fünlichere von Petra aus meint, welche damals, wie 
Plinius fagte, jede Stelle der Arfaciven vermied, die und 
heute völlig unbekannt ift, während vie nördlichere von Da— 
maskus oder Balmyra und ſchon aus frühern Unterfuchungen bes 
fannt wurden (f. Erdk. XI. ©. 744— 749). Dieſe ſüdliche ift aber 
unftreitig die alte nicht genauer befannt gewordene Route der 
Nabatäer, aus Babylonien und dem Gerrhäer-Gebiete am une 
tern Guphratlande (ihrem urfprünglichen Heimatlande) nach Petra, 
wo fich die Neifenvden aus Gaza oder Aegypten, aus Rhinoco— 
lura und Jeruſalem, alfo aus Phönicien und Syrien, wie 
Plinius fagt, aber auch vom Meere her über Leukekome be= 
gegneten, in dem großen Handeldemporium, deffen thäti- 
ge8, induftridfes, frievliebennes und dem arabifchen Leben (von den 
Arabes scenitae, Zeltaraber, unterfchieden) ganz fremdes Volk, 
der Nabatäer, eben diefem Zufammenfluß von Verhältniffen feine 
Neichthümer, feine Schüße, feine Blüthe vervaufte. So allein fonn« 
ten in der Mitte von Wüften jene PBrachtbauten einer Gapitale der 
Nabatäer, wie Petra, entjtehen, deren Belöpaläfte, zahllofe Mauſo— 
leen uno Tempel auf den Glanz der Bamilien ihrer Erbauer, auch 
heute noch in den zerflörteften Ruinen, zurücichließen lafjen. 

Aber diefe Glanzperiode, von der man faft vermuthen follte, 
daß ſich auch noch andere Ueberrefte auf jenen nie von Europäern 
befuchten Wüſtenwegen an den Stationen vorfinden möchten, die, 


126 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


wie einft Balmyra und Petra, noch heute wieder zu entdeden 
wären, diefe Glanzperiode dauerte nur einige Jahrhunderte, jo 
lange ver große Welthandel ausfchlieplicdy durch die Conjunetu— 
ren der Zeit in ihre Hände gefommen, durch die Blüthe Aegypten 
und den Verfall Phöniciens gefteigert war. Ihr Verfall mußte be- 
ginnen, feitvem, nach den Seleuciden, die Arfaciven fie auf ihren 
nordifchen Landwegen plagten, die Römer durch ihre Befignahme 
von Aegypten und ven directen wohlfeilern Verkehr zu Wafler nach 
Südarabien und Indien fie von der Seefahrt verdrängten, und fie 
durch bisherigen Alleinbefig, durd) Gigennuß, ihre Zölle Gu Y, 
vom Werthe) und PBreife zu enormen Höhen gefteigert hatten. So 
tritt mit Pompejus und Tiberiud Zeiten, jeit die Nömerherrfchaft 
fih big zum Rothen Meere immer mehr ausdehnte und endlich 
jeldft in Reufefome Garnifonen zum Zolleintreiben einfeßte, das 
Anfehn von Petra zurüf. Kein Landesfürft ift mehr in der Reihe 
feiner Beherrfcher zu ermitteln’), und ob der Malef des Periplus 
noch ein einheimifcher Nabataer ift, bleibt unausgemadt. Petra 
bleibt zwar noch eine Metropole, wie fih aus ven Münzen Kai— 
fer Hadrians, Antoninus Pius, Marcus Aureliuß, bis 
Septimius Severuß ergiebt; aber weiterhin verfchwindet ihre 
Größe ganz. Der Synecvemus des Hieroeles (Wessel. Itin. 
Anton. p. 721) jegt zwar Petra noch oben an in der Eparchie 
Balaftina, aber ohne Titel; in ver Notitia Imper. Rom. ift fie 
nicht mehr unter den römijchen Garnifonsftädten genannt. Pro— 
copius (de Bello Pers. I. c.19. p.101 ed. Dind.) erwahnt Petra 
nur noch ein einziges mal als einer Stadt in der Nähe des Golfs 
von Aila, in welcher vor Zeiten ein König der Araber(?) feine 
Reſidenz gehabt. In ven Acten der Koncilien tritt nur noch ein 
Epiſcopus und Archiepifeopus von Betra®) auf; unter Kaifer 
Anaftafius dient fie fchon ald wüſtes Exil für den verwiefenen 
Epiſcopus Flavienus von Antiochia, und erfcheint bei der Exili— 
rung eines Alchymiften nur noch als letter Grenzpoften des 
Römerreichd gegen die Wüfte (es zyv rergav To Yoovolov 
ns Aolas). 

Hauara, die Weiße, Leufefome, vdiefelbe des Steph. By. 
(Adapo) ift e8, die auch Ptolemäus nannte (Avapa, 66° 10° 
Long. 29° 40° Lat. in Libr. V. c.17. fol. 141), ohne die griechi= 


289) Vincent, Commerce and Navigat. II. p. 276. *0) ©. Asse- 
manni Bibl. Oriental. T. II. P. II. Romae, 1728. fol. 59. 





— 


Hiftor. Meberficht; Nabatäer⸗ Orte, 127 


ſche Ueberfegung Leukekome anzuführen, da Ptolemäus übers 
haupt fehr gemifjenhaft gegen feine griechifchen Sprachgenofjen zu 
fein pflegt, fo viel wie möglich die einheimifchen Namen aufzufühs 
ren, wofür man ihm nicht genug Dank wiffen fann. Die Tabula 
Theodos. bat eine Sauarra, 38 Mill. von Petra, 65 von Aila, 
wenn fihon in verfehrter Ordnung (Tabul. Peuting. Sect. IX.D.); 
die Notitia Imperii9l) eine Sauana oder Hauara ald wichtige 
Garnifon mit einheimifchen Neitern und Bogenfhügen, unter dem 
Commando de Dux von Paläftina, und in dent VBerzeichniffe des 
Nilus Doxapatrius von den 20, zu den Metropolis Bostra im VI, 
Sahrhunvert gehörigen Eeclefien, zu denen früher aud) Petra ge- 
zogen war, wird auch neben Elana (Aila) der Epifcopaljig von 
Avara?) mit aufgeführt. Wenn es ſcheinen will, daß dieſer Sig 
nach den Iegtern und damit bei den arabifchen Geographen über: 
einftimmenden Angaben, von denen jedoch erſt weiter unten die Rede 
fein kann, mehr im Innern des Landes lag, aljo fein Stapel- 
ort mehr für die Schiffahrt fein Fonnte, deſſen Verkehr ja auch ge— 
ſchwunden war, jo möchte, meint Quatremere?®), analog wie e8 
bei Janbo und andern Hafenorten Arabiend befannt ift, dieſe me— 
diterrane Stadt etwa die urfprünglichere geweien fein, von 
welcher die Küftenftadt, die Leufefome, als Hafenort und Colo— 
nie, audging, aber zum Emporium und dadurch allein befannt 
wurde, wie Sanbo der Kafenort von Medina, und Dſchidda der 
von Mekka. So verichwinden nach und nach alle Erinnerungen an 
die Hauptfige ver Nabatäer, wie vielmehr Diejenigen an die 
übrigen viel unbeachtetern Orte, die ald im Lande der Naba- 
täer gelegen faum den Namen nach befannt geworden waren. 
Stephanus Byz. hat in feinem geographifchen Xericon noch die 
meiften davon, dem Namen nach, erhalten: wie Medaba, dad frü- 
her dem Stamme Nuben gehört, dann von Nabatäern befegt fein 
fol; Oboda im Lande der Nabatier gelegen; Gen (Ida), eine 
Stadt nahe bei Petra; Salami, fo genannt, weil feine Bewohner 
Iarcuoı von Salama, i. e. pax) mit den Nabatäern im Bunde 
ftanden; Syrmaeon (Ivouaior) als eine Ebene, welche die Nas 
Satäer von den Nomaden (den Arabes scenitae b. Plin.) trennte, 
und Saraca (Iaopaxa, Steph. Byz.) diejenige Gegend, weldye an 


°1) Not, Dignit. ed. G. Pancirolli. Venet. 1602. fol. fol. 91, Dux 
Palaestinae. ”) 9, Assemanmni I, c. fol. 593. 9) Quatre- 
mère, Mém. sur les Nabat6ens I. c. XV. p. 43. 


128 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


dad Land der Nabatäer grenzte, deren Bewohner daher Saraceni 
(Zaoaxnvol b. Steph. Byz.) hießen, eine Benennung die vom ara— 
bifchen Worte Sarafa, i. e. latrocinari), dann auf alle ſpä— 
tern nomadifirenden Araber, von den Byzantinern und Aus 
toren des Mittelalter übertragen wurde. 

Wenn wir im biöherigen den ganzen Umfang von Nabatäa 
nad) Raum und Zeit, fo weit ed die Quellen geftatten, und als 
einen im ältefter Zeit nicht integrirenpen Theil von Arabia pro- 
pria nachgewiefen haben, fo mie aus dem Leben der Nabatäer 
es höchſt wahrfcheinlich gemacht, daß fie einem nichtarabifchen 
Bölferflamme angehörten, fo bleiben und nun noch die pofitiven 
Daten über ihr Herfommen zur Beftätigung des Gefagten ükrig, 
welche wir faft ausfchlieplih dem Scharffinn ded in der orientali= 
chen Literatur fo ungemein bewanderten Sprachforfibers verdanken, 
dem wir hier nur nachfolgen fünnen ®). 

St. Hieronymus, der Kirchenvater, in Quaest. hebr. Genes. 
II. col. 530 jagt: die Nabataer flammten von Nebajoth, dem 
älteften Sohne Ismaels (1.8. Mof. 25, 13), worin ihm Steph. 
Byz. und deſſen ganze Schaar gelehrter Kommentatoren bid in die 
neuefte Zeit) gefolgt ift (v. Naßararoı); fo fah man fie denn 
auch, wie die andern Zweige der Ismaelier, für ein Volk arabis 
ſchen Urſprungs an. Aber beive Namen werben gar nicht mit den= 
jelben Buchftaben gefchrieben, und haben daher nur zufällige Laut— 
ahnlichfeit, und fehlt jeder andere Beweis für diefe Conjectur, ſowol 
in der Bibel, wie jonjt wo: denn wenn Joſephus und andere fie 
Araber nennen, jo heißt das nur fo viel, daß fie in Arabien 
wohnten. Den Nömern und Griechen fehlt aber jedes Urtheil über 
bie Sprachverhältniffe der Völfer, die fie VBarbari nennen. Auch 
in den arabifchen Stammliften vor Mohamed, oder auch nach ihm, 
findet fich feine Spur von Erwähnung der Nabatäer, ald eines 
arabifchen Tribus, deſſen Nennung für fie doch ehrenvoll geweſen 
fein würde. Die Sorgfalt der Araber in ihren Gefchlechtd- und 
Stammed- Regiftern ift aber ungemein groß; ihre Autoren fennen 
die Nabatäer wol, aber ald ein ganz fremdes Geſchlecht, ald 
eine Nace ganz verfehieden von ven Nachkommen Ismaels. 

Die Nabatäer gehörten, nach den Orientalen, zu der großen 


29%) Assemanni Bibl. Or. T. III. P. Il. fol. 567. 5) Quatremere, 
Memoire sur les Nabüteens XV. p. 98 etc. 6) Rofenmüller, 
Handb. bibl, Alterthumsfunde B. III. ©. 24, 48. 


a — — 


Hiftor, Ueberſicht; Nabatäer Herkunft. 129 


Familie der aramäiſchen Nationen, welche die primitive und 
einheimische Vopulation der Provinzen jenſeit des Guphrat aus- 
machte. Dies jagen ihre beflen Autoren. Sehr haufig Eommt bei 
ihnen der Name Nabat oder Nabit vor. Der Lericograph Dieu- 
hari fagt: Nabat oder Nabit, im Plural Anbat, heißt ein 
Volk, das Sümpfe zwifchen beiden Iraks bewohnt (über 
diefe vielen Sumpflandfchaften des alten Babyloniens f. Erdk. X. 
©. 40, 46, 63—65, 192 u.a. D., wo auch von arabifhen Na= 
batäern, ven Aderbauern viefer Sumpflandfchaften, nah Ma— 
fudi die Rede ift), und daffelbe jagt Firuzabadi, der Autor des 
Kamus. Beider Grammatifer Ausjage, bemerkt Quatremere, 
jei ftreng genommen richtig; nur verengen fie zu fehr das Terri- 
torium jenes Volks, das fie Nabats nennen. Andere Autoren, 
und zwar die ülteften der Orientalen weifen diefem berühmten Volke 
der Nabat die Länder zwifchen Aegypten und dem Tigris zu Woh- 
nungen an, und theilen die jo verbreiteten Völker in zwei Zweige: 
1) in eigentliche Syrer vieffeit und 2) die Nabat jenfeit des 
Euphrat, weil diefe in Chaldäa und Mefopotamien einheimifch, was 
durch zahllofe Zeugniffe beftätigt wird. Doch wiverfprechen ſich 
diefe auch wol hinfichtlich ver Vorfahren, die fie den Naba— 
täern in den Urzeiten andichten. Mafrizi leitet die Nabatäer 
von Cham, Mafudi aber, der weit genauere Daten über fie befaß, 
von Sem her. Mafudi fagt ): Unter den Kindern Maſch, 
Sohn Arams, Sohn Sems, Sohn Noah, bemerfe man Nabit, auf 
den alle Nabatäer ihren Urfprung zurückführen. 

Nabit, Sohn Maſch, Hatte feine Wohnung in Babylonien 
genommen, feine Nachkommen bejegten ganz Irak. Es ſollen bie 
Nabatäer fein, welche die Könige von Babylon einjegten; diefe Für- 
ften bevedten das Land mit Städten, civilifirten ed und errangen 
den höchſten Ruhm. Die Zeit Hat fie ihrer Größe beraubt, ihre 
Nachkommen in Abhängigfeit und Ernievrigung find gegenwärtig 
(im X. Jahrhundert) in Irak und andern Provinzen zerftreut. An 
einer zweiten Stelle jagt derſelbe Mafudi: Nach der Fluth ver- 
theilten fich die Menfchen in verfchievene Länder; fo die Nabatäer, 
welche die Stadt Babylon gründeten. Die Söhne Cham, die ſich 
in derjelben Provinz feftfegten unter Nimrod, Sohn Canaan, Sohn 
Senkharib, Sohn des erjten Nimrod, ver war Kuſch, Sohn des 
Cham, Enkel des Noah. Diefe Anfievlung geſchah zur Epoche, da 


) Quatremöre 1. c. p. 102, 
Ritter Erdkunde XII. R 


130 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


Nimrod in Babylonien die Herrichergewalt überfam als Abgeord— 
neter des Zohaf, genannt Biurasp. — In diefen Stellen giebt Ma— 
ſudi zugleich die Urfache des Irrthums Anderer (mie oben des nach- 
folgenden Makrizi) an, da er jagt, daß die Nabatäer, Semiten, 
in ihrer Mitte eine Colonie der Nachfommen Cham, unter bed 
Kufhbiten Nimrods Commando, aufgenommen, und damit flim= 
men auch die Angaben der Genefis überein (1. 3. Mof. 10, 21 
Aram ein Sohn Semd, und 10, 9 Nimrod ein Sohn Chus; ver 
Anfang feines Reichs war Babel). Die vollftändigen Nachrichten 
Maſudis und anderer orientalifcher Hiftorifer geben, fagt Qua— 
tremere, die Bemeiäftellen, daß die Nabataer aramäiſchen 
Urfprungs find. Aus allen gehe fo viel hervor, daß die Na— 
bats einst eine große Nation bildeten, die man oft mit Syrern 
vermengte, mit denen fie einen gemeinſchaftlichen Urſprung 
und Sprache hatten, und daß fie jened weite Land zwiſchen Tigrid 
und Euphrat, Chalvaa und Meiopotamien (vgl. Ervf. VII. S. 91) 
genannt, bewohnten. Die Syrer waren daher diefelben wie die Na— 
hats: die Nimrods maren Könige der Syrer, weiche aber die Ara— 
ber Nabats nannten. Die Nabats fagten, die Nimrods jeien 
ihre Könige geweſen; ihnen babe Iran oder Perſien gehört, Nim— 
rod jei nur ein Titel aller ihrer Könige. Iran habe urfprünglich 
Iran ſhehr, dv. b. Löwenland, geheißen, Arian, der Plural 
von Aria (Erdk. VII. ©. 22 u. f.), in ihrer Sprache Löwen be— 
zeichnend, und Jupiter in ihrer Sprache fei Bil (Bel, Belus, 
Erf. X. ©. 35). Syrer, das heiße Chaldäer, welche ſyriſch 
geiprochen, feien von den Arabern Nabat genannt, und die Ein- 
mohner von Ninive, einem Theile nach, feien Nabat oder Syrer 
geweien. Die Moluftamwaif, d. i. die Nachfolger Alexanders (f. 
Erdk. IX. ©. 112), hätten nach diefem Eroberer Irak beberricht, 
dad ver Euphrat beſpüle. Der Iette derfelben fei unter Arpefchir, 
Sohn Babef3 (Artarerres J., f. Erdk. X. ©. 135), gefallen, näm— 
lich der König der Nabaraer, Bad, Sohn Bereds, ver zu Sawad 
(Chaldäa) in Irak refivirt habe. So weit Maſudi, der, wenn 
man auch, bemerft QDuatremere, Ihm nicht in allen Detaild hi— 
florifch beitreten melle, doch, dem Wefentlihen nach, vie Hauptver— 
haltniffe nach allen andern Zuftimmungen vollkommen richtig mit- 
theile. 

Ein andered Werk eines berühmten Nabatäerd oder Sabiers, 
nah dem Ebn Wahſhih (nadı Hottinger)®), über die Agri— 
eultur der Nabatäer, aus defien arabifhem Manuferipte Qua— 


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Hiftor, Meberfihtz; die primitwen Nabat, 131 


tremere feine Studien geichöpft hat, jagt: die Nabataer feien 
vor den Chaldäern die Ginmohner von Babylon geweſen; er zählt 
auch die Cananäer und Syrer zu den Nabats, melche nach ihm 
alle Zweige der Wiffenfchaften erfunden und den andern Völkern 
überliefert hatten. Ebn Khaldun beftätigt dies, nennt fie aber 
Chaldäer, von deren Kenntniffen in Magie, Aftrologie, Talismanen 
u. f. w. er ſpricht. Euſebius unterfcheidet die Babylonier (d. i. 
diefe Nabatüer) von den Chaldaern (vom medifchen Stamme), die 
erft fpater ganz Irak in Bells nahmen, das nun erft von ihnen 
den Namen Chaldäa erhielt. Daß die arabifchen Joctaniden 
bei der Beſitznahme von Kira dort einen Theil der Bevölkerung, 
welchen fie Nabat nannten, noch vorfanden, ift oben gejagt, fo 
wie daß diefe von diefen alteften arabifchen Cinwanderern zum 
Theil verdrängt auch wieder zurückflohen auf Die mejopotamifche 
Seite des Euphrat, wo fle mit der dortigen primitiven Bevölferung 
auch nach und nach wieder zufanmenfchmolgen. Aber jchon Tange 
Zeit vor diefer älteften Anſiedlung der Araber auf den ſüdweſtli— 
Ken Uferlandſchaften des Euphrat, beitand in Chaldäa und Meſo— 
potamien eine einheimifche Bevölkerung, welche die Orientalen Na— 
bat nannten, und mit welchen die von den hirenfiichen Arabern 
zum Theil verjagten (Erdk. X. ©. 59, 65, 66) Aramäer fich verban- 
den. Dies find die primitiven Einwohner, die Maſudi Chaldäer 
und Babylonier nennt; denn beide find nach ihm nicht verfchies 
den; er Fannte noch einen Ueberreft von ihnen, welche die Dörfer 
zwischen Baffra und Wafit bewohnten, und noch Abulfeda nennt 
diefe die Sümpfe der Nabatäer (Erdk. X. ©. 192). Wenn fie 
beten, fagt Maſudi, wenden fie fich gegen ven Nordpol, und zum 
Zeichen des Steinbocks. Der Name Nabat in feiner wahren Aus— 
dehnung bezeichnete alfo die Bevölferung aramäifcher Nace, die in 
den Randichaften zmwifchen Euphrat und Tigris wohnte. Und doch 
fennt dad ganze Altertum diefed berühmte Volk nicht unter dies 
jem Namen; Maſudi ſagt, weil nur die Araber fie Nabat nann— 
ten. Uber diefer Grund, fo plaufibel er auch erfcheint, befriedigt 
Duatremere®) nicht, weil das Wort Nabat oder Nabit in 
der arabiichen Sprache feine hinreichende Bedeutung hat, und alſo 
wol nicht von den Arabern ausgegangen fein kann. Maſudis 


298) Alımed ben Abubekr ben Walıshih f. W. Ouseley, Voy. Lond. 
1819. 4. Vol. I. App. p. 406, und Quatremöre 1. e. XV. p. 107. 
) Quatremöre 1, c. XV. p. 118. 


32 


132 DWeft-Afien, IV. Abtheilung. $. 60. 


Behauptung, er fer ihnen ald Erfindern des Aderbaues und 
der Hervorlockung des Waſſers aus der Erde beigelegt, iſt eine ganz 
erzwungene Etymologie. Griechen und Römer Eennen feinen Na— 
men für die Einwohner von Babylonien und Mejopotamien, fo 
wenig mie einen von den Syrern, auch dort Feine Nabatäer. Nur 
51. Joſephus ift der einzige, der einmal einen dahin einjchlagen- 
den Namen eines Individuums in Adiabene, einen Sohn Naba« 
taeus, ald eignen Namen aufführt. Der einzige Ueberreft einer 
babylonifchen Literatur, die Ueberfegung jened uralten Buches 
durch jenen Ebn Wahſhih oder Wahihiiah bei Quatre— 
mere, nennt deffen Inhalt: „Agricultur der Nabatäer;” alfo 
Nabat mol der eigne Name, durch den fe fich felbft von ihren be— 
nachbarten und nächften Stammedgenoffen der Aramäer, den Sy— 
tern, die auf der Weſtſeite des Euphrat zum Mittelmeere, Phöni— 
eien und Kleinafien hin wohnten, unterfchievden. Die Römer lernten 
den Namen Nabat von diefer Seite gar nicht kennen, weil fie auch 
nur wenig in Berührung mit ihnen famen; deſto häufiger mar die 
der Araber mit ihnen. Maſudi giebt aber auch die Urfache des 
fpätern gänzlichen Verſchwindens diejed Namens Nabat an: bie 
Bewohner von Iran (alfo Irak Adjem das Perfifche) hätten, fagt 
er, mit dem Derlufte ihrer Macht durch die Araberüberfäle auch 
ihren Namen Nabat mit der Annahme des Islam aufgegeben, und 
hatten fich Lieber als natürliche Unterthanen dem dortigen Regimente 
angejchloffen. 

Eben fo war ed mit den Syrern, die wir fehon einmal wie 
ihr Sprachverhältniß zu den Aramäern berührten (Erdk. X. ©.579), 
und worauf wir in der Folge nothwendig wieder zurückkehren müſ— 
fen; daher hier die vorläufige Berückſichtigung ihred Sprach= und 
Namenverhältnifjes zu jener alten Nabataer- Zeit, die erft durch 
Bergleihung lehrreichen Aufſchluß ertheilt. Diefe Fogoı der Gries 
hen (Erdk. X. S. 7) waren e8, die fich felbft in ihrer eignen und 
von ihren Nachbarn gejprochnen Sprache Aram oder Orom, nad 
verfchiedenen Dialeeten, nannten. Nah 1.8. Mof. 10, 22 war 
Uram, Sohn Semd, ein Bruder von Slam und Affur, den 
erften Stammvätern der Perſer und Affyrer. Aber dad Land 
Arama von ungeheurer Auspehnung zertheilte fich in mehrere große 
Staaten, deren jeder feinen eignen Namen hatte. So bezeichnete 
man, felt Abraham Zeiten, mit Paddan Aram die Ebene Aram; 
mit Aram Naharaim, Aram ver Flüffe, alles Land zwiſchen Eu— 
phrat und Tigris (Erdk. X. S. 10). Später, in 2. B. Samuelis 


— — — 


ö—— — — — — —— — 


Hiftor. Heberfiht; Nabataer - Arman. 133 


8, 5, fondert ih Aram Dammefek als ver Theil von Aram ab, 
deſſen Sauptfladt Damas ift; dann Aram Tjoba, das die Gegend 
von Samath am Drontes, nah 3.9. Muller, bezeichnet; dann Aramı 
Beth Rehob, ein Königreich am Euphrat (Erdk. X. 255, XI. 694). 
Arami over Arammi, Adjectiv, bezeichnet aramäijche Männer, 
wie Laban (1.8. Mor. 31, 24), und eben fo die jenſeit des Eu- 
phrat (2.38. d. Kon. 8, 29). Aber auch das Wort Aram blieb ven 
Griechen und Römern faft unbekannt: denn Strabo ift faft ver 
einzige Autor, ver es bezeugt, daß fih die Syrer (Lib. I. 42 
Agaualoı ed. Krameri I. p. 63) felbft Aramäer nannten. Den 
arabifchen Autoren ift auch diefer Name nicht unbefannt geblies 
ben; denn Samzah JIsfahani jagt: die Arman find die 
Nabatier Syriend. Tabari nennt Arman die Vorfahren 
der Nabatäer in Irak. Maſudi fpricht von dem Berge Alem— 
alfheitan (dem Teufelöderge), nicht fern gelegen von Tur— 
Abdin, und fügt hinzu: daſelbſt finde man Refte ver Arman, 
die einen Theil der Syrer ausmachen (follten es vie Dje— 
bel Zur oder die Singaraberge fein? Erdk. XI. &. 439). Derfelbe 
begreift unter den Chaldäern die Affyrier und die Arman, und 
nennt dieſe legtern meiterhin Nabatier — Armanig; er fagt 
auch, daß die Safjaniven= Könige, durch ihre Herrſchaft in Sraf, 
die Macht ver Nabatäet und ver Arman vernichteten. 

Ein anonymer perſiſcher Hiftoriker braucht die Worte, daß die 
Araber bei ihrer eriten Nieverlaffung in der Gegend von Hira 
und Anbar die Armind, melde vajelbft wohnten und ein Neft 
der Uram waren, verjagt hätten, und eben fo hat Ebn Khal— 
dun noch eine Spur von ihnen in der Stelle, wo er die Geſchichte 
der Kinder Israel mit kurzen Worten ſo angiebt: ſie führten Krieg 
gegen die Völker in Paläſtina, die Cananäer, die Armenier (wol 
Arman oder Aram), die Idumäer, Ammoniter und Moabiter. — 
Woher der Name Syrer kam, bleibt ungewiß; ſicher nicht von 
einzelnen Städten, davon die Orientalen ihn herleiten, wie von 
Surias Ruinen bei Aleppo nach Maſudi, oder Hemd, das auch 
Suria geheißen haben ſoll; oder von den Suras am mittlern Eu— 
phrat (Erdk. X. S. 266); am wahrſcheinlichſten, meint Quatre— 
mere, als Abbreviatur von Aſſur, ſeitdem es bei den Vorder— 
aſiaten in Gang kam, einen Unterſchied zwiſchen dem zu zahlreichen 
Volke jenjeit ded Euphrat (Aſſyrer) und dieſſeit (Syrer) 
deſſelben zu machen; ein Unterſchied der aber vermittelt Wegwer— 
fung der Borfylbe „As“ nie confequent bei ven Autoren durchge— 


134 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


führt wurde. Herodot (VII. 63), wo er von Affyriern, unter 
denen auch Chaldäer beim Heere ftanden, fpricht, jagt, daß fie die— 
jen Namen bei ven Barbaren hätten, von den Griechen aber Sy— 
tier genannt würden. Juſtinus Worte (Histor. Lib. I. 2 Impe- 
rium Assyrii qui postea Syri dieti etc.) und andere find in dieſer 
Hinficht befannt. Die Armenier, als Ethnographen fehr genau, 
haben nur dad Wort Aſori für ihre Nachbarn die Syrer im 
Gebrauch gehabt. Daß die Eingebornen des Landes Syrien 
zwifchen Euphrat und Mittelländifchen Meere damit endeten, daß 
fie den Namen, den ihnen die Fremden gaben, zulegt ſelbſt annah- 
men, und den einheimifchen fogar ganz fallen ließen, geſchah gewiß 
nicht ſchon in der Periode der Seleucivenherrfchaft und unmittelbar 
nachher, denn fie fließen ja im jener Zeit noch alle ihnen fremdauf: 
gedrungenen griechifchen Namen zurüd, die bei ihnen niemals in 
wirklichen Gebrauch kamen (Erdf. X. ©. 70, 1130 u.a). Die Ur- 
fache dieſes Namenwechſels lag in der hriftlichen Religion 
und Kirche, die fih jo frühzeitig in Antiochia und den Nach- 
barprovinzen feftiegte, und daher im griechifchen Tert des Neuen 
Teftaments, in welchem ftetö der Name der Syrer gebraucht ift, 
obwol diejfer ven Euphratanwohnern ſelbſt fremd geblieben war, 
feitvem auch ein durch die Schriften der Chriften geweihter wer= 
den mußte. Diefen nahm nun die ſyriſche Kirche felbft aus ver 
ſyriſchen Bibel in ihren neuen Cultus auf, fratt des alten Namens, 
des aſſyriſchen, ver nun zur Bezeichnung des Gegenjages nur 
der heidnifchen Zeit und ihrem alten Glauben blieb, mit dem man 
fernerhin nur den Begriff ver Ivololatrie in Verbindung brachte. 
Diefe Erklärung wird, jagt QDuatremere 3%), dur die That- 
jache beftätigt, daß in der ſyriſch-kirchlichen Sprache das Wort 
Armojo oder Ormojo wirklich einen Heiden, einen Idolanbe— 
ter bezeichnet. Diefen Namen ſchwuren fie aber ab, dagegen der 
Name eine? Souriojo oder Syriers bei ihnen ald ein ehren— 
voller in allgemeinen Gebrauch Fam. 

Drom oder Aram, dad Land der Aramäer, warb vor- 
zugsweiſe dad Land genannt, das die Griechen und Lateiner Af= 
fyria nannten, nicht blos das Land jenfeit, auch des Tigris, mit 
Ninive (wie Tacitus, Ervf. XI. S. 172), jondern eben jo auch da— 
mit daß alte Babylonien zu bezeichnen. Herodot nennt dad ganze 
Land, in welchem fehr viele große Städte lagen, und auch die Re— 


300) Quatremere, Mem. sur les Nabateens 1. c. T. XV. p. 123. 


Hiſtor. Heberfiht; Nabataer-Eolonien. 135 


fivenzg Babylon, ausdrücklich Affyria (1.178); der Euphrat durch— 
ftrömte Affyrien beim Orte Arderiffa, ven er dreimal befpülte 
(I. 185). Der von Eyrus befiegte Labynetos ift König der Aſ— 
ſyrter (I. 188), und damit ftimmen die andern alten Autoren 
überein. So aljo dad Verhältnig der Nabat zu den Affyriern und 
Spyriern der fpätern Zeit. 

Aber wie Famen die Nabat von Babylon nah Petra 
an die arabifche Nordgrenze gegen Uegyptenland? Ifolirt 
genommen fehlt darüber jedes Hiftorifche Datum; aber im Zuſam— 
menhange vieler andern Daten erhält auch dieſe Frage ihre hinrei— 
chend Kegründete Löfung. Die Nabat haben viele Eolonifa= 
tionen!) audgefandt, deren eine auch die von Petra fein muß; 
fie find zu feiner Zeit feft figen geblieben innerhalb ihrer re 
Babylonien®. 

Schon in uralter Zeit hatte Salmanafjar, König Affyriens 
(2. B. d. Kön. 17,24u.30) aus Kutha, einer babylonifchen Land— 
ſchaft (Abulfeda nennt noch Die Stadt Kutha) 2), Goloniften in 
das von ihm entvölferte Neich Israel gefchieft, die dort den Namen 
der Samaritaner annahmen. Uber die Juden blieben dabei, fie 
Kuthäer, ald ihnen verhaßte Fremdlinge, zu bezeichnen. Der aras 
biſche SHiftorifer fagt, daß in Damasf ein Quartier ven Namen 
Nibatun führe, weil es ausfchlieglich von Nabatäern bewohnt 
werde. Selbſt bis in die Mitte Arabiens, nad) Jathrib (Medina), 
fagt ver Autor des Kitab alagani, Hatten fih Nabatäer nie= 
vergelaffen, und, fügt der Scholiaft zu diefer Stelle hinzu, unter 
den 10 Duartieren ver alten Mekka ward auch das eine Kutha 3) 
genannt; fo daß zwei Hauptſtädte Mittelarabiend, vie fich früh— 
zeitig durch Handelsverkehr und große Märfte vor den an- 
dern auszeichneten, diefe wie die Zufuhr Foftbarer indischer Waaren 
über Bahrein (j. ob. ©. 90) höchſt wahrfcheinlich nur naba= 
täifchen Unterhändlern verdanften. Denn ald der arabifche Tri- 
bu3 der Afchar in die Provinz Bahrein vorgevrungen nach 
Hodjr kam, fand er, nach demſelben Autor des Kitab alagani, da= 
felbft fchon eine Anfiedlung ver Nabatäer vor. Die Afchar 
nahmen von Hodjr Beſitz (EI Hadjar zu EI Katif, Erdk. X. 
©. 40) uno zwangen jene zur Audwanderung, was eine Stelle des 


) Quatremere, Mem, sur les Nabateens I, c. T.XV. p. 126. 
9 ——— Descriptio Iracae ed. Wüstenfeld. Götting. 1835. 8. 
.18. °) Quatremere, Mem, ], c. p. 128. 


136 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 60. 


Lexicographen Djeuheri beftätigt, die angiebt: „Nah Aioub 
„ben Kiribbah find die Einwohner der Provinz Oman Araber, 
„welche Nabatäer geworben, und die von Bahrein Nabatäer, 
„welche zu Arabern geworden.” Diefe Anfievlung der Naba— 
täer am ſüdlichen Ufer des perfifchen Golf muß wol in ein jehr 
hohes Alter zurückgehen; denn Strabo (XVI. 766, vergl. Ervf. X. 
S. 39— 40) erzählt, daß die Chaldäer (d. i. Nabatäer) ald 
Flüchtlinge aus Babylon fih an der arabifchen Küfte in dem 
tiefliegenden Meerbufen zu Gerrhae angebaut, wo er ihre Bau— 
art aus Steinſalz befchreibt. Der Großhandel der Gerrhaer 
mit Babylon und bis Betra im Lande Nabataea (Arabia Pe- 
traea) erhält hierdurch einen überraschenden Aufichluß: denn überall 
it Welthandel ver Begleiter nabataifher Anfiedlungen. 
Hier ſaßen alfo zu gleicher Periode in älteſter Zeit zwei fried- 
lihe DandelScolonien neben einander, Nabataer und Phö— 
nicier, die ſpäter im mediterranen Weften in ihren ausgebilvetften 
Golonijationen als Monopoliſten des Welthandels nach einander 
auftreten, deren urjprüngliches Herkommen bei den Völkern des 
Abendlandes fo Jangegeit in Bergeffenheit gefommen war. Denn 
nach Herodotd unzweideutigen Zeugniffen, daß Phönicier aus 
dem Morgenlande vom Erythräer Meere erft nach Dem vordern 
Meere vorgerückt (1.1. VIE 89), weshalb er die Logoi der Perſer 
als Zeugniffe citirt, und Strabos wiederholter Verſicherung, un— 
geachtet, daß die Bewohner der Infeln Tyros und Arados mit 
den den Phöniciern ähnlichen Tempeln, im persischen Meerbufen, 
jelbft behaupteten (Strabo XVI. 766), daß die gleihnamigen 
Injeln und Städte der Phönicier am Mittelländijchen 
Meere nur von ihnen audgegangne Colonien feien (Azor- 
xovg zavıov), Fam dieſes fo merkwürdige Datum ganz in Vers 
geifenheit, oder fand wenig Glauben. In welcher nahen Beziehung 
diefe Phönicier am Perfergolf und dem untern Guphratlande aber 
zu der älteflen Joctaniven= Bevölkerung Süd-Arabiens flanden, ift 
fhon oben angedeutet (j. ob. ©. 47, 90). Neben ihnen fievelten 
ih alfo wol fehr frühzeitig die Nabatäer ald Gerrhaeiſche 
Handeldleute an, und follten eben diefe nicht vielleicht die Verdrän— 
ger des Phönicier- Verkehrs vom Perſer-Golf geweſen fein? die 
eben deöhalb ihr Heil im fernen Weften zu Aila und an der Küſte 
Canaans fuchten, wohin ihnen dann ihre Sandelsrivalen, die Na— 
batäer, auf den genannten Stationen durch die Wüſte nach dem 
Golf von Aila wenigftend nachgerüdt fein werden, als phöniciicher 


Hiftor. Heberfiht; Nabatäer in Petra, 137 


Aleinhandel zu Tyrus durch Schläge, wie die von Nebuchad— 
nezar und Alerander, die fie getroffen, nun Andern Hoffnung 
gemacht haben mußte, in ihre Kußtapfen treten zu können (Erdk. 
X. S. 38, 39, 40,49 — 50 u. a.O.). Daraus erklärt fich auch, wie 
Alerander zu Babylon und Teredon den Teidenfchaftlichen Plan 
faffen Eonnte, von da Arabien zu erobern, zu dem die beiden Han— 
delövölfer der Phönicier und Nabatäer die Cingänge und die 
Reichthümer fehr genau fennen mußten (Erdk. X. S. 39 — 40), 
zumal wenn die Nabatäer auch jchon frühzeitig ſich bis Oman 
verbreitet haben follten, wie es nach der angeführten Stelle des 
Djeuheri nicht unmöglich wäre. Wenn aber Steph. Byz., v. No- 
Batoioı, fie ald ein Volk ver Arabia felix nennt, worin ihm 
die Commentatoren gefolgt find, fo fehlt diefer Angabe jeder hi— 
forifche Beweis, und ift blos der Unfenntniß jener Zeit zugufchreis 
ben. Auch auf die andere perfiiche Seite des Golfs Hatten fich, 
nach Jakuti, die Nabatäer verbreitet, mo die Stadt Tib in 
Ehufiftan (Suflana) von ihnen bewohnt ward, die, nach dieſem 
Autor, zwar den Islam angenommen, aber ihre eigne Sprache 
beibehalten Hatten. Eine ſolche Nabatäer-Anſiedlung wird 
auch Betra in der Direetion, die ſchon Nebuchadnezars Auf— 
merfjamfeit erregt hatte (Erdk. X. ©. 50), geweſen fein, eine Ara= 
mäer-&olonie von Babylon aus, die mit der [yrifchen Pal— 
myra rivalifirte, und durch die locale Weltftellung ſich den 
großartigften Speculationen des ausgevehnteften Welthandels über- 
laffen konnte. Obwol feine Gefchichte dies Factum überliefert hat: 
fo geht es ſchon aus dem doppelten Vorkommen defjelben Namens 
Nabat am Euphrat und Nabat in Petra hervor, der auf ge= 
meinfamen Urfprung hinweiſet, zugleih auch Auffchluß über 
die fo merkwürdige Erſcheinung giebt, in der Mitte von Wüften, 
von Nomaden umgeben, eine viel höhere Givilifation entwickelt zu 
finden. Diefe fremde Anfievlung, wenn auch nur in ihren Anfän— 
gen, beftand aber jchon zu Antigonud Zeit, da die Nabat, um 
das feindliche Heer fern zu halten, ihm, wie Diodor fagt (XIX. 
96) einen Brief nicht in griechifcher, ſondern in fyrifcher, vd. i. 
ihrer Mutterfprace, der nabatäifchen, fehrieben; und die 
Anfievlung in ihrer Zolftätte am Meere zu Hauara beftätigt, in 
ihrem nichtarabifchen Namen ihre fyrifche oder nabatäaifche Abſtam— 
mung. Auch eine hHiftoriiche Thatſache unterftügt obige Voraus— 
fegung, nämlich, daß bei den vielen Kämpfen zwifchen den Königen 
von Damadf und Juda zu Davids und Salomond Zeiten 


138 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 60, 


der Golf von Aila, der damals von phönieifchen Schiffern nach 
Ophir befteuert wurde, oder die dortige Anfurth zum Meere, 
ein wichtiges Ziel des erftrebten Beſitzthums der Könige war, 
daß aber unter König Ahas nach 2.3. d. Könige 16, 6 es heißt: 
‚in diefer Zeit (Ahas, König in Juda, reg. 743— 724 v. Chr. ©.) 
brachte Rezin König in Damask die Stadt Elath wieder an Sy— 
rien, fließ die Juden aus Elath (und alio auch die Phöni- 
cier ihre Bundesgenofjen); aber die Syrer kamen und mwohneten 
(nach andern Lesarten ftatt Syrer, Edomiter) *) drinnen bis auf 
diefen Tag.” — Alſo auch hier werden die Nabatäer unter dem 
Schuße der Syrer ald Soldaten und Kaufleute, an der Stelle ver 
Phönicier, die feitvem auch ganz vom Schauplate des Rothen Mee— 
red und von Alla und Gziongeber verfchwunden find, in der Uns 
gebung von Petra und Aila eingezogen fein, und ihre Einfüh- 
rung von Sitte, Sprache und Verkehr ift eine ganz natürliche, 
wenn auch fpäter erjt eine wirkliche Handelscolonie der Na— 
batäer in Vetra eingezogen fein ſollte. Denn zu jener Zeit lie 
Ben fih auch Idumäer, welche unter der Gewalt der Könige von 
Juda jene Idumaea, ihre frühern Site, verlaffen hatten, wieder uns 
ter dem fyrifchen Schuße dafelbft nieder, und mit ihnen werden fich 
auch wol manche arabifche Familien mit ven Bewohnern ver reid)= 
gewordenen Golonie vermifcht haben, woraus fih, wie Quatre— 
mere dafür halt, auch ergeben würde, warum die alten Autoren 
fie auch wol nabatäifche Araber nennen und die Namen ihrer 
Könige, wie Oboda, Saleh (Syllaeus) und andere, arabijche 
Namen find. Daß die Zeit ihrer Einwandrung in Petra von kei— 
ner Hiftorie aufgezeichnet wird, ift begreiflich, da ihr Anfang un- 
ftreitig nur gering war, und fie erft, nachdem fich Reichthümer und 
Luxus bei ihnen angehäuft Hatten, ein Gegenftand allgemeiner Auf- 
merkffamfeit geworden. Wahrfcheinlich begann fie erft mit Nebu— 
chadnezars Mölferbewegung gegen Judäa; denn früher werden 
feine Nabatäer im alten Teftamente genannt, wenn fchon der Name 


Petra (nämlich Sela, d. i. Fels) 5) und die Edomiter ald deſſen 


Bewohner nicht fehlen. 

Der fremde Urfprung der Nabatäer erklärt auch, nachdem 
fie Sahrhumverte hindurch im ailantifchen Gebiete eine jo glängenpe 
Rolle gefpielt, ihr plösliches, fpurlofes Verfchwinden von dieſem 


— 


»204) Roſenmüller, Handbuch der bibl. Geogr. Th. I. ©. 73 Not. 
) Ebend. ©. 25, 76. 


— ZT TE Te I 


ö— — — — — — — — —— —— — — — — — 


Hiftor, Ueberſicht; Verſchwinden der Nabatäer. 139 


Schauplatze ihrer Gefchichte. Denn ald ver Weltverfehr durch Rö— 
mereinfluß, im erften Sahrbundert ver Kaiferzeit, eine andere Rich— 
tung genommen, Römer die Gebieter von Syrien und Aegypten 
geworden, fie alſo von allen Seiten umgrenzt die Quellen ihres 
Reichthums fich abgeichnitten fahen, feine ftarfen Garnijonen von 
Soldtruppen mehr in ihren Städten, Zöllen und Stationen zu be= 
zahlen im Stande waren, und die immer mehr herandrängenden 
Tribus der Idumäer und anderer Araber mit ihren fich erhebenden 
Fürftengefchlechtern die Maffe der Bevölkerung ihres Handelsgebie— 
te8 ftetö vergrößern mochten, jo mußten fie, die durch Feine Agri— 
cultur an die Erofcholle gefefjelt waren, ihven friedlichen Syfteme 
gemäß ausweichen und ihre Wüſten bald Andern überlaffen. Da 
died mol allmählig geichehen mochte, und unter byzantinifcher 
Oberherrſchaft in jenen Gegenden, wo ſelbſt Betra zum Biſchofs— 
fite ward und der Sinai wie die Ufer des Todten Meeres 
ſich mit Kirchen, Klöftern und Schaaren von Eremiten füllten, viele 
von ihnen zum Chriſtenthume, wie ihre Stammesverwandten die 
Syrier, übergeben mochten, fo verfchwindet ihre Selbitändigfeit eben 
fo ſtill und geräuſchlos aus der efchichte, wie fie in ihr aufgetre= 
ten waren. Selbſt der Name der Nabatäer verfhwindet, 
mit ihrer glänzenden Handelsperiode, gänzlih aus 
Borderafien; aber in ihrer primitiven Heimat erhielt er fich 
und dahin werden ſich auch wol ſehr Viele von ihnen, die mit der— 
felben in fortvauernder Handelsverbindung geblieben, zurücgezogen 
haben, worüber die Gefchichte jener Zeit jedoch Eeinen befondern Auf— 
ichluß gab. In Babylonien und Mefopotamien bleibt ihre 
Population fehr zahlreich 6) und ganz geſchieden von 
Arabern und andern Groberern. Khaled, der Feldherr des Kha— 
lifen Omar, des Siegerd in Babylonien, jchieft fein Schreiben an 
den letzten König der Perſer durch einen Nabatäer, ven Zaha= 
fil, ab. Der Neftorianer Amru bezeugt, daß der Patriarch Abd— 
leichu eine große Anzahl Männer aus dem Lande der Naba— 
tier zur chriftlichen Neligion befehrte, und daß er in ver Nähe 
des Hügeld Sarſar (ein Nahr Sarfar |. Erdk. X. ©. 59) ein 
Klofter baute, Mar-Saliba genannt. Die Stavt Wafit, in den 
Sümpfen der Nabatäer erbaut (Erdk. X. ©. 192), wird die 
damalige Gapitale ver Nabatäer genannt. Noch viele einzelne 
Daten treten fortwährend in den tortigen Gefchichten als Beweiſe 


) Quatremere, M&em, sur les Nabateens T. XV. p. 135. 


140 MWeft- Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


für die lange Fortdauer der nabatäifchen Population und 
ihrer Sprache”) in den euphratenfiichen Landjchaften auf, wie 
3. B. daß der Khalif Motaffem, als er fih am Tigris und 
Katul die Landſchaft ausfuchte, in welcher er, neben Bagdad, ſich 
noch eine andere Reſidenz erbauen wollte (Ervf. X. ©. 210, 226), 
daſelbſt mit den Bauern in Unterhandlungen einließ, die den Katule 
fluß bewohnten, und von diefen „nabatäifchen Bauern in ih— 
rer nabataäifchen Sprache angeredet wurde.” DieNaba- 
täer hatten damals in Sawad, d. i. im babylonifchen Lande 
(wie die Araber jene Landfchaft nach einem Orte bei Madain zu 
nennen pflegten) 8), wo fie für die größten Meifter der Agri— 
cultur und faft aller Wiſſenſchaften und Künfte galten, noch ihre 
tüchtigen Gejchäftöleute, die Pächter der Khalifen waren, Finanz— 
männer und angejehene Grunvbefiger, die den arabifchen Herrfchern 
felbft die Spike boten. Die Mufif ver Nabatäer wurde von 
Maſudi als die vorzüglichfte ihrer Zeit gepriefen; Barfuma, 
der am Hofe ded Khalifen al Raſchid ald Kapellmeifter blühte, 
war ein Nabatäer, und viele ausgezeichnete Dichter, wie Abbas, 
Daoud, Khazimi, in nabataifcher Sprache, bemeifen es, 
daß fie dort fortlebten, wenn auch Feine Gefchichte ihrer gedacht 
hat. Vielleicht daß auch heute noch Spuren ikrer Sprache 9 im 
Munde nabatäifcher Gemeinden übrig find, denen aber noch fein 
Drientalift im Lande ihrer Heimat nachgeforjcht hat. 


Zweites Kapitel. 
8:61, 
Hiftorifhe Einleitung Fortfesung, 
Arabien nah den arabifchen Geographen des Mittel- 
alters, vom X. bis zum XIV. Jahrhundert, Nach 
Ißtachri (950), Edriſi (1150), Abulfeda (1331), 
Ebn Batuta (1354). 


Arabien, der feurige Heerd des fo viele Jahrhunderte hin 
durch alles Tremdartige von fich ausſtoßenden Mohamedanismus, 


307) Quatremere, Mém. sur les Nabateens 1. c. XV. p. 133. 
®) Abulfedae Tabul. Descer. Iracae ed. Wüstenfeld 1. ce. p. 5. 
) Neber Sprache und Literatur der Nabatäer f. Quatremere, Mem. 
l. c. XV. Journ. Asiat. 1835. Mars p. 209— 271. 





| 


— = 


— — — — — 


Geographie Arabiens im Mittelalter. 141 


würde auch Kinfichtlich feiner geographifchen Kenntniß für vie 
Außenwelt in ein völliges Nichts verjunfen fein, wenn bei dem 
völligen Mangel ausländifcher, nicht einheimische Autoren vie 
Rolle ver Erdbeſchreiber für dieſes Land übernommen hätten, die 
es möglich gemacht, von Zeit zu Zeit deſſen Zuftände fo wie die— 
feiner Bewohner, nach ihren Wechjeln, verichiedene Jahrhunderte 
hindurch, bis auf die Gegenwart, einigermaßen vergleichen zu kön— 
nen. So ſchwach nun auch diefe Beichreibungen und unbefriedi- 
gend dieſelben für den gegenwärtigen Bedarf der Wiffenfchaft fein 
mögen, fo haben fie doch den unjchäßbaren Werth der Ueberliefe- 
rung wichtiger Thatjachen, vie hinreichen, und dereinſt in dieſem 
weiten Ländergebiete orientiren zu lernen. Vorzüglich find e8 drei 
von berühmten Autoren des 10ten, 12ten und 14ten Jahrhunderts, 
bei den Orientalen anerfannt claffiihe Geographien Arabiens, 
die und Ißtachri, Edriſi und Abulfeda, als ihre fleißigen und 
forgjamen, felbft der Ietere al8 gelehrte Arbeiten, über das Land 
der Heimat ihres Propheten Hinterlaffen Haben, fo wie manche 
Reifeberichte des Ebn Haufal aus dem 10ten, des Ebn Batuta 
aus dem 14ten, ded Benjamin von Tudela aus dem 12ten Jahr— 
hundert, die für die Periode des arabiichen Mittelalterd nicht un= 
beachtet bleiben dürfen, viele andere zerftreute Daten orientalifcher 
Autoren ungerechnet. 


1. Arabien nach des Ißtachri Liber Climatum (950 n. 
Chr. ©.). Nordarabien von ihm ala Augenzeuge be= 
ichrieben. Mannihfache Berichtigung aus ihm für 
feine Nachfolger, zumal über Norvdarabien. 


Ißtachri, der zuvor noch niemals für arabiſche Geographie 
benugt werden Eonnte, weil fein Werk erſt kürzlich aus der Gothai— 
ſchen Manuferiptenfammlung durch Möller evirt ward, ift und 
nun fchon durch Mordtmann's verdienftliche Ueberfegung aus dem 
Arabifchen zum erften male zugängig geworden 10), Die ſehr frühe 
Bearbeitung diefer Geographie (nad Möller im Jahre 920, 
nah Mordtmann's Unterfuchungen 950 n. Chr, ©.), nur 3 Jahres 
hunderte nah Mohameds Tode, giebt ihr einen befondern Werth, 
zumal da der Verfaffer, wie er an vielen Stellen feines Werft zu 


»%) Liber Climatum el Isstachri ed. Möller Gothae, 1839. 4; deutfche 
Ueberfegung von Mordtmann. Damburg, 8, S. 5—20, 


142 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


verftehen giebt!!), felbft Arabien ald Augenzeuge befchreibt und 
wichtige Theile defjelben bereifet hatte. Bei den vielen fpätern Dar- 
ftellungen find zumal feine mit ziemlicher Beftimmtheit gegebenen 
allgemeinen Eintheilungen und Begrenzungen, fo wie die 
ältefte Angabe der Sige und Vertheilung der arabifchen 
Stamme dur das Land, die ſpäter jo manchen Veränderungen 
und Wechfeln unterworfen waren, beſonders beachtendmwerth, zumal 
da die fpätern Geographen, wie Edrifi, ohne ihm zu nennen, bes 
fonder8 aber Abulfeda, mit Citirung veffelben fich nicht felten 
auf ihn beziehen. Wir heben hier nur gewiffe dad Allgemeine be- 
treffende Sauptpuncte, die und als leitend und zum Verſtändniß fei= 
ner Nachfolger befonders lehrreich erfcheinen, hervor, feine Details 
den fpätern Specialbejchreibungen der arabifchen Landſchaften vor- 
behaltenv. 

Seine Beihreibung Arabiens beginnt Ißtachri mit der 
Angabe des Umfangs, der Land- und Wajfergrenze, der 
nicht zu Arabien gehörigen, wie der ihm angehörigen Be- 
ftandtheile, worauf er, nach einer kurzen Bezeichnung verfelben, 
zur Beichreibung von Mefla und Medina nebft ihren nähern 
und fernern Umgebungen übergeht, dann fich an ven übrigen 
Norden und deffen Ortichaften, hierauf an den Weften (Tehama) 
und zulegt nad dem Süden (Jemen, Hadhramaut und Oman) 
wendet. 

Arabien beginnt, nach ihm, an der Mündung des Tigris 
zum perfiichen Golf, bei Abadan!?), deſſen Lage wir als einen 
feften Marftort und eine Anferjtelle, die zur Zeit der Erbauung 
von Alt-Basra in Blüthe ftand, die aber nur von vorübergehen- 
der Dauer war, aud den Berichten feined Zeitgenofien Maſudi 
fennen (Erdk. X. ©.53 u. f.), eben da, zwei Tagereiſen abwärts 
von Basra, mo früher AUpologus von EI Obolla verdrängt ward, 
und wo fpäter an Abadans Stelle der Hafenort EI Mina her— 
vortritt, auf immer mwechlelndem Deltaboden des Schat el Arab, 


oder des Araberſtroms, der deshalb feit jener Zeit der Beſitznahme 


feiner Ufer durch Araber auch viefen Namen erhalten und bid heute 
behauptet hat. Arabien erftrecft fih, nah Iptachri, von Aba— 
dan an Bahrein vorüber gegen Süpoft bi Oman, wendet fich 


11, Ißtachri bei Mordtmann ©. 8,9, 10, 11 u. a. O. 2) Ebend. 
&.5; vergl. Christ. Rommel, Abulfedae Arabiae Descriptio Com- 
mentario perpetuo illustrata. Commentatio etc. Gotting. 1802. 
4. p. 16, 17, 90, 95. 


Arabiens Umgrenzung nach Ißtachri. 143 


dann gegen ©. und W. über Mahra, Hadhramaut und Aden 
nad) Iemen, und gegen N.W. längs Dſchidda (Kar und Je— 
men?) bis Aila am Meer von Kolfum (Sue). Hier ftößt 
Arabien an Faran und Hilab (2), worunter wol die heutige Halb- 
infel ded Sinai begriffen fein wird, auf der der Name Wadi Fa— 
raun nicht unbefannt ift, mit welcher aber die Wüfte der Kin- 
der Israel!3) beginnt. 

Bon Aila zieht fih die Kandgrenze an der Stadt des 
Volks Loth oder vem Diar Kum %ot, d. i. dem Diftriet des 
Volkes Loth, wo der See Sogar (d. 1. dad Todte Meer) entlang 
über Schorah (d. i. Scharah= Gebirg, f. 06. ©.109) und Bela, 
die zu Paläſtina gehörig, nah Edraat(? Aaere, Era?), Hauran 
Batanda, Guta (d. i. Damadf) und Balbef bi8 Tadmor 
(Balmyra) und Salamin (Salamia bei Abulfeva)1*), das zu 
Kinnesrin (Syrien) gehörte, hin. Hier reicht die Landgrenze 
Arabiend von Aila bi8 Balis (Erpf. X. ©. 1065 — 107%), das 
in der Mitte zwifchen Haleb und Raffa gelegen, und aus frü« 
bern Angaben befannt if. Von da feßt fie, nah Ißtachri, fort, 
über vie Orte Rakka (Ervf. X. ©. 1115, 1130— 1149), Karki— 
fia (Erdk. XI. ©. 274, 695), Rahabah (ebd. 703), Anah (ebr. 
716— 726), Haditha (ebd. 726), Hit (ebv. 738, 749— 762), 
Anbar (f.ob. ©. 88), Kufa, und von deren Sümpfen längd dem 
Gebiet von Hira, Chamwernaf Sawad Kufa (j. ob. ©. 104) 
bis Wafit (Erdk. X. ©.188, XI. ©.999). Eine Station von 
Waſit, fagt Ißtachri, vereine fich der Guphrat mit dem Tigrig, 
und von da an erftrefe fih Arabien lange Sawad Badra 
(Sawad bezeichnet dad untere Uferland des Araberftromö) und von 
da wieder bis Abadan. 

Nach diefer Aufzählung der uns fchon hinreichend befannten 
Kocalitäten, zwifchen denen nur wenig zmeifelhafte übrig bleiben, 
bemerkt Ißtachri, daß die Waſſergrenze Arabiend drei Vier- 
theile, die Landgrenze nur ein Viertheil ded Ganzen betrage; die 
Nordgrenze von Balis bis Abadan halb, nämlich oberhalb An— 
bar, zu Dſcheſira, Halb, nämlich abwärts, zu Irak geböre. 

Als nicht zu Arabien gehörig ficht er die Wüfte Tih Beni 
Sarael, dad Tih der Kinder Israel an, obwol an Arabien 
grenzend, weil fie zwifchen dem Lande der Amalek (womit 


29), Ißtachri bei Morbtmann ©. 32. 14) Abulfedae Arabiae De- 
script, ed. Chr. Rommel Gotting. 1802. 4. p. 14. 


144 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


nur das wilde Bergland ded Sinai ihr gegen Südoſt bezeichnet fein 
fann), der Kopten (Aegypten) und der Griechen (das paläftie 
nifche Syrien) liege: denn die Araber hätten dort Feine Brunnen 
und feine Weidepläge, deshalb dieſe Wüfte auch nicht zu Arabien 
gezählt werde. In Dſcheſira (Mefopotamien), jagt Ißtachri, 
wohnen zwar die Stämme Rebia und Modhar (ſ. Erdk. X. 
©. 1142), die daſelbſt auch Weideplätze haben, doch werden auch 
diefe nicht zu Arabien gerechnet, da fie an den Grenzen der Perfer 
und riechen fich nievergelaffen haben, wie vie Taglabiten (von 
Amru's Sohne Ihaleba und Enkel Rebia, f. ob. ©. 77,85) in 
Dihefira, die Shaffan und Behriten oder Tenukh (die 
Vorgänger ver Shaffan, |. ob. ©. 86, 108) aus Jemen fich in 
Syrien anflevelten. 

Die zu Arabien gehörigen Beftandtheile find dagegen, 

nach demfelben Autor: | 
1) Hedſchas, mit den Städten Meffa und Medina. 
2) Iemama, mit feinem Diftricte. 
3) Nedſched ei Hevfhas (Hochland von Hedſchas), das 
an Bahrein ftöht. 
4) Die Wüfte Ira. 
5) Die Wüfte Diehefira. 
6) Die Wüfte Syrien. 
7) Jemen, mit vem Tehama (Niederland) und Nedſched 
(Hochland) von Jemen. 
8) Oman. 
9) Mahra. 
10) Hadhramaut. 
11) Szanaa. 
12) Aden und feln Diftriet. 
Diefe Beftandtheile werden ihrer Tage nach folgender Weife bes 
ftimmt, wodurch mehrere derfelben wieder unter allgemeinere Rubri— 
fen gebracht werden: 

Jemen) erſtreckt jih von Sirrein und Jalemlan, längs 
Tajef, über Nedſched el Jemen, oftwärtd bis zum perfifchen 
Meere, und begreift etmn drei Viertheile von Arabien (mol | 
richtiger, nach Abulfeva, zwei Drittheile)!6). Hedſchas erfiredt 
fih von Sirrein gegen Nord längs dem Arabifchen Meere bis in | 

315) Ißtachri b. Mordtmann ©. 6. 16) Reinaud, Trad. d’Abulf. 

P- 106. | 





Arabien, nah Ißtachri; Grenzfiheiden. 145 


die Nahe Midian (vd. i. Madian, in SD. von Aila)17) und 
ling Hödſcher (Al Hhegr, eine fyrifche Karamanenftation) 18); 
dann gegen Oft (oder Südoſt) zu den Bergen von Tai (wo 
Faid)10), und dann entlang Jemama bis zum perfifchen Goff. 
Die Scheidungslinie, die IBtachri zwifchen Semen und 
Hedſchas angiebt, welche die ganze Halbinfel von Dieer zu Meer, 
von Weit nach Oſt, durchieße, hängt von der Lage von Sirrein 
und Jelamlan ab, die nahe am arabifchen Golf gejucht werden 
müfjen, in der Direction ſüdwärts von Mekka, gegen Nordoſt von 
Liht (Lydda, Lyt, zmifchen 20 bis 21 N.Br.), wie ſchon Nie- 
buhr dafür Hielt, der Küfteninfel Serene gegenüder, da die Stadt 
Serrain mit analogen Namen ihm ald noch vorhanden nicht be— 
kannt war"). Sie wurde von Edrifi ald wichtiger Hafenort?1) 
genannt, 6 Tagereifen in Süden von Dſchidda, und joll nahe bei 
einer andern Station Selamlan gelegen??) fein. Beide Namen 
trug D’Anville in feine Karte ein; beide verſchwanden bei Nie— 
hubr, der an dem von ihm beobachteten Hafen Ibrahims (Merfa 
Ibrahim) aur jene Infel Serene und einen Djebbel Serem 
in'feine Karte eintrug. Zuerft hat 3. Planat's Karte 18293), 
nach Routierd Tuſſum Paſchas und Abdie Beys vom Jahre 1815, 
wieder eine orventliche Stadt Serrain zwijchen dem Hafen und 
Gap Ibrahim und Gomfudde eingetragen, und Berghaus?*) 
Karte giebt landeinwärtd von da, ohne Serrain zu fennen, die 
Lage von Salemlan nach dem Gebirge zu an, weil e8 ald an ver 
Houdoud, d. b. nad Neinaud 25) Grenze des heiligen Gebiets 
von Mekka Hedud el Haram genannt, gelegen angefehen ward. 
Auch Fonnte es hier am Weftfuß ver Gebirgäfette, auf der Noute 
son Mofhowa mit ziemlicher Sicherheit eingetragen werden, weil 
es von Burkhardt 6), als Wadi Lemlem, was offenbar da= 
mit identiſch ift, 2 Tagereifen im Süden von Mekka ald ein frucht- 
bared Thal mit Quellen angegeben ward, durd) welches der Trans- 
port der Kornfarawanen vom Kornmarkte Mokhowas nad) ver 


17) Abulfedae Arab. Deser. ed. Rommel, p. 72, 77. '%) Ebend. 
p. 76. 19) Sbend. p. 81, 82. 20) Niebuhr, Neife in Arabien. 
Th. 1. ©. 269. 2!) Kdrisi b. Jaubert I. p. 136. 2?) Abulf. 
Arab. Descr. b. Rommel p. 56. 2°) Carte de l’Arabie. Itine- 
raire et Thöätre de la guerre contre les Wahabis dep. 1812 — 
1827, p- Jul. Planat. Paris, 1829. ) Arabia und das Wil: 
Land von Berghaus. Gotha, 1835. 2°) Jomard, Ktud. geogr. 
sur l’Arabie. Paris, 1839. p. 63. 26) L. Burckhardt, Trav. in 
Arabia. App. IV. p. 454, 


Ritter Erdkunde XIL, K 


146 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61, 


Hauptſtadt zu geben pflegt. Diefer Wadi wird jegt von den 
Djehädele Arabern bewohnt. Dennoch Hat Ali Bey?) den- 
jelben Ort, den er Delemben fchreibt, flatt in Süden von Taif, 
nah N.W. dieſer Stadt eingetragen, wo er ficher nicht Hingehört, 
weil man den Ort auf der Südroute nah Mokhowa paſſirt, aber 
auch weil fonft Mekka nicht, wie e8 Ißtachri's Anficht ift, zu 
Hedſchas gehören könnte, und weil Edrift die Station mit dem 
Berge Salamlan?), 2 Tagereifen in Süden von Mekka, mit 
Burkhardt ganz Abereinftimmend, auf dem Wege nad Khaulan 
angibt. Doc waren ſchon damals die gelehrten Araber über jolche 
Grenzbeftimmungen im unklaren, fo daß mir Fein zu großes Ges 
wicht auf dergleichen Eintheilungen arabijcher Geographen in ihren 
nur zu fehr fchmanfenden Befchreibungen zu Iegen haben; denn 
Sptachri bemerkt unmittelbar nach jener Angabe jelbft: Einige 
Doctoren (ded Koran) rechnen Medina zu Nedſchd, weil es in 
deſſen Nähe Tiege, und Mekka zu vem Tehama el Jemen, eben= 
falls weil e8 in deffen Nähe liege. Zu Burckhardt's Zeit war 
man damit noch nicht auf das Keine gekommen: denn zu Mes 
dina fchrieb er die Bemerkung nieder): Mehrere achtungsmwerthe 
arabische Autoren behaupten, Medina bilde einen Theil von 
Nedſched, und nicht von Hedſchas, weil es an der Oſtſeite der 
großen Gebirgsfette liege, und dieſe Meinung fcheint in der natürs 
lichen Zage begründet zu fein. Aber im gewöhnlichen Sinne des 
Worts an der Küfte und zu Mekka, wie zu Medina, fagt man, 
dag vie Stadt Medina in einem Theile von Hedfchaß liege, 
obwol die Beduinen des Innern noch eine ganz verfchiedene Anjicht 
und Bedeutung mit diefer Benennung verbinden. 

Ißtachri's ſchwankende Begrenzung von Nedſched entjpicht 
der jo eben angeführten Bemerkung, wenn er fagt: Nedſched reicht 
von der Grenze von Jemama bis Medina, dann (gegen Nord) zus 
rüc längs der Wüfte von Basra und entlang Bahrein bis zum 
Meere. Hierauf bezeichnet er näher die Lage der drei Wüften: 
die Wüſte Irak reiche von Abadan bis Anbar, Nedſched und 


2) 'Travels of Ali Bey, London, 1816. 4. Vol. II. Map of the 
Coast of Arabia on the Red Sea constructed from his own Ob- 
servat. and Res. ?®) Edrisi b. Jaubert T. J. p. 145. 

) J. L. Burckhardt, Travels in Arabia, comprelending on Ac- 
count of those Territories in Hedjaz which the Mohammedans 
regard as sacred. Published by Authority of the Association etc. 
by W. Ouseley. London, 1829. 4. p. 397. 


29 


Arabien, nah Ißtachri; das heilige Gebiet. 147 


Hedſchas gegenüber, längs Afad, Tai, Temin und die übrigen 
- Stämme ver Modhar (Tai, Taiten, Temin3V) find immer die 
felben Ausgewanderten, und die Afad, Aſaditen die von ihnen 
Unterjochten, f. 06. &. 86). Die Wüſte Dichefira reiche von 
Anbar bis Balis, der fyrifchen Wüfte gegenüber, längs der Breite 
von Taima (d. i. der Nordſeite derfelben), und der Wüſte Cho— 
ſchaf bis in die Nähe von Wadi“l Kora (in N.W. von Medina) 
nah Hödſcher (Al Hhegr, ſ. ob. ©.145). Die ſyriſche Wüſte 
als die dritte zieht ſich (nehr von Nord gegen Süd) von Balis 
nach Aila, Hedſchas gegenüber, zum arabiſchen Meer (hier irrig 
perfiiches genannt, bei Ißtachri), in die Nähe von Midian (Ma= 
dian) längs ver Breite von Tebuf (Tabuf,!) wohin Mohamed 
feinen nörvlichften Beldzug gegen Syrien machte (ſ. ob. ©. 71), bis 
zum Gebiete der Tai, wo die beiden Berge. Tebuk wird noch 
heute, bei Burdhardt, auf der Hadſch-Routeꝰ?) von Damask 
nah Medina ald die 15te Station mit Caftell und Fellahdorf, 
Ihönen Gärten und Wafferfülle, 2 Tagereifen in ©. von Medawra, 
und nicht fern in N.D. von Moilah angegeben, wonad) jeine Lage 
in Berghaus Karte eingetragen ift. 

Nach diefen allgemeinen Angaben, denen Iptachri3?) nur noch 
Hinzufügt, daß ganz Arabien feinen ſchiffbaren Fluß, auch 
feinen See habe, denn der See von Sogar (Todted Meer) 
grenze nur daran, und die Waffer von Mareb hätten zum Ver— 
derben des gottlofen Volks das Rand überſchwemmt, geht ver Aus 
tor, wie alle feines Glaubens, zu ihrer Hauptfache, der minutiöfeiten 
Beichreibung ihrer beiden heiligen Städte und deren Umgebungen 
über, wobei die Zandeöfenntniß nur wenig gefördert wird. Nach 
der Beichreibung diefes Heiligen Gebieted Hedud el Haram, 
d. i. Grenze des Haram, mo dad Pilgergewand, der Ihram, 
angelegt werden muß, ein Gebiet vefjen Grenzen nicht immer die— 
jelben geblieben zu fein fcheinen3#), geht er erft zur Befchreibung 
des profanen Gebieted über, dad von jenem durch beftimmte 
Grenzzeichen gefondert ift, und zu Mekka einen Umkreis von 10 
Meilen bildet 35), zu welchem der berühmte Berg Arafat, aber 
nach ihm nicht mehr gehört, da deilen Grenze nur bis Mafemein 


») Abulf. Deser. Arab. ed. Rommel. p. 82. ’) Ebend. ©. 97. 
*) I. Burckhardt, Trav. in Syria App. Ill. p. 658. >’) Ißtachri 
bei Mordtmann S&.6—9. ) Derghaus, Arabia und das Nils 
Land. Gotha, 1835. 4. S. 51; die Grenze f. auf Berghaus Karte. 
>) Ißtachri bei Mordtmann ©. 8, 


82 


148 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 61. 


und der äußerſte Punct bis Ulemein el Madhrubein reicht, mas 
aber jenſeit Ulemein liege, ſchon zum Profangebiet gehöre, jo wie 
auch die Stätte, welche die Moſchee der Ajeſcha genannt wird. 
Ißtachri verſichert ferner, daß es in Mekka keine andere Bäume 
gebe, als ſolche die in der Wüſte wachſen, und im ganzen heili— 
gen Gebiete habe er, außer ein paar Palmen und Apfelbäumen, 
von feinen andern etwas gejehen noch gehört; jo wie man aber 
deſſen Grenzen überfchreite finde man Quellen, Brunnen, große 
Baumgruppen, Wadis mit grünen Orten und Balmbainen wie ein= 
zeine Palmen. 

Bom nördlichen Arabien ipricht Ißtachri öfter ald Aus 
genzeuge. Die Sauptitadt von Semama, nächſt Mekka und Medina 
der größte Ort, ift nah ihm Eleiner als Medina, etwa gleich groß 
wie Wadi’l Kora, bat aber mehr Palmen und Obitbäume als 
das ganze übrige Hedſchas; Medina ift aber nur halb jo groß 
wie Mekka, liegt zwar in fleiniger falziger Gegend, hat aber doch 
viel Valmen und Saatfelder, deren Irrigation durd) Srlaven ge= 
ſchieht, die das Waſſer aus den Brunnen berbeitragen müſſen. 
Mekka hatte zuvor wenig fließendes Waſſer, erhielt aber, nachdem 
Ißtachri dort wieder abgereifet war, eine Wafferleitung aus 
einer Quelle, die vom Khalifen Moftader (alfo vor 932 n. Ehr. 
Geb., deſſen Todesjahr) vollendet wurde. Vordem hatte die Stadt 
nur Regenwaſſer zum Irinfen, denn der beite Brunnen, der Sem— 
fen, durfte nicht zum täglichen Bedarf benußt werben. 

Bahrein, zu Nedſched gehörig, hatte zur Hauptſtadt 
Hadichr) (Hagiar, das jpäter bei Abulfeda die ganze Pro= 
vinz bezeichnet; iventiich mit Lachfa, wie Niebuhr vermuthete)?7), 
und Ißtachri fagt, daß in dieſer, die nicht zu Hedſchas gehörte, 
ſehr viele Juden zu feiner Zeit wohnten, nahe am perſiſchen Meere; 
auch liege dort das Gebiet der Karmaten (Al Karamatha), 
das aus vielen Ortfchaften beſtehe. Wirflih war Ißtachri 
Zeitgenoß diefer, feit dem Jahre 888, mit Karmath fo fihnell 
hervortretenden Serte, die aus der Gegend von Kufa hervorging, 
and unter dem Khalifen Harun al Raſchid ſchon jo mächtig 
war, daß ihre Häuptlinge dieſe Stadt Hadſchr, die auch jchon 
Hauptftadt ded Landes (aber nicht die Metropolis Petra deserti, 
wie Herbelot jagt) 38) geweſen war, eroberten und zu ihrer Re— 


36) Iptachri bei Mordtmann ©. 9; vergl. Abulfedae Descr. Arab. 
ed. Rommel p. 87, 92. °') Niebuhr, Arat. ©.340. °°) Her- 
belot, Bibl. Or. s, v. Carmath. 


| 


Arabien, nach Ißtachri; Die Karmaten, 149 


fiveng erhoben. Karmath galt bei Arabern für einen Atheiſten; 
er Symbolifirte die Gebote des Koran und lehrte nicht 5 tägliche 
Gebete, fondern 50 u. |. w., und feine Anhänger plünderten bald 
die Bilgerfawanen. Sie beſetzten bald Chaldäa, Meſopotamien, fans 
den in Irak den ftärfiten Anhang, überfielen Syrien, wo Damasf 
fih nur durch Geld abfaufte, und eroberten im Jahre 923 felbit 
Basra, und plünderten Mekka und veifen Kaaba. Von Bahrein 
und Hadſchr (Hagiar, Alhadjar), mo fich einer ihrer Sherhäupter 
einen Balaft (Hagiarah genannt, oder auch Mahadiah) erbaute, 
zogen ihre wüthenden Heere aus, die im Jahre 950, zur Zeit von 
Ißtachris Blüthe, die größte Macht erreicht hatten, die aber bald 
in fich felöft zerfiel und verfihwand. Ißtachri's Zeugniß ift hier 
ſehr wichtig, da Edriſi und Abulfeda als fpätere Autoren nur von 
Hörenfagen fprechen. Ißtachri bemerkt, daß in Folge diefer Aus— 
breitung der Karmatengebiete, die Stämme der Moddhar, 
die zuvor hier fo zahlreich gewefen, zu feiner Zeit ganz 
verfhmwunden?) gewesen feien. Diefe Stämme waren die 
Benu Hanyfe und die Beni Modhar (Ismaelier, von Moha— 
meds DBorfahren), die beide Söhne Rebias, Sohn Nezars, waren, 
alio feine Himyariten. Es hätte alfo nach der Periode der Kar— 
maten dort wieder eine neue Bevölferung einziehen müffen; doch 
auch heute noch, wie zu Abulfeda's Zeit, troß dem daß die alte 
Bevölferung vermindert und Niemanden verboten war, fich dort von 
neuem anzufleveln, wovon jelbft ver Name Alhadjar, vd. h. ver— 
boten), hergeleitet worden ift, auch heute nocdy wohnen die Be— 
nu Hanyfe dort wie damald im Lande und find die jüngften Be— 
wohner des Wechabitenorted Deraye. 

Ißtachri weiß noch nichts davon, daß Janbo ald Hafen- 
ort für Medina diene; diefer Datirt erft, wie man aus Edriſi 
und Abulfeda*) ſchließen fonnte, aus fpäterer Zeit. Er nennt 
Jambo (Al Danbo bei Abulfena) nur eine Beitung *), mit 
Waller, Suatfelvern und Palmen, deren Datteln beſſer ald andere 
Datteln feien. Dort hätte fi der Fürſt ver Gläubigen, Ali Ben 
Ebu Taleb (einer der Söhne Alis, alfo wol einer der Imams), 
aufgehalten, und feine Söhne waren hier Statthulter. Don einer 
Meeresanfurth ift nicht die Rede; es kann alfo nur die innere 


) Ißtachri bei Mordtmann ©. 9. *%) Ibn Khaledun public p. 
Abbe Arri p. 23 n. Reinaud, Trad. d’Abulfed, p. 133. 

*') Abulfed. Deser. Arab. ed. Rommel, p. 60. *) Ißtachri bei 
Mordtmann S. 11. 


150 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Landſtadt, vie heutige Dambo el Nafhel oder Gara Yambo 
fein, wie fie Burdhardt nennt, 6 bis 7 Stunden in Norvoft der 
Hafenſtadt Dambo oder Sanbo, welche jeht ald Hafen von 
Medina gilt, aber meift nur jüngere Bebuinenbevölferung hat, die 
jene Sanbo zwifchen Bergen auch für ihren Urfig hält. Es ift 
gegenwärtig, nach Burckhardt 8), ein 7 Stunden langes Thal 
mit einem Dugend Dorffchaften, darin au) ein Marktort Sou— 
eyga, die Nefivenz des Großjcheifh des Tribus der Diheheyne, 
welche dad Gebirge bewohnen, und nur zur Zeit der Dattelernte 
in dieſes Eulturthal herabfteigen, in welchem auch die wohlhaben- 
dern Dembamwi aus der Hafenftadt Janbo, der Eolonie von jener, 
ihre Sommerfrifche fuchen. Iptachri fennt ald Hafen von. Me— 
dina, 3 Stationen fern von ihr, nur erſt den Ort Dſchar (Al 
Giar 5. Abulfeva, jegt Djar ver Karten, feitwärtd Bedr), der 
eine Tagereife von Janbo am Meere gelegen, aber Eleiner ale 
Dſchidda (Oſchodda bei Mordtmann)*) der Hafenort von Mekka 
jet. Diefer ift ſchon zu Ißtachri's Zeit jehr flarf bevölfert, wohl— 
habend, ja durd) feinen Handel fo reich wie nacht Mekka in ganz 
Hedſchas Fein anderer Ort. Sein Hauptgeſchäft, jagt Ißtachri, 
beftehe in Handel mit Pferden. 

Tajef (Taif, Tayf b. Burckhardt) wird eine Kleine Stadt 
nahe dem Wadi'l Kora genannt, auf dem Berge Gafwan (Gaz— 
war b. Abulfeva) gelegen, mit gefunder Luft, berühmt durch ihre 
trefflichen Nofinen; überhaupt erhalte Meffa von da feine meiften 
Früchte. Diefer Berg Gafwan, bedeckt mit ven Wohnungen der 
Beni Saad und der Stumme Hudheil (was von Edriſi und 
Abulfeda nach ISahrhunverten mit denſelben Worten wiederholt*5) 
wird), fei, fo viel Ißtachri .erfundet, in gang Hedſchas ver fäl- 
tefte Berggipfel: denn oben folle das Waſſer gefrieren, was an 
feinem andern Orte daſelbſt gefchehe. Daher ſei au das Clima 
von Tajef fo gemäßigt. 

88 ift intereffant fehon bei dem Neifenden des 10ten Jahr: 
hundert diefe Beobachtung zu finden, die von den ſpätern Edrifi, 
Abulfeda, Bafui und Andern nur copirt wird, die au Nie— 
buhr*%) nur nach Hörenſagen betätigt findet. Durch Burd- 
hardt, der 1814 im Auguft ven Weg von Meffa nach Tayf zus 


#3) Burckhardt, Trav. in Arabia p. 421. 24) Ißtachri b. Mordt- 
mann ©.9. "°) Abulfedae Descer. Arab. ed. Rommel p. 64. 
*6) Ebend. p. 69. 


enge 


u EEE DEE u Mn —— 


Arabien, nad Ißtachri; Gebirg Ghazoan. 151 


rücklegt #7), und durch den Botanifer W. Schimper?), der 1835 
im Dezember diefelben Gegenden bejuchte, erhalten wir die genauefle 
Beftätigung von Ißtachri's Angabe, doch mit der Beichränfung 
daß hier keineswegs ver einzige Ort in Arabien ift, auf deſſen 
Berghöhe Eisbildung ftattfinvet, da dieſe auch von weit füplie 
cher gelegenen Berggipfeln, wie felbft denen bei Sada®), unter 
16%, N. Br. bekannt ifl. Beide geben der großen Gebirgäfette, 
welche überftiegen werden muß, um Taif zu erreichen, den Namen 
Dſchebel Kora (Kharra irrig bei Schimper), und Burdhardt 
bemerkt, daß dies heutzutage dort der Collectivname der ver- 
ſchiedenen Bergzüge fei, deren ſteilſter Gebirgspaß Kora heiße, und 
deſſen Plateau auf feinem Rüden dad Dorf Nas el Kora trage, 
dad noch heute von dem Stamme der Hodheyl=-Araber, den 
Beni Hudheyl, bewohnt fei, die, wohlgenährter ald ihre Brüder 
der dürren heißen Sanpflächen, berühmt feien, in den einheimischen 
Annalen, ald independente Bergtribug, die zwar nominell dem 
Scherif von Mekka angehörten, aber oft mit ihm in Fehde lägen. 
Sie bewohnen mit ihren zahlreichen Schafheerden die hohen unge— 
mein reigenden Alpenthäler diefer Korafette, die Burdhardt an 
die grünen Libanon-Thäler erinnerten, obwol fie doch nur ſpar— 
fam durdy die fonft rauhen Felszüge ded Kora vertheilt find Ta— 
jef liegt allervingd hoch, doc) nicht auf dem größten Berge, ſon— 
dern auf einer Platenuhöhe, die Schimper auf 3200 Fuß über 
dem Meere fihäst, invdep die höchiten Gipfel der Koraberge, im 
NW. der Stadt, zu 5000 bid 5500 F. aufiteigen; die noch größern, 
aber auch entferntern Spitzen nach Afir zu, wie der Dichebel Gur— 
ned, gegen ©.D., nad) deſſen Schägung bis zu 8000 F. abjoluter 
Höhe fich erheben und einen Theil des Jahres felbft Schnee tragen 
follen. Die zunächft die Stadt Tajef umgebenden niedern Berge 
fuborbinirter Neihen der großen Kette, welhe Schimper zu 500 
Fuß relativer Höhe über der Plateaufläche fchägte, werden, nad) 
Burkhardt, auch heute nody mit vem Namen Dſchebal Gha— 
zoans6) (offenbar Gazwan bei Eprifi und alfo wol auch Gaf— 
wan bei Ißtachri) belegt. Die große Kälte wird alſo nicht 
. ſowol von dieſen ald von der Hochkette in N.W. zu verftehen fein, 


47) L. Burckhardt, Trav. in Arabia p. 62— 70. MM. Schim: 
per, Neife von Dſchidda nach Mekka. Det. 1835; die Handſchrift 
gütigſt mitgetheilt von Hrn. Prof. Braun in Garlsruhe. 

*°) L. Burekhardt, Trav. in Arabia App. Il. p. 447. °»°) Ebend. 
P. 84. 


152 DWeft-Afien. TV. Abtheilung. $. 61. 


die, als W. Schimper auf ihren Höhen im Monat Dezember 
botanifirte, ihn durch eine Flora mit lauter europäifchen be= 
fannten Pflanzengattungen, wie Juniperus, Laurus, Ros- 
marinus, Salvia, Bellis, ſogar Crocus und Euphorbien überrafchte. 
Am Tten Dezember, Abends 5 Uhr, fland das Thermometer auf 
diefer Höhe nur 4° Neaum. über dem Gefrierpuncte, und am 
Sten Dezember Morgens, vor Sonnenaufgang, war es 2" R. unter 
denſelben gefallen. Die Ihatfache des Eiögefrierend ift alfo volle 
fommen beftätigt, wenn ſchon an demfelben Nachmittage, freilich 
am Buße defjelben Berges, die große Hitze ſchon wieder dad Ther— 
mometer bis auf 35° Neaum. im Schatten gefleigert hatte. Diefe 
großen Gontrafte aus der Glut der Wüfte zur Winterfälte ver 
jo nahen Gipfelhöhe war auch dem Botanifer jehr überrafchenn, 
aber der von ihm beobachteten Terrafienflora auf Fürzeftem Ab— 
ftande entfprechend; Ißtachri hatte alfo wol jehr recht, diefe Be— 
obachtung ſchon zu feiner Zeit an der Stelle einer fo häufig 
befuchten Gebirgspaſſage als eine Merfwürdigfeit einzutras 
gen, die auf weniger befuchten und bevölferten Gebirgsübergängen 
auch vielleicht nicht gleich frappante Gontrafte darbot. Der reif— 
artige Schneeüberzug, den Schimper bei Sonnenaufgang auf 
der genannten Kora-Höhe, die er nad) einem fünfſtündigen Mar— 
ſche fortwährenden Anfteigend von der Stadt Tajef aus, am Abend 
vorber erreicht hatte, wahrnahm, ſchien fchon eine Stunde fpäter, 
nach dem Aufgange der Sonne, bei einer bis zu 6° Reaum. Wärme 
gewachlenen Temperatur völlig abgefchmolzen zu fein. 

Die Betätigung Ißtachri's erweckt auch andern feiner Ans 
gaben, die noch Feine neuere Beobachtung verifteiren Fonnte, ein 
höheres Vertrauen und größere Aufmerkfjamfeit, als ihnen bisher 
zu Theil ward. 

In der Nähe von Janbo und Marr (wol Batn Mar, f. 
ob. ©. 85) liegt ein Schloß Gaidh, und daneben ein anderes klei— 
nes Gaftell, Aſire1), deſſen Datteln beifer find ald alle übrigen 
Datteln von Hedſchas, außer den Gattungen Szeihani der Chei— 
bar (1. 06. ©. 59) und Berdi, wie Adſchuh von Medina. In 
der Nähe von Sanbo, führt er fort, ift auch ver Berg Radhwa, 
ein Sehr hoher Berg vol Schluchten und Wadis. Von Janbo aus 
erblickte ich ihn ganz grün, und von einem Augenzeugen, der ihn 
befuchte, hörte ih, daR er voll tiefer Schluchten, aber mit vielen 


51) Ißtachri bei Mordtmann ©. 11. 


Arabien, nah Ißtachri; Berg Radhwa. 153 


Waffern und Baummuchd fei. Dies ift der Berg, auf dem, nad) 
der Meinung der Keifanie, Mohamed Ben Ali Ben Ebu 
Taleb, jener Fürft der Gläubigen zu Janbo, noch am Leben fein 
fol. Bon diefem Berge bringt man Wesfteine nach andern Län— 
dern. In der Nähe viefed Radhwa, zwijchen ihm und dem Di— 
ftriete der Oſcheheyne, liegt längs der Meeresfüfte der Diftriet 
Hafjanie, ver Beduinen vieles Namens, die wie die arabijchen 
MWüftenbemohner umherziehen, Waffer und Weideplätze zu juchen, 
- deren Anzahl Iftachri Hier in ihrem Lager auf 700 Zelte anfchlug. 
Ihr Diftriet reicht oftwärts bis Wadan, dad nur eine Station 
von Dſchofa (EI Djohfe, fo heißt nach Burkhardt?) noch 
heute der ganze Küftenftrich zwiichen Medina und Meffa, weit 
wärtd der Gebirgäfetten; aber zuweilen auch nur, wie hier, im en= 
gern Sinne, der Strich von Meffa ſüdwärts bis Bedr) entfernt auf 
dem Wege nah Abwa liegt. Zu Abwa, dad nur 6 Meilen in 
Weſt der Pilgerftrafte liegt, Iebte zur Zeit meines dortigen Auf— 
enthaltes, jagt Ißtachri, der Häuptling der Dichaaferiven, namlich 
der Beni Dſchaafer ben Ebu Taleb, die in Bora und Saira 
viele Beflgungen und Anhänger hatten, mit den Haſſaniden aber 
in bejtändigen Kriegen ftanden, bis ein Stamm aus Jemen, die 
Beni Harb, ſich ihrer Kändereien bemächtigte und fich viefelben 
unterwürfig machte. 

Hier zur Grläuterung, daß noch heute jenes Janbo el Nas 
khel, wie vor 1000 Jahren, ver Diftriet ver Dſcheheyne geblies 
ben, da nad) Burckhardt das Thal von Janbo ausdrücklich nur 
allein von den Dicheheyne cultivirt wird. Auch Burdhardt 
fonnte von Ianbo aus, wie Ißtachri, den hohen Berg gegen 
N.D., von dem die große Kette mehr gegen Welt fi) nad) Bedr 
werdet, jenfeit der Sanpfläche der Küftenebenen erbliden, ven er für 
ven Berg Redouass) ver Araber hielt, und welcher, nach ihm, 
eine Tagereife von Janbo, 4 Tagereifen von Medina entfernt, von 
Samhudy angegeben wird. Was bei Abulfeda dem Jakuti von 
dem dortigen Überglauben der Secte der Al Eaifaniah zuges 
fchrieben wird #4), ift alfo als weit älteres Datum dem Berichte des 
Ißtachri zu vindieiren, der Wahn an das Fortleben von einem 
Sohne Alis, des Ebn Ali Hanefiah, erinnert an eine ähnliche Ser= 
tenverehrung der Imame, Alis Nachfolger, und des Glaubens an 


°®) L. Burckhardt, Trav. in Arab. p. 316. s2) Ebend. p. 422, 
) Abulfed. Deser. Arab. ed. Rommel p. 63, $. 5: Mons Radhwa. 


154 DWeft-Afien, IV. Abtheilung. $. 61. 


die Wiederfehr des Imam Mehdi, von der wir früher bei Kufa, 
nach Ebn Batuta, Nachricht gegeben (Erdf. X. ©. 281). In neuer 
Zeit ift ung feine Spur davon in diefer Localität wieder vorgekom— 
men, aus der wol auch die Saffanie, wie die Beni Dichaafer, 


durch gegenfeitige Aufreibung verfchwunden, indeß ihre damaligen | 


Verdränger, die Beni Harb°®) aus Jemen, noch unlängft zu 


den dortigen mächtigften Stämmen gehörten, die erft wie ihre Ne— 


benbuhler, die Beni Dicheheyne, den Wechabiten weichen mußten. 

Eine andere von Ißtachri als Augenzeuge angegebene 
Thatſache ift jeine Beichreibung von Hadſcher (Hödſcher, Al 
Hhegr), des antiken Siges der Thamuditen, n N.N..W. von 
Medina, melche nach den ſpätern Geographen irrig dem Ebn 
Haufal ganz mit denfelben bei Evrifi°6) ganz unverfürzten Wor— 
ten, zugefchrieben wird 57), wie fie jedoch ver Text des Ißtachri 
giebt. Hadſchr ift, nach jeiner vollitändigen Angabe 58), ein Flei- 
ner Ort mit wenig Einwohnern, eine Tagereiſe fern von Wadi'l 
Kora, zwiſchen Bergen. Hier war der Wohnfig der Thamudi— 
ten, von denen der Koran ſagt: „und von Thamud, die ſich 
Bellen ausgehauen im Thale” Ich Habe diefe Berge, jagt 
Ißtachri, und ihre Sculpturen gefehen, won denen ver Prophet fagt: 
„Tie bauten fi finnreih Häuſer von Stein.“ Ic habe 
ihre Sänfer gefehen; fie find wie unfre Häufer in den Fels— 
flüften. Dies Gebirge heißt Athalib (Al-Athäleb, nach ven 
Etymologien der Nachfolger, cavaturae excisae, die Felshöhlun— 
gen; Jaubert bei Edriſi fchreibt elsabalib). Die Berge ſchei— 
nen in der Ferne zufammenhängend, reifet man aber zwijchen ihnen 
hindurch, erzählt Ißtachri, jo fieht man, daß jeder derſelben für ſich 
gejondert ftcht, und man kann um jeden herumgehen. Rundumher 
it Sand, fie find nicht zufammenhängend, fonvdern jeder Gipfelnift 
für fich, und jedweder nur mit fehr viel Mühe zu erfteigen. Dort 
ift auch der Brunnen Thamud, von dem der Koran fagt: „die 
„Kamelin habe ihr Waffer, ihr aber dad Wafjer des 
„Jüngften Tages.” 

Der Angabe der geringen Entfernung dieſes Wohnortes der 
Thamud von einer Tagereife von Wadi'l Kora, das ſelbſt nur 
einen Furzen Tagemarfch im Norden vor den Thoren von Medina 


95) Burckhardt, Trav. in Arabia p. 423. °°) Edrisi bei Jaubert 
T.I. p. 334. ’”) Abulfedae Descr. Arab, ed. Rommel $. 10. 
p: 76— 77. *0) Ißtachri bei Mordtmann S. 10. 


Arabien, nach Ißtachri; die Thamuditen. 159 


Viegt, hat Schon Abulfeda mwiderfprochenS), und gewiß mit Recht, 
wenn er fagt, daß er mehr ald 5 Tagereiſen fern im Norden von 
Medina liege. Aber Iptachri giebt gar nicht an, welchen Ort 
dieſes Namens er meine; und der genaue Edrifi bleibt in feiner 
Copie bei jener Angabe ftehen. Da wir num fchon oben ein Wa— 
di'l Kora von Meffa auf dem Wege nach Tajef fennen lernten, 
gegen ein zweites, dicht bei Medina, das aus Mohameds Lebend= 
gefchichte befannt genug ift, fein Zweifel fich erheben läßt, die 
ganze große Gebirgäfette aber noch heute den Gollectivnamen Kora 
trägt: fo liegt e3 fehr nahe, auch noch andere Wadi oder Ein— 
Schnitte, Ihäler, Schluchten veijelben Zuges mit gleichem Namen 
belegt zu ſehen, und hier nahe den Thamuditen demnach nod ein 
drittes, alfo nördlichſtes Wadi'l Kora, dad denn von Ißta— 
chri gemeint fein wird, der felbft diefe Station fo nahe bei. den 
Felswohnungen der Thamud zurücdgelegt hatte, und fich daher 
wol nicht leicht geirrt Haben wird. 

Diefelbe Gegend ift aus dem Feldzuge Mohamed im 9ten 
Jahre der Heg. auf dem Wege gegen Damask bit nah Tabuf 
befannt, ald man damald ein byzantinisches Corps an der Grenze 
von ver Wüfte aus überfallen wollte. Es war das erfte zahlreiche 
nur mit großer Mühe zufammengebrachte Heer, das nach größter 
Erſchöpfung von etwa 7 Tagemärichen von Medina aus den Bes 
zirk Sadfcher®) erreichte. Als ed an den dortigen Brunnen ſich 
laben und in den in Beljen gehauenen Wohnungen raften wollte, 
geftattete e8 ihnen Mohamed nicht, weil der Koran ſchon die Le— 
gende geheiligt hatte, daß Hier der Wohnfig derjenigen Thamud 
gemwefen, die wegen ihrer Gottlofigfeit untergegangen. Selbſt 
diejenigen feines Heeres, welche ſchon Waffer genommen und damit 
etwas gekocht oder Brot angefnetet hatten, mußten es nach Abul— 
feda's Angabe den Kameelen hinwerfen dl). Gin wahrer Sieg des 
Gehorſams, den der Prophet über vie Olaubendfnechte an feine gött— 
lie Sendung davon trug, daher diefe Gegend feitvem nicht weni— 
ger gefeiert, ald wegen des Gotteögerichts, das ihre erften Bewoh— 
ner traf. Die folgende Nacht ded weiten Marfches war fo ftürmifch, 
dap Mohamed Niemanden erlaubte fi allein vom Lager zu ents 
fernen; der Wind war fo glühend, daß manche der Leute, um nicht 


— 


) Abulfedae Descr. Arab. ed. Rommel p. 763 vol. Günther Wahl, 
der Koran ©. 691, Not. i. 9) ©. Weil, Mohamed S. 262. 

*') Abulfedae Annales Muslemici J. J. Reiskii ed. Adler. Hafniae, 
1789. 4. T. I. p. 171. 


156 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


vor Durft umzufommen, ihre Kameele fchlachteten und alle Flüſſig— 
feiten fammelten. Als Tags darauf der Sturm ſich legte, ward 
das Heer von einem ftarfen Negen erquict, der nun den Weiter: 
marſch bis Tabuk geftattete, das auf halbem Wege nah Da— 
mask lag. 

Die Thamud gehörten zu der antiken Neihe der den Götzen 
jo eifrig dienenden Völker Südarabiens, wo fie, öfter mit den Ad 
gemeinfchaftlich genannt, für die Meijter ver Baufunft in Je— 
men galten, aber vurh Himyar, den Sohn Saba’, jehon ſehr 
frühzeitig (denn ſchon Agatharchides, Diodor und Ptole— 
mäus kennen ihre nördlichen Sitze, ſ. ob. S. 124) vertrieben wur— 
den, und ſich als eine der vielen, uralten, von dem Süden ausge— 
gangenen Völkerſchaften, als Colonie, im Norden Arabiens in dem 
Felſengebiete von Hadſcher angeſiedelt haben müſſen. In dem 
Koran iſt öfter von ihrem Unglauben und von göttlichen Sendun— 
gen an ſie, durch den Propheten Hud, die Rede, deſſen Anden— 
ken zumal in Hadhramaut noch fortlebt; aber auch auf dieſen 
nördlichen Sit wird die Legende, in Sure 7, Vers 74— 812) an= 
gewendet, wo es heißt: „an Ihamud fandte Gott ihren Bruder 
Salih, ver ihnen zurief, betet Gott an, außer dem fein ander 
Heil it. Zum Zeichen diene euch dieſes Kameel Gottes, laſſet es 
weiden im Lande Gotted, und thut ihm nichts zu Leid, fonft trifft 
euch ſchwere Pein. Bedenket, daß euch Gott zu Nachfolgern ver 
ververbten Söhne Aad gefegt, und euch ein Land zur Wohnung 
angemwiefen, in deſſen Ebenen ihr Schlöffer bauen, in vefjen Berge 
ihr Häuſer einbauen Fünnet; genenfet der Wohlthaten Gottes und 
verbreitet nicht Derderben auf Erden.” Dieſe dunfle Sage endet 
mit der Verftocdtheit ver Thamud, die der göttlichen Sendung und 
Warnung zumivder das geheiligte Kameel tödten, und dafür, bald 
nachdem ſich Salih der Prophet zurückgezogen, wie einſt Sodom 
und Gomorrha, durch ein Oottedgericht ihren Untergang finden, 
nach den einen durh Sturm und Ueberfhwemmung, nad 
andern durch Erdbeben, je nachdem die Worte im Koran: „ein 
erſchreckliches Krachen vom Simmel erfchütterte fie darauf, und man 
fand die Unglüdjeligen des Morgens in ihren Wohnungen todt 
zur Erde hingeſtreckt,“ von den Erklärern gedeutet werden. 

Hören wir nun, da leider noch Fein europäiſcher Neifender jene 
Gegenden befucht hat, aus denen aber ſchon Iptachri die Fabelei, 


362) Günther Wahl, Koran, ©. 124, Not. x, und ©. 692 u. a. D. 


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Arabien, nah Ißtachri; die Thamuditen. 157 


als feien die Ihamud Rieſen geweſen, dadurch zurückwies, daß er 
verficherte: „ihre Wohnungen find wie unfere Häuſer in 
den Belsflüften,‘ die Erfundigungen des forgfältigen Burck— 
hardt, die er zu Medina, alfo in der größten Nähe, einzuzie- 
ben bemüht war. Die Stationen der Karawanen zwilchen Da= 
mask und Medina, jagt Burkhardt), find gut befannt; der 
interefjantefte Bunct auf diefer Straße, innerhalb der Grenzen Ara— 
biens, ſcheint Hedjer (Hädſcher, Hödſcher) zu fein, dad zumel- 
len auch Medayen Saleh (die Stätte des Salih) genannt 
wird, und 7 Tagereiſen nordwärts Medina erreicht werden kann. 
Hedjer breitet ſich mehrere Miles weit aus; der Boden iſt frucht⸗ 
bar, von vielen Quellen bewäſſert, wie von einem hellfließenden 
Strome, an dem ſtets große Beduinenlager mit ihren Heerden wei— 
den. Das Oberhaupt der Wehabi, Saoud, hatte in neueſter Zeit 
die Abſicht, hier eine Stadt zu bauen; aber ſeine Ulemas ſchreckten 
ihn davon zurück, weil es unfromm ſei, einen Ort wieder herzuſtel— 
len, den der Fluch des Allmächtigen belaſte. So mächtig wirkte 
noch der alte arabiſche Glaube auf die Secte der Wehabi, die ſich 
eine reformatoriſche des Koran nennt, und deſſen Wort mit allen 
feinen Folgen durch Feuer und Schwert bekämpft. Gin unbedeu— 
tender Berg, erfuhr Burkhardt, begrenze diefe fruchtbare Ebene 
gegen Welt, etwa 4 Miles, Feine volle 2 Stunden fern vom Plage, 
wo die fyriiche Karawane die Hadich ihr gemöhnliched Lager nimmt. 
In diefem Berge befinden fich große Höhlen oder Wohnungen in 
Beld gehauen, mit feulpirten Biguren von Männern und 
mancherlei Thieren, Eleine Pfeiler zu beiden Seiten der Ein 
gänge, und, nach Ausjage der Beduinen, zahlreiche Inſeriptio— 
nen über ven Thüren. DBielleicht, fegt Burckhardt hinzu, find 
dieſes legtere nur Ornamente und feine Buchjtaben (warum follten 
es nicht himyaritiiche Infchriften, wie die zu Mareb gefundenen, 
fein fönnen?). Der Bela ift ſchwärzlich, wahrſcheinlich, fagt 
Burkhardt, vulcanifch: denn in der Nähe befindet fich eine 
lauwarme Quelle. Ungemein leid that es Burdhardt, daß Krank— 
heit ihm fein Tanggehegtes Project, von Mevina dahin zu reifen, 
unmöglich machte. — 

Auch von Tabuf, dem Ziel jener Erpedition Mohameds, 
giebt Iptachri, nur ein paar Jahrhunderte fpäter, fchon eine geo— 


) L. Burckhardt, Tray. in Arabia. Append. VI. p. 457; vergl. 
defl, Trav, in Syria, App. Ill, p. 659, 


158 Weſt⸗-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


graphifche Nachricht, vie von Edrifi und Abulfeda ein Hal« 
bes Jahrtauſend fpäter mit denjelben Worten, ohne neue Zuthat, 
wiederholt ward, ohne daß die Kommentatoren 6*) die ältere Quelle 
der Beobachtung Fannten. Tabuk, ſagt Ißtachriss), Tiege zwi— 
jhen Hadfcher und der Örenze von Syrien, 4 Stationen von 
diefer fern, auf halbem Wege nad) Syrien; daſelbſt fei ein be— 
feftigtes Schloß mit Quelle, mit Palmen und einem arten, 


der nad) dem Propheten benannt ſei. Man fage, daß hier die Ger 


fährten el Ajeka (Al-Aicah bei Abulfeda, Männer von Ayfa 
bei Neinaud) gewohnt, zu denen Gott den Schoaib ſchickte. 
Schoaib gehörte jedoch nicht zu ihnen, fondern war aus Midian 
(Madian bei Abulfeda). — Don einer ähnlichen Sendung 
Schoaibs, wie Salihs, an dad ungläubige Volk jener Gegenp, 
ift in berfelben Tten Sure des Koran vie Rede 66), auf die hier an— 
gejpielt wird; doch wird dafelbft gejagt, daß die Sendung Scho— 
aibs (Jethro, Moſes Schwiegervater) an dad verftocte Volk zu 
Midian geſchah, das eben ein jolches Gottesgericht, wie die Ad, 
die Thamud und dad Vol Nou's getroffen, die weder den Wars 
nungen der Propheten Hud, Saleh, Loth, noh Schoaibs hö— 
ren wollten, und deshalb alle gleiched Schickſal ver Bernichtung 
erduldeten. Tabuk hatte feit jenem Feldzuge Mohameds zur 
ſyriſchen Grenze die Aufmerkſamkeit der Moslemen erregt; fein Heer 
raftete in der fruchtbaren Umgebung von Tabuk und rüdte nicht 
weiter vor: denn Hier fchon 67) empfing Mohamed die Häuptlinge 
einiger Grenzſtädte Syriens, jo wie Johanna, den Sohn Rubas, 
den Fürften von Eila (Ailah), der ihm, wie früher bemerft ward, 
bier den Tribut zu zahlen gelobte. Nach einer Note, die Adler 
a. a. O. anführt, fagt Curio Histor. Sarac. p. 11 zu diefer Stelle 
von Mohameds Gejchichten, in welcher der Name ded Ortes durch 
ein eingefchobenes m in Tambuk verwandelt wird, daß Moha— 
med dort einen Tempel errichtet babe, der noch heute bejucht werde 
(Tambicum castra movit ibique templum condidit quod adhue 
visitur), worüber fowol Edriſi wie alle Nachfolger ein merkwür— 
diges Stillfchmeigen behaupten, uber das fich auch der Bearbeiter 
der Annalen mit Recht verwundert; denn Died würde der erſte von 
dem Propheten errichtete Tempel gewefen fein. Edriſi fpricht übri- 


»6*) Abulfedae Descr. Arab. ed. Rommel $. 2. p. 97. 65) Ißtachri 
bei Mordtmann ©. 10. 6%, Günther Wahl, Koran, ©. 125, 178, 
267, 338, 358, 370. °, Meil, Mohamed ©. 263; vergl. Abul- 
fedae Annal. Muslem. Reiskii ed. Adler. 4. Hafniae, T. J. p. 171. 


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— —— 


Arabien, nah Ißtachri; Tabuf, Midian, 159 


gend in dem von Jaubert benugten Terte von keinem Pracht— 
ichloffe zu Tabuf, wie es bei Rommel) citirt wird, und auch 
im Text des Abulfena bei Neinaude®) fehlt; fondern fagt nur 
ganz einfach, der Ort fei von einer guten Befeftigung umgeben, Tiege 
zwiichen EI Sadjar (Hadſcher) und der Außerften Grenze des 
Landes Damask over Syria; diefe Grenze liege 4 Tagereifen von 
Tabuk, das ſei halbwegs nah Damask. Er wiederholt viefelbe 
Erzählung von dem Gottgefandten, den er aber hier Jethro, richt 
Schoaib nennt, und drückt fich offenbar, weil er Ißtachri ercer= 
pirte, jo aus: man fage der Tribus Elaifa (el Ajefa 6. Ißta— 
chri) habe damals dort gewohnt; Sethro fei aber in Madian 
geboren, das 6 Tagereifen dur die Wüſte fern von Tabuf liege. 

Ganz daffelbe jagt zmweihundert Jahre früher Ißtachri von 
Madian, das er Midian fchreibt, am Meere von Koljum ges 
legen, etwa 6 Stationen von Tabuk, dem e3 gegenüber liege. Die 
Berichtigung 70) bei Abulfeda, daß Tabuf im Often, Mavian 
im Werften liege, war alfo ganz überflüjfig; denn Ißtachri hatte dies 
ſchon deutlich genug ausgeſprochen. Er fagt, Madian?) fei 
größer ald Tabuf, wo ein Brunnen, aus dem Mofed die Heerven 
Schoaibs (alfo Jethros) tränkte. Ich habe diefen Brunnen 
geliehen; er ijt jet bevedft umd ein Haus darüber erbaut. (Edri— 
ſi's Worte: „man fage, daß der Brunnen jet troden liege,” ift 
blos Zufag von ihm). Madian, führt er fort, fer auch der Name 
des Stammed, aud welchem ver Prophet Schoaib war, und 
nach welchem der Ort genannt wurde, auf die Worte des Koran 
Sure XI fich beziehend 7?). | 

Der nördlichfte unter allen Orten, deffen Ißtachri in Aras 
bien ermähnt, ift die äußerſte „Feſtung Taima73) mit -Dattelpals 
„men und bevölferter ald Tabuf, von dem fie noch wei— 
„ter im Norden liege auf der Scheide der Wüfte, nur 3 
„zagereifen von Syrien (d. i. hier dad Gebiet von Damask) 
„fern.“ Da und aus Mohameds Feldzuge nad) Tabuf die Lage 
diefed Ortes befannt ift, welchen das Heer von Hadſcher von den 
Sigen der Thamud zu erreichen, wie Abulfeda fagt 79), 20 Tage 


°*) Edrisi b. Jaubert T. I. p. 333; Abulfed. 6. Rommel p. 97. 
*) Abulfeda, G£ogr. trad. p. Reinaud p. 117. 9) Abulf. Deser. 
Arab. b. Rommel p. 97. +) Ißtachri bei Mordtmann ©. 10. 
”) Günther Wahl, Koran, ©. 178. 9 Ißtachri bei Mordtmann 
S. 11. 9) Abulfedae Annal. Moslem. ed. Reiskii b. Adler. 

T.L p. 174. 


F 


160 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


gebrauchte, und Tabuk, wie Ißtachri im vorigen angab, ebenfalls 
nur 4 Stationen fern von der Grenze Syrien lag: jo fann man 
unmöglich die Lage dieſes Taima mit D’Anville im Often von 
Hadſcher in gleicher Breite (27! N.Br.), oder mit Teyme auf Jo— 
mard's und Berghaus Karten, wo diefer Ort zwifchen 27 und 
280 N. Br. eingetragen ift, iventificiren, va Damaskus etwa unter 
3374, N Br. liegt. 

Edriſi führt, gang mit Ißtachri übereinftimmend, fein Ti— 
ma”) an, als einen feiten Ort von antifer Gonftruetion, volfreis 
her ald Tabuk und 4 Tagereifen davon entfernt, und von den 
Grenzen Syriend nur 3 abjtehend. Er fügt diefem von Ißtachri 
copirten Datum aber hinzu, daß dajelbit ein Paffageort durch vie 
Wüſte, wo einige Kaufleute wohnen. 

Auch Abulfeda’e) führt dieſes Tayma (Tima b. Edrifi, 
Taima b. Iptachri) am Ende ded 2ten Climad in ver Gegend 
von Syrien (badyet-alscham) gelegen an, das viel bedeutender 
ald Tabuf, mit Palmen, weldyes nah Azyzy ein Hauptſitz des 
Tribus der Tai (Thay) fei. Dort, fügt er hinzu, fei das 
Schloß Alablac (Al-Ablak, dad Bunte), dad, von Shamul, 
Sohn Adhia (nach Dakuti, der bei Rommel citirt wird), deshalb 
diefen Namen erhielt, weil es roth und weiß gejtreift war; nad) 
Bakui aber, weil e8 aus weißen, langen Quaderfteinen 
übereinander aufgefchicktet gewefen. Beide Autoren, die dieſe Er— 
flärung geben, behaupten, dag zu ihrer Zeit das Gebäude in Trüm— 
mern Tiege. Dafuti bemerkt, daß die daſelbſt befinvlichen Baditein- 
mauern eben fein Zeugnig von fehr hohem Alter feien. Jener 
Shamul, Sohn Adhia, fei der Jude, der (nah Edriſi zu 
Cheibar wohnhaft) von diefem Schloß die muthigen Verſe ge= 
dichtet Habe (ihre Inhalt fteht in Reinaud's Tert bei Abul- 
feda, der etwas von dem bei Nommel abweicht) 7): „Wir haben 
einen Berg, der und zum Aſyl unfrer Schüglinge dient; er ift feft 
genug, auch den einpringlichften Scharfblick abzuftumpfen. Es ift 
der Ablak, der unvergleichliche, vdefien Ruhm weit verbreitet; er 
herbergt berühmte Roſſe und Helden.” Wirklich ſpricht auch Edriſi 
nicht bei Tima, ſondern bei Cheibar von dem genannten Juden, 


75) Edrisi 6. Jaubert T.I. p. 335. ) Abulfedae Descr. Arab, 
ed. Rommel p. 96; vgl. Abulfeda, Geographie, Traduct. p. Rei- 
naud p. 117. ") Nach Neinaud ftehen die Verfe im Hamasa 
ed. Freytag p. 51; Extr. v. Alb. Schultens in Grammat, Erpeniü 
p- 462; über Tayma |. Hamaker, Specim, Catalogi p. 102, 


Arabien, nah Ißtachri; Cheibar. 161 


doch nicht ala Dichter, fondern als von einem Getreuen, deſſen eh— 
renwerther Character zum Sprichwort geworden, alio der Gegenfag 
von der oben nach Seegen angeführten modernen Redeweiſe (f. ob. 
©. 58,62). Eheibar, das Ißtachri?s), auch ohne weiten Zu— 
fag, blos ald mit Palmen und Saatjeldern begabt anführt, jagt 
Evrift?9), war in der erften Zeit ded Islamism die Wohnung 
der Beni Eorait und Nodhair (mol die Secte ver Caraiten, 
welche alle Kommentare des Bibeltextes verwarfen, die, nach ©. 63, 
früher zur Zeit der Tobbad in fo hohem Anſehn fanden). Sam— 
wa ebn Adta (derfelde wie Shamul) wohnte daſelbſt, auf ven 
da® Sprichwort ded treuen Verwalters fremden Gutes ſich bes 
zieht; wobei Silv. de Sacy daran erinnert, daß dies der Jude 
Samuel war, dem Amri el Kais feine Rüſtkammer zur Ber- 
wahrung übergab, und der lieber vieles ſelbſt über fich ergehen lieh, 
ohne den anvertrauten Schaß zu verratben. Diele rühmliche That 
widerfpäche ganz dem unter Urabern herrichenden, vie Cheibar ber 
ſchimpfenden VBorurtheile, das auch Niebuhr3V) beſtätigt fand, der 
zugleich den Berichten Gehör gab, ala Iebten joldye Stämme ver 
Beni Cheibar noch als Karaiten in jener Tocalität, wad Burd= 
hardt durch feine Erfundigungen mit Beflimntheit glaubte wider« 
legen zu Eönnen (ſ. ob. ©. 62). 

Sp nahe nun auch bier Cheibar mit jenem Taima des 
Ißtachri, Tima bei Edriſi, in Verbindung gelegt wird, jo folgt 
doch daraus keineswegs, daß fie auch nahe beifammen gelegen. Sie 
lagen allerdings auf vderjelben Nordroute von Medina nad 
Damaskus, aber an 20 Tagereiſen weniaftens, nah Mohameds 
Kriegszuge, auseinander. Wir müfjen daher noch auf ein von je— 
nen damascenifchen Orte mit dem bunten Schloſſe (der uns leb— 
baft an die vielen Trümmerorte der palmyreniſchen Wüſte, in der 
Umgebung des früher genannten Taibe erinnert, Erdk. X. ©. 1096 
bi8 1113), verjchiedenes viel weiter ſüdlich gelegenes Taima, 
oder Tima bei Edriſi und den Neuern, hinweiſen, das Ißtachri 
nidyt nennt, wohl aber Gorifi, und das deshalb von ven Goms 
mentatoren des Abulfevda, in vejien Terte bei Neinaud aud 
nicht 8!) genannt, dody wie bei Nommtel®?) und Andern irrig mit 
jenem Taima an der ſyriſchen Grenze identifieirt iſt. 


) Ißtachri bei Mordimann ©, 11. ») Kdrisi b. Jaubert T, 1. 
p. 334. 20) Niebuhr, Becher. von Arabien S. 377-- 379. 
9) Abulfed,, Géogr. Trad. p. Reinaud. p. 117. *) Abulfedae 


Descr. Arab. b. Rommel p. 96, 
Ritter Erdkunde XI, hs 


162 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Edriſi fagt 3): EI Hadjer liege eine Tagereife von Wa— 
dil Kora, und dann: EI Hadjer liege 4 Tagereifen von Tina; 
von Tima nach Cheibar feien auch 4 Tagereifen; und ein Blatt 
weiter, wo er den Weg nah Daumat al Djandal im Lande 
Djof (f. 06. ©. 71) gegen ven Norden verfolgt, fagt er: von Ti— 
ma nah Daumat al Djandal find 4 Tagereifen. Diefe Di- 
ftanzen zeigen beflimmt genug, daß dieſes Tima im Süden von 
Daumat al Djandal noch innerhalb des nördlichen Arabiens, alfo 
nicht außerhalb gegen Syrien lag, und zwar im gleichjchenfligen 
Triangel etwa der dritte Winfelpunet mit El Hadjer und Chei— 
bar. Sp entfpricht viefed Tima denn auch dem Teyme der Kar— 
tenzeichnung bei JSomard und Berghauß, deſſen Lage hier durch 
Burkhardt’ Erfundigungen beftätigt wird. Diefer fagt: die Kleine 
Stadt Teymes%) Tiegt 3 Tage fern von Khaibar (Eheibar) 
und eben fo entfernt von Hedjer, diefer gegen Oft. Sie ift heut« 
zutage von dem Stamm der Anezeh bewohnt und reich an Date 
teln. Sie gehörte weder zu Nedſched noch zur Provinz Kafym, 
und war eine unabhängige Beduinenanſiedlung vor der Zeit der 
Wehabiten. Ueber das VBerhältnig diefer Beduinen-Oaſen der Wüſte 
in der Gegenwart wird an einem andern Orte bei den heutigen 
Zuftanden die Rede fein. 

Hier haben wir noch eine dieſer Dafen, in ver Mitte jener 
Wüſte, aber viel weiter landeinwärts gegen Often zu erwähnen, 
weil fie auch fehon von Ißtachri genannt wird, und ebenfalld Ver- 
anlaffung zu Verwechslungen bei feinen Nachfolgern gegeben hat. 

Faydss), fagt Ißtachri, iſt „im Diftriete Tai’ gelegen. 
Dibible Tai, d. i. die zwei Berge Tai, liegen zwei Tages 
reifen davon entfernt. Die Tajiten haben hier einige Saatfelver 
und Palmen, es ift aber nur wenig Wafler da. Der Ort wird 
von tajitifchen Beduinen bewohnt, die einen Theil des Jahres 
dort ihre Weideländer mit ihren Heerden beziehen. — So weit der 
Tert dieſes Autors, der nur noch einmal an einer andern darauf 
bezüglichen Stelle von „dem Diftriete der Tai”S6) und von 
„dem Berge Tai“ fpricht, ven wir nur mit diefem zu Fayd 
genannten „Diftriete Tai“ zu ibentificiren im Stande find, und 
keineswegs mit jenem über hundert Meilen mweftlicher gelegenen ara= 


’*°) Edrisi b. Jaubert T. J. p. 334, 335. **) L. Burckhardt, 
Trav. App. VI. p. 464. >’, Iptachri b. Mordtmann ©. 10. 
56) Ebend. ©. 12. 


Arabien, nach Ißtachri; Fayd. 163 


bifhen Taima oder Tima, wie es D’Anville auf feiner Karte 
gethan, der diefe Fleine jegt von den AUnezeh bewohnte Stadt, von 
der. wir bei Edriſi nur die Größe der Nachbardiftanzen erfahren, 
dreiboppelt combinirt hat. Nämlich mit der weit nördlichern ſyri— 
fhen Tayma, Mit dem bunten Schloffe, denn er fegt hierher fein 
Alablac, und mit der weit Öftlichern Fayd, deren Nanten er nicht 
angiebt, mol aber dad Thal zwiichen den beiden Bergen Ajam im 
Nord und Salami im Süd, als den Diftrict des Tribus der Thai 
bezeichnend. Durch diefe Berwirrung ift auh Berghaus auf fei« 
ner Karte verleitet, die Teyme Burckhardt's und Edriſi's, des 
ren Bofition übrigens nach modernen Berichten gewiß mit gro= 
Ber Sorgfalt eingetragen ift, mit dem öſtlichern Diftriete der 
Thai, wenn fehon der antiquirte Name Fayd meggelaffen ift, da— 
durch zu verwechfeln, daß die Zeichnung ihr die beiden Berge 
Diebel Ajam und Djebel Salami beifügt, die eben nicht die— 
fer Teyme, fonvdern dem dÖftlicher gelegenen Fayd zugehören, das 
im Diftriete ver Tai oder ver Thai liegt. Dagegen find auf 
derfelben Karte ſüdwärts Teyme und ded Diebel Salami ald Be— 
wohner ver Tribus Wold Aly eingetragen, der als ein Zweig 
des großen Tribus der Anezeh, nah Burkhardt 7), nicht Teyme, 
fondern Cheibar bewohnt und 300 Reiter zählte, deren Scheifh 
fih im Wehabiten- Kriege auszeichnete. 

Diefed Fayd wird leider von Edriſi nur einmal ganz vor« 
übergehend genannt, wo er fagt: es Liege diefer Ort zwifchen Bas 
bylonien und Arabien, in der Mitte ver Wüften auf ver Noute 
von Bagdad nach Mekkass). Hiermit ift die öftliche Lage aller- 
dings gegeben; aber genauer ift Hier Abulfeda, dem wir folgende 
Angabe vervanfen: die Fleine Stadt Fayd°®) in Nedichen, jagt er, 
liege am Ende des zweiten Clima, in der Mitte der Pilger 
route von Irak, auf dem Wege von Kufa nah Mekka; und 
zwar nahe bei Salma, einem der 2 Berge von Thay. Wenn 
die Pilger dahin gekommen find, fo pflegen fte daſelbſt einen Theil 
ihres befchmerlichen Gepäckes niederzulegen. 

Diefe Fayd liegt 109 Parafangen (82 Meilen) von Kufa 
fern, und ift nach Azyz der halbe Weg zwiſchen Irak und 
Mekka. Der Ort ift fehr blühend und bevölfert und hat Märkte. 


sy 1. Bürekhardt, Prav. im Arabia. App. VE p. 463. #9) Kdrisi 
B. Jaubert T. I. p. 365. ) Abulfeda, G&ogr. trad. p. Rei- 
naud p. 131; vergl, Abulf, Deser. Arab. ed. Rommel p. 81+—82. 


2 2 


J 


164 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Imifchen diefer Stadt und dem Grade Ibady (P. i, eines Nefto- 
rianers, I. ob. S. 97, ven Maſudi Cabr Alibady nennt, aus 
ver Zeit des Könige Abraha, des Abyifiniers, ſ. ob. ©. 24, 67), 
jagt Abulfeda, find die Wohnfige ded Tribus der Thay (oder 
Tai), deren Anfievelungsgeichichte zwiichen den Bergen Adja und 
Solma wir jchon aus obigem (1. ob. ©. 86) Fennen. Wir fügen 
bier nur noch hinzu, daß eben diefe Berge erft von dem Tribus der 
Tai oder Thai den Namen ver Taiberge erhielten, mweil fie auf 
diefen ihre Zelte aufichlugen, und daß dieſer Bergzug, der nad 
Abulfeda auf dem Nedſched over dem Hochlande Jemamas auf: 
liegt, auch noch bi8 gegen Syrien fich ausdehnen ſoll, unftreitig, 
weil diefe Tai= Tribus jehr große Räume einnahmen. Ihre Zahl, 
jagt Reinaud”®), war damals jo groß und verbreitet, wie heut- 
zutage die Tribus der Anezeh, die etwa diefelben Sige behaupten. 
Bon diefen Tai oder Thai, dem mächtigften Stamme der Araber 
gegen den Euphrat hin in frühefter Zeit, halt Neinaud dafür, 
fei die Benennung der Thazy (Tadſchi) bei den Verſern für dies 
jenigen Araber herzuleiten, die jih durch den ganzen Orient ver« 
breiten; ein Name (ſ. Erdk. VII. S. 718—727) ver bis heute bei 
Perfern in Gebrauch geblieben. 

Nah Mafudi pasjirten die Pilger nabe bei dem Grabe dies 
ſes Neftorianers (Ibady), wahrfcheinlich einer der angefehenen 
Männer aus Hira, den wir aber nicht näher Eennen; fie pflegten 
Steine auf dieſes Grab zu werfen, mas fonft bei ihnen wol 
Sitte war, um den DVerftorbenen zu ehren, weil dadurch der Grabe 
ftätte ihre Ruhe vor dem Aufwühlen der Thiere gefichert ward; in 
diefem alle aber, wo es nur beim Vorübergehen?) von Wall. 
fahrern zur Kaaba an der Grabftätte eined Ungläubigen geichieht, 
jol es Zeichen ver bigotten Verwünſchung fein. 

Wie wichtig e8 war, auf folche urfprüngliche, ältefte Anga— 
ben, zum berichtigten Verſtändniß ver ſpätern Bearbeitungen, zus 
rückzuweiſen, wird fich jchen hinreichend an vdiefen Andeutungen 
aus Iptachri Fund gegeben haben, wobei wir jedoch nur bei feis 
nen Nachrichten der nördlichen Landſchaften Arabiens flehen 
blieben, weil er uns in dieſen ald Augenzeuge am meiften ein« 
heimisch zu fein jchien. Seine Nachrichten über die ſfüdlichern 


»°) D’Ohsson, Hist, des Mongols I. p.217 nach Reinaud, Traduct. 
—— p. 197. °') Reinaud, Not. in Trad. d’Abulf, Géogr. 
p- 131. 


Arabien, nach Ißtachri; Wohnſitze d. nördl. Tribus. 165 


Landſchaften werden mit denen anderer Beobachter weiter unten zu 
vergleichen fein. Hier, um feine Nachrichten über den Norden und 
jene älteſten Zuftände der Stammesbevölferungen abzuſchlie— 
- Ben, Taffen wir nur noch folgen, was er am Schluß obiger Daten, 
wenn jchon für uns in etwas meniger beftimmten Zügen, angiebt, 
ehe ex zu feiner Befchreibung des Tehama, Jemens, Hadhra— 
mauts und der Küften des Perſergolfs übergeht. Wir laſſen 
ihn als eine Autorität des zehnten Jahrhunderts im Zuſammen— 
hang jprechen, wie er nach ver Beichreibung von Taima weiter 
fortfährt. 

Zwiſchen Jemamah, Bahrein und Oman, jenfelt Ebu 
Kobais (und unbekannt), jagt Iptachri 9), fei eine Wüſte 
ohne Brunnen, ohne Einwohner, ohne Weideland, eine 
Einöde die weder bewohnt, noh von Menfchen betreten 
werde Zwiſchen Kadefia (bei Kufa) und Schofuf (ob Hof— 
Huf In el Achja?) ver Länge nach (d. i. von N.W. gegen S.O.), 
und zwifchen Semawa (f. unten &. 166) und der Grenze der Würfte 
Basra, wohnen Stämme ver Beni ljad9). Jenſeit Schofuf 
(mol gegen Welt, Iandeinmirtd) komme man in den Diftrict der 
Tat (d. i. Fayd), bis Maaden el Nofra (wol richtiger als 
Maaden el Bacra bei Edrifi)*), der Länge nad; und von dem 
Berge Tai (wol die Dſchible Tai), Wadi'l Kora gegenüber, bis 
zu der Grenze des Hochlandes (Nedſched) von Jemamah und 
Bahrein, ver Breite nach. (Die Lage des Maaden el Nokra wird 
son Ißtachri nicht näher befiimmt, aber Edriſi fagt®): Maa— 
den el Nokra (fo bat auch die lateiniſche Ueberſetzung der Geogr. 
Nubiens.) jet ein großer Flecken, wo ſich die Pilger von Baffora 
und Kufa vereinen und dann ihren Weg meiter fortiegen. An der 
zweiten Stele%) jagt er: von Bafjora nah Medina find 20 
Tagereifen, und man treffe, in ven Weg von Kufa ein, bei Maas 
den el Nofra; wodurch dieje Ortfchaft localiſirt erfcheint). Jen— 
feit Maaden el Nofra, führt Ißtachri fort, auf dem Wege 
nah Medina wohnen die Selim; rechts von Medina find bie 
Dſcheheyne (wie zu Jambo, ſ. ob. ©. 150). 

Zwifhen Mekka uno Medina wohnen die Bekr ben Was 
jel, mit Stämmen ver Modhar, ver Huſeiniden und Oſchaa— 








*) Ißtachri bei Mordtmann S. Al. 9) Ebend. ©. 12. 
) Edrisi bei Jaubert T. I. p. 157, 330. 2 Ebend. p. 158, 
*) Ebend. p. 371. 


166 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


feriden (Anhänger der Imanıs, |. ob. ©. 149,153). In der Nähe 
von Meffa, und zwar gegen Oft, wohnen meift Beni Dielal 
und Beni Saad, mit Stämmen von Hudheil und Movhar. 
In Welt von Mekka aher die Modahadſch (Mohameds Vorfah— 
ren von Mudadh, ſ. ob. S. 20) und andere Stämme der Modhar. 
In der Wüfte von Basra wohnen meiftens Beduinenftämme, 
größtentheils Temim (f. ob. ©. 98), bis nad) Bahrein und Je— 
mamah; jenfeit derfelben find die Abd el Kais, ein arabifcher 
Tribus, der zu Ebn Batuta's Zeit”) in EL Achja wohnte In 
der Wüfte von Dſcheſira wohnen Stämme der Nebia und Je— 
men, meift Kelbiten aus Jemen; zu ihnen gehören die Beni 
Kalisz. Die Wüſte Semawa und DufaelDjchebel zieht bis 
Ain el FIemen(?) und zur Wüfte Choſchaf. Die Wüſte von 
Dihefira und die Wüfte Choſchaf, die zwilchen Rakka und 
Balis liegt, durchzieht man, wenn man nach Syrien reijet. Szef— 
fin ift ein Ort in diefer Wülte in der Nähe des Euphrat 
zwifchen Naffa und Balis. — 

Diefe ziemlich unklare Darftellung der Localverhältniffe in je 
nen nördlichen ſyriſch-arabiſchen Wüſtenflächen erhalt durch 
ein paar Daten bei Edriſi Grläuterungen, der die von Ißtachri 
noch nirgends erwähnte Landichaft Daumat al Djandal (I. ob. 
&. 71) mit diefen und fonjt unbekannten Landſtrichen Semama 
und Khachab (nad Jaubert's Schreibart, d. i. Choſchaf bei 
Ißtachri) in einige Verbindung feßt, indem er fagt®): Dau— 
matel Djandal ſei ein feſter Ort, ein fichres Afyl, gut bemohnt; 
fein Gebiet limitirt durch die Quelle Ain elNemr und durd) die 
Wüſte Khachab, die einen Theil der Wüfte von Semamwa aus- 
mache. Die Wüfte Khachab (ſprich Khaſchab, alfo Ißtachri's 
Chofchaf) zieht von Rakka His Bales zur Tinfen des Reiſenden 
(der nach Uleppo geht) Hin. — 

Noch kommt und eine frühere Unterfuchung über das fo be= 
rühmte Schlachtfeld von Saffain, Szefin, Siffin, in der fyris 
ſchen Wüſte, nahe Rakka, zu Hülfe (Ervf. X. ©. 1077), wodurch 
auch die Localität jenes Szeffin ermittelt ift. 

Wir fchliepen mit Ißtachri's Worten, der hier noch von den 
Bewohnern diefer Gegend die älteften Daten angiebt. Diefe ſy— 
rifhe Wüfte ift der Wohnfig ver Safare, Lachm (dad Ge— 


9°) Ebn Batuta, Trav. ed. S. Lee. Lond. 1829. 4. p. 66. 
»®) Edrisi bei Jaubert T.I. p. 335. 


Arabien, nach Edriſi. 167 


ſchlecht Lakhm, aus dem die Könige von Hira flammten, f. ob. 
©. 88) und Dihooham, fo wie vermifchter Stämme aus Je— 
men, NRebia und Mopdhar (der erften Einwanderung, f. ob, 
&.144). Der größte Theil ift aud Jemen. Die erwähnte fan- 
dige Strede in Hedſchas gehört zu ver Sandwüſte, die fich ver 
Breite nach von Shofur (Hofhuf? in el Achia) bis Evfchfar(?) 
und der Länge nach von jenfeit der Berge Tai (doch wol wieder 
die Dichible Tai, d. 1. die Doppelberge, f. oben) bis oftwärts 
nach dem Meere erſtreckt. Es ift ein gelber, feiner Sand, ver fich 
faum fühlen läßt und zum Theil nur Staub if. — Go weit 
Iptachri, der nun nach Tehama und Jemen in feinen Befchreis 
bungen fortgeht. Mit ähnlichen Angaben fchlieft auch hier Evrifi 
feinen Besicht, wenn er von der Bevölferung der fyrifch=arabifchen 
Wüſte fpricht, und nur etwad weiter audholend fagt 9): Das Land 
zwifchen Ailah, Tabuf und Wadi'l Kora fei bewohnt von ven 
Tribus der Lekhm (jene Hirenfer- Tribus), der Dſchodham (mie 
bei Ißtachri), ver Dihoheyne (die Ißtachri auch rechts von Me— 
dina angegeben, |. ob. ©. 165) und der Bili (ein erft bei Edriſi 
hinzufommender Name). Diefe haben Kameelzucht, Milch und 
Butter in Ueberfluß; fie find gaftfrei und evelmüthig, fie wohnen 
unter Zelten, find ohne feſte Wohnungen, und wechſeln ihre Site 
nad) Brühlingd= und Sommer-Weiden. — An ihrer Weftfeite zieht 
fi) die große ſyriſche Bergreihe Hin, die Edriſi nun als ven 
größten Kettenzug der Erde unter dem Namen Libanon, und zus 
mal EI Kiam (des im nördlichen Syrien einheimifchen Namens), 
umftändlich befchreibt. — 


2. Arabien nad Edrifit%), geboren 1099 n. Chr. (493 Heg.), 
aus feiner Djiagrafia alkollia (Geographia univer- 
salis) oder dem Nozhat el Moichtäf (Oblectamen- 
tum cupidi), vom Jahre 1153 (548 Heg.). Insbefon« 
dere feine Nachrichten über die Nordweſtküſte und 
über bad Örenzgebirgsland der unabhängigen Völ— 
ferftämme zwifchen Hedſchas und Jemen (Aſir) mit 
Burckhardt's Nachrichten verglidgen. 


Dem Reichthum geographiicher Angaben über Arabien, ven 
Edrifi, am Hofe des Königs Noger I. von Sicilien und Ans 


9) Kdrisi b. Jaubert T. I. p. 336, 00) J. M, Hartmann, «Kdrisii 


168 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


tiochia, in feiner Erdbeſchreibung zu verarbeiten 1) im Stande war, 
kömmt feiner der Autoren unter feinen Zeitgenoffen und Nachfols 
gern gleich. Obwol ihm ſchon Abulfeda?) den Vorwurf machte, 
feine Längen- und Breitenbeftimmungen in feinem Werfe angege- 
ben zu haben, jo wird diefer Mangel doch bei vem bloßen hypo— 
thetiichen Caleül ſolcher Zahlenangaben, die auf meift feinen aftro« 
nomijchen Beobachtungen berubten, wie fie wel in Arabien noch 
niemals angeftellt waren, von feinen weſentlichen Nachtheile jein; 
ja e8 find vielmehr dadurch viele Irrthümer vermieden, da foldhe 
Zahlen nur zu Irrlichtern dienen Fonnten, und gegenwärtig gar 
feinen abfoluten Werth, nur noch höchſtens relativen, haben fünnen. 

Edriſi, wie alle arabifchen Geographen, befchreibt die Erde 
in 7 Glimaten, jedes in 6 Abtheilungen, immer von Wet gegen 
Oft fortfchreitend, jo daß die natürlich zufammengehörigen Land— 
schaften dadurch öfter in mehrern Sectionen und felbft Climaten 
geſondert bejchrieben werden müſſen, wodurch manche Wienerholuns 
gen, dagegen aber auch wieder willfürliche Trennungen nothwendig 
veranlagt wurden, wie denn dieſes auch Die arabiſche Halbinsel 
trifft. Diefe wird bei ihm in 5 verjchiedenen weit auseinander lies 
genden Capiteln gejondert beichrieben, davon: 

1) Clima I. Sect. 6, ©.45—54, Jemen und Hadhramant 
beſchreibt. 

2) Clima U. Sect. 5, ©. 131— 146, dad weſtliche Mittels 
arabien mit Dſchidda, Medina und Mefka. 

3) Clima I. Sect. 6, ©. 147-—159, das öſtliche Mittels 
arabien mit Oman, Jemamah und dem ſüdlichen Ver— 
ſergolf. 

4) Clima III. Sect. 5, S. 330 —336, den nördlichen Theil des 
arabiſchen Meeres, Nordarabien bis gegen Syrien. 

5) Clima III. Sect. 6, ©. 365— 378, das euphratenſiſche 
Arabien mit Bahrein, den Perlfiſchereien und den Inſeln 
im nördlichen Perſergolf. 

Eine natürliche Folge dieſes zerſtückelten Vortrags iſt, daß 
nirgends die Idee des Ganzen hervorgehoben oder characteriſirt er— 
ſcheint; dagegen hat die Arbeit, welche zur Erklärung des berühm— 
ten Globus ausgearbeitet wurde, den Vortheil, daß viele Angaben 





Africa. Gotting. 1796. 8. Ed. 2. $. 7. p. LXxvII etc.; vergl. C. A. 
Walckenaer, Vies de Personnages c£lebres. Laon, 1830. 8. T.1. 
p. 324 — 330. 1) Hartmann |. c. p. LxvT. ) Ebend. 
p. xcvii, $.11. 


Arabien, nach Edrifi; Itinerarien. 169 


von Itinerarien, wir zahlen XX verichiedene größere, die wir 
der Kürze wegen auch nach ihren Nummern anführen werden, und 
Diftanzen der Drtichaften gefammelt wurden, weil diefe zur 
Gonitruction der Kartenzeichnung nothwendig waren. Der 
Mangel ded aftronomifchen Notes ift durch diefe 20 nach allen 
Richtungen die Halbinfel durchjegende Routiers, die nach ger 
möhnlichen Millien, oder nach Angabe von Tagereiſen im Karas 
manenjchritt beftimmt find, einigermaßen erfegt; von denen manche 
jo gut fid in die moderne Kartenzeichnung eintragen ließen, wie 
dies meifterbaft von D’Anville?) und jpäter von Mentelle und 
Jomard gefchehen ift, daß dadurdı die Karten von Arabien, in 
den ſonſt unbeluchten Kanpftrichen, faft allein ihre Ausfüllung von 
Namen erhalten haben; indeß freilich auch gar manche diefer Rou— 
tierd, in der Anwendung, in die größte Verlegenheit verjegen und 
mitunter ganz unanwendbar geblieben find. Dies tft eine Haupt— 
quelle für Die confufe Zeichnung der Karte Arabiens geweſen, die 
noch bis heute vie große Bein der europäiſchen Geographen bleiben 
mußte, in welcher Beziehung aber jchon zur Vermeidung derſelben 
Büſching fehr viel Dankenswerthes in feiner vortrefilichen Geo— 
graphie von Arabien geleiftet hat. Wir fünnen daher nur juchen 
den größtmöglichften Vortheil aus ven Angaben Edriſi's zu zie— 
ben, ohne und zu verhehlen, daß Vieles verjelben in der Anwen— 
dung noch nicht auf die Wirklichkeit, jondern nur auf Wahr- 
jheinlichfeit binauslauft. MUebergehen dürfen wir ihn ſchon 
darum nicht, weil ſelbſt Abulfeda einen großen Theil feiner Da— 
ten aus ihm entlehnt hat. Wir Haben jedoch einen großen Vor— 
theil dadurch, daß uns nicht mehr blos das Excerpt des Geogra- 
phus Nubiensis #), wie früher, jondern der ganze Edrifi, wenig- 
ftend nad) dem volftändigiten feiner befannt gewordenen Manuferipte 
der PBarifer Bibliothek in der ceritifch-getreuen Ueberſetzung U. Jau— 
bert's 5) zur Benußgung vorliegt, und daß wir diefe mit den Da— 
ten des Vorgängers Ißtachri, dem Edriſi vieles verdankte, zu 
vergleichen im Stande find. Wir wollen hier jedoch nicht den 


») D’Anville, Carte I. de l’Asie, la Turquie, l’Arabie etc. Paris, 
1751; Mentelle et Chanlaire, Carte du Theätre de la Guerre 
en Orient. An VII.; Jomard, Carte de l’Arabie. Paris, 1838. 

') Geographia Nubiensis, id est accuratissima totius Orbis Descr. 
etc. ex Arabico in Latinum versa a Gabr. Sionita et Joanne Hes- 
ronita etc. Parisiis, 1618. 4. ) Geographie d’Edrisi traduite 
de l’Arabe en Francais d’apres deux Mser. de la Bibl, du Roi, 
accompagnde de Notes p. A. Jaubert, Paris, 1936. 4. 


170 Meft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Edrifi, fondern das arabiſche Land und feine Bewohner ken— 
nen lernen, deshalb wir das Characteriftiiche, was uns diefer Autor 
darüber mittheilt, nur in fo weit hervorheben, ald es für diefen 
Zweck gehört, die Vervollftindigung feiner Berichterftattung ver 
nachherigen Vergleihung mit Abulfeda's Angaben und denen 
der neuern Beobachter überlaſſend. 

Das Meer von Kolzum, d. i. von Suez, wie er den gans 
zen oder doch nördlichen Theil des arabischen Meerbufens gewöhn— 
lich benennt, zieht fih, nach ihm, von dem Hafenorte Kolzum 
(Galzem, von Clysma n. Bochart. geogr. sacr. I, 18) an 40 Mit. 
ſüdwärts nah Yaran Ahroun 6), ein Ort, der im Hintergrunde 
einer Bucht gelegen von Arabern ftarf befucht wird. Nahe Faran 
ift an der Meeresfeite, in der jehr harten Bergwand, durch das 
Meer eine Stelle ausgewafchen, in der Stürme und Wellen fo ftarf 
fidy brechen, daß fie ſehr jchwer und immer nur mit Gefahr zu 
paifiren ift. Hier fol Pharao ertrunfen fein. Es ift died die 
Bay, welche, 10 bis 11 deutjche Meilen fern von Suez gelegen, 
noch heute Birfet Faraun, das Meer Pharaos bei ven Ara— 
bern heißt, die, wie Niebuhr 7) erfuhr, in gewijfen Jahrs— 
zeiten Sehr ungeftum ifl. Das Meer hat hier nach feiner 
Meffung eine Breite von 10 Stunden. Dicht an diefe Bay ſtößt 
ver Wadi Faran (oder Feiran bei Burdhardt) und hier lie- 
gen im Fels, dicht beifanımen, zwei Deffnungen an 10 Fuß über 
dem Niveau des Meeres, aus denen ein heißer Schwefeldampf her— 
vorbricht, und dad Waſſer, das an verfchievenen Stellen unten aus 
dem Belfen hervorquillt, ift jo heiß, daß man den Finger nicht 
darin laſſen kann. Dies ift vad Ban Hammam Baraun, das 
Edriſi zwar nicht nennt, doch aber jagt, „daß der von ihm ges 
nannte Ort Fahran Ahroun ſtark von Arabern befucht werde. 
Auh Niebuhr führt ven heutigen Glauben der Araber an, ver 
ihon Edrifi befannt war, daß hier der Durchgang der Kinder Is— 
rael durch das Rothe Meer ftattgefunden, und eben hier in demſel— 
ben Abgrunde, aus welchem das heiße Wafler den Schwefeldampf 
heraustreibt, ver König Pharao liegen folle; daher auch das heiße 
Bad, das hier befucht wird, von ihm feinen Namen trage. Daß 
diefe Stelle in gewiſſen Jahrszeiten fehr ungeftüm ift, beftätigt E. 





+06) Kdrisi bei Jaubert I. p. 332. ) Niebuhr, Reifebefchreibung. 
Kopenhagen, 1744. 4. Th. I. ©. 228; Burckhardt, Trav. in Arab. 
p. 439. 


Arabien, nah Edriſi; Meer von Kolfum. 171 


Rüppell 8), der bemerft, daß zumeilen, in ver Winterjahreäzeit, 
plöglic ein heftiger Winpftoß von N.D. herab, von dem Küften- 
gebirge ver Sinaihalbinfel komme, der oft große Unglüdsfälle 
auf dem Meere bringe Zumal in der Bucht von Hamam el 
Baraun, die oft auch nur Birfe, d. h. Waſſerbecken, genannt 
werde. Nach ihm liegen hier viele heiße Quellen näher over ent= 
fernter vom Meeresufer, aber Schwefeldampf bemerfte er nicht 9). 
Schon bei Ißtachri finden wir derjelden Stelle erwähnt; es 
geht alfo derſelbe Glaube ſchon in viel frühere Jahrhunderte zurüd. 
Edriſi hat die Beichreibung Ißtachri's nur abgefürzt wiederges 
geben. Sie lautet volftändig jo): Das Meer von Kolfum 
gleicht einem Wadi, in welchem viele Berge find, die das Waſſer 
bedeckt; das Fahrwaſſer auf vemjelben ift befannt; man kann jedoch 
in den engen Stellen zwifchen den Bergen nur bei Tage auf Schiffen 
fahren; des Nachts aber fährt man nicht. Das Waſſer ift jo rein, 
daß man die Berge in diefem Waffer fehen kann. Zwiſchen Kols 
fum und Aila iſt eine Stelle, weldye Taran (vo wol Faran?)- 
beißt; dies ift die ſchändlichſte Stelle de3 ganzen Meeres: es find 
dort Wafferftrudel bei einem Berge; ftößt der Wind an den Gipfel 
des Bergs, jo theilt er fih in 2 Theile und weht aus den bei— 
den Thälern in diefem Berge (Ddiefer beiden großen Thäler 
dajelbft, dem Wadi Etti und dem Wadi Girondel gegenüber, 
erwähnt auch Niebuhr a. a. D.) in entgegengefegter Richtung, fo. 
daß, wenn ver Wind aus den beiden Thälern herausfährt, ders 
felbe gegeneinander ſtößt. Jedes Schiff, dad durch die Wellen und 
Strömungen des Meered in diefe Strudel verſchlagen wird, hat, 
von den beiden Winden fortgeriffen und zertrümmert, feine Rettung 
zu erwarten. Wenn der Wind aus Süden meht, jo kann das 
Schiff gar nicht in das Fahrwaſſer gelangen. Die Länge diefer 
Stelle ift 6 Miglien. Hier ertranf Pharao. — Ißtachri führt 
weiter fort: in der Nähe von Taran fei ein Ort Habilab 
(Dihabilab), wo die Wellen ebenfalls leicht vom Winde aufge- 
regt werden, fo daß auch dieſe Stelle gefürchtet fei; bei Oftwind 
fahre man weftwärts, bei Weftwind oftwärts. — Diefe Localität 
ift uns nicht genauer befannt, aud) wird fie von Edriſi nicht ans 
geführt. Doc kommt Ißtachri noch einmal auf fie zurück, wo 


*) Dr. &. Rüppell, Reifen in Nubien, Kordofan und dem veträifchen 
Arabien 1822 — 27. Frankf. a. M. 1829. ©, 184. ) Derf. Reife 
in Abyffinien 1831—35. Frankf. 1838. 8. Th. I, ©. 139. 

0) Ißtachri bei Mordtmann ©. 17. 


172 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


er von Kolſum (dejjen Ruinen nur mweniged nördlich von Suez 
im Tell Kolſum liegen)!l) jagt, es habe weder Gras, noch Baum, 
noch Waſſer; dieſe Stadt gehöre zweien Ländern an, ald Hafens 
ort für ale von Hedſchas fommenden, die nah Syrien over 
Aegypten wollen. Von diefem Kolfum!?) finde man längs ver 
Küfte bis Taran (wol Faran) und Chabilat (mol Habilab), 
was dem Berge Tur (d. i. Sinai) gegenüberliege, Eeine Dörfer 
oder Städte, jondern nur Fifcherftellen und Palmen. — 

Edriſi fagt, von Faran gehe man!) zum Dſchebel Tur, 
das fei der ſehr hohe Sinai, auf deſſen Höhe ein Betort, wo 
fliegendes Waſſer zur Erquickung der Neifenden. Er liege nur 
wenig fern vom Meere, und zwifchen diefem und dem Berge jei 
ein gangbarer Weg; auf Stufen fleige man zu ihm felbft hinauf. 
Vom Tur, führt Edriſi fort, gebe man nah Maffdef, einem 
angenehmen Orte, ver aber ſandig, deſſen Waſſer jedoch rein, 
wo man Perlen file. Es ſcheint und dies der heutige Hafen 
Tor zu fein, der beim Herabkommen des Berges Tur zunächſt er- 
reicht wird, und vom dieſem wol feinen Namen erhalten haben mag, 
denn es ijt mol dieſes Tor mit feinen Gärten Die einzige Stelle bis 
zur Südſpitze der Sinaihalbinjel, welcher das Prädicat eines an— 
genehmen Ortes beigelegt werden kann. Uebrigens ift und ber 
Name Maſſdef font ganz unbefannt. Wenn e3 dabei heißt: bier 
fiche man Perlen, fo iit died zwar heutzutage bier Fein Gefchäft 
mehr; aber dad Gehäufe der Perlmuſchel (Avicula margariti- 
fera), bemerkt Rüppell, fehle bier an viefem Geftade nicht !®), 
und bilde einen nicht unwichtigen Sandelsartifel über Syrien 
und Suez, wenn fich auch Zahlperlen (in deren Gehäufe ver 
Mytilus hirundo und jener Avieula) nur felten daſelbſt vorfinden. 
E. Rüppell, der von dem Hafen Tor, Mitte Juli15), mit fris 
ihen Nordweſtwind die Küftenfahrt bis zur Süpfpige ded Nas 
Mohamed, in einer Tagfahrt zurüdlegte, jagt, daß fie dur 
viele gefährliche Gorallenbänfe hindurd) gehe, zu denen wol auch 
jene etwas nörblichere Habilab des Ißtachri gehören möchte. 

Edrifi nennt an der Südſpitze der Sinaihalbinfel noch zwei 
Hafenorte, Sharm ol Beit und das Cap Mohamed, beide, wie 


— — 


17, E. Rüppell, Reife in Abyſſinien Th. J. ©. 104; E. Robinſon, Pa: 
läſtina Th. J. Halle, 1841. ©. 96. 12) Ißtachri bei Mordimann 
©. 17. '°) Edrisi bei Jaubert I. p. 332. ) E. Rüppell, 
Reiſen in Nubien, Kordofan und dem peträiſchen Arab. ©. 189. 

>) Der. Reife in Abyfiinien. Tb. J. S. 140. 


Arabien, nach Edriſi; Golf von Allah, 173 


er jagt, ohne Trinkwaſſer; beide find aud; Heute unter gleichen Na- 
men, Sherm Sheifh oder Sherm Moya, dicht neben einander 
etwas nördlich vom Nas Mohamed over Vorgebirge Meha— 
met befannt, eine gegen Süd voripringende Landzunge mit einem 
etwa 200 Fuß hoben Korallenfels, ver fih nah E. Rüppell!‘) 
durch merfwürdige enge, aber bis 60 Fuß tief einjihneidende ſenk— 
rechte Spalten auszeichnet, deren eine noch tiefer als das 
Niveau des anliegenden Meeresſpiegels hinabreicht, 
jedoch nicht mit Waffer gefüllt war, ald Rüppell viefelbe be— 
obachtete. 

Bon da an, ſagt Edriſi, beginne die Einfahrt nah Ailahl“), 
der Fleinen Stadt, die haufig von Arabern beſucht werde, melche 
dort die Herren fpielen. Von da fomme man nach dem Hafen el 
Wouid, mit Waffer, ver gegenüber liege, und 10 Miglien fern 
von der Injel No'man, die nur von elenven Arabern bewohnt 
jei, welche vom Fiſchfang leben. Dann folgen die Küftenorte 
Tena mit Waffer, Atouf und Hawra, einem Flecken von Sche- 
rifs (d. i. Nachkommen Mohameds) bewohnt, die in ihrer Nähe 
eine Grube habe, aus deren Ertrag fie Töpfergeſchirr arbeiten, pas 
jehr ftarfe Erporten liefert. 

Diefe Hawra ift und aus dem obigen jchon ald Hauara 
(Zeufefome), die Südgrenze der Nabatäer, befannt (ſ. ©.121—124). 
Die Ailah genannte Stelle (Elath, 5.8. Mof. 2,8; 'Eava, Asıka, 
Ailana bei Strabo XVI. 759, 768) fennt auch Ißtachri noch ale 
eine Kleine bewohnte Stadt mit einigen Palmen und Saatfelvern; 
er nennt fie eine Stadt der Juden, derfelben, welchen Gott den 
Fiſchfang am Sabbat verbot und die dagegen fündigend in Affen 
und Schweine verwandelt wurden (mol eine Legende aus dem Ko— 
ran). Es jeien aber die dortigen Juden, fügt Iptachri hinzu, 
im Bejige der VBertragdurfunde mit dem Propheten (des— 
halb mol ihre Dulvung). Won der Unterwerfung und Tribut— 
zahlung eines Johanna, Sohn Nubias, Toannes Dominus Ailae 
bei Abulfedal!s), war oben (S. 71) die Rede. Wir hielten ihn 
für einen byzantinischen Statthalter, weil der ägyptiſche Geſchicht— 
jchreiber Makrizi 9 in feinem Kapitel Aila jagt, daß diefe Stadt 
vor Zeiten der Grenzort der Griechen war, bei dem eine Meile fern 


16) Derf. a. a. 8. ©, 181. '’) Kdrisi b. Jaubert 1. p. 332. 
"*) Abulfedae Annales Muslem, Reiskii ed, Adler T. I. p. 175. 
) Makrizi bei Burckhardt, Neifen in Syrien Th. 11. S. 830, 


174 Weſt-Aſien. TV. Abtbeilung. $.61. 


ein Triumphbogen ver Kaifer geftanden. In den Zeiten des 
Islam ward fie eine fchöne Stadt, von ven Beni Omeya be— 
wohnt. Es gab dafelbft viele Mofcheen und es lebten dort viele 
Juden. Bon diefer Zeit ift alfo bei Iptachri die Rede, wahrend 
diefe Notiz jehon bei Edrifi wieder in den Hintergrund getreten 
ift. Doch erwähnt viefer an einer andern Stelle, bei Bejchreibung 
der gewöhnlichen Pilgerüberfahrt von ver ägyptiſchen Küfte nadı 
Diehivda, der dortigen Meeresgefahren und des Fiſchfangs, noch 
einmal derjelben fchon oben genannten Infel No'man und dortis 
gen Juden-Bevölkerung. 

Sehr gefahrvoll, jagt Edrifi, jei diefer Theil des Rothen 
Meeres, dem er hier weiter ſüdwärts nun von der anliegenden ara— 
biſchen Küfte Ichon den Namen Meer von Hevdfchad ?0) giebt; 
gefahrvoll wegen jeiner Untiefen, Sandbänfe, Klippen. Zur Win- 
terzeit find viele feiner Infeln unbewohnt, wenn aber die Schiffahrt 
möglich, werden fie von ganzen Völferfchaften von brauner 
Hautfarbe bewohnt, die dort auf ihren Barfen vom 
Fiſchfang leben (die Ichtıyophagen des Peripl. Mar. Erytlır. 
ed. Oxon. p. 12). Sie dörren die Fiſche an der Sonne, zerftoßen 
fie zu Mehl und genießen fie wie Brot. Ihr Hauptgewerbe ift 
der Bang der Fiiche, ver Perlen und Schildkröten, die treffe 
liches Schildpatt geben. Die größte viefer fo bevölferten Infeln 
iſt No'man (hier Naaman geichrieten), die Samari genannte 
Injel werde von jüdiſch-ſamaritaniſchem Volke bewohnt, das 
man am feiner jchimpfenden Redensart „la mesas,” d.h. be— 
rühre mich nicht, erfenne, die als Injurie gelte. Sie ftammten 
von den Juden ab, die das goldene Kalb anbeteten. Es iſt vies 
Anjpielung an eine Legende des Koran, vom Samiri (Sure 20)2), 
der für den Verfertiger des golonen Kalbes ausgegeben wird, und 
den Samaritanern??) zugezählt. Man fiiche Hier, führt Edriſi fort, 
einen großen Fiſch von viereckiger Geftalt, fait fo breit wie lang, 
Behar genannt, retb von Farbe, gut von Geſchmack und oft bie 
zu einem halben Gentner ſchwer. Ein anderer Fiſch fei anverthalb 
Palmen lang mit zwei Köpfen, Augen und Maul, die er abwech— 
jelnd gebrauche, er werde Stylet genannt. Die dritte Art, eimem 
Seehunde ühnlih, el Faras genannt, habe 7 Reihen Zähne, werde 
gegen 8 Buß lang, fei fehr gefahrvoll einzufangen. 


-— 


20) Edrisi b. Jaubert ]. p. 134. 29 Silv. de Sacy, Chrestoma- 
thie Arabe. Paris, 1526. Vol.I. p. 304 nad) Makrizi und Not. 74, 
p. 339. 2) Günther Wahl, der Koran, ©. 272, Not. a. 


Arabien, nad Edriſi; das Fiſchervolk, Tehmi. 175 


In des Naturforichers E. Rüppell Erfahrungen, auf feinen 
mehrmals wiederholten Küftenreifen von Suez bis Dſchidda, finden 
wir, obgleich er des Edriſi gar nicht gevenft, doch des letztern An— 
gaben faſt vollfommen beftatigt und erläutert. Die Infel des Edriſi 
wird wol eine der beiden einander benachbarten noch heute Neis 
man?) over Naman genannten Küfteninfeln fein, deren erftere 
bei feinem Befuche verjelben, 23. Oct. 1826, ihm eine Breitenob- 
jervation zu 27° 748 N.Br. gab. Auf feiner zweiten Reife ließ 
ihn eine Windftille eben daſelbſt landen (20. Juli 1831)?*). Er 
fand an ihrer Südoſtecke eine ſchöne Bucht, weldye eben die Ur- 
ſache ift, daß fie jeher Häufig orabifchen Küftenfahrern als Sta— 
tion zum Anferplag dient. Ihr direct gegenüber auf dem Feſtlande 
liegt der Anferplag Merſa-Eslem, und tiefer landein, nur 1Y, 
Stunden fern, eine ehemalige Pilgerftation, von der aber nur noch 
Nuinen des Caſtells übrig find. Die Länge der Infel, die Well— 
fted2°), eben fo wie Edriſi, nämlich No'män, fehreibt, ift nach 
Nüppell von N. nah ©. nur etwa eine Viertelftunde,; und fie 
jelbft aus Horizontal gefhichteten Korallenlagern beſte— 
hend, die den jetzigen Meereöfpiegel 20 bis 35 Fuß überragen. Der 
großen Menge ver Vetrefacten, die Rüppell auf ihr fand, und zu— 
mal der Menge der in Kalkmaſſe umgewandelten Echiniten, die 
bei ven Arabern Nehman heißen, halt er für den Grund der Be- 
nennung derjelben, ein Name der fich auch noch in einer dritten, 
füdlichern Infel, die im N.W. von Hauara liegt, wiederholt. Diefe 
NeimanzInfel liegt nur 2 Stunden weſtwärts von der Küfte 
des Feſtlandes entfernt, wo auch ein Unferplag, ſüdlich von den 
Ankerplägen Otbe und Xafer, ebenfalld ven Namen Neiman 
trägt. Von ihrer einfligen Bendlferung giebt in der Mitte ver 
Infel das Grabgewölbe eines Heiligen Zeugnip, und dad in dem 
bortigen Meere, wie zu Edriſi's Zeit, haufende Fiſchervolk befucht 
auch heute noch von Zeit zu Zeit diefe Infel. 

Wie zu Edriſi's Zeit lebt auch heute noch auf diefen Küſten 
und Infeln der nördlichen Hälfte des Rothen Meeres ein eigen« 
thümlicher Völkerſtamm, ver Sich felbt Tehmi (bei Nüppell) 
oder Hutemi (bei Wellfted, wol Ha-temi) nennt, über wel— 
hen jevoh Nüppell?6), obwol er drei Monate unter ihnen ver« 


) E. Rüpvell, Reifen in Nubien, Korbofan ıc. ©, 224. +) Derf. 
Abyſſiniſche R. TH. 1. S. 149. 29 9%, R. MWellfted, Neifen in 
Arabien, deutfch bearb, v. Nödiger Th. I. S. 148. 26, E. Rüp: 
pell a. a. O. S. 196; MWellfiev a. a. O. Th. 11. ©. 134, 139. 


176 MWeft-Afien, IV. Abthetlung. $. 61. 


lebte, verficherte, nicht8 genaueres über ihren Urfprung oder ih» 
ven Namen ermitteln zu können. Gr lernte fie auf ihren San- 
dals oder Fiicherbarfen, norbwärts der Infel No'man oder des 
2Tften Breitenpavalleld Fennen, wo fie je nach ver Jahreszeit an 
beiden Uferfeiten de8 Rothen Meeres wie auf den zahlreichen In— 
jeln ein herumirrendes Leben zur See führen, das ſich nadı dem 
Fiſchfang und der Schilpfrötenjagd richtet, Die fie treiben. Ihre 
große Armutb und die Verachtung, in ver fie bei den arabifchen 
Stämmen ftehen, die fie oft wie ihre Keibeignen behandeln, oder fie 
auch in Tributpflichtigfeit nehmen, dennoch aber fle, wie es ihnen 
beliebt, ihres Eigentbums berauben, hat auch Wellſted beftätigt?”), 
der fie noch weiter gegen den Süden bis Dihidda und Leyth 
(ZU N.Br.) vorgefunven, wo fie ihre größten Standlager zu haben 
jcheinen, da fie weiter im Norden nur überall in Elsinen, armfeli- 
gen Banden oder wenigen Familien vorfommen. Da fie durchaus 
nicht8 von dem Beduinencharacter des Feſtlandes zeigen, mit eigner 
Hautfarbe und Geſichtsbildung wie abweichender Xebensart, fo mö— 
gen fie ein anderes, und jedoch unbefanntes Herfommen haben. Von 
ihnen wird weiter unten umftändlich die Rede fein. Hier nur, daß 
ſich Edriſi's Angaben von diefen Fifcherleuten (d.h. Hatemi) 
auch ſchon in den Berichten des Agatharchides (de rubro 
mari ed. Huds. p. 32), des Periplus Mar. Erythr. p. 12 und 
bei Diodor Sic. Histor. Lib. II. c. 15 —18, unter dem Namen 
Ichthyophagen vorfinden, wo ihre gleichen Sitten und Lebens— 
weiten mit den heutigen durch Wellfteo genauer veralichen wur— 
den. Diodor giebt ihre Wohnfige im perfiichen wie im arabijchen 
Merrbufen an, und wir werden fie auch heute noch weiter unten 
auf den Küfteninfeln von Hadhramaut wiederfinden; der Peri— 
plus kennt fie nur im arabifchen Golf, nennt fie aber mit einem 
und unbefannten Namen Kanraiten (Kavousizu). Er fagt, fie 
lebten nach Art ver Ichthyophagen zerftreut in Zelten, haben 
auch bie und da einzelne Weivepläge, find aber ein ichlechtes und 
treulojes Geſchlecht. Wer in ihre Gewalt fält, wird von ihnen aus: 
geplündert und die Schiffbrüchigen machen fie zu Sclaven. Des— 
halb werden fie felbft fortwährend von den arabifchen Häuptlingen 


GE Zu a 


befehdet und zu Gefangenen gemadt. Diodor jagte, daß fie am | 


arabijchen Meerbufen zum Theil ganz nadt gehen, und im Klüften 
nahe am Meere haufen, rohe Barbaren feien, Weiber» und Güter« 


27) Wellſted, a. a. O. Th. II. S. 201 — 205. 


Arabien, nah Edriſi; Fifcherei, Schiffahrt, 177 


gemeinschaft Haben, faſt allein von Fiſchen oder Schaalthieren leben 
und Fein hohes Alter erreichen. 

Fiſcherei und Schildkrötenfang ift ihr Hauptgefchäft, 
nah Rüppell, auch werden jährlich einige wenige Manatis 
(Halicore) yon ihnen erlegt, deren Haute zu Sandalen fehr ge— 
jucht find. Diefelben Producte, die Edriſi nannte, machen bis 
heute ihren Haupterwerb aus. Der Fifchreichthum ift an ven ge— 
legenen Stellen in diefen Meeren fehr groß; zumal find es vie 
Gattungen Scarus, Aspisurus, Scomber over Mafrelen, die fie zu 
Eofjeir, Janbo, Dſchidda und anderwärts für die Pilgerzüge 
zu Marfte bringen. Die Namen der bei Edrifi genannten Yifche, 
wie Behar, find und unbefannt, die beiden‘ zulegt angeführten 
möchten jedoch vielleicht den Sammerfifch (Zygaena) und eine 
Haififchart bezeichnen, die hier nicht felten ift28). Auch vreierlei 
Arten Delphine?) find hier. Der Schildkröten giebt ed auch 
heute in diefem nördlichen Theile des arabifchen Golfs, mo fie au 
ſchon zu des Periplus Zeiten eine £oftbare Waare lieferten (xai 
zekawn dıapogog, Peripl. Mar. Erythr. p. 11), nody zwei Arten. 
Die eine größere wird heute nur wegen ihres Fleiſches zur Ver— 
fpeifung von den Hatemi gefangen, die zweite aber it noch heute 
wie damald wegen ded Schildpattd für den Kandel wichtig. 
Zumal die Schaale der Weibchen, fagt Rüppell, iſt bei großen 
Individuen am gefchägteften, weil dann ver benußbare Theil ver 
Schaale dicker und doch zugleich durchfichtiger ift. in audge- 
wachsnes Thier kann bis 27, Pfund feines Schilppatt liefern, wo— 
von dad Pfund in Suez einen Preis von 2 bis 3 Dollar hat. 
Ißtachri 30) Hat ſich bei dem Golf von Alla nur mit der Ber 
merfung begnügt, daß ed da große Fiſche gebe von verfchiedenen 
Barben. 

Eodrifi giebt auch über die Schiffahrt in diefem Theile des 
arabifchen Golfs einige Nachricht?!). Ale Schiffe find nady ihm 
in demfelben aus Brettern gebaut, die mit Palmblättern 
zufammengenäht jind, mit Harz calfatert (vie Infel Tyran am 
Golf von Aila liefert noch heute die Naphtha zu gleichem Ges 
brauche) 32), und mit dem Thran des Seehundes (mag nun Ty— 
ran nah Mannert, over Schadwan nach Wellften 33) vie Infel 


) MWellfted a. a. O. Th. II. S. 240. 29) Rüppell a. a. O. ©. 187. 
29 Yptachri b. Mordtmann S. 17. »») Kdrisi b. Jaubert I. p. 135. 
») Wellſted a. a. DO. Th. 11. ©. 132, 29 Ebend. ©. 240. 


Nitter Erdkunde XII. M 


178 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


der Phofen fein) überzogen. Der Schiffscaptain figt auf dem Vor— 
dertheil feiner Barke mit feinen nautifchen Werkzeugen, beobachtet 
genau den Meereögrund und giebt danach dem Steuermann feine 
Zeichen; eine Vorficht ohne welche die Schiffahrt hier ganz unmög— 
lich fein würde. Des Nachts ſchiffe man niemald; überhaupt fei 
dies Meer ungemein ſtürmiſch, ungaftlich, und die Armuth jeiner 
Küften fei durchaus nicht mit dem NReichthum der Geftade weder 
des indifchen noch chinefifchen Meeres zu vergleichen; nicht einmal 
Ambra liefern fie, ein Product dad nur aus dem indischen Meere 
fomme. — 

Schon der Periplus nennt in dem äußern arabifchen Küften« 
meere die biegfamen, wie die aus einem Baumftamme (nAoıa- 
g:0 ganta zul uovosvAa; naviculae plicatiles et monoxylae) 
gefertigten Schiffe, von denen dad Emporium Rhapta, an ver Oſt⸗ 
füfte Zanguebard, wegen ver zufammengenähbten Barfen (zo 
oonzov, meint ver Derfaffer) ven Namen trage, im Gegenfaß der 
Laftfchiffe (dpoAzıa Peripl. Mar. Erythr. p. 10), die im füolichen 
Theile des Nothen Meeres ſchon damals zum großen Transport 
der Waaren in die Emporien dienten. In den heutigen Nachriche 
ten über den Bau der verfchiedenen Schiffe,. wie fle auf dem ara= 
bifchen Golf in Gebrauch find, werden zwar diefe Planfenfdiffe 
ohne Nägel, mit Palmſtricken zufammengenäht, nicht mehr er— 
wähnt3*), defto merfwürdiger aber ift ed, daß diejelbe Bauart 
außerhalb Bab el Mandebs, mie zur Zeit des Periplus, an 
allen Küften des imvifchen Oceans bei den einheimifchen Küften- 
völfern die vorherrfchende geblieben ift, an der ganzen Oftküfte Afri— 
kas ſüdwärts bis zur Madagaskar-Sees5), und oſtwärts bi zu 
den Inſeln der Malaien im Sundameere, ſo daß die Vermuthung 
nahe liegt, ihre Verbreitung hänge mit der urälteſten Verbrei— 
tung hinterindiſcher, wol malaiiſcher, ſo kühner ſeefahrender 
Völkerſtämme in dem weiten Gebiete der indiſchen Gewäſſer zu— 
ſammen, und ſei als eine Tradition von dieſen, ſo wie dieſe See— 
fahrer ſelbſt, oder doch ihrer Nachahmer, auch in den arabiſchen 
Golf in älterer Zeit eingedrungen geweſen, dann aber erſt in ſpä— 
terer mohamedanifcher Zeit aus den invoperfifch= arabifchen Meeren 


=) Wellfied, Reife Th. I. ©. 214; Burckhardt, Trav. in Arabia 
p- 22. °°) Capt. W. F. W. Owen, Narrative of Voy. to ex- 
plore the Shores of Africa. Lond. 1833. 8. Vol. I. p. 74, 364 
u.a. O.; Boteler, Trav. ibid. I. p. 385; Dr. W. Vincent, Com- 
merce and Navigat. etc. II. p. 170, 


J 


Arabien, nach Edriſi; Haura die Station. 179 


zurückgewichen und ebenfalls erſt durch fortgeſchrittenen Schiffbau 
der ägyptiſchen und arabiſchen Küſtenanwohner aus dem arabiſchen 
Golfe verdrängt worden. Edriſi führt in dieſer Beziehung von 
den hoben Berge Murukain, ver in ver Meerenge Bab el Man- 
deb fich eben fo Hoch über der Meereäfläche erhebe, wie er unter 
derjelben verborgen ſei, aus einem andern Werke, ven Mirabilia 
mundi, die Sage an, daß fein Schiff mit Nägeln zuſammenge— 
ſchlagen dort wieder wegkönne, meil es von diefem (Magnet=?) 
Berge angezogen werde 36). 

Folgen wir Edriſi weiter entlang der Küfte Arabiens, fo 
fennt er hier Madian (Midian), wovon fehon oben die Rebe 
war (ſ. 06. ©. 159), nach ihm 5 Tagereifen fern?) von Ailah ges 
legen. Dann folgen jene fchon obengenannten Tena und Atuf, 
die wir nicht näher fennen, dann Hawra. Diefe Samra mit der 
Fabrik von Töpfergefehirr kann fein andered ald das heutige Haus 
ara fein, die wir oben als Leukekome, der Nabatäer füpliche Grenz« 
ftadt, bezeichneten. Es ift zu bedauern, daß die Officiere der ertglie 
ſchen Küftenaufnahme an diefer Küftenftelle, ver Infel Atamwäl 
mit einem gleichnamigen Fiſcherdorfe gegenüber, zu Furz vermeilten, 
um genauere Auffchlüffe über ihre Verhältniffe zu geben. Welle 
fted, der den nörvlicher liegenden Hafen von Ainune für die Lage 
der alten Leukekome hielt, fagt, diefe el Hauraͤ heiße au Dar el 
efhrin3®), das heiße die zwanzigſte Pilgerftation (nämlich von 
Kairo)3%). Der Name Haurä (el Houra bei Burdhardt) be— 
zeichne allerdings das Weiße, aber nur ein befonderes Weiße, näm— 
lich das glänzende Weiße im Auge eines Mädchens; diefe Etymolo- 
gie fei alſo für dieſe Stelle nicht eben entfcheivend. Doch gebe es 
hier gute Viehweiden und aus den Belfen treten gute Quellwaffer 
hervor. Auch fage man, in ver Nähe follten Nefte von Gebäu— 
den und Säulen liegen, die wol nicht arabifchen Urfprungs fein 
fönnen. DBielleicht, daß an dieſen noch Reſte römifcher Structur 
des alten Römerecaſtells fich auffinden ließen. Heutzutage ift hier 
wenigftend noch immer eine politifche Grenzfcheide zwiſchen ven 
beiden Araberſtämmen, ver Bili, vie vom Norden her bis hierher 
reichen, indeß die zahlreichen Stämme der Dicheheine (Ofcho— 
heyne) von hier an ſüdwärts ihre Ausbreitung gewinnen. 





»6) Bärisi b. Jaubert I. p. 46. ) Ebend. p. 333; Well⸗ 
ſted, Reiſe in Arab. Th. II. S. 158. 2 — TFravy. in 
Arabia, App. V. p. 455. 


M 2 


180 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Edriſi fagt, nicht fehr fern, ſüdwärts von Hawra, erhebe 
fi) ver Berg Nadhua?), aus dem man die Schleiffteine ge— 
winne, die nach dem Often und Welten ausgefandt werden; daſelbſt 
fei füßes Waffer, auch ein Hafen mit einem Schloß. Dann folge 
der Wadi’-Safra mit fhönem Hafen; dann der Hafen Counia, 
der zwar bewohnt, aber ohne Waffer, und dann erft folge der Ha— 
fen Djar oder el Djar, ver befannte frühere Hafen von Medina 
(ſ. ob. ©.150), der von Aila im ganzen 25 Tagereifen entfernt*l) 
liege. Da Edrifi unmittelbar darauf noch einmal einen Berg 
Radhua, aber mehr Iandein, nahe Khaibar, nennt, fo muß wol 
ein ganzer Gebirgszug darunter verftanden werden, der fich hier 
füdoftwärtd gegen Janbo und Medina hinzieht, von dem wir auch 
ſchon oben nah Ißtachri und Burkhardt ald Augenzeugen 
iprachen. Wellitev #2) wurde durch die große Eiferfucht der Bedui— 
nen, ungeachtet ded8 Schußes vom Groß-Sherif, von einer Ercur- 
fion in dad Radhua-Gebirge abgehalten. Wahrjcheinlich ift es die— 
ſes ſehr Hohe Gebirge, welches die Sadjroute nah Medina 
nöthigt einen jo großen Ummeg von 7 Tagemärſchen gegen Dft, 
von Themud oder Medayen Saleh an bis beinahe nach Khei— 
bar, zu machen, da die Stationen von diefem Orte der Felswohnun— 
gen im Zidzadf, über Aula (el Olla), Biar Ganem, Zums 


zud, Bir Djedjd Hedie), erſt oftwärts, alfo dicht bis Kheibar 


geben, bevor fie von da ſich in 3 Tagen direct fünmwärtd nah Me- 
dina wenden fünnen. Edriſi wiederholt) hier nur jene Anga= 
ben. des Sptachri, doch giebt er noch beflimmter dad Intervall 
zwifchen diefem Gebirge, dem Territor der Dicheheyne, und dem 
Meere, die Site der WVölkerfchaft an, welche ven Namen Hafjan 
Sohn Alis Abu Talebs trage, die wie andere Nomaden in hä— 
renen Zelten haufen und das Land bis zur Oftfeite des Jordan 
durchziehen. Don ihnen fer dad Land el Dſchof nur eine Tages 
reife fern, und von ihnen auf die Pilgerftraße von Mekka zum 
Dorfe Abwa (mo Mohameds Mutter ftarb) feien nur 6 Miglien. 
Wahrſcheinlich Haben auch die beiden dieſer Küfte vorliegenden In— 
jeln, Dafjänie*), ven Namen von diefer Bevölkerung der benach- 
barten Küfte erhalten. 


0) Edrisi b. Jaubert I. p. 333. *1) Edrisi 1. c. I. p. 332. 
) Wellfted, Reif. in Arab. TH. I. ©. 173. *2) L. Burckhardt, 
Trav. in Syria. App. III. p. 659. **) Edrisi b. Jaubert 1. 
p- 334. ) €. Rüppell, Reife in Nubien u. ſ. w. ©. 227; Well: 
hen, Reife II, S. 158, 


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Arabien, nah Edriſi; Janbo und Djar. 181 


Den Hafen Janbo nennen weder Edrifi noch Ißtachri in 
ihren Geogtaphien Arabiens, obwol ihn doch ſchon Ptolemäus 
mit dem Namen Sambia Vicus (laußla zwun, 68° 20° Long. 
24° 0' Lat. VI. fol. 152)%) faft in richtigem Breitenparallel in feine 
Tafeln eintrug. Ebn Haukal, oder richtiger, wie wir oben fahen, 
Ißtachri, nannte jedoch allerdings einen Ort Janbo in einer von 
Gagnier eitirten Stelle*’), nach welcher Ali, Sohn Abutaleb, 
dafelbft die Herrichaft gehabt haben fol, womit auh Abu Said 
übereinftinmmte, der dafelbft von den Zelten der Eöhne Al Haſans 
fpricht, woraus ſchon Rommel zu verfiehen giebt, daß eben des— 
halb Evrifi von diefem Hafenorte nicht ſprechen möge, weil da— 
jelbft Beduinen feßhaft waren, und er vielleicht deshalb nicht ein 
mal im Gebrauch war. Auch Abulfeda fpricht von ihm nur als 
von einem Städtchen, nicht als Hafen, fo wenig wie Ptolemäus 
ihn einen Hafen nennt; alfo mag wol auch bei diefem unter Janbo 
Vieus nicht, wie Mannert meint, der Hafenort, jondern die 
Binnenftadt Jambo el Nakhel (f. ob. ©. 150) wie bei Iß— 
tachri zu verftehen fein. Wo liegt aber Djar oder el Diar, 
das die Stelle deſſelben für Medina vertrat, von der e8 ald Hafen 
ort nach Iptahri#) 3 Stationen, nad Evrifi#) 3 Tage: 
reifen fern lag, morauf weiter ſüdwärts, nach ihm, el Diohfa, 
dann Eodeid, Adfan und dann Dſchidda folgten. Die drei 
Tagereifen find: die 1fte von Medina nach Haſſab; die 2te, von da 
nad Mrib am Fuß einsd Berges, wo füße Quellen; die 3te, von 
da nad Djar zum Hafenorte, wo die Schiffe landen, obwol nur 
wenig Handel dafelbit ſtattfindet. Von Djar nah Dihidda zum 
Hafenorte von Mekka giebt aber Edriſi 10 Stationen an, die 
immer an einer fandigen Meeresfufte Hinführen follen. 

Ungeachtet dieſes Djar (UL Giar nah Abulfeda) ſchon 
von D’Anville, und als Dfjar bei Niebuhr, nach feiner aber 
nur vom Schiff aus 60) gemachten Obfervation, denn an dad Land 
wurde nicht geftiegen, unter 23° 36! N. Br. (Janbo, nah ihm 
24° 5 N.Br.), in feine Karte vom Rothen Meere eingetragen ift, 
auch von Nüppell, ver nur daran vorüber fuhr, als in heutigem 
Gebrauche genannt wird, fo fcheint doch einige Unſicherheit über 


+5) Mannert, Geogr. d. Gr. u. R. VI. 1. ©. 41. ) Rommel in 
Abulfed, Deser. Arab. l. c. p.62. In der Oriental Geogr. by 
W. Ouseley fommt Sanbo nicht vor. 8) Ißtachri bei Mordt— 
mann ©.9. ) Kdrisi bei Jomard I. p. 141, 333. ) Nies 
buhr, Reifebefchr, Th. I. ©. 267. 


182 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


feine genauere Lage obzumwalten. Nach Iegterem Sl), der e8 Diar 
an einer zweiten Stelle jchreibt, und feine Lage mit Niebuhr's 
Breitenobjervation übereinftimmend annimmt, fol es beiläufig 4 
Tagereifen, oder 40 Wegftunden für Kameele, von Medina entfernt 
liegen, und alles was von Aegypten oder Dſchidda für Mepina 
verichifft wird, fol in deſſen kleinem Hafen auslanen. Ja, wenn 
von Janbo aus Waarenfendungen nad) Medina durd; Karamanen 
gemacht werden, jo betrachtet man es als feinen Umweg, längs ver 
Meereöfüfte über dieſes Diar zu gehen. Auf der zmeiten Reife 
(1831) fegelte Rüppell ſüdwärts Janbo an diefem Hafen?) 
vorüber, ohne ihn näher kennen zu lernen. Auch Seegen®?) ſe— 
gelte bei Diar (Dſchar) vorüber, wo man fein Haus, feinen 
Dattelbaum finden jollte, weil e8 durch Janbo fo ganz verbunfelt 
ward, daß es nicht einmal dem Namen nah in Medina befannt 
blieb. Burkhardt, der den Rüdweg von Medina nad Sanbo, 
im April 1815, über Bedr zurüdlegte, jagt, daß wenn die letzte 
Bergkette vom letztgenannten Orte überfliegen, man in die große 
weſtliche Küftenebene Hinabfteige, die Bid zum Meere reiche, 
an defien Küfte man von Bedr aus den Fleinen Hafen Bereyke 
(Barifa)st) im Süden von Janbo in einem Tage erreichen könne, 
der viel von Schiffen befucht werde. Diefer Hafenort nun ift es, 
der Scherm Barifa 55), wie ihn Wellſted nennen hörte, ven 
diefer für die Tage des Altern verbunfelten Djar (Oſchar) halten 
mußte. Seine enge Einfahrt ift nicht über 150 Fuß breit, doch 
ohne Gefahr in ven vortrefflichen innern Hafen führend, der groß 
genug ift für 5 bis 6 Schiffe, die bei 3 bis 4 Baden Anfergrund 
haben. Aber der obere Theil dieſes Scherm, d. h. Hafen, ift, 
abgefehen von einem fchmalen Canal für Schiffe an der Norpfeite 
ungugänglich wegen einer Untiefe, die bei nieverm Waſſer troden 
liegt. Iener Canal führt zu einer niedern Landſpitze, an welcher 
die englifchen Dffictere ded Survey3 die Ruinen einer Stadt 
entvekten, fo groß wie Janbo, etwa eine engl. Mile lang und 
halb jo breit, mit einem quadratifchen Fort in der Nähe, an dem 
man noch Thürme unterfcheiden fonnte. Nahe der Mitte an bei— 
den Seiten find die hohen Mauern noch 6 Fuß mächtig; ed war 
alfo fehr feft für jene Zeiten ohne Artillerie. Noch zeigten fich 





1) E. Rüppell, ri in Nubien. S. 232. 2) &, Rüppell, Reife 
. —59— Th.I. ©. 155. 3) y. Zah, Monatl. Correfponden;. 
7. ©. 76. ss) L. Burckhardt, Trav. in Arabia, p- 408. 
* ine, Reif. Th. U. ©, 177 — 180. 


Arabien, * Edriſi; Dſchidda der Hafen von Mekka. 183 


die Ruinen eines feften Dammes und eined Kai, mit behauenen 
Steinen belegt. Einige Nachgrabungen in der Nähe eined Hauſes 
gaben jedoch nichts als formlofe, zerfrefjene Stüdchen von Kupfer, 
Erz, Glas und Topficheiben, wie fich dergleichen in Ruinen ägyp⸗ 
tifcher Orxtfchaften finden. Etwa eine engl. Mile fern vom Bort 
lagen die Ruinen einer zweiten Stadt, aus Korallenmafier er= 
baut, welche die Zeit ſchon geſchwärzt Hatte, aljo von hohem Alter, 
und auch gegenüber der niedern Landſpitze, auf der andern Seite 
der Bucht, zeigten ſich auch noch allerlei alterthümliche Reſte. 

Schon Nommel’6) Hat erinnert, daß die Joya des Ptole— 
mäud, welche bei Steph. Byz. den Namen Egra führt, von 
Bochart und Affemanni für diefe Al Giar des Abulfeda, 
oder Djar ded Edriſi gehalten ward, womit auh Mannert 
einverftanden fcheint; doch muß man geftehen, daß in den zu gro— 
Sen Unbeftimmtheiten diefer Autoren wenig Beweiskraft enthalten 
ift, und daß dieſe Urt der Ipentificirung nur zu oft ganz unfrucht— 
bar bleibt, wo nicht beftimmtere Griterien fie fügen. 

Gehen wir mit Edrifi weiter gegen den Süden die Küfte 
entlang, fo füllt er bier eine große bei Ißtachri gebliebene Lücke 
aus, indem er die Lage der Küftenorte Dſchidda, Sofia, Ser» 
rain, Hali, Sanfian angiebt, bevor er zu den Binnenftäbten 
Medina und Meffa fid) wendet. 

Dſchidda ift, nad ihm, ver Hafen von Mekka, do Miglien 
fern davon; eine ſehr bevölferte und durch ihren Kandel bedeutende 
Stadt, deren Bewohner fehr reich find. Der Jahredzeitenwind, der 
vor der Zeit der Wallfahrt weht, ift für fie ſehr vortheilhaft, weil 
er ihr jehr viele werthvolle Waaren und Vorräthe aller Art zus 
führt. Diefe Dſchiddas“) iſt nächſt Mekka die bedeutendſte Stadt 
in ganz Hedſchas; der Statthalter, der ſie für den Fürſten von 
Mekka gouvernirt, hat für ihre Bevürfniffe zu forgen. Dafür aber 
fordert er auch fehr ftreng den Zoll für ihn von allen Bilgern ein. 
Denn von Africa, und diefen Weg fcheint Edriſi ſelbſt dahin ge= 
nommen zu haben, geht durch die Bedja's und über Aivab (da— 
mals der berühmte Handelshafen in der Nähe ver alten Berenife; 
f. Emf. Afrifa ©. 670— 673), der Hauptzug der Pilgerfaramane 
aus Afrika zur Meberfahrt über das Rothe Meer nah Oſchidda 


#6) Rommel, Abulfedae Arab, Deser. S. 3. p. 61; Mannert, ©. d. 
Gr. u. R. Th. VI. 1 ©. 43, ) Edrisi b. Jaubert I. p. 183, 
136, 333; vergl. Hartmann, Edrisii Africa p. 529 — 530, 


184° Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


und Meffa. Auf ver afrifanifchen Seite von Aidab wird feiner 
ohne feinen Mauthfchein eingefchifft, wenn er aber glücklich in 
Dſchidda angefommen und der Anker geworfen ift, dann kommen 
fogleich die Zolleinnehmer des Statthalter an Bord und fordern 
vom Schiff die Abgabe, die in ein Buch eingetragen wird, worauf 
nun auch jeder einzelne Pilger feinen Tribut zu entrichten hat, und 
falls dieſer nichts befigen follte, derſelbe vom Schiffäheren eingee 
trieben, oder der Pilger auch mol während der Pilgerzeit gefangen 
gehalten wird, bis fich ein Wohlthäter feiner erbarmt und ald Als 
mofen für ihn den Tribut fpendet. Dies Einkommen fommt dem 
Fürften von Meffa zur Erhaltung der Soldaten zu gute, melche 
damit öfter nicht einmal ganz befriedigt werden Fünnen. Nach 
Dſchidda fommen jedoch auch aus andern Weltgegenvden ſehr viele 
Schiffe dahin; der Ort hat Gärten und Gemüfefelder und reichen 
Fiſchfang. Dahin fol Eva, nach ihrer Verdrängung aus dem 
Paradieſe, gegangen und daſelbſt auch begraben fein. Was Abul— 
feda58) von Dſchidda fagt, ift bloße Wiederholung aus Edriſi, 
den er auch eitirt; da Ißtachri ganz davon fchweigt, fo ift Edriſi 
die einzige Quelle über dieſe merkwürdige Meeredanfurth, pie 
heutzutage befannt genug geworben ift. 

Der nächſte von ihm angeführte Küftenort Sofia?) (So— 
fija, an einer zweiten darauf folgenden Stelle Sofin, und in der 
lateinifchen Ueberfegung, wie ſchon Büfching60) bemerkte, Sor— 
gia, jedoch auch fpater in Edriſis Terte Sordja gefchrieben) Tiegt, 
nach ihm, 3 Stationen in Süd von Oſchidda und 3 in Nord von 
Serrain, und war damals ein ſtark befuchter Hafenort. 

Serrain ift heutzutage ſchwieriger nachzuweiſen, wie wir ſchon 
oben bei Ißtachri angeführt, der dieſen Ort, wie dort gefagt ift, 
mit Ialemlan ald Grenzlinie zwifchen Jemen und Hedſchas 
anführt (f. 06. ©. 144). Ber Edrifi wird Salemlan allerdings 
ald ein Sammelplag (Mykat) ver Pilger an der Grenze des 
heiligen Gebietes von Mekkabl) genannt, oder vielmehr nur 
der von D. nah W. ziehende Berg dieſes Namend, 2 Tagereifen 
von Mekka, der den Ginwohnern des Tehama ald Rendezvous diene; 
doch nennt ihn Edrifi nicht, wie Abulfeda angiebt, zugleich ne= 


8) Rommel, Abulfedae Arab. Descr. $.1. p.59; vergl. Reinaud, 
Trad. d’Abulfed. p. 124. °) Edrisi b. Jaubert I, p. 136, 146. 

s0) Büſching, N. Erdb. 1771. Th. V. ©. 575. 64) Edrisi b. Jau- 
bert T. p. 145. 


Arabien, nah Edriſi; Serrain, Halt. 185 


ben) Serrain, fondern an verſchiedenen Stellen, wobei Abule 
feda mol ein Citat von Ißtachri oder jeinem Ibn Haukal meinen 
mag. Daß ein Wadi Lemlam auf der Route von Mokhowa nach 
Mekka liegt, ift oben gefagt (ſ. ob. ©.145). Nah Edriſi Liegt 
Serrain3) (Alferrayn bei Abulfeda) nahe der Küfte, doch 
nicht als Hafenort, 5 Tagereifen im Süd von Salt (mirflich aber 
im Norden davon; alfo offenbar ein Schreibfehler bei Edriſi, da 
er an einer andern Stelle vafjelbe Hali, 7 Tagereifen in Süd von 
Jalemlan (Wadi Lemlan) und 9 von Mekka, am Meereöufer 
gelegen, nach einem Itinerar genauer bezeichnet)6*). Es ift nad) 
ihm eine befeftigte Stadt, gut mit Waffer verfehen und ftarf be= 
ſucht, fagt Edriſi zu feiner Zeit, wie jedermann wife. Dort 
erhebe man einen Zoll von den Schiffen, die nach Jemen hingehen 
und zurüdfehren, und mit Waaren und Sclaven beladen zu fein 
pflegen. Die Hälfte des Zolls gehöre dem Gouverneur von Te— 
hama, die andere Hälfte dem Fürften von Mekka. Bon Serrain 
nordwärtd nach Sakin, einem ftarfbefuchten Hafen, find 3 Tages 
reifen und eben fo viel von da nad) Dſchidda ver Küjte entlang; 
woraus fich die Diftanz ver 6 Tagereifen von Oſchidda ſüdwärts 
nach Serrain ergiebt. 

Der nächftgenannte Ort, von da füdwärts, ift Hali; von ihm 
fagt Eorift: es fei eine Eleine Stadt, abhängig vom Gouvernement 
Tehamas, eine Station für Schiffer, die von Jemen wie von Kol- 
fum, alfo von Süd wie von Nord, fommen, wo man bei ver Ein: 
wie bei der Ausfahrt einen Zoll zahlen müſſe. Abulfeda im 
Texte bei Rommel) fagt: Hhaly liege auf der Örenze von 
Yemen und Hedſchas. Wer, nah Eprifi, von Tehama nad) 
Sana gehen wolle, müffe von Serrain etwa 6 Stationen gehen, 
wo er dann die Stadt Hhaly treffe, die von Hhaly Ibn Jakub 
den Namen trage, eine Stelle die ſchon Nommel bei Edriſi nicht 
finden konnte; dagegen werde im Texte des arabifchen Edrifi der 
Nömer Ausgabe die Entfernung zwifchen beiden Städten auf 5 
Tagereifen angegeben. Diefelbe Stelle giebt der Parifer Text nad) 
Reinaud's Ueberfegung 66) jo: Hhaly Tiegt an ber Grenze 
von Jemen gegen Hedſchas. Edriſi jagt, um vom Tehama 


62) Rommel, Abulfedae Arab. Descr. $.18, p. 56; vergl. Reinaud, 
Trad. d’Abulfeda p. 125. 2) Kdrisi b, Jaubert I. p. 136. 

9) Ebend. I. p. 145. 6°) Rommel, Abulfedae Arab. Deser. $.17. 
p. 55. °*) Reinaud, Trad. d’Abulfeda p. 123, 


186 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


nah Sanaa zu geben, indem man das Albarrye, d. i. das 
PBlattland (nämli die Meeresküſte nad) Burkhardt), durch— 
jege, gehe man ab von Al Serrain, 6 Tagemärjche. Im diejer 
Richtung liege die Stadt Haly, mit dem Beinamen Haly Ibn 
Dacub, di. Haly des Sohns Jakob. Diefed Hali war aud 
der Ort, über ven die Marfchrouten des Aegyptiers Heeres in ven 
Feldzügen 1824 und 25 gegen die tapfern Gebirgäbemwohner von 
Afir, in das dortige Gebirgäland der unabhängigen Stimme von 
Afir Hin- und zurüdzogen (Halt und Marfa Aly auf den Karten 
genannt)6”). Er wurde im Jahre 1834 durch ein türkifches GStreif- 
corp3, zur Zeit von Ahmed Paſchas Feldzug gegen Afir®), ald 
eine von diefen auf der Grenze von Jemen und Hedſchas ge— 
legene, aber von ihnen dominirte Stadt, in einen Afchenhaufen vers 
wandelt. 

Rommel bemerkt, daß es mit der „Lage Halis, auf der 
Grenze von Jemen und Hedſchas,“ wol nicht fo wörtlich ges 
nommen fein könne, da Serrain, fo viel nördlicher gelegen, jene 
Grenze bezeichne. Aber jene Grenzlinie galt zu Ißtachri's 
Zeit ald ſolche Grenze (f. ob. ©. 144); warum follte, fait 400 
Sabre fpäter, zu Abulfeda's Zeit, die Grenze von Hedſchas 
fih nicht bi8 Hali Haben erweitern, und die von Jemen, das 
niemals ftabile Serrichaften gehabt, fich nicht gegen den Süden in 
dad Gebirgsland haben zurüdziehen Fünnen. Auch entipricht ihr 
tiefer Iandeinwärts die von Edriſi auf ver Route) von Mekka 
nah Sana angeführte Landesgrenze, mo ed von der 14ten 
Station, 8 Stationen ſüdwärts von Tebala, zu Mehpjera heißt: 
bei diefer Station mit fehr tiefen Brunnen und reich— 
lichem Waffer ift ein Baum, genannt Talhat el Melif, 
der einer Weide gleicht, nur ift er weit größer. Er ift 
der Örenzbaum zwifchen dem Gebiet von Meffa und Je— 
men. Hier reicht dad Territorium von Meffa offenbar noch mei« 
ter nach Süven; aber warum? weil hier eine zugänglidie Karamas 
nenftraße den Weg zur weitern Verbreitung der Mekkaherrſchaft 
gebahnt hat. An gradlinige politiiche Grenzen iſt bier nicht zu 
denken, in einem Gebiete wo ftetd unabhängige Gebirgs— 


#67) Jul. Planat, Histoire de la Regeneration de l’Egypte. Lettres. 
Paris, 1830. p. 248, 251. 6°) Maurice Tamisier, Voyage en 
Arabie. Paris, 1840. 8, T. II. p. 129. 69) Kdrisi b. Jaubert 
I. p. 144. 


Arabien, n. Eorifi; Grenze von Hedfchas u. Jemen. 187 


ftämme im Kampfe gegen ihre tributforvernden Nachbarn ftehen. 
Heutzutage ift diefe Grenzbeftimmung zu Hali, oder vielmehr bis 
sor 100 Jahren, zu Niebuhr’s Zeit, geblieben, denn diefer hat 
die Breite ded nächften Vorgebirges, des Räs Hali, unter 18°36‘ 
N.Br. nach Obfervation beftimmt, und fagt: Salt ift eine Eleine 
Stadt nabe am Meere, fo wie ſchon zu Abulfeda's Zeiten, 
auf der Grenze zwifchen Hedſchas und Jemen’). Alle 
Feine Herrichaften nah Süden von Hali, jagt Niebuhr in 
feiner Reife?!), werden zu Jemen gerechnet. Hier ift ein klei— 
ned Gaftell mit einer Befagung des Sherifd von Mekka; alfo if 
Hier von einer politifchen Grenze in Beziehung auf das Ge— 
biet des Fürſten von Meffa die Rede, wovon in ältern Zei: 
ten gar nicht als antifer Grenze, fei fie im natürlichen, polis 
tifchen oder ethnographijchen Sinne genommen, die Rede fein Eonnte. 
Das DVorgebirge, an welchem die obige Polhöhe Heftimmt ward, 
weil dad Schiff pa vor Anker ging, liegt gar nicht weit von jenem 
Städtchen. Diefer Grenzlinie entipricht allervingd auch heute 
noch tiefer landein, gegen Dft, die dortige Grenze zwi— 
ſchen Hedſchas und Jemen, wenn man dad Land der Ge— 
birgspäffe, das in neuefter Zeit erft durch die Feldzüge der Ae— 
gypter unter dem Namen Ajir fo berühmt geworden, wegen ver 
Tapferkeit feiner Gebirgsbewohner gegen die Türfenübermacht, mit 
zu Jemen ziehen will, obmwol es mehr als eine ſelbſtſtändige 
Gebirgslandſchaft zu betrachten ift. Tamifier, der im Jahr 
1834 ven dortigen Feldzug gegen Afir mit machte, bezeichnet die 
Grenze von Hedſchas gegen Afir mit vom WadiSchaaran 
und ver Ebene Sahal, wo die Station Khalail’?2) Liegt. 

Wir fommen zu einer fchwierigen Stelle des Edriſi, zur Be— 
flimmung ver Lage feiner Stadt Sanfian, die außer ihm Fein 
anderer Autor vor ihm oder nach ihm näher gekannt hat, die auch 
heutzutage unbekannt geblieben ift, wenn fie ſchon auf D’Anvil- 
le's, Niebuhr's und Berghaud Karten, doch nur hypothe— 
tifch, eingetragen wurde. 

Bon Halt, das fhon D’Anville und Mannert 73) wegen 
des Lautes für das Aldov, Aelu, des Ptolemäus gehalten, indeß 


wi Baer: Beſchr. von Arabien S. 3785. '') Niebuhr, Reiſebeſchr. 

. &. 29 ’?) Maurice Tamisier, Voyage en Arabie. Paris, 

1840. 8. '. U. p. 241. 9 Mannert, Geogr. d. Gr. u. Röm, 
Th. VI. 1. S. 46. 


188 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


die Lage von Mamala, Mauoro xwun bei Ptol. deſſen Locali— 
tat beffer entjprechen jol, fagt Edriſi: dur die Wüſte zur 
Stadt Attu'r (Atter, unbekannt; follte ed nicht das heutige fo 
fpät erft beachtete Aſir jein?) feien 5 Tagemärſche gegen Süd, 
und von da noch 2 Eleine Iagereifen bis Sanfkian”*. Dies jei 
fchon eine etwas anfehnliche Stadt, deren Einwohner fo ſeß— 
haft, daß, wenn jelbft viele bei ihnen ded Todes wären, 
Doch deshalb Feiner auswandern würde Nie made 
einer von ihnen eine Reife, weder in Gejhäften nod 
zum Vergnügen. Man müffe zu ihnen gehen. Doc bringe 
ihr Land menig hervor, dennoch fei es heerdenreich. 
Das Leben der Einwohner fei roh und ärmlich, ihre Ge— 
fihtsbildung häßlich; dennoch werde dies Land auch der Wohl: 
thaten Gotted wol theilhaftig fein (vielleicht weil die Bewohner noch 
feine guten Mufelmänner waren oder ihr Land doch nicht fo ganz 
jchlecht fein mochte). An einer andern Stelle nennt Edriſi viele 
Sanfian eine Stadt, die im Binnenlande?5) (nicht an ver Küfte) 
liege. Offenbar fieht man, daß hier von einer wildern Gebirgs— 
landſchaft mit rohern Bewohnern die Nede ift, wie fie heut- 
zutage im Gebiete von Aſir befannt geworden. 

Aber Edriſi bleibt fih in ver Angabe ver Diftanzen nicht 
gleich, da er an einer andern Stelle die Entfernung de8 Sankian— 
Fluſſes, der gegen die Stadt Sankian fließe, nur zu einer Tages 
reife angiebt; ed müßte denn fein, daß dann der Sanfian no 
erit 5 bis 6 Tage weit flöffe, um diefe Stadt zu erreichen; der Sans 
fian müßte alfo Eein unbevdeutender Fluß in dieſer Küftengegend 
jein, den wir jedoch bisher nicht Fannten. Das Stinerar, dad 
diefe Tocalitäten mit einander verbindet, und von Mekka über diefe 
Orte, in 13 Tagemärjchen, bid zum Orte Dhu-Sohaim (oder 
Dhi Soheim, beides bei Edriſi) in dern PBrovinz Chaulan 
(Khaulan) führt, ift folgendes: 


Edriſi's Stinerar von Mekka nah Dhu Sohaim in 
Chaulan (Khaulan)?%). Es ift vad Itinerar Nr. VI. 


1) Von Mekka nah Malkan, eine Station. 
2) Bon da nach Jalemlan, ein Berg der von Oft nad Wert 
zieht und den Einwohnern Tehamas als Sammelpag dient. 


*#) Edrisi b. Jaubert I. p. 136. "°) &bend. p. 130. 9 Ebend. 
p. 145; Niebuhr, Befchreib. von Arabien. ©. 271. 


Arabien, nah Edrifi; das Tehama Jemens. 189 


3) Dann zu einer Station ohne Wafjer, eine Tagereife. 

4) Bon da nad) Caina, eine Fleine Stadt mit 2 Brunnen, eine 
Tagereife. 

5) Nah Darca und Olbob, bewölferte Orte, eine Tagereiſe. 

6) Nah Haſchaba, Fleiner Bled, mit viel Waffer; vieleicht ver 
von Mohamed beſuchte Leinwandmarkt Hajaſcha, 6 
Tagemärfche in Sünden von Mekka (f. ob. ©. 26). 

7) Nach Eanuna, wo ein Brunnen, eine Tagereife. 

8) Nach Biſha Haran, wo nomadifche Araber, Quellen mit 
trefflihem Wafjer, eine Tagereife. 

9) Nah) Hali, Fleine Stadt am Meeresufer, eine Tagereife. 

10) Rab dem Sanfian= Fluß, der gegen die Stadt Sanfian 
fließt, eine Tagereife. 

11) Nah Bifha Jaktan, eine Tagereife, verjelbe Ort, ver au 
auf der directen Route von Meffa nach Sanaa, mehr lands 
einwarts, über Rouitha und Tebala, auf der Tten Sta— 
tion genannt ?7) wird, wo es von Bifha Jaktan Heißt: e8 
jei eine Eleine Stadt, gut bevölfert und bebaut, mit Waffer, 
Saatfeldern und Palmen verfehen. 

12) Nah Haran el Earin, Eleine Stadt, gut bevälfert, mit flies 
Benden Waſſern und Palmen umgeben. 

13) Nach Chaulan (oder Khaulan) wo Dhi Soheim, eine 
gut gebaute Vefte, deren Bewohner durch ihre Kühne 
heit in großem Rufe ftehen. Nun fchließt Evrifi fein 
Noutier mit der Bemerkung: alle dieſe bisher genann— 
ten Orte liegen im Tehama, einer Provinz von 
Jemen. — 

Diefes Tehbama von Jemen’), d. i. deſſen weftliches 
Küftengebiet, wird nun von ihm näher bezeichnet. Es ift dieſes 
Tehama mit einem Neg von Bergzügen bevedt, die vom Meer 
von Koljum anfangen und diefes überragen, von denen ein Zweig 
gegen Often ftreiht. Die Grenzen diejed Tehama ſind fol 
gende: Gegen Welt dad Meer von Kolfum, im Oft die Kette, die 
fi) von Nord nah Süd zieht. Die Ausdehnung diefer Provinz 
it von Sordja (d. i. Sofia, f. ob. ©. 184, der Hafenort, 3 
Stationen in Süd von Dſchidda) bis Aden, 12 Tagereifen ent« 
lang am Meere hin. Ihre Breite 4 Tagereiſen, von den Bergen 
bis zum Gebiet Wlabaca (ad ditionem Alabaeorum der lateini— 


) Rdrisi b, Jaubert I, p. 143. ) Ebend. p. 146, 


190 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


ſchen Ueberfegung; Alafakah fcheint das Küſten-Caſtell Alafaka 


oder Ghalafera, heute Beit el Bafi’9) zu fein). Ihr im Of 
liegen die Städte Sada, Djoras, Nedjeran. Ihr im Norden 


die Städte Mekka und Dihidda. Im Süden die Stadt Sana, 
10 Zagereifen fern. In dieſem Tehama campiren die Trie 


bu8 verfhienner Araber. — Sp weit der Bericht Edrifi's, 
über deſſen ganzes Routier wir bei feinem Nachfolger Abulfera, 


den Ort Hali ausgenommen, feinen Aufſchluß über irgend eine 
der darin genannten Stationen finden. Wir wollen es verfuchen, 
über einige Puncte viefes merfwürdigen Routiers, in Vers 


gleich mit den durch den Fortichritt Der Zeit gemonnenen Daten, 
Aufſchluß zu geben, meil es hier gerade das fo unbekannte wie in 
jüngfter Zeit merfmürdige Gebirgsland Afir (zmifchen 17 —18° 
NBr.) betrifft, was unſers Dafürhaltens zum erjten male von 
Eprifi mit feinem Namen Attur oder Aiter genannt wird. 
Niebuhr hat den Küftenort Attuie oder Attuid80), nad 
Obſervation 17° 3Y N Br, in feine Karte eingetragen, doch nur 


TA A SEE N EEE 


VG SE 


von feiner Scifferftation vor Anfer liegend, da der Berg und | 


Ankerplatz des Namens felbit, nach Ausfage des Lootfen, noch 
ziemlich weit gegen S.O. entfernt ungefehen liegen blieb. Diefes 
Attuie der Karte, oder Attuid des Terted bei Niebuhr, bat 


Büfhingst) mit dem Aatu oder Attu des Geogr. Nubiensis 


ER 


identificirt, das aber, in Jauberts Tert des Edrifi Attur oder 
Atter gefchrieben, mit den etwas mehr landeinwärts liegenden 
Afyr, over Acyr nah Jomard's Schreibart, weit mehr über« | 
einzuftimmen fcheint. Zugleich bemerft Büſching, es fcheine Dies 
fer Ort einerlei mit dem Orte Outor des Le Blanc zu fein, der 


aber anmerfe, daß derfelbe nicht fo jehr nahe am Meere liege, 
doch aber audy nicht fehr weit davon, was mit der Angabe auf 


Niebuhr's Karte zu ftimmen fcheine,. ver auch neuerlich Berg= 


haus auf feiner Karte gefolgt ift. 
Wäre aber mit Attur bei Edriſi wirklich das Aſyr der 


neuern Zeit bezeichnet, fo würde Jomard's Behauptung, daß ed 
früher eine Terra incognita 82) geweſen, daß Fein arabijcher Geo- 


graph es genannt, einer Berichtigung bevürfen, jo wie daß auch 


+79), Büfching, N. Erdbefchr. 1771. Th. V. Arabien ©. 585. 

80) Miebuhr, Reifebeichr. I. ©. 293. 81) Büſching, N. Erdbeſchr. 
1771. 6. V. ©. 577. 82) Jomard, Etudes geogr. et historig. 
sur l’Arabie. Paris, 1839. 8. Arabie, Notice G£&ogr. sur l’Asyr. 
Chapt. 1. p. 6 und 35. 


Arabien, nah Edriſi; das Gebirgsland Aſyr. 191 


Burkhardt nur des Stammes Aſyr erwahnt, fonft aber nichts 
von dem Lande gewußt habe. Allerdings ift es richtig, Daß der 
Name Attur over Aſyr in feinem der Itinerare bei Eprifi 
vorkommt, unftreitig weil eben Feine gebahnte Straße bin- 
durchgeht, wol aber außerhalb im Welt im flachen Uferlande, 
wie im Oft im Gebirgälande, die Itinerarien, die er aufzählt, 
nahe daran vorüberführen. Und dennoch giebt Edrifi an der an— 
dern von Jomard überfehenen Stelle deſſen Lage an; von Hali 
5 Tagereifen „durch die Wüſte,“ d. i. hier das wilde Bergland 
gegen ©.D., und dann von da 2 Fleine Tagereifen bis Sanfian, 
der anfehnlichen Stadt, die nicht am Meere, fondern nah ihm in 
einem heervenreichen Lande liegt, mit wildem Bergvolfe, das nie— 
mals feine Sige verläßt. — 

Ganz richtig ift e8 auch, daß Niebuhr den Namen Afyr 
nicht Fennen lernte, fo wenig wie das dazu gehörige Gebirgsland, 
und doch erfährt man aus feiner Befchreibung des Landftriches 
Abu Arifch, der mit feinen Norvoftende an Hedſchas wie an 
Afyr grenzt, und dad erfte fünliche Gebiet von Jemen ift, fo 
wie aus feiner Beichreibung von Ehaulan, darin Dhu Sohaim 
nah Edrifi (nicht in Abu Arifch, wie Büſching angiebt) ges 
legen war, jehr gut, warum gerade diefer Theil von Niebuhr's 
Karte an der Grenze von Jemen und Hedſchas, nämlich im Ge— 
biete dieſes Aſyr, ganz leer ohne einen einzigen Namen geblieben 
ift. Es ift hier der unzugänglichite Gebirgsgau zunächft 
der Küfte, mit ver abftoßenpften Bevölkerung, die durch alle 
Zeiten ihre Unabhängigkeit zu behaupten gewußt hat, und feldft 
dem Eingang des Jslam, wie allen politijchen Herrſchaf— 
ten den Zutritt verwehrte, durch die natürlichen Hemmungen 
feiner Gebirge und Engpaffe, wie durch die Rohheit und Tapferkeit 
des eigenthümlichen Stammes feiner Bewohner (f. ob. ©. 17, über 
Orenzverhältniffe ver Ränder durch Stammesverhältniffe ver Völker). 
Schon die wenigen Worte, die wir aus Edriſi über fie, jedoch 
vollftändig, mitgetheilt, zeigen, was wir hier zu ſuchen haben, auf 
einem Grenzgebiete zweier Hauptabtheilungen, fvie Hedſchas 
und Jemen, die eben deshalb niemals beftimmtere Grenz— 
fheldungen zuließen, weil diefe indepenvdenten, feinem ber 
Oberherrn gehorchenden Stämme von Abu Arifch, Aſyr und 
Ehaulan, hier, von jeher bis heute in ihrer Unabhängigkeit 
haufeten. Deshalb kann auch Edriſi von feinem Attur Feine nä— 
here Beichreibung geben; deshalb bleibt diefer wilde Alpengau bis 


192 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.61. 


in die jüngfte Kriegöperiode mit den Wehabiten in feinem Ins 
nern ganz unbefannt, und felbft ald Ahmed Paſcha im Jahre 
1824 mit feinem Kriegsheere dort eindringt, wird der Mittelpunct, 
Aſyr ſelbſt, doch nicht erreicht. Niebuhr’s und Burdhardt’8 
Angaben werden jchon zu guten Commentaren des Edrifi dienen; 
hier der Nachweis. 

Bei feiner Vorüberſchiffung von Halt, wo der Sherif von 
Mekka fein letztes Caftell mit Garnifon gegen die unabhängigen 
Bergtribus befegt hat, jagt Niebuhr, ſüdwärts bis Attuid, wels 
ched an der Nordgrenze des Abu Arifch- Diftrictes liegt, 
murden hie und da auch an letzterm Vorberge die Anker geworfen. 
Hier lebten die Araber 83) nicht nur unter ihren eignen unabhän— 
gigen Schedh8, fonvern fie hatten auch eine von den Mohameda— 
nern verfchieven? Neligion. Sogleich zeigten fich mehrere verfelben 
mit ihren Ranzen am Ufer, mit, was Niebuhr bis dahin bei an- 
dern Stämmen noch nicht gefehen Hatte, bis auf die Schultern 
herunterhängenden Haaren, ftatt des Turband mit einem Strif um 
den Kopf, oder einer grünen aus Palmblättern geflschtenen Mütze. 
Sie gingen nackt bis auf ein um die Hüften gejchlagenes Tuch; 
ihre Weiber in den nahen Zelten, mit unverfchleiertem Geſicht, bo= 
ten Milch und Butter zum Verkauf; doch ftanden fie mit feinen 
andern Arabern in Verkehr, lebten nur in ihren Wüften und ha— 
ben den übeln Ruf, Plünderer zu fein gegen alle, die zu ihnen 
fommen. 

In der Befchreibung von Arabien führt Niebuhr dies weiter 
aus). An der Grenze von Abu Arifh und Hedſchas leben die 
Küftenaraber unter Zelten, wie Beduinen, unter ihren Scheche. Ihr 
Dialect ift von dem zu Dſchidda und in Jemen jehr verſchie— 
den. Sie nennen fid) zwar Mohamedaner, aber in Jemen redet 
man von ihnen nur ald von Kafrs (Ungläubigen) um Räu— 
bern, weil fie die Reifenden plündern und eine von Sunniten, mie ' 
Zeiditen, ganz verfchiedene Religion haben. Sie befchneiden fich 
nicht nur die Vorhaut, fondern machen auch einen Schnitt in ber 
Haut oben auf dem männlichen Glied der Länge nach, und löſen 
einen Theil der Haut am Unterleibe gänzlich ab; fie rühmen fid) 
der Ueberwindung der Schmerzen bei diefer Art der zumeilen felbft 
töptlichen Beichneidung. Prof. Ehrenberg®) wohnte am 25. März 


+33) Niebuhr, Reifebeichr. I. S. 292, 34) Niebuhr, Beichreib. von 
Arabien ©. 269, 5) Ehrenberg’s Manuferipf feiner ara; 


Arabien, nad Edriſi; Gebirgsland Afyr. 193 


1825 zu Djara, im Wadi Dijara, ein paar Tagereifen oftwärts 
Gomfudde im Gebirgslande, einem folchen ſehr ernſten Beſchnei— 
dungsfefte bei, wodurch Niebuhr's Angabe vollfommen beftätigt 
wird. Man fann mit Niebuhr jchließen, daß diefe Gebirgsvölker 
eine andere Religion Haben, oder doch nicht rechtgläubige Mosle— 
men find; fie jollen Beni Halal (Mondanbeter) jein (ſ. ob. 
S. 49). Don ver anftogenden Provinz Chaulan, in welcher Dhu 
Sohaim liegt, jagt NiebuhrS6), Habe er nichts weiter gehört, 
als daß fie weitlich von Sa'ade Tiege und wirklich noch heute die— 
jen Namen trage, mit den Orten Afabat el Muslim, Heidan, 
Eddahhr und GSüf ed fjümma. Die Stadt Sanfian ift ihm 
unbefannt geblieben, obwol er fie nach Edrifi auf feine Karte von 
Jemen eingejchrieben hat. Diefes Chaulan, bemerft Niebuhr 
übereinflimmend mit dem gelehrten Büjching®”), ſei merkwürdig, 
weil es wol mit dem Chevila der Chufiten in 1.8. Mof. 10,7 
und 29 und 25,18 übereinflimme, wo e3 allerdings ſchon ala vie 

jüdlichfte Grenze der Ismaeliten, aljo der Mittelaraber, 
gegen die Südaraber Jemens bezeichnet wird (f. oben Hevila 
&.56). Die unmittelbar vor Chaulan angegebene Station Ha— 
ran el Carin haben jchon Büfching und die Altern Commenta— 
toren für den Handelsort Haran, bei Ezechiel 27,23, gehalten, der 
mit andern Orten im ſüdlichen Arabien genannt wird. 

Durdy die Erfundigungen Burckhardt's, die er im Sahre 
1815 von einheimischen Reiſenden ſüdwärts Meffa, und 
über die dortigen jüngften Kriegführungen des Pafcha von Aegyp— 
ten gegen die widerfpenftigen Bewohner jener Grenzgebirge einzog, 
machen und jchon mit der Natur jened Binnenlandes von Aſyr 
und feiner Gebirgsgaue und Gebirgsvölker vertrauter, ald Died zu— 
vor der Ball war, wodurch auch Edriſi's Angaben, zumal die von 
den Stationen Biſha Haran bi zu den Biſha Jaktan und 
nah Chaulan, ein näheres Verſtändniß erlangen. 

Ein Routier der Pilgerfaramane (der Habj el Kebfy), 
die von Meffa durd jenes Gebirgsland, der Örenze von 


bifhen Neife, für defien wohlwollende Mittheilung meines hoc): 
verehrten Herrn Gollegen und Freundes, zum Beten der folgenden 
Unterfuchungen, zu denem daffelbe zum erften male benußgt werden 
fonnte, und bisher völlig unbefannte, nicht unwichtige Beiträge ger 
liefert hat, ich hier meinen innigften Danf, dem Entdecker der „gro: 
ben Welt im Fleinften Raume,“ öffentlich auszufprechen mid) 
für verpflichtet Halte. *, Niebuhr, Beſchr. von Arab. ©. 270. 
) Büfching, N. Erdbeſchr. V. ©. 577; Niebuhr a. a, O. 


Nitter Erdkunde XII. N 


194 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Hedſchas und Jemen, nad Sanaa führt), ift zunächft zum 
grientiren in diefem fonft völlig unbefannt gebliebenen Gebiete 
fehr Iehrreich geworben, weil e8 durch Berghaus®) forgfältige 
Gonftruction in deſſen Karte eingetragen werden Fonnte, obgleich es 
feider in feinem der Firpuncte mit der aus jenen Gegenden befannt 
geworvenen Kriegsfarten bei Chrenberg, Planat und Tami— 
fier hat zufammentreffen wollen. Diefe letzteren gaben jedoch die 
Mittel zur ungefähren Beftftellung dreier Kauptpuncte auf dies 
fem Grenzgebiete von Hedſchas und Jemen, dad von den 
Tribus der Afyr, gegen melche die Feldzüge von 1824 und 1825 
gerichtet waren, bewohnt und beherricht wird; nämlich von Hudud 
Afyr, Chamir Meſchid und Wadi Mefireg, wodurch auch 
Kala Bifhe fo wie manche andere Localitäten ihre Beſtimmung 
erhielten. Diefe Orte find nach noch unficherer Berechnung in vie 
Karte eingetragen, auf die wir hier in Ermangelung einer befjern 
verweifen mäffen: die Reſidenz Hudud Afyr, die Direet nicht 
mehr als etwa 2 Tagereiſen von ver nächften Küfte entfernt fein 
fann, wenn fie ſchon durch hohe Gebirge, die Hier am nächften ges 
gen die Küfte gen Weft Hin vorfpringen, davon gejchieden ift, und 
daher dem Attur des Edriſi mol entfprechen mag, 72 Miles fern 
gegen SD. von Ghunfude; Chamir Meſchid, dad in der 
Kriegägeichichte Hervortritt, weiter Iandein, 105 Miles öſtlich von 
Aſyr; und Wadi Mefireg, 65 Mil. im NND. von Chamir 
Mefchid, fo wie 48 Mil. in S.S.D. von Kala Bifhe; — demnach 
Afyr unter 18° 26%, N.Br., 40° 15° DL. v. Par; Chamir 
Meſchid 18° 21° N.Br., 41° 17° OR. v. Par; Wadi Mefireg | 
19° 2 N Br. und 41° 42’ OR v. Par. | 
Den Küftenftrih von Abu Arifch bat Berghaus auf fei- 
ner Karte, der einzigen die bisher zum Verſtändniß unferer Unter« 
juhungen einigen Anhalt giebt, nah Niebuhr gezeichnet. Bei 
Sanfan, dad auch er an einer punctirten Flußlinie bypothetifch | 
eingetragen, fagt er, hier fol nach Edriſi der Lauf eines Fluſſes 
aufhören, die Worte Büſching's citirend, die jedoch fo wenig wie 
Edriſi's Angabe vom Aufhören des Fluffes fprechen, ſondern | 
nur jagen, daß Edrifi des Flußlaufes „bis Sanfian” Erwäh— 
nung thut®). Im Gegentheil wiſſen wir, neuerlich, mit ziemlicher 











**®) Burckhardt, Tray. in Arabia. App. I. p. 445 — 447. 
*°) Derghans, Arabia und das Nilland, Memoire 1835. 4. S. 69, 
) Biking, N. Erdbeſchr. V. S. 576. 


Arabien, nach Edriſi; Gebirgsland Afyr, 195 


Gewißheit durch das Jtinerar der Kampagne von 1825 big 1826 
gegen Afyr, und die durch Planat darüber mitgetheilte Karte, daß 
diefes Wafler, dad aus den Gebirgen von Afyr hervorbricht, 
unter dem Namen Rim (Torrent de Rim)?) vie Meeresfüfte 
erreicht; denn an ihm aufwärts zog dad Agyptifche Heer zu einer 
Station mit einem Brunnen (Byr), dann 3 Tagemärfche durch 
wildes Land, Wüſte; wol mitten durh Chaulan, obmol dies 
jer Name nicht genannt wird; am 4ten aber zum Dfchebel Tor, 
der auch nah Ehrenberg's Kriegöfarte in Berghaus Karte eins 
getragen ift, von wo dann am 5ten die Station und von da am 
folgenden Tage die Orte Wada Abha (mol Wadi Saffa der 
Kriegdfarte Chrenberg’s) und Menäder erreicht wurden, das 
Berghaus Karte mit einem Bragzeichen eintrug, das aber auf Pla— 
nat's Karte etwad fünöftlicher eingetragen if. Schon Berghaus 
bemerkte”), daß er venfelben Fluß, den D’Anville von el Roheyta 
und Tebala auf feiner Karte Hatte vom Norden herab und bei 
Sancan vorbeifliegen laſſen, auch in feine Karte, bei 19038N. Br., 
mit der Stadt eingettagen habe. Es Fönne wol derfelbe fein, ver 
In Ehrenberg’3 Kriegskarte innerhalb ver Grenzgebirgskette Dfches 
bel Beni Seid an 30 Miles weit eingezeichnet fei, nur müffe 
diefer dann auch die Gebirgäfette nach der Meeresfeite Hin durchs 
breihen; mas ſich denn nun auch durch Planat's Kriegsfarte, 
bie Berghaus unbekannt war, abwärts Menader und dem Dfchebel 
Tor wirklich beftätigt hat. — So viel vom bis dahin bypothetis 
hen Fluſſe Sankian des Edriſi, nicht Sanfan wie bei D’Anville 
und Büſching, dem Rim der heutigen Zeit. Das Gebiet Chaus 
last, deſſen Lage ſchon Niebuhr jedoch nur oberflächlich berührte 
(verichieven von dem füplicher von Sanaa gelegenen zweiten Chau— 
lan)%), veffen Lage aber auch ſchwierig zu umgrenzen ift, da nur 
Edriſi's Angabe hier Anleitung dazu giebt, ift von Berghaus 
fünlicher und weftlicher als auf D'Anville's Karte, nämlich unter 
17%, N. Br. und 40%, D.R. eingetragen. 

Diefen Daten, die vorläufig den Weg zum Verſtändniß des 
übrigen bahnen mögen, laffen wir nun Burckhardt's Erkundi— 
gungen folgen, mie er fie ohme eigene Kenntniß diefer Gegenden, 
aber aud dem Munde unbefangener Augenzeugen, bie er 





) J. Planat, Histoire de la Régénération de l’Egypte. Paris, 1830. 
p: 251, nebft Carte de l’Arabie, Itingraire et Thheätre de la Guerre 
contre les Wehabites 1812 — 27. ) Berghaus a. a. D, 

”) &, b, Niebuhr, Befchr. von Arabien S. 280, 


N 2 


196 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


während feines längern Aufenthaltes in Mekka über das jo wenig | 
bekannte Grenzgebiet der Völker zwifchen Hedſchas und Jemen 
befragte, mitgetheilt hat. ‘Sie heben wichtige Natur- und Völker— 
verhältniffe jener Gegenden an das Licht hervor, deren Dunfel audy 
durch die fpäter erfolgten Kriegszüge dahin, wovon erft weiter un= | 
ten die Rede fein kann, nicht ganz werfcheucht wird, deren Ver— 
ftänoniß aber durch Edriſi's wie Burckhardt's Andeutungen | 
wefentlich erleichtert wird. 
Dad Stinerar der Hadj el Kebfy- Karawane nad) Sa= | 
naa, bei Burkhardt 9%), Fann von Meffa bis Tebala auf 
Berghaus Karte verfolgt werben; dies ift die A6te Station, von 
Shomran Arabern bewohnt, die fich über beide Seiten der dor« | 
tigen DBergzüge in Weſt- und Oft-Plaine verjelben ausdehnen. 
Diefed Tabala ift in der Gefchichte des Islam nicht unberühmt, | 
da es mit dem weiter fünlichen Dioras (Gurer bei Golius) und | 
Nedjeran zu den Städten gehörte, welche die neue Lehre Moha= 
meds zuerfi annahmen, und dadurch ihre Selbftändigfeit und | 
eigene Unabhängigfeit bewahrten (ideo et relictum suo juri 
bei Goliu8)®%). Die Fruchtbarkeit dieſes Tebala war übris 
gend zum Sprichwort bei Arabern geworden; feinen Namen Teitete ' 
man von einer Amalefitin Tebala ab; die Gründung geht alſo 
in die früheſte Zeit zurück. Mit Tebala fangen alſo ſchon vie 
mehr von den übrigen Arabern abweichenden Verhältniſſe der dor— 1 
tigen Bergvölfer an, welche von den Orthodoxen der Aufmerkfam= ' 
feit weniger gewürdigt werden. Tebala wird von Abulfeva gar ' 
nicht genannt. Aus ihrer Nähe feheint einer der nörplichften Zus ' 
flüffe zum Sanfian feinen Lauf zu beginnen. Auf jeven Tal’ 
find wir bier jchon nahe an die Gebirgsgrenze mit den indepen= 
denteren Völferzuftänden von Jemen vorgerückt; auch Edriſi kennt 
den Ort als ein noch von Mekka abhängiges Fort%), mit flie- ' 
Benden Waſſern, Saatfeldern und Palmen, das einft im Namen des 
Khalifen Abdul Melik ben Merwan zwar in Befit genommen, aber ' 
gering geachtet ward. In ein Itinerar hat er es aber nicht ein= 
gereiht, fondern giebt ihm 4 Tagereifen von Mekka, 3 Tagereifen 
Entfernung vom Marftorte Ocadh (f. ob. ©. 32; feine Tagereifen 
müſſen viel größer als die der armen Pilger der Hadj bei Burck— 





- 


*%) Burckhardt, Trav. in Arabia. App. I. p. 445 — 447. 
*) Golius in Alfraganus Elem. Astron. p. 85. 260) Edrisi b. 
Jaubert, Clima Il. Sect. 6. p. 148. 


Arabien, nach Edriſi; Gebirgsland Aſyr. 197 


harbt fein), 5 Zagereifen Ferne von da bis Nedjeran und 50 Mit. 
von Tebala bis Bifcha, von da aber nach Djoras 4 Tagereifen. 

Auch Edrifi giebt ein Itinerar, wie dad der Hadj el 
Kebiy, von Mekka nah Sanaa (das Stiner. VL)”); aber 
nur in 21 Stationen, während dad von Burdfhardt doppelt fo 
viel,. 43 Stationen angiebt, woraus folgt, daß die Diftanzen der 
Stationen bei Edrifi wol doppelt fo groß angenommen wer— 
den können als bei Burdhardt, alfo auch für Tebala, welches 
in diefem Itinerar als die 6te Station von Meffe und ald Stadt 
in einer Thalfenfung gelegen bezeichnet wird. Die Station vor—⸗ 
ber, die 5te, ift Nouitha (die 14te el Roheyta bei Burdhardt, 
vom mächtigen Stamm der Schomran Araber, wie Tebala, bes 
wohnt). Hier flimmt alfo einmal Burckhardt's Itinerar in 
diefen beiden Stationen mit Edriſi's Stationen erfreulicher 
Weiſe zufammen. Aber diefed Zufammentreffen hört leider jogleich 
in der Fortfegung beiver Stinerare auf. Obwol fie beide dur 
ähnliche over gar gleiche Gebirgslandfchaften gehen müfjen, jo füh— 
en jie doch ganz verſchiedene Namen der Stationen auf. 

Bon Tebala führt die HadielKebfy 5 Stationen an bis 
zur Stadt Sedouan; dann 2 bis Ihn Maan; nun von Ibl 
bis Wakaſha 7 Tagemärſche durch Gebiete, in welchen nur 
Stämme der Aſyr mit Kahtan al3 anfälfig genannt werden. 
Dann erft folgen wieder 4 Tagemärjche, mit denen die Stadt Sa— 
da) erreicht wird, die Edrifi auch nennt, als Ziel feined Iti— 
nerard. 

Aus der Karteneonftruction bei Berghaus ergiebt fich, daß 
Diefe Route der Hadj el Kebſy das eigentliche Sauptgebiet der Aſyr, 
dad weiter weftwärts im Gebirge nach der Meeresfeite zu liegt, 
fo viel als möglich gegen den Often hin umgeht, und nur deſſen 
füpöftliche Gaue berührt; um Sada zu erreichen (in Summa von 
Tebala bi8 Sada 17 Stationen). | 

Das Itinerar VI. des Edriſi giebt von Tebala bis Sada 
9 Stationen an; alfo hier etwa boppelt große Diftanzen. Diefe 
Stationen”) heißen: 
1) Die nächſte nach Tebala wird Bifha Jaktan genannt, 
eine Eleine gut bevölferte Stadt mit Waller, Saatfelvern und 
Palmen. 


) Kdrisi bei Jaubert I, p. 143, "*) Burckhardt, Trav. in Arab. 
p. 446, °*) Kdrisi b. Jaubert I, p. 143, 144. 


198 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


2) Dann Hadda, wo wenig Waffer, wenig Einwohner. 

3) Biat (Niat), großer Ort wo Waffer und Palmen. 

4) Sabfha, unbemohnt. 

5) Caſcha, ftarker led, wo Quellen, Weinreben, Gemüfe und 
fhöne Palmen. 

6) Nedjem, bemohnter Ort mit Brunnen. 

7) Savdum Rab, ein bedeutender Flecken, veffen Käufer an eins 
ander ftoßen, mit viel fügen Quellen und Weinreben, von 
denen Djoras nur 8 Miles fern liegt. 

Diefed Djoras, fagt Edrifi, und Nedjeran find beide faft 
gleih groß; beide find von Palmen umgeben; man bereitet dort 
Belle, Jemane Felle genannt 500), ein Hauptfabricat, wodurch 
die Einwohner fehr berühmt (f. 06. S. 26, wo bei Djoraſch ver 
Keinwandmarft, und ©. 24, 164 von den Chriften in Nadjer | 
ran die Rede war). Djoraſch ift das Gurer bei Golius!), von 
dem die Felle und die treffliche Zucht ver Kameele gerühmt wer— 
den, fo wie die Fruchtbarfeit und Bewäſſerung ded Bodens und | 
der Acacienreihthum. Deffen Bewohner werden nicht Iömaes 
lier, fondern Simyariten (veri et meri Arabes, f. ob. ©. 57) 
genannt; und daſſelbe hat ſchon Ißtachri von Dſchoraſch gefagt, 
daß dafelbft viele Tribus von Iemen wohnen, welche treffliche 
Belle zu bereiten verftehen. 

8) Von Sadum Rah nah Mehdjera, ein großer Flecken mit 
Duellen und jehr tiefen Brunnen, wo jener große Grenz— 
baum fteht zwifchen vem Gebiet von Meffa und von 
Jemen (f. ob. ©. 186). 

9) Nah Arca (Adhia), ein hübicher lecken. 

10) Nach Sada, eine fleine, aber gut bevölferte Stadt, wo treff- 
liches Leder bereitet wird, das durch ganz Hedſchas auds 
geführt wird. 

Ein armer Pilger aus Sanaa, der die gewöhnliche Hadj el 
Kebſy-Route wegen der Ueberfüle der Wehabys mied, nahm, weil 
er in feiner Bedürftigkeit im Gebirg&lande der Afyr 2) nichts 
zu befürdten hatte, eine mehr weftliche, den Küftenfetten nähere 
Noute durch deren Gebiet, vie Gebirgäftraße, wie Burdharbt fie 
nennt. Er nannte unter den Stämmen, deren Gebiete er durchzo— 


500) Vergl. Edrisi bei Jaubert I. p. 148. ') Golius, Alfraganus 
Elem. Astron. p. 85; Ißtachri bei Morbtmann ©. 12. 
2) Burckhardt, Trav. in Arabia App. Ill. p. 450. 





Arabien, nach Edriſi; Gebirgsland Aſyr. 199 


gen, auch die Kahtan, die aus uralter Zeit vor den Anfängen 
des Islam fchon bier gefeflen, deren Namen auch in beiden Rou— 
tier8 VI und VII, bei &orifi, ald Biſcha Jaktan (d. i. Jocta— 
niden, f. 06. S. 41) vorfamen. Dann durchzog er die Stam— 
mesgebiete ver Schomran und anderer Araber, bid er in bie 
der Ihn Dohman, der Ibn el Ahmar und Sbn el Amjar 
fam, nach denen hier auch die Gauen genannt wurden, welche alle 
prei (1815) mit denen des ſehr mächtigen Aiyr-Tribud unter 
einem Oberhaupte vereint waren. Died war der Aſyr-Häupt-— 
ling EI Tamy, damald der hartnädigfte Wiverfacher Mehmed 
Ay Vaſchas, des Hegyptierd. Seine Hauptrefideng war da— 
mals jened Baftell el Tor, auf einer Hochebene (obiges Dſchebel 
Tor) von Bergen umgeben; auch hatte er ein Eleineres Caftell, das 
der Bilger el Tobab (Tabab auf Berghaus Karte) nannte, 
mit einer Stadt, die etwa 4 bi 5 Tagereifen fern von der Sees 
küſte bei Gonfode liegen follte (aljo etwa in verfelben Diftang wie 
Edrifi's Attur oder Aſyr von Hali). Im Aſyr-Diſtriet paſ— 
firte der Pilger die Dörfer Schefrateyn, Ed-dahye (wol Et Dai 
auf Berghaus Karte), Schohata, Ed-djof. Bid dahin ging der 
Weg immer auf den Höhen der Berge hin. Weiterhin flieg er in 
die Thaler hinab, welche die nievere Kette ver Berge bilden, welche 
die Öftliche Plaine vurchfchneivden. So fam er durch die Refeydha— 
Araber, die im Noutier der Hadji el Kebiy auf der 27ften Stas 
tion, ald im Wadi Derb Ibn el Okeyda anfüffig und noch zu den 
Stämmen der Aſyr gehörig, angegeben wurden. Dann aber 
durchzog er dad Gebiet ver Abyda Araber, in dem nad der 
HadjeNoute die Stadt Aryn liegt. Dann durch das Gebiet der 
Senhan Araber, wo Sarradja und Homra, legtered ein Ort 
von dem das Gebiet des Wadi Nevjran (f. 06. ©. 24, 64 u. f.) 
noch eine Tagereife gegen Dften entfernt ift, der dem Tribus der 
Dam gehörig. Nun folgte Ihohran, von Wadaa-Tribus bes 
wohnt, body im Gebirg, doch wohnen die Wadaa aud) im tiefen 
Thälern. Dann folgten die Bagem und von ihnen öftlich Die 
mächtigen Kholans Araber. Dann die Dohhayn vom Sahar— 
Tribus bis Sada. — So weit die Route des armen Vilgers, der 
überall auf viefem Wege Ausübung ver Gaftfreundfehaft vor— 
fand, und wo er eine Mofchee fand, nach Recitation einiger Kapi— 
tel aus dem Koran fihher war, für fich und feine Frau, die mit 
ihm zog, Mehl, Mitch, Noflnen und Bleifch zu hinveichender Ers 
nährung zugetragen zu erhalten. 


— 


200 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. G. 61. 


Andere Erkundigungen 3) durch jenes Grenzgebiet von 
Hedſchas und Jemen nannten denfelben Weg, von Mekka über 
Taif und Tarabe (Taraba ver Dieffaner, Toroba nach) Bes 
duinenausfprache), nach Ranyeh (el Rouitha bei Edriſi, el Ro— 
Heyta bei Burkhardt) und Tebala, au heutzutage als eine 
Hauptroute, auf der Tarabe dur) langen Wiverftand gegen 
die Truppen des Paſcha berühmt geworden und fich erft im Ja— 
nuar 1815 an Mohamed Aly Paſcha ergeben hatte, mit feinen 
fchönen Dattelgärten, Durra= und Oerftenfeldern. Die Bewohner 
feien vom Begoum- Tribus unter eignen Scheikhs, welche ihre 
Stadt mit Mauern und Thürmen verſchanzt Hatten, die ſeitdem eine 
türfifehe Garnifon erhielt und der Hauptpoſten zur Beherrfchung 
der Paſſage von Nedſched nad Jemen geworden. 

Der Weg ſüdwärts Taraba führe, im Often der großen Ges 
birgsfette, über unebenen, von vielen Wadis durchfchnittenen Boden 
(er wurde in den Feldzügen 1824 und 25 genauer befannt) nad) 
2 Tagereifen zur Stadt Nanye (Wadi Nania des Feldzugs 
1834), die von Sabya=Arabern bemohnt werde, unter eignem ſehr 
tapfern Scheifh, der dem Türfenheere widerftand. Don diefem Ra— 
nye 3 bi8 4 Tagereifen fern (gegen ©.D.), ein Raum den Beni 
Dflob=-Araber bemohnten, liege Beifhe (Bifcha bei Eorifi), der 
bevdeutendfte Ort zwifchen Taif und Sanaa, ein an Dattelbäumen 
fehr reicher Diftriet, in welchem die türfiiche Armee von zehn= bis 
zwölftaufend Mann an 14 Tage lang binreichenden Proviant fand. 
Diefed Beifhe werde von den Arabern felbft der Schlüf- 
ſel zu Jemen genannt; denn e8 liege auf dem großen Heer— 
wege von Nedſched nah Jemen, fo daß ſchwerbeladene 
Kameele auf feinem andern Wege ald auf diefem dahin ges 
ben können. Erft jenfeit Beifhe gebe e3 auch Durch vie große 
Gebirgsfette, mehr meftmärts, bequeme Paſſagen. Deshalb 


feien hier viele Schlachten vorgefallen zwifchen dem- Fürften Oha- 


leb, dem Scheriff von Mekka, und Saoud, dem Wahabi-Feldherrn, 
der dafelbft ald Sieger 2 Forts errichtet und den Ibn Shofbän als 
Eommandanten eingefegt. Die Bewohner im Beifhe, von Beni 
Salem-Tribus, fonnten 10,000 Musfeten aufbringen, alfo wol 
bedeutenden Widerſtand leiſten gegen die Türkenmacht. Beiſhe fei 
ein breites, 6 bis 8 Stunden langes Thal, vol Bäche, Brunnen, 


°°%) L. Burckhärdt, Trav. in Arabia p.451. : *) M. Tamisier, 
Voy. en Arabie T. II. p. 104. 


ü—— HÖLLE HE ZB ———— — — 





* 


Arabien, nach Edriſi; Gebirgsland Aſyr. 201 


Gärten, überall mit Häuſern beſetzt, die beſſer wie die in Taif; mit 
einem Haupteaſtell, das ſehr feſt mit hohen Mauern und Gräben 
umgeben ſei. Dies ſtimmt genau mit dem Wadi Bicha bei Ta— 
miſier 5), ver daſelbſt mit dem Aegyptier-Heere, 1834, im Som— 
mer vierzehn Tage campirte und es ein Prachtthal nennt, das 
ihn jenſeit der Sandwüſten in ſeinem ganzen Schmuck an die grü— 
nen Fluren Aegyptens erinnerte. Es war den Türken ſchon ges 
horſam geworden. Burckhardt bemerkt zu feiner Zeit, daß in 
Afamys Hiftorien von Mekka öfter angegeben fei, daß deſſen Sche— 
riffe Hier in Beifhe ihre Reſidenz aufgeichlagen, und daß die Beni 
Salem unter ihren Truppen Kriegsvdienfte genommen, dieſes Länder— 
gebiet alfo in Altern Zeiten, unftreitig von Taif bis Beifha, 
unter ver Autorität des Meffa-Scheriffd, wenn auch nur 
nominel, geftanden haben müffe. | 

Alfo bis hierher reichte von jeder die Macht der Meffaherr- 
fcher gegen Jemen; warum Beifhe oder Bifcha daher für Die 
Mekkaner ver Schlüffel zu Jemen heißt, iſt begreiflih, da bier 
jede große Karawane oder jedes Kriegäheer feine Nafttage halten 
wird, um neue Kräfte zur Fortſetzung des ſchwierigern Marjches 
durch das Gebirgsland der unabhängigen Bergtribus zu jammeln. 
Ein enger Gebirgspaß kann damit nicht bezeichnet fein; denn eben 
die wilden Gebirgspäffe zu meiden, wendet ſich eben hier diejelbe 
Route, wie wir fie aus Edrifi, Burkhardt und Tamifier 
kennen lernen, fo weit landein gegen den Oſten (nah) Burdhardt 
bleibt das Gebirg 2 Tagereifen in Welt von Beifhe liegen), und 
ihr ſüdwärts folgt zuvor, ehe noch die Gebirgäpäfje betreten wer— 
den, ein weites, allerdings mol hochgelegenes Blachfelo. 

An 3 bis 4 Tagereifen gegen ©. und ©.D. von Beifhe, 
fährt Burckhardt's Berichterftatter weiter fort 6), iſt dieſe Hoch— 
ebene mit zahlreichen Lagern der Kahtan-Araber bedeckt, 
einer der älteften Tribus, die vor Mohamed ald Joctaniden (I. 
0b. ©. 42) in den Zeiten ver Idolatrie zu den blühendſten gehörten, 
von denen ſchon im 10ten Jahrhundert einzelne Zweige bis Aegyp— 
ten ausgewandert waren, wo Maſudi, der Hiftorifer, fie ald Be— 
wohner von Aſſouan ſah. Sie in neuerer Beit hier, in ihren 
alten Sigen, die fie aljo jeit dem 12ten Jahrhundert ald Biſha 
Jaktan bei Edriſi in derſelben Localität behauptet hatten, 





°) M. Tamisier, Voy. II. p. 120 — 143. ) Burckhardt, Trav. in 
Arabia p. 452. 


202 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


zu unterwerfen, mar den Wehaby jüngft fehr fehwer geworden; doch 
wurden fie treue Anhänger viefer Secte und Vertheidiger verfelben 
gegen die türfifchen Heere. Ihr ſchönes Weideland giebt ihnen 


reiche Pferdes und Kameelzucht. Die große Zahl ihrer Kameele iſt 


in Arabien zum Sprichwort geworden. Ihr Tribus in 2 Haupt— 
zweige, die Es Sahama und die El Aaſy, getheilt, machte 1814 
einen Raubzug gegen Dſchidda, mo er die ganze Bagage der türs 
fischen Neiterei, die dort, um die Paſſage nach Mekka zu fichern, 
ftationirt war, erbeutete. Dieſe Jaktan breiten fich mit ihren 
zahlreichen SHeerven auch weit im Innern ded Landes durch die 
Provinzen des benachbarten Nedſched, d. i. des Hochlandes, 
aus. Doch auch die Fortſetzung der Erkundigungen Burckhardt's 
enthalten noch einige die Edriſi'ſchen Angaben betreffende Er— 
läuterungen, der auf beiden auseinanderliegenden Itinerarien die 
Stationen ver Biſha Jaktan erwähnt, welche alfo wol auch da= 
mals jchon ſehr ausgebreitet geweſen fein mögen, und zugleich mit 
den Bilha in näherer Beziehung flehen mußten, wo aud) die und 
fonft unbefannten Bifha Haran genannt werden. Don jenem 
Beifhe (Bifha), fagt Burkhardt, feien 5 Tagereifen (over 7 
des langſamen Marjches der Hadj el Kebiy) bis Aryn, das im 
Sebiet der Abyda-Araber ein fehr fruchtbares Gebiet einnahm. 
Bon Biſha nah Zohram find mwenigitend 4 Tagereiſen. 

Alle Araber von Taraba bid Beiſhe, jagte man Burd- 
hardt, und von da gegen Weit, alfo im DBerglande, fein Cul— 
tivatoren, namlich feßhafte Landbauer; dagegen (diejenigen 
gegen Süd und Oft jeien Beduinen oder wandernde Noma= 
den’). Tamiſier, bei feinem Durchmarjch mit dem Aegyptier— 
heer durch dieſes Biſha-Land, dem er 45000 Bewohner in 60 
Dorfichaften giebt, von denen er viele im jo fruchtbaren Wadi 
Bifha namentlich anführt, fagt von ihnen die merfwürdigen Worte: 
Diefe Biſchas find Agrieultoren, fie verlaffen nie ihre 
Wohnſitze, um ihre Heerden in ferne Gegenden zu trei- 
ben; fie gelten daher ven nomadifirenden Beduinen für entartete 
Fellahs, die fich nicht mit ihnen vermiichen wollen. Dagegen 
beirathen viefelben Biſchas gern Türfen over Aegyptier, da hinges 
gen die ächten Araber (die Jamaelier) eine Antipathie gegen 
folhe Vermiſchung hegen, vie fie nicht zu überwinden im Stande 
find (j. ob. S. 49). Wir baden hier faft volftinnig einen Goms 


0?) Burckhardt 1. c. p. 452. 


A ES SEN 


u — 


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Arabien, nach Edriſi; Gebirgsland Aſyr. 208 


mentar zu der verächtlichen Schilderung, die Edriſi in obi— 
ger Stelle (f. ob. ©. 188), offenbar dem Munde eines Ächten Ara— 
berö entnommen, von den Bewohnern ded Berglanded von 
Sanfian macht, die auch auf die independenten, aber anfäfligen 
Agricultoren von Aſyr, wie wir fle aus ven neuern Kriegäberich- 
ten kennen lernen, wie auch andere Gebirgäöbewohner jener Grenz» 
lanpfchaften ihre Anwendung finden wird, und deren Erklärung ſich 
aus diefen Daten, welche die Bifha over Beifhe betreffen, hin— 
reichend ergeben mag. 

Da Edriſi feine Routierd nody weiter ſüdwärts bis Nes 
dDjeran und Sada, nämlih in SD. von Afyr, und oflwarts 
son Chaulan fortführt, fo laffen wir auch hier noch bis dahin 
Burckhardt's Erkundigungen über diefe Route, die fonft feinem 
Europäer näher befannt geworden, und auch im Gefolge der ägyp— 
iiſchen Heere von keinem Beobachter betreten ift, nachfolgen, obwol 
Edrifi’s Daten dadurch nur erſt, wad dad merfwürbige Nedje— 
ran betrifft und Sada jelbft, Beftätigung erhalten. 

Im Südoft von Beifhe, jagt der Berichterflatter, wohnen 
die Domwäfer- Araber während der Winterzeit, aber im Sommer 
zteben fig fi im fruchtbarere Weiveländer von Nedſched (Hoch— 
land), deſſen nächſte Grenzen doch nur 8 Tagereifen von da fern 
liegen. Sie haben feine Pferde, liefern aber ven Wehabys zum 
Kriege 3000 Kameeltreiber. Diefe Domäfer follen von Natur 
fehr groß fein und faft ganz ſchwarz von Farbe. In frühern 
Zeiten verhandelten fie in Mekka an die nördlichen Pilger Strauß: 
federn, auch kamen viele dahin, gegen diefelben Baummollenzeuge 
einzutaufchen. Werder von diefen Domwafer noch von ihren nädh- 
ften Nachbarn, ven Kelb, finden wir weder bei Edrifi noch Abul- 
feva die Namen; fie fcheinen wol erft jpätere aus dem ſüdöſtli— 
ben Wüftenlanve, dad unmittelbar in Often vom Wadi Do— 
wäfer®) beginnt, eingewanderte fonft unbefannte Beduinenſtämme 
zu jein. 

Die Beni Kelb, ihre angrenzenden Nachbarn, obwol die Rich— 
tung, in der fie haufen, für Burdhardt nicht zu ermitteln war 
(doch mol nach dem Innern der Wüften zu gegen ©.D., f. oben 
©. 166), find Beduinen, von denen erzählt ward, fie fprächen 
fein arabifch, fondern bellten wie Hunde (Kelb heißt 
Hund; ob etwa zu den Grimafjen der feltfam redenden Ehhfili 


) Burckhardt 1. c. p. 454. 


204  Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 61. 


gehörig? f. 06. ©. 48); aber ihre Weiber fprächen arabifch, was 
man darauf deutete, daß durchziehende Reifende wol in den Zelten 
von den Weibern, aber nicht von den Männern aufgenommen wür— 
den. Auf halbem Wege zwifchen dem Wadi Dowäſer ober dem 
MWinterweideland des Dowafer-Tribug und Sanaa, der Gapitale von 
Jemen, nur eine furze Tagereife oftwärts von Thohran, und 4 bis 
5 Iagereifen (in N.D.) von der Stadt Sada, liegt der Wadi 
Nedjran auf der erſten großen Bergfette. 

Den Weg dahin giebt die Hadj el Kebfy von ver oben ge= 
nannten Stadt Aryn fo an): Aryn ſüdwärts halten die Ara 
ber auf den Bergen nur wenig Kameele, aber viel Schaafe und 
Ziegen, und find, was die Bevduinen nennen Shouamy oder Ahl 
Shah over Ahl Bull!) Bon Aryn ift die nächſte Station 
Wadi Yaowd, von Abyda bewohnt; die 2te Howd Ibn Zyar, 
deögleichen; die 3te Thohran, ein Diftriet und Marftort des Tri— 
bus der Wadaaz; die te Karadh, desgleichen; die Ste Noghafa, 
wie die 6te Dohyan, von den Sahhar-Arabern bewohnt; die 
Tte Station endlich ift Sada. 

Der Wadi Nedjran (nad Edriſi in Elima II. Gert. 6 ge= 
legen, alſo verfchieden von einem andern weſtlichern Nedjran in 
Clima I. Sect. 510), von dem uns nichtö näheres befannt), von 
dem fchon wiederholt in der ältern Hiftorie Die Rede war, der nad) 
Edriſi 6 Tagereifen von Hanwan, und 6 von Djoras (das 4 
von Hanwan abfteht) 11) entfernt, mit Anbau bedeckt fein und be= 
deutenden Handel treiben fol, und durch feine Semane Felle jo 
berühmt war, ift nah) Burckhardt's Erfundigung 2) ein fehr 
fruchtbares Thal zwifchen unzugänglichen Gebirgen, darin die Päſſe 
jo enge, Daß 2 Kameele nicht neben einander gehen Fünnen. Das 
gut bewäſſerte Thal ift reich an Datteln. Hier wohnen die Beni 
Dam, ein alter Araber-Stanım, der ſich ven Wehaby ſtark wider- 
feßte. ES find Anfiedler nd Beduinen. Die Anfiedler find 
Schyas oder Häretifer von der perflfchen Secte der Aliden 
(Shiten); die Beduinen dagegen find meift Sunniten oder ortho— 
dore Moslems. Diefe Iegtern theilen fih in die Tribus der Ok— 
man und El Marra, find aber fchwächer ald jene Aliven, und 
öfter mit ihnen in Fehde, obwol beide Partheien vereint gegen 


50%) Burckhardt, Trav. in Arab. App.I. p. 445; die Zeichnung auf 
Berghaus Karte. 1%) Edrisi b. Jaubert I. p. 142. *') Ebent. 
p. 148. 12) Burckhardt 1. c. p. 452. 


| 


Arabien, nad Edriſi; Nedjvan, die Beni Jam. 205 


jeven Feind nad) außen, ver fie angreifen würde, fümpfen. Die 
Anſiedler hatten 1500 Muöfeten. Sie warfen zwei mal Saoud, 
ven WehabisChef, zurück, obwol er fich alle andern Araberſtämme, 
außer den Beni Sobh von der Harb-Nace in den nördlichen Thei— 
len von Hedſchas, jchon unterworfen hatte. Diefe Beni Dam“ 
jchlofjen mit ven Wehabi Tractate ab, ihre jährlichen Bilgerfahr- 
ten nach) dem Euphratlande zum Grabe Alis, zu Meſchhed Ali 
(Erf. X. ©. 185 u. f.), fortjegen zu Dürfen, was wegen zu großer 
Befchwerden und Gefahren bei allem Zeloteneifer jedoch nur felten 
zur Ausführung kommen fann, da fie nur verkleidet dieſen laugen 
Meg durch die Streden der fanatifchen Sunniten-Beduinen zurüde 
legen fünnen, aber fich gewöhnlich ſelbſt durch ihren Dialeet ver— 
rathen, und dann ficher find erjchlagen zu werben. Defto eifriger 
find fie, diefe Martyrfrone zu verdienen, und went e8 gelingt, von 
Meſchhed Ali in feine Heimath nah Nedjran zurüdzufehren, ver 
wird da al3 ein Heiliger betrachtet. Alſo hat fich feit den erften 
chriftlichen Sahrhunderten, in denen die Bewohner von Nedjran 
fih fhon durch religidöfen Eifer auszeichneten, wie fie 
zu den erften gehörten, welche mit Beibehaltung ihrer einheimi- 
fchen Rechte und Einrichtungen, wie Die von Tebala, der neuen 
Lehre des Koran zu Mohameds Lebzeiten fchon mit Enthuſiasmus 
ih in die Arme warfen, jener fanatifche Neligionseifer bis heute 
in der Form des Shiitigm erhalten, und die Apotheofe wie 
das Martyrihum fcheint ihnen feit den früheften Zeiten (f. ob. 
©. 24, 67) des Nachftrebens jehr werth zu fein. 

Begiebt fi ein Beni Yam, jagt Burkhardt, auf Reifen, 
jo jchiekt er fein Weib zu einem Freunde, während diefer Zeit in 
jeder Hinſicht ihr Ehemann zu fein, die dann nach der Neife zu 
ihrem Gatten zurüdfehrt. Die Leverbereitungen von Nedje— 
tan find heutzutage noch eben fo berühmt durch ganz Arabien, wie 
zu Edrifi's Zeit und fchon in weit frühern Jahrhunderten (f. ob. 
S. 94). Eine befondere Anmerkung Burckhardt's ift e8, daß 
unter den vielen Fragen im Catechismus der Diufen auf dem Li— 
banon auch eine diejed ſeltſame Ländchen betrifft, obne daß 
man Näheres über diefe Erwähnung wüßte; die Frage heißt: Iſt 
Nedjeran von Jemen in Trümmern oder nicht? Uebrigens 
ift zu bemerken, daß Edriſi zwar dfter Nedjerand, aber niemals 
feiner Bewohner unter dem von Burkhardt erfunveten Namen 
der Beni Dam erwähnt hat. 

Nachdem wir num die Edriſiſſchen Angaben über die öſtli— 


206 Weft-Afien, IV. Abtheilung. 9. 61. 


hen Karawanenmwege ſüdwärts Mekka bis Sada und Ne— 
djeran, auf der Oſtſeite des Gebirgslandes von Aſyr, jo 
weit es die Berichte geftatten, commentirt, und auch deſſen Kü— 
ftenftraße von Hali über Attour nah Sankian verfolgt | 
haben, mo fo vieles feit Edriſi's Zeiten ſtationair war, fo iſt 
und freilich noch das zmifchen beiden hbefannter gewordenen 
Zandftreifen unbefannter gebliebene Binnenland, dad Ge— 
birgsland Afyr feldft, zur Betrachtung übrig, von dem Edrifi 
außer dem Namen Attour nichtö näheres zu fagen meiß, wor— 
über aber auh Abulfeda und Niebuhr fehmeigen, und nur 
Burckhardt einiges erkundet, das wichtigfte aber durch die legten 
Kriegszüge feit 1824 befannt geworden. Da aber dieſe Kriegs— 
berichte wieder von ganz andern Gefichtöpuncten und Routiers aus— 
gehen, und nur die Zuftände einer Kriegsverwirrung unter den 
dortigen Stämmen ver gebirgigen invepenventen Grenzprovinzen 
zmwifchen Hedſchas und Jemen fchildern, fo laſſen wir hier fogleich 
im Zufammenhange mit obigen Daten die Tragmente bei Burde 
hardt vom fonft frievlichen Standpuncte der Pilgerberichte, als 
Material über dieſes Gebirgs-Labyrinth zu fpäterer Zurück— 
weifung folgen, weil einmal auch hier wol die Zuſtände Bid zurüd 
auf Edriſi meift ftatlonair geblieben fein mögen, dann aber 
auch überall im Berichte Golvförner fich vorfinden, die ald Licht— 
puncte zu Fünftiger Erforfchung förderlich fein werden. 


Burckhardt's fernere Erkundigungen über die Grenz— 
gebiete von Hedſchas und Jemen (1815) 2). 


Die minder gebirgigen Diftricte, die in Süden von Mekka ges 
nannt werden, find auch in Friedenszeiten nur für Beduinen over 
Beduinen=-Kaufleute zugängig; denn fie haben Feine regelmä— 
Bigen Verbindungen mit Mekka durch Karamanen, Taraba aus— 
genommen, deſſen @inwohner ihre Datteln in Karawanen nad 
Mekka und Diehivvda verführen. Die Bemohner von Nevjed (ins 
neres Hochland) paffiren beftindig durch diefe Diftriete, um Kaffee 
zu holen, und während der Wehaby-Herrſchaft gab ed zwifchen Je— 
men und den nördlichen Provinzen von Arabien gar feinen an« 
dern Durchgang. Doch hat dies Land felten einmal Friede, da 
die Gebirgsbewohner (Unfievler) gegen die Hirtenftämme 
(Nomaden) der niedern Diftricte immer in Feindſchaft flehen 





°13) Burckhardt I. c. p. 453. 





Arabiens Grenzgebirge von Hedfchas u. Jemen, 207 


(mie feit ältefter Zeit Iömaelier und Joctaniden, Nomaden und 
Agrieultoren, |. 06. ©. 20,42, 43 u. a. O.), und oft in Fehde un« 
ter fich jeldft. Den Wehabys war 28 gelungen ihre Privatfeh- 
den nieverzufchlagen; fpäter, fegen wir hinzu, gelang ed ven türfie 
ſchen Paſchas durch Wiedererweckung diefer Privatfehden fi felbft 
eines Theiles dieſer Gegenden, wenn auch nur temporair, zu be— 
meiſtern. | 

Das Land von Meffa ſüdwärts gegen die Geftadefeite 
im Weft ver Bergfette ift flach von Hügeln burchichnitten, bie 
nach und, nach verfchwinden, fo wie man fich den Meere nähert, 
deffen Ufer, eine flache Ebene (dad Tehama), faft überall meh— 
rere Stunden breit, zur Zeit des Friedens, ven flarfbejuchten Ka— 
ramanenmweg darbietet, auf dem die Keifenden dicht am Ufer oder 
am Fuße der Berge hinziehen. 

Der Küftenweg bietet nur wenig Waffer, und führt von 
Oſchidda, 4 Tagereifen fern gegen Süd, zum erften bewohnten 
Orte Lith (auf Berghaus Karte, Leyth bei Burkhardt, Laet auf 
Moresby's Karte, wo bei Niebuhr Merfa Ibrahim), einem klei— 
nem Hafen, der fonft von dem mächtigen Stamme der Beni Harb 
bewohnt wurde, aber aus Zurcht vor den häufiger gewordenen Ue— 
berfällen aus dem nahen Hochgebirge 1815 verlaffen war. Von 
jenem Serrain (f. ob. ©. 185) ift hier feine Erwähnung gethan. 
Diele Lager der Heteyme- Araber wurden daſelbſt angegeben. 
Weil es auf dem Wege dicht an ver Küfte bis Lith nur einen 
einzigen Brunnen giebt, jo wird auch wol ein etwas längerer Um— 
weg dahin von 5 Tagereifen, öſtlicher, ver gebirgiger ift, genom- 
men, meil ed da mehr Waller giebt. 

Bon Lith, dad Gebirge aufwärts, gelangt man zum Diftriet 
Zohran in 3%, Tagereifen, der alfo in Welt von Tarabe, in 
Norpweft von Tebala, am Weftabhange des Gebirgd zu fuchen 
fein wird, wo er auf Berghaus Karte aud) eingetragen ift. Von 
Lirh aber nur eine Tagereife fern geht es zur fleinen Stadt 
Shagga, und von da eine Tagereife nach Doga. Dieſer letztere 
große Marftort liegt der Gebirgsregion ſchon ganz nahe, bes 
fteht aber nur aus Hütten, von Schilf und Gefträudy, ohne Stein 
aufgeführt. Die Einwohner find meift Sherifs (Nachkommen des 
Propheten), nahe verwandt mit den Familien der Sherifd von 
Mekka, denen fie oft in ver Zeit innerer Bürgerkriege zu Meffa hier 
ein Aſyl darboten. Von viefem Doga ift wieverum bis zur Ha— 
fenftadt Gonfode (Ghunfude auf Berghaus Karte), die 1% Tages 


208 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


reifen nördlich vom Kleinen Hafen Hali und 7 Tagereifen ſüdwärts 
von Dſchidda liegt, nur eine Tagereife. Wie zu Edrifi, Abul— 
feda's und vor 100 Jahren zu Niebuhr's Zeit (j. ob. ©. 192) 
beftand auch zu Burckhardt's Zeit (1815) hier die äußerſte Süd— 
grenze des Territoriums des Sherif von Mekka, der zu Gonfode 
und Hali feine Zolleinnehmer hielt. Der Wehabi-Chef Oth— 
man el Medhayfe entriß im Sabre 1805 oder 1806 dieſes Zoll- 
amt dem Sherif, und die ganze Küfte von da big Dſchidda fiel un— 
ter WehabieHerrfchaft. Im Sahre 1814 juchten fh Mohamed 
Alıs Truppen bier wieder zu Herren zu machen, wurden aber 
mit großem Verluſte durch Tamy, ven Chef der Aſyr, melde 
das nahe Hochgebirge, wie zu Edriſi's Zeit Attour, dominiven, 
verjagt. Dennoch ward Gonfode, im J. 1815, von Mohamed 
Alı in eigner Perfon, nach einer Expedition gegen Tamy, den 
Aſyr-Chef, wieder in Befig genommen. Die Bergfiraße durch 
dad Tehama oder tiefe Küftenland von Meffa nach Jemen, fagt 
Burkhardt, gehe diht am Weftfuße der großen Gebirgs— 
fette entlang der Küfte Hin, und werde in Friedenszeiten ſehr ftarf 
befucht. Sp Famen zu Mekka von da, zu feiner Zeit, wöchent— 
lich Karamwanen an, die zumal von Mokhowa (niht Mokha ver 
Seefüfte) ausgingen, dad 15 Stunden fern von Doga und nur 
eine Tagereife vom Diftriet der Zohran=DBerge entfernt liege. 
Mokhowa, das von feinen andern weder arabifchen noch euro= 
paifchen Geographen Arabiend genannt wird, ift dennoch nad) 
Burkhardt 9 Tagereifen fern von Meffa, im Karawanenfchritt, 
eine große Stadt, mit Steinhäufern, und ver Marftort, auf 
welchem Gultivatoren der Zohran und anderer Gebirgägaue, 
die ihre Produkte an die Handeläleute von Mokhawa ab- 
jegen, zum Weiterverfchleuß nach Dichivda und Mekka. Die Um— 
gebung dieſer Stadt ift jehr fruchtbar, von 3 Tribus der Beni 
Selyn, Seydan und Ali bewohnt, von denen die beiden Ieß- 
tern den Wehabi unterworfen, von Tamy dem Sheikh von 
Aſyr commandirt wurden. Auch Iebten in Mokhowa viele vom 
Tribus der Beni Ghamed, deren Hauptfladtl*) eben bier zu 
fein ſcheint, obwol fie, wie ihre Stammesdverwandten die Zoh- 
ran, welche nur Zweige dejjelben Tribus find, auch das Hedſchas 
(d. h. das Bergland) des anliegenden Tehama (Flachlanded ge= 
gen die Meeresfeite) bemohnen, wie die obere Hohe Ebene, vie 


19) Burckhardt, Trav. in Arab, App. I. p. 445. 





Arabieng Grenzgebirge von Hedſchas u. Jemen. 209 


an der Oſtſeite der Bergreihe des Tehama ſich hinzieht. Hier auf 
ber Hochebene werden die Sitze dieſer Ghamed auf drei Statio— 
nen der Hadj el Kebſy, nordwärts der Schomran, die mit der 
Station Adama und Tebala im Süden beginnen, genannt: Al 
Zaͤhera, die 13te, dann Korn el Maghfal, die 12te, und Ra— 
ghdön, die 11te Station (alle vrei find leider auf Berghaus Karte 
wegen Verengung des Naums ungenannt geblieben). Von diefer 
leßtern folgt gegen Norden die Ausbreitung ihrer Brüder, der Zoh— 
tan, die fih von da nordwärts bis an die Südgrenze des Gebie— 
te8 von Taif ausbreiten. Ihre 3 Stationen heißen von Sud nad) 
Nord (fie find auf Berghaus Karte, die hier mol ziemlich hypo— 
thetifch bleibt, wieder eingetragen): Meſhnye, vie 10te, als die 
füdlichfte Grenzftation ver Zohran, von der an, beiläufig ge= 
fagt, gegen Nord 15) fein Kaffeebaum weiter gedeiht. Dann 
die te, Wadı Ali, und die Ste, Berahrah, an der Nord 
grenze Zohrans, worauf die ſüdlichſte Station ver Thekyf— 
Araber (d. i. des Gebiet? von Taif), nämlid Eſſerar folgt. 
Diefes Zohrän-Gebiet ift, nach Burckhardt, eines der frucht- 
barften in der ganzen Gebirgäfette, obwol feine Dörfer durch dürre 
Felsmaſſen von einander getrennt find. Außer ven Zohran und 
den Beni Ghamed wohnen daſelbſt auch Beni Malef. Ihr 
Scheikh Bakhroudj widerftand fehr tapfer dem Mohamed Ali 
Paſcha von Aegypten, ward aber im Jahre 1815 durch Kift ge= 
fangen und graufam in Stücke zerhauen. 

In Briedengzeiten war der Verkehr zwifchen Mofhoma und 
Mekka ungemein belebt, da der Weg zwifchen beiden Orten meift 
nur Ihäler durchfegt, aber wenig Berge zu überwinden hat, wenn 
fhon nur wenig Dörfer paffirt werden, deren Hütten nur von Be— 
duinen und Ackerbauern bewohnt. find. in Drittheil feines Korn» 
verbrauchs erhält Mekka auf diefem Wege von Mofhoma. 

Die mehrften Araber im Süden der Landſchaft Zohran, 
bemerft Burckhardt, gehörten zu feiner Zeit (1815) zu den Zy— 
oud, d.i. zu der Secte der Zeyd, bid nach Sada hin, wo der 
Mittelpunct des Sitzes diefer Serte geweſen zu fein fcheint, derer 
aber Niebuhr 6) bei dieſem Orte noch nicht erwähnte, die alfo 
erft in fpäterer Zeit dort zu großem Anfehn gefommen fein mag, 
obwol fie längft in ganz Jemen vie herrfchende war. Denn Sada, 





) Burckhardt, Trav. in Arabia, App. Il. p. 447. '*) Niebuhr, 
Deichreib, von Arabien ©. 271; 18— 21. 


Mitter Erdkunde XII. D 


210 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


die nächite große Stadt innerhalb Jemen, jenjeit des Grenzge— 
birgslandes zwischen Hedfchad und Jemen, war, obgleich gegenmwär- 
tig ſehr in Verfall, doc) berühmt als Geburtsort Yahia Ihn 
Hoſſeyn, Hauptchefs der Zeyd-Secte, die daſelbſt zahlreiche An— 
hänger Hatte. Seit kurzem 17) war ein neuer Heiliger in Sada 
aufgetreten, Seyd Ahmed, den die Zyoud ungemein, verehrten, 
und mit dem Titel Woly (Sanctus) beehrten. Bis zu ihnen reichte 
die Macht der Wehabis. Dies veranlaßte damals (1815), daß 
diefe Stadt der Sammelplag der Sauptpilgerfaramane des in— 
nern Jemens mie des Gebirgslandes wurde, die von ihrem 
Emir oder Anführer der Kebfy titulirt wird, den Namen Hadji 
el Kebſy erhielt. Der Ausfage diefer Kebſy-Pilger verdanken 
wir vorzüglich obige Aufklärungen jener bis dahin völlig unbefannt 
gebliebenen Grenzgebirgslandfchaften, deren nur einfeitige Nach— 
richten fih auch von felbft aus dem Routier derſelben, deren 
Stationen Burckhardt aufzeichnete, darlegen. Denn fie zieht nur 
in einer beftimmten Linie, jedoch die ganze Bergreihe Je— 
mens und Hedſchas entlang 18), immer auf ver einen Oſt— 
feite verfelben, zwifchen dem Tehama an der Geefüfte und dem 
dftlichern Innern Nedſcheds, auf ven dortigen Bergebenen hin. 
Waſſer giebt es da in Menge, aller Art, in Quellen, Brunnen, 
Bächen, auch ift ver ganze Landſtrich wohl bevölkert, wenn aud) 
nicht überall angebaut. Nur in der Nähe wo Wafler find einges 
hegte Felder und Baumpflanzungen (j. unten die fperiellen Routen— 
angaben nach den Feldzügen der ägyptifchen Heere). 

Bei jeder der angegebenen Stationen diefer Hadji ift ein Dorf; 
die mehrften verfelben find aus Stein erbaut, und von arabifchen 
Tribus bewohnt, die aus diefen Gebirgen flammen, fich aber 
gegenwärtig auch über die anliegenden Ebenen verbreitet haben, und 
mitunter zu fehr mächtigen Stämmen gehören, wie die ſchon mies 
derholt angeführten ver Zohran, Ghamed, Schomran, Aſyr 
und Abyda, deren jeder 6000 bis 8000 mit Musketen Bewaffnete 
ftellen fann (wol überſchätzt), deren Hauptmacht in dieſem Feuer— 
gewehr beitebt. Denn Pferde finden fih nur menige in dieſem 
Gebirgslande; alſo auch nur geringe Reiterei; doch fehlen fie nicht 
‚ganz, und die ebenfalls fehon genannten Kahtan (Joetaniden), die 
Refeydha- und Abyda-Tribus, melde fih auch über Ebenen 


1?) Burckhardt, Tray. in Arabia. App. I. p. 446. ) Ebend. 
App. II. p. 447. 





Arabien, das Gebirgsland der Aſyr. 211 


verbreiteten, find im Befig einer jehr guten ‘Pferderace, der Ko— 
heyl. Das Land, wenn jchon bejchwerlich zu durchziehen, und voll 
Klippen und unbebauter Gegenden, produeirt doch nicht nur hin— 
reichende Nahrung für feine Bewohner, ſondern auch einen Ueber— 
flug zu Exporten, zumal von Korn, Trauben, Aprifofen, 
Mandeln, Bohnen und auch im Süden von Kaffee. Die 
Trauben werden zwar auch zu einem gährenden Mofte verbraucht, 
den man in irdnen Gefäßen Monate lang in die Erve ftellt, vor— 
züglich aber zu Rofinen gedorrt, und mit vielem andern getrodne= 
ten Obfte zumal nach ver Seefüfte über Dſchidda und nach Mekka 
ausgeführt. Nach vielen blutigen Kämpfen diefer Tribus mit den 
Wehabis war das Land beruhigter und ficherer geworden für bie 
durchziehenden Pilger, bis es nach Burckhardt's Zeiten durch die 
Aegyptier-Feldzüge in neue Aufregung gebracht iſt. 

Die Dorfbewohner, die Zyoud im Süden von Zohran, 
werden dort von den Arabern mit dem Namen der Hadhar be— 
legt, d. i. Angeſiedelte, im Gegenſatz der Beduinen (der Her— 
umſtreifenden in den Wüſten). Da ſie indeß auch große Heerden 
haben, ſo ſteigen ſie zur Zeit der Regen in die öſtliche Ebene 
hinab, die ihnen reiche Weideplätze giebt für ihre Kühe, Kameele 
und Schafe. Aus ven Seehäfen erhalten fie, gegen ihre getrock— 
neten Obfte, Rofinen, Honig, Butter, Datteln und Kaffee, alles 
was fie an Kleivern und Hausgeräth gebrauchen; von den Bedui— 
nen der öftlich anliegenden Ebenen taufchen fle gegen ihr Vieh 
Durra ein. Der fpanifche Dollar ift bei ihnen currente Münze, 
aber auf ihren Märkten wird alles nach Kornmaaß verhandelt. 
Diefe Völker, jagt Burkhardt, mußten, ehe fle durch die We— 
habis über die reformirenden mohamedanifchen Lehren unterrichtet 
wurden, nichts anders als die Glaubensſentenz: „La Illaha ill "Al: 
lab, wa Mohamed rafoul Allah,” es ift fein Gott als Gott 
und Mohamed ift fein Prophet. Sie übten aber gar kei— 
nen Ritus aus. Mon ven EI Merefede, einem Zweige des 
großen Afyr- Tribus, der in dem fchwerzugänglichiten Theile dies 
ſes hohen Gebirgszuges auf der Grenze von Hedſchas und 
Jemen, und doc zugleich am nächſten der Seefüfte, well fein 
Hochgebirge dahinwärts am meiteften zum Meere vorjpringt, feine 
Schutzwinkel gefunvden hat, erfuhr Burdhardt!?) noch von einer 
merkwürdigen antiken Gaftfitte (f. ob. ©. 30) der Männer, ihrem 


9) Burckhardt, Tray. App. II. p. 448. 
82 


212 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $.61. 


Gaſte für die Nacht ihre eigenen Frauen zu überlaffen, doch nie die 
Jungfrauen; eine Eitte die ihnen den Namen Mouradivdin?0) zu 
Mege brachte. Hatte der Gaft fich bei der Hausfrau beliebt zu ma— 
eben gemußt, jo wurde er am folgenden Morgen für jeine meitere 
Manderfchaft reichlich versehen, im Gegentheil ſchnitt man einen 
Zipfel feines Mantels als Zeichen der Verachtung ab, und er wurde 
von Weibern und Kindern mit Schimpf davon gejagt. Den We— 
habis machte es große Noth, diefe Sitte bei ihnen abzuftellen, und 
als zwei Sahre hintereinander Dürre und Mißwachs eintrat, ſah 
man dies als Strafe des abgeichafften und doch jo viele Jahrhun— 
derte zuvor gebräuchlichen Gaftrechted an. Burdhardt hatte jid) 
von dem antifen Gebrauche dieſer Gebirgsvölker, der fonft ven 
Sitten der übrigen Araber ganz entgegen ift, zu Taif und Mekka, 
wie er ausprüdlich wiederholt, durch erfahrne Augenzeugen verges 
wiſſert. Vor der Wohabi- Befiegung war es bei ven Aſyr⸗Tri⸗ 
bus auch Sitte, die vermählungsfäbigen Töchter im jchönften Putz 
auf den öffentlichen Markt zu führen und vor ihnen her jehreiend 
augzurufen: „Man yſhtery el adera,’ d. 5. „wer will faufen, 
die Jungfrau.” “Der Handel, ſchon Öfter vorher bejprochen, wurde 
dann auf dem Marfte abgejchloifen, und fein Mädchen durfte auf 
eine andere Art in das Joch ver Ehe treten. In den Gebirgen der 
Aſyr fol eine jchöne Zucht der Ejel und Maulthiere fein, 
auch fol ed da Wölfe und Tiger (? wol Bantherarten) geben, 
aber Feine Löwen. 

Es bleibt uns hier zum Schluß der jpeciellen Erörterung 
der fhwierigern Stellen Edriſi's über das Grenzgebirgs— 
land zmwifchen Hedſchas und Jemen, über welches wir bei kei— 
nem frühern Geographen jo viel Auffchluß als bei Evrifi, und 
bei feinem fpätern mehr Aufſchluß als bei Burkhardt fanden, 
die wir daher als wichtigen Sortichritt arabifcher Länder» und Völ— 
ferfenntniß hier epiſodiſch volftändig zu erforfchen uns bemühten, 
noch übrig, die legten oben angeführten Schlußmworte Edriſi's über 
das Tehama gleichfalls mit den erläuternden Worten Burckhardts 
zu begleiten. Nachdem Edrifi die Grenzen feines Tehama ge 
nauer als jonjt wol andere Gebiete beftimmt hat, fügt er die ganz 
unbeftimmten Worte hinzu: „in diefem Tehama campiren die 
Tribus verjchiedener Araber,“ auf deren nahere Beftimmung 
er durchaus nicht weiter eingeht. 





520) F, Fresnel, Lettre IY. 1. c. T. V. p. 536. 


en — — 


Arabien nah Ismael Abulfeda. 213 


Die Ergänzung diefer Stelle finden wir bei Burkhardt?!) 
für die heutige Zeit in folgendem: Dieſes Land im Welten der 
großen Gebirgsfette, hinab bis zum Meere, Heißt bei den Arabern 
Tehama, ein Name den hier keineswegs eine beiondere Provinz 
trägt, fondern. der (wie auch anderwärts, 3. B. im Jemen) dem 
Niederlande am Meeresgeftade zufommt. Die Beduinen deh— 
nen diefen Namen nordwärts bis Janbo (jenfeit wird die Küfte 
el Dichof genannt, ſ. ob. ©.180) aus. Die Bewohner des Te— 
hama jind arın, die Sandeltreibenden ausgenommen; denn das 
Land hat wenig fruchtbare Puncte und weniger Weiveland ald das 
Gebirg, wo häufiger Regen fallt. Auf das niedere Tehama kom— 
men aber zuweilen dad ganze Jahr nur 3 bis 4 Negentage. 

Die Tehama-Beduinen im Süden von Mekka Haben fich, 
jeitvem Mohamed Ali Bajcha das Hedfchas überfiel, in die Ge— 
birge gezogen; nicht aus Furcht, fondern weil fie dann unfichrer 
wie zuvor waren, von den mächtigern feindlichen Beduinen über- 
fallen zu werden, die bei der Wehabi Uebermacht ihre Feindſchaft 
nicht durften laut werben laffen, ohne Ahndung, nun aber zur Tür- 
Eenzeit fi) Alles erlaubten. Unter diefen Beduinen der Tehama 
find viele Tribus der Beni Heteym, ein Stamm der, nad Burd= 
hardt, durch Arabien weiter verbreitet iſt als irgend ein anderer. 
Im Süden des WadiLemlem nennt Burdhardt einen antifen 
Tribus, die Beni Fahem (Fahms Söhne liefen fich bei der 
großen Auswanderung aus Jemen zuerſt um Mekka nieder, |. ob. 
&.87), der zu feiner Zeit an Zahl jehr vermindert war, aber durch 
ganz Hedſchas wegen der Neinheit feiner Spracde berühmt 
ift, die er im höhern Grade bewahrt habe ald andere Tribus. Wer 
auch nur einen Knaben diejed Tribus hat Iprechen hören, fagte 
Burkhardt, werde fich leicht davon haben überzeugen können. 


3. Arabien nadı Ismael Abulfeda (geb. 1273, geftorben 
1331 n. Chr. ©.), zumal feine Fünftheiluna der Halb— 
infel, nach dem Borgange des Al Madayny im Yten 
Jahrhundert. 


Abulfeda's Geographie von Arabien, welche das erſte Ka— 
pitel feiner allgemeinen Geographie ausmacht, ift bekannt genug, 
und hat ftetd ald die Hauptquelle der Kenntnip von Arabien 


?1) Burckhardt, Trav. in Arab. App. IV. p. 454. 


214 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


gedient, und deshalb auch meifterhafte Bearbeitungen erhalten, von 
denen wir nur die für ihre Zeit claffifche und vorzüglichfte nach 
dem arabifchen Texte und Joh. Gravius??) Yateinifcher Ueber» 
tragung, von Chr. Rommel”), mit fortlaufenden Commentar zu 
nennen brauchen, auf die wir uns fchon oft bezogen haben und 
noch öfter beziehen werden, weil in ihr vie Gritif mit der größten 
Gründlichfeit und Präcifion in Beziehung auf Tert und Commen= 
tar geübt ift. Aber die Vergleihung anderer Texte, zumal der 
Pariſer und Leydner Bibliothefen, hat beffere Lesarten geliefert, die 
Parifer Societe Asiatique hat fi um die Revifion und Publica— 
tion des Originals ?*) große Verdienſte erworben, und Reinaud's 
Ueberfegung und Gommentar, dem ein Schag bisher unbe— 
nußter orientalifcher Quellen zur Vergleichung zu Gebot ftand, hat 
die Geographie Abulfeda's zu einem neuen Werke für das 
Verſtändniß Arabiens umgefchaffen. Der zuvorfommendften Güte 
diefed über unfer Lob erhobenen Drientaliften verdanken wir noch 
vor der Veröffentlichung ſeiner franzöſiſchen Ueberfegung die 
Benutzung derjelben, für deren uneigennügigfte Mittheilung, zum 
Beften ver geographifchen Wiffenfchaft, wir ihm hier den innigften 
Dank öffentlich auszuſprechen und für verpflichtet halten. 

Es geht aber aus ven beiden vorhergehenden Artifeln über den 
früher unbefannt gebliebenen Ißtachri, und den früher nur 
compendiarijch befannt geweſenen Edriſi hervor, daß der um 
drei und zwei Jahrhunderte fpätere Autor, ald jene, nicht mehr 
für die arabifche Geographie des Mittelalters als erfte Hauptquelle 
angeſehen werden kann, da er im Gegentheil fehr oft feine Anga— 
ben jenen Vorgängern verdankt, oder auch andern, die er als lite— 
rariich wohl bemanderter Compilator feiner Zeit ven Namen nach 
auch citirt hat. Dennoch bleibt ihm jo manches DVerdienft eigen, 
da er theilmeife ald Augenzeuge, theils ald einer der größten Ge— 
lehrten und gebildetſten Männer feiner Zeit, und dieſem Schauplaße 
den er bejchreibt fo nahe lebend, eine gewichtige Stimme bleiben 


22) Joh. Gravius, Abulfedae Descript. Arabiae, in Geogr. Veter. 
Script. Graeci minores. Oxon. 1712. 8. Vol. III. p. 1—66. 

°°) Christophori Rommel, Abulfedea Arabiae Descriptio commen- 
tario perpetuo illustrata. Gotting. 1802. 4. Preisichrift. 

**) Geographie d’Abulfeda, Texte “Arabe publie d’apres les Mscr. 
de Paris ete. et de Leyde aux fraix de la Soc. Asiat. p. Rei- 
naud, Membre de I’Instit. de France, et Mons. Le Baron Mac 
Guckin de Slane. Meınbre du Cons. "etc. Paris, Impr. Roy. 4. 
1840. 


EEE EEE 


— ————————— 








* 


Arabien nach Ismael Abulfeda. 215 


wird, und es kommt nur darauf an, fein Werk von dem richtigen 
Standpuncte aus zu beurtheilen, um den wahren Gewinn daraus 
ziehen zu Fönnen. Hierzu verhelfen vorzüglich vie gelehrten und 
neuen Borfehungen Reinaud's über die Perfon und die Werke 
diefed arabiichen Geographen. 

Abulfeda, gewöhnlich ein Araber genannt, im Jahre 1273 
n. Ehr. ©. in Damask geboren, wohin fehon feine Eltern vor 
einem Tartarenüberfall flohen, war, wie Saladin, aus Kurden— 
ftamme (Erdk. IX. ©. 616) und ein Nachfomme von deſſen Brus 
der Schahinfchah, vom Zweige der Ayubiten, vie in Syrien über 
Hamat und deſſen Umgebung Herrfchten. Schon feit dem 12ten 
Jahre in Kriegsdienften gegen die Kreuzfahrer auögezeichnet, und 
noch im 3. 1290 bei Acred Eroberung mitkämpfend, erhielt ex doch 
erft im 3. 1310 zur Belohnung feiner Verdienſte vom Sultane 
Aegyptens, ald deſſen Vafall, die Belehnung des Fürſtenthums 
Hamat, in weldhem er aber ald fouverainer Sultan, mit allem 
Slanze jener Zeit umgeben, dad Negiment führte, und im Jahre 
13312), ald er faum das 6Ofte Jahr (nur 58 Sonnenjahre) erreicht 
hatte, ftarb, und dafelbft in feinem Maufoleum beigefegt wurd. 

Sein wahrer Name, den er bei der Beſchneidung erhalten, 
Ismasl, wurde ſpäͤterhin von feinem Fürſtentitel Malek Saleh 
(Prinz, Excellenz) und durch Abulfeda (Vater der Weihe) 
verdrängt, denen auch noch viele andere Titulaturen wegen ſeiner 
Tapferkeit und ſonſtigen Tugenden beigefügt wurden. 

Zeitgenoſſen wie Nachfolger, Hiſtoriker, Proſaiſten und Dichter 
überbieten ſich in Lobſprüchen auf ihn und ſeine ausgezeichneten 
Eigenſchaften, die er auch dadurch bewährte, daß er in jener poli— 
tiſch ſchwierigen Periode ſich bis an das Ende ſeiner Laufbahn auf 
dem hohen Poſten mit Würde zu erhalten wußte, der ihm zu Theil 
geworden. Aus. einem bisher unevdirten arabifchen Autor Abul 
mahafjen ergiebt fih, nad) Neinaud 0), daß Abulfeda's fehr 
mannichfache Kenntniffe auch in ver Jurisprudenz, Theologie, Spra— 
che, Hiftorie und den ſchönen Wiſſenſchaften audgezeichnet waren, 
daß er zu Hamat fich fortwährend mit der Negierung wie mit 
der Ausarbeitung feiner Werke beichäftigte, und an feinem "Hofe 
ftetö einen Kreis ausgezeichneter Gelehrten verfammelte, mit denen 
er fih außer ven genannten Wiffenfchaften auch über die Interpres 
tation des Koran, dad Kanonifche Necht, die Grammatik, die Chro— 


2») Reinaud |. c. p. vıı. °*) Ebend. p. xum, 


216 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


nologie, Philofophie, Logik und Medicin unterhielt, Dabei reines 
Glaubens und Dichter war, und eben ſo gut in Verſen wie in 
Proſa ſchrieb. Ein Zeitgenofje, der Scheifh Djemal-eddin 
Alasnevy, der in Gefelichaft de3 berühmten Arztes Salah-eddin 
Theil an diefen Berfammlungen nahm, war jelbft Zeuge über vie 
botanifchen Kenntniffe, die er im Gefpräche mit dem Arzte ent= 
wicelte, und ein anderer verficherte, am meiften eingeweiht fei er in 
der Aftronomie; die Dichter, deren fich viele an feinem Hofe vers 
fammelten, wurden von ihm ehrenvol belohnt. Daher feine vers 
ſchiedenen Werfe, die er hinterließ, wie Boefien, eine Jurisprudenz 
in Verſen, medicinifche Schriften, ein Compendium der Naturge- 
ichichte, feine Annalen der moslemiſchen Geſchichte und feine 
Geographie, welche beiven Iegtern nur allein bei ven Europäern 
feinen Ruhm begründet haben. Seine allgemeinen Annalen der 
Menſchengeſchichte, jo ungleich fie auch bearbeitet, fo unvoll— 
fommen für die Vorzeit, unmifjend in abendländifchen Dingen und 
uneritiich in Compilationen fie auch fein mögen, und nur die ihm 
nabe Zeit vollftändiger umfaffend behandeln, find doch, unter ven 
von Europäern publicirten hiſtoriſchen Schriften der Araber, die 
inhaltreichften; feine Geographie mennt aber Reinaud fein 
Hauptwerf£?”), wenn es jchon den Annalen in Sinficht ded zus 
fammengerafften Materiald nahe verwandt ſei. Doc ift fie feine 
legte Arbeit, die 11 Jahre vor feinem Tode, im Jahre 1321 n. 
Chr. ©. (721 d. Heg.), verfaßt wurde, und im Driente der größten 
Hochachtung genießt. Nur in einzelnen Theilen kann fie als Ori— 
ginalwerf gelten; er ſah felbft nur Syrien, wo er reflvirte, Ae— 
gypten, wo er oft den Hof des Sultans befuchte, Arabien im 
Norden von Medina und Meffa, wohin er im Jahre 1320 mit dem 
Sultan von Aegypten, Malek-naſſer, eine Wallfahrt machte, 
und außerdem nur noch die Euphratlänvder. Den Süden Arabien 
hatte er nicht gejehen, fo wenig wie die übrigen Länder der Erbe, 
die er nad) andern Autoren beichreibt: nah Ebn Haukal, oder 
vielmehr dem Iptachri, dem Edrifi, dem Ibn Sayd, Ala— 
3939, Lobab und Ibn Alatyr ald Hauptquellen (und etwa 60 
andern Nebenquellen) 28), von denen wir die beiden leßteren genann— 
ten gar nicht mehr hefigen, andere noch in den Manuferipten rus 
hen, und nur Edrifi und Iptachri für und zugängig geworden 


27) Reinaud I. c. pP. xxXIx, XXxV—XLIT. ?®) &, Rommel, Pro- 
legomena in Abulfed. Arab. Descr. p. 5—10. 


Arabien nach Ismael Abulfeva. 217 


find; denn die vermeintlich dem Ebn Haukal zugefchriebene Orien- 
tal Geogr. von Dufeley geht für Arabien, was auch ſchon 
Rommel???) bemerkte, leider faft ganz leer aus, wenn jchon der 
Autor verfpricht den Anfang feines Werkes mit der Befchreibung 
der Wurzel des Islam uad der Mutter der Städte zu bes 
innen 30), 

Was Abulfeda von Edrifi mefentlich unterfcheidet, ift vie 
mathematifche Grundlage, von der er ausgeht, die bei Edriſi gänzs 
lich vermißt wird, der, wie wir oben bemerften, die fehr zerſtückelnde 
Eintheilung nah Climaten verfolgte, wogegen Abulfeda die 
Länder nah Sprachen und politifchen Eintheilungen und In— 
tereffen, und die Ortfchaften genau mit ven Rängen und Brei— 
ten nach den verfchiedenen Autoren zur Dergleichung neben einan= 
der ftellt, die freilich bei ihrer Ungenauigfeit für und gegenwärtig 
felten nocy einigen Werth haben können. Nach Brolegomenen, die 
Edriſi auch Hat, die aber bei Abulfeda weit vollftändiger find, 
bei Ißtachri aber fehlen, der nur eine kurze Lifte der Länder und 
ihrer Entfernungen voranjchiekt, beginnt Abulfeda, der Kurve, die 
Zänderbefchreibung mit ver von Arabien, wie Ißtachri, der Per— 
fer, indeß Scherif Edrifi, der Mauritanier, fein erſtes Clima mit 
dem Magreb, d. i. dem weftlihen Afrika beginnt, und von 
da gegen ven DOften fortfchreitet. Mit Arabien machen jene den 
Anfang, weil Mohamed die Wurzel de3 Islam und Meffa 
ihnen ald die Mutter der Städte (Omm’al Kura), die Kaaba 
aber ald der Nabel ver Welt!) galt. Wir bleiben Hier nur bei 
der Beſchreibung Arabiens ftehen. 

Bei ven Begrenzungen ift Abulfeda3?) ganz dem Vorgange 
Ißtachri's gefolgt, ohne Zuſatz; diefelben Ortfchaften von Ela 
(Aila) bis Bales (Beles), Rahaba, Ana, Kufa, Bahrein, 
Aden u. f. mw. bezeichnend. Die Zugabe befteht bei Abulfeda 
nur in der nochmaligen Wiederholung, indem er einen Neifenden 
den Umfang der Halbinfel (aber nur nach einer ihm vorliegenden 
Karte, um gleichlam den Gegenftand zu popularifiren) zurücklegen läßt, 
und nur ganz äußerlich angiebt, was diefem dabei zur Linfen oder 
Rechten Liegen bleibe, während Ißtachri blos vom Umfange redet. 


2°) Abulfedae Arab. Descr. ed. Rommel p. 5. ”) Oriental Geo- 
graphy of Ebn Haukal transl. b. W. Ouseley. London 1800. 4. 
p. 2. 29) Oriental Geogr. 1. c. p. 2. »?) Abulfedae Arab, 
Descr. ed. Rommel $.2. p. 12. 


Nur die nördliche Landbegrenzung Fonnte hier zu ein paar ganz 
unbedeutend veränderten Namengebungen führen, deren hiftorifche 
Begründung im obigen aus den Stammedverbreitungen ver arabi— 
ſchen Colonifationen, und dem daraus bei Iftachri hervorgegans 
genen Gebrauche, wir ſchen nachgewiefen haben. Niebuhr im 
Allgemeinen und Büfching im Bejondern, denen alle Neuere ges 
folgt find, Haben fich in ihren Befchreibungen und Eintheilun= 
gen, zumal Iegterer, wie jehon Rommel?) anführt, nach ver Aus 
torität des Abulfeda gerichtet, ven wir aber bier nicht als erfte 
Autorität, jondern al8 abgeleitete Quelle, und als den Reprä— 
jentanten nur der moßlemifchen Gelehrſamkeit feiner Zeit anfehen, 
ihn alfo auch keineswegs ald überall maßgebend folgen können. Bü— 
hing, mit Unterftügung von Aſſemani's Daten, hat zugleich die 
Beftimmungen Abulfeda's mit der gänzlich ungenügenden Drei— 
theilung des Ptolemäus in ein wüftes, fteinichte8 und glück— 
liches Arabien (deserta, petraea und felix) in Einklang zu 
bringen gefucht, wodurch die Anordnung der Daten nur dem Scheine 
nach zu gewinnen ſchien. 

Abulfeda geht von einer vorlaufigen Topik des heiligen 
Gebietes von Mekka (Hedud el Haram) eben fo wie Ißta— 
chri, die er jedoch kürzer wie jener abfertigt, auf die Einthei— 
Yung Arabiens über. Ohne einen Ueberblick der wahren phyfifchen 
Natur des Landes zu geben, aud der, wie aus einer Hiftorifchen 
Entwickelung der Völkerzuſtände und politifchen Verhältniſſe, nur 
erft eine Begründung der beliebten Adtheilungen fich geben ließe, 
ftüßt ex fich nur auf einige vorhergegangene Autoritäten, von denen 
er zuerft am umfländlichiten die Bünftheilung des Al Mas 
dayny Abdul Haſſan Aly, aus dem IX. Jahrhundert; Almos 
dainy bei Graviud, Madaieni bei Rommel)29 anführt, und erſt 
weiterhin der des Ebn Haukal vorübergehend gedenkt, zu der 
ſchon Rommel bemerkte, daß beide Eintheilungen durchaus nicht 
mit einander übereinſtimmen. Wir werden weiter unten ſehen, daß 
letztere nur eine Copie der Zwölftheilung des Ißtachri iſt, die 
wir ſchon oben angeführt. 

Jene Fünftheilung des Al Madayny, welcher auch der 
Aſtronom Alferganiss) folgte, enthält nun folgende Theile: 


533) Rommel in Abulf. Arab. Deser. p. 15; Büſching, N. Erdbeſchr. 
1792. Th. XI. ©. 513, 539 u. f. 4) Gravius, Abulf. Descr. Ar. 
. c. p.9; Rommel, Abulf. Descr. 1. c. p. 18 etc. »°) J. Go- 
lius 1. c. Alferganus, Elementa Astron. p. 78. 





Arabiens Fünftheilung nach Abulfeda. 219 


1) Tehama (A Tehama). 

2) Nevjd (Nevfchen). 

3) Hedjaz (Al Hedjaz, Hedſchas). 
4) Aroudh (A Aroudh). 

5) Jemen (Demen). 

Obwol nun Abulfeda meift nur die verfchiedenen Meinungen 
der Autoren anführt, ohne fie eritifch zu fondern, oder mit einan— 
der zu vergleichen, und bei dem völligen Mangel einer zum Grunde 
liegenden Naturanfchauung, wie bei den ftetd auf arabiichen Boden 
wandernden Populationen, auch der Wilführ und dem Wechfel ver 
Denennungen freied Spiel gelaffen ift, fo haben wir doch, wenn 
eine folche Eintheilung ſchon nicht für alle Zeiten maßgebend fein 
kann, doch Hiftorifch darauf zum Verſtändniß ver verfchiedenen 
Zeiten, Hiftorien und Autoren Nücficht zu nehmen. Denn eben 
diefed Schwanfen der innern Begrenzungen gehört zu dem 
haracteriftifchen der arabijchen Geographie, ver alle fefte 
politifche Grenzen fehlen. Wenn fon die Weidepläge der Horden 
und der Quellbefig, wie nur irgendwo das Grundeigenthun, auch 
bier feine genaueſte Vertheilungen Hat, fo ift doch je mit dem Yes 
bergewicht der wandernden ſich mehrenden und mindernden 
Stämme auch eine ftete DVerfchtebung, Verdrängung der Stam« 
medantheile verbunden, und nicht auf die Zahl der Quadrat— 
meilen der Länderflächen, fondern auf die Zahl der Flinten- und 
Lanzenträger ift die Aufmerkſamkeit der fouverainen oder vaſalliſchen 
Particulairgewalten oder der independent gebliebenen gerichtet. 

Weder die Zeiten noch die verfchiedenen Autoren bleiben fich 
daher in ihren geo=ethnographifch = politifchen Beftimmungen gleich, 
und ſelbſt der einzelne Autor, der Geograpb, wie das Beifpiel 
des Abulfeda zeigt, dad Neinaud36) nachgemwiefen, ift incon= 
fequent, wo er die Landichaft Jemen bald weiter ſüdwärts 
zufammenziebt, bald weiter nordwärts ausdehnt, wovon wir den 
Grund in obigen Nahforfhungen über dad Grenzgebirgsland 
zwifchen beiden Abtheilungen von Jemen und Hedſchas Hinreichend 
glauben nachgewieſen zu haben. 

Bolgen wir nun der von Abulfeda beliebten Fünftheilung, 
jo ergeben fich daraus folgende für die arabifche Geographie beleh— 
rende Aufichlüffe: 

I. Tehama. Dies, jagt Abulfeda“), fei ver füdliche 


*) Reinaud, Trad. d’Abulf. p. 99, Not. 1, »”) &bend. p. 101. 


220 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Theil von Hedſchas. Offenbar irrig oder doch fehr unbeftimmt, 
den Namen eine befondern nievern Küftenftriche, der nur eins ver 
vielen Tehamas in Arabien ift, zu einer der 5 Kauptabtheilungen 
der Halbinſel zu erheben, ohne der andern Tehamas in Jemen bei 
Iptachri und andern zu erwähnen. Nach Ißtachri's obiger Ber 
ftimmung von Hedſchas (1. ob. ©. 145,180) ift das Tehama, ob— 
mol er es da nicht nennt, weil das Sand den Namen Djof trägt, 
ein Theil vefjelben; eben jo nah Edrifi (1. ob. ©. 189), der deſ— 


fen Grenzen im Süden von Sordja (3 Stationen im Sid von 


Dſchidda) bis Aden genau bezeichnet, es alſo bis nah Semen 


hineinzieht, ein offenbarer Beweis, daß e8 Feine Provinz, fondern 
ein Appellativ für einen Naturtypus ift. Diefer Name ift aber 
nicht blos auf dad von Abulfeda angegebene Land befchränft: 
denn mit Edriſi übereinftimmend fagt>S) Ißtachri: Tehama ift 
auch ein Theil von Jemen von unregelmäßiger Ausdehnung; es 
erkebt fich über dem Meere von Kolfum, dad feine Weftgrenze 
macht; in Often grenzt es an Saade, Dſchoreſch und Nedjran, in 
Norden an Meffa; in Süden erftredt es fich bis auf 10 Stationen 
von Sanaa (alfo noch über Hedſchas hinaus). Und am einer an 
dern Stelle mwieverholt er, daß Tehamas) nur wenig Berge und 
Thäler habe. 

Schon Rommel bemerkt, daß Abulfeda fehr auffallend diefe 
erfte feiner Hauptabtheilungen in feinem ganzen Werfe nicht ein 
einziges mal wieder mit Namen nenne, und Nichts von ihr fage, 
offenbar weil weder Ißtachri noch Edriſi das Tehama als Pro- 
vinz aufgeführt haben. Es fällt der Name aljo etymologiich ganz 
der Naturplaftik anheim; denn Tehama, fagt Reinaud, heißt 
ein Ort der niedrig, heiß, ungefund liegt, zumal fchußlos an 
der Geefüfte, im Plural Tehaym (daher Al-tehaym oder Te= 
hajim al-Maman, i. e. regio maritima Yaman bei Nommel; 
alfo nicht eine andere Schreibart*), fondern ein Collectivname). 
In neuern Zeiten ift der Name Tehama bei Burdhardt, Men— 
gin, Botta und andern Neifenden in Arabien bald in genereller 
oder fpeciell=localer Beziehung gebraucht worden. 


1. Nevdjd, Nedſched, fagt Abulfeda*), ift dad Yand 
zwifchen Hedſchas und Irak gelegen. Im Allgemeinen, jagt Nadhar 


538) Ißtachri b. Mordtmann ©. 12. 9) &bend. ©. 14. 
*°) Rommel, Abulf. Descr. p. 22; Büfching XI. ©. 649, 662. 
*1) Gravius, Abulf. p. 7; Rommel, Abulf. Arab. Descr, p. 18,80. 


Arabiens Fünftheilung nad Abulfeda. 221 


Sohn Schamayl Naffer Ben Shamuel bei Rommel), bezeichne das 
Wort Nedſched (Alnagd oder Nagd bei Gravius und Rommel) 
einen fteinigen Ort, ver rauf, fchwierig, hochgelegen. Ueber vie 
Provinz Nedſched ift man nicht einig. Die gemeine Meinung 
ift, daß alles hohe Land zwifchen Jemen, Tehama, Irak und 
Syrien damit bezeichnet werde. Die Seite von Jemen und Te— 
hama (gegen Sup und Welt) ift die erhabenfte Gegend des 
Nedſched, die nach Irak und Syrien (aljo gegen Nord und 
Oſt) die nierigere. Das Nedſched gegen Hedfchas fängt an 
mit Dzat-ire (Dhat Erf bei Rommel, Det Irak bei Gra= 
vius). — So weit Abulfeda. 

Ißtachri wie Edrifi machen nur fehr wenig Gebraud) von 
diefer Benennung. Außer der oben angeführten Stelle, mo die 
dritte Sauptabtheilung (ſ. ob. ©. 144), bei Ißtachri, Nedſched 
el Hedſchas genannt wird, fommt es nur noch einmal felbftändig 
ald Nedſched vor, wo es das Land zmwifchen Semama und Medina 
bezeichnet, mobei zugleich das Schwanfen der Ausleger des Koran 
angeführt wird, deren einige der Meinung feien, daß Medina zu 
Nedſched, Mekka aber zu Tehama gehöre, meil fie beide ven 
beiderjeitigen refpeetiven Grenzen nahe lägen. Auch bei Edriſi 
kommt der Name Nedſched nicht ald der einer Hauptabtheilung 
oder Provinz Arabiens vor; er fpricht nur?) vom Nedfchen el 
Taif, dad er noch zum Gebiet von Mekfa rechnet (f. ob. ©. 146), 
bis wohin alfo diefer Name gegen N.W. reichen muß, und von 
Nedſched ohne feine Ausdehnung genauer zu beftimmen, von wel— 
chen aber bis nah Oman hin nur zufammenhängende Wüften 
liegen follen. Man lernt aus ihm alfo nur die Mordweft- und 
Südoftgrenzen kennen, aber ſieht daraus hinreichend, daß dieſes 
Nedſched die ganze Breite des centralen Arabiend einnehmen muß, 
da Taif nur ein paar Tagereifen dftlich von Meffa entfernt liegt. 
Es verhält ſich mit dieſem Worte offenbar wie mit dem des Te— 
hama; ald ein urfprüngliches Appellativ Hat e8 erft durch fpis 
tern Gebrauch eine provincielle und darum eine eben fo ſchwankende 
Beveutung erhalten, daß es eben fomwol, wie bei Ißtachri, ein 
Nedſched el Hedſchas, d.i. ein Hochland in Hedſchas, und 
bei Edriſi ein Nedſched el Taif, ein Hochland von Taif, 
jo aud) bei andern arabifchen Autoren ein Nedſched in Jemen 
(Nagd al Yaman nad) Goliusd) geben fonnte. Daß Taif dieſen 


*?) Edrisi b. Jaubert I. p. 142, 153. 


222 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Namen feiner hohen Lage wegen mit Necht verdiente, Die in ganz 
Arabien ein Gegenftand der Bewunderung war, haben wir oben 
geſehen (j. ob. ©.150). Nedſched, Nedjd nad Neinaud's 
Schreibart, heißt wirklich im allgemeinen „ein erhabner Ort #),“ 
im Gegenfag vom Ghor dem Niederland (Gawri Tehama, 
quae quasi cava, bei Golius *); lieu creux bei Neinaud), fo, daß 
beide die plaftifhen Contraſte darftellen, und es alio, wie Go— 
lius ſich ausprüdt, fomol in Hedſchas wie in Jemen Nedſcheds 
wie Tehamas (in altiore vel humiliore parte) gab. Hier be— 
zieht fich der Name Nedſched insbefondere auf den Theil Arabieng, 
der zmwifchen den beiden Gebirgsketten in Welt und in Dft der 
Halbinjel liegt, und zwar niedriger als die an vielen Stellen jehr 
hohe Weftkette ift, aber in feiner Geſammterhebung doch be— 
deutend über dem Niveau des Meeres erhaben liegt. 
Burkhardt) lieg fih von Medina aus fehr oft die Lage 
von Nedfched zeigen, und immer wied man ihm O. N. gegen 
Kaſym, oder DO. gen ©. gegen Derayeh hin. Kajym nannte 
man ihm ſtets ald die jruchtbarfte Provinz von Nedſched, 
und fagte, diefe finge in Dät an, welches die erite Stadt auf dem 
Wege von Medina dahinwärts if. Der Name Nedſched heiße 
auch heute joviel ald erhabener Boden, und werde dem Lande 
im Gegenſatz des Tehama, d. i. des Tieflandes längs der 
Küfte gegeben. Wir können aljo im Gebrauche dieſes Wortes 
Nedſched, als Hochland), nicht irre gehen, denn daß damit nicht 
blos eine ſpecielle Provinz bezeichnet werde, fondern die Grund= 
bedeutung die allgemeinere geblieben, ergiebt fi) Daraus, daß 
einer der Gebirgäpäffe an ver ſyriſchen Nordgrenze zwiſchen 
der ſyriſchen und der Agyptifchen Akaba (d. i. dem Abſtieg) der 
Karawanen, nadı Burshardt?), das Bab el Nedſched (vd. t. 
das Thor, der Paß nah Nedſched) heißt, weil die Beduinen 
durch diefen hindurch Ihre Straße zum Hochlande, dem Nedſched, 
das fie bewohnen, zu nehmen pflegen. 

Da das Medſched, im Gegenfaß des verfengten Tehama 
(deifen Grundbedeutung Golius“) fogar mit aestus vehementia 
wiedergiebt, weil es der Sonnenhige mehr audgefegt fei), mit frucht— 


ve. Reinaud, Not. in Trad. d’Abulf. p. 101. ) J. Golii Not. 
in Alfraganus Elementa Astronomica. Amstelod. 1699. p. 94. 
9) Burckhardt, Trav. in Arabia l. c. p. 458, 459. *) Eben. 
p- 457. 5 Golius I. c. Alfraganus p. 9. 





Arabiens Fünftheilung nach Abulfeda. 223 


baren Gauen (worunter Kaſym der fruchtbarfte, welcher in Frie— 
denszeit Medina mit feinen meiften Bedürfniffen verfieht)S) beſetzt 
fei, und feine „Reviere der duftenden Blumen“ habe, fo ift 
bei den arasifchen Dichtern der „Wind von Nedſched“ dem 
„Glutwinde der Sandwüſten“ gerade entgegengefegt. Das 
Nedſched, wie es früher geſchah, mit Wüftenei zu iventificiren ift 
daher völlig irrthümlich. In Nedſched, fagt Reinaud, blühten 
einft die berühmteften Dichter (f. 06. ©. 33); es iſt daher das Ar— 
fadien der Araber, und daher, wie in der modernen deutichen 
Poeſie arkadiſche Lieder ermachten, fo gab es auch arabifche Dich- 
ter aus der Fremde, die ihren Gedichten ven Namen Nedſchedi— 
ſche Lieder gaben, von denen Ibn Khallefan im Diction. biogr. 
T. I. p. 14 und 15 Beifpiele anführt. Jene Grenzbeftimmung bei 
Abulfeda, womit er fehließt, wenn er fagt: „dad Nedſched ge— 
gen Hedſchas fängt mit Dzat-ire (Dhat oder Diat-Erf 
bei Rommel, Datirak bei Büfching) an,“ war biäher unverftänd- 
lich, weil die Lage von Dzat oder Dhat unficher?), die Bedeu— 
tung unbekannt war, daher man ire mit Irak identifieirte. Durch 
Burckhardt's Itinerar von Medina nach Kafym°), der bie 
Stadt fehlichtweg Dat nennt, erfahren wir aber, daß fie die erfte 
Grenzitadt der Provinz Kafyın jei, daß aljo nad) Abulfeda's 
Annahme von Medina bis Kaſym das Hedſchas reicht, wo dann 
das Nedſched beginne, womit auch Burckhardt übereinſtimmt. 
Bon Reinaud14) erfahren wir dagegen, daß Ire der arabiſche 
Name einer Pflanze ſei, und Dzat-irc das Irkland, wo dieſe 
wachſe, bezeichne, wie etwa das Weihrauchland, Balſamgebiet, 
das Kaffeeland und andere ähnliche Benennungen. Burckhardt 
bemerft52), daß die verſchiedenen Diſtriete der arabiſchen Lands 
fchaften überall ihre genauefte Namenbezeichnung hätten, daß es 
aber öfter des fcharfen Beduinenauges bevürfe, um diejelben 
zu unterfcheiven, und daß dazu häufig die Art der Bufchwerke, 
der Weidung diene. Diele fonft unbefannte Gegenden erhielten 
ihre Benennung von den befondern Pflanzen, zumal den Fut— 
terfräutern, die am venfelben wachien; wie 3.®. Abou Shyb, 
Abou Agal und andere. Auch Iptachri führte jo ſchon in Je— 


*) Burckhardt 1. c. p. 458. 9 Rommel, Abulfed. Arab. Deser. 
p. 71, 80; Büfching XI. ©. 635. 60) Burckhardt 1, c. P. 459. 
#%) Reinaud, Trad. d’Abulf. Not. p. 103. 6?) Burckhardt I. c. 

p. 300. 


224 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


men das Rand mit der Safran ähnlichen Vflanze Wars an, und 
Edriſi wiederholte?) dies (Duars bei Jaubert) in feiner Bes 
fchreibung von Sana. In einem Lande des Heerdenlebens, mo 
Pflanzen fo wichtig und Vegetation doch fo fparfam vertheilt ift, 
daher wir fo manche Gegenden nad) Kräutern benannt zu finden >*), 
wie died auch De Sacy beftätigt, erläutert Obiges, wenn wir auch 
in der arabifchen Flora leider die Pflanze „Ire“ noch nicht nach— 
zumeifen im Stande find. ine dem Irc dem Namen nach jehr 
nahe verwandt fcheinende Pflanze AraE55) hat nach dem Mofchthas 
rek dem Thale von Taif nach Mekka, welches Naman heißen fol, 
den Nanıen Naman Araf gegeben. Arak ift aber eine Pflanze 
aus deren Zweigen die Araber ihre Zahnbürften zu machen pflegen; 
den Wadi Naman durchritt Burkhardt auf feinem Wege °0) 
von Dſchidda nach Taif am vorlegten Tage ehe er nach Taif ein— 
trat. Dieſer Wadi wird in arabifchen Poeſien öfter unter dem 
Namen Naaman-Al-Arak befungen, ald Stelldichein der Ge— 
liebten>”). Sollte Abulfeda, nach der frühern Lesart, mit Dat- 
Erk ein anderes Locale bezeichnet haben, jo könnte ed nur ein Ort 
fein, der in der Nähe von Taif faft mit diefem Orte zufammenfallt, 
und weil er auf ven Pilgerwege nach Dieffa (nur Jo Mil. 
von da entfernt) der Berfammlungdort (Miycat) der Pilger aus 
Irak ift, den Namen Datziracds) (bei Gravius p. 14) führt. 
Abulfeda fagt, von Baffora liege er 208 Parafangen fern. 

I: Hedjaz, Hedſchas, fagt Abulfeda, feien die Ges 
birgszüge (juga montis bei Öravius)59) oder dad Gebirgs— 
land, das fi von Jemen (Ißtachri fagt beftimmter von Ser— 
rain) nad Syrien ziehe, wozu Medina um Amman (nicht 
Oman, wie bei Gravius) gehören. Dies Tegtere bezeichnet, nach 
Reinaud's60) Berichtigung, das antife Land der Ammoniter 
im Oft des Todten Meeres, dad Abulfeda in feiner Befchreibung 
zu Syrien gezogen hat, womit er nichtd anderd meinen fann, als 
die Gegend von Mivian, welche Ißtachri als dad Nordende von 


3) Sptachri bei Mordtmann ©. 13; Edrisi bei Jaubert TI. p. 51. 

°°) De Sacy, Chrestom. Arabe T. II. p. 433. 5) Gravius Abulf. 
p- 56; Reinaud, Trad. d’Abulf. p. 129. 56) Burckhardt I. c. 
p. 61. °°) Diet. Ibn Khalekhan ed, de Slane T. Il. p.6u.15. 

’®) Reinaud, Trad. d’Abulf. p. 110; Gravius, Abulf. p. 14; Rom- 
mel, Abulf. Deser. p. 71, 80. 59%) Gravius, Abulf. l. c. p. 5; 
vergl. Rommel $.1u.2.p.57 etc. 60%) Reinaud, Trad. d’Abulf. 


p- 102 


Arabiens Fünftheilung nach Abulfeda. 225 


Hedſchas bezeichnet (ſ. ob. ©. 146, 159). Ißtachri gab an, daß 
Mekka und Medina im Hedſchas lägen. 

Abulfeda führt aber noch andere Autoritäten an: Hedſchas 
fole auch diefen Namen haben, weil e8 die Scheidewand zwi— 
ſchen dem Nedſched und dem Tehama bilde, und dies befki« 
tigt die etymologifche Bedeutung, da nach Reinaud „hedſchas“ 
im Arabifchen fo viel ald Barriere bedeutet, die ſcheidet und 
ifolirt (von Hehedzez, was das Nedſched von Tehama fcheivet, 
oder weil ed Jemen mit Syrien verbindet), oder, nah Goliuß, 
ein Land das mit einem Netze von Bergen überzogen 
(quod colligata et constricta montibus sit, bei Golius) 61) ift. 

Was Abulfeda noch weiter, nach dem Autor Al Vakedy 
aus dem IX. Jahrhundert, über die Ausdehnung des Begriffes 
Hedſchas von Medina bis Tabuf und fogar bis zur Route nad 
Kufa fagt, ift nur Wiederholung der obigen Beftinnmungen nad) 
Ißtachri. Diefer fhien fogar von den Bergen Tais auch nod 
dad Land oſtwärts bis Baſſra und Iemama hinzuzurechnen; das 
berichtigt aber Abulfeda dur den Zufag: das Land im Oſt bis 
Bafjra gehört zum Nedſched. Nach demſelben Autor gehört eben- 
false Mekka (das Andere zum Tehama rechneten) und Medina 
zum Hedſchas, und died ende an der Wüſte Ardj (Mahbath 
Alardj nah Reinaud's Tert; bei Gravius: ad descensum mon- 
tis Alarg), die und aber unbekannt, wenn es nicht eben der Berg— 
abftieg (das Heißt auch Ardj, mas gleichbedeutend mit Acaba ift) 
zwifchen Medina und Meffa6?). Denn das Dorf Ardj (Alardj) 
mit einer Dſchami-Moſchee (d. H. einer Hauptmoſchee) im Gebiet 
von Taif gelegen, von welcher ein Dichter Alardj feinen Beinamen 
erhielt, kann e8 wol nicht fein. 

Ein anderes Citat des Abulfeda, nad) Ibn Alaraby aus 
dem IX. Jahrhunderts, beftimmt noch insbeſondere genauer, was 
ſchon oben bei Nedſched gejagt war, daß Taif eben in Nedſched 
liege und nicht in Hedſchas. Da hier eine fo jpecielle und fcharfe 
Grenzbeftimmung fo dicht bei Mekka gegeben ift, fo verdient fie wol 
die Anführung. Die Gegend, heißt e8, zwifchen Ira, Wadjaré 
und Omre auf dem Territorium von Taif (Omret-Al thayef) ge— 
hört zum Nedſched; aber das Land jenfeit Wadjaré bi zum 
Meere bildet einen Theil de8 Tehama; das Land zmwifchen dem 


9) J. Golius I. c. Alfraganus Elem. Astronom. p. 98. *?) Rei- 
naud, Trad. d’Abulf, p. 103. 


Ritter Erdkunde XII, P 


226 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Tehama und Nedſched aber ift das Hedſchas. Unter ven Gar 
rouat (Al ſarouat b. Reinaud; Al ſarwat b. Gravius) verſteht er 
aber die Berggipfel, welche das Tehama dominiren. 

Das Wadjaré (Wag'rah b. Gravius) iſt aber nah Rei— 
naud®) der Name einer Wüſte zwiſchen Mekka und Baſſora, vie 
reich an Wild ift, deren „Wind von Wadjaré“ ſprichwörtlich 
ein verberblicher Wind ift. Statt Omre ift mit Gagnier wol 
Gamre zu Iefen. Sarou ift aber eine ver vielen Gebirgsbe— 
nennungen; es bezeichnet im Arabifchen einen „hoben Ort.“ 
Saromwat ift ver Plural von Sarou und bezeichnet die Kette 
der Gebirge, welche Arabien von Süden nach Norden, oſtwärts 
vom Rothen Meere abitehend, durchzieht. Da diefe Kette aus zwei 
Hauptzweigen befteht, jo wird fie auch Sarouani, d. i. die bei— 
den Sarou genannt. Die genaueften Beobachtungen des trefflichen 
Burckhardt über die Natur der von ihm durchforfchten Landſchaften, 
yon Oſchidda und Janbo über Taif, Mekka und Medina), 
fegen die Plaſtik verjelben ald drei ganz verjchiedene Typen von 
Tiefland, Gebiraözug und Plateauland (Tehama, He— 
dſchas, Nedſched) ganz außer Zweifel, wodurch erſt viele ber 
Angaben ver arabifchen Geographen ihr wahres Verſtändniß erhal« 


ten (f. unten). Dabin gehören auch pie jo oft wiederholten une 


fruchtbar gebliebenen Verſuche und Klagen, genauer die Begren— 
zung des Begriffes von Hedſchas ald Provinz zu beitimmen; 
was der Natur der Sache nach fchwerlich möglich if. Will. Ou— 
feley, der Herausgeber von Burckhardt's Reifen und als Oriens 
talift wol ganz dazu geeignet, jagt, ed fei auch ibm wegen der 
Berfchievenheit der Meinungen der Autoren nicht möglich 65): denn 
bald werden dieſe bald jene Orte mit dazu gezahlt, wie wir ſchon 
aus obigem fahen, bald folgt ver eine Diefer oder jener Landesein— 
theilung, die eben jo differire. D’Anville, Herbelot, Bü— 
hing, Nommel und andere Autoritäten weichen darin alle von 
einander ab, weil die arabifchen Autoren felbft darin nicht über- 
einflimmen; und Rommel hat fchon meifterhaft eritifch Die mei— 
ſten Verfchievenheiten in ven Anfichten auseinander zu halten ge— 
mußt, doch ohne fie durch eine Iebendige Naturanfchauung zu einem 


En 


**3) Reinaud, Trad. 1. c. b. De Sacy Chrestom. Arabe. T.II. 


p-436— 437; Freitag, Rec. de Proverb. T. I. p. 569. 
**) Burckhardt, Trav. p. 321—323 u. a. O. 5) W. Ouseley in 
Burckhardt, Trav. Preface. 


— 


Arabiens Fünftheilung nah Abulfeda. 227 


Ganzen verarbeiten zu können. Sehr lehrreich iſt es, was Burck— 
hardt ſelbſt über ſolche Verſchiedenheiten mittheilt, deren eine wir 
auch ſchon in obigen bei dem Schwanken über die Lage von Me— 
dina, ob in Nedſched oder Hedſchas, berührt haben, wo geſagt war, 
daß die Beduinen noch eine von den Doctoren des Koran ganz 
verſchiedene Anficht und Bedeutung von Hedſchas befäßen. Die 
fer Name, jagt Burkhardt, wird von den Beduinen 0) gar 
nicht in dem herkömmlichen Sinne gebraucht; fie nennen Hedſchas 
nur ausſchließlich vasjenige Bergland, das viele fruchtbare 
Thaler im Süden von Taif begreift, und fo weit die Wohnungen 
ver Aſir⸗-Tribus reichen, wo die Eultur des Kaffeebaums 
erſt allgemein wird. Dies ift der allgemein gebräuchliche 
Ausdrud im Lande felbft, und auch die Städter in Meffa und 
Dſchidda gebrauchen ihn eben fo. Sprechen fie aber mit Fremd— 
lingen, und richten ſich nach deren Anfichten, jo wird der Name 
Hedſchas auf das Land zwiſchen Taif, Mekka, Medina, Janbo und 
Dſchidda bezogen. EI Chor, oder dad Niederland, dagegen 
nennen diejelben Beduinen die ganze Landſchaft im Werften ver 
Berge von Mekfa aufwärts bi Bedr und Janbo; Dagegen werben 
die Gebirge im Norden von Taif felbit von ihnen Hedſchas es 
Sham genannt, oder dad nördliche (ſyriſche) Hedſchas. 

IV. Aroudh. Don diefem jagt Abulfeda, e8 fei nichts 
anberes ald Jemama (Ulyemame), das Land das fi bis Bah— 
rein (Albahreyn) ausdehne. Auch über dieſes Aroudh (Orud 
bei Gravius, Arudh bei Rommel) 67) haben die Araber felbft die 
verfchienenften Meinungen, die Reinaud gefammelt hat. Im Me— 
raſſid-alitthila fteht: das Wort „Aroudh“ fage man von einer 
Sache, die überzwerd) (placee en travers) liege. Unter Aroudh 
begreife man Medina, Mekka, Jemen; Andere jagen nur Mekka und 
Jemen; noch Andere nur Meffa und Taif mit feinem Territorium. 
Noch Andere jagen, Aroudh fei der Gegenfag von Irak; Irak 
heiße die Definung des Schlauchs, wozu dann Aroudh der Bauch 
des Schlauched wäre. Aber nach Anvern ift Aroudh ein Weg, der 
durch ein Gebirge hindurd) ſetzt, etwa dem Akyk entfprechend 68) 
(Akyk heißt im allgemeinen ein Tobel, d. i. ein Thal das durch 
ein Waſſer geriſſen ift; es giebt viele Thaler dieſer Art im 


4 Burckhardt, Trav. p. 397 u. Preface, ‘*) Gravius, Abulf, 
5; Rommel, Abulf, Arab. Deser. p. 83; Reinaud, Trad, 
— p. 102, **) Reinaud, Trad. d’Abulf, p. 104, 


P 2 


228 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


Arabien, die den Namen Akyk tragen); deshalb erklärte es Golius 
als einen Querdurchriß dur das Land Jemen bezeichnend (re- 
gionem Jemen transversum secat, bei Golius)60), womit aber 
Rommel unzufrieden ift, der eine andere Etymologie 70) namlich 
von dem Fluſſe Semamas hergenommen, den Edrifi Al Arah 
nenne, und der das Land quer durchſchneide. Aber Edriſi, nad 
Kaubert’3 Terte, fchreibt das Wort anders und fagt: Irdh7h bes 
zeichne in Jemama den Fluß Afnan (nicht Aftän, wie ihn bie 
neuern Karten und auch Somard fchreiben), ver die Provinz in 
eine hohe und eine tiefe Abtheilung jcheide, an deſſen Ufern ſehr 
bevölkerte Landſchaft mit Dörfern, Beldern, Palmen und andern 
Bäumen Tiege. Aus diefer Stelle erklärt fi mol auch, wa8 Ibn 
Alkalby von Aroudh jagt: e8 begreife Jemen, Bahrein und vie 
Nachbarſchaft, und enthalte hohes Land (Nedſched) wie tiefes Land 
(Ghor), fei vem Meere nahe, und habe doch auch ftarfe Bergab— 
hänge mit reißenden Bergftrömen. — Uebrigens ift e8 merfwilrdig, 
daß fomohl Ißtachri als Edrifi ven Namen Aroudh gar nicht 
in ihren Geographien aufgenommen haben, fondern nur von Je— 
mama jprechen, über deſſen Naturbefchaffenheit wir auch in heu— 
tiger Zeit noch zu ſehr im Dunfeln find, um ein vollftändiged Ur— 
theil über das wahre Verhalten jener Angaben haben zu Fönnen. 
Niebuhr hörte ven Namen ver dortigen Landſchaft EI Arev”2) 
nennen, in welcher nach ihm Daraie liege, und ald eine Abthei- 
lung Jemamas ift viefer heutzutage als das Land der Wehabiten 
befannt genug geworden (f. unten). Woher das Land, das nad) 
Edrifi vom Afnan-Fluſſe gut bewäffert wird, den Namen Je— 
mama trägt, jagt Feiner der Geographen; fein antiker Name fol 
aber, nach Abulfeda’s Citat aus dem Canoun, Gjauva (Bei 
Golius)73) oder Giau (bei Gravius un? Rommel), wol Dihofl?) 
geweſen fein, der in Arabien fich öfter wiederholt (f. ob. ©. 153, 
180). Nah Reinaud's Gitat aus dem arabifchen Wörterbuche 
nad dem Meraſſid Alitthila’*) bezeichnet Djau eigentlich ein 
breites Thal, wie e3 in verfchtevenen Theilen Arabiens vor- 
fomme, und auch dieſes insbefondere. In dieſem Djau jollen nach 
Golius Sige berühmter Araber gemefen fein, mo eine Tadmitin 





69) J. Golins 1. c. Alfraganus p. 95. 0) Rommel, Abulf. Arab. 
Deser. p. 83. ”‘) Edrisi b. Jaubert I. p. 155. 2) Niebuhr, 
Beichr. von Aral. ©. 343. 9) Reinaud, Trad. d’Abulf. p.13; 
Gravius, Abulf. p. 62; Golius 1. c. Alfraganus p.9. ) Rei- 
naud, Trad. d’Abulf. p. 134, 


en 


— — —— 


Arabiens Fünftheilung nach Abulfeda. 229 


(Tasm und die Tadmiten gehören nad) Abulfeda zu den aus— 
geftorbenen, verjchollenen Arabergefchlechtern)”5), Jemäma genannt, 
wegen der großen Xuchöfchärfe ihrer Augen berühmt gemefen, wo— 
her dad Sprichwort „Icharffichtig wie Jemama” (Oculator 
Jemäma), woher auch die Stadt Gjauva den Namen Jamäma 
erhalten haben jo, der den ältern Namen überlebte. Ja, ein noch 
viel weiteres Gebiet bi3 Hadramaut, Iemen, Oman und Nedfch fol 
diefen Namen im allgemeinen erhalten haben; denn jene Frau wird 
von Edrifi’6) eine berühmte Königin im voriölamitifcher Zeit 
genannt, deren Nefidenz in der Stadt Hadjar, die aber ſchon zu 
Edriſi's Zeiten in Trümmer lag, und welche oft in arabifchen Bü— 
chern vorfomme, die aber aller ihrer Güter wie ihrer Sclaven bes 
raubt und auf Befehl des Khalifen Omar hingerichtet worden jet. 
Auch fer der Ort berüchtigt genug durch den falichen Propheten 
Mufeilema ”), ven Nachaffer Mohameds feines Zeitgenoffen, nach 
defien Befiegung und Hinrichtung Abubefr ganz Jemama in feine 
Gewalt gebracht. Doch führt Golius noch eine andere Meinung 
an, daß das Land vom Fluſſe Jemama vielleicht den Namen er— 
halten, der aber verfchiedene Benennungen beſitze, da er ein Wal, 
deſſen Bette bald gefüllt bald wieder leer Set, 

V. Jemen. Diefes Land übergeht Abulfeda in feiner 
Fünftheilung ganz, holt deifen fpeciele Angaben aber in feiner 
Anführung der Eintheilung des Ebn Haufal nad, die aber ganz 
wefentlih nur die etwas anderd gewendete Zwölftheilung des 
Ißtachri ift, von der wir fchon oben Nechenfchaft gegeben (j. ob. 
&.144). Abulfeda fcheint übrigens Hinfichtlid) der Etymologie 
ded Namens ver Ausſage des Al Lobab zugethan, deſſen Stelle 
über ven Namen Jemen’) er citirt: Die Eingebornen mürden 
deöhalb vom Lande Jemen Jemani genannt, weil dies die weite 
Landſchaft fei, die von Mekka aus geſehen gegen Often, d. h. zur 
Rechten (Demyn) liege, wie Syrien (Scham) zur Linfen (Scha= 
mal). Er möchte naher wol erft feit der Mohamedaner Zeiten in 
Gang gekommen fein, und den ältern Namen eines Sabüerlandes 
oder einer Arabia felix erft verdrängt oder befchränft haben. Der 
einzige Unterfchied von Ißtachri's Angabe ift der, daß Abul— 


9 Abulfedae Historia Anteislamitica ed. Fleischer. Lips. 1831. 4. 
p. 183; Rasmussen, Historia praecipuorum regnorum Arab, ante 
Islam. p. 81. '*) Kdrisi b. Jaubert I. p. 154; Gravius, Abul- 
feda p. 61. ) Gravius, Abulf, p. 61, 9) Reinaud, Trad. 
d’Abulf, p. 122, 


230 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 61. 


feda’9) die zweite Abtheilung Jemama nicht befonders ftellt, ſon— 
dern gleich mit der erften, mit Hedſchas, zufammenzieht, fonft aber 
fein Nedſched bis nach Bahrein reichen läßt wie Ißtachri; vie 
drei bei diefem gejonderten Wüften in die eine Abtheilung, Badyé, 
dv. h. Blachfeld (Badayet im Plural; Badiah bei Rommel; 
Campagnes couvertes hei Neinaud; desertum bei Gravius) zuſam— 
menfallen läßt, fie aber doch wieder gefonvert, die Wüfte Irak, 
Dihefire und Scham oder Syrien nennt. Unter der Abtheis 
lung Jemen führt Abulfeva nun, wie Ißtachri, dad Tehama wie 
das Nedſched von Jemen und die übrigen 5 Abtheilungen wörtlich 
auf, doch mit dem Zuſatze, daß noch eine große Menge anderer 
Mikhlafs, d. i. Diftricte, dazu gehörten; er fagt nicht wie Ißta— 
ri, %,, fondern wie wir oben berichtigten, °4 nehme dieſes Je— 
men von der ganzen Salbinfel ein (j. 0b. ©. 143). 

Der eigentliche Begriff von Badyé (Badayet Blur.) ift 
durchaus nicht dem einer fogenannten Wüſte entiprechend, er bes 
zeichnet alles was dem offenen freien Himmel ausgeſetzt ift, 
als Boden, was noch frei von Anbau und permanenter Wohnung 
geblieben; es ift dieſelbe Wurzel, von der auch das „Bedouy“ oder 
„Beduine,” d. h. „ver im Freien lebende,” hergeleitet ift, 
worauf eben der Sohn der Wüſte, wie wir e8 zu geben pflegen, 
ald freier Menſch, im Gegenfas des Fellah, der in feiner Hütte 
an die Scholle gebunden, ftolz ift. An dieſen Begriff, Hält Rei— 
naud dafür, Fnüpfe ſich auch zunächft wol die fo ftreitige Benen- 
nung Sapaxnvös, Saracene, Sarrafin (was wir oben, nad 
Duatremere, vom nabatäifchen Sarafa=Orte herleiteten, ſ. ob. 
©. 127), eine Alteration des perſiſchen Sara-niſchyn, d.h. Bes 
wohner ver Sahra, namlich der Wüſte, ein Ausdrud, der noch 
heute bei Berjern in Gebrauch fei für Nomade. Damit hätten die 
parthifchen und fafjanidifchen Könige die arabiichen am Euphrat 
umherſchweifenden Horden bezeichnet, die öfter in den Römer- und 
Safjanivenfriegen den Ausfchlag gaben (f. ob. ©. 12, Erdk. Th. X. 
©. 161, 1129, 1139); und daher fei verjelbe Name dann fpäter auf 
Nömer, Byzantiner und Kreuzfahrer übergegangen. In der Be: 
jhreibung der einzelnen Badyés folgt Abulfeda wörtlich ven 
einzelnen Angaben Ißtachri's (ſ. 06. ©. 146), und fügt eben fo 
die von jenem (den er aber Ebn Haukal nennt) gemachte Bemer- 


79 Gravius, Abulfeda p. 8; Rommel, Abulf. Arab. Descr. p. 19; 
Reinaud, Trad. d’Abulf, p. 105. 


Arabien ohne Fluß; fein Baetius. 231 


fung hinzu, daß Arabien völligen Mangelso) an einem Fluffe 
wie an einem See leide, die jchiffbar wären; doch gebe es viele 
Bäche, Quellen und Brunnen in Arabien. 

Was den Ptolemäus in alten Zeiten veranlaffen Eonnte, 
jenen fpäterhin wiederholten Verficherungen arabifcher Geographen 
ganz widerfprechend, zur Weſtküſte aus dem Innern des Landes, 
zwifchen Maforaba (Meffa) und Jambia vicus (Santo), 
einen großen, wol 100 Meilen langen gegen S.W. ziehenden Strom, 
Baetius (Ptol. VI. 7. fol. 152 Baetii fluvii Ostia 69° 30° Long. 
20° 40’ Lat. und Fontes 76° Long. 24° 30’ Lat.), in feine Tafeln 
einzutragen, war Burckhardt unbegreiflich St), als er diefe Gegen— 
den des Hedſchas bereifte und ſich von deſſen Nichtexiſtenz auf 
das vollftändigfte überzeugte, obwol er daſelbſt in Winterszeiten gar 
manche Gießbäche wahrnahm. ES fcheint daher wol ganz unnütz, 
fich deshalb auf die Probabilitäten, die Mannert ald Erklärungen 
verfolgt 82), einzulafjen: denn, wenn er von Niebuhr anführt, daß 
diefer in der Mündung dieſes Fluſſes, ſüdwärts des Berges War, 
mit feinem Schiffe übernachtet Habe, ohne deſſen Namen Eennen zu 
lernen: fo ift Died nur eine irrige Vorausfegung, da Niebuhr nur 
jagt): Am 28ften October waren wir des Mittags neben dem 
Berg War, und in der folgenden Nacht jchliefen wir zu Obhoör. 
Hier geht ein ſchmaler Meerbuſen weit ind Land hinein, den man 
anfangs für einen Fluß Halten fonnte Die Einfahrt zu 
dieſem Anferplag ijt jehr eng, aber man liegt darin ſehr ficher, vie 
Polhöhe ift hier 21° 40° nach Objervation. Den folgenden Tag 
wurde Mittagd der Hafen von Dichioda erreicht. — Niebuhr 
jpricht alfo von feinem wirklichen Fluß in diefer Gegend, obgleich 
eine ſolche Linie wol in feine Kartenzeichnung vom Rothem Meere 
hineingerathen ift. Auch vie englifche Küftenaufnahme beftätigt in 
derjelben Breite, durch die Zeichnung ver gejchlofjenen Bucht des 
Sherm Dubhor, die Nichterifteng einer Flußmündung. Die 
einzige Mündung, die und an der Weftfüfte ald eriftirend erft kürz— 
lich befannt wurde, ift Die de8 Rim (des bypothetifchen Sanfian) 
nach Planat, wovon wir oben gejprochen, die aber über 4 Grade 
jüdlicher zu ſuchen, und daher wol zu entfernt lag, um fie jener Ans 
gabe des Ptolemäus jubjlituiren zu können. Nur ein Umftand 


#°%) Reinaud, Trad. d’Abulf, p. 108. *1) Burckhardt, Trav. in 
Arabia p. 301. *) Mannert, Geogr. d. Gr. u. NR. VI. I. ©. 4 


m 


uf. *, Niebuhr, Neifebefchr. Th. I. ©. 269. 


232 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 61. 


ift es, der vielleicht dafür fpräche, nämlich daß damit ver Gold- 
fand führende Fluß bei dem Volke der Debae (TEBaı des 
Strabo XVI. 777) gemeint fei, von dem wir zwar nicht willen, 
das er Goldſand (oder vieleicht nur Glimmer) führe, an welchem 
aber die Bemohner durch Strabo mie heute characterifirt wer« 
den, daß fie fomol Hirten als auch Agricultoren feien, was 
fie von allen andern idmaelitifchen Arabern der Nordküſte unters 
scheidet. Auch werden bei ihnen die unberühmten Nachbar— 
völker erwähnt, die Strabo nicht einmal wegen ver barbaris 
ſchen Ausſprache (propter absurditatem pronuntiationis XVI. 
777 ed. Tzsch. VI. p. 453) namentlich aufführen will, die doch 
bei Agatharchides und Diovor Aliläer, Safander und Kar= 
ber heißen, und wahrfceinlich, mit jenen Debäe, die Bevölke— 
rung des Grenzgebirgslandes zwilchen Hedſchas und Je— 
men ausmachten, über die wir ſchon oben geſprochen haben: dann 
würde die auf Ael. Gallus Feldzuge, nach funfzigtägigem müh— 
ſamen Marſche, erſte eroberte arabiſche Stadt, Negran (Ne- 
yoovwv), im friedlichen und fruchtbaren Lande (Strabo XVI. 781), 
wol die Lage des heutigen und frühzeitig ſchon ſo berühmten Ne— 
diran (ſ. ob. ©. 67) bezeichnen 3%) können, von der nun der Weg 
über Athrullal?) und Marjyaba nah vem Weihrauchlande 
(TS Gowuaropooov XVI. 782, iventifch mit Sabaeorum terra 
XVI. 777) offen ſtand. Denn jenfeit, das ift ſüdwärts der Debae 
und ihrer barbarifchen Nachbarvölfer, folgte dad mildere Land, 
e8 folgten die gebildeteren Völker (die von Jemen, dem Sa— 
bäerlande), nah Strabo, damals fihon wie noch heute. 

Die Exiſtenz eined andern öſtlich zum perfifchen Golf, durch 
Jemama, ziehenden Stroms, der ſchon in drei befruchtenden Gieß— 
bächen um Tebala, Bifche und Ranyeh (ij. ob. ©. 200) feinen 
Ursprung in Mittelarabien nehmen fol, aljo an dem Oftgehänge 
des Hedſchas, und auf den Karten der jüngften Kriegszüge gegen 
Afir®), von da durch das hohe Nedſched oftwärts, in gewunde— 
nen Linien gezogen wird, als ſtände er quer durch die Halbinfel 
mit dem oben ſchon Afnan genannten Strome, dem Wadi Aftan 
auf Jomard's und Berghaus Karten, in directer Verbindung, 


»#*) Jomard, Etudes geographig. et historig. sur l’Arabie. Paris, 
1839. 8. p. 145. °°) M. Tamisier, Carte Itineraire pour ser- 
vir a l’histoire de la Campagne d’Assyr 1834. Paris, 1839; Jo- 
mard, Essay d’une Carte de la Province d’Asyr. Paris, 1838. 


Arabiens Flug Aftan in Jemama. 233 


ift neuerlich von Jomard 36) wahrfcheinlih zu machen geist. 
Sollte eine ſolche Kontinuität ftatt finden, meint Jomardſo 
würde die Quelle des Aftan (Afnan ves Edriſi) oder de8 Wi 
von Jemama nicht mehr unbekannt fein; der Bijhe» (By, 
Fluß, der aus 3 nicht unbedeutenden Bergwaffern zuſammenlau 
“würde dann fich gegen Oft nicht im Sande verlieren, und nid 
ein bloßer Wadi fein. Won feinem durh Tamiſier ermittelte 
obern Raufe find etwa 57 geogr. Meilen befannt; zur ganzen 
Durchſchneidung des Binnenlandes, bis zum Golf von Bahrein, 
würden aber noch mehr ald 187 geogr. Meilen zurüdzulegen fein, 
von denen doch jener bypothetiiche Kauf des Afnan oder Aftan in 
Jemamah nur ftelenweife bekannt ift, in welchen dann auch wol 
dad Waffer des Wadi Hanife in Deraie feinen Tribut. ergies 
Ben mag. Aber von einem continuirlichen Laufe jener Wadis 
in Deraie, wie in Jemama, fehlen uns bis jegt noch vie hin 
reichenden Angaben, fo wie von einer Einmündung des Wadi 
Aftan (auch Afnan) in den perfiichen Golf bei EI Katif. Aller: 
dings hat die Hypotheſe Hinfichtlich der gemeinfamen Direction 
der gefondert angegebenen Flußläufe, oder doch ihrer Thaleinjchnitte, 
quer durch Mittelarabien gegen Oft zum Golf von Bahrein etwas 
plaufibles; aber ob die kurzen Fragmente zu einer jo beveuten- 
den Stromlinie zufammenzureihen und fie einem Stromfyfteme 
zu vindieiren, dad auf jeden Fall nicht nur nicht jchiffbar ift, ſon— 
dern fehr waflerarm fein muß, und heutzutage wenigftens ſchwer— 
lich continuirlihen Wafferlauf befigt, auch von feinem ber 
ältern Autoren als ein Stromlauf genannt ift, überlaffen wir noch 
der Zukunft genauer zu erörtern. Die Analogie der Naturbilduns 
gen macht und zu folchen Annahmen geneigt: denn e& ift allere 
dings eine der auffallendften Erfcheinungen auf vem Er- 
denrund, ein Salbinfelland wie Arabien (vergleichen wir ed nur 
mit beiden indifchen Halbinfeln, oder jelbft ver Eleinafiatijchen ) 
ohne alles Stromfyftem zu finden, an deſſen Enden erft auf 
den beiden Ifthmen, gegen Aegypten und Syrien, der Jordan und 
der Euphrat als die legten Nepräfentanten dieſer beglüdenden ſeß— 
haft machenden Naturformen erjcheinen. 

Alle jpeciellen topographifhhen Angaben des Abulfeda 
werden, wie die des Ißtachri und Edriſi, weiter unten an ven 





») Jomard, Ktudes geogr. et histor, sur l’Arabie, Paris, 1839, 
8. p. 21—24. 


233  Weft- Afien, IV. Abtbeilung. $. 62. 


gneten Loralitäten, zur Vergleichung der Kenntniß der Gegen- 
ırt, ſich anreihen. 


$. 62. | 
Hiftorifhe Einleitung. Fortfegung. 
Wanderungen durch Süd - Arabien im Mittelalter und 
Vergleichung ihrer Angaben mit alter und neuer Zeit. 


1. Ebn Batuta'd Wanderungen in Arabien, 1328— 1330; 
PBilgerfahrt nah Mekka; Schiffahrt bis Hali und 
Landreiſe über Zebid, Taäs, Sanaa nach Aden. 


Ebn Batuta, den wir ſchon aus ſeinen Wanderungen durch 
dad Euphratgebiet kennen (Erdk. Th.X. S. 277-284), hat auch 
Arabien wiederholt beſucht, und ſich längere Zeit daſelbſt aufge— 
halten. Von Bagdad aus, erzählt er jelbjt3”), pilgerte er im 
Sahre 1328 (729 der Heg.) nach Mekka, wo er drei Jahre ver— 
weilte, und dann, um Jemen zu bejuchen, nach Dſchidda ging. 
Hier ſchloß er ſich Kaufleuten an, die auch nach Jemen wollten, 
und fich deshalb zu Schiffe begaben. Der widrige Wind verfchlug 
fie auf die Infel und in ven Hafen Suafim (unter 19? N.Br.) an 
der gegenüberliegenven afrikanischen Küfte, deren Sultan damals 
ein arabifcher Prinz, ein Sohn des Sherif von Meffa war, der— 
jelbe, bei defien Tihronbefteigung in Meffa 88) im Jahre 1313, alſo 
15 Sabre früher, Abulfeda Augenzeuge gewefen war. Den Sul- 
tan nennt Ebn Batuta mit Namen, EI Sherif Zaid Ibn 
Abu Nomma Mit Kaufleuten fegelte Ebn Batuta von da 
zur arabifhen Küfte zurück, und landete in der damals blühenden 
Hafenftadt und Zolftätte Hali (9 Tagereifen in Süden von Mekka 
nad) Eorifi, f. ob. ©. 185). Er fand fle Schön gebaut, von Abo— 
riginer-Arabern bewohnt und von einem Sultan vom Tribus der 
Beni Kenana beherrfcht, ven er Aamir Ibn Dhumaib nennt, 
und ihn ald einen der feinften und generofeften Seren jchildert, 
der, zugleich ein Dichtergenie, vol Gaftfreundfchaft gegen ihn ſich 
zeigte. 


55’) Ebn Batuta, Travels Transl. by Sam. Lee, London, 1829. 4. 
p-5l.  °®) Abulfed. Annal. Moslem. T. V. p. 282. 


Ebn Batuta in Zebid und Taas. 235 - 


Kaufleute find e8 auch hier wieder, denen der Doctor des 
Koran fich zum Befuche der Fleinen Stadt Sarja (©. 184), die 
von fehr liberalen und gaftfreundlichen Jemen» Kaufleuten bewohnt 
wurde, anfchließt, um von da in 2 Tagemärfchen die Stadt Zebid 
zu erreichen. Diefe war damals 80) noch eine der Hauptftänte In 
Jemen; fie war die glänzende Neftvenz ver Zijaditen gemefen, die 
jeit ihrer Sroberung Jemens unter Khalif Mamun hier 200 Jahre 
geherricht hatten; e8 war noch immer eine Hauptitadt des Reichs 
der Dynaftie von Iemen, deren Beſitzthum von Hadhramaut bis 
Mekka reichte, die aber damals ihre Nefivenz) nach Taäs ver: 
legt hatte. Ebn Batuta jagt, Zebid fei jehr groß, ſchön und 
mit allen Bequemlichfeiten des Lebens verjehen, die Einwohner gut 
unterrichtet, edelfinnig und fromm; von den Beherrfchern fpricht er 
bier nicht. Auch war es vorzüglidy nur das Dorf Ghafanaı), 
in der Nähe der Stadt, dad unfern Pilger wegen eines Heiligen 
Grabe anzog, von dem ihm die dortigen Doctoren ded Koran viel 
Mirakel erzählten, welche vorzüglich auf die Prädeſtinationslehre 
Bezug hatten. Der Wunderthäter ſelbſt Iebte nicht mehr, aber wol 
defien Sohn EI Khafhia Ismael, der ven Pilger gaftlich be— 
wirthete. 

Bon da ging Ebn Batuta über die kleine Stadt Djabala 
(Giobla bei Rommel im Abulfeda, Dioble bei Neinaud)92) nach 
Tiazz. Dijabala ift das Dſchöbla bei Niebuhr), nach ihm 
74 Meilen in N.O. von Taäs gelegen; nah Abulfeda etwas 
näher, und wegen zweier vorüberfließender Wadid (auf Nies 
buhr's Karte Wadi Zabid und Wadi Meidam), bei ihm Me— 
dinat el Nahrain, ver Doppelfluß, genannt, der heutzutage 
von feiner großen Bedeutung mehr fein kann, da Niebuhr ſchon 
ven tiefen Fluß, an dem die Stadt in einem Halbkreis erbaut ift, 
bei feinem Beſuche dafelbft im März ganz audgetrodnet fand. 
Die Stadt war erft neuerlich vor Abulfeda's Zeit durch die 
Solaybiten (ist XI. Jahrh.) 9%) erbaut, als diefe fich durch Er— 
oberung Jemens bemächtigt hatten. 

Tiazz (Taaz oder Hifn Tiz, die Feſte Tiz bei Abul« 
feda, Taäs bei Niebuhr), dad nun zunächft von Ebn Batuta 


») C, Th. Johannsen, Histor, Jemanae 1. c. p. 121, 163. 

0) Reinaud, Trad. d’Abulf. p. 120. ) Ebn Batuta p. 53. 

”°) Rommel, Abulf. Deser. Arab. p. 46; Reinaud, Trad. d’Abulf, 
p: 122. 29 Niebuhr, Defchreib, von Arabien S. 238. 

Di Abulf. Annal. Mosl. III. p- 188. 


236 Weſt-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


befucht wurde, war, nach ihm, eine der fehönften und größten Städte 
von Jemen; damald die Nefidenz ded mächtigen Sultans von 
Jemen (die früher in Zebid gewohnt), der aber wegen feiner Ju— 
gend und Unerfahrenheit in manche Gefahr gerieth. Er wird von 
ihm EI Malik EI Modjahi Nureddin Ali genannt, ver Sohn 
des Sultan EI Mawayyid Daud, deſſen Vater Raſul, ver Gefandte 
hieß, weil er von den Khalifen zum Emir von Jemen eingejeht 
war, eine Würde die feine Nachkommen ald Erbtheil beibehielten. 
Durch den Kadi des Ortes ward der gelehrte Pilger bei dem Sul— 
tan eingeführt, fehr höflich empfangen und zu einem Banquet eins 
geladen. Die befondere Sitte der Begrüßung bei der Audienz fiel 
ihm auf, wo er erft mit dem Zeigefinger den Boden, dann die 
Stirn zu berühren angewiefen wurde, worauf er dann die Worte: 
„möge Allah deine Macht verewigen!“ außrief. 

Abulfedass) nennt zu gleicher Zeit diefe Stadt dad Schloß 
des Königs von Jemen, in der Mitte der Berge erbaut, welche 
dad Küftenland (Al-tahym, d. i. dad Tehama) dominiren, und zu— 
gleich in der Nachbarfchaft ihren Luftort Sahle, zu welchem fie 
Waller in Aquäducten von den benachbarten Höhen geführt, große 
Baumerfe errichtet und fchöne Garten angelegt. Zu dieſen Monu— 
menten kamen fpäter viele ſchön gebaute Mofcheen der Stadt, die 
an ven fteilen Nordabhange ded hohen Berges Sabber, Sabir 
bei Schultens, audy von Niebuhr%) bejucht wurden, der aud) 
von Schönen Paläſten fpricht, welche zum Theil jene verbrängten. 
Heutzutage, obmol noch immer die Nefivenz eined Imams, den ber 
franzöftiche Botanifer Botta im Jahre 1837, bei feinem dortigen 
Beſuche, in Empörung gegen feinen Neffen ven Imam von Sanaa 
antraf, liegt die ganze Landfchaft durch die fortwährenvden innern 
Fehden und Bürgerfriege nur voll Ruinen ihrer ehemaligen Herr— 
lichkeit”). Eben fo kurz faßt fi) Ebn Batuta beim Beſuch von 
Sanaa, ver heutigen Sauptftadt, obwol er fie die Gapitale von 
Jemen und eine große ſchöne Stadt nennt, ohne einer Fürftenrefi- 
denz dafelbit zu erwähnen, um von da den Hafen von Aden zu 
erreichen. 

Zebid wird, weil es erjt fpäter zu Ruhm gelangte, von Iß— 
tachri noch gar nicht genannt, wol aber von Edrifi verherrlicht 


9’) Reinaud, Trad. d’Abulf. p. 121. 6) Niebuhr, Behr. von 
Arab. ©. 241; A. Schultens, Vita Saladini. Lugd. Bat. 1732. In- 
dex Geogr. s. v. Aden. °”) Paul Emile Botta, Relation d’un 
Voyage dans le Yemen. Paris, 1841. 8. p. 81. 


Ebn Batuta in Zebid, Taas. 237 


und auch von Abulfeda noch gerühmt ald Hauptſtadt; Taäs 
ward aber wegen des noch fpätern Emporfommens weder von Iß— 
tahri noch von Edrifi genannt, und heißt auch bei Abulfeda 
nur erft Hiſn Tiz, dad Schloß oder die Burg, obwol Ebn Ba= 
tuta fie kaum 2 Jahrzehende jpäter als die Zeit, da Abulfeda feine 
Geographie gefchrieben, fchon eine große Stadt nennen konnte. Die 
Stadt Sanaa, ald eine meit ältere Capitale Jemens wird aber 
Ihon von allen drei Autoren gerühmt, fo wie der Welthafen 
Aden. Hier vorläufig das was von diefen 4 Hauptorten Jemens 
und von jenen Arabern berichtet wird, ehe wir zu den neuern Zus 
ftänden verfelben, nach europäifchen Augenzeugen, übergeben, vie 
fehr oft über die frühern Zuſtände unmiffend geblieben, welche ver 
Gegenwart doch fo oft erit dad wahre Verſtändniß eröffnen. 

1) Zebid wurde erft auf Befehl des Khalifen Mamun im 
Sahre 819 (204 d. Heg.) abgeſteckt und erbaut 8), und mit der er— 
ften Mauer umgeben, in einer Gegend, Alkhaſſyb genannt), vie 
zuvor dicht mit Acacien und Tamarixarten bemachfen, aber ringsum 
von Burgen und Ortfchaften umgeben gemwefen. Diefe Gegend hatte 
ſchon frühzeitig venfelben Namen, denn fie wurde fehon von Mo— 
hamed vor den andern Gebieten Jemens, nebft Mareb und noch 2 
andern, ald dad Haupt unter dem Namen Zebid, welche die Leh— 
ren ded Koran angenommen, beſonders gefegnet. Diele der von dem 
Propheten eingefegten Statthalter in Jemen fielen, wie Hadhramau— 
ter und andere, fpäterhin wieder ab, und mußten ald Rebellen öfter 
von den Omajaden wie von den Abaffivischen KChalifen von neuem 
gebändigt werden. So wurde auch Zabid erft ver Sik Ben Ab: 
dallah ben Zijad, des Sieger über Jemen, des erften 
Sultans von Zebid, den der Khalif als feinen Bafallen in Je— 
men und einem Theil des Dichebal einfegte. Sie wurde rund im 
Kreife in der Ebene gebaut, die fi) von ven Bergen gegen dag 
Meer hinbreitet, und an der Nord» und Süpfeite zmeier Waſſer, 
die Zebid und Nama heißen. Im Often erblidte man von ihr 
in der Berne eines halben Tagemarfches die Berge; in Welten lag 
eben fo fern das Meer, an welchem Ghalafifat ihr Hafenort war. 
Die Herrichaft des eriten Zijad reichte gegen Norbweft bis Hali 
(alfo bis zur Grenze von Hedfchas) und in Nedjeran wie in 
Sanaa, das 40 Parajangen ſüdwärts gelegen; alfo durch ganz 


»») C. Th. Johannsen, Historia Jemanae e Cod. Msc. Arab. Bonn. 
1828, 8. p. 104. ) 8. de Sacy, Chrestom, Arabe I. p. 455, 


238 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Jemen wurde fein Name im Gebet verlefen. Er ftarb nach lan 
ger Herrſchaft erft im Jahre 859 (245 Heg.), und feine Dynaftie 
regierte an 203 Jahre, bis gegen 1022. Der Gejchichtfchreiber Dies 
jer Dynaftie, Imam Seifolislam ben Dit, fagt©W): die Stadt ſei 
größer geworden wie Sanaa, und fehr berühmt durch ihre Gelehr- 
ten; ihre Bemohner feien aber meift arm geblieben, doch ausge— 
zeichnet durch gute Sitten und große Tihätigfeit in Gartenbau und 
Baumpflanzungen, zu denen der Oeometer Kadi Arrafchid, ver 
im Sahre 1167 (563 d. Heg.) geftorben, einen Aquaduct geführt, 
durch welchen auch jedes Haus in Bells eined Brunnend gefonmen 
fei. In den Jahren 1128 bis 1134 habe fie zum zweiten male 
eine Stadtmauer erhalten, und am Ende vefjelben Jahrhunderts 
babe fie 4 Thore gehabt, und 107 Thürme, jeder 80 Ellen vom an— 
dern in der Stadtmauer abitehend, hätten fie geſchützt. 

Edrifi rühmt die Landſchaft von Zebid H, als fehr gut 
bevölkert, voll Dorfichaften die nicht eben fehr groß, aber von Kauf- 
leuten ftarf bejucht feien. Die Stadt fei groß, fehr bevölkert und 
reich; dafelbft fei ein ſtarker Sammelplag von Fremden aller Art, 
zumal Kaufleuten aus dem Hedſchas, aus Abyffinien und dem 
obern Aegypten, die mit den Schiffen von Dſchidda hierher kom— 
men, um die Gewürze aus Indien und die hinefifchen wie 
andere Waaren hier einzufaufen. Die Abyffinier bringen dagegen 
ihre Sclaven. Die Stadt Liegt, nah ihm, an dem Ufer eined 
Heinen Fluſſes 132 Miled von Sanaa, und an der Bai Zebid 
50 Miled von der Stadt fer der Diftriet (Mikhlaf) mit dem 
Hufenorte Ghelabeka, wol derſelbe, den er an einer andern 
Stelle?) Alabafa nennt (f. ob. ©. 190). Es folgt Hierauf in 
dem einen Manufeript des Edriſi (A) eine Rüde, vie aber durch . 
dad andere Manufeript (B) mit dem Itinerar von Zebid nad 
Sanan ausgefüllt wird, welches obige Diftanz Seftätigt. Darin 
heißt ed: von Zebid nad) Djeilan find 36 Miles, nach el Han 
42, nad) Aden (nicht die Hafenftadt) und el Orf 30, nad) Sanaa 
24, Summa 132 Miles. 

Abulfeda hat nur wenig hinzuzufügen 3): e8 fei der Haupt— 
ort des Altehaym (Küſtenlandes Tehama), in dem es eine Tages 


#00) C. Th. Johannsen, Hist. Jeman. l. c. p. 119—121. 
) Edrisi b. Jaubert 1. p. 49. ®) Edrisi 1. c. I. p. 146. 
) Rommel, Abulfed. Arab, Descr. p. 24; Reinaud, Trad. d’Abulf. 
p. 120 —121. 


Ebn Batuta in Sanaa, 239 


reife ab vom Meere entfernt Liege, zwifchen Pılmengärten, mit 8 
Mauerthoren (Niebuhr fah nur 4) und Brumen. Den Hifen— 
ort Öelafeca rüdt er, nad) einigen andern von ihm >citirter Au— 
toren, nur 15 Miles von der Stadt (Niebuhr rechnet 57% Mei- 
len) ). Diefer Hafenort ift jegt nur ein armliched Dorf; der dafen 
verfandet und wird von Gorallen zugebaut, 5’/, Meilen von Ho— 
deida und 5% Meilen von Beit el fafih, einer jüngern Gtadt, 
in welche fich der Handel von vielem einft blühenden Empaium 
zurüdgezogen haben fol. 

2) Von Taäs, das weder bei Ißtachri noch Edriſi vor— 
kommt, haben wir ſchon die Angaben nah Abulfeda und Ibn 
Batuta mitgetheilt. 

3) Sanaa ift dagegen ſchon dem Ißtachri befannt °) der 
bemerkt, in ganz Jemen gebe es feine größere, bevölfertere und beſ— 
fer mit Waſſer verfehene Stadt, als Diefe Landescapitale, deren Be- 
wohner wegen jehr gleichförmiger Temperatur feinen Unterfhiev 
zwifchen Sommer und Winterzeit zu machen willen, die aud in 
beiden Jahreszeiten gleiche Tages- und Nadhtlänge habe. Hier 
wohnten, fagt er, vor alten Zeiten die Könige von Jemen, Seren 
Palaſt nun in Trümmern liege, und einen großen Hügel, Gom— 
dan genannt (Gamdar 6) nennt Imam Seifolislam ben Dfi das 
Schloß vafelbft, dad Sem, Sohn Nous, erbaut haben fol), Milde; 
eö ſei ein Schloß gemwefen wie fein höheres im ganzen Lande. Dafs 
felbe wiederholt Edrifi 7) vom Palafte, der einen hohen Hügel 
dafelbft bilde, aber in Trümmern liege, einft gewaltig an Umfang 
und feſt. Mafrizid) giebt die merkwürdige Nadıricht von einer 
Inſeription der Kuppel dieſes himyaritiſchen Schloſſes, 
Ghumdan genannt, woraus das hohe Alter dieſes Bauwerkes 
hervorgeht, da die Schrift derſelben ven älteſten Musnad genann— 
ten, Schriftcharacteren von ihm beigezählt wird. Die Häufer der 
Stadt feien dicht zufammengebaut, was dort jo viel ald gute Baus 
art bezeichnet; Ißtachri fügt hinzu, in gang Jemen gebe es Feine 
berühmtere und beveutendere Stadt. Sie liege im Centro von 
Glima I, in fruchtbarem Boden, in milder Temperatur, wo Site 
wie Kälte gemäßigt fei. Deshalb vergleicht Alfergan auch ihre 


) Niebuhr, Neife Th. 1. ©. 323, 328 1. °) Ißtachri bei Morbt- 
mann ©. 13. °) C. Th. Johannsen, Hist. Jem. 1. c. p. 104. 
) Kdrisi bei Jaubert I, p. 50. ) E. Röpiger, über bimvaritifche 

Inschriften, in Wellfiev’s Neif. Th. Il, ©. 363, 


240 Weſt Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Lage mit der von Damaskus, wo zweimal Sommer und fonft 
ewigr Srühling’). Die meiften Häufer feien, fagt Edriſi, 
aus Jolz und Bretierk aufgeführt, in einigen mebe man die Zeuge, 
wel; „Stoffe von Sana” heißen. Sie liege an einem Fleinen 
Fluß, der aud dem Norden vom Berge Souafi fomme, dann ge= 
gen fe Stadt Damer ziehe und weiterhin fi zum Meere von 
Jemei ergieße. Im Norvder von Sanaa liege der Berg Reh— 
mer der ſehr hoch und 60 Miles in Umfang, aber jehr gut bes 
bautjei, mit Obftbaumen und ver Pflanze Wars, die ein Gelb, 
wie Safran, zur Färbung der Kleider gebe. Es ſcheint Died der— 
jelbeBerg zu fein, ven IHtachri gleich nah Sanaa den Modid— 
ſcheſa10), den Berg der Dſchaaferiden nennt, deſſen Höhe 20 
Bargangen betrage, der reich an Bewäfferung, an Saatfeldern und 
der Pflanze Wars fei (Uars bei Niebuhr, vie gelb färbt ), f. 
ob. 5. 224); feine befefligte Höhe fei nur auf einem einzigen Wege 
zugäigig gemefen, bi8 der Karmate Mohamed ben Fadhl, ver 
in Semen fein Panier erhob, jich deſſen bemächtigte. Damer die 
klein Stadt, zu welcher der Fluß von Sanaa ziehe, fol nad Edriſi 
40 (nach einer andern Stelle 48 Miles) gegen Süd liegen 12). 
Abulfeda wiederholt nur, was feine Vorgänger vom Clima 
und dem PBalafte gejagt haben, der vom Khalifen Osman) erft 
in emen Trümmerhügel Gomdan verwandelt wurde, der noch heute 
das Gaftel von Sanaa trägt1?). Er fügt nur obigen Vergleich 
Sanaa's mit Damazfl) hinzu, wegen des Ueberreichthums bei— 
der Orte an Waffern und Bäumen; felbft bei dieſer Hauptftadt find 
die von Abulfeda gefammelten Lingenangaben zu abweichend, um 
brauchbar zu fein, und die Breite, die nach den vier Angaben fi 
auf 14”, Lat. gleich bleibt, ift doch um faft einen ganzen Grad ir- 
tig, da fie nah Niebuhr’3 Obfervation 15° 21° N.Br. beträgt. 
Nah Golius fol der antife Name von Sanaa Oz&l!6) ge 
weien fein, ein Name den man vom erften Gründer Ufal, dem 
Sohne Joktans (1. B. Mof. 10, 27), berleitet, unftreitig eine ſehr 


*®) J. Golius, Alferganus Elem. Astron. p. 84. 10) Ißtachri bei 
Mordtmann S. 13. 2) Niebuhr, Beſchr. von Arab. ©. 151. 
’?) Edrisi b. Jaubert I. p. 50, 148. 13) Reinaud, Trad. d’Abulf. 

u. Pococke, Spec. Hist. Arab. p. 117; De Sacy, Chrestom. Arab. 
III. p. 192; Liber de expugnat. Memphidis ed. Hamaker p. 111. 
+) Niebuhr, Reifebefchr. I. ©. 418. 5) Reinaud |. c. p. 127; 
Gravius, Abulf. p. 54; Rommel, Abulf. Deser. p. 48. 6) I. 
Golius, Alferganus 1, c. p. 84; Niebuhr, Beichreib. von Arabien, 

S. 291. 


— — 
— 


Arabien; Ehen Batuta in Aden. 241 


alte Herkunft; e3 ſcheint jedoch, daß diefe Benennung nad) dem, was 
Niebuhr, der in Sanaa ſelbſt danach zu fragen vergaß, durch Hö— 
renfagen erfuhr, der Name der dafigen Judenſtadt gemefen zu 
jein, den ein eingeborner Araber mit ven Namen Oſer, ven Nies 
buhr für iventifch hielt, belegte. Serben hat ed an Ort und 
Stelle beftätigt, dan ver ältere Name Sanas auch Aſal gewefen 
und daher wol das Uſal ver Bibel Habe fein Fünnen!?). 

4) Eben Batuta's Defuh in Aden. Aden Abyan, 
Adana, Athana bei Plinius, ver Hafenort Arabia felix 
des Peripl., Mavdoce bei Btolem. — Akila, Okelis. — 
Aden over Aden Abyan (zum Unterfchieve einer Fleinern medi— 
terranen Stadt, Aden de Laa, die über ver Stadt Taäs auf dem 
Berge Sabber erbaut ift) hat ihren Ruhm aus alter Zeit (f..ob. 
©. 65) als Welthafen und Emporium mit in die mohameda= 
nische Periode herüher genommen; denn Iptachri’S) nennt fie zwar 
nur eine kleine Stadt zu feiner Zeit, aber berühmt als Seehafen 
für die große Schiffahrt, und Feine Stadt in ganz Jemen fer fo 
berühmt wie diefe. In ihrer Nähe gebe es Perlfiſchereien. Edriſi 
wiederholt daljelbe, fügt aber Sperialnachrichten von ihrem Vers 
fehr hinzu 19), nachdem er dad Itinerar zu Sande von Sanaa 
über Damar nad) Aden angeführt hat: von Sanaa nad) Da= 
mar 40 (oder 48 Mil.), von da nad Mifhlaf Mifan 24, nad) 
Madjar und Mobdar 60, nah Mifhlaf Abin, dv. i. Diftriet 
Abin, oftwärts Aden dicht am Meere gelegen, 72 und von da 
nach Aden 12 Miles. In den Hafen diefes Aden laufen, nad) 
ihm, die Schiffe von Sind, Ind und Diehin ein. Dieſe letztern, 
die Chinafchiffe, bringen Eifen, damafeirte Klingen, bereitete geförnte 
Häute (Chagrin, das von türkifchen Saghri diefen Namen im 
Handel erhielt), Mofchus, Alocholg, Pferdeſättel, irdenes Gefchirr 
(wol Borzellen), ven duftenden und den nicht duftenden SPfeffer, die 
Kofosnuß, dad Hernout (ein parfümirendes Korn), die Cardamo— 
men, Zimmt, Oalanga (ein duftendes Kraut), Macis(?), Myroba- 
lanen, Ebenholz, Schilofrot, Kampfer, Muscat, Gewürznägel, Cu— 
beben (ein aromatifches Korn von der Java-Inſel), Stoffe aus 
Pflanzen geflochyten und andre, Sammet, Elfenbein, Zinn, Nottangs 
und andre Nohrarten, und den größten Theil der bittern Aloe, die 


7) Seetzen in v. Zach, Monatl. Gorrefpondenz XXVIII. S. 180. 
16) Ißtachri bei Mordtmann ©. 13. '») Edrisi bei Jaubert 1, 
p. 51, 52. 


Nitter Erdfunde XIT. | Q 


242 Weoſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62, 


in den Handel fommen. Im Norden, jagt Edrifi weiter, werde 


diefe Stadt in gewiſſer Entfernung von einem Bergzuge im Halb- 
freife von Meer an Meer ftoßend umgeben, durch welchen nur 2 


Päſſe ein= und ausführen. Beide Paſſagen Tiegen aber 4 Tages 


märfche auseinander; andere Communicationen gebe e8 für die Bes 
wohner von Aden zu Lande nicht, denen aber durch ihren Hafen 
der meite Ocean zu ihrem Großhandel offen ſtehe. Im Angeficht 
von Aden, eine Tagereife in der Wüſte, liege eine fehr große Stadt 
Zisdjeble, die von einer Feſte El-ja'ken beherricht werde, viel— 
leicht in der Nähe ver heutigen Nefivenz des Sheikh von Aden, die 
Lahedfch genannt wird, und ebenfalls in einem Tagemarſche von 
diefem Hafen von Wellfted erreicht ward. 

Mas Abulfeda zu dieſen wichtigen Daten, welche Die ganze 
Bedeutung ded damaligen Aden, ehe noch Vortugiefen den See— 
weg um dad Südcap Afrikas aufgefunden, und der indische Welt: 
verfehr audichließlic) über das Nothe Meer gehen mußte, Hinzufügt, 
ift unbedeutend 2!). Die Umgebung von Aden fei Dürr und nadt; 
den Beinamen Abyan habe fie von einem Manne gleiches Namens, 
was aber wol von Azyzy berichtigt wird, der das Territorium, zu 
welchem die Stadt gehöre, Abyan (aud ein Gaftel in ver Nähe 
führt diefen Namen) nennt. inige neuere Neilende, fügt Abul— 
feda noch Hinzu, Hatten ihm erzählt, der Ort fei an einen Berg 
gelehnt, der fich über ver Stadt wie ein Wall erhebe; eine Mauer 
jege den Berg fort und umgebe auc) die Stadt an der Meeresfeite, 
die 2 Thore habe (daher leitet man?) auch wol ven Namen Aden 
Abyan oder Babyan, d. i. der zwei Thore, her), eins gegen bad 
Meer und eins gegen dad Land, welches Bab al Safijjn, d. 1. 
das „Ihor der Wafferträger” heiße, weil die Stadtbewohner 
durch) daſſelbe ihr ſüßes Waſſer zugetragen erhalten. Was hier 
aus fpäterer Zeit der türkiſchen KHerrichaft angebört und was von 
der Gegenwart, feit der Beſitznahme ver Briten, von Diefem merk— 
würdigen Punkte befannt geworden, wird weiter unten an feiner 
Stelle fich zeigen. Wenn der gelehrte Golius 2) dieſes Aden 
noch mit dem Landſtädtchen Aden de Kaa identifieirte, und es für 
dad mediterrane Adana des Steph. Byz.2*) hielt, das ihm mit 


620, Wellſted, Reife in Arab. Ueberf. von Rödiger Th. II. ©. 307. 
29) Gravius, Abulf. p.53; Rommel, Abulf. Deser. Arab. p.27—29; 
Reinaud, Trad. d’Abulf. p. 126 — 127. 2?) Herbelot, Bibl. Or. 
s. v. Aden. 29) J. Golius, Alfraganus Elem, Astron. \p. 83. 
**) Steph. Byz. s. v. Adana. 


Arabien; Ebn Batıta in Aden. 243 


feinen Vorgängern auch dem Eden, Ezechiel 27,23, zu entiprechen 
fchien, weil ihm vie Aduva nöhıg Ev ueooyelw Tng eddutuovog 
Aoußtag des Uranius (bei Stephanus Byz.) auf ein Paradiefes- 
land hinveutete (undöc zaı eödalumwr, von benedictione et felici- 
tate), jo bat der berühmte A. Schultens diefen Irrthum 25) fchon 
frühzeitig berichtigt. Mit dem früher genannten Hafen und Hans 
velöplag Aden bei Philoſtorgius (ſ. ob. ©.65), mo die chriftliche 
Kirche im 4ten Jahrhundert gegründet wurde, ift unftreitig dieſes 
Aden gemeint, wohin fich die vielen römifchen Kaufleute ſchon 
jener Zeit zur Betreibung des Handels nach Indien begaben; ob 
e8 aber ver im Peripl. Mar. Erythr., der fein Aden namhaft machte, 
genannte Seehafenort Arabia felix (Evdaluwv Apaßia zu- 
un nuago$ahaooıos, Peripl. Mar. Erythr.. ed. Oxon. p.14) war, 
der im Gebiete des rechtmäßigen Königd Charibaäl ver Himya— 
riten und Sabäer, eines Freundes der römifchen Kaifer lag, könnte 
zweifelhafter erjcheinen, da ihm der einheimifche arabische Name 
Aden nicht beigefügt ift. Aber alle Umftände vereinigen ſich den— 
noch für die Identität dieſes Ortes mit demjelben Aden, deſſen 
Namen der Kaufmann nur mit dem bei damaligen Nömern ge— 
bräuchlichen Namen Arabia felix ald Haupthafen bezeichnete. Dies 
bat Will. Vincent's gründliche Unterfuhung wol außer allen 
Zweifel geſetzt, wenn auch Goſſellin?6) nad) feinen hypothetiſchen 
Maaßen den Ort viel weiter oſtwärts an die Stelle von Hardjiah 
verrücken möchte. Der Autor des Periplus Hat von dem Hafen« 
orte Okelis ('OxnAds) geiprochen, der innerhalb der Meerenge 
(Bab el Mandeb)27) Liegt, im Küftenftrih Mapharitus, vom 
Cholebus beherrfcht, ein Ort der Fein Emporium fei, fondern nur 
dad Stelldichein aller ägyptifchen Schiffe, die im Juli abfegelten, 
um von dort bi8 Ende Auguft, fo lange der Monfun fie begüns 
ftige, die Ueberfahrt nah Muziris auf der Küfte Indiens zu ma— 
chen (Peripl. Mar. Erythr, p. 14). Auch Strabo nennt das Vor— 
gebirge ſelbſt Arien, Ara, das fpätere Gella, Hinter welchem 
auch heute noch mehrere jchügende, wenn ſchon verfandete Buchten 
zur Aufnahme von Schiffen ſich ausbreiten. Don Ocelis, das 
Ptolem. unter 75° Long. und 12° Lat. anfegt, ift zu bemerken, daß 
er einen andern Bürftennamen angiebt, in deſſen Gebiete es Tiege: 


2°) Alb. Schultens, Vita Salad. Ind. geogr. s. v. Adenum, 

26) Gossellin, Recherches sur la geogr. system, et posit. d. An- 
ciens T. Ill. p. 9—11, °’) Will. Vincent, on Commerce and 
Navigat. of the Ancient Vol. Il. 1607. p. 319, 325. 


O2 


244 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Elesari (’Elıoagwv xwoas, Ptol. VI. f01.152), wozu auch Mufa 
nach ihm gehörte, ein Name den Freönel?) für ven Aſchari— 
des oder Ulafcharijjoun ver Araber halt, der mit dem Gebie- 
ter des Rande von Cane des Weriplus, den diefer Eleasus nennt 
(f. unten), analog zu fein feheint. Bei der jüngften Küftenauf- 
nahme diefer Gegend durch Capt. Haines?9) (1834 bi8 36) wur 
den dieſe Kocalitäten erft genauer befannt, um zu einer Vergleichung 
mit der Lage der alten Ofelis führen zu Eönnen, deren in frühern 
Zeiten angegebenen Namen Gella, wie z. B. auf D’Anville’3 
Karte, die britifhen Nautifer dort nicht vorgefunden haben; da— 
gegen entdeckte Capt. Haines in der Nähe des Diebel Man— 
hali (12° 41° 10" N.Br., 43° 32’ 14" O. L. 9. Gr.) mehrere feichte 
Baien, die noch heute den Bootsleuten von Abyffinien bei ihrer 
Ueberfahrt zu Landungsorten dienen, und dicht daran ftoßend, ge— 
gen Oft, den Djebel Heifah, und an diefen den dunfeln Berg 
Turbah mit einigen Ruinen auf feiner Höhe, und einem Bedui— 
nen=Dorfe an feiner Seite, die er wol für das alte Okelis halten 
möchte, eine Stelle die auch durch gelicherten Anfergrund unter dem 
Berge ausgezeichnet ift (f. unten). Von diefer Station, welche die 
ftürmifche Meerenge beberrfcht, ift außerhalb dverfelben vie erite 
Anfuhrt, fagt der Periplus, 1200 Stadien (30 Meilen) fern, der 


Drt Arabia felix am Meere, deſſen Hafen noch günftiger ift, 


und ſüßeres Waffer für die Schiffe darbietet als Okelis. Er liegt 
am Gingang des großen arabifchen Golfes. Früher war e8 eine 
bedeutende Stadt, ehe die Blotten direct von Indien nad) Aegyp— 
ten, und von Aegypten irgend Jemand fich getraute di— 
rect (mit ven Monfung, die Hippalus entvedte) nach dem Orient 
im Außern Meere zu fchiffen; denn vorher begegneten fich die Flot— 
ten der Inder und die der Aegypter hier in dieſem Hafen, wo fie 


ihre Waaren austaufchten, wie Alexandria die der Europäer und 


der Levante umfeßt. „Aber erft Furz vor unfern Zeiten, fagt 
der Periplus, iſt dieſe Stadt Arabia felix von dem Caeſar 
zerftört worden.” Senfeit aber folgt ein langed Geftade mit 
Buchten 2000 Stadien (50 Meilen) lang von Nomaden und Ich— 


628) Fresnel, L. sur la geogr. de l’Arabie I. c. T.X. p. 191. 

?°) Capt. S. B. Haines, Ind. Navy Memoir to accompany a Chart 
of the South Coast of Arabia from Bab el Mandeb to 50° 43‘ 
25° East. L. of Gr. im ‘Journ. of the Roy. Geogr. Soc. of London. 
Vol. IX. 1839. p. 126; vergl. J. Bird, On the Soutlı Coast of 
Arabia im Journ of the Lond. Geogr. Soc. Vol. IV. 1834. p. 200. 


“> — —— — LE Zn a u = 


Arabien; Aden der Welthafen. 245 


thyophagen bis Cane (Kavn, Peripl. Mar. Erythr. p.15) im 
Gebiete Eleasus, de3 Beherrfchers der Weihrauchregion (zw- 
oag Aıßovwropooov). Hätte der Periplus ven Caeſar genannt, 
welcher diefen fo gefeierten Marktort furz vor deſſen Zeit zerftört 
hatte, jo würde ein gutes chronologifches Datum für Jemen, wie 
für alle Daten der Handelöperiode des Periplus gewonnen fein. Die 
ältern Erklärer hatten ſich mit der Conjectur geholfen, den Kaiſer 
Trajan für den Zerjtörer zu halten, ald ven einzigen der Caefa= 
ren, welcher ald Befieger der Araber gepriefen war. Wie wenig 
ftatthaft eine folche Babel ericheint, haben wir in obigem ſchon ans 
gedeutet (j. 06. ©. 12). Mannert, ver des Plinius Athana 
(Plin. H. N. VI. 32: Item Omnae et Athanae quae nunc oppida 
maxime celebrari a Persico mari nostri negotiatores dicunt), das 
doch am Perfermerte mit Oman gefucht werden müßte, mit diefem 
Aden, und dem Even des Propheten Ezechiel (Ezech. 27,23, nad) 
einer unbegründeten Sypotheje des Nitter Michaelis, da es doch 
nur als Handelsort mit aſſyriſchen Stüdten wie Saran und 
Chalne zufammengeftellt ift) 30), ganz irrig iventifieirt hat, und das 
Madoke des Ptolemaeus für den Stellvertreter des erlofchenen 
Aden hält, fchreibt die Zerftörung dem Aelius Gallus33l) zu, 
und meint der Gaefar, von dem der Periplus fpreche, könne fein 
anderer ald Auguftus felbft fein: denn, von einem -andern Römer 
jei feine dortige Verheerung befannt. E3 jcheint fchwierig, alle dieſe 
Widerſprüche zu löfen: denn wenn man auch Aelius Gallus auf 
feinem Feldzuge, mit Jomard und Fresnel??), bis in dad Herz 
von Jemen, bis Mareb bei Sannaa begleitet, welches beide Aus 
toren für die äußerfte Südſtadt erklären, die von dem römischen 
Feldherrn zerftört ward, jo.jagt doch mevder Strabo noch Pli= 
nius, daß er bid an das Meer nach Aden vorgedrungen ſei: denn 
von jenem äußerften Ziele ver Mariaba oder Marſyaba unmit- 
telbar fehrte er mit feinem Heere nach Kaufe zurück. Auch würde 
der Schreiber des Periplus aus einer ficher viel fpätern Zeit nicht 
haben fagen fünnen, daß kurz vor ihm jener Ort zerftört fei, va 
Aelius Gallus Feldzug in dem Jahre 94 v. Chr. ©. ftattfanv. 
Der gründliche Dr. Vincent ſcheint den mwahrfcheinlichften Auf— 


30) Nofenmüller, Bibl. Geogr. 1.B. 2. Th. S. 27, 129, Not. ©. 161. 

2) Mannert, Geogr. d. Gr. u. Roͤm. Th. VI. B.1. ©. 56 u. f. 

») Jomard, Etudes hist. et géograph, sur l’Arabie p. 143 — 145; 
Fresnel, s. la g&ographie de l’Arabie, Journ, Asiat. T.X. 1840. 
pP: 7 — 2. 


246 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


ichluß über jened Schiedfal des alten Aden zu geben. Wenn von 
einem Zerftörer Caeſar die Rede fei, fagt er, fo heiße dies nicht 
von ihm in Perfon, fondern auf jeinen Befehl, und dazu biete die 
Zeit des Kaifer Claudius die paffendfte Zeit. Denn feit Aelius 
Galus Kriegszuge nach Arabien, wenn er auch nach Vincent's 
Meberzeugung nicht ſüdwärts 33) über die Grenze Hedfchas hinaus— 
ging, behielten die Römer doc an der Nordfüfte des Nothen Mee- 
res einen feften Fuß, wie dies ihre Garnifon und ihr Hafenzoll zu 
Leufefome an der Küfte ver Nabatäer (1. ob. ©. 127) bemeife. 
Späterhin unter Kaifer Claudius müffe aber ihr Einfluß auch bis 
zu den füdlichen Häfen am Ocean vorgedrungen fein, ald Annius 
Plocamus vom Staate die Einnahme der Zollitätten am 
Rothen Meere gepachtet hatte, und fein Libertus, der mit deren 
Eintreibung beauftragt war, auf feinem Schiffe, wie Plinius er= 
zählt (A. N. VI. 24), durd) Norvftürme nach Geylon verjchlagen 
(Erdk. VI. ©. 18) die merkwürdige Entdeckung dieſer Inſel machte, 
von der er dem Kaiſer nach feiner Rückkehr Bericht gab, und ſelbſt 
4 indifche Gefandte von da mit nach Nom brachte. Diejer directe 
Verkehr ver Römer mit Indien und vie gleichzeitige Entdeckung des 
regelmäßigen Sippalus, vd. i. des Südweſtmonſuns, der von 
feinem Entvdeder ven Namen 3t) erhalten haben fol (Peripl. Mar. 
Erythr. p. 32), gaben den Römern, denen ed" nun von größter 
Wichtigkeit fein mußte, den Gewinn des indischen Verkehrs in eig— 
ner Hand zu halten, die nächite Gelegenheit, auch auf den dortigen 
Weltmarkt ihr Supremat auszuüben. Nichts it wahrfcheinlicher, 
als daß vie Eiferfucht ver arabiſchen Schiffer, und zumal die 
des Hauptemporiums von Aden, ihnen in den Weg traten, worauf 
denn die Uebermacht der Nömerflotten in ven feindlichen Händeln 
leicht den Vorwand zu einer Zerftörung der feindlich gefinnten Ha— 
fenftaot finden Eonnte. Die Freundfchaftöverbindung der römijchen 
Gaefaren mit dem Himyariten=- Könige Charibael (per in der 
Negententafel derfelben feinen Namendverwanpdten hat), dem die Rö— 
mer, nach der Verficherung ded Periplus, häufig Geſandte und 
Geſchenke fchicften (Peripl. Mar. Erythr. p. 13), fonnte die 
römische Politik an ihrem Machtftreich nicht hindern; vielleicht daß 
ihm felbjt die Bändigung eines zu miüchtig gemordenen Küften- 
Sheikhs willkommen war. Daß feitven aber der Einfluß römi— 


635) W. Vincent, on Commerce and Nav. II. p. 52, Not. 107. 
34) Ufert, Geogr. d. Or. u. Rom. Th. J. ©. 125. U. ©. 179. 


I 


Arabien; Aden, Hauptemporium, 247 


jeher Kaufleute in Adens Handelsverkehr ftieg, ergiebt fich aus 
ves Philoftorgius Bericht von der Bereitwilligkfeit des Himya— 
riten= Königs, zu deren Beften, auf Theophilus und Kaifer Con— 
ſtantius Erſuchen, daſelbſt Kirchen zu bauen (j. ob. ©. 64); 
woraus ſich auch ergiebt, daß die Zerftörung des Ortes nur eine 
temporaire Maßregel war, die beabſichtigen mochte, von da etwa 
nur die begänftigteren Fremdhändler aus ven indifchen Ge— 
wäfjern (wie heutzutage die Banianen) zu Öunften der abend» 
ländifchen aud dem Römer-Reiche zu verfcheuchen. Daß fo nahe 
zu Okelis ein anderer Herrſcher, Choleb mit Namen, gebot, ald 
Gharibaäl, ven der Periplus wol nicht ohne Grund den legi— 
timen König der Himyariten und Sabäer nannte, thut den dama— 
ligen politifchen Zuſtänden der noch über Jemen gedietenden Himya— 
riten= Dynaftie feinen Gintrag, da in jenen Zeiten wol einzelne 
Araber-Sheifh8 fich eben fo independent von ihren Oberheren mas 
chen mochten, wie im neuerer Zeit, wo zu Niebuhr's Zeiten, und 
bis heute der Sheifh von Aden fich vom Imam von Sanaa ganz 
unabhängig gemacht hatte. In gleicher Independenz mag weiter 
im Often der Fürft Eleaſus des Weihrauchlandes geitanden 
haben, ein Verhältniß dns ganz den fortwährenden innern Spals 
tungen der Himyaritenherrſchaft entipricht. 

Bon großem Intereſſe für die ältefte Eulturgefchichte die— 
ſes hHimyaritifchen Reiches oder des Sabäerlandes in Jes 
men, deffen Hauptemporium zum Notben Meere vom Periplus 
Muza, zum äußern Meere diefes Aden genannt wird, ift es, 
dag auch der weit ältere Autor, der berühmte Agatharchides 
aus Knidus (blüht etwa 120 Jahr vor Chr. G.) in feinen erhal« 
tenen Fragmenten über dad Rothe Meer (Ex Agatharchide de 
Rubro Mari in Geogr. Veter. Ser. Graeci Minores ed. Oxon. I. 
1698. p. 61 ete.) diefe Angaben des Periplus nur bejtätigt, und 
in ein höheres Alter hinauf erweitert. Gr beſaß eine fehr fpecielle 
Kenntniß, wenn auch wol etwas übertriebene Vorftellung von dem 
Bolfe ver Sabäer, das er dad größte in Arabien nannte, das 
mit allen Gütern und Glückjeligfeiten reich begabt jet. Die Erve 
bringe in diefem von ihm wie ein Eldorado gefchilvertem Lande, 
alle Bedürfniſſe hervor, einen großen Reichthum an Heerden, die 
duftendften Kräuter, Balfam und Kafia bis zum Meeresftrande; 
im Innern ded Landes Hohe Wälder, Myrrhen und Weih— 
rau, Gewürze, Balmen und Nohre, und die fchönften Mene 
fchengeftalten. Er nennt Saba die Sauptftadt, welche dem ganzen 


248 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. G. 62. 


Volke don Namen gegeben, auf einer mäßigen Höhe gelegen, die 
aber zu den fehönften des Landes gehöre. Er kennt die Würde, die 
Verfaſſung, die Sitten der Könige, des Landes, das Leben der Ein- 
zelnen. Gr bewundert die Naturgaben, die ihrem Lande verliehen, 
er weiß aber auch, daß fie die gewandteften Schiffer find, tapfere 
Krieger, geſchickte Aderbauer und Handelöleute, Die ihre Golonien 
ausfenvden. Kein Bolf, jagt er, fei reicher ald Sabäer um Ger— 
rhäer, die alles mad aus Europa und Aſien begehrungsmerthes 
zu haben, beiten und umfeßen (Agatharch. 1. e. p. 64), und die 
Ptolemäer wie die Syrer mit Gold bereichern, Die induftriöfen Phö— 
nicier mit den foftbarften Waaren und Hundert andern Dingen ver- 
jeben hätten. Sie felbft verwendeten große Summen nicht nur auf 
die zierlichften Kunftwerfe und GSculpturen (Topeiuacı Yavun- 
orors), ſondern auch auf Ausarbeitung mannichfaltig gejchmückter 
Trinfgefehirre, Divane und großer Dreifüße (Aırav zul ToLno- 
dw» ey&Feoı), die fie wie die Griechen den Tempeln meinten, 
und darin ſich fehr großartig zeigten. Denn. bei vielen Privaten 
fah man wie bei Königen vergolvete Säulen, aber auch maſſiv fil= 
berne, desgleichen Pforten und Decken der Gemächer geſchmückt mit 
koſtbaren Phialen von edlen Steinen mit Gemmen gegiert; und ihre 
Säulenhallen (Ta ueooorvAıa) gewährten den würdigſten Anblick; 
ja mas die Sauptfache, aller Neihthbum des Auslandes jei 
bier in der größten Mannichfaltigfeit vereinigt, zu finden; fo ihr 
Ruhm bis zu unferer Zeit. — Sp weit Agathardides. 
Denſelben Hafenort Aden nennt nun derfelbe Autor mit dies 
jem Namen nicht, aber er bezeichnet außerhalb des Nothen Mee- 
res jene Anfuhrt am weißen, einem Fluſſe abnlich fehenden (wol 
durd Strömung over Brandung bewegten) Meere Fenntlich genug >>), 
wo nun die Station der einheimischen Schiffe, die zum Indus 
Aleranders (Diodor fagt, nach Patana) gingen, wie nicht wenige 
der fremden, die von Perſis und Karamanien und aus der meiten 
Berne dafeldft ſich verſammelten, wahrnehme, wozu er noch die 
merkwürdigen Phänomene vom Auf- und Untergange der Geftirne 
und der Sonne, welche mol von den Schiffern aus jener weiten 
Meeresfläche, aber unverftändlich genug, mitgetheilt wurden, hinzu— 
fügt. Diefe Schilderung, am erften Ausgange von Bab el Manz 
deb, kann wol nur auf Aden bezogen werden, und vielleicht, meil 
der Grieche auch vorliegende beglückte Infeln (vjooı de zvdai- 


695) W. Vincent, Commerce etc. I. c. Il. p. 327 — 329. 





Arabien; Adens Geſtadeland. 249 


novsg nugaxeıyrar Agatharch. p. 65) nennt, auf denen man nur 
jchneeweiße Rinder und Kühe ohne Hörner (wol eingeführte 
indifche Zebus, melde bis heute als heilige Kühe mit allen Ba— 
nianen Kaufleuten aus Imdien in ihre Nieverlaffungen von 
Oman in Arabien36) 6i8 zur afrifanifchen Zanguebarfüfte mitge- 
bracht zu werben pflegen) fehe, aud) auf noch). weiter öftlicher gele— 
gene Geſtade, denen wirklich Eleine Infelgruppen vorliegen. Bon 
diefen Anfuhrten aber war ed, daß die Sabäer, feit jenen Alteften 
Zeiten ihres Wohlftandes, auch ihre Colonien (unftreitig Sans 
velscolonien oder Faftoreien, zul or&Akovowv unoıztug, Aga- 
tharch. p. 64) nach dem fernen Indien ausfandten, von 
woher die großen ungefchlachten Schiffe, große Indienfahrer 
(taig ueilooı Yowpevoı oyedlaıs, mit fremden Gewürzen beladen, 
Japiuva u. a.), oder felbft chinefifche Sunfen zu ihnen Famen. 
Denn aus authentifchen Nachrichten vurd) Cosmas Indicopleu- 
stes wiffen wir, daß dieſe wenigſtens noch im 5ten Jahrhundert 
von Geylon aus ihre Waaren big zu den Simyariten und nad) 
Adule fandten (Erdf. VI. S. 30), im Iten Jahrhundert, nah Mae 
fudi, daß ihre großen mit Holzverdecken überbauten Junfen oder 
MWaarenjchiffe feldft bis zu dem reichen Siraf im perfiichen Meer— 
bufen gingen (Erdk. VI. ©. 774— 776), und bis in das Euphrat» 
delta aufichifften, dort ihre Waaren für die Könige von Hira abe 
zuſetzen (Erdk. Th. X. ©. 64). Die ausgeſchickten Golonien oder 
Factoreien nad Indien zu Agatharchides Zeiten erklären 
ed aber, wie alt und innig dad Band des Verkehrs zwilchen Sa— 
bäern und Indern, und alfo auc) ihre gegenfeitige Civilifation 
war; und daß die Inder von jeher feinem Fremdling Hinderniffe 
ver Anſiedlung in ihrem Lande entgegenftellten, jondern alle mit 
Toleranz in ihre Welt aufnahmen, ift befannt genug. Was Dio- 
por von Sieilien über dieſe Verhältniife Arabiens fügt (Diod. Sic. 
Hist. Lib. III. ce. 45—47), it bloße Kopie des Agatharchides, 
wie er died im leuten Kapitel auch felbit andeutet. 

Wir haben fchon früher auf den älteften Verkehr Arabiens 
durch vie Salomoniſche Ophir-Fahrt hingedeutet, in der der 
Hafen von Aden feine gleichgültige Nolle gefpielt haben wird, und 
auch auf den Einfluß der Sabäer auf die Inder hingewiefen, da 
durch ihre früheste Zufuhr nad Indien (wie Weihrauch, Ma— 


» Wellſted, Reiſen in Arabien, Ueberſ. v. Rödiger Th. Jl. ©. 19; II. 


S. 329. 


250 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


vana, eine Pfefferart Davanapriya, Zinn, Davanefhta in 
dem älteften Sanserit felbft heißen) in ihren Waaren= Namen, 
nämlid der Davanas oder Joner, d. t. der Weftvölfer, wie 
noch heute Berfer und Araber bei ihnen heißen, durch die Sprache 
ſelbſt ein Denfmal des Alteften Verkehrs errichtet fei, das über 
alle Hiftorie hinausreiche (1. Erdf. V. ©.440— 443). Diefe 
Hindeutung ift durch die gelehrten indischen Forſchungen unſers hoch— 
verehrten Freundes Chr. Laſſens aus den Sandfrit, zur Er— 
läuterung der Ophir-Fahrt und der aus Indien mitgebrachten 
Mroducte, wie der feitdem bei Hebräern und Arabern einge— 
bürgerten indifhen Worte?) (Abhira, d. i. die Mündun— 
gen des Indus, für Ophirz des Affen Kopi vom fandfritiichen 
Kapi; des Elfenbein, Shenhabbim, d. i. Zahn des Ibha, d. i. 
des Glephanten; cikhin im Sandfrit der Pfau für Tukhi-im; 
valgum im Sangf., vaher Algumin für Sandelholz, das nur in 
Malabar wächſt, eben fo die Narde, Bdellion, Baumwolle u. a. m.) 
wol zur Gemwißheit geworven. (Ueber das heutige Aden f. unten). 

Wir fönnen daher nun um fo eher zu unferm Pilger Ebn 
Batuta zurüdfehren, der 2000 Jahre nach der Salomoniſchen 
Ophir- und ein Jahrtaufend nad der Periplusfahrt des Pſeudo— 
Arrian von demfelben Aden, wo er noch immer eine große 
Stadt 38) vorfand, wenn fehon ohne Quellen, ohne Bäume, doch 
mit Eünftlichen Regenciſternen, und mehrern ſehr reichen Kaufleu= 
ten, und frommen und anftandigen Bewohnern, fagt, daß dahin 
noch immer, wie vordem, Schiffe aus Indien vor Anker gingen, 
wohin er nun felbft feine Ueberfahrt zu machen ſich vornahm. Doch 
zuvor lernen wir durch ihn, als Augenzeugen, erft noch einige 
Hauptpuncte der Süd- und dann der Oſtküſte ver arabifchen Halb: 
injel näher fennen. 


37) Chr. Laſſen, Indifche Alterthumsfunde 1.8. 1. 9. Bonn, 1843. 
©. 313, 539. ®®) Ebn Batuta p. 59. 


Arabien; Ebn Batuta in Zafar. 251 


2. Ebn Batuta’3 Fahrt nah Zafar (Sepher, Dhafar), 
Dofar der heutigen Zeit, an der Südoſtküſte Ara— 
biens, dejfen oceanifches Geftadeland nad) Ißtachri, 
Edrifi, Abulfera und den alten Römern. Das Land 
Hadhramaut. Das Weihrauhland Chedjer. Die 
Mahri; Land Mahra oder Mehret (Gap Morehat). 
Der Berg gegen den Morgen (Shher, Ener der 
MWeihrauhberg). Der Berg Lous. 


Dad Schiff von Aden trug Ebn Batuta erjt nach der afrie 
kaniſchen Küfte hinüber, von Zeila bis Mombaza, und dann 
zum arabifchen Geſtade zurüd nach Zafar3?), die er die fernfie 
Stant von Jemen nennt, am Ufer des indiſchen Meeres gele- 
gen. Don dieſer Küfte, jagt er, führe man viele Pferde aus 
nach Indien, wohin man, bei gutem Winde, in Zeit eines vollen 
Monats überfahren fünne. Zwiſchen Zafar und Aden zu Lande 
jei eine Diftang von einem Monat Zeit, zwijchen Zafar und Ha— 
dhramaut nur die Hälfte des Weges, 16 Tagereifen; von Zafar 
nah Amman, d. i. Oman (in Norvoft von da), zu kommen, 
brauche man aber 20 Tagereifen. Diefe Stadt Zafar ftehe allein 
in einer großen Ebene, in ver fein anderes Dorf, Feine andere Herr: 
fchaft gebiete; der Ort ſei ſchmutzig, vol Fliegenſchmeiß, wegen der 
vielen Fiſche und Datteln, die man da zu Marfte bringe. So— 
gar die Laftthiere und die Schaafe füttre man da mit Bifchen, jagt 
Ebn Batuta, was er fonft an feinem andern Orte gefehen. Die 
Münze bei den dortigen Leuten ſei von Kupfer und Zinn; wegen 
der großen Kite des Landes bade man ſich täglid ein paarmal. 
Aber Nierenbefchwerven und die Elephantiaſis jeien bei ihnen herr: 
fchende Krankheiten. Was ven Pilger am meiften Wunder nahm, 
fagt er, war, daß die Bewohner von Zafar nie einem andern Uns 
recht thun, wenn diefer fie nicht zuvor beleidigt habe, daß fie aber 
viele Könige, die ihr Land zu erobern verfuchten, zurücdgefchlagen, 
mit tüchtigen Denfzetteln auf ihrem Nacken. — 

Aud den angegebenen Diftanzen dieſer Stadt, 30 Tagereifen 
gegen SW. nah Aden, und 20 Tagereiſen gegen N.O. nad) 
Dman, ift die Lage dieſes Hafenortes in der Landſchaft Mah— 
rah, oftwärts von Hadhramaut, direct im Norden der Ueberfahrt 
von der Infel Socotora, mit hinreichender Präcifion angegeben, 


*) Ebn Batuta p. 5. 


252 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


um ihn von andern Ortfchaften ähnlicher Namen, mit denen er oft 
vermechfelt ift, zu unterfcheiden, und für das Dofar oder Dhofar 
der jpätern Zeiten anzuerkennen, wie fich mit größter Beflimmtheit 
aus allem Folgenden ergeben wird. 

Noch mag es zweifelhaft bleiben, ob dieſes Zafar oder Za— 
phar in Mahrahb das obengenannte Taphar des Philoſtor— 
giud (Ev aurh TH umroonoAsı Toü navrög EIvovg Tuapapov 
x. t. A. Philost. Hist. Ecel. Lib. IH. $. 4. fol. 441 ed. Vales.) 
gemwefen, mo eine chriftliche Kirche vom Himyaritenkönige erbaut 
ward (ſ. ob. ©. 64), weil e8 noch drei andere gleichlautende 
Ortſchaften im fünlichen Arabien giebt, mit deren einer jened Taphar 
wol zufammen fallen könnte, zumal könnte 28 eine Saphar re- 
gia (bei Plin. VI. 23) fein, übereinftimmend mit der Sapphar 
(bei Ptolemäus, Ianpaou untoonokıg, 88° Long. 14° 30' Lat., 
Libr. VI. fol. 156) und mit ver Aphar Metropolis des Bes 
riplus (Peripl. Mar. Erythr. p.13); alſo diefe iventifchen drei, 
welche wieder für dDiefelben mit den Ruinen der alten himyariti— 
ſchen Königsrefidenz Sapphar over Dhofar gehalten wurden #0), 
von der Niebuhr an der Oftfeite des Berges Sumära, eine halbe 
Tagereife in S.W. der Stadt Jerim (unter 14° 17! N.Br., nad 
Niebuhr's Objervation)*), bei feiner. Durchreife reden hörte. 
Diefe tief im Binnenlande gelegene, direct von Aden nordwärts an 
30 bis 40 deutſche Meilen entfernt liegende Saphar kann alfo 
auf Eeinen Fall, wie fchon Niebuhr bemerfte, mit jener wenn 
ſchon gleichnamigen Safenftadt Zafar vermwechielt werben, da 
diefe wenigftend 150 deutſche Meilen weiter oſtwärts von jener 
Saphar regia oder Aphar Metropolis entfernt liegt. Doch haben 
die arabifchen Autoren felbft ihre antife verfchwundene Sabe re- 
gia*) eines Theil mit der Stadt Marib vermechfelt, die ihr als 
Königsſtadt fuecedirte, und auf melde ihr Name bei Abulfeda über: 
tragen ward; andern Theild aber auch mit jener Zafar ver Ha— 
fenftadt, von der fie in der legten Periode ihrer Exiftenz den be= 
rühmten Namen geliehen haben mochte. Zu Ptolemäus Zeiten 
hatten Die 3 Hauptftädte der Joetaniden Sapphar Metropo- 
lis 88° Long., Mariaba Metropolis 76° Long. 18%” Lat. 








640, Mannert, Geogr. d. Gr. u. Röm. VI. 1. ©. 73; vergl. Fresnel, 
sur la Géogr. de l’Arabie T. X. p. 188. +1), Niebuhr, Befchr. 
von Mrabien ©. 236, 290; vergl. deſſ. Neife Th. I. ©. 400. 

*°) F. Fresnel, L. sur la Géogr. de l’Arabie T.X. p. 186, 188. 


Arabien; die Seeftadt Zafar in Mahrah. 253 


und Sabe Regia 76° Long. 13° Lat. noch ihre primitive Benen— 
nung gefondert beibehalten, wenn ſchon es mehrere Mariabas gab. 

Dennoch reicht die Eriftenz jener Serftadt, Zafar in Mah— 
rah, in gleich hohe und vielleicht höhere Zeiten zurüd, da fle ſchon 
in dem 1. B. Mofe 10, 30 als die Wohnung der Söhne Jof- 
tand genannt wird; denn von diefen (j. ob. ©. 40 u. f.) heißt es, 
in jener merfwürdigen Stelle, nach ihrer einzelnen namentlichen Auf— 
zählung (B. 25— 29): „und ihre Wohnung war von Meja 
(over Meicha) an, bis man fommt gen Sephar, an den 
Borg gegen den Morgen.” Schon Niebuhr jchloß aus der 
Nachweiſung diefer beiden fo beftimmt bezeichneten Grenzörter, 
daß fich einft das Gebiet der Jortaniven vom Tehama im Jemen 
(an deſſen Berggrenze der uralte Ort Mefa gelegen, oder Meſcha, 
ein Name der fich öfter in Semen wiederholt und wahrjcheinlich mit 
Mufa iventiih iſt)) oftwärts bis Mahrah erftredt habe; er 
wied zur Beftätigung dieſer Annahme die Analogie der mojaijchen 
Namen ver Söhne Ioctand mit den in diefem Landftriche auch nod) 
heute vorfommenden Namen nah*). Maſudi) hat von einer 
Stadt Thafär (Damer in einem andern Cover eined ungenannten 
Autors bei De Sacy), die wol feine andere als dieſe Seeſtadt fein 
fann, eine antife Infeription mitgetheilt, die auf einem ſchwar— 
zen Steine am Thore der Stadt folgenden Inhalts geftanden haben 
fol, worüber wir jedoch hinfichtlicy ihrer Authenticität ſonſt feinen 
Gewährsmann befigen. „Wer beherrfchte Thafär? die Hi— 
„myariten die Vortrefflihen. Wer? die Aethiopier die 
„Abſcheulichen. Wer? die SBerfer, die Freien. Wer? die 
„Koreifchiten, die Kaufleute” (f. ob. ©. 46, 69,73). Ißta— 
chri fannte zwar die große ausgedehnte Südoſtküſte der arabifchen 
Halbinfel von Oman bis Aden, aber den Namen diefer Seeftadt 
Zafar finden wir bei ihm nicht vor; er nennt den Abul Kaßim 
el Baßri als feinen #6) Gewährsmann, daß ed von Oman big 
Aden eine Strede von 600 Paraſangen fei, nämlidy 50 durch bes 
wohntes Land nach Marfat, 50 von da durch unbewohntes Land 
bis zum Anfange von Mahra oder Schadſcher; dann die Länge 
von Mahra (vd. i. Hadhramaut) 400 Parafangen. Auf diefer 


+9), Miebuhr, Befchr. von Arab, ©. 223, 290. +) Ebend. ©. 291 
bi8292; vergl. F. Fresnel, Lettre IV. I. c. T. VI. p. 218— 225. 

*°) E. Rüdiger, Greurs über himyaritifche Infchriften b. Wellſteds N, 
Th. 1. ©. 363, +, Jhtachri bei Mordtmann ©. 15. 


254 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


ganzen Strede fei Die Breite 5 Paraſangen und weniger, alles lau⸗ 
ter Sand. Dann ſei es von der äußerſten Grenze von Schadſchr 
bis Aden noch 100 Warafangen. Die an einer andern Stelle im 
Ckaͤmous genannte himyaritiſche Königärefivenz Zhafär, wo man 
zur Zeit Amr Sohn Tobba's (f. ob. ©. 48) das Arabifche der Be» 
duinen noch nicht Sprach, fondern dad Althbimyaritifche, ober 
Ehhkili, welches aber die Beduinen nicht verftanden, mag auch 
diefelbe binnenlandifche Metropolis Tapharon des Philoſtor— 
gius gewefen fein, wenigftens ift feine Spur vorhanden, fie für 
die Seeftadt Zafar in Mahrah zu halten, wo allerdingd noch 
heutzutage von Ckiſchim (auf der Weftfeite des Cap Fartaf etwa 
unter 52° O.L. v. Gr.) an, oder von der Oftgrenzge Hadhramauts 
an, oftwarts bis Merbat, oder richtiger Mirbät (f. ob. ©. 46 
6i8 47), dad Nas Morchbat der Schiffer, an deſſen Weitfeite Za— 
far zu liegen fommt, und weiterhin vie Küftenlanpfchaft Mahrah, 
wo das deshalb auch fogenannte Mahri (Ehhfili) nad Fres— 
nel's Forfhungen (f. ob. ©. 46--51) gejprocdhen wird. Wenn 
aber jenes Sprichwort „wer in Zhafär eintritt muß hi— 
myarifiren“ (|. ob. ©. 50), auf jene binnenlandifche Tapharon 
fich bezieht: jo geht daraus hervor, daß Tich damals dieſe nicdht- 
arabiiche, hHimyaritifhe Hoffprade von einer Zafar in 
Jemen bis zur andern Zafar in Mahra, alfo durch das ganze 
Land der Ioctanivden- Anfiedlung (von Meſa bis Sephar) 
von Weft bis Oft, ausdehnte, daß es demnach nur im Often als 
einheimifche Volksſprache bis heute geblieben, während es 
aus der Jemenifchen Weithälfte in den mohamedanifchen Zeiten zu= 
rückgedrängt ward, und heutzutage dort wenigftens im meftlichen 
Jemen audgeftorben erfcheint. Der Name Sephar, Saphar, 
Sapphar, Taphar, Zafar, und neuerlich Dophar over Das 
far, gehört alſo fiher nur der älteſten ISoctanidenverbreis 
tung an; daher die Unficherheit ver fpätern moslemiſchen Geogra= 
phen über dieſen Gegenftand, und die Verwechslungen felbit, bei 
Edrifi, zumal aber Abulfeda und den Neuern. 

Der Ausdruck der mofaischen Angabe: „gen Sepbar an den 
Berg gegen den Morgen” ift keineswegs müfig, fondern für 
diefed Zafar jehr bezeichnend: denn eben hier ift es, wo nach allen 
übereinflimmenden Zeugniſſen der berühmte „Berg des Weihe 
rauchs“ fich erhebt, der unftreitig mit jenem Ausdruck bezeichnet 
iſt. Wir haben ſchon oben gejehen, wie dieſer Berg dafelbft in ver 
bort altseinheimiichen Sprache Shher (Sodar bei D’An= 


Arabien; Zafar, ver Weihrauchberg. 255 


ville) heiße, und daß diefer Name mit dem feiner Bewohner der 
unterjochten Gafte, der Shhari, zufammenfalle (ſ. oben ©. 47). 
Ißtachri Hat diefen Namen?) wirklich noch aufbewahrt; er jagt, 
im Lande Mahra ift ver Hauptort Schahr; ein wüfted Land 
defien Bewohner die barbarifche Sprache reden, die man nicht 
verfteben fann (ſ. ob. ©.43).° In ihrem Lande find weder Pal— 
men noch Saatfelver; ihr Neichthum befteht in Kameelen. Ihre 
Dromedare find auf Reiſen vorzüglicher ald andere. Der Weih- 
rauch, der nach andern Rindern gebracht wird, kommt aus diefem 
Lande, das eine ausgebreitete Wüfte, und zu Oman gehören fol. 
Bon diefem Weihrauchberge und Weihrauchlande an der 
öſtlichen Meeresfüfte wiffen alle Autoren zu reden, wenn fie auch 
die zugehörige Zafar oder Sephar nicht mehr Fennen oder darü— 
ber in Berwirrung find. 

Dijawhari, ver Autor jened zulegt erwähnten Sprich— 
worts, Fennt, fagt Breönel, nur ein Zhafär; verfteht aber dar— 
unter entſchieden die Gapitale der Himyariten, und fagt, von dieſer 
Stadt fomme der zhafarifhe Onyr (Ulvhafäry nennt ihn 
aud der Berfaffer des Meraſſid, Alitthila)*) und dad zhafa= 
rifhe Holz®), welches das Holz der Räucherungen fei. — 
Hier fängt ſchon die Verwirrung und Verwechslung der verfchies 
den gleichnamigen Städte bei den Arabern felbft an. Denn Fi— 
rouzabadi, der beifer unterrichtet ift, weiß, daß es 4 Orte die— 
je8 Namens Zafar gab; 2 Städte und 2 Schlöfjer. Die Iek- 
teren Tagen eins im Nord, das andere im Sid von Ganaa. ber 
die beiden Städte fegt er die eine in die Nähe von Sanaa 
(wol obige Tapharon); die andere in die Nähe von Mir- 
bät; den Onyx giebt er ver erjteren, dad „Ckouſt,“ der zweiten 
Stadt, mit der Bemerkung: dieſes Holz, voll medicinifcher 
Gigenfdhaften, werde aus Indien eingeführt; man bereite e8 
zum Trank, zur Salbe, zur Näucherung. Auch Djawhari dee 
finirt dafjelbe Wort durch „Waare vom Meere” (drogue de 
la mer). 

Don jenen Onyren aus Jemen fpricht ſchon Ißtachri und 
giebt auch ihren Fundort an, woraus man firht, daß es allerdings 
ein binnenländiiches Product und feine aus der Fremde Indiens 
bezogene Waare fein fann, wie die zweite. Ißtachri nennt nims 


7) Ißtachri bei Morbimann ©. 13. 9) Reinaud, Trad. d’Abulf, 
p. 124, Not. *) F. Fresnel, Lettr, IV. I. c. T.V. p. 516. 


256 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


lich den ſtark befefligten Berg Schibam 0), auf welchem Dörfer, 
Saatfelder und viele Bewohner; er fei fehr berühmt, und daran 
fnupft er die Nachricht: aus Jemen kämen die Karneole und 
Onpre, welche beide abgefchliffen werden müßten, meil eine Stein= 
baut fle überziehe. Man hole fie aus einer Wüfte vol Fleiner 
Steine, aus ver fie zwifchen andern Steinen ausgelefen werden 
müßten. Aus Niebuhr's Befchreißung!) wiffen wir, daß im 
Weſten nicht fern von Sanaa, in der Heinen Brovinz Kaufe 
ban, eine Bergfefte Schibäm liegt, auf welche diefe Beichreibung 
wol paffend wäre; die Karneole könnten vielleicht dort auch ge= 
funden werden, meint Niebuhr, doch wiſſe er ed nur, daß fie ſich 
vorzüglich auf dem Berge Hirran in Welt von Damar finden. 
Seeßen®?), der von Sanaa über Seijan und Surradiche nad) 
Damar reifte, fand dort Jaspis, Sandſtein, pordfe Lava 
von vulcanifchem Anſehn, doch auch Manpdelfteinfelfen; viele 
mögen vielleicht hie und da folche Karneole einfchliegen. Aber aus 
Niebuhrs Erfundigungen von einem Bewohner Marebs (f. ob. 
©. 80), den er in Sanaa traf, ergab fih, daß noch ein anderes 
Schibamss), S Tagereifen in Süvdoft von Sanaa und 10 von 
Mareb Tiegen folle, in der Landſchaft Dſchof; daß er auf dem 
Wege von Mareb nad Schibäm Fein einziges Dorf gejehen (viel— 
leicht die Wüſte der Onyre); daß aber ver Schech von Schibam der 
mächtigſte unter den dortigen unabhängigen Schechs fei, Die dort 
nah Hadhramaut zu herrfchen. Auf dieſe Schibäm, zu der 
man nur durch Steinwüfte gelangen kann, fcheint und die Nach- 
richt Ißtachri's viel beffer zu paſſen als auf die meftliche Schi— 
bam in Kaufeban, da diefe Karneolbildungen und Onyre meift im 
Kies der Wüfte vorfommen; auch flimmt dann diefe Localität mit 
der folgenden von Edriſi angegebenen gut überein, und es würde 
nicht eben mit Niebuhr anzunehmen fein, daß bier im dieſer 
Stelle bei Edriſi die beiden Schibams mit einander confundirt 
feien. Denn viejelbe Betätigung giebt Edriſi nur mit wenig Abs 
änderung, wo er die Diftanz von Mareb nah Schibam (Chibam 
b. Saubert) 5#) nur auf 4 Tagereifen reducirt, und bemerft, daß ed 
„von Hadhramaut abhängig“ fei. Er nennt bier 2 Haupt— 


650, Ißtachri bei Mordtmann ©. 13. >) Niebuhr, Befchreib. von 
Arab. ©. 257 u. Not. 2) Seeben, Brief vom 27. Juni 1811 
in v. Zah, Monatl. Correfpondenz Bd. XXVIII. ©. 227. 

3) Niebuhr, Befchr. von Arab. ©. 286. ) Edrisi b. Jaubert 1. 
p. 149 — 150. 


Arabien; Zafar, Dhofar. 257 


ftädte diefer Provinz: Tarim und Schibäm, und zwar diefe Ieß- 
tere eine fefte Citadelle, ſtark bevölkert, erbaut am Abhang eines 
gleichnamigen Berges, deſſen Gipfel jo fteil, daß man ihn nur mit 
großer Anftrengung erreichen Eönne; oben fei er aber mit Dörfern, 
Aeckern, Bewäfferungen bedeckt, und auch mit Palmen bemadhfen. 
Hier finde man jene Karneole, Amethifte, Onyre, die erdiges 
Ausfehn haben, und beim erften Blick wenig Glanz zeigen, fo daß 
nur die Kenner fie zu unterfcheiden wüßten. Aber gejchliffen und 
polirt erlangten fie die größte Schönheit. Sie fommen gefchliffen 
jehr viel in Handel, jagt Edrifi, aber man finde fie nur in ges 
wiſſen Thälern und von den mannichfaltigften Farben. 
| Auch Abulfeda Hat viefed Berges Schibam in Hadhra— 
maut ald Bundortes ver Sarneole und Onyre erwähnt; denn 
er jagt, e8 fei va die „Capitale Hadhramauts“ die 71 Para- 
fangen oder 11 Tagemärfche fern (gegen S.O.?) liege von Sanaa, 
und nur 1 Tagemarſch von Daamar (Damar bei Niebuhr, 
was freilih gar nicht ftimmen will). Er citirt des Azyz Worte: 
der Berg Schibäm enthalte eine fehr flarfe Bevölkerung, die ganz 
getrennt leben folle von allen Nuchbarvölfern. Auch das fehien fich 
noch gut mit der Iſolirung der Hadhramautiſchen Capitale Schi= 
bam zu vereinigen, zu der er auch noch die Worte Edriſi's Hin- 
zufügt. Nun aber nennt auch er den „Schibäm als einen ftei« 
len Berg, mit einer großen Zahl von Dörfern und angebauten 
Orten, mit einem Schloß und berühmt unter allen Bergen in 
Jemen.” Dieß hatte Schon Niebuhrss) auf die Vermuthung ges 
bracht, diefer Geograph, wie auch fein Vorgänger, habe die beiden 
weit auseinander liegenden Schibämsd, in Weft und Oft von Sa— 
naa, in Kaufeban und in Hadhramaut, mit einander in der 
BDeichreibung wegen ihrer gleichlautenden Namen zufammengemwore 
fen. Reinaud ift derfelben Meinung, und entjchieden ift e8 we— 
nigftend, daß die Analogie in ver phyYflcalifchen Beſchreibung bei— 
der Schibäm=DBerge fehr auffallend ijt; doc wäre fie Feineswegs 
unmöglich. Zwar hatte Niebuhr das Schibam in Kaufeban 
nicht ſelbſt geſehen; aber aus der Specialbefchreibung des Me— 
rafſſid-Alithila von demfelben, die Reinauds6) mittheilt, er— 
giebt fih aus deſſen Fünftlichen BewäfferungdsAnftalten 
wol, daß fein Ruhm für Sanaa und Jemen meit größer fein 


*9 Miebuhr, Beichr, von Arab, S. 257. *0) Reinaud, Traduct, 
d’Abulf. p. 132, 


Nitter Erdkunde XII, R 





258 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


mußte, ald der des einjam in der fernen Wüfte Hadhramauts Tie= 
genden Schibäm. 

Unter der Stadt Dhofar’”), die Edrifi als eine der bedeu— 
tendjten und berühmteſten Stänte von Jemen, in welder die Kö— 
nige von Jemen ihre Nefivenz gehabt, befchreibt, kann ebenfalls 
nicht die Seeftadt in Mahra verftanden werben, die von ihm 
nirgendd mit Namen genannt wird, obgleich aud) er das Land wol 
fennt. Denn er giebt die Entfernung dieſes Dhofar von Mareb 
nur auf 3 Tagereifen an. Er fagt es liege im Diftriet Jahſſeb, 
der auh Dhofar heiße, von wo ed nach Damar nur 36 Miles, 
von da nah Sanaa nur 40. Wir bleiben mit ihm alfo ganz in 
der Nachbarichaft von Sanaa, und zweifeln nicht daran, daß die 
von Niebuhr in der Nähe von Jerim erfundeten Ruinen der 
dortigen Dhafar 58), mit den nad) Ausfage des Bürgermeifters 
von Serim für „Suden und Moslemen unledbaren In— 
feriptionen,” jenem PBalafte Zeivan angehören werden, den 
Edriſi ſchon zu feiner Zeit nur als Ueberbleibfel ver vortigen 
Reſidenz mit diefem Nanıen belegte, und dabei bemerkte, wenn ſchon 
die Bevölkerung dafelbft jehr gering geworden, jo hätten ſich doch 
immer noch einige Nefte ded alten Reichthums am diefem Orte 
erhalten, auch Aderfelder und Dattelpalmen in Menge. Er jchließt 
feine Nachricht von diefem Orte damit, daß von diefem Dhofar 
zur Seite Alak, die und fonft unbekannt, welche aber Quellen 
fügen Wafjers, einige Balmen und Araber von antiker Race zu 
Bewohnern habe, nur 14 Mil. Abftand fei. Durd) Seetzens, wenn 
Schon nur fragmentarifch zu und gelangten Nachrichten), wird Nie= 
buhr's Erfundigung volfommen beftätigt. Yon Jerims fchwarzen 
melancholifchen Felſen erreichte er Dſoffar (Dhofar oder Zafar), 
mit Ruinen einer alten himyaritifchen Nefivenz, an deren Mauern 
er bimyaritifche Inferiptionen entdeckte. Noch ſtehen die 
Fundamente des alten Palaftes auf dem Berggipfel, aus 7 Buß 
langen Borphyrquadern aufgebaut, die ohne Mörtel zufammengefügt 
genau fchliegen, gleich antiker agyptifcher und griechifcher Bauart. 

Abulfeda vollendet nun die fhon vom Djawhari nur an— 
gedeutete Berwirrung der zwei verfchieden gelegenen, aber 
gleihnamigen Städte Zafar, die er Dhafar fchreibt, deren 


637) Kdrisi b. Jaubert I. p. 148— 149. 8) ©. auf Niebuhrs Karte 
von Memen eingetragen, und deſſ. Befchreibung von Arab, ©. 236, 
290; deſſ. Reifen I. S. 400. 69) Seetzen in v. Zach, Monatl, 
Gorrefp. B. XXVIII. ©. 228. 


Arabien: Dhafar, Abulfeda's Verwechslungen, 259 


ganz differirende Befchreibung er aber durch Accomodation in einer 
Localität vereint, welche die neuern Forſcher, jelbft einen Michae— 
lis, Büfhing®) und Rommel vielfad irre führen mußte, ob» 
wol letzterer fehon durch Vergleihung mit a.ıdern arabifchen Autos 
ven fcharffinnig die Widerſprüche hervorkob, in die ſich Abulfeda 
verwicelt Hatte. Diefe Verwirrung führt und aber, wenn wir fie 
näher beleuchten und in ihre Elemente zerlegen, zu der Seeftadt 
Zafar in Mahra bei Mirbat zurüd, in welche ung Ebn Ba— 
tuta auf feiner Küftenreife einführte. | 

Abulfeda's confufe Beſchreibung, die fich felbit widerfpricht, 
jagt): Dhafar Liege im Tehama von Jemen, im Anfange des 
Glima I, am Ufer des Golfd, der vom ſüdlichen Meere (alfo dem 
indifchen) ausgehe, in der Nichtung gegen N. 100 Mil. weit. Im 
Hintergrunde diejed Golfs liege Dhafar, deshalb vie Schiffe aus 
deffen Hafen nur mit Landwinde herausfommen könn— 
ten: denn von diefem Dhafar fergle man nad) Indien. Es fei 
die Gapitale ded Landes Alſchihr, und in feinem Gebiete finde 
man jehr viele Gewächſe Indiens, wie ven Nardſchil (Kokos) 
und Tonbol (Betel), und im Norden verfelben Dhafar feien die 
Sandwüſten Ahcaf (Alahcaf) gelegen. — Unverfennbar ift bier 
obiges Gitat aus dem Ißtachri, ver die Kapitale von Mahra 
Schahr (oder Al-Shher, nad) Fresnel's Schreibmweife) nannte 
(j. oben S.255), mit der Beichreibung der Dhafar des Edriſi 
combinizt: denn, ſetzt Abulfeda noch hinzu, Dhafar liege nur 
24 Parafangen (d. i. gegen Süd bei Jerim) fern von Sanaa; nad) 
andern Autoren liege e8 an der Küfte von Jemen, von Gärten ums 
geben, die von hydrauliſchen Maſchinen (wie obiged Schibäm) be= 
wäſſert werde, die man durch Ochfen in Bewegung fege. Der Zus 
ſatz in des letztern Angaben ift nur eine Folge der Unficherheit, in 
welche Abulfeda durch obige Wiverfprüche mit fich ſelbſt gerathen 
mußte. Wir ehren zur Seeftadt Zafar im Lande Mahra zus 
rück, die Ebn Batuta befuchte, und die Ißtachri die Gapitale 
Schahr, d. i. die Hauptftadt des Weihrauchlandes genannt 
hat, mag nun das Product den Lande oder das Land und die Stadt 
dem Producte, ald Waare, ven Namen gegeben haben. 


6) Büſching, N. Grobeichreib. 3. Ausg. 1792. Th. N, ©. 679, 703; 
Rommel, Abulfed. Arab. Deser. p. 30— 32, ) Gravius in 
Abulfed. Descr. Arabiae p. 5l; Reinaud, Trad. d’Abulf, p. 124; 
vergl. Fresnel, Lettr. IV. I. c. T. V. p. 516; desgl. T. VI. p.327 
Note par de Slane u, T. VIII, p. 82— 84, 


N2 


260 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. &6% 


Von dieſer Seeſtadt Zafar am indiſchen Ocean (denn 
ſchon Ißtachri fagt?): bei Aden heiße das Gewäſſer „Meer 
Aden,“ von da an werde es aber das „Meer Sindſche“ ge- 
nannt, das fih vor Oman gegen Berfien wende) fpreche, ſagt 
Fresnel, ver Zeitgenoffe Majudi, im 10ten Jahrhundert, wenn 
er fage, daß die meiften der Könige von Jemen in Zhafar 
refidirt) Hätten. Diefe Stadt habe ſich durch den Handel 
mit Indien bereichert, und ſei die interefjantefte der Städte des 
füplichen Arabiend und aller Arabien geweſen. Er halte deshalb 
dafür, daß die gleichnamige Zafar in Jemens Welten nur 
aus Rivalität mit diefer fo gebaut und fo genannt worden fei, als 
nämlich Spaltungen im Himjaritifchen Neiche vorangegangen, und 
das Haupt des vom älteften Stamme abgewichnen, abtrünnigen 
Gewalthabers mit Stolz hätte jagen wollen: „auch ich herrſche 
zu Zafar. Wäre died der Tal, jo würde auch dad Land der 
Himjar um ein paar hundert Stunden weiter oſtwärts zu rüden 
fein, als es auf ver Karte gewöhnlich eingetragen zu werden pflegte. 
Es würde diefe Anficht allerdings ver oben angegebenen Ausbrei— 
tung der alten Joktaniden entjprechen, und erflären, woher die 
große Zahl der durch Hadhramaut und Mahra ganz neu= 
erlich erft Hi8 Zafar hin entdeckten architeetonifhen Monu— 
mente und himjaritifchen Inferiptionen, die in der Periode 
des fpätern DVerfalld weder zur Moslemen-Zeit, noch in den letzten 
Jahrhunderten unmittelbar vorher, feit den Zermürfniffen des 
Himjaritenreiches, die mit der Kataftrophe des Seilal arim be— 
gannen, durchaus Feine hinreichende Erflärung finden, und ficher 
einer geregelten Herrſcherzeit angehörten, die von den gegen= 
wärtigen Zuſtänden weit überragt ward. 

Der ältefte Name Zafar, dad Sephar der Geneſis, mas 
von den heutigen Bewohnern übrigens Isfor ausgefprochen wir, 
jagt Fresnel, war unftreitig diefer im Weihraudlande bei 
Mirbat, und erft ein nach dem weftlichen Jemen fpäter über- 
tragener; die Grenzbeſtimmung der Site der Joctaniden bei Moſes 
jeßt, wie oben berührt ward, nothmendig ein Land im Oſten von 
Hadhramaut für die Lage von „Saphar und dem Berge 
gegen den Morgen” voraus. 

Diefer Berg des Orients, wie er im bebrälfchen Text 
Heißt, jagt Fresnel, heiße in der Ehhkili-Sprache Faguer, 


+?) Jptachri bei Mordtmann ©, 17. 62) F. Fresnel I, c. p. 518, 


Arabien; Zafar am Weihrauchberg, 261 


ganz mit derfelben Bedeutung wie der hebräifche Ausorud, aber 
noch mit der Nebenbeveutung Hochland, vie dem Begriffe bed 
Plateaulandes, des Nedſched, entipreche. Habe vie heilige 
Schrift nun in der genannten Stelle vom Weihrauchberge fpres 
chen wollen, oder von dem Kranz der Nedſchedberge, ver das 
hin reiche, jo habe das Hebräifche Wort aud) jenem oben angeführten 
Ehhkili Worte Shher gelten Fünnen, welches einfl den Weih— 
rauchberg bezeichnete, aber heutzutage nur ganz allgemein für 
Berg 6%) gebraucht wird. 

Directe Beweife dafür, daß diefe Seeftadt Zafar am indie 
chen Ocean wirklich, wie Fres nel dafür hält, die antike Reſi— 
denz alter hHimjaritifcher Könige gemefen, fehlen jedoch; denn 
Ißtachri nennt fie nicht mir Namen, obwol er Schahr, die Capi— 
tale des antifen Mahra, anführt; Maſudi fpricht nur von der 
einen Zhafar, melche die rzguläre Nefidenz ver Himjariten-Kö— 
nige geweſen; Djawhari nennt auch nur eine, meint aber eine 
Landſtadt; Firouzabadi, der zwei nennt, ſagt nichts von Re— 
ſidenzen; Edriſi führt die Zhafar am Ocean gar nicht an, und 
Abulfeda vermiſcht beide zu einer. Auch der Autor des Me— 
raffid-AlittHila65) giebt darüber Feine Entſcheidung, obwol er 
auch beide Zafar nennt, und von der Seeftadt Zafar oder Dha— 
far Folgendes bemerkt: dieſe zweite Zafar beftehe noch heute 
und liege am Ufer des indifchen Meeres, 5 Parafangen (feine volle 
8 Stunden) von Mirbat, in der Provinz Alſchihr, das jener 
zum Safenorte diene. Man finde vafelbft den Weihrauch nur 
in den Bergen von Zafar im Lande Schihr, auf einer 
Strede 3 Zagereifen lang und eben fo breit. Die Einwohner 
machten Ginfchnitte mit dem Meſſer in vie Bäume, aus welchen 
der Weihrauch zur Erve herablaufe, ven man dann forgfältig aufs 
fammfe. Er könne aber nur zu Marfte nach Zafar gebracht wers 
den, wo der Sultan davon den beſſern Theil für ſich behalte, den 
Neſt aber ven Einwohnern überlaffe. Wer den Weihraudy anders 
wohin als nach Zafar brächte, würde Todesflrafe erleiden. 

Außer dem oben Angeführten vom Lande Mahra, was fid) 
übrigens bei allen folgenden Autoren beftätigt, hat Iptachri nur 
wenig von jener Küftengegend erfahren. Doch weiß er wol, daß 
zwifchen Aden und Mahra die Landſchaft Sadhramaut‘6) das 


%*) P. Fresnel, Lettr. IV. l. c, T. V. p. 520. 6%), Reinaud Not, 
in Trad. d’Abulf, p. 124, +) Ißtachrieb. Mordtmann ©.13, 14. 


262 Weft- Aften, IV. Abtheilung. $. 62. 


Meeresgeftade entlang liegt, und dahinter die große Sandwüſte 
Ahkaf. Er fagt, Hadhramaut fei auch eine Stadt, aber nur 
Hein, wenn fchon mit weitläuftigem Gebiete, darin das Grab des 
Propheten Hud, und in der Nähe ver tiefe Brunnen Barhut, 
zu deſſen Grunde Niemand gelangen könne. Hierauf fagt er nur 
noch, daß im Lande Sanaa, in Jemen, Stämme der Simjar 
wohnten, aber eben fo auch in Hadhramaut, und daß die Bil- 
ger von Hadhramaut und Mahra quer durch ihr Land reis 
jen, bis fie die Bilgerftraße von Aden nach Meffa erreichen, 
eine Strede von 20 Stationen, wo fie fih der Pilgerfarawane ans 
Ichließen; ihr ganzer Weg nach Mekka betrage 50 Stationen 67). 

Edrifi folgt bei feiner Berichterftattung im Clima I. 6, offen= 
bar Reifenden zur See, die wie Ebn Batuta von den afrifanis 
fchen Infeln der Oftfüfte, und zulegt von Socotora zu der Küſte 
von Mahra überfchifften, was wol ver gemöhnlichfte Seer und 
Handeldweg jener Zeit gewefen zu fein jcheint. Von Socotora, 
fagt Edrifi, fo befannt durch die Aloe, könne man bei günfti« 
ger Schiffahrt in 2 Tagen die gegenüberliegende Küfte des Feſt— 
landes erreichen, wo die Städte Merbat und Haſekbs) (Berbat 
bei Edrifi, fehon von D’Anville berichtigt, der ed an den Djun 
el Haſchiſch, d. i. der Golfe des Herbes, einzeichnete) liegen. Er 
erreicht alfo Hier fogleich die Küfte, welche unmittelbar an Za— 
far in Mahra anftößt, da Merbat, ver Hafen von Zafar, und 
Haſek von da fich gegen Dft ausdehnen. Faſſen wir gleich hier 
dad Wenige zufanımen, mas derſelbe Edriſi und aus früher Zeit 
über die Küjte von Aden durch Hadhramaut biß Zafar, 
Merbat und Hafef überliefert hat. 

Nachdem Edriſi Aden und feine Umgebungen zum Bejchluß 
von Jemen befchrieben, gebt er zur müchften Station im Oft von 
diefem Hafenorte, nach dem Flecken Abinbo), über, ven von Aden 
aus zu erreichen man am Meere entlang nur 12 Miles braucht; 
er hat ihn fchon einmal als Station auf der Route von Sanaa 
nach Aden genannt (f. 06. ©. 241), vie alfo hier einen öſtlichen 
Ummeg zu nehmen fcheint. Die Einwohner, die dicht am Meere 
wohnen, jollen in ver Magie fehr gewandt fein. Bon da find auf 
dem Meere nur 1%, Tagfahrten bis Las'a, aber zu Lande 5 Tags 
reifen, weil zwifchen beiden Orten ein Berg entlang ver Küfte hin- 

7) Ißtachri bei Mordtmann ©. 16. » *%) Edrisi bei Jaubert I. 

p-45—46. 60 Edrisi l, c. I. p. 53. 


Arabiens Südküſte nach Edriſt bis Haſek. 263 


zieht, der das Meer von der Ebene feheidet, und daher dem Lande 
weg hemmend entgegentritt. Dieje Las'a (uns jett unbekannt) ift 
nur eine £leine Uferftadt, die 2 Tagereifen fern von Schouma (oder 
nach einer andern Lesart Schorma; von der an einer andern darauf 
folgenden Stelle gefagt wird, fie fei nur 6 Tagereiſen, entlang ver 
Küfte, fern von Merbat, was ung fchwerlich richtig ericheint). Der 
Name Schorma möchte wol nur eine Hafenftelle (jegt Sharm) be— 
zeichnen. Auf dem Wege dahin findet man bei einem großen Flecken 
eine Quelle und ein Beden heißen Waffers, das fehr Heil« 
bringend, weshalb die Einwohner ihre Kranken dahin bringen und 
die Bäder gebrauchen. Offenbar diefelken heißen Quellen, bie 
auch heutzutag von Gapt. Haines ’’) an ver Sharm-Bay als 
zum Badegekrauch dienende Heilquellen bejchrieben find, nahe 
dem Gap oder Nas Sharma, das er unter 14° 48° 30" N.Br. 
und 50° 23° DL. genauer beftimmt Hat. Im Lande Hadhra— 
maut, das 5 Tagereifen oſtwärts von Aden liegt, ſetzt Edrifi 
hinzu, liegen 2 Städte: die eine von der andern nur eine Tagereife 
auseinander; fie heißen Sabanı (andre Xesarten find Siabam, 
Schiam, wol Schibam) und Mariam (andre Lesart ift Tarim). 
Zu den Städten Hadhramauts gehört auch eine — (hier ift eine 
Lücke in Jaubert's Mier., andre haben bier Marob oder Marib) 
— die jest in Ruinen liegt. Es war die Stadt von Saba, von 
woher Balfis, die Gemahlin Salemos, Sohn Davids (f. ob. ©. 75, 
77 u. a. D.). Bon Hadhramaut nach Dſchidda (andre Lesart Soada) 
find, nach Edriſi, 240 Miles; von Sanaa nad) Dſchidda 120. Dies 
ſes Marib, das und aus der Aera Seil-al-arim befannt genug, 
ſcheint demnach von Edriſi jchon zu Hadhramaut gezogen zu wer— 
den, da es doch wol eigentlich nur erft auf der Grenze gegen dieſe 
Landſchaft Hin gelegen genannt werden kann. Daß er diefelbe 
und feine andere Xocalität meint, geht aus einer ſpätern Stelle?!) 
hervor, wo er noch einmal Mareb als vie einſt fehr berühmte 
Stadt genannt hat, die zu feiner Zeit nur noch ein Flecken fei, 
aber doch noch die Nuinen von 2 Schlöffern zeige, davon eind 
auf Befehl Salomos erbaut fei, das andere von deſſen Gemahlin 
Balkis; an vemfelben Orte, wo der Ginfturz des Dammes das 
Gotteögericht Über die alten gotilofen Bewohner gebracht. Und 
doch nennt er auch die Stadt Saba??), die von Tribus aus Je— 


’°) Capt. Haines, Memoir in Journ. of Roy, Geogr. Soc. Vol. IX. 
1839. p.153. 79 Kdrisi b, Jaubert I. p.149. *) Gbend, p.53. 


264 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


men und Oman bewohnt fei, wo der Dammdurchbruch gemweien; 
Mareb und Saba ift ihm aljo ivdentifh am Eingange von Ha— 
dhramaut gelegen. Dies ift aber auch alle, was er davon zu 
jagen weiß, wenigftend geht er nun zu deſſen Öftlichen Grenzlande 
in ver Fortſetzung feiner Beichreibung über. 

Hier, fagt er, liegen die zuſammenhängenden Sandmaffen el 
Ahkaf, mo wenig Einwohner, wenig Verfehr; nur produeirt dies 
je8 Land jene Aloe, die man Hadhramuti nennt, eine gerin= 
gere Sorte als die von Sofotora, mit welcher die Virfaiſcher die⸗ 
ſer Waare ſie häufig vermengen. 

Hier findet man, fährt Edriſi fort, auf der Route auch Shot 
el Camar, d. i. das Ihal des Monds, in deffen Sintergrunde 
das Land Khalfat, an deffen Ende der runde und weiße Berg 
liegt, welcher den Anblick des Monds zeigt; daher er von der 
Krümmung und der weißen Barbe ven Namen des Mondber— 
ges trägt. 

Der Weihrauchbaum wächſt, fährt Edriſi fort”3), in den 
Bergen von Merbat, von da wird dieſes Gummiharz in den 
Orient und Occident verbreitet. Die Bewohner von Merbat ſind 
Einwohner Jemens und andere arabiſche Tribus. Von daher (von 
Merbat) ſind zu Waſſer 2, zu Lande aber 4 Tagereiſen bis Ha— 
ſek, in deſſen Angeſicht die 2 Inſeln Khartan und Martan in 
der Kräuterbucht (in jenem Djun el Haſchiſch) liegen. Un— 
ter Haſek iſt ein hoher Berg „Lous,“ der dad Meer beherrſcht; 
das Land des Volks Ad (der Aditen, ſ. ob. S. 54, 55) liegt die— 
ſem Berge gegenüber. Dies iſt alſo jenes Volk, deſſen barba— 
riſche Sprache man, zu Ißtachri's Zeit, nicht verſtehen konnte 
(1. 06. ©. 45); diefer Berg ift alfo ver Berg Schahr des Ißta— 
Hri, di. ver Weihrauchberg Sei Zafar (Dihafar), der nad 
Firouzabadi 3 Tagereijen lang wie breit. Dies ift alfo auch ver 
„Berg des Orients’ ver Hedräer, des Sephar und der Berge 
gegen den Morgen, der mofaifchen Tradition von der Ausbreitung 
der Söhne Joktans. Von u. zum Grabe des Propheten 
Hud (0b. ©. 156) find nur 2 Miles, ſchließt Edrifi feinen Be— 
richt über diefe Küfte; Haſek jelbft ift, nach ihm, nur ein Fleiner 
Flecken, der aber viele Einwohner hat, und in der vorliegenden 
Kräuterbucht, die fehr tief, daher e8 den einlaufenden Schiffen 
nur jelten gelinge, audy wieder auszulaufen (daher vielleicht Abul— 


+3) Kdrisi b. Jaubert 1, p. 54, 





Arabien: Weihrauchland Chedjer nach Evrifi. 265 


feda's Erzählung, daß man nur mit Landwind aus der 100 Mis 
le8 tiefen Bucht von Dhafar herausfegeln Eönne, f. ob. ©. 259). 
In diefer Bucht treibe man eine fehr ftarfe Fiſcherei. 

Wir find alfo durch Edriſi nun fon wieder oftwärts über 
die Seeftadt Zafar hinausgeführt, ohne daß er derfelben nur mit 
einem Worte erwähnt hätte. Uber er führt und am einer dritten 
und vierten Stelle noch einmal durch dafjelbe Land oftwärtd von 
Hadhramaut, das er denfelben Infeln Khartan und Martan 
gegenüber dad Land Chedjer nennt, wo der Weihraudy”*) 
wachfe, indeß er es an der zweiten Stelle wieberholt auch Che⸗ 
djer nennt, ein Land, dad aber von den Mehret”’5) genannten 
Arabern bewohnt fei, die von der reinen Aftammung (die 
Khoulas oder Aribah, ſ. ob. ©. 57), ver unvermifchten. Leicht 
ift in diefem Mehret das eigentliche Volk des Mahri im Lande 
Mahrah (ob. ©. 47,49 u. a.D.) wieder zu erfennen, wo wir Die 
Ehhkili Sprache fhon vorfanden. Wir verftehen nun ſchon Edriſi, 
wenn er die Sprache der Mehret (Mahri), deren Hauptfladt 
er wiederholt mit Chedjer bezeichnet 76), fo corrumpirt nennt, daß 
man fie kaum verftehen könne, und verfichert, es fer dad antike 
Himyaritifche (f. ob. ©. 44). Er wieverholt, was ſchon oben 
Ißtachri von den Dromedaren viefed Landes angeführt, daß 
fie an Schnelligkeit Feine ihres gleichen haben, daß man mit mes 
nig Mühe fie verftehen mache, was man von ihnen verlange; daß 
fie feldft auf ihren Namensruf horchen und augenblicklich thun, was 
man ihnen gebiete. Die Gegenv jei aber fonft arm, der einzige 
Erwerb beftehe im Handel mit Ziegen und Kameelen, und im 
MWaurentransport. Ihr Vieh nähren fie mit einer Art Fiſch, 
Wark (over Wazaf), ven fie im Meer von Oman fifchen und 
getrodnet ihm vorwerfen. Sie felbft die Mehret (Mahri) ken— 
net Fein Korn, fein Brot; fie leben nur von Datteln und Mild,, 
und trinfen felten einmal Waſſer. So wenig find fie am andere 
Speifen gewöhnt, daß fie bei Nachbarn, wo fie Brot zu effen bes 
fommen, davon leicht frank werben. 

So ift die Lage ded Landes Mehret an 900 Miles lang, 
15 bis 20 breit; alfo nur ein ſehr fchmaler Küftenftreif, und viefer 
befteht ganz aus beweglihem Sande. Vom Ende des Landes 
Chedjer (alſo wol vom Weſtende) bis Aden rechnet man 300 


) Edrisi b. Jaubert I, p. 48. ) &bend, I, p. 150, 
’*) Ebend. I, p. 150. 


266 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Miles. Diejed Land Mehret (Mahra) ftößt gegen Norven an 
Oman (d. i. m N.O.). 

Von dieſem Lande Chedjer, wo der Weihrauch waächſt, 
wiederholt Edriſi noch einmal?7), find die Inſeln Khartan und 
Martan in dem Kräutergolfe (Djoun el Haſchiſch) abhängig. 
Sie ſind blühend, von Arabern bewohnt, die ſich da niederließen 
und blieben, und welche die Sprache des Volks Ad (f. oben) 
redeten, die alt und den Arabern unferer Tage . i. im 
XII. Jahrhundert) undbefannt ift. Diefe Imfulaner Ieben ganz 
nat und im Elend zur Winterszeit; kommt aber die Mia der 
Schiffahrt, dann embarfiren fie fich auf ihren Schiffen gegen Oman, 
Aden und Jemen, dann beffert fich ihr Zuftand, fie haben dann 
auch beffere Nahrung. Oft finden fie fehr fchönen Amber, ven 
fie an die vorüberziehenden Kaufleute verkaufen. Zuweilen brins 
gen fle ven Amber ſelbſt nach Jemen, wo fie ihn zu fehr Hohen 
Preiſen abfegen. Diefe Infeln liefern Schildpatt, Detilghan, 
eine Art Mufchel, und Schilvfrötenfchalen (Conques de tor- 
tue), deren fich die Bewohner von Semen als Waſchbecken bevienen, 
und auch zu Trögen beim Brotbaden.- | 

Kaum ift e8 der Mühe werth, nach diefen Daten auch nod) 
derer des Abulfeda über diefe Süpoftfüfte zu erwähnen, fo fehr 
iſt er nur Wiederhall feiner Vorgänger, oder übergeht ganz die 
Gigenthümlichkeiten diefer Zandfchaften, über die er weit unwiſſen— 
der bleibt al jene. Er nennt zwar auch das Land Hadhra= 
maut?8), fagt aber davon nur, daß es vom Tribus der Nemrd 
(Benu Alnemr) eingenommen fei, und daß es Alſchihr mit feinen 
Datteln verfehe. Diefer Iettere Name wird zwar von Abulfeda 
einer Eleinen Stadt zugelegt, die zwifchen Aden und Dhafar in 
ver Ebene Tiegen fol, die man aud) mit einem Seehafen, der 60 
Miles öftlih von Aden Tiegt, und welcher gewöhnlich Schähar”) 
(Shehr nach Haines Obfervat. 14° 43’ 30" N.Br., 49° 40! O. L. v. 
Gr. f. unten) Heißt, iventifieirt. Aber da Abulfeda die Küften- 
ſtadt Dhafar gar nicht Fennt, nad) welcher hin die Küftenftadt 
liegen fol, fcheint es viel wahrfcheinlicher, daß er damit die viel 
weiter Öftlich liegende Weihrauchgegend bezeichnet, obgleich er 
auch deren Namen Schihr, Schedjer (oder Chedjer) bei Edriſi 


6”) Edrisi b. Jaubert I. p. 48. 8) Gravius, Abulf. p.17; Rom- 
mel, Abulf. Descr. Arab. p.35,42, '°) Reinaud, Trad, d’Abulf, 
p- 111. 


Arabiens Weihrauchküfte nach Abulfeda. 267 


ignorirt; und fo ſah auch ſchon Niebuhr diefe hier gemeinte und 
jo verichieden gejchriebene Ortfchaft für identifch mit vem Merbat 
und Haſek des Weihrauchlanded an, dad alfo von Hadhramaut 
aus mit Datteln verfehen worden wäre, da nah Abulfeda in 
Mahra 30) Feine Palmen wachſen. Die angegebene Entfernung des 
Hafenortes, meinte NiebuhrSl), entipreche vielleicht dem Hafen 
Gana (Kuvn, Peripl. Mar. Erythr. p. 17), der zwar von feinem 
der andern arabijchen Geographen hervorgehoben werde, mol aber 
in früherer Zeit eins der Hauptemporien dieſes Geftades nach 
dem Berichte des Periplus gemefen fein muß (f. unten bei Hifn 
Ghoraͤb). Uebrigens meiß auch Abulfeda daſelbſt nur von der 
barbarifchen Sprade, von dem Weihraud, von der wei— 
ten Blaine und dem Ruhme ver Mahrye Kameele zu reden, 
die aber nicht ſo vom Lande heißen ſollen, ſondern weil fie von 
einem Chef des Tribus genannt ſeien, der Mahra hieß, Sohn 
Heydans. Dieſer Mahra ſtammte von Codhaa, von Himyar 
einem Sohne Sabas ab (f. ob. S. 41); bei Gravius heißt er 
Mahra Ibn Hamdan Abi Fatilah; dieſer Tribus Mahra ſoll 
alſo ein Zweig von dem der Codhaa ſein, und — zu der gro« 
Ben Bamilie ver Himyariten gehören. 

Obwol feiner der genannten Autoren und den Namen Zafar 
oder Dhafar, der Seeſtadt dieſes Namens im Weihrauchlande 
Mahra, aufbewahrte, fo haben und doc ihre combinirten Daten 
der umgebenden Nachbarfchaft immer wieder zu dieſer Meeres— 
anfuhrt Ebn Batuta’d, die er von der Inſel Sofotora in 2 
Tagen erreichte, zurüdgeführt, und wir können nun zu feinem 
Texte zurüdfehren, um zu hören, was er noch ferner von biefem 
Geftade Zafars mittheilt, und was ſich daran für das nächfte 
Binnenland anreiht. 


#°) Reinaud, Trad. d’Abulfeda p. 158; b. Gravius p. 66. 
»1) Miebuhr, Befchr. von Arabien S. 282; vergl. Johannsen, Histor, 
Jemwanae |. c. p. 293 v, Schahır. 


* 


268 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


3. Das gewächsreiche Geſtade von Zafar nah Ebn Ba— 
tuta, und das Binnenland der Sandwüſte EI Ahkaf. 
Y. v. Wrede's Excurſion zum EI Ahkaf und nah dem 
Lande Kubr el Hud im Jahre 1843. Der Brunnen 
Barhut (Stygis aquae fons bei Ptolemaeus), das 
Volk der Minäer und Rhadamäer (des Minos und 
Rhadamanthus nah Plinius). Die Capitale ver 
Minäer, Carnon, Al Ckam im Wadi Doän. 


Nur eine halbe Tagereife von Zafars?), jagt Ebn Batuta, 
Tiege EI Ahkaf, der Sig ded Volks von Aad. Im diefem Orte 
jeien viele Garten, darin eine große ſüße Frucht, die Banane 
(Musa paradisiaca, Berbreitungsjphäre |. Erdk. V. ©. 879), deren 
Saame an 10 Ungen wiege. Dafelbft fehe man auch ven Betel 
(Erdk. V. ©. 875) und die Kokos (Erdk. V. ©. 836, 847 u. f.); 
die fonft nur in Indien angetroffen würden. Der Betel mervde 
nur wegen des DBlaited neben die Kofospalme gepflanzt; die Eleins 
fen Blätter, die beften, täglich gepflüct, werden je zu 5 Stüd.je- 
dem Gaft, ven man hoch ehren will, fogleicy überreicht. Doch ges 
ſchehe Died nur bei vem Adel; denn die Blätter feien Eoftbarer wie 
Gold und Silber; fie dienten nur zum Klauen, um den Athen zu 
füßen, die Nüchternheit ded Magens gegen dad Einfchütten von 
faltem Waſſer zu fchügen, die Verdauung zu fördern, überhaupt 
zu begeiftern, zu flimuliren. 

Man fieht, wie indifche Sitte damald unftreitig durch den 
Handelöverfehr auf arabifche Etiquette der Vornehmen übergegan- 
gen war, und ficher fand erſt die Verpflangung diejer indischen Ges 
wächfe, wie wir fchon früher aus ihrer Verbreitungdfphäre gezeigt 
haben, aus der indiſchen Welt in die arabifihe flatt. Die 
Kokos, verfihert Ebn Batuta, der died gut wiſſen Fonnte, fei 
diefelbe wie die indiſche Nuß: feine originelle Befchreibung giebt 
ein Specimen orientalifcher Naturvergleihung. Sie ift groß, jagt 
er, wie ein Mannskopf, hat auch eine Art Maul und 2 Augen (Die 
eingedrücten Tellen der Nu); innerhalb ift fie grün, dem Gehirn 
gleichend (das Fleisch der Nu), nach außen ift fie mit Fibern wie 
mit Haaren umgeben. Aus viefen Iettern flechten fie Stride und 
Ankerfeile, u. ſ. mw. 

Solche Anpflanzungen fremder Gewächſe laſſen auf Eulturgär- 





»®?) Ebn Batuta 1. c. p. 59. 


Arabien; Südküſte Al Ahkaf, die Sandberge. 269 


ten, auf Plantagen, auf Agrieultur zurückſchließen, an denen es da— 
mals alſo zu Ebn Batuta's Zeit in Zafar und Ahkaf, dem 
Sitze der Aditen, nicht gefehlt haben kann. Wirklich herrſchte zu 
feiner Zeit dort ein Sultan zu Zafar, genannt EI Malik el 
Magithss), der ein Oheim des Königd von Jemen war. Mit 
dem von ihm, ald Ortichaft, aufgeführten Namen EI Ahfaf darf 
ed nicht ganz wörtlich genommen werben: e8 ift wol darunter nur 
der Landftricy am Rande des nörplich angrenzenden Ahkaf zu 
verftehen, ein Name, der bei allen andern Autoren jene unwirth= 
bare Wüſte bezeichnet, die fih zwifchen Mahra, Oman und 
Demama im Innern des Landes weithin ausbreitet. Diefe rückt 
alfo hier bis auf eine halbe Tagereife zur Küfte vor. Wirklich 
bedeutet EI Ahkaf im wörtlichen Sinn nichts anders ald Sand— 
firede, Sandberge; der Autor ver Maraffid el Itlaa fagt3%): 
EI Ahkaf fei ver Blural von Hikf, d. i. Sand, was eine ge— 
frümmte Sandbanf bezeichne, und im Koran fei mit demfelben 
Worte ein Thal zwifchen Oman und dem Lande Mahrat bezeich- 
net, das auch zwifchen Oman und Hadhramaut ſich ausbreite. 
Died feien „die Sandbänfe,” vie fich dem Meeredufer nahen. 
Daß auch Ißtachri und Edriſi venfelben Begriff großer Sand: 
ftreden, einer weiten Wüftenei, damit verbanden, geht aus obigem 
hervor. Die Localität blieb aber bis in die jüngfte Zeit fabelhaft 
und bloße Sage, bi8 U. v. Wrede ed im Jahre 1843, alles Ge— 
genftemmend der Beduinen ungeachtet, doc) gelungen, den Rand des 
jo gefürdyteten EI Ahkaf in den Umgebungen des Wadi Ra— 
fhijeh, landein vom Wadi Doan, nicht fern von Savas) zu 
erreichen (f. unten v. Wrede's Ereurfion nad Wadi Doan). Vom 
Wadi Doän hatte fhon Niebuhr®®), doch nur von Hörenſagen 
erfahren, daß diefer Ort 25 Tagereifen in Oft von Sanaa und 11 
gegen N.O. von Kefhin (Efifhin der heutigen Gapitale vom 
Lande Mahrah, ſ. 06. ©. 46), tief im Lande gelegen, fo groß wie 
Sanaa fet, eben fo fchöne Käufer, und im J. 1763 einen Schech 
Seiid ibn Ifa el amädi zum Gebieter habe, daß die Grabftätte 
der Glieder dieſer Erbfürften aber in dem Eleinen Städtchen Gäh— 
dün nicht weit davon entfernt fich befinde. Die von Wrede ers 
reichte Stelle Bahr el Saffi, dad Sandmeer Saffis genannt, 


29) Ebn Batuta ed, Lee p. 60. ) Sam. Lee I. c. p.59, Not, 

°°) A. v. Wrede, Account of an Excursion in Hadramaut, in Journ, 
of Roy. Geogr. Soc. Vol. XIV, 1844, p. 110, +) Niebuhr, 
Beichr, von Arabien ©, 256, 


270 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62, 


fagt derfelbe, fei mit Triebfand (Snih spots?) bedeckt, darin al- 
les verfinfe, was fi hinein wage. Weil König Saffi, der einft 
vom Bellad Sabba Wadian und dem Ras el Ghoul aus- 
gehend mit einem Heere dieſe Wüfte vurchfegen wollen, aber in 
deſſen Mitte untergegangen, babe es diefen Namen erhalten. Nach 
6ftündigem Nitt (von Sava?) erreichte v. Wrede den Nand ber 
Wüſte Ahfaf, die aber etwa 1000 Fuß tiefer lag ald das Ni— 
veau des Hochlandes, auf dem fi) damals noch der fühne 
Neiferde befand. Einen flaunenerregenden, melancholifchen Anblick 
gewährte vie unabfehbare gleichförmige Ebene, mit unzähligen 
welligen Sandhügeln überzogen, die ihr dad Anfehn eines be- 
wegten Meered gaben. Nicht die geringfte Spur von Vegetation 
ließ fih im weiten Raume entveden. Kein Vogel ſchwebte über 
dem Grabe des ſabäiſchen Sandmeeres, jo wenig wie fi 
ihre Flüge über dem paläftinifchen Todten Meere erheben. Nur 
prei Stellen entdeckte das Auge, veren blendende Weiße fie 
von dem andern Raume unterfchied, deren Pofttion und Diftanz 
durch v. Wrede aus der Ferne durch Winfel vermeffen ward. Das 
eben, jagte der Beduinenführer mit Schaudern, fei dad Bahr el 
Saffi, dad Meer Saffi, dad von Dämonen zum Schuß ber 
ihnen anvertrauten Schäge, unter dem verführerifchen Sande, bes 
macht werde. Jeder der ihnen nur nahe fomme, werde fchon hinab: 
gezogen; darum widerriethen fie vorwärts zu fehreiten. Dem un— 
geachtet nöthigte v. Wrede die Beduinen, dem mit ihnen abges 
ichloffenen Contracte gemäß, ihn dahin zu führen, und fie ritten 
gemeinichaftlich nocy 2 Stunden weit auf ihren Kameelen, bis ver 
Tuß des Hohen Platenud erreicht war, wo in der Nähe zweier 
ungeheuern Welsblöcde bei Sonnenuntergang Halt gemadyt wurde. 
Am nächſten Morgen waren indeß die Führer durch nichts zu bes 
wegen, ihren Heifenden noch weiter bis zu den genannten Stellen 
zu begleiten; fo fehr fehreefte fie die Angft vor den Dämonen, daß 
fie nur noch ganz leiſe zu fprechen wagten. Ich ſchritt daher, fagt 
v. Wrede, allein dahinwärts weiter, und nahm nur ein Bleiloth 
von einem halben Kilo Gewicht an viner 60 Klafter Tangen Schnur 
mit. Nach 36 Minuten erreichte ich, fortwährend vom Winde um— 
weht, die nächſte nördlichſte Stelle, die eine halbe Stunde lang und 
nicht ganz jo breit (nur 26 Minuten) war, und gegen die Mitte 
dur das Windewehen eine fchräge (vieleicht muldenförmige, wie 
fie auch in den holländiſchen Sanddünen um Leiden fich zeigt) Ein— 
jenfung von etwa 6 Buß Tiefe zeigte, Mit der größten Vorſicht 


Arabiens Müfte Al Ahkak nach v. Wrede. 271 


nahte ich mich dem Rande, um den Sand zu unterfuchen, der fich 
wie kaum fühlbares Pulver angriff. So weit e8 ging, wurbe das 
Bleiloth hineingeworfen, und fogleich fanf es mit abnehmender 
Schnelligkeit in die Tiefe. Nah 5 Minuten war das Ende ber 
Lothſchnur verſchwunden, in dem alles verzehrenvden Grabe. — So 
weit v. Wrede's Beobachtung, der abfichtlich jede Erflärung des 
Phänomens vermeidet, um Kennern diejelbe anheimzuftellen. — 
Anı folgenden Tage kehrte er nach Save zurüd, deſſen Lage erft 
weiter unten, in Folge der ganzen Ereurfion in diefe Terra in- 
cognita, zu ermitteln fein wird. Die Lehre ded Koran”), welcher 
die Sure 46 mit dem Namen AL AhEaf belegt und alle antife 
Ueberlieferung in noch größeres Dunkel gehüllt hat, läßt dieſe Lo— 
calität noch von den gögendienenden Ad bewohnen, die aber den 
Lehren ihrer Bropheten Ad ben Auz oder Uz, und Ad ben Ama— 
ef, Sohn oder Enkel Hamd und Nouhs, der auch deſſen Bruder 
Hüd genannt wird, nicht folgten, und deshalb, ald ein alles zer— 
ftörender Wind über fie fam, ihr Leben ohne Unterfchied des 
Alters und des Gefchlechts auslöjchte und das ganze Land verheerte, 
f9 daß nur Hüd allein mit fehr wenigen der Gläubigen übrig 
blieb. Auf viefelbe Localität, oder doc) eine der Natur nach fehr 
analoge, ſcheint fich auch die Sage der arabifchen Autoren von dem 
Lande Wabar zu beziehen (vie Wabra nennt Evrifi, bei Jau« 
bert I. p.156, im Süden von Demama), dad zwifchen dem weftlis 
chen Jemen und der Sandregion von Yabrin liegen joll, von dem 
der Autor des Ckamuss8) jagt: „Died Land Wabar war vor« 
dem bewohnt von einem Wolfe Aud (die Aditen, |. ob. ©. 44). 
Aber nachdem Gott dies vernichtet hatte, erbten die Djinn (Ge— 
nien, jene Dämonen alfe, die den Schag bewahren) ihre Wohn: 
fige, und von und andern Menfchen betritt feiner mit ſei— 
nem Buße das Territorium von Wabar.“ — Dies aljo zur 
Rechtfertigung derfelben Ausfagen, die v. Wrede am Bahr el Saffı 
vorgefunden. Im diefem Lande, erzählen ferner die arabijchen Aus 
toren, fol ein mufelmännifcher Abenteurer (vieleicht jener Saffi?) 
unter den eriten Khalifen, die Wunderftadt aufgefunden haben, 
von der andere arabifche Autoren bei Gelegenheit ver EI Ahfäf 
erzählen. Bortgefegte Forſchungen im Lande werden auch darüber 
vieleicht noch neue Aufſchlüſſe darbieten, und primitive Thatjachen 


s”, Günther Wahl, Koran, ©. 514,518, 691 1x, ”) F, Fresnel, 
Lettr, sur la geogr. de l’Arabie I. c, T. X. p. 201. 


272 Weſt-Aſien. IV. Abtbeilung. $. 62, 


in ihr gehöriges Licht jeßen, Die wie andere bisher nur zu lange 
Sahrtaufende im Dunkel und im Nebel ver Fabel und Sage ver- 
borgen blieben. Die Aad find zu untif, um von den Griechen und 
Römern gekannt zu werben, obmwol diefe die Thamud als Tribus 
fennen, deren Glanzzeit offenbar erft ſpäter fallt ald die der Aad 
(nämlich die Thamud, f. ob. ©. 124 u. 156). Diefe Thamud 
find aber der Bibel ungefannt geblieben; dagegen biefe ded Na— 
mens Aad, ald Ada over Aadhäh wiederholt in der Genealo- 
gie ver urälteften Zeit Eſaus, des Idumäers, und der Ho— 
rither (obmwol nur als Frauenname) erwähnt, der jenem des unter- 
gegangenen gottlofen, arabiichen Volks im Süden Arabiens in ver 
Nachbarſchaft von Chuſch entfprechend ift (1.8. Mof. 36, 2 u. 10), 
aber zu den zahlreichen Gefchlechtern ver Idumäer gehörigS?). Die 
Hoffnung, über eine andere Localität, die im obigen von Edrifi 
nur 2 Mil. von Hafef angeführt wird, über das Grab des Pro— 
pheten Hud in der Nähe ver Kräuterbucdht durch v. Wrede 
nähern Auffchluß zu erhalten, ift leider vereitelt worden. Don der 
Berehrung diefed antiken Propheten, ver, obwol er den früheften 
Jahrhunderten vor der mohamevanifchen Zeit angehört, aber doch 
auch bis heute noch in der Verehrung geblieben, wie Abraham, 
war fchon früher die Rede (f. ob. ©. 51). 

Auf dem Rückwege von Ahkaf über Sava, und 4 Tages 
märfche von da nach Choreibe im berühmten Wadi Doan, blieb 
v. Wrede zu Choreibe bei gaftlichen Wirthen wohl aufgehoben, 
um 4 Tage zu raften. Diefer Wapdi mit feiner reichen Popula— 
tion fonnte von dem Küftenorte Mafalla aus, d. i. in S. W. von 
Zafar, erit in 6 Tagen, nad) einem Marfche von 48 vollen Stun 
den zu Kameel landein erreicht werden. Derfelbige Wadi Doan, 
ein zwifchen PBlateauland tiefer liegendes Culturthal, das früher 
noch von feinem europäischen Reiſenden gefehen wurde, zieht fich, 
nad v. Wrede's ausdrücklicher Beſtimmung, mit fünfmaliger 
Namensveränderung (wahrfcheinlic) gegen O.S. O., wenigſtens 
nah Berghaud Kartenorientirung zu urtheilen; denn v. Wrede 
giebt Teiver gar Feine Directionen an) bis zum Meere. Hier 
ſcheint 8 uns in ver Nähe ded Grabes des Propheten Hud am 
Kräutergolf münden zu müffen. Dies Ietere fchließen wir wenig— 
ftend, wenn e8 auch von Wrede nicht ausdrücklich gefagt ift, aus 


8%) F, Fresnel, Lettr. I. c. X. p. 193 u. 201, ebend. Lettr, IV. in 
T. VI p. 213 — 225, 


Arabien; Land Kubr el Hüd, 273 


den von ihm überlieferten Namen). Denn der Wadi Doan 
heißt im nördlichften Theile bei Choreibe, nad) ihm, zunächft noch 
Wadi Nebbi, dann abwärts aft Wadi Doän; dann von Gäh— 
dun an (das weiter ſüdöſtlich ald auf Berghaus Karte, die 
damald nur Niebuhr'3 9) unbeftimmter Angabe folgen Fonnte, 
nämlich 2 Tagereifen von Choreibe entfernt, gerückt werden dürfte) 
wird er Wadi Hadjarin genannt; vom Hora an WadiKasr, 
und vom Kubr el Hud an heißt er Wadi Miffile. Unter dies 
jem Iegtern Namen (auf Berghaus Karte ift ein Prion, unftreitig 
nur nach Ptolemäus%) Iloiov, Duelle 82° Long. 17° 30' Lat. 
und Mündung 85° Long. 13°30’Lat. VI.7 fol. 153, alfo gegen 
Südoſt fließend, eingetragen, aber auf D'Anville's Karte ein 
noch meiter herfommender, und fonft unbekannter Wadi Prim 
alfo wol mit Recht eingezeichnet), fagt v. Wrede, erreiche dieſer 
große Wadi bei Sah-Huͤd den Drean. Don jener Strede 
des Wadi Kadr, fagte man dem v. Wreve?), fei dad Sande 
meer nur eine Tagereife fern, und daß derjenige Theil, welcher 
8 Tage entlang an feinem Rande bis Kubr el Dud (aljo bis ge— 
gen die Meeresnähe) fich ausdehne, unzugänglich ſei. Hierin alfo 
zunächft die Beftätigung unferer Annahme, daß der große Wadi 
gegen Oft ziehe, und ber Zeichnung des Prim sentjprechen mag, 
daß er aber viel weiter ald 8 Tage landeinwärts fich in jener Niche 
tung gegen Welt ziehen muß, da dieſe Entfernung nur bis zum 
MWadi Kasr reicht, der doch nur erft den vierten Namenmechjel 
unterhalb des Urfprungs vom Wadi Doan bezeichnet, aljo wol 
eine doppelte Länge vom Golf, an welchem Haſek und dad Grab 
Huds liegt, vorausſetzt. 

v. Wrede, veffen fühnem Unternehmungsgeift wir allein dieſe 
Daten verdanken, hatte den Plan gefaßt, vom Wadi Doän diefen 
Rückweg zur Küfte zu nehmen, um das Land Kubr el Gun), 
wie er ed nennt, zu bejuchen, das ihm hiſtoriſch und geologiſch 
höchſt intereffant zu fein ſchien. Obwol die Erpebition ihm faft 
das Leben foftete und ganz verunglückte, verdient fie doc, hier als 
wichtiger Beitrag zur Landeskenntniß vollftändige Erwähnung. 

Gin berühmter Mann aus Choreibe im Wadi Doan, genannt 
Habib Abdalla ibn Haidun, und zwei Söhne feines gaft- 


»0) A. v. Wrede I. c. Journ. I. c. p. 109. 29 Miebuhr, Beſchr. 
von Arab. S. 286. »9 Mannert, Geogr. d. Griech. u. Nöm, 
Th. VI. 8.1. ©. 100. ”') A. v. Wrede I. c. p. 110. 

) Ebend. p. III — 112. 


Nitter Erdkunde XII. S 


274 DWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


freundlichen fehr angefehenen Wirthes in Choreibe, begleiteten. v. 
Wrede. Die erfte Nacht wurde in Grein (P. i. die Bulgair- 
ausfprache, der wahre Name ift Ckouraynss), der dort Einhei— 
miſchen) geraftet, einer bedeutenden Stadt am rechten Ufer des 
Wadi Doän; am zweiten Tage erreichte v. Wrede die Stadt 
Seef, jedoch erft eine Stunde fpäter ald jeine Begleiter, die voran 
geritten waren. ine ungeheure Volksmenge hatte ſich in der Stadt 
verfammelt um das Feſt des Scheich Said ben Iſſa ibn Ach— 
madi (ob verfelbe oben von Niebuhr, 3763, genannte?) zu feiern, 
der in Gähdun begraben Tiegt, das diefem Seef benachbart if. 
Sobald ih, jagt ©. Wrede, unter dad Volk Fam, fielen fie über 
mich ber, riffen mich vom Kameel, entwaftneten mich, behandelten 
mich ſehr hart, banden mir. die Hände auf den Rüden und führten 
mich, das Geſicht mit Blut und Staub bedeckt, vor den regierenden 
Sultan, Mohamed Abdalla ibn ben Iſſa Ahmadi. Der 
ganze Pöbel erhob ein graßliched Gefchrei und erklärte mich für 
einen engliichen Spion, der das Land ausforfche, und verlangten 
meine Sinrichtung. Der Sultan erfchreeft durch die Beduinen, die 
er, wie alle Sultane des Wadi, fürchten muß, gab fchon Befehle 
zu meiner Hinrichtung, ald meine Führer und Befchüger herbei— 
eilten und die Beduinen durch ihr Anfehn und ihre Würde zur 
Ruhe brachten. Doch blieb ich indeß noch 3 Tage mit gefefjelten 
Füßen in meinem Oefängniß, wo mir aber alled Nothwendige ge- 
reicht wurde. Am Abend de3 dritten Tages Famen meine Beichüser 
zu mir, mit der Nachricht, daß fie endlich Die Beduinen beruhigt 
hätten, unter der Bedingung, daß ich nach Mafalla zurückreiſen 
ſollte, aber zuvor alle meine Schriften herausgeben. In der Nacht 
verbarg ich nun ſo viele Papiere als möglich, und übergab am 
Morgen nur was ich mit dem Pinſel geſchrieben hatte, womit ſie 
auch zufrieden waren. Nachdem ich meine Noten fortgegeben, ver— 
langte der Sultan meine Bagage zu ſehen und wählte daraus, was 
ihm gefiel. Am nächſten Morgen begann ich nun meinen Rück— 
marſch nach Makalla, zur Küſtenſtadt (14° 29° 40" N.Br., 49° 
19° 20" D.%. vw. Gr. n. Haines, f. unten), die ich in 12 Tagen, 
am S. Sept., erreichte und von da nach Aden zurückichiffte. — 
Das Rand Kubr el Hüd ward alfo dieämal nicht erreicht, 
aber der Name vefjelben und der der Mündungsftelle, Sah-Hüd, 
jcheint die antife Heilighaltung jener Gegend bis heute zu beſtäti— 


690) F. Fresnel, Lettre sur la G£ogr. de !’Arabie T. X. p. 196. 


Arabien; Grab des Propheten Hüd, 275 
gen, die Edrifi bei Haſek mit dem Grabe Hüds bezeichnet, 


- das aus den Zeiten des Paganismus, noch ehe man dort arabifc) 


. redete, bei Adäern und Mahri, an der Oftgrenze der Joeta— 
niden, im antifen Weihrauchlande, durch alle Jahrtaufende 
feit den erften Hiftorifchen Anfängen feinen Ruhm bewahrt. Daß 
es von Ebn Batuta, dem orthodoren Doctor des Koran, nicht 
genannt ward, ift natürlich, da dieſer nur feine Keiligengräber be= 
pilgerte. 

Nach Fresnels6) wird indeß hier bei Hafek nur das Grab 
des Sohnes Huds, der für Hebr oder Ebr bei Mofe gilt, ver- 
ehrt, dejfen Bater Sfalihh (Salah ein Sohn Arphachſad, 1.2. 
Mof. 10, 24 und 11, 14) auch ald Patriarch in der Legende der 
Thamud Hervortritt (f. ob. ©. 156). Auf feinen Grabe werden 
noch heute von den Mahri Kühe geichlachtet ald Opfer; diefe wer- 
den aber meift erft geftohlen, worin einer dem andern zu Ehren 
des Patriarchen ven Rang abzulaufen fucht. Denn wenn einen 
eine Kuh von feinem Nachbar geftohlen wird, fo hat er nicht3 eif- 
tiger zu thun, als ihm wieder eine zu fehlen und dem Patriarchen 
zu opfern, fo daß alle Tage an demſelben Blut flieht. 

Aber aus Ißtachri's oben angeführter antifer Berichterftattung 
ergab fich, daß nicht Hlod an der Oftgrenze von Mahra, fon- 
dern auch an der Weftgrenge von Hadhramaut, in der Nähe 
der Fleinen Stadt Hadhramaut, neben dem tiefen Brunnen Bar- 
hut, der noch unergründet, dad Grab des Propheten Hud”) 
liege. Dieſes Kabr Hüd (dad heißt Grab des Hud)%) wird 
ald das Grab des Patriarchen Hud des Waters verehrt, der, 
nach der Legende des Koran, von feiner Miffion in der alten Heid: 
nischen, götzendienenden Meffa (Sure XI. inı Koran) nad) Hadhra— 
maut zurückgekehrt und auch daſelbſt begraben fein fol, Niebuhr 
nannte man in Jemen died Kabr Hüd (Kubr el Houd) aud 
das Grab Kahtans, d. i. Joctans9; es follte in der Gegend 
von Keſchin (f. ob. Ckiſchin ©. 46) liegen, und zur Zeit des Kha- 
lifen Abubefr bei ihrer erften Anfunft im Hadhramaut follen vie 
mohamedanifchen Sieger dafelbft den Körper diefes Propheten mit 
einem Schwert an der Seite in feinem Grabe vorgefunden haben, 
zu dem lange vor Mohamed die Pilgerfahrten im Gange waren. 


»%) F. Fresnel, Lettr. IV. in T. V. 1. c. p.536. 9 Yhtadhri 6. 
Mordtinann ©. 13, *) Günther Wahl, Koran S. 175,692, Not. 
) Miebuhr, Befchr. von Arab. ©. 258, 


S2 


276 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Ueber dem Grabe diefes Propheten oder Nebbi Huͤd, hörte Nies 
buhr, fer ein Bethaus ohne Pracht errichtet; noch verfammele fich 
dafelbft jährlich im Monat Schabän eine große Zahl Volks aus 
ganz Hadhramaut, feine Andacht dafelbft zu halten, und ſich des 
Hud, Nouh (Noah), Ibrahim (Abraham) und anderer Prophe- 
ten zu erinnern. Wahrfcheinlich, meint er, habe der damit verbun- 
dene Jahrmarkt wol dieſe Pilgerfahrt im Gange erhalten. Ue— 
berhaupt ift diefes Hadhramaut (das Sazarmameth, das heißt 
„die Wohnung ded Todes’) nad dem 1.2. Moſ. 10, 26) 
der Sig der alten Aditen, das Land, in welche viele alte Sagen 
verlegt werden, die zum Theil ſchon im Koran antiquirt waren. 
Beled Nebi Hud wird auch als Geburtsort Diefed Propheten da— 
jelbft noch heute nah Wellſted angegeben. Jenes Kabr Huͤd, 
das Grabmal des Patriarchen und Propheten, liegt nach Fresnels 
genauern Erfundigungen, übereinftimmend mit Iptachri, im Thale 
Burhuͤt, 2 bis 3 Tagereifen gegen Oft von oben genanntem Schi— 
bam Hadhramauts (f. 06. ©. 257; aljo öſtlicher als es auf Berg— 
haus Karte nach Niebuhr eingetragen ift). Im deſſen Nähe befindet 
fich wirklich jener heutzutage Burhüs (Barahout im Ckamus, 
wie bei Ißtachri) genannte Brunnen, in weldhem die Seelen 
derer verweilen, die zur Hölle prüdeftinirt find, dar— 
aus mit der peftilenzialifhen Ausdünſtung aud ein 
Jammerton hervordringt. In der Ehhkili-Sprache heißt 
Barhöt fo viel ald „Sohn der großen ſchwarzen Schlan= 
ge,” was an einen uralten Schlangencultus, der zumal in Indien 
fo weit verbreitet war, erinnert (ſ. Erdk. Th. II. ©. 1093, IV. 69 
0.4.9.) 

Hatten die Nömer von diefem Barhut und den dort in der 
Steinfluft eines Tartarus zur Hölle prüdeftinirten Seelen gehört, 
die daſelbſt das Gericht des letzten Tages erwarteten, jo kann e8 
nicht befremden, an derfelben Stelle in Ptolemäus ) Tafeln die 
Stygis aquae fons (orwyög vdarog anyn, und noch einmal 
orvyös Töwg, beide mal unter 78° Long. 15° Lat.; ganz richtig 
im Verhältniß zu Aden, 72° 30° Long. 12° 30° Lat.) angeführt 
zu ſehen; worauf Freönel die Aufmerkſamkeit lenken Eonnte, da 
er zuerft 2) von feinem haphramautifchen Freunde in Dſchidda die 


"0, Nödiger, zu Wellfteds Neifen in Arab. Th. U. ©. 336, Not. 299 
u. 339. ) Ptolem. Lib. VI. c. 7. fol. 153,155. ) F. Fres- 
nel, sur la géogr. de l’Arabie in Journ, Asiat. T.X. 1840. p.83 


Arabien; Barhut, die Stygifche Duelle. 277 


Nachricht von der wirklichen Eriftenz dieſes bis dahin unbefann= 
ten Brunnend und feiner Legende erhalten hatte. Und befannt 
mit diefer Rocalität mochten die Römer ſchon durch Aelius Gal— 
lus Feldzug geworden fein, der bis zur ſüdlichſten Stadt Mar- 
syaba bei Strabo, oder Caripeta bei Plinius (AH. N. VI. 32) 
vorgedrungen war. Bei der Geneigtheit der Nömer zu Analogien 
in ihren SHiftorien und Mythologien (mie bei den Homeritae ftatt 
der Himjariten) lag ed ganz nahe, beim Styx an Minos umd 
Rhadamanthus zu erinnern; und fo folgte leicht die Conjectur, 
die Stämme in Arabia felix, vie Minaei und Rhadamaei, wel— 
he Plinius in feinen Liften der Hunderte von Tribus ald ehr 
hervorragende und berühmte Namen vorfand, von den berühimteften 
Brüdern aus Greta, den Richtern der Unterwelt, als ſei es ver 
eigene genealogiſche Glaube des Volks (ut existimant), di— 
rect abftammen zu Taffen (Plin. H.N. VI. 32: ac Minaei a rege 
Cretae Mino&@, ut existimant, originem trahentes, .... Mariaba 
Baramaleum et ipsum non spernendum: item Carnon. Rhada- 
maei, et horum origo Rhadamanthus putatur, frater Minois; 
Homeritae ete.). Died war um ſo wichtiger, da ſchon Strabo 
die Minäer das erfte der vier großen Völker des ſüdlichen 
Arabiend nannte, denen er die Sabäer (mo Mariaba, Marib), die 
Chatramotiten (Saphramauter) und Kattafanen an der Meer- 
enge Bab el Mandeb folgen ließ (Strabo XVI. 768); zumal auch 
bei Ptolemäus die Minaei das einzige Wolf Südarabiens find, 
das diefer ein großes Volk (Mivaioı, ulya EIvog Ptol. VI. 7 
fol. 154) nannte. Die ſüdlichſte Stadt Mariaba (Moaoolaßu, 
nach dem beiten Cover 3), nicht Maoovaßai, bei Strabo XVI. 782 
und 768, was aber wol richtiger ohne o, da dieſes in der Uncial— 
schrift leicht al3 Verdoppelung des « erfcheint), welche Aelius Gal— 
lus auf feinem berühmten Feldzuge erreichte, die, nach Ausſage ver 
Gefangenen, nur noch zwei Tagemärfche vom Gewürzlande 
fern lag, und die Aelius Gallus nach Htägiger Belagerung nicht 
erobern fonnte, mar eine bloße Stadt (mökıg, Feine Capitale) jener 
Rhadamaei, die er aber Nhammaniten oder Rhambaniten 
(Paußavırav bei Strabo, die befte Autorität, nach ©. Kramer) 
nannte, und welche noch unter einem Jlafaros (Gleafar? over 
etwa einem Ala fchariy youn?) flanden. Diefelbe ſüdlichſt er— 
reichte Stadt, oder doch in ihrer Nachbarfchaft, vor welcher Aelius 


3) Nach G. Kramer’s eritiſcher Dergleichung des Textes bei Strabo. 


278 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Galus umfehrte, wird von Plinius anderd (nämlich Caripeta ) 
als bei Strabo genannt, bei deſſen Mariaba nah Fresnel's 
Darlegungen man feineswegs an die berühmte Gapitale ver Sa— 
bier (etwa Marib) venfen kann, fondern vielmehr an eine Ma- 
riama der Manitae bei Ptolem., welche iventifch mit einer von. 
den drei bei :Plinius angegebenen Mariabas, namlich mit Ma- 
riaba Baramalcum zu fein fcheint, da die fo häufige Verwechs— 
lung von m und b wenigftens fein Grund dagegen fein Fann. Die 
Manitae des Ptolemäus find die Rhamanitae des Plinius. 
Diefe Mariaba Baramaleum war nad) Plinius abhängig von 
den Minäern; da diefe aber eine „große Nation‘ unftreitig aus 
vielen Tribus beftand, jo konnten auch die Rhamauiten, vie 
feine der 4 großen VBölferfchaften waren, doch einen Zweig der 
Minäer ausmachen. Sie waren es auch unftreitig, weil fie ja 
fonft nicht bei Pliniud die Abkömmlinge der beiden gefeierten Brü— 
der Minos und Rhadamanthus Hätten fein können, deren ruhmvolle 
Abſtammung Pliniusd auch auf diefe glänzendſten Gefchlechter der 
Araberftimme wollte zurüdjtrahlen lafien. Wenn nun wirflich die 
Minäer nicht fern vom Styr, d. i. dem ftygiichen Brunnen Bar- 
but, fondern ihm nahe wohnten, jo können auch ihre Bettern 
nur in ihrer Nachbarfchaft gefucht werden. Ueber diefe Fühne ety= 
mologifche Conjectut des Plinius von der Abftammung bemerft 
Fresnel, er würde eher ) den Minos aus Jemen oder Daman 
auf dem Wege über Tyrus ableiten, als umgekehrt die Minäer 
vom Minos, und behaupten, daß dieſer den Griechen die erfte Vor— 
ftelung vom Styr gebracht haben möge. Gr würde eher jagen: 
die Minäer feien Anbeter eines Meni (Jeſaias 55, 11 „und fchen- 
- fet vol ein vom Tranfopfer dom Meni’), einer Fortuna oder eines 
Planeten Venus. Mit dem Mina oder Mena bei Mecca, am 
Arafat, haben fie fo wenig zu thun wie mit vom Mana der Mit- 
telaraber (ſ. ob. S. 36), und eher Fonnte man fie das erfte Volk 
von Jemen (Daman) nennen, da fie das Centrum des Landes 
inne hatten, welches die Bewohner des Hedſchas das Land Mas 
man, nachher Jemen, d.i. das Land zur Nechten oder den Sü— 
den nannten (j. ob. ©. 39). Es Tiefe fich felbft jeher wahrſchein— 
lich machen, daß Die Benennung Jemen, die jeßt nur der Weft- 
jeite des ſüdlichen Arabiens beigelegt zu werden pflegt, einft ſich 


"**) F. Fresnel, Lettr. sur la geogr, de l’Arab, 1. c. T. X. p. 194 
bis 195. 


’ 





Arabien; Land der Minäer. 279 


weit mehr auf deſſen centralen Theil bezog, nämlich auf das 
Land der Minäer; ſelbſt das DVerfchwinden der erften Sylbe ver 
De=smen in Min-aei liege fich fehr gut aus ver Verwechslung ver 
Griechen mit ihrem männlichen Artikel, od Muvaioı, d. i. hi Mi- 
naei, Ye-minaei erflüren. Auch könnten die Vettern diefer Mi— 
naei jehr wohl von einem Sohne Chus, von vom Raema (1.2. 
Moſ. 10,7; ſ. ob. S. 56) oder Ramah, die Benennung der Rham— 
maei erhalten haben. Geht man aber noch weiter in die jo merk— 
würdigen Genealogien der Araber (in die Anſab des Kitäb- 
alickd) ein, fagt Fresnel, jo findet fich in der apoeryphen Genen= 
logie von Hadhramaut noch auf andere Weiſe ein Schlüffel für 
den Urfprung der fo merfwürdigen Minder, der gens magna 
ganz Südarabiens. Hadhramaut ift dad Land, das in dag 
höchfte Alterthum hinaufreicht; die Geneſis, nach ihrer Weile per— 
fonifieirend, nennt Hhazarmaweth (1.8. Mof. 10,26, Hazarma— 
phet) als einen Sohn Joctans, d. h. in ethnographijcher Sprache nur 
einen Theil ded Territoriums der Joctaniden, dad ſich von Meſa 
bis gen Sephar auspehnte. Nach der Bibel haben die arabis 
ſchen Genealogien?) den Hadhramaut auch perſonificirt, aber 
ſie interpoliren noch 17 Generationen zwiſchen ihren Ckahhtan 
(d. i. Joctan, ſ. ob. ©. 41) und jenem ſogenannten Patriarchen. 
Sie ſagen, Hadhramauth ſei der Sohn Amr, Sohn Ckays, 
Sohn Mouaweyah, Sohn Djouſcham, Sohn Abdſcham, Sohn Wail, 
Sohn Ghawth, Sohn Djaydan, Sohn Ckouſſay, Sohn Arib, Sohn. 
Zoumayr, Sohn Ayman, Sohn Hamayfa, Sohn Himyar 
(Sohn von Saba). Diefem Schwall von Genealogie, jagt Fres— 
nel, ſei nun aber keineswegs zu folgen: denn follte Hadhramaut 
wirklich eine Berfon bezeichnen, fo würde man ihn eher für einen 
Dheim, nicht für einen Sohn, aller jener Namen halten, von Sa= 
ba ausgenommen: denn nach der mofaifchen Genalogie iſt Saba 
(Seba) ein Bruder von Hadhramaut. Die Bibel fpricht wol 
von ſabälſchen Joctaniven, aber nicht von Komeriten, oder Söhnen 
Himyard, Sohn von Saba (ob. ©. 41). Obwol nun Edom, der 
Beiname Eſaus, fo viel als roch heißt, und au Himyar oder 
Hemiar in altarabifchen Dialecten, wie noch heute das arabijche 
„ahmar,“ roth bedeutet 6), fo kann man beide deshalb doc) nicht, 
wie Manche dies wol getban, iventifieiren, und die Edomiten oder 


5) Fresnel I. c. T.X. p. 199— 200. 9 Rofenmüller, Bibl, Alter 
thumsf. III. ©. 65; Jomard, Etud, geogr, et hist. I, c. p. 174. 


280 Meft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. ° 


Idumäer für Nepräfentanten der Simyariten halten. Edom verhält 
fich zu den Abrahamiden wie Himyar zit den Ioctaniven; beide find 
Seitengmeige eined Altern, nobleren Gefchlechtes, mit dem fie in 
einen analogen Gegenſatz gerathen; aber darum ift Edom nicht 
gleih Himyar, fo wenig wie Idumaea gleidy Arabia felix. Dies 
voraudgefegt, jo ericheint Hadhramaut, da in der Bibel gar Fein 
Himyar genannt wird, zwar in der That weit älter ald Himyar, 
doch treten ein paar Namen in defjen Genealogie hervor, vie doch 
durch ihre Stellung diefen antifen Perſonen angehören müffen, und 
einige Belehrung über derzeitige Völferverhältniffe zu geben ſchei— 
nen. Der Name Zoumayr mag leicht ivdentifch fein mit Zim— 
ran (Simron, der ältefte Sohn von Abrahams anderm Weibe Ke- 
tura, 1.8. Mof. 25,2); Hamayſa ift der moabitifche Name 
Méeſha aus Loths Gefchlechte (1.8. Mof. 19, 37 und 2.2. d. 
Könige 3, 4), mit dem vorgefeßten hebräifchen Artikel. Diefer fol 
Vater fein des Ayman, ein Name gleicher Wurzel wie Daman 
(Iemen), fo daß Ayman zu ſtehen fommt zwifchen Saba und 
Hadhramaut, wie die Minäer ftanden zwifchen Sabäern 
und Chatramiten bei Strabo. Alſo das Genealogiiche geogra= 
phifhy genommen, gübe Ayman als Nepräfentant der Minäer, 
der großen Nation, die dann verfchteden von Sabäern und Cha— 
tramiten auftritt, von der ed aber noch unficher bleibt, ob fie zu 
dem Ghufitifchen oder zum Joctaniden-Geſchlechte zu zählen wäre. 

Die Hauptftadt der Sabäer (Mariaba Metropolis Sabaeo- 
rum bei Strabo, das heutige Marib) iſt befannt, unftreitig vie 
Regia omnium Mariaba bei Plinius. Aber die Capitale der 
Minäer, in deren Gebiete, nach Plinius, auch vie große nicht zu 
verachtende Stadt Mariaba Baramalcum, die 14 römische Mil- 
lien, alfo an 5 Stunden Umfang hatte, gelegen war, it ihrer Lage 
nach bis Heute noch unbefannt geblieben. Dem Namen nach nannte 
fie fchon Eratofthened an jener Stelle, wo Strabo, nad ihm, 
die Lage der 4 Völker „der außerfien Enden der Erde” auf- 
zahlt, und zuerft die Minäer das große Volf nennt und ihre 
größte Stadt Carna over Carana (fie bewohnen: zyv doya- 
Tnv xwoov, in demfelben Sinne wie bei Homer: Foyaroı avdowr, 
bemerft Fresnel. — Kuaova bei Strabo XVI. 768). Auch Pli— 
niud nennt fie fo in feinem Lande der Nachfommen des Minos 
durch fein bedeutungsvolles „item Carnon.” Fresnel bemerkt, 
daß der ftolge Nömer offenbar ven Schimpf der Zurückwei— 
jung des römischen Feldherrn Aelius Gallus vor den Thoren 


Arabien; Mariaba Baramalcum, Carnon. 281 


diefer Mariaba Baramaleum der Minder (identiſch mit Stra= 
bo8 Mariaba oder Marsiaba der Rhammaniten, da Minder und 
Nhamander Brüdervölfer find), den deffen ſpecieller Freund Strabo 
offenherzig und einfach nicht verfchweigt, hätte mildern wollen, 
durch Heraudftreichen der Größe diefer Stadt, obwol fie nur eine 
PBrovinzialftadt war, welche die römischen Adler gevemüthigt 
und zur Umfehr gezwungen hatte. Daher noch der Zufag: et ip- 
sum non spernendum, dem aber die „Carnon,” eine Gapitale, 
von melcher zur Umfehr gezwungen doch ehrenvoller gewefen fein 
würde, nur nebenbei durch item Carnon angehängt wird, ohne bier 
von dem verunglücten Feldzuge noch einmal zu fprechen, der an 
feiner geeigneten Stelle nicht hatte ignorirt werden fünnen. Ca- 
ripeta, das an jener geeigneten Stelle von Plinius genannt 
wird, kann demnach nur in der Nähe von viefer Mariaba Ba- 
ramalcum gefucht werden. Auch Ptolemäus hat eine Car— 
man oder Akarman, Regia Minaeorum (auch Carnan: Ptol. 
VI. 7. f01.155 Koouav over Axaoucv Baolieıov, 81° 15‘ Long. 
20° 15’ Lat.), welche unftreitig diefelbe Carnana, die Stadt ver 
Minäer, bei Steph. Byz., am eryihräifchen Meere gelegen, fein 
wird (Steph. By. Kaovava nolıs Mivalov E$vovg, nAmolov 
’Eovdoüs Iaraoons). Stephbanus Angabe, daß die Minder 
nahe dem erythräiſchen Meere, d. i. nahe dem indifchen Ocean, 
wohnen, hatte bei der Verwechslung diefed mit dem Nothen Meere 
zu der ganz irrigen Meinung geführt, die Minäer an der Weſt— 
füfte Arabiend fuchen zu müffen 7), in der Nübe de Baetius- 
Fluſſes, und der neben Iatrippa von Ptolemäus zweiten andern 
von ihm angegebenen Carna (Kaova ebend.) im Norden von dem 
heutigen Meffa. Auch Mannert, obwol er die ganze Bedeutung 
des wichtigen und großen Volks der alten Minäer anerfennt, das 
nach) Strabo von Glana ſüdwärts an 70 Tagereiſen entfernt fei, 
und es wohl weiß, daß fie in jener antiken Zeit Hand in Hand mit 
den Nabatäern (Gerhäern bei Agatharchives, f. ob. S. 117) ven 
großen Waarenhandel durch Arabien bis Paläſtina führten, 
jet wol deshalb ihre Wohnungen noch immer zu weit nörblich an, 
wenn er fie um Mekka 8) wohnen läßt. Wenn fie auch bis dahin 
und weiter bis Syrien ihren Weihrauch und ihre Gewürze in ven 
Handel brachten, fo waren ihre Wohnfite doch viel weiter im Sü— 


’’) Cellarius, Geogr, Antiq. Asia Lib. II. c. 14. p. 704. 
) Mannert, Geogr. d. Gr. u. Röm. VI. 1. ©. 86, 


282 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


den und DOften, wie die Worte ded Steph. Byz. durch die des Bli- 
nius VI. 32: Atramitis (d. i. Hadhramaut) in mediterraneo jun- 
guntur Minaei, beftätigt werden, fo wie die Angabe der Lage ihrer 
Gapitale Carman over Carnan bei Ptolemäus. 

Nun erſt, nachdem wir uns auf dieſe Weiſe durch ein Laby— 
rinth der verſchiedenſten Namen, Relationen und ihrer Erklärungen 
hindurch geſchlagen, zu deren weiterer Erhärtung wir hier nur auf 
die critiſchen und ſcharfſinnig trennenden wie combinirenden Beweis— 
führungen Fresnel's 9 hindeuten müſſen, ohne den dagegen ge— 
machten Einwürfen großes Gewicht einräumen zu können, kommen 
wir zu der geographiſchen Localität zurück, von deren Nähe wir 
bei den Unterſuchungen über Zafar und deſſen Umgebungen aus— 
gingen, wo wir ſchon gelegentlich des Wadi Doan, bei v. Wre— 
de's Exeurſion dahin, erwähnten. 

In dieſem Wadi Doan, deſſen wahre Lage wir aus v. Wre— 
de's Nachrichten noch nicht auf das genaueſte zu ermitteln im 
Stande waren, das aber, damit ziemlich übereinſtimmend, nad) 2 
verfchiedenen durch Fresnel von Einheimifchen erforichten Zeugs 
niffen, auch 5 bis 6 Tagereiſen von Mafalla entfernt liegen Toll, 
nur nad) des einen Ausfage gegen Nord, nad) des andern gegen 
W.N. W. (alfo jevenfalld meftlicher ald auf Berghaus Karte), hörte 
derfelbe Fresnel 0) denſelben Namen wie die Gapitale der Mi- 
näer von den dort Gingebornen, nämlich Al Ckarn, nennen. Nach 
dem 2ten Zeugniß würde diefes Al Ckarn noch weiter weſtwärts 
gegen dad Land NYafé zu rüden fein (Land Jafalt) in N.W. von 
Hadhramaut, auf Niebuhr'3 und Berghaus Karten), dad 25 Lieued 
im Nord von dem Felsſchloß Hhiſſn Ghorab (pi. dad Raben— 
ſchloß)12), oder von Medjdihhah (p. i. ver Küflenpunet Coua— 
Canim der Karten), dem letzten meftlichen Puncte im Gebiete von 
Makalla gelegen ſei. Diefe Lage Al Ckarns, als die antife Kö— 
nigsrefiven; Garan der Minder, entipricht, annähernder Weife, 
der minäifchen Provinzialftadtt Mariaba Baramaleum bei Pli— 
nius (wobei der nörplicher gelegene Grand Desert Bargehal 
entre Jabrin et l’Iemen auf D’Anville’3 Karte?) vieleicht den 


00) F, Fresnel, Lettr. sur la geogr. de l’Arabie in Journ. Asiat. 
T.X. 1840. p.83— 95; Ewald, Gefch. des Volfs Israel I. S. 369. 

10) Fresnel l. c. p. 9. 1) Niebuhr, Beſchr. von Arab. ©. 281, 
294; Wellfted, Neif. bei Rödiger Th. IL. ©. 317. 12) Wellſted, 
Reiſ. ebend. II. S. 322. '3) D’Anville, Carte de PAsie Part, I, 
a. 1751. 





Arabien; Mariaba Baramaleum, Kane. 283 


Aufichluß über den fonft unbekannten Beinamen dieſer Mariaba, 
im Gegenſatz anderer, geben möchte), falls es nicht blos Land der 
Berge oder Hochland Bar el Djebel, daher Bargebal heißen 
ſoll, was indeß auch die Römer ſchon mißverſtanden haben konnten. 
Aber auch der Mariama der Rhamanitae bei Ptolemäus, wenn 
man dieſe letzte in ihrer relativen Lage, nämlich der etwas ſüd— 
lichern und öftlichern, gegen die etwas nördlichere und weftlichere 

raba Metropolis der Sabäer, over die heutige Marib, nach den 

lemäifchen Tafeln vergleicht (Maraba Metropolis 76° Long. 
18'%,° Lat, Mariama 78° Long. 17%" Lat. Differenz ihrer rela= 
tiven Lage, nach Tabul. Ptol. gleidy 214° Long. und 1'%° Lat.). 
Eine weit finnzreichere 14) Conjectur ift es offenbar, das Epitheton 
Baramalewm von „bar,“ d. i. Sohn im himyaritifchen wie im 
chaldaͤiſchen, Herzuleiten, und von „Malak“ over „Malek,“ d. i. 
König bei allen Semiten, wonad) ed denn dad „Marib der 
Prinzen” heißen würde, was der Ueberfegung des Plinius, die 
er von der Mariaba ver Galingier giebt, entjprechen würde 
(H. N. VI. 32: quorum Mariaba oppidum significat Dominos 
omnium). Da viefe Bedeutung aber eigentlich nicht den Namen 
Mariaba trifft, fondern nur deſſen Epitheton Baramaleum, fo jcheint 
Plinius hier nur die beiven Mariabas oder Maribö wieder ver- 
wechfelt zu haben. Denn Marib oder Maraab entfpricht dem 
hebräifchen Wort ereb, d. i. latibulum, dieſe Wurzel bezeichnet das 
Lager wilder Thiere im Walde oder einen Hinterhalt, womit 
wieder Strabo's Befchreibung ver Stadt Mariaba der Sabäer 
auf einer Waldhöhe übereinftimmt (Strab. fagt Zr’ Ogovg &- 
Öfrögov). Medjdihhah, benachbart dem Hhiſſn Ghorab mit den 
himjaritifchen Inferiptionen auf feinem Felsſchloß, das über ber nad) 
der Karte genannten Bai Caua-Canim ſtolz fich erhebt, in wel- 
cher Wellſted vie Kavr), dad Emporium over felbft die Nefidenz 
des Gleafus in ver Weihrauchlandfchaft, zur Zeit des Pe— 
riplus (Peripl. Mar. Erythr. * 15 Karn Baoıelag EMov, 
zwoag hıßavwropoeov, ſ. 0b. ©. 244), wiedererkennen wollte, das 
Einporium und Promontorium Cane bei Ptolemäus (VI. 7. fol. 153 
Kuvn dunögıov zul axoov 84" Long. 12” 30'Lat.), hat auch heute 
noch) bei „ven Schiffern wenigſtens“ einen dem Ckoung oder 
Gfana verwandten Namen fich erhalten. Da die Städte Care 
non ald Gapitale und Mariaba Baramalcum nad Plin. nicht 


#) Fresnel l. c. T. X. p. 181. 


234 Weſt-Aſien. TV. Abtheilung. $. 62. 


nur derſelben Nation der Minäer angehörten, ſondern auch in der— 
ſelben Provinz lagen, ſo kann man vorausſetzen, daß die zweite 
wie die erſte Stadt im Wadi Doan lagen, welcher unter dieſer 
Vorausſetzung alſo der eigentliche Terminus der Expedition 
der Römer war. Sie drangen dann alfo in die Landſchaft ein, 
die im meitern Sinne Hadhramaut heift, von deren Bewohnern 
daher Strabo ſchon nad) Erotoſthenes fagte, daß fie am weite⸗ 
ſten gegen den Morgen wohnten (XVI 768: noüg &w de 
uakıora Äorguuwreitcı, nad den beften Codd., aber auch eine 
gute Lesart ift einmal Kuargawiraı nach G. Kramer); von deſſen 
Bewohnern, den einzigen, an denen die Nömer ihrer würbige Geg— 
ner fanden, Plinius nah Aelius Gallus Erpeditionsberichte 
fagt, daß die Chatramotiten vor allen andern Völkern die 
tapferjten feien (VI. 32: Cerbanos et Agraeos armis praestare, 
maxime Chatramotitas); ein Ruhm unter den Arabern, den fie 
auch bis heute behauptet haben. Von den Himyariten fagt der— 
felbe Autor, daß fie Sehr zahlreich (numerosissimos esse Home- 
ritas), von den Mindern, den Bewohnern des innern Hadhra— 
maut, daß fie fruchtbare Felder mit Palmen und Gebüfchen bes 
wachfen bewohnten, daß ihr Reichtum in Heerden beftehe (Minaei 
fertiles agros palmetis arbustisque, in pecore divitias). 


4. Der Wadi Doan, im alten ande der Minaer, bes 
wohnt von den Toani des Plinius. Wiederent- 
defung durch N. v. Wrede's Ercurfion im I. 1843. 


Wie ftimmen vdiefe Angaben aber, wird der Heutige Com— 
pendiengeograph fragen, mit ver fo befannten Natur des ale 
Wüſtenei fo verfchrieenen Hadhramaut, und zumal feiner innern 
Einöden? 

Nach ver Ausſage des Scheikh Aly aus Wadi Doan®), 
der ald Kaufmann in Dichivda feit wenigen Sahren lebte, ift diefer 
Wadi jevoch im Hohen Grade angebaut, und durch v. Wrede, 
der ihn zuerft gefehen, und unter den Europäern allein von ihm 
als Augenzeuge fprechen kann, wird die Ausſage von diefem Thale, 
deſſen Bemohner jchon Plinius höchft mwahrfcheinlich mit dem Na— 
men der Toani belegte, volfommen beftätigt (Plin. H. N. VI. 32 
zählt fie in der Reihe mit den andern durch den Weihraud, be= 


15) Fresnel I. c. T.X. p. 178. 





Arabien; ver Wadi Doan, Toani. 285 


rühmten Völkern auf: Tooani, Ascitae, Chatramotitae ete. Sabaei 
Arabum, propter thura clarissimi, ad utraque maria porrectis 
gentibus). Dieſes Doan ift feine Stadt, wie Niebuhr's Er- 
fundigung glauben machen könnte (f. 06. ©. 269), fondern eine 
Gegend, ein Thal l6), ein Wadi des binnenlindiichen Hadhra= 
maut, fo daß die Toani bei Plinius, fein Orts- fondern ein Volks— 
name, fehr gut vie früher genannten Minaei ald Mitbewohner 
diefer Gegend bezeichnen mochte, aber zugleich auch vie Charmäer, 
Rhadamäer und andere dortige befchränktere Tribus derſelben trifft. 
Im Wadi Doan, 5 bis 6 Tagereifen nordwärts Mafalla (Mus 
falla), erheben ſich an jeder Seite deffelben Ortichaften, die von 
einer zur andern fichtbar find. Auf den höchften Bergen, an deſſen 
Seiten, find Felskammern ausgehauen, in welche die heutigen 
Araber aber nicht einzubringen wagen, weil diefe in die Zeiten 
Shaddads, Sohn Ads, zurüdreichen. Shadad oder Shedad's, 
nämlich Shedad, Ibn Ad!7), eines jüngern Zweigd jener antie 
fen Adäer am Rande des Ahkaf wird ald König genannt, der in 
der Sure 89 ded Koran vorfommt, und nach der Xegende in der 
MWüfte von Aden eine prächtige Stadt nebſt Palaft und luſtigen 
Gärten, ein Irem, d. i. ein Paradies (Büfching halt vie Stadt 
Jerim für den Ort dieſes Irem)18), erbaut haben follte, den aber, 
weil er fich jelbit als Gottheit ausgab, ſammt feinem Wolf das 
Strafgericht Gotted erreichte, jo daß alefammt durch einen unter 
ſchrecklichem Krachen vom Himmel hereingebrochnen Wirbelfturme, 
der die Gegend weit umher mit wogendem Sande bedeckt habe, 
audgerottet feien. Daher fommt es wol, daß mit dem Schreckens— 
worte Ahfaf aud ſüdlichere Gegenden!) vom Wadi Doan in 
Hadhramaut belegt werden, wo fich in der Nähe des ftygifchen 
Brunnend Burhut und des Kubr Hüd, oder dem Grabe des 
Propheten Hüd, des Vaters, vielleicht ähnliche Naturverhältniffe 
zeigen mögen, die ähnliche Sagen veranlaßten. Aber diefe ſchreck— 
liche Wüftennatur auf dad ganze dahinterliegende Land der alten 
Minder oder ded innern Hadhramaut übertragen zu wollen, wis 
derftreitet auf das entjchievenfte der heutigen Landesbeichaffenheit. 
Denn fowol auf der nordöſtlichen Noute von Ebn Batutas 
Zafar, landein nad) vom Wadi Doan, über die obengenannten 


) F. Fresnel, Lettr. IV. im Journ. Asiat. T. V. p. 510. 

1) Günther Wahl, Koran, ©. 693. 19) Büfching, Erdbeſchreib. 
Th. XI. ©. 678. '’) S. D’Anville, Carte de l’Asie. Part, I. 
1751. zwijchen Maculla, Teriim u. Shibäm, 


256 Weſt⸗-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Städte und Fruchtthäler, führte ein ftarfbewohntes und be= 
völkertes Ländergebiet, wie ebenfalls auf der nordmweftlichen 
Route von Mafalla aus, welche v. Wrede auf dem Hinmwege 
nah Wadi Doan durchzogen hat. 

Hören wir dieſen felbft über ven glücdlichen Anfang feiner 
Entdeckungsreiſe, deren unglücklichen Ausgang wir nach obigem 
Schon kennen. Bon Aden abgefchifft nad) Ofurum an der Küfte 
Hadhramauts, ging er eiligit nach der Hauptſtadt vafelbit, 
Mafalla?0), und brach joglih am 26. Juni 1843, unter dem 
Schuge eined Beduinen von dem mächtigen Tribus der Akäbre, 
auf, um fo wenig ald möglich von fich reden zu machen. In einem 
Zeitraum von SY, Tagen, wobei täglicy wegen fteil anfteigender 
und zu überfegender Gebirgswände nur kurze Streden zurücgelegt 
werden Fonnten, wurde gegen Nordweſt (aljo zwifchen beiden 
oben angegebenen Direetionen) nach 49 Stunden und 19 Minuten 
wirklichen Marjches der Wadi Doan erreicht. 

Die Stadt und das Vorgebirge Mafalla liegen, nach Capt. 
Haines Küftenaufnahme?t), unter 49° 14° 20” DR. von Greenw. 
und 14° 29 40’! N. Br.; e8 ift das Maccala des Ptolemäus, deſ— 
fen Breitenbeftimmung diefer nur etwa um einen halben Grad zu 
weit ſüdlich angab, deſſen Name feit anderthalbtaufend Jahren ganz 
derſelbe geblieben ift (Ptol. VI. 7. fol. 156: Muxxzuku, 81° Long. 
13° 45' Lat.). 

Am erſten Tagemarfch ging es ſchon durch eine Aufeinander— 
folge von tiefen und engen Thälern, durch zadige, granitiſche 
bis 2000 Fuß hohe Gebirgsgipfel hindurch, aus deren Fuße viele, 
30° 227° bis 43° 56° Nenumur haltende, heiße Stahlauellen, 
aber mit fonft gutem trinfbaren Waffer, ohne Spur von Schwefel— 
gehalt, Hervortraten. Der zerriffene, unfruchtbar fcheinende Boden 
nährte doch eine Menge von Blumen und Bäumen, die in Blüthe 
ftanden. Sie gaben Hinreichende Nahrung für die zahlreichen Kara— 
wanen der Kamsele, denen man auf diefer Rdute begegnete. Das 
reiche Laubdach viefer hohen Bäume fchüste fehr angenehm vor den 
heißen Sonnenftrahlen, zumal. bei der völligen Windftille, die Hier 
vom Morgen 10 Uhr bis Nachmittag 4 Uhr bei einer bi zu 150 
und 160° Fahrenheit (das wäre einer faſt unglaublichen Tempera⸗ 


720) A. v. Wrede, Account 1. c. Journ. Vol. XIV. 1844. p. 107- 110. 

2") Capt. Haines, Memoir to accomp. etc. a Chart of the South 
Coast of Arabia, in Journ. of the Roy. Geog. Soc, Vol. IX. 1839. 
p. 149. 


Arabien; v. Wrede's Entdeckung des Wadi Doan. 287 


tur von bis zur 52° 44° und 56° 89° Reaum.) ſteigenden Hitze eins 
trat.” Der Weg. führte durch viele Dörfer und viele blieben =. 
zur Seite Tiegen. 

Am 4ten Tagemarſch erflieg v. Wrede, der wegen bes 
Berluftes feiner Papiere (f. ob. ©. 274) leiver nur fragmenta= 
rifch Bericht giebt, ven Berg Sidara, der fich 4000 Fuß hoch 
über ver Meerosfläche erhebt (hier alfo hat das Hochland, das 
Nedſched, ſchon feinen Character angenommen, der überhaupt das 
weite Binnenland fo eulturfühig und bewohnbar zu machen fcheint). 
Die Seiten des Sidara waren mit aromatijchen Pflanzen 
überverft; oben auf feiner Höhe ftand ich, fagt v. Wrede, am Fuß 
zweier Piks, dem Choreibe und Farjalat, die zu beiden Geis 
ten 10 Minuten weit auseinander ftehend, ſenkrecht noch 800 Fuß 
höher emporfteigend, wie die Pfeiler eines gigantifchen Eingangs 
thors in das Hochland erfcheinen, deſſen Oberfläche hier die tie= 
fern Granitmafien mit eifenfteinreihen Sandſteinſchich— 
ten überlagerte. Das Thermometer war gefunfen, die Nacht 
war Falt. 

Am dten Tagemarfche hatte ich au — — 
Ketten, deren eine ſich über der andern erhob, zu überſteigen, de— 
ven höchſte Diebel Dröra heißt. Von hier an ward jener Ei— 
fenfanpftein von andern Schichten eined gelben, fehr harten und 
- feinförnigen Sandfteins überlagert. Ich hatte die Höhe von 
8000 Fuß über dem Meere erreicht. Meine Ausficht nach Weit 
(alfo gegen Ahcaf hin) fchweifte über die gelbe Hochebene von 
unermeßlicher Ausdehnung hin, auf welcher aber überal hie und 
da Kegelberge und Bergfetten emporftiegen. Im Oft ſah man den 
Gipfel des coloſſalen KarSeban, der wie ein Thurm fich jen— 
jeit der Plaine (alſo gegen das Geftade des Weihrauchlandes in 
Mahrah, um Zafar?) erhob. Gegen Süd aber erhob fich ein La— 
byrinth von dunkeln Granitkegeln, und ver Blick verlor fich in die 
Nebelatmoiphäre des Dreand. Bon hier an fegte der Weg auf 
hoher Ebene (level ground) fort, indeß links und rechts eine 
große Menge von Wadis durch diefe Hochebene wandern und 
meiſt in engen Schluchten oder Defiles die Negenwaffer den nievern 
Regionen zuführen. An der Wiege folcher beginnenven Schlud)= 
ten oder Wadis ftehen meift einzelne Früpplige Acacien, die etwas 
Schutz und den Kameelen nur wenig Butter gewähren. Alle 6 bis 
9 Miles findet man auf biefer unabjehbaren Ebene wol Gifter- 
wen angelegt für die Wanderer; aber weder Busch noch Dorfichaft 


288 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 62. 


unterbricht bier ihre Monotomie. Die Temperatur der Luft war 
am Tage fehr angenehm, 80° Fahrh. (21° 38° Reaum.), aber in 
der Nacht wurde fie bei einem Sinken auf 50° Fahrh. (8° Reaum.) 
empfindlich Falt. 

Da überrafchte die plößliche Erſcheinung des Wadi Doän 
durch ihre Großartigkeit; eine 600 Fuß tiefe und 500 Buß breite 
Schlucht (ravin) zwiſchen fenfrechten Selfen, deren Trümmer an 
einer Seite des Abhangs deſſen halbe Höhe bedecken. Auf diejem 
Abhange fteigen in amphitheatraliichen Formen die Dörfer und 
Städte empor, indep ein Wald von Bäumen den Fuß und Bal- 
men die Gründe beverfen, zwifchen denen man den 20 Buß breiten 
Strom von hohen Uferwänden eingeengt mit dem Auge weit ver- 
folgen kann. Zuerſt zeigt er fi in feinen Windungen zwifchen 
fünftlih angelegten Terraſſen, die mit Feldern bebaut find; dann 
aber nimmt er einen freiern Lauf durd die mehr offene Plaine, 
welche durch Eleine Canalifationen, die von ihm abzweigen, bewäf- 
fert wird. So zeigte fih mir, fagt v. Wrede, ver Wadi Doän 
nach feiner Ausdehnung, Lage und Natur, von dem fo widerſpre— 
chende Ausfagen vorhanden find, bei dem erften Meberblide. 

Diefer zeigte mir jogleih vier Städte und vier Dörfer 
innerhalb de3 Raums einer einzigen Stunde. Ein fehr gefahrvol« 
Ier, Elippiger Weg, zumal in feinem obern Theile, führte mich zum 
Wadi hinab. Zur rechten Hand ſtürzten fich Abgründe bis zu 300 
und 400 Fuß Tiefe hinab, indeß der Felswall zur Linfen den Weg, 
der meift nur 4 Buß Breite behielt, faft verrennte. Da diefer noch 
obenein mit Kiejelfteinen gepflaftert war, die durch das Betreten 
von Menfchen und Vieh oft fpiegelglatt geworden, und feine Art 
der Bruftmehr oder Geländer dabei zur Seite angebracht, fo war 
das Hinabkommen oft fehwierig und felbft gefährlich genug. 

Choreibe, wol richtiger Khuraybah over Khorebut in 
der Bulgairfprache (f. unten), heißt eine der Städte im Wadi, in 
der der Reiſende von dem Scheifh Abdalla Ba Sudan mit aller 
möglichen Gaftfreundfchaft empfangen wurde, was um jo michti= 
ger, da er ein Mann von großem Einfluß im Lande und ald ein 
Heiliger (ein Sanctus) gepriefen war. — 

Don Choreibe ging v. Wrede gegen S.W., um die In— 
jhriften zu copiren, bie noch in den Wadis Hebbene und 
Maifaah fih befanden (fie find fpäter verloren gegangen); aber 
er erhielt Feine Erlaubniß Nakab el Hadjar, Eifan um Ha- 
balen zu befuchen. Doc) entvedte er im Wadi Uebbene eine 


u ah 


— EFT ed en ie a N u u" ne en me _ ua Fun 


Arabien; v. Wrede's Entderfung des Wadi Doan. 289 


bimyarıtifde Infchrift an einer Mauer, welche das Thal fo 
zu jagen zujchließt. Noch etwa 2 Stunden fern von Nafab el 
Hadjar wurde er von einer Beduinenbande aufgehalten, und nad) 


dem Wadi Doän zurüdzukehren genöthigt. Das Land Habahn 


oder wohl Halaban war in vollem Aufrußr, da der frühere Sul- 
tan, Ahmed ibn-Abd-el Wachet, von feinem Neffen entthront 
und nebit feinem Bruder gefangen gejegt war. 

Auf dem Wege vom Wadi Doän, an 5 Tagereifen weit, 
nach dem Wadi Maifaah zeigte fich ver fruchtbare Wadi Had- 
jar, wo unermeßliche Wälder von Dattelpalmen von einem conti= 
nuirlich laufenden Strome bewäſſert werden, der 4 Tagereifen fern 
in N.W. von der Stadt Hota entipringt. Einen Tag weiter ab« 
wärtd hat diefer jchon feinen Namen in Wadi Giswuel verän- 
dert, und 2 Tagereifen weiter abwärts wird er Wadi Maifaah 
genannt, unter welchem Namen er nahe dem Dorfe Bir el Häffi 
öftlihh von Ras el Kelb das Meer erreichen fol. Durch eine 
mehr nördliche Route, jagt v. Wrede, paſſirte er ven Wadi 
Reide-Eddin, und erreichte von da Choreibe, nah 8 Tagen, 
zum zweiten male, nachdem er 20 Tage lang von diefer Gegend 
abmwejend geweſen war. — 

Wegen jener mit dem Portfchritt der Wadis ftetd wechſeln— 
den Namen, wie wir auch fchon oben beim Wadi Doan died ans 
geführt haben (ſ. ob. ©.272) ift e8 zur Zeit noch unmöglich, ſich 
in diefen Wadi-Labyrinthen zu orientiren. So finden wir in 
diefen Berichten auch noch feine Auskunft über die Stadt, Djez— 


A zar genannt, die 6 ITagereifen in Nordweft von Mirbat (Morer 





bat bei Smith)??) Liegen fol, zu welcher H. C. Smith, ver im 
Dezember 1836 in Morebat ſich aufhielt, Gehauptet leicht vorbringen 
zu lönnen. In Morebat traf er felbft einen Kaufen Mahara- 
Beduinen, die nad) EI Djezzar gehörten, deren Chef ihn drin— 
gend einlud, ihn auf der Heimreife nad) feiner Reſidenz zu beglei= 
ten. Durd einen Aufenthalt in diefer und bis jegt ganz unbefannt 
gebliebenen Stadt EI Diezzar, würde man den Vortheil baten, 
Unterfuchungen über Hadhramaut und Nedſched anftellen zu kön— 
nen, da die dortigen Ginwohner viel Verkehr haben follen mit 


‚ Deriyeh und Haryf(?). 


9) H. €. Smith, Brig Palinurus Lettre to Sir C. Malcolm: few 
notes on the Coast of Arabia between Bay of Curia Muria 
and Morebat; in Proceedings of the Bombay branch of Roy, 
(Geogr. Journal, Bombay, 1838, 8, p. I. 


Nitter Erdkunde XII. J 


290 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Doc; reicht das Geſagte auch fehon hin, und eine dem Ge— 
genftande felbft angemejjenere Vorftelung von der großen Bedeu— 
tung dieſes Wadi Doän und feiner alten Bewohner, ver Toani, 
zur Zeit des antifen Nuhms ver zahlreichen Minäer-Popu— 
lationen zu geben, als dieſe noch ihre Todten in fünftlihe Fels— 
fammern beifegten (Plin. H. Nat. VI. 32: Promontorium a quo 
ad continentem Troglodytarum LM. pass. Toani, Ascitae, Cha- 
tramotitae etc.), die Örenzmauern ihres Wadi, die v. Wrede 
entdeckte, mit hbimyaritifchen Inſchriften bezeichneten, und aud) 
auf den nächften Küfteninfeln der oceanifchen Seite, wo ihre 
Spracdgenofien, vie Mahri, in der Nähe von Gane und der 
Kräuterbucht angefievelt waren, Stelen von Stein errichteten, mit 
den Römern unbefannt gebliebenen Infchriften (Plin. H.N. VI. 
32: Insulae sine nominibus multae; celebres vero Isura, Rhin- 
nea et proxima in qua scriptae sunt stelae lapideae literis. in- 
cognitis). 

Nur um vollſtändig hier beifammen zu haben, mad v. Wrede 
in der Nahe des Wadi Doän noch berichtet, ehe er jeme zweite 
Erpedition, von ihm aus, zur Wüfte EIAHFaf unternahm, fügen 
wir nod) folgendes Hinzu, fo unverſtändlich und auch Die dadurch 
bezeichneten Localitäten im Ganzen geblieben find. 

Ich verweilte noch einige Tage, fagt v. Wrede, in Choreibe, 
ehe ich gegen N.W. abreifte. Zwei ſehr ermüdende Tage brachten 
mich zum Wadi Amt, dem oben genannten Wadi (mol dem Wadi 
Doän?) an Ausvehnung, Form und Menge ver Städte fehr gleis 
chend. Bei Sora vereint fi der Wadi Amt mit vem Wadi 
Hajarin. Von Hora erftieg ich wieder das hohe Tafelland und 
309 gegen Welt, kam nach 4 ITagemärfchen zum Wadi Rachie 
(0b das Raſchid auf Berghaus Karte?) und zur darin liegenden 
Stadt Sava. Sollte diefe Sava etwa bie in diefer Gegend zu 
ſuchende Sabtha der Söhne Chuſch (1.8. Mof. 10,7) oder Sau- 
batha Metropolis des Ptolemaus (VI. 7. fol. 155 Favßada uns 
ter 77° Long. 16° 10° Lat.), und alfo auch die Sabotha des 
Plinius mit den vielen Tempeln innerhalb der Mauern der Stadt 
fein (VI. 32: Atramitae, quorum caput Sabota L.X templa mu- 
ris includens. Regia tamen omnium Mariaba), tie er jo dicht vor 
der Gapitale der Minäer aufführt, von der er XII. 32 fagt: Thus 
colleetum Sabota camelis convehitur. 

Der Wadi Rachie iſt nicht jo volkreich wie die beiden an— 
dern genannten, und meift ſandbedeckt. Dieſer Wadi Nachie zieht 





Arabien; v. Wrede’s Entdeckung des Wadi Doan. 291 


an 8 Tagereifen gegen Nord von Sava über Terim in den Wapi 
Kadr. Hier jagte man dem Reiſenden, dag die Sandwüſte EI 
Ahkaf nur eine Tagereife fern fei, und daß der Theil, welcher 
8 Tage entlang an deren Rande bis zum Kubr el Hüͤd ſich aus- 
dehne (nah) welcher Richtung wird nicht gejagt, wir nahmen 
oben an gegen Djten; over follte e8 etwa gegen Süden gemeint 
fein, gegen das Grab Hüd des Vaters?), unzugänglic) fei, und 
Bahr el Saffi heiße, wovon zuvor jchon die Rede war (j. ob. 
©. 269). Bon einem Eingebornen aus Mafalla erfuhr Fres— 
nel23) beftätigend, daß gegen den Wadi Doan, aufer ver Stadt 
Ckarn, dort aud) noch die Orte NRoubat, Khuraybah oder Kho— 
rebut und Ckurayn lägen; wo in Khorebut das Garipeta 
des Plinius, der Terminus bei ven Toani, bei welchem Aelius Gal— 
lus umfehren mußte, leicht zu erkennen, und im Namen Ckou— 
rayn derjelbe Ort der in der Vulgairſprache Grein bei v. Wrede 
genannt if. Khorebut (Choreibe), ſagte der Eingeborne, ſei von 
fehr hohem Alter. Und auch in vem Lande Shalaban (vder Ha- 
laboun) fann man an ver Weftgrenze von Ptolemaus Hadhramaut 
fehr wohl feine Alapeni wieder erkennen (Ptol. VI. 7: a meridie 
Catanitae; postea Thanuitae, et ab occasu horum Manitae. 
Supra quos Alapeni); Uebereinftimmungen vie nicht zufällig 
fein fönnen, und das Ziel der Erpevition bei ven Mindern und 
Toani im Wadi Doñn höchſt wahrjcheinlich machen. Auch ver 
Name Efarn, im Lande das jo reich an Kameelen, zeigt, feiner 
Bedeutung mach, eine Analogie mit ältern einheimifchen Landes— 
benennungen. Gine Quelle Emiſchabales hei Plinius (H. N. 
VI. 7: fons Emischabales quod significat Camelorum oppidum), 
zeigt in der zweiten Sylbe nen arabifchen Namen „ibil,“ des 
Kameeld, und nach) der Analogie anderer befannter Namen, wie 
Maihhaou libil, dvd. bh. Ebene der Kameele, Macahhou libil, 
Gießbach ver Kameele, würde auch died die Quelle ver Ka- 
meele heißen. Und meiterhin nennt Plinius Caurannani und fegt 
hinzu: „quod significat ditissimos armento.” Hier ift von einem 
Bolfe in Nedjed die Neve. Hier wäre feine hebräifche, Feine hi— 
mYaritiihe Wurzel zu juchen. Im Sſahhähh fteht aber bei der 
Wurzel „Larn” Mouffran ift ver reiche Landmann, der Kameele 
und Hammel befigt, aber niemand hat, der fie ihm hüten hilft, ver 
feine Kameele felbft zur Tränfe führt. Dies Moudran hat im 





9) Fresnel sur la geogr. de l’Arabie T. X. p. 196. 
2 


292 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Plural Moudfranun und Moufranin oder Mdranin); alſo 
ganz iventifcher Laut für einen Ort ver Minäer, die vorzüglich 
Kameelführer waren und vom Transport ver Waaren lebten. 

Fällt Wadi Doän und Al Ckarn, ein Name den jevod) 
v. Wreve nicht gehört zu Haben fcheint, mit Plinius Carnon 
und dem Mariaba Baramalcum auf demſelben Xocale zu= 
fammen, fo drangen die Römer unter Aelius Gallus bis Ha— 
dhramaut?5) vor, was aus fo weiter Ferne auch ſchon wegen ver 
langen Dauer ihres Rückmarſches vorausgefegt werden mußte, 
da fie Hier nicht irre geführt und ungehindert auf kürzeſter Strecke 
doch noch 60 Tagemärfche brauchten, um den Hafen von Leukekome 
(f. oben &.126) zu erreichen. Die Feftftelung ver Gapitale im 
Wadi Doan giebt nun auch die ungefähre Ausdehnung des 
Gebiets der Minäer zwilchen den Sabäern und Sadhra- 
maut an; nämlich die Öftliche Hälfte ded Gebiet von Yafé (Fafe, 
ſ. ob. ©. 282) und die weſtliche Hälfte des heutigen Hadhramaut. 
Dies fallt zufammen mit Schibam (ſ. ob. ©. 256), Terim und 
dem Grabe Hüd, wie mit dem Brunnen Burhut, der Etyr- 
Duelle bei Btolem., die Mannert in feiner ptolemäiſchen Karte 
von Arabien eingezeichnet hat. Und diefe Stelle?) füllt vollfom- 
men mit derjenigen zufamnien, welche von ven hadhramautiſchen 
Freunden, deren Bekanntſchaft und Belehrung Fresnel in Dſchidda 
genoß, ihm für den Brunnen Barhut angewiejen wurde. 

Eine Betätigung für ven Wadi Doan, als den Terminus, 
bei welchem Aelius Gallus wider Willen umkehren mußte, ift 
vie Angabe des Strabo, daß diefe Mariaba (Marfiaba, die 
Stadt der Rhammaniten) nur no 2 Tagereifen vom Ge- 
würzlande (j. 0b. S. 277, bei Strabo XVI. 782: andoye ang 
dowuoTopogov) entfernt lag; eine Ausfage der gefangenen Ara- 
ber, an der wol nicht zu zweifeln, und die ganz gut mit Ptole- 
mäuß: et sub Manitis (idem quod Rha-manitis) interior 
myrrhifera, postea Minaei gens magna (Ptol. V1. 7. f0l.154) 
ftimmt, fo das alfo Strabos Grenzbeſtimmung, vem Anfang des 
Gewürzlandes, mit Ptolemäus VBorfommen ver Myrrhen— 
Region (n 2vrög ouvevogogog Ptol.) übereinftimmt. Ptole— 
maus unterjcheidet eine innere, die wetliche, und eine äußere, 
die dftliche Regio myrrhifera, diefe Außere in Haphramaut, alio 


2) F, Fresnel 1. c. T.X. p. 184. 29) Ebend. X. p. 178, 
»°) Ebend. X. p. 180. 


Arabien; Ghol el Kamar, das Mondthal. 293 


an der Oftfüfte (VI. 7. fol. 154 nug@ u:v ToVg Karpauauıı- 
Tag Fr Extög ouvovopooog). Aber von diefen unterfcheidet er die 
dritte, eigentlihe Weihrauchgegend, die regio thurifera, 
d. i. die Außavopdoog, die ein befchränfteres Lokal —J und uns 
terhalb Asaborum Montes, 88° Long. 22° 30‘ Lat., alfo gegen 
Oman Hin, am weiteſten gegen Oft eingetragen ift, und fich ver 
Lage jener Gegend von Mahra und Chedjer nähert. Strabo 
macht hier weniger genauen Unterfchied, da er mit Eratofthenes das 
Gemwürzlann überhaupt vom Nothen Meere innerhalb der Meer: 
enge Bab el Manveb bei Minäern und Kattabaniern, durch dad 
Land der Sabäer bis zu den Chatramotiten im Allgemeinen 
reichen läßt, dem Artemidor und Agatharchides folgend; für 
Weihrauch und Myrrhen aber nicht genau das Land ihrer Hei— 
mat von dem ber andern unterfcheidet, damit auch Zimmet und Bal— 
jam meinend, offenbar den Handel mit ver Waare von dem Ort 
des Erzeugniſſes nicht unterjcheivend (Strabv XVI. 768, 777). 

Sehr fehwierig ift e8 bei ven bis jeßt noch zu geringen bota= 
nifchen Beobachtungen?”) an Ort und Stelle und aus der geringen 
Waarenkenntniß jene Angaben über vie jo merkwürdige Weihrauch— 
landichaft noch genauer ald nur in einigen Sauptpuncten näher zu 
beftimmen, in deren Mitte jene Zafar und Haſek des Ebn Batuta 
liegen (f. unten die Anmerkung, der arabifche Weihrauch). 

In der Gegend des von Edrifi angegebenen Weihrauchber— 
ges haben wir im obigen auch ver von ihm angeführten Mond— 
berge und des Ghob el Kamar, des Mondthales, mit dem 
Lande Khalfat im Hintergrunde gedacht (f. ob. ©. 264), au 
mol Gobb el Kamar, d. i. Monpdfüfte?d), genannt, unftreitig 
auch ein Denkmal aus der früheften paganifchen Zeit, als noch 
Sonne und Mond im Sande verehrt wurden, worüber wir aber 
von feinem neuern Beobachter nähern Aufichluß erhalten Haben. 
Die Aufmerkfamfeit fünftiger Neifenden auf diefe Localität zu rich- 
ten, fügen wir nur folgenves zu des Edriſi Angabe hinzu, über 
die wir und bei Abulfeda vergeblich mac Belehrung umgefehen. 
Unter den Joktaniden, die von Mefa bis gen Sephar (f. ob. 
©.253) am „Berge gegen den Morgen” wohnten, wird uns 
mittelbar nad) Hazarmaweth, darin der arabifche Name Ha- 


2) 8. Sprengel, Theophraits Naturgefch,. der Gewächſe Th. 2. Altona, 
1822. Bud) 9, Kay. 4. ©. 342 — 349. 9) Nofenmüller, Bibl, 
Altertb. B. IN. S, 167 — 170, 


294 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


dhramaut nur mit etwas anderer Vocalfegung unverfennbar ge= 
blieben, auch ein vierter Sohn Joktans, nämlich Jarach over 
Jerach (1.B. Mof. 10,26) genannt, deſſen Namen im Kebräifchen 
den Monat, von Mond, beveutet, was im Arabifchen Kamar 
heißt (Helal ift ver Neumond). Beide Namen find bei ven 
Arabern auch ethnographiſch und geographiſch aufbewahrt, 
da die Aliläer fchon bei Agatharchivded und Diodor, wie 
Bochart gezeigt hat?9), ein Volk an der Küfte Arabiens, den Sa— 
bäern benachbart (Agath. p. 60), aufgeführt werden; Edrifi3") 
aber noch den Tribus der Bent Halal, als zu feiner Zeit im 
DOften von Tajef wohnend, anführt, die im Hebräiſchen alſo Bne 
Jerach heißen würven. Die älteften Araber, fagt Herodot (MLE), 
hätten fich in VBerehrer ver Sonne und des Mondes (Diony— 
ſos als Orotal, die Urania als Xlilat, |. ob. ©. 55, weldhe Po- 
cocke Spec. Hist. Arab. p. 110 jenen für Sonne, diefe für den 
Mond, jene Al elahat, erklärt) getheilt, und merkwürdig ift e8 al- 
lerdingd, daß zu Niebuhr's Zeit jene freien indepenventen Be— 
wohner der Grenzgebirge von Hedſchas und Jemen (f. ok. ©. 193) 
von einem gelehrten Araber in Maffat felbft Beni Halal3l), d. i. 
Mondanbeter, genannt wurden. Ob vergleichen Mondanbeter 
auch Urſache jener Benennung der Mondberge, im Norden von 
Keſchin (wo ſchon D’Anville die Djebel el Camar und Ghob el 
Camar im feine Karte eintrug, was legtered auf Berghaus Karte 
in Ghobbo oder Chedjer verwandelt wurde), feien, und noch heu— 
tiged Tages dort Spuren jene Gultus vorhanden, ift noch von 
Niemand in neuerer Zeit ermittelt worden. 


I. Verſchwundene Zafar ded Ebn Batuta; die heutige 
Dürferreibe Zafar zwifhen Mirbat und dem Gap 
Sadjir nad Ausfage Mouhhſins und Fredneld Be- 
merfungen. 6. 3. Cruttendens Excurſion von Mo- 
rebat durch den Diſtriet Dofar zu defjen Hauptſtadt 
Dyreez (Addhariz bei Fresnel) im Januar 1837. 


Ehe wir mit Ebn Batuta im Mittelalter weiter gegen den 
Oſten fortſchreiten, wird es Bedürfniß ſein, noch einmal auf dem 
Geſtade der für das ganze ſüdliche Arabien fo wichtigen Localität 


”?°) Bochart, Geogr. Sacra Lib. II. c. 19. 0) Edrisi b, Jaubert 
I. p. 142. 9) Niebuhr, Befchr. von Arabien S. 270, 


Arabien; dev moderne Diftriet Zafar. 295 


jeiner Seeftadt Zafar zu verweilen, mit welcher und ihrem zu- 
nächſt nad) innen zu anliegenden Lande der Minder, dem EI 
Ahkaf und dem weitlicher gelegenen Geftade und Binnenlande Ha— 
dhramauts, alle beveutenden Verhältniſſe jener Bölfer und Län— 
der ältefter wie neueſter Zeit in genauefter Beziehung ftehen, über 
welche daher fich auf das genauefte zu orientiren unumgänglich 
nothwendig ift, wenn man es auch nur verfuchen will, aus dem 
biöherigen feit Sahrtaufenvden zufammengefallenen Labyrinthe, wels 
ches Unmwifjenheit, Ignoranz oder Fabel aller Zeiten und wenig 
begründete Hypothefe oder auch bloße Willkühr üher jene Gegend 
ber Erde und ihre im die grauefte Vorzeit zurücfreichenden ur— 
fprünglichen Zuftände verbreitet haben, ſich herauszuarbeiten. 

Bon jo genannten und beliebten vohftändigen geographifchen 
Beichreibungen nach dem Schlendrian des Compendienwefend kann 
bier gar feine Rede fein; wir arbeiten dieſer alles gleichmäßig ver- 
Fleifternden, ganz oberflächlichen Methode, die feiner einzigen For— 
hung und Unterfuhung Raum geitattet, auf das beſtimmteſte 
entgegen, indem wir überall durch dieſe, welche in lauter Monogra— 
phien zerfallen muß, wenn fie zu einzelnen fichern Reſultaten füh— 
ren joll, uns und dem Leſer felbft erft ven Weg bahnen, um mit 
eignen Augen zu jehen und mit eignem Geiſte zu würdigen Ber 
trachtungen des Gefammten ſich zu erheben. Daf es der Mühe 
werth fei im folche Unterfuchungen einzugehen, wird wol jedem, dem 
es um die Kenntniß der göttlicheu und menjchlichen Wahrheiten ein 
Ernft ift, einleuchten, und fo fahren wir auch hier fort in unfern 
Erforſchungen der Rocalität der fo gefeierten Zafar. 

Schon Fresnel hatte es von feinen hadhramautiſchen Freun— 
ven in Dſchidda erfahren, daß heutzutage fich diefer Name kei— 
neswegs mehr nicht einmal auf eine Stadt 3?) beziehe, wie zu Ebn 
Batuta's Zeiten; daß man ihn einer Reihe von Ddrfern an 
der Küfte des Oceans beilege, die zwifchen Mirbät und dem Gap 
Sapdjir (Seger b. D’Anville, Schedjer b. Berghaus, Chedjer 
bei Edriſi) von Oft gegen Welt ſich zwei Karamanentagemärfche, 
auf eine Strede son 17 bis 18 Stunden Weges, hinzögen. Die 
Namen der hier vorfonmenden Ortjchaften feien: Tädah, Adv» 
ahäriz, Albélid, Alhhäfab, Sfalälah, Awckad; die erften 
4 lägen vicht am Meere, vie letzten zwei im geringer Entfernung 
davon. 


) F. Fresnel, Lettr, IV, in Journ, I. c, T. VI. p. 521 — 523. 


296 Meft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Der Belid, oder in der daſelbſt herrfchenden Ehhkili Sprache 
Hharikam genannte Ort liege in Ruinen, die noch von gewiſſer 
Pradıt einer antifen Stadt Zafar Zeugniß geben jollten. Mouhh— 
fin (ſ. ob. ©. 46) hatte diefe Ruinen felbft bejucht, und wollte da 
die Nefte von Bögen und Gewölsen (en ogive oder route en plein 
eintre), wie fie in den Häufern von Dſchidda und Mekka vorfom- 
men, auch geometrifch genau behauene Quaderſteine der Mauern 
bemerkt haben, und in jedem ver vortigen Käufer follte ſich eine 
Moſchee (ein Mirab? f. Erdk. XI. ©. 196) befinden. Vor Zeiten, 
gehe die Sage, habe es in Zafar nur eine Moſchee gegeben für 
jedermann. Gin Araber aus der Wüſte trat eined Abends in vie 
Stadt ein, zur Zeit ver Gebetftunve, in der alle Männer des Orts 
verfammelt waren. Jeder lud nach dem Gebet den Fremdling als 
Gaſt zu fich in fein Haus ein, ja man riß fich jo jehr um ihn, 
daß der Fremde lebendig zerriffen ward — unftreitig eine zu ener- 
gifche Aeußerung der Gaftlicyfeit (f. ob. ©. 30, 34). 

Abulfeda hatte in feiner irrthümlichen Befchreibung von 
Zafäar (f. ob. bei Dhafar S. 252) nicht fo gang unrecht, zu jagen, 
daß dieſes am Rande eines Golfs Tiege, und daß die Schiffe nur 
mit einem Landwinde auslaufen Fünnten. Denn Belid, fagte 
man Fresnel, fei auf einer Halbinjel oder doch auf einer ehema— 
ligen Salbinfel erbaut, zwiichen dem Ocean und einem Golf, oder 
doch einem früher gewefenen Golf, jo daß der Hafen für einen 
Zufchauer auf offener See hinter der Stadt liege. Gegenwärtig 
follte diefer Golf einen großen Theil des Jahres, oder wenigſtens 
doch zur Ebbezeit ein bloßer See fein, und die Halbinſel ein Iſth— 
mud, da fich die Einfahrt verftopft habe. Das Auffallenve ſei nur, 
daß diefer See ſüßes Waffer habe. Im Sommer werde er wies 
der bei Ebbe zu einem ſüßen Waffergolf, bei Fluth zu einem 
Salzwaſſer. 

Heutzutage, meinte Mouhhſin, ſtänden nur noch 3 bie 4 
Häufer in der ganzen Stadt Zafär, nämlich im Belid; die Zer— 
ſtörung verjelben fah er als eine Strafe Gottes an, der die Ein— 
mohner unter ihren Paläften begraben habe, weil diefe von ihren 
magijchen Künften einen fehlechten Gebrauch gemacht, um die jchön- 
ften Weiber aus fremden Rindern in ihre Lager zu locken. Denn, 
jagte er, fie verftanden vie Kunft, durch geheimnißvolle Buch— 
ftaben am Abend auf taufend Meilen Wegs aus der Berne den 
Männern ihre fchönften Frauen weg und zu fich zu. zaubern, und 
vor Sonnenaufgang fie wieder zurück zu verfegen. — Die Anmwen- 





Arabien; Cruttendens Bereifung von Zafar. 297 


dung diefer Sage auf ein im frühefter Zeit der Schrift Fundiges, 
durch Welthandel und Weltfchiffahrt reich gewordnes, aber in Uep— 
pigfeit verfunfnes und durdy irgend eine DBegebenheit in fich felbft 
verödetes Emporium liegt ganz nahe. 

Zu beachten ift e8, daß Ptolemäus feine Sapphar Me— 
tropolis nicht eben ausdrücklich an die Meereöfüfte fegt (VI. 7. 
fol. 156 Sapphar Metr. 88° Long. 14° 30° Lat.); e3 wäre alfe, 
meint Sresnel?3), möglich, daß der Punct, welcher Belid oder 
Hharifam heiße, an der Küftenftrede, vie jedoch heute noch den 
Namen Zafar trage, in ältefter Zeit nur ver Hafenort dieſer Me- 
tropole des Dftend gemwefen. Diefer würde dann aber mit dem 
Moscha portus zufammenfallen (Ptolem. VI. 7. fol. 156: Mo- 
. ox@ Aıunv 88° 30' Long. 14° Lat.), jo daß man dann in ber 
Ferne von etwa 14 bis 15 Stunden gegen N.W., landein von Be: 
lid, die Ruinen der antifen Zafär noch erft zu fuchen hätte. 

Hier nun der Bericht eines Augenzeugen, des britifchen See— 
officierd &. 3. Eruttenvden, ver eine Landreife von Morebat 
(0. % Mirbat) nach ver heutigen Hauptſtadt Dyreez, oder nad) 
Fresnels richtiger Schreibart Addahaͤriz, des Küftenftriches Do— 
far (d. i. Zafär) zurückgelegt hat, die wir vollftändig aus einer 
menig befannt gewordenen Duelle mittheilen, die jelbft Fresnel 
unbefannt geblieben. 

Früherhin hatte man die Küfte immer nur höchſtens vom 
Schiffe aus gefehen. Als Captain Omwen3*) Hier im I. 1824 
Aufnahmen machen wollte, war ihm ein fehr perniciöfer Landwind, 
genannt Blat (wol richtiger Beladi, d. h. vom Lande her wehend), 
ſehr nachtheilig, brachte ihm rheumatifche Fieber und heftigfte Kno— 
chenfchmerzen, jo daß er dieſe Küftenftreefe gar nicht mehr unter: 
ſuchen Eonnte und direct nach Socotora (Softra) überfchiffte. Er 
fand die dafigen Küften noch ganz falfch auf den Karten niederges 
fegt, wie fie e8 auch heute noch find. Gapt. Biſſels Obſervatio— 
nen daſelbſt gaben noch die beſte Zeichnung. Das Nas Noß liege an 
40 Miles zu weit gegen Oſt; die Berghöhe öſtlich von Ras Noß 
ſchätzte er auf 1600, die von dieſem Cap bis Merbat, gewöhnlich 
Cap Morebat genannt, aber weit höher bis auf 5000 Fuß über 
dem Meere, wie fie auch auf Berghaus Karte eingetragen find. 


”»») F. Fresnel, Lettre sur la Geogr. de l’Arabie T. X. p. 188. 
) Capt. W. F. W. Owen, Narrative of Voyages to explore tlıe 
Shores of Africa. Lond. 1833. Vol. I, p, 349 — 350, 


298  Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Dies wäre alfo der hohe Zug des Weihrauchberges, des Ber- 
ges von Sephar gegen den Morgen (Genef. 10, 30). Mer— 
bat und Dhafar (Zafar) ſtanden damals unter der Herrſchaft eines 
reihen Juden, Mohammed ben Akiel, ver ſich eine Truppe von 
1000 nubifchen Sclaven gemiethet und einerereirt hatte, mit denen 
er dad Land längs der Küfte eroberte, von Cap Fartaf (bei Ke— 
hin) bis Garwau (Nas Garwow) in Oft von Haſek, und 
landeinwärts bis zur ſtark bevölferten Stadt Hadhramaut, ein 
Name ver Heutzutage keineswegs dem Küſtenſtrich beigelegt wer« 
den ſoll. 

Später, im Jahre 1833, im Dezember, Fam auch Lieutnant 
Wellſted an diefer Küſte vorüber), fand in Mirbät, das von 
den Schiffern oft ungenau Morebat genannt wird, einen guten 
Hafen, aber die Bewohner der Umgegend fehr wild und ungaſtlich; 
fie hatten einige Jahre zuvor jenen berüchtigten Seeräuberhäupt: 
ling, oder vielleicht defien Vater, Sejjiv Muhammed Afiel, mit 
feiner Garde von 300 afrikanischen Sclaven erichlagen, der früher 
auf ver Infel Camaran gehauft, ſich aber Hierher zurückgezogen 
und eine Feſte erbaut hatte. 

Mirbat erklärt Wellfted als einen der ficherften und weites 
ften Häfen 36) der ganzen Küfte. Am Bande ver Bucht bemerfe 
man noch Trümmer eines alten Schloſſes, wenige unanjehnliche 
Käufer und elende Hütten. Im Hafen lagen einige Fleine Schiffe, 
die Gummi, Aloe u. a. Waaren nad) Indien brachten, die man 
aus den hohen Gebirgen des innern Landes bezog, deren Rücken 
aud der Ferne durch Fernröhre gejehen dicht bewaldet erjchienen. 
Die Eingebornen, die bei ven Landen des britiihen Schiffes Pali— 
nurus an das Ufer kamen, waren wild und rob, ihre Geſichts— 
züge von allen andern Arabern der Dalbinfel ganz vers 
ſchieden; fie waren von ſehr dunkler Gejichtöfarbe, die Nafe 
dünn, lang und hervorftehend, dad Kinn jehr breit, die Augen las 
gen tief und das Haar, obgleich lang, war nicht geflochten. Der 
Drt Mirbat zählte Faum 500 Bewohner, die ſtets von jenen Be— 
duinen der Gebirge bedroht wurden. Die wenigen Kaufleute, die 
ſich hier niedergelaffen, Elagten, daß fie ihres Lebens nicht ficher 


35) Lieutn. J. R. Wellsted, Ind. Navy Travels in Arabia. Lond. 
1838. Vol. II. p. 453; vefien Trav. to the City of the Caliphs. 
p- 342, u. defl. Reifen in Arab. Ueberf. v. Rödiger Th. I. ©. 347 
u. Not. »°) J. R. Wellsted, Voyage to the Coast of Arabia 
in Trav. to the City of the Caliphs. Lond. 1840. Vol. II, p. 129. 


4 


Arabien; Gruttendens Bereifung von Zafar, 299 


feien. Die Beduinen ſah man am Strande nie allein gehen, im— 
mer in Kaufen von 10 bis 12; in ver Zeit des Gebets ftellten ſie 
fih in eine Reihe, zogen ihre Schwerter aus ver Scheide, ftedten 
fie vor fich in der Richtung nach Meffg in den Sand, und profter- 
nirten fich, ihre Gebete zu verrichten. Sie würden leicht jedes uns 
bewachte Schiff am Strande plündern und die Beute in dad Ge— 
birge jchleppen können, bemerkte Wellfted. Das Land zunächſt 
der Küfte war von vielen Bergftrömen vdurchichnitten. Von dem 
weftliben Dofäar (dad auch Rödiger für vie antife Thafär er= 
klärt) 3?) jagte Wellſted: es liege unterhalb eines hohen Gebirgs 
(jene 5000 Fuß hoch, nah Owen); die Gegend umher jei gut an= 
gebaut, und man fönnte von da Nindvieh und Geflügel zur Vers 
proviantirung ded Schiffes erhalten. Die heutige Zertrümmerung 
der Stadt datirt er aus der Zeit der portugiefifchen Zerftörung 
vom Sabre 1526. Auch in dem wetlicher, hinter Nas Fartak 
gelegenen Keſchin (Ckiſchin, f.ob. ©. 46) jah man damals nur 
nod wenige Hütten, und aud) diefe waren durh Stürme halb im 
Sande begraben. Den dortigen Scheith Omar ibn Tuari, deſſen 
Vorfahren ſich Könige von Fartak tituliten, befuchte Wellſted, 
um mit ihm, im Namen des britifchen Gouvernements in Indien, 
wegen Abtretung ver Iniel Sofotora zu verhandeln, die ſtets ab— 
hängig gewejen von diejen Küftenfürften (T. ob. S. 64). Obwol 
blind, alt und arm, und faſt nur noch mit einem Schatten von 
Autorität umgeben, zeigte der greifige Häuptling doc eine Seelen— 
größe des mächtigsten Kaiferd würdig. Nachdem er mit fcheinbarer 
Ruhe, fagt Wellfted$), meine Vorfchläge bis zu Ende angehört, 
fprang er auf und fagte, mit bitterm Nachdruck: „Euer Gouverne- 
ment will Sofotra Faufen? wirklich? das jo viele Jahrhunderte 
lang dad Erbe meiner Väter geweien? Nimmer! Und wenn ihr 
diefed Zimmer mit Gold füllen wolltet, ihr folt nicht jo viel Land 
befommen, als es breit it!“ Und dem gemäß, ald dennoch einige 
britiſche Schiffe gegen feinen Willen dort Tandeten, ſiellte der blinde 
Greid fih an die Spite eined Haufens von Beruinen, und nur 
Geld und Bahrzeuge mangelten ibm, um felbft eine Expedition zur 
genannten Inſel hinüber zu führen; doch nahm er wirklich zwei 
Bahrzeuge weg, die an feinen Küften unter britifcher Blagge Hans 
del getrieben. 


2) ſ. Nödiger a. a. O. b, Wellfted Th. I. S. 347, Not, 317; deilen 
Trav. in the City of the Caliphs II. p. 131. 29) Mellfted, R, 
a. 0. O. Il, ©. 349, 


300 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 62. 


C. 3. Eruttendens 3) Landreife von Mirbat (Morebat) 
nad Dofar (Zafar) und Dyreez (Addahäriz) im 
Sanuar 1837. | 


Mirbat (Morebat) hat gegenwärtig nur wenig Handel, ver 
von 2 bis 3 Kaufleuten betrieben wird, die den Beduinen für Ein- 
und Ausfuhr Zoll zu zahlen haben, aber nur 3 Bugalahs im 
Hafen zum Handel nach Indien befigen. Hauptausfuhr ift noch 
immer, wie zu Ptolemäus und Agatharchives Zeiten, Weih- 
rau, Myrrhen und Säute; die letern werden meift in Mas- 
eat abgejegt, weil dafür in Bombay keim Markt ift, ver daſelbſt 
aber die beiden erftern Rauchwerke in großen Maffen wie von je— 
her verbraucht. In der Nähe ver Stadt wachſen die Subahn- 
(Summit Eopal?) Baume, die aud; bis auf die Höhe ver Berge 
fteigen. Gin Zweig von diefer Baumart, ven Cruttenden bei ver 
alten Stadt Haſek zur Vergleihung mit dem Bochain Baumes, 
den er auf der Infel Sofotra vorgefunden, erhielt, jchien ihn des 
verjchiedenen Namens ungeachtet Fein verfchiedenes Gewächs zu fein. 
Ich verließ, fagt der Reiſende, dieſes Mirbat um 2 Uhr Nachmit- 
tags, zu Fuß von 2 Beduinen des Beni Gurrah>Tribus be— 
gleitet, nebft einem Kameele und deſſen Treiber für mein Gepäd. 
Ganz nahe bei der Stadt ift das Grab jenes eben genannten See— 
rauberhäuptlings des Sejjid Muhammed Afiel, ver 25 Jahre 
fang ohne Einfprudy eines andern Souverains Oberherr von Do- 
far blieb. Er beſaß 3 Schiffe; mit einem derſelben caperte er einen 
amerikanischen SKauffahrer bei der Infel Gamaran, auf dem alle 
Schiffsmannſchaft ermordet wurde, und nur ein zehnjähriger Knabe 
am Leben blieb, der nach Dofar gebracht daſelbſt Moslem ward, 
und mit Weib und Kind im benachbarten Dorfe noch zu Crutten— 
den’d Zeit zu Sallallab lebte. Mehrere Bücher aus des Pira- 
tenhäuptling& Nachlaffenfchaft, fand Gruttenden im Beſitz ber 
Araber von Dafar; in Dyreez (Addahariz) fand er deren 2; ein 
jehr ſchönes Manuſcript des Koran und eine Reihe Briefe des Com— 
mandeurs der türfifchen Armee, die einft Aden, Loheia und andere 
Städte Arabiens eroberten für Sultan Soliman den Vrächtigen. 
Das Andenken viejer Piraten jo wie fein Grab flanden in großer 
Verehrung beim Volf. Nur wenige Minuten fern von demfelben 


29) C. J. Cruttenden, Ind. Navy Journal of an Excursion from 
Morebat to Dyreez etc. in Proceedings of the Bombay Geogr. 
Soc. Bombay, 1837. p. 70 — 74. 


Arabien; Cruttendens Landreiſe nach Addahäriz. 301 


ſah Eruttenden« einen, fehr tiefen Wadi, den nur ein Sandberg 
von Meere fchied; derfelbe folte zur Negenzeit ein See werden, Der 
einft mit dem Meere zufammengehangen, und. für Boote ein quter 
Ankerplatz geweſen fein. Wenige Reſte von Bauwerken fanden 
daneben. 

Beim Fortſchritt blieb das Meer eine Biertelftunde in Weit; 
der Weg führte über flaches Land, dad gut bewaldet und futter 
reich war, immer am Ruß der Berge hin‘, die gut mit Unterholz 
bewachfen, darunter auch manche Bäume wie auf der Infel So— 
fotra, die der Reiſende furz zuvor bejucht hatte. 

Nach drittehalb Stunden erreichte man einen fteilabfallenden, 
feine 10 Minuten breiten Thaleinſchnitt (Wadi), der aber jo dicht 
bewaldet war, daß die Kamerle ihn kaum durchſetzen fonnten. Gin 
Strom durchichlängelte feine graßreichen Ufer. Zu den Bäumen 
des Waldes zählt Eruttenden vorzüglid Ximonen, Tamarin- 
den, Henna (ver fchmalblättrige Bufch, ver die Färbung ver in— 
nern Sandfläche, ver Finger und Zehen für die arabifchen Frauen 
hergiebt; ob Lawsonia inermis? f. Erdk. XI. ©. 502); aber auch 
Nebbef (Lotus napeca?), Dum (wol Dumpalme?), Tama— 
riöfe, vie Egfhal?) wie auf Sofotra, einige Subahn- Bäume 
und ſehr viele Aio&s, nebft andern groteöfen Gemwächfen. Hier 
wurde ein Schaaf gefchlachtet, alle Knochen herausgenommen, das 
Fleiſch am Feuer gewärmt und vie beiten Stüde verjpeift; der Ue— 
berreft auf Stöde gefpiept und in den Waſſerſchlauch geſteckt, um 
für das nächſte Frühſtück zu dienen. Im Mondjchein wurde bis 
Mitternacht der Weg über fteinichte Ebenen fortgejegt, und beim 
erften Dorfe unter einem Ximonenbaum nr \ Die Kälte 
war empfindlich. 

Der zweite Tagemarjch führte, in Fleiner Stunde Ferne 
vom Meeredufer, auf 200 Buß über demſelben liegender Tafelfläche 
über fteinige Dede, die nur am Buß von Bergen von Weipeftellen 
unterbrochen wurde, zum kleinen Dorfe Tadah (Thagah db. Erut- 
tenden), wo man durdy Empfehlung bei einem der Bewohner fehr 
gaftlicye Aufnahme und ein gutes Mittagdeffen von Hammelbraten 
mit Honig und Neid fand. Schon um 2 Uhr ging durch die gut 
mit Korn, Djomwari, Weizen und andern Getreidearten 
(Dokhun und DhoU) bebauten Fluren des Dorfes der Weg am Buße 
der Berge weiter, die an ihren Abhängen jchöne Feigen und Trau— 
ben trugen, welche aber von den Beduinen meift noch grün umd 
unreif abgepflückt wurden. Biel Indigo wurde hier zu einheimis 


302 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


jcher Färberei ded blauen Zeuges gebaut. Subahnbäume, vie 
den Gummi Eopal Tiefern, gaben ven Hauptjtapel an diefer Küfte 
von Dofar, wo der halbe Gentner (50 Pfund) Gummi mit ein 
Dollar bezahlt ward. Die großen Berge nahmen, von Mirbat 
an, gegen Welt bis zum Djebbel Dian jtufenmweiß wieder an 
Höhe ab; ihre Gipfel trugen dichte Waldungen, und manche Arten 
der Büume, wie zumal Limonen und Tamarinden, wuchjen 
bi8 zu bedeutender Höhe. Die höhern Gebirgsthäler werden von 
ven Gurrah Beduinen, einem Schönen Menſchenſchlage, bes 
wohnt, die aber auch Hier kühn und mild gegen die Städter fich 
benehmen (f. ob: ©. 42). Ein fchönes Land zieht fidy von Tä— 
ah weſtwärts, von breiten Khores, d. i. Wafjerflächen, durch» 
zogen, die zum Meere abfließen, jedoch nur an ihren obern Anfän— 
gen ſüßes Waſſer haben (j. oben wie man Fresnel die Lage 
von Belid beichrieben). An einer Stelle jah man Reſte von Mauern 
und einen Thurm, die von Kafern (d. i. Ungläubigen) erbaut 
fein jollten. Sie waren nad Cruttenden's Dafürhalten zu tüch- 
tig, um fie für eine arabifche Architeetur zu halten, aber die Zeit 
vergönnte ihm Feine nähere Unterfuchung. 

Nachmittags um 4 Uhr flieg man die hohe Küftenterraffe wies 
der hinab zum flachen Ufer, an dem man 4 Stunden Weges zu— 
rücdzulegen hatte, um die Gapitale von Dofar (Zafar), nämlich jeßt 
Addahariz (Dyreez bei Eruttenden) genannt, zu erreichen, 

Auch bier fand gaftliche Aufnahme ftett, viele Neugierige ſtröm— 
ten herbei. Am folgenden Tage Nachmittags fam ein Boot von 
Mirbat (Morebat) an, und am nüchftfolgenden, nach dem Mit— 
tagsejfen mit Abvallah ben Dijaffer, dem frühern Hakim der 
Stadt, mußte Cruttenden feinen gaftlichen Wirth, Ahmahe ben 
Ahmed il Murduf, wieder verlaffen, um mit dem Boote an Bord 
jeined Kriegsſchiffes zurüdzufehren. 

Auf dieſem Ausfluge beftätigte ed fih, daß feine Stadt 
Dofar (Dhafar oder Zafar), wie die Karten fie einzeichnen, wol 
aber ein Diftriet bier von Mirbat bis Ras el Ahhmahr und 
Bender NRefut (Nas Riſoute auf Berghaus Karte) heutzutage 
noch diefen antiken jo berühmten Namen trägt, der mehrere Dörfer 
enthält, die früherbin fammtlich unter einem Sultan ftanden. Seit 
dem Tode jenes Piratenhäuptlings ift aber jede der einzelnen Städte 
unabhängig geworden. Die beveutendfte von diefen ift heutzutage 
Addhahäriz, die ein Hakim regiert; fie ift mie Tadah von gut 
angebauten Ländereien umgeben. ine Stadt ift hier bejchaffen mie 


Arabien; Cruttendens Landreife nach Addahäriz. 303 


die andere; die nächfte Sfaläleh (Solahlah bei Eruttenden) 
liegt jedoch mehr landeinwärts etwa 2 Eleine Stunden von Adda— 
häriz fern. Zwiſchen ihr umd dem Meere liegt Alhhaͤfah (EI 
Hafah bei Eruttenden) ; zwifchen diefer und Apvahäriz liegen aber 
die Trümmer einer alten Stadt Albelid (EI Bellut bei Crut— 
tenden), und um vdiefe an ihrer Nückjeite ein Khore, eine Süße 
wajjerbucht, umher, die einft ver Bender oder Hafen der Stadt 
Zafar gemwejen (ganz übereinftimmend mit obiger Angabe bei Fres— 
nel). Diejer Khore jol heute noch 7 Baden Waffertiefe haben, und 
nur geringe Arbeit würde dazu gehören, meint Eruttenden, ihn heuts 
zutage wieder mit dem Meere in Verbindung zu fegen. Von hier 
aus Hatte man mehrere Säulen von 7 Fuß Höhe zum Schmuck 
der Mojchee nady Addahariz gebracht; auch fprechen die Bewoh— 
ner von einer einft großen Stadt, vie hier geftanden, Die von einer 
Bamilie Min Gue, der mächtigiten Dynaftie der Sultane, die je 
in Dofar regierten, erbaut fein fol, und welche ſchon den Angriffen 
der Portugiefen in frühern Jahrhunderten ſiegreich widerſtanden. 
Noch jollen Steindämme zur Stellung von Kanonen fichtbar fein, 
und der Hakim von Addahäriz dafelbft einen Ankerzoll fordern, 
auch Waarenzoll, 2'/,, Procent von Aus- wie Einfuhr. 

Jenſeit Albhäfah, ſagt Eruttenden, follen die Dörfer EI 
Robaht (fonımt bei Fresnel nicht vor) und Dugfut, offenbar 
Awckad in Fresnel's richtigerer Schreibart, Tiegen; weiter gegen 
Weſt das Dörfchen Refut, dicht an ver gleichnamigen Bay (Ben— 
der Nefut), die für einen fichern Anferplag gilt. Folgendes find, 
nad) Gruttenden, dem Fresnel's Angaben von Zafar unbekannt was 
ren, die Namen der 11 Khores in dem Diftriet Dofar, deren 5 
eritere ſüßes Waſſer, die andern falziges haben follen; fie heißen: 
Khores Ririe, Täckah, Sivie, Shahl, El Bellud (Belid 
bei Breönel); Khores Gimaff, EI Ghuber, Miftahein, 
Dyreoz (Apvahäriz bei Freönel), Solahlah (Sfalälah), 
Bin Miſhtan. Wahrjcheinlich werden aud) von dieſen noch mans 
che einer Namenberichtigung bepürfen. 

Außer den jchon genannten Grzeugniffen dieſes Diftrictes 
Dofar iſt er durch viele und wohlfeile Ninder und Schaafe aus— 
gezeichnet und hat vortreffliches Waſſer. Baummolle wird nur we— 
nig gebaut. Addahäriz ift unter allen Küftenftäpten am treff« 
lichften geeignet, fremde Schiffe mit Proviant zu verjehen, auch find 
die Bewohner diefer Stadt wohlwollend, und von ihnen fann man 
zu allen Zeiten Boote zum Transport der Lebensmittel vom Marfte 


304 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. 


durch Die Brandung zum Schiffe geliefert erhalten. Unter ihnen 
zu reifen ſchien Cruttenden feine ſchwere Aufgabe, und begleitet 
von ein paar Scheikhs des Schahar- Tribus, verficherte man ihm, 
fönne er auch ficher nah Hadhramaut und Wadi Doan kom— 
men. Ein Mann aus Jemen bot fich freiwillig zum Beſchützer da— 
hin an; der Meberfchlag der Koften von Shahar M.i. AlShher 
bei Fresnel), der Kapitafe von Mahra (f. ob. ©. 255), nad) Schi— 
bäın (in Often von Marib, f. ob. ©. 256), wohin jehr häufig Ka- 
rawanen ihre Wege mit ziemlicher Sicherheit zurücklegen, fol etwa 
250 Dollar betragen. | 
Als Naudthiere in Dofar werden nur Hyänen und wilde 

Katzen genannt, welche die Viehheerden und vie vielen Antilopen 
zerftören. Die Subahnbäume (Gummi Eopal), fo viel ihrer 
Cruttenden dort fab, waren genau viefelben, wie er fie in Soko— 
tora gefeben, obwol man fie dort Bohain mannte Ihre belle, 
weiche Rinde und ihre kurzen Fraufen Blätter machen fie Teicht un- 
tericheivbay. Bi SW. Monfun wird dad Gummi Gopal 
eingejammelt, mo diejed nad) Addahariz (Oyreez) von den Ber: 
gen zum Verkauf hinabgebracht wird. Der weiße Gummi ift ver 
bejte, weil diefer noch durd) Feine Berührung mit dem Boden br- 
hmust if. Während des Südweſt-Monſuns (im Charif, 
j. 0b. ©. 82) iſt hier ver Regen fehr Häufig; dann ftehen alle oben- 
genannten SChored mit dem Meere in Berbindung. Nach einer 
Mittelzgahl, fagte man, — ed in ganz Dofar im Jahre etwa 80 
Regentage geben. 
Die Sprache der Beni Gurrab, jener Beduinen der 5000 

Buß hoben Berafette, bemerkt Gruttenvden?’), ſei derjenigen, welche 
auf ver Inſel Sefotera geiprachen wird, fehr ähnlich; eben fo rauh 
und vol Kehllaute, daß das Zuhören ſchon fehr anftrengend jei, 
und man leicht daran verzweifele, ihre Worte nachiprechen zu kön— 
nen (alſo wol die Ehhkili-Sprache, ſ. ob. S. 48u.f.). Diefe Beni 
Gurrah erfennen Niemand als Oberheren an; fie follen eine in— 
dolente Raçe jein, die immer Lieber zum Plündern als zum Arbei— 
ten aufgelegt ift. Man rechnet die Zahl ihrer friegsfähigen Män— 
ner auf 1500, die mit Schwert und Keule bewaffnet find, aber 
nur wenige Luntenflinten befißen. 


*0) Cruttenden, Journal l. ec, in Proceedings of Bombay. 1837. 
p- 74. 


Arabien; Ebn Batutas Küftenfahrt v. Hafifn, Oman, 305 


6. Ebn Batuta's Ueberfahrt nah Haſik und Kalhaat in 
Oman. Die Bay von Hafik, die Djoun al Haſchiſch 
(Sinus herbosus, Golfe des Herbes bei D'Anville) 
oder Kuria Muria-Bay mit den Injeln Khartan und 
Martan. Orientirung des Sachalites Sinus bei Ar— 
rian und Ptolemaus (der Sachar- oder Schhehhr- 
Küfte); das Syagros extrema (Cap Saugar) in Ha— 
ſik (ad Asichon). 


Don Zafar, jagt Ebn Batuta, ging er zu Schiff, um 
Oman Amman bei Ebn Batuta) zu befuchen, landete aber zuvor 
fhon am zweiten Tage der Fahrt in dem Hafen HaſikU), wo 
viele arabiſche Bifcher wohnten. Hier haben fie, fagt er, den Weih— 
rauhbaum, ver ein dünnes Blatt hat, das gerigt eine abträpfelnde 
Milch giebt, die fich zu Gummi vervict, das Lohan genannt wird 
(Franckincense), und den Weihrauch des Handels abgiebt. Die 
Käufer von Haſik find aus Fiſchknochen gebaut und die Dächer mit 
Kameelhauten bedeckt. Nach 4 Tagefahrten von Haſik fommt man 
zu den Bergen von Lomaan, die in die Mitte des Meeres her— 
vorragen. Auf ihrem Gipfel ift ein ftarfes Gebäu von 
Stein, an ver Außenfeite mit einem Wafferbeden zur Samm— 
lung der Regenwaffer. Von da nach 2 Tagen Fam man zur Infel 
Tair, wo fein einzige Haus, aber fehr viele Vögel, und dann 
zu einer großen Infel, deren Bewohner ſich von nichts als von 
Bifhen nähren. Von da zur Stadt Kalhaat, die auf dem 
Gipfel eines Berges Tiegt, deſſen Bewohner zwar Araber, aber 
mit ſehr rauher Sprache und meift Sectirer, die jedoch ihren Glau— 
ben verheimlichen vor ihren Beherrfchern, den Gebietern von Or— 
muz, die Sunniten find. — So weit Ebn Batuta's Küftenfahrt 
von Hafif in Mahra bis Kalbhaat in Oman; eine Fahrt von 
der wir, jo unbeftimmt ihre Angaben auch fein mögen, doch feit 
den Zeiten des Periplus Mar, Erythr. faum genauere Daten erhals 
ten haben. Nur der Anfang und das Ende diefer Bahrt laſſen fich 
mit Beftimmtheit nachmeifen, diefe und die übrigen Angaben dienen 
aber zugleich zu manchen Belehrungen über die Alteften Nachrichten 
des Beriplus und Ptolemäaus, mie ihrer Commentatoren, liber 
welche an einer jo wenig erforfchten Geftadelinie, feit Bochart, 
D’Anville, Vincent, Mannert und Andern, in Vergleichung 


*') Ebn Batuta, Tray, nad) $. Lee Translat, p. 61. 
Nitter Erdkunde XII. u 


* 


306 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62, 


mit den Angaben der arabifchen Geographen, die hier eben fo lücken— 
haft berichten wie die Griechen- und Nömerzeit und die heutige 
moderne, die verfchiedenften Erklärungen obwalten, und fo lange 
im Schwanfen bleiben müſſen, bis auch diefe öſtliche Hälfte ver 
füdarabifchen Küſte bis Oman die Publication feiner nauti— 
chen Aufnahme durch die britifche Admiralität erhalten haben wird, 
wie die weftliche Hälfte von Aden bis an die Oftgrenzge Mafal- 
la's (bis 51° O. L. v. Gr.) fie durch) Capt. Haines erhalten hat. 

Ißtachri Hat diefe oftwärts fich ziehende Küftenftrede ganz 
übergangen; er weiß nur von dem Rande Mahra*?) mit der Haupt— 
ſtadt Schahr (f. ob. ©.255), von der barbariichen Sprache ver 
Bewohner, von den trefflichen Dromedaren und dem Weihrauch, ver 
von da anderwärtähin verführt werde, von der weiten Ausbrei— 
tung der dortigen Wüften, und daß man fage, dieſe Landſchaft ſei 
Ihon zu Oman gehörig. 

Edriſi hat hierüber genauere Nachrichten mitgetheilt; er Fennt 
fchon denfelben Ort Haſek, ver, mit Ebn Batuta übereinftim- 
mend, nach ihm 2 Tagereifen zu Wafler oder 4 Tagemärjche zu 
Lande oftwärts von Merbat entfernt liegt, unter dem über dem 
Meere hervorragenden Berge Lous (Kous Kebir auf D'Anville's 
Karte, Montagne de la grande Louange auf Robert de Vou- 
gondy’s Karte), in dem Lande des Volks der Aad. Er kennt hier 
den tief eingehenden Golf, den Djoun al Haſchiſch (Sinus 
herbosus ver latein. Ueberſ.) mit den Injeln Khartan und Mars 
tan) (nach berichtigter Xesart, die Bochart*) durch Verände— 
rung der Vocalpuncte in Curia und Muria der Karten verwan— 
delt Hatte), veren Ebn Batuta nicht erwähnt, deren Fiſcherbevöl— 
ferung aber Edrifi ald zu feiner Zeit vom Lande Chedjer (D. i. 
Mahra, mo der Weihrauch, ſ. ob. ©. 265) abhängig genauer be= 
zeichnet, und diefe felbjt von der Küfte auf die Infeln Eingewan— 
derte nennt, deshalb fie vafelbit noch die alte Sprache ver Aad 
Iprächen, welche ven Arabern feiner Zeit unbefannt fei. Wie 
wenig Abulfeda über diefe Gegend Neues vorbringe, ift fehon oben 
angeführt, und hier nur zu bemerken, daß offenbar auch Edrifi 
feine Nachrichten über dieſe Gegend vorzüglich nur dem regern 
Schiffahrtsverkehr der ſüdwärts gegemüberliegenden Infel So— 


2) Ißtachri b. Mordtmann S. 13. *°) Edrisi b. Jaubert I. p. 45 
47,54. *) Bochart, Geogr. Sacra, ed. Lugd. Bat. 1692. L. II’ 


c.18. col. 108; f. Geographi Nubiensis Pars VI. Climat I. p.24, 


\ 


Arabien; Sachalitiſches Geſtadeland. 307 


* cotora mit dem Geſtade von Haſek und Mahra verdankte, ver 
zu jeiner Zeit, wie ſchon zu den Zeiten des Periplus Mar. Erythr. 
und auch noch zu Ebn Batuta’s Periode, vor der Entdeckung des 
Seewegs um das Südende Afrikas flattfand; wie Died die Ueber— 
fahrt Ebn Batuta's von der gegenüberliegenden Küfte Zangue= 
bard nah Zefar in Mahra beweift. 

Diefelbe Duelle ift es auch offenbar, welcher der Beriplug 
des Erythräiſchen Meeres, wie Btolemäus, ihre merfwür- 
digen Angaben über dieſes Geftavde verdanken, deren Berückſichtigung 
wir auch in der Gegenwart und nicht überheben fünnen, da diefe 
Gegenwart uns nur erft jehr lückenvolle Notizen feit jenen 
jo merkwürdigen antifen Berichten über dieſelben Geſtade darbie— 
tet, die und die Zuftände jener Zeit an diefer Ofthalfte des Süd— 
geſtades von Arabien viel Iebhafter vor Augen führen als die bis— 
herigen Angaben der neuern Zeit. 

Obmwol der Beriplus wie Ptolemaus in den Hauptum— 
riffen ihrer Angaben über diefe Küftenftreefen im Wefentlichen 
fehr gut übereinftimmen, und die Nachrichten des einen die des an— 
dern vielfach unterfiügen, fo finden fich doch in den Detaild und 
deren Auslegung, bei vielen Unbeftinnmtheiten ihrer Angaben, indeß 
andere jehr ins ſpecielle eingehen, noch viele fcheinbare Wider— 
fprüde, die für die genanere Vergleichung ver Localitäten und 
ihrer Benennungen, in alter und neuer Zeit, von jeher den Erklä— 
rern viele Mühe bei ver Entwirrung derſelben gemacht haben. 

Cellarius, ver beiver Angaben jummarifch nur hinter« 
einander aufzählte, deutet den Unterſchied #) doch auch fehon 
an. Bis zu den Safenftationen Dcelis, Aden und dem öftlichern 
Kane, wo Eleafus der Beherrfcher ver Weihrauchregion (ſ. oben 
©. 244, 283), und wohin die römischen Schiffer, von Berenife aus 
in 30 Tagen, fo häufig zu fchiffen pflegten (Plin. VI, 23: veniunt 
eireiter XXX. die, a Berenice Aegypti navigantes, Ocelin Ara- 
biae, aut Canen turiferae regionis), ſtimmten alle Nachrichten bei 
Plinius, Ptolemäus, Arrian überein; dann aber wichen fle 
von einander ab. Jenſeit Cana führte Ptolemäus den Hafen 
Trulla, die Mündung des Prion-Fluſſes (S.273), der Infel 
Dioscorides gegenüber, und den Moſcha-Hafen, dann aber das 
Vorgebirge Syagros an, womit das füdliche Arabien ende. Ar- 
rian nennt ed das größte Vorgebirge der Welt. Dann folge der 


*°) Cellarius, Notitiae Orbis antiq. U. Lib. III. c. XIV. p. 701. 
u 2 


308 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 62. 


Meerbufen Sachalites an ver Oftfeite, die vom genannten Vor- 


gebirge beginne, und innerhalb dejjelben liege Die Stadt Anfara. 
So Ptolemäus; anderd Arrian (Paullo aliter Arrianus, bei Eel- 
larius). Diefer fchiffte gleich hinter Cana durch ven Sacha- 
lites Sinus zwar gegen das Weihrauchland, das er aber höchft 
ungefund nennt; dann erjt folge daS ungeheure Vorgebirge Sya- 
gros, und dann der Meerbujen Omana und der Hafen Moſcha, 
der zur Sammlung des Weihrauchs gelegen ſei. Jenſeit läßt dann 
Ptolemäus in den äußerſten Meerbufen den Hormanus- Fluß 
einlaufen und die Berge Aſabo folgen, wo der perſiſche Golf 
feinen Anfang nehme. 

Die verichiedenften Erklärungen der neuern Geographen, um, 
oft mit vielem Scharffinn, die claſſiſchen Stellen ihrer Autoren zu 
rechtfertigen, oder durd) Conjecturen zu emendiren, jo wie die Ders 
jchiedenheiten nach ihren eigenen Hypotheſen in Einklang zu brins 
gen, lafjen wir hier zur Seite liegen, und faſſen nur in fofern die 
Hauptergebniffe ‚folcher Unterfuchungen derſelben auf, ald fie uns 
der Wahrheit am nächſten zu fommen feheinen, und die Haupt— 
puncte betreffen, welche wirflicd) und zum Fortſchritt der geogras 
phifchen Kenntniß dieſer Küftenftredfe dienen können, alles bloße 
Namenmwefen, das und noch Feine Frucht geboten, zurücklaſſend. 
Doch foll damit keineswegs verneint fein, Daß nicht vielleicht in den 
noch nicht erläuterten Namen noch gar manches Griterium zur voll— 
ftändigern Erfenntniß des Ganzen verborgen jein möge, wie ſich 
denn jelbft aus einigen diefer bisher todten Namen einige lebendige 
Funfen zur Vervolftändigung unferer Unterfuchung bervorfchlagen 
liegen. Hier zeigt fih nun vor allem die Wichtigkeit der Locali— 
firung einiger Hauptpuncte, die fih in ver ganzen Reihen— 
folge ver Erzählung bei Arrian, wie in ver Aufzählung bei Pto= 
lemäus und im der Gegenwart zu bewähren haben, um als aan 
fachen zu gelten. 

Schon oben fagten wir, daß Maccala des Ptolemäus 
(Mexxa).a) in D. von Kane vollfommen ver heutigen Stadt und 
dem Vorgebirge Makalla nah Capt. Haines Aufnahme ent- 
fpreche (j. ob. ©. 286); Hier nun, daß auch die relative Lage von 
Maccala und Sachle bei Ptolemäus mit der heutigen von 
Makkala und Schehhr an Hadhramauts Küfte übereinftimmt 
(ZuyArn 82° 40' Long. 13° 20° Lat. bei Ptol. VI. 7. fol. 156). 
Schon Bochart erkannte in diefem Namen, den er, flatt Segar 
und Sagar, richtiger Sachar zu fehreiben meinte, bi8 zu welchem 


Arabien; Sachalitiſches Geſtadeland. 309 


ſich die Chatramiten oder Hadhramauter nach Ptolemäus (exe: 
zwv Zoyakırav) ausdehnten, denſelben neuern Namen. Die grie— 
chiſche Transſcription des Namens Schehr in Zcxan, beftätigt nun 
die genaue Sprachforſchung Fresnel's 6), gebe ven Schlüſſel zu 
dem andern Worte der Sayudtraı, womit ficher die Bewohuer des 
Derged Schehhr over richtiger S’hher bezeichnet feien; dieſelben 
die noch heute in ver Sprache zu Mirbat und Zafar S'hhari 
heißen, der Name der unterjochten, aljfo ver älteften ver beiden 
Racen, die das Gebirge bewohnen. In beiden Worten Iayın, 
Zayokitaı, müjje dad lambda ein ra, das auf ein khä folge, er= 
feßen. Hiermit wäre eine Hauptlocalität, der Sinus Sachalitarum, 
feftgeftellt, der eine fo wichtige Stellung in der Geographie des 
MWeihrauchlandes einnimmt. 

Eine zweite ift unftreitig dad Vorgebirge Syagros, das 
von D’Anville nah Ras el Hhad (22° 33’ N. Br. und 57° 37 
O.L. v. Gr.) verlegt wurde, weil es bei Ptolemäus das Oſtende 
der Salbinfel (d. i. der Südküſte Arabiens, Syagros extrema, 
oder Ivayoog üxoa, 90°Long. 14"Lat.) heißt, während e8 von dem 
PBeriplus fo heichrieven wird, daß es einer doppelten Auslegung 
fähig ericheint, al3 hätte es im Weit des Sachalites Sinus oder 
im Oſten veifelben liegen können. Arrian nennt e8 nämlich das 
größte Borgebirge der Welt, dad gegen den Morgen gerichtet 
jei, und ſtimmt darin im allgemeinen mit Ptolemäus überein. 
Aber Mannert?7), ver Died dxgoTrg10v Tod x00u0v uEyıoTov 
in das ihm bequemere Tod x0AoV u£yıorov verwandelt, wodurch 
es nur das größte Vorgebirge des Meerbufend wird, und die dar— 
auf folgende Stelle anoßAEnov eis avarornv, gegen den Morgen 
gerichtet, ſo verſteht, als wolle ver Autor „von deſſen Schiff— 
fahrt an gegen den Oſten“ das Folgende geſagt wiſſen, iden⸗ 
tificirt es mit dem Gap Fartak der Karten (15 ZT! N. Br. 49° 58° 
D.8. v. Gr.)#), und darin iſt auch ſchon Harduin bei Plinius 
und W. Vincent?) mit ihm übereinftimmend. Schon das große 
Intervall zwijchen diefen beiden audeinanderftehenden Caps, welches 
über 80 geogr. Meilen in der Nichtung von S. nah N., und an 
90 des gegenfeitigen Abftandes in der Nichtung von W. nach O. be— 
trägt, zeigt, wie verfchieven die Deutungen, welche einem oder dem 


6) F, Fresnel, G£ogr. de l’Arab. T. X. 1. c. p. 191. ) Mans 
nert, Geogr. d. Gr. u. Röm. VI. 1. ©, 95 — 107. "*) Berghaus, 
Arabia ‚Diem. a. a. DO. Gotha, 1835. 4. ©, 74,77. *’), W, Vin- 
cent, Commerce and Navigat, etc, Vol, II. p. 331-— 340. 


310 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 62. | 


andern dieſer Extreme Folge Teifteten, ausfallen mußten, und wie 
leicht ſich unbeſtimmt ausgefprochene Daten bald für die eine, bald 
für die andere Hypotheſe accommodiren laſſen. 

Goſſellins Unterfuchungen hatten ihn nach feinen Berechnuns 
gen 50) das Vorgebirge Syagros ded Periplus auf Cap Far— 
taf, dad Syagros des Marin von Tyrus nah Schifferausfagen 
auf das Oſtende des Sachalitiichen Bufens, nämlich auf das heutige 
Merbat fallen laffen, und daß jenes de8 Ptolemäus noch mwei- 
ter gegen Dft, mit dem Irrthum, daß mit ihm erft ver Sachalitifche 
Meerbufen beginne, ven er alfo zu weit gegen den Oſten ih feiner 
Zeichnung verlegte, während er doch, nach den von ihm angegebe= 
nen Stadienmaaßen, weit mehr mit ver Angabe des Periplus über- 
einftimmte. Denn von Cane find bis zum Syagros des Ptole- 
mäus nach ihm 2626 Stadien 4165 geogr. Meilen), und dieſelbe 
Ferne von 2600 Stadien, welche der Periplus zwifchen feinem 
Syagros und dem Afichon gegeben hatte, entipricht auf ber 
modernen Karte den 2700 Stadien, welche bis zum Meerbufen von 
Hafik führen, woraus folge, daß diefer Meerbufen, der gewöhnlich 
nach den Inſeln Kuria Muria heiße, derjenige Sachalitifche 
Golf war, den man dem Ptolemäus angezeigt hatte, und daß hier 
etwa das Vorgebirge Vire (nahe bei dem Gap Nos 17’ 23!N.Br. 
52°50Y'D.8. v. Gr. n. Owen auf Berghaus Karte) das Ptolemäi- 
fche Syagros wirklich nach feinen Maaßen repräfentire. 

Die Shwanfende Verlegung dejjelben Namens Syagros auf 
eine fo weit auseinander liegende Landesſtrecke glaubte fi Goſ— 
fellin dadurch erklären zu fünnen, daß er den Namen Syagros 
nur für eine Movdification des Namens der ganzen Küfte hielt, 
den er Sogar oder Sagar fchreibt, was aber, wenn ſchon Iva- 
y005, d.h. wildes Schwert, over eine Balmenart (Plin. XIM. 
4: De Palmis: in meridiano orbe praecipuam obtinent nobilita- 
tem Syagri etc.) eine gräcifirte VBerftümmelung ift, doch von die— 
ſem Worte, nad) Freönel’3 obiger genauerer Schreibart, nicht her— 
geleitet werden fann. Vincent hatte ſich die Verwirrung der 
Angaben, bei Ptolemäus und dem Periplus, von der Wiederho- 
lung eines nochmaligen Sachalites dadurch erklären wollen, daß 
dies fein Irrthum der Autoren gewefen, fondern daß es wirklich 
zwei Sachalitifche Meerbufen des Namens gegeben, einen vor— 


750) J. Gossellin, Recherches sur la geogr. system, et positive des 
Anciens, Tome Ill. Paris 1813. p. 19, 29, 31 etc, 


/ 


Arabien; Sachalitiſches Geftadeland. 311 


dern bei Cane und einen öſtlichern mit Moſcha nach Ptole- 
mäus. Dr. Vincent glaubte die Begründung dazu in einem 
doppelten Sahar (er meint Schehhr) zu finden, wovon das öſt— 
liche, dad befannte, öftlicy von Fartaf, nämlich Schehhr in Mir— 
bat, dad andere aber, ein weftlicheres, im Wet von Gap Fare 
taf gegen Aden hin liege; irre geführt durch D'Anville's Karte, 
die Hier mwirflih ein Sahar öftlih bei Mafalla einzeichnet nad) 
Abulfeda, das aber auch Schähar over Shehr heutzutage Heißt, 
und ein unbedeutenderer Ort ift, von dem wenigftens eine folche 
Benennung herzuleiten fein Grund vorhanden (f. ob. ©. 266). 

Mit jener, nach Goſſellins aus conftructiven Gründen ab— 
geleiteten, mittlern Lage des Syagros-Vorgebirgs, zwiichen 
beiden Extremen, flimmt die Annahme Fresnel's näher, daſſelbe 
mit dem Vorgebirge Saugra zu iventificiren. Dieſes liegt nord— 
öftlih von Hafif, und dem Ras Garwau der Karten benachbart, 
nad) Gapt. Omens3!) Beltimmung: 18° 9 N.Br. und 54° 18% 
D.L.v. ©. Don da beginnt wirklich die Nordwendung der öſt— 
lichen arabifchen Küfte, mit der großen nordwärts ſich ziehenven 
Einbucht ver Saugra=Bay. Der Name Syagros ift aber nichts 
anders, als die Gräcifirung oder Umfchreibung von Sawdirah?), 
dem modernen Saugra, welches noch heute der einheimische Name 
des Caps 2 Tagereifen oſtwärts von Haſik ift, nach ver Gegend zu, 
welche ven beften Weihrauch hervorbringt. Cine nicht unwich- 
tige Beftätigung erhält diefe Annahme durch die Uebereinftimmung 
der relativen Intervalle auf der modernen wie auf der Ptolemäi— 
ſchen Karte dieſes Theiles von Arabien. Die öftliche Lage dieſes 
Gap Saugra (Syagros) von dem heutigen Dafar (Zafar), von 
54'/, bi8 56% O.L. v. Gr., entfpricht derfelben relativer Di- 
ftanz des Ptolemäijchen Syagros extrema von Sapphar Metropo- 
lis der Binnenftadt, und ihrem Safenorte Moscha portus, von 88° 
bis 90° Longit.; aljo auch nur zwei Rängengraden Abftand 
(vergl. ob. ©.297), wodurch ung das möglichſt nächſte Ziel 
zur Vergleihung jo divergirender Daten der alteften und neueften 
Zeiten erreicht ſcheint. 

Als Ueberfluß folcher Beftätigungen mag bier noch die Identi— 
tät des im Periplus vorfommenden Namens vom Lande Afichon, 
dem die 7 Infeln des Zenobiuß vorliegen (Peripl. Mar, Erythr. 


1) Berghaus a. a. D. ©. 77. ) F, Fresnel, Sur la geogr. de 
l’Arab, l. c. T. X. p. 19. 


312 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


p. 19: &wg Aciywvos Tng ynS x. h.), angeführt werden, welchem 
ver heutige Name Haſik, wie fehon Goffellin bemerfte?3), auf das 
vollfommenfte entjpricht, fammt den in der bei den Schiffern ſoge— 
nannten Kuria Muria=-Bay, d. i. ver Bay von Haſik, vor— 
liegenden Gruppe ver Khartan und Martan Infeln, von denen 
meiter unten die Rede fein muß, obwol Ebn Batuta ihrer bei 
jeiner VBorüberfchiffung gar nicht erwähnt hat. 

Nun exit, nachdem wir uns auf diefe Weife über eine große 
Strede der bisher jo wenig gefannten Südküſte Arabiens, von 
Aden bis gegen Oman hin (menigftend nah Ißtachri's An— 
gabe 5%), der zu Bolge ſchon Mahra und dad Weihrauchland mit 
den trefflichen Dromedaren, wenigſtens zu feiner Zeit, zu Oman 
gezählt ward, f. ob. S. 255), durch die fpäteren Berichte im Allge- 
meinen orientirt haben, können wir zu der älteften ungemein lehr— 
reichen und jehr erfahrnen Berichterftattung des Periplus über- 
gehen, die zwar nur hauptfächlich den Handel an jener Küfte im 
Auge hatte, und in fofern Vieles daſelbſt gewiß nur einfeitig von 
diefem Standpuncte aus auffaßte, dennoch aber wahrhaftes Character= 
gemälde jenes Geſtades lieferte wie feine der folgenven Zeiten. 


$. 63. 

Hiftorifhe Einleitung. Fortſetzung. 
Wanderungen und Umfchiffungen des ſüdöſtlichen Ara- 
biens nach den Altern Autoren, verglichen mit denen 

der neuern Zeit und der jüngften Entdeckungen 
antifer Denfmale. 


1. Cane Emporium und Orneon, die Vogelinfel des 
Periplus Mar. Erythr.; Hiſn Ghoörab, das Raben» 
ſchloß, mit feinen himjaritifehen Inferiptionen nad 
Capt. Haines und Lieutn. Wellſted's Entdeckung 1834, 
Im DOften von Aden (j. 0b. S. 283) beginnt der Periplus feine 

Nachrichten ver Südküſte Urabiens, mit dem großen, dem Meere 

nahen, aber von Arabia felix oftwärts längs der Küfte 2000 Sta- 

dien (d. i. 50 geogr. Meilen) fern liegenden Emporium Gane 


#2) Gossellin I. e. Ill. p. 14, 19. +) Ißtachri a. a. O. S. 13. 





Arabien; Cane das antife Emporium. 313 


(Kovn, Peripl. Mar. Erythr. p. 15), in Reiche und Gebiete des 
Eleafus in der Weihraucdhregion, welcher zwei öde Infeln ans 
liegen, deren eine Orneon, d. i. die Vögelinfel (7 zwv 'Oo- 
vewv), heißt, die andere Trulla, 120 Stadien, d. i. 3 geograph. 
Meilen fern von Cane. Oberhalb verjelben liegt Sabbatha Me- 
tropolis, im innern Sande, in welcher ver König feinen Hof hält. 
Nach Kane wird ver Weihraud (Aldavog), der in jener Gegend 
wächſt, wie an einen gemeinfamen Stapelplag, theild auf Kamee— 
Ien, theild auf Schlauchflooßen, theild auch in andern Fahr— 
zeugen gebradht, und von da in die fernen jenfeitigen Emporien bei 
den Omanern, den benachbarten Perſern und Sfythen (die 
indifchen, ſ. Erdk. VII. 179). Bon Uegypten aus wird Getreide 
und Wein dahin eingeführt, wenn auch nur wenig, wie nah Muza; 
aber auch Kleivungsftüke für den arabifchen Markt (iuarıouos 
Avaßızös), auch andere Arten von Zeugen; desgleichen Erz, Zinn, 
Kuralion (Korallen oder Rubin?), Styrar und anderes, wie nad) 
Muza. Dem Könige werden getriebene Silbergefäße, Statuen, 
Pferde, Ehrenkleiver und andere vergleichen zugeführt. Ausfuhr— 
artikel find aber die dort einheimifchen Produete: Weihraud (Ar- 
Buvos) und Aloe (aAon), fo wie anderer Emporien Waaren. Zu 
derſelben Zeit wird dahin gefchifft, wie nach Muza, jedoch etwas 
frühzeitiger; im Monat Thoth nämlich, d. i. im September, die befte 
Zeit. — So weit der Periplus, und derſelbe Ort ift dag Em— 
porium Gane bei Ptolemäus (VI. 7. fol. 153: Kavn Eunogıov 
»al &x00v, 84" Long. 12° 30' Lat.). 

Die ungefähre Lage dieſes Ortes haben zuerft Sanfon und 
D’Anville auf die Rocalität verlegt, die fie bei dem Küftenorte 
Hargiah als feichte Bat in ihre Karten einzeichneten, und mit 
dem Namen Caua-Canim oder Cava Canim belegten, in der 
Meinung, bier noch eine übrige Spur des antifen Namend Gane 
wiedergefunden zu haben. Aber daß died bloße Täufchung war, 
hat ſchon Goſſellinss) gezeigt, da diefer Schiffername europätfcher 
Indienfahrer, richtig gefchrieben, nur von einer Kaffeeſchenke ver 
Bai, von einer Kaweh khaneh herrührt und Feine antike Orts- 
Bezeichnung ift. Uber aucd die tief einfchneidende Bucht, wie 
fie nach jenen Vorgängern auf allen neuern und fo auch auf Berg: 
haus Karten unter vem Namen Caua-Canim-Bai irrig einge- 


##) Gossellin Recherches I, e. III, p. 11; vergl. Vincent, Commerce 
and Navig. II, p. 333. 


314 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 63. 


tragen erfcheint, wurde bei Gapt. Haines dortiger Küftenaufnahme + 


gar nicht vorgefunden. 

Die einzige bier an 45 geogr. Meilen, oſtwärts von Aden, 
gegen Nord, in rundem Bogen tiefer einpringende Bai ift, nad) 
Capt. Haines Küftenaufnahme, die früher unbekannte Ghubbet— 
Ain=-Bat, die mit dem Nas el Koffeir in Weſt beginnt, und 
im Oft mit dem Ras el Afivah endet, hinter welches ſich aber 
fogleidy einige engere Hafen anfchliegen, zumal der Bender over 
gutgeſchützte Hafen Hifn Ghorabsb) unter einem dicht dar— 
über ſich erhebenden Feſtungsberge, dem Djebel Sifn Ohorab. 
Nur in diefer Gegend etwa, die jedoch erft feit ein paar Jahren 
genauer erforfcht ward, oder felbft noch etwas weniges meiter bis 
in die oftwärts angrenzende größere Macalla-Bai, waren D’An- 
villes, Vincents, Mannertss”) Meinungen, Fönne dad Em— 
porium Cane, jener angegebenen Diftanz gemäß, gejucht werden. 
Mannert glaubte fogar, diefe Lage ſchon ſehr zuverläffig auf 
einer gänzlich faljch orientirten Küfte nachgewiejen zu haben. 

Und wirkich vereint fich alles, um die Umgebung dieſes jüngft 
entdeckten Hiſn Ghorab, auf dem durch den britifchen Survey 
zuerft berichtigten Küftencontour, mit der antifen Cane zu iden— 
tifieiven. Was außer der paſſenden Localität und den ent— 
deckten Denfmalen einer früher unftreitig bedeutenden Hafen— 
ftation für den indifchen Handel in diejer Gegend noch zu der 
entfprechenden Diftanz von 2000 Stadien hinzufommt, um die Iden— 
tifieirung auf diefe Localität zu verſtärken, ift ein £leiner Umftand, 
die Vogelinfel, ven man aber ald ein Naturdenkmal für enticheis 
dend gelten laffen dürfte. Auch diefe mar bisher wenig beachtet, 
doch ſchon auf D’Anvilles Karte eingezeichnet und auf Berg— 
haus Karte mit dem Namen des Schiffes Topaze, nah Gapt. 
Lumley's erfter Aufnahme, 4 Miles oftwärts der Caua-Canim— 
Bay eingetragen 58). Bei dem faft völligen Mangel bedeutender 
Infeln an dieſem arabifchen Geftade find die wenigen Infeln defto 
ficherere Anhaltpuncte zur Orientirung, wie e8 Flüſſe, Berge, Bor- 
gebirge und andere Naturgegenftände find, die ale mechfelnde Na- 
mengebung weit übervauern. Hier nun, ofne auf ded Periplus 
Angabe’ von ven beiden Infelchen oftwärtd Gane zu reflectiren, 


”56) Capt. Haines, Memoir etc. im Journ. of the Roy. Geogr. SOC. 
of London. Vol. IX. 1839. p. 144. 9 Männert, Geogr. d. Gr. 
u. Röm. VI.1. ©. 84; Vincent, On the Commerce etc. Il. p. 334 

>?) Berghaus, Memoir a. a. D. ©. 73. 


en Tu nn 


Arabien; Drneon, die Vogelinfel. 815 


fand Capt. Haines bei feinem Survey ihre Eriftenz beftätigt. 
Nur eine englifche Mile in S.S.W. von dem ſchwarzen Berge 
des Hiſn Ghorab und von dem Ofteingange feined Hafens, den 
ein Fels befegt hat, liegt die Kalkfteininfel Halani vor dem kreis— 
runden 300 Buß hohen Sanpftein= Tafelberge Sha’ran; und vor 
einer vorfpringenden Felöipige vefjelben, vem Ras Khada, ftehen, 
eine Mile fern, vie Khadhrein= Klippen. Demfelben Nas Khada 
(13° 54° 40" N.Br. und 48° 28° 20° D.L. v. Gr.) 60) gegen Süd, 
5 Miles oder 2 Stunden fern, liegt eine zweite fleine Injel, Sif- 
kah oder Djibud genannt, die fich did zu 450 Fuß Höhe erhebt, 
deren Oberfläche platt und ganz weiß ſich zeigte, von den 
Ercerementen zahllojer Bögelfhwärme, die fich bier als 
Dünger (Guano) in großen Vorräthen aufgehäuft haben. Siffah 
heißt fie bei ven Küftenanwohnern, Djibus bei ven Schiffern, weil 
diefe ihre Geftalt mit der einer indifchen Lyra vergleichen; die eng— 
lifchen verglichen fie mit einer Krofodilgeftalt. Wir haben in ihr 
die Orneon-Inſel des Periplus nah Tage und Characte— 
riſtik ungmeifelhaft wieder gefunden, und neben ihr die Eleinere 
Trulla; und alfo auch das einft fo berühmte Emporium Gane, 
dad mit Barygaza (Baroach, Ervf. V. 489, VI. 626) in Indien 
einft eben jo im Handelsverkehr ftand, wie heute Mafalla ober 
Aden und Oman mit Bombay. 

Gleich mit der erften Entvefung des Hiſn Ghorab durch 
Capt. Haines 60) und Wellfted, drängte fich, bei Unterfuchung 
diejer außerorventlichen Zocalität, ver Gedanke auf, daß fie einft zum 
Hauptjig eines großen Emporiums recht geeignet gewefen, 
weshalb fie auch Wellſted 61) als die vermeintlichen Caua-Canim 
oder die Cane des Periplus erklärte. Die durch Kunft wie Na— 
tur geeignete Feſte, welche nur an einer Seite zugängig, aber 
an dieſer meifterhaft verjchangt ſich zeigte; die faſt infularifche 
Lage, welche ein fichres Aſyl darbot, zum Waarenlager und Han- 
delömagazin, an einer den Piraten fletd unterworfnen Küfte; Die 
beiden Häfen an den Geiten, welche bei jedem Winde günftige 
Ankerpläge ficherten; der weite Ueberblick, der fi) von dem Fe— 
flungöberge über das ferne. Geſtade darbot; die ganze domimirende 
Stellung, Alles vereinte ſich zur Betätigung, daß hier ein Haupt— 


+.) Capt. Haines, Memoir 1. c. IX. p. 146. °0) (Sbend. p. 143. 
') Wellsted nad) Prinsep im Journal of the Asiat. Soc. of Bengal 
Vol. III. 1834. Nr. 35. p. 554 — 556; derſ. in f. Neifen in Arabien, 
Meberf. v. Rödiger Th. II. ©. 322— 327. 


316 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 63. 


emporium an der großen Paſſage zur Ueberfahrt für ven Zwi— 
ichenhanvdel von Aegypten nad) Indien gelegen, und daß dies 
fein anderes als jene Cane jein fünne. 

Wellfted ging Hier, am 6. Mai 1834, an einer bis dahın 
unbefannt gebliebenen Stelle eines engen Ganald, an der Seite 
einer Eleinen Slußinfel, vor Anfer, der auf der gegenüberliegenven 
Küfte fih eine Hohe ſchwarze Klippe erhob, die der Lootſe Sijfn 
Ghorab, d. h. „dad Rabenſchloß,“ nannte. Da ſich auf ver 
Höhe einige Nuinen wahrnehmen ließen, fo wurde viefelben zu 
erfteigen befchloffen. Um die heftige Brandung zu meiden, wurde 
in einer Kleinen Bai an der Norpfeite, wo ruhiges Waſſer war, 
gelandet. Auf einer fandigen Landzunge ausgefliegen, befand man 
fich gleich am Meeresufer unter ven Ruinen vieler Häuſer, 
Mauern und Thürme Die Häufer waren nur Klein, vieredig, 
einftöcfig, meift mit 4 Gemächern, die Mauern in mehreren paral- 
felen Linien in verfchieonen Höhen über die Vorberfeite des bier 
nur mäßig anfteigenden Hügels hinlaufend, mit Thürmen in gleie 
chen Intervallen verfehen. Den ganzen unteren Raum des Hügels 
bedeckten Nuinen, obwol von feinen größern Gebäuden, auch feine 
Säulen, Bogen, Ornamente. Die Mauerwände waren aus Bruch- 
fteinen aufgeführt mit Mörtelverband, wahrfcheinlic aus caleinirten 
Korallenmaffen bereitet, wie ker noch heute im Gebrauch ift. Der 
500 Fuß hoch auffteigende Burgberg (nah Haines nur 464 
Fuß hoch, unter 13° 59° 20" N.Br. und 45° 24’ 30" O. L. v. Gr.), 
am Fuß aus dunfelgrauen feiten Kalfftein beftehend, fchien einft 
eine Inſel gewefen zu fein, die jpäter durch einen von Sand zuſam— 
mengemwehten Iſthmus mit dem Beftlande verbunden ward. Fels— 
reiben mit Höhlen, vom Meere auögewafchen, die früher von 
diefem beſpült wurden, ftehen gegenwärtig zu fern, um noch won 
ihm erreicht zu werben. Hinter zwei zerfallenen Thürmen, die einft 
den Eingang zum Aufftieg beherricht zu haben jcheinen, fand- fid) 
ein in Zickzack durch Kunft eingehauener Feldweg, der im- 
mer an fteilen Felsabſtürzen terraffenartig vorüber z0g, oft nur für 
zwei Menfchen breit, bi8 zur Höhe. Die Mühe des Steigens 
wurde reichlich durch die Entdeckung von Inferiptionen auf 
der glatten Oberfläche ver Felswand, zur rechten Sand, be— 
lohnt, ald man etwa ein Drittheil der ganzen Höhe erreicht hatte. 
Die Schriftzüge waren 2, Zol lang, mit vieler Sorafalt und 
Regelmäpigkeit eingegraben. Um jeden Irrthum zu meiden, wur— 
den von jedem der drei Reiſenden (Wellfted, Eruttenden und 


7 


Arabien; Hifn Ghorab, das Rabenſchloß. 317 


Dr. Hulton) gejonderte Copien gemacht und Diefe verglichen. Weis 
ter aufwärt& gegen Die Spitze des Berges ſah man faft eben jo viel 
Haufer, wie unten, Mauern und andere Vertheidigungswerke in 
verſchiedenen Entfernungen von einander über die Geitenfläche des 
Berges hin zerjivent, und auf dem oberften Rande des Abhanges 
einen viereckigen Thurm, von maffivem Bau, ver einjt wol als 
Wacht- oder Leuchtthurm vortrefflich dienen mochte, da man 
ihn fo viele Meilen weit in die See hinaus bemerken Fonnte. Die 
Treppen welche Hinaufführen, find zum heil jehr geräumig, Fen— 
fter und Thüren einfach, ohne Bögen. Ein paar hundert Fuß von 
diefem Thurme liegen die Wafjerbehälter, die mühfam aus 
dem harten Felſen gehauen und inmwendig mit Kitt überzogen find. 
Das Ganze fpricht von ſelbſt für die einflige Wichtigkeit eines fo 
feft gelegenen Ortes, an einer für die oeeanifche Seefahrt und den 
Welthandel im indischen Meere jo günftigen Localität. 

Bei einer wiederholten Befteigung durch Dr. Hulton und 3. 
Smith), fand man an manchen Stellen den Felsweg bis auf 
10 Fuß Breite ausgehauen, den Gement der Maucın und Wafjer- 
behalter jo vortrefflich und hart wie ver Fels ſelbſt. Lieutn. Sans 
derd entwarf einen genauen Plan von Hiſn Ghorab. Die ara- 
biſche Irapition fagte, daß bier einft ein Tribus Kum Karma 
gewohnt, deſſen Nachkommen noch heute bei Mafallah unter dem 
Namen der Beni Seiban übrig geblieben, deſſen Stamme fie eine 
verleibt worden, indeß fid) andere von ihnen in Die Umgegend zer= 
ftreuten. zer 

Auch ein Tribus der Wadi Mifenat foll hier gewohnt has 
ben, die jeßt in Welt von Sihut haufen, und wegen ihrer Ver— 
mifhung mit afrifanifhen Sclaven der Samaulid mit 
dem Ausdruck Abid el Ibad gefchimpft werben, dv. i. Sela-— 
ven ver Samauliß, was aber eigentlih Sclaven der 
Sclaven heißen fol. Es jcheine dies, meinte Gapt. Haines, 
auf einen frühen Verkehr mit dem bis heute jo ausgezeichneten 
Hanvelövolfe ver Samaulis (Somalisd, richtiger Sawahili) 
an der abyffinifchen gegenüberliegenden Küfte Afrikas Hinzudeuten, 
ein Verkehr, ver einft mit Cane Emporium ftatt gefunden haben 
mochte, wie er auch heute am diefer ganzen füdarabifchen Küfte an 
den meiften Handelsſtationen nicht fehlt. Die fefte, großartige An- 
lage diefed Gaftellberges zum Schuße der in Oft anliegenden 


76?) Capt. Haines, Memoir 1, c. IX, p. 144. 


318 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68, 


Stadt, an einem trefflichen Seehafen, ift wol binreichender Beweis 
für die einftige Wichtigkeit eines hiefigen Emporiums, dem dadurch 
volfommne Sicherheit gewährt geweſen zu fein ſcheint. Von einer 
in die antife Zeit zurücdgehenden Erinnerung der dortigen Küften- 
anwohner zeigte fich Feine Spur; der Name Rabenſchloß, meinte 
Rödiger, möge wie ahnliche Schiffernamen diefer Küfte wol cher, 
wie jo manche andere, von der ſchwarzen Farbe ded Felſens 
bergenommen fein (auch Ptolemäus hat an dieſer Küſte einen Mons 
niger), ala, wie Wellfted fich von den Arabern aufreden ließ, von 
einem Tribus der Beni Ghorab, obwol au Dr. Hulton®) den 
Namen ver Familie Ghorab, jedoch viel meiter im Oft, vor— 
gefunden hatte. 

Die Genauigkeit ver Copie der genannten zehnzeiligen 
Inſchrift69), ebenfalls in Himjaritifchen Characteren, läßt, 
da fie von Nichtfennern gefertigt wurde, doch, nad) ver Kenner Ur- 
theile, manches zu wünfchen übrig, fo daß fie noch keineswegs, gleic) 
den beiden zu Sanaa gefundenen, eine vollfommene Entzifferung 
geftattete (f. 06. ©. 82 und 83). Dennod find die beiden erften 
Zeilen wenigftens vollfommen verftändlich, -und die übris 
gen, wenn ſchon mit Türen, geben doch zu manchen Conjecturen 
Stoff genug, um den fcharffinnigen Entzifferer (Gefeniud und 
Rödiger begannen gleichzeitig die Arbeit; letzterm der fie durch— 
führte, wird jedoch das meifte dabei verdanft) und den größten Ken— 
ner dieſes Sprachgebieted zu folgenden Nefultaten zu führen, die 
zwar feinen Aufichluß über einen antiken Namen Gane geben, aber 
doch einen Blie in die Wichtigkeit dieſer Localität geftatten, deren 
genauere Erforfehung jedoch) dereinft noch viel weiter führen dürfte. 


Die Himjaritifche zehnzeilige Infchrift im 
Hiſn Ghorab®). 


Die erfte Zeile fagt: „Samifa Aftywä mit feinen Söh— 
„men arbeitete dies alles. Es werde vollzogen und 
„bleibe im Andenken das, wodurd der Friede befe- 
„ſtigt wird.“ 

Der Name ift hier eben fo gebilvet wie verwandte hebraifche Na— 


‘*®) J. G. Hulton and J. Smith, Account of some Inscriptions etc. 
in Journ. of the Roy. Asiat. Soc. of Great-Britain. Lond. Vol.V. 
Nr. IX. p. 93. 64) E. Rüdiger, Excurs über die himjaritifchen 
SInfchriften b. Wellſteds R. Th. U. ©. 355, 359. 5) E. Rödiger 
a. a. O. S. 387 - 405 nebft Tab. VIII. 1. 


Arabien; Hifn Ghorab’s himjaritifche Infehrift. 319 


men, 4. B. Mof. 7,12. Das „arbeitete“ bezieht fich wol auf 
den Steinmeß und Architeet, der mit feinen Söhnen dem Bau des 
Rabenfhloffes (Hiſn Ghorab) vorftand. Die ganze Infchrift 
ift dad Document eined Friedensſchluſſes, in Folge deſſen fich 
ein Berein von Stämmen dort an der Küfte im Gebiete des him— 
jaritifchen Neiches verband, diefe Stadt erbaute, deren Nuinen noch 
heute zu fehen find, und die Burg auf der Felshöhe anlegte. Da- 
her ver Wunsch, daß die Beringungen des Friedens vollzogen und 
der Abſchluß veifelben vermittelft des folgenden Decretes in Ab— 
fohrift erhalten werde. 

Zeile 2 fagt: „E83 erbarme ſich die Gottheit unfer Al— 
„ler und derer die in ihrer Anbetung übereinftim= 
„men, unfrer Edlen und unfrer Gefährten und der 
„ganzen Schaar unfrer Stammgenoſſen.“ 

Die Anbetung, d. h. im Religionscultus. 

Zeile 3 ift nicht ganz klar. 

Zeile 4 fagt: „Wehe ihm der Sich abgewandt von ung 
„und ſchmähete“ .. .. das übrige ift unficher. 

Die Schlußzeilen, obmwol nicht ganz deutlich, fagen doch fol- 
gended: „Wie fie darin übereinfamen, wie fie ein— 
„nahmen dies Land Habaſchat und (wie) ſich be= 
„trübten unfere Schaaren über unfere Zerftreuung 
„im Zande der Himfariten und feine Fürften unfere 
„Truppen überfielen. Und ed wurde dad Datum 
„davon verzeichnet. Die Zeit unfrer Niederlaffung 
„(trifft) auf Sechshundert und vier Jahre.‘ 

Die Schrift: „im Lande der Himjariten“ ift gang beut- 
lich, fo wie „ver König der Simjariten und feine Fürſten,“ 
d. i. die Unterfönige. Aus diefer Infchrift wird die Behauptung 
De Sacy's (ſ. ob. ©. 41) vollfommen beftätigt, die auch aus dem 
Metrum der vormohamedanifchen Poeſie hervorgeht, wie aus den 
von Nüppell aufgefundenen althabeffinifchen Schriften, daß die rich— 
tige antife Benennung Himjar), aber nicht Homeir ift, und 
alfo die legtere Benennung der Homeriten nur eine Verdrehung ver 
Ausländer. Die „Zeit der Nieverlaffung“” heißt wol, von da 
an gerechnet bis dahin, wo jener Krieg beigelegt ward, und die 
Inſchrift ald Frievendvocument abgefaßt wurde. Die Sechshundert 


6%, Mödiger, Not. 234 in Wellſteds Reifen in Arab. Th. 1. ©. 303, 
Allgem, Literat. Zeitg. 1939, Nr, 106, 


320 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


und vier Sabre heißen eigentlich eben fo viel MonfunsBeiten (ſ. 
ob. ©. 82). Das Rejultat ded Ganzen zufammengefaßt, fagt Rö— 
diger, fei wol, daß wir hier ein öffentliches Document befigen, 
welches fich auf ein hiftorifches Zeugniß beziehe. Ein Volksſtamm 
aus dem Vereine mehrerer Stämme erwachlen, und zu den foge- 
nannten Habafch oder Ahabiich (d. h. gemifchte Volkshau— 
fen, im Urabifchen Convena, |. Erdk. Afrifa 2. Aufl. bei Habeſchi, 
&. 177) gehörig, hatte ſich jeit langem an der Südküſte Arabiens 
in der Gegend von Hiſn Ghorab, nad) Zeile 10, nievergelaffen. 
Da beredete ein Empörer (wol unter himjaritiſchem Einfluß ftehend), 
einen Theil feiner Stammgenofjen zu Streit und Abfall (verläum— 
verifche Gerüchte ausftreuend). Es Fam zum Bürgerfriege, und die 
Rebellen, obgleih anfangs zur See durd) widrige Winde, zu Lande 
durch aufgebrachte Truppenmacht gedrängt (nach Zeile 5), verftärf- 
ten ſich immer mehr und befegten das Land. Viele Bewohner wur— 
den flüchtig; fie zerftreuten ſich im bimjaritifchen Gebiete (nach 
3.8), wahrfcheinlich als Eroberer, ven Streit der Stämme fhlich- 
tend. Nachdem jo, unter gewiſſen Bedingungen, die Ruhe herges 
ftellt worben, erdauten oder erneuerten (0b aus dem antiken Cane?) 
die zurückgebliebenen PBatrioten die Nabenburg auf jenem Inſel— 
berge, und gruben diefe Infchrift in den Felſen ein, zum An— 
denken diefer Beilegung zum Frieden. Die darunter ftehenvden Zei— 
hen mögen ‚die Unterfchriften ver Theilnehmer fein, deren eine mol 
„vom Stamme der Habaſchi“ heißen Eonnte. ine andere, 
fternförmig geftaltete Infeription Eönnte eine Windrofe, zur Be— 
zeichnung der vier MWeltgegenden, fein. ine dritte Infchrift mit 
den Worten: „Marthad der unſre. Es hat der Schreiber 
feinen Namen aufgezeichnet,” enthält einen vorzugsweiſe in 
Jemen vorfommenden befannten himjaritifchen Königdnamen, de— 
ren einer Marthad ben Abd-Kulaͤl, nad) De Sacy, im Jahre 321 
n. Chr. ©. den Thron beftieg; es fchien diefe Infchrift, nah Ge— 
fenius, nur ein Ehrengedächtniß von feinen Sauptleuten aus Ehr— 
erbietung gegen ihren Fürften, mit Anſpielung auf die höhere Be— 
deutung feined Namens (gleichfam „unjer Löwe“) zu fein. Die 
vierte Infchrift feheint fich auf einen ausgeführten Mauerbau zu 
beziehen. — Sp weit Nödiger. 

Es ſcheint alfo doch in der durch Gapt. Haines an jener 
Stelle gehörten Sage von einem „gemiſchten Volkshaufen,“ 
der wegen feiner Vermifchung mit afrifanifchen Selaven den auf 
ihr reines Blut fo folgen Arabern (f. ob. ©. 56) ein Gräuel fein 


Arabien; Hifn Ohorab; die Abaseni. 321 


mochte, und von ihnen als älteſte Bewohner diefer Hiſn 
Ghorab mit dem Schimpfnamen des Abid el Ibad (was nicht 
blos Neftorianer, ſondern auch Chrift, und darum fo viel ala 
Knecht der Knechte, f. ob. ©. 97, 101, 164, wie etwa das heutige 
Gaur oder Hund) belegt wurden, ein freilich jehr verbunfelter Hin- 
tergrund verborgen zu fein, zu deſſen Beftätigung und ein paar 
Tragmente and des Uranius Büchern über Arabien, welche Steph. 
Byzant. erhalten hat, zu gehören fcheinen, in denen von den Wohn 
figen ver „Abaseni” an diejen Küften Hadhramauts die Rede ift. 

Das Volk ver Abaseni (Steph. Byz. v. Aßaonvoi, po- 
puli Arabiae de quibus Uranius Arabicorum tertio), jagt Ura= 
niud, wohne hinter den Sabäern und Chatramotiten, d. i. Ha— 
dhramant; ihr Land bringe Myrrhe (ouvernv), Offon (00009, 
unbefannt? eine Art Salbe meint Bochart), Weihrauch (Hyulaua 
oder Söoç, daher thus der Lateiner nad) Salmafius) und Kar- 
pathum (xzeonaFov vel xuonaoov), d. i. Baumwolle, deſſen 
indifcher Name im Sanskrit Karpas ift (Erdk. Th. V. ©. 436). 
Auch baue man vdafelbft die rothe Pflanze (nooyvonv moin), 
der Farbe der tyriihen Purpurfchnedfe zu vergleichen. Daß bier 
nicht von den äthiopiſchen Abyffiniern auf afrifaniichem Bo= 
den die Rede fein könne, da fich dieſe Localität, als das Weihrauch— 
land, zunächft an Iemen und Hadhramaut unfchließt, haben ſchon 
Berfelius und Pinedo in ihren Noten zum Stephanus einges 
ſehen; der gelehrte Holftenius erinnerte dabei, daß auch ſchon Pau— 
fania8 67) mit feinem SInfellande Abasa am tiefen Buſen des 
Erythräer-Meeres (vrjoovg Aßaoav zul Suxatav), wo er Die 
Seivenarbeiter der Seren ald Aethiopier aufführe, nichtd anders 
als diefelbe Gegend bezeichnen könne, wo die Abaseni wohnten. 
Doch irrt derſelbe gewiß darin, diefe Abaseni mit ver 4dıoa 
nokıs bei Ptol. (92° 20° Long. 20° 51° Lat.) am fernen Sadjas 
litiſchen Golf zufammenzuftellen, unmittelbar neben deſſen Kooo- 
dauov üxoov 93° Long. 30° 51’ Lat. Dagegen liegt der Locali— 
tät des Hiſn Öhorab die von Ptolemäus beftimmt angegebene 
Grenze feiner Homeritarum et Adramitarum Regio ganz nahe, 
und fehr merfwürpig fcheint e8 und, daß er jene, nämlich das 
Dftende des Himjariten=Gebietes, öſtlich Madoce (f. ob. 
&.245), mit einem Schwarzen Berge, Mons Niger (Ptol. 
VI. fol. 153: Möiav doog 81° 30' Long. 11° 45’ Lat.) beſchließt, 


’6?) Pausanias de Situ Graeciae ed, I. Bekker, Eliaca VI. 26, 9. 
Ritter Erdkunde XI. ° x 


322 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


und unmittelbar das Land der Adramiten oder Hadhramauter mit 
einer Abisama eivitas (Aßloauo nökıg, 82° Long. und 11° 
45‘ Lat.) in gleihem Parallele eröffnet, dek dann in faft gleicher 
Breite feine Cane emporium et promontorium folgt (Kavn, 84° 
Long. 12° 30' Lat.). Wäre auch in viefer Abisama der Name 
der Abaseni, und der fpätere Name ver Abissinia over Aba- 
xia, der heutigen Habeſchi, micht zu verfennen, von denen fchon 
Scaliger de Emend. Temp. Lib. VII. zeigte, daß er aus Ara— 
bien erft nah Afrifa übertragen fei: fo hätten wir hier we— 
nigftens, in der Nähe von Cane, und in dem benachbarten Hifn 
Ghorab, die alfo nicht ganz iventifch fein möchten, nach ver 
Sage der Araber felbft, von der einftigen ihnen dort fo verächt— 
lichen älteften Anfievlung, die fie ein Mifhungspolf mit dem 
Schimpfwort der Ibad (was zugleich Chriften und Sclavenfühne 
bezeichnete) belegten, ein wenn jchon dunkles Zeugniß des Ent— 
ftehens diefes Namen, der wol in vie Zeit des äthiopi— 
hen Supremates an jenem Geftade zurädgeht. Wir hätten 
dann zugleich mit der bekannten Ctymologie jenes Wortes, con- 
vena, die Urjache, die feine andere als ver Handel fein mird, 
gefunden, weshalb fich hier wie in Thafar (Zafar, f. ob. ©.253) 
in älteften Zeiten handelsbefliſſene ſo benachbarte Aethiopen, ſpä— 
terhin chriftliche, fo gut wie früher fchon römische zu Kaifer Con— 
ftantius Zeiten angeflevelt (f. ob. ©. 64) und mit gewiſſen Stäm— 
men der dort einbeimijchen vermischt haben werben, mie Died noch 
heute mit dem Sandelövolfe der Samaulis der Fall iſt, was denn 
andere von ungemifchter arabifcher Art, die nicht wie Him— 
jariten zu Kauf» und Gewerbleuten wurden, mit Stammeshaß und 
Verachtung erfüllte (ſ. ob. ©. 42). 


2. Nafab el Hadſchars Trummerftadt im Wadi Mefat, 
Maephat Vicus des Ptolem., nah Wellſted's Ent- 
defung und Ereurfion dahin im April 1835. 


Es ift hier der Ort, in der Nähe von Hiſn Ghorab, nur 
ein paar Tagereifen gegen Nord weſt, auch einer zweiten bisher 
gänzlich unbekannten antifen Monumentalftadt zu gedenken, bie 
unter vem Namen Nakab el Hadſchar erft in Jahre 1855 von 
MWellfted entdeckt warb, wenn fie fchon weder im Periplus noch 
von Ebn Batuta, deren Erläuterungen wir hier insbeſondere be= 
abfichtigen, bei ihrer Vorüberfchiffung des Geftabelandes berührt 


— 


— 


x 


Arabien; Nafab cl Hafıhar, die Trümmerftadt. 323 


werden Ffonnte, denn fie liegt etwa anderthalb Tagereifen fern von 

‚der Küfte, landein. Aber fie fteht ſchon ihrer Nähe wegen, an die- 
jem einft jo berriebfamen Geſtade des indiſchen Welthandels, zu 
demielben offenbar in einer jo nahen Beziehung, daß ihre Mitbe- 
rückſichtigung zur lebendigen Vergegenmärtigung der früheften Zu— 
fände diejer jegt nur für Müftenei gehaltenen Küften nothmendig 
ift, zumal da ihre Monumente und Inferiptionen mit venen 
von Hiſn Ghorab ſo viele Analogie zeigen, daß fie beide als 
Zeitgenofjinnen gelten fünnen, die ſich einft im großen Welt- 
handel die Sande boten; die eine ald Seehafenftavt für den 
MDeeanifhen Transport, die andere ald nächites binnenlän- 
diſches Emporium oder Stayelort für die Karawanen zum 
großen Landtransport der Waaren des Orients durch die Mitte 
des Gebietes der Simjariten, der Jortaniven, Minder, Ismaeliten 
und Israeliten bis zum Euphrat und ven Emporien von Tad— 
mor, Tyrus und Sidon. 

Dies war der Eindruck, den die Entdeckung der Trümmerſtadt 
auf den Entdecker machte, der leider nicht weiter in das Innere des 
Landes vordringen Fonnte, um die Bahnen diejed einftigen Ver— 
kehrs meiter zu verfolgen, zu denen aber, wie e8 fchien, ver Schlüf- 
jel und der Eingang von Sifn Ghorabs Kafenftätte und 
dem Geftade ver Ghubbet Ain Bai, durch das Culturthal des 
Wadi Mefa, bis zu den grandiofen Ruinen von Nafab el Ha— 
dſchar gefunden war. Unter 48° O. L. v. Gr. und 14! N.Br. ſetzt 
die fanftgefchwungene Bai Ghubbet Ain gegen die Küfte von 
Hadhramaut in das Land ein; im Welt von dem niedrigen, fandi- 
gen Ras el Koffeir, im Oft durch die Vorfprünge der Vorge— 
birge Ras el Aſida und des Nabenfchloffes begrenzt. Zu 
beiden Seiten der Ufer ver Bai, von etwas über 2 Stunden Krüm— 
mung, erheben fich landeinwärts im Rücken der genannten Vor— 
gebirge, in geringer Berne vom Meere, jowol im N.W., wie im 
ND. ſehr hohe Gebirgsfetten‘®), deren Höhe im N.W. ver 
Djebel Hamari nah Gapt. Haines auf 4957 Fuß Par. (5284 
%. Engl.) gemeffen, ichroff wie das Dad) einer Scheuer mit feinen 
Kalkfteinwänden emporfteigt, und der ganzen Küfte den Stempel 
ded Ernſtes und der Rauheit aufprüdt. Im größerer Werne, in 16 
Stunden (40 Miles) Abſtand vom Meere, erhebt ſich nad Gapt. 
Haines ein fehr hoher Gipfel mit doppelter Gabeljpige, der Die 


”6®) Capt. Haines, Mem. I, c. IX. p. 142, 
&2 


324 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 63. 


Grenze de3 Territoriums der Dudjabi bezeichnet, welche die Küſte 
befegt halten. Am Süpoftfuße des Djebel Samari, bei ver 
ſchmalen bebufchten Landipige Ras Safwan, anftogend an das 
Nas el Koffeir, liegt das Dürfen Haura von hundert Hüt— 
ten, mit der Reſidenz eines Aelteſten des Dudjabi-Tribus. Im 
innerften ver Ghubbet Ain liegt vas Dorf Ain Abu Mabuth, 
nach Wellſted, im Gebiete verfelben Dudjabi Araber, zwifchen 
einem breiten Gürtel von niedern Sandhügeln, die fich oſtwärts bis 
zum Dorfe Silla ziehen, wo Palmenpflanzungen reichliche Dattel- 
vorräthe für die Reife lieferten. Denn von hier war e8, daß Well- 
fted, in Mr. Eruttendens Begleitung, am Abend des 29. April 
1835, feine Erceurjion®) zur Entvefung von Nafab el Ha— 
dfchar begann. Das genannte Dorf heißt wol richtiger Ain ma 
Mi'bed, nah Rödiger, d.h. „Duell des Waſſers ver An— 
betung,‘ mie er in ver Historia Jemanae genannt wird, der nahe 
der Stadt Mefat (quem dicebant Ain Ma Ma’bad, prope urbem 
Mifaat sito etc.) ’®) liege, und wirklich ward von bier aus ber 
March zum Wadi Mefat (richtiger nad) Rödiger”!), ald Mefa 
bei Wellfted, oder ald Meifa bei Haines) viefelbe Nacht hin— 
durch begonnen. 

Zwifchen den 5000 Fuß hoben Samari in N.W. und den 
nah Gapt. Haines noch höhern Bergen in. Nordoft, fegt eine 
Thalſenkung gegen Nord in das Innere des Landes ein, die durch 
das Thal des Wadi Mefat einen Zugang für Kameele zu dem 
innern hoben Tafellande gejtaitet, auf welchem die Trümmer 
von Nakab el Hadſchar liegen, von denen mar an der Küſte 
gehört, und melche die Wißbegier der britifchen Officiere ded Sur— 
vey8, bei ihrer Aufnahme der Küfte, zu diefer Excurſion reizte. 

Nah einem kurzen Nachtlager unfern der Küfte, noch im Ge— 
biete der gefürchteten räuberifchen Dudjabi, wurde am Morgen 
des 30. April, um 5 Uhr aufgebrochen, um den Marjch gegen das 
Innere fortzufegen. 

Die Duvdjabi gehören zu den democratiſchen Stämmen 
der Araber, vie ftatt fich unter die Gewalt eines Sceifh oder 


69) Jijeutn. Wellsted, Narrative of a Journey in South. Arabia to 
the Ruins of Nakab et Hajar, in Journ. of the Geogr. Soc. of 
Lond. 8. Vol. VII. p. 20 — 34; desal. in Wellfted, Reifen in Arab. 
Meberf. v. Rödiger Th. 1. Kap. 25. ©. 283—311. BIT. 
Johannsen, Historia Jemanae etc. J. c. p. 240; Not. b. Rödiger 
a. a. O. S. 286 Not. 221 u. S. 287 Not. 222. "») Rüdiger, Er: 
curs b. Wellfted, Reit. Th. I. S. 408. 


Arabien; Ereurfion duch Wadi Mefat. 325 


Sultan zu begeben, den die meiften fich zu erwählen pflegen, fich 
in fieben Abtheilungen theilen, deren jede fich ihr eigned pa— 
triarchalifches Oberhaupt, einen Abu, d. i. einen „Vater“ wählt, 
deren 7 Vorſtände fich verfammeln, deren Stimmenmehrheit bei Be- 
tathungen über gemeinfame Intereffen entfcheivet. Ein folcher Abu 
ift dann auch) für alle Diebftähle feines Kreifes verantwortlich; nur 
jelten erbt diefe Würvde des Abu fort. Nur Lanzen, Feine Säbel, 
aber Flinte, Dolch und Schilv find die Waffen viefer Araber, des 
ren Tracht nur in einem knappen Leibſchurz befteht, deren Weiber 
für leichtfinnig und unbeftändig verfchrien, fe felbft aber von böfem 
Character?) und morbfüchtig find. 

Nach den erften 2 Stunden ded Frühmarſches mußte die erfte 
bis zu 400 Fuß anfleigende Stufe des Binnenlandes erftiegen 
werden, die von oben einen weiten Umblick gewährte. Ihr Boden 
war loder von Slugfand auf harten Ihonflächen zufammengemeht, 
jo daß alle Hügel ihre Hufeifenform, mit der converen Seite gegen 
das Meer gerichtet, ficher nur den flürmenden Seewinden verdank— 
ten. Solcher Boden war für die Kameele ſehr befchwerlich zu 
überfteigen, zumal bei glühendem Sonnenftrahl, und eine kurze Mit— 
tageruhe ihnen zu gönnen. 

Um halb 2 Uhr ging es über die Sandfteinhügel Diebel 
Mäjina meiter, zu einer 200 Fuß höhern Stufe, zwifchen Kalf- 
fteinhügeln zu beiden Seiten hindurch, die nur durch Fleinwüchfige 
Ucacien geſchmückt waren, die jedoch je weiter nach dem Innern fich 
zu immer ftattlicherem Wuchſe erhoben. 

Um 4 Uhr ward der Wadi Mefat erreicht, mit feinem Bruns 
nen hellen, Klaren Waffers, an dem fich die erichöpften Kameele 
fihtbar erholten. Schöne indische Zebus mit dem Fettbuckel fand 
man hier bei der Tränfe, unter fchönen Gruppen fchlanfer Arak— 
bäume, die hier weit größer ald an der Meeredfüfte, und von meh— 
rern Gewächſen (mie Salvadora persica, Cistus arborea b. Fors— 
fal, und Avicennia nitida, die Wellfted bier als frühere Bekannte 
auf Socotora wiedererfannte) umgeben waren, welche den gierigen 
Kameelen zu trefflihem Butter dienten. Mefa und Mefa’a, fagt 
der arabifche Autor des Ckamus, feien 2 Diftriete oder Ortſchaf— 
ten an der Küſte des fünlichen Jemen, zwei Tagereifen auseinander 
gelegen; nad) Nöpdiger’?) bezeichnet der Name nichts anders ald 


”®2) Capt. Haines, Memoir I, c. IX. p. 143. °°) Nödiger, Not. 222 
a. a. O. ©, 287. 


326 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $.63. 


einen erhabenen Landſtrich, alfo hier das erfle Stufenland, daſ— 
jelbe da8 in ver Historia Jemanae mit dem Namen Mifaat belegt 
ift. Denjelben Namen führt aber auch bei Ptolemäus die Mae- 
phat vicus (Ptol. VI. 7. fol. 153: Maıpa$ zwun, 84° 20° Long. 
13° Lat.), eine Stadt, deren Lage dieſer Autor nur um ein paar 
Meilen öftlicher und um eine ftarfe Tagereife nördlicher, ald das 
Emporium Gane, in feine Tafeln einträgt. ine genauere Ueber: 
einftimmung ift bier zmiichen zwei foichen Sauptorten, an der Küfte 
von Hadhramaut, feit den verfloffenen anderthalbtaufend Sahren wol 
jchwerlich zu erwarten. Wir befünden uns alfo bier ſchon auf 
claſſiſchem Boden ver Vorzeit, wenn ſchon an dieſer Stelle Feine 
Kefte einer Stadt wahrgenommen wurden. 

Erft nach einer Stunde Raſt ging es weiter gegen W.N.W. 
im Bette des Wadi, in welchem jedoch nun zahlreiche Ortichaften 
fi) zu zeigen anfingen, von grünen Feldern mit Sowariforn (Hol- 
cus’Sorghum) unigeben, und vielen Gruppen der Landleute, melche 
die Reiſenden, früher nie gefehene Europäer, mit Staunen anjahen, 
denen die Führer obendrein noch, nach ihrer Art, albernes Zeug 
von Schaggräbern und Kundſchaftern vorichwagten. Eine Art Ka— 
ramwanferai herbergte die ermüdeten Reiter. 

Am Morgen des 1. Mai zeigte fich nun beim weiter ziehen 
überall vem Auge, fo weit fein Blick reichte, eine völlig veränderte 
Scene, das herrlichfte Gulturland, bedeckt mit Durrafelvern, mit 
Tabak und andern Mflanzungen, alle trefflich bewäffert. Näpder- 
farren, durch Ochfen gezogen und mit den Produeten belaftet, fah 
man durch lange Reihen blühender Dörfer geführt, ein am Geftave 
hin ganz unbekannter Anblid. So wurden die Dörfer Sahun, 
Ghariga und Djebel Schech zurüsfgelegt, wo man dem Sul— 
tan, der dafelbft zefivirte, aber die Aufwartung nicht machen Eonnte, 
weil er nah Abbän, einer Stadt 4 Tagereiien (75 Miles) von 
der Küfte entfernt, „und noch im Wadi Mefat gelegen” ver- 
reifet war. 

Hier fand man Höfliche Begrüßung der Leute am Wege, weil 
fie, nach der Ausfage ver Führer die Fremdlinge für Männer hiel= 
ten, die um ber Gefchäfte millen ihrem Sultan entgegen eilten. Ei— 
ner der dortigen Araber, der die Englänver erkannte, meinte, fie 
wollten Hiſn Ghorab ihrem Oberberrn abfaufen. 

Un 9 Uhr paſſirte man die Dörfer Manfura und Sa’id; 
dann eind der größten viefer Gruppe, Djebel Agiel genannt; 
andere blieben zur Seite liegen. Noch eine 200 Fuß höhere Stufe, 





Arabien; Nakab el Hadſchar, die Triimmerftadt. 327 


über rothe Sandfteinjchichten, war zu erflimmen, ald man von 
ihrer Höhe in der Ferne die Ruinen der Stadt mit ven verbeiße- 
nen Inferiptionen erblickte. Bei der großen Hibe des Tages 
waren die höflichen Einladungen ver Landleute, in ihren Häuſern 
fich durch eine Schale Kaffee zu erquiden, doppelt willfommen. Ja 
man mußte den gaftlihen Bewohnern zufagen, fie auch auf dem 
Rückwege wieder zum Abendeſſen Heimzujuchen. 

Etwa nach einer Stunde Ritt, vom legten Dorfe, wurden bie 
Ruinen von Nafab el Hadſchar erreicht. 

Daß Died nicht der eigentliche Name, fjondern nur die mo— 
derne arabiiche Benennung der Umwohnenden fei, bezeugt die Ety- 
mologie (Nafab, d. i. ver Hohlweg, daher viele Orte in Jemen, 
wie Munafib und andere diefe Benennung zeigen), die nicht? an= 
ders als ven Hohlweg oder den Bergpaß zu den Trümmer=\ 
ſteinen ) bezeichnet, die heutzutage auf der nahen Anhöhe Liegen. 

Der breite Hügel auf dem fie liegen erhebt. fich mitten im 
Thale und theilt das Bett eined Stromed ver in der Negenzeit zu 
beiden Seiten vorüber fließt; er hat 800 Ellen Länge und 350 €. 
Breite; die Richtung ver größten Länge ift von DO. nah W., und 
querdurch feßt ein flaches Thal, welches ven obern Theil des 
Hügeld in zwei faft gleiche Theile ſpaltet, die fich in ovaler Form 
erheben. In ver Höhe vined Drittheils des Ganzen ift rings 
um vdenfelben eine maſſive Mauer gezogen, die an den Stellen wo 
fie erhalten ift, eine Höhe von 30 bis 40 Fuß hat, und vieredige 
Thürme zum Schuß, die in yleichen Intervallen von einander fte= 
ben. Nur zwei Eingänge zeigt vie Ummauerung, die einander 
gegenüber im Norden und Süden an der Grenze des obern flachen 
Thales liegen, an venen jedoch Feine Spuren von Ihoren mehr 
wahrzunehmen waren, obwol ihre Befeftigungäwerfe fichtbar genug 
find, wenigftens an dem nörplichen Gingange, wo fie noch vollftän- 
dig erhalten blieb. Denn zu deſſen beiden Seiten erhebt fich je 
ein hohler, vieredfiger Thurm, jeve Seite 14 Fuß lang, deſſen Ba— 
ſis vor den andern Theilen ver Mauer einen großen Vorſprung 
gewinnt. Zwiſchen ven Thürmen, an 20 Buß über ver anliegen- 
den Ebene, ift eine längliche Plattform, die 18 Fuß nach ver Aus 
Benfeite und eben fo viel nach der Innenfeite der Stadtmauer vors 
jpringt, zu der unftreitig Ireppenfluchten hinauf und hinab führten, 
die jedoch gegenwärtig gänzlich geihmwunven find, obwol die Platt— 





a), Mellften, Reifen, Ueber. v. Rödiger Not. 229, Th. I. ©. 297, 


328 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 63, 


form feldft noch mit ihren großen Steinplatten gedeckt ift. Inner— 
Halb dieſes Einganges, 10 Fuß über der Plattform, an der glatten 
Mauerfläche, entdeckte Welfted eine zweizeilige Infeription 
aus drittehalb Zoll (niht 8 Zoll) hohen Buchftaben, in veren 
Mitte der untern Zeile nur eine Stelie etwas beſchädigt war. Die 
ganze Ummauerung fammt den Ihürmen, und mehrere ver innern 
Gebäude, find insgeſammt aus demfelben jehr feiten ind Graue fal- 
lenden Marmor, der ſchmale dunflere Adern und Flecke zeigt, aufs 
geführt. Die Quadern find ſehr forgfältig behauen, und haben in 
den untern Mauerfchichten die Länge von 5, 6 bis 7 Fuß, eine 
Höhe von 2 Fuß 10 Zoll bis 3 Fuß, eine Breite von 3 bis 4 Fuf. 
Nach oben nimmt ihre Größe ab. Die Dicke der Mauer ift unten 
10, oben 4 Fuß; aller Diauerverband ift regelmäßig horizontal ge= 
fchichtet und durch Mörtel verfittet, der fo hart wie der Stein felbft 
geworden, wie man an den herabgeftürzten compactgebliebnen Mauer- 
ftücfen fehen fann. Die Mauer ift ohne alle Löcher oder Crenuli— 
rung an den Zinnen, ein Zeichen hohen Alterd, aber gegen den Ans 
drang der Negenbäche find Schuspfeiler angebracht. 

Im Innern der Ummauerung zeigt fich ein längliches Gebäude, 
im Viereck nach den Weltgegenden orientirt, dad von ©. nah N. 
27, von W. gegen D. 17 Een Länge hat. Auch viejes ift von 
folden Quaderſteinen, alle in gleicher Größe, erbaut, ſehr jchön 
und genau zufammengefügt, äußerlich noch mit Meißelfpuren, welche 
die Beduinen für Schrift ausgaben. Diefer Bau, den Wellftev 
für einen Tempel anfprach, ift Teiver nach innen zufammengeftürzt; 
feine Spur eines einftigen Cultus war daran wahrzunehmen; viele 
andere Bauwerke ftehen umber. 

In der Mitte der Stadt, zwifchen beiden Eingängen, zeigt ſich 
ein freisrunder Brunnen, 10 Fuß im Durchmefjer, 60 Fuß tief mit 
Bruchiteinen nach’ innen gefüttert, und nach oben mit einem 15 Fuß 
hohen DMauerfrange umgeben. 

Auf dem füplichen Hügel ſah man nur eine confufe Maffe 
von Trümmern. Am füplichen Eingange ift auf derjelben Plaine 
der Plattform eine Gallerie von 50 Ellen Länge und 4 Fuß Breite, 
mit einer ftarfen Bruftwehr nach außen angebracht, die wol nichts 
anderd ald ein befonderes Vertheidigungswerk diefes Thores, nach 
der Meeresjeite zu, fein Tonnte. 

Sonft waren in diefen Ruinen nirgends Spuren von Säulen 
oder Bogen oder fonftigen Ornamenten wahrzunehmen, felbft feine 
Terracottad, Glasſcherben, Metallfragmente over vergleichen, wie fie 


Arabien; Nakab el Hadſchar; Himjaritenftant. 329 


doch überall in den Ruinen Aegyptens oder am Guphrat fich zei- 
gen. Auch feine Spur von gewaltfamer Zerftörung zeigte fich; vie 
Härte des Steins hatte fich in jenem Clima wie neu erhalten. Keine 
Sage von den Erbauern hatten die Araber mitzutheilen, als daß es 
Kafirn, Ungläubige, gewefen, die Legionen von Teufeln zu ihren 
Gehülfen gehabt. Ihre Hoffnung, die Goldſchätze, welche die Fremd— 
linge dort heben würden, zu theilen, ward getäufcht.. Die Kunft 
sund Vollendung diefed Baues, wie dad Großartige in feinen Dis 
menflonen machte auf fie feinen Eindruck; aber die beiden Briten 
waren von der Analogie feiner Conftructionen mit denen von Sifn 
Ghorab überrafcht, die fie kurz zuvor erft Fennen gelernt. Daß 
e8 ein Bau der Himjariten, aus jener Vlütheperiove ver Sa— 
bäer, die durch Architectur wie durh Schriftzüge im hohen 
Alterthume berühmt waren (f. ob. ©. 43), fein müſſe, beweift vie 
Infeription in himjaritifcher Schrift; daß fie nur der Blüthes 
periode des indifchen Welthandeld ihr Dafein verdanken Eonnte, zeigt 
ihre Stellung zu den Meeredanfuhrten, von denen direct hierher 
die Schäge ded Drientd in großen Karawanenzügen ihre ficheren 
und gefchüsten Niederlagen zum Weitertrandport in das Bine 
nenland finden fonnten, jo wie dad Grandiofe und die technifche 
Vollendung ihrer Bauten. Wie heute Medina zu Janko, Meffa 
zu Dſchidda, Zebid zu Beit el fafi, Sanaa zu Muza, Marib 
einft zu Aden, Sapphar zu Mofcha, eben fo ſtand diefe Mae- 
phat vicus des Ptolemäus, oder mie fie fonft heißen mochte (Bo— 
hart und Vincent wollten Marphat lefen, um den Namen mit 
Mirbat, Morebat zu inentifieiren) 7°), in vemfelben Verhältniß zu 
Gane oder Hiſn Ghorab, des Landemporiums zu feiner 
Hafenftadt, ein Verhältniß das durch alle Jahrhunderte hier aus 
der Natur der Landjchaften und der Bevölferungen hervorgehen 
mußte. 

Bür- die Erforſchung dieſes einftigen Verkehrs der Küfte mit 
Gentralarabien würde die Fortſetzung diefer Exeurſion von Nakab 
el Hadſchar bis nad Abban, wohin der Sultan gereiſet war, 
ſehr wichtig geweſen ſein, denn dieſe Stadt ſollte 4 Tagemärſche 
von der Seeküſte, oder an 16 geogr. Meilen (75 Miles) fern im 
Innern des Landes liegen, und auf dem Wege dahin follten bei 
dem Dorfe Eſan die Nuinen einer Stadt gleidy groß wie 
die jo eben befchriebenen, aljo eine zweite noch unbefannte 


79 W. Vincent, Commerce and Navig. etc. II. p. 347. 


330 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


Station ſich befinden, vielleicht die Sabbatha Metropolis, in 
der Eleaſus feinen Hof hielt, oder eine Verzweigung zu den hoch- 
eultivirten Ihälern des Wadi Doan, der nicht fern oſtwärts das 
Innere jened Gebietes durchziehen kann (ſ. ob. ©. 282). Aber dies— 
mal geftatteten die Umſtände Died nicht, da die Rückreiſe eiligft be— 
jchleunigt werden mußte, um dad britifche Schiff ded Surveys, dad 
indeß feine Station jchon etwas gegen Weft verändert hatte, wie— 
der zu erreichen. Diefer Umftand, der aus dem Wadi Mefat 
eine mehr weflliche Route einzuichlagen gebot, rettete das Leben ver 
Entdecker, denen bei der Nückkehr durch das am Strande ſich Hin- 
ziehende Gebiet der Dudjabi fchon von diefen Raubhorden ver Tod 
geihmworen war ”'). Sie erreichten aber noch glücklich ven Bord 
ihres Schiffes, am Zten Mai. Noch am Abend des erften Mai 
nach 4 Uhr fehrten fie von ver Befichtigung der Mauerruine, wo 
fie die Injeription am Cingange copirt hatten, nach Sonnenunter— 
gang zu den mwohlmollenden Bewohnern des erjten Dorfes zurüd, 


die voll Neugier, aber auch vol Freundlichkeit fie bei fich gaftirten. 


Von Mitternadht, am 2ten Mai, ritt man von da die ganze Nacht 
bis 4 Uhr, wo ein flarfer Ihau große Kühle brachte; um 8 Uhr 
hatte man den Brunnen erreicht, um Die Schläuche zu füllen, zur 
Stärkung gegen die furchtbare Mittagshige, melche bis gegen 7 Uhr, 
wo man den Strand weſtwärts der Dudjabi erreichte und das Schiff 
Balinurus am folgenden Morgen wieder befteigen fonnte. 

Groß war der Gontraft des herrlich angebauten 
Binnenlandes gegen die dürre, menfchenleere Küfte. Und 
fehr weit lanvein, bis 7 Iagereifen, wenigftens bis Abbän, follte 
jenes Gulturland im Innern Hadhramauts fortſetzen, das ein 
Seitenftücd zu dem von Wrede entvedten herrlichen, ftädtereichen, 
blühenden Gulturthale ded Wadi Doan darzubieten fcheint. Alles 
war im Innern, fagt Wellfted, dicht mit Dörfern, Weilern 
und Eulturfluren bevedt; wir zählten auf einer zurücdgelegten 
Strecke von 15 engl. Miled 30 Dorfjchaften, und dazwiſchen noch 
eine Menge einzelner Häuſer. Die Dattelpflanzungen wurden zahl: 
reicher, je mehr man fich der Küfte näherte, während in derjelben 
Nichtung die Zahl ver bebauten Agriceulturftreden abnimmt. 
Die Dörfer im Innern hatten meift 100 bi8 200 Käufer, aus Luft: 
badfteinen erbaut; in mehrern verfelben ftanden Kapellen heiliger 
Schechs und doppelte Mofcheen. Die Felder waren jehr gut ge= 


’6) Mellfted, Reifen a. a. DO. Th. J. ©. 306— 311. 


45 


Arabien; Himjaritifhe Infeription. 331 


pflügt und bebaut, wie nur in England; ale Steine von den 
Aeckern gelefen, jeder verjelben am Morgen und anı Abend bemäf- 
jert durch Kameele, die dad Waffer heben, und durch Eindämmun— 
gen vertheilt. 

Mit einen Schreiben des britiſchen Gouvernementö an den 
Sceifh von Abbän, um von ihm eine Escorte zum nächften Chef 
und jo weiter zu erhalten, meinte Wellfted, werde e8 einem Eu— 


ropäer, der ald Mohamevaner vorzüglich ald Arzt oder Hakim 


reife, nicht unmöglich fern in dieſes centrale Arabien einzudringen. 
Ein folcher doch immer gefährlicher Verfuch nach vem Wadi Doan, 


von Wrede gemacht, ift oben befchrieben (f. ob. ©. 269— 275 und 


284 — 289). 
Hier haben wir noch das Ergebniß aus Dr. E. Rödiger's 


_ Entzifferung’?) der himjaritifchen Infeription des Burg— 


thors von Nafab el Hadſchar anzuführen, die mit fo großer 
Sorgfalt in 2% Zoll langen Buchſtaben (nicht, wie Wellfted jagt, 
8 Zoll hohen) auf die glatte Mauer über 4 Baufteine hinwegge— 
führt ift. Cruttenden's genauefte Copie verjelben machte erft ihre 
Entzifferung möglich. | 
Zeile 1 fagt: „ES errichtete Schafch der Beherricher die— 
„ſes Volks die Gebäude für und (die wir von dieſem 
„Stamme) Mefat, eingewandert aus Ifat.“ 
Der Beherricher ift hier durch eine Titulatur bezeichnet, die wol fo 
viel etwa wie Sultan bedeuten mag. 
, . Mefat ift ver Name des Stammes, dem diefer Bau gehö— 
ren ſollte, wahrfcheinlich feinen Handelsintereſſen zu dienen, und die 
Handelöftraße nady dem Innern zu ſchützen. Der Name ift uns 


ſtreitig iventifch mit dem des Wadi Mefa, in welchem die Ruinen 


liegen, wie des Ortes Mefa, in dieſem Wadi gelegen, , Bei Ifät, 
das ſonſt unbekannt, könnte man an eine abyifinische ſehr befannte 
Provinz des öſtlichern Theiled von Schoa denken, von wo aus 
eine Emigration hierher geichehen, doc) ift Died, wie Rödiger felbft 
bemerkt, wol nur eine fehr unfichere Hypotheſe, und man Fünnte 
eben jowol an eine arabifche Kanpfchaft des Namend venfen, die 
uns bisher unbekannt geblieben, vielleicht felbft, wenn es die Schrift: 
züge geftatteten, an die Hadhramautiſche Jafaa (f. 0b. ©. 282). 
Zeile 2. Sie ift bei der Beichädigung in der Mitte mur 
vielleicht folgenden etwas apofryphifchen Inhalts: Er (ver Lan— 


7) NRödigers Greurs a. a. O. m Wellfted, Neif. Th. II. ©. 405, 


332 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


desfürſt) ſchenkte fie (die Gebäude) und (der Stamm) Mefat 
befegte fie ald ein linterpfand und als eine Behau— 
fung in der Naht. — Das Wort Behaufung fol fo viel ale 
Vorhalle, Atrium, bedeuten. 

Die Schlußzeile kann noch jagen: „Er hat unfern Reich— 
thum dauernd gemacht.” — Doch hier iſt alles unficher gegen 
die erfte Zeile. 

&3 bewährt fich übrigens bei diefer mit Kunft in die Mar— 
morwand eingegrabenen Infchrift, was Ebn Khaldun fagte7S): 
die arabifche Schrift mit den ifolirten Buchſtaben (Musnad ge— 
nannt) habe ven höchften Grad ver Regelmäßigkeit und Schönheit 
zur Zeit der Tohba erreicht, wegen der figenven Lebensweiſe und 
des Lurus der Simjariten. Dieſe Schrift ſei von da erft nad 
Hira durch die Familie der Mondhar (f. ob. ©. 83,87) übertra- 
gen worden, weil diefe den Tobba in den patriotischen Gejängen 
am nächiten fland und das neue Reich der Araber in Irak gegrüns 
det hatte. Doch ward ihre Schriftfunft nicht jo ausgebildet wie 
bei Himjariten; von ihnen ging fie aber zu den Einwohnern von 
Taief (ob. ©. 150), und von dieſen erft zu den Koreifchiten 
über. Bon Inferiptionen wäre ed alſo vielleicht möglich auch 
noch dereinft analoge in den Umgebungen von Hira aufzufinden, 
wie fie in Tigre79) und andern äthiopifchen Landfchaften fich nach 
Salt’s, Rüppell's und Iſenberg's Entdeckungen vorfanden. 


3. Des Periplus Beriht vom Weihrauchgeftade, das ift 
vom Sachalites (Schahr, Shher); von Bane (bei Sifn 
Ghorab) bis zum Syagros Promontorium (Gap 
Saugra) und zu den Sieben Inſeln ded Zenobiuß 
(den Infeln Khartan und Martan, oder Curia Muria 
in dem Haſchiſch Golf). Dr. Hulton's Beſuch dieſer 
Inſelgruppe ver Beni Zenobi im Jahre 1836. 


Schiffen wir mit Arrian, dem vorgegebenen Verfaffer des | 
Beriplus, von Cane (d. i. etwa von Hiſn Ghorab) oftwärts, 
jo erhalten wir nun feine Anficht vom Sachalitiſchen Golf, 
den er biö zum Syagros Promontorium (Gap Saugra), der 
Inſel Dioscoridis gegenüber gelegen, ausvehnt, und dann bes 


’8) Silv, de Sacy, Chrestomathie Arabe T. II. ps 309. 
9) Rödiger a. a. O. II, ©. 376, 





J 


Arabien; Sachalites nach dem Periplus. 333 


merkt, daß dieſes Vorgebirge zunächſt an Omana grenze (Pe- 
riplus Mar. Erythr. p. 16— 18). 

Obwol es nicht verwundern kann, wenn diefe Anſicht keines— 
wegs auf das genaueſte mit der Poſition, den Formen und Diſtan— 
zen jenes Küſtenſtrichs paßt, den wir ſelbſt theilweiſe anderthalb 
tauſend Jahre ſpäter nur noch ganz hypothetiſch in unſere Kar— 
ten eingetragen ſehen, ſo bleibt es doch unverkennbar, daß in dieſer 
Beſchreibung die ganze Natur des dortigen Landes und Küſtenver— 
kehrs, ſo viel es durch hin und herkreuzende Küſtenfahrer geſchehen 
konnte, mit Treue und Wahrhaftigkeit aufgefaßt iſt; daher wir auch 
hier auf fie um des Belehrenden willen, dad aus ihr zu fehöpfen 
ift, zurückgeben. 

Dftwärtd von Cane, wo daß and weit zurückweicht (hier .in 
jofern richtig, ald es ſich aus dem biäherigen Breitenparallel immer 
weiter gegen Norvoft wendet), folge, fagt ver Beriplud, ein fehr 
tiefer, lange fortlaufender Bufen, der Sachalites genannt, und 
das gebirgige Weihrauchland (xal xwoa Außavwropooos, 
00897 x. T. %.), diefes ift fehr ſchwer zugänglich, mit dicker, neb— 
liger Luft und den Bäumen, die den Weihrauch (70V Aldavor) 
erzeugen. Diefe Bäume find Feineswegs fehr groß over hoch; fie 
fondern den Weihrauch aus der Rinde ab, wie bei und in Aegyp— 
ten aus manchen Bäumen das Gummi abtropft. Diefer Weihrauch 
wird von den Sclaven des Königd und von den dazu verurtheilten 
Verbrechern eingefammelt. Die Gegend ift in fo hohem Grave uns 
gefund, daß fie auch die blos Vorüberfchiffenden verpeftet, und jenen 
Arbeitern ven fichern Tod hereitet. Dazu fommen dabei noch Viele 
vor Hunger um. — Uns ift von dieſer verpejteten Küftengegend, 
einer wahren Aria eattiva, neuerlich gar nichts über dieje ſchädliche 
elimatifche Beichaffenheit bekannt, deshalb dieſer Bericht wol ala 
Mebertreibung angefehen worden, oder ald abfichtlich fo geftellt, um 
die Fremdlinge vom Landen an diefem Geftade zurückzuſchrecken. 
Doc wollen wir hierüber nicht voreilig aburtheilen; wir treffen 
auch in Oman, lanvdeinwärtd, auf folche einzelne Localitäten, zumal 
auf Dafen in der Mitte von Wüften, welche jelbft von den Bedui— 
nen geflohen werben, weil ein 3 bis 4 tügiger Aufenthalt san ihnen 
dem Menſchen die heftigften Fieber") zuzieht, was nicht blos 
die Fremdlinge, ſondern aud) die Ginheimifchen danieder wirft. 

Das größte Vorgebirge dieſes Bufend Syagros ift gegen den 


, Mellften, Reif. bei Rödiger Th. 1. S. 78, 118 u. a. O. 


334 Weft-Afien. IV. Abtheilung. 9.693! °. 


Aufgang gerichtet, und auf ihm ein Eaftell, dabei ein Hafen und 
eine Niederlage des eingefammelten Weihrauchs. Diefem 
größten Vorgebirge gegen die hohe See und dem ihm gegenüber» 
liegenden (nämlich gegen Süd), dem Cap Aromatum (nioav 
GrowTnolov Tov Agwudrwov p.17, d. i. Cap Guardasui), 
liegt eine Infel, die des Diojcorives genannt, die jehr groß, aber 
verlaffen und fumpfig, und vem Syagrius (Gap Saugra) genähers 
ter (fie liegt wirklich dem afrikanischen Cap näher). 

Nachdem nun eine umftindliche Beichreibung dieſer entfernter 
liegenden Infel gegeben ift, aus welcher der Verkehr derſelben mit 
Arabern, Indern und Griechen hinreichend hervorgeht (Peripl. 
p- 17— 18), fegt der Autor jeinen Bericht meiter fort, indem er 
noch anführt, daß zu feiner Zeit diefe Infel dem Könige des gan— 
zen Weihrauchlandes, dem Eleaſus angehöre, daß er aber 
ihre Ginfünfte gegen eine Abgabe verpachtet Habe und durch Gar— 
nifonen feine Serrfchaft über das Land ſicher ftele. Der Periplus, 
von jener Infel zur Küfte Arabiens zurückfehrend, wodurch die 
Aufeinanderfolge feiner Küftenbefchreibung unterbrochen ward, läßt 
nun an dem Syagrod, was wir nod) von deſſen Weftfeite verfte= 
hen, jedoch gegen das Kontinent von Omana hinwärts, einen 
fehr tiefen Meerbufen in das Land einſetzen, der 600 Stadien 
Breite (15 geogr. Meilen, dies könnte wol der namenlofe Golf, 
öftlih von Kefchin in Norden von Nas Fartak auf Berghaus Karte, 
an den Monpbergen Ghobbo fein, der und auch noch ganz unbe= 
kannt geblieben) zum querüberfchiffen habe (Peripl. p. 18). 
Dann 500 Stadien (an 12, geogr. Meilen) weiter erheben fich 
die hoben, fteilen, felfigen Berge, in denen die Menfchen in 
Höhlen wohnen (die 5000 Fuß hohen Weihraucdhberge über 
Merbat im Lande Chepjer, nach Edriſi, oder Mahra nah Fres— 
nel, ſ. 06. S. 260). Hier folgt der anfehnliche, Mofcha genannte, 
Hafen (f. oben, wo Zafar oder Dafar gelegen, f. ob. ©. 311), 
der zur Niederlage des gefammelten Weihrauchs am Sa— 
chalites (vesjenigen Küftenftrich8, welcher offenbar bis hier— 
her in das eigentlihe Schahr over Al Shher, die Weih- 
rauchberge, ausgedehnt gedacht werden muß) bejfonders ge— 
eignet ift. Dahin gehen die Schiffe von Cane; da legen die 
Schiffe aus Indien von Limyrica und Barygaza (Canara und Ba— 
roatfch) an, und überwintern dafelbft, wenn vie Jahreözeit zu ſpät 
geworden (d. h. wenn ver Gegen- Monfun eingetreten), und neh— 
men den Weihrauch von den Beamten des Königs ein, denen fie 


Arabieh; Weihrauchgeftade nad) dem Periplus. 335 


Dagegen Bauinwolle, Korn und Del Wielleicht Ghee, d. i. But⸗ 
ter, ſ. Erdt. VI. 498) austaufchen. 
Ueberhaupt, fährt der Periplus fort, liegt in der ganzen 
Ausdehnung des Weihrauchgeſtades (nuo’ oAov uev mv 
' Zuyeklınv Peripl. p. 19: denn das heißt ja eigentlih Sacha— 
lites, welches ja, nach dem bisherigen, auf feine einzelne Bucht 
beichränft jein kann, ſondern durd die ganze Strede von Cane 
bis zum Syagros over Cap Saugra reicht), in jedem der Has 
fenorte der Weihrauch in Saufen am Geftade ohne Wächter, 
da die Gdtter felbft viefe Derter hüten; denn weder heimlich noch 
Öffentlich fünnte, ohne vie Erlaubniß des Königs, feiner davon in 
die Schiffe gebracht werden, und wenn auch nur das Eleinfte Körn- 
hen Weihrauch unrechtmäßiger Weile zum Schiffe gelangt wäre, 
fo würden die Götter doch deſſen Abſegeln hindern (ver Volks— 
glaube, wol durch die Polizei des Königs unterftügt, Das beite 
Öegenmittel gegen die Schmuggelei). 

Wenn man von Hier wieder ungefähr, jagt der Periplus, 1500 
Stadien (37 geogr. Meilen) weiter jchifft, fo erreicht man das Land 
Aſicho (. i. Haſik), an deſſen Geftade die 7 Infeln des Ze— 
nobius genannt (Ent vjooı, al Zmvoßiov Asyouevoı, Peripl. 
p- 19) in einer Reihe liegen, jenfeit welchen Chier ift der Name 
de3 Syagros oder des Gap Saugra, ver jchon von vorn herein als 
dad große Oſt-Cap angeführt wat, nicht, wie es nöthig gewes 
jen wäre, um ganz klar zu fein, wiederholt) die Barbaren-Küfte 
gelegen ift, die nicht mehr demſelben Herrſcher angehört (nämlich 
dem Eleafus des MWeihrauchlanded), fondern ven Perſern. 

Sp weit ver Periplus. — Als eine merfwürdige Uebereinftim= 
mung des Ebn Batuta mit der obigen Ausſage des PBeriplus 
vom Gap Syagros, das wir für Cap Saugra anjehen, ift e8, 
daß Ebn Batuta bei feiner Schiffahrt von Haſek oſtwärts vom 
Gipfel des dortigen Vorgebirges Lomaan, dad er umichiffen 
mußte, fagt, daß auf diefem ein ftarfe8 Gebäude von Stein 
mit Reſervoirs zu Negenwaffern fich befinde; alfo, wie im 
Beriplus, ein Bergeaftell auf vem Syagros, dad in feiner Art 
alfo gleich; dem des Hiſn Ghorab angelegt war, Der Name 
Xomaan, bei Ebn Batuta, fonnte wol auch die Veranlaffung im 
Periplus gegeben haben, ven Namen Omana viel weiter, als fonft 
gewöhnlich, gegen S.W. zu ziehen, womit auch Ißtachri überein- 
ſtimmt. Noch hat Niemand das Gap Saugra erftiegen, um bie 
Griftenz eines Burgſchloſſes dajelbit und der Negeneifterne zu veri— 
fieiren. 


336 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63, 


Wenn auch verſchiedene Auslegungen mancher Einzelnheiten in 
obigen Angaben fich noch geltend machen ließen, jo find doch alle 
darin einftimmig Sl), in ver Dioscorides-Inſel die heutige 
Sorotora und in den 7 Infeln des Zenobiuß, vie vielleicht, 
meinte Mannert, wie jene und fo viele andere Infeln dieſer ery- 
thräifchen Gemäfler, ihre griebifchen Namen von ihren erften 
Entdeckern, den Capitainen ägyptifcher Schiffe unter den Ptolemäern 
während ihrer Belebung der indischen Seefahrt, erhalten haben möch- 
ten — die jogenannten Guria Muria der modernen Seefahrer, 
oder die Khartan und Martan Edriſi's in dem Djoun al 
Haſchiſch, d. i. der Safchifch oder ver Kräuterbucht, wieder 
zu erkennen (f. ob. &. 262,264). Doch mag die Benennung der 
legtern Gruppe auch vielleicht nur eine Gräcifirung eines ein= 
heimiſchen Namens fein, wie bei Syagros, wie fich weiter unten 
ergeben wird, jo wie andere Namen 3. B. Orneon offenbar von 
Zocalumftänden hergenommen waren. Obwol Edrifi, an beiden 
angeführten Stellen, eigentlih nur von zwei Infeln gefprochen und 
Ebn Batuta ihrer gar feine Erwähnung gethan hat, fo möchte 
der Periplus doch mol ganz recht haben, fie die Sieben Infeln 
zu nennen: denn auch Captain Omwen??), ver zu den jeltnen See— 
fahrern gehört, die von ihnen genauere Kunde eingezogen, giebt 
ihrer dem Namen nach 4 in der Kurya Muria Bai an, in der 
er gute Sundirungen fand. Er nennt ſie Djibly, Hallanny, 
Soda, Haski, und bemerkt von Hallany, daß ſie ſich als lan— 
ges Riff bis auf wenige Ellen weit von Soda ausdehne. Ein eng— 
liſches Schiff, das den frühern ſchlechten Seekarten vertrauend, im 
Jahre 1821, bier durchpaſſiren wollte, ſcheiterte noch und vie ganze 
Mannſchaft ertrank. Ein zweites Riff vereinigt die Klippe Ro— 
dondo mit Hallany, jo daß bier ſchon 5 Inſelchen genannt find, 
wozu wie im Periplus leicht noch 2 Eleine Klippen von einem Vor— 
überjchiffenden hinzugerechnet werden fonnten, um ihnen zum Nas. 
men der Sieben Infeln zu verhelfen, wenn man 3. B. aus ver 
Verne die hohen Doppelfegel der Redondo 83), wie es leicht ge= 
ſchieht, auch für doppelte Infeln hält, oder etwa durch die Täu- 


*9) W. Vincent, On the Commerce and Navigat. 1. c. II. p. 346 — 
348; Mannert, Geogr. d. Gr. u. Röm. Th. VI. 1. ©. 102 — 104. 
2) Capt. W. F. W. Owen, Narrative of Voy. to explore the Sho- 
res of Africa etc. Lond. 1833. Vol. I. p. 348. °°) Dr. Hul- 
ton, Account of the Curia Muria Isles, in Journ. of the Lond. 

Geogr. Soc. Lond. XI. 1841. p. 158. 


Arabien; die Bucht Haſchiſch. 337 


ſchungen der ganz befonders hier fo häufigen Luftfpiegelung 
(Serab, Erdk. VI. 900, 993) irre geführt wird, in der Küften- 
bildung, wodurch ſelbſt der forgfältigfte Beobachter) zu großen 
Irrthümern verleitet werden Eonnte. Zwifchen Soda, Haski und 
dem Befllande, verfichert Owen, fei die Paffage ficher und gut. 
Nur die Infel Soda fei Gewohnt, ihre Berge feien fehr hoch und 
hätten ein vulcanifches Anfehn. Die Bemerfung Owens, zwar 
nicht von Hafif, das er Teiver nicht befucht Hat, aber von einem 
etwas üftlicher gelegenen Hafenorte Haſtellengh, daß daſelbſt 
Wallfiſchfänger 88) wohnten, beſtätigt des Ebn Batuta (was 
auch ſchon Nearch von der Küſte der Ichthyophagen wußte, ſiehe 
Arriani Hist. Indie. c. 29) vielleicht auffallende Bermerkung, daß in 
Hafif die Hütten aus Fiſchknochen erbaut feien und mit Ka— 
meelhäuten überdeckt. Dafjelbe zeigen auch die Hütten der Bewoh— 
ner der Infel Sellaniyah (oder Sallani), die Dr. Sulton$6) 
nur aus lofen Steinen mit querübergelegten Fiſchknochen erbaut 
fand, die man mit Seegrad gevedt hatte. (Neard) berichtet, daß 
dad Meer große Wallfifche, zyzea 1. c., an den Strand der Ich» 
thyophagen, der benachbarten Perferfüfte, werfe, aus deren Gerippen 
diefe ihre Hütten aufbauen, da ihnen ver Holzwuchs fehle.) Diefe 
Infulaner waren aber eine Golonifation von Haſik. 

Die befondere Benennung der Meeredbucht bei Edrifi, „ver 
Bucht Haſchiſch,“ Fonnte feine weitere Aufklärung finden, weil 
noch fein Beobachter ihre Geſtade befucht hat, und man blieb bei 
D'Anville's allgemeiner Ueberfegung des „Golfe des Herbes” 
ftehen. Doch glauben wir und nicht zu irren, wenn wir diefen 
Ausdruck in feiner ganz fpeciellen und fo haracteriftiichen 
Beveutung des Hanffrautes Haſchiſch nehmen, das durch feis 
nen berauſchenden, die Sinne dämoniſch ind luftige und wilde 
bis zum Blutvurfte verwirrenden Trank, in dem Zeitalter des 
Edrifi eine große Geltung bei fanatifhen Secten im Orient 
gewann, und zumal aus Indien über Ormuz, Bahrein und Je— 
men in Irak eingeführt, wie das Opium fpäter, eine Ausſchwei— 
fung der Mufelmänner, zumal des Ordens der Fakire, in der Le— 
vante herbeiführte, die bis zum Nil vorwärts fchritt, und zu vielen 
Eontroverfen und Streitigfeiten der orthoporen Moslemen und ihrer 


- 


®») Wellsted, Voyage to the Coast of Arabia and Socotra, in Trav. 
to the City of the Caliphs II, p. 122. »°) Owen |. c. p. 346, 
*0) Dr. Hulton 1, c, p. 161. 


Mitter Erdkunde XII. Y 


338 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63, 


Secten die Veranlaffung geb. Wir haben fchon früher des be= 
zaubernoen Schlaftrunfes ver Haſchiſchpflanze bei den 
Haſchaſchin over ven Affaffinifhen Meuchlern erwähnt (f. 
Erf. Th. VIII. ©. 578, 583). Die gelehrte Abhandlung Silv. de 
Sacy's über Makrizi's Geſchichte ver Einführung dieſes Rauſch— 
trankes87) in Arabien und Aegypten, bei Fakirn und Kalenders 
der Sofi-Secte und andern, zeigt, daß dieſe etwa um die Jahre 
1221 bie 1259 n. Chr. ©. (618 bis 658 d. Heg.) dad größte Auf- 
jehen erregen mochte; alfo gerade zu Edriſi's Blüthezeit, der ald 
orthodoxer Moslem folcher Ausichweifung alfo gelegentlich bei einem 
arabifchen Golf mol erwähnen Fonnte, wo dieler Fegerifche 
Tranf bei ven barbarifchredenvden, blutdürftigen und alt= 
gläubigen Aditen im Weihrauchlande, den Verehrern des 
Kubrel Hud, die big heute vemjelben noch geftohlne Kühe ſchlach— 
ten (f. 06. ©. 275), mie bei fo vielen andern der roheften Tribus 
der Araber, Cingang gefunden haben mochte. Doch bleibt Dies 
immer nur hypothetiſche Anficht, fo lange wir nicht durch Augen- 
zeugen über die Sitten und Gebräuche dortiger Küftenbevölferung, 
die noch fein europäifcher Beobachter befucht hat, nähere Kenntniß 
erlangen. 

Ueber die Snfelgruppe deſſelben Golfs haben wir dagegen 
dur Dr. Hulton fürzlich volftändige Belehrung erhalten, deren 
Mittheilung hierher gehört, und bei der ed nur zu bedauern ift, 
daß fich die Beobachtung nicht auch auf die gegenüberliegende Küfte 
erftrecken Eonnte, die man mol abfichtiich wegen ver heftigen Bran« 
dungen und der Gefährlichkeit feiner Bewohner 88) gemieden zu ha— 
ben fcheint. 

Während des Surveys der Südoſtküſten Arabiens im britifchen 
Schiffe Balinurus jehiffte diefed im Februar un März 1836 
zwifchen dieſen Inſeln bin, die bis auf Owens flüchtige Beachtung 
(im 3. 1824), feit 300 Jahren nur unter dem Namen der Euria 


——— —————— 


— —— 


Muria im Munde der Schiffer geweſen waren, ohne daß man | 


nähere Kenntniß von ihnen genommen hätte, als nur nöthig ges 


— 


weien, um nicht an ihren Klippen zu fcheitern. Diedmal wurde / 


jede derjelben aber genau erforjcht von dem Schiffsarzt und Natur— 
forfcher der Expedition, der leider auf der Reife ſelbſt zu früh ge— 





87) Chrestomathie Arabe, Vol. I. p.209—218 aus Makrizi Deser, | 
de l’Egypte. 58) Wellsted, Voy. to the Coast of Arabia etc, | 


in Tray. to the City of the Caliphs. II. p. 122. 


Arabien; Infelgruppe Curia Muria. 839 


ftorben, ehe er den ganzen Schaß feiner dort gemachten Beobachtun- 
gen hatte öffentlich mittheilen können. 

-  Diefe Infeln (deren Namen Khuriyan Muriyan von dem 
Herausgeber gegen den Text des Edriſi bei Jaubert von Khar- 
tan und Martan vertheidigt wird; durch Nachweis veränder- 
ter PBunctation?), fagt Dr. Hulton®), Tiegen ſeitwärts Scher- 
bapdhät, und fcheinen eine Fortfegung der hohen primiti= 
ven Gebirgskette zu fein, welche das anliegende Geftave von 
Mirbat und Hafif durdjzieht. Der Infeln find ver Zahl nach 5. 
Ihre Namen find: 1) Hellaniyah (Hallanny bei Omen), die 
gebirgigfte und zulegt einzig bewohnte, 2) Karzamwit (die Ro— 
dondo der Portugiefen), nur eine Eleine runde Klippe; 3) Dies 
beliyah (Djibly bei Owen), die Öftlichfte von allen; 4) Soda 
 (Sumapdiyeh, daher Suadie der Vortugiefen), die zu Owens Zeit 

‚bewohnte, 5) Haſiki oder Hafifiyah (Haski bei Omen), d. h. 

das zu Haſik gehörige Eiland, die weftlichfte aller ie dem 
Feſtland am nächften, ſchon 1588 von den Portugieſen beſucht, 
und Hazquie genannt, zu einer Zeit da fie von Ichthyophagen 
bewohnt war, die ihre Fiſche, weil fie fein Feuer hatten, an ver 
Sonne dorrten: 
1) SHellaniyah, d. h. die Eleine Ziegeninfel, liegt 17° 
33’ N. Br. und 56° 6' D.L. v. Gr. Sie war im Jahre 1836 vie 
einzige bewohnte Inſel diefer Gruppe. Mit Ausnahme einiger 
Salzwafjergebüfche, welche gewöhnlich die jandigen Buchten zu ums 
mwuchern pflegen, zeigt ſich zunachft auf dem groben Kiesboden des 
Strandes Fein hohes Gewächs, Fein Baum. Diefer Kiesboden 
reicht bis zum Buß der Berge, deren Wände faft noch nadter em- 
porftarren, und faum bie und da etwas Gras zur Erhaltung we— 
niger Ziegen darbieten. Im der Mitte der Infel fteigt ein Pik bis 
1417 Buß Bar. (1510 Engl.; nach trigonometrifcher Meffung) über 
den Meereöfpiegel empor; von ihm ziehen fich geringere Hügel nad) 
allen Richtungen, meift mit Unterbrechungen, und ein fenfrecht ab- 
ſtürzendes Vorgebirgsland fpringt 1543 Fuß hoch (1645 8. Engl.) 
fühn in den Dcean vor. In Welten davon erhebt fich ein hohes 
Tafelland. Dies Iegtere abgerechnet, befteht der ganze Reſt ver 
Infel aus Granitfchichten, die von vielen dunkeln Gängen 


#°) Dr. Hulton, Account of the Curia Muria Isles near the South- 
eastern Coast of Arabia, in Journ, of Lond. Roy. Geogr. Soc. 
1841. Vol, XT. p. 156 — 164. 


Y 2 


— 


340 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


(dykes) von Trapp oder Grünſtein fo durchjet werden, daß Diele 
von wenigen Zoll bis zu 18 und 20 Fuß Breite ein Negeflechte 
bis zu den Bergrücken hinauf zu bilden fcheinen, und auch wol hie 
und da in porphyrartige Maffen übergehen. Der buntfarbige Gra- 
nit ift faft ohne Glimmer, aber reich an Hornblende, und davon 
oft dunkel gefleckt. Das Oftende der Infel befteht aus fecundairem, 
ziemlich regulair ftratifieirtem Kalfftein, der wenig Foſſile zeigt, 
aber befonderd wegen feiner Nähe am Granit und wegen feiner 
Höhe über dem Meere beachtenswerth ift, und nirgends von Gra— 
nit oder Grünfteingängen durchfegt wird. Es fehlt ver Infel nicht 
an Waffer, aber das meifte ift brafifch, und das beſte noch am 
Dftende verfelben in einem Brunnen, ver fein Entftehen vor vie— 
Yen Sahren der Ausgrabung durch Matrofen von einem europäifchen 
Schiffe verdanfte. In der Höhe von 400 bi8 500 Fuß über dem 
Meere fand Dr. Hulton nicht felten Eleine Wafjerfammlungen, die 
aber ſtets brakiſch waren. 

Das Holz ift auch im Innern der Infel fo fparfam, daß ed 
faum für dad Bevürfniß der wenigen Einwohner hinreicht und ber 
Boote die von Zeit zu Zeit hier landen. Bon den wenigen Tama— 
risken wird nur wenig verbrannt, da ihre Zweige meift zu Verar— 
beitung von’ Fifcherförben dienen; doch zieht man dazu noch die 
Zweige des Sammahbaumes (Samegh heißt im Hedſchas das 
Gummi der Mimofa, alfo wol eine Mimofenart)) vor, welcher 
an der gegenüberliegenden Küfte von Mirbat wacht. 

2) Die Karzamwit, Karzaut oder Afarizaut ift ein Flei- 
nes, rundes Infelchen, daher Nodondo der Bortugiefen, welche faft 
nur aus einem Eleinern und einem größern 200 Fuß hoben Kegel 
befteht, der ganz eryitallinifcher Structur aus Granit von röthlicher 
Farbe gebildet ift. 

3) Soda, Suwapdiyeh, daher Suadie der Portugiefen, 
fommt zunächft an Größe und Höhe der Hellaniyah gleich, der fie 
2 gute Stunden (6 engl. Miles) gegen Weſt liegt. Nach, ven Hüte 
ten zu uribeilen, war fle vor noch nicht gar langer Zeit (als Capt. 
Owen fie befuchte, f. 06. ©. 337) bewohnt. Ein Brunnen ift noch 
in gutem Stande übrig, deſſen Waffer aber brafifch ift. Auch wur— 
den noch einige Ziegen und etwas Geflügel darauf gehalten; aber | 
die Hälfte der frühern Bewohner follen von den Oſchawaſimi 
Piraten weggefchleppt worden fein, die übrigen, zu Schwach zum 


'®°) Burckhardt, Tray. in Nubia p. 317. 





Arabien; Infelgruppe Curia Muria. 341 


Miderftande, flohen nach Hellaniyah, wo aber zur Zeit nur noch 
ein einziger fehr alter Mann von ihnen am Leben war. Auch dieſe 
Insel beſteht aus Granit, doch mit weniger characteriftifchen Erfchei= 
nungen und nur in den Färbungen abwechfelnd. Außer menigen 
Tamaridfen, in der Nahe eines Dorfüberreftes, war faft aller Bo— 
den nadt, und nur der Arakbuſch (Salvadora persica, Rack bei 
Bruce), eine jo meit verbreitete Bamilie am indischen und perfis 
fchen Meere, machte davon eine Ausnahme, jo wie eine Fleine Art 
von der Familie der Zygophyllen, welche faft über jeden Sandfleck 
ſich verbreitete. 

4) Diebeliyah, d. i. die bergige Infel, welche, die öft- 
lichfte von allen, ihren Namen wol dem Eindruck verdankt, ven fie 
fchon aus ver Verne darbietet, als eine ganze Gruppe gerundeter, 
weißer und gefpigter Hügel, deren Höchfter fich in der Mitte bis zu 
525 $. Par. (560 F. Engl.) erhebt. Bei näherer Betrachtung fon= 
dern fich dieſe jedoch in etwa 3 ifolirte nackte Felſen, die durch Eleine 
Flächen verbunden find, die faum über das Niveau des Meeres 
bervorragen. Die ganze Injel iſt vollfommen öde, ohne einen 
Tropfen Wafjerd, und alfo ganz unpafjend für menfchliche Bewoh— 
ner. Dagegen würde fie eben jo wie jene mweftlichere Orneon ven 
Namen der Bogelinfel verdienen, wegen der auferorbentlichen 
Menge ver Seevögel, die fie buchſtäblich bedecken. Vorzüglich ift es 
der Pelecanus bassanus oder Gannet (Sula alba, die Baſſans— 
gans), die bei der erften Betretung der Infel jeden Schritt ftreie 
tig zu machen ſchien. Ihre 1 bis 2 hellblauen Eier hatten fie auf 
den nadten Sandboden gelegt, nur vie groben Kiefel zur Geite 
fchiebend, und eine geringe Quantität Eleinern Gruß umber an 
häufend. Die Hartnädigfeit, mit der fie dieſe Neſter vertheidigten, 
machte fie zu einer leichten Beute, und manche vom Schiffsvolfe 
ließen fich ihre Braten wohlſchmecken. Die Gier find jedoch ſchmack— 
hafter ald das Fleiſch, doch Hat das Eiweiß Feinedwegs die Con— 
fiftenz wie beim Hausgeflügel. Bet Ueberrafchung brachen diefe 
Gänſe nicht felten Fifche von 6 bi8 8 Zoll Länge noch ganz uns 
verbaut aus. Ihre Hauptbeute war ein Fleiner von ihnen vorzügs 
lich verfolgter Fliegfiſch. 

Einige Schlangen, doch Feine giftigen, und Nattenhorven, 
von der gemeinen Art nicht verfchieven, die mahrfcheinlich durch ges 
firandete Barken bier erft angeflevelt fein mochten, machten die ge= 
ringe Fauna der Infel aus, auf der man Feine lebenden Menjchen 
fand, aber an 4 bid 5 Grabftätten beifammen, und in der Nähe 2 


342 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 68. 


Sfelette, die nie mit Erde bedeckt wurden. Eins in einer offenen 
Höhle figend, wo der Tod unjtreitig ven zulest Ueberlebenden jener 
Unglüdegefährten ereilt- hatte. Dieſe Infel jchien aus einer Art 
vielfarbigen Porphyr⸗Syenits zu beftehen; in benachbarten mehr 
granitifchen Klipven machte dunfle Sornblende den Hauptbeſtand— 
theil aus. An dem Süpweftende wird der Syenit an zwei Stels 
len von einem faft jenfrechten Stratum einer rothen Felsmaſſe 
durchjegt, die innig gemengter Quarz und Feldſpat zu fein fcheint. 

5) Haſiki, d. 5. das zu Hafif gehörige Eiland, Tiegt 
als weftlichite ver Infelreihe nur 13 Miles von Soda, 20 Miles 
von der Küfte des Gontinents fern. Es find 2 Pikberge an 400 
Fuß hoch, von denen eine Aufeinanvderfolge nieverer Berge nord— 
wärts flreicht, aus einiger Verne einer niedern Landzunge gleich— 
ſehend. Sie ift der vorigen Inſel faft in jeder Hinficht gleich, und 
eben fo dicht mit Belifanen und Taucherfchaaren bedeckt. Auf ver 
ganzen Inſel ift fein ſüß Waffer, fein Aeſtchen zu finden. Rother 
und geftreifter Granit, und ſehr ftarf verwitternder Porphyr, 
dejien Eleine edige Broden ven Vögeln das Material zu ihren Ne« 
ftern darbieten, find bier vorherrichend, und dieſem bequemen Mas 
terial wie dem völlig ungefidrten Befis ver Inſeln felbft verdanken 
diefelben mol ihre jo reiche geflügelte Bevölkerung. 

Die einzige von Menfchen bewohnte Infel Hellaniyah diente 
doch auch nur 23 armfeligen Individuen zu einer traurigen Her— 
berge, ein jchwächliched Gefchlecht in größter Armuth bei bloßer 
Fiſchnahrung, font in nichts wefentlihem von den Arabern ver 
benachbarten Küfte verfchieden. Sie lebten wie in einer-Familie, 
doch die Vermifchung zu naher Verwandtjchaft ftreng vermeidend, 
und daher auch den nachtheiligen Folgen ſolcher Vermijchungen 
entgebend. Dr. Hulton verfchaffte fich abjichtlih die Namen aller 
Eingebornen und ihrer Eltern und Verwandten bis in die dritte Ges 
neration, und fein einziges mal hatten fie hierin die Grenze, welche 
auch Europäer halten, überfchritten. 

Ihre Diät und Lebensart reichten bin, ven Mangel ihrer phy— 
ſiſchen Kräfte zu erklären; nur das Meer giebt ihnen Unterhalt; 
fie find wahre Ichthyophagen (ſ. ob. ©. 176). Boote haben fie 
nicht, Feine Catamaran; Fifche können fie nur angeln oder in Reu— 
jen fangen; nur an den Schußfeiten der Klippen ift Died wegen ber 
heftigen Winde möglih. Dr. Hulton fah in ihren Reuſen zu— 
weilen einen Yang von 20 bis 30 Fifchen verfchiedener Art bei— 
jammen, unter denen der vorzüglichite der Padfiſch (2), deſſen 





Arabien; Infulaner auf Hellaniyah. 343 


Schönheit und Pracht ver Farben beim Herausnehmen aus dem 
Waſſer vie fchönfte Färbung anderer Prachtftſche noch übertrifft. 
Aber diefen werfen fie immer wieder weg, weil ihre Fiſchdiät fie 
nöthigt in ver Wahl fehr vorfichtig zu fein, um fich nicht Uebel- 
ſtände zuzuziehen. So werfen fie jelbit die ermwünfchtefte Sorte, den 
Stockfiſch (rock-cod), wieder weg, wenn er zu mager und uns 
volfommen ift, und fennen genau die verichievenartigen Wirfungen 
der Biichnahrung, die zumeilen felbft fiebererzeugend fein fann. 

Ihre Wohnungen find elende Hütten, aus lojen Steinen in 
kreisrunden Mauern aufgehäuft, die fie mit einem halben Dutzend 
von dürren Stafen oder Fijchfnochen quer überlagern und auf dieſe 
Sergrad ausbreiten. Zuweilen bilvet died nur den Vorbau vor“ 
einer Höhle, die dann mehr Schuß bietet, auch wird davor meift 
noch eine Art Zelthütte von Matten errichtet, unter denen dad Fi— 
jchergeräth aufbewahrt und der Sommeraufenthalt genommen wird, 
wo man dad Wuffer und Brennholz aufbewahrt. 

Ihre ungemein fiimmerliche Bevölkerung fchreiben die Einge— 
bornen der Graufamfeit ver Wehabis zu, von venen fie vorher, 
ehe dDiefe zu Ras el Khaimah eine völlige Niederlage (einmal 
1809 durch Col. Smith, das zweite mal 1819)%) durch die briti= 
fehe Blotte erlitten, auf ihren Injeln überfallen wurden. Damals 
wurden ihre Hütten niedergeworfen, ihnen die Kleider vom Xeibe 
geriffen, ihre Ziegen gefchlachtet, ihre Kinder gewaltfam geraubt 
und in die Sclaverei entführt. Bergeblich machte Mohamed ben 
Akiel bei dem Imam von Masfat die ſtärkſten Vorftellungen ges 
gen feine damaligen Bundesgenofjen; ihre Kinder erhielten fle nie 
zurüd. Gin junger nod) lebender Menſch von 17 Jahren, im jener 
Periode geboren, war ihnen das chronologiiche Wahrzeichen jener 
Begebenheit (alſo 1819). 

Außer jenem Unglück, welches unftreitig eine Verminderung 
der Individuen herbeiführte, zeigten ficy aber auch noch andere Ur— 
fachen dieſes Verſinkens der Inſulaner-Bevölkerung. Am Oftende 
der Inſel entdeckte man viele Nuinen, die auf eine einft weit flür« 
fere Bevölkerung hinwiefen ald auf die zur Zeit des Wehabi Ue— 
berfalled. Leberall fand man dort Menfchenfcelette in Höh— 
len nievergelegt, ohne alle weitere Sorge, ald daß man höchſtens 
nur eine Kleine Steinmauer davor angehäuft hatte, die aber bei 


9) B, Fraser, Voy. to Khorasan Lond. 1825. App. A. p. 1-15; 
Wellſteds Reifen in Arab, Ueberſ. v». Rüdiger Th, 1, ©, 169— 181, 


344 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 63. 


vielen fehlte. An einer Stelle ragte eine Sand aus dem Sande 
hervor, und beim Nachgraben fand fich das Scelett einer jungen 
Frau. Früher georonetere Grabjtätten, die fich auch vorfanden, und 
die heutige Sitte eines ordentlichen Begräbniffes Tiefen, aus ver 
völligen Sorglofigfeit für jene Unglücklichen, mit Sicherheit auf eine 
Periode anfterfender Seuchen zurückſchließen, welche unftreitig vie 
wahre Urfache der großen Entvölferung gewefen fein mag. 

Das Elima diejer Infeln wird unter dem ganzen Einfluß des 
flürmenden Südweſt-Monſun ſtehen, der in jenen noch ſüdlichern 
Breiten fo furchtbare Wogen des Oceans wälzt; denn die Infeln 
haben von diefer Seite gar feinen Schug. Die Infulaner beftätigs 
ten Died, und daß dann die beftigften Regengüffe beim Ans 
zuge des S. W. niederftürzen. Bei Nordoſt-Monſun, deſſen Ten- 
denz hier vorherrſchend iſt, wirkt die vorliegende arabiſche Halb— 
inſel hemmend ein, und bewirkt ein anderes Phänomen, das in 
dem Variiren dieſes Nordoſt nach allen Richtungen hin beſteht. 
Das Schiff Palinurus erlebte hier von Mitte Dezember bis 
Mitte März eine ziemlich regulaire Aufeinanderfolge von nörd— 
lichen und ſüdlichen Winden. Die erſten mit Neigung gegen Weſt, 
die letztern gegen Oft. Sie hielten 2—3 Tage an mit größter 
Heftigfeit, und dann, wenn fie gleichfam erfchöpft fchienen, wandten 
fie fi) gegen den N.D.-Monfun, doch nur um wenige Tage nach— 
her einen ähnlichen Curs, und fo einen vollen Kreislauf im Com— 
paß, zu machen. 

Diefe Wechfel wurden entfchievden vom Monde influeneirt. Das 
Barometer verkündete durch fein Fallen die Annäherung der ſüd— 
lichen, durch fein Steigen ver nördlichen Winde, ohne Fehl. 
Eben jo dad Thermometer; bei Süd und Feuchte ward die Luft 
milder, und das Thermometer ſchwankte zwifchen 65— 70° Fahrh. 
am Morgen und 75— 80° Nachmittags; ded Nachts fiel reichlicher 
hau. Bei Nord fiel das Thermom. zumeilen über 15— 20°, bei 
Sonnenaufgang bis 50°, die Luft dann troden und alles zerfpalten 
machend. Diefen Wind nennen die Infulaner Beladi (d.i. Land— 
wind); fie fürchten ihn bis zu einem gewiſſen Grade, und Halten 
ihn für ungefund, doch mehr wegen feines plöglich Herbeigeführten 
Wechſels ald wegen fonftiger directer Nachtheile. Die von ihm er- 
zeugten Krankheiten follen viefelben fein wie die der Landwinde in 
Indien. Gapt. Omen empfand deſſen nachtheiligen Einfluß (f. ob. 
&. 297). Bei dem Beginn der Nord- wie der Südwinde trübt 
fih die Atmosphäre und verdichtet fich; beim Aufhören wird fie 


Arabien; die Beit Djenobi, Kiüftentribus. 345 


wieder durchſichtig und zeigt die fernften Gegenftände in fchöne 
fter Tichter Klarheit. 

Derſelbe arabijche eontinentale Stamm, welcher nicht 
fehr zahlreich, aber doch über eine fehr weite Küftenftrede von 
Haſik bis Nas el Had verbreitet ift, bewohnt auch dieſe Infel- 
gruppe und nennt fih Beit Dienobi?), d.h. „Haus des Die» 
nob,“ und diefer bei andern Beni Zenobi gefprochene Name 
grenzt zu nahe an das Zrmvoßiog des Periplus (Peripl. Mar. 
Erythr. p. 19), jo daß wol faum daran zu zweifeln fein möchte, 
daß wir in ihm die ältefte, wie in fo mancher andern ſtationai— 
ren arabifchen, jo auch noch im diefer, die antif einheimijche 
Benennung befigen, und jener Anklang an einen griechifchen Ze— 
nobius als hypothetiſchen Entveder der Infeln bei Mannert und 
Andern wol nur Täuſchung war. 

Die Araber der Süpfüfte nennen diefe Infeln die Diezeir 
Ben Khalfan (Khalfan war früher ein jehr mächtiger Tribus 
in Oman)®), zu Ehren eines jehr angefehenen, unternehmenden 
Gefchlechtes, das zu dem großen Mahri-Tribud gehörte. Das 
Haupt diefer Familie Sa’ıd ben Omar ben Saat ben Khal— 
fan keherrichte den Eleinen Staat Homaija*), der im Weften von 
Hiſn Ghorab und ver Ghubbet Yin Bay fih am Meeresufer 
hinzieht, wo er großen Kandel trieb, und durch feine erworbenen 
Reichthümer feinen Einfluß weit über die Grenzen ſeines geringen 
Territoriumd erweiterte. Da ihm aber ein Eroberungszug gegen 
feinen Nachbarftaat Mirbat miflang, mußte er feine Nettung auf 
der Flucht uach Hellaniyah fuchen. Später fehrte er nad) Ho— 
waija zurüd, behielt aber für fich und feine Nachkommen ven Bes 
fig diefer Infeln als Erbtheil zurüd. Seine beiden Söhne und 
Neffen betrachteten feitvem die Infulaner als ihre erblichen Unter- 
thanen, und trieben von Zeit zu Zeit einen Tribut von ihnen ein. 
Diefer beftand jedoch in nichts weiter als in einigen Geldmün— 
zen, welche die Ginwohner von vorüberfahrenden Schiffern, die fie 
etwa mit Waffer oder Fifchen verjehen, erhalten hatten, und die ih— 
nen jelbft wol unnüg fein mochten. Dagegen brachten ihnen jene 
Befuche ihrer Oberherrn gewöhnlich einige Datteln und andere 
erwünfchtere Dinge mit, fo daß fle ihnen nicht ungern entgegen ſa— 


*) Dr. Hulton 1. c. p. 163 und Not, Ed. ”') De Sacy, Chre- 
stomathie Arabe III. p. 357. ) Mellfted, Reif, in Arab, II, 
&.317; Capt. Haines, Memoir 1, c. IX. p. 141. 


346 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


ben. Von den Inieln beiteht eine alte Sage”), von ihrer erften 
Bevölkerung und Abftammung. Bor Mohammed bemohnten vie 
Nachfommen der heidniſchen Ad, vie Aditen (f. ob. ©. 53, 54, 
57), dieſe Infeln, und blieben, felhft nachdem die meiften Bemoh- 
ner Arabiens die Xehre ded Koran angenommen, noch fteif bei ih— 
rem alten Glauben; deshalb fie von allen glüubigen Moslemen ge= 
mieden wurden. Da fam Noch und Peſtilenz über dieſe Infeln 
der Ungläubigen (vergl. ©. 156, wie bei ven Thamud), und jed— 
weder ward getödtet, bis auf eine einzige Überlebende Jungfrau. 
Diefe blieb nach dem Tode aller andern ganz allein übrig, bis ver 
Sturm ein arabifches Boot an die Infel warf. Sie murde von 
der Mannjchaft mol erblickt, aber ver Nakhoda (Schiffdcapitain) ge= 
gen die Befleckung mit den Ungläubigen gewarnt, ftieß fein Boot 
wieder in See, ohne der Unglüclichen beizuftehen. Gin Matrofe, 
deſſen Herz von ihr getroffen war, ließ feinen Turban in dad Waj- 
fer fallen, und unter dem Vorwande diefen zu retten fprang er in 
die Fluth und ſchwamm zur Küfte. Aber ohnmächtig fanf er wie 
erftarrt zu ven Füßen des Mädchens nieder, dad ihm jedoch durch 
feine Bflege bald wieder ind Leben rief. Er wurde der Stammes 
vater ver heutigen Race ver Injulaner. So diefe romantifche 
Sage. ine andere arabifche Legende von zwei Infeln, deren eine 
nur von Männern, die antere nur von Frauen bewohnt werden 
fol, Hat Vincent 86) auf diefe Infeln gedeutet. 

Die Inſulaner erflärten jevoch dem britifchen Gafte, daß ihre 
Vorfahren aus den benachbarten Haſik und Mirbat durch dor— 
tige Fehden vertrieben hier eingemwandert feien, und daß dies vor 
mehrern Sahrhunderten fich zugetragen habe. Im einem zu feiner 
Zeit blühendern Zuftande befchreibt Edriſi diefe Infeln, und giebt 
diefelbe Nachricht von der Abftammung, der Einwanderung, der 
Zebendart ihrer Bewohner, als Fischer und Schiffer, wovon fchon 
oben bei feinen Nachrichten vom Lande Chedjer und feinen Anga— 
ben von Haſik (f. ob. ©. 265, 306) die Nede war. Ihre Spra= 
che bejtätige diefe Abftammung, bemerft auch Dr. Hulton, denn 
fte ift ganz viefelbe, welche von dem Tribus in Mirbat geipro= 
chen wird, und nur wenig abweichend vom Mahradialect (ſ. ob. 
&.47). Dr. Hulton verfichert aber auch ſehr von ihrer Aehn— 
Yichfeit mit der Sprache der Inſelbewohner von Sofotra über- 


95) Dr. Hulton, Account 1. c. XI. p. 164. »6) Vincent, Com- 
merce and Navigat. |. c. p. 347. 


> 





Arabien; Cap Iſolette. 347 


raſcht worden zu jein; zumal in der Ausfprache einiger Wörter 
habe fich Died auf das frappantefte gezeigt, vie ein Fremder ganz 
vergeblich bemüht jei nachzuiprechen over auch nur nachzu— 
ahmen. Schon ver Pilot des britifchen Schiffes, ver doch noch 
zu ihren Nachbarn ven Jenobis gehörte, verfuchte Died vergeblich, 
und erregte nur Gelächter bei den Umftehenven durch die Berzers 
sungen feined Geſichts und die Fragen, die er zur Nachahmung je— 
ner Töne jihneiden mußte (f. ob. S. 48). Die Ausbreitung jener 
Spracde des Volkes von Mahra würde demnach auf diefe Cu— 
ria Muria und felbft Höchft wahrfcheinlich auf vie ferne Soko— 
tora hinüber reichen. 


4. Ebn Batuta’s und des Periplus Umfchiffung der 
äußerftien Sünoftfpige der arabifchen Salbinjel vom 
Gap Saugra und Gap Ifolette bis zum Ras el Sad 
mit der Infel Sarapis, der heutigen Maffera. Capt. 
Owens und Wellftevs Stationen an dieſen Geftaden. 
Die Fiſcher auf Schlauhflooßen; die Ascitae der 
Alten. 


Wir haben mit Ebn Batuta ſchon die Vorgebirge im Dften 
Haſiks, die er Berge von Lomaan nennt, doublirt, dad Cap 
Saugra oder vielleicht auch ſchon das nächft folgende jenjeit der 
noch nicht vermeſſenen SaugrasBai, welches bei den modernen 
Sciffern als Ras Madraka over Cap Ifolette, unter 17° 58‘ 
N.Br. 55° 34 OL. v. Gr. nad) Capt. Owens Beitimmung, bes 
fannt ift, und wegen feiner Höhe von letzterem ſchon aud der Verne 
von 16 Seemeilen eripäht ward. Ihm nörvlich, ganz benachbart, 
ift das Ras Markas, das aber fchon weiter weſtwärts zurüd« 
tritt, und deſſen weitere Küfte norowärts wegen der vielen Untie— 
fen für Captain Owens Schiff unnahbar war, daher diejer große 
Bogen ver Bat ebenfalld von ihm nicht genauer beftimmt werden 
fonnte, bis zum nörblich vorfpringenden Nas Djibſch gegen 
21%, Gr. NBr. In allen portugiefiichen Berichten, jagt Berg- 
Haus”), Fomme in diefer Gegend die Einfahrt ver Untiefen, 
Ensanada das Baxas vor, und eine Eleine der Küfte nabgelegene 
Injel, Klein: Maceira, die von Gapt. Owen jo wenig wie bie 


9 Berghaus, Geo-hydrographiſches Memoir, Arabia und das Nilland 
a. a. O. ©. 17, 77. 


348 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


dortige Stadt Harmin und die Küftenfette os Palheiros gejehen 
ward; daher Hier vie Zeichnung der Berghauflfchen Karte auch nur 
hypothetiſch geblieben ift. Die von SW. gegen N.D. auf 30 See- 
meilen Tanggeftreete, fchmale Infel Groß-Maſſera oder Ma- 
ceira, niedrig, rauh von Anfehn, ift dagegen zwifchen 20° 7° und 
20° 40° mit den Süd- und Norbfpisen eingezeichnet, ehe noch 40 
Seemeilen weiter in NO. das fehr Hohe Vorgebirge Omans Nas 
Djibſch, unter 21° 25° 48" N. Br. und 56°45" OL. v. Gr., folgt, 
dad von Gapt. Owen viel höher, wilder, abſchreckender von Aus— 
ſehen vorgefunden ward, als das noch öſtlichere viel berühmtere 
NaselHad, zu welchem aber vie hohe Küftenkfette fich ſchon ge— 
gen N.N.O. fo beveutend hin abgeftuft hat, Daß dieſes Ras el 
Had (unter 22° 33' 12" N Br. und 57° 3! DL.) nur in eine 
niedere fandige Landſpitze ausläuft, von der aber nun die 
Nordweftrihtung der Küfte beginnt, und von wo an das Meer 
den Namen Bahr Oman erhält. 

Auf welchem der genannten Vorgebirgägipfel jenes ftarfe Stein- 
gebäude mit den Negeneifternen ftehen mag, von dem Ebn Ba— 
tuta, wie es fcheint, doch eben nur im Vorüberfchiffen gehört hatte, 
bleibt eben jo unflcher, wie die Lage der von ihm genannten Infel 
Tair, ohne Haus, aber vol Vögelichnaren. Der großen Infel, ver 
er feinen Namen gegeben bat, deren Bewohner nicht anders als 
Tifche zu effen haben, mag fchon eher die große fo eben befprochne 
Maffera=Infel entfprechen, weil er von da die Stadt Kalhant, 
auf dem Gipfel eined Berges in Oman gelegen, erreicht. 

Nicht viel mehr Belehrung Fann man aus dem Bericht des 
Periplus über diefe ftetö befchwerliche Küftenfahrt und Doublirung 
des außerften Oſt-Caps der arabifchen Salbinfel erwarten. Doc 
heißt es bei ihn (Peripl. Mar. Erythr. p. 19): von den Infeln 
des Zenobiud etwa 2000 Stadien (40 oder 50 geogr. Meilen) 
weiter und zwar nicht in der offenen Gee, fondern, wie Vincent 
gezeigt hat98), an ver Küfte Hinfchiffend (79 ap’ Uwovg zapa- 
nA&ovrı, Peripl. Mar. Erythr. p- 19 erreicht man die Infel des 
Sarapis (v700g Iupanıdog Asyouevn), die vom Peftlande etwa 
120 Stadien (3 geogr. M.) abfteht, und an 200 Stadien (5 geogr. 
M.) breit iſt. Auf ihr liegen 3 Ortfchaften, deren Einwohner vie 
Prieiter, vielleicht Gremiten, nach Vincent, ver Ichthyopha— 
gen find; fie reden die arabifche Sprache, und bevedfen ihre Schaan 


”»®) W. Vincent, Commerce and Navigat. II. p. 348. 


Arabien; Südoſt-Vorgebirge. 349 


mit Schürzen aus den Blättern des Kukinos gefertigt. — Daß die— 
ſes nur die Kufopalme des Iheophraft, Cucifera thebaica Linn. 
jein fonnte, und nicht die viel fpäter erft unter dem verwandten 
Namen bekannt gewordene Kofospalme, wie Died Vincent”) und 
Andere meinten, haben wir jchon anderwärt3 gezeigt (1. Erdk. Th. V. 
©.835, Verbreitung ver Kofos), wiewol der jo frühzeitig in W. 
vorfommende analoge Name immer eine Merkwürdigkeit bleibt 800), 

Auf diefer Infel giebt es, fahrt ver Periplus fort, ſehr viele 
und treffliche Schilofröten; die Schiffer von Cane pflegten an biefer 
Infel mit ihren Barfen und Laftjchiffen zu landen, und in dieſer 
Bemerkung ded Periplus fieht Mannert !), mit großer Wahrs 
fcheinlichkeit, auch jenes Cane ald die Quelle an, aus der der Pe— 
riplus feine Nachrichten über diefe von den damaligen Invienfahs 
rern gewiß ſehr felten befuchten Geftade geihöpft habe. Wenn 
Mannert auch Hier den Namen der Infel von ihrem erften Ent— 
decker herleiten will, jo haben wir wenigftend feine Gegenhypnthefe 
aufzuftellen, wie bei dem Namen der Zenobius=-Infel. In dem 
Meerbufen des benachbarten Feftlandes gegen Nord nahe der Mün- 
dung des Perfergolfd fahre man, jagt ver Periplus, an den Infeln 
des Calaeus vorüber, die wol 2000 Stadien fern vom Feftlande 
liegen. — Sp weit der Beriplus. 

In wiefern Btolemäaus Nachrichten mit diefen des Periplus 
zufammenfallen oder differiren, ift fhon von Mannert ?) ausein= 
andergefegt; am auffallenditen ift ed wol, daß er fein Weihrauch— 
land, die Libanotophoros regio, erft in dad Land der Omaniten 
verlegt, wo fein Anderer e8 hinſetzt. Die Namen der Küftenorte 
Ausara, Neogitta und des Hormanus-Fluf, die er anführt 
(Ptol. VI. 7. fol. 156), können wir mit neuern Localitäten nicht 
ipentificiren, weil und die dortigen Geſtade ſelbſt noch Fartographifch 
unbekannt geblieben find. Gapt. Owen begann zwar den Sur— 
vey 3) mit dem niedern, jandigen Nas el Had, das deshalb auch 
Flat point der Karten heißt, und auf welchem ein Scheifh8- Grab 
nody neben der Ruine eines einftigen portugiefifhen Dorfs und 
Forts fich zeigt; aber es kam zu feiner fortgefegten Ausführung 
deffelben, wegen zu vieler Hinderniffe die ſich demfelben entgegen« 
ftellten. Nur 2 Miles von der Sandfpige entfernt gegen N. Liegt 


— 


) Vincent 1. c. I. p.340. *0) Chr, Laffen, Indifche Alterthums- 
funde I. Th. 1. ©. 207, Not, 1. ) Mannert, Geogr. d. Gr. m 
Röm. Th. VI. 1. ©. 106. ’) Ebend. ©, 106 u. fü ’) Capt, 
Owen, Narrative I, c. T. I, p. 344. 


350 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 63. 


eine Einfahrt in die Heiran-Bai, und hinter viefer thürmen fich 
die Gebirgämaffen ded Vorgebirgs doch bis zu 6000 Fuß Meeres: 
böhe empor, und ziehen als Küftenfette unter dem Namen Djebel 
Huthera, d. i. die Grünen Berge, norpweftwärts am Geftade 
bin, an Kalhaat vorüber bi8 zum Teufeld-Cap nah Kuriat. 

Südwärts von Nagel Had paffirte man Ras Jins und Nas 
el Hubba, mo eine Sandbanf. Dann folgte AI Aſh Sara, eine 
Anferftelle, die in einem Kriege der Briten gegen die Beni Bu 
Ali berühmt ward, welche im Jahre 1820 die Mannfchaft eines 
englifhen Schiffs ermordet hatten und dafür büßen mußten. Die 
fteile, felfige Küfte ift vafelbft 30 bis 40 Fuß hoch, fie hat aber 
guten Anferplag und gutes Waſſer. Die Portugiefen bejuchten 
frühzeitig diefe Küften, nnd auch heute noch nicht felten; aber nie 
reparirten ſie die Wafferteiche der Araber (Tanks), vie diefe ſich 
bauten, und von denen fie doch alle Vortheile der Verproviantirung 
mit gutem Wafjer zogen. Weiter ſüdwärts erblickt man das oben 
fon genannte Ras Djibſch, dad von hier aus zuerft als Infel 
erfcheint, weil fein Zufammenhang mit dem Feftlande ganz flach 
ift; die ganze niedere Küfte bis Maffera wird Sheble ge 
nannt, und war mit. den gelten wilder Araber befegt, die nichts 
fehnlicher ald das Scheitern des Schiffed erwarteten, um gute Beute 
zu machen. Die Infel Maffera, Mivdjsre bei D’Unvile, nur 
ein ſchmaler Streif Landes, deffen Nordſpitze Alif, die Oſtſpitze Eya 
(Da) genannt ward, wurde aufgenommen. An ihr z0g ein zmei 
Miles langes Korallenriff hin. Hier auf der Infel fah man Dat— 
telpalmen, vie einzige Stelle in Süd-Arabien, die zweimal im 
Jahre Früchte bringen 9 fol, doch Feine guten. Wallfiſchfän— 
ger bewohnten den Ort Haftellengh am einer norvöftlichen Bucht 
der Infel. Von jenem PBrieftergefchlecht der Ichthyophagen fcheint 
man neuerlich ‚nichts erfahren zu haben; freilich hat wol aud) Nies 
mand nach ihnen gefragt. Die gegenüberliegende Küfte des Feſt— 
lands war graufenvoll anzufehen. 

An einer Fleinen Inſel al Hamr, oder vielmehr nur an einer 
Klippe, kam man vorüber, welche von Schiffen aus dem Rothen 
Meere befucht werden fol, um ven Dung (Buano) zahllofer Vö— 
gelichaaren, die auf ihr niften, aufzunehmen, ven die Araber als 
Mörtel benugen follen. Vielleicht daß dies Ebn Batuta’d Tair— 
Infel vol Vögelſchaaren fein mag. 


9%) Capt. Owen I. c. I. p. 346. 


Arabien; Südoſt-Küſte. 351 


An der Nordfeite des Nas Markas wurde ein Fleiner Hafen 
aufgefunden, der bei vem S.W.-Monfun Sicherheit gewährte; dann 
wurde Gap Iſolette voublirt, an Tagayat Abaf, dv. b. Abaks 
Hut, vorüber gefteuert, His fich die Spige Spore in der großen 
Saugra Bai zeigt, die von Gap Iſolette“) (Maprafe oder 
Marica) ſüdwärts beginnt. Bei Maprafe fah man noch ein paar 
Hütten mit Menjchen; weiterhin aber nicht die geringfte Spur 
von Vegetation an der Küfte der Bat, die fich viel weiter gegen 
Weit hinzog, als alle frühern Karten fie angaben. An eine Aufs 
nahme verjelben war jedoch diedmal nicht zu denken. Die Araber 
gaben ſie unter 18° ZH! N. Br. an, und jegten fie 40 Leagues weſt⸗ 
wärts von Mavdrafı, was jehmerlich richtig und nad) Owen nur 
30 8. betragen fol. 

So weit die fragmentarifche neuere Kenntniß dieſer Küften« 
ftredle, die alfo nur wenige Puncte ins Licht fegt. 

Nur weniges ift ed, was mir durch Wellſted's Ueberfahrt 
im Schiffe Palinurus in den Monaten November und Dezember 
des Jahres 1833, vom Mascat zum Gap Iſolette, und von 
da nah Mirbat (Morebat) von ihm über diefe Südoſtküſte 
Arabien erfahren, ald er damit beauftragt war, nach guten Hafen— 
fielen diefer Küfte für die Dampfichiffitationen ſich umzufehen 6). 

Schon Niebuhr Hatte vor mehr als einem halben Jahrhun— 
hert die Bemerkung gemacht, daß die Alten diefe Küften Arabiens 
beffer kannten als die Neuern, und von diefer Küftenftrede wenig- 
ftens ift diefer Ausspruch faft immer nody wahr, obgleich auch vie 
Kenntniß der Alten von diefer nur gering erfcheint. Doch fo lange 
dad Gap der Guten Hoffnung noch nicht umfchifft war, mußte der 
ganze indische Wiarenverfehr an dieſer Küfte vorübergeben. Daß 
fich die Schiffe nicht eben lange an derſelben aufbielten, daß fie das 
continentale Geftade oſtwärts Cane und Moſcha Portus faft gar 
nicht berührten, geht, wie fchon Mannert bemerft hat 7), aus ver 
Schilderung des Periplus und feiner Unkenntniß der öftlichern 
Streden hervor, über die er ganz ſchweigt. Ptolemäus nennt 
zwar noch Orte und Baien, aber doc) jo fparfam und unficher, 
daß man wol fieht, die Invienfahrer jener Zeit verweilten an die» 
ſem Geſtade am wenigften, und mit Recht; denn es gehörte damals 


) Owen I. e. 1. p. 347. °) Wellsted, Voy. to the Coast of 
Arabia etc. in Trav. to the City of the Caliphs Vol. I. p. 117 
bis 129. ) Mannert, Geogr. d, Gr. u. R. Th. VI. 1. S. 104 u. f. 


352 Weſt-Aſien. TV. Abtheilung. $. 63, 


wie heute zu den gefahrvollften und abſchreckendſten. Damals wird 
es geweſen fein wie heute bei S.W.-Monfun, wo die ganze Küfte 
von Aden bi8 Ras el Sad eine todte Küfte if. Aber ald der 
pireete Seeweg um dad Gap der Guten Hoffnung nad) Indien ges 
funden war, mußte dieſe Strede vollends veröden: denn die ärm— 
liche Küfte mit ihrem bloßen Weihrauch und Gummaten, die 
fte felbft erzeugt, Fonnte, ohne den indischen Waarentransport, kei— 
nen für fich felbftftändigen Handel in ein blühendes Leben rufen. 
Menn feitvem die Entdefung und Gultur ded Kaffees der 
Induftrie und dem Handel ver Weſtküſte Arabiend einen Erſatz für 
jenen VBerluft, und einen neuen ſchwunghaften Betrieb darbot 8), fo 
fiel diefer Bortheil für die Küfte Hadhramauts und Mahrad ganz 
weg, und deren Bevölkerung verfank in Armuth, Rohheit, Barbarei; 
es blieb kaum eine Spur ihres frühern großen Weltverfehrd übrig, 
fie felbft verloren Die Kenntniß ihrer Seimath, und die Europäer 
blieben in Unwiffenheit über diejelbe bi8 heute. Die Unfenntniß 
der mwüthenden Strömungen, Brandungen und Stürme, wie die 
Wildheit, Blutgier und Raubſucht der Küftenanwohner hielten zu= 
gleich alle etwa noch VBorüberfchiffenden fern auf hoher See. Auch 
den fchiffenden Nationen felbit, ven Briten, ungeachtet der einzelnen 
nautifhen Beitimmungen von Lieutn. Lewis, Capt. Moredby, 
Zumley, Omen und Andern, blieb doch eine Küftenftrede von 
1200 Mil. Engl. von Aden oſtwärts unbekannt, von welcher zur 
Zeit erſt die weftliche Hälfte durch Capt. Haines ihre aftronomis 
Ihe Aufnahme gefunden hat (f. ob. ©. 244). 

Den Palinurus führte, jagt Wellfted, im genannten Jahre 
eine ſehr langweilige Vahrt zum Car Sfolette), wo man die 
Ankunft eines Dampfjchiffes erwarten mußte. Diefe Küfte gab fo 
wenig Schuß, daß man, obwol ihr ganz nahe, doch wegen ver hef— 
tigen Brandungen nirgends ankern konnte, und dad Schiff hin und 
her geworfen in beftändiger Bewegung blieb. 

Die Küfte ift nicht eben fehr hoch, aber Fühn, voll abflugiger 
Wände, aus horizontalgefchichteten Felsmaſſen gebildet, deren un— 
tere Bänfe ald ungeheure abftürzende Mauerverfehanzungen gegen 
den Ocean vorjpringen, und zwifchen denen fich ein ganz niedriger 
Sandftrand Hinzieht, der fie verbindet, aus der Verne das Anſehn 
von Buchten giebt, aber feinen Anfergrund darbietet. 


— 


08) Niebuhr, Beſchr. von Arab. S. 284; Wellsted, Trav. l, c. II, 
p. 119. °) Wellsted I. c. II. p. 121. 


Arabien; die Küfte der Askitae, Schlauchſchiffer. 353 


Die dortigen Strandbemohner, in ihrer ifolirten Stellung, ſchie— 
nen noch nichtd von der Macht der Briten in Indien zu wiffen, die 
‚ihre piratifchen Landsleute zu verjchiedenen malen jo nachdrücklich ge= 
züchtigt Hatten; fie verfuchten die herbeigefchwommenen Fremdlinge 
anzugreifen. Ihr Boden wurde nirgends betreten, Feiner wagte es 
an Bord des Schiffes zu fommen; doch jah man fie zumeilen auf 
einem Brett, daS von zwei aufgeblajenen Schläuchen !0) 
querübergelegt getragen wurde, zu den Booten des Schiffes heran 
ſchwimmen, und von ihrem Site aus nach Fifchen angeln; ein 
Stein war ihr Anker. Zuweilen biß wol ein großer Haifiſch in 
den Angelhaken, der, wenn fie ihm nicht ſehr ſchnell tödten fonnten, 
mit der Schnur abgefchnitten werden mußte, weil der Gefangene 
dann ftetd in die hohe See geht, und feine Veinde dann mit ing 
unvermeidliche Verderben ziehen würde. Dieſes Küftenvolf, fagt 
Weddell, war vom Tribus der Geneba (offenbar vie obenge= 
nannten Beni Zenobi, ſ. oben ©. 345), die oſtwärts an die 
Beni bu Ali, weſtwärts an die Stämme der Mahra gren= 
zen. Diefelbe elementare Art, mit Schläuchen zu fchiffen, nahm 
man auch an der Dftfüfte von Oman!) wahr. 

Wellſted ahnete nicht, wie dieſes Factum die alte Erzählung 
des Agatharchides, Plinius, Arrian, Ptolemäus und 
Stephanus Byz. von dieſen Geftaden beftätige. Denn die Stelle 
des Arrian, wo er ven Weihrauch theils auf Kameelen, theild auf 
Schlauchflooßen (Peripl. Mar. Erythr. p. 15: oyediaugs dvro- 
ziuıg deguarivors 25 G0xWv; nach der Ueberfegung: ratibus qui- 
busdam pelliceis quae ex utribus confectae sunt) nah Gane 
transportiren läßt, haben wir fchon oben angegeben (f. ob. ©.313). 
Agatharchides (ed. Huds. de Rubro Mari p. 64) fpielt auf den— 
felben Transport an. Ptolemäus führt vom Sadalitifchen Golf 
die Berltauder an, welde auf Schläuchen ven Golf quer über- 
ſchiffen (VI. 7. fol. 153: im Sinus Sachalites, &v @ xoAdußmoıg 
nivıxovg ini aoxav dıan)ovoe), und giebt den Anwohnern des 
Syagrosberged bi zum Ufer des Meeres den Namen Ascitae 
(VI. 7. 154 Aozitaı). Unter diefem Namen führt Stephanus 
Byz., nah Marciand Periplus, in feinem Xericon (s. v. Asci- 
tae) dad Volf der Aoxiraı als ein imdifches Volk auf, das auf 
Schläuchen fchiffe (dmi aoxwv nAfov), und nennt die beiden Na— 
men deffelben: das Volk ver Aſeiten (Aoxırav, von Aoxog, 


Wellsted 1. c. II. p. 121, '') Gbend. I. p. 59. 
Nitter Erdkunde XII. 3 


354 Weſt-⸗-Aſien. IV. Abtheilung, $. 63, 


daher Foxirng) und ver Aſchaliten (Foyakırav), wobei es dein 
Grammatifer entging, daß er zweimal dafjelbe arabifche Volk 
nannte, da Afchalites offenbar nur faljche Schreibart von Sa— 
chalites ıft, und das eine die geographifche, das andere die ety= 
mologifirende Benennung derfelben Völferfchaft war. Daß viefe 
etymologiſche Benennung ſchon frühzeitig zur Verdrehung oder Grä- 
cifirung des einheimifchen, aber und bis jegt unbekannt gebliebenen 
Namens die Veranlaffung gegeben, fehen wir aus Plinius ziem= 
lich confufem Excerpt aus des Juba Berichten über dieſes arabijche 
Küftenvolf (Plin. H.N. VI. 34: quin et commereia ipsa infestant 
ex insulis Arabes Ascitae appellati, quoniam bubulos utres bi- 
nos sternentes ponte piraticam exercent sagittis venenatis). Bid 
auf die vergifteten Pfeile jehen wir demnach wörtlich jene That» 
fache für dieſe Zocalität beftätigt, und in Mannerts Ausfpruch bei 
Gelegenheit des Landes Aſichon und der Askitae1?), daß wir 
von beiden gar Nichts wiſſen, können wir demnach keineswegs 
einftinmen, jo viel und auch noch von ihnen zu erfahren übrig 
bleibt. So viel geht wol bejtimmt hervor}), daß jene Askiten 
in ihrer Gultur feit Plinius Zeit nicht aus der Stelle gerüdt find, 
und daß Plinius ſchon fich ven Namen des Volks ver Ascitae 
etymologifivend erklären ließ (naod TO &0x0v, quia in utribus na- 
vigant) 1). 

An dieſen Küften ward dad Schiffsvolk des Palinurus jehr 
häufig durch die feltfamften Vorfpiegelungen der Kata Morgana 
(Serab, ſ. 06. ©. 337) getäufht. Die Sonne nahm zumal beim 
Aufgehen die verjchiedenften Formen an, und zeigte fich bald als 
flachgedrücdtes Oval, oder als emporgerichtete Pyramide, oder ald 
abgeftumpfte Golonne. Ganze Strecken von nichtigen Ufern ftell- 
ten fich mit folcher Täuſchung zwiſchen die Infeln und das Schiff, 
dag man auf ihre Eriftenz geſchworen hätte. Daher leitet Well: 
fted die vielen irrigen und unfichern Vorſtellungen der Schiffer, 
die durch ale Jahrhunderte hindurch hier zu jo vielen falichen 
Angaben führten, von denen gewiß auch die Angaben ded Arriani- 
chen Periplus und der Ptolemäifchen Tafeln durch Feine Conjertur 
und Critif ganz werden gereinigt werden Fünnen. Von den vielen 
Phänomenen des Leuchten315) in dieſen Meeren leitet Wellſted 


1°) Mannert, Geogr. d. Gr. u. Röm. Th. VI.1. €. 103. 0 
Fresnel, Lettre sur la Géogr. de l’Arabie Il. c. T.X. p. 196. 
’*) Bochart, Geogr. Sacra L.II. c. 18. p. 106. ) Wellsted l.c. 

Tray. to the City etc. II. p. 124. 


= 


Arabien; Südoſtküſte, Schiffergefahren. 355 


die vielen Sagen der Araber von den Sigen der Peris in den 
jhimmernden Paläften des Meeresgrundes her. Die Unkenntniß 


“ der Strömungen dafelbit, das plötzlich einfallende Anſtürmen ver 


Winde, und die eben fo plöglich eintretenden Windftilen haben von 
jeher die dortige Schiffahrt erfchwert. 
Nach langem Verweilen des Palinurus in den Gewaffern 


des Gap Sfolette wurde er durch die Ankunft eined Dampfſchif— 


jed von feiner mühfeligen Station erlöft, und mit vem Landwinde 


 (Beladi)tonnte man nun weſtwärts bis Mirbat fchiffen, dad am 


19ten Dezember erreicht ward. Diefer Wind wurde immer hefti— 
ger, bis man fich Dicht unter den Schuß der Küftenriffe ftellte. 


Solche Brifen find von den Arabern wegen des plößlichen Eins 


ſetzens jehr gefürchtet, da durch diefelben ‚ihre Kleinen Barken un— 


wiederbringlich in die hohe See fortgefchleudert werden, wodurch ihre 
Mannſchaften, der Berdunftung ihres Wafferd und Aufzehrung ih— 


red geringen Proviantes wegen, einem faft fichern Hungertode ent— 
gegen gehen. Diefe Brifen des Beladi fallen meift mit Sonnene 
aufgang an diefer Küfte ein, wachſen bis zum Mittag und nehmen 
dann wieder ab. Don ihrem SHinftreichen über die MWüften, die 
nah übermäßiger Tageshige fich in der Nacht plöglich abfühlen, 
find fie froftig, troden, unangenehm und der Gonftitution fehr nach— 
theilig.. Gegen Mittag werden fie wärmer, in eifernen Gefäßen 
bemerkte man die Temperatur des Waſſers 22° 21’ NReaum. (82° %.), 
während die der Atmosphäre von 14° 67' bis 28° Neaum. (65° bis 
95° 8.) fluetuirte. Die größte Irregularität, verfichert Well— 
fted!6), aus Erfahrung und der Geſchichte fo mancher hin und her 
getriebenen Seefahrten, finde in dieſen Gewäſſern der noch unbes 
kannten Strömungen, der nicht nach ihren Gejegen erkannten Mee— 
reöfluthen und plößlich einfallender Stürme zwifchen der arabi— 
hen und vorfpringenden afrifanifchen Küfte flatt, die auch er 
durch die vielen Bahrten in den Umgebungen von Sofotora zus 
mal kennen lernte, daß ihm mancher Zmeifel gegen die Regel— 
mäpigfeit ver hier von einem fogenannten Hippalus einft ent— 
deckten Gefege der Monfunmechfel vabei eingefallen ſei. Doch hindre 
dies keineswegs die Möglichkeit einer auch im frühefter Zeit durch 
fleinere Schiffe in diefen Gewäſſern zurüdgelegten Invienfahrt, da 
die Kleinheit ver Gefäße bei alle dem auch heute noch Fein Hinder— 
niß der dortigen Schiffahrt fei. Denn eins der Schiffe Vasco 


Pr Wellsted l. C p» 128, ‚ 
32 


356 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


de Gama's, das hier die Heftigften Stürme überwand, habe nur 
25 Tonnen Laſt gehabt, eine Größe die, wenn nur hinreichend mit 
Ballaft verfehen und maneuvrirt, jo ficher führe, wie ein Schiff 
von 500 Tonnen; und er felbft Habe in Barfen von nur 27 Fuß 
Länge und 7 Fuß Breite hier die heftigſten Stürme überlebt. Die 
ältefte Araber= und Aegypter- Schiffahrt Fonnte alfo auch Hier zur 
Zeit ded Periplus und Agatharchides ein Gleiches thun. 


Anmerkung. Der arabiihe Weihraud. Lubaͤn der Ara= 
ber, Lebonah der Hebräer, Alßavos der Griechen. Ovos, 
YJuvulaue; Thus der Römer. Incensus, Entens, 
Franckincense. Olibano der Staliener. Die Weih— 
rauchländer in Mrabien, in Afrifa, in Berfien und In— 
dien. Xovdoos, Chonder des Avicenna;z Kundur der 
Perſer und Inder. Javana, der Arabifche, im Sanskrit. 
Der indifhe Weihrauhbaum: Boswellia serrata; die 
verwandten Species der Bäume und Gummiarten in 
Sndien. 


Nachdem wir num fo weit, als bis jegt unfere Kenntniffe reichen, 
das Südgeftade Arabiens aus den Berichten des Alterthums und 
des Mittelalters mit einigen Berichtigungen und Entdeckungen der jüng- 
ften Zeit fennen gelernt, das vorzüglich feinen Ruhm, außer der Periode 
der Eultur der Sabäer und dem indifchsägyptifhen Welthan- 
del, auch dem Weihrauchlande, feit ven Mofaifchen und Salomoni- 
chen Zeiten, verdanfte, fo würde eine Kenntnig der geographiſchen 
Verbreitung des Gewächfes, welches diefes Foftbare Erzeugniß lie- 
fert, zur Bervollftändigung jener Unterfuchungen fehr wünfchenswerth fein. 
Aber eine folche hat, wie bei allen ähnlichen (z. B. über Caſſia, Erdk. V. 
823; Kinnamom, Erdf. VI. 123 —142; Bombyr, Erdk. X. 1056— 1061 
u.a.) Unterfuchungen, wo die Waare aus dem Drient oder das Erzeug- 
niß früher als die Wurzel des Erzeugenden befannt wurde, und längft 
dur) die Hände und Stapelorte vieler Völker und Länder gegangen war, 
ehe man den eriten Urfprung, die urſprüngliche, oft fehr ferne Heimath 
derſelben kennen Fonnte, da fie obenein noch gewöhnlich aus Handels: 
interefie verheimlicht wurde, ihre große Schwierigkeit. Denn die ver- 
fhiedenen Namen der Waaren werden mit der Zeit auch auf ver- 
Ihiedene Waaren und deren Surrogate übertragen, die als Verfäl— 
ſchungen, oder weil fie bequemer und wohlfeiler zu haben, oder auch mit 
der veränderten Sitte und fich umwandelnden Gebräuchen andere Nachfrage 
entfteht, in den allgemeinen Verkehr verfchlungen, und fo wird es oft 
ſchwer, ja unmöglich, die urfprünglichen reinen Verhältniffe von den ab- 


Arabien; Weihrauch und Weihrauchland. 357 


geleiteten und gemifchten zu unterfcheiden. Dies ift num aud) mit dem 
Weihrauch des arabifhen Weihrauchlandes der Fall, defien Name 

ſchon an fich, wie im Deutfchen fo auch in andern Sprachen, einen Com: 
plex der verfhiedenften wohlduftenden Materialien in fich faßt, und eben 
fo in allen Sprachen der europäifchen Sandelswelt (Encens, Franckin- 
cense u. a.), jelbjt in dem italienifchen Olibano, das erft aus dem mit: 
telalterigen neulateinifchen Oleum Libani entjtanden ift, die verſchieden⸗ 
ſten Deutungen zuläßt. Dazu kommt, daß auch die älteſten Berichterſtat— 
ter, wie Artemidor, Agatharchides, Eratoſthenes, Theophraſt, 
Strabo, Plinius, Arrian, Dioscorides, Ptolemäus und An— 

dere, faſt nie dieſes Product allein, ſondern ſtets vergeſellſchaftet nen— 
nen, mit Myrrhe, Kaſſia, Cinnamom und andern Producten des 
Orients und des überſeeiſchen Handels, oder bald nur das eine oder dag 
andere hervorheben, und mit den Namen von Aromaten oft nur über: 
haupt die „gewärzreichen Länder” und Hafenftellen belegen, von 
denen aus diefe Produete nach dem Decident eingeführt zu werden pfleg- 
ten. So wurde ſchon Alexander durch den allgemeinen Ruhm Ara- 
biens, weil er gehört, daß dort die Caſia auf Büfchen, die Myrrhe 
und Weihrauch auf Bäumen wachfe (Arriani de Exped. Alex. Lib. 
VII. 20: «no de z@v devdgwv Te ouvgvav re za ToV Außavwrov), zur 
Eroberung und zum Beſitze der Halbinfel angereizt, zu deren Nuhm und 

Preis wol die übertriebene Bolfsmeinung nicht wenig beitragen mochte, 
die Diodors Worte verrathen (Diod. Sic. II. c. 49), daß den Göttern 
der Duft des Weihrauches der angenehmite fei, und daß die koſtbarſten 
Nauchwerfe, welche bei andern Völfern nur fparfam auf die Altäre der 
Götter gelegt werden fönnten, bei den Bewohnern der Arabia felix zum 
Heizen der Defen und zur Bereitung der Streu für die Hausgenofien 
dienen. 

Da Fresnel, der freilich am geeigneteiten dazu gewefen wäre, neue 
Auffchlüffe als Augenzeuge im Lande felbit über die Meinungen der Al: 
ten und Neuern hinfichtlicy diefes Gegenftandes zu geben, diefe feine Ab— 
ficht, die er ſich vorgefegt '”) hatte, noch nicht zur Ausführung gebracht, 
fo wollen wir hier vorläufig zu dem fchun oben Geſagten (f. ob. ©. 264, 
333 u. a.) nur das uns darüber am wichtigften Gricheinende hier über: 
fichtlich zufammenftellen. 

Wenn nad den obigen Angaben des Gratofihbenes und Strabo 
die vier großen Völker, ale Minäer, Sabäer, Kattabanen und 
Ghatramotiten, in bderfelben Neihenfolge vom innern arabifchen 
Meere zum äußern den Süden der arabifchen Halbinfel einnehmen, und 
Aelius Gallus bei der Belagerung von Mariaba, der Stadt der Rham— 
niten, nur noch 2 Tagemärfche fern von dem Gewürzlande (nis dow- 


*ı7) F. Fresnel, Géogr. sur l’Arabie I. c. T.X. p. 179 u. a. ©. 


358 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


zieropogov) war, jo würde damit die innere Myrchen-NRegion des 
Ptolemäus (7 Evrös ouvovopooos) übereinftimmen. Seine äußere Re- 
gio myrrhifera (n 2z705 z. r. 4.) dagegen würde mit dem Lande Ha- 
dhramant an der Südküſte zufammen fallen, und feine Außevogooos, 
die Weihrauchgegend, Regio thurifera, noch weiter oftwärts, erſt 
gegen Oman hin zu fuchen jein. Diefer legteren Verlegung an den äu- 
ferften DOften der Halbinfel widerjpricht die heutige Beobachtung, da 
Mellfted '°) auf feiner ganzen Reife durch Dman feinen Weib: 
rauhbaum hat auffinden fönnen, wenn ſchon Aloe, die Mimofa, welche 
das Gummi Arabicum giebt, die Caſſia und viele andere mit jenem 
öfter genannte Gewächſe dafelbit häufig find. ntfchieden beftätigt dies 
die fehon oben bezeichnete Unficherheit der Drientirung des Ptolemäus 
an dem Sachalitifchen Golf, und es wäre wol möglich, meinte Well: 
fted, daß die nördlihe Schar in Oman und die dortigen Aſabo— 
Berge (Asaborum Promontor. bei Ptol.) durch ihre Namensähnlichkeit 
zu Verwechslungen mit der wahren Weihrauchfüfte die Veranlaſſung ge: 
geben hätten, da auch Plinius von der Ausara civitas an jenen Oft: 
buchten eine Ausaritis myrrha anführt. 

Geben wir es auf, im Innern dieſes Arabiens ſelbſt, wohin noch 
feine locale Beobachtung eingedrungen ift, die Abgrenzungen der genann— 
ten Räume nad) den Meberlieferungen der Alten, womit der gelehrte 
Bohart'?) auf eine vergeblihe Weiſe ſich abgemüht hat, feftitellen zu 
wollen; da auch die Neuern uns hier noch gänzlich vathlos laſſen, fe 
find alle unfere, wenn auch noch fo dürftigen Nachrichten Doch in Weber: 
einftimmung mit dem Schifferberichte des Periplus, die ganze Südküfte 
Arabiens oftwärts von Bane, in Hadhramaut und Mahra bis Ha- 
fik, das Sahalitifhe Geſtade im weiteften Sinne, mit ihm, 
für das wahre Weihrauchland, die Regio thurifera, anzuerfennen. 
Mir haben fie oben in ihren Einzelnheiten als Cane Emporium, ale 
Umgebung von Hifn Ghorab und Maufalla, als Kefhin und 
Mirbat, der Mahra, als die Gegend von Zafar, als den hohen 
Berg der Mofaifchen Schriften gegen den Aufgang, als das Land 
Chedjer Edrifi’s, als Al Shher das Land des S’hhari nad 
Sresnel, als Zayın, als Hafif Ebn Batuta’s, als den Kräu- 
tergolf, dad Gap Saugra, den Syagros um. f. w. bis zum Gap 
Sfolette und Nas al Had, aus den verfchiedenften Berichten und Zeiten 
fennen lernen. Es bleibt aber unausgemacht, ob überall an diefem 
Geftade der Joetaniden, wo die Waare aus der erften Hand in den dor: 
tigen Küftenftationen aufgehäuft lag und zu haben war, aud) in dem da— 


19) Wellſted, Reife in Arabien. Ueberj. v. Nödiger Th. 1. ©. 54, 195 
2.0.D. 9) Bochart, Geographia Sacra ed. Lugd. Bat. 1692. 
Lib. Il. ec. 18. p. 105 — 107. 


Arabien; Weihrauh und Weihrauchland. 359 


binterliegenden arabifchen Lande das Gewächs einheimifch war, das 
diefe Waare lieferte. Wellſted, der wol einer der beten heutigen Ken: 
ner diefer Gegenden ift, fagt mit Beftimmtheit, dag nicht nur in ganz 
Dman, fondern auch an der Südküſte weflwärts des Diftrictes 
Makalla nirgends’) mehr ein Weihrauchbaum zu finden fei; 
aber er jelbit Hat, wenn er fchon den Drachenblutbaum (Dracaena draco) 
hier in großer Menge wie Alo& und viele andere eigenthümliche Ge: 
wächfe beobachten konnte, doch überhaupt nie einen Weihrauhbaum 
an dieſer Küfte zu jehen befommen. Er giebt die Urfache an, weil man 
ihm fagte, daß fie auf den höchſten Bergen in einem fo dür— 
ven Boden wühfen, wo fein anderer Baum fortfommen 
würde. Diefe 5000 Fuß hohen Küftengebirge find aber von den Euro— 
päern wegen der zu großen Gefahr noch nie beftiegen worden. 

Weftwärts Mafalla hat auch Gapt. Haines, während feiner 
Küftenaufnahme des Landes, bis Aden, obgleich vom Schiffe Palinurus 
fehr häufig die Küfte von feinen Officieren betreten und auf ihr Excur— 
fionen gemacht wurden, nirgend nicht einmal des Weihrauchbau— 
mes erwähnt. In dem Hafen Mafalla nennt er zwar unter den 
Handelsgegenftänden den Weihrauch, aber nicht ala Exporte, wie doch 
Gummi, Senna und andere Producte, fondern fagt, daß Sclaven 
und Weihrauch ?') von der afrifanifhen Küfte von Berbera in 
den Hafen von Mafalla eingeführt würden. Nur an der Oftgrenze 
feines Survey, im Gebiete des Sultan, der von der Scherm-Bai 
bis Mifenat herrfcht, führt er unter den Erporten, aus deſſen Reſidenz 
Raüdah, nebſt Alee, Ambergris, Haifiſchzähnen, auch Weihrauch °’) 
als einen Haupthandelsartikel mit auf. 

Wellſted hat aber in jenem Hafen Makalla, der gegenwärtig 
die Hauptausfuhr von ganz Hadhramaut zu haben fcheint, außer vielen 
andern verwandten Artikeln, wie Semur, Katäd (ein Astragalus, def: 
fen Dornftraud) Tragacantha das Gummi Tragant giebt), Myrrhe u.a, 
auch zweierlei?) Arten Weihrauch fennen lernen, die aus dem 
Innern des Landes dahin zur Ausfuhr nad) Indien gebracht wur: 
den. Die eine, fagt er, heiße Lubän, fomme aus Hadhramaut und 
fei die ſchöne Specerei, die in den Häufern und Tempeln zum verbrennen 
als Rauchwerk diene. Die andere, Lubän mati, fei minder wohlrie: 
chend und werde gewöhnlicher zum Kauen verwendet. Ob diefer letztere 
wirflicher Weihraudy war, bleibt noch dahingeftellt, da mit demfelben Na- 
men des Lubän, bei den Arabern, oder doch im Handelsverfehr, fehr 


20 Wellſted, Reif. in Arab. Th. J. S. 196 und II. ©. 345. 

*!) Capt. Haines, Memoir etc. in Journ, of the Lond. Geogr. Soc. 
IX. p. 150. 2) Ebend. p. 154. 29) Mellited, Neif. in Arab, 
Il. ©. 333. 


360 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63. 


verfehiedene Waare belegt wird. In dem Neport?*) des Survey, wel- 
her die gebirgige afrifanifche Küfte von Nas Hafun bis Ras Gul— 
waini, oder das Land der Medjerthein und Somanli, zu beiden 
Seiten des Cap Guardafui mautifch aufzunehmen beauftragt war, 
wird die dortige Küfte als ergiebig an Weihrauh und Myrrhe ge 
nannt und von dem Iucrativen Handel der Araber geiprochen, die von 
da den Franckincenſe wie die Myrrhe nach ihrem Sande einführten. 
Sa Capt. Kempthorne, der mit feiner Kriegsjchaluppe, dem Elive, 
dorthin commandirt war, befchreibt das Wachsſthum des von ihm dort 
entdeckten Baumes, der diefes Trandincenfe trägt, das jehr oft mit 
dem Weihrauch für gleihbedeutend gehalten °°) oder doch mit ihm 
verwechfelt und auch als Waare verführt wird, wenn es fchon wejentlich 
von ihm verichieden fein mag. Eben diefes Rauchwerf des Frandin- 
cenfe?‘), deſſen Baͤume auf 1000 Fuß hohem Bergplateau über dem 
Bender oder Hafen Caſſim an der Berbera-Küfte (an 20 geogr. 
Meilen öftlih des Hafens Berbera) in Menge auf nadten Marmor: 
Hippen wachfen, liefern ein fehr reichhaltiges, fehr aromatifches Parfüm, 
das von den dortigen Hirtentribus, um das Cap Guardafui, eingefammelt, 
an die Banianen und Araber verhandelt, und in Menge nad) dem Ha— 
fen Mafalla und andern gegenüberliegenden Orten Hadhramauts zum 
Meitervertrieb eingeführt wird. Ob dies vielleicht der von Wellfted 
dort gefehene geringere Lubän mati, oder ob noch eine dritte Sorte, oder 
ob wirklich das Product identifch mit dem wahren Weihrauch, ift- ohne 
genauere Unterfuchungen gar nicht zu ermitteln, und doch fehlen diefe auf 
eine wiflenfchaftlihe Weiſe angeftellten bis jest noch gänzlich. 

Auch Niebuhr, der fich viel um die Kenntnig der Producte Ara- 
biens und um die Gefchichte ihres Umfates bemühte, Fonnte, da er felbfi 
die Küfte Hadhramant gar nicht betrat, nur Anderer Meinungen fan: 
meln. Beides, Hadhramauts wie Jemens, der Arabia felix, ein: 
zige Waaren für Fremde, bemerft er ?”), waren einft nur, wie «uch heute 
noch, Weihrauch und Aloe Noch zu feiner Zeit werde von Mochha, 
der alten Muza, etwas AloE ausgeführt, nämlich die Aloe von So— 
cofora, die als die beite heute noch im der ganzen Welt gefucht fei. 
Der arabijche Weihrauch fei zwar viel fchlechter als derjenige, der 
mit indifhen Schiffen nad dem arabifchen und perfiichen Meerbufen 
gebracht werde, doch werde dennoch auch er verlangt. Denn wenn in den 


°°*) Survey of the South Coast of Arabia, in Report of the Bom- 
bay Geogr. Soc. for 1837 — 38, in Proceedings of tlıe Bombay 
Geogr. Soc. May. 1838. p. 55. 25) Ebn Batuta, Trav. ed, 
Lee. p. 61. °°) Capt. G. B. Kempthorne, Ind. Nav, Descript. 
of the Franckincense Tree as found in Guardafui, in Maj. Har- 
ris the Highlands of Abyssinia. Lond. 1844. 8. Vol. I. App. III. 
p. 427— 428. °°) Niebuhr, Beichr. von Arab. ©. 221, 284. 





Arabien; Weihrauh und Weihrauchland. 361 


chriftlichen Kirchen nur wenig, in den türfifhen Mofcheen vielleicht gar 
nicht geräuchert werde, jo verbrauche man defto mehr von folhem Rauch: 
werk in den Häufern und Tempeln Indiens. Doc) habe diefer Abſatz des 
ſüdlichen Arabiens in Hinfiht des Weihrauchs fehr abgenommen, 
unftreitig weil es nicht mehr die einzig zugängliche Localität feines Er: 
zeugnifies geblieben ift, wie fie e8 vordem war; aber auch weil diefe Küfte 
überhaupt verarmie durch Verſinken in Rohheit, feit der Mohamedaner 
Zeit, und feit der Entdeckung des Seewegs nad) Dftindien und dem Auf: 
hören des Stapeld an der Küfte Hadhramauts, defien Küftenanwohner 
nun, wie feine fremden, fo auch ihre eignen Producte nicht mehr auf 
eignen Schiffen mit eignen Seecapitainen nach Indiens oder Aegyptens 
Häfen fchicken, wie vordem. Mit dem Aufhören des Stapels indifcher 
Waaren an den Küften hörte auch der Landverkehr und das Karawanen— 
wefen zum Transport der Güter durch die Mitte der arabischen Halbinfel 
auf, und damit der Hauptgewinn der Kameeltreiber und der Kameelzucht 
zu Transportihieren für die dortigen Nomadenflämme. Das Weihrauch: 
product mußte fomit feinen antiken Werth, wo e8 dem Golde gleich galt, 
verlieren, da mit ihm ein großer Theil wenigftens der fremden Waaren 
und Berürfniffe bezahlt werden konnte, die durch die Fülle ihres Trans: 
portes und Abjages, die Sabäer wie die Minäer, Gerrhäer und 
Nabatäer, wie früher die Phönicier, bereichern fonnten. Aber auch 
die Berfälfhung der guten Waare durch die Kaufleute in Aleran: 
drien, wie in Nom, mußte zum Herabfinfen diefes Handels beitragen, 
worüber ſchon Plinius bitter klagte, aber auch die Mittel anzugeben 
fuchte, den Betrug zu entdecken (Plin. Hist. Nat. XII. 32: At Hercule 
Alexandriae, ubi thura interpolantur, nulla satis custodit diligentia 
officinas ..... apud nos, i. e. Romae, adulteratur resinae candi- 
dae gemma perquam similir sed deprehenditur quibus dictum est 
modis). 

Mirbat und Hafek, erfuhr Niebuhr?) führten auch zu feiner 
Zeit noch Weihrauch aus; er fei befier als der von Schähhr, doch 
nicht fo gut als der von Dhafär (Zafar). In Kefhin, deffen Sheifh 
damals auch Herr von Sofotora war, rühmte man ben Weihrauch die- 
fer Infel; den Weihrauch des Marktes von Dhafär, den man dort Oli- 
ban oder Liban nannte, rühmte man als den beften arabifchen, und 
doch follte er im Vergleich mit dem imdifchen nur fehlecht fein. Gin 
Weihrauchhändler in Bombay gab die Urfache anz er verficherte, daf 
die Araber ihren Dliban ungereinigt, und nur mit Sand und Steinen 
vermengt zu Marfte brächten, wie die Araber zu Tör ihren Gummi. An 
einer zweiten Hanptitelle wiederholt Niebuhr daß gegenwärtig der 
Weihrauch noch in den Gegenden von Keſchin, Dhafar, Merbat, 


2) Niebuhr a. a. O. ©, 297. ) Gbend. ©. 143. 


362 Weſt-⸗-Aſien. IV. Abtheifung. $. 63. 


Haſek gebaut(?) werde, befonders aber in der Provinz Shähhr, näm— 
lich diejenige Art, welcye bei den Arabern Liban oder Oliban, bei den 
Engländern Incense oder Franckincense genannt werde, welche aber nur 
Schlecht fei. Doch könne man in Arabien auch viele andere Sorten Rauch— 
werf aus Habefch, von der Infel Sumatra, aus Siam und Java haben, 
und unter diefen fei eine Art, Bahör Java bei den Nrabern genannt, 
welche bei den englifchen Kaufleuten Benzoin heiße, die dem Dlibän 
jehr ähnlich fei. Don diefer werde eine fehr große Menge über den ara: 
biſchen und perfifchen Golf nach der Türkei verlangt, und der fchlechtefte 
der dreierlei Sorten dieſes Benzoin werde noch immer für beſſer gehal- 
ten als der Dlibän, der jet aus Arabien fomme. Demnad) fcheint der 
Benzoin gegenwärtig falt ganz den arabifchen Weihrauch verdrängt zu 
haben, und die Bornehmen in Jemen felbit follen gewöhnlich das in- 
diſche NRauchwerf, oder ſelbſt den Maſtix von der Infel Scio, ftatt 
des einheimifchen, in Gebrauch haben. 

Obwol nicht felten vom Weihrauch Socotoras, und auch nach 
Niebuhr bei Kefhin davon die Rede war, fo läßt fich fein Vorfommen 
auf diefer Infel, die an Aloe, an dem Dum Khoheil oder Gummi 
des Drahenblutbaums, an dem fehr hellen wohlriechenden dort fo: 
genannten Gummi Amara reich ift, und an andern, doch fehr be— 
zweifeln, daß der MWeihrauchbaum daſelbſt wachfe; denn die Briten fa- 
hen ihn dafelbft nicht während ihrer Aufnahme der Infel, und jenes 
Amara wird wol als Surrogat im Handel mit dem Dliban vertaufcht 
fein, obgleich es nach Wellfted °°) geringer ift als diefer der arabifchen 
Küfte. Doch feheint ſchon Theophraft in feiner Nachricht vom Weih- 
rauch das Product diefer Inſel, welche die Araber beherrjchten, dem ihres 
eignen Landes vorziehen zu wollen (Theophr. Histor. Plantar. Lib. IX. 
c.4. $.10; eine Meinung die König Juba widerlegt hat, der ſchon be: 
hauptete, daß auf den Inſeln Fein Weihrauch Plin. AH. N. XU. 32: Juba 
in insulis negat thus nasci). Auf dem Feftlande des anftogenden Ae— 
thiopiens hat auch Bruce von der Küfte des Cap Aromatum, d. i. 
Guardafui nordwärts bi8 Dancali, von einem Weihrauch- und 
Myrrhenlande gefprochen, das fich, nach feiner Befchreibung vom ge— 
wonnenen Gummi, wol auf nichts anderes als auf daffelbe von Kemp— 
thorn') beobachtete Gebiet des „NRauchwerfs von Caſſim“ bezie— 
hen dürfte, das diefer Srandincenfe nannte, und was ald Weihrauch 
im Handel zu Bruce’s Zeit unter dem Namen Weihrand bis zu 


»30) Wellsted, on Socotra, in Trav. to the City of the Caliphs UI. 
p. 288; deſſ. Memoir on the Island of Socotra in Journ. of the 
Lond. Geogr. Soc. 1835. Vol.V. p. 198, >) 5. Bruce, Reifen 
zur Entdefung der Quellen des Nils. D. v. Volkmann. Leipzig, 
1791. Th. V. ©. 43. 


Arabien; Weihrauch und Weihrauchland. 363 


den Königen von Gondar fommen mochte; um diefelbe Gegend iſt wol 
die Schon von Herodot vom Nil gegen den Aufgang, noch im äthio- 
pifhen Lande, in der arabifchen Bergfette am erythräifchen Meere bezeich- 
nete Weihrauchlandfchaft (Herod. II. 8. Aıßevwropoo«), von der 
er aber nur an diefer einzigen Stelle im Vorbeigehen fpricht, ohne fie 
näher zu bezeichnen. Weiter gegen Süden, gegen die Aequatorialfüften 
Zanguebars finden wir jenfeit des Cap Aromatum (Gap Guardafui) nir- 
gends eine Spur von einem Weihrauchlande erwähnt. Herodot fannte 
übrigens den Weihrauch fehr wohl, der nebft Myrrhen, Kaſia und anderm 
Rauchwerk beim inbalfamiren der ägyptifchen Leichen vorfam (Herod. 
1. 86); er wußte auch, dag Arabien von allen Ländern einzig und 
allein den eigentlichen Weihrauch (Herod. II. 107. Aıßavwros) nebft 
Myrrhen, Kafia, Kinnamom und Ledanon liefern, daß er aber 
dafelbjt nicht ohne Mühe von dem Weihrauch baume (6 Aldavos) ein: 
zufammeln fei, weil diefer von Heinen, bunten, geflügelten Schlangen be- 
wacht werde, und daß man nur, wenn man den Storar verbrenne, den 
Weihrauch einfammeln fönne, weil nur durch deſſen Dampf jene ver- 
trieben würden. Da bis jest noch fein Europäer beim Ginfammeln des 
ächten Weihrauchs im Arabien zugegen war, fo ift uns zur Zeit auch 
noch diefe Erzählung fabelhaft. Für die Eriftenz des ächten Weihrauchs 
aus Afrika Hätten wir alfo Fein entfchiedenes Zeugniß, weder der 
neuern Zeiten, wenn nicht Kempthorns Srandincenfe ein folches 
darbietet, noch der Altern aufzuweifen: denn auch Strabo, der dem Ar: 
temidorus folgend von der Weihrauchküſte Afrifas??) fpricht, be- 
zeichnet feine andere Gegend damit, als die von Kempthorn der ara: 
bifchen gegenüber liegende fchon erwähnte. Seine zuvor wenig verftan: 
dene Stelle yon der Landfpise der Menfchen, wo die Samaulis wohnen, 
unverflümmelten Leibes (ohne Befchneidung der Schanmtheile), nämlich 
dem Borgebirge des Pytholaos, außerhalb Bab el Mandeb 
(Strabo XVI. 774), wo die „beiden großen Seen,“ der eine fal: 
zige und der andere füße mit Hippopotamen und Grocodilen (der Na: 
tron-See und der füße des Hawaſch in W. von Tadjurra und Zeyla) 
liegen, ofiwärts bis zum Elephas mons (6 ’Ei&pas zo 0005, d. i. 
Ras elfil, i. e, Promontorium Elephantum, am Gap Guardafui), 
ift feine Regio thurifera (AıBavoropsoos &zoe), in welcher die Bäume 
wachen, welche die Myrrhe und den Weihraud (ouvovev zur A- 
Pavov) geben. Diefelbe Rüfte von Berberah bis Caſſim (Chafim) 
ift e8 aber eben, in welcher Gapt. Kempthorn, bei feinem Küftenfurven, 
bas merkwürdige Wachathum feines Brandincenfe-Baumes befchreibt, 
von dem er leider den einheimifchen Namen zu erforfchen unterlaffen hat, 
Derfelbe dort wachjende ift es aber unftreitig auch, welchen Arrian im 


») Bergl. Marciani Heracleotae Periplus ed. Huds. p. 12. 


364 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63, 


Beriplus (Per. Mar. Erythr. p. 6) mit der vortrefflichften Myrrhe den 
jenfeitigen Weihrauch nennt, weil er außerhalb der Meer: 
enge von Dfelis’?), oder dem heutigen Bab el Mandeb, der ara: 
bifhen Küfte gegenüber, auf der afrifanifchen wenn ſchon fparfamer ge- 
wonnen werde (Per. Mar. Erythr. p. 6: ouvova zur Alßavos 6 nreo«- 
tıx0s OAlyos). Db auch de8 Diodor (Diod. Sic. V. 41), oder viel: 
mehr des Euhemeros fabelhafte heilige Weihrauchinfel, Panchaia, 
hier zu fuchen fein mag, in der Nähe von Socotora oder anderswo, 
laffen wir hier für jeßt umerörtert. . 

Wie Herodot, fo wiederholt auch, Strabo, unftreitig nad) Ar— 
temidor und Eratoſthenes, dag im Sabäer-Lande die Myrrhe, 
der Weihrauch und Kinnamom (Strab. XVI. 778: ouvove, zal Ai- 
Bavos za zıyyaumuov) wachjen, und an dem Geftade auch der Balz: 
fambaum (dv de 77 neoallg zart Paloauov) und andere wohlries 
chende, aber leicht verduftende Kräuter; an einer zweiten Stelle jagt er, 
dag man das Gewürzland Arabiens (Strabo XVI. 782 mv aow- 
zeropooov) überhaupt, nach feinen früher gegebenen Bölkerfigen in vier 
Abtheilungen bringe. Den Weihrauch (Aldavov) und die Myrrhe 
liefern ein Baum, die Caſia ein Straub. Das Myrrhenland fei, 
nach einer andern Anficht von einer Fünftheilung der gefonderten Völ— 
kerſchaften Arabiens, ein für fich beftehendes (wie fpäter bei Ptolemäus), 
das Weihrauhland (m dE Außavwropopos) wieder verfchieden (offen: 
bar öftlicher am Geſtade gelegen) von jenem; aber aus beiden erhalte 
man die Baffia, den Kinnamom» und die Narde. Miele, führt 
Strabo an derfelben Stelle an, fagten jedoch der meifte Weihraud) 
werde aus Indien eingeführt, und der befte wachſe in Per: 
fien (l. c. iv n)co 2E 'Wdwv eivaı: tod dE Aıßavov BE)TıoToV ToV 
zoös 17 Ilegoidı). Ob Strabo damit die von Weihraud duf— 
tenden Bäume auf den Infeln des perfifchen Golfs meint, von denen 
er gehört, daß aus ihren Wurzeln ein Milchfaft fließe (Strabo XVI. 767: 
&v de Tais 700 Tod "Evpoarov vno01s dEvdon YvVeodar Aupavov 
zıvEovre), ein Product das uns bis heute von dort, feien es die Bahrein- 
oder Ormuz-Inſeln, unbefannt geblieben, oder ob er fonft eine Spur vom 
Vorkommen des MWeihrauchs dafelbft gehört, wiffen wir nicht, obwol wir 
nah Chardins Verficherung wol annehmen dürfen, daß auch in den 
dürren Gegenden Karamaniens, Oman gegenüber, auf den dortigen Ber: 
gen Weihrauchbäume wachen (l’arbre de l’encens) °*), wenn ſchon 
fpecielleve Daten aus neuerer Zeit ung darüber fehlen. Hatte doch auch 
König Juba in feinem Neifewerfe an C. Käfar, des Auguftus Sohn, 
der ſich Ruhm in Arabien zu erwerben begieriger als glücklich war (ſ. 





#33) Vincent, On Comm. and Navig. II. Append. 721, Nr. 51. 
24) Chardin, Voyages ed. Amsterd. 1735. 4. T. III. p. 13. 


Arabien; Weihrauch und Weihrauchland. 365 


ob. ©. 11), von den Weihrauhbäumen in Caramanien gefpro- 
chen, von wo, wie e3 fcheint, die Ptolemäer ihre Plantagen in Aegyp⸗ 
ten anzufiedeln verfucht Hatten (Plinius Hist, Nat. XII. 31). Wenn 
Theophraſt von einem einzelnen Weihrauchbaume in einem Heiz 
ligen Haine bei Sardes foricht, der dort ohne Pflege gewachlen fei 
(Theophr. Hist. Plantar. Lib. IX. c.4. $.9), fo fann man daraus 
doch auf feine weitere Verbreitung in das Innere Afiens zurückſchließen, 
höchftens dem Plinius zugeben, daß die Könige Aſiens den Baum aud) 
dahin erft verpflanzt hatten (Plin. H. N. XI. 31: talis certe fuit ar- 
bor Sardibus. Nam et Asiae reges serendi curam habuerunt). 
Strabos Stelle, daß, außer dem Weihrauch in Arabien, fogar der 
befte aus Berfien, der meifte aber aus Indien fomme, ift demnach, 
obwol faft die einzige pofitive der Alten, doch auf das vollfommenfte 
durch obige Angaben Niebuhr’s in neuerer Zeit beftätigt, und in älte- 
rer Zeit ift es nur der einzige Dioscorides (I. 82), der auch fchon, 
wenn er auch fonft nichts Neues vorbringt, entfchieden indifchen Weih— 
rauch vom arabifchen unterfcheidet. Ehe wir aber zur Berbreitung 
des nun wirklich fchon botanifch ermittelten Weihrauchbaums 
in Sndien, der in Arabien noch nicht für das botanifche Syftem ent: 
deckt ift, übergehen, haben wir zu allem, was wir fchon früher über deſſen 
Berbreitung, Cinfammlung und Handel aus dem Periplus des Ar- 
rian, dem Agatharchides und andern zur Erläuterung der Geſtade— 
fenntniß zufammengeftellt haben, noch die interefianten Daten des Theo: 
phraft aus feiner Historia plantarum (Lib. IX. c.4) beizubringen, der 
dem Weihrauhbaum und der Myrrhe unftreitig nach den Berichten, 
die ihm und feinem großen Lehrer, dem Ariſtoteles, aus den verfchiedenen 
GErpeditienen feit Alerander des Großen Entdeckungen in Aften zugefoms 
men, mittheilt. Da fie zu den frühejten, fchon 300 Jahre vor der chrift- 
lichen Zeitrechnung, gehören, fo führen fie uns auch zugleich in die Alte 
fien paganifchen Zeiten der arabifchen Zuftände ein, und vervoll- 
ftändigen was in obigem ſchon angedeutet war. Insbeſondere führt 
Theophraft felbft an, was er durch Augenzengen erfahren, welche der 
griechiſch-ägyptiſchen Küftenfahrt, die von Heroonpolis an der 
ägyptifchen Küfte auf das arabifche Meer ausfchiifte, beigewohnt, von der 
auch Arriam (de Exped. Alex. VII. 20) und nach Gratofthenes 
auch Strabo (XVI. 767) wol eben fo wie Artemidorus, Aga— 
tharchides und Andere ihre Nachrichten erhalten haben mögen. 
Weihrauch (Theophr. Histor. Plantar, IX. c. 4. ed. Schneid. T. 
p-289: 0 Aldavos), Myrrhe, Kafia und Kinnamom fommen aus 
der Halbinfel der Araber, aus dem Lande Saba, Adramytta, 
Kitibaina (Katabani bei Strabo, f. ob. S. 293) und Mamali (Me- 
pahı bei Theophr., ſchwerlich Maucre zuun des Ptolem. an der Weſt— 
füfte in der Gegend des heutigen Kali, f. ob. S. 187, wie Spren— 


366 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 63, 


gel’) nah Mannert meint), Weihrauch, Myrrhe und Bal— 
fam (Baloauov) werden durch Einſchnitte in die Rinde gewonnen, aber 
auch von freien Stüden. 

Der Weihrauhbaum wie der Myrrhenbaum wachſen theils 
auf dem Gebirge, theild auf eignen Aeckern am Fuß der Berge, theils 
gebaut, theild wild. Die Berge follen rauh und hoch (5000 Fuß hoch 
über Mirbat, ſ. ob. ©. 297), ſelbſt ſchneebedeckt fein (vergl. ob. ©. 151; 
im füdlichen Arabien ift von feinem Schnee die. Rede); Ströme follem fich 
von ihnen ins flache Land ergiegen (wol Wadi, Regenfträme). 

Der Weihbrauhbaum foll nicht groß, nur an 5 Ellen hoch wer- 
den, und ein dem Birnbaum ähnliches Blatt, nur Fleiner und grüner, 
haben, und die Rinde glatt wie beim Lorbeerbaum fein. Die Schiffer von 
Heroonpolig, welche an den Küſten anlegten, um Wafler einzunehmen, be- 
fchreiben den Baum, den fie felbit bei diefer Gelegenheit fo wie die Ein- 
fammlung feines Weihrauches gejehen, auf die angegebene Weife. Theo- 
phraft führt auch noch andere Berichte ſehr ſchwankender Art an, welche 
den Weihrauchbaum bald mit dem Dtaftirbaume oder dem Terebinthen- 
baume verglihen; aber er giebt jenen Berichterftattern von Heroonpolis 
den Vorzug, und mit deren Befchreibung des Gewächſes ftimmt auch fein 
Gommentator °°) am beiten überein. Diejenigen Araber, welche den Weih- 
rauch als Waare verführten, fagt Theophraft, und dem Antigonus 
auch das Holz des Weihrauhbaumes überbracht Hatten, waren 
feldft fo unwiffend, daß ſie Weihrauch und Myrrhen für das Erzeugniß 
defielben Baumes hielten. 

Diefelbe Unwiffenheit fcheint bei allen folgenden Arabern vor: 
herrfchend geblieben zu fein; denn auch Plinius verfichert, daß die Ge: 
fandten, die zu feiner Zeit aus Arabien gekommen, obwol fie jelbit Zweige 
vom Meihrauchbaume mitgebracht, doch die Kenntniß von demfelben noch 
ungemwiffer gemacht (Plin. H. N. XII. omnia incertiora fecerunt), 
und feiner ihrer einheimifchen Autoren hat bis heute nicht das geringfte 
zur Aufklärung diefes Gegenjtandes beigetragen. 

Theophraft berichtet ferner, nach feinen Schhiffern von Heroonpo— 
lis, daß fie an den Stämmen und Jweigen der Myrrhen- wie der 
Weihrauchbäume der arabijchen Küfte, die feichtern und mit einem 
Beile gemachten tiefern Einfchnitte felbft gefehen, aus denen das Harz 
berabträufle oder an den Stämmen Fleben bleibe. Desiyalb breite man 
hie und da aus PBalmblättern geflochtene Matten unter, zu defien Auf- 
nahme, oder laſſe es auch, wo ein feftgeftampfter Boden fei, ohne diefelben 
fih ablöfen. Der von den Matten gefammelte Weihrauch) fei Far und 
durchjcheinend, weniger flar der vom Erdboden gefammelte, und an dem 


5) K. Sprengel, Theophraft Naturgefch. der Gewächfe: Altona, 1822, 
8. Th. U. Anmerk. ©. 346. 6) Ebend. ©. 343. 





Arabien; Weihrauch und Weihrauchland. 367 


am Baume Flebenden, das man mit Schabeifen abfrage, blieben deshalb 
oft Stücken Rinde hängen. Das ganze Gebirge der Sabäer fei 
. unter feine verfchiedenen Beſitzer getheilt; da bei ihnen Gerechtigkeit herr- 
fche, feien feine Wächter bei dem Weihrauch) vonnöthen. Ja die Bor- 
üiberfchiffenden hätten ganze Strecken des Landes fo menfchenleer und doch 
ſo voll Weihrauch und Myrrhen gefunden, daß fie vieles davon in ihr 
Schiff geſammelt und damit fortgeſchifft feien. Alle Sorten dieſer Rauch— 
werfe würden in dem Sonnentempel (eis ro Äsoon rov nAlou) zu: 
fammen gebracht, dem heiligften Tempel im Lande, der von bewaffneten 
Nrabern beſchützt werde Jedermann fchütte feinen Haufen von Weihrauch) 
und Myrrhen dafelbit befonders auf, und übergebe diefen den Wächtern. 
Auf jeden der Haufen werde eine Feine Tafel gelegt, darauf die Anzahl 
der Maafe und der Preis für jedes Maag gefchrieben. Wenn dann die 
"Kaufleute kämen, fo fühen fie nur nach diefer Aufichrift; ftehe ihnen das 
Gebot an, fo meſſen fie ab und legen den Preis an die Stelle der Waare. 
Tritt der Priefter hinzu, jo nimmt er ein Drittheil der Bezahlung für 
den Gott; das übrige bleibt unberührt, bis der Cigenthümer es abhole. 
So verhalte es fih mit dem Handel. — 

Plinius, der meift nur die Angaben des Theophraft wiederholt, 
nennt jedoch die Stadt Sabota (Plin. H. N. XII. c. 31—33), nad) 
welcher, aber nur durch ein deshalb offen ftehendes Thor, der Weihrauch 
eingeführt werden durfte, damit nach den Landesgefegen dem Gotte der 
Zehnte gezahlt würde, ehe das übrige auf den Markt fomme oder wei- 
ter verkauft werde. Der Gott werde Sabis (wol der Sonnengott bei 
Theophraft, alfo wol der Dionyfos, Arotal bei Herodot, f. ob. S. 35) 
genannt; Saba heiße die Weihrauchgegend, das nach den Griechen 
ein Myſterium bedeute (Plin. H. N. XI. 30: ..... regio thurifera, 
Saba appellata, quod significare Graeci mysterium dicunt). 

Wie allgemein der Gebrauch des arabifhen Weihrauchs bei 
den Opfern der Götter in Rom war, geht aus unzähligen Stellen der 
elaffifchen Autoren hervor (Tibull. Eleg. I, 2: Uruntur pia thura fo- 
eis; Ovid, Trist. Eleg. V. 5,11: Da mihi thura puer etc.); in weld) 
hohes Alter diefes Weihrauchofer aber im Orient felbft zurückgeht, 
zeigt fich in den mofaifchen Schrifien, wo das heilige Salböl der Stifte: 
huütte aus reinem Lebonah, d. i. Weihrauch, und der von felbft 
abtropfenden Mor, d. I. Myrrhe (2. B. Mof. 30, 23 und 34) zu 
fertigen geboten, aber zu menfchlichem Verbrauche bei Todesftrafe unter: 
jagt ward, weil er zu heilig und nur Jehovah geweiht ſei; deshalb es 
auch bei Sündopfern anzuwenden verboten (3. B. Mof. 2, 1u.2, 15 
u.16); „auf daß es ein Feuer zum füßen Geruche dem Herrn 
ſei.“ Daß diefe Foftbare Waare nur mit den Kameelfarawanen der Ke— 
darener (f. ob. S. 20) und Midianiten aus Arabien nad) Tyrus und 
Judäa Fam, fagen die Propheten Jefain (60, 6), Seremias (6,20), 


368. Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 63. 


&zechiel (27, 21u.22). Daß Gold, Weihrauh und Myrrhen 
noch in fpätern Zeiten die Foftbarften Gaben geblieben, bezeugen felbft die 
Huldigungen der Weifen aus dem Morgenlande (Ev. Matthäi2, Lu. 11). 

Der Name des Weihrauchs bei den Hebräern, Lebonah?”), der 
dem Lubän der Araber fo vollfommen entfpricht, würde, wenn auch Se- 
remias 6, 20 es nicht ausdrücklich fagte: „Was frage ich nach dem 
„Weihrauch, der aus Reich Arabia, und nad) den Zinmeteinden, 
„die aus fernen Landen fommen,‘ doc) die Herfunft diefer Waare be- 
zeugen, die auch bei den Syrern Labuniya oder Lebonia hieß, und, 
alfo von eben daher ihren Urforung bezeugt. Daß daher auch der Name 
des Baumes Aldavos und des Produts Aıßavwros bei den Griechen in 
Gebrauch Fam, hat Schon Bochart’*) nachgewiefen, und alle etymologi- 
ſche Spikfindigfeiten über diefe Worte dadurch zurückgewieſen, fo wie, daß 
der Name Diibanon nur eim fpäterer, neulateinifcher, barbariſcher Nas 
me, wahrfcheinlich aus Oleum Libani, wenn nicht direct aus dem Namen 
mit dem Artikel etwa, entitandener fei, der in das italienische Olibano 
übertragen ward. Daß aus dem griechifchen Ivos, identiſch mit Huufaue 
oder Rauchwerk überhaupt, das lateinifche Thus für denfelben Weih— 
rau in Gang Fam, hat Salmafius gezeigt, was von den Lateinern 
der fpätern Zeit mit Incensum wiedergegeben ward, woraus der Handels: 
name des Encens bei Frangofen, des Franckincense bei Englän- 
dern hervorging. Der arabifche Arzt Avicenna, ein Berfer von Geburt, 
ift es, der in feinen Schriften den Namen Chonder für Weihraud 
gebrauchte, eben fo wie der Arzt Abul Fadhli, welchen Celsius P. I. 
p- 231 eitirt, ihn Condor nannte, was man vom griechifchen xovdoos, 
granum (wie im Periplus Mar. Erythr. p. 19: z&v xovdoov scil. Ar- 
Bevov, tıs «on, i. e. si quis vel granum thuris scil. sustulerit etc.) 
herleitete; doch möchte wohl zu beachten fein, daß der perfifche Name für 
Weihrauch Kundur ift, eine Benennung die auch) in dag Coondor?) 
der Muhamedaner in Hinterindien, in das Coondricum der Tamulen, 
dad Coondir Zuchir des Hindi übergegangen ift, eben fo wie das ara- 
bifche Lubän zu den Malaien, oder zu den Hakims, d. i. den Aerzten 
Sndiens, die Lubän als identifch mit Avul Coondoor, d. i. Prima 
Sorte von Coondoor felbft in ihren Apotheken noch unterfcheiden, weil 
diefes Coondoor fchlechtweg mit dem gemeinen Frandincenfe des Handels, 
wie er auf jedem Bazar feil geboten wird, den man dafelbft keineswegs 
als den ächten Weihrauch anfieht, wol unterfchieden wird. 

Schon diefe Daten weifen hinftchtlih der Sprache nach, daß der 


37) Nofenmäller, Handb. d. bibl. Alterthumsk. TH. IV. ©. 153 — 155. 

38) Bochart, Geographia Sacra ed. Lugd. Bat. 1692. Lib. II. c. 18. 
p.103—109. *9 W. Ainslie, Materia Indica. Lond, 1826. 8. 
Vol. I. p. 264 — 268. 


Arabien; Weihrauh und Weihrauchland. 369 


Verbrauch des Weihrauchs auch jenfeit der erythräiſchen Gewäfler in In— 
dien im Gange gewefen; Strabo und Dioscorides, bei den Alten, 
hatten ſchon mit Beftimmtheit der Sache nach es ausgefprochen, daß 
derfelbe Weihrauch auch in Indien einheimifch fei, und Strabo 
fagte fogar, der meifte fomme aus Indien. Durch Niebuhr wurde die 
Eriftenz des echten Weihrauchs in Indien durch feinen Weihrauhhänd- 
ler in Bombay beftätigt, und die neuern Botanifer NRorburgh, Co— 
febroofe und Royle haben die weite Verbreitung des echten Weih- 
rauch baums in Indien bewiefen, obwol bisher noch immer feiner 
in Natura in Arabien von einem Botaniker gefehen ift. 

Da fo viele der Erporten des fühlichen Arabiens, die früherhin auch 
für dort einheimifhe gehalten wurden, wie Kinnamom, Narde, 
Bdellium, Pfeffer, Koftus u. a. m., aber dort nie wuchſen, fon- 
dern in Indien einheimifh nur Speditionsartifel des arabifchen 
Handels waren, fo fonnte man, bei dem vielen noch Zweifelhaften in der 
natürlichen Gefchichte des Weihrauchs und der räumlichen Verbreitung 
feines Baumes, vielleicht auf den Gedanken Fommen, daß jene Weil: 
rauchvorräthe an den Küften Hadhramauts, aller jener Erzählungen 
Theophrafts und des Periplus yon deflen Ginfammeln ungeachtet, 
doch nur einen Stapelplag für eine eigentlich indifhe Waare abgege- 
ben hätten; aber dagegen fpricht die Thatfahe der Sprache in den 
alten indifhen Schriften, wenn aud) Feine hiftorifche Erzählung von einer 
antifen Einführung des arabifhen Weihrauchs in Indien wie etwa 
aus der neuern Zeit befannt if. Ehr. Kaffen Hat es entfchieden nad): 
gewiefen *°), daß im Amara Kosha Il. VI. 3, 30 der Weihrauch mit 
dem Namen „Javana,“ javanifch, d. h. hier der arabifche benannt 
ward (vergl. Erdk. V. ©. 441), dag alfo hier nur Weihrauch, der aus 
Arabien in Indien eingeführt war, gemeint fein Ffanı. Wenn 
fhon der Baum in Indien einheimifh und fein einheimischer Weihrauch 
auch dort im Gebrauch ift, fo ilt doch zugleich auch an den weftlichen 
Häfen der malabarifchen Küfte das arabifhe Product als Handels: 
artifel eingeführt. Andere einheimifche, indische, zum Theil nody uner- 
flärte Namen hat Laffen aufgeführt. 

Auc in Indien war die Kenntnig des echten Weihrauchbaums 
und feines Vorfommens noch bis vor kurzem unbefannt, und man mußte 
noch die Linneifche Meinung widerlegen, daß der Weihraud das Harz 
von Juniperus lycia fei, der doc) fein Gummiharz liefert und felbft noch 
im füblihen Branfreih wäh. W. Ninslie*) unterfuchte das Cha— 
racteriftifche des echten Weihrauchs, der ſich ftets im halbdurchſcheinenden 


0, Chr. Laffen, Indifche Alterthumskunde. Bonn, 1843. 8.1.9.1. 
©. 286. *') W. Ainslie, Materia Indica I. p. 265. 


Nitter Erdkunde XII, An 


370 Weſi-Aſten. IV. Abtheilung. $. 63. 


Tropfen zeige, mit röthlicher Färbung, brüchig fei, wenn warm anflebend, 
von Geſchmack aromatifh, aber bitterlich ftechend, von eigenthümlich au— 
genehmen Geruche. Er verbrenne mit einem ftetigen, fehr Haren Lichte, 
das nicht leicht auszulöfchen, eine Eigenfchaft deren Urſache noch uner— 
mittelt ſei; er brenne eine Zeit lang, hinterlaffe eine jchwarze, Feine weiße 
Aiche und einen lieblichen Duft. Diefer Weihrauch wird fehr viel aus 
Bombay nad China ausgeführt; Colebroofe bewies*?), daß er 
von einem Baume gewonnen wird, den Norburgh in Flor. Ind. II, p. 383 
ald Boswellia serrata befchrieben bette, ein Baum dem Colebrooke 
den Namen Libanus thurifera gab, und welcher wild in Central: 
indien wächſt, groß und Hoch, dicht belaubt, mit am den Enden der 
Zweige gehäuft ftehenden ungleich gefiederten Blättern, deren jedes etwa 
ein bis anderthaib Zoll Länge Hat und wollig if. Aus des Botanifers 
Dr. 5. Hamilton’s Bapieren feiner Beobachtungen in der Provinz 
Shahabad zwifchen Sonefluß und Ganges füdwärts Benares, 
in den Bindhyan=-DBergen (f. Erdk. Th. VI. S. 835), unter 25’ N.Br., 
und nad Dr. Royle’s Beobachtungen im wetlichern Bandelfhand 
ergiebt ich, daß diefer Baum dafelbit ſehr Häufig wachfe, daß fein Weih- 
rauch Sale-gond oder Sale-laſſa heiße, grünlich fließend, wie Ter- 
pentin ausjfehend, nur von Chirurgen benutzt Gonda=-birofa, wenn 
troden Succa-biroſa heiße; aber fonft gar nicht benußt werde, fo daß 
Tr. Hamilton auch nirgends erfahren Fonnte, daß diefer Sale in den 
Handel Fomme, Erſt durch die Briten fei die Aufmerkfamfeit auf dieſes 
Product gelenft, und diefes unter dem Namen Olibanum nach England 
feitdem in den Handel gefommen. Doch hielt er dafür, dag daſſelbe Pro- 
duct auch noch von einem andern Baume, einer Amyris-Art, gewonnen 
werden fünne. Nach Dr. Royle*?) heißt der Baum im Sanskrit Sal: 
lafi oder Sillafi, woher der Name im Hindi: Salai, der aber aud) 
noch einer andern, von der Boswellia serrata verjchiedenen Art, der Spe- 
eied angehört, die Royle bis 300 N.Br. bis in die Sewalid:Berge 
der Himalaja-Kette oder in ihre Vorberge (Erdk. Th. V. ©. 577, 
636) hinein verbreitet gefunden, und welche den Namen Boswellia glabra 
wegen der Glätte ihrer Blätter erhalten hat. Dieſer ausgezeichnete Be— 
vbachter jagt, daß er auch aus dem Stamme diefer letztern Species ein 
jehr Fares, reines Gummi eingefanmelt, das auch fehr friſch mit Heller 
Flamme und lieblihem Dufte wegbrenne. Beide Arten geben alfo daj- 
jelbe oder doch fehr nahe verwandte Weihrauchproduet, das einer viel 
allgemeineren Ausbeute und Anwendung fühig wäre. Die botaniſche 
Natur, die Derwandtfchaft des heimathlichen Bodens und 


r Asiatie Research, Calc. ed. Vol. IX. p. 377. +3) Chr. Laſſen 
a. a. O.; Royle in Penny Cyclop. Lond. T. XVI. p. 426. 


Arabien; Weihraud und Weihrauchland. 371 


der Temperatur diefer indifhen Bäume mit den Gebieten des füd- 
lihen Perſiens und Arabiens made es gar nicht unwahrfcheinlich, 
daß daſſelbe Gewächs auch feine Verbreitungsſphäre nach jenen 
Landfohaften ausvehne. Diefe Boswellia glabra (Roxburgh Corom. Pl. 
Vol. III. 4) wächft aber, nach Ainslie*), auch viel weiter im Süden 
auf den höchften Bergen der Circars (Erdk. VI. ©. 471 u. f.) in den 
dortigen großen Wäldern, und ift durch fein fehweres, hartes, dauerhaftes 
zum Schiffbau fehr geeignetes Holz, wie auch die Boswellia serrata, ein 
Baum von großem Werthe. Aus den Wunden feiner Rinde tropft ein 
Harz, das im Telinga Gügul (der Baum Gugula⸗tſchittu) heißt, 
und mit Del gefocht dort zu mancherlei technifchen Gebräuchen dient. 
Noch eine dritte Species derfelben Gattung foll (Canarium odoriferum 
genannt) in den Balla Chat einheimifch fein. Die genauefte Unterfchei: 
dung der von diefen Gewächſen gewonnenen Weihraudharten mag noch 
ihre Schwierigkeiten haben, zumal wenn noch Namenübertragungen dabei 
im DVerfehr, fei es im Handel oder in dem arzneilihen Berbaude*‘) 
oder fonft, vorfommen. So verfihert Dr. Royle*‘), daß in Bengalen 
der Name Lubän auf das Benzoingummi übertragen, im nördlichen 
Indien aber damit der Kundur der Boswellia glabra (beide Species 
werden auch wol Boswellia thurifera genannt) bezeichnet werde; Kun: 
duru fei aber auch im Sansfrit ein Name des Weihrauchs (Kundurufi 
im Amara Kosha Il. IV. 4, 811 und Surabhi fo viel als duftend 
nach Laſſen; und Kunda, Kundi, Kunduru heiße überhaupt Gum: 
mi). In perfifchen Schriften werde auch der Benzoin?') mit Huffi- 
al-djawa und Huffielubän belegt, zwei Namen die urfprünglich auch 
dem arabifchen Cubän, d. i. dem Jävana, entlehnt fcheinen. Diefer 
Benzoin ift jedoch viel foftbarer als das Gummi der Boswellia glabra, 
und viel vorzüglicher duftend, fteht vem ehten Weihrauch viel näher, 
wie auch das Gummi der Boswellia serrata, und wird von den inbifchen 
Doctoren dem arabifchen Luban ebenfalls gleich geachtet. Wegen der grö- 
Bern Wohlfeilheit fei aber das Gummi der Boswellia glabra, das aud) 
Kundricum, Kundur, Kundu und von den Engländern Franck- 
incense *°) genannt werde, weil fie feinen andern Namen dafür wiflen, 
ganz allgemein zu Weihrauchopfern bei Hindus und Portugiefen in 
Indien wie zu Goa verbraucht. Unter dem Namen Benzoin ift aber 
gegenwärtig die meifte Waare begriffen, die als Weihrauch im Grof- 
handel aus Indien auf den Marft nad London geht. 


**) Materia Indica I. p. 268. 9 Darüber f. Mater. Ind. 1. c. 
p- 267. +) Penny Cyclop. 1. c. und ebend. V. p. 241, nad 
Royle, Illustr. Himal. Bot. p. 177, 261. *’) W. Ainslie, Mate- 
ria Indica I. p. 33. Benzoin. *) W. Ainslie l. c. I. p. 136 bis 
138, s. v. Franckincense, Boswellia glabra. 


Mar 


372 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 63. 


Zum Beihlug über die Heimath und die Verbreitungsfphäre 
des Baumes und feiner dortigen Erzeugniffe, die Unterfcheidung der 
MWaare*’) auf dem Marft in London, wo fie unter der doppelten Kates 
zorie aus Arabien und aus Dftindien zum Verkauf fieht, diene noch 
Folgendes. Die arabifche ift nur felten zu finden und ihr Urfprung 
ift zweifelhaft. Die indifche ift das Erzeugniß der Boswellia, und 
zwar in zweierlei Sorten: 1) die beite, Olibanum electrum genannt, 
oder in granis, oder Thus mannae und Thus mascula; 2) die zweite 
Sorte Olibanum commune, oder in sortis, oder auch foemineum. Die 
Nr. 1. fommt in Stücken vor von Hafelnuß- bis Wallnußgröge, rund- 
lich, irregulair geftaltet, hellgelb, in das röthliche, bräaunliche, aus dem 
helldurchfcheinenden in das opafe übergehend. Die Außenfeite bedeckt ein 
weigliches Pulver, geftoßen wird die ganze fehr zerreibliche oder fplittrige 
Maffe zu einem weißlichen Pulver. Die Sorte Nr. 2. fommt meift in 
großen Stüden vor, ſchmutzig grau oder rehfarben, mit Stüdchen Rinde, 
Holz und andern Unreinheiten gemengt. Die übrigen Eigenfchaften des 
Geſchmacks, die beim Brennen und Duften, find im allgemeinen die fchen 
oben angeführten. Die indifche Sorte ift jelten mit andern vermengt, 
dann meift mit einer geringern arabifchen Sorte verfälfcht; die arabis 
ſche Sorte ift aber fehr häufig mit vielerlei andern, wie Maſtix, Gummi 
Sandarah und anderen Harzen gemifcht, fo daß die Unterfcheidung des 
echten arabifhen Weihrauchs immer fehwierig ift, und nur an 
dem mehr Balfamifchen, an der geringern Auflöslichkeit in Waffer und 
Alcohol, an der milchigen Farbe die er dem Waffer giebt, an dem lich- 
tern Brennen und feinern Dufte den er hinterläßt, zu prüfen fein mag. 


4°) W. Milburne, Oriental Commerce, Lond. 1825. 8. p. 103: Oli- 
banum; M’Culloch, Dictionary of Commerce. Sec. Edit. Lond. 
1834. p. 861: Olibanum; Penny Cyclop. Vol. V. p. 242. 


Arabien; Ebn Batuta in Oman. 373 


$. 64. i 
Hiftorifhe Einleitung. Fortſetzung. 
Wanderungen und Umſchiffungen von Oman und der 
Oſtküſte Arabiens, im perſiſchen Meerbuſen, nach den 
Berichten der ältern arabiſchen Autoren, 


1. Ebn Batuta's Beſuch in Oman. Beſuch in Kalhat 
und Neswa. Die Städte Kalhat, Sour, Maskat und 
Szohar, nach Ißtachri, Edriſi und Abulfeda. 


Ebn Batuta iſt der einzige der ältern arabiſchen Geographen, 
der als Augenzeuge von dem Lande Oman Bericht giebt, von dem 
die ältern Autoren faſt gänzlich ſchweigen, oder nur unbefriedigende 
Daten hinterlaſſen haben. Bid Kulhat, ver heutigen Stadt Kal— 
hat, im N.W. von Ras el Had gelegen, haben wir ihn zu Schiff 
ſchon begleitet, wo der orthodoxe Pilger ſich über die rohe Sprache 
der dortigen Bewohner und über ihre Ketzerei ärgert, die ſie aber 
geheim halten ſollten vor ihren damaligen Gebietern den Königen 
von Hormuz (vor der Portugieſen Zeit, die deren Macht erſt 
ftürzten) 0), weil diefe zu den Gunniten gehörten. Bon Kalhat 
jegte Ebn Batuta feine Neife in Oman zu Lande fort, und zwar 
6 Tage lang durch Wüfte, bis er am Tten Oman!) ſelbſt erreichte, 
wo er Ueberfluß an Bäumen, gut bewäfjerten Gärten mit Dattel- 
palmen und Obftbäumen vorfand. Er befuchte eine der Hauptſtädte 
ded Lande, die Nazwa hieß. Sie lag auf einem Berge, von reis 
hen Gärten umgeben. Die Bewohner waren Schismatifer von ver 
Ibazia-Secte und flimmten mit den Grundfügen des Ibn Mols 
djim überein, ven fie für einen Heiligen hielten, ver den Gräueln 
der Welt ein Ende machen werde (j. 0b. ©. 149, 153, wie bei den 
AL Gaifaniah, und zu Kufa, Erdk. X. ©. 281). Sie ftimmen dem 
Khalifate von Abu Bekr und Omar bei, widerfprechen aber dem des 
Othman und Alt. Ihre Weiber find ſehr gemeiner Art, die Maͤn— 
ner aber keineswegs eiferfüchtig auf deren Willfährigfeit. Ihr Suls 
“tan, vom Tribus der Azd, einem aus alter himjaritifcher, vormo— 


’°) De Barros, Asia trad, dal S. Alfonso Ulloa. Venet. 1562. 4. 
Decas II. Libr. X. c. VII. p. 224. ) Ebn Batuta ed, S. Lee, 
P- 61—62. 


374 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 64. 


hamedanifcher Zeit fehr berühmten, der fich frühzeitig in Oman 
niedergelaſſen (f. ob. ©. 85), bie Abu Mohamen Ibn Nah— 
ban; doch fei bei ihnen Abu Mohamed, d. i. Vater Moha- 
med, ein ganz allgemeiner Titel, den fie jedem Beherrfcher geben, 
wie andere in Vorverafien ihnen die Titel Atabef oder Sultan 
gaben. Die einzige Bemerkung, die der Pilger noch als eine Merf- 
würvigfeit von Oman, ehe er nach Ormuz überſchifft, Hinzufügt, if, 
daß die Einwohner dort das Fleiſch des Hauseſels eſſen, das 
Öffentlich auf vem Bazar zu Faufen fei, und daß fie died ſogar für 
eine gefetliche Speife anfehen. Died war ihm bis dahin noch nicht 
vorgekommen. In neuer Zeit ift und von diefem Gebrauche Feine 
Spur mehr befannt. 

Den Ort Nazmwa hat auch neuerlich Wellfted2) befucht und 
ihn Neswa gefchrieben (Niſſuwa bei Niebuhr); nach dem Mas 
raßid fol er Neswe heißen?). Nah Niebuhr liegt er 5 Tages 
reifen in SW. von Maskat; Wellfted ging über Semmeb und 
Mina dahin, brauchte aber von Neswa bis zur Küfte zurück nach 
Sib, in NW. von Masfat, 6 Tagemärfche. Dies flimmt gut 
mit Ebn Batuta's 7 Tagemärfchen von Kalhat aus, fo wie daß 
er allerdingd ziemlich weit von der Küfte entfernt auf der Berghöhe 
hinter dem Dſchebel Achdar, d. i. vem grünen Gebirge, ge 
legen iſt, das ſich bis zu 7000 Fuß abfoluter Höhe erhebt, und 
dadurch Hier die ſchöne Vegetation bedingt wird, die Wellfted wie 
Ebn Batuta rühmte. Diefe Neswa iſt noch immer unter einem 
Sheith von großem Anfehn eine Der bedeutenden Binnenftädte in 
Dman; bei ven dortigen Gebirgsbewohnern fand Wellſted noch 
manchen Neft rohen Heidenthums. Als Niebuhr im Jahre 1765 
Dman befuchte, war die Neflvenz ded Oberhaupted von Oman noch 
nicht zu Masfat, fondern nicht fern von Neswa, oſtwärts davon 
auf demfelben Gebirge, der Ort Noftal5t), neben vem Wellſted's 
Karte viele Ruinen einzeichnete. Die dort herrfchende Ibazia— 
Secte nennt Niebuhr Beiafi und characterifirt fie als folche, 
die den Abkömmlingen Mohameds Feine Vorrechte vor andern Aras 
bern einräunt. 

Im Marapid el Itlaa wird mit dem Namen Neswe Mi 
ganzer Berg nahe am Meeresufer bezeichnet, der mit fehr vielen 


32) Mellfted, Neif. in Oman b. Rödiger Th. I. ©. 87—91. 
2) v. Hammer, Nec. in Wien. Jahrb. 1840. B. XCH. ©. 14. 
>) Niebuhr, Beichr. von Arab. ©. 21, 296, 308. 





Arabien; Ebn Batuta in Oman, 375 


und großen Dörfern bedeckt ift, wahrfcheinlich ift damit ein ganzer 
Küftendiftriet bezeichnet, deffen Bewohner alle von der Ibazias 
Secte find, und mit dieſem gemeinfamen Namen Neswe belegt 
werden. Diefe Secte ift denn eben die von Ebn Batuta ge= 
meinte, welche in Oman damals die vorherrfchende war. Ihr Stife 
ter wird von dem Autor des Ckamus Abd Allah Ibn Ibaz 
genannt, vom Tribus der Temim, daher er bei andern auch ven 
Beinamen el Temimi trägt. Auch in neuern Zeiten gelten die 
Bewohner Omand, ald Gegner der Nadſchijet, d. i.- der ortho— 
doren Lehre, zu der Serte der Chameridfch 55) gehörig, einer 
der ſieben Hauptabtheilungen in welche die Kegereien der in 73 
Zweige gefpaltnen Secten des Islams zerfallen fein folen. Uebri— 
gend ift Ebn Batuta fehr unvollftändig in feiner Berichterftat« 
tung, denn er jagt nicht einmal, daß er aus dem Binnenlande zur 
Küſte zurücgefehrt und in welchem Orte er fich nad) dem perfifchen 
Golf eingeichifft habe. 

Oman ift ſchon ſehr frühzeitig ein Larıd des Abfalls von Mo— 
hameds orthodorer Lehre geweien. Died geht aus dem weit ältern 
Berichte ded Iptachri°6) hervor, der zu feiner Zeit Szohar, am 
Meere gelegen, für die Hauptftadt de8 Landes Oman erklärt 
hatte. Sie hat bis heute in N.W. von Maskat ihren antifen Nas 
men und ihre große Bedeutung behauptet: denn Wellfted erflärt 
fie nad} diefer heutigen Gapitale für die wichtigfte Handelsſtadt in 
Dman, und für die zweitgrößte Stadt überhaupt 5”). Oman, fagt 
Ißtachri, ift ungemein bewölfert und hat viele Balmen und Süd— 
früchte, wie die Mufa, Gtanatäpfel, Nebel. Szohar am Meere 
treibt Seehandel und Schiffahrt, und ift die volfreichfte Stadt in 
ganz Oman, ihre Bewohner find fehr wohlhabend, und in allen 
islamitifchen Ländern am Perfer- Meere ift Feine reicher oder be— 
völferter; doch find dort viele Städte. Ihr Gebiet fol ſich 320 
PBarafangen weit ausdehnen. Die meilten Einwohner waren früber 
Sectirer, bis zwifchen ihnen und einer Abtheilung der Beni Same 
ben Lawi, einem der mächtigften Tribus dieſes Landes, mehrere 
Schlachten vorfielen, in Bolge deren fih Mohamed ben Kafim 
ed Sami von demjelben zu dem Khalifen Motadhed begab. Mit 
deſſen Hülfe und den Ebn Thur wurde Oman für den Khalifen 


*) v. Hammer: Purgftall, Rec. in Wien. Jahrb. d. Literatur 1840. 
.19. *0) Ißtachri bei Morbimann ©, 14. >), Wellſted 
a. a. O. Th. J. ©.158. 


376 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.64. 


wieder erobert und für ihn das Gebet daſelbſt gehalten. Doch zo— 
gen jich die Sectirer nach dem Orte Berwi zurüd, wo fie bis zu 
Ißtachri's Zeit ihre Imame, ihren Staatsjchag beibehalten hat= 
ten und ihre VBerfammlungen hielten. Zu diefem fügt Ißtachri 
nur noch Hinzu, daß Oman ein ſehr heißes Land fei, doch folle im 
Innern deffelben, fern von der Küfte, ein dünner Schnee fallen, 
doch fügt der Autor gewiffenhaft hinzu, er habe Niemand gefehen, 
der dies anders ald nur von Hörenjagen bezeuge. Da die Berge 
Omans in ziemlich gleichen Breiten mit denen bei Meffa (dem 
Dichebel Kora, f. ob. ©. 151) liegen, und nad Wellſted bis über 
7000 Fuß Meereshöhe aufiteigen, jo ift temporaire Schneebildung 
hier feineöwegs unmwahrfcheinlid. Bon Oman nah Bahrein zu 
fommen, jagt Iptachri, brauche man einen Monat) Zeit, im— 
mer fei der Weg dahin fchwierig, weil die Araber felbft ſich ihn 
gegenfeitig unzugänglid machen; durch die Wüſte zu dringen fei 
aber auch wegen der geringen Einwohnerzahl und der großen waſ— 
jerleeren Stredfen unthunlich, deshalb nehmen die Omaner meift den 
Küftenweg über Aden und Dichivda nad; Meffa. 

Edrifi’) fagt, dad Land Mehret, d. i. ver Mahri, ftoße 
gegen Norden an Oman, ein unabhängiges Land nur von Einge— 
bornen bewohnt, in welchem die Gewächſe ver Heißen Länder ge— 
deihen, mit den Obftarten der Dattel, Banane, Öranate, 
Feige, Traube. Zunächſt führt er die Städte Sour und Kal- 
bat an, die am Meere liegen, von Oman abhängig, nur Elein, aber 
gut bevölfert Ind, wo man Brunnenwaffer trinke, und Perlen, 
jedoch nur wenige, fiiche. Beide Städte liegen zu Lande eine ftarfe 
Tagereife weit auseinander; zu Waller kann man fchneller von einer 
zur andern überjchiffen. 

Wirklich ift Sſür noch heute, zunächſt in Weft der Umbiegung 
um Ras el Sad, die erjte Safenfladt von Bebeutung, welche die 
Dberhoheit von Oman anerkennt, ohne jedoch dahin Tribut zu zah— 
len. Die Stadt, meinte Wellfted), folle jehr alt fein; ihr Name 
ift ed wol nur, der ihn zu der Öypothefe verleitete, fie für eine 
Golonie der Phönicier zu halten. Aber fie liegt in der Provinz 
Diheilan (Dihilan), und von diefer fagte Jakut, daß fie ih— 
ren Namen von einer perſiſchen Colonie habe, die fich unter 
dem Namen Dſchei (jo heiße Ißfahan, oder nach v. Sammer 


— 


58) Ißtachri bei Mordtmann ©. 15, 16. 9) Edrisi bei Jaubert I. 
p. 151. 60, Wellſted, Oman I. ©. 33. 


Arabien; Oman nad Edriſi. 377 


Iſtakhr)61) mit dem arabifchen Stamme der Bent Aakl vermifcht 
und dort niedergelaffen habe, wo in den legten Zeiten die durch ihre 
Kriege mit Oman und den Briten berükmten Beni Bu Ali (I. 
unten) ihre Feſtungen haben. Die Stadt liegt auf einem vegeta= 
tiondleeren Ufer, die Käufer zu beiden Seiten einer Lagune find 
heutzutage aus Palmzweigen feft, luftig, geräumig erbaut, die Stra— 
Ben fehr rein gehalten, und der Bazar in einiger Berne von der 
Küfte und der Stadt, wo täglicher Markt ift. Die beften Häufer 
find hier Eigenthum von Banianen und Handelgleuten aus dem 
fo gewerbreichen Eutfch (Erdk. Th. VI. ©. 1053), die hier im Be— 
fig des Handelsmonopols find. Zu ihrem Hafen gehören an 300 
größere und Eleinere Bagalas, welche einen lebhaften Verkehr und 
den Zwifchenhandel mit Indien betreiben, aber auch mit dem per- 
fiidhen Golf, ven Küften von Arabien und des gegenüberliegenven 
Afrika, wodurch ihnen ein bedeutender Gewinn wird, obmol die 
Grporten vom Ort nur in Datteln und Fifchen, die Importen nur 
aus Getreide und Zeugen beftehen. Die Umgebung hat viel An— 


bau, das große Fort im Weften ver Stadt ift aber in Verfall. Die 


zu Edriſi's und Ebn Batuta’d Zeit blühende alte Stadt Kal- 
hät, die zur Zeit der Portugiefen (Galaiate im 3. 1515)%2) dem 
Könige von Ormuz noch bedeutende Einkünfte gab, liegt gegenwär— 
tig in Ruinen), die eine große Küſtenſtrecke bedecken, unter denen 
nur ein einziged Gebäu, eine Eleine Mofchee mit einer Infeription 
erhalten ift, die von den Moslems aus Indien befucht wird. Nord» 
wärts diefer Nuinen liegt das heutige Fleine Fiſcherdorf deſſelben 
Namens, deſſen Bewohner unter den Nuinen zuweilen Münzen 
von feinem Golde finden, mit Gepräge und Inſchrift aus der Zeit 
des Khalifen Harun al Raſchid. 

Don diefer Sſür zum Cap el Mahdjemé, fagt Edriſi, 
find 5 Tagereifen zu Lande, aber zu Waſſer nur zwei; ed erhebt 
fich hoch über das Ufer, gegen Oft ift es bewachfen, verliert fid) 
aber ald Bank unter dem Meere, und wird daher oft Urfache ver 
Schiffbrüche. Wahricheinlic die Dſchebel Huthera voer Grünes 
berge, welche den Küftenort Kuriat überragen und in einem ge— 
fährlihen Borgebirge (Devild-Gapbt), das Teufels- oder 
Hail-Cap, Hagel» oder Höllen-Cap der Schiffer) gegen N.O. 





») y, Hammer a. a. DO. Rec. ©. 12, ) De Barros, Asia. Dec. 
II. Lib. 10. c. 7. fol. 224. ) Wellfted a. a. O. 1. ©. 32, 
64) Capt, Owen, Narratiye etc. I, p. 344, 


378 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 64. 


vorfpringen, das von den Schiffern gefürchtet wird. Bon Kalhat 
entlang der Küfte bi8 zur weit nordwärts gelegenen Stadt Sohar 
(die Szohar des Ißtachri) rechnet Edrifi 200 Miles; nicht 
fern von Kalhat am Ufer giebt er den ärmlichen, zumal im Winter 
wenig bewohnten Flecken Damar an, der aber im Sommer wäh— 
rend der guten Jahreszeit zur bevölferten Stadt werde, weil dann 
dort die Verlfifcherei im Gange fei; Damar fei aber durch feine 
ſchönen Berlen berühmt. Im neuern Zeiten find und vie hiefigen 
Perlbänke jener Veriode unbekannt. Auch Maskat kennt Edriſi 
schon als eine ftarf bevölferte Stadt, doch vor allen, fagt er, fei 
Sohar eine der Alteften Städte in Oman, und die reichfte, feit 
alten wie in neuen Zeiten. Bor alten Zeiten 6°) kamen dahin die 
Kaufleute aus allen Theilen der Welt; man brachte die Producte 
von Iemen dahin und führte fehr viele aus, wodurch das Land, 
welches Datteln, Bananen, Feigen, Oranaten, Quitten und andere 
Früchte Tieferte, fich fehr bereichert. Man rüftete bier auch Ex— 
peditionen bis nach China aus. Doch habe diefer ganze Ver— 
fehr ein Ende genommen, jeitvem ein Gouverneur von Jemen fich 
der Infel Keifch, melde Oman im Norden in der Mitte des 
perfifchen Golfs gegenüber gelegen (f. Erdk. VIIL ©. 774— 777), 
bemächtigte, fie befeftiste und durd) eine Flotte, die er ich fchuf, 
zum ©ebieter der ganzen Küfte Südarabiens fich erhob. Durch 
Plünderung der Geftade brachte er überall hin großes Verderben, 
und vernichtete den Handel fo fehr, daß fich ver Iegte Verkehr bis 
nah Aden hin verdrängt ſah. Mit feinen Flotten verheerte der 
Pirat eben fo die Küften von Zendj (d. i. die afrikanischen), mie 
die von Gomran (Gombrun, d. i. die perfifchen). Die invifchen 
Seefahrer fürchten ihn und wagen ihm nur mit ihren großen 
Schiffen, ven el Meſchiat genannten, zu widerſtehen, deren ei— 
nige jo lang wie Galeeren find und 200 Mann tragen können (aus 
einem oft ungeheuren Baumftamm gefertigt, ſ. ob. ©. 178) 66), 
Gin Zeitgenoffe, ver in jenen Gewäſſern gereift war, verficherte 
Edrifi, der Herr der Infel Keifch (der heutigen Käs, f. Erdk. 
VIII. ©. 775—-777) befige eine Flotte allein von 50 folder Moe 
noryla-Schiffe, außer vielen andern gezimmerten, und Niemand Eönne 
diefem gewaltigen Piraten Wiverftand leiſten. Seine Infel ſei reich 
an Aderfelvdern, Heerden von Ninvdern und Schaafen, habe Weinberge 
und Verlfifchereien. Bon Sohar bis zur Infel Keifch feien 2 Tages 


865) Edrisi b. Jaubert I. p. 152. 66) Ebend. I. p. 71. 


Arabien; Oman nah Edriſi. 379 


fahrten. Die Infeln El Mez (oder El Tiz?) und Chat (vielleicht 
die Eleineh Ormuz und Laredj?) liegen an der Küfte Kerman (Ka— 
ramanien).. Sohar gegenüber, zwei Tagereifen lanvein, find 2 
Städte durch einen Fluß, el Falhs7) (nad v. Hammer richtiger 
Feledſches), was aber nach Wellfted gleichbedeutend ift mit einem 
fünftlicyen Kerifes), von einander getrennt, die eine So'al genannt, 
die andere Dfra, beide nicht ſehr groß, aber ftarf bevölfert, mit 
Aeckern und Palmhainen umgeben. Sie trinfen Flußwaſſer; fie 
hängen von vem Gebiete Nazoua (Taroua auf D’Anvilles Karte, 
der auch den Fluß Falg und die Ortichaften nad) Edriſi's Angabe 
eingezeichnet hat) ab. Nur eine halbe Tagereife fern von ihnen 
liege Mandj, von geringerer Bedeutung, am Fuß des Berges 
Charam (auf dem zumellen etwas Schnee fallen fol, ver alfo be— 
deutend hoch jein müßte), in welchen die Quellen des el Falh— 
Fluſſes entfpringen, ver ganz beveutend fei, an feinen Ufern viel 
Aderfelder und Dörfer befige, und fich bei Dijolfara zum Meere 
ergieße. An einer andern Stele®) führt Edriſi die Küftenroute 
aus Oman, von Sohar über diefes Djvlfara an, um von da weis 
ter nach) Bahrein zu gelangen. Niebuhr?‘) meinte, daß Djolfar 
nur der perfiiche Name für den arabifchen Ser fei, was doch nad) 
Edrifi’d Angabe ſchwerlich der Fall fein Fan. — Bon diefer 
ganzen Erzählung eines folchen Fluſſes ift und im neuerer Zeit gar 
nicht8 bekannt geworden. Capt. Wellfted, der vie Abficht hatte, 
in diefer Direction von der Oftfüfte Omand, von mehrern Küften: 
orten wie Sohar, Schinas und andern 71), gegen Weft über 
Dbri und Birema zur weitlichen Piratenfüfte vorzudringen, mo 
er unftreitig das Gebiet dieſes Falh-Fluſſes hätte durchkreuzen 
müſſen, mußte wegen der Wehaby-Unruhen in jenen Gegenden 
von feinem Vorhaben abftehen. Gr erfuhr von da jedoch) durch 
Hörenfagen nichts von einem großen Fluffe, doch von vielen Wa— 
dis oder Ufern Feiner Bäche im Innern des Landes, an denen ſich 
Dattelpflanzungen hinziehen. Bei der Küftenaufnahme 72) jenes 
Piratengeftades, im Jahre 1821, entveckten jedoch die Briten in We— 
ften des Abuthubbe auf den Karten genannten Hafenorted, an den 
dort ſehr zerriſſenen Küften voller Inſeln und Buchten, die zur Zeit 


*) Edrisi bei Jaubert I. p. 153. ) 9, Hammer: Puraftall, Ara: 
bien, Rec. in Wien. Jahrb. 1841. B, XCIV. S. 118. 6) Kdrisi 
l. ©. I. p.. 157. 9) Niebuhr, Befchreib. von Arab. S. 307. 

) MWellfted a. a. DO. 1. ©, 152, 169. ) Asiatic Journal 1825. 
Vol. XIX. p. 291. 


380 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 64. 


noch nicht auf unferm Karten eingetragen find, ein 40 engl. Miles, 
alfo an 16 Stunden landein ziehendes Gewäffer (ein Inlet), 
das für die größten Schiffe fahrbar und gegen alle Winde gefchüst 
ift, mit vulcanischer Umgebung, in deſſen hinterſtem Winfel man 
vielleicht die Mündung des Falh-Fluſſes noch zu fuchen haben 
möchte, wenn irgend eine ſolche wirflich vorhanden ift. 

Bon Obri bis Birema in der Nichtung von ©. gegen N., 
etwa in verjelben Direction von Edriſi's el Falh zieht fich, wol 
an 30 Stunden weit nach Wellſted's Erfundigung, eine Reihe 
eultivirter Dafen bin, welche vie Örenze des Eulturlan= 
des gegen Oman bezeichnen fol, jenfeit welcher in WB. nur dürre 
fandige Wüfte fih bis zum PBerfergolf ausbreite. Es wäre wol 
möglich, daß dieſe Reihe von Wadis in naſſer Jahrszeit durch 
einen fließenden Regenbach vereinigt würde, welcher der Landſchaft 
ihre Fruchtbarkeit verleihen würde. Im Norden von den dort ge— 
nannten Städten Obri und Birema, die dann etwa dem Ofor 
und Soal des Edriſi entſprechen könnten, erfuhr Wellſted, ſolle 
eine Oaſe von etwa 30 Dorfſchaften nahe beiſammen liegen (2 
Tagereiſen weſtwärts des Küſtenortes Schinaß), welche den ge— 
meinſchaftlichen Namen Beldan Beni Schab”), dad Land der 
Söhne Schab führten, von dem Tribus der ſie bewohnte (auf 
Wellſted's Karte find im Beldan Beni Schab nur 20 Dörfer ans 
gegeben), ein Wehabiten-Stamm, der alle Verbrecher und Sec— 
tirer in dieſem Afyl, gleich der antiken Noma am Tiberftrom, gaft— 
lich aufnehmen und befhügen fol. 

Ein ähnliches Aſyl fcheint ſchon zu Edriſi's Zeit in den— 
jelben Gegenden Beitand gehabt zu haben; denn viele Bewohner 
Dmand, fagt er, find Schismatifer (nah dem Azizy, den 
Abulfeda eitirt, find fie alle vom Tribus der Azd79, f. oben 
&.85); die meiften von ihnen leben vereint in einem Fleinen Di— 
ftriete, Beſchrun genannt, im Weft von Oman, am Buß eined 
Berged, auf dem fie ihre befeftigten Dörfer erbaut haben. Das 
Glima von Oman ift fehr heiß; auf vem Berge Charam fällt 
nur wenig Schnee. Im innern Gebiete von Oman giebt es eine 
fehr große Menge Affen, die fehr ſchädlich werden können, da fie 
fi) zuweilen in Haufen ſammeln, fo daß man Krieg gegen fie füh— 
ven und fie mit Bogen und Pfeil verfolgen muß. Daſſelbe fagt 


75), Mellfted, Reif. in Arab. I. &.165— 166. *) Abulfeda Trad. 
p. Reinaud p. 136. 


Arabien; Oman nah Edriſi. 381 


auch ſchon Iptachri?5), jedoch von Jemen, mit dem Zufaß, daß 
diefe Affen fich in großen Haufen unter ihren Anführern verfam- 
meln, denen fie wie die Bienen ihrer Königin Folge leiften. Was 
er von dem garftigen Thiere Adar fagt, das den Menfchen ans 
greift und verwundet, worauf fich defjen Leib mit Würmern füllt, 
die ihn berften machen, hat Edrifi auch von Oman erzählt, nennt 
» aber das Ihier Kumrad, und fügt noch Schlangen el Irbad 
hinzu, die pfeifen und anfpringen, doch nicht beißen, fich aber fo 
geberven, daß man die Trunfenbolvde nach ihnen Mo'arbid be= 
nenne. Auch von Hyänen erzähle man faft Unglaubliches, jagt 
Ißtachri, in jenem Lande. 

Die Schwierigfeit der Communication von Sohar mit den 
arabifchen benachbarten Gebieten von ver Landſeite, von der Ißta— 
chri gefprochen, wiederholt Edrifi 6) in derſelben Art, jo daß man 
fieht, wie feit einigen Jahrhunderten darin Fein Fortſchritt flattges 
funden Hatte. Nur verkürzt er die Entfernung von Sohar bis 
Bahrein von 30 auf 20 Tagereifen, den Weg von Oman nad 
Jemama auf 13. Portwährende Kriege machten aber den Marſch 
dahin für Perſonen wie für den Transport von Waaren fehr un— 
ficher. | 

Die von Edrifi fo fehr gepriefene, aber zu feiner Zeit in Vers 
fall gerathene Hafenftant Sohar (Sfohär bei Wellfted), die zu 
Abulfeda's Zeit unbedeutend und in Nuinen lag, hat fidy feit= 
dem wieder gehoben und ift auch heute noch wie zu Ißtachri's 
Zeit eind der Kauptemporien von Oman, dejfen 9000 Bewohner 
mit einigen 40 eigenen Bagalas den Verkehr nach Indien und Per— 
fien mit Glück betreiben. Aber bis China gehen ihre Speculationen 
nicht mehr. Die Portugieſen nannten fie Soar. Die etwas 
ſchwierige Stelle bei Abulfena (Rommel, Abulf. Deser. p. 94 f.) 
bat durch bloße Gonjectur die Meinung veranlaßt, als fei da ge— 
fagt, „dicht neben” den Nuinen von Sohar, fe Oman ein Theil 
berfelben (Sohhar est urbs parva, diruta, Oman vero — pars 
ejus — est habitata ete.); weshalb man den Namen Oman für 
den älteften Namen viefer Stadt gehalten, und das ’Ouavov du- 
nögıov, 77° 40° Long., 19° 45° Lat. des Ptolemäus (VI. e. 15. 
fol. 155) hierher verlegte, damit auch nun, bezüglich auf ven Na— 
men Sohar, ven Sachalites Sinus als identifch mit diefer Be— 


”°) Ihtachri bei Mordtmann ©. 14, und Edrisi 1. c. p. 154. 
6) Kdrisi 1. c. p. 154. 


382 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 64. 


nennung in Verbindung ſetzte77). Wir halten jedoch mit Reis 
naud und Rommel, ver des Azizy Stelle von Sohhar „und“ 
der Metropolis, die er. aber nicht mit Namen nennt (Rommel 
l. c.), wörtlich angegeben hat, es für wahrfcheinlicher, dag fich das 
Oman bei Abulfeda auf die entferntere Hauptſtadt des Lane 
des, auf Maskate?s), bezieht, die auch ſchon von Edriſi mit ih- 
rem wahren Namen aufgeführt wurde, aber auch öfter mit dem 
Namen der Landichaft ala ihre Eapitale, und jo auch fchon bei 
Ptolemäus belegt ward. Eine der in dem Barifer Texte des Abul— 
feda angeführten Stellen dved Sahhah jagt: Sohar fei die Ca— 
pitale von Oman gegen vie Gebirgsfeite, wie Touam die Eapitale 
gegen die Meeresfeite fei. Den Namen Touam fennen aber Nie= 
buhr und Wellfted nicht; v. Sammer meint, es fei damit nur 
dad maritime Quartier derjelben Stadt bezeichnet, was Reinaud 
bezweifelt. Im Azizy wird Oman eine hübſche Stadt mit Hafen 
genannt, in welcher die Schiffe von Sind, India, China und Zendj 
(Zanguebar) landen, die frühere Gapitale jei Sohar gemwefen, und 
eine fehönere Stadt habe es nicht gegeben am Berfer- Meere. In 
andern Autoren, die De Sacy anführt ”?), ift Sohar ein Markt 
von Oman; fein Name bezeichnet feine Lage am Meeredufer; fein 
Hafen wird eine PBarafange lang und eben fo breit angegeben. 
Dman wird unter den Küftenftädten eine Vefte genannt. Auf ver 
einen Seite wird fie vom Meere umfpült, auf der andern Seite von 
Bergwaſſern. Die Waarenhäufer der Kaufleute find daſelbſt fratt 
des Badfteinpflafters mit ehernen Platten belegt (paves en airain). 
Die Stadt ift reich an Palmen und Garten, hat viel Obft, Getreide, 
Reis, Gerfte und Zuckerrohr, ſelbſt Berlfiichereien. Das Sprich— 
wort jage: „Wer nichts zu eſſen hat, gehe nah Oman,” 
etwa wie ed auch an der Elbe von den gewerbreihen Samburg im 
Gebrauch. Auch von Sohar wird der frühzeitige Wohlftand ge— 
rühmt, und nach dem Maraßid80) gejagt, daß dort die Käufer 
einft aus Ziegeln und Ebenholz wie einft in Siraf (f. Erdk. 
Ih. VIU. ©. 775) erbaut wurden. Den heutigen commerciellen 
Verkehr Hat Wellften St) geichiloert. Abulfeda hat übrigens 








7) Nödiger Not. 112 zu Mellfteds Reif. I. ©. 159. 8) Reinaud 
in Trad. d’Abulf. p. 136. ”®) De Sacy, Commentaire sur les 
Seances de Hariri p. 430 n. Reinaud Not. Trad. d’Abulf. p. 137. 

»0) 9. Hammer: PBurgitall, Necenf. a. a. DO. ©. 17. °’, Wellſted 
a. a. 8.1. ©. 160 


Arabien; Ebn Batuta in Ormuz. 383 


feine genguern Nachrichten über Oman mitgetheilt. Ebn Batuta 
ſchifft ſich von Hier über Hormuz zum Perfer- Golf ein. 


2. Ebn Batuta’3 Nahriht von Ormuz und den Oſt— 
füften Arabiens am perfifchen Golf. Die Berichte 
von diefem arabiſchen Geftadelande von Al Hadjar, 
Jemama, Alahſa (Lachfa), Al Kathif, Bahrein und 
den Perlfifchereien, nad Ißtachri, Edriſi, Abulfera. 


Ebn Batuta fchifft von Oman nah Hormuz 82), das er 
noch ald eine Stadt an der perfiichen Küfte kennt, der aber gegen» 
über im Meere Neu-Hormuz erbaut liegt, eine Infel deren Stadt 
nah ihm Harauna, wol Jarun anderer orientalifcher Autoren 
(j. unten),-heißt, weldye die fchöne Reſidenzſtadt des dortigen Kö— 
nigs jei. Die Inſel hat nur die Länge etwa einer Tagereiſe, bes 
ſteht aber dem größten Theile nad) aus Salgerde, ihre Berge geben 
dad Daranni-Salz (die Erklärung diefes Namens, welcher das 
Steinfalz der Infel, vieleicht unferd Dafürhaltens nach ver Stadt 
jelbft, bezeichnet, wird nach ©. Lee bald von einem Dorfe Dara, 
bei Damask, das ein ähnliches Salz liefern mochte, oder nach dem 
Ckamus von einer fyrifchen Stadt Darayyat, over von Andern 
noch anders woher abgeleitet). 

Die Infelbemohner nähren fih von Fiſchen und von Date 
teln, die man ihnen von Oman und von Baſſra (f. Erdk. Th. X. 
©. 1069) zuführt. Sie haben nur wenig Waſſer. Das feltfamfte 
wad dem Pilger dort auffiel, war der Kopf eines Fifches, den man 
der Größe nach wol einem Hügel vergleichen möchte, mit Augen— 
löchern wie «zwei Thüren, zu denen ein Menjch wol hinein und 
wieder Heraus gehen konnte. — Wol ein Walfifchgerippe. Denn 
damald wurden dort nicht felten Wallfifche gefangen, deren Rip— 
pen?) man in Siraf vor alten Zeiten zum Ueberwölben der Pfor— 
ten der Käufer verbrauchte. Der damalige Sultan von Hormuz 
war Kotbeed-Din Tamahtad, Sohn des Turan-Schahs, 
ein jehr nobler, tapferer Prinz; unter ihm ftand die Gontrole ver 
Berlfifchereien. 

Die alte Harmozia Uleranderd am Perfergolf (Erof. VII. 
©. 727), wo ein Volk die Armozei (Plin. H. N. VI. 28), lebt 


2) Ebn Batuta ed, S. Lee p. 63. 9 Renaudot, Anciennes Re- 
lations des Indes etc. Paris, 1718. 8. p. 119, 


384 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 64. 


in dem heutigen Namen Hormuz fort, das in Kerman, nad) Si— 
raf und Keiſch (Erdk. VIII. ©. 777), der Sitz eined fpäter fo 
blühenden Königreiches ward, deſſen Glanzpunct im die Periode ver 
Portugiefenzeit fült, aber von feinen eignen Sultanen, die ihre Re— 
fivenz vom Feſtlande auf die benachbarte Infel übertragen hatten, 
noch zu Ebn Batuta’d Zeit beherrfcht ward. Die Stiftung des 
Königreih8 Ormuz wird einem Mohamed, aus dem Gefchlechte 
der Himyariten in Jemen, zugefihrieben, aber dejjen Hiſtorie ift 
unbefannt. Die Neftorianerst) waren, von Suſiana aus, frühe 
zeitig dahin vorgedrungen, denn jchon vom Sahre 540 n. Chr. ©. 
wird ein Epifcopus Gabriel von (Alt)Ormuz, und ein Theo— 
dorus desgleichen im Jahre 650 genannt. Durch die Ueberfälle 
der Seldſchukiden (Tartaren nennt fie Abulfeva) von der Land— 
feite fol die Ueberfiedlung auf die Infel ftattgefunden haben, 
von der jedoch eben jo wenig genaues befannt ift. Selbit die, nach 
Tereira, durh De Guignesss) mitgetheilte Negententafel der 
Könige von Ormuz fcheint fehlerhaft, da der Name jened Regen— 
ten, ven Ebn Batuta im Jahre 1332 Gejuchte, in der Lifte fehlt, 
obmwol zu dem Sahre 1378 der Turan- Schal), des Schah-Kotb— 
ed-Din Sohn, ald König eingetragen ift. Abulfeda jagt: vor der 
Anfievlung zu Neu-Ormuz hätten die Cingebornen der Infel fie 
Zaron (Djerun) genannt. — 

Aus Kazwini theilt W. Dufeley eine Stelle mit, wo dieſer 
fage, fein Zeitgenofje (im 14ten Jahrh.) der König Kuttubaddin 
(Kotbed-Din) von Hormuz fei durch die Gefahr, die ihm drohte, 
veranlagt worden fein Territorium auf dem Feſtlande zu verlaffen 
und ſich auf einer Infel im Meere eine Farſang von Hormuz eine 
neue Stadt zu bauen und da feine Nefivenz aufzufchlagen. Ein 
jpäterer Autor fehreibt aber die Veranlafjung dieſes Wechfeld von 
Hormuz einem Könige Fakhr-ed-Din zu, der im Jahre 1315 
n. Chr. ©. (715 Seg.) feine Refivenz auf dem Feſtlande verließ und 
die neue Stadt auf der Infel Djarun gründete, die ſpäter Hor— 
muz bieß, und nachher von Portugieſen in Beſitz genommen 
wurde 86). 

Noch eine andere Erzählung von der erjten Entſtehung des 





88°) Assemanni Bibl. Or. T. III. P. 2. fol. pecrvıı. De Syris Ne- 
storianis s. v. Hormuz, 5) De Guignes, Gefhichte der Huns 
nen u. f. w. Ueberf. v. Dähnert Th. 1. A. Einl. ©. 415. 

86) Nach Zeinat al Mejales Mfer. in Will. Ouseley, Trav. Vol. J. 
p. 157. 


Arabien; Ormuz nah Edriſi. 385 


Staated von Neu⸗-Ormuz giebt Fraſer 3”), deren Quelle und un— 
befannt geblieben, die im dieſelbe Periode fällt, aber von jener Sage 
abweicht. Der funfzehnte Negent in der Reihe der Könige von 
Alt-Ormuz, fagt er, MirBahadur Eyas Seyfin ward durd) 
die Tſchingiskhaniden in der Ieten Regierungszeit Ohazan Khan fo 
gedrängt, daß er um das Jahr 700 d. Heg. (d. i. im J. 1300 n. 
Ehr. ©.) dad Eontinent zu verlaffen beſchloß und ſich auf die In— 
ſel Kiſhmi zurückzog, auf der er fich jedoch nicht anſiedelte. Er 
hatte von dem damals weiter im Welt auf ver Infel Khais (jest 
Kenn, f. Erdk. VIO. ©. 776— 777) mächtigen Herrſcher die öde 
Inſel Gerun (Djerun, Neu-Ormuz) zum Gefchenk erhalten, 
und fing nun hier die Erbauung der Stadt an, die zu jenem großen 
Emporium heranwuchs. Dieje Stadt erhielt den Namen Ormuz, 
und von ihr ging er auf die Infel über. Ihre Herrfchaft ermei- 
terte jich bald auf beiden Seiten ded Golfs bis Baſſora, Bahrein, 
Cap Muffendom, Oman und Ras al Had hin, die ihm alle tribu- 
tair wurden. Diefer Staat war es, der jpäter Die Portugiefen 
zur Eroberung anlockte. 

Edrifi, der fo vieles von der Piraten-Herrſchaft des Gebie— 
terd von Keifch fagt, vor deſſen Ueberfällen man fogar in Indien 
ſich durch Anlegung von Feſtungen, wie zu Kanbaia (Cambay) SS) 
zu fichern fuchte, erwähnt nur der alten Ormuz auf der Küfte 
Kerman, aber noch nicht der neuen auf der Inſel, die demnach 
wol erft fpäter ihr Dafein erhalten haben mag. Die alte Ormuz— 
ſchildert er®9), zu feiner Zeit, noch als eine große und wohlgebaute' 
Stadt Kermand, zu welcher ein Ganal die Schiffe bis zu ihren 
Käufern geleitete. Sie hatte viel Palmenwälder und ganz beſon— 
ders wichtige Indigopflanzungen, deren Ertrag in das Aus— 
land, wie ihre Zuderfabrication, ihr bedeutenden Wohlftand 
verichaffte. Die Ueberſiedler brachten alfo von ihrer Heimathftadt 
fhon die Induſtrie und den Handel mit auf bie Infel, wodurch 
diefe ſich auszeichnete. 

Ebn Batuta, der vorzüglich den Heiligthümern ſeines Glau— 
bens nachreiſte, ſetzte von Hormuz nach Lariſtan über (Lar, ſ. 
Erdk. VII. S. 753), um einen dortigen Sanetus zu ſehen, und 
ging dann über dad damals noch befannte Siraf 0), früher das 


»’) B. Fraser, Narrative of a Journ, into Khorasan, Lond. 1825. 
4. 97.37 — 39. »%) Kdrisi b. Jaubert I. p. 171. 9) Ebend. 
I, p.424 u.a. O. »°) Ebn Batuta 1, c. p. 63 — 6). 


Nitter Erbfunde XII, Dh 


3356 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 64. 


nun fchon verfallene Emporium (f. Erdk. VIII. ©. 774), nach. der 
Stadt Bahrein, die durch ihre Perlbänfe bis heute fo berühmt 
ift. eier giebt Ebn Batuta gar fein Datum für die problemas 
tifche Lage von Siraf, vie wir nad) dem genannten Gitat mit 
Vincent und Kinneir auf die Lage am Fuße des Berges Tſchar— 
ra, der Injel Kom gegenüber, bezogen. Aber da dort bis heute 
noch feine Monumente entdeckt find, die fhon von Morier wei— 
ter nordwärts zu Tahrie (Erdk. VIN. S. 778) bezeichneten aber 
durch Lieutnant Kempthorne's Unterfuhungen) ihre Beitätis 
gung erhalten haben, fo wird es mahrfcheinlicher, an dieſer Lo— 
calität die Lage de8 alten Siraf nachzufuchen. Die Stadt 
Tahrie liegt daſelbſt 10 Miles fern von der ftarfbewölferten Stadt 
Konkun, und unmittelbar unter vem Schuge ded Barnhill, ven 
die Eingebornen auch Djebel Sarai, ven Schloßberg, nennen. 
Kempthorne entverkte hier, eine gute halbe Stunde fern von der 
heutigen Stadt, Ruinen, wo der Boden bis in gemifje Ferne mit 
geftaltlojen Haufen zerftörter Mauern und Hausfunda— 
mente, von großen behauenen Sandfteinquadern, aufges 
führt, beveeft ift. Ihre Ausdehnung von 2 engl. Mil. Länge und 1 
Mil. Breite, weifet auf die einjtige Eriftenz einer großen Stadt 
zurüf. Auf dem Berggipfel ftehen die eingeflürgten Reſte eines 
mehr modernen Bauwerks, deſſen Mauern gut erhalten find. Der 
Eingang von der Nordfeite führt durch ein im Spigbogen gemölb- 
tes Portal in einen fehr "großen Saal, und dann durch Treppen- 
fluchten zu unterirdifchen Paſſagen, die in Felsgewölbhallen führen, 
welche einft zu Waſſerciſternen gedient zu haben fcheinen, vie 
wol da3 erfte Bedürfniß einer ftarf bevölferten Handelsſtadt fein 
mochten. Viele mächtige Grabiteine jeder mit guten £ufifchen 
Inſchriften, Tiegen zerftreut umber. r Alter ſchätzt Kemp— 
thorne, nach der Schrift, auf wenigftens 800 Jahr. Viele Fels— 
ftollen und Schachte führen in den Berg hinein, die Oeffnungen 
von Aquäducten, welche die Waffer aus dem Berge herbeileite- 
ten. An der Weftfeite der dortigen Felswände, Die ganz fenf- 
recht emporflarren, zeigen fich in bedeutender jetzt unzugänglicher 
Höhe viele Satacomben, Orotten, Ercavationen aller Art, 


»2) Lieutn. Kempthorne, Ind. Navy on the Ruins of Tahrie in 
Proceedings of the Bombay Geogr. Soc. 1837. p. 11—12; vgl. 
denſ. Notes made on a Survey on the Eastern Shores of Per- 
sian Gulf, 1828, in Journ. of Lond, Geogr. Soc, Vol. V. p, 282. 


Arabien; Ebn Batuta in EI Achſa. 387 


die Kempihorne mit denen von Irby und Mangles in Petra, 
im Lande der Nabatäer, befchriebenen (f. 06. ©. 115) vergleicht. 
Die Perlbänfe, fagt nun Ebn Batuta, feien zwifchen Sie 
taf und Bahrein wie in eimem großen Thale gelegen; aber auf 
ihre Beihreibung läßt fich der Doctor nicht ein. Die letztere Stadt 
nennt er ſchön, groß, vol Gärten reichlich mit Waſſer verfehen; 
aber die Gegend heiß und fo fandig, daß die Häufer öfter davon 
überfchüttet werden. Dort Tiege eine große von Oft nad) Welt 
ftreichende Felsbank, Kojair und Hoair genannt, auf welche 
dad Sprichwort angewendet werde: „kein Veind fo ſchlimm, 
daß er nicht zu etwas gut wäre.” Don da ſetzte Ebn Batu— 
ta) nah EIKotaif (Erdk. X. ©. 40), ein Diminutiv von Kotf, 
dem heutigen EI Katif, über, das dennoch groß und jchön, und 
von Arabern der Rafiza-Secte bewohnt fei, die enthufiaftifch 
fühn und furchtlos ihren Glauben verfündeten. Dann wurde von 
ihm Sagiar (Sadjar) befucht, das aber zu feiner Zeit El Haſa 
(EL Achja, Lachſa? f. ob. ©. 148) genannt wurde, wo er Dat 
teln in fo großem Ueberfluß fand, wie fonft nirgends, jo daß fogar 
das Vieh damit gefüttert wurde. Die Einwohner waren Araber, 
vom Tribus der Abo el Kais. Don ihnen z0g Ebn Batuta 
durch Semama, das er auch Hagiar (Hadijr, f. ob. ©. 149) 
nennen hörte, ein fchönes, fruchtbares Land, und die Umgegend der 
Stadt vol Gärten mit Bewäflerung; die alten Befiger dieſes Ge— 
bieted waren die Beni Sanifa (f. Erdk. X. ©. 282). Edriſi 
giebt die Entfernung von Bahrein nah Jemama auf 13 Tages 
reifen ®) an. Don hier feste der Pilger feine zweite Wallfahrt 
nach Mekka fort in Jahre 1332. | 
Es ift ſehr zu bedauern, daß unfer Wanderer auf diefer Noute 
viel unvollftändiger und fragmentarifcher in feiner Mittheilung ge— 
weien, als in fo vielen andern 2ocalitäten, denn hier würde er die 
empfinplichite Lücke haben ausfüllen Finnen, da wir auf biefer 
Landroute von Bahrein und El Katif nah Mekka, bid auf 
das einzige Noutier der Querreife Capt. Sadlier’8%), im Jahre 
1819, ohne alle Berichte von Augenzeugen geblieben waren. Auch 
hat der Erklärer und Ueberfeger des Ebn Batuta, der gelehrte 


*?) Ebn Batuta 1. c. p. 66. ) Edrisi b. Jaubert I. p. 157. 

») Capt. G. F. Sadliers Account of a Journey from Katif to the 
Red Sea in Transact. of the Lit, Society of Bombay. London, 
1823, 4, Vol, III, p. 449 — 493. 


Bb 2 


388 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 64, 


©. Lee, zu diefer Stelle Feine andere Aufklärung zu geben gewußt, 
als was Edrifi und Abulfeda ihm dabei zur Sand gaben. Wir 
wollen fehen, ob wir fehon bei Ißtachri einige frühere Belehrung 
in feiner Nachricht vom perfifchen Golfe vorfinden, deſſen Beſchrei— 
bung er mit den gefährlichen Stellen defjelben beginnt. ° 
Ungefähr 6 Millien von Abadan (I. ob. ©. 142), wo ein 
Eleines Fort zur Sicherung vor Piraten, und wo der Tigris fich 
in dad Meer ergießt, ift, fagt er, die Stelle Chefhhbat®), an 
welcher das Meer fo ungeflüm, daß fich die größten Schiffe fürch- 
ten dafelbft zu fahren, weil fie außer der Bluthzeit leicht auf den 
zu feichten Grund aufftoßen. Deshalb Habe man neuerlich dafelbft 
eine Warte erbaut und Wächter angeftelt, die Nachts ein Feuer 
unterhalten müffen, um durch dieſen Leuchtthurm die Einfahrt 
zum Tigri& zu erleichtern. Einem zmeiten auch geführlidhen Orte 
Oſchannabe, d. i. Djenabe, eine kleine Küftenftadt in Fars, bei 
Edriſis6), gegenüber, liege Charek, wo die Perlbänke folgen, 
auf denen außer den geringern auch die Eoftbarften Perlen geſiſcht 
und gefammelt würden. Außerdem feien, nach ihm, nur noch bei 


Dman und Serendib, d.i. Ceylon, Berlbänfe befannt. Dann 


befchreibt Ißtachri die Küften ver perfifchen Seite des Golf, ent- 
Yang dem Geftade Chufiftang, das er nach ein paar Küſtenſtädten 
Mehruban (Mahruyan) und Dihyannabe (Dienabe) von 
unfichrer Rage 97) nennt, dann entlang dem alten Berfis bis Si— 
raf, dag damals der große Hafen von Fars war, die reichite Stadt 
im Lande, vol Häufer, aber ohne Saat und Kraut. Dann weiter 
oſtwärts folgen Berge und Wüſten bis zum Hiszu ben Omara, 
einem befeftigten Schloffe am Meere, der ftärfften und bewölferteiten 
Feſte in Fars. Der Erbauer dieſes Schlofjes fol e8 fein, von dem 
der Koran ®) fagte: „Hinter ihnen war ein König, welder 
jedes Schiff gewaltfam nahm,” womit der Autor unftreitig 
auf das Seeräubermefen anjpielen will, das feit fo alten Zei— 
ten in dieſen Gewäſſern einheimifch geweſen. Diefes Gaftell der 
Söhne Omarah iſt auch in der Oriental. Geographie”) mit 
derjelben Stelle aus dem Koran erwähnt, und ihre Lage auch auf 


895), Sptachri bei Mordtmann S. 18—20. °6) Edrisi b. Jaubert 
TI. p. 391, 401. >’) W.Ouseley, Voy. Lond. 1819. Vol. I. App. 
Persian Map. Plate VIII. u. IX. p. 334. *) Günther Wahl, 
Koran, Sure XVII. ©. 250, Not. vergl. ©. 247. °°) Oriental 
Geogr. ed. W. Ouseley. Lond. 1800. 4. p. 12. 


— — — — = 


Arabien; Oftfüfte nach Edriſi. 389 


der von W. Dufeley erläuterten Karte900), vom Sahre 1271, als 
Feſte von Lariftan eingezeichnet. Den Schluß diefer Angaben macht 
Hormuz, ald ter Hafen von Kernian auf dem fehr heißen Feſt— 
lande, zu dem eine fehr reiche Stadt mit vielen Dattelhainen ge= 
hörte. Die Infel Ormuz fennt Ißtachri noch nicht. 

Edrifi ift zwar beffer bewandert an der Oftfüfte Arabiens 
gegen den perflichen Meerbufen als Ißtachri; doch bleibt auch in 
feinen Befchreibungen gar vieles zu wünfchen übrig, was jedoch 
faum durch neuere Beobachtung befjer erfeßt werden kann; deshalb 
wir hier feine Angaben immer noch zu berücfichtigen haben, bis 
ung dereinft jüngere, wiffenfchaftliche Beobachtung ded mühſamen 
Rückblicks auf fo weite Vergangenheit überheben wird. 

Einen Küftenweg, fagt Edriſi ), giebt e8, um von Oman 
nah Bahrein zu fommen, der von Sohar über das Gebirg (el 
Dijebel) His Djolfar führt, wo zuvor die Mündung ded noch hy— 
pothetifchen el Falh-Fluſſes angegeben war (ſ. 06. ©. 380). Sier, 
fagt Edriſi, find Perlfifchereien und ein vaſtes Meer voll Klippen, 
die bald fichtbar, bald verſteckt liegen. Die Schiffer, die von Baffora 
nach) Oman gehen, laden, wenn fie an diefe Klippen kommen, ihre 
Waaren aus auf das Ufer, um dad Schiff zu erleichtern, und bes 
laden es dann wieder, wenn die Strede überwunden ift, um bis 
Oman weiter zu fegeln. 

Diefe Stelle des Edriſi, in Beziehung auf vie dortige Kü— 
ſtenfahrt, ift erft serftändlich geworven durch vie 1821 geichehene 
britifche Küftenaufnahme, weſtwärts des Gap Muſſendum bis 
zur Infel Bahrein, wodurch die Natur des dort früher gänzlich 
unbekannt gebliebenen Geftaves die Angabe Edriſi's vollftindig 
erläutert, Schon dad genannte Gap der alten Aſabo (Asaborum 
montes et promontorium in angustis sinus Persici, b. Ptol. VI. 
7. fol. 154) oder der Schwarzen Berge (Melanes b. Ptol.), aus 
Ihwarzen bafaltiichen und Klingfteinmafien mit Kalkſpat— 
gängen durchſetzt gebildet, find wild zerriffen von vielen Spalten 
und Buchten 2), in denen auch Säulenbafalte und viele Trümmer 
biefer Gebirgsarten fich emporthürmen. - Einige der zwifchenliegene 
den Thäler, deren Boden vom verwitterten bafaltijchen Geftein un= 


°°) W. Ouseley, Voy, Vol. I. App. Persian Map. p. 327 etc. 
’) Edrisi b. Jaubert I. p. 157. ) Survey of the Persian Gulf 
in Asiat. Journ. 1825. Vol. XIX, p. 291 aus der Bombay Gazette 
Sept. 1822. 


390 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 64. 


gemein fruchtbar, find ſehr gut angebaut. Hier Tiegen, weftwärts 
zwifchen Naumps und Abothubbe, jene Piratenhäfen, vie in 
neuer Zeit erfi gebändigt werden Fonnten. Weſtwärts Abothubbe 
folgt 3), in 200 Mil. Länge und 150 Mil, Breite (40 geogr. Meil. 
lang und 30 breit) bis Bahrein, ein früher völlig unbefannt ges 
bliebener Geftadefaun der arabifchen Halbinfel, in welchem zahllofe 
Infeln und Klippen entdeckt wurden, die durch lange Ketteninjeln 
und Niffe auf weite Strecden mit einander in Zufammenhang ſte— 
ben. Zwiſchen ihnen fchneidet der für die größten Schiffe bis auf 
40 Miles Tiefe fahrbare „Inlet,“ eine Art Fiord, ein, den wir 
für die Mündung des el Falh bei Djolfara, Namen vie aber in 
neuer Zeit unbefannt geblieben, in Anfpruch genommen haben, 
während die Küfte des Feftlandes, der Halbinfel Arabiens, felbft 
bie und da aus einem flachen Sandgrunde befteht, an andern Stel- 
Ien aber aus Bergen und Klippen, die für offenbar vulcanischen 
Urſprungs gehalten worden find. Auf folcher Küftenfahrt wird 
die Vorficht der Schiffer notwendig, und, wie Edrifi fle fchildert, 
begreiflich. 

Will man von Diolfar, führt er fort, na Bahrein, fo 
fann man im Hafen Sabkha vor Anker gehen, wo man gutes 
Waſſer findet; deſſen Lage ift neuerlich nicht ermittelt. Dieſe Ge— 
jtade, fagt Edriſi, find vol Abgründe, Untiefen, Sandbänke, böfe 
Klippen; man kennt dieſe Streden unter sem Namen Bahr el 
Kithr, wo eine Menge öder Infeln (jest die Oftindifchen 
Compagnie-Inſeln genannt), die nur von Waffervögeln be= 
mohnt, von Landvögeln befucht werden, die da ihre Nefter bebrüten. 
Wenn die Witterung e3 erlaubt, jchifft man zu ihnen und verlas 
det ven Vogeldünger 9 (wie den Guano, vergl. ob. ©. 315) 
um ihn nach Baffora und andern Orten zu transportiren, mo er 
als treffliches Dungmittel für die Palmenhaine, die Wein— 
berge und Gärten überhaupt, fehr theuer verkauft wird. Aber 
Died Meer von Kithr ift fehr gefürchtet und von Neifenden nur 
wenig befucht. 

Don diefer Küſtenſtrecke fagt jener Zeitungsbericht aus Bom— 
bay >), daß Gapt. Maude daſelbſt die mühlame Arbeit der Aufs 


03) ſ. Berghaus Karte 1835, wo diefer Survey zum erften male ein: 
getragen, doch ohne Erklärung im Pe geblieben ift. 
*) Edrisi b. Jaubert I. p. 157. 5) a. a. ©. Bombay Gaz, 
Septemb. 1822. 


Arabien; Oftküfte, Meer von Kithr. 391 


nahme aller jener neuentdeckten Inſeln vollendet und von jeder 
einen Plan entworfen. Auf allen zeigten ſich die ſtärkſten Spuren 
vulcaniſcher Thätigkeit; auf allen fand man Schwefel und deſſen 
Gefolge, auf allen Kegelpiks mit Lavafchladen und Thonges 
bilden, Gypsarten, junge Irappbildungen, Obfidiane, Eifen- 
erze, und diefelben Producte auch auf dem anliegenden Uferftrich 
des Feſtlandes, und — diefem entlang einen Ervbebenftrid. 
Hier aljo zeigen fich entſchieden die Wirkungen plutonifcher Gewal— 
ten auf der Oftfeite der Halbinfel, wie fie auch auf den Infeln ver 
Wertfeite von Ehrenberg, Rüppell und Andern befannt find, 
zwifchen welchen beiden Spaltenreihen ſich einft die Halbinſel felbft 
wol emporgehoben. 

Aus diefem Meer von Kithr weiter gegen Welten fegelnd, 
erreicht man den Hafen Macfoud (und jet unbekannt), der ſüßes 
Waſſer giebt und eine treffliche Winterftation darbietet; weiterhin 
wird die Küfte Hadjer (Hadjar bei Ebn Batuta, und Hagiar, 
Albadjar bei Edrifi und Abulfeda, ſ. ob. ©. 148— 149), das 
erite von Bahrein abhängige Gebiet erreicht, von mo die Fahrt nach 
Baffora längs dem Littoral Hingeht. Wer von Bahrein land— 
einwärts nah Medina gehen will, fagt Edrift 6), nimmt feis 
nen Weg über Dhat el Jemin (umftreitig jenes Dhat in el Kaſ— 
fym auf der großen Route dahin gelegen, |. 06. ©. 221,223), dann 
über Gafaile, einen Ort der häufig von Arabern bejucht wird, 
wo falziges Wafjer, 47 Mil. fern; dann über Batn Nakhl 36 
Mill. wo füß Waffer und viele Palmen; dann über Taref in ver 
Wüſte, 22 Mil., wo aber Negeneifternen, und von da in 15 Mil. 
nah Medina. 

MWer von Jemame nah Mekka”) reifen will, braucht 19 
Tagemärfche, von denen die 6 erften Bid zum Fort Gariatein 
auch auf ver Noute nach Baffora lirgen, nämlich über die Orte 
Ardh, Khodaia, Thania, Sofra, Sada und Gariatein. 
Bon da trennen fich beide Nouten und die da nach Mekka geht 
über Dama, Tandja, Sarba, Diadila, Falha, Nocaiba, 
Couba, Maran, Wadjera, Awtas, Dhatirk, dad von Te— 
hama abhängig ift (j. ob. ©.223), zum Garten Ebn Amar, und 
nah Mekka. 

Jemame, deſſen fchon früher einmal unter vom Namen Arudh 
gedacht wurde (ſ. 0b. ©.227), wird, nach Edrifi, vom Afnan— 





6) Edrisi 1. c. I, p. 158. ) Ebend, p. 155 — 156. 


392 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 64. 


Fluffe bewäſſert, an deſſen Ufer Aecker und Dörfer liegen, wie 
Hadrama ein Hauptort, wo viel Palmen und noch mehr Datteln 
ala in Hedſchas, wo auch die ruinirte Hadjar, und nahe vabei 
die zwei Städte Bourca und Salamia, die einander gleich an 
Größe und Bevölkerung. Der Name Irdh bezeichnet auch den Fluß 
Afnan, der dad Land in die hohe und niedre Provinz ſcheidet, an 
deſſen ftarf bewölferten und bebauten Ufern folgende Dörfer Liegen: 
Manbukha, Wabra, Carfa, Abra, Behiſcha, Sal, Ameria, Nifan, 
Bourca-Dahef, Salamia, Toudih, Merrat, Medjaza. Alle liegen 
weit aus einander. Zwifchen Sal und Hadrama ift eine Tage- 
reife. Salamia, ein hübjcher Flecken, ift von herrlichen Obftgär- 
ten umgeben, feine Datteln von vorzüglich fchöner Farbe und Ge— 
ſchmack. Sal ſelbſt ift ärmlich, Hat aber warme Quellen. 

Edriſi kehrt dann noch einmal im feiner Befchreibung des 
Perfergolfs zu deſſen öftlicher Hälfte oſtwärts Bahrein zurüd, und 
führt dafeldft auch, wie Ebn Batuta, die ſprichwörtlich geworde— 
nen beide "Berge, die er Kefjair und W’ouair nennt, an, von 
denen der Ss Derdour abhängig fei, und wo das Meer den Na= 
men Ghazra erhalte. Zu Derdour, jagt er 8), wälzen fich vie 
Wogen fortwahrend im Wirbel, fo daß ein Schiff, melches Hinein- 
geräth, verloren fei. Es Tiegt diefer Ort im Süden ver Infel Ebn 
Kaman, die von der Infel Keifch 52 Mil. oder eine Tagefahrt 
entfernt Liegt. — Die Lage diefer erften Infel ift und dem Namen 
nach bis heutzutage unbefannt geblieben. Sollte fie iventifch mit 
der an einer andern Stelle 9) von Edrifi im perfifchen Golf be— 
fchriebenen Infel Kewan fein, welcher am perfifchen Ufer entjpre= 
chend, in der Nähe des alten Siraf, auch eine Küftenftadt Kewan 
genannt wird, fo würde fle, wie es von der Infel Awal, d. i. 
Bahrein, dort gejagt ift, auch ganz nahe am Ufer des Feſtlandes 
liegen. Sie ift nah ihm 52 Mil. (über 10 Stunden lang und 
2 Stunden breit, hat Ackerfelder und Kofospflanzungen, und ift 
von. der Eecte der Abadhis (Ibadi's?) bewohnt, deren Edrifi 
wie auch Ißtachri ebenfalld in dem Berglande um Sanaa!V) 
erwähnt; ob dieſelben die al8 Ibaza in Oman, nach Batuta in 
Neswa vorherrichend waren (f. ob. ©. 373) und zu der auch heute 
noch die Bent Bu Ali in Oman gehören (f. unten), wiſſen wir 
nicht näher zu ermitteln. 





ↄ08) Edrisi b. Jaubert I. p.158. °) Ebend. p. 398. *°%) Ebend. 
p. 144; Ißtachri b. Mordtmann ©. 13. 


Arabien; Oftgeftade nah Edriſi. 393 


Bon ihrer Infel aus, die, was die Größe betrifft, kaum eine 
andere ald die fpäterhin unter dem Namen Keifch (jebt Khifchm) 
bhervoriretende fein möchte, fagt Edrifi, fünne man die Berge von 
Jemen erblicken, in deren Nähe ver Abgrund von Derdour, wel- 
cher gegenüber den Bergen (0b dem Cap Mufjfendum?), wo die 
Klippen Keffair und A'ouair fich befinden. Nur mit leichten 
Barken fünne man die von ihnen gebildete Meerenge überfchiffen,. 
nicht mit den großen und fchwerbelavdenen chinefifchen Schiffen (pen 
Junken, Indienfahrern, f. 06. S. 382). Die beiden Klippen feien fo 
mit Waffer bedeckt, daß man fie nicht fehen könne; aber das Meer 
breche mit der größten SHeftigfeit hindurch. Die unterrichteten 
Schiffer kennen fie jedoch fehr wohl und wifjen fie zu vermeiben. 
Außer jenen gefahrvollen Klippen gebe es noch zweit!) andere in 
der Nähe von Camar und die bei Derdour. Unter den Pijchen, 
die man hier fange, fei auch eine Art Deffin genannt, deren Ge— 
nuß, nach Ausfage der Küftenbemohner, jehr heilfam gegen die 
Glephantiafis fein fol; fein Kopf ift vieredig mit zwei Hörnern, 
die. fehr dünn, fingerlang, fein Körper fchlanf, fein Maul ein Trich« 
ter, der im Innern roth, vol Zähne, aber nicht beweglich zum auf: 
und zufchließen if. 

Edriſi hat aber dem perfifchen und dem arabijchen Oſt— 
geftade noch ein eigenes Kapitel 12) gewidmet, welches die vorhe— 
rigen Daten vielfach ergänzt, und dad wir hier einzufchalten haben, 
weil darin fich für feine Zeit aus den Schifferberichten eine gute 
Kenntniß diefer wenig bekannten Küftenregion ergiebt. 

Bon Abadan, dem gemeinfamen Afyl und Zufammenfluß 
aller Schiffer an der Tigrismündung, rechnet man noch 6 Milles 
bis zum Ginguß des Stromes bei Khaſchabad (obiged Chaſch— 
bad), wo Pfähle mit Hütten erbaut find, diefen zu wahren. Das 
linke Stromufer gehört hier zu Fars, dad rechte zu Arabien. 
Dad Meer hat hier 70 bis 80 Brafjen Tiefe, und eine Breite von 
210 Miles (42 geogr. Meilen), und eben fo groß ift die Entfer« 
nung von Khafchabad nad; Bahrein, der Stadt. Auf der großen 
Noute von Baffora nah Bahrein bringt man 11 Tagemärjche 
zu, folgt man aber den Krümmungen der Küfte, durch die waſſer— 
(ofen Wohnfige der Araber, 18 Tagereifen; eine Noute die vielfach 
befucht wird, doc immer gefährlich bleibt, auf welcher die arabis 


»4) Edrisi b. Jaubert I, p. 159. 1 Gbend. Clima III, Sect, 6. 
pP» 370 — 378. 


394  Weft-Aften IV. Abtheilung. $, 64. 


fchen Tribus ftets ihre Waffer mit fich führen müffen. Von Baſ— 
fora nah Jemama werden 15 Tagereiſen gerechnet. Diefe dreier— 
lei Routiers, wie fie Edriſi aufzeichnete, Eönnen leider bis jeßt 
noch nicht mit unferer geringen Kenntniß jener Gegenden in vergleis 
chende Betrachtung geftellt werden. Das Ietere bat fhon D’An= 
ville mit einiger Wahrfcheinlichkeit conftruirt, vom Wadi Aftan 
‚in Semame, von Sal und Salamia aus (ſ. ob. ©.233,392) in 
feine Karte 13) eingetragen; aber Berghaus wie Jomard haben 
es als zu ungenügend wieder weggelaffen; die andern zwei haben 
feinen Namen, der einem neuerlich befannt gewordenen entjpräche. 
Doch laſſen wir fie für künftige Grmittelung im antifen Lande 
der einft aus Babylon flüchtigen chaldäüſchen Handelscolonie 
der fo merkwürdigen Gerrhäer, jener reichen Zandfaufleute mit 
arabifchen Waaren und Gewürzen (Strabo XVI. 766), auf die wir 
ichon früher die Aufmerkſamkeit Hingelenft haben (ſ. ob. ©. 135 u. 
136 u.a. D.), bier in ihren inzelnheiten zu Fünftiger genauerer 
Erforſchung folgen. 


1. Routier von Jemama nad) Baffora!#); 15 Tagereifen. 

1) Bon Iemama nad) Sal ein Tag. 

2) Nah Salamia ein Tag. 

3) bis 5) Durch die Wüfte Marab, vie von Arabern bewohnt 
ift, 3 Tagemärfche, während welcher man dad Waſſer mit 
fi führen muß. 

6) bis 8) Nah Saman, wieder 3 Tagereiſen, zu Urabern, die 
ganz arm und nackt einhergehen. 

9) Nach Tandja, ein Fleined Dorf, deſſen Gebiet an Bahrein 
grenzt, 1 Tagereiſe. 

10) bi8 13) Zur Stadt Kadhima, eine Feſtung auf hohem 
Berge, 4 Iagereifen, auf denen man von Urabern begleitet 
fein muß, welche die Lage ver Brunnen kennen. 

14) Nach Dahaman, 1 Tagereife. 

15) Nach Baffora, vedgleichen. 


2. Route von Baffora durch die Wüfte nah Bahrein®), 
die von Arabern häufig, von Kaufleuten felten, zurückgelegt wir. 
Es iſt bis auf ein paar unbedeutende Abweichungen ganz dies 
jelbe wie die vorige, jedoch ettwad abgekürzt, in 12 Tagemärfchen. 





913) D’Anville, Carte de l’Asie Prem. Part. 1751. 1) Edrisi b. 
Jaubert I. p. 156. >) Ebend. p. 378. 


Arabien; Dftgeftade nach Cdriſi. 395 


3. Route von Baffora über Abadan, immer an Hafen— 
ftationen!6), die ohne Waffer und von Beduinen bes 
wohnt find, bis Bahrein. 

1) und 2) Don Baffora nah Abadan. 

3) Nah Haduba. 

4) Nach Armada. 

5) Nah Hanian. 

6) Nach el Cora. 

T) Nah Meslakhat. 

8) Nach el Ahſa. 

9) Nah Hemd. 

10) Zum Meeresufer. 

EI AHfa 7) ift eine Eleine Stadt am Meeresufer ver Haupt— 
Kr Bahreins, Awal gegenüber, im Lande der Kermaten (j. oben 

©. 149); unbedeutend, aber ein angenehmer Ort, wo DBazare und 
alle Bedürfniſſe zu haben. 

EI Kathif, 2 Tagereifen von jener fern, nahe am Meere, iſt 
eine ganz bedeutende Stadt; von ihr nach Bicha oder Biſa iſt 
eine ſtarke Tagereiſe. Auf der großen Wüſtenſtrecke von El Kathif 
nach Baſſora ſind weder Feſten, noch Städte, noch Waſſer; da hau— 
fen die Tribus der Amer Rebia (ſ. ob. ©. 86, 149). 

Die zu Bahrein gehörigen Städte find: Hadjar (f. oben 
&. 149), Hemd, EI Kathif, EL Ahſa, Bicha, el Zara und 
el Khatha, wo man die Langen macht, die Khathie heißen (vgl. 
ob. ©. 90). 

Die Hauptinfel Bahreins heißt Awäl, die eine Iagereife fern 
von Bars liegt, und eben fo meit ab vom Beftlande Arabiend. Sie 
ift 6 Miles lang und breit. Von ihr bis zur Infel Kharek find 
240 Mil, von da nach Baſſora noch 300 weiter, ee auf 
dieſem Waſſerwen⸗ 540. 

Die Inſel Awäal hat zur Hauptſtadt Bahrein 1, die wohl 
bevölkert ift, deren Umgebungen Korn und Datteln in Ueberfluß 
geben, und ungemein viele füge Waſſerquellen haben, dar— 
unter auch diejenigen, weldhe man Ain bou Zeidan, Ain Da» 
rilgha und Ain Ghadar nennt. Mehrere von ihnen find ftarf 
genug, um Mühlen zu treiben, Die Ain Ghadar ift von bejon« 
derer Art, jehr bedeutend, Freißrund und hat 60 Schubras, d. 1. 


6) Edrisi bei Jaubert ]. p. 371, 7) Gbend. p. 372. 
15) Ebend. p. 372. 


396 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 64. 


4, Fuß, im Durchmeſſer. Das abfließende Waſſer ſchnellt fich 
aus ver Tiefe der Duelle zur Oberfläche bis zu 50 Braffen Höhe 
empor. Mehrere Geometer und Gelehrte, fagt Edrifi, haben dieſe 
Duelle gemeffen und in gleihem Niveau mit der Meeresfläche 
gefunden. Die eingebornen Araber behaupten einftimmig, es be— 
ftehe ein Zufammenhang ded Meeres mit diefer Quelle; da fie aber 
ſüß ift und auch frifch, weshalb jo angenehm zum trinken, fo kann 
dies unmöglich der Tal fein, denn das Meerwaffer ift Hier bitter 
von Geſchmack und warm. 

Die Infel, führt Edrifi nach der ganz verſtändigen Diecuffion 
über dieſes intereffante Phänomen, das ſich wol an die mehrfache 
Beobachtung von dortigen fügen Wafjerquellen felbft, aus ver Tiefe 
des Meergrundes mitten durch) Das falzige Seewaſſer hindurchdrin— 
gend, anfchließt, weiter in feiner interefjanten Berichterftattung fort, 
babe ein unabhängiges Oberhaupt zum Herrſcher, deſſen Ge— 
rechtigfeit und Pietät von den Anwohnern der beiden Ufer des 
Berjer-Golfes gerühmt werde. Wenn er flirbt wird er nur von 
einem Nachfolger erfeßt, der jenem an Tugendhaftigkeit gleich fteht. 

Auf dieſer Infel Awäl wohnen die Berlfifcher!?), zumal 
in der Stadt felbft, nach welcher ſehr reiche Kaufleute, Die aus allen 
Enden der Welt ſich da zufammen finden, und zwei ganze Monate 
während der Vifcherzeit dort zu verweilen pflegen, große Geldſum— 
men bringen. Ueber das dortige Gefchäft giebt nun Edriſi für 
jeine Zeit die vollſtändigſten Nachrichten. 

Diefe Kaufleute, jagt er?0), miethen die Taucher nach einer 
feften Tare, die aber nad) der Güte des Fangs fich fleigert, wie 
nach dem Dertrauen, das der Taucher verdient. Die Berlfifches 
rei geihieht im Auguft und September, und beginnt felbjt noch 
früher, wenn das Waffer nur recht Elar ift. Jeder Kaufmann wird 
von feinen gemietheten Tauchern begleitet, und eine ganze Flottille 
von mehr ald 200 Dundj jehifft Sich zu gleicher Zeit mit ihnen 
aus. Gin Dundj ift eine Art Barfe, von etwad ungewöhnlicher 
Größe, mit einem Verdeck, dad die Kaufleute unter fich in 6 bis 
7 Cabinets abtheilen, fo daß jeder das feine für fich Hat. Jeder 
Taucher hat einen Gehülfen feines Gefchäfts, einen Moufffi, ver 
einen Gehalt erhält; die ganze Taucherzunft verläßt die Stadt 
Bahrein unter der Leitung ihres Meifters, der die Lagen der Perl— 
bänfe Eennt: denn die Aufter ift nicht ganz unmwandelbar; fie hat 


°1%) Edrisi b. Jaubert I, p. 373. 20) &bend. p. 373 —377. 


Arabien; Oſtgeſtade, Bahrein Perlbanfe. 397 


ihre Bänke, um welche fie fich dreht, in welche fie ſich einprängt, 
aus denen fie zu beftimmten Zeiten de3 Jahres hervortritt. 

Bei der Ausfahrt von der Infel Amwäl geht der Wegmeifer 
voran, die andern folgen in beftimmter Ordnung einander nad). 
Am Orte angekommen entfleivet fich der Wegweiſer, taucht, fondirt, 
und hat er die richtige Stelle gefunden, fo wirft er den Anker aus; 
feinem Beifpiele folgen alle andern Barfen, und die Taucher begin- 
nen ihr Geſchäft in der Tiefe von 2 bis 3 Braſſes. 

Der Taucher behält nur feinen Gurt um die Schaamtheile, 
verftopft feine Najenlöcher mit Khilindjil, einer Salbe aus Wachs 
und Sefamöl gefnetet, und geht nur mit feinem Auftermeffer und 
dem Sad hinab auf ven Meeresgrund. Jeder hat einen Stein von 
4 Gentner (?) Gewicht an einem dünnen, aber feften Seile, der an 
der einen Seite der Barfe in das Waſſer gelaffen wird. Der 
Moujin hält ven Stein feft, der Taucher tritt aber auf ihn und 
laßt fi mit ihm hinab. Unten fest er ſich, öffnet die Augen, 
fieht um ſich und rafft ſchnell alle Auftern, jo viel er kann, in fei= 
nen Sad, verläßt aber feinen Stein nie, fo wenig als fein Seil, 
bi8 er wieder heraufgezogen feinen Sack in der Barke außleert. 
Dies hält er 2 Stunden nach einander hinab= und herauffteigend 
aus; dann Iegt er fich Schlafen und der Moufffi öffnet unter den 
Augen des Kaufmanns die Aujtern, ver alles einregiftrirt. So 
geht es Tag für Tag, bis die eine Bank erfchöpft ift und man 
zu einer zweiten übergeht. Am Schluß der beftimmten Zeit Fehren 
alle mit ihren petichirten Säcken voll Perlen nach der Infel Amäl 
zurüf. Beim Ausſteigen werden alle Säckchen dem Gouverneur 
abgeliefert und erft in der Gegenwart der verfammelten Kaufleute 
geöffnet. Durch dreierlei Siebe, mit Löchern von verfchiedenen 
Durchmefjern, geflebt, werden die Perlen in Kleine, mittlere und 
große Sorten vertheilt, einregiftrirt und dem Kaufmann zum Ver— 
fauf zurückgegeben, der nun erft feine Taucher ablohnt. Finden 
ſich Perlen von großer Schönheit, fo behält fie der Gouverneur 
der Inſel Amäl zurüd, und jchreibt fie auf die Lifte des Fürften 
der Gläubigen als Gigenthum. Hier findet feine Widerrede oder 
Klage ftatt. Der Gouverneur der Infel Keifch fordert ebenfalls 
einen beftimmten Zoll von den Kaufleuten, die den Perlhandel be= 
treiben, ein. Die Kunft zu taudyen muß ordentlich erlernt werden, 
oft leiden die Ohren der Lehrlinge dabei Schaden. Jeder Taucher 
erfennt in der Tiefe feine Kameraden, und es fommt Feiner dem 
andern in fein Gehege; aber alle wetteifern mit einander in Bleiß 


398 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 64. 


und Geduld. Die Uferanwohner glauben, daß die Perlen im Golf 
vorzüglich nur nach dem Frühlingsregen im Februar machfen; rege 
net e8 dann nicht, fo finden die Taucher im ganzen Jahre Feine 
Perlen; das gilt ihnen wenigſtens ald ausgemacht und Niemand 
zweifelt daran. (Ueber diefe und andere VBorftellungen und die Perl- 
fifchereien bei Eeylon und an andern Küften vergl. vorzüglich Erdk. 
VI. 160— 180, auch 41 und ebend. IV. 819, V. 516 u. a. a. O.) 

Edrifi fchließt diefe Nachricht damit, zu fagen, daß man im 
perſiſchen Golf, wo die wichtigsten Berlfifchereien, an preihundert 
berühmte Bänke Eenne, die frequentirt werden, und reichlichern Er— 
trag geben als die andern in Jemen und Indien befannten. 

Abulfeda dringt nun, was er von Diefer Oftfeite Ara— 
biens zu jagen weiß, außer in der Beſchreibung ded perfifchen 
Golfes, in feinen Prolegomenen 21), die aber fein neues Datum 
enthalten, al3 der jüngfte ver hier zu erwähnenden arabifchen Geo— 
graphen noch in feinen fünf gefonderten Artikeln: von Al Sadjar, 
Jemama, Alahſa, AlKatif und Bahrein??), am Schluß ſei⸗ 
ner Befchreibung Arabiens zufammen, die wir auch hier zum Schluß 
unferer Hiftorifchen Ginleitung zulegt noch, in fofern fie Bereiche— 
rungen zu dem vorherigen enthalten, hinzufügen, um hier vollftäns 
dig dad wefentlige Ergebniß ver genannten arabijchen 
Geographen über ihr eigenes Halbinfelland, für deſſen geogras 
phifche Kenntnig beifammen zu haben und dann zu befien Betrach— 
tung der gegenwärtigen Zuftände überzugehen. 

1) Al Hadjar, jagt Abulfeda, fei nach dem Mojchtaref 
die Stadt Jemama ſelbſt, aber nach andern Autoren fei fie Davon 
verfchieden und Tiege anderthalb Tagereifen von Jemama fern. 
Beide Städte follen von dem Tribus der Hanyfe bemohnt fein, 
und von einigen Familien der Modhar (j. ob. ©. 148, 149, 165 
und 167). Man findet zu Al Sadjar, worunter nah Edriſi 
nur die Nuinen der ehemaligen Stadt dieſes Namens verflanden 
werden können, die Gräber mufelmännifcher Martyrer, Die im Kriege 
gegen ven falfchen Propheten Moffeilema, unter Abu Bekrs Kha— 
Iifat, gefallen waren. Auch eitirt Abulfeda Stellen arabiſcher 
Dichter, Die fich auf dieſen Ort beziehen. 





921) Abnlfedae Opus Geographicum ex arabico latinum fecit J. J. 
Reiske, in Büfching’s Hift. Magazin Th. IV. 1770. p. 142 — 143; 
Gravius Abulf. ed. Huds. Geogr. Min. p. 67— 70. ??) Gra- 
vius Abulfed. Deser. Arabiae I. c. p. 60—66; Rommel Abulf. 
Deser. Arab. p. 883 —93; Reinaud, Trad. d’Abulf, p. 133— 138. 


Arabien; Oftgeftade nach Abulfeda. 399 


2) Der Ort Iemama fol in einer nadten Ebene in einem 
Difteicte, ver Alouäly (d. 5. hohes Land) heißt, liegen, mo 
jener Betrüger Moffeylema ſich die Gabe der Prophezeihung an— 
maßte. Don einem Augenzeugen, dem Hadztſa Sohn Iſſa's, 
win Abulfeda willen, daß dieſes Land jehr ftarf bevölfert fei, 
aber wenig Palmen habe, und daß daſelbſt ein Thal mit Namen 
Alkhardj (al Charg) Tiege, was fo viel als „rund des Tha— 
les“ Heiße. Diefer Name befteht nad Jomard 23) noch heute als 
Provinz el Khardj in Südoft von Aäred, woraus jich nad) feis 
ner Bemerkung ergebe, daß das alte Demama, nad Edrifi wie 
Abulfeda, aus den beiden heutigen Provinzen el-Aared und 
eleKhardj beftand, wovon Salamia einen Theil ausmachte, und 
daß dad heutige el Derreyeh, zwifchen beider Gebieten, ald mo— 
derne Hauptitadt ver Wehabiten, an die Stelle jener frühern 
DOrtfchaften getreten fei. 

Im Sahhah, fügt Abulfeda noch Hinzu, werde ein Ort (mol 
ein Landſtrich) Jemama genannt, der in Oft von Meffa Tiege, und 
eine Ebene bilde; da8 Thal Semama heiße Al KHardj, und jet 
vol Dörfer, wo viel Gerfte wachfe, und in der Nähe ver Stadt 
Jemama ſei eine Quelle reih an Waſſer, das frei fliefe. Ale 
haffa und AT Kathyf liegen im Oft von Jemama, 4 Tagereifen 
fern. Noch wiederholt Abulfeda das Citat des Canoun, wonach 
der primitive Name von Iemama Djau, d. h. ein breites Thal 
geheißen (f. ob. ©. 228), habe. 

3) Das Städtchen Alahſa oder Alhaſa in Bahrein, näher 
gegen dad Meer hin gelegen, würde heutzutage bei örtlicher Unters 
juchung vieleicht, feiner einftigen Lage nach, durch eine fehr Heiße 
Duelle?) zu ermitteln fein, die nach Abulfeda ſich daſelbſt be- 
finden follte. Palmen umgaben ven Ort damals von allen Seiten, 
deshalb er mit vem Goutha von Damasf verglichen wird, ob— 
wol er, wie Abulfeda ausprüclich bemerkt, in der Mitte des Al— 
barrye, d.t. der Wüſte, 2 Tagereifen gegen SW. von el Kathif 
liege; daher auc) fein Name „ahſa“ mit Artikel „alahſa“ nad) 
dem Mofchtarek abzuleiten, was fo viel ald „Sand auf Belfen 
liegend bedeute, zwifchen dem fich die Waffer verlieren.“ 
Daher auch die Bewohner beim Nachgraben immer auf Waffer flo» 


) Jomard, Notice geogr, sur la Carte du pays de Nedjd p. 564 
in F. Mengin, Hist. de l’Egypte. Paris, 1823. T. II. App. 
) Reinaud, Trad, Abulf, p. 135. 


400 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 64. 


fen. Alahſa bezeichne daher, fagt Abulfeda, verſchiedene 
Orte Arabiend von gleicher Beichaffenheit. Daher auch ein Ahſa 
der Beni Saad, Söhne von Heger in Bahrein,. welche einit der 
verfolgten Gecte der Karmaten ?°) (ſ. oben ©. 149) zum Aſyl 
diente. — Damit flimmt De Sacy überein?6), ver alhaffa und 
alahja für ven Plural von hiſſy halt, daher Hiffa eine andere 
Ausfprache fein würde; aber der Name mit dem Artikel habe vie 
Beranlaffung zur umgemwandelten Form Lachfa gegeben. Nach 
Andern fol die Stadt Alhaſa erft von dem Haupte der Karma- 
ten, oder vielmehr vom Chef der Zendj gegründet fein 27); dies 
würde denn wol die andere Alhaſa der Karmath und nicht 
die erfigemeinte Alhafa der Beni Saad fein. Uebrigend ift 
dieſe Ießtere, nad) Abulfeda, ohne Mauerumgebung geblieben, 
und erportirt, wie auch el Kathif, Datteln nach dem innern Thal: 
gebiete Alkhardj, wo fie für 2 Laften Datteln eine Laft Wei— 
zen erhalten. 

4) Die Stadt EI Kathif liegt, nad Abulfeda, in der 
Provinz Alahfa, am Ufer des perſiſchen Golfs 2 Tagereifen im 
Nordoſt vom Orte Alahſa. Nach der Ausfage eines Bemohners 
jener Stadt ift fie von Mauer und Graben umgeben und bat 4 
Thore; dad Meer fteigt zur Fluthzeit bi8 an die Mauer, während 
zur Zeit der Ebbe ein breiter Strand troden liegt. Mit der Fluth 
fünnen große Schiffe in das Innere der Bucht, in deren Hinter— 
grunde die Stadt erbaut it, bis zu derfelben einfegeln, auch wenn 
fie befrachtet find. Dieſes EI Kathif ift größer als Alahſa, und 
an Umfang Salamia gleih (Neinaud halt dafür?8), dies be= 
ziehe fich auf die fyrifche Stadt dieſes Namens zwiſchen Emeſſa 
und dem Euphrat, und nicht auf Die nur 2 Tagereifen von Je— 
mama entfernte Salamia, weil diefe nur ein Kleines Städtchen ge= 
nannt werde; f. ob. ©. 394). 

5) Bahreyn oder Albahreyn, Hiermit fchließt Abulfeda 
feine Beichreibung Arabiens, grenzt nach ihm an Nedſched, und ift 
fo reich an Datteln, deß daraus dad Sprichwort, um etwad ganz 
unnübes zu bezeichnen, entftanden fei: „Datteln tragen nad) 
Hedjer in Bahrein.” Es zieht fich dies Gebiet am Ufer de3 
Perfer-Golfs entlang und war die Wohnung der Karmaten. Dies 


*25) Abulfedae Annal. Mosl. II. p. 324. 26) De Sacy, Chrestom. 
Arab. II. p. 123. 29) De Sacy, Chrest. Ar. 1. c., Expose@ de 
la Relig. d. Druzes T. I. Introd. cexı. 29) Reinaud, Trad. 
d’Abulf, p. 136, Not, 


Arabien; Oſtgeſtade nach Abulfeda. 401 


Land von Bahreyn wird auch Hedjer genannt (verſchieden 
von obigem Alhadjar oder Alhidjr, ſagt Neinaud?),; denn in dem 
einen ift das h aspirirt, im andern nicht. Jene Stadt Hedjer 
icheint aber viefelbe wie Alhafa zu fein, nach De Sacy, Chrest. 
Ar. II. p. 123). Mofchtarek nach Mazhary, von Abulfeda eitirt, 
jagt, daß Hedjer auch al Bahreyn, d. h. „die zwei Meere,” 
heiße, wegen eines Sees, der dort im Lande bei Alahja liege, und 
wegen des gegenüberliegenden Meeres. Einen ſolchen See hat die 
Karte des Wehabiten Sheikh, die Jomard publicirte, auch wirflid) 
eingetragen, ob deshalb aber diefe etymologifche Erklärung die rich— 
tige fei, laſſen wir dahin geftellt. Selbft vie arabifchen Gelehrten 
find in ihren Erklärungen ſo ſchwankend, daß auch die europäifchen 
Nachfolger hier in Beziehung auf jene Benennungen nur felten mit 
Sicherheit auftreten Finnen. So fchlieft Abulfeda mit der Ans 
gabe: um etwas gewöhnliched von Hedjer zu bezeichnen, fage man 
hädjery, nach der Grammatik würde es aber hedjery heißen müſ— 
fen; und im Mofchtaref ftche, daß Hedjer, wie Sham (Syria) 
und Irak ein Name fei, der einer ganzen Landſchaft angehöre und 
keineswegs blos einer Stadt zufomme: nämlich hedjer heißt im 
arabifchen ganz allgemein genommen jo viel als Steinfelfen. 


) Reinaud, Trad, d’Abulf. Not. p. 137. 


Nitter Erbfunde XIL, Ce 


402 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. 9. 65. 


Zweiter Abſchnitt. 


Die geographiſchen Verhältniſſe der Halbinſel 
Arabiens in der Gegenwart. 


N acvem wir im erften Abfchnitte in der hiftoriichen Ein— 
leitung nad) einem allgemeinen Ueberblid (©. 3—15), im 
erften Kapitel einen Nücblif auf die vormohamedanifchen 
Zeiten (©. 15— 140), im zweiten Kapitel auf die Periode des 
mohamedanijchen Mittelalters im Vergleich zu älteften und neue— 
ften Zeiten geworfen (©. 140 — 401), gehen wir mit dem Anfange 
de3 dritten. Kapiteld, da für die türkiſche Periode der Be— 
fignahme de3 Landes, nach dem Dſchihannuma, ſchon vollftändig 
von einem Meifter vorgearbeitet ift, auf den wir ung hier nur zu 
beziehen brauchen D), nun auf die Gegenwart über, zu deren rich- 
tigem Verſtändniß wir und durch jene vorbereitenden Unterfuchuns 
gen ven Weg erſt bahnen mußten, und beginnen unferm allgemei= 
nen Gange des Fortfchrittes vom Often zum Welten gemäß, mit 
der Nachweifung und Beichreibung der Verhältnifje des Per— 
jer-Golf3 in feinen Beziehungen zu dem arabifchen Ge— 
flade, da und Diejenigen zum perfiichen Geftadelande und zu dem 
de8 Euphrat-Deltad, fchon aus frühern Unterfuhungen befannt 
find (Erdk. Th. VIII. &.722— 815; Ih.IX. ©.133— 323; Th. XI. 
©. 1018— 1074). 


) v. Hammer: Burgftall, über die Geographie Arabiens, in Wien. 
Jahrb. 1840. B. XCH. und 1841. B. XCIII. XCIV. u. XCV. 


Das arabiſche Geftadeland am Perſergolf. 403 


Erfies Kapitel. 


Der perſiſche Golf in ſeinen Beziehungen zum 
arabiſchen Geſtadelande. 


$. 65. 5 


| Erläuterung 1. 
Ueberſicht; Piratenfriege, Capt. Sadlier's Eingang 1819; 
britiihe Küftenaufnahme und Entdeckung. 


Der perfifche Golf in feiner ſchlauchförmigen (j oben 
©. 227), in der Mitte erweiterten, am Nordende ganz geſchloſ— 
fenen Geftalt, zu welchem von Often, aud dem trichterfürmig 
gegen Nordweft zu laufenden Meere von Oman, nur ein 
enger Eingang in der Linie von Nas Koli auf perfiicher Seite 
quer über zum Nas Muffendom auf arabifcher Seite führt, liegt 
zwiſchen den Parallelen von 24 bis 30° NR.Br., und 45‘, bie 55° 
und den Meridianen von 45° 30° bis 55° DR. v. Par., oder nahe 
48° bis 57° 30 D.R. v. Greenwich. Bei Strabo heißt er Ilco- 
oırög #oAnog, XVI. 765, 766, 779, bei Blin. VI. 24 Sinus Persi- 
eus, bei Plutarch das babylonifch=arabifche Meer, bei Nearch 
aber das erythräifhe Meer, wegen ded Erythras Grabmal 
auf einer feiner Infeln (Histor. Indie. e. 37), wie er denn ſchon 
bei Herodot, Strabo und Andern unter dem erythräiſchen oder 
Nothen Meere, dem arabifchen, mithegriffen und darum auch wol bei 
Plinius für einen Theil des Mare rubrum angefehen werden 
fonnte; indeß die Perfer ihn dad Grüne Meer, oder nad feinen 
anliegenden Küftenftrichen, dad Meer von Fars, von Kirman, 

Bahrein, Katif, Basra und felbft von Oman nannten. 
| Seine Dimenflionen hat Berghaus ?) nach feiner beften Kar— 
tenconftruction vom Jahre 1832 auf folgende Daten berechnet: di— 
recte Länge von Muffendom bid zur Mündung des Shat el Arab 
120 deutjche Meilen (160 Seemeilen oder 480 geographical Miles); 
die Curve oder wahre Länge jedoch etwas mehr, nämlich) 135 
deutfche Meilen; die mittlere Breite etwa 22 bis 23 deutſche 


) Berghaus Karte vom perfifchen Golf nebſt Memoir. Gotha, 1832. 
4. S. 4. 


6c2 


404 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


Meilen; die größte Breite jedoch, von der Perſerküſte an der 
Tſcherru-Bai (wo einft Siraf liegen follte, f. 0b. ©. 386) ges 
gen Südmeft bis zum Khor Daum, 45 deutjche Meilen, wo 
eben die fehr tiefe Ginbucht, ver Bauch jene? Schlaudhes, nach 
der Araberanfiht (|. ob. S.227), hinfällt, indeß gegen Oſten die 
zufammengefohnürte Mündung des Schlauches, am Cap 
Muſſendom, nur etwa die Hälfte der mittlern Breite betragen kann. 
Die ganze Küftenperipherie des Perſer-Golfs beträgt 420 
deutfche Längenmeilen, davon die bei weitem größere Hälfte das 
arabifche Geftadeland von Al Sadjar, EI Katif, Bah- 
rein und der Piratenküfte bis Oman einnimmt. Das Arenl 
des Golfs beträgt 4340, alfo 200 Quadratmeilen mehr Waſſer— 
fläche, al8 England und Schottland Landfläche (4131 D.-M.) ent- 
halten; die zahlreichen, zumal entlang ver Piratenküfte, erſt feit 
kurzem hinzu entdeckten (f. ob. ©. 890) Inſeln möchten wol von 


diefem Naume etwa 100 Quadratmeilen einnehmen, von Denen je⸗ 


doc) Die einzige Infel Kiſchm allein ein Drittheil, nämlich an 
30%, veutfche Quapratmeilen, befaßt, indeß die andern alle, jelbft 
die berühmte Ormuz (fe hat noch Feine 2 Quadratmeilen Areal) 
nur fehr befchränft an Naum find. 

Erft jeit kurzem ift nad D’Anville’3 und Niebuhr's ſehr 
dankenswerthen erſten Verſuchen 3), denen Lieutnant Macluer’s 
theilweiſe Berichtigungen gefolgt waren, durch die britiſche Kü— 
ſtenaufnahme eine genauere Kartenzeichnung dieſes Golfes in 
unſere Globen eingetragen, die ſelbſt auf Berghaus meiſterhaftem 
Blatte, vom Jahre 1832, nur erſt theilweiſe benutzt wurden, ſo 
daß die ſpäter von der engliſchen Admiralität edirten Karten von 
der Piratenküſte und den oſtindiſchen Compagnie-Inſeln, 
nebſt dem ſo characteriſtiſch genannten Schlauchbauche am Khor 
Daun, in dem Blatte „Arabia und das Nilland“ vom J. 1835 
nachträglich erft vervollftändigt %) werden Eonnten. 

Die englifche Küftenaufnahme und damit verbundene ges 
nauere Kenntniß dieſer arabifchen Geftadelinie wurde erft in 
ven Testen Jahrzehenden durch blutige Kämpfe erfauft und hervor- 
gerufen. Denn die ganze Öftliche Hälfte verfelben, von Bahrein 


’) D’Anville, Asie Part 1. Paris, 1751; Sinus Persicus maximam 
partem ad observationes proprias a. MDCCLXV. institutas de- 
lineatus a C. Niebuhr, und defien Arabien ©. 308 — 339. 

) Berghaus, Arabia und das Nilland. Gotha, 1835. Mem. FREE 
ment ©. 121. 





| 
| 


Das arabifche Geſtadeland am Perſergolf. 405 


bis zum Cap Muſſendom, die bis jeßt nur noch den Namen ber 
Piratenfüfte trägt, war bis dahin gänzlich unbekannt und une 
befucht geblieben, vielmehr geflohen, weil fie von einer wenig ge- 
Fannten, wildeften Race arabifcher Gefchlechter durchſchwärmt war, 
die Gefahr und Todesfchreden durch Naub und Mord über Land 
und Meer verbreiteten. Und als fie vom Bombay Gouvernement 
durch blutige Schlachten theilweife befiegt waren, flohen die Ueber: 
lebenden in ihre unbekannten oder fchwerzugänglichften hinteren 
Hafenafyle, in die man fie aus Unkenntniß der Küften zu ver⸗ 
folgen nicht wagen durfte. Der große Staatsmann Mountftuart 
Elphinftone >) in Indien (Erdk. V. ©.658), entfchien fich daher 
für die Nothwendigfeit einer Küftenaufnahme, die fogleich begon— 
nen und mit großen Koften eine Reihe von Jahren bindurchgeführt 
werden mußte, wozu zunächft im Jahre 1821 zwei Schiffe Difeo- 
very von Guy und Piyche von ©. Brucks commandirt, bes 
ftimmt worden, unter denen die Offtciere NR, Cogan, Rogers, 
Elements, Houghton, Anderfon, Squired und Whitelock 
auf dem einen und Noubaud, Lowe, Spry, Pilcher, Boyer, 
Rogers auf dem andern, dad große und mühlame Werk ver Vers 
mefjungen von 1821 bis 1825 volführt haben. 

Sp weit die Gefchichte zurückreicht, fcheint Hier Seeräubers 
leben vorherrſchend gemwefen zu fein, wie dies fchon die oben an— 
geführten Stellen aus dem Koran, aus dem Ibn Haufal und 
Edriſi (f. 06. ©. 388) darthun, fo wie die fortwährenden Kämpfe 
ver Portugiefen, als diefe im 16ten Jahrhunderte nach der Als 
leinherrſchaft in dieſen Gewäſſern ftrebten, wie die der indiſchen 
Briten im gegenwärtigen, und felbft der Imame von Oman, 
die ald ihre nächiten arabischen Nachbarn nicht weniger von ihnen 
zu leiden hatten, wie ihre Nichtlanpsleute, die Üüberfeeifchen Kafern. 

Im Jahre 1805 gerieth der Sultan Sejjid von Maskat mit 
jenen Piraten in blutigfte Fehden an der Nordgrenze Omans, bei 
Lima (Linga bei Wellftev 9), Nas Lima unter 26° N.Br. nad 
Gapt. G. B. Bruds Survey), in welchen er nad verzweifelten 
Kämpfen, völlig gefchlagen, die nähere Veranlaffung gab, feine Be— 
ſchützer, die Briten in Indien, mit in die Händel gegen dieſelben 
Piratenfeinde zu verwideln; denn ſeitdem wurde die Bändigung 


) Wellsted, Travels to the City of the Caliphs. Lond. 1840, 8. 
Vol. I. p. 125. °) Wellſted, Reifen in Arab. b. Nödiger Th. J. 
c. 16. p. 170, 


406 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $.65. 


und Vertilgung diefer feindfeligen Nachbarn für Die Befiger von 
Dman eine Lebensfrage. Deshalb fchlojien fie fich enger an die 
Briten an, deren indifche Kauffahrer zwifchen Bombay und Baf- 
jora von nun an immer häufiger von dieſen Piraten bei ihren Hin— 
und Serfahrten bedroht worden. Das brito- indiſche Gouvernement 
gab jenoch anfänglich feinen Seecapitains der indifchen Flotte den 
Befehl, nur defenfiv zu verfahren; ſelbſt ald zwei Schiffe der 
Dibewafimi-Piraten, im Jahre 1808, bei der Infel Kenn 
oder Käs vor dem antiken Hafen Sirafs, ein Schiff der Englän— 
der erbeutet und die ganze Mannfchaft als ein Sühnopfer für ih- 
ren Bropheten abgejchlachtet, die darauf befindlichen Moslemen aber 
nur ausgeplündert und auch die Weiber und Kinder verfchent hat— 
ten. In den mit ihnen begonnenen Kriegägefechten verlangten diefe 
furchtbaren und im hohen Grade tapfern Piraten nie Bardon. Sie 
hatten fich zu den Bahnen der Wehabiten gefchaart, und erfchienen 
in zahlreichen Slottillen in der Nähe und Ferne ihrer Geftade. Ei— 
nen religiöfen Fanatismus 7), der fie durch die Verbindung mit 
Mehabitifchen Häuptlingen ergriffen hatte, find wol ihre Graufam- 
feiten zugufchreiben, die fie damals verübten. Statt die Gefange- 
nen etwa an der Küfte audzufegen oder zu Sclaven zu machen, 
Schnitten fie ihnen flet8 an ver Spige des Schiff und auf ven La— 
vetten der Kanonen unter Gebet ganz Faltblütig mit einem Mefjer 
die Kohle ab. Ihren Namen Dihemwäfimi (von den britifchen 
Matrofen Joasmi genannt) gab man ihnen nur nad) einem ih- 
rer Tribus, deren viele fih in ihren Naubgefchwadern zufammen= 
fanden, die man auch, wegen ihrer Verbindung mit der reformatos 
riſchen Secte, Wehabys nannte, was in jener Zeit gleichbedeutend 
mit Golfpirat galt, woher denn auch ihr Geftade den Namen ver 
Piratenküſte erhalten hat. 

Ale Boote und kleinern Fahrzeuge, die das perfifche Meer und 
ſelbſt deſſen Eingänge ypaffirten, wurden regelmäßig weggefangen 
und audgeplündert, Fein großer Kauffahrer wagte ſich mehr ohne 
Bedeckung eined Kriegsjchiffes in das yerfiihe Meer. Aber auf 
Kriegsſchiffe ſelbſt machten fie mit entſchiedener Kühnheit Ueberfälle, 
wie gegen das Fünigliche Schiff Lion, von 50 Kanonen; und ver 
indiſche Handel erlitt durch) Wognahme mehrerer Compagniefchiffe die 
empfindlichiten Verluſte. 

Deshalb wurde im I, 1809 die erfte Erpedition des in- 


) Fraser, Voy. into Khorasan. London, 1825. 8, Append. A, p.1. 


% 


Arabiens Piratenküſte; Piratenkriege. 407 


diſchen Gouvernements, unter Capt. Wainwright mit 2 Fregat- 
ten, 5 Kreuzern, einem Bombardierſchiff und 1500 Mann Bombay— 
Truppen, unter Rieutn. Colonel Smith’3 Commando, nah ven 
Hauptſitze der Piraten auf der Weſtſeite des Cap Muffendom ge= 
fandt, um ihren Saupthafenort Nas al Khaimah (25° IN Br. 
55° 30' D.2. v. Gr.) 89) zu zerflören. Auch gelang es der europäi— 
chen Tactik der Briten, dafelbft im Hafen über 50 große Pira— 
tenſchiffe, Däous oder Dow der Briten, jede von 200— 350 
Tonnen, und jehr viele Eleinere zu erobern, in den Grund zu ver= 
jenfen und zu vernichten. Die befefligte Stadt felbft wurde erftürmt 
und Fam mit den zahlreichen Magazinen, die mit Beute und Waa— 
ren von ihren Plunderzügen gefüllt waren, in die Gewalt der Sie— 
ger. Die Commandeurs jedoch, um dem Feinde zu zeigen, daß 
nicht Eroberung, ſondern Zucht und Strafe für ihre Verbrechen 
dieſen Rachezug herbeigeführt, ließen Alles in Flammen aufgehen. 
Dennoch trugen die Truppen für ſich hinreichenden Lohn an Sil— 
be, Gold und Juwelen davon. Mancher Soldat ſoll feine 
3500 Pfund Sterling Beute mit nach Indien zurücdgebracht Haben. 
Da aber die Flotte nicht bi8 unter die Mauern von Ras al Khai— 
mah hatte vorbringen können, fo mußten die ftarfen Verſchanzun— 
gen und Batterien der Araber erft erflürmt werben, um die Stadt 
jelbft in Befig zu nehmen, wo bei ihrer verzweifelten Gegenmwehr 
doch nur 50 der Briten umfamen, während über 300 der Araber 
todt auf dem Plate blieben; ein Sieg von den der Imam von Made 
fat geglaubt hatte, daß man ihn nur mit einem Corps von 10,000 
Mann würde erreichen fünnen. Aber da man auf dem Siegeöfelde 
feine politifche Station für die Dauer gründete, fo kehrte, troß dem, 
daß man noch das zweite Naubneft viefer Piraten, auf der Infel 
Kiſchm, an ihrer Norpküfte zu Left (Lafet, Let oder Leid bei 
Wellſted) auf gleiche Art zerftörte, das Uebel bald nad) kurzer 
Unterbredung wieder, da die Dichewafimi von ihrem Naubfyfteme 
nicht ‚ließen und durch die Wehabiten auf dem Feſtlande geftübt, 
bald zu einer neuen furchtbaren Macht heranwuchſen. Der Sieg 
Mehmed Ali's in Gentralarabien und der Sturz der Wehabi- 
ten zu Dereyeh, Ende des Jahres 1818, trieb viele dieſer geſchla— 
genen Banatifer zu ihren Glaubensgenoffen an ver Piratenküfte, 


*) Will. Ouseley, Voy. Lond, 1819. 4, Vol. I. p. 325; und Asiatic 
Journ. Vol. 11, p. 341; Fel. Mengin, Hist, d, Wahabys in List. 
de l’Egypte. Paris, 1823, T, Il, p. 621. 


408 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


wo man bald eine neugezimmerte Flotte von mehr ald 100 Daous, 
bis zu 400 Tonnen Laft, nur zu fehr zu fürchten Hatte. Sie blof- 
firten nun förmlich die Eingänge des Perfifchen wie des Nothen 
Meered; in vielen blutigen Gefechten waren fie zwar gefchlagen, 
ihre Forts wiederholt zerftört worden; aber immer hatten fie fid) 
vegenerirt, in einer Zeit ald die Truppen des britifchen Gouverne— 
mentd in Indien durch die Mahratta= Kämpfe (Erdf. VI. ©. 407 
618 413) vollauf in Defan befchäftigt waren. Erft nachdem viefe 
gefährlichen Händel im Mahrattenlande befeitigt waren, kam es zu 
einer zweiten Expedition gegen die Piraten. 

Diefe zweite Erpedition ) ging am 1. Nov. 1819 von 
Bombay aus, mit Capt. Collier's Kriegsſchiff, mit 3000 Mann 
europäischer und indijcher Truppen, unter dem Commando des Mas 
jor General Sir Will. Keir Grant. Diesmal wurde das große 
Naubneft Rad al Khaimah . bh. Vorgebirge ver Zelte) vol 
fommen vernichtet, fo wie auch das Bergfort Zyah, die beide von 
Wehabiten auf das hartnädigfte vertheidigt wurden. Während die— 
jer Blockade der Hauptfefte fchifften die unerfchrodenen Piraten im— 
merfort in den Hafen ein, und machten des Nachts die tolfühnften 
Ueberfälle in die Verſchanzungen des Feindes. 

Der glänzende Erfolg diefer Eroberung beider Hauptfeſten war, 
daß die Piratenchef3 nun auch zur Uebergabe der übrigen Forts 
und zur Außlieferung aller ihrer Schiffe gezwungen waren, wo— 
durch, die Schiffe des Haupthafens inbegriffen, 202 Schiffe der Pis 
raten den Briten überliefert wurden, die dieſe ſämmtlich in ven 
Grund bohrten oder in Feuer und Flamme aufgehen ließen. Der 
Uebergabe der feften Orte Dſcheſiret al Samra, nahe in S.W. 
des Hauptorted Um el Gawin (gemöhnlihd Margavine), Fufht, 
Shargah (Schardſcha bei Wellftev) und Abu Heli (Abu 
thubbi oder Buthabin der Karte) folgte fogleich die Zerfprens 
gung und Zerftörung derfelben durch Pulver, nachdem man zahle 
Iojen Öefangenen, die darin fchmachteten, und Sclaven, Indien wie 
Europäern und andern, die Freiheit wiedergegeben hatte; denn dieſe 
Emancipation fo vieler Unglücklichen war diesmal eigentlich ein 
zweite Sauptziel der Erpepition, das ziemlich volftändig erreicht 
ward. Doch gelang es noch immer einer nicht unbedeutenden An— 
zahl von Schiffen ven Nachftelungen der Briten zu entjchlüpfen, 


) B. Fraser, Voy. 1. c. Append. A. p. 2—7; Wellfted, Reif. I. 
S. 174. 


Arabiens Piratenfüfte; Piratenfriege, 409 


zumal da ihre Kreuzer zwar im offenen Meere Wache hielten, fich 
aber doch nicht, wegen gänzlicher Unbefanntfchaft mit den dortigen 
Gewäflern, in das Innere der Buchten und Schlupfwinfel wagen 
durften. Man fing nach diefer Demüthigung an ein anderes Sy 
ftem im der Behandlung einzuleiten, verföhnlicher Art, um aller Pi- 
raterie, mit welcher der Selavenfang in Verbindung gefegt war, 
und wobei fo furchtbare Graufamfeiten begangen worden, vorzu— 
beugen. Um diefem Verfahren Nachruf zu geben, ließ das nad) 
Bombay zurückehrende Gejchwarer zu Nas el Khaimah eine 
Sarnifon von 1200 Mann Truppen mit Artillerie unter Captain 
Collier zurück. Aber der Mangel an ſüßem Waſſer und an fris 
jchen geeigneten Lebenämitteln, wie das Fieberclima, decimirte ſchnell 
die Mannfchaft und nöthigte bald zur Verpflanzung der Garnifon 
auf die für. gefünder gehaltene Inſel Kifhmi nach Dariftan; da 
fie aber auch da diefelben Mängel verfolgten, wurde fie, nur noch 
800 Mann ftarf, bald wieder von Dariftan weg auf die Nordoſt— 
jeite derfelben Infel auf die Station Kifhmi verlegt, eine ſchwer 
zugängliche Bofition, die aber leicht zu vertheidigen war, hoch lag 
und einen fehr gefunden Aufenthalt verhieß. Doch auch hier trat 
bald der Mangel des frifchen Waſſers ein, das fchlechte Waſſer 
wirfte bald nachtheilig auf die Geſundheit. Bei Befegung diefer 
nächften Nachbarinfel Perſiens war ver Hof von Perfien nicht be= 
fragt worden, fondern nur die Erlaubniß des Imam von Masfat, 
der fie damals im Befit Hatte, begehrt, die man auch erhielt. Aber 
hierdurch war bald das Mißtraun des perfifchen Prinzen Huffein 
Ali Mirza 0) erregt, der fich fofort wegen dieſer Beſitznahme be= 
flagte und zugleich behauptete, daß unter den verbrannten Schiffen 
vieles Eigenthum perfifcher Kaufleute geweſen, deſſen Erſatz man 
verlangte. Es fürchteten die Perſer damals, es möchte die engliſche 
Factorei von Abuſchir nach Kiſchmi verlegt werden, und damit 
dieſem Haupthafen Perſiens große Vortheile entgehen (Erdk. VI. 
S. 779 786). 

Abuſchir war allerdings erſt ſeit der britiſchen Factorei da— 
ſelbſt aus einem Fiſcherdorfe zu einer wohlhabenden Stadt gewor— 
den. Mit einer Verlegung der britiſchen Flagge würde auch das 
Vertrauen und die Sicherheit für dieſen perſiſchen Stapelort ge— 
ſchwunden fein. Ueberhaupt hatte wol auch die allgemeine Angſt 
einheimifch orientaler Bürften, 08 möchte nun auch an fie die Reihe 


'0) Fraser, Voy, I, App. A. p. 15—17. 


40 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


fommen, von den Briten in Indien politifch verfchlungen zu wer— 
den, großen Antheil an ihrem jegigen Benehmen, da fie zuvor, 
wenn fchon Vieles von den benachbarten Piraten erduldend, doch 
nicht3 gegen fie bewerfftelligt, nun aber Alles gegen die Sieger 
verfuchten und ſelbſt jchon ein Striegäheer an ver Küfte zufammen= 
zogen. ine Embaſſade des Dr. Jukes an ven Hof von Teheran, 
wo H. Willod der Charge d’Affaires der Briten war, und über- 
einftimmend feine Befänftigungsmittel verfuchte, ſollte nun offen 
darlegen, weshalb die Inſel Kiſhmi nicht der perfifchen Krone 
als angehörig betrachtet werden Fünne, aber zugleich nachmeifen, 
welchen Gewinn das dortige Gtabliffement, wenn es von Perfien 
unterftüßt werde, für einen Dauernden Frieden und einen gro— 
fen Gewinn nicht nur des britifchen, fondern auch des perfifchen 
Handels darbieten könne. Dieje Friedensexpedition begleitete B. 
Fraſer, dem wir die authentiſchen Berichte über dieſelbe und über 
dieſe Piratenkriege verdanken (vergleiche Erdk. XI. ©. 1059). 

Der hartnäckig geleiſtete Widerſtand und zumal der große Hin— 
terhalt der Macht der Piraten, deſſen dieſer an dem Beiſtande der 
Wehabiten vom Innern des Landes her ſicher war, machte von 
Seiten der Briten energiſche Maaßregeln zur Sicherung ihrer in— 
difchen Intereffen nothwendig; denn zu gleicher Zeit ward auch ihr 
Bundesgenofje ver ISmam von Masfat, der durch feinen aufs 
blühenden Handel und Verkehr mit Bombay einen neuen Auf— 
fhwung gewonnen hatte, von demfelben gefchwornen Feinde aller 
nicht zu ihrer Secte des Piraten= und Wehabitenvereind gehöri— 
gen Anversgläubigen, mit Ueberfal und Vernichtung bedroht. Es 
geichah dies ebenfall3 vom Binnenlande der Piratenfüfte aus, brach 
jedoch an der entgegengefehten Außenfeite vom Berfergolf, name 
lich an ver Südgrenze von Oman los, nahe vem Ras al Had, 
im Diftriet von Dſchilan, in welchem der ſchon oben genannte 
Arabertribus ver Beni Bu Ali (f. ob. S. 377) feine Site hatte, 
gegen deſſen Angriffe der Imam feine britifchen Bundedgenofien, 
die zwar nicht von dem Tribus felbft beleidigt waren !), aber eine 
Mordthat an einem englifchen Courier, die am jener Küfte geiche- 
hen, glaubten rächen zu müffen, zu Hülfe rief, Die Scene derſel— 
ben Operationen ward daher nur anderswohin, nämlich ſüdwärts 
Oman, unter ven 22jten Parallel ver Breite verlegt, wohin ein 
Detafchement von etwa 400 Mann britifcher Truppen von der 





12) Wellsted, Travels to the City of the Caliphs I. p. 28. 


Arabiens Piratenfrieg gegen die Beni Bu Ali, 411 


Kiichmi=- Station, unter Capt. Thomfon’s Befehl nah) Sur, in 
SD. von Maskat und Kalhat (f. ob. ©. 377) gelegen, eingefchifft, 
mit dem 2000 Mann ftarfen Corps des Imam zufammenftieß, um 
unter des letztern Anführung fich gegen die Beni Bu Ali, im 
Rücken des Ras al Sad, in Bewegung zu fegen. Am 5ten Nov. 
1820 erreichte man Sur, das für ven Nachbartribus büßen follte; 
erft am 9ten kam es zur Attaque gegen die Gebieter von Sur, die 
aber fo unglücklich ausfiel, daß von 311, die in das Gefecht gegan= 
gen, 249 Mann der europäischen Truppen mit 7 Officieren todt blie= 
ben, und auch der übrigen noch mancher unter dem Dolche (Kandjur) 
der fanatifchen Verfolger fiel, und nur etwa 50 der Geretteten, kaum 
ein Drittheil der Europäer, die Stadt Masfat erreichten. 

Dies führte die dritte glücklichere Erpedition!2), im Ja— 
nuar 1821, zur Bändigung des Piratenfeindes herbei. Denn das 
Gouvernement in Bombay war genöthigt ein ftürferes Corps von 
16 Transportichiffen audzurüften, um auch Gavallerie und Artille- 
rie mit 1282 Mann Europäern und 1718 Seapoys (Wellftev 
giebt nur 2695 Mann Truppen an) am Ras al Had zu landen, 
Major General Sir Lionel Smith, der Kommandeur, ließ am 
29ften Januar im Süden des Dorf Sur dad Lager auffchlagen, 
und noch ehe die Truppen daſelbſt verfammelt waren, wurde daſ— 
felbe ſchon am 11ten Febr. von dem hitzigen Feinde wüthend atta= 
quirt. Sie drangen bis an die Zeltthüren vor, flachen mit Speeren 
hinein und ervolchten alles was beftürzt herausfam. Nur den for: 
mirten Negimentern und Artilleriefalven gelang e8, den tollfühnen 
Feind zurüczufchlagen, der, nur 500 Mann ftarf, 30 Stunden We— 
988 landein von ihrer Hauptftant Belad Beni Bu Ali, mit ihren 
Sheikhs an der Spitze, im Parforcemarſch einen Ueberfall des fer— 
nen Lagers bei Sur gewagt und allgemeinen Schreden verbreitet 
hatte. Gin britifcher Offteier und 19 Gemeine hatten dabei den 
Tod gefunden, denen allen fle die Kehle von Ohr zu Ohr abge» 
fchnitten hatten, ein fchaudervoller Anblick, und viele waren vers 
wundet worden. 

Mit größerer Vorficht rückte nun das Lager, dad von 1100 
Mann Hülfstruppen des Imam und einem Troß von Laftthieren 
verftärft war, an 50 engl. Miles landein gegen das Binnenland 
vor, und erreichte am 1. März die Sitze der Beni Bu Haffan; 
und am folgenden Tagemarfche über das traurige Schlachtfeld vom 


) B. Fraser I, c, p.8— 17; vergl. Wellfted, Reiſen J. S. 43 u. f. 


412 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 65. 


Hten Nov. des vorigen Jahres, auf dem noch die Gerippe der Er— 
ichlagenen umberlagen, in die Nähe der Stadt BeniBu Alt. Sin- 
ter den Berghöhen fah man ſchon das Schwertgligern der verſam— 
melten Seinde, die am derſelben Stelle ein neues Blutbad beabfich- 
tigten. Aber dad Britencorps Fam ihnen zuvor und erftieg das 
Plateau, von dem man die Berfchanzungswerfe von BeniBu Ali 
überfhauen Fonnte, aus denen ein paar Schüfjfe aus früher erbeu> 
teten Kanonen das Signal zu einer furchtbaren Attaque gaben, bei 
welcher die britifchen Truppen feften Fuß an einem Dattelhaine 
auf Sandhügel gefaßt Hatten. Nur mit Mühe wurde der Yeind, 
welcher mit dem Tribus der Beni Dſcheneba im Einverſtänd— 
niß fland, und aus den Berfchanzungen wüthende Ausfälle machte, 
zurücgefchlagen. Auch die AUraberinnen Fimpften mit und fchlepp- 
tem die verwundeten und todten Männer in ihre Stadt zurück. Da 
nun diefe fürmlich belagert und bejchoffen wurde, und feine Neffung 
mehr übrig war, erhoben die fümmtlichen Weiber ein furchtba- 
res Klagegefchrei, Taut rufend: Aman, Aman, d. i. Pardon. 
So murde denn Pardon zugeftanden, die beiden fchwer verwunde— 
ten Sheifh8 übergaben ihre Schwerter und das Port, in dem man 
236 Mann, meift verwundete, vorfand, indeß 300 andere noch zu= 
vor entflohen waren, aber 561 Weiber und 447 Kinder zurückge— 
laſſen hatten. Die englifchen Truppen hatten 27 Todte zu beflagen 
und 169 Verwundete von den Ihrigen zu verpflegen. Die arabi- 
chen Weiber zeigten, wie die Männer, große Characterftärfe im 
Unglüf, das ihnen, von lauter Todten und Verwundeten der Ih- 
rigen umgeben, feine Thräne, Feine Klage entlodte.e Mit Son— 
nenuntergang begaben fich die Männer zum Gebet wie immer, 
auf Knien rutfchend, den rechten Arm kreuzweis über ven linfen 
geſchlagen, und mit demüthig gefenftem Saupte, in voller Ab— 
ftraction von Tod und Verderben, das fie von allen Seiten ums 
gab, eine Folge ihres fanatifchen Wahns der Prädeſtination, der 
fie blindlings fich ergeben „weil Alles von Allah Akbar, dem gro= 
Ben Gotte, geichrieben ftehe.” Da es beflimmt war, dad ganze 
Naubneft der Feſte Bu Ali in die Luft zu fprengen, und Die 
Weiber und Verwundeten nichts anders, nach ihrer Sinnesart 
urtheilend, wähnten, ald daß auch fie in der Exrplofion mitbegriffen 
fein würden, fo warteten fie mit größter Seelenruhe den fatalen 
Moment ab, der natürlich fchonend für fie vorüberging, und nur 
die Mauern und Wohnungen traf. Diele der Verwundeten fanden 
jedoch fo ihren baldigen Tod; die übrigen wurden der Pflege des 


Arabiens Piratenfriege; Beendigung 413 


Imams von Maskat überlaffen. Die Sheilhs aber mit 150 der 
wildeften Krieger als Gefangene nad) Bombay abgeführt. Sie 
erklärten jedoch, daß fie den Briten nicht eigentlich feind feien, und 
mit ihnen wol in Srieven leben fünnten, nicht aber mit dem Imam 
von Masfat, vem Andersgläubigen, ver mit feinem Volke die— 
jer reformatorifchen Serte der Wehabi bis auf den Tod verhaßt fei. 
Durch die Humanität des Goubernement3 in Indien, des Court of 
Directors, wo ein Mountftuart Elphinſtone an der Spiße der 
Geichäfte ftand, wurden diefe Gefangenen. jedoch fehr bald wieder 
frei 3) in ihre Heimath zurüdgejchift, und mit Gefchenfen und 
reichlichen Mitteln zum Wiederaufbau ihres Forts, der Kerftellung 
der zerftörten Aquäducte und umgehauenen Plantagen verfehen. 
Wellſted, der fie 8 Jahre ſpäter in ihrem Lande befuchte, fand 
fie dafür noch dankbar gegen die Briten, aber in wüthendem Reli— 
gionshaß gegen ven Imam von Masfat, den fie wie fein Volk 
Khawaridſchiten, Keger, fehimpften, weil der Gründer ihrer 
Serte Abdallah Ion Abad, daher die Perſer fie Ibazies oder 
Ibaditen fchimpfen (f. ob. ©. 375), ein Khuwaridſchi, d. i. 
ein Nebelle gegen’ ven wahren Glauben gemwefen. 

Sp endete einer der furchtbarften Doppelkämpfe an beiden Ge— 
ftabefeiten, zu Land und zu Waffer, und verbreitete Schreefen und 
Ohnmacht zugleich unter den verbündeten Wehabiten-Pira— 
tenftämmen, denen nun eine friedlichere Periode folgte, die ſo— 
gleich vom Bombay- Gouvernement, mit feltner Beharrlicyfeit, zum 
Beiten der Nautif, des Handels und der Wiffenfchaft benugt wurde, 
eine Küftenvermeffung und Landfartenaufnahme der ara= 
bifhen Geftade, zumal an der Dfte und Weftfüfte, denen auch 
die Südküſte gefolgt ift, zu Stande zu bringen; und diefer verdan— 
fon wir zugleich die größten Bereicherungen in der geographifchen 
Kenntniß diefer Landfchaften. ⸗ 

Die Schwächung der Wehabiten im Innern des Landes GI 
Hadjar durh Ibrahim Paſchas Eroberung 1#) ihrer Gapitale De— 
reyeh, 19. Sept. 1818, trug nicht wenig zur möglichen Bändi— 
gung der Küftenpiraten bei, und Gapt. Sadlier's Embaffade 
im Sommer 1819, von Seiten des Bombay-Gouvernements, um 
dem Sieger über die Wehabiten, Ibrahim Paſcha, in Dereyeh 


) Wellsted, Travels to the City of the Caliphs I. p. 35. 
) Fel. Mengin, Hist. de l’Egypte sous le gouy, de Mohammell 
Ali etc, Paris 1823. Tom, I. p. 132, 


414 DWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 65. 


felbft zu gratuliven, zeigte, wie notwendig eine genauere nautie 
ſche und geodätifche Kenntniß dieſer bisher fo unbekannt geblie= 
benen Erdgegend für britifche Sntereffen, wie für Wilfenfchaft über— 
haupt fei. Denn nicht einmal der Weg war damals ihm befannt 1P), 
den er mit feinem Kreuzerfchiffe einzufchlagen hatte, um Dereyeh 
zu erreichen, und erft in Maskat und Abuſhir mußten deshalb 
die nöthigen Erkundigungen eingezogen und von legterm Orte ein 
Bilot mitgenommen werden, der das Schiff in EI Katif einlaufen 
ließ, wo es doch, nod) ehe der Hafen erreicht warb, auf der a 
bank feit zu fißen kam. 

Diefe Küftenaufnahme, fagt Capt. Wertften®), der Tin; 
Zeit bei verfelben befchäftigt gewefen, war vol Gefahren und Ber 
ſchwerden, durch den argmöhnifchen Character der Küfterranmwohner, 
wie durch das oft unerträglich heiße Clima. Verſchiedene Volks— 
ftänıme, ihre Zuftäinde, ihre Sülfsquellen mußten erforfcht, ihre Hä— 
fen, Buchten und inneriten Schlupfwinfel aufgezeichnetnerben, „ein 
Aufſchreiben ihrer Küften,” wie fie es nannten, das - fie im 
höchiten Grade beforgt machte. Mit der Küftenaufnahme mußte aber, 
um dauernden Erfolg zu fichern, ein firenges Syftem der Bewachung 
eingeführt werden, um jede Piraterie im Keime zu erfliden. Died 
hatte den wohlthätigen Erfolg für die Kräfte dieſer energifchen Küs 
jtenbewohner, daß fie ihre Thätigkeit, ihr Talent, nun auf den 
Handel verwendeten... Aderdings fielen noch bie und da Fleine 
Fehden zwifchen den Bahrzeugen rivalifirender Tribus vor; aber die 
meiften ihrer neugebauten Barfen betrieben ſeitdem Handelsgeſchäfte 
ftatt Gaperei, auf den ihnen mohlbefannten Gewäſſern der perfifchen 
und indischen Küften, wie im Nothen Meere, von Hafen zu Hafen. 
Gewiß, jagt Wellfted, fei feit der Phönicier Zeiten feine fo fried— 
liche und belebte Gabotage und Küftenüberfahrt in dieſen Gewäſſern 
betrieben worden, als in den zunächſt auf jene Expeditionen folgen 
den Sahrzehenden, doch nur fo lange die englifchen Kriegsgeſchwa— 
ver als Wächter in jenen Regionen freuzten. Alle zerfiörten Städte 
und Feſten wurden wieder aufgebaut, und größer ald zuvor, Wohl- 
ftand mehrte ſich bald von allen Seiten. Doch ald der im Jahre 
1819 mit den Stämmen der Piratenfüfte von Seiten des bri- 


’°) Capt. G. F. Sadlier, Account of a Journey from Katif on tlıe 
Persian Gulf to Yamboo on the Read Sea, in Transactions of 
the Liter. Society of Bombay. 1823. Vol. Ill. p. 454— 457. 

6, Wellſted, Reifen a. a. O. 1. S. 174. 


Arabiens Piratenkriege; die Dfehewaftmi, 415 


tifeh=indifchen Gouvernenent3 abgefchloffene Vertrag im J. 1835 
feine Endſchaft erreicht hatte, wandken diefe fih an die Bombaͤy— 
Behörde, mit dem Verlangen, daß man ihnen von nun an geftatte 
nach alter Art ihre Fehden und Differenzen unter fich zu ſchlich— 
ten, e3 erwachte noch einmal ihre alte Neigung unter diefer Maske 
dem Piratenleben von neuem Vorſchub zu thun. Died wurde 
ihnen rein abgejchlagen, und die Küftenbewachung durch kreuzende 
Kriegsſchiffe beibehalten. Wirklich hatte kurz zuvor ein Piraten— 
boot, vom Stamm der Beni AS, ein indifches Schiff geplündert, 
doch war 23 noch) auf der That ertappt und durch eine wachthabende 
Kriegsfchaluppe in den Grund gebohrt, der Näuber-Captain auf 14 
Jahr ald Gefangener nach Bombay abgeführt. Obwol fein zweiter 
Exceß dieſer Art vorfiel, jo war dies doch nicht das legte Zucken 
der ftillen Rache, denn mo ſich die Oelegenheit darbot, fuchten fie 
diefe zu Fühlen, und man raunte fich zu, daß fie gefchworen hätten, 
den erften Eurppäer, der in ihre Gewalt fommen würde, Tebenvig 
in Oel zu braten. Wellfted, ver viel mit ihnen zu thun gehabt, 
wurde nicht felten gewarnt, deshalb auf feiner Hut zu fein. Gr 
fchägte 17) die Zahl der männlichen wehrfähigen Individuen diefer 
PBiratenfüfte, zwifchen Bahrein und Ras Muſſendom, ohne Weis 
ber und Kinder auf etwa 20,000, die zu verfchiedenen Tribus ges 
hören. Die beveutendften 4 Stämme von vielen find die Oſche— 
wafimi, die Menafir, die Beni AS und die Mahäma. 

Die Dihemwäfimi (nad) Rödiger; Dihohasmi nad) ver 
vulgairen Aussprache bei Wellfted, oder Joasmi, au) Johah— 
fin, felbft Johaffen der Matrofen), die mächtigften von allen, 
welche ſämmtliche Häfen der arabifchen Küfte inne haben, und ſich 
auch auf dem perfifchen Gegengeftade feftjegten, wo fie größere 
Städte und Dörfer bewohnen, haben diefen Namen von einem 
Sanctus angenommen, ver auf jener Kleinen Landzunge wohnte, in 
deren Nähe feine fanatifchen Anbeter auf dem VBorgebirge, dem Nas, 
ihre Zelte aufichlugen, dad deshalb ven Namen Nas el Khaima, 
d.h. Zelt-Gap, erhalten, wo nachher die Stadtfefte erbaut ward. 
Bald nach Entftehung des Wehabitismus fchlugen fie fich auf deſ— 
fen Parthei und theilten num mit diefer reformatorifchen Secte den 
bittern, fo vortheilhaften Haß gegen Oman, der ihnen das Necht 
der Plünderung eines viel mwohlhabenderen Nachbarftammes gab. 
Der Chef dieſer Dſchewaſimi vor der Zerftdrung ver Gapitale, 


1) Wellſted a. a. O. I. S. 177. 


416 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


galt für einen fehr Fugen Mann und tapfern Krieger, aber ohne 
die nobeln Gefinnungen, welche fo häufig andere Fürften ver Araber 
auszeichnen. Im Jahre 1830 fand Wellfted Nas el Khaima 
viel größer wieder aufgebaut, ald es zuvor gewejen war. 

Die Beni As, dem Anfehn nach ver zweite Tribus, Fonnte 
unter feinem Sheikh Tanün, der felbft ein regulaires Truppen 
corps von 400 tüchtigen Soldtruppen hielt, an 4000 Mann Bes 
waffnete ins Feld ſtellen, wodurch er ein großes Uebergewicht vor 
den andern Tribus erhielt; deshalb auch der Imam von Masfat 
bei einem Kriegszuge, den derfelbe im Sahre 1829 gegen Bahrein 
vornahm (Erdk. XL. ©. 1060), dieſen Scheifh durch Geld für fich 
zu gewinnen fuchte. Diefe Araber zeigten fich bei ven Vermeſſungs— 
operationen der Briten an ihren Küften fehr aufmerkſam und wiß— 
begierig, und nahmen gern Theil an den Spielen der Matrofen, 
die diefe zur Erholung an ihren Ufern trieben; die athletifchen 
Beni As ſelbſt zeigten fich als Meifter im Ningen und Turnen. 
Ihre Sheikhs find Despoten; ihre Alten Haben jenoch einflußreiche 
Stimmen; felten kommt e8 zu Beflrafungen. — Sie flehen in be— 
ftändigen Verkehr mit Perfern, Indern und Europäern, und blieben 
doch, wie jene Beduinenſtämme, Die außer allem Verkehr mit Frem— 
den, auch vom Luxus ihrer Lebensweiſe und fremden Bedürfniſſe 
unberührt geblieben, ebenfall3-bei ihrer ganz einfachen Lebensweiſe 
fteben, ohne fremden Luxus Eingang zu geftatten. Ihre Entfagung 
ift freiwillig und unmittelbare Folge der ftrengen Beibehaltung ih— 
rer Nationalfitten. Ale Bewohner diefer Piratenfüfte, von Cap 
Muſſendom bis Bahrein, dünken fich noch weit mehr zu fein 
als die Beduinen und die Städte Arader, die fie gründlich verachten 
(1. 06. ©.42), wie denn bei ihnen ein Maskati gleichbedeutend 
ift mit Feigling!). Wirklich ift ihr Wuchs größer, ihr Schlag 
ſchöner und musculöſer als bei den Beduinen, fie find Mufter kräf— 
tiger Geftalten, bis fie auch mit dem 40ſten Jahre das patriarcha— 
liche, bärtige Anfehn wie jene erlangen. Keineswegs Liebhaber 
anftrengender Thätigfeit, zeigen fie Doch oft ungeheure Kraftentwick— 
lung, wie Wellſted fah, daß fie in Gewohnheit haben ihre größ- 
ten Barfen, öfter von 300 Tonnen Laſt, bei Fluthhöhen blos mit 
Hülfe von Walzen fortzuziehen, dagegen nicht felten die indischen 
Matrofen der britiichen Schiffe, die Lascaris, wegen ihrer Schwäche 
von ihnen ausgelacht wurden. Krieg ift ihr wahres Element, ohne 


19) Wellſted a. m. O. I. ©. 181. 


Arabiens Piratenfriege; Küſtenaufnahme. 417 


ihn überlaffen fie ſich dem Müßiggange, oder treiben Fifcherei und 
Perlfang an ihrem Geftade. 

Indeß wurde von den britifchen Ingenieurs fehr eifrig an der 
Küftenaufnahme des perſiſch-arabiſchen Meeres gearbeitet. Die vor— 
läufigen Unterfuchungen von 1820 und 1821 unter Capt. Mau= 
ghan, und dann unter Guy und Brucks, waren vom Gap oder 
Nas Muffendom, oder vom Eingange ded Golfs bi8 Bahrein 
im Jahre 1822 vorgerückt 19), die innerften Winkel der Piratenfta- 
tionen jedoch noch zur genauern Aufnahme aufbewahrt; aber die 


der hohen bafaltifchen Afabo, oder der vielfach zerriffenen Schwar= 


zen Berge, wurden beftimmt, in denen man die tiefjten verftedten 
Buchten und Ginfahrten, wie Malcolm's und Bradford's In— 
let, Colville's Eove und Elphinftone’3 Inlet, zu beiden 
Seiten der Meeresgafje, entdeckte, welche die injularifchen Nord— 
fpigen des Caps vom Feftlande Omand abfcheiven. Bon da wur— 
den auch die Küften ſüdweſtwärts genauer über Schardſcha bie 
Abothubbu und weiter, von Capt. Maude, über die oftindifchen 
Gompagnie=Infeln verfolgt (ſ. ob. ©. 390). Die Aufnahme er= 
reichte in der Mitte des Jahres die intereffante Infel Bahrein, 
deren Topographie zum erften male dadurdy ermittelt ward. Die 
ganze Küftenlinie ward triangulirt, die Hauptpuncte beftimmt 
durch aftronomifche Beobachtungen, und die große ſüdwärts gehende 
Gurve von etwa 1000 britifchen Miles, einer bis dahin unbefann- 
ten Küfte, genauer verzeichnet. Es blieb noch der Raum zwifchen 
der Bahrein-Infel und der Euphrat- Mündung zur Unterfuhung 


übrig ?0). 


Briefe vom Januar 1825 aus dem Berfer-Golf meldeten nach 
Bombay, daß der Survey?!) and) in diefer zweiten Hälfte rafch 
vorwärts fchreite. Der Anfang der Aufnahme wurde am Nordende 
mit dem Hafen Grane gemacht, die nebft der Küfte bis zur che- 
maligen Strommündung bei Khor Abvilla (Erdk. XI. ©. 1062), 
ſammt allen Infeln zwifchen beiden, auch bald zu Stande fam, ohne 
jevody hier auf ſchon befannterem Terrain befondere Entdeckungen 
gemacht zu haben, vie ergiebiger für die weiter ſüdlichere Küfte bis 
EI Katif zu erwarten waren, da diefe zur völligen Terra incognita 
gehörte. In der Hafenbucht von Grane, von 12 geogr. Meilen 


'9) Asiat. Journ. Vol. XIX. p. 291. 0%) Bombay Gazette, Sept, 
1822. 2) Bombay Gaz. Febr, 1825; Asiat. Journ. Vol, XX. 
Sept. 1825. p. 357 und XXI. p. 63. 


Nitter Erbfunde XU. Dd 


418 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


(60 Mil. Engl.) Umfang, fand man trefflihen Schuß, beften Ans 
ferplag und eine über Erwartung anfehnliche Stadt, voll reicher 
Kaufleute, die mit vielen eignen Schiffen einen bedeutenden Kandel 
nach dem Nothen Meere und bis Malabar, zumal nach Guzerate 
und Sind, betrieben, und das centrale Arabien mit den wichtigften 
Ginfuhrartifeln, zumal mit Korn, Kaffee und indischen Waaren ver— 
fahen. Die größten Schiffe Fonnten in den tiefen Hafen einlaufen, 
der durch die nieprige Infel Feludje vor dem Andrange der Wo— 
gen gefhügt wird, die an 6 Stunden Umfang hat, ein paar Eleine 
Drtfchaften trägt und dem Sheikh von Grane tributpflichtig ift 
(vergl. Erdk. XI. 1062— 1063), welcher der britifchen Expedition 
fi) befreundet bewies. 

Weniger war dies der Fall mit EI Katif der Bay, die für 
große Schiffe unzugänglich bleibt, und der gleichnamigen Etadt, des 
ren Bewohner die britiichen Schiffer an der genauern Unterfuchung 
ihrer Umgebung hinderten. Indeß war man durch Capt. Sad— 
lier's Beſuch (im Juni 1819) über dieſe Localität fchon im Befig 
von guten Nachrichten. 

Als Capt. Sadlier's Schiff, von einem Biloten aud Abu— 
ſchihr schlecht geleitet, dort nach einer zweitägigen Meberfahrt vom 
16ten zum 18ten Juni anfam, rannte er vor dem Hafen auf einer 
Sandbanf feft, und mußte erft durch beffere Wiloten des Hafens 
ſelbſt, durch ven tiefern Canal an der Norpfeite der Bay geführt 
werden, um im Hafen vor EI KRatif?’) glücklich die Anfer werfen 
zu können, was erſt am 21ften geichehen fonnte. Der damalige 
türkiſche Gouverneur des Ortes, der kaum erft den Wehakiten 
entrijfen war, Khalit Uga, empfing den britischen Gefandten höf— 
lich, wies ihm aber 3 Miles ſüdwärts der Stadt EI Katif, im Dorfe 
Siahat an derfelben Bay gelegen, fein Quartier an, unter dem 
Vorwande, weil es für ihn auch nur um eine einzige Nacht in 
EI Katif ſelbſt zu verweilen, zu ungefund ſei; ein Umftand der den 
vielen bewäfferten Neisfeldern in der Ebene um die Stadt zuge— 
ſchrieben wurde. Die Landungsftelle bei Siahat hatte überall fo 
jeichtes Ufer, daß die Menſchen und alle Bagage aus dem Schiff 
auf dem Rücken ver Kameele, Pferde und Eſel auf das Beflland 
getragen werden mußte. Die Vorbereitung zur Landreiſe in das 
Innere nach Dereyeh nöthigte zu einem achttägigen Aufenthalt, 


??) Capt. G. F. Sadlier, Account I. c. in Transact. of Bombay 
Vol. III. p. 457 — 459. 


DI a — — — 


Arabiens Oſtküſte von El Katif. 419 


während welchem, bei der durch die Ießten Kriegsbegebenheiten noch 
vorherrfchenden Verwirrung der dortigen Angelegenheiten, nur mit 
Mühe, durch den Beiftand des Häuptlings der Beni Khalid, aus 
dem benachbarten Lager von Mafchref die Transportthiere her— 
beigeſchafft werden Eonnten, die zur Karamane nothwendig waren. 

Der Chef gab feine eigenen 6 Reitpferde preis für den Zug, der 

am 28ften Juni fich nach dem Innern in Bewegung jegen Eonnte. 
Bon EI Katif gab Capt. Sadlier folgende Auskunft. Die 
Bay hat am ingange 4 Meilen (20 Mil. Engl.) Breite und wird 
von einer fehmalen fandigen Zandfpige die ſich gegen Nord zieht, 
gebildet, und einer platten Sandfläche die fid) gegen Süd umher— 
legt; diefe Norpfpige wird Nas et-Tanurah genannt, dad Süd— 
ende der Bay Zaheran, nad) einem zuderhutartigen Hügel Za— 
heran, ver eine gute Landmarke für die Einfahrt abgiebt. Von 
den Waflern ver Bay umgeben, liegt gegen ihren Ausgang die In= 
fel Tarut, oder Tirhut, 4 Stunden von Nord nach Süd lang 
geftrecft, gut mit Waffern verfehen und dicht mit Dattelhainen bes 
pflanzt. Eine Bank, in Geftalt einer Jakobsmuſchel, legt ſich von 
der Infel der Deffnung der Bay vor, wodurch diefe in einen 
nördlichen, tiefern und zur Ginfahrt fichern Canal, und in einen 
füdlichern, feichten, fehwieriger zu beſchiffenden vertheilt wird. Wei— 
ter aufwärts am Hafen zeigt fid) von Waffer umringt Daman, 
ein Thurm und Fort, defien legte Reparatur einem Nahman ben 
Djaber zugefchrieben ward. Ueber diefem Tiegt das ſchon genannte 
Dorf Siahat, auf der Küfte des Feftlandes, und weiter nordwärts 
4 Mil. fern, ver Infel Tarut gegenüber, dad Fort Katif. Die 
ficherfte, wenn ſchon immer feichte, Anferftelle ver Schiffe liegt ziem— 
fich fern von diefem Fort, deffen Hauptfacade eines irregulären Ob— 
longums gegen das Meer gerichtet ift. Died Fort hat 3 Xhore; 
in feiner nörblichften Ecke liegt die Gitadelle, die noch von den 
Bortugiefen erbaut fein fol, und gut mit Waffer verfehen ift. 
Im Fort find gute Wohnhäufer; jeven Donnerftag ift Markttag 
und der Bazar gut verfehen mit Sammelfleifch, Reis, Datteln, mit 
Moſchus- und Waffermelonen, die ein colofjales Gewicht bis zu 
35 bis 40 Pfund erreichen. Weizen und Gerfte find weniger 
im Ueberfluß als Neid, ver in großer Menge um Katif gebaut 
wird. Der reiche Gartenjtrich zwifchen der Meeresküfte und der 
Sandwüfte des Binnenlandes gelegen, ift ein großer Dattelwald, 
mit Wafferbrunnen reichlich verfeben, in dem die Dorfichaften 
liegen. Feigen in großer Menge liefern fie, fo wie auch Apri« 

Dp 2 
* 


420 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


fofen, Mangos, Pommgranaten, Trauben, Eitronen, 
Limonen, Bohnen, Brinjal-Zwiebeln(?) und andere Gar—⸗ 
tenfrüchte. 

Der Handel von Katif war damald unbedeutend, deſto ftär- 
ferer Verkehr war auf der Inſel Bahrein, deren arabifches Ge— 
gengeftade auf dem Feſtlande Bahran genannt wurde, das fie bis 
nah EI Achfa hinein mit Waaren verfieht. 

Der Diftriet EI Katif zählte vamald 9 ummanerte und 7 
nicht verfchangte, alfo zufammen 16 Dörfer, deren Bewohner mit 
der Stadt auf 25,000 Seelen gefchägt wurden, wovon die Gtadt 
mit ihren Vorſtädten allein 6000 herbergen follte, darunter weder 
Chriſten noch Hindus oder Banianen, die doch in Den meiften ara= 
bifchen Handeldorten nicht wenig zahlreich zu fein pflegen. Das 
Einkommen dieſes Diftrictd fol 75,000 bis 86,000 Kronenthaler 
betragen, das ald Grunpfteuer, ald Zehend von den Ernten, ald 
Seezoll und Hafengeld eingenommen wird. 

Südwärts EI Katif wurde, von 26° 10 N.Br. an, biß ge— 
gen 25° N.Br., eine tief in EI Hadjar einfchneivdende große Bay, 
Duat Es Elva genannt, entdeckt, deren dftlich bis wieder zu 26° 
10° voripringende Halbinjel nordwärts mit dem flachfandigen Vor— 
gebirge Nas Reccan endet; zwifchen dieſem Nas, das von einer 
jehr wilden noch unnahbaren Beduinen-Race?3) bewohnt wird, 
und der Feſtlandsküſte von EI Katif liegt, am nördlichen Ein- 
gange diefer großen Bay, die fo berühmte Infel Bahrein in ver 
Mitte, an der grünjten Stelle von „Omans grüner See.“ 
Don EI Katif öftlich, bis zur Anfuhrt diefer Infel Bahrein, 
zieht fich quer vor den Gingang diefer Bay eine Sandbanf, mwel- 
che den größern Schiffen, die über 12 Fuß Tiefe im Meere einfln« 
fen, das ſüdlichere Vordringen in derfelben unmöglich macht. 

Im füdlichſten Winkel diefer Bay liegt der Hafenort Ayn— 
dar oder Andjir, der ven Wehabiten in Dereyeh gehörte. Die 
Gapitale EI Ahſa (Lahiſſa), nach Capt. Sadlier's Berichte), 
erhält ihre meiften Smporten nicht über EI Katif und Bahrein, 
fondern auf einer vireetern Route über Andjir. Das Uferland an 
der Bay von Andjir ift nur dünn bewohnt und unfruchtbar. 
Defto fruchtbarer und bevölferter ift die vorliegende Infel Bah— 
rein, welde ver Sauptftapel für die Städte EI Katif und 


°°) Wellsted, Trav. to the City of the Caliphs. I. p. 125. 
) Capt. Sadlier, Account L. c. III. p. 458. 


“ 


Arabiens Oftküfte; Infel Bahrein. 421 


Andjir, und für das dazwifchen liegende Geftaveland Bahran 
ift, von denen aus das DBinnenland feine Haupteinfuhr erhält. 
Die Infel ſelbſt wurde biäher von Indien aus, zumal von Su= 
rate, Bombay und Guzurate, direct mit Waaren, wie Zuder, 
Gewürze u. a. verfehen, von wo aus denn das Binnenland -über 
EI Ahſa feine Vorräthe erhielt. Hierdurch und durch die Perl— 
fifdereien auf ihren benachbarten Aufterbänfen hat Bahrein 
von jeher eine beveutende Stellung, ja die wichtigfte an viefem 
ganzen arabifchen Geftade eingenommen. 

Was Ißtachri, Edrifi und Abulfeda von diefer Infel, die 
fie meift Awal, aber au Al Bahrain, d. i. die zwei Meere, 
nannten, zu ihrer Zeit berichtet haben, ift oben angeführt. "Hier 
was wir feit der neuen Küftenaufnahme ver Gewäffer von Bah— 
rein über fie erfahren, die gewiß nicht ohne Urfache, ald eine der— 
sinft vortreffliche Station zu einer britifchen Anfievlung 
im Perſer-Meere, neuerlich eine viel genauere Beachtung als zuvor 
erhalten hat. 

Schon die Bortugiefen hatten fich, um die Zeit ald Ormuz 
in ihre Hände gefallen war, auch auf Bahrein nievergelaffen und 
riffen das Monopol der Perlfifcherei an fich, und erft ald ih— 
nen Ormuz von Shah Abbas entriffen war (im Jahr 1622, f. 
Erdk. VII. ©. 739), wurden fie auch von Bahrein vertrieben, 
deffen Herrfchaft nun zwifchen Berfern und Arabern häufig wech— 
felte. Im Jahre 1790 Fam die Infel ganz in Befit arabifcher 
Stämme Bortugiefen, bemerkt Wellfted, Hätten ftet8 gute 
Wahlen für ihre Golonifationen gezeigt, und was fie keineswegs 
überfehen, hoffte er, würden auch die Briten nicht unbeachtet laſ— 
jen?). Bahrein fei die jhönfte Dafe inmitten einer unermeß— 
lihen Wüfte; der Hafen fer gut, wenn auch ſchwer nahbar; ber 
Boden fei fruchtbar, reichlich bewäflert und durch Vertheilung ver 
Irrigation der größten Cultur fähig. 

Die Injel habe?6) 7 gute Stunden (18 Mil. Engl.) in Um— 
fang, jei nur fchmal, aber ſehr lang geftredft von Nord nach Süd, 
und habe nach diefer Richtung in ihrer Mitte einen Hügelzug. 
Nur ein Fünftheil ihrer Oberfläche ift angebauted Land, fehr 
üppig durd) die Bewäſſerung, und fo ftark bevölfert, daß man vie 


2°) Wellsted, Trav. to the City of the Caliphs I. p. 127. 
2) Bombay Gaz. J. c.; Asiat. Journ. I. c. XXI. p. 63; daraus in 
Hertha B. VI. 9.1. ©. 36 —38,. 


422 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


Zahl ver Infelbemohner auf 40,000, die der abhängigen Diftricte 
auf 20,000 Seelen fchätte, eine Summe die man noch für zu ges 
ring im Vergleich zu den 2400 Booten hielt, die jedes mit 8 bis 
20 Mann beiegt das ganze Jahr hindurch, wie in der eigentlichen 
Saifon, mit dem Berlfang befchäftigt fein follten. 

Der Handel von Bahrein befchäftigte, im Jahre 1825, über 
140 einheimische Schiffe yon verichiedener Größe; aber ihr Haupt— 
gewinn beftand in ver Berlfifcherei, deren Ertrag man auf jähr- 
lih 16 bis 20 Lak Dollar berechnete. 

Die Hauptftadt diefer Infel Amäal oder Bahrein Tiegt an 
ihrem Nordende, und heißt eigentlih Manama; hat nah Well- 
ſted 5000 Einwohner, ift der Sit der Kaufleute, für deren Be— 
quemlichkeit, bei dem ftarfen Zuftrömen verjelben aus der Fremde 
zur Zeit der Verlfifcherei, große Karamanferais zu ihrer Aufnahme 
erbaut find. Die Stadt jelbft bietet nichts bemerkenswerthes dar, 
ihre Umgebungen find aber angenehm, durch die Production von 
Weizen, Gerfte, Datteln und den meiſten tropifchen Früchten, 
die bier auf den fruchtbarften Boden bei reicdhlicher Bewäſſerung, 
ungeachtet ſehr vernachläffigter Cultur, doch trefflich gedeihen. 

Unftreitig ift der Wafferreichthum der Injel und felbft ih: 
rer Meeredumgebung an fügen Waffern bei einer arabifchen 
Geftadelanpfchaft ein beſonders begünftigenver Umftand, ven auch 
Ihon Edriſi durch feine merfwürdige Nachricht befonderd hervor— 
bob (ſ. 06. ©.395), und welche eben die Inſel zu einer reizen» 
den Dafe erhebt. Die arabijchen wie die modernen Geographen, 
bemerft Wellfted?7), haben einen Fluß aus dem Innern Arabiens 
fommen lafjen, der ſich Bahrtin gegenüber ind Meer ergießen fol 
(der Aftan, |. ob. S. 232); ob er eriftire, ob er nur ein temporairer 
Wadi fei, Habe er nicht erfahren können; Capt. Sadlier habe auf 
feiner Querreife feinen jolchen genannt. Ihn zu läugnen wage er 
nicht; denn frifches, füßes Waffer zeige fih in dem Diftriet von 
Bahrein in Meberfluß, und das feltfame Phänomen ver Süß— 
wajferquellen auf dem falzgigen Meeresgrunde fiheine ihm 
damit zufammenzuhängen. Wellfted fand es bei feinem Bejuche 
in Bahrein betätigt, daß die Stäpter fich viejes im Meere ge- 
ſchöpften fügen Waffers in der Haushaltung bedienen, und daß die 
Schiffe und Boote, welche in Bahrein landen, auch wol mit die— 
jem Waſſer verproviantirt werden, obgleich die Art ſehr Foftbar 


”’) Wellsted, Trav. 1. c. I. p. 128. 


Arabiens Oſtküſte; Inſel Bahrein, 423 


iſt ). Ein Taucher ſteigt mit leerem Schlauch zu dem Meeres— 
grund hinab, Hält deſſen Mündung über die ſüße Wafjerquelle, 
bindet den Schlund auf, der fich nun mit füßem Waffer füllt, 
und mit vollem Schlauch kehrt er zur Oberfläche zurück. Auch 
fol man fi) beim Schöpfen dieſes füßen Waflers der Heber bes 
dienen 2). Gapt. Skeine, der ſelbſt fubmarines ſüßes Waſſer 
aus Flaftertiefem Meeresgrund jchöpfte, fagte, daß dieſelbe ſüße fub- 
marine Quellenbildung an ver ganzen Oftfüfte Arabiens hin— 
ziehe. Sollte etwa hierin die Urfache des Mangeld arabifcher 
Blüffe liegen? Bei hoher Fluth follen diefe füßen Quellen mit 12 
Fuß Salzwaſſer überdeckt fein. Diefe Quellen treten auch auf meh— 
rern Sandbinfen, und felbft 2 bi3 5 Klafter feewärts, in Menge 
hervor und verfiegen nie. Die Heftigfeit, mit der fie hervorbre= 
chen, ift wol die Urfache, daß Fein oder doch nur wenig Salz fich 
mit ihnen miſchen kann. 

Der Hafen, tief genug für große Schiffe, liegt jedoch von 
Sandbanfreihen in W. und N. eingeengt, jo wie von zwei Eleinern 
Infelchen gegen Oft, der Mahragh und Arad, in deren Tegtern 
Namen man immer noch die Vivacität der antik einheimiſch geblie- 
benen Namen aus der älteften Phönicier Zeit ver Arvad, over 
Aradus des Strabo, bewundern fann (f. ob. ©. 47, 90, 136). 
Auf diefen ganz dicht bei Bahrein gelegenen Infelchen folen 7000 
Einwohner ſich in 2 bis 3 Ortſchaften befinden. Dieſe fehr ftarfe 
Population kann wol faum anders ald nur in Verbindung mit den 
vielen Verlfiſchern gedacht werden. 

Im Dften der Stadt Bahrein werden auf dem Feſtlande der 
vorſpringenden Halbinſel mit dem Nas Neccam die Nuinen einer 
großen Stadt Zabarra genannt, welche ven Boden etliche englifche 
Miles weit bedecken, und einem einftigen Gmporium angehört ha— 
ben jollen, welches einft der Kafenort von EI Ahſa (Lachſa) ge— 
wefen, von dem aus das Innere Arabiend mit den Waaren von 
Indien und Berfien verjehen ward. 

Desgleichen werben auch) auf ver großen Infel, im Often ver 
heutigen Sauptftadt, noch andere Ruinen einer großen Stadt ge- 
nannt, welche die frühere Nefidenz ver Sheikhs war, die jedoch 
erft vor etwa 25 Jahren von ihr wegverlegt wurde, weil es dies 


?®) Note sur Balırein in Nouvelles Annales de Voyages T. XV. 
p. 413. °°) Jam. Morier Journey tlırough Persia Armenia etc, 
Lond. 1812. 4. p. 52, 


424 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


fer Localität an einen fichern Hafen fehlte. Mehrere andere Orte 
liegen noch anderwärts auf derſelben Infel, aber nirgends zeigten 
fich ältere Baurefte, ald nur aus der Portugiefen Zeit. Die Ruinen 
ded portugiefifhen Forts und ein Leuchtthurm, auf einem 
einzeln ftehenden Feld im Hafen, nebſt ein paar unbedeutenden Bau- 
werfen, find die einzigen Ueberrefte aus jener Zeit. Doc fieht 
man neben den Quellen auch Waiferbehältniffe, die nach der Art 
wie fie in Indien gebräuchlich, die Ländereien bewällern. Eine Mo- 
ichee von Höherm Alter Liegt etwas tiefer Tandein in einem Palm— 
walde, und ift zierlich gebaut, mit 2 Minarets auf beiden Seiten 
und Eingängen im Styl maurifcher Gewölbe, aber ohne alle äußere 
Verzierung. Noch eine andere Stadt von Bedeutung, Ruffin ge 
nannt, wird auf einem Berge ein paar Stunden landein gelegen 
angegeben, um deren Bazar anfehnliche Säufer, aber auf den Trüm— 
mern einer ältern Stadt errichtet fein jollen. Jedoch die Richtung, 
nach welcher dieſe Zocalität zu juchen, die wir auf feiner Karte 
firirt finden, anzugeben wiſſen wir nicht. ; 

Das wechſelnde Schieffal ver politifchen Herrſchaft in Bah— 
rein bat unftreitig in dem letzten halben Jahrhundert ſehr vieles 
zur Zertrümmerung feiner Ortſchaften beigetragen; wir find nur zu 
wenig genau davon unterrichtet und wiſſen nur, daß es in der letz— 
ten Zeit vor allem mit in die Händel von Oman, der Piraten 
und der Wehabiten vermwidelt 30) war. Als nach der Mitte des 
18ten Sahrhundertd ein Zmeig der Fürften von Oman auch die 
Beherricher der Küfte von Berfien bis Abuſhir gemorden war, 
mußte Bahrein feinen Tribut nah Abujhir zahlen. In dem 
Anfang der achtziger Jahre trat ein Araber-Tribus, der At— 
tubis (von der Piratenfüfte, wo Abuthubbi, f. ob. ©.390), mit 
Ahmed ben Khalifa an der Spite, ald Eroberer der Küfte in 
NW. von Bahrein hervor, und fchlug feine Hauptmacht in Grane 
auf, ſiedelte fich aber zugleich auch zu Zobarra auf der Kalbinfel 
in Südoſt von Bahrein an, wo er durch Handel und Schiffahrt 
bis Indien bald reich und mächtig wurde. Einige Raubüberfälle 
gegen Bahrein, wo ein Neffe ded Sheikh Nafjur von Abufhir 
Statthalter war, veranlaßte diefed Zobarra, mit einem Deere zu 
überziehen, dad aber gefchlagen wurde. Die Attubid eroberten 
darauf im Jahre 1784 die Bahrein-Infel, und blieben im Befitz 


20) J. B. Fraser, Narrative of a Journey into Khorasan in the 
Years 1821 —1822. Lond. 1825. 4. p. 12. 





; Arabiens Oftküfte; Bahreins Gefchichte. 425 


derfelben bis zum Sahre 1800, weil alle Berfuche ver Perſer, fie 
daraus zu vertreiben, zu ohmmächtig waren. Um dieſe Zeit aber 
rüftete Seyud, Sultan von Masfat, einen Kriegdzug gegen 
Bahrein aus. 

Seit undenflichen Zeiten hatte der Imam von Oman über 
alle nad) Indien aus dem perfiichen Meere fegelnden Schiffe einen 
Sundzoll, von einem halben Procent, eingefordert, den nun die 
mächtiger gewordenen Attubis vermweigerten. So fam es zum 
Kriege, und ohne großen Wiverftand nahm der Imam Beſitz von 
den Bahrein=-Infeln, jedoch mit Milde, ohne Beute und Sclas 
von zu machen. Er ſetzte feinen eignen Sohn, den zmölfjährigen 
Seyud Selim, auf ihnen zum Statthalter ein, der aber ſchon 
nad) einem Jahre, durch feinen eignen Minifter an die Attubis 
verrathen, von diefen wieder verjagt ward, die nun 7 Jahre dort 
im Beſitz blieben. Die wachfende Macht ver Wehabys rückte ins 
deß immer mehr gegen die Küfte heran, und im Jahre 1807 und 
1808 nahmen fie ganz Bahrein in Befis und fchieften 15 der 
angefehenften Sheifh8 von da als Geißeln nach ihrer Gapitale De— 
reye. Aber einer von diefen, Abdusr-Nahman, entfloh ver Ge— 
fangenfchaft zum Imam von Maskat, und bewog diefen die Bah— 
rein=Infeln den Wehabys wieder zu entreißen. Dies gefchah 
auch, und Abdu-r-Rahman ward zum Statthalter derfelben ein= 
geſetzt. Uber diefer Treulofe fiel bald von Oman ab, trat anfäng« 
lich auf die Seite ver Attubis, dann aber fihloß er fich den We— 
habis an und zahlte deren Chef zu Dereye Tribut. 

Erft im Jahre 1816 Eonnte ver Imam von Oman auf Rache 
benfen; er rief Perfien um Hülfe; diefe wurde verfprochen, aber nicht 
geleitet. Er verfuchte nun, ohne fremden Beiftand, einen Angriff 
auf Bahrein, der aber mißglückte; er ſah ſich auf allen Seiten be= 
trogen, verrathen, ward endlich auch geichlagen und floh nun auf 
feiner Blotte zurüd. In Masfat mit neuen Kräften ausgerüftet, 
hoffte er auf den Beiftand der britifchen Flotte, die damals mit ver 
Bindigung von Nas el Khaimah beichäftigt, unter Kommando 
ded Sir Will. Keir Grant im Perfer- Golf flationirte. Diefer 
Beiftand Fonnte zwar nicht geleiftet werben, doch fchüchterte fchon 
die drohende Stellung die piratiſchen Attubis fo fehr ein, daß fie 
den Brieden juchten und den hergebrachten Sundzoll zu zahlen 
verfprachen, und noch einen jährlichen Tribut von 30,000 Dollar 
gelobten. So ftanden die damaligen Verhältniffe, unter denen nun 
die fchlauen Beherricher von Bahrein ſchon Mine machten fich lie— 


426 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 65. 


ber der Oberherrfchaft des gegenüberliegenden Perſiens anzuvertraun, 
wo man ihnen wol, bei geringerin Tribut, mit offnen Armen wies 
der entgegengefonmen fein würde, ald die Piraten- Kriege ver 
englifhen Flotten auf dem Perfergolf das Uebergewicht davon 
trugen, und als eine dritte politifche Macht zwifchen ihren Bun— 
deögenofjen von Perfien und Oman den größten Einfluß übte (ſ. 
Erdk. XL. ©. 1059 u. f.). 


Erläuterung 2% 
Einfahrt in den Perfer- Golf und feine Umgebungen im 
Umfreis des Cap Muffendom. 


Keine Ginfahrt in einen Golf, wie diefe aus dem indifihen 
in das perjifche Meer, weckt aus fo antiker claffiichen Zeit gleiche 
großartige Erinnerungen; denn dieje führen auf Oneſicritus und 
Nearchs erfte Schiffahrt der Macedonierflotte durch dieſen Theil 
des Oceans zurüd, und auf des großen Alerander glüdlichen 
Rückmarſch zu Lande nach Harmozia, zum Geftade diefed Eingan— 
ges, nachdem er eine neue Welt, die indifche, für feine Nadı= 
fommenjchaft entdeckt hatte. 

Als Wellfted, im Jahre 1840 am 11. Juni, auf feinem bri- 
tiſchen Schiffe!) in den Eingang dieſes Golfs Fam, ward er von 
diefer Grinnerung ergriffen und fchrieb: Wenig Stellen des Erd— 
bald können ein höheres Intereffe erregen als diefe. Bor und im 
Nord erheben fich die hohen Gebirge Karamaniens, ihr Gipfel ift 
noch mit Schnee bedeckt; ihnen zu Büßen liegt die berühmte Or— 
muz; diefer zur Seite, gegen We, Oambrun fo grandiod wie 
je, und zur andern Geite, gegen Oft, dad heutige Minaw, am Fluß 
wo einft Harmozia, wo Alerander und fein Landheer den Steu— 


rer feiner Flotte, Nearch, wiederfah. Die Ufer zu beiden Randfeiten | 


von Perfien und Arabien (an der engften Stelle etwa in 3 Stun— 
den Ueberfahrt zu erreichen) 32) find ohne Wald, jept nadt und von 
ödem Anblick, aber hoch fich emporthürmend. Mit frifchen Wind 
trieben wir bald zu den zwei Feldinjeln, die vor dem ungeheuern 
Borgebirge liegen, das von Near) Mafeta genannt und ald Vor- 





#1) Wellsted, Trav. to the City 1. c. I. p.59.  °*) Aucher Eloy, | 


Relations de Voy. en Orient &d. par Jaubert. Paris, 1843. 8. 
Sec. P. P» 543. 


Arabiens Oftküfte, Cinfahrt zum Perfergolf. 427 


gebirge des Kinnamons zum erfien male erforfcht ward, von 
wo die Babylonier und Aſſyrer ihre Gewürze erhielten (Arriani 
Hist. Ind. c. 32). Als die Macedonier-Flotte hierher gefonmen, 
die Anker ausgemworfen hatte, und Oneſieritus den unbefannten 
Gingang ſah, wünfchte er, um deſſen Gefahren zu meiden, an ber 
Außenjeite, der arabifchen, weiter zu ſchiffen, was zur Um— 
ſchiffung des Sabäerlanded und zur Entdeckung Aegyptens am Ro— 
then Meere geführt hätte. Aber da widerſprach ihm Nearch im 
Schifferrathe, und treu an dad Gebot Alexanders, die Küften 
zu unterfuchen, fich haltend, fleuerte Die Flotte muthig durch vie 
drohende vielbemegte Meerenge ein, und landete, am perfifchen Ufer 
nahe hinjegelnd, zu Neoptana. Der vielen Entbehrungen und 
Leiden an der Küfte der Inder, Gedrofier und der wilden Ichthyo— 
phagen eingedenk, wurden fie hier durch einen zufällig vom könig— 
lichen Lager abgeirrten Griechen, deſſen heimathliche Tracht ihrem 
fehnfüchtigen Auge Thränen entlocte, von der glüdlichen Ankunft 
Aleranders und deſſen nahem Lager am Anamis-Fluſſe zu Har— 
mozia (bei Minaw, vergl. Erdk. VII. ©. 727) überraiht. Und 
als Nearch mit Archias und ver glüdlihen Botſchaft der 
Rettung der Flotte und der ganzen Mannfchaft tem gro= 
Ben Eroberer entgegentrat, vergoß diejer, der fchon durch dad Ge— 
rücht vom Untergange Aller geängftigt geweſen, die hellften Freu— 
denthränen, und fchwur bei vem Zeus der riechen und dem 
Ammonind der Libyer, daß ihm diefe Botfchaft erwünſchter fei, 
ald wenn er ganz Afien unterjocht hätte; ein Untergang ver Flotte 
würde ihm Schmerzen gebracht haben, die fein ganzed Glück auf« 
gewogen hätten (Arriani Hist. Ind. c. 35). 

Nachdem nun ven Zeus Soter, dem Erhalter, dem Hera— 
kles, dem ſchützenden Apollo und Poſeidon, nebft allen Mee— 
resgöttern, ihre Opfer geſpendet, und nach helleniſcher Weiſe die 
gymnaſtiſchen und muſikaliſchen Spiele mit ganzer Pompa an die— 
fer Küfte der Barbaren gefeiert waren, wobei Neard) als einer der 
Führer vorantrat, erhielt der glüdliche Apmiral den Auftrag, von 

em die Flotte unter feinem Obercommando bis nah Sufa zu 
Mhren, wo die zweite Wieververeinigung von Landheer und Flotte 
in einem Locale gefetert ward, das und aus früherem fchon genauer 
befannt ift (Erdk. IX. ©. 292 u. f.). 

Die Meifterichaft Nearchs, die von feinem großen Feldherrn 
als Lenker der Blotte anerfannt wurde, zeigt ſich auch in feinem 
Scifferberichte voll Klarheit und Treue, in welchem ſich die Ver— 


428 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung, $. 65. 


gangenheit fat überall noch in der heutigen Gegenwart auf eine 
überrafchende Weife fpiegelt. 

Lieutnant Kempthorne, der mit dem Survey der Oftfüfte 
ded perfifchen Golfs beauftragt war, ift wol der genauefte Kenner 
derfelben und die befte Autorität, auf die wir uns hier beziehen 
dürfen 33). 

Bis an dad Cap Jask, fagt Kempthorne, läßt Nearch von 
der Indusmündung, weftwärts, die Küfte der Ichthyophagen 
reichen (Arriani Hist. Ind. c. 29 und c. 32), und noch heute Teben 
die dortigen Menſchen faft nur von Fifchipeife, wie fie auch ihr 
Vieh damit füttern; ganz roh oder an der Sonne gebörrt und dann 
zu Mehl gerieben, wird fie verzehrt. Dem Lande fehlt nicht nur 
Holz, jondern felbft das Gras. Große Borräthe von Auftern, Krab— 
ben, Mujcheln und Seethieren aller Art bedecken feine Geftade, die 
Nearch fo trefflich characterifirt; nur etwa Datteln find noch ein 
andred hinzukommendes Nahrungsmittel. Der Bang diefer See— 
thiere auf dem Strande, bei zur Ebbezeit zurückweichender Meered- 
fluth, ift e8 vorzüglich, der den Griechen, dem dieſes ganze Phäno— 
men der Ebbe und Fluth unerhört gewefen, in Eritaunen verfeßte. 
Die ganze Strede der Perferfüfte vom Indus bis zu der Tigrid- 
mündung ijt, mit wenigen Ausnahmen, auf eine Strede von nahe 
an dreihundert Meilen Weges, ein öder Wüftenftrich, mit unmit- 
telbar dahinter auffteigenden ganz nadten Bergzügen, ohne Wald, 
ohne alles Grün. Der Sonnenrefler ver Eahlen Felswände mit dem 
Sandftaube verbunden macht viele der Küftenanwohner erblinden, 
und fehr haufig fanden fich diefe auf dem englifchen Schiffe ein, 
in der Hoffnung da ihre Heilung zu finden; obmwol vergeblich. Das 
heutige Charbur, ſprich Tſcharbur (Troea's Lage bei Nearch, 
Hist. Ind. c. 29, 5; ver legte Ort der Ichthyophagen, der erfte in 
Karamanien), ift der Iehte Ort im Oft ved Gap Jask, hat Erd— 
häufer mit platten Dächern und etwa 1500 Einwohner, denen der 
Imam von Oman ihren Sheikh in fein dortiges Fort zum Ober- 
haupt einfeßt. Gr fann vom innern Sande leicht ein Corps Rei— 
terei zufammenbringen. Diele Banianen treiben hier einen beveu- 
tenden Handel mit Indien. In der Nähe der Stadt jind Aderfelver 
und Dattelmaldungen. Im Norden der Stadt fieht man ausgebrei- 





®?) Lieutn. G. B. Kempthorne, Notes made on a Survey along 
the Eastern Shores of the Persian Gulf in 1828, in Journ. of 
the London Roy. Geogr. Soc. 1835. Vol. V. p. 263 — 285. 


Arabiens Oftküfte; Einfahrt zum Perſergolf. 429 


tete Ruinen, welche man einer Stadt Tiz der Portugiefen zufchreibt, 
die aber wol aus älterer Zeit ftammen mag (Tiz bei Edrisi I. 403 
ed. Jaubert fann e3 nicht fein, wie Kempthorne meint, da Died nur 
12 Milien von Iftafhar fern liegt). Doc ift die Zerrüttung des 
Ortes fo groß, daß Fein Stein mehr auf dem andern liegt, und 
alfo auch Fein Architeeturftyl mehr zu erfennen ift; von Einheimi— 
fchen der heutigen Zeit wenigſtens fcheint ver Bau nicht herrühren 
zu können. Man erhielt hier gutes Waſſer in Zirgenichläuchen 
(Maſſaks) auf Kamerlen aus dem Innern des Landes zugeführt, 
und Schaafe mit breiten von 8 bis 10 Pfund fehweren Fettſchwän— 
zen, die eine fehr dichte, aber doch ungemein feine Wolle trugen. 

Das Cap Jask3t) (Jasques Cap) ift nur niedrige Sand— 
jpige mit gutem Anfergrund umher, und einem Fleinen Fiſcherdorf 
in der Nähe, wo man fih mit gutem Waffer und trefflichen Schaa= 
fen verproviantiren Fonnte. Ein jehr hoher Berg liegt etwas land- 
ein, nordwärts über Gap Jask ſich emporthürmend, den Kemp— 
thorne Chouß nennen hörte, auch Khaus oder Khuft, und wel— 
cher der Pik Elburz bei Perſern heißt (Djebl Bis auf Berghaus 
Karte). Die Klippen an der Küfte find fehr hoch, meift fenfrecht 
abfallend, einige von feltfamer ©eftalt, jo drei Steine wie durch 
Menjchenhand übereinander aufgeftapelt, und hoch emporragend mie 
Schornſteine (Threestone Peak, der Karte). Nahe dabei am Cap 
Jask und dem gleichnamigen Dorfe anferte Kempthorne's Schiff, 
bei 4%, Bath. Near, um an der hiefigen Elippenreichen Küfte 
der Gefahr auszuweichen, ankerte tiefer meerwärts, und bemerkte, 
daß von Badis an (jetzt Cap Jask) die Küſte Karamaniens 
(Arriani Hist. Ind. ce. 32) beffer, als die der Ichthyophagen, mit 
Grafung, Korn, Brüchten, nur Oliven ausgenommen, und Waffer 
verfehen fei. Wirklich ift bis dahin die Küfte Flippig und mit 
Sandbänfen nad) Kempthorne's Survey fo belagert, daß Near 
ganz recht hatte, fich bis dahin fern von ihr zu halten. Selbft das 
englifche Surveyſchiff ftieß hier auf Klippen, doch ohne fich zu be— 
ſchädigen. 

As Will. Ouſeley, am 12. Febr. 1811, an dieſem Gap 
Jask bei heftigem Regen vorüberfuhr, veränderte fich plöglich die 
biöherige blaue Barbe?°) des tiefen Meereswaſſers fo fehr, 
dag man feichten Sergrund fürchtete, indeß Andere dieſen Farben— 


) Kempthorne, Notes I. c. V. p. 272, »°) Will, Ouseley, Trav, 
Lond, 1819, I. p. 153. 


130 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 65. 


mechfel für Folge des Negens und der Ebbe und Fluth hielten. 
Bei der damaligen Unfenntniß der perfifchen Meeresfeite hielten 
fih von da an die meiften Schiffer auf der arabiichen. Die Sun— 
dirung zeigt 63 Bath. (378 Fuß) Tiefe; man fegelte gegen Abend 
ded genannten Tages auf der fcharfabgefchnittenen Linie je— 
ned blauen und eined grünen Waſſers bin, noch bei 73 Bath. 
(435 F.) Tiefe fundirend. Seichtigkeit war alje nicht Urfache der 
Umfärbung; follte diefe Färbung conftant und eigenthümlich fein, 
fo wäre die Benennung de8 Grünen Meeres, wie diefed bei 
Edriſis6), Ebn al Vardi und andern Orientalen, zumal auch bei 
Perſern heißt, eine wohl begründete. Don Cap Jask erblidt man 
nun, auf einer perfifchen ganz niedern Sandſpitze gelegen, die etwas 
in dad Meer vorfpringt, den nach Fraſers Schäkung 700 bis 800 
Tuß hohen in der Mitte durchbohrten Felſen Kumbaref, over 
Bombarek?”) der Schiffer, der richtiger Kuh mubaref3), d. i. 
der Glücksberg, heilbringende Berg heißt, und aus der Ferne 
gefehen wie eine aus dem Meer auftauchende Klippe ericheint, die 
eine gute Landmarke für den Schiffer in der Einfahrt abgiebt. Die 
haracteriftifche Form diefer Kalffteinflippe erhält fie von 
den ftufenartigen Auffteigen ihrer Schichten, die hier ſich 
wie die Küfte Masfats in ITerraffen erhebt, die Trafer mit ven 
Baſalt- oder Mandelfteinbildungen im Jarn Ghat oder Boar Ghat 
im Goncan von Defan vergleicht (Erdk. V. ©.667). Weithin Fann 
man mit dem Auge am Ufer bin dieſe Terraffenbildung verfolgen. 
Nearch erwähnt diefe Klippe nicht, wol aber Marcian, der fie 
Strongylus, d.i. den Runden Berg, nennt, der bei den Perſern 
Semiramisd-Berg heiße und dem Afabo= Gebirge der Arabia fe- 
lix gegenüberliege, zwifchen welchen beiden die Einfahrt in die Enge 
ded PVerfer- Meeres liege (Marciani Heracleotae Periplus p.21 ed. 
Oxon.). Jenſeit liege das Vorgebirge Garpella und Harmo— 
zon, und dann Sarmozufa (Aouslau bei Arrian, ’ Aguoüla 
bei PBtolem., Aouolovou bei Marcian), vie alte Ormuz. 

Eins diefer Vorgebirge muß dasjenige fein, an welchem Nearch 
zu Neoptana Anker warf (Arriani Hist. Ind. e.33); Kenp= 
thorne erkennt das heutige Karrun dafür, deſſen Fiſcherdorf 


— — 


»°) Edrisi b. Jaubert Vol. I. Prolegom. p. 4. *) B.Fraser, Nar- 
rative of a Journey in Khorasan 1821. Lond. 1825. 4. p. 28. 
#9) Kempthorne, Notes 1. c. V. p.272; W. Ouseley’s Zeichnung in 
deſſ. Trav. 1. Pl. VI. Nr. 12. und Nr. 10. 29 B. Fraser, Notes 

in Transact. of Geolog. Soc. Vol. I. P. 2. p. 410. 


Arabiens Oftküfte; Einfahrt zum Perfergoff. 431 


unter 2653! N, Br. liegt, wo er zugleich die Angabe Nearchs, daß 
die Anwohner ver Küfte Öedrofiend und Karamaniens nur Eleine Boote, 
nicht mit Seitenrudern, nad) Griechenart, jondern mit Schaufeleudern, 
mit denen fie, wie man Spaten beim Öraben in die Erde 
ftehe, im Waffer fich fortftoßen (Arriani Hist. Ind. e. 27), bis 
heute, der Sache nach, vollkommen dort noch einheimifch beftätigt fand; 
jo wie diefelben. Boote, welche, wie bei ven Ichthyophagen (f. 
ob. ©. 177); nur aus Blanfen zufammengefeilt und durdy Stride 
aus Datielbaft zufammehgenäht und mit Erdharz überzogen, auch 
Heut noch in Gebrauch bei ihnen find. Ja dieſelbe Art des Fiſch— 
fangs, wie fie Nearch fo characteriſtiſch und genau bejchreibt (Hist. 
Ind. c. 29), auch heute noch ganz fo im Gange, bezeugt die Sta— 
bilität dortiger Lebensweiſen, feit mehr als zwei Sahrtaufenden. 

Near ſuchte nun von Neoptana das norowärts liegende 
Harmozia und Alexanders Lager in einer Gegend auf, die ergiebiger 
fein mußte, um ein Heer ernähren und nach foldyen Entbehruungen 
und Anftregungen wiever ftärfen zu können. Ale Brüchte und Be— 
dürfniffe fand man da, fagt Near, Oliven außgenommen 
(Hist. Ind. c. 33), und fo ift aud) heute noch die Station zu Mi— 
naw, richtiger Mina=ab?), d. i. dad Blauwaſſer, des erften 
Waſſerſtroms, ein oft reißendes Gebirgsmaffer, das nah White— 
lod im hohen Djebel Shamal entipringt, deſſen fruchtbare Ufer- 
landfchaft heut noch die Anwohner „ein Paradies von Fars“ 
nennen: denn in diefer lieblichen Dafe findet man heute die ſchön— 
ſten Orangenwälder, Obftgärten, zumal Apfel», Birn-, 
Pfirfih-, Aprifofenhaine, Weinberge mit den köſtlichſten 
Trauben, deren Wein, oft für Kifchme Wein ausgezeben, einft Auf 
hatte, und zu einem Liqueur Amber-Nojolio benugt ward, Die 
Indigocultur ift nod heute fehr einträglih. Der Minaw— 
fluß*), an dem das heutige Fort mit 100 Mann Garnifon fteht, 
hat, nach Wellited, ſehr ftarfwinvdenden Lauf, bei Fluthzeit eine 
Breite von 100 Schritt und Tiefe von 6 bis 7 Fuß, kann eine 
Strede von direct 3 bi8 4 Stunden weit Schiffe von 20 Tonnen 
Laft tragen, ſinkt aber bei Ebbe zu einem feichten Uferbach, ja felbft 
zu einem blapen Moraft an feiner Mündung zum Meere herab, die 
unter 27° 7° 48"! N. Br. und 56° 49’ O. L. v. Gr., nad) Lieutn. Whi— 
telock's“) Beftimmung, liegt. 


09 Kempthorne, Notes I. ec. V. p. 274. ) Wellsted, Trav. to 
the City of tlıe Chaliphs I, p. 60. *?) Lieutn, Whitelock, In- 


132 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 65. 


Don hier an verlajien wir für jetzt Nearchs Vorgang, der 
dann nur an der Perſerküſte Hinfegelt, da er dem arabifchen Vor— 
gebirge Maceta (Maxero, Hist. Ind. e. 32), da8 nach Strabo 
und Plinius von dem DVolfe der Mafen benannt ift, auswich 
(Strabo XVI, 765), von dem ihm die dort gut bewanderten Ara— 
ber fagten, daß von da der Kinnamom und andere Gewürze (durch 
die Gerrhäer?) zu den Affyriern, oder nach Babylonien, gebracht 
würden. Gewöhnlich wird dieſes DVorgebirge, deſſen Hochgebirge 
Ptolemäus die Aſab-Berge oder die Schwarzen nannte, 
doublirt, an deren Nordende in 2 Stunden Ferne die Eleinen Dop— 
pelinfeln, zwiſchen denen eine Fahrſtraße hindurch geht, an ver 
größten Verengung der Meereseinfahrt hervortreten, die, gleichge= 
ftaltet 8) wie Mombaref, fühn und body aus dem Meere em— 
porfteigen, und davon den Namen der großen und Fleinen 
Quoins oder Coins (m. i. Keil, wie fie zur Unterlage ver Ka— 
none dienen) erhalten haben, over auch jehr bezeichnend die bei- 
den Eſelsohren bei ven Schiffern genannt werden. Doc) liegen 
auch noch mehrere Fleinere Klippen in ihrer Nähe. Die erhabene 
Spite des Nordcaps dieſes Asaborum Promontorium bei Ptole— 
mäus und Urrian, fo genannt, weil bier die Sabaei orientales 
(die Beni A3 Sab in Oman) wohnen, ift hier das von ben 
arabifchen Schiffern fogenannte Ras Muſſendom (Mocandom der 
PBortugiefen) ), das die englifchen Matrofen Muffeldom nennen, 
deffen vorderfte Telfen die Mama Selmeh ver Perſer oder Sa— 
Yameb, d. i. Feld des Grußes, genannt werden, im Gegenſatz 
des hoch dahinter auffleigenden Ras el Djibel. Hier ift die 
Durhfahrt, nur noch etwa 17 oder nah Whitelod wol gar 
nur 14 Stunden breit), am engften, gleich einem Durchbruch, 
aus dem ein innerer großer Landſee oder ein Mittelmeer, wie zwi— 
chen ven Säulen des Herakles zum atlantifehen, fo hier zum in= 
difchen Ocean, dereinft feinen Ausgang brach. Auf fo bewegten, 
gefahrvollem Meere find diefe Vorgebirge als ein erreichtes Ziel 
von großer Bedeutung. Der arabifche Schiffer pflegt hier, be= 


dian Navy Descriptive Sketch of the Islands and Coast situated 
at the entrance of the Persian Golf, in Proceedings of the 
Bombay Soc. Jan. 1837; und in Journ. of the Roy. Geogr. Soc. 
of London. Vol. VIII. 1838. p. 170 — 184. 

*?) Fraser, Notes in Transact. of the Geolog. Soc. Sec. Ser. Vol.1. 
P.2. p.410; Kempthorne, Notes Il. c. **) W. Ouseley, Trav. 
I. p. 154. *°) Berghaus Karte von Perfien im Mem. ©. 48. 


ee nn 


— 


Arabiens Oftküfte, Ras Muffendom, 433 


vor er die Küfte verläßt und ſich dem indifchen Ocean anvertraut, 
deffen Schuggeifte erft,- mie einft Hanno ver Karthager am atlanti« 
ſchen Ocean dem Poſeidon, ein Opfer zu bringen. Kehrt der mo— 
hamedaniſche Schiffer aus Indien zurüd, fo bringt er hier dem 
vaterländifchen Boden wieder ven erften feierlichen Gruß) (Sa— 
lam). Der Baniane oder der Hindu, um fich, dem Fremdlinge, 
den Genius des Vorgebirgs geneigt zu machen, wirft Kofosnüffe, 
Blumen und Früchte aus, oder übergiebt in Geftalt eined Fleinen 
Schiffsmodells, dad er mit den verfchievdenen Proben feiner Handels— 
waare belegt, noch ehe ex dad fremde Land betritt, ven Wellen ein 
Opfer. Schwimmt diefes glücklich durch die Brandung zur Küfte, 
fo hält er auch feine Gebete für erhört und fchreitet hoffnungsvoll 
weiter in feinem Unternehmen. 

Auch unfer Schiff, jagt Wellfted *), fuhr im Juni 1840 
durch die Mitte viefer bis auf wenige Stunden verengten Ginfahrt, 
nicht ohne Gefahr hindurch. Wenn fehon bei Winpftille, ſchleuderte 
die heftigfte Strömung es doch dicht an das Geftade, fo daß wir 
die Felögipfel über unfern Köpfen bedrohlich vorüberfliehen fahen. 
Doch glücklich waren nun alle Gefahren vorüber, als unter Gebe— 
ten ein Miniaturboot, aus Kofosjchanle mit Fleinen Segeln und 
Bändern geziert, mit etwas Neid und trocknen Blumen belegt, mit 
lautem Hurrah des „Salamat” in See gelegt und dem Treiben 
der Wellen überlaffen ward; ein alter heidnifcher Opferbrauch zur 
Huldigung böfer Dämonen, ver fid) bis heute an dieſer Stelle im 
Gange erhalten hat. 

Das äußerfte Norvende der wilden Aſab-Berge (Maceta), 
mit ihren wild zerriffenen Bafalt= und Klingfteinmaffen #%), 
die ſich hie und da mit Säulenbafalten geſchmückt, dunkelſchwarz, 
erheben und nur von hellern Kalfjpathgängen durchſchwärmt wer— 
den, iſt von vielfachen Einbuchten zerſchnitten (ſ. ob. S. 417) und 
von einer derſelben ſogar ganz quer durchſetzt, ſo daß hier ein en— 
ger Meerescanal, zwiſchen hohen Felſen, die Nordinſel, auf 
welcher das Ras Muſſendom emporſteigt, ganz vom arabiſchen 
Continente ſcheidet. So viel uns bekannt, iſt Lieutnant Kemp- 
thorn's Olive, das Surveyor-Schiff, das einzige dad durch 
dieſen Spalt, der wie durch eine Convulſion entſtanden und jene 


6) Scott Waring, Voy. de Vlnde & Chiras. Paris 1813. p. 197. 
#7) Wellsted, Trav. to the City of the Caliphs 1. p. 60. 
*) Bombay Gaz. Sept. 1822, u. in Asiat, Journ. Vol. XIX. p. 291, 


Nitter Erdkunde XII, Ee 


434 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


nördlichere VBorgebirgsinfel gewaltfan von der arabifchen Halbinfel 
loögeiprengt zu haben jcheint, hindurch geidhifft 2%). Es geſchah am 
30. Octob. 1826, bei günftig wehendem ©.D., und der großen Enge 
ungeachtet die am Gingange zu gewaltig zufammengejchnürt er« 
ſchien, fam man doch glücklich durch die Meereögaffe hindurch. Bei 
18 Fath. (108 Fuß) Tiefe immer dad Dleiloth in der Hand, Fonnte 
man in dem Meeresichlunde feinen Grund finden. Zu beiden Sei— 
ten thürmten fich die Felfen ganz fenfrecht und bis 1000 Fuß hoch, 
majeftätifch, fo nahe beifanımen empor, daß vom Schiff aus ein 
Steinmurf fie nach beiden Seiten erreichte. Im dunfeln Scyatten 
durchſchnitt das Schiff mit fchmellenden Segeln die blaue Fluth, 
diefe feierlich erhabene Meeresgaffe und die Todtenſtille, die Nie— 
mand ob der Gefahr zu unterbrechen wagte, nur durch den Wellen- 
ſchlag an die Felſen belebt, die im Echo widerhallten. Am meftlis 
hen Ausgange dieſes Ganald, dem Elphinstones Inlet, muß 
das norbweitliche Cap der arabifchen Halbinſel, das Nas Sheikh 
Maſud (Nas Scheh Menſud bei Wellfted), nebft ſeinem benach⸗ 
barten Ras Dſcheddi doublirt werden, um dann weiter gegen 
SD. an den Stationen Kafab, Pokha, Endra, Kumdtha, 
Tibbat, Raumps, Ras al Khaimah (Borgebirge ver Zelte) 
und andern der Piratenfüfte, von der fchon oben die Rede war 
(f. 06. S. 407), in dad Meer von Bahrein zu aelangen. Gemöhn- 
lich aber wendet fich die Einfahrt ver Schiffer vom Nas Mufjen- 
dom gegen Nord, wo man durd die beiden Quoins erſt in 
den eigentlichen Perſergolf einläuft, vejfen auf allen Sei— 
ten hier amphitheatralifch gefchloffen erſcheinendes 
Baffin:V), durch den Neichthum feiner vorliegenden Infeln, durch 
die hohen im Hintergrund ded Continents bis zu Schneehöhen auf- 
fteigende Berggipfel, durch die claffiiche Erinnerung aus allen Zei- 
ten, die fich an die blauen Fluthen und an die über fie erhebenden 
Geftalten fnüpfen, einen ungemein grandiofen Eindruck auf den ſin- 
nigen Beichauer ausübt. 

Gegen Nord thürmt fih am fernften Horizont der Djebel 
Shamal (Shemil auf Berghaus Karte) über alle andern 
Berge der Küfte am Höchften empor, der felbft im Juni noch eine 
Schneekappe trug; zu feinen Füßen liegt die berühmte einft fo reiche 
Injel Ormuz (Opyara bei Neardy, Hist. Ind. e. 37) und noch 





) Kempthorn, Notes |. c. V. p. 272. °%) L. Whitelock, De- 
scriptive Sketch I. c. p. 1. 








Arabifhe Infelftationen im Perfer-Golf, 435 


näher die Infel Larek; nur wenig weſtwärts Hinter Ormuz ers 
hebt fich die im 16ten Jahrhundert blühende Gambron (Bender 
Gomrun oder Bender Abaffi, Ervf. VII. ©. 739 — 748), und 
noch meiter im Weft breitet fich die größte Infel des Golfs, vie 
heutige Kifhm (vie Odoaxto bei Nearch a. a. D.) aus, die ſchon 
wegen ihrer 800 Stadien Länge (20 Meilen), wegen des gaftlichen 
‚Empfangs ihres Sheifh, ded damaligen Hyparch Mazenes, mes 
‚gen ihres Fruchtreichthums an Getreide, Datteln und Wein- 
trauben von Nearch befonderd hervorgehoben ward, und auf 
welcher, nach Ausfage der Eingebornen, in einem Palmenhaine das 
Grabmal des erften Beherrfchers der Infel, Erythras, verehrt 
wurde, von welchen das Meer feinen Namen (ver früher im engern 
Sinne nur auf das arabifche Meer befchränft war, aber wegen ver 
Bedeutung des „rothen“ viele etymologifche Deutungen erhielt, 
wie bei Strabo XVI. 779) erhalten Haben follte. 


Erläuterung 3, 


Die arabifchen Infelftationen im Perfer-Golf, entlang der 
perſiſchen Geftabefeite, yon Drmuz bis Karek. 1) Ormuz; 
2) Kiſchmi; 3) Laref; 4) Angar; 5) Klein und Groß 
Tambo; 6) Polior; 7) Keifch oder Kenn; 8) Hinderab 
und Buſheab; 9) Gogana, Abufhähr; 10) die Infel 
Karef oder Charedich. , 


1. Die Infel Ormuz, Ooyava, DOrgana des Near 
(Byvoıs, Gyrine, Tyrine bei Strabo?); Ierun der 
Einheimifhen und der Araber; Necrofin und Zam— 
bri der Tataren nad) Herbert. 


Ungeachtet ihrer jegigen Unbedeutendheit, in welche fie zurück— 
gelunfen, wie fie zu Nearch8 Zeiten war, der Organa eine noch 
wüfte Infel nannte (zul 7 uev 2onun vjoog ’Opyava txa- 
Afero Hist. Ind. c. 37), ift fie doch durch ihre einftige Blüthe— 
periode und als vie glänzende Reſidenz eines mächtigen Sees und 
Handelöftaates, im Conflict zwiſchen perfifcher Land» und arabijcher 
Seemacht, nicht ohne dauerndes, Intereffe; fie ift feit langem und 
auch Heute noch durch die übergreifende Seemacht der Imame von 
Mascat (Erf. VII. ©. 746 u. f.) mehr zu Arabien gehörig an« 
zufeben als zu Perfien; daher die fpeciellen Nachrichten von dieſer 

Ee2 


436 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


Inſel hierher gehören, da von der mit ihr fo nahe in Beziehung 
ftehenvden Continentalftadt des Perfer- Hafend? Gambrun von 
Bender Abaſſi ſchon früher das Nothmwendige beigebracht ift 
(ebenvafelbft ©. 748). 

Auch Ptolemäus hat denselben Namen Organa überliefert 
(Ptol. VI. 7. fol. 155, wobei aber Palat. Cod. zu Opyava auch 
Odyvors, dad Gyrine oder verderbte Tyrine, bei Strabos "ARyvpıs, 
hinzufügt) 1), der nur diefelbe Infel bezeichnen Fann, deren ältefter, 
nach arabifchen Autoren (im Diet. Berhan Kattea Mse.)52) ein= 
heimifcher, Name JSarun oder Jerum zu fein feheint, aus welchem 
jene Verftümmelungen hervorgingen. P. Tereira, der im Jahre 
1604 vieje Inſel bejuchte53), hörte eine Legende von ihrer erften 
Bevölkerung erzählen, in welcher der Name Jerun dem erften per— 
fiichen Anflevler gegeben wird, der fich im Jahre 1302 auf ihr 
nievergelaffen haben fol. Im Jahre 1442 bejuchte der Gefandte 
Shah Rokhs, des Königs von Perſien, genannt Abdul Rizaf, 
diefe Infel auf feinem Wege nach Indien, zu einer Zeit, da bie feit 
mehr als einem Jahrhundert vom Yeftlande Ormuz dahin ver- 
pilanzte Dynaftie (ſ. 06. ©. 584, jeit Fakhr addin) der Könige 
von Ormuz blühte, und rühmt die Infel nach übertriebner orien- 
talifcher Weife, die ihres Gleichen nicht haben ſolle. Ihre Unein— 
nehmbarfeit wird von perfiichen Dichtern befungen. in foldhes 
Diftihon: „Das Herz meines Feindes entbrennt, wenn 
er mich fieht die Wafferumringte u. f. m.” fol Salgbar 
Schah der Injel gefungen haben, der den Verfolgten feiner könig— 
lichen Zeinde des Feſtlandes auf feiner Inſel Schuß angedeihen Tief. 
In diefe Periode mag es wol gehören, daß die aus Yard und Mezd 
in die Flucht gejagten Parſi, die Teueranbeter, die Ormuz= 
diener, auf eine furze Reihe von Jahren, 15 Jahre werden ge= 
nannt, ein Aſyl auf Ormuz fanden, wohin auch die legten Zmeige 
der Safjfaniden-Dynaftie fich geflüchtet haben follten; eine Zeit, vie 
jevoch lang genug war, um dort die Kunft Schiffe zu bauen 
und zu ſteuern zu erlernen, in der die Parſi bi dahin wie alle 
Perjer gänzlich unmwiffend gemefen, die ihnen aber nun zur Emi— 
gration nach Indien verhalf (j. Ervf. V. ©. 615, Einwande— 
zung der Parjen in Indien nad) ihrer Tradition in Bombay). , 


*) Großkurd, Not. zu Strabos Ueberf. Th. II. S. 281 Not. 
»2) Will. Ouseley, T'rav. I. p. 155 -- 158. ss) P. Texeira, Re- 
lacion de los Reyes de Harmuz. En Amberes 1610. p.1. 


Arabifche Infelftationen; Inſel Ormuz. 437 


Aber ſchon im Jahre 1507 eroberte Alfonſo Albuquerque 
für König Emanuel mit einigen hundert Portugieſen die Inſel, 
gegen einen auf 30,000 Mann Araber und Perſer angegebenen 
Feind, der ſeine Feſte nicht einmal einen ganzen Tag lang verthei— 
digen konnte. Für Portugieſen, die der fortdauernden Königsdyna— 
ſtie auf Ormuz die Titel ließen, aber die Macht nahmen, und von 
ihnen immer geſteigerte Tribute forderten, die oft zu Rebellio— 
nen reizten und im Innern der Inſel manche Wechſel 5%) herbei— 
führten, war doch diefe Seeftation in ven indifchen Meeren 
ein wahres Kleinod, ficher gegen alle Angriffe von außen, in deren 
gut verfchangter Mitte fie, die damaligen Herren aller Gemwürzinfeln, 
aller Gold und Diamantgruben, aller Perlbänke ded Orients, ihre 
indifchen Schäge über hundert Jahre lang anhäuften, fo daß es 
nach v. Mandelslo, ver im Jahre 1638 ſich dort aufhielt, einft 
im Sprihwort hieß: „wenn die Welt ein Ring, fo ift 
Ormuz der Diamant im Ringe” Schöne Bazare, Kirchen, 
Klöfter, große Magazine und anfehnliche Gebäude wurden hier auf- 
gerichtet 5). Die Portugiejen, fo jagte man, ſchmückten fie jo 
aus, daß alles Eifenwerf an Fenſtern und Thüren vergoldet war, 
und wären file die Herren geblieben, fo würden fie zuleßt alles maſ— 
fiv von Gold gemacht haben. Daher häufte der große Dichter 
Milton, Mitte des 17ten Jahrhunderts, in feinem unfterblichen 
Epos des Verlornen PBaradiefes allen irvifchen Neichthum ver 
Erde auf den Thron von Ormuz, der nur noch von den Schäßen 
die Satanad, um den feinen gehäuft, überboten werde, und üsers 
lieferte damit den Namen Ormuz auch der fpäteften Nachwelt. 

Kurz vor der Vertreibung der Portugiefen, oder vielmehr der 
damald mit Portugal vereinigten fpanifchen Herrichaft, aus jenen 
Gewäffern, und vor der Zerftörung von Ormuz, in Folge des 
chlauen Shah Abbas Befisnahme von Gambron, befuchte der 

ortugieflich-fpanifche Gefandte Figueroa dieſe Infel, im Jahre 
1617, um das dem Drt drohende politiiche Gewitter durch Unter- 
handlungen abzumehren (die Umftände dabei ſ. Erof. Th. VIII. 
S. 740 u. f.). Bon ihm haben wir aus jener Zeit die umftänd» 
lichſten Nachrichten, die er auf Ormuz felbft einfammelte, ald Don 


) Ein Abriß dieſer Mechfel der Gefchichte von Ormuz, f. Fraser 
Narrative 1. c. p. 383—43. *9) "Thom, Herbert, Relat. du 
Voyage de Perse etc. trad. du Flamand de Jer&mie Van Vliet, 
Paris, 1663, 4. p. 187. 


438 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $.65. 


Louis de Gama Gouverneur der Infel war. Hier feine Befchrei« 
bung 6). | 

Die Infel Ormuz, welche die Araber Jerun nennen, Tiegt 
12 Milles von der Mündung ded Perfer-Meeres; fie Hat eine drei— 
eckige Geftalt; ihre Eleinfte Seite liegt der Perferfüfte gegenüber und 
dehnt fich von Caru bis zur Citadelle aus. Das Innere der Inſel 
ift ganz mit großen Bergen erfüllt, roth und weiß von Farbe, aus 
denen man ein fchöned Salz gewinnt; ſonſt ift der Boden ganz 
fteril, und nur wenig Grünes in Büfchen und Bäumen zu fehen. 
An ihrer Oft» und Süpfeite fließen Eleine Bäche, veren Waffer 
ganz Ear aber falzig ift, die auch Salzkruſten abjegen. Auf ver 
größten Berghöhe ift eine Eremitage der Mutter Gottes vom Fels 
(Notre Dame de la Roche) gewidmet. Diefer Berg befteht aus 
Salz, aber auch Schwefel und Salpeter findet man, und durch die— 
fen fo@ der Berg von Jahr zu Jahr anwachſen. Eine zweite Erpe 
mitage, St. Lucia, auf demfelben Berge, dient zum Sommeraufents 
halt. Hier find viele Eifternen im Salgboden; aber dad Regenwaſſer 
in den Salglagunen ift, wenn das Salz ſich daraus nievergefchlagen 
hat, beſſer als in den Eifternen. Die ebenern Gegenden der Infel 
find mit ſehr vielen Grahftätten von Heiden, Mokamedanern und 
Juden bedeckt, die durcheinander liegen, deren viele mit Kapellen 
überbaut find, und zu Spabiergängen der Weiber dienen, die auf 
den Gräbern ihre Opfer in kleinen Schüffeln niederlegen. Auch 
find da Gräber von Heiligen. 

In einer zweiten Ebene der Infel, Ardemira genannt, d. 5. 
Belvedere, ift die Gegend, wo die Großen ihr Maillefpiel 
treiben, an dem auch der Vicefünig der Infel Theil nimmt. Auf 
der entgegengefesten Seite der Infel gegen SW. und W. ift hin— 
ter den Bergen die Gegend, welche Turunsbaf heißt (Turumspef 
dad einzige Dorf zu Kämpferd Zeit, von deſſen Namen Goffelin 
den Namen Tyrine bei Strabo herleiten, wollte), wo das Luſthaus 
der alten Könige fteht, mit einem Eleinen Palmenwalde und ein 
paar Brunnen mit dem beften Waffer ver Infel. Dies Schloß war 
zu Bigueroa’s Zeit in Verfall, wie das Heer und die Macht, 
Elende Schilfhütten mußten hier zu Sommercampagnen dienen. 
In den Bergfchluchten fah man einiges Gebüfch und auch Palmen. 


*) Doh Garcias de Silva Figueroa von Castilien, Embassade en 
* * Trad. de l’Espagnol par M. de Wicgfort. Paris, 1667. 
pP» Eu . 


Arabiſche Inſelſtationen; Inſel Ormuz. 439 


Dupré, der 1808 die Inſel beſuchte, ſagt, ſie Kae nur wenige 
Dugend Palmen 37). 

- Bur Zeit der Beflgergreifung unter Nißuausriie beftand 
die Fefte der Stadt nur aus ein paar Eleinen Thürmen. In einem 
von diefen brachte man die Statue des Grobererd an, die man zu 
Figueroa's Zeit auch noch in ihrer vollen Rüftung dort fehen 
fonnte. Nah und nach war die Feſtung immer weiter angebaut 
worden, und jeder Vicekönig hatte einen Theil hinzugefügt. Sie 
liegt auf der Außerften Noroweftfpige und wird auf 2 Seiten vom 
Meere umfpült, auf der dritten liegt ihr Waffenplag, gegen vie 
Stadt zu. Sie war aber in jchlechtem Zuſtande, wegen der kleinen 
Mauerfteine, die zu leicht verwitterten und daher bald verfielen; auch 
war der Graben nicht tief, und zu beiden Seiten drang das Meer 
ein. In Europa würde fie nur Schande bringen; dort aber prahle 
man noch mit ihr. 

Die Stadt, führt Figueroa in feiner Befchreibung fort, habe 
eine Reihe fchöner Gebäude mit vielen Benftern, welche den reichen 
portugiefiihen Kaufleuten gehörten; die Kirche, das Armenhaus, die 
Mofcheen ſeien Ueberrefte fchöner Architeetur. Der Alforan, ein 
hoher Thurm, biete eine fehr ſchöne Ausficht dar. Die Intoleranz 
und die Schifane der Portugiejen Habe aber erft vor kurzem eine 
Mofchee nievergeriffen, und fich dadurd) die Mohamevaner auf dem 
gegenüber liegenden Zeftlande fo auffällig gemacht, daß diefe dafür 
ihnen alle dortigen Befigungen entrifjen. 

An der Oſt- und Norvoftjeite ver Stadt lagen die Magazine 
und dad Arfenal des Vicekönigs, an einer Bucht die Dicht von 
Häufern umgeben, um welche bei Ebbezeit der 150 Schritt breite 
Strand troden lag. Das jchönfte Gebäude war dad Stadthaus; 
die meiften Käufer der Vorftadt waren nur Rohrhütten mit Dä— 
hern von PBalmblättern gevedt, oder aus Erdwänden aufgeführt, 
wie die Wohnhäufer in Masfat. In der Stadt ſelbſt waren fehr 
enge Gaſſen, durch die Fein Neiter hindurch Fonnte; vie dreiſtöckigen 
Hohen Käufer waren aus Stein erbaut, voll Deffnungen, Fenſter, 
Balkone, Eorrivors, aber nur mit Fleinen Gemächern; zur Abküh— 
Jung hatten fie Windfänge (wie in Bagdad u.a. O., Erdk. XI. 
©. 808), ohne deren DVentilation die Sommerhitze unerträglich ges 
wefen fein würde. Auf ven Dachterraffen ver Häufer fah man eine 
zweite Stadt erbaut, für die wirthichaftlichen Cinrichtungen, vie 


) Dupre, Voy. Paris, 1829. T. I: p. 418. 


440 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $, 65. 


Scählafftätten, die aber nur mit Schilfwänden und Matten umges 
ben blieben. —— 

Der Hafen liegt in der Bay zwiſchen den beiden Caps Notre 
Dame de l'Espérance und der Citadelle. Die Station der großen 
Schiffe und Galeen ift den beiden Klöftern der Karmeliter und Aus 
guftiner gegenüber; doch ift fie zu jeicht, oft nur knietief; daher vie 
fehmwerbelavdenen Schiffe außerhalb der Bay 600 Schritt fern vor 
Anker Tiegen bleiben mußten, die Galeen 500 Schritt. Daher war 
und ift die Station bei Oftftürmen fehr unficher. Schiffbrüche find 
nicht felten, fie würden, jagt Figueroa, felbft noch häufiger fein, 
wenn die Terrafirma den Hafen nicht von O. und N.O. her deckte, 
und die Infel Dueirome, d. i. Kifhmi, nit von N. und 
NM. die Meereswogen bräche. Un diefer Bay wird fehr vieles 
Feines Holz gelandet, das von der gegenüberliegenden Küfte durch 
die Bergwaffer des Continents ins Meer geflößt wird, und aus 
Diefem, mo ed von den Wehen umbhergetrieben, aufgefiicht wird. 
Es verfault nicht, man nennt e8 wegen feined fonderbaren murzel« 
artigen Wuchfes Meerwurzel (mol die Mangroves, Mango 
mangifera, der fo characteriftiiche Uferfaum, |. Erdk. IV. ©. 1040 
u. a. O.). Unter dem Waffer findet man an dem Injelufer auch 
einen weißen Bimsſtein, ficher, meint Figueroa, ein Feuerpro— 
duct, den man wegen feiner Leichtigkeit auf die Dachterraffen bringt, 
wo er durch Kalf, der in feine Poren eindringt, zugleich den fefte- 
ſten Wivderftand gegen alle Wuth der Orfane leiftet. Noch zur Zeit 
zählte man in der Stadt 2500 bis 3000 Käufer, ohne die Hof— 
raume und Gärten, davon etwa 300 ‚von ganz Armen bewohnt 
wurden. Die Zahl der Einwohner betrug 40,000, meift Moros, 
Araber und nur wenig Berfer und Chriften. Diele davon wa— 
ren fehr reiche Kaufleute, welche den Portugiefen die Waaren ab» 
kauften und diefe weiter nach Perſien und Arabien vertrieben. An— 
dere waren Handwerker und ſehr geſchickte Künſtler an 100 Hindu⸗ 
familien gehörten zu den ganz Armen. Die Einwohner hatten viel 
Sclaven und Pferde; die Weiber der Portugieſen verließen ihr Haus 
nicht anders, als um auf den Grabſtätten zu promeniren. 

Bei Erblickung des Bimsſteins kam Figueroa der Gedanke, 
die Inſel müſſe ein Feuerberg geweſen ſein; die Portugieſen wuß— 
ten aber nichts von Eruptionen. Nachts bei S.S.W. wehte von 
den Bergen her ein ftinfenver Schwefelwind, der bei Südwind nicht 
wahrgenommen wurde. Das geheime Fouer nach) jener Gegend hin 
schien fih auch im Jahre 1617 zu manifeftiren. Bei Maponnens 


Arabiſche Infelftationen; Inſel Ormuz. 441 


feſten wurde der zuvorgenannte Madonnen-Berg mit der Eremi— 
tage bewallfahrtet, und eine Stelle beſucht, an ver ſehr viele Steine 
liegen, die fchwarz wie Kohlen ausfehen. Der Eremit fagte, zus 
weilen habe ver Berg Teuer ausgemworfen, auch Rauch und bren» 
nende Steine; doch ſeitdem die Chriſten dort feien, nicht. Obwol 
Died noch als fein unvervächtiges Zeugniß gelten mag, fo gründete 
doch Figueroa darauf feine Anficht, daß der Berg fortwährend 
wachſe und von Erobeben bedroht werde, um fich durch. Eruptionen 
feiner Aufblähungen zu entladen. Die weiße Farbe der Bimäfteine 
bielt er erft für eine durch die Meereömellen gebleichte. 

Die Tehden Shah Abbas gegen dieſes Ormuz der Portus 
giefen, die zulegt noch von den Schattenfönigen der Infel durch 
ihren dortigen Vicekönig einen Tribut von Hunderttaufend Gold— 
ftüden zu erpreffen fuchten, und fich dadurch eben jo verhaßt bei 
Mohamevanern machten, wie fie durch die Schäße ihres indischen 
Verkehrs den Neid der mit den Perfern vereint cabalirenden Eng 
länder erregten, brachen mit dem Jahre 1614 los; aber erft nach 
9 Jahren der Heftigften Kämpfe fiel Ormuz und wurde ganz zer— 
ftört und geplündert, um an deſſen Stelle, ftatt des portugiefifchen 
Hafens Gambrun, dad neue Emporium von Bender Abaffi zu 
heben. Der Berluft des bisherigen Einfluffed der Portugiefen auf 
Oman, Bahrein, veffen Perlhandel in ihrem Befig war, und 
auf das ganze perfifche und arabifche Geftadeland war die gleich- 
zeitige Folge: denn nun traten hier Engländer und Holländer als 
ihre Rivalen auf; die Blütheperigde der von Schah Abbas gegrün— 
deten Hafenftadt, die wir nach den Berichten von Thom. Her— 
bert, Della Valle, Mandelslo, Kämpfer, Chardin fchon 
fennen (Erdk. VII. ©. 736— 749), war nur von furzer Dauer, 
die Ohnmacht von Ormuz hat aber bis heute gebauert. 

Fraſerss), ver die Infel im Jahre 1822 befuchte, fagt, daß 
fle vem Ankommenden einen feltfamen, von Vielen, zumal auch von 
Kinneir’), der überall im Perfergolf erloſchne Vulcane zu fehen 
wähnte, für vulfanisch gehaltnen Anblid gewähre, durch die Gruppe 
rauher, ſpitzer Piks und Gebirgsgipfel. Die ganze Infel ſei nur 
eine Beldmaffe, die an Geſtalt und Karben ungemein wechjele, bald 
dunkelbraun, röthlih, grün, afchgrau, ja ſchwarz oder ſchneeweiß 


) J. B. Fraser, Narrative of a Voy. into Khorasan. p. 46 —53. 
) M. Kinneir, Geogr. Memoir of the Persian Empire. London, 
1813. 4. p. 13 etc, 


442 Weſt⸗Afſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


fich zeige, je nachdem man von Landſpitze zu Landfpige umrubere. 
Roth fei der Mujchelfand, fagt Fontanier ©), und zwijchen dem 
Kalkftein (2) fänden fich ganz fchwarze Glimmerfchichten, die einft 
ald Streufand von Ormuz in der Handelswelt berühmt gewe— 
fen, weil man an ihm die Facturen der portugiefiichen Handels— 
häufer erkannte, die ſich diefer befondern Art Streufandes bevienten. 
Noch fteht das alte Fort, nach Whitelock's 61) Obfervation, uns 
ter ZEHN Br. und 56°29 DO.L.v.Gr., zu dem man über trodne 
Grabftätten fortfchreitet. Der gaftliche Scheifh konnte zu Fraſer's 
Zeit feine Gäfte nur mit Brot und Mildy regaliren. Die Belfen 
der Infel, vie am Nachmittage des erften Tages befliegen wurden, 
flürzten alle am Norvende in eine Plaine ab, die auf 6 bis 8 
Quadratmiles einnimmt, und in eine Sanpfpige ausläuft, welche 
den Hafen von Ormuz in 2 Theile theilt. Auf ihr fleht das 
alte portugiefiiche Fort, das wol nicht jehr feft geweſen fein kann, 
aber aus großen Quaderblöcken forgfam erbaut und mit flarfen 
Baftionen verfehen war, die jede Facade befhüsten. Doch führt 
Mandelslosb?) an, daß zu feiner Zeit, 1638, vie Feſte noch 80 
Stück Kanonen von 600 Stück übrig behalten, die zuvor darin ges 
wejen, und daß die Garnifon, ald er dort war, aus 600 Dann 
Perſern beftanden. Mit dem Material ver gejchleiften Stadt Or⸗ 
muz ſei die neue Bender Abaſſi erbaut. Die Höhe vom Waſ— 
ferfpiegel zu den Remparts beträgt 80 Fuß; die Mauern find noch 
gut im Stande, aber dad Innere des Forts liegt in Nuinen. In 
2 großen (nah Whitelod 15 Dard langen, 7 bis 8 Yard breis 
ten, überwölbten) Cifternen befand fich noch ſehr gutes Waffer. 
Der Canal, welcher vor Zeiten die Landzunge durchfchnitt und die 
Feſtung ifolirte, war jest größtentheild ausgefült; fein Oſtende 
diente als eine Dode zur Neparatur der Barken. No flanden 
auf ven Wällen einige eiferne und metallene Kanonen der Portus 
giefen, mit ihren Wappen und dem Motto „Gardai Vosi Demi” 
ohne Jahrsjahl. An einer andern Stelle ftand eine Kanone von 
großem Kaliber, mit einer arabifchen Infchrift, vom Jahre d. Heg. 
1031 (d. i. 1621 n. Chr. ©.), die fi) auf Schad) Abbas Erobes 


°) Fontanier, Voy. 1844. Vol.I. p. 146. 61) Lieut. Whitelock, 

Ind. Navy Descriptive Sketch etc. in Proceedings of the Bom- 

bay. Geogr. Soc. Jan. 1837. p. 1; im Journ. of the Roy. Geogr. 

Soc. of London 1838. Vol. VIII. p. 171. °?) A. v. Mandelslo, 

Fa Reifebefchr. durch N. Olearius. Schleswig, 1658. 
ol. ©. 32. 





Arabifche Inſelſtationen; Inſel Ormuz. 443 


rung bezieht. Hinter den Wallgraben liegen die wenigen Hütten 
der Einwohner, und hinter dieſen, auf der Plaine bis zum Fuß 
der Gebirge, die zerſtreuten Ruinen der alten arabiſchen und por— 
tugieſiſchen Stadt mit ihren Villen. Alles Material war ſehr ver— 
wittert, fein Denfmal von bedeutender Architectur erhob ſich; höch— 
ſtens ein Minaar, nahe vem Erdwalle, der ein Leuchtthurm gemefen 
fein fol; die Holggallerien, die hinaufführenden Treppen, die Ore 
namente von bunter Ziegelmofaif find von den Außenfeiten längſt 
berabgefallen. 

Längs dem Ufer der Bay, gegen Oft und Welt, die von allen 
Seiten bequem zugängig war, was der Infel nod) heute ihre nau— 
tifch wichtige Bedeutung) giebt, unfern dem Meere, jcheinen ge= 
wölßte Gebäude, Sirdabs (Servaps, Fühlere Souterrains, ſ. 
Erdk. XI. S. 802) oder Waarenmagazine erbaut gewejen zu: fein, 
in gleich folidem Styl wie das Fort. Auch ift von da der Boden 
bis gegen die Berge hin mit Ziegeln, Terracottas, Glas und ane 
dern Trümmern bedeckt, mie dev Boden fo: vieler zerflörten Städte 
im Orient, ohne etwas beſonderes darzubieten. Der Glanz des 
frühern Ormuz, bei jo mangelhaften Ueberreften, hält Fraſer vae 
für, fei wol von den geitfchriftftellern um vieles übertrieben. Die 
Natur der Infel) biete nur ärmliches Ausfehen, da fie ohne einen 
Tropfen frischen Waffers, ohne Quelle fei. Doch führt Kämpfer‘) 
zu feiner Zeit (1690) daſelbſt eine füße Duelle an, obwol fie nur 
ſchwach fließe. Der einzige bemohnbare Theil der Infel ift jeme 
genannte Plaine, gegen das Norvende, von 2 Miles Länge und 3 
Mil, Breite. Der mit Salz gefhwängerte Boden hindert alle Ve— 
getation; alles Gemüfe muß erft eingeführt werben. Der Boden 
ift ungemein in Regenſchluchten zerriffen und daher die Bereifung 
ſchwierig. Gewaltige Negenichauer, fagt Wellfted6), gießen ſich 
mwüthend auf diefe Infel herab, und find wol die Urfache ver zacki— 
gen Oberflächengeftaltung ihres weichern Bodens, der durch die rofte 
rothen und ſchwarzen Eiſenoxydſchichten für den erften Anblick ein 
vulcanifches Ausſehen gewinnen fann. in großer Theil deffelben 
befteht auch nach Fraſer aus Korallentrümmern, wie der Boden 
der Inſel Kifchmi, mit einem Gemiſch von Thon und Kalferbr; 





, Nach Whitelod a. a. D. °*) Fraser I. c, p. 49; derſ. Notes 
made etc, in Transact, of the Geologie. Soc. of Great Brit, 
Sec. Ser. Vol. I. P. 2. p. 411. 6%) E. Kaempfer, Amoenita- 
tum Exoticarum Fäscic. IV. Lemgoviae, 1712. 4. p. 758. 

#6) Wellsted, Travels to the City of the Caliphs I. p. 63. 


444 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


aus Verwitterung der eifenhaltigen Felsmaſſen, vie bier in der roth— 
braunen durch Eiſenoxyd gefärbten, jehr zerriffenen Form vorherr- 
fehen, und auch ſeiner Anftcht nach dazu beigetragen haben mögen, 
die Infel für vulcanifch zu halten. Eiſen, Ocher, viele Kupfer- 
fiefe und ſchneeweiße fich pifartig erhebende Gypsfelfen, contraftiren 
fehr mit einander; viele Stellen ſetzen GSalgfruften an, und geben 
durch ihre blauen und weißen Rinden manchen Gegenden aud) ein 
eid= oder fchneeartiged Anfehn; aber Steinfalz, behauptet Fra— 
fer, finde fich dafelbft nicht. MWhitelod, Wellſted und Andere, 
die bier von Steinfalz fprechen, haben fich mol durch die Salz— 
effloredcenzen und die Salzfruften, die den Boden und die Lagunen 
überziehen, zu vdiefer Angabe verleiten laffen. Die Ausfuhr von 
Schwefel und Salz, aus den Soolen und Lagunen, ift jedoch 
nicht unbedeutend und macht heute wenigſtens die Haupteinfünfte 
des Imam von diefer fonft armen Inſel aus. 

Die Garnifon Keftand 1822 nur aus 80 Mann Soldtruppen 
des Imam von Maskat, die mit breiten Schwertern, die auß 
der Levante (viele find Solinger Klingen) kommen, und mit Fleinen 
Targits oder Schilochen aus Hippopotamushäuten gefertigt, bie von 
Banguebar kommen, bewaffnet. 

Die hiefigen Araber follen in Farbe Dei Mulatten von einer 
gelblich kränklichen Facbe gleichen; fie haben dunfelbraune Augen, 
eben jo gefärbten Hald und Glieder; die mit der Negerrace gemifch- 
ten haben eine dunflere Hautfarbe. Unter den vielen Negern, die 
bier aus Zanguebar eingeführt werden, finden fich viele hapliche 
Phyfiognomien. Die Araber find hier meift ſchlank, mager, nicht 
eben athletifh. Die Scheifhs und Vornehmen follen einander jehr 
ähnlich fehen; fie haben hohe Stirn, vie oben ſchön gewölbt if, 
vorfpringende Adlernafen, zurüctretenden Mund und Kinn. Die 
tiefliegenden Augen find dunkel und feurig. Ihre Glieder, zumal 
die Hände, find Hein, felbft weiblich fein; die Muskeln find nur 
dünn. Die Bärte dunkelſchwarz, doch oft wol auch nur gefärbt. 

Bei der nautifchen Aufnahme ver Infel, im Jahre 1827, be— 
trug die ganze Bevölferung 67) verfelben nur 300 Mann, die alle 
mit Fiſchfang und Einfalzen ihrer Beute beſchäftigt waren; der 
Imam unterhielt 100 Mann Garnifon unter einem Officier, der 
fih Scheifh titulirte und den geringen Ertrag von Salz für ven 


6”) Whitelock, Descriptive Sketch J. c. p. 3 und im Geogr. Journ, 
p. 172. 


Arabifhe Infelftationen; Infel Kim, 445 


Imam einzutreiben hatte. Der Hafen wurde nur noch befucht, um 
dort Salz einzunehmen oder gegen Weſtſtürme Schuß zu finden. 
So tief ift Ormuz gefunfen, das einft ver Sammelplag aus allen 
heilen der Welt war. 


2. Die Infel Kiſhm, Kifhmi. Queirome bei Teireira; 
Broct oder Vroct der Portugiefen; Oupaxra, d. i. 
Oaracta Nearchs, b. Arrian H. Ind. 37; Ovoooytu 
b. Ptolem., Vuorokhtha; Diesn der Araber. Diezirat 
tuileh oder tauilah, d.i. die Lange Infel ver Araber; 
Diezirah diraz der Perfer®). Auch Diezirah Käfer, 
nad ihrem Hafen (Xabet n. Eprifi69) b. Jaubert; Lamet 
der lat. Ueberſ.). 


Daß dies die 800 Stadien lange Infel mit vem Grabmal des 
Erythras des Nearch war, iſt zuvor gefagt; ob dieſe oder vie 
vorige die von Strabo genannte Ogyris bezeichnet (Strabo XVI. 
766) bleibt ungemwiß, da diefer Name mit dem der vorigen iventifch 
zu fein feheint, aber mit diefer dad Grabmal des Erythras nad 
Strabo gemein Hat, dagegen nad) vemfelben Autor 2000 Stadien 
fern gegen Süd von Karamanien liegen fol, was weder auf Or- 
gana noch auf Oaracta paßt, deren beider Namen Strabo nicht 
fennt, flatt deren nur den einen Namen Osgyris aufführt, und 
alfo hier an diefer Zocalität mol jchwerlich genau genug orientirt 
war, um ihm bier ein fichres Urtheil zu geftatten. Was arabiiche 
Geographen von diefer Inſel fagten, ift oben angeführt; obwol von 
30 Quadratmeilen Arzal, Hat fie doch ihre Aufmerkfamfeit wenig 
erregt. 

P. Della Valle ’0), der diefe Infel Kefem im Jahre 1623 
befuchte, fand fie nur durch ein Fleines Fort beachtenswerth, das die 
Portugiefen hier an der Oftfeite der Infel erbaut hatten, um im 
Beſitz einiger Waſſerquellen zu fein, die hier gut, aber fparfam her— 
vortraten; E. Kaempfer nennt fie Kismis 7), giebt ihr 16 
deutſche M. Länge und kaum 4 M. Breite, fehr fruchtbaren Boden 
und viele Dorffchaften. Das ftarfe quadratifcy mit Thürmen ers 
baute Bort an der Oftfpige gegen Ormuz hin, fagt er, fei von ven 


) W. Ouseley, Tray. I. p. 158 und deſſ. Appendix: Persian Map 
p. 335. ) Edrisi b. Jaubert I. p. 364. ’°) P. Della Valle, 
Viaggi ed. Roma 1659. 4. p. 535. 9) Amoenitatum Exotica- 
rum I, c. Fascic. IV, p. 763. 


Batavern im I. 1681 nach wenigen Tagen Bombardementd ero⸗ 
bert worden. Die Injel hatte zu feiner Zeit noch jehr zahlreiche 
Dorfichaften. 

Neuerlih fand Dupre”?) bei feinem Befuche der Infel, 1808, 
die er bei den Arabern Djesn nennen hörte, noch einige 30 Dör— 
fer auf ihr, die aber größtentheild in Ruinen lagen, und doch 3000 
bis 4000 Bewohner herbergen ſollten, junnitifche Araber, mit einem 
Sheikh, der am Oftende der Infel feinen Sig aufgeſchlagen. Der 
Häufer, aus Erde oder Stein aufgebaut, waren nur wenige zu fe= 
ben, meift nur Palmhütten; einige der Wohnungen mit Mauern 
und Ihürmen vertheidigt gegen Piraten-Ueberfälle. Auf dem Eleis 
nen Bazar waren Fifche und guter Honig zu haben; im Südoſt 
und Süd ſah mun einige Gruppen von Dattelbäumen. Schon 
Near rühmte die Trauben auf der Infel, die auch von der 
fleinen perfiihen Iraubenart Kiſchmiſch, d.h. Traube ohne 
Kern, ihren modernen Namen erhalten haben fol. Das Fort 
auf dem Oſtende der Infel hatte zwar noch 6 Kanonen, lag aber 
in Ruinen, Gatte jevoch 60 Araber Garnifon. Wehabis hatten das 
mals die Injel erobert, oder doch den einzigen guten Hafen auf der 
Inſel, der tief und gut, nämlich Laft oder Lafet, in Bells, nach 
welchem auch wol die ganze Injel genannt zu werden pflegte. Du— 
pre war überrafcht, die hiefigen Araber, wie die am Perfergolf über« 
haupt, weit zuvorfommenver, gaftlicher, wohlmwollender ald die in 
Bagdad zu finden; fie fehienen ihn noch an die Sabäer ver ältern 
vormohamedanifchen Gulturperiode zu erinnern. 

Fraſer, der 1822 mit feinem Gonvoy vor Sonnenaufgang 
am 18ten Suli auf der Rheede der Infel Kifhymi’d) anfam, und 
von dem damaligen Commandeur der englifchen Station gegen die 
Piraten (f. ob. ©. 408, nad) der zweiten Expedition), vom Eolo= 
nel Kennet, in die dafigen Gantonnements gaftlid aufgenommen 
wurde, fand die Truppen in dem traurigften Zuftande Bon dem 
ganzen Corp waren nur 300 Seapoys und wenige Europäer 
brauchbar. Nur drei DOfficiere konnten noch die Wache beziehen, 
viele waren fchon geftorben und zwei ftarben während Fraſer's 
Dortjein. Diele waren fchon von der Garniſon weggeſchifft, und 
alle Zurücfgebliebenen leivend. Das Gallenfieber riß die Europäer 
fort, die ſchwarzen Truppen hatten Fieber anderer Art, mit Aus« 


”2) Dupre, Voy. en Perse. Paris 1829. T. I. p. 415. 
?2) B. Fraser, Narrative I. c. p. 29—37. 


Arabifche Inſelſtationen; Infel Kſſſm. 447 


ſchlägen die eben fo tödtlich waren. Die großen Entbehrungen, 
‚zumal eines friichen, gefunden Waſſers, fchienen die Haupturſachen 
biefer traurigen Verheerung zu fein. Alle Lebensmittel mußten aus 
Bombay herübergefchifft werden; man ward genöthigt, dad militai= 
riſche Gantonnement hier gänzlich aufzugeben. Und doch fol die 
Infel einft ihre wohl bemohnten Dörfer, fo viel ald Tage im Jahre, 
ernährt haben, die Obſtkammer für Ormuz in feiner Blüthegeit ge= 
wefen fein, und die jchönften Gärten und Dattelhaine beſeſſen ha— 
ben. Seit Jahrhunderten aber fortwährend überfallen und beraubt, 
wurden ihre Bäume umgehauen und verbrannt, die Inſel felbft 
öde und menfchenleer, und zur Sicherung gegen die Piraten der 
legten Zeit concentrirte fich der legte Reſt der Infulgner, deren 
Anzahl auf 10,000, ficher übertrieben, angegeben wurde, in bie 
einzige befeftigte Ortfchaft an der Nordweſtſeite ver Injel nach Left 
(Lafet) zurüd, deren Population von 8000 Seelen auch viel zu 
groß angegeben wurde. Die Cholera hatte damals ihre Bevölke— 
rung ſehr vecimirt, und die Wohlhabenderen waren alle nah Mi— 
nam zur Dattelernte gezogen, um diefe nebſt Schatten und kühlere 
Lüfte am waſſerreichen Strome zu genießen und der verfengenven 
Hitze der leeren Kiſchmi auszumeichen. Die Rheede von Kiſchmi 
ift für 8 Monat im Jahre ficher; von November bis Februar; aber 
bei vorberrfchenden Nordoſtwinden, die vom perfiichen Hochlande 
herabftürmen, fo unficher, daß dann bei den heftig erregten Bran— 
dungen oft lange Zeit fein Schiff, feine Barfe das Ufer erreichen 
fonn, Solche Stürme, die in den tiefen anal einftürzen, follen 
dann meift 3 oder 7 Tage dauern, und wenn fie ſich aud dann 
noch nicht brechen, felbft 14 Tage anhalten. Beim Herannahen 
folder Sturmperioden, die man an Vorzeichen zu erfennen weiß, 
rettet man alles Sciffwerf in gewiſſe Aſyle, wie in die runde 
Foulah-Bay oder in den Hafen des gegenüberliegenden Bender 
Abaffi, wo fie der Zertrümmerung weniger außgejegt find. 

Dad englifhe Gantonnement lag auf dem äußerſten N.N.Oft- 
ende der Injel, 2 Miles von der Stadt Kifchmi auf einem durd) 
Ravins faft ifolirten Felsvorſprunge, wo ein altes, etwas reparir« 
tes portugiefliches Fort noch in der Mitte ftehen geblieben war. 
Keine Spur von Erde oder Grün war hier zu jehen, einen Zelte 
pfahl einzufchlagen ganz unmöglich. Nur im N.W. des Canton 
nementd in einer geringen Ihalfenfung war etwas Waffer durd) 
Ausgraben des Sandes zu gewinnen, das aber nad) tagelangem 
Stehen brafifch wurde; dicht daneben hatte man einen neuen Brun« 


48 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65, 


nen tiefer gegraben, der gutes füßes Waſſer gab, das aber fihon 
im Abnehmen begriffen war. Die vorherrfchenden Nordweſtwinde, 
die hier über dad Land her eine mehr weftlihe Richtung ans 
nehmen, wehen über fo dürre, leicht erhigte und fandige Länder— 
ftriche, daß fie Feine Kühlung und eben fo wenig Veuchte bringen, 
die Kite aber um fo mehr bis zum unerträglichen fleigern und 
dad Land auspörren. Während Fraſer's kurzen Aufenthaltes, ver 
nur auf das Oſtende der Infel befchranft war, worüber alſo auch 
fein Urtheil nur als Richtſchnur dienen Fann, in der Mitte Juli, 
flieg die Hige zwar nicht über 28° Reaum. (95° Fahrh.), aber nicht 
felten fol fie im Schatten bis 34° 67 R. (110° $.), in der Sonne 
his 43° 56‘ R. (130° 8.) fteigen. Dies Norvoftende der Infel, das 
allein von Frafer näher unterfucht werden fonnte, befteht aus 
Klippen von Kalkftein ”*, 60 bis 200 Fuß hoch, überlagert von 
corallenreichem, ſtark Flingenden Kalkjtein, ver fehr hart und nur 
fchwer mit dem Sammer zu zerfchlagen ift. Der agglutinirte Sand 
bildet Lager, Ketten, einzelne Blöce, darunter auch Xager von wei— 
Bem, grauen und gelben Mergel, ver in Höhlen und Grotten, mit 
ftehengebliebenen Pfeilern, ausgewirkt ericheint. Nur wenige Fuß 
tiefer Tiegt eine Konfarmaffe, ven Kalffonkretionen des indifchen 
Tuffbodens ähnlich (Erdk. VI. 282, 841, 854, 874, 1109, II. 731), 
die an einigen Stellen eine ungeheure Menge von Korallen, Aus 
fern, Mufcheln u. f. mw. enthält. Kein Theil der Infel ift übri— 
gens ſehr hoch; die höchſten Berge im Innern derſelben beftehen 
aus demfelben Geftein wie die an der Küfte. Sie find, wie die 
Kalkfteinhöhen von Masfat, mit einem braunen Sande 
überdeckt. Diefer Kies und Sand badt bei der geringften Feuch— 
tigkeit zu feften Maffen zufammen, eine vortheilhafte Eigenichaft, 
deren fich die Eingebornen zu Erbauung ihrer Erphütten bedienen. 
Ganz verfehieden von diefem ift der ſchneeweiße Uferfand, ber 
aus der Zertrümmerung der Mufcheln, Korallen und dem Anwurf 
am Strande entfteht. 

Das nächte Terraffenland Kermans erhebt fi als bes 
beutend hohe, erfte Felsftufe vom Meere aus, mit deren Strei— 
hungslinie vom erhabnen Diebel Shamäl, ſüdweſtwärts bis 
zum Vorgebirg bei Linjah, die Ianggezogene Kiſchm Infel, in 
gleicher Direction, in ganz paralleler Richtung, ihre Längenausdeh— 


9 Fraser Not. etc. in Transact. of Geolog. Soc. Sec. Ser. Vol.1. 
P. 2. p. 411. 


Arabifche Inſelſtationen; Inſel Kifbm, 449 


nung beibehält, und wie die analog gelegene Infel Cyprus zum 
Taurusſyſtem, fo diefe als eim abgefprengtes Glied der perfiichen 
Küftenfette ericheint. Der Küftenzug vom hoben Diebel Sha— 
mäl gegen S.W., ver Inſel Kifchm gegenüber, an ver fehr fteil 
auffteigenden Stelle nördlich von Baſidoh (Bafjadur), die im 
Winter ſich mit Schnee bedeckt, ward bei der Aufnahme durch tri— 
gonpmetriihhe Meſſung 7°) 3282 F. Par. (3498 3. Engl.) hoch er» 
mittelt. Diefe Kette tritt, von D. gegen W., immer dichter zum 
Meere heran, fo daß die vorliegende Küftenfläche, bei Linjah nur 
etwa 3 Mil. engl. breit ift, meift öde, nur hie und da bebaut. Der 
Station von Laft gegenüber find Verfumpfungen, deren Uferränder 
mit Mangroveds-Waldungen bevedt find, die vielleicht zur Fie— 
bererzeugung der Infelbewohner nicht wenig beitragen (Erdk. VI. 
1210 u. a.D.). Eben da find die reihen Schwefelgruben von 
Khamir (Cummir), die ftarf bearbeitet werden und dem Imam 
von Masfat ein gutes Einfommen abgeben. Aber auch vdiefe tra= 
gen nicht wenig zur Lebensverfürzung ihrer Bearbeiter bei. Der 
Schwefelberg 6), welcher früher ven Guropäern unbefannt ge= 
blieben, liegt nur eine gute Stunde in ©.W. der Stadt Khamir, 
einem Küftenftädtchen von 500 Hütten mit 2000 Ginwohnern, das 
der Hauptſtadt Laft direct gegemüber erbaut ift. Lieutn. Senfing 
hat ihn im Jahre 1837 zuerft befucht und befchrieben. Der Berg 
wird bis zu einer Höhe von 800 Buß über dem Meere bearbeitet. 
Der erfte quadratifch aufgeräumte Eingang der unterften Schwe— 
felmine liegt 200 Buß über dem Meere, und von ihm dehnt fich 
der erfte Stollen 500 Fuß lang in gefrümmten Contour den Berg 
umlaufend aus, ſenkt fich bi8 zu 20 Grad, an den Seiten abjchüf- 
fig. An vielen Stellen ift nur ein ganz fehmaler, halb Fuß breiter 
Pfad, unterhalb dem, bis 20 Fuß tief, der Boden der Mine, über 
dem aber dad Dach in 100 Fuß Höhe ftehen geblieben, fo daß deſ— 
fen ganzer Raum eine Höhe von 120 Buß beträgt, aus dem man 
die Miner gewonnen, Cine zweite Gallerie ſenkt fich fteiler nach 
dem Innern ded Berges hinab, ift aber nicht fo hoch, und eine 
dritte geht noch fleiler in vie Tiefe, in welcher Waſſer bis zu 4 
Fuß Höhe zufammenfliept. Jenkins fchäßt die ganze Ränge ver 
Galerien, vom Eingang in den Berg hinein, auf 1000 Fuß. Der 


°%) Lieutn. Whitelock, Descriptive Sketch in Proceedings of the 
Bomb. Geogr. Soc, 1837. p. 7. ’*) Lieutn. G. Jenkins, On 
Sulphur Mines of Cummir (Khamir) in the Persian Gulf in. Pro- 
ceedings of the Bombay Roy. Geogr. Soc. 8. 1837. 


Nitter Erdkunde XII. Bf 


450 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


reinfte Schwefel wird aus der unterften Gallerie gewonnen, 
wo aber der Pfad am engften ift, und loſe Gerölle dad Dad und 
die Seiten bilden, die durch ihr nicht feltened Einſtürzen beſtändig 
Gefahr drohen. Daher Fann immer nur wenig Schwefel auf ein= 
mal aus dieſem Theile der Mine gewonnen werden. Die Schwefel— 
ftufe wird in Fleinen Brennöfen fublimirt, deren Dampf erftirfend 
und auf das Geficht der Arbeiter fehr zerftörend wirft. Früher ers 
hielt der Imam von Masfat den Ertrag; in diefem Jahre 1837 
hatte der Gouverneur von Bender Abbas den Befig an fich gerii- 
fen; ver Commandant von Khamir war rejponfabel gemacht für 
die richtige Ablieferung und Abwägung des Gewinns und erhielt 
dafür monatlich 12 Dollar Gehalt. Die Bergfnappen, 120 bei ver 
Arbeit beichäftigt, erhielten außer einem Quantum von Schwefel 
monatlich 4 perfiiche Rupien Lohn, die 10 Auffeher 10 R. Bon 7 
Tagen haben fie nur 4 Arbeits- und 3 Nuhetage, weil ein unun— 
terbrochener Aufenthalt in den Minen zu Iebensgeführlih. Schon 
zu Schah Nadirs Zeiten follen Europäer dieſe Minen bearbeitet ha= 
ben (ihre frühere Benugung ſ. Erdk. VIIL ©. 747 — 748). Im 
Sabre 1830 fand man in einem bis dahin unbefannten Scyachte 
40 Todte, als Gerippe in fitender Politur, mit denſelben Inſtru— 
menten die noch heute in Gebrauch find. Ihre Leider zerfielen beim 
Berühren in Aſche; Feine Tradition war über ikren Untergang be= 
fannt. In den lebten 50 Jahren follen S Arbeiter durch Einfturz 
in den Gruben ihr Leben eingebüßt haben. 

Im Welten diefer Schwefelminen, die wol eine genauere geo— 
gnoftifche Unterfuchung verdienten, liegen 2 kleine Städtchen: Ben— 
der Sallum’”), mit 300 Einwohnern, die mit Salz handeln, und 
Kung, wo die Bortugiefen eine Fleine Factorei erbauten, um ein 
Kupferbergmwerf zu betreiben, das fie in der Nähe bejeflen ha— 
ben jollen, von dem aber gegenwärtig nichts befannt ift; mol aber 
giebt es am Fuß der dortigen Küftenfette noch heute verfchiedene 
Mineralquellen, die auch von Kranfen, zumal gegen Hautaus— 
ſchläge, benußt merden. 

Diefe Küftengegend an plutonifchen Erſcheinungen mit Schwe— 
fel, Asphalt, Laven reich, ift feit Sahrhunderten wegen ver hefti= 
gen Erdbeben, die fie erfchüttern, befannt, und die jährlich wies 
derzufehren pflegen, aber zu Zeiten auch in längern Perioden, 
wie zu Della Valles Zeit, die Bewohner derfelben in Schrecken 


) L. Whitelock, Descr. Sketch I, c. 





Arabifhe Infelftationen; Inſel Kim, 451 


ſetzen (Erdk. VIII. ©. 737, 741); auch im Jahre 1829 erlebte man 
dort, in der Umgebung von Bafidoh, in einer Märznacht, fort 
während jehr heftige Erpbebenftöße, die 6 Stunden lang wü⸗ 
theten und großen Schredfen verbreiteten. 
» Der enge Canal, welcher die Infel vom Continente fcheivet, 
hindert alfo die Erfehütterungen auf beiven Seiten nicht; an ſei— 
nem weftlichen Ausgange hat ihm der Survey den Namen Cla— 
rence’3 Straße beigelegt; viefer ift vol Infeln und hat höchſtens 
von 13 wenigſtens bis 3 Miles, alfo von etwa 4'/, bis zu einer 
Stunde Breite. Außer dem Infelreichthbum”S) ift er noch vol 
feichter Stellen, aber fchiffbar; jedoch nur bei günftigem 
Winde ift es möglich, ihn ganz zu durchſchiffen, und nur mit Beis 
ftand von guten Piloten, wobei man wegen der vielen Fleinen mit 
Mangroves bewaldeten Infeln, die hier reichlich muchern, einen 
für perfifche Küften ganz neuen, ungewohnten Anblick erhält. Diefe 
feichten und fihlammigen Theile der engen Meeresftraße find es, die 
fi) am Abend in ver Regel mit ſehr dicken Nebeln überziehen. 
Daher begegnet man nicht felten von allen Geiten Barfen, die hier 
Holz fchlagen und trandportiren. Die Sundirungen find fehr un 
gleich, von 4 bis 12 Faden Tiefe abwechfelnd. Erft gegen Oft, 
gegen die Deffnung des Ganald nad) Ormuz hin, wird er wieder 
frei und Elar von Hemmungen. Da von beiden Seiten, von Dft wie 
von Wet Her, vie Fluth zugleich in den Canal eintritt, jo begege 
net fie fich bei Laft und fteigt darum hier zu der außerordentlichen 
Höhe von 14 Buß ald zufammengefegte Fluth an, und eben 
diefer gegenfeitigen Hemmung mag wol die Bildung ver Untiefen 
und Verſchlämmung in der Mitte des Canals zuzufchreiben fein. 
Die Ianggeftreckte Geftalt ver Infel vergleicht der Matrofenwig 
mit der eined Fiſches, veffen Kopf gegen Oft gerichtet ift, die Vor— 
fprünge von Laft und Anjar im N. und ©. bilden feine Finnen, 
Bafivoh in W. nennt man fein Schwanzende; feine Länge nach 
Whitelock's Meſſung ift 54, feine größte Breite 20 Miles. An 
feiner Südfüfte zieht fi von einem Ende zum andern, von Oft 
nach Welt, ein Bergzug im Syſtem des Küftenparallels; gegen die 
Nordfeite ziehen eben "fo von Oft nach Welt Ebenen, die meift 
bürr oder von Ravins durchriffen, aber auch von einigen feltfam 
iſolirt ftehenven Tafelbergen unterbrochen find, die aus Sandſtein— 





) Lieutn. Kempthorne, Notes I, c, Journ, of Lond. Geogr. Soc. 
1835. Vol. V. p. 277. 
2 


* 


452 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


banken beſtehen, oben breiter als unten, überhängen, und von 200 
bis zu 400 Fuß hoch emporſteigen. Ihre untere Baſis iſt voll 
Höhlungen und Auswaſchungen, als ſei dies im einſtigen Stande 
des Meeresniveaus geſchehen, ehe die Inſel durch plutoniſche Ge— 
walten etwa zu ihrer jetzigen Höhe gehoben oder durch Erdbeben 
abgeſprengt ward. 

Der nördliche Theil der Inſel hat, wenn ſchon viele dürre 
Strecken, doch auch ſeine fruchtbaren Ländereien, zumal, nach Well— 
ſted, einen ſehr fruchtbaren ſchwarzen Lehmboden, und konnte einſt, 
wenn auch nicht ſo viel Städte, wie das Sprichwort ſagt, als Tage 
im Jahre, doch vielleicht zweihundert bewohnte Flecke tragen, deren 
ſie aber nach Kempthorne gegenwärtig keine hundert mehr hat. 
Die heutigen Einwohner ſind durchaus keine Verſer, ſondern Ara— 
ber, die unter dem Imam von Maskat ſtehen, auf dem ſchwarzen 
fruchtbaren Ackerboden Weizen, Gerſte, gute Gemüſe, Me— 
lonen, Datteln erzielen, und doch, nach Kempthorne's und 
Whitelock's genauern Erforſchungen, die den Verneinungen Fra— 
ſer's über dieſes Product widerſprechen, auch noch heute von ihren 
Neben gute Weintrauben (Kifhmi) gewinnen, von denen Die 
Inſel ihren modernen Namen erbalten hat. Wenige Rinder, viel 
Ziegenheerven und Geflügel, Safale, Antelopen, Rebhühner, Fels— 
tauben und, zumal zur Winterzeit,- viel Bögelfchaaren, geben hin— 
reichende Nahrung. Auch treiben die Einwohner ftarfen Fiſchfang 
und in vielen Küftenvörfern Weberei. Whitelock giebt Die ganze 
Zahl der Infelbewohner nur auf 5000 an, wozu die Bevölkerung 
der einzigen drei Städte mitgerechnet ift, nämlich von Kiſhm, 
Laft und Bafivoh (Baffadore). Kifhm ift ver Hauptort, am 
Südoftende gut gelegen, ziemlich groß, von hohen Erpmauern ums 
geben und von Thürmen flanfirt, mit ein paar Kanonen verjehen, 
der Sitz des Gouverneurs oder Scheifh; mit etwa 2000 Einwoh— 
nern zur Zeit ald Capt. Bruds, im Jahre 1821, die dortige Küfte 
aufnahm. Die Straßen ver Stadt find ungemein eng, die Säufer 
haben platte Dächer, der Bazar war gut verjehen und bie Rheede 
von vielen einheimifchen Barken befucht. Die meiften Einwohner 
der Stadt find Schiffer, Matrofen und fehr gute Piloten 79); da— 
her auch der Ort Häufig beſucht wird von einheimifchen Schiffen. 
Man mebt hier jehr ſchöne Teppiche, weich mie von Geide, mit 
den fehönften Muftern und Farben, das Stück 6 bis 7 Fuß lang, 


”°) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs I. p. 66 — 69. 


Arabiſche Infelftationen; Infel Kfm. 453 


3 Fuß breit, zu 20 Dollar. DBergeblich haben Antiquare in der 
Umgegend das Grab des Erythras aufgefucht; wahrſcheinlich lan— 
dete Nearch bier. Im Sahre 1821 ftationirte hier die Bombay 
flotte gegen die Piraten; das benachbarte, engliiche, oben genannte 
Cantonnement, auf feiner nadten brennend heißen Felsklippe, wurde 
bald gänzlich aufgegeben. 

Kefts0), Laft over Kafet (bei Edrifi, Let, Leid bei Well- 
ſted u. N), nach ver fehon Edrifi die ganze Infel benannt hatte, 
ift nur eine Eleine Stadt mit 600 Einwohnern, an der nördlichen 
Seite ver Injel gelegen, 30 Miles fern von Kifhmi. Die Piraten 
der Dſchewaſimi hatten fich diefen fehr gelegenen Ort zu ihrem 
Raubneſt, und zumal zu einem Aſyl zur Anhaufung ihrer gemach- 
ten Beute erforen; das unbefannte Gemäjfer, die gefahrvollen Sand— 
bänfe des ftarf gewundenen Canals ver Glarence- Straße, machten 
diefe Station, bei dem damaligen Mangel aller Küftenaufnahme, für 
europäifche Schiffe fehr fchwer zugänglich. Im Jahre 1809 ward 
Left von der britifchen Flotte, unter &. Colon. Smith und Capt. 
MWainwright, attafirt; der erfte Sturm brachte den Engländern 
großen Verluſt, der zweite aber den Sieg, und eine Beute von 
60,000 Pfund Sterling Werth, die aber an den Imam von Mas- 
fat abgeliefert wurde, weil e3 von ihm geraubtes Gut war. Seit— 
dem wurde Left von den Piraten verlaffen; die Stadt, in einen 
Ruinenhaufen verwandelt, ift ein elender Ort geblieben; aber ver 
Hafen ift gut, felbft für große Schiffe, bei 4, Faden Grund. Aber 
der Zugang bleibt befchwerlich, da die Fluth im ganzen Kiſchmi— 
Canal fehr reißend ift, 3 bis 4 Miles in ver Stunde macht, fo daß 
man nur mit fehr ftarfem Oftwinde hindurchjegeln Fan, und auch 
dann bleibt die Durchfahrt bei Springfluthen immer gefährlich. 

BafivohSt), over wol richtiger Baffadore, Baffadur nad 
Whitelod, unter 28° 3 N.Br. und 55° 22° OR. v. Gr, war 
auch früher eine Bortugiefenftadt, deren Ruinen am Außerften Weſt— 
ende der Infel noch umberliegen. Hier, nachdem die Briten alle 
andern Stationen der Infel aufgegeben, fanden fle ven bequemften 
und gejundeften Ort für ihre Nieverlaffung, obwol auch er noch 
fehr vieles zu wünfchen übrig ließ. Hier refivirt der Gommandeur 
der britiſch-indiſchen Obfervationsflotte im Perſermeere, und zieht 


#0) Wellsted 1. c. p. 69; Kempthorne I. c. p. 278; Whitelock I, ce. 
p.8 und in Lond. Geogr, Journ, VIII, p. 178. *9 Kemptlhorne 
l. c. p.278; Whitelock 1. c. p. 9. 


454 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. « 


feine Flagge auf einem Zmölfpfünder auf, der hier als Wachtſchiff 
vor Anker liegt. Keine Stadt fieht man hier mehr, wohl aber viele 
zerfireute Hütten; einen Bazar für die Matrofen, und ein halbes 
Dugend europäifcher Wohngebäude für die Flotten-Capitaind und 
Commandeurd, wie für die Officiere der Bombay= Armee, deren Corps 
hier flationirt. Die Compagnie hat hier ihre Magazine, Wacken, 
Hospitäler ftattlich erbaut, das Officiercorps Hat ſich hier durch 
Subjeriptionen jeine Billarvsftuben, Neflaurationen, Leſeſalons, 
Turnſäle zu Nadetfpielen u. ſ. w. eingerichtet, um an einem fo 
traurigen Orte bei fonftigen Entbehrungen doch einigen Erſatz im 


gejelligen Verkehr zu finden. Hier fammeln fich die Vietualiens- 
händler von Minaw, Bender Abaſſi und den umliegenden Orten; 


auch Kaufleute mit vielen andern Waaren auf dem Bazar, viele 
jüdische Golvarbeiter, Gfelverleiher zu Transport und Ereurfionen; 
bier ift die große Wafchanftalt für die Flotte, die nur in Abufchir 
und hier geveihen Fonnte, Doc reichen die Waffervorräthe, die 
auch hier nur fparfam find, und vorziglich wie auf Ormuz nur 
in Gifternen und Tanks aus antifer Zeit beftehen, für den Ge— 
brauch auf der Lanpftation, nicht aber auch für vie Flotte- Hin. 
Nur in einiger Ferne von der Station finden fich mehrere lieb— 
liche, grüne, fruchtbarere Ebenen, wie zu Gori oder Duftagan, 
mit Dattelhainen, wo auch Waldung und, Feldgrotten mit einem 
laufenden Waffer und Salgftalactiten. Dicht um Baſidoh aber ift 
nackte, vürre, 5 Monat vom fenfrechten Sonnenftrahl bis zur Glut 
erhigte, baumlofe Flache, in der Sommerzeit fait unerträglich, in 
welcher dem Sonnenftrahl fih dann auszuſetzen gefährlich iſt. Ich 
ah, jagt Kemptbhorne, bier Menjchen, vom Sonnenftrahl vor 
wenig Stunden getroffen, vom Sirnfieber ergriffen und fterben; nur 
wenige durch Euren gerettet Fommen davon. Soldaten und Offie 
eiere find hier ganz gleichen Entbehrungen ausgejegt und haben 
gleich Iangweilige Exiſtenz; nur die Falte Jahreszeit ift hier ange» 
nehm und die einzige Zeit der Erholung. Das Hauptvergnügen 
diefer verbannten Garnijon ift die Jagd auf Gazellen, Hafen, Ja— 
fale, Füchſe und Geflügel. Biel Naubvögel umd fchöngefieverte, 
zumal Iaubenarten, Königsfifcher, Wievehopfe, Spechtarten beleben 
die Infel, aber aud) Schlangen und zahlreiche Fifche die Ufer. 
Noch führt Whitelock an, daß fich gegen die Mitte der In- 
ſel ein fteiler, an 300 Fuß hoher Feld befinde, auf dem man einige 
Häuferrefte und 2 Tanks wahrnehme; man halt fie für eine Raub— 
burg, die einft zum Aſyl ver Mannfchaft eines hier geftrandeten 


| — 





} 
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Arabiſche Infelftationen; Inſel Larek. 455 


portugieſiſchen Schiffes gedient, die ſich lange Zeit gegen die An— 
griffe der Eingebornen zu vertheidigen genöthigt war. WellftedS2) 


bemerkt, daß nach ver Portugieſen-Herrſchaft die Perſer zwar Be— 


ſitz von Kiſchmi genommen, aber nachher dieſe Inſel, wie Ben— 
der Abaſſi an vie Beni i Manni verloren hätten, und daß 
diejen erft der Befit ihrer Vorfahren von dem Imam von Maskate 
entrifjen fei, worauf denn England feine diplomatischen Vorſtellun— 
gen an Berfien richtete, daß es durchaus gar Feine geltenden An— 
fprüche auf vie Infel Kifhmi machen, und auch den Briten ihre 
dortige Niederlafjung im Bunde mit dem Imam von Masfat nicht 
verweigern könnte. Dennoch wurden. lange Discuffionen hierbei 
mit dem Hof von Teheran gepflogen. Bei Aucher Eloy's Be— 
fuch auf diefer Infel, im Jahre 1838, fand er dort viele foffile 
Muſcheln, große Dattelpflanzungen, gutgebaute Dörfer und nur 
arabiſche Einwohner, die aber nicht arabifch, ſondern blos perfifch 
fprahen 8). Kleinere Nachbarinfeln von Kifhmi find Larek, 
Anjar, Klein und Groß-Tumb, Bolior und andere. 


» 3. Larek, Larej oder Lareg. 


Larek, Larej (Karedſch) bei Niebuhr, oder Lareg, liegt, 
nah Whitelock's Aufnahmes*), unter 26° 53! N. Br. und 56° 23° 
O.L. v. Gr., mit felfigen Ufern, ohne Hafen, ohne Ankerplatz, wird 
wol auch wegen ihres Ausſehens vulcanifch genannt, doch fcheint 
fie, nach Fraſer, dies nicht zu ſein 88), da fie aus denſelben eifen- 
oerhaltigen Gebirgsarten, mit venfelben Felsmaſſen, Gyps und 
Salzquellen beitehen fol wie Ormuz, aber im N. und N.O. aus 
Kalkftein wie Kifchmi. Auf der Infel wird fehr felten einmal 
ausgeftiegen; fie fol nur von etwa hundert Fifchern bewohnt fein, 
einem armjeligen Völkchen, das nie die Nachbarinjel Kifchmi be= 
ſucht, aus Wivderwillen gegen ihre Bewohner. Della Valle) 
bejuchte die Infel wegen der Jagd auf Ziegen und Gazellen, vie 
fi) dort in großer Menge aufhalten; E. Kaempfer fpricht von 
einem zerfallnen portugiefiichen Gaftell auf ihr, und von einigen 





) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs. I. p. 66. 

#9) Aucher Eloy, Relations de Voyages en Orient &d. p. Jaubert. 
Paris, 1843. 8. Sec. P. p. 542. ) Whitelock 1. c. p. 12 in 
Lond, Geogr. Journ. VII. p. 181. *) Fraser, Notes in Trans. 
l. c. Vol.I, P.2. p.412. ) Della Valle, Viaggi l. c. Lett. 18. 
Parte Il. Jan. 1623. p. 536; Eng. Kaempfer, Amoenitat, exotic, 
Fasc. IV. p. 763. 


456 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


jußterranen Gemwölben, die den Kaufleuten von Ormuz dereinft zu 
MWaarenlagern gedient. 


* 


4. Angar, Angam 8) oder Anjar. 


Als Nearch von ſeiner Station zu Oaracta aufgebrochen war, 
wo er den Scheikh (Hyparch) Mazenes, der ihm vom Erythras— 
Grabe geſprochen, mitgenommen, und 200 Stadien (10 Stunden) 
weſtwärts geſegelt war, machte er, nach 2 Stunden (40 Stadien), 
die Ueberfahrt zum nahen, ſonſt unzugänglichen Inſelchen, das dem 
Poſeidon(?) geweiht war (Arriani Histor. Indie. e.37). Dies 
kann feine andere als die heutige Angam oder Angar fein, vie 
früher Sinjam oder Sanjam hieß. Sie hat etwa 2 Stunden in 
Umfang, liegt der Südküſte von Kiſchmi vor, in der Mitte zwifchen 
der Stadt Kiſchmi und der Station Bafivoh in W. Daß fie einit 
bevölfert war, ergiebt fich aus einigen Reften einer Stadt an ihrer 
Norpfeite und aus Reſervoirs für Waſſer, die fich dajelbft vorfin— 
den. Seitdem die Dichewafimi= Piraten von Kifchmi verjagt find, 
ift auch diefe Inſel menfchenleer geworden. ine Moſchee in Rui— 
nen, die noch dort erfennbar, liegt unter 26° 41! N.Br. und 55° 6’ 
DL. v. Gr. nah Whitelock. Srafer giebt ihr Eifenfteine und 
Eifenerze; Kempthorne ſtimmt Whitelod bei, der ihr ein vul— 
canifched Ausſehen giebt, weil er dafelbft wirkliche Lavamaſſen ge= 
jeben habe. Einige Berge erheben fich bi8 zu 300 und 400 Fuß; 
auf ihnen find wilde Ziegen in Menge, die fich von Feldgras 
und einem Eleinen Strauche nähren, der dort in Dienge wachen fol. 
Die Küfte hat guten Anfergrund, und nahe derſelben auch Tanks 
mit gutem Waffen. 

Don diefer Poſeidoninſel brach Nearch mit der Morgen 
röthe auf, erlebte aber einen heftigen Sturm, ver ihm drei Schiffe 
auf den Untiefen feheitern machte; mit den übrigen kam er nur 
noch mit genauer Noth davon (Arriani Hist. Ind. ec. 37). Diefe 
gefahrvolle Untiefe war die feichte Baffadore oder die Baſidoh— 
Bank, die fehr umfangreich ift, und bei nieverm Waffer der Ebbe 
fogar trodfen Liegt; Fein Wunder daß Nearch hier dieſes Unglück 
traf, da auch das britiſche Survey- Schiff auf verfelben Sand— 
bank lange feſtſaß und nur mit Mühe wieder flott gemacht wer— 
den konnte. 


#?) Kempthorne J. c. p. 279; Whitelock 1. c. p. 11; im Geogr. 
Journ. VII. p. 160; Fraser, Notes |, c. 


Arabifhe Infelftationen; Infel Polior. 458 


5. Klein=- und Groß-Tumboss), oder Nabgiu und Tombo, 
oder Tumb Namin, unter 26° 13! N. Br. nach Niebuhr??). 


Bon jener Bafivohbanf fhifft Nearch 300 Stadien weiter 
zu einem andern Injelchen, das ihm als Anferplag dient. Hier lies 
gen 2 Eleine Infeln ganz nahe beifammen, Groß- und Klein= 
Tumbo, 10 Stunden vom Weftende der Inſel Kiſchmi entfernt. 
Sie find niedrig, flach. Die größere, bei der die Macedonierflotte 
anferte, hat etwa 2 Stunden in Umfang; vie Eleinere nur die Hälfte. 
Beide find uncultivirt, nur die größere hat etwas Grafung und 
trägt in ihrer Mitte einen großen Banianenbaum. Daher hier viel 
Antelopen, welche die britifchen Dfficiere von der Baſidoh-Sta— 
tion oft zu Jagdparthien hierher locken, die mit Windhunden 
abgehalten werden. 


6. Die Infel Bolior; Pylora, Pollior oder Belior®) 
nach Niebuhr, unter 26° 18° N.Br. * 


Noch weiter iſt Nearchs Fahrt, am folgenden —— zu 
einer wüſten Inſel, die zur Linken liegen blieb, und die man ihm 
Pylora (IlöAwoa) nannte, zu osrfolgen (Arsinni Hist. Ind. c. 37). 
Es ift das heutige Inſelchen Bolior, nach Keppell) mit 300 
bi8 400 Fuß hohen vulcanifch ausfehenden Klippen, das feinen Na= 
men beibehalten, von mo das ärmliche Küftenftäptchen Siſidona 
erreicht wurde, mo nicht? zu haben war ald Fifche und Waffer, 
wodurch die Einwohner gezwungen waren das Leben der Ichthyo- 

phagen zu führen. Died ift nah Kempthorne?) das heutige 
Meine Bifcherdorf Mogu (Mogoo, Magu auf Berghaus Karte) in 
einer Bay deffelben Namens; Land und Leute entiprechen ver Ans 
gabe des Macedoniers; fie haben auch heute nur Fiſche und Date 
telm. Auf der Infel Polior hat man, nach Fraſer, Gifenfpath 
gefunden. Auf der Höhe diefer Infel war e8, wo vor Frafer’8 
Dortfein der legte Imam von Oman, Seyud Sultan?), in einem 
Seegefechte von den damals nocd mächtigen Dichewasıni- Piraten 
getödtet ward. Gr war mit feiner Flotte von 5 Segeljchiffen durch 
Winpftillen in jenem Gewäſſer zum Stillftand gebracht, wollte aber 
feine Schwefelgruben bei Khamir infpieiren, und ließ fich deshalb 


) Kempthorne 1. c. p. 280; Whitelock I. e. p. 11. *°) Niebuhr, 
Beſchr. von Arab. ©. 336. ”) Ebend. ©. 336. 2) G. Kep- 
pel, Personal Narrat., I. c. T. I. p. 29. ”®) Kempthorne I, c. 
p. 280; B. Fraser, Notes 1. c. I. P. 2. p. 412. 2 B. Fraser, 
Narrat, I. p. 13. 


458 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65, 


auf einem NAuderboote mit geringem Gefolge dahin führen. Auf 
dieſer Fahrt wurde er in der Nacht von 5 Dichewasmi- Booten 
überfallen, die zu einer Hochzeitfeier deſſelben Weges zogen, aber 
diefe Gelegenheit zum Ueberfall benusten, und nach blutigfter Ge— 
genwehr den Fürſten mit feiner ganzen Suite ermordeten. 


7. Die Insel Keifh, Käs oder Kenn; die Karaıa bei 
Arrian. 

Von dieſer Küſteninſel, die dem großen Emporium Siraf zu— 
nächſt vorlag, und eine Rolle in deſſen Geſchichte geſpielt hat, iſt 
früher die Rede geweſen (ſ. Erdk. VIII. ©. 775—777). Sie lag 
ganz in der Nichtung von Nearchs Küftenfahrt; als dieſer von 
Siftvona (Mogu) abfuhr, führten ihn vie nächften 300 Stadien 
nach dem weit vorfpringenden Vorgebirge Tarſias, das ſich 
heute unter dem Namen Nas el jerd (ver Uraber, d. h. Fühnes 
Vorgebirge, daher Ras Jerd, over Cap Dierd, oder gar Cer— 
tes der Karten) dem Schiffer durch feine Höhe, Rauhheit und rüthe 
liche Farbe auszeichnet. Dann aber führten andere 300 Stadien 
(14 bis 15 Stunden) zu der nadten, Elippigen Infel Kataia (£s 
Kaorotnv, Arriani Hist. Ind. c. 37, 9), die vem Hermes und der 
Aphrodite geheiligt war, weshalb die Umherwohnenden jährlich 
lebende Schaafe und Ziegen auf fie überfchifften, die dort verwil- 
dert zu jehen waren. 

Heutzutage ift diefe Infel 9), wie nad) dem Richard Whit- 
tingtonfhen Katzenmährchen, aus dem Ouliftan des Saadi, 
und nach ihrer Glanzperiode, die zwifchen die von Siraf und 
Drmuz fiel (Erdf. a. a. D.), zu erwarten war, keineswegs mehr 
fo öde wie zu der Macevonier Zeiten. Sie wird Kenn, aber auch 
Gweis und Keis genannt, und ift nächſt Kiſchm die wichtigfte 
Injel am Perjergeftade. Ein zwergartiges, dorniges Gewächs mit 
dichtem Laube (es joll eine Spargelart fein, die auch gekocht zur 
Lieblingsnahrung der Araber dient) wächſt häufig auf ihr; auf 
ihren fruchtbaren Ebenen wird Weizen und Tabak gebaut. Eine 
kleine Stadt, an ihrer Weftfeite, der Ueberreft ihres einft blühenden 
Zuſtandes, bietet noch immer guten Schug für Schiffe gegen die 
Weſtwinde dar, einen Bazar, wo man fich mit Erfrifehungen verfehen 
fann, wenig Gemüſe, aber Ziegen und Schaafe, auch Waffer, das 
aber nicht gut ift und nur aus 5 Fuß tief gegrabenen Sandgruben 


%4) Kempthorne I, c. p. 281. 


Arabifche Infelftationen; Inſel Hinderab. 459 


gewonnen werben Fann. Eigenthümlich ift die Anficht, welche ein 
Beobachter im Calcutta Journal Jan. 1820%) von ihrer Bildung 
giebt. Er fagt, fie fei mariner Formation, überall aus Ko— 
rallenfel3 und Meermufcheln die Kalkſteinbaſis bildend, welche 
erft den fruchtbaren lockern Boden trage, der durch die Infiltra= 
tion der Meerwaffer ihm die fruchtgebende Feuchte mittheile, 
welche den andern dürren Infeln des Golfd, wegen der Dichtigkeit 
ihrer feftern Bafis, fehle, und die auch von oben nur jelten Regen 
erhalten. Aus demſelben Grunde, der Infiltration der Meer- 
waffer, leitet verfelbe Beobachter die Salzigfeit alles lodern 
Bodend der andern Infeln und der Ufer des perfiichen Golfs her, 
wo die Niederungen, nur durch Sandanhäufungen gebilvet, vor= 
handen find, fich durch da3 Eindringen der Meereswaſſer, vermittelft 
des Seitendrucks durch die Saarröhrchenbildung verdichten, wovon 
aber die Salzigfeit des Bodens überall vie Folge jei, zumal bei der 
ſehr ftarfen Salzigfeit des perfichen Meere. Die Ueberfahrt von 
Keis nach dem Feftlanvde ift Teicht und ficher. Auch die Bewohner 
diefer Infel-find nur Araber, wie denn arabifche Bevölferung bier 
überall von ihrer Halbinjel bis zu dem perfiichen Geſtadelande und 
auf alle Infeln des Golf übergreifend genannt werden muß, 
deshalb wir auch hier dieſe ethnographiiche Ausbreitung nicht über- 
fehen fönnen. 


8. Die Infeln Hinderab, Kecandros bei Arrian, und 
Bufheab, vie namenlofe; das Gap Berdiſtan, Ochos 
Promontorium dei Arrian. 


Verfolgen wir Nearchs Küftenfahrt meiter, fo jegelt er von 
der Ießtgenannten Station, bei welcher er die Grenze zwifchen Ka— 
ramanien und Perſis angiebt (Arriani Hist. Ind. ce. 38), nad) 
400 Stadien (20 Stunden) zum Küftenorte Ilas, dem gegenüber 
eine Eleine öde Inſek Kecandros (Kixavdoog) lag. Dies ift nach 
Kempthorne’8 9) Küftenmeffung dad heutige Fleine Fifchervorf 
Dfihiru (Chiroo), dem die etwa 2 Stunden ferne Infel Hind— 
erab (Hinderabiyah oder Inderabia) mit einem Städtchen an 
der Nordſeite gelegen, bei dem man gute Erfriſchungen einnehmen 
kann; doch iſt die Inſel wenig bebaut, und bietet an Korn und 
Gemüſe nur hinreichenden Ertrag für eigene Conſumtion. Kemp— 


*9 Nouvelles Annales de Voyages T. XV. p. 417. 
»9 Kempthorne I, c. 


460 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung, $. 65. 


thorne, der 2 Miles fern vom Feſtlande bei dieſer Infel in 6%, 
Faden Tiefe vor Anker ging, fand einen fichern, gut geſchützten und 
bequemen Hafen vor. 

Am folgenden Tage ſchiffte Nearch an einer bewohnten, aber 
ungenannten Infel vorüber, bei der man, wie überhaupt im 
Perfergolfe, Perlen fifchte, und an ihrem Vorgebirge vorüberge— 
ſchifft, machte er mit feiner Flotte, nach 40 Stadien Lauf, an einer 
fehr paffenden Stelle Halt, wo dad hohe Gebirg des Ochus 
(2yos dvoun To doc 1. c. c.38) einen vor allen Stürmen ge- 
fiherten Hafen darbot. Die namenlofe Infel ift die heutige Bu— 
jheab, volftändig Sheikh Abu Scheiyib genannt, die niedrig 
und flach nur etwa 14 Stunden (71 Mil. Engl.) fern vom Feſtlande 
liegt, und heute zwar wenig angebaut ift, aber doch auch ihre Kleine 
Araberftadt trägt, deren Bewohner ſich vom Ertrag ihres Fiſch— 
fangd und ihrer Dattelpalmen nähren. Am Weftende der In— 
fel findet fi) ein guter Ankerplag für Schiffe. Der Ochus ge= 
nannte Berg ift das heutige Gap Berdiftan, oder Berdiftan 
bei Niebuhr?”), vem eine große gefährliche Sandbank Heutzutage 
vorliegt. Die nahe dem Cap liegende Stadt Konfun (die Stadt 
der Nuinen, f. ob. ©. 386) treibt heute beveutenden Handel mit 
Maskat, Bafjora und verfehiedenen Städten der arabifchen und per— 
ſiſchen Küfte (Ervf. VII. ©. 773). 


9. Nearchs Küftenfahrt bis Gogana, Abuſchähr. 


Die arabiſche Bevölkerung hält an der ganzen perſiſchen 
Küſtenſtrecke bis Abuſchähr an (Erdk. VIII. S. 779 — 788), ded= 
halb wir auch hier die macedoniſche Flotte, unter Nearchs Lei— 
tung, von Station zu Station bis dahin, nah Kempthorne's 
Küften-Survey, begleiten, was früher in genaueften Beziehun- 
gen zu ven ocalitäten und Diftanzen, vor der Küftenvermeflung, 
noch nicht auf eine — Weiſe alter und neuer Zeiten hatte 
geichehen Fünnen. 

Dom Ochus, dem —* Cap Berdiſtan, ſchiffte Ne— 
archs Flotte 450 Stadien weiter, und warf bei Apoſtana Anker, 
wo ſchon viele Schiffe vor Anfer lagen, in der Nähe eined Dorfes, 
dad 60 Stadien vom Ufer lag (Arriani Hist. Ind. ec. 38). Dies 
ift Halilah oder Halailah-Bay, Halele bei Niebuhr, am 
Tuß eines gleichnamigen Berges, der eine Tagereife landein fich 


»°) Niebuhr, Befchr. von Arab, ©. 314. 


Arabifche Inſelſtationen; Inſel Karraf, 461 


auf dem Küſtenparallel bis zu 5000 und 6000 Fuß hoch erhebt, 
und von dem man das ganze Jahr Schnee, auf Mäulern in Tü— 
cher gehüllt, um ihn vor den Sonnenftrahlen zu wahren, herab— 
bringt, und an die Kaufleute zu Scherbet und fühlenden Getränfen 
verhandelt. Hier in ver nahen Bay liegen einige Dörfer auch heute, 
wie zu Nearchs Zeit, beifammen, und von noch mehrern ſieht man 
umber Spuren früherer Agrieultur, wo Nearch zu feiner Zeit Gär— 
ten und Balmenhaine ſah. Der Anfergrund in einiger Verne vom 
Ufer ift gut. 

Bon hier fegelte die Macedonierflotte 600 Stadien weit, bis 
zu einem wohl bewohnten Lande, nah Gogana, wo Nearch 
in der Mündung des Areon (Dvouw de Agswv) eine ziemlich ges 
fährliche Station fand, weil die Mündung dieſes Bergwaſſers enge 
und verfandet war. Dieje Station fällt mit dem heutigen Haupt— 
hafen Abuſchähr zufammen, in welchem 8. Kempthorne*8) bei 
feinem Ginlaufen im Jahre 1828 zugleich 14 große Kauffahrteis 
Schiffe vor Anker liegen fand, und eine Population von 20,000 Bes 
wohnern, welche durch die Cholera nur zu bald auf zwei Drittheile 
reducirt mard. Auch heute könnte, bei feiner untern Waffertiefe, 
wenn er.gefüllt ift, verfelbe Küſtenfluß noch Schiffe von 300 big 
400 Tonnen Laſt herbergen, wenn die Barre an feiner Münpung 
died nicht Hinderte, jo daß nur felten einheimijche Küftenichiffe, 
Bayalas oder Bugalows, von mehr ald 100 Tonnen vie Einfahrt 
verfuhen. Da Nearch dieſes Wafjer ausdrücklich einem Berg— 
firome oder torrens (TOV noTauov Tod Zeıuddoov, Arriani Hist. 
Ind. c. 38,7) vergleicht, fo ift, nah Kempthorne, diefer Areon 
entichieven dad unbedeutende Wafjer von Abufhähr, das auch 
heute feine Unbedeutendheit als verfiegender Wadi behauptet hat. 
Bon diefem Abuſchähr war übrigens früher volftändig die Nede 
(Erpf. VII. ©. 774— 789 u. f.), wo andere Angaben und Erflä= 
rungen mitgetheilt find. 


10. Die Infel Karrak, Karek oder Charedſch. 


Die lebte Hier beſonders zu berückfichtigende Localität ift, da 
wir die Küftenfahrt Nearchs jenfeit Abufchähr über Hindian bis 
zur Guphratmündung fchon anderwärts nachgewieſen (f. Erdk. IX. 
&.133 u.f., wozu auch noch neuere Auffchlüffe bei Whitelocks0) 


) L. Kempthorne 1.c. p. 283. °°) Lieutn. Whitelock, Remarks 
on the Endian (Tab) River from its Mouth ete. in Proceedings 
of the Bombay Geogr. Soc, May 1838. p. 33 — 37. 


462 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


Küftenaufnahme zu finden find), die ifolirte Infel Karraf, die 
Nearch nicht berührte; alfo auch von diefer an fich geringen, aber 
durch ihre Pilotenpopulation heutzutage bedeutenden Inſel (ſ. 
Erdk. IX. ©. 1061) feinen Beiftand erhalten fonnte, um den Müh- 
jeligfeiten der Auffinvung ver Euphratmündung überhoben zu 
fein, die durch die beten Piloten von der Infel Karraf heut— 
zutage jo erleichtert ift. 

Dies Infelhen, mit vorherrichend arabifcher Bevälferung, 
hat erft jeit noch feinem vollen Jahrhundert vie Aufmerkfamfeit ver 
Europäer, erft ver Holländer, dann der Engländer erregt, für 
deren perfiich=arabifchen Handel und die Euphratbeichiffung viefe 
erfte ver Infelftationen im noroweftlichiten Theile des in 
auch Feine geringen DVortheile darbietet. 

Niebuhr hat fie zuerft genauer befannt — da er ein 
paar Monate, Juni und Juli des Jahres 1765, daſelbſt verwei— 
Ien mußte, und ald Augenzeuge ihrer erften Begebenheiten folgende 
Berichte giebt. 

Die Injel Karef, oder Charedsi wie Niebuhr 100) fie 
fchreibt, von 4 bis 5 deutichen Meilen in Umfang, liegt mit ihrer 
einzigen Stadt unter 29° 15’ N.Br., hat zur Grundlage Kalk— 
fels, Korallenbildung mit Mufchellagern, und war deshalb 
einft, nach ihm, entſchieden waſſerbedeckt, und von ähnlicher Be— 
fchaffenheit wie die zuvorgenannte Infel Keifh. In dem harten 
Kalkfeld ſah Niebuhr einige Grotten und Felskammern einges 
bauen, die er für frühere Wohnungen und Eleine Tempelreite hielt, 
weil darin auch, wiewol fehr verftümmelte oder vermwitterte, Fels— 
feulpturen fich befanden, welche Gegenftände aus Ruſtans Ge- 
ſchichten darzuftellen fchienen (j. Ervf. VII. ©. 928 u. f.), jedoch 
in Eleinerem Maafftabe ald vie befannten Denfmale auf dem Con— 
tinente. Auf Felsplatten zeigten fich an geeigneten Stellen folche 
Kunftarbeiten, die eö wahrscheinlich machen, daß Hier vor alten Zei= 
ten Veueraltäre geftanden (ſ. Ervf. VII. ©. 882); das nüglichite 
Denkmal, das fich erhalten, war der Neft eines in Feld gehauenen 
Aquäducts, der dad Quellwaſſer von einer Seite eines Berges 
durch denjelben hindurch auf deſſen andere Seite geführt, um 
dort Ländereien zu bewäſſern. Nach Art perfifcher Kerifes (ſ. 
Erof. VII. ©. 465 —468) waren in der Dede dieſes Felsſtollens 


400) Niebuhr, Reifebefhr. I. S. 181 —203; del. Beſchr. v. Arabien 
©. 321—327. 





Arabifche Infelftationen ; Infel Karrak. 463 


ſenkrecht auffteigende Luftlöcher angebracht. Das Waſſer ift jehr 
gut und ein wichtiges Product für die Insel als Schifferftation. 
Der fruchtbare gut angebaute Boden gab fehr gute Weintraus 
ben, Feigen und Datteln, und an der Küfte fijchte man Per— 
len, jedoch nicht viel, weil fie wegen der großen Tiefe, in der fie 
vorfommen, zu mühfam zu gerinnen find. Die Sommerhitze ift 
zwar fehr ftarf, doch minder unerträglich ald auf der gegenüber- 
liegenden perfiichen Küfte. In den Serdaps, den Sommerftuben, 
wie Niebuhr dieſe Erdgewölbe nannte, war e8 durch die daſelbſt 
angebrachten Ventilatoren fehr fühl. Im Juni und Juli beobadh- 
tet man hier vorherrfchenden Nordweſtwind, und nur wenige 
Tage wechſelt er mit Süpoft ab. Der Nordweſt weht über Land 
aus der Wüſte, ift trocken und erfrifchend, bringt Nacht3 gar kei— 
nen Thau, macht alle Körper, wie Glas, Eifen, hartes Holz, felbft 
im Schatten fehr heiß, dagegen das Waffer, dad man in ungla= 
firtem Thongefchirr (den Gorgolets oder Bardat3) ftehen 
hat, fehr kalt. Bei Südoſt tritt haufig Windftille ein; der Wind 
ift, im Gegentheil, bei vem N.W. fo feucht, daß er die Bettlafen 
am Morgen bi8 zum Wafferausringen zu durchnäffen pflegt. Die— 
fen fehr ftarfen Thau Halt man, auf den flachen Dächern im Freien 
fchlafend, nicht für Schapdlich, zumal wenn man, wie e8 hier der Ges 
brauch) ift, das Geficht mit dem Bettlafen bevect hält. Aber Aus 
genfranfheiten find hier allgemein, und auch Niebuhr traf dieſes 
Leiden. 

Auf der Infel war zuvor nur ein einziged Dorf gewefen, das 
aber von Piraten oft überfallen, beraubt und entwölfert, ganz her— 
unter gekommen war, ald die Holländer im Jahre 1754 zuerft 
Beſitz von der Infel nahmen, und während ihrer eilfjährigen Herr— 
haft dafelbft ein Bort gründeten, das bald mit einem Bazar zu 
einer Stabt heranwuchs, in dem fich die Bevölkerung der ganzen 
Infel eoncentrirte. Da Niebuhr ſelbſt mit in die dortigen Hän— 
del der Holländer verwidelt wurde, fo hat er umftändlich die Beſitz— 
nahme und ven Verluft diefer Infel durch die holländiſch-oſtindiſche 
Compagnie beichrieben, wovon nur Folgendes das Wefentliche ift. 

Die holländiſch-oſtindiſche Compagnie hatte in Baffora eine 
Factorei, deren Director ein Deutfcher, von Kniephaufen, von 
den dortigen Türken mißhandelt und ins Gefängniß geworfen wurde, 
wobei er viele Verlufte erlitt, und nur durch eine Geldſumme vie 
Breiheit erfaufte, fogleich aber von Baſſora entfloh. 

Die Compagnie in Batavia rechtfertigte fein Verfahren in 


464 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $, 65. 


ihrem Dienfte damit, daß fie ihm zwei Schiffe mit Compagnies 
waaren zum Derhanvdeln in Commando gab, mit denen er, um 
wieder zum Befig feiner Verlufte zu gelangen, die Infel Karef, 
die einem Scheifh) Mir Naſſer von Benverrigf gehörte, in Be— 
fig nahın, von dort mit feinen Schiffen vor den Münpdungen des 
Euphrat Ereuzte, und alle Bafjorafchiffe überfiel und ausplünvderte, 
bis er wiener zum Befig der Summen feiner Berlufte gefommen 
war, die er durch das Gouvernement jener Staot erlitten hatte. 
Zu gleicher Zeit legte er auf der Injel ein ftarfed Fort!) 
mit Kanonen an, meil er baldige Angriffe Mir Naffers erwar— 
ten mußte, die auch nicht ausblieben, aber glücklich zurüdgefchlagen 
wurden. Nah 5 Iahren eines jolchen durchgeführten Fleinen Krie= 
ged kehrte v. Kniephaufen nad) Datavia zurüf, von wo die 
Compagnie zur Behauptung der begonnenen Befisnahme der Injel 
einen Gouverneur und neue Mannjchaft dahin fandte, jo wie auch 
Maaren, um zu ihrem Vortheil ven Handel zu betreiben. Es bil- 
dete fich auch bald ein Bazar für die Bevürfniffe der Garnifon des 
Forts von 90 bis 100 Mann und für die etwa 50 Matrofen, 
melche auf ven dortigen Schiffen ftationair erhalten werden mußten; 
arabische, perfifche, armenifche Kaufleute fanden fich ein, Sunniten 
wie Shiiten, und der Sclavenmarft führte bald afrifanifche 
Schwarze hierher, die auch ihre Gemeinde um ihren Gößentempel 
bildete. So war es zu Niebuhr's Zeit, ala ſchon ver dritte 
Gouverneur geftorben und der vierte, der jo eben erſt angekom— 
men, und in die Vehde mit dem fchlauen Sohne des vorigen Herrn 
der Injel, mit Mir Mehenna, verwidelt, von vdiefem durch Lift in 
feinem eignen Fort überliftet und überrumpelt wurde, und nun bie 
Insel, im Sahre 1765, bei Niebuhr's Dortfein, an ven mohame- 
danischen Herrn zurüdfiel. Der Berluft der Holländer war in ſo— 
fern nicht groß, als die biäherige Behauptung diefer Beflgung ihnen 
feit 11 Jahren immer mehr gefoftet ald eingebracht hatte, und nur 
die Ehre, fi) Herren im AUngeficht von Basra nennen zu Fünnen, 
ihr Sauptvortheil gemwefen war. Auch wurden meiter Feine An— 
firengungen zur Wievereroberung von Karek von holländifcher Seite 
gemacht; die Infel ging nach der baldigen Hinrichtung Mir Me— 
hennas, ald Rebel in Bagdad, für die Türfen verloren, nad 
Befigergreifung der Infel durch die perſiſchen Nachbarn. 


109) ſ. Niebuhr's Reifen Th. II. Tafel 38: Grundriß des Caſtells und 
der Stadt Charedſch. 





EEE 


Arabifhe Infelftationen; Inſel Karrak. 465 


Unter perſiſcher Hoheit ſtanden ſeitdem hier die Piloten, die 
beſten Wegweiſer zur ſchwierigen Einfahrt des Shat el Arab, ein 
Hauptgewerbe der Inſelbwohner neuer Zeit, deren Zahl, als G. 
Keppel im Jahr 1824 die Inſel beſuchte ?), nicht mehr wie vor— 
dem zur Holländer Zeit 3000, fondern nicht einmal mehr 300 be= 
trug. Noch fah man Nuinen von Gebäuden, Magazinen, Kirchen 
aus der Holländer Zeit; der einzige Ueberreft jener induftriöfen 
Zeit fcheint dad Gewerbe von Tuchwebern zu jein, vie hier jedoch 
nur noch eine grobe Waare lieferten. 

In neuer Zeit hat England feine Aufmerffamfeit auf viefe 
Inſel gerichtet, die wegen ihrer Vofition, im Kal von Kriegshän— 
deln mit Verfern und Ruſſen, eine wichtige Seeflation im Perſer— 
golf abgeben würde, daher jchon General Malcolm, zur Zeit ſei— 
ned Commandos in Indien, nad) Karraf eine Garniſon zu fchiden 
beabfichtigte. Diefes ift nun ganz neuerlich ausgeführt, wie Wells 
fted 3) und Fontanier berichten (1840); doch, wie e8 jcheint, 
nur zum Behuf der Einrichtung der großen Dampfichirfahrtslinie 
von Bombay, um in Masfat, Karraf und Bafjora Sta— 
tionen zu haben, weshalb auch englifche Garnifon, aus malaba- 
rifchen und Seapoys-Truppen, unter dem englifchen Gouverneur 
Gapitain Kennel hierher verlegt war. Nach dem italienifchen Na— 
turforfcher Osculati %), der im Herbſt 1841 dieſe Infel befuchte, 
wurden jedoch englifcher Seits die Vorkehrungen gemacht, fie an bie 
Perſer zurücdzugeben. Ob died wirklich gefchehen, ift ung zur Zeit 
noch unbefannt. Das gute Waffer, das bebaute Land, das 
gegenwärtig Hirſe, Zwiebeln, Gurfen, Melonen und aud) die von 
Niebuhr fhon angegebenen Früchte in vorzüglicher Güte Ties 
fert, giebt dieſer Station noch Vorzüge vor denen auf der Infel 
Kifhmi. Die letzten Berichte aus der Garnifon diefer Karraf 
hielten ihr Commando für eine gefunde und gut mit Proviant zu 
verjehende Station. 

Auch haben die Briten die Aufnahme der Inſel gemacht; 
Rieutnant Hart hat nad) dem Survey eine Karte von Karraf 
gezeichnet, und Dr. Wincheſter °) im Jahre 1838 ver Sorietät 


) G. Keppel, Personal Narrative of Travels in Babylon, Assyria 
etc. 3 Edit. Lond. 1827. Vol. J. p. 35. ) Wellsted, Trav. to 
the City of the Chaliphs I. p. 139; Fontanier, Voy. J c. I. 
p. 167. *) Gaetano Osculati, Note d’un Viaggio nella Per- 
sia e nelle Igdie Orientali negli Anni 1841 — 1542, Kdiz. fuori 
di Commercio. Monza, 1844. 8. p. 37. ) J. W. Winchester, 


Ritter Grofunde XII. Gg 


166 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


in Bombay die Beichreibung der Infel übergeben, die zu dem fchon 
hefannten noch) folgendes hinzufügt. 

Zur Holländer Zeit fol die Inſelbevölkerung ſchon bis zu 
11000 Seelen (wahrfcheinlich zur Zeit des regften Verkehrs mit 
den Fremden) angewachien gewejen fein, 1838 betrug fie etwa 
500 Mann, davon fehr viele dad Gewerbe der Piloten treiben. 

Die Inſel ſtreckt ſich von Nord nah Sin; ihr Südende ift 
felfig und fteigt an 300 Buß über das Meerniveau auf; ihr Nord— 
ende ift niedrig, fandig und tragt an der Nordoſtſpitze das Fort 
Karrak (Bort Toron der Karte von Hart). Die felllge Süd— 
ſpitze Der Infel fteigt plöglih aus dem Meere zu einem Plateau— 
ande auf, dad mit dünnem Lehmboden auf feiner Oberfläche. über⸗ 
zogen, zur Regenzeit bebaut werden kann. Die Seiten gegen das 
Meer find in tiefe Spalten aufgebrochen, die 300 bis 400 Schritt 
Yang bis in das Tafelland einfeßen; in diefen Spalten find Stein— 


blöcke angehäuft, die wie beim Aufipringen diefer Klüfte herab— 


geſtürzt erfcheinen. Das Geftein ift koöralliniſcher Sand- und 
Kalkftein, voll foſſiler Tubiporen mit einem Anfchein horizonta⸗ 
ler Stratification, doch meiſt nur in großen Tafelmaſſen ausgebrei— 
tet, die einer lockern, ſandigen Baſis aufliegen, voll verwit— 
terter Partikeln von Kalkſtein und Glimmer, die ſich ſchiefern. Der 
Kalkſtein gleicht mehr weicher erdiger Kreide, loſe Gyps— 
maſſen zeigen ſich hier und da. Das Kalkſteinlager iſt eine Menge 
mit ihm gleichzeitiger Lager von Auſtern und andern kleinen 
Muſchelſchaalen, und das Ganze drängt ſich dem Beſchauer als 
eine aus dem Meere durch Hebung hervorgegangene Bildung auf. 
Das Plateauland der ſüdlichen Inſelſeite, hier und da von 
jenen Ravins unterbrochen, zergliedert ſich nordwärts in irregulair 
geſchiedene Senkungen und Hügel, die allmählig in ſandige Plaine 
übergehen, die auch noch des Anbaus fähig ſein würde; bis jetzt 
find aber nur die Ravins und ihre Seiten mit Gärten von Obft- 
bäumen, Gemüſebeeten bekleidet, und die auffteigenden Felsſtufen 
find mit Weinbergen bepflanzt, welche dem Ganzen ein ruinen= 
artiges Anſehn geben. Der Boden der Niederung ift zwar ma— 
ger, aber großer DVerbefferung empfänglich; nur etwa 100 Aeres 


A. M. Note on the Island of Karrack in the Gulf of Persia, in 
Proceedings of the Bombay Geogr. Soc. Nov. 1838. p. 35 —40, 
wo auch Plan of Karrak Island from a Survey by Lieutn, Hart, 
Bengal Engen. 





Arabifhe Infelftationen; Infel Karraf, 467 


find davon dauernd angebaut; aber in der Negenzeit fteigt diefer 
Anbau auf das fünffache. Man baut gegenwärtig, 1838, ſchon: 
MWaizen, Gerfte, Mais, Brignoles, Radies, Bohnen, 
Gurfen, Melonen in Ueberfluß, Obſt fparfam, fo auch Trau— 
ben; Fülle von Obft wird von dem benachbarten Abufchähr ein- 
geführt. Waldbäume fehlen; dagegen find hier ſchon Dattelpal- 
men, Banianen, Weiden, arabifche Ucacie, Sennabüfche, 
Baunmolle, Tamariske, Saljolen, Somwafa (Hedysar. alhagi), 
Eoloquinten mit ihren bittern Früchten, Nanfengewächfe und ans 
dere vorzufinden. An trefjlichen Waſſer fehlt es keineswegs auf 
diefer Infel, das bei 20 Fuß Tiefe in Brunnen gegraben wird, 
‘oder durch Aquäducte von den Höhen bis an den Strand ge= 
Teitet werden kann, und ſelbſt in jenem antifen Monument durch) 
die Mitte des Berges geführt ward. Es find deren jedoch mehrere 
auf diefer Infel vorhanden als der eine, deſſen Niebuhr ermähnte, 
und Dr. Winchefter feheint fie nicht in fehr frühe Zeiten hinauf— 
züden zu. wollen, doch ohne andere Gründe geltend zu machen ale 
ihr allgemeineres Vorkommen. Sie ziehen öfter eine Mile landein 
in den Wels, find durch Kunft eingehauen, zu Höhlen oder quadra— 
tiſchen 10 bis 15 Fuß tiefen Tanks, mit Zugängen und Stufen, 
aus diefen die Waller zu fchöpfen. Es find dazu meift natürliche 
Grotten und Klüfte benußt, die dann durch Kunft nur weiter aus— 
gehauen zu fein fcheinen. Diefe Wafferleitungen ziehen aber 
in gerader Direction bis zu dem Quellenanfang, der in einem weis 
hen Kalkboden liegt. Der ftrömende Duell bildet öfter einen Flei« 
nen Strom, der aber nicht conftant ift, und in einem großen Baſſin, 
dad meift außerhalb der Felsgrotten liegt, endet; deſſen Umgebung 
pflegt nun in jene Gärten umgemandelt zu fein, die reichlich über— 
wachfen und begrünt Tiebliche romantiſche Partien bilden. 

Das Clima fand fchon General Malcolın weniger heiß ala 
auf dem gegenüberliegenden Feſtlande, dem auch meift das ſüße 
Waſſer fehlt, daher er eben fich für eine Militairftation anf Kar— 
rak intereffirte. Wirflih waren, nach Dr. Wincheſter's Bemer— 
fung, die Truppen des jüngften Gantonnements dajelbft fortwährend 
gefund. Dad Hygrometer ſank in ver Tegten heißen Jahreszeit 
von 6— 17”, bisweilen bis auf 20", und zeigte daher größere Trok— 
Eenheit ala in Abufhähr; das Marimum der Hibe in den Zel— 
ten war 27° 56’ Neaum. (94° Fahrh.); mit Cuscutatties, oder 
befeuchteten Grasmatten war das Zelt ftetd hei einer Kühlung von 
19 bis 20" Reaum. (76° Bahrh.) zu erhalten. Doc war die mitte 

Gg 2 


168 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 65. 


Iere Temperatur bei Nordwind 22° 22° Neaum. (82° Bahrh.), der 
Südwind wirkte durch feine Feuchte ganz anders ein. 

An Ihieren Hat die Infel außer wenigen Antilopen Feine 
einheimifchen Quadrupeden, aber viel eingeführte Rinder, Schafe, 
Ziegen; an Geflügel nur Rebhühner, Wachteln; viel Schilofröten 
am Strande und Fifchreichthun. 

Auch Dr. Winchefter befuchte in der Mitte ver Infel, nad 
ihrer Norpfeite zu, wo ein moslemiſches Grabmal errichtet fteht, 
die beiden in foliven Fels gehauenen Kammern, die auch ſchon 
Niebuhr anführte. Die größte mit den Sceulpturreften hat 15 
Fuß in Quadrat und ift 8 Tuß hoch, war einft von Pfeilern ges 
ftügt und regulair eingetheilt, aber gegenwärtig ganz zerflört. Die 
zweite ift jener ähnlich, doch ohne Sculpiuren. Noch -viele an« 
dere, aber Heinere Grotten find in ihrer Nähe. Ives wollte hier 
Behlvi-Inferiptionen wahrgenonmen haben als Spuren erfter Bevöl— 
ferung; Dr. Winchefter fchienen fie noch aus früherer Guebern- 
zeit zu fein. Die heutigen Bewohner nennt derfelbe entartete Ara— 
ber, die alle innerhalb der alten Beftungsmauern wohnen, welche 
viel meitläuftiger ald der Ort felbft find, aber zugleich viel, Gars 
tenland mit einfchließen und gegen Ueberfälle von außen ficdhern. 
Das Hauptgewerbe der Injulaner iſt Fiſcherei und Pilotage. 
Zur Zeit der Dattelernte rücken fie gegen die Palmwälder am 
Mündungslande ded Chat el Arab vor, um an dem tortigen Ue— 
berfluffe dieſes Eöftlichen Productes fo viel als möglich Theil zu 
nehmen (Erdk. XL. S. 1069). Nach ihrer Nüdfehr bauen fie ihre 
eignen Aecker oder Gärten auf der Infel, oder auf dem benachbars 
ten, nur 2 Miles entfernten, niedrigen, fandigen Eilande Corgo, 
dad nur 3 Miles lang ihrer Intel im Norden vorliegt und den 
übrigen größten Theil des Jahres ohne menjchliche Bewohner ift. — 
Sp weit unfere heutige Kenntnig von dieſer, feit Furzem erft durch 
Briten befeßten Snfelftation im Berfer- Golf, die den meftlichen 
Eingang veffelben gegen Türfen und Perſer zum Euphratlande 
beherrfcht, wie die Station auf Kifchmi die Zügel der Gewalt 
gegen die arabifchen Piraten und. gegen Oman, an vefjen Öftlichem 
Ausgang, in Händen hält. 





Arabien; Oman das KRüftenland. 469 


Zweites Kapitel. 


Das öſtliche arabifche Geftadeland gegen die Seite des 
Perfer -Golfs und feiner Eingänge, 


$. 66. 
- I Dman das Küftenland. if 


Erläuterung 1. 


Heberfiht von Oman: Geftadeland, Meeresanfuhrt, die Cove 
von Maskat. Eintheilung; drei Gebirgszüge, Wüftenland, 
Oaſenreihen; Duellen, Clima, Producte; Handel und Ges 
werbe, Bevölferung, Lebensweife, Secten; Gefchichte, Imam⸗ 


Herrſchaft, Seeherrſchaft, Zloue. 


Die arabiſche Küſtenlandſchaft Oman nimmt zwiſchen Nas el 
Had (22°23°30'N.Br.) und Rad Muffendom (26°24 NBr.) 
‚ eine Küfienlänge von SO deutfchen geographiichen Meilen, von ©.D. 
gegen N.W., ein; die genauere Beitimmung der Breite ift und noch 
unbekannt, doch behauptet Wellfted, der einzige europäiſche Rei— 
fende, welcher tiefer in das Innere vorgerüct ift, daß die Herrichaft 
des Imam von Oman nirgend über 30 geogr. Meilen landein 
reiche. Gr ift es auch, der die Landfchaft Oman ſüdwärts noch 
über das Nadel Had hinaus erweitert, bis zur Infel Maſhera, 
die nach ihm unter 20° 48’ N. Br. und 58° 56‘ O.L. v. Gr. liegt; 
alfo bis in die Gegend von welcher ſchon Ißtachri die Landichaft 
Dman begann (f. ob. ©. 312,376). Doch pflegen die Einheimi— 
ſchen unter Oman nur das Land zwifchen ven Provinzen Oſchi— 
lan im Süd, am Nas el Sad, und Batına im Nord, dad gegen 
das Nas Muffendom fich hinzieht, zu verftehen ©). 
| Die gegenwärtige politifche Herrfchaft vor Oman 
geht freilich fehr weit über dieſe Orenzen hinaus, da fie ſüdwärts 
über den Arquator bis Quiloa zum 10° füplicher Breite und 
nordwärtd über die Bahrein=Infeln hinausreicht 7). 


100) %, R. Wellſted, Neifen in Arab, Meberf. v. Nödiger. I. ©. 197. 
) Edm. Roberts Embassy to the Eastern Courts of Cochin China, 
Siam and Muscat in the Unit, States Sloop of War Peacock, 
Capt. Geisinger, Commander, 1832 —1834. New-York, 1837. 8, 
p- 361, 


470 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


Dieſe Herrfchaft hat ſich erſt ſeit Niebuhr's Zeiten, 1765, 
da er Maskat beſuchte, ausgebildet, und die damals ſehr be— 
ſchränkte Kenntniß dieſes ausgezeichneten Beobachters, die er ſich 
während ſeines nur kurzen Aufenthaltes in dieſem Hafenorte von 
dem Lande Oman erwerben konnte 8), iſt ſeitdem auch ungemein 
fortgeſchritten und vervollſtändigt worden. Das ſo ausgedehnte 
Küſtengebiet des Imam von Maskat iſt, wenn ſchon ein gro— 
ßes politiſche Ganze bildend, doch keineswegs nach innerm Verkehr 
in Zuſammenhang und zuſammen gehörig, deshalb wir hier nur 
bei dem engern Verbande des Landes Oman ſtehen bleiben. 

Dieſes Land, das von Hadhramaut, von Jemen und EI 
Hadjar gegen, Weit umgeben, aber wol meift durch Sandwüften 
von diefen Ländern gejchieden. fein mag, fol nad dem Dſchihan— 
numad) auch Belnd Mefun heißen; feine Meeresbegrenzung, 
das Bahr Oman, worunter man. ftetS ein hochwogendes Meer 
verfteht, ift fehr ftürmifch und, gleich dem an der Südküſte Ara= 
biens hin bis Aden, fo aufgeregt, daß es dem vielerfahrnen Wells 
fted, der. e3 ſo oft durchkreuzte, noch ſchwer zu begreifen war 10), 
wie. fchon ein Hippalus, troß ver aufgefundenen Monfune, mit fo 
gebrechlichen Schiffen, wie die der Alten, im Stande war, regelmä— 
Bige Ueberfahrten durch daſſelbe auszuführen (ſ. 0b. ©. 355). Von 
26 Schiffen, die im März 1836 von Bombay nach Oman abfegel: 
ten, jagt Wellſted, war fein Schiff, ein großer, ſchwerer, arabi— 
ſcher Kauffahrer, daS einzige, welches den Hafen von Masfat 
glücklich erreichte und aus den Stürmen gerettet ward, Durch welche 
die übrigen. ale untergingen, mit 1000 5i8 1500 Matroſen 14). 
Bon folchen Unglücksfällen hüten fich, jagt derjelbe, wohl die indi- 
Shen Zeitungen Bericht zu geben. Dampffchiffe legen zwar heut— 
zutage die Ueberfahrt von Bombay bis Suez, von faft 3500 eng= 
liſchen Miles, fogur wol in 10 Tagen zurüd, aber fie Eönnen auch 
oft 14 Tage lang im Kampf mit Wiverwinden zwifchen Bombay 
und Uden (an 2000 engl. Miles) verlieren; die Windftillen hem— 
men fie nicht. Wellſted führt aber an, daß felbft erfahrne Com— 
pagnieichiffe 8 Wochen Fang mit den größten Verluſten, durch 
Sturm, heftige Strömungen, fteigende Wafferfluthen, auf der Ue— 


108) Niebuhr, DBeichreibung von Arabien. Abfchn. III. Landfchaft Oman, 
S. 295 — 308; deſſ. Reifen II. S 80 — 89. ) I. v. Hammer: 
Purgſtall, Arsbien, W. Sahıb. B. XCIV. 1841. ©. 117 — 120. 

0) Wellsted, 'Trav. to the City of the Chaliphs II. p. 127—129. 
11) Wellsted. I, c. I. p. 45, 


Arabien; Oman das Küftenland. 44 


betfahrt von Aden nach Indien an der arabifchen und afrifani- 
ſchen Küfte hin- und hergefchleudert wurden, daß erft oftwärts 
von Sofotora und der Küfte von Oman, viefe Störungen des 
Gleihgewichtes der Küftenmeere wegfallen, uhb daß erft noch weis 
ter, in der hohen invifchen See, alle dieſe particulairen Bewegun— 
gen in die allgemeine reguläre de3 offenen Oceans abforbirt were 
den. Un der Küfte von Haſek haben wir fchon oben (©. 355) 
der gefahrvollen Stellung des Palinurus gedacht, weshalb dort vie 
Küftenaufnahme nicht möglich war, und von dem Theile der Küfte 
mans von Maskat bis Dafar beflagte 28 auch zu feiner 
Zeit ſchon Capt. Owen 12), daß es ihm, wegen zu großer Unfichers 
heit bei widrigen Winden, unmöglich gewefen, feinen Survey das 
ſelbſt fortzufeßen. 

Schon Niebuhr fagte, obwol er nur an Oman vorüber fuhr, 
vom Nas el Had bis Nas Muffendom liege fein Tehama 
der Steilküfte vor, Fein breiteres Tiefland von einigen Tagereiſen, 
wie auf der Weſtſeite Jemens, und dadurch fer diefe milder gegen 
den Oft vorfpringende Ecke ver Halbinfel Arabiens, die hier dem 
indifchen Ocean fo kühn die Stine bietet, characteriftifch von 
der MWoftfeite gegen das Nothe Meer verſchieden. Niebuhr hörte 
nur von einer Ausnahme um Sfohar; e3 liege fich aber diefe wol 
auf die ganze Strede in N.W. von Masfat, nämlich von Sib 
und Burfa bis über Sfohar hinaus, ausdehnen, obwol der dort 
liegende, ebenfalld Tehama genannte, Küftenftrich doch keineswegs 
die Breite von jenem hat, und heutzutag gewöhnlicher unter dem 
Namen Batna, d. i. die Niederung, begriffen wird. 

Erreicht man das flache, fandige Nas el Had, das nad) dem 
Dſchihannuma 3) Rees ol Dichemdfcheme, d. h. Schädel- 
vorgebirge, bei den Türken genannt wird, fo zeigt von da an 
die fernere Küfte gegen N.W. fich als eine Suceceſſion fehr fteiler, 
oft überhängender Klippen, die aber nur zunächſt hundert Fuß hoch 
auffteigen, denen aber immer nur eine ſehr fchmale Sanpdftrede 
vorliegt, und diefe, bi8 zu dem Hafen von Maskat hin, ift mit 
jeltnen Ausnahmen ganz öde, ohne alle Spur vegetativen und ani— 
malen Lebens). Das davor liegende Küſtenmeer hat, bei einer 
Tiefe vom 300 Fuß (50 Baden), noch feinen Grund, aber hinter 
A 2 7 | h 


1?) Capt. Owen, Narrative of Voyages etc, 1. c. 1833. Vol. I. 
p. 344. 13) v. Hammer: Burgftall a. a. O. ©. IM. 
“) J. B. Fraser, Notes in Transact, of Geolog. Soc, Sec. Ser, 
Vol. I, P. 2. p. 409, 


472 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


viefem tiefen von Seeflippen umſäumten Geftade erheben fich Berg- 
fetten, die bald dicht an das Geftade heran treten, bald tiefer land» 
ein rücken und in Höhe mechjeln, bei dem Gap Kuria und Abu 
Daud aber nicht unter 3000 Fuß Meereshöhe erreichen. Bald 
find fie dunfelbraun over grau, bald hellbraun, immer wild und 
abftugig, die legtern aber durch Schluchten mehr zerriffen und deut— 
licher gefchichtet. An der rund eingefchloffenen Belfenbucht von Mas— 
fat, welche darum die Cove von Maskat bei den Schiffern heißt, 
fand Fraſer die Felſen aus Serpentingeftein beftehend, mit 
Kalkipathgängen durchzogen, darin auch Asbeſt vorkam. Das Ge 
ftein brach in rhomboidalen Maffen und war gefchichtet, mit Win- 
foln von 30 Grad gegen Nord einfallend. Diefe Felsbildungen 
find fehr vielfarbig, und vielartig zerriffen; man konnte fie fehr 
weit mit denn Auge gegen N.W. Hin verfolgen. Aber im Süd 
hörte diefe Gefteinzart bald auf; fie wird von einem talfartigen 
helfarbigen Schiefergebirge verprängt, darunter zumal Glim- 
merfchiefertafeln!S), in vünnen Platten üsereinander verfchoben, 
die feltfamften Geftalten hervorbringen. Hinter diefen Küftenzügen, 
füdwefmärts von Masfat, fand Fraſer, bei einer Excurſion vie 
ihn etwa 6 Stunden landein führte, andere Gebirgsarten in den 
dortigen Bergketten verbreitet. Zur rechten, alfo nörblichen Seite 
der engen Thalſchlucht befand der hohe Feldzug aus grauem, ro— 
them und gelbbraunem Kalkftein, deſſen Schichten in Winkeln von 
30 bis 60° gegen N.D. fielen, aber oft in den Schichtungen gewal— 
tige Gontortionen zeigten. Die Berge auf der linken oder ſüdli— 
chen Seite waren niedriger, zufammenhängender, horizontaler, ihre 
Schichten weniger emporgehoben und aus thonigem Kalkftein beftes 
hend. Der Kalfftein bildete bier jene verhärteten Konkar-Knol— 
Ien (f. 06. ©. 448), die man fammelte zum Kalfbrennen. Die 
Schichten der Gebirgslagen fallen zu beiden Seiten der Thalfpalte 
oft wiverfinnig, die daher mol ein Einfturz fein mag, und auf der 
Thalfoole fah man Trümmer und Geröll von zufammengebadenem 
Kalkitein und Serpentin. Weder die Thaltiefe noch die Berghöhe 
zeigte die geringfte Spur von Erddecke, Feine Vegetation, 
nur nacktes wie durch Kite zerfpaltened und zerfprungenes Klippen— 
land. So zeigte fich alles Land an der Küfte von Oman, fo weit 
Fraſer vorvrang. Aus den Klüften fpringen aber häufige Quel— 
len, ſowol von Falten wie warmen und heißen Waffern, die aber 





15, Wellſted, Reif. I, ©. 218, 


Arabien; Oman das Küftenland, 473 


nur gegen die Geftadefeite hervortreten, gegen das Innere des Lan- 
ded aber verſchwinden. ine der letztern, die aus einem röthlichen 
Kalkftein, dem Eiſenerze eingelagert waren, hervorſprang, hatte, 
nach Fraſer, eine Temperatur von 35° 22’ Reaum. (111%,° F.), 
dabei ein gutes, ſüßes, zum Trinfen wie zur Bewäſſerung dienen— 
des Waſſer. Sole Quellen find ftet3 von Gruppen von Dattels 
palmen umgeben, und daran fchon aus der Ferne erfennbar. 

Nähert man ſich aus dem indifchen Meere von Bombay die— 
ſem Geftade, bei Norboftmonfun, in günftiger Jahreszeit, wie 
3. B. die Bregatte mit der ©. Keppel 460) Ende Januar im Jahre 
1824 überjchiffte, jo Fonnte auf Direetem Wege ver Hafen von 
Maskat jhon am achten Tage der Abfahrt erreicht werden (vom 
26. Januar bis zum 4. Vebruar Anker in Maskat). Auf viefer 
Sahrt traf man am 1. Februar, alfo am flebenten Tage, die ganze 
See vol Medufen, die in den friicheften Farben prangten, öfter 
Scharlachroth, diesmal aber das fchönfte Blau, wie Convolvulus— 
blüthen, zeigten, und leuchtend in ver Nacht die Mesresmellen zu 
flüffigem Feuer machten. Diefe Färbungen fehen die Schiffer als 
fihere Zeichen der Annäherung gegen daß perfifche und 
arabijche Ufer an, mo die Belebung der Gewäffer ungemein zus 
‚zunehmen jcheint. Damit beginnen auch vie heftigften Küftenftrö- 
mungen, die öfter die Einfahrt in die Cove von Maskat wie in 
den Perjer- Golf fo fchwierig machen. 

Niebuhr's Ueberfahrt von Bombay nad Maskat, auf ei⸗ 
nem kleinen Kriegsſchiffe, fiel etwas früher, 8. Dezbr. 1764, in eine 
Jahreszeit in welcher, wie er bemerkt, die Winde ſo beſtändig ſind, 
daß ein erfahrner Schiffer gemeiniglich ſchon vorher wiſſen kann, 
was für Wind er zu gewiſſer Zeit, unter dieſer oder jener Länge 
und Breite, antreffen werde. In gewiſſen Monaten kann er von 
Bombay direct nach Maskat, ja bis Basra gehen, ohne daß er nö— 
thig hat die Topfeegel einzunehmen (mie bei ver Ueberfahrt von ven 
Ganarien nad Weftindien); in andern dagegen muß er feinen Weg 
erjt jo weit ſüdlich nehmen, bis er die Linie paffirt ift, dann weit 
nach Weiten feegeln, bis er die Paſſatwinde antrifft, mit welchen 
er wieder nach der arabijchen Küfte und dem perfiichen Meere kom— 
men fann. Die Jahreszeit vom Sten Dezember an war weder die 
befte noch die fchlechtefte, um die Neife zu machen. Unfer Schiffs— 


) G. Keppel, Personal Narrative of Trav. etc, Lond. 3. Ed, 
1827. 1. p. 7. 


474 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


capitain, fagt Niebuhr, erwartete viele nördliche Winde, er hü— 
tete fich daher jo viel möglich, um bei dem Anfang der Reife nicht 
zu meit nach Welten zu Eommen, weil ihm der Nordwind fonft 
nachher gerade entgegen gewejen fein würde. So lange wir uns 
nicht über 2 bis 3 Grade von der indischen Küfte entfernten, fahen 
wir die Heinen Seefchlangen!?) fehr oft, die dort ein Zeichen 
des Küftenmeeres find (Erpf. VI. ©. 1082), die man auch im per— 
ſiſchen Meerbufen treffen jol. Den vierten Tag nach der Abreife 
(12. Dezbr.) Schon Teuchtete daB Seewaſſer fo ſtark, als Niebuhr 
ed fonft niemals gefehen hatte; e8 war Stunden meit wie mit 
Flammen erfüllt, und am Tage zeigte ſich das Meer mit Medufen 
(blubber der Engländer) bedeckt. Am 2iften und 22ften Dezbr. 
fahen wir, fährt Niebuhr fort, erftaunlich große Heere von Meer— 
ſchweinen, die mit und gleichfam um die Wette liefen und weit 
voraus kamen, ohngeachtet unfer Schiff doch /, einer deutjchen 
Meile in einer Stunde fegelte. Acht bi zehn Stück fprangen ne= 
ben einander oft aus dem Wafler, ohne dadurch von ihrem geraden 
Wege abzufommen oder zurüczubleiben. Un dieſem legten Tage 
erbliekten wir Raͤs Kalhat in N.W. des Nas el Sad; am 23ften 
famen wir in die Nähe von Maskat, Eonnten aber doch wegen 
Mindftilen und widrigen Winden an ver fteilen und gefährlichen 
Küſte Omans, die von heftigen Strömungen gepeitjcht ward, erft 
10 Tage fpäter in deſſen Hafen einlaufen. 

B. Trafer, der Mitte Mai 1821, in der ſchon vorgefchritte= 
nen ungünftigen Jahreszeit zur Ueberfahrt, jenen von Niebuhr 
angevdeuteten Südweg von Bombay, um nad Masfat zu kom— 
men, erwählen mußte, fand dieje Fahrt von 54 Tagen (vom 15. 
Mai bis zum S. Juli) auf dem großen Schiff Francis Warden 8), 
in Gefelfchft des englifchen Gefandten Dr. Jukes, am den perſi— 
fhen Hof fehr langweilig. Statt der directen Ueberfahrt mußte 
man erſt bis zum 5ten Grad ſüdl. Breite Schiffen, ehe man Südoſt— 
wind fand, der allmählig bei fehr großer Site in S. W.-Monſun 
überging. Grit am 5. Juli fonnte nun Nasel Sad, das Land: 
ende Arabiens, doublirt werden, hinter deſſen niederer Sandzunge 
fih das hohe Gebirge in Dichilan prachtvoll emporthürnt. Bei 
diejer nievrigen Landzunge, die auf jeder Fahrt, von welcher Geite 


117) Niebuhr, Reif. II. S. 80 und I. ©. 452. 19) J. B. Frasers 
Narrative of a Journey into Khorasan in the Years 1521—22, 
Lond. 1825. 4. p.3—5. 


Arabien; Oman das Küftenland, 475 


man fich auch ven Haupthafen Omans zu nähern pflegt, doublirt 
werden muß, verliert ſich durch das Norpweftftreichen der Oman— 
küfte die Herrſchaft des S.W.-Monfun fo gänzlih, daß dann zu 
diefee Zeit hier die See ganz ruhig wird, wenn fie zuvor auch 
noch fo bewegt war, und e8 auch bei N.O.-Monſun wieder wird. 
Das flache Ras el Had Hat nur eine Eleine Ortfchaft, vie aber 
aus weiter Ferne jchon durch ihren dichten Dattelmald erkannt wird, 
der um fie her gepflanzt ift; und im neuer Zeit hatte ver Iman 
hier gegen Ueberfälle ver Piraten 2 Gaftele zum Schuß feiner 
Staaten erbaut. | 
Die nadte, graslofe, deutlich gefchichtete Felsmauer ift es, 
welche man von hier aus vorüberfchifft, deren zerriffene Firſten den 
Eindruck machen, ald wären fie überall mit Nuinen alter Schlöffer 
befegt. Der erfte tiefere Einfchnitt in diefe Felsmauer ift vie Cove 
von Masfat!9), ein Hafen von feltfamer, fehr eigenthümlicher 
Bildung. Das Ufer bis zur Waſſermarke ift überall mit Aufter- 
ſchaalen und Mufcheln bedeckt; es wimmelt von Fifchen, wie die 
Luft und die Wellen von Seevögeln, die von jenen fich nähren. 
Senktecht, graufig, ſteril fteigen die rohen Felswände empor, mit 
vorliegenden Klippen und Infeln, Hinter denen Stadt und Hafen 
verborgen liegen. Dieſe Masfat-Infeln, an der Süpoftfeite ver 
Stadt, drei bis vier an der Zahl, 200 bis 300 Fuß hohe Klippen, 
in grader Linie gegen NND. ftreichend, find vom Feſtlande durch 
einen engen Ganal gejchieven, der mit Booten befahren werben Fann. 
Eben fo ftreicht ihnen parallel an der Nordweſtſeite der Stadt eine 
Bergkette, und zwifchen beiden Vorfprüngen in das Meer fchneidet 
die Bucht von Maskat eine Viertelftunde tief und etwa halb! 
fo breit, 900 Doppelfchritt lang und 400 breit, nad Niebuhr, 
gegen Süd und Südoſt in das Land ein, in deren äußerſtem Hin— 
tergrunde die Stadt liegt. Diefe Cove ift gegen Nord und N.W. 
offen, aber vor allen andern Winden, ſelbſt dem Nordwinde ges 
fhüst und hat für die größten Schiffe überall fichern Anfergrund. 
Daher die große Bedeutung eines folchen Hafens an dieſer großen 
Waſſerſtraße von der Levante nach Indien, wie von Moſambik und 
Zanguebar nach dem innerften PBerfer- Golf. Doc) ift deſſen Ein— 
fahrt zwifchen ven fchwarzen Bellen und Klippen, die ihn umge— 
ben, nicht zu jeder Zeit leicht audzufinden, und bei Nordwinden, 
die hier gewaltig wüthen, ift dann die, dortige Außenftation 


), Grundriß der Stadt Masfat, bei Niebuhr, Neife II. Taf. XV, 


476 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $,66. 


fehr gefahrvol 2%). Dazu kommt, daß der Hafen reichliches Waifer 
und Holz wie die befien Lebensmittel für die Mannfchaft ver Schiffe 
darbietet, die hier Jahr aus Jahr ein in Menge einlaufen, fo daß 
Maskat auch ver Sauptpunft in Oman ift, von dem vie 
Kenntniß ded ganzen übrigen Landes ausgeht, fo wie es der Mit- 
telpunft des Handels und die Reſidenz ded Landeöherrn, 
wie feine Hauptfeftung, fein Arfenal und ver Berfammlungs- 
ort feiner mächtigen Marine geworden ift. 

Zu Niebuhrs Zeit war dieſer Safenort zwar ſchon wich⸗ 
tig, aber er war noch nicht die Reſidenz des Sultans von Oman, 
der ſeinen Sitz tiefer landein gegen Weſt zu Roſtak im Gebirgs— 
lande Hatte (ſ. ob. S. 374). Damals war noch fein Geſammt— 
reich, wie heute, an deſſen Spitze der Imam von Masfat ſteht. 
Damald war Oman noch unter verjchievene, kleine, unabhängige 
Negenten vertheilt, von denen der Smam von Oman, wie der 
Imam von Sanaa in Jemen, ver mächtigfte war, neben dem 
aber viele Eleinere, ganz unabhängige Vrinzen, Schechd genannt, 
eben fo fouverain waren, die in Dfjau, Gabrin, Gafar, Rank, 
Gabbi, Dahhara, Mafaniat und in Ser refivirten. Diefe Einzeln- 
herrfchaften find mehr in die eine Hauptmacht concentrirt, obwol 
noch immer manche mediatifirte Herrichaft von jenen ihre Unab— 
hängigfeit zu behaupten jucht. 

Die Eingebornen theilen ihr Land 21) aber ſelbſt, abgejehen 
von jenen politifchen Beziehungen, in vier Xandftriche: 

1) Dſchilan, welches die Außerfte Oftedfe mit dem Nas el 
Had und den Städten Sſur und Kalhat in Südoſt von Maskat 
einnimmt, und landein gegen Weit bis zum Gebirgsdiſtriet Be— 
dia reicht. 

2) Daß eigentlihde Oman im engern Sinne, eine fehr Furze 
Küftenftrecfe mit dem Haupthafen Maskat, landein ſich weiter im 
Gebirgslande von Oft nach Nordweſt ausvehnend, von Bedia bis 
Makinijjat. In der Mitte dieſes Gebiets liegt das höchfte Ge— 
birge des Landes Dſchebel Achdar, der grüne Berg. 

3) Der Schmale, aber lange Küftenftreif Batna, in N.W. von 
Dman, vom Hafen Sib über Burfa, Mesnaa, Sumef, Sſo— 
har, Schinas hinaus bis Chorfafan, von wo das Gebirgs— 





120) Capt. Owen, Narrat. I. p. 333. 21) Mellfted, Reif. a. a. ©. 
1. ©. 186 u, f. und deſſen Karte von Oman, Die einzig brauch- 
bare, 





Arabien; Omans Gebirgsketten. 477 


land der hohen Aſabo-Berge, noch immer eine wahre Terra in- 
eognita, beginnt, auf deſſen Befigergreifung im Innern der Herr— 
fer von Oman noch wenig Anfprüche zu machen faheint. 

4) Dhorra, das Binnenland, das ſich hinter diefem Küften- 
ftriche von Oman bis zu derfelben Halbinsel ver Afabo-Berge 
hinzieht, und von Mafinijjat bi3 zum Birema= (Bireime, bei 
v. Hammer) Diftricte reicht, der vom Innern des Landes aus an 
die Küfte der Piraten gegen Abuthubba hinüberreicht. 

Nur erft aus Wellſted's Neifen durch alle Theile von 
Oman haben wir einen ———— eberblid der Natur dieſes 
Landes erhalten. 

Wellſted untericheidet —7 Gebirgsketten, welche 
deſſen plaſtiſche Geſtaltung bedingen. 

Erſtlich die Küſtenkette, vie faft überall einen Saum um 
die Halbinfel zieht, und bald mehr bald weniger dicht zum Ufer» 
faume herantritt, und welche, unſers Dafürhaltens, das Auffteigen 
zur eriten höher liegenden Plateauſtufe der Binnenlandichaften bile 
det. Sie ift e3, die im Dſchilan hart am Stranvde auffteigt, mit 
diefem parallel ftreicht gegen Nordweſt, und erft in ver Nähe von 
Maskat fich beveutend gegen Weſt in dad Binnenland zurüdzieht. 

Zweitens ftreicht unter 23° N. Br. eine Querfette von Oft 
nad) Welt Iandein, die viel höher ift und ven Namen Dihebel 
Achdar, die grünen Berge, mit Necht trägt. Nieprige gleich“ 
laufende Bergrüden verbinden die Wurzeln beider genannten Berge 
reihen. 

Die dritte Gebirgsfette läuft von diefem Dfchebel Achdar 
wiederum mehr gegen Nordweſt und Nord aus, ohne einen ges 
meinfamen Namen zu haben, bis fie in den Aſabo-Bergen und dem 
Ras Muſſendom, mit vielen eigenthümlichen bafaltifchen Bil— 
dungen, in Steilabhängen und Bergkoppen ihr Nordende ‘erreicht. 
Auf dem Wege dahin fegt fle, ganz in Norden, einen weitli= 
hen Arm ab, der ſich zur Piratenfüfte am Perſergolf nach Nas 
el Khaima hinzieht. Der zwilchen diefer Gebirgsgabelung und 
dem perfiichen Meere eingefchloffene Naum, erfuhr Wellſted, fe 
mit einzelnftchenden Gebirgsſpitzen von verſchiedener Höhe 
beſetzt. 

Die Breite dieſer Ketten beträgt nicht über 5 bis 6 Stunden; 
die Höhe etwa 3000 bis 3500 Buß; einige ver höchſten Spitzen 
der Diehebel Achdar erreichen 6000. Nur dieſe letztere Gruppe 
prangt mit reicher Vegetation und trägt daher den Namen der 


478 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


grünen Berge in der That; alle andern find ohne Gehblz, 
unfruchtbar. Feldſpath und Glimmerfchiefer maden ge— 
wöhnlich die Beftandtheile der untern, primitive Kalkfteinfor= 
mationen die der obern Reihen aus. 

Bon dem Küftenflriche nordwärtd Sib weichen die Bergzüge 
am weiteften gegen Weit zurüd; daher dort dad Tehama over 
Niederland, in einer Breite von S bis 16 Stunden, oder ein bis 
zwei Tagereifen, eben den Namen Batıra, d.h. Uferebene (rich- 
tiger Bätina), erhalten hat. Diefe fteigt in ſehr allmähliger Erhe— 
bung, doch auch von der Meeresfüfte Iandein, bi zum Fuß der 
Hauptgebirgsfette. Sie wird von einigen Flüſſen durchzogen, die 
wenigfteng einen Theil der nafjen Jahreszeit hindurch ihre Waſſer 
618 zum Meere führen. Don continuirlichen Flüſſen lernte ſchon 
Niebuhr in ganz Oman nur zwei fennen, den fehr Furzen Kü— 
ftenfluß bei Cap Kuria (Mafora bei Niebuhr) und ven bei 
Sib, deffen Waller weiter aus dem Innern des Landes vom Oſt— 


abhange Dichebel Achdar Herzufommen feheint. Diefe Flußarmuth 


fcheint Wellfted zu betätigen 22). 

Hinter jenen genannten Bergzügen, d. i. auf der Süd-— und 
Meftfeite derjelben, finden fich nur wenige Eulturftellen und wenige 
Städte, gegen den Nand der großen Wüfte, welche hier die 
Weſtſeite von Oman begrenzt und wol zur norböftlichen Ausbrei— 
tung der el Ahkaf (f. ob. ©. 165, nach Ißtachri, und ©. 269) 
gehören mag. Wellfced blickte, jagt er, an einem fehr hellen Tage 
vom Gipfel des Dichebel Achdar, den er erftiegen hatte, weit über 
die Wüfte in SW. von Oman hin. So weit dad Auge reichte, 
dehnten fich die unabfehbaren Ebenen von locderem Triebjand aus, 
die faum die Fühnften Beduinen zu durchziehen wagen. Kein Hü— 
gel, Fein Wechfel der Farbe zeigte fich, nur einfürmige Grabesöde. 

Einen großen Theil von Oman muß man auch Wüfte nen— 
nen, in dem aber viele Dafen und fruchtbare Thaler zwifchen den 
Bergen liegen; zwar oft weit augeinander und oft nicht angebaut, 
vieled aber auch des Anbaues nicht fähig. Zwiſchen den Bergen 
und der großen Sandwüſte im Weſt liegt dürre Ebene, die fandig 
und Iehmig ift, Die, wenn fie fehon einzelne faftige Kräuter trägt, 
doh im Ganzen fchlechte Weide bietet. Die wildſchießenden Re— 
genftröme wälzen nur Kalffiefelblöde und Geröl, daher an ihrem 
Uferfaum fih aud nur wenig Vegetation anzufledeln pflegt. 


122, Mellfted, Reif. I. Not. 138 bei Nödiger ©. 188. 


Arabien; Omans Oaſenreihe. 479 


Nur im Niederlande, wo mehr Warferreichthbum, ift auch Des 
‚getationsfüle; ganz Batna hat daher viel Getreivebau; die Ufer- 
ebene, von 40 geogr. Meilen Länge gmwifchen Sib und Chorfa- 
fan und ein paar Stunden Breite, ift eine ununterbrochene Reihe 
‚von Dattelpflanzungen; und oft werden die Palmen von Oman bei 
arabifchen Autoren gerühmt. 

Einen ganz andern Character hat das Fruchtland hinter der 
Gebirgsreihe; hier durchzog Wellſted von den Sigen der Beni 
Abu Ali im Süvoft, gegen Nordweſt bis Neswa oder Niſſu— 
wa am Dſchebel Achdar, eine lange in gleicher Linie aufeinans 
der folgende Dafenreihe?). Die meiften diefer Dafen waren in 
linglicher Form (unftreitig den Längenthälern in der Gtrei- 
chungslinie der Bergzüge entiprechend), fließen in rechten Winfeln 
an die Ströme (melde in Querthälern durhbrachen?), durch 
melche fie bemwällert wurden. Sie hatten meift nur einen Umfang 
von einer bis etwa Drei Stunden. Die Art fie zu bewäfjern 
geſchah durch jene antife Art unterirdifcher Wafferftollen 
mit Luftlöchern; die wir am Kopais-See in Lariffa bewunder- 
ten, die in altperfifcher Zeit am Elburs fo einheimifch waren, daß 
fie, und das damit in Verbindung ftehende Recht der Bewäſſerung, 
ſchon dem Polybius befannt war (Erdk. VI. ©. 466); nur auf 
der Inſel Karraf (ſ. 0b. ©. 462) und hier auf arabifchem Boden ift 
und diefe Art der Irrigation vorgefommen, wo an beiden Orten 
einft perfifcher Einfluß, eine Zeit lang wenigftens, vorberrfchend 
war. DBielleicht daß daher audy hier dieſes fo eigenthümliche Ir— 
rigationsſyſtem ſtammt. Einige diefer fubterreftren Waſſer— 
ſtollen (Keriſes der Perſer) oder Feledſch?) der Araber, find 
in gemeinſamen Beſitz der Gemeinden; andere ſind nur das Eigen— 
thum Einzelner, oder geſchloſſener Geſellſchaften. Nur ſelten be— 
dient man ſich hier der verſchiedenen Mechanismen zum Herauf— 
ziehen der Waſſer aus Brunnen durch Maſchinen, Schöpfräder oder 
Zugochſen, wie in Indien und am Euphrat, oder im übrigen Aras 
bien, wie 3. B. in der Nähe ver Stadt Maskat, fondern meift Dies 
jer fo Eoftbaren Feledſch, wahre Beläftollen oder Tunnels. Der 
Imam ſelbſt Hatte vor furzem zu Omm Tajef einen folchen ane 
gelegt, der nach Wellſted's Grkundigung 40,000 Dollar gefoftet 
hatte und doch nicht den gehofiten Zwed erreichte, da fein Waffer 
zu falzig war. Ihre Zahl it aber im nörplichern Oman geringer; 


) Wellſted, Reif. a. a. ©. 1. &.1%0. **) Ebend. ©. 190,192. 


480 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


die Nebencanäle, die fie zu fpeilen Haben, Liegen in der dürren 
Jahreszeit oft Teer, oder find nur fehr feiht. Des Wafler hat 
hier größten Werth; daher viefe FoftGaren Anlagen. Jeder dieſer 
MWafferbrunnen, fagt Keppel?5), jei mit einer Art Baftion over 
Feſtung zur DVertheidigung gegen ven Feind umgeben, der fonft 
leicht die ganze Stadt verdurften machen könne. Es erinnerte ihn 
diefer Gebrauch an den der Hebräer, auch jolhe Brunnenthürme 
zur Vertheidigung in den Wüften zu erbauen, wie died Uſias 
that (2.8. d. Chronif 26, 9), da es ſtets erfter Kriegsgebrauch 
war, dem Feinde die Wafferbrunnen zu verftopfen (2.8. d. Kön. 
3, 24), wie dies im Lande der Moabiter zu Jorams Zeiten ge= 
ſchah. In Nachl, nahe Burka, erfuhr Wellfted, wurde in 
einem Sommer innerhalb 14 Tagen, für eine an jedem Tage nur 
einftündige Geftattung der nächtlichen Bewäſſerung 400 Dollar 
bezahlt, und diefe Zeit, da man Feine Uhren hat, nad) vem Kauf 
der Sterne beftimmt, deren vorzüglichfte fie fehr genau nach ihren 
Auf- und Untergange Fennen. 

Die Hige in Masfat, das überall von nackten Felſen um— 
fchlefen, fteigert fich Durch die Neverberation des Sonnenftrahld 
zur brennenden ©lut, die z. B. am 10. April, Abends 5 Uhr, nah 
Wellſted's Beobachtung 26), bei völliger Windſtille 32° 89' R. 
(106° Bahrh.) erreichte. Sie würde unerträglich fein, wenn fie 
nicht vorberrfchend durch erfrifchende Seewinde abgefühlt 
würde. Während Fraſer's Aufenthalt dafelbft, im Juli, ftand das 
Thermometer gleichmäßig 27) zwifchen 26° 67‘ und 31° 11’ R. (92 
Hi8 102° Fahrh.); des Nachts wurde die Hige durch die heißen 
Landwinde faſt erftiend; fie bringt den Fremden bei längerm 
Aufenthalte entfchieven Fieber und andere Sranfheiten. Auch die 
Einheimischen, welche durch Veränderung der Wohnungen auf die 
benachbarten Berghöhen folchen bösartigen Einflüffen zu entgehen 
juchen, leiden nicht weniger davon; vor allem aber bewirft bei ih— 
nen der rückprallende, blendende Sonnenftrahl von den nackten Fels— 
mauern, die Hitze und der Staub die vorberrfchenden Augen— 
franfheiten; viele find ganz erblinvet und ein Zehntheil ver 
Einwohner, meinte Keppel 28), habe wenigitend den Gebrauch des 
einen Auges verloren. Der Schmutz des Volks, der völlige Man— 


?®) G. Keppel, Person. Narrat. I. p. 23. 26) Mellfted a. a. O. 
I. ©. 217. ?’') Fraser, Narrative I. c. I. p.1l. °°) G. Kep- 
pel, Person, Narrat, I. c. I. p. 18; Wellfted, Reif. I. ©. 216. 





Arabien; Omans Naturproducte, 481 


gel an Xerzten, ſelbſt an Chirurgen, meint Wellfted wol mit 
Recht, Haben großen Antheil an dieſem Uebel. | | 

Negen??) fült zwar in Oman während der Winterzeit, von) 
Detober bis März, doch jelten mehr ald 3 bis 4 Tage im Mo- 
nat, wo ed dann abwechjelnd jehr Heftige Stürme giebt. Die Hoch— 
gipfel des Dihebel Achdar hemmen den Wolfenzug, und daher 
gießen fi über ihnen reichlichere Regen Kerab und geben ihnen 
das faftige vegetabilifche Grün, während die Regenbäche von den 
nievern Höhen zu heftig und ihre Betten zerftörend hinabraſen, um 
einer Ufervegetation günftig zu fein. In der Winterzeit deckt auch 
Schnee und Eid dad Hochgebirge und firirt dadurch wol nicht 
weniger den dortigen Boden, während die niedrigern Höhen von 

Regengüffen nur abgewafchen werben. Im März verbreiten fich nicht 
ſelten Hagelmwetter über die Ebenen. Im den Nächten negt ver 
reichliche Thau oft das Land gleich einem fanften Regen. In der 
Müfte aber jenfeit der Bergzüge ift meift ein wolfenleerer, ganz 
- Harer, tiefblauer Simmel, in dem dad Funkeln der Sterne außer— 
ordentlich, worüber ſchon Niebuhr 30) Beobachtungen in Masfat 
anftelte. Die TZageshige war in den Wüften Oman fehr ges 
fteigert, dagegen die Nachtfälte, wie in allen Sandgegenden, vefto 
empfindlicher, je größer jene ift; aber Fieber find in ver Sandwüſte 
unbefannt, und der Beduine, der auf dem Sande feine Nacht 
durchichläft, gewinnt neue Lebenskraft durch die reine, freie Luft, 
die er dann fchlafend einathmet. 

Dman ift reich an Producten, wenn es ſchon arm an Flüſſen 
und fließenden Waffern, doch nicht eben arm an Quellen ift, und 
wo Waffer fich findet, va ift auch üppige Sruchtbarfeit und Vege— 
tationdfülle. Jeder Brunnenquell ift mitten in feiner rauhen, Elip= 
pigen, jchwarzen Umgebung doch durch eine, wenn ſchon nur Fleine, 
grüne Dafe verfchönt, in der Obftgärten, Waizenäder, 
Dattelhaine ſich zeigen und mit Gehegen umgeben find. Unter 
den Bäumen wird der Boden, wo Bewällerung ift, ſtets feucht ge— 
halten, jo wie auch im offenen Felde, mo Waizenernten und Zucker— 
rohrpflanzungen zur Neife der Sonnenftrahlen eben jo wie ber 
Bewäfferung bedürfen. Waizen wird Ende Oftober gefärt, und 
Anfang oder Mitte Mai ift die Ernte; wo gute Bewäflerung, kön— 
nen auf die eine Waizenernte noch zwei Durrah» Ernten folgen. 





—— Reiſ. a. a. O. J. S. 218. 0) Niebuhr, Reifen IT, 
. 81. 


Nitter Erdkunde XII, Hh 


J 


482 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


Gerfte wird einen Monat fpater gefüet. Neid wird bier faft gar 
nicht oder doc) nur fehr wenig gebaut 31), unftreitig weil hier doch 
die ihm nöthige reichliche Unterwafferfegung fehlt. Doch auch 
Waizen wird nicht hinreishend gebaut, obgleich er in den Oaſen 
15 bis 20fültigen Ertrag giebt (eben fo die Gerfte, die Durrah 30 
bis 40 fältigen). Aus Berfien, Meran, Indien muß Waizen und 
Reis eingeführt werden. Die Ackerwerkzeuge find hier nur roh, 
wie im übrigen Arabien; der Pflug verfelbe wie in Jemen; ver 
ausdreichende Och ift hier ohne Maulforb, wie nach Moſes Geſetz 
(5.8. Mofe 25,4). Auf dem Hochlande des Dichebel Achdar 
ift diefelbe Terraffencultur, wie fie in Paläſtina vorherrfchend 
war, und noch in China (Erdk. II. ©. 118; IV. 680), durch Ober: 
indien (Erdk. II. ©. 870), Syrien, bis zum Apennin in Italien, 
bet fo vielen patriarchalifch gebliebnen Völkern im allgemeinen Ge- 
brauch ift. Hier werden Früchte erzeugt, die andern Theilen Ara— 
biens fehlen; auch jorgfältigerer Ackerbau findet ſich da in weit— 
läuftigern Aderfluren um Minah und Neswah am Süd- und 
Weſtfuß diefer grünen Berge. 

Waldung fehlt Oman gänzlich; nur hier und da zeigen fich 
in dem Flachlande fparfame Büſche und Bäume, felten dichtere Aca= 
eiengehölze oder Mimofen (Babul) im bergigen Gebiete ver 
füdlichen Beni Abu Ali. Tamariskengebüſche find am häufig- 
ften (Tamarix orientalis, der gallica fehr ähnlich nach Wellſted, 
Ethl der Araber bei Forskal), ja überall; Blätter und Zweige 
dienen dem Kameel zur Nahrung. Diefe Ethl und die Nebif 
(Lotus Napeca; Sidr der Araber) wachſen noch am meiften in 
den Betten der Flüſſe. QTamarinden zeigen fih nur hier und da 
als große, weitgefpreizte, fchöne Bäume, unter deren Schatten zu 
ſchlafen der Araber wie der Inder für gefährlich Halt. Die Myr— 
the jcheint ganz zu fehlen 32), die doch im gegenüberliegenden Per— 
fin um Schiras und Bender Abaſſi fo Häufig ift, daß man ganze 
Schiffsladungen mit Säden vol Myrthenblättern von da nach 
Maskat überſchifft, wo Wafjer daraus bereitet werben zu Ablu— 
tionen. Die einzige zu Zimmerholz hoch wachſende Dattelpalme 
ift nur ein ſchwaches Gurrogat, da der Stamm zu weich ift, fich 
biegt und fo leicht in Fäulniß übergeht. An aromatifchen und 
officinellen, duftenden Kräutern und Büfchen fehlt es nicht; milder 


229) Wellſted, Reif. I. S. 191, 201. *2) Aucher Eloy, Relations de 
Voyages en Orient, Ed. Jaubert. Paris, 1843. 8. Sec.P. p. 541. 


Arabien; Omans Gewächſe. 488 


Lavendel, Wermuth, Rautenarten, arabiſcher Jas min (Mi- 
chelia Champaca Linn.), wegen des Duftes bei den Araberinnen 
fehr beliebt, Caſſia Sena (Cassia lanceolata oder Sena Mekki) 
und andere Gemächje find haufig, auch die Aloe (Suceul oder 
Schekl der Araber) 33) wählt an allen Ufern der NRegenftröme. 
Wellfted Hält fie für Alo& spicata, diefelbe wie auf der Infel 
Socotra und Jemen; doch Hat fie hier nicht eine braune, ſondern 
meergrüne Farbe, ift fehr faftig, doch nicht fo tief geferbt wie 
jene, und aus ihrem Saft wird gegen ven der Socotora-Aloëe we— 
nig gemacht, da er faurer ift ald jene Sorte. Aber im Ganzen 
ift die Flora von Oman arm; der Pflanzenſammler und Botanifer 
Aucher Eloy 3% fchreibt an Brogniart: gegen die Nadtheit 
der Küften von Oman fer die Wüfte des Sinai ein Garten zu 
nennen; er felbft fammelte während feines dortigen Aufenthaltes 
nur drittehalbhundert Kräuter, worunter auch hochſtämmige Bäume 
waren, und meint, die ganze Flora werde fich nicht viel über 500 
Specied belaufen, unter denen er freilich gar manches Neue fand. 
An Nutzgewächſen, wie Mais, Linfen u. a., und Obftarten 
fehlt e8 in Oman nicht; doc, find ihre Gemüfe fparfam; von eu— 
ropäifchen Arten eultiviren fie nur Zwiebeln, Nadies, Erbien, 
und einheimifche Gemüfe haben fie nur zwei Arten von allgemeis 
ner Benugung: Lablab und Corchorus olitorius, nah Aucher 
Eloy. Ihre fchönften Brücte ver Tamarinden und Mango 
fommen doc) denen Indiens nicht gleich; doch giebt es fehr ſorg— 
fältige und. meitläuftige Bflanzungen von Bananen (Musa para- 
dis.), Amba (Mangifera indieca), Granatäpfel; dagegen find 
Duitten bier fo vorzüglich, daß fie nach Invien ausgeführt wers 
den, eben fo Piſtacien (Erdk. XI. ©. 562); Agrumi giebt es 
mehrere Arten; von Orangen giebt Wellfted vreierlei Sorten 
an, von Citronen 4 bi8 5, die fehr groß werden, aber auch fehr 
Feine, doch ungemein faftreiche; der Limonenbaum) (Kemun 
der Araber nad) Forskal, wahrfcheinlich Limpäfa im Sandfrit) fcheint 
erft über Perſien eingeführt zu fein und ift hier weniger allge= 
mein; Pifang, Granatäpfel, Trauben, dreierlei Arten 36) 
nannte Niebuhr, Räske, Helali und Bagal Selali, Owen 
auch Kismifſ, d. i. Fleine Traube ohne Kern, Mandeln, Fei— 


>) Wellfted a. a. DO. I. S. 196. °*) Aucher Eloy, Relat. de Voy. 
en Orient, éd. Jaubert. Sec.P. p. 573,667. *") Röpiger, Not. 
151 in Wellfted, Reif. a. a. O. I. S. 197; Fraser, Narrat. I. p.8; 
Owen, Narrat, I. p. 338. 0) Niebuhr, Beſchr. v, Arab. ©. 295. 


52 


484 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


gen, Wallnüffe, Waffermelonen find Hier in großem Ueber 
fluß; auch Baummolle und Zuckerrohr wird hier gebaut; vie 
Kartoffel ift noch nicht eingeführt. Auf den Berghöhen von 
5000 Fuß verfchwinden die tropifchen Baume, wie die Balmen und 
andere, und an ihrer Stelle treten, wie auf dem Dſchebel Achdar, 
die Obftarten der temperirten Zonen hervor; fo nach Aucher Eloy 
um Seyk der Nußbaum, Beigenbaum, Mandelbaum, 
Aprikofe und felbft der Kirfchbaum >”). Hauptnahrung find 


aber doch nächſt Waizen die Datteln, die hier in Menge in 


großen Palmpflanzungen die Küfte entlang erzeugt und auch nach 
Indien ausgeführt werden, von denen man aber auch ‚viele von 
Bafjora und Abufchähr hierher einführt. Die Oman-Dattel 39) 
wird für vorzüglich gehalten; die jchönften Sorten von Weine 
trauben und die golofarbigen, frifchen, reifen, großen Dattel= 
trauben 39) find die erauiclichften Geſchenke, welche der Imam, 
in Booten, den zum Befuch an feinem Geftade angefommenen Gä— 
ften entgegenfchieft. Uber Die getrosfneten Datteln und Rofinen 
find nur zu oft fchimmlicht, um für Schiffsleute erquickliche Nahe 
rung zu fein. Nach den Dattelbäumen wird der Werth der 
Ländereien berechnet; jeder Baum wird zu 7 bi8 10 Dollar Werth 
angefchlagen, fein Ertrag jährlich zu 1 bis 1%, Dollar. Dana 
ift das Einkommen und dad Befigthum leicht abzufchägen. 

Die Fauna fcheint in Oman nichts eigenthümliches darzu= 
bieten, das nicht im Übrigen Arabien auch anzutreffen wäre. In 
den Ebenen Schafale, Füchje, Hafen, Antilopen, Jerboas, 
in den Klüften und Höhlen Hyänen, felten wilde Schweine 
in den Sumpfitellen, auf dem Hochgebirge des Dichebel Achdar 
wilde Ziegen und eine Fleine Art Panther; große Raubthiere 
fehlen. Maulthiere, Rinder, Truthühner, Gänſe, Enten, 
Haustauben und Bienen, fagt Aucher Eloy *%), fehlen noch 
gänzlidy in Oman. 

Heerdenthiere, wie Schafe von vorzüglicher Güte, Zie= | 
gen find in Ueberfluß; aber Schweine fehlen ganz*), Rinder, | 
von der indifchen Art mit dem Höcker, gleich den Zebu, find nicht | 
eben häufig, ihr Fleiſch ift fehr velicat und Hat feinen Fifchgeichmad, ' 
wenn fie auch mit Fifchen gefüttert werben, wie Keppel ausprüds 


2) Aucher Eloy, Relat. II. p. 564. °®) Fraser, Narrat. I. p. 17. | 
°°) Edm. Roberts, Embassy 1. c. p. 351; Owen, Narrat. I. p.338. 
*) Aucher Eloy, Voy. en Orient. II. p.568. *') Edm. Roberts, 
Embassy p. 358; Fraser, Narrat. I. p. 18. | 

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| Arabien; Omans Hausthiere. 485 


lich bemerkt #2); andere Arten fehlen aber, ſelbſt ver Büffel ) ift 
in Oman unbefannt; der Mangel an Viehfutter wird wol eine 
Haupturfache ihrer fparfamen Verbreitung fein, denn nur gedörrte 
Fiſche und zermalmte Dattelferne geben dad Hauptfutter ab, 
Gras, Heu, ſelbſt Schilf ift um Eeinen Preis in Oman feil. Selbft 
auf dem Dſchebel Achdar ſah Aucher Eloy nur wenige Kühe, Schafe 
gar nicht; Viehfutter wie Luzerne (Medicago sativa) wurde unter 
dem Schatten der Palmen ausgefäet. Der Efel nebft vem Kameel 
iſt dad mwichtigfte Laftthier in Oman, wo die Pferde keineswegs 
fo zahlreich wie im übrigen Arabien find. Nur ver Imam hat 
treffliche Pferdezucht, die jchönften Stutereien, und ift Eigenthüs 
mer aller Pferde feiner Beduinen-Cavallerie. Er baut Lucerne— 
flee**) und ift der einzige Beſitzer dieſes Futterfrauts im Lande, 
mit dem wie mit Datteln feine Pferde gefüttert werden. Die Haupt 
geſchenke, die der Imam macht, beftehen in Waffen und ſchönen ara= 
biſchen Pferden, wie foldhe 3. B. der englifche Gouverneur in 
Bombay zu erhalten pflegt, Die aber viefer, da er von fremden Po— 
tentaten Feine Geſchenke annehmen darf für die oftindifche Compagnie, 
und gewöhnlich zu enormen Preifen (Erdk. XI. S. 1070), zu ver- 
fteigern pflegt. Der Efel®) ift hier groß und flarf und wird 
wegen des Lafttragend und als Neitthier wegen feines fchnellern, 
kurzen Trotts, ald der Kameelöfchritt, diefem noch vorgezogen. Der 
Ejel Iegt hier 3%, Mil. engl. in einer Stunde zurüd, während 
dad Kameel nur 2°/,; auch hält er dies den größten Theil des 
Tages aus. Er ift groß und flarf und wird der Race von Bah— 
rein faft gleich geachtet; auch wird er ſehr häufig von hier nad 
Perfien und Isle de Brance ausgeführt. Der gewöhnliche Preis 
ift das Stück von 15 bis 50 Dollar. Da es an großen Küften- 
fahrzeugen und an fichern Hafenftelen fehlt, fo findet die meifte 
Verbindung und der meifte Transport auf Omand Geftadeland. zu 
Lande auf Efeln 36) ftatt. Gegenwärtig fcheint das Fleiſch des 
Eſels Feine Speife mehr zu fein wie zu Ebn Batuta’s Zeit (f. 
ob. ©. 374). Die Oman=Kameele find nicht weniger audges 
zeichnet als die Eſel; Kameele gelten überall in Arabien als un— 
ſchätzbare Gaben der Natur; die von Oman find berühmt wegen 





Fr G. Keppel, Personal Narrat. I. p. 24. +3), Mellfted, Reif. I. 
S. 213; Fraser, Narrat, I, p. 9. 9) Capt. Owen, Narrat. I. 
p-338; Kdm. Roberts, Embassy p. 358. 5) Mellfted, Reif. I. 
©. 161. *°) Aucher Eloy, Relations de Voyages en Orient, 
ed, Jaubert, Paris, 1843, Sec, P, p. 546. 


486 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


ihrer Stärfe und Schnelligkeit”). Nedſched ift eben fo wol das 
Zuchtland des Kameels wie des Pferdes, aber das omanifche Ka— 
meel ift in den Gefängen der Araber als das flüchtigſte geprie- 
fen. Seine Beine find jchlanfer und gerader, feine Augen hervors 
ftehender, funfelnder ala bei der gemöhnlichen Nace; feine edlere 
Abkunft ift unverkennbar bei dem erften Anblick. Faſt unglaub— 
liche Beifpiele werden von ihnen als Hiftorifche Thatſachen ange— 
führt. Gin Dromevdar des Imam follte einen Courier von Sib 
nah Sſohar, 6 gewöhnliche Tagereifen, in Zeit von 36 Stunden 
getragen haben. Wellfted fand in Oman die mittlere Schnellig« 
feit der Saramanenreifen größer als in andern Theilen Arabiens. 
Mit einer guten Uhr notirte er mehrmald genau die Zeit, die zum 
Marſche zwifchen 2 Ortfchaften gebraucht worden, die in einerlei 
Meridian lagen, und deren Breite er genau beflimmt hatte. Das 
Nefultat war: 2, bis 2°, geogr. Miles (60 auf 1 Breitengrad) 
für vie Stunde, und dies flimmt mit Burckhardt's Beobachtun— 
gen (auch mit Rennell, f. Erdk. X. ©. 1101). Aber- gewöhnlich 
reiten die Beduinen in Oman auf ihren Reifen einen flärfern, 
raſchern Trott von 6 bis 8 Mil. die Stunde; diefen können die 
Thiere 20 bis 24 Stunden hintereinander audhalten. Wenn es 
nöthig wird, fleigert fich ihre Schnelligkeit aud) 6i8 zu 13 und 15 
Miles auf die Stunde. Das weibliche Kameel fol noch flüchtiger 
jein al8 dad männliche, dieſes aber feuriger. Ihr Mittelpreis ift 
bier 30 bi8 50 Dollar; aber bei großem Körperbau und flarfer 
Bruſt, die hier ald die erfien Vorzüge gelten, fleigt ihr Preis auch 
bi8 zu 140 Dolar. Sie ſchmücken den Naden diefer Thiere 48) 
mit einem Bande von Tuch oder Leder, mit darauf in Halbmond 
aufgereihten und aufgeſtickten Kaurijs, fo wie die Schechs fie mit 
Silberzierrathen behängen, vie im Kriege eine gute Beute ab 
geben; woraus die arabifche Phrafe: „mondgleiher Kameel— 
ſchmuck“ fich erklärt, und manche Stelle de3 alten Teftamentes 
(wie DB. d. Nichter 8, 21, wo bei einem Ueberfalle der Midianiter 
gefagt wird: „und nahm die Spangen, die an ihrer Ka= 
meele Hälfen waren”) ihre Grläuterung erhält. 

Bon zahmen Geflügel in Oman fah Wellfted nur gemeine 
Hühnerarten®) in Ueberfluß, aber feine andern, Feine Truthüh— 


— — 


“n Wellſted, Reif. a. a. O. I. ©. 202. +) &bend. I. ©. 209; 
v. Hammer: PBurgftall, W. 3. XCIH. 1840. ©. 18. 9), Mellfted 
9, a. O. ©, 214; Edm. Roberts, Embassy L. c. 


Arabien; Omans Fifchreichthum. 487 


ner, Feine Enten und Gänfe, wol aber viel wildes, wie Feld— 
tauben, Kiebite, Wachteln, Rebhühner, Faſanen in gro— 
ber Menge; auch Waffervögel, Raubvögel, Adler, breierlei 
Geierarten; die See aber von zahllofen Schaaren der Seevögel 
bedeckt, wie von einem großen Neichthum und einer größten Mans 
nichfaltigfeit von Fiſchen durchſchwärmt, die er mit denen der in« 
difchen Meere für gleichartig hielt, und vie Hier zum Füttern des 
Viehs, wie zum Düngen der AederS0) benugt werden. Zus 
meilen, jagt er, zeige fih auch die Sardina (Sardelle) bei 
Dman wie im mitteländifchen Meere, verfchwinde aber dann mies 
der. Auch Frafer erftaunte über dad Wimmeln der gevrängten 
Fifcharten (zumal Heringsarten, Pilchards), die im Schatten der 
Schiffe im Hafen von Maskat Kühlung juchten; er rühmt vie treffs 
lichen Auftern und Mufcheln, die dad Meer Hier zur Nahrung dar— 
biete. Eben darum folgen viefen Eleinern auch die größern Raub— 
fifche nach, zumal die gefräßigen Haififhe (See-Mandulia, 
d.h. See-Mandarine, eine characteriftifche Benennung der Chis 
nefen für viefe Thiere), welche felbft den Hufen von Maskat für 
Menjchenleben ſehr unficher zu machen pflegen. Als der amerika— 
nifche Embaſſadeur E. Roberts fich dort aufhielt (im 3. 1834), 
hatten fich ein Paar große Wallfifchest) (Männchen und Weib« 
chen, die fin fack Whales) ganz gefellig der Omanfüfte genäbert, 
und pflegten feit 20 Jahren jeden Tag ihre harmlofen Wanderzüge „ 
durch dad Gewäſſer des Hafens zu machen, aud dem während dies 
fer Zeit durch fie die Haififche verfcheucht blieben. Diefe dem Volk 
als Wohlthäter erfcheinenden Thiere, die fich zumeilen hoch aus 
dem Waſſer emporbäumten, wurden von ihnen Tom genannt, 
brachten aber nie die mächtliche Schlafzeit im Hafen zu. Blieben 
fie einmal auf einige Zeit aus, fo waren die Haifiſche fogleich wies 
der da, weil fie jenes omanifche Küftenmeer in jo großer Menge 
durchſchwärmen, daß bis zum flachen Nas el Had von den Ichthyo— 
phagifchen Arabern unzählige Barken auf ihren Bang ??) ausgehen, 
da ihre Finnen, Haut und Zähne einen guten Marktpreis bei 
den Ghinefen haben. 

Der Boven Oman fcheint noch am menigften Gewinn aus 
dem Mineralreiche varzubieten; Niebuhr führte jedoch ſchon in 
der Nähe des Cap Kuria einen Ort Goaber auf, bei welchem 
N . 


*) Niebuhr, Beſchr. v. Arab. S. 295. 51) Edm, Roberts, Em- 
bassy I. c, New-York, 1837. 8. p. 355. »») Cbend. p. 351. 


488 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 66. 


eine Kupfergrube 5), und bei Langſof, wo eine Bleigrube 
bearbeitet wurde. Dad DBleierz, fagt Wellfted, ſei auch ſil— 
berhaltig. Von den verfchiedenen Metallgruben, die man indges 
jammt vernachläfftge, bemerft er, werde gegenwärtig nur eine eins 
zige, die bei einem Eleinen Dorfe am Wege von Semed nad 
Neſswa, alfo an ver Südſeite des Dichebel Achdar Liege, bearbei- 
tet. Auch in ver Nähe von Masfat follen die Berge metallreich 
fein; Edelſteine find noch nie hier gefunden. 

Mas oben aus Ißtachri von Perlen aus Oman angeführt 
wurde (f. ob. ©. 378), jcheint, nad) ©. Keppel>*), allerdings feine 
Beftätigung darin zu finden, daß an der Küſte von Muttra in 
N.W. von Maskat eine Berlfiicherei fich befindet, die einen 
gewiffen Nuhm haben fol, und wo die Perltaucher 91 Secunden 
unter dem Wafjer en tollen; jedoch ift Keppel der einzige 
neuere Beobachter, der hiervon Bericht giebt. Sonft find in neuern 
Zeiten an den Küften Omand feine PBerlbänfe befannt, obwol ver 
Grtrag derer von Bahrein von den Beherrichern Omans in Ans 
jpruch genommen wird, und man auf Speculation auch auf ſüd— 
licher gegen Zanguebar liegende Berlfifchereien gern in Oman 
eingeht. Als Capt. Omen’) die von ihm auf Bazeruta an 
der Weſtküſte Afrikas entdeckte Berlfiicherei dem Finanzier Go— 
lab, des Imam von Oman, zur Kenntniß brachte, unterfuchte Dies 
fer genau die von da mitgebrachten Perlen, und der Imam be- 
ſchloß fogleich dort eine Perlfiicherei anzulegen. Perlen find immer 
auf dem Marft von Oman ein Gegenftand des Handels geweſen, 
aber daſelbſt nicht, wenigſtens nicht in beträchtlicher Menge, ein— 
gefangen worden. 

Handel und Gewerbe —— ſich in Oman auf einer 
niedrigen Stufe der Entwickelung; die Küſte ſteht mit ihrer gerin— 
gen Bevölkerung zu iſolirt von andern civiliſirten Völkern der Erde 
da, fogar noch durch Sandwüften vom ſüdlichen Arabien doppelt 
gejchieden, wie durch Meere. Und, mit Bebuinen und Piraten im 
Rücken, hätte Oman nur erft, gleich eimer Inſel, durch Welt: 
Ichiffahrt zu einer Höhern felbititändigen Ausbildung gelangen kön— 
nen, wenn nicht befannte Hemmungen dies durch alle Jahrhunderte 
der Vergangenheit gehindert hätten. In der Gegenwart erft jcheis 


53) Miebuhr, Beichr. v. Arab. S. 297; Wellfted, Reif. Il. ©. 218. 
°*) G. Keppel, Personal Narrat. I. p. 26. °°) Capt. Owen, 
Narrative |. c. I. p. 343, 


Arabien; Omans ‚Gewerbe. 489 


nen die Elemente zu einem allgemeinern Verkehr nach, außen viel 
leicht den Anfang zu einer günftigen Nücdwirfung nach innen vor= 
zubereiten, feitvem die wichtige und für den großen maritimen 
MWeltverfehr günftige Weltftellung Omand an der großen 
MWeltfiraße, zwijchen Orient und Deeivdent, einige Anerkennung 
gefunden hat, und nicht, wie zur Perſer, Bortugiefen und Türken 
Zeit bier nur rivalifirende, Eleine fich untereinander vertilgende, 
einheimische Wölkerkräfte, durch Partheiungen von außen und innen 
angeftachelt, von Jahrzehend zu Iahrzehend auftauchen und immer 
wieder zu Grunde gehen, ſondern eine, wenigftens feit einem halben 
Jahrhundert ſchon ftabile, einheimifche Dynaftie mit Energie 
und Gonjequenz fich erhoben Hat, die ihre eigenthümliche Stellung 
zu der Nationalität ihres Volks, zu der Toleranz der Relis 
giondpartheien, und zu der Marine wie vem Welthandel, dem 
fie allein ihren Auffchwung verdanken kann, anerkannt zu haben 
fcheint. 

Dman blieb, bis in neuere Zeiten, weit hinter jener höhern 
bürgerlichen wie politifchen, induftriellen wie wifjenfchaftlichen Aus— 
bildung ftehen, die in dem benachbarten Jemen bis in die älteften 
Jahrhunderte hinauf hiſtoriſch befannt, worüber dort, wie felbft 
auh in Hadhramaut, Literatur und Denfmale Bericht ges 
ben. Bon beiden finden wir aber in Oman nirgends die geringfte 
Spur vor. Auf den Bazaren von Oman fonnte Wellften 5°) 
nur bier und da eine Abfchrift des Koran finden, Fein anderes 
Merk altarabifcher Literatur. Zwar ſchreibt man dort fchon, 
doch meift nur, wie zu Mohameds Zeit, auf geglätteten Schulter— 
fnochen des Kameels und mit einer leicht verwijchbaren Dinte. 
Nur einen Schiffscaptain, Sejjid Ibn Kalfan, der zugleich 
Secretair des Imam war, fonnte Wellſted auffinden, ver ein 
practifcher Nautiker und Aftronom war, ſich aber ganz europäifirt 
hatte und felbjt englifche Briefe ſchrieb. Einheimifche Kenntniffe 
fehlen, Unwiffenheit ift allgemein; von der Wohlthat eines Welt« 
verkehrs mit Orientalen und Guropäern audgefchloffen, bewahrten 
die Omaner, mit dem Stolz ihrer Unabhängigfeit, die Einfach— 
heit ihrer Zebendmeife, und bei der Abneigung gegen Aderbau und 
Gewerbe blieben ihnen nur wenige Bedürfniſſe zu befriedigen. 

Der Ruhm des Handelshafens Sfohar, von dem fehon Iß— 
tachri im 10ten und Edrifi im 12ten Jahrhundert ſprachen (1. 


s*) Mellfted, Reif. I. ©. 221, 


490 Weft-Afien, IV, Abtheilung. $. 66. 


ob. ©. 375), ift auf feinen Tal nachhaltig für die Culturentwicke— 
lung Omand gewefen, und durch Portugieſen-Herrſchaft vollends 
noch alles zerjtört worden, was etwa aus jenen Altern Seiten aus 
dem Verkehr mit Indien und China übrig geblieben, obwol es fehr 
wahrfcheinlich ift, daß die niemals für orthodox geltende Popula— 
tion in Oman durch ihr Sertenwefen auch vom begünftigene 
dern Einfluffe ver Entwidelung des glänzenden Khalifenreiches für 
alle Arten ver arabiichen Cultur und Givilifation abgehalten 
wurde. Nur die Küftenanwohner haben, in Folge der Fifcherei, 
auch Schiffahrt und Handel getrieben, der aber wie im älterer 
Zeit in Sfohar, fo in neuerer Zeit fich faft ausfchlieglih auf Mas- 
fat concentrirt hat. Denn die Gefchäfte, welche Heutzutage Sfur 
im Süden, Sib, Burfa, Sſohar und Schiraf im Nordweſt 
von Masfat machen, find unbedeutend. 

Nur wenig Handwerker find im Lande; aber Waffens 
fchmiede, die Frumme Dolce (Oſchenbie), Lanzenfpigen 
und eine Art roher Mefjer liefern, die allgemein im Gebrauche 
find. Auch nicht wenig andre Metallarbeiter, die Kupfergeſchirr 
und den Silberfhmud fertigen, mit dem ſich dort das Volk, 
zumal Weiber und Kinder ſchmücken, ja beladen, da man nicht 
felten Weiber findet, die ihre 15 Ohrringe an jever Seite hängen 
haben, Kopf, Bruft, Arme und Knöchel eben fo verfehmenderijch 
mit Elirrenden Kettchen und Silberſchmuck behängen. Auch Gold— 
ſchmiede fehlen hier nicht, die das feinfte Gold, aber mit gerin— 
gem Geſchick verarbeiten. Dieſelbe Putzſucht ift feit ver Prophes 
ten Zeiten (Jeſaias 3, 16: Darum daß die Töchter Zions ftolz 
find und gehen mit aufgerichtetem Halfe, mit gefchmüdten Anges 
fichtern, treten trippelnd einher und haben Spangen an ihren Fü— 
Ben u. f. w.), der Mahnungen ded Koran (Sure 24, 31) unges 
achtet, und wie fie in ven Moallafas und andern alten arabifchen 
Dichtungen befungen wird, bis heute bei Araberinnen, Abyſſinie— 
rinnen und Indierinnen, wie bei Bajaderen u. a. geblieben. Beſ— 
fere Gewebe von Zeugen zur Bekleidung mußten den Arabern, nach 
dem Periplus (f. ob. ©. 313), im höhern Alterthum zugeführt wers 
den; aber auch heute noch fertigen nur die Männer in Oman 
grobe Gewebe von Baummolle zu Gewändern, Segeltuch u. dgl.; 
höchſtens etwas feinere Zeuge zu Turbanen, Gürtel von Seide 
und Baumwolle, Tuch von Kameelhaar, von verfchiedenen Sorten. 
Dad Bedürfniß ift leicht befriedigt, denn die allgemeine Tracht 57) 


67), Mellftied a. a. O. I. ©, 247. 


Arabien; Omans Bewohner. 491 


find die Lungis, 10 Fuß lang, 26 Zoll bis 3 Fuß breit, roth 
und blau geſtreifte Zeuge, zu 5 bis 10 Dollar Werth, die um den 
Leib gefchlagen und ald Turbane getragen werben. Weiber fpin= 
nen und präpariren das Garn; das perfifche Wort?) Lungi 
(Tanga im Sandfrit Schleppe oder Zipfel des Gewandes) läßt ver= 
muthen, daß diefe geringe Induftrie ihnen nur erft aus Perfien zu= 
geführt ift, woher wol auch die geringe Seidenweberei übertragen 
fein mag, die Wellfted bei etwa 30 Webern in Beni Abu Ha— 
fan vorfand, die in guten Barben, aber in rohen Muftern arbeiten. 
Außerdem führt Fraſer 9) noch eine eigene Art irden Geſchirr, 
Murtuban genannt, hier an, das nach Zanguebar ausgeführt 
wird, und viel Confitüren aud Honig und Zuder, Hulwah genannt, 
wovon überhaupt die Orientalen große Liebhaber find. 

Die Bevdlferung von Oman befteht, wie alle arabifche, 
aus den zwei Sauptklaffen: herumftreifende Beduinen und feft- 
figende Städter und Oaſen-Bewohner, welche heller von 
Hautfarbe find als jene, und fleifchiger als die mehr hagern Nach— 
fommen Ismaels (f. ob. ©.43 u. v. a. D.); doch ift hier, wenn 
fie jhon auch verfchievene Dialekte reden follen, der Gegenſatz zwi— 
fchen beiden nicht fo fcharf Hervortretend, wie in andern Gegenven 
Arabiend. Auch trägt Hierzu vieles bei, daß fich beide mit ver 
Secte der Charidſchi (Chowaridſch bei v. Hammer) oder Be— 
jadhis, die von den ältern Arabern Ibadhis genannt wurden 
(f. ob. ©. 373), vermiſchten, fo daß auch in dieſer Beziehung jeder 
fchärfere Unterfchied zmwifchen ihnen verwifcht ifl. Doc) follen fie, 
nah Wellften 60), einen Unterfchied bewahrt haben, ver da« 
gegen in andern arabifchen Provinzen mehr verwifcht jei, und ver 
bier als eine genealogifch begründete Benennung in den Abtheiluns 
gen der Unmari und Gaafri im Gebraudhe geblieben; davon vie 
erfte mit den Nachkommen Joktans (des Sohnes Ebers), die 
andere mit denen Adnans (Nachkommen Jsmaels) in Verbindung 
gebracht werben (f. ob. ©. 41,44, 52 u. f.), und welche Wellftev 
wieder mit der erjten Klafje ver Aribah und der Muftaaribah 
(f. ob. ©. 57) identificiren möchte. Die Namen der Unmari und 
Gaafri, bemerkt Rödigers1), feien ihm fonft nicht vorgefommen, 
fie müßten denn eher Ohafäri) und Anmäri heißen, doch fei 


m Maple, Not. 169 b. Wellſted I. ©. 223. 9 Fraser, Narrat. 
p- 18. °°) Wellfted, Reif. I. ©. 239. 9 Nödiger, Not. 193 
Wellſted I. ©. 239. **) Niebuhr, Beichr, v. Arab. ©. 298; 

und Wellftev I. ©. 85, 


492 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


Anmar ein Nachfomme Adnans und würde infofern zu den Is— 
maäliten zu rechnen fein. — Sollte in diefer Angabe nicht eine 
verdunfelte oder etwas getrübte Beziehung auf die Mahri (f. ob. 
©. 49), und auf obige Ad, Asd, Aditen, Adäer (©. 44,53, 
54 u. v. a. O.) zu fuchen fein? diefe Gegenjäge im Mahrah-Ge— 
biete Hadhramauts dürften dann aber wol noch viel fchärfer 
als in Oman hervortreten. 

Zwifchen diefen beiden Abtheilungen, hörte Wellfted, follte 
ein gegenfeitiger Haß beitehen; aber auch unter den ſtädtiſchen 
Arabern giebt es fo gehäffige Partheien, die fich fortwährend be— 
fehden, wie die Beduinenſtämme, und eben fo Blutrache üben. 

Der Ackerbau ift übrigens in Oman nicht fo entehrend wie 
3. B. am Euphrat, bei den deshalb fo verachteten Fellahs; auch 
find die Ackerbauer bier eben fo tapfer wie die Beduinen. Die 
Araber in ven Oaſen find ein kühnes, ftolges Gefchlecht, jo edel 
und gaftfrei wie jene, aber eben fo rachfüchtig und reizbar in ho— 
hem Grade, dabei finnlich und ververbt, ohne Treue und Redlichkeit 
im Gefchäftöleben, und nur noch im Puncte ded Gaftrechtö ges 
wiffenhaft. 

Die Städte-Bewohner führen bei ziemlichem Wohlftande ein 
geſelliges, genußſuchendes Leben 63), geben gern Gaſtereien, find 
nicht ohne Sinn für Naturfchönheiten. Im Schatten ihrer Garten 
anlagen ergeben fie fich gern dem Trunf von Wein und Brannts 
wein; Wein wird überall öffentlich bei ihnen bereitet und genoffen. 
Schachſpiel, Kartenspiel, Wahrfagerei, Erzählungen find bei ihnen 
ungemein beliebt. Sie ftrömen dabei über vom Lobe der Muſik, 
doch ohne ſelbſt andere muflcalifche Inftrumente zu haben ald nur 
die roheſte Handtrommel und die Ouitarre mit 6 Saiten. Sie ges 
hören, wie alle Araber, zu denjenigen Völkern des Oriens, die wir 
nie im Zuftande eigentlicher Barbarei, fondern nur des Berfalls 
kennen, bei denen zu allen Zeiten ſchon ein politifches Element, eine 
gewiſſe Givilifation, vorgefunden wird, und bei denen fich doch zu= 
gleich jene urfprüngliche, einfache, patriarchalifche Verfaſſung er- 
halten Eonnte, das SchehensNegiment‘*), welches die Elemente 
der Republik, ver Ariftofratie und eines Königthums in 
fi jo merkwürdig vereinigt. 

Nur die religidfen Verhältniffe Haben fich feit ältefter 
Zeit verändert, die politiſchen und gefelligen find mehr ftationair 


13, Mellited, Reif. J. S. 244 u. f. *) Ebend. ©. 251. 


Arabien; Oman, veligiöfe Secten. 493 


geblieben, und auch jene haben in Oman feine fo wefentlich durch= 
greifende Umwandlung erlitten, wie in andern Theilen der ortho« 
doren und fanatifchen muhamedanifchen Bevölferungen Arabiens. 
Bei den Städtern 65) ift ein ſtarkes Gemifh von Sunniten (Or— 
thodoren, die außer dem Koran auch der Sunna oder mündlichen 
Tradition als Glaubendnorm folgen), von Shiiten (d. i. die nur 
Alt und deffen Nachkommen für die rechtmäßigen Imane und Chas 
lifen halten, alle andern für Ufurpatoren) und Moteewilis (eine 
der vielen ſchiitiſchen Secten, welche ven Koran allegorifch erklären), 
aljo Feine Einheit, und daher ſchon von Seiten des Oberhauptes 
um fo mehr Toleranz ald politifche® Prinzip nothmwendig. Das 
Volk Omans, zumal die Beruinen, gehören aber, wie fchon 
Edrifi und Ebn Batuta zu ihrer Zeit bemerften (f. ob. ©.380), 
zu den Schiömatifern, oder vielmehr zu folchen die niemals recht- 
gläubig geweſen, vie deshalb ſchon in den erften Jahrhunderten 
der Hedſchra Charidſchi, d. i. „Separatiften,” Heutzutage 
„Keber” genannt wurden, ein Name ver deshalb auch anderwärts 
in mufelmännifchen Gebieten, wie ſelbſt in Afrika bis Maroffo im 
Dichebel Muſib wiederkehrt. Hier aber werden insbeſondere jene 
Moslems mit diefem Schimpfnamen von den Sunniten belegt, vie 
fih im Jahre 37 der Hedſchra (d. i. 657 u. Chr. Geb.) nad) der 
Schlacht von Saffain (f. ob. ©. 166 u. X. ©.1077) von Ali's 
Heere trennten. Mi ließ fie zwar verfolgen und umbringen, aber 
angeblich entflohen neun von ihnen und trugen ihre Fegerifchen 
Anfichten weiter. Der Sage nach gingen zwei von biefen nach 
Kerman, zwei nach Sedſcheſtan, zwei nad) Mefopotamien, einer 
nach Iemen und zwei nah Oman. Sid felbft nennen aber 
diefe Abtrünnigen Ibadhi, Ibaphiten (I. ob. ©. 413), nad 
einem Abdallah Ben Ibadh, over Bejadhis (Beiafi bei 
Niebuhr), d. i. „Weifgefleidete,” weil weiß im Gegenſatz 
der ſchwarzen Tracht der Abaffiven.(Erpf. X. ©. 1146) die Stantd« 
Fleivung der Omajaden war. Die Verfuche der Städter, wie ber 
Imame, dieſe ftrengen Charidſchi der Wüſte, die Beduinen, zu ihrer 
Parthei zu befehren, ift zu allen Zeiten mißglüdt; dagegen waren 
viele von ihnen zu der reformatorijchen Parthei ver Wehabis über- 
getreten, deren Krieger» und Plünderleben ihnen mehr zufagte; und 
feitvem die Wehabis fo manche Niederlage erlitten, haben fle ſich 
an andere Secten angejchlofien. 


*s) Rüdiger, Not. 173 und 174, ebend. I. ©, 225— 230. 


494 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. 6. 66. 


Zu jenen Verſchiedenheiten oder Spaltungen, melche durch ge= 
‚ nealogifche und religiöfe VBerhältniffe in der Bevölferung Oman 
bedingt wurden, fommen noch diejenigen, welche die natürlichen 
Folgen der Wohnfige und der Lebensweiſen find. Zweierlei Claſ— 
fen find fo die vorherrfchenden geworden, melche jene wieder modi— 
fieiren mußten, die der Hirtenftämme (Beduinen) und bie der 
Akerbau und Handel Treibenden, die fich beide auch in Dia= 
Vecten und Givilifationsverhältniffen unterfcheiden. Die Grundvers 
hältniffe haben fie jedoch, wie Stammeseinrichtungen, patriarchali= 
fche Oberhäaupter, Scheichregiment, Emigrationen, Spaltungen in 
viele unabhängige Tribud, mit gegenfeitigen Fehden, mit Blut- 


rache, Vefthalten an den Genenlogien, mit allen übrigen arabifchen . 


Bewohnern des Halbinfellandes gemein. Diefem Grundzufammen- 
hange entipricht auch ihr gemeinfamer Kampf gegen jeden Feind 
nad) außen; fei es gegen Römer, wie zu Aelius Gallus Zeit, ge- 
gen Aethiopier oder Perſer, wie in der Periode der Khosroes, ges 
gen Türken, wie im Mittelalter unter den Großfultanen, oder gegen 
den ägyptiſchen Vicekönig in der jüngften Periode. Dadurch, wie 
durch feine an ſich gefchügte peninfulare Lage, feine Wüften und 
Küftenmeere, ift es auch Oman gelungen, jeden Feind von einem 
dauernden Beige feined Bodens zurüdzumeifen und feine Unab⸗ 
hängigkeit nach Außen zu bewahren. 

Auh nah Innen haben Omans zahlreiche Scheichs Meer 
Fürſtengeſchlechter länger ald irgendmo ihre Stammesherrſchaf— 
ten ſich unabhängig zu erhalten gewußt, und auch heute noch ift 
die politifche Oberherrfchaft de8 Imam von Oman nur eine 
fheinbar allgemeine, und in der That nur im Lande felbft eine 
6108 theilmeis anerkannte. Wenn fchon die Scheifhd im Binnen— 
lande Omand dem Imam allen Refpeet bezeigen, fo hüten fie fi 
wohl ihm die geringfte Abgabe zu zahlen. Für Europäer erjcheint 
er ald Sultan von ganz Oman, weil dad Geftade und Die 
meiften Küftenftädte durch feine Marine beherrfcht werben; aber 
landein behaupten noch manche Diftriete ihre Selbftftändigfeit, und 
erfennen ihn nicht einmal in feiner geiftlichen Würde ald Imam 
an, viel'weniger in feiner weltlichen ald abfoluten Souverain; 
wie denn die Beduinenſtämme nach dem Innern zu mehr oder we— 
niger von ihm gänzlich independent geblieben und nicht felten 
mit ihm in Fehde ftehen. Erft Glück und Gefchie haben in ven letz— 
tern Generationen der gegenwärtigen Dynaftie zu ihrer immer mehr 
angemachfenen Macht und theilmeifen Suprematie verholfen. Nies 


Arabien; Omans politifcher Zuftand, 495 


buhr Hat Nachrichten über die Altern politifchen Wirren von 
Oman vor dem Jahre 1765 mitgetheilt, bis auf feinen Zeitges 
noffen Ahmed Ben Sa'id 66); und von da hat Wellfted, wäh— 
rend feined dortigen Aufenthaltes, wiederholte Verſuche gemacht, 
Nachrichten über die neuefte Gejchichte ded Landes einzufammeln 67), 
was aber bei dem Mangel faft aller einheimifchen Annalen 68) und 
biftoriicher Kiteratur feine großen Schwierigfeiten hatte, obwol ver- 
hältnigmäßig doch nur wenige Wechfel auf dem Throne vor fich 
gingen. Hier nur kurz die Hauptzüge, feitvem die Portugiefen im 
Jahre 1658 gänzlich durdy ven Imam Seif aus Maskat vers 
trieben wurden, der zugleich Zanguebar und mehrere Häfen an ver 
afrifanifchen Küfte, auch einige an der perflichen, nebft Bahrein, 
Kiſhm und arivere Infeln im perfifchen Golf eroberte und dadurch 
' den Grund zur erweiterten Herrfchaft ded gegenwärtigen Beherre 
feherd von Oman Iegte. Er Hatte ein paar Nachfolger aus dem 
Stamme ver Ghafari, veren Iehter, Seif, der Sohn des Sul— 
tand, aber fo tyrannifch und unglüclich regierte, und zugleich durch 
wüfted Leben und Weintrinfen fo weit von der mäßigen und keu— 
ſchen Lebensweiſe feiner Vorfahren abwich, daß feine eignen Vers 
wandten und die Welteften feined Stammes, um dem gänzlichen 
Untergange ded Landes zuvorzufommen, den einfichtövollften Mann 
ihrer Zeit, ven Ahmed ibn Sa’id, ven Häuptling von Sfohar, 
in der Wahl eined neuen Imam zu NRathe zogen. Die Verbün— 
deten waren einig in der Wahl des Sultan ibn Murſchid, aus 
derfelben Bamilie des Tyrannen; aber diefer Tyrann, von dem 
Complot in Kenntniß geſetzt, wüthete mit Mord und Oefangen« 
fehaft gegen alle Glieder vefjelben, die er zu erreichen im Stande 
war. Der größte Theil von Oman warf fi) damals, mit gewaff— 
neter Macht, auf Sultan ibn Murfchids Geite, und dem Ty— 
rannen blieb nur nody die Stadt Maskat mit ihren beiden Cita— 
dellen ald Befig übrig, den feine Solotruppen, melden er völlige 
Freiheit im Nauben und Plündern zugeftand, auch tollfühn ver« 


66) Miebuhr, Befchr. v. Arab. II. Landfchaft Oman S. 298— 306. 

7) MWellfted, Reif. a. a. O. I. ©. 273— 279. ) History of 
Seyd Sayd Sultan of Maskat, with an account of the Countries 
and Peoples of the Shores of the Persian Gulf by Sheikh Man- 
sur, a native of Rome, translated from the Original Italian. 
Lond. 1819, foll das einzige eriftirende Werk diefer Art fein, das 
aber Wellfted nicht einmal zu fehen befam. f. Minerva 1821. B. III. 
Mot. 214 bei Wellited I. ©. 262. 


496 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


theidigten. In diefer Zeit fete fich der neuerwählte Sultan ibn 
Murſchid ganz dicht neben Maskat zu Matrach feit, dad auch 
einen großen Hafen hatte, und z0g durch Serabfegung der Zölle 
jehr viele Schiffe dahin. Der Tyrann, in feiner Noth, floh zum 
perfifchen Eroberer Nadir Schah, der einige Monate zuvor mit 
einem Heere von 10,000 Dann einen erfolglofen Angriff auf Mas— 
fat gemacht hatte, und gern bereit war, unter viefen begünftigenden 
Umftänden feften Fuß in Oman zu faffen. Sein perfifches Hülfs— 
heer, im 3. 1746, nach Fraſer 60), Ianvete in Nas el Khaima, 
und marjchirte nach mehrern Schlachten fiegreich bis vor die Thore 
von Madfat, in deſſen Gitadelle aber Seif fein Bundedgenofjen- 
heer nicht aufnehmen wollte Aber im Weinraufch mußten vie 
Perfer ihn zu fangen und zogen ald Herrn in die Citadelle ein. 
Bald fand der Verrathne feinen Tod, aber auch fein Gegen-Imam, 
Sultan ibn Murfchid, der fich zur Vertheidigung nach Sſo— 
har gezogen hatte, wo er bei einem Ausfalle gegen die belagern- 
den Perſer erfchlagen ward. Der Häuptling von Sfohar, Ah— 
med ibn Said, vom Hinnawi-Tribus, Großvater des jegigen 
Imam, vertheidigte fich fo tapfer acht Monat hindurch in feiner 
Vefte, gegen die belagernden Perſer, daß diefe ihn enplich ald Ober: 
bern daſelbſt anerkennen mußten und zum Theil Oman verließen, 
von wo es ihm auch, da Schach Navirs Tod bald darauf den 
ärgften Widerfacher Hinwegraffte, gelang, die übrigen zurückgeblie— 
benen Berfertruppen aus Oman zu verjagen. 
i Den tapfern Befreier Omans vom Joch der Perfer, übertrug 
nun dad Volk und die Xelteften, durch Acclamation, als feinem 
Netter, mit Cinftimmung der Priefter, die nur das geiftliche 
Amt übertragen fönnen, das mit der weltlichen Macht der Secti— 
rer in Oman vereint wird, die Würde des Imam, die er fi 
aber doch erft noch durch blutige Kämpfe gegen andere Gefchlechter, 
die ihre Anfprüche auf dieſe höchfte Würde nicht fo fehnel auf« 
geben wollten, fichern mußte. Auch durch Vermählung mit einer 
Prinzeffin der vorigen Dynaftie-fügte er zu feiner eignen Abkunft 
neue Nechte auf die Serrfchaft des Landes, und regierte 40 Jahr 
mit Glück und Erfolg. Er hinterließ 5 Söhne, davon zwei ihm un« 
mittelbar in regelmäßiger Succeffion folgten. Der zweite, Seyud 
Sultan, Iehnte die geiftliche Würde des Imam ab, warb aber 
doch gewöhnlich Sultan Imam titulirt; er war e8, der von ben 


169) B. Fraser, Narrative of a Journ. I. p. 12. 


Arabien; Omans politifher Zuftand, 497 


Piraten auf der Schiffahrt zu dem Schwefelberge Khamir ermordet 
wurde (f. 0b. ©. 458). Er hinterließ drei Söhne, Sejjid Said, 
der den Thron von Oman beftieg, und auch nach langer Herr— 
Ihaft im Jahre 1840 neh Imam war, und einen jüngern Sa— 
lem. Ein dritter Bruder, der ältere, wurde im Jahre 1808 durd) 
einen Better, Bedr, aus dem Wege geriumt. Anfänglich wurde 
Sejjid Said im ruhigen Befig des Landes durch jenen zu den 
Beduinen geflüchteten und auf die Parthei der Wehabis überges 
gangenen Vetter gar fehr bedroht. Durch die Waffen dieſer We— 
habis mächtig, wollte diefer den Thron von Oman an fidy reißen, 
und dafür feinen Verbündeten einen jährlichen Tribut von 50,000 
Dollars zahlen. Um Ruhe im Lande berzuftellen, fcheint es, ließ 
ibn Sejjid Said, der fchon durch das Oberhaupt der We— 
habiten, Sa’ud, fehr in die Enge getrieben ward, ermorden, we— 
nigſtens verfehwand er und hinterließ feine Anfprüche nur ein paar 
Söhnen, die ſich an das britifche Gouvernement anfchloffen 9). Nun 
erft, da bald darauf auch dieſer Sa’ud, der Chef von Dreijjeh, 
ftarb (im J. 1814) und die Wehabitenmacht durch die Trups 
pen des Vicekönigs Mehmed Ali viele Verlufte erlitten, zogen fich 
aud) die feindfelig gefinnten Beduinen wieder aus Oman in ihre 
benachbarten Wüſten zurücd, wo fie jedocd) immer zweideutige Nach— 
barn geblieben, oder, wenn fie fich auch dem Imam von Oman 
temporair angeichloffen, für die Dauer Fein bejonderer Verlaß auf 
fie zu feßen ift. 

Ginige der angefehenften diefer Beduinenftänme hat Wells 
ftep I) in ihren Sitzen im Binnenlande befucht, und lehrreiche 
Nachrichten über fie mitgetheilt; jo die Beni Hafan, die Abu 
Ali, vie Dſcheneba; von andern bat er nur weniger volljtändige 
Nachrichten einfammeln können. So ftellen die Beni Ghafari 
im Kriege 800 Mann und machen mit ven Jemani und elArabi 
den älteften und evelften Stamm im Lande aus. Die el Arabi 
rühmen fid von ven Koreifchiten in Mecca abzuftammen (ſ. ob. 
&. 22). Die Ghafari flammen aus Nedjchen, wo ihre Haupt« 
linie noch exiftirt, und ihr jegiger Däuptling in Oman, Mufalim 
Ihn Maffu, ver in einem Schloffe bei Minach reſidirt, erfennt 
den Imam nod) immer nicht ald feinen Oberherrn an, und beun— 
zubigt fortwährend das Land. Die Beni Hafan, an 1000 waf- 


"°) Asiatic Journ, 1825. Vol. XIX. p. 781. ) Wellſted, Reif. I, 
&. 32, 41, 50—62 und 255— 259. 


Nitter Erdkunde XII, Si 


498 MWeft-Afien, IV. Abtheilung. $. 66. 


fenfähige Männer, leben in verfchiedenen Städten zerftreut, geben 
ficy aber nur mit Kameelzucht ab, und find nebft den Diheneba, 
den Mejun und den Benisfatub, die Karawanenführer 
von Oman. Ihre Weiber und Sclaven bebauen hier und da dad 
and, fie felbft würden es für fchimpflich halten, died zu thun. 
Die Beduinen der großen weftlichen Wüfte Haben weder Käufer 
noch Zelte, fie leben nur unter dem Schatten der Bäume. Der 
Sohn braucht nicht dem Gefchäfte des Vaters zu folgen; er zieht 
zuweilen den Aufenthalt in der Stadt vor, während der Vater in 
ver Wüfte lebt; den Stamm, zu dem fle gehören, vergeffen fie aber 
nie, und wenn die Beruinen nah Maskat oder nad) andern 
Städten fommen, fo erhalten fie bei folchen Stammverwandten 
- Wohnung und Beköftigung. Bon vielen andern, wol 100 fonftigen 
Stümmen, die in Oman exiftiren follen, jagt Wellſted, konnte er 
gar nichts als nur die Namen erfahren 72). 

Mit Ausnahme von Sfohar, das fehon feit älterer Zeit une 
ter der Serrfchaft eines angefehenen Häuptlings fand, erfannte 
früher ganz Oman die Autorität des jetzt regierenden Imam 
Sejjid (da h. Unfer Herr) Said (er unterfchreibt fich felbft im 
Schreiben 1833 an den Präſidenten der Vereinigten Staaten Andr. 
Zakjon?), Said Bin Sultan), bis im Jahre 1829 Shinaß 
und die von da an nördlichern Küftenftadte das Joch abwarfen. 
Die Stadt Shinaß Hatte fih, zu Wellſted's Zeit (1836), jedoch 
wieder unterworfen, da ihre Verbündeten, die Piraten von Nas el 
Khaima, völig in Ohnmacht verfunfen waren und auch die Weha— 
biten dieſer Küftenftadt feinen Beiftand mehr leiften fonnten. Sie 
hatte eine Garnifon von Beludfchen, Sölönertruppen des Imam, 
aufgenommen, die andern Städte hatten fich noch independent 7*) 
erhalten. Die doppelte Stellung des Oberhaupted von Oman, 
in feiner weltlichen Gewalt wie in feiner geiftlichen Würde, 
blieb die Urfache vieler Partheiungen, denn nicht alle, die ſich dort 
der Gewalt unterwerfen müffen, erkennen darum die geiftliche Würde 
an; die fanatifchen Anhänger der herrfchenden Secte find aber die 
blinden Vertheidiger der Perſon ihres von ihnen erhobenen Imam. 
Die Familie des Oberhauptes muß ald eine geheiligte gelten, vie 
auch durch Obfervanz und Lebensweiſe fih in dem Geruche 
der Heiligkeit erhält. Der Titel des Imam ift bei andern mos— 


2, Mellfted, Reif. I. S. 259. '*”) Edm. Roberts, Embassy p. 369. 
) Wellfted a. a. O. ©. 261. 


Arabien; Omans Imam. 499 


J 


lemiſchen Seeten, die eine Veneration vor dem Geſchlechte der Ab— 
kömmlinge ihres Propheten haben, ein ſolcher, der nur an Nach— 
kommen deſſelben wie an die Aliden übertragen werden kann. Bei 
den Beiaſi, die allgemeine Gleichheit der Geburt und keinen Adel 
in der Familie des Propheten (keine Sherifs) anerkennen, iſt es 
keine angeborene, ſondern eine erſt verliehene Würde als geiſt— 
liches Oberhaupt der Secte. Es giebt aber Stufen ’®) der 
Heiligkeit: ver Imam e Shawri ift ein wirklicher Sanctuß, der 
im Val ver Noth auch als Märtyrer fein Leben für feinen Glau— 
ben Hingeben muß; der Smam e Diffaäi, ver mehr Laie, Fann 
ald Regent im Notbfall auch ver Gefahr entfliehen, ohne an ſei— 
ner Ehre zit Teiven. igentlicye Sancti verehren die Beiaſi aber 
nicht, haben auch Feine Klöfter, Feine Derwifche. Der gegenwärtige 
Imam erhält von feinem eignen Bolfe eigentlich dieſen Titel nicht, 
fondern nur den eined Sejjid, d. i. Fürſt, weil jener Titel nur 
einem folchen gebührt, der fo viel theologische Kenntniffe befigt, 
daß er vor den verfammelten Häuptlingen ald Religiondlehrer pres 
digen kann. Auch darf ein folcher nach ver frengen Lehre nie zu 
Schiffe gehn. Dies letztere darf allenfalls überfehen werden, dad 
erftere ift aber unerläßlich, un die höchſte Stufe ver Heiligfeit des 
Imam e Shamwri zu erlangen, worauf der Iegte Negent Sejitd 
Said Verzicht that, dem aber dennoch deshalb der Titel Imam 
häufig beigelegt wird. Er muß jedoch feinem DVolfe mit ftrenger 
Heilighaltung der Gebräuche vorangehen, pünctlicd die fünf täg— 
lichen Ablutionen und Gebete halten, womit fehr viel Zeit verloren 
geht, einfach gefleivet fein, nie Juwelen tragen, feinen Tabad raus 
chen, feinen Kaffee trinken, ver Liqueure und beraufchenden Getränfe 
fih enthalten, ver Kaaba reihe Geſchenke machen, um vom Sherif 
in Meffa ven Titel Imam beftätigt zu erhalten, ver nie ohne 
Vilgerfahrt oder Eoftbare Gaben verliehen wird, u. a. m. Dies 
letztere geſchah?s) im Jahre 1824, ald ver jegige Chef das Schiff 
Liverpool zu Bombay zu einer Meffafahrt mit den reichften Ges 
fchenfen für die Kaaba audrüftete, worauf ihm dort der Titel 
Imam verliehen wurde, ver ihn nun vor allen frühern Bedrohun— 
gen, vor Meuchelmord und Dethronijation fichern follte, weil feine 
Perſon dadurch zu einer geheiligten erhöhet war, obwol er damit 
immer noch nicht bei der eignen Secte die höchſte Staffel des 


*6) Fraser, Narrat. p. 12; Wellfted, Reif. a. a. O. 1. ©. 10. 
”6) Capt. Owen, Narrat, I. c, I, p. 341. 


312 


500 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 66, 


Imans errungen hatte. Jede Nebellion, jeder Abfall von ihm 
fonnte fonft ohne ſolche Sanction mit einer Anklage von Verlegung 
der firengen Obfervanz bejchönigt werben; die völlige Abfegung vom 
Thron Fonnte ohne weiteres erfolgen, wie dies bei Geif, dem Sohn 
des Sultans (f. ob. ©. 495), der Fall war. Seine Macht mußte 
der Beherrfcher Omand alfo auf andere Weife fichern, um fie vom 
Volk unabhängig und auddauernd zu machen; und hierzu bahnte 
Handel und Seefahrt den Weg. Die Zahl feiner Untertbanen 
giebt ein Bericht vom Jahre 1825 77) zwar auf 460,000 an, wo— 
von aber mehr ald ein Drittheil Sclaven fein follen, und die Män— 
ner nur gezwungen die Waffen für den Imam ergreifen, vie 
Summe jeiner Leibgarden, der Beludfchen, die einzigen welche 
Sold erhalten, nicht 300 überfteigt, deren Anfehn aber Hinreicht, 
ihn in feinen Forts zu fchügen. Auf feiner Flotte dienen auch Las— 
garid, d. i. Inder, ald Bootöleute, zu denen die Araber noch we— 
nig Geſchick zeigten 78). Der Heutige Imam von Oman ift zu— 
gleich der erfte Kaufmann; feine Kriegsfregatten find zugleich 
Kauffahrer und Befchüger feiner Kandelsintereffen, feiner Ero— 
berungen und Golonien. Er hat fi durch Handelsverbindungen 
mit der oftindifchen Compagnie und Nordamerifanern zu Schäßen 
verholfen, die ihm die Feftungsanlagen an den Häfen und Garni— 
fonen von Soldtruppen möglich machen, wodurch er dad Lund im 
Zaum Halt, wie er durch feine große Marine das Meer beherricht. 

Die Attacken der Wehabis, der Beduinen von Beni Abu Ali 
und der Piraten von Rad el Khaima, welche (f. ob. ©. 415) von 
der Randfeite ber dad Supremat ded Imam von Oman beprobten, 
aber zugleich ver oftindifchen Marine fo ververblich wurden, zogen 
dad Bündniß von Oman und dem britifhen Gouvernement 
von Bombay herbei, wodurch diefe Feinde im Nüden von Oman 
zerftört und der Thron des Imam, unter der Protection von 
Bombay, ficher geſtellt wurde. Das Intereffe des Imam blieb 
jeitdem auf das innigfte an Bombay geknüpft, und fo hob fich 
der Handelöitaat, bei der Sicherheit des Eigenthums, melde 
der milde und rechtliche Character de8 ISmam feinen Unterthanen 
gewährte, bei ver Toleranz die er, nach europäifchen Ideen, al« 
len Religionsverwandten in feinen Staaten geftattete, und da er alle 


’77) Asiatic Journ. 1825. Vol. XIX. p. 782. ”*) J. H. Stocque- 
ler, Fifteen Months Pilgrimage in Persia etc, Lond. 1832, App. 
P⸗ 253 — 257. 


Arabien; Omans Imam. 501 


Inſulten von Seiten der Moslemen gegen die Nichtmoslemen be— 
ftrafte. Er benußte den Einfluß der gemwandten Indier, dem diefe 
von jeher auf das dortige Geftade in jo hohem Grave ausgeübt, 
dag dad Hinduftani die dortige Lingua Franca, d. i. die 
Geſchäftsſprache, in allen Hafenorten geworden, das Arabifche 
aber nur die Sprache der Eingebornen blieb, die in den gewerb— 
reichen Emporien und Hafenſtädten die geringere Zahl der Ein- 
mwohner ausmachen. Banianen, die größten Kaufleute auf allen 
arabifchen Bazaren, wurden feine Finanzierd; von ihnen erhob er 
die Geldfummen zu feinen Sanvelsipeculationen, und wies ihnen 
für ihre Anleihen die Wachtungen feines Grundeigenthbumd und ſei— 
ner Zölle an. Als die Juden im indifchen Orient betreiben fie vie 
Einnahmen der 5 Procent aller eingehenden Waaren, von welcher 
Abgabe die Importen des Imam befreit find, ein großer, jedoch 
gegen die Handelöprincipien eines Mehemet Ali von Monopolifi= 
rung immer ſehr mäßiger WVortheil, mit dem der Imam fich bes 
gnügt, bei dem daher fein Vortheil dauernd ift und der Handel in 
fortwährendem Steigen. Doc herrjcht auch bier noch in ver Ver— 
waltung 79) der Provinzen die Einrichtung vor, daß die Statthal- 
ter derfelben feine Gehalte genießen, jondern dem Imam nod 
große Gejchenfe darbieten müfjen, die freilich nur aus den Erpreſ— 
jungen in ihren Provinzen fließen fünnen. Geiz und Tyrannei im 
Innern werden dem Imam vorgeworfen. Auf jeden Val ift er 
einer der mildeiten 30) Despoten des Drientd, unter dem fein 
Volk fih glüklicy fühlt. Naub und Mord find felten, der Imam 
felbft präſidirt den Sigungen der Kadis und übt Gerechtigkeit. 
Maskats Aufblühen durch feine günftige Weltftelung zum 
perfiichen wie zum arabifchen Golf, und zur Sofala-Küſte bi Ma— 
dagadfar wie zu Bombay, Surate, Cutch, von woher die meiften 
Geſchäfte der Banianen (Erdk. V. ©. 443 u. a. D.) audgehen, hat 
das Anfehn und die Macht des Imam ungemein erweitert. Dies 
ergiebt fich auch aus dem Beftreben der Vereinigten Staaten 
Nordamerikas, das britiiche Gouvernement von Bombay nicht im 
ausſchließlichen Beflge der Vortheile zu laffen, welche ihm der politische 
Verband und der Handeldtractat mit Oman gewährte. Wie groß ver 
Einfluß Englands fein mußte, ergiebt ſich aus dem einzigen Factum, daß 


”®) Asiatic Journ. 1825. Vol. XIX. p. 781 etc, on Mascat etc. 
%°) J. H. Stocqueler, Fifteen Months Pilgrimage. London, 1832. 
App. p. 255. 


502 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


auf Anfuchen des britischen Gouvernements in der allgemeinen Anz 
gelegenheit der Aufhebung des Selavenhandeld, der Imam von 
Maskat ganz freiwillig feinen eignen Handel mit Sclaven, 
der vordem einen dortigen Hauptmarkt fand, auf dem jährlich an 
4000 Sclaven feil geboten wurden, aufgegebenS3!l), und vabei 
auf die ihm dadurd zufommende Einnahme von jährlichen 60,000 
Dollars Verzicht geleiftet hat, ohne allen Erfat zu fordern. Doc 
Scheint darum nach dem fpätern Berichte Wellſted's 82) ver Scla— 
venmarft in Maskat felbft keinen Abbruch erhalten zu haben; denn 
täglich ſah man daſelbſt afrifanifche Sclaven landen und die Bokhara— 
Kaufleute, bei denen Wellited wohnte, waren Sclavenhänpler, 
die von bier ihre Heimat) mit den weiblichen Sclaven aus Don— 
gola, Darfur, den Negerinnen von Zanguebar und den Fupferfarbis 
gen Schönheiten Abyffiniens verfahen. Daß im Jahre 1822 ein 
jolder TractatS?) zwifchen vem Gouverneur Sir Robert Town= 
fend Farquhar der Infel Mauritius und dem Imam von 
Oman zur Aufhebung des Sclavenhandel3 in den invifchen 
Gewäſſern für ale Staaten des Imam abgeſchloſſen ward, ift ge— 
wiß. Sogleich wurden die Befehle des Imam nad Zanguebar, 
Arabien, Afrika abgefchiekt, jedes arabifhe Schiff mit Sclaven bis 
Madagasfar, und auf einer Linie vom Cap Delgado 60 Miles 
oftwärtd von da bis zur Infel Socotora und bis Diuhead in W. 
von Cambay in Indien und bis zur Infel Mauritius als Prife anzu— 
ſehen; in feinem eignen Territorium wurden alle Araber, die Scla= 
venhandel trieben, mit Strafe bedroht. — Daß diefer Tractat aber 
nur zum Theil in Wirkung getreten fein Fann, geht aus dem Here 
gange auf dem Sclavenmarft in Maskat hervor. Nähere Nachrich— 
ten fehlen uns. 

Edm. Roberts Embaſſade, 1834, um einen Handelätractat 
mit dem Imam für die Vereinigten Staaten?) abzuſchlie— 
Ben, erreichte ihren Zweck bei diefem tapfern, gerechten und milden 
Negenten, nach einer Audienz, bei welcher der Bürger des Frei— 
ſtaats rühmt, daß feine perjünliche Ernievrigung, Fein entehrendes 
Zugeftänpnig, wie meift bei allen orientalifchen Höfen, durch das 
Geremoniel verlangt wurde. Der Brief Said Bin Sultans 3) an 
den Präſident Jackſon ift ohne allen orientalifchen Bombaft, bes 


81, Mellited, Reif. I. S.271. °?) Wellsted, Trav. to the City of 
the Chaliphs I. p. 58. 93) Asiatic Journ. 1824. Vol. XVII. 
Sept. p. 238. °*) Edm. Roberts, Embassy to the Eastern 
Courts etc, p. 360. »°) Ebend. p. 369. 


Arabien; Omans nautifhe Macht. 503 


ginnt ganz einfach mit: im Namen Gottes, Amen — und endet 
mit den Worten: -von deinem dich Liebenden Freunde Said Bin 
- Sultan. Auch Norvamerifa, war dad Refultat, ſolle wie feine 
Breunde, die Briten, für Cingangdwaaren nicht mehr ald 5 Pro— 
cent Zoll zahlen und Fein Hafengeld zu entrichten haben. Auch 
Wellſted, der englifche Offizier, rühmt den Imam 8) als einen 
der merfwürdigften Negenten des Orients, ald jchönes Ideal eines 
orientalifchen Fürften, der mit Gerechtigkeit Tapferkeit und Muth, 
mit patriarchalifcher Einfalt Xiberalität, Toleranz gegen Anvderd« 
gläubige, obwol felbft geheiligtes geiftliches Oberhaupt feiner Serte, 
verbinde, und gegen die Europäer die größte Oenerofltät zeige. Er 
unterftügte ihn bei feinen Ereurfionen zur Erforfchung des innern 
Dman mit Rath und That auf eine audgezeichnete Weife, und ließ 
durch feinen Minifter jede Seldſumme aud feinem Schage dazu an« 
bieten. Der Königin Victoria machte er bei ihrer Ihronbefteigung 
Gefchenfe von 50,000 Pfund Sterling an Werth, aus dem Lande 
der einfligen Königin von Saba. Auch fehenfte er dem Könige 
Wilhelm IV. von Großbritannien im Jahre 1836 ein volftändig 
ausgerüfteted Kriegsjhiff „Sailor King‘ genannt, und wurde von 
der Londner geographifchen Societät zu ihrem Ghrenmitglieve er» 
wählt 87), ald ein ausgezeichneter Beförderer geographiſcher Wifjen- 
schaft. Sp eben trifft die Zeitungsnachricht von der Themſe ein, 
daß fein ältefter Sohn und Ihronfolger in London mit einem Ges 
folge von 40 Berfonen angelangt ift, um die Verfaffung und Vers 
waltung Englands und die tortigen Werke der Kunft und ber 
Wiſſenſchaft kennen zu lernen. 

Roberts giebt im Jahre 1835 folgende Nefultate feiner Nach— 
forfhungen über den politifchen Zuftand der Omanberrichaft 9). 
Die nautifhe Macht des Imam ift größer ald die aller combi— 
nirten einheimifchen Prinzen vom Gap ver Guten Hoffnung bis zu 
der Küfte von Japan; feine Ginfünfte überfteigen weit feine Be— 
dürfniffe, vorzüglich fließen fie ihm vom Kandel zu, ald Selbit- 
eigenthümer zahlreicher Schiffe, wie aus dem Zoll der Importen 
(von Oman an 90,000 bis 120,000 Dollar jährlich, die von an« 
dern Häfen Arabiens und Zanguebard 40,000 Dollar, na) Fra— 
fer) 39), von Tributzahlungen im Lande und aus den zahlreichen 


*) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs I. p. 51; vergl. 
MWellfted, Reifen b. Rödiger J. S.8. *7) Wellſted, Reif. I. ©. 127. 

) Edm. Roberts, Embassy I. c. p. 361 — 365. 29) B. Fraser, 
Narrat. 1. c. p. 15. 


504° Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


Gefchenfen benachbarter Bürften und Tribus, die nach ver Sitte 
des Oriens ihm dadurch huldigen, wenn auch nicht eben ihm ſich 
unterwerfen. Während Roberts Dafein fam eine Deputation 
von Bahrein und flehte um Protection gegen die Dichowafimi, 
welche fie bedrohten; da Bahrein aber feit 3 bis 4 Sahren feinen 
Tribut gezahlt, wurde Diefer zuerft von ihnen gefordert. Außer— 
dem, was fchon große Summen zufammenhäuft, wird ein Fleiner 
Zehend vom Waizen und Dattelertrag gezahlt, wie eine Abgabe 
von Käufern, Ländereien. Die Schwefelminen von Khamir, 
das Salz von Ormuz, die Berpachtungen der Landgüter bringen 
auch Einiges ein. Wellfted, bei feinem legten Befuche in Mas— 
fat (1840), fchäßte die jährliche Einfuhr an Waaren daſelbſt auf 
eine Million Pfund Sterling an Werth, wovon dem Imam Der 
Zoll allein 200,000 Dollars einbringe®). Die Gefammteinfünfte 
hast Wellfted auf 900,000 Pfd. Sterl. Sehr weitläuftig deh— 
nen fich heutzutage die Befigungen des Imam aus; in Afrifa 
von den Comorn-Inſeln und Cap Delgado (10° füdl. Br.) 
bis Gap Guardafui; in Alien faft von Cap Aden bi Nas 
el Had, und durch Oman bis zum Berfer-Golf. Auch inner 
halb dieſes Golfs macht ver Imam Anfprüche an die Oberherrfchaft 
der meiften Infeln, an dad arabifche Geftade von Bahrein, an 
die Berlfifchereien und felbft an einige Puncte ver perfiichen 
Küſte. Allerdings kann er nur eine geringe Zahl von Ortfchaften 
diefer gegen 3000 deutſche Dieilen ausgedehnten Küftenftrede durch 
ftationirte Garniſonen in Beſitz halten; aber wol durch feine 
auf und ab Freuzenden Flotten ſich tributair machen. In Afrifa 
befigt er!) die Häfen Mongallo (over Monghow, am Cap 
Delgado), Lindy, unter 10° ©.Br., Quiloah (Kilwah), Mes 
finde, Lamo und Patta (unter 7%,°©.Br.), Brava 1Y!N.Br., 
Magodoxo, !N.Br., jo wie die werthvollen Inſeln Monfeca, 
80 S. Br., Zanjibar, 6° ©. Br, Bemba, 5° ©.Br., und ©o> 
eotra. 

Exporten aus Afrika find: Gummi Kopal, arabiſcher 
Gummi, Golumbomurzel (Columbo root, richtiger Kalumb 
in der Mofambifjprache)) und viele andere Droguerien; Elfen— 
bein, Schildpatt, Rhinoceroshorn, Felle, Häute, Bienenwachs, Ko— 


190) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs I. p. 51; Wellſted, 
Reif. I. ©. 21. °1) E. Roberts 1. c. und Wellsted, Trav. 1. c. 

°?) Milburnes, Orient. Comm. p. 36; M’Culloch, Dictionary. 2 Ed. 
Lond. 1834. p. 365. 


Arabien; Omans Seeverfehr. 505 


kosöl, Reis, Hirſe, Ghee. Exporten aus Maskat find: Wai— 
zen, Datteln, Roſinen, Salz, Fiſche, Droguerien und Pferde. Wie 
die Producte Afrikas, ſo ſind auch die vom Rothen Meere und der 
arabiſchen Küſte, auf dem Markt von Maskat feil, das einen 
großen Umſatz 8) darbietet, wenn auch das Conſumo für die ge— 
ringe und noch rohe Bopulation von Oman nicht fehr bedeutend 
fein kann. DBermehrt wird diefer Umfag auch dadurch, daß Mas— 
Fat zugleich in ven Wintermonaten, d. h. bei ungünftigem Monfun, 
zum ficherften Aſyl aller Schiffe im indiſchen Gewäſſer dient. 
Nicht nur die Masfatichiffe Handeln dahin, fondern auch die von 
Guzzerat, Surate, Damaun, Bombay, aus ver Bay von 
Bengalen, von Eeylon, Sumatra, Java, der Infel Mau— 
ritiuß, von den Comorn, Madagascar, wie von den Portu— 
giefen=Befigungen an der afrifanifchen Küfte; fie bringen alle 
indischen, afrikanischen, europäischen KHandeldartifel hierher. Wie 
viel Schiffe Oman jelbft dabei in Thätigkeit ſetzt, ift nicht genau 
zu ermitteln; doch fchäßt der Nordamerifaner die Zahl der Fahr— 
zeuge auf ficher nicht weniger ald 2000, davon freilich die meiften 
zu den Ffleinern Frachtjchiffen (small eraft) gehören, und nur we— 
nige zu großen Kauffahrern oder Brigd. Doch fei die Marine, von 
der auch Wellftev %) behauptet (?) fie fei dreifach der englifch- 
oftindischen Seemacht überlegen, ded Imams ſelbſt ganz rejpecta= 
bel, und täglich gewinne fie beifere Seegler und Matrofen. Zu 
Fraſer's Zeit), 1822, verftanden fie die Kunft noch nicht, wäh— 
rend Südweſt-Monſun, diefem entgegen, ihre Schiffe zu manövri— 
ren; daher dann, eine Hälfte des Jahre dadurch fat müßig gelegt, 
die Koften des Unterhalts noch zu groß audfielen. Schon zu Nie— 
buhr's Zeiten waren die Omaner, wie er bemerkt, zwar jchlechte 
Soldaten, aber doch fchon unter ven Arabern, feiner Anficht nach, 
die beften Schiffer, und fcheinen feitvem in diefer Kunft große Fort— 
Schritte gemacht zu haben. Doch find, mie gejagt, auch viele indiſche 
Laskaris die Matrofen auf den Schiffen von Oman. Ihre eine 
heimischen Seeoffiziere machen Mondbeobadhtungen, befigen treffliche 
Chronometer, und ihre Blotte ift ftarf genug, um eine vollfommme 
Controlle über alle Häfen der Oftfüfte Afrikas, des Nothen Meeres, 
der Seefüfte Abyifiniens und des Perſer-Golfs auszuüben. An Ma— 


»°) Fraser, Narrat. I. c. p. 16. ) Wellsted, Trav. to the City 
of the Chaliphs I. p. 54. *°*) Fraser, Narrat. 1. c. p. 17; Nie: 
buhr's Arabien, ©. 306; Owen, Narr, I. p. 340. 


506 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 66. 


trofen haben fie Ueberfluß, aber nur wenige regulaire Truppen; 
Beludfchen Negimenter find in Sold genommen; eine große Zahl 
arabifcher Beduinen, auf ihre Art bewaffnet, fteht dem Imam 
zu Gebot, auch ohne Sold, wenn er ihnen nur Speifung und Kleis 
dung giebt. 2000 diefer Beduinen%) fah Noberts auf Befehl 
de8 Imam Sultan für Mombaza einjchiffen. Sie waren dunkel— 
farbiger ald die Einwohner von Mochha, fchlanfer, von offner Bil« 
dung mit blienden Augen, Fleingeringelten, lockigen, ftarf geölten 
Haaren, mit der einfachen Schnur um den Kopf, ohne Kopfbedeckung 
und halbnackt bis zur Bruft, nur mit Speeren bewaffnet. Solde 
Beduinen werden ald Landtruppen zu den verfchiedenen Stationen 
auf der Kriegsflotte eingeichifft, vie aus 70 bis 80 Segelichiffen 
von 4 bis 74 Kanonen befteht, von welcher Bapt. Seydiin Cal— 
faun, der Seeretair und Admiral des Imam, dem amerikanischen Ge— 
fandten ein authentifches, ganz ſpecielles Verzeichniß einhändigte, 
von defien Hauptdaten folgende für dad Jahr 1834 gültig waren: 
3 Schiffe mit 6 Kanonen, 2 mit 12, 2 mit 18, 6 mit 22 bis 40 
Kanonen find meift an der Küfte Malabur gebaut, nur 4 davon 
auf einheimifchen Schifföwerften in Masfat. Nur ein Schiff von 
56 und eind von 74 K., beide in Bombay gebaut. Zu diefen 15 
größern Schiffen gehörten noch 50 Baghela's von 8 bis 18 Ka« 
nonen, und 6 Balitd mit 4 biß 6 Kanonen. Das Baghela over 
Buggalov ift ein Einmaſter zu 200—300 Tonnen. Das Bas 
Yit ein Einmafter zu 100—200 Tonnen Lafl. in Theil dieſer 
Schiffe diente ald Convoys für Handelsſchiffe nach dem perfifchen 
Golf, nah Indien und Afrika; drei haben ihre Station in Zan— 
guebar, 2 in Bombay, eins in Calcutta und 9 in den Häfen von 
Maskat. — Die meiften Kauffahrer”) des Imam find indeß fo 
gebaut, daß fie im Nothfall auch bis 20 Kanonen tragen, und fo 
zu Kriegdoperationen dienen fünnen. Alle Schiffe Omand müſſen 
aus indifchem Zimmerholz gebaut werben, da diefed Arabien 
gänzlich fehlt. 

Der mit den Vereinigten Staaten abgefchloffene Tractat 
ftellte deffen Schiffe auf gleichen Fuß mit den englifchen. Der bri— 
tifche Tractat wurde feit der Tihronbefteigung der Königin Victoria 
mit dem britiſch- indiſchen Gouvernement neu regulirt. Früher bes 
zahlten die Amerikaner 7, Procent auf Importen und 7%, auf 


136) E, Roberts, Embassy 1. c. p. 357. ) Asiatic Journ. 1825. 
Vol. XIX. p. 782. 


Arabien; Omans Münze und Gewicht. 507 


Erporten, nebft Ankergeld und Gefchenfen, und der Gouverneur des 
jedesmaligen Hafens hatte das Necht des Verkaufs, wodurch viel 
Aufenthalt und Verationen entftanden. Von alle dem befreit zahlte 
feitvem jeded amerikanische Schiff nur feine 5 Procent für alle ge= 
landete Waaren, und blieb frei von der Laft ver Pilotage, da 
alle Häfen ihre Piloten Haben, die vom Sultan falarirt%8) werden. 
Seitdem ſchwärmen auch amerifanifche Schiffe, die in fo großen 
Verkehr mit China getreten, auch in den Gemäffern von Oman und 
Zanguebar als Rivalen mit Englänvern und Portugiefen umber, 
und Omanfchiffe haben fchon in ven Häfen Nordamerikas geanfert. 

Die Münze, fagt Roberts), fei ganz verfchievden von ver 
am PBerfer-Golf und der afrikanischen Küfte: 5 Pie oder Pife = 
1 Gozz oder Gaffsrauzeauz; 20 Gaffsrauzsauz oder Rauhzee = 
Mahmupdi, d.i. eine kleine Kupfermünze. Die Eleine Münze ver 
Kowries ift hier nicht im Gebrauch, obmol fie an der afrifani= 
fhen Küfte, in Indien und im Golf von Guinea im Gange ift; 
deshalb man diefe Mufcheln?%0) an ver Küfte von Quiloa, Ban» 
jibar, Lamo, fiichen laßt und damit Handel nad) Galcutta und 
dem Perſer-Golf treibt. 142 Piſe over Peſas = 1 ſpaniſcher Dol- 
lar, der aber von verfchievenem Cours, zmifchen 120 — 150 fluctuirt. 
3 perfifche Rupie — 1 fpanifcher Dollar; 2%, Bombay Rupie 
(weniger 5 Piſe) = 1 fpan. Dollar; 2%, Surat Rupie (weniger 
5 Piſe) deögleihen = 1 fpan. Dollar; 100 veutfche Kronenthaler 
= 217 Bombay Rupied. Die fpanifhe Dublone gilt zu 14 bis 
16 Dollar, im Mittel zu 15. Jene Münze, deren 20 ein Mahs 
mudi ausmachen, nennt Wellftev !) Gafi, und bemerkt, daß auf 
diefed Gafi 20 Kleine Kupfermünzen gehen; 15 Mahmudi gehen, 
nah ihm, auf einen Dollar. Doc fagt er, der fpanifche Dollar 
habe 200 Pei over Gafi, mad mit jener Angabe nicht flimmt; ein 
Baſi habe 40 foldyer Gaſt, ein Shuf 5, und an Gewicht fei ein 
Gafi gleich einem Pfunde. 

Dad Gewicht von Maskat ift 24 Neald = 1 Maund. 
1 Maund Zollhaudgewicht = 8%, Pfund. 
1 Bazar Maund — 8, 8%, und 8% Pfund. 

Das meiste eurfirende Geld in Oman, mit dem alles bezahlt 
wird, find Dollars; woher dieſes viele Silbergeld im Lande fei« 


»®) Owen, Narrative I. p. 343. »») E. Roberts, Embassy 1. c. 
p- 363; vergl, Fraser, Narrat, p. 9. 20°) Owen, Narrat, I. 
p. 340. ) Wellſted, Reif, I. ©. 91. 


508 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


nen Gingang finde, fagt Fraſer 2), fer ihm aller feiner Erkundi— 
gungen darnach ungeachtet ein Räthſel geblieben. 

Ueber die Bolfömenge von Oman hat noch Niemand ge= 
wagt ein Urtheil zu füllen; nur Fraſer meinte, nad einem Aus— 
fpruche des Imam, er fünne 80,000 bis 100,000 Mann Soldaten 
wol zufammenbringen, wenn er bisher auch immer nur den dritten 
Theil diefer Macht ins Feld geftellt, müffe Oman etwa die fünf= 
fache Bevölkerung oder eine halbe Million Einwohner (mad 
auf obige Schätzung von 460,000 hinausläuft) haben. Doc 
ſchien ihm dies zu viel zu fein. Kurz vor Fraſer's Dortjein (1822) 
hatte die Cholera Morbus 10,000 der Bewohner von Oman 
weggerafft; man vermuthete, fie fei durch ein Sclavenſchiff von Zan— 
guebar dahin gebracht. Der Bericht des Asiat. Journ. 3) gab, im 
Jahre 1825, vem Imam ein Gefammteinfommen von 522,000 
Kronthaler, wovon der Zoll von Masfat allein 203,000, alſo faft 
die Hälfte ausmachen follte, der von Matrah auf 50,000, von 
Sjohar auf 24,000, von Samwef auf 10,000; alle andern Zolls 
ftelen in Oman lieferten nur geringe Summen, aber die afrifanie 
ſche Küfte allein 20,000, die Inſel Zanguebar allein 120,000 
und Bahrein nur 7000. 


Erläuterung 2% 


Die Stadt Maskat, der Haupthafen, die Reftdenz, das Em— 
porium, die Flottenftation; Gewerbe und Verkehr. Matrab 
der Schiffswerft. Die Heilquelle bei Rian; Ercurfion 
dahin; die heiße Duelle, die Badefaifon. 


Die wichtige Weltftellung von Masfat, der Aufſchwung, 
den Handel und Marine in neuefter Zeit dort gewannen, die 
Bedeutung, welche in dem verjüngten Weltverfehr, innerhalb der 
arabiſch-indiſch-chineſiſchen Gewäffer, eine fo bedeutende ein= 
heimiſche Seemacht ſchon in Beziehung auf die Beherrfcher ver 
Oceane durch Nordamerifaner und Briten gewonnen, und vor allem 
die feltne Erſcheinung eined von den VBorurtheilen des Islam, dem 
Miptraun und der Tyrannei gegen Anvderdgläubige und auswärts 
Geborne und Auferzogene freien, liberalen, einfichtövollen, ungee_ 


202) Fraser, Narrative p. 18. ®) Asiatic Journ. 1825. Vol. XIX. 
p- 783. 


Arabien; Oman, die Stadt Masfat, 509 


mein thätigen und gerechten Serrfchers, der im größten Contraft ges 
gen den vielgepriefenen, alles egoiftifch monopolifirenden und da— 
durch fo vieles zerftörenden Vicekönig von Aegypten fteht, indem 
er, von den europäifchen Ideen von milder Gerechtigfeit, Toleranz 
und freiem Verkehr wahrhaft durchdrungen, feinem Reiche eine nene 
Geftaltung und Bahn der Entwicelung vorzeichnete, — alles dies 
rechtfertigt e8 wol, wenn wir, um der Zufunft des Orients 
willen, in welchem Oman eine nicht unbedeutende Rolle zu fpielen 
berufen fcheint, und noch mit einigen Befonverheiten feiner Küſten— 
ftädte und der merkfwürdigiten Dafen feines Binnenlanded genauer 
befannt zu machen fuchen, zumal da uns hierzu treffliche Beobach— 
tungen zu Gebote ftehen, deren Cinfammlungen wir dem die briti= 
ſchen Neifenden fo liberal befchügenden Imam gewiſſermaßen felbft 
verdanken. 


+ 


1. Maskat. 


Wild und romantifch ift die Cove von Maskat %), die wir 
oben (f. ©. 475) jchon genauer ihrer Lage nach beichrieben, welche 
in halbkreisförmiger Einbucht in den Saum des Küftengebirges 
einfchneidet, und von nadten dunkeldrohenden Felsmaſſen, 300 bis 
400 Fuß Hoch, auf allen Seiten umragt erfcheint, auf deren je= 
dem zadigen Gipfel eine Feſte verfchangt liegt, die fich hoch herab 
bei hellſtrahlender Sonne in der tiefblauen Fluth der feegleich ums 
ichloffenen Safenfläche abfpiegelt, während die Stadt unten um den 
Fuß der dunfeln Klippen bergan emporgebaut fich zeigt. Oft find 
es nur Nuinen von Forts, oder einzelne Batterien, oder auch nur 
auf den höchſten Spigen ijolirte, runde Thürme aus alter Zeit der 
PVortugiefen, die längft unbrauchbar, aber auch unzugänglich gewors 
den, und nur noch von Thurmfalfen, Seejchwalben und andern Vö— 
geln umſchwärmt werden, aber zur Nomantif der Landſchaft tragen 
fie das Ihrige bei. Aus den engen, dunkeln, ſchmutzigen Gaſſen ver 
Stadt und über den platten Düchern fo vieler niedrigen Hütten ra— 
gen nur wenige Gebäude von Bedeutung empor, wie der Imams— 
Palaſt, ver aus einer alten SPortugiefen= Kirche umgeformt ward, 
und die noch ftehende, aber verfallne alte portugiefliche Cathedrale, 
früher ald Waarenhaus gebraucht, ein paar luftige Minarets, 
die Nefivenz ded Gouverneurs und wenig andre. Auch fie werden 


) Wellsted, Trav. to te City of the Chaliphs I. p. 45; deil. Reife 
b, Röpdiger I. ©. 13; Edm. Roberts, Emb, p. 352. 


510 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66, 


wieder von einzelnen Balmgruppen bier und da überragt, und von 
der umfreifenden Stadtmauer. Wenige Minuten von ver Stadt 
abftehend fieht man einige bewäfjerte, angebaute Fleden, die man 
Gärten nennt, fonft iſt fein Baum, fein Strauch zu jehen. 

Hier ift die große Seemacht von Maskat concentrirt, dad 
den Schlüffel zum Perſer-Golf bildet, den es beherrſcht, deſſen Ein- 
gang, wenn Europäer bier herrfchten, uneinnehmbar fein würde. 
Bon der Seefeite aus gejehen, ericheint Gibraltar nicht formidab— 
Ier als Maskat, und von der Landſeite ift es nur auf drei en= 
gen Bafjagen), vom Dorfe Söddof, von Kalbu und Mat— 
tra ber, die leicht vom Binnenlande abzufchließen find, und durch 
nur 2 Thore in der Stadtmauer zugängig. Vol Scharfſinn hatte, 
zu Ende de3 vorigen Jahrhunderts, der General Bonaparte auf 
diefe Station, von Aegypten aus, über Ucre, den Eupkrat, 
Baſſora, Abuſchir, Bahrein und Maskat, ſchon durch 
Emiſſaire die Pfeiler ſeiner Brücke geſchlagen, um von da aus die 
Briten in Indien zu ſtürzen. 

Der Fremde erſtaunt über den Maſtenwald 6), der ſich in der 
Maskat-Cove vor feinen Augen von Schiffen fo vielerlei Nationen 
und der Einheimijchen erhebt; er wundert fich an diefer nadten 
Felsküſte Omans, auf dem Bazar in Masfat, ven größten Ue— 
berfluß an allen Bedürfniſſen des Lebens, wie Korn, Fleiſch, Ges 
müfe, Brüchte, Fiſche, auch geröftete Heufchreden, eine allgemeine 
Speife 7), vollsuf, und alles höchſt mwohlfeil, und zugleich allen 
Luxus des europäischen, indijchen und hinefifchen Welt- 
marktes vorzufinden, mit den auserlejeniten Stoffen, Gewürzen, 
Düften, Perlen, Sclaven und andern Waaren gefüllt. Die Häuſer 
um den Bazar find nur einftödig, mit platten Dächern von Erde 
aufgeführt, vor jedem ein Area ald Boutife geeignet zum Auslegen 
der Waaren, und meift von verfchiedenen Kaften imdifcher und an— 
derer Kaufleute bewohnt, die eine KHauptbevölferung des gewerb— 
treibenden Maskat ausmachen. Der dunkle Bazar und die engen 
Gaſſen find mit Matten von Palmblättern bedeckt, die nur leicht in 
einander geflochten den Sonnenftrahl zwar abhalten, aber den Res 
gen hindurchlaſſen, ſo daß man auf dem ungepflafterten Boden oft 
gar lange im Koth waten muß, wie in den meiften Städten des 
Drientö, bevor diejer ohne Zutritt des Sonnenftrahld auszutrod« 


205) Miebuhr, Beichr. v. Arab. S. 296. °) Capt. Owen, Narrat. 
I. p. 334— 337. ) G. Keppel, Person. Narrat, I. p. 17. 


\ 


Arabien; Oman, die Stadt Masfat, 511 


nen im Stande ift. Die fehr ſtark bewölferten Vorftädte, die nur 
aus elenden Mattenhütten der eingebornen Araber beftehen, liegen 
daher oft Tange in Sumpfgebieten, während der Regenzeit, fo die 
der nomadifchen Araber, wie die der abyffinifchen Scla« 


ven, die bier eine ftarfe Einwohnerfchaft 8) ausmachen. Die meis 


ſten Häuſer der Stadt find nur Erd- und Palmhütten mit Chu— 
nam, d. i. fihneeweißem Muſchelkalk, angeftrichen, aber leicht ein« 
zureißen durch Negengüffe, die hier fehr heftig, daher die Dächer 
der meiften Hütten fortwährend zerftört bleiben. 

Nur die Käufer nahe dem Meeredufer find anftändig aufges 
baut, und einige der reichern Kaufleute in gutem, mehr perfifchem 
Styl; die meiften jedoch find fehlecht, jelbit des Imams Palaft, ein 
gewöhnliches ärmliches Gebäude, in dem G. Keppel?) durch einen 
weiten Sofraum, voll Gruppen arabifcher Soldaten, erft zu einer 
feiterartigen Holztreppe Hinaufgeführt, zu den Gemächern des Imam 
Eintritt fand, der ihn eben fo einfady mit fchüttelndem Händedruck, 
ohne alle Geremonie, ohne Suite empfing, ohne allen Bomp orien= 
talifcher Audienzen; denn nur ein Knabe von zehn Jahren war 
gegenwärtig, und ein Eunuch, der Scherbet bereitete. Selbſt der 
Bettler hatte auf gleiche Weife ven Zutritt zum Imam, und ers 
hielt wie der vornehmfte Gefandte feinen Stuhl vorgefegt. 

Die meiften Käufer, wenn ſchon von Stein und Kalf aufges 
führt, fehen verfallen aus, felbft die Forts machen nur aus der 
Verne Parade; die Serpentinbrüche 10) aus den Bergen, welche 
die Stadt unmittelbar umgeben, Tiefern die Baufteine, und die Kos 
rallenklippen ven beiten Kalk ald Mauerverband. Die Luft, meint 
Fraſer, müſſe durch Verwitterung diefer Maffen eine beſonders 
zerſtörende Wirkung auf fie ausüben. Daher ſei ver Anblick der 
Stadt und ihrer nächſten Umgebung vegetationsarm, hier und da 
nur, wo man die fparfamen Oartenfleden fieht, etwas bewäſſert 
und begrünt durch Fümmerliche Dattelpalmen, breitblättrige Mandel— 
bäume, einige rothe Pfefferbüfche, wenige Grafungen und ein paar 
mit dem arabifhen Jasmin (Dasmun) bebaute Felder, weil 
died die Lieblingsblume und ver täglich frifche Schmuck arabifcher 
rauen und Mädchen if. Die Bewäſſerung dieſer Gartenflede 
kann nur durch Heraufziehen ver Wafler aus 30 bis 40 Fuß tie= 
fen Brunnen bewerfftelligt werben. Cine Wafferleitung, die 


) G. Keppel, Personal Narrat. I, p.23. °) Gbend. 3. Ed. p. 10. 
10) Fraser, Narrative I. c. p. 7. 


512 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 66. 


fhon Niebuhr erwähnte, und für ein Werk ver Bortugiefen hielt, 
bringt nur leidliches hartes Waffer in die Stavt ll), 

Zu Niebuhr's Zeit war Masfat nur der Siß eines Wall, 
der in einer der beiden portugiefifchen Kirchen wohnte, die neuerlich 
erft in ven Palaſt des Imam umgewandelt wurde; die andre Kirche 
diente damals als Waarenlager; die Nefivenz war Noftäf, v. h. 
Markftflefen, der Ort im Binnenlande mit Ruinen, der neuerlich, 
nah Wellfted, dem Schech von Sſohaͤr zugehört. 

Die Einwohner, deren Zahl, mit dem benachbarten Mat— 
rah, Wellftev auf 60,000 (E. Roberts fchäßte fie nur in Mas— 
fat auf 12,000, in den Vorftädten auf 5000, in Matrah auf 8000, 
alfo zufammen 25,000)12) jchäßt, bilden gleich den andern Küften- 
bewohnern Arabiend eine MifchlingsraceB), völlig verfchieven 
von dem reinen Blut des innern Achten Urabers; aus der Ver— 
miſchung mit den benachbarten Nationen haben fie wenig Characte— 
riftifches. Die untern Claffen, vie ſich mit ven afrifanifchen 
Sclaven vermifchten, ſollen ſich durch ſchöne Glieder und ſymme— 
trifche ©eftalten auszeichnen, die ſfämmig und muskulös einzeln 
wol zu Herkulesmodellen ftehen könnten; die obern Claſſen find 
mehr von reinerm arabijchen Blut, magrer Figur, hellerer Haut— 
farbe von gefundem Braun Eid ing Dlivenfarbige und etwas unter 
mittlere Größe. 

Diefe Städter ſtammen von AUrabern, Berfern, Indern, Syrern 
ab, welche Ießtere über Bagdad und Baſſra hierher gerücdt find, 
und ſelbſt von Kurden, Afghanen, Belupfchen, die, durch den Des— 
potismus ihrer Heimath oder Wohnorte verprängt oder durch den 
Handel und die Milde der Negenten von Oman angezogen, hierher 
famen. Schon 200 Jahre vor Mohammed jol ein mächtiger Iris 
bus, der an der Perſerküſte wohnte, Schuß gegen feine dortigen 
Unterdrüdfer durch Einwandrung in Oman gefucht haben, und im 
Jahre 1828 wurde eben fo eine große Anzahl Juden, welche die 
Tyrannei Daud Paſchas in Bagdad nicht ertragen Fonnten, vom 
Imam in Masfat fehr mwohlwollend aufgenommen. Afghanen 
find meift nur durchziehende, nicht feßhafte, die als Pilger nach 
Mekka bier eine Zeit Tang verweilen und fid von allen andern 
abgefondert erhalten. Die Beludſchen dagegen, arme fparjame 


10, Mellfted, Reifen b. Rüdiger I. ©. 14. 12) E. Roberts, Em- 
bassy l. c. p. 354, 358. 13) Wellsted, Trav. to the City of 
the Chaliphs J. p. 55; deſſ. Reifen b. Rödiger I. p. 15. 


Arabien; Oman, die Stadt Maskat. 513 


Leute, gehen hier auf Erwerb aus, werden ald rüflige und muntre 
athletiiche Geftalten die Kaftträger am Hafen, vie Bootsknechte auf 
den DBagalas und als Soldtruppen im Haufe ded Imams gern 
aufgenommen. Der politifche Haß der Araber gegen die Perſer, 
wie ihre Verfeindung mit ihnen, ald Shiiten, machte früher, daß 
fein Araber in Oman ſich mit Berfern vermifchte, eher jedoch mit 
Beludſchen. Diefe legtern heirathen nicht felten arabifche Weiber 
und werben dann hier anſäſſig, auch wenn nur eine ihrer Sclavins 
nen, was oft geichieht, ihnen Kinder gebiert. Erſt jeitvem der jegige 
Imam eine Prinzeffin aus Schiras zur Gemahlin genommen, hat 
der alte Haß gegen die Perſer, die für treulos gelten, fich gemil« 
dert, und gegenwärtig find viele perſiſche Waffenjchmiede aus 
Bender Abaffi, Lar und Minaw in Maskat angeflevelt, die dajelbft 
Säbel und Luntenflinten arbeiten, welche ftarf gefucht find. Auch 
perfifhe Großhändler leben gegenwärtig hier, die mit Stück— 
gut, Kaffee, Hukahs oder Kaliand, d. i. indifchen und perfis 
fchen Tabadöpfeifen, und mit Roſenwaſſer nach Indien Handel 
treiben. Die Mifchung mit den Negerinnen aus Zanguebar 
und Habeſch erzeugt große DVerfchievenheiten der Geſichtsbil— 
dungen; doch erhalten dieſe Mifchungen an den Küftenorten in 
Geftalt und Character etwas Gemeinfamed, aud dem phyfis 
fchen Schlage Geveihliches, indeß der Europäer, der fich dort auch 
nur wenige Tage aufhält, doch nur felten den ververblichiten Fie— 
bern 14) entgeht. 

Die Zahl der feit 1828 hier angefievelten Juden aus Bage 
dad ift nicht groß, weil die meiften nach Perfien und Indien flohen; 
nur die geringere Zahl ift hier figen geblieben. Sie genofjen hier 
freie Toleranz, hatten Fein Abzeichen zu tragen, wie died in Aegyp— 
ten und Syrien der Ball ift, brauchten in feinem bejondern Juden— 
quartier zu wohnen, wozu fie zu Sanaa in Jemen gezwungen 
find, und treiben hier in Maskat ihre Geſchäfte, ald Silber— 
arbeiter, Geldwechsler und Deftillateure, welche legtern 
ihre Liqueurfchenfen zu halten pflegen. 

Zu den unbeachtetften der Bewohner unter dem gemeinen Volke 
in Maöfat gehören die Luteanad!5), welche dem anderwärtd Gyp⸗- 
fies over Zigeuner genannten Volke gleichen follen; doch bemerkt 
Wellſted, daß fie bis jegt noch von feinem andern europäifchen 


19) Mellfted, Neil. I. ©. 17. 15) Wellsted, Trav. to the City of 
the Chaliphs I. p4B6. 


Nitter Erdkunde XII. LE 


514 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 66. 


Beobachter Hier erwähnt feien; aber er hörte auch bei andern Ara— 
bern von ihnen fprechen; Doch verſäumte er es leider an Ort und 
Stelle Nachforſchungen über fie anzuftellen. 

Die merkwürdigſten und wol älteften fremden, aber hier ganz 
einheimiſch gewordnen Anftedler find wol die indifhen Bania= 
nen 16), die wol an feinem Orte Urabiens fo zahlreich wie Hier 
fein mögen. Schon Niebuhr gab ihre Zahl auf 1200 an, und 
bemerfte, daß fie in Masfat nach ihren eignen Geſetzen leben 17) 
und auch ihre Weiber mitbringen fünnten. Im Jahre 1835 zählte 
man ihrer zu Maskat 150018); diefe Iebten meift ohne weiblichen 
Umgang in Arabien, brachten aber nie ihre indifchen Frauen mit. 
Sie ſcheinen ausjchlieglich nur Kaufleute zu fein, Die fich aber dem 
Imam felbft jo nüglich zu machen wußten, daß er fie gern be- 
fhüßte. Golab, ein Baniane, war englifcher Reſident für die 
Briten in Masfat, nachdem drei Engländer vafelbit in dieſem 
Poften Hinter einander. mweggeftorben waren. Cr war zugleich zu 
Gapt. Owen's Zeiten 19) ver Hauptagent und Revenüen— 
pächter des Imam, auf dejfen Rath dieſer die Perlbänke zu 
Bazarutha an der Sofala-Küſte in Gang zu bringen beichloß. 
Golab verforgte Capt. Owen's Schiff mit Proviant, ſelbſt mit 
Ziegen und Ochfen zum Schlachten, er gab fein eigned Haus zum 
Obfervatorium für die Briten her, und bejaß jehr fchöne und mohl- 
feile Berlen von Bahrein zum Verkauf, darunter auch fehr große. 
Die meiften diefer Banianen flammen aus Sind, Cutſch und 
Guzurate; zumeilen fommen aud Jains mit ihnen, aud) reli— 
gidfe Mendicanten, wie Jogtd, Byragis, Sunyafji und andere. 
Zu Fraſer's 20) Zeit hatten fie zwei Tempel in Masfat, in des 
nen fie ver Cali Devi ihre Gebete und Opfer brachten, doch bei 
dem ftilliten Ceremoniel, um den Moslems durch ihren Götzendienſt 
feinen Anftoß zu geben. Sie fchiffen fich meift aus dem Hafen von 
Purbender im nordweſtlichen Indien ein, bleiben 15 bis 20 Jahr 
in Maskat, ohne weiblichen Umgang, treiben Krämerei wie Groß- 
handel, fehren dann mit ihrem Capital in die Heimath zurück und 
gehen ſehr felten einmal als Brojelyten zum Islam über. Zu 
Wellſted's Zeit hatten fie einen Eleinen Tempel und durften zu 
Ehren ihrer Götzen 200 Stüd Heiliger Rinder halten, eine Zebu— 


216), Wellſted, Reiſ. I. S.18. 17) Niebuhr, Beſchr. v. Arab. ©. 305. 
18) Mellited, Reif. I. S. 18 —20. 9 Owen I. p. 343. 
20) Fraser, Narrat. p. 6. 


Arabien; Oman, die Stadt Maskat. 515 


heerde, die er au im ihrer Tempelummauerung beſuchte. Gie 
durften auch ihre Todten verbrennen, was bei dem ſchönen Dorfe 
im W. der Stadt, dad von Aucher Eloy Kalbou?!) genannt 
wird, zu 7 — pflegt. Man zwang ihnen keine beſondere Klei— 
dung als Abzeichen auf, wie dies in Jemen der Fall zu ſein pflegt. 
Man hatte ihnen gleiche Rechte wie den Moslemen zugeſtanden, 
bis auf die der Blutrache, die ein Araber für ven Mord eines ſei— 
ner Landsleute an dem Inder zunehmen berechtigt war; dage— 
gen umgefehrt der Mord, den ein Araber etwa an einem Banianen 
beging, an diefen mit Geld abgebüßt werden konnte. ine eigne 
Methode dieſer fchlaueften Handelsleute, die Juden des Orients, 
einen vortheilhaften Banquerot zu machen, bejteht darin, daß fie 
am hellen lichten Tage durch breunendes Licht, das fie in ihrer 
Bude anzünden, und neben das fie fich paſſiv Hinftellen, ihre In— 
folveng erflären und den Erfolg abwarten. Kommen nun ihre 
Gläubiger, jo werden fie tüchtig ausgeichimpft und durchgeprügelt 
zum großen Gaudium der Araber. Ift diefe Scene beendet, die 
fid) mol mehrmals wiederholen fann, und die ihm nicht ehrenrührig 
zu fein fcheint, jo fängt der Baniane feinen Kram von neuem an. 
Die großen Banianen= Kaufleute in Masfat haben aber eine eigne 
Handelsgilde, die unter anverm fait ausſchließlich auch ven 
Berlhandel aus dem PBerfer-Golf inne hat, deifen Ertrag auf 
jährlich 15 Lak Dollar berechnet wird (ein perfifches Taf, im Sans— 
frit Lakſcha, bezeichnet 100,000). Auch machen fie wichtige Ge— 
ſchäfte in Getreide, das fie nebſt Tüchern und anderm Stüdfgut aus 
Indien einführen. Durch ihren mehr ald taufendjäßrigen Verkehr 
mit Arabiens Geftade ift ihr Hinduftani, vermifcht mit den eins 
heimifchen Dialecten, die Lingua franca der Hafenſtädte und der 
Küftenbemohner geworden. 

Sie fünnen das Glima??) von Masfat beffer ertragen als 
der Europäer, dem die Kite in der gefchloffenen Cove zu übermä— 
fig und verderblich wird, wenn nicht ftarfe Winde von N., ©. und 
D. durch) die engen Berglücken einftürmen und fühlen, welche das 
Küftengebiet vom Feſtland ifoliren. Wellfted 23) mußte bald vie 
Stadt wieder verlaffen, um ven Krankheiten zu entgehen, denen jelbft 
viele Europäer, die auf den SHafenjchiffen krank waren, unterlagen, 
während viele in der Stadt felbft den Tod fanden (25. Nov. 1835). 


21) Aucher Eloy, Relat. de Voy. en Orient II. p. 553. °*) Edm, 
Roberts, Embassy p. 353. >) Mellfted, Neil. I. ©. 32. 


Kil2 


516 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


Drei Viertheile des Jahres kann man rechnen, daß die einfchlies 
enden nadten Felsmauern gleich geheizten Defen nie zur Abküh— 
lung gelangen; denn jelbft ver Landwind, der des Nachts ſich ein= 
ſtellt, ift unerträglich Heiß, oft erftickend. Die Perſer nennen daher 
Maskat nur Senabam?*), d. i. die Hölle. Die mittlere Tempes 
ratur giebt Stocqueler, im Schatten, zu 25° 78° Reaum. (90° 
Fahrh.), die Höchfte zu 39° 11’ N. (120° F.) an. 

Mitte Juli 1822, während Fraſer's Aufenthalt?) in Mas— 
fat, jtand um 12 Uhr Mittags das Thermometer in der Hütte, die 
er bewohnte, auf 29° 33° Reaum. (98° Fahrh); in der Sonne auf 
36° 89’ R. (115° %.); um 2 Uhr in der Hütte auf 31° 11’ NR. 
(102° 8.) und in der Sonne 38° 2 R. (118° F.). Das Wai- 
fer in pordfen irvenen Gefäßen fühlte fich durch Verdunſtung ab, 
bis zu 19° 56'R. (76° F.). Diele ver Städtebewohner ziehen ſich 
dann an Fühlere Orte ver Küfte und der Berglandichaft zurück, 
nah Sib und Burfha 26), wo der Imam felbft meift feine Reſi— 
denz aufichlägt, ein Bolten, ven früherhin auch ſchon die Portugie- 
jen 2?) vorzogen. Das zurückbleibende Volk in den Gaſſen voll 
Schmuß, mit der gemeinen Nahrung von Fiſchen und Datteln, 
verfinft oft in Elend, Krankheit, Armuth, und aus allen Winkeln 
ertönt dad Iammergefchrei der Hungernden, der Bettler, der gro— 
Ben Zahl von Erblindeten, eine Folge ded zurücprallenden Son— 
nenftrahl8 in dem nackten Felskeſſel. 

Alle Gewerbe werden hier im Freien auf der Straße getrie= 
ben: Eifenfchmiede, Kupferfchmiede, Seiler, Zimmerleute, Sandalen= 
macher, ales arbeitet in der offenen Gaſſe; felbft die Weber?®), 
die rothe und gelbe feione Zeuge zu Turbanen und andere Tücher 
weben, figen im Freien, graben fich zu ihrem einfachen Webeftuhl 
eine Grube in die fühlere Erde, an deren Schwelle fie fißen, die 
Beine in die Grube hinabftreefend und durch ein Walmblatt als 
Dach gefchüßt, das ihnen von oben Schatten giebt. Auch die Bar- 
biere treiben ihr Weſen auf offener Straße, fchaben Kopf und Ge— 
ficht über den Augen, ziehen Haare aus Naſe und Ohren, arran= 
giren den Schnurrbart, parfümiren den Bart mit arabijchem Del, 
Schneiden Nägel an Finger und Zehen, färben die Füße Eis zu den 
Knöcheln ſchwarz, Finger und Hände mit Senna roth, den Augen 


#24) J. H. Stocqueler, Fifteen Months Pilgrimage. Lond. 1832. 
App. p.254. °°) Fraser, Narrat. p. 27. ?°) Wellsted, Trav. 
to the City of the Chaliphs I, p.57. ?”) Fraser, Narr. p.11. 

28) Edm. Roberts, Emb. p. 354. 


Arabien; Oman, die Stadt Masfat. 517 


geben fie durch Antimonftriche mehr Feuer u. ſ. w., alles auf offe- 
ner Straße. Auch der Sclavenmarft, nahe am Landungsplage, 
mo jeden Abend die mit Oel wohl ingefalbten, um ihre Haut ges 
fchmeidig und weich zu erhalten, in großer Anzahl feil ftehen, ift 
Öffentliche Promenade, zumal für die arabifchen Stußer, die mit ih— 
ren gepugten Waffen, Shawls, langen parfümirten Bärten, und 
den modernften Turband hin und Ger ziehen, und die weiblichen 
Sclavinnen oft nicht wenig zudringlich muftern, indeß bier und in 
vielen andern Straßen der Stadt auch immer Araberinnen, Abyſ⸗ 
ſinierinnen und Negerfrauen mit Masken, die nur durch Augen— 
höhlen den Umblick geſtatten, in ſeidnen, oft reich vergoldeten Ge— 
wändern umherſtolziren. Oefter tragen ſie auch nur eine Art 
ſchwarzer Dominos, ſo meiſt die Nachkommen von arabiſchen Vä— 
tern und abyſſiniſchen Negerinnen, die mit platten Naſen und dik— 
fen Lippen weniger ſchön find. 
Nur der Handel von Dſchidda fol, nad Wellfted, unter den 
arabiſchen Städten noch größer fein ald der von Masfat. Haupt— 
artikel machen Kaffee und Perlen aud. Mit Kaffeetrans- 
port?) find 8 bis 10 große und 16 bis 20 kleinere Fahrzeuge 
zwiihen Maskat und Jemen fortwährend befchäftigt, die jedoch 
diefen Weg jährlich nur einmal machen. Sie nehmen zugleich Dat- 
teln, perfiichen Tabak, Teppiche und perſiſche Pilger mit nach dem 
Rothen Meere, wo fie die Pilger in Dſchidda abjegen, mit de— 
nen dann gewöhnlich auch ein Theil der Schiffemannfchaft nach 
Mekka wallfahrtet. Nach 1 bis 2 Monaten fehren vie Pilger zu— 
rück nah Dſchidda; die Fahrt geht danı nah Mocha und Ho— 
deide, wo das Ueberfahrtägeld der Pilger in Kaffee umgefegt 
wird. Dann richtet man fich ein, dad Nothe Meer wieder Anfang 
oder Mitte Mai zu verlaffen, um mit dem erften S.W.-Monfun 
hein zu Eehren. In Masfat wird ver Kaffee verfauft, der Leber: 
reft, der in der Stadt nicht confumirt oder an die Beduinen abges 
feßt wird, geht auf Fleinen Booten (Tranfi3 oder Tarad nannte 
fie Niebuhr 0), nicht mit Strobmatten, wie in Semen, fondern 
mit Baummolljegeln, nicht zufammengenagelt, fondern zufammen-= 
genäht, f. ob. ©. 178), zu Niebuhr's Zeiten an 50 jährlich, 
nad Bahrein und Baßra und den ſüdlichen Theilen des Perſer— 
Golfs. Früherhin war diefer Handel nah Baßra fehr ftark, fo 
lange Syrien auf diefem Wege verjorgt ward; aber feitvem bat vie 


29) MWellfted, Neif. I. ©S.21. ) Niebuhr, Befchr. v. Arab. ©. 306. 


518 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 66. 


Ginfuhr des weſtindiſchen Kafferd nach der Levante die des 
Mochha fait ganz verdrängt. Zu Masfat ift der Kaffeehanvel 
ganz in den Händen der Banianen und fehr einträglich, eben jo 
wie der Perlhandel (f. unten bei Verlbänfe Bahrein). Andre Aus— 
fuhrartifel von Masfat find vorzüuglih Datteln, nicht blos zur 
Speiſe, jondern, zumal nach Indien, zur Arafbereitung. Dann das 
Kraut Ruinos, daraus Die Summe der Araber, d. i. die rothe 
Farbe ver Kärberröthe, Rubia tinctorum, bereitet wird. Nächſt— 
dem Saififchfloffen und Schuppen für ven Chinejfenmarft; 
Salzfiiche für das gemeine VBolf zur Speife nach Indien; Maul: 
thbiere aus Berfien und Gjel aus DBahrein, die über bier nad) 
Isle de France geichifft werden, wie Pferde nach Indien. Nach 
Stocqueler hat Maskat 15 Eleine arabiiche Schulen, in denen 
dad Arabifche gelehrt wird, und eine größere Medrefje, oder ein 
Golegium für die höhern Glaffen, au3 denen die Kadis oder Nich- 
ter für die innern Dijtriete gewählt werden. 


2. Matrab nah Nödiger, Mattrah bei Niebuhr, Mata- 
rah bei Wellfted, und die warme Seilquelle bei Rian. 


Wo Plag am Ufer, zur Seite von Maskat, da liegen aud) 
Dörfer angebaut, aber ver nächfte beveutende Ort ift Matra 
(Mattrah bei Niebuhr), daS nur 2 Stunden fern im MW. des 
Vorgebirgs bei Masfat, in einer Niederung, an einer ähnlichen 
Cove wie die von Masfat gelegen, die jevody offner gegen Nord und 
Nordoſt, alfo weniger geficherte Schifferftation 3!), und daher auch 
wenig von Fahrzeugen bejucht iſt. Dagegen hat fie, wenn jchon 
von gleibhohen nadten und fchwarzen Klippen ummauert, eine 
größere Ebene und geyen das Meer Hin einen breiten Sandſtrei— 
fen vorgelagert, der den Bemohnern der Stadt zum Spaziergange 
dient. Sie hat guten Anfergrund und reichliches Waſſer. Auch 
erhebt fich vor der Stadt, in der Mitte der Bai, eine Fleine fchroffe 
Inſel, wild zerriffen vol zadiger Spigen, auf denen Wachtthürme 
erbaut jind, in welchen eine arabifche Garnifon den Hafenort ficbert. 
Die Hige ift in dieſer Bucht eben fo unerträglich heiß wie in Mas— 
fat, die Stadt aber noch jchmußiger, elenvder, meift nur der Auf- 
enthalt von Beludſchen und Sinds, die hungrig und neugierig 
hier den ärmlichen Bazar umftehen, und Dienfte leiften bei dem 


231) Fraser, Narrat. p. 22; Wellfted, Reif. a. a. O. I. ©. 25. 


Arabien; Oman, heiße Duelle Rian. 519 


Bau und der Reparatur von Schiffen und Barfen, die hier vorge— 
nommen werben. Die gewöhnliche bequeme Communication mit 
Maskat iſt auf netten Küftenbarfen, obwol der directe Weg 32) zwi— 
fchen beiden Orten zu Lande nur etwa eine gute halbe Stunde be= 
trägt, aber über den Elippigen höchft befchwerlichen Hals des Vor— 
— deſſen Felspaß daher nur von Fußgängern überſtiegen 
wird. "In der Bai von Matrah, ſagt Capt. Owen353), ſeien die 
Schiffswerfte des Sultan von Oman, der jedoch die meiften 
Schiffe von Barfen in Bombay bauen ließ; auch ftarfe Fifchereien, 
die von da aus fortwährenge in zahlreichen Kameelfaramanen das 
Binnenland mit getrocdneten Fiſchen verjehen. 

Diefer Ort muß in Eurzer Zeit fich jehr gehoben haben, wenn 
er bis zu ver Volkszahl von 20,000 Einwohnern, die Wellited *) 
ihm giebt, herangewachfen ift; denn früher gab man ihm nur etwa 
8000. Die Schiffe des Imam, fagt derfelbe Beobachter, jollen da— 
felöft oft wor Anker liegen, wenn auch fremde Schiffe dort Jelten 
ftationiren. Vorzüglich fol vort Spinnerei und Weberei fehr 
viele Hände bejchäftigen, wovon früher gar feine Nede war; zumal 
find es grobe wollne arabifche Mintel, die vort gewebt werden; 
vor jeder Hütte ſah Wellfted das Spinnrad von unverjchleierten 
Frauen in Bewegung gefegt, die ihre Haut abgefchmadt roth mit 
Henne gefärbt hatten, aber fonft ganz mohlgeftalt waren, deren 
freiereö, jedoch anſtändiges Benehmen ihm als Zeichen größerer 
Sittlichfeit galt, als er fonft wol bei Araberinnen erwartete. Ue— 
ber Matrah find Fraſer, Keppel und Wellftev bis zu der 
heißen Quelle bei Rian vorgevrungen, aber weiterhin war Dad 
tiefer liegende Oman bisher von allen Europäern unbejucht geblie= 
ben, bis Wellfted zuerft (1835) tiefer in das Binnenland feine 
Entdeckungen fortzufegen im Stande war. 

Wellſted jagt, diefe heiße Quelle, Die für ein gebeiligtes 
Bad gehalten werbe, liege 7 Stunden fern von Madfat und heiße 
Imam Ali); und dies ftimmt etwa mit der Angabe von Fra— 
fer, der auch, wie jener, über Matrah dahin ging, aber nachher 
Doch einen von jenen verfchiedenen Weg über das 4 Stunden ent— 
fernt liegende Abuſhir eingefchlagen zu haben fcheint. Denn 
Wellſted bemerkt, die erften beiden Stunden habe er durch eine 
unintereffante Gegend zurücfgelegt, bi8 er zu dem Dorfe Ruah 


»°) Edm. Roberts, Embassy p. 358. 9) Capt. Owen, Narrat. I. 
p. 338, ”, Wellſted, Neif. J. ©. 27. +) Ebend. I. ©. 25. 


520 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 66. 


gekommen, das Gärten und Quellen Habe, dann aber mit einbre= 
chender Dunfelheit, ohne die Länge des Weges oder den Namen 
des Dorf3 zu nennen (wahrfcheinlih Rian ver Karte) 36), erreichte 
er Die geräumige Herberge an dem Badeorte, den auch Berg— 
Haus, nach Fraſer's Angabe, unter dem nördlichen Wendekreiſe 
gelegen in feiner Karte eingetragen hat. " 

Trafer bejchreibt feinen Weg eben dahin genauer I). Don 
Matrah z09 er durch eine enge Schlucht über nackte Felsbrocken 
ohne alle Erddecke, Fam aber ſchon nach anderthalb englifchen Miles 
zu einem Dorfe mit Anpflanzungen wo einige Dattelpflanzungen, 
Mangroves, Plantains und Feigen durch Kerifes bewäſſert wur— 
den. Von da zu einem zweiten Dorfe mit etwas Waldung von 
Tamarinden, Mango, Datteln, großen Mimofen (Babul), 
Rucerneanbau und Grajungen, die reich befeuchtet waren aus 
einem Stollen (Keriſes), deſſen Wafjer hier 60 Buß tief aus ver 
Erde hervorgehoben ward. Beim Herausziehen zeigte ed fich (es 
war bei Sonnenuntergang 23° 11° Reaum. oder S1° Fahrh. Luft— 
temperatur) viel wärmer als die jchon abgefühlte Luft, namlich 
28° 44° Reaum. (96° Fahrh.). 

Don bier ging ed durch eine Aufeinanderfolge fteiniger Thä— 
ler, mit dunkelfelſigen Schluchten voll phantaftifcher, farbiger Fels— 
formen bin, ohne alle Erddecke, ohne alle Vegetation, nur hier und 
da mit wenigen faum 3 Fuß hohen mimofenartigen, aber jchon blät- 
terlojen Gebüjcben. Dann folgten mehrere Ketten brauner Sand— 
berge, auf dieſe wieder Dorfichaften mit Dattelpflanzungen, bis nad) 
4 Stunden Weges von Matrah die Dürfer Gullah uno Abu— 
ſhir (17 bis 18 Mil. Engl. fern gegen S.W.) auf fehr fteinigem 
Wege erreicht wurden, der die große Seerftraße nad Burkha 
(auf ver Route, nad) Bahrein) genannt ward, an dem man aber 
feine andere menjchliche Nachhülfe wahrnehmen fonnte, ald dag nur 
hier und da die größten Steinblöde aus dem Wege gelegt waren, 
um den Fuß der Kameele nicht zu ſehr zu verlegen. Diele Bauers— 
leute zogen bier in der Mitte Juli vorüber, auf meift fehr ausges 
dorrten Kameelen reitend, aber fehr fchöne Eſel vor ſich hertreibend, 
die mit Datteln, Trauben, Mangos und Melonen reichlich 
beladen waren. Wellſted begegnete ebenvafelbft, zur Herbſtzeit, 
einigen Beduinens Karawanen 8), vie nach Maskat ihre Rich— 


236) Rödiger, Not. 21 b. Wellfted I. ©. 27. 7) Fraser, Narrat. 
l. c. p. 22 - 25. ») Mellfted, Reif. I. ©. 28. 


Arabien; Oman, heiße Duelle Rian. 521 


tung nahmen. Sie hatten ein viel einnehmenveres Anfehn als die 
. andern Araber der Küfte; ihr Wuchs war zwar Elein, aber wohl 
proportionirt, mit langen Saarflechten die bis auf die Taille herab— 
hingen; f£riegerijch von Anfehn, mit Säbel und Schild, und ge— 
freuzten Beinen fah man fie auf den Kameelen reiten. Ihr dunk— 
les, Iebhaftes, ausdrucksvolles Auge, die ſchöne Form von Nafe 
und Mund mit ven perlweißen Zähnen, ihr fcherzhaftes, geſprächi— 
ges Wefen zeichnete fie fehr vor den Städtebemohnern aus. Aber 
ungeachtet Wellfted das Arabifche ver Küftenbemohner leicht vers 
ftand und fprach, wurde e8 ihm doch jehr ſchwer etwas von ihrem 
Dialecte zu begreifen. 

Dad Dorf Abufhir liegt, nach Fraſer, am Fuß einer Berg— 
fette, die mit den Bergen von Matrah zufammenhängt, nicht Hoch, 
aber pittoresf in Bormen, und von Farbe roth, grau, gelb, dunkel— 
braun, mehr im Character primitiner als ſecundairer Ketten, überall 
gefchichtet, feltfom gewunden und gedreht, ohne Erve, ohne alle Ve— 
getation. Der Boden fällt gegen N.O. ab zu einer häßlichen Sande 
fläche, die Bid zum Meere 2 gute Stunden weit fich ausdehnt. Auf 
diefer Fläche ftehen einzelne zu Brennholz benußgte Mimoſa⸗(Babul-) 
Gruppen; nahe am Ufer einige Dattelgärten. Das Dorf hat nur 
elende Grohütten und aus Dattelholz aufgebaute Wohnungen, aud) 
ein paar Dattelwälder und Waizenfelver. Das einzige Waſſer des 
Dorfs ift die Heiße Quelle 3?), die vielmehr aus 3 Quellen bes 
fteht, deren aber nur eine beveutend ift. Sie entftrönt einem Hü— 
gel einer Fleinen Belfenhöhle von lehmigen Gifenftein, ven Cryſtall— 
adern durchjegen (ein Sanpfteinconglomerat nah ©. Keppel), von 
dem fich große Stüde ablöfen, die fih mit Kupferanflug überziehn. 
Im Geftein ift feine Spur von vulcanifcher Bildung; vie Quelle 
fließt durch einen Felsriß in eine quadratiiche Gifterne, oder in ein 
gemauerted Badebaſſin, und von da in ein größeres, der Ort zur 
Abkühlung, um dann durch das Dorf geleitet zur Bewäſſerung ver 
Grundſtücke zu dienen. Der Waiferftrahl diefer heißen Quelle, 
die Fraſer Alliſhir nennen hörte (Purſhur ſoll dad Dorf nach 
Keppel heißen), Wellfted aber Imam Ali, war 2 bi8 2%, Zoll 
im Gevierten ftarf, und zeigte, nach Fraſer, eine Hitze von 35° 
33’ Neaum. (111'/,° Bahrh.) bei der Lufttemperatur der Quellböhle 
von 27° 78’ Reaum. (81° Fahrh.). ©. Keppel, der ihren Strom 
ftärfer, nämlidy 3 Zoll im Diameter wahrnahm, beobachtete eine 


»°) Fraser, Narrat. p. 25; G. Keppel, Personal Narrat. I. p. 29. 


522 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


etwas höhere Iemperatur von 36° Neaum. (113° Fahrh.); Welle 
fted fand die Site der Quelle etwas geringer, 34° 67' Reaum. 
(110° Bahrh.), während der Feld in dem fie fprang, etwas ftärfere 
Hige, namlich 35° 56‘ Neaum, (112° Fahrh.) zeigte. Alle drei Be— 
obachter ftimmen darin überein, daß dies Waſſer gar feinen bejon- 
dern Geſchmack oder Geruch habe; weder einen Kalkgeſchmack zeige 
von der Gebirgsart, die es durchfließt, noch ſalzige, jchweflige oder 
ftahlartige Theile merfbar enthalte, daher es auch nach der Ab— 
fühlung in poröfen Pfannen getrunken und für ſehr heilbringend 
gehalten wird, und deshalb von weit und breit Pilger herbeizieht. 
Zumal find e8 viele Gontracte, die hier durch das Bad ihre Gene- 
fung fuchen. Fraſer fand hier ein wild ausfehendes, aber doch 
jehr honette8 und achtungsmerthes Volk, von dem viele jich in der 
Melt umgefehen, vielfach in Indien und einige der Männer felbft 
in England in London geweſen. Die Bauern Fochten ihre Speifen 
mit diefem Waſſer; e3 fteht im Rufe großer Heilkraft und Hei— 
ligfeit, daher vie Patienten auch wol mit Gewalt und recht lange 
darin untergetaucht werden, in der Meinung, daß die Dauer des 
Gebrauchs und die Gebete des Prieſters in einer Kapelle, die zur 
Seite jteht, dabei nicht wenig mitwirfe. Aus weiter Ferne kom— 
men die Beduinen aud dem DBinnenlande mit ihren Kranfen zu 
diefer Heilquelle. Das Waſſer mird von hier in zahlreichen Ab— 
flüffen zur Zandesbewäfjerung bis zum Meere bei Burfa 
hinabgeleitet, das von bier fichtbar vor Augen liegt. Die Arabe- 
rinnen, welcye bier das Waſſer zu ihrem Hausgebrauche jchöpften, 
gingen nicht jo ſorgſam verfchleiert wie die in der benachbarten 
Maskat; ihre ganz gelbe wie gefärbte, häpliche Gefichtsfarbe ſuch— 
ten fie noch durch filberne und golvene Ringe in Naſe und Ohren, 
jedoch vergeblich, zu heben. 

Faſt alle Früchte und Gewächſe anderer Theile Oman fehei- 
nen hier beifammen angebaut #0) zu werden und trefflich zu gedei— 
hen. Die Bäume gleichen an Größe und üppigem Wuchs denen 
in Indien; auch hielten die Einwohner den Ort für den gefunde- 
ften in ganz Oman; den Europäern ift er aber bei längerm Be— 
fuche ſtets gefährlich. In der Mittagsftunde am 24ften November 
1835 beobachtete Wellſted vie Site auf 27° 56’ R. (94° Fahrh.), 
und nad Sonnenuntergang trat durchdringende Kälte ein. in 
Heiner arabiicher Tribus, die Beni Wahab, war lange Zeit im 


240, Mellfted, Reif. I. ©. 31. 


Arabien; Dman, Küftenftadte, 523 


Beſitz diefer Heilquellen und Ungegend. Während ver heißen Jah— 
reözeit wurde, nach der letzten Erntezeit (1855), diejer Heildort von 
7000 bi8 8000 Gäſten ver benachbarten Städte bejucht, Die hier 
ihre Wohnungen auffchlugen, die hier tagtäglich unter den Bäu— 
men faßen, ihr Waffer fchlürften, Verſe aus dem Koran recitirten 
und ruhig unter vdenfelden Baumen fchliefen, die ihnen Nahrung 
und Obdach geben. Sp die Genüffe der Badſaiſon des Orients. 


Erläuterung 3. 
Küftenftädte in Dman: 1) Sib, 2) Burfa, 3) Suwek, 
4) Sſohar, 5) Schinaß, 6) Dibba und die fellige Wild- 
niß der Afabberge bis zum Nas Muffendom an der Nord- 
fpige von Dman, 7) die Kafab-Bay, 8) Ras el Khaimah 
und die Tribus der Piratenkfüfte, 


Bon den übrigen Küftenftadten außer Maskat, die nur wenig 
von Guropäern befucht werden; ift uns daher auch nur wenig over 
faft gar nichts aus früherer Zeit befannt. Von den füdlicher ge= 
legenen Safenorten Sſur und Kalhat war jchon früher die Neve; 
andere Orte von Bedeutung find daſelbſt nicht befannt. Der nächſte 
Ort von Maskat und Matrah gegen NW. ift 


1) Sib, 


den auch Niebuhr fchon unter den Hafenftädten nannte, wegen 
eines Fluſſes der dabei vorkommen follte*). Seine Käufer fand 
Wellſted fehr vereinzelt ftehen unter Dattelhainen; der Bazar war 
reich befeßt; in der Nühe viele Waizen= und Gerftenfelvder und. bei 
heftigem Gewitter viele von den Höhen herabftürzende Negenbäche. 
Die Seeluft von Sib ftellte, Mitte Februar, die durch anges 
ftrengte Neifen im Innern Omans und durch Fieber fehr geſchwächte 
Geſundheit der britiichen Neifenden #2), an deren Spite Wellſted 
ftand, bald wieder ber. 


+) Miebuhr, Arab. S. 296; Wellſted, Neif. I. S. 125 — 128. 

*?) Dergl. Lieutn. F, Whitelock, Ind. Navy Notes taken during a 
Journey in Oman, in Proceedings of Bombay Branch of Roy. 
Geogr. Soc. Bombay 1837. p. 13. 


524 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


2) Burfa. 

 Burfa®), in N.W. von Masfat und Sib, unter 23° 41’ 30" 
NBr., wohin die Küftenfahbrt meift mit Eleinen Booten von 30 bis 
50 Tonnen Laſt vorgezogen wird, weil dieſe an der ftürmifchen, 
unfichern Küfte leicht auf dad Land gezogen werden können. Einſt 
eine Anlage der Portugiefen mit einem Fort, dad groß und von 
der Serfeite hochgelegen, im Abftand von 200 Ellen mit einer ho=- 
hen Mauer, von Ihürmen flanfirt, umgogen ift, die im Innern nur 
wenig Käufer einfchließt. Diefes Vort, dad mit 30 Kanonen be- 
feßt war, davon aber nur etwa die Hälfte brauchbar, gilt für un— 
überwindlich und war vordem die gewöhnliche Sommer-Reſidenz 
des Imam. In den Häufern nimmt man hier und da noch ältere 
Drnamente von Säulen und Borticod wahr, die fonft in Arabien 
zu den Seltenheiten gehören. Die Zahl der Einwohner wird auf 
4000 angegeben, die von Fifcherei und Dattelzucht leben und einen 
Bazar halten, ver von Bevuinen ftark befucht wird. Der Ankerplatz, 
wie faft bei allen Küftenorten, ift nur eine offene Rheede ohne 
Schuß; daher hier nur wenige größere Bagalas fich zeigen. Das 
Einfommen des Ortes ift mit dem Dattelzehend nur etwa 300 bi 
400 Dollar. Im Fort wird eine Garnifon von 200 Mann gehale 
ten. Die umherliegende meift öde Gegend wird zur Negenzeit durch 
viele anfchwellenvde Negenbäche reichlich bewäſſert, die dann mit ſchön— 
ften Orafungen und grünem Pflanzenkleide die Landfchaft ſchmücken, 
eine Herrlichkeit die jedoch nur von jehr Furzer Dauer ift. 


3) Suwek. 


Sumef (Soaf bei Niebuhr, Suiaf feiner Karte, maß ei= 
nen Eleinen Marft**) bezeichnet, mol gleicy vem Sheyufh am 
Euphrat oder Suk; Erdk. XL. ©.1000). Von Burfa, am fiich- 
“reichen Geftade, zieht ſich längs der ganzen Küfte, 30 geogr. Mei— 
len nordwärts, bis Chörfakan, eine fo reiche Dattelpflanzung faft 
ununterbrochen hin, daß es fprichwörtlich heißt: „ver Neifende 
bleibe von Burfa big Chorfafan fortwährend im Schat=- 
ten der Dattelpalmen.” Durd viele Dörfer und den Ort 
Mesnäch geht der Weg immer am Ufer hin bis Sumef. Biel 
Brennholz wächſt am Ufer und wird Treibholz; mehrere Arten 
Seetang, am häufigften Sargassum vulgare und Fucus barbatus, 
aber auch die fchönften Mufcheln und zumeilen MWallfifchgerippe 


229) Wellſted, Neil. I. S.128—132. **) Ebend. S. 132— 141. 


J e 


P Arabien; Oman, Küftenftadte, 525 


werden vom wogenden Meere Omans an den Strand geworfen. 
Die Stadt Sumef hat 700 Käufer, davon die meiften doch eher 
Hütten zu nennen, von gemifchter Population wie in Masfat bes 
wohnt, auch von Shiiten, die hier eine Mofchee haben, woran man 
den perfiichen Einfluß wahrnimmt. Die meiften Einwohner leben 
von Ackerbau und Fiſchfang;- doch find auch Weber hier, die vor= 
zuglich Zeuge zu Turbanen fertigen und jene geftreiften Zeuge, die 
Lungis genannt werden. In ver Mitte des Orts erhebt ſich das 
befeftigte Schloß, von ein paar Kanonen am Eingang geichügt, ver 
Sit Sejjid Hiläl’d des Scheich8 von Suwek und feined glän= 
zenden Hofſtaats, der vor allen andern hervorragt. Er hält feine 
hundert Sclaven, davon 20 — 30 uniformirt feine bewaffnete Xeib- 
garde bilden. Als nächiter Bermandter ded Imam war er vol Ars 
tigfeit gegen feinen britifchen Gaſt, fehr freigebig bis zur Ver— 
fchwendung, dabei an Character vol Energie; auch feine Schweiter 
und Gemahlin wurden als tapfere Heldinnen gepriefen. Er gab 
feinem Gafte treffliche Oaftereien, die Gerichte waren nach der pers 
fiihen Küche zubereitet und wurden auf blauem vergoldeten Por— 
zelan und foftbarem Tiſchgeräth jervirt, die Scherbetd waren im 
ſchöne geichliffene Karaffen gefüllt. Der Hoftroubadur fang dem 
Gaft zu Ehren die Gefchichten von Sindbad, dem Seefahrer aus 
Taufend und Eine Nacht, in Falſetſtimme vor. 

Der Schech gab feinem Gaft, der von hier die Küfte verlaffen 
und über Kothra, Feledſch, Maskin, Mafinijat nach dem 
Binnenlande von Obri reifen wollte, zu feiner Escorte 40 ſtatt— 
liche Reiter mit, die auf ven trefflichiten Pferden von reinfter Ne= 
dſchi-Racçe tüchtig beritten waren. Ihre Gvolutionen mit ihren 
15 Buß langen Speeren mit jchwarzen Federbüfcheln, riefen vie 
Zeiten altveuticher Nitter ins Gedächtniß. Das Land war von der 
Küſtenſtadt Suwek nur etwa 3 englifche Miles, alfo noch Feine 
2 Stunden weit angebaut. Hier zerfurchten die vielen Regenſtröme 
den Boden, und nur bier und da flanden noch einzelne Semur= 
und Goffbäume (wol Acacien oder Mimofen=- Arten); unter 
deren ſpärlich gefievertem Schatten faß wol ein arabifcher Hirte von 
einigen großen Hunden umgeben, die feine Heerde zufammenbielten; 
ftatt der Pfeife und des Hirtenftabes trug in diefem Lande der Hirt 
feine Slinte und den Speer. So bis zur erften Station nad) Ko— 
thra, bis wohin die feindlichen Wahabi im Jahr 1831 vorgerüct, 
aber von den drei in Kothra verbündeten tapfern Tribus, den EI 
Abu⸗Sched, ven EI Sad und den EI Hiläl, an 3000 Dann, 


526 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66, 


Hartnädig Tampfend zurückgeworfen waren. Diefe Tribus haben 
zwifchen ihren Dattelhainen mehrere Forts, dabei Getreideäcker, 
Zuckerrohr, Baummolle und Invigopflanzungen, find mwohlhabend 
und mächtig genug, um fich in ihrem Sreiheitsfinn um feinen Scheich) 
weder in Suwek noch in Sfohar zu fümmern, mit denen fie fort- 
während in Fehde ftehen, obgleich fie früher den Sefät, d. i. den 
Zehenden an Sumef zu zahlen hatten. 


4) Sfohar. 


Don Suwek Iegte Welfted in einem Boste die Küftenfahrt 
bis Schinak*) vom 22ften bis zum 25ften März 1836 zurüd. 
Die Küftenftrede zwijchen beiven Orten ift mit fo vielen Städten 
und Dörfern bejegt, daß fle wol zu ven bevölfertiten überhaupt 
gerechnet werden Fann. Schon auf Niebuhr's Karte waren die 
Dre Diel (DIN, Sjohar, Luwa (ua), Schinaß und Hoffe- 
fin, leßterer aber irrig nördlich von Schinaß eingetragen, da es 
nad Wellſted ſüdwärts von Schinaf liegt. Diefe ganze Strede, 
von Masfat an, Hat auffallenten Mangel an Häfen, die 
auch nur einigermaßen Schuß gewähren Fünnten; nur ein paar enge 
Buchten, fogenannte Chors, finden fich, die aber fo feicht, daß 
nur 2 Fuß tief gehende Vahrzeuge einlaufen fönnen; weshalb vie 
Küftenanwohner auch nur jene Eleinen Küftenbarfen haben, vie fie 
fogleich bei eintretendem Nordweſt aufs Land ziehen, und eben jo 
leicht zur Zeit der Dattelernte, wenn ſchon befrachtet, wieder in 
See ftechen laſſen. Mit viefen ift der Waſſertransport doch allge- 
meiner ald der Landtransport. 

Bon Sſohar haben wir fchon oben (f. ©. 375), was die äl- 
tern Zeiten betrifft, gefprochen, und auch fchon angeführt, daß Nie— 
buhr es zu feiner Zeit ganz unbedeutend nannte. Aber dies kann 
man kei feinen 9000 heutigen Ginmohnern, die im Befi von 40 
grogen Bagalas und in nicht unbeveutendem Verkehr mit Perſien 
find, feineswegs jagen. Die Stadt ift in gutem Stande und hat 
einen eignen Schech, Der zwar von den Wahabis gedrängt fih in 
feinem Fort einfchliegen mußte, aber doch fich vertheidigte und er= 
hielt, und nad) ver Oberherrfchaft in Oman ftrebt, wozu er die 
Maske des Frömmlings und auch den Außerlichen Schein eine 
Propheten vor fich herumträgt. Sein Hafen bringt ihm doch jähr— 
ih 10,000 Dollar und Roftaf im Binnenlande 5000 Dollar ein. 





25), Mellfted, Neil. I. ©. 158. 


Arabien; Oman, Küftenftadte, 527 


Ein Haupterwerb in Sfohar find Gitronen, die getrocknet in gro= 
fen Duantitäten nach Perſien ausgeführt werden. In der Stadt 
follen 20 jüdiſche Familien mohnen, die fich vorzüglich vom 
Geldwucher nähren; die Araber nennen fie Wold Sara (over 
Ewlad Sara), d.h. Kinder der Sara, und bezeugen großen Abe 
ſcheu vor ihnen. 


5) Schinaf. 


Schinaß*) (Schenas bei Niebuhr) ift nur eine Fleine 
Stadt mit einem Fort und einer feichten Lagune, in der nur Fleine 
Boote anfern können (unter 24° 45’ N. Br.); der Ort fol dem Imam 
nur 3000 Dollar Einfünfte geben, doch kann diefe Summe faum 
die Ausgaben der dortigen Verwaltung veden. Zur Zeit ver Pi— 
ratenfriege hatte ſich Schinaß ver Oberherrfchaft ded Imam ent- 
zogen und fich mit den Piraten vereint. Nach ver Bernichtung von 
Nas el Khaima kehrten fie in den Gehorfam zum Imam zurüd 
und erhielten feitvem ein Commando Beludſchen ald Garnifon in 
ihr Sort. Bei dieſem friedlichen Zuftande Fonnte man von hier 
Grfundigungen aus dem DBinnenlande von Oman einziehen; des— 
Halb ſchickte Wellfted von Hier aus feinen Empfehlungsbrief des 
Imam an Sejjid Ihn Mutlof ven Wahabi- Häuptling des an 
Dman grenzenden Birema, um von ihm eine Escorte nad) De= 
raijeh zu erhalten. Von Schinaß konnte man gegen Weft durch 
ven Wadi Chor (der ihm gegen SM. liegt) und Wadi Uttor 
(fehlt auf Wellſted's Karte) und nur auf dieſer einzigen Route 
damald nach der Dafe Birema im Binnenlande gelangen. 


6) Dibba und die felfige Wildniß der Aſab-Berge biß 
zum Ras Muffendom an der Norvdfpige von Oman. 


| Dibba (Dibha, Dobba bei Niebuhr)*) liegt weiter im 

Nord, da, bis wohin die nievere Küftenebene, die Batna (f. ob. 
S. 476) over dad Tehama von Oman reicht, bi8 wohin auch längs 
der Küſte ſich jene Dattelwäldchen mit Dörferreihen hinziehen. Die 
Stadt hat Waffer, Gemüfegärten, Viehherden und einige Boote, die 
ihr Getreide von der benachbarten perfiichen Küfte zuführen; fie 
bringt dem Imam 4000 Dollar Einkünfte, und hat ein Fort, in 
dem er feine Garnifon faft an der Norpgrenze feiner Herrſchaft ers 
hält. Die noch zwifchen Schinaß und Dibba fünlicher gelegenen 


*°) MWellfted, Reif. J. ©. 162, 157. ) Ebend. ©. 164. 


528  Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 66. 


Küftendiftriete mit den Hauptorten Chor Kelba (Chor b. Nies 
buhr) und Chorfafan (25° 20° N.Br. nad) Niebuhr) find 
Dibba an Größe und Productionen ähnlich. Aber von Dibba an, 
nordwärts, ändert fich die Natur des Landes gänzlich, denn von 
da wird Die niedere Küftenebene verdrängt durch die Küftenkette, 
die dicht anı Meere auffteigt und an manchen Stellen ſich in fehr 
romantifchen Formen zeigt. in flacher Strand bleibt nur noch 
am Eingang der engen Buchten, der Chors, übrig, wo Wind und 
Mellen eine Lage von Sand und Schutt und zertrümmerte Korals 
len mit Mufcheln aufwarfen. Der Sauptzweig ded Gebirgs 
zieht Hier ziemlich in der Mitte der nun auf wenige Meilen fich 
verengenden Norvfpige Omans, zmwifchen ver Oſt- und der Wells 
£üfte, von Süd nadı Nord an 2000 Fuß hoch über dem Meere 
hin, bis zum Cap Muſſendom, und fendet zu beiden Seiten feine 
Thaler, Ketten und VBorgebirge zum Bahr Oman, wie zum ins 
nern perftichen Golf, nämlich zur Piratenfüfte von Nas el Khaima. 
Diefe ganze Linie der Oftküfte ift durch tiefe Baien, Buchten, 
Ginfahrten eingezadt, die je näher dem nördlichen Gap Muſ— 
fendom, das auch Nas el Dichebel, d. i. dad Berghaupt, 
bei den Arabern Heißt, immer zahrreicher werden. Diefe Einfchnitte 
und Schluchten feßen auf die weſtliche Seite des Vorgebirgs fort, 
und nur ein fehmaler etwa 500 Ellen breiter Landrücken trennt 
noch die Bai Kaſab von der einen Seite, von der Bai oder Gub— 
bet Gurejje auf der andern Seite. Nur wenige Küften der Welt, 
meint Wellfted (innerhalb der Tropen vielleicht, denn gegen Die 
Polarenden der Erde fehlen fie wol nicht), feien jo irregulair und 
fo voller Krümmen wie der zwifchen jenem Iſthmus und dem Nord» 
cap des Muffendom liegende Raum (f. ob. ©.389, 417,433). Biels 
leicht daß in dem dort vorkommenden Namen der Infel und des 
Dorfes Sabi 8), wie in dem Kafab noch ein Anklang an den 
antiken Namen des Acaßwv Axgov bei Ptol. ſich zeigt, fo wie in 
dem dortigen Namen eined Dorfes Mofa etwa noch ein Ueberreſt 
der antiken Bevölkerung der Maxaı gefucht werden könnte. 

Nur von einem einzigen Querwege iſt die Rede, Der von 
der Oftfüfte zur Weftfüfte hinüber führen fol, nämlich nord= 
wärts Schinas, von Fidſchina (25° 21° 45" N.Br.), am Oman- 
geftade, weſtwärts über die Berge na Schardſcha (Scharga auf 
Berghaus Karte) am Perfergolf; eine Entfernung die in 27% Iages 





248) Rödiger, Not. 118 bei Wellftied, Neif. I. ©. 163. 


Arabien; Oman, Küftenftädte, 529 


reifen zurücgelegt werden joll #9), die aber Wellfted wegen Kränf- 
lichkeit, welche ihn am Ende feines Aufenthalts in Oman zur Rüd- 
kehr nach Indien (im April 1836) zwang, nicht zurüdlegen Fonnte. 
Der einzige Europäer, der diefen Weg gemacht zu haben fcheint, 
ift Wellſted's >. Begleiter, Lieutnant Whitelod50) von 
der indischen Blotte, der mit Wellfted im Jahre 1836 in Schinaß 
vergeblich die Erlaubnig des Wahabi-Chef von EI Ahſa abwartete, 
um von da zu Lande gegen Weit bis Derreyeh vorzudringen. Der 
Sohn des Wahabi-Chef, der durch Schinaß nah Masfat reifete, 
war nicht zu bewegen den Eingang in fein meftliched Gebiet zu 
geftatten und fchlug den Pag dahin rund ab, ungeachtet ver Imam 
von Oman fich jehr darum bemühte, feinen Gäften willfährig zu 
fein. Doch gelang e8 Whitelod, jened Schardſcha (Scharga) 
am perfiichen Golf zu erreichen und von da das zerriffene Terrain 
von Kafab (Eoffab) zu befuchen, dann aber mit Kameelen von da 
quer die Wüfte zu durchfchneiden bis Bahrein und dann felbft 
bi8 Grane (oder Quoit) vorzudringen. Leider ift fein Bericht 
darüber nur zu unvollitändig ausgefallen. Von ihm wurde nur 
mit wenigen Worten die Natur des Gebirgslanded im nördlichen 
Dman fo gefchilvert, jedoch ald Augenzeuge, wie fie unftreitig da= 
nah Wellfted in feinem Berichte angegeben (f. 0b. ©. 408). Das 
Grüne Gebirge, Dſchebel Achvar, befuchten beide Reiſende 
gemeinfchaftlich; deſſen Fortfegung nordwärts bis zum Cap Muſ— 
fendom aber nur Whitelod allein. Gr nennt died Iegtere die 
Fortfegung der Kette des Achdar, die aber almäphlig an 
Höhe abnehme und der Küfte immer näher trete, jo daß es bei 
Burfa nur noch 16 Stunden, bei Schinas nur 6, bei Chor- 
fafan (Khorefa Khan bei Whitelock) nur 4 Stunden und am Ras 
Mufjendom nur noch wenige Minuten vom Meeredufer abftehe. 
Jene Hauptfette des Dſchebel Achdar beftehe aus 3 Parallels 
fetten, davon die mittlere die höchfte fei, deren Züge zufammenhän« 
gen, wenn auch von tiefen Schluchten vurchfegt. Dagegen werben 
an dem Nordende der Kette, gegen dad Cap Muffendom, die eins 
zelnen Berge, wenn auch dad Ganze denſelben Zug beibehält, doch 
von einander ganz abgelöft und ifolirt. 

Das Land zwifchen dem Meere und dem Gebirge, dicht am 


9), Wellſted, Neif. I. ©.165. °") Lieutn. F. Whitelock, Ind. Navy 
Notes taken during a Journey in Oman and along the Hast 
Coast of Arabia, in Proceedings of the Bombay Branch of Roy. 
Geogr. Soc. 1837. p. 14 etc. 


Nitter Erdfunde XI. | 


530 Weſt-Aſien. IV. Abtpeilung. $. 66. 


Geftade hin, iſt eine Zone von Dattelmäldern, fo meit bis 
Chor Kelba (Khore Kulba bei Whitelock), in einer Breite 
von anderthalb Stunden. Jenſeit diefer Küftenebene, wo White- 
loc das Land paſſirte, fand er nur Einöde bi zum Fuß der mitt- 
lern Hauptkette, aber mit irregulair detafchirten Bergen beftreut. 
Senfeit ver Bergkette, in Welt und Süd dverjelben, fand er nur 
Sandwüſte, welche, in der Richtung von Ras el Had gegen 
Abothubbi hin, Oman völlig vom jenfeitigen Nedſched und 
ELIAHTa ſcheidet. Die Küfte ver Oman-Seite von Schinad hörte 
Whitelock nur immer Batna nennen. Die Weftfüfte aber von’ 
Cap Muffendom bis Abothubbi (Die Piratenfüfte) belegte man 
ihm auch mit dem Namen Omanfüfte. 

Jene ganze Stredfe von Dibba nordwärts bis Nas Mufen- 
dom, ſammt dem innern Bergoiftriete, halt Wellſted °!) für waſ— 
ferarm und unfruchtbar; wo Waffer in der Küftennähe, ift es falzig. 
Nur einzeine Palmgruppen drängen ſich aud den Schluchten her— 
vor und bilden einen angenehmen Contraft gegen dad düſtre, öde 
Bergland, wo außer aromatifchen Kräutern für Ziegen nur wenig 
Grafung zu fehen if. Die Euphorbia tirucalli, die hier fich aus 
ven Felsſpalten hervorklemmt, wird von Ziegen wie von Kameelen 
in Ermangelung befjern Futters benagt. Die wenigen Schafe auf 
dem Gebirge fcheinen in einem halbwilden Zuftande zu Ieben; doch 
kommen fie auf den Auf der Menfchen berbei, um fich melfen zu 
laſſen. 

Die Bewohner dieſer nördlichen Halbinſel Omans re— 
den einen Dialect, der verſchieden von dem der übrigen Omaner ift, 
doc nicht verfchieoner ald der Dialect Jemens von Hedſchas 32). 
Sie felbft find Feineswegs, wie Kinneir’) meinte, eine Mifche 
lingsraçe alter PVortugiefenbevölferung mit Arabern, und deshalb 
hellfarbiger, deshalb andere Sprache redend. v. Hammer’) er 
innerte, daß fih Wellfted in feiner Nachricht von dieſem Dialect 
widerſpreche, aber Whitelock, fein Neijegefährte, ver auch bemerkt, 
daß fie eine corrupte fchwer verftändliche Sprache rebeten, 
jagt doch, daß dies eine arabifche fei, und feine von der arabis 
chen verjchiedene (alfo Fein Mahri over Ehkili); denn auf Well- 
ſted's Befragung des Imam zu Maskat, der mehrere vom jenen 


251), Mellited, Reiſ. I. ©. 167. 2) Ebend. S. 167 — 169. 
°°) Kinneir, Geogr. Mem. of the Pers. Empire p. 11. 
°+) 9. Hammer-Purgſtall, Wien. Jahrb. 1840. 2. 92. ©. 17. 


” 


Arabien; Oman, Ras Muſſendom. 931 


bei ſich gejehen, verficherte dieſer, daß fie Feine andere Sprache 
redeten, aber daß fie nur felten ihre Berg- und Küftengebiete 
verließen, jedoch eine arme, harmloſe Menjchenrace feien’®). Das 
Didihannuma nennt ihre Sprache jedoch gang mild, fogar beftia= 
liſch (wahſchi). Auch ihre Hautfarbe fand Wellſted dunkler 
als die der gewöhnlichen Omaner. Zu jener Meinung, Hält Wells 
fted dafür, hätten vielleicht Abkömmlinge einer Perſer-Colonie die 
Deranlafjung gegeben, die früher in Kamfa und Kafab fich ange— 
fievelt Hatten. Ehe die britifhen Schiffe bei dem Survey an ihre 
Küfte Famen, hatten fie nie einen Europäer gefehen; fie waren er- 
ftaunt wie die Wilden von Neuholland zum erften male über Spies 
gel, Uhren, Bilder. Gang arm, trugen fie nichts als ein fchmales 
Stüf Zeug um den Leib gefchlagen; ihre Wohnungen waren oft 
nur kleine runde Hütten, 4 Fuß hoch, von Iojen Steinen auf dem 
äußerften Seeftranvde aufgebaut, oder unter überhängenden Belfen, 
meift aber in Höhlen und Schluchten. Defter jah man zwifchen 
den Eindven der Klippen Haufen Bemwaffneter, die auf dad Stran— 
den eined Sciffed gefpannt waren, um davon gute Beute zu ma— 
hen. Fiſche und Datteln find ihre Hauptnahrung. Sie haben 
eine große Vorliebe für ihre Wildniß, die fie felten verlaffen, es 
fei denn, daß ſie bis Batna gehen und fich dort ald Arbeiter zur 
Dattelernte verdingen, oder ald Fiſcher bis auf die Fleine Infel 
Larek hinüberfchweifen. Im die Städte gehen fie niemals hinein. 
Ihr Schech in Kafab fol 5000 Mann Krieger ftellen können, ihr 
Schech in Boch (im SW. von Nas Dſchaddi) an 2000, wonach 
Wellſted die ganze Population diefer felfigen Wildniß der Aſab— 
berge auf 15000 Seelen jchäßte. 

Whitelock Fonnte während ſeines Surveyss6) an diefer 
bisher fo völlig unbekannt gebliebenen Norvipige Omans die ge— 
naueften Nachrichten bieten, durch welche die vorigen Wellſted's 
theils beitätigt, theils erweitert werben. 

Dad Nas Muffendom, unter 26° 23° N.Br. und 56° 35’ 
DR. v. Gr. nad) der neueften Aufnahme, ift dad Cap der nörd— 
lihften Infel; das nördlichſte Land-Cap heißt Gabr Hindi, 
und dies ift eigentlich das Nas el Dichebel. Beide find von ein= 


) Whitelock, Descript. Sketch etc. in Lond. Geogr. Journ. 1838. 
Vol. VIII. p. 184. *) Lieut,. Whitelock, Ind. Navy Descript. 
Sketch etc., in Proceedings of the Bombay Geogr. Soc. 1837. 
Jan. p. 13—15; derf. in Journal of the Roy. Geograph. Soc. of 
London. Vol, VIII. 1838. p. 152 — 184. 


<i2 


532 Weft-Afien, IV. Abtpeilung. $.66. 


ander durd) jene enge Meereögaffe getrennt, welche Lieutn. Kemp- 
thorn’8 Schiff, die Dlive, zuerft durchſchifft Hat (f. ob. ©. 433). 
Das Cap ift, nach) Whitelock, 200 Fuß Hoch, fteilauffteigenver, 
dunkler Bafalt, ſchauerlich; die Küfte zu beiden Seiten feltfam 
eingezahnt, bis zum Nas Sheikh Maſud in W. und Ras Huſ— 
far in ©. Die merfwürdigften Fiorde find Malcolm’ und El— 
phinftones Inlet. Die Küftenberge fleigen meift bis zu 500 
Fuß empor, die Tiefe des Waſſers fenft fih 30—40 Baden (180 
bis 240 Fuß) tief hinab. Es ift ganz Klar, voll Mufcheln und 


Korallen, Die Berge fleigen noch höher bis zu 800 Fuß empor, 


find fehr rauh, vol tiefer Höhlen, meift Bafalt und vermitterted 
Granitgebirge; daher Infe, vol Trümmer, und nicht nur be— 
jchwerlich, fondern auch gefahrvoll zu erfteigen. Doch auch Duarze 
feld und Schiefergebirg nimmt man wahr. 


T) Die Kafab-Bay. 


Die Kafab-Bay mit dem Fort, unter 26° 13! N.Br., 56° 20° 
O.L. v. Gr., ift der einzige Fiord (Inlet), der es verdient wegen 


feiner abweichenden Bejchaffenheit von den übrigen hervorgehoben 
zu werden. Das Ufer hat fruchtbaren Boden, mit reichlichem und 
gutem Waffer, mit Vieh und Pifchen in Meberfluß. Aus großen 
Tiefen holt man ſchöne nahrhafte Muſcheln herauf. Die Menfchen 
find ſehr armfelig, in einem primitiven Zuftande lebend, ganz uns 
wiffend, aber vol Vorliebe zur Heimath. Sie gehen in Lumpen 
einher, find jedoch Muhamedaner. Ihre Zahl ift unbekannt. Sie 
ftreifen viel umber. Bei Limah haufen fie an der Fronte eined 


fteilen Felsbergs in den Höhlen, die eine über der andern liegen. J 


Die Kinder werden mit Stricken feſtgebunden, um das Herabſtürzen 
zu hindern. Sie ſind durchaus nicht neugierig, und auf das Schiff 
gelockt ſtaunten ſie alles nur auf eine ganz ſtupide Weiſe an; nur 
die Kettenanker und die Schweine feſſelten ihre Aufmerkſamkeit. 


Netze machen und Fiſche fangen iſt faſt ihre einzige Beſchäftigung; 


die Weiber beſorgen die Haushaltung und das Melken der Ziegen 
(Schafe bei Wellſted), die auf den Bergen wie wild umherſpran— 
gen. Dabei waren die Menfchen voll Gutmüthigkeit und Bereit« 
willigfeit; felten, fagt Whiteloc, fonnte man eins ihrer Dörfer 
verlaffen, ohne daß fie Milch und Datteln vorgefegt hätten. Die 
Männer haben vie Gabe, einen außerordentlich fcharfen durchdrin— 
genden Schrei auszuftoßen, der in unbefchreibliche Berne über Berge 
und Thaler forttönt. 


i 
| 


Arabien; Oman, Piraten - Tribus. 533 


Mellfted, ver fpäterbin, bei Unterfuchung und Beichiffung 
des Perjer-Golfd, von Gambron und Ormuz, in einem Bagala 
die Usberfahrt nah Ras el Khaima machte, erfuhr dabei ſchmäh— 
Jichfte Hige, die diefem Golfe eigen ift. Bei einer Fahrt der eng⸗ 
liſchen Fregatte Liverpool, im Jahre 1821, in dieſem Gewäſſer, 
hatte die Mannjchaft im Juni eine fo furdtbare Kite auszuſte— 
ben >”), daß, obmol das Verde auf dem Schiffe immer naß gehal- 
ten murbe, doch 3 Officiere den Sonnenftich befamen. Alles mußte 
fih zur Erleichterung zu Ader Yaffen, daß es dann auf dem Ver— 
decke wie in einem Schlachthaufe ausfah. Nur die mäßigite Diät 
rettete vor dem Verderben, und dabei fiel in der Nacht ein unge- 
mein ftarfer Ihau auf dem Schiffe. Den Strahl des nächtlichen 
Mondes empfand Wellfted eben fo bejchwerlich wie ven des 
Sonnenftrahles. Jedermann hütete fich daher davor. Trifft ver 
Mondftrahl Fifche oder animale Subjtangen, jo find dieſe fehr 
ſchnell zerfegt, eine in Indien befannte Erfcheinung, deren ehren 


aber noch nicht ermittelt ift. 


8) Rad el Khaima und die Tribus der Piratenfüfte. 


Bon Rasel Khaima, dem Vorgebirge der Zelte, war 
früher ald von einem Piratennefte die Rede, das Wellitev 8) im 
Jahre 1830 größer ald zuvor wieder aufgebaut gefunden hatte. Als 
er jpäter 1840 dahin zurücffehrte, fand er den Ort mit hoher Mauer 
von Thürmen flanfirt umgeben, längs ver Seefüfte, auf einer nie= 
dern, feine Halbe Stunde langen und kaum 400 Schritt breiten. 
Sandzunge gelegen, welche den Hafen mit einer Barre am Ein- 
gange bildete, in den man nur bei Fluthzeit einlaufen fonnte. Nur 
der innere Hafen liegt ficher, der Ort hat nur elende Hütten, die 
von großen am Ufer Hinziehenden Dattelwäldern umgeben find. 
Gegen Welt zieht eine Gebirgäfette, 3000 bis 4000 Fuß hoch, mit 
welcher von der omanifchen Seite dad Gebirgsland endet; denn 
jenfeit, gegen Weft und Nord, wird das Küftenland flach, mit fan= 
digem Ufer, faum daß noch ein Hügel fih von da an bis zum ſy— 
riſchen Blachlande an der Guphratmündung erhebt. Hier ift der 
Sitz jened Piratenftammes, ver nie feit den älteften Zeiten feine 
Wohnſitze oder feine Lebensweiſe geändert, und zu jeder Zeit fi) 
leicht dem Nachiegen feiner Beinde entziehen Eonnte. Doch hält fie 


*) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs I, p. 94 — 100, 
») Ebend. p. 98. 


534 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 66. 


neuerlich feit jenen britifchen Ueberfällen, vie ihre zahlreichen Bar— 
fenflotten vertilgte, dad wachſame Kreuzen oftindifcher Kriegsſchiffe 
an ihrem Geſtade in Reſpect. Aus Piraten find fie thätige 
Kaufleute geworden; ihre Boote handeln nicht mehr in Die meite 
Ferne, aber friedlich in der Nahe von Port zu Bort; nur felten 
hört man noch von Exceſſen; alle ihre zerftörten Städte find neu 
aufgebaut; ihre Boote find zahlreicher geworden, als fie je zuvor 
waren, Friede und Orpnung herricht jet hier wie zu feiner Zeit, 
doch unbefchadet der Fehde unter ſich, die zwiſchen den Araber- 
Tribus zur geregelten Lebensordnung gehört. Doch wird freilich 
wol erft ver Verlauf von ©enerationen dazu gehören, ihnen ihr 
früherhin glorreiched Piratenleben vergeffen zu machen, das fie fich 
feit Jahrhunderten zum Ruhme anrechneten. Ramah ibn Java 
ift ihr Heldeniveal, der in aller Munde in ihren Gejüngen fortlebt. 
In El Katif geboren, ift viefer ihr Muſterheld; erft Pferdedieb, 
die geehrtefte und fchlauefte Art des Naubes; dann Pirat, auf 
feinem Boote mit feinen 12 Gefährten, wie ein Jaſon auf feiner 
Argo zum Raube des goldnen Vließes umherziehend. Dann fleigt 
er als Eigenthümer eines Schiffs von 300 Tonnen Laſt zur Höhe 
eined jfandinaviichen Seefönigd empor, dem 350 feiner fanatifchen 
Piraten ald Helden zu Gebote ftehen. Die Ueberrumpelung und 
ein temporairer Beſitz des Hafens von Abuſchir ift fein golones 
Vließ. Erſt ver Iractat von 1819 brachte ihn zur Ruhe; er z0g 
fi) in die Nähe von EI Katif auf eine Sandinfel zurüd, erbaute 
fih da ein Dort, um dann nach Gelegenheit feine Plünderzüge zu 
wiederholen, von denen er nicht lajfen Eonnte. Obwol fchon ganz 
blind, an allen feinen Gliedern verwundet und zerfchoffen, ließ er 
ſich auf neuen Piratenzügen ertappen; gefangen auf ein Schiff ges 
bracht zündete er noch die Pulverfammer an und fprengte fich fo 
jelbit in die Xuft. So endete der Piratenheld. 

Die Jahreszeit der Berlfifcherei an dieſer Piratenküſte 
dauert nur vie 4 Monate Juni bi8 September, wo Alles in 
Spannung diefem Lotteriegeſchäft fich hingiebt; dann nur ift Friede 
unter den Küftentribus; in der übrigen Zeit herrjcht ver Fleine ge= 
genjeitige Krieg, die Befehdung der Tribus unter einander, vor. 
In diejer Zeit hatte der Chirurg auf dem englifchen Kreugerfchiffe 
fortwährend zu thun. Alles Schneiden, Operiren halten die dabei 
Verwundeten mit Stanphaftigfeit aus, widerfegen fich aber jeder 
Amputation. Ihr Körperbau, fagt Wellſted, ift ſchlank, doch 
flimmig und weit jchöner als der der Beduinen im Binnenlande; 


| 


Arabien; Oman, Piraten - Tribus. 535 


unter ihnen ſah er wahre SHerfulesgeftalten. Die Phyſiognomie 
der Scheifh8 und ihrer obern Claſſen jehen ſich einander jehr ähn— 
lich. Längliches Oval, flache aber hohe Stirn, vorfpringende Adler— 
nafe, zurüdtretendes Kinn, hellbraune Hautfarbe, feurige, tieflie- 
gende, dunkle Augen, kurze aber tiefichwarzge Bärte und Schnurr= 
bärte characterifiren fie. Im Schiffe find fie ſtets halbnadt, auf 
dem Lande immer in voller Tracht, und gewaffnet mit dem hell- 
braunen Mantel, der in der kältern Jahreszeit alem Wolf auf den 
Schultern hängt. Diefe Mäntel werden in Nedſched aus Ka— 
meelhaar gearbeitet, auch ſchwarz und weiß geftreift für den ge= 
meinen Dann zu dem Preiſe von 5 und 6 Dollar, bis zum Luxus 
der Reichen zu 30 und 40 Dollar das Stüd. 

Weiber und Kinder find weit jchöner als vie Männer; alle 
haben ſchöne Augen, trefflich weiße Zähne; jchon im 13ten und 
14ten Jahre verheirathen fie fih; ſchwere Arbeit macht fie. früh 
altern. Die Kinder bleiben ohne Erziehung und Unterricht, leben 
ald Halbe Amphibien im Waſſer, bei einfachiter Koft, ohne alle 
Spirituofa erkranken fie felten, üben ſich frühzeitig im Schiffen 
und in Waffenführung, und erreichen meift ein jehr hohes Alter. 
Nur die Boden und die Cholera Morbus raffen auch fie in 
Mafien hinweg. Wen die Cholera überfält, der wird fogleidy mit 
Waſſer übergoffen, womit man ununterbrochen fortfährt, bis er 
ftirbt oder geheilt ift. Der Pockenkranke wird fogleidy von jeder 
Gemeinschaft gefchieven in die Einöde gebracht und wie ein Peſt— 
Eranfer gemieden. Milch, Datteln, Fiſche, Gerftenbrot ma= 
chen ihre einfache Nahrung aus, wozu die Scheifhötafel noch Pils 
lam von Reis, Geflügel hinzufügt. Kaffee wird zu allen Zeiten 
getrunfen. Die getrocdneten Bifche werden wie zu Diodors und der 
Babylonier Zeiten in Mörfern geftoßen, durch Tücher gejeihet und 
daraus Klobs bereitet und mit dem Gerjtenbrot gebaden. Gier 
und Geflügel fommen von Oman; Obſt giebt es viel und ift 
wohlfeil. — 


536 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 67. 


Dritted Kapitel. 
$. 67. 
1. Dman das Binnenland, 


Bis auf Wellftev’s fühne Wanderungen in den Jahren 1835 
und 1836 in da innere Oman war diejed ganze Ländergebiet, 
außerhalb des Küftenftriches, den Europäern völlig unbefannt; fein 
Beobachter hatte e3 zu befuchen gewagt; -nur die blutigen Gefechte 
gegen die Beni Abu Ali Hatten ein unglüdliches englifches Heer 
tief Tandein gegen Süd, von Masfat und Sſur, vorzufchreiten 
vermocht; aber faum ein Drittheil diefer britifchen Truppen kehrte 
heim zur Küfte; die meijten blieben tod in der wilden Einöde zu— 
rück (ſ. ob. ©. 411). Ale andern Gebiete des Binnenlanded was 
ren von feinem Buß eines Europäers betreten, dad grüne Hoch— 
gebirge de8 Dſchebel Achdar nur von der Küfte aus gefehen, 
die dahinter liegende merkwürdige Dafenreihe von Ibrah, Min— 
nah, Niſſuwa, Obri, Birema faum den Namen nach befannt. 
Aber der Verſuch auch jenfeit diefer Gebiete noch tiefer in das 
Innere der arabifchen Salbinfel, durch die dortige Wüfte, in die 
Sige der dort noch herrſchenden Wehnbitenmacht und, wie es beab— 
fihtigt war, bis zur Gapitale Dereye einzubringen, ward durch 
den hartnädigen Widerftand jener Häuptlinge vollſtändig abgemehrt, 
welche jeden Freipaß und jeden Beiftand verfagten, ungeachtet der 
Imam von Oman) ſelbſt perfönlich durch Rath, durch Vergütung 
der Neifekoften, durch Gelvgefchenfe, Lieferung von Proviant, Pfer— 
den, Kameelen, Führern und zahlreichen Escorten alles nur mögliche 
that, die Zwecke Wellſted's und deſſen Neifegefährten Whitelock, 
der einen Theil der Irrfahrten durch die Terra incognita mitmachte, 
zu fördern. Hier das Ergebniß ver theilmeis fehr gelungenen Aus— 
flüge, welche eben fo viele neue Entverfungen enthalten, denen un— 
mittelbar nachher in das Hochgebirge des Dſchebel Achdar nur 
noch ein einziger Europäer, Aucher Eloy, der unermüdete Pflan= 
zenfammler, im Jahre 183860) gefolgt ift, doch faft auf derfelben 
Route wie Wellfted, ver e8 aber meit ſchneller wieder verlaffen 
mußte, und feine neuen Wege bahnte. 


239, Mellften, Reif. 1. ©. 5, 7. 60%) Aucher Eloy, Voyages en 
Orient, Ed. Jaubert. Paris 1843. 8. Sec. Part. p. 541 — 574. 


Arabien; Oman, Binnenland, 537 


Srläuterung 1, 
Ausflug von Sfur gegen Süd nah Dſchilan; zu den Beni 
Abu Hafan, den Beni Abu Ali und den Dfcheneba - Beduinen 
(vom 25. Nov. bis zum 10, Dec, 1835). 


Don Maskat ſchiffte Wellfted in einer Barfe, am 25. Nov., 
die Küfte entlang®l), gegen S.D. die Felshöhe vorüber, an welcher 
aus dem merfwürdigen Schlunde, der das Teufelsloch Heißt, ein 
heftiger Windftoß ven Neifenden nicht geringe Gefahr brachte. Bis 
Kalhat hielten Negenfchauer an; von Sſur aus wurde die Reife 
landein nad Dſchilan begonnen. 

1. Dec. Auf Ejeln ritt man 27, Stunden meit bis zum Fuß 
der nächften Küftenberge, die nun wegen ihrer Schroffheit zu Fuß 
erklettert werden mußten. Nach der eriten Stunde Aufftiegs Fam 
man zu einem Dörfchen, am Elaren Bergftrom gelegen; dann vier 
Stunden lang durch verjchiedene tiefe gut bewäſſerte Thäler, hier 
und da mis Palmgruppen und Aderland. Bei Erreichung ver 
Gipfelhöhe gewann man Kühlung und eine weite Umficht. Auf 
der Höhe breiteten ſich nur nackte Tafelitreden von Kalkfels aus, 
mit bleicher, öder Bläche, nach allen Nichtungen. Viele Schafe und 
Ziegen ſah man, aber Fein menfchliches Wefen in ver großen Ein— 
bde. Diefe Stelle ift die ſüdöſtlichſte Spige der Anhöhen zunächft 
der Küfte, bi8 zu einem weiten Ihale, Kalhat gegenüber. Diefer 
Gebirgäftrih wird Futloh genannt. Innerhalb der engen Thal— 
ſchlünde, die ihm; durchziehen, follen 60 Dörfer und Weiler, von 
1500 Menjchen bewohnt, liegen, die zu den Beni Kaled (oder 
Khaled) und zu ven Beni Daud (d. i. Davıd) gehören. Bon 
‚erfteren follen an 600 ein gleichnamiged Thal bewohnen, das an 
der Südweſtſeite ver Berge Liegt, und fo eng und abſchüſſig ift, daß 
man es nur mit Hülfe von Geilen paffiren kann. Diefe Thäler, 
in denen fehr viel Regen niederfällt, enden fehr viele Negenbäche 
nach der Tiefe; fie geben einen reichen Ertrag an Getreide und 
Brüchten, davon der Zehende an ven Schedy von Sſur gezahlt wer« 
den muß. Weiterhin kam man zu mehren Hirten, die ihr einfa= 
ces Mittagsmahl aus Datteln und Milch genoffen und unter einem 
großen Fels ihren Schuß gegen den Sturm fuchten. Sie glichen 
den Bewohnern der Ebene, waren aber größer von Geftalt und von 
gefunderer Geftchtäfarbe. Ihre Hütten, an fließenden Bächen aus 





*) Wellſted, Reif. 1. S. 32, 35. 


538 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 67. 


bloßen Steinwanden aufgebaut, hatten Schilf zu ihrer Bedachung; 
ihre hübſchen rauen verfahen die Reiſenden reichlich mit Milch 
fpeife. Die Nacht wurde im Sſuk el Sfur, d. i. dem Bazar 
der Stadt Sfur, oder dem gleichnamigen Marftfleden zu- 
gebracht. 

2. Dec. Der Weg führte 62) am folgenden Mittag, zu Ka— 
meel, durch ein flaches Thal, in vem abgerundete Kalkſteinmaſſen 
dad Bette bildeten, und dazwiſchen wenige Erüpplige Acaciene 
gebüſche ftanden. Hügel zu beiden Seiten erhoben fih von hell— 
rothem over gelbem Sandftein, ven ockergelbe oder purpurrothe 
(mol eifenfchüffige) Streifen durchzogen. Obwol im October bis 
November bier vorübergehende Regenschauer fallen, fol doch an= 
haltender Regen in drei Jahren höchitend nur einmal vorkom— 
men, wo dann das Bett dieſes Thals ſich mit einem ſo reißenden 
Strom füllt, daß dann jede Paſſage mit Kameelen gehemmt iſt. 
Um 2 Uhr, alſo nach 2 Stunden Weges, wurde der Paß Bab el 
Rufſur (Reff, d. h. gewölbter Bogen), dad gewölbte Thor 
von Sfur, erreicht, Dad man gegen die Ueberfülle der Wahabis 
erbaut hatte, melches jegt aber in Berfall war. Bon da brauchte 
man bis 6 Uhr vie noch übrigen 4 Stunden dad Ende des Thals 
und dann noch eine Duelle mit Palmgruppen zu erreichen. Erſt 
in der hellen Falten Nacht, um 11 Uhr, verkündete wildes Hunde 
gebell die Nähe des Dorfes, wo man übernachtete. 

3. Der. Drei Dörfer, Homaidah, ElKamil und ElWafi, 
jedes mit einem Fort, zufammen etwa mit 200 Käufern, von Mauern 
umfchloffen zur Sicherung gegen Ueberfälle, haben von ein paar 
Bächen bewäfjerte gute Fluren. Don ihnen führte ver Marfch über 
eine weite Ebene mit loderm Triebfandboden, und weiße Thonflä— 
chen, die nur hie und da mit Sajelbüfchen (Mimosa Sejal oder 
Acacia Mas) bewachjen waren. Ginzelnen Beduinenzügen, vie auf 
dem Marſche nah Sjur begriffen waren, begegnete man. Die 
angefehenften Stämme leben hier in gegenfeitigen Räubereien und 
Fehden; der Imam iheilte Gefchenfe unter fie aus, fie aber ge— 
horchten ihm nicht; alle Tage gab e8, wahrend Wellftev’3 Dort- 
fein, Blutfehden. Größte Vorficht war daher nothwendig. Gegen 
4 Uhr hatte man die zerftreuten Hütten der Beni Abu Hafan 
zwifchen Dattelmäldern erreicht. Hier wurden die Zelte aufgefchla= 
gen. Die Neugier diefer Beduinen war grenzenlos; fie fülten vie 





262) Wellſted, Reif. I. S. 38. 





Arabien; Oman, Binnenland, 539 


Zelte an. Shre 1200 Männer, ohne die Weiber und Kinder, kön— 
nen doch nur 700 mit Runtenflinten Bewaffnete ing Feld ſtel— 
len. Sie haben feine Gefchäfte ald nur ihre Dattelpflanzungen zu 
hegen; jonjt gehen fie müßig oder ftehen in Fehde. Wellfted 
nennt fie die wildeften und roheften Menfchen, vie er gefehen; fle 
gehen faft nackt, ihr langes Haar reicht bis zum Gürtel. Ihr 
Schech rieth dem Briten davon ernftlih ab, zu den Beni Abu 
Ali zu gehen; fie jeien vem Imam abgeneigt, fie haßten die Eng- 
länder; e8 feien wahre Teufel; — er ftand mit ihnen in Fehde. 

Diefe Abu Ali) wohnten nur 2 Stunden fern von jenen, 
und wurden am folgenden Tage, den 4. Deec., dennoch aufgefucdht. 
Als fie die britifchen Reiſenden anfommen fahen, erhoben fie ein 
lautes Sreudengefchrei und ſchoſſen fogar ihre paar alten Kanonen 
108. Sie jchlugen fogleich die Zelte der Gäfte auf, fchlachteten 
Schafe und brachten Milch) in großen Näpfen. Sehr groß mußte 
die Heberrafhung fein, nad) dem was früher bier vorgefallen (j. ob. 
S. 411, vie Expedition des Capt. Thomfon), nach dem wad man 
fürz zuvor gehört, und zumal ald man nun ſelbſt im Angeficht der 
von den Briten noch nicht gar zu lange (1821) zerftörten Forts 
diefed Friegerifchen Tribus _fein Stanpquartier nahm. 

Ueberrafchend war nach ſolchen in der That furchtbaren Vor— 
gängen doc, alle Feindſchaft vergerjen, da der Brite ald Gaft in 
deren Mitte trat, die ſich aus Wildheit und Beindfchaft gegen alle 
Nachbarn fern von der Küfte hielten. "Hier haben fle bei ihrer 
Iſolirung und Rohheit doch auch ihre urjprüngliche Ginfalt der 
Sitten beibehalten, während andere Beduinen an den Grenzen Sy— 
riend und Mefopotamiend durch die Berührung mit den Türken, 
in Hedfchad und Jemen durch die mit europäischen Handelsleuten 
und Neifenden fchon vielfach verfchlechtert find. 

Bisher hatte man von diefen ifolivten Beduinenftämmen 6%) 
gar feine Kenntniß; Wellfted fand bei ihnen Vertrauen, Offen« 
heit, hohen Grad der Neugier. Diefe Beni Abu Ali Ieiten fi 
als Einwandrer aud einem Eleinen Gebiete Nedſcheds her, in 
welchem noch ein Reſt von ihnen fiten geblieben. As Ali mit 
Moawija um das Khalifat kämpfte, trennten fie fich von Alis 
Heere und folgten ver Lehre Bejadhis (Ibadhiji), deſſen Secte 
fie anhingen, bid zur Invafion Abd-el-Aſis, im Jahre 1811, 
wo fie zur reformatorifchen Secte der Wehabis befehrt wurden. 


») Wellſted, Reif. I. S. 40 —60. **) Ebend. ©.40, 46 u. f. 


540 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung, $. 67. 


Seitdem wurden fie als Abtrünnige ein Gegenftand töntlichen Haſ— 
fed der Stämme von Oman, und Eonnten, nachdem Abd-el-Aſis 
bei Bedia gefchlagen war, nur mit Mühe einer gänglichen Ver— 
nichtung entgehen. Geitvem bauten fie ſich zur Sicherftelung erft 
ihr Fort, von dem aus fie offenfiv nach allen Seiten mit euer 
und Schwert fih ihren Nachbarn furchtbar machten, und fo im 
Befit ihres eignen wie einiger benachbarten Diftricte erhielten. Da— 
ber die Kämpfe mit dem Imam von Oman, dem die Briten unter 
Gapt. Thomſon und Sir Lionel Smith 1821 fo mwefentlichen 
Beiftand Ieifteten, durch die Vernichtung des Forts und Gefangen 
nehmung der Scheifh8. 

An 5. December, den folgenden Tag, führten viefelben Abu 
Ali ihren Gaft auf das Schlachtfeld), wo die furchtbaren 
Kämpfe mit Capt. Thomfon Statt gefunden, mo dad Lager der 
Briten geftanvden, wo fein Grabſtein das Andenken der Gefallenen 
ehrte, wo feine Spur der Unterfcheidung von Freund oder Feind 
mehr möglich war. Gern Sprachen die Beduinen von jenen Tagen, 
von ihren Thaten und Berluften, von der gewaltigen Bagage der 
englifehen Truppen, und vor allem feste es fie noch in Erftaunen, 
daß man ganze Fäſſer voll beraufchenden Branntwein mit fich ges 
führt. Der alte Scheich war auf ver Pilgerfahrt nach Mekka bes 
griffen; man konnte alfo nur bei feiner Frau und Schweiter, die 
ganz verfchleiert Die Sremdlinge empfingen, Befuche machen. Sie 
waren mit den britifchen Feinden fehr zufrieden, weil ihnen Diele 
für die erfchlagenen Ihrigen fo reichliche Gefchenfe gegeben. Unge— 
achtet ihred Sprichwortes: „Die Weiber am Spinnftuhl, die 
Männer am Schwert” haben doch dort die Frauen an Krieg 
und an Friedendregiment vielen Antheil. Der Imam von Masfat 
war ihnen ganz verächtlich. 

Das Mittagsmahl, das man den Gäſten gab, beſtand in Neid 
und Kameelfleifch; Abends führten 250 Männer ihnen zu Eh— 
ren einen Kriegertanz auf, und ein Haufe Dſcheneba-Bedui— 
nen, der fich auch einftellte, gab ein Kameel-Nennen. 

Der 6. Dec. murde zu einem Befuche bei viefen Dſcheneba 
verwendet, die noch eine gute Tagereife tiefer, gegen S.W., in dem 
Binnenlande haufen. In vollem Trabe auf Kameelen wurde die 
Wüſte dvurchflogen, bei Falter aber reiner Luft und mildem Sonnens 
ftrahl, welcher dem pfadloſen Sandocean in feiner Eintönigkeit doc) 


265) Mellften, Reif. I. ©. 49. 


Arabien; Oman, Beduinenland. 541 


eine gewiſſe Erhabenheit verlieh. Der Scheikh der Dſcheneba 
war Wellſted's Begleiter, mit finſterm braunem Geſicht, nervigen 
Formen, dürftiger Kleidung, aber mit einem feſten, offenen, ehrba— 
ren Blick. Voll Stolz rief er aus: Du willſt das Land der 
Beduinen ſehen? ſtieß dabei ſeinen langen Speer in den feſten 
Sand und ſagte: Das iſt das Land der Beduinen! Die 50 
Kameelreiter, feine Begleiter, mit wild um Kopf und Leib fliegen- 
dem Haupthaar, dad mit Bett eingejalbt ihr einziger Schu gegen 
den Sonnenſtrahl ift, blieben nicht lange im Saufen; fie zerftreus 
ten fich hier und dorthin und jagten nach allen Seiten. Nach 4 
Stunden Ritt durch die Wüfte erreichte man eine fehmale Reihe 
niedrer Kalkhügel, und 2 Stunden weiter befand man ſich zwifchen 
einzeln ftehenvden Hügeln, die dicht mit Acacienbüäumen (Semur 
oder Semr, die dad Gummi Arabicum geben) bewachfen waren. 
Hier nah 42 Miles gegen S.W. wurde Halt gemacht, Reis mit 
Datteln gejchmauft, Kaffee gejchlürft, der Abend und ein Theil der 
Nacht mit Erzählungen von Heldenthaten der Männer wie von 
Lieblings-Kameelen und Rofſſen zugebracht, wobei auch wilde Ge— 
fange der Beduinen nad) der Rehaba, oder ihrer Gither 66), er= 
tönten (der Bauch einer Kofos mit ein paar Saiten befpannt, die 
Semendfche oder Kemandfche, wie bei Perfern, genannt). 

7. Dee. Nach ſchneidend Falter Nacht ging es am nächften 
Morgen 8 Uhr bei Regen weiter gegen W.S.W., zwifchen Sands 
bügeln durch, wie am vorigen Tage, bis man um 4 Uhr das Las 
ger des Schech ver Dicheneba erreichte. Seine unverſchleier— 
ten Weiber voll neugieriger Bragen an ihren Gaft empfingen ihn 
in einer elenden, kleinen Hütte, in der nur eine Dede neben einem 
euer ausgebreitet war; ein paar Säcke und Schläuche zu Datteln 
und Wafler, ein irdener Topf, ein paar Kupfergefchirre zum Reis— 
fochen, machten den ganzen Hausrath dieſes Wüftenfürften aus. 
Unter fchattigen Bäumen ſah man überall gute Graspläße, mit vie— 
len neuen Gewächſen, wo Viehheerden weideten. Die Blätter ver 
Semurbäume follen die Negentropfen beſonders lange aufbewahe 
ren, und das Baumlaub die Befeuchtung des Bodens durch Thau 
fördern. Die faftigften Pflanzen ſah Wellfted aber in ver Mitte 
der Wüſte im heißeften Sonnenftrahl emporfchießen. 

Die Beni Dſcheneba, die fi felbft „Söhne ver Wan— 


*9) Niebuhr, Reif, I. Tafel 26. E; derf. üb. Bebuinengefang I. ©. 175, 
und Burdharbt, Bed. und Wehab. ©. 60, 203 u. a. ©. 


542 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 67. 


derung‘ nennen, find ein meitverbreitetes Gefchlecht, von etwa 
3500 Männern, deren größter Theil im Südweſt ver Beni Abu 
Ali wohnt, bis zum Cap Ifolette bin (f. 06. ©. 351). Meh— 
rere ihrer Familien wohnen, mit andern Beduinen vermifcht, theils 
in Steppen gegen die große Wüſte hin, theild in ven Dafen von 
Oman; einige auch in Sfur der Hafenſtadt, mo ihr angefehenfter 
Schech refidirt, der für feinen ganzen Stamm einftehen muß. Nicht 
fomol ihre Zahl als ihre meite Ausbreitung. macht fie beachtend= 
werth, zumal da fie zweierlei Claſſen: Fiſcher und Hirten bilden. 
Als Fiſcher gehören fie nicht67) zu jener Claffe ver Ichthyo— 
phagen, die in einförmigem, fih gleichfehendem Men- 
fhenfchlage und gleichen Gebräuchen, mit gefliffentlicher Ab— 
fonderung von andern arabifchen Gefchlechtern, von dem Nordende 
de8 arabifchen Golfs (die Ha-temi, f. ob. ©. 175, 342, 348 u. a. O.) 
bis zum perfichen Mefran (ſ. 0b. ©. 425) und zu dem Mündungs— 
ande des Indus fich ald Küftenbemohner hinziehen. Doch le— 
ben auch fie vorzüglich von dem zeichen Fifchvorrath ihres Geftades, 
und haben nur wenig Kähne, oft nur jene einfachen Schlauch— 
flooße ver Ascitae zu ihrem Fifcherbevarfe (f. 0b. ©. 353). 

Die Hirten wohnen in der kühlern Jahreszeit auch in der 
Nahe der Meeresfüfte, wo reichliche Weide; bei S.W.-Monfun zie— 
hen fie fich aber in die Berge zurüd, wo fie in den weidenreichern 
enggefchloffenern Thälern meift Höhlen bewohnen. Sie find böfe 
Plünderer, die im Jahre 1835 der am Ras Mafura -geftrandeten 
amerifanifchen Schaluppe, dem Peacock, Verderben brachten. Datz 
teln, Fiſche, Milch find ihre gewöhnliche Nahrung; die erftern tau— 
ſchen fie von ihren Stammesverwandten den Beni Abu Ali ein. 
Mit der Escorte viefer Dſcheneba, fagt Wellfted, würde e8 ihm v 
Yeicht gewefen fein bis zu den Grenzen der Marah ihrer ſüdweſt— 
lichen Nachbarn vorzudringen. 

Aber für diesmal Eehrte er in 2 Tagemärfchen, am 9. Der., 
zu den Sitzen der Beni Abu Ali zurück. Auch der Sohn des 
Schech von dieſen erklärte fich bereit, feinen Gaſt ficher bis zu der 
Grenze der Marah zu escortiren. 


37) Wellſted, Reif. I. ©. 59. 


Arabien; Dman, die Oaſenreihe. 543 


Erläuterung 2. 


Die Oafenteiße im Binnenlande Omans, von Dfehilan und 
den Beni Abu Alt gegen N.W. durch den Wadi Betha über 
Bedi'a, Shra, Semmed, Mina bis Neswa, 


Am 10. Dec. Nachmittags, bei feinem Abſchiede von den 
Beni Abu Ali, wurde Wellftevß®) von dem ganzen Stamme 
bis zu dem nächften Dorfe ver Beni Abu Haſan begleitet, das 
nur aud wenig Hütten von Balmzweigen befteht. Bon da wurde 
das flache Thal, ver Wadi Bethä, betreten, ver fich gegen N.W. 
zieht, und zu beiden Seiten von Goff (Acacia arabiea) und Se— 
mur (die bier durch Wellfted von jener als Acac. vera unter= 
fchieden wird) bepflanzt ift, zwijchen denen auch Nebekbäume 
(Lotus nebek) ftehen, und darunter einzelne Beduinenhütten, neben 
denen ihr Vieh im Graſe weidete. Ueber Kamil ging es zum 
Nachtquartier, dad auf einem 50 Fuß hohen Sanphügel genommen 
ward, von dem man das Yunfeln der Sterne in ihrer ganzen 
Pracht diefed Tropen-Himmeld wahrnahm. Der Thau machte hier 
den Boden oft fo naß wie ein Negenfchauer, und ließ auf die hei— 
Beften Tage immer die Fühlften Nächte folgen. 

11. Dec. Der Morgenbli zeigte von der Höhe ded Sande 
hügels eine für dad Auge unendlich weite, öde, bleiche Sandfläche, 
nur gehügelt wie Meereswogen. Doch in der Richtung des Wegs 
traten auch bald wieder Hügel mit Rack (Aräk, Cistus arborea 
bei Forskal over Salvadora persica) und andern Wüftenbüfchen 
hervor, deren Wurzeln ficd bier tief in den Sand verflochten, ihn 
firirten und zu anderm Pflanzenwuchs tauglich machten. Doch 
verwehen bier die Winde nicht Selten dieſe Dünen, decken jebe 
Spur eined Weges zu und füllen felbft die Brunnen mit Sand. 
Dennody fehlte e8 hier fo wenig wie in Oman an Waffer, das 
in Girbar (richtiger Girha oder Kirba), d. i. in Schläudpen von 
Ziegen und Schaffellen, überall mitgeführt wird, 

Der Wadi Bethä, im derfelben Ginartigfeit weiter gegen 
NW. verfolgt, führte zu der Station Nuffat, die frifches Waffer 
bot, dann durdy wüſte Ebenen von flachen Gräben durchfurcht, die 
bei Regenzeit weniger zur Befruchtung ded Bodens dienen, ald den 
Hauptftrom zum Thal, Rad Mafura genannt, zu füllen und 
Brunnen mit Wafjervorrath zu verfehen. Um 4 Uhr Nachmite 


*), Wellfted, Reif. I. ©. 62, 


544 Weſt-⸗Afien. IV. Abtheilung. $. 67, 


tags wurde, nach 16 Stunden Weges (42 Mil. engl.), dad Grenz= 
dorf des Diftriet8 Bedt'a erreicht, und der bis dahin ſich aus— 
dehnende Landſtrich Dſchilän verlaffen, welcher von jenem Tri— 
bus der Beni Abu Alı bewohnt wird (Sailan bei Wellftev, 
Dſchailan oder Dſchelan heißt wörtlich: Sand, ver vom Winde 
in die Höhe getrieben wird; aljo Sanddüne) 9). 

Der Diftriet Bedi’a (oder Bediaa nad v. Hammer) kann 
als die erfte ver Dafen in jener Dafenreihe angefehen wer— 
den, die von hier in fortlaufenver, gleichartiger Richtung gegen 
N.W., hinter dem hohen Küftengebirge Omand, und auf der 
Grenze der Sandwüſte, dag Innere hindurchzieht. Er befteht 
aus 7 DOrtfchaften, in eben jo vielen Dafen, jede mit 200— 300 
Häufern, unter denen Suf (d. i. ver Markt) dad Centrum bil 
det. Auffallend ift ihre künſtliche Vertiefung, in der fie 6 
bis 8 Fuß unter dem Niveau zwifchen ausgegrabenem Schutte lies 
gen, ver überall umher in Hügeln aufgehäuft ift. Diefe, die erften 
Dafen, vie Wellfted fah, vervanften ihre große Sruchtbarfeit dem 
fünftligen Irrigationsſyſtem der Einwohner, auf dad dieſe jehr 
großen Fleiß verwenden, eine wahrhaft chinefliche Induſtrie. Ue— 
berirdiſche Blüffe fehlen dem Lande; man fucht fie durch Fünftliche 
unterirdijche zu erfeßen, im Styl der perfiichen Keriſes, deren 
wir fchon früher öfter erwähnten (f. 06. ©. 479). 

Man nennt fie bier Feledſch, d. i. Wafferrinne. Einige ihrer 
Duellen ſah man bis 40 Fuß tief aufgegraben, 6 bis 8 englifche 
Miles weit, unter ver Erde, mit Luftlöchern nach oben und mit 
zugeleiteten Wafferbächen fortgeführt. Diefe unterirdifchen, ſtol— 
lenartigen Ganäle haben meift 4 Fuß Breite, 2 Fuß Tiefe und 
eine jehr rafche Strömung. Die meiften Städte haben 3—4 und 
mehr folder Feledſch oder ftollenartiggeführter unterirdifcher Aquä« 
ducte, die auch an andern Dafenftellen den fruchtbarften Boden und 
reiche Ernten möglich machen, fo daß an ſolchen bewäflerten Stel- 
len das meifte Getreide, Früchte aller Art, Gemüfe Indiens, Aras 
biend, Perfiens, faft wie wild wachſend gedeihen, Mandeln, eigen, 
Wallnußbäume wachen an ihnen von enormer Größe, Citronen« 
und Orangenbäume tragen an ihnen die dichteften Blüthen- und 
Fruchtbüſchel, von denen nicht der zehnte Theil zu reifen im Stande 
it. Am höchſten geveiht aber bier die herrliche Dattelpalme 
und verbreitet die Dichteften Schatten, fo dicht, daß das Thermome— 


69) Rödiger, Not.56 bei Wellſted, Reif. I. ©. 68. 


Arabien; Oman, die Oaſenreihe. 545 


ter, welches in Haufe auf 55° Fahrh. fand, fogleich im Freien auf 
diefem feuchten Boden auf 45° fiel. Deshalb an folchen Stellen 
die ſtärkſte Verdunſtung und feldft bei Iageshige feuchte Kälte. 
Diefe paradiefifhen Dafenftellen, öfters von kaum 300 Ellen 
Durchmefjer, mitten in einer Einöde, bieten eine fo große Mannig= 
faltigfeit von Gewächfen dar, wie fie Wellften nirgends auf einem 
fo Eleinen Raum jo dicht zufammengedrängt wieder gejehen. 
Kein Wunder wenn hier die Wafferfchmeder, die ald Quel— 
lenfucher im Lande umberziehen, ein fehr einträgliches Gewerbe 
treiben, das fich durch) jeden Duellenfund von ſelbſt belohnt. 

Der 12. Dee. wurde hier (22° 27! N. Br.) unter dem größten 
Gedränge der Neugierigen zugebracht, vie nie einen Europäer geſe— 
ben hatten. Bei den Wohnungen mit Faltem, feuchtem Boden find 
hier Fieber und Beingeſchwüre jehr einheimifche Uebel. 

13. Dee. Portfchritt in demfelben Wadi Betha, N. W. W., 
wo um 10 Uhr Suf, d. i. der Marktort, erreicht wurde, be— 
rühmt durch zwei Niederlagen, welche dort vie Wehabi im Jahre 
1811 unter Anführung Abd-el-Aſis erlitten. Bon da wurde das 
Fort Käbil in N.N.W. paffirt, dann Derifa um 1 Uhr erreicht. 
Nah ', Stunde ging es weiter, über Moderak, alles nur Fleine 
Dörfer in gleichen Situationen, bis um 2 Uhr Nachmittags fi 
der Wadi in Hügelland ummandelte, deffen bis 150 Fuß hohe 
Kalkgefteinwände vol Grotten und Höhlen vielen Schafa= 
len und Hyänen zum Aufenthalt dienen. Doch feste der Wadi 
Bethä noch weiter fort, Bid zur Stadt Ibra, die um 746 Uhr 
erreicht wurde. | 

14. Dee. Die Stadt Ibra ift jegt in Verfall; fie Tiegt, 
nach Wellftev’3 Obfervation, unter 22° 41' N.Br. So wie man 
den Buß aus der Wüfte in die Dattelpflanzung fett, welche vie 
Stadt umgiebt, empfindet man vie plöglich veränderte, Falte Feuchte, 
da der Boden nad) jeder Richtung hin mit Näſſe gefüttigt ifl. Im 
dichteften Schatten zeigt ſich alles vüfter, die Käufer, um dieſer 
Feuchte zu entgehen und noch die Sonnenftrahlen durch die Wipfel 
der Palmen zu empfangen, find thurmartig hoch emporgebaut, oben 
- mit Bruftwehren, auf denen bier und da auch wol ein Böller auf: 
geftelt if. Die Thüren und Benfter haben faracenifche Schwib— 
bogenform, und alle Theile der Gebäude find mit halberhabnen 
Studo-Ornamenten überladen, davon einzelne® auch in gutem 
Geſchmack. Die Thüren find mit Meffingblech überzogen und ha— 
ben maffive Ninge diefed Metalled. Täglich ift der Bazar mit Ges 

Nitter Erdkunde XII. Mm 


546 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 67. 


treide, Gemüfen, Früchten befegt und ſtark von Beouinen befucht. 
Die Buden find nur mit einer niedern Mauer im Viereck umge— 


ben. ine zweite Stadt liegt nur 200 Schritt fern von Ibra, 


die fortwährend mit der erften in Fehde fleht; runde Warten und 
FTeftungsthürme, mit Brunnen und Proviant zu längerm Wider— 
ftande verfehen, zeigen fich rund umher auf mehrern Höhen. 

Ibras Volk fand Wellſted tumultuarifch und frech; es war 
der einzige Ort im Gebiete ded Imam, wo er fih Mißhandlungen 
gefallen Iaffen mußte, die Weiber, berühmt durch ihre Schönheit, 
waren fehr Iebensluftig und zudringlich bis in das Zelt ihrer Gäfte. 

15. Dec. Der weitere Marfh von Ibra, immer gegen W. 
und N.W., führte an Fleinen, ganz nackten, pyramivdenförmigen Kalf- 
hügeln vorüber, und hier und da durch raſenbedeckte Tkäler. In 
einer dieſer geſchützteren Schluchten wurde am Abend, bei nur 10° 
67' Neaum. (56° Fahrh.) Temperatur, Halt gemacht. Im der kal— 
ten Sahreszeit wird die Luft in diefen Dafen von den Beduinen 
für ungefund und fiebererzeugend gehalten. Wirklich erfuhr 
Mellfted daſſelbe an ſich. — In der Nacht wurde ein Diebsver— 
fuch der Beduinen zurücgemwiefen. 


16. Der. Durd) einen waldigen Lanpftrich von Acacien 


(Senur), die das arabifhe Gummi in großer Menge ausjchwig- 
ten, wurde der Weg bis 10 Uhr fortgefegt, wo man im Wapi 
Etheli (Ethli der Karte) erquidliched Brunnenmafjer traf, das 
auch viel Wildpret, zumal Antilopen, Rebhühner u. a. um fich ver= 
fammelte. Nach drei Stunden Weged wurde um 1 Uhr anı ſüd— 
öſtlichen Nande der Dattelmwaldung zu Semmed an einem herrli= 
lihen Strome dad Zelt aufgefchlagen. (Auf Niebuhrs und 
Berghaus Karten ift diefer Name viel zu weit gegen Nord, im 
NW. des Dichebel Achdar, eingetragen, da er demſelben doch noch 
bedeutend gegen ©.D. liegt.) 

17. Dec. Semmed?)0), größer als viele andere Dafen, hat 
gegenmwärtig doc) nicht über 400 Bewohner. Hier traf Wellfted 
mit Lieutnant Whitelock zufammen, der in gleicher Abſicht mie 
er die Landſchaften Oman durchftreifte. 

18. Dec. Dad Haus des Scheh von Semmed ift groß 
und ein ort, aber im Innern ohne Möbel; an Pflöden, die zwei 
Fuß aus der Mauer hervorragten, maren Sattel, Dede, Schmud 
der Pferde und der Kameele aufgehängt. Die Decken der Zimmer 


370), Wellſted, Reif. I. ©. 80. 





Arabien; Oman, die Oaſenreihe. 547 


waren bemalt, der fefte Lehmfußboden theilmeife mit Teppichen be= 
legt. Die Fenſter waren mit Eifenftäben und Läden verfehen, und 
Lampen aud Schaalen von einer Art Burpurfchnede hingen an 
Schnüren von oben herab. Alles war von dem bisher gefehenen 
Styl arabiicher Gebräuche verfchieven. Das Frühſtück, zu dem der 
Here des Schhlofjes die Gäſte einlud, fiel fehr reichlich aus. Kna— 
ben von 12 Jahren ſah man hier ſchon die Säbel führen und an 
den Berathungen der Männer Theil nehmen; fie ſchienen in allen 
Angelegenheiten ihres Stammes ſehr wohl bewandert. Doch bot 
der Ort fonft nichts Bemerkenswerthes ver Beobadjtung dar. 

19. Der. Der Schech felbft, mit einer Escorte?) von 20 Rei— 
tern, auf Eſeln, gab feinen Gäften das Geleit, die immer in der— 
felben Richtung zuerft das Fort Omafi ir erreichten; dann 3 Uhr 
Nachmittags den Engpaß Urif, mo ein 200 Fuß hoher Abfturz 
in den engen Wadi zwiſchen gligernden Belfen von Eifen und 
Schwefelfies hinabführt. Ueber Gafa ritt man nun gegen S. S. W. 
nah Kothra, mo Halt gemacht wurde, um die 2 Miles gegen 
S. S.O. entfernten Kupferminen zu befuchen, die hier zwar be— 
arbeitet wurden, aber nur geringe Ausbeute gaben. 

20. Dec. Der Schedy Nafjer von Kothra, ein fehr ges 
ſcheuter Mann, führte ſelbſt die Reiſenden mit einer Escorte von 
70 Bewaffneten über Okahil und Minah nach Neswa (Niſ— 
ſuwa), weil das Land durch Räuber ſehr unſicher war. Sie 
kommen von Weſt her aus der Wüſte in Haufen zu 50 und 100 
Mann, auf ſchnellen Kameelen beritten; eben ſo unerwartet wie ſie 
erſcheinen, pflegen ſie nach einem Scharmützel, in dem ſie beſonders 
auf Sclavenraub ausgehen, auch gleich dem Blitz wieder zu ver— 
ſchwinden. Sie haben ſtets Handkameele bei ſich, die ſie mit der 
Beute beladen; die geraubten Sclaven machen ſie beritten und ge— 
ben ihnen ihre Töchter zu Weibern. So verſtärken ſie ſich. 

Um halb 5 Uhr wurde die Spitze eines Hügels, mit 2 Eleinen 
Forts und Ringmauern umfchloffen, erreicht, bei dem ein fchöner 
Strom vorüber fließt, der reiche Dattelpflanzungen auf feinen Ufern 
trug. Leider wurden im diefem fchönen Walde zwei Diener ver 
Briten von bösartigen Fiebern darniedergeworfen. 

21. Dee. Der nächfte Morgen zeigte gegen Nord in ein 
paar Stunden Ferne die Stadt Birfet el Modſch (over Maus, 
d.h. Teich der Pifangbäume n. Nödiger, el Mäl bei Nie- 


272, Mellfted, Reif. I. ©. 82. 
Mm 2 


548 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. F. 67, 


buhr), melde an dem Südfuße ver Dſchebel Achdar mit ein 
paar runden Forts erbaut iſt. Um halb 2 Uhr wurde die Stadt 
Minach (Minah nach v. Hammer, oder Menach, auf Nie— 


buhr's und Berghaus Karten um ſehr vieles zu weit gegen den“ 


Norden gerückt) erreicht. Die Stadt unterfcheivet ich von den bis— 
herigen dadurch fehr, daß fie in offenen mit Feldern bedeckten Fluren 
liegt, welche die herrlichften Obfthaine zu beiden Seiten begrenzen, 
beftehend aus Mandelbäumen, Citronen und Orangen. Die grünen 
Felder mit Getreider und Zuderrohr-Pflanzungen ziehen fich 
nad allen Seiten, bewäſſert von Bächen und von glüflichen Land— 
leuten gepflegt, unter dem mildeſten Himmel Arabiens meilenweit 
hin, fühl wie in Jemen. Dennoch flehen auch hier die Bewohner 
der Stadt, deren Scheifh ein Verwandter des Imam von Masfat 
ift, in Fehde mit dem nächften Nachbar= Tribus der Ghafari, ver 
hier ein Fort inne hat und die Autorität des Imam nicht aner= 
fennt. Die Ghafari gehören zu den evelften Stämmen in Oman 
(j. 06. ©. 497) und haben in frühern Zeiten auch aus ihrem Ge— 
fchlechte einen Imam auf den Thron von Oman eingefebt. Doc 
ift ihre Macht gegenwärtig nur auf einige feſte Schlöffer beſchränkt, 
von denen fie Plünverausfälle machen. Um viefer feiner unruhigen 
Nachbarn mit einemmale ſich zu entledigen, hatte der Scheifh von 
Minach eine Mine unter ihrem nächften Fort angelegt, um fie 


bei dem erſten Tumulte, den fie von neuem erregen würden, in die 


Luft zu fprengen. 

Die Stadt fol Schon zu Nuſchirwans Zeiten erbaut fein, 
doch ift fein Monument zu fehen, das viefed beftätigte. Die Haus 
fer, obwol auch fehr hoch, find doch von der Bauart derer in Sems 
med und Ibra verfchieden. In der Mitte der Stadt erheben ſich 
2 vieredfige Thürme, 170 Fuß hoch, deren Geiten nicht über 16 Fuß 
lang und die Mauern felbft an der Bafid nicht uber 2 Fuß did 
find. Es find Wartthürme zur Ueberficht des Landes, wobei 
dem Scheifh das Geſchenk eines Teleſcopes, das Wellſted ihm ver- 
ehrte, jehr willfommen war. Auch hier drängte fich das Zelt ver 
Neifenden vol Feder und zahlreicher Srauen, deren Geſchwätz, Schä— 
ferei, guter Humor unerfchöpflich war. Keine Spur von Dieberei 
fiel dabei vor. 

22. Dec. Das überaus fruchtbare und trefflich angebaute Land 
fegte fih am folgenden Marfchtage in gleicher Art fort, bis zu ver 
Hügelreihe die am Südfuße des Oſchebel Achdar fich Hinzieht, 
wo man um halb 2 Uhr ein Eleined Fort und die Dörfer Rodda 


* 


Arabien; Oman, die Oaſenreihe. 549 


und Furk an Schilfſümpfen erreichte, welche den Arabern ihre 
Schreibrohre liefern. 

Zwei Stunden ſpäter wurde die bedeutende Stadt Nes wa er— 
reicht, die einzige in dieſem Theile Omans, aus welcher der Imam 
Einkünfte, wenn auch nur geringe, man rechnet jährlich 1000 Dol— 
lar, zieht. 

Neswa??) (Niſſuwa bei Niebuhr, das auch ſchon Ebn 
Batuta unter dem Namen Nazwa beſuchte) hat die Größe von 
Minach, doc keineswegs fo reiche und große Anpflanzungen. Der 
Schech von großem Anjehn empfing die Fremden figend vor. feinem 
Schloßthore, wo er Audienz gab. Er mwied ihnen fogleich ein eig— 
ned Haus zur Wohnung an, und geftattete fehr höflich die Befich- 
tigung des Forts, das er für unüberwindlich hielt. Es war durch 
6 eiferne Thüren gefchloffen, enthielt 8 Brunnen, einige alte Ka— 
nonen und einen 150 Fuß hohen, mit einer 40 Fuß hohen Mauer 
umfchloffenen Thurm, der ein Werf großer Arbeit und aus älterer 
Zeit zu ſtammen ſchien. Seine Höhe war zu befchmwerlich zum Er— 
fteigen, feine Beftigfeit fchien jelbft gegen Kanonen- und Bomben« 
fchüffe ausdauern zu können. Ein bedeutender Strom richtete bei 
der Stadt viele Zerflörung an. Gegenwärtig wurde hier viel 
Zuderrohr (dad zu Niebuhr's Zeit in Oman noch feinen 
Eingang gefunden hatte) gebaut und Zuder fabrieirt. Man fagte, 
dad befte Helwa, d. i. Zuderwerf, fomme von hier. Biel 
Kupfergefhirr, Silber- und Goldarbeiten werden hier ge= 
macht, auch fehr viel Tuch und fehr gute geflochtene Deden, Körbe 
u. f. w. von Binfen; aber Bereitung des Baummollengarnd 
ift das Hauptgefchäft der Weiber; fie fpinnen das Garn auf Spin 
deln, die Männer weben e8 zu Kemlis. 

Das Kemli (bei Beruinen auch Abba genannt) ift wie 
Lungi (f. ob. ©. 491) eigentlich ein perfifches Wort (Kambala 
im Sandfrit, urſprünglich ein Oberkleid), jede wollne Dede oder 
ein Kleid ver Dermifche bezeichnend, wie denn eben bier in Oman 
der alte Ginfluß der Berfer auf Araber in mancher Beziehung 
hervortritt. Hier ift dad Kemli ein Hauptkleidungsſtück, das aud) 
von gröbfter bis zur feinften Sorte gefertigt wird; die von den 
Scheikhs getragenen lichtbraunen oder gelblich wie Milchrahm ge— 
fürbten foften 40 bis 50 Dollar dad Stüd; die ſchwarz und braun 


» Mellfted, Reif. I. ©.89— 9. 


550 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 67. 


oder weiß geftreiften nur 8 bis 10 Dollar. Doc, follen die in 
Nedſched gewebten vorzüglicher fein. 


Erläuterung 3. 


Ereurfion von Neswa zum Dfehebel Achdar, d. i. dem grünen 
Gebirge, und Rückweg nach Neswa. Rückweg zur Wüſte 
nad) Sib (vom 25. Dee. 1835 bis zum 29, Jan, 1836). 


Schon Edrifi nannte diefe höchſte Gebirgsgruppe 
Omans, von 6000 Fuß abjoluter Höhe, von der fchon oben im 
allgemeinen die Rede war (ſ. ob. ©. 479, 482, 484), mit dem Na— 
men Dihebel Scherm, welcher die üppige Begetation feiner Thä— 
Ver bezeichnet; Niebuhr nennt fie die Höchfte Berggruppe in 
Oman, berühmt megen ihrer vielen Früchte, befonderd der Wein— 
trauben, und bezeichnet auch ihre Lage ziemlich richtig; aber 
Wellſted ift ver erfte Beobachter, der fie erftieg, und nach acht = 
tägiger Bereifung verfelben (vom 25. Dec. 1835 bis 1. Jan. 1836) 
die erfle genauere Kunde von dieſer feiner Entdeckung mittheilt. 

25. Dee. Don Neswa ritt man gegen Wet) durch un— 
fruchtbare Ebenen bi8 Tanuf, wo die Reſidenz des Schechs vom 
Gebirge, ver auf vemfelben vie größte Autorität befigt. Er quar- 
tirte jeine Gäfte in der Mofchee ein, that aber alles, um fle von 
ihrem Vorſatze eines Beſuchs auf dem Gebirge abzubringen, deſſen 
Bewohner er als feindfelige Wilde gegen alle Fremden verfchrie. 
Nur dur) Drohungen, und ald auch diefe nichts halfen, durch ein 
paar Dollar, die Wunder thaten, gelang ed, am folgenden Tage 
mit jeiner Erlaubniß nach dem erwünfchten Ziele aufzubrechen. 

265. Dec. Eine eigene Art großer Gebirgs-Ejfel, die fo 
ficher zum Gebirgsfteigen wie Maulthiere, trugen die Neifenden von 
1 Uhr an zum Gebirge hinauf; oft an furchtbaren Schluchten zur 
Seite vorüber, auf fehlüpfrigen Pfaden, over über fteile Felsrücken 
hinauf, bi8 man platte Kalffteinmaffen erreichte, die über ein 
nacktes, völlig baum und graslofes Plateauland 3 Stunden 
weit endlich zu einigen Brunnen führten. Die Ihaleinfchnitte zur 
Seite waren jedoch mit hohen Tarfabäumen (Tamarisken) 
beſetzt. Die Begleiter von den dortigen Bergbewohnern, bemerkt 


73) Mellfted, Reif. J. S. 93 — 9. 








Arabien; Oman, Dfehebel Achdar. 551 


MWellfted, waren weder guter Laune, noch gefellig, wie dies bei 
den Ebenenbewohnern doch ver Fall geweſen. 

27. Der. Am Morgen halb 6 Uhr zeigte dad Ihermometer 
nur 9° Neaum. Wärme (53° Fahrh.) und erft um 7 Uhr fing die 
Sonne an zu erwärmen. Man flieg, wie am vorigen Tage, im— 
mer höher auf, das Gebüfch wurde fparfamer, je höher man Fam, 
bis zulegt jede andere Vegetation verjchwand. Um halb 10 Uhr 
war der Gipfel erreicht, zu dem nur fchiefriger Kalfftein eme 
porfteigt, in Winfeln von 30°, während fie auf der Güpfeite in 
jähe Felswände von großer Tiefe hinabftürzen. Der Weg führte 
oft zu treppenähnlichen VBorfprüngen, mit drohenden überhängenden 
Felsmaſſen und 700 bis 800 Fuß tiefen Abftürzen zur Seite. Die 
beladenen Efel fonnten an manchen diefer engen Stellen nicht durch= 
fommen. Die ganz glatten Sinabftiege, auf denen die Briten ihre 
Schuhe ausziehen mußten, um nicht hinabzugleiten, jchritten Die 
Eſel ganz ficher hinunter, wenn auch noch fo fteil. So fam man 
zu dem Städtchen Seyk, in einem Thale gelegen, deſſen Bewoh— 
ner die Fremdlinge zu Haufen recht gaftlich empfingen. Auf dem 
ganzen Gebirge war ihnen fein Wanderer begegnet. In viefem 
höchſt wild romantifchen Thale flieg man von Stufe zu Stufe die 
Steilmand des engen, wol 400 Fuß tiefen Thaled hinab, und kam 
an mehrern Käufern vorüber, die auf den vorragenden Klippen wie 
angeflebt und in der Luft ſchwebend erfchienen. Im Thale felbit 
gruppirten fich zwifchen Gebirgsbächen, die man in Baſſins aufs 
fing, Höchft malerifch die ſchönſten Wäldchen von Grunatäpfeln, 
Gitronen, Mandelbäumen, Wallnüffen, Weinreben, 
Kaffeeftauden und felbft von Muskatnüſſen. Das Waffer 
war ſehr kalt und die fchattige Thalfchlucht friih. Da man noch 
am Abend die Hauptſtadt des Gebirgs Schirafi erreichen wollte, 
flieg man fofort auf der andern Seite die Thalwand wieder em— 
por. Oben erreichte man um halb 5 Uhr das Städtchen Hodin 
mit Ackerfeldern und Gärten, ein anmuthiger Gontraft gegen die 
bleichen, dürren Gebirgshöhen der Umgebung. Wo Wafjerreich- 
thum, da fanden auch jehr große Bäume. 

Noc ein zweiter Bergpaß war zu Überfeßen und ein 700 
Fuß tiefer Abfturz Hinabzufteigen, um die dritte Gebirgsſtadt, 
Schiraſi, zu erreichen. 


552 Wefl-Afien, IV. Abtheilung. $. 67. 


Die Gebirgsftadt Schirafi mit ihren Umgebungen”). 


Die Bewohner diefer Stadt, im wilden, fehr erigen Thale ge= 
legen, waren wirklich fehr ungaftlich; niemand wollte ein Haus zur 
Herberge geben. Das Thal zieht fih von S.S.O. in die Ebene 
hinab, in der an 200 kleine vieredige, meift maffive, nur einftödige 
Häufer ftehen, deren Rauch aus dem Innern durch Fenfter und 
Thüren fih Bahn macht. Drei Tage Raſt wurden hier zu nähe« 
rer Kenntniß der Umgebungen verwendet. 

Das Dihebel Achdar, dad grüne Gebirge, ftreicht von 
O. nach W. an 12 Stunden (30 Mil. engl.) weit und wird von 
Duerthälern in der Richtung von ©. nah N. mehrfady durch— 
fchnitten, deren Bäche fid) im Sandboden verlieren, oder auch wol 
das Meer gegen Norden erreichen. Die Breite ded Gebirge ift ge- 
ring, au 5, höchftend 6 Stunden; der Abfall nach beiden Seiten 
gegen N. wie gegen ©. ift ſehr fteil. 

Ein großer Theil der Oberfläche ift kahler Kalkfels, auch in 
den Schluchten ift nur werig Erde. Der Name grünes Gebirg 
ift in fo fern für das Gebirge felbft unpafjend, aber wol feinen 
Thalſchluchten angemefien, von denen wenigſtens einige vortrefflich 
angebaut einen Ueberflug von Srüchten liefern, davon das ganze 
Gebirge feinen Namen erhalten zu haben feheint. 

Die Weinberge ziehen ſich Stunden weit längs den Thä— 
lern hin mit Terrafjencultur; die Reben, an 6 Fuß Hohe 
Pfähle gebunden, Liefern vielerlei Arten Eöftlicher Trauben, deren 
weiße zur Kelter gebracht, die großen ſchwarzen als Roſinen ge- 
trocfnet werden. Der Mandelbaum, in ganz Oman einheimifch, 
ift hier im Gebirge viel größer ald in ver Ebene und wächft 30 
bis 40 Fuß hoch, er trägt Füße wie bittre Mandeln; vie erftern 
werden an alle Speifen gethan. Die bittern find Appetit erregend. 
Wallnüjfe, Feigen in Ueberfluß. Musfatnüffe, eine klei— 
nere Art als die der Molucken, fonft aber von gleihem Wohl— 
geſchmack. eigen find füß und angenehm, doch Eleiner und 
minder gut als in Vorder-Aſien; getrodnet findet man fie in allen 
Städten auf ven Bazaren feil. Der Kaffee ift Schlechter als in 
Jemen, doch nur, meint Wellfted, wegen geringer Pflege. An 
vielen Früchten und Gerealien hat das Land Meberfluß und 
führt fie au nad) Nas el Khaima, Schardſcha gegen N.W., 


>”), Mellfted, Neif. I, ©. 100. 





- Arabien; Oman, Dſchebel Adhvar. 553 


wie nach allen Küſtenhäfen Omans gegen O. aus und bis zu dem 
Perſergeſtade. 

Das Thermometer gab hier ven Siedepunct zu 200%,° an, 
woraus Wellfted die Höhe der Stadt Schirafi zu 5804 Fuß 
Bar. abjoluter Höhe, und die höchften Berggipfel über ihr etwa 
bis zu 7000 Fuß engl. (6566 F. Par.) Meereshöhe glaubte fchägen 
zu dürfen, was, wenn auch vielleicht etwas zu viel, doch die nicht 
feltne Erfcheinung von Eid und Schnee auf dieſen Höhen erklärt, 
wenn fchon der legtere immer wieder nach wenigen Stunden weg— 
Ihmilzt. Das lieblichfte Elima wird hier durch feine heißen, alles 
verjengenden Winde wie in der Ebene unterbrochen; die Blüthezeit 
ift die reizendfte Periode des Jahres. Die Bäche find reichlich mit 
Maffer gefüllt und befruchten auch weit abwärts den Fuß ver. 
Berglanpfchaft, woher 3. B. jened oben genannte Birfet el 
Modſch (oder Maus) feine Wafferfüle erhält. In einigen Thä— 
lern der GSüpoftfeite dieſes Gebirges, mo Didichte von Buſch— 
werk, zumal von brombeerartigen Ranfengewächfen, fol e8 wilde 
Schweine, Füchſe, Hyänen geben, von deren beiden Ießtern 
auch Wellfted die Spuren wahrnahm. 

Die Bewohner des Oſchebel Achdar nennen fih Beni Ri— 
jam 75), und behaupten, nie ein Oberhaupt gehabt zu haben; nie 
habe eine Invafion des Tieflanded von Oman ihre Höhen erreicht, 
niemald hätten die Imams Abgaben von ihnen erhalten. Nur in 
Eleinern Geſellſchaften pflegen fle etwa bis zum Fuß ihres Gebirgs 
hinabzufteigen, wo fie aber nicht über die dortigen Märkte hinab 
gehen, auf denen fle ihre Produkte abfegen. Mit ven Bewohnern 
der Ebenen ftehen fie daher in gar feinem Zufammenhange. Unter 
fich ift ihre geringe Zahl von taufend Yamilien eng vereint; ihre 
robufte Natur fand Wellfted doch fehr verfallen, ihre Gefichter 
gerungelt, veraltert vor der Zeit. Er fchrieb dies dem fehr ftarfen 
Genuſſe ihred Traubenweind zu, der ohne Kehl ganz Öffentlich von 
ihnen gezecht wird. Er foll ven Geſchmack des Schirasweins 
haben; er wird in Schläuchen viel ausgeführt. Die Weiber müſ— 
fen in Winterdzeit die Weinberge beforgen. Auf dem Gebirge ge= 
hen deſſen Bewohner nur mit dem gewöhnlichen Dieyembie, ih— 
rem frummen Meffer, bewaffnet; fleigen fie aber beim Transport 
ihrer Brüchte hinab in die Ebenen, fo nehmen fie Flinten und Sä— 
bel mit und fangen oft mit ihren Kunden Händel an. Daher die 


*9 Mellfted, Reif. I. S. 103. 


554 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 67. 


Vorwürfe, die man ihnen macht, daß fie jähzornig, laſterhaft, Wein: 
fäufer find, feine Gebete halten, Eeinen Ramadhan feiern. Daß fie 
ungaftlich, verfteeft, geizig, mürrifch find, nichts von der Frifche 
und Lebendigkeit anderer Alpenvölfer haben, Fonnte Wellſted felbft 
wahrnehmen. Ihre Sitten fand er viel roher wie bei den Bedui— 
nen der Wüfte, nicht einmal Wißbegierde zeigten fie. Weder die 
Gebirgsnatur des Dſchebel Achdar, noch vie feiner Bewohner 
entſprach den Erwartungen, die fih Wellſted's Phantafie vom 
grünen Gebirge und feinem patriarchalifchen Alpenvolfe einge: 
bildet hatte. Die Weiber, die unverjchleiert gehen, Waffer holen, 
MWeinberge bearbeiten, von rüftiger Gejtalt, guten Formen, hellerer 
und frijcherer Geſichtsfarbe als die Männer find, befaßen noch Nai— 
pität und fchienen viel beffer ald die Männer geartet zu fein. 

Al man Schirafi wieder verlaffen und auf einem andern 
Mege, ald den man heraufwärts genommen, herabfteigen wollte, 
hatte die Treulofigkeit der Führer von Tanuf die Neifenden im 
Stich gelaffen; der Kälte der Bergluft, die ihnen unerträglich, 

hieß es, feien fie entflohen. 

| Man wählte ven Gebirgspaß Derb Moidien (Derb, dv. . 
Gebirgspaß), der zum Wadi Moidien gegen S.O. hinabführt, an 
defien Ausgange jenes Birket el Modſch (Maus) liegt, um’ von 
da nad Neswa zurüdzufehren. Vor dem Auffteigen zum Paß 
erhob fih no in der Mitte des Thales vor dem Angeficht ver 
Neifenden ein pyramidaler Hügel, auf deſſen Gipfel ein verfallner 
Thurm, der Reſt eines ſehr großen majfiven Baues, liegt, 
der in fpäterer Zeit zu einer Mojchee benußt worden fein joll, aber 
früher, nach der dortigen Sage, ein Ort war, wo man die heid= 
nifchen Götter anbetete. Näher wurde jedoch dies Monument 
nicht unterfucht. Ueber wilden Gebirgäboden ging es die Vaßhöhe 
hinauf; gegen 2 Stunden weit von Schirafi fliegen die Wein— 
bergödterraffen mit hinauf, und jenfeit folgten auch noch einige 
Gulturftellen. Dann ging e8 über Treppenftufen und mitunter faft 
fenfrechte Wände, in denen nur Eünftlich eingehauene Feld» 
ftufen ven Hinabſtieg möglich machten zur Tiefe, die Hinabzureiten 
aber viel zu gefährlich war. Diefen in Feld gehauenen Kunftweg 
erklärt Wellſted ald ein für Arabien großartiges Nationalwerf, 
zu dem die gegenwärtige Bevölkerung feine Befähigung haben 
möchte. 

Man trat nun in den Wadi Moidien, der, an feiner Stelle 
über 100 Schritt Breite habend, an beiden Seiten von 2000 biß 


Arabien; Oman, Dfehebel Achdar. 555 


3000 Fuß hohen, faft fenkrechten Felsmaſſen überragt wird, und 
am Birfetel Modſch feine Mündung findet. Die Seitenmauern 
diejes Yeldfpaltes beftehben aus Alpenfalfftein, aus rothem 
Sandftein, den hier und da eine Glimmerader durchzieht, und 
aus abmwechfelndem Glimmerfchiefer und Granitgebirge 
Große herabgeftürzte Felsmaſſen verfperren hier und da die Thal— 
fole und nöthigen dazu an den Seiten herumzuflettern; ein flarfer 
Waſſerſtrom durchfchneivet die Mitte, an dem von Zeit zu Zeit 
Eleine Weiler von Hütten mit Gruppen von Dattelbäumen und 
Acerftellen liegen, bi8 man nad) 5 Stunden Mariches alle Bes 
fchwerden überwunden und zu einem Fort gelangt, dad am Ein— 
gang zur Ebene den Gebirgspaß fchliept. Diefes Fort ges 
hört vem Schech von Sumef; der Gebirgsſtrom, oder Feledſch, 
der hier die anliegenvde Fläche reichlich bewäſſert, veranlaßte weit— 
läuftige Anpflanzungen, zumal von Piſangbäumen (ver Musa), 
daher ver Name Birket el Modſch oder Maus, da dieſes der 
einheimifche Name des Gewächſes if. Die Nühe des Gebirges 
giebt dieſer Stelle noch ein Fühles, erquiefliches Clima, dad Well- 
fted, bei einem fpätern Aufenthalte, zu feiner Genefung verhalf. 
Bon Hier ward der Rückweg nad) Neswa (1. Januar 1836) bald 
zurückgelegt. 

Hier wollte Wellſted 76) feine Karte über den von ihm von 
Sfur bis Neswa und dem Dſchebel Achdar vurchreiften Land— 
ſtrich Omans conftruiren und Nachrichten über feine weitere Wan— 
derung landein in dad Gebiet ver Wehabiten einziehen. Nichts 
Hemmendes enthielten die Nachrichten, um von hier aus eine Reife 
zur Hauptftadt der Wehabiten, nach Dereije, machen zu fönnen. 
Der Scheh von Neswa aber warnte Wellfted, nicht länger ala 
3 bis 4 Tage an diefem Orte zu verweilen, weil alle Fremdlinge 
dort erkrankten. Wellſted trogte auf feine Gefundheit, aber alle 
feine Diener waren ſchon am 10. Januar wirklich erfranft, und er 
jelbjt lag am 13ten in den heftigften Fieberparorismen. Doch am 
20ften erholte er fih wieder. Das Project, von Neswa aus die 
rect über die norbmweftlichite Grenzflation Omand gegen die We— 
habis, über Birema (unter 24° 20 N.Br.) nah EI Ahſa, 
Bahrein und Dereije vorzubringen, mußte leider aufgegeben 
werden, um an der Küfte von Sib erft wieder die volle Herſtellung 
der Gefundheit zu erlangen, die zu folder Wüftentour unentbehre 


270) Wellſted, Reif. I. S. 110— 119. 


556 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 67. 


Yich war. Daher wurde von Nedwa auf einer neuen Duerroute 
gegen N.O. der Rückweg nah) Sib genommen. 

Ueber die Beduinen in ver Umgebung von Neswa, unter 
denen Wellſted fich vielfach ald Hakim, d. i. ald Arzt, umher 
getrieben, hatte er Gelegenheit folgende Beobachtungen zu machen. 
Er fand fie immer gaftfrei; er mußte eben fo ihre Pferde, Ka— 
meele, Efel wie ihre Menjchen ärztlich behandeln; ihre Sclaven 
waren ihnen oft weniger werth als dieſe Ihiere. Jeden Morgen 
hatte der Hakim mit Austheilung von Arzneien zu thun, zumal 
war große Nachfrage nach Pillen mit ftimulirendem Ambra und 
Dpium. Dafür durfte er fich frei bewegen, Blumen und Kräuter 
fuchen. Die Araber gingen regelmäßig um 10 Uhr jchlafen, wurs 
den regelmäßig um 3 Uhr wach. Der erfte Weder rief dem ans 
dern den Spruch zu: „Das Gebet ift beffer ald ver Schlaf; 
dann hielten fie ihr gemeinfchaftliches Gebet, dann wurde die erfte 
Mahlzeit (Mozha oder Zah4)77) genommen, der Arme frühe 
ftückte mit Datteln und Brodt, der Scheh mit Kaffee, Reis, 
Fiſchen, Gemüfe Das Mittagseffen (Ghada) beftand aus 
Fiſch und Fleiſch. Am Abend das Haupteffen (Aſcha), nach Son 
nenuntergang eingenommen, war meift ein ganzes gefochtes Tamm, 
mit Neid und Gewürzen gefüllt, dazu Hammelsrippen, Brühen, 
Reißklöße. Alles ward auf dem Boden verzehrt, ohne Tifche und 
Stühle. Als Characterzüge der Beduinen zeigten fich Energie und 
doch zugleich Trägheit, Schwelgerei daheim und doch in ver Wüfte 
bei aller Entbehrung feine Klage. Ihre Spiele waren läppiſch, ihre 
Keichtgläubigfeit an Hexerei und Berwandlungen, zumal in Ziegen= 
böce, fehr groß; daher dad Tragen von Amuletten allgemein. Ihre 
größte Unterhaltung ift das Erzählen von Mähren. 


Rückweg von Nedwa zur Küfte bei ©ib. 


22. Januar. Die ganze Neifegefelfchaft Wellftev’3 und 
Whitelock's war in Nesma erkrankt; vol Verzweiflung über 
alles Mißlungene Eonnte man nur SHerftelung von einem Aufent— 
halte an ver gefunden Einwirfung der Seeluft zu Sib erwarten 
(j. 06. ©. 523). 60 Mann Escorte waren zum Schuß ded Zuges 
nothmwendig, der aber fchon in dem nahen Birfet el Modſch ei- 
nige Tage raften mußte, wo menigftens dad Haupt der Erpevition 
wieder zu einigen Kräften Fam. 


277) Nödiger, Not. 81 b. Wellfted I. ©. 113. 


Arabien; Oman, Dfehebel Achdar. 557 


26. San. Don da ging es durch einen Dattelwald, dann 
hinab in ein flaches fleiniges Thal mit zwerghaften Mimofen; über 
Sikki (Sedi bei Niebuhr), Karrut und Maty, dad 300 Häu— 
fer hat. y 

27. San. Durch ein fleiniges Duerthal des Dihebel Ach 
dar, genannt Wadi Roweiha, zu deffen beiden Seiten 500 Fuß 
hohe Berge emporftiegen, drang man meiter gegen Nord vor, an 
mehrern Dörfern und Dattelwäldern vorüberziehend, die bier 
wieder beginnen, nachdem fie von den größern Höhen verfcehmuns 
den waren. Auch begegnete man hier in den Engpäffen mehrern 
Kameelfafilehs, die in langen Zügen von halben Hunderten, 
beladen und begleitet, höchſt malerifch um vie Felsecken hervortra= 
ten, von denen, fehon ehe man fie fehen Fonnte, die Gefänge der 
Kameeltreiber hertönten. MUeberal war Waſſer und darum auch 
Eultur. Bei dem Heinen Dorfe Byah wurde das Nahhtlager ges 
nommen. 

238. Jan. Auf gleiche Weife ging e8 auch diefen Tag immer 
im Thale entlang, mit Bergen zu beiden Seiten, aus Glimmer— 
fchiefer, die fich pyramidalifch erhoben, grau, dunfel und licht ge= 
ftreift. Je näher gegen das Geftade, deſto mehr veränderte fich der 
Boden, ward heller und fandiger, die Anpflanzungen zeigten fich 
nicht in den offenen Ebenen, fondern nur wo noch Thalengen; ftatt 
der ftrömenden Feledſch (Bergbäche oder Gräben) jah man nur 
noch Tasl, dv. i. flache Waffer, ziehen. Fruchtbäume und Ge— 
treidefelder wurden immer feltner; ihre Stellen nehmen Dattel« 
pflanzungen ein. So wurde Abends 5 Uhr die Stadt Sema- 
jel (Samaeil, falfch orientirt auf Niebuhr'd Karte) erreicht, die 
Hälfte des Wegs zwiſchen Neswa und Madfat; näher liegt es ge= 
gen Sib, wohin der Weg linf3 abzmeigt. 

Ganz frank und erbärmlich, fagt Wellfted, Hatte er feinen 
Teppich unter einem Baume an einem fließenden Bache ausgebrei— 
tet, und fuchte darauf den Frieden, der ihm fehlte. Ein Sohn der 
Wüſte, des Wegs kommend, der meinen Mißmuth fah, trat zu mir 
mit den tröftennen Worten: „Schau bin, Freund! fließend 
Waſſer maht das Herz heiter!” kreuzte feine Hände über der 
Bruft und ging weiter. Unvergeßlicher Troft dem Kranfen. 

29. Jan. An vemjelben Waffer zieht fih der Ort Semajel 
eine ganze Stunde entlang, und auf beiden Seiten ftehen Wacht« 
thürme auf den Höhen. Nah 5 Stunden Weges ward von da 
Burfa erreicht. 


558 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 67, 


30. Ian. Durch unfruchtbared Land ging es weiter bis zum 
Wadi Chor, durch den ein Waſſerſtrom das Meer ereilt, ver 20 
Fuß breit, hell, klar und 6 bi 8 Fuß tief, zu beiden Seiten mit 
Dattelmäldern befegt ift, bis die legte Eleine Anhöhe erftiegen ven 
Blick auf den Ocean geftattet und alsbald nah Sib am Strande 
geleitet, wo man der Geneſung entgegen ſah. 

Faſt diefelben Orte und Wege find e8, die Aucher Eloy?s), 
bei feiner botanifchen Erceurfion von-Masfat, über Sib zum 
Dſchebel Achdar im Monat März des Jahres 1838 berührte, 
wie die welche Wellfted befucht Hatte. Doc war das Aufftei- 
gen von der Küfte bei Sib ein andered, über Nachl (Naxrad), 
am Nordfuß ded Vorbergs Chebeh gelegen, den Wellfted nicht 
nennt, an dem aber U. Eloy einige Tage vermeilte, um von da 
erft über das hübſche Gebirgsporf, das er Chereghe (mol Schi— 
raffi bei Wellftev), 800— 900 Toiſen (4800— 5400 %. Par.) 
üb. d. M. gelegen, nennt, nach Sik (Seyf bei Wellſted) vor— 
zudringen. In dem Fort bei dem Scheifh von Nachl gaſtlich aufs 
genommen, wo fchöne Pflanzungen von Balmen, Bananen und 
Mango, auch von Zuderrohr find, dad aber nur zum Kauen 
dient, nicht zur Zuderbereitung, machte er von da drei verfchiedene 
Erceurfionen auf den Berg Chebeh, und fand da viele neue 
Specied, nur wenige die fich an die ägyptifchen oder peträt- 
hen Gewächſe anfchloffen; er nennt zuerſt 20 neue, herrliche 
Pflanzen, worunter die Jaubertia Aucherii; bei der 2ten Ereurfion 
eine Iphioma scabra und juniperifolia des Sinai und eine neue 
Specie8 Iph. horrida; bei einer 3ten Die Moringa arabica, die er 
von den fchwerzugänglichften nackten Felshöhen herabholte, wie ähn- 
liche Arten an den nackten Felswänden von Jericho und des Sct. 
Saba Kloftere. Beim Erfteigen des Dſchebel Achdar mußten die 
Kameele zurückhleiben, und die ftarfen Transport-Eſel konnten kaum 
noch ihre geringe Laſt von 25 bis 30 Pfund Gepäck über die une 
gemein fteilen und nadten, treppenartig auffteigenven Klippen hin— 
auftragen. Bis zum Dorfe Lihigarl?) reichten noch Kornäder 
und Blantagen von Granatbäumen, welche die fehönften 
Früchte (Erpf. XI. ©. 554) lieferten. Höher hinauf bei dem Dorfe 
Dufend(?) verfchwanden aber vie Palmen und die Tropenfrüchte; 
dagegen traten die der temperirten Zone auf, vor allem ver 
MWeinftod, der mit feinen fihattigen Rebengehängen die reizend- 





278) A, Eloy, Relations de Voy. &d. Jaubert. Sec. P. p. 556 — 568. 


Arabien; Oman, Dſchebel Achdar. 559 


ſten Weinlauben (Treillen) bildete. Auf den fteilften, höchſten Klip— 
pen entdeckte U. Eloy eine fchöne Viola, die neue Speried Primula 
Aucheri, und eine gelbe PBrachtlonicere, Lonic. aurea. Am 28ften 
März, am 14ten Tage nach dem Abmarſch von der Küfte bei 
Matrah, wurde die Bergſtadt Sif (Seyf bei Wellfted) erreicht, 
welche nun von fchönen Obftbäumen der europäiichen gemäßigten 
Zone umgeben einen lieblichen Eindrud machte. Nußbäume, 
Beigenbäume, Aprifofen, Granaten, Wein um Kirſch— 
baume wurden bemerkt. Don hier erfletterte Eloy zwiſchen hor— 
ribeln Felöklippen nach drei Stunden das Nachtlager Wadi ben 
Abil, und von diejem, wahrjcheinlidh der größten Paßhöhe, flieg 
er wieder 6 Stunden hinab zum Dorf Tornouf Dſchebel Ach— 
da (wol Tanouf bei Wellftev), wo er am Thor ver Feſte 2 
prachtvolle Ciſſusbäume (Zaru der Araber) wahrnahm. Er 
wurde hier gaftlih vom Scheifh aufgenommen, fo wie in dem Orte 
Nezoue (Niſſua over Neswa bei Wellfted), dad er nah 5 
Stunden Marſch — die ganze Reife legte er ald Botaniker zu Fuß 
zurück — erreichte. Er beftätigte Hier die jchon von Wellften 
gefundene ausgezeichnete Gultur in ver dort ausgebreiteten Ebene 
und nennt Palmen, Bananen, Baummollenbäume, Amba, 
Granaten, Eitronen, die hier gewonnen werben, und Zucker— 
rohr, aus dem man hier jedoch nur einen fchlechten, ſchwarzen 
Syrup zu machen verftehe. Er nennt in Welt von Neswa Gue— 
brin (Gabrin auf Wellftev’s Karte)79), ald das erite Weha— 
biten-Dorf, die hier feine Pilger nach Mekka durch ihr Land 
paſſiren laſſen, und unterlag eben vafelbft mit feinem Neifegefähr- 
ten, wie Welljted, dem entkräftenpften Fieber, dem er jedoch noch 
glücklich durch gute Dofen von Chinin entging. Von da fehrte U. 
Eloy über Siffi, das er Zikki nennt, auf demfelben Wege den 
Wellſted beichreibt, dann aber etwas feitwärts, über Samahiel 
(Semajel b. Wellſted) nach Maskat zurück. 


) Wellſted, Reif. J. ©. I16. Not. 83. 


560 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 67. 


Erläuterung 4, 


Duerroute von Sib über Kothra, Maskin, Mafinijat und 
Obri (vom 4.— 13, März 1836). Mißglüdte Verſuche, bis 
zur Grenze der Wehabi in Birma vorzubringen, 


Der Iegte Verfuch, das Land der Wehabis von Oman aus zu 
erreichen, wurde von Suwek über Kothra nah Masfin und 
Obri gemadt, um von da Birema zu befuchen und dann in 
W. einzudringen. Obwol auch diefes Ziel nicht erreicht wurde, ge= 
mwinnen wir doch einige neue Daten über dieſen Querweg im nörd- 
lihen Oman und über das bis dahin völlig unbefannt gebliebne 
Binnenland. 

Die politiſchen Berhältniffe waren dem Unternehmen keines— 
wegs günftig; wenige Tage vor der Ankunft in Sib waren die 
Wehabis im nördlichen Oman eingefallen, und hatten einige Orte 
in der Nähe von Sſohar überrumpelt, geplündert, verbrannt und 
die Bewohner von Obri zu Feindfeligfeiten gegen ihre Nachbarn 
gezwungen, jo daß der Imam ſelbſt von der Abreife gegen ven 
Weſten abrieth. In der Mitte des März Fam au die Nachricht 
nah Schinaß, daß Sejjd Ibn Mutlof, der Anführer ver Wehabi, 
wirflich mit feinen Truppen gegen Bedi'a vorrüdfe, fo daß unter 
diefen Umſtänden jeve Hoffnung, bis Dereije vorzudringen, aufs 
gegeben werden mußte"). 

Noch in beften Hoffnungen, dad ermünfchte Ziel zu erreichen, 
war Sib am 4. März 31) nach wieder befeftigter Gefundheit vers 
lafien worden und Kothra (f. 0b. ©.547) wieder erreicht, weil es 
aber in Fehde gegen den Imam fland, umgangen, und ein Fe— 
ledfch (Gebirgäftrom) erreicht, mit dem das Land vom Küftenftrich 
durch einen Uebergang zum Hügelboden dem Gebirgslande ſich an— 
fchließt, das fich bald wieder durch die tief eingefchnittenen Thale 
fpalten characteriftifdy verfündete. Das Land war in größter Auf- 
regung, man fürchtete Wehabi-Ueberfälle; die Noth war groß, die 
Escorte entfloh in ver Nacht. 

5. März. Man z0g weiter, am Nande eines Wadi Gabir 
vorüber, wo wilde Coloquinten wachien, zum Paß Reſſet el 
Kerus, und dann hinab zum Dorfe Sivän, an einem 50 Ellen 
breiten Gebirgsftrom, Hinter dem ſich die zadigen Bergmafjen em— 
porthürmten. 


250) Wellſted, Reif. I. ©. 125,185. *9) Ebend. ©. 141—157. 


Arabien; Oman, Duerweg gegen Obri, 561 


6. März Im Paſſe feldft fehritt man meiter aufmärtd ges 
gen W. durch den Wadi Thila zum Hauptſtock des Gebirgs, def- 
jen Steiljeiten 3000 bis 4000 Fuß in jühen Spiten emporftarrten. 
Glimmerfchiefer und Felofpatbichichten in den feltfamften Contor— 
tionen fliegen empor, hier und da mit Aloé's, Zwergbüfchen und 
duftenden Kräutern überwachfen, die vereinzelten Schafen zur Nah- 
rung dienten. Dieſer Gebirgäftrich gehörte ſchon zum Diftriet 
von Sfohar, in den man hier eintrat. 

7. März. Immer in den Krümmungen des Wadi Thila 
bin erfletteste man endlich eine Höhe von 800 Fuß, von welcher 
aber der Blick auf nichts als nackte, bleiche Zelfen fiel. Von da 
betrat man das Gebiet der Beni Kalban, die dem Imam erge- 
ben find. Große Gruppen von Aloé's ſah man hier im Thale 
der Beni Kalban, welche den indischen Aloé's weit ähnlicher 
erfchienen als die von Sorotora. Endlich wurde in Weft ver 
im Wadi Thila überftiegenen Hauptfette die Nähe von Mesfin 
erreicht, wo wieder die erften Waizenfelder von Dorngehegen des 
Nebekbaumes (Rhamn. lotus nabeca) fich zeigten. Mesfin, 
d. h. Ruheplatz, ift nur ein kleines Dorf, obwol nody mitten inne 
zwifchen Bergen, doch von Dattelpalmen, Mango, Piſang, Nebek, 
Veigenbäumen und Weinbergen umgeben. 

9. März. Sehr langſam rüdte man von da vorwärts durch 
mehrere unabhängige Diftriete, an denen ed immer Aufenthalt gab 
wegen der Kameele, die ſtets an den Grenzen mit andern umge— 
wechfelt werden mußten; wobei es nie an Zank und Streit fehlte. 
Wenn ſchon nie diebifch, waren doch die Beduinenführer von Pro— 
feffion immer beirügerifch, lügenhaft, Habfüchtig und zänkiſch. 

10. März Von Meskin gegen Süd, Marſch nad) Ma= 
finijat, wo Scheb Waßer der Beni Kalban refivirte; früher 
eine große Stadt, nach Obfervation unter 23° 21° 25° N.Br. ges 
legen (bei Niebuhr und Berghaus irrig unter 2274, N.Br.), 
die aber im Jahre 1800 durch einen Ueberfall ver Wehabi ver— 
brannt, verwüftet ward und feitvem in Verfall geblieben ift. Hier 
wie in allen benadybarten Städten fiel die geringe Sorge für die 
Beerdigung der DBerftorbenen auf, jo wie der Mangel der Todten— 
klage dur gedungene Klageweiber; doch verrichten hier die Vers 
wandten acht Tage lang nad) dem Tode von Sonnenaufgang bie 
Sonnenuntergang felbit ihr Klagegeichrei. 

11. März. Der Schech, nad) vielem Abrathen, den Weg nad) 
Dbri weiter fortzufegen, weil er fortwährend von Näubern beun— 


Ritter Erdkunde XII. An 


562 DWeft- Afien. IV. Abtheilung. $. 67. 


ruhigt werde, gab doch endlich dem Drängen feiner Gäfte nach, und 
verfah fie mit einer Escorte von 70 Mann, welche diejelben auch, 
noch an diefem Tage, über Ajal und durch ein breites Thal Abends 
ficher bis nach Arudh geleitete. 

12. März. Der geftrige Tag, und eben fo der heutige, führte 
direct gegen Welt, an großen Dattelpflanzungen der Stadt Dereje 
vorüber, dann nad) Inän, zu dem Fort in welchem der Schech 
refidirte, der fortwährend in Händel mit Nedſched verwidelt ift. 
Don Hier ging es gegen Welt durch viel Aderfelder und Baum— 
pflanzungen hin nach Obri. 

13. März. Obri, die weftlichite aller befuchten Städte in 
Dman, ift auch eine der größten und bevölfertften im Lande; ihre 
Bewohner, vom Stamme Jafna, treiben nur wenig Sandel, nur 
Gintaufh gegen den Ertrag ihrer Feldfrüchte und ihrer Datteln. 
Shre Ausfuhr beitebt in Datteln, Indigo, Zuder, die Einfuhr 
dagegen in Neid, Gewürzen, Baummollenzeugen, die man fich jelbft 
blau färbt. Hier auf der Grenze der Beduinen von Oman 
und der Wehabi von Nedſched und EI Ahſa iſt die rohefte 
Wildheit mit Agrieultur verbunden. Hier fiel der einzige Dieb— 
ſtahl vor, ven Wellſted in Oman erduldete, ja größerem Unglüd 
entging er Faum durch Flucht. Der Schech zeigte ſich ald heim— 
tücifcher, verfchmigter Schurke; er gebot feinem Gaſt alsbald vie 
Stadt zu verlaffen, meil fih 2000 Wehabis darin einquartirt. 
Wirklich waren diefe bier, aber der Schech verſagte zugleich je= 
den Beiltand, um bis Birema vorzudringen. Die Wehabis, 
flein von Geſtalt, mit langem Haar, finfterm Blick und ganz nadt 
bis auf ein Tuch um den Leib, fuchten Händel. Sie gehörten zu 
den Trupen Sejjid Ibn Mutloks, ver bei Bedi'a eine Niever- 
lage erlitten. Nur mit Mühe, jagt Wellfted, entflohen wir der 
Plünvderung und dem Naubmord aus Obri. Obwol mit Empfeh- 
lungöbriefen an ven Wehabi-Chef von Birema verjehen, war 
es Wellften doch von hier aus unmöglich, Birema zu erreichen. 
Er entjloh zur Küfte nah Sumef (f. ob. ©. 527), und ging dann 
nah Schinaß, um von da noch einmal, obmwol vergeblich, fein 
Heil gegen Weft zu verfuchen. 

Die Route von Obri nach Biremas?) gegen N.N.W. über 
eine Dafenreihe am Oftgehänge des Oſchebel Okdat hin, hat 
MWellfted über die Hauptorte Renk und Afit (Rank und Afi 


20) Wellſied, Reif. 1. ©. 165,. 


a 


Arabien; Oftfüfte zum Perfergoff. 563 


bei Niebuhr) in feine Karte nach Erfundigung eingezeichnet; fie 
liegt auf der dortigen Grenze des Gulturlandes; ihr im Welten fol 
die Wüſte beginnen. Von Schinaf, dem Küftenorte, fann man 
durch den Wadi Chor (in SW.) und den Wapdillttar®3) (ver 
wahrjcheinlich nördlichen Kauf hat, aber auf Wellſted's Karte nicht 
eingetragen ift) nach Birema gelangen. Auf diefem Wege, zwei 
Tagereifen von Schinaß, ein paar engliihe Miles füplich des 
Wadi Uttar am Wege nah Birema, liegen einige 30 (auf 
der Karte nur 20) Dörfer in einer Gruppe beifammen, Bel- 
dan Beni Schab genannt, wie der Stamm der fie Sewohnt. 
Es jollen anderthalb taufend Wehabid fein, die jeden Flüchtling 
ohne Rüdjicht auf Glauben oder Verbrechen, das er verübt haben 
mag, in Schuß nehmen. Die Stavt Birema liegt ſüdlich dieſes 
Eleinen Diftrietes, ift an Umfang Bedi'a gleich und enthält meh— 
rere Dörfer. Es hat gutes Waffer; ein Sort mit Fleinen Kanonen 
bepflanzt, gehört vem Stamm der Ghafari, der fich zur Secte der 
Wehabi befennt, dem Imam nicht mehr gehorcht. Früher an 
2000, jegt wol an 6000 Einwohner wilder, ungaftlicher Natur, 
gleich denen von Obri, follen gegenwärtig an diefem Orte haufen, 
deſſen Clima aleich dem von Nedſched für dad Tieblichite und 
gefundefte gehalten wird. Hier gegen Weft beginnt die Terra in- 
cognita. 


Bierted Kapitel. 


Das Küftenland Dftarabiens gegen den perfifchen Golf, 
die Piratenküfte, EI Hedſcher, Bahrein, EI Kathif, EI 
Ahſa, Gran und das auffteigende Binnenland von 
Nedſched bis Dreyeh. 
$. 68. 

Unter dem Namen Hedſcher (el Hedſchr) oder el Ahſa (nicht 
el Haffa) wird der größte Theil der Oftfüfte Arabiens gegen den 
innern perfiichen Meerbufen begriffen, die ganze Küftenterraffe 
welche zwifchen dem Gap Muffendom bis zu der Mündung des 


Euphrat bei Gran (Karin bei Jafuti, Orane der Briten) over el 
Koueit (Quoit) der Araber ſich ausdehnt; es ift das Bahrein 


9) Wellſted, Reiſ. I. ©. 166. 
Nn2 


564 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


und Semama bei Ißtachri (f. ob. ©. 145, 165), dad el Aaridh 
(Aroudh) bei Abulfeda (j. ob. ©. 227), dad El Ared bei Nies 
buhr, und dad Hedfcher oder mit dem Artikel el Hedſcher bei 
Edriſi; obwol alle diefe Bezeichnungen, nad) ihren Auspehnungen, 
ſehr unbeftimmt bleiben und fich gegenfeitig gar mannichfaltig ver— 
ichieben. Im neuern Zeiten hat man unter Bahrein Die Inſel⸗ 
gruppe mit den Perlbänken, unter el Kathif den Küſtenſtrich Dies 
ſes Hafenortes, und unter el Ahſa (nicht el Hafja) den zunächit 
anliegenden Diftriet des Binnenlandes verjtanden, der zu Der gro= 
Gen politifchen Länderabtheilung des Gebietes der Wehabiten 
von Deraije während ver Oberherrfchaft dieſes Eroberungsftaates 
gezogen war; mit dem Namen EI Hedſcher Fonnte man dann 
wol noch befonders ven nördlichen Küftenftrih von EI Ka— 
thif bis Gran bezeichnen, mit dem Namen der Piratenküfte 
aber den ſüdlichen von Bahrein und der zugehörigen Halb— 
infel Bahran (ſ. ob. ©. 420) an, ſüdoſtwärts entlang der gro= 
fen Curve mit der Gruppe der oftindifhen Compagnie— 
Infeln bis Rad el Khaima und zum Cap Mufjendon. 

Sp ſchwierig wie die geographifchen Begrenzungen dieſer Ges 
biete, find auch ihre Schreibmeifen. Den Altern Schreibmeifen (f. 
ob. ©. 398 — 401) widerfpricht fehr häufig, berichtigend nach dem 
Dſchihannuma und Jafuti, der berühmte Orientalift v. Ham— 
merS%), nach feinem Schreibfyfteme, weshalb darüber an diefer 
Stelle einige feiner fritifchen Bemerfungen am Orte fein werben, 
denen wir auch als leitenden Angaben, wenn auch nicht überall, 
wegen der Gitate aud andern Autoren, doc) mo es irgend nur 
zweckmäßig ſchien, gefolgt find. Nichtig ift nach ihm: Hedſchr 
oder Hedſcher, nicht Hedjer, Hodichr oder Hidſchr; Bahrein, 
weil der bei el Ahſa gelegene See Böheire mit dem perfifchen Meere 
für zwei Meere gilt. Ahſa, mit dem Artikel el Ahfa, ift richtig; 
Lahſa, Achja, el Haſſa ꝛc. aber falih. Hedſcher ift iventifch mit 
el Ahſa, aber Hadſchar ift verfchieven davon die Stadt in Je— 
mama (j. 0b. &©.397). Jebrim iſt richtig, Jabrin, Djebrin, Diche- 
brin falſch. Aaridh oder el Aaridh, das Gebirg und die Land— 
Ihaft, ift richtig, el Aren oder Arudh ift falih. Das letztere el 
Arudh bezeichnet einen Gegenfag gegen Irak (1. 06. ©.227). De— 
raaije ift richtige Schreibart für die Gapitale der Wehabi, vie 
Niebuhr Daraie nannte; eben fo werben andere Ortönamen bei 


39) v. Hammer, in Wien. Sahrb. 1841. 3. XCIV. ©. 120—144. 


Arabien; Oftfüfte zum Perſergolf. 565 


Niebuhr berichtigt wie Aainije flatt Aijane, Menfudſche ftatt 
Munfuha, Dſcheladſchol ftatt Dijeladzjil, Schafir ftatt Schafe 
gra, Toweim flatt Turim, Raudha flatt Nova, Morat ftatt 
Mured, Mosnib flatt Madneb. Es heißt Semame, nicht Jema— 
ma. Feledſch ift ver Plural von Efladſch, die Wafferrinnen; 
daher dad große Thal deſſelben Feladſchol-Efladſch, oder das 
Gebiet von Feledſch, nicht el Afladj. Das Hochland heiße Bi— 
lad Aawali, nicht Alouäly (mie bei Reinaud, f. ob. ©. 399). 
Aus Karin oder Korein ift durch Gontraction Gran, oder nad) 
der englifchen Schreibart Grane entftanden u. f. mw. 

Jener große, ungeheure, fchwerzugängliche Küftenftrich erhebt 
fi aber landeinwärts Bid zum hohen Nedfched, dem Hauptſitz 
der neuern Wehabitenmacht, deſſen Mittelpunct, die Reſidenz ihres 
Dberhauptes, in den legten Jahrzehenvden auch den Mittelpunct 
aller vortigen Landesentdeckung abgegeben hat, weil dahinwärts jene 
Reihe der türfifhen Kriegsoperationen, von Medina aus zu 
Lande, gegen die Wehabitenmacht gerichtet war, in Folge deren 
jene Landſchaften erft aus dem völligen Dunfel an dad dämmernde 
Licht der Gegenwart hervortraten. Das Küftenland ift dagegen 
durch die Bändigung ver Piraten, durch ven Küftenfurvey, 
durch die Perlfiſchereien bei Bahrein und deſſen Ufurpatio» 
nen, von Abuſchir aus, durch Berfer, mie von Seiten ded Imam 
von Maskat aus befannter geworven. Aber nod; fehlt ſehr vieles, 
daß wir über den Zufammenhang dieſes Küftenlanded mit dem fo 
dicht angrenzenden Binnenlande von Nedſched (oder Nedſchd 
nad) v. Kammer) den gehörigen Auffchluß erhalten hätten. Died 
würde nur durch europäische Reiſende bewerkſtelligt worden fein, 
die ald Beobachter vom Küjtenftrich gegen das hohe Nedſched hin— 
aufgeftiegen wären. Denn was arabijche Autoren der frühern 
Periode, in ihrer eignen Unkenntniß darüber, compilirt haben, ift 
in feinen fragmentarifchen Notizen ſchon faft vollftändig in 
Obigem mitgetheilt, wozu man nod) einige Daten und viele Auf— 
zählungen 85) von uns unbekannten Namen aus den fpätern arabi— 
fhen und türfifchen Autoren, zumal aus dem Oſchihannuma, 
hinzuzufügen hat. Es it bloßes Stückwerk, und eben fo unbefrie- 
digend ift unfere Kenntniß noch in Allem was die neuere Zeit über 
die geographiichen Geſammtverhältniſſe dieſer Oſtſeite der arabiſchen 


»°) v. Hammer a. a. O. Abſchnitt Bahrein oder Hedſchr, el Aaridh 
und Jemame. 


566 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


Halbinfel darbietet. Nur die Kriegäberichte der Operationen 
Mehmed Alis und feiner Paſchas, im Innern von Medinah bis 
Deraaije, oder Dreyeh der Europäer, die aber nicht bis zur 
Küfte reichen, und zwei Wanderungen der beiden britifchen di— 
plomatifchen Geſchäftsführer Neinaud und Sadlier, vie aber 
beide auf vemfelben Wege von el Kathif nad Dreyeh, nämlich 
von Oft nach Wet, eben dahin vorrüden, Fünnen und ald Angaben 
von Augenzeugen über einen fo weiten Länderſtrich des Binnen 
landes dienen, um und mit Berghaud danfenswerthen ceritifchen 
Kartenberichtigungen 86) auf diefem zu orientiren. 

Durch ded hochvervienten deutichen Reifenden Seetzen fo raft- 
loſe Umficht, während feines Aufenthaltes in der Levante, fam die 
erfte und leider einzig gebliebene Nachricht von Reinaud's Reife 
von Gran nach Dreyeh zur Kenntniß der Europäer, und damit 
aud) die erite Kunde eines Augenzeugen von der Heimath der neuen 
Serte der Wehabiten, die feitvem dad Hauptintereſſe für Ned» 
ſched erregt haben. Zwar nannte der aufmerffame Niebuhr 
Ichon einen Diftriet Daraie3”) in Nedfcheds Provinz El Aaredh, 
in welchem er von einen feit den letztern Jahren (er reifete im 
Jahre 1764) dort Aufiehen erregenden Neformator, dem Abd ul 
Wahheb, hatte fprechen hören, von dem er die erfte Kunde nach 
Europa brachte, und ſchon bemerkte, daß deffen Xehre wohl mit der 
Zeit große Veränderung in der bisherigen Religion und Regierungs— 
form der Araber erregen Eönne Auch Volney 38) hatte, im 9. 
1785, unter den Grenzarabern gegen Syrien wiederholt ſehr refor- 
matorifche Ausiprüche von ihnen gegen Mohammed und die Dog— 
men des Koran gehört, die ihm von der geheimen Verzweigung 
ihrer Abtrünnigkeit von der herrſchenden Lehre der Sunniten 
Zeugniß gaben, ohne daß er noch den Namen ihrer Secte hatte 
fennen lernen. Alles dieſes, verbunden mit Nachrichten von Raub— 
überfällen jener Beduinen Nedſcheds nach außen, Fam nur durch 
jehr unfichres Hörenfagen nach Europa. 

Bei feinem Aufenthalte zu Saleb, im April 1805, Iernte 
Seegen®) Hrn. Neinaud fennen, einen Engländer, der mit dem 
englifchen Hefiventen Manefty zu Basra (f. Ervf. XI. ©. 821), 


286) Berghaus, Arabien Mem. S. 79— 83. 87) Niebuhr, Befchreib. 
von Arabien ©. 343, 345 — 348. 3, C. F. Volney, Neife nad) 
Syrien u. Negypten 1783 — 85; deutfche Ueberf. Jena, 1788. Th. 1. 
©. 316 — 318. °°) Dr. 4. 3. Seegen, Neifenadhrichten XXII, 
in v. Zach, in deſſen monatl. Gorrefpondenz 1805. Sept. ©. 234 ff. 


Arabien; Oftfüfte zum Perfergolf. 567 


als diefer wegen dortiger Unruhen diefen Poſten auf einige Zeit 
verlaffen hatte, faft drei Jahre lang in ver arabifchen Küftenftadt 
Gran (Grane) zubrachte (ſ. 06. S. 417) und dadurch eine gute 
Kenntnig jener Gegenden erworben hatte. In diefer Zeit wurde 
diefe Stadt von einem Streifcorps Wehabiten, von einigen tau— 
fend Mann, überfallen, die 2000 Kriegsfameele bei fich Hatten, de— 
ren jedes von 2 Mann beritten war, die Flinte und Lanze zu ihrer 
Attacke trugen. Die Männer vor den Thoren von Gran wurden 
von ihnen gefangen und nad) ihrer graufamen Lehre als Kafern 
(vd. h. Niht-Wehabiten) ermordet, die Weiber mit fortgejchleppt. 
Sn dem Blute der Ermordeten ſah Neinaud jelbfi die Sieger ihre 
Hände wachen, in dem Wahne jich dadurch zu entjündigen. Schon 
wollten die Einwohner der Stadt Gran vor folchen Barbaren die 
Flucht ergreifen, ald Hr. Manefty von einem auf der Rheede lie— 
genden englifchen Schiffe 2 Drehbaffen und einige 20 engliſche Sea— 
poys commandirte, mit den Truppen der Stadt vor ihren Thoren 
in befter Schlachtordnung zu mandvriren, wobei die zwei Kanonen 
eine fo trefflihe Wirkung thaten, daß der erneuerte Angriff der 
MWehabi gänzlich zurückgeſchlagen, fie verfolgt und manche von ih— 
nen, die ihren Rückzug längs ver Küfte nahmen, auch von den Ka— 
nonen des engliichen Schiffes getödtet wurden. 

Der Chef ver Wehabi, hievdurch erzürnt, fuchte Nache an eis 
nigen Boten Maneſty's zu nehmen, die er gefangen hielt, und da— 
durch die Gorrefpondenz der oftindifchen Compagnie unficher machte. 
Um deshalb in Unterhandlungen zu treten, unternahm Hr. Rei— 
naud eine Reife nad) der Nefivenz des Chefs zu Dreyeh (Dra— 
hia bei Seetzen, Deranije bei v. Sammer), wobei der Umftand 
ihn ficherte, daß ein Milchbruder ded regierenden Oberhaupts der 
Wehabi, vom Stamme der Beni Attäby, fein Begleiter und Be— 
ſchützer war 9). Gr machte die Reife von EI Kathif aus zu 
Pferde; damald gehörte viefer Ort nebſt dem gegenüberliegenden 
Zabara (f. 0b. ©. 423) ven Ibn Attäby Arabern von Gran; 
aber el Kathif war fchon ven Wehabi anheim gefallen, wie ſpä— 
ter auch die beiden andern Orte von ihnen befeßt wurden. GI 
Kathif war fehr in Vorfall, die Moſcheen in Nuinen, dad Land 
umher meift wüfte, von da aus brauchte Neinaud 7 Tagereifen, 
um die Heine Stadt Achſa (el Ahfa) in einer fandigen Wüfte zu 


90) Auszug aus Reinaud’s Brief vom 2, April 1805, ebend. ©. 237 
bis 241. 


568 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. 6,68. 


erreichen, wo jedoch Meberfluß von Hornvieh war; auch fchöne, un— 
gemein fchnelle Pferde traf er dafelbit, die aber nicht Teicht über 14 
bis 15 Fäuſte (1 Fauſt = 4 engl. Zoll) Höhe erreichten. Die Stadt 
war, aus Furcht vor den Wehabis, die es auch fpäter eroberten, von 
feinen meisten Bewohnern verlaffen worden. Sie ftand früher unter 
der Botmäßigfeit des Ibn-Kalid; fie ift nicht größer ala EI Kathif; 
ihre Sauptinduftrie beftand in Weberei von Cameloten. Da dort fein 
Fluß und nur fumpfiges Waſſer aus den Brunnen in der Nähe ges 
ſchöpft werden Fann, fo leidet ver Ort öfter Mangel an gutem Trinf- 
wafjer. Bon El Achſa bei Reinaud, richtiger el A hfa, nad) Dreyeh 
(Drahia) waren S Tagereifen durch ſandige Einöde zurüdzulegen, vie 
nur zumeilen mit Gebüfch bewachfen if. Dreyeh mar damals, 
nah Reinaud, eine Kleine, aber im arabifchen Styl ſchön 
gebaute Stadt, deren Lage den Aufenthalt daſelbſt jehr gefund 
machte; die umgebenden Hügel waren gut angebaut und die ganze 
Landſchaft durch einen Eleinen Fluß bemäffert. Die verſchiede— 
nen Früchte, wie Weintrauben, Teigen, pflegten die dortigen Be— 
wohner ſchon vor ihrer Neifezeit zu verzehren. Die Pferde daſelbſt 
fand Reinaud von der fchönften Nace und ſehr wohlfeil; der 
nachfolgende Pferdehandel de Mr. Manefty, von da nad In— 
dien, wird wol die Neinaudfche Neifer gut bezahlt gemacht haben. 
Die zahlreichen Schaafheerden, meift Schwarz, mit ſehr langen Oh— 
ren und trefflihem Fleiſch, lieferten eine jeher lange Wolle. Die 
Wehabis waren wild und graufam, aber gegen ihren Gaſt un- 
gemein zuvorfommend. Der Name ihres damaligen Oberhauptes 
war Abdul Aziz Ibn Saoud; er ftand im 6Often Jahre, war 
für einen Araber gebildet genug, ſchlank von ©eftalt und hatte eine 
Nachkommenſchaft von SO Glievern in feiner Familie. Einen Hof— 
ftaat hatte er nicht, doch gingen alle Gefchäfte durch feine Hände; 
ein einziger Schreiber oder Mula war fein Gehülfe Die Zahl 
feiner Truppen gab man auf 100,000 Dann an; Reinaud bielt 
es aber, da zu jener Zeit mehrere Araberftimme auf feine Parthei 
übergegangen waren, für viel mahrfcheinlicher, daß auf feinen Be— 
fehl die doppelte Zahl von Kriegern die Waffen ergreifen könnte. 
Nad) einem einmöchentlichen Aufenthalt in Dreyeh kehrte Rei— 
naud mit diefer feiner Erfahrung auf demſelben Wege nach EI 
Kathif, den er gefommen war, zurück, und von da zu Manefty 
nad Gran. 

Etwa zwei Jahrzehende fpäter, und ſchon nach dem Sturze 
des Wehabiten-Reichs und der Zerftörung der Nefivenz Dreyeh, 





Arabien; Dftfeite, Sadlier's Duerreife, 569 


die Reinaud unter allen Europäern allein in ihrer Blüthezeit ge— 
jehen zu haben jcheint, drang auch Capt. Sadlier von EI Kathif 
dahin vor, von dem mir ſchon genauern Bericht über feine dahin 
eingejhlagene Noute über Land und Leute erhielten. Ihn haben 
wir alſo ald ven einzigen Wegweifer dahin auf feiner Marfch- - 
route zu begleiten, ehe wir zu andern Berichterftattungen über= 
gehen; denn feinem andern Augenzeugen ift es ſeitdem geglückt, 
den mühjeligen und gefahrvollen Fußtapfen jener erften Vorgänger 
nachzufolgen. 


⸗ 
* 


Erläuterung 1. 


Capt. Sadlier's Duerreife von el Kathif über el Ahſa nach 
Deranije (Dreyeh) in Nedſched (1819). 


Gapt. Sadlier's politifche Miffion, von Seiten des britie 
jchen Gouvernements in Indien abgefandt, um den ägyptifchen Feldherrn 
und Sieger, Ibrahim Paſcha, über die Wehabis im Felvlager 
Nedſcheds zu Dreyeh (im 3.1819) felbft zu begrüßen, dadurch 
zugleich dem Paſcha von Aegypten zu huldigen, wie einen Blick 
in die innern Verhältniffe Arabiend zum Vortheil ihrer Politik 
auf dem perfiichen Meere zu thun, und an vem Bafcha einen Bun= 
desgenoſſen gegen die Piraten fich zu fichern, mar es, welche 
am 14. April 1819, im Schiffe Thetis, Bombay verließ. Daß 
fie über Maskat und Abufchir el Kathif am 21. Juni er— 
reichte, haben wir in obigem (f. ©. 418) geſehen und fie bis dahin 
begleitet. Hier dad Tagebuch von Sadlier's Neife, bis in 
dad Herz des hohen Nedſched, ver einzige genauere Be— 
richt eined Augenzeugen, den wir bis jest über diefen Land— 
ftrich bejlgen, veffen Routier auf Berghaus Karte) mit Sorg— 
falt conftruirt und eingetragen erfcheint. Xeider war Gapt. Sadlier 
ohne aftronomijche Inftrumente, ohne Sertant, ohne Chronometer, 
die zu Ortöbeftimmungen fo nothiwendig, benußte aber feinen Com— 
paß fo jorgfältig für fein Jtinerar, mweldes er im Kartenſkizze 
feinem Berichte keigab, daß dieſes vortrefflich mit ver Marſch— 
-route Ibrahim Paſchas, die auf Jomard's fo verbienftlicher 
Karte von Nepfched eingetragen ward, übereinftimmt. Diefer Vers 
gleih machte Berghaus berichtigte Gonftruction feiner meifter« 


9), Berghaus, Arab. Mem. ©. 83, 


570 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68, 


haften Karte von Arabien möglih. Er wies in diefer zum erften 
male vielen neu eingetragenen Ortfchaften eine angenäherte Stel— 
Yung an; el Kathif unter 26° 29’ N Br, 47’ 4AY DR; Sia= 
hat unter 26° 25’ N.Br. und 47944, DR. Den Diftriet Bahran 
Yegte er ſüdlicher und Andjir (identifch mit Ayndar bei Horsburgh) 
unter 25° 3ZO N Br. Wahrfcheinlich auch der Hafenort el Ah— 
fa’8, ven Burkhardt?) in Meffa Abyr nennen hörte, eine Eleine 
Stadt, häufig von den Dichomwafimi=- Piraten von Nas el Khaima 
(ſ. 06. ©. 415) befucht. Die große Stadt Zabarra (f. ob. ©. 423), 
die Reinaud zuerjt, aber nur nad) a hatte, wurde 
auf die Nordfpise der Halbinfel Bahran unter 26°1' N.Br. nad 
forgfältiger Erforichung anderer Daten eingetragen. Das Stinerar 
zerlegte fi in drei Abtheilungen: die erfte vom 28. Juni von 
Siahat nacy Amer Rubiah unter 25° 47! N.Br. und 46° 45’ OR, 
immer gegen Welt, meift 13 Miles ven Tag zurüdlegend. Die 
zweite Abtheilung von Amer Rubiah gegen S.O. an 96 Miles 
bis zur heutigen Hauptftadt von el Ahſa, nah el Sofhuf (bei 
Somard Fuf oder Foof)P), über das Fort Mubarruz. El Hofhuf 
ift unter 24° 53, N Br. und 47° 25° O.L. nur wenig abmeichend 
von der Sheifh- Karte, die Jomard vom Nedfched mittheilte, einges 
tragen. Die dritte Abtheilung führte über Howarrah, wo eine 
heiße Quelle, nach Amer Rubiah zurück. Es folge nun der Reiſe— 
bericht des Gapt. Sadlier jelbft. 


1. Abreife von El Kathif über Amer Nubiah nad 
el Ahſa (irrig Lahiſſa bei Saplier) 9). 


Nicht der directe Weg konnte damals nach Dreyeh einge- 
fchlagen werben, weil nach der Befiegung und Zerftörung dieſes 
Gentralfiges der Wehabitenmacht die türkifch= ägyptifche Armee an 
verfchiedene Puncte fich zerftreut und Poſto zur Zügelung der Bes 
duinen, wie zur Gontribution ded Landes gefaßt hatte, auch noch 
feine fichre Communication zwifchen der Küfte und jenem Gentrals 
fige eröffnet war. In el Ahſa ftand aber ein Haupteommando ber 


292) Burckhardt, T'rav. in Arab. Lond. 1829. 4. App. VI. Geogr. 
Not. p. 462. °»®) Jomard, Notice geogr. sur la Carte du Pays 
de Nedjd in Fel. Mengin, Hist. de !’Egypte T. II. App. p. 570, 
582, und defien Carte du Pays de Nedjd. Paris, 1823. 

%*) Capt. G. F. Sadlier, Account of a Journey from Katif on the 
Persian Gulf to Yambo on the Read Sea, in Transact. of the 
Lit. Soc. of Bombay. Lond. 1823. 4. Vol. III. p. 449 — 493. 


Dftarabien; Sadlier's Weg nah El Ahſa. 571 


türfifhen Armee unter dem Kafchif, der die Ueberrefte der tür— 
kiſchen Truppen vdafelbft zufammenziehen und dem Feldlager des 
Ibrahim Paſcha gegen ven Weiten zuführen follte, wodurch al« 
lein einige Sicherheit, tiefer in das Land vorzudringen, auch für 
einen bloß einfachen Reiſenden, wie Gapt. Sadlier war, gegeben 
fhien. Um aber EI Ahſa, das freilich fehr weit gegen Süd au— 
Berhalb dem Wege lag, zu erreichen, mußte man erft direct gegen 
MW. das große Lager Amer Rubiah vom Beduinen-Stamme 
der Beni Khaled befuchen, weil nur dieſe, die ſeit Niebuhr's 
Zeiten bis heute dort der müchtigfte und herrſchende Tribus geblies 
ben 9), im Beflge hinreichender Kameele waren, um Xaftthiere für 
die Karawane zu liefern, die zum Transport der Embafjade nach 
Nedſched unentbehrlich fhienen. An diefen Tribus hatte Ibrahim 
Vaſcha, nach Beilegung der Wehabiten, ald an die urfprünglis 
hen Gebieter im Lande, dajjelbe zurüderftattet, ald er fich 
aus diefen Gebieten mit feinen Truppen zurüdziehen mußte, doch 
mit der Verpflichtung, die Kriegskfoften zu erfegen und einen jähr— 
lihen Tribut an ven Paſcha zu zahlen. 

Eriter Tagemarjch %) (28. Juni 1819). Erſt um 6 Uhr 
am Abend brach man von dem Dorfe Siahat bei el Kathif auf, 
rüdte aber an diefem erften Tage nur ein paar Stunden (7 Mil. 
Engl.) vor, bis Mafchref, einem Beduinenlager, dad am ande 
der Dattelpflangungen und der Wüſte bei einigen Brunnen, in 
einer Reihe von Zelten, im weißen Sanpmeere aufgefchlagen war, 
auf dem man im Mondſchein die erfte Nacht vermeilte. 

Zweiter Tagemarſch (29. Juni). Nach bejchwerlichen, zur 
Meiterreife nothwendigen Zurüftungen der Karawane begann der 
Einmarſch in die Wüfte, über ihre Sanphügel und Sandflä— 
hen. Diefe legtern waren mit einer dien Salzfrufte überzogen, 
die bei jedem Schritt von den Laftthieren durchbrochen wurde. Nir— 
gendd war eine Spur von Grün wahrzunehmen, nur etwa auf den 
Sandhügeln hie und da wenige Sadbüſchel, einiged Früpplige, 
braune Gebüfch, und ein mehr Eugliched Kraut, Iſhnan ver Ara— 
ber, mit dicken, langen, ovalen Blättern, die von einer falzfauren 
Flüſſigkeit ftrogten, aus deren Afche, nach dem Verbrennen derſel— 
ben, Alkali und !Botafche bereitet wird (ob ein Mesembryanthe- 
mum?). 


»’) Niebuhr, Arabien ©. 340. *0) Capt, Sadlier, Acc. 1. c. II, 
p: 459 — 464. 


572 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. :$. 68, 


Am dritten und vierten Marfchtage (meift von 13 Miles 
Meg) ging ed durch gleiche Bodenbefchaffenheit; doch hörte die 
Salzfrufte auf und der zu tiefe Sand in der Küſtennähe trat zu= 
ruf. Am Ende ded vierten Tages verließ man die Sandhügel 
ganz, welche ven Wellen des Oceans darin gleichen, daß einer hin— 
ter dem andern auffteigt, aber ftet3 fteil abfalt, und dieſer Steil— 
abfal immer gegen den Süden gerichtet if. Die Hige, mit Glut- 
winden, war faft unerträglich heiß zum Erſticken, dabei das Waſſer 
fo fparfamı, daß man die erften Brunnen nur in 16 Stunden 
(40 Mil.) Abftand von el Kathif traf, wo einige Wanderbeduinen, 
ein Hirtenftanım mit etwa 200 Schaafen und Ziegen, auf dortiger 
Weide vermeilten. 

Um fünften Tagemarfch begegnete man einer fehr zahl- 
reichen Heerde Antilopen, aber nirgends Dörfern, bie auch Das 
felbft, 7 Gruppen von Hütten, jede von 150 Familien etwa, mit 
etwas Ackercultur und Dattelpflanzungen, ausgenommen, gänzlich 
fehlten. Diefe Dorfgruppe liegt gegen N. und N.W.; gegen W. 
und SW. ift vollfommne Wüfte. Den Beduinen ift died feine 
Entbehrung auf ihren Wanderungen; denn fie führen alles mad 
fie brauchen, mit fich, haben alſo feine Ortfcheft von Nöthen; zur 
Erfrifhung find ihnen Brunnenftellen hinreichend, bei denen fie je= 
doch auch nur fo lange verweilen, ald e8 für ihre Thiere Bedürfniß 
ift. Aber der europäifche Neifende Fann von Befchwerde fügen, und 
ganz in der Gewalt feiner Führer muß er fich noch obenein von 
ihnen jede Erpreffung gefallen laſſen. Dieje blieb denn auch bei 
dem Scheifh von Mafchref, dem Haupt der Edcorte, nicht auß, 
ehe noch das nächite Ziel, dad Lager ver Beni Khaled zu Amer 
Rubiah erreicht war, wo eine andere Obergewalt vie feine ver— 
drängte. 

Dom 4. bis 6. Juli Aufenthalt zu Amer Rubiah. 
Der Scheifh des dortigen Lagers, ein alter Mann, mit Gewandern 
übermäßig umhüllt, aber barfuß im beißen Sande umbergehend, 
war beim Empfang vol ceremonieufer Höflichkeit, aber im Herzen 
ein fchlauer Betrüger. Er trug um das Haupt ein Foftbared Shaml 
gewunden, am Xeibe einen Scharlachrod und darunter Gewande 
von Goloftoff; ftatt aber für die Förderung der Weiterreife zu ſor— 
gen, hielt er feine Säfte abfichtlich auf, und fuchte Furcht vor den 
räuberifchen Tribus der el Ahſa (Aiciman) zu erweden, um 
nur erhöhten Lohn für feine Edcorte und flärfere reife für vie 
Miethe feiner Kameele zu erhalten. Wegen beider Beziehungen, 


ne 





Sftarabien; Sadlier's Weg nah El Ahſa. 573 


ded Transported und der Sicherheit, mußte man fich aber an den 
Scheikh Halten, der dafür verantwortlich ift. Der vorherige Scheith 
von Mafchref hatte zwar ſchon feinen Accord mit dem Reifenden 
gemacht, ihm bis el Ahſa zu führen, und deshalb fich jedes Kameel 
mit 3 Kronenthalern vorausbezahlen laffen; hier, im Lager feines 
Oheims des Scheifh Mahmud zu Amer Rubiah angefom=- 
men, erklärte diefer: feinem Neffen ftehe das Recht gar nicht zu, 
den Reiſenden weiter zu edcortiren und mit Laftthieren zu verfehen, 
das fei feine Sache. Er ließ fich für jeded Kameel noch 2 Kro= 
nenthaler zahlen; eine Bedingung, die man annehmen mußte, um 
nur vom Flecke zu fommen. Und auch das zu erreichen, war uns 
gemein ſchwer, troß der höflichften Verſprechungen, mit denen Lüge, 
Betrug, Aufichub, freche Verweigerung des Verfprochenen, und jelbft 
manche Entwendung gar nicht unvereinbar zu fein ſchienen. Und 
wenn auch im Lager noch fo demüthig und fchmiegfam, um eines 
Gewinnes willen, wurden dieſe Führer, fobaln fie mit ihrem Schütz— 
ling die Wüfte betreten hatten, und er nun gang in ihrer Gewalt 
war, doch feine Despoten. Bei Oppofition würde e8 ihnen ein 
Leichtes gewefen fein, ihren Anvertrauten in der Wüfte den Tod 
zu bereiten; fie aber an ihre übernommenen DBerpflichtungen auch 
nur zu erinnern, feheint ihnen da, wo fie unumjchränfte Despoten 
find, lächerlich. 

Der Weg von Amer Rubiah bis el Ahſa konnte in 4 
Tagemärjchen, vom 7.— 10. Juli, zurückgelegt werden, eine Strede 
von faft 20 geogr. Meilen (96 Mil. E.) gegen Südoſt. Alſo ver 
vorigen Direction gegen Weft zwar ganz aus dem Wege; aber gut 
mit Waffer verfehen. Nur auf ver erften Hälfte ded Weges wurde der 
einzige Wohnort, dad Dorf Hudiah, paflirt; e8 war ummauert 
und von einiger Gultur umgeben, auch fah man unter dem Schuß 
der Mauern einige Schafheerden weiden. Nüher, nur noch einen 
Tagemarfch von el Ahfa, traf man das zweite Dorf Djuniah 
an einem großen See, der die Umgegend befruchtete und Dattel- 
gärten wäſſerte. Umher aber lagerte fich wieder Salzwüſte. Diefe 
Ungabe des mehr ald gewöhnlichen Wafferreichthums an dieſem 
Orte, den die Scheifhs-Karte Jouniah ebenfalls mit Angabe einer 
Duelle bezeichnete, hielt Jomard 9) vorzüglich wichtig zur Beſtä— 


297) Jomard, Notice g&ographique sur le Pays de Nedjd. Paris, 
1823. 8. p. 34; derſ. bei Mengin, Hist. de l’Egypte T. II. App. 
p- 582, und derſelbe in Ktudes geogr. et hist.: Paris, 1839. 8 
p- 22, 


574 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


tigung feiner Hypotheſe von einem continuirlichen Laufe eines Wadi 
Aftän, von dem fehon früher die Rede war (f. ob. ©. 228, 233). 
Sn el Ahſa, der Name des Diftrietes nach Gapt. Sadlier, 
deſſen Hauptort er Fuf (Foof) nennen hörte, der aber offenbar das 
EI Hofhuf anderer Berichterftatter, wie bei Somard, ift, wurde 
der Captain vom türfifchen Kaſchif des Paſcha fogleich zur Aus 
dienz gelafien und mit dem gewöhnlichen Höflichfeitöceremoniell ab— 
gefunden, fonft aber zeigte derfelbe feine Sorgfalt für fein weiteres 
Fortkommen, und erft nach langer Zögerung von 9 Tagen Aufent- 
halt, wurden ihm die nöthigen Pferde und Kameele nebft einem 
Mehmandar (Fremdenführer) zugefertigt, um dem Zuge des Ka— 
Ichif feldft nach Dreyeh zu folgen. 

Keiver war Gapt. Sadlier mit feinem Inftrumente zu aftro= 
nomifchen Ortöbeobachtungen verfehen, fondern gebrauchte, wie oben . 
bemerft ward, nur die Bouffole zu feiner Orientirung; dadurch ift 
die Kartographie diejed Binnenlandes noch immer fehr hypothetiſch 
geblieben. Ueber el Ahſa erhalten wir von ihm folgende Bemer— 
fungen ®). 

EI Hofhuf, der Hauptort, ift ein Sort, mit Mauern und 
großem, trodnem Graben umgeben, zu dem nur 2 Ihore die Ein— 
gänge bilden. Im Fort ſelbſt find die Häufer nur klein, außer— 
Halb, im Oft des Fort, liegen die Vorſtädte, gleich einem offenen 
Dorfe, mit Eulturland und Dattelpflanzungen, nah Schägung etwa 
von 15,000 Seelen bewohnt, darunter aber nur etwa 500 Männer 
Waffen tragen follen. 

Ein andres Fort, Mubarruz, el Mebarrez bei Jomard, 
liegt eine gute Viertelftunde im Norden des vorigen, mit trodnem 
Graben und nur einem Thor, und gleichfalld von offenen Dorf- 
fchaften als Vorſtädten umgeben, geringer ald EI Hofhuf, aber 
doc) auch mit 10,000 Seelen, von denen etwa 400 die Waffen tra= 
gen. Die Dattelpflangungen, zu deren Schuß jene Forts dienen, 
ziehen aber noch viel weiter oftwärts, und eben fo die Dorfichaften 
und Weiler, in ihrem Schatten gelegen, denen man eine Bevölke— 
zung von 50,000 Menfchen giebt; eine ſchöne Cultur-Oaſe, die 
hinreichend mit gutem Waffer, Brunnen’und Seen, auöge- 
ftattet if. Uber einen Fluß, fagt Capt. Sadlier, konnte er 
nirgends wahrnehmen, auch Feine Spur davon, melde 
etwa mit dieſen Seen in Verbindung ſtände; auch verficherten Tür— 


298) Capt. Sadlier, Acc. I. c. III. p. 569. 








Dftarabien; Sadlier in EI Ahſa. 575 


fen wie Araber einftimmig, e8 fei hier Fein Fluß vorhanden, 
wie er doch auf fo manchen Karten (ſ. ob. ©. 227,232, 233), %. B. 
bei D’Anville, Vaugondy, Mentelle, Jomard, aber bei 
Niebuhr nit und Hypothetifch bei Berghaus eingetragen ift. 
Doch meinte Sadlier, daß ein winterliher Regenſtrom (ein 
fogenannter Seil, Giefftrom n. v. Hammer) feinen temporairen 
Lauf vieleicht wol zwifchen den Sandhügeln und feine Ausladung 
zu diefen Seen haben könne. Duellftröme, d. h. Waſſerrinnen, 
fleine Ganäle von Quellen abgeleitet, fagt v. Sammer, heißen 
Efladſch (Blur. Feledſch). Es flimmt died auch mit v. Ham— 
mer's Bericht aus dem Dſchihannuma, das ebenfalld feinen con= 
tinuirlichen Fluß Afnan over Aftän, fondern nur einen Wadi 
fennt, jo daß Jaubert's Meberfegung des Edriſi, la riviere d’Af- 
nän, daher irrig fein muß 9). 

In diefer fruchtbarern Dafe el Ahſa wird Weizen, Gerſte, 
Reis gebaut; die Dattel ift das Hauptproduct; Früchte und Ge— 
müfe find nicht gut; Apricofen find fchlecht, vie Feigen hart, die 
Wafjermelonen troden. Der Tamarisfenbaum wächſt bei jorgfälti= 
ger Pflege hoch und dient ald Zimmerholz zum Dachdeden. Die 
Dattelernte giebt reichen Ertrag und das Austaufchmittel für 
einen nicht unbedeuienden Handel, der mit dem Binnenlande getrie= 
ben wird, jo wie mit dem nächften Hafenorte Andjir (ſ. oben 
©. 420), über welchen el Ahſa feine ausländischen Bevürfniffe er= 
halt. Don einer Stadt el Ahſa, welche man früher mit der 
Landſchaft el Ahſa verwechfelte, wie noch Niebuhr eine Pros 
vinz Lachſa, aber auch eine große wohlgebaute Nefivdenzitadt 300) 
Lachſa (wahrfcheinlich El Hofhuf?) nannte, haben die neuern Er— 
fundigungen nichts erfahren. Auch Burckhardt !) nannte man in 
Mekka noc eine Landſchaft el Ahſa (auch. Haſſa), berühmt wegen 
ihrer zahlreichen Brunnen, ihrer reichen Bewäſſerung, wegen des 
Kleed, den man da baute, und der fchönen Pferdezucht, weshalb 
der MWehabi- Chef jedes Jahr dahin feine Pferde auf die Weide 
ſchickte. Aber er hörte auch eine feſt ummauerte Stadt ebenfalls 
mit dem Namen el AUbfa belegen, die fih im Sabre 1797 fehr 
tapfer gegen die Angriffe des Paſchas von Bagdad vertheidigt ha— 
ben follte. Man fagte, fie fei im 10ten Jahrhundert von den Kars 


299), 9, Hammer, Wien. Jahrb. 1841. B. XCIV. ©. 136. 
300, Miebuhr, Beichr. von Arabien. ©. 340. 9 Burckhardt, Trav. 
i. c. p. 462. 


576  Weft-Afien, IV. Abtheilung. $- 68, 


maten erbaut (f. 0b. ©. 148); ihren Seehafen hörte Burckhardt Afyr 
(wol Andjir) nennen. 

Am 21. Juli mußte der Rückweg über das Lager Amer Ru— 
biah genommen werden, von woher man gekommen war; doch 
wurde ein fürzerer, mehr mweftlicher Weg über dad Dorf Howa— 
rah mit Dattelpflanzungen gewählt; im übrigen war die ganze 
Strede, die vom 21. bis zum 24. Juli zurücgelegt wurde, höchſt 
öde, traurig, ohne Waffer, und nur hier und da einzelne Gras— 
büfchel am Wege zu fehen. 


II. Meg von Amer Rubiah WS. Weftwärts nach Dreyeh 
(Deraaije bei v. Hammer) in el Aared 2) (el Aaridh 
bei v. Sammer). 


Die Strede vom Lagerorte der Beni Khaled zu Amer Ru— 
biah bis nah EI Munfuha (Manfudiche bei v. Sammer) bei 
Dreyeh wurde von 25. Juli bis zum 3. Auguft, in 9 Tagen 
mit einem Nafttage, aljo in 3 Tagemärfchen zurückgelegt, ohne 
daß man eine einzige menfchliche Wohnftätte antraf; eine Einöde, 
die wol durch die Fürzlichen Kriegäbegebenheiten noch menfchenlee= 
rer geworden fein mag, als fie es zuvor ſchon gemefen. Es ift 
diefed Rand jene Landſtrecke, welche Burdhardt zu feiner Zeit in 
Mekka mit dem Namen Zedeyr 3) belegen hörte, der und fonft 
unbekannt geblieben ift. Burdhardt erfuhr, das Gebiet von el Ahſa 
werde vorzüglich vom Tribus der Beni Khaled (ij. ob. ©. 42), 
der ſehr meit verbreitet, bewohnt, audy von den Biſher-Ara— 
bern, ein Zweig der Benezeh, und von dem Zab-Tribus. Dod) 
fänden ſich vafelbft wie auch in Nedſched mehrere Tribus der Beni 
Hoſſeyn, die zur Perſer-Secte der Aliven gehörten. 

Am erften Tage, 25. Juli, brad) Saplier erft am Nachmittage 
um 4 Uhr auf, und hatte anfänglich bergiges, aber ganz ödes 
Land, jedoch mit fefterm Boden, zu durchziehen, ald jenen Sand— 
boden, der gewöhnlich die Ebene vet. An einem großen Bruns 
nen, in der von Hügeln umgebenen Ebene, wurde Halt gemadht. 

Zweiter Tag, 26. Juli. Auf vem Marfche gegen W.S. W. 
war fein Waffer zu finden; die Luft wurde Fühler, unftreitig 
weil man jih immer höher und höher gegen das Innere erhob, 
obmol Gapt. Sadlier auf dieſes Hypfometrifche Verhältniß leider 


302) Capt. Sadlier, Account 1. c. III. p.466. °) Burckhardt 1. c. 
p- 462. 





Oſtarabien; Sadlier's Weg nad Dreyeh. 577 


nicht beſonders aufmerfjam gemefen zu fein jcheint. Die Wüfte, 
jagt er, wurde etwas beſſer; fie bedeckte fich mit Gras, grünen 
Dickichten und Gebüfh. Die Mimoſe (Babul) fab man in 
Blüthe, wilde Baumarten, die eine Art Pflaumen trugen, welche 
dem Captain auch aus Indien befannt war, zeigten ſich, und nun 
bald auh Wild; einige Hafen und Nothwild murven ge= 
ſchoſſen. | 

Dritter Tag, 27. Juli. Weg gegen Weft, fein Waffer. 

Vierter Tag, 28. Juli. Marſch gegen Weit und Halt zu 
Remah, wo 7 tiefe Brunnen, aus denen das Wafjer durch vie 
Kameele Heraufgezogen werden mußte. 

Fünfter Tag, 29. Juli. Nafttag, um die Schläudje mit 
Waſſer zu füllen; am Nachmittag bracy ein Donnerfturm los mit 
heftigem Regenguß. | 

Sechster Tag, 30. Juli. Hier führte der Weg immer ges 
gen S. S. W. über bergiged Land mit kieſiger Oberfläche, auf 
der an vielen Stellen dad Regenwaſſer noch ftehen geblieben war und 
die ganze Wüfte erfrifcht Hatte. In einem Negenbady (ein Nullah, 
eigentlih Seil der Araber) war vieles Waffer zufammengelaufen, 
an defjen Ufern mehrere Dimofen zu fchöner Höhe emporgewachſen 
waren. Zu Samama wurde Halt gemadht. 

Siebenter Tag, 31. Juli. Erft ging es gegen .S.W. am 
Nulah hin; dann gegen SW. und W.; dann durd) eine öde mit 
Steingerdll bedeckte Ebene. Der Nullah fließt gegen NND. 
ab, verliert fich aber bald in dem Defert; die Berge, von denen 
er herabfommt, find ganz öde Kiesberge, die aber mit großen, 
loſen Rollſteinen bejegt find. An der Station Aurmah brachte 
man die Nacht zu. | 

Achter Tag, 1. Aug. Ein kurzer Marfch, der ſchon Mits 
tags am Gahul Bahban beendet wurde, wo man einen Strom 
Regenwaſſer vorfand. 

Neunter Tag, 2. Aug. Gin Donnerfturm brachte an die— 
ſem Tage auf halbem Wege einen Aufenthalt, fo daß man erft 
am folgenden Tage, ven 3. Aug., El Manfuhah (Manfudſche 
nah v. Hammer) erreichen Eonnte. ‚Die Nachtmärfche waren auf 
biefem ganzen Wege viel unangenehmer ald zuvor, da die Kara— 
wane wol aus 600 Kameelen bejtand, die zu Gruppen von 10 bis 
15 Stud zufammenzogen, jo daß die Bagage eined Jeden eine 
eigne Gruppe bildete. Die Marfchorpnung war indeß fehr zweck— 
mäßig geleitet; eine Avantgarde von Wegweifern geführt ftand uns 

Nitter Erdfunde XII. Oo 


_ 


578 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


ter dem Commando eined Gavallerie-Officiere. Die große La— 
terne, auf dem Sattelfnopf eines Kameeld auf hoher 
Stange angebracht, war das leitende Augenmerk des gan— 
zen Zugs (vergl. 2.8. Mof. 13, 21), und um diefen zuſammen— 
zubalten, wurden des Nachts, von der Fronte bis zur Arriergarde, 
mehrmald Piſtolenſchüſſe Tosgefeuert, die Stellung der verſchiedenen 
Gruppen zu bezeichnen und die zu große Auspehnung der Kara— 
wane zu hindern. Die Zahl der wilden Ihiere, denen man in dies 
fen ungeheuern Ausdehnungen begegnete, war geringer, als fie 
irgendwo dem Gaptain vorgefommen war; man fah nicht über ein 
Dutzend Jerboas (Dipus jerboa), nur etwa 3 bis 4 Hafen, eben 
fo viel Guanas (wol Iguana oder Leguana? d. i. Eiveren), etwa ein 
halbes Dutzend Wüftenrebhühner mit ſchwarzer Bruſt, daher 
ihr Name Bagra fara (f. Ervf. XI. ©. 508), und einige blaue 
Tauben; Krähen nur felten. Eine Art Igel (? Hedgehog bei 
Sadlier) war der Gegenftand der Jagd der Beduinen, die ihn, 
wie faft alle Thiere die fie in ver Wüſte finden, wie Serboad, Eis 
deren, Guanas und jeldft Schlangen braten und ſich wohlſchmecken 
Yaffen. Doch müfjen fie alle nach ihrem Geſetz getödtet fein, d. i. 
unter der Ausrufung „Bismillah“, d. h. in Gottes Namen. 
Nur das wilde Schwein macht Hiervon eine Ausnahme, das als 
zu unrein nie von ihnen verfpeifet wird. 

EI Manfuhah (Menfudſche) ift eine Stadt mit einigen 
guten, zmweiftöcigen, aus Erde und Steinen erbauten Käufern, mit 
platten Dächern, deren Befeftigungswerfe, ein Wal und Graben, 
von Ibrahim Paſcha zerftiört ward. Man gab ihr damals eine 
an 2000 Familien ftarfe Bevölferung. Nur eine gute Viertelftunde 
fern davon gegen Nord liegt, durch Nuinen von Wällen und Ges 
bäuden von jener getrennt, eine zweite noch ftärfer bevölferte Stadt, 
El Ryad. Beide Ortjchaften find mit fehr guten Waffern, in tie 
fen Brunnen, verfehen und von weitläuftigen Dattelpflanzungen 
umgeben. Im Winter bilden die Regenbäche (Gießbäche, di. 
Seil) von den öden Bergen umher einen bedeutenden Strom, 
der das Thal überfchwemmt. Seit den Siegen der türfifchen Ar- 
mee über die Wehabi waren die Bewohner diefer Stadt, von ver 
die frühere nun zerftörte Reſidenz Dreyeh nur eine Eleine Tages 
reife gegen N.W. entfernt liegt, in fehr gedrückte Zuftände gerathen. 
Ihre Mauern waren zerftört, ihre Ernten von dem Türfenheere aufs 
gezehrt, Weizen und Gerfte war um keinen Preis mehr zu Faufen; 
in feinem einzigen der Dörfer hatten die alled zerftörenden Türfen 





Dftarabien; Sadlier's Weg nach Dreyeh. 579 


auch nur ein einziges Pferd zurüdgelafien; die Schaafheerden wa— 
ren mit dem Heere fortgetrieben. Ein Schaf Foftete 4 Kronentha— 
Ier, 3 Eier einen Piafter; eben fo theuer war das Obſt, wie Pfir- 
fih, Feigen, Melonen; Gemüfe nur fehleht und blos alted hartes 
Kameelfleifch war feil. Man fah nur noch, wo vordem Weizen 
und Gerftenfelvder angebaut, Mais und Baummolle angepflanzt ge= 
weſen. Ginige einfallende. Regenſchauer in diefer Jahreszeit ſah 
man als eine ganz außerordentliche Erſcheinung an, deren die Alte 
fien Araber feit Menjchengevenfen fich nicht erinnerten, aber darin 
waren alle einig, daß man während der Winterzeit hier ſtets 
Heftige Negengüffe erwarte, und daß e3 dann in dieſem [er= 
haben liegenden] Berglande eine ſehr Falte Jahreszeit 
gebe. Hierin haben wir die Betätigung einer fehr hoben Lage 
des Landes Nedſched um Dreyeh, wenn fchon weder Rei— 
naud noch Gapt. Sadlier, auf ihren Marfchrouten gegen das 
Binnenland, eine befondere Aufmerkjamfeit auf dieſes jo merkwür— 
dige, vielleicht in den relativen Verhältniffen weniger unmittelbar 
merfliche, allmählige Auffteigen gerichtet zu Kaben fcheinen. Ein 
alter Araber fagte zu Captain Sapdlier: „Allah ift groß! drei 
Wunder habe ich in einem Tage erlebt: einen Türfen und 
einen Franken (den Captain) in El Manfuhah zu fehen, 
und Regen in des Sommerd Mitte.” — 

Ueber den von el Ahſa verhältnißmäßig mit zu nörblichem 
Umſchweif zurüdgelegten Weg bemerft Gapt. Sadlier, daß die 
nächſte Weftftraße von el Ahſa nah Dreyeh über den Ort 
el Suleymeh führe, die man in 10 Tagen zurüclegen könne. 
Auch war e8 die Abficht des Kafchif gemefen, dieſen mit der Ka— 
ramane zu nehmen; da er aber auf ihm den feindliden Tribus 
der Saadeh=-Beduinen zu begegnen fürchtete, jo wich er diejen 
plößlih durch eine mehr nord weſtliche Richtung feines Marſches 
aus. Ginem Trupp türfifcher Truppen, die in el Suleymeh gar= 
nifonirten, hatte er Befehl gegeben, auf der Station Remah mit 
feiner Karawane zufammen zu ftoßen. Da aber an derjelben eine 
Spur dieſes Commandos fich zeigte, jo wandte ſich die Karawane 
von da erjt gegen Süd, durch welche Umwege die Marjchroute nad) 
el Manfuhah bis zu 14 Tagereifen ausgedehnt wurde, zu welcher 
nur 10 direet nöthig geweſen wären. Die erfte Hälfte des Mar— 
ſches feßte man, weil feine Uttaque zu fürchten war, den Weg 
auch des Nachts fort; die zweite Hälfte aber, weil man Ueber— 
fälle befürdhten mußte, marfchirte man nur am Tage. Denn in 

002 


580 DWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 68. 


der Nacht gegen den feindlichen Ueberfal zu fechten, war doppelt 
gefährlich, weil dann auch die Kameelführer die Laften ihrer Thiere 
abgefehmiffen und fich zu den Feinden, den Beduinen, gegen ihre 
türfifchen Unterdrücker gejellt haben würden. Zu el Manfuhah, 
wo Gapt. Sadlier lange Zeit raften mußte, ehe er weiter ziehen 
fonnte, langte erft am 13. Auguft dad türfifche Detafchement von 
el Suleymeh an, wodurch man Folgendes *) erfuhr, was zur Cha— 
rafterifti£ türfifcher Verwaltung in Nedſched beachtendmerth ift. 

Zu el Khardj, ver Provinz in melder el Suleymeh 
liegt (el Chardſch bei Niebuhr; dad Dihihannuma, jagt 
v. Hammer, fenne feine Landſchaft dieſes Namens) >), wohnten 
4 Sheikhs des Tribus Saoud, d. i. ded herrfchenden im We— 
habitens Reiche; darunter auch die dort fehr berühmten Abvallah 
und Abdul Uziz, denen Ibrahim Pafcha Gnade zuerkannt und 
feine Protection zugefichert, fie jelbjt mit Chrenfaftanen beſchenkt 
hatte. Als er aber dieſe öſtliche Seite Arabiens, in der er ſich mit 
ſeiner Armee zu erhalten außer Stand geſetzt ſah, verlaſſen mußte, 
wollte er dieſe Sheifhs zuvor vernichten, und ſchickte den Tſchoka— 
der Bafchi nach el Suleymeh, fie zu zerftreuen. Da deſſen Macht 
aber zu gering war, ſie offen zu befriegen, griff er zum Meuchels 
mord. Er lud fie zu einem Gaftmahle ein, dad mit ihrer Ermor— 
dung bejchloffen ward. Die Folge war unmittelbar die Empörung 
der Beduinen, die ſich zu rächen 1500 Mann flarf den Türken— 
haufen verjagten, ver in el Suleymeh Schug ſuchte, und aus der 
dort fehr geängftigten Lage erft durch das Detafchement des Kafchif, 
das diefer zu diefem Zweck dahin gefchieft Hatte, befreit werben 
fonnte. 

Wir begleiten Gapt. Sadlier für jetzt nur noch von el 
Manfuhah zwei Fleine Tagemärfche weit, am 13. und 14. Aus 
guft, bis in vie Gegend der zerftörten Hauptſtadt der Wehabi, 
Dreyeh 6), richtiger Deraaije nad) v. Hammer, die erft wenige 
Monate zuvor von der folgen Höhe ihrer Nefivenz, ſeitdem Ab— 
dallah ebn Saoud, am 9. Sept. 1818, die weiße Fahne auf 
feinem Schloffe aufgefteft und ald gefangener König der Wehabi 
zur Hinrichtung nach Aegypten und Stambul abgeführt war, plüß« 


0°) Capt. Sadlier, Account 1. c. III. p. 471. °) ». Hammer, 
Mien. Jahrb. a. a. O. ©. 127. 6) Felix Mengin, Histoire de 
l’Egypte sous le Gouvernement de Mohammed Ali etc, Paris, 
1823. 8. T. II. Hist. d. Wahabys p. 133 etc. 


Dftarabien; Sadlier's Weg nad Dreyeh. 581 


lich herabgeftürzt und dur Erftürmung, Plünderung und Brand 
in einen Afchenhaufen verwandelt war. 

* Am erfien Tage, ven 13. Aug., rüdte Capt. Saplier ”) 
von El Manfuhah, erſt gegen N., dann gegen W., durch ein aus— 
gedehntes Thal vol Ruinen, in dem jedoch noch mweitläuftige Dat— 
telpflanzungen und zahllofe Feigenbäume, die Zeugen früherhin ſehr 
ftarfer Bevölkerung, ftehen geblieben waren, vor bis zur Station 
El Ayeimeh (wahrjcheinlih Aainije?). Nur wenige Elende fah 
man bier noch umberfchleichen. 

Am zweiten Tagemarfche ging der Weg nordwärts durch 
daſſelbe Thal, das fidy aber in eine Ebene öffnete, die quer ge= 
gen Weit durchfreuzt werden mußte, um über eine Hügelreihe auf 
ſehr rauhem, aber feſtem Pfade in eine zweite Ebene von Huſ⸗ 
iah hinabzuſteigen. Auf dieſem Bergwege konnte man noch die 
Gleiſe der Artillerie und der Kanonen Ibrahim PVafchad wahrneh— 
men, welche vom Weften her in jene öftlich anliegende Ebene trand« 
portirt werden mußten, wo fie die Hartnädige Belagerung von 
Dreyeh, die 5 volle Monate (vom 5. April bi 9. Sept. 1818) 
dauerte, begannen, und mit der in Grundſchießung verfelben ende— 
ten. Die Lage der vernichteten Stadt fonnte Capt. Sadlier ®) 
zu 4 Stunden (10 Mil. engl.) Wegs Ferne von EI Manfuhah be= 
flimmen. Dreyeh lag am Enve eines tiefen, engen Thals, das 
durch ganz öde Berge eingefaßt if. Gegen Welt z0g ſich jene aus— 
gedehnte Bergreihe von N.W. gegen ©.D.; eine andere ſah man 
in der Berne gegen N., die wahrfcheinlich gegen N.D. zieht. Die 
Thürme und die Ummauerung der Stadt wurden vollftindig demo— 
lirt; die Ruinen ſah man in fehr großer Ausdehnung fid) ausbrei— 
ten, und erfannte nur an den Mauerreften die Lage ver Hauptftadt, 
die an einem Abhange erbaut, an einer Seite durch einen tiefen 
Graben und gegen Weft durch eine Neihe von Thürmen gefchügt 
war, welche durch Mauerlinien zufammenbingen. Diefe Weftfeite hieß 
Tarifa und war von der Oſtſtadt Selle durd einen tiefiten Ra— 
vin geſchieden. Auch diefe Oftftadt war durch) ihre eignen Thürme 
und Stadtmauern eingefchloffen. Den Ravin, oder dieje tiefe Re— 
genjchlucht, vurchjließt das ganze Jahr ein permanenter Strom, 
der aber zur MWinterszeit fehr ſtark anfchwillt (ein Seil?). In 
beiden Stadtabtheilungen jah man, der allgemeinen Zerjtörung uns 
geachtet, doch noch einige gute Gebäude in Nuinen ftehen; aber 


) Capt, Sadlier, Account |, c. III. p. 471. ) Gbend. p. 473. 


582 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 68. 


Gräuel türfifcher Verwüſtung deckte das Ganze. Die Dattelpflans 
zungen um die Kauptfladt waren ungemein ausgebreitet geweſen, 
und hatten den größten Schab an Nahrung für dad DVolf, fo wie 
die meitläuftigen Gärten umher fehr gute Früchte geliefert, mie 
Datteln, Aprifofen, Feigen, Öranatäpfel, Citronen, 
Meintrauben u. v. m. Bon alle diefem war nichts mehr zu 
ſehen ald Dürre und Wüfte. Che Ibrahim Paſcha ſich mit feiner 
Armee von da zurücdzog, ließ er alle Dattelpflanzungen umbauen 
und abfrennen, eben fo alle Obſtwälder. Welche Vernichtung, die 
durch Generationen nicht wieder erjeßt werden Fann! Gelbft Bett= 
ler und Vagabunden fanden bier Fein Aſyl mehr, und was von 
den Familien der Bewohner dem Schwert oder der Sclaverei ent— 
rann, fievelte fich meift in ven benachbarten EI Manfuhah an. 
Gapt. Sadlier, der bier das Feldlager ded Ibrahim Pa— 
ha nicht mehr fand, da derfelbe gegen ven Weiten nach Medina 
abmarjchirt war, rückte, um feine Gratulation anzubringen, ihm 
nach, und ward fo der erfte europäifche Neifende, der die ganze 


arabifche Halbinfel quer durchzog, was feinem andern vor 


und nach ihm geglücdt if. Wir werden auf jenem Routier weiter 
unten ihn ferner begleiten, hier aber müſſen wir fürs erfte noch 
einmal zu dem Geftadelande zurüdfehren, um die einzelnen frag— 
mentarifchen Nachrichten, die und darüber noch neuerlich zugekom— 
men, zufammenzureihen. 


Erläuterung 2, 
Specielle Notizen über die Topographie und Ethnographie 
der Piratenfüfte von Ras Muffendom bis Bahrein nad) 
Lieutnant Whitelock. 


Bei der Aufnahme der Piratenfüfte, unter Capt. Guys 
Kommando, des Surveyer-Schiffs Pſyche, war in verichiedenen 
Sahren, feit 1824, Veutnant 9. H. Whitelod von der Indian 
Navy ganz beſonders aufmerffam, fich eine genauere Kenntniß jener 
unbefannteren Geftade zwiichen Nas Muffendom und Bah- 
rein zu erwerben, und theilte darüber eine Reihe von felbit an 
Ort und Stelle gemachten Beobachtungen mit, die, fo fehr fie auch 
manchen Zufammenhang unter fich vermiffen laffen, doch ald wahre 
Bereicherungen zur Kenntniß von Land und Volk hier ihre Stelle 


Oftarabien ; Küftenterraffe, Piratenküſte. 583 


verdienen, da fie aus einer wenig befannt gewordenen Quelle 9) 
hervorgehen, bisher noch nirgends Beachtung der Geographen ge= 
mwonnen haben. Obwol einige Daten diefer Beobachtungen auch 
fhon von Wellfted in feinem legten Werfe, der Reife zur Stadt 
der Kaliphen, jummarifch angeführt, fo halten wir e8 doch unfern 
Zmweden für gründliches geo= und ethnographiiches® Studium ge— 
mäß, hier die wahre Duelle in ihrer Bolftändigfeit vorzuführen. 

Kaſchab over Kafab (Coſaab bei Whitelof) 10) im Wet 
des Nas Mufjendom gelegen (ſ. ob. ©. 434), ift nur ein kleines 
Dorf an einer Bucht von einer großen Cove und vom Berggeftade 
umgeben, außer am Nordweſtende derfelben. Der Einwohner find 
nur 50 bis 60, zu den Beni Schowa und den Beni Hebeah 
(Zweigen der Dſchewaſimi) gehörig. Ein kleiner Dattelhain be— 
fchattet etwa an 15 Käufer und 2 elende Forts, die mit 2 und 4 
Kanonen befegt find, von mo etwas Verkehr durch Küftenboote mit 
der gegenüberliegenden Küfte betrieben wird, deren etwaige Einfuhr 
man hier mit getrodneten Fifchen und gutem Brunnenwafler zu 
bezahlen pflegt. 

Bon hier ſüdweſtwärts nah Raumps (f. ob. ©. 390), dem 
Küftenorte, fleht man mehrere alte Gebäude, Senems genannt 
(das jol Idol heißen), die man PBerfern(?) zufchreibt, welche hier 
Idole verehrt Haben follen, bis diefe von den Wehabis zerftört wur— 
den. Der Berichterftatter fah nur noch Trümmer von ihnen. 

Bon Cumza (Coomza) nah Nas el Kheima (j. oben 
&.407) liegen mehrere Eleinere Dörfer an Buchten, die indgefammt 
vom Stamm der Dichewafimi bewohnt werben, wo überall gute 
Mafferbrunnen und guter Schuß gegen die Nordweftftürme. 

Von Nas el Kheima ſüdweſtwärts bis AUmulgamein lies 
gen 2 ſolcher Goves im Schuße bei fchlechtem Wetter, welche Afyle 
der Perltaucher find; fie heißen Muzahma, vie eine etwad ober— 
halb einer Stadt Al Unirah, und eine zweite, Lubeydha, die 
über eine Infel Al-Umrah nach Amulgawein führt. Auf dieſer 


309) Lieutn, H. H. Whitelock, Ind. N., An Account of Arabs who 
inhabit the Coast between Ras el Kheimah and Abothubee in 
the Gulf of Persia, generally called the Pirate Coast; in Trans- 
actions of the Bombay Geogr. Society from 1836 — 1838, re- 
printed from the Edition originally issued. Bombay in the Ame- 
rican Mission Press, Graham, Printer, 1844. p. 32 — 46. 

0) A. a. DO. Description of tie Arabian Coast, ein Anhang zu obi— 
gem p- 46— 54, zwar namenlos, aber wahrfcheinlich von demfelben 

eobadhter. 


584 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 68. 


Inſel Tiegt ein trefflich gefchügter Ort, genannt Sibini. In der 
Gove von Lubeydha Tiegen ſüße Wafferquellen unter 
dem Salzmwaffer, und diefed Vorkommen dehnt ſich von 
hier bis Bahrein aus (mo es ſchon Edriſi beſchrieb, f. ob. 
S. 395), mo viele Küftenorte durch Holzpumpen, die im 
Meerwaffer ftehen, ihr ſüßes Waffer erhalten. 

Bon Cumza weiter fünmeftwärts bi8 zum Küftenorte Debay 
ziehen fich Dattelmälver Iandein bis zu einer Breite von einer Hals 
ben Stunde, und Brunnen liegen in verjchiedenen Diftanzen darun— 
ter an den Wegen. Die Küftenftrömung ift hier jehr reifend, von 
2'/, bis 3 Knoten in der Minute. 

Die Bewohner der Küfte von Ras Muffendom bis 
Sharja und Debay, jene Dſchewaſimi (Soadmi-Piraten) find 
rachfüchtig, und wenn ihnen auch das Gorfarenwefen im Großen 
gelegt ift, fo treiben fie e8 doch im Kleinen noch täglich fort, unter 
fi; dabei find fle fehr träge und arbeiten nur, wenn fie müffen. 
Aber beffere Segler auf ihren Booten find fie als ihre Nachbarn 
in Oman an der Küfte von Batna, die weniger mit ihren Kü« 
ftenfahrten vertraut find. Dabei find fie höchſt mißtrauifch im 
Handel und Verkehr, liegen unthätig auf ihren Bazaren umher, bei 
Kaffee und Tabak mit Spielen und Geſchwätz fich unterhaltend. 
Höchftend bewäſſern die Männer ihre Pflanzungen, die Weiber müſ— 
fen alle andere Arbeit verrichten, die Kinder laufen nadft und wild, 
ohne Zucht auf dem Lande und im Waffer umher. Als Sunni«= 
ten, denn viele Tribus der Araber fielen feit der politiichen Schwä— 
hung der Wehabiten auch wieder ab von diefer Secte, find fie fehr 
ftrenge in ver Abhaltung ihres fünfmaligen Gebeted jeden Tag, 
was aber durchaus nur in Serplappern befteht, wobei alle andern 
Beſchäftigungen und Unterhaltungen zwifchendurch keineswegs ſtö— 
rend erſcheinen. 

Vorzüglich find es jene 4 Tribus der Oſchewaſimi, die 
Menaffir, die Beni Das und Mahama!!), welche diefe Kü— 
ften, nah Whitelock's Schätzung an 11 bid 12,000 Seelen, meijt 
in Schilfhütten (Kadjan) hauſend, bewohnen. Doch ift die Zahl 
jehr unficher zu beftimmen; zur Zeit der Perlfifcherei find faft alle 
Städte von Männern Ieer, und nur Weiber und Kinder unter der 
Pflege ver Alten bleiben darin zurück. Im Frieden ift das einzige 
Geſchäft, dad die Männer betreiben, die Perltaucherei; aber jede 


»11) Whitelock, Account of Arabs l. c. p. 32. 


Dftarabien; Küftenterraffe, Piratenküfte. 585 


Stadt pflegt in Fehde mit ihrer Nachbarin zu ftehen und auch bei 
dem Geſchäfte des Perlfangs fehlt es an Naufereien nicht. 
Nicht blos bei Bahrein, obwol da am organifirteften, fondern an 
diefem ganzen Küftenmeere bis Bahrein findet dies ftatt, 
doch nur in den Monaten Juni, Juli, Auguft und Septem— 
ber, weil in den andern Monaten das Waſſer zu Falt dazu ifl, 
Im Winter hindert auch die zu flürmifch bewegte See die Fiſche— 
rei, die dann nur innerhalb der Küftenflüffe, ganz in der Nähe ver 
Wohnungen, fortgefegt werben kann. 

Der völlige Müßiggang, der dann bei völligem Mangel an 
Agrieulturthätigkeit einzutreten pflegt, führt zu Fehde und Raub. 
Bon robufter Gonftitution, von Jugend auf mit den Waffen ver= 
traut, an Entbehrung jeder Art gewöhnt, dann Feine Beſchwerde 
fcheuend, find fie vol Muth, Kühnheit und Selbitvertrauen.. Das 
gemeine Volk, obwol flörrig und hartnäckig gegen feine Despoten, 
ift jehr gehorfam gegen die Väter, ehrt dad Alter und zeichnet fich 
felbft durch Gaftfreundfchaft aus. Whitelock fand das Volk meit 
beffer als feine Scheikhs, die er Despoten nennt, die fich deshalb 
auch ftetd mit ftarfen Leibwachen umgeben, zum Schug bei Erpreis 
fung des Gehorfamd und der Abgaben. 

Der Häuptling Tanoun, ver Abothubbi Araber, war 
fühn und unternehmend; von 20 Xeibgarden, zu Ka beritten, 
war er umgeben, ald er dem Sciffscapitain Guy, der auf dem 
Lande fein Zelt aufgefchlagen, die Viſite machte. In einer Ga— 
loppade angefprengt, machten fie plöglich, etwa 300 Schritt vor dem 
Zelte, in befter Ordnung Salt, ließen ihre Kameele auf Commando 
niederfnien, fprangen ab, und der Scheifh, im KHalbfreid von fei= 
nen Leuten gefolgt, fchritt gegen dad Zelt, von wo ver Captain ſich 
erhob und ihn ceremonids empfing. Auf Teppichen wurden im 
Zelte die Sige bereitet, Kaffee und Grfrifchungen fervirt. Abends 
wurde ihnen Gegenvifite gemacht; ihre Artilleriefalven waren fo 
gut wie die der britifchen Seapoyd. Tanoun, dad Haupt der 
Beni Dad-Tribus, fonnte 400 Mann Bewaffnete ind Feld ſtel— 
Ien, und erhielt dadurch ein foldyes Uebergewicht über den benach— 
barten Scheifh von Sherjah und die andern KHäuptlinge ver 
Küfte, daß der Imam von Oman, bei feiner Attaque gegen Bah— 
rein, im Jahre 1828, durch Gelobewilligungen ihn auf feine Seite 
zog. Uber ald es zu den Attaquen Fam, entflohen vie Gedungenen 
treulos, fo daß man dafür hielt, ver Scheikh ftehe in voppeltem 
Solde. 


586 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


Der Häuptling von Sharjah und Ras el Kheima wie der 
dortigen Dihemwafimi, Sultan Bin Suggur (im 9. 1824), 
hatte den DVortheil einer großen Anzahl von Booten vor dem 
Sheikh von Abothubbi voraus; auch flanden beide faft fort: 
während in Behde und Krieg. Diefer Sultan theilte nicht den 
offenen freien Character feiner Araber; die Briten fanden ihn Falt, 
Yiftig, treulos; durch die Zerftörung feiner Feften im $. 1819 und 
1820 wurde feine Macht zum Glüd fehr gezügelt, die fonft zu vie 
lem Mißbrauch geführt Haben würde. Vor dieſer Zeit fol er an 
100 Boote, davon viele zu 300 bis 400 Tonnen, zu feinem Cor— 
farengefchäft haben vom Stapel laufen laffen, und da der Elippige, 
nur 14 Stunden (36 Mil. engl.) breite, alfo fehr enge Eingang 
in den Perfergolf zwifchen Larek und den Quoins, ihm fo nahe 
gelegen, vol unbekannter Schlupfwinfel innerhalb der Buchten und 
Meeresftraßen war: fo Eonnte diefe Gegend daß ficherfte Aſyl ſei— 
ner Piraten fein. Die Vernichtung ihrer Attaquen nad) außen hat 
diefe in Fehden unter fich verwandelt, zumal da in Folge von je= 
nen auch ihre Ufurpationen auf dem perfifchen Gegengeftade verlo— 
ren gingen. Doch nennt Whitelod noch immer eine Stadt Lin— 
gar auf dem perfiichen Feſtlande (zwifchen dem MWeftende der Infel 
Kiſhm und dem Gap Boſtana gelegen), welche noch damald von 
einem Zweige ver Dſchewaſimi bewohnt, von einem Wetter des 
Sultan Bin Suggur beherrfcht wurde, als ein Bundesſtaat 
deſſelben angefehen werden konnte und einen nicht ganz unbedeu— 
tenden Handel trieb. 

Abothubbe!?) (f. 0b. ©. 379) an dem großen Tandeinzies 
henden Inlet, auf zwei Seiten mit gutem Anfergrund, ungemein 
vortheilhaft zur Schiffahrt gelegen, wie die meiften dort angebaus 
ten Küftenorte, hat doch kaum ein Steinhaus und befteht meift aus 
Hütten. Die Küfte ift hier niedrig, mit Sandhügeln, hat nahe ver 
Stadt nur wenige Palmen, fonft außer niedrigem Bufchwerf nur 
bie und da einzelne Grasftellen. Die Bewohner vom Tribus der 
Beni Das, noch Wehabis, find bigott, intolerant, fireng in 
ihren Obfervanzen, unterlaffen nie die vorgefchriebenen Ablutionen, 
gehen aber doch nicht fo meit wie andere Moslemen in der Ver— 
achtung der Ungläubigen, fondern effen mit ihnen fogar an einer 
Tafel und laſſen fie auch aus ihren Gefäßen fpeifen und trinfen, 
ohne fich dadurch für verunreinigt zu halten. Zur Sausarbeit has 


>12) Whitelock, Account of Arabs 1. c. p.40, 49. 


Dftarabien; Küftenterraffe, Piratenfüfte. 587 


ben fie faft in jeder Bamilie ein paar Sclaven, die fie fehr wohl— 
wolend behandeln, vie zu Moslemen geworden nicht felten zu Eh— 
renpoften gelangen, und oft die Gaptaine ihrer Boote und Handels— 
ſchiffe werden, mit denen fie, um gute Gefchäfte zu machen, in weite 
Verne gehen. , 

Diefe Araber heirathen frühzeitig, fobald fie nur eine Familie 
ernähren fünnen, und pflegen nach und nach Weiber bi zu dreien 
zu nehmen, die aber unter fich in großem Unfrieven leben. Die 
Mädchen verheirathen fich fehr frühe, ſchon im 14ten Jahre, befom= 
men viele Kinder, verblühen und altern jehr jchnel. Sich nach dem 
MWohlfein ihrer Frauen zu erkundigen, ift ihnen große Beleivigung. 
Ihre Grabftätten find ſehr forgfältig eingerichtet, die Todten ſtets 
mit dem Haupte gegen Meffa gerichtet, dad Grab mit einer Stein- 
platte belegt, die Vornehmern erhalten eine Eleine Domfapele: 

Don Abothubbe weſtwärts beginnt die große ſüdwärts tief 
einfchneidende Bucht, die weſtwärts bis zur Infel Sir Beni Das 
jene zahlreihe Gruppe von Küfteninfeln herbergt (die oft- 
indifchen Gompagnie=Infeln, f. ob. ©.390) und bis zum Khor 
Daun reicht, von wo die Küfte der Halbinfel Bahran wieder 
gegen Norden auffteigt (ſ. ob. ©. 420). 

Diefe höchft zerriffene Küſtenſtrecke nöthigte, bei ihrer gefahr— 
vollen erften Beichiffung durch die Briten mit dem großen Schiff 
Piyche, auf der ganzen Strede von Abothubbe bis Sir Beni Yas 
die Ingenieure des Surveys im verfchtedene kleinere Srpeditionen 
zu theilen. ine diefer Partheien erhielt Whitelod zum Com— 
mando, der im Februar 1824 die Pſyche verließ, und mit feinem 
Boote, dad auf 6 Wochen verproviantirt war, diefe bejchwerliche 
Küftenaufnahme 13) begann. Der Sheifh Tanoun von Abo— 
thubbe gab ihm zwei gute einheimifche Boote mit, auch Piloten 
und eine ftarfe arabifche Gscorte zum Schuß, unter Anführung 
ſeines zwangigjährigen Neffen, der ungemein eingebildet auf feine 
Kameelreiterei und auf fein Speerwerfen, wegen feines Stols 
ze8 bei feinen Untergebenen, dem gemeinen Araber, jedoch in Ver— 
achtung fand. 

Das erfte Lager wurde auf einer der vor der Küfte liegenden 
Infeln aufgefchlagen, wo man einen Eſel und 7 Kameele zu den 
Wanderungen im heißen Sande fand, die, ald man die Infel ver— 
ließ, und fie auch weiterhin an der Küfte zu benutzen wünjchte, 


>) Ebend. p. 35. 


588 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 68. 


von den Arabern an lange Seile gebunden und von ihren beiden 
Booten aus durch Gefchrei und Prügel eine gute Stunde weit 
durch die Mitte eines vier Faden tiefen Meeresarms 
eine ſchwimmende Karawane zu bilden gendthigt wurden, die 
glüklih am jenfeitigen Meeredufer, zum Staunen der Briten, an— 
Yangte, da fie nie ähnliches Benehmen bei Kameelen auf ihren vie= 
Ien Wanderungen gefehen. Die hiefigen Araber find keineswegs 
von jenem hagern, dürren und Fleinen Schlage eines großen Thei— 
les der übrigen Halbinfel, fondern ftümmig, muskulös, ungemein 
flarf und gedrungen, ſehr tüchtig für die Arbeit und zum Laſten— 
tragen geeignet; doc) jollen fie auch in der Jugend. hager feiny und 
erft mit dem Mannedalter im 30ſten und 40ſten Jahre jene ftarfen 
Muskeln und flimmigen Naden befommen, im Alter aber wieder 
mager werden. Sie bildeten fich etwas darauf ein, im Wehaby— 
Coſtüm einherzugehen. Der Kopf wird mit einem vier Fuß 
langen und drei Fuß breiten roth, grün und gelben Zeuge fünft- 
ih ummunden, nicht jener einfache Strif um den Kopf ges 
bunden wie bei den Beduinen der Wüſte. Das Zeug-ift aus 
Baumwolle und Seide gewebt und muß mit feinen Franzen nad 
vorn zierlich über das Geficht hängen. An feiner Schnur muß 
die Levertafche mit Tabadf, Patronen und dem Pulverhorn über 
der Schulter getragen werden. Die Luntenflinte ift am Kolben 
meift mit Silber eingelegt; der 7 Fuß lange Speer in der Hand 
und der Dolhd im Gürtel, nebft einem langen zweiichneidigen 
Schwert, ohne Schuß am Handgriff, giebt ihnen ein martialifches 
Anjehn. Ein langes, weißes, hemdartiges, vorn zugeknöpftes Ge— 
wand und Sandalen von gut gegerbter Kameelhaut machen die 
übrige Kleidung aus, fo wie über alles ein mantelartiger Umwurf 
eines Oberfleived (Camolin, fonft Abba genannt) von Wolle, 
oft fein, meift ſchwarz, mit Goldtreſſen über der Schulter durch— 
wirkt, oder hei Aermern auch weiß und braun geftreift, zu Preiſen 
von 2 bi8 30 Dollar. Um die Hüften wird ein braun oder wei— 
Bed Tuch von Seide oder Baummolle gebunden. Das Haupthaar 
wird gejchoren, und nur kurzer Bart und Schnurrbart getragen. 
Auch die Weiber tragen weiße Hemden, jehr weite Nöde, ein Tuch 
um den Kopf und ftetd dunfle Masken (ſ. ob. ©. 517 in Maskat) 
vor dem Geficht mit Augenlöchern. Sie follen ſchöner fein als vie 
Männer, die eine vunfelbraune, aber gefunde Hautfarbe haben. Die 
Kinder nadt umherlaufend, halb in Wafjer und Schmuß lebend, 
ohne alle Zucht, leiden durch ihre Unreinlichkeit ganz allgemein an 


Oſtarabien; Küftenterraffe, Piratenfüfte, 589 


böfen Aügen. Meberhaupt ift Unreinlichfeit, fie wafchen ihre Klei⸗ 
der nie, ein Uebel- das bei ihnen viele Hautkrankheiten nach fich 
zieht. Nur die Häuſer ihrer Wohlhabendern find von Stein er- 
baut, mit platter Bevachung, zu Schlafftätten beftimmt, die nur mit 
geflohtenen Matten belegt werden. Ihre Diät, einfach und ges 
fund, beſteht in Datteln, Fiſchen, Mehlkuchen, Milch und bei den 
Wohlhabenden in Neis, ver für die Armen viel zu theuer if. Die 
Reichen genießen täglich Reispillaw mit gefochtem Geflügel oder 
Zammfleifch; Kaffee wird zu allen Zeiten getrunfen. Das Taback— 
rauchen ift weniger allgemein, weil viele der Wehabis es verwerfen. 
Datteln machen die Hauptkoſt, Obft fehlt; Limonen und Waffer- 
melonen werden jedoch von der perfiichen Küfte, von Lingar, oder 
aud) aus dem innern Lande, hierher zu Markte gebracht. Fiſche 
giebt es in Menge und von vorzüglicher Sorte; von Vögeln nur 
wenige: Scnepfen, Taucher, Störche, Sandreiter und andere, die 
alle einen Fiſchgeſchmack haben; Rinder find nur von Heiner Art, 
der Ochs jelten über 2 Gentner an Gewicht; an Ziegen und Scha— 
fen, an Butter und Käfe fehlt es nicht, eben fo wenig an Eiern, da 
das Geflügel in Menge wenn auch Klein if. Bei ver Natur des 
lodern Sandbodens, bemerkt Whitelod, müffe man feinen pro= 
ductenreichen Ertrag noch immer bewundern; wahrfiheinlicdy nehme 
der Küftenftrich tiefer landein an Sruchtbarfeit zu. 

Der Sheifh Tanoun von Abothubbe fprach feinen Gä— 
ften, im Jahre 1822, von einer alten Stadt!*?), die 7 Tagereiſen 
landein vom Meere in einem fehr fruchtbaren Lande liegen folle, 
und fchlug ihnen eine Ereurflon dahin vor, zu der ed jedoch leider 
nicht fommen ſollte. Auch fprady er von einem Karawanen— 
wege, der von der Küfle durch ein fehr fchönes Thal zwifchen Päſ— 
jen der Gebirgäfette führe, die man von Ras el Kheima erbliden 
fünne, und jenfeit nad) Oman bis Chorfafan (f. ob. ©. 528) ziehe. 
In der guten Jahredzeit, meint Whitelod, würde dies für ein 
paar britiiche Dfficiere der Station zu Baſidoh einen intereffan- 
ten Ausflug und zugleich eine Gntvedfungsreife abgeben. Der 
Sheifh von Sharjah würde bereit fein, ein folches Unternehmen 
zu unterftügen. 

Die vor der Küfte liegenden zahlreichen Infeln der Oftin« 
difhen Compagnie, meldye bei diefem Survey entdeckt und bes 
flimmt wurden, zeigten insgefammt fehr feltfame Formen und Fars 


»'#) Whitelock, Account of Arabs 1: c, p. 39. 


590 Weſt-Aſien. IV. Abteilung. $. 68, 


ben in ihren Bergbildungen, in denen Whitelock Trappges 
fteine, vulcanijche Oebirgsarten, Granite, Gyps, Sand— 
feine, Eifenerze, Antimonium mwahrgenommen haben will. 
Er hielt eine genauere Unterfuhung jeder einzelnen diefer Infeln 
für eine fehr intereffante wiffenjchaftliche Aufgabe. Auf einer die— 
fer Injeln, die er Surdy nennt, fand er einige Brunnen ſüßes 
Waſſer, aber an einem fchlechten Ankerplag, dem eine Korallen= 
Elippe den Zugang erfchwert; doch bemerfte er daſelbſt vie Nefte 
einer ehemaligen Stadt, von der noch einige Gebäude auf- 
recht jtanden. Auf der meftlichften diefer Infeln, auf Sir Beni 
Dad, traf er an ihrer Sürfeite eine fchöne Lagune von 5 Faden 
Tiefe, die eine fehr fichere Station darbietet, und deshalb auch von 
vielen Berlfiichern bejucht wird, zu der aber nur eine enge Ein- 

fahrt von 3 Baden Woffertiefe führt. Auch Wellfted Hat dieje 
Inſeln auf feiner Vorüberfahrt von Ras el Kheima gefehen 15); 
er erreichte fie am fünften Tage und nennt fie die Maudes— 
Gruppe; die einzelnen Inſeln ſchienen in Formation, Größe und 
Beftanvtheilen jehr viel übereinflimmenvdes zu haben. Sie feien, 
fagt er, unftreitig vulcanifchen Urfprungs, denn Schwefel, 
Gyps, Antimonium, Eiſen, bedecken fie, und ihre Geftaltun« 
gen find feltfam. Auch Seir Beni Das fei eine Gruppe fehr 
wechfelnder Pikgeſtalten, der Farbe nach ſchwarz, grün, grau, 
braun und ganz weiß. Er beftätigt daS Dafein jener fchönen Las 
gune, als Afyl ver Fiſcher; der ganze Hafenrand beftehe aus auf— 
gehauften Muſchelbergen, welche die Dauer und Größe des 
Perlaufterfangs bezeugen. Leider ward Wellſted durch Krankheit 
an genauer Unterfuhung der merfwürdigen Verhältniſſe dieſer Ins 
feln gehindert. 

Ale diefe Infeln gewähren dem dahinterliegenden Küftenlande 
des Gontinented jehr guten Schuß gegen die heftigen hier in der 
Winterzeit vorberrfchenden Nordweſt-Stürme, die jedoch auch 
zuweilen in ver guten Jahreszeit plöglich einfallen. Dieſes ganze 
wild und fühn fich erhebende Geftade wird durch Diefe, zwei Drit= 
theile des Jahres vorherrfchend wehenden Nordweſters über- 
haupt gefährlich, zumal aber zur Winterzeit. Vorzeichen heftiger 
Orkane von daher find Dicke Luft und hochwogende See, die 
gemöhnlich dem Sturm ein paar Stunden vorhergeht. Wie ges 
fahrvoll es dann ift, hier vor Anker Liegen zu bleiben, erfuhr das 


15) Wellsted, Tray. to the City of the Chaliphs I. p. 124, 


Oſtarabien; Küftenterraffe, Piratenküfte. 591 


Surveyor- Schiff Discovery im Februar 1822, das nahe daran 
war, hier bei nur 4 Faden Tiefe zu fcheitern. 

Das Hauptgefchaft für alle Bewohner diefer Geftade ift Verl- 
fifcherei 16) in ven Monaten Juni bi8 September, weil dann 
das Waffer warm genug geworden, um das anhaltende Tauchen 
aushalten zu können, und weil dann zugleich, bei herrichenden Wind— 
ftillen, überall klares Wafjer fich zeigte. Gewöhnlich ift nur von 
den Berlbänfen bei Babrein die Nede, aber nah Whitelod's 
Erforihung dehnt fich das große yperlenreiche Nevier, dad man 
„die Berlenbanf” nennt, von dem Hafen Sharjah meitwärtd 
bis Biddulphs Island aus, eine grade Linie von 66 bis 70 
geogr. Meilen (330 Mil. engl.), mit Sandboven und lofen Ko— 
rallen, von jehr ungleich mechjelnver Tiefe, von 5 bis 18 Faden 
(30 bi8 108 Fuß). Im dieſer Ausvehnung ijt völlige Freiheit, 
PBerlauftern zu fiichen, für Jedermann. Dian rechnet 3000 Boote, 
die meift von Bahrein und der Piratenfüfte zu viefem Ge— 
ſchäfte ausgerüftet werten, dodh auch von Lingar, Aſſalow und 
andern Küftenorten. Die meiften Boote find flein, mit 7 Mann 
beiegt, doch find auch viele von 50 Tonnen Laſt, die ihre 14 big 
20 Dann tragen. Don der Piratenfüfte gehen fie meift in klei— 
nen Flottillen zu 7 bis 20 Schiffen, die um die Infeln, welche früs 
her Maudes- Gruppe hießen, ihr Geſchäft treiben, und nur höchſt 
jelten einmal nordwärts bis zur Infel Hallul vorvringen. Sie 
bleiben in der Negel in See, bis ihre Boote voll Auftern find; 
dann erft gehen fie an das benachbarte Land, um die PBerlauftern 
aufzubrechen. Große Saufen von folden Mufcheln ſah White 
lod£ auf ven Infeln Sir Beni Das, Zurkoh, Surdy und der 
nordöftlichften Sir Ubonneid, ein Zeichen ftarfer Beute in die— 
fen Gewäſſer. Nordwärts ver Infel Hallul bis nad) EI Ka= 
thif dagegen wimmelt e8 in der Saifon von Fifchern aus Bah— 
rein, das mit feinen Eleinen Booten jene See ganz bedeckt. Daher 
die Aufmerffamfeit der Europäer bisher faft nur auf den Perl» 
fang bei Bahrein gerichtet war, und man nur dort daß eigent« 
lihe Borfommen der Perlaufter vorgab, was doc) keines— 
wegs jo beſchränkt ift, ſondern überall in der Strede des falzigen 
Küftenmeered, aus deſſen Tiefe ſüße Wafferquellen heraufperlen. Da 
fie hier nicht fo viele Kandungsftellen zum Oeffnen ihrer gefangenen 
Auftern finden, müfjen fie fortwährend in dem Hafen von Bah— 


**) Whitelock, Account J. c. p. 42 —- 46. 


592 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


rein aus- und einlaufen, was dieſem eine große Lebhaftigfeit giebt, 
und darum auch geichehen kann, weil der beite Fang auf ihrem 
eignen Boden geſchieht. — 

Aber auch oſtwärts Bahrein an der Piratenküfte und um 
die Gruppe der Dftindifchen Compagnie=Infeln bis zum nordöſtli— 
chen Infelchen Sir Abonneid ift ihr Vorkommen nicht unbedeutend. 
Sehr oft, fagt Whitelod, Habe er hier ihre Taucherftationen bes 
fucht, wo fie von 5 bis 15 Faden Tiefe (30 bis 96 Fuß) ihre An- 
fer hinabwerfen. Die Taucher preffen bier die Nafenflügel mit 
einer Hornflemme zufammen und tauchen gemöhnlich 40 Secunden 
Yang, nie über eine Minute. Aber nad) 3 Minuten Erholung ftür- 
zen fie ſich von neuem in die Tiefe, bis fie nach vielen Wieder« 
holungen ihr mit Auftern gefüllted Boot der nächiten Landungsſtelle 
zuführen. Hier jchlagen fie eiligit, gegen den oft unerträglichen 
Sonnenbrand, aus Nuderftangen und Schiffergeräth ein tempo— 
rair fhüßendes Zelt auf, in dem fie die Auftern erbrechen. Den 
britifchen Dfficieren, die gern an dieſem Lotteriegewinn ihr 
Glück verfuhen wollten, überließen fie für 2 Dollar 100 Stück 
Auſtern, und gewöhnlich erhielten dieje daraus 1 bis 2 auch wol 
3 Verlen, die etwa jede eine Dollar Werth haben mochten, da ſich 
die Taucher kereit erklärten, dafür die Summe wieder zurückzuzah— 
len. Diefe armen Taucher, die nur von Datteln und Fifchen ihr 
mühfeliges Leben friften, waren glücklich, wenn die Briten ihnen 
etwas Neid zur Nahrung darreichten. Die größte Gefahr, fagten 
fie, komme ihnen nicht vom Sayfifch, fondern vom Sägefiſch (Pri- 
stis), ein Ungeheuer, dad wol manchen Taucher fchon in der Mitte 
von einander gefchnitten habe. Die böſen Folgen des vielen Tau— 
chend zeigten fi) auch hier in Verderbniß der Augenlieder, an de— 
nen faft Alle litten, die fie mit Antimoniumfalbe beftreichen, med» 
halb jever Taucher ein Zinnbüchächen, mit Gold ausgelegt und mit 
Antimon gefült, bei fich zu tragen pflegt. 

Der Ueberfchlag, den Whitelod von diefem PBerlfang, 
Bahrein mit inbegriffen, giebt, iſt folgender. 

Während der eigentlichen Jahreszeit des Perlfangs, d. i. von 
Juni bi8 September, find in Bahrein und Zugehör bes 


ſchäftigt — V————— 2430 Boote, 
von Sharjah, Nadel Kheimaua. . ....9550 = 
von Abothubbe und den übrigen Orten der Pira- 

tenfüfte . . Ns N 


von Ber periiinen Küfle 1.1.2 ERBE NR Te 





Oſtarabien; Küftenterraffe, Piratenfüfte. 593 


In allem 3230 Boote; die Eleinften mit 5 Mann, die größten 
mit 18 Mann; im Durchſchnitt alfo 9 Mann gerechnet für- jedes 
Boot, in Summa 29070 Mann Taukerperfonal. Der Ge— 
winn der letztern ohne den Ertrag von Bahrein wird im Durchs 
fchnitt von einer Saifon, nad; Whitelod und Wellfted 7) übers 
einftimmend, jährlich auf 40 Lak Rupien, d. i. 80,000 Pfd. Sterl., 
gerechnet. Jedes Boot zahlt, je nach der Zahl der Männer, dem 
Sheifh ded Ortes, dem es angehört, eine Tare von 1 bis 2 Dollar; 
die Berltaucher erhalten feinen Sold, fondern leben vom Ertrag 
ihrer Tantieme. Hinduhändler Faufen die meiften Perlen auf, 
%/, ded ganzen Ertrag; Perſer, Araber und Türfen nur %. 
Auch bei viefem Gefchäft auf ven Waſſern ruhen die Privatfehden 
der verfchievdenen Tribus nicht ganz, die dabei in mancherlei Colli— 
fionen gerathen können; daher ftetS 2 britiſche Kreuzerfchiffe auf 
diefer großen Perlbank ihre Station erhalten, um wilden Ausbruch 
der Fehden diefer Piraten in der Wurzel zu erftiden. Perlen 
und getrodnete Fifche, die hier von ganz vorzüglicher Güte, 
machen die Erporten diefer Küftenbewohner aus, mit denen fie 
(denn etwas Käſe, Camolins von Wolle gewebt, Mandeln und Ans 
deres ift zu unbedeutend) eine nicht unbedeutende Einfuhr 19) faft 
aller Bevürfniffe, die fie von außen zugeführt erhalten, Sezahlen. 
Die Sheikhs erhalten ven Zehenden alles geladenen Gutes, fo 
wie von dem Dattelertrag. Die Zufuhr geichieht aus einem 
weiten Umkreiſe von Baffra und Bahrein, von Mefran, Batna und 
Dman, von Bombay, dem Rothen Meere, von Zanzibar und dem 
afrikanischen Geftade. 

Baſſra und Bahrein fenden Datteln, Pferde, Eſel, Samos 
Iind aus Kameelhaar und Wolle. Berfien jchidt Taback, Tep— 
piche, Zeuge, Zuder, Schwerter, Dolche, Flinten und Schießpulver. 
Die Küfte Lingar ſchickt Zwiebeln; Mefran Eifen, Ghee, Del, 
Zuder, Teppiche; Batna Datteln und Ghee; Bombay Eifen, 
Metall, Stahl, Dratb, Nadeln, Baummwollengarn, Zeuge, Reis; 
Jemen Kaffee und Sclaven; Zanzibar Sclaven, fo wie auch 
noh Maskat. 


#47) Whitelock, Account 1. c. p.44; Wellsted, Trav. to the City 
of the Chaliphs I. p.121. *) Whitelock, Account |], c. p. 48. 


Nitter Erdkunde XII. By 


# 


594 Weſt⸗-Aſien. IV. Abtheilung. $.68. 


Erläuterung 3. 
Nachrichten von Bahrein dem Inſelſtaate und ſeiner 
Perlfiſcherei. 


Außer den vielen Inſeln, die der Piratenküſte vorliegen, giebt 
Wellſted, auf ſeiner Vorüberfahrt 19) an derſelben, von Nas es 
Kheima weſtwärts bis Bahrein auch noch viele Korallen— 
riffe an, die dort zu vermeiden find; er beſtätigt die Angabe 
Whitelock's, daß auch hier überall das Hauptgefchäft der Bewoh— 
ner der Piratenfüfte die Perltaucherei fei; daß aber das Her— 
fommen die Grenzen dieſes Gewerbes feftgeftelt Habe, und. 
daß fie nur felten einmal über die Infel Halul hinausgehen, da— 
gegen die Berlfifher von Bahrein fih auf dad Meer zwi— 
hen Salul, Bahrein und EI Kathif befhränfen. Noch 
weiter nordwärts, Abuſchir nordweſtlich, feien die zwiſchen ben 
Snfeln Kharak und Gorgo gefiichten Perlen, nah Major Wil- 
fon’ Unterfuhung, zwar noch vorzüglicher in Güte und’ Färbung 
(was Corifi ſchon wußte, |. 06. ©. 388), da fie aus 8 fchaligen 
Schichten zu beftehen pflegen, die von Bahrein nur durd 5 Schich— 
tenfchalen gebildet find; aber die See fei da zu tief, die Perl» 
fifcherei daher nicht vortheilhaft genug, und dad Monopol, das fi 
der Sheikh von Abuſchir über dieſe Perlbänke zueigne, ihrer Aus— 
beute ebenfalls nachtheilig. 

Bon Bahrein jelbft hatten wir bisher außer den obigen äl— 
tern Daten (f. ob. ©. 396) fehr wenig Nachrichten, die ſich meift 
nur auf das Verlfiichen bezogen. Lieutnant Whitelocd’3 langer 
Aufenthalt in dieſen Gegenden giebt und einige neue Angaben über 
dortige Zuftände 20), welche genauere Forfehungen in diefem merk— 
würdigen Locale fehr wünjchenswerth machen ließen. 

Auf der Infel Bahrein (eigentlich Amäl over Aual, ſ. ob. 
©. 395) find 16 verfchiedene Clans oder Stänme, die alle vom 
AUrhube- Tribus abftammen. Athub (Attub, daher Abuthubbe) 
ift der Name des Herrſcherſtammes. Bahrein fol ein Einkom— 
men von 2 Lak Rupien einbringen, und 15,000 Männer zu Ber 
wohnern der Infel haben, vie doch nur von fehr Fleinem Umfange 
ift. Der jetzt vafelbft Herrfchende Sheifh gehört einer jungen 
Ufurpatoren=- Familie an, deren Geſchichte uns ein Beiſpiel 


»19) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs I. p. 114. 
20) Whitelock, Account 1. c. p.49 —53. 


Oſtarabien; Küſtenterraſſe, Bahrein. 595 


dort emporkommender Herrſchaften darbietet. Der Vater, Ahmed, 
lebte früher zu Gran, als ein unbemittelter Mann, vom Handel 
mit der Perſerküſte. Ein Mord an einem Manne daſelbſt (Erdk. 
XI. ©. 1066) zwang ihn zum Exil; er ließ ſich zu Guttah an 
der Küfte, nur eine Tagereije fern von ver Inſel Bahrein, mit ei— 
nem" feinen Capitale von 1500 Dollar nieder. Dieſes vermehrte 
ſich bald durch ſeine Handelsgeſchäfte, zumal durch 2 Boote, mit 
denen er den Perlfang betrieb, jo daß er bald für einen reichen 
Mann. galt, der viele Arme als ſeine Clienten anzog. Auch ſuch— 
‚den bald viele Andere ſeine Protection. Nach 4 bis 5 Jahren baute 
er ein kleines Fort, ſchaffte ſich einige Kauffahrer zum Großhan— 
del an, erhandelte auf dem Markt in Maskat 200 Sclaven, die 
er bewaffnete, und war fo für jenes Geſtade zu einer politifchen 
Madyt geworden; die durd feine 4 Söhne und ihre Familien, die 
zahlreich heranwuchſen, immer größern Anhang gewann. Damals 
‚waren, feit Schach Nadird Zeiten, noch die Perſer tyrannifche. Ge— 
bieter auf der Inſel Bahrein; fie mißhandelten nicht felten das 
Bolt und vergriffen -fich einft auch an Leuten Ahmeds, bie auf 
der Infel fich befanden, von den Perſern geprügelt und einer fogar 
ermordet wurde. Sogleich erfolgte zur Rache von Ahmeds Leuten 
ein nächtlicher Meberfall in Bahrein, hei welchem viele Perſer er- 
Schlagen und ausgeplündert wurden. Iriumphirend zogen die Aben= 
teurer nah Guttah zurüf. Die Perſer, mit einer Blotte und 2000 
Mann, ſchwammen nun herüber zur Küfte, um die Männer von 
Guttah zu beftrafen; aber fie wurden in offener Schlacht geſchla— 
gen, mit ſo vollſtändigem Erfolge, daß ſich Ahmed nun mit ſei— 
mem ganzen Haufe und Gefolge nad) Bahrein überfiedelte, wo man, 
bed Jochs der Perfer müde, ihn einflimmig (gegen Enve des 18ten 
Jahrhunderts) zum Sheikh erwählte. Nach feinem Tode folgte 
ihm fein ältefter Sohn; ver zweite ftarb; der dritte, Aboul Ral— 
man, folgte jenem, führte Krieg mit dem Imam von Masfat und 
erbaute das Fort Maharag. Seine meiften Verwandten ftanden 
auf ver Parthei Ben Saouds des Wehabi-Chefs, flüchteten aber 
bei deſſen Untergange in der Nacht und fuchten Nettung auf Bah— 
zein, wo nun der jüngfte Bruder den Thron ufurpirte, den er 
auch zu Whitelod’8 Zeit, obwol alt und ungemein ſchwach im 
Regiment, noch behauptete. Bahrein war früher unter dem Va— 
ter ſehr blühend, unter den tyrannifchen, eigennügigen Söhnen bald 
in Berfall gerathen. Die Häuſer in Trümmern, die früher bei 
farker Bevölkerung 8 bis 9 Dollar Miethe eingetragen, brachten 


»p2 


596 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 68. 


jet nur noch einen Dollar ein. Das Gefolge des despotiſchen 
Sheikh erpreßte Geld von Armen und Reichen, deshalb hatten alle 
Wohlhabenden die Infel verlaffen; fein Eigenthum war vor den 
Sclaven des Sheifh mehr ficher. Nicht ein Sheikh, jagte man, 
fondern fieben Sheikhs, der ſchwache Vater und feine übermüthis 
gen, habjüchtigen 6 Söhne, preßten das Land aus; jeder that mad 
ihm beliebte. 

Auf der einft ungemein ſtark bewölferten Infel giebt man 36 
verfchiedene Städte (wenn auch nur Ortfchaften) an, deren Zahl 
jevoch früher meit größer geweſen. Die meiften find gegenwärtig 
verfallen und unbewohnt. Don einem Portugiejen=- Fort ift 
oben ſchon die Rede geweſen; noch jegt ift ein zu ihrer Zeit anges 
legter Süßwaſſerteich, der die Stadt mit Waffer verforgt, ein Zeug« 
niß ihrer frühern Macht und Fürſorge. Bei ver Wehabi-Ueber— 
macht ward auch dieſes Bahrein deren Chefs tributpflichtig; zwar 
feine beftimmte Summe war ftipulirt, die fie zu leiften hatten, aber 
fo viel Faſyl Ben Turfi, der Wehabi, forderte, jo viel fuchten 
alle Tribus von Bahrein vereinigt zufammenzubringen, und ohne 
Sold, ſich ſelbſt bewaffnend, traten fie in deſſen Kriegäheer ein. 
Nach der Schwächung der Wehabi wurde Bahrein mehr abhän— 
gig von Masfat ald zuvor. 

Hauptproducete der Infel find: Datteln, Limonen, 
Drangen, PBeigen, Öranatäpfel, Mandeln, Pfirfich, 
Trauben; wenige Gemüfe, vorzüglich jedoch Zwiebeln. Ein— 
fuhr find: Reis, Zucker, Indigo, Eifen, Metall, Ghee, Zimmerholz 
zum Schiffbau von der Küfte Malabar, und viefelben Waaren von 
Baffra und Perfien, wie nach der Piratenfüfte. Aus dem innern 
Arabien von el Ahſa, Dreyeh, Azir (ob Aſyr? f. ob. ©. 193) 
erhält Bahrein auch Datteln, Wollenzeruge (Camolind) und 
fein Vieh: Ziegen, Schafe, Ochſen, Kühe, Ejel und Pferde. Auch 
wird zuweilen Manna von Nedſched auf die Infel geſchickt. Vefte 
Zölle von den Waaren find nicht da; der Sheifh und feine’ Söhne 
fordern Auflagen nady Belieben. Bon Datteln fommen ihm ftets 
die Zehenden zu. Der Sheifh hat wenig Ausgaben; auf Wege 
wird gar nichtö verwendet. Sold erhalten die Truppen nicht, feine 
Sclaven machen fich jelbft bezahlt, durch Diebftahl. inige große 
Bagalad, die zweimal die Fahrt im Jahre, im Anfang des N.O.⸗ 
Monfun, nach Indien machen, führen dahin Datteln, Pferde, Pers 
Ien, trodne Fifche, und bringen zurüd: Neis, Zucker, Indigo, welche 
Bahrein gänzlich fehlen, auch Zeuge, Drath, Nadeln u. f. w. 





Oſtarabien; Küftenterraffe, Bahrein. 597 


Die Bagalas find zum Kandel und zur Kriegführung zugleich ge⸗ 


baut. — 

Die vollftändigften und gründlichften Nachrichten über die 
Perlfifhereien in Bahrein hat der britifche Reſident im per« 
ſiſchen Golf, Colonel D. Wilfon?!), eingefammelt, welche mit den 
Arbeiten 3. Stuarts über die Perlfiichereien bei Ceylon, die 
wir früher mittheilten (Erdk. VI. ©. 160— 180), dad DVortrefflichfte 
find, was wir in neuer Zeit über dieſes Foftbarfte Product des tie 
fen Meeresgrundes erfahren haben. 

Die Fifcherzeit, fagt Wilfon, theile man hier in die zwei 
Saiſons, die kurze und Falte, d. i. in ver Fühleren Zeit des 
uni, wo überall, aber nur in feihtem Waſſer getaucht wird; 
und in. die lange und heiße, in welcher vom Juli, Auguft 
bis Hälfte September die tiefern Bahreinbänfe (bis 7 Fa— 
den, oder 42 Zus) folhe Wärme zeigen, daß dann das Tauchen 
minder beſchwerlich und viel erfolgreicher if. Nur in den heis 
fen Monaten erlangt dad Waſſer eine günftige Temperatur. Der 
Werth des Gefammtertragd im Verſer-Golf wird aud dem 
Perlfang jährlich zu einer halben Million Pfund Sterling 
angefchlagen; doc nimmt der Gebrauch und alfo auch der Abſatz 
der Perlen, ver in alten Zeiten ungemein ftarf war, immer mehr 
und mehr ab. In obiger Schätzung ift nicht mehr ala ein 
Sechstheil ver Angabe ver Kaufleute angenommen, da die That— 
fache ſelbſt ſehr ſchwer zu ermitteln if. Wilfon berechnete den 


‚ Ertrag nach dem Gewinn der einzelnen Boote, der mit Recht von 


dem Gegenftande eines bloßen Rurusartifeld enorm ift. ine große 
Menge der Saatperlen werden noch durch ganz Aſien mit zer— 
ftoßenen Evelfteinen zur Gompofition von Arzneimitteln verwendet, 
die man für flimulirend und reftaurirend hält. 

MWilfon redinet nur 1500 Bahrein= Fifcherboote, die im Bes 
fig der Gapltaliften find, melche den Gewinn des Fanges ziehen; 
die Taucher haben kaum genug, ihr elendes Leben zu friften; fie 
gleichen varin dem Weinbauer, dem Bergmann. Der Kaufınann 
fhießt dem Fiſcher ein Gapital vor, für Procente, Datteln, Reis 
und andere Urtifel; er leiht ihm das Boot; dafür hat er einen 
großen Antheil ded Fangs und fauft zulegt auch noch ven ganzen 





#21) Memorandum respecting tlıe Pearl Fisheries in tho Persian 
Gulf, by Colon. D. Wilson, in Journ, of the Roy. Lond. Geogr, 
Soc. Vol. Ill. 1834, p. 253 — 286, 


598 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 68, 


Ueberreft des Einfangs, nad) eignen, feitgeftellten Breiten, da alle 
Fiſcher in Schulden gegen die Kaufleute ſtecken. 5 Taucher (GGho— 
waſs) und 5 Gehülfen (Syebor, d. h. Heraufzieher) aſſocii— 
ren fih, um ein Boot zu nehmen, mit einem Vorſchuß von 250 
Kronenthaler vom Gapitaliften, um indeß daheim ihre Familien er= 
nähren zu können. Gehen fie in der Falten Zeit auf ven Bang 
aus, fo kehren fe öfter leer nach Haufe; fällt au) die warme Zeit 
unergiebig aus, fo gerathen fie natürlich in Schulen; ein ſehr 
guter Ertrag wird es jchon gerechnet, wenn er für diefe 10 Mann 
an 1000 Kronenthaler einbringt. Hiervon muß aber %, für das 
Boot an den Gapitaliften abgezogen werden, nämlich 90 Kronen, 
und 250 für den Vorſchuß und Nahrung. Es bleiben alfo nur 
660 Kronen, von denen vorerft noch 100 Procent für die 250 Kro= 
nen Vorſchuß als wuchernde Zinfen abgehen, aljo 250, jo daß nur 
noch 410 für die zehn Männer übrig bleiben, von venen jeder 
noch an jeinen Sheifh 5 Kronenthaler Taxe ald Fiſcher zahlen 
muß, aljo 50. Demnach bleiben für die Armen nur 360 Kronen 
zur Bertheilung übrig, fo daß jeder etwa feine 36 Kronenthaler, 
nach der beendigten Saifon, mit zu feiner Yamilie bringen kann, 
wovon er fie den übrigen Theil des Jahres ernähren muß. Aller- 
dings können manche von ihnen durch einen guten Yang felbft zu 
Gapitaliften werden, und eben dieſes ift ed, was zum Geſchäft wie 
eine Lotterie reizt, während viele von ihnen in tiefe Schulden ges 
rathen. 

Die meiften Perlmuſcheln werden noch in See geöffnet und 
die Perlen herausgenommen, andere an das Ufer gebracht und an 
die Meiftbietenden verfteigert. Die größten Aufterfchalen, die 6 bis 
9 Zoll Durchmeſſer haben, hebt man bis zuletzt auf, fie find ſchon 
durch die VPerlmutter von Werth. Das Ihier dient nie zur 
Speife. Der Einfaufspreis ift öfter am Einfaufdort am theuer= 
ften; denn häufig ift fchon der Gewinn für einen andern Markt 
contractmäßig im voraus bedungen. Daher nicht jelten die Perlen 
auf dem Marfte in Indien oder Kondon wohlfeiler ald in Bah— 
rein; denn für einzelne Auswahl fordern die Araber enorme 
Preife. Kleine und fchlechte Berlen giebt es in Menge; fie dienen 
zum Stiden. In der Beurtheilung der Schönheit und des Wer— 
thes der Perlen ftehen die Afiaten ven feharffichtigern europäi— 
ſchen Stennern weit nach. Colon. Wilfon 2?) giebt den jährlichen 


#2?) Wilson, Memorandum I. c. im Journ. III. p. 284, 


Dftarabien; Küſtenterraſſe, Notizen. 599 


hen Ertrag von Bahreins Perlen allein auf eine Million bie 
1,200,000 deutſche Kronenthaler an, oder 200,000 Pfd. Sterling, 
füge man aber ‚die Einkäufe der Kaufleute von Bahrein und 
ihrer Agenten von Abothubbe, Sharja, Ras el Kheima 
u. f. w. hinzu, was noch halb mal fo viel betragen möge, fo 
würde der Totalertrag auf 1% Million Kronen oder am gering- 
ften 300,000 Pfd. Sterl. (nad) obiger weitern Annahme alfo noch 
feine halbe Million Pfod. Sterl.) anzufchlagen ſein. Doc verfichert 
Wilfon, daß er hierbei nur den allergeringften Anſchlägen 
gefolgt fei. 

Es läßt ſich alſo hieraus mol bei der großen Armuth aller 
Anwohner des Perſergolfs der große Reichthum Einzelner erklä— 
ren, der bei dieſen jährlich zuſammenfließt, und hieraus die An— 
ziehungdfraft, welche Bahrein von jeher auf weite Fernen 
von Indien, Arabien, Berfien und die Emporien von 
Bafira und Bagdad, ja felbit einft von Babylon und Ty— 
rus ausgeübt hat. | 


Erläuterung 4. 
Zerftreute Notizen über den Küftenftrich und feine Anwohner; 
Gran, el Abfa, 


Zum Schluß hier die wenigen neuern zerftreuten, wenn ſchon 
immerhin magern Notizen, die und über die große Terra incognita 
des Küftenftrih8 von Bahrein und el Kathif, außer dem 
ſchon früher aus andern Quellen Mitgetheilten (f. ob. ©. 399,417), 
von da nordwärts bis Gran und landein bis el Ahja zuges 
fommen find. Nicht von Augenzeugen geben fie aus, fondern find 
auch nur bei Vorüberfchiffung am Geftavde von Whitelock einge» 
fammelt, und vaher wie Alles was dieſe Grogegend betrifft, gewiß 
vieler Berichtigung bepürftig. 

Zuvor aber fehalten wir hier noch einige Zuſätze zu obigen 
Angaben aus ver türfifchen Geographie des Dihihannuma 
(Hadſchi Chalfa lebte Mitte des 17ten Jahrhunderts, ſ. ob. ©. 402) 
ein, die wir der Arbeit 3. v. Hammer's verdanfen, Zuſätze, welche 
jeooch ihrer Natur nad meift eben auch nur als ifolirte Bruch— 
ſtücke zu einer vereinftigen Bereinigung zu einem Ganzen durch 
einen Augenzeugen anzujehen find. Sie befinden fich unter ben 
Abfchnitten Bahrein, el Aaridh und Jemame in v, Ham— 


600 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 68. 


mer’ fo danfendwerthem: Ueber die Geographie Arabiens, in Wien. 
Jahrb. B.XCIV. ©. 120--145. 

1) Bahrein oder Hedfcher, eine Landſchaft, waſſerreich, in 
der man überall in 5 bis 6 Fuß Tiefe Waſſer findet, vom Stamme 
Abd-Kis bewohnt; als Sitz wichtigen Handels iſt von ihm das 
Sprichwort bekannt: „Mir gefällt der Kaufmann von Hed— 
ſcher und der wie er beſchifft das Meer.“ Die Umgegend 
der Hauptſtadt Ahſa iſt voll Triebſand, der ſich oft zu Bergen 
emporthürmt, die dann wieder verſchwinden. Die Karawanenſtraße, 
welche ehemals von Bahrein nach Oman führte, ward auf dieſe 
Art vom Sande verweht. 9 Berge werden im Lande mit Namen 
genannt, darunter der Aathal, ein hohes Gebirge zwiſchen Je— 
mame und Bahrein; 4 Thäler mit Namen, darunter eins Foreik, 
eine Heide, die in der Nähe der Hauptſtadt auf dem Wege nach 
Jemame liegt. Ein Fluß, Sera genannt, bewäſſert die Dörfer des 
Landes. Auf ven Inſeln Bahrein entſprangen die beiden dem Is— 
lam gefährlichften Seeten, die Karmathiten im 12ten, die We— 
hbabiten Ende des 13ten Jahrhunderts (9). Hedſcher oder el 
Ahſa und Bahrein find 2 verfchiedene Städte; der Hafen von 
Hedfcher Heißt Ghafr, und liegt eine Tagereife fern von ihr. Je— 
brin, im Salzgrunde, liegt 3 Stationen fern von el Ahſa; rechts 
und links in der Zerne einer Tagereiſe von ihr find füße Brun— 
nen, trefflihe Datteln, aber ungejunde Luft; daher das Sprich» 
wort: „Wer von Datteln Sebring ift, von feinen Brun= 
nen Waffer trinkt und im Schatten feiner Bäume fchläft, 
fann dem Fieber nicht entfliehen” An Kathifs GStadt« 
mauern ſchlägt die Fluth fehr heftig an. Kjaſime ift ein Hafen 
zwifchen Kathif und Bafſra (auf Karten fehlt er), mit Wiefen und 
Brunnenmwaffer, zu dem fich eine Erdzunge hinftredt. Tarut, 
Howarein, Aakir, Schloß Mofchaffer, auf hohem Berg zwi— 
Ihen Nevfhran und Bahrein von den Beni Thasm oder von 
Salomo erbaut, Okair (Adsjar bei Niebuhr), Sitar und viele 
Dörfer find von dem mächtigen Stamme der Abdel Kais (Kis, 
1. 0b. ©.166) bewohnt. Daß viefed fo bebaute Land ſchon in den 
erften Jahrhunderten ver Hegira der Sit eines fo mächtigen Stam— 
med wie die Abdel Kais, oder Kid, werben Eonnte, ift nicht zu 
verwundern. Von ihnen wollte auch Ali Johbud, Anführer ver 
Sendſch, abftammen, ver im Jahre der Heg. 255 (868 n. Chr. ©.) 
el Ahſa zu feiner Reſidenz erhob. Hier fielen blutige Schlach— 
ten gegen die Sendich vor. 





Dftarabien; Küftenterraffe, el Aarivf. 601 


2) el Aaridh oder el Aaridh Jemame iſt eigentlich das 
Gebirgsland Bahreins, mit vem Gebirge el Aaridh (oder Ima— 
rije), das fih von W. nach D. einen Monat weit zieht, und mit 
‘ feinem unterften Iheile an die Dörfer Jemens flößt. Niebuhr's,. 
Burckhardt's und Jaubert's Angaben über diefe Provinz ent« 
halten mehrere Irrthümer; der Fluß Irdh, identisch mit Afnan 
in Jaubert's Ueberfegung des Edriſi (1. 06. ©. 392), eriftirt nach 
v. Hammers Angabe nicht, — eben jo wenig der Afnan, Ef» 
nan oder Eftan, ald ein dauernder Strom. Die auf Berghaus 
Karte gejonderten Landfchaften Kaffim, Woſchem, Sideir, Aa— 
ridh, Shemr hat dad Dibhihannuma alle unter el Aaridh 
vereinigt, außer Shemr, dad nach ihm ein Theil von Dſchuf if. 
Der Dichebelol Aaaridh macht die Grenze gegen Nedſched; 
er joll fih 3 Tage weit erfireden von Hedſchas gegen N.W., die 
MWeftfeite aus weißen Felſen beftehen, vie ſich wie Sand erheben, 
die Oftfeite Sand fein. Von jener Seite fol man in 2 Tagen nad 
Jemame fommen; im Gebirge follen 3000 Dörfer liegen. Biele 
Namen werden angeführt, deren Lage unbefannt. 

3) Iemame, obwol der eigentliche Garten Arabiend nad) v. 
Sammer, Fannte man bisher diefe Provinz, 2 oder 3 Namen bei 
Abulfeda, ein Dußend bei Eorifi ausgenommen, gar nicht. Das 
Dihihannuma führt mit Namen 31 Berge, 50 Thäler, 42 
Naudha, d. i. Gärten mit Palmhainen, 37 Waſſer, 81 Dörfer 
und 122 andere Zocalitäten an, die freilich jehr oft nicht3 anders 
als Namen find von Schlachtfelvern, Stammfiten der Tribus, fefte 
Schlöſſer, Palmpflanzungen u. f. w. ohne nähere Beftimmungen. 
Bon ihm gilt dad Sprichwort: „ed giebt nichts beſſeres alg 
das Korn, nichts jüßeres als die Dattel Jemames.“ Dies 
Land wichtiger arabijcher Sagen kennen die Europäer nicht; felbft 
Niebuhr irrt, da el Chardſch nicht ven Gegenfag von el Nas 
rioh bildet, wie ex meinte, fondern nur eins ver Thäler von Je— 
mame ift, welches vormald der Sig der ausgerotteten Stänme 
Thasm (die Tasmitifche Königin, |. 06. ©. 229) und Dſchedis, 
der Drängen ded Volks, war, nad) dem Dihihbannuma. Auch 
wird nad) dem hiefigen Sauptorte Hadſcher (UL Hadjar, ſ. ob. 
©. 398), wo die Gräber der Märtyrer, der Sig der Beni Aad 
(Aditen, ſ. ob. S. 53 — 57) vom Dſchihannuma verlegt, deren fruchts 
bared Land von Allah den Dämonen der Wirte, ven Nisnas oder 
menfchenähnlichen Thieren 7), v. Sammer meint Affenarten, zur 


»22) v. Hammer u. m O. ©. 115, 


602 MWeft-Aften. IV. Abtheilung. $. 68. 


Wohnung angemiefen jei. Die Beni Hanife (Niebuhr nennt 
Thal Hanife ald iventifch mit Deraaije), welche vordem ein Idol 
von Butter und Honig anbeteten, das fie zur Zeit der Hungeränoth 
felbit auffraßen, werden vom türfifchen Geograpben ald Schwach— 
finnige vargeftelt, und von dem Lügenpropheten Mofeilema (f. 
06. S. 229) gefagt, daß er unter den Abgeordneten Jemames ge= 
weſen, die zu Mohammed gegangen, ihm zu huldigen, daß er aber 
dann heimgefehrt ſich felbft zum Propheten aufgeworfen habe, und 
in der Gapitale Jemame, die vor alten Zeiten Dſchew geheißen, 
aufgetreten fei. Dieſes fer der Wohnfis der Beni Hanife gemwe- 
fen, Sadfcher aber der Siß der Beni Obeid, eined Zweig 
der Hanife, und diefe Stadt, welche zu Edriſi's Zeit jchon zer- 
ſtört war, habe in ven erften Jahrhunderten des Islam ein gleich 
großes Anfehn gehabt, wie Kufa und Bafira. Bon einer Tags 
mitifchen Königin, fagt v. Kammer, wife dad Dihihannuma 
nichts. Die Waffer Jemames merden, nach dem Dſchihan— 
numa, von den Dichtern befungen, zumal 3 Quellen „die drei 
Flüſſe,“ welche von den Berge Ram kommen. Unter den vie— 
len dort genannten Bergen ift auch einer, Diehomran, „ver 
Ihwarze,‘ vielleicht vulcanifch, fragt v. Hammer, der zwiſchen 
Jemame und Feid im Gebiet ver Beni Temin liege (f. ob. ©. 86, 
98, 162). Die vielen Thäler werden in höhere und niedriger 


gelegene unterfchieven; fie find meiſt nach Schlachttagen benannt, 


eins von diefen (nicht ein Bluß, wie Jaubert fagt) wird elIroh 
genannt, Dadjcher gegenüber gelegen, das fih von N. nah ©. 
erftreefen und drei Nachtlager lang, reich an Korn und Datteln 
jein jol. Don den 140 Raudhas oder Gärten, die das Mojfchterif 
Jakutis aufzählt, werden in Jemame 20 mit Namen genannt, 
aber auch 5 Sandwüſten; eine davon heißt Nobaa el Chali, 
d.i. „dad Leere Viertel.” Dafengleiche Diftriete werden Bathn 
genannt, dergleichen im Dfeyihannuma 20 namentlich aufgeführt 
werden, darunter auch der Bathn Feledſchol-Efladſch, dv. i. 
der große Dafenpdiftrict, der auch eine Stadt oder Ortichaft ge= 
nannt wird, und der Sitz von dreierlei Stämment der Beni 
Dſchaadet, B. Kofcheir und B. Bkaab. Anvere Autoren ges 
ben andere Beſtimmungen. Noch macht v. Sammer auf zwei?*) 
bejondere Localitäten aus arabifchen Quellen zu fünftiger Erfor— 
ſchung für Neifende in Semame aufmerkſam. 1) Der Kommentar 


324) 9, Hammer a. a. D. ©. 139, 143. 


Dftarabien; Küftenterraffe, Gran. 603 


von Meidanis Sprichwörtern nenne im Lande der Genoſ— 
fen von Res ven Berg Demch ala Sit ver Aanka, den die 
Perſer als Simurgh nah dem Berge Kaf verpflanzten. Die 
hier bezeichnete canaldurkhfchnittene Oaſis ſei alſo durch die 
Sage des Korans und die naturhiftorifche Fabel des VPhönix (als 
defien Vaterland bei Griechen und Römern befanntlih Arabien 
angegeben ward) ein der Nachforſchungen Fünftiger Neifenver jehr 
beachtenswerther Ort. 2) Eben fo beachtenswerth würde der unter 
Nr. 56. angegebene Ort Karijet in Jemame fein, von den Beni 
Sedus bewohnt, mit einem Palafte, ven Salomon aus einem 
einzigen Gteine erbaut haben fol; vielleicht ein Monolith over 
ein Felsgebäu. — Die meiften der übrigen 122 Ortönamen be= 
zeichnen Gärten, Palmhaine, Höhlen, Schlachtitellen, Tribugfige, 
oder find mehr poetifche Namen aus arabifchen Dichtern und ih 
ven Sagen, deren Localifirung man meiſtentheils mol nicht weiter 
verfolgen Fann. 

Sp weit die Notizen aus dem Dſchihannuma nach v. Ham— 
mer's Angaben; im Bolgenden werden die neueften Bemerkungen 
des Neifenden Eapt. Whitelock bei einer vorüberziehenden Kü— 
ftenfahrt angeführt. ” 

I. Gran (Grane), d. i. Karin, auch Korein oder Koit, 
nennt Whitelod einen großen mächtigen Staat der Attubi 2) 
(06 Athube?), wol vie Beni Attäbi bei Neinaud (ſ. ob. ©.567), 
der in mehrere Eleinere Herrſchaften (wol von Sheikhs) zerfalle. 
Ihr Territorium ziehe fich längs der Küfte von Gran bi8 Babhrein 
und nach Nedſched hinein. In Gran felbit feien Feine Dattelwäls 
der, das Wafler nur fparfam, doch machen Datteln und Fiſche die 
Hauptnahrung aus, und Gabotage. oder Küftenverfehr ihren Haupt— 
erwerb. Sie entrichten dem Bafyl Ben Turfi, dem Chef der 
MWehabi, einen Tribut, demselben, dem auch früherhin die Aborhubbe 
einen Tribut zahlten. 

Diefer jüngere Chef der Wehabi, Bafyl Ben Turfi, von 
dem Whitelod?6) jagt, daß er dem Vicefönig von Aegypten einen 
jährlichen Tribut von 25,000 Dollar zu zahlen babe, refivirt, nad) 
der Zerftörung von Dreyeh, im der bedeutenden Stadt EI Ryad, 
zwifchen EI Manfuhah und Dreyeh gelegen (j. ob. ©. 578), die 
noch von Dattelwäldern und fruchtbarem Boden und Wafjern uns 
geben fei. Hier find die Bewohner noch ftreng wehabitifch, in« 


?°) Whitelock, Account of Arabs I. c. p. 49. 20) Ebend. p. 58, 


604 Weft«Afien. IV. Abtheilung. $. 68. 


deß andere Tribus der Attubi, die dort haufen, nur äußerlich 
die Geremonien der Wehabiten mitmachen, im Herzen aber Sun« 
niten find, und unter jener Maske, in ihren häuslichen Verhält— 
niffen, den legtern angehören. So 3. B. ift ed gegen das Gebot 
der Wehabi, Tabad zu rauchen, und doch rauchen ihn daheim alle, 
fo wie in der Verne auf Reifen. 

Die Wehabi Haben dennoch ihre graufame Intoleranz gegen 
Anderdgläubige beibehalten, die fie mit fanatifcher Wuth, doch 
vieleicht mehr noch um der Beraubung willen, verfolgen. Fabri— 
fen fehlen ihnen gänzlich; Waffen beziehen fie nur vom Ausland; 
vor allem find fie nach engliichen Feuergewehren begierig. Ihre 
Sprache ift die reine arabifche, auf welche vie claffiiche des 
Koran eingewirft haben jol. Sie felbft Iehren ihre Kinder Iefen 
und fchreiben. Die Bewohner von el Ahſa follen auch ein Zweig 
des großen Tribus der Attubi fein, die ſich aber ſelbſt Aſſowi 
nennen. 

I. EI Ahſa (die Reinaud eine Eleine Stadt nannte; wol 
el Hofhud, die Gapitale des Diftrietes el Ahſa, bei apitain 
Sadlier) hörte auch Whitelod noch eine große Stadt nennen, 
2X agereifen fern gegen Welt von Andjir in einem fruchtbaren 
Lande gelegen, wo felbft Neid gebaut werde, wad auf große Waſ— 
ferfüle zurückſchließen laßt, und felbit hinreichend, um von da noch 
ausführen zu können. Wie in el Kathif und EI Ryad, fo 
müffe auch in el Ahfa Tribut gezahlt werden; der Zoll von aller 
Aus- und Einfuhr fer ſehr wilführlid. An Datteln, Nindern, 
Pferden, Eſeln, Manna, Häuten babe das Rand hinreichende Vor— 
räthe. Die Kameele ſind hier und in Nedſched aber von gerin— 
gerer Sorte als die in Oman; dagegen ſind Pferde und Eſel 
daſelbſt Hauptgegenſtände des Handels. Die jungen Füllen werden 
in el Ahſa und Nedſched mit Kameelsmilch aufgezogen, im 30jten 
Monat erft zum Kriegshandwerk vrejfirt und dann jeder Kite und 
Kälte ausgeſetzt, aber nie zum LRafttragen gebraucht, fondern nur 
zum Neiten und zum Kriege. Ihre Preife wechjeln von 50 bis 
2000 und jelbft 3000 Dollar. Die Stuten werden aber nicht ver« 
kauft, jondern zur Zucht zurücdbehalten. Die Geburtstage der 
Füllen werden unter Zeugen eingezeichnet, die Stammbäume wie 
die von Menſchen mit größter Sorgfalt geführt und Feine Vermis 
fhung zugegeben; daher in Arabien das Maulthier fehlt. — 
Efel werden aus dem Innern des Landes und von el Ahſa zur 
Küfte zum Verkauf gebracht; es find fchöne große Thiere, Die große 


y 





Oceaniſche Südküſte Arabiens. 605 


Strapazen ertragen können und ihre drittehalb bis drei Monat lan— 
gen Märſche, täglich von 6 bis 8 Stunden (15 bis 17 Mil. engl.), 
ſchwer beladen, zurüczulegen im Stande find. 

Die Wege durch viefe Kandfchaften find gegenwärtig, wenn 
Einzelne auch oft beraubt werden, für ganze Karawanen doch ftetd 
fiher, die Bilger aus Perfien, Bahrein und dem Küften= 
lande wenigftens ziehen fortwährend hindurch); fie brechen ſchon 
2 Monate vor der Hadji- Zeit von hier auf, um Meffa zu rechter 
Zeit erreichen zu können, weil e8 unterwegs doc ſtets Aufenthalt 
giebt, obgleich die Neifezeit felbft nur eines Monats bepürfte. 
Diefe Pilger müfjen in EI Ryad, je nad) ihren Mitteln, Er 
erlegen; für jedes Kameel in der Negel einen Dollar. Hak ver 
Reiſende Empfehlungdbriefe an die Chefs aufzumeilen, jo wird er 
in den Ortfchaften gaſtlich empfangen, erhalt feine Ehrenmache, ein 
Pferd zu feinem Commando und Führer zum Geleit, wohin er 
immer will. Die Volkszahl vefjelben Tribus von Nedſched, 
wie die Bewohner der Nefivenz EI Ryad, giebt derfelbe Bericht 
Whitelock's, dem wir diefe Daten entnehmen, auf 150,000 Bes 
duinen an. — 

Nur fo weit und nicht weiter reicht unfere heutige Kenntniß 
diefer Dftfeite der arabiſchen Halbinfel, va fat alle Auf 
merfjamfeit der neueften Zeit, wie der frühern Periode, auf die bes 
fannter gewordene Süd- und Weftfeite verfelben gerichtet ift, zu 
deren geographifchen Verhältniſſen wir nun unmittelbar fortfchreis 
ten fünnen. 


Sunfteß Kapitel 


Die veeanifhe Südküſte Arabieng zwifchen Mahrah und 
Bab el Mandeb, oder die Küfte von Hadhramaut 
und Aden. 

$. 69. * 
Noch ift Faum ein Jahrzehend vorüber, feitvem die mehr als 
zmeihundert geographiſche Meilen von SW. gegen N.D., 
zwifchen der Meerenge von Bab el Mandeb bis zum Ras el 


Had, audgevehnte oceaniſche Südfüfte Arabiens dem Auge 
der Guropäer erft aus dem Dunkel hervortritt, pas fie Jahrtauſende 


606  Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69, 


hindurch faft gänzlich verhüflte, zu einen Lande der Fabel ges 
macht hatte, weil das Geſtade ungaftlich geblieden mar durch feine 
Bewohner, und fo gefahrvoll die Küftenfahrt, daß, der Schätze 
des Landes ungeachtet, Doc) Eeine der europäiſchen feefahrenden Na— 
tionen dort Landungen verfuchte, ald nur nothgedrungen, wenn 
widrige Stürme, Strömungen und müthende Fluthen fie dazu nö— 
thigten, bier oder da einmal bei Oftinvienfahrten an venfelben ein 
Aſyl zu ſuchen. Erft in der neusften Zeit, feitvem vie Colonifatio= 
nen und Handelsintereſſen an den Mündungsländern des Nil wie 
des Indus und Ganges den directen Berfehr zwifchen Orient 
und Occident dur das Nothe Meer und Aegypten vervielfacht 
haben, und die Dampfichiffahrten eine genauere Kenntniß von 
vielen Schifferftationen erheifchten, vie früher bei dem großen ocea— 
nifchen Seewege auf der hohen See ganz außer Betracht bleiben 
fonnten, mußte diefe Küfte die größte Aufmerffamfeit, zumal ver 
Briten in Indien, auf ſich ziehen, die, wie vor ihnen Por— 
tugiefen und Holländer, fo oft daran vorübergefchifft waren, 
ohne fie anders als in Sturmeönöthen berührt zu haben. Die 
Zerrbilder der See= und Landkarten von diefem Geftade, eine na— 
‚türliche Folge der nautifchen Unmifjenheit aller Marinen, hatten 
nur die Zahl der Irrfahrten und Sciffbrüdhe an ihnen herbeige- 
führt, und die fortgefchrittene Nautik erheifchte, gegen die Mitte des 
neungehnten Jahrhunderts, wie die der entlegenften Geftade, fo zu— 
mal au die Küftenaufnahme der an der großen Dampf» 
bootjtraße liegenden füdarabifchen Küfte vom arabiſchen 
zum Perſer-Golfe. 

Im Sahre 1834, nach Vollendung des Survey vom Per— 
ſer-Golf (f. ob. ©. 405), ward der Commandeur ©. B. Haines 
zu gleichem Zwecke an die arabifche Küfte in dem oftindifchen Com— 
pagnieichiffe Palinurus ausgejandt, ver bis zum Jahre 1837 dieſe 
Aufnahme 27) zu leiten hatte, aber bei theilweife gleichzeitiger an— 
derweitiger Verwendung doch nur 31 Monate damit befchäftigt war, 
die große weftliche Hauptſtrecke dieſer bis dahin unbekannt 
gebliebenen Küfte von der Meerenge Bab el Mandeb bis ges 
gen die Öftliche Grenze von Hadhramaut aftronomifch und 
nautifch nieverzulegen, doch fo, daß feine volftändige Vermeflung 


397) Survey of the South Coast of Arabia, in Report of tlıe Bom- 
bay Geogr. Soc. for 1837 — 1838, in Proceedings of the Bombay 
Geogr. Soc. May, 1838. p. 53 etc. 


Deeanifche Südküſte Arabiens, 607 


nur bis Mifenat und zur Abdel Kuri= od. Palinurus-Sand— 
bank reichte, und alfo im Weft von Kefchin und Gap Fartak 
(j. ob. ©. 254) zurüdblieb. Diefe Küftenftrede reicht genau von 
der Meerenge Bab el Mandebs, von 43° 31’ öſtl. Länge v. Gr. 
(unter 12° 39! N.Br.) bis 50°43' O.L. v. Gr. (unter 15H N. Br.), 
und ift von Capt. Haines 28) felbft vollitändig geographifsh be— 
fchrieben worden. Dieſes wichtige Nefultat wurde dem dieje Un— 
ternehmung ſchützenden Patronate des Admiral Sir Charl. Mal— 
colm vervdanft, ver ald Director diefer Expedition in Bombay den 
Befehl ausgehen Tieß, außer der Kartenaufnahme der neu zu ver« 
meſſenden Küften, auch jede andere wiſſenſchaftlich geographi— 
ſche Forſchung dabei mit zu fördern, und, was bei den frübern 
Aufnahmen viefer Art Ieiver verfaumt war, auch geographifche 
Beihreibungen ald Memoire der Erpedition an die Bom- 
bay und London geogr. Society einzuliefern. Capt. Daines ent— 
ledigte fich feines Auftrags unter der Mitwirfung feines Affiitent« 
Surveyors des Lieutn. Sander, fo mie ver Lieutnants Jardine 
und Sheppard, und feiner übrigen Neifegefährten Smith, Crut— 
tenden, Örieve, Ball, Rennie, Stevend, Barrou und dei 
Arztes Dr. Hulton, der leider zu früh für die Wilfenfchaft noch 
während der Expedition feinen Tod fand (ſ. ob. ©. 338). 

Zwar wurde audy die Küfte von Miienat oftwärts über Ke— 
fhin, Ras Fartak, Morebat, Cap Iſolette ebenfalld näher, 
wiewol feineswegs vollſtändig, unterfucht, und aus obigem (j. ob. 
©. 338) wiffen wir, daß die Infelgruppe mit der Kräuters 
bucht, fo wie nach Wellftev’s Angaben dad Gap Iſolette (j. 
ob. ©. 352, 355) und felbft vie Lage des Nas el Had genauer 
als zuvor erforfcht wurden. Jedoch waren und bis dahin darüber 
nur fragmentarifche und nicht ganz authentifche Notizen zugekom— 
men, die wir in Obigem an ven fie betreffenden Stellen ſchon mits 
geheilt haben 29). Zugleich war aud die Vermeſſung der afri— 


28) Capt. S. B. Haines, Ind. N., Memoir to accompany a Chart 
of the South Coast of Arabia from Babel Mandeb to 50° 43’ 
25° Long., im Journ. of the Lond. Roy. Geogr. Soc. 1839. Vol. 
IX. p. 125 — 156, nebft Karte. Davon die Ueberfegung won Pas- 
sama Knseigne de Vaisseau, Description etc. Paris, 1843. 8. 

29) Grit fo eben trifft der zweite Theil von Capt. Haines authen- 
tifcher Befchreibung (datirt von Aden den 4. Mai 1844) nebit Kar— 
ten von dieſer öftlichen Küſtenſtrecke zwiſchen Miſenat bis Ras el 
Had ein, der zwar ebenfalls Feineswegs eine lüdenlvfe Auf: 
nahme diefer Küftenftrede darbietet, aber doch die meiften Haupt: 


608 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


kaniſchen Gegengeſtade Arabiens, vom Cap Guardafui 
bis Berbera und Adel, an der Straße Bab el Mandeb, in den 
großen nautiſchen Operationsplan mit eingeſchloſſen, die auch von 
Lieutn. Garle8830) theilweiſe im Jahre 1837 ausgeführt ward, 
wodurch wir jene Angaben über das afrikaniſche Weihrauchland ge— 
wonnen, deſſen wir oben (S. 360) gedacht haben. Doch ſehen wir 
auch hier auf der afrikaniſchen wie auf der arabiſchen Geſtadeſeite 
noch den vollſtändigern Berichterſtattungen über dieſe unbekannte— 
ſten Theile derſelben entgegen. Wir können daher hier nur von 
der weſtlichſten Hauptſtrecke, nach Capt. Haines Aufnahme 
und Berichten des erſten Theiles, nämlich von einem Theile Ha— 
dhramauts mit Shehr und Makalla, von der Küſtenſtrecke 
Hisn Ghorabs und von der Landſchaft Aden eine genauere zu— 
ſammenhängende Nachricht geben, welche jene ältern Angaben wahr— 
haft vervollftändigt. Von ven weiter oftwärtd gelegenen Küſten— 
puncten Mirbät (Morebat) und Keſchin (Ckiſchim) ift nad 
der erften 31) flüchtigen Vorüberfahrt Wellſted's ſchon früher die 
Rede geweſen (ſ. ©. 298— 299) 32). Bei einem fpätern Befuche, 
bei welchem man das majeftätiihe Cap Fartak voublirte, Hatte 
man oſtwärts veijelben, jedoch noch S Mil. engl. mweftlih von Dho— 
far, die Vermuthung gewonnen, daß daſelbſt ein ftarfer Strom ſich 
in dad Meer ergießen möchte An jener Küfte hörte Wellfted 
die Eingebornen einen fehr häßlichen Dialect fprechen 33), bei 


puncte derfelben durch neue Vermeflungen beftimmt, und ſomit eine 
wichtige Lücke in unfrer Kartographie und topifchen Erfennt: 
niß der Südfüfte Arabiens ausfüllt, worüber wir weiter unten im 
Anhange noch den nachträglichen Bericht abjtatten Fönnen. Dies 
fer zweite Theil unter dem Titel: Memoir of the South and East 
Coasts of Arabia. By Captain Staflord Bettesworth Haines, Ind. 
N., Part II. ift mitgetheilt im Journ. of the Roy. Geogr. Soc. of 
London. Vol.XV. 1845. P. I. p. 104—160. 

20, f, Survey of the South Coast etc. Il. c. p. 54. 1) Well- 
sted, Trav. in Arabia. Lond. 1838. 8. Vol. Il. p.453, und bei Rö- 
diger a. a. O. I. ©. 349. °?) Aus dem oben angeführten zwei— 
ten Berichte Capt. Haines erfahren wir noch ©. 107 u. f., daß 
Wellſted's Mittheilungen über diefe Geftade zum Theil aus Beob- 
achtungen von Gapt. Haines Expedition hervargingen, die von ihm 
voreilig und ohne Grlaubnig feines Chefs publieirt wurden, die naus 
tifchen Daten von Haines find daher ohne Zweifel als die authen— 
tifchen vorzuziehen. Aber außer diefen fo mande andere Beobach— 
tungen über die Natur des Landes und feiner Bewohner, von denen 
Gapt. Haines fchweigt, haben wir doch nur Wellſted's vielfeitiger 
Beobachtung zu verdanfen. 3) Wellsted, Tray. to the City of 
the Chaliphs. Lond. 1840. 8. Vol. II. p. 132. 


Arabien; Küftenterraffe Hadhramaut, 609 


welchem fie gewaltig die Gefichter verzerrten, wie er meinte, um 
den Gutturalen ihre volle Kraft im Ausdrucke zu geben (alfo 
mol die Ehhkili Sprache, f. ob. ©.48). Meftwärtd von Gap 
Bartaf fonnte man wegen zu furdtbarer Brandung nicht in der 
Bai von Keichin einlaufen, und anferte daher 7 Mil. engl. weiter 
weitwärts, bei einem Bifcherdorfe, deſſen Eegelförmige Hütten nur 
mit Matten bedeckt waren, die fie aber wegen zu geringen Schußeg 
zur Negenzeit vorliegen und ſich dann in Belögrotten zurüczogen, 
wo fie von den Sardinen des Mittelmeeres ähnlichen Bifchen fich 
nährten, mit denen fie auch ihre Kameele fütterten. Bei einem 
Befuche, der von diejen elenden Bifcherhütten aus dem Sheikh zu 
Keſchin gemacht wurde, ſcheint ver blinde Greis, der fo energiich 
fid) gegen den Verkauf der von feinen Altvorvern ererbten Infel 
Sofotora ausſprach, doch mehr willfährig für das Geſuch wegen Er— 
forfhung der Injel Sofotora ald zuvor gemefen zu fein. Sm 
Thore feines großen Wohngebäudes, jagt Wellfted, ftand eine Ka— 
none, and ein großer eiferner Ning diente zum Anflopfen, um eins 
gelajjen zu werden; im Innern war alles fehr ärmlich; feinen Gä— 
fien wurden nur Waffer und Datteln vorgefegt, doch zeigte er ſich 
zuvorfommend, die Wünfche der Briten wegen ihrer Un terfuhung 
(nicht Befignahme) der genannten Infel, die fie damals zu einer 
Kohlenftation für die Dampfichiffahrt ſich auserfehen hatten, 
zu fördern; denn die Verbindung mit Indien durd) fie fchien ihm 
erwünjcht zu fein 29). Von bier aus bejuchte Wellftev Mafalla, 
zu dem und auch Haines Aufnahme hinführt. 


I. Die Küftenterraffe Hadhramaut. 


Erläuterung 1, 
Hadhramaut im allgemeinen, zumal das Binnenland, nach 
ben Berichten von Niebuhr und den jüngften Erfahrungen 
von Wellited, 


1. Nach Niebuhr (1763). 


Die jo große Lücke unferer Kenntnig der Landſchaft Ha- 
dhramaut (f. ob. ©. 44, 46, 253 u. f.) ift im jüngfter Zeit nur 


») Genauern und umftändlichern Bericht über diefe Verhandlungen giebt 
Capt. Haines in der Part Il, feines Mem. angeführten Stelle. 


Nitter Erdkunde XI. Qg 


610 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


theilweife ausgefüllt worden; Niebuhr’s Nachrichten von ihr, 
durch bloßes Hörenfagen eingefammelte einzelne Notizen, find jelbft 
nach den theilmeife eritifchen Berichtigungen, die wir Berghaus 
Karte von Arabien 5) verdanfen, nichtd weniger als befriedigend 
zu nennen, und doch noch dad Beſte mad wir darüber befigen. 
Sehr groß, zumal wenn man Mahrah dazu rechnet, jagt eu 36), 
fei dieſe Landſchaft, die gegen W. an Jemen, gegen N. an die 
große Wüfte, gegen NO. an Oman grenze und im S, von dem 
Ocean beſpült werde. Hohe bergige Gegenden im Innern find zum 
Theil fehr fruchtbar, andere find Wüfteneien, noch andere werben 
von Bergwaſſern durchriffen. An der Küfte werden aus verfchiede- 
nen Hafen die Landesproducte Weihrauch, arabifhes Gummi, 
Myrrhe, Drachenblut und Alo& nach Indien verfchifft; nach 
Jemen aber führt man von hier Teppiche, verfehievene Sorten Lein— 
wand und die großen Meffer, Jembea, melche die Araber vorn 
im Gürtel tragen. Als nod) die Küftenftädte Hadhramauts ald 
Stapelorte indiſcher Waaren den Landhandel durd das innere Aras 
bien mit Karawanenzügen bis zu den Emporien der Geftade des 
mittelländifchen Meeres belebten, war hier Fülle ver Population 
und Wohlftand, wo jest Armuth und Einöde, und nicht einmal die 
Zandesproducte auf eignen Schiffen verführt, fondern immer nur 
von fremden geholt werden. Beduinen unter Zelten, und Ko— 
bail in den Bergen wohnend, ftehen unter vielen freien Schechs; 
die Bewohner der Dörfer und Städte, die mit den Fremden den 
Handel treiben, haben auch ihre unabhängigen Scheiß, die fich 
meiſt Sultan tituliren, unter denen zu Niebuhr's Zeit der Sul: 
tan von Schibäm der mächtigfte war, deſſen Gebiet 8 Tagereifen 
von Sana und 10 von Mareb entfernt Tiegen follte, ein Weg auf 
welchem ein Araber zwar Feine Dörfer pafjirt haben wollte, aber 
doch im Innern Hadhramauts die Orte Hahnem, Saun (Seijun 
bei Sergen) und Tarim bis Schibäm im Lande Dsjöf (f. ob. 
©. 256, oder Jafa) nannte. Den Dialeet der Hadhramauter 
fand Niebuhr jo verfchievden von dem der Bewohner Jemens, daß 
er ich mit den Ginwohnern von Hadhramaut meift nur durch Dol— 
metjcher unterreden Fonnte (mol weil e8 die Chhfili Sprache war, 
j. ob. ©. 48); er ſchien andern Arabern verächtlich zu fein; den— 
noch nannte dem dänischen Neifenvden ein Hadhramauter fein Land 


35) Berghaus, Nrabien Mem. ©, 71— 77. 6) Niebuhr, Befchr. 
von Arabien ©. 283 — 289, 





/ 


Arabien; Küftenterraffe Hadhramaut. 611 


„den Sit der Wiffenfchaft und der Religion” (Bellad 
el ulm u Bellad ed din), was ihm die Araber Jemens jenoch 
nicht zugeben wollten. Diele Hadhramauter, jagt Niebuhr, die 
in den Städten wohnen, treiben einen jehr beträchtlichen Handel, 
was als eine ſonſt wenig beachtete Thatſache jedoch in neuefter 
Zeit auch F. Fresnel und Botta37) beſtätigt haben (ſ. ob. S. 46). 
Auch Buͤrckhardt hatte ſchon bemerkt 388), daß die einzigen Ara— 
ber, bei denen er die meiſte Dispoſition für Induſtrie gefunden, 
Hadhramy, oder nach De Sacy Hadharéme (Plural von Ha— 
vhrami) waren, und daß ſie meiſt in den Städten, als Handels— 
leute, in Boutiken, als Domeſtiken, als Commiſſionaire, Laſtträger, 
Tagelöhner, ihr Brot verdienen, und daß ihre Auswanderungen 
aus ihrer Heimath, ſo wie ihre Colonien bis Suakim an der Küſte 
Abyſſiniens am Rothen Meere bekannt find. Sheikh Abubecr 
Cahtan, ver Patron von Botta, einer der reichſten Kaufleute in 
Hodeida, Befiger 'mehrerer Hanvelsfchiffe nach Indien, ein gaſt— 
freundlicher gebilveter Mann, war aus der bei den übrigen Arabern 
jo verachteten Clafje der Hadhramauter, und Fresnel in feinem 
Driefe an MoH1 39), vom 8. Aug. 1844, verwundert über die fo 
ftarfe Auswanderung der Hadhramauter zu allen Zeiten, 
ruft fogar aus: Minaei gens magna! l'Arabie meridionale est le 
berceau du genre humain. 

Daß Hadhramaut (Hazarmaweth, 1.3. Moſe 10, 26, 
oder Hadharelmaut, von Maut im Arabifchen, der Tod, Woh— 
nung ded Todes), der Urfig der alten Aditen (j. ob. ©. 276), 
feinen Namen wegen ver Ungefundheit ded Bodens tragen mochte, 
fonnte fhon Arrian (Peripl. Mar. Erythr. 16) wiffen; daß der 
perfonificirte Name uralt, haben wir oben gejehen (j. ob. ©. 279), 
aud) daß das Todtenfeld ver Sandwüſte EL Ahkaf von Ißtachri 
(j. 06. ©. 269) und fogar die Gegend um Mareb mit zu Ha— 
dhramaut bei Edriſi gezogen ward, die Landjchaft aljo eine fehr 
große Ausdehnung in ältefter Zeit einnahm. Ob obige herkömm— 
lihe Etymologie von Hadhrasmaut, Die durch) die Volksbe— 
nennung Hadhareme, Plur. von Hadhrami, wie De Sary 
bemerkte, keineswegs unterftügt wird, eine richtige fei, laffen wir 
dahin geftellt fein. Diefe weitere Bedeutung ift aber, nadı Well— 


2) P.E.Botta, Relation d’un Voyage dans l’Yemen. Paris 1841. 
8. p.7. ») Burckhardt, Trav. in Nubia p. 438; Silv. de 
Sacy, in Journ. d. Savans 1830, Janv. p.7. ») F. Fresnel, 
Lettr. Mscr. 

Oq 2 


612 Wert -Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


fted #0), in jüngerer Zeit fehr gefchwunden, und die große Süd— 
füfte, welche früherhin unter den Namen Djaffa, Djof (over 
Safa, ſ. ob. ©. 282, in Südoſt von Mareb, S. 256) und Ha— 
dhramaut begriffen wurde, hat veränderte Bezeichnungen bei den 
Arabern erhalten. Auch ſchon Seetzen *) Hatte Hadhramaut 
nur auf einen fehr Eleinen Raum bejchränft, 3 Tagereifen lang 
und eine breit, nur ein meited Thal, das viele Nebenthäler habe, 
und fehr angebaut, nur 5 Tagereifen fern von Mafalla liege. Der 
Weg dahin fei gebirgig, aber überall treffe man Wafler an.‘ Diof, 
oder Djaffa nah Wellftev’d Ausfprache, jagt er, nenne der heu— 
tige Araber nur das ganze Gebirge von dem Territorium ver 
Theshed e Bekyl an oftwärts, fo meit ald noch der Kaffeebaum 
eultivirt werde (Andere jagen, Dſchof bezeichne im Gegenfab von 
Nedſched ein Niederland, was Wellſted's Angabe zu widerfprechen 
fcheint). Wellfted halt Dafür, daß jene Begrenzungslinie - 
etwa nördlich 8 Stunden (20 Mil. engl.) gegen Oft von Shou— 
gre zu ziehen fei. Zu Hadhramaut, bemerft verfelbe, rechneten 
fie aber nur ein weites fruchtbares Thal, das an 15 geogr. 
Meilen (60 Mil. engl.) lang, faft parallel mit der Seefüfte ziehe, 
4 Tagereifen zu Fuß von der Stadt Mafallah landein und 4%, 
von Shahr (Al Shher, |. ob. ©. 259) entfernt. Died würde mit 
Seetzen's Audfage übereinftimmen. Wie weit e8 fich jedoch jen= 
feit ausdehne, konnte Wellfted durch feine Ausforfchungen nicht 
ermitteln, und es beftätigte fich Hier nur die allgemein bei der ara= 
bifchen Geographie zu beachtende Ihatfache, daß die Naturab— 
theilungen Arabiens zwar eben fo characteriftifch und wol noch 
jchärfer abgegrenzt fein mögen, als die in manchen andern Ländern 
der Erde, und auch von den Einheimifchen ald folche erfannt und 
bezeichnet werben, daß aber die herfümmliche Adoptirung griechifcher 
und lateinifcher Benennungen ver claffljchen Geographen des Alter— 
thums (mie Chatramotited und Hazarmaweth, Hadhramaut), bei 
der modernen Unmifjenheit der neuern Geographie, eine meift jehr 
irrige oder millführliche Anwendung auf die arabifche Landfarte der 
Gegenwart zu erleiden hatte, wodurch fo unzählige Irrihümer er 
zeugt werden mußten, auf deren viele wir ſchon in obigem hinge— 
wiejen, deren viele aber noch zu berichtigen übrig bleiben. 

Nah Niebuhr's Erfundigungen liegen die Orte Doan, Gäh— 


°*0) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs I. p. 175. 
+1) Seeben, Mon. Correſp. XXYIIL ©. 241. 


Arabien; Küftenterraffe Hadhramaut. 613 


dun, Dhafar, Kefhin, Mirbat, Haſek, Kubr el Houd 
(anderthalb Tagreifen von Ainad entfernt), von denen fchon oben 
die Nede war, in Sadhramaut; er fügt zu diefen aber auch noch 
die ung unbefanntern: Ainad (13 Tagereifen von Kefchin und 7 
von Shähr), wonach Berghaus) den Ort unter 15° 48! N.Br. 
und 45° 22° O.L. in feine Karte eingetragen; ferner die Seehäfen 
Keifüt, Souir, Fartaf, Hanbel, Scharwein, Neider. Sa 
nach Ausfage eines Uraberd aus diefer Ainad, wol die Inat bei 
MWellfted und v. Sammer, der behauptete, die vornehmften Städte 
in Hadhramaut felbit gefehen zu haben, enthielt jeine Lifte #) fol« 
gende andere Namen, die wir hier nur zu fünftiger Beachtung wie— 
verholfen, weil wir zu ihrer Nachweifung nichts näheres hinzuzu— 
fügen wiſſen. | 

Er nannte fie: 1) Ainad (over Inat); 2) Terim (oder 
Tarim); 3) Bajalhaban; 4) Tibi; 5) Kodhtän (vielleicht Kah— 
tan, d. i. Joktan); 6) Elfara; 7) Zarbe (oder Tierbi), 8) Bor; 
9) Omdüde (oder Dia Dudi); 10) Elhota; 11) Hoffie; 12) Ele 
fatten; 13) El Adsjalanie; 14) Hänem (mol Hähnem); 15) Mer- 
jäme; 16) Seiün (Saun oder Sihun); 17) EI Gurfa; 18) Tris 
(oder Terife); 19) Mofchech; 20) Schibäm; 21) Duhabän. In 
Terim oder Tarim, einer großen Stadt, nah Seetzen's Erfun- 
digungen #), fol eine Art ſeidner Shawls mit Goldfäden 
gewirkt werden, dad Stück zu 50 bis 60 Kaiferthaler an Werth. 
Ueberhaupt follen alle viefe Orte, obwol in immergrünen Weide— 
landern, doch auf den Gipfeln der Berge erbaut fein. 

Die dreierlei Ausfagen ver Araber, die aus Ainad, Doan 
und Mareb gebürtig von Niebuhr perfönlich audgefragt wur— 
den, flimmten darin überein: daß gegenwärtig fein Handelsver— 
kehr mehr zwischen Hadhramaut durch die Wüfte nad) Oman ftatte 
finde, weil die bergigen und fruchtbaren Gegenden biefer großen 
Provinzen per Küfte nahe lägen; daher der Waarentrandport am 
Geftade hin ficherer fei ald durch die Naubhorden der Wüſten— 
Chefs. Daher feien die Küftenftädte Hadhramauts eben fo leicht 
zu befuchen wie die von Jemen, und zwar mit Kaffeefchiffen, vie 
von Jemen nach Oman gingen. Das Innere laſſe fi) von dieſen 
Küftenftädten aud aucd dann befuchen, wenn man von Bombay 





2) Niebuhr a. a. DO. S. 287; f. Berghaus, Arab. Mem. ©. 75. 
+9) Niebuhr a. a. DO. S. 288. 9 Seepen, Mon. Correſp. XXVIII. 
S. 240. 


614 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


oder Surate Empfehlungen an die Banianen= Kaufleute diefer 
Hafenorte mitnehme, die durch ihren Handel nach dem Binnenlande 
dafelbft Credit und Schuß verfchaffen fünnten. Wie fich dies Heut« 
zutage, fast ein Jahrhundert jpäter, verhalte, haben wir aus ven 
Erpevitionen v. Wrede's, Wellſted's und Anderer fennen gelernt. 
Die Nachrichten, welche Niebuhr *6) vom Wadi Doan, einer 
Stadt mit ſchönen Häuſern und größer ald Sana, 25 Tagereifen 
fern von diefer Capitale Jemens gegen Oft gelegen und 11 Tages 
reifen von Kefchin, fo wie von der ihr nahen Stadt Gähdun, mo 
die Gräber der Negenten vom Stamm Amüd fein follten, giebt, 
irren nicht weit von der durch v. Wrede beitätigten Wahrheit ab 
(f. ob. ©.272,274,285), jo wie Seegen’3*%) Angabe, daß Doan 
eigentlich Feine Stadt, jondern ein Thal mit mehrern Städten fei, 
wie Grein, Raſchid u. a., zu denen nur ein einziger Felspfad führe. 

Zum Schluß der ältern Daten Uber Hadhramaut erinnern 
wir daran, wie jchon Niebuhr?) auf deſſen ältere Bevölferung 
durch die Joktaniden vom Iehama bi! Mahrah (1. B. Mof. 10, 26 
u. f., |. 06. ©. 41,279 u. a. D.) aufmerffam machte, und bemüht 
war, einige der auffallendften in der mofaifchen Urkunde angegebe- 
nen Namen mit Localbenennungen dieſes Geſtadelandes in Webers 
einftimmung zu bringen. 


2. Nah Wellſted's Erfahrungen (1840). 


Was wir in neuer Zeit durch 8. Wellſted's vielfache Befuche 
an der Küſte Hadhramauts von derfelben im allgemeinen ers 
fahren, bejteht dem Weſentlichen nach in Folgendem. Die ganze 
Süpfüfte*8) ift jehr einfürmig, und von denſelben Gebirgäzügen. 
begleitet, welche in ver Ihat faft die ganze arabiiche Halbinſel 
gleichartig umfäumen. Die dahinterliegende ( Hoch-) Ebene fol 
von Stämmen bewohnt jein, die nur durch Nohheit und Wildheit 
fih von einander unterfcheiden. Hier und da macht ein fruchtba= 
red Ihal eine Ausnahme, wie das und nun fchon befannte Wadi 
Mefat mit ven Ruinen von Nafab el Hadſchar (f. 06. ©.324); 
oder dad noch unbefanntere Wadi Hawhar, das zu einer gleidh- 
namigen Stadt führt; auch das Wadi Doan u.a. Die Gebirgs— 
firöme, welche in der Negenzeit diefes Land befruchten, flürgen von 


45) Miebuhr, Befchr. von Arab. S. 286. *0) Seetzen a. a. O. 
XXVII ©. 242. +7) Niebuhr a. a. D. ©. 291 — 294. 
*®) Wellsted, Tray. to the City of the Chaliphs Il. p. 170. 





Arabien; Küftenterraffe Hadhramant. 615 


bedeutenden Höhen, aber über harten Boden herab, von dem fie nur 

wenig Sruchterde mitbringen; wo fie Feuchtigkeit hinbringen, va 
fchießt üppige Vegetation auf. Die Eultur trägt nur wenig zur 
Defruchtung und zum Anbau bei, kaum daß der Pflug die Oberfläche 
der Aecker hier und da auffraßt. Dennoch giebt ver Acker jührlich 
zwei Kornernten, die eine vor, die andere nah dem S.W.⸗ 
Monfun. Waffermelonen, Plantain, Mango, Limonen, Kokos, viele 
Gemüfe und duftende Blumen, zumal der Jasmin, die Lieblings— 
blume arabifcher Frauen als Haarſchmuck, find der gemöhnlichfte 
Ertrag; doch feheint die Gultur der Kofospalme bei weitem nicht 
jo allgemein verbreitet zu fein, als fie es dem Glima nach fein 
fönnte*). Die Senna (Cassia senna? f. Erdk. V. S. 823), welche 
die Araber auf Schnitte und Wunden zur Heilung legen, wãchſt 
wild in ihren Ebenen. 

Die Gebirgskette hat andere Vegetation, die aber bis jetzt, 
wenn ſchon in Jemen durch Forskäl und Botta unterſucht, 
doch hier in Hadhramaut noch gänzlich unbekannt geblieben iſt. 
Die allgemeine Erhebung zwiſchen Aden und Shehr ſchätzt Well— 
ſted auf 3000 bis 5000 Fuß üb. d. Meere; die höchſten Gipfel 
fteigen, nad ihm, über Shougre und Mughapdane (wol Ma- 
ghadein) auf. Genauere Meffungen find unten nach Haines ans 
gegeben. Died Hochgebirge jol nach Wellfted Kalffteinfetten 
enthalten; die untergeordneten Ketten haben nach ihm mehr 
Wechſel in Umriffen und Färbung. Sie zeigen fich oft dunfelroth, 
grün, meift aber ſchwarz, im ſtärkſten Gegenfag mit dem weißen 
Sand, der auf der Küftenebene oft 700 bis 800 Fuß hoch aufliegt, 
mit abwechjelnden Senfungen und Thälern, über dem oft eine 
Menge vulcanifcher Trümmer zerftreut liegt, gar nicht felten 
in maffigen, den Nuinen gleichenden Anhäufungen. Die Haupts 
producte dieſes Bergzuges find Weihrauch, Aloe, Kaffee und 
Dradenblut, dad nur wenig Miles in Oft von Shougre auf 
gleiche Art wie in Socotora gewonnen wird. 

Die große Geftadelinie, an welcher nur geringe Fluth, die 
gegen Oſt mit einer Schnelligkeit von drittehalb Miles in einer 
Stunde fortfchreitet, auffteigt, an der aber häufig fich kreuzende 
Strömungen große Wechfel hervorbringen, wird nur gelegentlich 
von geringern Bayen unterbrochen; die größten von diefen find bei 
Ghubbet in, weſtlich von Nas Kelb, und die von Makalla, 


+9) Wellsted, Trav., und bei Nödiger II. ©. 335. 


616 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung, $. 69. 


öftlich vefjelben. Zwiſchen den beiven liegen, noch näher demfelben 
Vorgebirge, weltlich die Eleine Infel nahe Hiſn-Ghorab (f. ob. 
S. 315), und öſtlich die kleine Bucht am Ras Buruͤm mit guten 
Ankerſtellen, indeß feine andern daſelbſt bei S.W.-Monſun Schuß 
gewähren. Zwar hatten frühere Karten in der Nähe von Ghub— 
bet Ain, zwiſchen den Vorſprüngen von Ras Kelb und Ras 
Rotl, eine Hardjiah (Hargeah) genannte, geräumige Bay, dicht 
mit Infelchen befegt, eingezeichnet (bei D’Anville, Berghaus u. U. 
unter dem Namen Gaua Canim), vie aber nach der genauern Kü— 
ftenvermeffung vafelbft nicht 50) eriftirt, und mol nur diefen Namen 
nady einer zwei Tagereifen von Hiſn Ghorab entfernt liegenden 
Stadt viefed Namens beigelegt erhalten haben mag. Die große 
Infel Baraghah, ein fteiler hoher Kalkjteinfeld, welche 13° 58° 
N.Br. und 48° 32’ 40" DR. v. Gr. liegt, bietet jedoch auch eine 
fichere Anferftelle dar; fie ift dur) einen 300 Dard breiten Meereds 
arm vom Nas Makdahah des Feftlandes (ed ift dad von Haines 
ſchon oben genannte Ras Khada, f. ob. ©. 315) getrennt, das 
aus Sanpdfteinichichten in feltjam verdrehten Wendungen bis 
zu 800 Buß hohen Piks emporftarrt, und unfern dieſer Baraghah- 
Injel liegt noch eine zweite Fleinere, Skab oder Djibus (Diefelbe 
die Haines eben daſelbſt ©. 315 Siffah nennt, die Vogelinfel) 
der Araber, die von ver Aehnlichkeit mit einer arabifchen Lyra oder 
Guitarre den Namen hat, weil fie aus der Verne an einem Ende 
zu runden Suppen, jcheinbar durch ein Tafelland verbunden, an= 
Ihmillt, die aber doch bei näherer Sandung fich in zwei Theile 
jondert, die nur eine enge Landzunge vereinigt. Hierzu kommt 
noch eine Reihe Elippiger Infelchen, die fich Feine halbe Stunde von 
Ufer vor Maghadein hinzieht, font ift das nackte Ufer ganz frei 
von Injeln, und bis auf eine breite mit Sand oder Schlamm be= 
deefte Sundbanf außer Gefahren, da nirgends Korallen und überall 
die Tiefe groß genug tft, fi dem Lande zu nahen. Die N.O.⸗ 
Monſuns wehen mit diefer Küfte gleichmäßig entlang, daher mit 
jehr wenig Brandung, die dagegen bei SW. fehr heftig if. 

- Bon dem alten Verkehr zwifchen den dortigen arabifchen Hä— 
fen und Indien fei gegenwärtig, bemerkt Weilfted 51), nur noch 
ein geringer Neft übrig, die auszutauſchenden Artikel blieben bis 


#50) Wellsted, Trav. to the City etc. II. p.175; vergl. C. Haines, 
Memoir I. c. p. 147. °1) Wellsted, Trav. in Arabia, und .bei 
Rödiger I. ©. 334. 


/ 
Arabien; Küftentervaffe Hadhramaut. 617 


heut zu Tage jedoch dieſelben wie zu alter Zeit; felbft die Form 
der Barfen feheine wenig Veränderung erlitten zu haben; Indien 
fende noch immer feinen Pfeffer, Musfatnüffe, geiponnene Seide das 
hin, wie vordem. Die Zahl ver arabifchen Barfen, welche Aden, 
Mafalla, Shehr (bid-zu 200 Tonnen Gehalt) nach Indien aus— 
rüften, betrage etwa an 70 Fahrzeuge, die gemöhnlih im Septem— 
ber die Häfen Hadhramauts verlaffen, bis Ras Fartak die 
größern, bis Ras el Had aber die Fleinern, die Küſte entlang 
fteuern, von da aber direct in die hohe indifche See einftechen und 
meift in ver Nähe von Purbunder in Guzurate (f. Erf. VI. 
S. 1068) vor Anker gehen. Die Xootfen dieſer Fahrzeuge haben 
höchſtens eine rohe Art von Aftrolabium, und einen Sonnenhöhens 
meſſer, doch nur ungefähr verftehen fich einige auf Breitenbeftim« 
mungen, die meiften erfennen ihre Annäherung an die invifche 
Küfte, gleich den Schiffern des Alterthums, nur an der Färbung 
des Seewaſſers und an den Seefchlangen die ihnen zu Ges 
fihte fommen (Erpf. VI. ©. 1082). Obwol die Araber die Erfin— 
der des Kompaß fein wollten, fo verftehen fle doch gegenwärtig 
deſſen Gebrauch nicht mehr, und erhalten ihre Tchlechten Bouffolen 
aus indifcher Fabrik. Bei S.W.-Dlonfun pflegen fie ihre Schiffe 
abzutafeln, oder innerhalb des perfiichen und arabijchen Meerbufens 
zu befchäftigen. Xeiver gelang es Wellfted ungeachtet feiner wies 
derholten Vorbereitungen nicht, in da Innere von Hadhramaut 
einzubringen, und ung, wie durch feine Beobachtungen in Oman, 
jo auch über diefe Terra incognita zu bereichern. Schon hatte er 
vom Mafalla Schech feine Führer erhalten, ald Parthei-Unru— 
ben im Binnenlande feinen Plan unausführbar machten, da auch 
in der letztern Reihe von Jahren jelbft die Banianen= Kaufleute, 
die früherhin die innern Märkte Hadhramauts zu befuchen pflegten, 
fich nicht mehr dahin gewagt hatten. 

Wellfted hatte von Hadhramaut, das ihm ald eine große 
Thalebene von 60 Mil. engl. (in jenem engern modernen Sinne) 
Länge, dicht mit Dörfern und Städten befegt, gejchilvert war, etwa 
ein Dugend Ortſchaften dem Namen nach kennen gelernt, die 
von W. gegen D. in folgender Ordnung aufgeführt wurden 52). 

1. Inan, wol obiged Inat, Ainan (bei Wellfted, auch bei 
v. Hammer), eine jehr alte Stadt, mit mehrern Öffentlichen Ges 


’»®) Wellsted, Trav. 1. c. und bei Röbdiger II. S. 337—340, mit deſ— 
fen berichtigenden Noten; vergl. v. Hammer, Arabien a. 0.0. ©.25. 


618 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


bäuden; auf einem benachbarten Hügel befinden ſich Inſeriptionen 
und rohe Spuren von Seulptur. 

2. El Gotten, die Benennung einer Anzahl Eleiner Dörfer, 
die auf dem Hügel EI Had und an feinen Abhängen liegen (EI 
Katten in Niebuhr's Arabien ©. 288). 

3. Schibäm, ficher nicht das alte Seba oder Mareb (f. ob. 
S. 76, 78, 79), wie Wellfted meinte, fonvern eine Tagereife öftlich 
von Terim, und ald eine der Hauptſtädte Hadhramauts bei Edriſi 
und Abulfeva befannt. Sie foll eben fo alt fein wie Terim. 

4. EI Sofar (el Sorfa bei v. Hammer), nicht groß, Hat 
aber Gräber, von Heiligen; fchon bei Grabung von ein bis zwei 
Fuß Tiefe in feinem Sandboden kann man überall mit der Hand 
Waſſer ſchöpfen. 

5. Teriſe, größer als Inan (wol Tris bei Niebuhr); das 
Haus des dortigen Dola, richtiger Dewlah (oder Dewlet, d. i. 
Hofhaltung, nad v. Hammer), ift wegen feiner Größe und Feftige 
feit berühmt, und wird, auf einem Berge gelegen, von den Bedui— 
nen für unüberwindlich gehalten. 

6. Sejun, oder Sihun, Seijun, die größte diefer genann— 
ten Städte (Sfiiun bei v. Hammer), zu der nur eine enge 
Schlucht einen Zugang bildet. Sie ift von Mauern umgeben, aber 
ohne Kanonen. Rödiger bemerft Hierzu (Not. 303 zu Wellitev), 
daß fie unftreitig die Seium bei Niebuhr und Seegen (v. Zach 
Correſp. XXVIII. ©. 242), fo wie die Sihun oder Seijüun bei 
Bapt. Haines fei, welche viefem als vie Sapitale von Sadhra= 
maut genannt, und ihre Entfernung von Schibam auf 24 Stun- 
den angegeben wurde 3). 

Diefe Angabe verdient befondere Aufmerkfamteit, da fie aus 
guter Quelle hervorgeht und zu einem Nebe anderer Nouten in 
diefen wenig befannten Lande gehört, Die von der nun fchon be- 
fanntern Stadt Makalla ausgehen. 

Während unferd Aufenthaltes in diefer Stadt, fagt der Capt. 
Haines, zeigte ſich eine treffliche Gelegenheit da8 Innere von 
Hadhramaut zu unterfuchen, die er aber leider vorübergehen laſ— 
fen mußte, weil feine Inftructionen ihm die damit verbundnen Aus— 
gaben nicht zu geftatten fchienen. Wir Fonnten mit dem reichen 
Kaufmanne Sälih ben Abvallah ben Sail gehen, der durch 
einen Flintenſchuß im Arme verwundet war, und zur Küfte Fam, 





*53) Capt. Haines, Mem. 1. c. IX. p. 150. 





Arabien; Küftenterraffe Hadhramaut. 619 


um bei Europiern Hülfe zu fuchen. Er wurde durch den Wund« 
"arzt Dr. Hughes geheilt, ver fich damals als Vaffagier auf dem 
Schiffe Palinurus befand. Zur Dankbarkeit verfprach Salih Je— 
den von und in feine Heimath nah Seijun hin zu geleiten und 
zurüd. Die Route nach diefer Gapitale lautete alfo: 1. Eine 
Tagereiſe von Mafalla nah Tufam; die 2te nach Jebel Akaär; 
die 3te nach Wafel; die Ate nach Raidah, ein Ort von großer 
Ausdehnung, ven Dafis gehörig. Die 5te Tagereife nad) Sa’ah 
de8 Yabari-Tribus; die 6te nach Abd al Beti, bewohnt von 
den Al Tatamin Eiwarmasz; die Tte nach Tarbal; vie Ste 
nach der Gapitale Sihun, weldye beide letztere Stationen im Be— 
fige der Dafais find. Nimmt man 20 engl. Miles (8 Stunden) 
für die Kameelroute jeven Tages, wie dort gebräuchlich, fo wäre 
die Entfernung der Binnen-Gapitale Sihun von ver Küflen« 
ſtadt Mafalla 68 Stunden, oder 32 geogr. Meilen, eine Strede, 
welche von einem Gourier in 4 Tagen zurüdfgelegt zu werben 
pflegt. Derfelbe Kaufmann gab die gejchäßten Entfernungen von 
Sihun nach verfchiedenen Richtungen auf folgende Weile an: nach 
Dau'an (wol Doan?) 36 Stunden; nah Tarim 6 Stunden; nadh 
Ainat 26 Stunden; nad Schibam 24 Stunden. Die ganze Pro— 
vinz von Sihun fei ſehr fruchtbar, voll volfreicher Städte 
und Dörfer; habe Ueberfluß an Wafjer und Dattelmwälvdern. Die - 
Eingebornen von da, welche die Briten zu jehen befamen, zeichne« 
ten ſich ſehr vortheilhaft durch ihre Geftalt aus; fie waren fchlanf 
gewachſen, hatten ſchöne Geſichtsbildung, waren ungemein thätig, 
gut bewaffnet, ihre Luntenflinten und Dolche (Kris) mit Silber 
und Gold ornamentirt. — Aus viefen Angaben, wie aus denen 
v. Wrede'd über die Ereurfion nach dem Wadi Doan geht of— 
fenbar unfere zur Zeit noch jehr große Unmiffenheit über 
Hadhramaut hervor. 

Wellfted führe in Aufzählung der Provinzialftädte alfo 
fort: 

7. Mädudi, am Größe und Ausjehen Terife ähnlich (wol 
Dmdüde bei Niebuhr). 

8. Bor und Tierbi, zwei Städte, die dicht nebeneinander 
liegen; wol Bor und Tarbe bei Niebuhr. 

9. El Gorfah, am Fuß eined Hügels, auf deffen Spige ein 
Gaftell Tiegt; wol El Gurfa bei Niebuhr. 

10. Tomwari, eine große Stadt. 

11. Irttha, Teriſe ähnlich an Umfang. 


620 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


12. Terim (oder Tarim), die größte Stadt in Semen(?), 
mit Mauern und mehrern Thoren, auch berühmten Gräbern. 

13. Thibi (Tibi bei Niebuhr), eine Gruppe Eleiner zer= 
freut liegender Dörfer mit Dattelpflanzungen. 

14. Inad, oder Ainad, jene oben auch Inan bezeichnete 
Stadt, die nach Niebuhr 13 Tagereifen von Kefehin, 7 von Shehr 
und anderthalb von Kubr el Houd liege; fie joll der Geburtsort 
des zu Aden begrabenen Schech Idris, und an Umfang Terim 
gleich fein. 

15. Beled Nebi Houd, Geburtdort des beruhmten Prophe— 
ten (f. ob. ©. 156, vergl. ©. 275), von dem früher die Rede war. 

Als Refultat aller feiner Erfundigungen ſchließt Wellfted 
mit folgender Bemerkung >%) über diefe allgemeinen Verhält— 
niffe Sadhramauts. Ich muß glauben, daß dieſer Landes— 
theil weit mehr bevdlfert ift, ald man biöher annahm. Die 
Städte Inad und Terim folen zehntaufend Einwohner Haben, 
einige der andern genannten nicht viel weniger. Da von Mas 
falla nur wenig Lebensmittel nach Hadhramaut eingeführt wer— 
den, fo könnte jene ftarfe Bevölkerung nicht beftehen, wenn das 
Land eine Wüfte wäre. Und das ift fie auch nach der Schilverung 
der Eingebornen nicht, fondern nach ihnen ift fie reich an Getreide— 
felvern und Gärten, das Land ift gut bewäſſert, reichlich mit Gra— 
fungen bewadhfen, geſchmückt und befchattet mit ftattlichen, hohen 
Baumen. Viele Araber von hier und der benachbarten Provinz 
Jafa (oder Oſchoff) ſchiffen fih nad) Indien ein, um im Dienfte 
dortiger Fürſten ihr Glück zu verfuchen, fie werben von ihnen mes 
gen ihrer Tapferkeit und Ergebenheit gefchäßt. In britifche Dienfte 
gehen fie nicht aus Wivderwillen gegen die ftrenge militairifche Dis— 
eiplin. Auch in die Dienfte weftlicher Fürften Arabiens tre- 
ten diefe Männer von Jafa (Dſchof nannte?) man fie in Je— 
men), mo fie die Freicorps und Söldner des Friegerifchen 
Sheifh Haſſan in Ha8 bildeten, der als Ufurpator Jemens fich 
an die Parthei des Ibrahim Paſcha von Aegypten angeichlojfen 
hatte, als Botta unter feinem Schuge in Jemen botanifirte und 
den Berg Sabber beftieg (1843). Mit dieſen tolfühnen, wilden 
Soldtruppen führen die arabifchen Rebelenhäuptlinge und Ufurpas 


354) Wellsted, Trav. in Arab. 1. c. und bei NRödiger II. ©. 339; J. 
Bird IV. p. 196. 55) P, E. Botta, Relation d’un Voy. dans 
l’Yemen. Paris, 1841. 8. p. 52. 








| 





Arabien; öſtliche Küſte Hadhramauts. 621 


toren ihre Gewaltſtreiche aus. Scheikh Haſſan ſollte deren 6000 
in ſeinem Solde haben, und hatte Emiſſare ausgeſchickt, die ihm 
noch 10,000 werben ſollten. Ihre wilden Proceſſionen, Geſänge, 
Tumulte lernte Botta hinreichend kennen. Ihre Wildheit zu zäh— 
men mußte ſie der Scheikh in verſchiedene Dörfer zerſtreuen, und 
daſelbſt wieder Milizen einſetzen, ihre Wuth zu bändigen; ſie wur— 
den auch als Banditen überall gefürchtet. 

Die ganze Provinz, hörte Wellſted, ſtehe dermalen unter der 
Herrſchaft eines Groß-Schech, Babak ibn Salim genannt 
(Bobak bei J. Bird), dem auch einige der Küſtenſtädte Tribut 
zahlten. Aber feine Macht, obwol ſeit Jahrhunderten im Binnen« 
lande beftehend, jchien nicht weiter zu gehen ald die Macht anderer 
geringerer Schechd, wie fle an den Küften befannt find. 


Erläuterung 2 
Die öftliche Küſte Hadhramauts vom Rabenſchloß Hifn Gho— 
rab an dem Weihrauchgeſtade über Makallah und Shehr 
bis Mifenät. 


1. Die Küfte Hadhramauts von Hifn Ghorab bis 
Makallah. 


Die Localität von Hiſn Ghorab iſt uns aus obigem (ſiehe 
S. 314— 332) hinreichend befannt; wir ſuchen und daher, von die— 
ſem hiſtoriſch wichtigen Mittelpunet jenes Geſtades ausgehend, 
nun an demjelben, nach den neueften VBermeffungen der Briten, zu 
orientiren; und zwar zuerft oſtwärts bis Mifenät, denn bis 
zu der Localität der Haſchiſch-Bay mit der Infelgruppe der 
Beni Zenobi (Euria Dluria), die wir oben (f. ©. 332— 347) 
aud einer eignen Monographie kennen lernten, reicht die Küften- 
aufnahme des Gapt. Haines noch nicht; dann aber wol von dem— 
jelben Hiſn Ghorab, am derſelben Küfte Hadhramauts gegen 
Welten bin bis zur Küftenlanpfchaft von Aden. Wir werben 
auf diefe Weife den Gegenftand unferer Unterfuchung nad) dem ge= 
genwärtigen Bortjchritt ver Beobachtung erfchöpfend be— 
trachten können. 

Dreierlei Hauptquellen, die wir zu vergleichen haben, liegen 
und auf diefer Küftenftredde theilweife vor: die Aufnahme Gapt. 
Hained im Palinurus in dem genannten Zeitraume über die ge— 


622 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 69. 


fammte Küſtenſtreckes6); die Beobachtungen I. Bird's 87) im 
3. 1833 über einzelne Theile verfelben, und diejenigen von Wells 
fted>S) bei feinen wiederholten Bejuchen an dieſen Geftaven, als er 
mit Unterhandlungen für die Einrichtung der Dampfichiffahrtäfte- 
tionen beauftragt war, woran fich noch Beobachtungen einzelner 
Loealitäten von 3. ©. Hulton, I. Smith) und Andern an« 
reihen. | 5; 

Zunächſt oſtwärts des Rabenfchloffes, Hifn Ghorab, 


folgt eine Reihe kleinerer Buchten und gegen den Oſten vorſprin— 


gender Vorgebirge, unter denen Ras el Kelb und Ras Burum 
die beachtenswertheſten ſind, ehe die bis dahin gegen Oſt laufende 
Küſte ſich immer mehr gegen Nordoſt wendet, und daſelbſt die 
große Bai bildet, in welcher Makalla, die wichtigſte Hafenſtadt 
jener Küſte, in der letztern Reihe von Jahren die meiſte Aufmerk— 
ſamkeit auf ſich gezogen hat, und von der auch die wichtigſten 
neuern Beobachtungen über jene Gegenden ausgingen. Wir folgen 
zunächſt vom Rabenſchloß bis zu ihr der Küſtenaufnahme des 
Capt. Haines. 

Anderthalb Stunden im N.O. der Felsſpitze, auf der Hiſn 
Ghorab liegt, erhebt ſich ein kreisrunder, etwa 300 Fuß hoher 
Sandſteinberg, Sharan genannt, dicht am Meeresufer, ver eine 
craterähnliche mit Waſſer gefüllte Vertiefung zeigt, deren Uferrand 
von überhängenden Mangroves- Waldungen bejchattet ift. Die— 
ſes Ereisrunde Baflin, von 2500 Fuß Diameter, fol nad) den Ara 
bern unergründlich tief fein; nur 8 Schritt vom Uferrande maß 
Gapt. Haines eine Tiefe von 66 Fuß (11 Faden); das Waſſer, 
Kharif Sha’ran genannt, war ſalzig, jchwefelhaltig, und man ers 
zählte allerlei Gefchichten davon. Lieutn. Sanders und Dr. Hul— 
ton, welche Capt. Haines dahin begleitet hatten, erfletterten mit 
ihm den hohen Felsberg über dem ande der Vertiefung, von wo 
fih ein fehr romantischer Blick über den Waſſerkreis und die grüne 
Mangrovesumfäumung und fruchtbar blumige Chenen, von nadten 
dürren Felſen überragt, darbot, indeß der Rückblick über die blaue 


356) Capt. Haines, Memoir etc. 1. c. im Journ. of the Lond. Roy. 
Geogr. Soc. 1839. Vol. IX. p. 146 — 156. °”) J. Bird, Esgq. 
South Coast of Arabia, im Journ. of the Lond. Roy. Geogr. Soc. 
1834. Vol. IV. p. 192 — 206. 53) Wellsted, Trav. in Arab. I. 
und bei Nödiger II. S. 326— 334 u. &.340— 357; defien Travels 
to the City of the Chaliphs II. p. 137 — 156. °°) J.G. Hul- 
ton and J. Smith, Account of Inscriptions etc. im Journ, of the 
Lond. Roy. Geogr. Soc. Vol. V. p. 91—101. 


Eee ee 


Arabien; öftliche Küfte Hadhramauts. 623 


Verne. ded Oceans nur von wenigen Infelpuncten unterbrochen ward. 
Die Führer zeigten gegen den Norden eine weite Ebene, Maiden, 
auf der man eine große Menge eiferner Ringe und Klammern ges 
funden haben wollte, wie man fie bei Gavallerielagern für die Hut 
der Pferde zu gebrauchen pflegt, von denen aber die Neifenden des 
Palinurus feine Spur vorfanden. 

Bon hier weiter oſtwärts folgt die VBogelinfel Sikkah 


+ (Sfab oder Djibus) und das Nas Khada) (Makdahah, f. 


ob. ©.616), ein mäßig hoher, dunfelfarbiger Berg am Oftende einer 
gleichnamigen Bay, die er mit dem im Winfel anliegenden Dorfe 
von nur 60 Bemohnern vor den Oftwinden ſchützt. Diefer geringe 
Flecken, nur aus Schilfhütten erbaut, war doc) die Nefivenz eines 
Sultans, des Mohamed ibn Abu DBefr, eines fchöngeftaltes 
ten Mannes, der an Bord des Palinurus eine Vifite machte. ‚Sein 
Haupteinfommen hatte er von dem Dünger der Bogelinfel 
(Siffa bei Haines, f. ob. ©. 313 — 315, deren Eigenthümlichkeit 
auch durch D'Abbadies Bericht von der Ausfage des Arabers 
Kharays beftätigt wird, der fie aber Jezireh Hhamar nannte)$l). 
Der Sultan war den Abdu-l Wahivi tributpflichtig. Die auch von 
MWellfted ſchon genannte Infel Baraghah, ein Hoher Kalkftein« 
feld, bietet doch einige Vegetation dar. 

Charijah, eine von Makdahah landeinwärts zwifchen ver 
erfien und zweiten Küftenfette, 2 Tagereiſen fern gelegene Stadt, 
fol 3000 Einwohner haben. Ihr Gebiet zwijchen den Wahidi— 
bergen ſoll fehr fruchtbar fein, reich an Datteln, wie Viehweide für 
zahlreiche Heerden, welche ftarfe Ausfuhr von Butter (Shi) geſtat— 
ten. Den Namen erklärt Haines, ald iventifch mit dem vulgair« 
ägyptifchen Namen el Chardje, durch exterior, weil ed eine äu— 
Bere Lage, oafengleich, gegen dad Binnenland einnehme. 

Es folgt dad niedrige, fandige Nas el Kelb (Vorge— 
birge des Hundes), unter 14° 1' 40" N.Br. und 48° 46' 50" 
DR.» Gr, 13 Mil. engl. in NO. von Nas Makvahah. Die 
Küfte zu ihm ift fo gefährlich, daß ſtets viele Schiffe an ihr ſchei— 
tern, daher ihr verwünfchter Name. Doc) find die Sundirungen 
gut, um vor den Gefahren zu warnen. 

Bon hier wendet fich das Ufer plöglich gegen NO., 16 Stun« 
den (40 Mil. engl.) bis Diafallah; elende Sandküſte, einige Mi— 


0) Capt. Haines 1. c. p. 147. 9 A. d’Abbadie, Renseign. in 
Bulletin de la Soc. G£ogr. Paris, 1842, T. XVII. p. 131. 


624° Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


led landein Hügel, und dahinter düſtre Bergreihen, fehr fteil, 2000 
bis 4000 Fuß hoch, mit zerriffenen wilden Pils. Nas Nehmat 
ift das nächte Cap, 300 Fuß hoch, ein dunkler Kalkfteinpif, an 
deſſen Südweſtwand der Sand durd den S.W.-Monfun zu größter 
Höhe emporgethürmt wird; deshalb dieſe Stelle tadbireh, dv. i. 
bei Schiffern Winpdftille, genannt; denn an der Gegenfeite des 
Caps jchmeigt derſelbe Monjun, der an der andern tobt. 

Es folgt von hier 17 Mil. engl, over 6 bis 7 Stunden ge= 
gen N.O. ein fehr fühnes, felfiges, hohes Ufer, die Oftgrenze 
des Wahipdis Gebietes, das eine Küftenftrede von 24 Stunden 
Weges (60 Mil. engl.) einnimmt, an welchem feine zwei Hafens 
orte Ba=Ishaf und Hiſn Ghorab liegen. Diefer Wahidi— 
Tribus fol 2000 Musfeten fielen Eönnen, wenn e8 zum Kriege 
fommt. Er ift jehr tapfer, gaftfreundlich, fehr geachtet und von 
den Nachbarn gefürchtet. Ihr Sultan Abdu-l Wähidi gilt für- 
einen rechtlichen Mann, und ift wegen feiner hohen Abftammung 
von großem Einfluß. Abban iſt feine gewöhnliche Nefivenz, die 
eben jo mie jeine zweite Stadt Meifah (ob im Wadi Mefat? f. 
0b. ©. 325) an Größe und Zahl der Eingebornen nicht geringer 
als Mafallah fein fol. 

Es folgt oftwarts dad Nas Aſſaſah oder Nadel Ahmer, 
auch Afr el Hamra (. h. rothe Fußtapfen) eine zwei flarfe 
Stunden weiterhin aus der DBergfette des Binnenlandes in das 
Meer vorlaufende Belsjpige, an deren Seite das Thal Al Ghai— 
dhar fi) zwei kleine Stunden fern vom Ufer hinzieht, welches mit 
den reichften Dattelwäldern geſchmückt ift. 

Dad Ras Burum, das man fihon 15 Stunden weit (38 
Mil. engl.) aus der Ferne hatte hervorragen fehen, erhebt fich kühn 
mit feinen dunfeln, zerriffenen Kalffteinfelfen, unter 14° 18° 30“ 
N.Br. und 49° 325" OL. v. Gr. Zwiſchen ihm und dem vori— 
gen Gap liegt eine Eleine Bay, Ghubbet Kulun, und gegen 
SM. eine andere, in deren Einbucht ein elended Dorf des Be— 
zifhie Tribus von JO Hütten. Dad Dorf Burum liegt aber 
im NW. Winkel einer Heinen Bay im Norden ded Nas Burum, 
am Fuß eines fteil und felfig zur Küfte abftürgenden Bergzuges. 
Ein Balmmald beichattet dad Dorf von 450 ärmlichen Hütten, 
deffen Bewohner, obwol keineswegs an den Anblid der Europäer 
gewöhnt, doch jehr gutmüthig und hülfreich Holz und Waſſer dar« 
boten. Daffelbe fteht, wie Al Ghaidhar, Furwah und andere, 
unter dem Scheich Mohammed Safali, Häuptling des Be— 


Arabien; Hadhramaut, Mafallah. 625 


rifhbi- Tribus, dem mehrere Eleine Stämme zindpflichtig -find. 
Sjilli, eine weiße Mojchee, von einem frommen Manne, dem 
Scheich Wuli, ald Patron ded Dorfes, auf einer Anhöhe erbaut, 
ift fehr meit zu fehen. Die Ihäler landeinwärts find ſchön, reich 
an Durrahfelvern, und von purpurftreifigen 5000 bi8 6000 Buß 
hohen Bergen umgeben, veren Gipfel in ver falten Jahredzeit zu— 
weilen fih ſchneebedeckt zeigen. Heftige und anhaltende Regen 
fallen im November und December, im Juli und Auguft, 
und felbft im April und Mai erlebte Gapt. Hained bier drei 
Regentage. — 

Bis Makallah, eine Strecke von 6 Stunden Weges (15 Mil. 
engl.), folgt nun eine fanft gefhwungere Bay, nur mit niederen 
Sanpfüfte, in deren Hintergrunde ſich jedoch hohe Berge erheben; 
auf halbem Weg zu der genannten Stadt liegt ein einziger Flecken 
Furwah, mit 500 Einwohnern, die man als ein fehr grobes Volk 
fennen lernte. Nah Wellfted gehören fie zum Biur Haſan 
(Rödiger vermuthet Beni Haſan) Tribus; fie bauen viel Ta— 
bad; der Reiſende wird gewarnt, fich allein unter fie zu begeben. 


2. Das Vorgebirge und die Stadt Mafallah. 


Ras Makallan 2) ift vie auslaufende Bergipige aus dem 
Innern, die unter 14° 29° 40 N.Br. und 49° 14° 20" DL. v. Gr. 
die Meereöfüfte erreicht. ine gute DViertelftunde in W.N.W. dies 
ſes Caps liegt ein anveres Ras Marbät mit einem zerftdrten 
Fort, und ein Stündchen in N.W. innerhalb der Bay die Stadt 
Makallah. Diefe hob fich, feitvem Aden in Verfall gerathen 
war, und ift gegenwärtig dad größte Emporium und der Haupt— 
ftapelplag zwifchen Indien und der Berbera- Küfte an der ganzen 
Südküſte Arabiens, auf einer engen Felsſpitze erbaut, die etwas ge= 
gen den Süden vorfpringt, zugleich aber auch im Rücken derfelben 
fi an ven Fuß der Bergfette anlehnt, die bis hierher in 300 Fuß 
hohen rothen Kalkjteinfelien ſich ausdehnt. Auf ihr ſtehen 6 qua« 
dratifche Thürme zum Schug der Stadt erbaut. Faſt unmittelbar 
über diefem felfigen, terrafjenartigen Vorfprung erhebt fich bis zu 
1300 Buß über dem Meere ver Djebel Gharrah, aus dem fchön« 
ften weißen Kalkſtein beftehend, ver ſchon aus einer Verne von 8 
Bis 9 geogr. Meilen erblickt werben kann, indeß die Stadt felbft 


»#®) Capt. Haines, Mem. I, c, IX. p. 149. 
Ritter Erbfunde XII, Rı 


626 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69, 


dem Auge des aus Indien Kommenden durch ihre geſchützte Lage 
lange verborgen bleibt. 

Der nördliche Theil der Stadt ift am Bergabhange bis zur 
Bay Herabgebaut, und im Welten ummauert, wo ein einziges Thor 
zum Gingang dient, dad von Beduinen bewacht mird. An der ans 
dern Seite fünnen große Schiffe dicht am Ufer vor Anker gehen, 
wenn nicht S-W.-Monfun vorherrfcht, deſſen Heftigkeit dann dieſe 
Küfte fehr ausgefegt if. Des Nakib oder Gouverneurd Haus 
ift ein großes Gebäude, deſſen Lage auf 14° 30° 40" N. Br. und 
49° 11° 48" DR. v. Gr. beftimmt wurde. Viele andere Wohnuns 
gen find bloße Schilfhütten (Gajan), dazwiſchen aber, zumal in ver 
eigentlichen Stadt gegen die Seefeite, burgähnliche Steinhäufer und 
Mofcheen, im Saracenenftyl der Kreuzzüge erbaut, hervorragen. 
Die etwa 4500 Bewohner, jagt Capt. Haines, find ein Gemifch 
von Beni Hafan, von Dafa’s und andern Tribus, von Kara— 
chies (vd. i. von der Indusmündung, |. Erdk. V. ©. 477), Bas 
nianen und andern Bremdlingen fat aus allen Theilen der Nach— 
barjchaft. Zu beiden Seiten der Stadt find kleine Baien; die im 
W. ift geſchützt durch Felsriffe, liegt dei Ebbe faft troden und ift 
daher nur ein Hafen für Küftenfahrzeuge und Boote, deren aber 
viele ihn befuchen. An einem Tage zählte Haines 20 verfelben, 
von 100 bis 300 Tonnen Laſt, Die in ihm einfegelten. Der Zoll 
von den indischen Wanren, 5 Procent, wirft beveutende Einkünfte 
‚ab. Die Ausfuhr befand in Gummi, Häuten, ſehr viel Senna, 
etwas Kaffee; die Einfuhr in Baummollenzeugen, Blei, Eijen, Reis, 
<Töpferwaare, diefe meift aus Bombay. Aus Masfat Datteln 
und trockne Früchte; aus Aden Durrah (Hole. sorgh. verſchiedene 
Arten), Bajeri (Panic. spieat.) und Honig; von Mochha aber 
Kaffee. Aus den afrikanischen Häfen von Berbera und Koffeir: 
Schafe, Honig, Aloe, Weihrauch (f. ob. ©. 360) und Selaven. 
Der Küftenhanvel ift ſehr bedeutend, der Sclavenmarft fchaudervoll; 
Capt. Haines fah auf einmal dafelbft 700 nubifche Mädchen, zum 
Preiſe von 7 bis 25 Pfund Sterling die Perfon, zum Verkauf aus— 
geftellt. Im Jahre 1834 betrug der Zoll 800, im J. 1836 über 
1200 Pfd. Sterling. Banianen find die bedeutenpften Kaufleute, 
Unter dem damaligen Nafib, over Häuptling, dem Mohammed 
ben Abdü'l Abid, einem jungen, rechtlichen, fehr geachteten Dann, 
war der Handel im Aufblühen. Da ver Anferplag, bei 7 Buß ho— 
her Fluth, in 8, 10 bis 15 Faden Tiefe auf Sandgrund gut if, 
fo wie auch dad Trinkwaſſer, obwol der große Vorrath deſſelben 


Arabien; Hadhramaut, Mafallah. 627 


für die Schiffe außerhalb der Stadt erft eine Halbe Stunde weit 
bergeholt werden muß, ver Schiffsproviant aber hier am beften an 
der ganzen Küfte zu haben ift, und man den Ort zu einem Koh« 
lendepot für die große Dampfichiffahrt zwifchen Bombay und. 
Suez auserjehen hat, fo muß ver Verkehr unter folchen fchügenven 
Umftänden wol fteigen. Auch Hat fih der Ort feit dem legten 
Jahrzehend ungemein gehoben. So weit der nicht unvortheilhafte 
Bericht von Capt. Haines. 

MWellfted, ver Makallah oder Mafalla (die einzig richtige 
Schreibart nad Rödiger)6) ebenfalls den Saupthafen nennt, und 
der Stadt einige Jahre jpäter ſchon 7000 Einwohner giebt, ſtimmt 
in der Topographie ganz mit obigen Angaben überein; er hält 
‚dafür, daß diefer Ort den portugieflichen Schiffern ganz unbefannt 
geblieben, und daß die erfte Nachricht davon im Jahre 1713 durch 
Thornton gegeben ward 6%), der den Plan der Stadt entwarf, die 
wol überhaupt erft in modernen Zeiten entftanden fein mag. Aus 
der Ferne, vom Meere aus gefehen, fol die Stadt mit ihren oft 
dreiftöcfigen Käufern, deren untere Theile von Stein, die obern von 
Zuftbadftein erbaut find, ein jchloßartiged Anjehn haben, obwol 
viele ver. Gebäude bei näherer Anficht fehr verfallen find. Ihre 
Außenfeiten pflegen nämlich mit einem blendend weißen Mufchelfalt 
übertündyt zu werden, der weit hin leuchtet. Ihre obern Theile, 
bemerkt Wellfted, feien überragend und gegeneinander wie im den 
Städten Oberägyptend geneigt, und erinnerten oft an die maurijche 
Architectur in den Städten Südſpaniens; gegen die Meeresfeite ha— 
ben ſie nur Feine, gewöhnlich vergitterte Fenfteröffnungen, Glas 
fehlt ganz, auch find die Erdgeſchoſſe ohne die Gewölbe, welche die 
Bauart von Mochha und Dijivda auszeichnet. Die platten Dächer, 
mit ihren fühlen Terraffen und gezähnten Balüftravden und Wacht— 
thürmen umgeben, dienen zu Schlafftätten in den heifen Monaten 
vom April und Mai an, und find der Aufenthalt der abgejonder« 
ten Harems. Die Ihüren find niedrig, die untern Gingänge zu 
den obern Gtagen abfichtlid enge und dunfel, um ſie von innen 
feftungsartig verthetvigen zu Fünnen, zumal bei den größern Ges 
baͤuden, 3. B. des Gouverneurd, dad durch viele Hinderniſſe in den 
verdeckten Gingängen ganz dazu geeignet fein würde, eine fürmliche 
Belagerung auszuhalten. Ueberhaupt hat jedes Haus feine Schieß— 





”, Rödiger bei Wellftev II. ©, 327 Not. 292. 9 Wellsted, Trav. 
to the City II. p. 137. 


Nr2 


628 DWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


fcharten, feine Brunnen oder Gifternen. Cine große Vorftadt aus 
Schilfhütten oder Baumzmweigen, für arabifche Seeleute, So— 
mauli und Sclaven, liegt am Abhange gegen dad Gebirge hin, 
am Strande aber eine lange Reihe von Fifcherhütten und von Werk— 
ftätten für die Schmiede aus Zanzibar, und dahinter ver Ba— 
zar für ihre Babrifate, die in Lanzenfpigen, Frummen Mefjern, Dol« 
hen (Oſchenbie), Nigeln und Schiffsmwerfzeugen beitehen, die viefe 
Arbeiter beſſer al3 die indiſchen zu fertigen wiſſen. Eben da 
wohnen audy die Barbiere und die Chirurgen; da find die Oel— 
preffen errichtet für den Sefam u. |. w. Viele Häufer der Stadt 
find bis dicht an das Meer gebaut, weil eine vorliegende Klippe 
die heftige Brandung bricht, die font bei S.W.-Monfun diejelben 
überfluthen würde. 

Die Einwohner Mafallahs fand Wellfted, wie überhaupt 
in allen arabiſchen Seeſtädten Hadhramauts, mehrfach von denen 
Dmand verfchteden; fie find fehr vunfelfarbig, braun, fonnen« 
verbrannt, fehr mager, aber energifch in ihren Bemegungen, meift 
unter mittler Statur; fie tragen das Saar weder gejchoren noch 
geflochten, fondern laſſen es in fraufen Locken über die Schultern 
hängen, oder nach Hinten in dicke Büfchel zufammengebunden in 
einen ledernen Beutel ſtecken, alfo in eine Art Saarbeutel. 
Ihre fparfame Kleidung, mehr ver ver indifchen Mohamedaner ähn— 
lich als mit der nationalsarabifchen Tracht übereinftimmend, befteht 
meift nur flatt des langen blauen Baummollgemandes, das die Eins 
wohner von Aegypten und Syrien tragen, in einem Furzen Hemde, 
das bis in die Mitte des Leibes reicht; Lenden und Schenkel wer« 
den durch blaugeftreiftes Baummollenzeug bevedt, dad ein 
Iederner Gürtel feftbält; in dieſem trägt Jedermann feinen Dolch 
(Dſchenbie, öfter in filberner Scheide), und wer es erichwingen 
fann, feine Piftole und das meſſingne Schiegpulverhorn. Die meis 
ften, jelbft die Scheifh8, geben barfuß, wenige tragen leichte Sans 
dalen; auf dem Kopf einen fehlechten Turban, oder ein bloßer Strid 
ift um das Haar gebunden. Viele der Eingebornen Makallahs ver« 
heirathen fich mit Indierinnen aus Guzurate, felbft ver Scheifh 
hatte zu I. Bird’3 Zeit (1833) eine Tochter ded dortigen Chefs 
zur Gemahlin. Daher fchmelzen hier indifche mit arabiſchen 
Sitten zufammen, wie auch die Schiffahrt und der Handel 
beive Geſtade in vielfachen Verkehr fest. 

Noch vor wenigen Jahrzehenden war die Stadt von außen her 
nicht felten durch Gorfaren bedroht; die britifch-oftindifchen Kriegs— 


Arabien; Hadhramaut, Makallah. 629 


ſchiffe, die hier fortwährend kreuzten, ſo wie die regelmäßig gewor— 
dene oſtindiſche Dampfſchiffahrt haben dieſe Verhältniſſe vortheilhaft 
verändert, und niemals iſt wol das arabiſche Meer ſo friedlich ge— 
weſen wie in der Gegenwart. Nur gegen Beduinenüberfälle aus 
dem Binnenlande muß man auf der Hut fein, jo wie die eins 
heimifche Tyrannei nicht felten Störungen herbeiführt. 3. Bird 
befuchte die Stadt (1833) 6°), ald eben erft der achtzigjährige Greis 
Scheikh Abdu'l Rab in ven Quartieren der Stadt felbft, durch 
Vergiftung feines jüngern Bruderd, Abdu'l-Habib, ver ihm die 
Aleingewalt ftreitig gemacht, einem Bürgerfriege ein Ende gemacht 
hatte, und durch eine ftarfe Leibwache aus Sclaven, afrifant« 
hen Subaili (Somahil, verfchieden von den Somauli) und Re— 
eruten alles in Schreden jeßte, und ſich gegen feine eignen Haus— 
freunde wie gegen die rebellirenden kleinern Scheifhs zu fichern 
fuchte, über deren zehn bis zwölf Städte er fich die Tributpflichtige 
feit gewaltſam zugeeignet hatte. 

Gegen die einheimijchen Araber bilden die Fremdlinge, Ans 
fiedler, Handelöleute over Sclaven, den größten Gegenfaß; 
jo zumal die fchöngeftalteten, faft unbefleiveten afrifanijchen So— 
mauli, die nur ein Tuch um die Hüften und ein weißes Hemd 
nachläſſig über die Schultern gehängt tragen, in ihrem fühnen, rits 
terlihen Schritt gegen die fchleichenvden Bewegungen des feigen Ba— 
nianen und Hindu Kaufmanns, ver in feinem weitfaltigen, 
weißen Gewande (Dhotar) Hier nur im elenden Exil lebt, um durch 
Sclauheit Geldſummen zufammen zu fchachern. 

Diefe Somauli, die interefjanteften 66) dieſer Fremdlinge, hal— 
ten fich meift nur fo lange in Mafallah auf, bi ihre Waaren» 
lager leer find, in denen fie Gummi, Kaffee, ihre Schafe 
u. ſ. w. feil bieten, und ihre Einkäufe von arabiſchem Tabad, 
Indigo, von indischen Waaren, zumal blau gefärbten Baumwollen— 
zeugen, Die zur Landestracht ver Afrikaner gehören, beenvigt haben. 
Dann fteuern fie, viel Eühner ald die arabifchen Küftenfchiffer, in 
ihren geringen Barken oft quer über den bewegten Golf, wohin 
fi diefe nicht wagen, von Mafalla nach Adel und Berbera 
hinüber, und janımeln bedeutende Neichthümer. Dieſer fehr fehöne 
Menſchenſchlag iſt leicht von allen andern- zu unterſcheiden, durch 


98) 5, Bird 1. c. IV. p. 193. *°) Wellsted, Trav. to the City 
‚etc. II. p. 141; derſ. bei Rödiger II. ©. 331; bei J. Bird l. c. 
p- 194. 


630 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


ihr martialifches Anfehn, ihre hohe Statur, ihre fchlanfen Glieder 
und ihr lockig herabmwallendes meiches Haar, das fie künſtlich in 
Flachsfarbe, ſchon von Kinpheit auf, umzufärben pflegen. Sie bil 
den dadurch ſchon einen grellen Contraſt gegen ihre andern afrifa= 
niſchen Landsleute und Nachbarn, die Sowahal (Suhaili) von 
Ajam, die zwar nicht die Wurftlippen und vorfpringenven Kiefer 
‚ der Neger haben, aber mit ihnen die Ebenholzſchwärze ver 
Haut und des krauſen Wollhaars theilen. Die Hautfarbe 
jener Somauli, unter denen man jelten ſtämmige oder fleine Leute 
ſieht, da fie fat alle vie Höhe von 5 Fuß 9 Zoll bis 6 F. 2 23. 
erreichen, ift nicht Schwarz, aber dunkel, glänzend; das DBleichen 
der Haare in gelb oder blond gefchieht durch Beize von Mufchel« 
kalk, mit dem fie den Kopf beftreichen. Ihre Geſichtsbildung 
it fehr regelmäßig, mit gebogner Naſe, mildem und doch kühnem 
Ausdruck, voll Offenheit und Freimürbigfeit. Zwiſchen ihnen und 
den arabifchen Städtern, die fie ald grobe Bauern verachten, berrfcht 
gegenfeitiger Winerwille, indeß fie eine gewiffe Sympathie für vie 
Briten zeigen. Durch ihre Betriebſamkeit und Fühne Schif— 
fahrt erhält Süparabien vom afrifanifchen Gegengeftade feinen Ue— 
berfluß vorzüglich an Schafen, die dort von eigenthümlicher Race 
find. Sie find weit größer als die in Arabien einheimifchen Scyafe, 
haben im Naden eine Art lappiger Wampe, wie Kühe, ſtets fchwar« 
zen Kopf und weiße Wolle, die aber mehr in Haar audartet. 
Mährend der Ueberfahrt, vie meift 3 Tage dauert, erhalten fie mes 
der Futter noch zu faufen, dennoch kommen fie feift auf den Marft, 
wo ihr Fleisch ſehr gefchägt ift, und das Stüf mit ein bis zmei 
Dolar bezahlt wird. 

Banianen, die vorzüglich von Surate, Burbunder und 
von andern weitentlegnen indifchen Marftorten in die meiften ara— 
bischen Städte, um des Gewinns willen, einmwandern, um’ fich da— 
felbft ein Gapital zu erwerben, mit dem fie dann in ihre Heimath 
zurücgeben, fehlen au in Makallah nicht. Bei Drud und Ver— 
achtung treiben fie fich doc) gern im der Fremde einfam ohne Weis 
ber herum, da Fein Araber ihnen feine Tochter anvertrauen würde, 
und ihr Cultus die Vermifchung mit Moölemen perhorredcirt. In 
ihrer jeigen, aber conjequenten und Elugen Handelsweiſe ſind ſie 
doch überall ven Arabern überlegen, und haben ven Hauptgewinn 
des arabifchen Küftenhanpels in ihrer Gewalt. In Oman, zumal 
in Masfat, find fie feit alten Zeiten ganz zu Haus und bejigen 
da große Reichthümer (ſ. ob. ©. 540). In Moch ha und den weſt⸗ 


Arabien; Hadhramant, Mafallah. 631 


lichern arabifchen Stäoten find fie zu ſehr verachtet. In Mafal- 
lah Haben fie noch freien Gultus, nur find fie gezwungen dafelbft, 
ihre Todten fatt zu verbrennen, in der Erve zu begraben. Auch 
halten fie hier wie in Maskat ihre heiligen Kühe, die den Markt— 
leuten jedoch ſehr beichwerlich durch ihre Zudringlichfeit werden, da 
fie alle Kornfäcke, Gemüfe u. f. mw. befchnuppern, und von den Bas 
nianen immer nur mit fanften Worten ohne Züchtigung zurüdfges 
wieſen werden, welche fie nur von ven Arabern zu erwarten haben 
und deshalb veren Boutifen weniger bejchwerlich werben. 

Außer diefen machen noch die Sclaven, oder die durch den 
Tod ihrer Herren frei gewordnen Neger, einen wichtigen Bes 
ſtandtheil der Bevölkerung der arabifchen Küftenftädte und fo au 
hier von Mafallah aus. Sie ftehen nicht felten wie die So» 
wahil (j. 06. ©. 629) ald Soldtruppen im Dienfte der Häupt— 
linge, dienen aber auch fehr Häufig als Matrojen auf allen 
Schiffen des Verfergolfs und des Rothen Meeres, unter arabijchen, 
indifchen und europaifchen Seecapitainen. Ihre riefige und mus— 
fulöfe Geftalt, ihre Ausdauer und Kraft, ihre kühnſte Tapferkeit in 
den blutigften Gefechten, hat fie fehr beliebt und in großer Anzahl 
hier einheimifch gemacht. Sie werden von ihren Herrn im Orient 
milver behandelt ald irgend wo; werven fie Moslemen, fo fpeifen 
fie mit am Familientiſch, werden nie hart gezüchtigt oder angere— 
det; ja fie fünnen auf Verkauf untragen, wenn fie unzufrieden find 
mit ihren Gebietern. Aber bei den guten Anlagen, die oft ihre in 
Arabien und Indien im Haufe gebornen Nachfömmlinge zeigen, ftei« 
gen diefe oft durch das Vertrauen ihrer Herren zu den erften Po— 
ſten der Schifföcapitaine auf, die fir ihre Kaufheren die Waaren 
in die fremden Häfen jteuern und dort für fie verhandeln. Daher 
ift der Sclavenmarft audy in Makallah ſtets belebt. Die Sowa— 
bil (Suhili, Sowyly, richtiger Sawähili, d.h. Küftenbemoh- 
ner von Zanzibar)6”), welde zu Wellſted's Zeit ald Scla= 
ven im Dienfte des Scheifb von Mafallah flanden, waren zus 
gleich deffen Polizeidiener, melde die gute Ordnung in der 
Stadt aufrecht erhalten jollten. Das friedliche Handeldintereffe war 
ſchon vorherrjchend geworden gegen dad frühere Raubſyſtem, va 
man am offenen Strande die Güter unbewacht liegen laſſen konnte 
und der Dieb durch ftrenge Strafen (Abhauen der Hände) beftraft 
ward; doc fehlte es von Zeit zu Zeit bei der willführlichen Bes 


367) Roͤdiger bei Wellitev a. a. O. II, ©, 333, Not, 296. 


632 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


drückung der Häuptlinge nicht an Empörungen. Bei einer der lee 
tern in welcher Abdu'l Abid die Oberhand gewann, feste er fo= 
gleich die Zölle von 10 auf 5 bis 4 Procent ‚herab, ficherte da— 
durch nicht nur fein Supremat, ſondern vermehrte zu gleicher Zeit 
die Anfievlung in der Stadt und ihren Handel fo bedeutend, daß 
feine Zolleinnahme auf die bi8 dahin unerhörte Summe von 20000 
Dodar ftieg, woraus fich auf die Wichtigfeit des damaligen Ver— 
kehrs zurücichliegen laßt. Doc befaß der Hafen von Mafals 
lah 68) noch nicht mehr als etwa 20 eigene Schiffe, und vie Ans 
fuhrt von Indien und zum Nothen Meere, mit Datteln, Schwefel, 
Blinten yon Masfat, mit Baummolle, Neid, Zucker aus Indien 
und Sclaven aus Afrika, mußte am meiften abwerfen. Außer eng« 
lifchen find es zumal auch amerifanijche Schiffe, die auf ihren Welt« 
reifen dort fich zu ihren weitern Fahrten zu verproviantiren fuchen. 
Zu den einheimifchen Producten, die von hier Abſatz finden, gehö— 
ven außer den fchon genannten auch getrodnete Fiſche umd 
Haifiſchſchuppen; aus ven nächſten Bergthälern Tabad, der 
dafelbft, 3. B. auch zu Fuwa, in Menge gebaut wird (jährlidy 
5000 Ballen Ausfuhr, 50,000 Dolar an Werth, nad) der Sowa— 
hilfüfte), und Indigo, an dem Arabien ebenfalls Ueberfluß zeigt, 
wenn er auch weniger in den Handel kommt als der indiſche und 
ichlecht bereitet wird. 

Die Bergzüge welche zunächſt Mafallah ohne vorliegen« 
den flachen Strand an das Meer floßen, aus Kalkſtein beftehen 
und von Sandfteinbäanfen durchzogen find, machten auf 3. Bird 69) 
denfelben Eindruck, wie die Küftenkette von Koffeir, over die 
Uferberge am Nil in Aegypten. Un dem Fuße des höchften Vers 
ges in N.W. der Stadt fand er ein Lager von Trapp-Breccie, 
dad ſich von da längs der Oftfeite eined engen Thales Hinzieht, 
darin jener kleine Bergftrom guten Waſſers zur Stadt eilt, der 
feine Quelle in dem eine gute Stunde von derfelben entfernt lie 
genden Dorfe Bahrein (wol irrig Bakrein bei Wellfted) hat. 
Auf dem Wege dahin ſetzen Schichten von fecundairem Sand— 
ftein, von D. nah W., durch die Kalkformation. Nahe Bah— 
rein ipringt eine heiße Duelle, deren Temperatur I. Bird auf 
29° 35’ Reaum. (98° Fahrh. nad Bird; Wellfted fand nur 93° F., 
alfo 27° 11’ R.) beftimmte. Auch treten bier Falte Duellen ber- 


»e®) Wellsted, Trav. to the City etc. II. p.145. °°) J. Bird l.c. 
IV. p 196. 


Arabien; Hadhramant, Makallah. 633 


vor, die das Trinkwaſſer für die Schiffsladungen abgeben. Nach 
MWellfted ’0) ift die Schlucht von Bahrein fehr jchroff, in ihr bil— 
det der Bach eine Neihe von Teichen, die zur Bewäſſerung des 
Thales dienen, deſſen Lehmboden große Fruchtbarkeit zeigt. Hier 
find daher gute Balmhaine und andere Obftgärten, in denen 
MWellfted die erſten Kokosnußbäume und audı Kafhubäume 
(Caſhew) angepflanzt jah. Im Norden des Dorf3, durch welches 
öfter Beduinenüberfälle von der Landſeite flattfinden könn— 
ten, wenn nicht eben hier die Schluchtzugänge zur Stadt durch 
Thurmfeften vominirt würden, zieht eine Straße über das Fels— 
gebirge und dann weiter über mehrere Bergfetter und Durch tiefe 
Schluchten, die nur mit wenig früppligem Gebüſch und Weide für 
die Ziegen und Kameele der Beduinen, die hier haufen, bevedt find. 
So weit das Auge von hier reichte, Fonnte I. Bird nichtd er— 
blicken, ald folche Aufeinanverfolge von Bergen und Einſenkungen, 
der Schlucht von Bahrein ähnlich, vie oafengleih von einander 
geſondert fich im verfelben Richtung fortziehen. In vielen, fagte 
man ihm, feien Eleine Bäche, die eben ſolche Dattelhaine bewäſſern; 
ihmen zur Seite ſah man terraffenartig emporgebaute cultivirte 
Fruchtäcker, melde mit Durra (Holcus sorghum) und andern 
Gewächſen bepflangt werten, und auch hier und da mit dem Ka— 
ſchu-Nußbaum, den die Araber Baidan nennen. Bei vorherr— 
ſchenden S.W.-Monfun, die im Juni und Juli Negen bringen, 
ſchwellen diefe Bäche öfter zu reißenden Strömen an, die dann 
auch die Fruchtbarkeit des Bodens wennhin ausgubriten ver⸗ 
mögen. 

Folgt man der Richtung der Bahrein-Schlucht und der 
folgenden Einjenfungen, fo fanı man, nah I. Bird's Erkundi— 
gungen, in 5 Tagemärjchen, zu Gel, die Stadt Hadhramaut 
erreichen, die 20 geogr. Meilen (100 Mil. engl.) fern liegen foll. 
Bei ver Annäherung zu ihr, fagte man, würden die Thäler weiter, 
der tieffruchtbare Boden gebe herrliche Datteln in Ueberfluß. Wie 
fih nun diefe Stadt zu der obengenannten Gapitale Sihun ver— 
halten mag, ift und unbefannt, da ed noch feinem Guropäer ges 
lang, bis zu beiden vorzudringen. Als e8 dem Fühnen franzöfifchen 
Reiſenden AUrnaud Lt) im Jahre 1843 im Juli gelungen war, von 


’°) Wellsted, Trav., und bei Nödiger I. ©. 335. ) Arnaud, 
Relation d’ un Voyage ! a Mareh etc, in Journ, Asiat, Quatr. Ser, 
T. V. 1845. p. 317. 


634 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


Sanaa in Iemen bis zu den antiken Ruinen von Seede oder 


Sidi Mareb (f. ob. ©. 74) vorzudringen, erfuhr er, von einem 
dortigen Neifenden, daß Mafallah von Mareb in 15 Tagereifen 
zu erreichen ſei; auch hörte er die Gtationen dahin mit Namen 
nennen, der Weg fer gangbar und von dem Pilger, der aus In— 
dien nach Mareb zurückgekehrt war, felbft begangen worden. 


3. Die Hadhramaut-Küſte oſtwärts von Mafallah bis 
Shehr und Miſenät. 


Kehren wir zur arabifchen Küfte oſtwärts Makallah zu⸗ 
rück, jo zeigt ſich dieſe dem aus dem indiſchen Ocean Herbeiſchiffen— 
ven characteriſtiſch?) von dem Geſtade Indiens verſchieden. 
Satt der zerriſſenen Amygdaloiden und baſaltiſchen Küſten— 
züge Indiens, mit ihren rothen, eiſenſchüſſigen, aber mit 
Gras und Gebüſch bewachsnen Bergabhängen, treten bier 
in Arabien vie ſenkrechten Kalfitein= und Sandſteinklip— 
pen auf, die am Meeresufer mit weißen Kalferven und jundigen 
Nievrungen am Strande entlang abmwechjeln, oder die doch öfter 
denjelben vorliegen. Unendliche Reihen nadter Klippen over 
Sandhaufen, mit Trümmern von Trapptuff oder Breccien 
überjchüttet, auf denen fein grünes Blatt zu fjehen ijt, ziehen 
dicht am Geftade entlang; landein aber erheben fich ftatt der dicht— 
grünen, tropiichen Waldgone der obern Züge ver Ghats in Mala- 
bar, im Innern Hadhramauts jene einförmigen Contoure 
gleih body fortlaufender Berglinien, die nur den An— 
fchein eines fernen braunen oder widriggrauen, öden Hoch— 
landes ohne alle vegetative Befleidung darbieten. Selbſt 
da wo, mie weiter oftwärts, nahe dem Gap Fartak, am Ras 
Sharwan um Keichin, Trappformationen dem arabifchen 
Plateaulande mehr burgartige Contoure geben, wie diefe auch 
an den Küften von Dekan vorherrfchend find,’ geräth doch über vie 
völlige Nadtheit und öde Klippeneinfamfeit und ewige 
Dürre das Auge des DVorüberfchiffenden in gerechted Erſtaunen. 
So verfchieden die phyſiſche Natur diefer Geftade, fo contraftirend 
ift auch die Art ihrer Bewohner, ver Thiere wie der Menfchen. 

Dom Nas Mafallab, jagt Capt. Hained, zieht ſich Die 
Küfte an 16 Stunden (40 Mil. engl.) weiter gleichartig gegen 


»72) J, Bird 1. c. IV. p. 192, 


Arabien; Hadhramaut, Schechr. 635 


N.O. fort bis zu den Klippen von Hami?s). Ueberall ift Bier 
im Abftande von 4 engl. Mil. vom Ufer eine fchnel abfallenvde 
Meersstiefe von 600 Fuß (100 Faden), und der Boden Sund und 
Muſchelgrund. Zunähft im NO. des Nas Mafallah liegt vie 
Heine Ankerftele Bender Roweüniz; ein guter Schuß für die Kü— 
ftenfchiffe (Bagalas) bei S.W.-Monſun. Zwei Mil. weiter liegt 
das Dorf Raghib, mit einer großen alten Mofchee. Die Küfte 
ift ungemein fifchreich, ihre Anwohner ſchienen insgefammt Fi- 
fher zu fein. Buheifh, 3 Mil. engl. weiter, ift ein Dorf in 
Dattelhainen mit gutem Waſſer. 

Shehr, einft eine blühende Stadt, ift gegenwärtig nur eine 
elende Gruppe von Hütten, mit einem alten Fort, dad dicht am 
Ufer unter 14° 38° 30 N.Br. und 49° 27’ 35" DL. v. Gr. liegt. 
Hier war früher die Ntefivenz der Kaſaiüdi-Tribus; jegt ift dies 
verarmte Dorf nur nody von dreihundert Fifchern bewohnt. Zwei 
Feine Stunden (4 Mil. engl.) landein, gegen N.W., liegt das Städt— 
chen Suf el Baſſir (Suku'l Bafir) mit 4500 Ginwohnern, defs 
fen Moicheen man aus ver Ferne über ven Dattelwäldern hervor— 
ragen ſah. Das Thal dahinwärts fchien mit üppiger Vegeta— 
tion bedeckt; Datteln, Tabak, Gemüfe, treffliches Waller hatte man 
in Ueberfluß. Nur 2 Stunven (5 Mil. engl.) in NO. von da 

erhebt fich der hohe Tafelberg, Dſhebel Dhebah (dv. h. ver 
Hyänenberg), der ganz ifolirt von allen andern über dem Ufer 
eine gute Landmarke abgiebt, vie fchon von Mafallah aus ficht— 
bar ift. 

Es folgt Saffa, ein netted Dorf von Dattelhainen umgeben; 
4 Mil. engl. gegen Oft das zerftörte Dorf Mujarijän, wo aber 
gutes Waſſer. Hier zieht ſich Schechr die Hauptſtadt des Di— 
ſtriets gleichen Namens am Ufer hin, dem dieſe richtigſte 
Schreibart 73) angehört, der aber viele Verdrehungen und irrige 
Schreibweifen erlitten Hat. (Sadyalited, Syagros, Saugra, Sachar, 
Shahar, Escier, Xaer, A Sther, Schihr, Chedjer u. f. m., f. ob. 
©. 265 u. f.) 

Das fefte Gaftell, die Reſidenz des Sultan, auf einer An— 
höhe in ver Mitte des Ortes, beftimmte Gapt. Saine8 75) auf 14° 
43' 30" N.Br. und 49” 40’ DL. v. Gr. Die Stadt ift im Trian— 
gel gebaut, die Wohnungen liegen ſehr zerftreut, jind aber wohl— 





) Capt. Haines I. e, IX. p. 150. ) Mödiger bei Wellited II, 
&.340, Not. 340. 9 Capt. Haines ]. c. p. 152. 


636 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


häbig und geräumig für ihre 6000 Einwohner, die Gegend bietet 
guten Proviant für die Schiffe, das Waller ift fchlecht, ver Handel 
bedeutend, die Vabrifen liefern grobe Yaummollwaare, Wulver und 
andere Kriegsbedürfnifie. Der Zol fol jährlih 5000 Dollar ein— 
bringen. Kein Hafen, fondern nur eine offene Rheede mit Anfer- 
grund, eine Mile vom Ufer, bei 7 bis S Faden Tiefe, dient zur 
Schifferftation. Zwei Fleine Stunden (4 Mil. engl.) im N.D. er= 
hebt fich dicht am Ufer ver ifolirte Dſchebel Safalif wie der 
Dheb’ah, eine gute Landmarfe, zumal da er auf feinem Gipfel 
eine Ruine mit Mauer und Terraffe Tarbietet. Der Sultan des 
dortigen Samum-Tribus, den die Briten unter denn Namen 
Scheikh Ali ibn Naäafir fennen lernten, war erſt 30 Jahr alt, 
und ein ausgezeichneter Mann, der eine bewaffnete Macht von 7000 
Musketen ftellen fonnte. Man erfuhr, daß der Samum-Tribud 
aus einem Dutzend geringerer Stämme beſtehe. Man nannte fie: 
Beit Ali (Zelt-Alis), Beit Aghraf, B. Ghorab, B. Su 
Salih, B. Subhi, B. Hamudiyah, B. Shenein, B. Kar— 
zet, Barwäfhi, Sail, Haffam und Sur. Zu ihnen gehör— 
ten mit der Gapitale zwanzig Städte und Dörfer, die man in 
folgender Lifte alfo aufführte: Defeighah, Sewan, Nagfar, Ariyah, 
Tiklidah, Karadah, Taballah, Wäfalat, Arab, Bu'ish, Zaghafah, 
Sa'id, Dau'an, Mayu', Arif, Mayan Abäduh, Ma'du, Ararah, 
Musayyid. Wellſted, der von Makallah aus eine Excurſion 
nach derſelben Stadt Schechr (er ſchreibt Shaher)’%) machte, 
‚nennt fie die größte Stadt an der Küſte. Das Haus des Sheikh, 
das dicht am Strande liegt, fagt er, habe nur die Größe vor den 
andern Häuſern der Stadt voraus; gleich daran, ſtoße dad Gefäng— 
niß; Moſcheen befinden fich in der Stadt mehrere, die größte der— 
ſelben iſt wie die in Aden dem Schech Idris geweiht. Ein off— 
ner Raum vor dem Hauſe des Sheikh iſt der Baſar, wo aber keine 
Kaffees ſind, die doch durch ganz Arabien gehen. Hier hält man 
es für unanſtändig, öffentlich Kaffee zu trinken. Jeder— 
mann trägt jedoch fein Kaffeegeſchirr, und ſelbſt der Sheikh, in 
einem fleinen Körbchen mit fich herum, wohin es aud) geben mag. 
Wegen häufiger Auswanderungen, die hier wie in Oman flattfin- 
den, erfuhr man, wechſeln Hier nicht felten die Herrfcherfamilien. 
Nur vor kurzer Zeit noch befaßen die Dſcha'faris die ganze Küfte; 


376) Wellsted, Trav. bei Nödiger II. ©. 340— 357; der. Trav. to 
the City 1, c. 11. p. 149. 


Arabien; Hadhramant, Schechr. 637 


ihnen folgten die Guthuren und dieſen der jeßige Beherrſcher, 
den Wellftev Ali Ney nennt, obgleich er verfelbe tüchtige, drei— 
Bigjährige Mann ift, den er für ein wahres Mufter eines arabis 
fchen Häuptlings erklärt. Schön, ſchlank, Höchft elegant gefleivet, 
die Fingerfpigen in Kenne getaucht, die Augenwimpern dur An— 
timonium gefehwärzt, mit den höflichften Dlanieren, vol Givilifas 
tion ift er, gleich dem Chef von Mafallah, ein gebildeter Mann für 
jedwede Geſellſchaft. Dabei aber ift feine Herrichaft jehr mild und 
tolerant, und doch ftreng, feine Gerechtigfeit weit und breit ge= 
rühmt. An Streit und Fehden fehlt e8 nicht, weder unter den 
Großen noch unter dem geringen Bolfe; aber Verbrechen find fels 
ten. Vor einigen Jahren, als der alte Gouverneur von Makallah 
geftorben war, gab es acht Tage lang Gefechte in der Stadt, bis 
die Suceeffion entfchievden war; fo auch hier; obgleich vie Herr— 
ſchaft erblich, fiegt Doch, wer das meifte Geld an die Beduinen zahlt, 
die durch ihre Macht ven Ausschlag geben. Deffentliche Sicherheit 
für die ohne Wache ausgelegten Waaren findet auc hier wie in 
Mafallah ftatt. Dem Diebe wird die Sand abgehauen, der Kopf 
geichoren, er auf dem Ejel durch die Stadt geführt, verhöhnt und 
in dad Gefängniß geworfen. Bei Wellſted's Befuh zu Schechr 
lagen mehrere Näuber im Gefängnißthurm an Händen und Füßen 
in Eifen; ihr Löfegeld mar auf 40 Dollar geftellt,; an Speife fehlte 
es ihnen nicht, fie lachten beim Beſuche des Fremden. Der Dewla 
oder Gouverneur ift in eigner Verſon Richter, von dem es Feine 
Appellation giebt; mehrere Beduinen kamen aus weiter Ferne, um 
ihren Streit bei ihm fchlichten zu Iaffen, da er als gerechter Niche 
ter allgemeines DBertrauen bejaß. 

Als zwei Gegner, die fich gegenfeitig wegen Schimpfrevden bei 
ihm verflagten, ordentlich verhört waren, und nachdem die Beſchul— 
digung vollftändig erwiefen war, fagte Ali Ney den Richterſpruch: 
„Böfe Worte geben böfe Thaten; ver Schuldige foll 10 
Dollar zahlen,” und zu den britiichen Officieren, die ihm zur 
Seite ftanden: die Sache ift fchneller abgemacht, ald eure Kadis in 
Indien fie abgemacht haben würden. Die Langſamkeit des englie 
fchen Gerichtöverfahrend war ihm durch die Banianen befannt. Nur 
allein dem Sheifh geftattet die Ortöfitte durch die Stadt zu reis 
ten, alle andern müjfen zu Buß gehen. Seine Würde ift dem 
Namen nady erblich, aber durch einflußreiche Glieder wird das Recht 
der Erftgeburt oft übergangen. Dann entjteht unter den Präten— 
denten die Fehde; dem Stärkern unterwirft fi) dann aber auch 


Jedermann. Seine Macht ift eine abfolute, unumfchränfte, die aber, 
wenn fie mißfällt, durch Empörung verdrängt wird. 

Dad Volk ift Hier, an der Südküſte Arabieng, fehr verfchieven 
von dem im Norden der Halbinſel; die obern Claſſen ſtammen 
meift aus dem Berglande Jafas over Hadhramauts, haben hel- 
Iere Barbe, ſchöne Geſichtsbildung, viel Jüdiſches, vergeffen oft ihr 
eigned Alter, bewahren aber genau die Erinnerung an ihre Abs 
ftammung. Die untern Glaffen lieben das Seeleben, find die 
beften Matrofen, leidenſchaftliche Tabacksraucher, ziehen gern 
in weite Fernen. In der Stadt find viele Mofcheen, meift rohe 
Bauten, doch von Colonnaden mit Spigbögen umgeben. Einer 
Teier des Id-(ober Aid-) Feſtes, bei welchem Luſt und Fröhlich— 
keit vorherrſcht, wohnte Wellſted in Schechr bei. Das gewöhn— 
liche kurze einfache Hemd wurde mit den reichſten Gewanden ge— 
wechſelt. Purpur und Scharlach, gelbe und andere köſtliche Tur— 
bane und Feierkleider wurden zu Ehren Abrahams, wegen Errettung 
Iſaaks vom Opfertode, angethan. Weiber hingen eigene Schleier, 
mit vier oder mehrern viereckigen Löchern um, die mit Silber- oder 
Goldtrejfen durchwirft waren. Kinder wurden mit Silberfhmud 
beladen. An einem Mädchen von 16 Jahren zählte Wellfted 50 
Ohrringe, und noch filberne Nöhren und 3 Zoll lange Eylinver um 
Kopf und Hals gezogen. Die Gefichter wurden mit farbigen ins 
diichen Präparaten bemalt, mit Linien, Sternen und Figuren bee 
det, jo daß fie den tätowirten Neufeeländern nicht unahnlich 
ausfahen. Sp wurden viele Viſiten gemacht und die Männer hiel« 
ten Gefechte. Auf ven Straßen führten die Beduinen ihren Krie— 
gertang auf, in den Käufern die Almas (Kunfttängerinnen) ihre 
wollüftigen Tänze. 

Auf jeder Seite der Stadt breitet fich das ihrem Sheikh zu= 
gehörige Küftengebiet auf acht Stunden, alſo im Ganzen auf 
eben fo viele geogr. Meilen Weges aus. Obwol ähnlicher Bo— 
denbildung und gleichen Monfunperiovden wie die indifchen Küften 
angehörig, find beide doch Hinfichtlich der Witterung ganz ver— 
ſchieden. Denn während hier in Arabien die Ebenen von Re— 
gen überſchwemmt werden, herrſcht gleichzeitig in Indien wolken— 
leerer Himmel und fengende Hide Wellften lernte bier das 
Clima nur während des NO.-Monſuns Eennen, ver im October 
nur fanft beginnt, dann aber ftufenmeife immer heftiger wird, big 
er Mitte December am ftürfften zu merven pflegt. Nach diefer 
Zeit nimmt er wieder allmählig ab, bis Mitte Mai. Das Wet- 


Arabien; Hadhramant, Ras Sharmah. 639 


ter ift dann meift neblig, aber hier am Ocean ift meber Hige 
noch Kälte in foichen Ertremen wie an ven Geſtaden des perfiichen 
oder arabiihen Golf. Zu Mafallah hatte J. Bird, während 
feines Aufenthaltes, bei NO.-Monſun das Thermometer con= 
flant zwifdyen 20° 44° und 22° 67° Reaum. (78— 83° Fahrh.) bes 
obachtet und dabei öfter leichte Spreuregen wahrgenommen, die hier 
nicht ungewöhnlich fein follen. 

Hami, oftwärts der Stadt Schechr, etwa 5 Stunden (13 
Mil. engl.) fern, ift das erfte Dorf unter einem dunfeln, gleichna= 
migen Berge gelegen, in einer malerifchen Bergichlucht mit Dattel« 
wald und bebauten Feldern umgeben, zwijchen denen viele heiße 
Quellen jprudeln, deren Temperatur, nach Gapt. Saines, die 
Hitze des kochenden Wafjerd, 48" Reaum. (140° Fahrh.), zeige 
ten. Die 500 Bewohner dieſes Dorfs treiben ald ihr Hauptgewerbe 
die Fiſcherei. Zwiſchen dieſem Dorfe und dem Ras Sharmah, 
faft 4 Stunden (9 Mil, engl.) weiter im Oft, bildet die Küfte eine 
2 Mil. engl. tiefe Bay, mit Sandboden und regulairen Sundiruns 
gen. In einer Bucht derfelben auf einem Felsvorfprunge, eine 
Kleine Viertelftunde von der Küfte, ſteht das ruinirte Fort Hifn 
el Mifenat, und zwifchen dieſem Punete und dem Nas Shar— 
mah liegt die Sharmah-Bay ’’), melde den beften Schug bei 
ND.-Monfun giebt. An ihrem Ufer liegt neben zwei Fiſcher— 
Dörfern, Kalfah uno EI Oharm, eine zerjtörte Fefte Mughra 
nebſt der Ruine einer Mofchee. Im Jahre 1836 hieß der hiefige 
Demla (Daulah) oder Gouverneur, Aimas ibn Ahmed, der 
gegen die britifchen DOfficiere ungemein höflich war; das rechtmäßige 
Oberhaupt, der eigentliche Befiger, war aber Mohammed Omar 
ibn Omar, der dad Commando eined ihm eignen Schiffes 
ald Capitain feiner erblichen, aber fehr unruhigen Stan» 
desherrſchaft vorzog. Vier Miles Tandein liegt ein Dorf, 
Dhabbah, von Dattelpalmen umgeben, mit einer heißen Quelle, 
die ald treffliches Heilmittel gegen rheumatiſche Beſchwerden befucht 
wird. Die ummauerte Stadt Dis, nur 2 Mil. engl. fern, mit 
1000 Einwohnern, hat ebenfalls heiße Quellen. Das gleich“ 
namige Vorgebirge an der Bay, dad weit: vorfpringende Nas 
Sharmah an ihrer Oftgrenze, ward von Gapt. Haines auf 
14° 48° 30" N. Br. und 50° 23’ D.% v. Gr. beftinmt; ihm im 
Norden liegt der Berg Cheher Saber (ein perfifcher Name) 


) Capt. Haines l. c. IX, p. 153. 


640 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


170 Fuß ſich über das Meer erhebend, und 700 Schritt im W. 
der Eleinen, nur 70 Buß hohen Felſen Jezirah Sharmah. 

Dom Nas Sharmah zieht die Küfte direct 8 Mil. engl. ges 
gen D., in Aufeinanverfolge von Kalkſtein- und Kreiveflippen, 
die meift zu 400 Buß über das Meer emporfteigen. Das Oſtende 
diefed fühnen Ufers, das Nas Baghashu, ein 300 Fuß hohes 
Felscap, wurde unter 14° 49' 10" N.Br. und 50° 9' 30" DR, v. Gr. 
beftimmt. in gleichnamiges, elendes Dorf liegt ihm zur Seite; 
4 Mil. engl. gegen Welt in einer Life ver genannten Küftenflip- 
pen liegt das Dörfchen Dhafghan, 3 Mil. im N. aber der Berg 
Dſchebel Samum, neben welchem einige guie Quellen, Ans 
baufpuren und Inferiptionen in derfelben Schriftart fi 
befinden, wie die zu Hiſn Ghorab entvedten (ſ. ob. ©. 318 u. f.). 
Diefe follten von 3. ©. Hulton und 3. Smith aufgefucht?3) wers 
den, die von ihrem DBorfommen in der Nühe der Bepuinenftadt 
Dis (Dees) gehört Hatten. Die Küftenaraber ſagten, der Diftriet 
diefer Stadt ſei gut bebaut, reich an DVegetabilien, Früchten und 
ſtark bevölkert; auch jeien dafelbft viele Bauten und Inferiptio« 
nen. Gapt. Haines ſchickte deshalb feinen Piloten an den Küften- 
Sheikh, um einen Firman für die beiden Neifenden zu erhalten. 
Da diefer aber ganz unmäßige Forderungen an Geld, Reis, Kupfer 
u. a. m. machte, jo ging man gar nicht darauf ein, und 309 ohne 
ihn von Sharmah aus. Aber man fand nur ein paar Waſſer— 
behälter (Tanks), denen auf dem Gipfel von Hiſn Ghorab 
aͤhnlich (ſ. ob. ©. 317), jo wie geringe Spuren eined einfligen 
Forts und einer Fleinen Stadt. Man wandte ſich von da wei— 
ter oſtwärts nach Koſſeir. 

Im Hintergrunde diefed ganzen Geftades, oftwärtd von Mas 
fallah, 4 bis 6 Stunden vom Meere landein zieht ih ein Hoch— 
gebirg, Dihebel Dſchambuͤſch (FJebel Jambuſh), und weiter 
Dſchebel ibn Shamajik genannt, mit merfwürdigem Abflurze 
im Oft. Noch meiter öftlich folgt ver Köwenberg (Dichebel 
Afad), der nordoftwärts bis zum Vorgebirge Fartak (Ra 
Fartak) fortftreicht. Im diefer ganzen Strede herricht noch der 
Homums Tribus, deſſen erfte Unterabtheilung, die Beit Ali, 
aber Hier ven größten Einfluß ausüben, und zwar unter ihrem 


9) J. G. Hulton and J. Smith, Account of some Inscriptions etc., 
im Journal of the Roy. Asiatic Society of Great-Brit. and Ir, 
Lond. 8. Vol. V. Nr. IX. p. 91— 101. 


Arabien; Hadhramaut, Ras Hammam, 641 


tapfern Häuptling, vem Sheikh Hafan ibn Ali, ver mit feiner 
Macht von 1000 Musfeten fich in großen Nefpect zu feben weiß. 

Längs des fandigen Küftenftrandes, 5 Stunden (13 Mil. engl.) 
gegen O.N.O., tritt dad Nas Kofair (oder Koffeir) vor, und 
nahe daran liegt das gleichnamige Dorf Kofair (Koffeir), mit 300 
Bewohnern aus dem Beit Ali» und Beit Ghoräb- Tribus, 
unter 14° 54,40" N. Br. und 50° 21’ 50’ O.L. v. Gr. Auf ihren 
eigenen Booten gehen diefe auf ven Saififchfang aus; die Flof- 
fen und Schwänze dieſer Raubfifche finden auf dem Markt von 
Maskat und Bombay guten Abfag, um nach China verfenvet zu 
werben. 

Von diefem Dorfe machten diefelben Herren, Hulton und 
Smith ’9), nach dem Innern des Landes eine Fleine Excur— 
fion, um fich über deſſen Merkwürdigkeiten näher zu unterrichten. 
Nach dem erften 6 Stunden (15 Mil. engl.) langen, fehr einförmi— 
gen Marſche durch ödes Land hielt man in ver Nacht um 10 Uhr 
an bei den Ruinen eines ſehr alten Forts, das die Beduinen 
Hafjan el Meimeli nannten. Bon da z0g man durch das be— 
nadhbarte Land Sammam zum Dſchebel Aaledma, einem 
Hügel, 200 Buß hoch, weil e8 dort Inferiptionen geben follte. 
Halbwegs dahin erreichte man eine geräumige Höhle, deren glatte 
Seitenwand mit Inferiptionen bedeckt war. Sie waren alle mit 
rother Farbe, bis auf ein paar ſchwarze, nur aufgemalt, nicht 
in Stein eingehauen, daher die meiften Durch die Zeit verwifcht. 
Beim Abwafchen trat an einigen Stellen die brillant rothe Barbe 
wieder hervor. Sogleich frappirte die Hebereinftimmung diefer 
Schriftzeichen mit denen von Hiſn Ghoräb, und die erfte 
Vermuthung war e3, hier vielleicht die feheinbar ausgeftorbenen 
Schriftzüge noch im heutigen Gebrauche bei ven Eingebornen vor= 
finden zu können. Zwar fchien die Landſchaft Sammam in 
ihrer Dürre, mit nadten Hügeln durchzogen, nicht8 anziehendes für 
eine Anfievlung darzubieten; drang man aber weiter vor in die 
Thäler, fo änderte fich die ganze Scene; überall trat Cultur und 
Induftrie der Einwohner hervor. In jeder Ede der Thäler erho— 
ben ſich üppige Dattelpflanzungen und die fchönften Fluren waren 
beveft mit Anbau von Zwiebeln, füßen Bataten, Knob- 
laud, Melonen, Öurfenarten, davon eine den Namen Por— 
tugal im Lande trägt. Auch Kofosnüffe und Nebeck (Rhamn. 


) Hulton etc. 1. c. V. p. 92. 
Nitter Erdkunde XII. Sf 


642 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


napeca) gedeihen Hier gut. Statt am Nachmittage von der Grotte 
mit den 21 fragmentarifchen Inferiptionen, aus deren Abjchrift 80) 
jedoch bis jest nod) Fein linguiftifcher Gewinn hat gezogen werben 
fönnen, aus Hammam nad) Kofair auf demfelben Wege zurüd= 
zufehren, ven man gefommen war, nahm man einen nähern Weg 
zu der Gebirgsfette Aſſad, in der man nach mühfamen Klimmen 
um Mitternacht das alte Fort Maaba erreichten Man hatte 
auch Hier Inferiptionen zu finden gehofft, va e8 aus behaue- 
nen Quaderfteinen mit Mörtel erbaut fein follte. Dies letz— 
tere fand fich auch beftätigt, aber die Inferiptionen fehlten; 
Schießicharten für Musketen zeigten fein jüngeres Entftehen an 
einer trefflich geeigneten Stelle, um drei fruchtbare Thäler zu be= 
herrſchen, die mit dichten Dattelpflanzungen bedeckt ſind. Man 
nannte e8 eind der vielen Schlöffer ähnlicher Art, die 
einft die Marftroute nah Hadhramaut vertheidigten, 
und von denen fich viele Nefte vorfinden follen. Unter den jebt 
eingefallenen Burgmauern zieht auch heute noch die Route nad 
dem Binnenlande vorüber Don hier nach Kofair Hatte man 
nur noch zwei gute Stunden zurücdzulegen. — 

Zunächſt zehn Minuten in N.W. des Dorfs Kofair liegt ein 
zerftörtes Sort im Dattelwald, und eine Stunde weiter in glei— 
cher Richtung dad Dorf Korein Sl). Die nächften 12 Stunden 
(30 Mil. engl.) gegen Norvdoft zieht diefelbe nievre Sandküſte in 
fanfter Eurve weiter. Die Eleine Stadt Naidah, mit 200 Ein= 
wohnern, obmwol der dortige Hauptort, ift nur als die Reſidenz Ali 
ibn Abdallahs beachtenswerth, des Sultans, eine der angeje= 
benften Häuptlinge des füdlichen Arabiens. Er ift vom Kafaidiz, 
einem Unter- Tribus ver Samum; fein Territorium dehnt fich 
vom Nas Baghashu aus bis nad) Mifenät, eine Strede von 
14 Stunden (35Mil.engl.), von welcher Weihrauch, Aloe, Am- 
bergris, Haififchfinnen die Haupterporten ausmachen. Die 
Küftenanmehner befiten an 30 Boote. Außer Naivah liegen bier 
auch noch die Dörfer Serrar und Harrah, mit einem großen 
runden Thurme. Zwiſchen Kojair und Naidah liegt das zer- 
ftörte Fort Hufeinel Kathari, und Mifenät, eine alte Ruine, 
noch 5 Stunden (13 Mil. engl.) weiter gegen N.O., unter 15° 3° 


80) Hulton etc. 1. c. V. p. 95 —101; vergl. Rödiger, Exeurs über 
bimjaritifche Inschriften, bei Wellſted TH. I. Anhang ©. 374. 
91) Capt. Haines I. c. IX. p. 154. 





EEE a 


Arabien; Hadhramant, Höhle Shafoma. 643 


N.Br. und 50° 43' 25" DR. vw. Gr. Hier ift vortreffliches 
Duellwafjer; dad Land umher ift fumpfig, vol Mangroves= 
Wald. Die Ruinen fchienen einer einft größern Stadt anzugehd- 
zen; Münzen und allerlei andere Dinge hatte man darin gefun= 
den, auch ein paar Wagſchalen. Traurig ift e8, daß diefe einft 
jehr fruchtbare und bevölferte Küfte gegenwärtig fo öde liegt und 
die Bewohner derjelben fortvauernd unter ſich und mit ihren Nach— 


barn in Fehde ftehen. 


Einige der Officiere de8 Schiffes Palinurus, Lieutn. San— 


der, Dr. Sulton um Smith, verfuchten ed, auch von bier tie= _ 


fer Iandein vorzubringen. Sie famen 4 Stunden (10 Mil. engl.) 
weit zum Wadi Sheihämi?), eine Stunde (3 Mil. engl.) fern 
von Dorfe Mayoki, wo fie einige Inferiptionen, ähnlich de— 


nen von Hiſn Ghorab, fanden, in einem fehr fruchtbaren Thale 


vol Dörfer. 

Der Bericht diefer Expedition nennt die ifolirten Ruinen auf 
dem Hügel am Meeresufer Haſſan Miſanah (Mifenät), wo 
man nur noch Grundmauern, aber aus behauenen Quader— 
fteinen mit Mörtel, vorfand, die von ſehr hohem Alter zu 


fein ſchienen; umher ſah man auf einer dunfleren Erdſtrecke an 


den Fleinen Bruchftüden von Töpferwaare, Glas, Kupfer u. ſ. w. 
die Stelle, welche unftreitig einjt eine alte Stadt eingenommen 
hatte, welcher jene feften Mauerrefte einft zum Schuß gevient hat— 
ten. Bon hier wurde nach) 5 Stunden Weges (12 Mil. engl.) bei 
Nakhal Mayuk (Mayofi) ein Dattelhain erreicht, am Fuß einer 
hohen Gebirgsfette im Oft des Wadi Shafome (Scheihämi), 
von wo man, nach Anfteigen einer Höhe von 1500 Fuß, zu einer 
geräumigen Höhle gelangte, in deren einem Theile man eben ſolche 


roth gemalte Injchriften entvedte, wie in der Höhle in Ham— 


| 
j 


. 


| 


mäm. Unmittelbar unter dieſer zeigte man eine mit Schutt und 
lofen Steinen verjchüttete Stelle, die früher ein Tank oder Waffer- 
teich gemwejen. Die umgebende Landſchaft, mit Ausnahme von ein 
paar Dattelhainen, die aus den Thalecken bervorfahen, war jeßt 
völlige Einöde, welche nur nad) der Negenzeit den Heerden einige 


Grasweide darbietet, deren Hirten dann in dieſer und andern dor— 





tigen Grotten ihre Wohnung auffchlagen. Die Nacht wurde hier 


ebenfalld unter vem Schuß einiger Bepuinen vom Menahil-Tri— 


#2) Capt. Haines 1. c.,; J. G. Hulton, Account J. c. Roy. Asiat. 
Soc. V. IX. p. 9. 


Sſ2 


644 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung, $. 69. 


bus zugebracht, und am folgenden Morgen an den Bord des Schif— 
fes zurüdgefehrt. Auch diefe Inferiptionen find noch unent⸗ 
ziffert geblieben. — 

Die ganze Küfte zwifhen Mifenät und Sihut, führt Eapt. 
Haines am Schluß feines Survey fort, ift flach, öde und fteigt 
nur almählig zu den Scheichäawi-Bergen auf, deren öſtliches 
Ende der Wadi Mafella begrenzt. Hier nun füngt dad Mah— 
tabs Territorium an, das ofjtwärtd bis Merbät (Mirbat, |. 
ob. ©. 254, 261, 289, 300 u.a. D.) reicht, worüber wir nun eben= 
falls die wichtigften Beflimmungen im Folgenden zu geben im 
Stande find. 

Gapt. Haines theilt zulegt noch die für den Seefahrer wich— 
tige Entdeckung einer dortigen gefährlichen Untiefe, der Abdul 
Kurim mit, der er den Namen feines Schiffes, Palinurus 
Shoal, beilegte. Sie war arabifchen wie europäifchen Schiffern 
bis zum Jahre 1835 gänzlich unbekannt geblieben. Ein alter ara— 
bifcher Fiſcher zeigte fie dem britifchen Captain, weil er über ihr 
viel Satfifche fangen könne. Grft nach fehr mühfamen Suchen 
und Verfolgen der Strömungen fand Haines die Klippe felbft 
auf, die nur 4 Klafter Tiefe Hat, und unter 14° 54' 50" N.Br. 
und 50° 45' 20” DLR. v. Gr. nach Lieutn. Jardine's Beobachtung 
liegt. Sie dehnt fich 1850 Yard von NND. gegen S.S. W. aus, 
in einer Breite von 300 bis 600 Yard. Es ift ein Fels mit 
Korallen, veffen Ränder jehr wechjeln, 8% Mil. engl. von der 
Küſte Mijenäts entfernt liegend. Der Fiſcher verficherte, daß vor 
40 Jahren über ihr tiefered Waſſer geweſen und Feine Koralle 
auf verjelben Stelle zu jehen gemwefen fei. Rings um fie ber ftürzt 
die Meerestiefe unmittelbar über 600 Fuß (100 Baden) hinab. 
Sollte fie ein aus der Tiefe erft emporgehobner Kegel fein? Das 
Waſſer über diefer Klippe jcheine, bemerft Gapt. Haines, immer 
feichter zu werden. Er räth dem Schiffer fehr, dieſe gefahrvolle | 





Stelle zu vermeiden, um fich entweder bier dichter an der Küſte 
des Feſtlandes zu Halten, oder 12 bis 15 Mil. engl. weiter in ver 
hohen See. 


Arabien; Hadhramaut, Sihut der Mahrah, 645 


Erläuterung 3, 

Fortfesung: Die öſtliche Küſte Habhramauts von Miſendt 
über Ras Fartak, Dhafar, Merbät bis zum, Cap Sfolette; 
oder die Küfte der Mahrah-, der Gharrah- und der 
Senobi- Tribus, 


Die zunächft von Iegterem Orte Mifenät gegen Norvoft bis 
Ras el Had fortitreichende Südküſte Arabiend ift zwar nicht ver- 
mefjen, aber doch in vielen Puncten fo viel genauer ald zuvor er= 
forfcht worden, daß Gapt. Haines darüber im’ Zufammenhange, 
in feinem jo eben erft erichienenen Nachtrage, dem zweiten Theile, 
doch eine Reihe jehr Iehrreicher Daten, zumal für den Nautifer und 
Zopographen, zu geben im Stande war, aus denen wir die wich: 
tigften neuen ethnographiichen Thatfachen zur Vervollftändigung ned 
früher Gefagten hervorheben. Wir folgen dabei feiner Schreibweife, 
die nun einmal die der englifchen Seefahrer wie feiner Karte) 
ift, und fügen die Berichtigungen D'Abbadies, wie des Londner 
Heraudgebers, in Klammern bei. 

Oſtwärts Mifenät zieht fich wenig weftlich der Stadt Si— 
hut ein weites, großes Thal, Wadi Mafilah genannt, von der 
Küſte norbwärtd tief in das unbefannte Binnenland, und bildet 
fo die Berbindungdlinie zwiſchen ver Küfte mit der innern 
Provinz Hadhramaut. Es iſt durch fließende Bäche reichlich be- 
mwäjfert, gut angebaut vom Mahrah-Tribus, in vielen Dörfern 
zwifchen Balmpflanzungen bewohnt. Dem Wadi gegen Weſt er- 
hebt fich die hohe Bergkette Dſchebel Asnadz; an feiner Oftfeite 
liegt vie Stadt Sihut*), unter 15° 12° 30" N.Br. und 51° 19° 
DR. v. Gr. Aus der Ferne, von der Eeefeite her, erfcheint fie 
weit ftattlicher ald die Auinen fich bei ver Annäherung im Innern 
der Stadt zeigen. - Mit der Jahreszeit und dem ungleichen Sans 
velöverfehr wechfelt auc, die Zahl ihrer Bewohner, zmifchen 300, 
400 und bis 2000 Individuen. Stadt und Gebiet ftehen unter dem 
localen Sheifh Ali Bafrit vom Mahrah= Tribus, der die Abe 
gaben für den Sultan, welcher in Kefhin refivirt, einzutreiben 


»#3) Survey of Part of the South East Coast of Arabia by S. B. 
Haines, Commander Indian Navy; vergl. Ant. D’Abbadie Ren- 
seignements geographiques sur la Cöte me£ridionale de l’Arabie 
in Bulletin de la Soc. de Geographie Sec. Ser. 1842. T. XVII. 
p- 126 — 139. »*) Capt. St, B. Haines, Memoir of the South 
and East Coasts of Arab,, im Journ. J. c. Vol.XV. P. I. p. 105. 


646 MWeft-Aften. IV. Abtheilung. $. 69. 


hat, die aber nur jelten deſſen Kaffe erreichen follen. Die hiefigen 
Kaufleute befigen an 30 Eleine und größere Fahrzeuge und treiben 
einträglichen Getreidehandel an der Küfte hin. Der Fang des 
Haififches ift rein Hauptgewerbe der Fiſcher, deſſen getrosfnete 
innen und Schwanzflofien über Mafallah und Masfat einen 
ftarfen Abfab nad) Bombay und von da nach China finden. Durch 
den Wadi Mafilah, ven v. Wrede Miffile nennen hörte, und 
welcher nach ihm aus dem Wadi Doan kommend fi) bei Sah— 
Huͤd (f. 0b. ©. 273), wol identifh mit Sihut, in dad Meer er- 
gießen folte, geht ein ftarfer Verkehr auf mit Waaren belade= 
nen Kameelen nach den Haupterten ded Innern, deren Diſtanzen 
nad) Tagemärfchen (jeder etwa zu 20 engl. Mil. oder 8 Stun— 
den anzunehmen), insgefammt direct von Sihut aus, dem Gapt. 
Haines aljo angegeben wurden. Don Sihut nad Terim 8; 
von ©. nad Shibam 8; desgleichen nach Doan 12; nah Wadi 
Ahmed, einem großen Thale voll Anbau und Dorffchaften, 12; des— 
gleichen nach EI Gharfah (Karfah) 7, nad Tehrin 8; nad 
Ghaſſam (Kafım) 8. Durch diefe intereffante Ausfage werden 
alfo v. Wrede's obige Berichte beftätigt, deren vollftändigen 
Mittheilungen, in deutjcher Sprache, wir mit Sehnfudht ent= 
gegen jehen. Kleine Forts, aus Stein erbaut, fehügen die Umge— 
bung von Sihut, das nur eine offene Rheede hat; der feichte 
Ufergrund ſenkt fich erit 6 Mil. engl. ſeewärts in eine Tiefe von 
21 Faden (126 F.), wo Anfergrund. 

Es folgen die Nas oder Vorgebirge Aghrib und Hattab 
(15° 21° N. Br. und 51° 36° O.L.), welches letztere die Weftgrenze 
der Hattäb- oder Liban=-Bay bildet, die gegen die Oftwinde gut 
geihüst ift, und nach der geringen Stadt Hattäb genannt wird, 
die zu Kefhin gehört und in 100 Käufern an 400 Einwohner 
berbergt. Hier ftehen 3 Moſcheen. 

Es folgt eine hohe, dunkle Bergſpitze Nas Sharwein, un- 
ter 15° 19° N. Br. 51° 46° 30" OR. v. ©r., mit zmei hervorras 
genden Piks, die Eſelsohren (Asses ears) der Seefahrer, melche 
die Weſtſeite der Keſhin-Bay bezeichnen. Die Stadt Kefhin 
oder Keſheinss) (oft Kifin genannt, fprih Gefhen; nad) Fres— 
nel geichrieben Ckiſchin, in der Landesſprache, |. ob. ©. 46, 49 
u. f.) liegt unter 15° 24° 50° N.Br. und 51° 49" S.%. v. Gr. 
Capt. Haines betätigt durd) feinen dortigen Beſuch die obigen 


#85) Capt. St. B. Haines, Mem. P. II. 1. c. XV. p. 107—113. 


Arabien; Hadhramaut, Mahra- Tribus, 647 


Angaben Fresnel's; denn wenn fle fehon nur ein elender Ort von 
höchſtens 300 bis 400 Einwohnern, mit wenigen Steinhäufern, 
meift aus Scilfhütten (Cajans, auß Dolichos Katjang, einer 
Bambusart, mit Matten gedeckt) befteht, fo ift fie doch die Reſi— 
denz des Hauptchefs des Mahrah-Tribus, der fich damals 
(1854) Sultan Omar ibn Tamari (oder Tuari, f. ob. ©.299) 
nannte. Ihr geringer Bazar wird von Banianen mit Waaren 
verfehen, die nur wenige Küftenbarfen befigen; ihre zufammenge= 
flochtenen Fifcherboote, etwa 10, trotzen den heftigften Brandungen, 
die hier bei N.DO.-Monfun zu außerordentlicher Höhe emporſchla— 
gen. Der S.W.-Monjun rollt die Schiffe vom felbft in vie Bay; 
bei NO.-Monſun können die Waaren nur meiter in O., im Schuß 
der Fleinen Klippe Nas Derkah, ausgeladen werden. Das Kü— 
ftenmeer ift ungemein gefegnet an trefflichen Fiſchen, welche die 
Hauptnahrung der Anwohner ausmachen; das Ufer ift fandig, 
niedrig, nadt, ganz dürre, von Sanddünen begleitet, hinter denen 
aber landein hohe Gebirge emporfteigen. 

Vom Mahrah- Tribus, deſſen wir oben fchon vielfach, zu= 
mal nad Fresnel's Spradhyforichungen über die Ehhkili-Spra— 
he, gedachten (f. ob. ©. 45 u. f.), giebt Haines folgende genauere 
Nachrichten. Er verbreitet fich auf dem Küftengebiete, mit weni— 
gen Unterbrechungen, von Mifenät oftwärts über Nas Far— 
taf, Ras Seger bis zum Dhafär-Diftriet, und ift auch heute 
noch fehr zahlreich und mächtig, aber in 10 Unterabtheilungen ges 
fpalten, an deren Spite vorzüglich vier Häuplinge oder Scheikhs 
ftehen, von denen der erfte, ald Haupt ver regierenden Bamilie, 
ſich Sultan titulirt. Es ift jener in Kefhin reflvirende Sultan 
Dmaribn Tawäri, ver aber erft nach dem Tode jeined Bruders 
die Herrfchaft an fich riß, weil der gefegmäßige Erbe, Ahmed ibn 
Sajjiv, noch zu jung war. Ueber die Verhandlungen mit ihm 
wegen der Infel Sofotora und über die Nolle die Welten dabei 
fpielt, müffen wir auf das Memoir 86) verweifen. Die 3 andern 
Mahrah-Fürſten heißen: Iſa ibn Mobäref, ver Chef von Far— 
täf, der von den Seinigen fehr refpectirt, von den Nachbarn jehr 
gefürchtet ift, weil er eine beveutende Macht von Beduinen zuſam— 
menbringen kann, und daher auch in Berfammlungen eine gewich— 
tige Stimme hat. Berner Sajjid Afil ibn Ahmed, ver Chef 
von Jaizer, und Scheifh Ali Bafrit, der Chef von Sihut. 


*) A. a. O. bei Haines. 


648  Weft-Aften, IV. Abteilung. $. 69. 


Die Namen der 10 Tribus oder Unterabtheilungen, die den gemeine 
famen Beinamen Beit, d.i. Haus over Stamm, führen, heißen: 
Beit Zehad, Kaifhat, Ahmed, welche die zahlreichiten und von 
größtem Einfluß bei Berfammlungen find, fo wie auch drei in 
Sihut refidirende Sajjids oder Sherifs (meil fie ald Nachkommen 
ihres Propheten gelten). Die übrigen geringern Beits heißen: 
Huſhi, Arfät, Odman, Efrit, Jeizat, Safai und Alyan. 

Nur diefe Häauptlinge erfcheinen ald eifrige Moslemen, dad 
Volk it gleichgültig gegen ven Koran und verfteht nicht einmal 
die gewöhnlichen Gebete zu recitiren (Beftätigung von Fresnel's 
Angabe, f. ob. ©. 49). Die Männer werden erft kurz vor ihrer 
Verheirathung, gewöhnlich vor dem zwanzigften Jahre, beſchnit— 
ten (wie im Wadi Djara, f. 0b. ©. 193). Dann erft ſcheeren fie 
fih ihr ſtruppiges Haupthaar und fegen den Turban auf, wenn 
fie ihn bezahlen können, die Unbemittelteren dagegen knoten ihr 
langes Haar am Hinterkopf zufammen, und wideln um den Kopf 
ihr Fatilah, d. i. ihre im Lande gemachten Lunten, die fie 
dann gleich bei ihren Runtenflinten zur Sand haben. Ein kur— 
zes, meift fchlechted Schwert, und der Frumme Dolch (Danbe), 
wo möglich mit Silber, auch wol mit Gold ornamentirt, darf zu 
ihrer Bewaffnung nie fehlen. Die einfache Tracht befteht meift nur 
in einem nit Indigo blaugefärbten Baummollenzeuge, dad um ven 
Leib geworfen der Haut, die niemald gewafchen wird, mit den Jah— 
ren durch Abfärben eine eigene dunkle Färbung giebt, welche vie 
wahre Hautfarbe verdeeft. Die jungen Männer, fo wie die Mäd— 
chen, find fchön geftaltet, ihr mit Seide in lange Zöpfe forgfältig 
geflochtne® Haar hängt über die Schultern; Ohrgehänge und Arm— 
ringe find ihr einziger Bug. Der ganze Menſchenſchlag ift von 
mittler Statur, Eräftig, fchöngliedrig, ungemein energifch, kühn und 
ftolg auf das hohe Alter feiner Abftammung von Ad ibn Aus 
ibn Irem, ibn Sham (Sem) ibn Näh (Noab; f. ob. ©. 53 
die Aditen). Ihre heutige Sprache ift ven andern Arabern 
unbefannt, raub, vol Kehllaute, die fie nur mühſam hervorfto= 
fen (ſ. 06. ©. 48). Eins ihrer thörichten Mährchen von ihrem 
Ahnheren Sheddad ibn Ad und deſſen Paradiedgarten Irem, 
der im Koran erwähnt wird (Sure 89), hat Capt. Haines mit— 
getheilt (ähnlich wie oben ©. 285). 

Oſtwärts Kefhin erhebt ſich das fteile, ſpitze, 300 Buß hohe 
Vorgebirge Nas Derfah (ſprich Dergah oder Dergeh nad 
DAbbadie), unter 15° 26° 39" N,Br. und 51° 55' 10" OR. v. 





Arabien; Hadhramant, Ras Fartäl. 649 


Gr. gelegen; an feinem Fuße befteht es aus horizontalen Bänfen 
von fecundairem Kalfftein mit Feuerfteinlagern, der durd) 
Wellenſchlag und Verwitterung noch unten von vielen Höhlen 
durchbohrt ift. Auf ihm ruht ein harter, weißer, nad) außen fehr 
vermwitterter Mufchelfalf, und auf diefem grauer Kalfftein, 
mit Breccien, fchiefrigen und fandigen Schichten, die ge= 
gen N.W. hinftreichen. 

Das Ras Fartäf liegt aber von ihm gegen Norvoft, und 
die Zmwifchenftrecdfe, ein nievrer Sandboden, trägt 5 bis 6 geringe 
Dörfer mit Palmhainen, deren öſtliches Saif oder Kerfah, mit 
dem beiten Anferplage, dicht unter dem Weftfuße des Fartak liegt. 
In ihren Steinhütten herbergen fie zufammen an 2000 Bewohner, 
die arm, aber friegerifch, fich meift von Fiſchen und Durrah (Hole. 
sorghum) nähren. 

Nas Fartäf (welches Capt. Haines, wol irrthümlich, für 
Syagros der Alten halten möchte; dagegen ſiehe oben S. 311 und 
eine Note des Herausgebers) 87) liegt unter 15° 36° 40" N.Br. 
und 52° 21° 10” DR. v. Gr. (wodurch obige frühere Angabe 
©. 309 berichtigt wird), nah Gapt. Haines Objervation und 
Galcul, wenn Bombay unter 72° 54° 26” O.L. v. Gr. fetgeftellt 
erfcheint. Es fteigt kühn bis: zu 2500 Fuß hoch empor, und ift 
ſchon in einer Strede von 60 Mil. engl. aus der Verne zu er- 
blicken. 

Von ihm oſtwärts nehmen die Sundirungen längs dem 
Geſtade an Tiefe zu. Es erſcheint aus der Ferne gleich einer 
dunkeln, einſam ſich erhebenden Inſel, und nur erſt in der Nähe 
ſieht man, daß es durch niedre Bergreihen mit dem Feſtlande 
zuſammenhängt, welche dieſe in einer großen gegen N. und N. W. 
fich ziehenden Bay umlaufen. Alles was Gapt. Haines davon 
zu fagen weiß, ift nur, daß er auf feinen öden Höhen eine einzige 
grüne Stelle wahrnahm, die von einem Kranz von Bäumen ums 
geben war, die man aber nur durch dad Fernglas vom Schiffe er= 
fannte, Dort ſollte es, erzäblte man, Nuinen geben, vielleicht, meint 
der Gaptain, Simyaritifche(?); leider blieb das Vorgebirge, von 
dem manche Fabel erzählt wurde, von feiner Expedition unerftiegen, 
auch die oftwärts daran ftoßende, fehr große Bay bis zum Nad 
Seger (Sayir bei D'Abbadie) fonnte nur flüchtig berührt und 


357) Capt. St. B. Haines, Mem. Part. II. 1. c. p. 114 und p. 116 bis 
117 Not. 


650 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 69. 


die Einfuhrt nicht ermittelt werden, die Hinter dem Gap Fartak 
liegen fol. Man ſah EI Jaizer, das erfte Stäptchen nahe dem 
Ufer; dann das Dorf Fittok, bei dem Städtchen Dunfot, mit 
einem Fort und viel Agricultur, Hinter melcher fich die Küfte zu 
niedern Bergen erhebt, mo das Fleine Fort Sardet (oder Jadet) 
und die Dörfchen Hau und Ras Yul mit Dattelpflanzungen das 
Ende der Niederung bezeichnen. Denn weiter öftlich beginnt wie— 
der Steilfüfte bi8 zum Ras Seger. Zwifchen ven legten Dörf- 
chen fließen ein paar Bäche zum Meere, das Hier dicht am Ufer 
6 bi8 7 Faden, außerhalb aber überall meift über Felsboden, Sand 
oder Schlammgrund, 7 bis 12 Faden Anfergrund zeigt. 

Nas Seger (Sadjir, |. 0b. ©. 295), das fteile, 3000 Buß 
bobe, röthlihe Kalfftein=VBorgebirge, mit einer Tafelfläche auf 
feiner Höhe, bildet die Oftipige der großen Bay und zugleidy die 
Grenze zwifchen dem Territorium der Mahrah- und der 
Gharrah-Stämme. Seine Öftliche Fortſetzung ift dad Ras el 
Ahmar, d. i. dad Rothe Borgebirge, nach der Geſteinsfarbe 
genannt, unter welchem eine Anferfiele Bander Riſut befannt 
ift, die nicht blos bei S.W.-Monſun, fonvdern auch in den ans 
dern Monaten, von Januar bis März, ven Seefahrern Schuß 
gewährt. 

Bon da an beginnt der niedre, fruchtbare, 16 Stunden (40 
Mil. engl.) weit gegen Oft fi) ausdehnende Landſtrich Dhafar, 
der Sich eben jo tief Tandein ziehen fol. Den Boden Dhafars 
(Zafar), denn eine Stadt dieſes berühmten Namens ift heutzutage 
unbefannt (j. ob. ©. 294— 300), ift gut bewäflert, angebaut und 
bringt fehr reichlichen Ertrag, wenn jchon die Trügheit der Bewoh— 
ner den größten Theil unbenugt liegen läßt. Er hat treffliches 
Weideland; der wildwachſende Klee nährt zahlreiche Heerden von 
Schafen und Ziegen, und an vielen Stellen ift dieſes Tehama oder 
Nieverland durch ſchattige Baumgruppen geſchmückt; im Rük— 
fen deſſelben landein ſteigt die Gebirgskette Subahn®®) bis 
zu 4000 Fuß auf, welche im Parallelismus die ganze Küfte in 
aleibem Abſtande begleitet, bis fie oftwärts von Merbat 
dichter zur Küſte vorfpringt und die Ebene mit dunkler, fteiler An— 
höhe begrenzt. Gegen ven Norden nimmt die Höhe vieles Berg- 
zugs wieder jlufenmweife ab, gegen die Meeresjeite liegt ihm die 
fruchtbare Niederung vor, deren Natur wir fchon einigermaßen aus 


388) Capt. St. B. Haines, Mem. P. Il. I. c. p. 117—122, 


Arabien; Hadhramant, Oharra- Tribus, 651 


Eruttenden’3 eriter Landreife von Mirbat nah Dyreez 
(Addhaäriz) fennen Iernten (f. ob. ©. 300— 304). Dad Hoch— 
gebirge war aber noch von feinem Europäer befucht. Mr. Smith, 
der zur Bereifung defjelben von Capt. Haines beorvert ward, hat 
ed ganz durchwandert, und wurde unter dem Namen Ahmed von 
defien Bergvolfe überall ald Freund mit ungemeiner Gaft= 
lichfeit aufgenommen. Sie wollten ihn, fagt er, nicht von 
den Waſſerbächen ihrer Berge trinken laſſen, weil e8 ihnen zum 
Schimpf gereichen würde, da fie den Durft ihrer eignen Kinder 
nur mit Milch löſchten. Ihm murde flets der wärmfte Plaß 
am euer eingeräumt, zu feinem Dienfte waren ſtets Begleiter 
bereit. Sie boten ihm ein Weib und einige Schafe ald Eigenthum 
an, wenn er nur bei ihnen bleiben wollte. Ihr Gebirgäland, das 
Smith einem Park voll Wildfährten vergleicht, wurde auf 
feinen Wunſch von einigen Jägern durchftrichen, die ihm bald das 
Wild des Gebirgs ald Beute zurück brachten. Es war ein präch— 
tiger Steinbod (Ibex), mit drei Fuß lang gefrümmten Hörnern 
mit 21 Knoten, die im Befig von Capt. Haines geblieben; ferner 
eine jchöne Unze, eine Zibetfage, und Smith felbft jagte An— 
telopen, Hafen, Füchſe, Rebhühner und anderes Geflügel 
in Menge. Drachenblutbäume, Alo&s wuchſen hier nebit vie— 
len andern, ver Sofotora Gebirgsflora gleichen Gewächien in Menge, 
vor allem auch ver Weihrauchbaum (Cruttenden's Subahn- 
baum, f. ob. ©. 302, ift offenbar nur uneigentliche vom Gebirge 
hergenommene Benennung), ver 15 bis 25 Fuß Höhe erreicht, eine 
graue Rinde hat, die leicht durchſtochen wird, breite Blätter trügt 
und an den Bergabhängen ver Binnenthäler in großer Menge 
wählt. Auch wird ver Aloébaum, Sabr bei Hained, genannt 
(wol Alo& arborea, bei $orsfal Flor. Arb. p. cx; die officinelle 
Pflanze heißt Al. Socotrina), ver 3 bis 15 Fuß hoch aus den pri- 
mitiven Kalfiteinfelien fait ohne alle Erde hervorwachſen joll. 
Died Bergvolf ift vom Gharra=- Tribus, wohl gebaut, 
ihre Weiber die ichönften der ganzen Küfte Ginige Hunderte von 
ihnen, die auf den Markt von Merbat hinabſtiegen, um ihr Vieh, 
Butter und Gummi gegen Datteln umzufetzen, behaupteten, ihre 
Schönheit, wegen der die Fremdlinge ihnen Schmeicheleien ſagten, 
käme daher, daß ſie von Jugend auf Milch tränken. Das 
Clima ihres geſunden Berglandes, meint Capt. Haines, wo die 
Temperatur vorherrſchend zwiſchen 7° 56’ bi8 17078 Reaum. (49 bis 
72° Fahrh.), werde wol auch feinen Antheil daran haben. Haar— 


652° Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


trat, Kleidung und Waffen waren wie bei den Mahrahs, 
doch tragen die ärmern, die fich feine Eifenwaffen anſchaffen kön— 
nen, eine kurze, aber ſcharf zugeipigte Sanze von fehr hartem 
Holz, die fie bis auf hundert Fuß weit werfen fünnen, ohne ihr 
Ziel zu verfehlen, und die jeder Gharrajunge von Jugend auf in 
den Händen führt. Sie ziehen ihre fühlen Gebirgsthäler dem 
heißen Tieflande over Tehama vor, und wandern mit ihren 
Heerden von Ort zu Ort, wo fie dann meift in den Grotten ihrer 
Kalffteingebirge mohnen, und während der Zeit des S.W.-Monfun 
den Weihrauch (Gummi over Franckincense bei Haines) ſam— 
meln. Gapt. Haines, ver dieſen febr ſchönen Menſchenſchlag 
zur Zeit des Ramadhan häufig zur Küſte berabfommen ſah, mo 
Weiber und Jünglinge faft nat umberzogen, bemerfte unter ihnen 
idealſchöne Geftalten zum Mufter für die Sculptur; in ihrer 
länglichen Geſichtsbildung und den großen feurigen Au— 
gen glaubte er viel jüdiſche Züge wahrzunehmen. Sie übertrafen 
alle andern Küſtenbewohner, zeigten viel Xeben und große Theil— 
nahme an den arhletifben und gewandten Öeftalten und an den 
Eriqueripielen eines halben Hunderts englijber Matrojen, veren 
Turnübungen ſie an ihren Küften häufig und gern beimohnten. 
Nur an Fefttagen efjen fie Fleiſch, am liebſten von jungen Ka— 
meelen; fie jchägen diefe Thiere wegen der Milch, ihrer Hauptnah— 
rung, viel zu hoch, als daß fie viefelben öfter fchlachten follten. 
Die Bewohner des ebenen Dhafar-Diftricted, ded Te- 
hama's, find von gemiichtem Blut, durch fremde Anfiedler, zu= 
mal feit Sayid Mohamed Akils Regentichaft. Diefe find, wie 
die meiften arabifhen Städtebewohner, feig, träge, leiven- 
Tchaftlihe Tabarraucher und von dem Bergaraber ganz verichieven. 
Sie find indolente Ackerbauer, Fiſcher und Kaufleute, die aber ges 
genwärtig, nach kurzer Glanzperiode, wieder unter der Zucht ver 
Gharrah-Tribus feufzen. Ihr letzter Sheikh, Sayid Mob. 
Akil (Sejjivd Muhammed Akiel bei Cruttenven, f. oben 
©. 300), war anfangs verhaßt, zulest aber verehrt, weil er ganz 
Dhafar zu hoher Blüthe gebracht hatte. Aus einer Kaufmanns- 
familie ſtammend ergab er fich der einträglichen Geeräuderei, ſam— 
melte Neichthümer, legte fich eine Leibwache von 500 Mojambif- 
Sclaven zu, befriegte mit diejen vie Gharrah-Tribus, unterwarf 
fi) ganz Dhafar und vehnte feine Herrſchaft auch über Merbat 
aus, mo er eine Feſtung zum Schuß der Stadt erbaute. Geine 
Beraubungen und Ermordungen dehnten fid) audy auf vorüber- 


Arabien; Hadhramaut, Mirbat, | 653 


fegelnde europäifche und amerikanische Schiffe aus, bis er feit 1806 


feine Lebensweiſe plöglich änderte, und von da an bid 1829, nach— 
dem er genug gemwüthet, ald devoter Moslem ein friepliches Re— 


giment führte, während melhem Dhafar eine blühende Provinz 
wurde. Aber die unverföhnlichen Gharrah ermordeten ihn zuleßt, 
verfolgten und verjagten feine Schüßlinge aus dem Lande Mer— 
bat und Dhafar, fo daß viefes feitvem wieder in Wüftenei 
zurüdjanf. 

Die Ortfchaften die Gapt. Haines im Tehama Dhafard von 
Met gegen Oft anführt, entfprechen im Wefentlichen ven ſchon 
oben nad Cruttenden's und Fresnel's Berichten angezeigten. 
Das erfte Dorf öftlih vom Ras el Ahmar ift Audad (Awckad 
bei Fresnel, 06. ©.503); e8 liegt nur eine Viertelftunde in S.W. 
des Hauptorted Sallälah, ver 300 bis 400 Binwohner, ein Fort, 
eine Dſchami hat, und zwilchen Dattelgärten und Kornfeldern liegt, 
auf denen auch Waizen, Baummolle und Indigo gebaut wird. In 
&.D. von da liegt dad Dorf Haffer, unter 16° 57 30" N. Br. 
und 54° 11’ O.L., mit 100 Einwohnern. Nur dreiviertel Stunden 
weiter gegen O.N.D. breitet fi) ein ſüßer Wafferfee aus, ver 
durch reiche Quellen gebildet, viel Schilf und Schaaren von Waſ— 
fervögeln nährt, und in feiner Nähe weitläuftige Ruinen zeigt, 
die noch nicht näher unterfucht find. Dos Dorf Nobät, mit höch— 
ftend. 200 Einwohnern und guter Ackereultur, hat auch Crutten— 
den ald el Robaht angeführt (ebend.). Das Dorf Diriz (Dy— 
reez bei Gruttenden, Apvdahäriz bei Fresnel, ebend. ©. 297) 
liegt eine gute Stunde (3 Mil. engl.) weiter gegen N.D., an einer 
der vielen Salzlagunen (Khor, ſ. ob. ©. 303), welche diefe 
Niederung haracterifiren, und bei dem Dorfe Thagah (Tackah 
bei Breönel), unter 17° 00° 40° N.Br. und 54° 30° O.L., liegen 
auf Anhöhen einige zerjtörte Feſten. 

Mirbät, Merbat’P), bei Haines und den englifchen Schif- 
fern meift Morbat oder Morebat genannt, ift in obigem (|. 
©. 298 u. f.) ſchon vielfach beſprochen; das Dorf dieſes Namens 
in der Mitte einer kleinen, gut geichügten Bay liegend, ward zuerft 
durch Gapt. Haines auf 16° 59° 15" N.Br. und 54° 47' 40" OR. 
v. Gr. kartographiſch fehgeftellt. Drei Stunden von demfelben ge= 
gen W. erhebt fich, 50 Schritt von der Küfte, ein Eleiner Fels, 
Jawani (Hufein) mit einigen Quaderfteinruinen auf jeiner 


»#%) Capt. St. B, Haines, Mem. P. Il. I. c. p. 123, 


654 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 69. 


Spite, die einen Raum von 300 Fuß Länge und 200 Breite ein- 
nehmen, zu denen die Sage vor alten Zeiten eine Brüdfe hinüber- 
geben läßt. Das heutige Dorf Mirbat ift zur Unbedeutenpheit, 
faft zu lauter Ruinen herabgefunfen, hat nur noch an 50 Häuſer, 
mit höchftens 200 Einwohnern, darunter ein paar arabiſche Kauf 
leute, die übrigen Miichlinge und Sclaven, deren Weiber das ge— 
meinfte Gewerbe treiben. Das Volk ift arm, träge, ihr Häuptling 
in Sabre 1835 hei Capt. Haines Befuch, Sheifh Ahmed, ein 
35 jähriger mohlwollender Dann von Wort, war vom Gharrah— 
Tribus, hatte nur wenig Cinfünfte, die fich meift auf bloße Ge— 
fchenfe ver einlaufenden Schiffer beichränften, von denen er feinem 
eignen Stamme noch einen jährlichen Tribut von 70 Dollars ab— 
zugeben hatte. Seine nominelle, aber fehr ohnmächtige Herrichaft 
reichte von Thagah oftmärtd bi8 zum Nas Nus. Ein paar 
Heiligen= Gräber liegen am Dichebel Ali, wo man im Sande 
nad Waffer zu graben pflegt, das erft nach einigem Stillſtehen ſich 
entfalzt und füß wird. Der Dfchebel Dekan (over Merbät), 
der ala Pik aus der Subahn= Kette hervorragt, tft eine gute 
Zandmarfe für den Schiffer, wenn er bei N.D.-Monfun den Schub 
diefer Bay aufjucht, die ihm aber nur wenig Proviant darbieten 
fann, da fie felbft der Zufuhr von außen fo fehr bevarf. Ohne 
die reihlihe Zufuhr von Datteln aus Masfat und vom per— 
fiihen Golf würde, fagt Gapt. Haines, die Bevölferung dieſer 
ganzen Süpfüfte Arabiens verhungern müffen. ine mögliche Ab— 
wehrung diefer Zufuhr, die durch eine fremde Macht fo leicht her— 
beizuführen wäre, ja mögliche Blockade verjelben, fegte die Anwoh— 
ner fchon in den größten Schredfen, die den Gedanken daran, den 
Capt. Haines ihnen ausſprach, ſchon einer Eingabe des Satanas 
zuſchrieben. Die Dattelſchiffe vom Perſergolf kommen von Anfang 
November bis Ende Derember hierher; Capt. Haines ſah vom 
21. Nov. bis 10. Dec. in der Mirbat-Bay 40 Boote landen, 
die alle mit Datteln zu 30 bis 150 Tonnen Laſt beladen waren, 
und 121 Boote, die mit 50 bis 300 Tonnen Laſt noch in gleicher 
Zeit vorüber fegelten, mochten mit jenen etwa die Hälfte der 
Anfuhrt während der ganzen Saifon bezeichnen. Nach dies 
fer Summe von etwa 12,880 Tonnen Laſt Datteln, machte Capt. 
Haines den Ueberfchlag, daß dieſe Einfuhr für das ganze 
Fahr auf die ungeheure Maffe von 25,000 Tonnen Laſt zu be= 
rechnen fei, die jährlich diefer Küfte als erfter Nahrungsftoff zu= 
geführt werden müſſe. 


Arabien; Hadhramant, Ras Nus, 655 


Die größere Zahl der Schiffe Eehrt, noch ehe der S.W.-Mon= 
fun eintritt, in ihre Heimath zum Perfergolf zurück (vergl. Erdk. 
Th. XI. ©. 1069 u. a. O.); die gut auögerüfteten pflegen aber erft 
noch Kaffeelanungen einzunehmen (ebend. ©. 1071), und mit 
Piloten im Juni, zur Tadbireh-Zeit (f. ob. ©. 624), d. i. 
nachdem der erfte S.W.-Monfun eingetreten ift, zurüdzufehren. 
Auch Weihrauh over Gummi laden fie zur Rüdfracht, wo— 
von, nah Gapt. Haines Erkundigung, jährlich 3000 bis 10,000 
Maundvs®) (nad) Oman- Gewicht 8 bis 9 Pfund, ſ. ob. ©. 507) 
von vem Dhafar» und Merbat-Öebiete (dem alten Weih— 
rauchgeftade) ausgeführt zu werden pflegen. Die Eleinern Schiffe 
(fie heißen dort: Bedans, Bafarahs, Batillah3 over Trän— 
fi3) von Mofeirah und dem Sur-Diftrict treiben bei ihrer 
Küftenfahrt zugleich FZifcherei und fehren im März und April zu= 
rück; Gapt. Haines traf fie Öfter in Slotten von 50 und 60. Se— 
geln, jedes mit 8 bis 10 Perſonen bemannt, die gelegentlich auch 
Seeraub üben, und den wenn ſchon fehr gefährlichen vom Hochge— 
birge Subahn Herabftürgenden Stürmen doch zu widerftchen willen. 
Oſtwärts von Mirbat ift die Küfte niedrig und ſandig bid zum 
Hafen Gingeri (Bander Gingeri oder Kinferi)9!), über dem 
fih der gleichnamige, 1300 Fuß hohe Kegelberg unter 17° 1’ 
N.Br. und 55° 7 DR. v. Gr. erhebt; Lieutn. Jardine, der deſ— 
fen Steilmand nur mit Mühe erjtieg, erkannte ihn als Kalfftein= 
gebirge von Kreide und Gypsadern durchſetzt. Ihm 13 
Mil. fern gegen N.D. Tiegt ein ähnlicher ifolirter Felskegel 
Dihebel Mofeirah (Mazeira der Altern Bortugiefen), und 
unmittelbar an vdiefen ftößt dag Nas Nus (Noz, ſ. ob. ©. 294), 
das unter 17° 12' 30" N.Br. und 55° 22' 30” O.L. v. Gr. liegt, 
an der S.W.-Spise der Kurya Murya Bai, deren Spiegel er 
an 1200 Buß mit feinen Granitmaffen überragt. Dad Nie— 
derland von Merbat bis zu ihm, welches im N. von der hier 
3000 bi8 6000 Buß hoben Kalkiteinfette ver Subahn begrenzt 
wird, fol von den Gingebornen in Grinnerung eined Ahnherrn 
ihrer alten Propheten Sellah (over vielleicht richtiger Salih, 
Sſalihh, ſ. ob. ©. 156, 275) heißen und ein Weihrauchland 
fein, das fich jedoch auch bis jerfeit der nun folgenden Kurya 
Murya Bay bis zu den Vorgebirgen Karwan und Saufirah 
fortziehen möchte. | 


#20) Capt. Haines |. c. p. 119. »') Ebend. p. 128, 


656 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 69, 


Der Hafen over Bander Nu, jenem Borgebirge zur Seite, 
ift nur eine ſchützende Anferftelle mit guten Quellen, aber von mes 
nigem und ärmlichem Volke bewohnt, das faft nackt in feinen Stein« 
hütten, mit Schilf bedeckt, Iebt, aber doch vol Stolz fih Diener 
am Kabr des Nebi Saleh ibn Hüd (aus Ignoranz, denn rich« 
tiger würde e8 heißen Nebi Hud ibn Saleh) nennt, over am 
Heiligen Grabe viefes ihres Propheten, welches zwifchen ven 
nächften benachbarten VBorgebirgen Samhor und Hullän nur eine 
Mile vom Deere abliegt 9), unter 17° 16‘ 30" N. Br. und 55° 21° 
40" DR, v. Gr. 

Einft mag diefed Maufoleum feſt und glänzend gemefen fein; 
heute ift ed 50 Fuß lang, eben fo breit und fein Dad) wird von 
Sandfteinpfeilern getragen, feine Mauern find aus behauenen Qua— 
dern deifelben Geſteins aufgeführt, aber meift in Trümmern zer⸗ 
fallen, die heutzutage doch immer noch bewallfahrtet werden, wenn 
auch nur von Küſtenſchiffern und dem Gharrah-Tribus, die 
aber jährlich daſelbſt 3mal unter Gebeten ihren devoten Umgang 
halten, und dabei mit den Lippen dad Grab berühren und ven 
Dank murmeln für die Gaben des Propheten, worunter fie 
ihre Weiber, Kinder und Heerden verfteben, die feinem Schuße an= 
gehören. Beim Abmarſch von diefem Grabe, in dem der Rieſen— 
leib ihres Propheten (23 Fuß 4 Zoll lang) liegen fol, endet die 
Geremonie mit einer Profternation, bein Ausgang aus der Thürs 
pforte. 

Nas Nuss, Nas Hullan und Rad Hafef liegen in einer 
und derfelben Rinie, von Süd nach Nord; dazwifchen ein bewalde= 
tes Ihal, Wadi Sambal, mit füßer Wafferquelle, von dem eine 
niedre Landſpitze den Namen hat. 

Nas Häfek, vie niepre Spige, liegt unter 17° 21° 35" N. Br. 
und 55° 23° 50" O.L. v. Gr., zunächſt der Ghubbet el Dhum 
(eigentih Dumpalmen=- Bay; aber bier bezeichnet man mit 
Dhum nicht die Cucifera thebaica, fondern, wie oben ©. 362, 
einen Gummibaum, fo hier ven Napefa, Nebel, f. ob. ©. 301) 
die zwar ſehr klein, aber fehr tief (130 Baden) ift. Noch zeigen fich 
die Nuinen ver ehemaligen Stadt Hafef (ſ. ob. ©. 264, 306, 310 
bis 311), zwiichen Stumpfen von Palmen, zwifchen denen nur mes 
nige faft nadte Anwohner umberfchleidyen. Sümpfe, die ſich vom 
Meere bis zu jenen Ruinen ziehen, bezeichnen den einſtigen Rück— 


392) Capt. Haines 1. c. p. 129. 





Arabien; Hadhramants öftliches Grenzgebiet. 657 


zug des Meeres von diefer Hafenftadt, deren ganz öbe Um— 
gebung noch heute Suf Haſek, ». h. Marktort Haſek, Heißt. 
Wilde undurchbrochne Kalffteinmauern und Pifs vor ven bi 
4000 Ruß hohen Granitfetten fondern dieſes Geftade ab vom 
Binnenlande, und laſſen nicht die geringfte grüne, fehattige Stelle 
zur Erquidung für das Auge des aud meiter oceanifcher Terne 
berfommenden Seefahrers erbliden. 

Die große Kurya Murya oder Hafef-BayP) (Djoumal 
Haſchiſch, f. ob. S. 305— 311) wird in N. vom Ras Mon— 
tejib, der Klippe Shuwamiyah, Rad Minji und dem Ras 
Karmwäu, unter 17° 53° N.Br. und 56° 22° O.L., begrenzt, und 
endet ihren großen Bogen, innerhalb welchem die und fchon Hins 
reichend befannte Gruppe der fünf Infeln der Beni Zenobi 
liegt (1. ob. ©. 332-— 347), gegen D. mit dem Ras Sherbevat, 
unter 17° 53° 13" N.Br. und 56° 24’ 47' DR. v. Gr. 

Zunächſt am Nas Montejib erhebt ſich eine Steilfüfte 
mit PBlateauland, in welchem drei fichtbare Ravins oder 
Thalſchluchten, deren eine, nad) Ausſage ver Eingebornen, Nee 
fot genannt, bis zur Grenze Hadhramauts reichen, und ven 
Pie Habarid (und unbekannt), wie die Subahn=Kette zur 
Südgrenze haben ſoll. Nach den gewaltigen Steinblöden 
zu urtheilen, die der Nefot-Strom in die Schlucht hinabwälzte, 
muß er in der Negenzeit fehr wild und reißend fein, und wird dann 
wol auch eine Mündung zum Meere haben, da wo man, bei Gapt. 
Haines Beſuche, nur eine Duelle brafiichen Waſſers am wohle 
bewaldeten Ausgange der Thalſchlucht zum Meere wahrnehmen 
fonnte. Wenn die obige Ipentificirung ded Wadi Miffile mit 
dem Jloiov des Ptolemäus und dem Wadi Prim des D'An— 
ville (f. ob. ©. 273) die richtige ift, der auch neuerlih W. Plate 
folgte”), fo könnte des Gapt. Haines WVermuthung, in diefem Re— 
fot ven Wadi Prim zu fehen, nur eine irrige jein. Mit der von 
ihm bei diefer Gelegenheit erwähnten noch unbefannten Landſchaft 
Jezzär, mit einer Hauptjtadt deffelben Namens, die am Ende des 
Wadi Prim 140 Mil. (oder 120) landein in einem fehr fruchtbas 
ren Thale liegen follte, fcheint wol diefelbe EI Djezzar des H. €. 
Smith gemeint zu fein, von der fchon oben ©. 289 die Rede war. 


9) Capt. St. B. Haines J. c. p. 132— 133. ”') Will, Plate LLD 
Ptolemy’s Knowledge of Arabia especially of Hadhramaut and 
the Wilderneis El Alhıkaf. Classical Museum Nr. VIII. London, 
Juli 1845. p. 167 — 175. 


Ritter Erdkunde XII. It 


658 Wet» Afien, IV. Abtheilung, $. 69, 


Das 700 Buß hobe Kalkfteinplateau de8 Nas Minji bilvet 
die Grenze zwifchen vem Gharra- und dem Jenobi-Tri— 
bus (Die oben genannten Beit Djenobi, |. ©. 345). Armfelige Fi- 
fcherfamilien dieſes Tegteren Stammes mit wenigen Ziegen und 
Schafen waren hier bereitwillig, ven ‘Balinurus der Briten mit Holz 
und Waffer zu verfehen, wofür fie zur Bezahlung das Silbergeld 
ausfehlugen, aber mit Reis und Baummollenzeug erfreut wurden. 
An falzigen Lagunen ftehen hier einige Mangrovesbäume; ver 
Belad oder Nordwind (Beladi, f. ob. ©. 297, 344, 355) wüthet 
hier mit großer Seftigfeit von ver hohen Tafelfläche des Berglan- 
des, zumal Ende Oftober bis März, von N.ND., und wird 


ſehr von den Schifjern gefürchtet. Das bis zu 800 Fuß hoch aufs. 


fteigenve Plateau aus tertiairem mufchelreihem Sanpftein 
it noch mit horizontalen Kreidebänfen mit Feuerſtein— 
Schichten voll Mufchelreften überlagert. Diefelbe Tafelbildung 
der Steilfüfte halt, in einer Höhe von etwa 600 Fuß über der 
Meeresfläche, oftwärts an, bi8 zum Nas Saufirah (Saugra, 
Sograh, ſ. ob. ©. 351 u. f.) und felbft durch die gleichnamige 
Bay bi zum Nas Diehezireh, over Gap Sfolette, dem Ma— 
drafe der indifchen Schiffer, das unter 18° 58° 28” N.Br. und 
57° 51° "DR. v. Gr. liegt. Seinen Namen erhielt dies Ietere, 
weil man ed in der Ferne für eine Infel hält, da es näher geſe— 
ben doch vom Yeftlande au in drei Vorgebirgsfpigen, dem 
Nas Marfaz, Ras Dſchezireh und dem Nas Khashaim 
fich emporhebt. Unmittelbar über Nas Saufirah beginnt Rej— 
jat Jezzär, eine fehr gefürchtete Küftenflippe, welche den Je— 
nabi-Fiſchern oft Verderben bringt und ihre Anfertaue und 
Fiſchnetze zerfchneidet; denn eben um fie findet ver reichfte Hai— 
fifhfang ftatt. Am Cap Ifolette will Capt. Hained außer 
Kalkfteinbildung auch Trappformationen und Grünftein= 
maſſen wahrgenommen haben. Aber von hier an hört feine ge= 
nauere Bericpterftattung über diefe Küfte auf, die zuletzt auch etwas 
mager ausfiel; feine Ordres vom Bombay-Gouvernement gingen nur 
dahin, weftwärts vom Gap Sfolette feinen Survey zu beginnen. 
Wir ehren alſo nun zu feinen frühern Berichten über die weftli- 
chere Hälfte der ſüdarabiſchen Küfte zurüd. 





Arabien; mweftliches Hadhramaut. 659 


Erläuterung 4. 


Die weftlihe Küfte Hadhramauts, vom Rabenſchloß, Hifn 
Ghorab, bis gegen Aden; oder die Küfte der Jafa- (oder 
Yafat), der Fadhli-, Urladſchi- (Urladji), Dudſchabi— 
(Dudjabi) und Wahidi-Tribus. 


Solgen wir von Aden, dem merfwürdigften Orte der Süd— 
Eüfte, derfelben gegen N.D. bis zum Hiſn Ghoräb, eine Strede 
von einigen 50 geogr. Meilen, jo mendet ſich vom DVBorgebirge 
Adend die Küfte fogleich fehr ftark gegen NND. an 8 Stunden 
(19 Mil. engl.) weit, und dann 5 Stunden (12 Mil. engl.) gegen 
D. bis zum niedern, gerundeten Ras Seilän®5), wodurch die 
Seilan-Bay (Ghubbet Seilan) mit ihren flachen, fandigen 
Küften gegen Oft begrenzt wird. Tiefer Ianvein ift diefes Geftade 
gut mit Ucacien und dem Buaummollenbaum bepflanzt, die 
beide hier fehr gut gedeihen. Die Bai ift unficher für die Schiffer; 
es ift ſchwer fie wieder zu verlaſſen, zumal bei ftarfem Oflwinde; 
1838 fcheiterte hier ein Bahrzeug. Der Yäfai- oder Jafa-Tri- 
bus, an 20,000 Mann, bewohnt diefe Küfte und beherrfcht fie 12 
Stunden (30 Mil. engl.) weit Tandein, bi8 zu den Jafa-Bergen, 
welche eine abjolute Höhe von 6500 Fuß erreichen; ſie ziehen von 
MW. nah) D., nähern fidy aber Hier der Bay bis auf 8 Stunden 
(20 Mil. engl.). Das Jafa- Territorium wird gegen S.W. von 
den Abdali, gegen ND. von den Fadhli begrenzt. Das Innere 
ift gebirgig, aber viele fruchtbare Thäler und Ebenen erzeugen 
Kaffee, Waizen, Durrah (Sowari, d. i. Sorghum vulgare) 
im Meberfluß. Bor dem Jahre 1837 vehnte fich ihr Territorium 
nody 16 Stunden (40 Mil. engl.) weiter jenfeit Nas Seilan aus, 
von dem fle aber durd ihre Eriegeriichen Nachbarn, die Fadhli, 
verjagt wurden, da zwifchen beiden Stämmen diefe baummollen= 
reichten Bluren feit vielen Jahren ein Zanfapfel waren. Die 
drei Beftungsthürme, die fie zum Schuß dieſer Fluren erbaut hat— 
ten, wurden ihnen entriffen. Gin flarfer Poſten, von 500 Bedui— 
nen, ließ fich bier nieder. Nur 2 Stunden in N.W. von Nas 
Seilan liegen jene feften Thürme. Nocd im Jahre 1858, im Jar 
nuar, nachdem die Jafas ihre Baummollenernte in Sicherheit ge— 





»°°) Capt. 8. B. Haines, Memoir etc. im Journ, of the Lond. Roy. 
Geogr. Soc, 1839. Vol. IX. p. 136; vergl. Wellſted bei Nöpdiger 
zb. I. ©. 315. 


Tt 2 


660 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 69. 


bracht, rüfteten fie fih, 700 Musketen ftarf, zu neuen Angriffen 
gegen ihre, Feinde, wobei fie auch vom Sultan Ali ben Ghaleb, 
einem kühnen Beduinen von wilder Natur, aber fchöner Geftalt, 
unterſtützt wurden. Obgleich er feine Tochter dem Fadhli-Für— 
ften vermählt hatte, ftand er, von feiner Nefivenz EI Gharrah 
aus, die 5 Tagereiſen (100 Mil. engl.) landein von Sughra nad 
dem Innern liegen fol, doch fortwährend mit demfelben in Fehde. 
Seine wilde Horde ift reich an Scafen, Ziegen, Kameelen, hat 
aber nur wenig Pferde. Dafa oder Jafa, wie Niebuhr®%) dieſe 
Landſchaft fchreibt, Scheint, nad) ihm und Wellfted, das Öftlichfte 
Kaffeeland zu fein, von wo diejed Product noch in Menge aus» 
geführt wird. Sie foll vordem unter Jemen geftanden haben. Die— 
fe8 Land Iafa fol dem Umfange und der Zahl ver Ortfchaften 
nad fo bedeutend wie Hadhramaut fein. Bon diefem Jafa 
follen die regierenden Bamilien von Mafalla und Schechr abftam« 
men, fo wie die Ariftofratie jener Stäpte. In Jafa follen 6 Un« 
terabtheilungen viefed Tribus leben, die verfchiedene Namen führen. 
Die Iafa und die Haſchid we Befil follen die beiden mächtige 
ften Stämme in DO. von Jemen fein. Die Jafa wandern nicht 
aus, fechten auch nicht außerhalb ver Grenze ihres Gebieted, die 
Haſchid dagegen thun beides und nehmen oft Kriegävienfte in Ins 
dien. Die Jafa find vorzüglich Agriceultoren von Kaffee, Wai— 
zen, indifchem Korn und Senesfträuchen. 

Nas Seilän liegt unter 13° 3° 30 N.Br. und 45° 28’ 30” 
O.L. v. Gr.; e8 bat nur wenig Palmen; nur eine gute halbe Stunde 
(1%, Mil. engl.) in W. vefjelben liegt das. Dorf Sheikh Ab— 
dallah ben Marbut, mit einem Duadratbau und einigen Hüt— 
ten. Es ift gegenwärtig der Grenzort zwifchen dem Gebiete der 
Jafa und Fadhli. 

Don Ras Seilän zieht die Küſte der Fadhli, in großem 
Bogen einer Bai, gegen UND. 8 Stunden (20 Mil. engl.) 
bi8 Sughra, mit fehr tiefem Grunde (40 bis 100 Faden), und 
dann gleichartig weiter bi8 zum Vorfprung von Mafatein. Die 
nächfte Fleine Stadt, Al-Salih (E3-Salih), nur 4 Stunden fern 
von Ras Seilän, hat etwa 200 Käufer mit 500 Einwohnern, 
darunter einige Banianen, die im Beſitz des Handels und die 
Agenten ded Eultans find. Das Land ift gut bewälfert und be= 


22) Niebuhr, Befchreib. von Arabien S. 281; Wellſted bei Rödiger 
Th. IR ©.315 —317. 


Arabien; weſtl. Hadhramaut, Sughra. 661 


baut; im ©.D. der Stadt liegt dad Grab eines Sheikh, dicht nes 
ben einer Fiſcherſtation. Gegen 3 Stunden (6%, Mil. engl.) land— 
ein ift dad Dorf EI Khör, von nievern Hügeln umgeben, darauf 
einige Keine Schugthürme erbaut find. Die Bewohner des frucht- 
baren Landes find meift Ackerbauer; ein Neffe des Sultans ift hier 
und in Al=-Salih Sheikh. Bor der Küfte liegen 2 gefahrvolle 
Klippen, die nur 6 Fuß Waffer über ſich haben und nad) dem Ent— 
defer die Borromw: Klippen genannt wurden. 

Sughrä (nit Shugra)”) ift ver Haupthafen im Fadhli— 
Diftriet, mit 200 Ginwohnern und einem Steincaftel, in wels 
chem der Sultan einige Monate im Jahre feine Reſidenz hält. Es 
liegt nur zehn Minuten vom Ufer an dem Rande ver Niederung 
und am Buße des Dichebel Kharaz, der in D. daran grenzt. 
Gegen N. zieht fi ver Wadi Bahrain zu einem öden Pit. 
Gegen W. bilden eine Anzahl Graniterhöhungen Kleine Berge, 
Black Point bei Horsburgh, wo viel Durrab und ein großer 
Dattelwald. Der Hafen, in vem der Palinurus bei 9 Faden 
Anfer warf, und in dem die Yluth 8 bis 9 Fuß hoch fleigt, wird 
durch ein vorliegendes Felsriff geichügt. Der Palinurus war 
das 'erfte europäifche Schiff, das hier vor Anfer ging und daher 
großed Gritaunen erregte. Es wurde reichlich mit gutem Waffer, 
Schlachtvieh, Ochfen, gleich ven indischen, Schafen, Geflügel, mit 
Zwiebeln und Melonenarten verproviantirt. Die erſte Scheu ver 
Gingebornen war bald überwunden; ihr Sultan Abvallah ben 
Ahmed ben Fadhli (im J. 1837) von unanfehnlicher Geftalt, 
aber gefürchtetem Character, der zumal auch dem Sultun von Aden 
auffällig war, gebot damals über 15,000 Mann feines Tribus, von 
denen 4000 Feuerwaffen führten. Sein Gebiet follte 32 Stunden 
(80 Mil. engl.) lanvein reichen, im Weit vom Nas Seilan, im 
Oſt von Mafatein und dem Urlaji-Tribus begrenzt fein, und 
eine Küftenftrerfe von 28 Stunden (70 Mil. engl.) einnehmen. Nach 
dem Innern fteigen die Berge, 6 Stunden von der Küfte, im Oſche— 
bel Kharaz, gegen NO. von Sughra, bis zu 5442 Fuß abfolut 
empor, und der Wadi Bahrain, der fi) durch die Berge mit 
feinen reichlichen Zuflüffen windet, joll in einem See zufanımen« 
fließen, von dem der Wadi und dad Thal feinen Namen hat. Der 
größte Drt im Gebiet, 14 Stunden (36 Mil.) in N.W. von der 
Küſtenreſidenz Sughra, heift Mein, bat 1500 Einwohner; viele 


) Capt. Haines |. c. p. 139. 


662 MWeft-Afien, IV. Abtheilung. $. 69. 


von ihnen follen TroglodHten fein. Der Volksſchlag der 
Fadhli, eine fühne Racçe, gehört zu den Schöngeitaltetften 
Arabern; ihre Weiber find vorzügliche Schönheiten, fie 
find fchlechte Moslemen, fte feiern den Namadhan nicht. Der Zoll 
von Sughra brachte im Jahre 1837 für Aus- und Einfuhr 600 
Dollar ein; und fo wohlfeil waren die Zebendmittel, daß man für 
einen Dollar (4 Shilling) 12 Pfund Kaffee, 150 Pfund Durrah 
und 24 Pfund Ghee oder clarificirte Butter einkaufen Fonnte. 

Bon Sughra oſtwärts bis Mafatein, 18 Stunden Weges 
(44 Mil.), wird die Küfte irregulairer; erft ift fie flach, dann aber 
fteigt fie in der Bergfette der Dichebel Kharaz oder Dichebel 
Fadhli, die S Stunden von W. nach DO. zieht, bis zu bedeuten— 
den Höhen empor. Die Gipfel find jeltfam zerriffen, in Gabeln, 
Piks, Stutzwände; die auffallendfte Gabelform ift im W. der Een 
tralfette, bi8 3900 Fuß hoch, merfwürdig durch eine große Spalte 
oder Kluft, die bi8 zum Meere herabftürzt. Der höchſte Pik ges 
gen W. maß 5442 Fuß; von da fiel die Höhe dev Kalkffteinkette 
bis 3950 Buß ab. f 

Makatein (Mughatein), unter 13° 24° 30" N.Br., 46° 327’ 
O.L., ift ein Anferklag, durch Felsvorſprünge gebildet, von Han— 
delöjchiffen bei NO.-Monſun befucht, um darin Schuß zu finden. 
Velsinjeln jpringen dafelbft 500 Yard gegen ©. vor, die aber leicht 
an 2 Schwarzen Bergen zu erfennen find, deren noch einige meiter 
oftwärts im Meere liegen. Die Fluth fteigt 6 Fuß hoch. An einer 
Spitze Mafatein fegbir, d. i. die Eleine, ift der beite Anfer- 
platz. Gegen Oft Liegt eine kleine Felsſpitzz Sambeh, und von 
diefer 5 Stunden (13 Mil.) weiter zieht eine niedre Sandfüfte 
bi8 Sawaiyah®). 

Dieſe Stadt mit 600 Häuſern, auf weiter Ebene, 2 Stunden 
landein gegen die Berge, liegt unter 13° 28’ 45" N. Br. und 46° 
47 25" DR. v. Gr. Sie iſt die Nefivenz von Nafir ben Abu 
Befr, dem Chef des Urlaji-, fprih Urladſchi-Tribus, der 
die Briten ungemein höflich empfing, und fie zum Beſuch der ums 
liegenden Dörfer, die wol 5000 Einwohner herbergten, fogar mit 
Neitpferden verfah. Das Land war trefflid) bebaut, hatte viel 
Ochſen, treffliche Fiiche, gutes Waſſer. 

Nafal (Naffäb bei Wellfted), eine Stadt dieſes Tribus, fol 
7 Tagereiſen landein oder 40 geogr. Meilen vom Küftenorte Haur 


°*®) Capt. Haines I. c. p. 141; vergl. Wellfted b. Rödiger IL. ©. 317. 


Arabien; weftl. Hadhramant, Urladfehi - Tribus. 663 


liegen, ſehr volfreich fein und fruchtbaren Boden haben. Maghra, 
eine Eleine Stadt, liegt nur ein paar Stunden landwärts. Das 
Territorium der Urlaji oder Urladſchi dehnt fich 22 Stunden 
(55 Mil.) längs der Küfte aus, von Mafatein im W. bis zum 
Wadi Sanem im D., und fol 40 geogr. Meilen (200 Mil.) land— 
ein reichen. Die Küfte ift flach, 14 Stunden landeinmwärts erhebt 
ſich ein Hohes Gebirg mit wilden Umriffen. Der Stamm foll 7000 
bis 8000 Kriegsleute ftellen können. 

Rad Urlajah”) ift ein niedres Sandeap, dem 8 Stunden 
im DO. das Kubbeh oder Grab Sheifhah Hurbah, einer weib- 
lichen Heiligen, liegt, die hier ald Märtyrin vor Hunger geftorben 
fein fol. Gegen ND., nörvlid vom Küftendorfe Saura, am Ras 
Safwan, unter 13° 48! NBr., 47° 42' DR. v. Gr., erhebt ſich 
der Dihebel Hamari bis 5284 Fuß engl. üb. d. M., der bier 
ala höchfter Gentralpif die Sauptphyfiognomie der lands 
Schaft ausmacht (f. 06. ©.323), und ihm zur Seite, zwei Stunden 
im N.D. von Saura, der Dſchebel Mafänäti, ein Steilcap 
von 200 Fuß Höhe, weiß mit ſchwarzen Adern, am einer Fleinen 
zum Anker werfen geeigneten Bay. Nordwärts von bier zieht der 
Wadi Meifah lanvein zu der Ruinenſtadt Nafab el Hadſchar, 
wovon oben ©. 322— 332 umständlich die Rede war, jo wie vom 
angrenzenden Nas al Kofair und der innerften Bucht mit dem 
Dorfe Ain Abu Ma'bad, wo die Grenze den Dudjabi-Tri— 
bus der Araber im Weiten von dem der Wahidi im Dften 
fcheidet. Im nahen Fifchervorfe Gillah wohnten einige 50 ver— 
dächtig blickende Baddas Sheikhs, die wegen ver Heiligkeit ihrer 
Abkunft Hier ungeflört bleiben. Das nahe Nas el Aſidah, das 
Dftende ver Bai Ain (Ghubbet Ain),sals fehr dunkler, 160 Fuß 
hoher Kegelfeld ausgezeichnet, unter 13°57’/N.Br. und 48° 1520 
D.L. v. Gr. gelegen, ift endlich mit feinem angebauten Thurme, 
Ba'lhef, eines Sheikh-Grabes, ver lebte hier vor dem Hiſn 
Ghorab oder dem Rabenſchloſſe (von dem oben ©. 312—322) 
zu erwähnende Bunct diefer Strede der neuen Küftenbejchreibung. 
Im genannten Thurme ftebt eine Wache von einigen Wahidi— 
Söldlingen, die von den Waaren, die etwa bier für Mafallab 
oder Aden auögeladen werden, ven Zoll einfordern. Mangel an 
friſchem Wafjer hindert ven zahlreichern Beſuch dieſer Landungs— 
ftelle. — 


29) Capt. Haines |, c. p. 142, 


664 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 70. 


$. 70. | 
1. Die Küfte von Aden. 


Erläuterung 1. 


Babel Mandeb und das arabifche Geftadeland von biefer 
Meerenge bis zur Halbinfel Aden. 


Bon AUlsBabo, d. i. das Thor W), nad I. de Caſtro, ge 
wöhnlih Nas Babel Mandeb (nit Mandel, was fehon Lud. 
Hist. Aetlı. Comm. 82 Not. z, und fpäter erſt D'Anville beriche 
tigte) oder der Berg an der Pforte der Gefuhr, der Trauer, 
des Todes (Porta afflictionis), ift dad vorfpringende, allen Schif- 
fern ded Orientd bekannte Borgebirge an ver Südweſtſpitze der 
arabiichen Halbinjel. Es hat wegen der Gefahren, die hier 
beim Aus- und Eintritt in verſchiedene Meerbeden den noch un« 
geübten Schiffer jener Gewäſſer unvermeidlich bedrohen, von ven 
Mohamedanern diefen zurücdjchredenden Namen erhalten, ven bie 
Zeiten des höhern Alterthums noch nicht Fannten. Strabo, der 
doch jehr wohl die Schiffahrt der ägyptiſchen Flotten in dieſen Ge— 
wäffern und die Station von Dfelis (f. 0b. S. 243) fannte, nennt 
fie nur fchlichtmeg eine gegen die äthiopifche Landſchaft ge= 
bildete Meerenge (ra oreva, Strab. XVI. 769) mit einem 
DBorgebirge, das Deire (Seion) heiße, wie auch vie gleichna= 
mige anliegende Stadt, wo Ichthyophagen wohnten. Aus Era- 
tofthbenes Angaben, denen der griechifche Geograph hier folgt, 
führt er aber zugleich an, daß man von einer Säule, einer Gtele, 
ded Agyptifchen Königs Sefoftris fpreche, die vafelbft ſtehe 
und in heiligen Schriftzeichen (mol Hieroglyphenfchrift, deootg 
yoauwaoı, ebend.) deſſen Uebergang bezeichne. Denn biefer 
babe wol zuerft Aethiopien und das Troglodytenland erobert, und 
jet von da nach Arabiem übergegangen. Dieje merfwürdige Ans 
gabe jeined Vorgängers beftätigt Strabo an einer andern Stelle 
(XV. 790) noch durch den Zufaß, daß auch zu feiner Zeit 
noch ſolche Denfmale des alten ägyptiſchen Königs mit Aufs 
jehriften gezeigt würden. Zu jener erften Angabe hatte Grato- 
ſthenes nod Hinzu bemerkt, daß diefe Enge bei Deire nur 


*°°) D’Anville, Descript. du Golfe Arabique, in Mem, sur I’Egypte 
ancienne etc. App. Paris, 1766. 4. p. 255. 


Arabien; Meerenge Bab el Mandeb. 665 


ſechszig Stadien (3 Stunden) Breite betrage, daß aber zu feiner 
Zeit nicht diefer Sund, fondern die etwas weiter außerhalb liegende 
wirkliche Ueberfahrtsitelle von 200 Stadien (5 geogr. Meilen), dene 
jelben Namen ver Moerenge trage, daß bier fechd auf einan— 
der folgende Infelchen fehr ſchmale Meeresgaffen übrig Tiefen, 
durch welche man die Waaren in Heinen Bahrzeugen hinüber und 
berüber bringe. Jenſeit diefer Infeln beginne erft die große Weis 
terfahrt Lings dem Weihrauchgeftade oder Myrrhenlande, 
bis faft 5000 Stadien (125 geogr. Meilen) weit, zum Kinnamom— 
lande (f. ob. ©. 364; bei Plinius die Meerenge ver Fauces rubri 
maris VII millibus D. passuum). Noch, zur Zeit, ift fein For— 
scher, Fein Neifender zur Wieverauffuhung dieſes merfwürdigen 
Denfmales audgegangen, das nach Herodots (Hist. II. 102) und 
Diodors Erzählungen (Bibl. hist. 1. 55) auf analoge im vorvern 
Afien aufgefundene Stelen hinweifet. Nur Seefahrer haben bis 
jegt von diefer Durchfahrt Bericht gegeben, ohne länger an den 
Ufern verfelben zu verweilen, die doch jchon wegen de8 Marimum 
der hier ftattfindenden Annäherung zweier fo verfchiedener 
Grotheile eine größere Aufmerkſamkeit verdiente, fei ed zur Ver— 
nichtung von Babeln oder zur Erörterung von Thatſachen, welche 
mehrdeutige Zeugniffe überliefert haben. Mag auch das Na— 
turverhältniß hier wie an der Straße von Gibraltar, mo He— 
rafled oder Melikarted die Meerenge an den Säulen des Atlas 
überfeßt, und jeine Stelen aufrichtet, wie hier Sefoftris viefelbe 
überfchreitet, ähnliche Mythen und Sagen (7. B. von einer Brüde, 
behufs einer WVölkerverbindung, die ſchon Nitbuhr zurücdwies) 1) 
erzeugt haben, fo liegt doch eben in diefem Naturverhältniß 
eine intereffante Thatfache, deren genauere Ermittelung auch für die 
Phyſik ver Erde nicht gleichgültig fein Fönnte. Wie vcciventale 
Autoren (Plato über die Atlantis im Timäus) von dem Ein- 
bruch des atlantifchen Dceand in dad mittelländifche Meer, fo 
theilen auch orientalifche Autoren ihre Hypotheſen von 
einem Einbruche des indifchen Meeres durch dieſe Pforte 
des Todes in dad arabiiche Binnenmeer mit. Das arabifche Ma— 
nufeript des Murach Machmed ?) bringt die Sage, der arabifche 
Meerbufen fei einjt nicht vorhanden geweſen; ein König von Jemen 


) Niebuhr, Neifebefchr. I. S. 449. *) Murach Machmed's Blüthen— 
gerüche in den Merfwürdigfeiten der Länder, Arab. Mſe. bei Seegen 
in v. Zach, Mon. Gorrefp. B. XX. 1810. Sept. S. 238 — 240; vgl. 
Det. ©. 308. 


666 Weſt-Afien. IV. Abtheilung. $. 70, 


habe aber am Ocean einen Berg durchbrechen laſſen, um zur Sicher- 
heit feines Landes einen Canal zu ziehen. Aber durch diefen fei 
nun das Meer Hereingebrochen, habe eine Menge Städte und Men- 
fchen verichlungen (mie die untergegangene Atlantis) und habe fo 
ein neues Meer gebilbet. 

Senem Deire auf athiopifcher Seite, dad auch Btolemäus 
ebenvajelbft auf der Landſpitze (7 don heißt ver Hals, ver 
Schlund) ganz fo wie Strabo, in feinen geographifchen Tafeln 
(Aron nökıg Ev üxou, 74° 30' Long. 11° Lat., bei Ptol. IV. c.7. 
fol. 112) aufführt, lag Okelis Emporium, an de Palindro— 
mos Spiße, auf arabifcher Seite gegenüber (IIarivdoouog &xou, 
74° 30° Long. 11° 40° Lat. bei Ptol. VI. c. 7. fol. 153). Beide 
Ortſchaften, Deire wie Okelis, find zwar längft verfchwunden 
und vielleicht nicht einmal mehr Spuren von ihnen vorhanden; 
aber die Durchfahrt ift geblieben, mie fie vor alten Zeiten war, 
wenigftend ſtimmt die Gegenwart, nad) der neuen britifchen Küften- 
aufnahme, gut mit Strabo’3 Angaben überein. 

Nah Lord-DValentia 3), der im J. 1806 den Berg Bab el 
Mandeb auf der arabifchen Seite beſtieg, um die Ueberficht über 
eine dftliche und weftliche Bucht an deſſen Seite zu gewinnen, hatte 
indeß ſein Schiff in der weftlihen Seite Anker werfen Jaffen, 
wo die Flotten der Aegyptier einft zu Dfelis Hätten ftationiren 
müfjfen; aber da hatte ſich feiner Anſicht nach die Küfte doch ſo 
fehr verändert, daß der alte Hafen faum noch einen Fuß Waſ— 
fertiefe zeigte und aljo für Heute völlig unzugänglich gewor— 
den war. 

Der Berfaffer vom Periplus des erythräiſchen Meeres, 
der dieſelbe Meerenge von 60 Stadien Breite zwijchen Okelis 
und dem Aualitifchen Golf (Deire nennt er nicht) Fennt und 
in deren Mitte er die Infel des Diodoros (vjoog n Auodw- 
00V ; |. Arriani Peripl. p. 14 ed. Huds.), d. i. die heutige Inſel 
Perim, ganz richtig angiebt, weiß auch die Gefahren, welche dort 
den Schiffer bei der Durchfahrt treffen. Eben hier an dieſer Inſel 
fei die Stärke ver Stürme, fagt er, Die von den benachbarten 
Berghöhen herabſtürzen, fletd gewaltiger. Eben ſo ſchildert 
der fo erfahrene Cosmas Indicopleuſtes nur mit Schaudern 
die Gefahren bei ver Durchſchiffung dieſer Meerenge (vergl. ob. 


#09) George Viscount Valentia, Voy. and Travels to India, the 
Red Sea etc. Lond. 1811. 8. Vol. II. p. 348. 


Arabien; Meerenge Bab el Mandeb. 667 


S. 179) auf feiner Fahrt na Sofotora (Topogr. Christ. ed, 
Montfaucon II. p. 132 etc.) ®). 

Noch in neuer Zeit lernte Niebuhr, auf feinem Segelfchiffe, 
die Bejchwerden ver Durchfahrt Fennen, und nur vor dem Forte 
jehritt der europäifchen Nautif, wie der Vollendung des genaueften 
britiſchen Surveys zur Orientirung der Schiffer, und vor der mehr 
ſelbſtſtändigen Dampfſchiffahrt, find dieſe Gefahren forte 
während mehr und mehr gewichen. 

Niebuhr's Küftenbefchreibung und Kartographirung viefer 
-Erdgegend blieb, wegen der wenigen Ortöbeftimmungen, vie er bier 
zu machen im Stande war, nur noch bei den ganz allgemeiniten 
Berichtigungen ftehen; er jegelte nur mit vielem Aufenthalt wipri- 
ger Winde am 24ften und 2öften Auguft des Jahres 1763 durch 
die Meerenge hindurch >). Sie ſchien ihm da, wo ſie am ſchmal— 
fien ift, ohngefähr 5 deutſche Meilen Breite zu haben; er fah in 
derſelben, eine Meile von ver arabifchen Küfte entfernt, eine 1%, 
Meile lange Infel, Berim, mit gutem Hafen, dem aber das 

friſche Waffer fehlte, liegen; weiter ſüdlich, an ver afrifani- 
schen Küfte, aber auch noch verfchiedene andere Eleinere Snfeln 
(6 gefonderte), die er auf feiner Karte vom Rothen Meere 6) nach 
Gutvünfen, jedoch namenlos, einzeichnete. Die Berge auf ver 
afrikanischen Küfte erfchienen ihm viel höher als dad DVorgebirge 
auf der arabifchen. Die Schiffe, bemerkte Niebuhr, gingen ges 
wöhnlich durch den Ganal, zwifchen Berim und der arabifchen 
Küſte; weil aber in diefem engen Fahrwaſſer ein ftarfer Strom 
jei und der Wind ihm entgegen war, fo fegelte fein Schiff durch 
den breitern Canal zwifchen ver Inſel Perim und ver afri— 
fanifhen Küfte hindurch: denn bier war mehr Naum zum la— 
viren und feine Gefahr auf Untiefen zu ftoßen. Died nebft wich— 
tigen Beftimmungen einiger Polhöhen ift dasjenige, was Niebuhr 
hier zu feiner Zeit zu beobachten im Stande war. 

Lord Balentia hat in der mitunter berichtigten Karte vom 
Nothen Meere 7) viefe Einfahrt zuerjt nach einer Aufnahme ver 


*) W. Vincent, Commerce and Navigat. etc. Lond. 1804. 4. Vol. Il. 
p- 118 etc. °) Niebuhr, Neifebefhr. I. ©. 448 u. f. °) Mare 
Rubrum seu Sinus Arabicus, Tab. XX. in Bejchreib, von Arabien 
©. 358. ) Chart of the Red Sea from the Straits of Bab el 
Mandeb to Salaka etc. laid down from actual Survey and Ob- 
servat, made in tlie H. Comp, Cruiser Panther and Assaye 
Tender. 1804— 1805, in Valentia, Trav. 


668 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 70, 


britiſch-oſtindiſchen Marine eintragen Iaffen; Captain Court, der 
diefes Geſchäft vollführte, reducirte 3) die auf den Altern Karten (von 
Niebuhr, La Rochette, Popham u. U.) eingetragene Breite 
von 16 Mil. engl. zwijchen der Infel Perim und ver afrifanie 
ſchen Küfte auf 10 (nur 4 Stunden), und lehrte, daß die Diftanz 
beider Gontinentalufer unter 13° N.Br. nicht 52, fondern nur 35 
Mil. (14 Stunden) betrage, daß ferner eben hier die Fahritraße 
durch eine große Sandbank, welche früherhin ganz unbeschtet ges 
blieben und daher die Gefahr bei ver Durchfahrt jo ſehr gefteigert 
hatte, um mehr als die Hälfte, nämlich auch 15 Mil. (6 Stun 
den) verengt werde. Die Kenntniß diefer Untiefe war um jo wich- 
tiger, da fie auf der directen Sahrlinie von Modıha zur Straße 
von Babel Manveb liegt. Wahrend der Decupation von Ae— 
gypten hatten die Briten Befig von der Infel Berim (auf 
Mehun genannt) 9 genommen, und darauf fchon Befeftigungen 
angefangen, ald man bei dem völligen Waffermangel diefer 
Inſel dieſelbe wieder zu verlaffen fich gezwungen ſah. Man Iernte 
damals noch eine Eleinere Inſel, Dſchebel Rahan, oder die Pi— 
loten-Inſel (Pilots Island) der Seefahrer, näher fennen, welche 
in der Mitte des engern Sundes auf der arabifdhen Seite 
liegt, fo wie die bei Niebuhr namenlos gebliebene Gruppe in 
dem größern Sunde der afrikanijchen Seite, welche bei den An— 
wohnern Ageftin heißt, und feitvem auf den Seekarten der Briten 
unter den Namen der Acht Brüder (The eight Brothers) ein= 
getragen wurde. 

Schon früher Hatte I. Bruce, der berühmte Entdeder der öſt— 
lichen Nilquellen, bei feiner Beichiffung des Rothen Meeres auch 
über die Straße von Babel Mand eb Beobachtungen angeftellt, 
gegen die man ald Plagiate von Niebuhr und andern Vorgän— 
gern hatte Miftrauen erregen wollen; aber Wellfted hat, indem 
er deſſen Originale Beobachtungen mit denen des Gapt. Court Fris 
tiſch verglich 10), ihn von diefem Vorwurf befreit, feine jo genauen 
Driginal-Beobachtungen aber durch die des Survey großentheild ges 
rechtfertigt. Babel Manveb giebt Bruce auf 12° 39° 20'N.Br. 
an, der Survey hat nur den Unterſchied von drei Minuten, näm— 


+08) Vic, Valentia, Voy. and Trav. Lond. 1811. 8. Vol. II. p. 384. 
) W. Vincent, Comm. etc. 1. c. Vol. II. p. 325. 10) Lieutn, 
J. R. Wellsted, Notes on Bruces Chart of the Coasts of the 
Red Sea, im Journ. of the Lond, Geogr. Soc, 1835. Vol. V. 
p. 287, 295. 


Ü 


Arabien; Meerenge Bab el Mandeb. 669 


lich 12° 42° 20” NR.Br. beobachtet, welcher aber aus der Verſchie— 
denheit des Standpunctes bei der Beobachtung fich von felbft erle= 
digt. Seine genaue Beichreibung der Durhichiffung des gro= 
Ben Sunde3 ift für die nachfolgenden Schiffer eine lehrreiche 
Warnung gemefen, und die Befchreitung von den Küften wie von 
der Infel Berim, über die man in faft gar feinen Schiffertage- 
büchern Auffchluß fand, ward durch die Beobachtungen auf dem 
Balinurus volfommen betätigt. Cr fand 1!) die Infel nieprig, 
niit einem guten Hafen, der gegen die abyifinifche Küfte gelegen ift; 
ein nackter unfruchtbarer Fels, auf welchem nur Wermuth 
(Absynthium), Raute, und an deſſen Meeresrande Seegras mus 
herte. Anfang Auguft war die ganze Oberfläche diefer Infel, von 
etwa 2 Stunden Länge und einer halben Stunde Breite, durd) den 
Sonnenſtrahl völlig verfengt und öde; aber dad Meer umher war 
ungemein fifchreih umd auch viele Schildfräten boten hier 
reichlichen Gewinn. Die Küften ver Gontinente zu beiden Sei— 
ten machten einen traurigen Eindruck. Die befte Karte des Rothen 
Meeres von Moresby1?) und Capt. Hained Survey im Pa— 
linurus geben uns neue Ihatfachen über diefe Erogegend. 

Bon Oft her hat das arabifche Vorgebirge von Babel 
Mandeb die Geftalt eines Keild (wedge)13), den man bei kla— 
rem Wetter fchon 14 Stunden (35 Mil. engl.) weit erfennen fann, 
deſſen höchfter Bif, ver Dſchebel Manhaäli, fich 865 Buß über 
die Meeresfläche erhebt, und zu diefer gegen Süd in eine niedre 
Landfpige abfinft. Diefer Pik liegt unter 12° 41’ 10" N. Br. 
und 43° 32' 14" DR. v. Gr. Abwärts diefed Vorgebirgs, dem 
3. Bird) eine bafaltifhe Formation zujchreibt, fpringen 
eine Menge Klippen auf Viertelſtunden weit aus dem Feftlande 
vor, und bilven zwifchen fich feichte Bayen für Boote und Fleis 
nere Schiffe, in denen die abyſſiniſchen Handelsleute mit ih» 
ren Schafen zu landen pflegen, die fie von da auf den Marft von 
Mochha treiben. Nur eine DViertelftunde in Norvoft jenes Manz 





1) 3. Bruce, Reifen 1768— 1773. Ueberf. v. Volkmann, Leipzig, 8. 
Th.1. ©. 358 — 361. ) Chart of the Red 'Sea Jiddah, the 
Straits of Bab el Mandeb surveyed in the Years 1830 — 1833 
by Capt. T. Elvon and L. Pinching and completed in 1833—34 
by Commodore R. Moresby Indian Navy, engraved by C. Wal- 
ker. — 4 Sectionen. '?) Capt. 8. B. Haines, Mem. I, c. 1839. 
Vol. IX. p. 125, und deſſen Karte: Part of the South Coasts of 
Arabia from a Survey etc. '*) J. Bird im Journ. of the Lond. 
Geogr. Soc. IV, p. 200, 


670 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 70, 


hali-Berges zieht ſich eine Fleine Hügelfette, die Dſchebel Seil=- 
fah bin, mit niedern, irregulairen Umrifjen, die fich etwa eine gute 
Stunde weit gegen N.N.W. verbreiten, und eine fandige, öde Nie— 
derung umgeben, deren Zwifchenthäler hie und da mit Gebüfch von 
den jchönften Antilopenheerden durchftrichen werden. Etwas 
weiter im Oſt des Vorgebirgs erhebt ſich ein quadratifcher, dunkler 
Berg, Turbah, mit einigen Ruinen, und nahe dabei mit einem 
alten Dorfe, bei welchem jteile Uferfelfen einen geflcherten Anfer- 


grund bieten folen. Dies ift die Stelle, welche Gapt. Haines für 


die alte Okelis anfpricht (ſ. 0b. ©.244), und welche mol eine ges 
nauere Unterfuchung verdiente, da DValentia die Hafenftelle für ſchon 
verfandet hielt. In einem dortigen Thale ftehen, nahe einem Brun- 
nen mit brafifchem Waffer, Dattelpalmen, der Sammelplag mans 
dernder Beominen vom Subeihi-Tribud (Szobbäch bei Seegen 
ſ. unten). Gegen N. und D, dieſes Kleinen Bergdiſtrictes ift das 
Land niedrig, fandig, die Berggruppe des Dichebel Manhali 
hielt Sapt. Haiines für vuleanifcher Natur; er beobachtete, daß 
durch fie die Nadel vom magnetifchen Meridian vdeflectirt wurde. 

Nur etwa zehn Minuten (/ Mil. engl.) fern vom arabifchen 
Ufer Tiegt das Pilots Island; das nackte Zelfeneiland aber, die 
größere Infel Berim oder Mehun (Meyun bei Haines), 
faft eine ganze Stunde fern von vemfelben. Sie ift nahe an 5 
Stunden (4%, Mil. engl.) lang und faft eine Stunde (2 Mil.) breit. 
Shre Höhe erreicht nur 230 F. über dem Meeresfpiegel. Zwiſchen 
ihr und dem Eleinen Pilots Island bildet fich fo ein enger, 
faum 1% Mil. breiter Canal oder Sund (Small Strait der See— 
fahrer), in welchem die Sundirungen von 48 bi8 84 Fuß (8 — 14 
Faden) wechſeln. An der von Arabien abgefehrten Südweſt— 
feite ver Infel Berim liegt ein guter Hafen mit , Mil. breis 
ter Einfahrt. Hier fah man, im $. 1836, noch ein Wafferbaf= 
fin (Tanf) und die Trümmer eines roh conftruirten Molo, 
Ueberrefte ver britifchen Befignahme im $. 1801. Die Fluth 
flieg bier 6 Fuß Hoch; die Südſpitze der Infel liegt 12° 38 N. Br. 
und 43° 28'40" OL». Gr. Die Magnetnadel zeigte hier eine 
Abweichung von 3 Grad; im Jahre 1856 betrug dieſe Variation 
5° 42 W. 

Dad an der abyffinischen Küfte gegenüber liegende Vorgebirge 
(Craggy Mount der frühern Karten) heißt, nach Capt. Haines, 
Ras Sejan (Dfhibbel Seajarn, Volcanic, auf Moresby 
Chart). Es bildet die ſüdlichſte Spite der Einfahrt in dad Rothe 


a ee ae nn er nn 


Arabien; Meerenge Bab el Mandeb, 671 


Meer; ein dunfelfarbiger Pit, 380 Fuß hoch, fpringt hier gegen 
Nord vor, ift durch eine 700 Schritt lange, ganz nidrige Land— 
firede mit dem Feſtlande verbunden; eine moraftige Bay liegt ihm 
im Weft mit vem befannten Mangroves-Uferfaum; feine Nordwand 
iſt felfig und fällt fteil ab zum Meere. Die größte Annähe— 
rung diefed Rad Sejan zur arabifchen Küfte beträgt nicht volle 
6 Stunden (14, Mil. engl., alfo nicht 5 Meilen, wie noch bei 
Niebuhr), innerhalb dieſer wirflichen größten Breite der 
Meerenge Babel Mandebs wird nun die füdmweftliche 
Durchfahrt (Large Strait der Seefahrer), oder der breite Sund 
der afrifanifchen Seite, Durch die Gruppe der Eleinen Infeln 
Ageftin wiederum zu einem noch ſchmalern Canale zufammen- 
geengt, defien mittlere Fahrſtraße aber fehr tief fein muß, da 
Gapt. Haines bei 720 Fuß (120 Baden) feinen Grund mehr fin= 
den Fonnte. Zwar werden diefe bei ven Cingebornen Dichezira= 
tus8=-Sabah, d. i. die „Sieben Inſeln“ genannt, wonach 
wahrſcheinlich Niebuhr fie in feine Karte eintrug; Horsburghs 
Ind. Directory Vol. I; p. 253 nennt fie die Acht Brüder (The 
eight Brothers), aber nach Gapt. Haines Berichtigung find es 
nur ſechs Felsinſeln. Der höchſte Pif auf venfelben, 350 F. 
üb. d. M., liegt unter 12° 28° N. Br. und 43° 28 50“ O.R. v. Gr., 
mit einer kleinen fehr fiſch- und fchilpfrötenreichen Bai an feiner 
Norvfeite. Gin nievriges Klippeneiland gegen Weft ift hier die 
einzige gefahrvolle Stelle; denn zwilchen viefer Infelgruppe und der 
afrikanischen Küfte find die Sundirungen überall zwifchen 36 
bis 150 Fuß (6— 25 Faden) tief; und die Fluth fteigt bis 7 Fuß. 
Die Gipfel diefer Infelgruppe fünnen aus Fernen von 8 bis 
12 Stunden (20 bi8 30 Mil. engl.) gefehen werden; fie fteigen 
zwifchen 250 bis zu 350 Buß Meereshöhe auf, haben insgefammt 
ein zerriffened, brauned Anſehn, und die meftlichite dieſer Infeln 
halt Bapt. Haines entichieven für vulcanifher Natur. Wenn: 
auch bis jegt Feine vulcanifche Thätigfeit mehr an diefer 
Meerenge wahrgenommen wurde, jo ift doch bei dem ifolirten 
Hervortreten ihrer Fegel= und piffürmigen, die Magnetna= 
del jo ſtark afficirenden, dunfeln Berggruppen aus tiefen 
Schlünden und außer Zufammenhang mit continentalen ihnen 
zu beiden Seiten im Rücken liegenden Bergfetten und Plateauland- 
Ihaften, um jo eher an einftige wirkliche Emporbebungen 
derjelben zu denfen, va auch nordwärts von ihnen, in demfelben 
großen Erofpalt des Rothen Meeres, andere Infeln, wie Dichebel 


672 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 70. 


Zar, noch vor kurzem vulcanisch thärig 15) und eine Schwefel— 
grube für Mehmed Ali, und Kotumbel (nad Ehrenberg) feit 
ältefter Zeit vuleanifcher Natur find, die auch nörvlicher land— 
einwärts bis in die Umgegend von Mekka und Medina verfolgt 
werden fonnte. Schon der PBeriplus des Notben Meeres Fennt die 
Fahrt zur verbrannten Infel, ad Insulam exustam (&yoı Täs 
x0T0#Ex0vVulvng v1700v, Peripl. Mar. erythr. b. Arrian. p. 12), 
die auch Vincent und D’Anville!®) für Dichebel Tar erflär- 
ten. Und auch gegen Süden fegt die vulcanifche Natur ded Bo— 
dens auf arabifcher Seite bis Aden, auf afrzkanifcher bis Tad— 
jurra fort, wo neuerlich erfi!7) um den dortigen, fo tief unter der 
Meeresfläche gleich vem Todten Deere liegenden Salzfee ein vul- 
canifches Gebiet mit Lavaflüffen entdeckt if. Die vulcas 
nifhe Erhebungslinie von Medina bi8 Aden und Tad— 
jurra liegt aber Hier in der Hauptdireetion der großen 
Erdfpalte zwifchen Alien und Afrika. Botta verfichert, 
die Inſel Perim fer vulcaniſch, Engländer hatten ihm von da 
mitgebrachte La ven vorgezeigt. Die abyifiniiche Küfie zieht gegen 
S. S.O. ald niedriger, ſandiger, mit Mangroveswaldung bedeckter 
Uferfaum, 8 bis 10 Stunden weit, gleichartig fort, vom Ras Ses 
jan zum Nas el Bir, und erjt weit landeinwärts gegen das Ins 
nere erhebt fi in drei bis vier terraffenförmig übereinander aufs 
fteigenden Kalkſteinzügen ver Dfichebel San, welcher hier die 
Nordgrenze ver großen bebuſchten Ebene bildet, von der im 
Weſten die Berge von Tadjurra fich erheben. 

DBerfolgen wir nun vom Nas Babel Mandeb, auf arae 
biſcher Seite, das Küftenland weiter gegen Oft, jo ift die 
unmittelbar im Norden des Bergzuges von Heifah liegende Lands 
ſchaft zuwörderft gang niedriger Boden, Fein unmittelbar 
vom Vorgebirge an auffteigendes Hochland. Died Fann 
erft tiefer Iandein gefucht werden. Die Küfte wendet ſich fchon nad) 
3 Stunden (7 Mil.)!3) gegen Nord, dann plötzlich wieder gegen 
D.S.D. 10 Stunden (25 Mil.) weit 5i8 zum Nas Arah, und 


*1°) Botta, Relation d’un Voyage dans l’Yemen 1837. Paris 1841. 
8. p. 137, und derf. in Archives du Musee d’Hist. Natur. Paris 
1841. 4. T. II. p. 83. '°%) Vincent, The Commerce and Navig. 
Vol. HI. p. 312; D’Anville, Descript. du Golfe arabique p. 252. 

'”) W. C. Harris, The Highlands of Aethiopia. Lond. 1844. 8. 
Vol. I. App. II. p. 419; vergl. Vol. Il. p. 398 etc. 18) C, Hai- 
nes l, c. IX. p. 128. 











Arabien; Aden-Küſte, Cap St. Antonii, 673 


bildet in dieſer Strede die Bai el Heikah (Ghubbet el Hei- 
fah), mit gutem Anfergrund gegen die flarfen N.W.- Winde für 
Schiffe, die im Juni und Juli gegen die Straße zur Einfahrt des 
Rothen Meeres fich hinarbeiten wollen. Bei Sakeyyah, in der 
Bai, find Palmgruppen und oftwärts davon findet man Brennholz 
und gutes Waſſer; parallel der niedern Küfte, über 3 Stunden (8 
Mil.) landeinwärts, zieht an 6 bis 7 Stunden (16 Mil.) weit der 
niedre gegen W. fteil abfallende Hügelzug Dihebel Hyaf, 
und noch entfernter, gegen 10 Stunden fern, gegen N.W., der 
gleihfals parallel ftreihende Dichebel A'rah, weit höher, 
von dunkelm Ausjehn; zwar auch mit plateauartigem gleid= 
laufendem Rüden, der aber mit einzelnen Piks (Chimney 
Peaks bei Horsb.) gekrönt ift, hinter denen, gegen N., noch höhere 
Bergrüden fich aufthürmen. Die größte Nacktheit und Einöde cha— 
racterifirt dad Flippige Küftenufer, in das viele Fleine Sandufer- 
baien mit wenigem Buſchwerk einfegen; hie und da ein armer Fi— 
jcher oder wenige bewaffnete Subeihi Beduinen, auch Antilopen 
und Hafen, erjcheinen als vie einzigen Streiflinge in dieſen 
Trauergebieten. 

Das ſchon genannte Ras A'rah, dad allerfüdlichfte ver 
arabifhen Kalbinfel, unter 12° 37' 30" N.Br. und 44° 1’ 40° 
DR. v. Gr., ift niedrig, fandig und eins ver gefährlichiten dieſer 
Geſtade, da es in der directen Bahrftraße der Schiffe zum Nothen 
Meere liegt, aber eine Sandbank benachbart if, die an mehreren‘ 
gefahrvollen Stellen, wo fie nur I Fuß Warfer über fih bat, nicht 
felten Schiffbrüche herbeiführt, da ihre Untiefen oft ganz plötzlich 
neben 90 Buß (15 Baden) tiefem Fahrwaſſer hervortreten. Die 
fleine Bai im W. dieſes Nas A'rah hat ſüßes Waffer, einige Pal— 
men und fchüßt gegen die Heftigften Stürme des ND.-Monfun. 

Eine Lagune, Khor Amrän, liegt ihr 6 Stunden (13), 
MU.) in ND.; fie wird an ihrer Norpfeite vom Dichebel Kho— 
raz (Promontorium St. Antoni b. Niebuhr), einem bis zu 2600 
F. Bar. (2772 8. engl.) auffteigenden Hochgebirge, begrenzt, deſſen 
ſüdlicher Steilabfall mod) eine 1956 Buß hohe Stufe bildet. Un 
der weftlichen Seite feines nördlichen Piks bat wol eine aus roh 
behauenen Steinen beitehende Nuinengruppe die Veranlaffung 
zu feinen heutigen Namen Oſchebel Dſchin (von Dſchinnen, 
den Dämonen) gegeben, da in den Sagen der Araber folche ihnen 
unbekannte alte Heidenſchlöſſer den Dſchinnen zugeichrieben 
werden (die Djinn, f. ob. ©. 271). 

Ritter Erdkunde XII. Uu 


674 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 70. 


Es folgt weiter im Oft dns Nas Katu, unter 12° 39’ 45” 
N.Br. und 44° 32° 30" O. L. v. Gr., wegen feines ſchwarzen Ans 
ſehns Black Cape der Schiffer, über dem fich eine gute Stunde 
landein der 655 F. Par. (798 8. engl.) hohe Sattelberg Dichebel 
Ka’u erhebt. Die Küfte bleibt hier und an 10 Stunden bis zum 
Nas Amräan weiter oſtwärts diefelbe einförmige, niedere 
Sandftrerfe, die nur hie und da von Felſen unterbrochen wird, 
und felten, außer wenigen Büjchen und Antilopen, Hafen, Reb— 
Hühnern, auch einigem andern ſchön gefieverten Geflügel, dem Auge 
etwas anderes als Wüſtenei darbietet. Ihre Streiflinge vom Su— 
beihi- Tribus, die dieſes ganze Gebiet von der Meerenge an 
beherrichen, find nur wenig gefannt, ein hartes, ftarfes Gefchlecht, 
doch mittheilend und wohlwollend. Sie begleiteten ald Führer vie 
Hrn. Ball und Grievel?) vom Palinurus zum Dichebel Dichin, 
deifen Trümmer den Nuinen von Nakab el Hadſchar umd 
Hifn Ghorab (f. 0b. S.314— 324) gleich zu fein ſchienen; doch 
wurde feine Infchrift an venfelben bemerkt. Auf diefem Marfche 
erfuhr man von ven Gubeihi-Führern, daß ihr Tribus aus 
12,000 Mann beitehe, daß ihre Sheikhs eine abfolute Macht aude 
üben, daß fie reich an Ninder= und Kameelheerven find, ihr Gebiet 
zwar meift öde ift, aber doch auch hie und da noch Obft und 
Kaffee von ihnen gebalıt wird. Ihre Weiber waren von zartem 
‚Körperbau, zeichneten ſich durch jehr dunkle Augen und ſchönes 
Langes Haupthaar aus. 

Nas Amrän liegt unter 12° 43'30' N.Br. und 44° 49' 40" 
DR. v. Gr. Es ift die Südweſtſpitze einer Eleinen Felsinſel, 
die vom Peftlande nur durch einen ſchmalen, aber jehr Elippigen 
Canal getrennt Tiegt; die böchfte Spitze dieſes Caps fpringt eine 
Stunde weit in die See vor, in einer Höhe von 668 8. PB. (712 
F. engl.). Oeſtlich daran lagert eine Bai, Bander Feikan, zwei 
Stunden lang und halb jo tief, die im Oft durch den Oſchebel 
Haſan eingeſchloſſen ift und im ihrer Mitte eine Eleine Infel zeigt. 
Am Weftufer der Bat liegt das Grabmal de8 Sheifh Samar= 
rah, umgeben von einigen Fiicherhütten; gegen Süboft fpringt 
aber ein Pik, ver Dichezirat Abu Shammah vor. Nur für 
fleine Boote findet fich in der Bai am nievern Dünenufer eine An— 
feritelle. 

Der Dſchebel Haſan ift eine weit in dad Meer vorfprin= 


*1°) Capt. Haines 1. c. IX. p. 130, 





Arabien; Aden-Küfte, die Abdali. 675 


gende peninfulare Granitmaffe, von zwei ftarfen Stunden Länge 
"und halber Breite, deren höchfter PiE wie ein Zuderhut zu 1160 
F. Bar. (1237 8. engl.) auffteigt, voll Spiten, deren jede bei den 
Arabern ihren eignen Namen hat. Die ſüdlichſte, Nas Mujallab 
Heidi, liegt unter 12° 43’ N.Br. und 44° 59° O©.X. v. Gr., und 
vor ihr Tiegt noch eine Gruppe von 9 Felsinjelchen. Ein weißes 
Grab des Sheikh Ka'dir ſieht man an einer dieſer außerften 
Spigen, am Ras Abu Kiyamah, das diefe Bai von dem Khor 
Kadir trennt. Nahe viefer Stelle legen die Araber vom Akrabi— 
Tribus für die vorüberfegelnden Handelsſchiffe ihren Kaffee, ihre 
Baummolle und ande Waaren zum Austauſch aus, da der 
Bander Scheifh und der Khor Kädir die einzigen SHafenftellen 
find, die diefem Tribus gehören. Am Oftende dieſes vielfpigigen 
Oranitvorgebirges erhebt fi ein merkwürdiger Doppelpif 
von Granit, 700 Buß hoch, gewöhnlich, wie fo manche andere, 
von den Sciffern „Eſelsohren“ (Asses ears) genannt, welche 
zu den pitoredfen Gontouren deſſelben das ihrige beitragen. Ein 
tiefer Thalfpalt windet fi durd, den Bergzug des Bander Feis 
fan zu der Fleinen Bai Bander Scheifh. Das Land gegen N. 
ift niedrig, und unmittelbar im Rücken des Berges ift ein tiefer 
Einfchnitt, KhorBiyar Ahmed oder Seilan, eine ftarfe Stunde 
gegen Welt, der dad ganze peninfulare Vorgebirge des Dichebel 
Haſan faft zu einer vollen Infel macht. Biyar Ahmed ift ein 
Dorf und Eleines Fort, eine ftarfe Stunde (3 Mil.) fern vom Ufer, 
und über 2 flarfe Stunden (6%, Mil.) im Norden ver „Eſels— 
ohren,“ mit 250 Einwohnern und der Neflvenz ded Sultans der 
Akrabi. Eine Fleine Stunde (2 Mil.) in NO. dieſer Refidenz 
liegt dad Dorf Seilan. 
Der zuvor ganz unbekannt gebliebene AfrabisTribus, etwa 
600 Mann ftarf, bewohnt diefes Territorium, in welchem er nicht 
über 2 deutiche Quadratmeilen (20 engl. Q.Mil.) einnehmen foll. 
Es ift ein Schöner, friegerifcher Menfchenfchlag, der feine 
Nachbarn fortwährend in Alarm erhielt, da der Sultan feine Leute 
in allen Raubzügen felbft anführt. Ahmed ibn Meidi war in— 
dependenter Gebieter, zahlte aber doch einem der benachbarten Häupt« 
linge einen gewiſſen Tribut für die Erlaubniß deſſen Nachbarſtamm, 
die Abdali, berauben zu dürfen. Man Fannte ihn als einen aus— 
gemachten Verräther; doc erlaubte er den Officieren Gruttenden 
und Grieve fein Dorf zu befuchen, und nahm fie jehr gaftfreund« 
lich auf. Die Weiber diefed Tribus fand man fehr ſchön, blühen, 
Uu2 


rüftig und, was jelten bei den vunfelfarbigen MWüftenbewohnern, 
fogar liebensmwürdig. Died Gebiet ver Afrabi wird im W. von 
ven Subeihbi, in N.O. von den Abdali und den Haufhäbi 
(Hauafhib bei Seetzen) begrenzt. Von dem Kauptertrag ihrer 
Aecker, dem Jowari= Korn, wird viel ausgeführt, fie haben zahl— 
reiche Heerden von Schafen und Ziegen, die von Hirten ſorg— 
fültig gehütet werden. Ihre Ucacienwälder geben vielen An— 
tilopen und Geflügel Schug, zumal Taubenarten, Bayahs 
(eine mit Federbuſch gezierte Sperlingsart) und einem prächtig gelb 
und carmoifinfarben gefieverten Singvogel. Selbſt diefe Trauer— 
füfte bot dem Beobachter viel Merkwürdiges dar, das ihn für die 
Monotonie auf dem Surveyor-Schiff entſchädigen konnte. 

Zwifchen diefem Granitvorgebirge, dem Dichebel Safan 
in W. und dem Dſchebel Shamfhän in D., breitet fih nun 
die große Bander TZumayyı?0) aus, von welcyer die Back Bay 
dag Dftende bildet. Diefe Tuwayyi-Bai zieht ſich 3 Stunden 
(8 Mil.) von W. nad) DO. in die Länge und halb fo viel in die 
Breite. Auch Aden iſt ein peninfulares Borgebirge, dag, 
ebenfalld wie das zuvorgenannte Dichebel Safan, durch einen Ein= 
fhnitt (Creek) mit Sumpfboden, ver Khor Maffa genannt, 
faft gänzlich von dem Feſtlande getrennt ift. Beide hohe Borges 
birge erfcheinen dem gemäp mehr wie zwei Infeln, welche zu beis 
den Seiten die Eingänge zur fchönen Tuwayyi-Bait beherrichen, 
in welcher jedes Schiff den beiten Elarfandigen Anfergrund vorfin= 
det, der allmählig gegen das Ufer bis auf 30 Fuß Tiefe (5 Klafter) 
abnimmt. Ebben und Fluthen in dieſer Bai fleigen irregulair von 
8%, bid zu 9 und 10 Fuß auf. 

Der Dſchebel Schamfhäan, von feinem hohen Felsthurm 
auf dem Gebirge, das die Gebirgshalbinfel von Aden bildet, 
den Namen tragend, ift bei 1666 8. Par. (1776 8. engl.) in der 
ganzen Gegend der erhabenfte Punct der Kette über der 
Meeresfläche, vie fich ein paar Stunvden weit ald Halbinfel 
von W. nach O. hinzieht. Die allerfürlichfte Spitze dieſes Vor— 
gebirged Aden wird Ras Sineilah (over Seneila bei Fo— 
fer) genannt, e8 ift dad Gap Aden der Schifferfarten; aber un— 
zählige Velsfpigen ragen aus diefer Gebirgämaffe ſüdwärts 
hervor, und bilden in ihren Meeresabfällen eine Menge Eleiner 
Baien für Bagalas und Boote; auch Eleine Infelchen Tiegen 


*2°) Capt. Haines I. c, IX, p. 132 und defien Plan of Aden, 





Arabien; die Halbinfel Aden. 677 


ihnen vor, wie 3. B. Dichezira Sawayih u. a., bie aber alle 
ihre eigenen Namen haben. 


Erläuterung 2. 


Die Halbinfel Aden, ihre vulcanifhe Bildung. Die Stadt 
Aden und ihre Negeneration durch die britifche Befisnahme, 
feit 1839, 


Mas fich über die ältere Wichtigkeit ded Emporiumsd Aden 
mit einiger Sicherheit ermitteln Tieß, ift in obigem, in Beziehung 
auf Weltverfehr und einheimifche Siftorie, nachzumeifen verjucht 
worden (f. ob. ©. 241 — 250); ein Anderes ift ed, was ſich und 
für die Gegenwart zur Betrachtung diejer intereffanten Locali— 
tät darbietet, deren genauere Kenntniß erjt durch das letzte Decen— 
nium möglicy geworden, feitdem Briten, behufs der Sicherheit 
ihrer Dampffchiffahrt in den indischen Gewäſſern, dieſe bid dahin 
gänzlich unbeachtet gebliebene Stelle in Befig genommen. Gie er= 
fannten fehr wohl, daß ihr Vorzug in den trefflihen Schutz— 
Häfen, die ihr im Oft wie im Weſt unmittelbar vorliegen, fo 
wie in der felbftändigen Unabhängigkeit von dem unmittel« 
bar daran ftoßenden Feſtlande Arabiens beftehe, deſſen reichjte Ge— 
ftade von Iemen und Hadhramaut durch diefelbe natürlich gezügelt 
werben können. Sie fahen bald die Analogie ein, welche dieſes 
Aden zu einem Gibraltar des Oriented?!) umzugeftalten ver« 
mag, dad eben jo mit feiner noch höhern und wildzerriffenern Fels— 
infel zur uneinnehmbaren Feſte, um die indifchen und ara— 
bifhen Gewäſſer zu beherrfchen, erhoben werden Fonnte, wie 
jened an den Säulen ded Herakles die Herrſchaft über dad euro— 
päifche mittelländifche Gulturmeer auszuüben vermochte. Sie er« 
fannten leicht die Vortheile, welche diefe Station, außerhalb 
der an Widerwinden fo bejchwerlichen Babel Mandeb-Straße, 
gegen die Lage des Handelähafens von Mochha für den Schiffer 
varbietet, deſſen Ginfahrt bis dahin, von Indien aus, ftetd mit gros 
ßem Aufenthalt verbunden zu fein pflegt. Sie hofiten von hier 
auf einen gangbaren Zutritt zu dem Productenreichthum des in- 
nern Jemen, und bei der directern Annäherung zu deſſen Haupt— 
ſtadt Sanaa (f. ob. ©. 239) den großen Karawanenverfehr 


2") Capt. Haines I. c. IX. p. 135. 


678 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 70, 


mit Mochha, zumal die Kaffee- Erporten des Binnenlandes, 
mit der Zeit über Aden ableiten zu fünnen 22). 

Aden war nur der dorfähnliche traurige Ueberreft eines al— 
ten Emporiumöd, von dem jedoch immer noch manche nicht ges 
ringe, obwol ſehr zerilörte Spuren feiner vormaligen Größe zurück— 
geblieben, ver fich erjt in den legten Jahren durch britifchen Einfluß 
wieder zu einer ſtädtiſchen Größe und Weltbeveutung empor— 
zufchwingen beginnt. Diefe Stadt liegt unter 12° 46° 15" N.Br. 
und 45° 10° 20" O. L. v. Gr., am Oftende der großen bisher namen= 
Iojen Halbinfel, die wir zum Unterfchievde von jener die Halbinfel 
Aden nennen werden, welche vor ded Ingenieur Capitaind NR. To= ° 
fter jpecieller topographifcher Beichreibung 3), die er an feine Be— 
hörde in Bombay einfandte, den Europäern eigentlich in ihren 
Specialverhältnijfen gänzlich unbefannt geblieben war. Ihrer nicht 
unmichtigen biftoriichen Zufunft, fo wie nicht weniger ihrer 
phyficalifchen, entichievden vulcanifchen Bejchaffenheit wegen, 
halten wir es für wichtig genug, R. Foſter's bei europäifchen 
Geographen unbeachtet gebliebenen Bericht nicht in Vergeſſenheit 
gerathen zu laſſen, und theilen hier den Sauptinhalt deſſelben mit, 
ehe wir zur Stadt jelbft, die fo allgemeine Aufmerkſamkeit in der 
Gegenwart erreicht hat, übergehen. Schon früher hatte der deutjche 
Reifende Seesen (im Juli 1810) die erſten genalern Beobach⸗ 
tungen über die Landſchaft Aden gemacht, wie ſich aus ſeinen ſehr 
intereffanten Briefnotizen ergiebt, und wir können es nur innig be— 
dauern, daß ſo viele der von ihm gemachten Entdeckungen, 
zu denen auch die Bulcanität dieſer Aden?*) gehört, wegen ver— 
Hinderter Mittheilung feines Nachlaffes noch nicht zur Veröffentli— 
hung gelangt find. Seine nur zu Furzen Ausfagen, von denen 
R. Fofter gar feine Kenntniß beſaß, beftätigen deſſen Beobachtun— 
gen vollfommen, wie fih aus dem Folgenden ergeben wird. 

Die elliptifch geftaltete, von W. nad D. auf eine ftarfe 
Stunde der größern Linge nach ausgedehnte Halbinfel von halb fo 


*°?) Dr. Arbuckle, Letter to Colonel Dickinson on Aden, in Pro- 
ceedings of the Bombay Soc. 1838. p. 2. 

?°) Capt. R. Foster, Engineers, Short Topographical and General 
Description of the Cape of Aden, in Proceedings of the Bombay 
Geogr. Soc. May. 1839. 8. p. 15—25, nebſt einer Sperialfarte 
unter dem Titel: Sketch of Cape Aden by Capt. R. F. 1839. 

4) Dr. 1.3. Seegen, Auszug aus einem Schreiben, Mocha 17. Nov. 
1810, in v. Zach, Monatliche Correſp. XXVIII. Bd. Gotha, 1813. 
Sept. ©. 231. 


Arabien; Halbinfel Aden. 679 


großer Breite hängt an ihrer norvöftlichen Seite durch eine fehr 
female, wenige Minuten breite und ganz niedere, fandige Land— 
zunge mit dem Feftlande zufammen, woduktch die an fich verjchies 
denartige, ganz felfige Berginfel erft durch diefen Iſthmus 
zur Halbinfel des nievern flachanliegenden arabifchen Geſtades 
wird. Auch erjcheint fie wirflidy dem aus indiſcher Ferne hierher 
Schiffenden zuerft ala eine Infel, in beträchtlichem Abſtande vom 
arabifchen Feſtlande 25) gelegen. Hierin tritt die Uebereinftimmung 
mit dem Gibraltarfelfen hervor, dem ebenfalls im Norden eine 
Sandfläche vorliegt, jo verfchieden von ihren Veldvorgebirgen, daß 
- die Bildungszeiten beider wol ganz verichiedenen Epochen angehö- 
ren mögen, Aden zumal einer vulcanifchen Injelbildung, die 
erft fpäter durch Sanddünen, die Producte der Ebben, Fluthen 
und Stürme, an das Feſtland angereiht wurde. Zu beiden Seiten 
des fandigen Iſthmus Liegen durch ihn gefchloffene Baien: im W. 
die Back⸗-Bay (die innerfte Bucht der Tuwayyi-Bai), im'O. 
die Front-Bai oder Bai der Stadt Aden, der ein Infelchen, 
Sira genannt, welche die Bai fchüst, in O. vorliegt. Die beiden 
weftlichften Caps der Halbinfel Aden heißen Nas Marbut und 
Nas Tarshayn, das fürlichite Nas Seneila, das öſtlichſte Gap 
aber Mujdab oder Marfhay, dem im N. der Bander Holfet 
mit der genannten Sira-Inſel und die Front-Bai, im ©. aber 
der Bander Dura unmittelbar anliegt. Died der äußere Kü— 
ftenumriß der Halbinfel, deren innern Gebirgäfern die gewaltige 
Gruppe des Dihebel Schamſhan einnimmt, welche aber gegen 
die breitere DOfthälfte ver Halbinsel in eine Fraterähnliche, 
freisrunde Vertiefung abftürzt, an deren durchbrochenem Aus— 
gange zum Meere ver Hafenort Aden gelegen ift. Dieferhalb ver— 
gleicht Capt. Bofter diefe ganze Bildung einer Sufeifenform, 
und fucht ihre vulcanifche Bildung nachzumeiien, wodurd fie 
in die Neihe ver analog gebildeten Infeln, wie Balma, Amfter«- 
dam, Santorin und andere, treten würde. 

Der Diameter des faſt vollfommen runden Kraterfreifes 
beträgt bi8 1%, Mil. engl.; der Kraterrand gegen W. am höch— 
ften auffteigend in den Schamfhan= Gipfeln, aber ununterbrochen 
in abfoluter Höhe von 1000 bis 1050 Fuß bleibend, ſenkt ſich 
am meiften gegen die öftlihe Seite zum Meere; fteigt gegen N.O. 
im Manfuri jedoch immer noch bis zu 600 Fuß empor, und 


2) Wellſted b. Rödiger Th. I. ©. 291. 


680 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 70. 


ſtürzt daſelbſt fteil mit verfchiedenen VBerzweigungen ab zum Meere. 
Nur da, wo die Nuinen der Stadt Aden liegen, d. i. direct ge= 
gen Oft, ift diefer Kraterrand wie durch eine heftige Eruption 
ganz durchbrochen, und öffnet das Innere feiner Arena durch eine 
ſchmale Schlucht ganz dem Meere, das Hier die Front-Bai oder 
die Aden-Bai bildete, welcher die Inſel Sira, vielleicht noch ein 
Fragment ded einst gejchlofienen Kraterrandes, vorliegt. So die 
äußere Erfcheinung: denn mit diefer Infel fcheint im Südoſt 
der Arena der dortige fortgejegte Kraterfrang zu correfpondi- 
ren, der fich ald Pik Hydros über dem Tempel Hydros (ed ift 
wol dad Grab eines Sheikh Idris gemeint?) erhebt. Im deſſen 
weitlicher Fortſetzung feheint der ganze Eraterähnliche Rand, nach 
Foſter's Anficht, am allerheftigften erfchüttert zu fein, va 
er am meiften zertrümmert in die fteilften Abſtürze abfällt, 
und gegen N.D. hin fogar unter das Meer tauchte, wodurch 
der ſchmale Sund zwifchen dem dortigen Gap und der Inſel 
Sira entftanden fein mag, die fi) wieder bi8 zu 230 Fuß Höhe 
mit ihrem Bergrücken emporhebt. Diefe Ueberwerfung nach außen, 
verbunden mit der Zerrüttung nach innen, erfcheint nur ald Folge 
einer jecundair eingetretenen Erſchütterungsperiode, lange 
nach der urfprünglichen Erhebungsperiode der ganzen Inſel. 
Dieje Betrachtungsweife R. Foſter's, der eine Suite der Ge— 
birgsarten von hier an feine Behörde zur nähern Prüfung ein- 
jandte, über welche und aber noch Fein Urtheil zugefommen, fol, 
nach einer Note von I. Bird 26), aus arabifchen Autoren Beftä- 
tigung erhalten, fo daß wenigitens die jüngere Eruption einer 
hiftorifchen Zeit angehören möchte, aus welcher der Hiftorifer 
Maſudi, in feinen Golonen Wiejen, aus dem zehnten Jahrhuns 
dert Bericht geben fol. Eine Stelle finden wir in deffen 17ten Ka— 
pitel 27); fie Spricht allerdings von einem feuerfpeienden fehr 
thätigen Bulcane am diefer Seite der arabifchen Küfte, 
doch ohne die Localität fo zu bezeichnen, dap man fie mit Be— 
ftimmtheit nach Aden verlegen Fünnte Ob e8 bei ihm noch eine 
zweite genauer bezeichnende giebt, haben wir bis jegt nicht ermit— 


*?°) Dr. Bird, Note in den Proceedings 1. c. p. 25. Diefe Angaben 
find in dem bombaftifchen Styl des Capt. Harris ausgefchmückter 
wiedergegeben in feiner Schilderung von Aden: The Highlands etc. 
l. c. Vol.I. p.8 etc. ?”) EI Masudis Historic Encyel. entit- 
led Meadows of Gold etc. T'ransl. b. Al. Sprenger. Lond. 1841. 
Vol, I. p. 422. 





Arabien; Adens alter Bulcan. 681 


telm können; von einer noch andern Stelle bei Kaswini, die hier- 
auf Bezug Hat, ijt weiter unten die Nede. Nachdem Maſudi von 
den ihm bekannt gewordenen wüthendften feuerfpeienden Bergen, 
dem el Borfän (Netna) in Sicilien, und dem fürchterlich toſen— 
den im Lande ver Maharadſcha (welcher? und wo? offenbar in 
Indien, etwa im Vindhya-Gebirge? f. Ervf. Ih. V. ©.496) 
geiprochen, fährt er fort: „Diefen zunächft, nämlich an Wiloheit, 
„kommt der Bulcan von Barahut, der nicht fern von Asfär 
„und Hadhramaut im Lande efh-Shihr ift, das in (mol 
„zwifchen?) ver Brovinz Jemen und Oman liegt. Deffen 
„Getöje Hört man in einer Entfernung mehrerer Miles; er wirft 
„glühende Kohlen aus feinem Innern berghoch, und fchwarze 
„Belöftüfe in die obern Lüfte, daß man fie viele Miles meit er— 
„blicken kann. Diefe fallen dann zurüd, theils in den Grater, theild 
„nach den Außenfeiten rund umher. Die ausgeworfnen glühenden 
„Kohlen find aber Steine, die nur durch die Hitze geröthet wurden. 
„Die Urfache diefer Feuerquellen haben wir in unferm Werke, dem 
„Akhbär ez-Zemän, nachgewieſen.“ — Könnten wir diefen bier ge= 
nannten Bulcan von Barahut für iventifch mit dem nbenges 
nannten Barahut, vem Höllenfchlunde (f. 06. S. 276) in Ha— 
dhramaut halten, wofür alle räumlichen Angaben fprechen: jo hätten 
wir hierin einen ſehr intereffanten Aufichluß über jene räthielhafte 
Localität, und zugleich ein Datum des Hiftorifhen Vulcanis— 
mus an der Südfüfte Hadhramauts, wodurd die Bildung 
eined Erhebungsfraterd auf der Küfte Aden ebenfalls an Wahr« 
fcheinlichfeit gewinnt, fo wie überhaupt die Vorftellung, daß die 
ganze Platenumaffe des centralen Iemend in ihrer erhabenen An— 
ſchwellung nicht außer der Beziehung zu den vulcanifchen Erbes 
bungspuncten und Erhebungslinien beftehe, die vom Si— 
nai fünmwärtd über Medina dur den rothen Meereöjpalt bis 
Babel Mandeb, oftwärtd über Aden, Barhut zu den Aſabo— 
flippen binziehen, und vielleicht aucy an dem Oftrande Arabiens 
im Grofpalte des Perſergolfs fich wiederholen könnten. 

Wirklich erfannte ſchon Seeten?®) im Berge Adens eine 
Bildung, welche fichtlih ihr Entftehen vulcanifchen Eruptio— 
nen verdankte. Nirgends, ſagt er, flieht man regelmäßige Lager, 
alles ift Lava, und dieſe findet man von der dichteften bis zur po— 
röfeften Art, wo fie fich ver Leichtigkeit de8 Bimsſteins nähert, 





*) Serben, Auszug a. 0. O. In v. Zach's Mon, Corr. XXVIIL p. 232, 


682 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 70. 


auch Porzelane (mol Puzzolane?) findet man. Im dichter Lava 
fand ich bisweilen Fopfgroße Löcher; in andrer pordfer Lava trifft 
man Kalkſpath- und Chalcevon= Kügelchen und Rinden. In einer 
Geſchichte von Aden fand ich die Nachricht von einem dortigen 
vulcanifchen Ausbruche auf der DBerginfel, welche zur Seite 
des fchönen Hafens liegt (d. i. Sira). Den Nachforfhungen Rö— 
diger's 29) ift es gelungen, in ver arabiichen Schrift ded Kaswini, 
dem Athar el biläd, Cod. Gothanus 234 fol. 30, und im Sbn 
Jjas, Cod. Goth. 302 p. 399, die Angabe ded erwähnten Vul— 
cand aufzufinden. Genauere geognoftifche Unterfuchungen werben 
es wol nachweifen, ob Sira zum Sraterrande des Dichebel Scham— 
han als Fragment deſſelben gehören mag, oder ob e8 felbftänvige 
&ruptionen befaß. 

Die innere, Freisförmige Arena des Eraterd von Aden 
nennt R. Fofter eine erhöhte Steppe, die aus der Meeresnied— 
rung, in welcher die Stadt liegt, nach dem Innern zu meift ſenk— 
recht von 350 bis zu 430 Fuß engl. (328 bis 404 F. Par.) em— 
por fteige. Sie wird aber im radienartig, von der Peripherie aus 
gegen den Mittelpunet der Arena gehenden, meift fenfrechten 
Spalten durchſetzt, wie fie die beigegebene Kartenſkizze Foſter's 
bezeichnet hat. Diefe Spalten find faft gleich tief, werden aber 
allmahlig feichter biß zu bloßen Riſſen von 30 bi8 50 Fuß Tiefe 
und nur 5 bis 6 Fuß Breite. Die böchfte Weftfeite des Kraters 
randes ift in viele Piks zertheilt, die aber alle in ihren ®ipfeln 
diefelbe Höhe beibehielten, welche wahrfcheinlich ihren einftigen Zu— 
fammenhang als Kraterrand, vor einer fpätern Zerrüttung, charac= 
terifirte. Nur an einer gegen Nord fehr fteilen Stelle veffelben ift 
ein Durchbruch von 8 bis 10 Fuß Breite, ver als Durch— 
gangspaß, mit Seitenwänden von 20 bis 25 Fuß, noch ein An— 
fteigen von etwa 200 Fuß nöthig macht, dad zum jandigen Iſth— 
mus der Beninful binführt. An der Oftfeite dieſes Paſſes hebt fich 
aber die fchon genannte Gebirgswand Manfuri wieder vefto hö— 
ber bis zu 660 Fuß engl. (619 8. Par.) empor. Einer folchen 
Erhebungsgruppe des Dihebel Schamſhan mit Kratereinfturz 
gegen Oſt entipricht, gegen ©. und S.W., die Außenfeite der 
Halbinfel, die von der Mitte aus radienartig, nach allen 
Richtungen hin wie in ‚ven wilbeften Barrancod aufgefprungen 
und zerriffen erjcheint, welche ungemein fühn und rauh, faft uns 


*29) Rödiger bei Wellfted Th. IT. Not. 256, S. 294. 


Arabien; Adens alter Vulcan. | 683 


überfteiglich für den Fußgänger find, und auf ihren Berggraten 
fo ſchmale fcharfe Felsrücken darbieten, daß Faum ver Fuß darauf 
ſich feftzuftellen vermag. In ihrer Steilheit und völligen Nacktheit 
fpringen fie fo bis zur Meeresfüfte vor, zu der fie in mehrere hun— 
dert Fuß hohen Steilcaps abftürzgen. An den Bacaden verfelben, 
zumal gegen die Südküſte ver Halbinfel, erhält man genaue Pro— 
fildurchfchnitte ihrer Kettenzüge und der deutlich gezogenen Li— 
nien der übereinandergelagerten verfchiedenen Lavaſchichten, de— 
ren Zahl aber viel zu groß war, jagt R. Foſter, ald daß er vom 
beweglichen Boote aus fle hatte zählen Fünnen. 

Gegen den Außerften Weiten ver Halbinfel nehmen ein paar 
der vorfpringenden Landzungen nur eine wenig vartirende, aber brei= 
tere und flachere Geftalt an, wie Nas Tarfhayn und Marbut, 
die mehr ein fchuppiges oder fchaaliged Ausfehn Haben, deren Ue— 
bereinanderlagerungen, wie bei ven Schichten der Aufterfchaalen, 
die verſchiedenſten Färbungen zeigen, wie ſchwarz, braun, gelb» 
braun, roth, grau und grüngrau. Außer diefen mehr horizontalen 
Schichten oder Schuppen, wie fie AR. Fofter nannte, werden die 
Gebirgshöhen auch noch von einer großen Anzahl von Gängen 
oder Dämmen (Dyfes) 30) in graden Linien, zumal von DO. 
nah W. oder von NO. nad S.W., durchfegt, die von Meer zu 
Meer durch die ganze Halbinſel reichen, und vom Buß der Berge 
bis zu ihrem Gipfel (alfo wol fenfrecht von unten nach oben?) 
durchbrechen; wie e8 fcheint, nad) Urt jüngerer durchbrechender Bas 
ſaltgänge oder Spaltenfüllungen, wie fie aud) aus andern Vul— 
canbildungen befannt find. 

Die nach augen aufgebrochnen Barrancog, deren Zmwifchengrate 
faft alle radienartig divergirend in geraden Linien von der ges 
meinfamen Mitte des Schamfhan ausgehen, flimmen darin unter- 
einander überein, daß die Sole ihrer Grofpalte faft in gleichem 
niedern Niveau von der Meeresküfte einwärts bis zum Fuß 
der Hochkette bleibt, und nur ſandbedeckt einige Mufchellager, 
Kiefelgeröll zeigt (wie eingeſchwemmt vom Meere?) und nur zer 
ftreut hie und da etwas Strauchwerf trägt. Sonft find alle Berge 
wie die Thäler der Halbinjel ganz nackt und ohne Vegetation. Nur 
in einigen Felöfpalten zeigen fid) kleine Pflanzen und niedre krüpp— 
lige Sträucher, die in der weftlichen Bai etwas größern Wuchfes 
find. In einem der Thäler fand N. Bofter einige Sennabüſche 


») R. Foster, Short Topogr. Deser. 1. c. p. 22. 


684 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 70. 


und den gemeinen Milchbufch Indiens, 7 bis 8 Fuß hoch (ob eine 
Euphorbia?), auch ein ranfendes Geſträuch, dem Brinjal(?) ähn— 
lich, daS die Banianen ald Gemüfe verfpeifen. Ein Serbarium hie— 
figer Flora, mit Ginzeihnung einheimifcher Namen, wurde ver 
obern Behörde zugefandt. Auf Feiner Stelle der Vorgebirge fonnte 
der Eapitain Zeichen früherer Cultur auffinden. Auch auf ver er— 
höhten Steppe, in der Nähe der Stadt Aden, findet fich Feine 
Aderfrume zum Anbau; man halt ven Boden, der auch zu waſſer— 
arm ift, für zu fehr mit Salz gefchwängert. Einige Officiere der 
britifchen Befaßung, die hie und da einiges Gemüfe zu bauen und 
Gartenanlagen verfuchten, mußten vie fruchtbare Erde erft in Säcken 
auf Kameelrücken herbeitragen laſſen. 

Bon bejonderer Art ift das ſparſame VBorfommen von Waſ-— 
fer 3!) auf diefer ganzen Halbinſel, nämlich ausſchließlich nur im 
Aden=Thale, dicht unter den Klippen an ver Deffnung der ſenk— 
rechten Spalten, im Innern der Arena des vermeintlichen antiken 
Graterd. Hier fol e8 wol an Hundert Brunnen geben, davon 
die meiften zwar verfchüttet find, deren einige fehr tiefgehende 
jedoch vortreffliches Waffer haben. Nur aus 4 Brunnen erhielten, 
während R. Foſter's Aufenthalt vafelbft, alle Einwohner und can— 
tonirenden Truppen ihr Waffer, und ungeachtet diefer fehr reichli- 
chen Benugung, während 7 Wochen, bemerkte man Faum eine Ab— 
nahme von wenigen Zol in ihrem Wafferftande. In einen dieſer 
Brunnen, der 103 Fuß tief ift, fchien deſſen Oberfläche in fortwäh- 
render Bewegung, vielleicht von einer von unten herauf dringenden 
Duelle, oder fonft einer Urfache; nie war die Oberfläche glatt, dad 
Mafjer aber war vortrefflih. Auch die Ummauerung vieler kreis— 
runden Brunnen, aus Fleinen, rohen, irregulairen Steinen, ohne 
Mörtelipur, war von bejonderer, jedoch immer nur roher Art. Wo— 
ber fie ihr Waffer befommen mögen, in der Einfenfung eines Kra— 
terd? vom Regen gewiß nicht, denn diefer fallt nie in großer 
Menge auf ver Halbinfel Aden, außer etwa bei einem jehr 
heftigen Sturme. Vom Sept. 1838 bid zum Juni 1839 fiel nur 
ein einziged kurzes Negenjchauer. Bei den jo geringen Regen— 
güffen fehlt jedes tiefere Kinfchneiven von Wafferrinnen in ven 
Thälern und Barrancos; Fein einziger continuirlicher Bach ift auf 
der ganzen Salbinfel, und alles Wafler, dad etwa zu Zeiten von 
dem Oftgehänge ver Schamfhan-Gruppe (einer Oberfläche von etwa 





*51) R. Foster, Short Topogr. Deser. etc. l. c. p. 20. 





Arabien; Halbinfel Aden, Brunnen. 685 


2 engl. Duadratmiles) herabfällt, wird periodifch durch einen ein= 
zigen Nulla oder Wadi zum Meere geführt, Wadi Kubbeh bei . 
Haines; d. i. Gräber-Wadi, weil er durch die Ebene der Tür— 
fengrabftätte zieht, der erft dicht am Meere ein wirkliches Ufer er» 
halt, wo man feinen Zauf um ein Mauerwerk fünftlich geleitet bat, 
das früherhin zu einer Schiffspode bei Fluthzeit gedient haben fol. 
In feinem Bette fah N. Fofter Hütten und Balken zufammen- 
gezimmert, die ſeit Jahren feine Noth durch feine Waſſer erlitten 
hatten. Dies ift das einzige Thal, in dem man noch einigermaßen 
eine Waflerfpur bis zum Meere verfolgen kann; denn wo fonft 
noch Waſſer vorkommt, verrinnt e8 überall in Eleinen Abtheilungen 
oder Zweigen unter dem Sande und dem Kiefelgeröll der Ufer. 
Die Brunnen nahe dem Ufer find alle brafifch, jchlecht, nur die 
im Innern der Halbinjel haben gutes Waffer; ob fie erft ent— 
falzt find oder aus Quellen hervortreten mögen? Bon den Mona 
fung oder ihrer Negenperiode können fie nicht genährt werben, 
da dieſe auf der Halbinjel Aden faum wahrgenommen wird (Hofter 
cheint nur in trodnen Jahren da geweſen zu fein, f. unten bei 
Malcolmfon), die nicht einmal fchwere feuchte Wolfen oder Nebel 
zugeführt erhält. Der Berg Schamjhan ift allerdings öfter in 
Wolfen gehült, wenn unten in den Thälern die Sonne fcheint; 
aber felbft oben auf feinem Gipfel, auf welchem R. Foſter die 
Nacht zubrachte, war fein Nebel jo troden, daß er nicht einmal 
dad Zeichenpapier anfeuchtete. 

In der weltlichen Bai (Bad Bay), in welder das Stein— 
fohlen=- Depot angelegt ift, hat man ebenfalld Spuren früherer 
Brunnenanlagen gefunden; das bittere Waffer, das man bei einigen 
bemerkte, fol nach den Arabern von einer bittern Wurzel herkom— 
men; R. Foſter Hält den Beigeſchmack für mineralifhen Urfprungs 
(eigentlihe Brunnen fehlen aber daſelbft, f. unten). 

Den engen Iſthmus, welcher dad Gap Aden mit dem Feft- 
lande verbindet, nennt R. Foſter eine todte Sanpftrede, die 
fi) noch mehrere Miles weiter ind Land ausdehnt, zu beiden Sei— 
ten aber feine 2 Buß hoch über das Meerniveau auffteigt. Ihm 
ift es ſehr wahricheinlih, dap Aden früherhin eine Infel war, 
und daß der Sand fid) noch fortwährend hier anhäufe, daß aber 
Jahrhunderte dazu gehören würden, um fortfchreitend die weftliche 
Bat damit auszufüllen. Die Bemerfung Wellftev’s, als fei die— 
fer Iſthmus auf alten arabifchen Karten nur ald ein Kunſtdamm 
eingezeichnet, hat mol wenig Gewicht, wie fchon Nödiger ge= 


686 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $.70. 


zeigt 32) hat, da die arabifchen Autoren darüber nicht? fagen, 
und die ältefte Karte von Arabien, die wir in Iptachri befigen 
(Tab. J.), Aden auf die Küfte eingetragen hat. Won dem Infel- 
hen Sira dagegen, die fich in Triangelgeftalt in ihren Höchften 
Gipfeln bis zu 403 Buß Bar. (430 F. engl.) erhebt, ift e8, nad) 
Capt. Haines DBerficherung, wirklich der Tal, daß Sandhöhen fie 
erft in den legtern Jahren an das Feftland anfchlofjen, und daß fie 
daher gegenwärtig bei Ebbezeit mit dem Kontinent zufammenhänge. 
Bon der ftarfen Sandanhäufung geben hervorragende Schiffsſchnä— 
bel Beweife, die Schiffen an Anferjtellen vor 30 Jahren angehörten, 
welche aber gegenwärtig ſchon mit Sand überfchüttet find 33). 
Genauere” Beobachtungen über das Clima von Aden find 
noch wenig bekannt. R. Fofter und der Dr. Arbudle flimmen 
darin überein, daß in den Monaten März und April das Ther= 
mometer felten üser 25° 78’ Reaum. (90° Fahrh.) fleigt, fpater aber 
doch zuweilen bis 30° 22° und 31° 56‘ R. (100— 103° Yahrh.) fich 
gehoben. Die Differenz der Hitze zwifchen der Ebene in der 
Stadt Aden und der erhöhten Steppenflade über ihr, in 
der Arena, fol 4 bis 5° Fahrh. betragen, zwifchen der Stadte 
ebene und dem Berggipfel Schamfhun aber bis 7°. Auf dem Gi— 
pfel des Schamfhan war der mwechfelnde Stand des Thermome— 
terd, vom 14. März Nachmittags bis zum 15. März Nachmittags, 
folgender: 
44ten, 6 Uhr Nachmittags, 19° 56° Reaum. (76° Fahrh.); 
45ten, 6 Uhr Nachmittags, 17° 40’ Neaum. (71°30' Fahrh.); 
bei dichtem Nebel durch die Nacht bis 7 Uhr Morgens, aber ohne 
Than. Um halb 3 Uhr in der Sonne 29° 78° R. (99° F.), im 
Schatten 20° 89 R. (79° F.). Das Waſſer fochte bei 208° 30°. 
Dr. Arbucdle3%) verfichert, da3 Clima von Aden fei fehr 
gefund; die Bewohner des Binnenlanded von Arabien Fommen, 
wenn Fieber fie überfallen, hieher, um fich zu curiren. Die Som— 
merhige ſei hier feineswegs fo drückend wie in Mochha, und daher 
weniger Gefahr, wie dort, von bilöfen und intermittirenden Fiebern 
dahin gerafft zu werben. Erfriſchende Seewinde und die Fühlern 
Berglüfte mildern hier zugleich auf doppelte Weife die Hitzeextreme 
von Aden, nur die trodnen Staubwinde, vom Norden her über die 


32), Rödiger Not. 255 zu Wellſted, Reifen II. ©. 294. 39) MWellfted, 
Reif. ebend. II. ©. 295. *) Dr. Arbuckle, Letter to Colonel 
Dickinson on Aden, in Proceedings of the Bombay Roy. Soc. 
1838. p. 2. 





Arabien; Halbinfel Aden, Britenbefis. 687 


Sandbänke und Sandebenen, find ungemein Heiß, heſtia und un⸗ 
angenehm. 

Dei der fparfamen Flora ift auch die Sauna hier von gerins 
ger Bedeutung; wenig Mammalien und Vögel, aber die Baien 
find ungemein reich an trefflichen Fifchen, die daher eine Haupt— 
nahrung abgeben müffen. Bon Hausthieren wird außer Eſeln und 
Kameelen wenig gemelvet, wilde Ziegen find felten, graue Füchſe, 
Ichwarze Affen, Zwerghafen, Kagenarten fehr zahlreich und Ratten 
höchſt beſchwerlich. Raubvögel und Tauben ſcheinen die zahlreich« 
ften Bogelgefchlechter zu fein. 

So ift die Befchaffenheit diefer Eleinen, aber für die Zufunft 
beveutungsvollen Halbinſel Aden, die, noch fein Jahrzehend in 
dem Befig der Briten, fchon aus einem elenden arabifchen Dorfe 
zu einer ftattlichen europäischen Gouvernementäftadt herangemachfen 
ift, in der man meit über 7000 Bewohner zählt. Schon im Jahr 
1837 wurde Capt. Haines 3) von Bombay abgeſchickt, um mit 
dem Gebieter jenes Geftaded, dem Sultan ded Stammes Abd— 
Ali über die Abtretung von Aden zu unterhandeln 36), er erhielt 
vorläufige Zufage. Im folgenden Jahre 1838 hatte derſelbe Sul— 
tan feine Meinung geändert und ſchnitt vem Captain die Zufuhr 
von Holz und Wafler ab. Dies wurde ihm als eine Treulofigfeit 
gegen die frühern Tractaten angerechnet, und Capt. Haines blof- 
firte die Häfen der Stadt Aden. Ende December Famen zwei 
Kriegsschiffe mit 700 Mann Truppen von Bombay; am 20ften 
Ian. 1839 wurde Aden erflürmt und dann durch Gapitulation an 
die Engländer abgetreten; aber die Beinpjeligfeiten ded Sultan wur— 
den noch öfter wiederholt, und erfchwerten den feitdvem neuen An— 
fievlern nicht wenig die Behauptung dieſes Poftens zur Sicherung 
ihrer Dampffchiffftation zmwifchen Bombay und Suez, Indien 
und Aegypten. Haines ward Gouverneur von Aden; feinen 
Nachrichten 37) entnehmen wir folgendes. Auf dem Gipfel der klei— 
nen Infel Sirah fand er die Mauern eined alten Forts, mit 


29) Rödiger bei Wellfted, Reif. a. a. O. II, ©. 291, Not. 252 üb, die 
Quellen. °°) Diefe Unterhandlungen f. in Indian Papers, Nr. IX. 
Correspondence relating to Aden. Presented by Her Majestys 
Command, 28. May. 1539. fol. 1— 92; nebjt einer Karte unter dem 
Titel: Plan of Aden and tlıe surrounding Country, ordered to 
be printed 28. May 1839, von 3. und C. Walfer; ein jeltneres 
Document, deſſen Mittheilung ich der zuvorfommenden Güte des 
Hın. Mohl in Paris verbanfe, 2) Capt, Haines I, c. IX. 
p. 134. 


688 Weſt⸗-Aſien. IV. Abtheilung. $. 70. 


einem runden Thurm, ald einzig übrigen Schuß; darin drei Waf- 
ferberfen, davon eind aber ganz mit Steinen verfchüttet war. ine 
leichte Reftauration würde diefe Infel zu einer uneinnehmbaren Befte 
machen, jelbft wenn nur drei Mann fie vertheidigten. Zmei kleine 
Baien, die zunächft Aden im Norden und Süden der Infel Si— 
rah gegen Oft fih öffnen, heißen Nas Kutam und Bander 
Hofat, die Iegtere mit heftig einrollenden Anfchwellungen bei Oft- 
wind, aber von Juni zum Auguft, bei Weltwind, mit ficherm 
Anfergrund von 30 bis 60 Fuß (5—10 Faden) Tiefe. 

Auch auf dem Dihebel Shamfhan, ven Capt. Haines 
im Sahre 1838 mit feinen Officieren noch auf fehr rauhen Pfaden 
beftieg, und die Höhen zweier feiner Höchften Gipfel zu 1666 F. Bar. 
(1776 8. engl.) und eines nörplichern zu 1501 %. Par. (1600 F. engl.) 
map, fand er Nefte älterer Verfchangungen und Bauwerke, wahr 
ſcheinlich aus Sultan Selims Zeit, vor; er entvedte zu feinem Er— 
ftaunen, daß ein bisher unbefannt gebliebener Kunftweg, im Zick— 
za 10 bis 12 Fuß breit in Feld gehauen, oder hie und da auf 
bis 20 Buß hohen Subftructionen angelegt, hinauf führte, ein 
grandiofed Werk, fagt Haines, zu dem Jahrhunderte nöthig was 
ren, um es zu Stande zu bringen, und das ihm ganz unverlegt 
wie neu ausſah. Welcher Zeit dies angehörte, blieb noch unaus— 
gemacht. Aus türfifcher Zeit datirt in der Umgebung von 
Aden, auf der nächſten Ebene, der Gottesacker, auf welchem 
viele Grabfteine von weißem Marmor, mit dem Turbanfnopf und 
eingelegten Jaspistafeln in den Grabſchriften, auf die Periode 
der Türfenherrfchaft, die mit de8 Oroßfultan Suleiman I. Ero— 
berung von Aden, 1538, beginnt, zurückmeiien3$); doch find die 
meiften verjelben von den Arabern, denen die Türfen insgefammt 
verhaßt find, zerftört; ihre große Zahl39) läßt aber auf eine eine 
ftige bedeutende Population von Aden zurüdjchließen. Hier liegen 
ebenfalls noch Reliquien aus jener Zeit, drei riefengroße Me— 
tallfanonen, 18%, 17 und 15%, Buß lang, mit Inferiptionen 
und problematischen Hegiradaten, vielleicht von der Admiralsflotte 
Suleiman Paſchas, die damals von Suez über Aden zur Bela— 
gerung Dius nach Indien fegelte. Von Minarets find einige 40), 
von Mojcheen aus früherer Zeit ift nur eine, im ©. der Stadt, 
über der Orabftätte des Sheikh Idris (Tempel Hydros bei Fo— 


438) %, 9, Hammer, Gefch. des osman. Neichs. 1828. Th. III. ©. 210. 
9) Mellfted, Reif. IL. S.300.  *°) Ebend. II. ©. 296. 





Arabien; Halbinfel Aden, Brunnen, 689 


fter) fliehen geblieben. An dem fehon oben genannten einzigen 
Durchbruch des Kraterrandes gegen Nord, oder dem Paß, der, 
nah Haines, bis zu 212 Fuß Par. (226 F. engl.) hoch überftie= 
gen werden muß, um mit feinem noromeftlichen Abfalle den ſandi— 
gen Iſthmus zu erreichen, entdeckten Dr. Sulton und Crutten— 
den noch ein anderes Denkmal jener Türfenherrfiyaft, das Well- 
fted irrig für eine alte Pflafterfiraße*!) auf vem Wege nach Sanaa 
gehalten hatte. Man verfolgte hier ven Bau eined gemauerten 
Aquäductes, der gegen NW. über 3 Stunden (8 Mil. engl.) 
weit in das Binnenland fortfegt. Er ift aus rothen Backſteinen auf- 
gemauert, 4'/, Fuß breit, die Wafferrinne 19 Zoll breit, 16 Zoll tief, 
ohne Gewölbbogen als Unterlage, ein 5 Fuß hoch fortziehender, aber 
oben zugemölbter Damm. Er beginnt mit dem Nordende ver Halb 
infel beim Anfang des fandigen Iſthmus, den hier eine nun ruinirte 
1300 Schritt lange Mauerverſchanzung (Dureib el Arabi) von Meer 
zu Meer quer durchſetzt. Der Wafjer-Damm biegt fi auf der erften 
Mile etwas gegen D., dann aber gegen R.W. über eine Brüde, welche 
den Sumpf Khor Makſä überjegt, und noch 16,320 Schritt weit, 
an dem weißen Grabmale eines Sheikh Othman vorüber, bis zu dem 
Dorfe Biyar Amheit zieht. Hier war die Quelle, welche einft 
die verfchiedenen umherliegenden Nefervoird füllte, welche den groß— 
artigen Bau diejer Wafferleitung fpeiften. Der wafjerlofe Brunnen 
ift heute noch 60 Fuß tief, wird von den Nuinen eines einjt ſchützen— 
den Forts (ſ. 0b. ©.480) umgeben, umher fieht man noch viele 
in Feld gehauene Becken (Tanks) zur Aufnahme der Bergwafler 
beftimmt, mit Deffnungen für ven Ueberfluß nad) unten zu Emiſſa— 
ren. Auch um die Stadt flieht man viele folher Tanks und, 
nach Haines Schägung, an 300 Brunnen, von denen viele in 
Belfen gehauen 60 bis 125 Fuß Tiefe haben. in beſonderes 
Wafjerbaffin bemerkte man ebenfalls, das nur für die Blotten im 
Hafen beftimmt war. Diefe Tanks find öfter von halb elliptifcher 
Geftalt, haben 68 Fuß Länge, 20 Fuß Tiefe, find, wenn ummauert, 
von außen durc) Strebepfeiler geftügt; zum innern Waffervorrath füh— 
ren Stufen hinab, ganz in der Art der indischen (Erpf. VI. 39, 93, 
563). La Noque will daß im J. 1713 vergleichen, die zu Bädern 
dienten, mit Iaspisplatten ausgetäfelt gemefen feien. Die neuern 
Angaben laſſen es unficher, ob ſich noch Waffer darin fanımele, doc) 
ſcheint es nicht der Fall zu fein. In der Fülle diefer einftigen öf— 


*1) Wellsted, Trav. to the City of the Chaliphs I; p. 160. 
Nitter Erdkunde XII. Xx 


690 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 70. 


fentlichen, großartigen Bauten erfenne man, fagt Capt. Haines, 
ihrer Zerftdrung ungeachtet, noch immer die Größe jener Weltftabt, 
die fhon zu Kaifer Conſtantius (|. ob. ©. 65) Zeiten, wenn 
nicht früher (f. ob. ©. 241— 250), ein fo großes Emporium war. 
Al Marco Volo*) zu Aden, Ende des 13ten Jahrhunderts, 
auf jeiner Nückfehr von China vor Anfer ging, war der Ort, wie 
zu Edriſi's Zeit, noch der große Marft für die indifchen Spece— 
reien, die von da auf Fleinere Schiffe geladen, in 20 Tagefahrten 
über dad Nothe Meer nach Aegypten eingeführt wurden, dagegen 
fandte Aden die fchönften arabifchen Pferde nach Indien. Auch 
zur Portugiejenzeit®) war Aden noch blühend, und fo feft, 
daß auch Albuquerque mit feiner Flotte, im Jahre 1513, von 
der Einnahme derjelben abjtehen mußte. Die veränderte Richtung 
des indifchen Kandel3 durch den Seemeg um Afrika, die Herrichaft 
der Türken dafelbfi von 1538 bis zur Räumung 1630, und die 
Befignahme der Stadt durch den ISmam von Sanaa mußte fie alls 
mählig immer mehr herunterbringen. Als nun im Jahre 1705 fich 
die umherwohnenden Araberftimme auch von Jemen losriffen, fich 
für unabhängig erklärten und ihre eignen Sultane erhielten, ver— 
ſank Aden 2) vollends in Nuinen durch die Raubſucht feiner Ge- 
bieter. Die Öegenwart erfüllte daher nur mit Sammer; denn 
alle Tanfd und Mauern lagen in Trümmern, die Wafler waren 
brafifch, die Straßen der alten Stadt verdder, die Umgegend eine 
Wüfte, ver Hafen Ieer, obwol er noch immer wie von jeher geräu— 
mig, ficher, vortrefflic) #) geblieben ift. 

Den damaligen Sultan des Abod-Alis Territoriums, in 
welchem Aden liegt, nennt Gapt. Haines einen trägen, imbecillen 
Häuptling, von etwa 50 Jahren, Al Haſan ibn Fudhl Abd-el— 
Kerim, der mit feinen fieben Söhnen in der benachbarten Binnen 
ſtadt Lahedſch refivirte. Der Abd-Ali-Tribus beftand aus 
10,000 Mann; doch Tieß diefer Sultan, im Jahre 1836, durch Die 
Fudhli feine eigne Stadt Aden fürmlich plündern, um 30,000 
Dollar (6000 Pfr. Sterl.) geraubted Gut zu gewinnen. Um fpä= 
ter den Frieden herzuftellen, verftand er fich zu einem Tribut von 
365 Dollar und 40 Kameollaften Jowari (1 deutfcher Kronentha- 
ler zu Lahedſch = 1 Komafi zu Mochha, hat 365 Manfuries, 


**?) M. Polo, Trav. ed. Transl. by Marsden. p. 725 etc. Lib. II. 
c. 40. ) J. de Barros, Asia, ed. Venezia 1562. 4. Dec. Il. 
Libr. VIT. Cap. 7. f0l.170. **) Rödiger, Not. 253, 254 bei Well: 
ſted, Reif. II. ©. 294. *°) Capt. Haines 1. c. IX. p. 135. 


Arabien; Halbinfel Aden, Handel, 691 


d. i, eine Eleine Kupfermünze ded Imam von Sanaa, mit der Ins 
ſchrift Manfur). Zur Zeit ver Befignahme ver Briten hatte ver 
Ort Aden 600 Einwohner, darunter 250 Juden und 50 Banianen, 
die übrigen Araber. Der Dewlah, over Zolleinnehmer für ven 
Sultan, hatte eine Leibwache von 50 Beduinen und 3 Fleine 
Schiffe; das Einfommen von einem drückenden Zoll und fchwerer 
Zandtare zu 25 Procent vom Ertrag, follte 12,000 Dolar (2500 
Pfd. Sterl.) einbringen, die aber durch viele wilführliche Erpreffun- 
gen jehr vermehrt wurden. Fremde Schiffe Fonnten gutes Waſſer 
haben, doch nur fparfam damit verfehen werden, wie mit Brenn 
holz, Geflügel und Obſt. Im Auguft und September hatte 
man Trauben, Geflügel und Schlahtvieh hinreichend. Die Ein- 
fuhr befand vorzüglicdy in Baummollenzeugen, Eifen, Blei, Reis, 
Datteln, auch Schafe von Berbera und Zeila, zumal auch zur 
Derbefferung der Zucht des arabiſchen Wollviehs. Der in ältern 
Zeiten hier beftehende Handel mit den reichten und mannichfaltig« 
ften Producten des Orientd, die noch Edriſi aufzuzählen wußte 
(ſ. ob. ©. 241), ift wol längft auf die moderne Nebenbuhlerin 
Mochha übergegangen. Der Bazar, zu R. Foſter's Zeit, war 
der elendefte, ſchmutzigſte, den er je geſehen; eine einzige enge, nur 
4 Buß breite und bis 8 Fuß hohe, mit Matten gegen ven Sons 
nenbrand bedeckte Gaffe, mit Krambuden zu beiden Seiten, dick von 
Myriaden Fliegen und anderm Geſchmeis belagert, angelodt von den 


Gerüchen des Kehrichts, der Datteln, der getrockneten Bifche u. f. mw. 


Ueberhaupt waren alle Gebäude rohe Hütten, felbft des Sheikhs 


Wohnung, aus wenigen Balken beitehend, dad Fachwerk mit Feld— 


fteinen ausgefüllt, mit Rohr oder Schilf gedeckt; nur einige Mina» 
retd und eine Mofchee aud Backſteinmauern. Das einzige Maufo« 
leum des Sheikh Idris, obwol verfallen, zeigte einige Größe und 
einftige Schönheit in der Kuppel und dem Gäulengang, der dieſe 
umgiebt. Zwiſchen den Säulen liegen verfchievene Gräber. Das 
Hauptthor ift mit Koranfprüchen bedeckt, die in Holz gefcdhnitten 
find; unter der Kuppel liegt der Sheifh (Eddris Ihn Abdullah 
bei Niebuhr) begraben, und neben ibm fünf feiner Nachfonmen. 


Das Mirakel ift, daß die heiligen Thüren in Surate gearbeitet, dort 





in dad Meer geworfen, von felbit hierher an den Ort ihrer Be- 
flimmung ſchwammen. 
Die ganze Zahl der Einwohner %) von Aden war, im 


*) R. Foster, Short topogr. p. 23; Wellſted b, Rödiger I. ©. 302. 
&r2 


692 Weft-Afien. IV. Abtheilung. G. 70, 


Sabre 1838, auf etwa ein Taufend Seelen geftiegen, die meift eben 
jo ärmlich und zerlumpt, wie ihre ſchmutzigen Hütten, und doc) bei 
gleicher Tiyrannei von oben, in Farbe, Kleivung, Sitten jehr von 
einander abmwichen. Kein einziger Türfe war hier anfällig; vie 
meiften waren Araber von kleinem Schlage, in Geftalt, Blick nicht 
fehr von den gemeinen Mahrattad in Defan verſchieden; andere 
des Volks, Neger over Nachfommen von Selaven, find hier die 
Waſſerträger, Holgträger u. |. w. für die Pilgerboote und Küften- 
jchiffer, zumal auch die Kohlenladung in die Dampfichiffe bes 
forgen fie, am Tage oder in der Nacht eine fehmere Arbeit, die fie 
unter wilden Gefang und Tanz zu vollbringen pflegen. Obgleich 
fte fich dabei jo ermatten und aufregen, jagt Capt. Harris wie 
Hauptmann v. Orlich?), daß gewöhnlich Einige unter ihnen ganz 
erfchöpft und faſt todt nieverfallen, fo können fie diefer wilden Sitte 
doch nicht entjagen. Nur die Banianen, meift aus Cutſch ge- 
bürtig, find hier wohlhabende Handelsleute, welche daher im größ— 
ten Anfehn flohen. Die Juden, damals bis zu 300 (gegenwärtig 
ſchon an 2000), bewohnen ein eigned Quartier; ihre Geftalt iſt 
Schlanf, ihre Phyſiognomie acht jüdiſch, ihre hellfarbigen Kinder find 
hübſch, ihre alten Weiber ſehr häßlich; fie find hier die beſten Sande 
werfer und Künftler, geſchickte Kupferfchmiede, Silberfchmiede zu 
Drnamenten, Ringen aller Urt, die beften Ziegeldeder und Hand— 
langer für Aden und Lahedſch; fie brauen aus Roſinen beraus 
chende Getränfe für die Araber, auch fiichen fie, doch ohne ſich 
auf das Waffer zu begeben. Sie find Steinfchneider, fpinnen 
und mweben grobe Baummollenzeuge, find aber von den AUrabern im 
Hohen Grade verachtet, die fie fogar anſpucken. Sie haben ihre 2 
Schulen und eine Synagoge. 

Auch Abyſſinier find hier, nämlich Somauli aus den ges 
genüber liegenden Berbera und Adel, die zu jeder Jahreszeit mit 
günftigem Winde hierher überfahren Eönnen; fie find vie musculö— 
jeften, vie beften Arbeiter, ein ſehr tüchtiger Menfchenfchlag ; fie 
verstehen jehr gut aus verschiedenen Palmblättern und Schilfarten, 
die fie aus dem Innern ihrer Heimath erhalten, Körbe, Matten, 
Wedel, Schirme u. f. w. zu flechten. Sie find die Fühnften Schiffer 
in ihren Fahrzeugen, meift von 50 Tonnen Laſt. Meift bringen 
fie Holz, Balken zum Häuſerbau, Ninderfett zum Buttergebrauch, 


HR, v. Drlich, Reife in Oftindien, in Briefen an Al. v. Humboldt 
und C. Ritter. Leipzig, 1845. 4. S. 274. 


Arabien; Halbinfel Aben/ die neue Städt. 698 


und nehmen dagegen zur. Rückfracht Reis, Tabak und blaues 
Baummollenzeug (20 bis 30 Ellen für 1 Dollar), wie fie das 
heim, doch meift für Rechnung der Banianenfaufleute, wieder für 
den dreifachen Preis umfegen. Nur den Handel mit afrifanifchen 
Schafen bejorgen die Somauli auf eigene Rechnung, da die Ba— 
nianen diejen aus religiöjen Gründen verabfcheuen. Sie follen jähr— 
lid) wol an 10,000 Schafe von Afrika auf die arabiſche Küſte her— 
über führen. Durch die vermehrte Population von Aden durch 
britiiche Befisnahme, und den durch die Dampfichiffahrt angebahn- 
ten regelmäßigen Verkehr mit Indien und dem Rothen Meere, kann 
e3 nicht fehlen, daß fich hier eine arbeitende und induftriöfere Claffe 
unter. dem hiefigen Bolfe bilden wird, die bisher nicht beſtand; die 
Baftionen, die comfortablen Wohnungen, die Landhäuſer, vie Gar— 
tenanlagen, die Gafernen ver Garnifon, ver Dfficiere, der Beninten 
haben Aden fchon ein verändertes Anſehn gegeben, das von allen 
wenn auch nur flüchtig Durchreifenden gerühmt wird. Hören wir 
über diefen merfwürdigen Vortjchritt eine der belehrendſten Stimmen 
eined jüngften Reiſenden (Juni 1843), unfers verehrten Freundes:; 

Der Hafen von Aden*) hat in feiner Form viel Aehnliches 
mit dem von Gibraltar, nur daß hier wilde, nackte Felfen, deren 
Höchfter Bunct die Schamfhanfelien find, in den zerriffenften, ges 
waltfamften Gebilden bis zu 1780 Buß (englifh; nach Haines 
1776, f. 0b. ©. 676) Höhe dad Meer umgeben. Die Einfahrt ift 
über eine Meile breit, und der Hafen jo groß, daß eine ganze Flotte 
bequem vor Anker gehen Fann. Uber nirgends ift Vegetation zu 
entdecken, weder Erde noch abgewitterter Bellen vorhanden, um 
Pflanzen over Bäumen Nahrung zu geben; jedoch haben neuerdings 
die britifchen DOfficiere, durch herbeigejchafite Erde von Arabien, den 
Verſuch gemacht, Bananen und Blumen zu ziehen. Ueberall ift 
die vulcaniiche Gewalt fichtbar, mit welcher diefe Maffen gehoben 
find. — Außerdem befigen die Geftade hier einen Reichthum an 
Mufchelm und ven fchönften weißen Korallen, welche ald Kalk 
verbraucht werden. Unmittelbar am Hafen hat ein unternehmen= 
der Parſe ein Gaſthaus aus Steinen, Bambus und Schilf ges 
baut, im welchem an 40 Säfte Iuftige Räume finden. Ich nahm 
hier einen Gjel und ließ mich nach ver 3 Miles entfernten Stadt 
zum Bangalow des Dr. Scott tragen. Eine kürzlich vollendete 
Kunftitraße führt erſt längs der Safenbucht an einigen Kleinen 





4), 8, v. Orlich a. a. O. ©, 274. 


694 Weft-Afien, IV. Abtheilung, $. 70, 


Felsinfeln vorüber, auf denen ſich Officiere ihre Zelte errichtet Hate 
ten, um die heißen Monate darin zuzubringen; dann allmählig an— 
fleigend, mwindet fich die Straße durch ein Fünftliches, ungefähr 400 
Fuß hoc) gelegenes Felsthor, deſſen Eingang von Eleinen Bollwerks— 
thürmen und einer Batterie vertheidigt wird, in dad auf drei Sei— 
ten von umüberfteiglichen und jähen Felſen eingefchlofiene Thal, in 
welchem dad Städtchen Aden, die Cafernen und Bangaloms der 
Truppen und Dfficiere liegen, deren hier 2000 Mann, theild Eu= 
ropäer, theild Seapoys, die Befagung bilden. Die Stapt, mit 
ungefähr 7000 Einwohnern, befteht aus drei Theilen: dem Ara= 
ber=-, vem Sumali- und dem Juden-Viertel. Die beiven 
erfteren find von Bambusrohr gebaut und mit Schilf gedeckt, letz— 
tered von zweiftöcigen Gebäuden aus Felsſteinen Hat ein verwilder« 
te8 Ausſehn und ift fehr ſchmutzig; eine unanfehnliche Mojchee Liegt 
am Außerften Ende des arabifchen Viertels. Diefe Juden, deren 
hier 2000 wohnen, wollen nad) der erften Vertreibung der Stämme 
hierher verfchlagen jein, wa8 eben nach obigem (f. ©. 63 und uns 
ten bei Sanaa) nicht unmöglich fein möchte. Sie find Friechend 
höflich, und haben in ihrer äußern Erſcheinung und in ihrem We— 
jen viel Aehnliches mit ven Afghanen (vie fich bekanntlich auch gern 
für Abkömmlinge ver Judenſtämme ausgeben, f. Erdk. V. ©.599; 
VIII. ©. 189, 204). Obgleich fle Hauptfächlich Handel treiben, und 
ald Handwerker und Baumeifter gefchieft find, fo gehen fle doc 
fehr felten zur See. Als wandernder Volksſtamm haben fich hier 
die Sumali nievergelaffen, die von der afrikanischen Küſte herüber- 
fommen und fich zu allen Dienftleiftungen ald Handarbeiter und 
Pferdehüter vermiethen; aber ihr freies, an Unabhängigkeit gewöhn— 
tes Leben macht fie unftät und unzuverläſſig. Sie find von ſchö— 
nem Oberkörper, haben jedoch fehr dünne Lenden und Waden; ihre 
Gefihtsformen find fein und evel, das dunkle lebhafte Auge ruht 
ausdrucksvoll und mild im Kopfe, und ihr fraufes, jchwarzed Haar 
pflegen fie fich hellvoth (f. 06. ©. 630) zu färben, was zur brau- 
nen Gefichtsfarbe nicht unpafjend erfcheint. Die Mehrzahl der Be— 
wohner find Araber. . . . Da in Aden nichtd gedeiht, jo ift mit 
dem anmohnenden arabifchen Stamme, mit welchem die britifche 
Regierung neuerdings einen Freundfchaftövertrag abgefchloffen hat, 
ein fortwährenvder Verkehr; täglich Eommen Kameele mit Korn, 
Früchten und Gemüſen zum Verkauf; Neis, Kartoffeln, Weine und 
andere den Europäern nothwendige Lebensbedürfniſſe werden von 
Bombay hHerübergebracht. Obgleich die Briten erft fünf Jahre 


Arabien; Halbinfel Aden, der Hafen. 695 


im Befitz von Aden find, fo hat der Kandel doch fchon bedeutend 
zugenommen, namentlich mit Kaffee, und es fteht zu erwarten, 
daß fich mit der Zeit bei der Sicherheit des Eigenthums und ded 
Gewinns viele arabifche und perfiiche Erzeugnifje hierher wenden 
werben. 

Adens Hafen ift, fagte ſchon Balentia®), an Größe und 
Sicherheit allen andern arabifchen Häfen weit überlegen, und fann 
fhon darum, bei dem großen Verfall aller übrigen, jehr bald zu 
einem Hauptmarkt für alle Erporten von Suez werden, zumal 
da feine Lage gegen Indien fo bequem if. Aden Hat nicht den 
Nachtheil der hemmenden Winde und einengenden Wechfel, denen 
die Hafen von Mochha und Dihidda unterworfen find; ed hat 
in Beziehung auf die gegenüberliegende an Producten fo reiche afri— 
fanifh=äthiopifche Küfte den großen Vortheil, daß beide Mon— 
fune bafelbft zur Hin- und Rückfahrt für dad Schiffervolf der 
Somaulis glei günftig find, jo daß auch die größte Menge von 
afrikanifchen Producten wie Myrrhe, Gummi, Weihrauch, Vieh 
u. ſ. w. am ficherften und fchnellften den Markt von Aden bereis 
hert, und umgekehrt die indifchen wie die europäifchen Waa— 
ren von da am beften durch die Kaufleute und Karawanen der So— 
mauli direct ihren Zugang zum innern Nethiopien und dem 
Sudan finden können. Bereitö hat ver Verkehr mit Datteln, 
vom perfifchen Golf aus, längs der Küfte einen folchen Aufſchwung 
befommen, daß jährlih über Hunderttauſende (ſ. ob. ©. 654) 
auf diefer Strecke abgefebt werden. Beim Bau der neuen Caſer— 
nen war man auf viele Trümmer alter Gebäude gefloßen, was 
auf ihre größere Bedeutung in der Vorzeit zurückſchließen ließ. Da, 
wo die Halbinſel durch einen ſchmalen Sandſtrich mit Arabien zu— 
fammenhängt, befinden fi) 2 vorgefchobene Batterien von 8 und 4 
Geſchützen, welche Meer und Land beherrichen. Der Bau der erft 
kürzlich angefangenen Gafernen und des Pulvermagazins ift wieder 
eingeftellt worden, weil man den dazu ausgewählten Plag für un« 
gefund hielt (f. unten bei Malcolmfon). Der oftindischen Come 
papnie koſtet die Beſetzung dieſer Station bis jegt jährlich 90,000 
Pd. Sterling, eine Auslage, die ſich mit ver Zeit aber vielfach 
rentiren wird. 


4°) Vic, Valentia, Voy. and Trav. J. c. Vol. Il. p. 341, 354 etc. 


696 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 70. , 


Nachtrag zu Adens0), nah Malcolmfon (1845). 

Im Begriff diefen Artikel über Aden zu fehliefen, läuft fo 
eben die jüngfte Abhandlung: J.P. Maleolmson, Civil and Staff 
Surgeon, Account of Aden (15. Febr. 1845), von einem ſechs— 
jährigen Beobachter und Beamten auf dieſer Station ein, welche 
auf eine fehr erfreuliche Weile obige Nachrichten näher berichtigt, 
beftätigt und erweitert, fo daß ihre Dauptrefultate hier noch ihre 
Stelle verdienen. Sie beflätigen vollftändiger die aus gleichzeitiger 
Beobachtung hervorgegangenen Ihatfachen, welche zuerft von Fr. 
Burr in einem kurzen Umriß, im Sahre 1840 im Juli, von Ma- 
drad aus der geologifchen Societät in einem kurzen Schreiben zu— 
kamen, auf das wir hier zur Bergleichung nur hinzuweiſen haben 54), 

Die Halbinsel Aden, deren füdlichftes Kap Semilla (micht 
Sineilah, f. 06. ©. 679) unter 12° A’ N. Br. und 45° O.L. v. Gr. 
liegt, ift nach) Malcolmjon entichteden ein Produkt vulca= 
nifch-plutonifcher Gewalten, nad) Form und Beſtand— 
theilen ihrer Gebirgsarten. Ihr Umfang von 7 bis 8 Stun— 
den (18—20 Mil.) wird der größern Erftrefung nach von N.W. 
gegen ©.D. durd) einen Gebirgszug gebildet, mit vielen Wechfeln 
und Bis, deren Höchiter, ver Schamjhan, bis 1770 8. engl. fi 
emporhebt. Gegen ©. und SW. fteigen ſchwarze Bafaltberge 
abrupt aus dem Meere bis zu einigen 100 Buß; die beftigfte Bran- 
dung bei S.W.- wie ND.-Monfun macht am viefer Seite jede 
Landung mit Schiffen unmöglich, wo die vielen Spißen auslaufen 
der Kettengliever untereinander nur durch Fleine fandige Baien von 
einander geichieden find. Die ganze geometrifche Geftalt viefer el- 
liptiſch-zackigen Halbinſel vergleicht Malcolmfon mit einer Mus 
fchelfchale der Enotigen Pterocera (Fingerſchnecke). Die Stadt 
Aden liegt offenbar, nach Malcolmfon (wie nad Fofter), in 
dem Crater eines erlofchnen, nach) ihm aber einft jubmarinen 
VBulcans, der in jener primitiven fubmarinen Thätigkeit un— 
geheure Maffen gefchmolzner Laven nach allen Directionen ausgoß, 
weit mehr ald noch in ver Gegenwart die thätigften Wulcane der 
Erde. Nach einer langen Ruheperiode öffnete ſich jedoch, nach 
ihm, ein zweiter Grater an ver N.W.-Seite, im heutigen Thale 


#°0) Malcolmson, Account of Aden, im Journ. of the Roy. Asiat. 
Soc. of Gr.-Britan. and Ireland. London, 1845. Nr. XVI. P. 1. 

” p. 279 — 292. °1) Fr. Burr, Sketch of the Geology of Aden, 
in Transact. of the Geolog. Soc. of London. Sec. Ser. Vol. VI. 
P. 2. Lond. 1842. 4. p. 499 — 502, nebft einer Kartenffizze. 





Arabien; Halbinfel Aden, nah Malcolmſon. 697 


der Stadt Aden, und bildete jened Tafelland over Plateau 
(die Arena b. Foſter), die öftlichen Felsglieder des Sham— 
ſhan over des alten Graterd durch und durch erfchütternd und 
zerfpaltend, faft durch das ganze Centrum der primitiven Erhebung, 
jo daß dadurch ver öftliche Graterrand in lauter Bruchſtücke zerfiel 
und zerfrümte, von denen die Infel Sira und Durab el hoft 
nur als übrig gebliebene Nefte erjcheinen, zwiſchen denen hindurch 
feeundaire Lavaftröme ſich zur Öftlichen Bay ergoffen. 

Diele Reſte der fecundairen Eruption, zu denen auch die 
Erhebung jenes centralen Blateaus (ver Arena) gehört, ſchei— 
nen, geologifch betrachtet, jüngerer Bildung zu fein, obwol fie 
doch ver Periode vor aller Erſcheinung der Organismen, der Pflan- 
zen- und Thierwelt angehören. | 

Beftandtheile. Der ganze Gebirgszug beiteht aus Laven 
der verfchiedenften Formen, vom compacteften Bafalt (fchwer 
und ſehr eifenreich) His zum ſchaumigen Bimsftein, der auf dem 
Waſſer ſchwimmt; und in den Lavenhöhlungen befindet fich eine 
große Mannichfaltigfeit von Eleinften Gryftallifationen, wie vie fchön= 
ften Obfiviane, ftrahlige Duarze, Eifenglanz u. a. m. Trachyte 
treten in ungeheueren Mafjen und phantaftifch gedrehten Windun— 
gen hervor; die meiften Gebirgsarten der Halbinfel find aber fo 
fehr von Alfalien durchorungen, daß fie an der Zuft leicht ver— 
witternd, abblätternd, ohne Dauer find, und daher zu feinen Bau— 
fteinen taugen. Nur an einer einzigen Stelle, unter einem Pik, 
der an der Norvfeite jenes Plateaulandes auß pordfem Bafalt- 
geftein Hervorragt, fonnte man einen Steinbrucd zum Archi— 
tecturgebraudy anlegen, aus dem dad Nordthor der Stadt erbaut 
worden if. Die ganze Gebirgsmaffe ver Peninful wird, wie 
auch Schon Foster bemerfte, von jenen Gängen oder Dämmen 
(Dykes) durchſetzt, meift in vertical ſtehenden Mauerwänden, die 
öfter ald Lava hervortreten, bald gewunden, bald im Zickzack auf- 
fteigend, von N.D. gegen S. W. durchſetzend, andere mehr bafal> 
tifch und trachytifcher Natur die ganze Inſel durchichneiden 
und in DO. und MW. verfchwinden, indeß noch andere mehr por— 
phyrartiges Geſtein enthalten. Ihre Berührungsflächen mit 
ihrem Nebengeftein haben dieſes faft überall durch die Kite in eine 
kohlſchwarze, leicht zerbrödelnde, dem Bechftein fehr ähn— 
liche Maffe verwandelt, und überall traten diefe Gänge auß der 
Tiefe hervor und füllten die Spalten, die bei den Erſchütterun— 
gen des Bodens fic nad) oben öffneten. 


698 Weft-Afien. IV. Abtheilung, $. 70. 


An der Nordmweftfeite, an der Küfte der Back Bay, beftehen 
die meiften Felsgebilde aus Tufffhichten, die mit einer unend= 
lichen Zahl von Zavaftrömen von 2, 10 bi8 20 Fuß Mächtigkeit 
abwechfeln. Auch zeigen fich daſelbſt Ablagerungen von Schlaf= 
fon, Sragmente von Bafalt und andere Feuerbildungen, feft 
zufammengebaden mit Quarzfand und Eifenoryd. 

Den flachen, ſchmalen, ſandigen Iſthmus, der fich höchſtens 
bis 6 Fuß über den Meeresfpiegel erhebt, Halt Malcolmfon, wie 
Vofter, für jüngere Bildung, dem ein Felsriff zum Grunde 
ag, an welchem ver Wellenfchlag zu beiden Seiten neutralifirt 
ward, wodurch Sandabſatz und Mufchelbrut Hier ihre Nieder- 
lage fand, aus der überall ihr Boden nach der Tiefe befteht, wie 
auch noch eine Tagereife weit nordmärtd (40 Mil. engl.) vie an= 
liegende Plaine bis zum Fuß der continentalen Bergfette. Die 
Halbinfel war alio entfchieven einit vor Sahrtaufenden wol eine 
Infel. Ihre Sandebene gegen den Iſthmus zu hat diejelbe Na- 
tur, daher man unter ihrer Oberfläche bei 5 Fuß tiefer Nachgra— 
bung überall Salzwaſſer hervortreten fieht, weshalb Malcolm- 
fon, als Arzt, vort auf fo ungefundem Boden den Aufbau von 
Gajernen widerrieth. Zum Glück find die hier und da fich erzeu— 
genden falzigen Moräfte feiner Art der Vegetation günftig, Die 
böfe Miasmen erzeugen würden. 

Die Fauna der Halbinfel ift jeher jvarfam bedacht; nur we— 
nige Affen, die fehr furchtfam und nie fich den menjchlichen Woh- 
nungen nähern, nimmt man zuweilen auf den Berggipfeln wahr, 
wo die Araber fie für die Ueberrefte der gottlofen in Affen ver- 
wandelten Aditen Halten (f. ob. ©.271). Einige Hyänen hal- 
ten fich in den Bergichluchten auf; eine fehr fchöne Fuchsart ift 
zahlreich, fie fteigen Nachts aus ihren Bergen herab und find den 
Hühnerhöfen fehr böfe Gäſte. Ratten giebt es im Uebermaaß; 
Schlangen find nicht giftig; Eidexen in Menge, aber furchtſam; 
Scorpione, zwei Arten, eine fehr große bid S Zoll lange, ſchmu— 
Biggelb, mit ſchwarzer Schwanzfpige, verwundet fehmerzlich, aber 
nicht tödtlich, die Fleinere, Schwarze, giftigere Art ift felten. Sol— 
ches Ungeziefer Hält fich meift unter dem Schmuß der alten Rui— 
nen und Köcher auf, mit deren Säuberung auf dem Boden der al- 
ten Stadt man fehr fortgefchritten ift, daher auch die früherhin jehr 
bejchwerliche Menge jenes Ungeziefers fehr abgenommen bat. 

Die Flora ver Berghöhen follen in den fchattigen Bergklüf— 
ten manche intereffante Kräuter ernähren, die aber noch nicht ge— 





Arabien; Halbinfel Aden, nah Malcolmfon. 699 


nau erforfcht find; das viele Gebüſch und zahlreiche Krüppelholz, 
ſelbſt ſchöne Acazienbäume, die zur Zeit der erſten englifchen Befitz— 
nahme noch die Berge und Schluchten Lieblich begrünten, find durch 
das zerflörende Aufraffen von Brennholz aus den Lagern der Trups 
pen und vom Stadtvolk zum großen Nachtheil ver nun nadten 
Klippenmwände fchon gänzlich verſchwunden und noch feine Fürforge 
für die Zufunft getroffen. 

Mit Dr. Arbudfle’3 und Fofter’3 Bemerkungen über das 
Clima ſtimmt Malcolmfon im weſentlichen überein. Die Ab— 
theilung des Jahres in die beiden entgegengeſetzte Monſunzei— 
ten iſt bekannt; es iſt die heiße bi SW.-Monfun, ver aus 
Afrika herüberfommt, und die Falte bei N.D., ver über dad Meer 
ftreicht. 

Die heiße dauert von Ende April bis Anfang October, 
wo 5 Monat meift ohne Unterbrechung ver fehr heftige S.W. von 
Morgend 8 Uhr an bi8 zum Sonnenuntergang weht. Dann Bes 
ginnt, am Abend, in ver Oſt-Bay ver fanfte Seewind, der von 
ND. fih erhebt und den erhigten, nackten Felſen Adens nächtliche 
Kühlung, und nach großer Tageshige wahrhafte Erquickung bringt, 
mit dem Sonnenaufgang aber in Windftille übergeht, worauf 
ver S. W. wieder feinen Anfang nimmt. Heiße Nächte, wie in 
Indien, find in Aden felten. Aber bei dieſem S.W.-Monjun ftür= 

* auch heiße Winde öfter mit großer Furie die Berggipfel 
—— und bringen dann jene fatalen Staubwolken, bei einer 
erhöhten Temperatur von 32° Neaum. (104° Fahrh.) im Schatten, 
welche in das Innerfte der Wohnungen und ihre verjchloffenften 
Gemächer einpringen; aber für die Geſundheit äußern fie Feinen 
nachtheiligen Einfluß; im Gegentheil bemerkte Malcolmfon, daß 
dann die Krankheiten abnehmen. 

In der fogenannten falten Zeit des N.D.-Monfun, vom 
Detober bid März, bringt der mit Feuchte überladene hef= 
tige Wind Gatarrhe und Dyyenterien für Guropäer, Rheumatis— 
men und leichte Bieber für Eingeborne, die diefe aber leicht über- 
winden. Bolirte Metalle roften dann leicht, gefärbte Stoffe verlies 
ren ihren Barbenglanz und bleichen, die Felswände fchwigen ihre 
alkalifchen Salze aus, Wunden wachjen leicht aus und die gering= 
ften Hautverlegungen gehen dann in bösartige Gefchwüre über. Die 
falinen ver Feuchtigfeit beigemengten Theile fcheinen die Urfache 
diefer Erfcheinungen zu fein. Negen fällt dann wol in den Mo— 
naten November, Januar und Februar mit tropifcher Heftig— 


700 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 70. 


feit, doch nicht anhaltend; Gewitter ziehen meift vom Lande nad) 
der Meeresfeite zu, von N. gegen ©., von lauten Donnerfchlägen 
und heftigen Bligen begleitet; fie kühlen die Luft Schnell ab, und 
geben Abend und Morgen balfamisch erquickende Lüfte. Die hefti— 
gen Regengüſſe verfchlämmen leider mehr, als daß fie befruchten; 
fie füllen die Köcher und Vertiefungen mit ſtehenden Waffern, vie 
zwifchen Ruinen leicht bösartige Miasmen verurfachen. Würden 
die periodischen Regen fo anhaltend fein, wie in Indien, fo würde 
die dadurch erzeugte Malaria wahrfcheinlich vie Halbinfel Aden un- 
Gewohnbar machen. Das Sahr Hat in Aden nur wenig Wolfen: 
tage, der klare Sonnenſtrahl und zumal fein Reflex vom Sand und 
nackten Fels wirft angreifend für das Auge, Doch wurde bisher 
die Garnifon noch von feiner Ophthalmie heimgefucht. Noch ift 
die Urfache diefer abnormen Ericheinung unbekannt. Das Thermo 
meter in den Falten Monaten von October bi März fteigt 
Mittags nur bis 24° Reaum. (86° Fahrh.) une falt Nachts 
bis 14° 22° Reaum. (64° Fahrh.); zwischen der Thermometerwärme 
und der organischen GEmpfänglichfeit für viefelbe ift hier große Ver— 
ſchiedenheit. 

Der Thau iſt ſtark, doch ſchlafen die Eingebornen ohne Nach— 
theil Nachts im Freien, wenn ſie das Geſicht mit einem Laken be— 
decken; die Nebel, welche häufig am Abend der heißen Jahreszeit 
die Gipfel der Berge umziehen, ſind ohne alle Feuchtigkeit. * 
vom Gipfel des Shamſhan herabkommenden Orkane nennt Malz 
colmſon „electriſche Stürme,” und fagt, das Clima von 
Aden fünne während 7 Monaten im Jahre dem von Indien gleich- 
geftellt werden, und fei demfelben noch vorzuziehen. - 

Die Induftrie, jo weit zurüd, hat bier auch noch faft Feine 
Vortjchritie gemacht. Die Experimente mit dem Garten des Gou— 
verneurd haben indeß das Vorurtheil zerftört, als könne hier nichts 
gedeihen; der Boden ift eben fo fruchtbar wie anderwärts, fobald 
er nur bewäffert wird, aber die Sparfamfeit des Waſſers zu fol= 
chem Behuf wird wol noch lange ein Hemmniß bleiben. Neben 
würden auf dem vulcanifchen Boden ganz vorzüglich gedeihen. Die 
wohlfeilen Smporten von Zeug und allerlei Bevürfniffen laffen nicht 
leicht einheimische ISnpuftrie auffommen. Wege, durch Ingenieurs 
angelegt, haben viele Theile der Infel bequemer zugängig gemacht. 

Die Population gewann, von der anfünglidy lumpigen Be— 
vöfterung von etwa 1000 Armen und Bettlern bei der erften Bes 
fisnahme, innerhalb ſechs Jahren einen Zuwachs von 24,000F6i8 





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Arabien; Halbinfel Aden, nah Malcolmſon. 701 


25,000 Seelen. Jene 1000 nährten fih, im Sahre 1839 im Ja— 
nuar, nur von Datteln und Fifchen. Das Gouvernement und die 
Truppen bereicherten durch ihren Aufenthalt die Bewohner. Der 
Handel wuchs und zog Anfievlungen ver Kaufleute aus Dichivva, 
Mochha und andern Ortfchaften des Nothen Meeres hierher. Dies 
würde noch mehr der Fall gemwefen fein, wenn größere Bauten des 
Gouvernementd gezeigt hätten, daß man die Golonie nicht fobald 
wieder verlaffen werde, der Mangel folchen Bertrauens auf eine 
Dauer hielt viele Anfiedler von da noch zurück. Dennoch beträgt 
die Zahl der heutigen Bewohner ſchon weit über 20,000 Seelen. 
Die Beftandtheile der Bevdölferung find: Europäer 
166, davon 25 Frauen; Araber 12,000 mit 600 Frauen; Ba= 
nianen 220 Männer, Borah3 130, Afghanen 190, afrifa= 
nifhe Sidis 180, Aegyptier 197, darunter 51 Frauen; nebft 
3484 Mann Truppen, wovon 850 Europäer, und einer fluctwirenden 
Population von etwa 1500 Fremden im Jahre, eine Gefanmtzahl 
von 24,984 Seelen. Die leichtgebauten Zmeighütten mit Schilf, 
Matten und Balmblättern, gut gegen die Negenfchauer gedeckt, halt 
Malcolmfor für gefünder als die für das Clima weniger paſſen— 
den Steinhäufer; die Nahrung Hat ſich fo fehr verbeffert, daß auch 
die Armen ihren Reis mit Fleiſch und Zuthat Haben; die Lumpen, 
in denen fie noch vor Jahren einherzogen, find ganz geſchwunden. 
Zur Neinigung der new angelegten guten Straßen fehlt Ieiver das 
Waſſer und das Pflafter, auch die Beleuchtung fehlt noch. Das 
vorhandene Waffer in 350 Brunnen (auch Fofter widmete dies 
jen ſchon einige Aufmerkjamfeit, f. 0b. ©. 685) ift aber vortrefflid); 
Malcolmfon beftätigt es, daß fie faft alle am Fuß der Berge 
liegen, und durch den Feld zu einer mittlern Tiefe von do Fuß 


-eingehauen find, meift nicht über 4 Buß im Diameter de8 Schade 


tes, und von einer runden Steinmauer eingefaßt. Nie fteigt das 


Brunnenwaſſer darin Höher ald 20 Fuß, wo es in heißer wie in 


falter Jahreszeit ftationair bleibt. Nur einige der beften Brunnen, 
die am Tage jehr ausgeichöpft werden, finfen am Abend um ein 
paar Fuß, find aber am folgenden Morgen wieder bis zum ges 
wöhnlichen Niveau gefüllt. Nur die niedriger im Thale liegenden 
Brunnen haben brakiſches Waſſer, und deren Entftehen ift offen= 
bar durch ven Zutritt ded Seewaſſers oder der Alkalten in den Ges 
birgsarten oder des Sandes bedingt. Jene füßen Brunnen aber 
vergleicht Maleolmfon artefifhen Brunnen, vie alle einen 
gemeinihaftlichen Zufammenhang mit Wafferfammlungen im Berge 


702 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 70, 


gebiet des Feſtlandes haben müßten, die ihren Abflug zwifchen 
feften Lavenſchichten zur Halbinſel jenden; daher man beim 
Durchbruch der obern überall auf gleiches Niveau der Brunnen 
ftoße, indeß ihr Ueberfluß anderweitig feinen Ablauf unter dem 
Meeresgrund finden werde, wo er wie die ſüßen Wafjerquellen im 
falzigen Meeresgrunde wie zu Bahrein (j. ob. ©. 395, 422) und 
anderwärtd nicht fehlen möge. Von unmittelbar auf der Halbinfel 
fallenden Regen können diefe Brunnen aber nicht genährt werden, 
da die Regen meift direct zu dem Meere aus den Barrancofchluchten 
abjchießen, und nie das Niveau der Brunnen durch Negenfchauer 
oder Trockniß influeneirt werde. Da gegenwärtig die außerhalb ver 
Halbinſel auf der Höhe liegenden Altern in Fels gehauenen Baſſins 
wie der Aquäduct waſſerlos find, fo Halt Malcolmſon die in 
der Tiefe auf der Halbinjel bewirkte Grabung fo vieler Brunnen 
löcher für jünger, und glaubt ſich aus ihrem Abfluß vie Troden= 
Yegung von jenen erklären zu fünnen. In der Weſt-Bay, mo die 
Kohlenvepot3, haben Brunnengrabungen bis jetzt noch feinen er— 
freulichen Erfolg gezeigt. 

Aden, fo ſchließt Malcolmfon, wird in Eurzer Zeit ein 
Hauptpoften britifcher Militairs und Marineftationen fein; der an— 
tife Handelsweg über Arabia Felix wird zwifchen Indien und Eu— 
ropa wieder über hier einlenfen; eine fechsjährige Erfahrung hat 
gezeigt, daß es in den britiichen Colonien Feine gejundere Sta— 
tion ald Aden giebt. Die anfänglichen Leiden der englifchen 
Truppen waren nur zufällig, die Folge großer Entbehrungen, 
zu ſchwerer Arbeiten und fchlechten Schuged gegen die Nächte. Die 
gegenwärtigen guten Wohnungen, die frifhe Nahrung, ber reich— 
liche Erwerb haben zufriedenes Bamilienleben begünftigt und mit 
jevem Sahre vie Einkünfte verdoppelt. 


Erläuterung 3 
Der Sultan der Abd-Ali von Aden und feine Herrfchaft. 


Lahg, Sprich Lahdſch (Kahedſch oder Lahaj bei Haines 
und Wellſted, Lahhak oder Lahhadſch bei Seetzen), heißt die 
Reſidenz des Sultans der Abd-Ali, des ſchon oben genannten Al 
Haſan, eines characterloſen ſchwachen Beherrſchers ſeines Bedui— 
nenſtammes, dem die Halbinſel Aden, fein rechtmäßiges Beſitz— 
thum, durch Unterhandlungen und in Folge derſelben durch Gewalt 


Arabien; Sultanat Aden, Lahedſch. 703 


abgedrängt wurde, worauf er fich felbft wieder um feines Vortheils 
willen in neuejter Zeit in Freundfchaftötractate mit den Briten 
einließ. Sein Küftengebiet wurde früher fehon von 2. de Bar— 
thema (im Jahre 1503)52), von Seegen3) (1810), Salt und 
Andern befucht; durch Lieutnant Wellfted, der in Auftrag ſei— 
ner Obern ſchon im Sabre 1834 zu ihm in defjen Refivenz zu Con— 
ferenzen abgeſchickt ward, erhalten wir jedoch die erften nähern Be— 
richte über dieſelbe und über den Weg dahin, welche auch die An— 
gaben zu Capt. Haines Mittheilungen 5*) geliefert haben. Wir 
beichliegen mit dieſer characteriftifchen Schilderung des politischen 
Zuftandes eines arabifchen Beduinenhäuptlingd unfere Nachrichten 
von dem Südgeftade ver arabiſchen Halbinſel. 

Die Stadt Lahdſch liegt mur 7 Stunden (18 Mil. engl.) in 
NW. von Aden, unter 13’ AN.Br. und 45° 0° 30" O.R. v. Gr., 
in einer weiten Ebene von Dattelgärten umgeben; um dahin zu ge= 
langen paffirt die Karawane einige ſparſam bewohnte Dörfchen, 
Darab, Mahallah, Misderah, bloße Saufen von Schilfhüt- 
ten, aber jeder mit einer Art Thurm zur Vertheidigung. Ihre 
Bewohner find meift in die Lumpen gehüllt, die fie aus den Ue— 
berreften bier gejcheiterter Schiffe erbeutet haben, ein Gewerbe das 
fie auch an britifchen verunglüdten Schiffen ausübten, wodurd) ihre 
Sultane zuerft in Händel mit den Briten in Oftindien geriethen, 
da diefe zu wiederholten malen von den Strandräubern Erjag for« 
dern mußten. Diesmal war e3 die Volitik des eigennügigen AL 
Hajan, mit Beiftand der Briten feine Nachbarn, den Fadhli— 
Tribus (Föddel b. Niebuhr u. Seetzen, Futhali b. Welle 
fted, ſ. ob. ©. 661), der ihn mit Ueberfällen in die Enge trieb, in 
die Flucht zu fehlagen, weshalb er den Lieutnant einlud und * 
Geleit zu ſeiner Reſidenz gab. 

Wellſted verließ Aden, am 15. März 55), durch das Nord⸗ 
thor und den Engpaß, der über den ſandigen Iſthmus zum Ver— 
ſammlungsplatz der Karawane führte, wo damals neben den Rui— 
nen eines Sheikh-Grabes die Zollbude ſtand. Von hier ging 
der Weg über eine ebene, todte Wüſtenfläche, ohne alle Spur von 
Vegetation, anfänglich über ein paar tiefer Iandeinreichende Meeres— 


*°?) Ludov. de Bartlıema, Hodeporicon Indiae Orientalis etc. Leip— 
zig, 1610. 11.8. c. 4. p.9du.f. Y Serben a. a. O. inv. Zach's 
Mon. Gorrefp. XXVIII. 1813, Sept. p. 230. ) Capt. Haines 
l. ©. IX. p.137.  °°) Wellfiev b, Hödiger Th. Il. ©. 307 — 315, 
und defien Trav. to the City of the Chaliphs 1. c. p. 159— 170. 


704 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 70. 


arme, über deren falzige, jumpfige Niederungen fehmale Brüden 
geleiteten, von denen aber meiſt nur noch die Pfeiler ftanden, und 
jehr gebrechliche Binfengeflechte, die fich bei jedem Schritte der Ka= 
meele nieverbogen. Erft jenfeit zeigten fich wieder einige Gefträuche; 
die Gefahr drohender Ueberfälle ver Fadhli-Räuber beſchleunigte 
die Eile der Reiter, deren Kameele hier zu den ſchönſten und flüch— 
tigſten ihrer Art gehören ſollen. Nach den erſten 3 Stunden (8 
Mil. engl.) Weges wurde, um Kaffee zu trinken, Halt gemacht am 
Grabe Sheikh Othmans, dad aus einer doppelten Reihe Elei= 
ner Kuppeln bejteht, in deren Mitte ein Sarg mit ornamentirtem 
Schnigmwerf und einem übergelegten rothen Tuche auf einer 3 Fuß 
hohen Eftrade ſteht. Das Gemach war mit Matten belegt, einige 
Silberlampen und Straußeneier hingen von der Dede herab, und 
die Beduinen hielten hier ihr devotes Gebet, küßten vie Zipfel des 
Tuches, dejjen Staub fie abwifchten mit der Hand, um fich damit 
das Haupt zu bejtreuen. 

Don hier änderte das Land feinen Character; aus dem nie= 
dern Sandboden trat man hier in ein Hügelland, das 20 big 30 
Fuß hohe Sanddünen deckten, hier und da von Gebüſch und Bäu- 
men bewachfen, welche Gummi liefern folten. So erreichte man 
am Abend gegen 8 Uhr, mit der Dämmerung, die Stadt und 
erhielt jogleich nach vorläufigen Klopfen am großen Thor Eintritt 
in den Palaſt des Sultand. Es ging durch eine große Vorhalle, 
die nur fparfam erleuchtet, aber mit Speeren, Schildern und Schwer— 
tern an den Wänden umher verfehen war, in ver ein großes Teuer 
brannte, das gejchwäßige Keibwachen umftanden. Dem Eintritt des 
Fremdlings folgte jogleich Stillfchweigen, und die Etiquette gebot 
feine Trage an ihn zu thun, bevor er nicht dem Sultan vorgeftellt 
ward. Nach zehn Minuten Iud ihn ein Sclave ein, iihm zu folgen, 
und diefer führte ihn durch eine Menge von geräumigen Gemä— 
ern und engen Baflagen, zu einem Eleinen Eckzimmer des Gebäus 
des, in welchem der funfzigjährige Sultan, corpulent, von Unſau— 
berfeit ftarrend, nad) Bevuinen= Art auf vem Divan faß und Aus 
dienz gab. Den Europäern wurden ein paar Stühle geftellt, Kaffee 
und Pfeifen gereicht, dann erſt Willfommen gejagt. Das Zimmer 
hatte nur 14 Fuß im Quadrat, war durdy eine Lampe matt er- 
leuchtet, 4 Sclaven ftanden in den Ecken mit Wachöferzen, auf ver 
Erde ſaßen mehrere Beduinen-Sheikhs; hier und da fland eine Uhr, 
ein Metallgefüß, ein Topfgeichirr u. |. w. Im Nebenzimmer wurde 
ein Ejjen aufgetragen. Zum Nachtquartier wurde die Herberge in 


Arabien; Sultanat Aden, Lahedſch. 705 


einem Privathauſe angemwiefen. Der Wirth, fagt Wellfted, war 
ein ganz intelligenter Mann, der ſchon im Jahre 1801 Colonel 
Murray gekannt, als diefer in Aden geftanden; er wünfchte den 
Engländern den Befit dieſes Hafens, weil dann erft Redlichkeit und 
Gerechtigkeit im Lande einkehren würden; die Türfenherrfchaft aber 
verabfcheute er. Ihr früberer Drud ift noch in aller Araber Er- 
innerung. Die Furcht vor einer Heberrumpelung der Stadt durch 
die Fadhli hielt ihre Bewohner die ganze Nacht wach, dus Schie— 
Ben der Wächter, das Gefreifche der Weiber in den Käufern, das 
Bellen der Hunde, dad Gefchrei und Brüllen der Eſel und Kameele, 
zeigte die Unruhe in allen Winfeln, und wirklich gelang es dem 
Feinde in der folgenden Nacht miehrere der Hütten auszuplündern 
und in Brand zu jegen. Der Sultan wünjchte den Beiftand ver 
Engländer gegen feine Beinde, die ſehr Friegerifchen Fadhli-Be— 
duinen (f. 06. S. 703). Der Lieutnant verfprach bei feinen Obern 
dad Begehren anzuzeigen. Der Sultan zog einen Tractat feines 
Vaters Ahmed Sultan mit Sir Home Popham vor, der frü- 
ber engliiche Flotten an der arabifchen Küfte commandirt hatte. 
Lord Balentia 50) gab diefem Vorfahren ein großes Xob, weil er 
den Handel förderte, Frieden hielt, fich liberal zeigte, was alles der 
Sohn verabfüunte. Ahmed Sultan hatte fid) einen Schag ge= 
fammelt, ven Al Haſans Geiz durd harten Drud zu vergrößern 
fuchte. Uber fo flohen ihn die Kaufleute, und um ſich vor feinen 
Beinden zu fichern, hebte er einen Tribus gegen den andern durch 
Beftehungen auf, und verfplitterte jo feine Schäge. Man zwang 
ihn fogar, jährlich gewiffe Summen an die benachbarten geringern 
Stammedhäupter zu zahlen, als Geſchenk, und blieb dieſes aus, fo 
begannen Ueberfälle und Plünderungen, wie die der Fadhli. Dies 
fer unruhige Zuftand, ver ſich jede Nacht wiederholte, nöthigte die 
Neifenden eine ganze Woche in der Nefidenz zu verweilen, und fie 
entfamen nur durch glücklichen Zufall; denn zwei Tage nach ihrer 
Rückkehr nach Aden wurden andere Reiſende auf demfelben Wege 
durch die Näuber niedergemacht. 

Lahdſch, wie alle arabijchen Städte ſehr zerftreut gebaut, 
nimmt einen großen Raum ein, und hat dody nur 400 Käufer mit 
800 Stroh- over Scyilfhütten, und höchſtens 5000 Einwohnern. 
Dad Stroh fol von Hirfe oder Durrab fein (Holcus sorgh., dort 
Taum genannt). Ein Drittheil der Ginwohner find Soldtruppen. 


#56) Vic, Valentia, Voy. and Tr. Il. p. 79 etc. 
Ritter Erdkunde XII. V)Y 


706 Weſt-⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 70. 


Den Bazar, der alle Dienftage und Donnerftage gefüllt ift, fah man 
gut verfehen mit Butter, Vieh, Korn, Zeugen, Weihrauch u. a. m. 
Gin ftarfer Verkehr fol zwiſchen diefem Orte und der Capitale 
von Jemen ftattfinden, da Lahdſch auf ver Straße von Aden 
nach Sanaa liegt, weshalb auh 8. de Barthema und Seegen, 
die diefe Route zurüclegten, diefen Ort (Labi nennt ihn Barthema) 
berührt haben. Die Bewohner der Stadt find von der Seete ver 
Seidi (Zeivi bei Niebuhr) 57), daher viel toleranter ala andere Ara— 
ber, weshalb ein Europäer, von hier aus, nach Wellſted's Vers 
fiherung, felbft in europäifcher Tracht nach der Gapitale Sanaa 
ficher reifen würde. Diefe Secte, welche fih ſchon im Iten Jahr— 
hundert durch Arabien verbreitete, führt ihre Lehren auf Seid, 
einen Großenfel des Khalifen Ali, zurück und it nach dieſem 
Imam benannt. Gie find Aliden, den Shiiten ähnlich, aber ge— 
mäßigter, obmol fie fich felbft alö eine der fünf orthodoren funni« 
tiichen Secten anfeben. 

Der ftarfe Verkehr mit Sanaa macht, daß viele fremde Waa— 
renartifel von Mochha nicht zu Waffer nah Aden, fonvdern 
zu Lande über Sanaa dahin gelangen, worauf eben die Hoffe 
nung der Briten in Aden ſich gründet, dereinft den Haupthandel 
mit Kaffee und andern Waaren Jemend in ihren neuen Safenort 
und in ihre Hand nad) Aden zu ziehen, ein Plan, dem feit fo 
langer Zeit fhon Mehmed Ali, für feinen Vortheil, vergeblich 
nachitrebte. 

In Lahdſch war Wellſted überrafcht, bei fo geringer dortiger 
Induſtrie, wo nur die Weiber einige grobe Zeuge zu Stande brin— 
gen, einige 30 Seidenweber vorzufinden, die ihre Seidengarne 
aus Indien bezogen. Auch überrajchte ihn eine gewiffe Analogie, 
die er zwifchen diefem Lande und Aegypten zu bemerken glaubte, 
nämlich, obwol das Land eine Wüfte, doch in unmittelbarer Umgebung 
der Stadt reicher Anbau von Getreide, Oemüfen, Datteln, Früchten al- 
ler Art, durch Bewäfferung der Bergftröme und von ihnen abgeleitete 
fünftlihe Gräben bewirkt, theild durch gut gefüllte Brunnen, 
die bei 15 Fuß Tiefe treffliches Waffer geben. Gin dauernder 
Flußlauf, aus Jemen kommendẽs), Wadi Meidam, den fchon 
Niebuhr nennt, und den Berghaus Karte richtig verzeichnet, zieht 


+57), Niebuhr, Befchr. v. Arabien ©. 20; S. de Sacy, Notic. et Extr. 
IV. 438; Rödiger, Not. 271, bei Wellfted a. a. DO. S. 312. 
°8) Rödiger bei Wellfted Not. 273, ©. 312. 


Arabien; Sultanat Aden, Satr- Route, 707 


wirflih an der Stadt vorüber, wenn auch feine Mündung zum 
Meere noch unbekannt zu fein ſcheint. Wie in Aegypten fand 
Wellſted Hier diefelbe Atmofphäre, denfelben Fruchtboden, daſſelbe 
Planzengrün, eben folche Gehege der Aecker und Gärten gegen die 
MWüfte, eben folche VBalmgruppen u. f. w., nur fehlte der mächtige 
Nilftrom und der vemüthige Fellah, denn hier ging jeder Felvarbei- 
ter mit Slinte und Lange bewaffnet, verließ aber mit dem Einbruch 
der Nacht nebft feiner Bamilie dad Feld und die offene Hütte, und 
ſuchte Schuß in der Stadt. Dad Innere des Landes war noch 
beſſer bebaut als die jhöne Dafe von Lahdſch; ein zwanzigjührie 
ger Sohn des Sultan, ein intelligenter Jüngling, der ſich gern zu 
den Briten hielt und täglich ihr Gaft war, und oft den Weg nad 
Sanaa zurüdgelegt hatte, war vol Enthufiasmus für die Schöne 
heit dieſes Binnenlandes; die Föftlichen Diners, die ihnen täglich 
von der Tafel ded Sultand mit den audgefuchteften Speifen zuges 
hit wurden, mobei niemals Tänzerinnen zur Unterhaltung ver 
Säfte fehlte, beftätigten die Külle der Naturproducte, welche das 
ſchöne Binnenland darbot, fo wie ver reihe Schmud ihrer Waffen 
auf die Induftrie von Jemen, der einjtigen Arabia felix, zurüdzus 
weifen fchien. 

Die zweite Karte von 3. und E. Walfer, Map of Yemen, 
welche dem Report 59) über Aden vom Jahre 1839 beigegeben ift, 
hat vie große Hauptroute von Lahedſch nordwärts nah Sa— 
naa in 8 Tagereifen durch 6 verjchievener independenter Herren 
Länder verzeichnet; die Stationen find folgende: 1) Von La— 
hedſch durch des Sultans Territorium nad) Rama, im Gebiet der 
Houfhebu, eines fruchtbaren Kornlanded. 2) Durch das Gebiet der 
Alooe na) Seyeb, dem Grengort. 3) Durch das Gebiet ver Kat« 
taba nah Urdaba im Gebiet ver Amird. 4) Nah Kattaba. 
5) Durch das Territorium der Do Mohammed- und Do Huffein- 
Tribus nad) el Khorah. 6) Nach Ayreen. 7) Eintritt in das Ter« 
ritorium des Imam von Sanaa, over nah Juma. 8) Nach Sanaa, 
oder von Ayreen auf einem Umwege über 3 Stationen nah Du— 
mer, Jeraghur und Segum. Genauere Angaben über viefe Noute 


fehlen. ‚ 


°%) Indian Papers Nr. IX. Corresp. relating to Aden I. c. p. 91, 
und die Map of Yemen, 


992 


[Z 


708 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 71, 


Sechstes Kapitel. 
Die Weftfeite der arabifhen Halbinfel, 


$. 7k 


Wir Eennen ſchon aus den frühern Nachmeifungen der arabi- 
hen Autoren, zumal ihrer Geographen, ihre einheimiſchen Be— 
nennungen und Bezeichnungen großer Länderſtriche wie Je— 
men, Hedſchas gegen das Küſtengebiet, ſo wie Nedſched, im 
Rücken von beiden, mehr nach der Binnenſeite der Halbinſel zu, 
und dringen, auf jene vorangeſchickten Unterſuchungen zurückwei— 
ſend, hier ſogleich in die Mitte dieſer Gebiete, ſo weit unſre Wege 
durch ſie gebahnt ſind, ſelbſt ein, um Land und Leute ſpeciell ins 
Auge zu faſſen, die ihnen angehören. 


I. Zemen (Dfehemen), Arabia felix. Die ſüdweſtliche 
Berglandſchaft oder das glüdlihe Arabien. 


A. Jemen im weitern Sinne, 
Ueberficht. 


Benennung, Lage und Begrenzung von Jemen im Südoſt 
dur Aden und Hadhramaut, ift im Vorherigen, gegen Nord 
aber durch die jelbftäandige Gebirgslandſchaft Afir ift in Obi- 
gem ſchon früher, nach den Angaben des Ißtachri, Edriſi, 
Abulfeda (j. ob. ©. 144,186, 206,229 u. a. D.), näher ermittelt 
worden, worauf wir hier zurückweifen, da feine neuere Grenzbeftims 
mung darüber vorhanden ift, vie nicht auf jenen Altern natürlichen 
und biftorifchen Grundlagen beruhte. Denn das Dihihannuma 
des Hadſchi Chalfa giebt varüber Feine) genauere Auskunft, 
obmwol deſſen gelehrter Commentator angiebt, daß die Stadt Sſaa— 
det (oder Saade in Sahan) auf jeden Fall die nörvlichfte Stadt 
Jemens fei. Niebuhr zählt zwar die Landſchaft Nedjeran, das 
Grenzland gegen Nedſched (ſprich Nedſchranz f. ob. ©. 24, 68, 
197, 199), mit mehrern nörplichern Landſchaften 6) noch zu Je— 


+60) Artifel Jemen in 3. v. Hammer, Ueber Arabien. Wien. Sahrbücher 


a ee 1841. &.69, 93. °') Niebuhr, Beſchreib. yon Arabien 


Arrabien; Wetfeite, Jemens Ausdehnung. 709 


men, worin Rommel’s und Berghaus Karte 62) ihm folgen, je— 
doch jcheint Fein enticheivdendered Moment dafür zu fprechen, ala 
daß fie nicht zu Hedſchas gerechnet werden, daß Nedjeran einft 
ein Königöfig Jemeniſcher Fürftengefchlechter 8) gemwefen, daß 
die Macht der Mefkaherrfcher nicht weiter ſüdwärts reichte ald bis 
Wadi Beifhe, das daher jchon viel weiter im Norden von Ne— 
dfcheran „der Schlüfjel zu Jemen‘ Heißt (|. oben ©. 201), 
Hali aber fchon zu Ißtachri's Zeit die Grenzftadt gegen Je— 
men war (j. 0b. ©.186). Bon einem etwa heutigen Zuſam— 
menhange jener nörvlichern, auch auf Berghaus Karte mit EI Je— 
mend Namen bezeichneten Provinzen, wie Aſyr, Khaulan, Sa= 
han, wo Saade, oder Sſaadet nach v. Hammer, liegt, Wadi 
Nedjran und jo mancher andern, mit der politifchen Herrfchaft 
von Sanaa, oder mit Jemen im engern hiſtoriſchen Sinne, 
nah Niebuhr's Beftimmung, kann gar nicht die Rede fein, da 
alle jene nörvlichern genanuten Landfchaften fehon feit langem von 
einer Jemeniſchen Herrfchaft abgelöft, und meift, wie auch ſchon 
Nedjeran, zu Niebuhr's Zeit, ganz felbftändige‘*) und von 
Jemen oder von Sana unabhängige Herrſchaften waren. 
Daher hat Berghauß in feinem Mempire65) vie etwas uneis 
gentliche Benennung eines Nord- Jemen und eined Süd-Jemen 
eingeführt, um doc) einen Unterfchied jener Verhältniffe zu bezeich— 
nen, eine Abtheilung vie nicht weiter ald die verfchiepne Lage 
der Breite unter ſich ganz unverbundner Diftriete bezeichnen kann. 
Indem wir hier auf obige Thatſache zurüdweifen, daß eben jene 
ſchwerzugänglichen Gebirgsländer mit ihren ungebändig= 
ten Bevdlferungen von Abu Ariſch, Aſyr, Chaulan und 
a. m. (f. ob. ©. 191) die Hiftorifche Scheivdewand zwiſchen 
den Kerrfchaften von Hedſchas und Jemen von jeher bilveten, 
und auch heute Feine Lineargrenze geftatten, fo haben wir nur 
noch eine berichtigende Bemerkung zu dem was oben (S. 188) von 
„der Stadt Attur“ (la ville de Attour, bei Edrisi I. p. 136) 
und von dem „Gebirgslande Aſyr“ als „identiſch“ gefagt 
ift, hinzuzufügen. Diefe unfre damals geäußerte Vermuthung hat 
durch eine feitvem in den arabifchen Original= Handfchriften des 
Edrifi und anderer Autoren der Parifer Bibliothek angeftellte 


62) Berghaus, Karte und Mem. Arab. S. 65. °°) Rommel, Abulf. 
Arab. Descr. p. 54. ) Niebuhr, Befchr. von Arab. ©. 272, 
6’) Berghaus, Arab. Mem. ©. 69— 70. 


710 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 71. 


Unterfuchung bis jegt zwar Feine Beftätigung, aber auch feine Wi— 
derlegung gefunden. Das Nefultat, dad mir dafelbft aus eigner 
Einficht, durch den zuvorfommendften Beiftand des rühmlichft be= 
fannten Orientaliften Hrn. Neinaud, des critifchen Herausgebers 
des Abulfeda, gewannen, ift folgender: Im Abrege d’Edrisi Man. 
Ar. du fond 1. 9. Nr. 334. fol. verso fteht „atou‘; davon mweicht 
dad zweite Exemplar des Edriſi, mit Karten, etwas ab, ift aber 
undeutlih; das dritte Sremplar Hat „acu“. — Das arabiiche 
geogr. Dietionnair, betitelt „Meraffidsalitthilä,” Hat dajjelbe 
Wort „atſar“ oder „attfar” gejchrieben, „ald and, dad zehn 
Tagereifen von Mekka entfernt liege;“ bei dem Worte 
„itſyr“ oder „doul-itſyr“ fteht: „Ort von Hedjaz, der an 
das Land Aſſad ſtößt.“ — Hierbei ift zu bemerken, daß „Jtſyr“ 
auh „Atſyr“ heigen fann, da die arabifchen Grammatifer (mie 
der Verfaffer des Wörterbuch8), die nicht aus ihrem Lande heraus- 
gefomnien, die Methode haben, ale ihnen fremde Namen in den 
Vocalen fo nach einer Regel zu verändern, daß Die beiden erften 
Vocale der erften Sylbe identisch gemacht werben, fo wie hier It— 
ſyr, das eben fo gut Atſar gelefen werden kann, wie dies von 
Reinaud bei Abulfeda näher nachgewieſen worden if. — 

Bei unferer gegenwärtigen noch immer ſehr unvollfomme 
nen Kenntniß von Jemen, obwol wir eine für ihre Zeit 
meifterhafte Karte davon durch Niebuhr bejigen, wovon fich noch 
gar Feine volftändige oder gleichmäßige Beichreibung geben läßt, da 
die Küfte zwar ziemlich befannt und befucht, dad Innere aber 
nur in einzelnen Theilen, wie auf den Wegen ſüdwärts Hodeida, 
Zebid, Sana, Taäs, von europäischen Beobachtern befucht, jonft aber, 
zumal oftmärts und nordwärts fat gänzlich den Augen— 
zeugen unbefannt geblieben ift, wird es vor allem Bedürfniß fein, 
die verfchiedenen einzelmen Berichte nach Zeit und Perjonen aus- 
einander zu halten, und fo eine critiſche Vergleichung möglich zu 
machen, indbefondere aber ven Augenzeugen felbit, zur VBervoll- 
flindigung und Belebung des trocknen Details, auf ihren Wegen zu 
folgen, um und eine eigne lebendigere Anſchauung von der 
Natur Jemens und feiner Bewohner zu verfchaffen, als es 
nach der früher beliebten, aphoriftiich aufzählenden und nicht wies 
der verbindenden, blos abftrahirenden Methode möglich war. 


Arabien; Jemen im weitern Sinne, 711 


1. Jemen im weitern Sinne, na Niebuhr's Landkarte 
und Befchreibung, nebft Zufägen von Seetzen, Burd- 
hbardt, und Kartenberihtigungen von Berghaus. 


Niebuhr befchreibt unter der Landſchaft Jemen, Ard el 
Jemen), diefes Rand im weitern Sinne, dad von der Na— 
tur felbft aus zweierlei Abtheilungen befteht: 1) aus dem Tehä- 
ma. oder dem ebenen niedern Landftriche am Meere hin, nord= 
wärts bis Hali, und 2) aus dem Dſchebbal (Dijabbäl) oder 
Berglande, das nach dem Innern zu erhaben über den Meeres— 
fpiegel liegt; beide, aber zumal die Iegtere, zerfallen in viele 
Heine, politifche Serrfchaften und Staaten, die von ein- 
ander ganz oder nur theilmeis unabhängig fich zeigen, von denen 
bier zunächſt nur die allgemeine Ueberficht folgt. Niebupr zahlt 
zu feiner Zeit, 1763, hauptjächlich deren 13 oder 14 verſchiedne 
namentlich auf, wie folgt, unter welchen 

1) Jemen im engern Sinne, mit der Nefivenz des Imams 
zu Sanaa, die angejehenfte ift und den Kern der ganzen Staaten= 
gruppe bildet. Nur über diefe Provinz allein befigen wir ziemlich 
vollftändige Berichte durch Augenzeugen, und von dieſen wird weis 
ter unten die Rede fein; vie übrigen Provinzen, das Küftengebiet 
auögenommen, find faft alle von Europäern unbejucht geblieben, 
alfo nur durch Hörenfagen oder orientalifche Berichte zur Kunde 
gekommen. 

2) Aden, dad Gultanat, bildet dad Südende und ift gegen- 
wärtig (ſeit 1740) ganz getrennt von jenem zu betrachten, wovon 
ſchon oben die Rede war. Eben fo 

3) Kaufebän, in N.W. von Sanaa, ein Fleined rauhes Ge— 
birgdland mit eignen Fürften, die fi früher Imam nannten, feit 
Berjagung der Türkenherrſchaft aus dem Lande aber mit dem Ti— 
tel eines Sejid (oder Sidi) fich begnügten, und die Würde eines 
Imam der neu fich erhebenden Dynaftie von Sanaa überlies 
fen. Die Nefivenz Kaufebän, auf einem fehr rauhen, fteilen 
Hochgebirge, wird von arabiſchen Dichtern deshalb auch el Höſſn 
(d. i, der fteile, hohe Berg) genannt), ine Stadt Schibäm 
liegt am Buße diefes Berges, die mit andern befanntern gleichna= 
migen Orten nicht zu verwechſeln ift. 


66), Niebuhr, Beichreibung von Arabien, 1772. 4. ©. 181— 283. 
67) Ebend. ©, 257. 


712 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 71. 


4) Khaulän (Ehaulän, heute Kholan bei Arnaud) mit 
eignem Sheich; ein Eleined Gebiet, eben jo nahe wie daß vorige bei 
Sanaa, nur nit in N.W., fondern in S.O. dieſer Nefivenz, ges 
gen da3 Innere zu (verfchieven von dem Chaulan in NN.W., im 
Tehama, bei Edriſi, f. 06. ©. 188,189). Niebuhr führt hier 
die Stadt Tanaejim als einen alten Judenfiß mit vielen Sy— 
nagogen an; etwas ſüdwärts davon, wo die Beni Kibs auf feis 
ner Karte, dad Beit el Kibji 8), ein Dorf vol Sherifs, von mo 
jährlich die Karawane gegen Meffa ausgeht, welche damals 
etwa aud 2000 Pilgern beftand, die zu den 100 deutſchen Meilen 
gewöhnlich 45 Tagefahrten, mit Aufenthalt an verfehiedenen Orten, 
gebrauchte, während viejelbe Strede ohne die Nafttage in 20 Tagen 
zurüdgelegt zu werben pflegte. Es ift diefelbe Hadj el Kebiy, 
wie fie Burkhardt (nach einem Sanctus, fagt er, der den Titel 
Kebſy führe, f. ob. ©. 210) nennen hörte, von derem Durchzuge 
durch dad Gebirgsland, auf der Grenze von Jemen und 
Hedſchas, zur nähern Ermittelung der Tribus von Aſyr, wir 
in obigem (ſ. ©. 193 u. f.) ſchon Nachricht gegeben. Doch läßt 
Burkhardt fie fih in Sada verfammeln, führt ihre Route aber 
doch bis Sanaa fort. 

5) Dſchof (Dſjoͤf bei Niebuhr)69), ebenfalls in ähnlichem 
Breitenparallel wie Sanaa, aber nördlich an Khaulan angrenzend, 
ift, nad) Niebuhr, ein großer Landſtrich, in welchem die Stadt 
Marib liegt, die von einem eignen Sherif regiert wird, indeß 
die Dörfer und die zu Dichof gehörige Wüſte von eignen unab— 
hängigen Schechs beherrjcht werden. Wir zweifeln nicht daran, 
daß hierher auch das feiner geographifchen Lage nach zu Hadhra— 
maut gehörige, aber von Niebuhr unter den Namen Iafa 70), 
als verfchieden aufgeführte Land gehört, dad nur deshalb bei Se- 
men aufgezählt fein kann, weil e8 früher einmal von deſſen Dyna- 
ftie beherrfcht wurde. Zu Niebuhr's Zeit wurde e8 von drei 
Prinzen in Rodda, Moſäka und Kara beherricht, deren Lage 
wir nicht Fennen, aber da Niebuhr felbit ven Hafen Schechr 
(Schähher bei Niebuhr, d. i. Chedjer, f. 0b. ©. 265) mit feiner 
Weihrauhausfuhr als einen zu Jafa gehörigen Hafen anführt, fo 
kann ed nur die Öftliche Kortfegung ded Landes von Mareb 
bezeichnen. Im Dſchihannuma des Hadſchi Chalfa fehen wir 


+58) Niebuhr, Arab. ©.281. °°) Ebend. ©. 275 — 280. 
») Ebend. ©. 282. 


Arabien; Jemen im weitern Sinn, 713 


den Grund diefer Verwirrung in der türfifhen Geographie”!) 
durch Zufammenziehung beider Landſchaften in eine, da dieſe 
das eigentliche Jemen in die zwei großen Abtheilungen in Je— 
men und in Haframut zerfpaltet. Diefe Landſchaft Dſchof, 
zwifchen Nevfcheran und Hadhramaut gelegen, fagte man Nies 
buhr, fei meiftentheila Ebene, auch Sandwüſte; doch fei da= 
+ felbft auch viel Ackerbau; im Sande folle man nach Regenfchauern 
Gold (wol gelben Glimmer, dv. i. Kagengold, meint Niebuhr) 
finden, doch gebe es dort auch viel Pferde und Kameele, felbft hin— 
reichend zur Ausfuhr. Die ſehr friegerifchen Bewohner, Beduinen, 
trugen Sarnifche von feinem Eiſendraht geflochten, auch Helme, 
unter ihnen zeigten fich die beften Dichter. Der Hauptort, dad in 
der arabifchen Chronologie fo berühmte Marib (Sitte Mareb, 
f. 06. ©. 79— 81), mit 300 Häuſern und Ruinen, ohne Infchrif- 
ten (was irrig!), follte 16 geogr. Meilen in O.ND. von Sanaa 
liegen. — Ob diefer Name Dſchof (Dijöff, Al Giohhfa bei Rom— 
mel ©. 60), der ſich Öfter in Arabien wiederholt, da er im Nor— 
den von Nedſched gegen Syrien (f. 06. ©. 71,78), hier in der Mitte 
und im Süden in Hadhramaut (iventifch mit Jafa? f. ob. ©. 256, 
282 und 659; Seegen??) fchreibt es Jäafea, kennt aber den Na— 
men Dichof nicht) Hervortritt, und ein Land der Niederung im 
Gegenfag eines Hochlandes bezeichnet, der Landſchaft Mareb ald 
Provinz angehört, laffen wir dahin geftellt fein; doc) fcheint das 
Dſchof Hadhramauts, fo wie Jemend, nur dad eine und 
daſſelbe Öftlid an das innere Bergland Jemens anftoßende Nies 
verland, dad fich weit oſtwärts auch durch Hadhramaut (Nies 
buhr's obiges Jafa Nr. 3.) hinzieht, zu bezeichnen, zwiſchen dem und 
feine politifche Grenze befannt iſt. Wirklich rechnet das Dfchihane 
numa dad Bilavol Dfehuf nicht zu Jemen, fondern zu Hadhra— 
maut?). Daß Mareb wirflidd im Niederlande liege, fagt der 
jüngfte Entdecker diefer Gegend, Arnaud, der ausprüdlich bemerkt, 
daß man fortwährend von Sanaa bis Mareb bergab fteige; 
er Iernte wol den Sherif Abderrahman (im Jahre 1843) 7%) 
ald den Fürften von Mareb fennen, einen Provinzial: Namen 
Dſchof fcheint er aber dort nicht gehört zu haben. Die 3 Abthei= 


IE; Hammer, Geſchichte d. osmanischen Reichs. Bd. II. S. 534, Not. 

) Seegen in v. Zach's Monatl. Gorrefpond. XXVII. ©. 182. 

”) v. Hammer, Wien, Jahrb. XCIV.B. ©.99. ) Arnaud, Re- 
lation d’un Voyage à Mareb, 1843, im Journ. Asiat. Paris 1845. 
T. V. Fevr, p. 233, 237 etc, 


714 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 71. 


lungen von Dſchof, die Niebuhr anführt, fcheinen Teine geo— 
graphifchen zu fein, da er felbft fagt, vaß Belan 28 Saladin 
die unabhängigen Bergländer, Belad es Sheraf die Gebiete der 
Städter bezeichne, zu denen Mareb gehöre und Belad el Bedui 
dad Land der Nomaden. 

6) Nehhm, ein ganz Eleines Gebiet, von einem unabhängi- 
gen, Eriegerifchen Schech beherrfcht, zwifchen Sanaa und Mareb ge= 
Iegen, von dem felbft Niebuhr nichts meiter zu jagen weiß, ale 
daß man vordem einmal daſelbſt in dem Berge Tfiba wolle Sil— 
ber gefunden haben, und daß Nehhm öfter gegen Sanaa zu Felde 
ziehe?°). Das Dafein diefes Gebietes ift auch heute noch beftätigt 
durch Arnaud, deffen Weg von Sanaa nah Mareb zwifchen 
Nehhm zur Linken, und Chaulan, dad er Kholan fchreibt, zur 
Rechten hindurchzog. 

7) Das Belad el Kobail, d. i. Land der Stämme, oder 
Hafchid u Bekil, dad Gebiet ver Conföderation?6), ein Ver: 
ein freier, ganz unabhängiger Gebirgs-Scheichs, die aber fehr Frie- 
gerifch, im Bunde unter fich oft gegen die Macht des Imam von 
Sanaa anftürmen, und ald Soldtruppen auch in fremde Dienfte, 
zumal der Sherife von Meffa, treten, mit dem Vorrecht fich ihre 
Dfficiere felbft zu wählen, wodurch fie nicht felten zu gefürchteten 
Rebellen werden. Sie find von der Secte der Zeidi (f. oben 
©. 209--210), und 29 DOrtfchaften oder Diftriete werden von Nie— 
buhr namentlid) aufgeführt, von denen fonft freilich faft nichts be- 
kannt ift. Es zieht fich diefes Gebirgsgebiet der Bundes-Stäm— 
me in Norden von Sanaa ziemlidy weit (mol 20 bis 30 Meilen) 
gegen N.W., bis Abu Ariſch gegen den Küftenftaat, und gegen 
Norden das Gebirgsland Sahäan vom eigentlichen Jemen-Staate 
des Iman abfcheidend. In den Stationen der Meffa- Pilger ſüd— 
wärt der Stadt Saade nennt wirflid Burdhardt 7), auch 
heute noch, unter den 7 Stationen, welche von da bis Sanaa füh- 
ven, nach der erften, Nafhemie, der Sofyan-Tribuß, die drei 
nächſten als MWohnftge der Bekyl und Haſhed-Araber, die 
hier zwei Sufs oder Marktpläge inne haben und den dritten 
Drt Ghoulet Adjib bewohnen. Sie werden ald Soldtruppen, 
fagt Burkhardt, allen andern vorgezogen, dienen vorzüglich bei 


+75) Niebuhr, Arab. S. 182, 280; Arnaud I. c. T. V. p. 226. 
76) Niebuhr a. a. O. ©. 181, 258 — 266. ) L. Burckhardt, 
Trav. in Arab. Lond. 1829. 4. App. I. p. 446. 





Arabien; Jemen im meitern Sinne, 715 


dem Imam von Sanaa und bei den indiſchen Zürften, zumal in 
Guzerat und Cutſch, wohin fie fih über Schechhr einzufchiffen 
pflegen. | 

8) Sahän, ein Gebirgäftaat im Norden des vorigen, unter 
einem eignen Fürften, einem Sejid’S), der in der Gapitale Saäde 
(Sada bei Burkhardt, f. ob. ©. 203, 209— 210, Sſaadet bei 
v. Sammer) jeine Nefivenz hat, die wir jchon nach obigem ala 
Urfig der Secte der Zeidi fennen. Außer ihm gebieten in dem— 
felben aud) noch viele andere unabhängige Scheiche. An Obft, zus 
mal Trauben, und an Eijen hat das Land Ueberfluß. Das Eijen 
feiner Bergwerfe fol aber fchlecht und heuer fein, wegen des Holz— 
mangels im Lande; Honig, Mil, Fleiſch machen die Hauptnahrung 
der Einwohner aus, die, obwol Plünderer der Karamanen, dod) 
auch viel Gaftfreiheit üben ſollen. Niebuhr hörte ihre aftrologi= 
fchen Kenntniffe rühmen, fo wie ihre treffliche arabiiche Sprache; 
in ihrem Gebirgsdialect folle der Koran gefchrieben fein. Im 
Weſten von Sahän nannte man einen Berg Om ellejle (d. h. 
dunkle Nacht), der fo feft, daß die Türken ihn 7 Jahre lang Selas 
gern mußten. 
9) Nedſcheran (Nedfjerän??) bei Niebuhr, Nedjram 
el Demen bei Burkhardt) nennt Niebuhr eine invependente 
Herrichaft unter mehrern Schechs; eine angenehme wajjerreiche Ges 
gend, drei Tagereijen in O.N.O. von Saäde gelegen, wo es treff— 
lihe Weiden für zahlreiche Prerve und Kameele, und viel Korn, 
Obſt, Datteln gebe. Die Stadt gleiches Namens, die auch Nies 
bubr für Nagara des Ptolemäus hielt (f. ob. ©.68), ward zu 
feiner Zeit von einem Scheich beherrfcht, ver durch glückliche Ero— 
berungdzüge zugleich ald Held und Heiliger gepriefen warb, ber 
durch fein Gebet den Negen erzeugte und die Stellen im Barapdiefe 
dem Volke ellenweife verkaufte. Gr jollte von den Sunniten 
und Zeiditen ſehr verfchiedene religidfe Meinungen hegen. 
In der Nähe der Nefivenz follte e8 Ruinen einer fehr alten Stadt 
geben, deren Untergang einft von Mohammed voraus verfündet fei. 
Don jeher find über Nevicheran, in Beziehung auf deſſen Neli- 
„gionsverhältniffe, Teltfame Sagen verbreitet (j. ob. a. m. D.), zu 
denen noch die Nachricht ded Dſchihannuma fommt, daß daſelbſt 
ein Abdol Modan eine Kaaba, derjenigen zu Meffa entgegen, 


2 Niebuhr, Arab. ©. 182, 271— 272, ”) Gbend. ©. 182, 272 
is 274. 


716 Weſt?Aſten. IV. Abtheilung. $.71. 


zu heben und zum Mittelpunct der Anbetung zu bringen fuchte. 
Die 18 Namen von Orten in der Gegend des fonft unbefannt ges 
bliebenen Diftrietes® muß man in der türfiichen Geographie nach— 
ſehen ®). 

10) Kachtän, ein Fleiner, fruchtbarer, an Nedfcheran ſtoßen— 
der Gau, fol nur 3 Tagereifen von diefem gegen Norden entfernt, 
und auf vem Wege der Pilger nach Meffa liegen; fonft Fonnte 
Niebuhr nichts von ihm erfahren, der Name aber, bemerkt er, 
fei an fich fchon beachtenswerth 81), wegen 1.8. Mof. 10,26, wo 
Joftan, der Kahtan der Araber, und Stammvater der Kahtani— 
den, oder Arab al Araba, genannt fei (f. ob. ©. 19, 40, 41, 54, 
76, 86). 

11) Abu Ariſch nennt NiebuhrS2) zu feiner Zeit einen 
großen Küftenftrich im Tehama, zwiichen Loheia und Ketumbel, ge= 
nauer bis Attuie (Attuid), von 15° 50’ big 17° JO! N. Br. (f. ob. 
S. 192), der fi von dem Staate ded Imam von Jemen losgeriſ— 
fon und einem eignen Sherife unterworfen hatte. Von einer 
gleichnamigen Stadt, Abu Ariſch, kei der aus vielen Fleinern 
Berghöhen Steinjalz in großer Menge gehauen wurde, Hatte fie 
den Namen. Dijefän, unter 16° 45’ N.Br. (Dijifan), nennt 
Niebuhr eine wichtige Hafenſtadt, wegen ihrer ftarfen Ausfuhr 
von Kaffee und Seneshlättern nach Dſchidda und Sur; Attuid 
(im Text der Neifebefchr. I. 293, Attute auf feiner Karte von Je— 
men, und in der Beichreibung von Arabien) ein Eleine® Dorf an 
der Nordgrenze, mit einem Caſtell gegen das Grenzgebirgsland 
Afyr, wovon fehon früher die Nede war (f. ob. ©.190). ‚Neuer= 
Yich Hat fich diefer Sherif von Abu Arifch losgeriſſen von Jemen 
und eine felbftändige Serrichaft begründet (f. unten). 

12) Hieran fehließt ſich der Gebirgsdiſtriet Chaulan®), 
welcher den vorigen Küftenftrich, wie mehr lanvein den Gebirgs- 
flaat Sahän, im N. begrenzen fol, und denjelben Namen trägt, 
wie das fünlichere unter Nr. 4. bezeichnete Chaulän oder Khaulän 
(Kholan b. Arnaud), auch ganz eben fo gefchrieben wird. Wir ha- 
ben jchon oben feine Beziehungen zu Aſyr bezeichnet, und bemerkt, 
wie e8, auf der Grenze der Mittelaraber gegen die Südara— 
ber Jemens, für vas Chevila ver Ehufiten gehalten wird, ob- 


30) 9, Hammer in Wien. Jahrb. B. XCIV. 1841. ©. 98. 
s1) Niebuhr, Arab. S. 180,275.  °°) Ebend. ©. 181, 266— 269. 
»3) Ebend. ©. 182, 270. 


Arabien; Jemen im mweitern Sinne, 717 


wol Niebuhr diefen Vergleich; auch auf gleiche Weile mit, dem 
ſüdlichern Chaulans), vem alten Judenſitz, zu verbinden fcheint. 

13) Mit dem Randftrich ver ungebändigten Beduinen, 
des Gebirgslandes, zwiſchen 17° 40’ und 18° 30' N.Br., unter 
gefonderten, Scheich3 defjen wir oben bei Ajyr und den Grenz— 
gebieten von Hedſchas und Jemen fchon umſtändlich gedacht ha— 
ben (f. 06. ©.184— 213), endet Niebuhr, gegen Norden von Je— 
men, jeine Aufzählung der 14, richtiger 13, Hauptabtheilungen, und 
meint, ed könne außer diefen noch gar manche Fleinere Serrfchaften 
im Jemeniſchen Lande geben, von denen ein europäifcher Neifender 
daſelbſt eben fo wenig erfahren fünne, wie es einem Morgenländer, 
der etws in Deutjchland reifete, unmöglich fein dürfte, von allen 
daſelbſt befindlichen Eleinern Herrſchaften durch münpliche Erkun— 
digungen volftändigen Bericht zu erhalten. | 

Indeß hat Seesen ald Augenzeuge ein Zeugniß über die 
- Niebuhrfhen Karten) von Jemen abgegeben, die er aus 
‚ Erfahrung, bei feinen Durchwanderungen Jemens, ein „wahres 
Meiſterſtück“86) nennt, das auch unmöglich in fo Eurzer Zeit, 
während Niebuhr's Aufenthalt dafelbft, habe zu Stanve fommen 
fönnen, wenn ihm nicht der gebildete holländische NenegatS”) durch 
‚ feine vieljährigen Wanderungen in Jemen dabei durch feine Spe— 
cialkenntniß behülflich gewefen. 

Die Reiſekarte Niebuhr's in Jemen 8) reicht von 13° 204 
bis 15" 50 N.Br., zwiſchen Mochha und Lohein; Sanaa bezeichnet 
ihre Oſtgrenze; fie ift ohne Meriviane, aber ſehr fpeciel, und be— 
zeichnet ſelbſt die Kaffeehütten, die an ven Hauptſtraßen liegen. Die 
‚ Generalfarte Niebuhr's reicht weiter ſüdwärts, von Aden norde 
wärtd bis zum 18° N.Br.; beide Karten weichen an einigen Stel— 
len nur in unmefentlichen Buncten von einander ab, zumal in ver 
Gebirgsgeichnung, wie am Diehebel Mharras, was wol nur Sache 
des Stecher fein mag; auch hat die Generalfarte am Rande die 
Merivianeintheilung, welche nad) der Obfervation zu Loheia einge 


84) Miebuhr, Arab. ©. 280 Not. .0. Niebuhr, Tabula Itine- 
raria Terrae Yemen etc. 1763; def. Terrae Yemen maxima 
Pars etc. Tabula etc. "*) Sergen, Schreiben von Mochha, den 
17.Nov. 1810, in v. Zach's Mon. Gorrefp, B. XXVIL. ©. 182. 

») Defien Gefchichte |. In Niebuhr's Beſchr. v. Arab. S. 192 — 193; 
deſſen Reiſebeſchr. I. ©. 455— 469, wo Niebuhr defien 10 verfchie: 
dene Nontiers angiebt. ) Angabe ihrer Gonitruction f. Nie: 
buhr, Relſebeſchr. I, S. 312, und Vorrede zur Beſchr. von Arabien, 
S. xxııı u, f. 


718 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 71. 


tragen ift, aber der Eorrection bedarf. Diefe hat Bergbau 
bei feiner eritifchen Reconftruction der Karte von Arabien®®), 
die bisher die befte und auch für dad nördliche Arabien unüber— 
troffen bleibt, obmwol fie im jüplichen und öſtlichen Arabien großer 
Verbefferungen bedarf, vorgenommen, und folgende Firpuncte der 
Längen und Breiten im diefelhe eingetragen. 

1) Beit el Takih 14° 31! NBr. 41° 5’ DL. v. Par. 


2) Zebid 16 er ae 
3) Scherdje a 1% Ka ern vr 
4) Tai 43 3 I rer a 
5) Möfhak a EEE — 
6) Sana 151 —_ 241 — JF 
7) Dahhi TEE Ep — 
8) Ghanemie 15 —_ en IR 
9) Menfil Ey. a ARE Ve 5 
10) Ierim 14° 17 — 42° 19%, 2 


Niebuhr gab die Lage von Sanaa in feiner Karte auf 41° 35‘, 
Pringle fogar nach feiner keineswegs fo faljchen Beobachtung auf 
44 5 N Dr. an; Cruttenden auf 44° 31’ 04" OR, v. Gr. und 
15° 22’ N.Br. nach Obfervation. Die Stadt Saade verlegte Nie— 
buhr, nach den Ausfagen des holländischen Nenegaten, auf feiner 
Karte unter 180 N.Br.; Berghaus Berichtigung trug fie vielleicht 
zu füplich unter 16° 38°, um volle 82 Mil. jüplicher ald Niebuhr 
ein, der fie nicht jelbft bejuchte, und die ihm angegebenen Iagereifen 
nur zu groß berechnete. Berghaus konnte diefe Berichtigung nach 
feiner Conftruction des von Burdhardt gegebenen Noutierd der Hadj 
el Kebſy oder Pilgerfaramane (ſ. ob. ©S.195) ſchätzen; da diefe die 
Diftanz von Taif nah Sanaa in JO Tagemärjchen zurücklegt, 
435 Miles, wonach 10,95 Miled auf jeden Tagemarſch kommen 
würden. Eben danad) konnten andere Berichtigungen erfolgen, wie 
Chamir Meſchid (f. 0b. ©. 194), das auf diefer Noute etwas 
nörolicher zu liegen kommt als auf Niebuhr’s Karte u. a. m. 
Die Wichtigkeit jener Pilgerroute für die Kartenconftruction ift auch 
fchon weiter nordwärtd durch Hedſchas bis Mekka in obigem nach— 
gewieſen. 

Ueber Wadi Nedſcheran gab Burckhardt neue Daten (ſ. 
ob. S. 204), die Berghaus") mit Niebuhr's Angaben combi— 





739), Berghaus, Mem. die Landſchaft el ©. 65—68, 
20) Ebend. ©. 70. 





Arabien; Jemen im weitern Sinne, 719 


nirt auf feiner Karte eintrug, wonach ed nur 3 Tagereifen in O.ND. 
von Saade liegt, wohin der Weg über die Orte Jam und Minnes 
hin führt. Den Abftand von Thohran, einen Marftorte. des 
Wadan- Tribus auf ver Kebſy Pilgerroute, giebt Burkhardt zu 
einem Tagemarfche an; Wadi Nevfcheran aber liegt halbwegs zwi— 
ſchen Wadi Domwafer, einer nördlichen Provinz in NO. von Afyr, 
und Sanaa; ed jei ein fruchtbared Thal in der erften ver gro= 
Ben Bergfetten, zmifchen unerjteigligen Gebirgen, in denen die 
Päſſe fo eng, daß zmei Kameele nicht neben einander fortfommen 
fünnten. Der Abjtand von Thohran, fagte Burckhardt ausdrück— 
li, fei Öftlich; ver Londner Zeichner feiner Karte hat e8 aber 
fälfchlich weftlich gefegt, und meint, e3 fer die nächfte Bergfette 
gegen die Küfte von Dfjefäan damit gemeint, und feßt dahin fogar 
noch ein zweites Nedfcheran, das auch Jomard auf feiner Karte 
von Aſyr wieder reprodueirt hat. Die critifchen Berichtigungen 
auf Berghaus trefflicher Karte von Arabien und zumal von dem 
Lande nordwärtd Jemen, find daher für ihre Zeit höchſt dankens— 
werth. Das bei Niebuhr 3 Tagereifen in Nord von Nedſche— 
ran, auf dem Wege nah Meffa angegebene Kachtan fällt zu— 
fammen mit dem Gebiet ver Beni Kahtan (f. 06. ©. 201), einem 
der älteſten Stämme Arabiend, der lange vor Mohammed blühete, 
deſſen Wohnfige fih in vie Ebenen 3 bis 4 Tagereifen nah O. 
und S.O. von Bifche erftreden (f. 06. ©. 200). Nach venfelben 
Angaben, bei Burkhardt, Fonnten die Bezirfe Senhan, mit 
dem Hauptorte Herradje, und der Bezirk Abybda, mit dem Haupt— 
orte Arye und einem geringern Abearis, in der neuen Karte als 
Dervollftändigung der frühern Angaben eingetragen werden, fo mie 
viele andere lehrreiche Puncte, die wir in den obigen Unterſuchun— 
gen über die Grenzgebiete zwifchen Jemen und Hedſchas (f. oben 
©. 198— 213) ſchon niedergelegt haben. Die Berichtigungen, welche 
die Karte im SD. von Jemen erft durch die britifche Aufnahme 
Adens feit 1837 gewonnen, find oben fchon angeführt. 


2. Jemen im allgemeinen, im weitern Sinne, nad der 
türfifhen Geographie, oder dem Oſchihannuma des 
Hadſchi Chalfa (blüht 1650 n. Chr. ©.), nad) 3. v. Ham— 
mer's eritifher Bearbeitung und Berichtigung der 
frübern Daten. | 


Der trefflihen Niebuhrfhen Sammlungen ungeachtet bleibt 
die Kenntniß Jemens doch ſehr unvollftändig, wenn wir fie 


720 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 71. 


mit der Beſchreibung des tüurfifhen Geographen Hadſchi 
Chalfa's U) vergleichen, der feine Kenntniß einer faſt hundert— 
jährigen Herrſchaft türkiſcher Statthalter in Jemen verdanken 
konnte, die ſeit dem Jahre 1516 daſelbſt einheimiſch, und unter 
Sultan Selim, im Jahre 1569, ſelbſt auf eine Zeit lang Ero— 
berer von Sanaa geworden waren. Die critijche Bearbeitung 9) 
diefer bisher gänzlih unbenugten und doch fo wichtigen Quelle, 
verglichen mit dem Moſchterik, d. i. dem geographifchen Wörter- 
buche Jakuti's (er blüht 1220 n. Chr. ©.) und Andern, die wir 
dem unermübeten wifjenfchaftlichen Eifer de8 berühmten Kenners 
des Orientes und feiner Kiteratur verdanken, liefert und unter einer 
in der That ffaunenswuürdigen Menge von Namen, von de— 
nen wir freilich die bei weiten größere Zahl nicht zu Tocalifiren 
wiffen, da unfere Kartographie noch gar zu jchwach geblieben, doch 
auch eine nicht unbetrachtliche Zahl für dad Studium der 
arabifchen Literatur = Gefchichte und Landes- wie Völker-Kunde 
überhaupt ganz neuer wichtiger und mitunter nachweisbarer Oert— 
lichfeiten, die wir hier zur Berichtigung und Bervollftändigung an— 
derer Daten doch nicht ganz übergehen Eönnen, zumal da fie die 
aus ven DOriginalquellen nachgewieſene Rechtſchreibung der 
Namen betreffen, die freilich fehr oft von der bisherigen geographis 
fchen Nomenclatur abweicht. Wir heben aus ihnen nur diejenigen 
hervor, die und für den Zweck unferer Aufgabe auh an Sachen 
neu und lehrreich erfcheinen, und weifen auf die volftändige Aufs 
zählung der übrigen in den Werfen des Meifters zurüd, doch mit 
dem Wunfche, daß endlich einmal eine vollftändige Ueberfegung der 
ganzen türfifchen Geographie Hadſchi Chalfa's, in deutſcher 
Sprache, zur Kenninignahme europaifcher Geographen zu Stande 
fommen möge. 

Dom Namen Jemen heißt e8, wiewol es allbefannt, daß es 
davon feinen Namen trage, daB ed dem gegen Often Gewandten zur 
Rechten, wie Sham (Syrien) zur Linfen liegt (f. ob. ©. 39, vgl. 
278 und 279), fo fei doch zu bemerken, daß diefelbe Wurzel (Je— 
mene) nicht nur: „er ift zur rechten Hand,” fondern auch: „er 
ift glücklich gewefen“ beveutet, und dag Jumm, dad gewöhn— 


91) Dſchihannuma, d. i. Weltſchau, gedrudt Conftantinopel im 
J. d. Heg. 1145 (d. i. 1732), ein Volioband, 698 Seiten mit 40 
Karten; dies Werk enthält die Ervbefchreibung von Aſien. 

92) J. 9. Hammer, Ueber die Geographie Arabiens, Abſchn. IV. Jemen, 
in Wien. Jahrb. B. XCIII. 1841. ©. 69— 112, 











|| 


Arabien; Yemen nah dem Dſchihannuma. 721 


liche Wort der Araber für Glücdfeligkeit und Wohlſtand ift. Die 
Begriffe der rechten Sand und des Glücks find von jeher im 
Morgenlande, und von daher auch im Abendlande, innigft mit ein= 
ander verwandt, daher ift die Bedeutung des glücklichen Ara— 
biens ſchon im Worte Jemen enthalten. 

Berge Jemens. Die große Bergfetie, welche Jemen von 
Nedſched und Hedſchas trennt, hat den Namen Serat, d. i. die 
Nabel, von ihren vielen Gipfeln. Das Mofchtaref, d. i. das 
geographiiche Werk Abd. Jakuti's, nennt dad Gebirge zwifchen 
Tehama und Nedſched, welches kei Tajef (1. 0b. ©. 38,150) be— 
ginnt und bis Sanaa ſich erftredft, insbeſondere „das Serat 
der Beni Thakif,“ und bezeichnet es ald dad mittlere, dem 
zu beiden Seiten gegen dad Meer und gegen dad Binnenland noch 
zwei andere Serat (Gebirgszüge) ziehen. In diefen werden ein 
Dutzend einzelner Berge mit Namen aufgeführt und noch mehr 
Thaler. Das Didihannuma nennt auch 51 Berge in Jemen 
mir Namen, unter denen einige befanntere over beachtendäwerthe wie: 
Baadan, ein hoher Berg in der Nähe ver Stadt Habb; Bura, 
den Eruttenden’3®) Reiſejournal Dſchebel Burra nennt; Et= 
Teid bei Kaufebän; Holba und Eswed, zwei Berge mit Rui— 
nen im Gebiete von Kusumma; Schehare, ein großer Berg mit 
dreihundert Dörfern im Diftrict Haimetol Aala; Schirman und 
Abhur, zwei von Niebuhr vom Berge Dichebella aus gejehene 
Berge; der berühmte Berg Sjabr bei Taas; Thimam, ein Berg- 
abhang bei Sanaa; Dhabian, auch Ned Dhabian, vermuthlid) 
derjelbe Berg der bei Niebuhr Nas heißt. Der Berg von Meh— 
rad in Jemen Aala, in dejfen Nähe Niebuhr einen andern er= 
wähnt, ver Chodra, d. i. ver Grüne, heißt. Der Garneolenberg 
Heran oder Hirran (f. 0b. ©. 256), ein namenlos gebliebener 
Schwefelberg (ob Chamir? f. ob. ©. 449); ein Berg Wodhrat, 
der auch auf Cruttenden's Karte; der Berg des Palafted Ghom— 
dan zu Sanaa und noch ein Hadur, deſſen Gipfel immer mit 
Schnee bevedt fein fol, was aber Niebuhr, und wol mit Recht, 
bezweifelt (temporairer Schnee in Afir, |. ob. ©. 151, und Eis in 
Dman, ©. 481). 

Slüffe JSemens%) Diefe find fehr fparfam; auf Nie— 


) J, Cruttenden, Narrative of a Journey etc, in Journal of the 
Roy. Geogr. Soc. 1838. Vol. VIII. p. 276. ) Dſchihannuma 
bei v. Hammer a. a. O. B. XCIII. ©, 75. 


Nitter Erdkunde XII. 33 


722 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $, 71. 


buhr's Karte nur zwei, die beide auf derfelben Höhe bei Dſjöbl 
(Oſchible bei v. Hammer) entjpringen, nämlid Wadi Mei— 
dam, der von 6b (Habb) ſüdwärts nad; Aden (i. ob. ©. 706) 
geht, und der Wadi Zebid (Sebid), der gegen N.W. an der Stadt 
Zebid vorüber zum Meere fließt; ein dritter, der die Gießſtröme 
des Serat im Achvar- Thale (d. h. das Grüne Thal) fammeln 
und einen Fluß bilden fol, deſſen Bäche 3 Tagereifen weit durd) 
ein Thal ziehen, das eine Tagereiſe breit ift, wird mit feinem bes 
fondern Namen belegt. Niebuhr jagt, daß mehrere Gießbäche und 
ein fiichreicher Fluß fih in das große Warjerbeden der Sabäer bei 
Mareb ſammle; das Moſchtarek nennt ven bei Sanaa vorüberflie- 
enden Fluß Ghail el Bermegi, und fagt, daß er Jemen der 
Breite nad fpalte. 

Sehr umpftänvli werden die Namen von zweihundert 
Schlöſſern aufgeführt, und bemerkt, daß feine Landſchaft Ara— 
biend fo viele fefte Burgen befite wie Jemen, deflen Gebirge 
und Schluchten zur Vertheivigung und zu Luftfigen viejer Art recht 
eigentlich aufforvderten; leider bleibt die Lage der meiften und un 
befannt; doch treten einige derſelben wol auch in den Geſchichten 
und Reifeberichten hervor. Habb (Abb), Hadah, Kaukeban(ſ. 
ob. ©. 711), Aarus, d. i. die Braut, Höſn el Arüs bei Nie— 
buhr, das in der Nähe ver Stadt Taad auf vem Dichebel Sabr 
gelegene Schloß; Jomeni und Aafan, gleichfalls auf vem hohen 
Berge Sſabr; auh Moſendſchere, auf demjelben Berge, von 
wo eine Duelle nach Seriki fliegen fol (j. ob. Sabber ©. 236). 
Pier Schlöffer, die den Namen Karn, d. i. Horn, tragen; daher 
diefe Benennung auch ſchon bei Ptolemäus zweimal vorkömmt, 
und ein ganzer Diftriet (Michlaf) den Namen Karn Maijet 
trägt. Ganz befonders reih an ihnen ift die Umgebung Sanand. 
Außer diefen werden noch ein Dugend Baläfte in Jemen nament= 
lich aufgeführt, die ald Wunverbauten, von ſchönen Gärten umge: 
ben, genannt werden, und weil fie einft Reſidenzen Himjaritifcher 
und anderer Bürften waren. Der berühmtefte von ihnen fol ver 
Ghomdans) geweien fein, bei Sanaa auf einem Hügel gele— 
gen, als deſſen Erbauer, im Dſchihannuma, der Simjariten Kö- 
nig Jahßum genannt wird (andere Ausſagen über dieſen, bei 
Abulfeva Gomdan gefchriebenen Palaft, ſ. ob. ©. 239). Doc) 
ſchon zu Edriſi's Zeiten lag er in Trümmern; Chalif Osman 


+5) 9, Hammer, Ueber Arab. a. a. O. XCIV.B. ©. 75. 


Arabien; Jemen nah dem Dſchihannuma. 723 


fol ihn zerflört (vergl. 06. ©. 73,240), dafür aber feinen Tod ge= 
funden haben. Woher der türfifche Geograph feine Architeetur 
fennt, wiffen wir nicht; von außen, fagt er, war er mit 4 Mauern 
umgeben, die eine roth, die andere weiß, die dritte gelb, die vierte 
grün. Innerhalb verjelben erhob fich der Palaſt mit 7 Stockwer— 
fen, deren jeded mit einem befondern Dache dem oberen vorjprang; 
auf dem höchſten war ein DVBerfammlungsfaal, deſſen Dach aus 
einem einzigen Stüf Granit beftand. An jeder der Säulen, von 
vielfarbigem Marmor, waren Löwen angebracht, welche, wenn der 
Wind ftürmte, wie wirfliche Löwen Brüllten (vgl. vie Palaſt— 
bauten von Echatana, Erdk. IX. S©.107— 110, Niniveh XI. S. 221 
bis 247, Babylon ©. 913 ff., u.a. m.). Die Prachtfirhe Abra— 
ha’, des abyſſiniſchen Königs, welche einft in deſſen Reſidenz er- 
baut war (j. ob. S. 24 u. 70), wird Kolleis genannt, was nach 
v. Hammer an das griechiiche 2xxAnola erinnert. 

Sanaa fol nad dem Dſchihannuma von Sfanaa ben 
Sal b. Aamir erbaut fein, und nicht Ufal, fonvdern Efal heißen 
(i. 0b. ©. 240); die Luft jehr gejund, die Temperatur im Ganzen 
fo gemäßigt fein, daß zwifchen Sommer und Winter nur wenig 
Unterfchied. Es regnet dort im Juni, Juli und Auguft, aber nur 
nad) Untergang der Sonne. Man fertiget dort geftreifte Zeuge, 
Turbantücher und die berühmten Suchulifchen(?) Kleiver (0b die 
obengenannten Stoffe von Sanaa? ©. 240, vielleicht ein Silber- 
ftoff in Sana) gemwebt, wie ihn Lord Valentia in Mochha 
zum Abſchied vom Dola zum Geſchenk erhielt?); auch eine Art 
Ihönen, weiß und gelb getigerten Corduans, der auf dem 
Marfte mit dem Eafian von Taif wetteifert. 

In der Nähe von Sanaa liegt ver Dfchebel Rus, von 
welchem ein fichreicher Fluß gegen Mareb fließt; der Berg Schi— 
bäm, bei Kaufeban (Kewfeban bei v. Hammer) gelegen (denn es 
werben 4 verfchievdene genannt), ift reich an Bäumen und Quellen 
mit gutem Trinkwaſſer, dad durch einen Damm zur Stadt geleitet 
wird. Diefer ift mit Dörfern und Schlöffern beſetzt, mit Weinber- 
gen und Palmwäldern (?) bedeckt. Vormals war der Paß zu dem— 
felben durch ein Thor verjperrt, deſſen Schlüffel in den Händen des 
Königs von Sanaa war (vergl. ob. ©. 256). 

Ein Berg Sumara liegt auf dem Wege von Taas nach Sa- 
naa. Gin Berg, der fih gegen den Palaft Ghomdan hinzieht, 


°%) Vic. Valentia, Voy. and Trav. Vol, II. p. 411. 
33 2 


724 DWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 71. 


heißt Nokom over Nakam, und ift berühmt durch fein Eifen, 
aus weldem der Stahl von Nofom verfertigt wird. 

Verſchiedene Namen von Thälern bei Sanaa und die Dis 
ftriete (Nahijet) defielben werden einzeln im Dſchihannuma 
aufgezählt, die fonft in Jemen mit dem Namen Mifhlaf (Mich- 
laf, f. ob. ©.230) belegt werden. Alles was nad einem Drte 
fteuerbar, ift Heipt Min aamalihi, z. B. Min aamali Sanaa, 
d. i. nah Sanaa fteuerbarer Diftriet; vergleichen werden 12 Dis 
firiete zu Sanaa gezählt, und darin viele Dörfer. 

Bei Aufzäßlung der Städte Jemens beginnt”) Taas die 
Neihe, dad von Niebuhr und andern befchrieben iſt; aber fein 
Erbauer, der ihnen unbefannt blieb, ift nah dem Dihihannuma 
der Ejubide Taghtegin; fie war zu Jakuti's Zeit die Haupt— 
ftadt im Lande. Die europäifchen Reiſenden erfuhren nichtd von 
ven 5 berühmten Medreseen oder Gelehrtenſchulen der Stadt; 
2 davon wurden von Omer ben Manßur, aus der Dynaftie der 
Beni Reful, erbaut, die jelbft Gelehrte und Bejchüger der Wiſſen— 
ſchaften waren; eine te, vor deſſen Nachfolger Melik Efdhal 
Modſchahid; von deſſen Sohne Melikol-Eſchref eine 4te; 
jene daher Modſchahidije, dieſe Eſchrefije (bei Niebuhr 
Sherifije und Afdhal) genannt. Eine 5te erbaute Moeijed 
Daud, der eine Bibliothek von 100,000 Bänden hinterließ und an 
der Medresee begraben liegt. Auf Niebuhr's Plan der Stadt 
Taäs (Tab. 66) iſt die Ate mit dem Namen EI maghahed, in 
der Anſicht (Tab. 67) bei Nr. 11 aber nur unter der Rubrik 
„große Moſquéen 88) außerhalb der Stadt” eingetragen. 
Die Citadelle heißt, wie die Stadt am Nil, El-Kahiret (®. i. 
Kairo). Das Dſchihannuma rühmt die hohen Gebäude und 
die Spaziergänge des Ortes Sjahle, wohin das Waffer geleitet 
worden. 

Deftlih von Taas ift das Dſchennet Owafi (Thal des 
Paradieſes), eine höchſt fruchtbare, reich bemwafferte Gegend. 
Wadiol Dſchennet, d. i. dad Thal des Paradieſes, fcheint dafs 
felbe zu fein mit vem Wadiol Dſchenad, d. i. dem Thale von 
Dihennad, auf Niebuhr's Karte dftliy von Taad. Südöſt— 
lid von Taas find die Sclöffer: Karib und Aarus. Nahe 
dem Berge Sabber (Sfabr) liegt der Ort Kerabidſche (Kerra 





497 I ! 
) ». Hammer a. a. D. S. 86 u. f. 8) Niebuhr, Reifebefchr. 
Th. I. ©. 379, ? 2 


Arabien; Jemen nad dem Dſchihannuma. 725 


bei Niebuhr) zwifchen Taad und Haid. Diefem liegt nahe das 
Thal Wadiol-Hosna, d.i. das fchöne Thal. Domlowa (Dim= 
luwwah bei Sohannfen, Dimlu 6. Niebuhr) ift ein ungemein 
großes und feited Schloß, von 400 Ellen Umfang, mit einer Quelle 
und einem Baume, der zu Jakutis Zeit 400 Reiter beichattete. 
Sul Sofale heißt auf Niebuhr's Karte Duljdffal. Dareſch— 
Shedſhret, d. i. Haus ded Baums, ift der Name eined Palaſtes 
bei Taad. Kin Theil der Bergfette ded Sjabr, melden Nies 
buhr Sabber nennt, heißt in ven Gefcdhichten Jemend El-Agh— 
ber. Ghaida und Mafab nennt Niebuhr 2 Dörfer, am Berge 
Sfabr; dann Sheraab Hamjar auf dem Wege von Taad nad 
Uddéèn, welches das Aſen im Dfhihannuma ift; el Dubab 
(Thöbad dei Niebuhr) aber auf dem Wege von Taas nad) Je— 
frus. Tookjer ift nah De Sacy's Vermuthung dad Tafel 
bei Niebuhr, eine fefte Stadt im Gebirgälande Jemend; wol was 
Seetzen 9) auf feiner Wanderung den beträchtlichen Berg el Tä— 
fer zwifchen Abb und Taäs nennt, wo ihn einen ganzen Tag lang 
ein furchtbared Heer von Heuſchrecken überficl. Sole, eine feite 
Stadt mit Bergfchloß, war meift Nefivenz eines Sherif Motahher. 
Dſchibb ift ver Name der Stadt, die Niebuhr Dijobla, als vie 
Hauptftadt von Jemen Aala, nennt, zwijchen Sanaa und Aden 
auf einem Berge gelegen, eine Tagereiſe von Taas, zur Zeit des 
Nachfolger Sultan Saladind von Salihiun erbaut; fie wird 
auh Satonenehrein, d. i. „die mit 2 Flüffen begabte,” 
genannt, weil fie auf ver Wafferfcheide ver oben ſchon genann« 
ten beiden Flüſſe liegt, deren einer nad Aden gegen ©.D., der 
andere gegen N.W. nad) Zebid abfließt. Den Erbauer der gro= 
fen dafigen Gebäude, ven Niebuhr Omar Ibn Saad nanntesW), 
hält v. Sammer für Omar Ben Schehinſchah, den größten 
Herricher aus der Dynaftie ver Ejubiden; die Entzifferung der dafi= 
gen Inschriften fei noch für fünftige Neifenve aufbewahrt. Dſche— 
ned (Dſchenad bei Niebuhr, im DOften des Sabber- Berg!) 
gilt als die Hauptftant einer der 3 Kauptabtheilungen Jemens bei 
Kakuti. Hobeiſch (Höbäſch bei Niebuhr) Heißt die auf einem 
Hügel zwijchen Mahadir (Mechader bei Niebuhr) und Oftuma ges 
Iegene Stadt. Hanwan nannte Edriſi ald eine Stadt Jemens, 
fo groß wie Nepfcheran, und Oſchoras (f. ob. ©. 196, 198), be= 


—9— Seetzen, Mon. Corr. B. 28, €. 228. 600, Niebuhr, Reiſebeſch. 
.S.347; v. Hammer a. a. O. ©. 88. 


726 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 71. 


rühmt durch ihre LXevergerberei; fpätere Autoren nennen fie nicht, 
führen aber Dſchoras als einen gegen Meffa gelegenen Diftriet 
Semend auf. 

Dimar, Damär bei Niebuhr, 2 Stationen ſüdwärts von 
Sanaa, KHauptftadt des Diftrieted Maharib, mit einer berühmten 
Medrese der Seivije, ift eine an ©elehrten fruchtbare Stadt. Auf 
dem nördlich vor der Gtadt gelegenen Berge ift die Mofchee des 
Doaad ben Dichebel. Das Dſchihannuma berichtet von Rui— 
nen, die, eine Station von Dimar, aus 6 Granitjäulen beftehen, 
die 4 andere tragen und für den Thron der Königin von 
Saba gelten; bei Safuti Aarſh Balkis genannt. Unter vie- 
len Dörfern in der Nähe werden auch zwei Demuran genannt, 
wo die fhönften Öefichter Jemen, fo daß die Liebhaber bei- 
derlei Gefchlechtd von allen Seiten weit herzuftrömen. Zwiſchen 
Dimar und Duran liegt der Ort Maber, durch feine Weber 
berühmt; noch merfwürdiger aber ift Das von Niebuhr auf ders 
jelben Stelle 1) erwähnte große, auf dem Wege von Dimar nad) 
Sanaa nördlich von Suradſch gelegene Dorf Hodhafa, mo Rui- 
nen eined Tempels fein follten, mit ‘Infchriften, deren Züge 
weder Araber noch Hebräer (ob Simjaritifche?) läſen; vielleicht, jagt 
v. Sammer, der zuvor erwähnte Thron der Königin von Saba. 
Seetzen fonnte,in der hiefigen Nähe durchaus nicht einmal Nach- 
richt von der Lage eines ſolchen Ortes erhalten, ven er Eddoffa 
fchreibt 2). Semamwet, auf dem Berge Nakil Sjaid (mol Nafil 
osweide bei Niebuhr), ein Ort der zwifchen dem Michlaf Dſchaafers 
und dem zu Dimar gehörigen Hafl gelegen ift. 

Rodaa 5), die Hauptftadt des gleichnamigen Bezirks mit einer 
Citadelle, wahrfcheinlich viefelbe, welche Cruttenden in feinem 
Neifeberichte 2 Stunden in U.NW. von Sanan ald eine ver 4 
Städte des Thales nennt, wo aber der Name Rodaa (port Ro=- 
dah gefchrieben) mit Raudha, d. h. Garten oder Oartenftadt, 
verwechfelt wird. Die 2 andern in Sahaa genannten Städte hei— 
Ben Dicheraf und Wadi Dhar. Auf Niebuhr's Karte ift die— 
jelbe Gartenſtadt, Raudha bei Sanaa, irrig Rödda geſchrieben, 
ein Name, der, wie fihon Seetzen *) berichtigt hatte, einer andern 
Stadt angehörte, die einige Tagereiſen in Südoſt auf der Grenze 


so, Niebuhr, Reifebefchr. Th. J. S 408. ) Seeten, Mon. Corr. 
B. 28, ©. 227. °) v. Hammer a. a.D. ©. 91; Cruttenden |. c. 
p. 286. ) Seepen, Mon. Carr. B. 27, ©. 182. 


Arabien; Yemen nah dem Dfehihannuma, 727 


von Jemen und der Provinz Jafea (Dichof) liegt, wohin fie des— 
halb auch auf Berghaus Karte eingezeichnet if. Eben viefelbe ift 
e8, deren Berge Topfitein enthalten, den man nach Sanaa trand« 
portirt, um, wie Seeten bemerkte, daraus Lampen und Koch— 
geſchirr zu fertigen. 

Mehrere Orte werden ferner in den gegen Meffa (alio gegen 
Nord) gelegenen Theilen Jemens aufgeführt, und dieſes Gebiet das 
obere Jemen genannt (e3 ift nördlich und wirklich auch Höher 
gelegen als das ſüdliche, aber wahrfcheinlich nur nach der ſpätern 
türkischen Abtheilung in 2 Statthalterfchaften, eine obere und uns 
tere, fo genannt; ſ. unt.). Dazu gehört auch Sfaadet 5) (Säade 
bei Niebuhr, Sada bei Edriſi u. a., f. ob. ©. 198, 204), nach 
Jakuti 60 Parafangen in Norden von Sanaa; das Dſchihan— 
numa giebt die wichtige Kunde, daß die Stadt berühmt durch ihre 
Levergerberei (f. ob. ©.94,205), ein Zufammenfluß von Kaufe 
Yeuten, und daß fie 24 Meilen von Chaiwan, dem Sie der 
Beni Dahaf, entfernt fei. Chaiwän ift auf Niebuhr's Karte 
die äußerſte Nordgrenze von Jemen, auf welche fein Desertum Ama- 
sia folgt, und dann nordwärtd davon Sſaadet. Dieſe Wüfte heißt 
aber richtiger Aameſchije. Von Sfaadet ift font feine Come 
municationdlinie mit der Küfte befannt; das Dibihannuma nennt 
aber einen folhen Weg von dem Hafen Dſchiſan (Djifan) über 
Newidije, über die Schlöffer Terim und Feleki. Es nennt als 
ein öſtlich (wol norvdöftlich) in ver Wüſte gelegenes waſſer- und 
palmenreiches Thal das Wadii ed-Dewafir (Dowaſir, ſ. ob. 
&.203), wo einmal im Jahre die Leute von Jemen und Hedſchas 
von Nepfched und Oman zu einem großen Marfte von Waaren und 
Juwelen zufammen fommen. erh fagt v. Hammer, ſei aljo 
auf jeven Kal die nördlichſte Stadt Jemens, deren Diftrict 
Niebuhr Sahan nenne. 

Sfanif ift das Sennif bei Gruttenden ©), eine Tagereife 
oftwärts von Beit el Fakih, der erfte Marftort auf dem Wege 
nach Sanaa, wohin noch 6 andere, von Station zu Station, deren 
er aber nur zwei: Sufol Chamid und Sufol Had nennt; die 
4 andern find wahrjcheinlicy die in der türfifchen Geographie ge— 
nannten: Hadſchr, Samfur, Mofhak und EleHudhein. 
Thawile, d. i. „die Lange,” ift der richtige Name für ven bei 





*) v. Hammer a. a. O. ©. 9. 6) J. Cruttenden, Narrat. 1. c. 
VII. p. 274. 


728 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 71. 


Niebuhr verftünmmelten Ort Tula (Tulla der Karte), 6 Miglien 
in Nord von Kaufeban, Tebalet, im Dſchihannuma, der rich— 
tigere Name für das obige Tebala (I. 06. ©.196). Der Name 
der alten Simjariten- Stadt, von der Niebuhr ald Ohafar nur 
hörte, deren Nuinen und himjaritifche Inferiptionen Seetzen zu 
Dfoffar felbft ſahe (ſ. ob. S.258), beißt im Dſchihannuma 
Sifar oder Difar, bei Jakuti auch Defar, ein Name, ver 
mehrmals fi) in arabifcher Geographie wiederholt. Von Kiew 
fieban, das Kaufebän bei Niebuhr, was diefer nicht jelbft 
ſah, weiß das Dſchihannuma, daß es ein feites Schloß 20 Sta— 
tionen fern von Sanaa fei, und Jakutis Merafid giebt die 
Etymologie des Namens, ver fo viel ald „zwei Sterne“ beveute 
und von einem ehemals hier aus Marmor und Silber erbauten 
Palafte, ver mit Rubinen und Perlen eingelegt war, herrühren fol 
(wie zu Agatharchides Zeiten, j. 0b. ©. 248). Die weitere Auf— 
zählung der 161 Diftriete (NMahijet over Mikhlaf) Jemens 
im Dihihannuma, von denen bisher durch Niebuhr nur 24, 
durch Johannſen nur 36 befannt waren, jo wie der mehr als 
200 anderen meift unbekannt gebliebenen Ortfchaften (Mewdhaa) 
und Dörfer (Karijet), nach alphabetischer Neihe durch v. Ham— 
mer's Sorgfalt georonet 7), müſſen wir bier, wenn ſchon ein 
danfenswerthes Material für Fünftige Forſcher und Neifende, über: 
gehen, um zu den wichtigen hiftorifchen, geograpbifchen und 
ethnographifchen Verhältniſſen Jemens, nah Augen= 
zeugen, fortzufchyeiten. 


3. Der politifche Zuftand Jemend nach feinen at Dy— 
naftien, der älteften Türfenobmadht und des Regen— 
tenhaufes der Imame von Sanaa bis auf Niebuhr's 
Zeit (1763). 


Der moderne, fo ſehr zerfahrne»politifche Zuftand von Jemen 
war ſelbſt Niebuhr nur ſehr wenig befannt, ver fich viel zu Furze 
Zeit darin aufhielt, um damit vertraut zu werden; umd feitdem, jeit 
mehr als einem halben Sahrhunderte, haben die Mebergriffe ver We— 
haby, wie die ägyptifchen Kriegserpeditionen, nur neue Wechfel und 
Verwirrungen darin hervorgebracht. Der europäifchen Beobachter 
im Lande find nur wenige, und nur durch den Inhalt der frü= 


7) v. Hammer in Wien. Jahrb. B. XCIV. ©. 101— 112. 





Arabien; Jemens Dynaſtien. 729 


hern hiſtoriſchen Bruchſtücke, die zu uns gekommen, läßt ſich eini— 
germaßen der Zuſtand der Gegenwart von Jemen begreifen, das 
feine alte einheimifche, himjaritiſche Königsherrſchaft 
mit der Einführung des Islam, die aber nie durchdringen Fonnte 
und daher die Jemener in viele Secten zerfpaltete, oder in ihrem 
uriprünglichen zur Nohheit zurückſinkenden Zuftande ließ, längſt 
verloren hatte, aber auch nie eine dauernde Provinz des Cha— 
lifenreiches fo wenig alö ein Beſitzthum der Türfen blieb. 
Eine Zeit lang durch Statthalter der Chalifen von außen her 
unterjocht, traten diefe Statthalter durch die felbftindige Lage ver 
Landſchaft entweder als rebelliihe Souveraine gegen Bagdad auf, 
oder wurden von den einheimijchen Fürſtengeſchlechtern 
wieder verdrängt und verjagt, die in verjchiedene Dynaftien und 
in zahlloſe Herrſchaften getheilt, welche fortwährend gleich den 
arabifchen Stämmen unter fich in Fehde ftehend, nur dann wiever 
ſich vereinigten, wenn es galt den gemeinfamen äußern Feind zu 
vertreiben und dad Joch, das er Jemen aufgelegt, wieder abzufchüt- 
teln; jo gegen die Chalifen in Bagdad, gegen die Sultane in 
Aegypten, fo gegen die Großjultane von Conftantinopel 
und ihre Paſchas in den legten Jahrhunderten. Wenn im nörd— 
lichern Hedfchad, in dem religidfen Mittelpuncte zu Meffa 
und Medina, auch die politiiche Macht fich zu allen Zeiten in 
dem Beihüger der Kaaba, dem Sherif von Meffa, concentrirte, 
wiewol auch da 4 verſchiedene Dynaftien mwechjelten, jo traten da— 
gegen in dem ſfüdlichern Jemen, in verfelben Zeit, nicht nur die 
doppelte Zahl ver Dynaftien 8) in dem Staate der alten Mitte, 
ber HimjariteneNefidenz, dem Jemen im engern Sinne 
auf, ſondern zu gleicher Zeit behaupteten noch neben dieſen eine 
große Anzahl anderer Fürften und Häuptlinge ihre Un= 
abhängigfeit, und bilveten fehr viele ſelbſtändige Fürſten— 
thümer, Gebirgsftaaten größerer und Fleinerer, ja Fleinfler Art, 
wie die zahllofen Sheifhäherrichaften ver Stämme, die un« 
ter fich wieder Bündniffe und Gonfdderativftaaten zu Stande 
brachten, und alle insgeſammt vurd ihre Friegerifche Haltung bis 
in die Gegenwart mehr oder weniger in ihrer wilden Freiheit fich 
erhalten haben. 

Die Sherife von Hedſchas, ald Nachkommen des Prophe— 


) v. Hammer, Gefchichte des osmanischen Neichs B. III. Peſth, 1828. 
S. 540 u. f. 


730 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 71. 


ten zwar in Ehren gehalten, verfanfen jedoch, wegen größerer Nähe 
ihred Gebietes am Throne ihrer Oberherren, wegen Abhängig— 
feit der Speifung ihrer Bopulationen aus den Speichern des 
Nilthales und megen innerer Samilienfehden, bald, und zumal 
durch die Wehabitenhändel, zu bloßen Schattenfcherifen. Die 
Herrichaften von Jemen aber in größerer, fehr ſchwer zugänglicher 
Verne, fei es zu Lande oder zu Waſſer, und Beherrſcher fehr 
fruchtbarer Gebirgslandfchaften, wie hafenreider See— 
geftade, im Belig von heimifchen und durch blühenden Welt- 
handel nach Indien, Perſten, Uethiopien und Aegypten von allen 
foftbaren Broducten des Auslandes, Eonnten, wenn fchon 
flein an Länderumfang und Volkszahl, Doch durch eigene tapfere Ges 
birgsvölfer ftetS den fremden Groberern und Bedrohern Troß bie— 
ten, und fich jedesmal wieder in kurzem von ihrer drückenden Ue— 
bermacht befreien, der fie nie ganz unterlagen. 

Wenn auch ſchon jehr frühzeitig, noch zu Mohameds und 
Ali Zeiten, in Jemen ver Islam gepredigt ward (f. ob. ©. 73), 
und wenn auch jchon Ahubekr, nad) ver Legende die Niebuhr ?) 
mittheilt, zuerft in Dicehennad und Zebid Mofcheen erbaut und 
mit Bäumen umpflanzt, dann auch in Sanaa eine Mofchee errichtet 
haben fol, fo Eoftete es doch erft viel Blut in Schlachten (ob. ©. 39) 
und lange Kämpfe, ehe die himjaritifhe Sprade (ſ. 0b. ©.55) 
mit dem alten Glauben der Väter durch die neuen Sabungen 
de8 Koran und durch Die nun geheiligte Sprache der verhapten 
Hedfchasbewohner aus Jemen verdrängt werden konnte. Erft dem 
Chalifen Mamum gelang ed, nach ven Stebellionen vieler Statt— 
halter, zu Zebid, das er von Grund aus erbaute (819 n. Chr. G., 
ſ. ob. S. 237) und befeftigte, dafelbft den Befieger Iemend, Mo— 
hammed Ben Abvallah, und feine Nahfommenfchaft als feine 
Bajallen einzufegen, um Jemen und Dichebäl im Zaume zu halten. 
Aber bald wurde diefe erfte Dynaftie dort eine felbftändige, 
die, ohne in engerem Verbande mit den Chalifen zu verbleiben, ſich 
an 200 Jahr (von 818 bid 1017 n. Chr. ©.), wenn ſchon mit 
mehrern Wechfeln, z. B. durch das temporaire Karmatenreich im 
10ten Jahrhundert (f. ob. ©. 149), behauptete, bis fie von einer 
Familie Nedſchah vom Throne zu Zebid verdrängt ward. Diefe 
zweite Dynaſtie konnte fih nur ein Jahrhundert behaupten, 
als fie durch die dritte Dynaftie ver Beni Sfalih verbrängt 


509) Niebuhr, Beſchr. von Arab. ©. 186. 


Arabien; Jemens Dynaftien, 731 


ward, Die in Sanaa ihre Refivenz aufichlug, aber nur ein halbes 
Jahrhundert ſich erhielt. Unter ver Maske eines Heiligen, der 
fih für den wiedererfchienenen zwölften Imam (f. Erdk. Th. X. 
S 281, XI. S. 793) audgab, Fonnte eine vierte Dynaftie dies 
fer Beni Mehdi doch nicht länger als 15 Jahre Herrichen. Sie 
mußte wieder ausländifchen Groberern weichen, ald Sultan Sa— 
ladins Bruder, der unter vem Namen Turanſchah befannt if, 
einen Teldzug nadı Jemen unternahm, das unter dem harten 
Drude ihres einbeimijchen ‚geilen Iyrannen Abvalnabi, einem 
Beni Mehdi, jeufzte. Ganz Jemen fiel vamald dem edeln Stamme 
der Ejubiden zu, die in 7 verfchiepnen Zweigen auf glängenven 
Ihronen ſaßen, zu Kairo, Haleb, Damask, Höms, Hama, Chatif 
und nun auch zu Jemen. Doc fonnten fie den alten Adel im 
Gebirgslande nicht gang unterprüden, und auch die Imams be— 
haupteten ihre Unabhängigfeit, zumal im gebirgigen Kaufeban, 
ſo daß diefe fünfte Dynaftie fchon nad) einem halben Jahrhun— 
dert wieder von einer einheimijchen ſechsſsten verbrängt warb. 

Diefe Dynaftie ver Beni Reſul (d. h. gottgefandte 
Söhne), welde zu Taad ihre glänzende KHofhaltung hielten, wo 
Ebn Batuta fie befuchte (1. ob. S. 235 — 237), hat am längiten, 
an 230 Jahre, gedauert und vie ruhmvollften Namen in der Lan 
deögeichichte, zumal in drei großen Gelehrten und Beichügern ber 
Wifjenichaften, zurüdgelaffen. Sie heigen: Melek Moeijed Daup, 
der zu Taas die nah ihm genannte Mevreffe baute, darin fein 
Grab, und eine Bibliothek von 100,000 Banden hinterließ; ver 
zweite, Efdal, zugleich tapfer und fehr gelehrt, fliftete die Efda— 
lije Academie zu Taas 10) und eine andere in Meffa; ver dritte, 
Melekul Eſchref, ftiftete ebenfalls zu Taas die Academie, die 
nad ihm Eſchrefije genannt wird, und berief dazu an feinen Hof 
aus den verjchievenften mohamevdanifchen Ländern die größten Ge- 
lehrten feiner Zeit, unter denen auch ein Stern erfter Größe, Mo— 
hammed von Biruzabad, glänzte, der Verfaſſer des größten ara— 
biſchen Wörterbuchd, das unter dem Titel Kamus (d. is Ocean) 
befannt ift (f. ob. ©. 129). 

Ihnen folgte die fiebente Dymaftie der Vierfürften, aus 
der Familie ver Beni Tahir (von 1453 bis 1517 n. Chr. ©.), 
die aber fchon nach 64 Jahren der Uebermacht der Osmanen er- 
lagen, weil gegen fie, gleichzeitig mit diefen, die Imame Geidije 


) ſ. Niebuhr, Reiſeb. I. ©. 380. 


732 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 71. 


fich zu einer Herrfcherfamilie erhoben, dadurch, daß fie erft durch 
Unterftügung der türfiichen Truppen im Jahre 1569 n. Chr. ©. 
unter Sultan Suleiman II. die Beni Tahir ftürzten, dann aber 
die türfifchen Gemalthaber (im Jahr 1630) wieder aus dem ihnen 
verfchafften Befisthume nach einem nicht vollen Jahrhundert ver— 
jagten. Diefe Imame Seivije bildeten die achte et: 
welche ihren Thron in Sanaa aufichlug, und feit zwei Sahrhun- 
derten, wenn auch unter mancherlei Wechfeln und zunehmender Ohn— 
macht, auf demſelben ſich bis heute erhielten. Schon hatte der letzte 
der Vierfürften, Aamir, ein Freund der Wiffenfchaften und ver 
Gelehrten, 28 Jahre lang regiert, als eine türfifche Flotte im 
arabifchen Golf, die den Sultanen von Guzurate in Indien gegen 
die Portugiefen zu Hülfe gefandt war, bei ihrer Durchfahrt auf 
der vor Hodeida liegenden Infel, Kamerän, die Anker ausmwarf, 
und von den Beni Tahir Lebensmittel verlangte, die diefe aber 
verweigerten, um nicht ald Tributpflichtige zu erfcheinen. Dafür 
traf dad Jemengeſtade die Nache ver Türken. Zebid wurde, mit 
der Beihülfe feiner feindlichen Nachbarn, der Gebirgskäuptlinge der 
Seidije Araber, von ihnen erobert, und dafelbft ein Emir Ber— 
febai eingefeßt, indeß vie Flotte weiter ziehend, im Jahre 1516, 
auch Aden, wiewohl vergeblich, belagert. Berfebai drang nad) 
einer Schlacht, in der Aamir getödtet ward, fiegreich in Taas und 
Sanaa ein, dad von ihm ausgeplündert ward. Seine Beute, die 
er auf 8000 Kameelen durch die Nedſcheran-Straße entführte, 
wurde dort geplündert und er felbft erfchlagen. Nun wurden vie 
erften türfifhen Statthalter nah Jemen geſchickt, die in 
dauernde Kriege mit den rebellirenden einheimifchen Gefchlechtern 
verwickelt wurven, aber doch im 3. 1537, unter Sultan Selim I, 
wieder in Zebid einrüdten, das von den Gliedern der frühern 
Herricherfamilien gänzlich verlaffen ward, die fich in die Beften des 
Gebiraslandes zurücdzogen. Um dieſe Zeit erhob fich, im Kam— 
pfe um Unabhängigkeit und um Freiheit, ein neues Heldengeſchlecht, 
Nachkommen ihred Propheten, aber von der Secte der Sei— 
dijel!), Schemseddin an ihrer Spige, der fich, unter dem geift- 
lichen Titel des Imam, diefer religiögspolitifchen Parthei annahm, 
die von den orthodoren Sunniten die Motafele, d. i. Schis— 
matifer, genannt wurden. Die unter dem Großſultan Selim I. 
(reg. 1520 — 1566) begonnenen Kriege in Jemen wurden durch feine 





511) 9, Hammer, Gefchichte des osm. Neichs III. ©. 545. 


Arabien; Jemens Dynaftien, 733 


Statthalter fortgefegt, die durch innere Kabalen und Mißgunſt 
dadurch fich felbit ſchwächten, daß fie die eine Statthalterfchaft in 
zwei Abtheilungen zerfpalteten, in die Obere ded Gebirgslan— 
des mit Sanaa, und die Untere des Tehama mit Zebid, 
deren jeder ein befonverer Paſcha vorgefeßt wurde. Die Uneinig— 
feit beider gab den Gebirgsarabern neuen Muth, das Joch der Türs 
fen abzufchütteln. Die Helvenbrüvder der Seidije, Mutahher 
und Ali, traten im Bunde mit den Arabern von Budan, Sha= 
waft, Taafer, Sfahian und Gharmin auf, verjagten die Türfen- 
paſchas mit ihren Garnifonen aus einer Stadt nad) der andern, 
und auch) aus Sanaa, dad al3 damaliger Türfenfig eine gräßliche 
Plünderung erlitt, wo Mutahher in der Moſchee vom Volke als 
Chalif ausgerufen ward. Der neue Sultan Soliman I. (reg. 
von 1566 —1574) rüftete feine Heere zur Wiedereroberung Jemens 
aus, die aber durch mancherlei Nänfe verzögert ward. Der eine 
Feldherr, Osman Paſcha, eröffnete den Feldzug und eroberte 
Taas mit ihrer Gitavelle Kahirije (vd. h. die Drängerin), jene 
Hauptitadt des vorderen Berglanded, der andere aber, Sinan Pa— 
ſcha, der bald mit unumfchränften Firmanen ihm mit Flotte und 
Derftärfung nachfolgte, belagerte und eroberte Aden. Er zog nun 
gen Sanaa in das hohe Jemen; aber dieſes ftellte ihm Feſten 
entgegen, deren fo viele nie in die Gemalt der türfifchen Truppen 
gekommen waren. 

Der mindeft beichwerliche, aber längere Weg?) von 
Taas aufwärtd (Meifem genannt) führte nach Taaker (el Tä— 
fer, der beträchtliche Berg zwifchen Taäfs und Abb, den Seetzen 
überſtieg)!), dad Sinan Paſcha eroberte, und von dem Berge 
Hutaifch die Seidije verjagte. Dann fiel Abb (Abb bei Niebuhr, 
oder Habb bei v. Hammer, Ibb bei Seegen), am Buße des Ber- 
ges Budan gelegen; auch Diamar (Dimar) im Gebirge öffnete 
feine Thore. Mit Gärten und Mauern umgeben, war e8 die Ge— 
burtöftadt vieler Gelehrten und ein Kauptfig der Seidije Secte, 
wo ihre ftark bejuchte, berühmte Academie über ein halbes Tauſend 
eifriger Schüler zählte. Durch den Engpaß Dhiragool-kelb (v. i. 
der Hundsarm) erreichte dad Türkenheer am 26. Juli 1569 Sanaa, 
die Gaypitale von Jemen. Sie wurde wieder erobert, dann auch das 
fefte Schloß Chaulan, dann die benachbarte Stadt Shibäm, bie 


22) 9, Hammer a. a. O. III. ©. 556. ) Seetzen, Mon. Correſp. 
B. 20, ©. 228, 


734 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 71. 


unter ver Schloßburg Kaufebän (die beiden Sterne), der feſte— 
ften in ganz Jemen, lag, an welcher aber fich die Gewalt des Er— 
oberungsheeres brach und erſchöpfte. Denn nah 9 Monaten vers 
geblicher Belagerung fam es zwar mit dem Bruder Mutahhers, 
der Kaufebän auf das tapferfte vertheidigt hatte, zu einer Capi— 
tulation; dieſer folgte aber ein Friedensſchluß zmwifchen dem 
Imam der Seidije, der aljo doch ald Negent des Landes aner- 
fannt werden mußte, und dem Sinan Paſcha, in welchem dem 
Großjultane der Gläubigen doch nur vie beiven Majeftätsrechte ver 
Münze und des Kunzelgebeted in Jemen zugejtanden wurden. Je— 
men galt alfo als Vafallenftaat unter eignen Imams, dennoch 
folgten bald andere Türfentruppen, welche die Eroberungen in Je— 
men fortjegten, und nach 7 Jahren 19) unter drei auf einander fol— 
gende Statthalter Bajchad, nach türfifchen Berichten, vollendeten. 
Uber niemald wurden die Türken ganz Meifter 15) des Lan- 
des, der große Einfluß einheimifcher Imams der Seidije dauerte 
fort, und die ald Statthalter gejandten türkischen Paſchas Tagen 
ftet3 in Hader, vergifteten und erwürgten fich gegenfeitig aus Ja— 
loufie unter einander. Einzelne von ihnen fuchten zwar auch durch 
milde Stiftungen ſich beim arabiſchen Volke Anhang zu ver- 
Schaffen; fie bauten prächtige Mojcheen und Begräbnißpläge, große 
Karawanferais, Pflafterwege an fleilen Bergen, kleine Schugftatio= 
nen mit Brunnen und Gijternen, die noch heute in ihren Trüme - 
mern fich zeigen; aber vergeblich, der tiefgemurzelte Daß gegen 
die Türfen, ihre graufamen Bedrücker, ver bis heute unvertilgbar 
ſich erhalten Hat, führte immer wieder neue Empörungen an allen 
Orten und Enden gegen fie herbei, und da fie von ven forglofen 
Großfultanen und ihren Befiren am fernen Bosporus meift nur 
durch Truppengefindel und Abenteurer, oder gar nicht militai= 
rifch unterftüßgt wurden, fo mußte fchon dadurch ihr Einfluß bald 
finfen. Kein halbes Jahrhundert nach jenem Friedensſchluß Hatte 
der Imam der Seidije, jenen Tractaten zuwider, fich den Cha— 
lifentitel Emirolemuminin (d. i. Fürſt ver NRechtgläubigen ), 
auf den die hohe Pforte allein Anſpruch machte, beigelegt, und zu 
Kaufeban unter feinem, nicht des Großſultans Namen, Mün- 
zen 16) geichlagen; ja im $. 1628 den Statthalter Paſcha in Sa— 
naa belagert und durch) Hungersnoth in Verzweiflung gebracht. 


52) v. Hammer, Geſch. a. a. DO. II. ©. 560. 10) Niebuhr, 2 
von Arab. S. 190. 16) v. Hammer a. a. O. Th. V. S.8 


Arabien; Jemen, die Imam-Dynaſtie. 735 


Geſendeter Türfenhülfe ungeachtet blieb der Imam, ald der türs 
fifche Statthalter vergiftet mar, Herr von Sanaa. Und ald uns 
ter ded graufamen Sultan Murad IV. Herrſchaft (von 1623 bis 
1640) überall der blutige Krieg in Jemen wie in Hedſchas gegen 
den Türfenfeind losbrach, fammelte der gemeinfame Haß Hundert— 
taufenne bemaffneter Araber 17) unter der Fahne Seijid Khaſ— 
fem&18), eined Sherifd und Häuptlings in dem Gebirge Sha— 
hära. Diefem Helden gelang es, vie Türfen in mehrjährigem 
Kampfe von Stadt zu Stadt zu verdrängen und enplich im Jahre 
1630 auch die fetten ihrer Meberrefte gänzlich aus Jemen zu ver— 
jagen. Als der Befreier vom Türfenjoh von feinen Landsleuten 
mit dem Chrennamen Kafjemel Kbtr, d.i. Kaſſem der Große, 
gefeiert, begnügte er fich die 8 bis 9 Jahre feiner ihm noch übri- 
gen Lebenszeit in der Zurücgezogenheit feines Gebirgsorts Sha— 
hära zuzubringen, ohne Anſprüche an Oberherrjchaft, obwol er 
der Stammpvater der noch bis heute herrfchenden Familie der 
JImams in Sanaa ift. Seine 2 Söhne, Ismael und Haffan, 
tapfere Beloherrn, jegten die Befreiung Jemens fort, bemächtig— 
ten fich aber des Titeld Imam, und führten nun die Herrfchaft, 
ver bisherigen ältern Seidije-Linie ver Imams, die nur im 
Befig von Kaufebän blieben, den bloßen Titel Sidi, d. i. Herr 
oder Prinz (wie Sejjid in Oman, f. ob. ©. 499), überlaffend, den 
fie bis heute behielten. Die Geſchlechtstafel 9) Kaſſem des 
Großen und des folgenden Regentenhaufes zu Sanaa hat Nie= 
buhr mitgetheilt, nach den Angaben des holländischen Nenegaten. 
Es genügt hier nur zu bemerfen, daß Jsmael 30 Jahre regierte 
in feiner Nefivenz zu Doräan, wo auch fein Grabmal, daß er me= 
gen feiner eingezogenen Lebensart für einen großen Heiligen galt, 
und daß diefer Nimbus der Heiligkeit alle folgenden Imams mehr 
oder weniger umhüllt und troß ihrer Tyrannei oder Ohnmacht ge= 
fichert hat. Des Ismael Nachfolger verlegte feine Neflvdenz nad) 
Charres; der jechöte Nachfolger, EI Mohädi Mohammed, 
nahm feine Neflvenz zu Mauähheb bei Damär (Dimar), im 
Süden von Sanaa, wo er 30 Jahre unter ſchweren Kriegen ges 
gen die verbündeten Sheikhs zu Hafchid u Bekil regierte. 
An feinem Hofe, im 3. 1712, fagt Niebuhr, hielt fich die fran- 
zöfiiche Embaſſade auf, deren Berichte La Roque herausgab, und 


») v. Hammer a. a. ©. Th. V. ©. 157. ) Niebuhr, Beſchr. von 
Arab. ©. 191. 9 Gbend. ©. 194 u. f. 


736 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 71. 


Gapt. Hamilton fagte von ihm, im Jahre 1714, daß er bereits 
über SO Jahre alt fei. Ein Prinz aus einem Geitenzweige ber 
Bamilie, ver fih als Ufurpator des Thrones EI Metwokkel 
nannte, und den Titel Imam annahın, verlegte zuerft jeine Reſi— 
denz nach Sanaa, wo fle feitdem geblieben ift. Er ftellte wäh 
rend feiner 10jährigen Herrfchaft zwar den Landfrieden ber, aber 
nad) feinem Tode begann vie Zeit des Fauftrechts wieder, die Thron- 
ftreitigfeiten führten viele Wechfel und politifche Fehden und Kriege 
mit Kaufeban, Chaulän, Shibänı und fat allen den Eleinen und 
großen Bergfürften des Hochlandes von Jemen herbei, die auch bis 
heute fortgevauert haben. Der Imam El Mahädi Abbäs 20), 
der 11te Ihronfolger, der noch zu Niebuhr's Zeit im J. 1763 
zu Sanaa regierte, Hatte kurz zuvor mit vielen feiner Nachbarn in 
Streit gelegen, aber glüclicher Weile, fagt Niebuhr, fei in die— 
ſem Jahre alles fo frievlich gemweien, daß es ihm möglich war, in 
fürzefter Zeit einen fo großen Theil des Jemengebieted zu durch— 
reifen. Der Imam war 45 Jahr alt, fein Vater hatte 200 Sela— 
vinnen ald Weiber; von ded Imam 15 Brüdern waren mehrere 
pechſchwarz, mit breiter Nafe, dicken Lippen, Kaflın aus Afrika 
gleich; Die vielen Verwandten des Imam lebten alle in Sanaa. 
Obwol der Thron von Jemen?) erblih an den Xelteften fallen 
fol, fo entfcheivet doc) darüber meiftend erft die Fehde. Als Imam 
und ald Seidi (Zeidi bei Niebuhr, Zeyd, Zyoud bei Burck— 
Hardt, f. ob. ©. 209 u. a. D.) ift er in feinem Lande geiftliches 
Oberhaupt, aber keineswegs in fremdem Gebiete; er führt Krieg 
und Frieden, hat aber fein unbedingtes Recht über Leben und Tod, 
über welche der Rath ver Kadis zur Entjcheidung beftellt ift, in 
dem der Imam nur präfivirt. Doc fehlt es einem despotiſchen 
Imam nicht an Gemwaltmitteln, die aber das Volk nicht lange er— 
trägt, wie e8 denn an Beifpielen von Abfegungen der Imams, we— 
gen zu harten Druds, nicht fehlt. Die Minifter, wie faft alle 
Schreiber und Beamten, werden Fakih genannt; Döla, Emir 
oder Walt (wie Paſcha) heißen die Statthalter ver Provinzen, zu— 
mal wenn fie mächtige Bürften find; Unterbeamte, Unterrichter hei— 
fen Schedh, in Dörfern Häkim, auch Kadi. 

Ueber vie Einfünfte des Imam fonnte Niebuhr nur durch 
einen Juden, Oräfi, zu Sanaa, die Ausſage erhalten, daß fie 
83,000 Speciesthaler betragen hatten, nach den Verluſten von Aden, 





20) Niebuhr, Befchr. von Arab. S. 198.  *') Ebend. ©. 205. 


Arabien; Jemen, die Imam-Dynaſtie. 737 


Abu Ariſch, Taas, die abgefallen, auf 30,000 herabgefunfen, durch 
Eroberungen wieder auf 48,000 Spee. geftiegen feien. Die Dö= 
las feien mit der Eintreibung ded Geldes beauftragt, von dem fle 
. zuvor die Truppen, die fie brauchten, bezahlten und dann erft den 
Heberreft in die Kafje ded Imam lieferten. Der Kaffeezoll gebe 
die wichtigfte Einnahme, da etwa ein Viertheil ded Verkaufs— 
preifed an den Imam gezahlt werden müfje, ehe die Waare an 
Bord der Schiffe gebracht werden kann (ein altes Herkommen, 
meinte Niebuhr, da ſchon Pliniuß, freilih in Bezug auf die 
Myrrhen-Ausfuhr, fagte, Plin. XW. 35: Regi Gebanitarum quar- 
‚tas, seil. Myrrhae, partes pendunt). Die Armee des Imam jollte 
damald aud 1000 Mann KReiterei und 4000 Mann Fußvolk bes 
ftehen. 

Ale neuern Neifenden in Jemen haben feitvem viel weniger, 
als Niebuhr, Gelegenheit gefunden, oder fie ergriffen, über die 
neuern durch innere wie Außere, zumal durch Wehabiten und 
Aegyptier veränderte, meift innerlich fehr geſchwächte, Zuſtände 
diefed Staates friſchere Nachrichten einzuziehen; nur Lord Valen— 
tia, der 1806 Nachrichten 2?) in Mochha während feines dortigen 
Aufenthaltes einzog, berichtet, daß verfelbe 11te Imam, zu Nies 
buhrs Zeit, 20 Söhne hinterließ, deren einer, Ali Elmanſur, 
der zweite Sohn, im Jahre 1774 den Thron von Sanaa beftieg, 
und über 30 Jahre noch bis zu Valentia's Zeit, 1806, regierte, 
aber jchon in feinem S4ften Jahre der Spielball feiner um das 
Thronerbe buhlenden Söhne, in politifche Ohnmacht verfunfen, kaum 
600 Reiter und 3000 Mann Fußvolk gegen die drohende Macht 
der Wehabi zu ftellen im Stande war, die ſchon den größten Theil 
des Tehama Jemens ihm entriffen hatten, und täglich ſowol 
Mochha, wie Sanaa, die Nefivenz, mit einem Ueberfalle beprohten. 
Die nach) feinem Tode folgenden VBerwirrungen im Neiche find uns 
nur fragmentariſch befannt geworden. 

Den neuern Reifenden in Jemen verdanfen wir, wie auch Nie— 
buhr, reichhaltigere Specialnadhrichten und Befchreibungen dor— 
tiger Natur-, Landes- und Völferverhältniffe, die manche 
auch auf dad Allgemeine bezügliche Blicke in die Gegenwart von 
Jemen im engern, eigentlihen Sinne geftatten, zu denen 
wir nun übergehen; denn in die entfernteren Nebenländer ift leider 
bis jegt noch gar fein europälfcher Neifender eingedrungen. 
—————————— 


2?) Vic, Valentia, Voy. and Trav. I. c. Vol. If. p. 363. 
Ritter Grdfunde XII. Aaa 


738  Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72, 


rt > 
B. Jemen im engern Sinne (das Land der Sabäer). Der 
Staat des Imam von Sanaa, Der Kern der jementjchen 
Staatengruppe und ihre” Zerfpaltungen der Gegenwart, nad) 
Beobachtungen und Anfhauungen der Reifenden 
neuerer Zeiten, 


Auch bier eröffnet Niebuhr, eine einzige vorhergegangene 
Unternehmung der Franzoſen, im Sahre 1712, ausgenommen, die 
Reihe, feit 1763, der trefflichften Beobachter, deſſen Vorgange in 
das Innere des Landes nur Wenige gefolgt find, wie Seesen 
1810, Ch. 3. Eruttenden und Dr. Sulton im Auguft und 
September 1836, Sof. Wolff, ver Mifftonar, im Dezember defjel« 
ben Jahres 1836, P. E. Botta 1837, Paſſama 1842 und der 
fühne Ih. 3. Arnaud 1845, indeß unzählige, 3. B. Valentia, 
Salt, Wellfted u. ſ. w., blos den Küftenftrich und feine Hä— 
fen beim Vorüberichiffen beiuchten, und wieder Andere, wie Burck— 
hardt, Ali Bey, Rüppell, Schimper, Ehrenberg, Tami— 
fier, Fresnel, 3. Bird, Chedufeau, Galinier, Ferret, 
D'Abbadie u. m. U, kaum ſüdwärts von Hedſchas nicht im 
das eigentliche Jemen vordrangen. Die fo danfenswerthe treffliche 
Aufnahme de3 Küftencontours von Jemen, wie des ganzen Rothen 
Meeres durch die Briten 23), ift leiver noch gar nicht mit der Kar- 
tographie des Binnenlandes in Verbindung gefegt. Wir haben da= 
ber hier nur noch die für ihre Zeit meifterhafte und ihrem weſent— 
lihen Inhalte nady allerdings auch von den neuern Autopten 
beftätigte Topographie der Karte Jemens von Niebuhr zum 
Grunde zu legen, und auf den durch ihm wie feine Nachfolger 
wirklich bereijeten Wegrouten uns zu einer lebendigeren An- 
Ihauung der Öefammtbildung von Land und Volk zu erhe— 
ben, vie bisher fehlte, welche nur aus einer fortgefchrittenen 
Specialfenntniß ver Localitäten hervorgehen kann. 

Obwol diefe, wie fi) aus ver Folge ergeben wird, ziemlich 
bedeutend genannt werden muß, jo blieb fie doch unfruchtbarer, 
weil das vereinzelte Material nicht durch gegenfeitige eritifche Ver— 
gleihung und überfichtliche Standpuncte zu einem innern Zu= 


°®>) R. Moresby, Chart of the Read Sea by Walker. 1834. 
4 Sectionen. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Quellenſchriften. 739 


fammenhange für wifjenfchaftliere Entfaltung heran wuchs. 
Zu diefer allmählig zu gelangen, wird es nothwendig fein, nicht 
auf herkömmliche Weife gewöhnlicher geographifcher und compen= 
diarifcher Beichreibungen gewiffe frappante Theile des vorhandenen 
Materials willkührlich herauszugeben, und im übrigen, das Ganze 
oberflächlich befchreibeno, durch Halbwahre Generalifirung das 
achte Naturbild von Land und Leuten abzufhmwächen, fondern 
nad vollftändigfter Würdigung aller Beobachtungen das 
Wefen des Gefammten durch das Befondere zu erleuchten 
und in feinen Einzelnheiten wie in feinem Ganzen zu cha— 
racterijiren. 

Die Wegmeifer, denen wir hier zu folgen haben, die aber in 
den verjchiedenen Zeiten, unter fehr mwechjelnden Umſtänden, in ih— 
ren verfchiedenen Wegen zufammentreffen oder auseinander gehen, 
und daher zu mehr oder minder genauer Beachtung auffordern, und 
ihre eigene Aufmerkſamkeit auf fehr verfchievene Gefichtspuncte rich- 
teten, find folgende, die wir hier überfichtlich in ver beifolgenven 
Anmerkung vorführen, um fie in ihren Nefultaten bequemer für 
die Gegenwart vergleichen zu können, wie wir e8 oben fchon hin— 
jichtlich der einheimifchen orientalen Autoren für die Vergangenheit 
anftrebten. Denn die Critik ver Thatſachen ift ohne eine ge= 
nauere Kenntniß der Quellen, aus denen fie hervorgehen, unmöglich. 

[32 
Anmerkung. Hiftorifhe Nahweifung der Quellſchriften für 
die Kenntniß Jemens in der Gegenwart, 


1. Lodovicho di Barthema aus Bologna, Neife nach Ara— 
bien im Sahre 1508). Im zweiten Buche, welches die Nachrichten 
von Arabia felice, das er Amann (d. i. Jemen) nennt, eröffttet die— 
fer wißbegierige Italiener, der das Nothe Meer (Mar rosso) befchiffend, 
nach einem Befuche in Meffa, aft in Gezan (d. i. Dfjefan bei 
Niebuhr) und auf Kamaran Infel, dann auch zu Aden landet, aber dort 
als Chrift gefangen und gefeflelt nach dem Berglande Jemens in die Re- 
ſidenz des damaligen Herrfchers abgeführt wird, den erften Blick in 
das Innere jener Landfchaften. Er nennt den Landesfürften, in deffen 
Refidenz, Rhada (ob Rodaa? f. ob. S. 726, oder Rödda, auf Nies 


) Lodovicho di Barthiema, Itinerario. Libro II, dell’Arabia felice. 
c. I—XV, fol. 152—155, in G. B. Ramusio, Raccolta delle Na- 
vigationi etc. Venetia, 1563. fol. Tom, I.; vergl. defl. Hodepo- 
ricon Indiae Orientalis der naligt "Befchreibung der Morgen: 
länder, Leipz. 1610. B. I. ©. 90—132, 


Aaa2 


740 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


buhr's Karte in N.D. von Damar?), er. von Aden in 8 Tagemärfchen 
abgeführt wird, Sultan von Rhada, unftreitig ein rebellifcher, aber 
mächtiger Häuptling in Jemen. Es lag derfelbe damals im Kriege mit 
dem Könige von Sanaa, deflen fehr fefte Reſidenzſtadt diefes Namens 
er 8 Monate hindurch, aber vergeblich, belagerte (alfo gegen den legten 
ver Beni Tahir, f. ob. ©. 731, unmittelbar vor der erften Türfens 
eroberung). Nach dreimonatlihem Gefängniß ward Barthema von 
dem Sultan, als diefer aus dem Kriege heimgefehrt war, wieder freige- 
geben, und befuchte nun über die und weniger befannten Städte Ajaz, 
Dante, Almahara und Reama auch Sanaa. Bon da wandert er 
gegen Süd zur Stadt Taefa (Taäs, die fihon von den Ejubiden er- 
baut, aber nicht mehr Reſidenz war) und geht dann nad) Zibit (Zebid, 
der Grenzftadt Tehamas; alfo kurz vor der erfien türfifchen Groberung, 
die im Sahre 1516 erfolgte, f. ob. ©. 732). Von hier fieigt er noch 
einmal auf das hohe Bergland nah Damar (f. ob. ©. 726), wo reiche 
Kauflente wohnten, eine Stadt, welche nebft Taäs und Zebid dem Sul— 
tan von Amann (d. i. Jemen) unterthan war, den er Seh: Amir 
nennt, und diefes dur Sec, d. i. Sanctus, und. Emir erflärt, wenn 
jener Titel nicht vielmehr das Schech oder Sheikh vorftellte. Diefer foll 
graufam gewefen fein, 20,000 Gefangene in Eifenfefleln und 16,000 Scla- 
ven, alles Schwarze, gehalten haben. Barthema’s Rückwanderung geht 
noch einmal nah Aden, um ſich von da nach Indien einzufchiffen. Seine 
Berichte find für die Zeit immer merkwürdig, aber nur flüchtige Mitthei- 
lungen, wenig geographiſch Brauchbares, mehr die Gefhichte eigner Schick— 
fale enthaltend. » 


2. De la Grélaudière's Gefandtenreife von Mochha zur 
Nefivenz Mouab (es it Mauahheb bei Damar, f. ob. ©. 726) 
des Königs von Jemen (es ift EL Mohädi Mohammed) im 
Jahre 1712 °°). Eine franzöftfche Handels-Compagnie, die fich vorzüg- 
lich zur Förderung des arabifchen Handels in St. Malo gebildet Hatte, 
fohiefte im Jahre 1708 bis 1710 eine erfte, und in den Jahren 1711 
bis 1713 eine zweite Expedition von 2 armirten Schiffen in den Ha- 
fen von Mochha, worüber die Berichte aus den Driginalacten von La 
Rocque veröffentlicht wurden. Der damalige Beherrfcher von Jemen, 
aus der legten Seidije-Dynaftie, ein franfer, fchon 87jähriger Greis, 
lieg, ald er die Nachricht von Landung der Europäer in feiner Hafenftadt 
Mochha erhielt, durch feinen erften Vizier, Sheifh Saleh, diefelben er- 
fuchen, ihm einen ihrer Aerzte zuzuſchicken. Die Schiffscapitaine ergriffen 


°2°) (De la Grelaudiere) Relation du Voyage de Moka & la Cour 
du Roy d’Yemen (1712), in Jean de la Rocque, Voyage de 
l’Arabie heureuse. Paris 1716. 8. p. 222— 294. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Duellenfchriften. 741 


diefe Gelegenheit, dem Namen der Franzofen am Hofe von Jemen durch 
eine formliche Gefandtjchaft ein größeres Gewicht zu verfchaffen, was ih: 
ren Handeldinterefien nur entfprechen Fonnte. Ein Major der franzöft- 
ſchen Garnifon von Pondichery, Monf. de la Grelaudiere, der fi 
als Paflagier auf dem Schiffe befand, ward deshalb mit Gefchenfen an 
den Hof abgejandt, in Begleitung des zweiten Schiffschirurgen Monf. 
Barbier. Sie waren unter den Franzofen die erften Entdecker des in- 
nern Jemen, in dem fie doch nicht länger als anderthalb Monate 
(vom 14. Febr. bis zum 27. März), aber in einer fo günftigen Sahres- 
zeit verweilten, daß bei der wohlwollenden Aufnahme, die fie genoffen, 
und der vollfommnen Sicherheit, ihre Berichterftattung eine jehr ‚günftige 
Anfiht von dem glüflihen Arabien (Arabie heureuse) verbreitete. 
Die Reiferoute, welche fie durch Escorte geführt wurden, die nächfte von 
Mochha aus, war biefelbe, welche auch noch gegenwärtig unter dem Na- 
men der Tarif el Jemen, d. i. vie Südftraße, begangen wird; aber 
öfter, wie z. B. im Jahre 1836 zu Cruttendens Zeit, durch bürger- 
liche Kriege auch ungangbar blieb. Die Reife zur damaligen Reſidenz 
wurde zu Pferde nebſt den Transportfameelen in 8 Tagemärfchen zu: 
rücgelegt, über folgende Stationen, die in wenig veränderter Schreibart 
auf Niebuhr's Karte zu verfolgen find. Bon Mochha 10 Lieues nad) 
Mofa (Mufa); der 2te Tag 15 Lieues nah Manzery (Menfari 
‚bei Niebuhr); der 3te 15 Lieues nach Tage (Taäs bei Niebuhr), da: 
mals eine berühmte-große Stadt, mit Schönen von Türken erbauten Mauern 
und einem Bergſchloß mit 30 Kanonen, das zum Staatsgefängniß diente; 
der Ate 6 Lienes nah Manzuel (Menfil bei Niebuhr), wo man die 
eriten Kaffeebäume in Jemen erblicte. Die beiden folgenden Tage, 
30 Lieues, ritt man über Gabala (Dfjöbla bei Niebuhr) nah Yra— 
me (Jerim bei Niebuhr), eine große Stadt, von der man am Tten Tage 
über ſehr hohe Berge Fam, die fehr öde wurden und, nicht mehr fo 
reichlich bewäflert, feine Baumpflanzungen trugen, wie die vorherigen. 
Am Bten Tage, nad) 15 Lieues, wurde über Damar die nur eine halbe 
Stunde davon entfernt liegende Mouab (Mauahheb bei Miebuhr), die 
damalige Nefidenz, erreicht. Sie war erft von dem noch regierenden 
Könige Jemens EI Mohädi Mohammed (fein Titel: Almahdi 
Amir Almouminin, d. i. Befhüger der Gläubigen, oder Ca: 
liph)*) erbaut; fie lag auf dem Südabhange eines Heinen Bergs, von 
mittelmäßigem Umfange, nur aus Grohütten aufgeführt, mit einem Erd— 
damm umzogen, mod ohne Moſchee; doch war eine Vorſtadt derfelben 
ſchon von Juden bewohnt. Nahe dabei auf einem höhern Berge hatte 
ſich derfelbe König eine Art Feſtung, oder vielmehr Luſtſchloß, Hifn al 
Manaheb, d.h. Schloß der Gnade), erbaut, darin er mit feinem 


*) La Rocque, Voy. p.93. 2) Ebend. p. 232, 241, 254. 


742 Meft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Heinen Harem (für 30 Weiber) wohnte und Audienzen gab. Die Städte 
Damar, Mouab und diefes Luftfchloß, jagt der Bericht, liegen in eis 
nem gleichjeitigen Dreiecf, jedes in der Entfernung einer Lieue von dem 
andern. Aber drittehalb Lieues weiter ab habe fih EI Mohädi eine 
Gitadelle erbaut, die mit ftarker Artillerie und einer Garniſon feiner 
beften Truppen verfehen, wo auch fein großer Harem mit 600 bis 700 
Frauen von allen Farben, weiße Georgierinnen wie ſchwarze Araberin- 
nen, feine Zuflucht und Aſyl war, wenn er in Krieg mit feinen Nachbarn 
lag, was fehr häufig gefchah. Selbit während des Aufenthalts der Fran— 
zofen-ftel ein folcher Aufruhr an der Nordgrenze von Semen vor, der 
durch 3000 Mann Truppen bald niedergefchlagen ward, die zum Zeichen 
des Siegs fünf Köpfe der Rebellen in die Reſidenz brachten, wo zugleich 
auch ein türfifcher Gefandter mit Eoftbaren Gefihenfen eingetroffen war. 
Die der Franzoſen beftanden vorzüglich in fchön gearbeiteten Piftolen und 
großen Spiegeln, die in dem ganz einfachen Audienzfaal ohne alles Mo— 
biliar fehr willfommen fchienen. Da es dem Chirurgen gelang, den Für: 
ften vor den Ohrengefhwüren und andern von den einheimifchen Aerzten 
gänzlich verfannten Uebeln zu befreien, jo wurde die Embafjade, nach einer 
zulegt noch gefeierten Hochzeit des Greifes mit einer funfzehnjährigen 
Türfin, zwar ungern, aber mit reichlichen Gefchenfen entlaffen, und mit 
vortheilhaften Ausfichten für ihren arabifchen Handelsverfehr. Es wurde 
ihnen fogar ein Geſchenk von 500 Ballen Kaffeebohnen für den Kö: 
nig der Franzoſen angeboten, ein Anerbieten das fie aber aus Mangel 
an Transportmitteln, und weil es feine officielle Embaffade gewefen war, 
auf fich beruhen liegen. Die Ehrenkleider, Scharlach, rofenrothe feidene 
und goldgewirfte Stoffe aus Indien, auch ſchöne Pferde für die Glieder 
der Erpedition, wurden aber angenommen; befriedigt fehrte man auf 
demfelben Wege nah Mochha zurück, den man hinwärts genommen 
hatte. Nur nahm man fich mehr Zeit, und traf in dem vielen Buſch— 
werk, das man im diefer günftigen Jahreszeit, im März, durchzog, fehr 
viele Schaaren von Bögeln, deren die fpätern Neifenden nur felten eins 
mal erwähnen, zumal vothe Nebhühner, Wachteln, Turteltaus 
bei, die von den Arabern niemals gejagt wınden, und ungemein viele 
und große Affen, nit wilder als Füchfe, die von feinem der neuern 
Neifenden auf diefer Noute bemerkt wurden. 

Auf dem Mege, den 8. di Barthema von demfelben Gebirgs- 
lande Jemens, aber füdwärts, nach Aden genommen, erzählt er 
allerdings ebenfalls, daß er in demfelben „mehr denn zehntaufend 
Affen und Meerfagen?°) (simie e gatti maimoni) gefehen,‘ die fo 
wild und frech gewefen, daß nur zahlreiche Gefellichaften es wagen durf- 
ten des Weges zu ziehen, und daß fie ſich nur durch ihre Hunde gegen 


°°®) L. di Bartliema 1. c. fol. 155. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Direllenfchriften. 743 


diefelben gefchüßt, und viele mit Schleudern und Bogenfchüflen hätten 
vertreiben und tödten müſſen. Derſelbe Weg wurde neuerlich vom Ser 
mens Hochlande, nämlich von Taäs, durch Seetzen (1810) 29), Mitte 
Suli, über Porphyr-, Saspis-Gebirge und poröfes ſchwarzes Geftein 
hinab nach Lahedſch und Aden zurücdgelegt, aber e3 ward von ihm 
felbft fehr auffallend gefunden, daß er auf diefer ganzen Strede kei— 
nes einzigen Affen anfichtig geworden, worauf er doc als Natur: 
forfcher fehr gefpannt gewefen fei. 


3. K. Niebuhr’3 Reife in Jemen im Jahre 1763, vom 
20. Februar bis zum 23. Auguft’"). Es ift die vollftändigfte und 
befonnenfte, welche je von Europäern in Jemen gemacht iſt; fie zerfällt 
in den Aufenthalt fowel in den Küften- und Hafenftädten, wie im Ge— 
birgslande bis Sanaa, der damaligen Reſidenz des Imams der Seidije— 
Dynaſtie. Da Niebuhr fowol den Südweg (Tarif el Jemen), d. i. 
von Mochha über Taäs und Damar nah Sanaa bereifete, ald auch 
den Nordweg (Tarifes Sham), nämlich von Beit el Falih direct 
über Hadsjir und Möfhak zurückgelegt hat, und auch die Hauptftädte 
des Tehama beſuchte: fo wird fein Routier, welches ganz vorzüglich 
einen topographifhen Werth hat, und zugleich den großen Bor: 
theil einer begleitenden Karte gewährt, am zwecmäßigften zum Leit: 
faden dienen, um die nur theilweifen, obwol fehr vervollitän- 
digenden Beobachtungen neuerer Reifenden an feine topographifchen 
Grundlagen anzureihen. Da wir hier nur den geographiſchen 
Nefultaten, nicht der chronologifchen Reihenfolge der Routiers zu fol— 
gen haben: fo fügen wir hier vorläufig die legtere zur Drientirung für 
die eriteren bei. Die Reife, welche um der Kartenaufnahme des 
Landes willen dafjelbe in verichiedenen Nichtungen durchkreuzen follte, 
zerfällt etwa in 10 Hauptabfchnitte, wie folgt: 

1) Eintritt bei Loheia in das Tehama Jemens, im Februar 
1763, und Abreife von da am 20. Februar nach Beit el Fakih °), 
nebit Aufenthalt dafelbit bis zum Tten März. 

2) und 3) Ereurfionen von Beit el Fakih weftwärts zu 
den Hafenorten Hodeida und Ghaleffa, füdwärts zur Landſtadt 
Zebid und zurück; vom 7. bis 21. März ). 

4) Ausflug von Beit el Fakih gegen Of nah Bulgofi und 
Hadie auf das Kaffeegebirge und * nah Beit el Fakih; 
vom 21. bis zum 26. März "). 

5) Grfte flüchtige Gebirgsreife Niebuhr’s mit dem Botaniker 


) Seetzen, in der Mon. Gorrefv. B.28, €. 230. ») Miebuhr, 
Reifebeichr. Th. 1. ©. 311— 447. 5 Ebend. S. 311— 320. 
) Ebend. S. 320-334. 9 Ebend. ©. 334 — 338. 


744 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Forsfäl zur DOrientirung im Gebirgslande, von Beit el Fakih 
über Udden, Dſjöbla und Taäs gegen Südoft, und Rüdfehr von 
da gegen Nordweſt über Häs und Zebid nah Beit el Fakih. Ein 
Eilmarfch von 12 Tagen ?*), vom 26. März bis zum 7. April. 

6) Reife im Tehama, von Beit el Fakih gegen Süden nad 
Mohha’°) und Aufenthalt dafelbft, wo der Neifegefährte, der Philolog 
der Gefellfchaft, von Hagen jtirbt; vom 20. April bis zum 8. Juni. 

7) Reife von Mochha auf dem Tarif el Jemen, d. i. dem Süd— 
wege, über Mufa aus dem Tehama gegen Dit in die Vorterraffe 
des Gebirgslandes nah Taäs und Aufenthalt dafelbit; vom 9. bis zum 
28. Juni °°). 

8) Gebirgsreife von Taäs gegen Nord auf die Hochter— 
raffe Semens, über Mechader, Serim, wo Forsfäl der Botani- 
fer ftirbt, am 11. Suli, an Damar, der frühern Reſidenz Mauaheb vor- 
über, zur Refidenz Sanaa ?’); vom 28. Suni bis zum 16. Suli, Fein 
Monat Zeit, weil Tod und Krankheiten alle Reifenden aufhielten. 

9) Aufenthalt in der Refidenz Sanaa, vom 16. Juli bis 
zum 26. Suli °®). 

10) Rückreiſe von Sanaa auf dem Tarifes Sham, di. 
dem Nordwege, über Möfhaf, Samfur, im Thale der Wadi 
Sehan gelegen, über Hadsjir nah Beit el Fakih zurüd, und von 
da im Tehama zum Hafen von Mochha, mit Aufenthalt, bis zur Ab- 
fahrt nah Dftindien °°%); vom 26. Juli bis zum 23. Auguft 1763. 


4. Dr. 1.5. Seegen’s Reife dur Jemen im J. 1810, 
vom 28. März bis Mitte Auguft. Leider haben wir es noch im: 
mer fehr zu beklagen, daß die ausführlichen Tagebücher diefes fühnen Rei- 
fenden, der mit großer Pietät gegen feinen Vorläufer, den trefflichen Nie- 
buhr, deffen Fußtapfen überall zu folgen bemüht war, und feldit fehr 
wichtige neue Beobachtungen anitellte, noch immer, nach feinem fo plöß- 
lihen und in Dunfel gehüllt gebliebenen Tode in Jemen, nicht öffentlich 
haben erfcheinen fünnen. Nur wenige, aber gehaltreiche Briefe in die 
Heimath find es, die uns jeinen Megen in diefem noch fo wenig durd)- 
forfchten Jemen nachzugehen geftatten, das damals nicht mehr wie zu 
Niebuhr’s Zeit im Frieden ftand, fondern in zwei gegeneinander feind- 
felige Herrſchaften getheilt war. Ein tapferer Sheriff, Hammud von 
Abu Arifh, ward im diefer Zeit von Seetzen gerühmt, der ganz Te- 
hama bis auf die Stadt Mochha am fich geriffen, die dafelbit als die 
noch unüberwundne Hafenftadt allein im Beſitze des Imam geblieben 


534) Miebuhr, Reifeb. I. S. 338 — 355. 5) Ebend. &.355 — 372. 
6) Ebend. ©. 373— 394.  °’) Ebend. ©. 394—411l. °°) Ebend. 
©. 411 — 430. ) Ebend. ©. 431 — 448. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Duellenfohriften. 745 


wars Durch ihn war die Sicherheit der Neifenden im ganzen Lande hers 
geftellt, was Seetzen fehr zu ftatten Fam. Die Route, die er durch— 
zog und von der wir allein aus feinem le&ten Schreiben an v. Zach 
in Gotha, denn auch in feinem bis jetzt befannt gewordenen Nachlaß fin 
det ſich Fein genaueres und Fein fpäteres Sournal feiner Jemen-Reiſe, 
Bericht erhalten haben *°), ift folgende. 

Nach feinem Beſuche in Mekka und Dfhidda führt ihn von da 
ein Schiff, nad) Sturmesfahrt, in den Hafen von Hodeida (Hodade 
bei Seeben), von wo feine Landreife mit Zebid beginnt. Von hier 
macht er einen Ausflug, wie Niebuhr, in das Kaffeegebirge nah Ha= 
die, ſetzt aber von da, weil bei zu fteilem Felswege feine Laftthiere zu 
haben waren, zu Fuß die Reife fort, und fteigt den fehr hohen Berg: 
paß von Kusmä hinauf, folgt nun aber dem Nordwege (Tarif es 
Sham), jedoch etwas von Niebuhr’s Wege gegen den Often abzwei— 
gend, nicht über Hadsjir, fondern über Selfigi (wol Safie oder 
Silfie bei Niebuhr) und Medinet Abid (Abid bei Niebuhr) nach 
Dorän, das Niebuhr nicht berührte. Bei diefem Gmporfteigen der 
Vorterraffe des Hohlandes wurde zumal die Gebirgsart der 
Bergzüge beachtet. Heftige, falte Gewitterregen, die den Neifenden durch— 
näßten, zogen ihm hier eine heftige Krankheit zu, die ihn den ganzen 
Monat Mai in Doräh auf dem Kranfenlager zurüchiell. Er wurde 
dadurch, fo wie durch den Verluſt des Glaſes an feiner Secundenuhr 
genöthigt, ftatt, wie es früher fein Blan gewefen,' die von Niebuhr ans 
gedeuteten hHimjaritifchen Snferiptionen und Nuinen (f. oben 
©. 259) aufzufuchen, nun, fobald er genejen war, gegen Norden zur 
Nefidenz Sanaa (Szannd bei Seeken) abzuzweigen, weil dort der ein: 
zige Uhrmacher im Lande zur Neparatur feiner Uhr zu erwarten war. 
Dom 2. bis 27. Juni blieb Seetzen in Sanaa, deſſen altarabifchen 
Namen Afäl er als das Ufal in 1.B. Moſ. 10, 27 erkannte (f. oben 
©. 240). Bon Sanaa beginnt Seetzen's Südreife auf der Hoch: 
terraffe Jemeng, über Seijan nad) Surradfche, wo er’fich ver: 
geblih nah Niebuhr’s Hoddafa (Eddoffä bei Seegen) *') und den 
von Juden dort angezeigten alten Inferiptionen erfundigte, die dafelbft 
fein Menfch fannte (f. ob. ©. 726). Bon da geht Seetzen über Da— 
mar, Jerim nah Dhofar (Dfoffar), wo er, wie im nahen Dorfe 
Mankat, jene hHimjaritifhen Inferiptionen auf Porphyr— 
quadern entdeckte, die er, obwol zu unvollfommen, copirte, als daß fie 
hätten zu Sprachforfchungen benugt werben fünnen *?); doc) waren es bie 


20) 9, Zah, Monatl, Correſpondenz 1813, B. 27, S. 176, Landreiſe 
durch Jemen bis 182, und B. 28, S. 227 — 235. +1), Niebubr, 
N. 1. ©. 408, Seetzen B. 28, ©.227. *°) Nödiger, Excurs über 
bimjaritifche Infchriften, in Wellfted, N B.2. Anhang ©. 370. 


746 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


erften, die nah Europa kamen (f. Tundgruben des Drients, Bd. I. 
©. 282 und Tafel). Auf dem Gipfel des nahen Berges, fagt er, fehe 
man noch das Fundament von dem Palaft des Königs Affad Ibn Ke— 
mel, von dem er weiter. Feine nähere Nachricht giebt, als dag es 7 Fuß 
lange, verhältnigmäßig breite und dicke Borphyrquadern ohne Mörtel, 
doch auf das genaueſte aneinander gefügt und ficher uralt feien. Von 
diefem glücdlichen Tunde wurde die Reife am 6. Suli füdwärts fort: 
gefebt auf der auch von Niebuhr begangenen Blateauroute, über 
den Hohen Paß von Sumäara nah Mechader, Abb, über den he: 
hen Berg el Tafer nah Taäs. Seesen ift nächſt Barthema der 
einzige Neifende, der von hier direct firdwärts das Hochland Jemens 
über Lahedſch (1. ob. ©. 703) nach Aden hinabſtieg. Er fand diefe 
Gegend *?) weniger ficher als das übrige Jemen, weil, wie er bemerft, 
das Beduinengebiet zwifchen dem Beltsthum des Smam von Sa— 
naa und des Sultan von Aden, gleich einem Sumpfe, feine übeln 
Einwirkungen auch über die Nachbarn verbreite. Die Gegend dahinwärts 
war viel öder als im Norden von Taäs, und felbit nur Gjeltreiber bis 
zum Grenzorte des Jmamgebiets nad) Maanwijah (fehlt auf Nie: 
buhr's Karte) zu erhalten, war fehr fchwierig. Don feinem der andern 
Neifenden erhalten wir die geringite Belehrung mehr, als die wenigen 
Daten von Seesen, über diefe Südgrenzen Jemens, die er von 
bier bis Aden, und von Aden auf dem Küftenwege wieder zurüd nad 
Mochha Eennen lernte. Wie weit von da Seeken's übrige Wander 
rungen durch Semen gehen, iſt bis jest Geheimnig, da alle jpätern Nach— 
richten von ihm ausgeblieben. Er foll im Sept. 1811 mit 13 Kameel- 
Yadungen feiner naturhiftorifchen und literarifchen Sammlungen, nad) Dr. 
Aykins Ausfage, von Mochha nach dem Innern abgereift fein, um 
Sanaa zum 2ten male zu befuchen, aber ein paar Tage darauf, bei der 
Stadt Taäs, am Mege ermordet gefunden fein. In Mochha hatten 
feine Schlangen, Eideren x. in Spiritus Verdacht ald Zauberer oder 
Magifer erregt, fein Auffauf von Büchern desgleichen in Sanaa, deflen 
Zmam den Befehl zu feiner Vergiftung als eines Verdächtigen gegeben 
haben foll, um deſſen Befuche in der Reſidenz zuvorzufommen. Der Statt: 
halter von Mochha Hatte ſchon einmal Beichlag auf feine Effeeten gelegt, 
ließ ihn aber doch abreifen. Seetzen hatte ein Packet feiner Papiere 
an den Italiener Belzoni in Mochha übergeben, die diefem abgefordert 
nah Sanaa gefchieft wurden. Seine Verkleidung als Dervifch, hoffte er, 
hätte ihn fichern follen. Oder follte er wirklich tiefer ins Innere bis 
Mareb vorgedrungen fein? Sollte man ihn unter der fabelhaften Perſon 
des weißen Neifenden zu verftehen haben, von dem Arnaud in 
Mareb fprechen hörte *'), der dort die Inferiptionen copirte, und als 


>33) Seetzen in Mon. Correſp. B. 28, S. 229 - 235. **) Arnaud, 





Arabien; Jemen im engern Sinn, Duellenfchriften, 747 


ein Zauberer die Magie Salomos und viele Wifjenfchaften, auch die 
Kunft Schätze zu heben verftanden habe, aber plößlich wieder verſchwun— 
den fein follte? An der Richtung feiner Fußtapfen wollten die Beduinen 
Marebs gemerft haben, dag er nah Hadhramaut zurückgekehrt fei, 
woher, er gefommen fein follte. Don einem folhen Weißen hatie auch 
v. Wrede im Wadi Doan (f. ob. ©. 284) gehört, der aber wegen fei- 
nes Geldes, das er mit fich geführt, dort follte ermordet fein. Noch eine 
andere Sage über ihn theilt 3. Bird *’) mit, der auf feiner Küftenreife 
in Jemen, im Jahre 1833, erzählen hörte, daß Seetzen von dem Va— 
ter des damaligen Imam von Sanaa vergiftet fei, welcher einem 
Arzte Moefell aus Bombay ein Wörterverzeihnig in Manufeript 
gefchenft, das früher Seetzen gehört hatte, im welchem fich Noten in 
deutfcher und arabifcher Sprache über naturhiftorifche Gegenftände befun— 
den. Andere glauben, daß er, obwol Renegat, wozu er fich in Meffa 
hatte verleiten laflen, um das Innere der dortigen Kaaba abzuzeid: 
nen *‘), doch von den Arabern für einen heimlichen Chriften erfannt, den 
umzubringen ihnen doppelte Pflicht erfcheinen fonnte, wenn fie in feinen 
Papieren und Schriften wirklich die Abzeichnung und Befchreibung der 
Kaaba vorfanden, worauf er fich etwas zu gute that, feinen Tod gefun— 
den duch Meuchelmord. Auch der Miffionar Joſ. Wolff *’), bei fei- 
nem Beſuche des Mufti in Zebid, im Nov. 1836, erzählt, daß derfelbe 
ihm ein Manufeript, die Geſchichte Zebids enthaltend, gefchenft habe, 
in welchem der Name des Eigenthümers, Seetzen, wahrfcheinlich von 
feiner eignen Sand ei rieben gewejen. — Wohin der übrige Nachlaß 
der Effecten des Unglüclichen gefommen, ift unbefannt geblieben. 


5. Eh. $. Eruttenden’s und Dr. Hulton’s *) Reife von 
Mochha auf dem Nordwege (Tarif es Sham) nad) Sanaa, und 
wieder zurüd nah Mochha, im J. 1836, vom 13. Juli bis 
zum 2. Gept. 


Beide unternehmende und wiflenfchaftlich gebildete Neifende find uns 
aus dem Survey von Hadbhramant fchon Hinlänglich bekannt (f. oben 
©. 297, 338 u. a. O.). Sie benußten beide, als das oftindifche Com— 


Relation d’un Voy. à Mareb, im Journ. Asiat. IV. Ser. T. V. 
1845. p. 244— 245. 9) J. Bird, On the South Coast of Ara- 
bia, in Journ. of Roy. G. Soc. IV. 1834. p. 200. 6) Mon. 
Gorrefp. a. a. O. B. 27, &.73.  .*") Jos. Wolf, Journ. Lond. 
1839. 8. p. 382. *°) C. J. Cruttenden, J. N., Journal of an 
Excursion to Sanaa, the Capital of Yemen, 1836; in Proceedings 
of the Bombay Geogr. Soc, Nov, 1838. p. 39 — 55; vollftändiger 
im Journal of tlıe Lond. Roy. Geog. Soc. Vol. VIII. 1838: Nar- 
rative of a Journey etc, p. 267 — 289, nebſt einer Karte: Sketch 
of the Northern Route from Moklıä to Sana, 1836. 


748 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


pagnie-Schiff Palinurus die Küfte von Jemen aufnahm, die ihnen ver: 
gönnte kurze Zeit zu einem Ausfluge nach der Reſidenz Sanaa, auf die 
fie freilich nicht einmal zwei Monate Zeit verwenden fonnten, da der treff: 
lihe Dr. Sulton ſchon in Sanaa erfranfte und auf dem befchleunig: 
ten Rückwege der Tod ihn übereilte, ehe er die Frucht feiner Reife Hatte 
mittheilen können. Seine naturhiftoriichen, zumal geognoftifhen Be— 
obachtungen, für die er bei der Reife ganz geeignet gewefen, gingen da— 
ber leider mit ihm für die Wiffenfchaft faft ganz verloren; was Gruts 
tenden darüber mittheilt, ſſammt von ihm her. Die Breitens und Län— 
genobjervationen auf Eruttenden’s Expedition ſtimmen ſehr nahe mit 
denen von Niebuhr überein. Die Jahreszeit, im hohen Sommer, war 
für Beobachtung der Vegetation in fofern fehr ungünftig, als durch 4 
Sahre anhaltende Dürpre das Land noch weit mehr verödet erjchien, 
als dies ſonſt der Tall zu fein pflegt. Dennoch zeigten auch jest noch 
manche Thäler eine paradieftifche Natur, die aber zu andern Zeiten eine 
noch weit mehr gefteigerte fein follte. Die erſten Verſuche, welche diefe 
Reiſenden ſchon in Aden gemacht hatten, von dort aus direct nah Sa— 
naa zum Imam, der den Engländern fich fchon fehr gewogen gezeigt 
hatte, vorzudringen, war nicht gelungen. Sie verfuchten es daher num 
von Mochha aus. Aber auch von hier auf dem Südwege (Tarif el 
Semen) über Taäs und Dhamar zu reifen war, wegen der damals 
berrfchenden innern Befehdungen der Beduinen-Sheichs, unmöglich, wo- 
durch) diefe Route ſchon feit 11 Jahren völli efchlojfen geblie- 
ben. Es mußte alfo von Mochha der Nordweg (Tarifes Sham) 
genommen werden, jowol hin wie zurüd, doch wieder mit einigen Abwei- 
chungen von Niebuhrs und Seetzen's Wegen, deren vortreffliche Be: 
obachtungen Eruttenden, wie er jeldit jagt, in allen wefentliden 
Theilen faſt überall zu beftätigen hatte. Nur die Fortfchritte oder Rück— 
ſchritte im Verfall der Ortfchaften blieben ihm meift anzuzeigen übrig. 
Die Reife zerfällt natürlich in die beiden Hauptabtheilungen der Ebe— 
nenreife im Tehama und der Öebirgsreife im Dichebal. 

1) Reife im Tehama von Mochha nach Beit el Fakih, vom 
13. bis zum 18. Juli. Sie ging in arabifcher Tracht, mit 6 ftattlichen 
Maulthieren für die 2 Herren und 4 Diener, und 2 Laftmaulthieren mit 
4 Maulthiertreibern, insgefanımt gut bewaffnet, am 13. Juli des Jahres 
1836, Abends bei Sonnenuntergang, zum Nordthore von Mochha Hin- 
aus, über Ruweis, Maufhid (Maushij bei Eruttenden) nad 
Zebid und Beit el Fafih. 

Menn zu Seeten’s Zeit 1810 der Friegerifhe Sheriff Sammud 
son Abu Arifh durch übergreifende Eroberung der Gebieter vom gan- 
zen Tehama mit den Städten Dſheſan, Loheia, Hodeide, Ze— 
bid und Häs geworden, und dem Imam von Sanaa dafelbft alles 
Land entriffen war, fo daß ihm nur noch der Beſitz der einzigen Hafen: 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Duellenfohriften, 749 


ftadt Mochha“) übrig geblieben: fo hatten fih, ein Vierteljahrhundert 
fpäter, 1836, die politischen Zuftände fo verändert, dag damals Mochha 
in Bolge der Wehabi-Kriege in der Gewalt der türfifchen Truppen 
Mehmed Ali’s, des DVicefönigs von Aegypten, war, die auch noch die 
Garnifon in der Feftung von Zebid bildeten, indeg dazwiſchen, aus 
ferhalb des Stadtgebietes von Mochha, ſchon die nächte nur 14 Stunden 
(35 Mil. engl.) entfernte bedeutendere Stadt Maufchid in den Händen 
eines neuen Wfurpators, des Sheifh Huffein bin Dahia war, der 
jest zwar noch klein, doch gefürchtet, auch wirklich fehr bald zu einer ans 
fehnlichen politifchen Macht heranwuchs. Cruttenden fchildert ihm, zu 
defien Zeit fein Gebiet noch Feine Meile (3 Mil. engl.) lang und nur 
6 Stunden (15 Mil. engl.) breit war, von Mochhas Gebiet bis Maufchid, 
dem nur diefes ebene Tehama mit den angrenzenden Berggauen gehörte), 
als einen merkwürdigen Character, deſſen Einfluß auf die Nachbartribus 
und die Beduinen fo groß war, dag Mehmed Ali fogar fih um ein 
Bündnig mit ihm bewarb, oder vielmehr ihn für einen Jahrgehalt von 
10,000 Dollar neutral zu Halten fuchte. Er herrfchte in feinem Gebiete 
abjolut, feinen Befehlen wurde mit Devotion pünctlich gehorcht. Seine 

Reſidenz hatte er in einer tiefen gefchüsten Schluht auf einer ftarfen 
Feſte des Gebirgs zu Häs, 7 Stunden (18 Mil. engl.) in N.O. von 
Maufhid genommen; doch war man nie gewiß über feinen Aufenthalt. 
Er wurde jo fehr von feinen Arabern wegen feiner Gerechtigfeit geprie- 
fen, aber auch zugleich gefürchtet, daß fie es nie wagten, feinen Namen 
laut auszufprechen. Da dem Imam von Sanaa fehr an der Abwehr 
der Türken, die auch Taäs beſetzt Hatten, von feinem Reiche gelegen war, 
fo fuchte er ebenfalls mit Huffein eine Allianz zu fihliegen. Aber der 
Ihlaue Sheikh behauptete feine Neutralität, bis die fortfchreitenden 
Mebergriffe des türkifchen Gouverneurs von Mochha ihn das Schwert zu 
ergreifen aufriefen. Er erhob fich plöglich, fagte Mehmed Ali alle 
Freundſchaft auf, überfiel die Türfen in Tas, wo er zwei ägyptifche Re— 
gimenter fchlug und das Commando zu Taäs an fih riß. Wie er im 
folgenden Jahre doch wieder mit Ibrahim Pascha verfühnt, von ihm ges 
ftügt, auf neue Erweiterung feines Ginfluffes bedacht war, wird fich un: 
ten ans Botta's Aufenthalt an feinem Hofe im Jahre 1837 näher 
ergeben. 

Hier genügt es uns zu willen, daß die Türken noch bei der Durch: 
reife Eruttenden’s durch Zebid, am 16. Juli, in diefer Stadt mit 
guter Artillerie in Sicherheit fanden, da die Vorſtädte derfelben voll 
ſchützender Vertheidigungsmittel waren, und dag damals Beit el Fakih 
die Grenzſtadt des Äägyptifchen Gouvernements war. Im ihr, 


+9) Seetzen, Mon. Gorrefv. B.27, ©. 176. °°) Cruttenden, Nar- 
rative, im Lond. Geogr. Journ, VIII. p. 269, 


750 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 72. 


als dem von jeher befannten großen KRaffeemarfte in Jemen, ging der 
habfüchtige Vicefönig von Aegypten darauf aus, fich felbft denfelben als 
ausichlieglihes Monopol für die Ausfuhr nach Aegypten vorzubehalten. 
Die Zufuhr der Kaffeeballen aus dem Innern Jemens dahin litt da- 
mals ſchon durch diefe tyrannifche und drückende Laft türfifcher Sollerhebun- 
gen fo jehr, daß die britifchen Neifenden bei dem finfenden Markte ſchon 
der Anficht waren, wie bald aller Kaffees Transport aus Jemen dies 
fen Grenzort meiden und lieber direet füdwärts nach Adens Hafen’) 
fich wenden werde, der unter die geficherte englifche Flagge gefommen 
war (ſ. ob. ©. 687). Der türfifche Commandant von Beit el Fakih, 
ein Bimbaſchi, der höflich genug fich ftellte, aber fürchtete, die Engländer 
gingen nah Sanaa, um einen Tractat mit dem Imam zur Vertreibung 
der Türken aus Jemen zır fchliegen, ließ fie doch paffiren, nachdem er 
jedoch alle Remonftrationen dagegen gemacht, und fie durch fürchterliche 
Schilderung der Gefahren, denen fie nicht entgehen fünnten, von ihrem 
Weitergehen durch das Gebirgsland hatte abſchrecken wollen. | 
2) Die Gebirgsreife von Beit el Fakih na Sanaa vom 
18. bis zum 26. Juli, 8 Tagemärfche, durch die grüne, ge— 
birgige Borterraffe zum 5000 Fuß hohen Tafellande Jemens. 
Gleich jenfeit mit den Gebirgszuge hörte auch Das Gebiet des türfifchen 
Einflufjes damaliger Zeit auf, und man erreichte fogleich die Grenze 
des Territoriums, das dem Imam von Sanaa geblieben war. 
Nicht, wie Niebuhr und Seeben, berührte man diesmal die Kaffee: 
gärten von Hadie und das hochgelegene Kusmä, fondern zog, 
wol weiter nordweftwärts, durch ein Walddickicht über die Schulter 
eines mäßigen Vorbergs in ein wohl bebautes Thal, mit dem Marftorte 
des bisher unbefannt gebliebenen großen Dorfes Sennif (au Suf el 
Suma’h, der Marft Ju ma'h, genannt; Niebuhr's Sennef’?) im 
Routier nach) Hadie muß wol ein anderes fein), von welchem, durch den 
jehr romantifchen Wadi Koleibah, der erfte befhwerlide Auf- 
flieg über mehrere Bäffe und Bergfetten zu der Vorterraſſe des je: 
meniſchen Sochlandes führte, auf welcher die nächſte Station Ha— 
djir (Dadfjir auf Niebuhr’s Karte) Tiegt. Diefer Ort hieß zwar 
eine Grenzfefte des Imam von Sanaa, war aber damals bei der 
großen Abſchwächung diefer politifchen Herrfchaft wirklich im Beſitze eines 
DBeduinen- Tribus, der Beni Dhobeibi°?), die hier von allen Pafjan- 
ten einen Zoll erpreßten, dafür aber auch den durchziehenden Kaftlahs 
und Neifenden auf ihren Märfchen durch das aufgeregte Land Schuß 
und Sicherheit gewährten. Hadjir liegt ſchon, nad) Gruttenden’s 
Beobachtung des Tochenden Waflers, 1200 Fuß über dem Meere. Die 





651) Cruttenden, Narr. 1. c. VIII. p. 272. °°) Niebuhr, Reif. I. 
©. 334. °°) Cruttenden Il, c. p. 276. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Ouellenfchriften, 751 


beim Fortfchritt gegen Samfur im Wadi Seihan (Wadi Sehan 
bei Niebuhr, f. ob. ©. 744) und Möfhaf zu beiden Geiten des Weges 
an 1500 Fuß höher aufiteigenden Berge führten zu immer höherm Stufen: 
lande, bis am zwölften Tagemarfche auf der Quellhöhe des hier 
entfpringenden Wadi Seihän die Plateauhöhe mit ihrer Hoch— 
fläche erreicht war, welche Cruttenden bei Motteneh (Möttene 
auf Niebuhr’s Karte) zu 5000 Fuß °*) abfoluter Höhe über dem Meere 
angiebt. Auf diefer Hochterraffe von Jemen führte nur ein mäßi- 
ger Tagemarſch gegen Oft zur Reſidenz Sanaa, die mit ihrer ganzen 
weiten Umgebung auf demfelben Tafellande ausgebreitet liegt. 

‚3) Aufenthalt in Sanaa vom 26. Juli bis zum 20. Au= 
guft. Vereitlung des Plans, nah Mareb vorzudringen, durd) Mißgunſt 
und Dr. Hulton’s Krankheit; beſchleunigte Rückkehr auf demſelben zu— 
vor hinaufgeſtiegnen Mordwege nach Mochha, bis zum 3. Sept. *9). 
Der damalige junge Imam in Sanaa, Ali Manſur, welcher die eng— 
liſchen Gäfte nur mit Mißtrauen, fie für türkiſche Spione haltend, her— 
bergte, war ein fcheinheiliger, aber lafterhafter und verachteter Regent, ein 
Trunfenbold, der mit feiner eignen Familie in Hader lebte, und auch 
bald vom Throne geftoßen wurde. Sein eigner Oheim, Sidi Kafim, 
der die Einferferung und den Dolch feines Neffen fürchten mußte, entfloh 
während der Briten Beſuch plößlich vom Hofe des Imam, von 40 Gardiften 
von des Imams Leibwache, auf den beiten Pferden des füniglichen Mars: 
ftalls beritten, begleitet, und trat fpäter als rebelliſcher Commandant in 
Taäs, dann als Imam el Mahadi und Mörder feines Neffen auf, 
den er vom Throne Sanaas verftieß. Die Unruhen im Lande und die 
Krankheit Dr. Hulton’s nöthigten zu einer befchleunigten Nüdreife aus 
des Imams Staaten. 


6. Joſeph Wolff, des Judenmiffionars, Neife von Mochha 
nah Sanaa, Ende des Jahres 1836. 

Dbwol diefe Reife mit ganz fpeciellen, feineswegs geographifchen Ab— 
fichten von dem kühnen und in orientalifchen Sprachen wie im orientali- 
ſchen Leben vielgewandten, feurigen, weltbefannten Eiferer für das Evan— 
gelium unternommen wurde, und feine Lebensaufgabe es zu fein feheint, 
die Ungläubigen aller Gonfefjionen, der Ghriften, Juden, Muhammedaner, 
wie Heiden, aus den Träumen ihres Wahnes fchüttelnd durch das Wort 
Gottes, durch lebendige Rede, Disputation und die Verteilung gedruck— 
ter Bibeln des Alten und Neuen Teftaments zu erweden, in dem Glau— 
ben und in der Hoffnung, daß bei dem vielen Saamen, der neben den 
Weg, auf Steine, unter Dornen füllt, auch einige Körner im guten Gros 
veich Feimen werden (Matth. 13, 3), fo geht doch auch die Kenntniß des 


) Cruttenden I, c. p. 279. ‘») Gbend,. p. 281— 290. 


752 Weft-Afien. IV. Abteilung. $. 72. 


Landes, oder eigentlich was noch mehr Werth Hat, feiner Bewohner, 
dabei Feineswegs ganz leer aus. Es ift vielmehr eine ganz neue, von 
den meiften Reifenden überfehene Seite, die der innerften menfchlichen, 
und insbefondere nationalsreligiöjen Natur der Bölfergruppen, 
welche hierbei, wie das was fie aus der Tradition, oder Gefhichte, 
oder Lehre, im Schiffbruch ihrer gegenwärtigen Zuftände mit herüber ge: 
rettet haben, welche hierbei zuweilen zur Sprache fommt, und nicht felten 
auf das rührendite und tiefite ergreifend, mit den ganz Sremdangefehenen 
auf das innigfte wieder verbrüdert. So auch hier mit gewiſſen Bedui- 
nenftämmen der Araber und der Sudengefchlechter, in dem fo ganz ifolir- 
ten Jemen. 

Molff’s Reife ’‘) geht von den Küftenftädten Mochha, Loheia, 
Dihifan u. a. aus, wo wir ihn unten, hie und da, in der Characteri- 
firung einzelner Zuftände und Perſonen wiederfinden werden; denn zu: 
fammenhängende Befchreibungen giebt er nicht. Don Mochha beginnt 
er °’), Anfang Novemker 1836, feine Landreife mit 4 Kameelen, die 
er mit Bibeln, Neuen Teftamenten, Pfalmen u. f. w. in arabifcher 
und hebräiſcher Sprache, in denen er felbft Meifter ift, beladen Hat, 
und reitet auf einem Eſel nebenher durch das dürre Tehama bis Beit 
el Fakih und Zebid, wo damals in der großen politifhen Verwirrung 
und den ewigen blutigen Fehden, zwifchen den PBartheien der reformato= 
rischen Wehabiten und der orthodoxen Mufelmänner, zwifchen den einhei- 
mifchen Semenern, den friegerifchen Truppen der Türfen, Negyptier und 
den einheimifchen Uſurpatoren, Tyrannen und Tribus, die allgemeine 
phantaftifche, abergläubige Hoffnung auf einen Netter in der Noth, einen 
Triumphator, einen Meffias bei Juden, einen Hadie bei Muhamme: 
Danern erweckt war, die der Mifftonar, felbft auf die irdiſche Wiederkehr 
des Heilandes harrend, nicht wenig zu nähren geneigt war, und daher 
oft auch Anklang fand. Alle Bewohner des Landes, fagt er, erwarteten 
einen Hadie oder Haade, einen Gewaltigen, vom Tribus der Beni 
Arhab oder Rehab (damals ein fich regender jehr Friegerifcher Tribus 
des Gebirgslandes), dem man zum voraus fehon den Namen „Schwert 
son Jemen‘ beilegte. 

Diefe Beni Arhab, eim Friegerifcher Beduinenftamm aus dem nörd- 
lichern Gebirgslande, belagerte damals, unmittelbar nah Cruttenden's 
Abzuge, die Refidenzftadt Sanaa, und machte die Wege dahin gefahr: 
voll; ein anderer Bruderzweig derfelben nannte fih Beni Hobab; 
der Sheifh diefes Tribus der Hobab war damals der Beherrſcher 
des Gebirgslandes Afyr, der Held, der die Negyptier zurückgewor— 





656) Jos. Wolff, Missionary of the Jews, Journal, Account of his 
Missionary Labours, in Letters to S. Th. Baring etc. London 
1839. 8. p. 369 etc. °’) &bend. p. 380. 





Arabien; Jemen im engern Sinn, Quellenfohriften, 753 


fen hatte, der Schreien im Lande. Don ihm, hoffte man, follte das neue 
Heil ausgehen. | 

Sn der Küftenftadt Dfchifan (Dijefän, ſ. ob. ©. 716) hatte der 
Mifftonar einen Beſuch von einem arabifchen Sheifh des Tribus 
Hobab°?) erhalten, der fehr gut Hebräifch verftand, und deſſen ara- 
bifher Dialect fogar mit vielen hebräifchen Bhrafen der Bi- 
Her Moſes gemifcht war. Nach feinen Berichten beobachten die 
Kinder Hobab (Beni Hobab) äußerlich das mohamedanifche Gere: 
moniel, find aber innerlich dem Geſetze Mofes ergeben. Hobab, den 
Sohn Reguels, aus Midian, den Schwager Mofes (4.3. Mof. 10, 29), 
der fonft Jethro, Mofes Schwäher und SPriefter in Midian genannt 
wird (2. B. Mof. 18,1), den Führer in der Wüfte Sinai, fehen fie 
als ihren Ahnheren und Stammvater an, und die Kinder Hobabs, 
die Heerfchanren der Deborah (B. d. Richter 4, 11), als ihre tapfern 
Vorfahren. Don ihnen wird weiter unten bei Aiyr die Rede fein. — 
Den andern Zweig ihres Tribus, die Beni Arhab (Rehab), traf nun 
der Miffionar in ihrem Kriegslager auf der Plateauhöhe vor der Stadt 
Sanaa. 

Er brach, dahin zu gelangen, von der Stadt Zebid am 25. Nov. 
mit unfreundlichen Maulthiertreibern auf, und verfolgte ſo ziemlich die— 
ſelbe Route, auf der ihm Cruttenden kurz zuvor vorangegangen war 
(ſ. ob. ©. 750). Bon Zebid aus nennt er die Station Huſſeynea 
(Huffeini auf Eruttenden’s Karte, die bei Niebuhr fehlt) als 
eine einft große Stadt, die aber von Perſern zeritört fein foll (2). In 
Beit el Fakih M hatte fich das Gerücht verbreitet, des alten Mehmed 
Ali, Vicefönigs son Aegypten, des Todfeindes „weißer Bart fei wie: 
der fhwarz geworden,“ was auf noch langes Leben deuten follte, 
Zu Sanif (Sennif bei Eruttenden), das er in 5 Stunden Zeit er: 
reichte, wohnte er bei dem Eheifh des Drtes, dem letzten, der damals 
noch der Autorität Mehmed Ali’ nothgedrungen Huldigte, da er fonft 
leicht Meberfüllen der ägyptiſchen Truppen ausgefegt war. Der Sheifh 
war ein Gingeborner von Sanif, vom Tribus der Nasraan 
(Nazarier; Chriften) oder Mun afera (Chriftianifirte), die eine 
Tradition von einem Jünger Jeſu, Bulus (Baulus)‘), bewahrten, 
der ihre Vorfahren, weldye früher Idole angebetet, belehrt habe (Paulus 
an die Salater 1,17: 309 hin in Mrabiam, und fam wiederum gen Das 
mascon), wovon fie jenen Namen feitvem beibehalten. Diefer Sheikh 
war begierig, das Buch des Neuen Tejtaments zu lefen, und bat um meh— 
rere Gremplare für feine Freunde; dennoch, auf die Frage, ob es Chri— 
ftien in Jemen gebe, gab er zur Antwort: Ganz Jemen, die Juden 
und die Beni Rehab ausgenommen, rufe im einem Accord: „es ift fein 


»*) Gbend. p. 370. »’) Gbend, p. 383, #%) Ebend. p. 365. 
Nitter Erdkunde XII. Bbob 


754 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $.72. 


Gott als Allah, und Mohammed fein Prophet.” Bewohnern der 
benachbarten Borroberge, vom Tribus Aram (Genes. 10, 23), die 
zum Orte gefommen und ihn um Bibeln baten, gab er fi. Sie waren 
Wehabiten geworden und trugen Feine Turbane, fondern eine Art Sirohe 
hüte, mehr europäiſcher Art. 

Den 29. November flieg 3. Molff von Sanif, das am Fuß der 
Borroberge liegt, aufwärts über die elende Station Aub Kerſh im 
Kholeibad-Thale (f. Eruttenden’s Route), wo ihm der Tribus Hafhid 
feindlich entgegen trat und bis zur Station Samfur jede Speife ver: 
fagte, fo daß er drei Tagemärfche nur von ungefünertem Brot und von 
den Kräutern des Feldes fein Leben friften mußte. Und als er noch hö— 
her über Seifhan (Sehan bei Niebuhr) und Mofhak, von den 
Borrobergen umgeben, die Vorterraſſe emporftieg, erfuhr feine Kara- 
wane die beforgliche Nachricht, dag die Nefidenz Sanaa von den Beni 
Arhab°’) (den Rechabiten) belagert werde. Doc rückte er mit ihr 
bis zur Station Khamis (Suf el Khamis bei Cruttenden) vor, 
ließ bei den züdiſchen Bewohnern diefes Ortes feine Bibeln und Teftas 
mente zurück, und ritt, da die Karawane hier Halt machte, allein auf 
feinem Maulthiere gen Sanaa zu. Bei Matna (Möttene, auf 5000 
Zug abfoluter Höhe nach Eruttenden) Fam ihm der erfte Schwarm der 
Nechabiten-Reiterei mit furchtbarem Gefchrei: Hu! Hu! Hu! entgegen, 
Sch hielt ihnen meine Bibel vor, fagt der Mifftonar, und ſtutzend hielten 
fie ftill und riefen: ein Jude! ein Jude! Wir fliegen von den Roſſen ab, 
festen uns, ich erzählte ihnen, dag ich vor 12 Jahren Einen ihres Stam- 
mes in Mefopotamien gefehen, mit Namen Mufa. Heiße du Wolff? 
rief einer; ja! fie umarmten mich; fie befaßen die Bibel noch, die ich 
Senem einft gefehenft. Nun war der Miffionar ihr Gaftfreund, und ver- 
Yebte 6 Tage in ihrem Lager, too er diefen, den Aſyr befreundeten, 
merkwürdigen Tribus der Beni Arhab von einer ganz neuen Geite, 
als die treuen Nachfommen „des guten alten Vaters Jonadab, 
des Sohnes Rehab“ (2.2.0. Kön. 10, 15; Jeremia 35, 6— 14), 
fennen lernte, die fich rühmten „deffen Gebote zu halten, bis auf 
den heutigen Tag“ (f. unten bei Aſyr). Unter ihren Gefährten be: 
fanden fich auch andre Kinder Israel, vom Tribus Dan, die zu Te: 
rim in Hadhramaut ihre Wohnfige Hatten (ſ. ob. ©. 620), aber mit 
ihnen der baldigen Anfunft eines Meſſias „aus den Wolfen des Him— 
mels“ entgegen fahen. Der Mifltonar lieg nun 80 hebräifche Bibeln 
und Neue Teftamente von Matna abholen, mit denen er feine Gaſt— 
freunde befchenfte, die nun ihm und feine ganze Karawane durch einen 
Theil ihres Trupps, an deren Spike fih auch Sheikh Luloé (vom 
mächtigen Hamdam-Tribus), ein Freund der Beni Arhab, befand, 


561) J. Wolff 1. c. p. 388. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Quellenſchriften. 755 


ficher bis zur Stadt Sanaa escortiren ließ, wo er Anfang Decembers 
durch das Thor Baab Shaub einzog. 

Bei feinem dortigen Aufenthalte find vorzüglich die Nachrichten über 
die dortige jüdifche Bevölferung neu und Iehrreich, wovon unten, 
bei Sanaa, umftändlicher die Rede fein wird; Juden führten ihn zur Aus 
dienz des Imam, defielben Ali Al-Manfur, den furz zuvor die beiden 
Briten gejehen hatten, den auch Wolff als lafterhaften Trunfenbold be— 
zeichnet, der ihn aber in feinem Schloß freundlich aufnahm, und ſich von 
den Juden des Orts Wein und Branntwein zu feinen fortwährenden Ge: 
lagen vom Morgen bis zum Abend bereiten lief, fonft aber alle Freiheit 
im Umgang mit Juden und Bananen geftattete. Bei der Abſchieds— 
audienz war die legte Trage des fehwarzen, den Beduinen gleichenden 
Fürften 6°): „Kennſt du die englifchen Reifenden Hulton und Gruttenden 
Antwort: Ja; warft du mit ihnen zufrieden? AliAl-Manfur: „Sa, 
ed waren gute, verfluchte Kerle.‘ Der Miffionar: Marum verfluchte? 
Ali Al-Manſur: „Weil fie feine Muhamedaner find.” 

Bieberfranfheit, die immer zunahm, nöthigte das fehr nachtheilige 
Glima von Sanaa zu verlaffen. Unter verfelben Escorte des Sheikh 
Ali Luloe, vom Hamdan-Tribus, wurde Matna (Möttene) paffirt, und 
‚Khamis‘?) erreiht, wo aber eine Bande der Beduinen vom Tribus 
Aram (Genes. 10, 22), die das nahe Gebirgeland Borro bewohnen, 
und zu den Wehabiten übergegangen waren, dem rürffehrenden Milftonar 
begegneten, ihn wieder erfannten und mißhandelten. Die Bücher, die du 
uns gabſt, riefen fie ihm zu, fagen nichts von dem Namen Mohammeds. 
Eben deshalb gab ich fie euch, war feine Antwort; worauf fie in Wuth 
ihm fürchterlich durchpeitichten. Weiter abwärts kamen noch mehrere 
Schwärme friegerifcher Beduinenhanfen von dem Gebirgslande herabge— 
flürmt, um gegen die türfifchen Truppen des verhaßten ägyptifchen Vice— 
fonigs zu fechten; fie forderten dem Neifenden 70 Dollar ab. Da biefer 
ihnen zu bevenfen gab, daß er ein Engländer fei, die ſich richt ungeftraft 
berauben ließen, war die Antwort: In Jemen fennen wir den Namen 
nicht, hier fennen wir nur das Gredo: „Kein Gott als Allah und Me: 
hammed fein Prophet.” Du Ungläubiger haft nur unter drei Dingen zu 
wählen: Tribut, Tod oder Kalima (d. i. Belehrung zum Koran). 
So wurde denn der legte Pfennig herausgepreftz zum Glück Fonnte der 
Reifende bald fein nächſtes Ziel, die Hafenftant Mochha, Ende December 
erreichen, wo er ſich weiter nad) Indien einfchiffte. 


7. Paul Emile Botta, Reife in Jemen im $. 1837, uns 
ternommen für das naturbiftorifhe Muſeum in Paris, zus 
malin botanifher Hinſicht “). 


2) Gbend. p. 391. ) Ebend. p. 304, “) P. E. Botta, Rela- 
Bbb2 


756 DWeft-Afiten. IV. Abtheilung. $. 72. 


Ende September 1836 trug eine große arabifche Barfe, die mit Lin- 
fen als Proviant für die türfifchen Truppen in Jemen beladen war, den 
Botanifer Botta in den Hafen von Hodeida, wo Huffein Effendi 
aus Belgrad Gouverneur war. Die Truppen der Negyptier Hatten im 
Innern Semens noch feine großen Fortfchritte gemacht, fie hielten nur 
die Küftenftädte befeßt, beförderten aber die Partheiungen der Araber und 
deren Fehden unter fih, um dabei deſto beſſer im Trüben zu fiichen. 
Ibrahim Paſcha, Neffe des Vicefönigs von Aegypten, war Gouver— 
neur des eroberten Theiles von Jemen, und verfuchte es erft fpäter 
fich auch der Bergdiftriete zu bemächtigen. Der zuvorgenannte flüchtige 
Dheim Sidi Kafim, der fich der Tefte Taäs bemächtigt Hatte, und 
ven Beiftand der dort im Süden mächtigften Tribus, der Do Moham- 
med und der Do Huffein (f. ob. S. 707), die mit Sanaas Imam wegen 
einer Schuldforderung in Streit ftanden, gewann, titulirte ſich El Ma— 
haadi, fo wie Imam, und jammelte eine Armee um feinen lafterhaften 
und beim halbverhungerten Volke fchon verhaßten Neffen vom Thron von 
Sanaa zu ſtoßen. Sich einen großen Anhang zu verfchaffen, affectirte er 
in feiner Feſtung zu Taäs den Heiligen durch Faften, Beten und andere 
Aeußerlichkeiten. Doch half ihm dies wenig, bemerkt Botta °°), der bei 
ihm Zutritt erhielt; denn er war offenbar nur ein Werkzeug in der Hand 
anderer Partheichefs. Sheifh Huffein, fein Rivale, fügte von ihm 
ganz ofenherzig zu Botta, feine Frömmigfeit helfe ihm duch zu nichts; 
denn in den Angelegenheiten der Welt nütze der Säbel mehr als das 
Gebet, und der Imam würde beſſer ihun, den Soldaten ein Mufter der 
Tapferkeit als der Heiligkeit fein zu wollen. Er felbft war als Sheikh 
im Lande mehr gefürchtet als dDiefer neue Imam; die wildeiten Bewohner 
des Hochlandes nannten ihn Sheikh Haffan Bisbal-el-Dſchebal, 
d. i. den Pfeffer ver Berge; der Furcht vor feiner Nache verbanfte 
Botta auf dem Berge Saber die Erhaltung feines Lebens. 

Unter ſolchen Berwirrungen im Lande war Noth in allen Eden, und 
Sehnfucht nach Sicherheit und Rückkehr des Friedens. Der oben ge 
nannte energiſche Sheifh Hufjein bin Dahia (Haffan Ebn Ya— 
hia bei Botta), defien Macht unter diefen Verwirrungen im ganzen 
Gebirgslande Jemens ungemein gewachfen war, und der zu Häs (oder 
Hais nach Botta) feine Nefivenz genommen hatte, fonnte in diefer Zeit 
allein einem Botaniker bei feinen Unterfuhungen im Gebirge Schuß ge: 


tion d’un Voyage dans lI’Yemen 1837, entrepris pour le Mnseum 
d’Histoire naturelle de Paris. Paris, 1841. 8.; vergl. def. No- 
tice sur un Voyage dans l’Arabie Heureuse, in den Archives du 
Musee d’Hist. natur. Paris, 1841. 4. Tom. IT. p.64— 88, und 
ebend. Plantes de l’Arabie heureuse, recueillies par M. P. E. 
Botta, et decrites par M. J. Decaisne, Aide de Bot. au Museum, 
T. I. p. 89— 194. °°) Botta, Relation l. c. p. 85, 107. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Quellenſchriften. 757 


währen, den fich auch der Franzoſe Botta durch Vermittelung des ta: 
maligen türfifchen Gouverneurs, Sbrahim Paſcha, der den Sheikh in 
fein Intereſſe verftrictt hatte, zu verfchaffen wußte. Daher der be— 
fhränfte Raum des Bottaifhen Beobahtungsgebietes in 
nerhalb des politifchen Ginfluffes der beiden zulest genannten Gebieter, 
Ibrahim Paſchas im Teyama und Sheikh Huffeins im Gebirgs- 
lande, welches Botta nicht überfchreiten durfte; eben daher aber auch 
feine wichtigen in bisher ganz unzugänglichen Gebirgsgegenden gemachten 
Entdeckungen, vor allem feine Entdeckungsreiſe auf das fo berühmte Ge— 
birge Sabber, ſüdlich von Taäs, nach deſſen Beſuch fich ſchon For s— 
käl ſo vergeblich ſehnte, weil es nach dem Sprichworte der Araber „alle 
Kräuter der Welt auf ſeinem Rücken tragen ſollte. Zwei— 
mal hatte der ſchwediſche Botaniker, in Niebuhr’s °°) Geſellſchaft, die 
Berfuche ihm zu befteigen gemacht, mußte aber immer, wie ein Tantalus, 
angefichts deflelben, an feinem Fuße zu Taäs zurücbleiben, wo ihm 
zulegt der Sammer über fein verfehltes Hauptziel und die vielen des— 
halb erdulveten Aergerniffe bald den Tod bereiteten. 

Botta’s Unternehmungen und Beobachtungen zerfallen in folgende 
Hauptabfchnitte: 

1) Aufenthalt in ven Städten des nördlihen Tehama, 
in Hodeida, Beit el Fakih, Zebid, und zumal am Gebirgs— 
fuß zu Häs (Hais), der Nefidenz des Sheifh Haſſan Ebn 
Yahia, bis zur Mitte October des Jahres 1836 °). 

2) Botanifhe Excurſion aufden Dſchebel Ras, im Oſten 
von Häs, auf der Borterraffe des jemenifchen Gebirge: 
landes (f. auf Niebuhr’s Karte), und wieder nad Häs zurüd‘®), 

3) Wanderung im Gefolge des Sheifh Haffan Ebn Da: 
hia nad) feinem feften Gebirgsſchloß Maamara°), im Süd: 
oft von Häs. Nufenthalt dafelbit und Weberfiedlung von da nad) dem 
zwei Tagereifen entfernten Gebirgsfchlog Cahim, feines Sohnes, des 
Sheith Caſem im Hochgebirge; Aufenthalt dafelbjt bis zum Ende 
der Regenzeit. 

4) Reife nad) Taäs und Aufenthalt dafelbit ""). 

5) Aufenthalt im Dorfe Diennet (Dfjennad Auf Nie- 
buhr's Karte, Dſchenned Owaſi), botanifhe Wanderungen 
umher und Befteigung des Berges Saber (Sabber bei Niebuhr, 
Szäbber bei Seegen, Sfabr bei v. Hammer) ’') bis zu feinem 
erhabenen Gipfelſchloß, und Rückkehr mit reicher botanifcher Ernte nad) 





6%) Niebuhr, Neifebeichr. I. ©. 349 und 382, 385, 404. 67) Botta, 
Relation I. c. p. 11—28, *9 Gbend, p. 29— 36. °°”) Ebend. 
p- 37— 172. ”°) Ebend. p. 73—W. 9 Ebend. p. 79 und 
pP. 91— 113. 


7535 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $, 72. 


Diennet. Der Gewinn diefer Unternehmung war die Entderfung einer 
neuen unbefannten arabifhen Gipfelflora, die Bekanutſchaft mit ven 
dortigen wilden Bergtribus und den antiken Architecturen einer uralten, 
wahrſcheinlich himjaritiſchen Herrfcherperiode. 

6) Rückreiſe nach Häs, mit dem Aufbruch des Kriegs— 
heeres Sheikh Huſſeins, und Wanderung nach Mochha, von 
wo Jemen wieder verlaſſen wird 7). 


8. Des Franzoſen Paſſama “), Schiffslieutnants, Be— 
reiſung eines Theils der Küſte von Jemen und der Haupt— 
ſtädte im nördlichen Tehama bis zur Reſidenzſtadt Häs (Hès 
bei Paſſama), von wo, bei längerm Aufenthalte, neue Erkundigun— 
gen über die angrenzenden Gebirgslandſchaften Jemens ein— 
gezogen wurden; im Jahre 1842. 

Paſſama's Beobachtungen, als Augenzeuge, reichen nicht über das 
Gebiet des Sheikh Huſſein hinaus, das ſich aber in wenigen Jahren, 
ſeitdem die Truppen des Vicekönigs von Aegypten aus Jemen ſich 
zurückzuziehen genöthigt waren, ungemein erweitert hatte. Denn Meh— 
med Ali wählte dieſen Sheikh bei ſeinem Abzuge aus Jemen zu ſeinem 
Stellvertreter im Tehama, das dieſem nun von Abu Ariſch an fſüd— 
wärts in ſeiner ganzen Ausdehnung bis über Mochha hinaus zufiel, nebſt 
dem Titel Groß-Sherif von Abu Ariſch. So nennt ihn in jener 
Seit Bafjama als den Gouverneur von Tehama, der nun die 
bedeutendften Provinzen an feine Brüder und Verwandten übergab, um 
eine ftarfe Armee von Soldtruppen zu organifiren, und ſich durch dieſe 
auf feinem Boften zu behaupten. Auch Hatte er fich den Tribus der Beni 
Aſſik zum Alliirten erworben. Mit den Nachbartribus feiner Herrichaft 
lebte er zur Zeit Paſſama's noch in Frieden, doc) fagte diefer voraus, 
dag Hufleins Ehrgeiz bald mit dem Imam von Sanaa brechen würde, da 
ihm deſſen noch übrig gebliebener Befig der Stadt Mochha, wie von 
den Bergprovinzen oberhalb feiner Refidenz Häs zu anziehend erfcheine. 
Paſſama nennt ihn mit Namen etwas verändert wie die früheren Ans 
gaben, nämlih Huffein Ben Mohamed Ben Ali EI Hoider. 

Das Gebiet diefes Groß-Sherif Huffein begreift, nah Paſ— 
fama, ſchon das ganze Tehama ſüdwärts Hedfchas (den Hafen von 
Mochha ausgenommen) bis zum unabhängigen Tribus der Subeihi 
(d. i. Beni Zubey bei Niebuhr, Szobbaeh bei Seeken '*), wel: 
her diefe in ihren Siten am Eingange Semens um Babel Mandeb per: 


°”?) Botta, Relation 1. c. p. 115—144. "°) Passama, Lieutnant 
de Vaisseau Observations g&ographiques sur quelques parties du 
Yemen, im Bulletin de la Societ& de G£&ographie. Paris, 1843. 
T. XIX. p. 162 —171 und p.219— 236. ) Serben, in Mon. 
Correſp. B. 28, €. 232. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Quellenſchriften. 759 


fonlich Fennen lernte). Es habe, fagt er, 52 geogr. Meilen (69 Lieues) 
Länge, von N.N.W. gegen S.S.D., und vom Meere landein überall eine 
Breite von 8 bis 12 Stunden; eine Strede die ſchon meift befannt und 
befucht fei, deren Städte mit Garnifonen verfehen und von Dolas oder 
Sherifs befehligt werden. Die damals diefem Groß-Sherif zugefalle: 
nen Städte waren zahlreich genug, und gaben ihm bedeutende Macht und 
Einfünfte, die nicht blos wie zuvor auf Maufhid und Häs befchränkt 
blieben; dazu gehörten: I) Abu Arifh, die Refivenz des Groß-Sherif; 
2) Sabbia in N.O. von da, den Bergen genäherter; 3) Saedie (auf 
Niebuhr’s Karte, Zödia bei Baffama) in SD. von Loheia am Fuß 
der Bergfette; 4) Marana (bei Niebuhrz el Aroua bei Paſſama) in 
S. S. W. von der vorigen gegen Hodeida hin; 5) Beit el Fakih; 
6) Zora (? fehlt auf Niebuhr’s Karte); 7) Badjel (? fehlt auf Nie— 
buhr's Karte), foll nahe dem Lande Saafan im N. von Hadsjir liegen; 
8) Zebid; 9) Häs (Heès bei Pafl.); 10) Abvoein (? fehlt bei Nieb.), 
und 11) Mufa. An der Küfte die befannten Orte Dfjefan, der Hafen- 
ort von Abu Ariſch, nur noch ein Dorf mit einer Gitadelle; Loheia; 
Hodeida. So die rafch auf einander gefolgten politifchen Weränderun- 
gen im Tehama Jemens, die auch auf die geographifchen Forſchungen da— 
felbft hHemmenden oder fürdernden Einfluß ausüben, indem fie die Grenzen 
abſtecken, innerhalb deren der Neifende fich friedlich bewegen kann, aber 
deren Meberjchreiten mit Lebensgefahr bedroht ift. 

Daher Paſſama's eigne Beobachtungen über das Land und 
die Städte Tehamas in Jemen ”°), in der erften Hälfte feiner Nachrich- 
ten; in der zweiten Hälfte aber nur Erfundigungen über die dama— 
ligen Zuftände des Gebirgslandes von Jemen und feiner nördlichen Anz 
grenzungen ”°%). Da diefe jedoch von Häs, der frühern Nefivenz des 
Sheikh Huffein, nunmehrigen Groß-Sherif, ausgingen, deſſen politifches 
Intereffe auf das innigfte mit der genauern Kenntniß und Erforſchung 
der unabhängigen Tribus des Berglandes verfnüpft war: fo kommen da- 
durch viele neue und bisher oft unbefannt gebliebene Namen von Wadis, 
Tribus und Ortſchaften zur Sprache, oder Nachrichten über ſchon befann- 
tere Gebirgsgaue und Gcbirgstribus, von denen man aber feit 
Niebuhr's Zeit, alfo feit faft einem Jahrhundert, gar feine Kunde wei: 
ter erhalten hatte, als hie und da ein Datum aus Burckhardt's Hadj 
el Kebſy-Routier (f. ob. S. 193). Solche neue Kunde geben, durch Hö- 
venfagen, die Artifel über -Sanaa, Houden, das Land Habèöch, die 
Tribus der Bakil, ver Hadfchid, über ven Staat der Mafframi), 
zumal über Nedjvan, über das Land Wadia, über Bellad Hadje— 
man und die Tribus der Aſyr, auc einige neue Itinerarien, deren Re: 
fultate insgefammt jedod) exit eritifch zu prüfen find, 


”®) Passama 1. c. T. XIX, p. 163—219. °%) Ebend. p. 219— 336. 


760 Weſt-⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


9. Chedufeau und Mari, Salinier und Ferret “), Nach— 
rihten von ihren Beobachtungen während eines längern 
Aufenthaltes in Arabien, nebft einer neuconftrnirten Karte 
des Grenzgebirgslandes zwifhen Jemen und Hedfhas ”) 
(1843). 
Herr Chedufeau, Medecin en Chef der ügyptifchen Armee in Ara: 
bien, und der Lieutnant Colonel Herr Mari, Adjutant Achmed Pafchas, 
durchzogen Hedfchas und Aſyr während den legten acht Jahren der ägyp— 
tifchen Occupation Arabiens, und waren daher im Stande, ſchon durch 
ihre Stellung und Dauer des Aufenthaltes, eine Reihe wichtiger neuer 
Daten für die genauere Kenntniß diefer Landfchaften zu gewinnen, welche 
fernerhin, feitdem der Vicefönig von Aegypten feinen Einfluß in Arabien 
aufgegeben, fchon nicht mehr möglich fein würde. Die vielen Durchkreu— 
zungen jener Landfchaften nach allen Richtungen, ihre vollfommne Kennt: 
niß der arabifchen Sprache und die vielen von den Einheimifchen Behör— 
den und Gingebornen, wie von reifenden Kaufleuten eingefammelten Nach: 
richten, feßten fie in Stand, von dem genannten Lande eine Karte und 
Befchreibung zu liefern, die einen wichtigen Fortfchritt in der Kunde Ara— 
biens geftatten würde. In Dſchidda trafen fie mit den Gapitainen vom 
Stat: Major, Galinier und Ferret zufammen, welche vom franzöſi— 
ſchen Depöt de la guerre zu geographifchen Unterfuchungen an die Ge— 
ftade des Rothen Meeres ausgefandt waren. Durch ihren Beitritt Fam 
eine neue Karte von Arabien zu Stande, die im Maafftabe der Mores: 
byſchen Karte der enalifchen Küftenaufnahme conftruirt, aber mit einer 
großen Menge neuer Angaben vermehrt ward; fie reicht tief landein in 
Nedſched bis in das Gebiet von Dowafir, nord: und jüdwärts aber 
von Meffa bis Abu Arifh. Diefe Arbeit wurde dem franzöfiichen Ge: 
neral:Conful in Aegypten, Mr. Cochelet ’), ſchon im Jahre 1841 über: 
geben, der fie dem franzöfifhen Gouvernement mit der erfreulichen Nach: 





*’7) Geographie de l’Arabie, Notice redigee d’apres Mons. Chedu- 
feau par MM. Galinier et Ferret, Capitaines d’Etat-Major; im 
Bulletin de la Soc. Géogr. de Paris. Deux. Ser. T. XIX. 1843. 
p. 106 — 111 und XX. p. 39. 8) Carte d’Acir et d’une par- 
tie de l’Hedjaz et du Nedjd, dressee en Arabie par MM. Ga- 
linier et Ferret, Lieutnants au Corps Royal d’Etat-major, d’apres 
les Notes prises de 1833 à 1840, par Mr. Chedufeau, Medecin 
Inspecteur, et par Mr. Mari, Lieutnant Colonel, Aide de Camp 
du Gen£ralissime des Armées d’Arabie. 1840, im Maaßſtabe von 
Vaoooooor Manunfeript, durch gütige Hanpfehriftliche Mittheilung 
zur perfönlichen Benugung geftattet, von den Herren Salinier und 
Somard, denen ich hiermit für diefe Bergünftigung im Namen der 
Wiſſenſchaft meinen verbindlichften Danf wiederholt öffentlich auszu— 
fprechen für Pflicht Halte. 9) Note de Mr. Cochelet sur une 
Carte etc. im Bulletin T, XIX. p. 324— 325 und ebemd, p. 172. 


Arabien i Jemen im engern Sinn, Quellenſchriften. 761 


richt überfandte, dag Mr. Chedufean auch die Abficht habe, feine gemach— 
ten Beobachtungen zu veröffentlichen. 

Obwol diefe Arbeiten, vorzüglich für Hedſchas und Afyr wichtig, 
das eigentlihe Jemen nicht mehr treffen, da die Karte mit Abu 
Ariſch ihre ſüdliches Ende erreicht, fo ftreifen doch die Beobachtungen 
über das Gebirgsland gelegentlich bis nach Semen hinein, und werden 
für daſſelbe noch weit lehrreicher werden, wenn einmal die vollftändigen 
Arbeiten von Chedufeau im Druck erfchienen fein werden; denn die 
bisherigen furzen Notizen über Topographie, phyſiſche Geographie, Sta— 
tionen und Sitten der Eingebornen, find nur Andeutungen und Auszüge 
daraus, deren Bearbeitung und Mittheilung dem berühmten wifjenfchaftli- 
chen Veteranen auf diefem Gebiete, Mr. Jomard, verdankt wird, deſſen 
Arbeiten auch die gegenwärtige durch fein zuvorfommendes Wohlwollen wie 
jeinen reichhaltigen perfönlichen Mittheilungen fo Vieles verdanft. Jo— 
mard fagt, dag Fresnel fchon im Jahre 1835 ihm eine Skizze der 
Karte von Aſyr eingefchict, ohne damals zu bemerfen, von wem fie herrühre. 
Sie bildete die Hauptbafts der von Somard, 1839, edirten ®°%) Karte 
von Aſyr (f. ob. S. 190, 569), und num exft ift es ihm klar, daß fie 
nur eine Gopie von Chedufenu’s Skizzen fein werde. Durch die genaue 
Kenntnig vom Zug der Gebirge, vom Lauf der Flüffe und durch andere 
Studien war es Mr. Chedufeau gelungen, in Cairo ein „Relief 
von Arabien‘*’) zu conftruiren, das der Wahrheit fehr nahe fommen 
und ſehr genau fein fol. Wie wünfchenswerth dürfte es fein, diefes ver: 
vietfälligt auch) in Europa erfcheinen zu fehen. 


10. Thom. Joſ. Arnaud, Bericht feiner Reife von Sanaa 
nach Mareb (Saba) zu den Ruinen der alten Refidenz der 
Sabäer Könige, und zu den Ueberreiten des Dammdurch— 
brudes Seed oder Sitte Mareb (ij. ob. ©. 74 u. f.), mit ihren 
zahlreihen hHimjaritifhen Infchriften; im Juli und Auguft 
des Jahres 1843 *2). 





#) Jomard, Essai d'une Carte de la Province d’Asyr etc,, in f. 
Etudes geogr. et hist. sur l’Arabie. Paris, 1839, 8,  *") Bul- 
letin I. ce. XIX. p. 107. 2) Th. J. Arnand, Relation d’un 
Voyage à Mareb (Saba) dans l’Arabie Meridionale, en 1843, 
Ed. p. J. Molıl, im Journal Asiatiq. Quatr. Ser. Tom. V, Paris 
1845. Fevr. et Mars p. 208 - 245; Avril et Mai p. 309 — 345. 
Die bisher nur im Mſer. vorhandene Beichreibung der Nuinen des 
Dammes, welcde jevocd wol bald veröffentlicht werden wird, fobald 
nur der dazu gehörige Grundriß beigegeben werden kann, verdanfe 
ich, fo wie Fresnel's handſchriftliche Gorrefpondenz und Nos 
tigen mannichfacher Art, der fo gütigen perfönlichen Mittheilung 
meines hochverehrten Freundes und fo uneigennügigen wie ausges 
zeichneten Bejörverers und Kenners aflatifcher Studien überhaupt, 


162 MWeft-Aften, IV. Abtheilung. $. 72. 


Sm Jahre 1843 kam Thom. Jof. (nicht Louis) Arnaud zu 8. 
Sresnel, franzöfifhem Conſul in Dſchidda (f. ob. S. 45). Er war frü- 
her Apotheker bei einem ägyptifchen Negimente, und dann bei dem 
Imam von Sanaa gewefen, der ihm fein ganzes Vertrauen geſchenkt hatte. 
Die vielen Noten, die Arnaud unter diefen Berhältniffen über Arabien 
gefammelt, gab er Fresnel zur Durchfiht. Er Hatte ſchon zu Sanaa 
von den Inferiptionen zu Mareb gehört; bei Fresnel wurde er für 
ihre nähere Erforfchung, Entdeckung und Kopie derfelben begeiftert. Er 
ging dahin ab; erſt lange Zeit nachher erhielt Fresnel ein Packet, darin 
Copien von 56 himjaritifchen Snferiptionen, die er in Mareb entvedt 
hatte; aber auch zugleidy) die Nachricht, daß der fühne Neifende erblin- 
det und deshalb nad) Aden gegangen fei, um dort fich der Pflege eines 
englifchen Arztes anzuvertrauen, Fresnel, dem mehr an Verbreitung 
der Entdeckung für Die Wiffenfchaft als am SPrivatbefis des großen Fun— 
des für feine eignen Studien gelegen war, ſchickte eine Copie der Drigis 
nale, die er auf das genaueſte zum zweiten male mit den Dri- 
ginalen collationirte °°), was durh Arnaud noch einmal wieder: 
holt worden ift, ehe fie abgingen, an feinen Freund I. Mohl in 
Baris, mit dem er fortwährend in Gorrefpondenz geftanden, mit der 
Bitte, fie lithographiren zu laflen. Bei der großen Menge der Co— 
pien 309 Mohl greavirte bewegliche Typen zur Publication vor, 
die dadurch um fo nußbarer für Unterfuhung werben follte, zugleich aber 
natürlich auch dadurch etwas verzögert ward. Doch haben wir jelbit, im 
verfloffenen Suni, die erſten Druckproben diefer Inferiptionen in Baris 
fhon im ange gefehen, fo daß fie demnächſt werden erfcheinen können. 
Indeß kehrte Arnaud zu Tresnel nah Dſchidda zurück, und dictirte 
bier, da er noch blind war, feine Befchreibung von Mareb. Ende 
Dectober erhielt er fein Geficht wieder, und fehrieb nun felbft fein 
einfachen Reifebericht auf, wie er im Journ. Asiat. publicirt ift, dem 
die Befchreibung der entdeckten Ruinen und die erläuternden Noten von 
Fresnel nachfolgen follen. Man Hoffte, es werde dies nur ber Anz 
fang einer Erforſchung Jemens fein, das eine fo reiche bisher unbe- 
kannte Ausbeute für die älteſte Sabäerperiode darzubieten fcheint. Unter 
den jeßigen Umftänden fihien nur Arnaud, durch feine Landes, Volks— 
und Sprachfenntnig wie durch feinen bewiefenen wahrhaften Seldenmuth, 
zu einer fo ſchwierigen und lebensgefährlichen Exploration geeignet zu fein. 
Hoffentlich werden auch Arnaud's übrige Notizen über feine Erfahrungen 
in Jemen nicht verborgen bleiben. 


dem Herrn I. Mohl, Mitglied der Academie in Paris, dem ich 
hier im Namen der Wiffenfchaft öffentlich den Dank für mannichfache 
Förderung auszufprechen, von meiner Seite, für Pflicht halte. 

58) Lettre de Fresnel à M. Mohl; datirt Djeddah 8. Aug. 1844. 
Mscr. 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Quellenſchriften. 763 


Seine Ankunft in Sanaa meldet er vom 9. Juli 1843, zu einer 
Zeit da der Smam EI Hadi°* auf dem Thron von Sanaa faß, der: 
felbe Ufurpator, den auch das Sahı zuvor Baffama°°) als ven Landes- 
regenten nennt, welcher aber exit, nach ihm, im Sabre 1841 auf dieſen 
Thron durch Ermordung feines Vorgängers gelangte, ſehr verhaßt war, 
und durch die Empörungen in allen Theilen feiner Staaten nur geringen 
Tribut erhielt und wenig Macht beſaß. Dies beitätigte fi auch in Ar: 
naud’s Expedition, der nur wenig Stunden von der Reſidenzſtadt Sa— 
naa landeinwürts überall wilden, ungebändigten Araber: Tribus, Raub: 
und Todes-Gefahren entgegen ging. Diefer Ufurpator *8) war derfelbe 
Sidi Kafim, der Oheim des 24jährigen fehwelgerifchen Imam Ali Man 
fur, der zu Gruttenden’s Zeit (1837) vom Hof zu Sanaa heimlich 
entfloh, um fein Leben vor den Verfolgungen feines Neffen zu retten. Er 
benugte nach feiner Flucht zu Taäs ven Aberglauben der Araber an 
einen EI Mahaadi, d. i. an einen Meltbefchrer und Weltbefteger zum 
Islam, nahm dort diefen Titel an, fehaffte fich den Anhang einer bigot: 
ten, dadurch) verbiendeten Notte, und mit diefen betrügerijchen Mitteln ge- 
lang es ihm den Thron von Sanaa zu ufurpiven, wurde aber, feines 
Titels El Haadi (in verfürzter Form) ungeachtet, bald ein Gegenftand 
allgemeiner Verachtung. 

Arnaud war mit einer türkiſchen Gefandtfhaft nah Sa— 
naa gereifet, die von Dsman Pascha, Gouverneur von Dſchidda, be: 
auftragt war, dem Imam im Namen des Großfultans eine Antwort auf 
die von ſelbem ausgegangene Meldung feiner Thronbefteigung zu über: 
bringen. Zu gleicher Zeit hatte eine andere türfifhe Embaffade, unter 
Eichreif Bey, ebenfalls eine Miffton bei dem Groß-Sheriff Huf: 
fein zu betreiben, alfo bei zwei einander gegenüberfichenden Feinden im 
Tief- und im Hochlande Jemens, welche aber beide ihren politifchen Zweck 
verfehlten. Gleich bei feiner Ankunft ftahl fih Arnaud aus dem Kreife 
der türkifchen Embaflade hinweg, um nicht die enge Haft, in die fie durch 
die mißtrauiſche Politif des Imam eingeengt ward, mit ihre zu theilen. 
Er zog fich in einen fernen Winfel der Stadt, in ein fchlichtes Kaffee: 
haus zurück, wo er unbemerft fo Furze Zeit ale möglich verweilte, um 
fogleich an einem der folgenden Tage, in Lumpen gekleidet, fein Wag- 
niß der Entdeckungsreiſe nah Mareb zu beginnen. Das erfte noth- 
wendige Geſchäft war, ſich feinen türkiſchen Schnurrbart wegzurafiren, 
weil in Sanaa der Mann mit Bart und Schnurrbart „Mafroub,“ 
d. h. widerwärtig, heißt, derjenige aber der das Kinn glatt hält, den 
Schnurrbart aber wachen läßt, wie die verhaßten Türken, gegen dortige 
Mode und Tradition, für einen abſcheulichen Nebellen gegen menschliche 


#%) Arnaud, Relation l.c. p.210. *°) Passama Il, c. XIX. p. 222. 
%) Cruttenden, Narrative l. c. p. 284, 


764 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72, 


und göttliche Geſetze gehalten wird; eine Vorftellung, die für den Fremd» 
ling in die übelften Folgen bei allen Araber: Tribus im N., DO. und ©. 
von Sanaa ausfchlagen kann (Plinius H. N. VI. 32 fagte von ihnen: 
barba abraditur praeterguam in superiore labro; aliis et haec in- 
tonsa —). Ein Freund Arnauds von feinem früheren Aufenthalte her 
in Sanaa, Mohammed-Douédar, verfprach einen geeigneten treuen 
Führer nah Mareb zu jchaffen, der alle Beduinen, die nach Sanaa zu 
kommen pflegten, Fannte; Haſſan Bataſch erfchien als Führer; er war 
fchon bei Jahren, aus Mareb felbft gebürtig, aber fehon lange mit Fa— 
milie in Sanaa anfäflig, deshalb man ihm Vertrauen fchenten konnte, 
und ein Client Mohammeds. Er führte noch an demfelben Tage einen 
Beduinenhirten von dem Tribus der Sälch’:asfotr herbei, mit 
dem für eine mäßige Summe fogleich der Contract abgefchloffen wurde, 
den Neifenden nah) Mareb hin und wieder zurück zu führen. Sogleich 
der folgende Tag wurde zur Abreife beftimmt. Der Haupthandel zwi— 
chen der Neftvenz und Mareb befteht in Korn oder Durra, das vom 
Markte Sanaas in die Lager der Beduinen- Tribus, oder nach Ma— 
reb, das in ihrer Mitte einen Marftort bildet, gebracht wird, wogegen 
die Kameelführer oder Gfeltreiber Geld oder meift Ladungen von Stein 
falz nad der Nefivenz zurück bringen. In Mareb wird die Laft 
Steinfalz einer Kameelladung für einen Speciesthaler eingehan: 
delt, in Sanaa aber für zwei verfauft. Derfelbe geringe Gewinn er: 
wächft ihnen aus dem Durratransport. Zu einer folchen Neije, hin 
und her, gehören gewöhnlich 14 bis 15 Tage, wobei für jedes Kameel 
dann nur 2 Speciesthaler Gewinn abfällt; dazu muß aller Proviant für 
die Menfchen mitgenommen werden, um unterwegs nicht Hungers zu ſter— 
ben, da Mareb gar feine Lebensmittel zum Cinfauf darbietet. 

Aus den Vorbereitungen zu dieſer Expedition läßt fich leicht die 
Schwierigfeit der Unternehmung abnehmen, daß fte Feine Luftparthie, ſon— 
dern ein heldenmüthiges Wagſtück eines für feine Sache leidenschaftlich 
Begeifterten war. Nur vor allem die gute Bewaffnung, ein Sack voll 
Durra-Mehl und für 15 Tage Butter, als einzige Nahrung, machte die 
Hauptiahe aus. in grobes Zeug von Schafwolle um die Hüften gez 
fchlagen, ein Hemde von ſchwarzem Zeug, Dis an die Knie, mit weiten 
Hermeln, war die Landestracht. Gin furzes Beinkfleid bis über die Knie, 
ein fchwarzer fettiger Lappen als Kopftuch mit einem baumwollnen Lun— 
tenſtrick um den Kopf gewicelt, nach Beduinenart (f. ob. ©. 506), 
ſchlechte Sandalen an die nackten Füße gebunden, und die Slinte über 
den Rüden gehängt mit brennender Lunte, zu jevem Angriff bereit, dies 
war das Goftüm, um fich) wo möglich jedem Sohne der Wüſte gleich zu 
ftellen und den mißtrauifchen Blicken zu entgehen, denen ganz auszuwei— 
chen jedoch die leider zu helle Hautfarbe, als dauernder Verräther, 
nicht geftattete. Ein ganz gemeiner arabifcher Ibaye oder Wollman— 


Arabien; Jemen im engern Sinn, Duellenfohriften. 765 


tel ward am Tage in den Durra-Sack geftedt und nur im Dunfel der 
Nacht hervorgeholt, weil er am Tage als: ein zu Foftbares Kleidungsftüd 
den habgierigen Blicken der räuberifchen Beduinen, felbft den nächften 
Verwandten und Freunden der Führer, entzogen werden mußte. 

In diefem Aufzuge, ohne alle Protection und Beiftand von außen, 
nur auf eigne Klugheit und Selbftvertheidigung Hingewiefen, zog Arnaud 
in das gänzlich unbefannte Land, unter die wildeften, ungezügelte- 
ften, härteften, miftrauifchten und abergläubigfien Bedui— 
nen=-Tribus aus, die zu ihrer eignen gegenfeitigen Sicherheit und 
Selbfterhaltung in diefen weiten Wüfteneien fi zu Foederativ— 
Tribus verbunden haben, die ſich unter einander Beiftand leiften, wenn 
andere ihrer Nachbarn, was tagtäglich gefchieht, als Gegner über fie 
mörderifch herfallen, um fie zu fchwächen oder ganz zu vertilgen. Mit 
einer Fleinen Kafileh von Kameeltreibern der genannten Art, unter denen 
7 Slieder eben fo vieler verfehiednen, aber albiirten Beduinen-Tri- 
bus waren, die fih eben Säleh’-Asfoür nannten, welche, 8 Beduinen 
mit 15 beladenen Kameelen, auf die angegebene Art ihr Heil verfuchten, 
wurde die beichwerliche Reife vom 12. Suli 1843 an, von Sanaa °®”) 
aus meift gegen O.N.D. ziehend, begonnen, und am 6ten Marfchtage des 
Morgens, am 17. Juli, der Marftfleden Mareb glücklich erreicht. Nach: 
dem man den erjten und zweiten Tag auf demfelben Plateau Sa: 
naas fortgezogen war, fam man jenfeit der Gruppe der letzten Bedui— 
nen=Dörfer Scherafa zu einem großen Abftieg vom Hochlande, 
Nekil-Schedja genannt, zu weldhem hinabzufommen die beladen Ka— 
meele wenigfiens zwei volle Stunden gebrauchten. Anfangs war diefer 
Hinabweg, zwifchen zwei Felſen, nur etwas practicabel gemadt, 
weiter abwärts wurde er *equemer, und zeigte hier und da felbit Pfla= 
fterweg. Am Buße, in viele windende Schluchten eintretend, dauerte 
nun diefe Senfung, jedoch ſehr allmählig bergab führend, 
beinahe die ganze Strede bis Mareb’*) fort, wodurch alfo der obige 
Ausdrud der Lage Marebs im Dſchof, d. i. im Niederlande, im 
Segenfab des Hochlandes yon Sanaa vullfommen gerechtfertigt ift 
(j. ob. ©. 713). Diefer Weg führte durch die Territorien verfchieöner 
jehr wilder BeduinensTribus, bis man am Morgen des 5ten Tages 
marſches in eine wirklich fih eröffnende Ebene eintrat,. die ſich nach 
allen Seiten ausbreitet, in welcher nun Mareb mit den merfwürdigen 
architectonischen Trümmern des alten Saba, der himjaritifchen Kö: 
nigsrefidenz, und den Neften der Wafferteihe und ihrer 
Durhbrücde, dur die grandiojen Nefte der Kunſtdämme, die 
hiſtoriſche Nicytigfeit der Tradition von der Aera Seil el arim (j. ob. 
©. 73) vollfommen zu beftätigen ſchlenen. Wahre Seelengröße und ein 


*) Arnaud, Relat, I, c. T. V. p. 219—238, 9») Ebend. p. 233, 


766 Weſt⸗Afien. IV. Abtheilung. $, 72, 


ungewöhnlicher Enthuftasmus gehörten dazu, unter den ungünftigften Unt- 
ſtänden und unausgefegten Verhöhnungen und Todesbedrohungen, die Be- 
finnung zur Beobachtung fo neuer Gegenftände nicht zu verlieren und 
einen fo reichen unerwarteten Schatz mühſam genug copirter himjari— 
tiſcher Inferiptionen mit in die Heimath zurüdzubringen, welcher 
ein neues Licht auf einen merfwürdigen Zweig der älteften Culturgefchichte 
der Menfchheit, der Sabäer- Periode, die ſchon oft für eine jabelhafte 
gehalten worden, werfen wird. 


Erläuterung 1. 


Der Küftenweg yon Aden nah Mochha; der Sudweg, Tarif 
el Semen, von Mochha nah Taäs, und die Befteigung des 
Dſchebbel Sabber, 


Nachdem wir fchon das Geftade fammt den Oſt-, Südoſt— 
und Süd= Terraffenländern der arabifhen Salbinfel, 
namlih Hedfcher, Oman, Hadhramaut und Aden mühfam 
umſchifft und in ihren Einzelnheiten durchwandert, auch im Allges 
meinen und fehon zu ihrer Weftfeite gewandt haben, fo bleibt 
und nun noch) eben fo die Bereifung der bejondern Landſchaf— 
ten zunächft vom glüclichen Arabien übrig, die wir mit ber äu— 
ferften Südgrenze am Eintritt in Jemen beginnen, und fo all« 
mählig immer weiter zu dem befannter werdenden Norden fort 
fchreiten. 

Nur ein einziger Beobachter, Seegen, ift ed, mit dem wir, 
von Aden aus, über dieſe äußerſte Südgrenze eintreten können, 
welche von Feinem andern europäifchen Reiſenden längs ver Ge— 
ftadefeite je betreten if. 


1. Der Küftenweg von Aden nah Mochha, 8 Tagereifen 
nah Seeben®). 


Bei feinem Befuche in Aden fand Seeten feine Schiffs— 
gelegenheit nah Mochha zur See zu gehen, ed war ihm eben 
recht, daß nun auch) fein Führer, der Schech Hamſe, nichts ges 
gen die wenn fehon befchmwerliche und unfichre Landreiſe einwen— 
den Eonnte. Die Gebieter dieſes Küftenwegs, die Szobbäch-Be- 
duinen (Beni Zubey b. Niebuhr), fehilderte man als Barbaren 





589) Seetzen, in Mon. Gorrefp. B. 28, ©. 232 — 235. 


Arabien; Jemen, Küftenweg nah Mochha. 767 


und Mörder. Aber im Dorfe Bir Achmed, dad nur eine Tages 
reife fern von der Weſtgrenze des Gebiets von Aden Fiegt, mie 
thete Seetzen zu feiner Reife Kameele, deren Führer mit den 
Szobbäch befannt waren. 

Am 7. Auguft, dem erften Tagemarjch, brach man am 
Abend von Bir Achmed auf, um, wie auch meiter hin, die Nächte 
zum Marfche zu benugen. 

Am 2ten Tage (8. Aug.) Abends fam man an einen Berg, 
der die Ebene quer durchfchneivet und fich aus ver Nähe des Mee- 
res etliche Stunden lang Tandein nach dem Gebirge hinzieht; doch) 
fo, daß noch ein beträchtlicher Zwifchenraum zwifchen beiden übrig 
bleibt. Er ward Dſchebbel Forid genannt, was nah Seeben’d 
Dafürhalten wol viefelbe Erhebung fein möchte, die auf den Kar- 
ten der Europäer mit Gap St. Anton bezeichnet zu werden pflegt. 
Es follte auf ihm ein berühmter Schech feinen Wohnfis haben. 
Man nahm am Fuße des Berges fein Nachtlager; am nächiten 
Morgen famen 4 Beduinen vom Gebirge herab und forderten 
Baffagegeld. 

Am 3ten Tage (9. Aug.) traf man auf einen bewaffneten 
Beduinenhaufen von 20 bi8 30 Mann, mit feindlichen Bedrohun—⸗ 
gen, die jedoch mit fich unterhandeln liegen, aber auch) ein Paß— 
geld forderten. 

Am folgenden Tage (10. Aug.) erbliefte man den anſehn— 
Iichen, aber ijolirten Berg von Bab el’ Mandeb, ver links liegen 
blieb. Hier mußte man vom indifchen Deean Abſchied nehmen, da 
man num dem Rothen Meere entgegen ging. 

Am 5ten Tagemarfche (11. Aug.) gelangte man bald zu 
einem elenden Fifchervörfchen Dubbäb, nur mit 8 Hütten, doch 
waren e8 die erften der menichlichen Wohnungen, die man feit 
Bir Ahmed getroffen. Von bier an zeigte fidy eine Reihe von 
Felshöhlen nach ven Gebirgen von Jemen Hin, durch welche die 
Ebene jedoch nur wenig unterbrochen ward. Da die nächften 
Hügel davon aus Blöden ſchwarzer, ſehr poröſer Lava 
beſtanden, jo fchloß Serben daraus, daß auch wol die übrigen 
Höhen vulcanifcher Natur (mie auc die Infel Perim u. a, 
ſ. 0b. ©. 670) fein möchten. Mit diefen Hügeln fing damals aber 
dad Gebiet des Imams von Jemen an, und damit auch vie 
Sicherheit für ven Reiſenden. Die Neifegefellichait ſchoß daher 
hier ihre Blinten los, da die Ladung nun jenfeit der Grenze unnüg 
geworven, 


7638 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Mit vem 6ten Tagemarfch (12. Aug.) wurde ein anſehn— 
liches Dorf Kaddähha erreicht, deffen Hütten in einem großen 
Dattelwalde lagen, der fich den ganzen folgenden Tag bi Mochha 
fortzog und einen lieblichen Schattenweg bereitete. 

Am Tten Tagemarſch (13. Aug.) von Bir Ahmed wurde 
die Stadt Mochha erreicht. 

Lord Valentin und Dr. Scott”) heftigen am 17. April 
1805 auf £lippigem Boden den Berg Bab el Mandeb, von deſſen 
Gipfel man einen fehönen Ueberblic über die Perim-Inſel und 
eine Bay erhält, die fich auf der Oftfeite des Berges ziemlich tief 
landein zieht; der ſchmale Sandftreif zwifchen diefer und einer weſt— 
lichen Bay, in welcher dad Schiff vor Anker lag, war ganz ebner 
und trockner, falziger Sandboden, der bei geringer Meeresfluth über= 
ftrömt werden würde. Der Berg, den man erfliegen hatte, war 
bier der einzige, der unmittelbar aus der Fläche plöglich empors 
fteigt, und dadurch die Durchfahrt gar nicht zu verfehlen, in der 
man öfter irre gefahren. inige Antilopen und Rebhühner wur— 
den gejchoffen, und auf dem Berge einige feltnere Prlanzen gefun= 
den. Am Ufer filchte man und ſammelte zwifchen den Korallen— 
Hippen einige fchöne Mufchelarten, aber Waller gab es Feines. 
Dit am Ufer ftand das Grab eine? Sanctus, dad von den Ara— 
bern öfter bepilgert wird. 


2. Die moderne Hafenftadt Mochha und ihr Verkehr. 


Die Stadt Mochha (unter 131 N Br nah Niebuhr's 
Obſervation) ward feit einen Jahrhundert ven europäifchen Hans 
delönationen der befanntefte Seehafen von Jemen; fie felbft ges 
hört mol erft zu den modernen Ortfchaften, da fie zu Niebuhrs 
Zeiten kaum ein Alter von vier Jahrhunderten erreicht hatte 91). 
Die arabifchen Geographen, bis auf Abulfeda, nennen fie noch 
nicht unter den Städten Arabiens, und felbft Ebn Batuta, Mitte 
des 14ten Jahrhunderts, weiß noch nichtd von Mochhaz er fchifft 
fi in Aden, dem großen Emporium jener Zeit, nach Indien ein 
(ſ. 06. ©. 235, 241). Selbft von Portugiefen zu Alboquerques Zeit, 
1513, wird fie nur einmal gelegentlih Meca mit andern unbedeu— 
tenden Häfen genannt). Erſt ald Aden durch Ueberfülle viefer 


590) G, Viscount Valentia, Voy. and Trav. to India, the Red Sea 
etc. Lond. 1811. 8. Vol. II. p. 11—12. 1) Niebuhr, Reif. I. 
©. 438; vergl. Vic. Valentia, Voy. and Trav. I. c. II. p. 344, 

92) De Barros, Asia. Dec. II. Libr. VIII. cap. 1. fol. 179, 


” 


Arabien; Jemen, Mochha die Hafenftadt. 769 


Portugiefen und durch türkiſche Eroberungen, wie deren Räumung 
diefed Hafens (im 3. 1630, |. ob. ©.732), in Einöde verfanf, hob 
fid) mit dem freigewordnen Jemen und der felbftändigern Sei— 
dDije-Dynaftie ver Imame von Sanaa (f. ob. ©. 734) viefer 
Hafenort Mochha innerhalb der Meerenge zu einiger Bedeu— 
tung empor, ald der bequenfte und ficherfte Hafen der dortigen 
Küſte. Daß diefer an die Stelle ded weit ältern Mufa over Muza 
trat, im Periplus Arrians als das große Emporium der Homes 
riten und des Sabäer-Reiches gerühmt (Arriani Peripl. p. 13, 16), 
und das auh Ptolemäus al Muſa Emporium unter 14° 
Lat. anfegt (Movoa oder Moola Zundgıov 14° Lat., Ptol. Tab. 
Lib. VI. e. 7, fol. 152), ift wol höchſt wahrfcheinlich (f. 06. ©. 247). 
Zweierlei Orte in ver Nähe der heutigen Mochha haben durd) 
ihre Namendähnlichfeit mit der alten Mufa zur hypothetiichen 
Ipentifieirung diefer Orte Veranlaſſung gegeben, nämlich Maus 
ſchid und das heutige Dorf Mufa. 

Maufidsj oder Maufchid, 4%, deutiche Meilen im N.N.W. 
von Mochha, nur 100 Schritte, wol richtiger 10 Minuten nad) 
Paſſama, vom Meere entfernt, dejjen Lage von Niebuhr) unter 
13° 43! N. Br. nach Obfervation genau beftimmt wurde, hielt fchon 
D’Anville, der es Mofeh oder Mofa fchrieb, für die antife 
Muſa Emporium de Periplus*)., Aber Niebuhr, auf feinen 
Landwege von Mochha oftwärts nad Taäs, entvedte am er= 
ften Tage feiner Wanderung, in gleicher Verne von 4'/, deutfchen 
Meilen, am Buß der dort zunächft auffteigenden Hügelreihen ein 
mittelmäpiged Dorf, Muſa 8) genannt, von welchem die reichen 
Bewohner Mochhas ihr gute! Waller nad) ihrer Hafenftadt zu 
holen pflegten, weil dieſe nur fchlechtes befigt. Die ganze Strede 
bis dahin ift dürre, wenig bewohnte Ebene, von der fich das Meer, 
nad Niebuhr's Meinung, wol allmählig zurüdgezogen haben 
möchte. Obwol Ptolemäus ven Parallel feines Muſa Empo= 
rium um zwei Drittheile eines Grades nördlicher, ald Niebuhr's 
Breitenbeftimmung diefer Gegend, anjegte, nämlich auf 14° Lat., 
was ihm für jene Zeit ald fein großer Fehler erfchien, fo war 
Niebuhr doch geneigt, diefed Dorf für die Lage von Mufa Em- 
porium ded Periplus und bei Ptol. zu halten, fo wie er darin 


*) Niebuhr, Reif. I. ©.357. °*) D’Anville, Description du Golfe 
Arabique, in M&m, sur l’Egypte ancienne. Paris 1766. 4. p. 2563. 
*9) Niebuhr, Neif. I. S. 373; vergl. deil, Beichr. von Arab. ©. 222. 


Nitter Erdfunde AI. Cee 


770 Weft-Afien, IV. Abtheilung, $. 72. 


auch den weit Altern Namen Meſa aus den Zeiten der Joktani— 
den wieder zu erfennen glaubte (f. ob. S. 253 u. f. nach 1.8. Mor. 
10,30). Des Periplus Nachrichten find mit diefer Lage von Mufa 
Emportum gut vereinbar; denn ausdrücklich fagt deſſen Verfaſſer, 
dag es ein großer Kaufmarkt fer, der aber feinen Hafen habe 
(Zunögıov 7 MovLa ürkluevov), daß jedoch die Schiffe daſelbſt 
gute Anfuhrt Hätten, weil der Grund fandig fei, in dem 
die Anfer feft halten. Diefelbe Befchaffenheit giebt dem heuti= 
gen Mochha einen Vorzug) vor faft allen andern benachbarten 
Hafenftellen Jemens, in welchen die Taue fehr von den Korallen— 
flippen leiden, indeß der Hafen von Mochha als fehr fiber 
gie). Mufa Emporium lag den Sabäerherrfchern im nahen 
Gebirgslande und den Himjariten- Königen aber fehr bequem, zu— 
mal zur Einfuhr wie zur Ausfuhr ihrer eigenen freilich geringen 
Producte, denn Kaffee war damals unbekannt. Der Hauptverkehr 
war zwifchen Berenife in Aegypten über Muſa Emporium nad) 
Barygaza in Indien und wieder zurück; deshalb auch die Diftanz 
von Berenife nah Muſa für die Schiffer im Beriplus auf 1200 
Stadien angegeben iſt (Peripl. Mar. Erythr. 1. c. p. 12), was nad) 
Vincent's Berechnung mit Mochhas Lage gut fiimmt®). Mufa 
war dad geſetzmäßig von ven Sabäaern beftimmte Empo— 
rium, und ganz von foldyen Urabern bewohnt, die der Schiffahrt 
und der Meere jehr kundig waren, 

Der Periplus fagt, von diefem Mufa Emporium land— 
einwärts Habe, in der Entfernung von 3 Tagereiſen, die Stadt 
Saue oder Save (Iavn over Sava? nach Salmaf. etwa Saba) 
gelegen, in der Mapharitis (oder Maphartis) genannten Lande 
Schaft, in welcher ver Iyrann Cholaebus (Xoduıßog, d. i. Cha— 
leb) geberrfcht; aber 9 Iagereifon weiter folge Aphar, die Me— 
tropole, im welcher ver legitime König der Homeriten (Him— 
jariten) und Sabäer, Charibael (Kagıßanı) feine Nefivenz 
gehabt, der mit den römischen Katfern befreundet ſei, denen ex öfter 
Gefandtfchaften ſchicke (f. ob. ©. 243, 246, 247), Die mehrfachen 
Aphar und Zafar, Taphar, von denen wir fehon oben gefpro= 
hen (ſ. 06. ©. 252), fo wie der in verfehieonen Formen wiederfeh- 
rende Titel bei arabifchen Stävten, die Saba, Supte, Sabota 


*0) Bruce, Reifen, Ueberſ. ven Volfmann. Leipzig, 1790. 8. Th. 1. 
©. 357. ) Vie. Valentia, Voy. and Trav. Vol. Il. p. 344. 
°®) Vincent, Commerce and Navig. etc. Vol. Il. p. 296, 313, 





Arabien; Jemen, Mochha die Hafenftadt, 771 


u. a. (1. ob. ©. 76, 78, 79, 56, 40 u. a. D.) heißen, macht die ges 
nauere Jdentificirung diefer im Periplus genannten Reſidenzen, etwa 
mit Taäs am Berge Sabber, was etwa 3 Tagereifen fern Tiegt, 
oder mit der Sabota bei Plinius (H.N. VI. 32), over mit Ze— 
bid der fpätern Zeit, zu fchwierig, um bier zu einiger Gewißheit 
gelangen zu Fünnen, wenn nicht etwa himjaritifche Inferiptionen 
einmal darüber Aufichluß geben werden. 

Die fichere Rheede der modernen Stadt Moc *a Fönnte 
alſo ſehr wohl zur Blüthezeit von Mufa Emporium uuch fchon 
deſſen Anferftation geweſen fein, ohne daß das Meer bier, 
was ſchwerlich zu bemweifen fein möchte, vole 9 Stunden weit ſich 
in Zeit von anderthalbtaufend Jahren brauchte zurückgezogen, over 
das Land fo viel gehoben zu haben, wenn auch geringere Wechfel 
in der Gejtadebildung wol hie und da unverfennbar innerhalb dv 
Nothen Meered hervortreten. Niebuhrs Anficht, als fei wenig— 
ſtens ein Theil diefer Flachküſte erft jüngerer Bildung und aus 
allmähligem Anwachs, wie fih IrwinW) ausdrückte, durch 
die geheimen Wirkungen der Natur, hervorgegangen, glaubte Lord 
Balentia6W) durch die Schichtenbeſchaffenheit des dort ganz 
flachen Bodens unterftügen zu fünnen, welche bei einer Brunnene 
grabung, welde Mr. Pringle vornahm, in dem innern Hofe 
der englifchen Faftorei (im Jahre 1806) folgende Daten von oben 
nad unten gab: 1) Abräumung des Schutted von Baulichfeiten 
an der Oberfläche, 8 Buß tief, bis zum Niveau der Meeresfläche; 
2) Thonſchicht, 2 Fuß tief; 3) Seeſchlamm, 1 Buß tief; 4) Trüm— 
mer von Madreporen und Mufcheln, 6 Buß; 5) Sand und See— 
mufcheln, 11 Buß tief; fo daß das Tehama hiernad) allerdings bie 
in eine Tiefe von 28 Fuß aus Seeboden zu beſtehen fcheint, wenn 
man diefed ganz nahe an dem fer gewonnene Reſultat auch 
in das tiefere Binnenland übertragen darf. Dad Meer, das vor 
einiger Zeit noch die Mauern von Mochha beipült habe, Tiege ge— 
genmwärtig, fagte Valentia, allerdings in einiger Ferne davon. 

Von Mochhas jüngerer Entftehung giebt auch) das Tages 
buch der Schiffahrt der türfiichen Flotte Beweis, weil e8 im Jahr 
1538 von diefem Orte nur noch als von einem bloßen Gaftelle 
fpricht 4), meldhed nach dem Didhihannuma erft von einem tür— 


*) Eyles Irwin, Begebenheiten einer Neife auf dem Rothen Meere, 
aus den Engl. Leipz. 1781. ©. 17. 000) Vic, Valentia, Voy. 
and Trav. Il. p. 343. ') D’Anville, Deser. du Golfe Arabigq. 
l. c. p. 253. 


Gce2 


772 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 72. 


fischen Bafcha, Aivin-Iu Mohammed, zu einer Feftung erhoben 
worden, welde auch das legte Beſitzthum der Türken blieb, von 
denen es durch Abfauf an Jemen zurückfiel. Aus jenen Zeiten 
mögen wol die Stadtmauern und die beiden Die Rheede jchügenden 
Gaftelle herrühren, die Niebuhr dort noch bejchreibt, fo wie viele 
leicht auch verfchtedene runde Wartthürme, Gaftelle genannt, deren 
mehrere auf dem Wege landein nah Muſa liegen, wie z. B. einer 
bei dem Brunnen Beleile. Auch die Sage der Eingebornen von 
der Entftehung Mochhas meifet auf feine kurze Blütheperiode 
zurück, die mit der Geſchichte des Kaffeegemächjes und ſei— 
nes Verbrauchs in genauer Verbindung ſteht, da der Handel 
mit Kaffee erſt die Stadt in Aufnahme gebracht hat. Sie ver— 
dient als eine einheimiſch beglaubigte Sage, welche auch Lord Va— 
lentia von den gebildetſten Bewohnern ?) Mochhas in gleicher 
Art wie an Niebuhr überliefert ward, hier ſchon in fofern der 
Beachtung, da Kaffee, dad Hauptproduct von Arabien, ges 
genmärtig feinen Sauptreihthum ausmacht. 

Sheifb Shädeli?), ver Patron oder Schugheilige von 
Mochha, fol auch ihr Begründer gewefen fein; in einfamer Hütte 
Iebte der fromme Gremit, der durch feine Lehre Pilger und Reis 
ſende, nicht felten auch die Neugier der fremden Schiffsleute, an 
jich 309g, die von Winden an diefe Küfte getrieben im fichern An— 
fergrund Schuß für ihre Schiffe fanden. Der fromme, damals noch 
wenig befannte Sheikh, empfing feine Gäfte jehr freundlich und be- 
wirthete fie, nad) der Sitte der arabiichen Gaftlichfeit, mit einem 
Trank, ven er ſelbſt ſehr liebte und dem er viele Tugenden zu— 
Schrieb. Es war der Kaffee, den die Inder nicht Fannten, den fie 
für eine wärmende, fräftige Arznei hielten, und fie deshalb ihrem 
franfen Sciffdcapitain zur Genefung brachten; denn der Sheifh 
verficherte, durch den Trank und fein Gebet werde diefer fchon 
geheilt merden, und großen Gewinn haben, wenn er an dieſem Orte 
feine Waare nur and Land bringen wollte. Der Genefene fand bei 
den eben fehr zahlreich um die Hütte ded Sheifh verfammelten Pils 
gern, unter denen auch amfehnliche Kaufleute, einen guten Abſatz 
feiner Waaren. Nach Indien zurückgekehrt breitete ſich die Nach— 
richt von der Heiligkeit des Cheifh, von feinem Wundertranf und 
von den vortheilhaften Gejchäft bald weiter aus, eben fo wie in 


9 —— Voy. and Tray. II. p. 344. ) Niebuhr, Reif. 





Arabien; Jemen, Mochha die Hafenftadt. 773 


Arabien die Zahl der Pilger zu ihm fi fo mehrte, daß bald 
bei feiner Hütte ein Dorf entftand, aus dem eine Sandeleftadt er« 
wuchs, und über dem Grabe des Sheikh eine Mofchee fi 
erhob, die bis Heute ſehr ſtark bemallfahrtet wird. Noch heißt der 
Hauptbrunnen in Mochha, aus dem ale Ginwohner ihren Tranf 
holen, der Schäveli, das Stadtthor der Landſeite heißt Bäb- 
Schädeli Y. Des Sheikhs Nachkommen genießen einer befondern 
Beneration unter dem Bolfe in Mochha, das täglih „beim 
Schädeli“ jchwört. Sein Name bleibt unvergeffen, wie die Nas 
men von Mohammed, Alı und Huſſein anderwärte. Aber Schä— 
deli ift nicht bloS ver Heilige der Stadt Mochha, jondern aud) 
ver Batron aller Kaffeewirthe, die zur Secte der Sunni ge= 
hören, die feiner alle Morgen in ihrem Fatha (Gebete) in allen 
Kaffeeſchenken gevenfen. Sie rufen ihn nicht an, fagt Nies 
buhr, danken aber Allah, daß er dem Menfchengefchlecht durch 
Sheikh Schädeli ven Gebrauch des Kaffeed gelehrt babe, 
und bitten ihn, daß er auch deffen Nachkommen gnädig fei. 

Da die große Grab-Mofchee Sheifh Schädeli's aufßer- 
halb der heutigen Stadt liegt, fo ift es wahrfcheinlich, daß dieſer 
heutige, jüngere Theil derfelben näher an die Meeresküſte gerüdt 
it, ald die erfte Anfievlung lag. Im Befig des Imams von 
Sanaa wurde früherhin dad einträgliche Amt eined Dola (Statt« 
halter) zu Mochha nur Gliedern angefehener Familien gegeben, 
die aber nicht felten Neichthum und Anfehn, die auf diefem Poften 
gewonnen werden fonnten, zu ihrer eignen Erhebung mißbrauchten. 
Der Dola vor Niebuhr’s Zeit, der in diefer Zolftadt große 
Reichthümer gefammelt hatte, ließ fie mit einem Feftungdgraben 
umziehen, um fi) unabhängig zu machen, wurde aber noch 
frühzeitig abgefegt und in das Gefängniß geworfen. Seitdem ließ 
man einen Dola höchitens nur 2 bis 3 Jahr im Amte, und for« 
derte ihm jährlich gleih nad) vem Maufim (vd. i. die Zeit von 4 
Monat, April bis Juli, in welcher die indifchen Schiffe mit 
dem SW -Monjun wieder zurücdzufchiffen pflegen) die Rech— 
nungdablage ab, worauf denn feine Betätigung für das nächſte 
Jahr im Amte, oder die Zurücdberufung nah Sanaa zu erfolgen 
pflegte. Neuerlicy ward dieſe Stelle nur noch Günftlingen und 
Sclaven?) gegeben, die leicht wieder abzujegen waren. 


Niebuhr, Neif. I. Tafel 72, wo der Grundriß von Mochha. 
°) Vic. Valentia, Voy. and Tr, Il. p. 335 


774 Weſt-⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Bor hundert Jahren war Mochha ©) durch ihren Handel die 
einträglichite Stadt in Jemen, befaß viele reiche arabifche und 
indifche Kaufleute, aber noch Feinen dort anfaffigen Europäer oder 
Chriſten; einige Suden außerhalb der Stadt, und 600 bis 700 Ba— 
nianen, Nasbutten und andere Hindoftaner ald Kaufleute 
oder Handwerker, und nur alle zwei Jahre Fam, zu Niebuhr'd 
Zeit (1763), ein englifcher Oftindienfahrer dahin, um Kaffee zu 
laden. Seit 7 Jahren hatte Fein franzöfiiches Schiff dort gelandet, 
feit vielen Jahren Fein portugiefiiches, und auch Holländer warfen 
nur ſehr felten einmal in Mochhas Hafen ihre Anker aus. Die 
engliſch-oſtindiſche Compagnie hatte zwar in Mochha, wie 
in Beit el Fakih, für beflindig Häufer zu ihrem Gefchäftäbetrieb 
gemiethet, aber ihr Beamter war noch folchen Mißhandlungen uns 
terworfen, daß er jährlich nach Indien zurüdfehrte, wenn feine Ge— 
jchäfte beendigt waren. Im Jahre 1763 waren, außer den zwei 
Handelsfchiffen nah Mochha, auch noch 3 engliihe nah Dſchidda 
gegangen; ven Verkauf ihrer Waaren ließen fie durch Makler be= 
forgen. Der Hafenzoll, den türkifche, arabifche, indiſche Schiffe, 
nah Bifitation und Abſchätzung ihrer Ladungen auf den Schiffen 
durch arabifche Beamte, zahlen mußten, 10 Procent, brachte den— 
noch viel ein; Europäer gaben nur 3 VBrocent, und hatten den Vor— 


theil, ihre Waaren fogleich in ihre Magazine bringen zu dürfen; 


die noch fehlenden 5 bis 7 Prozent mußten die arabifhen Ab— 
fäufer der Zollbude nachzahlen. Auch für die Ausfuhr des 
Kaffee? zahlten vie Engländer nur 3 Procent, und. erhielten ſo— 
gar, wenn fie ein großes europaifched Schiff ganz mit Kaffee bes 
luden, vom Dola zu Mochha eine Prämie von 400 Dollar. Hier— 
durch wurde das bisher einheimifche Schiffergewerbe der Araber 
ungemein gedrückt und durch die europälfche Rheederei verdrängt. 
Mochhas einheimiicher Handel Eonnte nicht fteigen und befchränfte 
ſich nur auf die großen Vortheile, die ihm feine ftarfe Kaffee-Aus= 
fuhr bot. Jedes europäifche Schiff mußte dagegen einige Hundert 
Thaler Anfergeld zahlen; ein Dreimafter das Doppelte von 
einem Zmweimafter, wenn er auch nicht größer war u. d. m. Den 
noch betrug die Rückfracht der europäifchen Schiffe, die mit indi— 


ſchen Waaren nah Mochha und Dſchidda gegangen waren, be= * 


deutende Geldſummen in Silber bei ihrer Rückfahrt. Da alle 
Zahlungen mit dem Maufim gefchlojfen fein mußten, die Araber 


606) Niebuhr, Reif. I. ©. 442; deſſ. Beſchr. von Arab. ©. 222. 


— — — 


- —— 


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Arabien; Jemen, Mochha die Hafenftadt, 775 


aber fo Tange als möglich mit ver Auszahlung zögerten, fo. hatte 
das Teste nach Indien aus Dſchidda zurürfehrende Schiff eine 
Gelvbeladung von einer Million Dſchidda-Piaſter Silbergeld. Das 
Mochhaſchiff, mit dem Niebuhr nad) Bombay fegelte, 250,000 Spe— 
cies in Silber und venetianifchen Dufaten, und auch andre Schiffe 
aus Dſchidda und Basra gingen mit folchen baaren Geldſummen, 
die über die Türkei im den arabifchen Handel zur Nücfracht Famen, 
nach Indien zurück, dem fo wie China jährlich die größte Maſſe 
baaren Silberö aus Guropa zufloß. Niebuhrs Unterfuchung die— 
fer Berhältniffe ging darauf aus, auch feinen Sandöleuten, den 
Dünen 7) ven Vortheil ſolchen Handelsverkehrs zuzuwenden, obwol 
er zugleich die Schwierigkeit einſah, da die Araber zur Zeit nur 
noch wenig europäiſcher Waaren bedürftig waren, und der Ge— 
winn bei ſolchem geringen Abſatz nicht groß fein Fonnte, wenn 
nicht etwa Eifen und Leinwand, zwei Artikel, die in Arabien 
viel Nachfrage haben dürften, davon eine Ausnahme machten. 

Gin Halbes Jahrhundert jpäter (1806) hatte manches ſchon 
eine ſehr veränderte Geſtalt gewonnen; es war die Periode, als die 
Streitkräfte der Wehabis noch im ſiegenden Fortſchritt das ganze 
Tehama ſchon überwältiget hatten, und nun auch ſchon Mochha 
mit einer Belagerung bedrohten, der neuere Türkeneinfluß un— 
ter dem Vicekönig von Aegypten aber noch nicht bis hierher vor— 
gedrungen war. 

Das Schiff Lord Valentia's, der — warf feine Ans 
fer auf der Rheede von Mochha im Sandgrunde, 4 Mil. engl. 
fern von der Stadt, in 4 Faden Tiefe aus. Die Anficht der Stadt 
von der Meeresfeite 8) war ganz imponirend durch vie drei hohen 
Minarets der Moſcheen, die Kuppel ded runden Doms der Haupt— 
mofchee, die vielen Kubbehs oder Fleinen Dome von Orabfapellen, 
die über der einförmigen Linie der Plattvächer ver blendend weiß 
übergypften Privathäufer hervorragten. Auch die wenigen öffent 
lichen Gebäude, wie ver Palaſt des Dola, des Bas Kateb over 
Staatöferretaird, de großen Serai, das einft zur Türfenzeit für 
den Großſultan erbaut ward, machten, wenn auch keineswegs ar« 
chitectoniſch bedeutend, doch in ihren meift gegen die Meeresſeite 
gerichteten Kauptfacaden, durch ihren jaracenifchen Styl, mit Thür— 
men, VBorbauten, Grenulirungen, phantaftifchen Ornamenten von 
) Niebuhr, Reif. I. ©. 447. ) Vie, Valentia, Voy. and Tr. Il. 

p. 327, ſ. drei Kupfertafeln des Atlaffes mit Anfichten von Mochha. 





776 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72, 


Balkonen, Eleinen Gitterfenftern, Holzichnigwerf einen romantijchen 
Eindruf. Die zwei vorfpringenden, an fich unbedeutenden Caſtelle, 
die durch ein einziges europäifches Kriegsichiff ſogleich in Grund 
geichofjen fein würden, welche zu beiden Seiten ven gefrümmten 
Hafen flanfiren und bejchügen jollten, gaben der Stadt von außen 
ein Anſehn, dad innerhalb der Thore in den engen, fchmugigen 
Gaſſen und zerfallenen Quartieren völlig verſchwindet, wo die Erd— 
oder Steinhäufer, ohne Kalkverband und Mörtel, leicht aufgeführt, 
eben jo fchnel wieder in Nuinen zerfallen, und Feine Spur frühes 
rer Größe zurücklafren können, ald Schutthaufen. Auch das große 
Gebäude der englifchen Factorei, das feit Niebuhr's Zeit 
bier einen wenigſtens fichern Aufenthalt gegen die Avanien ver 
Araber gewährte, litt an den Unbequemlichkeiten aller winfligen 
arabifhen Wohnungen, bei denen ungleiche Haudfluren und Fuß— 
böden, in den oberften Stockwerken Kleine Fenſter mit fefteingejegten, 
nie zu öÖffnenden Scheiben vor Marienglad, das von. Sanaa 
fommt, leichte Verbrennlichkeit, große Hite in den obern Räumen, 
ftinfende ungefunde Umgebungen u. f. mw. herkömmlich find. Die 
Stadtmauer, 16 Fuß Hoch gegen die Meeresfeite, 30 gegen die Land» 
feite, mit Batterien befeßt, deren Kanonen aber alle zur Vertheidi— 
gung unbrauchbar, Fonnte bei einer ganz fchlechten Garnifon höch— 
ftend der Attacke einer Wehabi-Cavallerie wiverfteben, die in der 
Kunft ver Stüdtebelagerung noch ganz unwiſſend waren. Außer— 
halb ver Stadt, vor dem Eingang in ihre öde, dürre, traurige 
Umgebung, ziehen fich anfehnliche Dattelpflanzungen hin, de= 
ren Bäume aber durch ihren Früppligen Wuchs ven fahlechteften 
Boden und nachtheiligen Einfluß heftiger Südweſters verrathen, 
und weder mit der Schönheit der Agyptifchen Balmbaume 9), 
wie ſchon Bruce bemerkte, zu vergleichen find, noch mit dem faf- 
tigen Wuchfe der indifchen, veren friſche Anſchauung noch Cord 
Valentia, bei feiner Ankunft dafelbft, zu gegenwärtig war. Zwei 
Dörfer oder Vorftädte von Mochha, die Hütten ver Samau— 
lis nach ver einen Geite, und die der Juden nad) der andern, 
liegen hier, welche Teßtern den beraufchenden Dattelbranntwein 
und Balmmwein bereiten, der fo viele der dort landenden Matro— 
fen zum lieverlichen Leben mit arabifchen Dirnen verführt, aus de— 
ren Umſtrickung fie fih nur dadurch retten, daß fie Nenegaten 
werben, wozu die Moslemen allen möglichen Vorſchub thun. Das 





602) Druee, Reifen a. a. DO. I. ©.357. 





Arabien; Jemen, Moda die Hafenftadt, 777 


Volk in der Stadt 10), bemerkte Balentia, habe alle Laſter der 
Givilifation ohne ihre Vortheile, da fie, roh wie zuvor, nur mit 
Unwiffenheit und Aberglauben, mit Graufamfeit, NRachfucht und 
Habſucht auch Hochmuth, Stolz, Prahlerei, Scheinheiligfeit, Falſch— 
heit, Zügnerei verbinden, und nicht von der nobeln Art ver Ber 
duinen-Tribus befigen, die ihre Lafter, aber auch ihre Tugenden fich 
erhielten. Don ven ‚drei Beamten, die in Mochha ven Divan, 
d. 1. Die Regentſchaft führten, wobei der Dola nur eine berathende 
Stimme hatte, war der damalige Dola, ein Sclave des Vizirs 
von Sanaa, ein hartherziger Geizhals, der eine neue Methode er— 
funden hatte, von den reichen Banianen Geld zu erpreſſen, indem 
er ſie in Gemächer einſperren ließ, die er mit Schwefeldämpfen 
heizte. Der Bas Kateb, d. i. der Staatsſecretair, war ihm zur 
Gontrolle gelegt; der Kadi war der dritte, ein rechtlicher Dann, 
der die Stadt im Frieden erhielt. 

Die Samaulid, deren Niebuhr noch nicht befonderd er— 
wähnte, fcheinen fich erft in neuerer Zeit hier wie in Aden, Ma= 
falla (j. ob. ©. 629) und in andern Hafen Südarabiend ald tüch- 
tige Schiffer und Handelsleute verbreitet zu haben, wozu eine Art 
Navigationdacte!!) wol nicht wenig beigetragen, durch melche 
fie die arabifchen Schiffe von ihrer heimifchen Küfte ausſchlie— 
Ben, und ihre Landesproducte nur in eignen Dows außer Lanz 
des führen, direct in die arabifchen Häfen, durch welches? Mono— 
pol ihnen jeve Ladung den enormften Gewinn bringt, der meit die 
50 Procent überfteigt, die fie gewöhnlich ald ihren Gewinn ange— 
ben. Bon Hindufaufleuten, Gentoo oder Banianen genannt, 
zählte Balentia weniger ald Niebuhr, nämlich nur 250 Kaufe 
leute in Mochha, 30 in Beit el Fakih, 50 in Zebid; unter 
denen in Mochha waren aber fehr reiche, die mit bedeutenden 
Summen ihres Gewinns nad) Indien zurüczufehren pflegten. Der 
Handel von Mochha hatte fich offenbar fehr vergrößert, da außer 
den britifchen Handelsſchiffen auch feitvem fehr viele ame— 
rifanifche Schiffe, die früher ganz fehlten, nun jenen aber vie 
Marktpreife vervarben, hier als Nivalen der Briten aufgetreten wa— 
ren. Der Verbrauch aus andern Kaffeeplantagen, wie aus Java, 
der Infel Bourbon, aus den amerifanifchen Colonien, hatte 
die Kaffee-Erporten aus Mochha neuerlich beichränft, fo wie 


‘) Valentia 1. c. 11. p. 336; vergl, Niebuhr, Neif. I. ©. 446. 
) Valentia 1. c. II. p. 355 etc. 


778 Weft- Afien, IV. Abtheilung, $. 72. 


das verfuchte Kaffee-Monopol des Vicekönigs von Aegyp— 
ten ebenfalld dem Kaffeehandel andere Richtungen gab und ihn von 
Mochha nah Aden, Loheia u. a. D. ablenfte. 

Da Mochhas Haupterporten nur in Kaffee beftanden, fo 
konnte der Kandel dieſes Hafens in den letzten Jahrzehenden nicht 
eben in größern Schwung kommen, ald er zuvor gemefen. Leber 
die Zuftinde des Kaffeehandels, zu feiner Zeit (1806), hat 
Lord Balentia in Mochha!?) die volftändigfien Auffchlüffe ges 
geben. Im frühern Zeiten, ald alle Kaffee- Ausfuhr von Je— 
nen über deſſen Häfen, zumal von Loheia, auf arabifchen Dows 
bi8 Diehidda, dem Hafenorte Mekkas, zu ging, wurden die Kaffee— 
bohnen von da auf türfifchen Schiffen nah Suez, Alerandria 
und fo nach Europas Häfen des Mlittelmeeres gebracht, oder von 
Mekka Pilgern zu Rande aufgefauft, die fie mit gutem Ges 
winn in den Ländern de3 türkischen Reichs weiter bis Conftantinp- 
pel verbreiteten. Seitdem fich die Seehandlung durch Umſchiffung 
des Caps der Guten Hoffnung im 17ten Jahrhundert nach Indien 
belebte, wurde durch die großen Oftindienfahrer, die den Kaffee in 
Jemen auffauften, der Tranfito-Zol diefer Waare in Aegypten fo 
ſehr vermindert, daß die Pforte deshalb eine eigne Embaſſade nach 
Sanaa ſchickte, fich über dieſes neue Sandelsfyftem zu beflagen, 
und zu verlangen, daß Fein Kaffee anders ala über Aegypten aus— 
geführt werden dürfte. Bis zum Jahre 1803 war die mittlere 
jährliche Quantität Kaffee, die über Oſchidda nad) Aegypten 
ging, 16,000 Ballen. Damald kam das erfte Amerikaner Schiff 
zum Kaffeenuffauf nah Mochha. Durch feinen großen Gewinn 
gereizt, folgten ihm viele andere feiner Landsleute, jo daß ſeitdem 
nur noch halb fo viel nah Aegypten ging, bis in neueſter Zeit 
während Mehmed Ali's Herrichaft der Verſuch gemacht wurde, das 
Kaffee Monopol audichlieplid Aegypten zu vindieiren. 

Zwar hat in diefer letzten Zeit, im Jahre 1843, der franzöſi— 
Ihe Botaniker Botta®) fi während 3 Monaten in Mochha 
aufgehalten, da er aber beftindig krank war am böfen Wieber, das 
die schlechten Waffer, die Sümpfe, die Salzefflorecenzen und die 
Hitze jo gefährlich machen, jo Fonnten von ihm feine neuen Be— 
obachtungen ausgehen. Gr bemerkte nur den großen Verfall 
diefer Stadt, der nothiwendige Bolge fei der beftindigen Bür— 


612) Vic. Valentia, —* and Trav. II. p. 345 — 353. 10) Botta, 
Relation |. c. p. 134. 


Arabien; Jemen, Mochhas Clima. 779 


gerfriege, ver Monopolifirung der Saupterporten durch Meh— 
med Ali, und des damit in Verbindung ftehenden Druds im Han— 
del und Verfehr. Dennoch, aller Nivalitäten von Hodeida, 
Loheia, Aden ungeachtet, ſei Mochha doch immer noch das 
Hauptemporium in Jemen für —— und Einfuhr 
indiſcher Waaren geblieben. 

Das Clima in Mochha!*) wird in der Stadt Mochha ſehr 
ſchwül befunden, zumal wenn der S.D.-Wind vom heißen Afrifa 
berübermeht, der bei dem fchmalen Uebergange über Bab el Man= 
deb fich über ven Waffern nicht abkühlen kann. Diefer Monſun— 
Mind fol 8 Monat im Jahre vorherrfchen, und oft fo heftig we— 
ben, daß alle Communication der Schiffe dadurch unter fich lange 
Zeit gehindert werden Fann. Nur 3 bis 4 Monate (April, Mai, 
Juni, Juli) weht dagegen hier im Hafen der Nordweft, vie 
Zeit des Maufim (Moufjon, Monfun), wo e8 dann nody heißer, 
die Luft dabei aber Hell und heiter if. Schon Niebuhr bemerkte, 
daß jedoch zwiſchen dieſen keineswegs fo ganz regelmäßig, halb» 
jährig mwechfelnden, wenn ſchon vorberrichenden Winden, zumeilen 
auch andere eintreten, wie er felbit im Auguft deren von N.W., 
W. und S. W., auch einmal von DO. her, beobachtete. Die grö— 
Bere Regelmäßigkeit jener wechfelnden Monfjune reicht aber 
norbwärtd nur etwa bis Dſchebbel Tarr (Teir), Loheia gegen- 
über, wo die Winde das ganze Jahr hindurch mehr variabel 
ſein ſollen; und ſogar Umkehr der Wechſel findet nordwärts 
Coſſeir der Küſte von Leukekome gegenüber (ſ. ob. ©. 123) 
ſtatt, von wo an bis Suez der Wind von N.W. her mehr als 8 
Monat hindurch vorherrſchend wird, wonach die Schiffahrt des Ro— 
then Meeres ihre Einrichtung treffen muß. In Mochha pflegt bei 
den vorherrſchenden S.O. ein dichter Nebel die gegenüberliegende 
afrikaniſche Küſte ganz zu überdecken; aber in derſelben Zeit wo 
die N.W.-Winde beginnen, fangen auch die afrifanifchen Berge und 
Inſeln an fich zu zeigen. Die hoben Berge von Affab, auf dem 
Gegengeftade, werden dann von Mochha aus fihtbar, obwol fie 
bis 70 engl. Miles von der Stadt (nach Valentia's Meffung) ab» 
ftehen, was dann einer großen Brechung der Kichtftrahlen in der 
Atmosphäre zugeichrieben werden muß, da dann auch viele fonft 
gar nicht fichtbare Vorgebirge an die Oberfläche hervortreten. Cine 
Art Tata Morgana, wie am Gap Ifolette (j. ob. ©. 354)? 


+) Miebuhr, Neif. , ©. 445; Valentia II. p. 341. 


780 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $.72. 


Zu den merkwürdigen Phänomenen gehört dann auch dad Hervor— 
treten der Sonne beim Aufgange über dem Meeresfpiegel nicht 
ald runder Feuerball, ſondern ald große Teuerfaule, eine Be— 
obachtung Valentia's 5), welche ver Glaubhaftigfeit ded oft ver 
Vabeleien beſchuldigten Agatharchides gar fehr zu Statten fommt 
(ſ. 0b. ©. 248; es ift im Agatharchides ed. Hus. I. p. 67 das 
vierte Phänomen, dad er von der Sonne angiebt: zai To oynuc 
dE 00 dioxosidis Eyeım TovV 7Aıov, paolv, dAAk ziovı nayei Ta 
ye noWTo Zupeon #. T. A., i. e. nec sol ad disci formam se 
habet, sed crassam refert columnam prineipio, cujus a summo 
species aliquanto plenior, quasi caput appareat etc.). 


3. Weg von Mochha über Muſa nah Tags, nach Nie 
buhr (1763). 


Don Mochha nah dem Dorfe Muſa find 4%, deutſche Mei- 
Yen16), über einen Sandboden, der oft Salgeffloredcenzen zeigt 
und nur mit einzelnen grünen Mimofen, aber mit vielen nievern 
Salicornien und andern Salzpflanzen bemwachfen, ein wie 
verfengtes braunes Anfehn zeigt. Das Dorf, am Fuß der erften 
Borge erbaut, dient wegen feiner fchönern Sage, feiner Fühlern 
Bergluft und der Quellwaſſer den Kaufleuten in Mochha öfter zum 
Sommeraufenthalt. Es entſpringt hier ein Fluß, ver zu ges 
wijien Zeiten vol Waſſer ift, das fich jedoch meift im Tehama— 
Sande verliert, ohne das Meer zu erreichen. Doch muß er vor Zeis 
ten auch feinen Lauf bis Mochha gefunden haben, da er dort einen 
Theil der Sudenvorftadt wegſchwemmte, die in der Vertiefung feines 
meift trocden liegenden Bettes erbaut if. H. Salt, der Muſa be— 
fuchte, hat eine Zeichnung feiner Umgebung mitgetheilt. Wir ha— 
ben zuvor ſchon die Schwierigkeit und doch auch die Wahrfchein- 
lichkeit nachgemwiefen, welche die Ipentificirung dieſes Dorfes Mufa 
mit dem einfligen Emporium Mufa bei Ptolemäus, binficht- 
lich der phyficalifchen Beſchaffenheit des Bodens, darbietet; eine 
biftorifche Vermittlung beider Localitäten bietet aber auch die in 
Arabien [ehr häufige Verlegung !?) ver Ortönamen von eis 
nem Orte auf einen andern dar; fo daß man bier annehmen dürfte, 
daß der Name von einem -frühern Emporium am Meere, nad 





615) Valentia, Voy. and Trav. II. p. 342. 16) Niebuhr, Neif. I. 
©. 373; Valentia II. p. 343. '”) F. Fresnel, Lettres in Journ. 
Asiatig. Sept. Oct. 1845. p. 221— 222. ı 


— a ————— 


EEE 


Arabien; Jemen, Weg nach Taäs. 781 


deſſen Verfall, nur auf ein tiefer landein liegendes Dorf übertragen 
worden wäre, bevor noch die moderne Stadt Mochha an der Stelle 
oder doch in der Nähe des frühern Emporiums Muſa wieder em— 
porgeblüht war. Solche Transpoſitionen von Namen ſind z. B. 
von Sanaa in neuern Zeiten auf Mareb übergegangen, das auch 
Sanaa genannt wird; von Zhafar am Ocean auf Jerim im Bin— 
nenlande Jemens (ſ. ob. ©. 252) u. a. m. 

Don Mufa erreichte Niebuhr in vier Tagemärſchen die 
Stadt Taäs: 

Erſter Tag (10. Juni). Im großen Wadi (Wadiel Kbir), 
demſelben der Muſa durchzieht, aber in dieſem Monat nur wenig 
Waſſer hatte, eine Strecke aufwärts; dann gegen N.W. auf die 
Berghöhe zum Dorfe Oräſch auf der Grenze des Amtes Mochha, 
wo alle Sonntag Markt, d. i. Suf, gehalten wird, daher jolchen 
Drten felbft der Name Suf, d. i. Markftfleden, gegeben wird. 
Statt der Wirthöhäufer findet man hier am Wege nur Kaffees 
hütten, Mofeija genannt, in denen Kahhwe, d. i. Kaffee, oft 
eigentlich nur Kifcher, d. i. das leichtere Getränk ver Kaffee 
ſchalen, den DVorüberziehenden gereicht wird. Sufs und Mo— 
keijas 18), die meift nur fehr jchlechte Herberge darbieten, find nebft 
den Städten in Jemen die Nuheorte der Neifenven. 

Zweiter Tag (11. Juni). Ueber jchlechte Bergwege, an eis 
nem fruchtbaren Gebirge Kamära vorüber, deſſen Bewohner fehr 
unabhängig, nad) Elbarach und Manfari. 

Dritter Tag (12. Juni). 6% Meilen weit bis Dorebät, 
einem Städtchen, oben auf einem Berge gelegen, ver Sit eined 
Scheikhs oder Schedy; unten am Fuß liegt der Marftort (Suf). 
Man zeigte hier ein in Stein gehauenes Gefängniß. 

Bierter Tag (13. Juni). Bon da in 4, Meil. nad) Taäs. 

Taäs 19), unter 13° 3A N Br. nah Niebuhr's Obfervation, 
“ war die glänzende Nefivenz der fo gefeierten fechäten Dynaftie ver 
Bent Reful (f. ob. ©. 731), an deren Hofhaltung Ebn Batuta 
im 3. 1332 gaftlicdy empfangen wurde (ſ. ob. ©. 235 u. f.). Wir 
haben oben jchon ihre Moscheen und Academien aufgeführt, de— 
ren Architeeturen ihr auch heute noch einigen Glanz ihrer frühern 
Blütheperiode verleihen. Die Stadt liegt auf einer Ebene, an de— 


N Niebuhr, Reif. T. ©. 313. ) Niebuhr, Befchreib. von Arab. 
©. 240 — 243; deſſ. Reife I. ©. 349 und 376— 384; nebjt Grundriß 
und Stabtanficht, Tafel 66 u. 67. 


732 Weſt⸗Aſten. IV. Abtheilung. $. 72, 


ren Nordfeite fich Hügel erheben, an deren Südſeite aber der große 
und fruchtbare Berg Sabber auffleigt, der die reichfte Gebirgs— 
flora in Semen befisen fol. Sie liegt 127, Meilen in SD. von 
Häs, 4%, Meilen von Dorebät. Die Stadt ift mit einer Bar- 
fteinmauer umgeben, in ihrer Mitte auf fteilem, 400 Fuß hoben 
Fels ift die Eitadelle, Kähhre, erbaut, und mit Kanonen be— 
jet, die für fehr feft gilt, aber fammt der Stadt von den fie um— 
gebenvden noch höhern Bergen dominirt wird; zu Niebuhrs Zeit 
lagen 60 Mann Garnifon in der Gitadelle und 500 in der Stadt; 
von Berge Sabber murden beide durch eine Wafferleitung 
mit gutem Waffer verfehen. Mitte Juni fand Niebuhr das 
Clima angenehm, und alle Nachmittage murde e8 durch Regen— 
Schauer abgekühlt. Noch neuerlic fand Seegen?0), wie ſchon 
Niebuhr, die Stadt im Innern in viele Trümmer zerfallen; nir= 
gende, fagt Seeten, habe er jchönere Mangos wie in den Gär- 
ten von Taas gejehen. Südwärts der Stadt, gegen Aden zu, 
fand er dad Land weit veröveter als gegen Nord nad) Sanaa zu; 
der Weg dahin führte über Schwarzes, vulcanifches Geftein, dann 
weiterhin über Saspis, Borphyr und Manvdelftein, vie Vor— 
berge de8 Sabber aber und fein Fuß beitehe, nach ihm, aus 
Granit. Ueber der Stadt fieht man die Ruinen zweier alten 
Städte, Dddene und Thöbad. Die erfte ſoll anfangs der Sitz 
der Könige gemwefen fein, bi8 ISmael Mülf, ein bei ven Sunni— 
ten berühmter Heiliger, welchem als Batron von Taaß viele 
Munder zugefchrieben werden, eine Mofchee und fein Grabmal auf 
dem niedriger liegenden Felshügel Kähhre erbaute, wo dann die 
Gitadelle @. i. El-Kahiret, wie Kairo, f. ob. ©. 724) und 
umher die Stadt fich anflevelte, jo daß auch diefe, wie Mochha, mie 
Beit el Fakih, Loheia und viele andre in Jemen, ihren Urfprung 
der Stiftung von Sanctid verdantten. Thöbad (El Dubab 
im Diehihannuma, ſ. ob. ©. 725), im Südoft der Stadt, auf min 
der ſteiler Höhe des Sabberbergs, zeigte noch Ueberrefte einer Stadt— 
mauer und einer Mofchee, mit fufiichen Infchriften. Zu Niebuhrs 
Zeit ftand der Dola von Taäs in fortwährender Fehde mit den 
vielen unabhängigen Schechs, welche ven Dichebbel Sabber 
beherrjchten, der, nach Niebuhr ein fehr großes Gebirge, aud 
vielen Bergen übereinanzer befteht, deren jeder feinen eigenen Na— 
men hat, und der höchfte von allen der HSöjnzelsarüuß, d. i. das 


620) Seetzen in Mon. Gorrefp. B.28, ©, 229, 


Arabien; Jemen, die Stadt Taäs. 783 


Schloß der Braut heiße. Man fagte ihm, daß Hundert Schechs 
dort, der alte ftolze Adel des Landes, meift tributlos und 


unabhängig von jeder Oberhoheit, jich jedem Commando des 


— 


Dola tapfer widerſetze, und daß deſſen fortwährend nur ſchwache 
Attaken die größte Erbitterung, Mord und Todſchlag im Lande er— 
zeugten, weshalb es dem däniſchen Botaniker damals auch nicht 
geſtattet werden konnte, auf dieſem durch ſeine alpine Vegeta— 
tion berühmten Gebirge zu herboriſiren. 

Im Jahre 1837 gelang es dem franzöſiſchen Reiſenden Botta 
zu erreichen, was Forskal verſagt war, wenn ſchon unter eben—⸗ 
fal8 wenig günftigen Umſtänden. 


4. P. E. Botta’3 Aufenthalt in Taäs, Dſchennad, und 
Befteigung Des Gebirges Sabber (1837). 

Aus einem der Bergichlöffer Sheikh Hafjans, anderthalb 

Tagereifen in NW. von Taäs, aus der Burg Cahim, wo 

Botta ald Gaft von deſſen zügellofem Sohne, vem Sheifh Ca— 


ſim, einige Zeit hindurch dad Ende der Regenzeit abgemartet hatte, 


drängte es ihn nun endlich dem Dſchebbel Sabber?!) näher zu 
rüden. So bald er vom Sheikh Saffan, der in Die Gegend 
von Taäs mit feinem Truppencorps vorausgerückt war, die Er— 
laubniß dazu erhielt, weil der Weg dahin auch gefahrlofer gewor— 
den, brach er gegen Taäs auf. Sein Weg führte ihn durch fchöne 
fruchtbare Fluren, wo Korn, Mais, Kaffees Pflanzungen auf mäßi— 
gen Höhen und Abhängen mit einander abwechfelten, zu einer wil— 
den Bergichlucht, in der ein Salzbach eine VBerfumpfung, bildete. 
In deifen Nähe war er nicht wenig verwundert, mitten im Berg— 
lande, Bflanzen??) ver Meereskfüfte zu finden. In der Nähe 
eines elenden Dorfes war vieled Bufchwerf von Dodonaea und 
Baecharis mit Elebrigen Blättern. Vom Dorfe wurde der Weg 
zum Wadi Sina fortgejeßt;- der erite Hain von Pandanus, 
einem Acht indiſchen Gemächje (Erdk. V. 52, 83; VI. 530), doch 
ohne Blüthen, zeigte fich bier. Das enge Ihal des Wadi Sina 
war bevedt mit Mirabilis Jalappa, dazwifchen Acanthaceen und 
die Belfen mit Ceropegia bewachſen. Nach 1, Iagemärfchen, in 
der Nähe von Taäs, wo man die Verheerungen der Truppen bed 
Sheikh auf den Bluren feines Alliierten, des Bürften von Taäs, 


) Botta, Relation |. c. p. 71. ) Botta, Notices in Archives 
IL. p. 69. 


* 


784 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72, 


fhon wahrnehmen Fonnte, erreichte Botta eine große Waffer- 
eifterne, Bir el Bacha genannt, die einft unter Türkenherrichaft 
gegraben ward, und ſich durch einen Aquäduct vom Dichebbel 
Sabber mit Waſſer füllte Sie wurde gegenwärtig von einem 
ungeheuern Banyanenbaume (indianifche Veige, Ficus reli- 
giosa bei Botta, aber wol richtiger Ficus indica, |. Ervf. Th. VI. 
©. 663) beichattet, der einigen hundert Menjchen Schuß geben Fonnte. 
Mehrere Arten von Feigenbäumen, alle groß und ſchön von 
Laub, bemerkte bier Botta, die uber noch nicht näher unterfucht 
find; auch eine Art mit fchönen, pappelartigen Blättern (dieſe viel— 
leicht der F. religiosa näher verwandt?), die aus den Klippen felbft 
hervorwuchs, auf denen Affenheerden fich umbertummelten. 

Am Nordabhange des Dſchebbel Sabber zeigte fih nun 
die Stadt Taäs, eine halbe Stunde fern vom Wadi Sina, in 
deſſen enger, Fühler und feuchter Ihaljchlucht, die nur wenige Stun— 
den von der Sonne bejchienen werden kann, der Sheifh Haſſan in 
einer Hausruine campirte, umgeben von feinen 3000 alles verhee= 
renden Soldtruppen. Dem Botanifer wurde auf einer Berghöhe 
über dem Lager, aber noch im Wadi, das Dörfchen Dihennäd 
(Dijennad auf Niebuhr's Karte) zum Duartier angewiejen. Der 
Meg hinauf war zu fteil für Kameele; Weiber trugen auf dem 
Kopf die Kiften des Reiſenden hinauf. Dſchennad war früher 
der Name einer der drei Hauptabtheilungen Jemen 2), zu 
Jakuti's Zeit, namlich dad Land Dſchennad zwiſchen Jemen und 
Hadhramaut. Im Dſchihannuma iſt diefes Dſchennet Owafi 
das Thal des Paradieſes (j. ob. ©. 724). 

Der Wadi Sina, eine enge Spalte?) im Gebirge, Hatte 
mehrere Dörfer mit Terrafjeneultur an ihren Geiten; die untern 
leicht zu erreichenden Terraffen find mit vielen Gärten und zahl« 
reichen Bäumen bewachien, darunter Cordia sebestena bejonders 
häufig; in ihrem Schatten liegen die Kaffees Pflanzungen. 
Dſchennad, wie alle arabifche Dörfer diefer Gegend Jemens, hat 
nur wenige Hütten aus rohbehauenen Steinen erbaut, mit Erde 
überzogen, irregulär, neben und übereinander von Terraffe zu Ter— 
raſſe dahin geftellt, wo fich Plab fand. Einige 20 arme Familien 
lebten hier von Gärtnerei und Ackerbau, und zwifchen ihnen einige 
Judenfamilien, die überhaupt bier faft nirgends fehlen. Sie 


23) v. Hammer, Wien, Sahrb. XCIV. 1840. ©. 89. ?*) Botta, 
Relation p. 76. 





Arabien; Jemen, die Stadt Taas. 735 


find hier die Handwerker, Schreiner, Goldſchmiede, Deftillateurd von 
Branntwein, der heimlich von den Moslemen oft im Uebermaß ges 
trunfen wird. Sie gehen gefleivet wie die Araber, doch mehr in 
Lumpen, tragen feinen Turban, aber zu beiden Seiten der Schläfe 
herabhängende Saarflechten und den Kopf mit einem Tuch umbun— 
den. Ihre Phyſiognomie ift von der der Araber fehr verfchieven. 
In dieſem Dorfe, zu dem den Soldaten jeder Zutritt verboten war, 
verlebte Botta einen frievlichen Monat feinen botanischen Samm— 
lungen, die er durch viele Ereurfionen in die Umgegend bereichern 
konnte. Die Ausficht vom Dorfe, dad am Norvoftabhang des 
Oſchebbel Sabber lag, ließ in der Nähe die Stadt Taäfäs und 
in der Berne das Bergfchloß Cahim erbliden. In Taäs mußte 
der dafige Imam, der fcheinheilige Nebelle gegen den Imam von 
Canaa, bejucht werden. Die ganze Ebene um dieſe Stadt fand 
Botta?) noch überall mit den Ueberreften gemauerter und cemen= 
tirter Wafferleitungen verfehen, durch welche vor Zeiten die 
Waſſer vom Berge Sabber herab überall hin vertheilt dieſelben 
Fluren befruchteten, in denen gegenwärtig nur fpärlihe und un— 
fichre Ernten gediehen, und wo der Boden mit Euphorbien und 
Dorngewächſen überwucherte, die hier ganz bejonverd bis zur 
halben Höhe der dortigen Berge fich fehr wohl zu befinden ſchei— 
nen. Die Stadtmauer von Taäs, aus Backſtein erbaut, mit Stei— 
nen geplattet, ift fehr dick, und oben fo breit, daß mehrere Reiter 
in Front darauf umherreiten können. Sie ftößt auf 2 Seiten an 
den Dichebbel Sabber an, auf deſſen Felsvorfprung die Gitadelle. 
liegt. Nicht nur von den Höhen umher wird dieſe von allen Sei— 
ten dominirt, fondern auch das Waſſer iſt ihr Teicht abzuſchneiden. 
Die amphitheatralifch erbaute Stadt liegt in Nuinen, nur einige 
20 orventliche Häuſer ſtehen noch, alles andere find jet nur elende 
Hütten, denn Niemand wagt e8 hier ein neued Haus zu bauen, fo 
wenig wie den Acker zu pflegen, va ihm dies nur Bedrückungen 
zuzieht. Von ven oben angeführten noch von Niebuhr gejehenen 
Bauten, die einft der Stadt zur Zierde und zum Ruhme gereichten 
(f. 06. ©. 724), ftehen noch zwei große Mojcheen, die Botta im— 
pofant nennt, und den fchönften in Gairo vergleichbar. ber fie 
find auch dem Ruin nahe, wie die außerhalb der Stadt ſtehenden 
Medreſſen. Den Imam traf Botta, bei der Aubienz, mit dem 
Gebet und fcheinheiligen Manieren beichäftigt (j. ob. ©. 756); er 


— 





2°) Botta, Relation p. 81. | 
Nitter Erdkunde XII Dvd 


7856 Weſt-⸗Aſien. IV. Abtheilung, $. 72. 


verlangte, der Europäer jollte feinen Neffen von einer Krankheit cu= 
riren, dieſer zog fich aber zurüd; denn, jagt er, bei Moslemen fei 
ed jehr jchlimm zu practieiren, wird ver Patient geheilt, fo hat es 
Allah gethan, ſtirbt er, fo wird der Arzt verwünjcht. 

Bei einem längern Aufenthalte im Gebirgsdorfe Diehennad 
lernte Botta über der hbaracteriftifchen untern Zone ver 
Buphorbien eine ganz andere obere Zone der wilden 
Gebirgsdvegetation fennen, die von jener ganz verfchieden ift. 
In der untern Zone ift vorzüglich die Cultur der Kaffee» 
gärten verbreitet, wo Wafferfülle, Terraffenbau und Schatten an 
warmen Abhängen und Thälern; in ver obern Zone ift hier da= 
gegen vorberrfchend die ganz eigenthümliche Eultur des Cät 
(oder Kaada bei Niebuhr), Celastrus edulis, welche zuerft durch 
Botta vollftändiger befannt geworden, und für den einheimifchen 
Verbrauch feiner etwas beraufchenden, frifchen Blattfnospen, beim 
Kauen (etwa wie Betel, Erdk. V. 859), ein gleiches tägliches Be— 
dürfnig der Eingebornen im Berglande Jemens geworden ift, wie 
der Trank ded Kaffees ſowol bei orientalen mie bei occiventalen 
Völkern. Dieje Eultur ift am audgebreitetften auf dem Dichebbel 
Sabber. 

Der Dſchebbel Sabber (kei Niebuhr; Saber bei Botta; 
Szäbber bei Seeten; Sſabr bei v. Sammer nach dem Dſchihan— 
numa), an welchen Dſchennäd liegt, ift eine Trahytmafje 26), 
höher ald die andern die ihn umgeben, von Oft nad Weft ge— 
ftreft; an feinem niedrigern Weſtende in ven Dichebbel Ha— 
befchi 27) abfallend, aber am Oſtende fich erhebend (deſſen Fort— 
ſetzung Niebuhr Dihebbel Hauban nennt)28) bis zu einer 
erhabenften Steilhöhe, weldye die vafte wellige Thalebene an ſei— 
nem Nordfuße beberrfcht, in der Taäs erbaut ift, und die weit 
gegen Nordoſt ausläuft, wo durch fie die große Hauptſtraße nach 
Sanaa fortfegt. Nach Vegetationsbeobachtungen ſchätzt ihn 
Botta höher?9) ald den Sinai, alfo über 7000 Fuß Meereshöhe; 
vom Meere bei Mochha Fann er nicht gefehen werden, weil der 
Dſchebel Habeſchi ihm in W. vorliegt, wenn diefer ſchon weit 
niedriger ift als jener 30), Er zeigt überall fehr jchroffe und 
tiefe Riffe und Erpfpalten, einer plutonifchen over trachytiſchen Be— 


626) Botta, Relation 1. c. p. 79. 27) Niebuhr, Beſchr. von Arab. 
©. 243. 28) Niebuhr, Reif. I. S. 394. 29 Botta, Notice in 
Archives II. p. 84. °°) Botta, Relation p. 139. 








Arabien; Jemen, der Dſchebbel Sabber. 787 


fchaffenheit gemäß, und nirgends Ablagerung in Bänken oder Schich- 
ten. Obwol, jagt Botta, als bis jetzt einziger Berichterftatter, 
defien Worte wir nur wiederholen Fünnen, er feinen Crater auf 
deffen Höhen antraf, jo müſſe er ihn doch feiner Befchaffenheit 
nad) zu denfelben vulcanifchen (2) Bildungen zählen. Seine 
Flanken find fo fteil, daß fie in gemiffen Entfernungen ganz ſenk— 
recht erfcheinen, jo daß man nicht begreift, wie die vielen weißen 
Flecken an feiner Seite, die Dörfer nämlich, dort haften Fönnen; 
und doch ift er überall, wo fich nur ein culturbares Fleckchen zeigt, 
angebaut. Diefe Steilheit feiner Wände und die Einheit feiner 
Bewohner unter fich hat es ihnen möglich gemacht, alle tyranni— 
ſchen Ueberfälle der Sheikhs und die Verfuche ver verfchiedenften 
Unterdrücker glücklich zurücdzufchlagen, nicht nur an dieſer Nord, 
fondern auch an der Südfeite des Hochgebirgd, mo der Sheikh 
von Hodjerie tl) (Hödsjerte auf Niebuhr's Karte) vergeblich 
fie mit feinen Kriegstruppen zu überfallen fuchte. 

In den bewäſſerten Schluchten feiner Gebirgsabfale bemerkte 
Botta vorherrfchend das Wachsthum verfchiedener Arten Feigen= 
bäume, und zumal auch Tamarinden und Caroubiers; von 
niedern Gewäckfen vorzüglich Polyganum, Sida Hibiscus und ftach- 
lige Solanum-Xrten. Die Eultur des Cät oder Kanada, der 
beften Art in ganz Jemen, welche dem ganzen Gebirge ein 
lieblihes, grünes Anſehn giebt, das gar fehr mit den nad 
ten Gebirgen der Umgegend contraftirt, erhebt zugleich vie vielen 
Bewohner feiner zahlreichen Dörfer in Wohlſtand. Kaada ift 
zwar die Haupteultur, aber auch Kaffee, Durra, Korn wird 
von ſeinem fleißigen, tapfern Gebirgsvolk nicht wenig gewonnen, ſo 
daß der Oſchebbel Sabber mitten im wüſten und gedrückten 
Lande des Näuberlebend und der Despotie wie eine merfwürbige 
freie und glüdliche, Fühle Gebirgsinfel erfcheint. 

Diefe indeß genauer kennen zu lernen war für den verhaßten 
und gefürchteten Fremdling, der aus dem Gebiete feiner Verfolger 
zu ihm hinaufzufteigen begebrte, Feine Teichte Aufgabe. Täglich 
fah er die fhönen>?) Frauen und Mädchen des Kochgebirgs frifch 
und behend herabſpringen, wenn fie am Abend mit ihren grünen 
Laſten der Gatzweige und Blätter zur Stadt eilten, um dort für 
die frifchgebrochne Waare von den üppigen Städtern ihre Gelder 
zu löſen. Sie gingen unverfchleiert, ihre faft italienischen Züge 








) Miebuhr, Beſchr. von Arab, ©, 243. 2) Botta, Relat. p. 91. 
ODdd2 


788 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72. 


wurden durch einen faft meißen Teint und rothe Wangen ungemein 
gehoben. Nur ihre anftrengenden Arbeiten und das Barfußgehen 
beim täglichen Bergfteigen gaben ihren Gliedern eine Derbheit, die 
der Übrigen Zartheit ihrer Bildung nicht entſprach. Ihre Tracht 
war jehr einfach wie die der Männer, nur mehr Ornamente von 
filbernen und elfenbeinernen Armringen, goldene Ohrgehänge und 
Nafenringe trugen fie, von den jüdischer” Juwelieren im Lande "ges 
arbeitet. 

Gin Bauer ded Dorfes Dfehennäd, der felbft vom Dſcheb— 
Gel Sabber gebürtig und der Wirth Botta's war, bot fih ihm 
als Führer an. Zuerft ging man am Waffer im Wadi Sina 
aufwärts, von Stufe zu Stufe über Rollblöcke, an mehrern Dür- 
fern mit Gärten vorüber, wie an Birket effheeba und Rahba. 
Died leßtere, in einem erweiterten fruchtbaren Thale, war von 
PBflanzungen von Kaffee= und Obfi- Bäumen, von Korn, 
Mais- und Durra-Feldern umgeben. Auch Banana (Musa 
paradisiaca), Anonas (Anona tripetala? Cuftardäpfel? ſ. Erdk. 
V. 720, VI. 862; Botta faat, oder pommes canelles?) jah man 
eultivirt; aber ganz vorzüglich europäifche Obftarten, mie vor— 
trefflihe Weintrauben, Aprikoſen, Pfirſich, Aepfel und 
Quitten, mit ſehr zartem Fleiſch, letztere mehr calvilleartig, wie 
in Hedſchas und in Perſien. 

Senfeit des Dorfes Rahba wurde in einer Kaffeeplantage 
gefrühſtückt. Von da wurde nun auf fehr fteilen Wegen zum Berge 
hinaufgeftiegen, bi man Nachmittags das Dorf Haguef, den 
Hauptort des Berges, erreichte 3), der auf dem Gipfel über einer 
der Schluchten Liegt, die ſich unmittelbar zum Wadi Gina hinabs 
ſtürzen. Die Käufer diefed Ortes find gut, meift au Stein in 2 
tagen erbaut; die untere dient ald Stall oder Magazin, durch 
deſſen Dunfel man hindurch tappt zur Treppe, die in den zweiten 
Stod führt, das bei hauslichen Ueberfäüllen leicht von innen her 
vertheidigt werden Fan. Die Umgebungen find trefflich terraffirt, 
mit Mauern unterbaut, jorgfältig unterftügt und obenauf bebaut, 
mit Korn, Gerfte, Mais, mit Obftbäumen, vorzüglich aber mit 
Kada (Celastrus edulis). In Haguef Fonnte ein halber Tag 
auf Einfammeln von Kräutern verwendet werben. Hier fingen bie 
erotifchen, ganz fremden Formen der Orchideen an, mit 
Iris-Arten und flachligen Solaneen, auch einige befanntere euro= 


629) Botta, Relation p. 97; deſſ. Notice in Archives II. p. 73. | 





Arabien; Yemen, Dſchebbel Sabber. - 789 


päiſche Formen Frankreichs, wie Farrnkräuter, Geranien und 
a.m. zeigten ſich. Die Mauerterraffen waren mit ranfenden Broms 
beerftauden vol Föltlicher Beeren (eine Art wie Rubus idaeus) 
beveeft und mit Feigenſtämmen überwachen, deren eine Art an 
Fieus carica, die gemeine Beige, erinnerte, deren Blätter jedoch meit 
zerfchnittner waren. 

In Haguef übernaschtete Botta bei dem Oberhaupte des 
Dorfs, dem Sheifh Ahmed; deſſen Tochter, ein fehr ſchönes Mäd— 
hen von 14 Jahren, wurde von feinem Führer zur Frau begehrt, 
und die Heirath auch zugeftanden, doch mit ver Bedingung, daß fie 
nicht den Ort ihres Vaters verlaffe, ſondern auf dem Berge bleibe, 
wo der Mann ein Haus Haben follte. 

Am zweiten Marjchtage, von Haguef bergan, war e8 
viel zu fteil, ald daß man noch Maulthiere Hätte mitnehmen kön— 
nen; Weiber trugen nun auf dem Kopfe das Gepäck hinan. Nach 
2 Stunden fehr mühfamen Aufftiegd war ein Nüden des Sabber 
erreicht; aber bei meitem nicht der höchfte. Man kam an einem 
großen Dorfe mit ſchneeweiß angeftrichnen Häuſern vorüber, und 


konnte von da auf dem Grat ded Berges hingehend beide Abhänge 


zugleich fehen, ven nördlichen und den ſüdlichen, wobei fich 
zeigte, daß dieſer letztere viel beſſer bemäjfert, bebaut und frucht— 
barer war als jener. Nun erreichte man bald von da ein Gehölz 
aus großen Bäumen, einer Art Wacholder (Genevrier), be= 
ftehend, die ungemein ſtark vufteten, und damit zeigten ſich wieder 
den franzöſiſchen ähnliche Gewächje, wie Brombeeren (Rubus), 
Maulbeerbäume (Mürier ronce) und Nofenbüfche, oder viel- 
mehr Nofenbäume, denn ihre Stämme hatten Fußdicke. 

In der Mitte des Nadelholzwaldes fam man zu einer 
£leinen, aber gut unterhaltnen Mofchee, wo Nabi Shoaib, d. i. 
der Prophet Shoaib (Mofes Schwiegervater, Jethro, f. oben 
©. 158, vielleicht jevocdy ein anderer, da dad Diihannuma 3*) 
Shoaib ben Neheds Grab zu Dhin am Sfabr nennt) begraben 
fein ſollte. Botta that es feinen DBegleitern zu Oefallen, wie fie 
die Schuhe auszuzieben, um nur barfuß in der Nähe diefer hei— 
ligen Stätte vorüber zu gehen; venn betreten durfte er ſie ala 
Ungläubiger. nicht. Bis hierher hatte man von Haguef 3 Stun— 
den Wegs zurückgelegt. Vom Nabi Shoaib etwas ſanft ab» 
wärts fteigend, erreichte Botta ein kleines Dorf, wo er fein Früh— 


”) 9. Hammer, Wien, Jahrb. XCIV, 1841. ©, 72. 


790 Weft-Afien, IV. Abtheilung, $. 72. 


ſtück einnahm, umgeben von einer neugierigen Gruppe fröhlicher 
Alpenmädchen, die feinen europäiſchen Aufzug höchſt belachenswerth 
fanden. Die Negetation erhielt beim weitern Auffteigen immer 
mehr einen europäifchen Character. Es ging an den Rui— 
nen eines großen, alten Schlojjes vorüber, deſſen Erbauung die 
Anwohner den „heidniſchen Urabern‘ (vor Mohammed, alio 
wol den Himjariten?) zufchrieben. Das Bergvolf ift hier zwar 
anfalfig, alſo nicht nomadiſch umherſchweifend; es fchien aber eben 
fo in Fehden unter fich verftrieft zu fein, wie e8 die Tri- 
bus der wandernden Beduinen find. Beim Untergange der Sonne 
fuchte man in einem kleinen Dörfchen Herberge, was aber erft 
nach vielem Hin= und Herreden von den mißtrauifchen Dörflern ges 
ftattet ward, die mit ihren Nachbarn in Fehde ftanden. Auch bier 
waren die Umgebungen ſehr gut angebaut mit Korn, Gerfte, 
aber für Durra war das Clima Schon zu Falt auf diejer 
bedeutenden Höhe. Das Korn wurde auf einer fehr guten 
Tenne von Ochfen auögetreten, denen man dad Maul nicht ver- 
bunden hatte (mie in Oman, f. oben ©.482). Eine Mühle zum 
Auspreſſen ded Seſamöls war ein Steinfegeltrichter, in dem ein 
anderer Trichterfegel ftand, welche ein Kameel an einer Stange in 
drehende Bewegung fegte. Auch hier war das zweite Stock vom 
untern feftungsartig gefchieden, auf dem platten Dache fchlug man, 
der Kälte ungeachtet, fein Nachtlager auf, um den Flöhen zu ent- 
gehen, die in der Ebene fehlen, aber auf der Berghöhe in folcher 
Menge zunehmen, daß man fich in dicke Säde, fammt Kleidern und 
Waffen, einzubinden pflegt, um ihren DBerfolgungen zu entgehen 
(wie Niebuhr dafjelbe im Wadi Zebid erlebte)d). Don viefen 
Säcken aus werden die nächtlichen Eonverfationen oft noch Stun— 
den lang fortgejfeßt. 

Am dritten Marfchtage?6) trat man, nach den erften 
zwei Stunden Wegs, nun in eine Zandfchaft ein, die ihrer Cul— 
tur und Begetation nad) weit mehr europäiſch als arabifch 
war. Man zog immer von Welt nah Oft auf dem Rüden des 
Berges Hin, bis man das Dorf Ahl-el-Cahf erreichte, wo eine 
Moſchee, die Siebenfchläfer und ihr Hund (d. h. Ahl el 
Cahf) genannt, weil hier die Leute hervortraten, die fo lange ge— 
Ihlafen. Am Buß des Dſchebbel Sabber bei Taäs zeigt man 
den Eingang der Örotte in demfelben Berge, den fie aljo hät- 


25) Niebuhr, Neifebejchr. J. S. 340. °*) Botta, Relat. p. 105. 


———* 


Arabien; Jemen, Dſchebbel Sabber. 791 


ten durchziehen müfjen, um oben wieder hervorzutreten. Diefe Sage, 
welche die chriftliche Legende von den Märtyrern unter Kaifer De— 
cius, die fpäter unter Kaifer Theodoſius aus der Höhle bei 
Ephefus in Klein-Aſien hervorgegangen fein jollen, erzählte, ift im 
Koran von Mohammed weitläuftig ausgeſchmückt (in ver „Sure 
XVII, überjichrieben EI Cahf oder El£eHf)3”), und auf foldhem 
Wege aud bis in diefes Hochgebirge von Jemen verbreitet. 

An einem Eleinen Teich, von Wachholderbäumen beichat- 
tet, der in der Mitte einer grünen Wieſe liegt, rubte Botta die 
furze Zeit aus, während feine Begleiter, die Araber, in der Mo— 
fchee ihr Gebet hielten. Hier kamen die mißtrauifchen Bewohner 
des nahen Dorfs, ihn über feine Wege: woher? wohin? wozu? 
auszufragen; fie widerſetzten fich feinen Plänen, weiter bid zum 
höchſten Gipfel vorzudringen, den fie Höfn el Arus (mie auf 
Niebuhr's Karte), d.i. „das Schloß der Braut,“s8) nannten, 
weil dort viele Schäße begraben feien, die er heben wolle. Es 
begann hierüber ein heftiger Streit und Zank; ſchon hatte Botta 
ziemlidy die Höchften Höhen erreicht; endlich fiegte die Furcht vor 
einer Ahndung feines Protectord des Sheikh Haffan, und das Volk 
geftattete den Fortſchritt bis zum höchſten Gipfel, doch follten zwei 
ihrer Leute mitgehn und den Fremden bewachen. Aber das war 
doch nicht Allen genehm; einer aus dem wilden Volkshaufen rief 
ihm laut zu: Wenn nur ver Sheifh Haſſan Bishälel Dſche— 
bald. i. der Pfeffer des Berges!) nicht fo nahe wäre, fo 
wollte er ihm jchon zeigen, daß feine eigene Muskete eben jo gut 
jchieße und treffe wie vie feine, 

Bon Ahlel Eahf flieg Botta noch anderthalb Stunden 
Wegs fort, durch Waldung von Wahholder (Genevrier) und 
durch Welver mit Korn und Gerfte bebaut, die jedoch immer felte 
ner wurden, bid zu einer Treppe, aus großen gut behauenen 
Duadern ohne Gement zufammengefügt, die zum Portal des 
HöinelArus, d. i. ded Brautjchloffes, führte (mol auch nur 
nach einer ſpätern Legende jo genannt, von der Botta aber feinen 
Aufſchluß erhielt; im Koran ift viel von Bräuten die Rede, 3. 2. 
Sure XXX). Man war jchon an außerordentlich großen, gut 
cementirten Eifternen, die noch in gutem Stande waren, vorüber 
gekommen, die bei feinem jener antifen Monumente fehlten (im 


2) Günther Wahl, der Koran, Halle, 1828, ©. 239 u. f. 
*) Botta, Relat, p. 106. 


792 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 72, 


Wadi Doan, f. vb. ©.287; am Rabenſchloß ©.317; am Syagros- 
Vorgebirge ©. 335; auf Ormuz ©. 442u.a.D.). Auf den Mauer— 
ruinen des Schloffes bot fich, zum großen Lohn der mühfamen 
Wanderung, eine weite, entzückende Ausficht dar; denn gegen Nord- 
weft erbliefte man den Spiegel des Rothen Meeres bei Ho— 
deida, und gegen Südweſt den Indiſchen Ocean an feinem 
Eingange zum Bab el Mandeb; gerade zwifchen beiden hindurch, 
gegen Wet, über ven Berg Habefchi hinweg (der vielleicht von 
diefer Stellung den Namen tragen mag, wenn nicht von einem 
Habaſch-Verein, f. oben ©. 320), ragten noch einige Gipfel ver 
afrifanifchen Küftenfette kenntlich hervor. Ale andern Berge 
Jemens erfchienen von dieſem Hochgipfel nur niedriger Art zu 
fein, bi8 auf den Dſchebbel Nema, den höchiten Berg 39) im O. 
von Beit el Fakih, und den nur weniged nähern Sumära, dis 
reet gegen Nord zwilchen Mechader und Jerim 0) auf der großen 
Route nad) Sanaa gelegen, welche die andern überragten und ihrer 
weiten Verne ungeachtet fichtbar waren. Aber bei dem herrlichen 
Schauſpiel liegen die wilden Bergbewohner dem Reiſenden Feine 
Ruhe; er Fonnte nur eiligit fein Frühſtück verzehren und zwifchen 
den Ruinen verfteeft berborifiren; dann mußte er zur Beruhigung 
feiner Begleiter nur fchnell wieder den Hinabweg nehmen. Kaunı 
war e8 ihm vergönnt gewefen, die Reſte des Schloſſes zu bejehen. 
&r erkannte es jedoch ald ein entjchieden vorislamitifcheg 
Denkmal). Man nannte ihm Gulfäar, d. i. der „Ungläus 
bige“ (was fonft Kafir, f. Koran Sure XXVI p. 353, Not.), 
ald ven Erbauer. Es ſteht am Außerften Oſtende des Dſcheb— 
bel Sabber, und überragt ven jehr fteilen bewaldeten Ab- 
hang des Bergs an viefer Seite. Die Ausdehnung der Schloß- 
mauern und ihrer Thurmfeften ift ſehr bedeutend. Die höchfte Stelle, 
welche bemohnt geweſen zu fein jchien, beftand aus mehrern vieredi- 
gen Gemächern, davon noch ein Zimmer faft ganz geblieben. In 
‚ der Umgebung befinden ſich mehrere Brunnen, in die aber die Ara- 
ber hinabzufteigen um feinen Preis wagen, weil dort die Schäße 
von den Dämonen (den Dſchin, wie im EI Ahkaf ©. 270) be— 
wacht werden; fie mögen mol zu unterirvifchen Gewölben führen, 
die zu Magazinen dienten. Eine Infchrift bemerkte Botta nicht, 
doch fagt er jelbft, daß feine Unterfuchung viel zu wenig genau 


639) Botta, Relat. p. 139. +0) Niebuhr, Neifebeichr. I. ©. 397. 
*1) Botta, Relat. p.109; defj. Notice in Archives II, p. 77. 


—— ” 


u nn — 





Arabien; Semen, Dſchebbel Sabber. 793 


war, um daraus auf den gänzlichen Mangel derſelben zu Ichließen; 
im Gegentheil reiht er viefed Denkmal den grandiojen himja— 
ritifchen Bauwerken mit Inferiptionen an, deren Character 
auch hier auf viefem hohen Bergfchloß der älteften Vorzeit unver= 
fennbar fei, wie denen zu Hiſn Ghorab, Nafab el Hadſchar, 
Efän (f. ob. ©. 316, 327.329) und andern. Daß es in frühern 
Zeiten keineswegs fo abgefchieven und ifolirt geweſen wie heute, 
beweife ver Pflaſterweg, der von der großen Treppe des Haupt— 
portald hinabreiche bis zu der Ebene gen Taäs, und noch auf 
mehrern Stellen in langen Strecken wahrnehmbar ſei, bei denen 
die Araber, wenn fie vorüber gehen, niemals unterlafjen lauten 
Fluch gegen die Ungläubigen, ihre Erbauer, und die „Kin= 
der der Braut,‘ venen fie andre Mauerrefte zufchreiben (vie Cul— 
fär), auszuftoßen, ein fichered Zeichen hoben, himjaritijchen Alter- 
thums diefer Monumente. 

Die botaniſche Ausbeute um das Bergichloß beitand vor= 
züglich in einigen aromatifchzduftenden Kräutern, und meh— 
rern neuen, europäifcher Flora fremden Labiaten, ein Beweis 
der alpinen Gipfel: Region des Dſchebbel Sabber. 

Der Nükmweg?) mußte nun nah Uhl el Cahf fehr be= 
fchleunigt werden, deſſen Bewohner höchft zudringlich wurden, bei 
ihnen zu verweilen, ald man ver Sicherheit wegen es doch vorzog, 
zu dem kleinen Dörfchen ver letzten Nachtherberge fortzufchreiten. 

Auch in diefem Dorfe fing am nächften Morgen vie Fehde 
zwifchen feinen Bewohnern und Botta’d Führern an ernfthaft zu 
werden; doch wurde der Streit noch glüclich beigelegt, aber den 
Meg über Nabi Shoaib zurüczufehren geftatteten fie nicht; es 
wurde der fürzefte Weg nach Haguef zu geben vorgefchrieben, 
der aber auch der fteilfte und ein gefährlicher war, da er flatt dem 
Berggrat zu folgen, direct feine Steilmand hinabführte. Died Haupt— 
dorf wurde Mittags ſchon erreicht. Gern hätte Botta feinen Rück— 
weg über ein anderes großed Dorf, darin 7 Moſcheen fein folten, 
und dad man von Taäs aus ſehen fann, genommen; aber die 
Laftträgerinnen verfagten es weiter zw geben. Botta herborifirte 
nun noch um Haguef; da aber unter feinen Füßen ein Felöftüc 
einbrach und ihn zu Boden warf, was feinen Führer flatt zur 
Hülfe beizufpringen, zu verdächtigen Fluchreden (Ia Säter! Satane 
find die Beichüger ver Ungläubigen! im Koran Sure VII. p. 119) 


! 


*?) Botta, Relat, p. 111, 


794 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


veranlaßte, 309 er vor, noch am Abend in fein Quartier nad) 
Dſchennäd zurücdzufehren, wo er mit der glüdlichen Entdeckung 
und den botanifchen Schäßen feines Ausflugs im Dunkel der Nacht 
eintraf. 

Es war Hohe Zeit, denn ſchon am folgenden Tage warb der 
Briede im Lande von neuem geftört, da Sheifh Ahmed von 
Haguef in die von ihm abhängigen Dorfichaften feine Araber- 
truppen abſchickte, Tribut einzutreiben, was die wildeften Scenen 
und Streitigkeiten, zumal auch die Verwünfchungen ver Weiber 
veranlaßte, die bei jolchen Gelegenheiten durch ein eignes ſchar— 
fes Öurren (roucoulement aigu) ihre Leiden wie ihre Freuden 
auszudrücken pflegen. "Hierzu Fam aber eine weit größere Noth, 
nämlich eine Abtheilung von Sheifh Haſſans Heer, 600 Mann 
Hulfstruppen, unter feines Sohnes Sheikh Caſim Commando, 
kam dem Vater, der noch immer vor Taäs campirte, zu Hülfe. 
Die demüthige Verſtellung des Tieverlichen und graufamen Sohnes 
vor feinem tyranniichen Vater ging, Botta's Anficht nach, ins 
Lücherliche über, Da diefer nun fcheinheilig thuende Commandeur 
ihm während des gaftlichen Aufenthaltes auf dem Schloß zu Ca— 
Him in vierzehn Tagen alle Spiritusflafchen #3) ausgeſoffen, vie er 
dahin zur Aufbewahrung feiner Reptilien und übrigen Naturalien 
mitgebracht hatte. Sheikh Caſims Soldaten, eher einer Horde zer— 
lumpter Zigeuner gleich, übten überall wo fie hinfamen Raub und 
Banpditenftreihe aus. Außerdem ward eine Landmiliz, Kabaile 
genannt (Plural von Kabyl, d. i. Tribus, aber auch Bauer), 
aus dem Gebirgslande zufammenberufen, an deren Spitze Nafib 
Aly, ver Oeneraliffimus Sheifh Haſſans ftand, ſelbſt ein mächti— 
ger Bergfürft, der auf dem Rücken ver öftlichen Gebirgskette über 
dem Wadi Heidan (f. auf Niebuhrs Karte) eine uneinnehme 
bare Schloßburg befaß, und fo feinvfelig gegen den weißen Chri— 
ftien war, daß er jeden Verkehr mit ihm vermied, wenn er ſchon 
ald Begünftigter Sheifh Haſſans befannt war. 

Die politiſchen Unterhandlungen *) dieſes ehrgeizigen 
Sheifh Saffan mit dem rebellifchen ISmam von Taäß hatten 
feinen günftigen Fortgang; feit 40 Tagen fortwährender Caba— 
Ien, gegenfeitiger Bedrohungen, Verträge, injolenter Forderungen, 
Spaltungen und Ueberliftungen aller Art, die einen characteriftis 
fchen Blick in die innern, zerriffenen Zuftände des jest jo unglück— 


+3) Botta, Notice in Archives II. p. 67. **) Botta, Relat. p. 119. 








Arabien; Jemen, Cultur des Kaad. 795 


lichen Jemens gewährten, brach der Sheikh plöglich, in einer Nacht, 
mit feiner wilden Rotte zum Rückzuge auf, und hinterließ nur mes 
nige Marodeurs im Lager, die num als Plünderer umherzogen und 
auch Botta's Eigenthum bevrohten. Aber jein hoher Protector 
fchiefte ihm eine Escorte und Dfficiere zum fichern Geleit nach ver 
Schloßburg Cahim, bis wohin alles Land in Aufruhr war, und 
alle Dörfer verfchangt, um der abziehenden Soldateska zu begegnen, 
die überall Raub und Plünverung übte. 


Anmerfung. Cultur und Gebrauch von Gät oder Kaad, Ce- 
lastrus edulis (Catha edulis, Forskäl) in Jemen, zumal 
aufdem Dichebbel Sabber und im hohen Aethiopien. 


Die Hauptenltur auf dem Dſchebbel Sabber ift die des 
Gät, Kat bei De Sacy, Celastrus edulis (Catha edulis, Forskäl)*°), 
die bisher fo gut wie unbefaunt war, wenn ſchon Forskäl das Ge- 
wächs Fannte, fo wie den Gebrauch und die Meinung der Araber, daß 
die Peft den Drt verfchone, wo diefes Gewächs gepflanzt werde, und daß 
ein Zweig davon im Bufen getragen mitten unter Peſtkranken vor der 
Anſteckung bewahre. Niebuhr erzählt, wie er bei der Audienz des Dola 
in Taäs von diefem Manne, der fehr aufgeräumt war (offenbar ſchon 
beraufcht), nicht nur mit Kaffee und Pfeifen zum Tabackrauchen bewir- 
thet ward, fondern daß diefer auch verfchiedene Bündel Kaad*‘) auf dem 
Sopha habe herumliegen gehabt, welchem „arabifchen Lederbiffen‘ 
er mit feinen Begleitern noch feinen Gefchmad habe abfinden können. Er 
nennt dies junge Sproffen von einem gewiffen Baume, welche die 
Araber zum Zeitvertreibe Fauen, wie die Indianer den Betel, oder wie 
die Europäer den Schnupftabad zu fich nehmen. Er fah auf dem Pic: 
tualienmarft in Sanaa *”) davon täglich große Maffen zum Verkauf 
fommen, und bemerft, daß diefes Gewächs aus Habeſch nach Jemen wie 
der Kaffeebaum verpflangt ſei, jedoch die Araber niemals fo wie diefer 
mit fremdem Gelde bereichern werde. Lord Dalentia erwähnt bei ſei— 
nem Aufenthalte in Mochha diefes Lurusartifels, da der dortige Dola 
diefe Knospen der Pflanze, die er auh Kaada nennen hörte *°), zu fauen 
pflegte; Balentia fand fie bitter, aromatisch, nicht unangenehm; es 
werde jede Woche davon vom Gebirgslande an Werth für 200 Dollar in 
die Stadt Mochha eingeführt, wovon dem Imam ein bedeutender Zoll 
zufalle. Auch in Sanaa fand Eruttenden*) den Gebraud des 


*9 Forskäl, Flora Aegypt. Arab, p. evır, und Centur, III. Nr. 4. 
p. 64. +) NMiebuhr, Reif. I. ©. 376. 7) Niebuhr, Reif. I. 
S. 420, und Befchr. v. Arab. ©. 145. 9) Vic, Valentia, Voy. 
and Trav, Il. p. 411, 9) Cruttenden, Narrat. I, c, p. 285. 


796  Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Kaade-Kauens bei den reichern Kaufleuten allgemein im Gange und 
zu einem unentbehrlichen Bedürfnig beim Frühſtück und Mittagsefien ge: 
worden, das bis zum Webermaße genofjen ward. Zuerſt lernte Botta 
denfelben Lurusartifel auf der Schloßburg des Sheifh Haffan zu Maa— 
mera°) fennen, der ihm, voll Aufmerkfamfeit gegen feinen Gaſt, jeden 
Abend ein Bündel Cät-Zweige zu fehiefen pflegte, deren Knospen und 
zartefte Blätter gefaut etwas erregendes, fogar elwas berauſchen— 
des haben, den Schlaf verſcheuchen und geſchwätzig machen, wes— 
wegen ihr Gebrauch bei den Jemenern ſehr beliebt iſt, die wenig dem 
Schlafe erliegen, und durch ſeinen Gebrauch ſich oft bis in die tiefe Nacht 
in angenehmen Rauſch und in Traum verſetzen. Der Imam von Taüs°') 
war bei der Audienz von feinen VBezieren und den Serretairen umgeben, 
die CAt fauten. Die Zimmer der Dornehmen find dann mit den ent- 
blätterten Zweigen bejtrent, ein Zeichen des Luxus, und die frifchen, 
duftenden, grünen Zweigbündel, lieblich anzufehen, find ein Anzeichen 
von Gefelligfeitz jeder Gaft greift nach Belieben zu, und alle, von dem 
Parfüm des Weihrauch, der zugleich umbergetvagen wird, deito mehr 
benebelt, verfinfen bald in vollftändigen Naufch, in dem ihnen die Zeit nur 
dahinfliegt, ohne daß fie zu fprechen brauchen, was ihnen oft läjtig iſt, 
und doc) fcheinbar befchäftigt find. Die Couriere, welche mehrere Tage 
und Nächte nicht aus dem Sattel fommen, nehmen oft nichts anders zu 
fich als dieſe Catblätter, die fie unterwegs im Gebirgslande erhalten 
föonnen. Um Dfehennäd bei Taäs lernte Botta das Gewächs und 
feinen Anbau näher fennen; vor allem aber die Hauptceultur auf 
dem Dihebbel Sabber°?), deifen Hauptertrag fie abgiebt und feine 
Bewohner in Wohlitand verfegt, da der Cat diefes Gebirgs für den be— 
fen in ganz Jemen gilt. Dort wird er durch Abjenfer °*) fortge: 
pflanzt, die man drei Jahre lang pflegt, dann erſt abblattet, für das 
folgende vierte Jahr die Knospen laſſend, welche nun erft bejchnitien 
als Cat mubarreh zu Marfte gebracht werden. Dies ift die ge: 
ringfte Sorte. Erſt das folgende Jahr geben dieſe abgejchnittenen 
Zweige die zweite Sorte, Cat methani, die befte Sorte Dann muß 
der Baum 3 Jahre ruhen, che ex wieder auf gleiche Weife benußt wer: 
den kann. Die Blätter und die Knospen werden roh gefaut. Der nicht 
eultisirte Baum giebt das Gät beladi, die wilde Sorte, die unge- 
mein ſtark beranfchend ift und nur von Bauern benußt wird. Im In— 
nern Semens ift diefer Handel noch einträglicher als die Gultur des 
Kaffeebaums; denn die guten Sorten find theuer, und doch allgemeines 
Bedürfnig. An einem Tage, fagt Botta, könne man leicht für fünf 





650) Botta, Relation 1. c. p. 43. >51) Ebend. p. 83. ) Ebend. 
p. 79; Botta, Notice in Archives II. p. 43, 70 etc. ) Ebend. 
II. p. 71—73, und deſſ. Relation p. 90. 











Arabien; Jemen, Cultur des Kaͤad. 797 


Franken verbrauchen; bei Viſiten, wo es die Gaſtlichkeit erfordere, ihn wie 
Kaffee oder Tabak anzubieten, wol 100 Franken den Tag, wie dem gaſt— 
lichen Sheikh Haſſan, der täglich davon für diefe Summe verbrauchte. Bon 
dem beliebteften Cat des Dſchebbel Sabber werden täglich große 
Laften in Bündeln herabgebracht, die man in Bananenblätter wicelt, um 
ihre Friſche zu erhalten und auf fchnell trottivenden Eſeln bis Mochha 
und Hodeida verſchicken zu können. Ganz frifch abgebrochen berauſcht 
der Gät anı ftärfften; doch ift der Naufch nur leicht und worübergehend, 
wie Botta an fich ſelbſt erfuhr’). Es ift diefer Gebrauch ein fehr al— 
ter arabifcher, der dem des Kaffees lange Zeit vorausging °’); in 
älterer Zeit bereitete man aus diefen Blättern durch Waſſeraufguß aud) 
einen Tranf, eine Art Thee, der aber durch den Kaffeetranf gänzlich vers 
drängt wurde °°). 

Diefes merkwürdige Gewächs, zu den Pentandriften gehörig, deſſen 
Gebrauch bisher nur in Jemen befannt war, feheint, nach Dr. Roth's 
Beobachtungen °”), auch im füdlichen, Hohen Habeſch einheimifch 
zu fein, wenigftens eine fehr nahe verwandte Art, die dort auh Chant 
(dv. h. Strauch) genannt wird, und von ihm für eine Species von Ce- 
lastrus anerfannt ift, wie denn überhaupt diefe merfwürdige Familie der 
Celastrineen und Rhamneen, als Unterart, auch im analogen Elima 
Südamerifas die Yerba mate, oder den Thee Brafiliens und Pa— 
raguays liefert, der Rhamnus Theezaeus Linn. auch in China die 
ärmern Volksklaſſen mit einem Theefurrogat verfieht. 

Diefes Chaat des Botanifers Dr. Noth, als eine Species Ce- 
lastrus anerkannt, befchreibt er fo: Frutex inermis, foliis oppositis, 
oblongis serrato-dentatis glabris. Calyx minimus, persistens. Pe- 
tala 5, stamina 5 petalis alternantia. Fructus superus, oblonge 
baccatus, 5-locularis, polyspermus, vel abortive monospermus. In- 
florescentia axillaris, cymosa, eymi dichotome stipulati. Er nennt 
es eine Art Thee, der gepflanzt und genutzt werde in Efaat, weit 
allgemeiner aber noch in Kaffa und andern Ländern des innern Aethio— 
piens. In Gfaat werden die frifhen Blätter diefer gebauten 

Pflanze auch gefaut, wie in Jemen, und als eine adftringente Me: 
diein gebraucht, auch genommen, um den Schlaf zu vertreiben. 
Ein Decoet in Waſſer und Milch fei ein allgemeines Getränf, wenn es 
ſchon bitter ift, das auch in Enarea wie in Kaffa gleich dem Kaffee: 
trank den Fremden als Gäften wie in Europa gereicht wird ). Diefes 


) Botta, Relat. p.99. *9) Silv. de Sacy, Clirestomathie Arabe. 
Paris, Vol. I. p. 419. ) La Roque, Traite historique de 
lorigine du Cafe, in Voy, de l’Arabie heureuse,. Paris 1716. 8. 
p. 325. ‘”) Maj. Harris, The Highlands of Aethiopia. Lond, 
1844. Vol. II. Appendix; Dr. Roth, On Botany in Shoa p. 414 
und Vol, III. p. 334. ) Ebend. Vol, II. p. 56. 


798 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Gewächs ift in Enarea und Kaffa wild, muß aber in Sabeſch wie 
in Jemen noch gebaut werden. 

Merkwürdig, dieſe analogen Gewächſe auf gleichen Gebirgs— 
höhen zwiſchen 10 und 15° N.Br. zu beiden Seiten des Rothen 
Meeres wieder zu finden, wo auch des Kaffeebaums urfprüngliche 
wilde Heimath wie die des Chaat oder Eät weiter im Süden und 
Meften in Kaffa und Enaren zu fuchen ift, da oftwärts nad) Efaat, 
Shoa und Jemen doch wol nur erft diefe Gewächſe durch die Eul- 
tur fortgefchritten zu fein ſcheinen (ſ. unten Kaffeebaum). 


Erläuterung 2% 


Die Borterraffe des fünlichen Semen- Gebirgslandes zwifchen 

Taäs und Häs, nad Niebubr, Botta und Paſſama. Die 

Stadt Has, der Dichebbel Nas, die Felsfchlöffer Maamara 
und Cahim des Sheifb Haffan, 


1. Niebuhr's Route von Taäfäs gegen N.N.W. nach Has, 
2 Tagereifen (25 Stunden Wege). 


Ein zweiter, mehr nordweftlicher Aufgang aus dem Tehama, 
ald der von Mochha, ift der von Häs oder Hais nach vemfelben 
Taäs, deffen Umgebung wir fo eben näher Eennen gelernt. Schon 
Niebuhr nahm diefe Route, ald er mit Forskaͤl den erften Aus— 
flug ins Gebirgsland machte, und von Taäs, am äten und 4ten 
April, über Heidan nad) Has 59) zurückkehrte, um von da nad) 
dem nahen Zebid zu gehen. Bei der großen Eile Fonnte nur we— 
nig beodachtet werden, doc wurde die Route in die treffliche Karte 
eingetragen. 

Am erften Tagemarfche von Taäs, jagt Niebuhr, ritten 
fie zwifchen Bergen an ein paar Flüſſen hin, wo wenig Aderbau 
war, über Sheich Ifa, wo eine Kaffeehütte ſtand, von Dattelbäu— 
men befchattet. Dann durch fehr wüſte Gegend, über den Wadi 
Heidan bis zur Kaffeehütte Oude, die im oben Wadi Su— 
radfche liegt, wo man im ungemein verwüfteten Gebiete eines 
einen Gebirgsſcheikhs Herberge nahnı. 

Der zweite Tagemarfch, von Oude abwärts gegen N. W., 
führte am reißenden Wadi hin zum Cingange in das ebene Te— 
hama. Hier war 08, mo Forskäl ſich glücklich pries, endlich 


65%) Niebuhr, Reif. J. ©. 351— 354, 





Arabien; Jemen, Refivenz Häs. 799 


ben wahren Balfambaum, Abufchän ver Araber (d. 5. der 
wohlduftende Baum), in voller Blüthe gefunden zu haben, 
worüber er feinen Brief an ven Ritter Linne fchrieb, der aus deſ— 
fen Differtation als Opobalsamum declaratum befannt wurde, 
Hier Schienen die Araber weiter feinen Gebrauch von dieſem be= 
rühmten Gewächs zu machen, ald durch Verbrennen, des Wohl- 
geruch8 wegen, daher waren viele Aefte von den Bäumen abge= 
bauen. Links, d. i. gegen Süd, blieb dad Gebirge Emba— 
raſcha den Wanderern zur Seite liegen, das hier die DVorberge 
der Borterraffe Jemens gegen die -Plaine des Tehama bildet (ſ. 
Niebuhr's Karte). Wenig Dörfer traf man bier, und nur 
noch eine Kaffeehütte, bis vie Kleine Stadt His, am Berge De— 
bäs 60) gelegen, und am Eingange des Tehamas, Oſäb elasfal, 
dad Niedere Oſäb genannt, erreicht ward, die nad Niebuhr's 
genauer Bermeffung 127, deutſche Meilen in NN.W. von Taäs 
liegt. Durch ven Wadi Suradſche, an dem fie liegt, ward ihre 
Umgebung fruchtbar; Töpfereien, zumal die Verfertigung von 
Kaffees oder Kiſcher-Taſſen, machten ihre Hauptinduftrie aus; fie 
hatte nur wenige Steinhäufer und war damald nod) ver Sig eines 
von dem Imam zu Sanaa abhängigen Dola oder Statthalters. 


2. Die Stadt und Refidenz Häs (Haid) des Sheikh 
Haſſan. 


Seitdem iſt nur neuerlich P. E. Botta wieder dieſes Weges 
anſichtig geworden, da eben hier auf dieſer Vorterraſſe Jemens 
Sheikh Haffan feine felbftändige Herrſchaft aufgejchlagen, 
unter dejjen Protection der Botaniker feine Wanderungen durch 
das Gebirgsland um Haid, die Nefivenz ded Sheikh, und um 
feine Burgſchlöſſer Maamara und Cahim in Sicherheit vollfüh- 
ren fonnte. Wir verdanfen daher ihm wie dem Schiffslieutnant 
Paſſama, während feines Aufenthaltes in Has (f. 06. ©. 758), 
manche wichtige Nachricht über diefen bisher faft unbekannt geblie= 
benen Theil des jemeniſchen Gebirgslandes. 

Die Stadt His (Haid b. Botta, Hès b. Paffama)eı), 
früher jo unbedeutend, hatte jich als des Sheikhs Nefivenz bedeu— 
tend gehoben. Sie liegt am Gingange eines Thals, das fchon 


°°) Niebuhr, Befchreib. von Arab. ©. 224. 1) Passama, Obsery. 
L, C 8 XIX, P. 164. 


800 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72, 


etwas in die Bergkette eindringt, auf ver Militairftraße von 
Zebid nah Mochha, 4%, deutiche Meilen in S.O. von Zebid, 
auf einer höhern Bergftufe über ven dürren Ebenen des Tehama 
erbaut, doch noch am Fuß der Berge Paſſama ift mit ver Po— 
fition nicht zufrieden, die fie auf Niebuhr's Karte in Verhältniß 
zu den Bergzügen erhalten habe. Bei einer Triangulation®), 
die er dafelbft vornahm, erhielt er folgende Diftanzen: zum Dſche— 
bel Ras 16,000 Metres, nah Deubas 7985, nah Marir 
13,464 und nad) Maffa 8630. Nach feiner Meſſung liegt das 
Schloß von Häs 14 Metres, d. i. nahe an 42 Fuß üb. d. Meeres» 
fläche. Im Jahre 1842 gab ihr Paſſama 500 Häuſer, aus Erve 
und Stein errichtet, 250 runde Strohhütten, 21 Mofcheen, 20 Kaf- 
feefchenfen und SKaramwanferais, 2000 waffenfühige Männer zu Be— 
wohnern, mit den 12 zugehörigen Dörfern aber- 3000. Die große 
Moschee, von Ali Omar el Moutah erbaut, fällt zwar auch in Rui— 
nen, fo mie die merfwürdigere, welche zu Ehren eines Sanctus aus 
Hadhramaut erbaut if, die el Öhameri heißt. Das Reſidenz— 
fchloß, eine Feſte mit Thürmen, ficher aus den erften Zeiten des 
Islamismus, hat zum Kern einen Duadratbau von 13 Metres 
Länge und gleicher Höhe, im innern Hofraum mit den Wohnuns 
gen der Garnifon und des Gommandanten, und einer Infeription 
mit der Genealogie eines gewiffen Abu Taleb (ſchwerlich Mo- 
hammeds Oheim, |. ob. ©. 25). Die Garnifon beftand zu Paſ— 
fama’8 Zeit aus 300 Solvaten, davon 205 Fußvolk mit Lunten= 
flinten, Zangen, Dolch und Keule bewaffnet, 80 Reiter auf Dro— 
medaren mit Runtenflinten, Säbel und Dolch, und 15 Neiter zu 
Pferde mit Piſtolen und Säbel bewaffnet. Ungeachtet ver Ver— 
nachläffigung des Schloffed erregt es, wie fo manche arabifche 
Bauten, doch noch die Aufmerkſamkeit durch feine Menge Kleiner 
Tenfterchen in den verfchiedenften Formen, durch bizarre Ornamente, 
bunte Badkfteine u. a. m. Um die Stadt liegen im Nord und Oft 
Velder mit Indigo und Seſam bebaut, im Süd Dattelpflan= 
zungen. Die Quartiere der Stadt und die Straßen find ſchmu— 
Big, eng, doc) ift hier eine gewiffe Induſtrie, die durch den regel- 
mäßigen Wochenmarkt und den flarfen Kaffeetranfit belebter zu 
feint feheint ald in manchen andern Städten Jemens. Paſſama 
zählte hier 5 Sefam-Oelmühlen, 10 Kaffeemühlen, 2 Indigofabrifen, 
3 Zärbereien, 10 Töpferfabrifen, welche mit ihrem Töpfer 





662) Passama 1. c. p. 170. 





Arabien; Jemen, die Reſidenz Has. 801 


gefhirr von allen Größen faft gang Jemen verſehen. Hier iſt 
nach Botta die einzige Töpferfabrik in Arabien, wo man 
der Waare eine Glaſur oder einen faͤrbigen Firniß zu geben ver— 
fteht; daher außer dem fayanceartigen Gefchirr auch ehr viel bun— 
tes Getäfel von hier aus für den Schmud der Käufer und Mo— 
jcheen verführt wird. Es follten damals jährlid) 2000 Gentner 
Kaffeebohnen dur die Stadt paffiren, die Revenüen der 
Douane vom Ausgangszoll von Kaffee, Salz, Vieh, dem Zehenten 
aller Feldfrüchte und einer geringen Abgabe von Yabrifaten doch 
nicht über 5264 Sperieäthaler einbringen. Die Einwohner beftan- 
den vorzüglich aus zweierlei Klaffen: 1) ven einheimifchen Aras 
bern, von tief brauner Hautfarbe, jchlichten, jelten gelodten Haa— 
ren, und 2) von Nachfommen der Sclaven, mit [hwarzer 
Haut und den Zügen ihrer afrifanifchen Väter, die fich felten mit 
einheimijchen Araberinnen vermifchen; ver Sclaven find fehr we— 
nige, da fie beim Tode ihrer Herrn flet3 emaneipirt werden. Die 
größte Bedeutung hatte damald Häs durch feinen aus dem Ge— 
birgdlande dahin gelenften Kaffeetransport erhalten. 
Die zugängliche Nähe der Berge und die größere Stabilität feiner 
Herrichaft machte, daß aller Kaffee, der im Dſchebbel Ras, zu 
Charab, Dude, in Habeſch, Belad Anas oden Anes, und 
felbt um Sanaa gewonnen ward, feinen Durchgang durch 
Häs fand; felbft ein Theil deſſen, ver im Dſchebbel Rema dft« 
lich von Beit,el Fakih, auch zuweilen der um Taäs im Süden, 
und felbft bis im Norden von Safan (f. 0b. ©. 211) gewonnen 
wird, fand hier feinen Durchpaß zum Meere. 

In Has war ed, wo Botta, 18379), den Schuß Sheikh 
Hafſans (f. ob. S. 756) nachſuchte und erhielt. Bei der Aus 
dienz, im alten verfallenen Schloß, fiel ihm die meibifche, bartlofe 
Geftalt ded Sheikh auf, deſſen Tapferkeit, Graufamfeit, Ehrgeiz 
und energiicher Character aber wohl befannt waren. Gegen ven 
ihm empfohlnen Branzojen übte er die nobelfte, arabijche Gaftlich- 
feit aus. Geſchenke an Mehl, Butter, Kaffee, Wachskerzen u. ſ. w. 
fehlten nicht, und firenger Befehl ward gegeben, Fein Geld von dem 
Fremden anzunehmen. Die Imams von Jemen hatten es ftets 
für ihre fürftliche PBrärogative angefehen, die Sorge für den Un— 
terhalt aller Fremden, die ihr Land betraten, ſelbſt zu überneh— 
men, eine Sinnedart, von der die reformirenden Wehabiten ganz 


9 Botta, Relation p. 20—29, 
Nitter Grdfunde XII, Eee 


802 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 72. 


abwichen, wenn es wahr ift, daß ihr Oberhaupt Suhoud darum. 


feinen älteften Sohn habe enterben wollen, weil er einem Frem— 
den einft Speife vorgeiegt. Der ehrgeizige Sheifh aber, der ſich 
wol zum Imam emporzuſchwingen gedachte, nahm wenigſtens auch 
deffen Gaftfitte an feinem Hofe an; er wollte fih und jein Land 
in Aufnahme bringen, und ſchloß fich deshalb, als Gegner des 
Imam von Sanaa, der Varthei des agyptifchen Vicekönigs 
an. Hierdurch trat er aber in das feltfame Verhältniß eines Ri— 
vald zu dem andern rebelliichen Gegens Iman, der fih in Taäs 
feftgeiegt hatte, in deffen Gebiet er einen drohenden Einfall bis in 
den Wadi Sina machte. 

Botta, der fih zu His einige Zeit mit Botanifiren bejchäf- 
tigte, aber auf dem Alluvialboden wenig neues fand, und von Euls 
turgewächfen nur den Balfambaum (er nennt ihn Belijfan) 
erwähnt, richtete vorzüglich auf die Berge feine Aufmerkfamkeit, 
zwifchen denen die Stadt liegt, ven Unbarahha (Ambaraſcha auf 
Niebuhrs Karte) in SW. und den Dfhebbel Ras in N.D. 
Diefen letztern zu erfteigen erhielt er endlich vom Sheifh die Er— 
laubniß, nebft einem Führer zu feinem Schuße. 


3. Die vergebliche botanijche Exreurfion von Häs zum 
Dihebbel Ras, und nah Häs zurüd. 


Am Adten October zog Botta durch die Ebene gegen N.O. 
zum Fuß des Bergs, deffen Steilwand für die Kaftthiere Faum zu 
erfteigen war. Am 16ten gelangte man auf halber Höhe ded Bergs 
hinauf zur Wohnung des Sheikh Dafin$*), ein hundertjähriger 
Greis, der als MWohlthäter im ganzen Lande verehrt ward. Er 
hatte nie feine Bergwohnung verlaffen; fein Haus bot einen weiten 
Umblick über die Gebirgshöhen, aber auch hinab in ein Felöthal, 
in welchem ein Fünftlicher Damm (Sedd) quer vorgezogen eine 
Aufftauung von Waffern bewirkte, durch welche, gleich dem Sedd 
Mareb (f. oben ©. 73), die Befruchtung der abwärts liegenden 
Landſchaft bewirft ward, eine Einrichtung die, wie einfb zur Zeit 
der Sabäer in Saba, hier im Berglande fi fehr häufig 
wiederholte, wol ein Neft der Agricultur aud althimjari= 
tifcher Periode. Der Sheifh übte Gaftfreiheit aus gegen 
viele Pilger, die aus verfchiedenen Gegenden Jemens hierher ka— 


***+) Botta, Relat. p. 29—36; def. Notic. in Archives II. p. 64. 





— 


Arabien; Jemen, das Bergſchloß Maamara. 803 


men, ihm auch Gaben fpendeten, um Almoſen zu vertheilen; auch 
folten Araber fich hier einfinden, um Arzneikräuter auf den 
Berghöhen einzufammeln. Man fagte, diefe fimen aus dem Mo— 
ghreb, d. i. aus Marokko, um die Kräuter, die in ihren Bü— 
Kern aufgezeichnet feien, zu fuchen. Noch war man hier nicht 
ſehr hoch geftiegen, doch zeigte fi fchon eine neue vom Tehama 
ganz verfchiedene Flora. Hier ſah Botta zun erften male 
dad Nerium obesum Forskal, ein Pachypodium mit rothen Blü— 
then, aber weißem, fchwammigen, fehr jeltfam geformten Stamme. 
Hier fah er auf ven Tamarindenbäumen die erften wilden 
Affen umberfpringen, von der Gattung Hamadryas (Cynocepha- 
lus hamadryas, der Perückenaffe), die einzige, häßliche, aber Fluge 
Art der Baviane, die von Mekka an ſüdwärts bis Jemen vor- 
fommen fol, und hier, wie im gegenüberliegenden Aethiopien, 
ſchon frühzeitig ven Alten befannt war. 

Der alte Sheikh, deſſen Bart mit Henne gelbroth gefärbt 
war, genoß allen Reſpect, ven fein Alter erheifchte; er fandte jedoch 
erft Boten auf den Gipfel de8 Berges Nas, um bei dem Berg- 
volfe anzufragen, 0b e8 dem Guropäer die Befleigung zur Herbo— 
rifirung gejtatte. Die Antwort Fam, ja der Befuch werde ihm er= 
laubt, aber ohne die Kräuter auch nur,anzurühren. Natürlich 
blieb er nun zurück und war gendtbigt unverrichteter Sache nach 
Häs zurüczufehren. Hier erfuhr er jedoch, daß diefed Verbot von 
feinem Brotector dem Sheifh Haffan felbft ausgegangen war; 
aus welchem Grunde, ſcheint ihm wol nicht Elar geworden zu fein. 


4. Die botanifche Erceurfion zum Bergſchloß Maamara 
des Sheifh Haſſan. 


Endlich ſchien ein gewilfes Miftrauen gegen feinen Gaft übers 
wunden zu fein, und Sheikh Haſſan, der fich zur Ueberſiedlung 
auf fein Bergſchloß Manmara im Südoft von Häs anſchickte, 
verſprach ihn mit fich zu nehmen. Dies gefchah auch; in andert- 
balb Tagereifen wurde das fehr feſte Schloß, auf einem hoben 
Berge gelegen, erreicht, der früher unzugänglich geweſen, zu dem 
ſich der Sheikh; aber, ald er noch Statthalter zu Tafäs war, einen 
Weg gebahnt und ein Afyl geichaffen, um darin bei feinen Nevol« 
ten gegen Sanaa auf jeden Ball gefichert zu fein. Auch war er 
Ihon zweimal darin, wiewol ohne Erfolg, belagert worden. Der 
Weg dahin ging durd das und aus Niebuhrs Noutier fehon 

Eee2 


804 Weft- Afien, IV. Abtheilung, 9.72. 


befannte Wadi Heidan zu einer der dort in der Nähe liegenden 
Berghöhen. Der fchlaue Sheifh wollte ftarfe Geldfummen heim— 
lich mit auf fein Schloß nehmen, und ließ deshalb in jede ver 
Kräuterfiften feines Gaftes einen Sad mit 1000 Stück Dollar ver- 
bergen. Obwol died ganz insgeheim gejchehen mußte, jo verbreis 
tete fich doch bald die Nachricht, daß ver Sheikh feinen Schag mit 
nach) der Teftung genommen, und verurfachte fpäterhin die Plünde— 
rung von Botta's Bagage®). 

Es war gegen dad Ende der Regenzeit 66), am letzten Octo= 
ber, daß man von Häs aufbrach und durch die Ebene gegen den 
Berg Ambaraſcha vordrang, an deſſen nörplicher Ihaljeite der 
permanente Strom, Suradſche bei Niebuhr, melder aber ge- 
genwärtig Abu=-Suera genannt wurde, vorüber zieht und die 
Maine von Häs befruchtet, vo aber niemald dad Meer zu erreis 
chen fcheint, jondern in den angeſchwemmten Boden des Tehama 
fich verliert, oder dafelbit zur Irrigation aufgebraucht wird. Jen— 
feit dieſes Waſſers im Hintern großen Bergthale wurde am Dorfe 
Mapdruba vorübdergefchritten und am Nachmittage bergauf geftie- 
gen zum Dorfe Hamära (j. auf Niebuhr's Karte), wo Mittag 
gemacht wurde. Am Nachmittage wurde der Weg meit beichwerlie 
cher; es ging über viele Berghöhen mit Mimofen und Baljambäus 
men bewachien, bis am Abend das gut bebaute, etwas jumpfige 
Thalvon Heidan (Wadi Heidan b. Niebuhr) erreicht ward. 
Sp weit blieb man auf der ſtark Gefuchten Route nach Taäs; dann 
aber ließ man diefe zur linken und drang in die Berge der Weſt— 
fette ein, welche von duftenden Bandanus (Pandanus odoratis- 
simus) und einer Balmenart mit flarf duftender Blüthe (Sha— 
djar el Cadi genannt) Gewachjen waren. Leider war ed zu genauern 
Beobachtungen zu dunfel, denn man ritt bis Mitternacht. 

Am folgenden Morgen Fam man am Fuße des Schloßbergs 
von Maamara an, zu dejjen Terrafjenabfägen ein Kunſtweg in 
einer Spirale bis zum Pi, der eben vom erften Sonnenftrahl ge- 
troffen wurde, hinauflief. Den ganzen Weg Eonnten jelbit beladne 
Kameele leicht hinaufgehen, nur die legte Spige, auf der die Yeite 
an Steilfelien erbaut ift, mußte auf befchwerlichen Stufen erflimmt 
werden. Hohe Mauern, Thürme mit Zinnen verfhloffen fie, und 
nur ein eijernes Ihor, von einer wilden Garde bejegt, ließ in ven 





#65) Botta,. Notice in Archives II, p. 65. 66) Botta, Relation 
p 37. \ 


Arabien; Jemen, das Bergſchloß Manmara, 805 


Hofraun ein, im deſſen Gewölben gefefjelte Nebellen, Verbrecher 
aller Art und auch Verwandte des Sheikh, die er zu fürchten Urs 
fach Hatte, als Gefangene ihr Leben vertrauerten. Auf einer zwei— 
ten Burgterraffe fliegen noch höhere Feftungsmauern und Verſchan— 
zungen empor, hier lagen große Wafferbehälter, und erft über 
diejen lag im höchften Theile vie Wohnung des Sheikh, neben 
der eine Eleine Mofchee fand. Das Schloß zu erbauen Hatte dem 
Sheifh nur 75,000 Kronen gefoftet, aber alle Handarbeit mar da= 
bei erzwungen; als er Statthalter von Taäs war, mußten fie ihm 
das Werk zur Frohn bauen. Mit ritterlicher Hospitalität und cor— 
dialer Offenheit, jagt Botta, wurde er hier vom Sheifh empfan= 
gen. Die Ausficht von diefer Höhe war aus den Gentächern und 
von den Terraffen und Thürmen entzücend; in der Berne erhob 
fih gegen S.O. der majeftätiiche Dſchebbel Sabber; an feinem 
Fuße konnte man fehr deutlich die Lage der Stadt Taas fehen, 
und von ihr die Citadelle Kahire unterfcheiden; unter der Burg 
in den Klüften fchwebten die Adler. Hier, wurde nun eine Reihe 
von Wochen anı patriarchaliichen Hofe eined arabifchen Gebirgs— 
fürften und Tyrannen verledt. Täglich kamen die Befuche feiner 
Haußleute, jeiner Söhne von allen Barben und Beyfiognomien, die 
fie von ihren Müttern ererbt, alle einfach gefleivet, aber jeder mit 
feinem Dolch im Gürtel, in Gold gefaßt. Kaffee trinken, Cät Fauen, 
Taback rauchen war die tägliche Unterhaltung, und Geſpräche mans 
herlei Art wurden geführt. Der Sheikh hier in der fichern Mitte 
feines Gebirgäbefiges lieg ſich alle Ehren eined moslemifchen Fürften 
erzeigen. Jeden Abend beim Abendgebet rief ein Officier feines Hofe 
ſtaats unter dem Benfter des Sheikh laut alle feine erhabnen Titel 
als Majeftät aus: Schwert ver Neligion, Säule der Herrichaft, 
Beichüger der Gläubigen u. f. w., und rief den Segen Allah8 für 
feinen Herrn vom Simmel herab, eine Geremonie die man den Du= 
fhän nannte. Daffelbe thaten haufig Arme und Flehende, die ihn 
um Beiftand anfprachen und wie Trubadure ihre Wünfche in Ver— 
fen reeitirten. Jede Mitternachtftunde wurde, wie e8 einft die Ehre 
der Khalifen und der Großemire erheijchte, in der feierlichen Berg» 
file vor dem Burgthore mit Trommelſchlägen und raufchenven 
Becken ein lauted Getöfe erregt, das nicht allein in dem Echo ver 
Thäler wiederhallte, ſondern dem auch andere wilde Trommelfchläge 
anderer Bergpoften in gemeffenen Tacten und Wiederholungen ant= 
morteten. Um dieſes Felsſchloß wurden die Hadhramauter Sold— 
truppen und die Landmilizen zufammengezogen, die zum Marich 


806 Weft-Afien, IV. Abtheilung. G. 72. 


nach) Taäs beftimmt waren (f. ob. ©. 660). Ihre Waffengattun- 
gen, ihre Proceſſtonen, ihre wilden Gefänge, ihre Dufchän, ihre 
rauſchende Mufik, ihr Getrommel, ihre wilden Schiefübungen, das 
feltfame Coſtüm, die Waffen, die bunte Lederarbeit diefer Völker in 
ihren Lagern zu Sandalen u. a., die Einquartirung ihrer Officiere 
und endlich ver Abmarjch diefer Horden gab zu den feltenften Scenen 
den reichſten Stoff, der oft an die romantischen Zeiten eines phan— 
taftifehen Mittelalterd erinnerte. Der Sheikh Haſſan ſchmiedete 
indeß feine Kabalen gegen den Imam von Tai, der ihm zuvor 
Geißeln ſchicken mußte, bevor er fich auf ven Marſch zu ihm, ald 
wolle er den Rebellen Beiftand leiften, begab. Diefe Geißeln, vor- 
nehme Araber von Taäs, wurden in der Burg Maamara mit 
großen Ehren empfangen, aber hierauf fogleich in Ketten gefchla= 
gen, um ihrer ficher zu fein, was von ihnen auch keineswegs für 
entehrend angejeher wurde. Nun exit brad) der Sheifh mit feinen 
3000 Mann Truppen nach Taäs auf, wo wir ihn ſchon oben ges 
funden haben; Botta mußte noch vorläufig in Maamara zurück 
bleiben. Hier flieg er auf den Bergen und Felſen der Nachbar: 
fhaft ald Kräuterſammler umher, doch ftetd von demfelben Führer 
Ezze el Sadrami begleitet, den ihm der Sheikh zur Escorte auf 
den Dichebbel Ras mitgegeben, damit ihm auch hier Feine Unbill 
wivderfahre. Zwar wurden aud) bier, wie auf dem Dichebbel Sab- 
ber, manche neue Pflanzen gefunden, im allgemeinen jedoch herrfchte 
bier wie auf der ganzen Weftfeite Jemend eine gewiſſe Ein— 
förmigfeit und geringe Verſchiedenheit der Flora vor, 
welche auch ven übrigen Gebieten nordwärts bis zum Sinai eigen 
zu fein fcheint. Dem antiken Ruhm fo mancher dort einheimifch 
fein follender feltfamer Gewächſe (Aromate, Gewürze 2.) und 
der Vorftellung, bier im Innern Semend die Fülle einer tropi= 
ſchen Vegetation im höchſten Grade entwidelt zu fehen, entfpracd) 
dad Vorgefundene keineswegs, zumal die Gebirgsflora nicht; denn 
Botta’d Sammlungen”) gaben, als Nefultat, in Allem etwa 500 
Species, worunter die Zahl von ganz neuen nur fehr befchränkt zu | 
nennen ift. Der Character der höhern Bergflora entipradh, 
wie dies fchon oben bemerkt ift, mehr dem befanntern europäi— | 
hen der fünlichern mediterranen Landſchaften (f. oben 


— 


67) J. Decaisne, Aide de Botanique: Plantes. de FPArabie Heu- 
reuse recueillies par M. P. E. Botta, in Archives du Museum 
d’Hist,. Natur, Paris, 4. T. II. p. 89 — 90. 





Arabien; Jemen, das Bergſchloß Maamara. 807 


©. 152, 790,793), indeß die natürliche Vegetation des jeme— 
nifhen Tehama eine ganz afrifanifche Phyfiognomie®®) 
zeigte. 

Auf den eultivirten Terrafjen am Bergſchloß Maamara 
fah man nur einige Durrafelver; die Waffereifternen bei den 
wenigen Hütten zerftreuter Dörfer, in denen auch die Bäder und 
Ablutionen ver Moslemen genommen werden mußten, fand Botta 
mit denfelben auch in andern Glimaten oben auf jchwimmenden 
grünen Linfen®) bevedt. Er machte dabei die Bemerkung, daß 
die Sunniten ihre Gebetahlutionen nur in reinen fliegenden Waſ— 
fern zu machen pflegten, die Jemeniten von der Zeidije-Seete 
hielten aber die grünen Linſen in den ftagnirenden Waffern für 
befonderd fündenreinigend, und feiner der dortigen Zeidije 
würde fich in einem reinen Waffer ohne Linfen baden. Doch zähl« 
ten fich diefe Zeidije zu den orthodoxen Secten, wenn fie ſchon 
von den orthodoxen Sunniten als ſehr unrein perhorredeirt, umd 
von diefen felbft die Shiiten, obwol für Keger gehalten, ihnen doch 
noch vorgezogen wurden. 

Die Berghöhe von Maamara war fehon zu kühl für eine 
günftige Kaffees Eultur. Im dem tiefen Engthale am Fuße dieſes 
Schloßbergd, dad nur wenig Stunden Sonnenfchein hatte, befanden 
fid) zwar, wie in den meiften warmen, jedoch ſchattigen Engſchluch— 
ten Jemens Kaffeepflangungen, aber keineswegs find fie hier 
fo zahlreich und ergiebig, wie in ven eigentlichen Kaffeeprovins 
zen von Udden, Sunaa und andern. Am Maantara hatte der 
Sheikh nur einen Berfuch zur Anlage einer Kaffeeplantage ge— 
macht. 

Nah Sheikh Haffans Abmarſch mit den Truppen blieb 
nur fein ältefter Sohn, Sheikh Caſem, ein Trunfenbolo, der 
alle Spirituäflafchen ausſoff, und feine Zeit in Schwelgereien, Tän— 
zen und Orgien zubrachte, im Schlofje mit dem unwiſſenden Kadi 
des Sheikh zurüc, der fich niemald um die Geſchichte ſeines Lan— 
des befümmert hatte, von den Tobbas der alten Himjariten Fein 
Wort wußte, und meinte, in Sanaa, dem Orte ded Vergnügens, 
gebe es gar feine Bücher (Seetzen faufte da die feltenften Ma— 
nuferipte ein), vielleicht biete Zebid vergleichen, mo eine Medreſſe; 
das fei ein Drt ver Wilfenichaft. 


6%) Botta, Notice in Archives II. p. 83. 6°) Botta, Relat. p. 48. 


808  Weft-Afien, IV. —— §. 72. 


5. Die Ueberſiedlung nach dem Bergfchloß Cahim nur 
Rückkehr nach Haß. 


Nur eine Tagereif e in Direeter Entfernung gegen Oft von 
Maamara erhebt fich ein zweites Bergichloß Sheikh Haſſans, 
Gahim?V) genannt, das zur Reſidenz feines älteften Sohnes Sheikh 
Caſem diente. Der Weg dahin, über jehr wildes Gebirge voll 
Spalten und Abjtürze, war faum für beladene Kameele in 2 Ta— 
gen zu erreichen, die fehr oft an den zu befchwerlichen Stellen ab= 
und wieder aufgeladen werden mußten. Aled Land, vahinwärts 
war unbebaut, unfruchtbar, auch zu fteil zum Anbau; nur in dem 
Tiefften der Thaler, wenn ein Bach fie bewaflerte, waren Durras 
felder und Kaffeegärten. Im Schatten der Gebüfche wuchs 
bier eine rothe Drobanche, welche die Araber Zoubr el bar nann— 
ten. Dieſes Schloß Cahim war auf der Berghöhe nur. ein vier- 
eckiges Gebäude von geringerer Beveutung und eine Tagereife fern 
gelegen von Taäs. Der hiefige höchſt unruhige Aufenthalt in der 
Nähe des verächtlichen, ftet8 betrunfenen Sheikhs wurde noch durch 
die undiseiplinirten Horden der heranrückenden Kriegstruppen uns 
ficher gemacht; doch gaben die botanischen Ereurfionen mandy neuen 
Ertrag. Inſecten und Vögel zeigten fich ſehr ſparſam; das ein— 
zige Raubthier, dad Botta bier zu fehen befam, war ein Pan— 
ther, der bei hellem Tage durch das nächte Dorf lief. Hyänen 
fpürte man haufig des Nachts, von einem fehr böſen Naubthiere, 
‚dad die Araber Tahefch(?) nannten, das ſchwarz mit weißer Bruft, 
ftarf genug um einen Ochfen fortzujchleppen fein follte, hörte er 
nur allerlei Fabeln erzählen, ohne feiner ſelbſt anfichtig zu werden. 

Dom Schloß Cahim machte Botta feinen Ausflug zum 
Dſchebbel Sabber, kehrte aber auch als Sheifh Haſſans Gaft 
zu ihm nach Cahim zurüd, wo er wol zunächſt noch in Sicherheit 
hätte feinen botanifchen Unterfuchungen nachgehen fünnen. Doc 
waren die Unruhen dajelbft zu groß, die Ausfichten zu kriegeriſch; 
die Flora war völlig erkundet, in Mochha wollte Botta ven 
Frühling zubringen 71). Direct dahin zu gehen wollte der Sheikh 
nicht erlauben, weil es zu gefährlich ausfah. Er Tieß ihm das 
fichere ©eleit über Heidan, Oudé, Hamara und Hais zurüd- 
geben, wo er Ende December anfam. ber bid dahin reichte 


6°) Botta, Relation p.’61—65; derf. Notic. in Archives II. p. 67. 
”») Botta, Relat. p. 123—-128. 








Arabien; Jemen, Hospitalität, 809 


ſchon nicht mehr ganz die Macht des Sheifh; denn noch innerhalb 
des Gebirgälandes der turbulenten arabifchen Soldateska widerſetz— 
ten fich die Kameeltreiber und Führer, den Europäer weiter zu ges 
leiten; fie forderten die jchon geleiftete Zahlung noch einmal, fehrten 
um, gingen davon und liegen ven ihnen Anempfohlnen in Ha— 
mara fißen. Zum Glück ſah es im dem jchon nähern Tehama 
friedlicher aus, und am 30ften December 1837 ward die Stadt 
Häs zum zweiten maale glüclich erreicht, 

Hier war ein zweiter Sohn Scheifh Haſſans, genannt Scheifh 
Aly, Gouverneur, ein Schwarzer, von äthiopifcher Mutter geboren, 
megen jeiner Härte beim Volke verhaßt, aber generös in feinem 
Benehmen gegen den Gaſt feines Vaters. Gr ließ deſſen Baguge 
aus Hamara abholen, ſchoß ihm eine Geldſumme vor, und wollte 
feine Wievererftattung annehmen. 

Mit Recht rühmt der Europäer die große und dauernde Hos— 
pitalität feines arabijchen Protectors, des Sheikh Haſſan, der 
während einer jo langen Zeit, über 3 Monat, alle Koften für ihn 
trug, ihn gang frei hielt, wie feinen Hausfreund behandelte, au 
die Zransportkoften feiner jchweren Bagage übernahm, die nicht 
gering waren; ja jelbft von Häs aus ließ er ihm noch auf feine 
Koften ale Bagage nad Mochha jchaffen. Auch von einer fei— 
nern Aufmerkſamkeit dieſes Tyrannen zeugte ed, daß er ihm einen 
rechtlichen und treuen Guide zum dauernden Geführten gab, um ihn 
gegen jeden Unfall zu fchügen, daß er bei dem plöglichen Aufbruch 
von Dichennäd, trotz der wilden dabei vorfallenden Scenen, doch fo 
für feine Sicherheit jorgte, und den Officieren der Escorte, die ſei— 
nen Gaſt gefund und glücklid) zurückgebracht, noch ein GefchenE von 
300 Dollar auszahlte. Leider, jagt Botta, fiel der Sheikh in die 
Schlingen, die ihm von den Türken gelegt waren; er würde font 
vielleicht eine andere wichtigere Nolle ald Beherricher von Jemen 
gejpielt haben. Er hatte ihn gewarnt, fi) vor ihnen in Acht zu 
nehmen, aber jpäter, nach feiner Abreiſe von Jemen, erfuhr er, daß 
Ibrahim Pascha, nachdem er ihn benugt hatte, fich ver Stadt 
Taäs zu bemächtigen, ihm ſeinerſeits den Krieg erklärte, und bei 
einer deshalb verabredeten Conferenz meuchlings hatte ermorben 
laffen, weil er ihn zu ſehr fürchtete. 

Botta, zufrieden mit dem Erfolg feiner botanischen Samm— 
lungen, die er in einer andern Jahredzeit wie Forskal ge— 
macht, und aljo die Flora von Jemen dadurch um eine andre 
Hälfte vervollftindigt hatte, insbeſondre aber mit feiner Erfor— 


810 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


fhung des Höchften Berges in Jemen, nach deſſen Bofteigung 
noch der Schwede Forskal auf dem Sterbebette vergeblich gefeufzt 
hatte, Eehrte von Häs durch das Tehama über Mochha in feine 
Heimath zurück, 


Erläuterung 93. 


Die Hauptftraße von Taäs nordwärts über den Mbarras- 
Pag nad Dfiöbla, und von da die Geitenfiraße durch den. 
Kaffeegarten Udden. Dann von Dfjöbla über den Sumära- 
Paß auf die Hochterraffe yon Jemen über Damar nad 
Sanaa. 


Von Taäs ift nur eine Hauptſtraße nordwärts bis Sa— 
naa bekannt geworden, die bisher von drei Reiſenden, von De la 
Grélaudière, Niebuhr und Seetzen, über dieſelben Stationen, 
wenn ſchon in verſchiedenen Zeiten und Richtungen, zurückgelegt iſt. 
Niebuhr's Tagereiſen find folgende7?): von 28ſten Juni bis zum 
16ten Juli, wozwiſchen aber vom Sten bis 13ten Juli 9 Raſttage 
in Jerim, wegen Krankheit und Forskal's Tod, abzurechnen 
find, fo daß die Reiſetage ſelbſt eigentlich nur 9 Tagemärſche 
betragen, indeß De Ia Grelaudiere, im 3. 1712, viel eiliger 
reijend von Taäs 5 Tagereifen, doch nur bis Mouab (vom 
17ten bis 21ften Februar), gebrauchte >). 


1. Weg von Taäs nad) Jemen ala, dem obern Jemen, 
über ven Gebirgspaß Mhärras nah Dijöbla, zur 
großen Wafferfcheide (8 deutfche Meilen). 


Erfter Tag. Ausmarſch von Taäs, am 28. Juni. 

Zweiter Tagemarfch (29. Juni), am Berge Sauref, ven 
Forskal noch befuchte, vorüber; er erhebt ſich über Dſchennad 
oſtwärts am Wege. Ueber Dfjafar erreichte man am Abend 
Käade; man fand unterwegs nur mehrere Kaffeehütten zur Er— 
holung. | 

Dritter Tagemarfch (30. Juni). Don Kaade durd viele 
Regenſchluchten, denen zu beiden Seiten viele Dörfer liegen; nur 
felten fließen Waffer in ven Tiefen, weil fie bei ven fleilen Abfäl— 
len fehr ſchnell verrinnen. Selten fieht man eine Steinbrüde über 





62) Niebuhr, Neifebefchr. I. S. 394—410. ”) De la Grelaudiere 
in La Rogue, Relat. p. 229 — 235. 





Arabien; Jemen, der Mharra- Pag. 811 


fie weggeführt. Am Abend wurde auf bedeutender Berghöhe die 
Simferä (vd. i. die Herberge, was ein Karawanſerai der Tür— 
fen) erreicht, melde Mhärras heißt, wie auch dieſer Haupt= 
gebirgspaß zwiſchen Taäs und Sanaa heißt, der das untere 
füdliche vom obern (d. h. Jemen Ala) Jemen, dem nörblichern, 
fcheidet. Vom Tehama bis hierher nannte man die großen Her— 
bergen Mattrach, die nur SPrivathäufer find. Dom Bergpaß 
Mhärras an aber bi8 Sanaa im Jemen Ala fand Nie= 
buhr auf jever halben oder ganzen Tagereiſe eine große Sim— 
ferä oder Karawanſerai erbaut, in die man zwar auch alle 
feine Bedürfniſſe mitbringen mußte, die aber durch Badjteinmauern 
umgeben und mit einem ordentlichen Thor verjehen war, dad jeden 
Abend verfchloffen ward und aljo dem Reiſenden und feiner Bagage 
vollkommne Sicherheit gewährte. 

Vierter Tagemarſch (1. Juli). Schon dieſe Simſerä liegt 
hoch, denn bei Niebuhr's erſter Reiſe brauchte er eine kleine 
Stunde von ihrer Höhe gegen Süd hinabzuſteigen; doch hatte man 
von ihrer Höhe jett noch eine DViertelftunde zur Culmination 
des Mharras-Paſſes empor zu fteigen, auf deſſen Höhe das 
große Dorf Nedfched (dv. h. Bergort) liegt, wohin ein ziemlid) 
gut gepflafterter Weg führte. Bon da flieg man wieder nordwärts 
hinab durch ödes Gebirge nach Dſjöbla, ver Hauptftadt der Pro— 
vinz Semensäla”*) (dad obere Jemen), die Niebuhr ſchon 
zuvor einmal auf dem Duermege von Beit el Fakih über Ud— 
den hierherwärts (ſ. ob. ©. 744) befucht hatte. Damald brauchte 
er, von der Norvfeite kommend, von Dſjöbla über denjelben 
Mhärras-Paß zur Simferä, welche er anfänglid) einem ge= 
wöhnlichen türfifchen Khane verglich, drei Stunden Zeit. Da- 
mals, es war am erften April, machte Niebuhr von der Paß— 
höhe noch eine Eleine etwas öſtlichere Excurſion zu einem nod) 
höhern zur Seite liegenden Berge, Chöddra, d.h. der Grüne”), 
genannt, um auf deffen Höhe die Nuinen eines Caſtells mit ho— 
hem Ihurm zu befuchen, das indeß feine befonpre Merkwürdigkeit, 
feine Infeription darbot. Zum Griteigen diefes Chöddra brauchte 
er eine Stunde Zeit; umber ſah man auf vielen "Höhen alte Baus 
werfe in Nuinen liegen, die man den Zeiten Mohammeds zufchrieb. 
Dijdbla ift faft 8 deutiche Meilen fern von Taäs, und 3 von 


) Niebuhr, Neifebefhr. I. ©. 345, 394; Beſchr. von Arab. ©. 238 
bis 239. ) 9. Hammer, Wien. Jahr. XCIV. 1841. ©. 73. 


812 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Udden, das ihm im Weft in gleicher Breite liegt. Die Korn 
felder um die Stadt und die Weinbergterraffen erinnerten Nie— 
buhr an Europa. Ganz Jemen äla oder dad obere Jemen 
wurde die Kornfammer von Jemen genannt; auch zeigten ſich 
überall fehr wohl bebaute Berge und Thäler, vol Waizen- und 
Gerftenfelver, viel Anbau von Obft und des Fürbefrautes, 
Uars (Wars, ſ. 0b. ©. 240) genannt, das eine gelbe Farbe 
giebt, womit ein ftarfer Handel auch in das Ausland, zumal über 
Masfat getrieben wird. Dſjöbla (bei Niebuhr, nicht Djobbe; 
im Dſchihannuma Dſchib; bei La Roque Gabala oder Djeubla), 
im Halbfreis in einem troden liegenden Flußbette erbaut, follte 
1200 (nur 600 meint Niebuhr) Häufer haben, darunter auch 
hübſche Steingebäude mit verfchlungenen Inferiptionen waren, 
wahrfcheinlich aus der Blüthezeit ver Ejubiden %). Nah Nie- 
bubr Hat e8 viele Seifenfabrifen. Man fah dem Orte an, 
daß er einft in größerer Blüthe geftanden. Diele Juden bemohn- 
ten gegenwärtig bier ein eigned Duartier der Stadt. Diefe Ge— 
gend wird für die Landesnatur des hohen Jemens (Semen ala) 
in hydrographiſcher Hinficht beſonders wichtig, weil zwiſchen hier 
und der 3 Stunden weit gegen Nord entfernt auf einer Berghöhe 
liegenden Stadt Abb die Hauptwaſſerſcheide zwifchen dem 
Indifchen Dcean und dem Rothen Meere liegt: denn hier ift 
dad Duellgebiet der beiden Hauptflüffe, der einzigen, vie 
vieleicht aus Jemen bis zum Meere ſich münden, ganz nahe bei= 
fammen; nämlih des Meidan gegen Süd, gen Aden (f. oben 
©. 722, nicht Meifam), und des Wadi Zebid, der über Udden 
gegen N.W. an der Stadt Zebid vorüber (ſ. ob. ©. 237) dur 
das Tehama bis zum Meere (doch nicht zu allen Jahreszeiten) 
zieht. Zwar fcheinen beide auch nur Seils (heil bei Niebuhr), 
d. i. durch Negenwaffer gefteigerte Ströme, aber doch mit 
längerm und continuirlichern, nicht blos temporairen Laufe zu fein, 
welche daher die fruchtbarften Thalgefilde Jemens durdhzie= 
ben. Allervings hat Niebuhr fchon diefe Wafferjcheide aner- 
kannt, wenn er auch den deshalb der Stadt Dſjöbla gegebenen 
Beinamen „Satonsnehrein,” d. i. „die mit zwei Flüſſen 
begabte,” 77) nicht anführt. 

Das Thal ded gegen Süd, gen Aden, ziehenden Wadi Mei— 
dan ift noch unbekannt und von feinem Neifenden beſucht. Der 


6:6) v. Hammer, Wien. Jahrb. XCIV. 1841. S. 88. 7 Ebend. 





Arabien; Jemen, Kaffeegarten Udden. 813 


nordweſtlich ziehende Wadi Zebid ift und aber durch Nie— 
buhr's erften Ausflug von Beit el Fakih aus (f. ob. ©. 744) be— 
fannt geworden. Es ift das Thalgebiet von Udden, berühmt 
ald der befte Kaffeegarten von ganz Jemen ’S), von wels 
chem der dortige Sheifh, aus" altem Adel, auch fehr große Ein= 
fünfte beflst. Wir fchalten hier das ein, was wir über diefe von 
der Hauptroute abzweigende Seitenftraße durch Udden zum Te— 
hama gelegentlich erfahren haben. 


2. Die Seitenftraße durch den Kaffeegarten Udden, 
von Beit el Fakih im Tehama nah Dfjöbla 
(18 deutſche Meilen). 


Udden liegt nur 15 deutjche Meilen in S.O. von Beit el 
Fakih, und 3 von Dijöbla, fo daß die ganze Querſtraße von Beit 
sl Fafıh aus dem Tehama zur großen Sana-Route im obern 
Jemen, zur Wafjerfcheive von Dijobla, 18 deutſche Meilen oder 
36 Stunden Weges beträgt, die Niebuhr vom 26jten bis zum 
3often März in 4 Tagereifen zurücklegte. 

Erſter Tagemarjch (26. März). Niebuhr und Korsfäl 
auf 2 Efeln, ohne Gepäd, ritten eiligft am erjten Tage 5%, Mei— 
len weit, bis Robo, einem Wochenmarkt, der noch im Tehama 
füpdftlih von Beit el Falih am Fuß des Gebirges liegt. 

Zweiter Tagemarjch (27. März). Bald wurde von da 
am Morgen bei Mejchäl der Austritt des Wadi Zebid aus 
dem Berglande in die Ebene des ITehama erreicht, der jehr weit 
deſſen Blußbette mit fließendem Waſſer verfieht, aber doch nur eine 
Breite von 20 bid 24 Fuß zeigte, was man aljo ald die Breite 
des größten Fluſſes in Iemen anzunehmen hätte! Im Te— 
hama wurde damals fein Waſſer gänzlich zur Irrigation aufges 
braucht; bier hatte fein Strom noch ein ftarfed Gefälle. Weiter 
zog man am Dorfe und Berge Sullam vorüber, auf jehr fchlech« 
ten Wegen, in 4, Meilen, von Nobo zum Marktorte (Suf), ver 
Machſa hieß, wo nur fchlechtes Brod, Kameelmilch, aber fehr gu— 
tes ITrinfwaffer zu haben, der Plage der Flöhe des Nachts nur 
durd Einbinden in Säcke (ſ. ob. ©. 790) zu entgehen war. 

Dritter Tagemarjch (28. März). Man rüdte an diefem 
Tage ſchon zu der mehr bergigen Vorterraffe des jemenischen Berg— 


) Niebuhr, Beſchr. von Arab, S. 245; deſſen Reijebefchr. I. ©. 340 
bis 345, 


814 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung,. $. 72. 


Iandes hinauf, 3 deutjche Meilen weit, bis zur Kaffeehütte (f. ob. 
S. 781) el Wachfad. Die Berge wurden fruchtbarer, reich an 
Kräutern; überall erhoben fi Terrafjenäder mit Unterftügungs- 
mauern, fleißig angebaut, durch Negenwaffer in Leitungsgräben be= 
fruchtet, die man durch) Damme zu Tanks oder Irrigationdteichen 
aufftauete. Die Dörfer wurden wohlhabenvder, die Häufer von 
Stein erbaut. Nach Ueberfteigung eines hohen Berges, Nakil ge— 
nannt, wurde die Nachtherberge el Wachfäd erreicht. 

Vierter Tagemarfch (29. März). Ueber mehrere Hügel 
und Thäler hinwegziehend traf man hier feit Beit el Fakih mieder 
die erfte Kaffeepflanzung; ihr folgten im Ihale des obern 
Wadi Zebid viele anore. Im feinem bier jedoch troden liegenden 
Bette wuchs fehr viel Rohrwald, bis 20 Fuß hoch, ein Zeichen 
wenigftend der feuchten Tiefe, in deijen Schatten der Weg 2 Mei- 
Yen weit bis zur kleinen, ofinen Stadt Udven fortlief. Sie be= 
ftand nur etwa aus 300 Wohnhäufern, die aber aus Stein und 
gut gebaut waren; bei dem Orte ergoß fich ein Bad) in den Wadi; 
auf einem fehr Hohen Berge erhob fich ein Palaſt über der Stadt, 
in welchem der Hiefige Sheikh refivirte, welcher jenoch damald noch 
die Oberherrichaft de Imam von Sanaa refpectirte Hier war 
man durch den weniger cultivirten, weſtlichen Terrafjenfall des Ge— 
birgslande8 (Dihebäl) in den großen Kaffeegarten von 
Udden eingetreten, der den Ruhm hat, ven beften Kaffee in 
ganz Jemen zu erzeugen. 

Fünfter Tagemarfch (30. März). Von Udden ging es 
zu dem noch höher gelegenen Osle, wo auch Zuckerrohr culti- 
virt wurde, deſſen fonft fehr felten in Jemen erwähnt wird; auch 
wird fein Ertrag nicht gerühmt. Ein alter Pflafterweg, Zei— 
chen früherer Cultur und ſtärkern Verkehrs Im Lande ald in der 
Gegenwart, dem zur Seite 3 Heine Madsjil, d. i. eigends er— 
baute Wafferhäuschen, in denen ſtets für die Paffanten klares, 
frifches Trinkwaſſer in Beden over Töpfergeſchirr aufbewahrt wird, 
von Strecke zu Strede erbaut waren, führte, nach 3 Meilen Weges, 
auf dem man einen ziemlich hohen Berg zu überfleigen hatte, nad) 
Dijdbla. Auch Schughäufer für die Neifenden gegen plögliche 
Regenfchauer gehörten zu den fo Humanen, wohlthätigen 
Stiftungen, die diefen Theil Jemens vor andern wilden Revie— 
ren deffelben auszeichnen und die befchwerlichen Bergübergänge ers 
leichtern. 

In Dfjdbla, wo zwar viel Kornbau, jedoch ſchon mieder 





| 


Arabien; Yemen, das Plateauland. 815 


jene Kaffeepflanzung verfhwunden war, trat man aller 
dings im ein gegen die Weftabhänge zum Tehama jchon weit 
tühleres (weil höheres) Plateauland ein. Im Tehama jah 
Niebuhr die Bauern um diefe Zeit (März) faft ſchon nackt ge= 
ben, hier trugen fie Schafpelze. Nachmittags 1 Uhr zeigte fein 
Thermometer 174° Reaum. (71° Bahrh.), während e8 um diejelbe 
Tageszeit in Beit el Fakih auf 28° 4’ Reaum. (96° Fahrh.) ges 
ſtanden hatte. 

Mit der bemerfensmwerthen phyficalifchen, hydrographi— 
ſchen und Eulturbefchaffenheit diefer Wafferfcheide im 
Gebirgslande um den Mhärras-Paß und Dijöbla, tritt 
für ganz Jemens Bewohner auch eine merfwürdige reli> 
giöfe Örenzfcheide ein, die fhon Niebuhr’?) an diefer Stelle 
bemerkte, wo er fagt, daß füdwarts von da bis Taäs die Ara— 
ber zu den orthodoxen Sunniten gehörten, nordwärts von da an 
aber die Gebiete der Zeiditen-Secte ſich auöbreiteten. Diele 
Secte fcheint jedoch feitdem fich auch weiter gegen den Süden aus— 
gebreitet zu haben. 

Auch eine andere Abtheilung der Völker, nach ſitzender 
Lebensweiſe, glaubte Niebuhr s80) hier zu bemerken, wenn er 
fagt, von hier an finde man im Gebiete des Imams feine um— 
hberfchweifenden Beduinen mehr; bis Sanaa mag dies wol 
gelten, wo überall fefte Anſiedlungen, Ortjchaften, aber jenfeit Sa= 
naa Iernte Arnaud allervingd wieder die vollen Gefahren zwi— 
ſchen den umberfchweifenden, roheften Beduinenftimmen Eennen. 


3. Bortfeßung der Hauptroute gegen Nord, von Dſjöbla 
und Jemen Ala, dem obern Jemen, über ven Sumära— 
Paß, Serim und Damar nad) Sanaa. 


Auf dem nur dreiftündigen Wege von Dſjöbla zu der fchon 
genannten nächften Station Abb, mit etwa 500 Wohnhäufern, 
zählte Niebuhr, auf der dahinwärts gepflafterten, großen Haupt— 
ftraße, 6 jener genannten für den Wanverer jo wohlthätigen Waſ— 
ferhäufer (Madsjil), dazwiichen aber auch noch andere Tröge 
für das Tränken der Laflthiere, und außerdem 4 kleine Schutzhäu— 
fer, ein Zeichen hHumaner Gefinnung, aber auch der heftigen Regen— 
güffe, die hier den Neifenden öfter fo ganz unetwartet überfallen 
und dann der Gejundheit oft jehr nachtheilig werben. Der Stadt 


*») Niebuhr, Reif. . ©. 395. 0) Ebend. ©. 399. 


316 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Abb zur Seite gegen Oſt ſah man vom ſehr hohen Berge Baa— 
dan auf hoher Mauerlinie Wafferleitungen herabfommen, welche 
das Waffer in ein Baffin zur Mofchee leiteten, das dann von da 
verteilt den Feldern umher zur Befruchtung diente. Viel Dörfer 
lagen umher. £ | 

Der erfte Tagemarfch von Abb (2. Suli)St), von wo eine 
weite, herrliche Ausficht, führte erft bergab auf bequemen Pflafter- 
wegen, dann aber in der (hochliegenden) Ebene, nach faft 6 Stun— 
den Marjches, zum Kleinen Marktorte Mechäder (Machadir bei 
v. Sammer), der auf einer Berahöhe erbaut von einem Eaftelle 
beihüst wird, und auch, nach Seetzen's Urtheile, von den lieb- 
lichiten, fruchtbarften Sluren umgeben witd. 

Zweiter Tagemarfch (3. Juli). Ein ungemein fteiler 
und fehr hoher Berg, der höchſte den Niebuhr in Jemen erftieg, 
der Sumära oder Nafil Sumära, war nur durch eine Kunfte 
ftraße erfteigbar, die gepflaftert in zahllofen Serpentinen zu feinem 
Bergpaß Hinaufführte, auf deſſen Nüden bei dem Dorfe Menfil 
(Manzuel bei La Roque) ein treffliches Hospitium, ein Sim— 
ferä, aus Stein gut erbaut war. Hier auf einer Höhe, weit über 
dem Paß von Mhaärras, wie über dem Paßberge zwifchen Ud— 
den und Dſjöbla erhaben, gönnte man fich, bei der tödtlichen Krank— 
heit die Forsfäl fchon danieder warf, einen Ruhetag. Serben), 
der denfelben Sumära am bten Juli überftieg, jagt, daß feine 
Gebirgsart aus Jaspis, Vorphyr, Wade und Pechftein bes 
ftehbe. Die Breite diefer Station beobachtete Niebuhr auf 14°10‘ 
N.Br., und meinte, dies könne vielleicht der Climar in Arabien 
des Ptolemäus fein, worüber fchon Bochart einige Bemerfungen 
im Phaleg 33) mittheilte. Ueber dem Hospiz auf dem Gipfel des 
Sumära liegt ein zerftörtes Schloß, den Bent Hafjan gehörig. 

Dritter Tagemarſch (5. Juli). Bei großer Site flieg man 
den Berg nach der Norvoftfeite hinab, in (Hoch-)Ebene, in- wel— 
cher 3 Meilen fern das Städtchen Jerim erreicht ward. Hier ums 
her ſah man, im Gegenfaß der früher überftiegnen gewaltigen 
Berge, zwifchen vom Sumära und dem Tehama im Weſt, wie 
Niebuhr bemerft, nur noch niedrige Hügel (offenbar, weil 
man die obere Terraffe des hohen Plateaulandes er= 


631) Miebuhr, Neifebefhr. J. S. 397; deſſ. Beſchr. v. Arab. ©. 239. 

92) Seehen, Mon. Corr. B. 28, ©. 227. 3) Miebuhr, Beichr. von 
Arab, S.236; und S. Bocharti, Geogr. Sacra s. Phaleg etc. ed, 
Lugd, Bat. 1692. fol. Ed. 3. c. XXX. fol. 145. 


Arabien; Jemen, Sanaa = Plateau. 817 


reicht hatte, auf der nun die Ortſchaften nordwärts bis 
Sanaa liegen). Auf diefem Wege erfältete fih Niebuhr fo 
fehr, daß er leider dadurch in Volge langwierigen Unwohlſeins an 
mancher Beobachtung gehindert wurde; Forskal aber fand in Je— 
rim am 11. Juli fein Lebensende. 

Serim St) (Drame bei De Ia Grelaudiere) ift nur ein gerin= 
ge8 Dorf, zwifchen Felfen, mit einem Caſtell auf fteilem Fels, ges 
legen, unter 14° 17' N.Br.; einen Vroſpeet Davon zeichnete Nies 
bubr aus feinem Kranfenzimmer (Taf. 68). Hier hörte er von 
den Nuinen und Inferiptionen der Königärefivenz zu Dhafar, 
nur 2, Meilen gegen S.W., die er ald Patient nicht erreichen 
fonnte, deren Wiederentvefung wir Seetzen verdanken (ſ. oben 
©. 258). 

Mit vem Boden dieſes hohen Sanaa=-Plateaud war 
auch eine große elimatifche VBerfchiedenheit vorgegangen. Wir 
fanden, jagt Niebuhr 5), an ver Oſtſeite des Sumära=-Bers 
ged ein ganz anderes Clima, ald wir an deſſen Weftfeite 
(gegen dad Tehama zu) gehabt. In Taäs, in Abb und noch 
im Dorfe Menfil, an der Südſeite des Sumära=Pafjed, regnete 
es jeit einiger Zeit faft alle Nachmittage; in Jerim war aber feit 
3 Monaten Fein Regentropfen gefallen, doch hörte man alle Abend 
Donnerwetter in der Ferne. Heuſchrecken fraßen bier alle 
Brüchte des Landes auf, jo daß man am Sten Juli Procefflonen 
mit Gebeten und Gefängen anftellte, durch die man fie zu ver— 
drängen wähnte. Wirklicy fiel an demfelben Abend ein Negen und 
Hagelihauer, und da es auch am -9ten Juli wieder regnete, fo 
ſchien es Niebuhr, daß hier die Negenzeit ebenfalld regelmäßig, 
nur um ein Gewiſſes fpäter, einzutreten pflege, ver hohe Berg 
Sumära aber eine Wetterfcheide bilde Heuſchrecken— 
ſchwärme ftellten fich, ſobald e8 nur einige Zeit lang nicht ge« 
regnet hatte, aus dem Oſten fommend, an den Weſtgehängen 
ded Berglanded ein, wo die Bauern gegen folche zeitweife Ueber— 
fälle noch mit Stangen, Tüchern und Getöſe gegen fie zu Selbe 
zogen, um fie von ihren Belvern zu verjagen; aber hier in Sertm, 
auf dem KHochplateau, war ihre Ueberzahl viel zu gewaltig, um 
durch ſolche Mittel dem Uebel fteuern zu wollen. Mit verfelben 
Beobachtung ſtimmt Seetzen, den, wie wir fchon oben anführten, 


9), Niebuhr, Befchr. von Arab. ©. 236, °°) Niebuhr, Reiſebeſchr. 
I. ©. 401. 


Ritter Erdkunde XIL Sff 


818 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $ 72. 


auf den Höhen des el Täfer, bei Abb, ein jo ungeheurer Heu⸗— 
fhredenfhwarms6) überfiel, daß er beinahe während zweier ganz 
zer Tagemärjche von ihm umfchwirrt ward. 

Vierter Tagemarſch (13. Juli). Nah längerm Verweilen 
in Jerim wurde die Reife nur in Heinen Tagemärſchen, megen 
Krankheiten, fortgefegt 3”), nach der 4 deutiche Meilen entfernten 
Stadt Damar, Dimar im Dſchihannuma, in deren Nähe ver 
Thron der Königin von Saaba liegen fol (1. 06. ©. 726), von 
dem aber Niebuhr nichts erfuhr. Er ſah dieſe Stadt in einer 
ebenen, fruchtbaren, ſehr Eornreichen Gegend gelegen, die durch 
Pferdezucht berühmt war, hielt aber Die 5000 Häufer, die man 
ihr gab, für eine fehr übertriebene Zahl; doch ift fie groß und 
berbergte auch viele Juden und Banianen. Bon der humanen 
Bildung der Bewohner erhielt er Feine vortheilhafte Meinung, da 
fih der Pöbel frech zudringte, und felbft die Studenten, deren 
man Dort 500 in einer berühmten Academie oder Medreſſe der 
Zeidije angab, um ihre Neugier, die Fremden zu ſehen, die ſich 
ſchon in ihr Quartier begeben hatten, zu befriedigen, deren Thüren 
und Fenſter mit Steinen bombardirten, um fie dadurch an die Straße 
zu loden. Ein Heiner Fluß, bemerkt Niebuhr, fließe unfern der 
Stadt gegen Nord, und folle fih im Lande Sof (d. i. Dſchof, 
wo Mareb) im Sande verlaufen, woraus er jehlieft, Daß Dies 
wol einer der Zuflüffe zu Marebs Leichen fein werde. Bon 
Damar nah Sanaa find noch 12%, veutiche Meilen Weges. In 
einem Berge oſtwärts von Damar, dem Iffi oder Dichebbel 
Kibrid, hörte er, werde Schwefel gegraben, und auf dem Hir— 
ran-Berge in N.W. finde man feinen Karneol, ven die Araber 
AFFE nennen und ald Schmuck- und Wunvderftein fehr hoch jchägen, 
wa3 9. Hammer für den dort einhbeimifchen Namen von 
Achat Hält, der hier dem Karneol mol ſehr nahe ftehen mag. 
Niebuhrss) fand diefen dunkelrothen Akjk fehr häufig auf 
dem Wege zwijchen Taäs und Sumara. Seetzen fah auf der 
Süpjeite de8 Sumara Borphbyrauadern bei ven Nuinen zu 
Diofar. Er jagt, der Weg) von Serim nah Damar habe 
ihm daſſelbe melancholiiche, düſtre Anfehn gehabt, weil die Stein— 
art der Berge am Wege ſchwarz und porös fei, mie meiter nord— 


*#) Segen, Mon. Correſp. B. 28, ©. 228. *’) Niebuhr, Reifeb. 
I. ©. 407; deſſ. Beſchr. v. Arab. ©. 235. 5, Niebuhr, Beſchr. 
von Arab. S. 142. Seetzen, Mon. Correſp. B. 28, ©. 227. 


\ 


Arabien; Jemen, Sanaa -Plateau. 819 


waͤrts gegen Suradfche, mo die Berge aus grauer Wade, 
oder blauer und ſchwarzer poröfer Lava, von fo wilden 
Anfehn fich zeigten, daß er fie für vulcanifchen Urfprungd 
habe Halten müffen. An einer Stelle habe aus dem Boden auch 
Mandeljtein (darin nicht felten Karneole) Hervorgeragt, und noch 
weiter nordwärts bei Seijän, habe er jaspisartiges Geftein 
geſehen; bei Damar felbft bemerft er, daß deſſen nackter, ebener 
Felsboden aus jenem poröfen Geſtein beftche, in dem er zuweilen 
weiße Kalfjpattheilchen bemerkte. 

Fünfter Tagemarfch (14. Juli). Direct nordwärts führte 
der Weg eine gute Stunde weit, zwifihen Eahlen, unfruchtbaren 
Dergen zur Linken und einer weit gegen Often ſich ausbreitenden 
Ebene, zur Stadt Mauahheb (Mouab, f. ob. ©. 741), wo 
einft eine Reſidenz der Herricher von Jemen ftand; dann über we— 
nig bebaute Felder bis Suradſche (Suradsje bei Niebuhr), 
dad 5 deutjche Meilen fern liegt von Damar. 

Sechster Tagemarfch (15. Juli). Bon Suradsje®) an 
nordwärts bis Sanaa, dad nur noch 15 Stunden fern liegt, find 
alle Dörfer. von vielen Gärten und Weinbergen umgeben, 
welche die köſtlichſten Obftarten, zumal auch Weintrauben liefern; 
die Berghöhen bleiben aber Fahl und unfruchtbar. Hagelſchauer und 
Donnerwetter waren hier nicht felten. Bei dem Dörfchen Auli 
fam man an die Grenze de3 oftwärts gegen Mareb gelegnen Länd— 
hend Chaulan (f. ob. ©. 712). Ueber den Namen des gegen 
Weſt von da Tiegen follenden Höddafa 9) Dorfes, nah Aus— 
fage der Juden von Sanaa, die dort von unleöbaren Injchriften 
fabelten, konnte Seeßen bei feiner ſpätern Durchreife hierſelbſt an 
Ort und Stelle wenigftens nicht die geringfte Nachricht einziehen; 
Niemand wollte etwas von einem Orte dieſes Namens wiffen (j. 
ob. S. 745). Am Abend dieſes Tages wurde, nach 4'4 deutfchen 
Meilen, der Dit Seijän erreicht. Hier, wo 08 fehr felten regnen 
jol, habe man viele Gifternen in Felſen gehauen und große Bruns 
nen gefaßt. 

Siebenter Tagemarſch (16. Juli). Ueber ein geringes 
Flüßchen, das man auf einer Steinbrüde, zmifchen den Dörfern 
Nema und Hüdpde gelegen, palfirte, wo eine Billa des Imam 
mit Gärten vol Wallnüffen, Aprikoſen, Birnbäumen u. a. Obſt— 


0) Niebuhr, Neifebefchr. I. ©. 408, ) Niebuhr, Beſchr. v. Arab, 
©. 234, 
Fff2 


320 Weſt-⸗-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


arten und Weinbergen lag, wurde nah 3 Meilen Weges envlich 
die Refivenzftadt Sanaa glücklich erreicht. 


Erläuterung 4 
Sanaa (Mfal, Ozal der alten Zeitz Dfer, Oſeir der Gegen- 
wart) Die Hauptftadt yon Jemen, die Refidenzftadt des Imam; 
nad den Beobachtungen von Niebubr (1763), Seesen (1810), 
Gruttenden (1836), Wolff (1836). 


Wenn au ſchon Ludov. de Barthema und einige andere 
minder befannte Wanderer einmal die Stadt Sanaa beſucht haben 
mögen, fo ift doch Niebuhr als ihr eigentlicher Entdecker anzu— 
jehen; denn er ift ver erfte, der ihre Lage genau beftimmt und 
eine hinreichende Beichreibung von ihrer Beichaffenheit gegeben hat, 
welche in ihren Lücken durch Cruttenden's neuern Beſuch noch 
vervollftändigt werten konnte (ſ. ob. S. 751), da dieſer Beobachter 
im wejentlichen mit feinem Vorgänger übereinftimmt. Seesen’ 
Tagebuch über feinen Aufenthalt in Sanaa, wo er beim erften Be— 
juche vorzüglich mit Ginfauf feltner arabifcher Manuferipte beſchäf— 
tigt war, ift bis jet noch nicht veröffentlicht worden, fein einzig 
von da befannt gemachtes Schreiben darüber vom 17. Nov. 1810 
enthält nur wenige Angaben (f. ob. ©. 745). 

Der Aufenthalt von Niebuhr, wie von Gruttenden, war 
in Sanaa, der Reſidenz, keineswegs günftig zu vollftändigen Er- 
mittelungen, wenn ſchon der erftere 10 Tage (vom 17. bis 26. Juli 
1763), der letztere an 4 Wochen (vom 26. Juli bi8 zum 20. Auguft 
1836) dafelbft vermeilte, denn abgeſehen von den Unpäßlichkeiten 
beider, und der fchweren Krankheit Dr. Hulton's, dem Crutten— 
den die ganze Zeit über Kranfenwärter fein mußte, war die her— 
fömmliche Hofetiquette und die mißtrauifche Bewachung der Fremd— 
linge, die faft immer wie Gefangene bei gejchloffenen Thüren ein- 
gehalten wurden, und unter ftrengfter polizeilicher Aufficht auch bei 
ihren Ereurfionen ftanden, für freie Beobachtung ungemein Hinder- 
lich. Daher wol auch hier noch vieles zu ermitteln übrig fein 
wird. — 

Niebuhr, vom Staatd-Seeretair in Sanaa höflich empfan- 
gen), ward fogleich in ein Gartenhaus der weſtlichen Vorftadt 


°»?) Niebuhr, Reifebefhr, J. S. 411, 





Arabien; Jemen, Refidenz Sanaa. 821 


Sanaas, nah Bir el Aſſab abgeführt, das der Imam für feine 
Gafte auf einen Monat gemiethet Hatte; eine angenehme Behau— 
fung, aber leer, im einem fihattigen Garten gelegen, wo fle ftets 
unter Obhut flanden. Sie hätten hier den erften Tag verhungern 
fönnen, denn erft ven zweiten wurden ihnen die Gefchenfe ihres 
Wirthes, des Imam, zugeftelt: 5 Schafe, 3 Kameelladungen Holz, 
Reiß, Gewürze und Wachslichter; für alles übrige hatten fie feldft 
zu forgen. Auszugehen geftattete ihnen aber die Etiquette nicht, 
bevor fie zur Audienz des Imam in feinem Palafte, dem Buftan 
(d. i. Garten oder Balaft) Mutewakkil (oder Mutewaffil Allah, 
des Gnttvertrauten, ein Titel des Imams) gelajfen waren, und 
dann erjt erlaubte es die Form, auch dem Vizier eine Viſite zu 
machen und auszugehen. 

Demſelben Geremoniell mußte ſich auch der Engländer Crut— 
tenden®) mit feinen Gefährten unterwerfen, die ebenfalls in dafs 
felbe Quartier abgeführt wurden, aber gleich ven folgenden Tag, 
unter dem Schein der ‚größten Höflichkeit, in einen noch engern 
Berwahrfam famen, da ihnen vom Vizier Mohamed Sa'di ars 
gefündigt wurde, daß der Imam ihnen, als englifchen Officieren, in 
feinem eignen Garten eine Wohnung habe zurecht machen lafjen. 
Auch zogen fie dahin wirklich ein, und wurden faft die ganze Zeit 
dajelbft, da ver mißtrauische Imam fie für türfifche Spione hielt, 
unter Verſchluß der Thore und Thüren zurücbehalten; ihre Be— 
dürfniffe wurden ihnen aber nach ihren Wünfchen reichlich zugetra= 
gen. Das erfte was nach der Politik des Landes geichehen muß, 
it die Audienz beim Imam, erſt nach. viefer fünnen auch an— 
dere Befuche und Wanderungen durch die Nefivenz erlaubt werben; 
daher diefe Audienz, Seit hundert Jahren immer diefelbe Cere— 
monie, mit wenig Veränderung der Sofetiquette, von allen Reiſen— 
den zunächft befchrieben und abgebildet 9%) wird. ine große, fehr 
hohe Halle mit nadten Mauerwänden, aber Eoftbaren Teppichen 
über den Fußboden gebreitet, mit einem großen Waſſerbecken, aus 
deſſen Mitte eine Bontaine, 14 Fuß body, zur Abkühlung des Rau— 
med emporjpringt, am Ende des Saales eine in mehrern Stufen 
auffteigende Erhöhung, auf welcher ein Divan mit Eoftbaren Pol— 
ftern die Stelle des Thrones vertritt, der zu Cruttenden's Zeit 


) Cruttenden, Narrative im Journ. Roy. Geogr. Soc. VIII. p. 281; 
derf. Journal of an Kxcursion in Proceedings of the Bombay G. 
Soc. 1839. p. 49. ) Niebuhr, Neif. I. Tafel LIX. 


822 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72. 


in ein reichvergierted Holzſchnitzwerk mit feiner Ueberdecke verwan— 
delt war, und zur Seite der Halle doppelte Reihen aufgeftellter 
Hofleute im arabiichen Coſtüm, deren Blick auf den Despoten ge- 
richtet ift, welcher mit kreuzweis untergefchlagenen Beinen den 
Thronfig verberrlicht. Der Gaft wird hier durch den Vizier und 
die Dolmetfcher, denn die Hofjprache zu Sanaa®) ift jehr ver- 
fchieven von dem Arabijchen im Tehama, dem Imam zum Hand— 
Fuß zugeführt. Das Aeußere ver Hand zu küſſen if eine gewöhn— 
liche, dad Innere derſelben aber eine außergewöhnliche Gnade. 
Niebuhr fah ihn in hellgrünen Oberkleive und weißem Turban, 
Gruttenden, der ihn mit feinem neben ihm flehenden Oheim 
Seifid Mohammed (titulirt Seif el Khalifab, Schwert des Kha— 
lifen) zu begrüßen hatte, in gleichem Turban mit Goloftoff und 
in langer carmoifinfeioner Nobe, mit Kaſchmir Shawls ummunden, 
mit Eoftbaren Juwelen und Gold am Dolby im Gürtel u. ſ. w. 
Der Empfang war gracids, wohlwollend, mit den beiten Verſpre— 
ungen; die Engländer wurden jedoch mehrmals gefragt, ob fie 
Brangojen wären, und fogleich ver Arzt Dr. Hulton erfucht, den 
Puls zu fühlen und Arznei zu verfchreiben. Zu De la Orelaus- 
diered Zeit flieg der damals STjährige Imam fogar bei der erften 
Audienz fogleich von feinem Throne’), nahm den franzöflichen 
Chirurg Monf. Barbier mit zum Fenſter und ließ ihn die In— 
jpection in den Schaden feines Ohres machen, che er vie Ceremo— 
nie zu Ende brachte, die mit Austheilung Eleiner Oefchenfe für vie 
dargebrachten Gaben geichlejfen zu werden pflegt. Niebuhr erhielt 
11 kleine Beutelchen mit Scheivemünge, Gruttenden 5 Schafe, 
Wachskerzen und einen Ballen perfiichen Tabad, wofür aber vie 
Eunuchen, welche diefe Dinge brachten, ihre Irinfgelver verlangten, 
und mit ihnen die Stallfnechte, Diener und einige zwanzig alte 
aus dem Harem verftoßene Weiber, die ebenfalls Bakſchiſch forder- 
ten, und denen zu willfabren gerathen wurde, meil fie allein vie 
Wege zum Ihrone zu bahnen wüßten. Wirklich mußte man ſpä— 
ter immer erſt einer diefer Damen wenigſtens einen Dollar in die 
Hand drücken, wenn man dem Imam einen Befuch abjtatten wollte. 
Ali Manjur, ver Imam, ſchwarzer Haut, von einer Abyſſinie— 
rin geboren, war erjt 24 Jahr alt, aber in Trunfenheit verfunfen; 
ein Zafter aller höhern Stände in diefem Sande, trog ihrer Schein- 





*»>) Niebuhr, Reiſebeſchr. L. S. 413; Cruttenden, Narrative p. 281. 
»°) La Roque, Voy. l. c. p. 235. 








Arabien; Jemen, Sanaa, Audienz. 823 


heiligthuerei. Als Zeidije, feiner Serte nach, durfte er nicht Tas 
bad rauchen, was daher nur heimlich) gefchah; den Tag über brachte: 
er, ſchon beim Lever um 11 Uhr beraufcht, mit Nauchen und 
Branntweintrinfen zu, mit feinen gemeinften Dienern, die ihn da— 
bei weidlich beftahlen. Zweimal waren die Engländer zu diejen Feſt— 
gelagen geladen, wo fie ihn jedesmal betrunken fanden, von 5 bis 
6 ebenfalld trunfenen Tänzerinnen umgeben, und höchlichft verwun— 
dert, daß fie den Branntwein ausjchlugen. Ekel Hinderte fie dieſe 
Beſuche zu wiederholen. Er wurde fpäter vom Throne geftoßen. 
Auch der Vorgänger dieſes Imam, Ali Manfur, der von dem 
Geſchäftsführer der englifchen Factorei, Mr. Pringle*7), im Ans 
fang des 19ten Jahrhunderts zwei Viſiten in Sanaa erhielt, und 
jedesmal reiche Gefchenfe, um ihmen Vortheile einzuräumen, führte 
ein gleiches jchwelgerifches, abgeſchwächtes Keben; bei dem erften 
Beſuche brachte Pringle ibm für 30,000 Rupien Eoftbare Ge— 
fchenfe in Satin, Muslin, Shawld und andern Xrtifeln für das 
Harem, die ihm große Gunft zu Wege brachten; dagegen bei dem 
zweiten Beſuche vie koſtbarſten Waffen, wie Piftolen, Säbel u a., 
die er ihm zu Süßen legte, aber gar nicht im Gefchmad des Weich- 
lings waren, deſſen Mißgunſt. 

Erſt nach dieſer Antrittsaudienz konnten die Viſiten bei den 
andern Hofleuten und Städtern Statt finden. Niebuhr fand, zu 
feiner Zeit, am Vizier Takih Ahmed einen neu= und wißbegieri— 
gen Mann, dem daran lag fich die Gurivfitäten, die der Fremd— 
ling mitgebracht, zeigen und erklären zu laffen, wie Vergrößerungss, 
Berne und Wettergläfer, gedruckte arabifche Bücher, Kupferftiche, 
Land» und Seekarten, Magnetnavel u. dgl.; er war nicht ohne ei— 
nige geographifche Kenntniffe, meinte aber, wie die meiften Araber, 
da die Europäer zur See vom Süden ber ihnen zukommen, daß 
auch Europa, ihre Heimat, im Süden der Erde liege. 

Das erſte was Niebuhr that, ald er in die Stille feiner 
fchattigen Gartenmohnung mit Springbrunnen, Obftbäumen und 
MWeinreben zurüdkehrte, war, die Ortsbeftimmung und die To— 
pographie der Stadt Sanaa zu ermitteln für einen Grundrif 9%) 
und feine Landkarte, wobei ihm aber das zupringliche Volk zu hin— 
derlich wurde, jo daß er es nur bei allgemeinen Beflimmungen be— 
wenden lafjen mußte. 


) Vic, Valentia, Voy. and Trav. Vol. Il. p. 364. *) f. Niebuhr, 
Grundriß der Stadt Sanaa, Taf. 70; deil. Beichr. v. Arab. 230— 232, 


824 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.72. 


Hiernach Liegt Sanaa unter 15° 21! N.Br. (nah Crutten— 
den 15° 22 N.Br. und 44° 31! DR. v. Gr.), am weftlichen Fuße 
des Berges Nikkum (Nokom oder Nakam, Nikom bei Ar- 
naud) 99), der oftwärts fich fortziehend durch fen Eifen, aus 
welchem der Stahl von Nofom gefertigt wird, im Dſchihan— 
numa gerühmt wird. Auf ihm zeigten fich Nuinen eines Caſtells, 
dad die Legende vom Patriarchen Sem erbauen läßt (f. ob. ©. 239). 
Bor demfelben Berge liegt auf dem berühmten, niedrigern Hügel 
Ghomdan (j. 06. S. 239 und 722), das moderne Gaftell. Un 
der Weftfeite der Stadt Sanaa liegt der Öarten mit dem Re— 
ſidenzſchloß, wo die Audienz gegeben ward, wie eine Vorſtadt, 
mit einem Erdwall umgeben, der mit Backſteinen, häßlich, mit 
Lehmziegeln, jagt Seegen, überdeckt ift, über denen eine große 
Menge Eleiner Thürme bervorragen. Zwiſchen diefen beiden Theis 
Ien, dem Gaftel und Nefivenzfchloß, welche mit eignen Mauern 
infelartig umgeben find, breitet fi) Die Stadt Sanaa mit ihren 
Mohngebauden aus, die nah Niebuhr nur in Zeit von 1 Stunde 
und 8 Minuten umgangen werden kann. Zur Negenzeit fließt ein 
fleiner Bach durch das öſtliche Drittheil Der Stadt, der aber im 
Juli troden lag, er fol von Tanaim?'), der Judenſtadt in S.O. 
in Chaulan fommen (ſ. 06. S. 712), und weiter gegen Nord nad 
dem Lande Diehof (wo Mareb) liefen. Gruttenden fand über 
ihn in der Stadt eine ſchöne Steinbrüde erbaut. In einiger Ferne 
von dem Weitende der Stadt zieht ein größerer Fluß vorüber, an 
dem jehr viele Gärten und Landhäufer liegen, und auch das Garten— 
quartier, das Niebuhr zur Wohnung angemiefen war, das ſeit— 
dent aber auch nicht mehr offen liegt, fondern ſchon zu Cruttenden's 
Zeit mit Mauern, Feſtungswerken und Batterien umgeben zur Vor— 
ſtadt gemacht war. Ueberhaupt ift die Stadt mit Gärten umge— 
ben, in denen ein Ueberfluß von Obft, von Feigen, Apriko— 
jen, Pfirfih, Birnen, Nüffen und zumal von Trauben 
gewonnen wird, von denen man bier, nach Niebuhr's Erfundis 
gungen, 20 verfchienene Sorten zählt, die, weil fie im verfchiedenen 

Perioden zur Neife gelangen, die Bewohner Sanaad dad ganze 
Jahr hindurd) mit dieſer Föftlichen Nahrung verfehen. Die ums 
gebenden Berge und Anhöhen, die nach Eruttenden gegen S.W. 
doch bis zu 1200 Fuß hoch auffteigen, find nat und öde, fo daß 


99) 9, Hammer, Wien. Jahrb. XCIV. 1841. ©. 81. 9) Niebuhr, 
Reifebefchr. I. ©. 422. 


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Arabien; Jemen, Sanaas Lage. 825 


der erfte Anblick der Stadt von daher doch keineswegs der Erwar— 
inng entfprach 1), die man von der cultivirten Umgebung der Haupt» 
ſtadt des glücklichen Arabiend haben durfte, zumal da fie von den 
ältern arabifchen Autoren mit dem paradiefifchen Damaskus 
verglichen wird, wie bei Abulfeda (j. ob. ©. 240), der freilich 
bier Eeine Autorität hat. Niebuhr fo wenig wie Gruttenden, 
fonnten von der dürren Anhöhe, auf ver Sanaa ſich, nad 
Cruttenden's Berechnung, etwa 4000 Fuß abfoluter Höhe über 
dem Meere zeigte, keineswegs von ihrer Schönheit enthufiasmirt 
fein. Doc) fehlt es nicht an Wafjern zur Befruchtung und Trän— 
fung der zahlreichen Gärten, die aber nur in den Thälern liegen. 
Seesen ?), vielleicht von der Jahreszeit mehr begünftigt, ift ein= 
genommen von der Stadt, die er für die ſchönſte erklärt, die er im 
Orient igejehen, und felbft Gonftantinoyel würde nicht ausgenom— 
men fein, fagt er, wenn dies nicht feine zahlreichen und prachtvols 
len Mofcheen hätte. Die Häufer in Sanaa, fagt er, ftehen aller- 
dings ſehr gedrängt, aber fie find maſſiv, hoch, weiß getüncht und 
auch bunt bemalt. Wären die Gaffen bepflaftert und rein gehalten, 
und verftände man hier die Kunft, die 30 in der Stadt befindlichen 
anjehnlichen Gärten mit niedlichen Geländern einzufaffen, jo würde 
Sanaa felbft in Europa als eine hübſche aniehnliche Stadt gelten 
können. Drei größere Stadtthore mit Kanonen bepflanzt, viele kleine 
Thürme zur Handwehr, jollten der Stadt zum Schub dienen; Nie— 
buhr zählte in ihr 10 Minarets mit vielen Mofcheen, 12 öffentliche, 
anfehnliche Bäder, viele Karamwanferais, unter denen er die 3 Stod 
hohe Simfjerä el Mahädi als die fchönfte bezeichnet, und außer— 
dem mehrere große Gebäude und einige Paläfte, deren AUrchitectur er 
fo wenig wie die Hier einheimifche überhaupt rühmen kann. Keine 
Nefte antiker Bauten fonnte er wahrnehmen, weil die Stadt ftarf 
bevölfert und bebaut war, die Plätze und Steine Foftbar, daher man 
ftet8 dad Material der alten Baumerfe zu den Neubauten zu ver— 
wenden pflegte. Die Dieyamea over die Hauptmoſchee in ver 
Mitte der Stadt, mit 2 Minarets, bietet nichts befonderes dar; 
einige andere find von Türfen ganz hübſch erbaut, wie auch einige 
Medrefien, eine auch vom damaligen Imam; wenigftens fehlt es 
nicht an vergolveten Kuppeln über den Imamgrabftätten. Von eis 
nem der Gebäude im beflen Bauftyl, bei Sanaa, hat Niebuhr 


") Cruttenden,, Narrative p. 281. ?) Seetzen, Monatl. Gorrefp. 
8.27, ©. 181. 


336 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


eine Zeichnung gegeben (Tafel 68); die beiten Paläſte find aus 
Stein oder Badjtein, mit Fenftern ohne Glasſcheiben aufgeführt, 
deren Thüren man offen ftehen läßt; nur bei einigen Neichen fin— 
det man ſchön gefärbte Glasſcheiben aus Venedig, die Über Aegyp- 
ten eingeführt werden, und Marienglas (Faſergyps nad See— 
tzen, den man in 3 bis 4 Linien vide Scheiben zu fügen verfieht) 
in die Fleinen Oeffnungen eingefegt, wie in Mochha. Doc fcheint 
die Zahl der guten Häufer fi in neuer Zeit vergrößert zu haben, 
die Engländer rühmten die vielen, fchönen, bunten Glasſcheiben, die 
fie in ven Häuſern der reichen Staufleute bemerften. Die Straßen 
fanden fie zwar enge, aber doch breiter al3 in Zebiv und Mochha. 
Gruttenden befchreibt die 2 Sauptpaläfte 3) des Imam, in denen 
er abwechjelnd refivirt: den Altern Buftan Mutemwaffil, el Mit- 
mwoffel bei Seegen, der Niemand zugänglich, und den größern, 
neuern Buftan el Sultan, d. i. Garten des Sultan, deſſen 
Bauart faracenifch, mit einem Gemifch von Spig= und Rundbogen, 
nicht überladen, aus behauenen Steinen, mit grauem Möriel über- 
zogen, aber mit hellweißen Corniſchen und Benfterbefleivungen, die ihm 
ein heiteres Anjehn geben. Bontainen, die allen Häuſern in Sanaa 
eine große Annehmlichkeit und Kühlung geben, fehlen hier auch 
nicht, fie gehören zum Bedürfniß der Paläſte und Wohnungen mie 
der Öärten. Eine Wafferleitung, vom fteilen Berge Nikkum, 
verfieht dad Caſtell und die ganze Stadt fehr reihlih und das 
ganze Jahr mit Waſſer; fie feheint aus der Türkenzeit zu datiren. 
Die ſchönſten arabischen Pferde des Imam haben ihren Marftall 
ſtets vor dem Reſidenzpalaſte, wo fie an Pfähle angebunden ſte— 
ben. Sie fommen aus dem Wüftenlande Dfehof (Jof), im N.O. 
von Sanaa, werden in ven vier erften Sahren ihres Lebens faft 
nur mit Mild) und Datteln aufgefüttert, find größer als vie Zucht 
aus Nevdichen, aber in Schnelligfeit und Schönheit des Baues ge— 
tingerer Art. Das gewöhnliche Neitthier ift aber in ver Stadt der 
Eſel, von einer ſehr ſchönen Nace, groß, flarf, ungemein flüchtig, 
Hleich denen zu Bahrein am Berfergolf (1. 00. ©. 604). 

Auch im Caftel, auf Ghomdan, ſah Niebuhr 2 Paläſte: 
Dar ed dahhab und Dar Amer, wo Glieder der Familie des 
Imam wohnen, wo dad Staatsgefängniß, die Münzftätte, und auf 
der höchften Stelle eine Batterie mit etlichen alten eifernen Kano— 
nen, darunter Niebuhr überrafcht war aud eine Metallhaubise 





’03) Cruttenden, Narrative p. 282. 


2 


Arabien; Jemen, Sanaas Cultur-Oaſe. 827 


mit deutſſcher Inſchrift „Jorg Selos Gos mich 1515” in 
Mönchsſchrift zu finden, die vielleicht bei der Beſitznahme der Tür— 
ken bis hierher ihren Weg gefunden haben mag, von denen über— 
haupt die meiften *) Fortificationen Sanaas herrühren mögen, die 
jedoch wenig Wiverftand leiften würden, jelbft wenn nur Türken 
fie zu belagern heranrüskten. | ; 

Ueber das hohe Alter Sanaas, des frühern Ufal (Ozäl, 
Oſer oder Oſeir, f. ob. ©. 240), Ejal im Dihihannuma, if 
fchon früher die Rede geweien; die Angabe des legteren iſt, daß 
die heutige Stadt den Namen 5) von ihrem Erbauer, Sjanaa 
Ben Sal Ben Amir, erhalten habe, von dem aber nichtS nähes 
red befannt geworden. Das 4000 Fuß hoch über dem Meere (nad 
Gruttenden’s fochendem Wafjer) gelegene Plateau, auf welchem 
die Stadt Sanan erbaut ift, erfcheint jevoch durch feine umgeben- 
den Berge im Oft wie im Weit ald ein Thal von etwa 3 bis 
4 Stunden Breite; aber von einer endlofen Länge gegen Nord, 
jo weit dad Auge fehen Fann. Gegen Oſt wird e8 vom obenge- 
nannten Berge Nikkum (Nagam bei Gruttenden) überragt, 
1500 Fuß hoch, gegen Weit vom Tafellande Aſſur, 1200 Fuß, 
auf dem das Dorf Lalwa liegt, welches durch die Engländer auf 
ihrem Wege von Motteneh oder S. W. herfommend überftiegen 
wurde, von mo fie aljo erft eine bedeutende Höhe in das Thal 
von Sanaa, von einer Plateauhöhe 6) von mehr ald 5000 Fuß 
Meereshöhe, Herabzufteigen hatten. Gegen den Süden verengt ſich 
aber dieſes Hochthal Sanand, in einer Verne von etwa 3 Stune 
den, zu einer engen Thalichlucht, welche Tarif el Jemen ver 
Südweg heißt. Die hier gelegene Eulturoaje ver. Capitale 
Jemens zerfällt, nad) Gruttenden’s Darftellung, in 4 ſehr weit 
auseinander liegende GStabttheile: Sanaa, Noda (oder Rauda, 
der Garten, nicht Rödda wie auf Niebuhr's Karte), Wadi Dhar 
und Jeräf. Sanaad Einwohner giebt er auf 40,000 an, vie 
ganze Summe der vier Theile, hält er dafür, könne nicht unter 
70,000 betragen. Noda, bei Seegen die Sartenftadt genannt, 
ift dafjelbe was Niebuhr irrig Rödda 7), diefen Namen mit der 
ſüdöſtlichern Rödda verwechjelnd, 2 Stunden fern im Norden 
nennt, und diefen Ort wegen feiner Lage und feiner Gärten Mi. 


) Cruttenden, Narrative p. 284. ’) v. Hammer, Wien. Jahrb. 
B.XCIV. ©. 79. °) Cruttenden, Narrative p. 280. 

) Niebuhr, Befchr. von Arab, S. 232; def. Meifebefchr. I. ©. 422; 
vergl. Seeben, Mon. Correſp. B. 27, ©. 182. 


828 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Nauda) mit Damaskus vergleicht. Diefes Noda Fiegt, nach Crut— 
tenden >), in N.N.W. wirklich 2 Stunden fern von Sanaa, tft 
weit reiner und netter wie die Gapitale, und der beliebte Landſitz 
der reichen Kaufleute, die nach dem Tagesgefchäft regelmäßig fich 
dorthin in ihre Schönen Landhäuſer zurücziehen Wadi Dhar 
liegt ebenfalld 2 Stunden von Sanaa, aber gegen Weft, und hat 
eben fo reizende Gärten und Weinberge. Jeräf, die vierte Stadt, 
Yiegt auf halbem Wege zwilchen Sanaa und Roda, in derfelben 
Art erbaut wie jene Luftörter, doch mehr von Nutz- und Gemüſe— 
garten umgeben, welche vie Waare für den Markt von Sanaa 
liefern. Jede diefer Stadtabtheilungen hat ihren eigenen Emir 
(Amir), der die Abgaben für den Imam eintreibt. Die Haupt— 
nahrung des Volks befteht in Ob umd EBENE NER ARE zumal 
der untern Volksklaſſe. 

Den Namen Ofer bezieht Niebuhr nur auf einen befondern 
Drt, oder auf ein großes im Süd von Bir el Affab gelegenes Dorf, 
das er, gefordert von der Stadt Sanaa, auch Kaael Ihud nennt, 
wo nach ihm 2000 Juden in großer, Berachtung lebten. Dennoch 
befanden ſich unter diefen ihre beiten Handwerker, wie Töpfer, 
Goldſchmiede, Schriftfieher, Münzarbeiter u. a, die den 
Tag über in ihren Buden in der Stadt Sanaa arbeiteten, Nachts 
aber in ihr abgefondertes Quartier fich zurückziehen mußten. Auch 
anfehnliche Kaufleute waren unter ihnen, wie Oräki, ein kenntniß— 
reicher fehr achtungdwerther Greis, der Imfpeetor der Zölle, der 
Gärten und Paläſte des Imam, ein Poſten von hoher Bedeutung. 
Doch war er, 2 Jahr vor Niebuhrs Ankunft 9), am Hofe in 
Ungnade gefallen, um 50,000 Specieöthaler von ihm erpreffen zu 
fönnen. Zu gleicher Zeit waren von den 14 Synagogen, welche 
die Juden dort befeflen hatten, 12 nievergeriffen; nur 2 waren ihnen 
geblieben, auch alle ihre fchönen Käufer waren zerftört, und um 
fie zu demüthigen, ihnen geboten, diefe nicht höher als 14 Ellen 
aufzubauen. Alles Gefchire in den Häuſern war ihnen zerfchlagen 
worden. Juden waren hier auch Diejenigen, welche aus gewiljen 
weißen Trauben Arten mit fehr Eleinen Beeren einen trefflichen Wein 
bereiteten, wie die Armenier in Shiras; fie find hier wie im 
Mochha auch die Dejtillateure von Branntmein und Liqueurd. Zu 
Gruttenden’3 Zeit!) war ihre Zahl bis auf 3000 geitiegen; 


”°8) Cruttenden, Narrative p. 286. ) Niebuhr, Reiſebeſchr. L 
©. 423. 1%) Cruttenden, Narrat. p. 285. 





Arabien; Semen, Sanaas Juden. 829 


ihe Quartier war nicht mehr, wie zu Niebuhr’s Zeit, ein abge- 
ſchiedenes Dorf (Dfer oder Dfeir), fondern war zur Borftadt ge= 
worden, in die man durch das Judenthor, BabKaelDahupdi, 
eintrat. Sie waren aber noch immer als Unglaubige den größten 
Infulten ausgefegt; doch war ihnen geftattet, gegen monatliche Zah— 
lung von 25 Komafis, oder 1 Dollar, des Jahrs, in der Stadt zu 
wohnen. Gin Sheikh, der mit Eintreibung viefer Abgabe beauf- 
tragt war, hatte auch ihre Gärten, Weinberge u. a. zu befteuern. 
Sie trieben vorzüglich dad Schuhmacherhandwerk, waren De— 
ftillateure, handelten mit Schießpulver, Gold- um Silber- 
DOrnamenten. Zu Niebuhr's Zeiten gaben die Juden felbft- die 
Summe von 5000 ihrer Bamilien an, die im Gebiete des Imam 
lebten, zumal bier in Sanaa und zu Thanaejm oder Tenaim!l) 
in Chaulän, einem alten Judenfit, der viele große Synago— 
gen gehabt haben foll, und bei den arabiichen Juden einen großen 
Ruhm befigt, wenn er ſchon gegenwärtig nur noch wenige dieſes 

Glaubens herbergen mag. Niebuhr fagte, alle Juden in Jemen 
fein Pharifäer oder Talmupdiften, und voller Schimpfrevden 
gegen die Karaiten, die erften jüdiſchen Anſiedler in Jemen (i. 
ob. ©. 63). Bei ihnen ſah Niebuhr Eeine alten Handſchriften, 
fondern nur gedrudte Bücher aus den Officinen von Venedig und 
Amfterdam; aber Cruttenden will in ihrer Synagoge fehr fchöne 
Manuferipte auf Leverrollen gefchrieben (die Thora?) gefehen ha— 
ben, und nennt ihre Weiber Schön. Auch machte Serben dort wich— 
tige Ankäufe arabifcher Manuferipte (f. 06. ©. 746). ine ges 
nauere Nachforfchung nach der Herkunft viefer Juden würde mol 
nicht uninterefjant fein, wenn man fich dabei der Angaben Nie— 
buhr's (Beichreibung von Arabien ©. 377— 378), zumal aber der 
merfwürdigen, bisher unerklärten Nachrichten Benjamind von 
Tudela, aus der Mitte des 12ten Jahrhunderts, Uber die Suden 
in der Wüſte Sheba oder Al Jemen, wie er fagt 12), erinnert, 
die er als Orthodoxe ihres Glaubens ſich Raths erholen läßt in 
zweifelhaften Fällen bei dem Nabbi Prinzen ver Gefangenſchaft im 
babyloniſchen Guphratlande (Grof. X. ©. 256,260 u. f.). Benja= 
min nennt diefe Juden ein zahlreiches, Friegerifches, gefürchtetes 


19 Miebuhr, Beſchr. von Arab. ©. 184, 281. '?) The Itinerary 
of Rabbi Benjamin of Tudela, translat. and ed. by A, Asher. 
Berlin, 1840. 8. Vol. I, p. 112— 116 und Not, Vol. II. p. 148, 
wo auf Napaport, über Al-Yemen und die freien Stimme in Ara— 
bien, verwiejen wird, 


830 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Bolf, dad noch feinem Heiden umterthan, häufig in Fehde ftehe mit 
feinen Nachbarn, den Arabern (mie früher die Chazrapjiten umd 
die Cheibar im Norden Arabiens, f. ob. &©.59—63). Er nennt 
ausdrücklich Thanaejm als ihre Hauptprovinz und Metropole, mit 
40 Städten, 200 Dörfern und 100 Eleinen Flecken, bemohnt von 
300,000 Juden. Das Gebiet Thanaejm, mit der fehr feiten 
Stadt, habe 15 Quadratmeilen, viel Ackerbau und den Valaft des 
Prinzen Salmon, von Gärten und Baumpflanzungen umgeben. 
Ob diefe Stadt mit der gleichnamigen, die Niebuhr im Chaulän 
nennen hörte, identiſch ift, können wir freilich nicht verbürgen, fo 
wenig ald die wol übertriebenen Zahlenangaben des Tudelenfers, der 
von diefem Orte, in jeinen rhapfodifchen Angaben, zu andern Städten 
wie Telmas und Eheibar, voll Gelehrter und mit 50,000 jü= 
diihen Bewohnern, fortipringt. Obwol es feltfam Elingen mochte, 
wenn Benjamin von jenen Juden Jemens fagte, fie feien der 
Schyreden ihrer Nachbarn, fo ift dies doch wörtlich (vgl. ob. S. 59) 
feit alter Zeit biö Heute der Fall, wenn wir den Nachrichten des 
Miſſionar 3. Wolff folgen, dem erften der mit jüdifchen Tri— 
bus im Lande Jemen felbft in lebendigen Wechjelverkebr trat, und 
weil er ihre Sprache und ihren Glauben Fannte, aud) im Stande 
war ihr Bertrauen zu gewinnen, und fich Kenntniffe von ihnen 
mittheilen zu laffen. An der Treue feiner Nelationen haben wir 
nicht den geringften Grund zu zweifeln, und zu einer Gritik ver 
Berichte des erſten Nabbiners von Uzal, d.i. Sanaa, More 
Joſeph Alfari, eines jehr verftändigen Mannes, von dem er 
jeine meiiten Nachrichten über die Juden in Sanaa und Jemen 
erhielt, fehlen uns andere Zeugniſſe. Wir laffen daher bier jene in 
Sanan gelammelten Nachrichten folgen, wie fie I. Wolff giebt, 
und erinnern nur, daß das durch ihn mit den friegerifchen jü— 
diihen Stämmen der Beni Arhab (Rechabiten) Erlebte, unten 
bei deren Heimathfigen in Aſyr nachfolgen wird. 

Ueber Sanaa, Uzal (nad Genes. 10, 27, wo Uzal ein 
Sohn Jaketan, d. i. Joctan oder Kahtan, f. ob. &.41, 240) ver 
Juden und über die jünifche Bevölkerung von Stadt und Land, 
theilt, vom Sabre 1836, ver Miffionar im mefentlichen Fol— 
gendes mit. Die Berge, welche die anjehnliche Stadt umgaben, 
wurden ihm Yugum13) (wol derſelbe Berg den Niebuhr im O. 
der Stadt Nikum oder Nofom nennt), Subr Alkhawlane, 





49) J, Wolff, Journal 1. c. Lond, 1839. 8. p. 390. 








ht 
Arabien; Jemen, Sanaas Juden, 831 


Nagil Alasr und Jabl Affuneyne genannt; der Name bed 
befeftigten Balaftes, den der Imam als feine gewöhnliche Reſidenz 
nie verlaſſe, Dar Attowaſhe. Außer dieſem beſitze er noch 8 
Schlöſſer: Buſtan Alſultan, Dar Alſaadan, Buſtan Motawakel 
(. oben bei Niebuhr und Cruttenden), Dar Alkasr, Dar Als 
foraj, Dar Aldjennat, Almerajele und Dar Alſahab. Als merk— 
würdige alte Tradition wurde eine Medreife in der Stadt Sanaa 
gezeigt, die Kafer Saam, d. i. das Collegium Shem, Sohn 
Noahs, genannt ward (j. ob. ©. 56). 

Der genannte Rabbi fagte, daß die Juden am Orte mit ih— 
ren Glaubensbrüdern in ven Städten Baffora und Bagdad, und 
mit denen in Bombay und Galcutta in Gorreipondenz fländen 
und daß fie aus Ießterm Orte ihre Bücher von einem Juden Jofeph 
Samah geliefert erhielten; daß fie aber in Jemen ihr alte Inter- 
terpretation der Heiligen Schrift beibehalten hätten. Ohne eine 
Kenntniß von Jefus Chriſtus zu Haben, überfegten fie die 
Stelle im Jeſaias 7, 14 als einen von der Jungfrau gebornen, 
welcher der von demfelben Bropheten im Cap. 53 perjünlich bezeich- 
nete Meſſias fei, von welchem der Rabbi Alkari die Prophezei— 
hung feiner Leiden, jeiner Serrjchaft und Glorie im Himmel vor— 
hergehen Tief. Die Stelle im 1.8. Mof. 11, 4 überfegten fie jo: 
Wolan, laßt uns eine Stadt bauen und eine Moſchee (Betplat ) 
und einen Thurm ‚zur Anbetung ver Sterne im Simmel“ 
(nicht der bis an den Himmel reicht). Derfelbe Rabbi Alkari 
behauptete, daß feine Juden von Jemen nach der babylonifchen 
Gefangenfchaft niemals nach Jerufalem zurückgekehrt feien. 
Dies ſtimmt mit Niebuhr's Angabe durchaus nicht überein, ber 
von ihnen fagt, daß fie Schimpfrevden gegen die Karaiten aus— 
fließen. Denn auch Mafrizi, ver von den 4 jüdifchen Seeten 
jpricht, fagt, wie De Sacy anführt, daß die Karaiten!#) fi 
au Beni Mira, d. i. Söhne der Prädication, nannten, 
dieſe Fümmerten ſich nicht um den neuen Tempelbau, fondern nur 
um den alten, deshalb fie ſich die Bartheigänger ver erften Präs 
dieatton (Mikra) nannten. Auch halten fie fich nur allein an den 
Text des Geſetzes, nicht an vie Ausleger, und erkennen Feine Auto— 
rität an. Eben diejes, geht aus Wolffs Angaben hervor, befti« 
tigt die Ausſage des Nabbi Alkari. Derfelbe bemerkte ferner, 
als Esras Aufruf zur Rückkehr (f. Erdk. X. S. 250) an ben 





) Sily. de Sacy, Chrestomathie Arabe, I. p. 297, 300. 


832 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Bürften der Oefangenfchaft gelangte, der in Tanaan (d. i. Tha— 
naejm), eine Tagereife fern von Uzal, refidirte, wäre ihre Ant— 
wort gemejen: „Daniel prophezeit den Mord des Meffiad und eine 
zweite Zerftörung Jeruſalems wie ded Tempels, darum werden wir 
nicht hinaufziehen, bi$ Er zerichmettert hat die Macht des heiligen 
Volfd und die 1290 Tage vorüber find.” — Sie gaben zu, daß 
dieſes feine gewöhnlichen Zahlen feien, alfo auch Feine Rechnung 
zuließen; aber, fügte ver Rabbi Hinzu: wir erwarten Die baldige 
Ankunft des Meſſias, denn die Bewegungen find groß in Jemen 
und durch ganz Arabia. Jehovah der Alleinige wird fommen, ver 
fein Werk in der Mitte der Jahre beginnt; anfangs wird er fom- 
men von Teman (d. i. Jemen, Daman), denn da ficheft du fie- 
hen die Zelte von Kuſch in Trauer, da fiehft du, wie die Völker 
von Midian zittern; mehr als je wüthet der Krieg in den 
Landen der Wildnig. Unter den zwölf Ihoren, welche die 
Stadt Uzal Haben fol, heißt eins Bab Mlaftraan, das aber ftets 
gefchlofien if. Dann erſt, wenn dieſes geöffnet werden wird, ift 
der Volksglaube, werde der Meſſias durch vafjelbe hereinziehen. 
Alles bisherige fol, von den verfchiedenen Feindesheeren, nur Ver— 
fuch dazu gewejen fein, und felbft in den letzten Wochen waren es 
die belagernden Heere der Beni Arhab (NRechabiten), und 
die Tribus Hamdam, melde darauf ausgingen, dad Thor Bab 
Alaftraan zu fprengen. — 

Ein paar Juden aus Sanaa, Shalom Ben Zachariah und 
Baruch Ben Zachariah, in Lumpen und zerriffenen Kleidern, die 
x Wolff fpäterhin in Suez 1?) begegneten, fehienen jedoch lieber 
der Ankunft des Mefjias in Serufalem harren zu wollen. Sie 
weren auf der Pilgerreife nach diefer Heiligen Stadt, um, wie fie 
verftcherten, nicht wieder zurüdzufehren, jondern dort bis zu ihrem 
Tode zu bleiben, in Erwartung der Ankunft des Meſſias. 

Der Rabbi Alkari fehenkte feinem Gaft das arabifche Werk 
More Nebuchim, und eine Hiftorie der Juden in Jemen, Die 
son einem Said David Manzur gefchrieben ift, der zu Tamile 
(uns unbekannt) bei Sanaa wohnt. in anderer Jude zeigte 
ihm eine Handfchrift de8 Saadius Gaon, darin Kommentare über 
den Pentateuch enthalten, die von den gedruckten Werfen dieſes Au- 
tors verfchieden find. Beweife genug, um Niebuhrs obige Be— 
merfung zu berichtigen und Seetzen's Angabe zu beftätigen, für 








°15) J, Wolff, Journal p. 317. 


| 
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Arabien; Jemen, Sanaas Juden, 833 


den der Büchermarft zu Sanaa fo erfreuliche Ausbeute gab. 
Der Miffionar Wolff fpenvete viele Teftamente ver Bibelgefell- 
ſchaft unter die dortigen Juden, und der Rabbi Alfari fland 
ihm im der Verteilung derfelben revlich bei. Die Zahl ver Ju— 
den!) in ber Stadt Sanaa gab er zu.15,000 an, im ganzen 
Lande aber auf 200,000, die in folgenden Orten zerfireut wohnten. 
Im Berge Harad (nördlih Samfur) 50 Familien; in Almusmar 
3, deögleichen zu Alban, Menaha, Alfashamen, Mafaar, Sofaaan, 
Aljedwa, Beni Ahlas, unter den Hazur-Arabern; zu Mazial, 
Alarus, Beyt Radaam, Beyt Bus, Dayan, Ledaan, Beni Mutuar, 
Wakaſh, Kheyman, Bahra, Beyt Woter, Beyt Dedja, Aijaare, und 
in den Städten Alheyma, Khedaur, Waalaam, wie unter ven Beni 
Arhab (Rechabiten); aud in Aden. Hiernach feheinen auch 
die Angaben Benj. v. Tudela's zu feiner Zeit keineswegs übers 
trieben zu fein. 

Im jüdifhen Quartier (Kabal Alyehud) zu Sanaa ließen 
mehrere Juden von dem Mifjlonar, nebft ihren Familiengliedern, 
aus 16 Perſonen beitehend, fich taufen und nahmen dad Neue 
Zeftament dankbar an. Sie waren fehr begierig, Nachrichten von 
dem BZuftande der Juden in Europa zu erfahren, wobei der 
Miſſionar nicht unterließ, ihnen von den Neichthümern Roth— 
ſchild's und Goldſchmidt's Nachricht zu geben. Sie Iebten zu 
Sanaa in Polygamie, und hatten 18 Synagogen, deren größte 
Kenife Beit Alufta Heißt. Mehrere junge Gelehrte fand Wolff 
darin auf der Erde figend ihre Gebete recitiren; ihre Gefegrollen 
waren mit audgezeichneter Schönheit geichrieben. Ihre Käufer wa— 
ten fehr nett, jie ſelbſt gaftfrei; Fieberanfälle hielten ven Fremdling 
ab, ihrem Hausleben beizumohnen. Da die Fieberanfäle immer 
heftiger wurben, mußte der Miffionar auf feine baldige Rückkehr 
zur Küfte bevacht fein, wo ihm einer feiner Neugetauften, Joſeph 
Ben AUlnataf, bis nach Mocdhha begleitete. 

Aber nicht blos Juden, auh Hindus leben in Sanaa, und 
Wolff wohnte bei einem verfelben im Kaufe. 

Die Zuhl der Banianen giebt Niebuhr!?) in Sanaa auf 
125 an, und bemerft, daß diefe jeden Monat dem Imam 300 Dols 
lar für ihren Aufenthalt zahlen müßten, da die Juden ihm nur die 
Hälfte davon ſchulden; auch müſſen ihm bei einem Tovesfalle des 
Banianen von defjen Erben 10 bis 50 Dollar gezahlt werden, und 


'*) Wolff, Journal p. 393. ) Niebuhr, Neifebefchr. I. ©. 423, 
Nitter Erdkunde XII, gg 


4 


834 Weft-Afien, IV. Abtheilung, $.72. 


fehlen die nahen Verwandten, jo falle ihm deſſen ganze Erbichaft 
zu; auch kennt man noch andere Mittel, von ihnen große Geldſum— 
men zu erpreifen. Zu Cruttenden's Zeit waren ihre Abgaben 
gefteigert, denn der Vorftand der Banianen hatte allein ſchon 100 
Dolar Tribut an den Imam und 30 für die Erhaltung der Mo— 
fchee zu zahlen, und bei jeden Todesfalle erbte der Imam die 
Hälfte ded Vermögens 13); dennoch jchrieb man ihnen große 
Reichthümer zu. 

Die britifchen Officiere Cruttenden und Hulton, die vom 
Smam als folche anerfannt waren, und deshalb für Spione ver 
Türken gehalten, ihm fein volles DBertrauen erweckten, gingen in 
Sanaa, fo oft fie die Erlaubniß zum Ausgehen aus ihrer Gar— 
tenwohnung erhielten, die ihnen unter dem Vorwande der größern 
Sicherheit jeden Abend zugeichloffen wurde, ſtets in ihrer Offieiers— 
uniform umber, und erwecten fo die Neugierde und nach einiger 
Zeit ſelbſt das Miptrauen des Volks, zumal ded Pöbels, obgleich 
anfangs alles ſehr anflindig zuging. In ihrem arten fprangen 
Vontainen, die Obſtbäume und Nebengehänge wurden faft erdrückt 
unter der Laſt ihrer Feigen, Wallnüſſe, Pflaumen und Trauben- 
fülle, ſchwarze Affen, die man zum Vergnügen des Imam hier anz 
gefiedelt hatte, fprangen auf den Bäumen umher. Hier war es, 
wo fie die Sculptur fanden, und bei einem der Spaziergänge 
durch die Stadt die bimjaritifchen Inferiptionen auf weißen Mar- 
morblöden, von denen ſchon oben (S. SL—83) vollſtändiger Be— 
richt gegeben iſt. Hier ift nur hinzuzufügen, daß au Arnaud, 
bei feinem nur furgen Teßten Aufenthalte in Sanaa (1843) 19), 
ebenfalls in der Straße, die zum Dome der Mutawakkil, wol vie 
Khalifenmofchee, d. i. die Hauptmoſchee, führt, 3 Inſeriptio— 
nen in Relief auf gelben Steinen bemerkte, die zum Bau einer 
Brandmauer verwendet waren, vaß er aber Durch den Zudrang des 
Pöbels an der Copie verhindert ward; daß er auch eine zerftörte 
Infeription am Semen-Thor fah, aber von Niemand etwas 
näheres über die Inferiptionen erfahren fonnte, die im Wadi 
liegen follten, welcher de8 Smams Garten durchzieht. 

Dei ihren Bekannten, den wohlhabenden Kaufleuten, welche die 
Hauptklaſſe ver Einwohner bilden, fanden fie eine ungemein artige 
und gaftliche Aufnahme; fie wurden fehr haufig von ihnen zu ih— 


48) Cruttenden, Narrat. p. 284. 19 Arnaud, in Journ, Asiat. 
Quatr. Ser. T. V. p. 217. 





Arabien; Jemen, Sanaas Berfehr. 835 


ren Kaffeegefellfchaften eingeladen, bei denen jedoch nur dad Hül— 
jengetränf, Kiſhr, obwol von feinjter Qualität, gereicht wurde, 
nicht der Kaffee jelbft, weil man dieſen hier für zu erhi— 
gend und fiebererregend hält. Sie waren ſehr wohlhabend 
und lebten auf einem fehr guten Fuße; fie zeigten fich ald Zei— 
dije, aber fehr bigott und visputirfüchtig; der Agent der Briten 
belohnte das ihm gefchenkfte Vertrauen mit flarfen Betrügereien. 
Ihr Sauptgefchäft ift der Kaffeehandel, bei dem fle gegenwärtig 
es vorzogen ihre Magazine in Sanaa zu füllen, ftatt die Waaren 
in Mochha und den Seeftüdten wie fonft aufzufpeichern, mo fie 
den habgierigen Türken wenig Vertrauen ſchenkten. Doc ijt das 
Plateauclima von Sanaa ſchon zu Eühl, um Kaffee hier 
zu bauen, viele deshalb gemachte Verfuche follen Hier mißglückt 
fein. Auch andere Geſchäfte find einträglich genug, 3. B. ſehr ftarfe 
Ausfuhr von allen Sorten Obſt, zumal auch getrodnete Trau= 
ben oder Roſinen gehen in die Seehäfen, zumal nad Mocdha?0), 
bis wohin auch die nur fcheinbar für kernlos gehaltnen Ro— 
ſinen, die im Orient unter dem Namen Kismis befannt find 
(oder Kiihmi, f. 0b. ©. 452), von denen ſchon Niebuhr den Irr— 
thum aufdeckte 21), der beim Zerfchneiven verfelben allerdings wol 
Kerne, aber weiche, unfcheinbare, vorfund. Die Abgaben an 
die Kaſſe des Imam find ſehr mäßig. Schon Niebuhr unter- 
fhied in Sanaa einen Biehmarft, einen Trövdelmarft, einen 
für das foftbare Brennholz, für Steinfohlen und Torf, für 
Obſt, der fehr reichlich bejegt it, und einen Bazar für die aus— 
ländiſchen Waaren; diefen fand Cruttenden ſehr reichlich mit 
Zuder, Gewürzen, prachtvollen Sammet und feidenen 
Zeugen und Twiftgarnen zum Weben verfehen, auch mit Dat— 
teln aus dem Tehama und Taback aud Berfin. Die groben 
wollnen Zeuge, Gumolin, von Beduinen gewebt, zu Mänteln 
(Abba), und eine dicke Art Baummollenzeug follen nach den 
englifchen Neifenden gegenwärtig die einzigen hier gewebten Zeuge 
fein, alle andern Stoffe für Kaffee aus Indien eingetaufcht werben. 
Doc haben wir oben fchon von Eoftbaren Gilberftoffen geſpro— 
den, die man der Fabrif von Sanaa zuſchreibt (ſ. ob. ©. 723). 
Das bier fo gerühmte Eiſen ded Berges Nofom, zwei Tagereifen 
oftwärts von Sanaa (im Eifenbergmwerfe bei Szäde, dad aber 


%%) Vic, Valentia, Voy. and Trav. Vol, Il. p. 365. *ı) Niebuhr, 
Reifebeichr. I, S. 421. 


Ögg2 


836 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $, 72. 


wegen Holgmangel wenig benußt wird, gewonnen, nach Seeten)??), 
von dem Stahl bereitet werden fol, woraus die Juden zu Sanaa 
Schwerter fehmiedeten, fanden die Engländer fo fehlecht und weich, 
daß man es mit dem englifchen Säbel durchhauen Fonnte. Aus 
dem Salpeter, den nıan im Wadi Dhar gewinnt, wird Schieß— 
pulver bereitet; der Marmor, den man bier verbaut, wird 3 
Stunden fern zu Huſſore Barejh gebrochen, und ein Tſchu— 
nam (Chunam, Muſchelgyps?) bereitet, zum Austünchen des 
Innern der Wohnungen, der beifer fein fol al3 der indiſche. See— 
tzen 23) jagt, daß man dort pen Gyps flatt des Kalfes verbraudhe, 
auch führt er ven Topfftein als einheimifches Product der ſüd— 
öftlich einige Tagereilen fern von Sanaa gelegenen Rödda an, 
der zu Kochgefäßen und Lampen verarbeitet ward. Der gewöhn— 
liche Bauftein in Sanea ift eine ſchwarze poröfe Lava. Von 
der Einfuhr des Salzes aus Mareb auf den Markt von Sanaa 
ift oben (©. 764) die Rede geweſen. 

Der Aufenthalt der Engländer in Sanaa, Ende Suli und 
Auguft 1836, fiel in eine Weriode der größten Trodniß, in 
welcher Land und Volk dem Verſchmachten nahe war). Nicht 
die Kite, denn während des ganzen monatlichen Aufenthaltes auf 
diefem hohen Platenu zu Sanaa flieg dad Thermometer nicht 
über 19° 11’ Neaum. (75° Fahrh.), es fiel fogar im Auguft bis 
auf 10°22' R. (55° Fahrh.)??), fonvern die große Dürre brachte 
große Befchwerden. Seit 4 Jahren war faum ein Tropfen Re— 
gen auf vem Hochlande von Sanaa gefallen; daher überall 
grenzenlofes Elend; alles lag darnieder in Krankheiten. Bei ihrer 
Ankunft in der Nefivenz ftarben täglich anderthalb Hundert Men— 
jhen an dem bösartigſten Fieber, das feine Opfer in 4 Tagen 
unter die Erde brachte. Die Hungersnoth war dabei auf das 
höchite geftiegen, und feine Fürforge ihr abzuhelfen, auf dem frucht- 
barften Boden waren die Öetreivepreife zu unerhörten Summen ges 
ftiegen. Leichen der Verhungerten ſah man in allen Winkeln ver 
Straßen herumliegen, bis fich jemand erbarmte, fie zu begraben. 
Diele der Kaufleute fütterten täglich ihre 30 bis 40 Hungrigen, 
und rühmten fich laut ihres Erbarmens, und doch beitand vie dar— 
gereichte Speifung meiftens nur in fchlechten Traubenreften, die man 
fonft zu nichts benugen Eonnte. Der Imam ſetzte die Schwelge- 


22) Seetzen, Mon. Correſp. B. 27, ©. 182. 29) &bend. ©. 181, 
?*) Cruttenden, Narrative p. 287. 2°) Ebend. p. 289, 





Arabien; Jemen, Sanaas Clima. 837 


reien in feinem Harem und dem Walafte fort, ohne fich des Jam— 
mers jeiner Unterthanen anzunehmen, deren Todtenklagen er fort» 
während unter feinen Benftern hören mußte, von ven zahllojen 
Elenden die vorüber zogen. Ohne alle Theilnahme bleibend mußte 
er dafür büßen, da er einen Monat fpäter, vom Throne geftoßen, 
allen Sohn des Volks zu ertragen hatte, das ihn in einem Ge— 
fängniß einmauerte, indeß fein Oheim, der Nebelle, der Noth des 
Volks Beiftand Teiftete. 

Das Clima des Plateaus von Sanaa ift zu troden, um 
gefund zu fein; faum fallt des Nachts etwas Thau, der Wind er— 
regte fieberhafte Empfindungen in Hand und Geficht. Man ver- 
langte von den Engländern, fle jollten mit ihren Inftrumenten nad) 

J den Sternen ſehen und Regen ſchaffen. Wirklich fiel nun der erſte 

Regenſchauer, und dieſer wiederholte ſich während ihres dortigen 
Aufenthaltes nun jeden Tag. Der Geſchichtſchreiber 26) des türki— 

ſchen Feldzugs Sinan Paſchas, im Jahre 1569, giebt nach ſei— 
ner Anſicht folgende Characteriſtik von Sanaas Clima. Es 
habe die geſundeſte Luft, Fleiſch verderbe in der trocknen Luft wäh— 
rend 8 Tagen nicht. Kranke Kameele treibe man dorthin auf die 
Weide, um dort geſund zu werden, und eben ſo führe man kranke 
Menſchen dahin. Krankheiten ſeien dort eben ſo ſelten, wie Inſee— 
ten. Nur im Juli, Auguſt und September regne es nach Son— 
nenuntergang; niemals werden die Märkte und die Geſchäfte des 
Tages durch Regen unterbrochen. Die berühmteſten Früchte von 
Sanaa ſeien die Jubeben. — 

Der Regel nach erwartet man in Sanaa in drei verſchie— 
denen Perioden Regen. Einmal im Januar, wo er nur 
in ſehr kleinen Quantitäten fällt, oft auch gar nicht. Das zweite 
mal im Juni, während 8 bis 10 Tagen, wo die größte Sehne 
ſucht nady Negen, weil dann die Ausſaat der Aecker fällt. Der 
dritte Erguß iſt Ende Juli, wo er am reichlichiten auszufallen 
pflegt; nur wenige Zandbauer warten mit ihrer Ausſaat auf diefe 
Periode. Im Juli herrfcht am Tage ver S.D.-Wind vor, ftirbt 
aber Nachmittagd ab, weil ihm dann der Nordweſt begegnet, des 
ren verſchiedene Wolfenjchichten in Conflict gerathen, ftetd in Blitz 
und Donner ausfchlagen, jo daß bier Fein Negenfchauer ohne vie 
heftigften Exrplofionen nieverftürgt. Hat e8 aber erft 3 bis 4 Tage 
hintereinander geregnet, dann fchwellen die Gebirgswaſſer fo ge— 


26) 9, Hammer, Osmanifche Geſchichte. Bd. IL. ©. 557. 


838 MWeft-Afien, IV. Abtheilung. $.72. 


waltig an, daß fie Pferde und Reiter mit fortreißen, und dadurch 
jede Kommunication im ©ebirgslande gehemmt if. Das find die 
unjcheinbaren Seil, die dann zerftören, während fie zu andern 
Zeiten befruchten und wieder zu andern ganz troden liegen. 
Dann wird das Tehama ganz verändert, die Damme werden 
durchriffen, die Umgebungen der Stüdte, wie von Tai, Zebid 
und andern, werden in Sümpfe verwandelt, auch werden die Rou— 
ten ungehbar. Im Gebirgslande find aber vie Wadis nach zwei— 
mal vierundzwanzig Stunden wieder Teer, und im Tehama ift 
alles fließende Waffer bald im Sande verronnen. Das nun fehnell 
hervorſproſſende Gras ift faum erjchienen, jo wird ed auch alsbald 
vom heißen Sonnenftrahle wieder verfengt. — 

Als Niebuhr feine topographifchen Arbeiten in Sanaa be« 
endigt hatte, bereitete er fich zur Rückkehr 27), wohnte noch dem 
feierlichen Bompzuge des Imam bei, am Freitag zur gro= 
pen Diojchee, der einzigen wahrhaft Föniglichen Demonftration eines 
Imams, dem dann alle Ehren eines Khalifen gezolt werden 2), 
nahm dann feine Abſchiedsaudienz, worauf ihm ein, Gaftgejchent 
des Imam von 200 Dollar zu Theil ward, und wählte nun, ftatt 
des jchon begangenen Südwegs, zur Berichtigung feiner Karte von 
Jemen einen ihn neuen Weftweg über Möfhak nad Beit 
el Fakih. Seegen, ver mieder nach derfelben Reſidenz zurüd- 
zufehren beabfichtigte, verließ fie jedoch zum erjten male nur, als 
er auf dem dortigen Büchermarkte, wo auh Niebuhr?9) fehon 
die Abjchreiber beachtete, jo glüklih im Einkauf von Manuſerip— 
ten 30) geweſen war, daß er meinte, dieſe dürften zu den Föftlich- 
ften gehören, die er überhaupt im Driente erhalten habe. Grutz 
tenden’d Abreife war beunrubigenderer Art, und ein großes Hin— 
derniß gründlicherer Beobachtungen auf einem fo jelten befuchten 
Locale. Wenn ver türkische Commandant zu Beit el Fakih ihn 
und feine Begleiter für engliiche Emiſſaire bielt, die am Hofe zu 
Sanaa mit vem Imam im Bunde, die Türfen aus Jemen zu 
vertreiben die Abficht Hatten (i. ob. ©. 750), fo wurden fie zu Sa— 
naa umgekehrt für gefährliche türkiſche Spione gehalten, denen 
eine Armee nachrücken würde, um die Nefivenz zu überrumpeln, 


"27, Niebuhr, Reifebeichr. I. S. 424— 430. 2°) Beſchrieben bei 
Niebuhr, Neife I. ©. 423— 425; bei De la Grelaudiere in La 
Roque p. 247; bei Seren, Mon. Correſp. B. 27, ©.181; Crut- 
tenden, Narrative p. 253 etc. 29) Niebuhr, Reifeb. I. ©. 420. 

30) Seren, Mon. Correſp. B. 27, ©. 182. 





Arabien; Yemen, Sanaa. 839 


was auch den Türfen leichter geweſen fein würde, als fich im Be— 

ſitze derjelben, wegen Mangel an PVroviant, zu erhalten. Die 
Bedrohung des rebellifchen Imam in Taäs nöthigte zur Gegen- 
wehr; man fürchtete, fein Bündniß mit den Türken würde ihm feine 
Ufurpation, wie e8 auch der Erfolg erwiefen hat, erleichtern. Aber 
durch. Die Hungerdnoth und die jchlechte Staatswirthſchaft Fonnte 
der Imam zu Sanaa felbft nur etwa 2000 Mann auf vie Beine 
bringen, und ſchon 2 Tagereifen fern von feiner Reſidenz fehlte ihm 
alle Autorität; die Reſidenz Fonnte feine Soldateska nicht verlaffen, 
weil er fonft ver Verftoßung vom Throne durch das empörte Volk 
gewärtig fein mußte, die auch Faum einen Monat fpäter wirklich 
erfolgte. Aus den Nachbargebieten belehrende Nachrichten unter fol= 
hen Umſtänden zu erhalten, war daher ganz unmöglid; Grutten- 
den 3l), begierig die Münzen und Inferiptionen von Mareb 
zu jammeln, zu entvedfen und zu copiren, von denen man ihm; in 
Sanaa jagte, daß er zum Abfchreiben verjelben mehr ala einen 
Monat Zeit verwenden müffe, entwarf dazu feinen Plan und fchiefte 
nach einem Sheifh als Führer dahin. Auch Hiervon nur politifch 
Nachtheiliges fürchtend, ward der Imam eiferfüchtig, vermehrte ſei— 
nen Gäften während 6 Tagen jeden Ausgang durch Verſchließung 
ihrer Wohnung, binnen welcher Zeit auch die Krankheit Dn Hul— 
ton’d immer jchlimmer wurde und ihn fchon dem Tode ganz nahe 
brachte. Die plögliche Flucht des rebelliichen Oheims, und Unruhen 
des Volks in der Stadt, die der Imam dem Aufenthalte ver Un- 
gläubigen zufchrieb, alles dies machte es nothwendig, dem Rathe 
ihres Agenten Ismael Gehör zu geben und ihre Rückkehr ohne 
meitered zu beichleunigen. 

Sp zog man denn, mit dem Patienten auf einer Krankenbahre, 
von 12 Trägern geleitet, unter dem keineswegs auffäffigen, fondern 
jehr theilnehmenden Gedränge des Volks an vem Schid- 
ſale ver Chriſtens), am 20. Auguft von Sanaa ab, und auf 
demjelben Wege befümmert und fehr langſam zurüd, den man hin- 
aufgefliegen war. Das Land war durch den Negen ein fchöneres 
geworden. Die Ihore von Mochha wurden nad 14 Tagen er= 
reicht, der Kranfe bejtieg auch noch das Schiff, aber Hier fand Dr. 
Hulton alsbald jeinen Tod; fir die verehrenden Freunde wie für 
die Expedition und die Wiffenfchaft ein großer Verluft. 


) Cruttenden, Narrative p. 288, *9 Gbend. p. 289. 


810 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


Erläuterung 5. 


Th. 3. Arnaud’s Reife von Sanaa nad Mareb, durch die 
wilden Bebuinen-Horden der Alltirten- Tribus der Saleb- 
Asfour (1843). Entdefung der Mariaba Metropolis Sa- 
baeorum, oder der Saba mit ihren Ruinen, Inferiptionen 
und den Gonftruetionen des Siddi Mareb der Himjariten. 


Der Ruhm ver Entvekung von Mareb, der jo berühmten 
Mariaba Metropolis Sabaeorum (j. 0b. ©.280, 252 u.a.D.), 
und der Trümmer des Siddi Mareb (f. Aera Seil al arim, 
ob. S. 73— 87) gebührt dem fühnen Thom. Jof. Arnaud, der 
denfelben mit großen Opfern erfaufte, wovon ſchon oben die nähern 
Umftände angeführt find (|. ob. ©. 761— 766). Hier dad geo— 
graphifche und ethnographifche Reſultat feiner Entdeckungs— 
reife nach feiner eignen Berichterftattung. 


1. Abreife von Sanaa nah Mareb, 12. bis 18. Juli 
1843 3). 


Erfter Tagemarſch (12. Juli). Durch das Nordoft- Thor 
der Stadt, Bab es ſabbä, zog Arnaud in das Kaffeehaus Der 
Borftadt, um mit feinem Führer Haſſan-Bataſch um 9 Uhr 
fih auf die Wanverichaft zu begeben. Der Weg zur Gartenſtadt 
Réda (Rauda) blieb links, denn es ging Y, Stunden weit gegen 
ND., dann gegen NND. und um 10 Uhr direct gegen D.; dann 
2 Stunden weit gegen DO. und N.O. Bis dahin führte fchöner 
Weg mit gemauerten Gifternen, zur Sammlung der Regenwaſſer, 
zu beiden Seiten. Aber nur big zur erften Stunde war dad Land 
überall bebaut, weiterhin nur noch hier und da zur Linken; rechts 
rücfte man der Gebirgsfette zu nahe, welche eine Fortjegung 
des Nikom ift, der im ©.D. von Sanaa feinen Anfang nimmt. 
Die Beduinenhirten, unter deren Führung Arnaud feine Reife zu 
machen hatte, pflegen nie in den Dörfern, fondern nur in einiger 
Entfernung von ihnen ihre Haltpläge zu nehmen; jo murde der 
erfte Halt nach 3 Stunden am Fuße diefer Fortſetzung des Ni— 
fom genommen, veren Höhe allmählig gegen O.N.D. mehr und 
mehr abnimmt. Hier fließ man zum Sammelplag einer größern 


”92) Arnaud, Relatien 1. c. Journ. Asiat. V. p. 219. 


Arabien; Jemen, Weg nah Mareb. 841 


Karawane, aus 15 Kameelen und 8 Beduinen beftehend, davon 7 
Glieder zu den Alliirten- Tribus ver Saleh-Asfour gehür- 
ten, wie Arnaud's Kameelführer. Sie erhielten alle eine Fleine 
Zahlung mit der Verpflichtung der Vertheidigung ihres neuen 
Schützlings gegen etwaige Ueberfälle. Es wurde auf einem bloßen 
Steinfelde campirt, das glüsflicher Weife durch Wolfen bejchattet 
blieb, meil der directe Sonnenftrahl, wenn jchon die Kite auf der 
Plateauhöhe geringer als im Tehama, bier zwifchen ven nadten 
Felswänden unerträglich fein fol. 

Zweiter Tagemarfch (13. Juli)’. Don 3 Uhr am Mor 
gen ging ed gegen N.D. nach einer Stunde zum großen Dorfe 
Serr, und von da gegen O.ND. und D. zum Thale Wadi 
Serr. Das Dorf ift von dem Tribus der Beni Haſchaſch 
K'holan bewohnt, der Wadi ift an mehrern Stellen höchſtens nur 
15 Minuten breit. Ein feiner Gießbach, ein Seil, der am. Fuß 
de8 Berges in D.S.D. entipringt, durchzieht ihn in Krümmungen 
gegen N.W., Hat aber nur zur Negenzeit Waſſer. Zu beiden Sei— 
ten ziehen nur mäßig hohe Dergfetten, die an beiden Rändern des 
Thales halbfreisrund enden. Diefer Wadi Serr ift an 6 Stun— 
den (4 Lieues) lang, überall vol Wohnungen mit Haufen aus 
Barkjtein oder Stein, in Dörfern und Weilern, jedes mit eignem 
Namen, die aber zufammen genommen Wadi Serr. heißen, und 
ver Zahl nah mehr ald die Wohnungen der Stadt Sanaa. 
Ihre Bewohner, vom Tribus der Beni-Haſchäſch, erfennen, ob— 
wol nur 4 Stunden fern von ihm, die Oberherrſchaft des Imams 
nicht an, find ganz unabhängig. Eine große Menge von Bruns 
nen dient zur Bewäſſerung ihrer Aecker, auf denen fie Waizen, 
Gerste, Klee und Wein bauen, Producte die fie auf den Markt 
nad Sanaa bringen; wie Juden, die in eignen Weilern zwi— 
chen ihnen wohnen, ihre jelbftgefertigte Töpferwaare eben dahin 
führen. Doch um diefe nad Sanaa zu ſchaffen, dazu muß jeber 
Jude feinen Patron unter ven Beni Hafhäfch haben, dem er, 
um ficher zu leben, eine jährliche Abgabe zahlt. Auf diefen erften 
Tagemärjchen, wo man drei nicht befreundete Tribus zu durchſetzen 
hatte, mußte ſich Arnaud ganz in feinen Mantel hüllen, damit 
man feine weiße Haut nicht anfichtig würde, und auf dad Kameel 
fauern. Nur 2 Tage zuvor hatte der Tribus Beni-Nof oder 
Nouf hier die Beni-Schedad überfallen und 12 von ihnen maſ— 


) Ebend. p. 221, 


842 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


facrirt. Gegen das Ende des Wadi Serr wendet fih ver Weg 
gegen N.O.; eine Biertelftunde nachdem man deſſen letzte Wohnun- 
gen verlafjen hat, erreicht man ſchon wieder ein anderes Dorf, am 
Fuß eined niedern Berges, der e8 in N.W. begrenzt. Hier zahlt 
dad Steinfalz einen DurchgangszofT, ver nach altem Herfom- 
men dem Imam von Sanaa gehört, obgleich gegenwärtig auch 
dieſes Gebiet ganz independent iſt. Es heißt viefes Dorf Sche— 
rafa, und ift das erfte von 10 andern, die man nach einer Stunde 
Weges erreicht, deren jedes auch feinen befondern Namen hat, vie 
aber zufammen Scherafa heißen, nad) dem Tribus ver fie be- 
wohnt, welcher al3 Theil zum Tribus Kholan gehört und wie 
die im Wadi Serr gleiche Agrieultur treibt. Da jedem Kho— 
lan das Recht zufommt, auf feinem Territorium die Karamane 
anzuhalten, fo gefchah dies auch hier oft Viertelftunvden Yang, von 
denen die erfien 10 Minuten mit ceremonieuſen Begrüßun- 
gen und Glückwünſchen, die übrige Zeit mit Neuigkeits— 
fragen der Männer wie der Frauen hinging, wobei denn zuleßt 
immer die Trage: wer denn die Greatur auf vem Kameel? 
worauf die Antwort, es fei einer von der Gefellfchaft, „ein Kran- 
fer.” So fan der Fremde glücklich hindurch; fein Sournal in Ge- 
genwart feiner Begleiter zu fchreiben, würde ihm aber übel befom- 
men fein; er mußte die Worte immer nur am Ende jeder Station 
insgeheim aufzeichnen, wenn er bei Seite ging. Vom letzten Sch e- 
rafa=Dorfe folgte nach einer Viertelftunde Weges ſanftes Auf— 
fleigen, und dann ver Nefil-Schedja over der „große Ab- 
flieg,” auf welchem die Kameele wenigftend 2 ganzer Stunden zum 
Hinabkommen gebrauchten. Anfangs war der Weg durch Kunft 
zwifchen zwei Felſen gangbar gemacht, abwärts ward er bequemer, 
bier und da gepflaftert. Hier alfo hatte man die Breite des 
Sanaa:Plateaus verlaffen und ſtand am Eingange oder 
doch, wie es und jcheint, auf ver Hnächften Borftufe zum Nie— 
derlande (Oſchof, f. 06. ©. 712), in deſſen weitefter Ferne Ma- 
reb liegt. Denn nun hatte man fürs erfte noch den dritten und 
vierten Tagemarſch und den Morgen des fünften ein Land ver 
Schluchten, Bergzüge und Thalgründe zu durchfchreiten, bevor man 
in die Mareb-Plaine im Lande Dſchof (wem Niederlande) 
eintrat. Am Fuß des Abftiegs trat man, eima5 Minuten fern, 
in eine Schlucht, die fi) am Fuße des großen gegen D.S.D. ge= 
legenen Berges bildet, in der man jeden Augenblid auf Waffer 
ſtieß. Die Schlucht endet nach einer halben Stunde an dem Gieß— 





Arabien; Jemen, Weg nah Mare, 843 


bache des Thales Bent Diebr oder Wadi Bent Diebr Kho— 
Ian. Diefer Gießbach (Seil) Silver fih nur 10 Minuten fern 
von der Einmündung der Schlucht zu dieſem Wadi, am Fuße des 
großen Berges, in D.S.D., und ift nur durch einen zwijchentretene 
den Vorsprung davon gefchieden. Zu dieſem Gießbache Fam man 
Mittags und hielt hier auch den Tag und die Nacht. Die entlas 
denen Kameele wurden auf die Weide gelaffen. Jedermann bereis 
tete fidy nun fein Mittagsmahl. Mir etwas Bulver in Baumwolle 
geftreut, und durch Stahl und Feuerfiein in Flamme gejegt, wur— 
ven Kiefelfteine in der Flamme zum Glühen gebracht, mit Mehl— 
brei, in Klößen geformt, Stein und Kohlen belegt, und Die jo 
nad) werig Minuten nur halbgebadne Mafje, meilt ohne Butter, 
hintergeſchlungen. Bis Hierher hatte mem das Holz von Sanaa 
mitjchleppen müfjen; das Phosphorfeuerzeug Arnaud's wurde na⸗ 
türlich angeſtaunt. 

Dritter Tagemarſch (14. Zuli)3). Am frühen Morgen 
wurde ein junger Burfche ver Beduinen ausgefchieft, Durch feinen 
Auf die weit zerftreuten Kameele herbeizuloden, indep die übrige 
Truppe das Frühftück bereitete, bi8 man um 6 Uhr zum Aufbruch 
fam. Gegen N.N.W. im von beiven Seiten durch Bergzüge ein- 
geengten Wadi Beni Djebr Fam man, nad) einer Stunde Wegs, 
zu Wohnungen an beiden Seiten, wo man nun au fichtbares 
Waſſer im Gießbach bemerkte, das durch Gräben zu den Häuſern 
geleitet war, wo auch Brunnen zur Bewäfjerung kleiner Ackerſtücke 
dienten, auf denen Wein und Klee (eine Art Luzerne) gebaut 
wurden. Nach 6 Stunven Weges wendet fich verjelbe Wadi gegen 
N. und ND.; die Karawane zog direct gegen O. auf der Örenze 
hin zwifchen vem Lande Nehhm, dad links (in N.) blieb, 
und dem Gebiete von Kholan rechts (gegen ©. ; fiehe Chaulan 
auf Niebuhr's Karte). Erft Nachmittags 2 Uhr, ald man einen 
zweiten, trodnen Gießbach (Seil), der nur unter feinem Bette 
etwad Waffer hielt und aus den Berghöhen von D.S.D. kam, er— 
reicht hatte, machte man Halt unter einen großen Baume (Rham- 
nus lJotus?), wo man auch ven Ueberreſt des Tages verweilte, Die— 
jer Seil zog gegen N.W. und vereints jich wahrfcjeinlich mit obi« 
gem Wadi Beni Djebr. 

Doch brady die Karawane noch an demfelben Abend, 9 Uhr, 
wieder auf, um einem plöglichen Meberfalle zu entwijchen, ven man 


#95) Arnaud, Relation p. 226. 


844 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $, 72. 


von einem andern Zmeige der Bent Djebr (Kholan) fürchten 
mußte, welcher die Umgegend Khoribah beherrfcht, und wegen 
eined Bergbefite3 mit dem vorhergenannten Zweige der Beni Diebr 
in Fehde lag. Man ritt oftwärts, nach einer halben Stunde, 
durch einen engen, fehwierigen, 2 Stunden anhaltenden Engpaß, 
ein Defile, zu einem dritten Gießbach (Seil), der ſich zuwei— 
Ien, doch nur auf kurze Streden, gegen D.S.D. wendete, worauf er 
immer wieder in feine Normalvdirection gegen D. zurückkehrte. Auch 
biejer Fam herab von den Bergen in S.O., wendete fich an der Stelle, 
wo man aus dem Engpaß in ihn ausbog, gegen S.W., und ver« 
einigte fih, da man ihn nirgends weiter antraf, wie e8 Arnaud 
damals fchien, gegen ©., mit einem ganz andern Gießbach (Seil), 
Dana genannt, was jedoch fpäter ſich nicht betätigt zu haben 
ſcheint 36). 

Vierter Tagemarſch (15. Juli)27). Dom frühen Morgen 
an folgte man dieſem trocknen Bette des Gießbaches mehrere Stun— 
den weit, in dem man jedoch oft Waffervorräthe fand, bis man mit 
dem erften Dammern der Morgenröthe einen Berg auf feinem line 
fen Ufer gegen Oft zu überfleigen hatte, der nicht fehr beſchwerlich 
war. Nun Fam man noch eine Stunde vor Sonnenaufgang zum 
Anfang der Serw-al-Kharibah, d. i. der großen Ebene von 
Kharibah. In diefer folte es, nach Haſſan-Bataſch, alte Rui— 
nen geben, in denen einer feiner Sreunde wohnen follte. Als man 
nun unter einer elenden Mimofe Naft hielt, erfuhr Arnaud noch 
nicht, daß jene Ruinen nur 2 Stunden fern Jagen, fonft würde er 
feine Zeit befjer benußt haben, und wo möglich vorausgeeilt fein, 
um zu ihrer Unterfuchung Zeit zu gewinnen. Die Ebene, nad 
allen Richtungen in ein paar Stunden Ausdehnung, war überall 
von Bergzügen umgeben, und von Beduinenhirten, gleichfalls vom 
Zribu8 Beni Djebr (Kholan) bewohnt, in zerftreut ftehenpen 
Backſteinhäuſern. Defter wiederholte man, daß eine Tagereiſe im 
Norden viefer Kharibah ein Ort fei, voll Steine mit In— 
jeriptionen. Aber man mußte auf feine Sicherheit bedacht fein, 
ein Ueberfall mehrerer Beduinen bedrohte ſchon die Karawane, die 
noch mit friedlichen Worten abgefunden wurden, mozu eine alte 
franfe Frau in naher Hütte die Vermittlung herbeizuführen fchien, 
weil fie von dem Fremdling Arzneien zu ihrer Genefung verlangte, 
und daß er aus feinem Buche der Magie ihr dad Horoscop ihres 


6) Arnäud, Relat. p. 233. >”) Ebend. p. 228. 


Arabien; Jemen, Weg nah Mareb, 845 


jüngften Sohnes ſtellen folle. Nachdem dies, fo gut es ſich thun 
ließ, bewerkftelligt und die verjuchte Gelverpreflung eined der Be— 
duinen ernftlich von Arnaud zurüdgemiefen war, den feine Füh— 
rer allein, vielleicht nicht ohne Abficht, zurückgelaſſen hatten, jagte 
diefer der indeß meit vorausgeeilten Karawane nah. Als er fie 
traf, erblickte er auch in der Ferne meitläufige Ruinen, doch wagte 
er ed unter diefen Umſtänden nicht fich abzujondern; nach 1'/, Stun 
den Marfches wurden die Ruinen von Kharibah erreicht, die 
ganz nahe der Marfchroute im Welten Tagen, und gegen Oft ihnen 
benachbart ſah man zur rechten Sand zwei von Quaderftüden 
gut erhaltne Baumerfe nahe beifammen, deren Bewohner den 
Pafjanten aus ihren Brunnen gegen eine geringe Vergütung 
Waſſer reichten. Erft gegen Abend, eine Stunde vor Sonnen 
untergang, ald man in einer Schlucht mit einer andern, die ein 
Gießbach von N.W. gegen ©.D. durchzog, die aber beide troden 
lagen, Salt machte, famen auch Arnaud's Führer wieder zur 
Truppe, und verfpracdhen, als ifnen über ihr Betragen Vorwürfe 
gemacht wurden, ihn auf dem Rückwege zu den Auinen zu führen. 
Hier war man nur noch eine Tagereife von Mareb entfernt. 
Bünfter Tagemarjch (16. Juli). Bon 3 Uhr Morgens 
ritt man erft gegen S.O. dann um 5 Uhr gegen S. S.O., um 
5 gegen ©.D. und /,7 Uhr gegen Oft. Um 7 Uhr erreichte man 
einen Berg, auf deſſen Gipfel ein altes Fort aus Ruftbackteinen 
erbaut ftand, an deſſen Fuß man eine tiefe Gifterne zwifchen 2 Fel— 
fen gebildet antraf, die zu allen Jahreszeiten Wafjer haben jollte. 
Hier nun, nachdem man jene fchluchtenreiche und bergige Vor— 
ftufe mit der großen Ebene Kharibah, die wir daher kurzweg 
die VBorftufe Kharibah nennen dürfen, durchfegt hatte, begann 
wiederum eine weite Ebene (Oſchof) fich zu eröffnen, die fich 
nad) allen Richtungen Hin, fowol von DO. nah W. ald von ©. 
nad N., über 2 Meilen (3 Lieued) weit ausbreitete. Hier verließ 
man die Normalridhtung gegen Mareb, um den Gießbach 
Dana gegen ©.D. zu erreichen, wo man Waſſer zu finden hoffte. 
Um 10 Uhr wurde hier unter dem Schatten einer Gruppe von 
Tamarinden- Bäumen Halt gemacht, deren nun überall von 
Strede zu Strede Eleine Wäldchen ficy im Bette des Dana zeigten. 
Der Weg bis hierher war von Sanaa an immer bergab 
gegangen; im ganzen ſehr bequem und überhaupt weit bejfer nad) 
Dichof zu, von diefer Landſeite, ald er gegen Weft nach der Mee— 
zeöfeite hinabgeht, in das dortige Tehama, Da aber die Bedui— 


816 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


nen Feine fonberliche Ordnung beobachten, ihre Kameele ohne Half— 
ter nach Belieben laufen laſſen, auseinander gehend, bald vor, bald 
zurückbleibend und dann bald Kräuter weidend, bald wieder trotti- 
rend, jo ift hier an feine regelmäßige Abmefjung der Diftanzen 
(vgl. ob: ©. 486), wie andermärts, zu denfen. Einmal zählte Ar- 
naud in 5 Minuten 440 Kameelfchritte, ein andermal nur 330. 
Auf dem Rückmarſche ging e8 regulärer, weil die Tribus der Beni 
Shedad ihre Kameele, die beladen und jehr zahlreich waren, immer 
hintereinander an Geilen gehen ließen. 

In größter Tagedhige zog man nahe dem Dana = Öiefbache 
vorüber, und erreichte, nach 2 Stunden Wegs vom Halt unter ven 
Tamarindenbäumen, am Nachmittag das Lager des Tribus eines 
der Führer, ver Saleh-Asfour. ES befand fich jenfeit Des Bab 
el Faledſch (das Thor des Fluffes, ſ. ob. S. 544) zwiſchen 
dem Berge Balaf und dem Berge Soad und beftand aus 6 ver- 
ſchiednen Tribus, die fich gegenjeitig beſchützen, ſo daß jeder Tribus 
der Protector aller andern if. An 50 Zelte aus grobem felbftge- 
machten Wollenzeuge, über nur 3 bis 4 Fuß hohe Zeltitangen aus- 
gebreitet, flanden an einer ganz wafferlofen Stelle, zu der fie 
jeden Tag erft, ihr Vieh zu tränfen, das Waſſer anderthalb 
Stunden weit am Dana-Gießbach in Schlauchen holen mußten. 
Der Kameelführer Arnaud's, ein Saleh-Asfour, nahm ihn 
fogleich in fein Zelt als Gaft, holte einen Topf mit frifcher Butter 
und rieb ihm nach Beduinenart die Füße ein bis zu ven halben 
Hüften, dann auch Arme und Hände, eben fo dem Haſſan-Bataſch. 
Männer und Weiber hatten ſich indeß voll Neugier anfänglich in der 
Verne verfammelt; bald aber ließ fich Jeder feinen Kaffeetopf brin— 
gen, um in der Gefellfchaft feinen Kaffee zu fchlürfen. Der Führer 
Ichlachtete ein Schaaf als Zeichen des Friedens und ver Sicherheit. 
Nun ging das DBefragen auf den Fremdling los: was ihn hier— 
berführe? wer er fei? das könne nur Allah wiſſen, was das 
für eine feltfame Creatur fei! fo ſchwächlich, gar nicht für bie 
Strapazen der Reiſe gemacht! und doc) hierher kommend? vielleicht 
um die Schäße zu fuchen? wol gar ein Vogel Irems, (f. ob. ©. 
285) des Baradiefes? u. dgl.m. Solche Gefprache riffen num nicht 
mehr ab. Er blieb bei feiner fehr einfachen und doch wahren Ant» 
wort: er fei ein Moggrebi, d. i. ein Mann aus dem Weiten. 
Die Weiber in ihren langen fchwarzen Baummollenroben mit mei- 
ten Aermeln, mit herunterhängendem Haare, ſchwarzen Zumpen um 
den Kopf und am Tage, felbft in der Hütte, immer verfchleiert 


Arabien; Semen, Weg nah Mareb. 847 


gehend, fahen mie Teufel aus; die Mädchen mit offnem Geficht, 
nur um die Hüften ein kurzes Wolentuch geichlagen, hatten außer- 
dem noch die Bruft mit Lederbändern bedeckt, die ald Ornamente 
ganz mit Heinen Muſcheln befegt waren. Nach Tiſch wurde Ka— 
meelmilch gereicht; die alten Graubärte beſahen die Schaaffnochen 
beim Feuer, beriethen fich unter einander und fanden die böfen 
DOmina: „daß fo eben unter den Nachbar-Tribus Blut ges 
floſſen fei.“ 

Sechſter Tag (17. Juli). Ein Rafttag im Lager ®), 

Der Kameelführer Saleh-Asfour ging nun mit einem Sreunde 
voraus nach Mareb, das nur einen halben Tagemarfch entfernt 
wear; denn er Eehrte am Abend wieder mit der Erlaubniß des Prin— 
zen viefer Eleinen Stadt, des Sherif Abverrahman, am folgen- 
den Tage mit dem Fremdling einrüdfen zu dürfen. Da der Weg 
dahin über die Ruinen des antifen Dammed von Mareb 
(Siddi Mareb) aber fehr gefahrvoll fein follte, fo mußte Ar— 
naud 4 Beduinen befolden, ald Escorte von 4 verichiedenen Tri— 
bus, noch außer feinem Führer; alfo 5 Männer gehörten dazu, um 
die kurze Strede ungefährdet nah Mareb zurücdzulegen. 

Siebenter Tag (i8. Juli). Man brach auf erſt gegen W. 
zum Dana-Gießbach, 2 Stunden weit; dann wandte man fich 
gegen Dft zwifchen die beiden Berge Balaf, welche vor al- 
ten Zeiten dad Baffin des Siddi Mareb gebildet hatten. Es 
war ungemein heiß, ald man den Damm erreichte, da, jagt Ar— 
naud, wurde fein Auge plößlich vom Anblik der antifen Con— 
firuetionen getroffen, in einem Xande das nie ein Eu— 
ropäer betreten, oder wenn einer dahin gefommen, fo 
war er doch nie wiedergefehrt. 

In enthuſiaſtiſcher Begeiſterung erkletterte Arnaud ſogleich 
dad rechte Ufer 39) ver trocknen Stromſchlucht, das von Bäumen 
mit verdorrten Zweigen bedeckt war, und ſtand bald zwiſchen 2 an— 
tiken, gut erhaltenen Conſtruetionen, bei denen er eine in Fels 
gehauene Inſeription wahrnahm, vie alsbald von ihm copirt 
wurde; dann wandte er fich nach allen Seiten, um von allen übri— 
gen Gopien zu nehmen, die er umher erblickte. Er wollte nun vie 
Gegenſeite des Dammrefted auffuchen, die Führer wollten ihn 
wegen zu großer Gefahr nicht laſſen; er enteilte ihnen, um die Die 
tanz beider Bergabftände zu meſſen (wahrfcheinlich wo der Durd)s 


”»®) Arnaud, Relat, p. 238. 9 Ebend. p. 239. 


848 MWeft-Afien, IV. Abteilung. $. 72. 


bruch?). Er berechnete die Dicke des aufgeworfenen Erd— 
Dammed nad deſſen übrig gebliebenen Neften. Nun erft beftieg 
er den Rücken eined alten Dammreftes, der nach dem Innern zum 
Fuß eines Berges Hinlauft, an deſſen Ende fich alte, fehr gut er= 
haltne Gonftructionen vorfanden. Nachdem er von der Höhe (dem 
Rückgrat des Dammes folgend) einer dieſer Conftructionen herabs 
geftiegen war, frappirte ihn ein quadratifcher Steinblod, 2 
Fuß hoch, auf den er feine Infeription, wol aber eine Seulptur 
wahrnahm, die er fogleich jEigzirte, und dann Vermeffungen einiger 
Puncte vornahm. Noch war er damit nicht zu Ende gefommen, 
als Saleh-Asfour auf der Dammhöhe exrfchten, ihm zufchrie und 
vol Schimpfreden feine Flinte auf ihn zum Erſchießen anlegte. 
Im Eifer ihm nur immer Tayyeb! Tayyeb! gut! gut! zus 
fchreiend, und nicht fich an deſſen zornige Flüche Eehrend, fuhr Ar— 
naud mit feinen Arbeiten zwar noch fort, ohne jedoch damit ganz 
zu Stande zu Fommen. Ohne Saleh-Asfour's Drohungen 
wäre er ficher von 2 Abidah VBeduinen ermordet worden, die 
fehon ganz dicht, nur ihm unbemerkt, hinter feinem Rücken flanden. 
Plöglich mußte er abbrechen, ergriff auf der Flucht nur noch ein 
Stück von der Erde des Dammesd. Bei ver Nüdfehr zu feinen Be— 
duinen befand er fich durch ven heißen, fait ſenkrechten Sonnen 
ſtrahl, dem er fich fo rückſichtslos mehrere Stunden audgejegt, in 
einem folchen Zuftande des Taumels, daß ed ihm nicht mehr 
möglich war, in feiner Orientirung fich zurecht zu finden; ein be— 
fonderes Glück war e8, daß er dem Sonnenſtich und einer Hirn— 
entzundung entging. 

Nach dem Mittagseffen wurde nun der Marſch nad Mareb 
fortgefeßt, dad nur noch eine Stunde fern lag. Auf dieſem Wege 
ward er fortwährend den rohen Beduinen ein Gegenftand des Nek— 
fend und Foppens nach ihrer Urt, die des ſchwachen weißen Kerl- 
chend Figur höchſt Iächerlich fanden und ſchon zum Voraus das 
Aufſehen belachten, das er bei feinem Einzuge in der Stadt erre= 
gen würde Am Ruinenthor ver antifen Saba Regia Me- 
tropolis angefonmen, zeigte fich links an demſelben eine In— 
feription; fogleich vom Kameele herabfpringen und copiren war 
eins; aber die Beduinen lachten ihn aus, hielten ihn zurüd wie 
einen Narren, Hinderten ihn auf jede Art. Gr mußte weiter zur 
Ummaurung des modernen Ihord des Dorfes Mareb. Hier hatte 
fi) dad ganze Volk jchon zufammengerottet, daß „extraordinaire 
fremde Wefen“ einziehen zu fehen; die Weiber Hatten fich auf 


Arabien; Jemen, Eintritt in Mareb. 849 


die platten Dachterraſſen poftirt. Ein Abivah- Führer ging voraus 
und ſchrie: wir bringen euch den Mahdi! (gewiffermaßen den 
verrüdten Prinzen; Narren gelten als eine Art Infpirirter, und der 
Mahdi, nach ver arabifchen Legende, ift der dereinſt erwartete 
Negenerator des wahren Glaubens (f. Erpf. X. ©. 281; over 
Mehdi oder Mohadi ſ. ob. ©. 731, 756, 763 a. a. O.). Lautes 
Gefchrei erhob ſich von allen Seiten, man drängte fich zu dem frem— 
den Welen, es zu begrüßen, ihm die Sand zu bieten wie einem 
Sherif (Fürften aus Mohammed's Gefchlecht), und der beſon— 
nene Fremdling hatte nur vollauf zu thun, ihnen recht eindringlich 
zu machen, daß er Fein Sherif fei. - Ein ſolches Vorgeben hätte 
ihm beim fanatifchen Volfe, wenn es den Irrthum entdeckt, ficher 
den Tod gebracht, wie dies Schickſal wahrscheinlich fchon einen oder 
den andern feiner Vorgänger getroffen. Mit einem folchen Wahne 
verband fich hier die Idee eined Sanctus, der die Wundermweisheit 
Salomo's befige, der alle Gebrechen heilen, der durch feine Magie 
die verborgenen ungeheuern Schätze heben könne u. f. w. 

Der jo vom Volk angefchrieene wurde nun zum Sherif Ab— 
derrhaman *) geführt, ver in einem vierftödigen Kegel- 
thurme in der oberften Etage wohnte, in einem einzigen Gemache 
auf der Spige des Kegels. Diejer Fürft -von Saba, mit mehr 
Lebensart, Fam feinen Gäften mit Gruß entgegen, und nöthigte den 
Europäer feinen eignen Plag auf dem Divan einzunehmen, über 
dem ein blinfender Güraß die Ehrenftele bezeichnete. Gin Diener 
brachte den Buttertopf und jalbte ihn, alles Widerſtrebens ungeach— 
tet, wie zuvor, und fo auch alle feine Gefährten. Dann ging, bei 
reichlicher Bewirthung mit Kaffee, das Bragen an. Der Sherif 
hatte dabei fein nacktes Töchterchen auf dem Schooß, das nur um 
den Gürtel bedeckt und mit Mufchelihmudf behängt war. Auf 
Hunderterlei Fragen war die Antwort conflant, daß er ein Mog- 
grebi ſei. Alſo Fein Türfe, was man offenbar gefürchtet hatte, 
fagte der Sherif. Wüßten wir, fagten ihm am folgenden Morgen 
einige Abidah, du wärſt ein Türfe, fo würden wir dich gleich in 
Stüde hauen. Aber andre blieben doch dabei, er müffe mit ven 
Türfen nad) Sanaa gefommen fein; er wolle nur ihr Sand aus- 
jploniren. Arnaud hörte, daß bier ein Hadhramauter aus 
Makallah fei, der ihm dorthin führen wolle, doch nur für Gel; 
er habe dort auch einen. weißen Mann (v. Wrede? f. oben 


9) Arnaud, Relation I, e. p. 309— 317, 
Ritter Grdfunde XIL 66h 


850 Weft-Afien, IV. Abtheilung. F. 72. 


©. 286) gejehen, den er einen Pilger aus Indien nannte, der Fein 
arabifch gekannt, doch Ya illah il’a Alla wa Mohamed raful Ach, 
dad Gebet des Korans, gejagt. Ohne Geld wollte er nicht führen, 
und an Geld Hatte Arnaud faft nichts mit fich genommen. Weil 
er nun nicht in jenes Gebet einftimmen wollte, wuchs das Mip- 
traun des Volks gegen ihn, zumal da er bei dem Abenpgebete in 
der Moschee abgemuattet liegen blieb, ohne daran Theil zu nehmen. 
Nach dem Abenveffen und dem Kaffee zogen alle fremden Bedui— 
nen, die fich aus der Umgebung Marebs hier häufig auf dem 
Markte verfammeln, und in der Stadt Fein befreundete® Quartier 
Hatten, nach dem Landesgebrauch zur Herberge in die Mofchee, 
Arnaudaber, nebft jeinem Führer Haſſan Batafch, erhielten von 
Sherif ein Quartier bei dem Salzinfpector angewiefen, der nach 
ibm und dem Kadi die erfte Standeöperfon im Orte war. Sie 
mußten im Dunfeln vajelbit ihr Lager nehmen, denn Gorge 
wurde feine für fie getragen; aber ein junger Araber, der ihnen 
nachgezogen war, fing noch in dunkler Nacht ein Gejpräch mit dem 
Europäer an. Er war als Pilger in Indien gereift, und über 
Makallah, Aden und dad Tehama hierher in feine Heimat 
zurücgefommen, wo es ihm nicht mehr gefiel, feitvem er im der 
Melt fich umgefehen und auch Europäer kennen gelernt. Er fprach 
fein Arabiſch viel deutlicher und verftändlicher als die Andern für 
Arnaud, und auch diefer wurde von ihm gut verftanden. Er 
theilte manche belehrende Nachricht mit (1. ob. ©. 634), und 
wünſchte mit ihm weiter reifen zu fünnen. Cr verfprach am an— 
dern Morgen Arnaud nach den Nuinen der alten Saba zu be— 
gleiten. 

Achter Tag (19. Juli). Aufenthalt in Mareb 4). Mit 
dem jungen Pilger und dem 17jährigen Sohn des Sherif z0g Ar= 
naud am frühen Morgen begierig den Ruinen der alten Metro= 
polis entgegen. Der junge Prinz verließ niemals das Thor feiner 
Nefivenz, ohne feine Flinte über die Schulter zu bangen und nicht 
ohne die brennende Lunte. So kamen fie aus dem Imnern des 
Dorfes zu deſſen Oftthore, als ein Araber fie verfolgend von dem 
Fremden verlangte, er folle die Gebetformel herfagen. Es war ver 
Bruder des Sherif; fobald ihn Arnaud mit feinem Geplapper be= 
friedigt, rief er laut: er ift Mufelmann! und eilte zurück. Bei 
dem nächſten Brunnen, den fie erreichten, Iagerten ein paar Abi— 


) Arnaud, Relat, p. 318— 325, 


Arabien; Jemen, Sabas Ruinen. 851 


dah Beduinen; fie folgten neugierig den Wanderern auf dem 
Fuße bis zum: Eintritt in das Bette des Danaftroms, der neben 
den Ummwallungen der antifen Saba vorüber zieht. Der Prinz 
ſuchte fie durch Lift zu entfernen; fie waren nach Schäßen begierig, 
die der Fremde heben würde, und an denen fie auch ihren Antheil 
zu haben behaupteten; vielleicht daß der Prinz hoffte fie allein zu 
beſitzen. Gr ergriff eine für feinen Schügling gefährliche Methode, 
ihn von den unnügen Gäften zu befreien; er wollte fie glauben 
machen, daß fie mit ihren Waffen dem feltfamen Fremdling doch 
nicht3 anhaben könnten, da er jchußfeft jei. Dies zu befräftigen 
hielt er die Abidah's ein wenig zurüd, legte dann feine Flinte auf 
Arnaud an und drückte ab; ed gab Feuer, aber fo, daß fie ver- 
fagte. Die abergläubifchen Beduinen riefen laut: Sähir! Gä- 
hir! ein Zauberer! und entflohen. 
Nach diefem Blendwerk führte der Prinz feinen Gaft zu einem 
großen Duaderftein, auf deffen Rüden eine Infeription; aber 
fogleih jahb Arnaud, daß ed eine ziemlich lange Stelle aus dem 
Koran und mit einem fpigen Steine nur ganz unordentlich eingee 
fragt war. Diefe gebot ihm ver Bring abzufchreiben; da Arnaud 
feine Zeit nicht mit fo unnügen Dingen verderben wollte, widerfeßte 
er fich der Anforderung. Vol Zorn wurde er nun ein Ungläubi— 
ger, ein Hund gefcholten und ver Prinz verließ ihn. So ward er 
frei und konnte fih nun allein ohne Hinderniß der Unterfuchung 
der Ruinen widmen, die jedoch meift nur in großen Erdhaufen 
beftanden. Der junge Pilger, etwas höflicher als alle feine rohen 
Landsleute, war fein Begleiter geblieben. Nachdem alles befichtigt 
war, wünfchte Arnaud die Pilafter und das Haram Bilfis 
(oder Balfis ſ. ob. ©. 75) zu fehen. Uber das, fagte fein Be— 
gleiter, fei für nenjelben Tag zu weit; in der erfien Morgenfrühe 
ded nächiten Tages fei er bereit, ihn dahin zu führen. Alfo ging 
es zurüd in fein Quartier, wo ihn aber die unerträglichften Pei— 
nigungen erwarteten. Das Gerücht von dem Fremdling hatte aus 
der ganzen Umgegend die turbulenten Abivah Beduinen zur Stadt 
gelockt, ven ſeltnen Saft mit Augen zu fehen. Der Sherif hatte 
zunächft wieder Hundert ragen, faft alle über feine Neligion, an 
ihn zu thun, und dazu die hereingedrungenen zehn bis zwanzig 
wilden, mit Slinten bewaffneten Abidahs nicht weniger, und war 
diefer Trupp fort, fo kamen doppelt jo viele wieder, die dieſelben 
ragen und noch viele andre wiederholten. Dicht drängte fich fo 
dad Zimmer den ganzen übrigen Tag; die Kite, die Plage, die 
6h62 


852 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $ 72. 


Rohheit waren unerträglich. Legte fich der ermüdete Gaft in eine 
Ecke wie zum Schlafen nieder, um den unfaubern Geiftern aus 
dem Wege zu gehen, fo kamen die einen und Fneipten ihn, die ans 
dern zerrten ihn bei den Füßen; noch andre zogen ihre Dolche und 
bhlinferten damit drobend ihm unter dem Barte hin, andre maßen 
feine Länge, um zu fehen, ob er ein Türfe ſei; feine Kleinheit 
wunderte fie. Zum Türken fei er nicht riefig genug, riefen fie 
laut aus, fonft würden fie ihn gleich in Stücke hauen. Erbitte- 
rung, Vorwürfe, Troß, alles war vergeblich gegen dieſe rohen Tri— 
bus, die nichts von der noblen Art andrer Araberſtämme befaßen. 

Saleh-Asfour felbft ward angft, dies möge fein gutes 
Ende nehmen; er fonnte die mächtigern Abivah nicht beruhigen, da 
fein eigner Tribus wenig refpeetirt und wenig zahlreich war. Wenn 
er feinen Schüßling nicht Iebendig nah Sanaa zurüdbrachte, fo 
durfte er felbft fich nicht wieder in Sanaa ſehen laſſen und auf 
feine Zahlung rechnen. Daher fuchte er ihn los zu werben, und 
übertrug ihn gegen eine geringe Summe einem andern DBeduinen, 
Dardafch, vom Tribus der Beni Shapddad, von weldhem an 
demfelben Tage eine ftarfe Karawane in Mareb eingetroffen 
war, die Salz einfaufen und dann nach Sanaa zurüdfehren 
follte. 

Der Tag vol Plagen wollte durchlebt fein; gern, fagt Ar— 
naud, hätte er fich meggeftohlen zu den Pilaftern und dem Haram 
Balkis; aber fein junger Gefährte wagte es nicht, ihn noch einmal 
zu begleiten: denn nad) feiner Rückkehr hatte man auch ihn fcharf 
durchjucht, da fie bei ihm gehobne Schäge zu finden hofften. 

Doch ald der Sherif Abderrhaman an demſelben Abend 
feinen Gaft noch fpat zum vierten male befuchte, ward er bewo— 
gen, ihm für den folgenden Morgen feinen Schuß zu verfprechen. 

Neunter Tag (20. Juli). Aufenthalt in Mareb %). 
Am früheften Morgen entjchloffen fich der Sohn des Sherif und 
ein zweiter Bewaffneter, noch ehe die vermwilderten Tribus der Abi— 
dah die Stadt beftürmten, den Fremden zu den Nuinen zu gelei= 
ten. Zunächſt ging e8 durch das trockne Strombette, dad an ven 
Trümmerreften der antifen Saba vorbeizieht. Im geringer Berne 
von demjelben und immer in Oftrichtung von der Stadt zeigte 
man ein weites Feld feftgeftampfter Erde, dad Meydan 
el-Khayl genannt, d. i. Marsfeld oder der Hippodrom der 


) Arnaud, Relation p. 325. 


Arabien; Yemen, Sabas Ruinen, 853 


Sabäaer; doch war Hier Feine Gonftruction, fein Mauerftein zu 
erblicfen. Erſt nach einer halben Stunde fehr_itarfen Marfches 
wurden die Pilafter erreicht, an denen Arnaud 2 Inferiptio= 
nen bemerfte, deren eine aber zum copiren zu fehr zerftört war. 
Von hier gegen Nord nur eine DViertelftunde fern, kam man zu 
dem Haram Bilkis voll Inferiptionen, von denen aber 
drei zu fehr mit Schmug und Sand bedeckt waren, um fie fofort 
eopiren zu können, und die Begleiter zur Rückkehr drängten. Auch 
fonnte ein Hügel unfern von hier, der aud gut erhaltenen Knochen 
von den Opferthieren der Sabäer, jagten die Führer, beftehen follte, 
nicht befucht werben. 

Nach der Rückkehr Fam der Sherif, die gemachten Abfchriften 
zu revidiren; Faum hatte er das Zimmer verlaffen, fo drangen 
neue Plagegeifter der Beduinen herein, aber weit erboßter gegen 
den Armen ald zuvor, dem fie am Mittage mit der größten Im— 
pertineng und Frechheit begegneten, fo daß. Safjan Bataſch fich fei- 
ner annahm und ihn in ein andred Quartier, in dad Haus des 
Kadi, führte. Auf ver Steinfchmwelle feines Hauſes ſah Arnaud 
eine ſehr ſchöne Infeription, ward aber fo heftig von den Tu- 
multuanten verfolgt, daß er bei ihr fich nicht aufhalten durfte. 
Sp ging es ihm auch bei Inferiptionen mehrerer anderer Haus 
fer, die offenbar aus den Baufteinen ver alten Saba aufge— 
führt waren. Doch war es ihm gelungen, zwei davon zu copi« 
ren, unter gräulichem Fluchen der Männer und Weiber, die von den 
Dächern herabichrien: „Sagt ven Zauberer, ven Hund fort, 
der und Unglüd ins Land bringt und allen Sammer!” 
Der wilde Pöbel Tief zum Sherif, ihn zu Hülfe zu rufen; ver be= 
rubigte fie mit wohlmwollender arabifcher Snspitalität: „Weil er 
unfer Saft ift, laßt ihn doch gewähren, wie e8 ihm ge= 
fallt. Geſchieht und Uebel, fo ift e8 durch Allah’s 
Wille.” 

Im Haufe ded Kadi drohten neue Inſulten von Männern und 
Meibern, die ihn nun auslachten oder verhöhnten als Ungläubigen, 
oder, da fie auch ſchon von Aden gehört hatten, ihn gar für 
Einen hielten, der zur Compagnie jener Engländer gehöre, die nun 
ihre Spione ſchickten. Die Weiber benahmen ſich als wahre fa= 
bäiſche Burien; wollte er fich ihnen entziehen und in eine Gde 
ftellen oder den Kopf zum Benfter binaushalten, jo kneipten und 
zerrten fie ihn empfindlichſt. Endlich zeigte der Sherif die alte 
Hausmutter, die im Bieber befinnungdlos da lag, und von böfen 


854 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 72. 


Dämonen (den Dfehinnen?) befeffen war, die der Fremdling ver— 
treiben follte. Der Sherif nahm fich überhaupt feines Gaftes wol 
an gegen die wilden Beduinen, die fich glücklicher Weife vor dem 
Schliegen der Ihore wieder aus der Stadt zurücdziehen mußten, da 
ed ihnen nicht erlaubt ift, die Nacht über in Mareb zu bleiben. 
Der Sherif war aber jelbft zu ohnmächtig gegen die Beduinen; 
als fie endlich fort waren, jchiefte er feinem Gaſte ein Föftliches 
Abendeſſen, das in einem Stück Lammfleifch beftand. 

Zehnter Tag (21. Juli) *). Rückweg von Mareb nad 
Sanaa. Erfter Tagmarſch. Leiden aller Art maren im die— 
fen Tagen erduldet wie feine in Jahrzehnden; noch 2 Tage dieſer 
Art, jagt Arnaud, und er wäre vor Aerger und Qualen gefter- 
ben. Da erfchien der Tag der Rückkehr; bei Sonnenaufgang brach 
die Karawane von 80 Perſonen mit 150 Kameelen von Mareb 
auf. Die große Zahl der mit Flinten Bewaffneten, unter deren 
Schuge Arnaud nun fand, hielt die Abivah Beduinen ab, ihn 
ferner zu plagen. Aber nun fingen die Gefährten feined neuen 
Patrons Dardafch an, ſich über ihn luſtig zu machen und, wo e8 
anging, zu foppen. Sobald Dardaſch fich entfernte, ging es über 
den armen Reiſenden her, den fie zur Erde warfen, mit der Bade 
in den Sand drüdten, mit Dolchen beprohten, ihm den Bart fchüt- 
telten u.j.w. Nachdem man vie große Plaine von Mareb 
durchzogen und am Thal des Dammes, bei dem Fuße eines 
Derged, angefommen war, auf deſſen Gipfel Refte alter Burg- 
feften von Badftein lagen, wurde um 11 Uhr Salt gemacht. 
Hier follten die Sabäer, meinten die Beduinen, ein Jahr lang 
nach dem Durchbruch des Dammes eine Zuflucht gefucht haben. 
Nach Furzem Halt zog man weiter, bis man am Abend nur eine 
halbe Stunde von Kharibah entfernt lagerte, in einem Eleinen 
Gießbachbette, das fih gegen SD. ver Marebroute zieht, 
vielleicht bid er 2 Tagereifen fern von da den Dara treffen möchte. 
Zu diefem kleinen Gießbache ftößt von Nord her eine Schlucht, vie 
von Kharibah Fam. Leider fehlten Inftrumente zur genaueren 
Drientirung der Flußbetten. Dardaſch mußte verſprechen, feinen 
Schügling am nächſten Morgen bei Zeiten nah Kharibah zu 
führen. 

Elfter Tag (22. Juli) #). Zweiter Tag des Rück— 
marfched. Nach fehr frühem Aufbruh fam Arnaud mit dem 


) Arnaud, Relat. p. 331. +4) Ebend. p. 334. 


Arabien; Jemen, Kharibah Ruinen, 855 


erften Sonnenftrahl zu den Ruinen von Kharibah, wo er ſo— 
gleich Infohriften mit fehr großen Buchſtaben, vie ſchwer 
zu copiren waren, vorfand. Doch war es ihm jchon von allen 
Abjchrift zu nehmen gelungen, ald die Karawane eben nachrückte. 
Beim Eintritt in eim dortige Hirtenhaus entdeckte er nun aber 
gleich wieder mehrere Inferiptionen auf übereinander liegenden 
Steinen; und im Schafhofe fah er eine in zwei Stüde zer— 
borjine lange Steinbanf mit zwei großen Inſcriptio— 
nen zu beiden Seiten, die in [ehr Fleinen Charafteren ge— 
fhrieben, aber fehr gut erhalten war. Sie wurde fo eilig als 
möglich copirt, und doch war die Karamane fchon eine ganze 
Stunde vorangefchritten, fo daß die andre Hälfte ver Inſchrift 
uncopirt blieb: venn der Führer drängte zum Aufbruch, weil die 
Gegend zu gefahrvoll ſei. Nun mußte aber zwei Stunden gelau= 
fen werden, um die Karawane einzuholen, die auch dad Ende der 
Peine von Kharabah ſchon erreicht hatte und beim Abftieg in 
den großen Gießbach fi befand. Außer Athen, fagt Ar— 
naud, fam er an, die Angft nur hatte ihm Blügel gegeben. Meh— 
rere Stunden zog man im Bette des Gießbachs fort, bis man eine 
Schlucht auffteigen mußte, um zum Gipfel der Höhe im der 
Richtung gegen W. zu gelangen. Der Gießbach wendet fich ge- 
gen Süd, gegen dad Land Kholan (Chaulan bei Niebuhr), 
und ergießt fich wol ohne Zweifel in den Strom Dana, der den 
Siddi Mareb durchbricht. Im Gießbach verfehn fich Die Ka— 
ramanen mit Wafler für den ganzen Tag, weil fein anderes bis 
zum Wadi Beni Djebr gefunden wird. Nach kurzem Mittagd- 
halt in einer Grotte 309 man um 2 Uhr weiter bi8 am Abend zu 
einen kleinen Gießbach, der nicht fern von da am Fuß einer Berg: 
fette von ©. gegen ©.D. ſich bildet, und gegen N.W. nad) dem 
Lande Nehhm dirigirt. Hier dad Nachtlager. 

Zwölfter Tag (23. Juli) *). Dritter Tag des Rück— 
marſches. Bor der Morgenröthe aufgebrochen, zog man eine 
Stunde weit auf der Örenze desLandes Nehhm und Kholan 
hin, bis zum Gintritt in den Wadi Beni Djebr, ver auch zu 
Kholan gehört. Bon Mareb biß hierher ift, bis auf ven Elei- 
nen Strid von Kharibah und deſſen zerftreute Hütten, nir— 
gends Anbau. Um 10 Uhr des Morgens, etwa auf halben 
Wege zum Wadi Beni Diebr, hielt man an einer Stelle an, 


9 Ebend. p. 337 — 345. 


856 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 72. 


wo Arnaud an einigen wenn fchon fchlechten Weintrauben fich 
doch ungemein erquicen konnte. Nachmittagd ging ed weiter, big 
man nach 2 Stunden wieder etwas anhielt, und dann immer im 
Wadi Beni Djebr voranfchritt, bis zu einer Stelle wo Ueber— 
fluß von Waffer zum Halten einlud. Hier traf man eine ans 
dere Karawane defjelben Tribus der Scheddad, die mit Kameelen 
und Schafen in ihre Heimath zurücfehrte, aus Furcht vor einem 
zweiten Ueberfalle der feindlichen Beni-Nof oder Nouf, die zwei 
Tage vor Arnaud's erſtem Vorübermarjche fie ſchon ein erſtes 
Mal überfallen, einen Theil ihrer Heerden entriſſen und’zwölf Män— 
ner ihres Stammes erichlagen hatten. Im dieſem nächtlichen Ka— 
rawanenlager wurde nun unter ven Beni Scheddad Rath gehal- 
ten und ein Racheüberfall gegen die Beni Nof verabredet, 
unter vielem Gefchrei, mit wilden Gefangesweifen und Flinten= 
falven begleitet. 

Dreizehnter Tag (24. Juli). Bierter Tag des Rück— 
marſches 66). Noch im Dunkel der Nacht brach man auf, und 
fam nad) 2 Stunden mit dem erften Sonnenftrahl zum Fuß des 
jhon oben genannten Nefil-Schepja, oder des großen Auf— 
ſtiegs, deſſen Erfteigung zwar keineswegs ſehr bejchwerlich war, 
zu den aber die Kameele die äußerſte Höhe zu erreichen 3 volle 
Stunden gebrauchten. Arnaud eilte mit Haſſan Bataſch vor- 
aud, um oben auszuruhen und feinen Schevpadführer zu erwarten. 
Bon da ging es ohne Hindernig zum Wadi ———— in deſſen 
letztem Dorfe nur noch eine Gefahr zu fürchten war, nämlich die 
Habſucht des dort ſehr geizigen Häuptlings, der zugleich als Räu— 
ber bekannt war und den Fremdling zu plündern beabſichtigte. Ar— 
naud, durch ſeinen Führer davon unterrichtet, gelang es durch 
Liſt, bei dem erſten Stocken der Karawane ſchnellen Schrittes voran 
zu eilen und der Falle zu entgehen, die ihm geſtellt war; denn nach 
der erſten Viertelſtunde war ſchon der Wadi Serr und da— 
mit Sicherheit erreicht, da hier die Beni Haſchaſch herrſchten. 
In einem der Judendörfer wartete Arnaud lange Zeit vergeblich 
auf ſeinen Kameelführer Dardaſch, dem unterwegs ein Kameel 
gefallen war. «Bon Haſſan Bataſch noch begleitet, ſtiegen beide 
zu einem andern Dorfe hinab, in dem an diefem Tage Marft war; 
aber diejer wur fchon vorüber, als fie dort anlangten, und fein Lab— 
fal zur Stärfung zu erhalten, kaum ein Trunk frifchen Waſſers. 


460) Arnaud, Relat. p. 338. 


Arabien; Jemen, Rückkehr nach Sanaa. 857 


Sie eilten daher weiter, und da Haſſan Bataſch zu ſtark rannte, 
konnte Arnaud nicht nach, fand aber im letzten Wadi Serr— 
Dorfe bei einem Fleiſcher aus Sanaa eine höfliche Aufnahme. 
Vierzehnter Tag (25. Juli). Fünfter Tag des Rück— 
marſches. Nach einem gaſtlich dargereichten trefflichen Frühſtück 
verweilte Arnaud in dem reinlichen, zweiſtöckigen Backſteinhauſe 
bei einer braven Familie noch bis zur Mittagsſtunde, um ſeinen 
Dardaſch zu erwarten. Er erquickte ſich noch einmal an dem ge— 
botenen Gerſtenbrei mit Milchrahm und den halbreifen 
Weintrauben, wie ſie hier aufgetragen wurden. Da kein Füh— 
rer erſchien, ſo machte er ſich die 5 Stunden (4 Lieues), die noch 
bis Sanaa zurückzulegen waren, allein auf den Weg, kam dies— 
mal über die Gartenſtadt Röda (oder Rauda), wo er ſeinen 
Kaffee trank, und erreichte kurz vor Sonnenuntergang das Thor 
von Sanaa, deſſen Wache, die ihn wieder erkannte, vor Verwun— 
derung außer ſich war, da ſie ihn von Mareb zurückkehren ſah, 
was fie als etwas ganz Unerhörtes betrachtete. Alles ſtaunte über 
die glückliche Rückkehr; man hatte den Wagehals ſchon für gelie— 
fert gehalten, und ſelbſt Mohammed Douedar, dem die Bagage 
binterblieben war, mochte fie ſchon für ein gutes Erbtheil gehalten 
haben. Den ganzen folgenden Tag blieb indeß Arnaud's Führer 
aus, er jelbft fing fchon an ven Verluſt ver eigentlichen Brucht feie 
ner Arbeiten, ver Inferiptionen, zu bedauern, als fein treuer 
Dardaſch am 27. Juli mit den Papieren in bejiter Ord— 
nung zu Sanaa erihhien. Er war vom raubfüchtigen Sheikh in 
Scherafa, feines entflohenen Schüßlings wegen, ſehr mißhandelt. 
Alle Bagage war vifitirt worden, um Zoll zu zahlen; glücklicher 
Weile hatte Dardafch die Papiere im weiten Aermel feines Hem— 
des verborgen. Nur der Sad der Provifionen war eigentlich zu 
unterfuchen, denn nichtd anders hatte Arnaud mit fich geführt. 
Aber eine Fleine Blechbüchſe darin enthielt Oblaten; dies mußten 
verherte Goldſtücke fein! Dar Sahir,"d.i. verYauberer, war 
nun entdeckt! Wo find feine Papiere und Schriften? die müffen 
verbrannt werben! rief er mwüthend. Dardafch verficherte nichts 
davon zu willen, die habe der Sahir bei fih. Der Zorn ent= 
brannte zwifchen beiden, fie warfen ſich die Flinten vor die Füße; 
nun follte ver Mantel des Neifenden die Zeche bezahlen. Der Zanf 
und Streit dauerte anderthalb Tage, und ein paar hundert Bes 
duinen waren dabei zufammengelaufen, fie nahmen auf beiden Sei— 
ten Barthel. Nur durch ein paar geringe Geſchenke fam Dar— 


858 Weft-Afien. IV. Abtheilung. 6. 72. 


daſch frei, mußte aber bis auf ſeine Rückkehr ſeine Flinte in Ver— 
ſatz zurücklaſſen. Arnaud, froh feine Inferiptionen erhalten 
zu ſehen, erſetzte ihm gern alle ſeine Auslagen. Nun blieb er acht 
Tage zu feiner Erholung in Sanaa, und kehrte allein über Har— 
ras und Zebid nad dem Tehama zurüd. Nur in Menakhah, 
wo gräßliche Negengüffe fielen, die ihn bei Durchnäffung und 
wahrjcheinlicher Erkältung gänzlich erblinden machten, mußte 
er einen Vührer nehmen. Ganzer zehn Monate brachte er nun 
in voller Blindheit zu, ehe ex feine Sehfraft wieder erhielt. — 

Leider ift hierdurch die Mittheilung der Entdeckung und ver 
Inferiptionen verzögert worden (f. ob. ©. 762); die Befchrei- 
bung der Ruinen ift leider noch nicht publicirt, weil der dazu 
nothwendige Örundriß, bei der Zufendung nad) Europa, ab— 
handen gefommen, und jene ohne denfelben ſchwer verſtändlich ift. 
Dod heben wir, bi8 auf die bald zu hoffende Ergänzung, aus ver 
und durch Hrn. Mohl gütigft mitgetheilten Handfchrift vorläufig 
folgende Sauptpuncte hervor. 


Anmerkung. Die Ueberrefte der antifen Stadt Saba, die 
Vilafter und das Hharam Balfis; die Conſtructionen 
am Siddi Mareb mit dem Dammdurhbrud, Seil al arim. 
Nach Arnaud’s Dietat an F. Tresnel in Dfhidda und def: 
fen [hriftlider Mittheilung an I. Mohlin Paris. (Noch 
ungedruck, zum Gebrauch von legterem wohlwollend für die Erdfunde 
übergeben, im Suni 1845.) 


Die antife Stadt Saba nahm, nach ihren Weberreften zu ur- 
theilen, einen freisrunden Raum von einer Viertelftunde Wegs im Durch: 
mefjer ein. Die umgebende Mauer beftand aus behanenen Quader— 
fteinen, ihre Stärfe ließ fich wegen der angehäuften Schuttmaſſen nicht 
ermitteln, die auch viele Vertiefungen ausfüllten. Die Quaderfteine die: 
fer Mauern, wie aller andern Meberrefte, waren von ungleicher Größe. 
An einigen Stellen fanden fich noch über den Schutthügeln Hervorragun— 
gen von 2 und 3 Mamerfchichtungen, bedeeft mit Inferiptionen. Die 
Veberrefte zeigen fonft nichts befonders Bemerkenswerthes au ihrer heuti— 
gen Oberfläche; Nachgrabungen würden zu wichtigern Nefultaten führen. 
Man ficht nur Trümmerhaufen, Steinfragmente, Quaderſtücke, Backſteine, 
mehr als Fuß lang, die aber bei der geringiten Berührung in Staub 
zerfallen. An einzelnen Stellen, zumal auf der Südfeite der Stadt, fieht 
man noch Fragmente von prismatifchfacettirten Säulen von 3 
bis 4 Fuß über dem Schutt hervorragen, auch wol no ganze Säu— 
fen von 12 bis 15 Fuß Länge aus einem Block. Sie find von Kalk 


Arabien; Jemen, Sabas Architecturen. 859 


ſtein; die Araber laffen fie von einer alten Mofchee abftammen. inter 
diefen Ruinen findet man eine große Menge Feiner, gelblich weißer Mar: 
morfragmente mit Politur. In der antifen Stadtmauer erfennt man 
gegen Oft und Weft fehr deutlich die Weberrefte zweier alter Pforten. 
Das moderne Dorf, an der Stelle der alten Stadt, hat den Namen 
Mareb für feine SO Häuſer erhalten, die einen ganzen Hügel ang 
Schuttmaffen beveden, der gegen die DOftpforte der antifen Stadt: 
mauer gelegen ift. Zwiſchen diefem Dorfe und jenem Oſtthore liegt 
ein fehr tiefer Brunnen, der einzige der auch heute noch Wafler hält. 
Hier lag ſicher die antife Citadelle. Mehrere der aus Backſtein erbau— 
ten Dorfhänfer ftehen anf antifen Grundmauern von Quader: 
fein, die 3 bis 4 Fuß hoch fich über die Schuttmaffen hervorheben. 
Diefe modernen Bauten haben, wie ähnliche Agyptifche, eine conifche 
Geſtalt; von ihrer Höhe geniegt man eine bewundernswürdige Ausficht, 
nicht nur über die Ruinen der alten Stadt, fondern auch bis zu den 
Trümmern des durchbrochnen Dammes über eine unermeſſene Plaine 
hinweg, die mit Grabmälern wie überfäet erfcheint. Dieſe perfpecti: 
viſche Anficht ift es, die fich eben fo ſchön noch von einer andern Stelle 
zeigt, wenn man einige Minuten ans dem Dana-Thale herausgetreten 
ift, und fi gegen N.O. wendet, wo man bald zu einem Schuttberge ge: 
langt, von dem man zu gleicher Zeit die antife Stadt Saba und das 
moderne Dorf Mareb entdeckt, in der Mitte einer ganz öden, faft un: 
begrenzten Fläche. Diefer Anblick einer Wüſtenei, deren Ende nicht zu 
erfpähen, ift, fagt Arnaud, von einem großartigen unausfprechlichen 
Eindrud. | 

„Das moderne Mareb ift nur im eine ſchlechte meift Backſtein— 
ummauerung eingefchloffen; an einigen Stellen machen die Münde der 
Wohnhäuſer felbft die Stadtmanern ans, welche 2 Pforten in W. und 
ND. haben. Im Norden des Meftthors, am Abhange des Hügels, 
ift ein Gebäude von Duadern, faft im Viereck, mit einer Ter— 
raffe bededt, gegenwärtig die Mofchee Salomons genannt, weil Salomo 
dort gebetet haben foll; es ift ficher moderner Gonftruction. Aber fünf 
Minuten jenfeit des DBettes, in dem der Gießbach zur Negenzeit die an— 
tife Ummauerung umfpült, liegt jeher fchon oben genannte Hippodrom, 
Meydan el:-Khayl der Sabäer. 

Eine halbe Stunde in O.N.D. fteht jenes Gebäude, das die Ein: 
wohner Hharam Bilfis, das Harem oder den Palaft der Königin 
Bilfis oder Balfis (f. ob. ©. 77) nennen. Es ift von elliptifcher 
Geftalt, nad) Arnaud's Schätzung wol 300 Schritt im Umfang (etwa 
wie das Amphitheater zu Nismes), wobei er zum Manfflabe die zwei— 
zeilige Infeription nahm, welche ein Viertheil der ganzen Peri- 
pherie des Gebäudes umläuft, die er unter Nr. 56, copirt hat, Die Feine 
Are der Elfipfe ift etwa ein Drittheil der großen Are; zu beiden Enden 


S60 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72 


der Heinern Are find 2 Portale, gegen N. und gegen S. Die eine 
Hälfte diefer elliptijhen Mauer, welche gegenwärtig den Bau nur 
noch allein ausmacht, ift nach außen vollfommen erhalten bis zur Gor- 
nifche; es ift die Hälfte gegen Sonnenaufgang. Bon der Weftfeite fteht 
faum noch ein Drittheil. Alles Innere ift zerftört, und die Arena mit 
Sand jo gefüllt, daß durchaus nichts von der innern Beichaffenheit des 
Gebäudes zu erfennen if. Auf der außern Mauerwand ficht man 
5 Inſcriptionen, deren Schriftzeichen eine Spanne hoch find; 
viele andere find vom Eande bedeikt, ſelbſt von jenen ließen ſich 2 wegen 
Sondüberzug nicht copiren. 

Linfs von dem Nordthore diefes Gebäudes, etwa 10 Schritt fern 
von ihm, ftehen noch 8 Pilafter in einer geraden Linie von D. nad) 
W., jeder ein Monolith, aber ohne Gapital. Jede Seite des Bilafters 
hat etwa 4 Spannen Breite, und eben fo viel beitragen die Intervallen 
zwifchen ihnen. In derfelben Richtung glaubte Arnaud unter den dor— 
tigen DBerfandungen die Spuren von noch mehrern Bilaftern derfelben 
Reihe wahrgenommen zu haben, die ganz der Nordfeite vorlagen. 

Nicht weit von diefem Gebäu foll der Knochenberg liegen, der 
durch die monatlich gefeierten Feftopfer im Tempel, feit alten Zeiten, ent: 
ftanden; wollte man diefer Tradition der Araber in Mareb einigen Glau— 
ben beilegen, bemerkt Arnaud, jo würde jener elliptifche Bau Fein wirf- 
liches Gynäceum, fondern ein Tempel gewefen fein, wogegen auch der 
Name Hharam nicht ftreitet, der urfprünglich genommen nur einen „unz 
verlegbaren,‘ alfo geweihten Ort bezeichnet. So wenig wie im In— 
nern der Ruine, eben fo wenig fieht man auch außerhalb defielben ellipti- 
fhen Baues nichts, woraus man auf die Beſtimmung des Gebäudes zu- 
rücjchliegen fünnte. Aber eine Viertelftunde vom Hharam entfernt ftehen 
die Bilafter oder Golonnender Bilfis (oder Balfrs). Es find ihrer 
5, ebenfalls Monolithe, aber mit quadratifhen Capitälen; fie 
ftehen in derfelben Direction wie jene von D. nah W. Ob die Eapitäle 
aus demfelben Steinblod gehauen find, fonnte Arnaud nicht beftimmen; 
ihre Proportionen find denen der 8 Bilafter gleich, welche mehr in der 
Nähe des Hharam oder des Tempels ftehen. Sie fchienen ihm 28 Span: 
nen (empans; etwa 20 Fuß?) Höhe zu haben. Die Intervallen, in de: 
nen fie jtehen, find ebenfalls ihrer Dicke gleih. Zwei Quaderfteine 
jtehen in derfelben Reihe, einer noch aufrecht, der andere umgeworfen. 
Beide haben Inferiptionen, die Arnaud copirt hat, bis auf eine, die 
unlesbar war. — Hier bricht die Bejchreibung diefer Ruinen ab, welche 
Arnaud an Fresnel dictirt hatte, weil Krankheit die unmittelbare 
Fortſetzung unterbrach. — 

Derjelben Mittheilung ging die Befchreibung der Dammreite und 
der dabei vorfommenden Gonftructionen voran, deren vollftändiger 
Mittheilung mit dem Grundriß, ohne welchen fie Faum verftändlich 


Arabien; Jemen, Dammrefte von Mareb. 861 


fein möchte, in den nächſten Nummern des Journ. Asiatique wir wol 
entgegen fehen dürfen. Wir heben aus dem ung mitgetheilten Originals 
manuferipte nur vorläufig hervor, daß man fehr wohl noch) die großartigen 
Dimenfionen des Baſſins zwiſchen zwei im Halbfreis ſich gegemüberlies 
genden Bergen und des dazwifchen aufgerichteten Dammes verfol- 
gen kann. Beide Berge in N.W. und ©.D. werden Bäläcf genannt; 
fie fiehen 600 Schritte weit aus einander, und durch diefes Thor dringt 
der Dana-Giegbach in die Ebene ein, der zwar den größten Theil 
des Jahres troden liegt, aber in einer Tiefe von 3 Fuß beim Nachgra= 
ben doc) ftets Wafler liefert, und während der Regenzeit fo gewaltig ans 
fhwillt, daß er 2 Monate im Jahrerhier nicht zu paſſiren ift. An der 
größten Verengung des Bergthors, wo Tamarirwäldchen (Athl 
der Araber, Tamar. oriental. Forsk.) ftehen, ift die Höhe diefer Berg— 
züge gering; da fie nur äußerſte Ausläufer der großen Jemen-Kette 
gegen das Niederland in D. find. Hier ift e8 nun, wo man an dem 
Abhange des Berges gegen ©.D., gegen die Mündung des Dana, zwei. 
Eonftruetionen in Steinquadern wahrnimmt, die gut erhalten find 
und in der Richtung des Dammdurchbruchs zwifchen beiden Balaf: 
bergen einander gegenüber liegen. Es find abgeftumpfte Kegel, 
der eine zum Theil aus dem Fels gehauen, der andere ganz aus Schich- 
ten aufgemanert. Don dem einen geht eine 50 Schritt lange, dem Rük— 
fen des Berges angelehnte Mauer aus; in ihnen find mancherlei Eins 
richtungen angebracht, die entfchieven die antike Errichtung eines 
Schleufenbaues erfennen laffen, der mit den ungeheuern Damm 
reften von noch 300 Schritt Länge und 175 Schritt Breite zwifchen 
beiden Balafbergen in Verbindung ftand, und zur beliebigen Aufſtauung 
und Verſendung der Waffer in verfchiedenen Niveauverhältniffen 
dienen mochte. Die Mauerconftruetionen, die ſenkrecht ein— 
gehauenen Rinnen, zum Auf- und Abfchieben darin laufender Pfor: 
tenflügel, die großen Molos, die gemauertem Wafferrefervoirg, 
alles ift mit der größten geometrifchen Genanigfeit der vollendetiten euro— 
päifchen Banwerfe ausgeführt, wovon die heutigen Araber feinen Begriff 
haben. Der Danaftrom, der fih hindurch im die ungemeffene Ebene 
ergießt, hat diefe überall mit fortgeriffenen Trümmern und Blöcken aller 
Art überftreut. Obwol die heutige Tradition der Araber diefe Ebene 
als eine einft reich bewällerte ausgiebt, fo, fagt Arnaud, fei es doch 
auffallend, daß er dort nicht die geringfte Spur von gezogenen Waf- 
ferrinnen und Ganalifationen wahrgenommen, wie fie doch zur 
Befruchtung mancher andern arabifchen Landfchaften gar nicht felten im | 
Gulturgegenden fich zeigen. Hat der Danaftrom diefe Ebene in man 
hen Windungen zwifchen den Trümmerblöden hin (unter denen, nad) 
Arnand’s Anficht, auch vielleicht Grabdenkmale fein könnten) durchzogen, 
jo befpült er dann erft die Stadtmanern der antilen Saba gegen 


862 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.72. 


N., zieht dann gegen N.O. und O. Die Sage der Nraber von 
Mareb läßt die Ebene von Saba oder Mareb einft 7 Tage: 
reifen gegen S.D. und N. einen Culturgarten fein, wo heutzutage 
fat feine Spur von Vegetation ift (f. ob. ©. 77). Die Stadt Saba, 
die fie auch öfter Mareb (Mariaba) und auch Sanaa nannten, liegt 
eine Stunde fern im N.D. des Dammdurchbruchs in der vollen Ein— 
öde, und ſelbſt die beiden Balafberge find wie alle benachbarten nadt 
und öde, ; 

Sperielleen Nachrichten fehen wir mit der Publication des Grund- 
rifjed entgegen, und mit den Commentaren zur Entzifferung der zahlrei- 
chen himjaritiſchen Inſcriptionen, mit denen die Gefchichte des 
großen Sabäerreiches aus dem Todtenfchlafe zu erweden der Anfang ge- 
macht fein wird. 


Nachtrag. Da uns fo eben der Abdrud der 56 himyariti- 
hen Inſchriften“) in Originalgeichen und die arabifche Trans: 
feriptiom derfelben von Fresnel nebit einigen feiner fragmentarifchen, 
aus Dſchidda und Cairo datirten, Bemerkungen über diefelben zufommen, 
fo fügen wir einige der hierher gehörigen lehrreichen Refultate bei, und 
weifen auf die für die Zufunft von demfelben geiftreichen Gommentator 
verfprochenen vollftändigen Belehrungen für altarabifche Geographie 
vorläufig hin, als eine dereinft gewiß fehr danfenswertGe Bereicherung 
der Wiflenfchaft. . 

Schon beim erften vergleichenden Anblick der Snferiptionen er— 
geben fich einige Iehrreiche Folgerungen, die hier jedoch nur anzudeuten 
find. Die oben, nah Rödiger’s Entzifferung, gegebene vierzeilige 
Snfeription (f. oben &.82— 83), welche Nr. III. Sanaaensis bei 
Fresnel genannt wird, ift von demfelben im Mefentlichen auf gleiche 
Meife überlegt ) worden, aber die Jahreszahl 537 in 573 berichigt. 

Die Identifieirung von Sifn Ghorab mit dem berühmten Kane 
Emporium (j. ob. ©. 315) ift Fres nel bei fortgejegten Studien der 
himjaritifhen Denfmale *°) zur fichern Ueberzeugung geworben; Die 
darauf mit rother Farbe auf den Fels gemalte Inichrift enthält das 
Sahres- Datum 640. Die Einführung des Judaismus in Jemen datirt 
etwa 700 Sahr vor Mohammed (nah Pococke, Spec. hist. Arab. 
p. 60 etc., vergl. ob. ©. 59). Im der Infer, von Sanaa vom 3. 573 
wird die angerufene Gottheit Alihat (Götter) genannt, was nad) 


7) Pieces relatives aux Inscriptions Himyarites decouvertes etc. 
par Arnaud. Suite II. Inscriptions; III. Transcription Arabe; IV. 
Alphabet Himyarite par Fresnel; V. Remarques de Fresnel, im 
Journ. Asiatique, Sept.— Octbr. 1845. p. 169 — 237. 

#3) Ebend. p. 208. *) Ebend. p. 237. 


Arabien; Jemen, Sabas Jnferiptionen, 863 


Fresnel °°) dem Elöhim der Genefis (Pluralis majestatis) entfpricht. 
Sn der Hifn Ghorab Infer. vom 3. 640 wird fein Gott angern- 
fer, da doc) faft in allen andern himjaritifchen Infchriften der Name einer 
heidnifchen Gottheit vorkommt. Die Daten der beiden Inferiptionen zu 
Sanaa und Hifn Ghorab, ſchließt hieraus Fresnel, beziehen fich 
alfo auf eine Aera, deren Ausgangspunft die Einführung des JZudaism 
in Semen fein dürfte, eine Periode von viel fpäterm Datum als die In— 
feriptionen zuMareb, dieentjchieden ſabäiſch find, wie denn diefe 
zu Hiſn Ghorab, gleich der Wellftev’s von Nakab el Hadſchar (f. ob. 
©.331), auch einem etwas verfchiednen jüngern Schriftſyſteme“9) 
angehöre, aus einer Zeit da die Sabäerhiftorie ſchon wieder durch 
Veberfälle von außen vergejjen fein fonnte, indeß die Sabäerhifto- 
rie bis 3000 Sahre zurück von feiner fremden Invaſion vor die: 
fer fpätern Zeit etwas weiß. 

Aber die Lage von Caripeta, bei Plin..VI. 32, bei welcher 
Aelius Gallus Kriegserpedition ihr Ende fand (Plin. VI 32; Item 
Caripeta quo longissime processit), die wir in der Nähe der na- 
mendverwandfen Khorebut im Wadi Doan, nad) einigen Kombinationen, 
vermuthen fonnten (j. ob. ©. 277, 281, 291), jcheint viel wahrfcheinlicher 
ihre wahre Stellung, nad Sresnel, in den von Arnaud entdeckten 
wichtigen Ruinen zu Kharibah zu finden, die vielleicht feit jenes Rö— 
mers Zerſtörung in Trümmern liegen geblieben. Leider hatte Arnaud 
ſie auf dem Hinwege ganz verfehlt und auf dem Rückwege nur flüchtig 
beſehen, die Inferiptionen nur zur Hälfte copiren können. Aber er 
fah in den grandiofen Weberreften immenfe Ummauerungen, viel größer 
ald zu Haram Balfis bei Mareb. Der colofjale Steinblock von 12 
Buß Länge, mit der halbeopirten Infchrift, fagt Fres nel, rivalifive mit 
pharaonifchen Architeeturen, und die Locallegende°?) fage, nur durd) 
Hülfe der Magie oder der Philofophie (wie die Aegypter von den Pyra- 
miden erzählen) feien einft jene Bauten zu Stande gebracht durch Nie- 
fengejchlechter; ein Mädchen folle diefen ganzen Steinblod vom Stein: 
bruc auf dem Kopfe tragend, und dabei noch mit den Händen nad) 
Landesfitte die Spindel drehend, zum Tempelbau gebracht haben. 

Daß Plinius diefe Garipeta unmittelbar nah Mariaba 
(das heutige Mareb) nennt, paßt, da Strabo den römifchen Feldherrn 
bei Mariaba umkehren läßt, in fofern ganz gut, da beide Orte nur eine 
Zagereife von einander entfernt find. Wenn Plinius diefer Mariaba 6000 
Nömer-Schritte giebt, (et supra dietam Mariabam circuitu VI. Mill. 
passuum, Plin. ibid.), fo ift dies allerdings eine in Beziehung auf die 
jegigen antifen Meberrefte bei Mareb ſichtbare Uebertreibung, die fic) 





°°) Fresnel 1. €. p.237. °') F. Fresnel in Lettres inédit. Mser, 
°®) Fresnel I. c. p. 223, 


864 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 72, 


aber aus der Duelle feiner Berichterftatter, der Negociatores (VI. 32), 
leicht erklärt. Mareb, das eine Diertelftunde im Durchmefier hat, 
müßte, da es nad) Arnaud Freisrund ift, etwas über % Stunden im 
wirklichen Umfang Haben. Meint Arnaud unter % Stunde eine 
Lieue (1 Lieue zu 2500 Toifen), fo wäre der Diameter der alten 
Mariaba oder Saba=625 Toifen, der Umfang 1937 Toifen. Die 
VI. Mill. pass. bei PBlinius geben aber das Doppelte, nämlich 4536 
Toif., was eben auf Rechnung feiner Berichterftatter Fommen mag. Die 
in obigem angeführte doppelte Bezeichnung von Hadhramaut in einem 
engern und einem weitern Sinne (f. ob. ©. 612, 619), und die dar- 
aus hervorgehende Unſicherheit der Europäer in der Localiftrung diefer 
Landſchaft, wird durch die Hadhramauter, die fih in den Städten 
Dihidda und Meffa angeftedelt haben, felbit veranlagt, welche die 
„Männer von Doan“ auch mit dem Namen Hadhramis (Hadha— 
remeh) belegen, obgleich im engeren Sinne fte nicht dazu gehören und 
v. Wrede's Erpedition (f. oben ©. 284 — 294) nur in das Land der 
Toani und Minäer eindrang, nicht aber in Chatramotitis °°). 

Unmittelbar im Norden von diefem Kharibah gaben die Bedui— 
nen noch) eine andre Stadt nur eine Tagereife fern an, vollRuinen 
und Snferiptionen, deren Ermittlung wol wünfchenswerth wäre, weil 
die vielen Daten der Alten wol noch manche Aufklärung über jenes weite, 
zu feiner Zeit celaffifche Gebiet hoffen laffen. 

Zur Berichtigung der antifen Gefhichte der Sabäer geben die 
himjaritifhen Inferiptionmen fehon manchen Fingerzeig. Die Na: 
men Malik Himyarim, Malik Saba von Königen des Landes (Me: 
lek ift König, wie in Abimelech u.a.), fo wie Tobba (f. oben ©. 59, 
66 u. a. D.), Iehterer auf den Mauerwänden des Haram Balkis, 
oder Bilfis, wie Fres nel fohreibt, Fommen im den Inſeriptio— 
nen wirklich vor. 

Die Tyrier, urfprünglich vom erythräiichen Meere, vom Küftenlande 
Semens und Peträas Fommend (f. ob. ©. 47, 113, 136), brachten nicht 
nur ihre Sprache und Schrift aus dem öftlihen Arabien nah Phö- 
nieien, fondern auch ihre Götter. Unter den oft fich wiederholenden 
Götternamen bei den Anrufungen auf den Himjaritifhen In: 
feriptionen, wie es fiheint drei weibliche und drei männliche, 
ift einer der vorzüglich Häufig vorfommenden: Athtor (oder Othtor, 
nach der Ausfprache von Mahra), eine Sabäer Gottheit, Die an der 
Spie der Weihungen meift voranftehtz nad hebräifcher und phöni- 
eifcher Transſeription Afchtöreth (Venus Cananaea), die in ber 
Schrift der Araber im Hedjas Zohrah genannt wird, deren Tempel nad) 
Pococke, Spec. hist. Arab. ed. White p.120, zu Sana auf dem Hü— 


»5) Fresnel Il. c, p. 230. 


Arabien; Jemen, Sabas Inferiptionen., 865 


gel Ohomdan (f. ob. ©. 239) ein Heiligthum Aphroditos oder der 
Aphrodite (Venus Asiatica) war, wie Schahrestani an der au- 
geführten Stelle berichtet. Diefe Aftarte der Griechen, bemerft Fres— 
nel °*), jei die Ator, Athor, Athyr, Athyri der Aegypter (Venus 
Urania, Venus Coelestis), nicht blos den Wortformen, fondern auch den 
Thatfahen nad. Als mit dem Untergange der Könige zu Saba 
(f. oben S. 77) die Refivenz und der Thron von Saba nah) Sanaa 
verlegt ward, wird wol auch der Athtor Cultus mit dahin gemwandert 
fein, fo daß, als Othman ibn Affän (vom Khalifen Osman f. ob. 
S. 240, 722 — 23) zur Mohammedaner Zeit diefen Tempelzu Su- 
nad zerftörte, er eben ein Tempel der Sabäer Göttin war, die 
zur Zeit Salomo’s fogar von ihm felbit verehrt ward (1. Buch) der Kö- 
nige 11, 5 und 2.8. 23, 13). Schon daraus ergiebt es fih wel von 
felbft, daß die etwaige Meinung, aus dem Haram Balfis etwa einen 
Tempel einer Göttin Balfis zu machen, und diefe Balkis eben für eine 
vergötterte Aſtarte, oder für eine Venus zu halten, irrig ift. 

Anders ift es mit einem zweiten Gdtternamen, der noch häufl- 
ger als Athtor auf den Inferiptionen von Mareb vorkommt: Al— 
mafah (etwa „Königin des Südens“), welcher durch die bei den 
Hedjad Arabern fo gewöhnliche Transpufition die Form Balfamah er 
halten hat, über welchen weder die Bibel noch die griechifche Mytholo- 
gie den geringiien Aufſchluß giebt °°). Die große Infeription 
Nr. LV. des Haram Balfis (oder Bilfis) enthält an der Mauer- 
wand jenes großen elliptifchen Tempelbaues unter andern auch einen 
Namen, der nad) Hist. imp. vetust. Joctanid. p. 54, dem Vater der 
Bilkis oder doch ihrem Borgänger, der vor ihr auf dem Thron von 
Saba ſaß, angehören foll; die 2te Infer. des Mareb-Dammes hat 
den Namen ihres mütterlihen Oheims aufbewahrt, der nad ihr 
regiert Hat, wie es die Regententafeln der Könige von Saba angeben. 

Dei den arabifchen Autoren wird Bilfis Vater genannt: Hadhad 
ibn Scharähil (nad Mafudi und Ibn Hamdus), Hudh ibn 
Scharähil (nah Ibn Kotaybah), und Dhou⸗ſcharch (oder Aſch— 
rah nad Nuwayri), was, wie man leicht einfieht, diefelben Perſonen 
find. Der Bilfis Vater wird anderwärts auch anders genannt, und foll 
nicht König, fondern Vizier des Königs von Jemen (oder Daman), von 
Scharähi, geweien fein. Jener Vorgänger war alfo nicht ihr Vater, 
und der Name auf der Infeription Nr. LV. bezieht fih daher nur 
auf den König, den Borgänger, der regierte, als Bilfis noch 
ohne Anfehen, nur die Tochter feines Viziers war. 

Der Bater diefes Vorgängers hieß Samahaly- Dharab; 
der erſte Name kommt häufig in den Inferiptionen vor, ift aber 





“) Fresnel 1. c. p. 200, 226. *9) Gbend, p. 202, 234. 
Nitter Erdkunde XI. Jii 


866 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 72. 


fonft unbefannt; der zweite Dharah (Dharih oder Dhourayh), ein 
entfchieden Himjaritifcher Name, ift wol identiſch mit Scharh °°), 
der nach Abulfeda ein Vorfahr der Balfis (oder Bilfis) war. So 
beziehen fich alfo alle diefe Namen auf gleichzeitige Perſönlichkei— 
ten, die zum Gefchlechte der Balfis gehören: denn auch der Name 
des mütterlihen Oheims der Balkis, welcher ihr Nachfolger als Kö- 
nig von Saba war, fommt auf der Infeription Nr. XL. vor, die 
leider unvoflitändig ift. Nach der Legende von Mareb foll der Vater 
der Balfis den Namen Scharähil gehabt haben, was offenbar Scha- 
täzel oder il ift, mit dem Artifel ale Nachfag. Nah Ibn Abd-Rab— 
boh's Genealogien hieß ihr Bruder Dhou-Scharh, und ihr Gefchlecht 
läßt derfelbe Autor abftammen von Sayfi, einem Sohne Sabas, 
Bruder Himjars, und Kahlän, einem zweiten Sohne Sabas (f. ob. 
©. 41), deren Abfümmlinge für die eigentlihen Sabäer °’) gelten, zu 
denen nach dem Kitaäb-el-ikd nit alle Kinder Sabas gezählt 
wurden. 

Sn dieſer Reihe der Genealogien tritt die Balfis oder Bilfis 
zwar bei den Hedſchas Arabern hervorz aber unter den vielen Kö— 
nigsnamen ver hHimjaritifchen Snferiptionen fommt fein einzi— 
ges mal der Name Balkis over Bilfis vor. Sollte dies, bemerkt 
Fresnel, vielleicht auch gar nicht ver wirflihde Name der Sa— 
bäifchen (nit Hedſchaſiſchen) Königin, und nur ein durd) die moder- 
nen Araber verftümmelter fein? 

Der follten die Hedſchas Araber von ihr gar feine Kenntniß gehabt 
haben? Allerdings mußte ihre himjaritiſcher Name in dem Munde 
der Kinder Maads, der Söhne Adnans, nämlich der Koreifchiten 
(ſ. ob. S. 40), große Veränderungen erleiden. So wie fie ihn in der Ver— 
ftümmelung überliefert haben, läßt er fi) nur iventificiren °°) mit je 
ner zweiten Sabäifhen Göttin, die auf fo vielen von Arnaud's 
himjaritifchen Inferiptionen als Almafah angerufen wird. 

Inden Oenealogien des Kitäbselzifd heißt es num. „vonder 
Nachkommenſchaft Sayfiyy, Sohn Sabas, ift Bilkis dieſelbe, 
welche Balkamah, Tochter Al-dhou-Scharchs.“ Und in einem 
andern altarabifshen Werfe, vem Mirantez Zemän, heißt es von dem 
Namen Bilfis, welden die Hedſchas Araber der Königin von Saba 
beigelegt: „Es ift nur ein Beiname, den man ihr gegeben; ihr 
wahrer Name ift Balfamah, Tochter Hadhäd, Sohn Scha— 
rähil.“ — Wenn auch die Benennungen des Vaters verfchieden find, jo 
bieibt doch der Name Scharh, der auch an der Spige der beiden großen 
Snferiptionen des Haram Balfis oder Bilfis fteht, und die Verän— 


"56) Fresnel 1. c. p. 203. 7) Ebend. p. 204. 9) hend. 
p- 235. 


% 


Arabien; Jemen, Sabas Inferiptionen, 867 


derung des m im F, und f in m, eine bei den Arabern fehr häufige Me- 
tathefis, läßt Balfamah und Almafah ) immer als idventifch er 
fcheinen, ein Name der auf der fabäifhrhimjaritifchen Inſcript. 
Mr. V. auch wirklich vorkommt. Hiernach, bemerkt Fresnel, fei es 
nicht unwahrfcheinlih, daß die Königin von Saba von den Sa— 
bäern vergöttert worden fei (mol die fpätere Regentin durch Sanctift- 
eirung zu einer früheren Himmelsfönigin, etwa wie ein Julius Caefar zu 
einem Div. Julus w.a.2), wie die Königin Iſis bei den Negyptern, ja, 
daß fie felbit die Sfis der Araber vorftelle, da an den Eden der 
Marmortafel ihrer Infeription, die Arnaud mittheilt, aud ala 
Ornamente die Mondhörner fich zeigten. Dann wären drei der Göt- 
ternamen (nämlich ein dritter, noch unbefannter Name, Houbas der 
Snfer.) in den Anrufungen der Himjaritifchen Inferiptionen er 
mittelt: 1) Athtor, oder Venus, als Planet, 2) Almafah, die Göttin, 
als Mond, ‚und der dritte, Houbas, würde dann wol die Sonne fein 
(Sol nach einer hebräifchen Etymologie als Siccator erklärt). Ein an- 
drer fabäifcher Göttername der Infeription, Dhät:Hamim, 
bleibt noch völlig unerflärt. Sollte er mit dem Dhou Nouwäs der 
Araber in Beziehung ftehen, den Pococke °°) einft für Dionyfos der 
Alten hielt? Gewiß, fagt Fres nel, hatte diefer Gelehrtefte der Drien- 
taliften feiner Zeit Recht, den Dionyfos in Arabien zu fuchen, ob: 
wol e8 irrig war, ihn mit dem Juden Könige der Himjariten diefes Na: 
mens (f. ob. ©. 24, 64, 67, wo Dhu Nevas) zu identifieiren, der die 
Chriſten von Nedjeran verbrennen ließ, und daher den Schimpfnamen 
Dominus foveae erhalten hatte. 

Dionyfos oder Bachus der Araber (der äthiopifhe) °') 
ift, fagt Sresnel, weit älter als das Chriftenthum. Zwar er 
giebt die Neihe der Himjaritifchen Inferiptionen hierüber noch 
feinen Auffchluß, wol aber eine duch v. Wrede in Hadhramaut nen 
entveefte Negententafel der himjaritiſchen Königslifte, die in 
der bisherigen eine große Lücke ausfüllt und, nach Fresnel's Urtheil, 
ſammt deffen vollftändigem Neifeberichte über Doan (f. ob. ©. 288) für 
Geographie und Hiftorie Epoche machen wird. Dem Neifenden wurde in 
Hadhramaut die Handfchrift der Negententafel für etwa 30 Thlr. 
angeboten, die er aber bei völligem Geldmangel leider nicht zur Dispoft: 
tion hatte. In der Reihe der 15 bis 20 neuen Königsnamen, die zwis 
fchen Himjar und Harit ar Raiſch (Tobba I, Hist. imp. vet. Joc- 
tanid. p. 23 etc.) aufgezählt find, tritt in der Epoche der Patriarchenzeit 
Sofephs, alfo der Anfänge Israels, ein gewiller Name auf, der, nad 
Bresnel’s Etymologie, fo viel als der Gulturmann (l’homme Je la 





59) Ebend. p. 236. 69) Ebend. p. 230. 1, Br, Grenzer, Syms 
bolif und Mythol. 3. Aufl, 1843. Bd. IV, ©. 23 — 25 u. |. w. 


Jii2 


868 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 72. 


civilisation oder sauvagerie) heiße, nämlih Dhon-Noümwaszel: 
Akbar, d. i. „Dhou Noüwas der Alte“ (Avaoos oder Awüe- 
005, alfo der Dionyſos). Diefer wäre dann in der älteften Königs: 
reihe der Himjariten, als ein arabifher Bacchus, der Zeitgenoffe des 
Auszugs der Israeliten aus Aegypten. 

Die Heimath eines Gottes von Nyfa warb von Herodot (II. 49, 
146) nah Phönikien oder Nethiopien verlegt, wo Bacchus unter 
dem Beiftande der Athene von Nymphen erzogen ward. Nyfa, Noühs 
ift Feine Stadt irgend einer Zeit bei den Arabern, wol aber bei ihnen 
der ältefte Sit, von dem alle Tradition uranfänglider Ei- 
vilifation in Arabia felix ausgeht, der „Berg gegen den 
Morgen“ im Weihrauchlande Lous bei Edrifi, Neüs‘?), der an: 
tifen Sprache des heutigen Mahrah; bei welchem das älteite 
Denkmal arabifher Patriarhen und ihrer Weisheit, des nicht 
fowol Kabr Hd, fondern richtiger des Kabr Säleh, das Grabmal (ſ. 
ob. 274— 276) Saleh, des Vaters von Sad. Hier ift das äthiopifche 
Locale, wohin zunächſt die Geburtsftätte des arabifchen Culturmannes 
und feiner Gefährten fallen möchte, des Diou-ons oder Dhou noüs, 
des Dhoul Karnayn, des Mannes mit den zwei Hörnern (der das 
Meer durchbrach, ſ. ob. ©. 665 u. 877), des Lofman (j. ob. ©.76) und 
anderer Berfonificationen, felbit eines Nous (f. ob. S. 76), Enos und 
anderer aus der Urzeit. Der Name Säleh (bei Strabo: Syllaeus u. a., 
f. oben ©. 138) iſt der in Jemen und unter Araberfiimmen zurücges 
bliebene. 


Eine Fortfegung der Entzifferung hHimjaritifher Infhriften, | 
und eine zweite Entderfungsreife nad Mareb, zur vollftändigen 
Auffammlung diefer Foftbarften Monumente des hohen Alterthums, dürf- | 


ten demnach ein für die Gefchichte der Menfchheit höchſt lehrreiches 


Seitenſtück zu den Bemühungen um ägyptiſche und affyrifde | 


Antiquitäten abgeben. 


’°2) Frresnel, l. c. p. 232. 


I 





Arabien; Jemen im engern Sinne. 869 


Siebente8 Kapitel. 
Die Weftfeite der arabifhen Halbinfel. 
$. 73. 
Jemen im engern Sinne. 
Fortfegung. 


Erläuterung 1. 


Das Niederland, Tehama Jemens; die Städte Zebid, Beit 
el Fakih mit den Hafenftädten Ghaleffa, Hodeida; Loheia 
mit Umgebungen und der Infel Kameran; Rüdweg zum Fuß 
der Gebirge. Characteriftif der Natur des Tehama in Je— 
men und feiner Bewohner im Gegenfat des Berglandes 
Jemen, des Dfchebäl.. 


Naht Mochha find Zebid und Beit el Fakih die wich— 
tigften Städte im Niederlande over dem Tehama Jemen; 
von ihnen und ihren Kafenftationen gehen die meiften Erforſchun— 
gen dieſes Küftengebieted aus, jo wie die gebahnteren Land- und 
Bergftraßen, welche auf vem Nordmwege, dem Tarif e8 Sham, 
zum Plateaulande Sunaad, über Hadsjir, Dorän und 
Möfhak hinauffteigen. Zebid ift hier vie ältefte Gapitale und 
war einft der Gentralfiß alles Handels des Tehamas (ſ. ob. ©. 237); 
fo wie aber ihr Hafenort Ghalefafa (das heutige Ghalefka), 
den Ebn Batuta nod) in Blüthe fand (f. ob. ©. 239), verjandete 
und unbrauchbar ward, zog fi) der Handel und Verkehr von da 
nach andern Orten, wie Mochha und Beit el Fakih hin, die ald 
jüngere Handelsſtädte feitvem ungefähr auf ähnliche Art aufblüh— 
ten, bis auch legtere Stadt in neuefter Zeit wieder einen Theil ih— 
red Flors an Hodeida und Loheia, oder an Häs und Abu 
Ariſch Hat abtreten müſſen. 

Niebuhr, ver Beit el Fakih zum Centrum feiner Be— 
obachtungen und Exeurſionen im Tehama Jemens machte, verdans 
fen wir, durch feine Kartenconftruction, die befte Orientirung in 
dieſem Gebiete des Nieverlanpdes und feiner Angrenzungen, wozu 
die andern Beobachter nur ergänzende Beiträge liefern. 


| 


870 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. G. 73. | 


1. Zebid (oder Sebid) am Wadi Zebin. 


Sein Entftehen, feine Glanzperiode, feine Baumerfe find ung 
aus frühern Angaben befannt (f. ob, ©. 236— 239). Nur 5%, 
geogr. Meilen füdlich von Beit el Fakih gelegen, und 45 nörd— 
lich von Häs, ward es wiederholt von Niebuhr beſucht ®). Er 
beſtimmte die Lage der Stadt unter 14° 12 N.Br.; ihre Umgebung 
fand er zum Theil bewäſſert und dann gut angebaut, und in ver 
Nähe viele Dörfer, in deren gaftlichen Hospizen man noch den frü— 
bern Wohlftand diefer Gegend erkannte, jo mie in großen, gut er- 
haltnen Mofcheen, in den funnitifchen Academien und Medreſſen 
die einftige Bedeutung der Stadt, die am größten und frudt- 
barften Wapdi des ganzen Tehamas, am Wadi Zebid (f. 
05. ©. 722), erbaut ift, der jedoch nur zur Nogenzeit den Namen 
eined großen, temporairen Fluſſes (Gießbachs, Seil) verdient, 
wo er dann, dem Nile gleich, feine Umgebungen ungemein befruch- 
tet, aber in der Sommerzeit auch wieder ganz trocken liegt. Ze— 
bid Hatte nur noch aus der Berne ein ſtattliches Anſehn; in der 
Nähe war e8 nur ein Schatten feiner einftigen Größe, deren größ- 
ter Befig, / aller Einkünfte, in den Händen der PBriefter und ih- 
rer Stiftungen lag; /, nur dem Regenten und Y, den Bürgern 
der Stadt zugehörte. Die alten, überall verfallenen Stadtmauern 
zu umgehen, brauchte Niebuhr eine flarfe Stunde, aber faum die 
Hälfte des innern Naumed war noch bebaut; der einft fo fchöne 
Aquäduct von den benachbarten Bergen brachte Fein Waffer mehr 
zur Stadt, und nur einige Gärten umher, die aus wenig tiefen 
Brunnen noch leicht bemäffert werden Eonnten, gaben ihr ein freund 
licheres Anſehn, das auch die ven Wadi begleitende Culturge— 
gend nah Tahäte, bis in die Nähe des Meeres, beibehält. Hier 
in den Gärten Zebids pflüdte Seetzenöth), vom Norden kom— 
mend, und, wie er fi) ausvrükt, nun dem Clima Indiens 
ſchon näher gerüct, die erfte Föftliche Frucht der indifchen 
Mango (j. Erdk. V. ©. 888), vie Amba der Araber, ein Para— 
diesobſt. Durch Scherf Hammüd hatte die Stadt eine neue 
Ummauerung erhalten (1810), aber ver frühere Ruhm ihrer Ge- 
Vehrten des Koran ließ fich nicht fo fchnell wieder herbeizaubern. 

Als Gruttenden®), nach 4 regenlofen, dürren Jahren, von 


62) Niebuhr, Reifeb. I. ©. 326, 353; deſſ. Beſchr. v. Arabien ©. 225, 
69) Seetzen, Mon. Gorrefp. B. 27, ©. 177. °°) Cruttenden, Nar- 
rative p. 270. 


2222222 


Arabien; Tehama, Stadt Zebid, 871 


Mochha aus Zebid Mitte Juli erreichte (1836), waren Die Ufer 
des Wadi Zebiv ftatt des Anbaues meift mit Tamaridfen und 
Mimofen Buſchwerk überwuchert und von zaklreichen Fafanen 
(Guinea fowl) belebt; doch die Umgebung der Stadt noch immer 
beffer eultivirt als die ſüdlichere Landfchaft, die er zuvor durchzo— 
gen. Noch immer bleiben, bemerft Eruttenden, die dortigen Ar— 
chiteeturen beachtenswerth, wie zumal die große Mofchee von ehr— 
würdigem Ausjehn mit einem achtedigen Minareh, deſſen dunfle 
Mauerwände mit hellem fleinernem Netzwerk auf eine ſehr elegante 
Weiſe ornamentirt find. Auch die Bazare für Bleifch, Fiſche, Ge— 
müfe u. f. w. fand er fehr gut eingerichtet, und giebt der Stadt 
roch noch 7000 Einwohner. Den im Juli feit 4 Jahren troden 
liegenden Wadi Zebid fah Cruttenden im September, bei 
feiner Nüdfehr von Sanaa, fo hoch angefchwollen, daß er 
ihn nicht paffiren Eonnte, und was ihm beſonders auffallend mar, 
Doch ſehr fifchreich, wie wenn er einen perennirenden Stroms 
lauf gehabt Hätte. Wenn er einft bis zum Meere ſich münvete, 
fo mag er wol auch zur größern Blüthe von Zebid beigetragen 
haben; J. Bird 66) läßt feine Mündung gegenwärtig nur durd) 
eine Barre verftopft fein. Solche heftige Anfchwellungen jollen bei 
diefem Wadi nicht felten fein, und zu dreien verfchiedenen malen, 
heißt es, fol die Stadt Zebid durch ihn ganz weggeichwenmt 67) 
geweſen, und nur die ältefte Moſchee aus fo frühen Zeiten der legte 
Ueberreft geblieben fein. Der Miffionar 3. Wolff, ver furz nad) 
Gruttenven in Zebid war), hörte, daß die Stadt 37 mal durch 
Feueröbrünfte in Afche gelegt, alfo wol wenig von hohem Alters 
thum in ihr zu fuchen fei. Aber von früherer Gelehrſamkeit 
fand er noch immer einige Spuren vor. Vom türfiichen Gous 
verneur ward er beim Mufti des Ortes, Abo Arrahman, einges 
führt, der einen Schwarm von 60 gelehrten Männern um fidy vers 
fammelt hatte. Da er ven Namen Wolff von feinem Oafte erfundet, 
ließ er von einem feiner Diener 2 Bücher holen, die zum Erſtau— 
nen des Miiflonars defjen Bibel und Neues Teftament waren, 
die er einft einem Mohamedaner in Bagdad gefchenft, ver fle nach 
Sanaa geichieft Hatte; von dort waren fie hierher nah Zebid 
gefandt, um Kenntniß ihres Inhalts zu verbreiten und eine Vor— 
flelung von den Chriften zu geben. Der Mufti beichenfte ſei— 


66) J, Bird, Observat. in Journ. of Lond. Geogr. Soc. IV. p. 201. 
7) Cruttenden, Narrative p. 271. 68%) Wolff, Journal p. 382. 


8372  Weft-Afien. IV. Abtheilung, $. 73. 


nen Gaft mit einem arabifchen Mier., die Hiftorie von Zabiv 
enthaltend, darin der Name „Seesen“ mit eigner Hand gefchrie- 
ben fland. Wolff, in der darauf folgenben religidfen Gonverfation, 
gab zu, daß es viele wejſe Männer in Jemen gebe, worauf ver 
Mufti wohlgefälig zur Antwort gab: Allah fei gelobt, Weis- 
heit war nie fern von Semen, wobei dem Miffionar vie Worte 
Seremiad 49, 7 einfielen: Iſt denn feine Weisheit mehr in The— 
man (in Edom)? 

Paſſama, ver 1842 diefe Stadt befuchte, verführen dap von 
ihren einft berühmten Schulen zur Bildung der Doctoren des Ko— 
ran für Mofcheen und Gerichtshöfe, fo wie von ihren Bibliotheken 
nicht8 mehr erwähnenswert), obwol fie durch ihre centrale Lage 
nicht ohne Bedeutung ſei. Da er ihr 8000 Einwohner und eine 
Garnifon von 2800 Solvaten ®) giebt, von denen 2000 innerhalb 
ver Stadt und Gitadelle, die im Norvoftwinfel verfelben vom Gou— 
verneur Sherif Nadja, einem Verwandten Sheifh Haſſans, bewohnt 
ward, jtanden, 800 in der Umgebung, jo mag fie fich in neuefter 
Zeit wol wieder etwas gehoben haben, wenn bier nicht Uebertrei« 
bung Statt findet. Die große Sauptmofchee, fagt er, ein Quadrate 
bau, habe auf jever Façade 30 Metres Länge und 56 Golonnen. 
Die Stadtmauern find mit vielen Thürmen verfehen und Haben 
nach den Garvinalpuncten vier Thore. 


2. Beit el Fafih, mit feinen Hafenftäpten Ghalefka, 
Hodeida und Umgebungen. 


Beit el Fakih, d.h. Haus der Fafih oder der Gelehr— 
ten, liegt nach Niebuhr 0) unter 14° 31! N.Br. und ift eine mo— 
derne Stadt, die ſich erft, nachdem ver Hafen von Ghalefka 
(Alafaka over Shalefafa, Ditio Alabaeorum, f. oben ©. 190, 
3.2, wo bei ftatt heute zu leſen) verfandet und unbrauchbar ge= 
worden war, feine 100 Jahr vor Niebuhr's Zeit, durch Ueber— 
jtedelung ver vielen und reichen Kaufherren dieſes Küftenortes, 
um dad Grabmal ved Sanctus Achmed ibn Mufa, zur Stadt 
erhob, wo zugleich der Haupt-Kaffeemarkt in gang Jemen fich 
audbildete. Das Grabmal mit der Mofchee des fogenannten gro= 
Ben Sheikh und Fakih, daher der Name des Ortes, liegt heut— 


”6°) Passama, Obseryat. I. c. XIX. p. 167. 9) Niebuhr, Beſchr. 
von Arab. S. 226; deſſ. Reiſebeſchr. J. S. 318. 





Arabien; Tehama, Beit el Fakih. 873 


zutage außerhalb ver Stadt, weil es allmählig doch gerathener 
ſchien, ſtatt dem Schutze dieſes Patrons ſich ganz anzuvertrauen, 
lieber ſein Eigenthum unter den Schutz einer Citadelle zu ſtellen, 
die bald darauf zu Stande kam, um welche nun die große, weit— 
läuftig gewordene Stadt ſich anlagerte. Doch wird das Jahres— 
feſt des Sanctus und Patrons der Stadt, auf dem Sandhügel ſei— 
nes Grabmonumentes vor derſelben, feierlich begangen, wie das des 
Sheikh Schädeli bei Mochha, wo gleiche Mirakel geſchehen ſollen. 
Aus der dritten Pilgerroute, welche v. Hammer nad) dem Dſchi— 
hbannuma mittheilt, erfahren wir zwar, daß dieſe Stadt nur das 
Eleine Haus 1) der Rechtsgelehrten (Beit ol Fakih eſſaghir) 
heißen ſoll, im Gegenſatz eines andern, des Beit ol Fakih el 
Kebir, das große Haus, welches der eigentliche Name des auf 
Niebuhr's Karte im Tehama nordweſtwärts, gegen Loheia hin, 
unter dem Namen Saedie eingetragenen Ortes fein ſoll; näheren 
Aufichlug über die Urfache und Geſchichte diefer Benennung erhals 
ten wir jedoch nicht. 

Bon der Gegend Hat Niebuhr einen Plan, vom Gaftell und 
der Stadt von der Nordweſtſeite her eine Anficht feiner fla— 
hen Umgebung gegeben (Taf. 61 und 62). Sie liegt, nad) ihm, 
4 Tagereifen von Mochha nordwärts, 1% Tagereifen von Ho— 
deida oftwärts, 4'/, von Loheia füdoftwärts, 6 Xagereifen 
von Sanaa gegen S. S. W., und nur eine Heine Tagereiſe oft« 
wärts von ihr erhebt fi) dad anmuthige Kaffeegebirge von 
Hadie, Kudmäa und Hadsjir. Das Gaftell war damals nicht 
bedeutend, die Neflvenz eines Dola; nur wenige Steinhäufer, viele 
noch grasbedeckte Hütten mit runder Bevachung machten die meiften 
Wohnungen aus, weldye unangenehmen, ameifenertigen Infeeten 
(Ard bei Niebuhr) fehr zugängig waren, welche alles durch— 
wühlten. Mitte des vorigen Jahrhunderts war viefed fogenannte 
„Baus der Gelehrten” ver größte Kaffeemarft in Jemen, 
ja auf der ganzen Erde. Die Kaufleute aus Hedſchas, Per: 
fien, Aegypten, Syrien, Gonftantinopel, Habeſch, Tu— 
nid, Bez und Maroffo kamen hierher zum Auffauf ver Kaf— 
feebohnen, auf den Markt von Beit el Fakih, um fie von 
da über die Häfen von Mochha und Hodeida weiter zu vers 
Schicken. GSelbft aus Indien und zuweilen aus Europa trafen 
fi) hier die Aufkäufer diefes damals faft nur noch in Jemen ein- 


9 % v. Hammer, in Wien, Jahr. XCII. ©. 52. 


874 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 73, 


heimifchen Producted. Banianen aus Diu waren damals 120 
bier anfällig, als reiche Kaufleute und Handwerker. Auch die Dorf- 
haften um die Stadt waren dadurch induftriöfer und wohlhaben- 
der geworden. Im El Mahad am gleichnamigen Wadi, ver fein 
Waſſer vom Nema= Berge erhält, waren gute Töpfereien und 
Indigoeultur”). Ghalefka, die vormalige berühmte Hafen- 
ftadt (Ohalefafa oder Alafafa, f.ob. S. 190), nur 54% deutſche 
Meilen in S.W., war zum fchlechten Dorfe herabgefunfen, feitven 
ihr Hafen durd) Korallenbänfe unbrauchbar geworden, und ihr 
Strand nur noch Salzladungen varbot, die hier gegen geringen 
Zol an ven Dola landein verführt werden. Niebuhr, der von 
Beit el Fakih auf dem Wege 73) vahin Fein einziges Dorf, nur zur 
Seite tiefe Brunnengrabungen fand, fagt, daß daſelbſt erft feit we— 
nigen Jahren hohe Hügel von feinem Sande entftanden, und von 
der alten Stadt nichts ald einige Mauern, eine Mofchee und Grab— 
ſteine mit Eufifchen Infchriften ”% übrig geblieben, davon er 
einige Copien mittheilt. Die Uferreife von Ghaleffa nord— 
wärts nah Hodeida (Hodade bei Seegen, Hadida bei 
Bird)”5), nur 5%, deutfche Meilen über nadte Sanpfläche, pflegt 
man, um der Tagedhige zu entgehen, meift nur ded Nachts, wie 
überhaupt hier im heißen Tehama die Wege, zurückzulegen. Diefer 
Hafen für den Kaffeemarft war, zu Niebuhrs Zeiten, etwad 
beffer wie der zu Loheia, welche beide zu gleicher Zeit als vie 
Hafenftädte von Beit el Fatih aufblühten und mit einander 
rivalifirten. Nur die Häufer einiger reichen Kaufleute waren von 
Stein, und das Baftel des Dola, ver hier für den Imam von Je— 
men einen flarfen Zoll von den Kaffeefchiffen einzgog. Don 
Beit el Fakih liegt Hodeida etwas weiter, 7%, deutſche Meilen, 
ala Shaleffa; aber gegen WN.W. Seetzen, durd Sturm ver- 
fchlagen, landete in Hodeida, nur um von da nad Zebid und 
Sanaa zu gehen. Damald war Hodeida noch im Beſitz des 
Imam von Sanaa, obwol die Wahabi und der Scherif von Abu 
Arifh, der vom Imam ald Dola in Xoheia eingelegt, fich aber 
independent gemacht hatte, beide den größten Theil des Tehama 
von Jemen jich unterworfen hatten. Auch Hodeida und Mochha 
Yeifteten noch Wiverftand; aber Hodeida 76) war jchon dem Imam 


72) Niebuhr, Neifebefchr. I. S. 326; deſſ. Befchr. von Arab. ©. 227. 
3) Niebuhr, Reife I. ©. 323. +) Beſchr. von Nrabien, Taf. 7. 
und 8. 60) Niebuhr, Beſchr. S. 228; deſſ. Neife I, S. 324. 

”6) Vic. Valentia, Voy. and Trav. Vol. II. p. 370. 





Arabien; Tehama, Hodeida, 875 


nutzlos geworden, da ein Commandant diefer Stadt, um fi in 
dem Port halten zu können, die Häuſer derjelben nievergebrannt 
hatte, damit die Wahabi, die feine Kanonen hatten, ihn mit ihren 
Ueberfälen aus den Käufern der Stadt nicht etwa überrumpeln 
fönnten. Doch war im Sahre 1806 jchon der Verluſt Hodeidas 
für den Imam von Sanaa vorauszufehen. 

$. Bird, der fpäter den Hafen Hodeida 7), vor 1834, be— 
fuchte, zur Zeit ald der rebelliſche türkiſche Soldat Turdi bil 
Mans vort wider Mehmed Ali auf Eurze Zeit den Meifter fpielte, 
fand, daß diefer Hafen fein Schiff gegen die heftigften Nordſtürme 
durch ein Korallenriff völlig ficherte, an dem fich die Wogen 
vor dem Hafen erft brechen mußten. Die große Stadt, jagt er, 
liege im Nordoft einer fandigen Bay, die an einer Geite 
durch Die gegen R.W. ziehende Sandzunge geſchützt fei, an ver 
andern gegen ©.©.D. ebenfalld durch eine andere vergleichen. Der 
Bau der Käufer fei hier in demſelben Styl wie in Mafalla, das 
er furg zuvor erft verlaffen; Dome und Minarehs feien eine fchöne 
Zugabe, aber die Zahl der befuchenden Schiffe fei hier weit gerin= 
ger als dort in Hadhramaut. Der Bazar dagegen fei in Hodeida 
beffer verfehen mit allen Artikeln des Bedürfniſſes wie des Luxus. 
Seiden- und Baummollenzeuge, Waizen (Barr) und Gerfte 
(Shair) Habe man hier, felbft die indiſchen Getreidearten Jowari 
(Dura der Araber), BajrilDufhan), Bohnen (Korad oder Dujis 
rah hindi, d.i. Phaseolus maxim.) und Erbfen (Ghuna oder Sams 
barah, d. i. Cicer arietinum), fommen aus dem benachbarten Je— 
men hier auf den Murft. In der flachen, fandigen Umgebung fehe 
man nur Dattelpalmen; aus den nur zwei Tagereifen fernen und 
son hier fichtbaren Gebirgen bringe man Trauben, Limonen, 
Kaffee. 

Botta 78) beſuchte Hodeida, Ende Sept. 1837, ald die Ae— 
gyptier im Beſitz der Küſtenſtädte noch. nicht tiefer in das In— 
nere Iemend eingedrungen waren, und nur die Partheiungen ver 
Araber unter fich fürderten, um fie fürs erfte zu ſchwächen und 
dann fich ihrer Bergdiftricte zu bemächtigen. Ibrahim Paſcha 
war damals Commandant in Hodeida. Der Handel, daſelbſt noch 
immer bedeutend, hatte aber Schon fehr verloren durch das Kaffee 
Monopol, dad der Vieekönig von Aegypten an fich riß, indem er 


) J. Bird, Observat. 1, c. Geogr. Journ. IV, p. 201. 
9) Botta, Relation p. 9— 16. 


876 MWeft-Aften. IV. Abtheilung. $. 73. 


jelbft auf die Hälfte des Kaffee-Ertrags Beichlag legte, nur 
die andere Hälfte den Negocianten überließ, und ihnen die Einfuhr 
nah Aegypten verbot, wo er den gejfammten Kaffees Verkauf 
allein für fich behielt. Die Schiffer, die von Dſchidda nach dem 
indifchen Meere heimfehrten, pflegten fich damals noch Hier in Ho— 
deida mit Kaffee, Weihraud, Gummi und den afrifanifchen 
PBroducten Abyffiniens zu verfehen. Auch Perlen, zumal rofen- 
rothe, die zwifchen den Klippen und Infeln vor Hodeida und Lo— 
heia gefifcht werden, famen hier in den Handel. Die Straßen von 
Hodeida fand Botta breiter und reinlicher ald in den agyptifchen 
Städten, die Bazare aber Elein, ſchmutzig, vol Bettler und Kranke, 
mit Gefchwüren und Krebsſchäden behaftet, die an der Küfte Te— 
hamas häufig jein follen, jo daß die Armen oft ohne alle Hülfe 
an den Straßen liegend ftarben. Zu dieſem Trauerbilde fam nod) 
hinzu, daß die Cholera 3 Monate bier gewüthet hatte, wo nicht 
einmal ein Hospital errichtet war, weil der Vicekönig die Kranken 
nicht ernähren wollte bei der großen ITheuerung. Unter den Häu— 
fern der Stadt bemerkte Bottu einige fehöne Gebäude von alt- 
italifehem Anfehn, mit Baluftraden, ſchönen Gitterfenftern, vorireffs 
lihem Holzfchnigwerf u. dgl. Doch das meifte waren Matten= 
und Strohhütten, die er Eſhſhé nennen hörte. Als Fremde 
linge fielen ihm auch bier die Banianen auf, die faft in feiner 
ſüdlichen arabifchen Stadt fehlen, vorzüglich aber die Samaulis, 
die bis hierher, wie in Hadhramaut, ſich immer mehr in beveuten- 
den Golonien ausbreiteien; denn zu Niebuhr's Zeiten wurden fie 
noch) gar nicht erwähnt. Sie treiben hier diefelben Gewerbe wie 
in Mafalla und Aden (f. ob. ©. 692). Ihr ſeltſamer aufge- 
ftugter Haarputz, jo verjchieden von dem der Araber, erinnerte 
Botta nicht mit. Unrecht an manche Malereien und Sculpturen in 
ägyptifchen Gatacomben. 

Der Miffionar I. Wolff 9%), der in demfelben Jahre wie 
Botta, Anfang November, alfo nur weniges jpäter, in Ho— 
deida vom türfifchen General- Gouverneur Ibrahim Paſcha, 
dem Neffen des Vicefönigs, gaftlich aufgenommen wurte, und an 
dejjen Leibarzt, dem Franzoſen Monf, Devaur, einen fehr adı= 
tungswerthen Beamten fand, laßt nur einen Blick in das dortige 
Leben der Menjchen fallen, ohne auf geographifche Beichreibungen 
einzugehen. Den meiften ver europäifchen, dort im Dienfte der Tür— 


””®) J. Wolff, Journal 1. c. p. 372. 





Arabien; Tehama, Hodeida. 877 


ken Angeftellten fpendet er fein Rob; er hörte, die Stadt habe ges 
genwärtig, wo dad Hauptquartier war, an 30,000 Einwoh— 
ner (?). Der Iette Stadtgouverneur, Mohammed Johar, ver 
den Miſſionar bejuchte, war ein Gelehrter in ver arabifchen Litera— 
tur, mit dem auch viele Hadhramauter 80) famen. Diefe nann= 
ten Almaharra (offenbar Mahrah, |. oben ©. 45, 647) das 
Land zwifhen Masfat und Mafalla, wo man eine von der 
arabifchen völlig verſchiedne Sprache rede; die großen Ort- 
ichaften Hadhramauts fein Nahad und Kijere (unbekannt, f. 06. 
&. 617 u. f.), auch fei ein Bulcan dafelbft, genannt Albir Hud 
(Bur oder Barhud, Grab des Hud, ſ. ob. ©. 156, 275, 276, 620, 
681), der Brunnen des Hud genannt, nahe dem Grabe des Pro- 
pheten. Sulfarneyn heiße ihr König mit 2 Hörnern, der einft 
ven Canal von Bab el Manveb eröffnet habe (f. oben ©. 665 big 
666). Die Araber in Hodeida wollten ein Buch „Sira“ be— 
figen, dad von einem zweiten Meſſias und feiner Wiederkehr (f. ob. 
S.154) in voller Slorie jpreche, ven fie mit großen Dingen im 
Sahre 1840 erwarteten; fie meinten, die Beni Arhab (die Re— 
habiten von Aſyr) würden der Erfcheinung noch vorhergehen, 
und dann die Türken in Jemen ausgerottet werden, ihre Heere 
würden dann nach Aegypten fiegreich aufbrechen, wie die Ruſſen 
nad Frankreich Mohammed Johar belehrte den Mijfionar, 
daß man in frühern vormohammedanijchen Zeiten in Arabien ſa— 
maritanifche Idole angebetet habe, wie Lath, Uthal, Habal (ſ. 
ob. ©.35— 38). Ein arabifches Manufeript, die Geſchichte von 
Jemen (j. ob. ©. 872), deſſen Autor Emir Beor Addim Ihm Kha— 
tem Ihn Amran Ibn Hamdan genannt wird, erhielt der Miffionar 
bier von Ibrahim Paſcha zum Gefchenf, ein Beweis, daß auch 
die hiftorifche Literatur Jemens Feinesweged jo armjelig fein mag, 
als fie biöher nur aus Umwiffenheit, erſchien. I. Wolff erklärte, 
in dem damaligen Generalgouverneur der Armee einen der Tiebens- 
würbigften Türken kennen gelernt zu haben, was wol foviel heißen 
ſoll, ald daß er mehr ald andre für fremde Ideen zugänglich war, 
was freilich feine Herrſchaft in Iemen doch keineswegs fefter be= 
gründen fonnte. Aus der mit dem Miſſionar geführten Converſa— 
tion 94) nur Bolgended, was man ſich gewöhnlich in Hodeida nicht 
träumen lafjen würde. Der Paſcha fragte W., was er ald Juden 
miffionar für eine Aufnahme bei Juden in Arabien finde? W. 


»°) Ebend. p. 376. 29) Ebend. p. 373 — 380. 


878 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 73. 


Meift eine gute. B. Warum gehft Du nicht nad Stambul, ven 
Sultan zu befehren, der den Chriſtenthum fo fehr geneigt ift? 
trägt er nicht ſchon die europäiſche Kleidung? MW. Das Chriften- 
thum hat nicht8 mit den Kleivern zu thun, es befteht in der Nich- 
tung, aus der Finſterniß zum Licht, und aus der Gewalt des Sa— 
tand in Gottes Neich zu kommen durch ven Glauben an Jeſum 
Chrift und durch bie ran in feinem Namen. SB. Glaubft Du 
denn an die Bibel? W. Ja, ich bin bereit, für fie zu fterben. ©. 
Ayayeb! (Wundervoll!) Monf. Chedufeau, der franzöfiiche Bi den 
ich hatte, fagte mir, einen Gott gebe es nicht. 

Zur Unterhaltung hatte der Mifftonar dem Paſcha ven Ro— 
binſon Cruſoe zu leſen gegeben, und dieſer ſprach ſeine Verwunde— 
rung darüber aus, darin ſo oft den Ramen Gottes zu finden, den 
er von den vielen Europäern in ſeinen Dienſten niemals gehört 
habe. — Er that noch die Frage an Wolff, warum er nicht dar— 
auf ausgehe, Rothſchild's zu bekehren? Die Ueberſetzungen von 
Schiller's „Gang zum Eiſenhammer“ und ven „Kranichen des 
Ibicus,“ welche der Miſſionar mit ihm las, machten ihm Vergnü— 
gen. Er verſprach ihm, wenn er mit ſeiner Armee und mit Got— 
tes Willen bis Sanaa kommen würde, ihm allen Beiſtand zur 
Judenbekehrung zu leiſten, was freilich nicht in Erfüllung ging. 

Der Weg von Hodeida nach Beit el Fakih geht nur, wie 
jener von Shaleffa, durch das fandige, flache, einfürmige Teha= 
ma, dad bier anfangs durch fterile Sanddünen führt, nur von 
Salzpflanzen in ungeheurer Menge überwuchert, die zur So— 
dabercitung dienen; dann aber folgt doch aud) hier und da gu— 
te8 Eulturland, mit Korn, Durra, Zuderrohr, Indigo 
bebaut, der auch wild in großer Menge wacht, aber nur eine 
ſchlechte Farbe giebt, weil man diefe nicht zuzubereiten verfteht. 
Der Weg, den Botta hier zwifchen einzelnen Säufern in Mi- 
mofenwäldchen zurüclegte, erinnerte ihn an das Innere von 
Sennaar, am obern Nilthale. Die Hütten waren nur vieredig, 
nicht rund wie die Negerhütten, fonft aber eben fo aus Zweigen 
aufgerichtet, und die Vegetation) glich der in Sennaar, 
viele der Hiefigen Pflanzenformen ſchienen viefelben afri- 
fanifchen wie vort zu fein. 

Der Weg von Mochha nah Beit el TFafıh geht direct 
nordwärtd in 4 Tagemärfchen über Die Stationen Mauſchid, 








”82) Botta, Reélat. p. 17; derſ. in Archives I. c. II. p. 83. 


Arabien; Tehama, Küftenweg. 879 


Scherdsje, wobei Häs recht3 zur Seite liegen bleibt, nad) Ze— 
bid und Beit el Fakih. Niebuhr, ver ihn in entgegengefeßter 
Richtung gegen Mochha Hin zurüdlegte, beftimmte die Lage des 
Dorf8 Scher dsje, das er für ven Hafen Schargiah bei Abul— 
feda 8) ‚hielt, unter 13° 59 N.BDr., 3% Meilen von Zebid, in 
einer Berne von menigftend 2 Meilen oftwärts der Küfte, von mo 
alſo das Meer jeit jener Zeit ſich auf eine große Strecke gegen W. 
hätte zurüdziehen müffen. Der ganze Weg von da bis Mochha war 
fanvig, dürre, Doch ziemlich mit Strauchwerf und Binien, vie fich 
zum Dachveden eignen, bewachien und ungemein heiß. Auch die 
Lage von Maufchid ward genauer beftimmt, morüber fchon oben 
Niebuhr's Anficht mitgetheilt it (1. 06. ©. 769). Von Mauſchid 
ſüdwärts bemerfte er um Mamlah verjchievene Gruben, in die 
man Geemwaffer leitet, deſſen Berdunftung reichliche Salzmaffen 
zurüdläßt, davon viele Kameelladungen von hier in das Gebirgsland 
gehen. I 

Gruttenden, der im Jahre 1836 bei furchtbarer Hibe und 
Dürre denfelben Weg nad) Zebid zurücklegte, verließ mit Sonnen 
untergang fein Quartier in Mochha *) am 13. Juli, um die 
Kühle ver Nacht zu benugen, und machte erft um 3 Uhr am näch— 
ften Mittag zu Ruäs (auf Niebuhr's Karte, Ruweis b. Crut— 
tenden) Salt. Damals traf er, gegen frühere Zeit, einen Fort— 
Schritt für die Bequemlichkeit der Neifenden; in ven Mahya oder 
Stationen, gut mit Bertftellen und Stühlen verfehene Zimmer, 
und für die Beköftigung feftgeitellte Preife; ein Fortfchritt, theuer 
erfauft, weil man ihn der damaligen Türfenunterjochung verdanfte, 
deren ägyptiſche Truppen das Land mit hartem Drucke belafteten, 
und bei der fchon 4 Jahre dauernden Dürre durd) ihre Gonfumtion 
die Theurung und Hungersnoth fo fehr fteigerten, daß es durch das 
ganze Tehama an Jammerſeenen nicht fehlte, und man oft an den 
Keichen der Verhungerten am Wege vorüberziehen mußte. Der 
zweite Tag erft führte an dem großen Dorfe Mauſchid (Maushij 
bei Gruttenden) vorüber, dem er 800 Bewohner giebt, und bes 
merft, daß es durch feine reichblühenden Jasminpflanzungen 
in Semen berühmt fei, wie durch die Fchönduftende Kadia der 
Araber (Kajoura der Indier, Pandamus odoratiss.), die ein 
ſchönes Del giebt, was ſehr gefucht iſt. 


#2) Rommel, Abulfed. Arab, Deser, p. 51; Niebuhr, Reiſebeſchr. I. 
S. 355 — 357. **) Cruttenden, Narrat, p. 269. 


880 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 73. 


Die JSadminblüthen abgeftreift, auf Schnüren gereiht, wer- 
den von da täglich auf den Bazar nah Mochha gebracht zum 
Meiberpug für den Haarſchmuck. In jedem dortigen Jasmin— 
Dickicht, in denen man felbft während der Tageshige die herr- 
lichſten Schattenlauben beſucht, find kühlende füße Waſſerbrunnen. 
Die dortige Haupt-Moſchee iſt durch ein Mirakel berühmt, als der 
Lieblingsaufenthalt des fabelhaften Imam Ali, Mohammed's 
Schwiegerſohn, der unſichtbar hier jede Nacht ſeine Andacht halten 
ſoll. Bon da wurde unter gleichen landſchaftlichen Umſtänden die 
Route von Scherdsje bis Zebid und Beit el Fakih verfolgt. 
Paſſama, der 1842 denſelben Weg zurücklegte 35), aber den Sta— 
tionen fehr verdrehte Namen beilegt, wie Dafhthoul für Jach— 
tillo, Rues jlatt Ruäs, Mouchich ftatt Maufchid u. f. w., 
macht die interefjante Bemerkung, daß dieſer letztere Ort doch wol 
etwa 10 Minuten vom Meere entfernt liege, daß aber die alte 
Mündung eined Gießbaches (Wadi) nahe am Meere ein ſchönes 
Baffin bilde, in welches noch heute die Flut eindringe, ein Aſyl 
für einige 30 Fifcherboote und 300 Eleine Gefäße ( Catimarons ); 
dad Waffer der Stadt ſei fchlecht; aber der Ort fer durch die Paſ— 
fage vieler Karawanen fehr belebt, treibe viel Kandel mit Fifchen 
und Gemüfe nad) Zebid, und gewinne in feinen Gärten viele Ret— 
tige, Zwiebeln, Hirfe, Baummolle (Vacona?) und habe viele Dum— 
palmen (? |. oben ©. 301). Er giebt dem Orte nur 250 Stroh— 
hütten, rühmt aber zwei weiße Mofcheen, auf einer Anhöhe erbaut, 
mit 2 Domen, deren Alter man auf 800 Jahr angebe(?). Botta, 
der im folgenden Jahre 1843, durch Mauſchid 80) fam, nennt e8 
nur ein elendes Dorf, wo Feine Safenfpur mehr vorhanden fei, aber 
die Sand» und Salz. Ebenen am Meere hin (Khabt der 
Araber genannt) vol furchtbarer Monotonie und fiebererzeus 
gend. In der Nähe diefrd Ortes fah er viele Sandhügel mit ſol— 
chen Pflanzen der Mieeresfüfte bedeckt, die im Orient jehr oft die 
age antiker Conftructionen bezeichnen follen, von denen je— 
doch hier Feine zu Tage ausgehenden fichtbar waren. Nordwärts 
Maufchid, ver Mündung des Wadi Suradsje, der von ber 
Stadt Häs zum Meere zieht, benachbart, verliert fich deſſen Waſ— 
jer im Sande; aber näher dem Meere zu, bei einer Dattelpflanzung 
EI Ghandja 8), vie auf feiner Karte fteht, tritt er wieder here 


”»>) Passama, Observat. 1. c. XIX. p. 163. °»*) Botta, Relation 
p- 133. *) Ebend. p. 128. | 





Arabien; Tehama, Beit el Fakih. 881 


vor, und erreicht Hier im Sande bei 1 bis 2 Fuß Tiefe Doch noch 
wirflih das Meeresufer, wenigftend unterirdifch, denn 
dafelbft findet fich ſtets ſüßes Waſſer vorräthig. Hier, in EI 
Ghandja, befaß Ezze, ein Freund Botta’d, eine Dattelpflan= 
zung und Garten, auf weldye verfelbe, mie viele Gartenliebha= 
ber unter den Arabern, große Eorgfalt verwendet hatte, zumal 
um feltne Gewächſe zu ziehen und die Samen der Gebirgspflanzen 
Jemens hier anzufiedeln. Auch fand hier Botta den einzigen 
Kofosbaum, den er in Jemen gefehen. Inden hiefigen Palm— 
hütten Iud Ezze feine Freunde aus Häs zum ländlichen Aufents . 
halte ein, den Dattelertrag zu verfchmaufen, den er niemald 
verkaufte. Er pries fich glücklich, einen Europäer als Gaft in die— 
fem fchönen ländlichen Aufenthalte zu beherbergen. Aber die Freude 
bei Botta, der aus der fühlen Gebirgsluft Fam, dauerte nicht 
lange, Bieberanfälle, die im Tehama nur zu gewöhnlich und ge= 
fährlich find, vertrieben ihn bald. Er ging nah Mochha. Uber 
Paffama feste dagegen feinen Weg von Mauſhid über Häs nad) 
Beit el Fakih fort. 

Diefe Stadt muß nach Eruttenden’3 Bericht, der fie zur 
Zeit ver Türkenherrſchaft, in Mehmed Ali's Gewalt, be= 
fuchte 88), deſſen Commando eben bis hierher, als Grenzſtadt 
gegen Sanaa (1836), vorgevrungen war, in ziemliche Aufnahme 
gefommen fein. Er giebt Beit el Fakih 8000 Einwohner; fie. 
war ohne Ummaurung, hatte aber in der Mitte der Stadt eine 
Gitadelle Hiſn Othman, und ftarke Fefte mit einer Garnifon 
von 500 Mann, in welcher ein Bimbaſchi commandirte, ver jehr 
höflich gegen die Engländer war, aber, weil er fürchtete, fie möch— 
ten mit dem Iman einen Bundeötractat zur Vertreibung der Tür— 
fen aus Jemen fchließen wollen, ihnen mit allen Ueberredungs— 
fünften die fchredlichften Gefahren auf dem Wege nah Sanaa 
fchilverte, wo doc) die größte Sicherheit Herrichte. Die Steinhäufer 
der Stadt waren aus Badftein mit Erde aufgeführt, mit Dächern 
von Palmzweigen. Gruttenden nennt fie die heißefte Stadt im 
Tehama, die er betreten; das Thermometer im Schatten ſtand 
um 1 Uhr auf 31° 11° Neaum. (102° Farh.), und in der Sonne 
auf 48° 44° Neaum. (141° Barh.). Da der Boden zwifchen ihr 
und dem Meere höher liegt ald vie Einſenkung der Ebene, auf 
welcher die Stadt fteht, jo können die Seewinde hierher Feine 


»#) Cruttenden, Narrative p. 272. 
Ritter Erdkunde XI. Kkk 


* 


882 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 73. 


Abkühlung bringen; der Strichwind von Hodeida verftärkt feine 
Hitze noch durch die Sanddünen, die er bis Beit el Fakih beitrei- 
chen muß; daher die Luftſtille vafelbft noch erträglicher ift. Auch 
NiebuhrW) ſprach ſchon von der übermäßigen Kite in Beit el 
Fakih und dem fchlechten Waſſer vafelbft, wodurch böfe Fieber 
erzeugt werben, die auch feinen Neijegefährten, den Orientaliften v. 
Haven, dort auf das Kranfenbett niederwarfen, von dem er nicht 
wieder aufitand, indem er bald darauf in Mochha ftarb. 

Nod war damals Beit el Fakih das große Kaffee-Em— 
porium für das Bergland Jemens, wohin die Eultivatoren ihre 
Kaffeebohnen Lieber als nach Sanaa einführten. Hierher und nach 
Zebid brachte man dagegen die Stüdgüter aus Indien zur Zah— 
lung, vorzüglich blaue und weiße Zeuge, engliiche Shawls, Spece— 
reien von Sava, Zudfer von Mauritius, wofür man Wadıs, 
Weihrauch und Kaffee oder Geld zahlen Tief. Banianen 
waren die größten Kaufleute am Orte und ſehr zahlreich; das tür— 
fische Gouvernement legte ihnen fehr ſchwere Taren auf; einer ver | 
Großhändler Elagte dem Engländer mit Thränen im Auge, daß ih— 
nen ihr Profit Hier meit mehr gejchmälert ſei ald unter englifcher 
Herrfchaft in Indien. Alle Kaffeefarawanen, die von Sanaa 
hindurch nach Hodeida zogen, hatten jehr ftarfen Zol zu geben, 
und eben deshalb fpeculirten die Kaufleute in Sanaa darauf, ihre 
Handelsroute nach Aden abzulenken, jedoch zu einer Zeit, da ihnen 
der Tractat zwiſchen dem britiich = oftindifchen Gouvernement in 
Bombai und dem Sultan von Aden über Befetung dieſes Hafens 
noch nicht befannt fein Fonnte, und Die direften Wege dahin auch 
noch fehr unficher waren. 


on 


3. Loheia die Hafenftadt und ihre Umgebung, mit der 
großen Küfteninfel Kamerän. 


Loheia, die nördlichſte Safenftadt, im Tehama des 
eigentlihen Jemen gelegen, unter 15° 4! N. Br., hatte zu Nie= 
buhr's Zeit) noch einen vom Imam zu Sanaa eingejeßten Gou= 
verneur oder Dola, ver die däniſchen Neifenden (1763) mit un- 
gemeiner Artigkeit und Gaftlichfeit empfing, von wo an nun eine 
Sicherheit der Landreifen im eigentlichen Jemen begann 


39), Miebuhr, Neifebefchr. I. ©. 353. ») Ebend. ©. 295 — 311; 
deffen Beſchr. von Arab, ©. 229, 


\ 


Pr er 
5 % 
* 








Arabien; Tehama, Loheia. 883 


und Niebuhr höchlichſt überrafchte, weil diefe im größten Contraft 
- fand mit den Gefahren innerhalb ver Küftengebiete ver vielen klei— 
nen independenten Gebirgsfürſten des nördlich anftoßenden 
Gebirgslandes zmifchen Jemen und Hedſchas. Die Küfte um 
Loheia fand Niebuhr fo dürr und unfruchtbar, wie überall im 
Tehama. Die Stadt liegt auf der Spige einer gegen ©. vorfprin= 
genden Sandzunge, die aber zuweilen auch zu einer Infel wird, 
weil der fandige Hald der Erdzunge im Norden der Stadt fo nie- 
drig liegt, daß bei anbaltendem Südwinde die höher aufge- 
ftauete Seefluth (Die gemöhnlichehäluth beträgt nur 4 Fuß) denfel- 
ben überfchwemmt, was jedoch meift nur einmal etwa im Jahre 
zu geichehen pflegt. Der Hafen ijt nur fchlecht, felbft die Eleinern 
Schiffe müffen weit vor der Stadt vor Anker gehen; bei der nie= 
drigften Ebbe Fünnen kleine beladene Boote nicht einmal zur Stadt 
fommen. In der Nähe iſt ein niederer Berg, Kofcha, aus dem 
Steinfalz gebrochen wird; das Waffer ift fchlecht und fehr theuer, 
denn ed muß aus 2 bi 5 Stunden Ferne, wenn ed nur trinkbar 
fein foll, in Steinfrügen auf Kameelrücken herbeigefchafft werden; 
Bewäſſerungen und Gartenbau fehlen ganz. Dennoch entjtand hier, 
wie zu Hodeida, Ohaleffa, Mochha u. a., erft in fpätern Zeiten, 
wahricheinlich erft feitvem das Bedürfniß der Kaffeeerportation aus 
dem Binnenlande dazu nöthigte, eine Safenftadt, deren Entftehen 
die Gingebornen zu Niebuhrs Zeit nicht über 300 Jahr hin— 
aufrüdten. Auch bier fol die Einfiedlerhütte eines mohammes 
danifchen Heiligen, des Schech Sülei, wie des Schech Schä— 
deli in Mochha, der Kern geweſen ſein, um den ſich nach und nach 
die Verehrer ſammelten und die Stadt anbauten. Ueber ſeinem 
Grabe ward eine Kubbe, d. i. ein Gebethaus, errichtet und die 
Nähe deſſelben Lebenden und Todten für fergensreich gehalten. Der 
ein paar Stunden nördlicher gelegene Hafen Maräben (Siehe 
Niebuhr's Karte) verfandete, wo der Gouvernementöfig früher war, 
der nun aus dem mehr und mehr fchwindenvden in den füplicher 
gelegenen und aufblühenden Hafenort verlegt ward, wodurch dieſer 
zur bedeutendern Stabt ſich erheben mußte. Hierzu, kam noch das 
eigenthümliche Verhältniß der ſunnitiſchen Heiligen Tehamas über— 
haupt im Beziehung auf Städteentſtehung durch ihre Nach— 
kommenſchaft und den durchgehenden Reſpekt der Araber für die 
Abſtammung. Wie Mohammed's Nachkommen bekanntlich als 
geborne Sherifs (auch Emir, Sejid und Mola's), oder Fürſten 
im Großen, durch die ganze mohammedaniſche Welt Muzieagung 
Kkk2 


884 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 73. 


fanden, fo erbt die Würde des Heiligen, der jchon dadurch als 
ein Scheifh titulirt wird, ebenfalld auf alle feine Nachkommen 
fort, denen der gemeine Araber ſtets eine größere, angeborne 
Frömmigfeit, Gottesfurdht und Liebe zur Tugend, ala fich jelbit 
zufchreibt, und fie deshalb insgefammt mit Ehrfurcht ald geborne 
Geiftliche betrachtet. Daher rühmen fie fich auch ver Heiligkeit 
ihrer Abftammung, und es ift ihr Stolz und ihr Vortheil zus 
gleich, als folche Heilige in den Augen des Volks zu gelten. Mit 
ver Vermehrung ihrer Gejchlechter nimmt aud die Macht ihres 
Einfluffes zu,” wie denn auf foldem Wahne oder Grunde jelbit die 
fortdauernde Macht der an fich fo ohmmächtigen Imams (ein geift- 
liher Titel) von Jemen feit Jahrhunderten beruht, wie die 
der Smams von Oman u.».a. Gin Sohn des Schech Sälei, 
der zu Moͤr, oſtwärts von Loheia, begraben liegt, und ein andrer zu 
Bahäs, im Norden Loheias an der Küfte, find eben jo die Pa— 
trone diefer Ortfchaften geworden, wie es Schech Sälei bis heute 
in Zoheia geblieben ift. 

Loheia hatte zu Niebuhrs Zeit Feine Stadtmauern %), 
war aber doch auch nicht ganz offen, denn nach der Landfeite, in 
einer Entfernung von 120 Doppeljchritten von einander, hatte man 
ein Dugend Thürme, altveutichen Warten gleich, erbaut, mit hohen 
Thüreingängen vermittelft angelegter Leitern, einige mit Kanonen 
bepflanzt, alle mit Wachpoften befegt, durch die man ſich wor Ueber— 
rumpelungen der Friegerifchen Nachbarn zu jchügen hoffte. Daß 
fie dazu nicht hinreichten, hatten kurz vorher ſogar die Gebirgs— 
araber der Haſchid und Bekil bewieſen, welche dieſer Verthei— 
digungslinie ungeachtet bis in die Stadt eindrangen und ſie nie— 
derbrannten. Da dies öfter zu geſchehen pflegte, ſo ſind die Be— 
wohner der Stadt ſchon darauf gerüſtet, mit ihrer beſten Habe auf 
das benachbarte Inſelchen Urmuk, Humreek der Moresby Karte, 
zu flüchten, oder wol auch auf die noch größere, aber auch gegen 
Süden vorliegende Inſel Kamerän, ſeit der Stationirung der 
Türkenflotte bei der erſten Eroberung Jemens (1516, ſ. ob. ©. 732) 
durch ihren guten Hafen bekannt. 

Nur wenige der damaligen Häuſer Loheias waren aus Stein 
und Kalf, ven man aus den Korallenflippen und Mujcheln brannte, 
erbaut. Die meiften waren jene durch das ganze Tehama vorberr= 
chenden einfachen Zweighütten mit Strohmattenvorhängen flatt ber 


4) ſ. Plan und Anfiht von Loheia, bei Niebuhr, Tafel 60 und 61. 





Arabien; Tehama, Loheia. 885 


Thüren, und mit geringen Geräthichaften, wie fie Niebuhr auf 
Tafel 1. feiner Befchreibung ‚von Arabien hat abbilden Taffen. 
Einige 40 Banianen, meift arme Handwerfer und Bediente ih— 
rer Glaubensgenoſſen, und Araber waren die hiefigen Einwohner, 
deren Saupterwerb der Kaffechandel war. Aus dem benach- 
barten Gebirgslande wurden die Kaffeebohnen hierher gebracht, in 
einem Magazine aufbewahrt, von ihren Sülfen befreit und dann 
verkauft. Sie follten hier nicht von derfelben Güte fein, wie vie 
welche man nach Beit el Fakih brachte, und von da über 
Mochha und Hodeida verichiffte, da fie aber auch etwas wohl— 
feiler waren und der Transport bis Dſchidda kürzer und meniger 
Eoftbar, jo waren doh aus Dſchidda und Aegypten ftetö viele 
Kommiffionäre Hier mit Auffauf für ihre Gefchäftsleute und 
Freunde befchäftigt, und viele Kahirier kommen jährlich —*— 
zum Einkauf hierher auf den Markt. 

Der Frieden unter der milden Herrſchaft des Imam von —— 
naa ſcheint in Loheia zuerſt durch die Ueberfälle der Wahabi 
geſtört worden zu ſein, ſeit deren Eindringen von dieſer Seite 
in Jemen das vielfache Zerfallen der Glieder der bis dahin 
noch ziemlich zuſammenhaltenden Jemenprovinzen begann. 

Der Scherif von Abu Ariſh war noch zu Anfang des 
gegenwärtigen Jahrhunderts von dem Imam von Sanaa zum 
Dola oder Statthalter von Loheia inſtallirt worden 2), wo er 
bald Gelegenheit fand, fih unabhängig von feinem Oberherrn zu 
machen. Seinem Beifpiele folgten andre Sheikhs im Gebirgslande, 
die, in einer Urt Beudalverhältnig zum Imam ftehend, mol aner= 
kannten, daß ihm Grund und Boden gehöre, dem fie aber felten 
einmal eine Abgabe zahlten. Sie fagten ihm nun auch den Ge— 
horfam auf, und der Jmam war zu fchwach, fie zu zwingen. Als 
nun die Fluth der Wahabi herein brach, beflegten dieſe den She— 
rif von Abu Ariſh, plünderten fein Sand und fchieften ihn fort mit 
der Weifung, fich für feine Berlufte beim Imam von Jemen, feinem 
Oberherrn, zu entjchädigen. Der Sherif ward Wahabt, erfannte 
deren Chef Saoud ald feinen Gebieter an, und entriß nun dem 
Imam fein ganzes Tehama von Loheia bis Bab el Man— 
deb, wo nur noch Mochha in deffen Befig blieb; aber auch Beit 
el Fakih und einen großen Theil des Kaffeegebietes riß er (vor 
1806) an fich, bis ihm der Sheifh von Häs trogend entgegentrat 


) Vic, Valentia, Voy. and Tray, Tom II. p. 369. 


886 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung, $. 73, 


(i. 06. ©. 756). Unter der Obergewalt der Wahabi fuchten dieſe 
Groberer Lohe ia zum Haupthafen ihrer Ausfuhr zu machen, 
und fingen Unterhandlungen mit der britifch = oftindifchen Com— 
pagnie an, fie einladend, in Loheia eine englifhe Sactorei®) 
zu begründen, wie die, welche fie in Mochha zu jener Zeit be- 
faßen. Seetzen 9%) wurde 1810 zwar durch einen Sturm nad) 
Loheia verfchlagen, er eilte aber, ohne Bemerkungen darüber mit- 
zutheilen, weiter nad) Hodeide und zum — im Innern 
Jemens vor. 

Den erſten lehrreichen Blick auf PORN und feine Umgebung 
gewinnen wir feitvem erft wieder im Jahr 1825, durch Ehren— 
berg’s und Hemprich's Landung an dieſer Küfte, deren Tagebuch 
zwar bisher nicht veröffentlicht ward, deſſen Mittheilung im Ori— 
ginalbrouillon wir aber zur Benugung für die Erdkunde der 
wohlwollenden Güte unſers berühmten Gollegen und Freundes ver- 
danfen (f. ob. ©. 192, unten Note 485) 9). 

Unruhen bewegten damals, im März 1825, die Stadt, obwol 
fie wieder einen Dola hatte, der aber in Streit mit einem perfi= 
jchen Schiffscaptain lag, welcher mit einem einzigen Schiffe den 
Hafen von Loheia fperrte und blodirte, um ihn zur Zahlung 
einer Gelvfchuld zu zwingen. Der Dola lag auch in Streit mit 
feinen eigenen Söldnern, denen er die Löhnung feit 18 Monaten 
fhuldig war, die gegenwärtig, wenn auch nicht den Sold, doch den 
Unterhalt forderten. Die große Berwirrung im Lande war jo meit 
gekommen, daß die Araber fogar fehnlichft die ihnen fonft fo ver« 
haßten Türken herbei wünfchten. Auch im Innern des Landes 
waren politifche Parteien; doch verficherten ver Dola und Jahja 
Ben Semin, an welche die Neifenden Empfehlungsbriefe von 
Oſchidda mitbrachten, daß ſie als Fremde im Lande ſicher bis Mor 
(Moͤor auf Niebuhr's Karte) und bis Wadi Surdud zum Ge— 
birgsrande reifen könnten, was ſie winfchten, um die einftigen na= 
turhiftorifchen Beobachtungen Forskal's auf diefer Seitentonr zu 
eontrolliren. Die Höflichkeit ded Empfangs war bei ven hiefigen 
Beamten, wie fchon zu Niebuhr's Zeit, einheimifch geblieben. 

Die eigentliche, damald von Mauern umfchloffene Stadt Lo— 
heia war von ihren Einwohnern verlaffen, vie fich außerhalb der— 


93) Vic. Valentia 1. c. If, p. 385. +) Segen, Mon. Correſp. 
3.27, ©. 176. °»°) Ehrenberg, Journal der arabifchen Reife, 
im Mier. 


Arabien; Tehama, Loheia. 887 


felben dicht anı Meere angebaut hatten. Ihre leichten Zweig- und 
Matten- Hütten, mie fie ſchon Niebuhr fchilverte, fand man fehr 
regelmäßig, gut, fajt niedlich eingerichtet und weniger al3 gewöhn- 
lich durch Ungeziefer verunreinigt, Das Harem blieb unfichtbar, 
der Hausrath im Empfangzimmer beftand in einer Zahl mit Rohr 
überflochtener Bettgeftelle, mit Teppichen oder Matten belegt, auf 
welche fich die Befucher niederließen. Es gab fogar Tifche, edfige, 
höherer und niederer Art, auf welche die Gefchirre beim Kaffeetrine 
fen gejegt wurden, was mit Umftänden ganz andrer Art, wie in Sy— 
rien und Aegypten, begleitet war. Unter den Bettftellen fanden die 
Sandalen für das Haus; fchon von Jambo an ſüdwaärts fehlief Nie- 
mand im Tehama mehr auf dem Erdboden, weil man die Infecten» 
plage zu fehr fürchtet, von der auch ſchon Niebuhr in Beit el 
Fakih ſprach (|. oben ©. 873). Bier ift es die Kameelmilbe 
(Gerad-Kireh), ein Tängliches ſchwarzes Infect (eine Art 
Acarus?), ein Kamus (? Bag-keltan) u. a.; au ver Guinea— 
wurm oder Nervenwurm (Vena medinensis) ift hier gefürchtet, 
doch meist nur bei Negern. Niebuhr traf ihn auch auf dem Hoch— 
lande Jemens 86). 

Der Wunſch einer Excurſion landein nach Mor und Wadi 
Surdüd wurde nur zum Theil erfüllt: denn nur Dr. Hemprich 
fonnte mit einigen feiner Gefährten daran Theil nehmen, Eh— 
renberg aber nicht; auch wurde das Ziel nicht ganz erreicht, denn 
die Unruhen, die indeß in Loheia ausbrachen, nöthigten zur Rück— 
fehr, und die Soldknechte des Gebirgshäuptlings Ibrahim Kul- 
fut, der zu Saedie (?) im Dofhan refidirte, überfielen das Dorf 
Bagile, unfern Mechtara, dahin Hemprich gehen wollte, und ers 
ichlugen dafelbft 10 Männer und 4 Weiber. Die Erceurfion 
dauerte daher faun 8 Tage; doch ergaben fich folgende Data. 

Erfter Tagemarjch (28. März). Borsfal hatte die Ent» 
fernung von Koheia nad Dior (Möor bei Niebuhr) nur auf 2 
Stunden angegeben, vedhalb wurden 3 Kameole, über die man nur 
disponiren fonnte, für die Kränflichen beftimmt; Dr. Hemprich 
und die Gefunden gingen zu Buß, wurden aber, da die Entfernung 
8 Stunden Wegd betrug, ungemein ermüdet. Der Weg ging am 
Steinfalzberge Kofha, Jibbel Kusha, der Moresby— 
fchen Aufnahme nach ein abgeftumpfter, ifolirter Kegel, dem 
aber ganz benachbart, nur etwas nördlicher, noch ein zweiter ganz 


6) Niebuhr, Beſchr. von Arab. ©. 133. 


zugefpißter Pik, Sugarloof derſelben Karte, zur Seite Tiegt, 
vorüber, durch Bujchwerf von Kadaba (2), Indigofera oblongi- 
folia und anderem untermifcht. Mor fand man ald beveutenves 
Dorf mit 2 aus gebrannten Backſteinen erbauten Teftungen, von 
denen die eine, bei der das Zelt aufgefchlagen ward, dem Emir 
Fateh Alla, dem Dola von Toheia, die andere dem Scherif 
Haſſan gehörte, an welchen ihnen ver Dola einen Empfehlungs- 
brief mitgegeben Hatte. | 

Zweiter Tag (29. März). Bei feinem Morgenbefuche beim 
Scherif wurde Dr. Hemprich nur fehr kalt empfangen, ihm nicht 
einmal eine Tafje Kaffee vorgeſetzt. An vemjelben Tage erfuhr er 
noch, Daß er zufällig fein Zelt an dem Haufe des Scheich Mo— 
hamed, eines Todfeinded des Scherif, aufgepflanzt habe, daher deſ— 
ſen bittrer Berdacht. Diefer Sheifh Mohamed war früher Unter- 
Dola in Loheia geweſen, dann der DVorfland der Dorfbewohner. 
Diefe aber und ver Scherif hatten ihn mit Gewalt abgefest, und 
dabei hatte er einen Sohn verloren. Am Abend Iud diefer Scheich 
den Dr. Hemprich in feine Behaufung ein, bemwirthete ihn mit 
einigen Taffen Kaffee und rückte nun mit einem Anliegen heraus, 
das in nichts geringerem beitand, al3 ein Bündniß mit ihm und 
dem Gebirgähäuptling Ibrahim Kulfut gegen den Scherif zu 
fchließen. Der Neifende zog es vor, ihn auf den Beiſtand Allah 
ald des beiten Alliirten hinzumeifen und ſich fo aus der Schlinge 
zu ziehn. 

Der 3te Tag (30. März) gab gute naturhiftorifche Ausbeute 
aus der Umgegend, eine Gazellenart, eine Trappenart und 
andere Vögel wurden erlegt. Am Abend erhob ſich aus der Verne 
des weftlichen Dorfes ein Hülfsgeſchrei; Die Dorfbewohner, welche 
einen Meberfall jenes Scheich Ibrahim Kulfut fürdhteten, zogen mit 


ihren Waffen ins Feld; es folgte vieles Schießen und ſtarkes Ges _ 


fchrei, Doch war es nur ein- blinder Lärm, der mit Jubel der rüd- 
fehrenden Menge bejchloffen ward. 

Den 4ten Tag (31. März) zog man von Mor nah) Soh- 
hra (2). Der dortige Scherif Haſſabu, der unter dem Scherif 
Alt Ibn Haidar von Abu Arifh ftand, nahm ven Gaft höflich auf, 
hatte aber viele Einwendungen gegen deffen Plan, in den Wadi 
Surdud und in dad Gebirgsland vorzudringen; es fei zu un— 
ficher durch Die vielen gegenfeitigen Befehdungen feiner Bewohner. 
Doch verfprach er envlich feine Kameele zu ſchicken; da Fam ver 
Bote Ehrenberg's von Lohein an mit dem Rückruf zu dem Ha— 


— —————— ——— — — ⏑ — — — — 
— —— 


— — 


Arabien; Tehama, Lohein- Bay. 889 


fenorte, den Gefahr beorohte, und Hemprich entging fo glücklicher 
Weiſe vem Maffacre zu Bagile bei Mechtara. 

An 100 verjchiedene Species von Pflanzen waren ein Ergebniß 
diefer Excurfion, darunter an 10 Baumarten: 3 Acacien, segal, 
olens, tortilis; 1. Caesalpinia splendida; 2 Amyris-Xrten, kataf 
und gileadensis; die Catha edulis Forskal (Celastrus, f. oben 
S. 795); Pandanus odoratissima, Dobra glabra, Cornus gharaf 
und Tamarix orientalis. Dazu eben fo viele Straudarten: 3 
Stroemia, rotundifolia, glandulosa, farinosa; Diphylla gummi- 
fera, ein Hibiscus bicolor, Gossypium arboreum, Amyris u. a.m., 
und ein paar Dugend Kräuter, darunter Indigofera cassia, 4 Ar= 
ten Cassia, spinosa, fara, senna, lanceolata; 3 Solanum-Xrten, 
buphthalmum, adhaerens, lanosum u. a. nı. 

Auch Die der großen Bay von Loheia weſtwärts unmittel- 
bar vorliegende arabifche Injelgruppe erhielt bei ver Ue— 
berfahrt verjelben Neifenden, von Loheia nah Maffaua auf ver 
abyifinischen Küfte, einige ſchätzenswerthe Erläuterungen, zumal vie 
größte unter denfelben, die nächfte Küfteninjel Kamerän, Sei wel— 
cher fie vor Anker gingen. Das Küftenmeer des hiefigen Te= 
hama ift ungemein reich an Klippen und Infeln, und deshalb jo 

gefahrvoll zu beichiffen; von ihrer großen Menge fich zu überzeu= 
gen, reicht ein Blick auf den Moresbyſchen Karten-Gurvey 
hin, der fie zum erften Male mit unzähligen Sundirungen verzeiche 
net hat. Sie liegen mehrern Buchten und Sandcaps zwijchen dent 
Hafen von Loheia und der Infel Kameran weſt- und ſüdweſt— 
wärts vor, bis zu den zwei fchon im der hohen See liegenten grö— 
ern, mit Höhern Vulcankegeln verfebenen Infelgruppen 
der Zobayr (Zebayer Islands, Volcanic bei Moredby) und des 
Ihon befanntern Dihebbel Tir (Tair oder Tehr, f. ob. ©. 671), 
dejien Bulcan, in einer Höhe von 900 Fuß über der Meeresfläche 
emporragend, nah Moresby „noch heute im Brande” fteht. 
Es ift merfwürdig, daß diefe beiden Vulcan-Piks gegen W. 
die Erhebungögruppe der Infelbildung der arabiſchen 
Seite zu beichließen jcheinen; denn weitwärtd von ihnen folgt nun 
gegen die Küfte Abyifiniens, und meiter nordweſtwärts bis zur 
Gruppe der Dhalac-Infeln bei Maffaua, ein ganz inſel— 
freier Theil des Nothen Meeres, aus deſſen größtem, zu 
100 bis zu 140 Baden (600 bis S4O Buß) tiefen Seegrunde 
fi) unmittelbar der Bulcanfegel vom Oſchibbel Tir erhebt. 
Im Reifejournal wird die Zahl von kleinern Infeln, welche bie 


890 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 73. 


Loheia-Gruppe ausmachen, angegeben, deren jede ihren Namen 
hat; Bel Hoſon wird als die weftlichjte bezeichnet, Dargeruſch 
als nörvlidy gelegen gegen Aufan, Pul Ambar in N.W. an Dan- 
gernoh und Megede als einige öftliche Inſelchen, insgefammt 
felfig, etwas erhoben, die leßtere mit einigen aus der Ferne ficht- 
baren Hügeln; nur 2 von ihnen jollen mit Waffer verfehen umd 
bewohnt fein, welche Harat und Daheil genannt wurden. Die 
Namengebung der Moresbyfchen Karte für diefe Infelgruppen 
ift eine ganz verfchiedene; jedoch der Name der ee von allen, 
der Infel Kamerän, iſt derfelbe. 

Diefe Infel Kamerän wurde am 9ten und 10ten April 1825 
von Ehrenberg und Hemprich bejucht. Sie war ſchon früher, 
wie gejagt, den türkischen Flotten der Großſultane Selim und So— 
liman, unftreitig durch Giov. de Gaftro 9) und der Portugiefen 
GSeefahrten unter Albuquerque, befannt, vie ebenfalls hier öfter fta= 
tionirten. Der munderliche Ludov. de Barthema®) Hatte auf 
feiner Beichiffung des Rothen Meeres von Dſchidda nah Aden, 
im 3. 1506, 2 Tage in ihrem fehönen Hafen vor Anfer gelegen, 
und in der Stadt, der er 200 Käufer giebt, guten Vorrath von 
Waſſer, Fleiſch und Salz gefunden; fie gehörte damals zu Jemen 
und fcheint ein gewöhnlicher Landungsplag der Kauffahrer jener 
Zeit gewefen zu fein. Im Jahre 1806 fchien e8, als follte fie eine 
politijche Bedeutung erlangen; Franzoſen hatten dem damali- 
gen Scherif von Loheia im Namen ihres Gouvernements eine Biflte 
gemacht und Gefchenfe, 4000 Dollar an Werth, überbracht, mit 
dem Geſuch um Erlaubniß, auf diefer Infel eine franzöfifche 
Factorei gründen zu dürfen. Da fie Waffer, Holz, Salz liefert, 
und für die Schiffahrt auf dem Rothen Meere einen guten Wacht- 
pojten darbietet, jo ſchien fie für eine Seemacht wol wünſchens— 
werth, aber für commercielle Vortheile doch zwecklos; und einen 
Erfolg hat diefe Unterhandlung wenigſtens nicht gehabt. Auch die 
Engländer waren eine Zeit lang bemüht gemefen, fie zum Behuf 
eined Kohlen=- Depots für ihre Dampfichiffahrt im Beſitz zu 
nehmen. 

Al man am Iten April 18259) dieſe große, flache Infel 


‚7, J. de Barros, Asia Ed. Alf. Ulloa, Venetiae1562. 4. Decas Sec. 
Libr. VII. C.1. fol. 180, und D. Joam de Castro Roteiro etc. 
Paris 1833.8. °®) Lud. de Barthema, Hodeporicon Indiae 
orientalis 1. c. Leipz. 1610. p. 93. 9) Ehrenberg, Journal der 
arab, Reife. Mier. 


Arabien; Tehama, Kameran Inſel. 891 


beftieg, zeigte fich ihr felfiges Ufer ver Oftfeite, wo es am 
höchſten, etwa 50 Fuß über dem Meeresfpiegel gehoben; gegen W. 
und N. fenkte es fich allmäahlig zum Niveau des Meeres ab. Sie 
hatte etwa 5 Tagereiſen in Umfang und ift von ©. nah N. lang 
gedehnt. Sie hat gutes Wafjer in vielen Brunnen und einige Dat— 
telwälder; regenreiche, fruchtbare Jahre geftatteten einige Durra= 
faaten, die von 5 Dörfern auf ihr bejtellt wurben. Dieje hei— 
Ben KRamerän, Machram, Saila, Saefaf und Immea. Ka— 
merän, der Hauptort, liegt auf der Dftfeite der Infel, hat eine 
kleine fefte Burg und einen ſehr guten Hafen, ber jelbft große 
Schiffe aufnimmt und Schiffen mittler Größe dicht bis an 
das Ufer zu gehen erlaubt. Nur eine Viertelftunde vom Orte Ka— 
merän ift ein Dattelwald, ver aus einer Beldjchlucht genährt 
wird, ‚in welcher das Waſſer ftetS einige Fuß tief ſteht. An an— 
dern Stellen giebt es 6 bis 8 Klafter tiefe in Fels gehauene 
Brunnen. Diejer Fels ift Gorallenftein. Der Bilot hatte 
ſchon früher erzählt, daß es auf der Infel einen Wunderbaum 
gebe, deſſen Namen Niemand kenne, der aber, wenn er verleßt werde, 
ein rothes Blut von fich gebe. Die Naturforfcher fuchten, mit dem 
Piloten ald Wegmweijer, am folgenden Tage, am 10ten April, nach 
Vtündigem Marfche gegen SW. diefen Wunderbaum auf. Es 
war eine Art Ficus (Banyane) oder Syfomore, aber um dieſe 
Zeit blattlos, auch fehlten Früchte. Die Blätter, fagte man, feien 
breit und einfacdy (wie bei Fic. indica). Beim Einfchnitt in die 
Rinde lief eine trübe, grünliche Flüſſigkeit fparfam heraus; aber 
die unter der grauen, glatten Gpivermid befindliche Rindenſub— 
ftang war ziegelroth. Darin lag allein ver Grund der Wunder— 
fage. Der ganze Stamm war ungemein ſchwammig, ganz weich), 
und jelbft die großen Aeſte zeigten große Biegſamkeit, was bei der 
gemeinen Sykomore feineswegs der Fall if. Dicht am Baume 
war ein tiefer Brunnen mit gutem Elarem Waſſer (ſollte dies ein 
von Hindus dahin verpflanzter Banyanenbaum geweſen fein? f. 
Erdk. VI. ©. 656— 687). Auf dem Rückwege fam man aud) an 
einem Kadibaume vorüber, der aber abgeftorben oder verlegt war; 
er zeigte fi) als Pandanus odoratiss. oder Keura odorifera Forsk. 
Uebrigend ſah Ehrenberg auf der Inſel die Flora aus jenen 
dreierlei Bäumen, der Dattelpalme (Phoenix daet.), ver Dum— 
palme (Cueifera thebaica) und der Fieus-Art, beftehend; aus 
dreierlei Bufchwerf, verfelben Cucif. theb., dem durch ganz 
Jemen fo gemeinen NabE (Rhamnus napeca) und Menispermium 


892 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $.73. 


leneb, und aus 7 Kräuterarten, darunter zwei Cassia (senna 
und pubescens), ein Cissus quadrangularis, Comfudia platanoi- 
des, Themeda triandra, —— crypsöides ur eine neue Eu- 
phorbia semipilosa. 


4. Rückweg von Loheia zum Juß der Bergkette. Cha— 
raceteriftif der Natur des Tehama in Jemen und ſei— 
ner Bewohner, im Gegenfat des Berglandes Jemen 

(Dſchebal). 

Bon Loheia legte Niebuhr ſeine erſte Landreiſe nad 
Beit el Fakih zurück 800), wobei die erſte characteriftifche An— 
ſchauung der Natur des jemeniſchen Tehama gewonnen wurde, 
zu deſſen Beſchreibung dann viele der nachfolgenden Reiſenden ihre 
reichhaltigen vervollſtändigenden Beobachtungen beitrugen, aber im 
wejentlichen nur beftätigten, was jener Treffliche erforjcht hatte, wo— 
von feine Karte den beiten Beweis giebt, ald die bis jetzt noch ein— 
zige ihrer Art. 

Don Loheia legte er vom 20ften bis 24ften Februar 1763 
den genannten Weg auf folgende Weife in dem ebenen Küftenlande 
zurüd, deſſen Sicherheit damals für den Reiſenden eben fo groß 
war wie in Europa; daher er feine Kameele mit Bagage und dem 
Araber vorausfchiden Eonnte, um ſelbſt auf muthigen Eſeln ge= 
mächlich nachzutraben; ja von einem Ort ließ man fogar des Nachts 
die Kameele allein, ohne Führer und Schuß zur nächſten 
Station ziehen, weil fie des Weges ohne Leitung Fundig ihre 
Laft fidher vor die Thore der Stadt zu tragen pflegten, ohne daß 
damals irgend wie eine Beraubung zu fürchten war. 

1fter Tagemarfch (20. Febr.). Abreife von Loheia, dur) 
dürres, wüſtes Uferland bis Djälie, 6 deutiche Meilen. Die ein 
zige Raſt unterwegd war in einer elenden Kaffeehütte, einer Mo— 
feija ohne Möbel, ohne Stuhl (Serir), wo nur dad Getränf aus 
Kaffeeichalen, Kifher, in großen Töpfen von Töpfererde und fri— 
ſches Wafjer gereicht wurde; aber fein Kaffe. Die Mofeijad 
ftehen am Wege, fern von den Dörfern, in denen der Kaffeewirth 
feine Familie hat, zu der er am Abend zurüdfkehrt, deshalb in ih— 
nen feine Herberge zu fein pflegt. 

2ter Tagemarſch (21. Bebr.). Bis Dahhi 4%, Meilen auf 
gleicher Ebene, über Meneyre, mo eine Herberge (Menfale), oder 


s00) Niebuhr, Reifebefchr. I. ©. 313—318. 


Arabien; Tehama, Rückweg zum Gebirge, 893 


vielmehr freies Hospiz, wo Kifher, warmes Brot von Durra 
oder Hirfe, Kameelmildh und Butter dem Reiſenden unent= 
geltlich verabfolgt wird, eine wohlthätige Stiftung, wie fie häu— 
fig in Jemen vorkommen. Gegen SM. blieb ver Berg Koma 
liegen; dann pafjirte man Beit el Fakih el Jemen, ein Name 
der nach dem Dſchihannuma 1) vielmehr der nahen Stadt Saedie 
zuzufommen jcheint, die uns fonft wenig befannt, welche aber ei= 
gentlich Beit ol Fakih el Kebir, das große Haus der Rechts— 
gelehrten, heißen fol. Hierauf nennt Niebuhr die Ruine EI 
Mahhjäm (bei Abulfeda genannt), wo noch eine alte berühmte 
Moichee fteht. Dahhi ift nur ein großes Dorf mit Gerberei, Zie— 
gelbrennerei und ſchlechter Indigobereitung. Es liegt unter 15° 13’ 
N.Br. Hier wurde am 22. Febr. Rafttag gehalten. 

3ter Tagemarſch (23. Tebr.). Da ver nächſte Weg über 
Maraua nach Beit el Fakih ohne Waſſer war, fo folgte man einem 
etwas weiten von 55 deutfche M. bi8 Ghannemie. Ueber eine 
Kaffeehütte Saharid paffirte man die Dörfer der Beni Afif, und 
ließ lin£s, d. i. gegen Oft, den Berg Burra des Höfaͤſch-Ge— 
birgeö liegen, dad gegen Sanaa fich ziehen fol. Man fam an 
mehrern fehr tiefen Brunnengrabungen vorüber (160 bis 170 Fuß 
tief), deren Waſſer in Schläuchen auf ſchiefen Flächen durch an 
Seile gefpannte Ochfen heraufgegogen werden mußte (ſ. Taf. XV. £. 
in Beſchr. v. Arab.). Das Dorf Ghannemie beftimmte Niebuhr 
unter 14° 58° N.Br. 

4ter Tagemarſch (24. Febr.). An dieſem Tage rückte man 
am Fuß Hoher Bergzüge vorüber, auf welchen alle Dörfer Schaära 
genannt wurden, wahrfcheinlicyh vom Stamme der Beni Schaära 
bewohnt, und gelangte bis zu einer Kaffeehütte fo nahe vor Beit 
el Fafıh, daß man diefe Stadt ſchon am 25ſten Februar in den er= 
ften Morgenftunden erreichen konnte. Hier fam man ganz nahe an 
dem Orte Kähhme vorüber, der oftwärtö gegen den Fuß des Ge— 
birgd liegen blieb und bei einer ſpätern Excurſton 2) von Niebuhr 
(am 19ten März) wegen einer Naturmerfwürdigfeit befucht wurde, 
die ihm als ein großes Wunder befchrieben war. Gr fagt, alte 
Denkmale fand er nicht, wie man ihm vorgefabelt haben mochte, 
fondern einen ganzen Berg von ſenkrecht ſtehenden Säulen, 
von einem Buß Durchmeſſer, 3 bis 37% Ellen hoch, deren viele 


) 3. v. Hammer, Wien, Jahrb. a. a. O. ©. 2. ) Niebubr, 
Reiſebeſchr. I. ©. 333. 


894 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 73, 


leicht ablösbare die dortigen Araber als Grabfleine auf ihre Tod— 
tenäder getragen hatten. Obwol Niebuhr dieſem Geftein noch Fei= 
nen Namen zu geben wußte, e8 aber als Beitandtheil eines großen 
Theile des Kaffeegebirges bei Hadie 3) und zu Andsjor wieder 
findet, wo er es noch etwas mehr characterifirt, und wo es auch 
von Seeten ald porphyrartiges in Säulen brechendes 
Geftein *) bejchrieben wird, fo zweifeln wir kaum daran, daß hier 
Kuppen von Säulen-Bafalten over Porphyrfäulen zu ver- 
ftehen fein werden, welche bier noch, am MWeftfuße des jo hoch em— 
porgehobenen Küftenzuges, deſſen Außerfte nievere Zehenbildung ge— 
gen die Meeregfeite ausmachen. 

Ueberfehen wir nun, ehe wir andern Wegen folgen, noch ein= 
mal dad ganze Tehama Jemen im Zufammenhange, fo ift e8 
nur jener niedrige, ganz flache, 1 bis höchftend 2 Tagereiſen 
breite (bei Koheia und Hodeida 2, bei Mochha 1), höchſt einför— 
mige, von N.W. nach S. O. innerhalb Jemen etwa 100 Stunden 
weit ziehende Küftenftrich 5), der nur durch wenige Hafenſtel— 
len von der Meerfeite zugängig, von gar Feinem dauernden 
Flußlaufe ganz durchichnitten, in feinen fandigen, welligen, oder 
ganz ebenen Oberflächen, oder faft unmerklichen Einfenfungen bier 
und da von temporairen, nur zur Regenzeit anfchwellenden 
Gießbächen (Seil, Wadi) befruchtet wird; daher er auch nur 
da zahlreicher an Eulturftelen, welche durch Irrigationen oa= 
fenartig, fruchtbringend find, bewohnt werden kann, an der Oſt— 
feite aber dicht an dem Fuß der in gleichem Parallelism mit ver 
Küftenlinie ftreichenden Bergfetten plötzlich emporfcehwillt, zu 
einer bergigen Borterraffe von einigen Tagereifen Breite 
wird, die auf ihrem Rücken Iandeinwärts ein 4000 bis 5000 Fuß 
hohes, kühleres Plateauland trägt, von ganz verſchieden— 
artigen elimatifchen und vegetativen Erſcheinungen. 
Diefes ganz flahe Tehama, mit dem Forallenreichen Küften- 
rande und analogen Schichtenbau der Strede des Binnenlandes, 
nad) unten in Brunnenſchachten, von 160 Fuß Tiefe bei Lo— 
heia, bis zu 30 Fuß Tiefe bei Mochha ermittelt, giebt an der 
Oberfläche meiftens nur falziges, brafifches, fchlechted, aus grö— 
ßerer Tiefe erft ſüßes Trinfwaffer. Es ſcheint eine jüngere Bil- 
dung zu fein, angewachfen durch Rückzug des Meeres nad) der 


803) Niebuhr, Neifeb. I. ©. 334, 436. ) Seetzen, Mon. Correſp. 
B. 27, ©. 179. ) Niebuhr, Beſchr. von Arab. S. 183 u. a. O. 


Arabien; Tehama,  Characteriftif, 895 


berfümmlichen VBorftelung und dem Trocdenlegen fo mancher Hafen- 
ftellen in hiftorifchen Zeiten, oder, den anderwärts nachgewieſenen 
Erſcheinungen gemäß, vieleicht fehr allmählig emporgehoben und fich 
noch emporhebend. Weiter nordwärts von Jemen, wie von Lo— 
heia nah Gomfuda zu, tritt diefe unbebaute, breite Küftenfläche, 
melche die Araber auch mit dem Namen Khabt bezeichnen 6), ganz 
zurüd, weil die Bergwand da bis an das Meeresufer vorfpringt. 
Das Ufer felbit, welches vom Meere beipült wird, ift in Jemen 
von den nördlichern Theilen in fofern etwas verjchieden, daß die 
größte Zahl ver Korallenklippen, vie in der nördlichen Hälfte des 
Rothen Meeres im Uebermaße Hervortritt, ſüdwärts von Dſchidda 
an mehr und mehr abnimmt, dagegen fehr zahlseihe Sandbänke 
bier bervortreten, Davon einige mit Gebüſch bewachlen zu Injeln 
geworden, wie Kameran und andere, auf denen fi) auch Hügel 
erhoben. Der Boden der Tehamafläche beiteht größtentheild aus 
fandigen Schuttmaffen (terrain de transport), doch treten 
hier und da Kalfhügel von ziemlicher Höhe, aber indgefammt 
ſehr junger Bildung und erfüllt mit Berfleinerungen 
noch gegenwärtig im Rothen Meere lebender Mufchel- 
arten hervor, bie wol die Gmporhebung aus den Sergrunde fehr 
beftätigen möchten. Diefelbe Bildung wiederholt fi) auch nord= 
mwärts im Tehama des Hedſchas und bis zur Halbinfel des Si— 
nai bei Tor. Aus dieſem Boden treten hier und da Steinfalz= 
ſchichten (wie bei Loheia) und Schwefelquellen hervor. Die 
vegetative Bekleidung diefes Bodens erſchien Botta, dem Bo— 
tanifer, mit einer ganz afrifanifchen Phyſiognomie 7) alle 
Holzungen find Acacien=- Arten, darunter eine große Anzahl ganz 
ähnlicher wie die, welche er im Sennaar gefehen; dazu die ana= 
logen Indigofera, Aristolochia indica, vie ftachligen Solaneen, 
Kapergefträuch (Capparis), Amyris, Cissus, Cadaba u. a., zwi— 
ſchen denen fich Asclepiadeen fortſchlingen. Der unmittelbare 
Flachſtrand am Seeufer ift mit einer Menge Arten Salzpflan= 
zen, Salsola, Suaeda u. a. bedeckt, aus denen die Anwohner ihre 
Soda bereiten. 

Auch Paſſama, ver dafjelbe Tehama, etwas dem Berg 
lande näher, zwifchen Mochha und Häs kennen Iernte 8), nennt 


*) Botta, Relation p. 135; derf. in Archives du Mus. IT. p. 82. 
) Botta in Archives l. c. II. p. 83. *) Passama, Observat, I, ©, 
T. XIX, p. 1689. | 


896 Weft-Afien. IV. Abtheilung. 9.73, 


ed eine große fandige Plaine mit vielem Früppligen Gebüfch, viele 
Chenopodien(?) zur Tabrifation ihrer Sotam (d. i. Seife in 
Jemen), vielen ſtachligen Acacien, Dattelpalmen and Dums, 
die in der Sahari (d. i. Sahara, die Sandküſte zwiſchen Mochha 
und Abu Ariſh, genannt) angepflanzt auch Gruppen von Hütten 
beſchatten, welche aber nur zur Zeit der Dattelernte bewohnt wer— 
den. Der sulturbare Theil dieſes Tehama beginnt nur erſt 
in geringer Diſtanz von den Bergen; nur da liegen daher die Dör— 
fer und Städte in größerer Zahl, die jedoch jchon alle von Gar- 
teneultur umringt werden, wenn auch nur falzige Brunnen zur 
Bewäfferung dienen fünnen. Wo aber die vielen Thaler der Weft- 
gehänge des DBergmalles ihre Kleinen Gießbäche, an den Austritt 
aus demfelben, in die Ebene jenden, wo die meijten von dem Sand— 
boden allmählig eingefogen ſich verlieren, oder durch Fünftliche Ver- 
theilung confumirt werden für Bodencultur, fo daß fie die Meeres- 
füfte nicht einmal erreichen Fünnten, wenn ihre Waflerfülle auch 
eontinuirficher wäre, da ift man überrafcht durch die Fülle ver 
Gemüfe und Obftarten, und in den Bergthälern durch die pit= 
toreske Natur der fanften, milden, reichbebauten, mäßig hohen 
Berglandfchaften, denen man, nach ihrer Saupteultur, den Na— 
men der Kaffeeregion oder der Region des arabiichen Kaf- 
fee⸗-Gartens geben kann, weil diefe nur auf dieſe ſchmale Zone 
der Vorterraffe des Berglanded begrenzt ift. Hier beginnt 
die gartenartige, dem Weinbergbau ded Orients und Oc— 
cidentd analoge Terrafjencultur, wo die Velder in Baſſin— 
abtheilungen und Stufen erhoben find, damit die heftigen Waſſer 
der Negenzeit (d. i. des Mattar) fie nicht überfluthen können, 
wo fie durch Graben und Gießbachbetten von einander gejondert, 
immer höher zum Berglande hinauffteigen. Die Steinmauern, ald 
Unterbauten der Stufenterraffen, und die ihnen entfprechenden Damm- 
eonftructionen zur Hemmung und Vertheilung der Gießbäche und 
Bergwaifer bedingen ein complicirte® Culturſyſtem, das durch 
den Ertrag der evelften Gewächſe und die Fülle der- Ernten hinrei- 
chend belohnt wird. Die Haupteulturen am Fuß dieſer Vor— 
ſtufe und Vorterrafjen find: Sefam (Semsem), Indigo (Änile), 
Baummollenftaude Indiens, Durra over Sorgho (5 Varie— 
täten: Baini, Manzala, Hadjeng, Jowari, Harba), zweierlei Ar— 
ten Maid(? End, wol Hind? und audy Durra genannt), Dofhn 
(Panicum spicatum), Sujuben, Bacoua(?), Zwiebeln und 
der Kafferbaum, aber nur auf den Höhen. Wild wachen hier 





Arabien; Tehama, Characteriftif, 897 


die Palma Christi, eine Art Asclepias (0b gigantea? Ouatier ge= 
nannt), deſſen Kohle zur Bereitung von Schießpulver dient; eine 
Veigenart, Kanas (fol Fieus Syracus. fein?), die fafrige Pflanze 
Salap, aus welcher die Sade für vie Kaffeebohnen geflochten wer— 
den, und die überall durch ganz Arabien wild wuchernde Tamarisfe 
(Tamarix orient.). In Tehama ift fehr große Hige?), und 
in den Sommermonaten zugleich Winpftile, wodurch die Schwüle 
noch umerträglicher wird; gegen dad Binnenland wird ed meit 
fühler, und eine ganz veränderte, mehr nördliche Vegeta= 
tion tritt gegen die ganz tropifche in ver Plaine hervor. Die 
Gipfel ver Bergfetten tragen meift den ſüdfranzöſiſchen 
fehr analoge Gewächſe. Auch die Negenzeit (Mattar) if 
eine verjchiedene; in dem Berglande zwifchen Dſchidda bis Mochha 
regnet ed mehr oder weniger in den Monaten Juni oder Juli 
5i8 zum Dctober, wie in den Tropicalländern, nur die Negen- 
güffe, obwol immer gewitterartig in plößlichen Schauern nieverftür- 
zend, find nicht fo reichlich wie unter den Tropen. Dann aber ift 
e8 in dem Tehama ganz troden, mwo der Regen erft im De— 
cember anfängt. Im diefen Wintermonaten ift aber dann das 
Bergland ganz frei von Wolfen und hat einen völlig flaren Him— 
mel, daher man dort auch, wenn es fchon fühl wird, doch von fei- 
nem Schneefall weiß. Zumeilen fallt auch fchon etwas Regen im 
Brühjahr, April oder Mai (Mattar el Seif genannt, im 
Gegenfaß der fpätern Regenzeit Mattar el Karif, die zu Häs 
erft mit dem Juli beginnt, nach Baffama), aber es treten auch 
wol ganz regenlofe Jahre ein, wie die 4 völlig Dürren, regen— 
loſen vor 1836, ald Gruttenden das Plateau von Sanaa erftieg. 
Indeß im Allgemeinen find die Negen in Jemen doch noch immer 
weit regelmäßiger und reichlicher ausfallend, ald in den exrtratropi= 
Shen Länderftrihen Arabiens, in denen die Jahrespürre und Re— 
genlofigfeit vorherrfchenn ift. Die Hitze des Tehamas in Jemen 
iſt ſehr groß, weil es feine fühlenden Seewinde erreichen und aud) 
die fühlern Nordwinde, welche die Kite von Hedſchas nody ſehr 
mildern, nicht bis zu demſelben fortftreichen. Daher ift ver Un— 
terfchied der Hite im Tehama Jemens gegen die des Te— 
hama in Hedſchas bedeutend. Nur von Paſſama “06) Haben 
wir dad Nefultat feiner Beobachtungen der mittlern Tempera— 


#09) Botta, Observat. p.140; derſ. Notices in Archives l. c. II. p. 85. 
10) Passama, Observat. |. c. p.171. 


Nitter Erbfunde XI. gl 


tur, die er im Januar und Februar zu Häs auf dem erften 
42 Fuß hohen Borhügel der Bergfette über dem Meereöfpiegel aufe 
zeichnete, erhalten. Er jagt: Mittags 30° Centigr, Mitternacht 
25° und am Morgen 76 Uhr, wo ed am fühlften, 23° Eentigr. 
Die Berge der Umgebung waren bis 11 Uhr am Morgen meift 
mit Wolfen bedeckt, die dann verfchwanden, Elarem Himmel und 
am Abend Staubwolfen bei Südwinden Platz machten. 

Die Herrichenden Windel) find hier, wie auf dem Rothen 
Meere, von SD. gegen R.W., und nur fehr felten fommen Winde 
von der Weſt- oder Oftfeite von Afrika herüber oder von Arabien 
herab. Vom Mai bis October weht ver N.W. fehr heftig, aber 
vorzüglidy nur von Suez abwärts der Halbinſel Sinai, meiter ges 
gen SD. folgen variakle Winde (f. ob. &©.779). Im Detober 
treten die Winpftillen ein, und dann beginnt der S. O. in der gans 
zen Ausdehnung des Nothen Meeres; aber weit regulärer und hef— 
tiger in dieſer ſüdlichen Hälfte als in der nördlichen, wo ihn 
mehr abmechjelnde Winpftillen und irreguläre Winde unterbrechen. 
Dann brechen auch wol einzelne N.W.-Stürme mit ganzer Heftig— 
feit herein. Diefer S.D.-Monfun ift ed nun, der ungeachtet 
mancher Irregularitäten feine Herrfchaft bis zum März und April 
behauptet, und dann erft durch Windſtillen unterbrochen ganz dem 
RW. weicht. | 

Der Unterſchied des Climas in fo Hypfometrifch ver— 
fhiedenen Landſtrichen Jemens konnte nicht ohne Einfluß 
auf ven Geſundheitszuſtand ver Bewohner bleiben, und wie 
nachtheilig er im Tehama auf Fiebererzeugung, und der falzige 
Boden mit dem jchlechten Wafjer auf Hautkrankheiten u. ſ. w. wirft, 
ift fehon oben öfter berührt worden. Fres nel Hat die merfwürbige 
Beobachtung mitgetheilt, daß er jogar in der Dauer der Gene— 
rationen der älteften vorislamitifchen Gefchichte ſehr fichtbar her- 
vortritt. Er Hatte früher die Generationen bei allen arabifchen 
Tribus für gleich gehalten; genauer betrachtet überzeugte er fich 
bald von ihrer Verſchiedenheit. Die Tribus ver Bakr umd der 
Taghlib Iebten im fehr ungefunden Tehama, daher ihre Ge- 
nerationen von weit Fürzerer Dauer, alö die ver Qays Ay— 
lan und der Tamim auf dem Berglande Jemens, wie au 
die der Koreifchiten ein weit höheres Lebensalter bezeugen. Die 
Beifpiele tapfrer Krieger und Dichter, die über 100 Jahr alt mer« 


#11) Botta, Notices in Archives I. c. II. p. 86. 


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Arabien; Tehama, Characteriftik, 899 


ben, ift ganz gewöhnlich, und fehr oft erreichten ihre Helden, nach 
den getreueften Altern Angaben, über 110, 120, 145 bis 150 und 
180 Jahre, wovon die Nachmweilungen vorliegen12). In den geiz 
ten 300 Jahr vor Mohammens Auftreten, bis zu welchen vie älte— 
fien Geſchichten ver Beduinen hinaufreichen, ift fogar von Männern 
die Rebe, die nicht felten 200, 300 Jahre alt geworven fein follen, 
und felbft von einem 13), Boubayı, dem Sohne Djanabs, dem 
größten Dichter feiner Zeit, welcher, da er 200 Jahr alt gewor— 
den, jein hohes Alter beklagte, wird gefagt, daß der Simmel, gleich 
den mofaischen Patriarchen, ihn bis 660 Jahr alt werden ließ. Won 
ihm find längere Gevichte noch bis heute vorhanden. Da die äl- 
tefte voriölamitifche Chronologie blos auf Genealogien beruht, 
die Araber aber von jeher in ihren Gefchlechtöregiftern, der Pferde 
wie der Menfchen, mit großer Sorgfalt und Pietät zu Werke gin- 
gen, fo verdienen diefe Daten (mit denen der Wüftenbemohner in 
Afrika übereinftimmend) 14) doch einige Beachtung. Leider fonnten 
von dem neuern Beobachtern im Hochlande Jemens, ſchon aus Miß— 
traun der Einheimijchen über jolche dahin einfchlageude Fragen, 
und meil die Meiften ihre Jahre feldft nicht genau zu berechnen 
pflegen, hierüber bis jegt feine andern Daten eingefammelt werden, 
ala daß viele Menjchen dort noch mit rüftigen Lebensfräften ver- 
fehen ein ſehr Hohes Alter wirklich zu erreichen fcheinen. Auch 
ift dad Hochland weit bevdlferter ald das tiefe Tehama, wie 
die große Zahl von Bergftädten Und Ortfchaften aller Art im Ge— 
birgälande Sanaas zeigt. 

Eine neue Beobachtung, die Botta zu machen Gelegenheit 
fand, ift, daß im ganzen Tehama15) die Bevölkerung, faft 
ſchwarz, auf eine große Bermifhung mit afrifanifcer 
Nace-zumal mit Abyffiniern, Somaulis, Berberas, durch 
Einwanderung ded Kufhitifchen Stammes hindeute und daß 
nicht blos die Phyfiognomie, fonvern auch die Sprache biefe 
Miſchung beweiſe. Es herrfcht hier ein Jargon vor unter dem 
Volke, der den andern Arabern jelbft oft unverftänplich fein fol, 
ein Umftand, welcher in dem Berglande Jemens ganz fehlt. Diele 


»2) Caussin de Perceval, Examen etc. in Nouv. Journ. Asiat, 1836. 
T. I. p. 518, Not. 9) F. Fresnel, Sec. Lettre sur l’hist. 
avant l’Islamisme, in Journ, Asiat. Ser. II. T. I. 1837. p- 3. 

) Allgem. Grofunde, Afrifa. 2te Aufl. 1822. S. 1036. #5) Botta, 
Observyat, p. 141; derſ. in Notices etc, p. 87. 


2112 


900 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 73, 


der Wörter im Tehama, meint Botta, feien ganz fremde; aber 
die Beifpiele, die er anführt, möchten wol feine Bemweife abgeben 
fönnen. — Sprachforfcher werden dieſen Bemerkungen wol genauer 
nachzugehen haben. 

Das Bergvolf fand Botta viel weniger gemifcht, oft faft 
ganz weiß von Haut, ausgezeichnet durch fchöne, faft europäifche 
Geſichtszüge, in den Frauen faft italienische Schönheiten, die hier, 
da jie meift ohne Schleier in dem Gebirge (wie auf dem Berge 
Sabber, |. 0b. S.787) gehen, auch gut zu beobachten waren. Gie 
tragen langes Saar, haben große, offene Augen, römifche Nafe und 
unterfcheiden fich fehr von allen übrigen Araberinnen. Sie rühmen 
fi) aber auch felbft Joctaniden zu fein, da ihnen die nörd— 
lihen Araber in Hedſchas nur als Ismasöliten für Nadı- 
fommen der Sclavin Abraham, ver Hagar, gelten (f. ob. ©. 18 
bi8 21, 39 —42 u. a. O.). Die hellere Barbe und fchönere Bildung 
der Soctaniden (Kahtaniven) entjpricht auch dem höhern Grade 
der Eivilifation, der in Jemen, feit den alten himjaritifchen 
Zeiten, einheimifch war. Sie haben zu allen Zeiten in einem hö— 
bern gefelligen Zuftande gelebt, fefte Wohnungen, Agricultur, 
verevelten Gartenbau, Bewäſſerungsſyſteme und ein ftabileres Neich 
gehabt. Darin ſtehen ſie mit ihren öftlichen, trogigen Nachbarn, 
den nomadifchen Beduinenftämmen, im vollen Gegenfaß, melche 
das Feſtkleben an der Scholle verachten und verabfcheuen, weil dies 
ihrem Wildleben Feſſeln anlegt, von denen jene daher auch große 
Einengung auf ihre Plateaulandfchaft fich gefallen laſſen mußten, 
wie denn aus Arnaud's Neife nah Mareb auch hervorgeht, mie 
dicht dort auf der Dftfeite Sanaad das wilde Beduinenleben 
an den Eulturzuftand de8 friedlichen Jemens angrenzt, der 
von jeher dad Supremat über die ſchwächlichere Küſten— 
bevdlferung ded Tehamas ausgeübt zu haben fcheint. Die 
eigenthümliche Art de8 Feudalnexus ver felbftändigen und fich 
independent haltenden Gebirgsfürften (Sheikhs, die Barone, der 


hohe Adel), die zugleich Stammeshäupter find, und doch über ihre 


Zerritorien das gemeinfane Oberhaupt des Imam von Sanaa an« 
erkennen, ohne ihm Abgaben zu zahlen und Gehorfam zu leiſten, 
und nur etwa in Kriegszügen, wenn es ihnen beliebt, Truppen 
fielen, hat durch die oben angegebenen Wechfel in neuern Zeiten 
von allen Seiten die größten Störungen erlitten, jo daß flatt des 
einen, wie zu Niebuhr’3 Zeit, jet viele Herren dad Tehama 
mie dad Dichebal oder Bergland meiftern, und dad Imanat von 


EEE 


Arabien; Jemens Bewohner. 901 


Sanaa gegenwärtig 16) auf ein Minimum zufammengefchrumpft 
ift, dad faum über die unmittelbaren Umgebungen ver Stadt Sa— 
naa binausreicht. Außer den Fehden der Tribus find feit dem 
legten Iahrhunvert auch fortwährend Kriege aus Ehrgeiz, Herrſch— 
fucht, Partheiwuth unter den untergeoroneten, früher vajallifchen 
Fürften, doch meift mit fremden Soldtruppen (Neger und Has 
dhramauter), im Gange, die durch Fein refpeetabled Oberhaupt we— 
der in weltlicher noch geiftlicher Sinficht wie zuvor zufammengehalten 
werden. Doch find dabei immer noch vie focialen Neigungen, 
Bergnügungdfucht und edlere Bodencultur characterifche 
Züge des Bewohners von Jemen, die ihn von dem von Hed— 
ſchas unterfiheiden, indeß er mit feinem norbarabifchen Lands— 
manne die Hoßpitalität, die gemeröfe Gefinnung, aber auch die 
Partheiſucht, die wildefte Leidenschaft und die Blutradhe 
theilt, welche fortwährend zu Familien- und Bürgerfriegen 
fortreigen. Nur die Treue gegen den Gaftfreund um Schüß- 
ling (Zimet el Arab) ift geblieben, nur diefer Protection in 
den perfönlichen Verhältniffen Fann man vertrauen: fie werden nie 
Jemand betrügen, der ihre Generofitat in Anſpruch nimmt; aber im 
Öffentlichen Leben, in der Politik, ift Lug und Trug, Verftellung, 
Ueberliftung, Verrath; ſelbſt meuchlerifche Erdolchung entehrt 
nicht. Sheifh Haſſan, voll Großmuth und Beiftand gegen den 
Fremden und Gaftgenoffen, war der heimtüdifche Mörder feiner 
nächften Verwandten aus Herrſchſucht und Ehrgeiz. 

Dad niedere Tehama Jemens, obwol mit dem Natur- 
character ver Wüſte, ift doch feine eigentliche Wüfte, wofür es 
nur zu oft angejehen wird; denn e3 fteht und ftand von jeher une 
ter dem großen Einfluß der Semen-Eivilifation von innen und 
des Weltverfehrs von außen durch feine Hafenftationen und 
Küften. Daher die vielen nicht unbeveutenden Städte im Tehama, 
in und um welche die Population ſich meift concentrirt hat, und 
eben fo viele zahlreiche Dörfergruppen in ihren Umgebungen 
und Dorflinten, in den Nichtungen ver Gommunicationd= und 
Transportwege von Stadt zu Stadt, zu ihren Safenorten und zu 
den nächften Gebirgspäffen des Berglandes. Da ift die Cultur des 
Dattelbaumesd, der tropifhen Obftarten, der Banane, 
Anoma muricata, des Zuderrohrs, wie aller europäifchen, 
der köftlichften Traube, Pfirfich, Aprieofe, Apfel, Quitten, 


#16) Passama, Observat. I. c. p. 219. 


902  Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 73. 


und zur verfchiedenften Ernährung feiner Bewohner vollfommen hin— 
reichenven Fülle von Kornarten Indiens und Europas zugleich, 
Hauptbefchäftigung des Bewohners, während die Kaffeecultur 
auf die milde Vorterraſſe befchränft bleibt. Arabifhe Noma— 
den-Tribust7) find aber nur bier und da jehr fparfam im Te— 
hama umherziehend, da, wohin noch Feine Bewäſſerung und fein An— 
bau ded Bodens vordringen konnten. Selbſt diefe Beduinen des 
Tehama, wie die feftgefiedelten Bewohner feiner Ortjchaften, find 
Fleiner!13), ſchwächlicher von ©eftalt, feiger, ganz un— 
friegerifch, die Weiber ohne jene Schönheit ded Bergvolks, und 
eben fo verfchieden wie in Geitaltung, fo audy in Sinnedart von 
fühnen Gebirgsaraber, ver fie eben fo verachtet, wie der Beduine 
der libyichen!Sahara den feigen Fellah Aegyptens, der fein hartes 
Joh ohne Empörung zu tragen weiß. 


Erläuterung 2% 


Das Gebirgsland Jemens (Dſchebaͤl) auf dem Tarif es Sham 
oder dem Nord-Wege; nad Niebuhr’s, Seetzen's, Crutten- 
den’s, Dr. Hulton’s und Botta’s Beobachtungen. 


Noch bleibt ung, zur vollftändigen Kenntnig Jemens, fo weit 
bis heute die Beobachtung reicht, die Meberfteigung feiner 
Bergterraffe aus dem Tehama von Beit el Fakih auf dem 
Nord Wege), vem Tarifes Sham, bis zum Plateau von 
Sanaa übrig, auf welchem wir von dem Südwege ber jchon 
hinreichend orientirt find. Wir folgen hier Niebuhr's, Seegen’s 
und Gruttenden’3 Beobachtungen, durch welche das reichhaltige 
Bild, dad wir von jenem merkwürdigen antifen Lande der Him— 
jariten fehon in obigem erhalten haben, noch auf mannigfache 
und, wie wir hoffen, auf eine fo erfreuliche Weife vervollſtändigt 
wird, und fo audgeprägt erfcheint, daß ed, wie nie zuvor, in der 
geographifhen Wiſſenſchaft aus einer bis dahin confufen 
Maſſe eine wahrhaft plaftifche Geftaltung für die Betrachtung 
gewonnen haben mag. 


517) Botta, Observat. p. 136; deſſ. Notic. p. 83. '*) Cruttenden, 
Narrative 1. c. p. 268; Passama, Observat. I. c. p. 170. 
19) f. nach dem Dfchihannuma bei v. Hammer in Wien. Jahrb, B. 92, 
.60 3. 





Arabien; Jemen, das Kaffeegebirge, 903 


Dad Gebirgsland im Oſten Tehamas erhebt20) fich mehr 
oder weniger hoch, aber in jehr pittoredfen Umrifjfen, welche vie 
Plaine des Tieflanded von einem Hinter ihm liegenden, höher ges 
legenen Blateaulande trennen, das auch Hier mit dem Namen 
Nedſched (Nedjd, ſ. ob. ©. 222) belegt wird. Dieſes Gebirgd- 
land, dad wir die Borterraffe ded hohen Jemen nennen, zieht 
in irregulären Ketten und &lieverungen bis zum Südende ver je- 
menifchen Halbinjel, und befteht überall, fo weit Seegen und 
Botta es Eennen lernten, aus plutonifchen oder trachytiſchen 
Gebirgsarten, nirgend6 reguläre Stratificationen zei- 
gend, ohne ein der Direction der Glieder nad) gemeinfam 
geordnetes Syſtem von Zügen zu bilden, eher, wie es dem 
franzöſiſchen Botaniker vorfam, einer confufen Maſſe von Berg— 
anhäufung glei. Die Thäler, melche dieſe Mafjen trennen, find 
in der Regel fehr tief, ſehr irregulär, mit Steilmänden zur Seite, 
und in der Tiefe innerhalb des Berglanded mol auch durch permas 
nente Gießbäche (Seil) bewäſſert. Viele unter dieſen Bergen 
ſchätzte Botta weit höher als ven Gipfel ded Sinai (über 7000 
Fuß, ſ. 06. S. 786); als folche nennt er den oben ſchon angeführ- 
ten Sabber, Habefhi und den Berg Rema, im Oft von Beit 
el Bakih, der vom Meere aus gefehen über alle feine Nachbarn her— 
vorragt, auf dem zwar fein Schnee fallen, aber doch Eis gefrieren 
fol. Wie fi) das Plateau in Sanaa von 4000 bis 5000 Fuf 
abfoluter Höhe zu diefem äußern Bergfrange verhält, ift fchon aus 
obigem (f. ob. ©. 825) erfichtlich, und wird fich noch genauer aus 
folgenden Reiſerouten ergeben. 


1. Niebuhr's Audflug in das Kaffeegebirge von Hadte 
und Kudmä (21. und 22. März 1763) 21). 


Der ſchwediſche Botaniker Forskal hatte die nächſte Gebirgs— 
höhe in Oft von Beit el Fakih befucht, um feine gefchwächte Ges 
fundheit durch friſches Waſſer und Fühlere Luft zu ftärfen, und vie 
Gebirgsflora zu fludiren. Niebuhr folgte ihm auf ein paar 
Tage nad) und führt und zuerft in die idylliſchen Kaffeegär- 
ten Jemen? ein. 

Erfter Tag (21. Mär). Bon Beit el Fakih ritt er am 





20) Botta, Obseryat, p. 138-140, »9 Niebuhr, Neifebefchr. I. 
©. 334 — 336. 


904 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 73. 


Morgen direct gegen Oſten aus, über mehrere Dörfer bis Sen— 
nef, das dicht am Gebirge liegt, von wo man fihon vie Fleine 
Bergſtadt Hadie, 2 Eleine Stunden fern, erblidt, zu ver ein fehr 
fehjlechter Aufftieg hier und da mit Reſten türfifcher Pflaſterwege 
führte. Von hier waren noch 2 Stunden höher hinauf bis gegen 
Kusmä; aber man kam nur bis zum Dorfe Bulgöfe, einer ver 
dortigen Dorffchaften, die ganz vom Bau ihrer Kaffeegärten 
Ieben. Der zu fteile Aufgang machte hier Efel wie Maulefel un- 
brauchbar. Man flieg alfo ven fehr befchwerlichen Weg zu Fuß 
hinauf; er führte durch lauter Gärten und Kaffeepflanzungen. 
Ein großer Theil des Gebirges fchien aus demfelben jäulenartigen 
Geftein zu beftehen, wie ver Hügel bei Kahhme (f. ob ©. 893, 
Bafalt over Vorphyrfäulen). Sehr malerifch fürzten fich Eleine 
Mafferfälle über vie ſenkrecht aufgerichteten Säulen; ihre Glieder 
waren fo bequem abzulöfen, daß man mit ihnen die Untermauern 
der Gartenterraffen aufgeführt und geftügt, und die vielen zu den 
Terraffen auffteigenden Treppenftufen aus ihnen gebildet Hatte. 
Ueberall flieg man fo zwifchen malerischen Kaffeeplantagen höher 
und höher. Ale lagen flufenmeife über einander; nur einige wa— 
ven durch Negenbäche bewäſſert, andre durch Waſſerbecken (Birkets) 
mit Brunnquellen. Die Baume ftanden dichtfchattig beifammıen, in 
voller Blüthe, balfamifch duftend. Die Fünftlich bewäſſerten, fagte 
man, trügen zweimal im Jahre Srüchte; aber die Kaffeeboh— 
nen würden dad einemal nicht fo reif und nicht fo gut wie von 
der eigentlichen Haupternte. Ale Häuſer des Dorfd Bulgofe, 
von Stein erbaut, lagen ungemein Tieblich zwifchen den Baum 
garten=Terraffen; man war hier jchon hoch über dem Tehama, doch 
noch nicht halbwegs zu dem noch Höher gelegenen Kusmä, wo 
oben auf der Berghöhe der Dola refivirt, und viele unabhängige 
Gebirgschefs ??) umher das Kaffeegebirge bewohnen. Die Aus- 
fiihten waren von hier entzückend ſchön (Taf. 63). Die Nacht 
wurde in Bulgofe zugebracht; die Frauen und Mädchen, hier in 
Hemd und weiten PBantalond von blaugeftreifter Leinwand gehend, 
waren viel weißer von Hautfarbe wie im Tehama, und jchön 
gebildet (fiche die Zeichnung eined Bauermädchens in Bulgofe, das 
Waſſer trägt, Taf. 64). 

Zweiter Tag (22. März). Von Bulgofe flieg man wies 
der hinab nah Hadie, dem Fühlen, Eleinen Orte, mit trefflichem 


#22) Niebuhr, Bejchr. von Arab. ©. 245. 


Arabien; Jemen, das Kaffeegebirge, 905 


Waſſer, wo mehrere Tage in der Woche Kaffee-Marft gehalten 
wird, von dem der Dola von Kusmä den Zoll einforvert, ehe die 
Waare hinabtransportirt werden Fann zur Ausfuhr nah Beit 
el Fakih und Hodeida. Diejen Ort pflegen viele, des Ein— 
faufd der Kaffeebohnen wegen, zumal zur Erntezeit, zu bes 
ſuchen. Die Ausficht aus dem Haufe des Unter-Dola in ein Ter— 
raffenthal voll Stufenabfäße, mit Kornfelvdern und Obftgärten bes 
deckt, Hinter denen fich fteile Berge erhoben, war von ungemeiner 
Schönheit; e8 wurde eine Anficht davon gezeichnet (Taf. 65). Der 
Rückweg wurde am dritten Tage auf der fchon befchriebenen Route 
genommen. 


2. Seetzen's Aufweg über Kusma und Dorän zum 
Blateau von Sanaa (Mai 1810)3). 


Bon Zebid ritt Seetzen ebenfalld über Hadte (Haddije 
bei Seegen), die dortigen Kaffeepflanzungen zu fehen, mit de= 
nen damald dad Territorium ded Imam von Sanaa feinen 
Anfang nahm. Er fand das Thal von Hadie höchſt romantisch, 
und von allen, die er in Jemen zu ſehen befam, war es das fchönfte. 
Rund umber erhoben fich fteile, faft unerfteigliche, außerordentlich 
hohe und fpige Berge, deren Seiten bis zu den Gipfeln mit Saas 
ten und immergrünem Gefträuch bedeckt waren, auf deren Scheiteln 
Eleine Ortfchaften lagen, indeß die Thaler mit Gärten vol Kaffees 
bäumen, Manguftanen, Mufa Bifang) mit ihren Blüthen 
und Brüchten prangten, und der duftende Kada (Kady bei See— 
ben, Gät bei Botta; Celastr. edul. f. ob. ©. 795— 798), wie am 
Sabber, die Wände der Berge mit feinem Grün befleivete, von dem 
täglih die frifchen Blätter (Blüthenfnodpen? jagt Seetzen) 
überall zu Marfte getragen wurden. 

Don Hadie aud nah Kusmä waren, megen des zu fteilen 
und hohen Bergpafies, Feine Raftthiere zu haben; Seeten machte 
alfo feine nächften 2 Tagemärjche zu Buß. Sogleich begann das 
Auffteigen von Hadie auf einem Stufenwege von Porphyr— 
priömen, der immer zwifchen Kaffeepflanzungen binaufführte, 
die mit der größten Sorgfalt gepflegt waren; von allen Seiten 
hörte und fah man die befruchtenden Wafferrinnen raufchen und 
riefeln. Nach 3°, Stunden beftündigen Steigend durch dieſe ro— 


9), Serben, Mon. Correſp. B. 27, ©. 176—180. 


906 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 73. 


mantifchen Umgebungen wurde der Nüden des Berges und ber 
Felspaß erreicht, auf deſſen Höhe man, aus Indiens Frucht— 
Yand am Buße, zwiſchen Brombeergefträaud, Flechten, 


Moofen und andern Kindern einer nördlichern Flora wie in . | 


ein befanntes europäifche® Gebiet eintrat. Die fenkrechten 
Felswände glichen gigantifchen Orgelmerfen, von der Hand der Na— 
tur erbaut, denn das ganze Gebirge beftand bier aus fehr feften 
Porphyrmaſſen, die häufig in prismatifchen Abfonderun= 
gen und Pfeilern brechen. Ienfeit des Felspaſſes, wo mies 
der Kaffeegärten gepflegt wurden, ſah man fo ſchöne, reguläre, 
jechöfeitige Prismen und Säulen, daß Seegen oft verfucht war, 
fie für fünftlich behauene zu halten. Der täufchenden Außenfeiten 
ungeachtet überzeugte er fich davon, daß es Fein Bafalt, fondern 
Porphyrbildung je. Am Tage des erften Mai beabfichtigte 
Seetzen von Kusmäa nad Selfigi zu reifen, mußte aber, weil 
nicht einmal Eſel zu haben waren, im Orte raften. Als er am 
2ten Maui feine Wanderung fortfegte, wurde er von einem der dort 
in diefer Jahreszeit nicht feltnen heftigen Gewitterfchauer überrafcht 
und gänzlich durchnäßt, was ihm eine tödtliche Krankheit brachte, 
die Ihn in Medinet Abid nieverwarf, einem Sledfen, den auch 
Niebuhr's Karte am obern Ende des Wadi Räma eingetragen 
bat. Leider ift hierdurch die Beobachtung dieſer Strede unterbro= 
hen worden, fo mie der ganze folgende Monat nutzlos in der be= 
nachbarten Stadt Dorän verftrich, wo der Patient ruhen mußte. 
Aber das fühlere Elima des Hochlandes war fchon erreicht 
und trug mol vorzüglich zur Genefung ded Kranken bei. Bei 
Selfigi beftanden noch ale Berge aus verfelben Gebirgdart, 
Porphyr und Jaspis; weiter aufwärts folgten Granitberge, 
und vor Abid, wie von da bis Doran, glaubte Seesen, der 
aber zu krank und ſchwach zur genauern Unterfuchung war, Eleine 
Baſaltſäulen wahrzunehmen. Auf einem hohen Berge ober- 
bald Dorän, wo der Walfahrtsort eines Imams Wittwok— 
fel (einen Titel Mutewakkil f. 06. ©. 821, der Name ift nad Nie— 
buhr Ismael) Hefucht ward, fanden fi große Mafjen von 
Pechſtein, eine Gebirgsart, die fich meiter verbreitet fand, ſowol 
auf dem nachherigen Wege von Doran gegen Sanaa, wie auch 
weiter ſüdwärts, im den Umgebungen von Dhafar, ver alten 
himjaritifchen Königsrefivenz (f. 06. ©. 258). Niebuhr?*) nennt 








2%), Niebuhr, Beichr, von Arabien ©. 233. 


Arabien; Yemen, Tarif es Sham. 907 


dad Gebiet, in welchem Dorän, das er nicht felbft beſuchte, 
liegt, Belläpdänes, und fagt, die Stadt fei fehr alt, auf hohem 
Derge gelegen, in deſſen Belfen zwei eingehauene große Kornmas 
gazine merfwürdig fein. Von Dorän ſetzte Seeten am 31. 
Mai feinen Wanperftab weiter fort, nordwärts, und fand eine 
halbe Zagreife vor Sanaa auf einer Hochebene, bei dem Dorfe 
Hedſchas, einen Felsboden aus ſchwarzer pordfer Gebirgsart, 
bie er für Lava erflärte, ein Stein der auch näher bei ver Reſi— 
denz vorfommt und dort den gewöhnlihen Bauftein abgiebt. 
Alſo auch die Plateaubildung gehört hiernach zu den plutonte 
hen emporgehobnen Mafien. 


3. Niebuhr's Rückweg auf dem Tarif 28 Sham von 
Sanaa über Möfhak, Sehan, Haddfir und den Wadi 
Rema bei Andsjor, nach Beit el Fakih. (Vom 26. Juli 
bi8 1. Aug. 1763) 2°). 


Diefe nur flüchtige Tour (melche auf der Karte jedoch genau 
verzeichnet ward) machte zum erftenmale mit diefem Nordwege 
zum Hochlande befannt, der nach den auf legteren erlebten Unfäl- 
Ien, als ver fürzefte zum Tehama und zur Einfchiffung zu Mochha, 
gewählt ward. 

Erfter Tag (26. .Iuli). Abreife von Sanaa gegen S.W., 
auf ſchlechtem Wege über Fable Berge bis Möttene. 

Zweiter Tag (27. Juli). Der fchlechtefte Weg führte nur 
über felfigen Boden von Jafil, Boan und Chamid, einem Suk 
oder Marktort, 2, Meile. 

Dritter Tag (28. Juli). Erfter Stufenabfag. Man 
ftieg fehr flark bergab über grüne Berge, aus denen Kameele mit 
Brennholz für dad nadte Hochland beladen heraufftiegen. So bis 
Möfhak, 1% Meile, eine Eleine Stadt unter 15° 6’ N.Br., wo 
ein Dola des Imam von Sanaa, deſſen Empfehlungsbrief feiner 
Gäſte gemäß, diefen eine gaftliche Herberge bereitete. 

Vierter Tag (29. Juli). Bald auf und ab über Berge und 
Thäler, wo am Wege dfter große Stellen mit Regenwaſſer erfüllt 
lagen, denen man die Erzeugung des hier fehr einheimifchen Vena 
medinensis, bei den Eingebornen, zufchrieb, kam man nach Abhale 
tung eines fehr heftigen Hagel- und Negenfchauerd nad Sehän, 


>) Miebuhr, Reiſebeſchr. I. S. 430 — 438, 


908 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 73. 


2, Min. fern. Die Hagelförner waren fehr groß; man begegnete 
einer hHerummandernden Familie, die nicht unter Zelten, ſon— 
dern unter einem Baume lagerte, und die erfte der Art, von Ejeln, 
Hunden, Schafen und Geflügel begleitet, war, welche Niebuhr in 
Jemen begegnete. Sie gingen auf Bettelei und Dieberei aus, 
von Dorf zu Dorf, und erhielten von den Bauern Almofen, nur 
um fie wieder los zu werden. Niebuhr vergaß fie nach ihren 
Namen zu fragen, hielt fie, ihrem Handthieren nad), für den Zi— 
geunern 26) fehr ahnlich. Doch fcheint jede andre Nachricht von 
einem dortigen Vorkommen derfelben in Jemen zu fehlen. 

Fünfter Tag (30. Juli). Durch viele Bergwindungen 
zwifchen fleilen und engen Felſen erreichte man die Kaffeehütte 
Eddora, in deren Nahe man wieder die erfie Kaffeepflangung 
wahrnahm, feit vem 29. März, d. i. ſeitdem man die Kaf- 
feegärten von Udden verlaffen hatte (ſ. ob. ©. 814); denn auf 
dem ganzen Südwege von Mochha und Muſa über Taäs und 
nordwärts über die hohen Gebirgapaffe von Mharrad und Su— 
mära ift bei Niebuhr nirgends von Kaffeepflanzungen die 
Rede, die alfo wol nur ein fehr befchranftes Vorfommen 
an den Weftabhängen der Vorterraffe einnehmen. Dad 
Nachtquartier wurde, nach 2%, Meilen Weg, zu Samfur genoms 
men, dad an einem Eleinen Fluß, dem Wapdi Sehan, zwifchen Fel— 
fen liegt, der aber doch ziemliche Breite hatte. 

Sechſter Tag (31. Juli). Im Belfenthale des Wadi Se— 
han mußte man ihn oft hin und ber durchfegen, bis die Sta— 
tion Bil erreicht ward, mo Niebuhr ſehr viele Balfambaume 
(Abufhäm, wie zu Oude, f. 06.©. 799) wild wachfen ſah, deren 
Nutzen aber die Bergbemohner nicht Fannten. Von Fil erreichte man 
auf einer Berghöhe zu Hadsjir eine gute Herberge (Simfera) mit 
ſchönen Gifternen. Hadsjir liegt 2%, Meilen fern von Samfur, ift 
von ſchönen, grün bewachsnen Bergen umgeben, auf denen bier 
und da große Dörfer lagen. 

Siebenter Tag (1. Aug.). Hier folgte der Abftieg ver 
zweiten Hauptftufe der VBorterraffe zum Tehama. Denn 
an.einem Kleinen Bache, vem Kulabe, der fich am Wege im Sande 
verliert, ging e8 bin und dann beftändig 1°%% deutſche Meilen 
bergab, bis zur Kaffeehütte Andsjor, nachdem man kurz vorher 
den Wadi Nema (ver von Abid, von N.O. herabfommt) durch— 


826) Niebuhr, Reifebeihr. I. ©. 432. 


Arabien; Jemen, Tarif es Sham, 909 


fest Hatte. Hier traten wieder, am Fuße der VBorftufe, jene 
Säulenbildungen (ob Bafalt? over Vorphyrpfeiler nach See— 
gen?) hervor, wie fie Niebuhr bei Kahhme am 19. März und 
zu Bulgofe beobachtet Hatte. Diele waren von ihnen losge— 
wittert und die Berge hinabgeftürzt. 

Achter Tag. Bon Andsjor wurde auf ebenerm Lege des 
Tehamad die Stadt Beit el Fakih nah 7% deutſchen Meilen 
Wegs erreicht. 


4. Gruttenden’d und Dr. Hulton's Erfteigung der Vor— 
terrafie und des Plateaulandes von Sanaa auf 
dem Nord Wege (Tarif es Sham), vom 18. bis 26. 
Juli 1836; mit Höhenmejfungen und geognoftiichen 
Beobachtungen. 


Auf einem faft mit Niebuhr's zuſammenfallenden Wege, 
doch mit einer anfangs etwas nördlichern Abweichung, bis die 
Route nordoſtwärts zu Hadsjir in die Hauptroute von da 
über Samfur und Möfhaf nah Sanaa einlenfte, erhalten wir 
ein forgfältig aufgezeichnetes Tagebuch, nebft einer gut conftruirten 
Wegkarte über diefelbe Tarif es Sham, die beim Hinaufmege, 
im Monat Juli 1836, vieles vervollftändigt, was auf dem flüch- 
tigen Hinabwege Niebuhrs, Ende deſſelben Monats im Jahre 
1763, nur angedeutet ward. 

Erfter Tagmarſch (18. Juli)?”). Von BeitelYafih nad 
Sennif, 8 Stunden gegen N.O. Man erreichte beim Abendaus— 
marjch bald den Fuß der Bergzüge, von einem Walddickicht bedeckt, 
die einzige Stelle, wo man von einem NRaubüberfall bevroht zu 
fein meinte; doch war ed nur blinder Lirm. Man überftieg nad 
Durchſetzung eined Engpaſſes die nievere Schulter eines Vor— 
bergs, und trat dann durch eine dichte Waldſchlucht in das ſchöne 
Thal von Sennif (ein andres ald das oben von Niebuhr ge- 
nannte) ein. Die ganze Scene war verändert, man ging im ſchat— 
tigen Dunfel hoher majeftätiicher Ulmen und weit ausgebreiteter 
Tamarinden an einem Eleinen Gebirgsftrome hin, deſſen Ufer frucht— 


?7) Cruttenden, Narrative im Journ. of the Roy. Geogr. Soc. of 
Lond. Vol. VII. p. 273; deifen Journ. in Proceedings of tlıe 
Bombay Geogr. Soc. 1838. p. 44; nebft Sketch of the Northern 
Route from Mokha to Sana, by J. G. Hulton, Med, Dr., and 
C, J. Cruttenden, Ind. N. 1836, 


910 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 73. 


bar, vol Anbau. Um 2 Uhr des Morgens wurde hier Halt ges 
macht. Die Landjchaft zeigte fich voll Reize. 

Zweiter Tag (19. Juli). Salt in Sennif. Indem Dorfe 
Sennif von etwa 1000 Einwohnern, nur in fonifchen Strohhüt— 
ten wohnend, das auh Suf el Jumah (d. i. der Freitags— 
Markt) hieß, war Marfttag, und daher das gute Karawanſerai 
fehr gefüllt mit Fremden. Zmifchen bier und Sanaa liegen noch 
7 andre Marftorte, in deren jedem an einem andern Tage Wo— 
henmarft gehalten wird; fie liegen jo auseinander, daß fie in 
feinen Nachtmärfchen-erreicht werden Eünnen, fo daß der Waa— 
rendurchzug bis zur Nefivenz hierdurch ungemein gefördert wer- 
den Fann. Die Sheiks forderten von jeder Waare einen Zoll, der 
jedoch nur fehr gering war, beichüßten aber auch die Kaufleute in 
ihrem Eigenthum auf ihren Wanderungen. Der biefige Sheikh be= 
wohnte das einzige große Backſteingebäude; er beſchenkte feine Gäfte 
mit einem Schafe. Das Thal, in welchem died große Dorf liegt, ift 
iwie ein Hufeifen geftaltet, und gleich forgfaltig angebaut wie nur 
die Ländereien in Indien, mit Waizen, Jomwari (Holc. sorgh., 
alfo Durra) Gerfte, Mais und Indigo. Wie das Land, fo 
war auch das Volk gegen dad kaum verlafiene Tehama völlig ver« 
andert. Die Männer trugen Eonifche Strobhüte und wie die Weis 
ber blaue, weite Pantalond um die Hüften zufammengefchnürt, ald 
Kopfpuß ein Tuch mit Stahlfetten ornamentirt; ihre Oeftalten wa— 
ren weit fehöner wie die der Bauern im Tehama; gewiß hatten vie 
fühleren gefünderen Berglüfte hieran ihren Antheil. 

Hier fahen die englifchen Neifenden die erften Bergaraber 
(Bedawis of the mountains ), fonft Kabylen genannt, von fehr 
ſchlanker, eleganter Geftalt, mittler Größe von 57%, Fuß, weit hel— 
lerer Farbe als vie Küftenbewohner. Sie trugen langes, ſchwar— 
328, gekräuſeltes Haupthaar, verachteten aber den Strohhut des 
Aderbauerd, und gingen in dem gewöhnlichen blauen Hemd 
mit weiten Aermeln, mit dem ledernen Gürtel, dem graden langen 
Dolch, furzem breiten Schwert und der langen Luntenflinte bewaff- 
net. Zu Pferd ſah man fie nie ohne den langen Speer mit 
dem Büſchel von Pferdhaar (Roßſchweif; bei den Beduinen 
Straußfedern) an der Spite. Leicht beleidigt, aber auch bald be— 
rubigt und fchnell wieder audgejöhnt, waren fie voll neugieriger 
Tragen an die Säfte über Wilayah (Land der Iremden, d. i. Eng« 
Iand), horchten aber noch lieber verwundert den Spieldoſen zu, 
welche ihnen vorgehalten wurden, riefen dann laut aus; „Ich fliehe 


Arabien; Jemen, Tarik es Sham. 911 


zu Allahs Schus vor Satan, dem geftürzten!” und eilten ſchnell 
davon. Doch wurden diefe von den Erfahrnern ausgelacht wegen 
ihrer Albernheit. Alle bezeugten ihren Haß gegen die el Ahmarän 
d. i. die rothen Männer, nämlih vie Türken, und lachten 
fpöttifch der Drohungen dieſer Verwegnen, die es fich wollten ein= 
fallen laffen, durch die Gebirgspäfje das Innere ihres Berglandes 
erobern zu wollen. Der Miſſionar Wolff traf hier in Sen= 
nif 23) jenen Bauer von den benachbarten Barro=-Bergen, der zu 
feiner Harfe ihm einen fchönen Liebesgeſang aus Mohammeds Zeit 
vortrug, deſſen Stoff fid) zu einer poetiichen Darftellung eignete, 
die jener auch mitgetheilt hat. 

Hier in Sennif traf man den Anführer der großen Kaftla, 
die fchon auf dem Wege nah) Sanaa voraudgeichritten war, und 
die man noch einholen konnte; auch ein paar Sanaa Kaufleute, 
die auf fehr ſchönen Maulthieren vie Reife machen modten, jchlof= 
fen ſich vem Zuge an, der von hier a5 wegen der fihlechten Wege 
nicht mehr des Nachtd, fondern nur am Tage fih in Bewegung 
jeßen Fonnte. 

Dritter Tag (20. Juli) 29). Bon Sennifauf den Berg— 
paß der Simferä Haddjir. Durch dad romantisch ſchöne Thal 
des Wadi Koleibah, an deſſen oberm Ende Hadsjir gelegen, 
begann man aufzufteigen; die Scenerie wurde immer fchöner und 
prachtvoller, die Berge dicht bewaldet mit venfelben Bäumen, die 
man vor kurzem aud in ven Bergen ver Infel Sofotora gejes 
ben. Die Zahl der Dörfer nahm zu, die Bergfeiten wurden zu 
fteil, um Kornbau zu treiben; die Terrajjencultur blieb allein 
übrig und nahm fo ganz das Gebirgslano in Anfpruch, daß viele 
Stellen vefjelben ven Anblid großer eultivirter Amphithea— 
ter gewährten. Die Bergpfade waren fo eng und fteil, daß man 
oft von den Pferden abfigen mußte. Die Dorfhäufer waren bier 
meift aus Steinmauern, auf oft überhangenden Klippen, höchſt ro- 
mantifch aufgebaut, mit platten Dachterrafien. Im der größten 
Hige des Mittags raftete man im Dorfe Abu Firfh, und ftieg 
dann wieder fteil bergan. Viele bejondre Baumarten von ftattlichem 
Wuchs, zumal von einer, ſchwammiger Natur, mit einem Stamm 
2,4 Buß im Durdymefjer, mit ſehr breiten leverartigen Blättern, 
Tolaf genannt (eine Art Ficus bengalensis?), fiel beſonders auf, 


®»2#) J, Wolff, Journal 1. c. p. 386. ) Cruttenden, Narrative 
l. c. p. 275; defien Journal I. c. p. 44. 


912 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 73. 


weil man auf ihm mol 300 Neſter in Birngeftalt, eines ſperlings— 
artigen Vogeld (Bai=ah), wahrnahm. Rothbeinige Rebhühner, 
Bafane, indifhe Waldhühner (Jungle cock), und andres 
Geflügel ſah man in Menge. Nach 3 Stunden ſehr beſchwer— 
lichen Emporfteigend erreichte man auf dem Bergrüden, ven er= 
fiegenen Paß zu beiden Geiten beherrichend, vie große befes 
fligte Simferä von Hadsjir, das caftellartige Hospitium der 
Karamane; ein quadratifcher, 4O Fuß hoher Bau umberlaufender 
Mauerwande, 2 Stock hoch, mit Zellen nach dem innern Hofraum 
zu, in welchem die Waaren abgeladen wurden und die Kaftthiere 
ihre Stallung erhielten. Um 5 Uhr hatte man diefe Station er— 
reicht, die nach) Angabe des Eochenven Waſſers 1200 Fuß über dem 
Meere liegen fol, und mo die Wärme fehon ganz gemäßigt war; 
die Temperatur zeigte 20° 89! R. (79° 8.). 

Auf eliner andern Bergfette, unmittelbar über Hadsjir, er- 
hob fich eine Feftung, dem Tribus der Beni Doleibi gehö- 
tig, die nur dem Namen nach eine Örenzfefte des Imams 
heißt: denn dieſe Bergaraber erhoben hier aus eigner Willkühr von 
allen durchziehenden Waaren einen Zoll, ſchützten aber dafür auch 
die Karawanen, jo weit fie ihr Territorium betraten. Hier in ber 
Simſerä Tagerte fchon eine große Kaflla mit Gütern von Ho— 
dDeida, die nah Sanaa beflimmt waren, unter einer Escorte von 
etwa 30 Mann aud der Vefte, bei welcher ver Scheikh Ghazi 
Naiji fih in Perfon felbft befand. An viefe fchloffen fich vie 
britifchen Keifenden an und wurden von ihr mohlmollend aufge= 
nonmen, ohne Zoll zn zahlen. 

BierterTag (21. Juli). Bon Hadsjir nah Samfur?"). 
Mit Sonnenaufgang wurde aufgebrochen und in eine Schlucht ges 
gen O.N.O. hinabgeftiegen, durch ein breites jchöned Cultur— 
thal, das fich immer mehr und mehr erweiterte, 5id gegen Hu— 
fun (Plur. von Sifn, Schloß) Dikarah oder Dakrah, eine fehr 
ftarfe Fefte auf einem Kegelberge, die demfelben Tribus angehört. 
Das Thal des Wadi Seihan, von N.O. kommend, bildete hier 
eine Ebene, die fich abwärt3 gegen N.W. ziehend, immer mehr aus— 
breitet, bi8 fie die Ebene des Tehamas erreicht, wo fich der Wadi 
wenige Meilen im Norden des Paralleld von Hodeida im Sande 
verliert. Die Berge an der Norvfeite dieſes Wadi find die Dſche— 


330) Cruttenden, Narrative 1. c. p. 276. 


a 


EEE 


Arabien; Jemen, Harraz= Berge. 913: 


bel Harräz (Sarras nad) v. Hammer) 21), und an der Süpfeite 
deſſelben die Dſchebel Burr& (Bura nad) v. Hammer); auf 
beiden find Kaffeepflangungen, auf letzteren nur Eleine und 
unbedeutende, auf ven Harraz= Bergen aber zahlreiche, von ganz 
vorzüglicher Güte, wie auch das Obſt, das diefelben erzeugen, 
weit und breit berühmt ift. An vielen Stellen des Wegs fanden die 
Reiſenden große Einhegungen von Feldern verfchiedener Kornarten; 
doc rieth man ihnen, vor ven Beni Khorah (ob Kora? etwa vom 
Dichebbel Kora, im Norren bei Taif, hierher eingemwandert?) fich zu 
hüten, die in den Thälern ver Harraz- Berge ald Wegelage— 
rer lauerten, und deshalb nicht zur Seite abzufchweifen. Sie foll- 
ten, gegen die Gitte andrer arabifcher Raubtribus, ihre Gefangenen 
ermorden. Deshalb erhielt die Karawane noch eine verftirfte Es— 
corte von den Hufun Dikarah. Diefer gefürchtete Theil der ho— 
ben Ebene ward Kubt ibn Deran (wol Khobt Derham, d.h. 
Drachenebene, b. Niebuhr), genannt; man zeigte viele Grab— 
ftellen der Ermordeten durch diefe wilde Beduinenrace, die mit 
dem Tribus der Beni Lam im Aſyr-Lande in Verbindung fte= 
ben follte. 

Man jchritt nun über viel welliged und öderes Land ald das 
zuvor verlaffene, Fam zu einem breiten Giefftrom, der zum Wadi 
Seihan ſtößt und durchjegt wurde, um das Dorf Samfür zu er— 
reichen. Hier traf man auf eine zweite große Kafila von 70 
bis 80 Kameelen, die von Sanaa fam un nah Mochha ging. 
Man taufchte die Escorte, und vertraute fich dem Schutze des 
Sheikh el Jerädi an, ver ven Schug bis Möfhak, 2 Iagreis 
jen fern von Sanaa, über fich nahm. Samfur, nur etwa mit 20 
Hütten, zeigte eine Wärme von 22° 2’ R. (82 F.); der Scheifh 
gab die befte Hütte zum Nachtquartier und ein Schaf zum Gaſt— 
geichent. Man hatte die ſchönſten Iandfchaftlichen Scenerien durch— 
wandert, die Thaltiefen lagen voll üppiger, fchattiger Waldung; 
über fie fliegen nackte Kalkftein£lippen empor; ein SKaltplag, 
unter einem berabgeftürzten mächtigen Felsblock, bot in einer Grotte 
20 Reiſenden Schuß dar. Die Einwohner fand man durchaus 
nicht fo frech wie die Küftenbewohner zu Aden, und voll Bejchei- 
denheit. 

Fünfter Tag (22. Juli) *). Von Samfür nad) Eddora— 


) 9. Hammer, Wien, Jahrb, 1841, Bd. XCIV. ©. 72. 2) Crut- 
tenden, Narrative p. 277. 


Ritter Erdkunde XI. Mmm 


914 DWeft-Afien, IV. Abtheilung, 9, 73. 


Weiter nordoſtwärts fortfchreitend boten viele Verfäufer von ven 
Harraz-Bergen, die am Wege faßen, Körbe vol öftlichen Obftes 
an, zumal Pfirfiche, Aprifofen, mehrere Sorten Weintrauben, 
MWallnüffe und eine Eleine Birnart (Stonepear in England). 
Die Harraz-Berge erhoben jich wenigſtens noch 1500 %. über vie 
Hochebene von 1500 Fuß, welche man durchſchritt fo, daß fle ficher 
bis zu 3000 Fuß hoch auffteigen, aus einem Trappgeftein ge= 
bildet, und von einem Araber- Tribus bewohnt, der dem Imam 
zwar nominell unterthan ift, aber, gleich allen andern Bergtribug, 
feine Abgaben zahlt, fondern nur den Zoll von ihrem Kaf— 
feeertrag, wenn fie diefen in die Thore von Sanaa bringen. 
Die Kaffeebohnen von den Harraz= Bergen find fehr vor— 
züglich, doch nicht von der beften Sorte, welche der Baum von 
Udden liefert, ver bis 12 Fuß hoch wächſt und den Uddeinie 
Kaffee gibt (ſ. ob. ©. 814). Das Thal, in welchem die Kafıla 
aufftieg, wurde nun enger und enger, an vielen Stellen nicht über 
20 Schritt breit; zu beiden Geiten fliegen die Berge 1200 bis 
1400 Fuß über die Hochebene, dicht bewaldet hinauf bis zu 200 
Fuß unter den Gipfeln, wo erft der nadte, graue Kalkftein (2) 
bervortrat. Unter einer herabgeftürzten Felsmaſſe, die den Weg 
verrannte, lag eine Mofeija mit einigen Hüttchen, bei der man 
den Reſt des Tages verweilte. In der Nähe befand fich eine Kaf- 
feepflanzung von ver heiten Qualität; eine fünfllich in einen 
berabgejtürgten Felsblock eingehauene Felötreppe führte zu der Kaf— 
feepflangung Dorah, over Evdorazsbei Niebuhr. Der Bo— 
den, in deſſen geſchützten Thaljchluchten der Kaffeebaum am beften 
gedieh, war von den Berghöhen herabgeſchwemmtes Erd— 
reich von Bafaltgeftein, von verwittertem Thon (Clay) 
und porphyrartige Gebirgdarten, die irregulair verbreitet 
find, mit Trappfelsunterlagen, unter denen, je näher man 
gegen Sanaa vordrang, der Bafalt vorherrfchenn wurde (f. oben 
Seetzen's Porphyre und Laven). Das anftehende Thongeftein 
(Clay) findet fih nur in den höher gelegenen Diftrieten, 
deſſen Schuttmaffen aber nur in ven nad allen Seiten 
ſich eröffnenden und überſchwemmten Schluchten. Zwiſchen 
den Kaffeepflanzungen wachſen auch Feigen, Plantain, 
Drangen, Eitronen und eine Eleine Art Indigo. Der Kaf- 
feebaum trägt hier nur 6 Jahre, dann ift er erfchöpft, und um 
auch fo lange ertragreich zu fein, muß er jeven Morgen und jeden 
Abend feine Bewäſſerung erhalten. 


Arabien; Jemen, Hochland von Möfhak. 915 


Sechſter Tag (23. Suli). Bon Eddora nah Möfhak2). 
Bon der Escorte des Scheifh begleitet, verließ man Ed dora und 
erreichte gegen N.D. in 9 Stunden die Station Mofhak (Möf— 
hak bei Niebuhr). Das Land ward mehr offen und war hoch 
eultivirt mit Waizen, Maisfelvern; aber Gerfte war das 
Hauptforn. Hier traf man wieder viele Bäume, wie fie Crut— 
tenden auf feinem zweimonatlichen Survey auf der Infel Soko— 
tora mit Lieutn. Wellfted wahrgenommen hatte, zumal in dem 
dortigen Dichebel Hajjiyeh. Damals Hielt Dr. Sulton diefe Bäume 
für der Infel eigenthümlich; jeitvem aber wurden fie auch im Rüden 
der Berge von Dhafar (j. ob. ©. 301, 651) und hier in Jemen 
wieder aufgefunden. Dazu gehörte ver Drachenblutbaum und 
der Luban (Weihrauchbaum, iventifch mit dem Sabhur auf So— 
kotora), welche in beiden Localitäten, auf der Inſel wie bier in 
Jemen, in Dhafar und bei Haſek (f. vb. ©. 656) ganz ala dieſel— 
ben Arten erfchienen. 

Nach zwei kleinen Stunden bejchwerlichen Aufftiegs, öfter über 
fteile Treppenfluchten, öffnete fi das Thal von Dora (Ed: 
dora) im eine jchöne breite Ebene, in deren Mitte das Dorf 
Seihän (Sehän bei Niebuhr) Tag, zwifchen trefflich be— 
wäſſerten Aderfluren, die in größter Ueppigfeit Waizen, Gerfte, 
Mais, Durra (Jowari) trugen. Von da fehritt man in menis 
ger beengter Berglanpfchaft fort, 6i8 man um 3 Uhr dad Dorf 
Möfhak und ein gutes Quartier im der dortigen Simferä ers 
reichte. Dad Dorf mit 50 Hütten, auf dem Rücken eines langen, 
300 Buß hohen Bergs gelegen, hatte das Anfehn einer fehr gro= 
pen Bortification. Man hatte hier noch eine Kaffeepflanzung 
von der Sorte der Uddeüni-Bäume angelegt, fie entfprach aber 
der Erwartung nicht; der Boden, jagt Eruttenden, war zu 
troden (vielleicht auch die Lage fhon zu hoch?). Da von hier der 
Weg bis Sanaa ganz ficher war, jo fehrte hier der Scheifh mit 
feiner Göcorte zurück, nachdem er durch ein Geſchenk von Weißzeug 
und Schießpulver beglückt worden war. 

Möfhak liegt, nah) Cruttenden's Beobachtung, unter 15° 
EM Br. (wenige Minuten nördlicher als bei Niebuhr); das Ther— 
mometer im Schatten gab 18° 67’ R. (74° F.), des Nachts war 
e8 bitter Falt. 


»'9) Cruttenden, Narrative I, c. p. 278. 
Mmm2 


916 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.73. 


Siebenter Tag (24. Juli)’. Nur ein kurzer Weg von 
4 Stunden gegen O.ND. war von hier zum Dorfe El Hudhein 
(Hadein bei Niebuhr) zurüczulegen, von wo vie Reiſenden ihre 
Empfehlungsbriefe mit einem Courier nah Sanaa voraus fchid- 
ten, an einen dortigen Großhändler, dem fie von ihrem Freunde in 
Mochha, dem Saji Abo er Naful, dringend empfohlen waren. Das 
Thermometer im Scyatten gab 13° 67' Reaum. (73° Tahrh.); eine 
Quelle dicht am Wohnhauſe 14° 22° R. (64° F.). Um EI Su- 
vhein Sagen mehrere Dorfichaften; die Bauern drängten fih um 
die weißen Fremdlinge und wollten von ihnen erfahren, ob e8 bald 
regnen werde, was ihren Sluren bei der mehrere Jahre anhal— 
tenden Dürre fo jeher Noth that. Da es feit einigen Tagen. ſchon 
gedroht hatte, jo konnte man ihnen mit ziemlicher Sicherheit ven 
Regen verfprechen. Mit der Bejahung zogen fie vol Jubel ab von 
den weißen Männern, die Alles wiſſen jollten! 

Achter Tag (25. Juli). Aufbruch um Halb 7 Uhr gegen 
O. N.O., in 8%, Stunden nad) Motteneh (Möttene bei Nie- 
buhr). Nah 3 Miles Weges Fam man am Suf el Khamis 
(Chamis Hei Nieb.) vorüber, und nach 7 zum großen Dorfe Bo— 
wän, wo eine Steinbrüde über den Zufluß zum Wadi Gei- 
hän führte, die einzige die man in Iemen wahrnahm. Dann wurde 
das Dorf Dazil, von 30 Häuſern, erreicht. Die Strede von EI 
Hudhein an, 2 Stunden, war man almählig immer emporge— 
ftiegen (zur obern Plateauſtufe, ſ. 0b. ©.827). Das Ge- 
birge zurüclafiend, hatte man einen prachtvollen Rückblick von hier 
aus gewonnen, in einen Halbkreis von Bergen, den man dem Cra— 
ter eine? ungeheuern Vulcans vergleichen konnte, deſſen innere 
Seitenabfälle aber von oben bis unten in regulären Terrafjen 
angebaut waren, deren Gruttenden an 150 in ununterbrochener 
Aufeinanderfolge, eine über der andern, zählte. Das Ganze ge- 
währte einen außerorventlichen Ueberblif. Am Fuß dieſer cultivir- 
ten Vertiefungen floß ein Strom (Wadi Seihan nad Niebuhr's 
Karte), ver von dieſem hohen Standpuncte nur wie ein Gilberfaden 
ausjah. Kleine Dörfchen, jedes mit einer weißen Mofchee geſchmückt, 
hingen auf den Abhängen der Berge und ver Culturftufen, und 
trugen nicht wenig zu dem reizenden Anblick bei. Die Neijenden 
zogen am obern Rande dieſes Amphitheaters nur auf eine Furze 
Zeit hin, und hatten hier jchon das hohe Plateauland erreicht, 


°»°°) Cruttenden, Narrat. J. c. p.279; derſ. in Journal p. 46. 





Arabien; Jemen, Sanaa- Paten. — 917 
* 


von ganz anderer Natur, eben, ſteinigt, trocken, das ſich 
bis Mötteneh ausdehnte, ein Tafelland, das man mit einiger 
Sicherheit bis zu 5000 Fuß Erhebung über ver Meeresfläche ſchä— 
gen durfte (nach Mefjungen mit fochendem Waffer). 

Dr. Hulton’sd Noten 35), vor feiner Krankheit in Sanaa nie- 
dergefchrieben, enthalten über den zurückgelegten Weg folgende Be— 
merfungen: Die Berge in der Nähe von Sennif, nicht beſonders 
hoch, fcheinen aus Trappgebirge verfchiedener Arten zu beftehen. 
Diefelbe Gebirgsart herrfcht vor in Samfur, wo jedoch ihre Zu— 
fammenfegung mehr eryſtalliniſch zuſammengefügt ward und ven 
Character einer Granitbildung annahm. Auch die Formen der 
Berge werden höchſt mannichfaltiger Art. Staunenswerthe Maffen 
find die eine über der andern emporgehoben zu gewaltigen Höhen. 
Andere find wieder hinabgeftürzt, und in fo großen Maſſen, daß 
fie ganze Thäler zuzudämmen fheinen. Nahe Möfhak verfchwin- 
det dieſes Geftein, und eine gemengte Gebirgdart wird vor— 
herrſchend, mit überwiegend eingemengter Hornblende, Alaun 
und Duarztheilen. Von El Hudhein an wird Thongebirg 
_ (Clay) vorherrfehend, und von diefer Gebirgsart fcheint der 

größere Theil der fruchtbaren Schuttmafjen in vie Thä— 
ler hinabgeflößt zu fein. Kat man erft die hohen Berge 
jenfeit Khamis überftiegen, fo tritt man in weniger bergi— 
ged Land ein; dagegen zeigt diefer Boden mehr vulcanifche 
Natur. Große Maſſen zelliger Trapparten und Schladen (Sco- 
riae, Laven bei Seesen) Tiegen zerftreut über die Sochebene ber. 
— So weit Dr. Sulton. — 

In Mötteneh, einem Dorfe mit 250 Ginwohnern, erlebte 
man einen ſehr heftigen Gemwitterfturm, ver viele Hütten des 
Dorfd umriß und 3 Stunden lang dauerte. Es ſollte feit 3 Jahren 
hier kein Regen gefallen fein; daher diefer erfte Negentag 
dennoch wie ein Feſttag gefeiert ward. Das Thermometer ftand 
Abends 8 Uhr im Schatten auf 17° 78’ Reaum. (72° Fahrh.), und 
ſank 2 Uhr des Morgens auf IHN, (53° 8.). 

Neunter Tag (26. Juli). Don Mötteneh bradh man um 
7 Uhr auf, hatte aber nur Hohes Tafelland bis 10 Uhr zum 
Dorfe Lalmwä zu durchziehen, und auch dann noch bie Affur, 
das am Oſtrande deſſelben liegt, von welchem ver Blick in dad er— 
jehnte Thal ver Reſidenzſtadt Sanan fiel, zu der man, etwa 





) Cruttenden, Narrat, p. 280. 


918 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $.74. 


1200 Fuß tiefer Hinabfteigend, um 3 Uhr durch das Bab el Ya— 
hudi eintrat, worüber ſchon oben das Nöthige mitgetheilt ift. Und 
hiermit nehmen wir nun diesmal von dem merfwürdigen Je— 
men, dem Kaffeegarten Arabien, Abfchievr, um und weiter 
hin in den Räumen und Dertlichfeiten auch ded mittlern und 

nördlichen Arabiens wo möglich gleich einheimifch zu machen. 


Anmerfung. Die geographifhe Verbreitung des Kaffee- 
baums (Coffea arabica L.) in der Alten Welt, nad feiner 
wilden wie Cultur-Heimath in den verfhiedenen Sta— 
tionen; fo wie die Einführung des Kaffeetranfg in die 
@ivilifation des Drients und Decidents*). 


Achtes Kapitel. 


Die Weftfeite der arabiſchen Halbinfel, 
‚ Bortfegung. 


$. 74. 


II. Das Grenz-Gebirgsland der unabhängigen Araber: 


Stämme zwifchen Jemen, Hedfchas und Nedſched. 
Die Afyr - Gruppe. 


Wir müffen hier auf unferer Wanderung von ver fo eben be— 
trachteten Arabia felix im ©., gegen den N., zu dem Gebiete der 
heilig gehaltnen Centralpuncte Arabiens, Meffa und Medina 
im Hedfchas, zum zweiten male einfehren in die große Terra 
incognita des arabifchen Gebirgslundes, aus welcher und 
die Namen von Nedſcheran, Afyr und andere ald unbekannte 
Größen entgegentreten, an denen ſchon vor Jahrtauſenden fich, wie 





*) Da der Raum diefes fchon Hinlänglich ftarfen Bandes XI. es nicht 
geftattet, diefe zur geographifchen Eharacteriftif Arabiens 
gehörige Monographie Hier, wozu fie eigentlich ausgearbeitet 
war, einzufchalten, jo wird fie mit andern Arabien Haracterifi- 
renden PBroductionen, dem BPalmbaum und dem KRameel, 
die ebenfalls als für fich beftehende Monographien zur Pro- 
ductenfunde Arabiens gehören, als beliebige Beilage zu 
diefem Bande befonders gedruckt ericheinen und zu haben fein. 


Arabien; Mittelarabien, Alyr. 919 


an der erſteren Nedſcheran, die Macht der himjaritiſchen 
Könige brach, wie in neuefter Zeit an der zweiten Aſyr alle 
Streitfraft ded für unüberwindlich gehaltnen Vicekönigs von Ae— 
gypten, Mehmed Ali, in Ohnmacht verfanf, und ihn, ftatt feinen 
Thron als jelbftändiger König in Arabien aufzufchlagen, zwang, 
fih mit dem Scepter der alten Ptolemäer, jepoch ala eines Va— 
fallen, am herrlichen Nilftrom zu begnügen. Beim erften Befuche 
dieſes Gebietes fuchten wir und im demjelben durch Angabe ver 
älteften arabifchen Berichterftatter, ‚eines Ißtachri, Edriſi und 
Abulfeda, zu orientiren, fanden aber nur durch dieſes Labyrinth 
von eonfufen Daten, Namen, alter wie neuer Zeiten, den einzi— 
gen gangbaren Weg auf der durch den trefflichen Burkhardt 
erfundeten Hadj el Kebſy-Route (j. oben ©. 193 —213) hin 
durch, die und wie ein Faden der Ariadne wieder glüdlich aus 
dem großen Gewirre herauszuführen im Stande war. Seitdem find 
einige NRefultate ver verunglücdten Krieaführungen der Aegyp— 
tier auf ſehr verichtedenen Wegen in Europa befannter geworden, 
und aus diefen, jo unvollfommen fie auch noch in Bezug auf 
das Ganze diefer Terra incognita fein mögen, geht und doch 
ſchon theilweife einiges Licht mehr auf über dieſe in der arabi- 
schen Völfergejchichte und Geographie bisher faft gänzlich unbeach— 
tet gebliebene Localität, über die wir, rein ald Nefultat der erft 
fürzlih vergangenen over gegenwärtigen Zuflände, auf 
jene der Vergangenheit im obigen zurüdweifend, hier folgendes, 
wenn auch nur in Bragmenten, mitzutheilen im Stande find. 


Anmerkung. Angabe der Quellen und Hülfsmittel zur 
geographifhen Kenntnif des zuvor unbefannten Grenz: 
gebirgslandes der unabhängigen Araberſtämme zwiſchen 
Semen und Hedfchas. 


1. Chedufeau's und Maris Beobadtungen. 

Schon früher ift gefagt, dag Chedufeau, Generalftabs Arzt der 
ägyptifchen Armee in Mrabien, und Lieutn. Colonel Mari, Adjutant 
Achmed Paſchas, des Commandeurs in Arabien, während einer achtjäh- 
rigen Kriegführung und Decupation in Hedſchas und Afyr ihre 
Lage zu fehr vielen Beobachtungen über Land und Leute dafelbft benug- 
ten, deren Gefammtpublication höchſt wünfchenswerth wäre, weil, nachdem 
der Vicekönig feinen Einfluß in Arabien ganz aufgegeben, wol nicht fo 
leicht fi Gelegenheit finden würde, auf einem Gebirgsgebiete, das al: 
les Fremde zurückſtößt, fobald wieder ähnliche Beobachtungen durch 


920  Weft-Aften. IV. Abtheilung.  $. 74. 


Europäer veranftalten zu fünnen (f. ob. S. 760 — 761). Herr Somard, 
der wiflenfchaftliche geographifche Patron des arabifchen Drients, hat das 
Derdienft, wenigitens vorläufig einen Theil der Nefultate ’°), welche 
aus den Memoiren diefer Beobachter für die Topographie jener Lande 
fhaften, über welche uns bis dahin jede Gefammtüberficht fehlte, hervor: 
gehen, durch den Druck mitgetheilt zu haben, die wir hier an die Spitze 
unferer Mittheilungen fteflen fünnen. 


2. ©alinier’s und Ferret's Karte (Manufer.). 

Im Sahre 1840 brachten die auf eine wiffenfhaftiihe Expe— 
dition von dem franzöftfchen Sonvernement für Abyffiniens Unter- 
fuhung ?”) ausgefandten und mit allen dazu nöthigen wiffenfchaftlichen 
Hülfsmitteln ausgerüfteten Bapitaine vom Generalftabe, Galinier und 
Ferret, bei der Meberfahrt über das Rothe Meer nah Habeſch auch 
einige Zeit in Dfehidda, dem Hafenorte von Meffa, zu, die fie unter 
andern auch zur Conſtruction einer nenen Karte für den genannten 
Theil Mittelarabiens, nach den [ehr zahlreihen Routiers von 
Chedufeau und Mari, benugten (f. ob. S. 760). Ohne felbit, was 
freilich für ung noch exwünfchter gewefen wäre, eigne geogranhifche Orte: 
beftimmungen im dortigen Binnenlande vorgenemmen zu haben, ift ihnen 
doch die Wiffenfchaft zu großem Danfe für diefe Arbeit verpflichtet, da 
fie eine wichtige Lücke in unfrer bisherigen Kartographie ausfüllt, durch 
welche auch diefer Theil der Karte von Berghaus wejentliche Berichtigun: 
gen erhält, die um fo erfreulicher find, da Niebuhr über diefen Theil 
ganz rathlos gelafien, und auch Somard’s *) aus Ähnlichen Quellen 
gefloffene und jo danfensiwerthe Beiträge nur fehr ungenügend hatten 
bleiben müſſen. Da diefe Karte, welche wefentliche Bervollftändigungen 
der Kartenffizzen von Blanat und Tamiſier enthält, bie dahin nur 
als Handfchrift im Depöt de da Guerre niedergelegt, und weder der 
Pariſer Academie, die ſich daher auch nicht als für ihren Inhalt vefpon: 
fabel ausgeiprochen, noch durch Veröffentlichung dem Publicum mit: 
getheilt war, fo haben wir es hier als eine befondere Gunft anzuer- 
fennen, daß die Herren Ferret und Somard unferm perfönlichen Ge: 
ſuche zu Paris, im Mai 1845, diefen Schab für unſere Privatarbeit 
benugen und ausbenten zu dürfen, auf die anfpruchslofefte und zuvorkom— 
mendfte Weife entgegen kamen. Wir nahmen felbit eine vollffändige 

#96) Geographie de l’Arabie d’apres Mons. Chedufeau; Notice r&- 
digee p. MM. Galinier et Ferret im Bulletin de la Soc. Géogr. 

Deux, Ser. 1843. T. XX. p.106— 128; vergl. ebend. Bull. Fevr. 

1843. p. 172; Bull. T. XIX. p. 324 —325, 395 etc. ) Arago, 

Rapport fait a l'Académie des Sciences; Tableau ete. im An- 


nuaire pour FAn 1846. Paris 1845. p. 534. °*) Jomard, Essay 
d’une Carte de la Province d’Asyr etc. Paris 1838, 


— —— —— — 


Arabien; Duellen über Aſyr. 921 


Copie der Karte, ohne welche jene oben gegebnen Notizen kaum 
verftändlich gewefen fein würden, und gewannen dadurch, wie einft duch 
die Reife nach England und Seland zu Capt. Beaufort und Chesney, um 
über den Euphrat fommen zu Fünnen (f. Erdf. X. Vorw. vır), diesmal 
durch unfern Befuch in Paris einzig und allein die Möglichkeit, in unfern 
geographifchen Pilgerfahrten die mühfame, aber belohnende Wanderung 
durch das Gebirgsland von Aſyr und Nedſcheran, worüber nir— 
gends beſſere Kunde zu gewinnen war, fortfeßen zu fünnen. 


3. Baffamas Nachrichten . 

Untergeordneter Art find des Schiffslieutnants Paſſama Nach— 
richten, die er in Jemen, zumal zu Häs gefammelt Hat, die aber 
über jenes Land hinaus auch einige Streifzüge in diefe nördlichern 
Gebiete geitatten, wo fie als nicht jelbit gemachte Beobachtungen, fon: 
dern nur als Berichterftattungen Anderer, zumal jedoch Kingeborner, nur 
ſecundairen Werth; gegen die früher genannten haben können, und, nur 
theilweife verftändlich, auch nur theilweife benußt werden fonnten. Ihrer 
ift fehon in obigem (S. 758— 759) gedacht worden. 


4. Ehrenberg's Aufenthalt in Gomfude und Land-Excurſion 
in das Gebirgsland (vom 6. Febr. bis zum 3. März 1824). 
Ganz verfchieden von der vorigen tft diefe Duelle eines Ichrreichen 

Augenzeugen und berühnten Naturforfchers, der mit feinem damali- 

gen Neifegefährten, Dr, Hemprich, leider nur zu furze Zeit auf das 

Studium diefes fo ſchwer zugänglichen Gebirgslandes verwenden fonnte 

(j. ob. S. 193, Not.). Die Benugung des nicht veröffentlichten 

Journals unjers verehrten Gollegen haben wir deſſen gütiger Mitthei— 

lung zu danken, wodurd wenigftens ein Kleiner Gebirgsgau der großen 

Terra incognita, und zwar von der maritimen Seite her, feine erſte lehr— 

reichere Monographie erhält. 

5. Iules Planat’s Nachricht von den Beldzügen gegen Afyr 

in den Jahren 1824 bis 1825 *"), 


Zu derfelben Zeit, da die vorhergenannten Naturforfcher von Som: 
fude aus ihre Sammlungen in den nahen Gebivgsthälern machten, fonnte 


‚ 3°) Passama, Lieutn. de Vaisseau, Observations geogr. sur quel- 
ques parties du Yemen, im Bulletin de la Soc. G£ogr. de 
Paris 1843. T. XIX. p. 162— 171, 219 — 236. a0) Jules Pla- 
nat, Histoire de la Regeneration de l’Egypte, in Lettres à M. 
Le Comte Alex, de Laborde. Paris 1830. 8. p. 243 — 256; nebjt 
Carte de l’Arabie: Itineraire et Tiheätre de la Guerre contre 
les Wahebis depuis 1812— 1527 dressde par Jul, Planat d’ apres 
des relövemens militaires et les notions obtenues jusqu’ü ce 
jour, 1829. 


922 Weft-Afien, IV. Abtheilung, $. 74. 


dies nur unter dem Schuße der ägypfifchen Truppen gefchehen, die diefen 
Hafenort zu ihrem Waffenplas in der größten Nähe der Gebirgsgane 
von Aſyr gewählt hatten, um von da die Kriegsoperationen unter 
Ahmed Paſchas Commando auf der großen Noute des Binnen: 
landes von Mekka zu unterftügen, defien Armee von Taif ſüdwärts 
über Terabah, ElAafik, Wadi Biſche und bis Micheit in das 
Herz von Aſyr einzubringen verfuchte. Wirklich gelang es am Ende 
der erften Campagne des Jahres 1824, wiewol unter vielen Gefech- 
ten, durch die Päſſe von Aſyr hindurch zu dringen und das Mee- 
resgeftade bei Gomfude wieder, wenn ſchon mit großen DVerluften, zu 
erreichen. Hier wurden nun zwifchen Gomfude, gegen Dieyifan hin, die 
Lager für die zurücfgefehrten und die neu dahin beorderten ägyptiſchen 
Truppen aufgefchlagen,: welche Sabre lang dort campirten. Der Chef 
d’Etat major $. Planat, welcher damals mit an der Cinführung der 
franzöftfchen Eivilifation der Aegyptier arbeitete, fand Gelegenheit, fich die 
Marjchrouten und dierArmeeberichte diefer Kampagne zu verfchaffen, 
die uns im den genannten Schreiben einige erwünfchte geographi- 
fhe Daten liefern. Weit mehr ift dies aber in dem folgenden Werfe 
von Tamifier, als Augenzeugen des zehn Sahre fpäter eben dahin ge: 
führten Feldzuges vom 3. 1834, der Fall. 


6. Tamifiers Journal *') feiner Reiferoute von Taif im 
Hedfhas füdmwärts über Tarabeh, Aakik, Wadi Bifhe 
und Wadi Shahran nad Khamis-Micheit und Aſyr. 
(Bom 26. Suni bi8 Ende September 1834.) 


Das Kriegsjahr 1834, in welhem Ahmed Paſcha von der Land— 
feite her, nachdem Meffa beruhigt war, den Feldzug gegen Aſyr 
Yeitete, 309 M. Tamifier, als Secretair des Generalftabs-Arztes Che— 
dufeau, im Gefolge der Armee des Vicefönigs, und hatte alfo Gelegen- 
heit, zwifchen dem 21° bis zum 18IN.Br., auf einer Stredfe von 50 bis 
60 deutjchen Meilen Wegs auf der Dftfeite des großen Küftenge- 
birgszugs, eine Landftrede des arabifchen Binnenlandes fennen zu ler: 
nen, das früher fein europäifcher Beobachter betreten Hatte. Mit guter 
Beobachtungsgabe und doc auch einigen Kenntniffen, die fchon auf einer 
frühern Reiſe in Habefch, die ihm einen Preis der Parifer Societe de 
Geographie verschafft, weiter ausgebildet waren, gelang es ihm, wenn 
auch nicht überall vollfommen befriedigende, doch auf jeden Fall’ viele 
neue und Iehrreiche Beobachtungen und Nachrichten im dieſer merfwürbi- 
gen Campagne zu fammeln, durch welche wir einen lebendigen Blick in 





549) Maurice Tamisier, Voyage en Arabie, sejour dans le Hedjaz 
Campagne d’Assir, avec une Carte. Paris, 1840. 8. Tom. II. 
p- 4 — 393. 





Arabien; Quellen über Aſyr. 923 


das Innere jener Landfchaften und Bevölferungen gewinnen fonnten, wo— 
zu Burckhardt nur einige Elemente hatte darbieten fünnen. Die von 
Tamifier mitgegebene Kartenffizze bedarf vieler Berichtigungen nach den 
fhon angeführten mehr authentifchen Duellen; die gegebenen Stinerare 
find neu. Die Affeetation feines Styls und die Fehler feiner Schreibart, 
die irrige Schreibung der Localnamen und Andres hat jchon anderwärts 
feine eritiſche Berichtigung erhalten, auf die wir hier zurückweiſen dür— 
fen *?). | 

7. Kriegsberidhte über Aſyr von den Sahren 1833 bis 1837. 

(Manufeript). 

Saft nur Kriegsberichte find die einzigen Quellen, die unfrer 
friedlichen Wiffenfchaft auf diefem Gebiete heutzutag die Materialien 
zu defien näherer Erforſchung liefern fönnen, und noch auf lange Zeit 
hinaus fcheint die Ausſicht auf dereinftige wiſſenſchaftliche Triedensberichte 
dafelbft zu fehlen. Für einen glücklichen Umftand müſſen wir es daher 
halten, daß uns, bei unferm Aufenthalt, im December 1837, in Conſtan— 
tinopel, ein gleichzeitiger handfchriftlicher Bericht über die Kampagnen 
der Aegyptifchen Feldzüge in Arabien nah Afyr, in den Jahren 
1833 bis 37, der officiel aus Alerandrien vom dortigen Defterreichifchen 
Gonfulate ausgefertigt war (datirt Alerandria 2. Aug. 1837), zur 
Kenntnig Fam, aus welchem wir wichtige, weniger befannt gewordene 
Thatfachen über, diefelben und viele neue geographiſche Localitä— 
ten jener Terra incognita beſſer kennen lernten, als aus verſchiedenen 
der gedruckten, bisher angeführten Quellen. Die vertrauliche Mittheilung 
defielben, von dem uns, wie von manchem andern, die zweckgemäße wi: 
feufchaftlihe Benutzung gütigſt geitattet worden, gejchah durch Se. Er: 
cellenz den damaligen Kaiferl. Königl. Defterreichifchen Herrn Gefandten 
an der Hohen Pforte, Baron nun Grafen von Stürmer dem wir hier 
für fein ausgezeichnetes Wohlwollen. und feine wiffenfchaftliche Unter: 
ftügung unfern innigften Dank öffentlich auszufprechen, für Pflicht hal— 
ten. Wir werden unter dem Gitat: „Gonfulatsberiht Mſer.“ da- 
von Gebrauch machen. 


8. Ausfagen der Beni Hobab und der Beni Arhab (Nechabi: 
ten) in Jemen über ihre Herrfchaft im Gebirgslande Aſyr, nach des 
Miſſionar Wolff's Begegnifien auf feiner Wanderung nad) Sanaa im 
Jahre 1836 (f. in obigem S. 751 — 755). 


9. Jomard, Notice géographique sur l’Asyr *), ac- 


+) J. v. Hammer: Purgftall, Ueber d. Geographie Arabiens, in Wien. 
Jahrb. 1846. Bo. 92, ©. 4 — 11. 9 Sn Jomard, Etudes 
geogr. et historiques sur l’Arabie etc. Paris, 1839. 8. Sect, I. 
de l’Arabie,. Chap. I. de l’Asyr. p.5—83. 


924 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


compagn&e d’une Carte de cette Province et d’une Carte generale 
d’Arabie, et contenant quelques Remarques historiques et ethnogra- 
phiques (1839). 


Es ift diefes das verdienftliche Hauptwerk über Afyr, durch welches 
der berühmte Academiker in Cairo und Baris, nach den frühern Arbeiten 
über Nedſched *), auf diefem fo ganz von ihm beherrfchten Gebiete, 
zuerft die allgemeine Aufmerffamfeit auf diefes bis dahin Faum beachtete 
befondre Gebirgslamd gerichtet, und darüber aus fehr danfenswer- 
then einheimifchen Duellenfchriften die beiten pofitiven Daten mitgetheilt 
und eritifch wie eartographifch bearbeitet hat. Die Grundlage ift das 
Verzeichniß der Provinzen, Ortichaften, Tribus, Quellen, Flüffe, Berge 
u. f. w. in 6 Tafeln, das von Scheikh Wous felbft, aus dem Ge— 
folge des Prinzen Abu Noftah von Afyr, in arabifcher Sprache, über 
diefen Theil des mittleren Arabiens, nebft einem Kartenentwurfe an 
Fulg. Fresnel, den Drientaliften, damals in Cairo, mitgetheilt ward. 
Das rohe Material zur Karte gab die einfache Aufnahme arabifcher 
Dfficiere der ägyptifchen Armee, der jedoch Feine aftronomifchen Ob: 
fervationen zum Grunde lagen, fondern die nach den Kriegsmärfchen, nad) 
Bonffole und Routiers mit den Stationen und vielen Cocalnamen verfe- 
hen war, und das Land zwifchen Mekka und Mifcheyt, zwiſchen Ne: 
dſched und Gomfude, einen Naum von 10,000 Quadrat-Lieues, um— 
faßt; fie wurde erft durch Jomard's vergleichende Eritif bearbeitet und in 
einem großen Maaßſtabe von %,,noonn Per wahren Größe *°) herausgege— 
ben. Durch Chevufeau’s Materialien, durch Galinier's und Ferret's Karte 
hat feitvem das ganze Werk erfrenliche Zugaben erhalten. Da die Arbei- 
ten von Somard über Aſyr ſchon von zwei ausgezeichneten Kennern der 
arabifchen Literatur ihre gerechte Würdigung und eritifche Bereicherung *°) 
erhalten haben, fo brauchen wir, auch deren geographiſche Daten und Be— 
richtigungen benugend, nur auf jene Critiken zurückzuweiſen, um ben Ge- 
genftand nun felbit ins Auge zu fallen. 

#4) Jomard, Notice geographique sur le Pays de Nedjd ou Ara- 
bie centrale. Paris, 1823. 8. *5) Essai d’une Carte de la 
Province d’Asyr avec partie de ’Hedjaz et du Nedjd ou Ara- 
bie centrale etc. p. Jomard, 1838; und über die Conſtruction die- 
fer Karte f. bei Jomard p. 9—13. 6, 5. v. Hammer ⸗Purg⸗ 
ftall, in Wien. Jahrbücher 1840. Bd. 92. &.26—36 u. f.; Sedil- 
lot, Critique litteraire sur l’ouvrage de M. Jomard, im Journal 
Asiatique. 3 Ser. Tom. IX. 1840, Mars p. 182 — 227. 





Arabien; Grenzgebirgsgruppe Aſyr. 925 


! Erläuterung 1. 

Kriegs- und erfte Entdefungs - Gefchichte Der Grenzgebirgs— 

gruppe der Aſyr. Der Aegyptier Wegbahnung dahin auf 

dem Landwege über Taif, Tarabeh, Wadi Bifheh, und an 
der Geftadefeite von Gomfude aus, jeit 1824—1833, 


Wenn auch früher ſchon einmal bei Edriſi der Name eines 
Ortes, der an Aſyr erinnern Eönnte, vorgefommen, und im Mes 
raffid wirklich derſelbe als Itſyr (nach Reinaud, f. ob. ©. 710 
u. 185) fich zeigt, womit auch v. Sammer übereinftimmt (Isir 
ift nach ihm die wahre Ausfprache, noch fchreibt er ſelbſt Aaſir) ?7), 
obwol er verfichert, daß diefer Name im Diehihannuma nirgends 
vorfomme, jo blieb doch die Geſchichte und Geographie über 
diefen Namen gänzlich unwiffend, der erft feit ver blutigen 
Kriegägefchichte dieſes Jahrhunderts in Arabien für Negyptier einen 
furchtbaren Klang befommen hat, denn vielen Taufenden hat er das 
Leben gefoftet. Nur mit der Gefchichte der reformatorifchen Be— 
duinen, der Wehabiten, triit er im den Fehden des Agyptifchen 
Vicekönigs gegen dieſe, gleich jenen, wie eine unüberwindliche Hy— 
dra zugleich mit hervor. Sheify Mohammed Abdul Wahab, 
ein Y5jähriger Greis, der von dem Ende des 17ten zum Ende des 
1Sten Jahrhunderts herüberragte, und ald Begründer ver Weha— 
biten=-Secte und ihres Reiches, als deſſen geiftliches Oberhaupt, 
berühmt genug geworden ift, ftarb blind und fchwad im 8. 1787; 
die von ihm eingefegten weltlichen Nachfolger Abo el aziz (ſchon 
jeit 1765 — 1803) und Souhoud, der feinem Vater folgte, fegten 
die von ihren Vorgängern in Nedſched begonnenen Groberungen 
fort, 1795 gegen die Araber von Baſſora im Norden, mie gegen 
den Scherif von Meffa im Süden; 1799 trieben fie ven Soly— 
man Paſcha von Bagdad #8), der ihnen die Küften= Provinz el 
Ahſa (j. oben ©. 604) entreißen wollte, fiegreich zurück, ſchloſſen 
im Jahr 1800 mit Mekka Frieden, und traten fogar, fehon ihrer 
Sache fiber, wieder als Pilger in diefer heiligen Stadt auf. Im 
3. 1801 gelang ein glüdlicher Einfall in Oman, ver ihnen big 
Mascat Gewalt gab, und die noch größere Erbeutung der unges 


+’) v. Hammer, Mien. Jahrb. B. 92. ©. 4, Note, u. S. 10, Note 2, 
63 u. a. O. ) Felix Mengin, Histoire de l’Egypte sous le 
Gouvernement de Mohammed Aly. Paris, 1823. 8 P. IL 
Precis de l’Histoire des Wahabys, p. 509, und T. I, p. 378. 


926 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


heuren Schäße des jchiitifchen Bilgerortes, Kerbela (ſ. Erdk. X. 
©.186, XI. ©. S42) am Guphrat, verbreitete großen Ruhm 
durch ganz Arabien, fo daß fie bei ihrer Rückkehr zu ihrer Reſidenz 
Dreyeh (ſ. 06. ©. 578 u.f.) auch aus Afyr Clienten vorfan= 
den. Mohammed Abu Noktah *), einer ver Fürften der mäch— 
tigften Araberftämme in Nedſched, der mit feinem Tribus in Fehde 
ftand, bittet zu Dreyeh die rücffehrenden Sieger um Beiftand. 
Er erhielt ihn, überwältigte feinen Tribus, Eehrte mit jeinem Mes 
habitifchen Hülfskorps, nun felbft der neuen Sekte in Gebet, Fa— 
ſten und Almofenipenden ergeben, nad) Dreyeh zurüd, wohin aud) 
fein Bruder (Abd elWahab) ihn begleitet, und beide traten nun 
mit ihren Territorien von Aſyr und dem öſtlich daran gren— 
zenden fruchtbaren Wadi Bifhe, das, jchon zu Nedſched dem ho— 
ben Binnenlanvde gehörig, ſich früher an Dreyeh angefchloffen, zur 
Partei des Wehabiten- Reiches über. Seitdem, fagt Sheikh 
A'gus, aus dem Gefolge Abu Noktah's 50), war diejer fein Ge— 
bieter von Souhoud zum Gommandanten von Afyr gemacht, 
der fich auch bald die Beni Chehr unterwarf; Salem, der Sohn 
CHofbän, aber ward zum Gommandanten von Wadi Bifheh ge- 
macht, und diefer unterwarf fich die Gebirgögaue Belgarn und 
Schonran (im Welt von Wadi Bifheh), über die er die Herr— 
fchaft behielt. Aber auch die Gehirgsgaue Ghamed und Zah- 
ran (nördlih an Schomran grenzend) unterwarf er ſich, die ihre 
eignen Häuptlinge von ven Wahabis eingejekt erhielten. 


Sp traten die Tribus von Afyr_ und ihre nächften Gebirgs— 


nachbarn zum erjten Male in der neuern Gefchichte auf; jo wie 
einft die Turfue aud Gegnern der mohammedanifchen Araber im 
10. Sahrhundert zu ven fanatiichften Moslemen, jo wurden jeßt dieſe 
Aſyr zu ven heftigften Vorkämpfern der wehnbitifchen Neformato- 
ren gegen die orthodoxen Koranverfechter unter den Türfen, Aegyp— 
tieren und Meffanern. Seit jener fiegreichen Zeit unter Souhoud 
(feit 1803) drohte das Wehabiten-Reich ganz Arabien zu 
verfchlingen. Die Fürften von Aſyr erhoben mit ihnen ihr Pa= 
nier, als ihre tapferften Krieger. Der Scherif von Mekka jah 
jegt erft Die große Gefahr, die feiner alten Herrſchaft über die Ko- 
ran-Öläubigen ven Untergang drohte; er fagte den Wehabiten den 
Frieden auf; da rücten diefe heran in die Nähe von Mekka, er 


549) Fel. Mengin, Hist. 1. c. II. p. 524. >) Tableau des évé- 
nements etc, bei Jomard, Notice geogr, etc. L. c. p. 78. 


’ 
| 


( 





Arabien; Grenzgebirgsgruppe Aſyr. 927 


oberten Taif, nur ein paar Tagereifen fern von der Kaaba, und 
verlangten vom Groß-Scherif Ghaleb von Mekka Unterwer- 
fung. Nur eine Epidemie, die in Souhoud's Lager ausbrach, 
rettete die heilige Stadt diesmal vor der Ueberrumplung. Da die 
von Dreyeh in andern Schlachten beichäftigt waren, rüdte nun 
der Sheikh von Aſyr, Abd el Wahab, im Jahre 1804, als 
treuer Parteigänger in das heilige Stadtgebiet bis Saadyeh, 
ganz nahe bei Mekka 5) vor, und fchiete einen Vortrab feines 
Heered voraus, ver aber vom Scherif aus der Stadt überfallen und 
mit Mann und Maus nievergehauen wurde. Denn ihre Feinde 
trafen fie im Act des Gebetes, und da ihr Fanatism ihnen die 
Vollendung des Gebetes, ohne dabei zu den Waffen zu greifen, 
oder in der Flucht ihr Heil zu fuchen, gebot, jo fielen fie alle ala 
Märtyrer; aber ihre Brüder rächten fie: denn fogleich darauf wurde 
von den übrigen Aſyr das Heer ded Scherifd total befiegt und er 
jelbft mit Schimpf in feine Nefivenzftadt zurücdgejagt. Mit Beute 
beladen, und von einer Garnifon aus Taif unterftüßt, zieht der 
Sheifh von Afyr mun in fein Gebirgsland zurück, aber über« 
fällt von da fogleich die nächte Nachbarftadt Gomfude, die 
fih ohne Widerftand ergiebt. Er zwingt fie zur Annahme der 
MWehabiten-Lehre 52). Diefer Vorgang und andere glückliche 
Fortſchritte der reformatorifchen Secte find anſteckend: denn im J. 
1807 tritt aucdy der Gouverneur des Tehama, ver Sherif Ham— 
mud (Hamed?) Abu Magmär der Küftenproving Abu Arifh, 
als Nebelle gegen feinen Oberherrn ven ISmam von Sanaa (zu 
Seetzen's Zeit, f. ob. ©. 744, 748) auf, füllt von diefem ab, tritt 
zur Wehabi-Seete über und ruft Souhoud um Beiftand an. 
Beide mwechjelten Gefandtichaften, und der Scherif von Abu Arifh 
ſchickte nach Dreyeh ala Gefchenfe Kaffee, Weihraudy und 25000 
Talari mit dem Gelöbniß, diefen Tribut) jährlich abzutragen, 
worauf der Sheifh von Afyr, Abo el Wahab, der tapferfte 
Feldherr Souhouds, den Befehl von feinem Oberheren erhielt, ven 
Krieg gegen Gomfude und Abu Ariſh nicht fortzufegen, weil deſſen 
Scyerif zu feinen Unterthanen gehöre. 

Indeß Scheint die Nivalitit beider Nahbarfürften, als 
Pafallen des Wehabitenhauptes, unter fich fortgedauert zu haben. 
Dem Scherif von Abu Arifh wurde e8 von feinem neuen Ober— 


61 rel. Mengin, Hist. \,c, T.H. p- 531. 2) Ebend. II, p. 532, 
*») Gbend, II. p. 534. 


928  Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 74, 


herrn Souhgud übel vermerkt, daß er nad) jener Demonftration von 
ſcheinbarer Ergebenheit doch auf deſſen Aufgebot nicht mit feinen 
Truppen in Meffa erichienen war, und Da er auch. zu feiner Rechts 
fertigung fich nicht in der Reſidenz zu Dreyeh einfand, murde 
der Krieg gegen ihn befchloffen und der Chef von Aſyr, Abo 
el Wahab, mit dem Commando beauftragt 5%. Im Jahre 1810 
zog diefer, vorzüglich mit eigner Macht, jedoch auch von Andern 
und mit 100 Neitern und 500 Mann Fußvolf von Spuhoud, 
dem Wehabiten Oberhaupte, unterftüßt, gegen Abu Arifh zu 
Felde, wurde aber nach vielen hartnädigen Kämpfen, von Denen der 
Referent jagt ?°), daß die Pferde in Blut ſchwammen, von dem 
Scherif nebſt 4O der Häupter von Aſyr gefchlagen und enthauptet. 
Hierauf ernannte Souhoud einen andern zum Aſyr-Chef, Ta— 
my (EI Tamy zu Burckhardt's Zeit, |. ob. S. 199), an des Er— 
ſchlagenen Stelle, der zur Nache nun noch weiter ſüdwärts im Te= 
hama bis Hodeida vordrang, in diefer Stadt alles über die Klinge 
fpringen ließ, den unglüdlichen Neft ver Bewohner beiderlei Ge— 
ſchlechts als Sclaven abführte und mit Beute beladen in fein Ge— 
birgsafyl zurüdfehrte. Nun unterwarf fi) ver Scherif von Abu 
Ariſh, der aber aus feinen nördlichen Provinzen jchon ganz. ver— 
drängt, und in den füdlichen, auf Koften des Imam von Sa— 
naa, ſich zu entjchäpigen angewiejen war (j. oben ©. 748), von 
neuem; nun zahlte56) er den früher gelobten Tribut von 25,000 
Talari wirklich. Wir ſehen aus diefen Berichten, auf welche Weife 
das bis dahin ifolivt gebliebene Gebirgsvolk von Aſyr mit 
feinen benachbarten Tribus in die allgemeinern politi— 
hen und friegerifchen Bewegungen mit verwicelt wurde, 
in welchen eben feine Grenzftellung gegen Nedfched der Wa- 
Habi durch die Vermittlung von Wadi Biſche nah Nordoft, 
nah Sid durch das Tehama von Abu Ariſch und Hodeida gegen 
Sanaa, und im Nord über Taif gegen das Scherifgebiet von 
Mekka, als Bermittlungsglied nah allen Geiten, dafjelbe 
zu einem wichtigen Bundesgenoſſen der neuen politifch- vatori⸗ 
ſchen Macht ver Wahabiten erhob. 

Aus eben dem Grunde verlieren fich aber auch die befondern 
Schickſale von Aſyr mit in die allgemeinen Begebenheiten ver 





54) Fel. Mengin 1. c. Il. p. 540. 5) Jomard, Tabl. de Evene- 
ments etc. l. c. p. 80; vergl. Sedillot, Critique in Journ. Asia- 
tique. Paris, 1840. T. IX. p. 217. 6) Fel. Mengin |, c. II, 


p- 541. 





. 


Arabien; Monographie von Aſyr. 929 


Wehabiten-Fehden, in denen ſtets von diefen und nur felten ein= 
mal von Afyr die Rede ift, daher wir es uns hier zur Aufgabe 
gemacht haben, zum erften male, jo weit unfere Quellen reichten, 
alled Hiftorifch-Geographifche, jo meit es Hierher gehört, in unferer 
Monographie von Ajyr zu concentriren. 

Als num die Feldzüge des Virefönigd von Aegypten gegen Die 
Wehabiten mit dem Jahre 1812 begannen, fand fich bei vem 
großen allgemeinen Aufgebot des Hauptheeres derfelben von 15,000 


‚ Streitern, dad von dem Wehabiten Prinzen Abdallah, Sohn 


Souhouds, ind Zeldlager bei Jambo commandirt ward, nebft an= 
dern Zuzügen auch Tamy, der Chef von Aſyr, mit feinen 
Arabern ein, die mit jenen in der Schlacht bei Safra 5) 
den erften Triumph über Toufjum Paſchas ägyptifches Heer 
feierten. In Folge dieſes Sieges ergriff das ägyptiſche Heer eine 
Ihimpfliche Flucht zurück nach Aegypten, womit der erfte ägypti- 
fche Feldzug zu Ende war. { 

Im zweiten, glüdlichern Feldzuge, 1812 und 13, für Toufs 
ſum Paſcha, den Sohn des Vicekönigs Mehmed Ali, in welchen 
diefer feinen Triumpheinzug in Mekka feierte, wurde von da aus 
gegen O. und S. O. ein erfolgreicher Streifzug gegen Taif gemacht, 
das überrumpelt und ver Wehabitenmacht entriffen wurde; ver 
Ajyr wird dabei nicht erwähnt, aber einer ihrer verbündeten, uns 
gemein tapferen, dabei aber graufamen Heerführer, Osman el 
Medheyfess), der fich von da gegen S.O. nach Befel, einem 
offenen, ganz unhaltbaren Ort, zurücgezogen und auch von ba vers 
trieben auf die Straße nady Tarabeh geflüchtet hatte, das Aſyr 
ſchon um vieles genäherter lag, wurde hier eingeholt, gefangen, 
triumpbirend nach Gairo gejchleppt und in Gonftantinopel ents 
hauptet. 

Durch diefe Expedition der Aegyptier wurden ihmen zum ers 
ftien male über Taif, Befel, Kolafh und Tarabeh die Wege 
auf der Landſtraße gegen Südoſt, weldhe nah dem Grenz— 
gebirgslande der Aſyr führt, hefannter, ald dies früher der 
Ball war; doch zunächft wurden fle nah andern Richtungen, 
wo noch größere Attaden fie bedrohten, abgelenkt. Denn Souhoud, 
der Fürft der Wahabiten, der bisher nur defenfiv agirt hatte, er 
griff gegen den ägyptiſch-türkiſchen Feind nun erft die Offenfive 
und hatte darin die Sympathie aller ArabersTribus gegen den ver- 


°7) Fel. Mengin 1. c. T.l. p. 382. 9 Gbend. I. p. 309, 
Nitter Erdkunde XTI, Nun 


930 Meft-Afien, IV. Abtheilung. $. 74. 


haften Feind auf feiner Seite. Seinen Sohn Fayſal ſchickte er 
mit einem Armeecorps nad) Tarabeh (Taraba), dieſer Hauptftation 
auf ver Mekkaſtraße gegen SD. nah Sanaa (f. ob. ©. 200), 
um einen Theil feiner Truppen im Wadi Biſhe (f. ebend.) in 
Hinterhalt zu legen, und die Neiter und Dromedare in die Thal— 
Schluchten, damit fie jo alle Paſſagen und Communicationen dahin 
gehender Trupenabtheilungen abſchneiden Fünnten, wenn des Aegyp⸗ 
tierd Heer von neuem heranzöges9). Dies geſchah wirklich, obſchon 
alle Araber, die damald im Türken-Heere dienen mußten, dieſem 
ihnen verhaßten Commando ald Ausreißer entflohen und die Was 
habiten verftärften, aber auch durch Raub und Mord alle Wege 
unficher machten. Kaum ſah man aus den reich umwäſſerten Dat— 
telhainen, mit denen Tarabehs Verſchanzung umgeben war, das 
Türfenheer, unter Muftapha Beys Commando, heranrücken, als 
das Wahabi=- Heer ihm zum Angriff entgegen 309. Eine arabi— 
fhe Heldin, Ghälyeh, die Frau ded Sheifh vom Tribus der 
Sobey, war ihr Teloherr, die den Feind vollfommen im die Flucht 
ſchlug und mit der ganzen Artillerie und Bagage als Beute Die 
Ihrigen bereicherte. Durch ſolche Glücksfälle angelocdt Famen auch 
fehr viele Beduinenſfämme vom fernen Jemen in Bewegung und 
ſchwärmten, unter dem Beiftand ver Wehabiten gegen den Türfen- 
feind auf Raub und Verfolgung ausgehend, bis vor die Thore von 
Zaif, Dſchidda und Mekka, wo aller auögeftellter Wachtpoften 
ungeachtet Feine Karawane, kein Irandport, Fein Reifender, fein 
Streifeommando mehr fiber war. Mohammed Ali, ver Vice» 
fönig, der nun felbft an der Spiße feiner Truppen in Arabien fich 
zeigte (1813), fuchte mit mehr Energie als feine Generale die Be— 
freiung der heiligen Städte Medina und Meffa und die Erobe- 
rung Arabiend zur Begründung einer großen Serrfchaft dafelbft 
zu betreiben. Gr fuchte wiederholt jenen Schlüffel zu Aſyr, 
Tarabehs0), zu behaupten, weil über dieſen Ort auch die feindli= 
chen Leberfälle von Jemen Famen, aber immer wurden durch Mans 
gel an Lebensmitteln, durd) Hungerönoth und Krankheiten feine 
Iruppen zum Nückzuge genöthigt. Eben fo verdrießlich endete feine 
erfte maritime Expedition gegen die Aſyr, die ald Ufurpa= 
toren noch im Beſitz der Hafenſtadt Gomfude geblieben waren, 
und im 3. 1814, von Dſchidda aus, durch ein Corps Aegyptier 


°»#°) Fel. Mengin ]. c. T. 1. p. 405. ‘’, Sedillot, Critique in 
Journ. Asiat. l. c. T. IX. p. 219. 


Arabien; erſie Kriege gegen Aſyr. 931 


von 2000 Mann Fußvolk und 1200 Mann Reiterei überfallen wur— 
den. Durch Capitulation ging die Stadt über, die ſogleich befeſtigt 
wurde, indeß dieſe Aegyptier den Befehl erhielten, von da landein 
in dad. Binnenland Aſyr zu dringen 61). Aber der Waſſer— 
mangel, an vem das Heer bald leiden mußte, und vie Feigheit des 
Commandeurs, der fich einjchifite, was feine Truppen für ein Zei— 
hen der Flucht hielten, brachte Allen Verderben; denn in Angſt 
und Schreden verließen fie Pferde und Bagage, um fich auf die 
Schiffe zw ſtürzen und dem nachrücdenden Schwerte der Beinde zu 
entgehen, dem fie ihr ganzes Lager überließen. 

Beide Berlufte, vor Tarabeh und Gomfude, den beiden 
Haupiſchlüſſeln, ja faft den einzigen, die den Gingang nah Afyr 
geitatten konnten, wurden zu gleicher Zeit dem Vicekönige gemeldet, 
fo wie ver Tod Souhouds am 17. April 1814, des ergrauten, 
tapfern Krieger, dem nun jein Sohn Abdallah (reg. 1814 bie 
1818) auf dem Thron ver Wahabi folgte. 

Schnell raffte Mehmed Ali jeine Kräfte wieder in Gom— 
fude und Tarabeh zufammen, und kaum vom Unglück erholt, 
erhielt Aboyn Bey ven Befehl, zu Lande über Iettern Ort von 
neuem gegen Jemen zu marjchiren, und auf dem Wege dahin die 
Beduinen-Tribus zu zügeln. Er drang mit einem Gavallerie-Corps 
im Wadi Tarabeh, an deſſen oberm Quellgebiete, biö in Die 
Landfchaft Zahrän (daſelbſt unter 20° 20° N.Br. gelegen, etwas 
jfüdweftlich von Tarabeh) vor, die bier zum erſten male genannt 
wird. Zwei Tage lang behauptete er fich in diefem ſehr frucht— 
baren Gebirgsgau, aus dem er die Beduinen verjagte, und wo 
er trefflihe Quellen, gefundes Elima, viel Obft, Wein und 
Mandelwälder vorfand. Aber nur kurze Zeit (im 3. 1814) dauerte 
diefe Herrlichkeit. Denn bald kamen Hülfsvölker aus Jemen umd 
Dreyeh, und ver Chef von Aſyr, Tamy, mit 3000 Mann 
Wahabitifcher Neiterei, jchnitt ven Argyptiern bald alle Zufuhr ab, 
brachte ihnen Hungersnoth und fchlug fie bei Kolafh (Kulaif 
bei Befel, auf Galinier's und Ferret's Karte) jo jehr, daß ihre 
Infanterie faum noch durch die Flucht vie Engpäſſe von Taif2) 
erreichen fonnte, Die Nachricht von dieſer Niederlage wurde dem 
Vicekönige hinterbracht, ver eben in Dſchidda mar und Gegen» 
embajjaden vom Imam zu Sanaa und vom Scherif Hamoud 
Abou Masmar aus Abu Ariſch erhielt, die er durch reiche 








*) Fel. Mengin |, c. T. I. p, 17. 6?) Ebend. I. p- 24. 
Ann? 


932 MWeft-Aften. IV. Abtheilung. $. 74. 


Gefchenfe und Anerbietungen von Freundſchaft für feine Parthei 
hatte auf frievlihem Wege zu gewinnen juchen, um fie von feinen. 
Gegnern, der Wehabitenmacht, abzuziehen. Seine Gedanken waren 
damald zunächſt auf den Handelögewinn im Rothen Meere gerich- 
tet, und dazu fehienen ibm die Hafenſtädte jenes ſüdlichern Te— 
hamas unentbehrlich zu fein. Je größer jeine Verlufte, um fo mehr 
fuchte fich der rüftige Vicekönig durch neuen Truppenzuzug aus 
Aegypten, durch Großmuth und Generofität gegen die. arabifchen 
Beduinen, durch reiche Gefchenfe, durch den Schuß und die Sicher» 
heit, die er den beiven heiligen Städten, Mekka und Mevina, fo 
wie den Kaufleuten und den Pilgerfarawanen angeveihen ließ, zu 
ftärfen und in ven Augen der Araber zu heben. Und es gelang 
ihm auch mehr als feinen Generalen, wenn er an der Spite eines 
Corps fich zeigte, den Feinden Schaden zuzufügen ®). Ja, im J. 
1815, am 10ten Januar, fchlug der Vicekönig felbft ein Corps ara= 
bifcher Feinde aus Jemen, und attadirte gleich darauf mit Glück 
das große Wehabiten-Heer von 30,000 Mann, das öſtlich von Taif 
zwifchen Befel und Tarabeh zufammengezogen war. Seine Ar- 
mee ruhte nad) der Schlacht, die an einem Freitage erſt mit dem 
Untergange der Sonne beendet ward, die Nacht Gindurch zu Kolakh 
(Kulaik), und gewann dann noch den vollen Sieg durch die tüchtige 
Artillerie feiner regulirten ägyptiichen Truppen. Er jagte dann noch 
mit der Hige des Sieger dem flüchtigen Feinde nach über Tarabeh, 
bis Rhanyeh (Raniyah ver gen. Karte) und Wadi Bifhe%); 
die Bagage, der Proviant, dad Brot fonnte nicht jo fchnell folgen; 
dem Vicekönig jelbit blieb zur Nahrung nichts als Datteln übrig. 
Der Enthufiasmuß feiner fiegreichen Truppen entfchädigte ihn für 
alle Entbehrungen. Ein Bartheigänger ver Wahabi, Aly Mad— 
faify, verließ Sogar feine Jahnen und ging mit feinen Truppen . 
zum DVicefönige über, der ihn reichlich dafür belohnte; drei Bedui— 
nenhäuptlinge von Ihabab, Tabalah und Zabrän wurden zu Ge— 
fangenen gemacht. Nun drang ver Eieger bis auf daß Terri— 
torium von Afyr vor, deſſen Sheikh, der oben genannte Tamy, 
fogar fo von feinen Partheigängern verlafjen und in vie Enge ge= 
trieben ward, daß ihm in einer feiner Bergfeften, in die er fich ge= 
morfen, Feine Rettung blieb. Bon einem Streifcorps überfallen und 
gefangen, wurde er den Türfen überliefert, die ihn in Conftantinos 
pel alö einen Rebellen enthaupten ließen. 


>63) Fel. Mengin |. c. T. I. p. 31; und Jomard, Tabl. des événe- 
ments etc. ]. c. p. 82. +) Fel. Mengin |. c. p. 31. 


Arabien; erfter Sieg über Afyrinen. 933 


Mit diefem jcheinbaren Siege, als fei nun fein Feind mehr im 
Süden zu bandigen, fehrte der Vicefönig und fein triumphirendes 
Heer über Mahäyl, das er niederbrannte, und über Gom— 
fude. nad) den heiligen Städten Meffa und Medina zurüd, von 
wo nun in den nächſten Drei Jahren unter Tuſſum Paſcha 
und deffen Bruder und Nachfolger im Obercommando der Türfen= 
Armee, Ibrahim Paſcha, die Sauptichläge fich gegen die Wes 
babitenmacht im fernen Norden und Dften nah El Kaſſym 
und EI Aared wandten, deren Reſidenz Dreyeh nach halbjähris 
ger Belagerung am 9. Sept. 1818 eingenommen, in einen Aſchen— 
haufen verwandelt wurde, und das zuvor jo mächtige Wahabi-Reich 
fammt feinem entthronten Haupte nun auch in den Augen ver Sie: 
ger wenigſtens völlig vernichtet ſchien 66) (ſ. ob. ©. 518). 

In diefer Zwifchenzeit jcheint aucy die Macht der Tribus von 
Aſyr gelähmt geblieben zu fein; e8 wird ihrer einige Zeit hin— 
durch kaum mehr in ven Kriegsberichten aus dem Türfenlager Er— 
wähnung gethan; wir haben aber die vorigen Angaben jorgfältig 
in Beziehung auf Aſyr zufammengeftellt, weil fie auch die erſten 
Wege ver geographifchen Befanntjchaft mit venfelben nach— 
weifen, zu einer Zeit, ald man in Europa noch nicht einmal von 
der Exiſtenz, gefchweige von der Lage eines Landes Aſyr un— 
terrichtet war. Die genauere Localfenntniß tritt noch weit 
fpäter hervor. 

Damals war die Ausfiht auf die Bildung Eines großen 
arabifhen Königreiches, einer einheimifchen Monardie 
zur Bereinigung der drei Arabien im Süden, DOften und 
Weften, zu welcher die flaunensmürdigen Bortfchritte der Waha— 
biten-Bürften zu führen ſchienen, geſchwunden; Abdallah, der Ge- 
ftürzte, war der Durchführung der grandiofen Unternehmungen jeis 
ned Daterd Souhoud, den Urabeın ein freies, einheimifches 
Regiment zu geben, nicht gewachfen. Das erlittene furdhtbare 
Blutbad, vie auferlegten Laften, die fortvauernden Oraufamfeiten 
und Tyranneien der übermüthigen Sieger waren nicht geeignet, den 
eingewurzelten Haß gegen den Türfenfeind, die angeborne Indepen— 
denz der Beduinenſtämme, den reformatorifch geweckten Fanatismus, 
furz die vielen Keime des unerſchöpflichen Gährungsftoffes auf ara- 
bifchem Boden zu unterdrüden. Die Anarchie brach num exit recht 
in allen gejonverten Landſchaften ver Halbinſel hervor, von der die 


*°) Gbend. I. p. 133 etc, 


934 MWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Hauptfraft ver Aegyptier auch eine Zeit lang abgewendet, und auf 
dag Innere der Nillanvichaften, Sennaar, Darfur, Korpofan, des 
Sudan, zu Sclavenfriegen, wie zu politifchen in Syrien, 
nad) Acre, verwendet wurde, um dann mit doppelter Gewalt wieder 
in Arabien zu ericheinen und hier eine Fremdherrſchaft des 
Aegyptiers zu gründen, welche vie Bajis der Selbftändigfeit 
eines Königs und Beſchützers der Gläubigen gegen den 
Großſultan in Eonftantinopel bilden jollte, der die Pilgerfahrten zu 
ven heiligen Städten Mekka und Medina nicht mehr zu jchügen im 
Stande gemefen war. 

Es genügte anfänglich, im ruhigen Beflge ver Statthalter- 
Ichaft von Mekka zu bleiben, die man, eine den Wahabi-Secti— 
rern abgejagte Provinz, als ein mit Recht ermorbnes Befisthum 
anfah, aus dent man den einheimifchen, aber mit den Wahabi ver- 
bündeten, daher treulofen- erblihen Groß-Scherif (Ghäled) als 
Gefangenen nach Aegypten mit feiner Familie abgeführt und ver- 
bannt, dagegen den Sieger Ibrahim Vaſcha als Vizier von 
Mekkasb) ernannt hatte, unter deſſen ägyptiſchem Einfluß die fol- 
genden Scherife von Mekka ernannt werden follten. Schon lange 
war, feit der ägyptiſchen DOceupation, ver Groß-Scherif feiner welt=. 
lichen Macht beraubt worden, die fih auch über Medina, 
Jambo, Taif, Saade, Gomfude und Halt erftredt Hatte; 
nun aber war diejes ganze Hedſchas unter vie Gewalt des Vi— 
zierd und feiner Statthalterfchaft Oſchidda gelangt, wo das 
Hauptquartier des Eroberers aufgefchlagen blieb, bis Ibrahim Pa- 
icha im Jahre 1820 nach Aegypten zurüdfehrte. Die Populatio- 
nen der MWallfahrtsorte, der Kaaba und des heiligen Grabes, 
die ala Kaufleute und Gaſtwirthe, aber au als Beutel: 
ichneider und Frömmlinge vorzüglih nur in den ſtarkbeſuch— 
ten Raramanenzügen und Kaaba-Meſſen ihren Vortheil fanden, und 
melche die Hemmungen des innern Verkehrs durch die Raubzüge 
ver Wahabi keineswegs verichmerzen Eonnten, befanden fich fehr 
mohl unter dem ägyptiſchen Scepter, und erhoben unter den Gläu— 
bigen gen Ruhm der Sieger bis in meite Fernen zu der Hohen 
Pforte am Bosporus. In Nedſched, Jemen und Aſyr, und 
unter den zahllofen Beduinenftimmen, die ficy nicht fo leicht kör— 
nen und zügeln ließen, war dies anders; da muchs, auch nach ven 
hlutigiten Nieverlagen und Berfolgungen, doch die Sydra mit zehn- 


se) J. Planat, Histoire de la Regeneration 1. c. p. 239. 


Arabien; Feldzüge gegen Aſyr 1824 bis 1827, 935 


fachen Köpfen in ver Zwifchenzeit von neuem hervor. Es jchienen 
daher neue Feldzüge und zumal nach) dem Süden, nah Aſyr, in 
das Grenzgebirge von Jemen, Hedſchas und Nedſched, noth- 
wendig, um ven innerſten Heerd der gegenfeitigen Verbindungen zu 
gerftören. Durch diefe Feldzüge in ven Jahren 1824, 1825, 1826 
und 1827 wurden die erfien Routierd der Aegyptier nach 
und durch Afyr aufgezeichnet und durch 3. Planat befannt ge 
macht, der aber feiner ganz dazu geeigneten Stellung an ver Quelle 
diefer Begebenheiten ungeachtet bemerkt 67), daß über ven eigentli= 
hen Verlauf diefer Expeditionen doch nur wenig zu jagen fei; 
die Gorrefpondenz nach Hedſchas fei ſehr fehwierig, die Wahrheit 
jei nur felten zu erfahren; die Türfen jprechen nur mit größter 
Borficht darüber; alles halte fich für verrathen; dennoch könne es 
nicht fehlen, daß durch Europäer, welche diefe Feldzüge begleiteten, 
einige Refultate für die Kenntniß von Land und Volk daraus 
hervorgehen würden. Don europäiſchen Officieren, die dieſe 
Campagnen begleiteten, werden der franzöfiiche Captain Daumer- 
gue, Bigoureur, Guelini, Gand, ein Medieiner, Gubernas 
tid u. U. genannt, und fpäterhin, wahrfcheinlich aus deren Mit- 
theilungen, einige Daten gegeben. Nach Planat's eigner Bemer- 
fung, der die Türfenfelogüge mit’ denen der alten Römer vergleicht, 
die man erſt ihren Reſultaten nach kennen lerne, wenn fie beens 
digt find, wobei ed, ohne Bülletins, dann fehr ſchwierig fei, aus 
taufend Lügen die eine Wahrheit zu ermitteln, können wir dieſe 
Mittheilungen nicht eben alle für authentifch Halten; aber Hinficht- 
lid ver Routiers doch, die und zuerft einige Wege durch vie 
Terra incognita ded Grenzgebirgslanded von Aſyr wir: 
lich hindurch führen, von Meffa und Taif bis nach wen 
fude. Hier die hierhergehörigen Nefultate 68), 

Dad türkifhe Armeecorpd, unter Ahmed a, 
Dberbefehl, 309, 5350 Mann nad) der europäifchen Dreffur regulir- 
tet Truppen ftarf, von Beduinen-Corps begleitet, mit einigem leich— 
ten Feldſtücken, zwei Ingenieur» Geographen und 5 europätichen 
Dfficteren, auf 40 Tage mit Proviant verfehen, von Oſchidda, dem 
Hauptquartier, im Jahre 1824 ab, und fegte nach kurzer Naft in 
Mekka feinen Marfch oftwärts gegen Taif fort. Nah 1%, Tagen 
hatte es den fleilen Bergrüden des Dſchebel Kara (Ras el 


J. Planat |. c. p. 5l. ‘*) J. Planat, Lettre XXXII, p. 238, 
_ 258, - 


936 Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Kora, ſ. ob. ©. 151) zu überfegen. Nur mit vieler Anftrengung 
fonnte der Bagagetrain den Bergpaß überwinden. Mehrere Ka 
meele und ihre Führer ftürgten die platten Bergabhänge hinab, und 
die Artillerie mußte zerlegt und Stüd für Stud hinüber getragen 
werden. Um Taif, wo das Corps fich von den gehabten Be— 
fchwerniffen erholen mußte, fand man eine fruchtbare Landſchaft, 
reih an allen Lebensmitteln. Don hier aud begann dann der 
Marſch der Armee über die ſchon früher befannten Hauptftationen 
Tarabeb und Wadi Bifhe, und an dejjen ſüdlich liegenden, 
160 Xieued im directer Rinie von Dſchidda entfernten Orenzberg, 
Dihebal Tatlit (Thetliſſa bei Chedufeau), der na Planat 
unter 20° N.Br. und zwijchen 41°— 42° O.L. v. Bar. liegen joll 
(nah Chedufeau’s Karte unter 19° 30’ N.Br. und im Meridian 
von Bifhe). Auf diefer Route werden 16 Stationen angege- 
ben, 9 bis Tarabeh und 6 von da bis Wadi Bifhe, die bald 
auf einer, bald auf einer andern Karte und unter verfchiedenen 
Schreibarten eingetragen ericheinen. Sie heißen von NW. gegen 
S. O. fortjchreitend alfo: 

Von Taifa Aſter Tagemarſch nah Wadi Sya (? wol Kiya 
bei Galin. und F.), nahe bei Befel. 

2) Fort Kolakh (Kalaik bei Galin. und $.). 

3) Mevilila, ein Dorf (Medallaleh oder Mejalleh bei Jo— 
mard, wie bei Gal. und %.). 

4) Brunnen Kia (fehlt, dagegen an deſſen Stelle wie auch bei 
Burkhardt, ein Wadi Sit Aly auf Planat's Karte, und ein Bir 
el Ghazaleh bei Jomard). 

5) Station im Wadi Aboub, nur auf Planat's Karte. 

6) Akaba Kenfevat (ein Abitieg?). 

7) Su, ein Dorf (Warferort bei Planat). 

8) Akaba el Haye. 

9) Seil Torbe over Terrabe (Taraba bei Cal. und F. 
Torbah oder Tarabeh bei Iomard. Seil over Sehyl ift bier der 
allgemeinere Name für Wadi, Strom). Bon bier: 

10) Hamdan, ein Dorf. 

11) EI Aakik, Dorf und Seil (nicht Akig 6%); Aqyq bei 
Jomard). 

12) China, ein Dorf. 

13) El Bufam, ein Dorf. 





*60) ſ. v. Hammer: Purgftall, in Wien. Jahrb. 1840. B. 92. ©. 11. 


Arabien; Landwege nach Alyr. 937 


14) Bakra, ein Dorf. 

15) Wadi Bicha (Bycheh bei Jomard, Bifheh bei Galin. 
und 8.), auch Wadi Beiſhe. Aus diefem fruchtbaren weiten Thal— 
gebiete ging es zum 

16) Dſchebbel Tatlit (Thetlijfa auf Sal. und F. Karte, 
neben dem Dſchebbel Sidan, unter 19° 30’ N.Br., am Seil 
Ehahran over Shahran, einem rechten Zufluffe zum Seil Bifheh, 
fih erhebend, welcher Chahran weit aus dem Süden von Aſyrs 
Hochgebirge unter 18° N.Br. herabfommt und hier direct gegen 
den Norden fließt). 

Hier, jagt dad Noutier, nahm der Armeemarjch feine 
Wendung gegen den Süden 70) über Orte, deren 11 ver= 
ſchiedene namhaft gemacht werben, bi8 zum Seil Zebran; mwobei 
es jedoch nicht gejagt wird, ob es Stationen oder eben jo viele 
Tagemärfche waren, was jedoch wahrjcheinlih. Nur ein paar 
von dieſen Localitäten find auf den Karten verzeichnet. Sie heißen: 

1) Saifa (Heyfah bei Sal. und %.). 

2) Dichebal Bedur. 

3) Brunnen Danan (Wadi Ouanan der Karte von Planat, und 
eben fo bei Jomard). 

4) Land und Dichebal EI Kä (auf Planat's Karte fteht EI KA, 
oder Ahkaf? f. ob. ©. 269). 

5) Kabeni Wahab. 

6) EI Debaba, nur auf Planat’3 Karte. 

7) Midzedj. 

8) Seliba; Selilla auf Planat’3 Karte. 

9) Beni Dgiad. 

10) Tendaha. 

11) Seil Zebrän. Auch Diefer Stromname fehlt auf allen 
Karten; wir finden aber auf Galinier's und Ferret's Karte an 
derjelben Localität ven Seil Chahrän als ven Hauptſtrom 
nordwärts laufend eingezeichnet, der von Khamis Micheyt (Ma- 
heit bei Planat) herabfommt, das, nur einen Tagemarſch füplicher 
von jenem Geil Zebrän entfernt, im Noutier angegeben, alfo wol 
ald identiſch mit jenem Zebrän, nur nad) anderer Schreibweife, 
anzufeben if. In feinem Thale war, vom Wadi Bifheh an, 
die Armee marjchirt, denn jo heißt derfelbe Stromlauf im 
Norden, der im Süden am Hochgebirge Aſyrs in feinem dft« 


’°) J. Planat I. c. p. 245, 


938 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


lichften der vier Hauptarme, mo er bei Micheyt ans den Bergen 
tritt, Chahrän genannt wird. | Ä 
Hier im Seil Zebrän wandte man fih nah 25 Marjch- 
tagen von Meffa, vol Entbehrung und Mühjfeligfeit, aus vem ©. 
gegen den W., und traf bier endlich den Feind, den man fuchte. 
Man flieg rechter Sand (mol in Welt) das Stiromufer hinauf, 
und nahm hier feine Pofition dem Gebirge Micheyt (Khamis 
Micheyt bei Jomard und Gal. und Ferr.; Macheit bei Planat) 
gegenüber, deſſen Höhen in ver Ferne der Feind befegt hielt. Durch 
ihre rechte Seite blieb dar Uegyptiers Heer mit der zurüdgelegten 
Route in Verbindung und konnte im Nothfall fich darauf zurüd- 
ziehen. Die Kugeln ver Aſyr und Wahabis famen aus enor- 
mer Berne; ihre Zahl Tchigte man auf 12,000”). Sie hatten 
von dem Anrüfen der neuen Truppen (dem Nizam, die in 
Aegypten europäifch dreſſirt waren) iprechen hören auf ven Märf- 
ten, welche die Mekkaner Handelsleute zu bejuchen pflegen, und ver— 
achteten dieſe Milizen, da fie nur die reichgefleivete und mit glän— 
zenden Waffen gerüflete türkiſche Neiterei kennen gelernt. Sie 
fachten Uber vie erften Avantgarden der in knapper, rother Uniform 
in Reihe und Glied hintereinander folgenden Züge, die fie mit 
Hammelzügen verglichen, deren einfache Musqueten ſie verhöhnten. 
Aber bald wurden fie andrer Meinung, als die geichloffenen Glie- 
der in Haufen mit wildem Gefchrei ihre Attacke mit nachhalti— 
gem Feuer begannen und aushielten, fo dag fie im Schreden vor 
den Salven des Nizam und den immerfort pfeifenvden Kugeln nad 
Micheyt zurücdjlohen. Aber auch dahin von den jungen feurigen 
Truppen zwifchen Klippen und Defilés lebhaft und tactiſch verfolgt, 
von den Voltigeurs und den Örenadieren der verſchiedenen Batail- 
fone, von den kühnen Tirailleurd fortwährend gejagt und erlegt, 
wurden fie gänzlich aus dem- Felde gefchlagen, und zegen jih nad 
Hedjile zurüd. Auch dahin fegten ihnen Ahmed Paſcha umd 
Eolonel Mohammed Bey nah; aber die genaue Kenntniß der 
Wege und des Terrains gab dem Feinde den Vorfprung von 2 
Tagen, jo daß er fich im dieſer Zeit ſchon von feiner Sthlappe er- 
holen Fonnte. Es war dies die erfte ruhmvolle That der Nizam— 
Truppen Aegyptens; bei der Nachricht von derfelben in Gairo 
jprang Mohammed» Ali, ver Vicefönig, vom Divan auf und 
jubelte vor Freude. Dem franzöſiſchen Gapitain Daumergue, ver 


359) J. Planat 1. c. p. 246. 


Arabien; erfter Sieg im Afprgebirge. 939 


vie Bofltionen des Nizam überwacht hatte, wurde, wie der Tapfer- 
feit der Truppen, ein gleiches Verdienſt bei dieſer Affaire zuges 
fchrieben. Die Reiterei Eonnte in dieſem Gebirgäfriege nicht an— 
ders benutzt werden, ald zu GStafetten und zu Transporten der 
Bagage. Hätte man den Feind zu einer fürmliden Schlacht in die 
Ebene herablocken können, jo würde er wahrfcheinlich vernichtet 
worden fein. Sp aber fuchte er feine Rettung tm Gebirgsafyl, 
wohin man ihm zwar nachrüdte und auch in mehrere Gefechte fam, 
jedoch ohne des Landes Meifter zu werben, fo daß das Acbyplier⸗ 
Herr von Glück fagen konnte, durch alle Gefahren der Ge— 
birgspäſſe hindurch wieder die Meeresküſte bei Gomfude 
erreicht zu haben. 

Auf dieſen Märſchen, son Schlachtfelde am Seil — 
ſind folgende Stationen bekannt geworden. 

Erſter Tagemarſch nach Micheyt. 

M Nach Hadjle (Edjila bei Jomard). 

3) Zum Fuß des Dſchebel Sarrek (auf Planat's Karte Sas 
vef, wo der Hamdan- Tribus feine Sibe hat). 

4) Hedjile. 

5) Nah Melaͤha (Mehäla auf Planat’d Karte; ob Mena- 
der bei Jomard 2), wo es zu einem zweiten, fehr blutigen Gefechte 
fanı, da der Beind, der ſich bis dahin nur auf Vorpoftenangriffe 
und Meberfülle beim Durchzuge befchränft hatte, ein Infanterie 
Corps der Aegyptier umzingelte und viele verfelben vermundete, 
obwol nicht ohne eigne große Verluſte. 

Nach dreitägigem Aufenthalt zog man die beiden folgenden 
Tage weiter zu den Stationen: El Akas und dem Fort Tamis 
(Bort Tani auf Planat’8 Karte). Don hier begann der Rück— 
marſch gegen W. und N.W. über 8 Stationen bis Gomfupde. 
Sie heißen im Berichte: ; 

1) Vom Fort Tamis nad) Tabak. 

2) Nah Karin (Karini auf Planat’3 Karte) 

3) Imenfab (Menfab ebenv.). 

4) U Mauſſa (Wadi Mouffa ebenv.). 

5) Wadi el Ocher. 

6) Halt (Marſa Aly, ebend.; es ift ver Hafenort Hali, 
ſ. 2b. ©. 185). 

7) und 8) Bon Hali über Kouz nad Gomfude, wo an 
diefem Waffenplage am Buße von Aſyrs Gebirgdwand, ven bie 
- türfifhe Macht fortwährend zu behaupten jucdhte, ein Lager für 


- 


940 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74, 


die ägyptiſchen Truppen aufgefchlagen wurde, in dem fie ein gan 
zes Jahr Yang verweilten. In dieſer Periode war e8, daß Ehren> 
berg und Hemprich im Februar des Jahres 1825 ihre Exrcurfion 
son Gomfude aus unter dem temporeiren Schuß der Aegyptier 
in dad nahe Gebirgsvorland von Afyr wagen Fonnten. 

Don bier aus wurde der zweite Feldzug 72), unter Ach— 
med Paſchas Commando, im Jahre 1825 bis 1826, gegen Afyr 
unternommen, der aber nur 2 Monat dauerte, weil-man nicht eine 
mal jo tief in deſſen Herz, wie das erſte mal, eindrang. Die Wa: 
habis hatten alle Brovinzen Jemens, die an Heofchaß grenzen, in 
Aufruhr gebracht; daker rückten die Agyptifchen Bataillone gegen 
fie ſüdwärts nah Dſchiſan, ver Küftenftadt, aus und vermeilten 
15 Tage in Haſchaſch, ehe fie ind Binnenland einrüdten. Elf 
Tagemärfche führten fie gegen Oft nad) Menäder (ebenfo bei Jo— 
mard), und dann gegen N.W. zurüdf über das Fort Tamid, wo 
fie im Jahre zuvor campirt hatten; der Beind wurde nur zerjireut, 
zu einem Gefecht Fam es nicht, und das Commando fehrte nach 
Dſchidda zurüf. Der Tagemärfche werden von Haſchaſch aus bie 
zum Sort Tamis 14, aber nur 11 Stationen mit Namen anges 
geben, da 3 Tagemärfche duch „Wüſte,“ d. i. bier wildes Ge— 
birgsland, bezeichnet ift, wie wir ſchon bei einer frühern Unter- 
juhung angaben, in der wir zugleich bemerften, daß diesmal dus 
Armee» Corps durch dad Thal des Wadi Rim, des einzigen 
bier wirklich herausbrechenden Gebirgsfluffes, in das Innere von 
Aſyr einprang (f. ob. ©. 195, wo fchon das mwichtigfte dieſes Rou— 
tierd beleuchtet wurde). Diefe Annahme wird durch die Karte 
von Galin. und Ferret beftätigt, welche venjelben Fluß, obwol 
namenlos, bei Itwid zum Meere führen. Diefes ift unftreitig 
das von Haſchaſch, wo man 15 Tage geraftet hatte, als erſte 
Station im NRoutier bezeichnete Id, von der aus die andern Sta— 
tionen alfo folgen: 

2) El Chikeike. 

3) Wadi'l Deidri. 

4) Seil Rim, d. i. Rim Strom. 

5) Byr, d. i. Brunnen. 

6) 7) 8) Dann drei Tage „Wüſte.“ 

9) Dſchebel el Tor, mo einft des fehr tapfern Sheikh 
der Aſyr, Tamys (f. oben ©. 929), Hauptrefidenz gemefen 


372) J. Planat 1, c. p. 250. 





Arabien; neue Aſyr-Fehden. 941 


war, die auch ſchon Burkhardt kennen gelernt hatte (1. oben 
©. 199). 

Die 10te Station ift namenlos geblieben. 

Die 11te ift Wada Abha und Menäder, wovon aud) ſchon 
früher die Rede war (f. 06. ©.195). Die drei nächften Stationen 
find Serhan, EI Akas und EI Bavdla, worauf das Fort Tamis 
folgt, von wo der Rückweg über diejelben Stationen, wie das Jahr 
zuvor, nah Hali und Gomfude genommen ward. 

Tapfre Thaten, aber vol Wuth und Graufamfeiten, wurden 
auf diefen Erpevditionen gegen Aſyr vollbracht, weil jeder erlegte 
Beind den Aeayptiern mit Geld bezahlt wurde. Go kamen die 
Soldfnechte mit den abgejchnittenen Köpfen, Glievern und Geni— 
talien der Feinde, auf ihre Bajonette gejpießt, vor das Zelt ihrer 
Commandanten, ihren Lohn zu fordern. Der Chef des Gebirgs— 
feindes, jagt der Berichterftatter, war menfchlicher; er zahlte 5 
Dollar für jeden todten, aber 10 für jeden lebendigen Feind, und 
mehrmals ließ er die gefangenen Aegyptier, wenn er fie ihrer Waf- 
fen beraubt hatte, wieder in das Türfenlager zurüdgehen. Der 
Feldzug von 1827 wie die zunächit folgenden waren nicht mehr 
gegen Aſyr gerichtet, daS in den 2 vorigen auf folchen blutigen 
Wegen erft entdeckt werden mußte. 

Dod waren dies nur die erften Anfänge ver Aſyr-Fehden; 
denn um ein wirfliher Herrfcher in Arabien zu fein, nicht 
blos zu heißen, dazu gehörten bei der noch ungebändigten Menge 
jo zahlreicher in völliger Unabhängigkeit umberfchweifender Tribus, 
und jelbft bei ven fcheinbar befiegten, die meift nur zurückgedrängt 
und von einzelnen Buncten aus zerftreut waren, noch mehr blutige 
Kämpfe. Befignahme des Nothen Meeres, feiner Küſtenſtädte, ihres 
Handeld, Tributpflichtigfeit der Stammeshäupter, dann erft Ein— 
dringen in das Innere, waren dazu die Bedingungen. Auch wußte 
dies der ägyptiſche Vicefönig jehr wohl, und vaß er an England, 
in Beziehung auf Handel und Küftenherrfchaft, einen großen Geg- 
ner befaß, wie Bactionen, die auch im Innern Arabiend von 
Seiten des Gropjultand unterftügt wurden; denn beiden Mäch- 
ten, England wie der Pforte, konnte ein jelbftändiges, mächti« 
ges Reich des Aegyptiers in Arabien nicht zufagen, und eben dies 
war 28, was beider Politif, temporair mwenigftens, befreumdete, wo» 
durh Aſyr Zeit gewann, wieder zu erftarfen. England juchte 
Mochha, Aden und Bahrein (mit Maskat, gegen die Piraten, 
j. oben S. 417 u. f.), mit EI Katif (f. Sadlier's Querreife, oben 


942 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


©. 569) für ji), um des Handels mit Indien wegen, zw fichern; 
die Hohe Pforte jah durch ver Aegyptier Allgewalt in Nedſched, 
nach der Zerftörung Dreyehs, ihr Paſchalik Bagdad, dem die 
Sieger der Wehabiten mehr und mehr nahe rüdten, beproht >). 
Sie unterftügte einen Empörer, den türfiichen Soldaten Turkchè 
Bilmes, der im Innern Arabiend die Autorität Mehmed Alys 
auf eine furchtbare Weife bedrohte und während 18 Monaten feine 
politifchen und commerciellen Unternehmungen hemmte, indem er 
fich mit den Friegerifchen Aſyr vereinte, bis er endlich in Mochha 
gedrängt feine einzige Nettung (im Jahre 1832) auf einem eng— 
lifhen Schiffe fand, das ihn von da nach Indien überjchiffte. 
England wußte auf andre Weile des Vicekönigs Einfluß in Je— 
men und am Perſergolf zu lähmen; ihre Sciffe beherrichten Die 
Küften und Hafenftationen. Das Innere Jemens, deſſen Befig 
für eine arabifche Monarchie nothwendig gewefen, wäre unter den 
ſchwachen Imams von Sanaa wol leicht von den Diseiplinirten 
Truppen des Aegyptiers erobert worden, aber deſſen continen- 
tale Zugänge, zumal deſſen Nordgrenzen, waren von den 
mächtigen und friegerifchen Tribus, zumal ver Afyr, vertheidigt. 
Wenn nur diefe befiegt wären, dann, hoffte *) man, würde Sa— 
naa und das übrige Jemen bald in ver Gewalt des Aegyptiers 
jein; dann ließ fich eine zweite £riegerifche Expedition gegen den 
Gentralfig ver Wahaby gut mit dem Feldzug gegen Sanaa 
in Verbindung fegen. Wären dieſe Serrfcherprojecte ausgeführt 
worden, fo würde der Geographie damit ein mejentlicher Dienft 
geleiftet, und die Terra incognita des centralen Arabiens dadurch 
befannter geworden fein. Wenn auch vie Gentralijation einer ara= 
bifchen Alleinherrſchaft für die taufendjährig fortdauernde blu— 
tige innere Berfpaltung der Araber= Tribus eine große Wohlthat 
hätte werden fünnen, jo war doch an ihre Realiſirung durd) 
einen allen achten Arabern bis in den Too verbaßten Türfenfremd- 
ling nicht zu denken. Eher hätte dies Ziel in der Erhebung einer 
einheimischen Wahabi- Monarchie gelegen; aber diefe war in ihrem 
eriten grandiofen Aufichwunge erfnickt. Ihr ſich verjüngendes, wie— 
der auflebendes Gefchlecht hatte indep Die Sieger genöthigt, um 
nicht zu große Widerfacher zu reizen, einen Sohn des jo ſchimpf— 
lich entthronten Abdallah, wenigſtens ſcheinbar, zur Beichwichtie 


s’s) Jomard, Tabl. des evenements in Not. geogr. 1. c. p. 221 bis 
224. *) M. Tamisier, Voy. en Arabie 1. c. IT. p. 359. 


Arabien; Küftenverfhanzung gegen Aſyr. 943 


gung der erften Ausbrüche tödtlichen Haſſes gegen die Fremdherr— 
fhaft in Dreyeh, ald Statthalter einzufegen und als foldyen 
anzuerkennen. 

Dies hinderte nicht, zu gleicher Zeit auf einen Sauptichlag 
gegen die müchtigften Bartheigänger ver Wahabi, gegen vie Tribus 
von Afyr, zu jinnen, deren Untergang im Rathe der Aegyptier 
beichlofjen war, aber diefen bald fehr großes Unglüf brachte. Dan 
fah die Gebirgslandfhaft Aſyr ald ven Schlüffel zu Je— 
men und dem fürlichen Hedſchas und Nedſched mit Recht an. 
Jemen 5), oder Daman, wie ed in neuer Zeit von den Türfen 
genannt wurde, hatte reiche Städte, nach denen das Gelüſt ging, 
aber Aſyr nur arme Dörfer, die Feine Reichthümer verhießen; je— 
ned wollte man um feiner felbit willen, diejed aber nur, um zu 
Mekka, wie, wo möglich, zu Sanaa, zu Dſchidda um Mochha 
in ruhigen Befiz zu gelangen, was ohne Sicherung der 
Communication auf dem Landwege von Dſchidda über 
Gomfude nad Hodeidah nicht der Val fein fonnte. Denn 
im Intervall zwiſchen beiden KHafenpunften, nur in geringer 
Berne von Dſcheſan (Djezan), über Gomfude, erhebt fich jene 
Sebirgsgruppe, die ven Küftenmweg längs dem Tehama verries 
gelt, deren Bewohner der Türkenmacht troßte, weil die Wahabi 
ſich feiner bemächtigt, ihn für ihre Secte fanatifirt hatten, und 
Jedermann die Paffage durch das Tehama wehrte. Um viefes 
Aſyr feinen Wiverfachern zu entreißen, und ihnen feine Hoffnung 
zu laffen, fich je dort wieder verfammeln zu können, reifte der 
Gevanfe beim Vicefönige, ſich in vemjelben vecht eigentlich feft- 
zufegen 76), weöhalb feine Befehle ſchon vorläufig ausgegangen 
waren, die Wege nah Gomfude, die einzige Anfurth des Mee— 
red zu Aſyr, mit einer Neihe von Feſtungsthürmen und Ver— 
Ihanzungen (opere staccato) zu verfehen. Da die Gebirgs— 
gruppe von Aiyr reichliche Quellen, Blüffe und Bewäſſerungen 
darbot, und man ſchon ihre ungemein fruchtbaren Thäler hatte ken— 
nen Iernen, fo jchien fle ganz dazu geeignet, eine dort ftehende Yar- 
nifon von 7000 bis 8000 Mann ägyptiſch-diseiplinirter rn 
ernähren zu können. 

Die Bewohner von Afyr gehörten zu den Fräftigften, an 


F. Fresnel, l’Arabie in Rev. des deux Mondes, 4. Ser. Paris, 
1639. T. XVII, p. 255. *0 5 Deftr. Gonfulatsbericht, Mſer., 
datirt Alerandria, 2. Auguſt 1897. 


944 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Produften und Beute reichften in ganz Arabien: eben deshalb war 
dies Bergland die Zuflucht aller Unglüdlichen und Unzufriednen 
mit dem neuen Zuſtande der Dinge geworden; die Bevdlferung 
eined Raums von etwa 160 deutſchen Duadratmeilen war feit 
diefer Zeit von noch nicht vollen 100,000 Seelen auf das vier— 
fache, 400,000, geftiegen. Mehrere fanatifche Imams hatten fich, 
jeit Ibrahim Paſchas Siegen, noch inniger als zuvor am die 
Afyr- Tribus angefchloffen, und dieſes Gebiet erfchien, nach dem 
Untergange von Dreyeh, ald derjenige Punkt, von dem aus die 
arabifche Nationalität fi hätte von neuem offenbaren follen. 
Mehmen Ali, ver im Jahre 1815 die Öebirgspäffe von Aſyr 
durchzogen, aus eigner Anficht Eennen gelernt, entwarf zu 
Cairo jelbft den Operationsplan 77) für die Campagnen 1833, 
1834 und folgende, der fih auf zwei Hauptpunfte gründete, 
auf die Orte Seffa und Redda, die wir, unter den wol richtigern 
Namen Sega (Wadi Saffa kei Berghaus; fehlt auf Jomards 
Carte d’Asyr) und Reda (Rhadda ou Ghaddalı auf Jomards C., 
fehlt auf Berghaus Karte von Arabien), glüdlicher Weile an ih— 
ven ganz jenem Plane entjprechend geeigneten Stellen in Gali— 
niers und Ferrets Karte zum erjten male niedergelegt fehen, 
wodurch alle folgenden Nacrichten über dies Gebirgsland unges 
mein an Klarheit gewinnen. Sega ald ver höchſte Punet und 
Reda ald der Hauptort dieſes Diftrictes jollten befeftigt wer— 
den: denn der Befit des erften, auf fenfrechten Felſen emporras 
genden Ortes ficherte die Verbindung zu Lande mit dem Haupt— 
quartier zu Dichioda gegen N.W., über den Wadi Bifheh, ven 
Dſchebel Kora und Meffa, wohin man in 7 Tagemärſchen 
gelangen Fonnte, ohne von Waffermangel zu jehr geplagt zu wer— 
den. Der zweite Ort, Neda, von weldhem aus fich das Gebirgs— 
land gegen W.N.W. auf der Seefeite hin durch das Nivjal 
alma Thal des Hali Strom (Seil Halı) fanft nah Ma— 
häyl, das er im Jahre 1815 jelbit nievergebrannt, welches aber 
nun in ein verfhanztes Lager umzumandeln befohlen ward, 
hinabfenft und abdacht, ficherte die Verbindung mit Gomfude und 
Jemen. Auf diefer legtern Route von Neda durch Nidjal alma 
Thal über Mahbäyl fonnte Gomfude in 3 Tagemärfchen er— 
reicht werden, und bier jollte der Hauptwaffenplag für das 
Armeecorps gegen Ajyr fein, bis die Ereigniffe e8 möglich machen 


#77) Defter. Gonfulatsbericht, Mfer. 


Arabien; DOperationsplan gegen Aſyr. 945 


würden, eine gejundere und mehr centrale Ortichaft dafür auszu— 
wählen. In der Hoffnung, Afyr zu befigen, fah fih Mehemed 
Ali auch keineswegs weiter von Bagdad entfernt ald zuvor, von 
dem fein Augenmerk keineswegs abgewendet war: denn er berech⸗ 
nete, daß von Aſyr aus über Dreyeh dieſe Hauptfladt auf ven 
Karamanenmegen in 17 Tagemärfchen zu erreichen fei. Zur Un« 
terwerfung Aſyrs hielt er folgende Streitfräfte für noth- 
wendig 78). 

1) 2 Linienregimenter, jedes mit 4 Feldſtücken, die zu Waſ— 
fer nach Gomfude gehen follten. 

2) 3 Bataillond mit 4 Edcadrond und 2500 Mann regulais 
ren Truppen von Dſchidda aus für den Landweg beftimmt, indges 
fammt auf 8 Monate mit Broviant verfehen. Dieje Iegtern follten 
den nun jehon befannten Weg nah) Wadi Bifheh nehmen, dann 
aber in zwei Ubtheilungen aufverfchiedenen Wegen in daß 
Gebirg ſelbſt einrüden. Die eine auf dem früher betretenen (im 
Seil Chahrän aufwärts gegen Khamys micheyt) Wege unter- 
terhalb Khodra, das im Wadi ſüdwärts liegt; die andre an 
einem linken Arme veffelben Wadi (Seil Thanniyah auf Gal. und 
Berretd Karte) mehr direct gegen Wet in das Gebirg abzweigend, 
und auf die dortigen Site der Beni Amru (Amr bei Cal. und 
Berret) losgehend, welche unmittelbar, nebit ven Belahmar, Be— 
lasmar und Beni Shehr der Nordſeite ded Gebirgslandes der 
Afyr- Tribus, in dem nördlich angrenzenden Gebirgäzuge wohnen 
und den tapfern Schomran- Tribus zu ihren nörplichen Nach— 
barn haben. Sobald diefe beiden Abtheilungen in ihren Gebirgs— 
pofitionen herangerückt dem Waffenplage zu Gomfude von ihrer 
Ankunft Nachricht gegeben, follten audy die Truppen der Hafenſta— 
tion ihnen nad) Mahail entgegenrüden. Hierauf ſollte ver Haupt 
angriff auf Sega ftatthaben und dann die Eroberung der Haupt— 
Citadelle Reda nachfolgen. Hierauf erhielten die Anführer Befehl, 
eine Reihe von Feſtungswerken abzufteden, zwiſchen Sega, 
Sabab, Reda, Mahail uno Gomfude und diefe zu verpros 
viantiren für Befagungen, die, von 4 zu 4 Stunden auseinander, fich 
gegenfeitig zu unterftügen hätten. Dazwifchen follten Brunnen und 
Eifternen angelegt werben. 

Ahmed Paſcha follte dad Landheer führen, Ibrahim Pa— 
ſcha, der Neffe des Dicekönigd, wurde zugleich mit einer Expedi— 


’s) Defterr. Gonfulationsbericht, Mer. 
Ritter Grofunde XII, Ooo 


946 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


tion nach dem fühlichern Jemen gegen Sanaa beauftragt, wohin 
er aber im Jahre 1836 noch immer nicht vorgedrungen war, als 
der Miffionar I. Wolff ihn zu Hodeida befuchte (f. 0b. ©. 876). 
Im Fall viefer Ibrahim Paſcha zur Ausführung feines Feldzugs 
Unterftügung von der Armee in Afyr bevürfte, war der Schluß— 
befehl ded Vicekönigs in feinem meifterhaft entworfnen Operationd- 
plane, dem die Ausführung nur zu wenig entiprach, follten die nach 
Gomfude beorderten Truppen ihm zugeführt werden. Daß dieſes 
aber nicht gefchehen Eonnte, ergab fich in der Folge aus dem Un— 
glück, dad diefe traf. 

Der Borwand zu einem ſolchen Unterjochungs- oder gar 
Bertilgungsfriege ward bald gefunden 79). Aſyr war damals von 
einem mächtigen Prinzen Ali beherrfcht, der alle umherwohnenden 
Tribus unter jeiner Autorität vereinte und an 40,000 Bemwaffnete 
in dad Feld ftellen fonnte. Er war Wahabi, verbot feinen Unter— 
thanen die Wallfahrt nad) Mekka, und beprohte die heiligen Städte 
mit Ueberfal. Kurſchid Bey (fpäter Kurſchid Paſcha), ein al- 
ter Mamlud, Statthalter im Hedſchas, revoltirte durch fein bru— 
taled Regiment deſſen Befabungen, an deren Spitze der Empörer 
Turkchè Bilmed, ein türkischer Soldat Mohammed Alis, getre= 
ten war. Diejer mußte zwar aus Hedſchas fich zurücdziehen, er 
jegte fich aber in Jemen feit, zumal in allen Küftenftädten, amd 
verfchanzte fi in Mochha. Ihn unterftügte Ali von Afyr, der 
eben im Begriff war die Capitale Abu Arifh auf dem Wege zwi— 
ichen Gomfude und Mochha zu blodiren, deren Scherif damals ein 
Alliirter des Vicekönigs war. Defjen Kriegserklärung fchien 
hierdurch ganz gerechtfertigt zu ſein. Ali von Aſyr und der Re— 
belle Turkchè Bilmes hatten das Litorale von Jemen beſetzt 
(er war im Befig von Hodeida, Beit el Fakih und Zebid, als 
Bird dieſen Ort im. 1814 paffirte) SO) und verabrevdeten gleiche 
Theilung ihrer Eroberung. Als Ali von Aſyr ſich in fein Ge- 
birge zurückzog, verlegte der, Nebelle alle Tractate; jener brad) da= 
ber mit feinen kühnen Gebirgsichaaren bald wieder daraus im Te— 
hama ein, fohlug feinen treulofen Bundesgenoffen in die Flucht, 
entriß deſſen türkiſchem Anhange ale ihre neuen Groberungen, und 
zwang den Flüchtling feine Rettung auf einer engliichen Corvette 
zu fuchen, die im Hafen von Mochha zur Heberfahrt nah Bom— 


279) M. Tamisier, Voy. en Arabie. T. I. p. 363. ®°) J. Bird, 
in Journ.,of the Roy. Geogr, Soc. I. c. IY. p. 201. 


* 


Arabien; Vorſpiel zum Feldzug gegen Aſyr. 947 


bay bereit lag. Sein Schickſal erreichte ihn, als er von da nach 
Bagdad überging, wo er im Auftrage von Stambul ermordet 
ſein ſoll, da der hohen Pforte die unglückliche Rückkehr eines 
Flüchtlings beſchwerlich fallen mochte, den ſie insgeheim autoriſirt 
haben ſollte, dem Vicekönige Arabien zu entreißen. 

Ali St) legte in alle eroberte Städte Garniſonen und kehrte 


Schnell nach Aſyr zurüd, fich gegen den drohenden Einfall der Ae— 


gyptier zu rüften. Da fiarb er und hinterließ 2 Söhne, jedoch zu 
jung, ihm zu folgen, daher jein Neffe Ait (Aid Ibn Mouri bei 
Breönel) 82) während der Minderjährigfeit von jenen die Negent- 
ſchaft erhielt. Seine Stärke wurde auf 10,800 Mann Fußvolf, 
Neiterei u. |. w. und 6,000 arabijcher Hülfsvölker, alfo auf 16,000 
Streiter berechnet. Die Aegyptier forderten den Scherif von Abu 
Ariſch zum Beiftande auf, mußten ihn aber erft von einem Ueber— 
falle der Bergtribus in feiner Reſidenz befreien. Dagegen traten 
andere berüchtigte Sheikhs von Jemen auf die Seite von Ajyr, und 
jeldft der Imam von Sanaa, aus Furcht durch die Türfen ſei— 
nen Thron zu verlieren, ſchloß fih ihnen an. Als aber das Aegyp— 
ter Heer unter Achmed Paſchas Commando fih in ver Nähe 
von Taif nun ernfthaft zum Kriege anjchiekte, zogen wieder andre 
von den Aſyr unterjochte Stämme (Kabylen genannt) in zweideu— 
tigen Zügen zum Anſchluß an das Türfenheer herbei, die, Schon bes 
waffnet, fich jelbit zu beföftigen und mitzufechten gelobten, welche aber 


eigentlih die Gelegenheit zu Raub und Wlünderung herbeizog. 


Eben jo langte ein Parlamentair des Negenten Ait im Lager des 
Paſcha an, um Frievendunterhandlungen anzufnüpfen, der zur Ent 
Ihädigung für Abu Arifh 500,000 Talari gelobte. Der Paſcha 
Ihickte ihn mit der Antwort zurüd, ev jei nicht gefommen um Geld; 
fein Herr Mehemen Ali wolle Gebieter von Aſyr fein. Das 
her wehrt euch, oder unterwerft euch! in drei Monaten muß auf 
jeden Ball der Halbmond auf den Beten von Aſyr glänzen. — Man 
fand bald, daß der Spion nur auf Grfundigungen ausgegangen 
war. Hundert Gelegenheiten fanden die feindlichen Stämme, die 
Türken zu täufchen 9), und mußten eben jo leicht die durch Ge— 
walt oder Gelvfpenden und Beflechungen ihnen verbündeten Tribus 
wieder von ihnen loszureißen. Gine Niederlage der Türken, und 





®») M. Tamisier, Voy. l. c. I. p. 370. 2) F, Fresnel, l’Arabie 
in Revue des deux Mondes, 4, Ser. 1839. T, XVII. pag. 252. 
29 Ebend. p. 250. 


8092 


948 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.74. 


jogleich ſchienen alle Araberftämme wider fie im Aufftande. Die 
Städter jelbft jubelten dann, mußten aber bei der Ermannung der 
Türken wieder dafür büßen, und wenn das Glück viefen Tächelte, 
fchienen auch bald wieder vie meijten jener Tribus ver nievdern 
Landſchaften zum Gehorfam zurücgefehrt. Anders zeigte fich dies 
im Sande der Gebirgstribug von Aſyr. 

Nach vielen Verzögerungen, die durch jchlechte Verprovianti- 
rungen, fleinere Erpebitionen und andre Hinderniſſe das erfte Jahr 
1833 hatten vorübergehen laſſen, brach endlich gegen Ende Juni 
das Hauptheer im Jahre 1834 zu Lande von Taif auf, um in 2 
Abtheilungen, die von Ahmed Paſcha und dem Ali Ibn Aoun, 
dem Groß-Scherif von Meffa, auf verfchiedenen Wegen ges 
führt wurden, zunächft auf Wadi Bifheh los zu gehen, das vie 
Afyr befegt hatten, mo beide Abtheilungen fich vereinigen follten 3%). 

Der Zug ging die erften 8 Tagemärfche von Taif über Liya, 
(Lie bei v. Hammer) Befel, (Besel bei v. Sammer) Medal— 
Iale, Djaa (oder Bir el Baſcha bei v. Sammer), Bhir el 
Ghazale zum Wadi Dora (Seil Derra bei v. Sammer), wels 
her au zum Wadi Tarabeh (Tarame bei v. Sammer) zieht, 
in welchem das oben genannte Tarabeh (nahe 21’N.Br.), jedoch 
weiter nordwärts liegt, in vejfen Nähe man, diesmal nur etwas 
weiter ſüdwärts, vorüberzog. Bi hierher war man im Lande 
der verbündeten, befreundeten oder doch neutralen 
Stämme gereifet, zu denen auch eine Tagereiſe weſtwärts, nörd— 
lich der Ghamid, das Thal des Wadi Zahran gehörte, mit Zah— 
ranss), ver Nefidenz eines Scherif Manfur, der mit den Türfen 
befreundet war und eine zahlreiche Völkerſchaft in vielen Dörfern 
beberrfchte, die dort die fruchtbaren Gehänge des großen Gebirgs- 
zuges bedecken. Sechs Gebirgs-Sheikhs von verfchievenen Araber- 
Tribus, welche diefe Oebirgslandichaft, aus welcher ver Wadi 
Zahran mit feinen Seitenthälern, der nad) tem Binnenlande ge= 
gen N.O. fließt, hervortritt, bewohnen, erfannten die Autorität je= 
ned Scherif Manfur an, ven der leichtglaubige Achmed Paſcha 
damald für einen aufrichtigen Alliirten des Vicekönigs anfah. 
Aber dieſe fcheinbare Freundſchaft arabifcher Tribus, bemerft Fres— 
nel 8), mar eben fo fchnell verloren, wie gewonnen; fo mie der 





#4) M. Tamisier, Voy. I. p. 373; vergl. v. Hammer, Mien. Jahrb. 
Br. 92. ©. 63. ®°) M. Tamisier, Voy. II. p. 4—30, 
®°) F. Fresnel, 1. c. p. 253. 


* 





Arabien; Aufbruch gegen Afyr. 949 


Schag von Achmed Paſchas Obeim, aus dem viejer jo reichlich 
Gold fpendete, um fich Barteigänger zu fchaffen, fich verfchloß, war 
auch die Breundfchaft dahin. Ja von Achmed Pascha, fagt Fres— 
nel, nahmen die Tribus der Zahran und Ghamed (f. oben 
S. 208 u. f.) mit einer Sand die Geldſumme an, und die andre 
reichten fie, fobald fich das Blatt drehte, dem Feinde in Aſyr. Ihre 
Hülfe, mie ihre Nähe, blieb immer gefährlich, und fo ging es mit 
allen Verbündeten im ſchwer zu zügelnden Binnenlande Arabiens. 

Dom Wadi Tarabeh gegen Süvoft waren 6 Tagmärſche 
über Aafif, und von da noch 5 bis zum Wadi Bifheh 9), 
(Bifhe bei v. Hammer) nun ſchon durch Feindes Land zurüd- 
zulegen; daher die Vereinigung der beiden SHeeredabtheilungen 
ihon in Aakik, wo man deshalb raftete, um des Groß-Scherif 
von Meffas Nachtrab zu erwarten, wünfchenswerth war: denn die— 
fem, der auch jehr zweideutig in feinen Oefinnungen, war wenig 
zu trauen. Er fah die ägyptifche Armee in feinem Scherifat von 
Hedſchas jehr ungern, und da er für die Herbeitreibung der Le— 
bensmittel in feinem Gebiete zu forgen hatte, jo entzog er dem 
Heere 88), wo ed nur immer möglich war, ven Broviant, jo wie 
die friſchen Kameele zum Transport, wodurd) oft die größte Noth, 
und wegen der Abſchließung der Contracte mit den Beduinen Streit 
und Verzögerung entftand, und heimlich confpirirte er noch mit 
den Gebirgstribus von Aſyr. Auch legte er ed immer darauf an, 
durch erregte Sinderniffe dies Zufammenbleiben ver verfchieonen Ars 
meecorps zu vereiteln und fo den ganzen Zug zu ſchwächen 89), 
und andere heuchleriiche Sheifh8 unterliegen es nicht auf gleiche 
Meife einzuwirfen. In Aakik (vd. h. Onyr nah v. Kammer) 
raftete man deshalb, nachdem das Heer, auf Seinen 4, 5, 6, 7 und 
zweimal Yftündigen Tagesmärfchen, etwa 71 bis 72 Wegſtunden 
zurüdfgelegt hatte, und weil man hier auch den Beiftand von 2,000 
Mann abwartete, welche ver alliirte Scherif von Zahran zum 
Türkenheer zuftoßen laffen follte. Auch trafen beide am 14. Juli 
mit Hülfstruppen ein. Hier in der Station ded Dorfed Aakik, 
von Dattelpflanzungen umgeben, wo man einige Nafttage hielt, wa— 
ren fchon Kranfe im Lager; ihre harte, ja gräßliche Behandlung 
durch die Officiere der türfifchen Armee, die Tamifier bier ſehen 
mußte, fagt er, war Graufen erregend, und der Geiz, den dieſe bei 


#7) Tamisier, Voy. II, p. 31—120. *9) Ebend. II. p. 51. 
9 Ebend, U. p. 9. 


950 Weſt-Aſten. IV. Abtheilung. $. 74. 


der Beraubung diefer Unglüdlicyen ihrer nothwendigften Bedürf— 
niffe, wie in den Stationen des Proviantes für Menfchen und 
Thiere zeigten, Eonnte nicht? heilbringendes für den Feldzug ver- 
fünden. 

Der Kommandeur Ahmed Paſcha, ald Achter Türke bigott, 
aber dabei ohne Energie und an Feine Ueberliftung glaubend, nahm 
die fcheinbare Unterwerfung der Beonuinenflimme des Wadi 
Biſheh an, vie ihm einige Barlamentaire entgegenfchidten, 
indeß fie zu gleicher Zeit den Aſyr Treue fchwuren, um in Nothe 
fall von beiden zu profitiren. Diefe Abgeſandten famen aber nur, 
ald Spione den anrüdenden Feind auszufundichaften; man fuchte 
ihnen zu imponiren durch Erereitien des Nizam, die man ihnen 
zum bejten gab, durch Vorzeigung von Bomben und Raketen, de— 
ren man fich gegen den Feind bedienen werde. Die Bepuinen, 
ſchlaue Füchſe, dachten das Ihrige dabei, und jchon ihre Knaben von 
10 bis 12 Jahren, wohl beritten, mit ver Lanze bewaffnet, waren 
nicht jelten von den Vätern als Unterhändler geſchickt %). 800 
Kameeltreiber, die fich zum Transport der Armeebagage bis zum 
Wadi Biſheh verpflichtet, nahmen bei alle dem in einer Nacht 
Reißaus aus dem Lager von Aakik. Die Bewohner dieſes Dorfs 
waren alle entflohen bis auf die Kranken und einige arme Neger. 
Das Wadi Biſheh (Kala Biſheh ſ. ob. ©. 187, 194, Bifha 
bei Edriſi, und Beifhe, ver Schlüffel zu Jemen ©. 200, 201, 
Biſhe bei v. Hammer), vem man von Aakik über mehrere Wadis 
oder Seil d.i. Negenftröme, den Seil Therad, Seil Ras 
niyeh und Seil Ihaniyyeh, der zum Hauptwadi Bifheh 
gegen Norvoft zieht, entgegen marjchiren mußte, gehörte früher zum 
Scherifat von Mekka; aber feit der Wahabi Zeiten (j. ob. ©. 926) 
war ed von den Aſyrhäuptern unterjocht. Dieſes reichbewäflerte, 
fruchtbare, hohe Tafelland ward, an der Gebirgsgrenze von Aſyr, 
noch ald Provinz zu Hedſchas gehörig, von einer zahlreichen, doch 
keineswegs £riegeriichen, jondern mehr aderbauenden, und von 
Beduinen für entartet gehaltnen Völferfchaft bewohnt, die an 
9000 waffenfähige Mannjchaft 9) ins Feld ftellen Fonnten, alfo in 
Kriegdfämpfen nicht ohne Beveutung. 

In dem milden, ja mitunter graufigen, menfchenleeren und nur 
mit Dorngebüfch überzogenen Klippenlande vol Granitblöde, 
zwiſchen denen fich die langen Colonnen und Filen der Truppen 


90) Tamisier, Voy. Il. p. 57. 1) Ebend. II. p. 80. 


Arabien; Einzug in Wadi Biſheh. 951 


und der vielen Taufende der Kameelzüge bindurchwinden mußten, 
um die üppigern Fluren der Wadi over Seil Raniyeh und 
Thaniyyeh zu erreichen, famen, am 3ten Tagemarſch, von Aakik 
aus, immer wieder neue Sheikhs auf ihren Dromedaren dem VPaſcha 
entgegen, und ſtellten ſich wie Verzweifelte an, um Gnade flehend. 
„Wir ſtehen, ſagten ſie, zwiſchen 2 Feuern, wie eine Heerde Schafe 
zwiſchen Tiger und Löwe. Tiger ſind die Aſyr, ſei du der Löwe, 
und ſo großmüthig wie dieſer.“ Des Paſchas Antwort: „Und wo 
find die Schafe? Füchſe und Wölfe ſeid ihr! zahlt ihr den Tribut 
an Afyr, fo brenne ic) euch Alles ab, laſſe eure Dattelmälder ums 
hauen und euch felbft die Köpfe vor die Füße legen.“ — Auf ſolche 
Drohung ®) verfprachen fie Tribut an den Paſcha zu zahlen und 
für fein Heer Kameele zu liefern, und nicht lange darauf, jo langte 
Scheifh Naffer an, die Unterwerfung zu geloben. Es war die 
Nachricht aus Abu Ariich zu diefen Gebirgstribug gefommen, daß 
auch von deſſen Scherif Her der Türkenfeind, von der andern Ges 
birgsſeite des Tehama, im Anmarſch gegen Aſyr fei, und. wirklich 
hatte Achmed Vaſcha durch Sendboten 8) jenem feine Ankunft im 
Binnenlande gemeldet und ihn nach dem verabredeten Operations— 
plane zum Aufbruch beordert. 

So zog man denn wirklich im Wadi Beiſheh ohne Schwert⸗ 
ſchlag ein, in dieſem fruchtbarften und bevölkerteſten Theile 
von Hedſchas, das zugleich die Kornfammer für das Gebirgs— 
land Afyr bildet, wo die Armee der Erholung von ihren großen 
Anftrengungen bedurfte. Drei Wochen, vom 22. Juli bis zum 7. 
Yuguft, wurde hier in dieſer Gultur-Dafe von Biſheh in der 
größten Sommerhitze Nafttag gehalten %). Auf den legten Mär— 
ſchen durch die wafferarmen Sand» und Klippenreviere waren bie 
Menschen und Thiere gefallen, wie Fliegen; an einer Stelle lagen 
12 verdurftete Leichen von Fellahs am Wege. Die türfifchen Be- 
hörden Hatten feine Sorge für die Armee. Dem nachziehenden 
Hospital waren nur noch 7 Mann Wachen übrig geblieben; +8 
war daher von Näubern audgeplündert und verirrt. Nach joldhen 
Beſchwerden gab fchon der Anblik von Waſſern und der ringsum 
von Dattelwäldern grün umzogne Horizont des Wadi Beifhe 
den Glievern neues Leben und frifhen Muth. 

Tamifier vergleicht e8 dem grünen Nilthale Aegyptens, 


*?) Tamisier, Voy. II. p. 102. ) Gbend. II. p. 55, 103 etc. 
”) Ebend. II, p. 120— 193, 


952 Weft-Afien, IV. Abtheilung. $. 74. 


bedeckt von unabjehbaren, hochftammigen Säulenreiben der Pal— 
menhaine, in deſſen Mitte, in feinem Nil, dem blauen Strome, 
alle Bergſtröme des fühmeftlich benachbarten Gebirgslandes von 
Aſyr zufammenfließen und alle Regenwaffer verrinnen, die hier aus 
den Lüften nieverfallen. Der Hauptſtrom zieht von SW. nad 
N.O., und fol nach der Araber Uebertreibung bid vor die Thore 
von Bagdad gehen; in Wahrheit fpült er feine Waſſer mol 14 
bis 15 Lieues weit. Dahinwärts breitet jih Ebene mit niedri— 
gen Anhöhen aus, an der Weſt- und Oftjeite ift ver Wadi 
Beifheh von Bergreihen begrenzt, die oſtwärts bis jetzt noch 
von feinem Europäer überftiegen find, eine Direction, in welche 
Vaſſama's Karte ven Namen EI Ka oder Ahfaf eintrug (ſ. ob. 
©. 937, 269). Gegen ©. des Wapdi Beifheh aber, in Berne einer 
und mehrerer Tagereiſen, fteigen wildere Bergfpigen wie Zucker— 
hüte, Zahne voll Lücken und Schluchten empor, deren eine dem be— 
fruchtenden Wadi den Durchgang gegen den Norden geftattet, 
wo er nun weit hin feinen Segen verbreitet. Hier am Südrande 
großer Dattelmälver, wo mehrere Dörfer lagen, wurde daß große 
Lager aufgeichlagen. Das erfte Dorf, wie eine Borwacht am Ein- 
gange in das Thal gelegen, hieß Nemeran; ein zweites Ruſhan 
Kebir, d. i. dad große, und das dritte Ruſhan fougayr, 
d. i. das kleine Ruſhan. Die ganze Landſchaft des Wadi 
Beiſhe, zu der man 60 Dorfichaften und 45,000 Einwohner 
zahlte, wurde von drei Sheikhs beherrfcht (damals Ibn Schu— 
ban, Mohammed ibn Aoun-el Madi und Ali Seheri), die 
unter ſich gleiche Rechte %) ausübten, indeß viele andere unter- 
georonete Sheikhs fich diefem Triumvirate unterwerfen mußten. 
Unter jener Bopulation waren 10,000 Neger mit inbegriffen. Ne— 
meran hatte eine Mofchee, in welcher ein Imam Schule hielt, und 
bei Ruſhan ward alle Dienftag großer Markttag gehalten; alle 
Hütten waren von Palmholz und Stein erbaut, und die Ortfchaf- 
ten gegen Ueberfälle gut vertheidige. Won den hier ſeßhaften 
Landbauern, die fchon Edriſi fannte, im Gegenſatz umherſtrei— 
fender Beduinen, ift fehon früher (f. ob. S.200— 203) die Rede 
geweſen. 

Keine Stunde fern vom Dorfe Ruſhan Kebir, auf einem 
niedern Hügel, erhebt ſich über dem anliegenden Dattelwalde im 
großen Wadi die Feftung ©) Beiſheh, die fchönftgebaute, vie 


95) Tamisier 1. c. II. p. 124. *6) Ebend. II. p. 170; vgl. p. 109. 


Arabien; das Lager im Wadi Beiſheh. 953 


man von Taif an im Hedſchas anfichtig geworden. Sie iſt von 
vielen Dörfern und reihem Anbau umgeben. Sie ift quadra= 
tifch erbaut, mit Thürmen an den Eden, die halbrund; die Außere 
Mauer ift 7 Fuß did und 20 Fuß hoc), eine zweite, innere eben fo 
hoch, mit einem umberlaufenden Corridor, einen mittlern Hofraum 
von 80 Buß Durchmefjer umgebend. Die ganze Ummauerung von 
480 Schritt Umfang hat unten feine Thore oder Thüren zu Ein- 
gängen, fondern nach oben nur Scießlöcher und Deffnungen, um 
Balmftride zum Hinaufziehen herabzulaſſen. Dies der Character 
aller arabifchen Feſten. Dieje Befte Beifheh lag aber fchon in 
Ruinen. Se 

Das Türfenlager zu Beifheh brachte die ganze Nachbar- 
ihaft in Aufregung und gemährte dadurch auch manche Einficht 
in die Berhältnijfe von Afyr. Aus vem Tehama hatte ein tür= 
fifches Streifcorps Cavallerie die maritime Grenzſtadt Kali, welche 
damals unter die Botmäßigfeit von Aſyr gerathen war, durch einen 
plöglichen Ueberfall in einen Ajchenhaufen verwandelt (1. ob. ©.186), 
ein Schredichuß für die Afyr- Tribus. Don Ait, ihrem Regen 
ten, traf ein PBarlamentair im Lager ein, der dem Paſcha Geld- 
zahlungen anbot, wenn er ſammt jeinem Heere umfehren wolle. 
Diefem Gejandten, ftatt der Antwort, gab man eine Revüe der eu— 
ropaifcheorganifirten Truppen und eine Kanonade mit Congrevifchen 
Raketen. Andre Nachrichten, die man einzog, lauteten nach Krieg ””). 
- Die Afyr jollten fich alle in die rauhefte Gebirgspofition mit Brun— 
nen znrüdgezogen haben, wohin nur die wildeſten Engpäffe führ- 
ten, in die früher fchon einmal ein türfifched Corps hineingelockt 
jeine Waffen hatte ftrecfen müffen. Viele der Sheikhs von Afyr 
follten fich jevoh auch nicht zum Zelte unter der großen 
Lanze ihres Anführers eingefunden haben und dem Paſcha 
Unterwerfung anzubieten bereit fein. 

Auch ein mächtiger Tribus, die Kabyle (p. i. Stamm) von 
Nedjal alma (vom Südgehänge der Afyrberge gegen Hali hinab 
fi fenfend, f. oben ©. 944), ſchickten ihre Abgefandten ind Lager, 
und boten, da fie Najas, d. i. Tributaire ver Afyr waren, 
den Türken ihren Beiftand an, wenn diefe ihnen Geldfunmen 
zahlen wollten. Ihre Sie waren eigentlih an der Seefeite von 
Aſyr, wo fidh ihre Gebiet auf der Grenze zwifchen Jemen und 
Hedſchas auöbreitet; deshalb fie auch zweierlei Abtheilungen bil- 


»”) Ebend. II. p. 128, 


954 Weſt-Afien. IV. Abtheilung. $,. 74. 


deten, vie ſich die Nedjal alma Jemen und die Redjal alma 
Hedſchas nannten. Aber fie Fünnten 7000 Dann unter die Waf— 
fen ftellen, fie würden von den Aſyr tyrannifirt; fie hätten von dies 
jen ven Schlüffel zum Eingang in Aſyr, von der Nord— 
jeite, zur Bewachung erhalten. Bisher hätten die Aſyr geglaubt, 
die Hauptattacfe gegen fie würde von der Südſeite, von Gomfude 
ausgehen, deshalb fie fich dahinwärts auch verjchangt hätten. Nun 
aber, da die Türken ven Angriff vom Norden her machten, müſſe 
ed den Aſyr übel ergehen, wenn ihre Kabyle zu den Türken über 
gingen. Mit der Doppelzüngigfeit ver Bifheh nun ſchon hin— 
reichend vertraut, fahb man auch die Nedendarten dieſer Kabyless) 
für betrügerifche Lift an, ohne darauf einzugeben, und fand fie ſpä— 
ter auch als Feinde. | 
Ernfter mochten die Anerbietungen einer zweiten großen, 
noch ſüdöſtlichern Kabyle zum Anfchluß an die Türfenparthei 
fein, die wir ald die nörplichen, Friegerifchen Grenznachbarn von 
Sanaa ſchon fennen, die Haſchid u Beil (f. ob. ©. 714, im 
Belad el Kobail, d. i. dem Lande der Kabylen), vie fich jelbft ven 
Kamen der Kabyle Sam) beilegten, und ihre Site, als zwi— 
fchen jenen Revjalsalma und der Imam-Reſidenz Sanaa gelegen, 
angaben. Ihre Abgeoroneten im Lager des Pafcha nannten ihre 
Macht gleich groß mit der jener Kabyle; fie pochten ſogar auf 
ihr WVervienft als treue Partheigänger ver Türfen aus frühern Zei- 
ten. Als Sultan Selimd Armee auf die Eroberung Urabiend aus— 
ging (im 16ten Jahrh., |. ob. ©. 732), befand ſich, erzählten fie, 
fein Kriegäheer vem Gebiete des Jam» Tribus gang nahe, als 
eine furchtbare Epivemie daffelbe fo fehr fchwächte, daß es von vie— 
len Tribus überfallen wurde. Ihre Kabyle Jam fand ihnen 
nicht nur bei, fondern eöcortirte Damals den Meberreft des Türfen- 
beeres auch noch bis Mekka, wo fie raften Eonnten, um ganz zu 
genefen. Zur Belohnung habe Sultan Selim der KabyleIam 
einen Firman gegeben, um jährlich mit Bug und Recht von den 
benachbarten Tribus, welche von den Türken beflegt waren, einen 
Tribut zu erheben. Mit diefem Firman, ven fie bis heute als 
ihr Palladium bewahrten, fehiekten fie jedes Jahr 3 bis 4000 Mann 
Bemwaffnete im Gebirgslande aus, den Tribut einzutreiben. Auch 
von Ali, den Oberhaupt von Afyr (dem Verbündeten des Rebel— 
Ien Turkchè Bilmes, f. ob. ©. 946), der fich viele Tribus unter« 


39) Tamisier 1. c. II. p. 135, 315. 9 Ebend. II. p. 185. 


Arabien; die abtrünnigen Kabylen, 955 


worfen hatte, forberien fie ihn, wurden aber von dem Gewaltigen 
aus ihrem Hinterhalte verjagt, und bald, wie jo viele andre Stäm— 
me, von ihm unterjocht. Nach Alis Tode mußte deſſen Nachfolger 
Ait Garnifonen in die Städte werfen, als fich die Nachricht von 
dem Kriegdzuge der Aegyptier verbreitete. Dadurch erhielten die 
unterworfenen Tribus Luft, und fonnten nun ihre Unterhändler in 
das Lager der Türken ſchicken, um mit des Paſcha Beiſtande ſich 
an ihren Untervrüdern in Aſyr zu rächen. 

Auch andre der Tribus, die, in gleich locerm Verbande mit 
dem Oberhaupte von Aſyr, feines Supremated überdrüſſig zu fein 
ſchienen, meldeten ſich im Lager. So ver nächte tributpflichtig ge— 
machte nördliche Grenznachbar von Aſyr, ver Tribus der Be- 
laömar%0), ver fogleich abzufallen gelobte, ſobald das Türkenheer 
an der Landesgrenze erfcheinen werde. Auch Sultan Ben Abda, 
der Sheifh einer andern, den Aſyr unterjochten Kabyle, verfpradh 
daffelbe, und eben fo Sheifh Gourm, deſſen Abgefandter Gara= 
ma mit den ftattlichiten Pferden im Lager anfam und von 10,000 
Mann Bewaffneten fprach, die fein Stamm ind Feld zu ftellen vers. 
möchte. Allen von ven Aſyr Abgefallenen ftanden, als Verräthern 
an der gemeinfamen Sache, große Strafen bevor; Nieverbrennung 
der Käufer, Verwüftung der Felder, Beraubung der Heerden, Ges 
fangenſchaft, fchimpfliche Entehrung an Bart und Gliedern, ver 
Tod und Verjagung der an den Bettelftab Herabgefunfenen, der Kine 
der, Brauen und Mütter. Solches Schickſal hätten demnach Diele 
zu gewärtigen gehabt; fonnte man fie, die fo vieled auf das Spiel 
zu fegen ſchienen, ganz für treulofe halten? 

Einer ver Sheikhs vom Triumvirat im Wadi Beifbeh, Alt 
Seheri, der troß des Gelübdes an die Türken doch Feine Kameele 
und feinen Proviant ind Lager lieferte, wurde vom Paſcha abge— 
jegt; einer der beiden Gollegen des Sheifh8 beftieg am Marfttage 
zu Ruſhan Kebir ven hoben vort aufgerichteten Stein, von 
welchem durch feine Fürften dem verfammelten Wolfe die Befehle 
ertheilt zu werden pflegten, und verkündete Ali Seheris Sturz 
und die Ernennung jeined Nachfolgerd. Endlich ) waren nun 
Kameele zum Transport und die Lebendmittel zur Verprovianti— 
rung des Heeres von den Urabern des Wadi Biſheh richtig auf 
15 Tage eingeliefert, die Hülfstruppen aus dem Wadi Thaniy— 
yeh ftellten fih im Lager wirflih ein und fangen dem Paſcha 


»00) hend. II. p.1898—189, *) Gbend, IT, p. 189, 190-192, 198. 


956 Weft- Aflen. IV. Abtheilung. $. 74. 


ihre Kriegälieder vor; der Zulauf von unnügem Gefindel im 
Lager, das nur zum fchmarogen, die Dattelbäume zu plündern und 
zu maufen Fam, ward bevenflicher. Täglich wurden Ordres, aber 
auch wieder Gontreorpres zu Aufbruch gegeben, mobei die Lebens— 
mittel für Menfchen und Vieh immer mehr aufgezehrt wurden, fo 
daß ſchon viele Kameele aus Buttermangel umfielen. Der heimliche 
Verrath des Groß-Scherif von Mekka an feiner eignen Barthei - 
wurde durch Die fortwährenden Verzögerungen immer offenfundi- 
ger; die von ihm beizutreibenden Laftthiere zur Bagage fehlten 
noch, und flatt die Zelte und andern Plunder zurüdzulafien, den 
man allenfalls leicht verjchmerzen konnte, gefchah ed durch feine 
Einflüfterungen bei dem Bafcha, deffen Ohr er befaß, daß man die 
Gongrevifchen Raketen, eine entjcheidende Hauptwaffe gegen die Ge— 
birgstribus, im Lager zurüdlieg. Die Wahrfcheinlichfeit bald eins 
tretender Hungersnoth, wenn man noch länger bier verweilte, 
nöthigte endlich zum Aufbruch des Lagers. So wurde denn, 
am 7. Aug. 1834, ver Abmarſch aus Bifheh ?) zur Gebirg3- 
Gampagne begonnen, ald man die Nachricht erhalten hatte, daß 
ein Theil ded Afyr=- Heeres nah Menader, ver legten Reſidenz 
der Gebirgsfürften von Afyr, gerüdt fei, dem auch dad türfijche 
Heer entgegen marjchirte, aber ein anderer Theil fih auf dem 
Territorium des Gebiete der Beni Malek zur Bertheivigung 
organifire. 

Nun exit begann daher ver Feldzug gegen das eigentliche 
Gebirgsland Aſyr, ver jevod nur kurze Zeit, Feine 2 Monate, 
Auguft und September, dauerte, wodurch und aber vie leben- 
digfte Anjchauung feiner Natur und Bevölferung auf hiftori« 
ſchem Wege zu Theil wird, vie bis jest noch von feiner Befchrei= 
bung hat überboten werden können, wie fi aus dem Folgenden 
ergeben wird. 


Erläuterung 2. 
Die Feldzüge der Aegyptier unter Achmed Pascha im Ge- 
birgslande Afyr, in den Jahren 1834— 1837; Characteriftif 
diefer Gebirgslandfchaft und ihrer Bewohner, der Afyrinen. 


Alle Beobachtung des Gebirgslandes Afyr und feiner Be- 
wohner ift bis jegt nur in Folge der Kriegführung auf den we— 


02) Tamisier l. c. II. p. 185, 193 etc. 


Arabien; Eintritt in das Gebirgsland Aſyr. 957 


nigen Marfchrouten der Kampagnen der Sahre 1834 bis 1837 her— 
vorgegangen; indem wir alfo, da jede andere Beobachtung fehlt, dies 
fer felbft in ihrem Verlaufe folgen, erhalten wir aus ver erften 
Duelle die naturgemäßefte Anficht des Ganzen, zu deſſen 
Bejonderheiten wir dann weiterhin fortzufchreiten im Stande fein 
werden. Nur mit dem Verzeichniß der Tagemärfche Fünnen wir 
in das Innere diefer arabifchen Schweiz eindringen, und 
bei dem längern Verweilen in ven Hauptlagern des türfifchen 
Heered und zu orientiren fuchen, was dem Wefentlihen nad 
auch fchon ganz gut auf ver Galinier- und Zerretichen Specialfarte 
von Afyr gelingen kann, indeß alle andern biöherigen, frü= 
bern Kartenverfuche noch darüber gänzlich im Stidy ließen, 
oder zu vielfachen VBerirrungen führten. Das anſpruchslos und 
einfach geführte Tagebuch Tamiſier's ift hier unfere belehrenve 
Hauptquelle; in der Schreibart der Orte aber folgen wir Gali— 
nier's und Ferret's begründetern Angaben, da die gezierte und 
verkehrte Schreibart Tamiſier's ſchon durch v. Sammer mit 
Recht verworfen ward. 

1. 7. Auguft 1834, Aufbruch des Lagers aus der 
Cultur-Oaſe des Wadi Bifheh. Erfter Tagemarjch. Ende 
lih zwang der immer mehr fih fühlbar machendne Mangel an 
Proviant und die Furcht vor eintretender Hungersnoth, 
die auch keineswegs ausblieb, den unentfchloffenen und Yeicht übers 
lifteten Oberbefehlöhaber, Ahmed Paſcha, zum Aufbruch aus 
den gefegneten Wadi Bifheh; denn dad num nahe vorliegende, 
hohe und wilde Gebirgsland mit feinen zahlreichen Feinden und 
Einöden follte unterjocht und befeßt werden, wo die Mittel ver 
Eriftenz, wenn fie auch vorhanden, doch keineswegs ald Beute der 
Sieger zu erwarten waren. Der Zug des Heeres bewegte fich ge= 
gen Süd das Thal des Wadi Bifheh entlang, das fich bald mit 
hohen Bergen zur Seite zu einer Engſchlucht zufammenzicht, 
welche nach Urt der Bergthäler das untere Flußbecken, aus 
dem man bier heraudtrat, von einem obern jcheidet, wo in dem 
Gngpaß?) felbft noch ein Fleiner Hügel wie ein Querdamm fich 
erhebt, den fich der Strom durchreißen mußte, um aus der höhern 
in die niedrigere nörblichere Thalfenfung einzufließen, in welcher die 
Ihönften Dattelhaine, Eulturfelder und Obftgärten reich“ 
lid von ihm bewäſſert werden. Der Bifheh-Strom wird ober« 


’ 


») Gbend, II. p. 198, 


958  Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.74, 


halb von außerorventlicher Breite, iſt beifer eingeufert ala beim 
Dorfe Nemeran, wo dad Lager ftand; doch zeigte das obere 
Bajjin mehr Sandebene, mit Nadelholzwaldung, Cy— 
prefien, wol Arar, und Pinus, und nur hie und da mit Gras— 
plägen beiegt. Am rechten Stromufer zogen ſich indeß noch vie 
ihönften Dattelpflanzungen hin, und die zahlreichen Brun- 
nen, von fchönen Weidenbäumen beichattet und von ländlichen 
Wohnungen umgeben, bewäfjerten Gärten und tränften nicht we— 
nige Heerden. Träte man unmittelbar aus der Wüfte in dieſe 
Daje ein, jagt Tamifier, fo würde fie entzüden; fo aber zeigt 
fie, wenn man das untere Wadi Biſheh verlafien hat, meniger 
Reize. Das erfte Dorf, das hier von 3 Forts auf den Hügeln 
und einem Thurm in feiner Dlitte geichügt jich zeigte, beift Ma— 
roua (diefer Name fehlt auf ver Karte von Galin. und Ferr.). 
Es blieb dem Heereszuge zur rechten Hand liegen, deſſen Gavalle- 
rie bald bis zu einem zweiten Dorfe Heyfa (Haife nach v. Ham— 
mer) *) vordrang. Dies war fchen früher von einem türfifchen 
Commando überfallen worden, das alle Weiber und Kinder wie 
eine Heerde Schafe vor fich hergejagt und auf dem Marfte als 
Sclaven verfauft hatte, daher e3 jegt im Trümmern gar feine Hülfe 
bot; denn alle Männer waren entflohen, und hatten auch Alles mit 
fortgejchleppt, jo daß nicht einmal Datteln Hier zur Nahrung zu 
finden waren. 

8. Auguft, Rafttag) zu Heyfa. Obwol Achmed Paſcha 
in den frühern Gampagnen (ſ. ob. ©. 937) ſchon zweimal dieſes 
Meges, jedoch auf einer mehr weftlichen Route, marfchirt war, 
fo wußte er doch hier gar feinen Beſcheid, und war ganz rathlos, 
welcher Weg für den morgenden Tag einzufchlagen fei. Man hielt 
alfo hier Nafttag und fchlug unter Dattelbaumen das Lager auf; 
das Waſſer zeigte fich ſchwer verdaulich, Die Luft bei Nordweſt jehr 
feucht, nur einen einzigen Ausweg aus viefem Thalkeſſel zeigte der 
Bifhbeh-Strom. Im Dorfe fland eine im Quadrat erbaute Mo— 
ſchee, mit einem ſüßen Wafjerbrunnen an ihrem Cingang; bie 
Wohnbäufer von Stein und Lehm, nicht mehr von Palm- 
ſtämmen aufgerichtet, weil dieſe nicht hinreichenden Schuß gegen die 
Gebirgsregen darbieten, hatten meift 2 Stodwerf; in den Keller- 
löchern waren einige Habieligfeiten verftert. Nahe dieſem Dorfe 


») Wien. Jahrb. B. 92. ©. 64. ) Tamisier, Voy. I. c. T. II. 
p: 204. 


Arabien; Eintritt in das Urgebirge Alyıs. 959 


lagen noch 2 andere, EL Midra und El Bajira, und in einiger 
Berne am Südende eines Wadi Teeri ein gleichnamiges drit— 
tes Dorf, dad von dem Wadi den Namen tragen follte (diefe Dorf- 
namen fehlen auf der Karte von Gal. und Ferr.). 

Ein Courier aus Gomfude traf im Lager mit der Nachricht 
ein, daß der Scherif von Abu Arifch gegen die Grenze von 
Aſyr aufgebrochen fei, um die Türfenparthei durch feine Attacke 
von jener Seite ded Tehama zu untefftügen; er wolle ven furcht— 
baren Afaba (d.i.Bergpaß) erjteigen, der Aſyr von der Seite 
beihüge, und fo in dad Binnenland eindringen. Späterhin zeigte 
fich nichts davon; zugleich brachte derfelbe Courier die Trauerbot- 
ſchaft, daß die Fieberepivemien im Tehama furchtbar graf- 
firten; diejelben waren es, die jpäter auch den größten Theil des 
Zürfenheered vernichteten. Früherhin hatten fich faft alle Beduinen— 
Tribus des Gebirgslandes von Hedfchas, von Aakik, Wadi Zah: 
ran und andern, durch Hülfstruppen dem PBartheizuge Alis von 
Aſyr gegen Jemen angeichloffen, in Hoffnung auf Beute und 
zumal auf Blünderung der Städte Toheia, Hodeida, Mochha. Auch 
das Wadi Biſheh, zu dem viele letztgenannten Dörfer bis Teeri 
no gehörten, hatten ihm 500 LZanzenträger und Runtenflinten ges 
ftelt; dann traten fie ihm auch gegen ven bevrohenden Türfenans 
marſch bei, weil fie auch im Türkenlager ihre gute Beute an Wafe 
fen, Stoffen, Belgen, Seivdenzeugen, Geldern u. f. w. erhofften. Nun 
aber va das Blatt ſich zu wenden jchien, trafen fie Truppmweife im 
Zürfenlager mit Betheuerungen ihrer Ergebenheit ein, obgleich Ait 
von Aſyr, der doch die Gefahr heranrücken ſah, Alles that, ihre 
Sheikhs um ſich im feiner Nähe zufammenzuhalten. 

2. Zweiter Tagmarſch (9. Auguft) 6). Zwifchen ganz 
unbebauten Kalfftein= und Kreidebergen, deren Seitenwände 
vom Sonnenftrahl ganz calcinirt waren, ging das Heer im Thal 
über Thons Mergel und Humuslagen, wo aber am Fuß der Berge 
nur Krüppelholz wuchs, doc) hier und da auch Baumgruppen auf 
unterirdifchen Wafferlauf zurücichließen ließen. Nach einer Thal— 
verengung trat man in eine Eleine Sandebene und aus dieſer 
wieder in ähnliche Eleine Thalbeden, bls Urfelsgebilde, die zu« 
vor nur auf den Gipfelhöhen bervorragten, bier die Pforte eines 
engen Defile 3 bilveten. Der Blid zeigte die bisherigen Berge 
im N. und W. nicht mehr, dagegen traten im Süden, wohin der 





%) Ebend. II. p.211. » 


360 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Heereszug vorrüdte, neue Gebirge aus den Wolken hervor, ganz 
eomparte gejchloffene Mafjen, in denen man noch feine Lücke zum 
Durchmarſch wahrnahm. Doc bald zeigte fich eine folche enge, 
dicht mit Mimofen bewachsne Schlucht, die zu durchdringen das 
Heer bis zur Mitternacht feinen mühfeligen Marfch aushalten 
mußte. Den ganzen Tag hatten die Truppen keinen Schluf Waſ— 
fer gefunden, fie hatten Fein Fleifch, Fein Brot zur Nahrung, in 
elenden Maroquinjchuhen einhergehend, die nur zu bald in den 
Dornen und Klippen‘ zerriſſen; viele waren ſolcher Strapazen völ- 
lig ungewohnt. Das 16. Regiment, fagt Tamiſier, beitand faft 
nur aus Jungen, die Mohammed Ali erft Fürzlich in Aegypten in 
der Confeription zufammengerafft hatte”). Am Tage waren fehon 
600 Mann vor Durft am Wege gejunfen, und als enplich das 
Nachtlager erreicht war, ſank nach dem Parforcemarih Alles vor 
Erſchöpfung auf der Stelle nieder. 

3. Dritter Tagmarfch (10. Auguft) 3). Am folgenden 
Tage Eonnte man nicht viel meiter rüden; der franzöfiiche Arzt 
Chedufeau fuchte fo viel ald möglich von den 600 Verdurfteten 
am Wege wieder zu fich zu bringen. Nur der nahe, etwas höher 
gelegne Ort Mellaha (bei Galinier und Ferret; Melah bei Tas 
mifier) konnte erreicht werben. 

4. Rafttag in Mellaha (11. Auguft). Die Erfchöpften 
folten fich bier erholen, die vielen zurücgebliebnen Kameele und 
Trandporttbiere jollten wieder eingeholt werden; aber die meiften 
von ihnen maren von den Beduinen geftohlen, ſammt ver Bagage; 
felbft die Effecten des Paſcha waren geplündert; es waren 8 Pul= 
vertonnen auf die Seite gebracht; Schaaren von Raub =Beduinen 
aus benachbarten Diebed- Dörfern folgten dem Heere. Tamiſier 
hatte jeine Garderobe eingebüßt; hätten die Afyr, fagt er, an 
diefem Tage dad Lager überfallen und ihm auf einige Stunden die 
Zufuhr des Wafferd abgefchnitten, fo wäre die ganze Armee ver 
nichtet gemwejen. 

5. Vierter Tagmarfch (12. Auguft) 9). Die Berge an 
der Nord» wie an der Südfeite des Naftvorfes, dad übrigens durch 
feine höhere Rage über dem heißen Wadi Biſheh fchon kühleres 
Clima darbot, waren mit großen verwitterten Granitbldf- 
fen überftreut, indeß der meift Eiefige Thalbovden nur mit wenig 


97) Tamisier, Voy. 1. c. Il. p. 30. °) &bend. II p. 222. 
°) Ebend. II. p. 227. ⸗ 








Arabien; Wadi Khodra im Afyrgebirge. 961 


Humus bedeckt, wenig Gebüſch und Kräuter nährte, zuweilen aber 
jehr flachliges Mimoſa-Geſtrüpp, durch welches die Neiterei 
ſich, wie der Schiffer des rothen Meeres zwiſchen gefährlichen Ko— 
rallenklippen, hindurchwinden mußte. Tamiſier wollte am Wege 
Schönen Marmor, Spuren von Zinn und Bleierzge wahrgenommen 
haben; weiterhin im elliptifch geformten Thalbecken erhoben ſich 
mächtige Granitberge voll colofjaler. Blöde, wie durch Rieſen 
umbergeftreut, in deren graufiger Einöde zwilchen Schluchten und 
furzer Aufeinanderfolge mehrerer Eleiner Baſſins man die Pfade 
auffuchen mußte. Nur bier und da zeigten fih Krüppelholz, viele 
einfame Asclepiadeen und, wo Erde, auch aromatifche Kräuter. 
Als man in der Ferne eine Gruppe von Balmbäumen erblickte, Fonnte 
man auch jchon, ald fichere Anzeichen, auf Brunnen hoffen. Es 
waren zwijchen einigen Klee- und Durrafeldern 3 Brunnen, auf 
welche die Pferde mit Gier losftürzten. So eben erft hatten bie 
Aſyr, welche auf fo unmegfamer Bahn feinen Feind erwarten 
mochten, dieſes Wadi Khodra (dad grüne Thal, vergl. oben 
Chodra, ©. 721) verlaffen; fie waren in das Gebirg geflohen, 
aber ihre Ochſenheerde Eonnte ihnen nicht jo fchnell folgen; ihre 
Sclaven folten fie nachtreiben. Diefe gaben eine gute Beute; aber 
die Weiber, Kinder und aller Hausrath waren ſchon früher auf Ka= 
meele gepadt in die Wüfte geflüchtet. in Feſtungsbau neben den 
verlafjenen Hütten und einem troden liegenden Wadi hatten fie nur 
erft halb zu Stande gebracht. Auf ver Höhe waren zwei Thürme 
zur Vertheivigung in ihrer gewöhnlichen Sufeifenform errichtet, Die 
Afyrinen hatten hier den Türfenfeind erwarten wollen; die Be— 
wohner diefed Wadi Khodra hatten ihnen 400 Neiter zur Dis— 
pofition geftellt, waren daher jegt alle entflohen. Zur Züchtigung 
wurden ihre Dattelwälver niedergebrannt. Der Boden war frucht- 
bar und felbft die Berge umber des Anbaus fähig. Auch von bier 
aus hatte Ahmed Paſcha feine Kenntniß über die weiter zu neh— 
mende Noute; ein Nafttag war alfo nothwendig, darüber Nach- 
richten einzuziehen, obmol bei fortwährenden Verzögerungen die Le— 
bendmittel immer fparfamer wurden, und Menfchen und Thiere vie 
led erlitten. Die Beduinen fannten die Wege ſehr wohl, wollten 
aber nicht dafür fteben, daß man gegenwärtig hinreichendes Waller 
finden werde. Vom Wadi Khodra follten zwei Wege zum pa= _ 
radiefifhen Gebirgsthale des Wadi Shahran führen, in 
welchem, nach ver einen Ausfage, die Afyrinen in ihren Vers 
ſchanzungen den Beind erwarten mollten, indeß andre verficherten, 
Nitter Erdkunde XII. Ppp 


962° Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


es werde bis dahin Fein Schuß fallen. Der eine Weg gehe direct 
dahin, aber Waffer fei auf ihm nur im zu großen Abſtänden zu 
finden; der andre führe auf Ummegen näher an Brunnen vors 
über. 

6. Fünfter Tagmarfch (14. Auguft) 9). Um diefen Teß- 
tern Umweg zu nehmen, mußte man zur unbeendigten Befte des 
vorigen Tagmarfched zurüdfebren, und in ein andres, nicht weni— 
ger fruchtbares Thal, das Wadi Maapden, ven Weg einfchlagen, 
in dem man reichlicheg Waffer, viele Kräuter, Balmen und Fei— 
gen fand, und viele ÖOrabmonumente, wie man fie biöher noch 
nicht angetroffen, die dort eine ftarfe Bevölferung voraugjegen lie- 
fen, von der man aber gegenmwärtig feine Seele mehr vorfand. Geit 
4 Sahren, jagte man, feien deſſen Bemohner wegen anhaltenden Res 
genmangeld abgezogen. Die Grabſtätten, quadratiſche, 6 Fuß hohe 
Steinmauern, ragten mie Käufer hervor, waren aber mit einem 
Steindad) übervedt, dad von Palmflimmen getragen wurde. Sie 
geftatteten nur durch eine Fleine Oeffnung den Bli in die Mitte 
der Grube, in welcher die Gebeine rubten. Die Gräber der Sheikhs 
zeichneten fi) nur durch ihre Größe vor den andern aus. inen 
Bergabhang mit Shugmauern bemerkte man hier, aber fein 
Dorf, wol ward aber vie Lage eined Dorfes nıit Namen Ma’mas 
lah (bei Galin. und Fer.; bei Tamifier ſteht Mahamla) hinter 
den Bergen bezeichnet, dad man auch an einem der folgenden Tage 
erreichte. Wavdi Maaden iſt nur die Bezeichnung einer Stelle 
in einem weit außgedehnteren Thalgebiere, dad den Namen 
Wadi Erjab (bei Tamifier; auf Galinierg und Ferretd Karte 
fehlt diefer Name) führt. Nach jenen dürren Jahren trat eine 
furchtbare Ueberſchwemmung bier ein, welde die Balmbäume des 
Wadi faft alle entwurzelte, von denen nur wenige bemerfbar was 
ren. Daher wurden bier von den Bergbewohnern nur noch etwa 
Zelte aufgefchlagen und bier und da Felver mit Ausfaat beftreut. 
Die Grabflätten ſah man öfter, von Steinblöden umfegt, bis zu 
den Velöterrafien und Berggipfeln binauffteigen, wo fie mehr vor 
Ueberſchwemmungen ald in der Tiefe gefichert waren; darunter 
auch manche heilig gehaltne von Marabuts, vie bier ihren Too 
gefunden. Die Anhöhen waren mit fruchtbarer Ihonerde bevedt, 
der höchfte hervorragende Berggipfel hatte ein kuntfarbiges Anfehn. 

7. Sechſter Tagmarſch (15. Auguft) 4). Der Menjchen- 


»:0) Tamisier, Voy. l. c. II. p. 234. ı2) Ebend. II. p. 237. 





Arabien; Eingang zum Wadi Shahran in Afyr, 963 


leere am Tage ungeachtet festen nächtliche Ueberfälle von Dieben, 
Räubern und Attacken aller Art, ein Vorfpiel der Afyrinen, das 
ganze Lager in Alarm. Der nächſte morgende Tagmarſch ſollte in 
dad Wadi Hamama (fehlt auf allen Karten) einführen, melches 
an dad Wadi Shahran (Schehran bei v. Hammer) 12) ftößt, mo 
Ait, ver Regent, mit den Aſyr die Türken erwarten wollte. Der 
Sheifh von Hamama hielt es für gerathen, in Lager Achmed Pas 
ſchas zu erjcheinen und Proviant zu verfprechen, wenn der Pa— 
ſcha fein Land fchonen und die Lebensmittel bezahlen würde; auch 
fam ein zweiter Sheifh aus der Nachbarfchaft ji) zu unterwerfen; 
zu gleicher Zeit melveten Spione die Annäherung eined Truppe 
feindliyer Kavallerie hinter den Bergen, man fürchtete die Abfchneis 
dung vom Waſſer; die Angft ded immer zögernden Paſchas mußte 
durch Mutbeinfprechen überwunden werden. Erſt zu Mittag brach 
daher dad Heer weiter gegen den Süden auf, und rüdte an dem 
ſich vergrößernden und erweiternden Wadi bis zur Ebene Kha— 
lailvor, von Moſſouak-Bäumen bewachfen, in welchen eine Hütte 
die Örenze zwifchen Hedſchas und Ajyr bezeichnete (f. ob. 
S. 187, wo die Ebene nah Tamifier auch Sahal genannt ift, 
ein Name der nach feiner irrigen Schreibweife nicht8 anders als 
Seil, d. i. ven Strom bezeichnet). Die Ebene in einer Ausdeh— 
nung von 8 Stunden (6 Kieued) hatte Eulturbovden, war aber nur 
mit dornigen Bäumen und Gebüſch, Haſchiſch (2) bewachſen, und 
nur bei Grabung fand man Waſſer, das fi in den Gruben ſam— 
melte. Das Dorf Khalail, meldes "der Ihalebene den Namen 
giebt, wurde erft am folgenden Tagemarſche erreicht. 

8. Siebenter Tagemarſch (16. Aug.)P). Mit dem früs 
heſten Morgen brach man auf, um das lange, ganz fterile Thal 
zu durchziehen, am deſſen Seiten zufammenhängende Berge 
wände fi an einander reihen, die nur von Zeit zu Zeit von ho— 
ben, ganz nadtfelfigen Piks überragt werden, In den Geiten« 
wänden bemerfte man häufige Grotten, die gegen den heißen Son— 
nenftrahl für Menſchen und Thiere eine Zuflucht boten; die leicht- 
füßigen, raubſüchtigen Beduinen ſah man überall in Schaaren 
ohne Anftrengung die Klippen erflimmen, die ermatteten, ſchwer 
bepadten Fellahs, von Schweiß triefend, aber am Buße derfelben 
vorüber keuchen. Wie fie, fanfen auch die Kameele unter ihrer Laſt, 
und Ausplünderung war dann gewöhnlich der Armen Loos. Cor 


”) Wien. Jahrb. B. 92. ©. 64. '’) Tamisier, Voy. Il, p. 243, 
Ppp2 


964 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74, 


bald der Tod ein Kameel erreicht Hatte, fiel ein Haufe Halbverhun— 
gerter darüber her, z0g die Haut mit Feuerfteinen vom Leibe, warf 
das Fleiſch in das Feuer, fchlang das halbgebratene hinter und 
packte den Ueberreft in die Zornifter. So erreichte man, am Ende 
des Thals, das Dorf Khalail (Ehalail bei v. Hammer), deſſen 
Bewohner alle entflohen waren, obwol pYyramidenartig mit abge— 
flumpften Spigen erbaute Schießmauern und ein Feſtungsthurm es 
hatten fchügen folen. Hohe Weintreillen, Baummollenpflanzungen 
und Palmhaine, welche dad Dorf umgaben, waren gewiß nur uns 
gern verlaffen worden. Man rückte von da noch weiter in dad 
reizende Culturthal Samama vor, mit einem Dorfe, zu beiden 
Seiten eined Bergſtroms erbaut, deſſen Käufer aber jedes einer 
fleinen Beftung glich, ein Beweis häufiger innerer Befehdungen. 
Die trodnen Mauern, aus Kieſelblöcken aufgebaut, hatten nur fehr 
ſchmale Eingänge, zwar 5 Fuß hoch, aber nur einen Buß breit, 
durch einen zugehauenen Palmſtamm zu fchliefen. Die Fenſter— 
löcher waren eben fo eng, aber die Befleivung durch ſchneeweiße 
Duarzfiefel eingefaßt; über jedem thurmartigen Wohnhaufe erhob 
ſich jedeömal noch eine Terraffe, und am Fuße umher ftanden Fleine 
Gebäude, zu Magazinen beftimmt. Den Uferfaum des Seil over 
Bergfiromd, ver fih, gegen Nord ziehend, mit dem Wadi 
Biſheh vereinigt, deckte zu beiden Seiten ein fo dichter Dattel— 
wald, daß viefer den Anblick der dahinter auffteigenden wüſten 
Berge verbarg, zwiſchen welchen das Engthal eingeflemmt ift, deſ— 
jen Anbau von Durra, Baumwolle, Teige, Wein, Klee, 
zwifchen Weiden und andern Bäumen, dem ermüdeten Auge wahr- 
hafte Grquidung gewährte. Das zur Irrigation in Canäle ver— 
theilte Waller hatte den Strom felbft troden gelegt, jo daß deſſen 
gleich Kreited jandiges Bett wie ein durch Menſchenhand geführter 
Canal ausfah. Die nächſten Bergmande beftanden, nah Tami— 
ſier's Beobachtung, aus fecundairem Granit. Statt von vie— 
Ion Affen, die fih vom Wadi Biſheh bis hierher täglich auf Bäu- 
men und Klippen gezeigt, wurden nun hier die hohen vattelreichen 
Palmen, fobald die 9 Bataillone des Nizam ihre Tornifter abge- 
worfen, von den halb verhungerten Menjchen erflettert; die Klee- 
und Durrafelver waren in menigen Minuten abfouragirt, alle 
Thüren der Käufer eingeftoßen und nad) dem Handgemenge mit 
den wenig Zurücgebliebenen ausgeplündert. Wie von einem Heu— 
ſchreckenſchwarm war bald Alles verbeert. Die Nächte waren vom 
Wadi Bifheh an bis hierher immer Fühler und feuchter ge= 





Arabien; Wadi Shahran im Hochgebirge Aſyr. 965 


mworden; es war jogar auf dem Wege nach Khalail ein halbſtün— 
diger Regen nievergefallen; in Samama hatte ein vorüberziehen- 
des Gewitter die Felslöcher mit Wafferpfügen gefüllt. Die Ans 
näherung und Erhebung zum kühlern Hochgebirge war fehr 
merkbar, um fo mehr fonnte man ven Marich befchleunigen. 

9. Achter Tagemarſch (17. Aug.)!). Da die Nachricht 
einlief, daß ver Beind im Wadi Shahran ficdh nicht gefegt habe, 
fonnte man fogleich weiter ziehen. Die Bergmänve von fecuns 
dairem Granit hielten an, eben fo wie vie fanvigen Thäler, des 
ren Flußbett man wegen ver vielen Windungen verlaffen hatte, 
aber nach einer Stunde in daffelbe zurüdfebrte, wo jever Pferde— 
Huf ſich fein Waſſer hervorfragen Fonnte, wenn auch Feind fließend 
fich) zeigte. Nah Mimofagebüfch und ven Mofjuaf-Bäumen 
zeigten fich wieder Durra= und Dokhun-Felder, Weingärs 
ten mit den Icönften, meißen Muscattrauben, Mandel- und 
Pfirfihbäaume mit Früchten jchwer beladen, Laubhütten (Sa- 
quies) unter Weiden am grasreichen Bache, und größere Käufer. 
Der Wapi, in 2 Arme getheilt, deren einer dve, vol Sand und 
Klippen, der andere vol frischer Vegetation fich zeigte, mußte in 
der Spige der Gabelung einen zudferhutfürmigen Hügel ums 
fpülen, der, am Buße mit einer Mauer umzogen, auf feiner Spitze 
einen Thurm trug, deſſen GSeitengehänge ganz mit Weinbergen 
und Beigenbäumen geichmücdt waren. Aber alle Einwohner waren 
entflohen, nur Taubenſchwärme waren zurüdgeblieben. Diefe 
Station hieß Ma'malah Saghirah (Mahamla el Sougayr b. Ta— 
mifier), d.i. Ma'malah das Fleine, zum Unterfchieve der geftrigen 
Station Hamama, welde auch Ma'malah Kebirah (Ma’hamla 
el Kebir), dad große Mamalah, heißt und jenen Namen Wadi Ha— 
mama von einem taubenähnlichen Vogel, Haman ver Beouinen, 
tragen joll, ver gelb am Bauch, grüm auf vem Nüden, azurblau 
auf den Flügeln ift, auf deſſen Jagd fie gern ausgehen, da er einen gu— 
ten Braten varbietet. Weiße Schwalben mit fchwarzen Slügeln fah 
Tamifier hier in großen Schwärmen hoch über feinem Kopfe freifen. 

10. Neunter Tagemarſch (18. Aug.)1). Bol Begierde 
folgte man heute dem jterilen Arm des Wadi, feinen granitifchen 
Wänden, Eleinen Thalwindungen und Gefträuchen, die ihn weiter 
hin begrünten, wo einige neue Arten wilder Beigenbäume, ein 
paar neue Barrnfräuter, Lactuken, Tararacon= Arten fich fehen 


»9) Tamisier I, c. Il, p. 254. 9 &bend, II. p. 257, 


966 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


liegen; denn man war dem fo gefeierten Wadi Shahran Echeh— 
ran) ganz nahe. Als es fih nun um die Wendung plöglich ers 
öffnete, ertönte ein lautes Breudengeichrei der Truppen; denn 
der Feind war aus demfelben entfloben. 

Einen großen VBortheil haben die Beduinen von ihrer Le— 
bensweiſe, daß fie leicht ven Ort ihres Aufenthalt3 wechieln Eönnen, 
ohne Vieles dabei zu verlieren. In der legten Reihe ver Tage— 
märfche war alle Population des Landes entflohen; der Boden und 
jein Befigthum feifelte fie nicht. Die Weiber, mit Kind und Ke— 
gel und aller beweglichen Habe bepadt, waren in die ſchwerzugäng— 
liche Wüfte entflohen, die waffenfähige Mannfchaft auf das Hoch— 
gebirge geftiegen. Wären fie geblieben, fo hätten fie im Ball ver 
Befreundung doch ſchweren Tribut zahlen und Alles, was fie be= 
faßen, bergeden müfjen; nun wurden ihnen ibre Wohnungen vere 
heert, die leicht wieder aufzubauen find. Dieje ihre Unabhängigkeit 
im Leben giebt ihnen den Stolz, ſich weit erhaben über die an ihre 
Scholle gefejjelten Fellahs zu vünfen. 

Dennoch übertraf der Wadi Shahran ungeachtet feiner Ent- 
völferung in Anbau und malerifher Schönheit alle andern bis— 
ber geiehenen Thäler; auch feine Population fol an Zahl und 
friegerifchem Geift weit der vom Wadi Ma'malah überlegen fein. 
Daher ward dieſes Paradies als ein Evelftein im Befisthum 
der Afyrinen betrad;tet, dem fchon viele Eroberer nachgetrachtet, 
und das auh Ali von Ajyr fich zu unterwerfen Feine Anftren= 
gung gefpart Hatte. Der Sheifh Naffer dieſes ſchönen und reis 
hen Sharan-Thales, der ſchon im Lager vor Bifheh dem Ach— 
med Vaſcha Unterwerfung gelobt hatte!6), war wie fo viele andere 
wortbrüchig verfchwunden. 

11. Zehnter Tagemarſch (19. Aug.)17). Die voraus- 
geeilten Hülfätruppen der Beduinen aus dem Wadi Zahran, un— 
ter ded Großſcherif Manſur Anführung, pflegten als flüchtige 
Plänkler dem Hauptcorpd vorweg Alles zu plündern und aufzuzeh- 
ren, jo dag dem nachrüdenden Haupteorps wenig übrig blieb. Hier 
aber im reichen Wadi Shahran hatten fle fih an Datteln und 
andern Speijen fo fatt gegeſſen, daß fie von dem Ueberfluß ihres 
Raubes einen orventlihen Markt aufftelen Eonnten, an dem auch 
der Aermſte jeine legten Parahs darangab, um fich einmal wieder, 
nach jo furchtbaren Entbehrungen, an den köſtlichſten Datteln, 


°16) Tamisier 1. c. II. p. 102, 258. ') Ebend. II. p. 259. 


Arabien; Wadi Djanfur im Hochgebirge Aſyr. 967 


Weintrauben, Pfirſichen, Beigen und andern Genüffen zu 
erquicken. Ale Obftbäume waren leer geplündert; alle grünen Felder 
waren fogleich abgemeivdet, alles Holzwerk der Häuſer abgeriffen, 
um dad Kameelfleiich zu braten. Erjt beim Abmarſch des Heeres 
ließen fih einige fühne Cingeborne auf ven benachbarten Klippen 
höhen erblicten. Die Beduinen-Reiterei des Scherif Manfur 
mit ihren Zangen und Straußfederbüjcheln 3094 voran; der Nizam 
mit feinen funfelnden Bajonetten folgte langſamer nach durch die 
Windungen des Thaled, wo wiederholt einige mehr dürre, fteinige, 
mit Eyprefien oder Pinus bewachdne Hügel überftiegen werben 
mußten, um im ein andered von der Höhe erblickted ungemein fris 
ſches Ihal, dad Wadi Djanfur (auf Galin. und Ferr. Karte; 
Janfour bei Tamifier; Diebanfur bei v. Kammer), einzutreten, wo 
eim gleicher Jammer ver Zerftörung an Wohnhäufern, Thürmen 
und einem großen Lager, von vielen Grabmälern umgeben, jich zeigte. 
Ein Schöner Wadi durchzog das mit fchönen Eyprejienwälochen bes 
wachsſsne Thal, dad aber mit feiner Feuchte durch epidemiſche 
Bieber erjt feit Furzem feine Bewohner decimirt hatte, von denen 
der Ueberreſt feine Gräberftätte verlaffen hatte und anderdwohin 
audgewandert war. Dieje Bieber, die bald darauf auch das türs 
kiſche Heer verfolgten, brachten dem Kranken ſchon am vierten und 
felbft am dritten Tage den Tod. Djanfurs großes elliptifches 
Thal liegt zwifchen Bergen, deren Gipfel mit einer ungeheuern 
Mauer gefrönt find, die nur etwa ald Schug einem Lager dienen 
fonnte, wo blutige Schlachten an ver Tagesordnung gewefen fein 
müffen, wie dies die in Unzahl überall fich erhebenden Steingräber 
zeigten. Wer fennt die Gefchichte vergangener Jahrhunderte in dies 
jem Gebirgslande? 

Gegen die Mitte des elliptifchen Thales erhebt ſich der Ueber— 
reft einer Feſte, vie innerlich in rechtwinflige Gemächer getheilt 
fih zeigte. Der Wildbach Djanfur umſtrömt viefen Feſtungs— 
berg fast ringsum und fpaltet fih in drei Arme, die ſich, je nach 
dem Ueberfluß und Waflerftande, nach verfchiedenen Nichtungen ers 
gießen. Gebeine der VBerftorbenen ſah man in flachen Gruben, mit 
großen Steinplatten zugededt (wie bei dem Bili- Tribus an ver 
Weſtküſte)!8), darüber einen rechtwinfligen Bau, 6 Fuß lang und 
3 Buß breit, deffen innern Raum fie mit Heinen, fchönen, bunten 
oder merkwürdig geformten Steinchen ausfüllten. 


+) Wellfted, Reif. in Arabien, bei Rödiger. Th. IL, S.152, Not. 137. 


968 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


12. Rafttag im Wadi Djanfur (20. Aug.)10). Die 
Nachricht verbreitete fich im Lager, der Negent Ait von Aſyr 
werde Friedensvorjchläge machen; er fei redlich und tapfer, 
aber jcheine, nach den mißglüdten Zügen gegen Abu Arifh zu ur- 
theilen, kein bejonderer Feldherr zu fein. Die Retirade von dieſer 
Stadt, wo die Sheifhs auf Beute hofften, jollte ihnen die Meinung 
beigebracht haben, daß er fein mürdiger Nachfolger Alis oder 
Seids ſei (Seid war Ali Bruder, der mit ihm anfänglich vie 
Regentſchaft theilte, aber ichen im Jahre 1829 geftorben war). 
Ait war von Geburt Sheikh der Beni Moughayd (bei Ga= 
linier und %.; Beni Mouget bei Tamifier), die fih in zwei Di- 
ftriete theilen, weldhe Naghe und Ouaſſé heißen; im erfteren 
wohnte Ait zu Khamys Micheyt (I. ob. ©. 938, Chamiß- 
mejchith bei v. Sammer) nur 2 Lieues im Süden vom Wadi 
Djanfur, wo er fich verfchanzt und den Türfen eine Schlacht zu 
bieten beabfichtigt hatte. Die türfiichen Spione waren bid Tas 
bab, der Sapitale von Rufeyda el Jemen, vorgedrungen, das, 
nur ein paar Tagemärſche füdlicher auf dem Gebirge gelegen, zum 
Tribus der Doffari gehörte, die bereit jeien von Ait abzufallen. 
Auch traf im Türkenlager ein Scherif Barafat von Jemen 
mit 300 Mann als Beiftand und Proviant ein, der immer bei 
der großen Hungersnoth, die in der Armee ſchon furchtbar wü— 
thete, willfommen war, wenn diefer auch nicht auf 4 Tage, fon 
dern nur auf einen halben Tag ausreichte; denn nicht mit 1500 
Mann und 400 Kameelen, wie die Fama audgefprengt hatte, ſon— 
dern nur mit JO mit Proviant beladenen Kameelen fam er an. 
Die Tage, ja die Stunden der Enticheivung nahten nun heran. 
Schon in der nächſten Nacht fielen zwifchen den Vorpoſten immer- 
fort Schüffe, und in einzelnen Kanonaden wurde viel Pulver ver= 
fhoffen, ungeachtet ver Feind noch fern war, und nur Diebereien 
und Raubüberfälle auf allen Seiten für Feindesattaden gehalten 
murden. 

13. Elfter Tagemarſch und Schlachttag (21. Aug.)?o). 
Die erfle Stunde Weged marjchirte man im trodnen Bette des 
Wadi Djanfur, den man dann auf Furge Zeit verließ, wieder in 
denjelben zurücfehrte und nun erft einige Felsberge erftieg, von 
deren einem Gipfel man Khamys Micheyt erblidte, mo die 
Afyrinen fich verfchangt hatten. Seit Taif war dies die größte 


»19) Tamisier I, ce. II. p. 262. 20) &bend. II. p. 279. 


— — ——— 





Arabien; Khamys Micheyt in Afyr. 969 


Häufermaffe, die man beifammen liegen fahb. Am Buß des Berges 
09 ein trodner Wadi hin, in deſſen Bette man jedoch in Fuß— 
tiefe beim Nachgraben ſtets hinreichendes Waſſer fand; daher auch 
das Thalgebiet Hier ganz grün war, voll Palmen, Obftbäume, 
Kleefluren, Korn, Gerfte, Durrafelver, die zu außerordentlidyen Hö— 
hen gediehen waren. Durch das Bette diefed Stromthaled dringt 
man in das Innere der fehr hohen Gebirge ein, die am Buß über- 
al mit Dörfern befegt find. Die zahlreichiten und größten find 
aber der Südkette angelehnt, wo fi) auch 6 Fortificationen erhos 
ben, deren legte wirklich den Namen einer Yeftung verdiente, die 
eine Gurnifon von 3000 Mann, unter jchwarzen und weißen Fah— 
nen, zur DBertheidigung enthielt. Hier nun verfündeten zwei Ka— 
nonenſchüſſe ven Anfang der Yeinpfeligfeiten, die zu Sieg ober 
Hungertod führen mußten, da aller Proviant rein aufgezehrt war. 
Der Anfang der Schlacht begann um ein Uhr Mittags. Die Fe— 
ftungen wurden befchoffen; zwei derfelben mit ihren Dörfern was 
ren bald von den Beruinen geräumt; auch die dritte wurde vers 
laffen und die Flüchtigen verfolgt; 16 abgefchnittene Köpfe und 22 
Paar Ohren wurden dem Paſcha vor die Füße gelegt. Vier und 
zwanzig Gefangene wurven eingebradht; Omar Aga fprengt heran 
mit 7 abgefchnittenen Köpfen, die er mit ven Haaren zufammenges 
bunden, um die Schulter gehängt hat und dem Scherif.von Meffa 
ald Opfer vorwirft; vie Gefangenen wurden von ihren Henfern von 
hinten mit Piftolen erfchofien. Erſt gegen Abend rüde Art mit 
feinen Truppen in 2 Abtheilungen herbei; fie werden durch drei 
Attacken aus dem Belve gefchlagen. Der Kampf dauert bis in die 
Nacht. Der Feind, 6000 Dann ftarf, verlor 500 Todte, die Yes 
ftung und auf dem Schlachtfelde 8O Gefangene. in zweites Corps 
von 6000 Dann retirirte, wie der Leberreft ded erften. Der Ni— 
zam, mit einem Todten und 5 Bleſſirten (22), kehrte fiegreich in 
das Lager zurüd; aber ohne Brot. Jeder abgejchnittene Kopf, 
jeved Baar Ohren, jeder Gefangene wurde mit 50 Piaſtern bezahlt, 
jever deſſen Pferd gefallen war, erhielt 300 zur Anfchaffung eines 
neuen. Die Summe diefer Höllenaudgabe betrug 12,500 Piafter. 
Die Befagung der Beftung erbot ſich zu capituliren; fie er— 
hielt unter einem religidfen Vorwande durch den verrätherifchen 
Bürfprecher, den Gropjcherif von Mekka, freien Abzug ?!), ver 
feinen Landsleuten (und wahrfcheinlih Verwandten; denn 08 was 


29 Defter. Gonfulatsbericht, Mier, 


970 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


ren Sheikhs von jehr angefeh nen Familien unter den Eingefchlof- 
fenen) gemwogener war ald den Türfen. Im diejer Feſtung waren 
die Cadaver ver Gerörteten in unterirdifche Keller geworfen; 5 ans 
dere gemauerte Keller murten aufgegraben, und darin eine große 
Menge von Adergeräth, einige Säde Gerfte und Mehl, mandhere 
lei metallened Hausgeräth mit Beichlägen von Kupfer, Eifen, Zinn 
aufgefunten. Die große Hauptfeſte über dieſen Stellergeichoffen war 
quadratiich mit 45 Fuß hohen Mauern aufgebaut, oben mit uns 
laufenden weißen Kragfteinen zum Schug ver Vertheidiger verjehen. 
Das Innere des Thurmbaued war mit rothen und weißen fehach: 
brettartig geordneten Tafeln ornamentirt; auf Spiraltreppen, von 
PBalmbaumfjtänmen getragen, ftieg man empor. Der Fuß des Thurm— 
baued war mit einem Erdwall von 4 Fuß Mächtigkeit und 18 Fuß 
Höhe umgeben; drei feiner Eden waren von runden Türmen ver— 
theidigt. An der Weſtſeite lag ein Brunnen; der Hof war durch 
Mauern in verjchievdene Abtbeilungen gebracht. Das Ganze Flug 
und ingeniös eingerichtet gegen die Angriffe eined Belagerers, ver 
feine Kanonen hat. Ali hatte erft kurz vor feinem Tode died Werk 
zu Ende gebracht, dad freilich nur gegen Beduinen berechnet war, 
da ed rund umher auf Bergen durch Geſchütz dominirt wird. Die 
Befagung dieſer Feſtung zerftreute fich. 

14ter Tag. Dad Lager zu Khamys Miheyt nad ver 
Schlaht vom 21. bis 29. Auguft??). Art Ibn Merei, der 
Regent von Afyr, konnte nur noch die Xeute feines eigenen 
Tribus zufammenhalten; faft alle andern Bevuinen der Hülfscorps 
zerftoben und flohen in ihre Dörfer zurüf. Ait hatte wenig Ta— 
pferfeit gezeigt; fein Wohnfl, wohin er nach der verlornen Schlacht 
floh, war Menäpder, ein von Ali reizend erbauter und mit allem 
Eoftbaren Raube reich geichmücter Bevuinenpallaft, ver Meuftaha 
genannt werd. Wit ließ ihn jest nieverbrennen, und floh mit dem 
daraus Geretteten nach Sega (eben jo bei Galin. und Ferr. wie bei 
Tamifter). 

Um folgenden Tage, den 24. Auguft, begann fehon der Thron 
ftreit um die Nachfolge Ait8 in der Statthalterfchaft von 
Afyr unter den beiden Thronprätendenten im Zürfenlager °3), 
zwifhen Dofjari Abu Nogta, den Mohammen Uli dazu bes 
flimmt hatte, und feinem Nivalen Sultan Ibn Abda, deſſen 
Brotertor der Scherif von Mekka war. Tamiſier meinte, man 


2?) Tamisier 1. c. II. p. 307. 3) Ebend. II. p. 310—313. 


Arabien; Lager in Khamis Micheyt. 971 


hätte die Bärenhaut verfauft, ehe man im Befig derfelben gewefen. 
Zwar famen an vdemfelben Tage 25 Sheikhs von Aſyr in das 
Lager von Khamys micheyt und gelobten Unterwerfung, mas. 
fo wenig jagen wollte, als die frühern ganz unerfüllt gebliebenen 
Gelübde; und Ait hatte noch immer 15,000 Mann Streitfräfte. 
Die Sheikhs erhielten, am 25. Auguft, Begnadigung und Zreilaf- 
jung, unter der Bedingung, für die Armee Proviant zu mäßigen 
Preifen zu liefern; eine Beringung, von deren Erfüllung fle weit 
entfernt ?*) blieben. So entichlüpfte ein Vortheil ded Sieged nad 
dem anvern. Im Lande follte noch viel Frucht jein, aber verfteckt 
in den Silhos oder Felshöhlen der Berge; eben fo Butter, Gerfte, 
Sleifh u. f. w. Ja viele Benuinen bezahlten ihre Befreiung mit 
Lebenömitteln, und doch ald an den folgenden Tagen das Aegyp— 
tier=2ager in der Nähe von Menäder aufgefchlagen wurde, fehlte 
es an Allem; Hungersnoth, Erſchöpfung und der Tod Dies 
ler war die Folge davon. Derjelbe Groffcherif, ver hier die ganze 
Befagung frei abziehen und die Cheifhs als eben fo viele bald 
wieder auftretende Feinde entichlüpfen ließ, unterließ die Herbei— 
ſchaffung ded Proviants, die feine Verpflichtung war, und meihete 
jo einen großen Theil des jtreitenden Heeres im wilden Gebirgs— 
lande vem Hungertode. Er Hatte fchon beim Ausmarſch des Yeld- 
zuged, und auf dem ganzen Wege, ven Paſcha mit VBorfpiegelun« 
gen getäufcht, ald würden die verbündeten DBeduinenftämme von 
Zahran, Schomrun und andere feinem Heere den Proviantsfchon 
zuführen, woran dieſe nicht dachten, die vielmehr alles vorweg auf: 
fraßen oder plünderten. In Wadi Biſheh follte, nach ihm, Ueberfluf 
fein, und dod fanden fidy da für die Armee nichts ald Datteln. 
Ihr ganzer Proviantiransport ward alſo da ſchon in verlängerter 
Lagerftation aufgezehrt. Un Anlegung von Magazinen war fein 
Gedanke. Die kurze Strede vom Wadi Biſheh-Lager an, hatte 
der Verräther dem Paſcha geratben, fich alles Transportes von Le— 
bensmitteln als einer unnützen Laft für fein ſiegreiches Heer zu 
entfchlagen; im reichen Gebirgdlande von Khamys micheyt werde 
ihm Alles in Ueberfluß werden. Die türfifche Sorglofigfeit ging 
darauf ein; dad Gebirgsland wurde durch zögernde Märfche erreicht, 
aber mit welchen Verluſten! Man entließ die Gefangnen und Geis 
Beln der Sheifh8 aus Verrath oder weil man fie nicht halten konnte, 
mit eiteln Berfprechungen, die fie nie zu erfüllen dachten. In dem 








+) Deftr. Gonfulatsbericht, Mier, 


972 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Gebirgslager ?), nach dem Siege zu Khamys michegt, hatte man 
nur die reifen Obftarten zur Sriftung des Lebend vorgefunden, und 
auch dieſes Fonnte mit dem längern Verweilen im fühlen, unges 
wohnten Clima des Gebirgslandes den Bewohnern brennender Sand— 
wüften nur nachtheilig werden. 

Die milde Behandlung ver zu Kreuz Eriechenden lodte auch 
von dem Südabhange des Gebirgslandes Afyr die beiden 
Sheifhs der Grenzgebirgs-Gaue Redjal alma el Hedſchas 
und Redjal alma el Jemen zur Unterwerfung herbei in dad 
ZTürfenlager, die bisher 2000 Mann Truppen zu dem Sriegäheer 
der Alyrinen geftellt Hatten; jelbft der Beruinen=-Tribuß der 
Beni Moughayd, dem Ait vorftand, ehe er Regent von Aſyr 
ward, unterwarf fich und erhielt Gnade. Diejer Abfall folte Art 
vorzüglich ſchmerzhaft geweien fein, der jein Lager auf einem be— 
nachbarten Berge Sega (fo bei Tamifier und Galin. und Kerr.) bei 
dem gleichnamigen Dorfe aufgeichlagen hatte, wo er eine zweite 
Schlacht wagen wollte, und falls auch dieſe verloren geben folte, 
nach der Verſchanzungslinie und Feſte Neva, feinem Tegten 
Zuflucbteorte, hinabzufteigen beabfichtigte. 

Hier nun, mo man fich ſchon mit dem völligen Siege über 
Aſyr ichmeichelte, fegte Achmed Paſcha im Namen Mehmed 
Alis einen neuen Statthalter über Aſyr ein und befleivete 
ihn mit dem Chrenpelze. Es war Doffari, Sohn Abu Noq— 
tas 26), eines in ven WehabisKriegen berühmten Sheikhs ver Ara— 
ber, der einft nach ver Schlacht bei Befel (1. oben ©. 932) von 
Mehmed Ali befiegt war, und diefem feinen Sohn Dofjari ald 
Geißel mit nah Cairo geben mußte. Dort ließ der Vicekönig 
diefem geiftvollen Süngling eine edle Erziehung geben. Er war 
jest 35 Jahr alt, jehr gut unterrichtet, ein Freund der Guropäer, 
ächter Araber geblieben, ungemein gemandt, der genauefte Kenner 
von Arabien und feiner Kabylen, an venen beiden er mit Leiden— 
Ihaft hing. Der Vicekönig hatte ihn zum Statthalter von 
Afyr beftimmt, weil er wußte, daß Türfen dort zu verhaßt waren, 
um eine dauernde Herrfchaft zu begründen; er hoffte an ihm einen 
treuen Vaſallen zu gewinnen und einen väterlichen Fürſorger für 
feine Zandöleute. Auch war Doffari entzüct, als er nach jo lan 
ger Abweienheit zu Nufeyda, wo der Tribus der Doſſari 
um Tabab ſaß, feine Gebirgsheimath zum erften male wieder er= 


25) Deftr, Sonfulatsbericht, Mfer.  ?°) Tamisier 1. c. II. p.82—85. 


- Arabien; Lager in Khamis Micheyt. 973 


blickte, und fein Sohn mit 500 Reitern der Kabylen von Rufeyda 
und Rubia ihm entgegen fprengte. Sein Nebenbuhler, ver Günft- 
ling des Groß-Scherif, Sultan Ihn Abda?7), ver früher Sheikh 
von Alckam geweſen, ehe ihn Ait, fein Feind, aus Aſyr verjagte,. 
wurde in feine Herrfchaft Alam wieder eingefeßt, die unmite 
telbar im Welt an das Gebiet ver Beni Moughayd angrenzt, 
und auch fein Sohn Fam jogleich ven folgenven Tag in das Lager 
des Paſchas, feine Submiffion zu bezeugen. Ale viefe Gebirgstri- 
bus, vom ſchönſten Schlage, waren reich gekleidet, koſtbar bewaff— 
net und geſchmückt mit der Beute, die fie in Jemen und Hedſchas 
gemacht; fie fchienen durchaus an nichts in ihrem Gebirgslande 
Mangel zu leiden. Diefer Mangel hatte nur das Türfenheer ge- 
troffen. Endlich, am 27. Aug., brachten die befreundeten Bedui— 
nentribus nun wirklich Zebensmittel in das Lager; da Kameele 
in diefem Hochgebirge fehlen, jo mußte Alles durch Menfchen 
herbeigetragen werden, was freilich nur langſam gejchehen Eonnte, 
Auch farben hier die mitgebrachten Kameele täglich) zu Dugenven 
weg; nur Eifel blieben zum Transport übrig. Es trat die Zeit der 
Gemitter?®) ein; am 28ften fielen Blige und Regenftröme drei 
Stunden lang furchtbar herab; der Seil, der zuvor am Morgen 
noch troden lag, war am Abend jo wüthend, daß ihn Fein Be— 
duine zu paffiren wagte. Am folgenden Tage fielen in einem 
zweiten Gemitter fo furchtbare Blitze, daß man wegen des Pulver: 
magazins bange ward; der Seil jchwoll zu einer Breite von 80 
biö 100 Fuß mit Tiefe von einem Fuß an. Das Thermometer 
war von Wadi Biſheh bis hierher immer mehr gefunfen, obwol 
man ſtets weiter gegen Süd von 20 bis zu 18" N.Br. vorrüdte; 
denn man hatte fih zu bedeutender Höhe erhoben; die Winde 
som Notben Meere mußten hier über hohe Berge binwegwehen. 
Am Morgen und Abend herrichten Nebel, die ver Gefundheit Als 
ler, die aus der heißen Sonnenglut des Tieflandes Famen, fehr ge— 
fährlidy waren. Die Tage-waren fehr Heiß, die Nächte und die 
Morgen fehr kalt; wenn auch der Sonnenftrahl traf, fo er- 
mwärmte er die Schatten doch nicht. Und hier in Aſyr follte Ne . 
gen jehr häufig fein, 

Die Beobadhtungen, die im Hospitalsfager zu Khamys— 
Micheyt vom Schlachttage an, vom 21.—29. Aug., gemacht murs 
den, gaben folgende Tafel: 


°”) Tamisier, Voy. Il. p. 322. *) Ebend. II. p. 329. 


974 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Sonnenaufgang, Mittag, Sonnenuntergang, Simmel 


21. Aug. 15 25 23 heiter 
RR!" a 14 23 21 Wolfen 
23:7 \% 14 22% 20 Regen 
24. > 13 22 20 ebenfo 
— 13 23 19 ebenio 
26. > 14 23 21 ebenfo 
FR % 13 24 20 ebenſo 
2a = 12 22 19 Gewitter 
29. = 12 23 19 Gemitter. 


1. Aufbruch aus dem Lager von Khamys micheyt 
am 30. Aug. ??) nach Ejela. Statt den erften Sieg zu verfolgen, 
hatte man bei fortdauernder Hungersnoth, der man auch im Lager 
nicht entgehen fonnte, unter Baullenzen in jeder Hinficht die größten 
Berlufte erlitten, und auch die Energie des Heered war keineswegs 
gefteigert. Der Marfch gegen Weft führte bald zum Zufammens 
fluß ver beiven Gießſtröme, weldye das Bergbaflin von Khamys 
Micheyt umgeben, die noch 3 bis 4 andere Fleinere Seils oder 
Bergbäche aufnehmen, deren größter von ihnen anderthalb Stuns 
den weit unter lieblichem Mimoſengebüſch ſich hinichlängelte. Vor 
dem Zuge alfo gegen Weit erhob fich eine Aufeinanverfolge hoher 
Gebirge, deren Generalpdirection von ©. nad N. zieht. Von 
Zeit zu Zeit fah man Steinhaufen, hinter denen die Beduinen ſich 
im Kriege zu verichangen pflegten. Zur Seite lag ein Schlachtfelv 
mit Xeichen bedeckt. Man ftieg zum Fuß der Berge hinab auf 
grünen Wiefen, mo ſchöne Viehweide war. Lange Steinreihen 
bezeichneten die Grenzen der Weiveriftricete; bier und da waren aus 
Steinhaufen temporäre Betorte errichtet und neben ihnen Grab— 
flätten wie im Wadi Djanfur. Alle Steinmauern, wahricheinlich 
son frübern Sirtenmohnungen, waren mit Mimofen beichattet. Auf 
dem Rücken eines Berges begann die Quelle eines Gießbachs, der 
fich in den oben genannten größern von Khamys micheyt er- 
gießt. Auf dem entgegengejegten Gehänge entipringe ein andes 
rer Seil oder Strom, der gegen Nord fließt und meiterhin den 
Krümmungen des Thales folgt, darin er Durrafeloer bewäſſert, nahe 
einem Dorfe aus Backſteinhäuſern mit Thürmen, die nicht mehr, 
wie die bisherigen, pyramidale, fondern eylindrifche Geſtalt 
hatten. Aber ver paniſche Schreden hatte Alles verödet. Der 


2°) Tamisier 1. c. Il. p. 357. 





Arabien; Hauptftadt Menader in Aſyr. 975 


Strom verfchwand bald hinter ven Bergen; auch feine Waffer er= 
gießen fi zum Wadi von Khamys micheyt und dieſer in den 
Seil Ejela (Seil Evihela bei v. Hammer) 3). Der Marſch 
wurde durch eine Neihe von Bergen und wafjerreicher Wadis mit 
grünem Kräuterwuchs fortgefegt bi8 zu jenem Seil Ejéla, an 
welchem ein Dorf aus Erdhäuſern mit fchönen. Eulturfelvern gele— 
gen, die von runden Thürmen zur Wache umftelt waren. Felder 
und Gärten waren mit großen trodnen Steinmauern befeßt. Das 
Land hieß Bar Ejela, dad Dorf ebenfalls Ejéla (Evjela auf 
Jomards Kurte, auf den übrigen Karten fehlt ver Name); es folte 
von der Schnelligkeit (d. h. Ejela) des Gebirgäftroms den Namen 
haben. Hier wurde dad Lager aufgefchlagen. 

2. Zweiter Tagemarfc (1. Sept.)31). Die hohen Berge 
mußten überklettert werden, welche dieſes Thal umfrängten, um 
zum reichen Dorfe Heffa zu gelangen, das in 3 Gruppen getheilt 
am Abhange eines Berges liegt und von einem Fort vertheidigt if. 
Weiterhin fam man nach Maroua, darin 6 Dörfer gelegen mit 
prachtvollen Gärten, und noch entfernter erblickte man zwei neue 
reizende Dorfichaften Diouaha (eben jo auf Jomards Karte; 
fehlt wie vie vorigen auf allen andern Karten) und Apha, deren 
Bemohner zum großen Aerger der Soldaten den Aman over Par: 
don erhalten Hatten, fo daß fle num nicht mehr auf das Plünvern 
ausgehen durften. 

3. Dritter Tagemarſch (2. Sept.) Von Apha ſtieg 
man wieder hinab und erblickte bald 4 neue bewundernsmwürdige 
Dorficyaften, die durch die große Fruchtbarfeit der Landſchaften 
Aſyrs, nady jener Sterilität des Hedſchas, einen tiefen Eindruck 
machten. Sie waren von ihren Bewohnern verlaffen, die Truppen 
fielen wie Heuſchrecken über die herrlichen Obftgärten ber, und ers 
quidten fi an ven köſtlichen Bfirfihen, Aprikofen, Gras 
natäpfeln, weißen Trauben, auch vie Pferde und Sameele 
über die Aecker mit grünem Klee und Mais, die bald abfouragirt 
waren. Bon da erreichte man bald Menäder, vie Stadt, welche 
Ali erft zu feiner Gapitale gemacht hatte (j. bei Jomard und Pla— 
nat, vergl. 0b. ©. 195, auf Galinier'd Karte fehlt fie). 

4. Lager in Menäpder, vom 2—26. Sept. 32). Diefe 
Hauptftadt von Aſyr (eine Stadt Aiyr fcheint e8 wirklich nicht 





2) Mien. Jahrb. B. 92, S. 64. *") Tamisier L. c. II. p. 360. 
j Gbend. I. p. 366. 


976 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


zu geben, f. oben ©. 188) ift von einem Gebirgskranze umgeben, 
deſſen höchſte Spigen im Weften herworragen, indeß nur gegen 
DND. ein einziger Ausgang aus dem Baſſin im Durchbruche 
des Giepftroms ſich zeigt, an welchem das Lager aufgefchlagen ward. 
(Daher kann fie niht Menadhir, das heißt ſchöne Ausficht, 
gefchrieben werden, nad) v. Sammer)3). Die Gebirge gegen W. 
ganz grün, beveeft von Sabined (ob Juniperus sabina?) contra= 
flirten angenehm mit den angebauten Seiten der von Beduinen bes 
wohnten Berggehänge. Am Buß des weftlichen Abhanges dieſer 
Bergkette erheben fich die berühmten Feftungswerfe von Reda, 
vie legte Zuflucht von Aits Partei. Schon an den nächſten Ta— 
gen, zumal am Abend des 6. Septembers, fing der Fleine Gue- 
rilladfrieg an; die Attacken mit ver Dammrung, das Schimpfen, 
Schreien, Heraudforvdern. Die Aegyptier wurden Dummföpfe Me— 
hemed Alis gejchimpft, und vie Schimpfreven in Nationalliever ge— 
bracht, die bis in die Mitternacht abgefungen wurden, wobei e8 an 
Blintenfalven der Erbitterten nicht fehlte, und viel unnüges Pulver 
verfchoffen ward. Died wiederholte fih nun jeden Tag; am 7. 
September erfolgten auch Fühne Angriffe am Morgen. Die Lebens— 
mittel wurden dabei immer feltner; am S. September wurden den 
Soldaten im Lager nur noch Viertelportionen ausgetheilt; drei 
BViertheile der Mannfchaft hatte nur Durrahalme zum Kauen; viele 
erholten ſich am verreckten KRameelfleifh. So blieb e8 ven 9, und 
10., und obgleich die genannten Feſtungen von Reda faum ein 
paar Stunden fern lagen und wenig Wiverftand Ieiften Fonnten, 
jo zauderte doch der Pascha fie anzugreifen. Am 11. wurden die 
Gärten in der Verzweiflung wieder von neuem geplündert; Tami— 
fier erhafchte noch feine Iette Weintraube. Die meiften Käufer 


von Menäder waren niedergeriffen, um Brennholz zum Kochen 


zu haben. Der Sheikh von Menäder faß eingefchloffen in der Ci— 
tadelle von Reda; heute unterwarf er fich. 

Am 14. September Fam neuer Beiftand von Beduinen der 
BeniCher’*) oder Beni Char; treffliche Neiter, aber ohne Le— 
bendmittel. Sie find die erften Beduinen, die außer ven Natio— 
nalgefängen, mit denen fie aufmarfchiren, auch eine Art Tambur 
oder Pauke (Tarabuf) haben, und andre Inftrumente, unter Vor— 
tragung einer englifchen Flagge, die fie bei ihrem legten Ueber— 
fal in Mochha bei einem Kaufmanne geplündert hatten, als Ali 


33), Wien. Sahıb. B. 92, ©. 64. ”*) Tamisier, Voy. II. p. 371. 


u 


Arabien; Hauptwafjerfheide im Aſyrgebirge. 977 


dahinzog. Die Feinde, durch die Unthätigfeit im Lager ermuthigt, 
attadirten felbft die ausgeftellten Vorpoſten. 

Am 15. September feierte der Groß-Scherif von Meffa 
feit feiner Abreife von Meffa hier in Menäder noch eine Hochzeit 
mit einer dritten Frau. Der Paſcha wagte zu gleicher mit der 
ausgehungerten Armee feine Attacke gegen die Feſtungen 
von Neda. Keiner der begnadigten Sheikhs erfüllte im Gering— 
ften die fo jubmiß gethanen Gelübve, Lebensmittel herbeizufchaffen. 
NRetiriren fann der Paſcha bei dem völligen Mangel an Nahrung 
auch nicht: denn dann würden alle Beduinen auf ihn losftürzen. 
Alfo, M doch die Bevuinen vor den Rothen, d. i. dem rothuni= 
formirten und wohl einerereirten Nizam, eine gehörige 
Furcht Hatten und den Feind fo weit ald möglidy wegmwünfchten, 
waren Friedens unterhandlungen mit Ait (nah Fresnel 
fchreibt er fih: Aid Ibn Mouri, Chef der Wahabiten in Aſyr) 3) 
das einzige, wozu fih Achmed Paſcha beftimmen Fonnte. Sie 
wurden begonnen. 

Aber am 17. September nöthigen kühne Attacken des Feindes 
und lebhafte Füfilladen ven Paſcha zum Aufbruch aus dem Lager. 
Man marjcdirte einen Bergftrom eine halbe Stunde entlang aufs 
wärts, der von 2 dicht zu feinen Ufern herantretenden Bergfetten 
eingefchloffen und an feiner Süpfeite von der Höchften eine Stunde 
weit, wie ein hoher Mauerrücden, begleitet wird ohne Einfchnitte. 
Es ift diefer hohe Zug zugleicy die Waſſerſcheide 36) für Die 
fließenden“Gewäffer, die nach dem innern Urabien zu 
von der einen Seite, von der andern aber nach dem Tehama 
und gegen das rothe Meer ftrömen. Ueber den Urſprung dies 
ſes Bergftroms im geichloffenen Thalwinfel, dem erften der von 
hier gegen Süd zum Tehama, gegen Abu Arijch abfließt, er— 
blickte man ein kleines Gebirgsdorf Iſcha, deſſen Häuſer und Gar: 
tenmauern den Uebergangspaß abjchneivden und ſchwer zugäng— 
lich zu machen im Stande find. Deshalb follte ver Angriff dage- 
gen gerichtet werden, um dieſe Paſſage zu fprengen. 

Auch wurde der Feind überall, wo er in den Weg trat, dur 
Füſilladen aus feinen Pofitionen zurücdgefchlagen. Er retirirte im« 
mer höher hinauf auf die Gipfel der Berge; das Türfenheer klet— 
terte ihm nach auf fo fteilen, abrupten Wegen, daß der Neiter ſich 


5) Fresnel, l’Arabie in Revue des deux Mondes, 4. Ser. 1839. 
T. XVII. p. 252. ) Tamisier, Voy, I, c. I. p. 379. 


Nitter Erdkunde XII. DQagq 


978 Weft-Afien, IV. Abtheilung, $. 74, 


oft an ver Mähne feines “Pferdes fefthalten mußte. Ueberall Tagen 
zur Seite Todte und Bleffirte: Ait ſelbſt war an der Spite ſei— 
ner Leute. Tamiſier behauptet ihn bei diefer Affaire auf den 
klippigen Höhen jehr wohl an jeinem rothen Pelze erfannt zu ha— 
ben. Auch er Fletterte das GSteilgebirg ruhig hinan, und fah ſich 
von Zeit zu Zeit um; oben angefonmen verfchwand er hinter den 
Felfen. Der Feind ſchien complet geichlagen; oben auf dem Rüf- 
fen des Berggrates war fein Beduine mehr zu fehen, mie durch 
einen Zauber ſah man fich verlaffen. Diefen Moment, behauptet 
Tamifier, hätte man ergreifen follen, um gegen Redas Befefti- 
gungen binabzufteigen und das Iegte Aſyl zu erftürmen; flatt deſ— 
fen ließ der Paſcha zur Netraite Schlagen. Kaum auf dem Rüd- 
wege begriffen, brachen auf allen Seiten, aus allen Winfeln vie 
Beduinen wieder hervor, und jagten die Aegyptiertruppen, ja den 
Paſcha felbit auf fehimpflicher Flucht in fein Lager zurück. Al 
man nach einem Raſttage der Erholung am 19. Sept. an den uns 
gemein fteilflippigen und faft impracticablen Ufern vefjelben Iſcha 
Stromed abwärts einen Ausfall aud dem Lager wagte, flürzten 
fi) die Beduinen, die man zurücichlug und verfolgte, mit gleicher 
Gewandheit feine Felögehänge hinab und entfchlüpften, obwol fte 
in die Enge ‚getrieben waren, dennoch, einen einzigen ausgenommen, 
der auf einer Klippe Stand hielt, wo es zum Handgemenge Fam. 
Zu diejen fruchtlofen Anftrengungen und Erfhöpfungen gefellte fich 
nun ſchon jo heftig die Hungersnoth, daß am 20. September 
fehr viele ver Soldaten Ueberläufer wurden zu Aüts Partei. Und 
ald am 23. September zu den Erfchöpfungen, zu ver Hun— 
gerönoth, zu ven Ausreißern auch noch der furchtbare Ty— 
phus im Hospital die erften Opfer forderte, worüber ver General- 
ftabsarzt Chedufeau 37) dem Paſcha die Meldung gab, wurden 
die Sriedensunterhandlungen mit größerem Eifer betrieben, 
und jchon am 25. September, nach Auswechslung der Tractaten, 
famen in der Nacht drei Sheikhs in das Lager, den Frieden 
zu unterzeichnen. Glorreich war er nicht, doc) erwünfcht; die Be— 
dingungen waren 35): 

1. Die Aegyptier verlaffen am folgenden Tage, den 26. 
Geptember, dad Lager zu Menäder und ziehen abwärts nach 
dem Tehama zum rothen Meere, unmoleftirt, wenn fie dad Eigen— 
thum der Kabylen nicht verlegen. 2. Die Afyrinen behalten ihre 


>37) Taamisier, Voy. II. p. 388. 38) Ebend. p. 390, 





Arabien; Friedenstraetat mit Aſyr. 979 


ganze Unabhängigfeit,, dürfen aber Feinen ftrafen, der gegen 
fie Bartet nahm. 3. Die Commiffäre Ait3 werden die Armee ge— 
leiten, um über die Erfüllung der Tractaten zu wachen, und an ih— 
ren Grenzen zurüdfehren. — Wie nichtöfagend die beiden erften 
Punkte waren, da der Heeredzug überall um feiner Eriftenz wil— 
len von dem Eigenthum der Kabylen zehren mußte, und Niemand 
da war, der ven Nit an der Nache gegen feine Wiverfacher hindern 
fonnte, ergiebt fich von ſelbſt. Wegen ver UHeberläufer, die Ait 
auf feinen Fall herausgab, wegen des als Statthalter eingefegten 
Doffari Abu Nogta, der nun in die fchlimmfte Situation zu 
feinen beiden Rivalen gerathen mußte u. f. w., war nichtd beflimmt. 
Die Armee z0g ab in ihrer Ohnmacht, zwar jcheinbar im Frieden, 
aber ohne Brot. Große Strapazen und North ftanden ihr bevor. — 
Hier hört Tamifiers Tagebuch auf, der über den Rückmarſch in 
einem andern Werke Bericht geben wollte, dad aber ausgeblieben. 
Zum Schluß giebt er eine Tabelle der Temperaturftände im 
Lager zu Menäder 39) während der 25 Tage des dortigen Hos— 
pitalftandes, vom 2. bis 26. Sept., aus dem fich, bei fehr gleich— 
förmiger Witterung während dieſes Monate, auf jener mile 
den Berghöhe der mittlere Thermometerftand alfo ergiebt: | 

1) bei Seunendufgang, zwifchen den Ertremen von 10° bis 14°, 
ein Mittel von 12%,". 

2) Mittags, zwifchen den Ertremen von 21° Bid 25°, ein Mit: 
tel von 231%,°. 

3) bei Sonnenuntergang, zwifchen den Ertremen von 17° bis 
23°, ein Mittel von 20%, °. 

Die Iammerfcenen des Nückmarfched haben die franzdfiichen 
Parteigänger ded Vicekönigs nicht für gut gefunden im Einzelnen 
zu veröffentlichen; fie ergeben fich aus dem Gefagten von felbft. 
Nah jenen Testen Gefechten, welche der Gonjularbericht %) 
mißglüdte Angriffe auf Reda nennt, fonnte der Rückzug nur auf 
einer Straße Aſyrs (mwahrfcheinlich dem Gebirgspaß von Ze— 
mah, ein Name, der nur bei Chédufeau vorfommt) #1) geſche— 
ben, auf welcher die fürchterlichiten Kabylentribus herrfchten, 
welche den letzten Leberreft mol hätten vernichten können. Die 
auf der Höhe Bellegten blieben auf den Nuinen ihrer zerftörten 


9) Ebend. II. p. 391 —394. *°) Oeſterr. Gonfularbericht von 1837. 
Mer. ++) Chedufeau, Notice in Bulletin de la Soc. G£ogr. 
XIX. p. 109. 


Dag2 


* 


980 Weſt-⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Dörfer ſitzen; ſie ſollen ſich uberwunden genannt haben. Die Furcht 
der Bergbewohner vor der disciplinirten Waffe der Armee gab ihr 
das beſte Geleit; nur mit wenig Mann Verluſt erreichte man nach 
dem Abſteigen der Bergzüge gegen die Meeresſeite am Fuß der 
Berge von Koref (2) die Station zu Beni Shehr (ein Tri— 
bus auf Oalin. Karte), unftreitig Mahail, die 2 Tage von Reda 
und 3 von Gomfude, dem Seehafen, vortheilhaft gelegen war und ° 
ven Akaba, d. i. ven Abftieg ver Bälle, oder die Defiled des 
Hochlandes Aſyr, insbeſondre der-Belahmar (auf Galin. und 
Ferr. Karte) im Rüden hatte. Hier mußte man liegen bleiben, die 
Theurung wuchs, Laftthiere, um Proviant herbeizufchaffen, fehlten. 
Die Cavallerie, von ver noch das 7. Regiment übrig war, wurde 
nah Gomfude geſchickt, mußte aber unterwegs liegen bleiben, 
weil Krankheit fie alle nievderwarf; vom dritten Bataillon deſſel— 
ben blieben nur ein paar Soldaten und der Apotheker am Xeben. 
Der Paſcha beichränfte fich Darauf, die Feſtung Beni Shehr, wo 
man lagerte, mit Belagerunasgefchüg und 400 Mann Garnifon zu 
versehen. Die Noth wurde bier jo groß, daß felbit das Wafler 
theuer verfauft ward, das Pfund Brot 2 Thaler Foftete, dad Schaf 
mit 7 Ducaten bezahlt werden mußte. Achmed Paſcha ſelbſt 
wurde Eranf, übergab das Commando zu Beni Shehr an den Grof- 
Scherif, und das in Gomfude, wohin er jelbft ging, an Kutſchuk 
Shrabim Paſcha. Nun ward wol Proviant herbeigetrieben, 
aber die Cholera- Morbus fing nun an zu wüthen, und von 
dem MUeberrefte ver 12,000 Mann Yagen bald 3000 als Kranke 
darnieder. Ahmed Vaſcha zog fi) zur Genefung nach Mekka 
und ließ feine Stellvertreter in ver Noth bei dem Lager, in dem 
mehrmals Morvanfchläge gegen fie entdeckt wurden. 

Sp enveteder erfte der drei Feldzüge gegen dad Gebirgs— 
land» Afyr und feine Bewohner, dem wir die jo lehrreiche geo— 
graphifche, wenn auch nur theilweiſe, Kenntnig deſſelben ver- 
danfen. Doch hat er und einen Blick in dafjelbe vergönnt, wäh 
rend die folgenden nur an deſſen Vorhöhen zurücbleiben, und da= 
ber bier nur mweniges von ihrem DBerlaufe zu jagen if. 

Das folgende Kriegsjahr 1834 2) nahm ein noch Häglicheres 
Ende, jo dan fat Alles umfam durch verfehlte Unternehmungen 
und böfe Ginwirfung des Klimas. Man z0g von Gomfude aus 
nach der befeftigten Station Mahail, am Fuße des Berges 


2) Defterr. Confularbericht von 1837. Mifer. 


Arabien; Mahail, im Nedjal alma, 981 


Kora (Koref?); hier hatte man eine Site von 49° Reaum. (?) 
zu erdulden, fchlechtes Wafjer und von ver Akaba von Afyr fort- 
währende Neckereien der Gebirgler; doch war die Bofttion, 2 Tages 
reifen von Gomfude, zu einem Hauptwaffenplage am nordweſt— 
lichen Ausgange des Thalgekieted von Redjal alma fehr vortheil- 
Haft, 12 Stunden von deſſen oberm Ende, mo vie fefte Neda nur 
anderthalb Tagemäriche fern war, eben fo meit wie Sega entfernt. 
Aber hier flarb Alles weg, wie die Fliegen. Gin regelmäßig we— 
hender Mittagswind umhüllte das Lager mit fehr drückend heißer 
Gewitterwolfe, die das Athemholen faft unmöglich machte. Bon 
Erpeditionen gegen die Nachbarfchaft, um Meberfülle zurückzuweiſen, 
Transporte zu fichern, Lebensmittel zu erhalten, fehrte der Kom— 
mandeur Ibrahim Paſcha felbft als Kranfer zurück nach Ma— 
hail, wo Kameelviebftähle alle Zufuhr unmöglidy machten und ver 
Tod der Xerzte auch die Kranfennoth vergrößerte. Durch ganz 
Hedſchas verbreitete ſich Hungersnoth. Der Groß-Scherif trieb 
endlich die RTãUber- und Diebesbanden bis Sega zurück; aber 
Reda konnte er nicht einmal erreichen: denn zwei Drittheile ver 
Armee lagen franf, täglich ftarben 50 feiner Leute. Als fich indeß 
Ibrahim Paſcha von feiner Krankheit erbolt hatte, commandirte 
er 2000 Mann zu einer Expedition gegen Redjal alma; zu glei= 
cher Zeit erftieg ver Groß-Scherif die Afaba (Bergpas) hinauf 
einen Tagemarſch weit bis Tabah. Aber ver Plan, im Gebirge 
mit des Paſcha Corps zufammenzuftoßen, um im obern Redjal 
alma die KHauptfefte zu Neda anzugreifen, wurde durch vie zu 
hohe Gebirgspaffage, über welche fein Transport ftattfinden Eonnte, 
gehindert, und der Paſcha, ohne Unterftügung bleibend, wurde ges 
Schlagen und Fonnte fih nur durch fchimpfliche Flucht retten. Die 
Afyrinen dadurd ermuthigt, festen dem Feinde jo gewaltig zu, 
daß er auch die Hauptwarfenftation räumen mußte, aber in folcher 
Verwirrung, daß alle Bagage, Munition mit 1500 Kranfen in die 
Gewalt der Sieger fielen und jtarben, over bei fpätern Ueberfüllen 
ermordet wurden. Nah 3 Monaten zog Ibrabim Bafcha, auf 
allen Seiten geichlagen, wieder zu den Thoren von Gomfude ein; 
wie ein Sturmwind ‚folgten ihm neue Schaaren der Gebirgstribus 
zu dem Geſtade nad), und Fehrten nur wieder um, weil man fle 
getäufcht und fie glauben gemacht hatte, die Aegyptier feien fchon 
wieder auf Schiffen abgefergelt, die noch nicht einmal zu ihrer Auf» 
nahme angelangt waren. Nun wandten fie fich gegen vie noch zu= 
rüdgebliebnen Unglücklichen, Zerftreuten und Kranfen; alle dieſe traf 


982 Weft-Afien, IV. Abtheilung.  $.74, 


Mord und Todtfchlag oder Sclaverei. Die mehrften wurden von 
den Epivemisen weggerafft. Auch der Hafenort bot noch bei der 
endlichen Einfchiffung einen Sammeranblie des zerlumpten, halb 
verhungerten, mit Wunden bedeckten und kranken Ueberreſtes der 
ägpptifchen Armee dar, bei vem Ibrahim Paſcha felbft in Ver— 
zweiflung gerieth, da er nicht helfen konnte. Erſt fpät erhielt er 
Pferde, um nach Dſchidda zu retiriren. Der graufame Obrift Se- 
lim Bey bepadte die Schiffe jo dicht mit den Menjchen, venen 
Waſſer und Proviant faft gänzlich fehlte, daß bei der Ueberfahrt 
über 1000 Menfchen ftarben und alle Kranken über Bord geworfen 
wurden. Don der ganzen Armee ward nur ein Theil des General- 
ftabes mit 21 Dfficieren und 700 lUnterofficieren und Gemeinen ge= 
rettet; alle andern, nebft Waffen und Bagage waren verloren. So 
ichauvervoll endete die zweite Gampagne gegen dad unüberwind- 
lie Aſyr. 

Im October ded Jahres 1836 #3) wurden dennoch in Aegyp— 
ten die Vorbereitungen zu einem neuen Feldzuge in Arabien ge= 
macht; 9000 Mann Infanterie mit allem Zubehör nah Sanbo, 
Dſchidda, Gomfude und Mocdha geichidt; ver Vicefönig 
wollte jelbjt die Operationen leiten, aber e8 kam nur zu Eleinen De- 
monftrationen. Im Februar 1837 brachte er wirklich über Koſ— 
feir alles zu der neuen Erpedition in Bewegung, im Dftober deſ— 
jelben Jahres follte in Arabien feine Armee bis auf 12,000 Mann 
fich vermehrt haben. Da fam vie Beſetzung Adens durch vie Bri- 
ten und ihr Lebergewicht in Mochha dazwiſchen (j. oben ©. 687); 
die Berhältniffe gegen die Hohe Pforte roncentrirten bald die 
Streitkräfte in Syrien; zur Verftärfung ver Truppenzahl wurden 
die Sclavenjagden indas innere Nilland nach Fazoglo geführt; 
im Juni 1839 fam es zu der Schlacht von Nizib am mittlern 
Euphrat und zum Feldzug nad) Klein-Aſien. Alles dies Ienfte 
die Aufmerkſamkeit und die Kräfte von Aſyr ab, das wieder ſich 
ganz felbft überlaffen geblieben, feitvem, in Folge ded Friedens 
mit der hohen Pforte, der Schuß der heiligen Städte von Meffa 
und Medina an den Groffultan zurücfiel, und damit ver Plan ver 
Stiftung eined arabifchen Neiches, zu welchem Aſyrs Beſitz unums 
gänglich nothwendig gemefen wäre, durch ven Virefönig am —— in 
ſich ſelbſt zerfiel. 


) Oeſterr. Conſularbericht von 1837. Mſer. 


Arabien; Aſyrs gegenwärtiger Zuſtand. 983 


Vom Jahre 1839 ſchreibt F. Fresnel*) aus feiner Conſu— 
larſtation in Dſchidda, daß Ait, ver Chef von Afyr, ſich in 
feine Gebirge zurüdgezogen und feitbem dort fo ficher herriche 
wie zuvor; dreis oder viermal fei fein Gebirgsland attadfirt worden, 
nur einmal ohne Frucht durchzogen, denn deſſen Widerſtand fei 
ungeſchwächt und werde auch ungejchwächt bleiben, Unter den 
dreierlei Arten arabiicher Population, der ftadtifchen, der 
nomadifchen und ver adferbauenden, habe diefe, eben fo wie 
die nomadifche, ihre Independenz behauptet in ihrer Stellung 
zwifchen dem Hedſchas, Tehama und Jemen, und dieſes Schwei— 
zervolf Arabiens gehöre zu den intereffanteften Abtheilungen 
der Halbinfel, ſchon dadurch, weil feine Befiegung die fehwierigfte 
Aufgabe fei, und doch eine nothwendige zu einer Militair-Oc— 
eupation von ganz Arabien. Dies babe Mehmed Ali wohl an 
erfannt, während andere nach außen ftehende feine Kriegsattacken 
gegen fie für wüthenden Unfinn gehalten. Arm, friegeriich, eifer- 
füchtig auf ihre Independenz, blieben die Aſyr jo viele Jahrhunderte 
lang der religiöfen muhammedanifchen Bewegung fremo, 
die fo viele Araber trieben, fidy) unter das Banner des Mekkaiſchen 
Propheten zu begeben und ihre Sprache und Religion bis in 
den Decivent zu verpflangen. Erſt gegen Ende des 18. Jahrhun— 
derts drang der Islamism unter der reformatorifchen Öeftalt 
des Wahabism in Afjyr ein, ungeachtet die Schatten feiner Berge 
fo nahe auf dad Wiegenland ver Heimath Mohammeds fielen. 
Gebräuche, ganz dem Genius arabifcher Moslemen widerſpre— 
hend, hatten ſich bis in die legten Jahre bei einigen dieſer Ge— 
birgsvölker erhalten, die ſchon Burckhardt kennen lernte, und die 
durch gewichtige Zeugniffe aud) Fresnel im Lande durch den alls 
gemein verehrten Hadj Salim Banämeh beftirigt wurden; näm— 
lih das Necht der Brautnacht (droit de Seigneur einft im Ocei— 
dent), daß bier dem reiſenden Gaſte in Beziehung auf die Frauen 
zugeftanden wird (ſ. 0b. ©. 211), und die graufame Beſchnei— 
dung (ob. ©. 192, ſ. unt.), die Fresnel ein Schinden der ganzen 
behaarten Haut nennt, welche an den Erwachsnen in Gegenwart 
ihrer Bräute gefchehe, die bei dem geringften Seufzer während 
der Operation, oder bei ver Gefichtöverzerrung durch den Schmerz, 
der nicht wenigen Jünglingen das Leben fofte, den Gegenftand ih» 


) F. Fresnel in Rey. des deux Mondes, sur FArabie. T. XVII. 
p: 252, 254. 


e 


984 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


rer Liebe verächtlich, wegen feiner Beigheit, als Fünftigen Ehegatten 
verwerfen. Solche äuftere Charactere, bemerft Fresnel, jeien al— 
lerding3 mol nicht leicht zu bejiegen, und doch als höchſt unbe— 
queme Nachbarn, die jede Gelegenheit zu Ueberfällen in das 
heilige Meffagebiet wahrnahmen, mußte der Ankampf gegen fie mit 
aller Energie verfucht werden. 


Erläuterung 3. 


Das Grenzgebirgsland Mittelarabiens zwischen Hedſchas, Je— 

men und Nedfhed, mit der Gruppe yon Aſyr, nach feinen 

Gebirgszügen, Strömen (Wadi, Sei, Diftrieten, Drtfchaften 
und Tribus, son Afyr bis zum Wadi Tarabah. 


Die Thore für dad Innere Arabiend, fagt JSomard *) 
ſehr wahr, welche ein paar Jahrzehende hindurch für die Aegyptier 
Truppen, und dadurch auch einiger europäiichen Beobachtung, ge— 
öffnet waren, fcheinen feit ihrer Rückkehr an den Nil wiederum für 
lange Zeiten gejchloffen zu fein: denn die Hohe Pforte hat dort 
nur Nominalprotectton, und ift außer Stande, im Lande felbit 
Sicherheit zu gemähren. Nur von Aegypten aus, dem einzigen 
Zugange zu Arabien, fonnte von jeher fein Binnenland erreicht 
werden, wie durch Aelius Gallus, ald Aegypten eine römifche 
Provinz war, unter den Ejubiden, den Gultanen von Aegypten 
und zu der Großſultane Zeit, erft nachdem fie Bells vom Nil- 
Delta genommen hatten (j. ob. ©.119, 731, 732). Heutzutag, nach 
jenen zwei Jahrzehenden der Aegyptier Kriege daſelbſt, ift ver Fa— 
natidmud der nur temporär gedämpften, niemals unterdrüdten 
MWahabi viel zu anſteckend und regenerirend, ver Nationalbaß 
der Araber gegen das graufame und inconfequente Türfenre= 
giment viel zu jehr von neuem angefacht, ver unbezähmbare 
Character der unabhängigen Stämme von Nedſched, 
Hedſchas, Aiyr, Jemen viel zu erprobt, als daß in Kurzem 
auf neue Bahnen zur Kenntniß der arabiichen Landjchaften von 
diejer Seite her zu rechnen wäre. Es bleiben und daher nur die 
bisherigen geographiichen Berichterftattungen weiter zu ſichten übrig, 
und unter diefen find die von Chedufeau, dem Generalſtaabs— 


°*°) Jomard in Bulletin de la Soc. de Géogr. Deux. Ser. T. XIX, 
Obseryat. préliminaire p. 107. 


Arabien; die Hedfhas- Gebirgskette. 985 


arzt, auf jenem Feldzuge gewonnenen Leberfichten dieſes Theiles 
von Mittelarabien, aus eigner, theuer erfauften Anfchauung gewon— 
nen, nächſt denen, die wir fchon oben nach den Iehrreichen For— 
fehungen des trefflichen Burkhardt (1815) über viefelben Gegen- 
den vollftändig mitgetheilt haben, und die hier überall zur gehalt 
reichen Vergleichung dienen mögen (ſ. oben ©. 196 — 213), die 
lehrreichften. Hier folgen fie nad) Galinier's und Ferret's Mit- 
theilung, die nun auch, da fie zuvor ganz unverftändlich und un- 
brauchbar waren, durch diefer Ingenieure Kartenentwurf und 
obige Nachweifung der Routen durch Tamiſier, auf denen die 
Nachrichten dazu eingezogen waren, Far und im ſich vollfommen 
verftändlich find. 


1. Gebirge). 

Die Normaldirection der großen meftarabifchen Gebirgs— 
fette von R.W. gegen ©.D. theilt das Sand in zwei Abdachun— 
gen: gegen W., deren Wafjer meift im Sande des Tehama verrin= 
nen, und gegen N.D., wo fich die fließenden Waſſer fo meit 
hinausziehen, daß die Hypotheſe, als ftreiche dort im Abſtand von 
ein paar Graden eine zweite Parallelfette weiter im Often vor— 
über, völlig unhaltbar ericheint (f. 06. ©. 721). Die Abhänge 
diefer arabiicheh Kette find fehr fteil und abftugig gegen das 
Rothe Dieer, ſehr ſanft geneigt gegen Oſt zum hochgelegenen Bin— 
nenlande Nedſcheds. Die Hauptkette gliedert ſich in Zweige mit 
Zwiſchenthälern, in denen die Seils (Ströme) fließen, die 
meiſt im Sande verrinnen. 

Von der Seite des Rothen Meeres iſt es ſehr ſchwer die ara— 
biſche Kette zu überſteigen; nur zwei Bäffe find bis jetzt als 
practicabel befannt. Der eine da, wo der ©eil, ver bei Ze— 
mah paljirt (wol ver Redjal alma oberhalb des Paſſes ver Feſte 
Reda nah Menader, den Achmed Paſcha herabftieg), feine Quelle 
bat, wo fich die Kette plöglich fenft und Truppen mit Artillerie 
den Durchmarjch geftattete; der andere (weiter im N.W.) am 
Dichebbel Kara oder Kora (oberhalb der Station Mahail oder 
dem Afaba, zu dem der Groß-Scherif na Tabah hinaufftieg), 
weit fchwieriger und nur für Menfchen und Laſtpferde palfirbar. 
Alle andere Localititen bieten nur fehr fteile und Elippige Pfade für 
Fußgänger der Kabylen dar, auf denen oft erft in Wels ein- 


+) Chedufeau, Notice 1, c. XIX, p. 108. 


986 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $.74. 


gehauene Stufen den Zugang zum Tehama möglich machten. Nie— 
mald ward dieſe Gebirgäfette gemeffen; aber fie muß hoch fein, 
fagt Chedufeau, denn er ſah dafeldft im April Eis und litt 
an heftiger Kälte; doch ſah weder er noch Colonel Mari, ob- 
wol fie fi) 8 Jahre in dieſem Gebirgslande umbertrieben, im Som⸗ 
mer jemald Eis oder Schnee. 


2. Fluüffe. 

Faſt alle Seild oder Ströme, die vom Gebirge herab zum 
Tehama kommen, ziehen von N.O. gegen S.W. und verrinnen im 
Sande. Der Seil von Hali, der feine Quelle um Reda, der 
Hauptfefte Aſyrs, hat, durchzieht die Berge von Redjal alına gegen 
N.W., und nimmt von der rechten Seite 4 Eleinere Zuflüffe aus 
dem Gebirge auf, zieht an ver Hauptwaffenftation Mahail vor- 
über, und ift wahrfcheinlich ver Wadi Rim auf Planat's Karte 
(ſ. 06. ©. 195), von dem Chédufeau fagt, daß er allein au 
im Sommer noch Wafjer habe. Im Winter überſchwemmen alle 
diefe Seil, bilden große Wafferfammlungen, Seen, jchneiden ben 
Karamanen oft alle Verbindungen ab, ſchwemmen die Hütten der 
Kabylen und Beduinen mit fort, und zwingen fie nicht felten zur 
Flucht in das höhere Gebirge. Der Mangel einer dauernden Eis— 
und Schneedecke ift bei allem temporairen Regen- und Gewitter— 
reichthum des Hochgebirgs doch wol die Urſache pre nicht conti= 
nuirlichen Laufes. 

Der Oftabhang der arabifchen Kette, weniger fteil, ge= 
ftattet ven Seils auf fanftern Gehängen einen längern und durch) 
Perein mehrerer Arme dauernderen Lauf, der aber doch auch bei 
den angefehenften verjelben an ihren Ausgängen zur Hochebene zu 
verfchmwinden fcheint. Vier verfchievene lernte man auf der Route 
der Gampagne von 1833 zwifchen Taif und Aſyr näher kennen. 

1) Der Seil von Taraba (j. ob. ©. 200, Tarame nad 
9. Hammer #8), auch Seil Derrah, ver nördlichſte von ihnen, der 
unter 21? N. Br. in 3 Hauptbächen bei den Gebirgd- Tribus der 
Beni Fahm, Beni Saad und Beni Malef im Norden des 
Zahran (ij. 0b. ©. 209) entipringt und gegen N.N.O. vereint 
entlang Derrah, in ver Nähe des Ghazellen-Brunnend (Bir 
Ghazail), Hinzieht, dann nordwärts über Taraba, oſtwärts des 


+7) Chedufeau, Not. 1. c. XIX. p. 109. *) Wien. Jahrb. B. 92, 
S. 63. 





Arabien; die Gebirgsftröme im Hedſchas. 987 


Tribus der Ihn el Horeth vorüber, bei Kharma aus Hedſchas 
in Nedſched einfließt, wo er nicht weiter befannt if. Nur bis zu 
ihm reicht vom Norden her dad Land der mit dem Scherifate von 
Mekka naher verbündeten oder doch neutralen Tribus, ſüd— 
wärts aber trat dad Xegyptier- Heer überall fhon in Wadis 
der feindlihen Tribus von Nedſched ein (f. ob. ©. 948). 

2) Der Seil von Therad, der unter 20’ N.Br. im Gebirgs- 
gau der Beni Ghamid ſüdlich Zahren (wo der Kaffeebaum 
feine Nordgrenze hat, ſ. ob. S. 209), unter 20° N.Br., im SW. 
der Station Aakik entjpringt und von da erft oftwärts, dann die 
rect nordwärtd, an Rania (f. 0b. ©. 200) vorüber, fich unter 21° 
N.Br. an der Grenze von Hedſchas und Nedſched in einen See 
MWarada ergießt, ver audy auf Galinier's und Ferret's Karte ein— 
getragen ift. 

3) Der Seil Raniyah (Rania) entipringt jenem nahe, nur 
eine Tagereife fünlicher in Belgam, ſtrömt gegen N.O. und ver- 
liert fich, noch ehe er Nedſched erreicht, in der Ebene Miver. 

4) Der Seil over Wadi Biſheh kommt viel weiter von 
Süden, unter 18° N.Br., von den Gebirgen Aſyrs herab, zieht 
gegen N.N.O., und wendet fich, nachdem er eine weite Strede von 
Nedſched durchzogen hat, an dejien N.D.-Grenze etwas norvöftlich 
zum Eingange des Thales Damwacir (auf Galin. und F. Karte; 
Dowafir bei Burdh., f. ob. ©.203). Auf Galinier's Karte 
find ihm 4 Sauptquellflüffe zugetheilt, die nahe beifammen am 
Nordoftgehänge von Aſyr entquellen; die beiden mittlern, der 
weitlichere aus Dianfur, ver öftlichere aus Khamys Micheyt kom— 
mend; alle 4 im jchönen und reichen Ihale Wadi Schahran, 
zwijchen Aſyr und Biſheh zum Seil Schahran fich vereinen, 
der nach mehrern Tagemärjchen Lauf gegen Nord, an Maaden, 
Mellaha und Heyfah weftlich vorüber, in der Nähe der Station 
und Befte Biſheh von ver linfen ven Geil Iheniyyah (Tas 
nia bei Tamiſier) ald Zufluß aufnimmt, und nun weiter gegen 
Nordoſt die reiche Oaſe Wadi Biſheh mit ihren 60 Dorffchaf- 
ten befruchtet. Colonel Mari bemerkt, daß der großen Zuflitife 
diefed Seil Biſheh ungeachtet er doch niemals viel Waſſer in deſ— 
jen Bette angetroffen habe, weil viefe durch den Sand filtriren und 
einen unterirdiſchen Ablauf haben müfjen. In feiner Nähe treffe 
man eine große Menge Brunnen an, die den Beduinen zu allen 
Jahreszeiten Waſſer geben. Die Araber behaupten, dieſer Seil 
trete weiterhin wieder hervor, um fi in den See Salome zu 


988 Weft-Afien, IV. Abtheilung, $. 74. 


ergießen, und aus diefem wiederum, um in den Perſergolf zu 
gehen. Es iſt dies die freilich unverbürgte Sage vom wiederhol- 
ten Verſchwinden und Servortreten eines Wavdi Afnan, von dem 
fhon oben die Rede war (ſ. ob. ©. 228, 233, 575, 952). 


3. Diftriete der arabifchen Gebirgäfette®). 


Zwifchen der befannten, zu Mekka gehörigen Station Taif (i. 
ob. ©. 150) und dem Gebirgslande Aſyr führt Chedufeau von 
21° bis 18, N. Br. eine Reihe von 16 Gebirgspiftrieten oder 
Gebirgsgauen mit Namen, vom Norden nady Süden fortfchrei= 
tend, auf, welche auch in der Karte vollftändig mit ihren Kaby— 
lenfigen eingetragen. find. Südwärts von viefen folgt die Ge— 
birgsherrſchaft Afyr, welche, nach verjelben Angabe, in vier 
verfchievdene Tribus oder Kabylen zerfällt, vie bei den Krieg- 
führenden unter dem vereinten Namen der Afyrinen zufammen- 
gefaßt werden, weil fie politifch zufammengehörig find. Der Aus— 
druck Beduinen wird hier mehr für die nomadifchen, der mit- 
unter freilich auch nur temporair ſeßhaften (Hadhar nah Burck— 
bardt, f. 0b. ©. 211) Tribus, welche die Hochebnen, jeien e8 
fruchtbare Dafen oder Wüftenftriche, bewohnen, gebraucht; ver 
Ausdruf Kabylen dagegen ift mehr für die wirklich feſtgeſie— 
delten Gebirgäbewohner in ihren Berggauen, wo jie nicht zu 
wechfeln pflegen, in Gebrauch gefommen. 

Jene Gebirgsgaue von Taifan, in Hedſchas, ſüdwärts 
bi8 Afyr, find folgende: . 

1) Tachif oder Taſchif zunächft in ©. von Taif (nad) dem 
Namen ded Tribus der Tefhyf). 

2) Beni Sufia (Sufyan bei Gal.). 

3) Beni Tham, richtiger Fahm ver Karte, fehr antife An— 
jievler (f. ob. ©. 213). 

4) Beni Saad. 

5) Bent Nascera (Nadera bei Gal.). Diefe 5 breiten fich, 
fagt Chédufeau, auf vem Plateaulande ver Hiefigen ara= 
bifhen Bergfette aus. Sie find ganz gut cultivirt, bauen 
Gerfte, Korn, Nofinen, Pfirfih, Maulbeeren, Granatäpfel. Sie 
haben aber feinen Verkehr, feinen Handel, weder mit der Küfte 
noch mit den fie umgebenden Kabylen. Ihre Producte reichen zu 
ihrer Grhaltung bin; fie zahlten (1837) einen Tribut an Mo— 


#9) Chedufeau, Notice 1. c. XIX. p. 115. 


— 


Arabien; Diſtrikte der Hedſchaskette. 989 


hammed Ali, und blieben, nach dem Abzug der Aegyptier-Trup⸗ 
pen aus Hedſchas, auch in der Abhängigkeit ihres nördlichen Nach— 
barn, des Scherif von Meffa. 

Es folgen die Diftricte: 6) der Beni Malek; 7) Zahran 
und 8) Raghdan, die, eben fo fruchtbar,*eben jo angebaut wie 
jene, große Vorräthe von Gerfte, Roſinen und trefflihen Mans 
deln geben. Bei ven Beni Male wird ein ganz vorzügliches 
Korn gebaut, das, länger und dunfelfarbiger ald das in Europa, 
ein Mehl von fo feinem Geruch und Geſchmack giebt, daß die 
Bädereien davon feiner als die neapolitanifchen find, jo daß der 
Vicekönig davon jährlich 50 Ardeb für fein eigenes Conſumo auf- 
faufen ließ. Zahran (Zohran bei Burkhardt, ſ. ob. ©. 207, 
208) mit dem Wadi und einer Stadt gleiches Namens murde, wie 
oben gejagt ift, vom Scherif Manjur, dem Alliirten ver Aegyp— 
tier, beherricht, daher man von ihm die Namen der 6 Tribus er= 
fuhr 50), die feine Autorität anerfannten; Ste hießen: Beni Omar, 
Beni Haſſan, Koreifh, Beni Bifhir, Hedouan und Beni Ghotem. 

9) Vom Diftriet Ghamid (j. bei Burdhardt, ob. ©. 210), 
der .einer der fruchtbariten in ganz Hedſchas an Gerfte, Korn und 
trefflihem Obſt fein ſoll, ift fihon oben als eines Kaffeegartend 
von der edelften Sorte, nad) Golonel Mari's und auch fchon nach 
Burckhardt's Angabe, die Rede geweſen (j. ob. ©. 209). 

Die nun ſüdwärts mit einem ftarfen Vorfprung des Hoch— 
gebirgs gegen D. (dem daher hier die meiiten Seils neben einan— 
der gegen N.D. entquellen) folgenden Gebirgsgaue: 10) Shumran 
(j. 0b. ©.209, wo er bei Burdhardt Schomran); 11) Belgarm; 
12) Beni Amr, haben nur unfruchtbaren, oft fandigen Boden, der 
daher schlecht bebaut ift, nur arme und elende Bevölferung hat, die 
gar oft ihre Nahrung aus der Fremde holen muß (vergl. oben 
©. 206— 213, was über dieje Kabylen jhon von Burdhardt 
gejagt war). 

Die folgenden Diftricte: 13) Beni Shehr (wol verſchie— 
den von den Beni Char over Gher, die ſich im Lager zu Menader 
dem Ahmed Paſcha unterwarfen? ſ. ob. ©. 976); 14) Beladmar; 
15) Belahmar, bis zu den 16) Aſyrinen, find wieder ziemlich) 
fruchtbar; der der Beni Shehr foll einer der bedeutendſten fein 
und ſehr viel Korn und Früchte erzeugen; diefe Tribus werden alle 
der ausſchweifendſten Päderaſtie befchuldigt. 


*°%) Tamisier, Voy. II. p. 30. 


9° Weft-Afien,. IV. Abtheilung. $. 74. 


16) Dad Gebirgsland Afyr?!) (f. ob. bei Burdh. ©. 211) 
ift feit der Verbindung mit ven Wahabi ald ein eigener Erobe- 
rungsftaat zu betrachten, als eigene Herrſchaft aus mehreren 
unterworfenen Kabylen des Gebirgslandes, zu 4 Diftrieten gehö— 
rig, die, nad) Chédufeau, auf der Plateauhöhe der arabi— 
ſchen Kette liegen: 1) Rufeyda, 2) Rabiah, 3) Alckam und 
4) Beni Moughayd, wozu noch auf dem Oſtabhange des 
Gebirges die große Abtheilung 5) ver Beni Malek oder Ma'— 
malah Kebira, auf dem Weſtabhange, und am Fuße der Kette 
6) die der Redjal alma kommt, welche indeß ſeit 1833 ungemein 
verheert wurden und an ſich keineswegs großen Ueberfluß beſitzen. 
Zu Zeiten war auch der weit fruchtbarere Wadi Biſheh unter 
die Obergemwalt von Afyr gefommen (f. ob. a. m. O.). 

Die Kabylen der Afyrinen find unerfchroden und tapfer 
im Gebirgsfrieg; ihre Waffen find nur Lanzen, Zuntenflinten und 
der Dolch; ohne alle Kriegsfunft wurden fie jedoch immer von den 
disciplinirten Truppen gefchlagen, ohne befiegt zu fein. Moham— 
med Ali hatte in 11 gegen fie audgefandten Expeditionen immer 
gefiegt, ohne den geringften Vortheil davon zu ziehen; im Gegen— 
theil mit großen DVerluften, weil man planlos dabei zu Werfe ging 
und die Proviantzufuhr im Rücken immer unficher blieb. Die 
Schwierigkeit der Verproviantirung, die Unmöglichfeit fich zu res 
erutiren, und die Furcht auf einem Rückzuge abgefchnitten zu wer— 
den, nöthigte allemal die Truppen zur Retirade, oft zur fchleunige 
ften Flucht. 

Nach des Miffionar Wolff Nachricht 52), die er im Jahre 
1836 von den Beni Hobab in Dſchiſan eingog, follte damals 
ein Scherif dieſes merkwürdigen Volkes, deſſen patriarchalifche Ab- 
ftammung wir oben als Brudervolf der Beni Arhab ſchon bezeich— 
net haben (f. 06. ©. 753, 754, 830), ver Herrfiher der Berge 
von Aſyr fein, an deren Fuße Dichifan liege; alfo der Ge— 
birge des Redjal alma, welche, nah Wolff Ausſage, das 
Gebirge Seir der mofaifchen Schrift fei(?). Diefer Scherif follte 
Ahmed Abu Manfur heißen; nach den türfifchen Berichten aber 
war damals Ali ver eigentliche Negent ver Herrſchaft Aſyr; wie 
fi) zu diefem der Scherif verhalten haben mag, wenn es nicht der 





»:1) Chedufeau, Notice 1. e. XIX. p. 116. °2) J. Wolff, Journal 
l. c. 1839. Lond. p. 370, 388, 394 etc.; vergl. Benj. Tudel. ed. 
Asher, I. p. 112. 


Arabien; Hobab, Herrfher in Aſyr. 991 


Scerif de8 benachbarten Abu Arifh war, wiffen wir nicht nachzu— 
meifen. Scherif Ahmed follte mächtiger Krieger, mohlwollend, 
Verächter des Neichthums und ftrenger Richter der DVerbrecher fein, 
daher fein Name „Abu Masmur,” d. i. „Vater ver Nägel,“ 
weil er Verdrechern einen Nagel in den Kopf fchlagen ließ. Seine 
Strenge und ©erechtigfeit hatte ihm im ganzen Lande große Furcht 
und Reſpect gebracht. Diefe Beni Hobab, mweldye von Gebirge 
herab nah Dſchiſan Famen, erzählten vem Miffionar die Gefchichte 
Moses und feiner Wanderungen durch die Wüfte unter Anführung 
Hobabs, ver aber zulegt fie nicht meiter habe führen wollen. 
Kennft du diefen Mufa, den Propheten Gottes? fragten fie, und 
fagten: „Friede Gottes fei auf ihm; Hobab unfer Vater war fein 
Schwäher.” Ihr Bruderftamm, die Beni Arhab over Rehab 
(Beni Rekhab zu Benjamins v.Tupela Zeiten), behaupteten Nach— 
fommen derer zu fein, die von den Mohamedanern Jehud Khai— 
bar (alſo doch noch Abkömmlinge jener alten Khaibar, |. oben 
©. 61—63) genannt, aber befiegt wurden, weil fie gefündigt hät— 
tem. Sie hatten Feine Opfer, aber doch eigene Priefter aus ihrem 
Volksſtamm, die jedoch nur Lehrer ihres Volks fein jollen, und ihr 
Hebräifch bei ven Juden in Uzal (d.i. Sanaa), Tanaan und 
Hadoram erlernen. Sie baten ven Miſſionar unter ihnen zu bleis 
ben, um ihnen die Lehre des Meſſias (das Evangelium) mitzuthei— 
len; auch predigte er bei ihnen und verheirathete eine der Töchter 
Nehab. DiefeBeni Arhab fagten: „wir werden eines Taged an 
dem Schlachttage des Meſſias fechten und gen Kuds (die heilige 
Stadt, Ierufalem) ziehen. — So feltfam viefe Angaben lauten 
und fo wenig wir auch in den Kriegöberichten über Aſyr Beftäti- 
gungen verfelben aufzufinden im Stande waren, fo feheinen fie und 
doch der Beachtung werth, um bei Ffünftigen Forſchungen über jene 
noch jo wenig gefannten Tribus von Afyr (vgl. ob. ©. 192) nicht 
unbeachtet zu bleiben. Zumal wäre es merkwürdig, wenn fie, als 
wahre Kinder des alten Vaters Jonadab, noch deſſen Gebote hiel- 
ten, wie fie behaupteten, f. ob. ©. 754, und nach ihrer Verfichrung 
auch Heute noch ‚Leinen Wein trinfen, feinen Weinberg 
pflanzen, feine Saat fäen und in Zelten leben.” 

Die Citadelle Reda (aud) Ghadda), von der zuvor öfter die 
Rede war (ſ. 0b. ©. 944) liegt in Redjal alma, ift als großes 
Rechteck gebaut, 100 Fuß lang, 46 Buß breit, von Mauern 46 
Buß body umgeben, mit 5 crenulirten Thürmen, die 38 Fuß Hoch 
gegen die Meeresfeite Hin zur Beſchützung des Zugangs erbaut 


992 Weft-Aften, IV. Abtheilung. $. 74. 


find. In einer engen Schlucht am Fuß der Berge aufgeführt, 
Thügt fie feine Communication, dominirt fie Feine Paſſage, ſon— 
dern dient nur dazu, die Schätze des Herricherd über Afyr zu ver— 
bergen, deſſen Sclaven zu verwahren und feinen Truppen im 
Rüden ein unübermindliches Aſyl gegen Mehmen Alis Ueberfälle 
zu ſichern. Da ver Vicefönig fih auf fein eignes ägyptiſches Neich 
zurüdzuziehen genöthigt fah, bemerkt Chédufeau, fo habe er dem 
Eleinen Aſyr einen ehrenvollen Frieden zugeftanven, durch wel— 
chen es noch die Laupfchaften von Beladmar und Belahmar 
im Norven, wie Khamys Micheyt im Oſten, hinzu erhalten 
habe. Ausjagen der Beni Dam über Afyr, die jedoch unver— 
bürgter Art find, hat Paſſama mitgetheilt, mo fie nachzufehen 
find 93). 


4. Ortſchaften und Landſchaften der Oftfeite der ara= 
bijchen Kette. 


1) Wadi Bifheh tritt uns Hier als die wichtigfte und be— 
fannt gewordene Grenzlandſchaft (ver Schlüjfel zu Jemen, 
f. ob. S. 200 u. f.) im Nordoft von Aſyr entgegen, von der Che- 
dufeau zwar nichtd mitteilt, die wir aber vom 19 bis 20’N.Br. 
fhon aus obigen Märſchen Achmed Paſchas und feinem Lager zu 
Nemeran einigermaßen ald eine ſchöne, fruchtreiche, wohlbevöl- 
ferte Dafe zwifchen Wüftenftrihen kennen gelernt (j. ob. ©. 951). 
Mir haben nur noch weniges, nach) Tamijier ald Augenzeugen, 
hinzuzufügen, der bemerkt 54), daß in früherer Zeit auch der Wadi 
Tania (Shaniya, der linfe Zuflug) an die vrei Sheikhs von 
Wadi Biſheh unterthänig geweſen, deren wir oben gedachten. 
Unter den 45,000 Bewohnern ver Dafe jollten 10,000 Neger, und 
unter den 60 Dorfichaften folgende die Kauptorte fein: 1) Gue— 
nena, 2) Chefifa, 3) Chékika-Gouſſoun, 4) Nequia, 5) Ergoueta, 
6) Ergoueffa, 7) Delmi, 8) Dabel, 9) Eovehou, 10) Gref, 11) Her— 
era, 12) Hamma, 13) Sabia, 14) Bechat, 15) Engafa, 16) Hefa, 
17) Hahmi, 18) Sour, 19) Onefa, 20) Onaer, 21) Rouchan-Zo— 
gayr, 22) Rouchan-Kebir, 23) Nemeran, 24) Madra. Dieje jol- 
len insgeſammt gut vertheidigt fein. 

Der im Lager des Wadi Bifheh, vom 22ten Juli bis 
zum 6ten Auguft 1833, während 16 Tagen beobachtete Thermo= 


953) Passama, Observat. geogr. im Bulletin 1. c. XIX, p. 230. 
’°*) Tamisier, Voy. II. p. 120,126. 


Arabien; Wadi Ihaniyab. 993 


meterftand 55) gab für dieſe Seit folgende mittlere Tempera⸗ 
turen: 
1) Bei Sonnenaufgang; zwiſchen ven Extremen von 18° bis 
22°, ein Mittel von 19’ ,". 
2) Mittags: zwifchen ven Ertremen von 29° bis 33", ein Mit⸗ 
tel von 31". 
3) 2 Uhr Nahmittags: zwifchen den Extremen von 31° bis 
36°, ein Mittel von 32%. 
4) Bei Sonnenuntergang: zwijchen ven Grtremen von 25° 
bis 30°, ein Mittel von 27°/°. 
5) Mitternacht: zwiſchen den Exrtremen von 22° bis 25°, ein 
Mittel von 23°. 

2) Der Wadi Thaniyah (auf Galin. Karte, Tenia oder 
Toknia bei Jomard, Tania bei Tamiſier) 56). Er liegt nur zwei 
Tagemärjche in NW. vom Wadi Bifheh; fo viel brauchte das 
Heer am 20. und 21. Juli 1833, auf der Route vom Norven kom— 
mend, vom erſten Eintritt in das ſich eröffnende Ihal dieſes Wadi 
bi8 zur Station von Nemeran. Ein Sheikh, Seid, beherrfchte 
es damals, war aber von den Alyrftreiflingen bis hierher überfal- 
len, die ihm 60 Kameele entführt hatten, die ihm Achmed Paſcha 
wieder einholen ließ. Das Thal dieſes Wadi Thaniyah ift 3 
Lieues lang, eine Lieue breit und das Ganze mit einem jo großen 
Dattelwalde bedeckt, daß er feine Kabylen, eine Population von 
2500 Männern, reichlich mährt, die auch gute Kameel- und Schaf: 
heerven haben. Dieſe Kabylen jollen ſehr Eriegeriich und tapfer fein, 
da ihre mächtigen Nachbarn ed oft, aber immer vergeblich verfucht 
haben, fie aus ihrer jehr fruchtbaren Dafis zu vervrängen. Unter 
ihnen wohnen ſehr viele Tofruri 57) (d. i. Negerpilgrimme, 
j. Erpf. Afrika I. ©. 545), die durch das Schickſal mad) ihrer 
Mekkafahrt hierher verfchlagen viefen Aufenthalt ihrer Heimat im 
Suvdam und in Darfur vorziehen, obwol fie auf ihren Wanverzügen 
von Mekfa und Dſchidda hierherwärts meift nur in Rumpen ge- 
hüllt oder nadt ihre Obvad) in Hundehütten am Wege finden, wo 
fie fich durchbetteln müfjen, und ald Schwarze, wie die Parias in 
Indien, von der menjchlichen Gejellichaft ausgeſtoßen und verachtet 
ihre jümmerliches Leben friiten. Sie verhandeln Wurzeln, Quads 
jalbereien, bereiten Zauber und Liebestränke, können Amulete und 


%) Tamisier, Voy. Il. p. 192. ’*) Ebend. I. p. 107— 120. 
) Ebend. II. p. 107, 110, 132. 


Ritter Grdfunde XII, Urt 


99a Weſt⸗Aſien. IV. Abtheilung. $. 74, 


Zauberzettel fehreiben, laſſen ſich in Städten und Ortſchaften zu 
den niedrigſten Handthierungen "brauchen, die fein Araber unters 
nehmen würde, find Laftträger, die Weiber Topf» und Keffelflider, 
fchlafen ftet3 unter freiem Simmel ohne Nachtheil, in der Mitters 
nacht wie Mittags im heißeften Sonnenftrahl. Niemand begegnet 
ihnen gern auf einfamen Wegen; fie ſelbſt boten in Thaniyah 
und zu Aakik ihre Kinder ven Durchziehenden zum Verkauf zu 
wenigen Xalari an; einen netten jechsjährigen Knaben dem Ta— 
mifier für 6 Talari. Nur felten vermifchen ſich Beduinen mit 
ihrer Rafle. 

Die Araber des Wadi Thaniyah verkaufen ihre Pro- 
ducte an die Pilgerfaramwane, die von Bagdad alljährlich 
fommend, um nach Mekka zu gehen, in der Nähe ihrer Befigungen 
vorüberziebt. Mit beladenen Kameelen reifen fie ihr entgegen, zu— 
mal mit ihren Eöftlihen Datteln 58), die berühmt find. Die gro— 
fen Landeigenthümer und Hanvelsleute begleiten dann auch wol die 
Karawane, um ihre legte Waare nod an den Dann zu bringen, 
bis Meffa, wo fie zugleich ihre Devotion halten... Ihr Wohlitand 
erregt den Neid ihrer ärmern Nachbartribus, die dann, zumal zur 
Zeit ver Dattelreife, wie aus dem Zahran fehr häufig, fie 
überfallen, ausplündern, ihnen auch ihre Pferde und Kameele mit 
der Dattelernte rauben und entführen, oder auch nicht felten mit 
Schimpf und Schande zurücdgefchlagen werden. Deshalb ift bier 
der Gebrauch in Gang gekommen, daß die Befiger der Balmen- 
wälder zur Zeit der Dattelreife mit den Nachbartribud der Bes 
duinen Gontracte eingeben, ihre Balmgruppen gegen ſolche Razzias 
oder Ueberfälle zu bewachen; zumal bedient man fich hierzu der 
Tribus von Aafif, die ald die treuejten Wächter gelten. Zum 
Schub dienen auch die häufig in der Nähe aufgeführten Wart- 
thürme. 

Im Dorfe Thaniyah, wo das Negyptier- Heer am Abend 
de3 20, Juli Quartier nahm, waren nur Weiber, Kinder und Oreife 
zurücgeblieben, da ale Männer zum Kriegsheere geftoßen waren. 
Die Brauen fand Tamifier fehöner als ale bisher von ihm ge— 
fehenen in Dſchidda und Mekka; ſie erfchienen ihm faft fo hell— 
farbig wie Guropäerinnen, fie waren von rein arabiſchem Blut, 
neugierig, wißbegierig, gut gefleivet, gepugt, ihre Haarflechten nett 
und fünftlich geordnet und gefhmüdt; fie wurden gerühmt als ar— 


»*®) Taamisier l. c. II. p. 108. 


Arabien; Wadi Thaniyab. 995 


beitſam, indufiriös, fie beftellen ihre Gärten, bauen Korn, Gerfte 
und bewäjjern fie, und führen muihig ihre Männer zur Schlacht. 
Diefen günftigern Gulturzuftand ver Oaſe von Thaniyah, im 
Gegeniag anderer Rocalitäten jenes Binnenlandes, können wir 
und nicht anders erklären, als aus ver größern Fruchtbarfeit der— 
jelben und ihrer Lage am nahen Borüberzuge der großen 
Bagdadſtraße, durch welche feit jo vielen Jahrhunderten dieſem 
Paffagelande, mie dem benachbarten Wadi Bifheh, doch mehr 
Eivilifation, Handel und Wohlitand aus dem Innern Ned— 
ſcheds und ven Euphratländern zugeführt werden Fonnte, als 
dies bei den mehr ſüdöſtlichen Grenzgebieten und Dafen von Hed— 
ſchas, Nedichen, Aſyr und Jemen der Fall fein konnte, an welchen 
nur die Südroute der Hadj el Kebiy vorüber zieht, die Hadj 
el Bagdad aber feit den früheften Khalifenzeiten eine ungemein 
befuchte war. Doch ift uns diefe fo ſüdliche Wendung derſel— 
ben bis jest unbekannt geblieben, die durch Feine der bisher bekann— 
ten Bilgerftraßen erläutert wird, da für alle in Sat Irk *9) (un- 
ter 22° N.Br., vem Datiraf auf Berghaus Karie, vergl. oben 
&. 223), und nicht fünlicher, die 3 großen Pilgerftraßen von Baß— 
ra, Bagdad und Nedſched, die nad Mekka gehen, zuſam— 
menftoßen, wo fie das Pilgerhemd nehmen, ſobald fie das heilige 
Gebiet von Mekka betreten. Nur eine vermuthlicdye ‘Pilger 
firaße aus EI Hafa nah Mekka deutet v. Sammer an, die 
vieleicht jüdlich des Bergrüdens el-Aaridh laufe, melde der 
nördlich deffelben feit DAnville's Zeiten auf allen Karten einges 
tragenen parallel ziehe. Aber fie ift und nicht genauer befannt. — 

Unmittelbar im Norden des Wadi Thaniyah, ehe verfelbe 
von dem Aegyptier-Heere betreten wurde, Fam man nach einigen Des 
files in der Ebene an zwei Mauern vorüber, die dort Faum 
noch über dem Boden hervorragten; auf Befragen verficherte Emin 
Bey, der Adjutant Achmed Paſchas, an Tamifier: e8 feien Rui— 
nen zweier von den Mufelmännern von Bagdad bis 
Mekka gezogener Mauern‘), damit die Karawanen nicht 
vom Wege abirrten, und auch die ärmften Pilger ohne 
Führer, felbft die Blinden, diefe heilige Strafe geben 
fönnten; e8 ſei ein Werf, das dem Handel wie der Re— 
figton große Vortheile gebracht babe. Ein runder Thurm 








9%) 9, Hammer, Ueber Pilgerftragen, in Wien. Jahrb. Bo. 92, ©. 56 
bis 58, °°%) Tamisier, Voy. Il. p. 105. 


Rrr2 


996 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. 9.74, 


ftand zum Schuß in der Nähe diefer merkwürdigen Ueberrefte, von 
denen und fonft feine Nachricht oder irgend eine ERBEN befannt 
geworden ift. 

Südwärts ded Dorfes Thaniyah führt ein ſehr ftarfer 
Tagemarſch durch Dattelwald, an vielen Grabftätten und Thurm— 
feften, welche Zeichen dortiger Naubüberfälle ©) find, vorüber, dann 
durch öde Klippenftriche, mit Dorngebüſch und Cypreſſen beſetzt; 
dann durch Sand und viele mit Felsblöcken mie beſäete Streden, 
bis der Wanderer nach diefen Einöden erquickt wird durch den Anz 
hlif de8 grünen, üppigen Landſtrichs des Wadi Bifheh, 
der ſich am Abend des heißen Tagemarfches vor feinen Augen bis 
zum fernen Horizonte auöbreitet. 

3) Zum Wadi Raniyah führt vom vorigen Thaniyah ſchon 
ein halber Tagemarſch, von ven zwei Steinmauern über eine ſchöne 
Ebene; dann über Sand und Steingeröll zu feinen an der Süd— 
feite bemaloeten Ufern, die aber völlig ohne Spur von Wohnung 
waren, deſſen Nordufer fich wieder fandig zeigt. Zwiſchen beiven 
Ufern, an denen das Lager am 19ten Juli 2) aufgejchlagen ward, 
ſah man fein Waffer von Weſt nach Oft nur vorüber fchleichen. 
Berge an feiner Süpdfeite fanfen zur Hochjläche hinab, an feiner 
MWeftfeite jtiegen fie höher auf und fließen zur großen arabi- 
[chen Kette, die von N.W. nad SD. jtreiht. Das Waffer die— 
ſes Wadi over Seil, an dem man eine Strede lang hinzog, fol 
feinen continuirlichen Lauf haben, ſondern öfter unterbrochen wer— 
den, und dann zumeilen nur wenige Schritte weiter wieder anfan— 
gen. Chédufeau rühmt jevoch den Anbau 63) dieſes Wadi, wahr- 
fcheinlich weiter abwärts von jenem Lager; fpricht darin von Ger— 
ſten- und Kornfelvern, von einem Walde von 16,000 Dattelpalmen, 
von befeftigten Dörfern, die diefen umgeben, um ihn gegen Plünde— 
rung zu ſchützen. Auch fehe man, fagt er, gegen Oft von ihm eine 
quadratifch erbaute Feſte, um Beouinenüberfälle zurücdzumerfen 
und die Verbindungsſtraße daſelbſt des Nedſched mit Hed— 
ſchas und Jemen zu fichern. Es ſcheint dieſes eine dort vorhan— 
dene, und noch unbekannt gebliebene Kreuze und Querſtraße 
durch das centrale Arabien zu beftätigen. 

4) Der Seil von Therad %) nimmt nordwärts des vo— 
rigen die nächjte Stelle ein, denn er zieht in geringer Entfernung 


961) Tamisier l. c. U. p. 113. 2) Ebend. II. p. 98, 104. 
3) Chedufeau, Notice 1, c. XIX. p. 113. 64) Ebend. 


Arabien; Landſchaft Aakik. 997 


eine lange Strecke in paralleler Richtung an demſelben vorüber, bis 
er ſich von NO. gegen N. abwendet und an dem Orte Rania 
(verſchieden von Raniyah), etwa unter 2IFN.Br., in ven See 
Warada (mwahricheinlih das Duarfha auf Jomard's Karte) 
ergießt, in defien Nähe aber feine Spur von Gultur fein fol, wenn 
e3 ſchon dafelbit bei Winterregen nicht an Gebüfch und grüner 
Landichaft fehlt. Nordwärts dieſes Fleinen Sees fteigen über dem— 
felben 3 Kegelberge auf, die von den Soldaten der Agyptifchen 
Armee, als fie durch diefe Wüfte daran vorüber zogen, mit ven 
Pyramiden ihrer Heimath verglichen wurden. Die Araber 
nannten fie Dſchebel Eonfolye. 

5) Die Landſchaft Aakik. Im NW. de8 vorigen Wadi, 
in feiner Kniewendung, ehe er der Norddirection folgt, liegt das 
Dorf Aakik mit feinen Umgebungen, die im N.W. vom Seil 
Taraba begrenzt werden. Derfelbe Name, ver nah v. Hammer 
jo viel ald Onyr6°) bedeuten fol, fommt dreimal bei Abulfeda66) 
vor, ald ein obere und unteres in der Nähe von Mekfa, und 
als ein Aakik Alaredh, und.hier fol es vielmehr ein Thal, eine 
durch Waller auögewafchene Einſenkung mit Ortichaft bezeichnen. 
Das hier bezeichnete Aakik, unter 200 N. Br., diente der ägypti— 
jchen Armee, auf dem Wege von Taraba nah Wadi Bifheh, 
vom 8. bis 17. Juli 1833 zum Naftorte6”), Man hatte von 
Taif dahin ven Marfch von 72 Wegftunven in 11 Tagen zurüds 
gelegt, und fuchte im Dattelwalde, der das Dorf umjchattete, Erho— 
lung. Die angebaute Ebene mit Dattelgärten zeigte fi) von lau— 
ter ſehr fleilen Bergen umgeben. Cine andere Bergfette zog von 
NND. nah S. S.W., und auf diefer lag das elende Dorf; am 
Buße deffelben zog ein Bach mit trefflichem, ganz klarem Waſſer 
vorüber, an dem der Nizam jein Lager nahm. Dieſes Waffer, 
Seil Aakik genannt, das oberhalb, in W., aus einer fehr frucht- 
baren, dorfreihen Landſchaft kömmt, dann aber mehrere Sünpfe 
durchzieht, jol deshalb jehr fiebererzeugenp fein. Die Bewoh— 
ner ded Dorfd waren alle entjlohen, und nur Kranfe und einige 
arme Neger waren zurücdgeblieben. Die Bilanzen, welche Tami— 
fier bier und auf dem Marfche von Taif bis hierher gefammelt hatte, 
waren Althäen, Malven, Kleearten, Weiden, Artemiften, 


+’), Wien. Jahrb. B. 92, ©. 11, 64. 0) Arabia p. Abulf. Trad. 
p. Reinaud I. c. p. 103 et 104 etc. ) Tamisier, Voy. l. o. 
II. p. 48— 97. 


998 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 7A. 


Schilf, KRirfhlorbeer, Glematidarten und überall Mimo— 
fen, Eoloquinten, Etel und Arin (Navelholzarten). 

Die Hitze war hier in Aakik meit ftärfer ald in Taif, die 
Nächte nicht fo Falt und weniger feucht als auf jener höher gele= 
genen Bergftation (3200 Fuß üb. d. Meere nah Schimper, f. ob. 
&.151). Vom 9. bis 16. Juli gaben vie Obfervationen am Mor— 
gen, Mittag und Abend folgende mittlere68) Temperaturen: 

1) Bei Sonnenaufgang, zwifchen den Ertremen von 18° bis 21°, 
ein Mittel von 19", 

2) Mittags, zwifchen ven Extremen von 28° bis 33°, ein Mittel 
von 27%”. 

3) Bei Sonnenuntergang, zwijchen den Extremen von 23° bis 
32°, ein Mittel von 25". 

Auf vem Wege von Aakik ſüdwärts nach dem Seil The- 
rad brauchte man am 17. und 18. Juli zwei Tagemärfche; ver 
erfte ging über fehr fteil abjtürzende Berge bis wieder zu dem 
Seil Aakik, an dem man dad Nachtlager nahm; der zweite 
führte zu einem jehr Flaren Bach, der ungemein reich an größern 
Bifchen war, deſſen Wadi von D.S.D. gegen W.S. W. z0g, und 
wiederum derſelbe zuvor verlaffene Seil fein ſollte; man nannte 
ihn wenigftens auch Seil Aakik. Doch war wol die unfichere 
Stellung, in der man jeden Augenblick Ueberfalle erwarten durfte, 
nicht eben zu genauer Ortsbeobachtung geeignet. Man z0g an dies 
jem Seil abwärts, bald über grobe Kiefel und Sand, immer ges 
rüftet zur Abwehr. Pinus, Cypreſſen, Asclepiadeen mit 
fetten Blättern und grünen Früchten, groß wie Orangen, Stra— 
moniumarten, Gactud mit gelben Blüthen, duftende Mentha 
und andere Gewächſe flanden am Wege. Die Landſchaft wurde 
weiter gegen ©. ſehr — durch wilde, grauſige Berge und Ein— 
öden, durch mächtige ſchwarze Felsmaſſen mit rothen damit ſich 
mengenden Geſteinen und überhängendes Dorngeſtripp; und nur 
der maleriſche Zug des Heeres in langgedehnten Colonnen, zumal 
ſeine kühn ſich tummelnde Reiterei auf Roſſen, Kameelen, Dro— 
medaren und ſchönen Mäulern gab ver verlaſſenen Einſamkeit ihr 
Leben. 

6) Das große Stromſyſtem des Tarabah (vergl. nach 
Burdhardt ob. S. 200 u. f.). Der Wadi Tarabah, veffen 


»68) Tamisier I. c. U. p. 78. 





Arabien; Wadi Tarabah. 999 


mir ſchon oben gedachten, Hat dieſen Namen von der Befte Tas ' 
rabah 62), nie nordwärts des 2i! N.Br., etwa in der Mitte feines 
Laufes liegt, die von den Türfen eine Befagung von etwa 50 Mog- 
grebiend, d. i. afrifanifche Neiterei, erhielt, um die Geißeln zu 
bewachen, welche bier öfter zur Zügelung arabifcher Beduinen— 
ftimme eingehalten werden. Die Feſtung ift quadratifch gebaut, 
deren jede Seite 220 Buß Ausdehnung bat. Gin Ort, EI Bou— 
fay, ihr eine Tagereife zur Diftfeite gegen vie Grenze von Hed— 
ſchas und Neviched gelegen, wird durch einen großen Brunnen im 
Lande der Wüſte wichtig, der 220 Fuß Umfang und 40 Fuß Tiefe 
hat, und in Sommer wie im Winter reichen Vorrath für große 
Karawanen bietet. Am Fuße eines Hügels in einer vaſten, trock— 
nen Ebene ift er der einzige Erfriichungsort auf der Route zwi— 
hen Kurma (Kharma auf Sal. und F. Karte) am Nordende 
des Wadi Tarabah gegen SD. nad) Rania, eine Strede. von 
30 Lieues oder 20 geogr. Meilen, und daher ein wichtiger Sam— 
melplag der Tribus auf jenen Grenzgebieten. In Kurma (Khars 
ma) finden die Beduinen ebenfall® zu allen Zeiten Waffer, theils 
im Bette des Wadi Tarabab, theils in den vielen Brunnen, 
oder in einem Seitencanale (?), der eine Länge von 175 Fuß mit 
einer Breite von 15 und einer Tiefe von 20 Buß verbindet. Hier 
zeigt fih eine in Feld gehauene Grotte, die Chédufeau 
einem großen Salon vergleicht, der gegen Norden offen, aber im 
Süd und Welt mit Gemächern zur Seite verfehen ift, und großen 
Karawanen den beiten Schuß gegen den Sonnenftrabl gemährt. 
Bon den Erbauern. diefes merfwürdigen Denkmals ift jonft nichts 
befannt. Ueberhaupt find diefe Umgebungen des Wadi von Kur- 
ma aufmwärtd bis zur Seite Tarabah mit mehrern Dörfern beſetzt 
und durdy verfchievene quadratifche Feftungen gefichert, deren 
türkifche Garnifonen damals hier den fichern Verkehr zwiſchen 
Hedſchas, Nedſched und Jemen begünftigen folten. Die Dör— 
jer haben Steinhäufer, Korn- und Gerjtenfelver, Dattelbäume und 
eine jehr große Menge. von Brunnen, darin Sommer und Winter 
das Wafler in Ueberfluß ift. Daher find dieſe Landftriche, die wir 
fo eben durchzogen haben, auch keineswegs fo menfchenarn, wie 
man fie ſich mol öfter zu denken pflegt, nur find die Sige ihrer 
Bewohner, wenn auch nicht eben ſehr veränderlih, doch auf den 
abgefteckten Grenzen meift umherſchweifend. Wo Wafjer, da finden 


*°) Chedufeau, Notice 1, c. XIX, p. 112, 


1000 Weft-Aften. IV. Abtheilung. $. 74. 


fih auch ſtets Bepuinen= Tribus, deren beveutendfte nach Che: 
dufeau's Kenntniß folgende find: 

1. Der Tribus der Gahtän, ver fich im Defert zwiſchen 
den Bergen Gonfjolye, den Warada See und den Norvoft 
von Raghwa in Nedſched ausbreitet; doch fehweifen diefe Bedui— 
nen, um Weide für ihre Heerden aufzuſuchen, zuweilen oſtwärts 
auch bis nach dem Thale Dawacir in Nedſched. Dieſer Tribus, 
einer der reichſten und mächtigſten in der Wüſte, ſoll einſt 80,000 
Pferde beſeſſen haben. 

2. Der Tribus Muſter breitet ſich aus zwiſchen Tara— 
bah, Ranyah und Nedſched; zuweilen begegnet man ſeinem 
Tribus auch in der Umgebung von Medina. 

3. Der Tribus Roska und Dulegel, unter ſich Alliirte, 
eben in Nord von Huſſeira und Manſcheria. 

4. Die nördlicheren Tribus El Begoum, Ebn el Sa= 
veth und Esben find den vorigen feindfelig, befigen den Länder: 
raum zwiſchen den Bergen von Hedſchas und einer Linie, die von 
Ranyah bis Tarabah reichen würde. 

Alle dieſe Tribus find im hohen Grade genügjam; einige 
Datteln, in gefchmolgne Butter getaucht, reichen aus für die Tages— 
nahrung eines Mannes; Chedufeau fannte viele von ihnen, Die 
6 Monat hindurch von nichts al8 von Kameelmilch Iebten, an= 
dre von nichts als von Datteln (Fresnel lernte folche Fennen, vie 
nur von Honig fi) nährten). Die ganze Summe ihrer täglichen 
Nahrung beträgt in der Negel Feine 7 bis 8 Unzen an Gewicht. 
Ihr Territorium ift für ihre Viehherden groß genug, wer es aber 
verlegt, den überziehen fie mit Krieg, beim Ueberfall oder Begeg— 
nen erfolgt das Gefecht; ver erſte Choe entfcheivet gewöhnlich über 
den Sieg; die Gefchlagenen entfliehen, bis die Nacht fie ihren Ver— 
folgern verbirgt. Wollen fie Frieden machen, fo zahlt man von jeder 
Seite die Todten und zahlt Blutgeld für die Ueberzahl der Todten. 
Der Blutverluſt ift Selten groß, aber die Folgen find meift ſchreck— 
Yich, weil Haß und Feindſchaft fich fortfegt und jelbft von Gefchledht 
auf Gefchleht. Alle dieſe Tribus leben unter Zelten und find 
dem Anfchein nach Mohammedaner; eben jo nur Scheinbar tri- 
butair gemefen an Mehmed Ali, vem fie jo oft den Tribut 
vermeigerten und dann als Nebellen angefehen wurden. Die Ex— 
pedition einer gegen fie ausgefchieften Golonne, um fle dafür auszu— 
plündern und zu verfolgen, zu züchtigen, wurvde eine Garouaf ge= 
nannt. 


⸗ 


Arabien; Wadi Tarabah. 1001 


Durch ſolche Garouaks gelangte man zur Zeit der Aegyp— 
tier Occupation zur theilweiſen Kenntniß dieſes Landes. Durch 
die Kriegserpedition von 1834 lernte man auch den Wadi Tara— 
bah in einer kleinen Strecke ſeines mehr obern Laufes kennen, 
nämlich etwas ſüdlich der Feſte Tarabah, deren Verſchanzungen 
und Thürme meiſt von dem Tribus der Begum errichtet waren. 
Burckhardt's 70) directe Erkundigungen reichten zu feiner Zeit, 
von Taif aus nicht weiter ald bis zu dieſer Feſte, die er bei ven 
Mekkanern Taraba, bei ven Bevuinen Toroba ausſprechen hörte. 
Sie follte 18 Stunden fern von Kolafh (Kolaik) liegen. Wenn 
er die Angabe eines türfifchen Solvaten anführt, der eine Uhr be= 
feffen und nad) feiner Beobachtung behauptete, ven Weg von Taif 
nach Taraba in 3 Stunden Zeit zurüdgelegt zu haben, fo muß dies 
wol von 3 Tagereifen zu verftehen fein, denn das Aegyptier Heer 
brachte 6 darauf zu, oder feine Uhr muß geftodt haben. Taraba 
wurde damalö wegen jeines tapfern Wiverftandes gegen Mehmed 
Ali (im Jahre 1815) unter dem Sheifh des Begums Tribus, der 
fie vertheidigte, berühmt. ine Wittwe des verftorbenen Sheikh 
ſollte als Patriotin ſich unfterblichen Ruhm erworben haben, da fie 
ihr ganzes Vermögen zur Bertheidigung Hingab und ſelbſt dabei 
die Waffen ergriff. 

Es war am 30. Juni 1834, ald man am Morgen des 5ten 
Tagemarfches von Taif aus dem Lager von Medallale 71), 
gegen Südoſt aufbrach, gegen den Bir el Ghazale und ven 
mittleren Wadi Tarabah, ven man jedoch erjt nad) 2 Tagemärs 
chen erreichte, ein Weg auf welchem man einige Kenntniß der 
Bergfeite diefed Stromgebietes und feiner Zubäche einfammelte. 
Medallales Lage ift durch ſehr zahlreiche Brunnen mit gutem 
Waſſer ausgezeichnet, daher auch die Gegend gut bebaut mit Durra= 
felvdern, die felbft über die Höhe des Stromlaufed hinanfteigen, 
weil hier Regen reichlichere Befruchtung giebt; aud; Waizen und 
Gerſte wird viel gebaut, hohe Nebaes und vichtbelaubte Fei— 
genbäume jchmüden dad Land, deſſen Berge zu beiden Geiten 
doch ſchwarz und nadt bleiben. Der genannte Ort bat auf Anhö— 
hen erbaute Steinhäufer; die Eſche's, d. i. Zweige und Strohhüt- 
ten andrer nievderer Theile von Hedſchas und dem Tehama find bier 
ihon gänzlich verſchwunden, ein Zeichen viel häufigerer und 


— 


9) Burckhardt, Trav. I. c. in Append. IV, p. 450. 9 Tami- 
sier, Voy. 1. ec. II, p. 11, 19, 23 etc. 


1002 DWeft-Afien. IV. Abtheilung, $. 74. 


beftigerer Regengüſſe in diefem Berglande, gegen melde jene Hüt- 
ten feinen Schug gewähren würden. Hier und da in der Umge— 
gend fiehbt man auf ven Anhöhen runde Wartthürme aus Gra— 
nitfleinen erbaut, 10 Fuß im Durchmefjer, 15 Fuß hoch, die 
ftarf genug gegen Beruinenattacden find, um Aſyle für dad Vieh 
und die menjchlichen Dorfbewohner mit Weib und Kind und ihrer 
übrigen Habe abzugeben. Die Cholera hatte hier im Jahre 1832 
das Land ſehr entvölfert. 

Südoſtwärts von Medallale verengte ſich die Thalſenkung 
auf kürzern Strecken, bis ſie ſich wieder in eine große Ebene aus— 
weitete, durch welche immer ein Dutzend nebeneinander ſich fort— 
ſchlängelnder Fußpfade den Schritt der Kameelzüge leitete, durch 
Steppe und Wüſte, durch Mimoſengebüſch, entlang einem ganz ent— 
sölferten Wadi, wo nur einzelne Zelte hier und da von Beduinen 
zurücgeblieben, die der Türkenhaß in die Flucht gejagt. So folgt 
nach 8 Stunden Wegs ein kreisrundes Thal von Bergen umgeben, 
nur mit einem Brunnen, ver fehr antif und in feinen Benennuns 
gen Bir el Bacha, el Scherif oder el Raja die Erinnerung 
an feine verfchiedenen Neftauratoren aufbewahren jol. Einige 30 
Brunnenbauten, die in frühern Zeiten diefe Station, welde Djaa 
heißt, bereicherten, waren gegenwärtig alle zerfiört. Der eine Bruns 
nen zeigte noch eine fehr reichlich fließende Duelle guten Waſſers, 
das jedoch Fein Weichkochen geftattete und Feine Seife auflöfte. Nur 
allein ver Sheifh des Tribus ver Beni Hareth, die biß hie— 
ber nomadifiren, hat gegenwärtig ein Necht, feine Heerden an die— 
jem Brunnen zu weiden; vor Zeiten waren die Beni Helal (oder 
Hilal, d.i. Söhne des neuen Monds) vergl. oben ©. 294) 
bier, wie noch Edriſi berichtet, einheimiſch; feit ihrem Abzuge fol 
die8 Land unbebaut geblieben fein. Der erfte Tagemarjch von 
Djaa (1. Juli) 7) führte über fehr rauhe Gebirgäpfade, die den 
Kameelen des Artillerietrains ſehr ſchwer zu überwinden waren, 
von deren Höhe jich nun ſüdoſtwärts das große Balfin zum Want 
Tarabah als weite und hochgelegene Ebene eröffnete, die hier und 
da von Seils durchzogen ſich zeigte, Die dem Hauptſeil zufchleis 
hen. Bon dem ſtachligen Mimofengebüfch, an deijen Dornen 
das arme Zußvolf fängt ſchon fein leichtes Schuhwerk zerriffen 
hatte, da nur das Dfficiercorps beim Gauippement mit Stiften in 


972) 9, Hammer in Wien. Jahrb. Bd. 92, &,63. ) Tamisier, 
Voy. II. pP» 23 — 30, 


Arabien; Wadi Tarabal. 1003 


den Schuhfohlen verfehen war, pflückten die lechzenden Soldaten hie 
und da das abtropfende Gummi zum Kauen, um den Hunger zu 
täufchen, bis ver Brunnen des Öazellenthals Bir el Öhazale 
in der Plaine erreicht war, bei dem das Lager aufgefchlagen ward. 
Er ift 15 Fuß tief in ven Felſen eingehauen, fein Waſſer ift 
vortrefflich, obwol für eine zahlreiche Armee zu jparfam, für Ga= 
zellen, Hafen und anderes Wild ver Wüfte, auf das hier Jagd 
gemacht ward, ein Anziehungspunft; und überall dient folches Wild 
dem Beouinen zur Anzeige nahen Wafjervorrathes. / 

Der nächſte Tagemarſch (2. Juli) ”*) vom Bir el Gha— 
zale führte erft 2 Stunden im Thale Hin zu einer fteinigen An— 
höhe, nach deren Befiegung man über eine fandige Ebene hinab- 
flieg zu einem Wadi, ver zwar troden lag, aber von einem fo 
walddichten Thale wie biäher feind in Arabien umgeben war, 
deſſen Fülle an ägyptiſchen Neichthum erinnerte. Auch befand 
man fih bald im Wadi des Seil Derrah over Dorah, deſſen 
Namen bier mit vem obern Wadi Tarabah zufammenfallt. Diefer 
Seil war an Waſſern ver reichjte, den das ägyptiſche Heer, von 
Taif fommend, bis hierher getroffen: auch fand man der Lagerftu= 
tion, die nur eine Iagereife öſtlicher als Zahran liegt, wo Scherif 
Manfur Herrichte (j. ob. S. 948), 8 Brunnen und eine Feſte, welche 
aber gegenwärtig feine Bejagung hatte. Die Beduinen am Seil 
Derrah vom Tribus der Hethaba (Ateybe bei Burkhardt ) 
find ärmer als ihre nördlichern Verzweigungen, fie ſchienen in fehr 
geringem Verkehr mit Taif und Meffa zu ftehen, führten eine drei— 
fache, ſeßhafte wie herumſchweifende Lebensweiſe als Agricultoren, 
Hirten oder Kameelzüchtler und Treiber. Die Weiber ſind hier eben 
ſo gut Kameeltreiber wie die Männer, beide von wilder Phyſiogno— 
mie, die Weiber mit großem Ring in der Naſe, Muſchelornamenten 
um den Hals, die Kinder ganz nackt, die Erwachsnen meift nur in 
Lumpen gehüllt, aber ohne alle Spur jener buntfarbigen Baum— 
wollzgeuge, mit denen ver indische Markt das ganze übrige Arabien 
verjiebt, die aber nicht bis hierher vorgedrungen find. Nur eine 
Art Wollenzeug, ſchwarz oder grau von Barbe, wol unge 
färbt, war bier einzige VBolfötracht, und vom Schleier des Wei— 
bes, der font eine jo ftrenge moslemifche Tracht, war ſowol hier 
mie weiter ſüdwärts feine Spur zu finden, 

Am 3. Juli folgte”?) man auf langem Marfche vom Wadi 


Ebend. II, p. 27. ’) &bend, II. p. 31, 


1004 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74, 


und ließ zur Seite einen Berg liegen, der einer vierfeitigen, ägyp— 
tifchen Pyramide ſehr ahnlich ſah und zur Seite 3 bis 4 ähnliche 
Eleinere Hügel zeigte. Sie waren aus enormen Felsblöcken wie 
von Eyelopen zu Pyramiden aufgeftapelt, und meiterhin folgte noch 
ein anderer, den man für einen Tumulus ausgab, dem man aud) 
Dpfer darbrachte. Man betrat von da bald ein Thal von hohen, 
viel maffigern und ausgedehntern Bergen umgeben als die vorigen, 
wo wiederum herrliche Waldung von zweierlei Navelholzar- 
ten, Pinien, jagt Tamifier, welche vie Araber durd die Namen 
Etel und Arin unterfcheiven. Gin lieblicher Flarer Bach durch— 
jchnitt diefen Wald und Springratten (Jerboas?) zeigten ſich 
in Menge an feinen Ufern. Hier, im Wadi des Seil Tarabah, 
der non Meft gegen Oft zog, lagerte das Heer; feine Breite iſt 
zur Regenzeit viel größer, fein Nordufer, wohin er fich dann aus— 
breiten kann, ift fandig und niedrig, fein Südufer 15 Buß hoch, 
jein Bett voll Kieſel. Rohr, Nofengebüfche, Klee, Menthaarten (?) 
mit azurblauen Blüthen ſchmückten feine Ufer; jeine Waſſer wim— 
melten von ſehr zahlreichen Eleinen Fifchen, die zur Regen— 
zeit viel größer werden jollten. Die Hige, die in dieſem eingeſchloſ— 
jenen Thale fehr groß fein fol, zeigte fich diegmal nicht beſchwer— 
lich; Alles überließ fich nach fo vielen Entbehrungen einmal wieder 
dem erquickenden Naturgenufje, einem riefelnden Bache zuzuhören. 
Nach einem Rafttage am 5. Juli ’6) mußte der Wanverftab weiter 
fortgerückt werden, an vielen gelbblühenden Cactusgewächſen, an 
Asclepiadeen, an vielen Mimofen und Mouſſouakbäumen vorüber, die 
voll Fünftlicher Vogelnefter hingen, lagerte man am Abend noch 
immer in demjelben Wadi, drang aber am folgenden Tagemarfche, 
den 6. Juli, in deſſen Seitenthbal Wadi Ferze (Seil Ferſe nad 
v. Sammer) ’’) ein, deſſen Wafferlauf einen Zubach des Wadi 
Tarabah bildet. Er zieht ebenfalld gegen Oft und zeigte an den 
großen Baumflämmen, die er entwurzelt und überall in feine 
große Ihalbreite mit fortgeſchwemmt hatte, daß er zu Zeiten eine 
große Mächtigfeit gewinnen muß. Im Norden diefes Seil liegt 
dad Dorf Abida, das aber auf feiner Karte eingezeichnet ift, jo 
wie denn dieſes jehr intereffante Syftem des Tarabah mit feinen 
Zuflüffen auf allen genannten Karten einer großen Berichtigung zu 
bedürfen jcheint. Im Süden des Seil Ferze wurde nach 2 Stun- 


916) „Tamisier 1. e.. IL, p-: 35. ) &bend. IL p. 44; v. Hammer 
in Wien. Jahrb. Bd. 92, ©. 63. 





N Arabien; Nordgebiete gegen Taif. 1005 


den Wegs Yangft dem Strome hin, und dann durch einen fehr be= 
ſchwerlichen Marſch über dortige Berge, zu denen aber Bergfa- 
meele mit ihren Laſten die fchwerften Pfade hinauf Leicht, mie 
Gazellen, Eletterten, indeß die Ebenen-Kameele ermattet. der 
Ueberanftrengung erlagen, der Ort Warach (? nad v. Hammer 78), 
Warakhr bei Tamifter, Ouarfha oder Valee Usrak auf Jo— 
mard's Karte, auf Galin. und Ferr. Karte fehlt ver Name), ein 
Haltplatz erreicht, der aber von allen Beduinen verlaffen war. 

Nun erft, Scheint ed, wandte man fich am folgenden Tagemarjche, 
den 7. Zuli 9), ganzlich weg vom großen Tarabah Strom- 
ſyſtem: denn man beftieg gen Südoſt, durch Schluchten voll Reb— 
bühnerfchaaren und Schwärme von Turteltauben, nun faft impracs 
ticable, wilde Bergmaffen, in denen man bald eine dunkle 
Felsſchlucht vol enorm aufgehäufter Klippen und Engpäfje, voll 
Wildheit mächtiger Felsblöcke zu überwinden hatte, um dann ſüd— 
wärtd wieder durch eine große Hochebene voll Krüppelholz 
an den Rand eined andern Gebirgftroms zu gelangen, defjen Name 
nicht genannt wird. Er wimmelte von Eleinen Fifchen und bil- 
dete mehrere Eleinere liebliche Baſſins, an veren Ufer auf grünem 
Kafenteppib Emin Bey, ver Adjutant des Achmed Paſcha, die 
Zelte aufichlagen ließ. Dieſe Gegend war unbebaut und menfchen- 
leer; aber in einiger Ferne ſah man gegen Oft, nach ver Wüften- 
feite Nepfcheds zu, auf einer Anhöhe eine Fleine Gruppe in Rui- 
nen zerfallener Gebäude, die man Kara nannte. Died war der 
- Mebergangsort, um von da am nächften Tagemarfche bis Aakik 
vorzudringen, wovon jchon vorher die Rede war. 

7) Die Gebiete im Norden und Welten ded Tarabah- 
Stromfyftemö von der wajjerreichen Station und Peldgrotte 
Kurma oder Kharma weſtwärts bi8 Taif über die Stationen 
von Medallale nad) Befel, Kolaif, Beyda und Liya (Lie 
bei v. Hammer) gehören ſchon nicht mehr zu ven unabhängi- 
gen, jondern mehr den Scherifen von Meffa wie ven türkischen 
Oberherrn untergeben gebliebenen und gezügelteren, tributpflichtigen 
Beduinen= Diftrieten, von denen unten bei dem Scherifat der heili— 
gen Städte, zumal bei Taif, die Neve fein wird, wohin europäifche 
Augenzeugen wie Burdhardt und Schimper vorbrangen und 
ſichere Mittheilungen gegeben haben. 


*) v. Hammer in Wien. Jahrb. Bd, 92, ©. 64. ) Tamisier, 
l. c. II. p. 46—48. 


1006 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Erläuterung 4. 


Die Binnenlandichaften der Kabtan- Tribus und der Beni 
Yam (Ham) yon Nediheran, Wadia, dem Wüftenftriche, 
dem Hadjeman, und der neue Eroberungsftaat des Maf- 
frami feit 1750. 


Die innerften landfchaftlichen Gebiete dieſes mittlern 
arabifchen Grenzlandes zwiſchen Hedſchas, Jemen und Ned— 
ſched, welche oſtwärts des Wadi Biſheh und von Aſyr auf 
unſere Landkarten unter den Namen der Kahtan, Nedſcheran, 
Dowaſir u. a. eingezeichnet wurden, find leider bei allen den ge— 
nannten politifchen Wechjeln, Kriegführungen und Stinerarien gänz— 
lich außerhalb ver Beobachtung von Europäern liegen ge 
blieben, da feine Argyptier= Erpepition fich fo tief über Die Grenze 
von Hedichas nach Nedſched hinein gemagt hat. Wir fehen nur 
auf Galinier's und Ferret's Karte, daß fie auch heute noch als 
außerhalb des Hedſchas gelegene betrachtet werden, und fo bleiben 
die trefflichen Angaben Burckhardt's, wenn ſchon bloße Erfundi- 
gen, die wir vollftändig angeführt haben, über die Kahtan-Tri— 
bus (oben ©. 201), über die Domafir und Beni Kelb (oben 
©. 203), Wadi Nedſcheran und die Beni Jam (Dam, oben 
©. 204, 205), faft als an das Ginzige hier zu erinnern übrig. 

Burkhardt) fagt nur noch an einer befondern Stelle über 
die an Bifheh und Domwäfer (Damwacir bei Galin. und Berr.) 
oſtwärts angrenzende große Wüftenlandfchaft, daß fie nad 
feinen Grfundigungen bi8 Oman reichen fole, und von den Be— 
duinen NobäelKhäly, die leere Einöde, genannt werde, die 
auch, da fie ohne alle Wafferbrunnen fei, im Sommer völlig men— 
fchenleer bleibe. Im Winter aber, nach den Negen, wenn zwifchen 
dem Sande wieder Gras hervorfproffe, zieben viele große Tri— 
bus aus Nedſched, Hedſchas und Jemen mit ihren Heerden 
in diejenigen Theile derfelben ein, die refpertive an ihre Grenz— 
gebiete ftoßen. Alſo völlig nackte Wüfte ift bier doch nicht, wie 
auch Fresnel s1) behauptet, daß nad) feiner Erfahrung und feiner 
Erfundigung nirgends in der arabifchen Halbinſel fih abfo- 
Iute Wüſte zeige, daß felbft die mit Al Akhaf (f. ob. ©. 269) 


*0) Burckhardt, Trav. in Arabia l. c. App. IV. p. 454 — 455. 
2) Lettres Mscr. 


Arabien; Binnenland Nedfcheran, Domafer. 1007 


bezeichneten Stellen nach ver Regenzeit immer wieder fich mit Pflan- 
zenwuchs überziehen und daß zmwifchen der ganz dürren, tropifchen, 
fonnenverbrannten, ewigen nubiſchen Wüſte und der von Euro— 
päern mit gleichem Namen belegten arabifchen nur temporairen Wüſte 
noch ein himmelweiter Unterſchied ſei. 

Dieſer Sandboden wurde häufig von Straußen beſucht, auf 
welche die Dowaſir Jagd machen (viele der Beduinentribus 
im Aſyr⸗Kriege hatten ihre langen Lanzen mit gewaltigen Strauß— 
federbüſcheln geziert). Mehrere Beduinen verſicherten Burck— 
hardt, daß im Roba el Khaly gar manche Strecken ſeien, vie 
noch kein Menſch beſucht habe, weil, zumal gegen Oſt darin, 
ſelbſt zur Regenzeit nicht der geringſte Pflanzenwuchs zu finden 
ſei; dieſe würden denn wol als Ausnahmen von der allgemeinern 
Beichaffenheit zu betrachten fein; die einzige bewohnbare Stelle 
diefed traurigen Sanddiſtrietes ſei de Wadi Diebrin (auf Berg— 
haus Karte iſt er unter dem 23. Breitenparallel eingetragen), den 
die Straße paſſire, auf welcher die Araber aus Nedſched zur 
Winterszeit nah Hadhramaut reifen; es fei ein niederer Grund 
mit Dattelpalmen und Brunnen. ber das peftilenzialiiche 
Elima fchrecde jedermann davon ab, fich dort anzufieveln. Die Dat— 
teln würden nur von den vorüberziehenden Reiſenden eingefammelt. 
Jomard bat das Nobä el Khäly mehr gegen den Norden in 
die Nähe von Yemama gerückt und an die Oftfeite des Dowa— 
fer dad Ahkaf gegen Hadhramaut eingetragen, deſſen Lage wir 
durch v. Wrede genauer kennen gelernt. Aber e8 fcheint wol, 
daß mehrere und verfchieven gelegene Stellen ven Namen Ahkaf 
führen. 

Dad Dihihannumas?) weiß auch nicht mehr varüber zu 
fagen; denn, obwol es eine Bilgerftrafe von Oman bis Meffa 
angiebt, zu der man 21 Tagereifen gebrauchen ſoll, welches die be— 
ſchwerlichſte aller Pilgerſtraßen zur Kaaba jei, weil man nur 
an 4 Stationen Waffer finde, volle 8 Tage reine Wüfte zu durd- 
jegen habe, weshalb auch nur wenige Pilger diefe Strapazen er— 
tragen könnten, jo giebt e8 über die eigentliche Natur und Rich— 
tung, welche durch tie Mitte jener großen Wüftenlandfchaft ziehen 
müßte, nichtd ald vie Namen von 4 Stationen der Pilgerftrafe an, 
bie mwir nicht einmal zu localifiren im Stande find. Sie heißen: 


#2) 9. Hammer in Wien. Jahrb. 1840. Br. 92, ©. 59. 


— 


1008 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


1) Hißar, 2) Neswije (vielleicht Neswa ſ. ob. ©. 374, 549, 
559); 3) Adſchele, 4) Adhwe. 

Alerdingd würde die Reiſe eines Europaers z. B. nah Ned— 
jheran, wie Fresnel 8) bemerft, wol fehr belohnend fein, da 
aber fürs erſte jede Ausficht dazu verfchwunden fcheint, jo müſſen 
wir und hier in Grmangelung mehr pofitiver Daten mit einigen 
Erfundigungen über diefes merfwürdige Binnenland aus der 
dritten Hand begnügen, wie fie Baffama bei feinem Aufenthalt, 
1842, in Häs aus dem Munde Dortiger Eingeborner eingefammelt 
hat (worüber ob. ©. 759 nachzufehen). 


Grfundigungen über den Eroberungsſtaat des Mak— 
frami in Nevdicheran jeit 1750. 


Hiernach ift vajelbit von einem Staate des Mafframi %) 
die Rede, den wir früher unter diefem Namen menigftend nicht jo 
beftimmt bezeichnet finden, ver gegenwärtig die Landſchaften von 
Saafan (Safan), das alte Harras (die Lage der Harrade 
Berge am Wadi Seihan, ſ. ob. ©. 913), vie Stadt Taeba, das 
Wadia (mozu auh Dowaſer gehört) und Nedſcheran umfaſ— 
jen fol, jo wie die Wüſten die e8 von Hadjeman trennen, wel- 
ches legiere Land ich bis zum Perſer Golf erfiredfe und die Süd— 
grenze der Wahabi bilde (aljo wol mit vem frühern Semame, 1. 
ob. ©. 601, zufammenfallend ?). 

Diejer bisher unbekannt gebliebene Staat joll erft, wie der 
der Aſyr und ver Wahabi, neuer Entfiehung in jenem in- 
nern mittlern Gebiete Nedſcheds jein, und über deſſen Stifter, ven 
jogenannten erſten Mafframi, gab ein Bimayan aus Red— 
ſcheran folgende Ausfage: Gegen das Jahr 1750, zur Zeit des 
Imam EI Mahaadi (j. ob. ©. 736), begegnete EL Makkrami auf 
der Pilgerfahrt von Mochba nach Mekka in der Stadt Zebid ei- 
nem Sheifh der Beni Sam, genannt Ibn Sebb aus Nevicheran, 
der auch auf derfelben Bilgerfahrt begriffen war. Sie jchloffen 
Sreundichaft, zogen zufammen zur Kaaba und der Sheifh brachte 
jeinen PBilgergefährten mit zurüd nad) Nedſcheran, wo ElMaf- 
frami alöbald eine Schule eröffnete (des characteriftifchen re— 
ligidfen Eifer und ver Wißbegier dieſes Tribus ift, Schon früher 


»s3) Journ. Asiat., Sept. et Oct. 1845. p. 225. »*) Passama, 
Observat. geogr. im Bulletin de la Soc. de Geogr. Paris 1843. 
T. XIX. p. 224— 230. 


Arabien, Binnenland Nedſcheran, Dowäſer. 1009 


erwähnt, ſ. ob. S. 205). Er gewann ſehr viele Schüler, ward ſehr 
beliebt, man baute ihm bald ein Haus, gab ihm eine Frau, errich— 
tete ihm eine Moſchee. Die immer größer werdende Zahl ſeiner 
Schüler machte, daß er bald ſeine Wohnung nach Beddr verlegte, 
damals der Grenzort zwifchen Nedfcheran und dem Tribus von 
Aſyr. Die Lage von Beddr war big jest unbefannt; auch ftebt 
es auf feiner Karte. Nach einem Itinerar 5) vefjelben Einge— 
bornen von Saafan, im SW. von Möfhak (f. ob. ©. 915), liegt 
Bedor im Norden der oben ©. 727 genannten Wüfte Names 
ſchije (EI amechia bei Paffama), von der das Wadi el Dowas 
fir gegen Norvoft. Hier wird die Nordgrenze ded Tribus der 
Haſchid u Beil (ſ. oben ©. 714) angegeben. Von diefer Wü— 
ftenftredfe giebt das Ftinerar dann noch 2 Tagereifen nordwärts 
bi8 Saade (Sfadet, das auch bei Edrifi genannte Sada, f. ob. 
©. 198) an, ald Nefivenz eines Imam; dann noch 3 Tagereiſen 
von da, Die erfte durch Mu ſhur, das SKaffeeland in Belad EI 
Duaile; die zweite durch Maruan auf der Grenze von GI 
Duaile, das uns fonft unbekannt, und die dritte in das Land 
Nedſcheran des Tribus ver Jam (dam) nad) Beddr. Au— 
Ber diefem Orte Beddr werden in Nedſcheran nody 3 andre 
Drte genannt, die bisher auc unbekannt waren: nämlich Eſh— 
Ihara, wo Kaffee wachje, El Seuffa und EI Ghamonk, welche 
Ortfchaften alle nur halbe Tagereifen weit auseinander liegen fol 
len. (So weit dad Itinerar, das noch auf Feiner Karte niederges 
legt ift, aber doc) die Lage von Beddr im Südoſt von Afyr mit 
ziemlicher Sicherheit beftimmen läßt). 

Nun fährt der Erzähler fort, daß die Heilighaltung des EI 
Makkrami sehr viele Wallfohrer nach Beddr z09, durch deren 
Gaben er Neichthümer fammelte und nach 12 Jahren zur höchſten 
Macht im ande gelangte. Er jtelite fih al8 Oberhaupt an die 
Spiße ded Tribus der Beni Yam (nad) Burckhardt j. ©. 204, 205), 
das ift von Nedſcheran und Hadjeman. Mit 12,000 Kriegern 
zog er num zu Felde gegen das nördliche Jemen; er plünderte Abu 
Ariſh, Loheia, Hodeida, Beit el Fakih, Zebid, Häs, 
Dſchebel Barachi aus, und eroberte nach und nad) die Land— 
ſchaften von Safan, Harras (? ob. Charres bei Niebuhr?), Me— 
nagha und Taéba. 

In Saafan over Safan (auf Niebuhrs Karte, ſ. ob. ©. 801) 


°’) Passama I. c. p. 232, 


Nitter Erdkunde XU, Si 


1010 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


ließ er feinem Bruder Ahmed ald Statthalter (ob dies etwa Der 
Scherif Achmed Abu Manfur, der Vater ver Nägel, von dem der Miſ— 
fionar Wolf reden hörte? f. oben ©. 990) vie Obergemwalt, und 
kehrte jelbft durch die großen Tribus der Haſchid u Befil 
nach Nedſcheran in feine junge Serrfchaft zurück. Die Beni 
Dam, fagte der einheimische Berichterftatter, behaupteten, dieſer 
Makkrami flamme urfprünglich aus Indien; doch Habe er nur 
arabifch gefprechen, als er zu ihnen Fam. 

Schon im Sahre 1763 wurden dem Imam von Sanaa dur 
diefe erobernde neue Dynaftie des Mafframi vie Landſchaf— 
ten Safan, daß alte Harrad und Taeba entriſſen. Es trifft 
diefe Angabe des arabifchen Erzähler jo pafjend zufammen mit 
Niebuhr's vor einem halben Jahrhundert gegebenen, wenig beachtes 
ten Ausſage von dem neuen Sheifh in Nepfcheran, dem Helden 
und Heiligen (f. 06. ©. 715), den er auch fehon unter dem Namen 
Makkrami und ald Wanderer durch Indien und Perſien kennen 
lernte, daß wir nicht daran zweifeln können, e8 fei mit jenem Ero— 
berer, der die Stellen im Paradieſe ellenmeije verkaufte, eben dieſer 
Makframi gemeint. Auch flimmen Niebuhr's gefchichtliche Anga— 
ben 86) von deſſen Eroberungen bis zum Berfergolf und von Sa— 
fan, in den Jahren 1762 bis 1764, genau mit diefen Ausjagen 
des einheimifchen Bimayan überein, nur kennt dieſer fpecieller 
die Namen der gemachten Groberungen. Die Lage von Safan 
iſt auf Niebuhr's Karte eingetragen, dem im Norden auch die Har— 
raö= Berge angegeben find, viefelben welche Gruttenvden auf ſei— 
ner Reife weiter ſüdöſtlich die Dſchebel Harraz mit ihren wil— 
den Bewohnern nennt, wo aber vorzüglicher Kaffee und treffliches 
Obſt erzeugt wird. Sie liegen im Norden des Wadi Seihan im 
Weſten von Sanaa und ziehen fi von da nordwärtd durch das 
Hochgebirge von Kaufeban und Haſchid u Befil nach Nedſcheran 
zu (f. ob. ©. 711, 714). 

Achmed Indi, fagte der Erzähler, der heutige Statthalter 
diefer füdlichften Provinzen (im Jahre 1842), refivire zu Matoua 
(ung unbefannt), einer Citadelle auf einem hohen Berge im Lande 
Safan, die allen Angriffen ded Imam von Sanaa Wiperftand 
leiftete.. Nur 15 Mann Befagung, verficherten Die Beni Sam, feien 
hinreichend, fie ein ganzes Jahr lang darin gegen die Angriffe ver 
Armee des Imam zu vertheivigen. Auf ven Bergen von Safan 


»86) Niebuhr, Befchreib. von Arabien, S.272—275, 346. 


Arabien; Binnenland Nedſcheran, Dowaäfer. 1011 


finden fich nur wenig Dörfer, die dagegen auf den Harrad=- Ber: 
gen, die ſehr fruchtbar find, nicht fehlen. Bon Matoua nur 4 
Stunden entfernt liegt Menagha (Menacha auf Niebuhrs 
Karte), eine Fleine Stadt mit einem Freitagsmarkte; von ihr eine 
halbe Iagereife meiter nordwärts Suf el Robo, d. i. ein Mon- 
tagsmarftort, und die Fleine Stadt Samhor nahe vem Wapi 
2eaffan (beide und unbekannt). Umher werden mehrere Dörfer 
von kleinen Tribus bemohnt. 

Bon Nedſcheran und den unter gleicher Herrfchaft des Mak— 
krami ftehenden Landſchaften Wavdia und Hadjeman giebt der 
Eingeborne folgende Daten, die wir mit feinen Worten vollftän- 
dig zu Fünftiger Beachtung hier folgen laſſen 87): 

Nedſcheran (Nedjeran) wird von dem Tribus ver Beni 
Dam bewohnt (nad) Burkhardt f. 0b. ©. 204— 205; ein Ort 
Jam auf Berghaus Karte im Süd von Nepfcheran eingezeichnet; 
vergl. oben ©. 24, 64, 67, 68, 199). 

Die Grenzen werden fo angegeben: im N., NW. und ©. 
vom Tribud ver Aſyr umgeben; in SW. vom Lande Sahan 
(jo auf Berghaus Karte), in ©. von den Haſchid u Beil; 
gegen D. an die Wüften ftoßend, die ed vom Lande Hadjeman 
trennen. 

Es ift 5 Eageiitien breit (30 bis 35 Lieues) von Nord 
nad) Süd, und 8 Tagereifen lang (50 bis 55 Lieues) von 
Weſt nad Oft. Es ift ganz bergig, meift fehr fruchtbar und 
fornreich. Don Welt gegen Oft wird Nedſcheran vom Wadi 
Nedſcheran (? Fedjeran fteht im Tert) durchzogen, ein Seil ver 
aus mehreren Strömen zufammenfließt, die aus ven Bergen von 
Sahar, Mahivi, Moufebal, Nas Wadimur (bei Dougma) 
fommen und fich ein paar Tagereifen von Nedſcheran im Sande 
verlieren. 

Hauptberge in Nedſcheran find: EI Maharra, Mu— 
nadzor, Meddam (oder Ummeddam, d. i. Blutberg), Hamdar, 
Zat-Ali, Maruan, Chouk, Bouth, Houbonne, Souroum, Laadjia 
(oder Loudia), Aima, Tera, CI Gam, Shaen, Barach, Ourah und 
Saleh. Chouk, Bouth, Aima, Téra und EI Sam haben 
Meberfluß an Wafjer und viele Heerden. Ummeddam, Barakı 
und Durah follen 3 Monat im Jahre Schneegipfel haben 
(vergl. ob. ©. 151). Produete find: viel Korn, Mais, Hafer, 


»”) Passama 1. c. Bulletin, T. XIX. p. 225-229, 
Sſſ2 


1012  Weft- Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Baumwolle, Datteln, Trauben und Oranatapfel; viele europaifche 
Obftarten, wie Aprikofen, Pfirfiche, und jehr viele Brunnen und 
Gärten. | 

Nedſcheran fol 80,000 Einwohner haben und 20,000 Mann 
Bewaffnete ind Feld ftellen. Beddir oder Beddr, die Kauptitadt, 
auf einem gleichnamigen Berge aus Steinhäufern und Zweighütten 
erbaut, von einer Mauer mit Thürmen umgeben, fann 5000 Be— 
maffnete ftellen. Sie ift (1842) die Nefidenz von Hajfan Ben 
Mohammed ElMafframi, ver erſt feit 3 Jahren an der Spige 
der Beni Dam ſteht, 50 Jahr alt und beim Volke ſehr beliebt ift. 
Er lebt gegenwärtig im Frieden mit allen Nachbarn, außer mit dem 
Dberhaupte ver Aſyr, Alghèn Mondatiil genannt (2), der ihn 
unterjochen wollte. | 

Die andern großen Dörfer oder Städte des Landes find 
am Ufer des Wadi Nevdfcheran gelegen, und dehnen fich alfo 
von Weſt gegen Oft aus. Die wicdtigften find: 1) Wadi, be- 
rühmt durch feine Waffenarbeiten, 2) EI Moylaaf, 3) AlOkala, 4) 
Akam, 5) Boughhar, 6) Dafgha, 7) Medjoffi, 8) Al Zor, 9) 
Ichbahan, 10) Al Mogatha u. f. w. 

Am rechten Ufer (ob jene am linfen?) liegen: 1) Al Rid— 
jela, 2) El Ghabel, 3) Al Djourba, 4) AM Jazhan, 5) Al Chofa, 
6) Shalooun, 7) Al Bourraan, 8) EI Ghareb im Süden des Want. 
Alle diefe genannten Ortfchaften liegen gewöhnlich ein paar Stun— 
den von einander entfernt, und mehrere von ihnen find mit Mauern 
umgeben. 

Don der Stadt El Ghabel, die in Ruinen liegt, find nur noch 
die Mauern und die Mühlfteine übrig; jie fol, nach der Sage der 
Bingebornen, von dem ungläubigen Tribus der Beni Helal- 
(Söhne de3 neuen Monds f. ob. ©. 193, 294, und die alten 
Bewohner im Norvden des Wadi Tarabah f. ob. ©. 1002) herftanı= 
men. Allah hatte ihnen einen Propheten aus dem Norven von 
Arabien geichieft (ob Bulus oder Paulus? ſ. oben ©. 753, oder 
Kaimun ©. 68, oder Theophilus ©. 64, oder Mohammed ©. 68°), 
um fie zu befehren, ven fte aber tödteten, deshalb dieſe Stadt durch 
den Blitz zeritört ward. Vielleicht ift viefe Stadt das Ragara des 
Ptolemaus und der Ort Nedfcheran bei Niebuhr, ein Name, 
der aber heutzutage dort Feiner befondern Ortfchaft zu kom— 
men fol. 

Die Luft von Nedſcheran ſoll fehr gefund fein, außer in der 
Zeit nach ver Dattelblütbe, wo Fieber berrfchend werden; dann 


Arabien; Binnenland Wadia Dowaäſer. 1013 


wandern die Eingebornen gegen den Norden aus nach Wadia. 
Dann fangen die großen Regen an, welche ununterbrochen 
im December, Januar und Februar niederfallen (eine andre 
Regenzeit als in Häs, wo dieſe Mittheilung gemacht worden; ſ. 
ob. ©. 799). In den Bergen von Nedſcheran giebt es Tiger (2), 
Panther, Wölfe, Gemfen, große Shazellen, Strauße, röthliche Adler, 
Zauben und Nabenarten. 

Die Beni Dam over Sam follen die fchönfte Raſſe der ſüd— 
lichen Araber fein, groß, wohlgewachien; fie haben ausdrucksvolle 
Geftalten, ſchwarzes lockiges Haupthaar; fie find flolz, von feiner 
Sitte und Lebensart, dabei fühn, verwegen, zum Kriege geboren. 
Die Weiber tragen ein großes Hemd, ſchwarzes Kopftuch, jchwarze 
Mäntel und weiße Bantalond. Ihre Sprache fol faft das reine 
Sckhriftarabifche fein (wie bei ven Bent Fahm ſ. ob. ©. 213). 
Bom Lande Wadia (Duadia) 8), im Norden von Nepjcheran, 
fagte ver Erzähler, e8 fange eine Tagreiſe (6—7 Lieued) im Nor— 
den von Beddr an; es fei erjt im Jahre 1841 durch den Mak— 
frami der Gewalt der Aſyr entriffen worden. Die Stadt Wa— 
dia (fehlt auf allen Karten, ob etwa Nadjiah auf Planat's Karte, 
in Oft von Aſyr gegen Dowafir zu?) Liegt in einem jehr frucht- 
baren Lande und ift von zahlreichen Dörfern umgeben. Im Lande 
Wadia, norpwärts des Wadi Nedfcheran, liegen der Wadi Ha— 
buna, ver Wadi Beddr und der Wadi Douaſſer, d. i. Do— 
waſer (ob Wadi Elſeira auf Planat's Karte? der Wadi Dowa— 
ſir im Norden der Kahtan auf Berghaus Karte nach Burckhardt 
und nach Jomard's Karte von Nedſched). Der Wadi Habuna 
hat ſeine Quelle in Wadia, der Wadi Beddr aber auf dem 
Dſchebel Semhan. Von dem Lande der Kahtan (einſt Jaktan, 
d. i. Joktaniden; auch Biſheh Kahtan werden genannt bei 
Edriſi und Burckhardt, ſ. ob. S, 193, 202 u. f.), deſſen Lage 
nicht näher beſtimmt wird, die aber wol mit der Zeichnung auf 
Berghaus Karte nicht übel zu ſtimmen ſcheint, ſagte der Bis 
mayan aud Nevfcheran, daß es über SO Dörfer einſchließe. Paſ— 
ſama meint, ed müſſe mol zwifchen Aſyr und Wadi Shahran 
liegen. 

Der Wüftenftrich, welcher zwiſchen Nedſcheran und 
Hadjeman fid) ausbreitet (vielleicht ein Theil von Burckhardt's 
Noba el Khäaly? ſ. ob. ©. 1006) und beide Landichaften trennt, ift 


) Passama I. c. p. 227. 


1014 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. 9.74. 


in SW. begrenzt von Nedfcheran; er dehnt fih gegen N.D. 20 
Tagereifen (120 bis 140 Lieues) meit aus, und hat die nomadi= 
chen Beduinen, die Beni el Mourra, zu Bewohnern, die von 
ihren zahlreichen Heerden leben und unter Zelten, von, Wolftoff 
gemacht, wohnen. Sie find aud) zum Tribus Beni Dam gehö— 
rig, wenn fie fchon einen andern Namen haben. 

Das Land oder Belad Hapdjeman füngt demnach 20 Tage- 
reifen in Nordoft von Nedjcheran an, und ift in N.W. und N. von 
den Beni Saouhout (den Wahabiten?) begrenzt, von denen 
Niebuhrs9) hörte, daß fie zu feiner Zeit in gegenfeitig freundlis 
cher Verbindung und auch in religiöſer Hinſicht in gewiſſer Ue— 
bereinſtimmung mit den Lehren des Makkrami ſtehen ſollten, 
was ſich jedoch, nach dieſen ſpätern Nachrichten zu ſchließen, keines— 
wegs beſtätigt zu haben ſcheint. Gegen den Oſten grenzt Belad 
Hadjeman an den perſiſchen Golf, in Süd an die Wüſte (das 
El Ahkaf?) und in S.W. an die Beni el Mourra. Zeltara— 
ber, an 9000 Seelen, bewohnen es unter dem Schutze des Maf- 
frami el Mouraddaff, des Oberhaupte von Hadjeman, der 
3000 Bewaffnete in dad Feld ftellen kann. Er zahlt dem Maf- 
frami von Nedſcheran ven Zehenden, liefert ibm Truppen zum 
Kriege; feine Serrichaft ift erdlich von dem Vater auf den Sohn. 

Dad Land Hadjeman ift gebirgig, man baut dafelbit Korn, 
Mais, Hafer. Die Einwohner ſprechen eine andre Sprade 
als die von Nedſcheran (ob das Chhfili oder Mahra? oder 
noch eine dritte? |. 0b. S. 46 u. f.). Die Weiber tragen ein Hemde, 
einen Mantel, der roth und weiß von Farbe ift, HSaarflechten und 
ein jchwarzed Tuch um den Kopf; die Männer aber ein Hemd, durch 
einen Gürtel zufammengehalten, mit einem Coumada(?) und Pan— 
talons; ihre Waffen find Lanze und Säbel, nur ſehr wenige haben 
Dolche oder Flinten; fie befisen fehr zahlreiche Seerden von Ka— 
meelen, Dromedaren, Pferden, fechten nie zu Fuß, tragen auch Kü— 
raſſe von Eifen und gehen meift fiegreich aus ihren Kämpfen her— 
vor. — So meit der Nevfcherans Erzähler. — Auf jeden Val, fo 
viel geht aus Allem hervor, auch bier fo wenig wie in Ha— 
dhramaut, Oman und EI Ahſa, ift nicht Alles, was auf 
unjern Karten von Arabien noch weiß und leer ift, darum 
auch eine Wüſte und keines wegs ganz menfchenleer. 


»#9), Niebuhr, Beichr. von Arab. ©. 347. 


Arabien; Tehama, Mittel-Arabiens, 1015 


Erläuterung 5. 


Das Tehama oder das Niederland Mittel- Nrabiens längs 
dem Geftade des Rothen Meeres, zwifchen Jemen und dem 
Scherifat von Meffa. Das Küftenland Abu Arifb mit 
Dſcheſan, über Gomfude bis Liht. 


Nach obiger Küftenbefchreibung von Mochha in Jemen bis 
Loheia find wir an der Grenze von Abu Arifh ftehen geblies 
ben; von bier an fegen wir alfo unfere Wanderung von. Hafenort 
zu Hafenort gegen den Norden fort, bis wir in die zugänglichere 
Nähe von Dſchidda und Meffa fommen; denn wie von bier 
füdwärtö von gar feinen Küftenreifen, wegen der Unficherheit, zu 
Lande die Rede fein kann, ift fchon in obigem hinreichend nachge— 
wiefen, und nur Ehrenberg's und Hemprich's Ereurfion von 
Gomfude gegen vie Ajiyrberge machen hier die einzige dan— 
fenäwerthe Ausnahme. 

Zur Drientirung an der Küftenlinie fegen wir hier nur 
die Zafel ver Breitenparallele ber, von Loheia bi8 Oſchid— 
dah, nad) ver Küftenaufnahme des Capt. Court, welche, durch die 
Baptaine Elvon und Moresby beendet, die Grundlage der erglis 
ſchen Aomiralitätsfarte des Notben Meeres gab, womit man Well- 
ſted's 20) Angaben der frühern Beftimmungen vergleichen kann, wie 
fie auf Bruce's, Niebuhr's, Valentia's und Berghaus Kar- 
ten niedergelegt ſind. 

1) Loheia, Grenzftadt gegen Abu Arijh, 15° 41’ 20“ N.Br. 

2) Dſchiſan, 16° 53° 5", Hafen von Abu Arifh, 16° 45H’ N. Br. 
bei Niebuhr (f. 0b. ©. 716). 

3) Kotumbel, 17° 53' 47". 

4) Dahaban, 18° 11’ 0". 

5) Sahel Manoud, 18° 26 0". 

6) Ras Hali, 18° 35° 31. 

7) Gomfude, 19" 8° 51%, bei Niebuhr 19° 7 N.Br. 

8) Nas el Askar, 19° 49° 55". 

9) Merjfa Ibrahim, 20° 8 40", 

10) Merkhat, 20° 29° 0, 


»%) Lieutn. J. R. Wellsted, Notes on Bruce’s Chart of the Coasts 
of the Red Sea, in Lond. Geogr. Journ, Vol. V. 1835. p. 256 
bis 295. 


1016 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


11) Gooss, 20° 46° 0". 

12) Dſchidda, Hafenſtadt von Mekka, 21° 28° 30%, unter 39 
16° 45’ O.L. v. Gr.; berechnet nach der Xänge von Bombay, ans 
genommen zu 72° 54° 36 DR. v. Gr. 


1. Abu Arith. % 


Zu allen Zeiten ift die genauere Erforſchung dieſes Landes, 
deſſen feindliche Stellung zu Jemen, dem es urfprünglich ald Va— 
jallenftaat angehörte, ſchon früher wiederholt angeführt werden 
mußte, fehr fchwierig gewelen. Was Niebuhr darüber erfahren 
hatte, ift in obigem (S. 716) angegeben. Beim Borüberfchiffen an 
den Saupthafen diefer Provinz, bei Diehifan!), das auf einer 
Erdzunge und an einem Berge ziemlich weit in See gehend, unter 
16° 45’ N.Br. von Niebuhr beobachtet wurde, bemerkte verfelbe 
ſchon zu feiner Zeit, daß der Scherif vieler Provinz fehr grob zu 
jein pflege gegen die dort vor Anker Gehenden, und in das Innere 
diefer Provinz drang er nicht ein. Die Volitif der Imams von 
Sanaa war es, in dieſes Gebiet, wie zu Niebuhr's Zeit, nur 
Sclaven ald Statthalter zu ſchicken, weil man dieſe für gehorfa- 
mer und unterwürfiger gegen ihre Oberherrn als den Adel von Je— 
men hielt. Und mirklich, ald man doch wieder davon abging und 
einen Scherif Achmed zum Dola von Abu Arifh einfeßte, wußte 
diefer Nachkomme Mohammeds, aljo von altem Abel, fi) bald uns 
abhängig zu machen, und überlieferte auch an feinen Sohn Mo: 
hbammed diefe Herrichaft Schon ala ein felbitftändiges Erbreidh. 
Dieſes Verhältniß Fonnte nur Durch fortgefegte Veindichaft gegen 
Sanaa fortgeführt werden, und fo blieben die Scherife von Abu 
Ariſh fortwährend ald Rebellen gegen die Imams ihre gefürchtes 
ten Feinde. AS nun die Wahabi durch ihre Ueberfälle gegen 
Abu Ariſh deſſen Scherif zu ihrer Parthei zu treten nöthigten, 
rückte diefer, fich für feine DVerlufte zu entjcehädigen, mit dem Bei— 
ftande ver Wahabi immer weiter ſüdwärts vor und riß einen Theil 
des Tehama Jemend rach dem andern an fich, bis zulegt dem Imam 
nur noch die Stadt Mochha übrig geblieben war. In dieſem Zu— 
ftande fand Balentia”) das Land im J. 1805, Seeten aber, 
per zu Schiffe nach Loheia ging (1810)%), vermied die Küfte von 


>», Niebuhr, Reifebefchr. Th. 1. ©. 294. ”?) Valentia, Voy. and 
Trav. II. p. 199, 335 etc. >) Steben, Mon. Correſp. B. 27, 
©. 173. 


Arabien; Tehama, Abu Ariſh. 1017 


Abu Arifh ganz aus Furcht vor Gefahren, welche dort durch 
Wehabitiſche Räuber die Reiſenden traf. 

Während ver Kriegführung in Aſyr war Hier bei den fort= 
währenden Partheikämpfen aller Art Feine größere Sicherheit zu 
erwarten, Feine forrfchreitende Landesfenntnig und Erforfchung mög— 
lich, bis der dafige Scherif Haffan Ibn Haydar zur Parthei 
Mehmed Ali übertrat und ägyptifch=türfifche Truppen als Gars 
nifonen in feine Städte aufnahm, welche der Mifftonar Wolff) 
im Oct. 1836 daſelbſt antraf, als er mit einem ägyptifchen Schiffe- 
captain, der Proviant dahin brachte, im Hafen zu Diehifan landete. 
Daher Eonnten wir Tamifier, nächft den ältern Localangaben 
Niebuhr's, einige neuere Daten über die Landſchaft von Abu 
Ariſh verdanfen. ° 

Die Stadtmauer, welche die Hauptſtadt Abu Arifh jchügen 
folte, bat fie im viefer Periode feineswegs vor wiederholten Ueber— 
rumpelungen bewahrt. Die Hafenſtadt Dihejan (Dijefän bei 
Niebuhr)%) mag nach Niebuhr nicht fehr alt fein, wie ſich 
aus der dortigen Bodenveränderung zu ergeben fcheint, wenn er 
Ihon den Namen der Küftengegend für weit älter, aus Edriſi's Zeit, 
halt, der hier die Gaſſan nannte, und diefe ihn wieder an die 
noch ältern Cassanitae erinnerten (vergl. ob. ©. 716). Doch wird 
fie fchon zur Vortugiefen Zeit, unter Juan de Gaftro, ald eine 
noble Stadt genannt (Gezan)%), die nebft der Injel Kameran 
einem angefehenen Sheifh angehöre, und Xod. de Barthema, der 
dort landete, rühmt ven fchönen Hafen von Gezan, darin 45 
große Schiffe vor Anker lagen aus allerlei Ländern. Gr rühmt 
den Ueberfluß an Lebensmitteln aller Art, ven fie während ihres 
viertägigen Aufenthaltes dafelbft vorfanden (im 3. 1508)). 

Tamifierd Bericht 9), vom Jahre 1834, über dafjelbe Land 
giebt die Lage der Provinz Abu Ariſh an, nämlich zmijchen 
15° 50° bis 17’ AO! N.Br. Gegen Norden grenzt fie an Hedſchas, 
gegen Oft an Aſyr, gegen Süd an Jemen; gegen Welt wird fie 
in der ganzen Stredfe 4 Tagereifen lang von Nord nad Süd vom 
Meere beipült; die Breite von Weſt nach Oft beträgt nur 2 Tages 
reifen. 


»*) J. Wolfl, Journal I. c. p. 369. >’) Niebuhr, Beichr. von Ara; 
bien, ©. 268. ’*) J. de Barros, Asia ed. Alf Ulloa. Venet, 
1562. 4. Dec. sec. Libr. VIII. c. 1. fol. 179. ) Hodeporicon 
Indiae Orient. Leipz. 1610. IL. Buch p.90, u. b. Ramusio, ed, Venet, 
1563. T. I. fol. 152. ”*) Tamisier, Voy. T. TI. p. 374 — 390, 


1018 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Diefer Küftenftrich ift eben, fandig, wenig fruchtbar in ver 
Mitte, mehr gegen die öftlichen Berghöhen, vie fein Tiefland 
begrenzen und ihm auch den mehrften Ertrag geben. Die Winter: 
zeit ift immer trocken; in ver heißen Jahreszeit treten periodifche 
Regengüſſe ein. Bis Mittag ift heller Simmel, dann beginnen erſt 
die Südwinde zu wehen, anfänglich ſchwach, bis fie fich zu Wir- 
belwinden fleigern, denen gegen 4 Uhr auf 20 bis 30 Minuten 
Negenfchauer entftürzen, nach deren Erfriſchung der Himmel wieder 
wolfenfrei wird und der Sonnenftrahl brennend heiß wie zuvor 
wirkt. Diefen Stürmen gehen beftimmte Anzeichen voraus; fie 
felbjt brechen mit Getöfe herein und reißen oft Zelte, Bäume und 
Hütten um. Das Thermometer fteht, na) Tamiſier's Beobach- 
tungen, zur Winterzeit meift 16° in ver Nacht, 19° am Mor- 
gen und am Tage meilt 20 bis 22°; fleigt aber in ver Sommer- 
zeit, felbft im Schatten, bis 42°, und ift dann für den Europäer 
faum noch zu ertragen. 

Das Land ohne Bäche hat nur wenig Quellen, und auch das 
Negenwafjer wird felten in Gifternen aufgefangen; man läßt e8 fich 
über den Boden verbreiten ohne Irrigationsfyfteme. In 20 bis 30 
Klafter Tiefe trifft man, bei Brunnengrabungen, zwar auf Fels— 
unterlagen meiſt auf fehr Elared Waſſer, das jedoch einen ſchwarzen 
Bodenſatz giebt und jehr ſchwer zu verbauen iſt. Die Felder wer— 
den mit Durra und Dokhun befäet, die indische Baumwoll— 
ftaude, welche 3 bis 4 Jahr hintereinander Ertrag giebt, Fann 
nur in der Nähe der Berge gebaut werden; in Gärten zieht man 
Senne, Eoloquinten, Bananen, Aubergine, Melufi (Cor- 
chorus olitorius) u. a. Das ebene Land ift meift fteril. Die ge— 
mwöhnlichen Bäume find Nebac (Zizyphus lotus) und Moffua£(?), 
deffen Zweige die Beduinen abfehneiven, fchälen, Elopfen und daraus 
Pinſel machen, mit denen fie fich einen feinen Schnupftabad, den 
fie auf Zunge und Zähne ftreuen, einreiben, ein Gebrauch der un= 
ter den Beduinen von Abu Arifh jo allgemein ift, wie anderwärts 
dad Rauchen aus der Pfeife. Diefen feingepulverten Taback nen= 
nen fie Bortugal; Weibern und Männern dient er zum Genuß und 
Zeitvertreib, wie den Chineſen das Opium, den Hinduß das 
Betelfauen, den Semenern der Kaad. Das Rand ift voll Flei- 
ner Baumgruppen und Wäldchen von 50 bi 150 Bäumen, die, 
durch Parafiten verwachfen, oft ganz undurchdringlidy werden und 
dann als Walddickichte in Kriegszeiten den Eingebornen gleich Fe— 


Arabien; Tehama, Abu Arifh. 1019 


ftungen zu Verſchanzungen dienen, in deren innerem dädaliſchem La— 
byrinih Fein Feind fich zurecht zu finden vermag. 

Cine Baumart, Taref genannt, mit Zweigen die fchilfartig 
fih verbreiten, vol rother und weißer Blüthen, bringt handlange 
Scooten, die gang ſchwarz werden und ungemein ſaamenreich find; 
der Stamm erreicht etwa Fußdicke und dient zu Brennholz; der 
Mefkfabalfambaum wächſt Hier in großer Menge. Don wilden 
Thieren werden zumal Ghazellen in großer Menge genannt, die 
fih nicht felten unter die gezähmteren Ziegenheerpen mifchen follen. 
Hafen giebt e8 in großer Menge, weil die Mohammedaner fie nie 
verfolgen, da fie für unreine Thiere gelten; die Raten leben hier 
in einem verwilderten Zuftande, große Ratten find häufig; an 
Scorpionen fehlt e8 nicht. Biel Geflügel tft in viefem Tehama, 
viele Schafe und fhöne Ziegenarten mit fehr Fleinen Ohren, 
trefflihe Pferde, Buckelochſen (Zebu), Kameele und Drome— 
dare machen feinen Hauptreichthum aus. 

Die Stadt Abu Arifh liegt 6 Stunden Wegs vom Meere; 
der Weg vom Hafen Dichifan zu ihr ift im der erften Hälfte ein 
fortwährended Auf- und in der zweiten Hälfte ein eben fo anhal« 
tendes Abjteigen. Diefe Capitale liegt in ver Mitte einer großen 
Ebene, die mit Moffuafbäumen und Jasmingeflräuch bedeckt iſt; 
nad dem Meere zu trägt fie dichte Waldung, in der Nähe ver 
Stadt Hat fie Eulturboden. Das Eaftell der Stadt, Deir el Naßr, 
ift jehr Hoch und ſchön erbaut, mit Hofräumen, Gafernen, gut ver— 
theidigt gegen Beduinenüberfälle, obwol nur fehr ſchlecht mit Ka— 
nonen verjehen. Das Palais des Scerif ift dagegen nur eine 
große Hütte, das Innere mit vielem Perlmutter ausgepugt. Die 
Mojcheen find elende Gebäude, nur eine bat ein Minaret. Die 
Brunnen der Stadt find ſehr tief. Die Einwohner, etwa 7000 bi8 
8000, find meift Bepuinen, einige Banianen, die Handel treis 
ben, jo wie Hadhramauter, melde ven meiften Handel in ihren 
Händen haben. Alle find ärmlich gekleidet; ver Bazar ift fchmugig, 
wie die engen Gaffen, die zu ihm führen. Der Scherif Ali von 
Abu Ariſh, der 1833 von Tamifier befucht ward, fagt derfelbe, 
war jchon 80 Jahr alt, er focht in 200 Schlachten mit, ward nur 
einmal an der Hand bleifirt; er trug unter feiner Kleivung ſtets 
einen Schuppenharniich. Seit feinem 12ten Jahre, in dem ihn fein 
Dater verheirathete, jol er in feinem Harem mit 295 Frauen, Gone 
eubinen, Sclavinnen gelebt und über 300 Nachfommen erzeugt ha— 


1020 DWeft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


ben, von denen aber nur noch 60 Söhne und etwa eben jo viele 
Töchter am Leben waren. Noch waren 48 Frauen in feinem Has 
rem. Sein Character wurde geichilvert als jehr tapfer, eiferfüchtig, 
geizig im höchſten Grade, dabei brummig, aber jehr gewandt und 
böftfch, wo es feinen Bortheil galt. Neuere zufammenhängende Be— 
richte fehlen über diefe Zuftände der füplichften der genannten Pro— 
vinzen. 

Die Naturforfcher Hemprich und Ehrenberg) Tandeten 
auf ihrer abyffinifchen Reiſe, auf der Sinfahrt, auch zu Dſchiſan 
(Giſan) und verweilten hier ſogar eine längere Zeit vom 11ten 
bis 24ften März 1825, vorzüglich un naturhiftorifche Sammlungen 
zu machen; eine Beichreibung ihrer Reife würde höchſt erwünfcht 
gewefen fein. In Ermangelung derfelben fünnen wir bier nur eis 
nige Notizen aud dem Journal, in Brouillonhandjchrift, des letz— 
tern nach deſſen Erlaubniß mirtbeilen, melche ahnen lafjen, wie 
ermünfcht eine ausgearbeitete Neifenachricht für die Kenntnig Ara- 
biend gemelen fein würde. Am A11ten Februar ging man an der 
Küfte, bei autem Winde, zu Dſchiſan vor Anker. Hemprich 
ging and Land, um Ginpfehlungsbriefe an den Scherif Ali ibn 
Heidar abzugeben, ver jedoch in feiner Abmefenheit von feinem 
Bruder Mohamed in diefer Hafenftadt repräfentirt wurde. Bei ihm 
jah es jehr armjelig aus, nicht einmal Kaffee ließ er vorjegen, die 
erſte Brlicht der Oaftlichkeit in Arabien; doch zeigte er fich bereit, 
die Ereurfionen der Europäer zu befördern. Chrenberg begab 
fich am folgenden Tage in das Fleine Gebirge neben der Stadt am 
Meere, ein Beduine mit einer Luntenflinte begleitete ihn ala Füh— 
ver; erſt unterwegs gab dieſer fich ald den Commandanten der 
Stadt und ald einen Berwandten des Sheikh zu erfennen. Regen— 
mangel hatte die Berge ganz Dürr gemacht; nur eine neue Pflanze 
fand Ehrenberg auf, Caesalpinia arabica. Zweierlei Bäume, 
Amyris-Arten, wurden ihm Age und Murr genannt. Zwei Ge— 
fährten der Expedition wurden plöglich heftig frank, was einen läns 
gern Aufenthalt im Orte, bis zum 24jten März, nothwendig machte. 
Die Rheede fand man eng und wenig geichüßt, die Stadt ganz 
unbedeutend, nur die Käufer au dem Gebirge kommend, die hier 
größere Sicherheit ald in Loheia und Hodeida fanden, gaben ihr 
einige Nahrung, jo wie ver Schildkrötenfang und die Berl- 
fifcherei der Umgebung einiges Leben. Die Münze, welche in 


>>>), Ehrenberg's Mier., 1. ob, S. 192, Not. 85. 


| 








Arabien; Inſelgruppe Farfan. 1021 


Dſchiſan Cours Hatte, war in Sanaa geprägt; aber ver Scherif 
ftand unter dem Schutze Mehmed Alis; er befano ſich damals 
zu Sebbia, einem Orte 5 Stunden in N.D. von Dſchiſan. Das 
bösartige Fieber, das in der Stadt herrfchend ift, follte noch viel 
verheerender und allgemeiner landeinwärts und ſelbſt im Gebirge 
öftlih von Abu Ariſh wüthen. Im diefer Umgebung herrichte, wie 
. in dem Berglande bei Gomfude, jene graufame und gefahrvolle Sitte 
der Befchneidung bei dem dortigen Volfe vor, die feldft von den 
andern arabifchen Moslemen für eine Barbgrei gehalten wird, von 
der fie fih mit Widerwillen wegwendeten, von welcher jehon oben 
ald Zeichen befonderer Gebirgstribus die Rede war (f. ob. ©. 192 
bis 193). Das Meer bei Dichifan lieferte den Naturforfchern eine 
reiche Beute an neuen Bifcharten. 


2. Die Infelgruppe Barfan, nah Ehrenberg's Unter— 
judung (1825) 1000), 


Die Infelgruppe Farſan liegt in SW. der Landipige von 
Dihijan fo nahe vor, daß fie in einem halben Tage leicht erreicht 
werden kann, und doch blieb fie einem D’Anville und jelbft Va— 
lentia, der fie weder auf feiner Karte vom Nothen Meere, noch in 
jeinem Text anführte, völlig unbekannt. Daß fie vem fo aufs 
merkfjamen Niebuhr nicht ganz unbefannt blieb, zeigt feine 
Karte vom Rothen Meere 1), in ver allerdings eine etwas grö— 
Bere Infel zwifchen drei Infelhen Habör, Bikillam und EI 
Ghoräb etwas weiter weſtwärts, aber in ſehr unficherer 
Zeihnung und namenloö eingetragen iſt, deren aber im Text 
bei feiner Vorüberſchiffung gar feiner Erwähnung gefchieht; 
und dieje Zeichnung hat Berghaus auf feiner Karte mit ein paar 
fleinen hinzugefegten Infelchen wiederholt. Niebuhr ſchiffte ſüd— 
wärts von Dſchiſan, pajlirte am 27. Dee. Nas Dſchiſan und 
die Stadt, deren Polhöhe er zu 16° 44‘ beftimmte, und dann an 
der Infel Habör vorüber. Gr fagt, der Horizont war bier fehr 
dunfel, daher die Beobachtung nicht fehr genau. Dann jegelte 
er die ganze folgende Nacht hindurch, und in dieſer Zeit 
mußte er die Farſan-Inſeln pajfirt haben, ohne jie be— 
merfen zu fünnen; denn am folgenden 28. Dec. Mittags erreichte 
er faft vie Fleine Infel EL GhorÄBb, die er unter 16° 8 N.Br. bes 


000, Ehrenberg, vorläufig. Bericht üb. Barfanz |. Hertha, B.9, ©. 312. 
') Niebuhr, Neijeb. I, ©. 295; del, Mappa, Mare Rubrum T, XX, 


1022 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74, 


ftimmte, und war alfo ſchon ſüdwärts der Farſan-Gruppe, 
die zwiichen 16° 30° bis 17° N.Br. gelegen ift. Hierin liegt alfo 
der hinreichende Grund zur Nechtfertigung Niebuhr's wegen 
diefer Lücke auf ſeiner Karte vom Rothen Meere, die er wahr 
ſcheinlich nur erft fpäter, nach allgemeinen Bilotenangaben, ala 
eine hypothetiſch gezeichnete größere Inſel im der genannten Stelle 
eintrug, aber namenlos ließ, meil er fie nicht felbft genauer ermit- 
telt hatte. Daß aber auch Lord Valentia's Karte ?2) vom Rothen 
Meere (1804 und 1805), nach dem Survey des oftind. Compagnie= 
ſchiffs Panther, fie gänzlich ignorirte, feste fhon Chrenberg mit 
Recht in Verwunderung, ald er mit feinem Begleiter, als der erfte 
Entdecker dieſer jo zahlreichen Infelgruppe, ihre Gewäſſer be= 
ſchiffte 3). 

Sehen wir nun auf die Moresbyſche Karte vom Rothen 
Meere, auf welcher fich die erfte, genauefte Aufnahme die— 
fer Infelgruppe vorfindet, fo ſetzt es in Erftaunen, daß eine 
Öruppe von 2 großen Infeln, von einem Dutzend Fleinerer, 
doch auch nicht unbedeutenter, meift bergiger Inſeln, und dieſe 
wiederum von einem Schwarme von wenigfiend 160 Inſelchen 
und Klippen dicht umgeben, fo lange Zeit in einem fo befahrenen 
Meere der nähern Beachtung europäifcher Schiffer entgehen Fonnte, 
und nur allein das Verbleiben in einer beftimmten Fahrftraße 
dicht an der Küfte, und die Gefahr, in die faft jede dortige In— 
felgruppe umgebenden Korallenbänfe zu gerathen, weshalb man 
fie zu meiden pflegt, können Auffchluß über diefen Umstand geben. 

Ehrenberg und Semprich, auf ihrer Ueberfahrt von 
Gomfude nah Dſchiſan, waren die erften kühnen Schiffer, die 
um naturbiftorifcher Zwecke willen durd die Mitte viefer 
für gefahrvoll verfchrienen Infelgruppe Kindurchichifiend der größ— 
ten Inſel derſelben wenigſtens zuerjt ihr Necht mwiderfahren ließen, 
und ihre Bedeutung durch ihre mehrtägige Expedition nad) 
derjelben, von 4ten bis zum 12ten März des Jahres 1825, hervor— 
hoben, welche durch die ſpäter erichienene vollſtändige Moresby-= 
fhe Aufnahme derſelben auch vollfommen beftätigt und genauer 
ermittelt ift, alö vdied noch auf Berghaus Karte geichehen konnte, 
in der zwar fchen einige Angaben von Ehrenberg benugt merden 
mochten, die aber noch eine ganz faljche Zeichnung der Geftaltung 


?) Map of the Red Sea etc. laid down from actual Survey etc. 
of the Panther etc. Lond. 1804. >) Ehrenberg, Journ. Mier. 


Arabien; Infelgruppe Farſan. 1023 


der Infelgruppe felbt enthält. Denn die größte der Infeln, Far— 
fan Kebir, Farfan die große, ift nicht zugerundet, fon 
dern von SD. nah N.W. langgeſtreckt, ineine Ausdehnung von 
15 bis 16 Stunden, mit ſehr mwechfelnder Breite, die aber an der 
Südoſtſeite, wo eine Bergreihe von Süd nadı Nord zieht und der 
Haupthafen ver Infel Chor Farfan (Eore Pherfan bei Mo— 
resby) liegt, am bedeutendften ift, bis 6 Stunden beträgt, indeß 
ver langgeftreefte nordmeftliche Theil derjelben weit fchmaler bis zu 
ganz geringen Landengen zufammenläuft. 

Die zweite jener größten, ihrer nordmweftlichen Erftrefung 
ziemlich parallelen und dem Nordweſten verjelben vorliegende 
Infel, Barfan Segir, d. i. die Eleine Farjan, hat wol nur 
die Hälfte ver Länge, 7 bis 8 Stunden, und gegen dieje find die 
umberliegenden, wie Dihebel Momed und Gorab (wol Nie- 
buhr's EIGhoräb) im Norden, Dſcheſirat Dfchifan, Sarfo, 
Zelfif u.a. im Welten, Gumah, Dumfuf, Doharab (ob 
Niebuhr's Habor?) u. a. weit geringerer Art. Cine genauere 
Beichreibung der ganzen Gruppe fehlt noch; was wir aber aud 
Ehrenberg's Journal- Notizen erfahren, ift folgendes: 

Am Aten März jchiffte man aus Gomfude ab; am 5ten er= 
reichte man, Nachmittags, die Injel Ketumbul, die ald fehr 
Eleine Bulcaninjel ſüdwärts 18'N.Br. in der Moresbyichen 
Karte (Ketumble Volcanie) eingetragen ift, ganz der Auf— 
nahme der Niebuhrfchen Karte vom Rothen Meere und der Ein 
zeichnung auf Berghaus Karte entiprechend. Chrenberg ging 
auf ihr vor Anfer, fand ven fchroffen, vulcanifhen Boden, 
auf dem er am 6ten März bis Mittag verweilte, mit vielen, je 
doch nur niedrigen Bäumen bewachten, und an Pflanzen wie an 
ſchönen Schmetterlingen reich. Bäume und Sträucher werden an« 
geführt: Diphylla gummifera, Tetracocca (?), Euphorbia drastica, 
Cadaba glandulosa und rotundif,, Chloridium (?) seandens, Aca- 
cia albida, Capparis aegyptiaca, und ein ftarfed Dugend Kräuter, 
unter denen auch ein neues Genus Ketumbulia splendida u. a. m. 
Ein dicht an den vulcanifchen Felſen hinlaufender Sandſtein trug 
andere Pflanzenformen: Cyperus-Arten u. j. w. An Pflanzen und 
Infecten gab die Infel eine reiche Ausbeute; die Jagd fiel aber 
ſchlecht aus, und einigen hoch umberkreifenden Tropikvögeln war 
in Schußmeite nicht beizufonmen. — 

Mittags, den Hten März, lichtete man die Anker, fchiffte gegen 
S. S.O. ins hohe Meer, und warf am Abend am Nas Farſan 


1024 Weft-Afien. IV. Abtheilung, $. 74. 


(mol am Nordende ver Eleinen Infel) bei 10 Klafter Tiefe den Ans 
fer aus. Am Ten März, Nachmittags 2 Uhr, waren Eleine In- 
jelm erreicht, welche Die große Injel, Farſan el Kebir, umgeben. 
Der Steuermann Fonnte den Hafen nicht auffinden. Dr. Hemp— 
rich fchiffte daher in ver Eleinen Barfe mit 6 Matrojen und 2 Jä— 
gern auf Entdeckung aus, um einen Piloten zu holen, der zum Ha— 
fen geleiten jollte. Nah 2 Stunden erreichte er den Hafen, el 
Chor, von dem aber das Dorf Farſan (oder Farran) noch 1%, 
Stunden fern Tiegt, in weldyem er erft nach Sonnenuntergang eins 
traf. Der Sheifh der Inſel, Ibrahim Abu Sifar, fam erft um 
Mitternacht zum Vorſchein, gab einen Piloten, mit vem Dr. Hemp— 
rih um 3 Uhr zum verlafjienen Schiffe zurüdfam, wo man indeß 
in Angft zum Signal eine Lärmkanone gelöft hatte. Am Sten März, 
mit Sonnenaufgang, führte der Pilot dad Schiff in den Hafen 
der Infel, welche jedoch der Erwartung der Naturforfcher für ihre 
Zwecke nur wenig entiprach. 

Auf ven erjten Ercurfionen irafman viele Ghazellen (Anti- 
lope arabica) und einen großen ſchwarzen Stord. Am 9. ſam— 
melte man einige Pflanzen; am 10. und 11. wurde unter heftigen 
Convulſionen der Jäger Falfenftein von einem bösartigen Fieber 
überfallen. Die vauernde Winpftille nöthigte zum längern Verweilen. 
Man lernte 3 Hauptorte der Injel kennen und einige fleine Dörfer, 
deren Bewohner ſehr mohlhabend zu jein fehienen. Der Hauptort, 
Farfan, hat jenen Hafen el Chor, der aber nur für Eleinere 
Schiffe zugänglich ift. Der 2te Ort, Meharraf, liegt Y%, Stunde 
von feinem Hafen Tebte entfernt, in welchem größere Barfen ein— 
laufen. Der 3te heißt Seged und hat einen Anferplag gleiches 
Namend. Meharraf und Teged haben Dattelgärten, deren 
Palmen unmittelbar aus den Spalten ver Korallenfelfen her— 
vorwachfen, aus denen die ganze Inſel aufgebaut ift; eigens dazu 
gemachte Ninnen werden mit gutem Wafjer aus tiefen Bruns 
nen verfehen zu ihrer Bewäfferung. Auch ſah man Felder mit 
etwas Durra, mit Baftefen und Melonen bebaut. Antilope 
arabica und Ziegen ſah man bier in zahlreichen Schwärmen ume 
herzieben. Perlfifcherei in ver Umgebung und Schildfröten- 
fang bringen ven Injulanern ihren Wohlftand, aud) wird Aloe 
hier Häufig eingefammelt. Die Infel ſelbſt nährt viele Schild— 
fröten; eine derſelben, Chelon caretta, die man auf dad Verdeck 
zum Verkauf brachte, folte ungeachtet ihres fehr zerbrochnen und 
mit zu vielen ſchmarotzenden Balanus-Arten bejegten Schildes, wes— 


Arabien; Zehama, Gomfude, 1025 


Halb fie nicht pafjend für ein Mufeum war, doch 16 Colonnaten 
foften; das edle Schilopat lieferte Chelonia virgata Dumeril. Zer— 
ſtreutes Mimofengebüfch oder Bäume Selebten fparfam die Ebene, 
darunter Gräſer, Senna, Aloe, um die Brunnen Palmen und Kü— 
chenfräuter, in Schluchten Ochradenus, Baliamfträucher, Sufticien, 
Stapelien, die mit milden Feigenbäumen, Indigo und wilden Bas 
ſilikum abwechfelten. Die fchönen Berlen lieferte Meleagrina mar- 
garitifera Linn. Nach ver Abfahrt, Mittags am 12ten März, aus 
dem Hafen el Chor wurde noch an demſelben Abend bei gutem 
Winde die gegenüberliegende Küfte von Dſchiſan in 2 Stunden 
erreicht. — 


3. Gomfude die Hafenftadt, der Sauptwaffenplaß der 
Aegyptier gegen Aſyr. Hemprich's und Chrenberg's 
naturhiftorifche Excurſionen in die Vorberge von 
Aſyr, im Jahre 1825. 


Gomfude, oder Ghunfude nah Niebuhr 3), wurde von 
ihm befucht und die Lage dieſer Hafenftadt unter 19° 7 N.Br. be- 
obachtet. Ihre Küfte war durch viele Korallenbänfe befegt, vie 
Stadt, nur aus fchlechten Hütten beftehend, gab doc gutes Waſſer 
und hinreichende Lebensmittel. Ale von Jemen nordwärts mit 
Kaffee beladenen Schiffe mußten damald hier einen Zoll, einen 


Kaffeeſack, zahlen an den dort refivirenden Statthalter des 


Scherifd von Meffa, dem diefe Stadt unterworfen war, da fie 
ſchon nördlich von Hali, dem fünlichiten Gaftelle des Scherifat8 der 
heiligen Städte, liegt (f. ob. ©. 192). Sie bot vamald dem Vor— 
überjchiffenden gar feine Merkwürvigfeit zur genauern Beachtung 
dar. Und fo unbedeutend blieb ver Ort auch bis in die neueften 
Zeiten, wo er erft ald Hauptwaffenplaß und Lagerort ver 
Truppen Mohammed Alis in den Kriegen gegen Afyr eine grö— 
here Aufmerkfamkeit ald zuvor auf fi) zog (ſ. 0b. ©, 939 u. a. O.). 
Ghedufeau *), der während der Aiyr= Kriege bier oft ftationiren 
mußte, fagt von diefem Hafen, daß er doch nur kleine Barfen aufs 
nehmen könne, obwol fo viele Truppen= und Proviant= Transporte 
dort während der Uegyptiers Herrichaft gelandet werden mußten. 
Gomfude treibe Handel mit Dſchidda, Mochha und den Ka— 
bylen oder Bergftimmen des Innern, zumal mit Korn, Salz, 


+) Miebuhr, Neifebefh. Th. I. S. 291; deſſ. Beſchr. v. Arab. ©, 375. 
) Chedufeau, Notice etc, in Bulletin 1, c. XIX. p. 110, 


Ritter Erbfunde XII. tt 


u 


1026 Weſt-Aſien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Butter, Datteln, Nofinen, Zeugen. Doch Fommen die Kaufleute 
weder aus Jemen noch aus Indien ſelbſt bis dahin; Die Lebens— 
mittel folten hier viel theurer als in Dſchidda fein. 

Die deutfchen Naturforfcher Chrenberg und Hemprich ſchiff— 
ten am 6ten Februar 1825 mit friihem Winde, von Dſchidda 
fommend, in ven Safen von Gomfude ein, Der, wie der von 
Sanbo, in flacher Gegend liegt und nur in weiter Verne hinter 
ihm gegen Oft die arabijche Bergfette erblicken läßt. Das türkifche 
Lager fland damals hier unter Haffan Agas Befehl, bis am 
21ften deffelben Monats. Ahmed Pafcha von zwei Ropfchweifen, 
der ftolge Neffe Mehmed Alis, als Obercommandeur des zweiten 
Feldzugs gegen Aſyr (f. ob. ©. 935) eintraf. 

Haſſan Aga entſprach den Empfehlungsbriefen, die man ihm 
überreichte, und verfprad) Beiftand zu einem Ausfluge in das nahe 
Afyrgebirge, von dem auch der Bey, wol zu zuverfichtlich, meinte, 
daß es daſelbſt ganz ficher ſei; fie verſchafften Kameele, und am 
Hten Febr. zog Dr. Hemprich, von 2 Jägern und 2 Matrofen be= 
gleitet, aus der Stadt in nordöſtlicher Richtung zum nahen Ge— 
birge, wo fie nur 2 Etunden weit beim erften Dorfe Aufenthalt 
hatten; denn ſchon Hier hörte der Gehorfam der von den Türfen 
ihnen mitgegebenen Kameelführer auf. Nah 4 Stunden Fonnte 
man erft weiter ziehen, indem man fich gegen Nord mandte, zu 
vem Brunnen Aga im Wadi Lomme, wo an die Stelle ver 
Tamarisfen Holzungen von Acacienarten und Suaeda fruti- 
cosa auftraten, in denen man Finken umberfliegen fah. Man 
mußte hier in den niedern Vorbergen verweilen, weil Die Araber 
auf Feine Weile zu bewegen waren, tiefer in das vorliegende Hoch— 
gebirge einzubringen; auch machten Gemitterregen, Donner und 
Blige die Umkehr rathfam. Die Ausbeute an Pflanzen und In— 
fecten war längs dem Wadi wenig ergiebig geweſen; die Jagd 
hatte nicht8 erhebliches geliefert. Am 13ten zog Dr. Hemprich 
wieder in Gomfude ein. Ehrenberg war durch eine Fußwunde 
von der Begleitung feines Gefährten abgehalten; er hatte indeß 5 
neue Bifcharten, mehrere Solothurien u. a. entdeckt; er hatte 
die Zeit zu Erkundigungen über die nächſten Anferpläße bie Lo— 
heia benugt, von denen er ein Verzeichniß von nicht weniger als 
8 bi Kali, von 19 bis zur Infel Ketumbul und noh 7 von 
da, zufammen 34 Namen von Anferplägen bis Loheia aufzeichnete, 
von denen bis jet nur wenige auf den Karten nachzuweiſen fein 
möchten. Er hatte bei feiner Viſite, die-er Dem Bey machte, eine 


Arabien; Tehama, Gomfude, 1027 


Landkarte zu fehen bekommen, welche ein türfifcher Zögling 
der Ingenieurfchule von Aſſuan über ven legten Feldzug ge— 
gen Afyr gefertigt hatte, und von welcher der Bey eine Copie 
zu nehmen geftattete. Nur der Eopift machte Schwierigfeit in 
der Auslieferung dieſes interefjanten Blattes, die aber von Eh— 
renberg durch ein Gefchenf von einem Stüf Gummi elasticum 
überwunden wurde, welched den Zeichner zur Uebergabe der Karte 
vermochte. Sp kam die erfte immer dankenswerthe Kartenver- 
beſſerung des Landes Aſyr audhrin Berghaus Karte von . 
Arabien, obwol nur in einem zu Fleinen Maaßitabe, da leider 
Ehrenberg's Karte bis jegt noch nicht zur Publication gelangt 
war. Mehrere Tage, bis zum 19. Vebr., gingen nun in andern 
Gefchäften hin; der Eranfe Bey, ver die Neifenden zur Begleitung 
bei dem bevorftehenden Feldzuge gegen Aſyr einlud, wollte cu— 
rirt fein; die Waffen mußten von dem dortigen Büchjenjchmiede der 
Aegyptier reparirt werden; Pflanzen und Thiere wurden gefammelt 
und aufbewahrt; die Befanntfchaft mit den Guropäern, den Fran— 
zofen, Griechen u. ſ. w., die ald Drefjurmeifter, Ingenieure, Aerzte 
die ügyptifche Armee begleiteten, wurde gemacht u. |. w. 

Als nun auch Ehrenberg von feiner Fußwunde geheilt war, 
begab er ſich mit 6 Kameelen, 3 Trägern, 4 Soldaten, einem Un— 
terlieutnant und 2 Matrofen vom 19ten Februar bi8 zum 2ten 
März auf eine zweite naturhiftorifhe Excurſion in bie 
benachbarten Afyrberge, in die er etwas weiter ald fein Vor— 
gänger eindrang. Unter den damals frielichern Vorbereitungen 
Achmed Paſchas ſchien ein folches Unternehmen wol ausführba- 
rer ald zu jeder andern Zeit. Denn Scherif Mohamed, ein 
Schweſtermann des rebelliichen Ali, Chefs von Aſyr, ein fchlauer 
Araber, war des Paſchas Nathgeber. Gr follte mit 2 Bataillonen 
und 1000 Mann ägyptifcher Truppen vorausgehen, um in Güte 
die Bewohner Aſyrs zur Unterwerfung an den Vicefünig zu brin= 
gen, und erft im Ball des Mißlingens mit Gewalt in Afyr ein- 
dringen. Daß auch dieſes Project gefcheitert fein muß, ergiebt ſich 
aus obigem, und die von Ehrenberg bejuchten Bergbewohner 
waren weit davon entfernt dem Türkengouvernement Vertrauen zu 
ſchenken. 

Dom Mittage des 19ten Febr. rückte man Nachmittags von 
Gomfude 2 Stunden weit bid zum Dorfe Nachman vor, mo 
der Sheikh der Araber Beni Set wohnte, ver auf Befehl des 
Paſcha 2 Wegmweifer in das Gebirge mitgeben follte. Der Paſcha 

ztt2 


1028 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


hatte 2 feiner Sclaven mitgegeben, davon einer, nachdem er die 
Wegweiſer verfchafft haben würde, zurüdfehren, der andre aber bei 
dem Naturforjcher bleiben und ihn auch auf feiner Rückkehr begleiten 
jfolte. Für den andern Morgen veriprach der Sheifh Wegweiſer 
zu ſchicken. Die Nacht über im Zelte ftellte fich ein brauner 
Acarus von der Kleinheit eines Flohes ein, ver häufig Fußwun— 
den verurjachte und dazu näthigte die in Arabien gebräuchlichen 
Bettgeftelle (Serire) zu requiriren. 

Am 20. Febr. brady man auf und zog gegen Oft; erft nach 
2 Stunden erreichte man den andern Theil des Dorfs Rachman, 
wo man die Schläuche mit Waſſer füllen wollte, aber in den Brun= 
nen fehlte das Wafjer. Ein ſchwarzer Ibis murde hier ge= 
hoffen. Das Dorf Maftura blieb beim weitern Marfche links 
liegen; um 9 Uhr fam man zum Brunnen oder Bir el Maras 
haba (?), der einige 50 Fuß tief und mit laumwarmen, fonft 
guten, etwas ſchweren Waffer gefüllt war. Don bier zog fich ver 
WapdiKammar (oder Kemme?) gegen SD. Halb 12 Uhr wurde 
das Dorf Maſchkal erreicht, ein Sonntagdmarft, ein Suf. Hier 
erhielt man 2 Führer, mit denen man Nachmittags weiter zog, am 
fleinen Dorfe Kohr el bolibte linfs vorüber, und bei Sonnene 
untergange den Ausgang des Wadi Kammar erreichte, wo man 
auf weichem Sande fein Lager aufichlug. 

Die Degetation war von Gomfude biß hierher fehr ärm— 
lich: Salicornia perfoliata in dürftigen Eremplaren machte den 
Anfang, bald gejellten fich zwei erotonartige Gomfudien dazu, auf 
denen eine fchöne Cimex-Xrt, die auch Forsfäl beobachtet hatte, 
ihre Sitze aufſchlug. Eleusine indica, Panicum, Phaca truncata, 
Acrostichon pungens fingen an die Gegend mehr zu beleben. In 
der Nähe des Dorfes Nachman war alles mit Feldern bedeckt, wo 
Dokhn und Durra, dazmwiichen Rhodea rosea, Dolichos, Helio- 
tropien u. a. Gewächje mwucherten. Gefträuche ver T’amarix orien- 
talis bildeten oft ein dichtes Gebüfch, um welches ſich Boerhavia 
scandens emvorfchlang. Dichte Tamarirwälder umgaben den 
Brunnen Marahaba (oder Maraba) mit vielen Sträuchern und 
Kräutern: am Brunnen 2 Arten Hemistemma, Indigofera glan- 
dulosa, bei Majchfal traf man ein Wäldchen von Suaeda fru- 
ticosa und dichted Gehölz von Tamarix orient., Indigofera fru- 
ticosa u. a. Aber vom Wadi Kammar an wurden die Tama- 
rir durh Acacienarten verdrängt, zumal Acacia segal murde 
vorherrichend, jelten Acac. tortilis, Salvadora persica u. a. Weis 


* 


Arabien; Excurſion von Gomfude. 1029 


terhin geſellten ſich zu dieſen Sträuchern auch Euphorbia fruticosa 
und viele neue Pflanzenformen als Vorläufer einer na— 
hen Gebirgsflora. ß 

Am 21. Febr. ſah man am Morgen einige neue Vögel, 
Coracias bengalensis, Turdus pastor, Nectarinen u. a.; Mittags 
rückte man dem Gebirge naher und erreichte nady Sonnenuntergang 
ven Wadi Djara mit einem anfehnlichen Bache, der Hier und 
da mannstief war. 

Am 22. Febr. zeigte fich hier ein bedeutender Reichthum von 
neuen Bilanzen und neue Vögelftimmen ließen fich hören, die 
eine gute Jagd verſprachen. Unter vielen Vögelarten entdeckte man 
eine neue Ohreule (Scops); eine neue Flußſchildkröte, neue 
Mufchelarten fand man im engen Thale zwifchen mäßig hohen 
Bergen, auf denen man zum erften Dinle Forskal's Hyperan- 
thera peregrina (Moringia zeylonica) wahrnahm, die man aus 
der Ferne leicht mit Tamarıx orientalis verwechfeln Fonnte; fie war 
eben in voller Blüthenpracht. 

Acacia albida und segal, Salvadora persica und Tetracocca 
pruniformis beffeiveten die Berge mit ihrem Grün ald Bäume und 
Gefträuche, und dazwiſchen wuchs ein Dugend verfchievdenartiger 
Kräuter. Am Waſſer ftand ein Ficus syeomorus und hohe Schilf= 
arten bezeichneten den Zauf ded Stromes, durch Typha an- 
gustifolia, Seirpus leniflorus, Cyperus fistulosus, Sacharum ae- 
gyptiacum. Die niedrigern Pflanzen traten in üppiger Fülle auf, 
darunter viele, die man auch jchon im Wadi Kammar gefehen; auch 
neue Gradarten. Im Schilfe blühete bier und da Datura fa- 
stuosa; neben dem Strome bevedten Poa eynosuroides in dicht» 
geſonderten Raſenſtellen die feuchte Erve. Einer der Soldaten wurde 


hier vom Fieber überfallen. 


23. Bebr. Bid Mittag rüdte man in den Wadi Djara 
ein, dajjelbe Thal in dem man geftern campirt hatte, dad aber hier 
breiter und üppiger fich zeigte, wo die Berge etwa eine halbe 
Stunde auseinander gerückt waren, deren Öftliche jedoch nur kleine 
Hügel, melche’die beiven Wadis Djara und Kammar zu einem 
Strome zufammendrängten. Weiter im Norden verjchwindet der 
Dad) Djara, aber das ganze Thal ift mit grünen Feldern bedeckt, 
auf denen eine unbekannte Setreideart, Dura der Araber, 
gebaut ward. Diefe Durafelver ſahen den Reisfeldern ahnlich, ſtan— 
den jedoch nicht jo ganz unter Waller, fondern wurden nur durch 
zwifchenlaufende Gräben bewäſſert. Diefe Dura ift eine Eleuſine— 


1030 Weft-Afien. IV. Abtheilung. $. 74. 


Art, giebt fehr Eleine, aber ungemein reichliche Körner, fteht aber 
im Gefchmad dem Dofhn nad). 

Die Bewohner von Djara (Guiara am Seil Beni Be— 
hor auf der Karte von Galinier und Ferret, wo ſeine Quelle 
am Weſtabhange des Gebirgs zwiſchen Schomrum und Belgam 
eingezeichnet iſt), mit deren Gebiete der Gebirgsanfang beginnt, 
heißen Sibehu; fie leben im zerſtreuten, coniſchen Hütten, fie ges 
hen nackt bis auf einen Schurz und ein Kopftuch mit Quaſten, 
das ftarf mit Fett getränft ift und fehr übel riecht. Ihre Waffen 
beftehen in einem kurzen krummen Mefjer im Gurt und einer ſpiz— 
zen Lanze. Das Lager wurde an einer Oftfeite ded Wadi auf eis 
ner Tenne neben dem Marftplage aufgeichlagen, ver hier alle 
Sonnabend von den Sibehu und Harbe Arabern bejucht wird. 
Der Platz iſt mit Fleinen Hütten von Neisholz für die Kaufleute 
und Höfer befeßt; aber an diefen Tage war feine Seele bier zu 
fehen. 

Mit der Ankunft der Fremden waren alle Thalbewohner ver- 
fhwunden, aus Furcht vor den türfifchen Soldaten. Als man 
aber in einem Haufe eine einfame alte Frau bemerkte, nöthigte fie 
der Officier ihren Dann herbeizurufen. Der Mann machte aus der 
Berne ver Frau harte Vorwürfe, daß fie e8 mehr mit den Solda— 
ten als mit den Arabern Halte, was der Officier nun übel nahm 
und deshalb jeine 4 Solvaten zur Auffuchung der Araber aus- 
fandte, um fie mit Gewalt zum Dorfe zurück zu bringen. Kaum 
hatten diefe nur einen Mann zurücgebracht, als plöglic alle Män— 
ner fichtbar wurden und allmählig unter Entſchuldigungen näher 
famen. Wir bedurften, fagt Ehrenberg, eined neuen Führers, 
auch wünfchte er gar fehr Notizen über das Gebirge einzuziehen, 
deshalb fchickte er Boten zum Oberhaupte vdiefer Araber, zu dem 
Sheifh Habeſchi, um ihn zu ſich einzuladen. Es fand fich ein Be— 
duine, der den Führer machen wollte. Die nächfte Jagd fo wie die 
botanische Excurſion brachten erfreuliche Naturalien, unter Denen 
eine ſehr jchöne Droffel und einige Ohreulen (Scops). 

24. Febr. Aufenthalt in Djara. Don hier aud machte 
man eine Excurſion gegen den Wadi Kammar hin, die Interef= 
fante neue Pflanzen (Nerium molle), neue Käferarten (Mylabris) 
und PBapillons lieferte. 

25. Febr. Der Sheikh Habefchi brachte feinen Gäften ein 
Schaf zum Geſchenk, und gab ihnen einen Führer in das Gebirge, 
den beften ven er kenne. Der vorige Führer aus Majchfal war 





Arabien; der Marftort Djara. 1031 


heimlich entflohen, weil ihm der Zwiebadf zuwider war, den man 
ihm nur reichen Ffonnte, da man weder Durra noch Dokhn ihm ge= 
boten. Der fo eben engagirte Führer befam das Fieber, Fonnte 
alfo auch nicht weiter bringen. Man befchloß alfo den Marft- 
tag abzumarten, an welchem eher ein guter Führer zu erwarten 
war und Gelegenheit zum Fortfommen. Aber diefe wurde wieder— 
um fehr erſchwert, da aus dem Türfenlager eine Nequifition nad) 
Kameelen hier ankam. Indeß wurden ein paar neue Fringillen, 
ein neuer Falke, neue Infecten und Pflanzen gefammelt. 

26. Febr. Am frühen Marktmorgen kehrten die erften her— 
anziehenden Kaufleute wieder um, weil ihnen die aufgefchlagenen 
Zelte der Fremdlinge Miftrauen einflößten; doch fing der Marft« 
plas von 9 Uhr an fich zu füllen. Sonderbar, fo Eleinlich und 
niedlich zeigte er fich, bemerkt Ehrenberg, daß er ſchon dadurch 
interefjant war; eine Beftätigung der großen Enthaltfamfeit 
der Lebensweiſe arabifcher Beduinen. Kein Kaufmann wollte mehr 
als für einen halben Piaſter Zucker auf einmal verkaufen; alle zu⸗ 
ſammen (an 10 bis 12Höcker) Hatten nur etwa ein halbes Pfund 
Zudervorrath, jeder nur ein Papierchen voll; eben fo war es mit 
andern Waren; Tabak, Datteln, Rofinen waren in größern Quan— 
titäten zu haben, außerdem auch noch einige ven Arabern nüßliche 
Dinge, wie Acacienblätter ald Gerbftoff, etwas Kaffee, But- 
ter, Roſinenſyrup, Töpfe, Körbe, Matten und Blumen 
kränze. Die Buden glichen einem Kinvderfpiel; das anfehnlichfte 
war der Viehmarkt, auf dem 300 bi8 400 Schafe und Zie— 
gen zu Breifen von 8 Biafter bis zu 1", Golonat, auch an 50 bis 
60 Kühe, Ochſen und Kameele zu haben waren. Als ver Suf 
nder Markt gegen Mittag ziemlich gedrängt voll war, erfchienen 
unter andern gegen 20 junge Burfche mit neuen Leinwandſchürzen 
und ganz glänzend mit Fett gejalbt. Sie famen ein Feit zu feiern, 
weil einige von ihnen die Befchneidung erhalten follten. Bald 
hatten fie die Blumenfränzge an fish gekauft und diefe um ihre 
Häupter gewunden. Ginige trugen hochgelbe Nindenfränge vor der 
Stirn, nah dem Scheitel zu angeflebt, die von weitem wie Golde 
trefien ausjaben; alle hatten große Lanzen, einige auch Luntenflin— 
ten. Nachdem fie ſich gepugt und geordnet hatten, fingen fie an 
militairische Tänze aufzuführen; fie marjchirten in 2 Gliedern dicht 
gedrängt und fangen dabei. Die Flügelleute fprangen abwechrelnd 
voraus, tanzten, luden dabei ihre Flinten und feuerten fie im Tanz 
gegen den Boden ab. Died war, jagt Ehrenberg, die anges 


1032 Weſt-Aſten. IV. Abtheilung. $. 74. 


nehmſte Feierlichkeit, die ihm bisher im Oriente vorgekommen. Die 
Burfchen mochten ſämmtlich zwiſchen 12 bis 15 Jahren alt fein. 
Die Beichneidung beftand im Abfchneiden einer Längsfalte der Vor— 
haut, längs des ganzen Gliedes, wobei der Gepeinigte mit heroi— 
fcher Stimme laut feinen Stammbaum in die Luft fehreit: „ich bin 
der Sohn des N. N., des Sohned N. N., des Sohnes N. N., ich 
Heiße N. N. (f. ob. ©. 192 — 193). Sheikh Habeſchi, welcher 
dazu Fanı, machte die Methode der Beſchneidung am Finger deut— 
lich; die dabei ftehenden ägyptiſchen Mohammedaner drückten ihren 
Abſcheu vor diefer falfchen Befchneidung aus und bejchimpften fie, 
worauf der Sheifh nur erwiederte, daß Died bei ihnen jo der Ge— 
brauch fer (Sahär). Nachdem der Markt Butter und andern Pro— 
viant durch Einfauf geliefert, auch ein andrer Führer ſich eingeftellt 
hatte, brady man Nachmittags die Zelte ab und zog fort, um fich 
tiefer in dem Eingang des Wadiffammar zu lagern, wo e8 viele 
Kräuter, Affen und Vögel geben folte. Die mit bösartigen Fie— 
bern behafteten Solvaten wurden unter Begleitung zurückgefchicft, die 
zugleich einen Brief an den im Hafen gebliebenen Dr. Hemprich 
zu überbringen hatten. Nach Sonnenuntergang wurde der Lager— 
plag im genannten Wadi eingenommen. 

27. Febr. Station im Wadi Kammar - Chrenberg 
machte eine Excurſion aus dem Lager auf die benachbarte Berg 
fpiße; er erblickte wirklich 5 Affen, die aber eiligft die Flucht er— 
griffen. Die Berghänge waren mit den fchönften Baumen und Ge— 
fträuchen bedeckt, darunter der Balfambaum, Amyris gileadensis 
und andere Arten, Acacia albida, asak, Nerium molle, Euphor- 
bia drastica, Liparia caerulea mit fchönen großen Glockenblüthen. 
Sm Thale aber Cassia lanceolata als großer Strauch, wo aud) 
Asclepias fluviatilis (?), Cleome quaternata, Najas muricata, 
Potamogeton natans, Seirpus- Arten, Schlingpflanzen, Origanum 
grandiflorum, Asparagus triqueter u. a. 

Um die Affen nicht zu verfcheuchen, unterließ man dad Los— 
feuern der Slinten im Thale; die Jäger gingen in ein andre3 bes 
nachbartes Thal, um Vögel zu fchießen und fich erjt am Abend 
wieder auf den Anftand im Ihale einzufinden, weil die Affen re- 
gelmäßig am Abend und am Morgen in dad Ihal herabzufteigen 
pflegten zum Wafjer, den Durft zu löfchen. Einige Vögel, zumal 
Eulen (Scops), neue Ziegenmelfer (Caprimulgus), ſchöne Pa— 
pillons, 2 neue große Sc)langenarten und aus dem Bache ein Cy— 
prinus, Flußkrabben u. ſ. w. waren das Ergebniß dieſes Tages. 





Arabien; Rückkehr nah Gomfude, 1033 


28. Februar. An diefem Tage hoffte man Affen zu er— 
jagen, fpater wollte man den Dſchebel Derwar erfteigen, und 
dann erft auf den Rückweg denfen. Beim Anftande vor Sonnen= 
aufgang entdeckte man einen großen Affen und 4 Eleinere, vie 
aber, zu liſtig, diesmal nicht von ihrer Felsklippe herabitiegen. 
Ein allgemeines Treibjagen führte zu feinem Erfolge. Sache 
mittags Fam ein Regenschauer; die Araber mwiverriethen länger im 
Wadi zu bleiben, weil oft plößliche fehr ftarfe Ueberſchwemmun— 
gen eintreten. Der Negenguß war gewaltig, der begleitende Sturm 
riß die Zelte um, und Ehrenberg, in Sorge, durch die Näffe 
die Schon gemachten reichlichen Sammlungen wieder zu verlieren oder 
doch verderben zu laſſen, entjchloß, fich, ftatt nach Neuem zu jagen, 
zum Rückzuge. Noch in der Nacht wurde der Wadi Djarra er- 
reicht, den man zwei Tage zuvor verlafjen hatte. in Grotophaga 
wurde hier erbeutet. 

1. März. Unter furchtbar drohenden Negenwolfen mit ftar« 
fem Donner und Blig, die aus N.W. heranzogen, aber doch über 
die Reiſenden nur leichtere Schauer herabgofjen, die in die wohl 
verwahrten Naturalienfiften nicht eindringen Fonnten, wurde der 
Rückmarſch bis zum Dorfe Maſchkal angetreten, mo ver Negen 
ftürfer herabgoß. 

2. März. Noch immer wurden neue Inferten und Pflanzen 
eingefammelt; der neue Führer entfloh auch Hier wieder heimlich; 
die früher entlaffenen Kranken hatten e8 auch nicht geicheut, durch 
fleinere Diebftähle bereichert heim zu kehren. Die übrige Reife 
gejellichaft Fehrte jedoch an den Dörfern Bet Sabina, Marrelle, 
Salhe Eddaie, Abd el wahid vorüber, gefund und glüdlic am 
Nachmittage diefed Tages nach Gomfude zurück. Die botanifche 
Ausbeute betrug an 100 Pflanzen, darunter ſehr viele neue. 

Am 4. März fegelte man von Gomfude ab nah Maſſaua 
zur abyifinifchen Küfte hinüber. 

E. Nüuppell, der ven Hafen von Gomfude 6 Jahre fpäter 
befuchte (im Sept. 1831) 5), fand den Ort im großen Verfall, aus 
bloßen Hütten beftehend, nur mit einigen Magazinen von Stein 
erbaut verſehen. Der Waarenmarft, wo die Afyr früherer Zeit 
gegen Zahlung mit ihren Gebirgöproduften, zumal Viktualien aller 
Art, hier ihre andern Bevürfniffe einzukaufen pflegten, hatte feit den 
Kriegen und den Pladereien der türfifchen Garnifonen an dieſem 


) E. Rüppell, Reife in Abyffinien, I. ©. 174 — 179. 
Ritter Erdkunde XII, Nun 


1034 Weft-Afien. IV. Abtheilung. G. 74. 


MWaffenplage gänzlih aufgehört, der Faum noch von arabifchen 
Schiffen beſucht wurde und eine Garnifon von 150 Türken zu er— 
nähren hatte; die Einwohner waren auf 1500 Köpfe herabgefunfen. 


4. Liht die Hafenſtadt, Merfa Ibrahim. 


Liht (Lydda, Lyth)h iſt bier die nördlichſte Safenftadt, von 
der wir noch weniges zu berichten haben, ehe wir zu den Umge— 
bungen Mekkas im eigentlichen Hedſchas übergehen. Es 
liegt doppelt ſo weit wie Hali, das wir auch ſchon aus obigem 
kennen (ſ. oben S. 185 u. f.), im Süden von Gomfude, fo im 
Norden oder N.N.W. viefes Waffenplages. Wir haben es auch 
ichon früher bei Edriſi fennen Iernen (ſ. ob. ©. 145), ald auf der 
großen Scheidungszone zwiichen Hedſchas und Jemen gelegen; in 
neuerer Zeit it e8 von geringerer Bedeutung und faum genannt. 
Die Moresby'ſche Aufnahme hat ven Ort nur weniged nördlich von 
20? N.Br. auf einem flachen, fandigen Vorlande eingetragen, was 
mit Niebuhrs Merfa Ibrahim), d. i. vem Hafen Ibra— 
hims (Abrahamd), ven er unter 20° 8 N.Br. objervirte, überein= 
ſtimmt: denn dies iſt der Hafen der Stadt Liht, die Niebuhr nicht 
mit Namen genannt hat. Ehrenberg ſah daſelbſt, ald er am 
31. Ian. in demfelben vor Anker ging fehr viele Sternſchnup— 
pen mit lange nachdauernden Schweifen. Bei feinem Ausfluge 7) 
in die nächften, nur 1’, Stunden weit entfernten Hügel fand er 
mehrere neue Pflanzen. Die erſte Stunde vom Ufer an ift blos 
flacher Boden mit Salzpflanzen bejegt, zumal Dactylium cry- 
psoides (?), Salicornia perfoliata, Statice teretifolia, und weiter 
Yandein: Agrostis pungens. Auf den nächiten Hügeln zeigten fich 
die erften Acaciengeſträuche (acac. tortil.); Cenchris und Pa- 
nicum turgidum waren die vorberrfchenden Gräſer. Erſt die wei— 
ter gegen N.D. fortgehenden Hügel, nach dem Innern zu, find alle 
mit Suaeda fruticosa dicht befeßt, und hier flieht man einige Stun- 
den meit fich ausbreitende Waldungen. Nach der Moresbyſchen 
Karte zu urtheilen, follte man meinen, daß hier jehr bald als Land— 
marken beveutend hohe Gebirge emporftiegen. Außer neuen Kräus 
tern wurden bier auch manche neue Injecten und Bögelarten einge= 
fammelt. Die Ueberfchiffung von hier nah Gomfude begann 
am Mittag des 2. Febr. und dauerte bis zum 6. deſſelben Monats, 
weil man an mebrern der zwifchenliegenden zahlreichen Küfteninjeln 


°) Niebuhr, Reifebefchr. I. ©. 288. ) Ehrenberg, Journ. Mier, 


Arabien, Hedfhasküfte, Stadt Saadin,. 1035 


vor Anker ging und Kalt machte. Zunächſt am erften Abend 
pafjirte man die 5 Infeln Genobi (bei Ehrenberg; Iennarbet 
wol irrig auf Moresby's Map), deren Name an den der Beit 
Zenobi oder Djenobi im Süden (f. ob. ©. 345) erinnert; am 
Sannaf el Kibir ward der Anker audgeworfen. Die größte derjels 
ben, Serrane, die auch Niebuhr ald Serene (f. ob. ©. 145) 
in feine Karte eingetragen hat, ift die einzige erhabene; alle andern 
unzähligen, gruppenmweis vertheilten find Flachinſeln mit Ko— 
rallenbänfen umzogen, die öfter mehrere verfelben verbinden, fo 
daß man von eimer zur andern trodnen Fußes hinübergehen Fann. 

Der Arzt Chevdufeau $) bemerkt, daß von Liht 6 Stunden 
weit, gegen Safra in der Nichtung des Seil Salem, fih in der 
Mitte eined Gehölzes eine Quelle kochenden Mineralwaſ— 
ſers befinde, welcher die Araber ſeit den Alteften Zeiten große Heil- 
frafte zufchrieben. Sie heile chronifche Uebel des Unterleibed und 
der Haut. Ihre Hitze foll fie aus einer ſehr großen Tiefe 
erhalten (2). X 

Durch denſelben Beobachter wird auch die Exiſtenz der be— 
nachbarten Stadt Saadia (Saadie auf Niebuhr's Karte) in 
einiger Entfernung in O. jenes Liht-Hafens beſtätigt, die Niebuhr 
einer kleinen Stadt im Süden von Mekka mit einem Berge in ih— 
rer Nähe gab, den man ihm Säade nannte. 

Sie wurde von Berghaus 10) ald ein Irrthum Niebuhr's ges 
firigen und darum aus feiner Karte auögelaffen, weil er fie für 
eine Verwechölung mit dem Berge ausgab, deſſen Name verwandt 
ſcheint. Aber ChHedufeau !!) fagt, fie liege am Seil gleiches Na— 
mens und ſei dad Stelldichein aller perfifchen Pilger, vie 
ih Hier vereinigen müffen, ehe fie in Mekka eintreten. Died ges 
Ichieht hier zu Saadia, wo ein großer Brunnen von reichen Per— 
fern erbaut ift, der dad ganze Jahr Waffer Hat. — 


») Chedufeau, Notice 1. c. T. XIX. p. 111. ) Niebuhr, Beſchr. 
v. Arab. ©. 375. 0) Berghaus, Memoire über Arab, ©. 64. 
»’) Chedufeau, Notice 1. c, p. 111. 


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Druckfehler und Zuſätze. 


©. 83 3.5 von oben, zu 537 fiche ©. 862 zu berichtigen in 573. 

©. 126 3. 1 von unten ſtatt Long. 29° 40° zu Iefen Long. 27° 40‘ 

©. 181 3. 2 von unten ftatt Jomard lie Jaubert 

©. - 3. 3 von oben, zu Attur ift hinzuzufügen was ©. 709 und 925 
darüber berichtigend nachgetragen ift. 

Nah ©. 456 ftatt 458 zu leſen 457. 


Auf die durch Herrn W. Plate gütig zugefandte Schrift: Ptole- 
mys Knowledge of Arabia especially of Hadhramaut 
etc. Lond. 1843, fonnte, an dem geeigneten Drte, wegen zu fpäten Er— 
haltens, Feine Rückficht mehr genommen werden, fo wie leider v. Wrede’s 
angefündigtes Reifetagebuch, eben dahin, aller Bemühungen ungeachtet, 
noch nicht zu erhalten war. 

Die Seite 918 befindliche Anmerkung it dahin zu berichtigen, daß 


jene Monographie, wie fehon in dem Vorworte bemerkt ift, nun im fols 
genden Bande zu finden fein wird. 


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