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Full text of "Die essbaren schwmme des Oesterreichischen Kaiserstaates"

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Oeſterreichiſchen Kaiſerſtaates. 


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Von 


Leopold Trattinnick. 


Wien und Trieſt, 
in Geiſtingers Buchhandlung, 1809. 


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geliebteſten Vaterlande, 
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gluͤcklichen Vaterlande 
ſo vieler 
thaͤtiger und tugendhafter Bürger, 
ſo e und ausgezeichneter Gelehrten und 
Kuͤnſtler, 
ſo erhabener und unuͤbertrefflicher Helden, 
der Wiege des Adels, 
der Heimath 


der heiligſten Religion und der reinſten Sittlichkeit, 


dem Sitze 
der gerechteſten, weiſeſten und beſten 


Monarchen 


widmet dieſe Schrift, 
fo unbedeutend fie auch immerhin ſeyn mag, 
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ein geringes Merkmahl 


feiner feurigſten Liebe, feiner unbegränzten Verehrung. 


und feiner wahrhafteſten Anhänglichkeit 
aus unbefangener Seele und lauterſtem Antriebe 


f der Verfaſſer. 


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Vorrede. 


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Bald nach der Erſcheinung des ſechsten Hef- 
tes von meinem größeren Schwammwerke, 
welches den Titel: Oeſter reichs Schwaͤm— 
me, fuͤhret und ebenfalls wie das gegenwaͤr⸗ 
tige auf Koſten der Joſeph Geiſtinger⸗ 
ſchen Verlags handlung erſcheinet, wurde ich 
von einigen ſehr anſehnlichen Maͤnnern auf 
eine nicht weniger humane als nachdruͤckli⸗ 
che Weiſe aufgefordet, ein eigenes Werk 
von den Giftſchwaͤmmen des Vaterlandes 
zu ſchreiben. Meine tiefe Verehrung fuͤr die⸗ 
ſe Herren, das Ehrenvolle ihres Zutrauens 
und meine warme Theilnahme an den Drang⸗ 
falen der leidenden Menſchheit und vorzuͤg⸗ 
lich meiner biedern und guten Mitbürger lie⸗ 
ßen mich nicht lange im Ungewiſſen, was 
ich thun ſollte. Es wurde mir zwar ſchwer, 


VI 


und koſtete mich ſo manches nicht unbedeu⸗ | 
tende Opfer Ich mußte daruͤber einen aro- 
ßen Theil meiner angefangenen und fuͤr mich 
weit vortheilhafteren Arbeiten brach liegen 
laſſen, ich mußte den Wuͤnſchen und Forde⸗ 
rungen meiner Freunde auf die Dauer die⸗ 
ſes Geſchaͤfts die Genuͤgeleiſtung verſagen, 
ich mußte meinen besaurus botanicus in der 
Fortſetzung unterbrechen u ſ. w. Doch was 
für ein Opfer koͤnnte auch einem gutgeſinn⸗ 
ten Staatsbürger zu theuer ſeyn, wenn es 
darauf ankommt, Ungluͤcksfälle zu verhüten 
und dem Vaterlande ſelbſt einen reellen Dienſt 
zu erweiſen? Ich entſchloß mich alſo mein 
Moͤglichſtes zu thun und mein Schifflein flott 
zu machen um in den Litterariſchen Ocean 
hinauszuſegeln und dann, mit Schägen 
reich beladen, in mein liebes Vaterland wie⸗ 
der zuruͤckzukehren. Aber die Idee: gerade 
von Giftſchwaͤmmen zu ſchreiben, wollte 
mir nicht behagen! Ich legte meinen Gon 
nern die Grunde vor, die mich beſtimmten, 
lieber die eßbaren Schwaͤmme abzuhandeln 
und fie waren fo gluͤcklich, ihren Beyfall zu 
erhalten. Das Weſentliche dieſer Gruͤnde 
beſtand ungefaͤhr im Folgenden: a) daß es 
genug ſey, die eßbaren Schwaͤmme gut zu 


VII 
kennen um ſich vor den giftigen zu huͤten, 
weil vor der Hand alle jene, die hier nicht 
mit aufgenohmen worden, für ſchaͤdlich und 
giftig zu halten wären; und daß bı die Zahl 
der eigentlichen Giftſchwaͤmme noch nicht 
gewiß ware, theils weil man die Eigenſchaf— 
ten ſo vieler Hundert Schwaͤmme noch gar 
nicht beobachtet hat, theils weil ſelbſt uͤber 
die als giftig berufenen die Meinungen der 
Sachkundigen noch ſehr getheilt, und wirk— 
lich viele Gruͤnde vorhanden ſind, ihre ab— 
ſolute Schaͤdlichkeit zu bezweifeln, wie man 
dieſes aus dem, was am Ende meiner Einlei— 
tung geſagt wird, zur Genuͤge erſehen kann. 


Man hat die Anſtalten getroffen, daß 
auch von dieſen eßbaren Schwaͤmmen eine 
zweyfache Ausgabe, naͤhmlich: die eine mit 
den Wachsfiguren und die andere mit illumi⸗ 
nirten Kupfern feilgebothen werden konnte. 
Da aber in der gegenwaͤrtigen Sammlung ei⸗ 
nige Arten wieder aufgenohmen werden muß⸗ 
ten, die in dem aͤlteren Schwammwerke ſchon 
abgeliefert waren; fo hat der Herr Verle- 
ger mit meinem Einverſtaͤndniß beſchloßen, 
fuͤr diejenigen Abnehmer des Cabinets (der 
Wachsſiguren) dieſelben Stuͤcke aus dieſer ges 


VIII 

genwaͤrtigen Collection zuruͤckzunehmen und 
vom Preiſe abzuziehen, welche bereits in dem 
mycologiſchen Cabinete der Oeſterreichiſchen 
Schwaͤmme abgeliefert und gefertiget wor⸗ 
den. In Hinkunft ſollen aber in dem nunmehr 
wieder fortzuſetzenden mycol. Cab. d. Defterr. 
Schw. keine von denen Arten wieder erſchei⸗ 
nen, welche in der gegenwaͤrtigen Sammlung 
der eßbaren Schwaͤmme enthalten ſind. 


Mein Auftrag bezielte ein Werk, welches 
einerſeits durch triviale Sachkenntniſſe und 
populaͤren Vortrag zur praktiſchen Anwen⸗ 
dung tauglich; aber auch zugleich ſo einge⸗ 
richtet ware, daß auch andere Leute als Koͤ— 
che und Marktrichter darin ihr Intereſſe 
finden duͤrften. 


Dieſer Abſicht bemuͤhte ich mich, ſo gut 
ichs vermochte, zu entfprechen. Ich ließ daher 
alles dasjenige weg, was nur allein für Gelehr⸗ 

te von Profeſſion verdaulich zu ſeyn ſchien. 
Was aber weſentlich zur Kenntniß der Sache 
gehoͤret, und ſollte es auch noch fo neu und 
noch fo ernfthaft ſeyn, das ſuchte ich alles im 
buͤndigſten Zuſammenhange zu geben. Fuͤr 
die Mühe und Anſtrengung der Aufmerkſam⸗ 


IX 


keit, die vielleicht manchem meiner Leſer dieſe 
Lectuͤre koſten mag, ſuchte ich ihn durch ei— 
ne gefaͤllige Schreibart, durch eingemengte, 
vielleicht nicht ganz unwirkſame Epiſoden, 
durch originelle Anſichten der Dinge und durch 
fo manches Blümchen der Redekunſt ſchad⸗ 
los zu halten. Ich hoffe naͤhmlich dadurch zu 
bewirken, daß der Zerſtreuung vorgebeugt 
werde und daß man das Trockne und das 
Ernſthaftere um fo viel aufmerkſamer ſtudi— 
ren werde, da ich meinen Gaͤſten das Gericht 
durch die eingeſtreute Würze ſchmackhafter 
zu machen getrachtet habe. 


Die Einleitung iſt erſt nach ganz vol⸗ 
lendetem Werke geſchrieben worden; und da 
ich das Errando discimus vorzüglich auf mich 
ſelbſt anwende; fo bitte ich, aus jener die Be⸗ 
richtigung zu ſchoͤpfen, wenn etwa in dem 
Werke ſelbſt ein Widerſpruch aufſtoßen ſollte. 
Der menſchliche Geiſt erweitert ſich alltaͤglich 
durch Erfahrungen und Vernunftſchluͤſſe, und 
ſo aͤnderte ſich auch in dem meinigen man⸗ 
che ſchon früher geſchilderte Anſicht Ich 
haͤtte noch ſehr viel zu ſagen gehabt, was 
mir die abgeſteckten Gränzlinien aufzuneh⸗ 
men und auszuführen verwehrten. Sollte 


ich aber erfahren, daß man dieſes Wenige 

mit Zufriedenheit aufgenohmen und noch 
mehr uͤber dieſe Materie zu leſen wuͤnſche; ſo 
könnte ich mich wohl einſt noch entſchluͤſſen, 
den Wuͤnſchen meiner Freunde zu begegnen, 
ihnen uͤber die Natur der Schwaͤmme et⸗ 
was ſehr Ausfuͤhrliches und ein mit zahlrei⸗ 
chen Belegen aller Art Penn Saukhuc, 
zu liefern. 


Wien den 6. Dezember 1808. 


Der Verfaſſer. 


Einleitung. 


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Die großen und raſchen Fortſchritte unſerer Phy— 
ſiker in Erforſchung der Naturkraͤfte, fo ſehr fie 
auch immer Beyfall und Erſtaunen verdienen mo— 
gen, ſie begraͤnzen ſich noch immer mit dem Um— 
fange des Naturreiches der anorganiſchen Korper, 
der Stoffe, woraus die Natur ihre Miriaden von 
Weſen conſtruirt, und in die ſie, nach geendig— 
ter Beſtimmung, wieder zuruͤckzukehren ſcheinen. 
Wagt es auch manchmal ein kuͤhner Geiſt, die 
Geſetze der organiſchen Natur entziffern zu wol— 
len; ſo zeigt ſich nur zu bald der große Abſtand 
zwiſchen der Feinheit der Natur und der Stumpf— 
heit des Menſchlichen Vermoͤgens, und wenn wir 
eine Zeitlang mitleidig zugeſehen, wie er die Wir⸗ 
kungen der uns gaͤnzlich unbekannten Lebenskraft 
aus mechaniſchen Regeln zu erklaͤren verſuchte, wie 
er da der Natur, von einſeitigen Beobachtungen 
geleitet, Geſetze vorſchreibt, die ſie bey der erſten 


XII 
Unterſuchung durch Ungehorſam verſpottet; ſo er— 
roͤthen wir vor der Schande, die unſere Eitelkeit 
auf einmal von dem hoͤchſten Gipfel des Stolzes 
bis zur Unmuͤndigkeit des Kindes herabſchleudert, 
und wir finden zum Aushaͤngſchilde fuͤr die gelehr— 
ten Hirngeſpinſte dieſer mechaniſchen Phyſiologen 
eine Deviſe, die allen zukuͤnftigen Sophiſten 
zur Warnung dienen ſollte und die uns in vier 
Worten das Schickſal aller der Schwindelkoͤpfe 
ſchildert, welche ihrer Menſchlichkeit vergeffen, ſich 
in die hohen Regionen der Feſſelloſen Geiſter ver— 
ſteigen, und halb ſpoͤttelnd, halb bedauernd rufen 
wir ihnen nach: 
Icarus Icarias nomine fecit aquas! 

Iſts wohl moͤglich, daß wir ſo thoͤricht ſeyn 
koͤnnten uns einzubilden, über Zeugung, Wachs— 
thum und Lebenskraft Genugthuung und Auf— 
ſchluͤſſe zu erhalten, während wir noch keiner im 
Stande ſind, auch nur die innere Natur der Me— 
talle, der Salze, des Feuers, der Cryſtalliſation, 
der chemiſchen Verwandtſchaft u. d. gl. zu erklaͤ⸗ 
ren? Mit welchen Nahmen wuͤrden wir wohl den 
Mann bezeichnen, der es wagen wollte, vielleicht 
von der bloſſen Analogie geleitet, die innere Ein- 
richtung und die Naturprodukte der andern Welt— 
koͤrper uns ſinnlich darzuſtellen? und dennoch iſt 
der Sprung von der chemiſch-mechaniſchen Welt 


XIII 
zur organiſchen noch weit großer als der von der 
Erde zu den Geſtirnen! Zwar hat die Natur, wenn 
ich ſo ſagen darf, ihre Ruhe, oder vielmehr An— 
fangspunkte, von welchen ſie ausgeht, gewiſſe 
Kräfte, gewiſſe Formen, gewiſſe Erſcheinungen 
nach mehrerley Richtungen hin bis zu mancherley 
bald hoͤheren bald niedrigeren Graden der Vollkom— 
menheit in Verbindung mit ſehr heterogenen Ver— 
haͤltniſſen zu verbreiten, und ſo iſt zum Ex. das 
allereinfachſte Thier und die unvollkommenſte Pflan: 
ze jedes in ſeiner natuͤrlichen Ordnung auf einen 
ſolchen Punkt geſtellet, welche einander ſehr nahe 
kommen; aber von dem einen aus entfaltet die Nas 
tur Willkuͤhrlichkeit, Begierde, Geſchlechtstrieb, 
Hunger und Durſt, Selbſtſucht, Neigung und 
Abſcheu; von dem andern hingegen nur Reizbar— 
keit, periodiſche Entwicklung, Reprodukzions-Ver— 
moͤgen, Dauerhaftigkeit und Wiedererweckung der 
Fortpflanzungs-Exkretionen; von dem einen die— 
ſer Punkte ſteigt ſie hinauf bis zum Orangutang, bis 
zum Adler, bis zum Wallfiſch, bis zum Hayen, bis 
zur Schildkroͤte, bis zur Rieſenſchlange, bis zum 
Goldfiſch, bis zum Sphinx, bis zur Perlenmuſchel 
u. ſ. w.; von dem andern erreicht ſie die Hoͤhe der 
Hedona, des Hibiscus, des Antirrhinum, des 
Hypericum, der Musa, der Thapsia, des Cyno- 
morium, des Equisetum, des Fucus und des 


XIV 
Clathrus. Beyde dieſer Punkte ſind noch immer 
weſentlich genug verſchieden, wie zwey Arten einer 
Gattung (und in der That find ſie auch nichts ans 
ders als zwey verſchiedene Abkömmlinge der orga— 
niſchen Schöpfung !) fie mögen demnach einander, 
wie immer nahe kommen; fo bleibt doch immer der 
Thierheit die Willkuͤhr, und der Vegetabilität die 
Ernaͤhrung ohne Magen ausſchluͤßlich! | 

Bey der Betrachtung der organiſirten ? We⸗ 
fen muͤſſen wir vor allem uns überzeugen daß es 
ein großer Fehler ſey, wie auf einer Leiter von 
den Stufen der gemiſchten Körper zu den. me 
drigſten Graden der Thiere und der Pflanzen 
hinauf klettern zu wollen! Wir muͤſſen vielmehr 
zuerſt jenen Anfangspunkt aufſuchen, von wel⸗ 
chem die Natur ausging, als ſie den Plan der 
organiſchen Schöpfung ergriff, wir muͤſſen am 
allererſten die einfachern und, wenn ich fo ſagen 
darf, die unvollkommneren Verſuche der Schoͤ⸗ 
pfung ſtudiren, auf welche in aufſteigender Reihe 
beſſere, kuͤnſtlichere, zuſammengeſetztere folgen, 
und bey welchen ſich die Natur nicht ſelten wie— 
der einen dichotomen Weg zur Veredlung nach 
mancherley Zwecken gebahnt hat! Und wenn es je 
zu hoffen iſt, daß wir auf irgend einem Pfade 
in die Geheimniſſe der Organiſation eindringen 
duͤrften; ſo iſt dies der einzige unfehlbare, der 


* 
Natur ſelbſt am beſten angemeſſene, weil ſie im— 
mer nur vom Einfachen zum Zuſammengeſetzten, 
vom Niedrigen zum Erhabenen, vom Kleinen 
zum Großen fortzuſchreiten pfleget. Waͤhrend daß 
ſie uns dann bey der unterſten Stufe dieſer Ge— 
ſchoͤpfe nur kaͤrglich einige Reſultate vergoͤnnet, 
und irgend etwelche unſerer Zweifel entraͤthſelt, 
Nang wir deſto gewiſſer, indem wir ihre Spu— 
ren Schritt fuͤr Schritt verfolgen, mit jeder hoͤ— 
heren Stufe zu neuen und hoͤheren Geheimniſ— 
ſen und am Ende wohl ſelbſt zu den hoͤchſten 
und wichtigſten, die man nur irgend in dem 
Buche der Natur zu finden ſich ſchmeicheln darf! 
Schon bey dem erſten Blicke auf die orga— 
niſche Welt, wir mögen fie von was immer für 
einer Seite betrachten, unterſcheiden wir zwo 
ganz verſchiedene Naturen, eine animaliſche und 
eine vegetabiliſche. Jene nicht etwa ein bloßer 
Abkoͤmmling der letzteren, hat vielmehr ihren Ur— 
ſprung, ihre niedrigſte Stufe ganz nahe an der 
Seite der vegetabiliſchen, und die Animalitaͤt iſt 
daher nicht etwa nur eine erhoͤhte und veredelte 
Vegetabilitaͤt. Die Vegetabilitaͤt mag noch ſo 
hohe Stufen der Vollkommenheit und Vered— 
lung erreichen, ſo wird ſie ſich doch niemals der 
Animalitaͤt naͤhern. Und wirklich lehrt uns die Erz 
fahrung, daß ſich Vegetabilien und Thiere nur im— 


XVI 

mer deſto weiter von einander entfernen, jemehr ſie 
ſich dem hoͤchſten Grade ihrer Veredlung naͤhern. 
Ein Orangutang und eine Hedona find unlaͤug⸗ 
bar einander weit unaͤhnlicher, als ein Fadenbilz 
und eine Polypengattung. Dennoch hat die Thie— 
riſche Natur ſchon in ihrer niedrigſten Stufe eini— 
ge Vorzuͤge vor der vegetabiliſchen, und wir muͤſ— 
ſen daher bey einer Naturalmethode ganze 
Thierreich uͤber das Gewaͤchsreich erheben. Denn 
Willkuͤhr, Empfindung, und Leidenſchaften ſetzen 
immerhin auch eine feinere und kuͤnſtlichere Orga— 
nifation voraus als bloße Reizbarkeit! und wir ſe— 
hen uͤberdies, daß die extremen Stufen der Anima⸗ 
litaͤt weit erhabner ſind, als ſich jene der Vegetabi⸗ 
litaͤt nur jemahls erdenken laſſen! 

Laſſen wir nun das Thierreich in der Ferne, 
und wenden wir unſere ganze Aufmerkſamkeit auf 
das Reich der Gewaͤchſe, welches als das untere 
und einfachere uns auch eine fruͤhere Aerndte von 
Reſultaten verſpricht, die denn einſt unſere Nach⸗ 
koͤmmlinge in den Stand ſetzen werden, ihre Nach⸗ 
forſchungen auch bis in die erhabneren Gebiethe 
der Animalitaͤt fortzuſetzen! 

Doch kaum haben wir die Schwelle betret⸗ 
ten; durch die wir in das ſchoͤne Reich der Flora 
eintreffen; ſo bemerken wir auch ſchon, daß ſich 
die Natur überall gleich bleibe, und daß ſich die 


XVII 


Vegetabilien eben fo in phaͤnerogamiſche und ery— 
ptogamiſche, wie die organiſirten Körper uͤber— 
haupt in Animalien und Vegetabilien abtheilen. 
Aehnliche Zertheilungen erfahren wir nachher, in 
aufſteigender Reihe ſowohl unter den Phaͤneroga— 
men wie unter den Cryptogamen. Und alle dieſe 
Seitentheile oder Strahlen aus dem Mittelpunkte 
der anfangenden Vegetation ſind von ſolcher Be— 
ſchaffenheit, daß ſie eben ſo uͤber einander geſetzt 
werden koͤnnen wie Thierreich und Gewaͤchsreich, 
ohne uͤbrigens einen eigentlichen Zuſammenhang 
und eine Gemeinſchaft als die der Vegetabilitaͤt, 
der Phaͤnerogamie u. ſ. w. zu haben. Denn die 
Phaͤnerogamen ſind allerdings edler als die Crypto— 
gamen, die Completen edler als die Verworrenen, 
die Normalpflanzen edler als die Verwandten 
u. ſ. mw *). Aber hoͤchſt merkwuͤrdig iſt, daß 
die großen Maſſen der natuͤrlichen Familien des 
Gewaͤchsreiches ſaͤmmtlich in ihrer unterſten Stufe 


) Ich beziehe mich hier auf meinen Merhodus naturalis plan- 
tarum, an deſſen Ausführung ich ſchon ſeit vielen Jahren 
arbeite, wovon auch bereits im J 1602 ein ſehr unvollkom⸗ 
mener Ent wurf erſchienen iſt, und welchen ich nun bald in 
einer ganz veraͤnderten Geſtalt den Freunden der Botanik 
vorlegen zu können hoffe, ungeachtet ich ſehr überzeugt bin, 
daß man noch unendlich viel zu verbeſſern finden werde, ehe 
ein ſolches Werk als complet angeſehen werden kann. Aber 
eben dieſe Maͤngel muͤſſen erſt bekannt werden, um durch 
Mitwirkung anderer berichtigt und ausgefüllt werden zu 
koͤnnen. 

B 


XVIII i f 

von Schwaͤmmen oder Schwammartigen Geſchoͤ⸗ 
pfen beginnen; denn die Verworrenen haben z. B. 
Cynomerium und Balanophora aufzuweiſen, ſo 
wie die weit erhabeneren Completen aus der Unmuͤn⸗ 
digkeit der Aphyteja emporſteigen, einer Pflanze, die 
fo ganz Schwamm iſt, daß fie ſogar den Geruch und 
Geſchmack mit dieſer Familie gemein hat, die nach 
ihrer Geſtalt zu den Lytothecien, nach den Ne⸗ 
ben⸗Organen zu Hydnum gezahlt werden müßte, 
die aber dennoch ſo vollſtaͤndig gebaut iſt, daß 
fie Kelch, Blumenblaͤtter und Nectarien, Staub⸗ 
gefaͤſſe und Pollen, Narben und Fruchtknoten, 


entfaltet, ſo wie ſie auch am Ende eine große 


Frucht, eine deutliche Beere hervorbringt! 
Schwaͤmme oder Schwammartige Gewaͤchſe. 
ſind es alſo, in welchen die Natur ihre ſimpeln 
Anfaͤnge der Vegetation uns vor die Augen ge— 
ſtellet, in denen ſie die geringſte Complication 
ihrer Verfahrungsweiſe in Bildung, Erhaltung 
und Fortpflanzung der Gewaͤchſe ſich zur Maf- 
regel genommen, und in welchen ſie es uns ſo— 
dann am leichteſten gemacht hat, ihren Geheim⸗ 
niſſen auf die Spur zu kommen, und ſowohl 
uͤber Vegetation als Organiſation uͤberhaupt ei— 
nige ach! ſo wuͤnſchenswerthe und fuͤr die Menſch— 
heit in mehrerley Abſichten hoͤchſt wichtige Auf— 
ſchluͤſſe zu erhalten. | 


| XIX 
Im ſtrengen Sinne find es zwar nicht die 
Schwämme ſelbſt, ſondern die Byſſusartigen Ve— 
getabilien, die ich fuͤr die einfachſten und dem 
Anfangspunkte der Vegetation am naͤchſten an— 
gehörigen Gewaͤchſe erkenne: aber beyde zuſam— 
men machen in meiner Naturalmethode eine be— 
ſondere Abtheilung, die Cohorte der Schwamm— 
artigen (Fungosae) aus, und umfaſſen zuſam— 
mengenommen die ganze Abtheilung der Perſoon— 
ſchen Fungorum Gymnocarpium. Ueberdieß hat 
es mit den Byſſusartigen Gewaͤchſen noch ein be— 
ſonderes Verhaͤltniß, das uns veranlaßt, nicht 
ſie, ſondern vielmehr die eigentlichen Schwaͤm— 
me in die Categorie der einfachſten und uran— 
faͤnglichen Vegetabilien zu verſetzen. Man hat 
naͤhmlich bereits an mehreren derſelben die Er— 
fahrung gemacht, daß ſie unter gewiſſen Um— 
ſtaͤnden, die ihre weitere Entwicklung beguͤnſti— 
gen, ſich in wirkliche Schwaͤmme, in Thelaepho⸗ 
ren, Boleten u. d. gl. verwandeln; und man 
zweifelt alſo mit vielem Grunde an der Weſent⸗ 
lichkeit dieſer Familie, die vielleicht nichts ande— 
res, als unvollendete Auswuͤchſe der Schwaͤmme 
enthaͤlt, die wegen Mangel des Lichts, der Luft 
u. ſ. w. gehindert waren, jenes Organ zur Reife 
zu bringen, das bey den Schwaͤmmen zugleich 
die Stelle der Blumen und der Fruͤchte vertritt, 
B 2 


XX 5 

und wofuͤr ich in meinem Werke über die Der 
ſterreichiſchen Schwaͤmme den Kunſtnahmen des 
Fruchtkoͤrpers (Encarpium) feſtgeſetzt habe. De- 
matium bombycinum und Mesenterica argen- 
tea ſind nach der Beobachtung des Palisot- de- 
Beauvois (ſ. Annales du Mus. d'hist nat, Cah. 
46. IV. Année p. 334 et seqq.) und ſogar ſchon 
nach der Erfahrung des Vaillant (S. deſſ. Bota- 
nicon Parisiense p. 41.) nichts weiter als Stu— 
fen eines unausgebildeten Boletus, ja ſie koͤnnen 
fogar in einer gewiſſen Lage zur Himantia wer⸗ 
den. Ich ſelbſt habe dieſe Beobachtung oͤfters wie— 
derhohlet, und ich habe ein Exemplar vor mei— 
nen Augen, in dem man es deutlich ſieht, wie 
die ſich durchkreuzenden Faͤden des Dematium 
ſich gleichſam zuſammenſtricken, um die Löcher 
eines Boletus zu bilden, welcher nichts weiter 
als Boletus (Poria) Fimbriatus Pers. iſt. Rhi- 
zomorpha subcorticalis wird nach Palisot- de- 
Beauvois (a. a. O. p. 338.) zu einem Boletus, 
und die Himantia domestica habe ich immer als 
einen Vorbothen des Merulius destruens be- 
obachtet, ſo daß ich ſie fuͤr nichts weiter als fuͤr 
das Mycelium des letzteren erkennen kann. Ra- 
codium cellare entſteht in ſehr feuchten Kel— 
lern und auf vollen alten Weinfaͤſſern, verwan— 
delt ſich aber in Dematium Bombycinum, wenn 


| XXI 
es trockner wird. Racodium Corium habe ich 
in Weinkellern auf ploͤtzlich geleerten Weinfaͤſ— 
ſern, vorzuͤglich aber an den untergelegten Bal— 
ken (Sattel) aus Dematium Bombycinum wer— 
den geſehen, wenn zugleich eine trockne Jahrs— 
zeit und ein geoͤffneter Luftzug die ſchnellere Aus— 
trocknung des letztern bewirkte, und eine von 
mir neuentdeckte weiße Art von Rhizomorp a, 
die im friſchen Zuſtande unertraͤglich nach Ka— 
tzenurin ſtinkt, und in Brunnroͤhren und tiefen 
Kellern wohnet, hat endlich gar Scheibenfruͤchte 
(Orbillae Achar:) getragen. Ich habe ſie einſt⸗ 
weilen abgebildet, und ihr, da ſie eine ganz neue 
Species iſt, den Nahmen: Cornicularia subter- 
ranea beygelegt. Mehrere Beyſpiele ſcheinen vor 
der Hand nicht noͤthig zu ſeyn, um meine obige 
Aſſertionen zu bekraͤftigen und uns gegen die 
ganze Familie der Byſſusartigen Gewaͤchſe miß⸗ 
trauiſch zu machen. | | 

Von allen Vegetabilien ſcheinen demnach die 
Schwaͤmme am beſten geeignet zu ſeyn, uns in 
die Geheimniſſe der Vegetation einzufuͤhren und 
ſolchergeſtalt ſelbſt über das große Raͤthſel der 
organiſchen Natur einige Aufloͤſung zu verheiſſen. 

Allein es ſtoͤßt uns hier eine Frage auf, 
die nothwendig eher beantwortet werden muß, 
als wir an weitere Folgerungen zu denken und 


XXII 
erkühnen duͤrfen! Was iſt ein Schwamm? 
In Voigts Magazin der Phyſik und Naturge— 
geſchichte VIII. Bds. 4. Stuͤck S. 80 ſagt Per⸗ 
foon: Ein Schwamm iſt eine Pflanze, die fi) 
bloß als nackete Fruktifikations-Theile darſtellt; 
und in feiner Synopsis fungorum edit. 1 ma. de⸗ 
‚fine er ihn mir folgenden Worten: Fungus est 
vegetabile simplicissimum, solummodo partes 
fructificationis aut potius, dum ut plurimum jam 


maturescens invenitur, fructum sensu latiore 


sumtum, nudum exhibet. In beyden dieſer Defl? 
nitionen fehlt ein weſentlicher Theil, der Schwamm 
ſelbſt, denn die Frucht des Schwammes iſt eben 
ſo wenig der Schwamm, als die Wallnuß ein Nuß⸗ 
baum. Beſſer und vollſtaͤndiger iſt daher folgende 
des Hrn. Dr Haberle (S. deſſ. Commentar, z. d. 
Bertuch. Taf. d. allg. Nat. Geſch. Gewaͤchsreich 
I. Bds. 1. Thl. S. 66.) welcher ſagt: Schwaͤm⸗ 
me ſind fleiſchige oder ſaftige Gewaͤchſe, ohne Luft— 
gefaͤße und Saamenlappen, ſo wie ohne Laub 
und beſondere Geſchlechts- oder Befruchtungsorga— 
ne, die ihre zur Fortpflanzung dienende Brut 
(in geringerer Anzahl, als bey den Pilzen) in 
einem freyliegenden Haͤutchen — dem Schurz — 
(Hymenium) erzeugen. Allein auch dieſe Defini⸗ 
tion hat einen Fehler, ich meyne den der zu 
großen Weitlauftigfeit. Darf ich es wagen, an ih⸗ 


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XXIII 
rer Stelle eine andere neue zu verſuchen; ſo iſt 
mir ein Schwamm ein Vegetabil, das aus 
dem Schwammgewaͤchs und aus dem 
Fruchtkörper beſtehet. 

Schwammgewaͤchs und Fruchtkoͤrper 
find aber zwey von mir neu. eingeführte Kunſt— 
termini, wovon es alſo meine Pflicht iſt, hier 
eine beſtimmte Erklaͤrung mitzutheilen. 

Unter Schwammgewaͤchs (Mycelium 
mihi, oder Carcithium Neckeri) verſtehe ich je— 
ne Gallertartig-faſerichte Subſtanz, welche mei— 
ſtentheils nur unterhalb ihres Standortes ausge— 
goſſen, bloß die Funktionen des Wachsthumes 
und der Ernaͤhrung zu verrichten beſtimmt iſt. 
Dieſes Schwammgewaͤchs iſt bisher von den mei- 
ſten Schwammforſchern faͤlſchlich fuͤr die Wurzel 
der Schwaͤmme gehalten worden. Leider! war 
dieſer Irrthum die Urſache, warum man es bis⸗ 
her faſt gaͤnzlich vernachlaͤſſigte, da es doch zur 
Unterſcheidung der Arten eben ſo weſentlich und 
nothwendig iſt, als bey den phaͤnerogamiſchen 
Gewaͤchſen der Stengel und die Blaͤtter! In 
der That iſt es auch weit mehreren Veraͤnderun⸗ 
gen unterworfen, als Mancher ſich einbildet! 
Es iſt einjaͤhrig, oder perennirend, es liegt ent⸗ 
weder ganz unter der Erde, oder uͤberſteigt ſei⸗ 
nen Standort und bildet einen Schwammfilz 


XXIV 


(Symphoresis), e ein Gegenſtück vom Rhizoma der 
Sexualpflanzen, oder einen Wulſt (Volva), oder 
ein Mittelgewaͤchs (Scleromium) wie bey dem 
Zunderſchwamme u. ſ. w. Auch diſtinguirt ſich 
das Myeelium“ durch ſehr mannigfaltige Modififas 
tionen des Geruches, der Farbe, der Conſiſtenz, 
und beſonders durch das Verhaͤltniß ſeiner Fibern 
zu der Maſſe der Gallertartigen Feuchtigkeit, Ver⸗ 
haltniſſe, worauf es ganz beſonders ankommt, ob 
die Art ſchneller oder langſamer vegetiren, anſehn— 
liche oder nur hagere Fruchtkoͤrper hervorbringen 
ſolle u. d. gl. Nach meinem Sinne iſt alſo gerade 
das Mycelium ſelbſt der Schwamm, was ſonſt 
die Pflanze ohne Bluͤthen und ohne Frucht dar- 
ſtellet, das Vegetabil, das man verſetzen, zerthei— 
len und pfropfen kann, und welches man wirklich 
auf eben die Weiſe zur Vermehrung ſo mancher eßba⸗ 
ren Schwaͤmme, beſonders der Champignons (Aga- 
ricus Pratella campestris P.) verwendet, das oft 
mit Erde verunreinigt, den Nahmen des Schwamm— 

ſteines (piatra fongaja) fuͤhret, und wodurch der 
Freyherr v. Jaquin der jüngere den Boletus tube- 
raster aus Neapel nach Wien verpflanzt und allda 
wie eine andere Pflanze im Gewaͤchshauſe er⸗ 
zeugt hat. Das Schwammgewaͤchs hat eine ſtarke 
Analogie mit gewiſſen Flechtengattungen, beſonders 
mit den Gallertartigen (Collema Ach. d. i. der 6. 


\ 


XXV 
Unterabtheilung der Gattung Parmelia!) und. 
noch mehr mit gewiſſen Phycaͤen, oder Waſſeral— 
gen, als z. B. mit Ulva, Batrachospermum u. 
d. gl. deren Subſtanz eben ſo Gallertartig und mit 
Fibern durchwebt iſt. Da aber die Flechten bloß 
uͤber dem Standorte und die Phyeaͤen bloß un- 
ter dem Waſſer vegetiren, ſo iſt bey den erſteren 
kein Grund vorhanden, warum ihre Fruchtor— 
gane von den vegetativen ſo ſtark verſchieden ſeyn 
ſollten, wie die Fruchtorgane der Schwaͤmme. 
Dagegen fructificiren die Phycaͤen ganz unter 
dem Waſſer, und wir koͤnnen ihnen deßwegen 
noch weniger Heterogenität zumuthen als den 
Flechten, da ihre Fructification nicht einmahl 
aus der Maſſe des Vegetabils hervorbricht, ſon— 
dern nur eine Art von Geſchwulſt hervorbringt, 
über die ſich das Gewaͤchs durch Proliſication 
fortſetzet und verlängert. Das Schwammgewaͤchs 
vegetirt auf eine von den uͤbrigen Gewaͤchſen 
hoͤchſt verſchiedene Weiſe, naͤhmlich nicht in pa— 
raleller Richtung nach aufwaͤrts, ſondern viel— 
mehr in Schlangenlinien und ſich durchkreuzen⸗ 
den Geſtricken. Die Fibern desſelben durchweben 
ſich im Fortwachſen, und haͤufen ſich unter ge— 
wiſſen Umſtaͤnden wie ein dichter Polſter an. 
Dieſes Zuſammendraͤngen vermehrt aber, bey fort— 
waͤhrend guͤnſtigen Umſtaͤnden, die Vegetations⸗ 


XxVI 8 


kraft bis zum Uebermaß. Das Vegetabil inder 
nicht mehr Raum genug ſich zu vergroͤßern und 
ſeine Nahrung fuͤr ſich ſelbſt zu verwenden. Es 
ſondert alſo, um ſich zu erleichtern, einen Theil 
ſeiner Subſtanz aus ſeinem Innerſten aus (und 
dieſes iſt gerade der gebildetſte, der feinſte Theil 
des Gewaͤchſes!) es bringt dieſe Ausſonderung 
an die freye Luft, allwo ein neuer Reitz dieſem 
Organ eine veraͤnderte Richtung mittheilet und es 
zu denjenigen Functionen beſtimmet, die wir die 
Geſchlechtsverrichtungen nennen. Es iſt hier nicht 
der Ort, dieſe Theorie noch weiter ins Detail 
zu verfolgen: aber dieß wuͤnſchte ich doch der 
Aufmerkſamkeit eines jedweden Naturforſchers be⸗ 
ſonders zu empfehlen, daß eine Erklaͤrung natuͤr⸗ 
licher Erſcheinungen in der organiſchen Welt nie⸗ 
mahls ſo wie der Gang einer Pendeluhr aus der 
Mechanik, ſondern einzig aus den von der Hand 
des Schoͤpfers den Weſen zugetheilten und mit 
ihrer Exiſtenz innigſt verbundenen Kraͤften, aus 
Einwirkung der aͤuſſerlichen Dinge und Gegen— 
wirkung der Lebenskraft erklaͤrt werden muͤſſe, 
nicht aus der Attraction, Impenetrabilitaͤt, Schwere, 
Elaſticitaͤt u. ſ. w. | 
Was den Fruchtkörper (Encarpium) 
betrifft; fo habe ich zwar ſchon im Vorhergehen⸗ 
den Einiges gemeldet, woraus man erkennen kann, 


XXVII 
was ich darunter verſtehe. Allein man wird es 
hoffentlich auch nicht für uͤberfluͤſſig halten, hier 
noch Einiges nachzutragen, was uͤber dieſen Ge— 
genſtand noch mehr Licht zu verbreiten taugen 
duͤrfte? Der Urſprung des Fruchtkoͤrpers iſt, wie 
wir ſchon wiſſen, aus der innerſten Subſtanz, 
und gleichſam aus dem Marke des Myceliums- 
Da er ſeinen Zuwachs nicht unmittelbar von 
außen, ſondern aus der ſchon homogeniſirten 
Subſtanz des Vegetabils erhalt, fo iſt es nicht 
ſchwer zu begreifen, warum er immer viel com— 
pacter, feiner und reiner iſt, als das Mycelium. 
Sein Geruch iſt nicht der Geſtank der Faͤulniß, 
ſondern ein geiſtiger Hauch des Lebens, und wenn 
das Mycelium wie immer den bekannten fatalen 
mephitiſchen Schimmelgeruch verbreitet; ſo uͤber— 
wiegt in dem Encarpium der Geruch des Wei— 
tzenmehles, mit Ammoniak mehr oder weniger ge— 
miſcht; mit einem Worte, ſein ganzer Charakter 
gleicht dem der Saamenfeuchtigkeit, die bey den 
Pflanzen in den Bläschen des Pollen und bey 
den Thieren in den Teſtikeln enthalten iſt. Da 
man das Mycelium bisher nur für eine Wurzel 
gehalten hat; ſo war es ſehr natuͤrlich, daß man 
auch die Natur des Encarpiums verkannte. Ueber⸗ 
haupt zu ſagen, betrachtete man dieſes als den 
Schwamm ſelbſt, welches ungefaͤhr ſo viel ſagen 


XXVIII 


will, als wenn man z. B. bey der gemeinen Becher— 
flechte (Baeomyces, Scyphophoron, pyxidatus 
Ach.) den Thallus fuͤr die Wurzel, die Podetia 
fuͤr Struͤnke, die Scyphos fuͤr die Organe der 
Vegetation, und nur die Cephalodia fuͤr die 
Blumen oder Fruͤchte erklaͤren wollte. Die hier 
zum Augenmerk genommene Analogie des Schwan? 
mes mit der Becherflechte erklaͤrt uns im Gegen⸗ 
theile ſehr anſchaulich, daß das Mycelium in 
Vergleichung mit dem Thallus, die eigentliche 
Pflanze, das Laub (krons) oder der Schwamm 
ſelbſt, hingegen der aus demſelben hervorgedrun— 
gene Fruchtkoͤrper, er mag was immer fuͤr 
eine Bildung haben, nichts mehr und nichts weni⸗ 
ger ſey, als die fich in Frucht verwandeln⸗ 
de Bluͤthe des Schwammesz folglich, wenn 
ein Strunk vorhanden iſt, fo ſey dieß ein Bluͤ⸗ 
thenſtiel (pedunculus) wie die podetia des Be⸗ 
cherſchwammes; der Hut ſey ein gemeinſchaftlicher 
Blumen- oder Fruchtboden (Scyphus bey Scy- 
phophoron) und die Lamellen, Röhren, Köcher, 
Stacheln, Tuberkeln u. d. gl. ſeyen an der 
Stelle der Koͤpfchen (Cephalodia) die Austhei⸗ 
lung der Brut in ihre Fächer. Die weſentli— 
chen Theile des Fruchtkoͤrders find: a) das 
Schwammfleiſch (Perisarcium), in welchem die 
Fibern aber nicht mehr fo geſtrickt wie bey dem 


XXIX 
Mycelium, ſondern vielmehr groͤßtentheils para— 
lell laufen, und ſich ebendeßwegen dichter und 
feſter an einander anſchließen. b) Die befruchtende 
Saamenfeuchtigkeit. Dieſe wird erſt da ausge— 
fondert, wo der Schwammkoͤrper die feinſte Aus— 
bildung erlangt hat, und iſt eigentlich der reinſte 
Extract von der geiſtig-gallertartigen Subſtanz 
desſelben. Man kann demnach in den meiſten 
Faͤllen den Fruchtkoͤrper auch wohl ein Staub- 
gefaͤß (Stamen) nennen, wovon der Strunk das 
fllamentum und der Hut die Anthera iſt. Der 
Pollen befindet ſich innerlich an den Seiten der 
Lamellen oder der Roͤhrchen, und enthaͤlt die au— 
ra seminalis, deſſen Kuͤgelchen jedoch nicht erſt 
auf den Narben der Fruchtknoten, ſondern mei— 
ſtens ſchon an ihrer Geburtsſtelle zerplatzen, und 
durch den Geiſt, den ſie aushauchen, die ganze 
weibliche Anlage des Encarpiums befruchten. o) Die 
Schuͤrze (Hymenium); unſtreitig der ausgebildet— 
ſte von den feſten Theilen des Fruchtkoͤrpers. 
Sie ift, fo viel davon bisher bekannt iſt, bey al- 
len Schwaͤmmen androgyn, und alſo im ſtreng— 
ſten Sinne der Thallus der Schwaͤmme. Der 
reelle Unterſchied der von ihr hervorgetriebenen 
maͤnnlichen und weiblichen Organe ſcheint allen 
Beobachtungen zufolge darin zu beſtehen, daß 
die männlichen Bläschen vorzüglich die geiſtigen 


XXX | | 
und riechenden Stoffe, die weiblichen hingegen, 
nur eine concentrirte ſpeciſike Gallerte enthalten, 
die durch den hinzukommenden Reitz jenes erſtern 
zum neuen Leben erweckt wird. Denn wir muͤſ— 
ſen uns erinnern, daß das Vegetabil des Schwam— 
mes eine Gallerte ſey, die mit Fibern gemengt 
iſt, welche hoͤchſt wahrſcheinlich Roͤhrenartige 
Schlaͤuche ſind, die ihr die Nahrung zufuͤhren 
und bereiten. d) Endlich die Brut (sporulae) 
ſelbſt, die, wie geſagt, mit dem Pollen untermengt 
aus dem Hymenium hervorkeimt und zur An: 
bauung neuer Individuen beſtimmt if. Es iſt, 
wie man hier ſieht, ſehr wenig Unterſchied zwi⸗ 
ſchen den wahren Saamen der Phoenogamen 
und der Brut oder den Schwammkeimen (Sporu— 
lae) der Schwaͤmme. Für Knoſpen kann ich aber 
die Schwammkeime nicht wohl halten, weil 
Knospen ohne vorausgegangene Befruchtung aus 
der Subſtanz des vegetativen Theils als wirkli— 
che Anfaͤnge neuer Individuen hervorkommen, 
hier aber ein Hy menium zugegen iſt, das immer 
beyde Geſchlechter enthaͤlt, und weil alle Frucht⸗ 
koͤrper gleich nach geſchehener Befruchtung ver— 
weſen oder verwandelt werden, da doch zur Er⸗ 
naͤhrung und Ausbildung der Knoſpen eine viel 
laͤngere Dauer der Communication mit dem Bo— 
den, aus dem ſie hervorkommen, erforderlich,; ja 


| XXXNI 
unentbehrlich iſt. Der einzige weſentliche Unter— 
ſchied in den Saamen der Schwaͤmme von den 
uͤbrigen Saamen ſcheint nur in dem Mangel der 
Cotyledonen zu beſtehen, welche aber nicht noͤthig 
find, da hier das Corculum ein purer fluͤſſiger 
Koͤrper iſt. 

Daß dieſe Theorie noch mancher Erlaͤuterun— 
gen und Beweiſe beduͤrfe, fuͤhle ich ſelbſt ſehr wohl. 
Ich werde auch noch Gelegenheit finden, einiges 
und anders vorzutragen, deſſen Beziehung hierauf 
ſehr weſentlich iſt; allein mich in ein weitlaͤuftiges 
Detail einzulaſſen, das erlau ben mir die Graͤnzen 
dieſes Werkes nicht, das doch immerhin vielmehr 
nur zum allgemeinen Gebrauche als zum Lehrbuche 
fuͤr Freunde der Mycologie beſtimmt iſt und daher 
nur einen Umriß des Weſentlichen enthalten darf, 
was wir naͤhmlich in unſern Tagen uͤber die Na— 
tur der Schwaͤmme ſagen koͤnnen. 

Schon aus demjenigen, was ich bey Erklaͤ⸗ 
rung der Geſchlechtsorgane angegeben habe, wird 
man meine Theorie Über die Zeugung und Fortpflan— 
zung der Schwaͤmme verſtehen. Hier muß ich noch 
hinzufuͤgen, daß die Geſchlechtsorgane der Schwaͤm— 
me ſo wie uͤberhaupt der ganze Prozeß ihrer Be⸗ 
fruchtung von jenem der Algencohorte (als worun⸗ 
ter ich in meinem Methodus die Phyceas, Licheno; 
sas, Mycenas, Sarcocarpas und Gasteremyces 


XXXII a 
rechne) wohl unterſchieden werden muͤſſen. Es iſt 
hier vor allem eine Erinnerung noͤthig, naͤhmlich dieſe, 
daß ſowohl die Schwaͤmme, als die Übrigen fo ebene 
genannten Familien der Algen eine ſehr ſtarke Nei⸗ 
gung haben Zwillingsgeburten hervorzubringen. 
Es ſind daher ſehr oft mehrere Sporulae zuſammen 
von einem Brutbehaͤlter (Gongylangium Bernh.) 
eingeſchloſſen. Allein bey den Schwaͤmmen z. B. Pe⸗ 
zizen, ſind dieſe Gongylangia nichts weiter als ver⸗ 
wachſene, dem Hymenium einverleibte Sporulae, 
Bey den Algen hingegen verhaͤlt ſich die Sache 
ganz anders. Hier find die Gongylangia abgeſon⸗ 
derte Organiſationen, die aus dem vegetativen Theis 
le der Pflanze hervortreiben, manchmahl noch wei— 
ter zuſammengeſetzt ſind und ein Receptaculum 
secundarium oder einen Polſter (Stroma) bilden. 
Auch befinden ſich bey den Algen die beyden Se, 
zualorgane nicht fo durch einander ausgegoſſen wie 
bey den Schwaͤmmen, ſondern groͤßtentheils in ge— 
wiſſer ſchon etwas ausgezeichneter Entfernung von 
einander. 

Gleichen, Buͤllard u. m. a. behaupten, daß 
eine gewiſſe Portion der ſpermatiſchen Fluͤſſigkeit von 
den Stigmaten eingeſogen und zu den Embryonen 
der Saamen in dem Fruchtknoten hingebracht were 
den muͤſſe, wenn dieſer fruchtbar werden ſolle. Allein 
dieſe Theorie iſt offenbar wieder zu materiell und 


XXXIII 
zu mechaniſch fuͤr die organiſche Natur! Die 
Grundlage jedes neu entſtehenden Vegetabils 
oder Thieres iſt ein ausſchließendes Eigenthum 
des weiblichen Koͤrpers, dem es einzig an der 
Materie fehlet, welche erfordert wird, um in 
denjenigen Organen, welche die Entwicklung des 
Embryo bewirken muͤſſen, eine ſolche Thaͤtigkeit 
durch ihren Reitz zu erwecken als hiezu erforder— 
lich iſt, eine Thaͤtigkeit, welche mit jener der 
Selbſterhaltung im Widerſpruch ſtehet, und die 
dann maͤchtig genug iſt, um jene entweder ganz 
zu unterdruͤcken, oder ihr wenigſtens das Gleich— 
gewicht zu halten. Um aber den zu dieſem Zwe— 
cke erforderlichen Reitz zu erwecken, wird eine 
viel feinere Operation erfordert, als man ſich 
gewoͤhnlich vorzuſtellen pfleget. Eine Fluͤſſigkeit 
kann nicht ſo weit durch dieſe uͤberaus feinen 
Schlaͤuche fortgeſchafft werden, als wie z. E. bey 
den Gefaͤſſen eines Griffels bis zu den Embryo— 
nen im Fruchtknoten, wenigſtens nicht, ohne 
durch Beymiſchung anderer gaͤnzlich veraͤndert 
und auf ihrem Wege ſehr lange aufgehalten zu 
werden. Wir ſehen im Gegentheile ſo wohl bey 
den Pflanzen als bey den Thieren, daß von dem 
Augenblicke an, als die Befruchtung geſchehen iſt, 
in den Organen der Geburt ſo große Veraͤnde— 
rungen vorgehen, daß wir geſtehen muͤſſen, die 


XXXIV f 8 

Belebung der Embryonen muͤſſe auch ſchon von 
dieſem Augenblicke an Statt gehabt haben. Leiten 
wir dagegen dieſe großen Wirkungen von dem 
geiſtigen Hauche her, der aus der ſpermatiſchen 
Feuchtigkeit ſich entwickelt, und bey den Thie⸗ 
ren die Nerven, bey den Pflanzen die feinſten 
und reitzbarſten Gebilde beruͤhret, und ſie durch 
dieſe Beruͤhrung augenblicklich zu einer verkehr⸗ | 
ten neuen Thaͤtigkeit umſtimmet; ſo haben wir 
einen Begriff, der uns Genuͤge leiſten und un: 
ſern weitern Unterſuchungen zur Orientirung 
dienen kann. So koͤnnen wir z. E. gleich an den 
Schwaͤmmen verſchiedene irt bemer⸗ 
ken, die dieſe Lehre im hohen Grade zu beſtaͤ— 
tigen, allen andern aber zu widerſprechen ſchei— 
nen. Es gibt unter den Blaͤtterſchwaͤmmen, Löcher: 
und Stachelſchwaͤmmen mehrere, deren Hut in 
der erſten Periode, das iſt: waͤhrend der Perios 
de der Befruchtung, rings um mit dem Strun⸗ 
ke durch eine Haut dergeſtalt verbunden iſt, daß 
ſowohl der Zutritt der aͤußern Luft, als auch 
die allzuſchnelle Verduftung des von dem Hyme- 
nium ausduftenden Aethers dadurch verhindert 
wird. Die uͤbrigen Schwaͤmme, denen dieſe Haut 
mangelt, die man bald Ring (Annulus), bald 
Vorhang (Cortina) nennet, pflegen bald ihre 
Huͤte ganz und gar einzurollen, bald ſich dach— 


XXXV 
ziegelfoͤrmig und feſt anliegend zu bedecken, oder 
durch einen beſonderen Filz, wie keuſche Maͤd— 
chen ihren Buſen zu verſchleyern. Wozu dieſe 
Vorſicht, wenn es nicht darum zu thun ſeyn 
ſollte, den belebenden Duft ſo lange aufzubehal— 
ten, bis alle Brutkeime von demſelben belebt 
und zur Entwicklung neuer Individuen diſponirt 
worden ſind? Das Ausfallen des Saamens zu 
verhuͤten, kann nicht die Abſicht ſeyn, da dieſer 
damahls noch nicht reif und auf der Oberflaͤche 
des Hymenium kaum zu bemerken iſt! Viele 
Schwaͤmme, z. B. alle Arten von Clathrus, Phal- 
lus, Amanita ſind waͤhrend dieſes Zeitraumes 
von einer Wulſthaut (Volva) gaͤnzlich eingeſchloſ— 
fen, und bey dieſen iſt auch wirklich die aura semi- 
nalis weit fluͤchtiger und uͤberhaupt viel mehreren 
Gefahren des Verluſtes ausgeſetzt, als bey allen ans 
dern Gattungen der Schwaͤmme. Die Pezizen ſchlie⸗ 
ßen ihre Muͤndungen, die Helvellen und Morchellen 
falten ſich ſehr enge zuſammen, andere, wie die Cla⸗ 
varien, Spathularien, Leotien u. ſ. w., verbergen 
ſich unter fremden Koͤrpern, z. B. unter den Moo⸗ 
ſen und Abfaͤllen der Baͤume, oder ſie draͤngen ſich 
ſo feſt zuſammen und wachſen ſo geſellig, daß ſie 
ſich wechſelſeitig dieſes Beduͤrfniß des befruchten⸗ 
den Geiſtes mittheilen koͤnnen. Merkwuͤrdig und/ 

| C2 


2 


XXXVI 

wie es ſcheint, hieher gehoͤrig, iſt auch die Be— 
obachtung, daß bey denjenigen Schwaͤmmen, die 
in großen Haufen beyſammen oder aus einerley 
Maſſa vom Mycelium hervorwachſen, alle mit— 
ſammen, ſo wohl große als kleine, in einem glei— 
chen Zeitraume die Function der Befruchtung 
verrichten. Sollte man nicht hieraus den Schluß 
ziehen duͤrfen, daß jener ſo wunderthaͤtige Ae— 
ther, indem er auch nur in einigen Theilen ei— 
nes zuſammengeſetzten Fruchtkoͤrpers Belebung 
erwirkte, dennoch auf den ganzen einen ſo ſtar— 
ken Einfluß habe, daß alle weitere Entwicklung 
auf einmahl aufhoͤret, und nur allein die Des 
guͤnſtigung der befruchteten Brut von der ganz 
zen Maſſa des Encarpiums betrieben werde? 
Mit einem Worte: ſo bald als einmahl dieſer 
Geiſt diſſipirt iſt, fo hoͤret aller Wachsthum auf, 
nur die befruchteten Brutkeime werden noch ei— 
lig zum Ziel gebracht, und der ganze Fruchtkoͤr— 
per geht in Faͤulniß uͤber. Die Zunderſchwaͤmme 
konnen meiner Behauptung nicht entgegen ge— 
ſtellet werden! denn ihre Wiederauflebung und 
Erneuerung der Functionen geſchieht niemahls 
aus den nähmlichen Organen. Der alte Frucht— 
koͤrper verhaͤrtet nur, anſtatt zu verfaulen, und 
wird zum Standorte, ohne mehr ein Schwamm 
zu ſeyn. Es gibt aber auch Zunderſchwaͤmme, 


XXXVII 
die nicht perenniren. Dieſe ſind jedoch vielmehr 
fleiſchig als holzig, und nicht ſelten ſchwitzen ſie 
Waſſertropfen aus, wo man ſie denn auch, je— 
doch nur uneigentlich, Thraͤnenſchwaͤmme nennet. 
Alle weichen Schwaͤmme riechen viel ſtaͤrker, als 
die Holzartigen. Bey genauer Unterſuchung wird 
es ſich auch zeigen, daß die letztern weit weni— 
ger von denjenigen Blaͤschen hervorbringen, die 
dem Pollen der Antheren entſprechen. Bey den 
umgekehrten Schwaͤmmen, z. B. bey Poria, kann 
ferner ein fuͤr alle Mahl kein fluͤſſiges, ſondern 
nur ein aͤtheriſches Befruchten Statt haben, da die 
Lage dieſer Schwaͤmme der Lage der übrigen ent 
gegen geſetzt, und folglich das Abfließen einer 
ſolchen Feuchtigkeit nicht gedenkbar iſt. Uebrigens 
ließe es ſich ja ſogar mathematiſch demonſtriren, daß 
eine Fluͤſſigkeit, die ſo fein waͤre, daß ſie von 
den Narben der Schwammbrut eingeſogen wer— 
den koͤnnte, ſchon wenigſtens bis zur Subtilitaͤt 
eines Duftes verduͤnnet ſeyn muͤßte — und in 
dieſem Falle verdienet ſie alſo auch nicht mehr 
ein Liquor genannt zu werden. Iſt es aber ein 
Duft; ſo ſind wir ſchon an unſerem Ziele, und 
es koͤmmt nun nur auf den Ort an, welcher 
von demſelben beruͤhrt und gereitzt werden muͤſſe? 
Der Keim ſelbſt, oder nur das ihn enthaltende 
Organ? Da aber jener ſowohl feinen erſten Ur⸗ 


XXXVII 


ſprung, als ſeine ſpaͤtere Entwicklung einzig von 
dem letzteren herleitet; ſo ſehe ich keinen Grund 
ein, warum wir dem Keime dieſes Stimulans 
zuſprechen ſollten, da es doch im Gegentheile ſo 
noͤthig iſt, daß das muͤtterliche Behaͤltniß eine 
erhoͤhte Lebhaftigkeit erhalte, um einen neuen 
Koͤrper zu bilden, und aus ſeiner eigenen Sub— 
ſtanz zu ernaͤhren, und da es zu dem Keime 
auf keinem andern Wege, als durch dieſes weib— 
liche Organ gelangen kann! Die Reſultate, die 
aus dieſer Theorie entſpringen, ſind von der 
groͤßten Wichtigkeit; aber es iſt hier nicht der 
Ort dazu, ſie alle auszufuͤhren und zu beweiſen, 
und ich muß es daher einſtweilen der Urtheils— 
kraft meiner Leſer ſelbſt uͤberlaſſen, ſie heraus zu 
ziehen und zu verſammeln. Nur ein Paar davon 
ſey mir erlaubt, aphoriſtiſch zu ſkizziren, weil 
ſie mit der Kenntniß der Schwaͤmme uͤberhaupt 
ſo feſt verknuͤpft ſind, daß wir dadurch in den 
Stand geſetzt werden, mittelſt derſelben unſer 
Urtheil daruͤber mit demjenigen, was uns von 
den Phoͤnogamen bekannt iſt, in ein ebenmaͤßi⸗ 
ges Verhaͤltniß zu bringen. Die Schwaͤmme ge⸗ 
hören demnach 

La) nach der Strenge des Linnaͤaniſchen ER 
Syſtemes in die Gynandria Monandria. Doch 
mup man nicht vergeſſen, daß ich hier nur von 


XXXIX 
den eigentlichen Schwaͤmmen vede, und alle die 
ſchon oben genannten Algenfamilien, deren einige 
man bisher den Schwaͤmmen bepzutäblen ge⸗ 
wohnt war, davon ausſchließe. 

b) Die Blumen der Schwaͤmme ſind groͤßten— 
theils nackte Blumen, d. h.: ſie haben keinen 
Kelch und keine Blumenkrone. Doch machen Cla— 
thrus, Phallus, Amanita u. d. gl. hievon eine. 
Ausnahme, denn die Volva iſt bey dieſen we— 
nigſtens eben ſo gut fuͤr einen Calyx zu halten, 
als die Schlitzen der Aphyteja Hydnora. Der 
Schwamm ſelbſt iſt ein Staubgefaͤß, das mit 
dem Pollen vermengt, die Fruchtknoten ausheckt. 

c) Man kann alle Schwaͤmme durch den Saa— 
men, und die perennirenden noch uͤberdieß durch 
die Zertheilung des Myeceliums fortpflanzen. Als 
lein ein Fruchtkoͤrper, Encarpium kann nicht vers 
ſetzt, gepfropft oder geſteckt werden; denn er iſt 
nichts weiter als ein Staubgefaͤß, oder eine 
nackte Blume. Darum entwickeln ſich auch die 
abgeſchnittenen Schwaͤmme nicht weiter, waͤhrend 
daß ſelbſt die bloßen Eyer der Wulſtſchwaͤmme 
ſich auch noch außer ihrem Standorte entfalten. 

d) Wenn wir die hier gegebene Definition 
eines Schwammes hintanſetzten; ſo muͤßten wir 
manche Pflanzengattung dem Gebiethe der Schwaͤm⸗ 
me einverleiben, die doch weit naher mit den hoͤ⸗ 


XL 

heren Familien des Gewaͤchsreiches verwandt iſt, 
z. B. Cynomorium iſt nach feiner ganzen Sub: 
ſtanz ein wahrer Schwamm, und hat noch uͤber— 
dieß maͤnnliche und weibliche Geſchlechtsorgane ſo 
durch einander gemengt, wie eine Clavaria. Et⸗ 
was weiter entfernt waͤren dann auch die Gat— 
tungen Arum, Caladium, Pothos, Calla. Am- 
brosinia, Zostera, Dorstenia, Ficus, Mithri- 
datea, Cecropia, Zamia, Typha, Aponogeton, 
Artocarpus, Cytinus, Monotropa, Bromelia, 
Araucaria, Banksia u. d. gl. Allein der wahre 
Naturforſcher begnuͤgt ſich nicht mit ſolchen ein— 
ſeitigen Vergleichungen; denn wenn dieß angien⸗ 
ge, fo müßte man auch die Gattungen Marc- 
graavia und Eucalyptus, um der Calyptra 
willen, den Laubmooſen, die koͤpfigen Arten von 
Statice wegen des Ringes den Agaricis und ſo 
viele Arten von Ruscus, Xylophylla, Phyl- 
lanthus, Platilobium u. d. gl. den Farren ein⸗ 
verleiben. 

Mit dieſen wenigen Saͤtzen zufrieden, werfe 
ich mir nunmehr eine neue, nicht weniger inte 
reſſante Frage auf: Wie pflanzen ſich die 
Schwaͤmme fort? Die Antwort hierauf iſt 
mit großen Schwierigkeiten verbunden, dennoch 
hoffe ich, Einiges und Anderes davon erklaͤren zu 
konnen. 


| XLI 
Ich will, da der Weg zweyfach iſt, zuerſt 
die Fortpflanzung durch das Mycelium erörtern, 
und dann auch uͤber den andern, die Verbreitung 
des Saamens, mein Moͤglichſtes verſuchen. 
Schwaͤmme, deren Mycelium nur annuell 
iſt, wie bey den meiſten Arten von Ag. Mycena, 
Omphalia, Coprinus, von Phallus, von Peziza, 
von Clavaria u. d. gl. koͤnnen ſich offenbar eben 
ſo wenig als andere ſogenannte Sommergewaͤchſe, 
ſo wenig als eine Euphorbia Helioscopia durch 
die Zertheilung oder Ausdehnung des Schwamm— 
gewaͤchſes vermehren! Diejenigen hingegen, die wie 
ein Agaricus campestris, oder Boletus Tube- 
raster ein perennirendes Mycelium haben, koͤn— 
nen auch durch die Zertheilung desſelben, wie 
eine perennirende Pflanze durch die Zertheilung 
der Wurzeln, der Wurzelſoroſſen u. d. gl. ver⸗ 
mehret werden. Dieſes geſchieht denn auch wirklich 
ſehr haͤufig, theils abſichtlich, theils zufaͤllig, letz— 
teres durch Ueberſetzung der Baͤume, durch Ver— 
führung der Erde, durch den Verbrauch des Moor 
ſes, des Laubes, des Duͤngers u. ſ. w. Wir ſehen 
daher nirgends mehr Schwaͤmme, als in einem Gar— 
ten, in welchen die Gewaͤchſe aus ſehr verſchiede⸗ 
nen Gegenden mit ſammt dem Ballen verſetzt wor⸗ 
den (verſteht ſich, wenn keine andern Hinderniſſe, 
als z. B., Witterung, trockene Lage, oder Fleiß 


XLH 

des Gaͤrtners, das Aufkeimen derſelben verwehren!) 
und der k. k. Luſtgarten von Schoͤnbrunn iſt ein 
redender Beweis hievon! Die paraſytiſchen Schwaͤm⸗ 
me der Baͤume koͤnnen nur auf dem individuellen 
Baume fortwuchern, dem ſie angebohren wurden, 
und der Boletus fumosus koͤmmt in dem modern⸗ 
den Weidenbaume alle Jahre an einer andern 
Stelle mit ſeinen Encarpien zum Vorſchein, bis 
einmahl der Stamm abgehauen oder fein Myce- 
lium durch einen ſehr ſtrengen Winterfroſt ge— 
toͤdtet wird. Es erhellet hieraus, daß die Ver— 
mehrung durch das Myeelium nur ein Aushuͤlfs— 
und Nebenmittel iſt, wodurch die Natur die 
Schwaͤmme vermehret, aber lange kein ſolches, 
auf welches fie die ſichere Erhaltung ihrer wah— 
ren Arten bauen duͤrfte! In einen Standort 
uͤbertragen, der ſeiner Ernaͤhrung zuwider iſt, 
oder zu einer Jahrszeit, die das Vegetiren des— 
ſelben verhindert, kann es ſehr lange ruhen, 
ohne das Wiederauflebungs-Vermoͤgen zu verlie— 
ren, und nur ſtarke Hitze, oder ſtarker Froſt, 
oder die Freßbegierde der Inſekten koͤnnen es 
gaͤnzlich vernichten. Faͤulniß und Waſſer verder— 
ben es, aber ſchwerlich ganz und gar, und die 
daraus entſpringenden neuen Byſſusgewaͤchſe ſchei— 
nen nur corrumpirte und monſtroſe Conforma- 
tionen zu ſeyn, die nicht mehr Kraft genug ha⸗ 


XLIII 
ben, ihren wahren Typus darzuſtellen. Zur Zeit 
der Belebung vegetirt es mehr oder weniger raſch, 
je nachdem die Kraft der feuchten Waͤrme ſtaͤr— 
ker oder minder iſt. Jedoch ſcheinen die meiſten 
Mycelien überhaupt nur ſehr langſam, und in 
oft unterbrochener Thaͤtigkeit fortzuwachſen und 
ſich auszubreiten. Sie dringen in die Erde, und 
vermengen ſich mit den Partikeln derſelben. Doch 
muß man dieſes nicht fuͤr eine bloße Miſchung, 
ſondern als eine Erſcheinung anſehen, die mit 
derjenigen ganz einerley iſt, wann wir Stuͤck— 
chen Holz, Steinchen, friſche und duͤrre Blaͤt— 
ter, Grashalme, Vogelfedern, Fruͤchte und Saa— 
men, Mooſe, Inſekten-Cadaver und hundert 
andere Kleinigkeiten mit dem ſchnell aufgebluͤh— 
ten Fruchtkörper verwachſen oder durchgewachſen 
erblicken. Iſt ein Mycelium Paraſyt eines leben: 
den Baumes; fo lebt es entweder in dem Mo⸗ 
der desſelben, wie jene in der Erde, oder in ges 
faͤlten und abgeſtorbenen Hoͤlzern, oder es iſt 
ſo ganz und gar Paraſyt, wie die Miſtel, und 
naͤhrt ſich von den unverdorbenen Saͤften des 
Baumes. Geraͤth es, z. B. wenn ein Baum ge— 
faͤlt worden, durch Uebertragung in eine ſolche 
Lage, in welcher es nicht alle die Bedingniſſe 
ſeiner Entwicklung im vollen Maße antrifft; ſo 
uͤberwaͤchſt es ſich zuweilen ohne aller Inflore⸗ 


XLIV 

ſcenz, wie z. B. unter den Phaͤnogamen der 
Kopfkohl der Spargel, das Bitterſuͤß und wie 
Gewaͤchſe, die von einer finſtern Stelle eine lan— 
ge Strecke hin fortkriechen, um ſich der Spalte 
zu naͤhern, wodurch die Luft und das Tages- 
licht einbricht; oder fie bringen zwar einen Frucht⸗ 
koͤrper, aber nicht ihren eigenen, ſondern ein 
Monstrum, eine Peloria! Wir ſehen daher manch⸗ 
mahl mit Erſtaunen auf dem gefaͤllten Holze in 
der Holzkammer ganz andere Schwammgattun⸗ 
gen als wir kurz zuvor an den naͤhmlichen Baͤu⸗ 
men, da ſie noch im Walde ſtanden, bemerkten. 
pelorien der Phoͤnogamen entſtehen, wie ich 
ſelbſt beobachtet habe, wenn fremdartige Pflan— 
zen ſo dicht durcheinander wachſen, daß der Filz 
ihrer Wurzelfaͤſerchen gezwungen wird, ſich ge— 
genſeitig zu umfangen und zu durchweben. Da 
die Mycelien Gallertartig und faſt fluͤſſig find; 
ſo iſt es um ſo viel begreiflicher, daß zwo hete— 
rogene Myeelien ſich — nicht miſchen — aber 
doch, wie wir oben von der Erde geſagt haben, 
durchwachſen koͤnnen, und in dieſem Falle (wel— 
cher eben nicht ſehr ungewoͤhnlich zu ſeyn ſchei— 
net!) moͤgen wohl auch die Schwaͤmme, ſo gut 
wie die Phoͤnogamen zu Pelorien werden. Ich 
ſah nicht ſelten zwey und dreyerley Arten von 
Schwaͤmmen aus einem Stuͤcke hervorbluͤhen, 


XLV 
aber faſt immer nur von der gleichnahmigen 
Gattung, z. B. 2 Agaricos oder 2 Boletos. Der 
ältere, der hier ſchon laͤnger domicilirte, ſchien 
die Oberhand zu gewinnen und den jungen An— 
koͤmmling zur Annahme einer Form zu noͤthi— 
gen, die der ſeinigen aͤhnlich war. Oft moͤgen 
vielleicht die Mycelien ſelbſt einander nach Para— 
ſytenart ausſaugen, und bey den Schwaͤmmen 
kann man dieſer Nahrung allerdings einen viel 
wichtigeren Einfluß auf die Conformation des 
Encarpiums eingeſtehen, als bey den Phoͤnero— 
gamen. Denn wir ſehen ſchon bey den Baum— 
ſchwaͤmmen, wie viel von der Verſchiedenheit der 
Saͤfte abhaͤngt, da die naͤhmliche Art anders auf 
der Buche, anders auf der Eiche, anders auf 
dem Weidenbaume und wieder anders auf dem 
Maßholderbaume ſich entwickelt, wie wir dieſes 
ſehr leicht an Daedalea quercina, Boletus fe- 
mentarius, Boletus citrinus, Boletus hepati- 
cus, Sistotrema versicolor, Agaricus ostreatus 
und hundert andern beobachten koͤnnen. Wun— 
dern wir uns alſo gar nicht, und ſuchen wir 
die Urſachen ja nicht in großer Ferne auf, wenn 
wir auf einmahl im Walde neue Schwaͤmme be: 
obachten; denn wenn der Saame von einem Bo— 
letus in die Nachbarſchaft anderer Myeelien ge— 
fallen, ſo mußte das daraus entſtandene juͤngere 


XLVI 

Mycelium leiden, und allenfalls zu einer Thae⸗ 
lephora werden. Aber dieſer Baſtard wird bald 
wieder verſchwinden (außer, wenn er aufs neue 
durch gleiche Zufaͤlle erzeugt wird!) und die Ur⸗ 
arten werden daneben fortdauern, und immer 
die naͤhmlichen bleiben. 

Die periodiſche Erſcheinung der Sihbmnns 
koͤrper beweiſet uns indeſſen ganz deutlich, daß 
wir nicht allzuviel auf den Einfluß der Witte: 
rung anrechnen duͤrfen! Die Schwaͤmme kommen 
auch bey einer nicht ganz guͤnſtigen Witterung 
in der beſtimmten Jahrszeit zum Vorſchein, nur 
bleiben fie kleiner, nur erſcheinen fie etwas ſpar—⸗ 
ſamer, nur veraͤndern ſie ihre Geſtalt! Aber was 
fuͤr ein Weſen iſt wohl geneigter auszuarten, 
als die Schwaͤmme? Ich ſchluͤſſe hieraus, daß 
es bey den Schwaͤmmen eben ſo wohl wie bey 
den uͤbrigen Pflanzen wahre ſpecifike Unterſchiede 
gebe, die in den innerlichen Eigenſchaften ihrer 
Vegetation gegruͤndet ſind, und das Mycelium, 
als das eigentliche Vegetabil des Schwammes 
hinlaͤnglich verſchieden ſeyn muͤſſe, um uns für 
die Zukunft gruͤndliche charakteriſtiſche Merkmahle 
zur Unterſcheidung der Arten anzubiethen, da 
wir von der Form der Fruchtkoͤrper, wie aus 
dem Vorigen erhellet, nur allzuleicht betrogen 
werden koͤnnen. Im Uebrigen ſcheint es mir, daß 


XLVII 
dieß meiſtens nur einjaͤhrige Myeelien ſind, wel— 
che ſogar- genau die Periode des Emporbluͤhens 
beobachten und die perennirenden halten ihre Pe— 
rioden lange nicht ſo puͤnktlich; auch ſcheint es 
bey dieſen weit mehr auf die Witterung anzu- 
kommen, und wenn ſie alſo auch einiger Maſſen 
periodiſch erſcheinen; ſo hat dieſes wahrſcheinlich 
nur in den Verhaͤltniſſen der den Jahrszeiten 
eigenthuͤmlichen Witterung ihre Grundurſache und 
nicht in einer angebohrnen periodiſchen Abwechſ— 
lung von Thaͤtigkeit und Ruhe. In wie fern 
die Mycelien fremder Himmelsſtriche ſich an die 
Natur eines andern gewoͤhnen und aeclimatiſi— 
ren laſſen? dieß kann wegen Mangel hillaͤngli— 
cher Beobachtungen zur Zeit nicht entſchieden 
werden. Die Paraſptiſchen, ſcheinet mir, würden 
weit ſchwerer dahin zu bringen ſeyn, als die 
Erdſchwaͤmme; weil ſie von jeher Standort und 
Nahrung mit der Mutterpflanze getheilt haben, 
und alſo ein Naturell haben muͤſſen, das dem 
Naturell derſelbigen gleichet. Allein von den Erd— 
und Moderſchwaͤmmen, die einen duͤſtern und 
feuchten Standort haben, und deren Mycelium 
vielleicht niemahls die Macht der Sonnenſtrahlen 
erfaͤhrt, von dieſen, meine ich, moͤchten wohl 
viele ſich in die verſchiedenſten Weltgegenden vers 
pflanzen laſſen. Beſtaͤtigung fuͤr dieſe Vermu⸗ 


XLVIII 

thung finden wir, wenn wir die Flora Danica 
mit den Floren vom ſuͤdlichen Europa und ſelbſt 
von Sibirien, dem Orient und China verglei⸗ 
chen. Sehr naturlich! die Schwaͤmme leben ja 
eingeſenkt in ihrem Standorte, wie die Tange 
im Waſſer, und man weiß ja, daß gewiſſe Tang— 
arten durch die Schifffahrt in ganz entfernte 
Meere uͤbertragen und alldort zu einheimiſchen 
gemacht worden! 

Die andere und bey weitem die gewoͤhnlich— 
ſte Art der Fortpflanzung der Schwaͤmme iſt 
die durch den Saamen, oder die ſogenannte 
Schwammbrut (Sporulae). Die Saamen der 
Schwaͤmme zeichnen ſich von denen der uͤbrigen 
Gewaͤchſe durch die Erſtaunungswuͤrdige Zart— 
heit und durch das Corculum aus, welches eine 
pure verdichtete Gelatina iſt, und ſich ſelbſt die 
Stelle der Cotyledonen vertritt. Was den erſten 
Punct betrifft; ſo ſcheinen ihnen zwar die Algen 
(in der von mir oben angegebenen ausgedehnten 
Bedeutung) und feloft die Mooſe und die Far: 
ren nichts nachzugeben; allein dieſe enthalten 
doch immer ihrer viele beyſammen in einem Be— 
haͤlter (und in dieſem Falle find auch die Saa— 
men der Phoͤnogamen immer viel kleiner als an— 
dere !), die Schwaͤmme hingegen tragen faſt lau⸗ 


XLIX 
ter einzelne Saamen, und dennoch find diefe von 
der Art der allerkleinſten! 

Das Keimen, der Saamen glaube ich, wenn 
es ja erklaͤrt werden ſolle, auf folgende Art er— 
klaͤren zu können: Jeder Schwammſaame iſt ein 
nackter Keim, der aber durch den Zutritt der 
Luft in ſeiner Oberflaͤche vertrocknet, und ſolcher— 
geſtalt ein uneigentliches Saamenkorn bildet. Ge— 
raͤth ein ſolches Korn an den Ort, wo Feuch— 
tigkeit, Waͤrme und vielleicht noch ein drittes or— 
ganiſches Aufloſungsmittel dieſe Rinde durchwei— 
chen, fo ergießt ſich die Gallerte und tritt als Keim 
in das Meer der Elemente, die ſie fuͤttern. Allein 
bey einem Raiſonnement uͤber die Wirkungen oder 
Erſcheinungen der organiſirten Weſen ſollte es 
uns genuͤgen, ſagen zu koͤnnen; warum etwas 
geſchieht? Wie es geſchieht, angeben zu wollen, 
heißt abermahl die Organiſation zum todten Me— 
chanismus herabwuͤrdigen. Das Saamen- oder 
Brutkorn des Schwammes kann ſich unſtreitig 
ſehr lange, ja wohl viele Jahre erhalten, bis 

endlich einmahl alle die Bedingniſſe zuſammentref— 

fen, welche zu feinem Aufkeimen erforderlich find. 

Eines dieſer Bedingniſſe ſcheint denn auch die Jahrs 

zeit zu ſeyn, und dieſe periodiſche Neigung zu Feie 

men iſt eine Eigenſchaft, die wir nicht anders als 
| ur D 


L 
aus der angeerbten Urkraft der ſpecifiken Materie 
jeder Art herleiten koͤnnen! 

Die Brutkoͤrner der perennirenden Myeelien 
moͤgen vielleicht auf der Stelle keimen, wie ſie 
ausfallen, und nur erſt dann ausbluͤhen, wenn 
ihre Mycelien einmahl ſtark genug und gleichſam 
mannbar ſind. Vielleicht gehoͤret dazu auch noch 
der Zufall, daß ſich mehrere individuelle Myeelien 
von einerley Art durchwachſen! denn da die Frucht— 
körper mehrerer Schwammarten aus verſchiede— 
nen Organen zuſammengeſetzt ſind, die doch alle 
die Brutkorner abwerfen, wie z. B. bey den Mor⸗ 
cheln der Hut und der Strunk; ſo kann es 
wohl ſeyn, daß dieſes Durchwachſen der Mytce— 
lien von den Koͤrnern des Hutes und des Strun— 
kes erforderlich iſt, wenn wieder eine Morchel 
aufwachſen und beyde Organe entwickeln ſoll. 
Hieraus ließe ſich denn alſo die Erſcheinung der 
unvollkommenen Schwammgebilde erklaͤren. Ich 
habe mehrmahlen Boleten ohne aller Anlage von 
Roͤhrchen, Agariken ohne Blätter, Helvellen 
ohne Huͤte geſehen, die doch uͤbrigens ſo gut 
ausgebildet waren, daß man die Art genau be— 
ſtimmen konnte, zu der ſie gehoͤrten! 

Oefters erſcheinen in unſeren Waͤldern, auf 
unſeren Wieſen, in den Kellern u. ſ. w. Schwaͤm⸗ 
me, von denen man bisher keine Spur in der 


Li 
ganzen Gegend finden konnte, und die der zufäl- 
ligen Beſchaffenheit dieſer Standorte fo angemeſſen 
zu ſeyn ſcheinen, daß vielleicht in tauſend Jahren 
keiner da wachſen konnte, und in wieder tauſend 
Jahren keiner mehr da wachſen duͤrfte. Sind etwa 
die Schwaͤmme Vegetabilien, ohne alle beſtimm— 
te Form, und haͤngt dieſe etwa ganz von dem 
Einfluſſe der aͤußerlichen Umſtaͤnde ab? Der wahre 
Thraͤnenſchwamm (Merulius destruens P.) waͤchſt 
nur in Gebaͤuden und kommt unter gewiſſen Um: 
ſtaͤnden daſelbſt zum Vorſchein, wenn in der Nähe 
derſelben nur überhaupt Holzſchwaͤmme, vornaͤhm— 
lich Zunderſchwaͤmme wachſen. Der Herr Legati⸗ 
onsrath von Wehrs ſcheint die Meinung von der 
Einheit der Arten in ſehr ausgedehntem Sinne zu 
beguͤnſtigen, wenn er in ſeiner Abhandlung über 
den Schwamm und deſſen Vertilgung 
aus den Wohnungen (S, allgem. Anzeiger 
der Deutſchen, Jahrg. 1806 v. Nro. 28g bis 292) 
zwiſchen den Schwaͤmmen der Waͤlder und dem 
Thraͤnenſchwamme gar keinen Unterſchied machet, 
ſondern die Entſtehung des letzteren von dem Saa— 
men herleitet, der mit den Balken und Dielen 
aus dem Walde in die Haͤuſer uͤbertragen wor⸗ 
den ſeyn ſollte, und wenn er in dieſem Aufſatze 
uͤberhaupt nur vom Schwamme redet, er mag 
den Thraͤnenſchwamm oder was immer fuͤr einen 

D 2 


Lil | 

andern bezeichnen. Bisher hat aber noch niemand 
den wahren Thranenſchwamm außer den Gebaͤu— 
den, Bergwerken, Ruinen u. d. gl. im Walde 
getroffen. Man findet zwar in ſehr warmen und 
zugleich ſehr feuchten Sommern haufig Thraͤnen⸗ 
ſchwaͤmme, allein dieſe find nicht vom Merulhis 
destruens, ſondern angeſogene und fleiſchig ge— 
wordene Abarten vom Boletus fomentarius P. 
Ich kann es nicht laͤugnen, daß ich in ſo fern 
ganz der naͤhmlichen Meinung ſey, wenn man 
nähmlich den wahren Thraͤnenſchwamm fuͤr eine 
bloß durch Standort und Nahrung erzeugte Pe— 
loria des Roletus fomentarius ausgibt. In Folge 
deſſen muß ich aber auch gleich einer Menge ande: 
rer ſporadiſch erſcheinender Schwammgebilde das 
jus speciei abſprechen und hiemit die plötzliche Erz 
ſcheinung ſolcher Schwaͤmme fuͤr Pelorien, Abar⸗ 
ten, Modificationen und Baſtarde erklaͤren. 

Wenn aber der Herr Legationsrath von Wehrs 
(a. a. O. S. 3527) alſo fortfaͤhrt: „Auch kann 
es ſeyn, und wer wird es verneinen? daß der Saa⸗ 
me der Holzſchwaͤmme mit dem Holzſafte ſchon beym 
Aufwachſen des Holzes in dieſes kommt, und fo 
lange darin ſtill liegt, bis ihn die Holzfaͤulung 
endlich in Bewegung ſetzt;“ fo kann ich ihm nicht 
beyfallen, obgleich es mir nicht entgangen iſt, wie 


Lin 
finnreich in den neueſten Tagen einer der größten 
Botaniker, Decandolle in dem Memoire sur les 
Champignons Parasites (ſ. Annales du Mus. 
V. Année, Cah. 49. p. 56 et seqq.) von den 
Aecidiis, Xylematibus, und den übrigen Als 
gen dieſer Familie ungefähr das naͤhmliche ber 
hauptet. Eine Intusſuſception des Saamens zu— 
geben, hieße nach meinem Urtheile den Kreis— 
lauf der Saͤfte in den organiſchen Korpern fuͤr. 
einen puren Mechanismus erklaͤren! Nie kann 
ein fremder Koͤrper in den Organen eines an— 
dern zugegen ſeyn, ohne ihn entweder zu zerſtoͤ⸗ 
ren, oder von ihm zerſtoͤrt zu werden. Alles, 
was durch die Gefaͤße eines organiſchen Koͤrpers 
durchgehet, wird in die Subſtanz verwandelt, 
homogeniſirt, und wenn es unfaͤhig iſt, homo— 
geniſirt zu werden; ſo entſteht ein Zweykampf 
der Naturen, und der fremde Koͤrper iſt ein 
Gift, das, wenn es nicht mehr ausgeworfen wer⸗ 
den kann, den enthaltenden Körper widerngtuͤr— 
lich reitzt, daß er erkrankt und endlich darauf— 
geht. Man muß ſich die Saftgefaͤße der Pflan⸗ 
zen, die dieſe Saamen fortbewegen ſollen, nicht 
wie Schlaͤuche vorſtellen, in denen ein ſolches 
Koͤrnlein wie ein Fiſch im Waſſer fortſchwimmen 
koͤnnte, man muß an die engen Paͤſſe denken, 
und ſich erinnern, daß man ſich die Circulgtion 


LIV 
der Saͤfte in den feinſten Organen nicht anders 
als durch die Aufloͤſung in einen uͤberaus feinen 
Duft gedenken kann! Im Vorbeygehen alſo zu ſa— 
gen, die paraſytiſchen Schwaͤmme und Afterſchwaͤm⸗ 
me, die alle Jahre auf den Blättern der Baͤu— 
me und anderer Pflanzen erſcheinen, mochten wohl 
eher den zu gleicher Zeit mit den Gewaͤchſen wie— 
der auflebenden Inſekten oder der ſpecifiſchen Leich— 
tigkeit ihrer Saamen, vermoͤg welcher dieſe hoch 
in die Luft aufſteigen und nur bey Gewittern von 
dem Regen praͤcipitirt werden, das Vehiculum 
ihrer periodiſchen Wiederanbauung zu verdanken 
haben, als der Einſaugung durch die Wurzeln! 
Man erinnere ſich noch zum Ueberfluß, daß die 
Wurzeln der meiſten Baͤume ſehr tief in der Erde 
verborgen liegen, und daß es oft ſehr ſchwer werden 
dürfte, zu erklaͤren, wie dieſe Schwammſaamen 
einige Fuß tief durch den Erdboden eindringen und 
in dem Schoß desſelben gerade auf die unendlich 
feinen Saugſpitzen der Wurzeln zutreffen ſollten! 
So wohl hier, bey der ſpeciellen Abhandlung 
der eßbaren Schwaͤmme, als wie auch in meinem 
andern Schwammwerke, habe ich ſchon mehrmah⸗ 
len die Unzulaͤſſigkeit der meiſten unſerer nur pro⸗ 
viſoriſch eingefuͤhrten Gattungen und Arten der 
Schwaͤmme bemerket. Ich ergreife hier zum erſten 
Mahl die Gelegenheit, meine Gedanken uͤber eine 


LV 


beſſere Grundveſte derſelben mit Unbefangenheit 
denjenigen vorzulegen, welche durch die Schaͤrfe 
ihres Geiſtes und durch ihre großen Naturkennt— 
niſſe berufen ſind, das Richteramt in 1 An⸗ 
gelegenheiten auszuuͤben. 

Alle claſſiſchen Theoretiker der Botanik ſtim— 
men in dem Grundſatze uͤberein, daß man die 
Gattungs-Charaktere von der Bluͤthe und Frucht, 
die Charaktere der Arten aber von den bloß ve— 
getativen Organen der Gewaͤchſe herleiten ſolle. 
Bey den Schwaͤmmen hat man dieſen Grundſatz 
bisher noch ſehr wenig befolgt, man hat das ei— 
gentliche Vegetabil, das Mycelium gaͤnzlich ver- 
nachlaͤſſigt, man hat die Gattungen von der mei— 
ſtens ſehr zufaͤltigen und wandelbaren Geſtalt des 
Encarpiums, die Arten aber von den Modifica® 
tionen derſelben entlehnet. Da wir nun aber, 
nach dem, was vorausgegangen iſt, die wahre Na- 
tur der Schwaͤmme beſſer kennen gelernt haben; 
ſo ergibt ſich, daß in Zukunft die Schwamm⸗ 
gattungen nur nach den weſentlichen Verſchieden⸗ 
heiten des Encarpiums, die Arten hingegen nach 
jenen des Myeeliums beſtimmt werden muͤſſen. 
Der weſentlichſte Theil des Fruchtkoͤrpers iſt das 
Hymenium, die Schuͤrze, und in feiner Ober: 
flaͤche die Staubblaͤschen und die Brutkörper— 
chen. Blaͤttchen, Röhrchen, Locher, Falten, Wern, 


* 


LVI 


Schlitzen, Pfriemfaͤden, Knoͤtchen u. ſ. w., das 
alles ſind nur ſolche Bildungen, die von gerin— 
gen zufaͤlligen Verſchiedenheiten des Bodens, des 
Standortes, der Witterung, der Geſellſchaft u. 
d. gl. Veraͤnderungen erleiden. Wenigſtens dürs 
fen dieſe Conformationen nur mit einer viel groͤ— 
ßeren Behuthſamkeit als bisher dazu angewandt 
worden iſt, zu der Abſicht, Gattungen zu ſta— 
tuiren, benutzt werden. Man koͤnnte meines Er— 
achtens viel ſicherer auf die Subſtanz und den 
Ort des Hymeniums bauen, und ſonach alle 
Gattungen der Schwaͤmme vor der Hand auf 
folgende drey, nahmentlich: Lithothecium, Hy- 
menot' ecnım und Naematothecium, welches 
bey Perſoon Familien ſind, reduciren, ob ich 
gleich hoffe, daß man in der Folge wieder viel 
mehrere, aber ganz andere, als die bisherigen 
Genera einführen werde. Die Gattung Naema⸗ 
tothecium begreift zwar ſchon die ſogenannten 
Byſſusgewaͤchſe. Allein mit Ausſchluß derjenigen, 
die nur Anfaͤnge und Kruͤppel von Schwaͤmmen 
find, möchten denn doch Die übrigen vielleicht 
noch einft der Familie der wahren Schwaͤmme 
angehörig befunden werden! Auch der Ort des 
Hymeniums gibt einen brauchbaren Charakter! 

Denn bald uͤberzieht es den ganzen Fruchtkoͤr⸗ 
per, bald nur einen gewiſſen Theil desſelben. 


LVII 
Bald iſt es eingeſchloſſen, bald offen. Es unter— 
liegt zuweilen gewiſſen Verwandlungen; es pro— 
liferirt und waͤchſt mit dem Perisarcium fort, 
oder hat auch wohl ſeine beſtimmte Dimenſion 
und wird von dem Schwammfleiſche uͤberwach— 
ſen u. ſ. w. 

Die Brutkoͤrper (Se der Schwaͤmme 
koͤnnten zuweilen nach ihrer Geſtalt und Farbe, 
ein anderes Mahl hingegen nach ihrer Menge, 
nach ihrem Stande, nach ihrer Art zu reifen 
und abzugehen diſtinguirt werden. 

Gegen die verfuͤhreriſchen Pelorien haben 
wir keinen andern Schutz, als die Beobachtung 
in der Cultur und die Vergleichung der unver— 
wandelten Organe. Aber das Naͤhmliche gilt ja 
auch von den Pelorien der Phoͤnerogamen! 

Die Arten, habe ich geſagt, ſind nach dem 
Mycelium (verfteht ſich in der Zukunft, wenn 
ein Mahl mehrere Beobachtungen daruͤber ge— 
macht ſeyn werden!) zu unterſcheiden. Der Zeit: 
punkt, in dem man dieſes beobachten und unter— 
ſuchen ſoll, waͤre nach meiner Meinung am be 
ſten dann auszuwaͤhlen, wenn es eben im Be— 
griffe ſtehet, Fruchtkoͤrper auszutreiben, und noch 
ehe, als ſich dieſe entfalten. Die Merkmahle, 
die man daran finden koͤnnte, um Arten zu un— 
terſcheiden, koͤnnten allenfalls in der Conſiſtenz 


LVIII 

und Zaͤhigkeit, in dem Gemengſel mit fremden 
Koͤrpern, in der Entſpinnung der Fibern, in der 
Lage, in der Verwandlung, in der Farbe, in 
dem Geruche, in der Verbreitung, in der Dauer, 
in der Geſtalt und in den Auswuͤchſen uͤber dem 
Standorte geſucht und ausgewaͤhlt werden. Die— 
ſer Weg iſt denn freylich ſehr ſchwer, aber er 
iſt auch der einzige zur 1 Kenntniß der 
Schwaͤmme. 

Unterdeſſen bedienen wir uns aber zur Aus— 
hilfe der bloß erkuͤnſtelten Gattungen und Arten. 
Die Folgezeit wird uns (wohl nicht mit Rieſen— 
ſchritten!) zur Kenntniß der wirklichen und wah— 
ren geleiten! Wir muͤſſen uns indeſſen begnuͤgen, 
die verſchiedenen Schwammgebilde, ſeyen es nun 
Arten oder bloße Naturſpiele fragmentariſch ken⸗ 
nen zu lernen, und von Zeit zu Zeit neue Auf— 
ſchluͤſſe über die großen Raͤthſel, die ſie uns aufwer— 
fen, durch fortgeſetzten Fleiß zu erhalten! 

Unter den neueren Authoren, welche in der 
Mycologie den erſten Rang behaupten, hat Per— 
ſoon, der erſte und vorzuͤglichſte derſelben, folgen— 
de Gattungen feſtgeſetzt; deren weſentliche Charak— 
tere und Merkwuͤrdigkeiten ich nun meinen Leſern 
im Umriſſe hier darzuſtellen gedenke. 

J. Der Gitterſchwamm (Clathrus) beſteht aus 
einem eyrunden, ſtielloſen, gitterartig-fleiſchigem 


LIX 


Hute. In der Jugend iſt dieſer Körper mit ei 
ner mehlicht-klebrichten Maſſa angefuͤllet, im Al- 
ter hingegen iſt er ganz hohl. Eine weißliche 
Wulſthaut verhuͤllt ihn bis zu ſeiner Entwick— 
lung, und bevor dieſe zerplatzt, bildet der Schwamm 
ein weiches lederartiges Ey, wie die der folgenden 
Gattung. Das Netz des Hutes iſt weitſchichtig ge— 
ſtrickt, und beſteht aus dicken, in die Runde zu— 
ſammen laufenden, anaſtomoſirenden, faſt Cinno— 
berrothen Aeſten, die mit dem Hymenium bekleidet 
ſind, welches zur Zeit der Reife gaͤnzlich zerfließt, 
und einen unertraͤglichen Cadaveroͤſen Geſtank ver: 
breitet. Man kennt bisher nur 2 Arten davon, 
die in den waͤrmſten Provinzen des füdlichen Eu: 
ropa zu Hauſe ſind. Sie gehoͤren zu den ausge— 
zeichneten Schoͤnheiten, aber nicht zu den eßbaren 
Schwaͤmmen. Einigermaßen finden wir in der Ver— 
mittlung dieſes Schwammes eine Verbindung der 
wahren Schwaͤmme mit den Bauchbilzen, z. B. 
mit Lycoperdon bezeichnet, und wirklich hatten 
Linnse und feine Zeitgenoſſen verſchiedene Arten 
von Trichia, Arcyria, Stemonitis u. d. gl. mit 
dieſer Gattung vereinigt. 

II. Der Gichtſchwamm (Phallus). Der Hut iſt 
geſtrunkt auf feiner ganzen eyfoͤrmigen Oberfläche 
zellicht; das gallertartig-ſchleimichte Hymenium, 
zerfließt in eine Jauche, in welcher die Brutkoͤrn⸗ 


LX 


chen ſchwimmen. In der Jugend ſteckt der Schwamm 
in einer Wulſthaut, und gleicht foͤrmlich einem 
Eye. Wenn dieſes zerplatzt; ſo erhebt ſich der Hut 
auf ſeinem Strunke mit ſichtbarer Schnelligkeit. 
So, wie der eingeſchloſſene Schwamm alle Theile 
des Eyes in der Nachahmung darſtellet (s. meis 
ne Naturgeſch. der Oeſterr. Schwaͤmme. I. S. 94 
u. f.) fo zeigt uns der entwickelte Fruchtkoͤrper mit 
einer wirklich bewundernswuͤrdigen Analogie, die 
Geſtalt einer aufgerichteten penis (i<oaAasg), an 
welcher die corpora cavernosa, die Urethra, die 
Glans penis, das Orificium und ſogar das scro— 
tum ein jedes an ſeinem Platze zu erkennen ſind. 
Man hat deßwegen einer Art desſelben, die ſich 
darin vorzuͤglich auszeichnet, den Beynahmen: 
impudicus gegeben; und es iſt auffallend, daß die 
Natur in ihren Geſchoͤpfen auch ſolche verrufene 
Dinge nachahmet und ſogar die Polygamie in 
gewiſſen Familien des Gewaͤchsreiches beguͤnſtigt. 
Allein die hoͤchſte Reinigkeit und die edelſte Unbe— 
fangenheit darf von keinem Anblick erroͤthen! Die 
Wuͤrde der Natur iſt weit uͤber alle menſchliche 
Vollkommenheit und Größe erhaben! Auch der 
Unſchuldigſte unter den Sterblichen iſt doch we— 
nigſtens fahig, durch thieriſche Triebe erniedrigt 
zu werden; die Natur entehrt ſich niemahlen und 
kann niemahlen entehrt werden. Darum bildet 


-"LXI 
und ordnet fie mit der groͤßten Freyheit, und ihr 
Anſtand leidet nichts dabey; weil man ihr ſchlech— 
terdings keine andern, als edle und tadelloſe Ab— 
ſichten zumuthen kann. Ihr gleichet einigermaßen 
der menſchenfreundliche Wundarzt, der mit wohl— 
thaͤtiger Unbarmherzigkeit den leidenden Koͤrper 
enthuͤllet, ohne an was anderes, als an die Wie— 

derherſtellung ſeiner verletzten Geſundheit zu den— 
ken. Perſoon verzeichnet uns ſechs Arten von die— 
ſer Gattung, die alle fuͤr die Arzeneykunde wichtig 
zu ſeyn ſcheinen, und eine genauere Pruͤfung ver— 
dienten. Man hat vordem die Morchelarten (Mor- 
chella) mit dieſer Gattung vereinigt, bloß weil der 
Hut derſelben mit dem Hute des Gichtſchwammes 
einige Aehnlichkeit hat, allein gewiß mit Unrecht: 
denn Morchella hat keine Volva, kein fluͤſſiges 
Hymenium und die Erſcheinungen der Metamor— 
phoſe find im hoͤchſten Grade verſchieden! Zum Ge— 
nuß koͤnnen die Gichtſchwaͤmme ſchlechterdings nicht 
verwendet werden. 

III. Der Sackſchwamm (Amanita). Hat ei⸗ 
ne Wulſthaut; einen fleiſchigen, meiſten Theils 
getaͤfelten Hut, gedraͤngte, faſt einfoͤrmige Lamel— 
len, einen meiſtens verlaͤngerten Strunk und oͤf— 
ters auch einen Ring. Perſoon hat in feiner Sy- 
nopsis fungorum 16 Arten: aber es ſind ſeither 
ſchon wieder mehrere neue Arten entdeckt worden, 


LXII A 

z. B. von Albertini und Schweinitz. Es gibt 
3 Abtheilungen in dieſer Gattung a) mit einer 
ganz diſtinguirten, deutlichen Wulſthaut ohne 
Ring; b) mit einer deutlichen Wulſthaut und ei— 
nem Ringe ze) mit einer undeutlichen, am Steunfe 
verwachſenen und ſich zerpfluͤckenden Wulſthaut, 
und warzigt getaͤfeltem Hute. Die Arten der 
letzten Abtheilung pflegt man insgeſammt Flie⸗ 
genſchwaͤmme (Myoperda) zu nennen. Nur weni⸗ 
ge Sackſchwaͤmme find eßbar, die Fliegenſchwaͤm— 
me aber uͤberhaupt fuͤr giftig zu halten. Die 
erſte Abtheilung naͤhert ſich ſehr den Tintenſchwaͤm⸗ 
men, Coprinis, einer Abtheilung der Blaͤtter— 
ſchwaͤmme aus Perſoons Schwammſynopſe, indem 
fie faſt eben ſo zart gebauet find, ſehr enge (ges 
draͤngte) Lamellen, einen Anfangs glockenfoͤrmigen 
Hut haben, und in eine Jauche zerfließen. In der 
2ten Abtheilung find mehrere, wie z. B. der Kai⸗ 
ſerling, eßbar. Doch wird auch die Amanita in- 
carnata aus der erſten Abtheilung von Micheli fuͤr 
einen Schwamm angegeben, welchen man in Ita— 
lien ohne Nachtheil verſpeiſet. Die Gattung Ama- 
nita (fo wie wir fie hier nehmen!) iſt offenbar nur 
eine erkuͤnſtelte; denn außer dem Wulſte iſt ſie 
von Agaricus in keinem Stuͤcke verſchieden. Was 
nun aber dieſes Organ betrifft; ſo finden wir ja 
auch in den übrigen Agaricis haͤufige Spuren und 


LXIII 


Uebergaͤnge davon. Bey den erſtgenannten Co— 
prinis iſt fie. an vielen Arten in dem erſten Al— 
ter gar nicht zu verkennen, mehrere Agarici 
von der Abtheilung Omphalia zeigen ein glei— 
ches, und bey den Lepiotis und Cortinarlis 
ſcheint nur die Vergaͤnglichkeit derſelben groͤßer 
und die Verwachſung an den Strunk ungefaͤhr 
wie bey den Fliegenſchwaͤmmen feſter zu ſeyn. 
Hier iſt noch zu bemerken, daß La Mark nach 
dem Beyſpiele des Dillenius, und Haller unter 
Amanita ganz was anders verſteht, als den Sack— 
ſchwamm. Er bezeichnet naͤhmlich mit dieſem Nah: 
men alle jene Arten des Blaͤtterſchwammes (Aga- 
ricus), welche einen fleiſchigen Hut und einen 
Strunk haben (S. Encyclop die methodique; 
Botan. T. I. p. 104 et 694). Unter Agaricus 
hingegen verſteht er die Perſoonſchen Arten von 
Boletus, Daedalea, mehrere Merulios , Sisto- 
tremata u. d. gl. 
IV. Der Blaͤtterſchwamm (Agaricus). Der 
Hut hat Blätter, oder Blaͤttchen (Lamellae), d. 
i. aus einer Dupplicatur des Hymeniums beſte— 
hende und vom Centrum nach dem Rande des 
Hutes hin Strahlenfoͤrmig auslaufende, ſcharf— 
randigte Lappen. Unberechnet der neueren Arten 
und der ungeheuern Menge der zweifelhaften 
Varietaͤten, die vielleicht (tin der Manier, wie 


LYXIV 


men bisher die Arten beſtimmt hat, zu verfah— 
ren!) noch dem größten Theile nach fuͤr eigene 
Arten in der Folge ausgegeben werden duͤrften, 
zaͤhlt Perſoon in der erſten Ausgabe feiner Sy- 
nopsis 447 Species. Es ſind die Amanitae des 
‚La Mark mit Ausſchluß der wirklichen Perſoon— 
ſchen Amanita und mit Inbegriff der meiſten Ar⸗ 
ten von Merulius des naͤhmlichen Authors. Da 
die Zahl der hiehergehoͤrigen Arten zu groß iſt, 
um eine Ueberſicht zu geſtatten, ſo war eine Un⸗ 
terabtheilung in gewiſſe Familien hoͤchſt nothwen⸗ 
dig, die denn auch Perſoon wirklich mit ſehr 
vielem Gluͤcke gemacht hat. Nur an die Stelle 
der weiteren Untertheilungen der Familien ſelbſt 
wären manchmahl noch andere und ſchaͤrfer ab; 
gezeichnete zu wuͤnſchen. Die ſo eben erwaͤhnten 
Familien der Blaͤtterſchwaͤmme waͤren dann aut 
Perſoons Synopsis folgende: 

A. Lepiota (Stiefelſchwamm). Die Lamel⸗ 
len ſind etwas trocken, unwandelbar, der Strunk 
ſteckt vom Grunde an bis zu einer gewiſſen Hoͤ— 
he in einer feſt verwachſenen Haut, die im juͤn⸗ 
gern Alter bis an den Rand des Hutes reichet, 
und alſo die Lamellen verſchluͤßt. Dieſe Haut 
reißt ſich nachher um und um von dem Hute 
los, und bildet den Ring, welcher bey einigen 
Arten ſehr lange dauert, bey andern hingegen 


> 


LXV 


ſammt der Decke des Strunkes ſehr bald ver— 
weſet und verſchwindet. Agaricus collinitus, 
meynt Perſoon, koͤnnte in der Jugend leicht fuͤr ei— 
ne Lepiota gehalten werden, da er doch in reife— 
rem Alter ſich als eine deutliche Cortinaria zeiget. 
Dieſe Familie enthaͤlt mehrere eßbare Schwaͤmme, 
aber auch mehrere verdaͤchtige. Sie haben das 
Eigene, daß ſie mehr als alle uͤbrige Arten von 
Agaricus geneigt ſind, jede Art fuͤr ſich in der 
Groͤße ſtark zu differiren. 
’ B. Cortinaria (Schleyerſchwamm). Der Hut 
iſt meiſtens fleiſchig, die Lamellen an der Baſis 
eingeſchnitten, gewoͤhnlich mit dem Hute und 
Strunk von einerley Farbe, werden jedoch am 
Ende mehr oder weniger zimmetfarbig; der Strunk, 
welcher bey vielen knollicht iſt, iſt mit einem Vor— 
hang verſehen, der ſich ſpaͤterhin in ein Spinne: 
webenartiges Gefaͤſer zerpfluͤcket. Die Unterthei— 
lungen dieſer Familie ſetzt Perſoon nach der Farbe 
feſt. Allein dieſe iſt hier nicht ganz ſo zuverlaͤſſig, 
als wohl zu wuͤnſchen waͤre. Zum Gluͤcke iſt dieſe Fa⸗ 
milie noch nicht von den allergroͤßten! Was aber 
hier vorzüglich viele Schwierigkeiten hervor bringt, 
iſt die nahe Verwandtſchaft der Arten, und es 
ſcheint, daß in der Folge wohl ſehr viele davon 
reducirt, und fuͤr bloße Spielarten erklaͤrt wer⸗ 
den duͤrften. Als erwieſen eßbar iſt noch keine ein⸗ 
E 5 


LXVI 
zige von den 53 Arten dieſer Familie bekannt 
gemacht worden. Ihr Vorhang (Cortina) ver⸗ 
fhlüßt in der Jugend die Lamellen, und oft 
bleiben an dem geoͤffneten Rande des Hutes noch 
Spuren desſelben in kleinen Fezen und Faſern 
uͤbrig. 

C. Gymnopus (Nacktfuß). Der Hut fleiſchig, 
voͤllig rund, gewoͤlbt, die gleichfaͤrbigen Lamel— 
len vertrocknend; der Centralſtrunk ohne Vor— 
hang und ohne Ring, alſo nackt. Im Stande 
der Jugend ſind die Huͤte dieſer Schwammarten 
am Rande ſo ſtark eingerollt, daß durch dieſe 
Einrollung die jungen Lamellen ſo gut beſchuͤtzt 
werden, wie bey den Arten der vorigen beyden 
Familien, durch den Ring und durch den Vor— 
hang. Dieſe Familie iſt die ſtaͤrkſte von allen, 
und enthaͤlt nicht weniger als 138 Arten, die 
freylich wohl dem größten Theile nach, nur Mo: 
dificationen und Abarten zu ſeyn ſcheinen, aber 
doch in der gegenwaͤrtigen Manier als Arten ges 
trennt und unterſchieden werden mußten. Die 
vielen von Perſoon ſelbſt nahmhaft gemachten 
Arten anderer Familien, als wie Ag. Mycena 
roseus, Ag. Myc. strobilinus, Ag. Cortinaria 
nudus, Ag. Omphalia adustus und ſelbſt ande: 
re aus der naͤhmlichen Familie, die wie Ag. fer- 
tilis, grandis etc. in andern, als denſelben Ahr 


| LxvIi 
theilungen geſucht werden duͤrften, in welchen er ſie 
mufgeſtellet hat, ſcheinen uns einen Wink zu ge— 
ben, daß dieſer große Naturforſcher ſchon ſelbſt 
die nahe Anverwandtſchaft gewiſſer auch in der 
Synopsis entfernter Schwammarten gefühlt habe, 
und daß unſere obige Behauptung von der Erſchei— 
nung ſporadiſcher Schwammgebilde auch ihm nicht 
ganz ungeahndet aufſtoſſen duͤrfte. Es iſt noch 
ſehr wenig von der Eßbarkeit der Nacktfuͤße be: 
kannt, dennoch ſcheint es, daß gerade in dieſer 
Familie die meiſten eßbaren Arten der Schwaͤmme 
aufgenohmen ſeyn duͤrften. Es kommt alſo nur noch 
auf dießſeitige Verſuche an. Die Abtheilungen der 
gegenwärtigen Familie in kleinere Sectionen find 
von Perſoon ebenfalls nach den Farben benannt 
worden, aber fie find auch eben fo unſicher wie die⸗ 
ſelben der vorigen. 

D. Mycena (Nagelſchwamm). Zarte, kleine 
Schwaͤmmchen, mit einem gewoͤhnlich bloß haͤuti— 
gen, geſtreiften, durchſcheinenden, gewoͤlbten und 
ausdaurenden Hute, eintrocknenden gleichfarbigen 
Lamellen, und einem meiſtens hohlen, verlaͤnger— 
ten, nackten Strunk. Die 39 Arten dieſer Fami⸗ 
lie hat Perſoon ohne weitrer Untertheilung geſchil— 
dert. Faſt alle dieſe ſcheinen wahre plantae an- 
nuae (Sommergewaͤchſe) zu ſeyn. Sie dauern 
auch nicht lange, und erſcheinen in allen Jahrs⸗ 
zeiten. Viele davon werden zur Nahrung verwen⸗ 

E 2 


LXVII 
det und mit dem gewöhnlichen eßbaren ges 
ſchwamme verwechſelt. Wenn fie faul und verdor⸗ 
ben find, mögen fie die Geſundheit verderben, be⸗ 
ſonders wenn man ſie im Uebermaaße genießet. 
Die Familie der Nagelſchwaͤmme ſcheint mir ſehr 
wenig wahre Arten, ſondern nur Spielarten zu 
enthalten, aber dieſe wenigen moͤgen ſich dann 
doch deſto beſſer vor alle den uͤbrigen auszeich⸗ 
nen. In den innerlichen Eigenſchaften moͤchten 
fie alle bis auf wenige Umſtaͤnde uͤbereintreffen. 
E. Coprinus (Tintenſchwamm). Der Hut 
haͤutig, verweslich, oder etwas fleiſchig und am 
Ende zerberſtend. Die Lamellen werden am Punkte 
ihrer Reife zu einer ſchwaͤrzlichen Jauche; der 
Strunk iſt weißlich mit oder ohne Ring. Die 
hieher gehörigen Schwaͤmme wachſen alle auf ſehr 
unreinen Orten, z. B. auf faulen Brettern, 
Duͤnger u. d. gl.; ſie ſind von ſehr verſchiedener 
Größe, haben. K faſt nur 2 Hauptformen in 
der Geſtalt. Die erſtern haben einen Glockenfoͤr⸗ 
migen, am Strunke faſt anliegenden Hut, eine 
weiße Grundfarbe, in der erſten Jugend roſen⸗ 
rothe Lamellen, die aber am Ende ganz kohl⸗ 
ſchwarz werden und voͤllig zerfließen, wo dann 
ein ſolcher Schwamm ſehr haͤßlich und eckelhaft 
ausſieht. Die der 2ten Abtheilung haben mehr 
runde, halb Fugelfornnge Huͤte, die etwas flei⸗ 


LXIX 
fig find, Die Lamellen werden in der letzten 
Lebensperiode fleckicht, angeloffen und gleichſam 
ruſſig. Die Schwaͤmme dieſer Abtheilung ſcheinen 
faſt der folgenden Familie anzugehoren. In Per- 
ſoons Schwammſpynopſe befinden ſich 41 Arten 
Tintenſchwaͤmme. Alle ſind fuͤr giftig zu halten, 

F. Pratella (Wandelſchwamm). Der Hut 
iſt fleiſchig oder auch faſt haͤutig, glatt, dauer— 
haft; ſind ſeine Lamellen etwas angeloffen, ſo 
werden ſie zuletzt ſchwarz und ſchmutzig, ſind ſie 
aber einfaͤrbig und nur etwas waͤſſerig, ſo wer— 
den ſie durch das Saamenpulver bloß verduͤſtert. 
Manchmahl hat der Strunk einen Ring, manch⸗ 
mahl auch keinen. Unter den 24 Arten, die in 
dieſer Familie bey Perfoon vorkommen, gibt es 
einige eßbare und vorzuͤglich die Champignons. 
Die meiſten aber ſcheinen ungeſund zu ſeyn. We⸗ 
nigſtens ſollte man ſie nur in ihrer erſten Ju⸗ 
gend (im jungfraͤulichen Zuſtande) verſpeiſen. Per⸗ f 
ſoon wirft die Frage auf, ob nicht Ag. Lepio- 
ta haematospermus und Ag. Cortinaria visci- 
dus et Gomphus mit mehrerem Rechte hieher 
gezählt werden ſollten? Die Wandelſchwaͤmme 
haben perennirende Mycelia. 

G. Lactifluus (Braͤtling). Der Hut ift flei⸗ 
ſchig, faſt bey allen vertieft. Die Lamellen traͤu⸗ 
feln von einer milchaͤhnlichen Fluͤſſigkeit. Nur 17 


LXX 6 
Arten ſtehen in unſerer Bibel unter dieſer Rub⸗ 
rike. Sie ſind eßbar, in ſo fern ihre Milch nicht 
zu cauſtiſch iſt, aber bey einigen iſt ſie es in ſo 
hohem Grade, daß ihr Genuß den Tod nach ſich 
zieht. Die ſchoͤne Harmonie, in dieſer Anord⸗ 
nung der Perſoonſchen Familien der Blätter 
ſchwaͤmme iſt hier beſonders auffallend. Wir ha⸗ 
ben den Uebergang von Coprinus zur Pratella 
bemerket. Viele von den Arten dieſer Familie 
ſind ſchon Milchtriefend, nur nicht in fo hohem 
Grade, wie die Braͤtlinge. Dieſe Lactiflui end⸗ 
lich nähern ſich auch ſchon wieder durch die gee 
raden, oͤfters halb einfachen und geſpaltenen Las 
mellen den Taͤublingen der naͤchſtfolgenden Fahne, 
und greifen ſogar auch ſchon weiter vor, naͤhmlich 
durch den genabelten niedrigen Hut, bis an den 
Nabelſchwamm, Omphalia. Die Milchſchwaͤmme 
haben alle untereinander eine ſehr nahe Verwandt⸗ 
ſchaft. Dennoch, da ſie beſtimmt an gewiſſen Or⸗ 
ten zu Hauſe ſind, und alle Jahre erſcheinen, 
kann man fie für verſchiedene Arten nur mit, 
einiger Einſchraͤnkung halten, 

H. Russula (Zaubling). Der fleiſchige Hut 
iſt gewöhnlich niedrig, die eintrocknenden Lamel⸗ 
len ſind gleichlang. Der nackte Strunk iſt ge⸗ 
woͤhnlich weiß. Die Taͤublinge find gefährliche 
Coquetten, die durch ihr heiteres, aͤußerſt gefaͤl⸗ 


LXXI 
liges Anſehen zum Genuß einladen, und ihn nur 
zu oft mit dem Tode bezahlen laͤſſen. Dennoch 
werden ſie haͤufig verſpeiſet, beſonders die grau— 
gruͤnlichen, die man Gruͤnlinge oder Gremlinge 
nennet. Sie ſcheinen durch Einwurzlung in den 
erſten Wegen dieſe lethalen Wirkungen hervorzu— 
bringen. Darum moͤgen die jungen am wenigſten 
ſchaden, wenn man ſie gut reinigt, Wurzelanſatz 
und Lamellen abſondert, und ſie lange genug auf 
dem Feuer erhält, darum iſt auch haͤufiges Waſ— 
ſertrinken und kalte, naſſe Umſchlaͤge das beſte 
ſpecifike Gegenmittel. Perſoon hat 24 Arten da— 
von, und theilt ſie nach den Farben ein. 

I. Omphalia (Nabelſchwamm). Der ſehr 
regelmaͤßige Hut iſt fleiſchig oder haͤutig, Trich— 
terformig oder genabelt, die ungleich langen Saft— 
oder Milchlofen Lamellen laufen an den Strunk 
herab. Der Centralſtrunk iſt nackt. Die Hauptab⸗ 
theilung iſt hier in groͤßere und kleinere, die noch 
weitere Untertheilung nach den Farben. Von den 
50 Arten dieſer großen Familie iſt noch keine als. 
eßbar bekannt geworden. Doch ſcheinen mehrere 
derſelben wirklich genußbar zu ſeyn. Manche von 
dieſen ſind ausnehmend ſchoͤn, ſie ſcheinen in dieſer 
Horde das zu ſeyn, was die Papageyen unter den 
Voͤgeln, die Schmetterlinge unter den Inſecten, 


LXXII 
und die Liliaceen unter den vbönegamiſhen Ge⸗ 
waͤchſen ſind. 

K. Pleuropus (Schwimmer). Der Put iſt 
fleiſchig, niedrig, ſchief, ganz- oder halbrund, 
der Strunk nackt, excentriſch, zur Seite einges 
fügt oder gar nicht vorhanden. Dieß find faſt 
lauter Paraſyten der Baͤume, an denen einige 
derſelben oft in großem Gedraͤnge hervorbrechen, 
und ſich Dachziegelfoͤrmig bedecken. Es gibt uns 
ter der Gattung Amanita, und unter der Fa— 
milie von Lepiota mehrere, die zu der gegen: 
waͤrtigen eine ſehr nahe Verwandtſchaft haben. 
Unter den 32 Arten dieſer Reihe ſind mehrere 
eßbar, noch keine aber giftig befunden worden. 
Doch ſind viele davon ganz unſchmackßaft/ le⸗ 
derartig und trocken. 

V. Der Aderſchwamm (Merulius). Der Hut 
iſt fleiſchig oder haͤutig, die Schürze adericht, 
mit oberflaͤchigen, aufgedunſenen Adern oder Fal⸗ 
ten. Dieſe Gattung umfaßt ſehr ungleichar— 
tige Schwammgebilde. Faſt ſollt' es uns ſcheinen, 
daß Perſoon hier eine wirklich natürlihe Schwamm⸗ 
gattung habe bilden wollen, weil er die Form der 
Fruchtkörper dabey weniger, als bey irgend ei— 
ner andern, in Abſicht genohmen, und ſeine Cha, 
rakteriſtik nur von der Beſchaffenheit des Hyme— 
niums hergeleitet hat. Allein die Gattung des 


* 


5 ILXXIII 


Aderſchwammes iſt deſſen ungeachtet noch immer 
zu gekuͤnſtelt und zu gemengt. Dahin ſcheint 
auch ſchon die Erfahrung zu deuten, daß es ſo 
ſchwer iſt, die Graͤnzen zwiſchen dieſer und jenen von 
Agaricus, Daedalea, Sistotrema, Thelepho- 


ra, Helvella und Peziza zu finden. Die Abthei⸗ 


lung der hier aufgenohmenen 25 Arten in 3 
Familien war um ſo noͤthiger, da ſich dieſe wirk— 
lich ſo weſentlich unterſcheiden, daß ſie in dem 
Geiſte der Methode jede fuͤr ſich zu einer eige— 
nen Gattung erhoben zu werden verdienten. In 
der That aber ſcheinen die Merulii der 2. und 3. 
Abtheilung nur Monſtroſitaͤten, oder Pelorien 
zu ſeyn; die erſte hingegen ſich ganz beſonders 
auszuzeichnen, wenn gleich manche Arten derſel— 
ben in der Folgezeit vielleicht nur als bloße Va— 
rietaͤten vereinigt werden duͤrften. La Mark ver⸗ 
ſteht unter Merulius die Familie Pleuropus der 
vorigen Gattung und unſer Merulius Cantha- 
rellus iſt bey ihm eine eigene Gattung, die Can- 
tharellus flavescens genannt wird. Die uͤbri⸗ 
gen Arten unſeres Merulius ſind bey La 
Mark theils unter ſeinem Merulius, theils un— 
ter Agaricus in ſeiner Bedeutung zu ſuchen. 
Linne, Juͤſſieu u. d. gl. haben noch keinen Me- 
rulius, ſondern ſtellen die Arten dieſer Gattung 
unter die Fahne pon Agaricus und Boletus, 


LXXIV 4 
Haller iſt der Stifter derſelben. Die oben er⸗ 
waͤhnten 3 Familien der Aderſchwaͤmme heißen 
nach Perſoon: ö 

A. Cantharellus (Pfefferling, Roͤthling). 
Mit einem voͤllig runden, meiſtens Becher- oder 
Trichterfoͤrmigen Hute, und einem Centralſtrunk. 
Einige Arten von der Familie Omphalia, als z. B. 
Agaricus involutus, gilvus, squammulosus , 
lobatus, cochleatus u. d. gl. haben hieher eine 
ſehr weſentliche Beziehung. Eine 2te anonpmiſche 
Unterabtheilung dieſer Familie, die man ſehr leicht 
uͤberſehen kann, paßt gar nicht zu der gegebenen 
Definition und enthaͤlt lauter zarte, oft ſtrunk— 
loſe Schwaͤmme, die mit den Helvellen ſehr nahe 
verwandt ſind. | 

B. Serpula (Thraͤnenſchwamm.) Dieſe 4 
Schwammarten würde ich lieber mit Daedalea 
und Sistotrema zuſammen in eine Gattung vers 
einigen. Sie find "gefährliche Feinde aller Holz 
fabrikate, und haben ſchon oͤfters ganze Haͤuſer 
zu Grunde gerichtet. Ich ſah die Hauptart, den 
Merulius destruens P. in dem vormahligen Ge⸗ 
baͤude des hieſigen Univerſitaͤtsgarten herrſchen, 
und es mußte eingeriſſen werden. Auch traf ich 
ſie einſt in ihrer groͤßten Vollkommenheit und 
Verbreitung in einer Alpenhuͤtte, auf dem Berge 
Duͤrrenſtein (demſelben, wo Cluſius vor 200 Jah⸗ 


1 


70 | LXXV 
ren geweſen, und deſſen Gipfel feit jener Zeit, 
meines Wiſſens noch von keinem andern Bota— 
niker erſtiegen worden!) in einer betraͤchtlichen 
Hoͤhe auf der ſogenannten Herrnalpe, wo er das 
ganze Gebaͤude ſo ſehr ſchon angegriffen hatte, 
daß ich bey jedem Schritte in ein ausgefreſſenes 
Loch des Fußbodens verſank. Laͤngs der ganzen 
Decke und an den Waͤnden herab, hingen lange 
Borduren vom Schwamme mit ſchneeweißen, dick 
angeloffenen, faſt fleiſchigen Rändern, die gegen 
die Tabackfarbe des Hymeniums einen ſehr ſon— 
derbaren, eckelhaften Contraſt darſtellten, welcher / 
ich weiß nicht durch was fuͤr eine Ideenaſſocia— 
tion in mir ungefaͤhr eben denſelben Abſcheu, 
wie der Anblick von ſehr fetten Spinnen, Kroͤ—⸗ 
ten und Eidechſen erweckte. Das Waſſer tropfte 
ſo ſtark von dieſem fleiſchigen Weſen herab, daß 
man ſchon in einiger Entfernung von der Huͤtte 
dieß Stillicidium vernehmen konnte. Aber der 
Geruch war noch das allerunangenehmſte, was 
ich davon empfand. Er gliech gewiſſer Maßen 
dem Geruche einer Todtengruft, es war ein 
muͤffender, etwas Maͤuſeartiger, mephitiſcher Ge— 
ſtank von ſolcher Heftigkeit, daß ich nicht begrei— 
fen kann, wie ihn die Menſchen, die da wohn— 
ten und ſchliefen, ertragen konnten, ohne krank 
zu werden? Ich begab mich auf den Heuboden, 


LXXVI | MH 

allein auch das Heu war von dem Geruche des 
Schwammes verpeſtet, und obgleich der Wind 
nur gelinde war, ſo bemerkte ich doch die ganze 
Nacht hindurch mit großer Unruhe das Krachen 
und Wanken des Gebaͤudes. Ich glaubte auch 
in der Dunkelheit einiges Phosphoreſeiren daran 
bemerkt zu haben, wenn es nicht etwa eine 
Taͤuſchung war, denn es gab da fo viel phos— 
phoreſcirendes Holz, daß ich mich an feinem An- 
blick fuͤr die Widerwaͤrtigkeiten des Schwammes 
voͤllig entſchaͤdigen konnte. 

C. Gomphus GHaſenoͤhrlein). Ein keulen⸗ 
foͤrmiger Schwamm, mit ſehr feinen Adern an den 
Seiten. Dieſer Schwamm, welcher von Schmie— 
del und Wulfen in Abbildungen und Beſchreibun— 
gen bekannt gemacht wurde, iſt ein ſehr wunder: 
barer und auffallender Baſtard. Er iſt naͤhmlich 
ſeiner ganzen Geſtalt nach eine Clavaria, zu⸗ 
weilen, wenn er naͤhmlich einen unvöbköczabe⸗ 
nen Hut heraustreibt, eine Helvella, und nach 
ſeiner Seitenbedeckung mit der Schuͤrze ein Me⸗ 
rulius, der wohl auch der Daedalea ſich naͤ⸗ 
hert. Seine Subſtanz im reifen Alter iſt kork— 
artig, die Farbe rothbraun oder violett. Oben 
iſt er ganz eben abgeſchnitten und gleichſam ent— 
hauptet. Man koͤnnte ſich vielleicht vorſtellen, 
daß ein Brutkorn von einer Dacdalea, wann es 


LXXVI 


in der Erde zum Keimen gekommen, ſolche Frucht: 
koͤrper hervorbringe, deren ſonſt immer angewach— 
ſener Hut auch dieß Mahl an eben der Stelle 
flach und ohne Bedeckung verblieben, an der er 
ſich ſonſt anzuheften pfleget, da er dieß Mahl kei— 
nen Gegenſtand getroffen, und man koͤnnte von 
dieſer Idee ausgehend, den Durchgang des Hutes 
in den Strunk und eine Menge anderer Erſchei— 
nungen in der Bildung und Entwicklung der 
Schwaͤmme begreifen und erklaͤren. 

VI. Der Labyrinthſchwamm (Daedalea). Der 
halbirte Leder- oder Korkartige Hut iſt auf der Un 
terſeite mit laͤnglichen Labyrinthartigen, zum Theil 
Loͤcherfoͤrmigen Vertiefungen durchbrochen. Die 
Gattungen Daedalea und Sistotrema laſſen ſich 
wohl in keinem reellen Charakter von einander un⸗ 
terſcheiden. Beyde find in ihrer Jugend Boleti. 
Nach und nach erweitern ſich die Löcher in die 
Laͤnge nach allen Richtungen, wie die Laufgraͤben 
bey einer Belagerung. Am Ende gleichen einige 
faſt den Agaricis. Die Raͤnder der Schuͤrze um 
dieſe Gaͤnge herum, werden natuͤrlicher Weiſe eben 
fo verſchiedentlich ausgedehnet, und welche derſel— 
ben wachſen, beſonders am Grundſtuͤcke in ver— 
ſchie dene faſt Hydnenartige Fetzen und Spitzen aus. 
Perſoon hat nur 5 Arten von Daedalea: allein 
es gibt wohl noch mehrere, und einige ſind von 


LXXVII 
ſolcher Schoͤnheit, daß man nicht fo leicht etwas 
gleiches unter den Phöͤnerogamen finden mag. 
VII. Der Löcherſchwamm (Boletus). Der 
Hut mannigfaltig. Roͤhrchen und rundliche 8: 
cher auf der Unterſeite desſelben. Daß dieſe Lö⸗ 
cher eine ungeſchluͤtzte Muͤndung haben ſollen, 
ſetzt freylich Perſoon auch noch hinzu. Allein ich 
finde, daß alle Boleti, wenn fie alt werden, 
nur mehr oder weniger, beſonders in der Naͤhe 
des Strunkes oder des Grundſtuͤckes, womit ſie 
aufſitzen, nach Art des Sistotrema, geſchluͤtzte 
Muͤndungen bekommen! In Perſoons Schwamm⸗ 
ſynopſe finden ſich 95 Arten von dieſer Gattung 
aufgenohmen. Bey La Mark heißt dieſe Gattung 
nach den Alten Agaricus, und wenn der Frey: 
herr von Jaquin im I. Bde. ſeiner Flora Aus- 
triaca sub Nro. 41 eine Abart vom Boletus 
lucidus P. Agaricus Pseudoboletus nannte; 
ſo muß man dieß nicht fuͤr ein Verſehen, fon: 
dern für eine eritiſche Anmaſſung erkennen, die 
nicht ohne Grund iſt, indem Linnse die Nahe 
men Agaricus und Boletus gegen den Gebrauch 
und gegen die Grundſaͤtze der Philosophia Bo- 
tanica verwechſelt hat. Doch heut zu Tage ſind 
nun einmahl die Linneaniſchen Nahmen allge: 
mein angenohmen, und wir muͤſſen ſie beybe⸗ 
halten, um keine Verwirrung zu ſtiften. Unſer 


LXXIX 
Claſſiker theilt dieſe Gattung in folgende Fami⸗ 
lien ab. 
A. Suilli (Bilzlinge). Der Hut iſt gepolſtert 
und fleiſchig. Die Maßa der etwas langen Roͤhrchen 
loͤſt ſich von dem Fleiſche ab. Die Haͤlfte iſt eß⸗ 
bar, die Hälfte iſt giftig. Für giftig oder doch 
verdaͤchtig ſind alle jene zu halten, die nach dem 
Anbruche oder Durchſchnitt in der Luft ploͤtzlich 
ihre weiße oder gelbe Grundfarbe in Blau, Gruͤn 
oder Bleyfarbe verwandeln. Sie find eine vorzuͤg⸗ 
liche Zierde der Waͤlder. 

B. Diatrepi (Stichſchwaͤmme). Der Hut iſt 
fleiſchig, Lederartig oder noch öfter Korkartig: die 
Roͤhrchen ſind kurz, von dem Fleiſche des Hutes nicht 
abgeſondert. Dieß ſind die eigentlichen normalen Bo— 
leti; denn die Suilli möchten wegen der Losgebung 
der Loͤchermaſſa wohl eher eine beſondere Gattung 
ausmachen? Da die Familie ſehr groß iſt; ſo hat 
ſie wieder ihre Unterabtheilung; naͤhmlich: 

a) mit einem ganz runden Hute und einem ſenk— 
rechten centralen, oder ercentrifchen Strunke; 

b) mit einem halbirten Hute und einem Sei⸗ 
tenſtrunke; 

c) mit einem halbirten Strunkloſen, d. i. auf⸗ 
ſitzenden Hute. 

In der letzten dieſer Unterabtheilungen kom⸗ 
men einige Arten vor, die zuſammengenohmen ei⸗ 


LXXX 
ne eigene Gattung ausmachen duͤrften. Dergleichen 
waͤren der Boletus fomentarius, igniarius u. ſ. w. 
naͤhmlich, die Zunderſchwaͤmme! Die annuellen 
Zunderſchwaͤmme betrachte ich als corrumpirte Waſ— 
ſerſuͤchtige Abarten! 

., Poriae (Sturzſchwaͤmme). Der Schwamm 
iſt umgewendet, d. iſt: auf ſeiner Oberſeite Löche— 
richt. Die meiſten haben faſt gar keinen Hut. Pers 
ſoon ſcheint dieſe und die folgenden Familien faſt 
fuͤr eigene Gattungen zu halten, und ich waͤre 
allerdings damit einverſtanden. 

D. Polyporus (Narbenſchwamm). Der 
Schwamm theilt ſich in Lappenfoͤrmige Aeſte, die 
von allen Seiten mit ziemlich großen Löchern ver— 
ſehen find, und gleichſam Blatternarbicht ausſehen. 
Die einzige hieher gehörige Art, Bolramosus, 
waͤchſt nur in Bergwerken an den faulenden 
Balken. 

E. 8 (Fleiſchſchwamm). Faſt möcht' 
ich dieſen Schwamm, deſſen Roͤhren voͤllig frey 
ſind, aus dem ganzen Gebiethe der Schwaͤmme 
herausreißen, und ihn an eine andere Stelle un: 
ter die Phoͤnogamen zu Cynomorium bringen. 
Die Kelche jenes anfaͤnglichen Zuſtandes ſcheinen 
wirkliche Blumen zu ſeyn. Das Mehrere hievon 
leſe man in dem Werke ſelbſt sub Lit. V. Nro. 21. 


x ? 


LXXXI 

VIII. Der Loͤcherzahnſchwamm (Sistotrema 
P.) Der Hut iſt mannigfaltig; die Schuͤrze iſt 
anfangs rundloͤchericht, wird aber nachher in un— 
foͤrmliche Zähne zerſchluͤtzt. Dieſe Gattung wird 
wahrſcheinlich in der Folge wieder eingehen muͤſſen. 
Die Baſtarden, Monſtroſitaͤten und Pelorien ab— 
gerechnet, als wohin ich z. E. Sist. confluens zaͤh⸗ 
le; ſo ſcheinen mir die uͤbrigen Arten ſaͤmmtlich 
nichts weiter als Boleti und Daedaleae zu ſeyn. 
Die Synopsis enthaͤlt 12 Arten davon. Perſoon 
ſagt, ſie machen einen Uebergang vom Boletus 
zum Hydnum. Man muß aber nicht alles Ueber— 
gang nennen, was einzelne Aehnlichkeiten dar— 
ſtellet, denn ſonſt ſehe ich nichts als Wirbeln, 
unter denen der Verſtand erliegt! 

IX. Der Stachelſchwamm (Hydnum.) Der 
Hut iſt mannigfaltig, die Schürze Igelfoͤrmig d. i. 
in ganze Pfriemartige Zaͤhne geformt. Ein Stachel⸗ 
ſchwamm entſteht, wenn die Roͤhrchen des Loͤcher— 
ſchwammes ſich ganz von einander abſondern und 
an der Spitze geſchloſſen ſind. Im Vorbeygehen 
muß ich bemerken, daß dieſe Spitzen oder Weich— 
ſtacheln nicht immer ganz einfach ſondern viel mehr 
ſehr oft in 2, 3 und mehrere Spitzen zertheilt 
ſind! Die Stachelſchwaͤmme ſcheinen nichts weiter 
als Modifikationen verſchiedener anderer Schwamm⸗ 
gattungen zu fepn, vorzüglich der Boleten und 


5 


LXXXII 


der Clavarien. Von dieſer Gattung enthaͤlt Per— 
foond Synopsis 26 Arten, die er in folgende 
Ordnungen abtheilet: 
a.) geſtrunkte mit einem voͤllig runden, oder 
wohl auch etwas ausgeſchweiftem Hute. 

Dieſe kommen den Boleten am naͤchſten. Meh—⸗ 
rere ſind eßbar und einige von ausnehmender 
Schoͤnheit. Ihre Fruchtſeite iſt gleichſam der Mo— 
del, in den die Diatrepi gegoſſen worden: denn 
bey ihnen iſt gerade da Leere wo die Boleten voll 
ſind und Voͤlle wo dieſe leer ſind. 

b.) mit einem halbirten meiſtens Strunkloſen 
oder nur wagrecht geſtrunktem Hute. 

In dieſer Abtheilung hat Perſoon auch Hyd- 
num Erinaceus, der nicht hieher gehoͤret, ſon— 
dern vielmehr eine eigene Gattung ausmacht, die 
bey La Mark und Jussieu Hericius (Urchin) 
heißt. Es iſt eigentlich zu ſagen ein Schwamm, 
der einen Strunk, aber keinen Hut hak. Statt 
des Hutes zertheilt ſich der Strunk unmittelbar 
in eine große Menge von Aeſten, die aber zu haͤu— 
fig und zu gedrängt find, als daß fie auswachſen 
konnten und daher den Pfriemfaͤdchen des Stachel- 
ſchwammes aͤhnlich verbleiben. 

c.) Bloß ausgegoſſen, verkehrt d. i. oberhalb 
Igelfoͤrmig mit runden Stacheln ohne allen 
Hut. 


| LXXXIII 
Dieß ſind alſo die Gegenſtuͤcke oder die Guß— 
formen von Poria! Perſoon ſcheint ſie fuͤr eine 
eigene Gattung zu halten, und nennt fie Odon- 
tia. 

d.) Ohne aller Analogie eines Hutes, ein 
Keulenſchwammformiger Koͤrper, welcher 
von allen Seiten mit Stacheln beſetzt iſt. 

Auch dieſe Abtheilung diſtinguirt Perſoon mit 
einer Auszeichnung und nennt fie Hexicium, 
welches wohl zu merken iſt, damit man ſich nicht 
mit dem Hericius der Franzoſen confundire. Die 
wenigen hieher gehoͤrigen Arten ſind wirklich Co— 
rallenfoͤrmige Keulenſchwaͤmme und ihre Weich— 
ſtacheln ſcheinen nichts weiter als unvollkommene 
Anfaͤnge von Fortſaͤtzen zu ſeyn, die zu einer 
Zeit austrieben, da das Hymenium ſchon gebil— 
det war. Er W 

X. Der Knoͤtchenſchwamm (Thelephora). 
Der Hut iſt Lederartig, auf feiner Unterſeite mit 
Waͤrzchen, zuweilen jedoch nur ſelten mit ver— 
juͤngten Stachelſpitzen beſetzt, oder auch wohl 
ganz einfoͤrmig und glatt. Alle Arten dieſer Gat— 
tung tragen ganz deutlich das Gepraͤge der un— 
vollendeten Bildung. Ich ſtelle mir die Sache un— 
gefaͤhr folgendermaſſen vor. Wenn ein Mycelium 
von einem Boletus, Merulius, Daedalea oder 
Hydnum wegen Mangel des Bodens nicht genug 

J 2 


LXXXIV 

Nahrung erhalt um feine Vollſtaͤndigkeit zu er— 
halten; fo kann es zu jener Zeit wo es die Eins 
wirkung der Feuchtigkeit und der Waͤrme zum 
fructiſiziren aus dem Standorte hervorlocken, 
auch keine vollſtaͤndigen und mit allen Organen 
der Regel verſehenen Encarpia hervorbringen. 
Dieſe Vermuthung wird vorzuͤglich durch die Er— 
fahrung beſtaͤttigt, daß dergleichen Thelephorae 
ſich nicht ſo ordentlich von Jahr zu Jahr propa— | 
given, ſondern nur ſporadiſch erſcheinen und wie: 
der verſchwinden, ohne daß man ſich erklaͤren 
koͤnnte, aus welchem Bezirke ſie hergekommen, 
und wohin ſie wieder gewandert ſeyn moͤgen. 
Bey den wahren Arten der Schwaͤmme kann man 
in allen Faͤllen den Zug ihrer Propagation ſo gut 
wie bey den Phoͤnerogamen bemerken! Die 47 
Arten dieſer Ehrhartiſchen Gattung, welche mit 
Ausſchluß der von Perſoon zuerſt aufgefuͤhrten, 
bey Bulliard, La Mark, Sowerby u. d. gl. unter 
Peziza, Helvella und Auricularia geſucht wer⸗ 
den muͤſſen, theilt die Synopsis in folgende Halb: 
gattungen oder Familien ab: 

Ai. Craterella (Hohlſchwamm). Der Hut 
iſt voͤllig rund, oberhalb ausgehoͤhlt, oder Trich— 
terfoͤrmig; die Scheibe ſtriegelicht- ſtruppig. Die 
beyden hieher gehoͤrigen Arten moͤchten wohl der— 
gleichen unvollkommene Merulü von der Abthei⸗ 
lung Chantarelli ſeyn! 


1 f LXXXV 

B. Stereum (Oehrleinſchwamm). Der Hut 
iſt halbirt und zulezt wagrecht. Ich halte mich 
durch zahlreiche Beobachtungen fuͤr uͤberzeugt, 
daß alle die hierher gehoͤrigen Arten, als Unge— 
ſtaltheiten, dem Baͤnderſchwamme (Boletus ver- 
sicolor P.) mit feinen Abarten angehoͤren. 

C. Corticium (Hautſchwamm). Bloß ausge— 
goſſene, umgewendete, verſchiedenartige Schwamm— 
maſſen, die mit Knoͤtchen verſehen find. Die Arten 
dieſer Familie ſind nach meiner Meynung nichts 
weiter als verhaͤrtete und vertrocknete aus ihrem 
Boden hervorgewachſene Mycelien ohne Inflores— 
cenz. Sie find deſtomehr Byffusartig je finſterer 
der Ort war, in welchem ſie entſtanden ſind. Im 
Gegentheile ſind ſie Gallertartig, und durch die 
Vertrocknung endlich Lederartig. Die Papillen, 
wenn ſie ſich zeigen, ſind bloße unvollkommene 
Anfaͤnge von einem Hymenium. 

XI. Der Aſtſchwamm: (Merisma). Der 
Schwamm iſt aͤſtig, Lederartig, zuſammengedruͤckt, 
glatt, nur an der Spitze iſt er oͤffters haarig. 
Die Merismen ſind nach ihrer Subſtanz Telepho— 
ren, nach ihrer Geſtalt hingegen Keulenſchwaͤmme. 
Sie ſind daher, mich freymuͤthig zu erklaͤren, 
wirkliche Clavarien von einer troknen Subſtanz 
und ſpezifiſch verſchiedener Bildung, ſo wie ſie 
auch wirklich ſchon fruͤher mit dieſen vereiniget 


LXXXVI 


waren. Vielleicht verhaͤlt fh 15 Merisma zu 
Clavaria, wie Thelephora zu Boletus? Arten 
finden wir in Perſoons Spnopſe fieben. 

XII. Der Keulenſchwamm (Clavaria). Eine 
bald einfache, bald aͤſtige Keule auf einem kurzen 
nur ſelten deutlichen Strunke, oder mit einem 
ſolchen von ziemlicher Dicke ohne Bezeichnung der 
Graͤnze. Perſoon hat 62 Arten, wovon manche 
eßbar ſind. Die erſte Abtheilung der Corallenfoͤr— 
migen oder Aeſtigen (Holmskiolds Ramaria) hat 
den meiſten Anſpruch auf die Trennung und Er— 
hebung zu einer eigenen Gattung. Nur ſcheinen 
viele Arten unaͤcht und bloße Varietaͤten zu feyn. 
In der 2ten Abtheilung der hoͤchſt eigentlichen 
Keulenſchwaͤmme ſind einige Arten Paraſyten von 
Inſektenlarven. Was aber von den beyden knol— 
lichten Arten (Clav. granulata und Phacorhiza) 
zu halten ſey, iſt mir zur Zeit noch ein großes 
Raͤthſel! Ihre Knospenfoͤrmige Unterlage ſieht faſt 
aus wie die Zwiebel jener lebendig zeugenden 
Moosart (des Hypni annotini Web.) aus wel— 
cher die vormahls von Roth und Hoffmann ſoge— 
nannte Trentepohlia erecta entſpringet. Giebt es 
etwa noch gar unter den Keulenſchwaͤmmen wirk⸗ 
liche Lebendig gebaͤhrende d. i. Knospen abwerfende 
Gewaͤchſe? 

XIII. Der Erdzuͤngler (ebglöszng Eine 


LXXXVI 
kleine, kurze, meistens flachgedruͤckte, fleiſchige Keule 
mit einem Fluͤgelrande, der aus dem Strunke 
heraufſteigt. Die ſieben Arten dieſer Gattung 
denke man ſich als etwas kleine wenig aͤſtige 
ſchlanke Keulenſchn aͤmme mit flachen faft ebenen 
feſt anliegenden in den Strunk herablaufenden 
Huͤten; alſo eine Annaͤherung zur Morchel! 

XIV. Der Spatelſchwamm (Spathularia ). 
Keulenſchwamm mit einem breitgedruͤckten, haͤu— 
tigen Hute, welcher zu 2 entgegengeſetzten Sei— 
ten ſenkrecht an dem Strunke herablaͤuft. Es 
giebt nur eine einzige Art von dieſer ſehr aus— 
gezeichneten Gattung. 

XV. Der Muͤtzchenſchwamm (Leotia). Ein 
Koͤpfiger Schwamm, deſſen rundlicher oder Ke— 
gelfoͤrmiger Hut ſich am Rande ſehr einwaͤrts 
umbieget und feinen Strunk feſt einſchließt. Dief: 
Gattung welche aus g ſehr kritiſchen und wenig 
bekannten Arten beſteht, naͤhert ſich beſonders der 
von Geoglossum, obgleich die Huͤte hier frey 
ſind. Aber es giebt ja auch unter Morchella 
Arten mit angewachſenen und mit freyen Huͤten. 

XVI. Der Faltenſchwamm (Helvella). Hat 
einen haͤutigen aufgeblaſenen, faſt unfoͤrmlichen, 
beyderſeits herabgebogenen Hut. Die Helv. acau- 
lis iſt wohl eine wahre Peziza. Die uͤbrigen 9 
Arten ſtellen eine Gattung dar, die zwar mit 


LXXXVIII 


der folgenden ſehr nahe verwandt iſt, aber den- 


noch eine eigene zu ſeyn ſcheinet. Sie ſind wahr⸗ 
ſcheinlich alle eßbar. 

XVII. Die Morchel (Morchella). Der ge⸗ 
ſtreckte Hut iſt rund und voll Gruͤbchen mit ges 
gitterten Rändern. Man hat vormals mit gro: 
ßem Unrechte dieſe Gattung mit Phallus vereinigt. 
Selbſt Bulliard und Ventenat begiengen noch die— 
ſen Fehler. Allein die Reihe der bisher aufgezaͤhl— 
ten Gattungen wird zweifelsohne den großen Ab— 
ſtand von Morchella und Phallus einem Jedwe⸗ 
den fuͤhlbar machen; 8 Arten ſind in der Sy— 
nopſe aufgenommen. 

XVIII. Der Gallertſchwamm (Tremella). 
Eine hingegoſſene, Gallertartige, Kreisfoͤrmigge— 
faltete Maſſa. Die mehrſten haben keinen eigen— 
thuͤmlichen Hut. Man hat bereits die Waſſerge— 
waͤchſe von dieſer Gattung ausgeſchloſſen und ſie 
den Phycaͤen einverleibt. In der Folge moͤchten 
wohl noch mehrere von den 25 Arten dieſer Sat: 
tung verlohren gehen, und theils in andere uͤber— 
tragen, theils zu bloßen monſtroſen und ſterilen 
Auswuͤchſen herabgeſetzt werden. 

XIX. Der Schuͤſſelſchwamm (Peziza). Der 
halbkugeligte vertiefte, etwas angeſchwollene, 
Schuͤſſelfoͤrmige Fruchtboden (der Hut, oder die 
Brutbehaͤlterbuͤchſe) fuͤhrt ſeine Brutbehaͤlter in 


LXXXIX 
der vertieften glatten Scheibe. (Letztere find haͤu— 
tig und dem unbewaffneten Auge kaum ſichtbar, 
und fliegen gleich Staͤubchen davon, die meiften 
enthalten 8 Brutkoͤrnchen). Dieſe Gattung bedarf 
noch vieler Unterſuchungen und hoͤchſtwahrſchein— 
lich einer Zertheilung in mehrere. Ich bin auch 
allerdings der naͤhmlichen Meynung, die ſchon 
Haberle a. a. O. S. 73. geaͤuſſert hat, daß naͤhm⸗ 
lich ein großer Theil davon gar nicht unter die 
Schwaͤmme, ſondern unter die Algen (in die 
Familie Sarcocarpae in die Nachbarſchaft von 
Cyathus) hingehoͤre, und daß die Gattung Octos— 
pora des Hedwig noch ferner beybehalten werden 
dürfte. Perſoon hat 151 Arten, die er unter 
folgende Rubriquen eintheilet: 

A. Tremelloideae: (Gallertartige) ſind 
mehr oder weniger von der Subſtanz des Gal— 
lertſchwammes. Wahrſcheinlich ſind dies lauter 
Octoſporen! 

B. Helvelloideae: (Faltenſchwammartige) 
find etwas größer, fleiſchig- haͤutig, zerbrechlich, 
auſſen mehlicht. Hieher gehört die Helvella acau- 
lis!) Auch unter dieſen ſind viele Octosporae. 

C. Meiſtentheils kleine. Die Becher ſind von 
auſſen ſtreifig, haarigt, ſtriegelich, oder wollig 
und feinhaarig. Hieher gehört unter andern auch 
die prächtige Peziza coccinea. 


XC 

D. Ganz glatte, Waxartig — fleiſchige; mei— 
ſtentheils kleine, die wiederum in geſtrunkte und 
in Strunkloſe untergetheilet werden. Die erſtern 
ſind ſehr artige Dingerchen von der Form eines 
Ciboriums oder Kelchglaſes aber zuweilen von aͤuſ— 
ſerſter Zartheit und ſo klein, daß man fie kaum be- 
merket. 

E. Lederartige, trockne, glatte oder ſtaubige 
groͤſtentheils ohne Strunk. Dieſe ſcheinen am wer 
nigſten in dieſe Gattung zu paſſen. 

F. Stictis: (Napfpilz) eine eigene Gattung, 
die unter die Algen zu den Sarcocarpis in die 
Nachbarſchaft von Naemaspora gehoͤret, und auch 
wirklich bereits von mehreren Mycologen nach dem 
Beyſpiel des Tode von dem eee ge⸗ 
trennt worden iſt. 

SG. Solenia (Trinkglasſchwamm). Ein faſt 
haͤutiges geſtrecktes, Schlauchfoͤrmiges am Grunde 
hohles Fruchtbehaͤltniß. Dies find ſehr kleine 
Schwaͤmmchen, die vielleicht einzig geeignet find 
in dieſer Gattung und in der Familie der aͤchten 
Schwaͤmme belaſſen zu werden. 

XX. Der Schlauchwerfer (Ascobolus). Der 
Fruchtboden iſt faſt Napffoͤrmig, Halbkugelrund, 
fleiſchig. Die unverkennbaren Brutbehaͤlter, ragen 
aus der Brutbehaͤlterunterlage hervor, werden 
zuletzt abgeworfen und ſind meiſtens mit 8 in 


XCI 
einer Feuchtigkeit ſchwimmenden Brutkoͤrnchen 
angefuͤllet. Auch dieſe kleine Gattung duͤrfte mit 
Vorrecht in die Familie der Sarcocarpium über? 
tragen werden! Uebrigens geben uns dieſe Schwaͤm— 
me ein ſehr ſchoͤnes Licht über die Natur des Hy- 
menii: denn bey dieſen Pezizenartigen Schwaͤm— 
men iſt auch der Fruchtboden mit einer analogen 
Haut bekleidet, welche wie die placenta der Dor- 
stenia, von den Piſtillen durchſtochen wird und 
dann die reifen Körner ausfallen läßt. Es koͤmmt 
nun vorzuͤglich darauf an, ob wir dieſe heraus— 
getriebenen Saamenſchlaͤuche fuͤr wahre Behaͤlter, 
oder nur fuͤr Zwillingsgeburten, wie die 4 Saa— 
men bey der Didynamia gymnospermia halten 
ſollen? Eine Aufgabe fuͤr die zukuͤnftigen Beobach— 
ter der Schwaͤmme! 

XXI. Der Kopfſchwamm (Helotium). Der 
Fruchtboden (ein Hut) iſt beſtrunkt, regelmaͤßig 
erhaben, halbkugelig, unten und oben, wie bey 
den Faltenſchwaͤmmen, glatt, und fuͤhrt ſeine 
Brut an der obern Flaͤche, wie die Pezizen. Dieſe 
Schwammgattung ſcheint nicht hieher zu gehoͤren 
indem fie mit Leotia fo nahe v' Handt iſt, daß 
La Mark und Decandolle mehrere Arten damit 
in eine Gattung vereinigt haben. Die uͤbrigen 
ſind vielleicht wahre Helvellen! Es koͤmmt hier auf 
die Fruchthaut des Hutes an, ob ſie auf der 


XCII 
Oberſeite oder auf der untern zur Schuͤrze wird! — 
Perſoon hat nur 7 Arten. 

XXII. Der Schimmerſchwamm (Stilbum). 
Ein Schimmelartiger beſtrunkter Schwamm, deſſen 
volles und rundes Koͤpfchen anfangs von einer 
waͤſſerichten und faſt Gallertartigen Subſtanz iſt, 
bey ſeiner Reife aber undurchſichtig und truͤbe 
wird. Einige von den 16 Arten dieſer Gattung 
werfen das Köpfchen ab, andere behalten es, doch 
verweeſet es ſehr bald auf dem Strunke. 

XXIII. Der Koͤrnerſchwamm (Aegerita). 
Strunkloſe, Koͤrnerfoͤrmige, volle Mehlartige 
Schwaͤmmchen. Dieſe beyden letzten Gattungen 
der Schwaͤmme find den Schimmel und Byſſusar— 
tigen Gewaͤchſen ſo nahe verwandt, daß ſie in der 
Folge ſehr wahrſcheinlich dahin uͤberſetzt werden 
duͤrften. Sie gehoren alſo zu den allereinfachſten 
Bildungsformen der Vegetation, die vielleicht 
darinn beſteht, daß ein abgetriebenes Gallertar— 
tiges Brutkoͤrnchen ſich durch Anſaugung erwei— 
tert und endlich wieder ein neues aus ſeinem In— 
nerſten hervortreibet. 

Dies ſind nun die ſaͤmmtlichen von Dr. Per— 
ſoon aufgeſtellten Gattungen der eigentlichen 
Schwaͤmme. Denn da wir die fungos Gymnocar- 
pos für Algen erklaͤren, denen der ten Ordnung 
hingegen (naͤhmlich den Byſſusartigen) eine eigene 


XCIII 


und zwar in der Natuͤrlichen Reiche der Gewaͤchſe 
die allerunterſte und letzte Familie anweiſen; ſo 
blieb uns fuͤr die Familie der Schwaͤmme in die— 
ſem ſtrengen Sinne, wie ſie hier genommen wer— 
den, nichts weiteres übrig als Perſoons 2te Claſſe 
(Fungi gymnocarpi) und zwar auch von dieſer 
nur die Ate und Ste Ordnung feiner Schwaͤmme, 
naͤhmlich feine Lytothecii und Hymenothecii. 

Um aber in den Geiſt dieſer Methode beſſer 
einzudringen, wollen wir jetzt dieſes ganze Gebieth 
der eigentlichen Schwaͤmme in einer tabellariſchen 
Darſtellung uͤberſchauen. 


nee 


Familie Der Schwammartigen 
Gewädhfe. 


| Erſte Familie. 
Wahre Schwaͤmme. 


EMI III IT 


I. Aufloͤſungsgeburten: Lytothecii. 
1. Gitterſchwamm: Clathrus. 
2. Gichtſchwamm: Phallus. 

II. Schuͤrzgeburten: Hymenothecii. 
A. Strahlenartige: Agaricoidei. 


XCIV 
4. Blaͤtterſchwamm: Agaricus. 
(3.) Sackſchwamm: Amanita. 
a. Stiefelſchwamm: Lepiota. 
5. Schleyerſchwamm: Cortinaria, 
F. Wandelſchwamm: Pratella. 
c, Tintenſchwamm: Coprinus. 
d. Nagelſchwamm: Mycena. 
o. Nacktfuß: Gymnopus, 
g. Braͤtling: Lactifluus. 
h. Taͤubling: Russula. 
7. Nabelſchwamm: Omphalia. 
k. Schwimmer: Pleuropus. 
5. Aderſchwamm: Merulius. 
a. Pfefferling: Cantharellus. 
B. Loͤcherartige: Boletoidei. 


6. Labyrinthſchwamm: Daedalea. 
5. 6. Thraͤnenſchwamm: (Merulius) Ser̃- 


pula. 
c. Haſenoͤhrlein: (Merulius) Gomphus, 
Loͤcherzahnſchwamm: Sistotrema. 
e. Fleiſchſchwamm: (Boletus) Fistulina. 
Loͤcherſchwamm: Boletus. 
a. Bilzling: Suillus. 
5. Stichſchwamm: Diatrepus, 
9. Sturzſchwamm: Poria. 
7. d. Narbenſchwamm: (Boletus) Poly- 


porus. 


S g 


XCV 
C. Nackthaͤutige: Gymnodermatoidei. 
10. Knoͤtchenſchwamm: Thelephora. 
a. Hohlſchwamm: Craterella. 
5. Oehrleinſchwamm: Stereum. 
9. Stachelſchwamm: Hydnum, (exceptis 
b cla v eformibus!) 
10, c. Hautſchwamm: (Thelephora) Cor- 
i ticium. 
D. Keulenfoͤrmige: Clavaeformes. 
9. d. Species 157 Igelſchwamm. (Hyd- 
num) Erinaceus, 
9. d. Corallenſchwamm (Hydnum) Heri- 
cium. 
12. Keulenſchwamm: Clavaria. 
11. Aſtſchwamm: Merisma 
E. Faltenhuͤte: Helveiloidei. 
17. Morchel: Morchella. 
16. Faltenſchwamm: Helvella. 
14. Spatelſchwamm: Spathularia. 
13. Erdzuͤngler: Geoglossum. 
21. Koyfſchwamm: Helotium. 
15. Muͤtzchenſchwamm: Leotia. 
F. Gallertartige: Tremelloidei. 
18. Gallertſchwamm: Tremella. 
G. Unaͤchte und zweifelhafte Schwammgat— 
ri; a tungen. 
19. Schuͤſſelſchwamm: Peziza, 


XCVI 
a. Gallertartige: Tremelloideae. 
5. Faltenſchwammartige: Helvelloideae, 
c. Kleine, haarichte: minores. 
d. Glatte, Wachsartige: glabrae. 
e. Lederartige: Coriaceae. 

F. Napfpilze: Stictides. 

19. g. Trinkglasſchwamm: Solenia. 
20. Schlauchwerfer: Ascobolus. 
22. Schimmerſchwamm: Stilbum. 
23. Koͤrnerſchwamm: Aegerita. 

Die meiſten Menſchen und ſelbſt gebildete 
Naturforſcher betrachten die Schwaͤmme als die 
allerunvollkommenſten und veraͤchtlichſten Pro- 
dukte der ganzen organiſchen Schoͤpfung, und 
gleichſam als mißrathene Verſuche der belebenden 
Natur, deren ſie ſich faſt ſchaͤmen ſollte und die 
ſie als ihre verworfenſten Stiefkinder nur in die 
abgelegenſten und verborgenſten Winkel, in die 
Heimath der Verweſung und der Faͤulniß ver— 
weiſet. Die charakteriſtiſche Undankbarkeit unſerer 
Art geht ſo weit, daß wir vorſetzlich die Augen 
verſchließen, um das zahlloſe Gute und Verdienſt— 
liche nicht bemerken zu muͤſſen, das ſie uns ohne 
Unterbrechung erweiſen, und mit wahrhaft Goͤtt— 
licher Wohlthaͤtigkeit anbieten. Finden wir dage— 
gen auch nur einen Scheingrund, uͤber ſie zu 
klagen und ſie als unſere aͤrgſten Todfeinde zu 


XC VII 
verſchreyen: o! ſo wetteifern wir einer mit dem 
andern, alle Bitterkeit unſers Herzens gegen ſie 
auszugieſſen und ſie als Baſtarde, als Schmaroz— 
zer, als Taugenichtsſe, als Betruͤger, Banditen 
und Meuchelmoͤrder, als Verderber unſerer Haabe, 
ja wohl gar als die gefaͤhrlichſten Feinde ganzer 
menſchlicher Gemeinheiten zu laͤſtern. 

Wie ungerecht und grundlos dieſe Ausfaͤlle 
und Angriffe auf den Ruhm der Schwaͤmme ſind, 
kann man ſich leicht überzeugen, wenn man nur 
unpartheyiſch genug iſt, um folgende beyde Mo— 
tive zu Gemuͤth zu nehmen, daß naͤhmlich erſtens 
bis auf dieſe Zeit noch ſehr wenig geſchehen iſt, 
und nur ſehr wenige Menſchen ſich die Mühe ges 
nommen haben, die Natur und Eigenſchafften der 
Schwaͤmme zu ſtudiren und ihre Beſtimmung in 
der großen Haushaltung der Natur oder ihre An— 
wendung zur Befriedigung unſerer Beduͤrfniße zu 
erforſchen; daß anderntheils an den Nachtheilen 
die wir von dieſen Geſchoͤpfen erlitten haben, nur 
unſere dicke Unwiſſenheit, unſere unverzeihliche 
Traͤgheit und Stumpfheit Schuld ſey, die uns 
verhindert, den Zuſammenhang natuͤrlicher Er— 
ſcheinungen mit den Abſichten des hoͤchſten Geiſtes, 
der alles nur nach den weiſeſten und wohlthaͤtigſten 
Abſichten einleitet, zu errathen und zu begreifen! 
Und was ſie nicht kennet, was fie kennen zu ler⸗ 


XCVIII 
nen aus Bequemlichkeit ſcheuet, das pflegt die ty⸗ 
ranniſche Unwiſſenheit jederzeit als unnuͤtz, als 
verdaͤchtig, als gefährlich zu verrufen! Wie ſollte 
man wohl von unſerm Zeitalter Aufklaͤrung der 
größten und intereſſanteſten Naturgeheimniße er- 
warten, da es noch ſelbſt unter den Weiſen dieſer 
Periode fo irrſinnige Sophiſten giebt, welche die 
Entſtehung der Schwaͤmme von der Gaͤhrung der 
Faͤulniß herleiten, welche ſie fuͤr zweck- und ge— 
ſchlechtloſe Gebilde anſehen, welche ſich einbilden, 
ihre Bildung aus der Mechanik, ihre Beſtandtheile 
aus der Chemie und ihre Mannigfaltigkeit aus der 
Mathematik ableiten und erklaͤren zu koͤnnen! 
Wir kennen ſie alſo noch gar nicht oder doch zum we— 
nigſten nur hoͤchſt unvollſtaͤndig dieſe unſere fo ver— 
haßten und ſo uͤbel beruͤchtigten Feinde! Wir wiſ— 
ſen nicht, was ſie ſind? nicht, warum ſie ſind? 
nicht, wie ſie ſind? Was wir aber von ihnen wiſ— 
ſen, iſt nichts als ein pures Verzeichniß der ecla— 
tanteſten Vorzuͤge, der wichtigſten Wohlthaten, 
der liebenswuͤrdigſten Gefaͤlligkeit — und von un— 
ſerer Seite entgegen der aͤuſſerſt brutalen Stupi— 
ditaͤt, die mitten im Genuße den Freund verflucht 
und verlaͤſtert, der ſich, ohne darauf zu achten, 
nur Muͤhe giebt, ſeinen blinden Gegner mit Gut— 
thaten und Annehmlichkeiten zu uͤberhaͤufen! 

Auch ich kenne ſie, leyder! nur ſehr ſchlecht, 


IC 
und, ich geſtehe es offenherzig, ich bin nicht we: 
niger einer von den vielen Unwiſſenden, die ſehr 
oft, gleich ungerathenen Kindern, welche ſich ſelbſt 
verderben, um nur dem wohlmeynenden Ernſte 
des lehrenden Vaters ihren Muthwillen entgegen 
zu ſtemmen, ſich an den edelſten Naturgaben durch 
Mißbrauch oder falſche Zumuthungen verſuͤndiget 
haben. Dennoch wag ich es jetzt, um einen Theil 
des begangenen Unrechts wieder gut zu machen, 
die Ehre dieſer Schoͤpfung zu retten, und auch 
das Wenige, was mein Unvermoͤgen aufzubrin— 
gen im Stande iſt, mag vielleicht hinreichen ihr 
manchen Verehrer zu gewinnen, und ſo manchen 
diktatoriſchen Vanendoͤrfer mitten im Donner des 
über dieſe unſchuldige Weeſen ausgeſprochenen 
Anathems zum Schweigen zu bringen. 

Ich will von dem Gebrauche beginnen, den 
wir von den Schwaͤmmen machen. Wenn es auch 
nur wenige Arten ſind, die wir mit Sicherheit 
und mit der ſorgfaͤltigſten Auswahl zum Genuße 
oͤffentlich empfehlen duͤrfen; ſo ſind doch auch ſchon 
unter dieſen manche ſo ergiebig und ſo ſchaͤtzbar, 
daß wir ſie fuͤr nichts anderes als fuͤr eine Gabe 
der himmliſchen Milde unſerer Allmutter Natur 
erkennen und annehmen duͤrfen. Ich kann mich 
hier der buͤndigſten Kuͤrze bedienen, da ich bey den 
eben in dieſem Buche ſelbſt vorgetragenen Merkwuͤr⸗ 

G 2 


C 

digkeiten der eßbaren Schwaͤmme unter ihren Ti 
teln alles Weeſentliche geſagt zu haben vermuthe. 
Hier muß ich nur noch die Anſichten vereinigen 
und meine Leſer darauf aufmerkſam machen, daß 
es unter den eßbaren Schwaͤmmen ſolche giebt, die 
ſich durch Haut gout und Delicatesse ganz be: 
ſonders auszeichnen, ich darf mich dießfalls ohne 
Zweifel vor allen den uͤbrigen auf die Truͤffel, 
auf den Kaiſerling, auf den Champignon, auf 
den Herrnbilzling, auf den Reizker, Braͤtling / 
Raßling, Morchel u. d. gl. berufen. Bey einigen 
andern Arten, wie bey dem Roͤthlinge, dem Hal— 
limaſch, dem Nagelſchwamme u. ſ. w. iſt die uns 
geheure Freygibigkeit ſehr merkwuͤrdig, womit 
die Natur fie uns in den Schooß wirft. Die eß— 
baren Schwaͤmme kommen nicht allein zu allen 
Jahrszeiten und in allen Weltgegenden zum Vor— 
ſchein, ſelbſt Groͤnland und Kamſchatka nicht aus— 
genommen; ſondern ſie laſſen ſich auch in unſern 
Gaͤrten, ja ſogar in den Haͤuſern in den ſchlechte— 
ſten Winkeln, in Kellern und leeren Tonnen er— 
zeugen. Sie ſind daher willkommene Gaͤſte, die 
uns viel Angenehmes mitbringen, ohne uns durch 
viele Foderungen von Aufmerkſamkeit zu geniren. 
Mit manchen von dieſen Schwaͤmmen wird großer 
Handel getrieben und ganze Nationen leben faſt 
einzig von den Schwaͤmmen. Man kann ſie zu 


| 50 
allerhand Leckerſpeiſen verwenden, man kann ſie 
aber auch bloß in der Aſche gebraten oder wohl 
gar roh verſpeiſen. Man kann ſie getrocknet fuͤr 
den Winter aufbehalten und auch mit Salz und 
Eßig oder mit Baumoͤl oder mit Zucker condiren. 
Daß aber die hier aufgefuͤhrten Schwammarten 
nicht alle eßbaren Arten des ganzen Erdbodens ſeyen, 
verſteht ſich von ſelbſt: denn die Pohlen, die Ruf 
ſen, die Morgenlaͤnder und die Amerikaner haben 
wieder ganz andere Arten, wie wir aus den Wer— 
ken der Reiſenden z. B. aus Pallas, Buxbaum, 
Michaux u. d. gl. abnehmen koͤnnen. 

Die tiefſte Armuth findet in den Tagen des 
Mangels noch Zuflucht und Rettung in dem Fuͤll— 
horn der Natur, wenn ſie in den Waͤldern 
Schwaͤmme aufſuchet, und ſelbſt im Winter giebt 
es noch Plaͤtze und unterirrdiſche Gaͤrten, wo ſie 
mit muͤtterlicher Vorſichtigkeit dieſe Sonderlinge 
hingepflanzt und fuͤr den ſchmachtenden Ungluͤck— 
lichen verwahret hat. Aber es iſt nicht genug, 
daß wir hier nur der wenigen Schwammarten Er— 
waͤhnung machen, die bereits allgemein fuͤr eßbar 
erkannt ſind. Wir koͤnnen vielmehr im Gegentheile 
behaupten: Es gebe nur ſehr wenige gif 
tige Schwaͤmme und auch dieſe waͤren 
es nur für Schwaͤchlinge und Sch wel— 
ger. 


ci 

Da ich auf den Punkt der Vergiftung in 
dieſer Einleitung noch einmahl zuruͤckkommen 
werde; ſo will ich mich vor itzt nicht laͤnger dabey 
aufhalten. | 

Auch in der Wirthſchaft, nicht bloß in der 
Kuͤche, leiſten uns die Schwaͤmme erhebliche 
Dienſte und ſie wuͤrden uns gewis noch viel meh— 
rere leiſten, wenn wir nur fleißiger darauf bedacht 
waͤren, ſie zu unterſuchen und zu beobachten. 
Die Zunderſchwaͤmme, die aller Orten ſo uͤber— 
ſchwenglich haͤufig wachſen, ſie liefern uns ein 
ſehr erwuͤnſchtes und wohlfeiles Beduͤrfniß und 
man koͤnnte ſie noch uͤberdies zu allerley anderen 
Abſichten verwenden. Von allen zaͤhen und Leder— 
artigen Schwaͤmmen kann man Papier machen. 
Auſſerdem koͤnnten ſicher viele Schwaͤmme gleich 
Thieriſchen Theilen zur Fabrikation von Am mo— 
niak und zu Wallrath (adipocire) ſtatt In⸗ 
ſelt zu Seife und Lichtern benutzt werden! Siehe 
Haberle Comm. I. 1, S. 34. Auch zur Färbes 
rey ſind manche Schwaͤmme anwendbar. Die 
Schwimmer, die Tintenſchwaͤmme und mehrere 
Loͤcherſchwaͤmme wie z. B. der Nußbaumſchwamm 
Boletus platyporus P. waͤren in dieſer Abſicht 
vorzuͤglich zu empfehlen. Schweine, Hirſchen, 
Schaafe u. d. gl. lieben verſchiedene Arten Schwaͤm⸗ 
me und naͤhren ſich davon, und in der Arzney— 


Cm 
mittellehre verdienen die Zunderſchwaͤmme, der 
Lerchenſchwamm, die Gichtſchwaͤmme, die Boviſt— 
arten, der wohlriechende Weidenſchwamm, (Dae- 
dalea suaveolens P.) die Hirſchbrunſt (Sclero- 
derma cervinum P.) die Truͤffelarten, das Ju— 
dasohr, der Herrnbilzling u. d. gl. empfohlen und 
aufgefuͤhret zu werden. Aus der Analogie zu 
ſchließen, moͤchten dann wohl auch der Fleiſch— 
ſchwamm wegen feiner Aehnlichkeit mit Cynomo- 
rium, der Fliegenſchwamm, der Speytaͤublingeu. 
d. gl. wichtige Arzneyen abgeben koͤnnen und eine 
Pruͤfung von behutſamen und Sachkuͤndigen Aerz— 
ten verdienen. 

Doch wir wollen nun auch der Beſtimmung 
der Schwaͤmme in der Haushaltung der Natur 
nachforſchen! Freylich wohl intereſſirt dieſe Unter- 
ſuchung nur den gebildeteren Theil meiner Leſer: 
aber dieſer iſt's auch gerade ſelbſt, an deſſen Bey— 
fall oder Nachſicht mir alles gelegen iſt; die uͤbri— 
gen moͤgen mir die fromme Abſicht zu Guten hal— 
ten, daß ich ſie nicht bloß zu ernaͤhren und zu 
bereichern, ſondern auch zu beſſern und minder 
ſinnlichen Menſchen zu machen, daß ich ihren Geiſt 
aufzuheitern und auf eine edle des Menſchenran— 
ges wuͤrdige Weiſe zu unterhalten wuͤnſche. Die 
Menſchen, ſagt Haberle “) find oft wie die 


*) Comm. zu Bertuch's Bilderb. I. 1. p. 33, 


CIV | 
ӣfeinen Kinder, fie wollen alles was ihnen die 

Natur darbietet, nur immer ins Maul ſtecken. 
Die Leſer werden finden, daß dieſe Gewaͤchſe ein 
ſehr ernſthaftes Spielzeug für die Menſchen wer— 
den koͤnnen, wenn ſie die Naturthaͤtigkeit bey de— 
ren Entſtehung verfolgen wollen.“ Doch ſelbſt als— 
dann, wenn ſeltnere Mißtoͤne die Harmonie der 
Schöpfung zu zerſtoͤhren ſcheinen, endigt fie mit 
einer Auflofung derſelben, die den Werth des 
Schoͤnen uͤber ſich ſelbſt erhoͤht und die ſelbſt dieſe 
vermeintlichen Diſſonanzen in Wohlklang und be— 
zaubernde Anmuth verwandelt. Der Thraͤnen— 
ſchwamm, von welchem ich oben geredet habe, 
ſoll uns dieſes durch ein Beyſpiel begreiflich ma— 
chen! Wenn wir alles mit gebuͤhrender Aufmerk— 
ſamkeit in Gedanken rekapituliren was ich von den 
Eigenſchaften dieſes ſo merkwuͤrdigen Schwammes 
gemeldet habe; ſo iſt von den vielen Anſichten, 

die uns dabey aufſtoßen, ungefaͤhr folgende eine 
der erſten; daß, da derſelbe nun einmahl beſtimmt 
iſt, die Gebaͤude, von welchen er Beſitz genom— 
men, zu Grunde zu richten, die vaͤterliche Vor— 
ſicht des Schoͤpfers an demſelben zugleich unver— 
kennbar ſey, indem er die Menſchen, die ſie be— 
wohnen, durch ſeinen faſt unertraͤglichen Geſtank 
bey Zeiten warnet, ja wohl mit Gewalt zwinget, 
ſie eher zu verlaſſen als noch ihr Einſturz das 


= 


CV 
Leben derſelben bedrohet. Anderſeits koͤnnen wir 
uns fuͤr uͤberzeugt halten, daß die Plage dieſes 
Schmammes nichts weiter als eine exekutive Ein— 
quartierung und eine wohlverdiente Strafe ſey 
und daß ſie mit zu den vielen hoͤchſt weiſen Anſtal— 
ten der Natur gehoͤre, wodurch uns ihr ſie beherr— 
ſchender Genius zwinget, die Schoͤpfung, aus der 
wir unaufhörlich unſere Beduͤrfniſſe entlehnen, 


nicht wie eine niedrige Sklavin zu mißhandeln, 


ſondern ihr vielmehr ſo viele Achtung und Neigung 
zuzuwenden, daß es einem jeden von uns die erſte 
und die intereſſanteſte Angelegenheit ſeyn ſollte, 
ihre Verfaſſung, ihre Zwecke und ihre Mittel, zu 
dieſen Zwecken zu gelangen, mit Aufwand aller 
unſerer Geiſtesfaͤhigkeiten zu ſtudiren. Weitere 
Fortſchritte in der Naturkunde, nur dieſe ſind das 
Bedingniß und wir werden unſere Gebaͤude ſo an— 
legen, daß fie nie wieder der Infection des Thraͤ— 
nenſchwammes unterworfen ſind, und weder ſeine 
noch die Thraͤnen der Ungluͤcklichen werden die Ge— 
maͤcher der Sterblichen benetzen, wenn aͤchter Ge— 
brauch der Vernunft und gruͤndliche Kenntniß der 
Natur ihre Handlungen leiten! Denn, wenn 
ſchon der bloße Inſtinkt die Thiere ſo wohlthaͤtig 
bewahret, wie wir es alltaͤglich beobachten koͤnnen; 
ſo muß der goͤttliche Funke des Lichts der Vernunft, 
der unſere Weeſenheit fo weit über die Thierwelt. 


CVI 0 

erhebt, uns noch weit ſicherer und weit wirkſamer 
bemaͤchtigen, aus dem Labyrinth der Verhaͤltniſſe 
uns empor zu heben und nur jene Weege der Na— 
tur zu ergreifen, deren Richtung das Ziel unſerer 
Beſtimmung unfehlbar erreichet! Bulliard berech— 
net, daß Schwaͤmme in einem beſtimmten Zeit— 
raume ungefaͤhr 600 Mal ſo viel Waſſer einſau— 
gen als andere Gewaͤchſe, die in dem Erdboden 
Wurzel faſſen. Er ſchließt hieraus: „que la Na- 
ture emploie ces Champignons comme autant 
de r&gulateurs pour le maintien de l’&quilibre, 
si necessaire entre les fluides et les solides; il 
me semble voir un contre poids d’un effet 
prompt et sur, lequel est toujours prét à étre 
mis en action, des que le cas le requiert.“ *) 
Ueberhaupt ene die Schwaͤmme von dieſer 
Seite, ſo wie die Myriaden von Inſekten und 
Wuͤrmern, als unſere geheimen Wohlthaͤter und 
als ſehr thaͤtige Beamte der natuͤrlichen Polizey 
betrachtet zu werden. Alles was fault, alles, was 
mit ſeinen mephitiſchen Ausduͤnſtungen die Luft, 
die wir unaufhoͤrlich einathmen und erneuern muͤſ— 
ſen, verpeſten wuͤrde, iſt der Allgewalt dieſer Ve— 
getabilien unterworfen, die es in kurzer Zeit auf⸗ 
zehren und umwandeln. Und wenn auch welche von 
dieſen geſchaͤftigen Polizeyſoldaten ſelbſt wieder zum 
r Champ. I. p. 64. 


CVH 
Genuß TONER N RR find und, wer weiß aus wel— 
chen Urſachen, nicht brauchbar ſeyn ſollen; ſo hat 
die Natur an ihnen doch alles gethan, was ſie 
thun konnte, um ſie uns ſchaͤtzbar und merkwuͤr— 
dig zu machen, da ſie dieſelben bald durch die 
Anmuth ihrer Geſtalt und durch die ausgeſuchte— 
ſten Schoͤnheiten der Faͤrbung ausgezeichnet, bald 
durch verſchiedene mittelbare Nuͤtzlichkeiten mit uns 
wieder auszuſoͤhnen verſucht hat, da ſie naͤhmlich 
entweder als Arzneymittel, als Fabrikationsſtoffe 
oder als Nahrung für andere uns nuͤtzliche Thiere, 
endlich auch ſelbſt als nuͤtzlich und preißwuͤrdig ge⸗ 
ruͤhmt zu werden verdienen. 

In der That, es iſt ein ruͤhrender und Herz— 
erhebender Anblick, die faſt an Eitelkeit graͤnzende 
Bemuͤhung der Natur gewahr zu nehmen, womit 
ſie ſich ereifert, alles Haͤßliche hinweg zu ſchaffen, 
alles Eckelhafte zu verſtecken und alles Todte in 
neues jugendliches Leben zu verwandeln. Wer die 
Natur noch niemahls in ihrer Werkſtaͤtte beſucht, 
ich möchte lieber ſagen; bey ihrer Toilette uͤber— 
raſcht hat: der gehe hinaus in den Wald und be— 
trachte die reizende Gruppirung der Erdſchwaͤmme, 
vornaͤhmlich die der Bilzlinge, der Taͤublinge, der 
Praͤtlinge u. d. gl., der ſehe wie fie im ausgefauls 
ten Pappelbaume ungeheure Maſſen vom Boletus 
citrinus gufgethuͤrmet, die eine Pracht darſtellen, 


CVIII 
der alle Blumen Indiens weichen; der unterſuche 
die zahlloſen und oft hoͤchſt merkwuͤrdigen Varie— 
täten der Baͤnderſchwaͤmme und alle die Wunder: 
geſtalten von Schwaͤmmen die die Eiche und der 
Weidenbaum hervorbringen. Wer aber nur allein 
die großen, in die Augen fallenden Naturſchoͤn— 
heiten ſeiner Aufmerkſamkeit wuͤrdigen wollte, der 
wuͤrde ſich einen großen, ja bey weitem den größe 
ten Theil ihrer Ergögungen entziehen. Das Ver— 
groͤßerungsglas entdeckt uns nicht allein die Ge— 
heimniße der Organiſation, ſondern auch ſolche 
Bildungsformen, welche durch ihre Neuheit, durch 
Zeichnung und Farben, durch Contraſt und Ana— 
logie und ſehr oft durch gewiſſe uns uͤberraſchende 
Erinnerungen und Aehnlichkeiten mit ganz andern 
Dingen in der Seele des Beobachters wahres Ent— 
zuͤcken erwecken und ihm einen Geſchmack ein: 
floͤßen, der ſeinen Neigungen auf die Zeit ſeines 
Lebens eine eigene Richtung mittheilet und ihn auf 
ewig vor allen verkehrten, thoͤrichten und Natur— 
widrigen Begierden verwahret. Wer einmahl mit 
Erfolg in dieſe Gefilde der optiſchen Schoͤpfung 
eingedrungen, der kennt in Zukunft nur eine 
einzige Leidenſchaft, die alles uͤberwindende Liebe 
der Natur und der Wahrheit! 

Im Wald und Feld, auf Bergen und in 

a Gruͤnden 


CIX 
Dich, unausſprechlich Maͤchtiger, 
Unendlich Guter, Herrlicher, 
Gott, aller Welten Gott! Dich ſuchen und Dich 
f finden; 

Selbſt da, noch da, dich finden, wie du biſt 
Und wie du wirkeſt, Du, deß Nahme heilig iſt, 
Wohin dem ecklen Stolz den Blick zu richten 

grauet, ö 
Wohin ſogar der Geiz nicht ſchauet, 
Welch' eine Seeligkeit! 
O Luſt, durch kein Gewiſſensnagen, | 
Kein Ungeſtuͤmm im Herzen und im Magen, 
Nicht durch Transſcendentalitaͤten 
Und keinen Qualm der Interpreten 
Geſtumpft, verbittert und entweyht! 


— — —— — Pp — c — —ů ͤ .. — 
— — ꝶ——— — — —— — — 


Heyl! Heyl dem Mann, den nichts ſo ſehr ver— 
| gnügt, 
Als uͤberall nach Gott zu fragen, 
Um Ihn den Wurm, den Halm, den Schim— 
mel zu befragen! 

Denn ſonder Antwort werden ſie 

Fuͤrwahr ihn nie entlaſſen; aber wie, 

O, wie wird ſolche ſtaͤts ſein Herz durchgluͤhn! 
f wie wird 


CX 
Den wilden Forſt, den er durchirrt 
In einen Tempel ſchnell verwandelt er erblicken! 
Welch' froh Erſtaunen, das aus weitem Aug' 
| ihm quillt! 
Ha, welch ein ſchauderndes Entzuͤcken, 
Das mit des nahen Gott's Gefuͤhl ſein Herz 
durchdringt! 
5 Tode. 

Doch nicht allein Bildung und Farbe ſtehen 
der Natur bey der Familie der Schwaͤmme zu Ge— 
bothe. Ihnen iſt auch die lieblichſte Parfuͤmerie der 
Lilien und Roſen nicht fremde. Der Duft des 
wohlriechenden Weidenſchwammes ſo wie der des 
Rauchſchwammes (Boletus fumosus) ahmet dem 
Badian (Illicium anisatum) nach und ſcheint ihn 
noch an Feinheit zu uͤbertreffen. Es iſt in der That 
ſehr frappant, fo eleganteGeſchoͤpfe in der ſchlechteſten 
Heimath faulender und ganz vermorſchter Weiden— 
baͤume zu finden. So entwickelt ſich aber auch zu— 
weilen das glaͤnzendſte Genie des Dichters oder des 
Helden in der elendeſten Dunkelheit einer armſee— 
ligen Strohhuͤtte, oder wohl gar 5 Treppen hoch 
in der Dachſtube des Schneiders! 

Die Ceratophora Fribergensis des Hum⸗ 
boldt (Perſoons Boletus odoratus verbreitet einen 
ſehr angenehmen Veilchengeruch, wenn ſie ver— 
brennt wird. Es wuͤrde ſich ein artiges Verzeich— 


CX 
niß von den wohlriechenden Schwaͤmmen ſammeln 
laſſen; aber ich muß abbrechen um nicht über die 
Graͤnzen meines vorgeſetzten Planes auszuſchweifen! 

Alles in der Natur ſteht mit einander in Zu— 
ſammenhang, eines iſt um des andern willen da. 
Gaͤbe es z. B. keine Inſekten; ſo wuͤrden ſo viele 
Tauſend Gewaͤchsarten, deren Befruchtung nur 
von ihrer Beyhuͤlfe abhaͤngt, ausſterben, und 
viele unſerer nuͤtzlichſten Hausthiere wuͤrden vor 
Hunger verſchmachten. Wir kennen indeſſen dieſe 
Nothwendigkeit aller Exiſtenzen und ihrer Ver— 
richtungen im Detail noch ſehr wenig: aber wir 
kennen genug davon um uns zu uͤberzeugen, daß 
auch die uͤbrigen Arten, deren Beſtimmung in der 
Haushaltung der Natur wir noch nicht erforſcht 
hahen, eine aͤhnliche, wenigſtens eben ſo weiſe 
und eben ſo wohlthaͤtige Beſtimmung haben muͤſ— 
ſen. Unter der zahlloſen Menge der mikrokosmi— 
ſchen Thierchen giebt es ſehr viele, die faſt einzig 
von den Schwaͤmmen zu leben ſcheinen, ja man 
wurde ſogar vor nicht gar langer Zeit in den Irr— 
wahn gefuͤhrt, daß die Schwaͤmme ſelbſt Thiere, 
eine Art von Corallgewaͤchs waͤren, daß ſich ſein 
Haus Pflanzenfoͤrmig baute, wie ſo viele andere 
Zoophyten der Meere. Dieſer Irrthum wurde 
unter andern auch durch die chemiſche Analyſe der 
Schwaͤmme bekraͤftigt, da man fand, daß ſie auf 


CXII 
trockenem Weege Waſſer a flüchtiges Del, etwas 
Kohlenſaures Gas aber nur hoͤchſt wenig Koh— 
lenſtoff geben, die vorzuͤglichſte Urſache ihres 
ſchnellen Wachsthumes, da ſich dieſes immer im 
umgekehrten Verhaͤltniſſe gegen die Menge des 
vorhandenen Kohlenſtoffes zeiget! Allein die Er— 
fahrung mußte uns auch bald wieder eines beſſern 
belehren, daß naͤhmlich alle dieſe Thierchen nur 
Gaͤſte und keine Beſtandtheile der Schwaͤmme ſind; 
zumahl die Arten dieſer Paraſyten oͤfters in einem 
und demſelben Schwamme verſchieden und zum 
Theile auch ſchon von unſern Entomologen benannt 
ſind. Alle dieſe Thierchen nun leben Hordenweiſe 
in den Schwaͤmmen. Ein einziger Schwamm iſt fuͤr 
ſie nicht ein Haus — nein! eine große volkreiche 
Hauptſtadt! ſie naͤhren ſich davon, ſie bewohnen 
dieſelben, ſie finden allerley Stoffe zu ihren ander— 
weitigen Beduͤrfniſſen in denſelben. Daß auch an— 
dere Thiere die Schwaͤmme lieben und ſie mit Be— 
gierde aufſuchen, iſt theils ſchon gemeldet worden, 
theils auch ohnedem eine allbekannte Sache. Ich 
finde es demnach uͤberfluͤſſig, hierorts noch mehr 
davon zu erwaͤhnen und begnuͤge mich mit der 
bloßen Erinnerung an dieſe een der 
Schwaͤmme. | 
Die meiften Schwammarten ſcheinen Aphro— 
diſiacaliſche Kräfte zu beſitzen und durch den Ges 


CXIII 
nuß mitzutheilen. Von den Truͤffeln, vom Gicht— 
ſchwamme, von dem Fliegenſchwamme haben wir 
Erfahrungen, die dieſes auffallend beweiſen. Da 
ſie ſchleimigt-Gallertartige Beſtandtheile haben und 
eine Quantität nackten Pollen enthalten; ſo laͤßt 
ſich dieſe Eigenſchaft auch ſehr leicht ohne weitere 
Erklaͤrung begreifen. Sie moͤgen daher wohl vie— 
len Antheil an der Bevoͤlkerung ſowohl der thieri— 
ſchen als der Menſchenwelt nehmen und die weni— 
gen lethalen Faͤlle, die ſie veranlaßt haben, ſind 
demnach auf der andern Seite wieder reichlich durch 
die geſtaͤrkte Zeugungskraft verguͤtet! 

Noch muß ich meine Leſer auf einige Kleinig— 
keiten aufmerkſam machen, die wohl einſt als die 
Quelle wichtiger und großer Folgen angeſehen 
werden duͤrften. Durch den Geruch der Schwaͤmme 
werden viele Thiere, oft aus großen Entfernungen, 
herbey gelockt. Schäffer erzaͤhlt von dem Gicht— 
ſchwamme, daß ſein fataler Geſtank eine Menge 
Inſecten herbey gelockt, und daß er demſelben den 
Beſitz von mancher neuen Art von Fliegen, zu ver— 
danken habe. Wir ſehen nun in den Schwaͤmmen 
ein Stimulans, das die Thierwelt in Bewegung 
ſetzet, manches nuͤtzliche Thierchen herbey lockt, 
das vielleicht dieſer Gegend fehlt, oder andere von 

ihrem Ueberfluße befreyet! 

Die paraſytiſchen Schwaͤmme (denn auch 

2 


F 

unter den wahren Schwaͤmmen giebt es viele Pa— 
raſyten!) koͤnnten in Zukunft wohl auch ein lehr— 
reiches Kennzeichen uͤber die Natur und Eigen— 
ſchaften intereſſanter Arzney- und Handels-Ge— 
waͤchſe abgeben. Denn wenn wir auch wirklich 
unter dem heißen Erdguͤrtel einen Baum antreffen 
ſollten, auf welchem die naͤhmlichen Schwammar— 
ten wohnen, die wir in Europa z. E. auf unſern 
Eichen antreffen; fo würde es keinem Zweifel unter⸗ 
liegen, daß er geclimatiſirt werden koͤnne und daß 
er uͤberdies auch alle die Eigenſchaften unſerer Ei— 
chen beſitze. Ein Mehr und ein Weniger, das die 
Sachkundigen wohl zu unterſcheiden wiſſen, ift - 
bey allen Dingen zu beobachten! 

Ich will es nur im Vorbeygehen beruͤhren, 
daß uns die Schwaͤmme ferner durch die bloße 
Mannigfaltigkeit ihrer oft ſehr frappanten Formen 
nuͤtzlich werden koͤnnten. Denn es moͤchten wohl 
manche darunter geſchaffen ſeyn, in dem Geiſte irgend 
eines Mathematikers oder eines Maſchiniſten auf 
einmahl eine Idee zu beleben, deren Ausfuͤhrung 
fuͤr die Menſchheit die groͤßte Bedeutung haben 
koͤnnte! 

Aber dies muß ich zum Schluße noch der 
Ueberlegung meiner Leſer Preis geben, daß es die 
Schwaͤmme ſind, denen wir alle Beurbarung der 
Erde mittelbar und urſpruͤnglich zu verdanken base 


CXV 
ben. Kein Gewaͤchs findet Nahrung in der rohen 
von aufgeloͤßten Organiſationen noch ungeſchwaͤn— 
gerten Erde. Die Flechten und die Mooſe wachen. 
zwar auch auf kahlem Geſtein: allein gewoͤhnlich 
hat doch ſelbſt dieſen ein Byſſus ihren Acker be— 
ſtellet. Selbſt da, wo wir nichts ſehen, moͤgen 
wohl die feinen Geflechte und der Kleber der My— 
celien hineindringen, und ſo nach einer Reihe von 
Jahren erſt Schwaͤmme, dann Algen und endlich 
auch andere Gewaͤchſe empor kommen. 

Wenn wir nun dieſes alles wohl beherzigen 
und alle Vorurtheile aus unſerer Seele verban— 
nen; fo ſehen wir uns gezwungen, unſere uͤber— 
eilten Ausſpruͤche über die Verächtlichkeit der 
Schwaͤmme zuruͤck zu nehmen und ſie vielmehr 
für die beiten Kleinodien im Diadem der Blumen— 
goͤttinn zu erkennen! | ih 

Nun liegt es mir noch ob, alles was wee— 
ſentlich und erprobt iſt uͤber die Genußbarkeit und 
über die Gifte der Schwaͤmme zu verſammeln. 

Die friſchen, unzerlegten Beſtandtheile der 
Schwämme find Ammoniakaliſch-Seifenartig (und 
manche faſt Urines) mehr oder weniger oͤhlicht, 
waͤſſericht, ſchleimicht und in ziemlich hohem Grade 
galertartıg. Aus dem allen konnen wir ſchließen, 
daß ſie zur Nahrung geeignet und wenn gleich 

22 | 


CXVI 
weniger als die Fleiſchſpeiſen, doch auch mehr als 
alle die uͤbrigen Vegetabilien nahrhaft ſind. 

Da aber die Subſtanz der Schwaͤmme in 
Abſicht auf die Miſchung ihrer Beſtandtheile man 
cherley Verſchiedenheiten unterworfen iſt; ſo folget 
daraus, daß nicht alle Schwaͤmme gleich gut und 
einige derſelben nur darum ungenießbar ſind, weil 
ihre Lederartige oder hoͤlzerne Maſſe ſich weder 
weich kochen, noch weniger aber im Magen, zu einem 
Chylus aufloͤſen laßt. Praͤdominiren die Ammonia— 
kaliſchen Subſtanzen; ſo kann der Schwamm zwar 
weich und angenehm, aber dennoch wegen allzu— 
großer Schaͤrfe fuͤr etwas ſchwaͤchliche Subjecte, 
oder auch fuͤr die ſtaͤrkſten, in allzugroßer Menge 
eingenommen, ſchaͤdlich ſeyn. Eigentlich narkotiſche 
Kraͤfte ſcheint kein Schwamm zu beſitzen. Die 
Wirkungen der Schwaͤmme, die den Symptomen 
der narkotiſchen Gifte aͤhnlich ſind, duͤrften viel— 
mehr ſympathetiſch von der Affection des Magens 
und der Gedaͤrme, als von was anderem herruͤh⸗ 
ren. Srifche und reine Schwaͤmme ſchaden alſo nur 
durch das Uebermaß des einen oder des anderen 
der angegebenen Beſtandtheile, und in dieſem 
Falle (vorausgeſetzt, daß es zu ſpaͤt iſt, den Feind 
durch ein Brechmittel aus dem Leibe zu ſchaffen!) 
kann freylich wohl, wie Krapf uns belehret, 
das pure kalte Brunnenwaſſer, ſowohl innerlich 


CXVII 
genommen, als aͤußerlich im Umſchlage a 
det, die erwuͤnſchten Dienſte leiſten. 

Allein dieſe Art von Vergiftung, kann weder 
ſehr gewoͤhnlich, noch von großer Bedeutung ſeyn! 
In den meiſten Faͤllen geſchieht ſie, nach meiner 
voͤlligen Ueberzeugung, bloß durch den Mißbrauch 
und die Unklugheit derjenigen, die ſie aufnehmen 
und zubereiten. Schwaͤmme, die noch im unrei— 
fen, jungfraͤulichen Zuſtande gepfluͤckt worden, 
gehen weder in Fructification, noch in Faͤulung 
uͤber. Haben ſie aber einmahl die Periode ihrer 
voͤlligen Entwicklung erreichet; fo bringen fie Saas 
men, und oft ſchon waͤhrend dem Auswerfen deſ— 
ſelben fangen ſie auch an zu verderben. Schon der 
erſte Anbruch dieſer Periode, die mit der Ver— 
ſtreuung des Pollen oder mit der Ausduftung der 
in ihm enthaltenen Saamenfeuchtigkeit beginnet, 
lockt eine Menge Ungeziefers herbey, die ſich ſehr 
ſchnell darinn einniſtelt und vermehret. 

Welcher von dieſen dreyen der Hauptumſtand 
ſey, dem wir die Vergiftung der Schwaͤmme zu— 
ſchreiben muͤſſen, weiß ich nicht beſtimmt anzu— 
geben. Aber hoͤchſt wahrſcheinlich nehmen alle dreye 
ihren Antheil daran: denn faule Koͤrper, zumal 
wenn ſie ſehr waͤſſerig ſind, erkennet die ganze 
Welt fuͤr ungeſund. Das mit den Schwaͤmmen 
verſchluckte Ungeziefer, mag entweder animaliſche 


CXVIII 1 
Gifte entwickeln, oder man ingerirt fie noch le— 
bend und ſie bringen durch ihr Straͤuben und 
Kneipen in den Eingeweiden einen Reitz hervor, 
welcher durch ſein Anhalten heftige Entzuͤndungen 
und Kraͤmpfe erwecket und nicht leicht abzuwenden 
iſt, indem dieſe Thierchen ſo klein ſind, daß ſie 
nicht abgeſpuͤhlt noch erdruͤckt werden koͤnnen. Es 
giebt aber mehrere Thiergattungen, von welchen 
wir wiſſen, daß ſie ein ſo zaͤhes Leben haben, daß 
ſie ſelbſt die Hitze des ſiedenden Waſſers eine ge— 
raume Zeit hindurch ertragen konnen. Folglich 
laßt es ſich begreifen, daß wohl auch gewiſſe ans 
dere Arten noch eine Zeit lang in unſeren Einge— 
weiden fortleben moͤgen, wenn ſie mit anderen 
Dingen verſchluckt worden, oder daß ſelbſt ein ge— 
lindes Kochen ſie nicht nothwendiger Weiſe toͤdten 
muſte. | 

Das Wichtigſte aber, was ich an den Gift: 
ſchwaͤmmen fuͤr den angreifenden Theil halte, 
ſind — die Sagmen der Schwaͤmme. Vorſichtige 
Köche pflegen wirklich allenthalben diejenigen Theile 
abzulofen und hinweg zu werfen, die wir bereits 
aus dem Verlaufe dieſer Einleitung als das Hy- 
menium, die Saamen tragende Haut der Schwaͤm⸗ 
me kennen gelernt haben. Allein manchmal mag 
ſelbſt im Fleiſche noch ein Theil von dieſen Saa— 
men oder wohl auch vom Pollen ſtecken bleiben! 


CRIX 
Dieſe Saamenbrut mag ferner bey manchen 
Schwaͤmmen eine ſpezifike Kraft haben, eher als 
andere in unſeren Eingeweiden zu keimen, d. h. 
zu zerplotzen und ein anfangendes Mycelium 
zu entfalten! Da nun aber jedes organiſche Wee— 
ſen, ſo lange es lebt, in keinem andern leben 
kann, ohne mit ihm im Kampf zu ſeyn; ſo er— 
klaͤrt es ſich leicht, warum eine gewiſſe Menge 
ſolcher Schwammkeime in unſerem Magen große 
Unordnungen anrichten muͤſſe, da ſie ſich darinn 
feſtzufetzen, aͤnzuſaugen und einzuniſteln bemuͤhet, 
und da es den erſten Weegen eine Unmoͤglichkeit 
iſt, dieſelben, ſo lange ſie leben und entgegen— 
wirken, fortzufchaffen und in unſere Subſtanz 
zu verwandeln. Daß es in dieſem Falle ſehr viel 
auf die Integritaͤt und die Kraft unſerer Digeſtion 
ankomme, begreift ſich von ſelbſten, und die ſuc— 
seffive Angewoͤhnung an einen gewiſſen Reitz kann 
auch bewirken, daß wir ihn endlich ertragen ler— 
nen, ohne ihn weiter laͤſtig zu finden. Die Empfin— 
dung abſtumpfende Mittel (Paregorica) ſcheinen 
daher am meiſten angezeigt zu ſeyn, bey einer 
Schwammvergiftung dieſer letzten Art“). 
Ich habe auch des Pollen erwaͤhnet; und 
dieſer mag manchmal mit den Reitz vermehren hel— 


) Jedoch nur in fo lauge, als noch keine Entzündung ror⸗ 
handen iſt: denn alsdann ifi wieder der Gebrauch des ka 
ten Waſſers das ſicherſte und einſachſte Specificum! 


CXX 

fen und in gewiſſen Arten der Schwaͤmme ſehr tief 
in die Subſtanz des Koͤrpers hinein verbreitet ſeyn. 
Dies vermuthe ich insbeſondere von jenen Arten 
der Schwaͤmme, deren Fleiſch beym Anbruch oder 
Durchſchnitt ſtrahlenförmig anlaͤuft und gruͤn oder 
livid wird, welche Farbe wir jedesmahl auch 
an den frey liegenden Kuͤgelchen der beyden Sexual— 
organe in dem Hymenium des Schwammes er— 
blicken. 

Will man ſich alſo vor Vergiftungen durch 
den Genuß der Schwaͤmme huͤten; ſo waͤhle man 
vor der Hand keine anderen, als welche hier als 
eßbar und gefahrlos ſind aufgeſtellet worden; und 
will man ja auch andere verſuchen; ſo nehme man 
nur junge unentwickelte Exemplare, trenne La— 
mellen, Roͤhrchen, Stacheln und was dergleichen 
mehr Formen des Hymeniums find, mit aller Vor: 
ſicht davon ab, zerſchneide uͤbrigens den Schwamm 
in kleine Spalten, waſche dieſe rein und zu wie— 
derholten Mahlen im Brunnenwaſſer aus und 
koche ſie ſehr lange mit einem Zuſatz von Kochſalz 
und Zwiebeln. 

Es giebt ſchlechterdings keine allgemeinen cha— 
racteriſtiſchen Merkmahle der giftigen Schwaͤmme. 
Doch ſind diejenigen, die beym Anbruche ſchnell 
die Farbe ihres Fleiſches veraͤndern und blau oder 
bleyfarbig werden, meiſtens fuͤr verdächtig zu hal⸗ 


CXXI 
ten. Auch die Milchtriefenden Schwaͤmme find wer 
gen ihrer Scharfe im Allgemeinen für bedenklich 
zu halten. 

Will man Schwaͤmme pruͤfen, ob ſie eßbar 
oder giftig fegen ? fo verdienen folgende Methoden 
als vorzuͤglich empfohlen zu werden. 

a) Man lege einen Silberloͤffel und eine ge— 
ſchaͤlte Zwiebel in die Bruͤhe und laſſe ſie eine ge— 
raume Zeit mit den Schwaͤmmen ohne anderen 
Zuſatz kochen. Lauft der Löffel an oder wird 
die Zwiebel ſchwaͤrzlich; ſo ſind die Schwaͤmme 
fuͤr giftig zu halten. 

b) Man verkoſte ein Stuͤckchen davon ganz 
roh und behalte es lange im Munde. Zeigt ſich 
dann ein widerlicher Geſchmack, ein eckelhafter Ge— 
ruch oder eine Schaͤrfe, ſo iſt die Art, von der 
es genommen iſt, ebenfalls zu verwerfen. 

c) Man beobachte die Merkmahle einmahl 
eßbar befundener Schwaͤmme ſehr genau und auch 
eine geringe Abweichung in der Farbe, mache ſie 
uns verdaͤchtig! 

d) Von Schwaͤmmen, die man nicht ſehr 
wohl kennet, wage man es nicht, gleich die erſten 
Mahle eine groͤßere Quantität zu genießen. 

e) Man ſchreibe nicht auf die Schuld der 
Schwaͤmme was etwa ein verdorbener Magen, 
eine uͤble Dispoſition oder eine ſehr widernatuͤr⸗ 


CXXH 
liche Vermiſchung heterogener Subſtanzen zuwege 
gebracht hat. ? 

Daß aber an den uͤblen Wirkungen der 
Schwaͤmme größten Theils unſere verderbte Natur 
und kraftloſe Verdauung naͤchſt der fehlerhaft en 
Zubereitung Schuld ſey, beweiſet das Beyſpiel 
einiger Rußiſchen Nationen, die faſt einzig von 
Schwaͤmmen leben und mit unter auch viele von 
denjenigen verzehren, die wir für giftig halten, 
wie z. B. die Bilzlinge. 

»In den waldigten Gegenden (ſagt Pallas“) 
iſt der Genuß der Schwaͤmme naͤchſt dem Brod die 
gewoͤhnlichſte und faſt einzige Faſtenſpeiſe des ar— 
men Landvolkes, auf den Winter werden einige 
Arten getrocknet, andere eingeſalzen, aufbewahret. 
Ueberhaupt genießt man in Rußland (den Fliegen— 
ſchwamm und einige kleine magern Pilze, auch 
die ſtinkenden Miſtſchwaͤmme ausgenommen) faſt 
alle andere Arten, auch, wenn ſie ſchon wurm— 
ſtichig und dem Untergange nahe ſind, und doch 
hoͤret man nicht, daß dieſe Gewaͤchſe, ſo wie ſie 
der Landmann hier zu genießen pflegt, naͤhmlich 
bloß mit Salz, oder mit Oehle geſotten, oder 
nur mit etwas Salz verkehrt auf die Kohlen ge— 
ſetzt und halb gar gebraten, jemahls ſchaͤdlich ge— 
worden ſeyen: alle eßbaren Arten, deren eine vor 


*) S. Pall. Reiſen 1 Thl. S. 43. 


CXXIII 
der andern haͤufiger zu entſtehen pflegen, weiß 
das Volk mit Rußiſchen Nahmen zu unterſcheiden. 
Es ſind darunter auch ſolche, welche man in an— 
dern Landern als ſchaͤdlich verwirft.“ u. ſ. w. 

Wie viel die Gewohnheit von Jugend auf 
vermoͤge, den Menſchen ſelbſt an den Genuß der 
ſtaͤrkſten Giftſchwaͤmme zu gewöhnen, beweiſet das 
Beyſpiel der Kamtſchadalen und der Koraͤken, die 
den Fliegenſchwamm eſſen, um ſich zu berauſchen 
und in eine gewiſſe Wuth zu gerathen, wenn ſie 
zu Felde ziehen oder jemanden umbringen wollen. 
Ja die Begierde nach dieſem Genuß geht bey den 
Koraͤcken fo weit; que lorsqu'un homme en 
est yvre pour en avoir manger, ils ne lui 
permettent pas de pisser par terre, mais ils 
lui donnent un vaisseau, et boivent son urine, 
s’imaginent, qu'elle produit le méëme effet, 
que le Champignon: la dose est de trois ou 
quatre, mais lorsqu'ils veulent s’enyvrer, 
ils en mangent jusqu'à dix”*), 


1 x 
*) Krascheninnikow Histoire de Kamtschatka ete. etc. trad. 
du Russien ete. Sie machen auch eine Art von berauſchen— 
dem Getraͤnk davon, das fie Mukhamorr nennen. S. Leſſep's 
Reiſe von Kamtſchatka nach Frankreich II Thl. und Krünitz 
Encyclopaͤdie die Artig eln: Jakuten und Bamsfcheife. 
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I. Die Truͤffel (Tuber eibarium 
Pers.) 


S. Wachspraͤp. A und Abbild. Tab. A. 


Die Trüffeln, von welchen hier die Rede iſt, 
werden fonit auch die ſchwarzen Trüffeln, Tar— 
tüffeln, Erdſchwämme, Erdnüſſe, Erdmorcheln, 
im Franzöſ. Truffes, Ital. Tartufi. Engl. 
esculent Puff-ball oder Truffles, Span. Cria- 
dillas (Teſtikel), Portug. Tortuthos, Holl. 
Tartuffels, oder auch Aardbuilen, Dan. Tröfs 
ler, Schwed. Haräpple, Poln. Tartufole, 
Ruß. la Tartuffle, Ungar. Szarvas gomba 
oder Szarvaska genannt. 

Ungeachtet ſie nicht zu der eigentlichen Fa⸗ 
milie der Schwämme gehören, weil ſie ihre Fort— 
pflanzungskörner (die Schwammkeime, Sporu- 
lae) nicht an der Oberflache der Geſchlechts haut 

A 


2 


(Hymenium) hervortreiben, fondern fie inners 
lich in einer Art von Fruchthülle verbergen: ſo 
müſſen ſie dennoch in einem Werke abgehandelt 
werden, deſſen Beſtimmung Popularität, deſſen 
Gegenſtand derjenige Theil der Speiſematerialien 
iſt, welchen man im gemeinen Leben mit dem 
Nahmen der Schwämme zu bezeichnen gewohnt 
iſt, und den fait alle Schriftſteller (die allerneues 
ſten allein ausgenommen) denſelben beyzuzählen 
pflegen. | 
Die Trüffeln wurden vormahls für eine ein, 
zige Art von Kugelſchwamm gehalten, und dem 
zu Folge auch im Linneeiſchen Sexualſyſtem und 
vielen andern Werken unter der Benennung Ly- 
coperdon tuber aufgeführet. Allein mit vollem 
Rechte hat man in den neuern Zeiten die Trüffel 
zu einer eigenen Gattung erhoben, und verſchiede— 
ne Arten derſelben nach dem Verhältniß ihrer Ges 
ſtalt und Farbe unterſchieden. So hat man dann 
jetzt 1) die Trüffel (Tuber cibarium), 2) die 
weiße Trüffel (Tuber album), 3) die graue 
Trüffel (Tuber griseum), 4) die Bieſamtrüf— 
fel (Tuber moschatum), 5) die Sommertrüf— 
fel (Tuber aestivum), mit welcher letztern auch 
die grünliche Trüffel des Albertini und Schwei— 
nis (Tuber virens) in eine einzige Art vereini— 
get zu ſeyn ſcheinet. Noch gibt es hier und da 
Benennungen von Trüffeln, welche einige andere 


3 
bisher noch unbeſtimmte Arten anzuzeigen ſchei— 
nen. Ins beſondere aber habe ich vor einigen Jahr 
ren von der Hochfürſtl. Batthyaniſchen Herrfchaft. 
Enzersdorf eine ämtliche Beantwortung des all— 
dort angeſtellten Wald- und Revierjdgers und 
Walderxaminators, Herrn Carl Meiſters, auf 
24 von mir entworfene die Naturgeſchichte der 
Trüffel betreffende Fragen erhalten, worunter die 
ı5te Autwort eine neue Art zu betreffen ſcheinet, 
über deren nähere Aufklärung ich mich bisher ver- 
geblich bemühet habe, genauere Nachrichten zu 
erhalten. Es heißt nähmlich daſelbſt: „Es gibt 
rothe (Trüffeln), welche die kleinſten, weiße, 
welche größer, und ſchwarze, welche die größten 
und ſchmackhafteſten ſind; die rothen und weißen 
wachſen am häufigſten im Leimichten (Lehmigen), 
dagegen die ſchwarzen nur im ſchwarzen Boden 
gefunden werden“ Was bier unter der rothen 
Trüffel verftanden werde, iſt mir gänzlich unbe— 
kannt; es müßte denn nur eine Abart der ſoge— 
nannten Sommertruffel von den Förſtern ſo ge— 
nannt werden 

Die Trüffel iſt ein unordentlich geformter, 
mehrentheils ziemlich eyförmiger, zuweilen aber 
auch ganz Eugelrunver Knollen, an welchem man 
derſchiedene Eindrücke und Vertiefungen bemerkt, 
die theils von dem Aneinanderliegen mehrerer 
Stücke derſelben, theils von dem Druck der nar 

A 2 


4 
be dabey befindlichen Steine, Wurzeln und an- 
derer harten Körper herzurühren ſcheinen. Außer 
dieſen größern Unebenheiten iſt auch die ganze 
Oberfläche derſelben mit gedrängten niedergedrück— 
ten und ganz ſtumpfkantigen Pyramiden, wie 
mit einer mineraliſchen Druſenrinde umgeben. 
Dieſe ſind aber ſehr unregelmäßig, 3, 4, 8 und 
mehrſeitig, bald mit flachen, bald mit einge— 
drückten Seiten, und ihre Größe varirt im Durch— 
meſſer von 1 bis zu 3 Linien, beſonders nach dem 
Alter und der Reife der Trüffel. Noch gibt es zu— 
weilen Riſſe oder Spalten in der Rinde der Trüf— 
fel, wo dann die weißliche Subſtanz hervorbricht, 
ſo wie öfters z. B. an der Ananas die Schale 
zerplatzet, und das ſchmackhafte Fleiſch hervor— 
blicken läßt. Von außen iſt nähmlich die Farbe 
der Trüffel ein bräunliches Grauſchwarz, faſt wie 
bey dem Federharze oder wie bey derjenigen Art 
von Steinkohlen, die man Holzkohlen nennet. 
Von innen iſt ſie ſchmutzigweiß, mit zarten roth— 
bräunlichen Adern marmorartig durchzogen, und 
ſieht daher im Durchſchnitt einer Muskatnuß 
ziemlich ähnlich. Im jüngern Zuſtande ſind beyde 
Farben, ſowohl die äußere als die innere, hel— 
ler, und durch die Verweeſung aſſimiliren ſie ſich 
endlich wieder der Erde, in welcher fie entſtanden. 
Da die Trüffel nur unter der Erde wächſt, 
ſo ſcheint es nicht nöthig zu ſeyn, ſie mit andern 


4 


5 
überirrdiſchen, z. B. Kugelſchwämmen, zu vers 
gleichen. Indeß mag es auch zum Ueberfluß ge— 
ſagt ſeyn, daß die Trüffel keine Spur von einer 
Wurzel an ſich hat, daß ſie ſich niemahls öffnet, 
und daß ihre Subſtanz ſich niemahls in Staub, 
Brey oder Waſſer auflöſet. Am leichteſten könnte 
ſie allenfalls, jedoch ohne Gefahr, mit den übri— 
gen Trüffelarten oder mit der Kirſchbrunſt CScie- 
roderma cervinum) verwechſelt werden. Man 
darf jedoch nur die rauhe druſenartige Oberfläche 
im Gedächtniſſe behalten, ſo iſt es bey allen übri— 
gen Vergeſſenheiten unmöglich, in einen ſolchen 
Verſtoß zu gerathen. 

Der Geruch der friſchen Trüffel, welcher an 
dem jungen Gewächs ſehr ſchwach, an der fau— 
lenden Pflanze hingegen abſcheulich iſt, fällt wäh— 
rend dem Zeitpuncte ihrer beſten Reife in ein Ges 
miſch von flüchtigem Laugenſalz, gas artigen Koh— 
lenſtoff und den Dämpfen von kochendem Fleiſche. 
Der Geſchmack iſt mehlicht, etwas ſeifenartig, 
und ich finde noch überdieß in demſelben eine vor— 
zügliche Aehnlichkeit mit dem Geſchmacke der gu— 
ten Kaſtanien, jedoch gleichſam mit einer Würze 
von Kalmus und mit einer ſchwachen Spur des 
Duftes von friſchgegärbtem Pferdeleder. 

Der Genuß der Trüffel belebt das Nerven— 
ſyſtem der Hydnophagen mit einer wollüſtigen 
Regbarkeit, gleichwie fo manche andere Pflan⸗ 


6 

zenproduete aus der Familie der Orchideen, der 
Scitamineen, Liliaceen u. dal. Der Grund die 
fer Wirkung ſcheint in der höchſt verfeinerten Bes 
ſchafferheit der nährenden Subſtanz zu beruhen, 
welche unverändert von den lymphatiſchen Gefä⸗ 
fen in das Geblüt abgeſetzt wird, und dann ges 
rade nur ſo viel zu wenig homogeniſirt iſt, um 
in denjenigen Organen, welche aus den letzten 
Endigungen der Blutgefäße den Erſatz der verlor— 
nen Beſtandtheile erhalten, eine ungewöhnliche 
Senſation zu erwecken, ohne ſie zur gänzlichen 
Verſchließung des Durchzuges zu reizen. Viel— 
leicht hat auch wirklich, wie Haller und einige 
Andere zu vermuthen ſcheinen, die Subſtanz der 
Trüffel einige materielle Aehylichkeit mit den wer 
ſentlichen Subſtanzen des thieriſchen Körpers oder 
mit dem Zeugungsſtoffe. Zum wenigſten läßt der 
Ge duch, und ſelbſt der Geſchmack derſelben, eine 
ſolche Vermuthung nicht ganz ohne Rechtfertigung. 
Und wenn es alſo iſt, ſo wird es um ſo viel be— 
greiflicher, daß eine eingenommene Nahrung den 
Geſchlechtstrieb erwecket, weil ſie in dem Körper 
dasjenige Reizmittel verbreitet, welches unter ges 
wiſſen Umſtänden von der Natur ſelbſt hervorge— 
bracht werden ſollte, aber vielleicht wegen irgend 
einer Stockung in den Gefäßen oder wegen Er— 
müdung der Nervenkraft mangelt. Die Trüffel 
iſt demnach ein Aphrodiſiacum, und zwar von vor— 


7 
züglicher Gattung, eine wohlthätige Gabe des 
Himmels für diejenigen, die ihrer bedürfen. Der 
ſto mehr ſollen und mögen fie aber auch dieſeni— 
gen meiden, welche dazu keine Veranſaſſung has 
ben, damit ſie nicht in Gefahr gerathen, mit 
einem innerlichen Feinde zu kämpfen, und eine 
Flamme zu vertilgen, die fo leicht ein heilloſes 
Unglück anrichten kann, genöthiget werden, da 
es weit leichter iſt, den erſten als den letzten Ge— 
fahren zu entweichen. Obgleich die Trüffel, wie 
aus dem Bisherigen erhellet, ein unſchädliches 
Nahrungsmittel iſt, ſo verdient ſie deßwegen doch 
nicht unbedingt empfohlen zu werden. Man hat 
Erfahrungen, ſagt Houttuin, daß Leute durch 
den unmäßigen Gebrauch den Tod davon gegeſ— 
ſen haben. Man kann ſich nun freylich wohl auch 
an andern unſchädlichen Nahrungsmitteln zu Tod 
eſſen und zu Tod trinken. Aber doch an manchen 
früher! Alle reizenden Subſtanzen find in dieſer 
Betrachtung bedenklicher als die bloß nährenden, 
z. B. Pfeffer mehr als Brod, Wein mehr als 
Waſſer, Salz mehr als Honig u. ſ. w. Allein 
auch noch aus andern Urſachen iſt der Genuß der 
Trüffeln, ſo wie der Genuß aller Arten von 
Schwämmen, minder empfehlungswürdig. Wenn 
nähmlich die Trüffel auch nur im geringſten Gras 
de überreif geworden, ſo pflegen ſich zahlloſe 
Schmarotzer aus dem Heere der Inſecten dabey 


8 
einzufinden, die ihre Labyrinthe mit haſtiger Ges 
ſchäftigkeit durchwühlen, und die, indem ſie für 
ſich nur Lohn und Befriedigung ärndten, zugleich 
den ihnen von der Natur angewieſenen Poſten 
beſtellen, und eines ihres wichtigſten Berufsge— 
ſchäfte erfüllen, indem ſie das Faulende hinweg— 
ſchaffen und die neue Erzeugung befördern. Denn 
da die Trüffel von ſich ſelbſt ſich nicht öffnet, und 
noch überdieß unter der Erde begraben liegt, ſo 
würde ſie ſich weder fortpflanzen noch vermehren 
können, wenn nicht ſolche dienſtfertige Gehülfen 
beſtellt wären, die ihre Keime befreyen und von 
einer Stelle zur andern bringen müſſen. Aber 
eben dieſe Inſecten find es auch, deren Gegen, 
wart entweder die Subſtanz der Schwämme vers 
giftet, oder die vielleicht, was mir das Wahr— 
ſcheinlichere zu ſeyn ſcheinet, als die der ficherften 
Zeugen einer bereits durch Alter und Faulung gif— 
tig gewordenen Weeſenheit erklärt werden muß. 
An ſich betrachtet, und mit Hintanſetzung al— 
ler Vorurtheile des Luxus und der Mode, ver— 
dient es die Trüffel bey weitem nicht, von den 
Magnaten und Reichen ſo hoch geſchätzt zu wer— 
den, als ſie es von den älteſten Zeiten zu ſeyn 
pflegte. Man könnte, bey einer goͤwiſſen Zubereis 
tung, an tauſend andern Dingen vielleicht einen 
eben ſo guten, vielleicht einen noch beſſern Ge— 
ſchmack finden, wenn es nur Mode wäre. Wir 


9 
ſehen mitleidig auf unſere kraftvollen Stammvä— 
ter, wenn wir im Tacitus leſen, daß ſie ſich von 
Eicheln und Haſelnüſſen ernährten. Aber was iſt 
wohl für ein anderer Uaterſchied unter den heu— 
tigen und den damahligen Lebensmitteln, als ein— 
zig in der größern Mannigfaltigkeit und in der 
Zubereitung derſelben? — Wäre nicht das Vor— 
urtheil allmächtig, die deutſche Eichel würde bald 
das arabifhe Gift der Coffeeſtaude, und der va— 
terländiſche Kalmus den weſtindiſchen Ingwer vers 
drängen. Die Trüffel ſey immerhin wohlriechend, 
edel, köſtlich, nahrhaft, geſund, beilſam; — 
der Champignon, der Raßling, der Röthling, 
der Goldbrätling, der Nagelſchwamm, die Mor— 
chel und der Herrnpilzling find es nicht um fo gar 
viel weniger. — Doch es ſey ferne von mir, daß 
ich dieſer Lieblingsſpeiſe einiger Trüffelfreunde ih— 
ren Werth bekämpfen wollte! Es iſt in fo mans 
chen Ländern, wo nicht die Jäger das Monopol 
in den Händen haben, ein wahrer Himmelsſeegen 
für die armen Landleute, daß ſie ſich mit dem 
ohnehin mühſamen Aufſuchen dieſer Afterſchwäm⸗ 
me einiges Geld verdienen mögen! 

Man kauft die Trüffeln nach dem Gewichte. 
Die Preiſe aber ſind ſehr ungleich, nach Verſchie— 
denheit der Jahrszeit und des beſſern oder ſchlechtern 
Gedeitens. Zu Markte pflegen fie bey uns nicht 
gebracht zu werden, ſondern die Specereyhändler 


10 


löͤſen ſolche in größern Quantitäten denen Herr⸗ 
ſchaften, Jägern oder Landleuten ab, und ob ſie 
gleich die meiſten aus Ungarn, Mähren und Stey— 
ermark, ja ſelbſt aus Oeſterreich erhalten, ſo 
müſſen ſolche demungeachtet beym Verkaufe für 
italiäniſche und franzöſiſche gelten. Ehemahls, als 
noch alle Trüffeln aus Italien nach Deutſchland ver— 
ſchrieben wurden, koſtete das Pfund 10 Thlr., und 
nicht ſelten noch mehr. Seitdem find fie weit über die 
Hälfte im Preiſe gefallen. Doch iſt es ſchwer, bey 
dem gegenwärtig ſo wandelbaren Werthe aller 
Waaren, ihren Preiß beſtimmt anzugeben. Die 
Mayländiſchen in Oehl eingelegten koſteten vor ei— 
nigen Jahren das Pfund zwey oder drey Thaler. 
Die Vinaigriers in Paris verkaufen auch Truf- 
fes marinsées. Aber ſelbſt in Frankreich iſt ihr 
Preiß ſehr veränderlich. Zuweilen koſtet in An— 
goumois das Pfund nur ı5 bis 20 Sols 
(nähmlich im J. 1779), und wenige Tage hers 
nach wohl 100 Sols, wenn nähmlich ſtarker 
Froſt und Schnee einfällt. Für reiche Tafeln wird 
auch dort wohl eine Trüffel, die von vorzüglicher 
Güte iſt, und ein Pfund wiegt, für einen Louise 
d'or gekauft. Nach Hamburg kommen dieſe 
Schwämme in Fäſſern oder Kiſten aus Bourdeaux 
und Mar ſeille. (S. Beckmanns Vorb. zur Waa-⸗ 
renkunde, 2. Th. S. 72). Man pflegte übrigens 
die meiſten ausländiſchen Trüffeln, ſowohl die 


11 


eingemachten als die marinirten, in Deutſchland 
aus Aix, Avignon, Bourdeaux, Cette und Niz— 
za zu verſchreiben. 

Meines Wiſſens wird die Trüffel zu nichts 
weiter als zur Speiſe verwendet, und zwar nur 
für die ausgeſuchteſten Tafeln. Zwar pflegen ſie 
hier und da in Gegenden, wo ſie häufig gefunden 
werden, von den Sammlern ſelbſt genoſſen zu 
werden, indem ſie ſolche bloß in der Aſche braten 
und dann die Haut abſchälen oder abſchaben. Man 
bringt ſie nach Art der Kaſtanien gebraten und 
geſchält und in eine Serviette eingewickelt auf die 
Tafel, wo ſie dann, weil ſie warm erhalten wer— 
den, den fo beliebten Duft nicht allein im Zim— 
mer, ſondern wohl im ganzen Hauſe verbreiten. 
Manche pflegen ſie auch mit Butter zu röſten, 
nachdem ſie ſie vorher in zarte Scheibchen zerſchnit— 
ten. Die alten Römer pflegten fie mit Oehl, Pfef— 
fer und Wein zuzubereiten. Auf den Tafeln der 
Vornehmen erſcheinen ſie heut zu Tage ſelten als 
eigentliches Gericht, ſondern meiſtens nur als 
Würze, indem man Schildkröten, Rohrhühner 
und verſchiedene Fiſche damit zubereitet, und in 
Verbindung mit köſtlichen Brühen, Citronenſaft 
und allerley Gewürzen auftiſchet. Um vollends die 
ganze Würze des Trüffelduftes in den Gerichten 
zu erhalten, pflegen die Köche die abgelößten 


12 


Schalen mitzukochen, und erſt vor dem Anrichten 
der Speiſe ſolche wieder heraus zunehmen. 

Die alten Griechen und Römer kannten und ver— 
ehrten dieſe Schwämme als eine vorzügliche Lecker— 
ſpeiſe. Bey den erſtern hießen fie dove, bey den letz 
tern tubera terrae. Sie geben, vorzüglich Pli— 
nius, ihre Kennzeichen, ihren Standort, ihre Far— 
be, Subſtanz, Bau und Größe, die Bedingniſſe ihr 
res Gedeihens, den Unterſchied der Jahreszeiten, 
ihre Dauer und Verweſung, endlich auch ſogar 
ihren Geſchmack, Gebrauch, Zubereitung und 
Verwahrung an. Zum Aufſuchen derſelben wuß— 
ten ſie ſich nicht, wie wir, der Hunde und der 
Schweine zu bedienen, ſondern ſie erkannten ihre 
verborgene Gegenwart aus gewiſſen Erhebungen 
des Bodens, aus den Riſſen in demſelben, und 
aus der Gegenwart gewiſſer Pflanzen, die nach 
dem Zeugniſſe des Atheneus araanon und vvopuR- 
N bießen. Was aber dieſes für Pflanzen gewe— 
ſen, darüber bin ich nicht im Stande eine befrie— 
digende Antwort zu ertheilen. Handel iſt aller— 
dings auch ſchon damahls mit dieſer Waare ge— 
trieben worden, weil ſie ihre beſten Trüffel, ſo 
wie wir noch heut zu Tage, aus dem Innern von 
Afrika, aus den Numidiſchen Wüſten erhielten. 
Die Trüffel hat demnach die Ehre, mit dem 
Weinſtock und mit dem Roggen für eines der äl— 
teſten und verbreitetſten Lebensmittel der Menfchen 


13 
und für einen der älteſten Handelsartikel erkannt 
zu werden, ohne jemahls ihren großen Anwerth 
bey den Tafeln der Mächtigen und der Reichen 
zu verlieren. Eine Erfahrungs ſache, die gewiß 
bewundert zu werden verdienet, da es doch ſo 
viele hundert andere minder berühmte Waaren 
gibt, die ſie ſowohl an Güte als an Nutzbarkeit 
übertreffen. Die Belege der hier abgehandelten 
Geſchichte findet man bey Beckmann a. a. O. S. 
73 u. f 

Da die Trüffeln nicht, wie andere Schwäm— 
me, friſch zu Markte gebracht, und auf der 
Stelle verſpeiſet, ſondern zum Handel beſtimmt, 
und oft über ein Jahr aufbehalten werden; ſo 
verſteht es ſich von ſelbſt, daß auch gewiſſe 
Vorſichtsregeln zu dieſer ihrer Aufbewahrung er» 
forderlich ſind, ohne welchen ſie in kurzer Zeit 
verfaulen oder verdorren und verderben müßten. 
Sie beſtehen im Folgenden: Man reinigt die fri⸗ 
ſchen aus der Erde genommenen Trüffeln mit lei— 
nenen Tüchern von allem Schmutze, wickelt hier— 
auf jede beſonders in ein mit Wachs getränktes 
Papier, und verwahret fie in einem gläfernen 
hermetiſch verſchloſſenen Gefäße. Dieſes Gefäß 
legt man ſodann in einen Zuber, worin man von 
Zeit zu Zeit friſches Waſſer eintragen und das 
alte ausgießen läßt. Andere tauchen die Trüffeln 
in ein Gefäß mit Oel, und durch dieſes Mittel 


14 
bewahrt man fie am ficherften vor dem nachrheis 
ligen Einfluß der Luft, durch welche die Trüffel 
entweder zu ſehr ausgedörrt oder zur Gallerte 
werden würde. Die gewöhnliche und einfacheſte 
Weiſe fie aufzubewahren beſtebt darin, daß man 
ſie in einem unterirrdiſchen Gewölbe in ein Ge— 
miſche von Sand und etwas Lehm vergräbt, je— 
doch mit der Vorſicht, daß ja eine die andere 
nicht berühre. Man muß auch öfters nachſehen, 
und alle diejenigen wegwerfen, an welchen faule 
Flecken ſich zeigen. Auch iſt es nützlich, die Erde 
öfters umzuwühlen oder mit friſcher zu verwechſeln. 
Wenn anders, was ſich jetzt noch nicht ent⸗ 
ſcheiden läßt, die Angaben der Schriftſteller nicht 
‚mehrere Arten unter einem Rahmen vermengen: 
fo find unter den Europäiſchen die Trüffeln aus 
Piemont, aus Montſerat und aus Mayland die 
beſten. In Rom ſchätzet man die aus der Nach— 
barſchaft der Stadt Norcia für die beſten. In 
den ſüdlichen Theilen von Frankreich ſind ſie gar 
gemein, beſonders in Languedoc, Provence, Dau— 
phine, Angoumois, Perigord, Guienne, auch 
in Bourgogne, Lorraine, Franche-Comté, Cham 
pagne. Um Avignon werden fie den Reiſenden im 
Herbſte in allen Wirthshäuſern vorgeſetzt. In 
dem Park von Villatneuſe, bey der Abtey von 
St. Denise, in Frankreich, traf man ſonſt eine 
ſo große Menge Trüffeln an, daß ſie deßwegen 


15 
im Jahr 1764 von dem königlichen General, Pror 
cureur, Herrn von Villatneuſe, an die Obſt— 
händler in Paris auf ſechs Jahre, für jährlich 
250 Livres und 10 Pfund Trüffeln, die fie in je— 
der Jahreszeit dieſem Herrn ausliefern mußten, 
verpachtet wurden. Aus allen Trüffeln in der Welt 
werden aber die Afrikaniſchen, welche ſchon Pli— 
nius und Juvenal für die delicateſten erklären, 
noch jetzt in Frankreich für die beſten gehalten. 
Daß fie in den Numidiſchen Wüſten häufig wach- 
ſen, und von den Arabern ſehr gern gegeſſen wer— 
den, erzählt Joh. Leo (Africae deser, Ant- 
verp. 15 6. p. 300), der fie Terfez nennet. 
Der gewöhnliche Standort der Trüffeln ſind 
lichte, hochſtämmige Eichenwälder, beſonders 
aber die Nähe von Steineichen. Eine etwas er— 
habene Lage und eine Oeffnung für den Regen 
begünſtigen ihre Erzeugung. In Gemäßheit der 
oben angeführten ämtlichen Aus ſage des Herrn 
Meiſter wachſen ſie in Gegenden, wo Eichen, 
Haſelnußbäume, und hauptſächlich, wo Aſpen 
wachſen, an der Nord» und Abendſeite, niemahls 
aber an der Mittagsſeite; in feuchten Boden oder 
ſogenannten ſuttigten Walvboden. Im lichten 
Holz gedeihen ſie am beſten; wird aber das Holz 
gefällt, ſo pflegen ſie auszugehen. Dieſe letzte Er— 
fahrung, welche ſowohl in der angeführten Aus— 
age, als wie auch in den meiſten Schriftſtellern 


16 


vorkömmt, würde uns faſt den Verdacht einflds 
ßen, die Trüffeln für bloße Producte der Baum- 
wurzeln zu halten. Ja man behauptet ſogar, ſie 
unten an den Wurzeln der Eichbäume gefunden 
zu haben, ſo, daß man Mühe hatte, ſie von 
den Knoten dieſer Wurzeln zu unterſcheiden. Man 
bat endlich zuweilen ſteinartige Körper oder Ver— 
härtungen in der Subſtanz derſelben gefunden. 
(ſ. Houttuin. Linn. Pfl. Syſt. 3. Th. 1. Bd. 
S 835). Aber alle dieſe Erfahrungen beweiſen 
weiter nichts, als daß es der Natur beliebe, auch 
die Trüffel da, wo es die Umſtände verſtatten, 
lieber an der Mutterpflanze zahlloſer Paraſyten, 
und vorzüglich an der Gebährerinn der meiſten 
Schwammarten, der Eiche, in Verwahrung zu 
legen. Dern wenn wir mit dieſer die Erfahrun— 
gen eines Micheli, eines Grafen de Borch, ei— 
nes Mützſchefal, Munier, Geoffroi u. ſ. w. ver⸗ 
gleichen: ſo werden wir belehrt, wie behutſam 
man bey dergleichen Schlußfolgen zu Werke ge— 
hen müſſe, und wie leicht man im Gegentheil auf 
Irrthümer und Hirngefpinnfte verfallen könne. 
Dieſen letztgenannten Gewährsmännern zu Folge 
ſagt Beckmann a a. O. S. 59 u. f. über die 
Standorte der Trüffel: 

„Dieſe unterierdiihen Schwämme wachſen 
in einem lockern, fruchtbaren, ſchwarzen und et— 
was feuchten Boden, den die Mineralogen Damm 


1 
1 


. 


| 17 
erde, Stauberde, Humus, die Franzoſen ter- 
re franche nennen. Am häufigſten werden fie in 
Eichen- Kaſtanien- und Buchenwaldungen gefun— 
den, und man will bemerkt haben, daß fie fichr 
wenn die Bäume abgetrieben werden, verlieren. 
Unter Aepfel- Birn- und Nußbäumen ſoll man 
fie ſogar in Angoumois, wo fie ſehr häufig find, 
nie gefunden haben. Dort hält man die, welche 
unter Eichen geſammlet werden, für die beſten; 
nächſt dieſen die aus der Nachbarſchaft der Wa— 
cholderſträuche. Ebendaſelbſt trifft man fie auch in 
Weingärten, auch im Ackerlande zwiſchen den 
Stoppeln an. Aber im obern Italien, und viel— 
leicht in vielen Ländern, wo noch nicht darnach 
geſucht iſt, find fie auch in mäßig feuchten Wies 
ſen, deren Boden auch allerdings Stauberde, 
Humus iſt. Sie ſcheinen in allen Ländern von Eu— 
ropa zu ſeyn, und ſie ſind auch in einigen Gegen— 
den von Aſien und Afrika gefunden worden. Linne 
fand ſie ſogar in Lappland, Kämpfer in Japan, 
wo man ſie eben ſo begierig ſucht und verſpeiſet 
als in Europa.“ 

Man findet fie ı bis 6 Zoll tief unter der 
Erde, bald einſam, bald, und zwar gewöhnlich 
in Klumpen von 3 bis 7 Stücken beyſammen. 
Sie liegen alsdann aneinander, und drücken ſich 
flach an den Seiten, mit welchen fie ſich berüh— 
ten. Zuweilen, jedoch ſelten, belauft ſich die 


18 

Zahl der Stücke in einem Loche über 20 Da die 
Trüffel in Anſehung der Fortpflanzung mit dem 
Kugelthier analog iſt, und in ihrer Subſtanz meh— 
rere Generationen von Trüffeln enthält, welche 
durch die Zerſtöhrung und Verweeſung der Mut— 
terpflanze zu ihrer Freyheit und Entwickelung ge— 
langen: ſo ſollten wohl an einem Orte, wo einſt 
ein Trüffelkeim hingekommen, mit der Zeit eine 
große Menge derſelben beyſammen entſtehen. Als 
lein es geht hier wie anderswo in der Natur; 
die ſchwächern müſſen im erſten Keim unterliegen, 
damit die andern deſto vollkommner werden Fin, 
nen! Es kommen dann nur wenige zum Vorſchein, 
indem die übrigen entweder frühzeitig verweeſen 
oder vielleicht mit den erſtern zuſammenwachſen. 
Man findet zuweilen da, wo eine alte Trüffel erſt 
vor kurzen verfaulte, eine ganze Brut von ſehr 
zahlreichen jungen Schwämmen. Werden nun dieſe 
entweder von Inſecten oder von den Schweinen 
zerſtreut, ſo mögen ſie ſich vermehren und viel⸗ 
leicht in der individuellen Anzahl fortwachſen. 
Bleiben ſie aber in einer Grube beyſammen, ſo 
iſt dies ſowohl des Raumes als der Nahrung 
halber unmöglich. Denn die Trüffel iſt eine den 
Boden erſchöpfende Pflanze. Die Erfahrung, daß 
über ihr Feine andere Pflanze unmittelbar zu wach— 
ſen pflege, ſcheint weit mehr aus dieſer Urſache 
hergeleitet werden zu müſſen, als aus dem Ger 


ruche der Trüffel, der freylich wohl auch der fie 
umgebenden Erde ſich mittheilet, aber doch nicht 
verhindert, daß wenigſtens in der Nähe von ihr 
viele Pflanzen gedeihen. 

Man ſammelt die Trüffel vom halben Auguſt 
bis in den Winter. Wenn Schnee und Froft den 
Erdboden in ſeiner Oberfläche verſchließen, dann 
hat es mit der Trüffelärndte natürlicher Weiſe 
fein Ende. Ein gelinder Froſt iſt indeſſen derſel— 
ben nicht nachtheilig, er verbeſſert vielmehr ihren 
Wohlgeſchmack. Aber nach ſtarker Kälte pflegt 
ſie zu verweeſen und zu verſchwinden. Bey ganz 
gelinden Wintern werden daher die Trüffeln bis 
faſt zur Entſtehung der neuen, d. i. bis in den 
April hinaus, gefunden. Die ächte Trüffel, oder 
die ſchwarze Trüffel, wächſt Anfangs ſehr lange 
ſam. Wenn ſie aber einmahl die Größe der Erb— 
ſen erreicht hat, dann ſcheint auch ihre Vegeta— 
tion lebhafter und raſcher zu gedeihen. Der Zeit: 
punkt dieſer Zunahme fällt in den Julius und in 
den Auguſt. Es iſt auch ſehr leicht zu begreifen, 
warum ſie alsdann in einem Monathe mehr zuneh— 
me als vorher in dreyen. Denn wenn es auch 
wirklich in den früheren Monathen häufig regnet, 
ſo iſt doch die Erde noch nicht hinlänglich von den 
Sonnenſtrahlen erwärmet. Nun iſt aber die Trüf— 
fel eine Pflanze, die bloß unter der Erde ihre 
ganze Lebensperiode vollendet. Und da ſie kein 

5 B 2 


28 


Paraſyt, ſondern ein wahres Erdgewächs iſt, 
welches nicht durch Wurzeln, ſondern durch un— 
mittelbare Einſaugung an ihrer ganzen Oberfläche 
ſich ernähret: ſo muß ſie freylich wohl in jener 
Zeit am beſten gedeihen, wann nähmlich die or- 
ganiſchen Theilchen der Dammerde, vermittelſt 
der Wärme, in einen halb gasartig halb tropf— 
baren Zuſtand aufgelöſet worden ). Es gehöret 
übrigens zur Sache, die Bemerkung zu machen, 
die reichſte Trüffelärndte ſey eine Folge naſſer 
Sommer, und zumahl warmer Regen in der letz— 
ten Hälfte des Auguſt. In trockenen Sommern 
hingegen werden faſt gar keine oder doch nur ſehr 
kloine gefunden. Im Jahr 1710 hat man in ganz 
S:anfreich keine Trüffeln haben können (wie Ge— 
offroi berichtet), weil der vorhergehende ſtrenge 
Winter ihre Brut vernichtet zu haben ſcheinet. 
In ſolchen Fällen mag es vielleicht mit den Trüf— 
feln wie mit gewiſſen Gynandriſten gehen, davon 
man manchmahl viele Jahre keine Spur gewahr 


) Es ſtimmt mit dieſer Betrachtung ganz überein, 
daß die weiße Truͤffel ſowohl als die Sommer, 
trüffel weit fruher zu ihrer Reife gelangen, als 
welche nicht allein die Fläche des Bodens über: 
ſteigen und die freye Sonne genießen, ſondern 
auch wirklich einige wurzelartige Anſätze aufzu⸗ 
weiſen haben. 


21 
nimmt, da fie doch einigemahl an derſelben Stelle 
in großer Menge erſcheinen. Vielleicht werden die 
erſten Keime verhindert, ſich zu entwickeln, und 
eine dritte folgt unmittelbar auf die erſte? Die 
ſehr einfache Natur dieſer Vegetabilien läßt dieß 
von den Trüffeln ſo gut wie von den Polypen 
und manchen andern ſehr einfachen Gliedern des 
Thier- und Pflanzenreiches vermuthen! — 

Gewöhnlich erreichen die Trüffeln die Größe 
einer Welſchen Nuß; man hat aber auch Ben» 
ſpiele von viel größeren. Fauſtgroße ſind ſchon eine 
große Seltenheit, und werden mit 5, Io auch 
mehreren Gulden bezahlt. Nach Keyßlers Erzäh— 
lung ſoll im Jahr 1729 in Caſal eine Trüffel von 
12 Pfunden gefunden und für 4 Louisd'or ver— 
kauft worden ſeyn. Einige Jahre früher ſoll eis 
ner Prinzeſſinn von Piemont ſogar eine von 14 
Pfund und von der Größe eines kleinen Tellers 
überreicht worden ſeyn. (S. Beckmann a. a. O. 
S. 70). | 

Herr Meifter macht in der gerühmten amtlis 
chen Ausſage zu wiederhohlten Mahlen eines ro, 
then Käfers Meldung, welcher nach der Trüffel 
ſehr lüſtern ſeyn ſoll, und der ſie häuftg beſuchet, 
ſobald ſie ihre völlige Reife erlangt hat, oder 
wohl gar bereits faule Flecken bekömmt. Ob nun 
dieß ein Attellabus, ein Carabus, eine Cicindela 
oder wohl gar ein Acarus ſey, kann ich nicht bes 


22 
ſtimmen, da ich das Inſeet niemaßls gefehen har 
be, und da in derſelben Ausſage auch nicht eins. 
mahl von der Größe dieſes Inſeets eine Meldung 
gemacht wird. 

Man ſammelt die Trüffeln vom Ende Au— 
guſts bis um die Hälfte des Novembers. Früher 
würden ſie zu klein und auch weniger ſchmackhaft 
ſeyn. Allein die vorzüglichſte Urſache, warum ſie 
erſt dann geſammelt werden, iſt wohl der Duft, 
durch welchen ſie ſich erſt dann den Sammlern 
und ihren Gehülfen, den Hunden, verrathen. 
Wer den Geruch der Trüffel genau kennet, der 
kann um dieſe Zeit, bey warmer Witterung in 
den Abendſtunden und wenn die Luft ihm ſanft 
entgegenwehet, die Gegenwart eines Neſtes der— 
ſelben auf 20 Schritte weit wittern. Es gibt 
Leute, welche ſie ſehr verläßig zu ſuchen verſtehen. 
Freylichwohl iſt es weit ſchwerer, in einer Ge— 
gend Trüffeln zu ſuchen, wo noch niemahls wel— 
che gefunden worden, als wenn man bereits mit 
ihren Standörtern bekannt iſt. Allein dieſe Leute 
wiſſen es ſehr genau, daß der Ort, wo Trüffeln 
gedeihen ſollen, etwas erhaben, der Boden leicht, 
etwas ſandig und ziemlich ſchwarz, dem Regen 
und den Sonnenſtrahlen geöffnet, und durch das 
Herabſintern von höhern Waſſerbehältern immer— 
hin mäßig durchnäßt ſeyn müſſe. Die Praxis lehrt 
fie ſolche nur in lichten hochſtämmigen Wäldern 


23 
von 60 bis 80 Jahren zu ſuchen, die nur wenig 
oder gar kein Unterholz haben. Wo viel Moos 
oder Kränter den Boden bedecken, da hoffen fie 
keine Trüffelärndte zu gewinnen. Sie mögen wohl 
fogar am Aus ſehen der Bäume, beſonders in der 
Gegend der Wurzel, gewiſſee Merkmahle ahn⸗ 
den, die ſich aber leichter durch die Uebung erler— 
nen als befchreiben laſſen. Man will behaupten, 
daß es gewiſſe Pflanzen gebe, aus welchen ſich 
die Nähe der Trüffelneſter errathen ließe ). 
Allein bisher habe ich noch niemahls in Erfah— 
rung bringen können, was für Arten dieſelben 
ſeyn ſollten Ich kann bloß dieſes aus eigener Er⸗ 
fahrung angeben, daß ich in der Nähe gefunde— 
ner Trüffel Cistus Helianthemum, Bellis pe- 
rennis, Gnaphalium dioicum, Myosotis syl- 
vestris, Viola arvensis, Anemone sylve- 
stris, Inula hirta, Aster Amellus, Lychnis 
viscaria, Polygala vulgaris, Genista Ger- 
manica, Asclepias Vincet oxicum, Prenan- 


) Auch eine gewiſſe blaue Fliege ſoll fleißig über dem 
Orte ſchweben, und dadurch die Gegenwart der 
Trüffel verrathen. Vermuthlich legt fie ihre Eyer 
dahin, damit ihre Brut in derſelben ihre Nahrung 
finden moͤge. Der Graf von Boch hat zwey fol» 
cher Truffelfliengen unter dem Rahmen mouche 

de Truffe abgebildet, eine blaue und eine ſchwarze— 


24 
thes muralis, Lapsana communis, Hieraei- 
um sylvaticum, Potentilla alba, Orchis 
Morio u. dgl. beobachtet habe. Am nächſten das 
bey ſchien mir immer ein Thymus oder eine 
Tormentilla zu ſeyn. Der Boden ſowohl als 
die Stämme waren in anſehnlicher Menge von 
allerley überirrdiſchen Schwämmen, beſonders 
aber von Pilzlingen und Täublingen aller Arten 
gezieret. Das geübte Aug der Trüffelſucher ent⸗ 
deckt mit Leichtigkeit auf 3 bis 3 Fuß Entfer— 
nung von den Stämmen der Bäume gewiſſe Er— 
böhungen des Erdbodens, welche von denjenigen, 
fo die Maulwürfe *) zu machen pflegen, ganz 
und gar verſchieden ſind, indem ſie keine durch— 
wühlte Erde an den Tag bringen, ſondern nur 
eine geringe zuweilen von einigen Riſſen bezeich- 
nete Erhebung der oberſten Rinde des Bodens 
barſtellen. | 

Allein es gibt noch andere Mittel, diefe vers 
grabene Schätze der Pomona den verborgenſten 
Schlupfwinkeln zu entreißen. Da die Schweine 
den Larven der Nashornkäfer, der Schröter, und 


) In Gegenden, wo es viele Erdmaͤuſe, Waldrat⸗ 
ten, Hamſter oder Maulwuͤrfe giebt, da iſt es 
nicht gut Truffeln zu ſuchen, denn dieſe Thiere 
pflegen ihnen nachzuſtellen und fie auszurotten. 


25 
den Regenwürmern (der ſogenannten Untermaft) 
emſig nachwühlen, und bey dieſer Gelegenheit auch 
manchmahl Trüffeln hervorarbeiten: ſo iſt es 
(man weiß nicht beſtimmt wann?) den Liebha— 
bern endlich eingefallen, ſich ihrer zum Aufſuchen 
der Trüffeln zu bedienen. Vermuthlich waren die 
Italiäner die erſten, welche ſich dieſer Methode 
bedienten. Platina, welcher im Jahr 1481 ſtarb, 
ſagte ſchon (in feinem Buche de honesta volu- 
ptate, von dem Haller Bibliot, B. I. p. 235 
Nachricht gibt), ſie würden mit Säuen geſucht. 
Dieſe Erfindung mag dann ungefähr um die Mitte 
des ten Jahrbunderts ihren Urſprung gehabt 
haben. In Frankreich, beſonders in Angoumois 
und Perigord, wie auch in Oberitalien pflegt 
man noch heut zu Tage die Trüffeln auf dieſe 
Weiſe zu ſammeln. Die Schweine, welche dazu 
gewählt werden, müſſen ungefähr 5 Monathe 
alt, ſchlank, und zum Gehen gewöhnt ſeyn, um 
die Arbeit vom Morgen bis zum Abend ausſtehen 
zu können Nicht ſelten müſſen fie 3 bis 4 Lieues 
in einem Tage durchlaufen. Eben deßwegen bleibt 
ein Schwein zu dieſer Abſicht nur ein Jahr taug— 
lich, und jährlich muß ein anderes dazu abgerich— 
tet werden, welches auch nicht viele Mühe macht. 
Man ſucht ein ſolches aus, welches Trüffeln be— 


gierig verſchſuckt; denn manche freſſen ſie gar 


nicht, und dieſe find auch zum Suchen ganz uns 


25 

tauglich. Jene führt man in Gegenden, wo Trüfs 
feln find, oder wo man dergleichen vergraben hat 
Wenn ein Schwein ſie findet, ſchmeichelt man 
demſelben, und gewöhnt es, ſeinen Fund gegen 
Eicheln oder ein anderes noch angenehmeres Fut— 
ter fahren zu laſſen. Das Suchen mit ſolchen abs 
gerichteten Säuen geht am beſten bey guter Wit— 
terung; nicht bey ſtarker Näſſe, auch nicht bey 
heftigem Winde. Dagegen iſt ein gelinder Wind 
gut, und alsdann führt man das Thier gegen 
denſelben. Hat es eine Trüffel gefunden, ſo greift 
man ihm ans Ohr, zieht es zurück, und nimmt 
jene mit der Hand heraus, worauf dem Schwei— 
ne gleich eine Handvoll Eicheln oder Getreide ge— 
geben wird. Weil die Säue auch ſehr begierig 
nach der ſogenannten Untermaſt wühlen, ſo muß 
der Führer ſo geſchickt ſeyn, ſie davon abzuhal⸗ 
ten. Er räumt auch die Steine hinweg, welche den 
Thieren ſchaden können; denn oft ſind ſie ſo hitzig 
im Suchen, daß ſie ſich den Rüſſel ganz wund und 
blutig wühlen. Um Boronien, Florenz und in 
andern Gegenden von Italien ſoll man den Säuen 
am Hinterfuße einen Strick binden, ſolche vor 
ſich herlaufen laſſen, und fie, wenn fie zu bre⸗ 
chen anf ingen, da nit zurückziehen. Auch ſoll man 
die Trüffelſchweine ringeln, d. h. ihnen den Rüſ— 
ſel mit einem ledernen Riemen belegen, den man, 
wenn ſie Trüffeln gefunden haben, abnimmt, 


| 27 
worauf man ihnen Eicheln oder Kaſtanien zur 
Belohnung gibt. Alſo iſt es ſehr nothwendig, 
daß man in Gegenden, welche Trüffeln haben, 
nicht den Schweinhirten mit der Heerde kommen 
läßt, als welche alles aufzehren würde. (Beck— 
mann a. a. O S. 64 u. f.) 

Weit gewöhnlicher, obgleich minder nützlich 
iſt aber, zumahl in Deutſchland, das Aufſuchen 
der Trüffeln mit Hunden. Dieſe Art der Trüffel— 
jagd ſcheint indeſſen jünger zu ſeyn als die mit 
den Schweinen. Nach Deutſchland ſind die erſten 
Trüffelhunde im erſten Viertel des vorigen Jahr— 
hunderts, zugleich mit Trüffeljägern, aus Ita— 
lien verſchrieben worden. Dieſes große Verdienſt 
wird verſchiedenen großen Perſonen zugeeignet, 
und vielleicht ſind mehrere faſt zugleich auf dieſen 
Einfall gekommen. Auguſt II., König von Po— 
len, ſoll ums Jahr 1720 zehn Trüffelhunde, das 
Stück für 100 Thaler, aus Italien haben kom— 
men laſſen. Nach Sachſen hat Graf Wakkerbart 
im Jahr 1724 die erſten verſchrieben, nachdem 
ein Schäferhund in der Gegend Sedlitz, bey 
Dresden, im October 1719 Trüffeln entdeckt 
hatte. Im Brandenburgiſchen erhielt ein Italiä— 
ner, Nahmens Bernardo Vanini, die ausſchließ— 
liche Erlaubniß, im ganzen Fürſtenthum Halber— 
ſtadt Trüffeln aufzuſuchen, dagegen er jährlich 
einige Pfunde der Hofküche liefern mußte. Keys⸗ 


a > 
23 


ler meinte, der Wittembergiſche geheime Rath 
von Forſtner habe in Deutſchland die erſten ſu— 
chen laſſen, durch die beyden abgerichteten Hun— 
de, welche, auf ſeine Veranlaſſung, dem Erb— 
prinzen von Wittemberg, den er als Oberhof— 
meiſter auf Reiſen begleitete, am Turiner Hofe 
geſchenkt waren. (Beckmann a. a. O. S. 78 
u. f) 

Man kann allerley Racen von Hunden zu 
dieſem Geſchäfte verwenden. Kleine Pudel, Hüh⸗ 
nerhunde, Spitze, Bologneſer und Dachshunde 
können die nähmlichen Dienſte leiſten. Es gibt 
aber mehrerley Methoden, dieſe Thiere zu dem 
Trüffelſuchen abzurichten. Z. E. man läßt ſich 
eine Trüffel vom Hunde apportiren, die aber in 
Leinwand eingenähet ſeyn muß, damit er ſie nicht 
freſſen lerne, als welche Unart ſchwer wieder abs 
zugewöhnen iſt. Hernach geht man mit dem Hun— 
de aufs Feld, verſteckt die Trüffel leicht, läßt ſie 
ſuchen und bringen, und ſo lernt er die Kunſt 
bald, ſo daß man ihn im Herbſte in den Wald 
führen und ernſtlich Trüffeln ſuchen laſſen kann. 
Die Italiäner, welche die Trüffelhunde gewöhn— 
lich Putta nennen, geben ihnen des Morgens ein 
Stück Brod, welches in Trüffelöhl gekocht wor— 
den, und ziehen ſodann mit ihnen auf die Jagd, 
wo ſie bey jedesmahliger Meldung mit Brod be— 
lohnt werden, ſo wie ſie überhaupt nichts anders 


5 29 
zu freſſen bekommen. Auch gibt man ſolchen Hun— 
den öfters in Butter gebackene Trüffelſpältchen 
zum Futter, und wenn ſie dieſe Koſt ſchätzen ge— 
lernt haben, ſo begrabt man im Walde eine ge— 
backene Trüffel anfangs ſehr ſeicht, nach und nach 
aber immer tiefer, und läßt ſie ſuchen. So ge— 
wöhnet endlich der Trüffelhund den Geruch, und 
ſcharret auch jede andere aus. Ein guter Trüffel— 
hund ſchlägt an bey einem jedes mahligen Fund, 
wie auf einen Hirſchen. Man muß nun herbeyei— 
len, denn ſonſt wird er viele Stücke verſcharren 
und verderben. Man gibt dem Hunde ſein Futter, 
liebkoſet ihn, und grabt mit einem gewöhnlichen 
Gartenſpatel die Trüffeln ſelber aus. 

In des Grafen de Borch Lettres sur les 
Truffles du Piemont, Milan. 1780. in gvo., 
Bulliard in der Histoire des Champignons, 
Paris 1791. Fol., in der Zeitung der Induſtrie 
und Speculation, Wien 1804 in gvo., und in 
manch andern Werken finden wir Vorſchläge zur 
Cultur der Trüffeln. Da ich aber in allen dieſen 
viel Unanwendbares und Eingebildetes finde, ſo 
will ich an die Stelle derſelben lieber meine eiges 
nen vorlegen. 

Man erwähle ein abhängiges (ſchiefes) ge— 
gen Welten geneigtes Stück Land. In deſſen ober» 
ſten Theile wird ein von Bäumen beſchattetes 
Waſſerbehältniß oder eine Waſſerleitung (allen 


30 

falls wie ein Mühlbach) angelegt. Die untern 
Theile des Hügels mögen einzeln erwachſene Ei— 
chen, Kaſtanien (Castanea, nicht Aèesculus!) 
Wachholderbäume u. dgl. beſchatten. Der Bo— 
den ſey leicht, ſchwarz, locker und ſandig. Al— 
les Gebüſch, alles Unterholz, alle mächtige Pflan⸗ 
zen, beſonders aber die ſtark wuchernden Gräſer, 
wie Reyhgras, Binſen, Hundsroggen u. dgl. 
müſſen vertilgt werden. Oefteres Beſtreuen mit 
Aſche iſt ſowohl zur Vertilgung der Mooſe als 
auch aus anderen Urſachen beſonders zu empfeh— 
len. Zerſtreute größere Stücke kalkartiger Steine 
find nicht allein unſchädlich, ſondern ſogar ſehr 
nützlich. Noch muß es in dieſer Gegend keine 
Mäuſe und keine Maulwürfe geben, und das 
Land muß niemahls zum Sumpfe werden. Man 
ſucht dann im April oder May eine junge friſche 
Brut von Trüffeln, zertheilet ſie, und legt zwey 
oder drey Stückchen zuſammen 2 Zoll tief unter 
die Erde, jedoch mit der Vorſicht, daß immer 
eine gute Portion der mütterlichen Erde an den 
jungen Trüffeln feſt kleben bleibe; weßhalben es 
nöthig iſt, die Brut vor dem Aus nehmen naß zu 
machen und naß zu verpflanzen. Man hat nach— 
her nichts weiter zu thun, als das über dieſen 
Stellen aufkeimende Unkraut fleißig zu vertilgen, 
und dafür zu ſorgen, daß es dem Baſſein nie 
mahls am Waſſer mangeln möge. Freylichwohl 


| 31 
iſt dieß keine Methode, die man ſo leicht über all, 
wie die Cultur des Champignons, anwenden 
könnte. Unterdeſſen gibt es doch Gegenden genug, 
in welchen man eine ſolche Trüffelplantage anlegen 
könnte, ohne eben große Unkoſten darauf zu ver— 
wenden. Vielleicht könnte man auch Treibbeeten 
unter Glasfenſtern anlegen? Ich würde rathen, 
die dazu verwendete Erde mit vielen halbverwit— 
terten Theilen von Vaumrinden und abgefalle— 
nem Laube mit Dünger von Walothieren, vor— 
züglich von Schweinen, wie auch von allerley 
Inſecten u. dgl. zu mengen. Das Beet müßte 
erhaben angelegt werden, damit die Sonnenſtrah— 
len nicht bloß die Oberfläche, ſondern auch die 
Ränder derſelben ringsherum erwärmen können. 

Man hat auch Mittel ſie zu vertilgen vor— 
geſchlagen. Das Nachſuchen und Umwühlen der 
Trüffelſucher, welche durch ihr Geſchäft man— 
chem Grundeigenthümer Schaden zufügen, war 
die Veranlaſſung derſelben. Allein ich halte es für 
unnöthig, dergleichen zu wiederholen; denn in 
gebauten Gründen wachſen keine Trüffeln, und 
die übrigen (ſolche nähmlich, deren Boden nicht 
nöthig hat umgewendet zu werden!) können durch 
Umzäunungen beſſer als durch die unſichere und 
zugleich verſchwenderiſche Art der Ausrottung ge 
ſchützet werden. 


Eine Pflanze, die weder Wurzel noch Stamm 


32 

hat, und dennoch Fein Paraſyt iſt, deren äußer— 
liche Geſtalt einen mineraliſchen Körper nachah— 
met, deren Subſtanz hingegen durch und durch 
ein pures Aggregat von eingeſchachtelten Keimen 
darſtellet, ein ſolches Naturprodukt iſt in der 
That eine merkwürdige und ſehr Räthſelhafte Er— 
ſcheinung. Ich ſtimme allerdings einem Geoffroi 
bey, wenn er die Trüffeln als Pflanzen betrach— 
tet, welche zugleich Wurzel, Stamm und Frucht 
ſind. Ich bemerke noch an ihnen in den Vertie— 
fungen ihrer Runzeln um und um gewiſſe Filzar— 
tige Körper, welche vielleicht die Nahrung wie 
die Haargefäße an den Wurzeln der übrigen Pflan— 
zen einſaugen, und mit dem weißen Marke der— 
ſelben in Verbindung ſtehen, das ſich in ſchicht— 
förmige Labyrinthiſche Lagen zwiſchen die Adern 
der Keime zerſtreuet. Dieſes Markichte Weeſen 
bildet gleichſam fo viele einzelne Kuötchen (daher 
auch in der Oberfläche die Knotichte Druſenför— 
mige Geſtalt der Trüffel!) und wenn dieſe Knöt— 
chen einen gewiſſen Grad der Reife erlangt ha— 
ben, ſo fangen ſich in dem Mittelpunkte eines 
jeden derſelben die Keime zu bilden an. Je ſtär— 
ker, je ſaftvoller dann das Fleiſch der Trüffel in 
der Zeit der Entwicklung geworden, deſto meh— 
rere Keime werden ſich in der Folge in den Mit: 
telpunkten der Knötchen abſetzen, deſto größer, 
deſto vollkommner wird die ganze Trüffel gedei⸗ 


e 33 
ben. Denn da die Keime viel wäſſeriges Weſen 
zwiſchen ſich haben, und ſich ins gemein den ſphä— 
riſchen Geſtalten nähern: fo müſſen fie natürlich. 
den Raum des Ganzen beträchtlich vergrößern, 
da das Mark vielmehr aus faſerichten Organen 
zuſammengewebt iſt. Soll demnach eine Trüffel 
vorzüglich groß werden: ſo muß ſie nicht allein 
zur Zeit der Reife von Wärme und Feuchtigkeit 
begünſtigt werden, ſondern ſchon ihr erſtes Ems 
porkeimen muß das Gepräge eines kraftvollen 
Stammes an ſich haben, und keine widrigen Ein— 
flüſſe müſſen ſie in ihrem erſten Wachsthume zu⸗ 
rückſetzen. 


34 | ; 


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II. Die weiße Trüffel (Tuber 
album Pers.) 


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S. Wachspraͤp. B. und Abbild. Tab. B. 


Man nennt die weiße Trüffel auch Frühlings- 
trüffel im Gegenſatze der vorigen, welche auch die 
Herbft » und Wintertrüffel genannt wird. Eigent— 
lich wird ſie zwar nicht im Frühlinge reif, jedoch 
immerhin, im Durchſchnitt, um ein paar Mo— 
nathe früher als die vorige. Man findet ſie aber 
auch viel früher, weil ſie nicht unter, ſondern 
über der Erde zu wachſen gewohnt iſt. Im Früh— 
linge, ſagt Bulliard, könnte man ſie wohl eher 
für was immer für ein anderes Vegetabil der 
Schwammfamilie, als für eine Trüffel halten, 
Denn ſie iſt damahls noch ganz weich, glatt, 
und von reiner weißer Farbe. Erſt, wann ſie 
reif wird, pflegt ihre Oberfläche höckericht und 


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blaßbräunlich zu werden. Sie hat jedoch niemahls 
ſolche ſpitzige und flachſeitige Erhabenheiten, wie 
wie fie an der ächten Truffel beobachtet haben. 
Ihre Schale wird auch niemahls jo hart. Ihre 
inwendige Subſtanz iſt zwar der Subſtanz der 
ſchwarzen Trüffel ſehr ähnlich, jedoch ſind deren 
Adern von den Schwammkeimen und die Schich— 
ten des Markes viel feiner und von einer ange— 
nehmeren röthlichen Färbung. 

Die weiße Trüffel hat zwar keine Wurzel, 
aber doch einen ſcheibenrunden wurzelförmigen 
Anſatz, mittelſt deſſen ſie mit dem Boden zuſam— 
menhanget und aus demſelben ihre Nahrung eins 
ſauget. Im Alter ſcheint dieſer Anſatz almeblig | 
zu verſchwinden. 

Da die weiße Trüffel bisher faſt 8 
entweder für eine bloße Abart, oder wohl gar 
nur für eine minder vollendete Modification der 
ſchwarzen Trüffel gehalten worden: fo iſt ſehr, zu 
vermuthen, daß das Meiſte, was von dieſer ge⸗ 
ſagt worden, auch auf die weiße angewendet wer— 
den könne. Die weiße Trüffel iſt indeſſen weit we- 
niger ſchmackhaft, ihr Geruch iſt etwas unange— 
nehm, und fällt ziemlich ſtark in das Knoblauch— 
artige. Sie ſcheint indeſſen viel ſeltener als die 
ſchwarze zu ſeyn, und da die Eber ſie ſtäts mit 
größter Lüſternheit aufſuchen, auch viel leichter 
als die ſchwarzen entdecken, indem fie die Fläche 

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des Bodens überſteiget: ſo kann man ſich dieſe 
ihre Seltenheit um ſo viel leichter erklären. Im 
Alter werden dieſe Trüffeln graubraun, und ſe— 
hen faſt wie ein Kugelſchwamm (Lycoperdon) 
aus. Sie pflegen auch überhaupt kleiner zu ſeyn 
als die ſchwarzen, und ihre Geſtalt iſt im Gan— 
zen regelmäßiger und ründer. Man findet ſie mehr 
im Lehmigten Boden, an den Gehweegen. 

Im Handel iſt dieſe Trüffel ungewöhnlich. 
Man ißt ſie marinirt, in Spalten zerſchnitten. 
Als Zugabe zu Fleiſchbrühen bedient man ſich der⸗ 
jenigen, welche ſich durch Wohlgeruch vor den 
übrigen auszeichnen. Man ißt ſie auch im letztern 
Falle gebraten, wie die Kaſtanien, unter der 
Serviette. Aber es gibt auch ganz geruchloſe 
Stücke von dieſer Art Trüffeln. Sie find übris 
gens ſowohl als die ſchwarzen eine etwas unver— 
dauliche Speiſe, von welcher ſich alle diejenigen 
enthalten ſollen, deren Eingeweide nicht ganz 
nach Wunſche verdauen. 


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III. Der Kaiferling (Amanita Cae- 


sarea P.) 


S. Wachspraͤp. C. Abbild. Tab. C. 


De. Kaiſerling oder Herruſchwamm iſt der edel» 
ſte von allen eßbaren Schwämmen. Ob er wirk— 
lich deßwegen oder nicht vielleicht zum Angedenken 
des unglücklichen Kaiſer Claudius dieſe fo erhas 
bene Benennung erhalten habe, iſt freylich wohl 
noch die Frage. Es nennen ihn zwar mehrere alte 
Schriftſteller den König der Schwämme; und in 
der That ſcheint er dieſen Nahmen ſowohl durch 
fein wirklich maſeſtätiſches Anſehen, als auch 
durch die Vorzüge ſeines Geͤſchmackes und feiner 
übrigen Eigenſchaften zu rechtfertigen. Unterdeſſen 
iſt es doch eine Thatſache, die in der Geſchichte 
dieſes Schwammes erwähnet zu werden verdienet, 
daß die Kaiſerinn Agrippina ihren Gemahl, den 


8 | 
Römiſchen Kaiſer Tiberius Claudius, welcher 
ein beſonders großer Freund diefer Speiſe gewe— 
ſen, mit einem vergifteten Gerichte dieſes Schwam— 
mes hingerichtet habe, um ihren Liebling Domi— 
tius Nero, einen Stiefſohn des Claudius, auf 
den Thron zu erheben. Es ſagt daher der Römi— 
ſche Dichter Juvenal in der Sat. Vea: 

Vilibus ancipites fungi ponentur ami- 


a LIS“, { 
Boletus domino, sed qualem Claudius 
edit, 


Ante um uxoris, post quem nihil am- 
plius edit. 
und in der Sat. Vlta: 
— — — Minus ergo nocens erit Agrip— 
pinae 
Boletus; siquidem unius praecordia 
pressit a 
Ille. senis, tremulumque caput descen- 
dere jussit 
in coelum, et longum manantia labra 


salivam. 
Und Martial binterließ uns folgendes hierauf 
bezogenes Diſtichon: er 
Quid dignum tanto ventrique gulaeque 
precabor ? 
Boletum ut, qualem Claudius edit, 
edas, 


N 


39 

Eben fo pflegte auch, laut dem Zeugniffe 

des Suetonius, der Kaiſer Nero ſelbſt über die— 

ſen Schwamm ſarcaſtiſch zu ſcherzen, und den 

Boletus eine Götterſpeiſe zu nennen, weil ſein 

Vater Claudius durch den Genuß desſelben ums 

Leben gekommen, und weil es bey den Römern 

Sitte war, die abgeſchiedenen Kaiſer unter die 
Götter zu zählen. 

Die Römer pflegten nähmlich dieſen Schwamm, 
welchen dieſe ſo berüchtigten Schwelger mit einer 
ganz beſonderen Aus zeichnung beehrten, Boletus 
zu nennen; doch heißt er auch beym Plinius Vol- 
va, und Cicero hat von ihm unter der Benen— 
nung Elvela gefprochen. Die heutigen Italiäner 
der Gegend von Rimini kennen dieſe Schwämme 
unter der Benennung: Ovoli rossi. Im Tos— 
caniſchen hingegen heißt der Kaiſerling: Uovolo 
ordinario. Im Franzöſiſchen wird er l'Oronge 
vrai, auch l’Amanite Orange, auch le Jase- 
ran, le Laseras jaune, in Languedoc Rouma— 
nel, Dorghe genannt. Auf Holländiſch heißt er: 
Gouderverwige Kampernoelje, auf Dän. 
Den guldfarvede Bladſvamp, auf Schwediſch: 
Guldfärgade Bladſvamp, auf Engl. The gol- 
den Agaric, Span. und Portug. Agarico cae- 
sareo Ur gomba (Dominorum fungus) hieß 
diefer Schwamm, wenigſtens zu den Zeiten des 
TCGluſius, in Ungarn. 


40 

Da dieſer edle Schwamm mit dem giftigſten 
aller Schwämme und mit vielen andern ſchädli— 
chen Arten eine ſehr merkwürdige Aehnlichkeit 
hat: fo iſt es höchſt wichtig, feine Kennzeichen 
ſehr genau im Gedächtniſſe zu behalten. Faſt alle 
die übrigen Arten der aus der Erde hervorwach— 
ſenden Wulſtſchwämme (Amanita) find giftig. 
Als eßbar iſt wenigſtens außer dem gegenwärti— 
gen kein einziger zu empfehlen. Am leichteſten 
möchte aber der Kaiſerling mit dem gemeinen Flie— 
genſchwamme (Amanita muscaria) verwechſelt 
werden; beſonders wenn, wie es öfters geſchieht, 
auf der Oberfläche des Hutes häufige Läppchen, 
als Ueberbleibſel der abgeriſſenen Wulſthaut, hän— 
gen bleiben, und ſie wie jenen ſeinen unächten 
Beuder mit getäfeltem Schmuckwerk verzieren. 
Allein der Flisgenſchwamm hat einen Purpurro— 
then Hut, weiße Lamellen, einen vergänglichen 
Ring und eine feſt anliegende in Flocken ſich zer⸗ 
pflückende Wulſthaut. 

Die vorzüglichſten Kennzeichen des Kaiſer— 
Unges find demnach ein großer weißer weit geöff— 
neter Wulſt, ein knolliger, voller, von außen 
Ockergelber Strunk, ein großer herabhängender 
Ring, ein lebhaft Pomeranzenfarbiger oder dunkel— 
goldgelber Hut, deſſen Mitte etwas niederge— 
drückt, der Rand aber, zumahl im jüngern Al— 
ter, mit Strahlenartigen Falten geziert iſt, blaß 


41 
goldgelbe, ſehr breite Lamellen, und ein überaus 
feines, weiches, weißes Fleiſch. Geruch hat er 
wenig, und dieſer hat einige Aehnlichkeit mit dem 
Dufte des Flieders (Syringa vulgaris). N 

Die Wulſthaut des Kaiſerlinges ſteckt größ— 
tentheils unter der Erde zwiſchen dem Moder von 
abgefallenen Laub, Baumreiſern, Mooſen, 
Flechten und Gräſern; und da fie nicht ſeltend in 
der Erde ſtecken bleibt, wenn man den Schwamm 
berauszieht: jo muß man ſich dadurch nicht irre 
machen laſſen; denn ich habe eben deßwegen meh— 
rere weſentliche Kennzeichen angegeben, damit, 
im Falle das eine oder das andere mangeln möch— 
te, noch immer genug andere übrig wären, woraus 
man ſich von der Aechtheit dieſer Schwammart 
überzeugen könnte. Die Farbe iſt überhaupt das 
aller verläßlichſte Kennzeichen desſelben. Nur im 
letzten Alter wird es Bronzfarben oder braun und 
Fleckig. Dann iſt er aber auch nicht mehr genuß⸗ 
bar, weil ſein weiches alsdann gelbliches Fleiſch 
in eine ſtinkende Jauche zerfließet, und eine Menge 
von Maden ihn bewohnet, weßwegen auch als— 
dann ſein Strunk nicht mehr voll, ſondern hohl 
und zerfreſſen erkannt wird. 

Im erſten Zuſtande der Entwickelung gleicht 
er einem Ey von weißlicher Farbe, welches je— 
doch etwas größer und oben viel dicker iſt als das 
Ey, aus welchem der Gichtſchwamm emporſteigt. 


42 
Pald darauf zerplatzt es an feiner Spitze, und 
der Dottergelbe Hut drängt ſich hervor, woran 
auch zuweilen, weil er in der Jugend etwas kle— 
bricht iſt, bald mehr bald weniger Stückchen von 
dieſer Haut kleben bleiben, wie dieſes bey dem 
Fliegenſchwamme viel öfter der Fall iſt, und dieſe 
weißen Läppchen verzieren ihn auf eine ganz eige— 
ne Weiſe. Sobald der Hut ganz aus der Höhle 
des Eyes (Wulſtes) heraus iſt, fängt er an, 
ſich auszubreiten. Eine natürliche Folge davon iſt, 
daß ſich die untere Fruchthaut (Epicarpium in— 
ferius), welche bisher den Rand des Hutes mit 
dem Strunke verband, und die Lamellen verbarg, 
um und um von dem Hute losreißet, und da fie 
ſtärker als an andern Schwämmen iſt, ſo bleibt 
ſie lange Zeit als ein anſehnlich gefaltener Ring 
an ihrem Geburtsorte ſitzen, und neigt ſich nach 
abwärts. Sie iſt gelblich wie der Strunk und die 
Lamellen. Im reiferen Alter läßt ſich auch die 
obere Fruchthaut von dem Hute leicht ablöſen. 
Dann bemerkt man zuweilen auch eine gewiſſe 
feine gleichſam gewirkte Faſernzeichnung auf der 
Oberfläche des Hutes; und nicht ſelten zertheilen 
tiefe Spalten ſein Fleiſch bis zu den Lamellen. 
Die Abänderungen beſtehen, außer den Mo— 
dificationen, in der ſehr wandelbaren Größe; 
denn an Höhe varirt er von 3 bis zu 14 Zoll. 
Der größte Durchmeſſer des Hutes war mir auf 


/ 43 
10 Zoll bemerkbar. Der Hut bleibt manchmahl 
etwas länger gewölbt, wird aber am Ende im— 
mer in der Mitte eben. Ich halte deßwegen Per— 
ſoons Amanita caesaren und A. aurantjiaca 
nur für eine Species. Sonſt müßte ich nur die 
von mir ſelbſt beobachteten, auf einer Stelle bey— 
ſammen wachſenden, durch Liebergänge vereinig— 
ten Individuen für beyde der eben genannten Ar— 
ten erklären. 

Auf den Marktplät ätzen Wiens habe ich ihn 
noch niemahls angetroffen. Dennoch fand ich ihn 
ſowohl in der Nähe als ander wärts. Vorzüglich 
ſchön und anſehnlich traf ich ihn in den Gehölzen 
des K. K. Luſtſchloſſes Schögbruann. In den Ges 
birgslabyrinthen zwiſchen Weidling und Mauer— 
bach iſt er eben nicht ſeltſam. In Mähren, Uns 
garn und an den Küſten des Adriatiſchen Meeres 
wird er häufig geſammelt und genoſſen. 

Man rühmt zum Gebrauch nur junge derbe 
Stücke, und nachdem man ſolche mit Waſſer rein— 
lich abgeſpühlet, das Unterſte weggeſchnitten, 
und die Lamellen abgelöſet: fo zer ſchneidet man 
den ganzen Schwamm in Spalten, bereitet eine 
Brühe von guter Fleiſchſuppe mit Butter, Mehl 
und zerſtoßenem Waizenbeod, nimmt dann auch 
Sahue (Milchrahm dazu, und läßt die Schwäm— 
me damit gar werden. Manche lieben mehr den 
Geſchmack des Weins, andere miſchen Fleiſch von 


394 
jungen Hühnern, Fröſchen oder Fiſchen darun⸗ 
ter. Zur Würze bedient man ſich bald der Sar— 
dellen, bald des Pfeffers, der Gewürznelken, 
der Muskatenblüthe oder der Citronenſchalen. Auch 
Quendel, Majoran, Peterſilgen und Zwiebeln 
pflegen manche als Zuſatz dabey zu verſchwenden. 
Der Kaiſerling gilbt die Gerichte ſo ſtark, 
daß man eine große Quantität Safran anwenden 
müßte, um eine gleiche Wirkung hervorzubringen. 
Cluſius erzählet uns nach feiner eigenen nai— 
ven Weiſe, er habe eines Tages bey einem Un— 
gariſchen Magnaten, Nahmens Balthaſar von 
Batthyan, auf deſſen wohlbefeſtigtem Schloſſe 
Nemeth⸗Wypwar geſpeiſet, als wohin er alljähr— 
lich einige Mahle durch ein eigenes Schiff von 
Wien zur Tafel ſey abgeholet worden. Da nun 
die Kaiſerlinge in ihrer Brühe aufgetragen wur— 
den, er aber vordem noch niemahls ſie geſpeiſet 
hatte: fo konnte er ſich nicht enthalten, den eds 
len Gaſtfreund in franzöſiſcher Sprache anzure— 
den (denn, ſagt er, dieſer große Mann ſprach 
außer ſeiner Mutterſprache auch Latein, Italiä— 
niſch, Franzöſiſch, Spaniſch, Deutſch und Van— 
daliſch!), und ihm ſeine Verwunderung zu be— 
zeugen, daß man dieſes Gericht ſo gar ſehr mit 
Safran gewürzt habe. Allein der edle Wirth 
wandte ſich zu feinen übrigen Gäſten, und fags 
te (auf Ungriſch): Meiſter Cluſius hat ſich ges 


45 
ſchnitten. Die ganze Geſellſchaft erhob ein lau— 
tes Gelächter; denn es war Allen ſehr wohl 
bekannt, wie emſig er bereits die Schwämme 
im Walde unterſucht hatte. Und hier bey der 
Tafel waren doch ſie ſeine Meiſter! 


* 
46 


7 


IV. Der Hallimaſch (Agaricus, Le- 
piota, Polymyces. P.) 


S. Wachspraͤp. D. und Abbild. Trab. D. 


Wi dieſer Schwamm in andern deutſchen Län— 
dern genannt werde, habe ich durchaus nicht in- 
Erfahrung bringen können. Er ſcheint überhaupt 
den deutſchen Schriftſtellern wenig bekannt zu ſeyn. 
Bey uns wird er zuweilen auch wohl Stock 
ſchwamm, Winterſchwamm, Spätling, Halli— 
maaſch und Heckenſchwamm geheißen. 

Er wächſt äußerſt häufig auf halbvermorſch— 
ten Wurzelſtöcken von gefällten Buchen, Ruſten 
u. dgl. „ wie auch auf der Erde im Moder don 
den Abfällen der Bäume. Man findet ihn vom 
Ende des Auguſtmonaths an bis in den Novem— 
ber, ja bey gelinder Witterung oft noch viel ſpä— 
ter. Auf den Marktplätzen ſieht man davon eine 
oft ganz unglaubliche Menge: 


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Auf Baumſtämmen wächſt dieſer Schwamm 
viel lieber als in der Erde, und ſeine Haufen 
find viel ſtärker, zu 68 und darüber. Er bewei— 
ſet dadurch, fo wie durch die wirklich große Aehn> \ 
lichkeit, feine nahe Vetwandtſchaft mit dem 
Stockſchwamme (Agaricus, Lepiota, caudi— 
einus Fers.), weßwegen ihn denn auch der eng— 
liſche 1 i Sowttsg Agaricus stipitis 
nennet. 1 ö K 

Der Sbllmeſte hat keinen Wulſt, wohl 
aber einen ziemlich ſtarken Ring, durch deſſen 
Aus dehnung in der Jugend die Lamellen verhüllt 
werden, indem er den Rand des Hutes mit dem 
Strunke verbindet. Dieſe Haut ſetzt ſich ſichtbat— 
lich bis an den Grund des Strunkes fort, und 
es ſteckt demnach der Strunk in derſelben wie ein 
Fuß in dem Strumpfe. 

Aus dieſer Urſache nennt man dieſe Shoe 
art, fo wie alle andere eben fo gebildete Arten, 
einen Stiefelſchwamm (Lepiota). Bey dem ge— 
genwärtigen Stiefelſchwamme iſt dieſe Haut oh— 
ne Filzſchuppen, und hat nur einige leichte läng— 
liche Falten, wodurch ſie ſich ſchon weeſentlich 
von dem Stockſchwamme unterſcheidet. 

Die Hüte der jüngern Individuen ſind faſt 
Kugelrund oder Kopfförmig. In der Folge brei— 
ten fie ſich wagrecht aus, doch behalten fie in 
der Mitte immer eine ſtarke, dunkler gefärbte 


45 ' | 
Nabelförmige Erhebung. Der Hut eines volle 
kommen gebildeten Schwammes mißt gewöhn— 
lich 3 Zoll im Durchmeſſer. Er iſt gewöhnlich 
dunkelbraun ins Rothgelbliche ſpielend. Seine 
Oberfläche iſt etwas feucht, und daher ein wer 
nig glänzend; auch hat ſie gewöhnlich viele duns 
kelfärbige ziemlich anliegende Filzſchuppen, wel⸗ 
che am Nabel herum viel kleiner und viel ge— 
drängter zu ſehen find als in feinem Umfange. 

Die Lamellen ſind weiß, und haben eine 
ſehr unrein roſenfarbene Spielung. Im Alter 
werden fie gelblich. Sie find von mäßiger Breis 
te in zwey und dreyfachen Reihen, und laufen 
etwas am Strunk herab. 

Der volle fleiſchige Strunk iſt bey 4 Zoll 
hoch, und wird am Grunde etwas dicker. 

Der Hallimaſch ändert in der Größe von 
2 bis zu g Zoll der Höhe. Sein Hut fällt zuwei— 
len ins Aſchgraue oder wohl auch ins Oliven— 
grüne, zuweilen iſt die blaßgelbbraune Farbe 
mit einem röthlichen Schimmer durchmengt. Der 
feuchte Glanz iſt bald ſehr lebhaft, bald kaum 
zu bemerken. Die Filzſchuppen ſcheinen auch zus 
weilen ganz zu fehlen. Der Nabel iſt öfters fehr 
niedergedrückt und kaum zu bemerken. 

Der Hallimaſch iſt angenehm zu verſpeiſen. 
Sein Geſchmack hat einige Aehnlichkeit mit dem 
Fleiſche von Lämmern. Geruch iſt kaum einer 


N R 2 49 
an ihm zu Whrken. Man kocht ihn entweder 
als Zuſatz zu gedünſtetem Fleiſche, oder beſon— 
ders in Fleiſchbrühe, mit einiger Zugabe von 
Mehl, Butter, Sahne. Zur Würze pflegt man 
Sardellen, Pfeffer und Zwiebeln zu gebrauchen. 

Es iſt der wohlfeilſte und am wenigſten 
gefährliche Marktſchwamm. 


50 


V. Der Stockſchwamm (Agaricus, 


Lepiota, caudicinus. Pers.) 


S. Wadhspräv. E. und Abbild. Tab. E. 


5 meiner Naturgeſchichte der Oeſterreichiſchen 
Schwämme habe ich unter No. XIV. eine bee 
ſondere Abart des Stockſchwammes geliefert. 
Hier folgt er in ſeiner gewöhnlichen Bildung. 
Ich benütze zugleich dieſe Gelegenheit, einige 
Fehler zu berichtigen, die mir damahls ent— 
wiſcht ſind. Ich hielt nähmlich zu jener Zeit 
noch den Hallimaſch für eine bloße Abart des 
Stockſchwammes, und wußte nicht, daß der 
Ag. Polymyces Pers, unſer gewöhnlicher Hal⸗ 
| limaſch ſey Hieraus floß die unrichtige Angabe 
über die erſtaunliche Menge des zu Markte ge 
brachten Stockſchwammes. Es iſt nähmlich hie— 
von die ganze Summe des Hallimaſch abzuzie— 


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51 
ben. Auch iſt zu bemerken, daß man hier noch 
manche andere Schwammarten, z. B. den Lauch— 
ſchwamm (A. Gymnopus alliatus P.), den 
Kresling (A. Mycena, esculentus P.), den 
Drehling (A. Pleuropus, ostreatus F.) und 
noch mehr andere mit dieſem Nahmen bezeichnet. 


Unterdeſſen iſt es doch wahr, daß in man— 
chen Jahren von dem wirklichen Stockſchwamm 
eine große Menge zu Markte gebracht wird. 
Auch trifft man ihn oft untermengt mit dem 
Hallımalch ſowohl in den Wäldern als auf dem 
Markte an, und ſowohl die Zeit als der Ge— 
brauch und die Eigenſchaften ſind unter beyden 
übereinſtimmend. 


Man erkennet den Stockſchwamm aus dem 
genabelten, meiſtens hellbraunen, im Alter am 
Rande etwas ausgeſchweiften glatten und etwas 
feuchten Hute, aus den blaß Zimmetbraunen, 
am Grunde ausgeſchnittenen und am Strunke 
etwas herablaufenden Lamellen, aus dem wei— 
chen verweeslichen Ringe und aus dem ziemlich 
dünnen unterhalb ſchwärzlichen Strunke, deſſen 
Ueberzug ſich auf und auf in lockere faſerigte 
Schuppen zerflücket. 

Der in der Jugend volle walzenförmige 
Strunk pflegt im Alter hohl zu werden. Der Hut 
iſt niedrig; zuweilen ſchlägt er ſich auch zurück in die 

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52 
Geſtalt eines Trichters, oder zerplatzt am Rande 
herum in häufige Schlitzen und Riſſe. 

Die Farbe des Hutes und die Größe ſind 
ſehr veränderlich. Auch darin iſt er ſehr unbe— 
ſtändig, daß er, nach Verhältniß ſeines Stan— 
des, ſich bald ſchief bald gerade aufrichtet. 

Er wächſt immer an moderndem Holze, an 
abgeſtorbenen Baumwurzeln u. dgl. Einzeln 
kömmt er äußerſt ſelten vor. Aber fo große Haus 
fen wie der Hallimaſch bildet er doch niemahls. 

Auf der hier beygefügten Kupfertafel ſind 
zwey von den gewöhnlichen Formen dieſer 
Schwammart vorgeſtellet worden. 


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VI. Der Raßling (Agarıcus, Gym- 


nopus, Monceron.) 


S. Wachspraͤp. F. und Abbild. Tab. F. 


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Der Raßling, Rösling oder Mouceron ge 
höret hier zu den etwas ſeltneren Marktſchwäm— 
men. Man muß aber wohl merken, daß dieſe 
ſämmtliche Benennungen verſchiedenen andern 
eßbaren Schwämmen ertheilt zu werden pflegen. 
Z. B. der Lauchſchwamm wird auch ſo gehei— 
ßen. Dennoch glaubte ich hier den Nahmen 
Raßling beybehalten zu müſſen, theils weil er 
einzig unter demſelben auf unſern Märkten be— 
kannt iſt, theils auch, weil ich ſeine Naturge— 
ſchichte in meinem größern Schwammwerke ) 


) Heſterreichs Schwaͤmme b. d. H. No. 19. 


54 

unter eben demſelben abgehandelt habe. Ich 
werde in der Folge die andern gleichnahmigen 
Schwämme durch andere feſtgeſetzte Benennun— 
gen unterſcheiden. 

Der ächte Raßling If ein Schwamm ohne 
Wulſt und ohne Ring. Von Farbe iſt er un⸗ 
reinweiß, und fällt bald mehr ins Bräunliche, 
bald ins Graue. Er erreicht ſelten über 23 Zoll 
an Höhe, und ſein am meiſten ausgebreiteter 
Hut hat beyläufig 2 Zoll im Durchmeſſer. Sos 
wohl der Hut als der Strunk find außerordent— 
lich fleiſchig, derb und voll. Die Lamellen ſind 
weißlich, überaus gedrängt, ſehr ſchmal und 
ſichelförmig gebogen. Der Rand des Hutes iſt 
immer ſehr beträchtlich eingerollt. 

Oefters wachſen ihrer mehrere vom Ur— 
ſprung an zuſammen, allein gewöhnlich lebt er 
einſam. 

Man ſammelt den Raßling zur Zeit der 
Spitzmorchel, d. i. im May und Junius, in 
Gebirgswaldungen, zwiſchen Buchen und Ei— 
chen, allwo er aus der Erde aus dem Moder 
der Abfälle und an den verdorbenen Wurzeln 
der Bäume emporblüht. 

Er iſt, beſonders im jüngern Alter, über— 
diemaßen lieblich und wohlgeſchmack. Er riecht 
zwar nicht ſo heftig, aber, wie es mich deucht, 
wohl noch angenehmer als die Trüffel. Man 


55 
könnte feinen Geruch faſt mit dem Geruche der 
Aurikeln vergleichen, wenn nicht immerhin der 
gewiſſe Schwammgeruch beygemiſcht wäre, wel— 
chen man jedoch auch an allen andern eßbaren 
Arten erkennet. 0 

Man wählt für die Küche nur die jüngern 
Stücke, und pflegt ſie auch zum ſpätern Ge— 
brauche getrocknet aufzubewahren. Zu dieſem En— 
de pflegt man fie an einem Zwirnsfaden Pa— 
ternoſterartig anzufaßen, und in der freyen Luft 
an einem trockenen Orte aufzuhängen. 

Perſoons Agaricus Gymnopus graven- 
lens ſcheint nicht hieher zu gehören, weil er die 
Dicke des Fleiſches vom Hute nur auf 4 Linien 
angibt, auch hätte er dann gewiß des Sowerby 
feinen Ag. graveolens anführen müſſen, wels 
cher allerdings der nähmliche Raßling iſt. 

Ich wüßte zwar kein Beyſpiel, daß jemand 
von dem Genuß dieſes Schwammes einen Wachs 
theil an ſeiner Geſundheit erfahren hätte. In— 
deſſen ſchreibt doch Janus Planecus an feinen 
Freund Battarra im Jahr 1744: „Zuweilen 
äußern ſich auch ſolche Schwämme als ſchädlich, 
welche man ſouſt allgemein für die beſten und für 
die unſchädlichſten zu halten gewohnt iſt, wie z. B. 
diejenigen, die wir Prunuli oder Pruneoli (ans 
fer Raßling) nennen, und womit die Tafeln des 
Adels wegen ihrer Vorzüge des Geruches und 


56 

des Wohlgeſchmacks prangen. Es wird Ihnen 
wohl noch bekannt ſeyn, wie vormahls einige un— 
ſerer anſehnlichſten Mitbürger ſich durch den Ge— 
nuß derſelben die Ruhr und heftige Weihen a 
zen zugezogen haben.“ 

Ich erkläre mir meinerſeits dieſe He andere 
ähnliche Erſcheinungen bloß dadurch, daß man 
auch von dem geſundeſten Schwamme vergiftet 
werden könne und müſſe, wenn er zu alt, faulig 
oder von vielen Maden bewohnt iſt. Dieß kann 
nun bey ſehr feuchter und warmer Witterung viel 
leichter als ein anderes Mahl geſchehen. Auch 
können vielleicht gewiſſe Beymiſchungen geſchehen 
von ähnlichen ſchädlichen Schwämmen, und end— 
lich iſt doch der Menſch ſelbſt nicht immer gleich 
gut zur Verdauung eines jedweden Nahrungs— 
mittels vorbereitet. Wie viele Tauſende ſind nicht 
ſchon von dem Genuß der Erdäpfel, der Pfirfis 
che, der Kirſchen erkrankt? Sollte man wohl 
deßwegen die Erdäpfel, Pfirſiche und Kirſchen 
für giftig oder für verdächtig erklären? — — 


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VII. Der Honigtaͤubling. (Agaricus 
Gymnopus Russula Pers.) 


S. Wachsprap. G. und Abbild. Tab, G. 


Die wahren Täublinge, die man oft auch Krem— 
linge Grünlinge oder Frauentäublinge nennet, 
ſollten nach meinem Urtheile gänzlich von den 
Märkten verbannt werden, da auch die beſten un— 
ter denſelben ſchon öfters giftig oder doch ſchäd— 
lich befunden worden, ohne daß man gewiſſe 
Kennzeichen angeben könnte, aus welchen ſie ſich 
von den Genußbaren unterſcheiden ließen. 
Perſoon hat freylich wohl unter derjenigen 
Abtheilung der Blätterſchwämme (Agaricus) 
die er Täublinge (Russula) nannte, eine Art 
characteriſirt, welcher er den Beynahmen des 
eßbaren (Agaricus Russula esculentus) zu ers 
theilen wagte: allein auſſerdem, daß diefer Nah 
me nicht beſtehen kann, weil zwey verſchiedene 
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58 

Arten einer Gattung nicht den nähmlichen Nah» 
men führen können, und weil ſchon früher nähm— 
lich unter der Abtheilung von Mycena eine an- 
dere Art Agaricus esculentus genannt wurde; 
fo ift auch die bisherige Beſtimmung der Arten 
von Schwämmen und insbeſondere von Blätter— 
ſchwämmen zu ungewiß, als daß man das Leben 
und die Geſundheit der Menſchen darüber aufs 
Spiel ſetzen könnte. Man kann einen Schwamm 
nur dann für geſund und des allgemeinen Gebrau— 
ches fähig erklären, wenn verjährter Gebrauch 
und ſtandhafte Merkmale feine Unſchuld bewei— 
ſen, geſetzt auch daß Mißbrauch und Unbehutſam— 
keit bey ſeinem Genuße je Schaden angerichtet 
hätten; wenn z. E. verdorbene Stücke genoſſen 
wurden! Allein die ächten Täublinge ſind ſo wan— 
delbar in der Farbe, daß es wohl möglich wäre, 
daß die von Perſoon angenommenen Arten in der 
Folgezeit vielleicht nur für Spielarten gehalten 
werden dürften, und daß eben ſo wie ihre äußer— 
liche Geſtalt auch ihre innern Eigenſchaften vers 
ſchiedenen Modifikazionen unterliegen, die bald 
in der Jahrszeit, bald in der Witterung und in 
verſchiedenen andern äußerlichen Einflüſſen ihren 
Grund haben. Und auf dieſe Art mag man ſich 
die zahlreichen Widerſprüche erklären, die uns 
allenthalben in des ſeel. Krapf Naturgeſchichte 
der Täublinge aufſtoßen, und die uns ſchon allein 


59 
die Zweydeutigkeit ihrer Eigenſchaften zur Genü⸗ 
ge erklären. 

Der Honigtäubling iſt kein Täubling (Rus— 
sula) ſondern ein Naktfuß (Gymnopus) und 
er führt dieſen Volksnahmen bloß wegen ſeiner 
Aehnlichkeit mit den Täublingen. Er hat einen 
fleiſchigen, vollen, meiſtens gleichdicken Strunk, 
deſſen Subſtanz ſchneeweiß, deſſen Aeußeres 
glatt, ohne Ring, weiß, jedoch bald mehr bald 
weniger ins Roſenrothe, oder wohl auch ins Ku— 
pferfärbige gewendet iſt. Es giebt auch berſchie— 
dene Abweichungen, ſo, daß der Strunk bald 
unten bald in der Mitte dicker iſt, auch fein Ber- 
hältniß zum Hute mancherley Verſchiedenheiten 
darſtellet, da er zuweilen kaum die Dicke eines 
Schwanenkieles übertrifft. Obſchon er gewöhn— 
lich an 3/4 eines Zolles im Durchmeſſer, und et⸗ 
was über 2 Zoll in der Höhe zu erreichen pfle 
get. Oben erweitert er ſich, ohne merklichen Ab, 
ſatz in einen fleiſchigen Hut, deſſen Subſtanz zwar 
auch weiß, jedoch gegen die Oberfläche hin meh— 
rentheils mit einem röthlichen Hauche gefärbt 
iſt. Dieſer Hut iſt im jüngern Alter faſt kugel— 
förmig und am Rande herum ſehr ſtark eingerollt. 
Nach und nach erweitert er ſich in die Form eines 
Schirmdaches mit einem Nabel in der Mitte, 
und verſchiedenen unregelmäſſigen Buckeln und Ver⸗ 
tiefungen. Seine Farbe iſt kupferroth, jedoch 

E 2 


60 

geht fie nicht felten in ein ſehr ſtarkes Roſenroth 
über. Im Alter der Verweſung wird ſie ſchmutzig 
und fällt bald mehr ins Bläuliche bald ins Braune. 
Was aber das vorzüglichſte Kennzeichen dieſer 
Schwammart ausmachet, iſt der feine ſchuppen— 
förmige Gries an der ganzen Oberfläche des Hu— 
tes, welcher von der Oberhaut deſſelben herkommt, 
die ſich Anfangs in kleine Wärzchen erhebt, nach» 
her aber in ſchuppenartige ungeſtaltete Spisen 
zerplatzt, die ihrer Feinheit und Menge wegen 
dem ganzen Hute ein gewiſſes rauhes Anſehen 
verſchaffen, welches jedoch in manchen Individuen 
viel weniger auffällt, und überhaupt ſo wie die 
Farbe und die Größe (welche letztere bey einem 
ganz erwachſenen, im Durchmeſſer 2 bis 3 Zolle 
beträgt) verſchiedenen Modifikationen unterwor⸗ 
fen iſt. 1 

Die Blätter (Lamellen) auf der Unterſeite 
des Hutes find weiß, ziemlich breit, von ungleis 
cher Länge, nicht geſpalten, wie bey den ächten 
Täublingen. 

Der Schwamm iſt wohlſchmeckend, faſt wie 
ein Champignon. Man bereitet ihn auf mancher— 
ley Arten wie andere Schwämme, insbeſondere 
pflegen die Landleute ihn klein zu zerſchneiden, 
und mit Mehl und Zwiebeln nebſt Salz und Pfef— 
fer in Butter oder Schmalz zu röſten. Man muß 
vorſichtig alle jene ächten Täublinge aus ſondern, 


61 


die gefpaltene Blätter haben, auch iſt es nützlich 
die Strünke der etwas erwachſenen der Länge 
nach durchzuſchneiden, und wann ſich die geringſte 
Spur von Ungeziefer darin wahrnehmen läßt, 
ſolche lieber gänzlich wegzuwerfen. 

Der Honigtäubling, den man auch unächten 
rauhen Täubling nennet, findet ſich zerſtreut in 
gemiſchten Eichen-Buchen- und Birkenwäldern. 
Man bringt ihn vom Anfang des Julius bis in 
den September zu Markte. 


63 
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VIII. Der Lauchſchwamm. (Agaricus, 
Gymnopus, alliatus Pers.) 


S. Wachspraͤp. H. und Abbild, Tab, H. 


Man nennet dieſen kleinen eßbaren Schwamm 
auch Knoblauchſchwamm, Raßling, Wieſen⸗ 
ſchwamm, Mußeron und findet ihn in ganz 
Deutſchland, ja wahrſcheinlich auch noch auſſer 
Deutſchland und beſonders vom 46. Grad der 
nördl. Breite bis zum 50. Er iſt im Frühling 
und zwar im April am häuftgſten, jedoch pflegt 
er auch im Oktober und November geſammelt 
zu werden. In naſſen und kühlen Jahren wird 
er zuweilen auch mitten in den Sommermonathen 
gefunden. Er wächſt am liebſten im Heideland, 
d. h. in feiner ſchwarzer Moorerde, die aus ver— 
weſenen Abfällen von Föhren, Tannen, Heiden 
u. d. gl. entſtanden iſt, wo häufiges Moos die 
ſchnelle Austrocknung des Bodens verhindert. Er 


2 


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63 
liebt den Schatten und beſonders die Grenzen 
der Wälder an der Nordſeite. Zuweilen kömmt 
er auch in Grasgärten und auf Wieſen vor. 

Man erkennet den Lauchſchwamm aus dem 
zarten, aber dennoch etwas ſteifen glatten roth— 
bräunlichen und unterhalb ſchwärzlichen, inwen— 
dig hohlen, etwas flachgedrückten und faſt durch, 
ſcheinenden Strunk, welcher ſich zu einem bis 
2 ı/2 Zoll erhebt, aus dem wenig gewölbten, 
nur etwas fleiſchigen, am Rande ſtrahlenförmig 
gefaltenen, gelb- oder graubräunlichen im Mittel: 
punkte dunkelgefärbten Hute, der gewöhnlich nur 
1/2 oder 3/4 eines Zolles im Durchmeſſer hat 
und nur in ſehr ſeltenen Fällen größer wird, und 
endlich aus den ſchmutzigweißen, hie und da ver— 
wachſenen mäſſig breiten, im Alter gekraußten 
Lamellen, welche ſich leicht und ganz vom Hute 
ablöſen und daher einen ſehr ſtarken Grund an 
die Hand geben, ihn eher der Gattung des Ader— 
ſchwammes (Merulius) als der des Blätter 
ſchwammes (Agaricus) beyzuzählen. 

Es iſt ein gewürzhafter angenehmer 
Schwamm: denn obgleich ſein Geruch etwas ins 
Knoblauchartige fällt; ſo iſt doch dieſes ſo ſehr 
gemildert, daß es einen im Geſchmack vielmehr 
an gewiſſe antiſcorbutiſche Kräuter aus der Fa— 

milie der Kreuzblumen (Linnees Tetrabynamiſten) 
erinnert, und zwar um fo vielmehr, da er auch 


64 

wirklich etwas geſalzenes mit ſich zu führen ſchei⸗ 
net. Man bedient ſich feiner nach abgeſchälten 
Blättern zur Würze der Fleiſchbrühen bey ver- 
ſchiedenen Gerüchten. Man pflegt auch ihn auf- 
zuſpahren, indem man ihn vorher rein abgewa⸗ 
ſchen, und hernach an der Luft getrocknet hat. 
Eben dadurch unterſcheidet aber der Lauchſchwamm 
ſich ganz beſonders von gewiſſen kleinen ähnlichen 
Arten des Miſtſchwammes (Coprinus) als wel— 
che ſich nicht auftoknen laſſen, ſondern entweder 
ganz in eine ſchwarze Jauche zerflieſſen, oder 
wenigſten ſchwarz und faul werden. 

Auch von dem großen Nagelſchwamm (Ag. 
Mycena Alliaceus) deſſen Eßbarkeit wenigſtens 
noch unbekannt iſt, muß man den Lauchſchwamm 
unterſcheiden: denn dieſer Nagelſchwamm iſt viel 
größer, ſteifer und riecht weit ſtärker nach Knob— 
lauch. Er wächſt in den Niederungen der Alpen 
einſchichtig und kömmt alldort nur in den Sommer» 
monathen zum Vorſchein. 


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IX. Der gemeine Nagelſchwamm. 
(Agaricus Mycena esculentus Pers.) 


S. Wachspraͤp. I. und Abbild. Tab, I. 


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Die ſonſt noch üblichen Benennungen dieſer 
Schwammart find: Kreßling, Kreösling, klei— 
ner Stockſchwamm, Nägelſchwamm u: ſ. w. Im 
Franz. wird er Agaric. Clou genannt, und 
Langftedt äuſſert im allgem. Botan. Reperto— 
rium J. Bd. S. 42 die Vermuthung, daß der 
Isländiſche Ketesvepper, woraus die Islän— 
der eine Speiſe bereiten, die fie Sveppekal nen— 
nen, ebenfalls hieher gehören möge. 

Man findet ihn im Frühling und im Herbſt 
in lichten Wäldern, auf etwas feuchten Wieſen, 
an den Rändern der Aecker und zuweilen ſelbſt 
an den Wegen. In Kärnthen bringt man zu En— 
de des April ganze Körbe voll davon zu Markte. 
Auch in Wien wird er manches Jahr häufig auf 


66 
den Marktplätzen geſehen, obgleich mehr nur in 
den Vorſtädten. 

Es iſt eines von den minder delicaten Pros 
Ducten der Schwammpomona. Man kann und 
pflegt zwar hie und da den Nagelſchwamm roh 
zu verſpeiſen: allein er iſt auf dieſe Art eher uns 
angenehm als leckerhaft, denn ſein Fleiſch iſt 
äußerſt dünne, und fein Geſchmack etwas widerlich 
und bitter. 

Unterdeſſen nimmt man dieſen Schwamm 
dennoch ſo wie den vorigen zur Vermiſchung 
mit Fleiſchbrühen und andern Speiſen, wo er 
in Verbindung mit allerley Gewürzen für ein 
gutes Gerücht gehalten wird. De guftibus non 
eft disputandum ! 

Er wächſt gefellig in lockern Häufchen von 
3 bis 10 Stücken, zuweilen auch einzeln. 

Sein hohler Strunk wird gewöhnlich nur 
ı bis 12 Zoll hoch, und hat oft nicht über 
eine halbe Linie im Durchmeſſer. Er iſt ſehr 
zart, und lange nicht ſo ſteif, wie bey dem 
Lauchſchwamme, iſt übrigens nach verſchiedenen 
Richtungen und Biegungen aufrecht. 

Der zarte halbdurchſcheinende Hut hat ſehr 
wenig Fleiſch, und iſt der Farbe nach meiſtens 
ziemlich helle, doch niemahlen rein weiß, ſon— 
dern fällt gemeiniglich ins Gelbbraune, doch 
gibt es auch Stücke, die ins Graue, oder ins 


67 


Kaſtanienbraune fallen. Hut und Strunk find 
immer gleichfärbig, nur iſt der Strunk jedes» 
mahl um ein weniges bläſſer als der Hut. An— 
fangs iſt der Hut halbkugelrund, mit der Zeit 
breitet er ſich aber in ein flaches Gewölb aus, 
deſſen Mitte mit einer Spur von Nabel bezeich— 
net iſt, und es iſt noch überdies eine Schatti— 
rung um denſelben herum, die faſt wie ein Augen— 
ſtern ausſieht. Auch der Rand iſt mit dunkleren 
Strahlenlinien geziert, die von der Einfügung 
der Lamellen ihren Urſprung haben. 

Die Lamellen ſind ziemlich breit, lanzett— 
förmig, etwas weitſchichtig, von Farbe weißlicht, 
jedoch meiſtens ſehr unrein ins gelbliche oder 
bräunliche ſpielend. 

Auſſer den bereits angegebenen Abweichun— 
gen giebt es noch einige andere Ausnahmen, z. 
B. in der Größe, da dann einige wohl einen gan— 
zen Zoll am Hute im Durchmeſſer haben. Auch 
iſt der Strunk von ungleicher Länge, und wird 
wohl gar über 3 Zoll hoch, und wächſt er vol— 
lends zwiſchen faulenden Mooſen hervor; ſo fin— 
det man ſeine ganze untere Hälfte mehr oder 
weniger mit einem Barte von äußerſt feinen Saugs 
gefäſſen oder Wurzelfäſergen bewachſen. 


— —— 


63 
IOHYIGOIOOGOOGHIIHI2909039I999993939 


X. Die Gugemuke. (Agarieus, Pra- 
tella, edulis. Pers.) 


S. Wachspräp. K. und Abbild. Tab. K. 


— 2 —— 


Die Gugemuke, welche man auch weißen 
Ehegattling, Ehegürtel, Heiderling, Trauſchling, 
Dreitſchling, wie den Champignon, Kuckenmu— 
cken, Angerling, Aegärtling, Aegerling, Brach— 
bülz, Egerling, Leedling, Weidling, Wieſen— 
pfifferling, Wieſenſchwamm, Haidſchwamm, 
Drüſchling, Erdgürtel, Feldſchwamm, Brach— 
männchen, Holl. Gewoone Kampernoelje; 
Brabant. Weyer of Weykampernoelje; 
Dän, Jordsvamp, Paddehat, Skurvhat; 
Schwed. Champignon; Engl. the Toaditool ; 
Franz. l'Agaric comeftible, Campagnoule, 
Vinous; Ital. Il Pratajuolo, i pradellr, 
Brife; Span. Agarico campeſtre; feta, 


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69 


xeta,jeta; Perrechicua, Outo; Portug. Aga- 


rico dos campos, cogumelo ou tortulho de 
comer; Ruß. Griby; Poln. Piezar; Wend. 
Kuckmack; Ungr. Tseperke Gomba; Lett. 
Breedenes zu nennen pflegt, verhält ſich zum 
ächten Champignon, wovon das nächſtfolgende 
Capitel handelt, gerade fo wie die Walderdbeere 
zur Gartenerdbeere, oder wie im Thierreiche die 


— 


wilde Katze zur zahmen. Es gibt nähmlich aller⸗ 


ley Merkmahle der Bildung, wodurch ſich die 
Gugemuke ziemlich ſtandhaft von dem Champig— 
non unterſcheidet, wie der gewöhnlich hohle 
Strunk, die Bläſſe der Lamellen und vornähm— 
lich das Verhältniß der Dicke zur Länge des 
Strunkes, indem die Gugemuke immer einen 
dünneren länglichen und unterhalb knolligen Strunk 
zu haben pflegt, da doch der Strunk des Cham— 
pignon walzenförmig, ja zuweilen wohl gar ver— 
kehrt kegelförmig, und überhaupt ſehr kurz, 
voll und fleiſchig iſt. Demungeachtet giebt es doch 
in allen dieſen Stücken zuweilen Ausnahmen, 
und wenn auch dieſe nicht wären; ſo könnte man 
fragen; ob wohl nicht vielmehr die Verſchieden— 
heit des Standortes ſelbſt die Urſache an den 
Veränderungen der angegebenen Geſtalten ſeyn 
dürfte, anſtatt, daß man von der letzteren auf 
die Nothwendigkeit eines verſchiedenen Standors 

tes zu ſchließen habe? Wirklich habe ich ſelbſt 


* 
* en 
u. 


70 

in Erfahrung gebracht, daß einige Gärtner Brut 
von der Gugumuke ausnehmen, ſie nach Art 
der Champignonsbrut cultiviren, und wahre 
Champignons erhalten. Ich will deſſen ungeach— 
tet hier nicht entſcheiden, ob beyde nur einerley 
oder zwey verſchiedene Arten ſeyn ſollen. Genug, 
daß man im gemeinen Leben, und beym Ge— 
brauche ſelbſt Gugemuke und Champignon von 
einander zu unterſcheiden pfleget! 

Da indeſſen die Verwandtſchaft dieſer bey, 
den Schwammarten ſehr groß iſt, und die meiſten 
Schriftſteller und Floriſten ſolche nicht von ein» 
ander unterſchieden haben; ſo iſt die Naturge— 
ſchichte der Gugemuke von jener des Champig— 
nons unzertrennbar. Wir können daher nicht mit 
Gewißheit beſtimmen, ob dieſer oder jener es 
ſey, den man auch in andern Welttheilen und in 
dem neuen Continent ſo gut wie in dem alten 
angetroffen habe. Das Mehr des Düngers, die 
ſanftere Beſchaffenheit des Clima, und die Tie— 
fe des Schattens ſcheint eine Hauptbedingniß zu 
ſeyn, welche die Gugemuke in den Champignon 
verwandelt. So viel iſt ausgemacht, daß die Gu⸗ 
gemuke in ihrer Geſtalt weit veränderlicher ſey, 
lange nicht die Güte erreiche, und viel öfter 
ungeſund befunden werde, als der ächte eulti⸗ 
virte Champignon. 


71 

Man findet ſie in gemäſſigten Climaten, im 
ebenen Lande, wohl auch auf Hügeln, ſelten 
auf Gebirgen, auf Gras angern, im Heideland, 
auf Brachäckern und allenthalben da, wo Dün— 
ger von Pferden mit andern Dünger oder mit 
Erde vermiſcht vergraben liegt, oder wo ſolcher 
lange gelegen und wo die durchgeſinterte Jauche 
den Boden durchdrungen. In Gärten, auf 
Exercierplätzen, in Lagern, oder ſelbſt in Städ— 
ten, wo Pferdedünger vormahls gelegen, iſt 
daher itzre Erſcheinung nichts ſeltenes. Ihre 
Zeit iſt zwar ziemlich unregelmäſſig, doch kom— 
men die meiſten vom Julius bis in den Sep— 
tember zum Vorſchein. 

Der Strunk dieſes Schwammes iſt bald 
mehr bald weniger aufrecht oder gerade. Am 
Grunde iſt er immer etwas aufgetrieben, zuwei— 
len ſehr knollicht. 

Er iſt glatt, obgleich unter dem Vergrö— 
ßerungsglaſe feine Oberfläche ſehr feinfilzig er- 
ſcheinet. Seine Farbe iſt weißlich, oder doch we— 
nigſtens immer um vieles blaſſer als die des Hus 
tes. Nur dann wenn der Hut auf eine monftiöfe 
Weiſe klein, der Strunk aber ſehr lang iſt, nur 
dann iſt die Farbe des Hutes und des Strunkes 
einerley. Gewöhnlich mißt er in der Höhe den 
Durchmeſſer des Hutes zweymahl, und ſeine 
Dicke beträgt im Mittel den 5. oder 6. Theil 


72 

deſſelben. Allein es giebt hievon gewaltige Aus⸗ 
nahmen. Es gibt ſehr mißwachſene Strünke, die 
verhältnißmäſſig viel länger, oder dünner, oder 
ſonſt verkrüppelt, buckelig oder bauchig ſind. 
Inwendig iſt er gewöhnlich hohl, doch hab ich 
ſelbſt welche geſehen, die es nicht waren. 

Der Hut, welcher Anfangs faſt ganz ku⸗ 
gelrund geſtaltet, und ducch eine ziemlich dicke 
Haut mit dem Strunke um und um verbunden 
iſt, die ſich nachher vom Rande des Hutes ab— 
löſt, und am Strunke in Form einer Manſchette 
ſitzen bleibt, die man Ring nennet, erweitert 
ſich allmählig, bleibt jedoch immer gewölbt, 
und ſchlägt ſich niemahls in eine trichterförmige 
Geſtalt zurück. Am Rande herum iſt er immer 
ſelbſt bey den älteſten und größten Individuen 
eingerollt. Er iſt ſehr fleiſchig, und loͤſt ſich leicht 
queer über vom Strunke ab. Sein Fleiſch iſt ſehr 
weiß, dicht, faftig und manchmahl ſogar Milchs 
triefend. Seine gewöhnliche Größe iſt ein Durch— 
meſſer von 2 Zollen, doch hatte ich einſt ein 
Exemplar in meinen Händen, deſſen Hut 9 Zoll 
inn Durchmeſſer hatte. Es giebt auch allerley 
Abarten und Mißgeſtalten mit buckeligten, cons 
centriſch geringelten und Kegelförmigen Hute. 
Die merkwürdigſte aber von allen, die mir zu 
Geſichte gekommen, war die auch hier in der 
Abbildung vorgeſtellte Monſtroſität mit einem 


73 
5 Zoll langen, ½ Zoll dicken Steunke, einem 
Hute, der nicht einmahl einen ganzen Zoll gab 
nebſt dem gänzlichen abſoluten Mangel der Rings 
baut. Dieſer Hut iſt nun mit einer Haut über— 
zogen, die ſich leicht ablöſen läßt, und ſich auch 
wohl ſelbſt zum Theile abſchälet, wenn der 
Schwamm ſeine vollkommene Reife erlangt hat. 
Die Farbe dieſer Haut, oder ſo zu ſagen von der 
Oberſeite des Hutes iſt nach dem Standorte und 
der Witterung verſchieden. Je mehr Sonne, Tros 
ckenheit und Winde beſto mehr fällt ihr Schmutz 
ins Graubraune. Im Schatten hingegen und bey 
kühler feuchter Witterung iſt ſie nicht ſelten ganz 
Schneeweis. 

Die ſehr gedrängten Lamellen ſind in dem 
frühen Alter, bevor nähmlich die Ringhaut jers 
platzet, ſehr blaß Fleiſchfarben, doch nie ſo Ro— 
ſenfarben wie bey dem ächten Champignon. Tritt 
nun aber einmahl die Periode der Reife ein, wo 
die Schwammkeime ausfallen ſollen, fo werden 
fie dunkelgraubraun und endlich faſt Kohlſchwarz. 
Dabey werden ſie auch feucht und gehen zuletzt 
in Faulung über, wobey ſich ein faſt unerträgli⸗ 
cher Geſtank entwickelt. 

Um Verwechslungen zu vermeiden, hüte 
man ſich ſtatt der Gugemuke einen Schwamm zu 
nehmen, 


2 


a) deſſen Hut nicht weiß, fondern gelb, 
röthlich, violett oder ſchekig iſt; 

b) deſſen Lamellen nicht anfangs blaßroth 
ſind, und erſt im Alter ſchwärzlich wer⸗ 
den; 

c) deſſen Strunk keinen Ring hat, und an— 
ders als weiß oder höchſtens nur ein we⸗ 
nig beſchmutzt iſt; 

d) der auch nur die geringſte Spur von ei— 
ner Wulſthaut haben ſollte, die in der 
Jugend den ganzen Schwamm mit ſammt 
dem Strunk und Hut bis auf die Wur— 
zel verhüllet. | 

Um aber auch bey dem Genuß der wahren 

Gugemuke keine Gefahr zu laufen; fo wähle man 
nur ſolche Stücke, deren Hut noch ſtark gewölbt, 
deren Lamellen noch röthlich, deren Strunk von 
keinen Maden zerfreſſen, deren Fleiſch überhaupt 
noch derb und friſch iſt. Man ſchäle die Ober— 
haut des Hutes und den Ring ab, verwerfe die 
Blätter und koche mit dieſen ſo zubereiteten 
Schwämmen eine entzweygeſpaltene Zwiebel oder 
einen Silberlöffel. Wird jene blau, oder dieſer 
dunkel ſo iſt es ein Zeichen giftiger und ſchädlicher 
Eigenſchaften. Außerdem hat man nichts zu be⸗ 
ſorgen. 

Man pflegt hie und da ſolche auf obige Art 

zubereitete Stücke von Gugemuken und Champig⸗ 


75 
nons in Eſſig zu legen, und fie auf dieſe Art zur 
Speiſewürze für den Winter aufzubewahren, ei— 
ne Methode die weit Empfehlungswürdiger und 
ſicherer iſt, als das ſo gewöhnliche Auftrocknen 
und Dörren der Schwämme. 

Der Geſchmack der Gugemuke iſt dem des 
Champignon ſo ähnlich, daß ich davon ſo wie 
von ihrem Gebrauche hier gar nichts anzuführen 
habe, da ich um Wiederholungen zu vermeiden 
meine Leſer auf dasjenige verweiſe, was ich über 
dieſe Sachen im nächſtfolgenden Artikel von dem 
Champignon ſelbſt zu ſagen gedenke. 


76 


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XI. Der Champignon. (Agaricus, 
Pratella, campestris. Pers.) 


S. Wachsprap. L. und Abbild. Tab, L. 


Es hat dieſer Schwamm die meiſten Benennuns 
gen ſowohl im Deutſchen als in den fremden Spra— 
chen mit dem vorigen gemein. Man nennt ihn je⸗ 
doch Vorzugs weiſe Champignon, Herrenſchwamm, 
Sartenſchampignen, Tafelſchwamm u. ſ. w. 
Freywillig hervorwachſend findet man ihn in 
ſehr gemäſſigten Climaten z. B. in Italien, im 
Südlichen Frankreich, in Spanien u. ſ. w. Er 
wird jedoch, obgleich ſeltner auch in ganz Deutſch⸗ 
land ja wohl in noch niedrigeren Graden der nörd— 
lichen Breite gefunden. Er wächſt in der Nähe 
Menſchlicher Wohnſtätten in Niederungen, auf 
bebauten Stellen, wo die Strenge der Nordwin⸗ 


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7 
de durch Berge und Gebäude gebrochen wird, 
und zwar beſonders auf Plätzen wo Pferdedün— 
ger gelegen, wo die Gärtner und Ackersleute ihre 
Miſtſtellen zu haben pflegen, in Weingärten, 
alten Spargelbeeten, und auf Plätzen wo öfters 
Pferde geweidet werden, jedoch immer nur in 
etwas ſchaͤttichten Oertern. 


Er iſt der Gugemuke ſehr ähnlich, und un— 
terſcheidet ſich von ſelber nur in folgenden Stü— 
cken: 


1) Er iſt noch Fleiſchiger, und ſein Fleiſch 
iſt noch ſchmackhafter, ſaftreicher und feiner; 


2) ſein Strunk iſt verhältnißmäßig kürzer 
und dicker, indem er den Durchmeſſer des Hutes 
in der Länge nicht übertrifft. 


3) Dieſer Strunk iſt ferner kaum mehr als 
zmal ſo lang gegen ſeine Dicke, auch iſt er ent— 
weder ganz Walzenförmig, oder wohl gar nach 
untenzu abnehmend, niemahls aber knollig. Er 
ſteht immer gerade und bat weder Biegungen noch 
Aus wüchſe. N 


4) Der Hut iſt immer ſehr gewölbt, ohne Na, 
bel und macht keine ſolchen Mißgeſtalten wie die 
Gugemuke. Von Farbe iſt er anfangs rein weiß, 
wird nachher bräunlich und ſeine Haut zerpflükt 


78 


ſich in ſchuppenförmige Schlitzen. Es gibt Abar 
ten mit ſehr dunkeln Kaſtanienbraunen Hüten. 


5) Die Lamellen ſind in der Jugend ſehr 
ſchön, Roſenfarben und nicht Fleiſchfarb wie 
bey der Gugemuke. 


Der Verwechslung und Vergiftung halber 
iſt ganz das nähmliche zu beobachten, was ich 
im vorigen Artikel von der Gugemuke angegeben 
habe. 


Der Geruch des Champignon iſt zwar nur 
ſchwach aber doch angenehm, und hat eine Aehn— 
lichkeit mit dem Dufte von Waizenmehl und weiſ— 
ſen Roſen, obgleich auch immer etwas von dem 
Grundgeruch mit untermengt iſt. Der Geſchmack 
iſt ſüßlich, fat Milchartig mit einer ſehr gelin— 
den, dem Geſchmacke des Fleiſches ähnlichen 
Würze. 


Man bereitet die ganz wie die oben beſchrie— 
dene Gugemuke zugerichtete Stücke Champignon 
als eigenetz Gerücht in Fleiſchbrühe, mit Mehl 
Butter und Milchrahm, und würzt ſie entweder 
mit Sardellen oder mit Limonſchalen, Pfeffer, 
Gewürznelken u. d. gl. Man ſpeiſt fie auch als 
Sallat in Eſſig und Baumöhl, aber weit gewöhn— 
licher iſt der Gebrauch fie nur als Zugabe zu ver⸗ 


79 
ſchiedenen Fleiſch - und Fiſchſpeiſen zu benützen. 
Man giebt fie in die Suppen zum Eingemachten, 
unter das Zugemüs in Paſteten, Ragous u. ſ. w. 
um den Geſchmack zu verbeſſern. 


Da dieſe Schwämme ſehr geſchätzt und 
theuer bezahlt werden; fo iſt mau ſchon vor lan— 
ger Zeit darauf verfallen, ſie durch die Kunſt zu 
erzeugen, und zu vermehren. Die vortheilhafte⸗ 
ſte Methode dieſer Cultur beſteht im folgenden: 
Man macht in einem eigends dazu gewidmeten 
Keller ſo viel da Raum iſt, Miſtbeeten zurecht, 
die mit Brettern eingefaßt werden. Dieſe Beeten 
oder Kiſten können 4 bis 5 Fuß in die Breite, 
und 3 Fuß in die Höhe haben. Man füllt dieſe 
Kiſten im Spätſommer oder im Herbſte mit 
halbverfaulten, jedoch noch nicht ganz ausgekühl— 
tem Pferdemiſt mit untermengtem Stroh bis an 
den obern Rand, und giebt von Zeit zu Zeit, 
wie ſich der Miſt ſetzet, wieder ſo viel nach, daß 
die Kiſten immer übervoll bleiben. Dieſer Miſt 
wird dann nur ganz wenig zuſammengetreten, und 
nach 14 Tagen oder 3 Wochen, wann die größ⸗ 
te Hitze vorbey iſt, (während welcher Zeit man 
ihn ganz wenig mit Waſſer beſpritzet) mit einer 
3 oder 4 Zoll dicken Schichte fein geſiebter ſchwar— 
zer Miſtbeeterde zugedeckt“ Nun nimmt man Stüs 


40 

cke von der wohlaufbewahrten Champignon Er⸗ 
de, ſteckt fie ı bis 2 Fuß weit von einander in 
die obere Schichte ein, begießt ſie ein wenig mit 
der Brauſe, und bedeckt bald darauf das ganze 
Beet mit Rohrmatten, oder mit Brettern, die 
aber nicht aufliegen dürfen. Sieht man nun nach 
einigen Tagen, daß die Champignons hervor— 
kommen, ſo nimmt man die Decke weg, und be— 
gießt von Zeit zu Zeit das Beet, jedoch nur 
ganz ſparſam mit einem abgeſtandenen Waſſer, 
das mit Salpeter oder Miſtjauche vermengt 
worden. Die Champignons welche groß genug 
find um verbraucht zu werden, muß man vorſich— 
tig mit dem Meſſer an der Erde abſchneiden, um 
nicht die Brut mit herauszureiſſen. Hört nun ein» 
mal die Löſe auf, ſo läßt man das Beet trocken 
werden, nimmt die vergrößerte neue Brut heraus 
und verwahret ſie an einem trockenen Luftigen, 
gegen Sonnenſchein und Froſt geſchützten Orte 
zum ferneren Gebrauche auf, 


Andere bedienen ſich wohl auch irgend einer 
ſchattigen Stelle im Gewächs hauſe und man kann 
auch im freyen Lande Champignonbeeten anlegen, 
doch müſſen dieſe ſowohl zur Nachtzeit als wie 
auch bey ſtarken Winden, Regen und Gonuens 
ſchein mit Brettern zugedeckt werden, jedoch ſo, 
daß die Beetter nicht aufliegen, ſondern immer 


81 
um z oder 3 Zoll höher unterſtützt werden, als 
die Fläche des Beetes ſich erhebt. Die vortheil— 
hafteſten Beeten dieſer Art ſind die Dachförmigen, 
weil fie mehr Fläche haben, und die überflüſſige 
Feuchtigkeit beſſeren Ablauf gewinnet. 


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XII. Der Reizker. (Agaricus, Lac- 
tifluus, deliciosus. Pers.) 


S. Wachspraͤp. M. und Abbild, Tab, M. 


Oogleich dieſer Schwamm nicht ſehr empfoh— 
len zu werden verdient, fo gehört er doch zu 
den wichtigſten, die hier abgehandelt werden 
müſſen, weil er an mehreren Orten im Ge— 
brauche iſt, ja ſogar in Kärnthen, Krain und 
Tyrol auf eine ähnliche Art wie der Cham— 
pignon cultivirt wird, da er doch mit einigen 
ſehr giftigen Schwammarten ſo viele Aehnlich— 
keit hat, daß man ihn nur mit vieler Genauig⸗ 
keit davon unterſcheiden kann. 

Er führt noch viele andere Nahmen, mel» 
che er jedoch auch zum Theil mit einigen der 


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giftigen Arten gemein hat. Er heißt nähmlich 
hie und da: der delikate oder lekere Blätter— 
ſchwamm; der eßbare Reizker; Ritzke, Rietſche, 
Reitziker, Salatriezchen; Reiſche; Rödling; 
Räßling; Reißigel; Egerla; Reibling; Rips 
pen; Tanneling, Tännling; Förling, Förch— 
ling; Hirſchling, Herbſtling; Blütling; Brüt— 
ling, Brietling, Brüttäubling; Herrenſchwamm, 
rother Milchſchwamm; Reitſchker, ſchmaler 
kleiner Milchſchwamm; ferner im Holländ. Lek- 
kere Kampernoelje; Reitscher; Dän. Den 
lekkere Bladsvamp; eller Riska; Engl. The 
Orange Agaric; Franz. l’Amanite sauguine, 
L' Agaric delicieux; Ital. Agarico deli- 
zioso; Uovolo, fungo lapacendro; Span. 
Agarico delicioso; Portug. Agarico deli- 
cioso; Ruß. Ryschik, Royschik; Poln. 
Ryzik; Böhm, Rizek; Ungar. Kizik; Krain. 
Petschenitze; Finnl. Ihmisensiene; Lett. 
Sehnes; Eſthn. Sened; Sineſ. Hiam chuen; 
Cochinchin. Nam Dec. u. ſ. w. 

Der Reizker iſt, wie man aus der Mans 
nigfaltigkeit dieſer Benennungen von ſelbſt ge 
wahr wird, ein wahrer Weltbürger und ſeine 
Verbreitung iſt ganz auſſerordentlich. In Ruß— 
land, wo man überhaupt die meiſten Schwäm— 
me zu genießen pflegt, wird er am ſtärkſten 


84 

verbraucht, aufgetroknet und ſogar zu einer 
Art von Handelsartikel verwendet, indem er in 
Salz eingemacht, oft in ferne Provinzen vers 
ſendet wird. Er liebt vorzüglich hochgelegene 
öde Nadelwälder, beſonders Tannenwälder, 
und kömmt vom Auguſt bis in den November 
zum Vorſchein. 

Schon die Römer ſollen dieſen Schwamm 
geſchätzt, und unter dem Nahmen Bolecus vers 
ſpeiſet haben. Allein dieſe Behauptung möchte 
bey genauer Unterſuchung wohl nicht Stand 
halten. Und ich glaube vielmehr, daß der hie— 
her bezohene Boletus bloß die Amenita cae- 
sarea geweſen, von welcher ſchon oben im 3. 
Artikel iſt gehandelt worden, und wovon Pli- 
nius L. XXII. cap. 10 ſagt: „Inter ea, quae 
temere manduntur, boletos merito posu- 
erim, optimi quidem hos cibi, sed im- 
menso exemplo in crimen adductos, ve- 
neno Tiberio Claudio principi per hanc 
occasionem a conjuge Agrippina dato: 
quo facto illa terris venenum alterum, 
sibique ante omnes, Neronem suum dedit. 


Volvam enim terra ob hoc prius gignit, 
ipsum postea in volva, ceu in ovo est 
luteum. Nec tunicae minor gratia in cibo 
infantis boleti. Rumpitur haec primo nas- 


85 
centes mox in pediculo corpus absumitur, 
raroque unquam geminis ex uno pede.“ 
Nun iſt freylich wohl der Nahme Boletus bey 
den alten Lateinern von einer ſehr ausgedehn— 
ten Bedeutung, und drückt faſt eben ſo viel 
aus, als was wir im Deutſchen überhaupt 
durch das Wort: Schwamm verſtehen: allein 
die angegebene Stelle enthält eben fo wenig eis 
nen Grund, woraus man gerade ſchließen könn— 
te, daß die Römer den Reizker gekannt, und 
genoſſen hätten. Er iſt übrigens in Italien ſehr 
gemein, und wird vorzüglich im Genueſiſchen 
zum Handel verwendet, und anſtatt daß ihn 
die Ruſſen in Salz legen, ſo wird er dort in 
Baumöhl eingemacht und verſendet. 

Sein Geſchmack iſt dem des Goldbrätlings 
ziemlich ühnlich. Nur iſt er etwas ſchärfer, 
und noch mehr aromatiſch Pfefferartig. 

Zum Verſpeiſen nimmt man vorzüglich nur 
junge Stücke, deren Fleiſch noch derb und ohne 
Maden iſt. Man ſchält Oberhaut und Blätter 
ab, zerſchneidet ihn in Stücken, brüht dieſe 
mit ſiedendem Waſſer ab, und kocht ihn nach- 
her mit Butter, Mehl, Salz, und allerley 
Gewürzen. Auch pflegt man ihn als Sallat mit 
kleinen Meerfiſchen, Krebſen, Auſtern und Ans 
tiſcorbutiſchen Kräutern zu verſpeiſen. 


Der Reizker wird 2 bis 3 Zoll hoch und 
ſein Hut hat ungefähr den nähmlichen Durch— 
meſſer. Sein Strunk ſteckt nicht ſelten bis zum 
Anfang der Lamellen in der Erde. Hut, Lamellen 
und Strunk ſind von gleicher Farbe, nähmlich 
dunkel goldgelb, doch fällt er zuweilen mehr ins 
Ziegelrothe. In der Jugend iſt er etwas bläſſer 
ohne Bänder, und dabey etwas feucht und kle— 
brig. Im Alter geht er ins Bronzfarbene über, 
bekömmt zahlreich zierliche conzentriſche Ringe 
oder Bänder über dem Hute, die mit helleren und 
dunkleren Farben abwechſeln, und ſpielt hie und 
da, beſonders am Strunk und an den Lamellen 
ins Grünliche. Die Lamellen und der Strunk ſind 
immer um etwas bläſſer als der Hut. Jene, wenn 
ſie mit den Fingern zerrieben werden, pflegen 
ihre Goldgelbe Farbe in Gelbgrün zu verwan— 
deln. Außerdem triefen ſie bey jeder Verletzung 
von einer gelben Milch, welche nicht unangenehm 
riecht, aber ſcharf und alſo ungeſund iſt, weßwe— 
gen man auch die Lamellen jedesmal wegſchneidet. 
Das Fleiſch iſt weiß und nur gegen auſſen zu ein 
wenig von der allgemeinen Farbe des Schwammes 
durchdrungen. Er darf nicht ſehr reif werden, ſo 
iſt er ſchon eine Wohnſtätte und Vorrathskam⸗ 
mer der Maden. Man trifft daher ſelten einen 
an deſſen Strunk noch voll, und nicht von Inſek⸗ 
ten zerfreſſen und ausgehöhlt wäre. 


N 

Der Strunk des Reizkers iſt Walzenförmig 
oder verkehrt Kegelfoͤrmig ganz glatt und erwei— 
tert ſich nach oben zu allmählig in die Subſtanz 
des Hutes. Die Lamellen ſind Sichelförmig ſehr 
ſchmal und gedrängt und wechſeln unregelmäſſig 
in 2 und 3 Reihen von ungleicher Länge. Der 
Anfangs glatte feuchte und etwas klebrichte, nach⸗ 
ber aber filzig gebänderte Hut iſt ſchon in der Ju— 
gend im Mittelpunkte vertieft, und am Rande 
eingerollt, wird aber zuletzt ganz Trichterförmig 
mit einem ſtark gewölbten Umfange, an dem man 
nicht ſelten allerley Vertiefungen und Riſſe be⸗ 
merket. | 

Dieſer Schwamm hat einige Aehnlichkeit mit 
dem Röthlinge (Merulius Chantarellus) noch 
mehr aber mit verſchiedenen Arten der Brätlinge 
oder Milchſchwämme, mit denen er auch wirklich 
in einerley Familie gehöret. 

Da nun einige dieſer ihm fo ähnlichen Brät— 
linge ſehr ſchädlich und giftig find; fo iſt die größ⸗ 
te Behutſamkeit röthig, wenn man beym Eins 
ſammeln des Reizkers verhüten will, daß kein 
unächter oder giftiger darunter gerathe. 

Man muß ſich demnach ſehr genau an die 
hier vorgelegte Beſchreibung halten, und alle jene 
verwerfen; 


388 
2) deren Hauptfarbe nicht ein dunkles Roth⸗ 
gelb, ſondern Grau, Braun, Weiß oder 
Roth iſt; | 

b) die eine Spur von Vorhang, Wulſt 
oder Ringhaut haben; 

c) deren Milch nicht rothgelb, ſondern weiß 
oder bläulich iſt; 

d) welche in Birken und nicht in Nadel⸗ 
wäldern wachſen; 

e) an welchen Hut, Blätter und Strunk 
mehr als einerlei Grundfarbe haben. | 

Der Reizker wächſt mehrentheils einſchich⸗ 
tia; doch trifft man ihn zuweilen auch geſellig, 
fo daß 3 und mehrere Stücke zuſammen aus einem 
Punkte hervorwachſen. Im Alter verliert ſich 
ſein Fleiſch, er wird trocken, grünlich und gegen 
den Rand hin faſt durchſichtig. Sein Strunk be— 
kommt Brandflecken und ein Faſerichtes Wur— 
zelgewebe verbreitet ſich aus demſelben in die an— 
liegende Erde. Bey uns in Wien kömmt er ſel 
ten zu Markte. 


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XIII. Der Goldpraͤtling. (Agaricus, 


Lactifluus, ruber. Pers.) 


S. Wachspraͤp. N. und Abbild. Tab. N. 


Dieſer Goldbrätling, den man ſonſt wohl auch 
Prätling, Milchſchwamm, rother Prätling, 
Breitling, Bratbülz, Milchbülz, Brückling; 
Süßling; Holländ. Melkgeevende Kamper- 
noelje; Dän, Stegeswampen, Schwed. Stek- 
swampen; Engl. Themilky Agarie; Franz. 
L Amanit laiteuse, L’Agaric a sue blanc; 
Ital. Agarico latticinoso; Span. Agarico 
que arroja leche; Portug. Agarico que tem 
hum succo branco semelhante ao Leite etc, 
nennet, ift ein anfehnlicher und ſehr wohlſchme— 
ckender Schwamm, der faſt in allen Gegenden 
des gemäſſigten Erdgürtels zu Hauſe iſt, und den 
man in Hochſtämmigen Buchenwäldern findet, 
auf mäſſigen Gebirgen, wo feuchter Boden und 
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90 

häufiges Moos feine Decke iſt. Man bringt ihn 
vom halben Julius bis in den October zu Marks 
te, doch gehört er immer zu den etwas ſeltneren 
und koſtbaren Marktſchwämmen. Er wächſt gern 
geſellig und man findet öfters ganze Haufen von 
größern und kleinern durch einander. 

Man erkennt ihn aus dem dicken vollen 2 
bis 3 Zoll langen, und mehr als Zolldicken un 
ten Meiſtens Knollichten, von außen glatten oder 
nur wenig bereiften weißlichen oder blaßbräunli— 
chen Strunke, aus den blaßgelben, gedrängten, 
Milchtriefenden, am Strunk her ablaufenden, ein 
wenig breiten Zreihigen Lamellen, und aus dem 
ſehr fleiſchig gepolſterten rothbraunen oder faſt 
Ziegelrothen Hute, der in feiner Entſtehung Kus 
gelrund, im Alter aber ſehr ausgebreitet iſt, mit 
einer ſtarken Vertiefung in der Mitte und vers 
ſchiedenen Krümmungen und Buchten im Umfang. 
Dieſer Hut hat gar keine Ringbänder, ſondern 
iſt einfärbig, etwas bereift und zuweilen mehr 
oder weniger dunkelgefleckt. Im Durchſchnitt hat 
er ein blaſſes etwas bräunliches Fleiſch, und 
dieſes pflegt mitten im Strunk ſpäterhin locker 
und zellicht zu werden. Der Rand des Hutes iſt 
ſelbſt im Alter noch eingerollt. Hat ein Schwamm 
nicht alle dieſe Merkmahle, ſo iſt er für keinen 
ächten Goldprätling zu halten. Und alle die übri⸗ 
gen Prätlinge ſind entweder verdächtig, oder doch 


Ä 91 
wenigſtens nicht fo wohlſchmeckend. Es gibt in- 
deſſen mancherley Abarten und Naturſpiele. Vor 
allen iſt die Größe dieſes Schwammes ſehr vers 
änderlich, denn er wird zuweilen noch beträcht— 
lich größer als ich ihn hier defchrieben habe. Auch 
gibt es da, wo viele zuſammenwachſen, aller ley 
Monſtroſitäten und Verwachſungen. Sein Ge— 
ſchmack iſt gelinde Pfefferartig, ſüßlich, und ſein 
Geruch hat einige Aehnlichkeit mit den Dämpfen 
des Moſtes. 

Man pflegt ihn nach vorheriger Zubereitung, 
in Stücke zu zerſchneiden, in Butter zu röſten, 
mit Salz, Zwiebeln, Milchrahm und Peterſilgen 
zu würzen, oder wohl auch in einer Fleiſchbrühe, 
mit etwas Mehl und Pfeffer zu dünſten. 

Die Milch des Goldprätlings iſt weißlich. 


— — 2 — 


92 \ 
SE 2 5 022 05 5 ZZ 0 25 22 44 24442244 


XIV. Der Drehling. (Agaricus Pleu- 


ropus ostreatus. Pers). 


S. Wachs praͤp. O, und Abbild. Tab. O. 


Luer dem hler angeführten Nahmen kömmt 
dieſer Schwamm im Oetober und November auf 
den Markt in Wien und in den nahegelegenen 
Ortſchaften. Bey verſchiedenen Schriftſtellern 
führt er indeſſen auch noch mehrerley andere 
Benennungen; z. B. der Auſterſchwamm, der 
Auſternförmige Blätterſchwamm; man nennt ihn 
auch wohl Paſtetenſchwamm, im Engl. The 
oyster agaric u ſ. w. | 
Der Drehling, welchen man an Nußbäu⸗ 
men, Buchen und Eichen, nahe an der Wurzel 
dieſer Bäume in feuchten Gegenden findet, iſt 
ein geſunder, jedoch nicht gar beſonders ſchmack— 
hafter Schwamm, der viel Fleiſch hat und in 
ſeiner Jugend auch ſehr ſaftig iſt. Man gebraucht 
ihn ſo wie den Hallimaſch, Pilzling u. d. gl. 


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95 

Aus einer anſehnlichen derben Fleiſchmaſſe 
erheben ſich im ſtärkſten Gedränge mehrere, oft 
etwelche hundert ſehr fleiſchig gepolſterte, an Ge⸗ 
ſtalt und Größe äußerſt mannigfaltige, ſehr kurz 
oder gar unmerklich geſtielte, dachziegelförmig 
übereinander gelegte oberhalb glatte und etwas 
feuchte am Grunde weißlichte, übrigens fahle, 
graubraune oder Kaſtanienfärbige Hüte, welche 
an ihrer Unterſeite mit gedrängten ſchmalen, gan⸗ 
zen, herablaufenden, am Anfang und am Ende 
zugeſpitzten weißen Lamellen bedeckt find, 

Die Hüte find, wie ſchon gemeldet worden, 
ſehr verſchieden, und dieſes kömmt theils von 
dem Druck der anliegenden einzelnen Hüte, theils 
von der Stellung der ganzen Gruppen her. Manch⸗ 
mahl ſind dieſe Gruppen nur kaum ein paar Zoll 
lang, allein ich habe auch ungeheuer große ges 
ſehen, die über einen Fuß im Durchmeſſer hat 
ten. Diejenigen Hüte, die dann am meiſten ein« 
geklemmt ſind, erhalten oft die allerſeltſamſten 
Figuren, fie werden Köpfig, Keulen uad Kräu⸗ 
felförmig, und find bald zertheilt bald verwach— 
ſen. Da die Gruppen des Drehlinges nicht im— 
mer ſeitwärts ſondern öfters auch horizontal auf— 
ſitzen, fo bemerkt man im letztern Falle eine ge 
wiſſe conzentriſche Stellung der Hüte, ſo, daß 
die Lamellen alle nach dem Mittelpuncte ſehen, 
welcher gewöhnlich in einer klaffenden Spalte be⸗ 


94 

ſteht, und die zu nächſt dabey befindlichen Hüte 
find bald aufſitzend bald mit einem, zuweilen fo- 
gar mit einem centralen Strunke verſehen. Die 
größten Hüte ſind immer jene, welche ſich zwiſchen 
dem Mittel und dem Rande befinden, ſie meſſen 
pöchſtens 2 Zoll in die Breite. Nach feuchten 
Sommern und bey fortwährend feuchtem Herbſte 
findet man ſie ſehr häufig in alten Obſtgärten 
und in lichten Waldungen, zuweilen bis zum Ende 
des Jahres beſonders in der Nähe von Bächen 
und in engen Thälern, wo die Winde wenig 
Zutritt haben. 


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95 
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XV. Der Roͤthling. (Merulius Chan- 


tarellus. Pers.) 


S. Wachspraͤp. P. und Abbild. Tab. P. 


Da der Röthling zu denjenigen Schwämmen 
gehöret, die am meiſten verbreitet find und allge 
mein genoſſen werden; ſo iſt ſich nicht zu verwun⸗ 
dern, daß er auch ſo wie der Champignon u. d. 
gl. ſehr vielerley Benennungen erhalten. So heißt 
er z. B. in verſchiedenen Gegenden Deutſchlands 
Pfiffer, Pfifferling, Pfefferling, gelber Cham— 
pignon, Chantarelle, Rehgeiſt, Eyergelber Blät— 
terſchwamm, Eyerſchwamm, gelber Pfefferling, 
Röhling, Rehling, Rübling, Rödling, Reh— 
gäß, Rehgeiß, Reiß, Milchſchwamm, Ziegen⸗ 
bart, Geelichen, Geelöhrchen, Galluſchel, Gans 
ſel, Himling, Hünlich, Kochmändel u. ſ. w. fer 
ner im Holländiſchen: Zeemleere Kampernoel- 
je, Chanterelle, geele champiguon, Staa» 


96 
zenoor, Zaffrankampernoelje, het Merg 
der Aarde, hemelsch Manna; im Däniſchen 
Den guule Champignon eller Chantarelle, 
Schwed. Chandarelle; Engl. the yellow aga- 
rie or Chantarelle; Schottländ. Paddock-stool, 
Devonſhire: Picksevstool; Franz. Chantarelle 
jaunätre, T’agarıc Chanterelie , gerille, Bri- 
goule ; Ital. Gallinaccio; Napolit. Galluc- 
cio; Span. und Portug. Agarico cantarillo, 
Krain. Lesitohe; Lett. Gailenes etc, etc, 
Der Röthling findet ſich durch ganz Europa 
in Gebirgsgegenden vorzüglich in Fichtenwäldern, 
jedoch ſind auch Buchenwälder und Haideplätze 
nicht ſelten ſein Standort. Er kömmt in manchen 
Jahren zwey Mahl zum Vorſchein, nähmlich im 
May und im Spätſommer. Die Röthlinge des 
Frühlings ſind etwas kleiner, blaſſer von Farbe 
und milder als jene die in der zweyten Aerndte 
geſammelt werden. Dieſe iſt hingegen ergiebiger 
und beyde Aerndten fallen gerade in die Monathe, 
in welchen ſich, bey uns zum wenigſten, die 
ſchönſte Witterung einſtellt. 

Der Strunk des Röthlings iſt umgekehrt 
Kegelförmig / bis ı/2 Zoll dick, voll, fleis 
ſchig, derb, äußerlich glatt, roͤthlichbraun und 
bereift. Er iſt gewöhnlich ſehr kurz und geht bald 
unmerklich in den Hut über. Dieſer iſt Dotter, 
gelb, doch geht er auch bald mehr bald weniger 


97 
ins Rehfarbene über und manche Individuen prans 
gen vollends mit der einladenden Schminke der 
Aprikoſen. Außerdem iſt er bereift, in ſeiner Zus 
gend Kugelrund und eingerollt, dann aus gebrei— 
tet und flach gedrückt, endlich aber aufgerichtet 
und Trichterförmig. Seine Oberfläche iſt meis 
ſtens uneben und beſonders am Rande Wellen- 
förmig oder ausgeſchweift. Sein volles derbes 
Fleiſch iſt weiß oder fahl. Man kann dieſen Hut 
für nichts weiter als für eine Fortſetzung und 
Ausbreitung des Strunkes erklären. Unterhalb 
iſt er ganz mit gleichfärbigen Lamellenartigen 
Falten bedeckt, welche in gedrängter Reihe vom 
Rande des Hutes bald ſeichter bald tiefer in den 
Strunk herablaufen und ſich unmerkbar verliehren. 
Dieſe ſind ebenfalls bereift, zertheilen ſich ohne 
alle Ordnung und wachſen öfters über die Quere 
zuſammen. 

Man trifft zwar da, wo der Röthling zu 
Hauſe iſt, meiſtens eine große Menge davon an, 
dennoch wächſt er, der Regel nach, nur einzeln, 
nicht in Haufen oder Raſenartig. Seine gewöhn⸗ 
liche Größe beſteht in einem 3zölligen Durchmefs 
ſer und einer gleichen Höhe. Ausnahmen gibt es 
indeſſen auch hier ſo wie bey denen Schwämmen 
überhaupt. Es gibt Monſtroſitäten der Maaße 
und der Verwachſungen. Eben ſo gibt es auch 


98 
Fälle, in welchen man ihn in Haufen zuſammen⸗ 
wachſend beobachten kann. 

Man pflegt dieſen Schwamm aller Orten 
zum Gebrauche der Nahrung anzuwenden, und 
es iſt noch kein Beyſpiel bekannt, daß je ein 
Menſch durch ihn oder auch nur durch eine Ver— 
wechs lung mit demſelben wäre vergiftet worden. 
Abgehärtete Subſecte (qui temperamento et 
digestione bœotica gaudent!) verzehren ihn 
roh und ohne alle Vorbereitung. Allein den zärt⸗— 
licheren Städtebewohnern möchte eine ſolche Koſt 
wohl manche Unannehmlichkeit von einer Indige⸗ 
ſtion, Colick, Erbrechen u. d. gl. verurſachen. 
Man pflegt daher in unſern Küchen die Oberhaut 
und den ganzen Faltenrock abzuziehen, die nadıs 
her zerſchnittenen Stücke mit heißem Waſſer ab» 
zubrühen, und dann das ganze Gerücht mit einer 
Zugabe von Butter, Sahne, geriebenen Waizen— 
brod u. d. gl. zu dünſten. Als Würze nimmt man 
nach Belieben, Salz, Pfeffer, Sardellen, Zwie— 
beln, Citronenſchalen u. ſ. w. zu demſelben. Auch 
möchten geſtoſſene Mandeln den Geſchmack davon 
um ein Merkliches verbeſſern. An ſich iſt der Ge 
ſchmack des Röthlinges gewürzhaft, Pfefferar⸗ 
tig, weßwegen er auch Pfefferling genannt wird, 
und fein Geruch erinnert an ein Gemengſel von 
gegärbtem Leder und Cardamom. 


99 

Um diefen Schwamm mit keinem andern zu 

verwechſeln, muß man nächſt der Einheit der 

Farbe noch vornähmlich die Glätte des Hutes 

und die umgekehrt kegelförmige Geſtalt des vol— 
len Strunkes im Gedächtniße behalten. 


100 


G I IE ET EIER FE 


XVI. Der Kuhbilzling. (Boletus sub» 


tomentosus. L). \ 


S. Wachspraͤp. A. und Abbild. Tab, Q. 


Dies iſt der eigentlich ſogenannte Kuhbilzling 
Bolet commun und Bole: Chryseathere des 
Bulliard, Man nennt ihn auch wohl Bilzling 
allein. Doch ſind die Benennungen der Bilzlinge 
ſehr ſchwankend, und es iſt höchſtnothwendig, 
auch im Teutſchen die Schwammbenennungen feſt— 
zuſetzen, weil durch jene Unordnung und Ver— 
wechslung der Nahmen bereits nur zu oft ſehr 

bösartige Zufälle veranlaßt worden. 

Er wächſt auch bey uns ſehr häufig und iſt 
eine wahre Zierde unſrer Wälder. Auf Hügeln, 
die mit alten Eichen, Buchen, Ulmen, und 
Ahornbäumen bewachſen ſind, findet man ihn auf 
der kahlen Erde im Moder der Baumabfälle, 
bald einzeln bald geſellig vom Junius bis in den 


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101 


November. Seine zierliche Geſtalt und feine bun- 
te Färbung belebt und erheitert die ernſte Duns 
kelheit der Haine, ſo wie die hellen Geſtirne die 
mitternächtliche Halle des Himmels. Man muß 
ſich aber wohl in Acht nehmen, ihn mit andern 
giftigen Arten Bilzlinge, die oft nicht weniger 
ſchön ſind, und mit ihm an einer Stelle durch 
einander wachſen, wie z. B. mit dem Pfefferbilz, 
Blutbilz, Schweinbilz u. d. gl. zu verwechſeln. 

Die Kennzeichen des Kuhbilzlinges beſtehen 
im folgenden: 

Der Strunk iſt voll, von außen meiſtens 
gelblich und im reifen Alter gewöhnlich mit einem 
Blutrothen Adergeflechte Nezartig bemahlt. Das 
Fleiſch iſt weichfaſerig, weiß, im ſpätern Alter 
gelblich, und läuft manchmahl, jedoch nur lang⸗ 
ſam an der Luft grün oder bläulich an, wenn 
man den Schwamm in Stücke zerſchneidet. Der 
Hut iſt fleiſchig, gewölbt, uneben, von Farbe 
graubraun und feinfilzig. Nicht ſelten miſcht ſich 
auch, beſonders am Gipfel eine Blutrothe Tins 
te in feine Farbe. Bey trockener Witterung zer. 
ſpringt ſeine Oberhaut oft in ſehr viele kleine 
Läppchen und da dann das nakte Fleiſch gelblich 
hervor ſieht, ſo gewinnt der Hut dadurch ein ſehr 
artig getäfeltes Anſehen. Seine untere Fläche 
iſt mit verwachſenen ziemlich langen Röhrchen be⸗ 
fest, deren Mündungen offen ſtehen, und ein 


102 


mit Nadeln durchſtochenes Nähkiſſen vorſtellen. 
Dieſe Röhrenmaſſa iſt in der Jugend des Schwam⸗ 
mes überaus fein, ungemein lebhaft Schwefel⸗ 
gelb und faſt geſchloſſen. Am Ende hingegen wird 
fie gelbgrünlich, die Mündungen werden beträcht⸗ 
lich, jedoch ſehr ungleich an Geſtalt und an Grö— 
ße. Die meiſten ſind eckig vom Seitendruck der 
anliegenden. Andere ragen weiter hervor und die 
dem Strunk am nächſten find, pflegen wie aufs 
geſchlizt an demſelben ringsum herab zu laufen, 
und ſich ganz unvermerkt in ein bloßes Adernetz 
zu verlieren. 

Es gibt außerordentlich viele Varietäten und 
Naturſpiele unter dieſer Schwammſpecies. Jene 
der Farbe ſind bereits bezeichnet worden. Der 
Filz iſt in der Jugend am deutlichſten zu bemer— 
ken. Doch gibt es auch große die noch filzig ſind. 
Die erheblichſten Abänderungen erleidet die Ges 
ſtalt! Der Strunk iſt z. B. zuweilen dick, Enols 
lig, kräuſelförmig, oder dünn, Walzenförmig, 
gerade oder aufſteigend. Der Hut iſt Kugelrund, 
oder flach gedrückt, regelmäſſig oder ausgeſchweift, 
zuweilen excentriſch, ja es gibt ſogar verwachſene 
Hüte u. ſ. w. 

Man verbraucht den Kuhbilzling eben ſo 
wie den Herrenbilzling, von welchem in dem 
nächſtfolgenden Artikel die Rede ſeyn wird. Er iſt 
aber weniger ſchmackhaft. Ob der in Schleſien 


103 


fo beliebte Schmalzling hieher gehöre? iſt noch 
durch Augenzeugen zu entſcheiden ). 


— 


) Ich führe dieſen Bilzling bloß darum hier an, weil 
er wirklich allgemein verbraucht wird. Dennoch hal— 
te ich den Herrenbilzling allein für empfehlungs⸗ 
würdig. S. Oeſter. Sch. S. 184. Wenigſtens ſollte 
man von dem Kubbilzlinge nur junge Stucke zum 
Genuß erwaͤhlen, denn die ältern find ſchon manch 
mabl der Geſundheit nachtheilig befunden worden. 
Auf der bepgefugten Tafel iſt deßwegen ein juͤn— 
geres Exemplar neben dem aͤlteren vorgeſteilet 
worden. 


104 
I 2 2 5 2 2 4.488 8 


XVII. Der Herrenbilzling- boden 
e dulis Pers). 


S. Wachs prap. R. und Abbild. Tab. R. 


- 


Ars dem nähmlichen Grunde, aus welchem ich 
bey der vorigen Schwammart die verſchiedenen 
Provinzial - und Nationalbenennungen hinwegge⸗ 
laſſen habe, muß auch hier ein Gleiches geſche— 
hen. Denn die übrigen Nahmen des Herrenbilz 
linges ſind ſo ſchwankend, daß ſie bald dieſer, 
bald auch mehreren andern Arten von Bilzlingen 
beygelegt werden. Herrenbilzling hingegen nennt 
man meines Wiſſens ausſchlüſſungs weiſe nur den 
gegenwärtigen. Auf den Marktplätzen Wiens 
nennt man ihn indeſſen meiſtens nur ſchlechtweg 
Bilzling. ® 
Es iſt dieſes ein ſehr wohlſchmeckender, ge⸗ 
ſunder und empfehlungswürdiger Schwamm, bey 
welchem es nur allein, ſo wie bey allen Schwäm⸗ 


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103 
men auf eine ſehr genaue Unterſcheidung bon den 
ähnlichen minder genußbaren ankömmt. 

Er wächſt am liebſten in Thälern und auf 
Hügeln, in Nadelwäldern und im Heideland, zus 
weilen auch da, wo ſehr alte Eichen in weiten 
Zwiſchenräumen, die ehrwürdigen Zeugen der 
reichbegüterten Vorwelt, zerſtreut und gleichſam 
verſcheucht durch die Erſchütterungen eines ſtür⸗ 
miſchen Zeitalters das Mütterliche Erdreich in 
weiten Kreiſen beſchatten. 

Seine Erſcheinungszeit iſt vom Ende des 
Julius bis in den October, ja, bey ſehr gelin— 
der Witterung wohl auch bis zur Hälfte des Nor 
vember. 

Der Herrenbilzling iſt wie der vorige ein 
Locherſchwamm. Allein er iſt gewöhnlicherweiſe 
viel größer, dicker und fleiſchiger. Es gibt Stü⸗ 
cke von der Größe eines Menſchenhauptes, ob— 
gleich die gewöhnlichſte Größe mit jener einer 
Kaffeetaße zu vergleichen iſt. Er wächſt nur ſel⸗ 
ten regelmäſſig, ſondern iſt vielmehr meiſtens 
ſehr Buckelig, verwachſen und unförmlich. 

Es gibt auch von dieſem ſo wie von mehr 
andern Bilzlingen ſterile Abarten, die zwar voll⸗ 
kommen auswachſen, aber keine Löcher haben, 
und die dann ſehr ſchwer zu erkennen ſind, da 
ihnen der Gattungscharakter mangelt. Allein der 

| 2 


106 
Habitus und der Standort verrathen ihre Abs 
kunft. 

Der Herrenbilzling hat einen dicken vollen 
fleiſchigen 2 bis 3 Zoll hohen unten meiſtens ver— 
dickten Strunk, einen gepolſterten ſehr fleiſchigen 
Hut und überausfeine verwachſene vom Strunk 
abgeſonderte Röhrchen, die ſich im verhältniß⸗ 

mäſſig zarte, dem bloßen Auge kaum bemerkbare 
ish münden. Die Farbe des Hutes iſt Kaſta⸗ 
nienbraun mit einem ſehr dunklen Gipfel und’ 
lichterem Rande. Der Strunk hat eine weißliche 
Grundfarbe, iſt jedoch beſonders im obern Theile 
mit einem zerfloſſenen dem Hute gleichfärbigen 
Netze bemahlt. Hut und Strunk ſind überdieß 
ſehr zart bereift, und beyde gehen durch das Als 
ter und die Witterung zuweilen ins Aſchgraue 
über. Die Anfangs weißen Löcher gehen nach und 
nach ins gelbliche über, ſo wie ſie älter werden. 
Das derbe Fleiſch iſt weiß, ſehr fein und nur 
ganz unten am Strunke und unter der Oberfläche 
bemerkt man eine ſchwache bräunliche Schatti⸗ 
rung. Das Fleiſch dieſes Schwammes läuft nicht 
an, und verändert niemahls ſeine Farbe, ſondern 
bleibt immer weiß bis es vertrocknet. | 

Man merke nur auf die überaus feinen weiße 
gelblichen Löcher auf den glatten, bloß Netzför⸗ 
mig bemahlten Strunk, und auf die Unwandel⸗ 
barkeit des derben weißen Fleiſches, und man 


107 


wird niemahls Gefahr laufen, ihn mit andern 
giftigen zu verwechſeln. 

Iſt hingegen ein Bilzling Goldgelb, Blut— 
roth, Ziegelroth, Violet, Bleyfarben u. d. gl. 
hat der Strunk ein gitterartiges Netz oder ver— 
wandelt ſich beym Anbruch oder beym Durch⸗ 
ſchnitt das weiße oder gelbe Fleiſch ins Blaue, 
Seladongrüne oder Bleyfarbene und Schwärz— 
liche; fo muß man ihn als giftig oder wenigftens 
als verdächtig verwerfen. Möchte doch das himm— 
liſche Kleinod der Geſundheit in Zukunft nie mehr 
durch Unvorſichtigkeit oder Mangel der Natur— 
kenntniße verſchleubert werden, o! daß eine uns 
ſichtbare Gewalt die irrende Hand hinwegwen— 
den möge, die im Begriffe ſtehet einen Schwamm 
zu pflüken, deſſen Genuß Verderben und Jam— 
mer im Schooße forglofer Familien anrichten müß⸗ 
te. Ein harmloſes Alter lohne dem Menſchen⸗ 
freundlichen Naturforſcher feine Seegenvolle Bes 
mühung, der fih mit ganzer Energie und mit 
unerſchütterlicher Beharrlichkeit dem Geſchäfte 
widmet, die gefahrvolle Dunkelheit der Sterbli— 
chen aufzuheitern, und ſie mit der wohlwollenden 
Freundlichkeit eines Schutzgeiſtes von jedem Ab— 
grunde zurück zu halten, in den fie ſich ohne ihn 
aus Unwiſſenheit ſtürzten. 

Man nimmt den Herrenbilzling als Zuſatz 
zu verſchiedenen Fleiſch- und Mehlſpeiſen, man 

H 2 


108 

dünſtet ihn auch insbeſondere mit Schmalz, Mehl, 
und Fleiſchbrühe. In Verbindung mit Sardellen, 
kleinen Muſcheln und Milchrahm kann man vor⸗ 
treffliche Gerichte davon bereiten. Man pflegt ihn 
auch in Spältchen zerſchnitten aufzutrocknen, und 
ſo für den Winter an trockenen luftigen Orten 
aufzubewahren, und er läßt ſich ſehr wohl wie⸗ 
der aufweichen, ohne viel von ſeinem Wohlge⸗ 
ſchmack zu verlieren. 


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un Das Schafeiterl. (Boletus al- 
| bidus. Pers). 
S. Wachspraͤp. S. und Abbild. Tab, S. 


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Die gegenwärtige Art eßbarer Schwämme 
kömmt zwar auf den Marktplätzen Wiens ents 
weder gar nicht, oder nur äußerſt ſelten zum Vor— 
ſchein. Da ſie jedoch in Steyermark, Salzburg, 
Dberöfterreih und wahrſcheinlich auch in Böh— 
men allgemein verſpeiſet wird; ſo würde es eine 

tadelus würdige Unterlaſſung ſeyn, wenn ich fie 
hier mit Stillſchweigen übergehen wollte. Auch 
in den Niederungen der öſterreichiſchen Alpen ha⸗ 
be ich auf meinen botaniſchen Wanderungen die— 
ſen Schwamm häufig genug angetroffen. Man 
findet ihn im Spätſommer in Nadelwäldern bes 
ſonders unter Tannen und Fichten auf der Erde 
und man glaubt vom weiten einen Blätterſchwamm 
(Agaricus) zu erblicken. Er wächſt Raſenartig, 
aber die Stücke ſelbſt ſind meiſtens mit einander, 
wenigſtens ganz unten in einen Körper zuſammen 
verwachſen. Auch find dieſe äußerſt ungleich und 
auf allerley Weiſe verunſtaltet. Es wachſen nähm⸗ 
lich ſolche Schwämme von allen Graden der Größe 
durch einander; zuweilen ſcheinen gleichſam die 


110 

ſtärkern aus ihrer Mitte andere hervorzutreiben, 
und ein andersmahl bildet ſich ein ſolches Chaos 
von unvollendeten Trieben, daß man anſteht, ob 
man es für einen Knollichten oder Hökerrichten 
Strunk oder vielmehr für einen einzigen monſtrö⸗ 
ſen Hut halten ſolle. 

Ein ausgewachſenes Stück mißt ungefähr 2 
Zoll in der Höhe, und 3 Zoll im Durchſchnitt. 
Der volle fleiſchige kaum über einen Zoll hohe 
Strunk geht oben mit einer allmähligen Ausbrei— 
tung unmerklich in den Hut über. Sowohl dieſer 
als der Hut ſind weiß, und faſt glatt in ihrer 
Oberfläche. Allein das Alter und die Witterung 
haben darauf vielen Einfluß, und man findet zu⸗ 
weilen ſolche Schwämme von blaßbräunlicher Far⸗ 
be mit filzigen oder wohl gar mit getäfelten und 
ſchuppichten Hüten. 

Der Hut, welcher in der Jugend ſehr gewölbt, 
und faſt dem des Raßlinges ähnlich iſt, wird nach— 
her in der Mitte vertieft, faſt wie bey einem Pfef— 
ferlinge oder Reizker. Er iſt alsdann auch ziemlich 
uneben und am Rande ausgeſchweift. Die Löcher 
an der Unterſeite des Hutes ſind äußerſt zart, dem 
bloßen Auge kaum ſichtbar, ſeicht und ziemlich 


weit in den Strunk herab verbreitet. Sie ſind Uns 


fangs Schneeweiß, gehen aber mit dem Alter ime 
mer mehr ins gelbliche über. Man bereitet ihn 


wie den Bilzling, Drehling u. d. gl. 


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XIX. Der Eichhaſe (Boletus poly- 
cephalus. P.) 


S. Wachspraͤp. T und Abbild. Tab. T. 


Dieſer und der nächſtfolgende Schwamm, wels 
chen man auch Eichhaſe nennt, find von fo 
manchen übrigens nicht unbedeutenden Schrift— 
ſtellern mit einander verwechſelt worden. Ob nun 
gleich dieſe Verwechslung in Abſicht auf die Ge— 
ſundheit der Menſchen von aller Gefahr entfernt 
iſt, indem beyde eßbar find, fo bleibt es doch 
imer ein Jerthum, und Irrthümer müſſen nie⸗ 
mahls vernachläſſigt, ſondern aufgeklärt und bes 
richtiget werden! Denn wenn ſie auch an und 
für ſich unſchädlich ſind, ſo iſt es doch gewiß, 
daß ſie nach und nach immer mehrere an ſich 
ziehen, und endlich den ganzen Verſtand derje⸗ 
J 


114 
nigen, die ihnen freywillig anhängen, verwir⸗ 
ren und verderben. 0 

Der Eick heſe erreicht keineswegs die Grö⸗ 
ße des Scheberlings (Klapperſchwammes) und 
ſeine Strunkſtengel unterſtützen die Hüte im Cen⸗ 
trum, feine Hüte find daher ganz und nichts we— 
niger als Dachziegelförmig über einander liegend, 
und aufgethürmt. 

Der Eichbaſe iſt ein Holz-, oder sa 
ter Baumſchwamm, und zwar ein Paraſyt der 
vor allen übrigen Bäumen an Schwämmen frucht⸗ 
baren Eiche. Ich ſah ihn in den unermeßlichen 
Wäldern der Cätiſchen Gebirgskette vornähm⸗ 
lich zwiſchen Mauerbach und Weidling. Seine 
Erſcheinungs zeit fällt in den September. Er iſt 
daher auch hierinn von dem Klapperſchwamme 
unterſchieden, fo wie er übrigens auch viel fels 
tener als dieſer if. Man findet ihn vorzüg⸗ 
lich an ſolchen Stellen der Pannoniſchen 
Cerreiche (Quercus Auſtriaca Willd:), wo die⸗ 
fe durch Sturmwinde oder Menſchen verletzt wor— 
den und beträchtliche Aeſte verlohren haben, ſo 
daß die Wunde nicht ſobald vernarben konnte, 
bevor noch Regen, Froſt und Sommerhitze eine 
Fäulniß in derſelben erzeugen muß, die nur all⸗ 
zubald von Inſekten gewittert, und von den ih⸗ 
nen nachſtellenden Spechten noch weiter beför⸗ 
dert wird. 


115 
| Aus der Mündung einer ſoſchen Wunde 
dringt ein monſtröſer Schwammkörper hervor, 
welcher zuweilen mehrere Pfunde ſchwer und faſt 
fo groß wie die Ehrwürdige Alonge-Perücke eis 
nes Altfränkiſchen Doktors wird, 

Dieſe hervorragende weiße und derbe, ziem⸗ 
lich Saftvolle Schwamm- Maſſa zertheilt ſich 
ohne aller Ordnung, doch meiſtentheils nach auf— 
wärts in eine unzählbare Menge von Aeſten und 
Aeſtchen, und die Natur zeigt hier gewiſſermaſ— 
fen einen fururidfen und faſt ausſchweifenden 
Hang zur Proſifikation und Vervielfältigung der 
fpecififen Formen. Gleich dem Fabelhaften Uns 
geheuer der Lernäiſchen Hydra erhebt ſie ihre 
Schlangenhälſigen Häupter im dichten Gedränge, 
und wenn ſchon die Menge derſelben ſich wech— 
ſelſeitig im Aufrichten hindert, ſo bemerkt man 
doch unter ihrem Schatten noch eine größere Ans 
zahl neuer Keime, die wieder nachzuwachſen und 
ſich unter jene emporzuheben verlangen. Es⸗ iſt 
nicht möglich, einen ſolchen Schwamm anzuſe⸗ 
hen, ohne ſich an die verwickelten Verhältniſſe 
einer großen Seſellſchaft zu erinnern. So wie es in 
irgend einer großen Stadt Fürſten, Adeliche, Bür⸗ 
ger, und — arme Häſcher giebt, ſo wie ſich dort 
die Großen mit ihren Abſichten und Wirkungen 
durchkreutzen, während daß eine Menge von ges 
ringen ſich an ihren Füßen und unter ihrem 


Sa 


116 

Schatten emporzuarbeiten trachtet, und ſo wie 
dieſe vergeblich nach Größe und Reich thümern 
ringen, weil doch unmöglich alle Menſchen Für⸗ 
ſten ſeyn können, und weil es weder Ehren noch 
Reichthümer gäbe, wenn dieſe einem jedweden 
zu gleichen Theilen ausgemeſſen wären; eben fo 
zeigt uns auch hier das Bild dieſes Schwam— 
mes den nähmlichen Unterſchied der Größe und 
ein ganz gleiches Verhältniß der Niedrigen zu 
den Erhabenen, unter deren Schutze und von 
deren Ueberfluß ſie zwar ſpärlich und verbor— 
gen, aber doch glücklich und nicht weniger dauer⸗ 
haft als die übrigen alle vegetiren, obgleich ihr 
Hauptſtamm es nicht vermag, jeden einzelnen 
Keim bis zu jener Vollſtändigkeit der e 
bohrnen zu entwickeln. 

Der Hauptſtamm theilt ſich demnach in ſo 
viele größere und kleinere Aeſte, als nur immer 
neben einander Platz haben, und dieſe wieder in 
kleinere u. |. w. Am Hauptſt amme ſowohl, als 
an den Aeſten und Zweigen ſieht man unzählig 
viele Triebe und gleichſam Knoſpen von Schwäm— 
men. Sie ſind übrigens, wie ſchon gemeldet 
worden, ohne aller Ordnung der Größe, Form, 
und Richtung durcheinander geflochten. 

Jeder Zweig endigt ſich in einen regelmäſ— 
figen, anfangs gewölbten, nachher faſt Trich— 
terförmigen fahlen Hut, welcher in ſeinem Cen⸗ 


117 
trum aufſitzt, und aus einer bloßen Erweiterung 
des Stieles entſtanden zu ſeyn ſcheinet. 

Oft mißräth das ganze Vegetabil (ver— 
muthlich wegen übermäſſiger Austreibung der 
Fruchtkörper oder Hüte? und in dieſem Falle 
iſt es ſich nicht zu wundern, wenn je irgend ein 
Bot anograph gezweifelt hat, zu welcher Art er 
dieſe Schwammähnliche Mißgeburt bringen ſoll— 
te. Die Hüte find dann faſt den Pezizen ähn— 
lich. Die Löcher fehlen, und das Ganze iſt ein 
Keulenſchwamm (Clavaria) mit den Ertremitäs 
ten eines Becherſchwammes (Peziza), 

Gelangt jedoch der Schwamm zu feiner Rei— 
fe, ſo erhalten die oberſten Hüte den Durchmeſ— 
ſer eines Zolles, und dieſe ſind in der Mitte ver— 
tieft und faſt genabelt, am Rande hingegen et⸗ 
was aufgedunſen und eingerollt. Die weiße Uns 
terfläche aller Hüte iſt mit ſehr feinen, dem 
freyen Auge kaum ſichtbaren, nicht ſehr tiefen 
Löchern durchaus bedeckt und dieſe Löcherfläche 
zieht ſich weit, ja faſt bis auf die Hälfte der 
Stiele herunter. | 

Man bringt ihn nur ſehr ſelten zu Marks 
te, er iſt geſund und angenehm. Man bereitet 
ihn in den Küchen wie den Bilzling, Drehling, 
u. d. gl. 


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XX. Der Klapperſchwamm Goletus 


frondosus P .) 


S. Wachspraͤp. U und Abbild. Tab, U. 


N, Klapperſchwamm, Scheberling, Schepers 
ling, Eichhaſe iſt zwar dem Boletus imbrica- 
tus des Bulliard ſebr ähnlich, aber dennoch 
von ihm durch Standort, Jahrszeit und Eigen⸗ 
ſchaften beträchtlich verſchieden; denn jener Bül— 
liardſche Löcherſchwamm kömmt ſchon im May 
in einer Höhe von 40 Fuß an den Bäumen zum 
Vorſchein, iſt bitter, ungenießbar und hat den 
Geruch von der Enzianwurzel. 

Unſer Klapperſchwaym kömmt auſſer Oe— 
ſterreich, ſoviel bisher davon bekannt geworden, 
auch in Bayern, Ungarn und in England vor, 
Er iſt eßbar wie der vorige, kömmt aber nur 
ſelten zu Markte, 4 


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119 


Den Nahmen Scheperling muß man von 
dem Oberdeutſchen Zeitworte Schepern ableiten, 
welches fo viel heißt als Klappern, ein Hagel— 
regen ähnliches Geräuſch hervorbringen, vers 
muthlich weil die vielen Hüte beym Winde oder 
wenn man den Schwamm mit der Hand ſchüt— 
telt, auf eine ähnliche Weiſe klappern oder ſche— 
pern, indem ſie an einander ſtoſſen, und zitternd 
zurückprallen! 

Daß Cluſius dieſen und nicht den vorigen 
Schwamm beabſichtigt habe, erhellet daraus, 
weil ſein Schwamm im Spätherbſte an den 
Wurzeln der Eichen hes vortreibt, dunkelroth⸗ 
braun iſt, und Dachziegelförmig übereinander 
| aufgehäufte, öfters zerſchlitzte Laubförmige Hü— 

te hat. 

Man nannte ihn zu ſeiner Zeit in Ungarn 
Bokros gomba und hatte den Wahn, daß er, 
wenn ein Reiſender vorübergienge, und ihn bes 
wunderte, plötzlich — aus Eitelkeit — zu einer 
ungeheuern Größe anwachſe, ja man ſagte ſo— 
gar, es müßten ganze Geſellſchaften Zugweiſe 
zu ihm in den Wald wandern, wenn man ihn 
recht groß haben wollte, denn er würde immer 
deſto größer, jemehr er Bewunderung erführe, 
im Gegentheile begnügte er ſich mit ſeiner ge— 
wöhnlichen Größe, und es ſcheine ihm gleich 


120 


ſam hart zu fallen, wenn er ſich von den Men⸗ 
ſchen vernachläſſegt ſähe! Man kann aus dieſer 
Fabel mit treffender Gewißheit den Genius der 
damahligen Zeiten, und die Nee; ih⸗ 
rer Er fiader erkennen! 

Claſius ſagt ferner, man habe ihm erzählt, 
daß man von dieſem Schwamm zuweilen ſo gro— 
ße Stücke gefunden habe, daß man fie mit zwey 
Pferden hätte wegführen müſſen, und daß gan⸗ 
ze Familien von Myketophagen davon ſich hät— 
ten fait eſſen können; doch ſey der größte, den 
er in Urgarn geſehen habe, nicht fo groß ge— 
weſen, obgloich größer, als er je einen andern 
Schwamm geſehen habe, nähmlich bey 3 Fuß 
in der Höhe, und es hätten wobl 3 oder 4 
Perſonen daran ſich ſatt eſſen können. Nur hät⸗ 
te er gehört, daß ſein Genuß viele Blähungen 
verurſachet hätte ». ſ. w. In der That habe 
auch ich noch keinen ſolchen Rieſen von Schwamm 
erblicket, obgleich die größten Stücke vom Bole- 
tus citrinus, die ich zu Wien im Prater geſam, 
melt habe, ihm ziemlich nahe kamen, und eine 

von mir beobachtete Dagdalea Quereina eine 
Länge von mehr daun 7 Klaftern erreichte, die 
jedoch nirgends mehr als 2 Zoll aus dem Hol 
ze hervorragte, und daher nur gleichſam eine 
lange Binde, nicht aber einen großen ſtarken 
Körper datſtellte. 


121 


Der Klapperſchwamm gleichet dem Eich— 
haſen, den er an Größe noch übertrifft, in der 
Vielfältigkeit der Zeräſtelung. Aus ſeinem dicken, 
faſt fußlangen Strunke entſpringen mehrere huns 
dert, ja wohl über tauſend halbrunde Hüte, 
die anf lauter aufgerichteten Stielen mit ihrem 
Rande feſtſitzen und in gleicher Richtung übers 
einander aufgethürmt, jedoch nur locker Dach— 
ziegelfͤrmig ſich einander bedecken und beſchat⸗ 
ten. Dieſe Hüte ſind nichts anders als eine Fort— 
ſetzung und Erweiterung des Strunkes, und 
man iſt nicht im Stande, zwiſchen beyden Grän— 
zen anzugeben. Sie ſind von Geſtalt halbrund, 
unregelmäßig zertheilt, oder Manſchettenartig 
gefalten, und zuweilen faſt dem dürren Eichen— 
laub ähnlich, mit welchem ſie auch die braune 
Farbe gemein haben. Ihr Durchmeſſer iſt zu a 
bis 2 Zollen, und ihre Oberfläche glatt mit 
concentriſchen Fibern. 

Die Löcher an der weiſſen Unterſeite derſel— 
ben ſind eben ſo fein wie bey dem vorigen, und 
reichen eben ſo weit an den Stielen herab, ja 
faſt bis an die Zertheilung der Zweige. 

Se wächſt in niedrig gelegenen feuchten 
Waldungen an den Wurzeln der Eichen oder 
nahe an der Erde, und wird da von den 
Schwammſammlern im Oktober aufgeſuchet. Er 
iſt trotz ſeiner berufenen Eitelkeit nicht geeignet, 


122 

als ein edles Gerücht auf die Tafeln der Bow 
nehmen erhoben zu werden, wohl aber kann 
man ihn als eine Nahrungsſpende für die aw 
beitſame dürftige Volksklaſſe aus der milden 
Hand der Mütterlichen Natur erkennen, ders 
gleichen ſie ſo viele zur Aushilfe in ihrem Vor⸗ 
rathe aufbehält, um unſere Mühſeligkeiten im 
Nothfalle zu lindern, und auch im ſchlimmſten 
Falle einer verunglückten Aerndte den Schmach— 
tenden noch ein Labſal für ihre e, an⸗ 
biethen zu können. 


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XXI. Der Sleiſchſchwamm (Boletus 
(Fistnlina) hepatiens P.) 


S. Wachspraͤp. V und Abbild. Tab, V. 


Man hat im Deutſchen für dieſen Schwamm 
anch noch folgende mir bekannte Benennungen: 
Leberſchwamm, Zungeuſchwamm, Rindszunge, 
Corallenſchwamm, Leberbilz, Blut ſchwamm und 
rothe Hirſchjunge. In Frankreich heißt er Fisti- 
line Langne- de - boeuf. 

Der Fleiſchſcwamm if in mehr als einer 
Rückſicht überaus merkwürdig, und wenn ich 
gleich in meinem größeren Schwammwerke ſo 
manche Vergleichung angeſtellt habe, um feine 
Anſichten zu verklären, ſo blieb mir dennoch noch 
einig und anderes zu bemerken übrig, welches 
ich als in einer Nachleſe hier mitzutheilen nicht 
für Ueberfluß halte. 


124 

Mancher lebt vielleicht in dem eiteln Wahn, 
daß unſere Naturſyſteme und unſere Genera et 
pecies plantarum wohl zum mindeſten auf 
eben ſo feſten und dauerhaften Fundamenten wie 
die tauſend jährigen Coloſſen Aegyptens ruhen, 
und nur höchſtens in der Fzcade noch hie und 
da einer Ausbeſſerung bedürfen. Aber ach, wie 
ferne ſind wir noch von der Wirklichkeit dieſer 
Träume! Wie ſehr beſchämt die Natur unſere 
Hirngeſpinnſte! Wie oft verſpottet ſie unſere 
tiefſinnigſten Spekulationen durch die unerwar— 
tetſten Erſcheinungen! Wahrlich! die Methodi— 
ſten der Naturgeſchichte würden weit beſſer ge⸗ 
than haben, wenn fie anſtatt der Mavortiſchen 
Machination lieber dem Beyſpiele der Sternkun— 
digen gefolgt wären, und nur getreu nachge— 
zeichnet und eingeſchaltet hätten! Denn wenn 
auch in der Sterncharte noch Sterne fehlen, die 
noch kein Sehrohr erreichte, ſo ſind doch die 
beobachteten alle an ihrem rechten Orte und in 
ihren richtigen Verhältniſſen! Allein weit anders 
verhält es ſich mit unſern ſyſtematiſchen Natur- 
gemählden. Einſeitige Beobachtungen werden zu 
allgemeinen Regeln erhoben, und doch giebt es 
in der ganzen Natur kein Verhältniß, kein At, 
tribut, keine Bilbungsform, die nicht durch zahl» 
reiche Stufen in andere übergienge, und ſich wie 
Strahlen aus einem Mittelpunkte nach allen 


125 
Richtungen mit den Abſtufungen der andern 
durchkreutzte. Man darf ſich alſo gar nicht wun⸗ 
dern, wenn heute neue Gattungen durch Zer— 
theilung der ältern erfhaffen werden, die mor— 
gen ein neuerer Botaniſt verwirft und wieder 
vereinigt! wenn dieſer jene, und ein anderer wie⸗ 
der andere Claſſen hervorbringt oder reſtringirt. 
Die heutigen Syſteme find nicht ohne aller Nutz— 
lichkeit; fie entſprechen einem Theil unſerer Bes 
dürfniſſe, aber fie tragen auch alle das Geprä— 
ge der Menſchlichen Unvollkommenheit, und ih» 
re Vorzüge find nur relativ zu den Geiſtesfä— 
higkeiten ihrer Urheber, aber in Hirfiht auf 
die originelle Natur find fie alle gleich hinfällige 
Luftgebäude! | 
Der Fleiſchſchwamm dient uns zu einem 
trefflichen Exempel über die Feſtigkeit unſerer 
Gattungscharaktere. Er iſt ein Löcherſchwamm, 
denn feine Unterſeite iſt wie die der übrigen Lö— 
cherſchwämme durchſtochen. Er iſt aber auch ein 
Stachelſchwamm, denn er treibt allenthalben 
eben ſolche Pfriemförmige Fruchtſpitzchen hervor 
wie die Stachelſchwämme, und nur ein Theil 
derſelben öffaet ſich an ihrer Spitze. Er 
iſt eine eigene Schwammgattung, denn ſeine 
freyen Röhrchen ſitzen in beſondern Keſchen. 
Aber dieſe Kelche verſchwinden mit dem reifen 
3 ! in der Jugend find ſtatt der Röhrchen 


126 


nur Grübchen vorhanden. Es iſt daher eine an- 
dere Gattung in der Jugend, eine andere im 
Alter, eine andere auf der Unter- und wieder 
eine andere auf der Oberſeite! Welcher von die— 
fen vieren wollen wir den Preiß zuerkennen? 

Ich könnte ſehr leicht, nicht allein aus der 
Familie der Schwämme, ſondern wohl gar aus 
den Phoenerogamiſchen Claſſen eine nicht ganz 
unbedeutende Summe ähnlicher Beyſpiele auf— 
ſtellen, allein es iſt hier nicht der Ort dazu! 
Nur ſey es mir erlaubt, meine Leſer für dieß— 
mal an die bereits ziemlich oft bemerkten Pe— 
lorien, an die fortwährenden Veränderungen in 
den Familien der Farren, der Mooſe, der Waſ— 
ſeralgen, der Flechten, der Schwämme, und an 
die fatale Unſtätigkeit der Gattungen: Aly!- 
sum, Andropogon, Astragalus, Calamagro- 
stis, Chryfanthemum, Cucubalus, Diosma, 
Diospyros, Epipactis, Euphorbia, Gentia- 
na, Geum, Hydrangea, Ixia, Ligustieum, 
Limodorum, Mimosa, Myagrum, Of hrs, 
Orchis, Paſſiflora, Satyrium, Selinum, Se- 
rapias, F Tormentilla u. d. gl. zu 
erinnern! 

Es iſt eine ſchwere Aufgabe, den Fleiſch⸗ 
ſchwamm zu beſchreiben. Er iſt ſo regellos, daß 
es beynahe in der ganzen Reihe der Schwäm— 
me keine Geſtalt giebt, die er nicht anzuneh⸗ 


127 
men fähig wäre. Der Bau des Schweinbilzlin- 
ges iſt ihm ſo wenig zuwider, als der des 
prächtigen Stammpilzes (Boletus citrinus). 
Manchmal iſt er ein formlicher Keulenſchwamm 
(Ole varia) und wieder ein anderes mal gleicht 
er einem Faltenſchwamme oder einer Morchel. 
Er erreicht die Größe eines Kopfes, und hat 
zuweilen kaum über einen Zoll im Durchmeſſer. 
Weniger unbeſtimmt iſt feine Farbe, denn dies 
ſe iſt meiſtentheils im jugendlichen Alter ein 
helles bräunliches Rothgelb. Er wird nachher 
Blutroth, und geht mit der Verweſung immer 
mehr ins Schwärzliche über. | 

Sein Körper mag nun aber was immer 
für eine Geſtalt annehmen, ſo bemerkt man 
doch allemal bey dem Reifwerden deſſelben eine 
rauhe warzichte Oberfläche, und dieſe Wärz— 
chen, genauer betrachtet, find kleine hohle Cy⸗ 
linder, ein jedweder anfangs von einem häuti⸗ 
gen Blumen- oder Sternförmigen Kelche um⸗ 
fangen. Sie wachſen nach und nach fort bis zu 
einer Länge von drey oder vier Linien, und ſte⸗ 
hen dann auf der Unterſeite gedrängt aneinan⸗ 
der, und die Kelche verſchwinden. Auf der Ober— 
ſeite hingegen ſcheinen mancherley Hinderniſſe die 
Entwicklung dieſer Röhrchen zu verwehren. Je— 
ne öffnen ſich an ihrer Spitze, und verſchaffen 
dieſem eben dadurch das Anſehen eines Löcher⸗ 


128 
ſchwammes. Letztere hingegen bleiben geſchloſſen, 
ſchrumpfen zuſammen und geben dem Schwamm 
U 
auf ſeiner Oberſeite ein Filziges Anſehen. 
Sein Fleiſch iſt ſehr feinfaſericht und er 
was weich, jedoch dicht, und giebt, im friſchen 
Zuſtande ducchgeſchnitten, ein ſehr reizendes 
Schauspiel. Die Grundfarbe davon iſt ein reis 
nes helles Weiß mit mancherley Roſenfarbenen 
Wellen, violetten Zügen und gelbröthlichen Wol⸗ 
ken. Allein von dem erſten Augenblicke an, da 
es der freyen Luft ausgeſtellet iſt, verwandelt 
es dieſe Mahlerey in eine dunklere gleichartige 
Färbung. Nicht nur dieſe angegebenen Zeichnun⸗ 
gen, ſondern die ganze Oberfläche wird nach 
und nach bleyfarben oder ſchwarzroth, ſo daß 
es wirklich einer durchſchnittenen Leber ähnelt, 
und alſo den Nahmen des Leberſchwammes ganz 
und gar rechtfertiget. 0 | 
Man findet dieſen Schwamm in feuchten 
aber dennoch warmen Sommern an unſern Ei— 
chen, und zwar ſowohl an friſchen, jungen und 
gefunden Bäumen, als an alten und abgeſtor— 
benen, ja ſogar auf den abgeſägten Wurzelſtö— 
cken der gefällten Eichen. Man findet ihn in bes 
trächtlicher Höhe von 3 bis 4 Klaftern, und 
oft wieder fall ganz bey dem Boden. Der Aus 
guſt iſt ſein Erzeuger. Ee kömmt nur ſelten zu 


| 129 
Markte. Man hat Beyſpiele ſchädlicher Wirfun- 
gen, die jedoch vielleicht nur dem überreifen Als 
ter, und dem paraſytiſchen Ungeziefer zutushe 
ben waren. 

Man genießt ihn als Sallat unter Keäu⸗ 
tern in Spältchen geſchnitten, doch kocht man 
ihn auch wie den Bilzling. 


136 


re 


XXII. Der Habichtſchwamm (Hyd- 


num imbricatum L). 


S. Wachs prap. X und Abbild. Tab. X. 


Dicſer Stachelſchwamm, welchen die Bayern 
braune Hirſchzunge, die Floriſten aber ziegelar⸗ 
tigen Stachelſchwamm oder ſchuppigen Stachel, 
ſchwamm nennen, iſt mir noch niemahls zu Ge’ 
ſicht gekommen. Da er aber in der Salzburger— 
Flora von dem rühmlichſt bekannten Herrn 
Braune aufgeführet worden, und dieſes Land 
nunmehr den Oeſterreichiſch⸗Kaiſerlichen Erb⸗ 
ſtaaten iſt einverleibt worden, ſo darf er auch 
hier als ein eßbarer Schwamm nicht mit Still⸗ 
chweigen übergangen werden. 

Sein Strunk oder Stengel iſt feſt, voll, 
in der Oberfläche faſericht, un rein weiß, und 


132 


manchmal ſo gedrängt beyſammen ſitzen, daß 
daraus eine Art von Dach entſteht, indem ſich 
die Hüte felbſt Dachziegelförmig bedecken. Und 
es iſt ſchwer zu entſcheiden, ob die Benennung 
des Dachziegelförmigen Stachelſchwammes mehr 
von dieſem Umſtande, oder von jener Bildung 
der Schuppen herzuleiten ſey, die ich kurz vor⸗ 
her beſchrieben habe. 

Der Habichtſchwamm wird einſtimmig als 
ein delikater, eßbarer und geſunder Schwamm 
gerühmt und er ſoll vorzüglich in Italien ſtark 
genoſſen werden. Er iſt in verſchiedenen Gegen⸗ 
den Deutſchlands, in Dänemark und England 
zu Hauſe. Ob auch in Frankreich, iſt noch die 

Frage! denn Bülliards Abbildung ſcheint einen 
ganz andern Stachelſchwamm vorzuftellen. 
Er kömmt im September in Nadelwäldern 
zum Vorſchein, und iſt ein Erdſchwamm⸗ 


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XXIII. Der Igelſchwamm (Hy dnum 


Erinaceus P.) 


S. Wachspräͤp. Y und Abbild. Tab. V. 


„ 


Gegenwärtige Schwammart verdient es, unter 
die eßbaren aufgenommen zu werden, wenn ſie 
irgendwo, wie ich vermuthe, häufiger vorkom⸗ 
men ſollte. In Oeſterreich ſelbſt gehört ſie zwar 
zu den größeren Seltenheiten, und ich habe ſie 
nur einmal lebend zu Geſicht bekommen; allein 
in Kärnthen, Croatien, Ungarn und Giebens 
bürgen wird fie wahrſcheinlich viel häufiger ere 
ſcheinen, weil es da viel mehr Eichenwälder 
giebt, als in Oeſterreich. Sollte ſie demnach 
dort noch nicht zum Genuß angewendet werden, 
fo kann ich den Einwohnern jener Staaten Dies 
ſen Schwamm als ein neues Nahrungsmittel 


134 8 . 
empfehlen. Nach meiner Unterſuchung hat er 
gar nichts Verdächtiges geäuſſert, und nach dem 
Zeugniſſe eines Bülliard wird er wirklich in Frank⸗ 
reich vornähmlich in Lothringen häufig genoffen, 

Man hat den Igelſchwamm bisher auſſer 
Oeſterreich und Frankreich auch in England ge⸗ 
funden. Buxbaum fand ihn in der Europäiſchen 
Türkey, in Thracien oder Romanien bey dem 
Dorf Belgrad an einem Kaſtanienbaume, und 
Scopoli hat ihn aus dem Schoos der Erde her— 
vor gehohlt. Indeß ſcheint doch die Eiche feine 
wahre und eigenthümliche Geburtsſtätte zu ſeyn, 
und nur abgeſtorbene Stämme, oder vom Mos 
der ausgehöhlte Schäden dienen ihm zu ſeinem 
Standorte. 

Er beſteht aus einer See derben 
Maſſa eines ziemlich ſaftigen, meiſtens Herzför⸗ 
migen Schwammkörpers, deſſen Geruch ſehr 
ſchwach Schwammartig, aber gar nicht unange⸗ 
nehm iſt. Manchmal iſt er mit etwas tieferen 
Aushöhlungen verſehen, und hat daher förmli— 
che Herzohren und Herzhügeln. Er iſt durch und 
durch von gleicher Beſchaffenheit in der Sub» 
ſtanz. Seine Größe varirt von der eines Hühner“ 
Eyes bis zu jener eines Menſchenhauptes. Er 
ſteigt in einem Bogen aus dem ſchwarzen Mo— 
der ſeines Standortes hervor, iſt oberhalb am 
meiften breit und erhaben, und verſchmälert ſich 


133 


nach abwärts in eine ſenkrechte ſtunpfe Spitze. 


Zuweilen, (wenn er nähmlich aus einer beträcht⸗ 
lichen Tiefe emporzuſteigen genöthiget iſt) bildet 
dieſe ſeine Stütze eine Art von Strunk oder 


Hals, die ſich jedoch, ſobald als fie die Oeff⸗ 


nung erreichet, alſogleich in die gewöhnliche 
Form des Schwammes ausbreitet. Der ganze 
Körper dieſes Schwammes, ſo weit er offen 
und frey ſteht, iſt mit einer gedrängten Menge 
gleichfärbiger Pfriemfädchen (Feuchtſpisen oder 
ſo genannter Stacheln) beſetzt, welche weich find, 
und theils gerade, theils verſchlungen herab⸗ 
hängen. Nach der Angabe der Schriftſteller ſind 
dieſe Fädchen hohl, und obgleich ich das Ge— 
gentheil beobachtet habe, ſo ſcheint es doch, daß 
mein Exemplar vielleicht nur zu jung war, und 
daß ſie erſt im ſpätern Alter dieſe Beſchaffen⸗ 
heit erlangen. Sie ſind auf der Höhe am kürzeſten 
und viel ſchütterer, auch meiſtentheils aufrecht. Je 
weiter man ſie nach abwärts verfolgt, deſto länger 
und deſto gedrängter ſind ſie zu bemerken, ſo, daß 
die unterſten faſt die Länge eines Zolles errei— 
chen. Der ganze Schwamm ſtellt daher von weiten 
einen weiſſen Bart vor, welcher wie angeheftet 
von dem dunkeln Grunde feines Standortes [hr 
frappant an der Eiche herabhängt. 


— 


136 
CCC 


XXIV. Der Corallenſchwamm (d. 
num Coralloides Schaeff) 


S. Wachspraͤp. Z und Abbild. Tab. Z. 


De. Corallenſchwamm giebt uns ein neues 
Beyſpiel zur Belehrung über die Unſicherheit 
der bisher angenommenen Gattungscharaktere, 
Freylich wohl nähert er ſich nach dem erſten 
Anblick den Stachelſchwämmen: denn der Bau 
feiner Fruchtſpitzen iſt von jenem der übrigen 
Stachelſchwämme gar nicht verſchieden, und 
der eben vorher beſchriebene Igelſchwamm bil— 
det einen vortrefflichen Uebergang von den Sta— 
chelſchwämmen mit einem Hute zu den unbehu— 
teten Strauchartigen. Wenn wir nun aber den 
gegenwärtigen Corallenſchwamm genauer betrach— 
ten, fo zeigen ſich bald eben fo viele, und eben fo 


1 


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H ydlnam nber Schaf 


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137 
ſtarke Gründe, welche uns beſtimmen könnten, 
ihn den Clavarien beyzuzählen. Denn aufferdem, 
daß der ganze Bau mit dieſen vollkommen über, 
einſtimmt, ſo iſt auch das ganze Weſen jener 
Stacheln nichts weiter als eine Veräſtlung und 
Zertheilung des Schwammes. Die Stacheln an 
den Seiten der ſtätkeren Aeſte kann man als 
un vollkommene Nebentriebe wie jene (Nro. 19) 
bey dem Fichhafen anſehen, die oberſten hinge⸗ 
gen an den Extremitäten der Zweige, als die 
letzten Veräſtlungen, wo ſich die Vegetations“ 
kraft der Pflanze bereits erſchöpft hat, und da⸗ 
her ihr? ketzten Kräfte zur Erzeugung anwendet. 
Sollte man aber aus dieſem Grunde den Keu⸗ 
lenſchwamm (Tlavarıa) mit dem Stachelſchwam⸗ 
me (Hydaum) vereinigen wollen, fo würden 
ſich neue Schwierigkeiten entgegen ſtemmen. Die 
Mittelgeſchböpfe, bie den Corallenſchwamm mit 
den übrigen Stachelſchwämmen verbinden, ver— 
ketten dieſe Weſen ſo feſt untereinander, daß 
man endlich auch ein Hydnum repandum mit 
der Clavaria piſtillaris in eine Gattung verbins 
den müßte, und wenn man dieſes eingehen woll- 
te, ſo wäre zu beſorgen, daß am Ende vielleicht 
noch gar alle Schwammgattungen in eine einzi⸗ 
ge zuſammengeſchmolzen werden müßten. Höchſt 
merkwürdig und wichtig ſind in der Familie der 


138 

Schwämme die zahlloſen Mitteldinge, wie z. E. 
ſene, welche die Blätterſchwämme mit den Lö⸗ 
cherſchwämmen verbinden. Gewiſſe Arten von 
Daedalea, Siſtotrema, Merulius und The- 
laephora ſcheinen beynahe nichts weiter als un⸗ 
vollkommen gebliebene Schwammarten zu ſeyn 
welche eben ſo viele Anſprüche auf die Gattung 
Agaricus, als auf jene des Boletus haben. 
Helvella, Morchella, Spatularia und Clavaria 
haben ihre Arten, von denen man nicht entfcheir 
den kann, in welche von dieſen Gattungen ſie 
mit größerem Rechte gezählt werden dürften. 
Die Gattung Phallus verhält ſich zu dieſen ges 
nau, wie Amanita zu Agaricus. Mit einem 
Worte: es ſcheint uns noch ganz und gar an 
jenen Beobachtungen zu fehlen, auf deren Grund 
wir unſere Gattungscharaktere bey der Familie 
der Schwämme ſtützen dürften, und die ange⸗ 
nommenen ſeyen daher blos willkührlich und nur 
aufs Gerathewohl ergriffen, um doch unterdef 
fen nicht ganz unbeholfen zu ſeyn, bis uns der 
fortgeſetzte Fleiß der Beobachter Stoff genug 
liefern wird, aus welchem ſich wahre und in der 
Natur ſelbſt gegründete Gattungen bilden Taf 
ſen. So lange wir aber noch in jener großen 
Unwiſſenheit verweilen, welche uns verhindert, 
bey den Schwämmen zu entſcheiden, was an 


139 


ihnen weſentliche Bildung fey, und was dem 
Einfluß des Standortes, der Witterung, dem 
Clima und andern zufälligen Umſtänden zuge⸗ 
ſchrieben werden müſſe, ſo lange werden auch 
unſere Schwammgattungen bloße Anmaſſungen 
und grundloſe Verſuche ſeyn, und ein Syſtem 
phänogamiſcher Pflanzen ohne aller Rückſicht auf 
Blüthen und Früchte würde vor unſern Schwamm' 
ſyſtemen noch einen erheblichen Vorzug behaupten. 

Der Corallenſchwamm iſt unſtreitig eines 
der ſchönſten Produkte von dem Gebiethe der 
Schwämme. Beynahe wie ein Loranthus oder 
Viscum wächſt er an den Stämmen, aber noch 
öfter in dem Moder beſchädigter, oder an den 
Balken gefällter Eichen: Freylich wohl iſt das 
eigentliche Vegetabil des Schwammes in der vers 
weſenden Maſſa des Baumes aus gegoſſen, und 
alſo ganz ein anderer Paraſyt als jene genann⸗ 
ten Phänerogamen, aber der hervortreibende 
ſichtbare, zur Fortpflanzung beſtimmte Theil deſ⸗ 
ſelben, den man im gemeinen Leben den Schwamm 
nennt, dieſer ſcheint allerdings faſt eben ſo wie 
jene wahre Paraſyten blos äuſſerlich aufzuſi⸗ 
tzen, und ſich von den Säften des Baumes zu 
ernähren. Sein runder fleiſchiger Hauptſtamm 
hat zuweilen einen Durchmeſſer von mehreren 
Zollen, zertheilet ſich jedoch gleich nach dem N 


146 


ſprunge in mehrere verhältnitzwäſſig ſtarke Aeſte. 
Stam und Aeſte haben von Auſſen die blaſſe 
chöne Leibfarbe der Bewohner des mittleren Eu⸗ 
ropa. In dem umgekehrten Verhältniſſe, wie 
die Aeſte an der Zahl zunehmen, nehmen fie’ 
an der Dicke ab. Sie erheben ſich in auf— 
ſteigender Richtung, und bilden eine ſolche 
Menge von Anaſtomoſen, daß wir dadurch an 
das Gerippe des gemeinen Gitterſchwammes 
(Clathrus cancellatus) erinnert werden. Allein 
die Extremitäten find frey, und bilden uns im 
Kleinen die groteske Figur einer aus Felſen— 
wand ſchief hervorgewachſenen Dachförmig ber 
breiteten Föhre von weiſſem Elfenbein mit gol⸗ 
denen Nadeln. Er wächſt demnach, bis auf die 
Anaſtomoſen, ganz Strauchartig und bildet eine 
ſchöne, in mehrere Parthien abgetheilte Krone, 
die zuweilen über einen Fuß im Durchmeſſer ers 
reichet. An der Unterſeite der Zweige hängen 
etwas ſchüttee, blaßfarbige 1 bis 3 Linien lan⸗ 
ge Pfriemfädchen herab, welche meiſtentheils 
ganz einfach ſind. Gegen die Extremitäten hin 
werden dieſe Fädchen oder Stacheln inmer län⸗ 
ger und häufiger. Auch ſind ſie hier meiſtentheils 
äſtig oder ſonſt auf vielerley Art zuſammen vers 
wachſen. Sie ſtehen hier rund um die Zweige 
herum, biegen ſich aber dennoch in artiger Stel⸗ 
lung nach abwärts, und formiren ſehr reitzende, 


141 
in einander verflochtene Büſchel. Hier iſt die 
Farbe der Skacheln etwas mehr geſättigt, und 
ſowohl diefe, als die Zweige ſelbſt werden gelb, 
und eh ſebhafter, Je beſſer die Entwicklung 
des Schwammes von Gtatte“ gegangen. 

Mit dietem Schwamme hat noch ein an 
derer (der Ziegenbart, Hydnum abietinum P.) 
die größte Aehnlichkeit. Man vergleicht dieſen 
in ſeiner Jugend mit dem ſogenannten Kauli 
oder Blumenkohl (Brassica cletacea Botrytis) 
weil er ganz weiß, und eben ſo voll und eben 
fo gekräuſelt iſt. Er hat weniger Anaſtomoſen, 
iſt meiſtentheils aufrecht, und vertheilt ſich von 
unten auf in breite, Geweihförmige Aeſte, uns 
ter welchen einige ſo klein ſind daß man in 
Zweifel fieht, ob man fie mehr zu den Pfriem⸗ 
fäden oder zu den Aeſten zählen ſolle. Im Alter 
wird er unrein blaßgelb, und ſeine Fäden oder 
Stacheln werden nicht ſelten über einen halben 
Zoll lang. Die an den Aeſten find etwas auf⸗ 
recht, jene hingegen an den Enden der Zweige 
hängen lang und ſenkrecht wie naſſe Haare her⸗ 
unter. Uebrigens iſt er dem vorigen ſo ähnlich, 
daß man zweifelt, ob er für eine beſondere Art 
oder nur für eine Varietät desſelben zu halten 
ſey. Er wächſt auf Tannen und Buchen, und 
wird ſelbſt unter der Erde gefunden. Die Er⸗ 


142 ' 
ſcheinungszeit von beiden find die Monate Geps 
tember und Oktober. Ich habe es dieſer Um— 
ſtände halber hier für überflüſſig gehalten, den 
Zieger bart in dieſem Werke darch Abbildung 
und Bildnerkunſt darzuſtellen. 

Sie ſind übrigens alle beyde eßbar, und 
werden wie die Bärentatzen bereitet. 


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XXV. Die gemeine Baͤrentaze. (Cla- 


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S. Wachspräp. AA. und Abbild. Tab. AA. 


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Die deutſchen Benennungen der Gewächſe find 
trotz aller diesfälligen Vermittelungen der Ges 
lehrten doch immerhin ſchwankend, zweydeutig 
und verführeriſch. Sie werden es auch ewig ver— 
bleiben, oder unſere Mutterſprache müßte nur, 
ich weiß nicht durch was für ein Schickſal, die 
allein herrſchende des ganzen Erdbodens wer- 
den. Manche Pflanze würde vielleicht fünfzig und 
noch mehrerley Nahmen erhalten, wenn man ſich 
recht eigens dafür verwenden wollte, fie aufzu⸗ 
ſammeln und aller Orten zu erforſchen. Allein 
dies iſt noch nicht die Haupt ſchwierigkeit! Was 
dieſe Nahmen am meiſten untauglich macht, allges 
mein aufgenohmen zu werden, iſt der vage Miß⸗ 
brauch derſelben; indem nähmlich zu gleicher Zeit 
1 


144 


eine und dieſelbe Benennung verſchiebenen, ja öf— 

ters im höchſten Grade heterogenen Gewächſen 
durch denſelben zu Theil geworden. So heißt z. E. 
die gegenwärtige Schwammart unter andern auch 
Bocks bart: allein nicht genug, daß man auch noch 
mehr andere Arten von Clavaria ſo benennet, 
ſelbſt einige Arten von Hydnum, wie wir bereits 
bey dem vorhergehenden Artikel Lit. Z. geſehen 
haben, nehmen ihren Theil daran. Aus der Far 
milie der Flechten, beſonders in der Gattung 
Usnea, Cornicularia, Stereocaulon etc. würden 
wir leicht ein Paar Duzend Arten zufammen 
bringen, die ſo genannt werden, und um die Ver⸗ 
wirrung von Babylon vollkommen herzuſtellen; 
ſo finden wir noch ein ganzes Heer vegetabiliſcher 
Bocksbärte in den Familien der Phönogamen, bes 
ſonders in den Gattungen Spirea, Eriophorum, 
Tragopogon, Anemone, Aira, Festuca, Di- 
gitalis u. ſ. w. Freylich wohl hat Willdenow und 
mehr andere ein Mittel verſucht, die Einheit der 
deutſchen Benennungen herzuſtellen, indem ſie die 
Sy ſtematiſchen Nahmen ihrer Werke mit einem 
Gattungs⸗ und Trivialnahmen ins Deutſche übers 
ſetzten. Allein es ſcheint nicht, daß man jemahls 
dieſelben mit Hintanſetzung der bereits üblichen allge⸗ 
mein annehmen werde. Man braucht gewöhnlich 
die deutſche Benennung nur dazu, um im Vaterlande 
von den Ungelehrten verſtanden zu werden: und da 


145 
wird dann der Bauer und der Schwammkräm⸗ 
mer, der ſein Lebetag keine Species plantarum 
in die Hand nimmt, ſchon fortan bey den Tri⸗ 
vialnahmen feiner Heimath verbleiben, ohne ſich 
um das nomen genericum zu bekümmern. Ueber⸗ 
dies gerathen auch viele dieſer überſetzten Nah⸗ 
men ſo ſonderbar, daß ſie ihrer Deutſchheit un⸗ 
geachtet nicht um den mindeſten Theil verſtänd— 
licher ſind, als wenn man den lateiniſchen Nah⸗ 
men unverändert gelaſſen hätte. Hat man doch 
ſo vielen Tauſend andern ausländiſchen Nahmen 
das Bürgerrecht vergönnet: warum nicht auch 
denen der Naturprodukte, da dieſe den Vorzug 
vor allen übrigen haben, mit der größten Präs 
ciſion aller Orten und von allen Nationen vers 
ſtanden zu werden? Oder ſchmeichelt es vielleicht 
dem Reichthum unſerer Mutterſprache, wenn 
wir hier eine Pflanze; Geſchwänzte Vogel⸗ 
milch, eine andere Kopfförmiger Nat⸗ 
terkopf und wieder eine andere kriechen der 
Froſchlöffel nennen? Etzer wollte ich es noch 
hingehen laſſen: geſchwänztes Ornithos 
galum, Kopfförmiges Echium krie⸗ 
chendes Alisma zu ſagen! Allein, wenn 
wir ſchon den lateiniſchen Gattungsnahmen ans, 
nehmen, ſo wird wahrlich der Trivialnahme 
auch nicht mehr ſo viele Beſchwerlichkeit haben, 
um dem Gedächtniſſe aufgebürdet werden zu kön⸗ 

L 2 


146 | 1 


nen, zumahl da gewiſſe Trivialnahmen in fo 
vielen Gattungen vorkommen, daß ſie auch dem 
ſchwerſten Kopfe endlich geläuftg werden müſſen, 
wie die Ausdrücke: officinale, vulgare, Euro- 
paeum, vernum, aestivum, autumnale, sem- 
pervirens, semperflorens, giganteum, nanum, 
multicaule, cernuum, dichotomum, rectum, re- 
Pens, volubile, hirtum, lanatum, acaule, al- 
pinum, montanum, sylvaticum, arvense, pa- 
lustre , spicatum, paniculatum, mulilerum, 
- lineare , ovatum u. d. gl. 

Der Schwamm, von dem hier die Rede 
ſeyn ſoll, und welcher hier zu Lande am meiſten 
unter dem Nahmen: Bärentaze bekannt iſt, 
heißt ſchon, in Oberöſterreich Kraanfuß, d. i. 
Krähenfuß und Hahnenkamm, ſo wie um Re⸗ 
gensburg Hennenfamp , in Steyermarkt: Bä⸗ 
renpratze, im edleren Styl Bärenpfote: in Sach⸗ 
fen Ziegenbart; am Harz Geisbart, Bocksbart; 
in Franken: Händling, Hendelſchwamm: Neu⸗ 
mark in der Oberpfalz: Hirſchſchwamm; bey 
Ulm Katzentapper: in Böhmen Krausbart; und 
noch über dies hie und da Corallenſchwamm, 
Hieſchling, wilder Hirſchling, Schöberling, Ziegen⸗ 
bärtgen; auf Holländiſch Koraalachtige Knods- 
. zwam, Handkampernoeljes, Vingerkamper- 
neljes, Geitenbaard: Dänifch. Koralsvamp. 
Schwed. Koralklubban: Engl. The coral cla- 


| a 147 
varla; Franz. Clavaire Coralloide, Gallinole; 
Barbe de chvre , Menottes, gantellines, barbe- 
de- bouc, bouquinbarbe, tripette, Cheveline, 
pied-de-coꝗ in der Bauernſprache: Dꝛenellie: 
Span. Munecillas, Ungar. Kuratka, Kozi-brada 
u. f. w» 

Um dem vorzüglichſten Mycologiſchen Schrift⸗ 
ſteller, dem Dr. Perſoon zu folgen, nenne ich 
dieſen Schwamm Clavaria flava, obgleich er 
übrigens in den meiſten Floren unter der Benen— 
nung Clav. Coralloides vorkömmt, unter wel⸗ 
cher jedoch mehrere vorhin nicht hinlänglich beob⸗ 
achtete, von einander weſentlich verſchiedene Ar⸗ 
ten begriffen wurden. 

So wenig die hier zu Lande übliche Benen⸗ 
nung dieſes Schwammes an etwas Zärtliches zu 
erinnern geeignet iſt: ſo wird man mir dennoch 
willig beyfallen, wenn ich behaupte, daß er un⸗ 
ter die artigſten, niedlichſten und liebenswürdig⸗ 
ſten Naturprodukte gezählet zu werden verdiene. 
Seine Geöße, fein Bau, feine Stellung feine Farbe 
alles iſt in die beſte Harmonie vereinigt, um uns auf 
eine angenehme Weiſe durch die ſeltene Neuheit einer 
Pflanzengeſtalt zu überraſchen, die wir eher in 
der Familie der Corallen oder an gewiſſen Mine⸗ 
ralköͤrpern geſucht hätten, als in dem Gebiethe 
der Flora. Manchmahl ſollte man faſt glauben, 
gediegenes Sold aus der Erde hervorwachſen zu 


148 

ſehen, beſonders, wenn er in ſchwarzer Moor: 
Erde zwiſchen Laubmooſen und Abfällen heraus- 
bricht im Dickicht des Buchenhaines, wo keine 
andern Gewächſe, als nur jene der heterodoxen 
Familien der Cryptogamen gedeihen. Scheint es 
doch, daß uns Mutter Natur in dieſen Gon- 
derlingen lauter Sinnbilder und geheime My— 
ſterien habe mittheilen wollen! Wer weiß auch 
wie reichlich ſie uns noch die Mühe lohnen wer⸗ 
de, wenn wir einſt in dieſem Studium ihrer 
Zeichenſprache größere Fortſchritte gemacht und 
eine gewiße reelle Fertigkeit erlangt haben wer— 
den? Ich meiner ſeits finde die Bildung dieſes 
Schwammes zu intereſſant, als daß nicht eine leichte 
Ideenfolge bey feiner Betrachtung in meiner Seele 
das Bild des menſchlichen Lebens hervorrufen ſollte. 
Einfach und mit voller Energie der Lebenskräfte be⸗ 
treten wir die Bühne, bald aber ſuchen wir 
uns durch Zertheilung uuſerer Fähigkeiten einen 
größeren Wirkungskreis zu erringen; und jede 
dieſer Fähigkeiten erweitert ſich durch neue fort— 
geſetzte Entwicklung. Aber indem wir auf dieſe 
Weiſe uns immer mehr und mehr im Umfange 
erweitern, fo ent nerven wir zugleich unſer ur: 
ſpringliches Vermögen, und fiehe! mit einem 
Mahle ſind ſie an ihrem Ende die verwickelten 
Zweige unſerer Tendenz nach fremden Berüh⸗ 
rungs punkten. Nun iſt alſo das Ganze unferer 


149 
Wirkſamkeit ein Gegenſtand der Geſchichte und 
der Beurtheilung! Vollſtändig entwickelt, wie 
zahlreich find nicht die feinern Nüancen unſerer 
Aus geburten. Doch tragen fie alle das Gepeäge 
unſeres Urſprunges und nie dürfen ſie das Maß 
unſerer orginällen Anlage überſchreiten! Wents 
ger Entwicklung — weniger Verluſt der Kräf⸗ 
te! Das Leben eines Menſchen iſt ein indibi— 
duelles Ganze; es kann Modifikazionen, aber 
keinen Abbruch erleiden! Der Trieb zur Ent- 
wieklung iſt ein Werk der Natur, die Entwick- 
kung ſelbſt hängt von den Umſtänden ab. 
Mißverhältniſſe müſſen da entſtehen, wo 
gewiſſe einzelne Fähigkeiten auf Koſten der übri⸗ 
gen ausgebildet werden. Wahre Vollkommen⸗ 
heit fest ein Ebenmaß aller Theile des Gans 
zen voraus. Darum ſind Menſchen von vielem 
Verſtand und ſchlechtem Herzen nichts mehr als 
Mißgeburten und Auswürflinge der Schöpfung! 
und ein mohlgeftaltes Vegetabil iſt von einem 
höheren Werthe als ſolch ein un vollendeter Halb⸗ 
menſch! N / 
Die Horde der Schwämme weicht zwar ſchon 
überhaupt ſehr weit von jener prototupiſchen Ber 
getationsform ab, die wir in der höchſten Be⸗ 
ſtimmtheit und Vollzähligkeit vegetabiliſchen Dis 
gane, wie z. B. in der Familie der Nelkenar⸗ 
tigen Gewächſe erkennen. Deſſen ungeachtet il 


150 
doch die Freyheit der Natur, mit welcher fie 
die verſchiedenen Gattungen der Schwämme ent 
worfen, noch ſo uneingeſchränkt, daß ſte unter⸗ 
einander ſelbſt eine nicht minder beträchtliche 
Verſchiedenheit darftellen. Eine Amanita und 
ein Igelſchwamm — welch ein ungeheurer Ab— 
ſtand! Und dennoch bleibt ihr für die meiſtens 
ſehr zahlreichen Arten zur Aufſtellung verfchies 
dener Bildungsformen noch ein weiter, und wie 
es ſcheint, faſt gränzenloſer Spielraum. Ja ſelbſt 
in einer und der nähmlichen Art beweißt ſie uns 
noch die Unerſchöpflichkeit des Erfindungsgeiſtes, 
welcher den großen Plan des Weltalls entwor— 

fen und bis auf die letzten minutiellen Details 
entfaltet hat. Die Mannigfaltigkeit der Spielar⸗ 
ten und Abänderungen iſt z. E. bey der gegen» 
wärtigen Schwammart in Wahrheit ein Gegen⸗ 
ſtand der Bewunderung. „So groß auch immer, 
ſagt Holmskiold: ) die Verſchiedenheit der 
Abweichungen in der Bildung und Größe der 
G:rforallen bemerkt wird; fo iſt fie dennoch in 
den individuellen Muſtern dieſes Aſtſchwammes 
nicht minder erheblich; und unter Tauſend Erem, 


„) S. deſſen Beata ruris otia: Havniae 1799 fol. p. 114. 
Tom, I. 


151 
plaren wird man kaum zwey auffinden, die 
ſich im äußerlichen Anſehen gleichen. Bald fins 
den wir feinen Strunk geſtreckt, aufrecht, breit 
und flach gedrückt; ein anderes Mahl Dagegen 
kurz, darniedergebogen, dick und rund. Der eine 
hat ſehr verlängerte, ſchlanke, vielfältig zertheilte 
Aeſte, der andere aber kurze, dicke und einfache. 
Ein gleiches Bewandtniß hat es mit der Größe 
und mit der Farbe: denn einige erheben ſich zu 
einer Höhe von zehen Zollen, während daß an— 
dere kaum die Hälfte dieſer Größe erreichen, Ihre 
Grundfarbe iſt meiſtentheils weißlich, doch fallen 
andere wieder mehr in die Farbe des Purpur und 
des Goldes. Einige wenige findet man auch von 
ſchneeweißer Farbe mit purpurröthlichen Spitzen, 
andere gelblich und bunt geſtreift oder mit Purs 
purfarben Flecken bezeichnet. Insbeſondere pran— 
gen die jugendlichen Individuen mit den lebhafte⸗ 
ſten Farben beſonders mit der Röthe des Blutes, 
oder mit der blendenden Röthe der Feuer flammen: 
W | | 

Allerdings entfernt ſich die Struktur der 
Schwämme von jener der vollkommneren und eds 
leren Pflanzenfamilien ſo ſehr, daß man bey ei⸗ 
ner flüchtigen Ueberſicht dieſer Naturgeſchöpfe faſt 
Anſtand nehmen ſollte, fie in das Gewächsreich 
aufzunehmen: allein, außer dem, daß fir mittelſt 
der Bauchbilze, der Phycäen und ver Flechten 


152 

mit jenen wieder in Zuſammenhang kommen; fo 
hat auch hier die bildende Hand der Natur den 
nähmlichen Geiſt der Analogie entwickelt, welchen 
wir ſo oft bey der genaueren Betrachtung ihrer 
Produkte zu bewundern Gelegenheit und Berans 
laſſung finden. In einzelnen Arten der Schwäm— 
me finden ſich noch immer gewiſſe Spuren der 
prototypiſchen Formen: nur ſind dieſe hier iſolirt 
und nur ſelten treffen 2 oder 3 in einer und der— 
ſelben Bildung zuſammen. So finden wir in dem 
Fleiſchſchwamme eine unvollſtändige Nachahmung 
von dem Blumenbaue der Dorstenia und noch 
mehr des Cynomorium und der Balanophora. 
So gleichet die Trüffel den Knollen der Jalappa. 
So erinnert uns der Corallenſchwamm an die 
Föhren, fo der Spatelſchwamm (Spathularia 
flavida) an gewiſſe Tangarten oder an das Blatt 
der Sarracenia flava und die hier vorgeſtellte 
Härentaze iſt überhaupt Strauchartig, und könnte 
allenfalls mit Anthyllis Erinacea, Salicornia 
Caspia, Statice reticulata, Anastatica Hiero- 
chuntica, Baeomyces rangiferinus u. ſ. w. ver⸗ 
glichen werden. 

Der Strunk dieſes Schwammes, welcher 
meiſtens noch unter der Erde oder in dem lockern 
Dünger der verfaulten Laubmooſe, und Abfälle 
von Bäumen und Kräutern verſteckt iſt, richtet 
ſich meiſtens gerade in die Höhe. Sein Umfang 


155 
und feine Geſtalt ift übrigens, wie wir ſchon oben 
in der aus Holmskiold überſetzten Stelle geſehen 
haben, höchſt unregelmäßig. Weiß iſt er bey weis 
tem in den meiſten Fällen, wenigſtens ſo weit er 
in der Erde verborgen ſitzet, und der Uebergang 
in die Farbe der Zweige iſt ganz unmerklich. Geis 
ne Quadratebene Em Durchſchnitt) iſt jener der er, 
ſten Zertheilung, ſo wie jedes Mahl die eines 
Zweiges jener der Veräſtlung und daher die ers 
ſtere auch dem Gehalte aller Extremitäten zuſam⸗ 
mengenohmen gleich. Könnte man den ganzen 
Schwamm mit Vermeidung aller Zwiſchenräume 
zuſammen ſchmelzen; fo würde man alſo einen 
regelmäßigen Cylinder erhalten. Die Aeſte ſind 
bald mehr bald weniger in einander verflochten, 
meiſtens flach gedruckt und der Länge nach, 
ſchwach gefurcht. Die Zertheilung ſelbſt hat gar 

-keine Geſetze. Manchmal wachſen hie und da eis 
nige Zweige durch das Berühren zuſammen. Die 
Extremitäten, welche insgeſammt eine ganz glei— 
che Proportion der Dicke darſtellen, ſind auch an al⸗ 
len Zweigen von gleicher Beſchaffenheit, fie bes 
ſtehen nähmlich aus 2, 3 oder 4 Zähnchen, 
welche gleichſam wie Knoſpen eines Gewächſes 
ausſehen, und allezeit eine röthliche Farbe ha— 
ben, der Schwamm mag nun ſchon goldgelb 
wie hier, oder weiß, fleiſchfarben, braun, röth— 
lich oder wie immer gefärbt ſeyn. Der ſenkrech⸗ 


154 

te Durchſchnitt entdeckt uns ein feines, weißes, 
dichtes Fleiſch, wovon ſowohl der Hauptſtamm 
als auch alle ſeine Veräſtlungen voll ſind. Die 
blühende Farbe ſeiner Jugend geht mit dem 
Alter in die Trauerfarbe über d. i. in eine 
ſchmutzige Erdfarbe, dergleichen wir z. E. an den 
Blüthen der Hesperis tristis, Hyacinthus Mus— 
cari, Pelargenium triste, Verbascum ferru- 
gineum, Orobanche major, Epipactis Nidus 
avis, Silene gigantea, Cyperus longus u. d. gl. 
bemerken. 

Der Standort dieſes Keulenſchwammes ſind 
die aus Buchen, Eichen, Lerchenbäumen u. d. gl. 
gemiſchten alten und dichten Gebirgswälder, vors 
züglich die der Kalkgebirge, in deren reichen 
Schatten die Horde der Laubmooſe den ſchwar— 
zen Boden mit niedlichen grünen Teppichen und 
bequemen Polſtern zu tapezieren gewohnt iſt. 
Ich bin einſtweilen noch unſchlüſſig, ob ich Per⸗ 
ſoons Clavaria formosa mit jener für einerley 
Art, oder für eine eigene halten ſolle. Sie lebt 
bey uns in den Umgebungen der Alpen, und 
wird im Gebrauche gar nicht unterſchieden. Ganz 
Europa iſt das Vaterland der Clavaria fla va. 
Man findet ſie in den ſüdlicheren Gebirgen ſchon 
früher, nämlich im Junius, in den Nordlän⸗ 
dern kömmt ſie erſt im Auguſt und September 
zum Vorſchein. Sie wächſt ſehr ſchnell, und 


155 
Holmskiold meldet, er habe nach 9 Tagen, als 
er eine gewiſſe Gegend zum zweyten Mahle be— 
ſuchte, in welcher er das erſte Mahl keine Spur 
davon gewahr wurde, eine große Menge ſchon 
ganz entwickelter Bärentazen gefunden, welche 
bereits im Begriffe waren, ihren Staub zu dere 
ſtreuen, jenes feine Pulver, das allenthalben aus 
der ganzen Oberfläche ihrer Zweige hervorquillt, 
und welches man ſo, wie an den übrigen Schwäm⸗ 
men für eine Art von Saamen erkläret, wodurch 
ſich die Arten der Schwämme anbauen und fort— 
pflanzen. | 

Man pflegt dieſen Schwamm aller Orten 
häufig zu verſpeiſen, und es iſt im eigentlichſten 
Sinne ein Marktſchwamm. Da uns mehrere der 
anſehnlichſten Schriftſteller, wie z. B. ein Haller, 
Bülliard, Holmskiold u. d. gl. für feine Uns 
ſchädlichkeit bür gen; ſo ſcheint es, daß die böſen 
Zufälle, welche angeblich nach Houttuyn auf ſei⸗ 
nen Genuß erfolgt ſeyn ſollen, und wovon auch 
ich hie und da auf dem Lande Nachrichten einge⸗ 
zogen habe, entweder auf Rechnung anderer das 
mit verwechſelter Arten bezohen werden müſſen, 
oder daß vielleicht verdorbene mit Jnſektenlarven 
bevölkerte Stücke aufgenohmen wurden, deren 
Genuß freylich wohl ungeſund und mit Nachwe— 
hen vergeſellſchaftet ſeyn muß. Ich rathe daher 
1.) genau in Acht zu nehmen, daß man ja nur 


136 

ächte Bärentazen aufnehmen möge, 2.) daß man 
nur junge und feiſche Stücke erwähle; 3) daß 
man ſie vor dem Gebrauche waſche und von allen 
nicht dazu gehörigen Anhängſeln reinige; 4.) end⸗ 
lich daß man die Veräſtlung abnehme, den Strunk 
inwendig wohl unterſuche, und wenn ſein Fleiſch 
inwendig anders, als weiß iſt, ihn lieber hinweg⸗ 
werfe, als ſich der Gefahr aus ſetze, Bauchgrim⸗ 
men und Erbrechen zu beſtehen. 

Man ißt dieſen Schwamm als Sallat in 
Vermiſchung mit Gewürzen, iſchen, Kräutern 
u. d. gl. nachdem er vorber mit heiſſem Waſſer 
abgebrühet worden. In Frankreich pflegt man 
ihn meiſtens frikaſirt, d. i. klein gehackt mit 
Hühnerfleiſch in der weißen Sauce zu verſpei⸗ 
fen. Man macht auch Krötchen davon, die man 
wie die vom gehackten Fleiſch gemachten Frica-⸗ 
dellen verſpeiſt. Die beſte Bereitung Soll darin beſte⸗ 
hen, wenn man das gut abgewaſchene Fleiſch die⸗ 
ſes Schwammes mit Butter und einem Zufatz 
von Salz, Peterſilienkraut, Maſoran u. >. al- 
ſtark durchkocht und dann mit Mihrem und 
Eyergelb noch etwas einkocht. Es ſoll dabey der 
bitterliche Nachgeſchmack vergehen, welchen man 
an dem friſchen Schwamme nicht ſellen bemer⸗ 
ken mag. | 


2 FIR 


Ne . Hebe. 
1 Kl reer Hehe, e Jg 2 


237 


IT DLR DT — TED DT TS DIDI 


XXVI. Die roͤthliche Baͤrentaze. (Cla- 
varia Botrytis. P.) 


S. Wachspräp. BB. und Abb. Tab. BB. 


Man kann dieſen Schwamm nur durch ſolche 
Merkmahle von dem vorigen unterſcheiden, wel- 
che zwar an ſich auffallend genug, in der That 
aber bloß zufällig und von dem Einfluß der Wit⸗ 
terung, des Standortes und der Jahreszeit abs 
hängig ſind. Ich fand ihn oft in den Oeſterrei⸗ 
chiſchen Alpengegenden, und ich getraue mir nicht, 
ihn für etwas mehr, als eine bloße Abart des 
vorigen zu erklären. Er wird von demſelben bloß 
dadurch unter ſchieden, daß er darniederliegend, 
zäher, innerlich zum Theil von ſeiner Färbung 
durchdrungen, und mit einem ſehr engen Gedrän⸗ 
ge dicker Aeſte gekrönt iſt, die ſich entweder un» 
mittelbar oder doch nur vermittelſt ſehr kurzer und 
zarter Veräſtelungen in rothe oder gelbe ſtumpfe, 
öfters fehr zuſammengehäufte Zähnchen endigen. 


5 158 

Manhmahl bildet er eine an ſehnliche Maße, 
wohl von anderthalb Fuß im Umfange. Ein an⸗ 
der Mahl hingegen iſt das ganze Vegetabil kaum 
den zehnten Theil ſo groß. Auch die Farbe iſt ſehr 
veränderlich, wie bey dem vorigen Aſtſchwamme. 
Daß er nicht immer ein Zwerg ſey, ſondern bey 
feuchter Witterung und in einer ſchattigen Lage 
manchmahl in ſehr lange und vielfache Veräſte, 
lungen auswachſe, behauptet ſelbſt Perſoon. Hier 
muß ich jedoch beyfügen, daß ich ihn häufig ge⸗ 
nug mit dem gemeinen gelben Hörnerſchwamme 
in Geſellſchaft auf einerley Standorte und in der 
nähmlichen Zeit beobachtet habe Es ſcheint demnach, 
daß noch mancherley andere Umſtände dieſe Abän⸗ 
derung der Form hervorbringen müſſen. Vielleicht 
geht es hier eben fo zu, wie bey dem oben uns 
ter Lit. T. erwähnten Eichhaſen (Boletus poly- 
cephalus) und er kann vor Uebermaß der Pros 
lifikazionsanfänge nicht zu feiner Vollendung ges 
langen. So entmannt frühzeitiger Geſchlechts⸗ 
trieb auch die animaliſchen Individuen; ſo er⸗ 
ſtickt der überſpannte Eifer maaches ehrgeizigen 
Gelehrten unter der freywilligen Laſt zu 1 
und zu zahlreicher Unternehmungen. 

Standort, Jahrs zeit und Gebrauch find mit 
dem vorigen, fo wie Geſtalt und Färbung einer⸗ 
ley. Ich würde es deßhalben für überflüßig ge⸗ 
halten haben, dieſen Schwamm in einem beſon⸗ 


159 
deren Artikel abzuhandeln, wenn nicht das Ans 


ſehen ſo vieler Authoren die ihn für eine eigene 


Art erklären, mich hiezu gleichſam gezwungen 
hätte. Und in der That, die Unterſcheidung die⸗ 
ſer Männer iſt nicht ohne Nutzen, geſetzt auch 
daß die angegebenen Unterſcheidungs merkmahle 
nicht ſowohl eigene Arten als vielmehr nur Va— 
rietäten beträfen! Es gehört zu den ausgezeich— 
netſten Merkwürdigkeiten der Schwämme, daß 
in ihrer Horde auch die geringeren unſtäten Mo— 
difikazionen auf eine ſehr weſentliche Verſchie— 
denheit der innerlichen Eigenſchaft deuten, und 
daß es in einer und der nähmlichen Art eßbare 
und giftige Schwämme gibt, die ſich aber den— 
noch durch gewiſſe habituelle Kennzeichen wie 
Menſchliche Böswichte von guten und redlichen 


Leuten in der Phyſiognomie unterſcheiden ). 


Es wäre daher ſehr zu wünſchen, daß man ge— 


) Es gibt jedoch auch in den Familien der Phoͤnoga⸗ 
men ahnliche Anomalien, welche nicht in der bloßen 


Abaͤnderung der Farbe, Vildung u. ſ. w. ſondern 


auch in einer beſtimmten Verſchiedenheit der inner— 
lichen Eigenſchaften z. B. des Geſchmackes, der 
Entwicklung, der Dauer u. d. gl. beſtehen. Die 
fammtlichen Varietäten z. E. von Solanum tube- 
rosum, die man nach der Wurzel aufzaͤhlet, zeich— 
nen ſich auch zugleich durch eine genau beſtimm te 
Berſchiedenheit in der Große, Blaͤttergeſtalt, Bü: 


M 


N 


7 


160 


nau bey vorfallenden Gelegenheiten unterſuchen 
möchte, welche von den Perſoon'ſchen Arten des 
Keulenſchwammes, der erſten Abtheilung, die 
Holmskiold zu einer eigenen Gattung (Ramaria 
Hörnerſchwamm) erhoben, die oben erwähnten 
bedenklichen Zufälle zu verurſachen pflege. Al⸗ 
lein bisher iſt man hierüber — leider! noch im 
Ungewiſſen! Für die unſchädlichſten und am 
Mindeſten gefährlichen halte ich einſtweilen die 
beyden hier aufgeſtellten Hörnerſchwämme, weil 
der allgemeine Gebrauch aller Nationen feit 
Jahrhunderten ihre Unſchuld vertheidigt: nur 

möchte Perſoons Clavaria formosa dieſen zu: 
nächſt den mindeſten Verdacht verdienen, weil 
fie beſonders der erſten von den hier vorgeſtell⸗ 
ten Arten fo ähnlich iſt, daß fie ſich faſt ein» 
zig durch die etwas beträchtliche Höhe oder 
Schlankheit ihrer Aeſte unterſcheidet, und daher 
gerade das Gegentheil von der Art des gegen⸗ 
wärtigen Artikels darſtellet. 


thezeit, Blumenfarbe u. ſ. w. aus, fo daß man 
jede Sorte aus dem Gewächſe ſelbſt erkennen und 
unterſcheiden kann. Eben dies gilt auch von Vitis 
vinifera, Fragaria vesca, Pisum sativum, Py- 
rus communis, Juglans regia, Brassica ole- 
racea, Ficus Carıca, Dianthus Cariophyllus, 
Primula Auricula, Cueurbita Pepo u. ſ. w. 


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XXVII. Die Stockmorchel. Helvella 
esculenta. P. | 
©. Wachspräp. CC. und Abbild. Tab. CC. 


. —— — 


S. merkwürdig auch immer der Uebergang 
ſeyn mag, welchen wir in dem gelben Hörner— 
ſchwamme oder der Bärentaze von den Hörner— 
ſchwämmen zu den Stachelſchwämmen beobach— 
en: ſo iſt doch jener von den Faltenſchwäm⸗ 
men zu den Morcheln mittelſt der Stockmorchel 
noch viel auffallender und einleuchtender. Ver— 
gleichen wir ſie endlich mit der Baſtardmorchel, 
oder mit Ventenats Morchella Tremelloides: 
ſo ſollte man ſich faſt geneigt fühlen, dieſe beyde 
Gattungen in eine einzige zufammen zu ſchmel— 
zen und die Arten von beyden in ununterbroches 
ner Reihe aufeinander folgen zu laſſen. 

Ich habe mich bisher von dem Daſeyn der 
eigentlichen Helvella mitra in Oeſterreich noch 
nicht überzeugt, und überge he fie daher hierorts 
mit Stillſchweigen: ſollte ſie ſich jedoch irgendwo 
vorfinden; ſo kann ſie ohne Bedenken uuter 
Vorausſetzung der allgemeinen Vorſichts regeln 
ſo gut, wie alle die übrigen geſtielten Arten von 
Helvella; die man im Deutſchen ohne Unter: 
ſchied Steinmorcheln, Stockmorcheln, Stockmau— 

Me. 


162 

sahen, Biſchofs mützen, Pfaffenhütchen, Lorchen, 
Katzenöhrlein und falſche Morcheln nennet, zum Ge- 
nuße angewendet werden, und es würde von ihnen 
alles das gelten, was ich hiervon der vorliegen: 
den dunkelbraunen Stockmorchel zu ſagen habe. 

Dieſe letztere wächſt nähmlich bey uns auf ho— 
hen Bergwieſen, z. B. in der Gegend von Lilienfeld 
— kömmt alldort im May zum Vorſchein und wird 
eben fo wie die gemeine Morchel zubereitet und ge- 
noßen, von welcher ſie ſich im Geſchmacke auch nur 
ſehr wenig unterſcheidet. 

Dieſe unſere Stockmorchel, welche auch am 
Harz und in Bayern zu Haufe iſt, hat einen glat- 
ten (Furchenloſen) unterhalb etwas Knollichten un— 
ebenen, ungefähr Zoll dicken und 2 Zoll hohen, inn- 
wendig Zellenartig ausgehöhlten weiſſen mit dem 
feinen Fruchtpulver graubräunlich bereiften Strunk, 
auf deſſen ſtumpfer Spitze ein oberhalb ſchwarzbrau⸗ 
ner unterhalb weißlicher Hut feſt ſitzet, welcher, 
nicht ſehr tief in mehrere ziemlich große, Wellen⸗ 
förmig gekräuſelte höchſt unregelmäſſige, ziemlich 
ausgebreitete Lappen zertheilt iſt, welche auf ihrer 
Oberfläche mittelſt ihrer, jedoch nur ſeichten und 
ſtumpf gerandeten faſt Kreisförmig geordneten 
Zellen mit der gemeinen Morchel viele Aehnlich⸗ 
keit haben und zu ihr eine ſehr nahe Verwandt⸗ 
ſchaft beweiſen. Dieſe Lappen ſind ziemlich dick 
und von einer ſaftigen Wachsähnlichen Subſtanz. 


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163 


LIT III 2222222282232 2 44222224 


XXVIII. Die Herbſtmorchel. Helvella 
Leucophaea. P. 


S. Wachspräp. DD. und Abbild. Tab. DD. 


„„ 


Noch eine Art von Faltenſchwamm, die zwar 
bey uns nicht in Menge vorfindig, die aber als 
lerdings eßbar iſt und dabey noch das Vorzüg⸗ 
liche an ſich hat, im ſpäten Herbſte zu erfcheis 
nen, wo wir nicht gewohnt ſind, Morcheln und 
Morchelartige Schwämme zu verſpeiſen. 
Perſoon, welchem meine Abhandlung bie 
ſes Schwammes in dem größeren Schwammwerke 
(Oeſterreichs Schwämme T. I. p. 197) zu Ge 
ſichte gekommen, hat ſich hierüber in einem 
Brie fe geäuſſert, daß er ungewiß ſey, ob die 
dort vorgeſtellte Herbſtmorchel nicht vielmehr ei⸗ 
ne eigene neue Art ausmache. Allein, da ich 
die Urſache entdeckt habe, welche ihn zu dieſer 


164 
Vermuthung berführet hat; fo liegt es mir ob, 
dieſe Sache aufzuklären, und die Wahrheit in 
ein helles Licht zu bringen. 

Da der Herr Verleger der Oeſterreichiſchen 
Schwämme die ganze Auflage dieſes Werkes 
beſorgt; ſo geſchah es, daß einige junge Leute 
ihm illuminirte Tafeln überbrachten, mit dem 
Vorgeben, ich hätte fie ſchon durchgeſehen und 
gut geheißen. Da nun aber dieſes Vorgeben falſch 
war, und Hr. Geiſtinger, der ihm feinen Glau⸗ 
ben ſchenkte, dadurch hintergangen wurde; fo 
geſchah es, daß einige Exemplare in der Illu⸗ 
mination nicht ganz richtig ausfielen; und ich 
habe alle Urſache zu vermuthen, daß H. Per⸗ 
ſoon eben ein ſolches Exemplar erhalten habe. 
In dieſer Hiaſicht iſt demnach bey gegenwärti— 
ger z2ten Vorſtellung um fo viel mehr Fleiß 
und Behuthſamkeit angewendet worden, und 
ich hoffe, daß in Zukunft kein ſolcher Verſtoß 
ſich wieder ereignen werde: denn was die Allus 
mination betrifft, ſo übernihmt Hr. Verleger 
weiters keine Exemplare, als ſolche, worüber 
ich ein ſchriftliches Zeugniß der Gutheißung aus— 
geſtellet habe, und der Verfertiger der Wachs⸗ 
figuren, der K. K. Herr Modell Director Rein- 
hold, welchem ich die Wichtigkeit dieſes Ger 
genſtandes mit allem Nachdrucke ans Herz gen 
legt habe, macht ſich ſelbſt für die Richtigkeit 


165 


der gefertigten Exemplare verantwortlich, außer— 
dem, daß er mir die heiligſte Zuſage gethan, 
kein Stück abzuliefern, welches ich nicht angeſe— 
hen und gutgeheißen hätte, und daher auch alle 
von mir gerügten Unvollkommenheiten mit der 


pünktlichſten Genauigkeit zu berichtigen. Und fo 


hoffe ich denn für die Zukunft das Beſte! 

Um nun wieder zu unſerer Herbſtmorchel zu— 
rück zu kommer, ſo kann ich betheuern, daß ich 
dieſen Schwamm mit aller der nöthigen Sorgfalt 
geprüft und ſowohl mit den Beſchreibungen, als 
mit den Abbildungen der in meinem größeren 
Schwammwerke eitirten Schriftſteller nahmentlich 
mit Battarra, Bulliard, Schaeffer, Schrader, 
Scopoli und Sowerby genau verglichen habe. 
Insbeſondere finde ich die Abbildung des So- 
werby ſehr anpaffend und aller Unterſchied zwis 
ſchen dieſer und unſerem Schwamme beſtünde 
höchſtens in der etwas ſtärkeren Färbung des 
Hutes und in den etwas tieferen und zahlreiche, 
ren Runzeln. Allein dergleichen Dinge ändern nach 
dem Boden, nach der Stärke des Lichts und 
nach der Verſchiedenheit der Witterung zu leicht 
ab, und die gemeldeten Unterſchiede ſind überdies 
ſo gar unerheblich, daß ich darinn keinen Grund 
finden kann, unſere Herbſtmorchel für eine eigene 
Art zu erklären. 


5 


466 


Der Strunk der Herbſtmorchel iſt weiß, faſt 
Kegelförmig und auf ſeiner Oberfläche der Länge 
nach mit herablaufenden, gebogenen, theils an— 
gewachſenen, theils freyen durch Queerverbindun— 
gen vereinigten Sehnen dergeſtalt umgeben, daß 
er auf den erſten Anblick einem Gitterſchwamm 
(Clathrus) nachzuarten ſcheinen dürfte. Seine in⸗ 
nerliche Subſtanz iſt von ganz gleicher Beſchaf— 
fenheit. Die herablaufenden Sehnen bilden alfo 
mittelſt der Due:rverbindungen häufige Zellen, 
von welchen jedoch kaum zwo einander gleichen. 
Durchſchneidet man den Strunk; ſo ſieht man 
lauter durch ſchnittene Säcke oder Canäle von ver— 
ſchiedener Weite und Tiefe. | 

Der Hut, der wie bey der Stockmorchel 
aufſitzt, aber nicht ſo dunkel von Farbe, ſondern 
vielmehr weißlich und nur ganz ſchwach mit et— 
was wenigem Gelbbraun beſchmutzt iſt, hat noch 
mehr den Bau der eigentlichen Morcheln, als 
die übrigen Biſchofsmützenartigen Schwämme. 
Von dieſen gleichen einige gewiſſermaſſen den Pe— 
zizen, oder Becherſchwämmen, indem ſie ihre 
Lappen in die Höhe zurückſchlagen und wohl gar 
zuweilen dem modernen Schnitte der jetzt gewöhn— 
lichen Hüte nahe kommen, die freylich auch Im— 
pfelartig genug ausſehen, und auf den galanten 
Rümpfen unſerer Stutzer nicht weniger grotesk 
in die Augen fallen, als ein ſolcher Pezizenhut 


167 


auf dem Scheitel einer Morchel oder eines Bits 
terſchwammes. Der Hut der Herbſtmorchel legt 
ſich vielmehr nach abwärts, wie bey den wahren 
Morchelr. Doch ſind ſeine Unebenheiten von je— 
nen der Morcheln gerade das Gegentheil: denn 
ſie beſtehen in Zellen von der untern und Blaſen 
von der obern Seite: auch ſind die Lappen ihres 
Hutes auf der Unterſeite nicht weiß ſondern bräun⸗ 
lich, und wirklich noch dunkler, als auf der 
Obern. 

Die Zubereitung iſt mit den Morcheln einer- 
ley; die Güte mittelmäſſig; die Erſcheinungszeit 
der Oktober und der Standort gemiſchte Laub— 
wälder, die lange grünen, allwo er unter Ge— 
büſchen aus der ſchwarzen Walderde hervor ſproßt. 


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168 


XXIX. Die gemeine Morchel. Mor- 


chella esculenta, P. 


S. Wachspräp. EE. und Abb. Tab. EE. 


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Die gemeine Morchel heißt in Oeſterreich Mau⸗ 
rache, auch doppelte Maurache, ſonſt Morche, 
Morgel, Morchelſchwamm, Erdmorchel, Wald— 
morchel, Gartenmorchel, Spitzmorchel, Holländ. 
Morilje, Dän. Morkler, Schwed. Murkla, 
Engl. Morel, Franz. Morille, Ital. Spugnola, 
Span. Murguras, Portug. Morilha, Ruſſ. Smort- 
schok, Poln. Smar/e, Böhm. Smrz, Illyr. 
Smortschok, Krain. Mauroche, Ungr. Kutsma- 
gomba, Lett. Kehwupuppas, Eſthn. Lemna 
nissed, u. ſ. w. 

In meinem größeren Schwammwerke (T. I. 
p. 67) habe ich die gegenwärtige Morchelart für 


. 


EEE SER ÜETROSELRNRTEN 


169 
eine beſondere Species erklärt und ihr den Nah⸗ 
men: Morchella continua beygelegt, weil Pers 
ſoon in ſeiner Synopsis fungorum ausdrücklich 
ſagt, daß die Morch. esculenta einen vollen 
Strunk habe, da doch die mir bekannte abzu— 
handelnde Morchel allezeit im Strunke ganz 
hohl iſt. Allein, wenn ich dieſe Bedenklichkeit 
recht ernſthaft in Betrachtung nehme: ſo ſcheint 
es mir nun, daß entweder Perſoon ſich geirrt 
haben müſſe, oder daß es irgendwo Morcheln 
mit vollen Strünken geben möge; die aber im 
Uebrigen von der gemeinen Morchel in gar nichts 
verſchieden ſind. Denn die eben von Perſoon 
angeführte Synonimie zeugt klar, daß er eben 
denſelben Schwamm gemeint habe, welchen ich 
a. a. O. vorgeſtellet und beſchrieben habe. 

Wenn die Faltenſchwämme (Helvellen) eine 
ſtarke Verwandtſchaft zu den Morcheln und Per 
zizen berrathen: fo gibt uns hier die Betrach— 
tung eine Analogie der Morcheln mit den Ader- 
ſchwämmen (Merulius) zu enträthſeln. Man 
dürfte ſich nur den Gipfel einer Morchel, der 
ohnedem ziemlich Runzellos, ja zuweilen wohl 
gar durchſtochen iſt, als erweitert, geebnet und 
Rippenlos denken, ſo fehlet nicht mehr gar 
Vieles, daß wir uns einen Merulius clavatus 
vorgemahlt hätten, und die ſogenannten Meru- 
lii resupinati, wie z. E. der Merulius destru⸗ 


170 
ens, wenn gleich ihre Geſtalt ganz verſchieden 
iſt, haben doch faſt eben ſolche Zellen, wie die 
Morcheln. Aber vor allen übrigen muß Perſoons 
Merulius Pezizoides (aus der Beſchreibung zu 
urtheilen!) den Morchellen ſich nähern. Und was 
ſind wohl dieſe Echabenheiten um die Zellen 
herum anders, als ein Adergeflecht, obgleich 
es ſich bey den Morchellen etwas regelmäſſig er 
und häufiger als bey den Aderſchwämmen durch⸗ 
kreuzet? Ich führe dieſe und ähnliche Bemer⸗ 
kungen nicht ohne Ur ſache an. Meine Abſicht 
hiebey gehet dahin, den Leſer auf die zahlloſen 
Uebergänge in den Familien der Schwämme 
aufmerkſam zu machen; und ihn hiemit zu ges 
wiſſen Behauptungen vorzubereiten, die ich in 
der Folge über die Natur der Schwämme vor⸗ 
zutragen gedenke, und die auſſerdem beym erſten 
Aufſtoſſen paradox ſcheinen dürften. So aber 
darf ich es wagen, vorläufig als eine Erfah⸗ 
rungs ſache den Satz aufzuſtellen: daß die be 
reits angenohmenen Gattungen der 
Schwämme nicht viel beſſer als die 
Genera im Mineralreich find, und 
daß Blätter, Löcher, Falten, Röhren, 
Stacheln, Runzeln, Knöpfe u. d. gl. 
keine ſo ſtandhaften Organe ſind, aus 
welchen ſich ſolche Gattungscharak⸗ 
tere entlehnen ließen; es wäre aller 


171 
Dinge möglich, daß nach den bisher 
angenohmenen Schwammgattungen, 
eine und dieſelbe Art einmalals Ag a- 
ricus, ein andermal als Merulius, ein 
andermal als Dae dalea, oder als Sis- 
totrema, erſcheinen dürfte; daß al ſo 
ganz andere Merkmahle auszuwählen 
ſeyen, wenn man unter den Schwäm⸗ 
men eben fo feſte und ſichere Gattun⸗ 
gen einzuführen wünſchet, als wir de 
ren bereits in dem Gebiethe der Ph 
nogamen auf zuweiſen haben. 

Die gemeine Morchel hat einen unregelmäſſig⸗ 
Walzenförmigen weißen Strunk, der inwendig hohl 
und oberhalb mit einem Hute gekrönt iſt, welcher der 
Regel nach eben ſo lang als der Strunk iſt, 
und der mit ſeinem Rande auf dem obern Ende 
des Strunkes rings um ohne Zwiſchenraum feſt 
ſitzt. Er iſt von Farbe graubraun, und theilt 
- fih an feiner ganzen Oberfläche in nicht ganz 
regelmäſſige ziemlich große Zellen, deren erhas 
bene ſchmale Scheidewände ſich in ſchiefer Rich⸗ 
tung durchkreuzen. 

Sie erſcheint bey uns zu Anfang des Mans 
monaths in Laubwäldern oder auch in Obſtgär— 
ten, wenn der Raſenboden einige Jahre vorher 
mit Aſche Gerberlohe und Baumlaube gedüngt 
worden, und wenn die Lage fo befchaffen iſt, 


172 | 

daß fie die Winterfeuchtigkeit lange Zeit aufbe⸗ 
halten kann. Man hat vor Zeiten, zu großen 
Schaden der Wälder Stellen ausgebrannt, um 
den Wachsthum dieſer Morcheln zu begünſtigen 
(S. Gleditſch S. 60). 

Es gibt viele Abartungen z. B. in der Höhe 
von 1 bis 3 Zoll, in der Farbe vom Grau— 
braunen ins Gelbbraune, in der Figur mit ei— 
nem ſpitzigen oder ſtumpfen Hute, welcher auch 
zuweilen länger oder kürzer als der Strunk iſt. 

Man genießt ihn als Gemüſe man ſchmort 
ihn in Butter, mit einem Zuſatz von Zucker 
und Wein, man füllt ihn mit fricaſſirten Le— 
ckerbischen. Auch pflegt man ihn erke für 
den Winker aufzubehalten. 


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173 
PER e II EN DEI 


XXX. Die Baſtardmorchel. Mor- 
chella patula. P. 


S. Wachspräp. FF, Abbild. Tab, FF. 
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Auf den Märkten Wiens habe ich zwar noch 
verſchiedene andere Arten von Morcheln ange— 
troffen, als z. E. Morchella Gigas, hybrida, 
crassipes u. d. gl. Allein, da ich dieſe niemahls 
in ihrer Geburtsſtätte ſelbſt gefunden habe, und 
mich daher von ihrer Stättigkeit nicht überzeu— 
gen konnte, ſo wage ich es nicht, derſelben 
hierorts als eigener einheimiſcher Arten Erwäh— 
nung zu machen. 

Die Baſtardmorchel habe ich öfters in den 
Donauinſeln beobachtet. Sie iſt der vorigen ſehr 
ähnlich, und unterſcheidet ſich von ihr vornälm— 
lich durch den Hut, welcher nicht angewachſen iſt, 


174 
fondern rings um frey über den Strunk herab» 
hängt. Seine Zellen find etwas größer und we- 
niger regelmäſſig, als bey . e Mor⸗ 
chel. Uebrigens varirt dieſe Morchel eben ſo wie 
die gemeine. | 

Erſcheinungszeit und Gebrauch find mit der 
vorigen einerley. Sie kömmt aber ſeltner zu 
Markte, und iſt überhaupt nicht ſo häufig zu 
finden. Auch pflegt ſie ihren Standort, wie alle 
Pflanzen der überſchwemmten Gegenden, öfters 
zu verwechſeln. Sie geht leicht in Fäulung über, 
wenn ſie einmahl zu ſtäuben angefangen, und 
alsdann iſt ihr Geſtank unerträglich. Man muß 
die Morcheln pflüken, da ſie noch jung ſind: 
denn die aus gewachſenen find meiſtens ſchon 
weich, von Maden bewohnt und eben deßwegen 
giftig. 


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New York Botanical Garden Library 


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