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Full text of "Die geschichten der Ungern und ihrer landsassen .."

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BIE GESCHICHTEÄT 

ÜJER UiKiliRN UND IHItER LA^DSASSES. 
^wevtei' TKeil . 

Die Untern unter. Herzogen iiii(l Köiiigei^ 

ausjViya<Vs Stamme. /"^J^^^* 




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I n h a 1 t s a n z e 1 g e. 
Drittes Buch. 

Weideben der Ungern unter den Königen 
aus Arpad's Stamme, von Stephan dem IL 

bis Andreas dem 11. 



Erster Abschnitt. 
J)es Ungrischen Reiches drittes Jahrhundert; 

L 

Stephan der Ü. 
J« C. II i4 — * 1131« 



8eif^ S. Eine Reilie grosser Herrsclier lind nicht ini» 
mer der ^ Völker Glück. — Stephan, dreyzehnjähriger Kna« 
be, zum Könige gekrönet, stellet unter Vormundschaft der 
Magnaten. — Verrätherey des Spalater Erzbischofs JVla nas- 
ses, — 7. Fast ganz Dalmatien wird an die Veneter verlo- 
«n, — Des Veneter Herzogs Ordelaph Falier Niederla- 
ge und Tod. — Waffenstilßtand zwiscnen Venedig und Un- 
garn. ^. £)er Ritter Solth, Anstifter einer Fehdtchaft zwi- 
ichen Böhmen und Ungarn, — ii-. Fehdschaft zwischen Un- 
|ani und Oesterreich. — Stephan^s Vermählung. — Der 
Böhmen Herzog B o r i w o jr , imd des Mähzer Fürsten S o b e s- 
law Gemahlin als Flüchtlinge in Ungarn. — 15. Aufnahma. 
^M Kumaner Hauptmannes Tatar mit einem Haufen sei« 
ijes Volkes in Ungarn. -— Stephan^s geringe Regententhä« 
^keit in d^n nächsten vier Jahren. — Stephan^s Feldzug 
J^ Wladimir; sein« Gmfta «rerweigana ämi $en Gehonam 

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itk Bestfiiteütig'^eT fceten 8uidt PTzemisL «^ fto. Tüi Boris 
den Sohn der von Coloman VerttosMRcn Pr«dslawa 
seigen sicli günstige Aussxciiten. — Stejphan'^s zweyter 
FeldKU^ riadi Roth - Rassland Boris wird Fürst von Ha- 
litsch , und mit J u d i rh , Bolcsla w*s Tochter , vermählet. ^ 
Einfall einiger Unerisclier Baronen in Steyerroark. — 23. 
Ddr Salzbürger "^rEbischöf Conrad erhält vom Könige Sre- 
p k a n Genü^hanng. — Stephan bestraft den Ungehorsam 
seiner Orafen. — &esjgebl endeten Almas Flucht nach Con* 
•untino^l. -— Stephan^s Krieg mit dem Byzantiachea 
Kaiser Joannes Co ni4i e n u s. — Unzufjriedenli«it * der Un* 

eerh. — Sobeslaw sendet dem Könige der Ungern Hülfr* 
ölker« ^^ loannes''Comnenut setzt über die Donau. -~ 
J16. Die Ungern werden geschlagen. — Francochorion. — Dw 
Kaisers ftbereilter Rückzug verschafiPt den Ungern 'vrichtige 
Yorthe^e. — De« Almus Tod. — Friede «wischen Üh- 

fhrn und Byzantem. — Gericht über die Ungrischen Grafen 
Dann es und Bors. «^ 3i. Der geblendete Bela, Almus 
Bohn, -wird entdeckt, an des ^Königs Hofla^er gebracht, zum 
Thronfolger erklärt und vermählet. — Kriegerische Stellung 
äes Polnischen Herzogs BoleslaWzu Gtu&ltoi'seiiiet 'Eidjtm* 
«oris,*-^ diephan't Tod. 

n. 

ISela der II. 
). C. ii3» — si^t* 

$^>ff"S4. ^«*la*s Krönune. — Seine Aühlngllclikert an 
l3ie Königin H eleu a. — -Landtag üuArsd. — RedederKö' 
«ligin an die Stände. — 38« Der Arader Bluttag. •* Folfien 
^dessdben far den Honig.- —- Des Boris Paitey in X^ngara 
'wird von Boleslaw mit rinigir Kriegsmacht unterst fitzt. — 
^eWaltthätige Massre^ el der Königin. — 42. Treue der Mafi' 
tiaten gegen den-^König. — Die Polnischen SckarHi werden 
iKum Rückzuge bewoj^n. •— Boleslaw*s Feldzug nach Uir- 
gam. Bela*s Verbindung 'mit dem Markgrafen von Oester- 
Ireich und toit dem Herzoge von Böhmen« — Boris flieht-'-' 
Boleslaw muss sffih'zurückziehen. — 46. Bela sichert sicIi 
den Frieden dutch Familien Verbindungen. — Verrath derHa- 
litseher und Uneem an Boris und ^oleslai^ begannen. •** 
Des letztem Tod, des erstem Flucht an des Deuuchen König* 
C OUT ad fioflageiv ^*^ 50. Belags Tod und KuJim« 

IH. 

•^isa dör JI. 
J. C. 1141 — nGu^ 

^dite Ji. Reichsverwaltung wähtendt der MinderjähTig** 
keit Geisa^s. -« Einladung der Flanderer nach Siebenbürgen« 1 
— 55« Boris sucht VergebHch den Kaiser Conrad widef 
Ungarn aufzureizen. — 'Oestenreicber treten unter sein Paniere 
^ Prcsburg ^r|isa\|MS,*l]Medebi^cik\&fair)äeii^ u«d von den UiH 



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— • III — 

eem wieder erstürmet« — 58* ' Feldzug der Ungern nach 
Oesterreich. Niederlage der Oesterreicher« — Der heilig« 
Bernhard predigt den zweyten allgemeinen Kreuzzug. •— 
^. Kaiser Conrad und viele Deutsche Fürsten rüsten sich 
cur Kreuzfahrt. -— Betragen des Deutschen Kreuzlieeres in 
Ungarn und im Orient. — Bessere Aufführung des Fränki- 
schen unter Ludwig dem YII. — Geisa^s Vermälilung 
mit Euphrosyne, Tochter des Russischen Grossf ürstea 
Mstislaw. — 66. Die Ungern nehmen für Isäslaw, den 
Bruder ihrer Königin , TheiT an den Fehdschaften der Russi- 
schen Fürsten. — Geisa selbst sieht wider den Hali- 
tscher Fürsten Wladimerko zu Felde und siegt. -— 70- 
Fortdauernde Fehdschaften der Russischen Fürsten« — • 74. Gei- 
sa* s zweyter Sieg über Wladimerko. — Kaiser Manuel 
Comnenus«— « 79. Sein Feldzug in Serwien. — gs. Sein 
Einfall in Ungarn. — Sein prahlender Triumpheinzug in Con* 
stantinopeL Friede zwischen ihm und Geisa. — 36. Ma- 
nuelas Vetter Andre nikus Comnenus. — Sein gehei- 
mes Bündniss mit Geisa wider Manuel wird verrathen. — 
Zw^istigkeiten zwischen dem Könige und seinen Brüdern Ste- 
phan und Ladislaw. — Geisa's Heerzug wider Ma- 
nuel. -— Boris kommt in Gefechten mit Petschenegen um 
das Leben. — 90. Friede zwischen Manuel und Geiäa. -« 
8 1 e o h a n sucht Waffenhülfe in Deutschland. ^ Friedrich 
der J. verwendet sich für ihn bey dem Könige» dessen Ge- 
sandte dem Kaiser die wahre Lage der Dinge in Ungarii auf- 
klären. -» Stephan kehrt hoffnungslos nach Constantinonel 
Eurück. — Geisa sendet dem Kaiser Waffenbeystand wider 
die Mailänder« — 04. L a d i s 1 a w des Königs zweyter Bru- 
der flüchtet sich nach Constantinopel. — Neue Ankömmlinge 
in Ungarn« — Geisels Tod. 

IV« 

Stephan der III« Ladislaw der IL ' Stephan der IV. und 

wieder Stephan der IIL 

J. C. ri6i — 1173. 

Seite 96. Des Reiches Zustand nach Geisels Tod. -• 
Die ReichsTerwaltung für den minderjährigen Stephan den 
IIL Geisa's Sohn. — Manuel will den Ungern seineit 
Si^utzgenossen Stephan, Geisa's Bruder, zum Könige auf- 
dringen. — ' 99. Drey Parteyen in Ungarn. Zwey vereinigen 
sich, von Manuel bedrohet und bestochen, für Ladislaw 



nes ; sein Anhang ist gering. — 10a. Er wird vertrieben. — 
Manuel unterstützt mn mit Kriegsmacht, betrögt die Un- 
gern indem er des Königs Bruder Bei a zu seinem Nachfolger 
tok Byzantischen Reiche ernennet und ihn nach Constantinopel 
bringen lässt. — Stephan fällt in Unffarn ein; wii'd zurück* 
getrieben. I^r Böhmen Herzog Wladislaw zieht den Un« 
gern zu Hülfe. — Manuel vermeidet den Kampf g^en 
überlegene Macht« --- 106. Auch Stephen nimmt dieFlncbti 



^keg BT^amisehe Ttläben A^dronikuY wird TOn BölinieB 




iassen. -^ 6lrephaa von dem Byzanthclien HeerfükrerNi'- 
cephorut Unterstützt, bemächtiget sich der Bacser und Bo*- 
drogher Gespanschaft. — Wird von den Ungern wieder ver- 
jugt. — Sinnien von diesen 'weg|;enommen. — Samuel 
YTtlzt den Vorwurf der Treulosigkeit auf iien üönig» — i*o« 
Die Ungern nehmen Semiin im Sturme. Stephan wird ia 
der Stadt dio-ch Gift getödtet. — Manuel nistet sich zur 
Rache duixh Bündnisse , und begimit den Kampf mit gemei- 
nen LästeruiLzen. — Nach langer Belagerung wird er wiedet 
Meister von Semiin; sein Feldherr Jo«nnesOa4(as ninimC 
I>almatien in Besitz. — 114. Manuel lässt seinen Künfti- 
gen Eidam B^e I a für seinen Thronfolger eidlich anerkennen» 
In der Hoffnung dadurch auch Ungarn dem Byzantischen Kei* 
iche einzuverleiben. — Der Ungriscke Feldherr Dionysiu« 
schlägt die Byctin tischen in Sirmien. ^- Manuel rächet <1m 
Niederlage der Seinigen durch Raubzüge im nordöstlichen Sie- 
i>enbürgen und! Ungarn. — 11% Manuels R&nke. -;- Ste* 
phandeslll. Vemiählung in Wien. Dalmatien ergibt sick 
wieder an die Ungern. ;^^ Manuel sendet seine liriegsniacU 
nach Sinnien. — • Ungehorsam gegen den FelditeiTn Diony- 
sins entwindet den Ungern den Sieg; auch Dalmatien wir« 
verloren. — Manuel wird unverhofft Vater eines Sohnes» 
Dies^ wird gekrönet, der dem^ela geleistete Eid aufgeiosii 
das Eheverlöbniss zwischen ihm und Manuels Tochter auf^ 
gehoben. — 1 19. B ei a wird mit Agnes, der Schwester de* 
Kaiserin, vermählet. •«• König Stephrais -der IIU sai4H 
plötzlich, 

5Bela der IH. 
J. C. 1173 — 1196^ 

Seite 1^0. Bela wird auf den vat^ländisdien Tlfton be* 
rufen; von Manitel zu -einem Eide, nichts gegen des Byz^' 
tischen Reiches Vortheile zu untemelimen, verleitet. — V^' 
schiedene Paiteyen in Ungarn. «^ -isS. Lucas Bänfy ver 
weigert den Dienst der ürönuug. — Bela lässt seinen Bru- 
der Ge i« a in Verhaf t setzen , und von dem Coloczer Erzbi" 
schof sioli krönen. <— Gei sa entkommt aus dem Gefängni&s^v 
wird auf seiner Flucht in Böhmen voti Herzog So besla^ 
angehalten, dem Könige ausgeliefert und in strengere yeiyv^^' 
rung gebracht; Euphrosyne nach Griechenland verwieset» 
die Diener ihrer und Geisa^s Partey werden bestraft. *— '^ 
Bela sendet ^em -Kaiser Htilfstruppen wider den Sukan Ikp* 
niens. — Bluttag zwischen dem rasseZybrika. — 133. I'ii^ : 
de. ^ ManuePs Treulosigkeit. — Sein Tod. — Bd* 
nimmt Dalmatien wieder ein. — Blutige Auftiitte in Co-n* ! 
stantinopel. Andronikus Comfienus raubt den Tharon.^ | 
Belags zweyte Vermählung. -^ 137. Zustand der Din^^ ^'j 
Halits^k. Col o tu a «i ^es Bovis Sohn > vom Herzog C« < ^* 



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n i E> zaia Fihrtten Mn^eaetzt^ wird dtwcb Gdft aua 4^10 Weg» 
geschaut. «*« Die Ualitscher unterwerfen sich der SchiitzlicrKf^ 
liehkeit Ungarns und verlangen einen Sohn des Königs zum 
Fürsten. Bela sendet ihnen dfn eilfjährigcn Andreas, t". 
Dieser wird von Casimir bald wieder vertrieben. Im Frie«^ 
den&schlusse z»witchen ihm and Ee 1 a werden des letztem An- 
sprüche auf Halitsch anerkannt. — Galizien wird in dem Ti-. 
telder Ungrischen Könige ao%enommeiL, — - i4i. Achtjähri- 
ger l^rieg. zwischen Venetem und Ungern um Jadra. — Z wey^ 
^liriges Wa£FenstiUstand. — Dritter allgemeiner Kreu^ug. —? 
Kaiser Fvi^drick der I. an der Spitze; 6ein£mpfan&; inUn-« 

farn.— Durch seine Vermittelung wij-d G.eisa» Be&t firu-. 
er», in Freyheit gesetzt. — £r begleitet mit zwey tausend, 
Rittern, den. Kaiser bis naclk Gricchenlajid. -^ Des Tyxannei^ 
An.droaikus Co mnenua Sturz zuConstantinopel. •— Fsa-^ 
ak Angelus wird Kaiser und Belags Eidam. — .146. Dio 
Walachen im Haemua machen sich unabhängig von Byzanti««. 
Seher Herrschaft. — Bela ruft das Ungrische Geleit an Ser% 
Wiens. Gxänzen von Friedrich 's Kreu^eere zuiück. G e i s a 
bleibt bey dem Kaiser. — Krieg der Ungern mil^: den. Venetem^ 

— Der Fünf kirchner Bischof mit Calanus. — Bartholo- 
m a e u 8 von V eglia , aus dem Geschleclite der Franjgepani. 

— 149. Glückliche Fortschritte der Walachen. — Kaiser I s a - 
ak wird von seinem Bruder Alexius der Herrschaft beraubt^ 
gtt^endiec ,, zum. Mönche geschosen« -^ 158« B.ela's X^^^ 

Vf. 

Emerich und Ladi^hiw Wk 
J. C. XI 96-^1205^ 
Seite 159. Parteyimgen uii4 ]^ehdscha{t des A^n d^r e a» wi^ 
d^r «eine]\,Brud«r £ m Q^r i c h. Ersterer bem^htieet sich Dal« 
n^atiens und Croatiens, bleibt uQ^eachtet päpstlicher j^azwi-^ 
sqhcnkunft im Besitze unid unterwirft sich dazu noch Rama und 
CJiulm. — Papst lmj.ocenti.usder IH. — Des |iönigs thä-, 
tiger Beschützer. — 157. Em e r i c h *^8 Vermü jilung. — 3pal-. 
tuQgim Deutschen Reiche* *— Det Herzog von Böhmen Frze-c 
niislOttokar wir4. von Kaiser Philipp, dann von 1 11 n o« 
ceiKtius zum Königsrange erhoben. — Neuje Fehdschaft in^ 
Unearn.zwi^dien dem ]^öii||;e ui;id seinem Bruder.-?- Qoijrad,^ 
Enbischpf von Maynz ivird Friedensmittler uijd. verleitet bcydo 
zum Gelübde der Kreuzfahrt na clv dem Orien(. — E.mericlv 
crweiteu die ü^grisch^ Herrschaft iij Serwieiv — 161. Ange-- 
legenheit^n dieses Randes, n- Walachische und Bulgarische An^ 
gelegenheiten. -w Neue Kreuzfahrt Eranzpsischer Herren i}acK 
Palästina.. — 165. Ihr Vertrag mit den Veuptcm. — Dies^.. 
nehmen JadrA mit Gewalt weg», wobey ihneii die Rreiwcfahrer 
dsene^ mussten« — Der ganze kteuzzug v^fehlet seinen Zwecke 

— Coastantii^pel wira von FraiiHen und Venetenv eingeitom- 
men. -^ 169. E m epi eh. sucht duKh ma^cherley Yorwändo. 
dem angelobten Kreuzzuffe auszuweicheOi» *— Es unterstützt 
^«Q Böhmiachen König in Befehdung des Datschen K^itera 
Fkilipp mit Hülfstruppen. — Verliert einen Theil Serwient. 
-«'Muss wid«r seinet^ auJEKdhrerischen, Bruder Andreas, s^u 



FeUe ziehen« •» 175. In der bedenUiehsten IjLgtr nimmt er In 
eigener Person den Empörer gefangen und lAsst ihn auf der 
Burg Kheene festsetzen. — l5er päpstliche Legat , Cardinal 
Leo» v^ird auf seinen Befehl anUngai'ns und Buijeariens Grän« 
ze in Yerhaft genomnoen. — - Des Papstes Sendschreioen an £ m e-* 
rieh. — 176. bieser setzt auf Fürbitte der Bischöfe den l>ga* 
ten in Freyheit, und rechtfertiget sein Verfahren vor dem Pap« 
•te. — * Dessen Antwort aui des tlönigs Vorwürfe. "^ i^k 
Joannitz "wird zum Könige der Bulgaren gekrönet. -* 134« 
Serwiens Angelegenheiten. — Dar unmündige L. a d i s Im w wird 

fekrönet. — Emerich erkranket. Er entlätst seinen Brudqe 
es Verhaltes , setzt ihn zu Ladislaw^^s Vormund und zum 
KeichsTerweser ein. Stirbt.— ir Andreas wird dem Papste ver-i 
dächtig. -^ Des letztem Massregeln zum Schutze des unmündi«« 
gen Köxiigs. — Die königliche Witwe von der herrsdisüchti- 
gen Gertraud y des A n d r e a a Gemahlin 1 mehrmals beleidi-^ 
get , fliehet mit ihrem Sohne und den Reichs - Jnsignien naeh 
Wien zu Herzog Leopold; dieser rüstet sich wider A n d r e* 
as zum Kriege j dessen AusWuch durch La.disia.w^&plötzl];^ 
oben Tod gehemmt virird. 



Zweyter Abschnitte 

üinlieimisclies Leben des Ungriscben Volkes im 
dvitteu Jabrbuaderte des Reicheis* 



I. 

Verfassung des Eeicbes^ nnd sta^Eifsbilrg^Iicher Zustand 

seiner Bewohner. 
Seite J90.. Ueber sieht. — 194* Königliches Ansehen. — « 
Wichtigkeit der KrÖnungA^Ceremonie. — Landtage. — - Gesetze. 
— " Reichswfirden und Aemter noch nicht erblich» werden aus- 
schliesslich von Königen vergeben. — iQg. Gespanscliaften.— 
Unterzeichnung der Urkunden* — -^ Die Magnaten, haben noch 
keinen entscheidenden Stimmenantheil an der Keichsves^ 
waltung. — aoa. Hoflager der Könige. — • 206. SchriftÜcJier 
Frozess in den Ungrischen Gerichtshöfen. — ^ 210. Bilotus re- 
gius.. — Verfall der Comitatsverfassung. — Folgen^ — »13. kö- 
nigliche Einkünfte. -^ Berg- und Münz wesen. — Steuer- und 
Zollwesen. — Städte. — «17. Burgen. -* Deutsche Pflan:bbür'- 
ger in Ungarn. -— aaj. Städte der Deutsphen, in Siebenbfir« 

gen.— 'Szekler.-^ Fetschenegen. -— Kriegswesen.-»- 295. Stand 
er Knecktschaft.-^ Guterpreis. 

II. 
Verhältniss des ITugriscben Reiches zu dem Papstdntine« 
Seife 227. Päpste dieses Zeitraumes, — 229. bemuheten sich 
l^cht um Einfluss in die Ungarischen Keichsangelegenheiten ; eK 
wurde ihnen von einigen Königen aufgedrungen. — Höhere 
Ansicht von dii||em Verfahren der Könige. — A lexaader der 
II r. wird von Geisa dem II. als recutmässiger Papst aner-« 
kannt. — 235. Misigrifis der Ungrischen Bischöfe in ihren 



'^^ Tllr ^mß 

yerwendu^g«!! kh die FSpste. — Stephai^.clet HI; Bdlct fh«. 
die Freyheit der Ux^riscuen^ l^irch^ — . ^37. L u « a • B a n f y 
befördert, theiU geflissentlich, theilt imvulikurlick , den 
päpstlichiQn Einfliiss in Ungarns Angelegenheiten. — Am thätig« 
sten darin y^ar l^önig £ in eri cli. — Sogar Über. die K!.öniii)C« 
und über Aufbewahrung der J^rone wurde die pipsthche £iit« 
Scheidung luichgesucht. — 1141. Auf An;snchen Bela des Ifl. 
enheilet Clemens der Ilf. der Abjtey iSanct Martin Ajif dem 
l^eiligenBeree^ einen Schutsbrief gegen die biscb^e. — • Steuer 
4er Ün^iscnen Kirclien an die papsuiche Schatzkammer. — - 
£m e.rich^s Gewaltthat, in. 4er Watzn^er Domkirrhe und ua^ 
dem Bischof B oles^la w verübt. — • 24^. Bescheidejries Ver(ah- 
ten des Papstes Innpcentius ^der den^üönig.-— Schwierig« 
keiten ii^ Bestätigung des erwähltes^ Spalter £r3bischof&B er n- 
b^rd. — Emerich überträgt dem Pajiste die unmittelbare^. 
f>eistiiche Gcrichtsbark^t ^ber nie königlichen Propsteyen und. 
andere königliche l^irchen. — 250. Einspruch des Graiier £rzbi- 
schofs Job dagegen.— Geheime Triebtederp der (äpste in Bt? 
fordem^g des Fanatismus der heiUgeii Kriege. 

lU. 
Kirclilioher Zustanid im Cngri8c}ietv.Reic^eb. 
Seite S54 .^reyheiten des Fü^fkirchner Bisthanset von B 9 1 a^ 
demllf.theils bestätiget, theils verliehen. — A58*Einerich8Fre^* 
gebigkeit gegen die A g r a m e r llirche. — aoo» Freyg^bigkeit 
einiger I^Öi^ge geg^n die S^alater l^che. — Absetzung des 
SpoJater Erzbischofs Gaudius.«-* Absalon» Erzbischof voi^ 
Spalfttro. — Amortisa^ions- Gesetz der Spalater.— S65. Welchen 
Gebrauch die Bischöfe von ihren Einkünfte^ machten. — Saulr 
vonHed.ervar^ Erzbischof von Colocza. — BoleslawBi- 
schof von Watzen. — Der königliche Schatzmeister J o r dai|, 
verliert deQ Process gegen Lucas Bit.^fy über Edelsteine» 
welche jener ans der erzbischöflichen Schatzkanim er genommeti^ 
hatte. -^ 268*Ugrin Bischof von Raab.— Bisthilmerund Prop- 
steyen'werden durcb Wahlen besetzt« Die Erlaubniss dazu ux\d die 
Bestätigung derGew&hlten ist den Könige^ -vorbehahen. — P <K 
ter Cnitilen Erzbischof von Spalatro. -— Provincial-Synode 
daselbst. — 275. Stiftung des CorbaverBisthumes -^.Ursprung 
des Bisthumes 9u Neitra.-«- 276« Ungrische Bischöfe auf allge- 
meinen Kirchenversammlungen. Auf die Ungrische Kirchenn. 
zQcht anwendbare Satzungen derselbe^. ^<— sg^* ^^^ errichtete 
Propsteyen inUngarQ. -!- 234. Neue Abteyen des Benedictiner* 
Ordens. •— 288' Ansicht von denfromme^ Stiftuijigen, uudvoiü 
mittlem Zeitalter überhaupt» — 292. Ursprung, Verfall, Reform, 
des Chorherren - f nttitutes. — < 397. Entstenung des P r a e m o n-^ 
stratenser- Ordens. — S99. AufmJime desselben in Ungarn.— 
Verfall und Reform des fiLen^dictiner- Ordens*— 3o4«Ur-^ 
Sprung des Cisterzienser- Ordens. — 3 15. Ei];L&lhrung 4es-^ 
stlben in Ungarn. — Wird von Bela dem III. vorzüglich be*« 
günstigeL — 331. Der Bakonyer - Wald. — Die Szirtzer- A btcy.-^ 
523. Geistliche Ritterorden. -« Langsam eFoxtschriue des Griechin 
sehen Kirchen- und Mönchswe^ens in Ungarn. —330. Ursachen«— 
352* L a d i s 1 a'w des I . Heiligsprechung. --• 335. — Verehrung der 
keiL Jungf] au, und der Reliqui en. — Sophia» Bela des II. Tedw 
ter imKU>ster zu Admont.-* Ablässe. —342 Patarener. 



VIM 



IV, 

Verbältnm des Ungrisdbeii'Episcopiitcs und Mönclitlii^ 

mes zu dem PaipsttItumQ. 
Seite 55a. Die Ungrische Kirche ipusf «ii?li gleich andern 
Kirchen dem vollsten dig ausgebildeten Papalsystem unterord- 
nen. — AnsicJiten von demselben^ — 557. Seine NolhwendiLg- 
keit und Nützlichkeit aus den I^eitverhältnissen eikUret. — 
1 8 i d o r 8 Decretalen. — 364. Gratians Üecret. — Verän- 
dertes Verhältniss der Capitel ?u ihren Bischöfen. — 563. Die 
Bischöfe selbst bewerben sich fiär ihxc lUrchen uro päpstliche 
Schut»briefe wider wehiighe Magnaten. — 372. Unvermöge« 
der Bischöfe ohne päpstlichen Beystand den Gewaltthätigkeif en 
der Laien und der Zügellosigkeit der Clerisey^u widerstehen.-' 
Känke der Bosheit wider Calanus von dem Papste Inno* 
centius unwirksam gemacht. — 575. Streitsache zwischen 
Cftlanus und dem Abte von Földvar. — 379^ Noth wendig« 
Exemtion der Abteyen von der bischöflichen Gerichtsbarkeit. — 
Dafür werden sie von ^en Päpsten zur J^ntrichtuiüg betrachte 
Ucher Schutegelder angehalten ;, nur die AbteyenderCisterzien- 
ser blieben verschonet. — 583. Die Aebte dieses Ordens wer- 
denvo*InnocentiusIII. zu den wichtigsten Gesandtschaf- 
ten und üittersuchungen gebrauclu. — Veifall einiger Benedic- 
tmer Abteyen in Un^n. — Innoceiitius beschützt die 
A btey Sanct Efiidius m der Simegher Gespanschalt ceeen dif 
CewWtthaten des Spalater EüssbiscEofs Bernhard. 

Cultur und Sitten des Zeitalters iw üngrischeu Reiphe. 
. Seite m Im mittlem Zeitalter überwog die CultUr des 
Gemüthes^Tbatek^des Yexstandes, wieüberaU^ so auch 
m Ungarn. 390. Schulen in Ungarn. — Veianögendere ün- 
gern besuchen die hohen Schulen zu Bologna und Pans - 
^ustand derselben. - 395^. Religiosität xnx^ SittUchkeit'be- 
«timden grösstendiejls in äussern Werken. ^ Ueberall erichci- 
WL £igennuU als Triebfeder, Gewinn als Beweggiruni 

Viertes Buch. 

Wcldeb« der Ungern unter den Königea aus 

Arpad's Stamme. 

T« Aadveas dem IKbi» zu des Stammes ErlöackflPBg, 

Er«ter Abschnitt. 
D«s Ui^rischQn Reiches Yiertes Ifffarhundert. 

L 
Andreas der II. 
f J. C. 1Ä05 -*• 13^35. 

Al^'^u''^ u^^'i ^H*^«"«*« wind gekiönet; — die Hersscbaft 
Ab« »hn behält seiBe QemahUn Scnraud, ^ FehSSl» 



— IX — 

iister den Russiiehen Fürstev. — Parteyitngen In Po?ra. -« 
Feldzug des Andreasn^ch Haütscli. — 4<>7* H»litsck«r iui,d 
WÜidimirer erkennen des Ungiisclien ^önigs OberlieirlichKeit. 
••-Andreas lässt die Tliat unvollendet^ begnügt sich mit 
Galizien und Lodoaaeiieii in seinem Titel und eilet nach H«ii'^ 
S6.— Nene Unruhen in Halitsch werden von Andreas schlecht 
gedämpft. — Unkluge Begünstigung und Erhebung der Yev- 
w&dten seinei: Gemanlin, besonders ihres Bruders Berthold 
xuni Coloczer Erzbisckof und zu hohen Reichsämtern. — 41 !• 
Unzufriedenheit der Ungern. — - Ihre Verbindiinf "wider den, 
}^önig -wird verrarhen. — * Verlobung seiner Tochter Elisa« 
beth« *«- Per Königin unbesonnenes Betragen dabey. — ^ Ihir 
Untergang wird beschlossen } -^ 41^* ^^^ ourch inre Ermov- 
duug Ausgeführt; währei^d Andreas- seinen fünfjährigen. 
Solm C alo m an in Halitsch zum Fürsten einsetzte. — 41^« 
Der Coloczer Erzbischof Berthold entfliehet mit dem Schat- 
ze der Königin. — Des Königs Klage darüber bey Inno«. 
centius. ' — Coloman wird zum Könige von Halitsch ge« 
krönet und mit S a 1 o m e des Polnischen Herzogs L e s k a 
.Tochter verlobet. — Des Königs zweyte Vermählune mi* 
Jolantha. — Das Lateinische Kai^erthum in Constantinopd 
yriti ihm angetragen; aber von Honorius dem Ijl. seinem 
Schwiegervater F e t e r von Courtenai verliehen* -^ * 4^- 
IDieser wird ausserhalb Born von dem Papste cekronet; in 
Epirus gefangen genommen. — Vorbereitungen, des Andrea« 
zur Kreuzfahrt^ VeiCgabung an die Cisterzienser Abtey zmofx 
heil. Kreuze im Wiener Waide. — Wegnalmie einiger Kost^ 
baxkeiten aus der Werzprimer Domkirche. — 423. X)es Kön 
]^.igs Ankunft in Spalatro. — Sein Gefolge. — Der Kreuzxug 
in Synent. -w 435, YergebUche Belagcigung des Berges Thabor. 

— Im Thale des Libanon wird 4em Könige Gift beygebracht» 
yirovon er gefährlich erkranket* — Er zieht sich nach Tripolis^ 
hinauf — 4^7. und tritt seinen Rückzug n^<;k Ungarn an. — 
^^ine Verffibungen in Syrien* -— ^ ^u Antiochien» ^u Nicäji. 
vqd in Bulgarien schliesst er Familien Verbindungen, -n* 4401, 
Ungarns kläglicher Zustand bey seiner Rückkehr. — Schlecht^ 
Hülfsmittel werden ergriffen. -^ Coloman aus Halitsch vei^i 
trieben und von einem Ungiischen Heere zurückgeführt, ge- 
räth i^ Gefangenschaft. — Seine Auslösung- -7- 444*.'^^^''®^ 
a s bemächtiget sich des Schatzes der Beatrix, Wittwe des. 
ILönies Eiperich, jetzt Gemahlin des Kaisers Fi^iederich. 

— Sie stirbt dem Scnuldner zu rechter i^eit. — Die Aimissex 
verachten seine Befehle. — 448* Die Kammergef^e ui^d Ein-^ 

' fünfte w^erden an Juden und MohAmmed^nischei Bulgaren vei;* 
pachtet. — - Zwietracht zwischen Andreas und seinem Sohnf» 
feela.— Ungarn in Parteyen getheilt. — Gewaltthä.tige Auf^ 
tritte. f 45a* Sieg des Aristokratismus üb^r die Monarchie auf 
dem Landtage desX 1242. — Die goldene Bulle^— 457. Neu^ 
Misshälligkeiten zwischen Andreas und B e 1 a. — X^etzter^r 
liehet n^ch Oesterreich.. •— Durch, d^s Papstes , der Bischöfe 
und der benachbarten i*ürste|i Yermitteluug kehrt er zurücK 
und erhält Dalmatiens und Croatiens YerwaltungT^nit königliches 
Tolhnachft. — Nacli einiger Zeit erhält diese Provinzen C o 1 o*. 
«tni Belji SiebenhiU'gen und Ungai;n aw Unken Theiss-IJferx 



1 



— 4^1. Die Teriluisertcu Kro«gflter werdei^ anf '^i Fapsm 
'wiederholte Befehle zurückgefordert. -«- Verschwömng dar 
VngerQ wider den König und seinei» Sohn wird eutde^t vai, 
bestraft. <— Die Verwivrung un Innern niri^nit zu. — L•and^ 
tag vom Jahxe i^x. Bestätigung und Erweiterung der gold^ 
sen Bulle. — 465. Der König htlt nichts Ton aTiem was ci 
eidlich verheissen hat. -^ Der Gsanes Iglrzbiachofl^ ober t Im* 
drohet ihi» mit dem Banne ,, verkündiget diese«, wider des ^6f 
nigs Rath^eb^r» und belegt Ungarn mit kirchlichem Iq-jerdict. 
471. Zuftucht des ^nigs an Papst Gregorius den IX. — 
Cardinal Ja hob Bischof voo Palestrina als Legat in Ungan^ 
{leichsversaxnnilungen und eidiidit Yerheissungen des Königs» 
8ein<^ Söhne iniA der Magnaten. — 474* Aber nichts ^rd er- 
füllet, «— Einfall der Ungern n^ich SteyexmaEk ui»d Oesterreidk 
Friede mit Friedrich dem Streitbaren« -^ Hochzeit«b «r ^ 
^.ndreftt Tod. 

II. 

Bela der IT. 

J. C^ 1235 — »*7o» 
Seite ^T7^ Zustand des Reiches als Bela deok Thron (f 
^tieg. -^ Der Palatin Dionysiut wird geblendet;^ du 
schlechten Rathgeber des Andreas werden theils eingeke^ 
biert» theils yerwieten. -^ Bel%*s VerfügungeQ zur £rhc 
bung des Königlichen Ansehens und zu besserer Staats wirtb* 
schalt. — 48a« Flucht der Beatrix, Wittw:e des Aijidrestt 
«US Unearn. — Meuterey einiger Reichsbaroqen wider Bell* 
'— Sie oerufen den Oesterreichischeoi Herzog Friedrich vA 
den Unerischen Thron. — Ihre Anscliläge werden v^rratheOi 
Bela fällt in Oesterreich ein uD.d gewälirt vor Wiens Mautn 
gegen beträchtliche K^ie^sschatzung dem Herzoge Frieden. ^ 
430. Zustand der Dinge i<jl Bulgarien , zu Constantit^^opel und 
in Thracien. — 439. Forderungen des Papstes an Bela. -^ 
Gegenforderungen cles Königs. — Die meisten wenden ilun 
von dem Papste gewähret. — Das Oestlich -TürKisclie 
Beich jenseit des Irtisch bis an den Amar - Strom. «— 495* 
Aelteste Stänime der IMiongolen* — Die övSt liehen Tür- 
Ken , in der Folge Tattern, werden ilinen unterthänig. <-; 
Dschingis-Khan. «^ 497. Sein Erstgeborner TtcU.utscIii 
vertreibt die Uzen aus Kaptscliak. — Sie verwickeln dieRai*J 
sischen Fürsten in Krieg mit den Mongolen. ** Völlige Ni^ 
derlage der Russen am Üalka-Flusse. — D&chingist Khant 
Tod. — Theilung des MongoUschen Reiches. — Batu* 
K h a n zieht au{ Eroberungen aus, unterjocht Baschkirien, Ki* 
san, Gross -Bulgarien und macht sich die Russischen Fürsteft 
zinsbar. — Klein - und Gross - Kumanien^ — fio'» Die Toa 
Batu-Kban in der Moldau, geschkigenen Kumaner werdea 
mit ihrem K,QnigeK.utben von Bela in das UngrischeRekk 
aufgenommen. — Ausschweifungen dieses Volkes \ Unzufiie» 
denheit der Ungern über die Aufnahnie desselben* — 505* ^^ 
werden von der ihnen drohenden Gefahr nicht gerührt. — * Vas% 
politische Tr&nmereyen. — Bedenkliche I^ag^ des Königb 
Seine Thätigkeit. ^m 503. Batu - Khans Fortschritte la 
Bussland. — - Ein Theil seiner Horden verheeret Polen uoi 
Schlesien. — - Mit dem giössern Theile derselben näheit ef 



•ieh^ üagaxm» B^dKcben Griazen. -«r Las^tAg zu 0(au -^ 
Unsimiiges Betragen der Ungern. — Die IMongolen spiengeQ 
den Yerecaskecr Pai^ — ^jlZ- Ihre Fortschritte in Ungarn ois 
vor Fetth und Watzen^ ^ Unbesonnener und unglücklicher 
liaaipf des Coioczer Erzbischof a Ugrin vor Pesth. — Watztü 
wird eingenonisien ^ ausgeraubt , abgebrannt* '— Des Oester« 
«eicher Herzogs geringfügige » aber yon unzufriedenen Ungerm 
hochgeprieaene Wafienthat« — Ungern mit Oestei reicliem 
Tereinigfk ,, ermorden den Humaner l^önig Kuthen und aeino 
Angehörigen. — 517. Das heranrückende Heer der Kunianex 
kehret nun seine Waffen wider die Ungem. ^ Di« biliarer 
"Werden dur«h List eines Moncolischen Haufens in die Flucht 

fejagt« — Einfall der Mongolen in Siebenbürgen. Einnahm» 
er Stadt Rodna. — Entscheidende Schlacht auf dem Felde 
Moky am Sa^o-Flusse. --^ 523* Schreckliche Niederlage 
der Ungern. — - 527« Des üiöni^a tmyermeidiiclie Flucht. -^ 
Herzog Coloraan stirbt an se^en Wunden.. — - Der Fünf*^ 
kirdiner Bischof Bartholom&us entkonunt. Festh ivird 
von den IVdongolen eingenommen. — Kajuk, Oktaj« 
l^han s Sohn kommt durch den Meszeser Patt nach Ungarn.— • 
Grostwardeins Zerstörung^ — Der Grosswardeiner D^mherv 
Rogerius -««• 529. Verheerung und Entvölkerung des Lan« 
deSf zwischen der Uooau, der Tneiss tmd dam Maros. — Fai<^ 
tche Sendbriefe in Bela*t Namen von Mongolen an die Un* 
gern aus^etandt. — Mongolische Landesverwaltun|;. — Ein« 
«ahme der Deutschen Stadt ^erg. — 533.. Der Cisterzienser 
Abtey Egres« *^ Bela wird yon Herzog Friedrich nach 
Oesterreich gelockt und von diesem treulos ausgeplündert« — • 
Vergebliche Mahnung des lUisert um Waffenbeystand« — « 
$33* Die Mo9golen gäen über die zugefrome Donauy brenneia 
Alt - Ofen ab -^ stecken die Stadt Gran in Brand ». belagern die 
Graner Burg Stuhlweitsenburg und Sauet Martiusberg vergebe 
lieh. Bela, von i}inen verfolgt, zieht nach Dalmatien. -^ 
54i- ^ug der Mongolen durch Slawonien und Croatien«. — Siet 
verfolgen den König bis Traw i er rettet sich auf die benach!« 
harten Inseln. -— Kajuk führt aeine Heerden durch Bosnien 
und Serwien nuih, Bulgarien ; unterdessen fallen einige. Haufeiv 
in Oesterreich ein , verheeren die Gegend zwischen Wien und 
I^eustadt 544* lagern sich dann vor letzterer Stadt und werdem 
von Herzog Friedrich zurtk<kgetrieben. — Qk t a x* s Tod« 
Schneller Abzug sammtlicher Mongolischer Horden. — Vidci^ 
Ungrische Gefangenen entwischen in dem hohen Moldauer Ge* 
birge. Ihre mwselige Wanderang durch Siebenbürgen. -^ 
Der Köni^ kehrt nach Ungarn zurück. — » 543. Batu-Kham 
gründet sich' ein eigenes Reich an der Wol^a. — Hungersnoth 
nnd Pest in Ungarn. — Bela*s Thatigkeijt in WiederhersteK 
long eines bessern Zustandes« -«- 554. Jadra, welches kurz 
vorher der Ungrischen Oberherrschaft sich unterworfen hatten 
wird wieder von den Venetern genommen. — äSß» Friede 
«wischen ihnen und dem Könige. — Fehdschaft zwischen 
4en Trawem und Spalatem. Innere Zwietracht der Letztern 
tber die Wahl ihres Erzbischofes.. — 560. K^eg der Ungern^ 
wider Oesterreich. Herzog F r i e d ri c h wird in der Sclilach^ 
Ton Fra^ng^ep&ni getödtet.. -^ Weniger günttig ist dejo» 



— XII — 

Könige das WafiPenglilck in HftlitscTi. Sein ILehnmaQB uni 
SLdam Kottis^aw Mdtiälavr i tsch ^^isd eeschWea. ^ 
564* Daniel Roxnanow^ltsch behauptet sich als Fiirsfcüi 
Halitsch. — Serwische Angelegenheiten. — Das Macho^wer 
Banat wijrd von B e 1 a ervichtet und an R o s ti s 1 a w verlie* 
lien. — • Slavirooiens , Croatiens und DaUnatiens Verwaltung 
erhält Stephan Subich, -welcher die Smdfc Jablaiiacz e^ 
bauet. — Scardona, das Sew^riner* Banat und Rumänien w^ird 
an die Sftnct Joannis Ritter rergeben. ■«* 56d> Streit verschie- 
dener Fürsten um das verwaiste Oesterreicb. — Belags feind« 
Jiche Einfalle in ^s Land. — 575. Przemisl OttoKftfi^ 
Künftiger Erbe voo Böhmen vrird Herzog von Oesterreich. «* 
B e la erwirbt Steyermark für seinen Sohn S t e p h 9 n. — 577« 
Zwey FeMzOge der Ungein nach Oesterreidi und Steyermark 
«— Die Rumaner in Mäliren. — Innocentius der IV. ge- 
bietet Frieden. •— SQo. Dieser wird zu Presburg geschlossen« 
liraft desselben beh^t Otto Kar ganz Oesteneicn; Bela Niei 
der- und ObersteyermarK. -* Lietzterer verleihet das Land 
•einem bereits zum Könige gekri>nten Sohne Stephan» Ver- 
mählet ihn mit der Kumanerin Elisabeth aus ]JLfitlien*t 
Verwandtschaft D, und «th.eilet ihn» mit dem Königstitel auch 
l^Önigliche Gewalt. Eis' zu seiner VoUjfthrigKeit verwalte! 
Stephan S u b i ch als Landeshtjuptmann die Provinz. *- Js« 
dra Kommt -wieder unter tJngrische Herrscliaft. .-^ 584- Unzu* 
{riedenheit der Steyersehen Landherren mit der Ungrischea 
Verwaltung» wird von OttoKar heimlich genähret. — Dil 
Tataren - No g a j' Gesandtschaft an Bela, Waffen * uxid Famit 
lienbündniss mm anbietend — 5SS» Des Königs BeriUit hie^ 
über ax| Papst Alexander,, welcher ihn davon abmahnet und 
ihm verschiedene Vortheile gewähret. *- Die Ungern werden 
^us SteyermAxK vertriebeiju — OttoKar^ s schimpfliches Bc« 
tragen dabey. — 59^. Krieg zwischen den Königen von ün- 

farn und von. Böhmen. -— ^gß. Niederlage der Ungern. — 
riedensschluss. <— Bulgarische Angelegenheiten. — Meister 
X*aurentius im Zewriner Banat. ^ 6oo. Friedens •, Veirlo- 
bungs-, und Vermähkmgsfeste in Wien, -r- Einfall der Kogs^ 
ler Tataren fiber die Carpaten zurüt^kgeschlagen. — 604. Misi^ 
nälligkeiten zwischei]^ Bela dem altern, und Stephan dem 
Jüngern Könige ; zwischen Vater und Sohn. — Vergleich, — 
609. Zusätze, — 6t 1. Wiederausbrechender Zwiespalt wird 
yon Urban dem IV. vermittelt. — Vermählung des Herzogs 
Bela mit Otto Kar 8 Nichte Kunegunde. — ' Der Köm- 

fin Maria gewaltthätiges Verfahren wider die Spalater. -^ 
15. Neue Feudschaft zwisphen dem altern uud dem jungem 
l^<>nig., — Aussöhnung» — Bestätigung des Friedens zwi- 
schen ÖttoKar und Stephan. — LandSag vom Jahre »467 
— 6 19* Stephan erobert einen Theil von Bulgarien.-— Seine 
Tochter Maria w^ird an Carl Marte» Fürsten von Salerq.o 
vermählet. ^ Herzog B^U «tijrbl «^ ihm fol^t baJ4 B^Is 
4er Röaig^ 



-— XIII -— 

«1. 

Stephan der V. 
Jw C. i«7ai — 137* 

^ite $il%* Stephan nennet sich bey seiner KrÖntmg flUcH 
KöiiigVon Bulgaiien. «— Seine Schwester A n n a bemächtiget 
9idk mancherley Kostbarkeiten aus dem köni^lidien Schatz uird 
bringet sie ku O ttokar nach Böhmen in Bieherhek. — 623. 
Raub imd Treulosigkeit einiger Ungriscfaea Reichsbarcmen. --«* 
Krieg zwischen ungern und Böhmen. •«• 627« i^fedenstphluss^ 

— ^ow Stephata'« Todi 

IV. 

Ladislaw'der IV. 

Mit dem Beynamen der KiAnanetw 
J. C. 1272 -^ 1290* 

i$eite 6? f . L a d i s 1 a w noch unter Vonnundscbafc. — 6 r e% 
gor des X. £rmaluinng8schreiben an ilin. — ReichsVerweser. 

— 634. Uebergan^ des Presburger Grafen und königliciien 
Schatzmeisters £gid zu Ottokar. Des Slawonischen f anet 
Joachim steigendes Ansehen. — Heinrich^ Graf von 
G ü s s i fl ^ , früher U«berläufer zu Ö 1 1 o k a r^ kehrt nacli Un- 
eam zurück % ermordet auf der Haseninsel im Wortstreit« 
Sela, den Sohn Rostisl«w*s. -^ Auch Egiid kdirt wie- 
der nach Ungarn zurück, und spielt Presburg den Ungern in 
die Hände. -« Krieg zwischen diesen und Ottokar. -p 642» 
Rudolf Graf von Habsburg wird trotz Otto'kar's 
Ränken Deutscher Kaiser» — Ottokar wird in die Reichs- 
acht erklärt. *- Bundniss zwischen Rudolf rou Habs* 
bürg und den Ungern. — 646. Krieg des Kaisers gegen O t* 
tokarw — • Des Letztern Unglück im Kriege und jDemüihi* 

Sag bey dena Friedensschlüsse. «^ 650. Ottokar sagt sich 
id von den Verbindlichkeiten desselben los. — Das Bund« 
niss zwischen Rudolf und Lad isla w wird erneuert; es 
ist jenem gerade jeut von entscheidender Wichtifkeit. denn 
die üngrische Kriegsmacht war der betrachtlichsteTheil seinet 
Streitkräfte. — Ottokar versäumt die Gelegenlieit. des Sie- 
ges. — 655. Die Schlacht bej Z i s t e r s d o r f. -» 653. O t • 
tok a r wird eetödtet. -— Seine Niederlage wird auf L a d i s • 
law^s BefeliTin ganz Ungarn gefeiert. — 661. Ladislaw's 
Vermählung mit f s a b e 1 1 a.^ — Seine Vorliebe für die üuma- 
Berinnen. — Unzufriedenheit der Üngem. — Unordnuno- und 
Yerwirruneen im Reiche. — Philipp, Bischof von Formio* 
BO, Ki CO laus des IH. Legat in Ungarn. — 665. Ladis« 
lawlässt ihm den lEinzu^ in das Reich verbieten. — Kimmt 
ihn aber hernach huldreidi auf und bewilligt alles was P h i • 
lipp von ihm verlangte. — - Dennoch wird bald darauf die 
Synode zu Ofen unter Philipp *s Vorsite auf Ladislaw*« 
Befehl aus einander gestrengt. — lieB Papstes Verfahren. — « 
Ladislaw bekennet seine Schuld und leistet Genngthuung» 

— Sein übereiltes und gewaltthätiges Betragen gegen den Er* 
huer Bischof Andreas. — 669. Verbesserung seines Ua« 



1 



XIV 



recliCt> — Empöninj? der Kumaner« — Si«ff tlet Königs as 
d«m See H o o d in Siebenbürgen. -« 675« Zustand des MoB' 
goUschen Reiches um diese Zelt. •-• Die Nogajer-Tata* 
ren oder Neu gar «r. -^ 677. Furchtbare Nachbarn der Bol* 
giren und Byftanter. — Sie werden durch verwiesene Walacbei 
verstärkt. — > Die von Ungern am See Hood besiegten uui 
verstreutea Kumaner nehmen tu ihnen ihre Zuflucht« — £in- 
üall einer zahlreichen Horde Nogajer, Kumaner und Walachei 
nach Ungarn. Ihre Streifzüge bu gegen Pesth. Hungersiloth 
und Seuchen nöthigen sie zum Abzüge. -* 6^. Sie weideo 
verfolgt und in Siebenbürgen mehrmals geschlagen« — Meli* 
rere Haufen ergeben sich und bitten tun Aufnahme in dasReidii 
welche ilmen von dem Könige gewähret wird. — > Meister 
Georges Waffenthaten in Polen für Lesko den Schwar- 
zen, gegen den Masow^er Herzog Gonr«d, und gegen die 
Nogajer. «^ 634» Missh&lligkeiten zwischen dem Könige und 
den Ungern. — £r verweiset die Königin Isabella lu das 
Marienkloster auf der Halbinsel , vermählet sich mit der Kn- 
maneiin £ d u a und legt sich noch einige Bejrschlaferinnen lu. 

— Andreas, St«phan's Sohn, Andreas des f J. EaKel) 
wird mit Ladislaws Bewilligung nach Ungarn berulea, 
cum Thronfolger bestimmt, cum Herzoge von Slawonien er- 
nannt. — 68^* Uebertriebene Berichte von des Königs ärgerli- 
chem Wandel an den Papst. — Ladislaw, von dem Papste 
und seinen Bischöfen ^edränget, eibt den Schein einiger Be^ 
serune. Isabella wird ihres Y erhaf tes entlassen. *- N i c - 
laus der IV. ICsst in Ungarn und in benachbarten LändeAi wider 
dU.e Kumaner, Saracencti und Neugarer das Kreuz predigen. •■* 

gfo. Die zusammengelaufenen Kreuzritter treiben gev^altiges 
nfng im Lande. — Gelindes Verfahren des Königs wider sie> 

— Fädfchaften der Güssinger Grafen wider Aibrechtj den 
Herzog von Oesterreich. -— In Dalmatien werden die Gräfes 
Subich von Brebir und Gusich von Corbavien der 
Ungrischen Herrschaft gefähilich •— 695. Der Servische König 
Milntin entzieht derselben Bosnien und Machow. •— Die 
Reichsbaronen nöthigen den König , einen Landtag zu versam* 
mein. — Im Lager bey Keresz tszeg wird er von Kumar 
acm ermordet* 

V. 

Andreas der IIL 
J« €• 1290 «— 130I« 

Seite €gfi* Andreas wird unter den ungdnstigsten Um* 
itiUiden König. — 697. Wird auf der Reise zur Krönung ge- 
langen, gegen Lösegeld und Geissein wieder freygelassen. -*, 
Ränke der Aufrührer gegen seine Thronbesteigung. — • Nico*] 
lans des IV. Versuche Ungarn sich lehenspflichtig zu machen*] 

— Des Habsburger Rudolf widerrechtliche Ansprücl 
md die Oberlehnsherrlichkeit über Ungarn. — 7o2. Des K( 
nigs Massregeln, sich im Besitze des Thrones cu behaupten.' 
Rudoll*s Tod. — ' Feldzug der Ungern nach Oesterreich] 
wider Herzog Albrecht. — 706. Ihie Waffenthaten. Det\ 
Sieg und die Vorcheiie des Friedens sind auf ihrer Seite. «^| 
Um Waffenthaten in Polen far den Sandomirer Herzog WU< 



— XV — 

ditl«wLoktek>^M«ri«> Stephan des V-Tochter» Kö^ 
niein Ton Neapel^ oiassc sich nach Ladislaw'i Tode das 
£n>recht auf Ungarn an 9 und übertr&gt dasselbe auf ihren 
8ofan CarlMartell. ->- 7'i. Viele Magnaten Ungam^s er* 
küren sich für ihn« — Des Königs VerAihren wider dessen 
Paiteyginger. — Seiiie "VTOhlgeordnete Staatswitthschaft. — 
715. £r verstärkt sich durdl auswärtige Verbindungen fegen 
die übzolriedenlieit und den Hass ITngrischer Aristokraten. — 
Papst 0*0 1 e s t i n der V« ^erkennet Carl Martell als König 
der Ungern an. — Bonifacius der VIU. dienet mit gleicher 
Ergebenheit dem Neapolitanischen Hause; — 719. und unter- 
stfitztnach Carl Mart«li's Tode seines Sohnes Carl Ro* 
bert unrechtmässige Erbansprüche. — Des Andreas Ver- 
mäblnng mit Agnes, Tochter des Herzogs AI bracht. — 
Der Franciscaner Mönch P^fer, BerchtVater der Königin 
Jffaria-^ dem Neapolitanischen Interesse ergeben) wird von 
Bonifacius eigenmächtig zum Erzbischore von Spalatro ge- 
letzt. — Missgriff des Königs in Erhebung des Propstes Gre* 
gorCseeny zu seinem Vice-Kaneler; "^ 721^ und in Ge» 
nehnigung der Wahl ^desselben zum Grauer Erzbischofe. — 
F&rsteu'^^eTsammlung in Wien. — Hercog Alb recht wird 
Deatscher K'Önig. — 724> Ränke der Neapolitanischen Paitey- 
^ger in Ungarn und Dalmatien. — • Grosser Landtag zu 
Festh. — > Der « r s te Landtag auf dem Felde R i k o s. — 728* 
Treuloses, übermüthiges, gewaltsames Verfahren, des erwähl- 
ten Graner Brzbischofs Gr«gorius und seiner schlech- 
ten Partey. — 732* Der Knabe Carl- Robert wird 
«u Apulien abgeholt ^ zu Spalatro von seinen Parteygängem 
empmigen , zu Agram auf pipstlich«n Befehl von dem söge« 
Mannten Graner Erzbischof Grregor gekrönet. — 735. An- 
dreas wird plötzlich durch Gift ans dem Wege geschafft; das 
Eibrecht seiner Tochter Elisabeth von der mpier Partey 
gewaksam untefdrückt. 



Zweyter Abschnitt. 

Einheimisches Leben der TJogrischen Völker^ im 
vierten Jahrhunderte des Reiches. 



L 

Verfassung des Reidies, 

Aet/e 738« Veriiilcnisse der benachbarten Staaten zu dem 
Dngiischen R«idi«. — Andreas der II. als Herzoe, hatt« 
B schien Fehdsduiften wider Emerich der Monarchie dea 
«Bpfindlichsten Streich versetzt. — 742. Er wird zu einem 
K^nungseid angehalten; — zu urkundlichen, majestätswi« 
^en Erklärungen, das ist, zu Anklagen seiner selbst, ge« 
^Wangen. — 745. Der sclirifdiche Reäitsgang wird ab^e« 
wft, wieder hergestellt, und abermal aufgehoben. — Ge- 
J^ebung auf den Landugen. — 740. Beschränkung der 
"öoiglichea Macht durch einige Verordiiungen des Festheir 



i 



— XVI -^ 

Landca^et« *- Sesetzmig der ReicksSniter. — K^nigUA 
Ekikilnfte. -— 75a. Münzen. — Jährlicher Geldimisatz. •• 
75^* Vllliiser Verlall der militärischen Gomitats- Verfassung.«'- 
758'. Verschiedene Glassen des Adels. — Tieferer V'Crfall jf» 
königlichen Ansehens. 

Verbältniss des Ungrischen Reichea sm dem Papstthume. 
Seite. 76*« ^ Ueberblick d«r Päpste - Reihe dieses Zeitoo* 
flaet , in Vergleichung mit Uagai-n^s Könieen. «— Innocen- 
tius der III. — Honorius der III. und Greeor der IX-* 1 
766. Misshädigkeit zwischen Honoriui und Andreas we»i 
^en Burzenland. — 771. Die Könige, unvermögend ihre Ma* 
jestätsrechte zu behaupten, unterwerfen durch häufige Gesuche 
und Klagen in Rom , sich selbst und des Reiches Freyheit der 
päpstlichen Oberherrschaft. •» 775. Abgemessene Scliritte der 
Päpste das Patronat- ode« Emerniungsrecht zu Kirchlichei 
Pfründen den Königen zu entziehen. — 778. B e 1 a des lY- 
beherzteres, obgleich* noch immer zu nachgiebiges Betragen. " 
788* P^* päpstliche Legatenwesen ist dem Un^ischen Reiche 
weniger als andern Ländern zur Last. — Päpstliche Gelderpret* 
sungen von den Ungrischen Kirchen. — Rudolf^ s vonUabi- 
burg und NicolaUs des IV« Ansprüche auf Ungarns Oh»^ 
lehnäherrliclikeit« ' 

III. 
Rechtspflege. 
Seife J^i* Unterschied zwischen Regienmgsknast nftd 
Rechtsverwaltung.— Gerichtsbehörden (in den Gespanschafcen.*' 
Des KönigsHofgraf. — Glaubwürdige Orte {Locacreä- 
bilia) — Gerichtsbarkeit desPalatin.— 7Q4.Palatinat-Geridil.- 
Feuer-, Wasserprobe und geiichtlicher^we^kampf.^ Gericht' 
Uche Strafen. — 7^9. Allgemeine Gerichtstage in den Provinzen.- 
302. Bisweilen wird dasEndurtheil dem Könige anheim gestellt. 
— Recht shändel zwischen Clerisey und weltlichen Gemeindea 
werden von jener entweder bey den Metropoliten , oder beyder 
Provincial-Synode anhängig gemacht. — An dr^eas des HI. ge- 
riclitiiches Verfahren iu der Klagesache des Graner Erzbischofi 
wider dieBürgergesammiliCit zu Gran. — goß. Die geiichtUche 
Processordnung ist nicht erst von Carl Robert eingeffihtt 
worden ; sie war schon früher da , und auf dem grossen Pestliet 
Tage ward sie weiter ausgebildet. — Sio.Peinliche Verbrechen und 
ihre Bestrafung. — 8] 3. K u r z e r und lan|;wierig«r Rech»- 
Landel. — Tagsauungen. — Taxen. 

IV. 

Staatsbiir^erlicher Zustand der Ungrischen Völker. 

Seite 815« Persönliehe Sicherheit. — Sicherheit des Eigen« 
tbumes. — ^ai. Abnahme der Knechtschaft. — Neue adelige 
Familien durch Erhebungverdienter Burg-J^bagyen.—' ^f* Ta- 
tarische Familien« — ^'2:QrRtloYin\xii^ des Verdienstes an MänneiH 
aus Altern Geschlechtern« — 536. Widerrechtlich eingezogene Gü- 
ter werden von Königen den Eigenthümeni zurückgestellt. -^ 
Freygebigkeit der Könige in Verleihung verlassener, unbewohs' 
%u oder Wfister Gegenden* -^ 342. Vorbereitung eines mittkn 



f 

^■Undos darek AiubUdmig de$ Stldtcwesens^— 843vVtaMdiiia««<«k 
|Hzathmav-Neniethi.«<«'Fvwi>u^ Keitra. «~ Gredb. (das li6mgli- 
&.€ AgramO — 847-^ Kecl^ijce uud Vefordnangen d«r Sradt« 
"— 850* fizaiDobor. — ^«strebanzka. — Freyheiten der Dalmati- 
schen Inselob Pharus und Brazza. — Die DeMtachen in Siebea* 
bvlTgen. -^ 8SS« Bimenland« <-* Sachsen in Ungarn 9 zu Schem- 
9iu. — Neu-SohL — Wallendorf. -- Schme^^en. -«* Q65. K^t- 
msrk — - Die tächsiicbe Getaainitheit von vier und zwanzig 
kuiiglidicn Zünften in I(ipferUxide.-»]|umaner«.-p £69» Juden, 

V. 

(ircblicherZHstand im Cngriscben Reu^e^. 

1. 
Aeltere Or^en« 

^ Smt0 878« Ansaxtung der ftjtem Orden. •?- £74^ Re«edi>« 
etiner. — Cisterzienser-«' 331. PFaesEi^nttxatentex» 
«• Tempel« und Sanct Joannis-Ricter. 

a. 
Kev« Orden«. 

&/># 888* Andreas des II. relieiöse Sinnesavt*. •*-«• Ey 
bringt dieCborherren vom heiligen Grabe in da& 
Ungrisehe Reich. — Ursprung des Ordens der Min der xi 
Brüider. -^ S. Franciscus von Assisio. — 897. Verfas-^ 
long seines Ordens. ««. 901^. Sein z w e y t e r Orden f ar Non- 
nen. — Saxifit Clara* ^- 005. Iit des Ordens erstem General«^ 
Capitel bey Portiuncula smd schon 5000 Ordensbrüder gegea^ 
wirtig.— 909. Sein d vi st er Orden fftr Lsien aller Stände. •«* 
Des Stifters Tod. Würdigung seines Werkes.— Au^iahme den 
drey Orden, in das Ungrische Reich. — 945. Der Prediger'« 
Orden des heiligen. Dominicus..— 921 • F aralleU beyd^B 
Orden luid des Geistes ihrer Stifter. «-Einführung des Domi^ 
11 ican er- Ordens in das Ungriiche Reich. -^ 995. Domi« 
nicaner - Nftnnen^ daselbst ^ ihr vorzüglichstes Kloster auC 
der Hasen^- Insel t ^on BeLa dem IV. für seine Tochter Mar* 

§areth.a erbauet. — « Ungrischer Orden der Eremiten 
es heilieenPaulu8».ersten EinsiediersK— 934.. Au£« 
nsbmedesCtrth.äuter «Ordens in Ungarn« 

I 5. 

Bekehrungen* 

Seit€ 937«. Fatarenerin Bosnien* — j4p.Erri<ditnsg de» 
Sirmer Bisthumes. — Einführung des Lateinischen |i,irchenvee« 
lens in Bosnien. — Bekehrung der K^umaner in der Moldau. — 
045. Die Ungrischen Dominicaner -Mönche ans Rumänien ent« 
aeäen Gross^- Bulgarien und Gross- Ungsrn an der Wolga. — * 
^. Missions - Reisen der Unerischen Dominicaner und Frsn« 
ciicaner zu den Tataren und Mongolen* 

Kirclieuzucht« 

Snte 951. Pfiicht der Ungrischen BiichOfe bey dcnallee- 
meinen Kirchenven ammlungen zu erscheinen , oder im Falle 
ihres Wegbleibens die Reiiäosten an die päpstliche Kammer ^ 



*Tr:^V^' 



— XVIII — 

Bu entricHteii. •-» ÄnwenduBg der SatzongeB des Tiertcn Gen*' 
rtl • Conciliuins im Lateran auf die Ungrische Kirchenverfas- 
tung. — Bemühungen und Opfer einiger Bischöfe zur Vcrbei- 
serung der Kirchenzucht in Ungarn. — Der Agramer Bischof 
S<t ep n an der II. •— ^^». Schlechte Kirchanhirten Dalmatiens* 
die Spalater Erzbischöfe ; Bernhard. — GuncelL — Bessere» 
Ugrinus. — Rogerius. — > Joannes von Buzad.<» Scsr 
doner Bischof Bartholomaeus«— 960. Schlechte Bischöfe 
und Pr&Laten in Ungarn ; — der Watzner Jakob; — der Agis- 
sner Step kan der I. — Der Bekeser Archidiakonus S tephan« 
•— Der Csanader Bischof Basilius. *-* 963. Stuhl weissenbur- 
eer Propst MichaeL—- Erlauer Bischof La n b e r t.. "— Fünf- 
Kirchner Bischof Job, der lasterhafteste. •— 967. Der würdieea 
Bischöfe in Ungarn grössere Anzahl.,-.- Des Legaten Guido 
kirchliche Satzungen auf der Wiener Synode verkündicet, wer- 
den in Ungarn bereitwillig angenommen. -^ Die Proivincial-Sy- 
sode zu Oten» 

Griechiscket Kirclienwesen, 

Seite 971. Das Griechische Kirchenwesen ist in Ungan 
Boch immer wenig begünstigt. — • §74. Die Griechisdie Abtey 
Sanct Andreas ?u Wischegrad Wud äufgelaist und den Bene- 
dictinern eingeräumt. — Zustand des Griechischen Kirchenwe- 
sens in Serwien und Bulgarien. — 933. Andreas des II«Haiul« 
fette für alles fiirchenwesen im Ungrischen Reiche« 

6. 
Reiehthum der KircheiK 

Seite 9S4* Bereicherung der Graner Kirche durch Schen- 
kungen der Könige bey ihrer Krönung.— Vorrechte und Frey 
heiten der Graner Kirche. — • Qß?. Eintausch kirchlicher Län- 
dereyen oder Zehnten geschieht alle Mal zum Vortheile det 
Kirchen; der Könige Gewissenhaftigkeit hierbey. — 99I. 
Kechte« Vorzüge und Befreyungen der Erlauer Kirche. — 996. 
Merkwürdige Sanction einer Vergabung an die Agramer Kir- 
che Ton Andreas dem If. — - 997. Einkünfte vei'schiedenei 
Kirchen an Salz ^ zum Gebrauche und zum Verkaufe. — 1000. 
Ungerechte Weigerung der Clerisey, von den Kirchengütem zu 
den Staatsbedürfnissen beyzutragen; sie w^ard xler Clerisey 
selbst verderblich. — xoo&. DasRecht derRegalie und das 
S^olien-Recht. 

7* 
Formen de« Cultus und der Gottseligkeit* 

Seite 1005. Die heilige Jungfrau ist bey den Ungern nodi 
immer vorzüglichster Gegenstand der Verehrung. — Wunder- 
bare Uebertragung des heiligen Hauses Maria von Nazarethaof 
den Tersacter Berg in Dalmatien. -— 1006. .Andreas der n*i 
besonderer Verehrer de^ Geheimnisses der Auferstehung Jesu» 
bereichert die Ungiischen Kirchen mit verschiedenen Heilig- 

' thümern und Reliquien aus Palästina. Das Haupt des heih- 

gen Anastasius zu Spalatro. -r- Keuschlieit wird von from- 
men Ungern als Grundlage aller Heiligkeit geachtet»— Beyspiels 



r 



ia Heili^eit in Ungarn. *- Die Heilige Elisabeth» Am« 
dreasdesll. Toclitev,— loii.uie heilige Salosne, dcBHev- 
zogs Coloman Gemahlun. — Die heilige Hedwig, Beta 
des ly« Muhme. — Eine edle Seite der alten Kirche. — Die seli- 
ge Kunegunde, Beia des IV. erstgcborpe Tochter. — 1 015, 
Die seiige Margarethai- Bela des IV. vierte Tochter. *- A»- 
trige zur Heiligsprechung des Graner Erzbischofs Lucas 
Banfy. — Der selige Bosner Bischof und vierter General - Mei- 
ster dm DomioicaBer • Ordens Joannes Teutonicus. 

VI. 

Verhältniss des Ungrischen Episcopates und Mönehthu- 

mes zu dem Papatthume. 

Seife loso. Sammlung der Decretalen, auf Gregoriui 
des IX. Geheiss von Raymund Pennafor te angefertigt^ 
wird überall angenon-men und dadurch die päpstliche Supre- 
matie über alle Bischöfe begründet. — Weite Ausdehnung. der 
JäpitUchen Machtfülle von lutiocentius dem HI. — lOfiS» 
n Ungarn macht er sie mit vieler Behutsamkeit geltend. — 
Dreister schritt Honorius der HI. vor. Sein Verfaluren ge- 
gen den Fünf kirchner Bischof Barthalomäus und gegett 
den Graner Erzhischof Joannes. -^ 10S7. Demüthiges Betra- 
gen der Ungrischen Bischöfe gegen ihn. — Ihre una der Capi« 
tel häufige Getuche um Privilegien und päpstliche Bestätigun* 
£en. — Ihre gegenseitigen Streitigkeiten. Mehr dadurch, aU 
durch der Päpste List oder Gewalt wird die Stellung des Uu* 
grischen Episcopates zu dem Papsthuroe ver&ndert. -— 1031. 
Streit zwischen den Erzbischöfen von Gran und von Colocza 
ftber das Recht die Könige zu krönen, muss von Innocen-^ 
tius dem III. entschieden werden.— io36. Eben so der Streit 
des Wefzprimer Bischofs mit dem Abte vomSanct Martins* 
berge über die Simegher Zehnten ; und der Streit desselben Bi- 
schofs mit dem Grauer Erzbischofe über das Recht die Koni« 
Sinnen zu krö^nen und zu salben. — 1041* Das von Gregor 
em IX. eingeführte Decretalen - Recht macht allen Widerstand 
der Bisch&fe gegen die Däpstliche Suprematie vergeblich.-*p-Txa- 

Sisches Ende des erwänlten Graner Erzbischofs Benedict 
es II. i»- 1043. Freyere Eingriffe Gregor des IX. in die Ge* 
richtsbarkeit und in die Angelegenheiten der Unerischen Bi- 
schöfe« — Erzbischöfe, und auch Pröpste werden zur Lei« 
stung des Vasallen -Eides an den Papst angehalten. -» Inna« 
Cent ins der IV« ersetzt aus apostolischer Machtfülle daa 
Mangelhafte in den Wahlen oder Postulationen der Biscliöf» 
nnd Prälaten. — Die Suprematie und die Anmassungen der 
P&pste> nach denfi Geiste und nach den Bedürfnissen des Zeit-*^ 
alters beurtheilet » erscheinen auch in Ungarn als nothwendig^i^ 
«nd mehr vrohlthätig als schädlich. — 1045. Gewaltthätigkei* 
ten de» Bischöfe an Abteyen verübt. — Mönchischer Ueber-^ 
muth gegen das Ausehen der Bischöfe. — Gewaltthätigkeiten 
der Bischöfe gegen einander.. — ' Gewaltsafne Waluen. — » 
Schlechte Bischöfe. — Allen diesen Uebehi konnte nur diepäpst* 
Uche Suprematie einiger Massen abhelfen. ^- Ansehen und 
Gewicht der Ungrischen Mönche bey den Päpsten^ 



Lajidcf«^ GeistM-, und Sitten ^Cultur des Zeitalten ia 

Ungrischen Reiche. 

Seite 1059. Die Könige befördern in Ungarn Arbeittfleiii 
und Bctriebsaokkeit; Beyspiele derselben geben die Mönche. -*-• 
Die Sehenkungi- Urkunden diei^en zum Matsitabe in Beurthei-« 
lung der |,.«ndes - Cultnr. -* CJnganu Wiederbevölkerung nadi 
dem Absuge der Mongolen. Einladung der AuilSnder in du 
Reich. Der Bergbau wird von den Deuuehen, der Weinbau 
vonJtalem wieder hergeatellt.-» 'oS8* Kechagang beyTanadJi« 
oder Kauf -Verträgen über Güter. — Güterpreite. — 1061. 
Verordnungen des grossen Pesther Landtages über Verkauf und 
VerpfänduQ^ der Güter. — Wirthschafuiche Benutzung wü< 
kter Ländereyen. — Der Luxus Ungrischer Herren und Bi« 
schöfe befördert den Gewerbefleiss in St&dten« und verleitet 
die erstem bisweilen sogar su Strassenraub. •— 10 66* Hand* 
wexker, und Handwerkszünfte, früher in Ungarn alt in Sieben« 
bürgen« — Handel. ^ — Seltenheit des haaren Geldes. -^ Zoll- 
Wesen* — 107Z. Wissenschaftuche Cultnr. -«- Gelehrte Un- 
gern. — Maeister* Titel. — Sitten. — Einflwes der neoea. 
Orden auf tituiche Coltor. 




Drittes Buch. 



iWeltleben der Ungern unter den Königen atn Ar-» 

päd' 8 Stamme, 

TOB Stephan dem IL bis Andreas dem IL 



Qloru mon minor nt, aomen scmre pintufn» 

• TSI^IXAN. TA VA IV VI. MTAWm^WtAGn. IV. T» ß^* 



LThcil. 



v^ 



Erster Abschnitt. 

Des Ungrischen Reiches drit- 
tes Jahrhundert 



Stephan der IL 
J. C. 1114—1131. 



Ü\ 
nter fortlaufender Reihe solcher Könige^ 

wieLadislaw und Coloman, hätte in dem 
Ungrischen Volke , wie es jetzt noch war , sei- 
ne eigene Kraft erschlaffen müssen; es wäre 
Maschine geworden , nicht freyes Volk geblie- 
ben , noch weniger zu energischer Nationalität 
fortgeschritten. Schwer ist es dem Einzelnen 
unter Liebkosungen des Glückes , schwer ei- 
nem ganzen Volke uinter der Herrschaft des 
grossen IVTannes seine Eigenthümlichkeit , Be- 
sonnenheit und Selbstständigkeit zu behaup- 
ten. Was wurde aus den Macedoniem nach 
Alexander^ aus den Römern nach Augu- 



1 



stnSy aus den Hunnen nach Attilai ausdea 
Franken nach CarP dem Grossen? Oft 
versanken Völker unter längerer Regiening 
auch nur eines einzigen gewaltigen Geistes ia 
Geistesohnmacht y erstarrten in der Gewohn- 
heit , ihn fiir sich denken und handeln zu las- 
sen , träumten von seinem Leben in ihnen, als 
^r längst verschwunden war , und gingen , zu 
spät enttäuschet, unter in völliger Nichtig- 
keit. 

Nicht so war es nach C o 1 o m a n's Hinschei- 
den bei den Ungern. Seine thätige und strenge 
Herrschaft hatte sie gerade mir so viel gedruckt 
als nöthig war, um sie in steter Bewegung der 
Furcht, der Unzufriedenheit, oder de$ Has- 
ses, selten der Liebe und der Bewunderung 
JX.iii4.2M erhalten; und sein Sohn Stephan war 
jetzt nicht viel versprechender Knabe von drey- 
zehn Jahren. Bischöfe und Magnaten setzten 
ihn f eyerlich auf den väterlichen Thron ■) tha- 
ten nichts weiter, um auch den väterlichen 
Geist in ihm anzuregen, und indem sie in 
rühmlicher Eintracht unter sich das Reich für 
ihn verwalteten , hatten der hierarchische und 
der aristokratische Geist, Patriotismus und 



a) Wahrsolieinlick nach Aiunassung einer Wahl; denn 
Heinrich von Muglen erzählet: Do der König gestand 
alz vor gesprochen ist, do komen die edeln Ungern zusamffi 
und erbirn sein sun Sfephanum zu einem Kunig und krontenyn 
tzu dem Lande.*' Cap, LXIX. bey Ab wcÄicÄ Sammlung Mei- 
ner noch ungedmckter Stacke. Ofen« igoS* 



Ehrgeitz, RechtschaiFenhmt und Eigennutz^ 
Gemeinsinn und Herrschsucht, freyen ausge«- 
breiteten Spielraum. Anfechtungen van Aus- 
sen machten, dass es Spielraum blieb, nicht 
Tummelplatz innerer Parteyimgen \v^ard. 

Begierde nach Raub, oder noch sträfliche- 
res Verlangen, auf Kosten des Gemeinwesens 
bey der Regierung sich beliebt zu machen, ver- 
leitete den Befehlshaber der Ungrischen.Besat-/.C.##f5* 
zung eines Thurmes von Spälatro zu dem 
Anschlage , die Bürgerschaft plötzlich zu ent- 
wafl&ien und die ganze Stadt unbedingt dem 
Könige zu unterwerfen. Der Erzbischof M a- 
nassßs, des Vorigen Königs Günstling, eben 
darum nach des Crescentius Tode von der 
Bürgerschaft gewählt, bot seinen Beystand 
zur Ausfuhrung ; und eine kirchliche Feyerlich- 
keit sollte den Treulosen Gelegenheit verschaf- 
fen, die Bürger ihrer Fr eyheit gewaltsam zu be- 
rauben. Ausser der Stadt, auf dem Gipfel des 
Berges Kyrieleison, war eine Kirche erbauet 
worden; der Ungrische Befehlshaber und der 
Erzbischof erwarteten nichts gewisser , als dass 
zu feyerlicher Einweihung derselben Spala- 
tro's sämmtliche Einwohner ausziehen wür- 
den: allein diesen war das bübische Geheim- 
niss verrathen, die Behauptung ihrer Fr eyheit 
lag ihnen mehr, als des Ablasses Gewinn am 
Herzen, und ihr wachsamer Praetor Adrian 
traf Anstalten, durch welche der Anschlag 



den Erfindern ^ selbst verderblich tmrde. In 
der Nacht vor ;dem festlichen Tage war eine 
zahlreiche Schar bewajB&ieter Trawer in die 
Stadt eingezogen. Des Morgens thaten die 
Bürger so geschäftig, als woUte; nicht Einer 
daheim bleiben. Mit Lust sahen die Ungern 
aus dem Thurme , und der in Begleitung aller 
Clerisey hinausziehende Erzbischof den ganze» 
Berg mit Menschen besetzt; aber es waren nur 
Weiber, Kinder^ Greise und Leute aus dem 
benachbarten Landgebiete, die rüstigsten Bür- 
ger lagen mit den Trawer WaflFenfreunden in 
ihren Häusern versteckt. So wie die Feyer- 
lichkeit auf dem Berge begann, gab Trompe- 
ten - Klang von dem Thurme das Zeichen zum 
Ausfalle und zur Plünderung. Ein Theil der 
Besatzung bemächtigte sich der Stadtmauern 
und steckte das Ungrische Panier auf; der an- 
dere warf sich in die Häuser, um Waffen und 
Kostbarkeiten zu rauben, keinen Widerstand 
erwartend. Da brachen plötzlich Spalatrer und 
Trawer aus dem geheimen Hinterhalte hervor, 
die einen steckten den Thurm in Brand, die 
andern erstiegen die Mauern und stürzten die 
Ungern hinab in die See. Die Plünderer in 
den Häusern wurden todtgeschlagen j die ih- 
nen zu Hülfe eilten , in die Flucht gejagt | 
JVIanasses sah die Stadt nicht wieder, die 
Schande seiner Verrätherey trieb ihn aus dem 
Lande} und w^hin er auch seine Zuflucht ge- 



nommen haben mochte^ sein Name und sein 
Andenken war unter Lebendigen erloschen ")• 
Die üngrische Herrschaft war nun inDal- 
xnatien verhasst; diess brachte den Venetem 
Vortheil , welche, lange nach dem Besitze die- 
ses Landes gelüstend, schon vor zwey Jah- 
ren des Byzantischen Kaisers Hülfe zu Erobe- 
rung desselben vergeblich angeflehet hatten *). 
Des Königs Minderjährigkeit erwägend, und 
auf des Volkes feindselige Stimmung gegen die 
Ungern rechnend, erschien der Venetianer Her- 
zog Ordelaph F a 1 i e r mit stark bemannter 
Flotte, an der Küste Dalmatiens« Ohne Wi- 
derstand unterwarfen sich ihm die Bürger von 
Arbe; ihrem Beyspiele folgte Belgrad an der Kü- 
ste, und die Stadt Jadra, deren Burg aber die 
Ungern noch tapfer vertheidigten. Ohne die- 
ses festen Platzes Besitz blieben aUe Erobe- 
rungen unsicher , darum kam O r d el a p h im 
folgenden Jahre mit verstärkter Macht wieder, 7.C.///6: 
schlug den Ban Croatiens in offenem Felde 
und zwang die Ungern zur Uebergabe der 
Burg , worauf er sich der Städte Sebenigo, Spa- 
latro^ Traw und des MitteUandes bemächtigte, 
auch Allen die von Coloman verliehenen 
Freyheiten, unter dem Titel Herzog, von Dal- 



a) Archidiacon* Thomas Histor« Salönitan. 6. 
XVIII. ap. Schwandtner Script. Hung. T. HI. 6) Dandu- 
lus lib* IX. c, 11. p* 17. ap. Murator» Script. Ital. ToxD. 

xn. ^ 



matien und Croarien, feyerlich bestätigte ■). 
Durch den Verlust dieser Provinz sahen ün^ 
gams Magnaten ihre Reichsverwaltung be- 
/.C.##/7. fleckt; mit zahlreichen Kriegsscharen zogen 
sie aus zur Rache. Die Kunde von ihren Rü'^ 
stungen hatte auch die Veneter in Thätigkeh 
gesetzt; vor Jadra erwartete Ordelaph mit 
Reiterey und Fussvolk den drohenden Feind. 
Die Schlacht beginnt, die Veneter weichen 
dem stürmenden Andränge der Ungern , der 
Herzog erneuert das TreflEen , hebt den Muth 
der Seinigen durch kräftige Worte, mehr noch 
durch rühmliche That; wo die Gefahr am 
furchtbarsten drohet, kämpft er sdbst; dort 
wird er von Ungern umzingelt und getödtet, 
Sein Fall wird den Venetem Signal zur Flucht 
in Jadra's feste Bürg, zu deren Belagerung die 
Sieger nicht gerüstet waren ; aber die übrigen 
Städte unterwarfen sich wieder ihrer Botmäs>- 
sigkeit **). 

Ordelaph's Niederlage und Heldentocl 
ward in Venedig mit Entsetzen vernommen, 
Domenico Michieli, ein Greis von alter 
Klugheit imd jugendlicher Thätigkeit, folgte 
ihm als Herzog. Unterhandlimgen schienne ihm 
zuträglicher, als Krieg zur Unzeit. Vital« 
Falier, des gefallenen Herzogs Sohni Ursus 



a) Dandulut 1. e. p. J2o. si. Lucius S.e Regn. D^* 
»at: et Cro«t. Lib. HI* c. 5. ap. SchwandiTier^ T.III, &) Da»' 
d uL L c. p. fl4. FarUti Illyric» Sacr« T. L p. fi^S« 



Justiniani und MarinusMorodini gin- 
gen an das I^önigliche Hoflager als Gesandte, 
1 bevollmächtigt, wenn nicht bleibenden Jrie- 
I den, wenigstens' bis auf günstigere Zeit 
vortheilhafte Waffenruhe zu bewirken. Diese 
ward auf fiinf Jahre geschlossen unter der Be- 
dingung, dass die Veneter in dem Besitze der 
Inseln und der Stadt Jadra , die Ungern in dem 
Besitze des eroberten Gebietes verblieben. 
Gerade um diese Zeit hatten die letztern am 
I March'flusse, an Ungarns und Mährens Gränze, 
\ schmerzlichen Verlust erlitten , und waren da- 
' durch geneigter geworden, Waffenstillstand in» 
i Süden zu gewähren. 

j Vorläufiger Uebereinkunft gemäss, hatten 
[sich der Böhmen Herzog Wladislaw der 
I L und der Graner .Erzbischof Laurentius, 
I mit dem Könige und dem Palatin Johann 
1 Uros an der March eingestellet, lun über 
streitige Gränzplätze zwischen beyden Län- 
dern sich friedlich zu vergleichen. Beyde 
Fürsten waren von ansehnlicher Heermacht be- 
gleitet, die »Ungern diesseit, die Böhmen jen- 
\ seit d^sj^lussßs- gelagert. Dort befand. sich 
der i Ungriscfee , Ritter S o 1 1 h , versuchter Meu-» 
tereyen wegen aus Ungarn * vörjißnnet. Jetzt 
heuchelte er Tr^ue gegen c^en König und sand- 
te Boten, welche meldeten', der Böhmen Her- 
zog hege verderbliche Anschläge wider ihn; 
dasselbe berichtete er an Wladislaw von 
den Ungern. Beyde Fürsten verweigerten nun 



unter schimpflichen Vorwürfen persönliche,] 
Zusammenkunft. Auf des verruchten Ritter» 
Nachricht, Wladislaw träfe Anstalt, dial 
Ungern plötzlich zu überfallen und den König 
gefangen zu nehmen, liess dieser einige Scha- 
ren Pfeilschützen über den Fluss setzen , uinr| 
den Böhmen den Uebergang zu verwehrcB. 
Das wurde jenseits auf Vorspiegelungen de*, 
boshaften Solth schon als AngriflF angesehen | 
Es entstand ein wüthendes Gefecht, welches 
bald von beyden Seiten, dort von Wladis- 
law, hier vom Falatin Joannes mit aUeii 
Streitkräften unterstützt werden musste. Schon 
hatten die geschlagenen Böhmen mit ihrem 
Herzoge die Flucht ergrijffen, als die Mähri- 
schen Fürsten Sobeslaw und Otto mit ih- 
ren Leuten aus entfemterm Standorte herbey- 
eilten , in das schwach besetzte Ungrische La- 
ger einbrachen , es der Plünderung übergaben, 
nur den König mit Laurentius sich entrin- 
nen liessen, dann den Siegern in den Rücken 
fielen und grässliches Blutbad unter ihnen an- 
richteten. Da blieben viele edle , tapfere Män- 
ner im heissen Kampfe; aber Solth gerieth 
in des Palatins Gefangenschaft, und empfing 
zu Gran den schrecklicken Lohn seiner Gräuel- 
that; das über ihn verhängte Gericht liess ihn 
von Pferden zerreissen •).. 



a) Cosxnas Prägens, ad ann. 1116 ap. Menchen, T.^ 
Dubrarius HisuBokm. Lib., XI« p« 94« Pulkaya »p* 



Als Stephan, jetzt fiir mündig erkannt^ 
die Reichsverwaltxmg übernahm , regte sich in 
ihm die rühmliche Begierde, seinem Volke 
sich al» würdigen Sohn eines kraftvollen Man- 
nes , und als berufenen Nachfolger eines gros- 
sen Königs auszuzeichnen ; diess war Alles, was 
angeerbte Grossherzigkeit **) in ihm wirkte; 
zu weiterm fehlte ihm der Sinn imd die aus- 
dauernde Kraft. Landesverlust kann ein be- 
herztes, kriegerisches Volk lange nicht ver- 
schmerzen; noch oft sahen die Ungern mit 
Scham und Wöhmuth hin auf die fruchtbaren 
Gefilde zwischen der Leitha und der Enns, 
welche einst ein schöner Theil des Reiches ih» 
rer Väter waren. Das Land hatte unter des 
gottseligen Markgrafen Leopold's milder 
und gerechter Regierung an arbeitsamer, treuer 
Volksmenge, an Cultur und Wohlstand be- 
trächtlich zugenommen. Wohl konnte solche 
Nachbarschaft der Ungern Neid erwecken , und 
dieser sich hinter Furcht vor Uebermacht und 
Sorge für eigene Sicherheit verbergen. Furcht 
und Sorge schienen nicht mehr imgegründet, 
nachdem Leopold sein Hoflager von. M ölk 7. c.//o^. 
auf den Calenberg in die von ihm erbaue- 
te, und mit starker Besatzung drohende» feste 



Bobner. Monum. Hist. Bohem, T«. II L p. 153. Annalista 
Saxo ap. Eccard, T. I. Turocz, P. II. c. 63* ^} Derselb 
Jiumg waz eines hohen Hertzen. " Heinrichvon Magien 



\ 



— 1« — 

Burg verlegt hatte •) ; es war nicht zweifelhaft, 
gegen wen diese Massregel das Land beschützen, 
oder auch feindlich Mdrken sollte^ Um so be- 
reitwilliger folgten jetzt Ritterschaft und Co« 

T. CL //#^mitats- Paniere dem jungen Könige auf zwey- 
maliger Heerfahrt über die Leitha, womit je- 
doch weder Land noch Ehre, nur unrühmli« 
che Beute gewonnen wurde, weil Leopold, 
den Krieg verschmähend, sich jedesn^al bloss 
mit Verjagung des plündernden Feindes be- 
gnügte , dieser aber Raub - und Feld2mg für Ei* 
nes zu halten schien« Nur um fernere. Lust 
dazu in ihm zu dämpfen , zeigte der Markgraf 
im folgenden Jahre mehr Ernst ; denn so eben 

j.C. #//^, ii23 Stephan Gestenreich mit neuem Ueber- 
falle bedrohete , brach Leopold, im WafFen- 
bunde mit Boriwoy, seit kurzem der Böh- 
men Herzoge *), bey Fürstenfeld in Ungarn 
ein, drang verheerend bis Körmönd vor, schlug 
die Ungern zwey Mal in die Flucht, worauf 
«r Vasvar (Eisenburg) bezwang und zerstörte, 
dem Könige zur Warnung für aie Zukunft, die 
ehrsame Waffenkunst nicht mehr durch Kaub« 
züge zu entwürdigen ""j. 



o) Hantbaler Fatti eampililieni. T. I. p. i6s. 5) Ec 
war Wladialaw^t Slt^rer Brnder und vonihm der Hexr* 
•cha£c beraubt ; aber zur Berahigimg seinei Gewissens im Dr 
eember S117 wieder eingesetzt worden« Boriwoy*» Ge* 
mahlin war Heilwige, Leopold*« Schwester. Geb« 
h^rdi Gesch. der Wend. • Slar. Staaten Bd. II. 8.408. 
c) Hanthaler L c. p. i8o. Chronic. Austriac Atti- 



Nicht unfruchtbar blieb diese Züchtigung, 
denn durch eine lange Reihe von Jahren be* 
stand z^vischen Oesterreich und Ungarn der 
Friede unverletzt, und Stephan erfuhr einigen 
Widerstand, so oft er von seinen Liebschaften 
mit reitzenden Kumanerinnen *) erschöpft, 
oder derselben überdrüssig, Lust bezeigte , des 
üngrischen Volkes Streitkräfte zwecklos zu 
vergeuden. Um ihn endlich auch von seinen 
wollüstigen Abenteuern zurückzuziehen, und 
zugleich für einen Thronfolger zu sorgen, 
wählten ihm die Magnaten eine züchtige, deut* 
sehe Jung&au, Adelhaide, Heinrioh des 
Landgrafen von Steffaning und Burggrafen von 
Regensburg Tochter , des Oesterreichischen 
Markgrafen Leopold' s Nichte, zur Gemah-/.c.##j»A 
lin , wogegen sich auch der leicht lenkbare, 
gemüthliche Stephan nicht widersetzte "*}. 
Zwar konnte diese Verbindung dem bereits 
Entnervten keine Vater^euden mehr gewäh« 



p •■ 



I trtL Cl auttroneoburg. Zwetl. ap. JVz. Script. Auttr« 

I Tom. I. Otto Frisixig. Lib. VIL c«p. 15. ap. Urstit* 

' T. I» a) Reitzend müssen die Kamanerinnen allerdings gewd« 

tenseyn; denn obgleich die häufigen Liebschaften einiger Kö« 

nige und Magnaten* mit ihnen auch daraus sich erklären lies« 

icn, dass Ungrische Jungfrauen und Ehegattinnen , durch 

Sitaamkeit, Schamhaftigkeit und Treue sich auszeichnend, al» 

1er Unzucht abhold waren ; so bliebe es doch unerklirbar, wi« 

Wollüstlinge gerade auf Kumanerinnen so lüstern wurden^ 

und ihr Volk so übermässige Begünstigungen erhalten konn« 

tti hätte sie wirklioh Mongolisch «Kalmükische Kleinaugig« 

^u, Breitbackigkeit und Dickleibigkeit Terunstaitet, g) 

Schier Reginae Hung«riae« p* loci^ 



♦ — H — 

ren, doch hielten ihn Wohlwollen luid Ach- 
tung für die Königin von grobem Ausschwei- 
fungen zurück, 

Stephan's Gutmüthigkeit erfuhren um 
diese Zeit mehrere unglückliclxe Flüchtlinge. 

/.C.//50. Zuerst kam der Böhmen Herzog Boriwoy, 
vertrieben von seinem Volke, weil er die vor- 
nehmsten Ehrenstellen im Lande nur an Deut- 
sche verliehen hatte. Nach zwey Jahren starb 
er am Hoflager des Königs, von diesem ge- 
schützt und mit Wohlthaten überhäuft, ob er 
gleich vor einiger Zeit in Verbindung mit 

/.C./fAJ. Leopold in Ungarns Befehdung ungemein 
thätig gewesen war *), Bald darauf sandte der 
Mährer Fürst S ob eslaw, eben der, welcher 
mit dem Fürsten Otto an Mährischer Gränze 
der Ungern Lager überfallen hatte, jetzt von 
dem Herzoge Wladislaw seines Landes be- 
raubt und flüchtig überall Hülfe ^suchend , sei- 
ne Gemahlin nach Ungarn unter des Königs 
Schutz und Schirm, Sie war ;des geblendeten 
Herzogs Alm US Tochter, dessen ungeachtet 
ward ihr von Stephan, als seiner Verwand- 
ten , gefällig und freundschaftlich begegnet *). 
Am erfreulichsten aber kam ihm die Gesandt- 
schaft des Kumaner Hauptmannes Tatar, 



a) Co8ina$ PrAge'ns. ad amu iiSoet 1124« 1. c. Fnl- 
kava ap. Dobner. Monument. T. IIL p. 154. b) Co Bin. 
Prägens, ad ann« ii23. 1. c. MaxignoL ap« Dobnar^T.Ui 
p.ipg. Qt Pulkava. 1. c. 



f 

welcher mit einer zahlreichen Horde seines 
•Volkes gegen treue Waffendienste Aufnahme 
in das Reich verlangte. Er brachte den Rest 
eines grossen Haufens, welcher mit den Pet- 
schenege^n in Bulgarien gegen die Byzanter ta- 
pfer, aber unglücklich gekämpft hatte, denn-^l C.//^^. 
der Kriegserfahme Kaiser Kalo-Joannes 
Komnenus war nach äusserster Anstrengung 
Sieger geblieben, wofür noch lange hernach an 
dem jetzt eingesetzten jährlichen Petschene- 
gen-Feste in Constantinopel der Herr des 
Sieges und der Heerscharen gepriesen wurde'). 
Stephan, den Kimianem, bis zur Erbitte- 
rung der Ungern, gewogen '*), behielt den 
Tatar an seinem Hoflager ''), seinem Volke/. (j,^,^j 
aber, rüstigen Männern, leichtfertigen Wei- 
bern und fröhlichen Mägden , wurden die 
fruchtbaren Fluren voU fetter Weiden, zwi- 
I sehen der Pesther, Csongrader, Bäcser und 
I Seither Gespanschaften , wo jetzt Klein - Kuma« 
jaien ist, zu Wohnplätzen angewiesen ^). 

i Vier Jahre, hatte nun der frohsinnige Kö- 
nig Müsse , sich an dem Umgang mit den Ku- 
mauern, oder vielmehr mit ihren Weibern, zu 



a) Nicetat Choniatet et Cinnaxnut 9:pnd Stritfer» 
Uemor. Populor. T. III. P. II. p. 992 seq. b) „ Auch het er 
uth die Hey den und die Tatter mer dann die Ungern» Heinr* 
^On Muglen cap. LXIX. 1. c c) ^^ Quorum dux, nomina 
JVi/ar, cum Rege morabatur*" Turocz ?• II. c. 63. d) 
HorTi^th Commenutio de Initiis et Major. Jazygum et Cu* 
»»wor. p. 55, 




— i6 -« 

belustigen, dadurch dieses Volk zu dem übermi 
thigsten Betragen und den verwegensten Frevel- 
thaten gleichsam zu berechtigen, und denHass 
der Ungern wider sich, "wie gegen seine 

J.Cii^ Günstlinge gewaltig aufzureitzen. Die Erneue- 
rung' der Stiftungsurkunde fiir die Abtey 
Sanct Benedict im Graner Thale '); die Bestä- 
tigung der Freyheiten und Vorzüge, welche 
sein Vater den Bürgern von Traw und Spalatro 
verliehen hatte *) , und eine persönliche Zu- 

/,C./#^. sammenkunft mit Sobeslaw, der Böhmen 
Herzoge, zu Ungrisch-Brod, um ein Freund- 
schaftsbündniss abzuschliessen °); diess war 
Alles, wodurch er sich im Verlauf dieses Zeit- 
raumes als König eines edeln und ^ hrliebenden 
Volkes gezeigt hatte. 

In dieser Zwischenzeit war auch der Wla- 
dimir er Fürst Jaroslaw, von dem Kiewer 
Grossfürsten Wladimir dem II. aus seinem 
Gebiete vertrieben, nach Ungarn gekommen, 
den König um bewaffneten Beystand anzufle- 
hen. Diesem war die Aufforderung zu einiger 
Thätigkeit willkommen , und um dem Wider-. 
Stande, deix er von Grafen und Ritterschaft be- 
fürchtete, vorzubeugen, gab er vor, sein Va- 
ter auf dem Todbette hätte ihn verpflichtet, 



^ a) ap. Smitth« Episcopi Agrienf. Tymar. 1768« Part* !• 
p. 69. &) Lucius Dalmat. et *Croatia. L. III. c. IV. ^) 
Marignol. apud Dohner Monuxn. T. II. p. afi. Condnuat« 
Cosmae Fragena. tij^.Dohner. L c. T. UI. p.i5$. 



die schmähliche Niederlage, welche derselbe 
einst in Roth -Russland erlitten hatte , an den 
Russen bey günstiger Gelegenheit zu rächen. 
Die Heerfolge wurde ihm zwar nicht verwei- 
gert, doch auch nicht ohne sichtbare Merk- 
male des Widerwillens geleistet. Auch der T.C,iia3. 
Polen Herzog Boleslaw der IIL hatte sich 
iiirjaroslaw's Sache zum Kampfe gerüstet^ 
und bey Przemisl an dem San mit Ste- 
phan sich vereinigt. Da nahm Jaroslaw 
«ieben tausend Mann Ungern und Polen leich- 
ter Reiterey, und zog voraus gegen Wladi- 
mir am Bug, während Stephan und Bo- 
leslaw mit ihrer übrigen Heermacht des 
ganzen Wladimirer Landes sich bemächtigten. 
Nun rückten sie vor die Hauptstadt, aus wel- 
cher Andreas, Wladimir's Sohn, mit seinen 
Russen sich tapfer vertheidigte und durch kühn 
gewagte Ausfälle den Belagerern manchen Ab- 
bruch that. Als aber Jaroslaw einmal die 
zurückgetriebenen Russen verwegen bis imter 
das Stadtthor verfolgte, stürzte er von seinem 
Rosse und wurde von den daselbst verstärkten 
Feinden so schwer verwundet, dass, ob ihn 
gleich die Ungern unter heftigem Kampfe ihrer 
Wuth entrissen, er dennoch bald darauf an sei- 
nen Wunden sterben musste. Der Mann war 
lebhaften Geistes , muthvoll im Streit , fröhlich 
tuid liebenswürdig im friedlichen Umgänge; 
darum ging sein Tod dem jungen Könige tief 
^^x Herzen, und in seiner Entrüstung befahl %r 

II. TheU. ^ 






18 



^ 



den Ungern die Stadt zu erstürmen, sollten 
auch Alle darunter als Helden fallen. Bald aber 
verschaffte der unbesonnene Befehl ihm die de- 
müthigende Belehrung, wie wenig er König 
war; dem Ungrischen Adel ein verderbliches 
Beyspiel des Verfahrens gegen einen König, 
welcher ohne allüberwältigende Geistesmacht; 
statt zu regieren , herrschen' wollte. Die Gra- 
fen traten zurBerathschlagung zusammen, und 
beschlossen nicht zu gehorchen. Graf Cos- 
mas, aus dem Geschlechte Paznan, trat 
vor den König und sprach im Namen Aller: 
„ Nicht anders , als mit dem Verluste des gröss- 
ten Theiles unserer Heermacht kann die feste 
Stadt bezwungen werden, und ist sie in Dei- 
ner Gewalt, wem willst Du ihre Behauptung 
und Vertheidigung übertragen. Keiner von 
Ulis lässt sich von Dir dazu gebrauchen; Du 
allein magst Dich ihrer bemächtigen und nach 
Deinem Belieben Fürst von Wladimir seyn 
und bleiben. Uns aber ist schlecht gedient 
mit einem Könige, welcher die schwankende 
Herrschaft im fremden Lande der Regierung 
seines eigenen Reiches vorzieht. Bleibst Du 
Deines Sinnes, so werden wir heimkehren und 
einen andern König uns erwählen. " Sogleich 
Hessen auch die Grafen an ihre Scharen den 
Befehl zum Aufbruche und zur Rückkehr in 
das Vaterland verkündigen *), Stephan ver- 



d) Turocz P.II. c. 65. rergL mit DlugQlz Hi^ Po- 



j 



— ig — 

bat-g seinen Groll, verschob die Rache auf ge- 
legnere Zeit, und fügte sich i^ den Willen sei- 
ner Grafen. 

Der Zusammenhang der Begebenheiten, 
macht glaublich, dass auf diesem Feldzuge 
Boris, der jetzt achtzehnjährige Sohn der^ 
von Coloman verstossenen Predslawa, in 
dem Gefolge des Polnischen Herzogs Boles - 
law sich befand, wo ihn auch Stephan ken- 
nen lernte. Nach dem Tode seines Grossvaters 
Swetopolk hatte ihn wahrscheinlich J a r o s - '^' ^* '^'* 
law, sein nächster Verwandter, zu sich genom- 
men, hernach aber, von Wlodimir seines» 
Landes beraubt, auf seiner Flucht bey Bo- 
leslaw^ zuriicligelassen. Der verwaiste Jüng- 
ling erwarb sich des Herzogs Gunst, welche 
diesen bewog, ihn zum künftigen Gemahl sei- 
ner Tochter Judith zu erkiesen. Noch leich- 
ter war es dem Jünglinge, für den das Unglück 
seiner Mutter und sein eigenes Schicksal 
sprach, jetzt auch den gemüthlichen König 
der Ungern für sich einzunehmen. Dieser 



Ion. L. VI. p. 419« edit. Lips. Crom er setzt die Begeben« 
heit auf das Jahr 1124.; Katona (Hist. Reg. T. IIL) auf 
das Jalir 1127 und beweiset es aus dem Biographen des Salz« 
barg. Erzb. C.onrady bey Hansiz* Germ. S. T. Ih Allein 
da es höchst wahrscheinlich ist, dass Stephan einer andern 
Angelegenheit wegen i. J. 1127 in Marchia Ruthenorum sich 
\ befand, dürfte man bey Erzählung gegenwärtiger Begebenheit 
von der Zeitrechnung des Fortsetzers von Nestors Clironilc. 
(Mülle r^s Samml. Russ. Gesch. Tbl. I* a. d. J. 1125. S. 398.) 
Bicbt abweichen. 



— aa — * 

mochte an Predslawa's Schuld nicht ge* 
glaubt , und da er selbst an einem eigenen Lei- 
beserben bereits verzweifelte, für möglich ge« 
halten haben, seinem verschmäheten Bruder 
zur Erbfolge in Ungarn zu verhelfen. Nur 
jetzt, da ihm die Grafen so hart begegnet wa- 
ren , durfte er es nicht wagen , seine Absicht 
zu entdecken. Unterdessen ward er mit dem 
Herzog einig, dass die Vermählung seiner 
Tochter mit Boris vollzogen werden, und 
bis Gelegenheit zu glänzendem Glücke sich 
darböte, das Zipserland zu dem Unterhalte 
der Vermählten dienen sollte *). 

So blieb es, bis Bruderzwist den König^ 
wieder zur Entscheidung nach Roth -Russland 

/.a//^>#. fiihrte. Rostislaw und Wladimir, Söh- 
ne des Przemisler Fürsten Wolodar, hatten 
das Erbe ihres Vaters also unter sich getheilt, 
dass ersterer in Przemisrs Besitze blieb, letz- 

j CL ^/jBÄ^ß'"^^ Swenigorod erhielt. Nach des Kiewer 
Grossfürsten Wladimir's Tode geriethen 
sie in Streit, in welchem Wladimir seines 
Bruders überlegener Macht weichen musste; 
während er nun in Ungarn Hülfsvölker warb, 
wurde Rostislaw's Mannschaft in S wenigo- 



a) Stephan vries Hermit das Ungiische Zipserland an; 
nicht vrie Bei und Wagner (in Analect. Scepusiens.) mei- 
nen, eine CasteUaniam de Spissz in Pokutien. Engel Gesch. 
▼on Halitsch und Wladimir. Halle 1796. in 4. S. 4§7* 
Anm* o« 



21 



rods vergetlicher Belagerung fast gänzlich auf- 
gerieben; und als hernach dem Wladimir 
aus Ungarn Hülfe kam , verlor er mit dem Re- 
ste seines Kriegsvolkes auch sein Land. Ste- 
phan setzte Wladimir'n in Swenigorod's JC.4ij^. 
Besitz ein, Przemisl behielt er sich vor, auf 
dem übrigen Tscherwenischen Gebiete stellte 
er für seinen Halbbruder Boris das eigentli- 
che Fürstenthum Halitsch , welches schon sein 
Grossvater Swetopolk besessen hatte, wie- 
der her. Boris wurde sogleich zum Fürsten 
von Halitsch gekrönt, bey welcher Feyerlich- 
keit der König leicht bewirkte , dass mit B o - 
leslaw^'s Einwilligung, Boris und Judith 
gegen Verleihung des eroberten Przemisler 
Gebietes auf den Besitz des Zipserlandes für 
L immer Verzicht leisteten "). 



ß) nJste Boleslaus fiUam auam de Ruthena genitam Colo'^ 
mano Regis Hangar iae filio (so nennen Fohiisclie und auch 
Ungritclie Chronographen den Boris), „matrimonialiter ca- 
pulapit, qui (Rex Hungariae) nomine dotie Castellaniam de 
Spissz^ quoad piveret, possidendam assignapit. Quem Colo^ 
manum (Boris) una cum Rege Hungarorum , (Boleslaw und Stc- 
pbui) HaUciensibus in regnum praefecere^ ipsum coronari facien-* 
teSf cuius coronatioJiis (occasione) Rex BoleslaiM, prout erat cre-^, 
dulus per regem Hungariae dolose circumpentus , castellaniam 
de Spissz (dimisit) et loco eiusdem, Castellaniam Przemislensen^ 
nomine dotalitii filiae suae recepit, Haoc autem dolositas fuit 
origo dissensionum inte\ Polonos et Ilungaros* efc, *' Also B o - 
guphal in Chronic. Foloniae« Bey Engel Gesch. von Ha- 
litsch etc. 8. 457. Damit >ber dieser Tausch geschehen konn- 
te, musste Stephan Przemisl wirklich besessen, es folglich 
«robert haben; mithin auch, wie der Biograph des Salzb. 
Enb. Conrad. L c. sagt, in der Marchia Ruthena da gewe« 



— öa — 

Während des Königs Abwesenheit hattei^ 
Grafen an des Reiches westlichen Gränzen ei- 
genmächtig in Bayerns Steyersche Mark , wet 
che zu dem Salzburger Erzstift gehörte , einige 
Streifziige unternommen und nach Plünderung 
des Landes eine Menge Menschen in Knecht- 
schaft weggeführt. Wahrscheinlich waren sie 
durch Räubereyen der dort wohnenden Sla- 
ven dazu gereizt worden. Um der verheeren» 
den Selbstrache Einhalt zu thun, zog Er2> 
bischof Conrad, ein frommer, kluger und 
herzhafter Mann, nach Ungarn; mit ihm die 
ehrwürdigen Bischöfe, Chuno von Regens- 
burg, Eckbert von Münster und Hilde- 
bold von Gurk. Drohendes Gerücht vom 
Anzüge des Stey ersehen Markgrafen Ottokar 

mit zahlreicher Mannschaft war ihnen voraus- 
gegangen. Da sie den König nicht im Lande 
fanden , empfahlen sie die, für Steyermark und 
für Ungarn gleich wichtige Angelegenheit dem 
Erzbischofe von Gran ; diess war damals schon 
Felician, viel vermögend durch seine Wür-* 
de, und durch des Königs Gunst. Sie verlang- 
ten dauerhaften Friedensbund und erhielten 
noch mehr durch des Erzbischofs Vermittelung, 
welcher unverzüglich Eilboten mit ihren An- 
trägen an den König sandte. Erwünscht kam 
diesem die Veranlassung, seine Unzufrieden- 



f en seyn. — Von dem Bruderzwist und der Ungrischen Hüli- 
leistung, Dlugosz 1. 1. p. 425 — 429. 



s. 



rr 



heit Männer von Ungrischeni' Adel empfinden 
zu lassen; er unterschrieb nicht nur den Frie- 
densvertrag, sondern gab auch die strengsten 
Befehle, Kraft welcher die Grafen alle Beute 
zurückgeben oder ersetzen, und alle wegge- 
schleppte Gefangenen ausliefern mussten. In 
Erwägung, dass Verträge allein gegen ein un- 
ruhiges kriegerisches Volk nicht schützen, 
stellte Conrad die verfallene Burg Dekhofen 
zwischen der Steyerischen und Ungrischen 
Gränze wieder her, und führte eben daselbst 
die Schlösser Libnitz und Reichenburg auf, 
damit die Ungrischen Grafen auch durch Ge- 
waltmittel genöthiget würden, ihres Königs 
Wort zu ehren '). 

Als Stephan in sein Reich zurückge- 

^ kommen war, verübte er mancherley Grau- 
samlieit an denjenigen, welche seinen Heer- 
fahrten nach Russland sich mehr starrsinnig, 
als freymüthig widersetzt , imd dennoch durch 
räuberische Fehdschaften die friedlichen Ver- 
hältnisse mit benachbartem Lande zerrissen 
hatten ^). Man war nichts weniger , als kräf- 
tige Massregeln von ihm gewohnet und erwar- 
tend; doch gemüthliche, aber geistesarme 

1 Wollüstlinge verfallen nach ihrer Erschö- 
pfung, im Besitze der Macht, nur gar zu 
leicht in Tyranney , ohne Macht , in fanati- 



a) Vita Conrad. AEp» Salisbiirg. ap. Hansiz, Gcnn» S» 
T. IL p. ftfl3 se^. ^) Turoc2 P. II. c. 65. 64« 



sehe Frömmigkeit; oft einiget sich beydesia 
dem Mächtigen, weil beydes aus der Einen 
Quelle des Gemüthes fliesst. Stephan's Ver- 
fahren erweckte bey Vielen Furcht, beyMeh- 
rem Unzufriedenheit, bey Einigen drohende 
Bewegungen, bey Allen Abscheu. Wahr- 
scheinlich war auch auf den geblendeten AI- 
mus Verdacht gefallen; denn er nahm plötz- 
lich die Flucht nach Constantinopel. Die Kai- 
serin Irene, Ladislam's Tochter, geliebt ij 
und verehrt von Byzantem , war seine Base; 
bey ihrem Gemahl Joannes Comnenus 
fand er die freundschaftlichste Aufnahme, 
Stephan fühlte sich dadurch mehr beunruhi- 
get, als beleidigt, und verlangte durch Abge- 
ordnete von dem Kaiser nichts geringeres, alsj 
augenblickliche Verweisung des Herzogs AI- 
mus aus dem Byzantischeii Reiche. 

Die unbillige Forderung fand bey dem 
rechtschaffenen Fürsten kein Gehör; darüber 
entstand Krieg, den Stephan mit Ueberei- 
J.C.f^jsfS. hing und Ungestüm, Joannes Comnenus 
mit Besonnenheit und Klugheit führte. Jener 
zog mit der ganzen Reichsmacht aus, setzte 
über die Donau , lagerte sich vor Branizoba 
(Belgrad) und zwang die schwache Besatzung 
zur Uebergabe der Stadt. Einen Theil der Kö-» 
niglichen Ritterschaft sandte er aus, Servien 
und Bidgarien zu verheeren ; aber bey Philip-» 
popolis wurde sie von dem Kaiser empfangen 
und zurückgeschlagen. Unterdessen hatte 



— S5 — 

Stephan Branizoba's Mauern schleifen und 
die Steine zu SchiflFe in das Sirmische Gebiet 
fuhren lassen, um damit Zeugminum (Sem- 
linj TM befestigen. Der ziemlich glückliche 
Anfang der Fehde reizte den König zum lieber- 
muth, indem er durch schmähende Botschaf- 
ten den Kaiser der Trägheit und Feigheit be- 
schuldigte , weil dieser sich ihm nicht persön- 
lich zum Kampfe gestellt hatte. Joannes 
Komnenus erwiderte die muth willige Lä- 
Bterung mit verachtendem Spotte, und beyde 
Fürsten rüsteten sich für das folgende Jahr zu 
wichtigem Uutemehmungen '). 

Die in Geheim arbeitende Unzufriedenheit 
mit des Königs Verwaltung und auch mit die- 
sem, ohne Noth entzündeten Kriege schwäch- 
te die Bereitwilligkeit der Grafen und der Co- 
mitatsmilitz zur Heerfolge ; Stephan musste 
sich mit auswärtigen Hülfsvölkem verstärken. 
Auf seine Mahnung sandte Sobeslaw, der /-C.//;?^. 
I Böhmen Herzog, seinen NeflFen Wenceslaw, 
S^iatopolhs Sohn, mit auserlesener Mann- 
schaft. Als die vereinigte Heermacht der Un- 
gern und Böhmen ausziehen sollte , erkrankte 
der König in Erlau; baldige Genesung war 
nicht zu hoffen, weswegen er den Grafen S t e f- 
faning, der Königin Verwandten oder Bru- 
der, zum obersten Befehlshaber ernannte, mit 



a) Cinnamut et Kicetas Choniatei ap. Stritter. 
T. in, P, II. p. 633, et seq. Turoca P. II. c, 63« 



— fl6 ~ 

jder Weisung , zwischen den linken Ufern det 
Theiss und der Donau sich zu lagern und den 
Uebergang den Byzantem zu verwehren. Nach- 
dem nun Joanne s Comnenus am rechtea 
Donauufer die Stellung der Ungern erwogea 
und die Schwierigkeiten bey Erzwingung des 
Ueberganges erkannt hatte, liess er einen Theil 
seines Heeres längs dem Strome hinaufziehen, 
um dort, wo sich im Temeser Gebiete, die 
jetzt sogenannten langen Sandhügel, bis 
an das jenseitige Ufer erstrecken den Ueber- 
gang zu vollbringen , während er der Burg 
Haram (^Uj - PalankaJ (gegenüber durch 
scheinbare Versuche des Ueberganges der Un- 
gern Aufmerksamkeit und Thätigkeit beschäf- 
tigen würde. Seine Anordnung krönte der 
glücklicliste Erfolg; völlig unvorbereitet sahen 
sich die Ungern im Rücken überfallen. Ihre 
grössere Anzahl stand auf den Inseln, weder 
Kaiser über den Strom setzen wollte, die übri- 
gen waren längs dem Flusse K a r a s s 6 aufge- 
stellt. Dort entstand ein mörderisches Gefecht 
Die Ungern müssen der Uebermacht des Fein- 
des weichen. Die auf den Inseln wollen ih- 
nen zu Hülfe eilen , da stürzt die Schiffsbrücke 
über den linken Donauarm ein , viele gehen iß 
den Fluthen unter, die Schiffe gerathen durch 
Griechisches Feuer in Brand, dem Kaiser macht 
den Uebergang niemand mehr streitig. Von 
zwey Seiten wüthet nun der Tod unter den 
Ungern^ die tapfem Grafen, Ciz imd Cla- 



~ Ä7 — 

diali, liegen hingestreckt f mit ihren Leuten, 
nur eiligste Flucht in die Berge kann die üebri- 
gen retten. Des Kaisers Vorsicht verbietet, sie 
zu verfolgen , denn noch war mit der starken 
Besatzung der Burg H a r a m zu kämpfen« Die 
Burg wird erstürmt, ihre Vertheidiger erfech* 
tan sich den Abzug. 

Joannes Comnenus wollte seinen 
liier erfochtenen Sieg nicht weiter verfolgen,, 
er ging über die Donau zurück, nahm Brani- 
zobaweg, und legte den Curticius als Be» 
fehlshaber mit hinlänglicher Besatzung hinein^ 
Branizoba gegenüber, zwischen derSave und 
der Donau, von der Mündung des Boszut 
hinauf bis hinter Szalankemen an den Fuss 
des Berges Almus, wo Kaiser Probus di^ 
\ ersten Weinstöcke in Pannonien gepflanzt hat- 
ite, erstreckt sich eine weite, freundliche Ebe- 
ne, entzückende Aussichten über zwey grosso 
Ströme gegen die Gebirge von Servien, Bos- 
nien und Sirmien gewährend. Durch Schön- 
j heit der Gegend und üppige Fruchtbarkeit des 
Landes war eine Anzahl Fränkischer I^reuz- 
;fahrer angelockt worden, sich daselbst hei- 
niisch niederzulassen , und das Paradies , wel- 
ches sie in dem heiligen Lande, entweder 
nicht zu finden hofften, oder nicht fanden, sich 
durch ihren Fleiss zu schaffen. Seitdem wur- 
de diese Pflanzung von den Byzantem Fr an- 



— «8 — 
kenland *) genannt; und auch dessen be« 
mächtigte sich jetzt der Kaiser, nachdem er dia 
Zeugminer zur Uebergabe gezwungen hat« 
se ^}. Sobald er aber mit seinem Kriegsvolka 
aus dem Lande war, sammelten sich die zer< 
streueten Ungern unter das Panier des wieder- 
hergestellten Königs, verjagten die Byzantec 
aus Zeugminum und aus dem Frankenlande, 
setzten über die Donau und eroberten Branl* 
zoba. Die zu allen Zeiten, in den. meisten Fäl- 
len, nur zum Declunantel grober Fehler die« 
nende falsche Beschuldigung der Verrätherej' 
wurde jetzt auch auf Curticius gewalzt, wo- 
für ihn der Kaiser mit Geisseistreichen züchti- 
gen liess, obgleich er die Mauern der Burg 
nicht eher verlassen hatte, als bis die Ungern 
mit ganzer Macht eingednmgen waren und die 
Stadt in Flammen stand. Zu gleicher Zeit 
überwältigten die denByzantem unterthänigen 
Serwier, in Einverständniss mit den Ungern, 
die Racznaburg CHasumJ, deren Befehls' 
haber hernach] auf des Kaisers Geheiss in weib- 
licher Kleidung auf einen Esel gesetzt und iiB 
Lager zur Schau herumgeführt wurde; so muss- 
ten pflichttreue Kriegsmänncr den übereilten 
Küchzug ihres Gebieters büssen. 



a) ^tfayyvxvgof. Nicetit Choniatei. h) CinnimtK 
et Nicetas Choniat. 1. c. Chronic. CUuitro-Neo 
barg. Zwetl. Auitral. ad ami. »139. ap. Pez. 1. c- tu' 



— i29 — 

Der Kaiser zog im Herbste noch mit ei- 
nem Heere wieder an die Donau , und liesÄ 
mit äusserster Anstrengung seines Volltes Bra- 
nizoba herstellen und befestigen ; aber der ein- 
brechende Winter, drückender Mangel an 
Mimdvorrath und einreissende Sterblichkeit 
unter der Mannschaft versetzten ihn bald in 
höchst peinliche Lage, in welcher ihn Ste- 
phan bey plötzlichem Ueberfalle gänzlich auf- 
gerieben hätte, wäre nicht sein Anschlag aua 
dem Ungrischen Lager von einer vornehmen: 
Italierin an den Kaiser verrathen worden* 
Zu schwach, um mit dem sehr verstärkten 
Feindein Kampfsich einzulassen, zog Com- 
nenus eiligst ab über die beschwerliche Ka- 
Tadagher Bergkette (xaKTf CTTiaKa), wo 
ihn die verfolgenden Ungern zu keinem Ge- 
fechte zwingen konnten. Nur sein Nachtrab 
wurde von ihnen hart mitgenommen, wobey 
sie auch sein Gezelt erbeuteten *). 

Inzwischen hatte Herzog Almus zu Con- 
Stantinopel sein mühseliges Leben beschlossen; 
3em Tod versöhnte ihn mit dem Könige , auf 
dessen Befehl der Coloczer Bischof Fulb ^t 
hinreiste , um den Kaiser zu einem Friedens- 

I 

«chluss auf die Donauinsel bey der Bodroger 
Burg einzuladen , und des Herzogs Leichnam 
nach Ungarn zu bringen , damit er ihm durch 
feyerliche Bestattung zu Stuhlweissenburg die 



a) lidem ap. StritttT' T. III. P. II. p. 637* 



letzte Ehre erweisen könnte *)• Vielleicht lag 
dunkel schon in seiner Seele die Ahndung, das$ 
der Stamm des hart Bestraften und Verfolgten 
noch hundert und siebenzig Jahre Sanct Ste- 
phan's Krone tragen würde. 

Nachdem der Friede auf derBodrogerinsel, 
unter mancherley Vorwürfen imd Entschuldi- 
gungen, geschlossen war**), verhängte Ste- 
phan peinliches Gericht über die Grafei^ 
Joannes und Bors. Jener wurde, enthaup- 
tet, dieser aus dem Lande, und seine Nach- 
kommenschaft für all^ künftige Zeiten von dem 
königlichen Hof lager verbannet. Als der Kö- 
nig zu Erlau krank gelegen hatte , war in das 
Lager am Karassö , bald von der Unmöglichkeit 
seiner Wiederherstellung, bald von seinem 
wirklich erfolgten Tode wechselnde Kunde ge- 
kommen, und sowohl von Ehrsüchtigen, als 
von Unzufriedenen, gern geglaubt worden. 
Da liessen sich die zwey Grafen von ihrem 
Anhange zu Königen über Ungarn wählen; 
und das war ihr Verbrechen , welches für das 
Reich den Vortheil erzeugte, dass der König 
jetzt im Gefühle seiner zunehmenden Siechheit 
die Sorge für einen Nachfolger sich ernstlicher 
zu Herzen nahm. 

Nicht selten äusserte er dieselbe, sowx>hl 
öffentlich , als in dem Umgänge mit einigen 



a) TuTocz I.e. b) Nicetas Choniftt. L e. et Tu- 
xocz U; cc. 



— o* -^ 

Magnaten j auch Boris Namen mochte er bis^ 
weilen genannt haben; allein der Kumanei' 
Üebermuth, von ihm begünstiget, hatte da^ 
Vertrauen zwischen ihm und den Magnaten 
schon grössten Theils erstickt ; nur gegen B o- 
tis Hess man ihm entschiedene Abneigung 
merken. Als er aber einmal mit dem alten 
Grafen Othmar und mit Bischof Paulus^ 
dem Vertrauten seines Vaters, über die ihn 
quälende Sorge vertraulicher sprach, erfassten 
diese den günstigen Augenblick, ihm zu offen- 
baren, dass der geblendete Bela, des Herzogs 
Almas Sohn, noch lebe, in der Abtey Sanct 
Benedict zu Pecs - Värad aufbewahret und 
Verpfleget worden, auch unter guter Zucht 
zum ehr- und achtbaren jungen Mann heran-r 
gewachsen sey. Diese Entdeckung schien de» 
gutmüthigen Königs schwindende Lebenskraft 
Stu erneuern. Trost und Wonne fand er in 
dem Gedanken, dass mit einem Male nicht 
faur sein drückender Kummer gehoben, son- 
dern er auch in den Stand gesetzt sey , seines 
Vaters Verbrechen an dem Unschuldigen aus- 
zusöhnen. Ohne Aufschub wurde Bela au» 
deiner Verborgenheit hervorgezogen, als ein. 
jünger Mann von zwanzig Jahren , in blühen- 
jäer Gesundheit, angenehmer Bildung und ed- 
ler Haltung, an das Hoflager gebracht, un4 
flen Magnaten als rechtmässigster Erbe de» 
l'hrones vorgestellt. Sein plötzliches Erschein 
P^y s^ine gewisse Unschuld, sein bescheid?^ 



;a — 



nes, ruhiges > ernsthaftes Wesen, und mehr 
noch des Schicksals harte Fügung, durchwei- 
che für alles irdisch Schöne, Glänzende und 
Herrliche sein Auge so früh geschlossen ward, 
erwarben ihm das ungetheilteste Wöhlwollea 
und die allgemeinste Bereitwilligkeit, ihn als 
Mitregenten des Königs zu erkennen. ZurGe* 
mahlin für ihn wurde Helena, des Uro seh, 
Serwischen Gross -Shupan's, Tochter. gewählt 
imd die Vermählung sogleich vollzogen *)• 

Hiermit war für den Halitscher Fürsten 
Boris des Glückes trüglicher Schein ver- 
schwunden; war seine Mutter unschuldig, so 
geschah ihm wohl gräuliches Unrecht; aber 
Ungarn gewann an B e 1 a mehr, als es an Bo- 
ris verlor; die Erziehung bey Sanct Benedict 
in Pe'cs-Varad war besser, als bey Hofe i» 
Kiew , und die Natur am Fusse des Eisenber- 
ges freundlicher, als an dem Ufer des Dnie- 
pers. Indessen wollte der Polen Herzog Bo- 
1 e s 1 a w das WaflFenloos für seines Eidams An- 
J. C. hSo. sp'^üche nicht unversucht lassen ; allein vergeb- 
lich bedrohete er das Zipserland mit einem Ein- 
falle, denn nie hatte Stephan ein zahlreiche- 
res Heer ausgeführt , als diess Mal , da zwey 
gleich mächtige Triebfedern, Abscheu vor dem 



a)Turocz P. IL c. 65. Was Schier (Reginae Hun« 
gar. p. io3 seq.) dawider sagt, ist Künsteley; er legt auf d« 
Cinnamus l/ngrisch. - Genealogische Kenntnisse riel zu gio*" 
ten Wexth. 



— 33 — 

Termeindichen Bastard , und Eiithusiasmus für 
ihren gemisshandelten Thronerben die Ungern 
in Bewegung setzte '). Boleslaw fugte sich 
in die Umstände und gab sich damit zufrieden, • 
dass Stephan zu Boris Gunsten allen 
künftigen Ansprüchen auf Przemisl feyer- 
liehst entsagte. 

Diess war Stephan's letzte öffentliche 
Handlung. Völlige Siechheit liess ihn nicht 
mehr von dem Krankenlager sich erheben. Ala 
alle Hoffnung zur Genesung verschwunden 
war, begann der Ungern lange unterdrückte 
Rachsucht, über die Humaner zu wüthen. Ei- 
nige Tage scheinbarer Erholung gestatteten dem 
Könige, sich mit seinen Günstlingen wieder 
ZU' unterhalten; da klagten sie ihm weinend 
Und ; heulend die Gewaltthätigkeiten , welche 
jetzt ihr Volk von den Ungern täglich erdulden 
müsste. Das ging ihm tief zu Herzen , und 
in heftiger Aufwallung des Zornes tröstete er 
sie mit dem Versprechen , dass nach seiner si- 
chern Genesung für jeden todtgeschlagenen 
Kumaner zehn Ungern sterben sollten ^). Al- 
lein diese Gemüthsbewegung beschleunigte 
sein Ende. Bey herannahender Todesstunde /.C.//J/. 
liess er, nach jener Zeiten andächtiger Hofeit- im April 
te, aUe Zeichen irdischer Hoheit von sich ent- 



a) TuTOtz 1. c. h) %iDa sprach der Kumg', wird ich ge^ 
tum ich ml tzehtn Ungern für ein Hey den toten.** Heinr. T. 
MugUn Cap.XLIX. 

ILThcil, 3 



1 



^ u 
w'+ 



fernen, mit dem Benedictiner- Habit sich be- 
kleiden und zum Mönche einsegnen. Nach 
so geschlossener Rechnung mit der Welt und 
mit dem Himmel schied er hin, und ward, sei- 
nem letzten Willen gemäss, in Gt-osswar: 
dein, zu den Füssen seines Grossvaters, des 
schon allgemein als selig verehrten Königs La- 
dislaw, beygesetzt *). Wahrscheinlich wäre 
er, nicht arm an trefflichen Anlagen, dem gros- 
sen Manne auch in dem Leben nahe gekom-» 
men, hätten diejenigen, die seine Jugend lei- 
teten, es verstanden, ihn zu bewahren vor 
Erstickung des bessern Sinnes durch der Wol-» 
lust Gift. Selbst verschuldetes Unvermögen 
der Natur zieht unvermeidliche Ohnmacht 
des Geistes und Zerrüttung des Gemütlies nach 
sicL 



IL 
Jäela der IL 

J. C. 1131 — 1 14 Ti 



J.C.iiSt. Am Dienstage nach Quasimödogeniti, am 

si8. April Tage Sanct Vitalis , da im Deutschen Reiche 

der Supplinburger Lothar Kaiser, in Bayern 

Und Sachsen Heinrich der Stolze Herzog, 

in Oestreich Leopold der Fromme Marii- 



a) Turotz I.e. 



35 



eraf, in der Röinischen Kirche Innocen- 
tius der IL Papst, in der Ungrischen Feli- 
cianus des Klerus Oberhaupt war, wurde 
Bela, bereits Vater eines Sohnes > in der na- 
hen Hoffnung eines zwey ten , mit seiner rach- 
süchtigen uiid unternehmenden Helena zu 
fituhlweissenburg gekrönet, ohne dass den 
Blinden der Krone Glanz mehr blenden konn- 
te "*). Allein eben dieses Einen Sinnes zu frü- 
he beraubt, gelangte er nie zu vollständigem 
Selbstgefühl und fester Zuversieht für das äus- 
sere Leben; darum setzte er sein ganzes Ver- 
trauen in das ihm nächste , von ihm geliebte 
menschliche Wesen , in die behersite Königin, 
welche. er nur zu oft, nicht selten auch zu sei- 
iiem Nachtheile, für sicli beschliessen Und han- 
deln liessi 

Bald nach ihres zweyten Sohnes Geburt 
wurde auf ihren Betrieb eiii grosser Landtag 
ausgeschrieben nach Aräd, dessen Gebiet 
schon grösstentheils von den Genossen des 
Griechischen Kirchen wesens, zu dem aitch He- 
lena sich bekannte, bewohnet war. AniUfer 
des Maros , auf freyem Felde versammelte sieh 
unzählige Volksmenge. Ausser den Prälaten 
und Magnaten war auch die Ritterschaft einge- 
laden; und ein geblendeter König in der Mit- 
te seines biedern VoDies , war ein viel zu rei* 



■ '' * • ' »' -V. 

a) Clironicon Büdenie ap. Katona Hist. Reg, T. Ilf. 



p. 46r. 



— 36 — 

t 

2endes Schauspiel für Gemüth und fiir Neugier, 
als dass sie der Einladung nicht in grosser An- 
AC*#/Jj>. xahl hätten folgen sollen. Schon sass B ela auf 
dem erhabenen Throne, und in den Anwesen- 
den erregte sein Anblick wehmüthige Rüh- 
rung; schon begannen die Berathschlagungen 
über die Wohlfahrt des Vaterlandes , über Ein- 
tracht unter den Ständen , und über Ordnung 
und Recht im bürgerlichen Verkehr , als die 
Königin , ohne Pracht uiid Schmuck , aber mit 
hoher Majestät in Blick und Haltung, nur 
durch die zwey lieblichen Kinder, Geysa und 
Ladislaw, in ihren Armen gemildert , in die 
Versammlung trat und Verhandlungen imter- 
brach, an welchen ihr jetzt am wenigsten gele- 
gen war. 

Selten, und immer schwach sind in der 
weiblichen Seele der Sinn für echte Dankbar- 
keit und der Sinn für strenges Recht ; denn 
beyde sind weit weniger Erzeugniss des Gemü- 
thes, als der kräftig entwickelten Verständig- 
keit, mit der sich gemüthliche Weiblichkeit 
nicht wohl verträgt. In dem Gefühl ihrer 
Schwäche befangen, hält diese alles Gute, das 
ihr wiederfährt, für blosse Leistung der Pflicht j 
und Alles, was sie vermag oder begehrt, ist 
ihr wohlbegründetes Recht. So war es in An- 
sehung des Rechtes auch bey Helena, welche 
ihren , übrigens wohlgestalteten , nur seiner 
Augen beraubten Gemalil, gewiss auch darum, 
weil er ihre Reize nicht sehen und würdigen 



■MW '^T ^^ 

honnte, nie anblickte^ ohne gegen die Urheber 
seines Unglückes zur heftigsten Rachbegierde zu 
entbrennen. Von dieser entflammet^ sprach sie 
jetzt in der Versammlung : „ Eure Biederkeit 
und Gerechtigkeit, Ungrische Männer, gestat- 
te hier nachsichtig dem W^eibe, Eurer Köni- 
gin , was ihr durch Eure Reichsverfassung vor- 
enthalten ist. Ihr Alle erfreuet Euch der Wohl- 
that des Gesichtes, und schauet mit Wohlgefal- 
len die künftigen Hoffnungen des Vaterlandes 
in meinen Armen. Nur der Eine dort, Euer 
würdiger ?iönig , dieser Kinder zärtlicher Va- 
ter, muss dieser Wohlthat entbehren. Alle 
Schönheiten der Natur, alle sichtbare Reize des 
Lebens, und was das schmerzlichste ist, alle 
Ausdrücke des Geistes und Herzens, welche in 
dem Angesichte edler Menschen sich abspie- 
geln , sind nur ihm an Euch , seinen Treuen, 
wie Euch an ihm , für immer unsichtbar ! Ge- 
treue Ungern, ehrsame Ritter, Männer aller 
Stände , Greise und Jünglinge , Reiche und Ar- 
me , saget an und nennet mir die Verruchten, 
welche für schnöde Fürstengunst sich hinga- 
ben zur Vollziehung des grausamsten Verbre- 
chens an dem schxüdlosen Knaben , Euerm ge- 
genwärtigen Könige, und dem Vater dieser 
Kinder; Ihr wisset, Ihr kennet sie, sie sitzen 
hier unter Euch, mächtig und angesehen, voll 
frechen Trotzes gegen Gott und Menschen, 
tod froh der Belohnung für ihre him- 
melschreyende Gräuelthat ! Auf , Männer 



— 38 — 

Ton Ehre und Muthj übet unverzüglich Ge- 
rechtigkeit an den Verbrechern ; sichert durch 
ihre schnelle Vertilgung eueni König, diese 
Kinder, Euch selbst gegen fernere Nachstel- 
lungen ihrer Bosheit; weihet mit ihrem Blute 
das Arader-Feld zum Wahlplatze göttlicher Ge- 
richte, damit die. Nachhonimenschaft der Un- 
verletzlichlieit der Stellvertreter Gottes auf Er^ 
den ewiglich gedenke. Vollendet ') ! " 

Sie schwieg, als sie Wuth und Mordlust 
in Aller Augen blitzen s£ih; ein allgemeiner 
Aufruhr eiitsland, in welchem acht und sech- 
zig edle Herren, theils wirldich schuldig, 
theils nur von Neid, Hass, oder Privatrache 
für schuldig erldäret, auf der Stelle todtge- 
schlagen wurden. Nicht des Königs Bitten 
und Befehle, nicht der Bischöfe Ansehen und 
Drohungen waren vermögend, dem Sturme 
losgelassener Leidenschaften zu gebieten. So- 
gar die Frauen und Kinder der UnglücUichen 
wurden nicht verschonet. Viele Herren wur- 
den gefangen genommen , mit ihren Familien 
unter mancherley Misshandlungen über die 
Gränzen gejagt, ihre Güter eingezogen und als 
Sühnopfer ^en bischöflichen Kirchen zuer- 



a) So lassen ^ie I^önigin dem Inlialte pacli Keza, Hein^ 
ricli von Magien» Turotz und Bonfin sprechen. 
Pray's Gründe, dass die Arader Vesper in diesem, niclit 
i. J. 1136) "w^c die Clu'onograplicu erzählen, und Katonf 
glaubt, sich zugetra|;en habe, sind eutscheidendt 



— 39 — 

kannt, .wodurch Helena wenigstens den 
Hass des mächtigsten Standes von sich abwälzte. 
Das von ihr aufgestellte Beyspiel war an ver- 
derblichen Folgen fruchtbar, es zeigte dem 
Adel, wie Willkür weit, schneller als Recht; 
und Gewalt bey weitem kräftiger als gesetzli- 
cher Richterspruch , zum Ziele empörter- Lei- 
denschaften führte; kühn wurde hernach bis- 
weilen zu Gunsten des Adels gegen den König 
versucht, was auf dem Arader Felde wider den 
Adßl zur Genugthuung des Königs gelungen 
und durchaus ungestraft geblieben war. 

Schon jßtzt verwickelte H e 1 e n a ' s That 
den König und das Reich in sehr gefährliche 
Verhältnisse. Von nun an ward die Königin 
von allen Parteyen, ausser der ihrigen, mit 
dem Blute edler Ungern befleckten, verab-' 
scheuet. In völlig Parteylosen war wenig- 
stens das Vertrauen zu dem Könige erloschen, 
lind die zurückgebliebenen Verwandten der 
Erschlagenen oder Verbanntfen nährten geflis- 
sentlich den Verdacht , dass die Königin mehr 
als Werkzeug seiner Rachbegierde , als auf ei-r 
' genen Antrielj die schrecldiche Feyer des blur 
tigen Arader Tages augesagt habe. An diesen% 
Tage hatte Boris in und ausser dem Reiche 
zahlreichen Anhang gewonnen; denn alle Ver- 
wiesenen waren unter sein Panier getreten, der 
Maliel seiner sündhaften Geburt ward überse- 
hen , und die Erbitterten im Lande bereiteten 
sich , ihn als König zu empfangen. 



Unter ao günstigen Umständen trug Her- 
zogBoleslaw kein Bedenken , seinen Eidam 
mit Polnischem Kriegsvolke zu unterstützen, 
ohne jedoch persönlich dasselbe anzuführen. 
Boris und die zu ihm geflüchteten Ungern 
überzogen damit das Zipserland. Als der Un- 
grische Heerbann ausziehen wollte, schien der 
Königin die Gesinnung einiger Graf en verdäch- 
tig, und sie hatte Muth genug, durch neue 
gewoltthätige Massregeln sich Gewissheit und 
Sicherheit zu verschaflFen. In einer Versamm- 
lung der Magnaten und Grafen, welche eine 
Anzahl Ritter von erprobter Treue bewachte, 
legte der König die Frage zur Elntscheidung 
vor, ob Boris des Königs Coloman recht- 
mässiger Sohn , oder Bastard sey. Die meisten 
erklärten sich , theils aus üeberzeugung ^ theils 
aus Klugheit, wider Boris ehrsame Geburt; 
aber einige antworteten zweydeutig und äus- 
:serten Zweifel an Pred&lava's Schuld: über 
diese fielen nun auf das gegebene Signal die 
Ritter her und ermordeten sie bis auf wenige^ 
welche im Getümmel durch eiligste Flucht sich 
gerettet hatten. 

Unter den Getodteten lagen Graf Lam- 
pert, von seinem eigenen Bruder zu den Füs* 
5en des Königs mit einem Sitzgestelle erschla- 
gen, Lampert's Sohn Nicofaus *) und 



a) Dieser Name 'mag den UngrisoHen Chronikenschreibf 
P eth$ (RöTid Magyar Kronüuu 's a* t. liafs^ i789*l in 4*} 



Graf Maylath aus dem Geschlechte Akiis, ge- 
wiss tapfere , wohlverdiente Kriegsmänner, 
weil die Namen gemeiner Verbrecher, oder 
Opfer, leicht vergessen werden. Unter den 
Flüchtlingen waren Graf Theodor, aus dem 
Geschlechte Simad *), Graf Folkus, Graf 
T i t u s , un d der Stammvater der Grafen Tho- 
mas und Thor da, Graf Samson; sie all^ 
gingen zu Boris über. Samson hoffte den 
König durch ganz sonderbaren Angriff zu, be- 
siegen ; denn als B e 1 a der Rotte des B o r i a 
mit der Ritterschaft und den Comitats-Panieren 
bis in die Gömörer Gespanschaft entgegen ge-» 
gangen, am Sajöflusse gelagert war, und mit 
einigen Vertrauten in seinem Zelte sass , kam 
Graf Samson angesprengt, und rief mit 
grässlicher Stimme dem Könige zu : „ elender 
Hund weiche von dem Throne, huldige Dei- 
Tiem rechtmässigen Gebieter Boris, und gehe 
in das Kloster.^* Der Tollkühne erwartete 
nichts gewisser, als dass diese Beschimpfung 
entweder den König zu übereiltem Kampfe 
aufreizen , oder die Magnaten ziun Abfalle von 
ihm bewegen würde ; allein so freymüthig die-* 



imd Katon« (Hist. Reg. T. III. p, 467«) 'rerUitet haben, 
xa glauben , dass der ennordete Graf L a m p e r t und L a m « 
l^CTt, des heil^ Ladislaw*s ScLwestermann » Stifter der 
Bozoker Propstey, der gleichfalls einen SohnNiK^^^s hatte, 
^er und derselbe sey. Allein im Mangel jedes andern Grun- 
des kann auf blosse Aehnlichkeit der Namen kein historisches 
Tactum gebauet werden, a) vielleicht Sunnatf. 



— 4a — 

sc auch der Königin gewaltsame Massregela 
missbilligten , so getreu hingen sie dennoch 
an ihrem vom Schicksale erzogenen, geprüf- 
ten, geläuterten Fürsten. S a m s o n ' s vermes- 
sene Lästerung brachte die Anwesenden aus 
aller Fassung ; nicht so geschah dem Knappen 
des Grafen Bod, er wirft sich aufsein unge- 
satteltes Ross , jagt dem Lästerer nach, erreicht 
ihn an der Sajofuhrt. Graf Theodor und 
seine Genpssen am jenseitigen Ufer kommen 
mit dem Fahrzeuge zur Aufnahme des Verfolg- 
ten zu spät ; er stürz^; sicli in den Strom , der 
Knappe ihm nach, und durchbohrt ihn mit seit 
ner Lanze in der Fluth- 

Nacl^ ruhiger Erwägimg dieses Auftrittes 
schlössen die Magnaten auf den hohen Grad 
der Erbitterung, welche im Lager des HaÜ- 
tscher Fürsten gegen Bela und die ihm erge- 
benen Ungern herrschte. Sie wurden einig, 
den Kampf mit den Rasenden zu vermeiden, 
Ihre Abgeordneten, «ansehnliche und beredte 
Männer , zogen hin , um den Anführern der 
Polen vorzustellen ; „ wie ehrwidrig und un- 
geziemend es für sie wäre, einem in Ehebruch 
erzeugten Abenteurer Waffendienst: zu leisten, 
um unrechtmässiger Weise ein fremdes Reich 
für ihn zu erkämpfen; vergeblich rechneten sie 
auf seinen Anhang im Lande; die ohnehin 
kleine Zahl der Verräther wäre vertilget. Bes- 
ser, als ihnen, raüsste es den Ungern bekannt 
seyn, wfem die Ungrische Krone von Rechts- 



-- 43 -^ 

wegen gebührte, und sie sollten zuversichtlich 
glauben, dass Bela durch einhellige Stimme 
aller Stände herrschte "). " 

Diese 'ernstliche und anständige Abmah? 
Qung bestimmte die Polen zum Rückzuge, und 
der verlassene Halitscher Fürst mit seinen ün- 
grischen Parteygängem musste ihnen folgen, 
Weil aber der Böhmen Herzog Sobeslaw, 
pela's Schwestermann, von dem Könige 
schon früher zur WafFengesellschaft eingela- 
den, im Herbste nach Schlesien eingefallen <& pctbr, 
war, das Land bis Breslau mit Feuer und 
Schwert verheeret, und ungeheure Beute an 
Menschen , Vieh und Geld weggef ühret hatte i 
beschloss Boleslaw für den ihm zugefügten 
Schaden künftiges Jahr zuerst an Ungarn, dann 
an Böhn^en sich zu rächen. Das Gerücht von 
seinen Zuriistungen nöthigte auch die Ungern, 
sich in schlagfertigen Stand zu setzen. Kurz 
vor dem Arader-Tag hatte Bela seine zweyte 
Schwester Hedwige an Adalbert, den 
erstgebpmen ßohn Leopold's^ Markgrafen 



a) Alles nach Turocz P. FI. c, 64. «• Otto Fr i sin«» 
gens. Lib. yil. c. 21. Dass aber* Boris schon jetzt nach 
Constantinopel sich gewendet , von Joannes Comnenus 
E[ülfe verlanget, und des Kaisers Verwandte zur Gemahlin 
erhalten habe, ist unwahren Nachrichten, oder leeren Prahle- 
Kyen desi Boris nachgeschrieben. — Continuat. Cos<> 
mae Prägens, ad an. 1152. Allein, dass Herzog Boles« 
law, wie der Continuator erzählt, den Heerzug persönlich 
Mgefülirt habe, ist nicht wahr; er vermenget den diessjäli- 
pgen mit dem Feldzuge des folgenden Jahres. 



— 44 — 

von Oesterrcich vermählet Führte gleich difr 
ser Schwestennann des Königs , als Schirmvogt 
aller Oesterreichischen Kirchen und Abteyen, 
den Beynamen des {Andächtigen, so hatte 
er sich dennoch , und gerade darum, weil sei- 
ne Andacht eine wahre und herzliche w^ar, den 
Ruhm eines tapfem Kriegers erworben •). Als 
nun Bela den Markgrafen um Waffenbey- 
stand mahnte, Ward von diesem der wackere 
Adalbert mit Oestreichs Panier nach Ungam 
gesandt. 

Unterdessen durchkreuzte Sobeslaw's 
Anhänglichkeit an Bela Boleslaw's Kriegs- 
J. C.n33. plan, indem er noch im Winter Polen mit ei- 
/^,/4WMiar.jj^gj^ zweyten Ueberfalle heimsuchte und den 
Herzog zwang, zu seines eigenen Landes 
Schutze seine Heermacht auszufuhren. Ab 
dieser mm nach Schlesien kam , sah er bereits 
gegen dreyhundert Dörfer und Städte einge- 
äschert; aber Sobeslaw war mit den erbeu- 
teten Menschen und Gütern schon in Sicher- 
heit '*). Da dieser Feind seiner Rache entron- 
nen war; liess er in Breslau und an Schlesiens 
Gränze gegen Böhmen hinlängliche Besatzung 
zurück , imd führte sein übriges Kriegsvolk mit 
des Boris Mannschaft vereinigt , und Mähren 
im Durchzuge verheerend, nach Ungarn, fest 
entschlossen/, nicht eher zu weichen , als bis er 



a)Hftnthaler Fa$tt Campililien's. T. I. Elog. VI. P» 
tS8* b) Continuat. Cosmae Fragens, ad. «niu iiSS* 



— 45 — 

3einen Eidam mit der Ungrischen Krone geziett 
sähe. Doch sollte sie diesem Belohnung auch 
eigener Tapferkeit und Anstrengung werden; 
als demnach beyde Heere in Schlachtordnung 
gegen einander standen , hiess Boleslaw den 
Halitscher Fürsten mit seinen Leuten den An- 
griff machen. Da wurde er von Adalbert 
mit niederstürzender Gewalt empfangen, und 
nachdem er zugleich aus dem Oesterreichischen 
Kriegsgeschrey wahrgenommen hatte, dass er 
den Kampf mit Deutschen bestehen sollte , er- 
griff er mit den Seinigen in grösster Unord- 
nung die Flucht; nur wenige mit ihm entka- 
men den* nachsetzenden Oesterreichem. Jetzt 
konnte. Boleslaw auch seine Polen im Hin- 
tertreffen nicht länger halten, und indem er 
nur zu ordentlicherm Rückzuge seine Anstal- 
ten auszuführen begann , sah er sich zwischen 
den Bergen auf allen Seiten von Ungern einge- 
schlossen. Mit grossem Verluste seiner Män- 
ner musste er sich durchschlagen, und alles 
Gepäck sammt der Mährischen Beute im Stiche 
lassen. Das geschah am Sanct Magdalen-Tag* i>A Jul 
Dabey begingen die Ungrischen Ritter, Ma- 
ximilian, Gaab, Vasos und Bathor 
rühmliche Waffenthat^n, von ihren Rüstungen 
träufte Feindes Blut; Maximilian machte 
Grafen Theodor, den Urheber alles Unheils, 
Vasos den Grafen Vitalis, Bathor den 
Andreas, und Gaab den Bruder des Grafen 
Ton Cracau, berüchtigte Feinde des Vaterlan- 






— 4^ — 

des , zu Gefangenen. Damit zogen sie vor den 
König y Ton dem sie reichlich belohnt wur- 
den '}. 

Allein B ela hatte keinen Gefallen an Krie- 
gen , da er ihre Beschwerden und Anstrengung 
nicht persönlich tragen , und Lorbem , welche 
nur des Heerführers Kunst darbietet , nicht in 
seines eigenen Armes Kraft sammeln konnte. 
Um also dem Reiche vor Boris und vor be- 
nachbarten Völkern die Ruhe zu sichern, 
J.CfiS^. schloss er Bündnisse und Familien - Verbindun- 
gen. Peter, Biischof von Zara-Vechia 
C Belgrad an der Küste , Alba Ataris), 
ging als Gesandter an des Kaisers Hoflager, 
brachte kostbare Geschenke, unter andern 
zwey weisse, völlig makelreine] Rosse mit 
Reitzeuge, an dem sechs und zwanzig Mark 
Goldes glänzten, und verlangte Beylegung al- 
ler Fehdschaften für Boris, zwischen dem 
Herzoge von Polen, des Kaisers Lehenmann^ 
und dem Könige der Ungern. Durch S ob es- 
law's Vermittelung erreichte die Gesandt- 
schaft ihren Zweck**). Dafür bewilligte Be- 
la, nach des Vermittlers Wunsch, die Ehever-' 
binduiig des Herrn von Znaym und Fürsten 
von Mähren *"), Conrad, Sobeslaw's Ver-» 



rt) Turocz 1. c. Otto Frisingcns. 1. c. b^ Con- 

tinuat. Cosiiiae Prägens, ad a. 1134. c) Pulkavabcf 

Hühner. (Moimiti. T. III. p. i59-) nenpet ihn Markgraf; 

allein vor 1183—1190 war Mähren noch kein Markgraf thmu; 

Den Beweis führt D ebner (Kritische Unters, .wann jdai 



wandten , mit der Schwester der Königin. Oef- 
tere Zusammenkünfte beyder Fürsten befestig- 
ten das freundschaftliche Verhältniss zwischen 
Ungarn und Böhmen« Als dem Könige der 
vierte Sohn Almus geboren war, übernahm * •''•'*• 
hey dessen Taufe 'Sobeslaw durch den Pra- 
ger Bischof Meinhard, als seinen Stellver- 
treter, die Pathenschaft '). Nach einer Unter- 
redung der Fürsten an beyder Länder Gränzc/.c.z/Jy. 
begleitete Bela den Herzog bis Olöiütz, Wo 
sie zusammen das Osterfest feyerten ; darauf 
nahm der König die Herzogin, seine Schwe- 
ster Adelhaide, mit nach Ungarn, wo er 
eine ehrwürdige Feyerlichkeit anstellte, indem 
er seinem Vater Almus ein königliches 
Leichenbegängniss hielt ^y* 



Land Mahren ein Markgrafthum goworden.) iii den Abhandl. 
cmer PrivatgeseUsch. in Bolmien. ar Band. S. igS ff. a) der 
CoDtinuat. Gosmae Fragens, erzälüt: der König sey bey 
Sobesia-vtr^t Sohn Pathe gewesen, und der Herzog habe 
das Kind mit dem Bisehof nach Uagam gesandt, damit et 
dort getauft würde, aber diess ist eben so wenig glaublich, 
lU dftss der Prager Bischof gesandt worden sey, um, wie 
Pttlkava sagt, den Sohn des Königs zu taufen. Dien wür- 
de die Ungrischen Bischöfe verdrossen haben ; auch hatte der 
König keinen Taufpriester, sondern den Herzog zum Taufpa- 
thm verlangt, und Baptizauit hiess im mittlem Zeitalter oft 
inch; Zur Taufe mitgewirkt , beigestanden, Pathenstelle ver- 
treten, b) Nach dem Continuat. Cosmae Prägens, und 
Marignol. bey Dohner ^ soU Bela seines Vaters Leichnam, 
lachdem er durch zehn Jahre unbeerdigt gelegen hatte , jetzt 
int aus Constantinopel gebracht und feyeriich bestattet haben. 
AUein es ist völlig unwahrscheinlich, dass Bela diese Pflicht 
zehn Jabre lang imerfullt gelassen hatte. Dass Alm us gleich 



— 48 — 

J.C.14S5. Unterdessen hatten einige Russische Für- 
sten, angereizt und unterstützt von Wladi- 
merko, dem Fürsten zu Swenigr od, dea 
unglücMichen Boris auch aus Halitsch und 
Przemisl vertrieben. Boleslaw^ war seine 
einzige Zuflucht. Um ihn ganz zu verderben, 
. ging auf Wladimerko's listige Anschläge 
eine Gesandtschaft der Halitscher an den Her- 
zog, ihn, Namens des Volkes und der Boja- 
ren von Halitsch, um Zurückführung und Wie- 
dereinsetzung seines Eidams ersuchend. Audi 
eine Anzahl edler Herren aus Ungarns nördli- 
cher Gegend, eingeweihet in Wladimer- 
ko • s Geheimniss, erschienen mit ihren Leuten 
an Boleslaw'f' Hofe, Anhänglichkeit an B o- 
ris lügend, und sich um die Ehre des ritter* 
liehen Kampfes für ihn bewerbend. Der vcor 
mer leichtgläubige Herzog liess sich hinterge- 
hen, rüstete Polnische Mannschaft und zog 

/. C. /yjy. aus gegen Halitsch. Im Marsche drängten sich 
die Ungern und Halitscher immer weiter zu- 
rück in das hintere Treffen. Vor der Stadt 
war Russisches Kriegsvolk aufgestellt, d* 
musste geschlagen werden, aber die Streiche 



.nach seinem Tode zu Stuhl weissenburg, auf Sl Stephan^s Ge* 
heiss, beygesetzt -worden ^ey, ist oben aus Turocz tti^ 
-WTordeni da aber die von Alm us gestiftete D m ö s er Prof* 
stey erst I um diese Zeit von Bela völlig war vollendet wo^ 
den , so ist sehr glaublich , dass die diessjährige FeyerliGbkeit 
niclics weiter , ala eine Translation des Leichnams ^on Stuhl*' 
vyeissenburg nach D ö m ö s war. 



— 49 — 

trafen die Polen ; denn während diese in den 
vordem Reihen muthig fochten , wurden sie 
von Ungern und Halitschem im Rücken mit 
niederschlagender Heftigkeit angefallen und 
geschlachtet. Nur wenige blieben übrig, ih- 
ren fliehenden Herzog und seinen Eidam nach 
Hause zu begleiten *). Das nahm sich B ol e s - 
law so sehr zu Herzen, dass Gram und Groll 
im folgenden Jahre sein Leben endigten. Mit 
ihm verlor Boris seine letzte Stütze; von 
nun an war er nirgends mehr zu Hause. 

Conrad von Hohenstaufenr so 
«ben König von Deutschland , duldete an sei- 
mem Hofe den hülflosen Flüchtling, dessen ge- 
hässige Verleumdungen gegen die Ungern, 
überall ausgestossen, weder ihm Theilnehmer 
an seiner Sache verschafften, noch den Deut- 
schen König abhielten , für seinen Sohn H e in- A C. //J&. 
rieh, Sophie, Rela's Tochter, zur Ehe zu^- 
begehren. Sie wurde Conrad's Gesandten 
sogleich überliefert, und weil die Verlobten 
noch nicht mannbar waren, in dasBenedictiner 
Nonnenkloster zu Admont an der Enns in 
Ober- Steyermark versetzt **). 

So schien Ungam's Wohlstand im Innern 



a) Chronic* Auttrale, Claustro - Neobnrg« 
Zwetl. ad ann. 1134. ap. P<z« T. !• Boguphal htj Engel 
Qeich. T. Halitscli. $• 470« b) Continuat« Coamae Prä- 
gens, ad ann. Jisg. Vita S. Oitonia £p« Bamberg, ap. Ca-- 
nuimü. III. P. II. p. 91. 
II. Th«a. 4 




— 50 — 

und Ruhe von Aussen befestiget. Durch tit 
rige Beyspiele früherer Zeiten belehret , setzte 
B el a jetzt das Erbtheil seiner drey Söhne» — 
A 1 m u s war ihm in erster Kindheit vorange- 
gangen — unabänderlich fest. Seinem Erst- 
gebornen, Geisa, gebührte Ungarn mit dem 
ihm einverleibten Croatien und Dalmatien. 
Dem jüngsten, Stephan, gab er die Sirmische 
Provinz; dem zweyten, Ladislaw, bestimm- 
te er das bereits von Serwien abgesonderte, 
zwischen den Bosna- und Drina- Flüssen gele- 
gene Herzogthum Bosnien, welches Uros, 
der Königin Vater , zu seines Enkels Gunstett 
abgetreten hatte "). 

J, €.114-1. Bela ging in der Blüthe des männlichen 

1 3. Febr. Alters, etwa im drey und dreyssigsten Jahre 
seines Lebens, im zehnten der Regierung zu 
^seinen Vätern ^}. Der Ruhm eines ungemein 
besonnenen , gleichmüthigen , einsichtsvollen 
Mannes folgte ihm in das Grab. Seine Ver- 
trauten hörten ihn oft sagen: „Unglück sey 
grössere Wohlthat Gottes, als Glück; dieses 
macht leicht übermüthig, jenes weise und 



a) Pejacserich Historla Serviae. pag« 157. 140. 141« 
Das Land hiess früher Rama« Schon Coloman soll es 
durch Unterhandlungen bekommen und sich König Ton Rs* 
ma, (Urkunde bey Lucius Lib. III. c, 5.) genannt haben; 
allein die Echtheit der für diesen Besitz angeführten Urkonds 1 
ist noch nicht erwiesen, c) Turocz. F. II. c. 64« .\ 



i 



61 



$tark; und wer nie gelitten hat, kennt den 
höchsten Genuss dei Guten nicht •). 



I I I. 

Geisa der IL 
J. €• 1x4» — i 1 6 !• 



Geisa war Knabe von zehn Jahren, al» 
«ein Vater in die Gruft gesenket, ihm in Ein- 
tracht der Stände die Krone aufgesetzt, und als 
König gehuldigt wurde ; das Reich verwalteten 
fiir ihn, der Erzbischof von Gran und der 
Servische Bojar, Belusch, der Königin He- 
lena Schwester- Mann, Ungarns Palatin *). 
Die Ungrischen Grafen Kalan, Gerkon^ 
Paul und Varnold hatten nicht geringen 
Antheil daran. Zwar ist von den ersten zwey 
Jahren ihrer Verwaltung nichts Merkwürdige- 
res, als die Bestätigung der Freyheiten einiger 



a) Blonfiniufl Diecad. IL Lib. VI. p. 199. edit. Foson. 

. 1744» TuTOcz beschuldiget ihn der Trunkenheit, in wel- 
cher er manches Böse yerübt haben soll ; davon aber wissen 
Keza und Heinrich Ton Muglen nichts. Letzterer 

( lagt von ihm : „ Kunig Belayd permayd alle posshait und nai-* 
eet sich zu redliclier Sache tzu allen Standen. — Derselb Kunig 
waz gar milde und süsse, Cap. L. h) von den altern und jet- 
zigen Grafen des R.R. Ungarn im Ungrischen Magazin. Bd. 
IV. S. 459. vcrgl. Engel Gesch. des Ungr. Reich. Theil III. 
S. 193. 



n 



ri2 



Kirchen und Dalmatischen Städte aufgezeichnet 
J.C. ff 43. worden; allein im dritten Jahre erwarben sie 
sich unsterbliches Verdienst um die Ungrische 
Monarchie, so sehr dasstt^lbe auch zu allen 
Zeiten die Ungrische Aristokratie verkannt 
haben mag. 

In dieser Zeit War in dem heniichen Land- 
striche des südlichen Siebenbürgens , zwischen 
dem Maros und der Aluta , unter dem Walde 
nichts ab Einöde und Wüsteney. Wo jetzt 
die Klausenburgjßr Gold und Silber Zula- 
ge fördern; Mühlenbach, am reissenden 
Sebes, im anmuihigen Thale, den Fl eiss sei- 
ner Bürger mit begeisterndem Weine belohnet, 
und die kaltbrennende Medwischer Heilquelle 
ihre Lebenskraft erneuert ; auf den Von ewigen 
Bergen eingeschlossenen Botzer Fluren, wo 
zwischen mehr als hundert versteinernden 
Quellen, mitten imter dem Tofe, die echte 
Angelica- Wurzel wächst; und dort, wo die 
grosse von Granit erbaute und eben damit ge- 
pflasterte Hermanstadt mit ihren Thürmen 
die Wolken berühret: nisteten damals noch in , 
dichten Wäldern Geyeradler , weideten in üp- 
pigen Gefilden wilde Rosse , schwerfällige Büf- . 
fei, muthige Auerochsen, und auf den Felsen- 
spitzen erquickten sich an zartem Gräsern 
scheue Gemsfen, ihrer Einsamkeit sich er- 
freuend. Da trug sich zu, dass die fleissigen 
Bewohner des Strandes zwischen Grevelin- 
gen und den Mündungen des Rh«ins, Fl an- 



^ 53 — 

drer genannt, nachdem sie der zerstörenden 
Gewalt des Oceans Dämme entgegengesetzt, 
Sümpfe theils ausgetrocknet, theils eingedeicht, 
und in dem Gewinne vortrefflichen Landes 
durch geraume Zeit die Früchte ihrer Anstren- 
gung in Sicherheit und Frieden genossen hat- 
ten, durch neue, alle Dämme durchbrechende 
Ueb^rscJiW'pmmungen plötzlich ihre Aecker, •^« ^« ^^^i? 
Triften, Gärten, Häuser verloren, und aus "^''^• 
dem blühendsten Wohlstand in die äusserste 
Dürftigkeit versetzt wurden. Gern folgten 
?ie demnach jedem Rufe, welcher sie, nebst 
Schutz und bürgerlicher Frey heit, Gedeihen ih- 
res Fleisses und Sicherheit des Grundeigenthu- 
mes hoffen liess. So zogen ihrer viele Fami-^*^*^'"^^* 
Ken nach Wagrien, in die Sümpfe, zwi- 
3chen der T^ave und der Ostsee , von dem Hol- 
steiner Grafen Adolph dem IL eingeladen, 
lind schon fiaiher hatte sich eine zahlreiche Co- J>C.ito6. 
lonie diesem Vollies in den Bremer Morästen, 
auf den Grund eines billigen und vortheilhaft 
bedingten Vertrages mit dem Erzbischof Frie- 
drich, niedergelassen, und die Aufmerks^m- 
leit femer Länder auf ihre Schöpfung daselbst 
erweckt •). 

Wahrscheinlich hatte sich von dorther der Ruf 
Von den Wundem ihrer Arbeitsamkeit bis nach 
Ungarn ausgebreitet; wahrscheinlich hatte Ei- 



a) Schlözer Geschichte der D.euttch. in Siebenb» S. 



— op- 
tier der Reichsverweser, das menschenleere 
wüste Land unter dem Waldjbereisend, erwo- 
gen, was Deutscher Fleiss, mit gründlicher 
Einsicht und ausdauernder Kraft verbunden^ 
vom Throne begünstigt, für Ungarns allgemei- 
nen Wohlstand, mittelbar auch für des Ungri- 
schen Vollies Bildung daraus machen könnte; 
vielleicht war dieser kluge M^nn kein Anderer, 
als' Bei US ch, welcher, keines Fürsten Sohn, 
und jetzt noch keines Landes Herr, in Urkun- 
den sich, bisweilen als Herzog, bisweilen 
^s B a n , unterzeichnet hatte •) ; mithin wohl 
für Siebenbürgens Herzog oder Ban gehalten 
werden dürfte. Die Einladung an die Flandrer 
erging **) , und sie kamen hintereinander in so 
ergiebiger Anzahl, dass nicfet nur dem Lande 
zwischen dem Maros und der Aluta , sondern 
auch mehrem Gegenden in Ungarn , Flor und 
Heil durch sie wiederfahr^n konnte. Ohn^ 
Zweifel aber folgten sie dem Rufe aus weiter 
Feme nicht ohne genaue Bestimmung ihrer 
Rechte und Freyheiten durch sichere Handve- 
ste; imd es war kein imbedeutender Vortheil 



a) Z. B. ii4fi Belus Duz, Urkunde bey Katoxia Hist, 
Reg. T. m. p. 548- — 1146 und 1148. Belus Banus ür* 
Kiuid. bey Katona L c. p. 595. li) Das bezeuget die Urkunde 
Andreas des II, ^^sua Ubertate qua pocati fuerant a\piissimo | 
Rege Qeysa avo nostro," £der de initiis iuribusque pri* 
niaevis Saxonum TranssÜTanorum* Viennae. 1792 in ^to^ 
Das vocati lutt Toppeltin absicbtlich n^it doaitti rcff' 
fätbcUt, 



— 55 — 

fiir sie, dass bey der Minderjährigkeit des Kö- 
nigs der Vertrag mit den Reichsverwesem und 
Ständen abgeschlossen werden musste. Die 
Urkunden darüber liegen im Schoosse der Ver- 
gangenheit verborgen; allein ihr Inhalt lässt 
sich aus ähnlichen frühern Verleihungen erra- 
then. Sicher hatte man in Ausfertigung der- 
selben die Handveste des Bremer Erzbi- 
schofs *) zur Richtschnur angenommen, und 
ihnen bürgerliche Freyheit, wahres Grundei- 
genthum, Ausnahme von Zöllen, von Bewir- 
thung, Wahl eigener Obrigkeiten, eigenen Ge- 
richtshof, WafFenrecht in festen, von ihnen 
aufgeführten Städten, und- unmittelbaren Stand 
unter dem Könige zugesichert. 

Jetzt ward der Reichsverweser segenbrin- /.C/f*^^. 
gende Thätigkeit für Landeskultur unterbro- 
chen; Boris hatte ihnen an Kaiser Conrad's 
Hof ein neues Ungewitter zubereitet. Sein 
ungestümes Anhalten un^ die Reichshülfe ge- 
gen das Volk, das die Rechtmässigkeit seiner 
Geburt nicht anerkennen woUte, ermüdete 
endlich den Kaiser, die Fürsten, die Hofleute. 
Da kam noch Wladislaw der ü,, der Böh- 
men Herzog mit seiner Gemahlin Gertraud, 
des Kaisers Halbschwester, dazu; der hatte 
Ursache die Ungern zu fürchten, unter deren 



a) Urkunde bey Sohlöx6t Gesch« d. Deutsch, in Sieben« 
^^^ S. 349, 



Schutz und Schirm Sobeslaw'3 rertriebiene 
Söhne, Vettern des Ungrischen Königs, sich 
begeben hatten; darum unterstützte er des Bo» 
ris Sache bey Conrad mit Nachdruck, und 
Gertraud verbürgte ihres Bruders Hein» 
rieh Jasomirgott '), Herzogs von Bayern 
und Markgrafen von Oestreich, bewaffnete 
Theilnahme, Allein der Kaiser , von Natur in 
EntSchliessungen langsam , konnte auch sein^ 
Familienverbindung mit dem Könige der Ün» 
gern, durch seines Sohnes Verlobung an So^ 
phie, Geisa's Schwester , nicht ganz ausser 
Acht lassen. Ueberdiess stand er selbst in Itar 
lien schwach, in Deutschland nicht ganz fest; 
dort waren die Römer in Aufruhr gegen Papst 
und Kaiser, entzündet von dem Apostel des 
echt hierarchischen Geistes, Arnold^ aus 
Brescia; hier machte ihm Weif der VI. 
4urch seine Ansprüche ' auf Bayern so viel zu 
schaffen, dass ihn gar keine Lust anwandelte, 
mit fremder Angelegenheit ßich zu befassen» 
Ungeachtet dieser Verhältnisse unterliessen die 
XJngern nichts, was sie gegen Conrad noch 
wirksamer sichern ko^mte. Weif st^nd schon 
in dem Solde des Normannes Roger, Königs 
in Unter - Italien, zur Befehdung des Kaisers 
in Deutschland, und zu eben diesem 2^weck9 



a) Diesen Beynamen erhielt er, weil er bey jeder Gele? 
^cnheit im Munde hatte: Ja, so mir Gott hilft ^ |Iftntk»i 
1er I>st. Caiupilü. 



— 57 ~ 

erkauften ihn jetzt Ungarns Magnaten mit be- 
trächtlichen Jahrgeldern. Zwey so reichliche 
Hülfsquellen machten es ihm leicht, zalilrei- 
ches Kriegsvolk anzuwerben. Auch der Re- 
gensburger Bischof Heinrich und der Steyer- 
schß Markgraf Ottokar traten unter sein Pa- 
nier. Da musste der Kaiser, bald an der Do-^ 
Hau, bald am Rhein, jetzt in Bayern, dann 
in Franken und Schwaben, ihren Verheerun-r \ 

gen Einhalt thun und für seine eigene Sigher-r 
heit kämpfen *}, 

Boris, an Erlangung des kaiserlichen*'- ^* ^^'^6 
Peystandes verzweifelnd, warb in Oesterreich 
von milden Gaben der* Fürsten Söldlinge, und 
bewog deii Burggrafen Ratbold,, der Oester^ 
reichischen Gränzfestungen Befehlshaber, zu ei^ 
nem Einfalle in Ungarn. Die rasph ausgeführ- 
te Unternehmung glückte über alle Erwartung; 
mehr listig hintergangen , als von Gewalt ge- 
Äwimgen, übergab Graf Julian den Oester» 
reichem fre^sburg; aber Boris war nicht 
ßtark genug, das Glück festzuhalten, Wäh- 
rend er ausgezogen w^r, Verstärkung seiner 
Streitkräfte zu suchen , kamen die Ungern vor 
die Stadt, bedroheten sie mit Sturm und nah^ 
pien nicht ungern die Suqime von dreytausend 
Pfimd, für welche die Oesterreicher, Kampf 



b) Otto Frisingens. Lib. VIT. c. 54. Arenpeck. 
»p.I«Ä7M/s.. T, in. p, 665. H an thaler ?a«ü CampiUl. 
Tt I. Eloe. VIII. ö. 005?. 



Elog. yiii. p. 293. 



— 68 — 

und Gefahr scheuend , mit üebergabe des 
Platzes freyen Abzug sich erkauften *). 

Ungarns Magnaten zweifelten nicht, dass 
dieser Ueberfall mit Wissen , vielleicht gar auf 
Antrieb des Herzogs Heinrich Jasomir- 
gott geschehen sey; ihm ward nun ernsthaf- 
tere Fehde geboten. Die Comitats - Paniere, 
siebenzigtausend streitbare Mämner, und dieRit- 
terschaft zwölftausend Mann stark, den sech- 
zehnjährigen König und den Herzog B elusch 
an ihrer Spitze, zogen aus und lagerten sich 
auf dem Leerfelde zwischen Wieselburg 
und dem Leithaflusse; Herzog H e i n r i ch mit 
seinen Dienstmannen stand am linken Leitha- 
ufer. Wenn man von Czurrndorf längs 
des Flusses rechtem Ufer hinauf nach Gaten- 
dorf kommt und an dem Dorfe gegen Süd- 
westen sich wendet, fuhrt ein Fusspfad zwi- 
schen Weizenfeldern zu einer massigen Anhö- 
he, auf welcher die Capelle der heiligen Anna, 
jetzt von Stein, damals nur von Holz erbauet, 
einsam steht. Dort versammelten sich am 
Tage nach der Ankunft des Ungrischen Heeres 
auf dem Lagerplatze die Biscfhöfe , und hielten 
feyerliche Messe, wobey sie unter ehrwürdi- 
gen Gebräuchen und einfachen Gebeten, wie 



Ol) Otto Friting. de Gestis Friderici, Lib. I. c.5^ 
«p. Urstis. T. I. Chronic. Zw eil. Claastro-Neob. ec. 
Au Striae, ap« JPtfz. T. !• Timon Epitoxne chronologict 
p. 17. 



— 59 - 

Kirchengebete ' von jeher und überall waren, 
den jungen König wehrhaft machten und mit 
geweihtem Schwerte umgürteten '). Sodann 
wurde bis an des Flusses Ufer vorgerückt und 
das Kriegsvolk in Schlachtordnung aufgestellt, 
voran zwey Haufen, Kumaner und Szekler ''), 
behende, sicher treiFende Pfeilschützen. Dar- 
auf folgte die Miliz der Gespanschaften in 
dichtgeschlossenen Reihen j im Mittelpunkte 
Herzog Belusch, auf dem eilien Flügel sein 
Bruder, Graf Uros, auf dem andern Graf Ga- 
briel , des Königs Truchsess, Im Hintertref- 
fen die Ritterschaft mit dem Könige. Inzwi- 
schen wurden Deutsche Kundschafter einge- 
bracht ; diesen war für Ungrisches Gold Treue 
und Wahrheit feil. Sie riethen zu schnellem 
AngriflFe, weil Heinrich's Heermacht noch 
nicht ganz beysammen wäre. Die Ungern 
glaubten , was sie reichlich bezahlt hatten ; sie 
setzen über den unbewachten Fluss und ver- 
kündigen dem Feinde ihren Uebergang durch 
Abbrennung einiger Dörfer. Da rathen die 
Einen dem Bayerschen Herzoge zimi Rückzuge 
hinter den Fischa - Fluss , die Andern halten 
die dichten Rauchwolken für Zeichen der 
Flucht , vor welcher die Ungern ihr Lager in 
Brand gesteckt hätten, Diese dringen auf dw 



a) Oto Frising. de Gest. Frideric. I. c. 50. H) Diesen 
l^aten ist Turocz nicht gewogen; er nennet sie bey jeder 
Gelegenheit; ßUsenos pessimgs , und ^iculoe filissimof^ 



\ 
\ 



— 6o — 

Verfolgung der Fliehenden , und da» war nach 
des tapfem, beherzten, raschen Herzogs Sinn. 
In Eilmarsch , ordnungslos vorwärts stürmend, 
'wirft er sich auf die Humaner und Szekler, 
ihre Pfeile waren über ihn weggeflogen, im 
Handgemenge werden sie theils aufgerieben, 
theils in die Flucht gejagt. Jetzt soll der 
schwerere Kampf mit der Ungrischen Haupt* 
macht beginnen; die vordersten Reihen ^ines 
Flügels, durch der Pfeilschützen Niederlage 
erschreckt, machen Miene zur Flucht, Graf 
Uros hält sie auf, zwingt sie zum Angriffe 
und nimmt den Oestreichischen Befehlshaber 
R a t b o 1 d gefangen. Darüber entrüstet , reis- 
sen Heinrich*s hinterste Reihen aus, zu- 
gleich stürzt B e 1 u s c h auf ihn ein und liefert 
eine mörderische Schlacht, Unter mehr als 
siebentausend gefallenen Bayern und Oester^ 
reichem liegen schon viele edle, tapfere Her^ 
ren; auch Otto, der zweyte feindliche Heerr 
führqr, ward des Grafen Gabrielas Gefange- 
ner, und Heinrich, an Allem verzweifelnd, 
muss sich bis über die Fischa Sicherheit auf 
der Flucht erkämpfen. Bis dorthin verfolgen 
tf.'Septhr. die Ungern seine fliehende Mannscl^aft und en^ 
digen das Glück ihres Tages mit Verheerung 
des Landes diess - und jen^eit der Dpnau *), 



a) Nacli Otto Frising, I.e. cap. 3fl^ Heinrich Yon 
Muglen. Cap. LI. Turooz T. II. c* 65. Chron. Zwetl. 
et Auttriac. ap« Fw, h c 



— 6i ^ 

Um diese Zeit war in dem anmüthigen 
Champagner Thale an der Aube hochberiihmt 
durch Heiligkeit Und Weisheit der Cisterzien- 
ser* Mönch Bernhard, Abt Von Clair- 
Vaux, von dort aus wirkend als ent- 
scheidendes Orakel der Päpste, der Bischöfe 
und der Fürsten, auf Kirche und Reich, auf 
Zeit und Nachwelt; denn kräftiger, als in al- 
len seinen Zeitgenossen, in ihm lebten des 
Jüngers Johannes Liebe, des Paulus Feuer- 
eifer, Peter des Einsiedlers Schwärm erey, 
Hildebrands Geist, der Gnade Salbung, und 
von echter Gottseligkeit nie getrennte, allüber- 
schauende Klugheit vereiniget. Sein Anblick 
erweckte Liebe und Verehrung, seine Bered- 
samkeit begeisterte und entflammte für Alles, 
wofür er sprach. Jetzt predigte er auf Zudrin- 
gen des Papstes Eugenius des IIL in Frank- 
reich , Lothringen und Deutschland den zwey-. 
ten allgemeinen Kreuzzug wider die Sarazenen, 
Welche Edessa wieder erobert, und das neue 
kirchliche Reich im heiligen Lande in die äus- 
serste Gefahr gesetzt hatten. In der grossen 
Versammlung des Adels zu Vezelaiin Bür- 
gend machte seine Rede so tiefen , so erschüt- 
ternden Eindruck, dass alle Anwesende das 
i Kreuz mit Ungestüm forderten , und König 
Ludwig der VII. seinen Rock ausziehen muss- 
te, um Kreuze in hinlänglicher Anzahl darau3 
zu schneiden '). 

<>) Odo de Diogilo de Ludov. VII. profectioiit in 



Zu allen Zeiten folgte grossen Männern 
ein Haufen elender Nachäffer; so wollte auch 
jetzt in Deutschland der Mönch Rudolph 
mit dem Abte von Clairvaux wetteifern. Zwar 
fasste er die Sache bey dem leichtesten Fleche, 
indem er die Gläubigen ermunterte, den heili- 
gen Krieg schon im Vaterlande zu beginnen 
mit Ermordung sänuntlicher Juden und ihres 
Schuldbuchs Vernichtung; aber zum Glücke kam 
Bernhard nicht ganz zu spät nach Deutsch- 
land , entlarvte den gottlosen Mönch , imd ret- 
tete noch der Kinder Israels ganze Scharen ')i 
Seine Anträge fanden anfänglich bey Conrad 
in Frankfurt kein geneigtes Gehör, dessenun- 
geachtet folgte er dem Kaiser nach Speyer, imd 
predigte dort öffentlich am Bethlehemitischen 
Kinderfeste so eindringend und ergreifend, 
dass Conrad noch unter der Predigt laut aus- 
rief und betheuerte, er sey bereit zu streiten 
für die Sache Gottes, von diesem jetzt selbst 
offenbar und gewaltig aufgefordert. In glei- 
cher Begeisterung erklärten sich dazu viele an- 
wesende Fürsten , Bischöfe und Herren ; unter 
Andern Herzog Heinrich von] Bayern und 
Oesterreich, Wladisla w der Böhmen Her- 
zog, der Steyersche Markgraf Ottokar und 
Bernhard, der Kämther Graf. Sie alleemr 



Orient. Lib. I. in Qhifßetii Comment; de S, Bemardi genere« 
Otto Friting. de gest. Fridcrici L. I. c. 34. a) Ott« 
Friaiug. 1. c. c. 37. 



— 63 — 

pfingen noch zur selben Stunde aus des Abte^ 
Händen das Kreuz, der Kaiser auch das ge- 
weihte Panier, um unter demselben die Strei- 
ter Gottes anzuführen *}. 

Zu Anfang des folgenden Jahres war Hof- ;: Cn^y. 
tag in Regensburg, da hiess Conrad AeTiimFehr. 
Abt von Eberach auch den übrigen Deutschen 
Fürsten und Herren den heiligen Krieg verkün- 
digen. Bernhardts Geist schien auf ihm zu 
ruhen, die Wirkung seiner Rede war allge- 
mein und entscheidend. Die ganze Versamm- 
lung liess sich mit dem Kreuze bezeichnen^ 
sogar Diebe, Mörder und Strassenräuber eil- 
ten scharweise herbey ; denn die Aussicht auf 
clen weit einträglicheren Gewinn ihres Gewer- 
bes im Orient war gar zu reizend ''). 

Durch diese Bewegungen wurden zwar 
die Ungern gegen rächende Befehdung von 
Oesterreichs Seite gesichert, dafür aber mit 
Weit drückenderer Plage heimgesucht. SieheTi- sndeMay. 
zig tausend schwerbewaffnete Reiter, an ihrer 
Spitze der Kaiser, zweymal hundert tausend 
Mann Fussvolk und leichte Reiterey, eine Men- 
ge lustiger Weiber und genussbietender Mäd- 
chen, ohne Mahnung um Durchzug und Ge- 
leit , wälzten sich durch Ungarn ''). Das wa- 



o) Vita S. Bexnardi Lib. VI. cap. 4. Opp. 8. Bern. Tom. 
VI. cdit. Mabillon, Paris. 6) Otto Frisin^i;. 1. c. c. 40. 
•> Guilelm. Tyr. Lib. XVI. c. 19. in G^sta Bei ptr 
^ranc. Tom. I. 



— 64 — 

ren böse verheerende Gäste ! Was sie bedurf- 
ten und was ihneti anstand, ward mit Gewalt 
genommen y nichts bezahlt, immer 'mehr ge- 
fordert, durch Misshandlungen erpresst; selbst 
Conrad, unter mancherley Vorwand Kirchen 
und Abteyen brandschatzend, hauste in be- 
freundetem Lande , wie er es im eigenen nicht 
ungestraft gewagt hätte ■)- Noch ärgere Gräuel 
verübte dieser Schwärm im Orient; und da« 
vermindert um vieles die Schuld des Byzanti- 
sehen Kaisers, Manuel Comnenus, wel- 
cher mit dem Sultan Masud zum Verderben 
dieser gottlos - frommen Ritter heimlich Bünd- 
niss scldoss , ihnen seine Städte verschüessen, 
den Ankauf der Lebensmittel erschw^eren , un- 
gelöschten Kalk unter das Mehl mischen, fal- 
sche Münzen schlagen, und den Deutschen 
Heerzug endlich auch durch Wegweiser ine 
führen liess ^)- 

Ganz anders war das Betragen des nicht 
minder zahlreichen Kreuzheeres, , welches bald 
darauf König Ludwig der VII., in Beglei- 
tung vieler Grafen, Bischöfe, Aebte und Rit- 
ter durch Ungarn führte. Die Franzosen be- 
währten ihren damaligen Vorzug an Sitten und 
Cultur vor den Deutschen auch hier, und die 
Ungrischen Magnaten fanden sich bewogen, 



a) Turocz P. II. c. 66» B) Nicetas ClLoniatef 
de gestis Manuelis Comneni JJh» I. Gull, Tyr« !• Ct csf« 
SS, Odo d« Diogilo 1. c. 



^ 66 ^ 

dieser ehrbarem Schar mit allen möglichen 
Diensten [ beizustehen« Dafür nahm Lud- 
wig den König der Ungern in die Confrater- 
nität •} , dergleichen in jener Zeit unter Hohen 
und Niedrigen zu gegenseitiger Gastfreund- 
schaft und andern HiUfleistungen üblich wa- 
ren, auf: aber standhaft verweigerte er ihm 
die Auslieferung des Boris, dessen Aufent- 
halt unter} dem Französischen Kriegsvolke von 
dem Ungrischen Ritter Gurk war aufgespüret 
worden, Boris von seiner Gefahr unterrich- 
tet, und Wankelmuth bey seinem Beschützer 
fürchtend y sorgte selbst für seine Sicherheit 
und entfloh des Nachts nach Constantinopel. 

Jetet war G e i s a achtzehn Jahre alt, mün- /. c. ##4ft 
dig, mannbar, im Innem und an den Gränzen 
des Reiches Frieden, Krieg nicht bald zu be- 
fürchten ; weislich sorgten daher die Magnaten, 
dass der junge kräftige Mann nicht auf Ste- 
phan des zweyten wollüstige und verderbli- 
che Abwege gerathe. Zur Gemahlin für ihn 
wählten sie , wahrscheinlich nach seines Vaters 
staatsklugen Absichten gegen Boris, desRus- . 



a) TuTOCz I.e. tibw $tAtt Compatfmitatis viacvlo f lese 
uh Confraternitatis yiaculo« Von dergleiclien Confra- 
teTAitäten Du Gange Glossar, med. et inf. Latin, yoc. Con- 

fratenutaa und Fratria, Die Compatemität bewog den sonst 
niclit unkritischen K a t o n a, Geisa^s yermählung schon anf das 
Jahr A 144 anzusetzen. Ist Geisa, wie Katona richtig 

. wchnet, im J. 1130 geboren worden, so war er i.J. ii44vi«'' 
>e^ Jahre alt. So zeitig dürfte Geisa sich schwerlich yer- 
^ihlet haben. 

n. Theil. 5 



"1 

— €6 — 

sischen Grossfursten Mstislaw's (Minoddi) 
Tochter Euphrosyne, und die Vermählung 
ward in diesem Jahre noch vollzogen. Ihr Va- 
ter lebte nicht mehr , ihr ältester Bruder, I s ä 8- 
law Mstislawitsch, war Grossfiirst; ihr zwey- 
ter, Swätopolk, zu Wladimir; ihr jüng- 
ster, Wladimir, zu Lutzk Fürst ') Eu- 
phrosyne war w^ürdig der Ungern Königin 
zu seyn; aber die Staatsrücksicht, welche die 
Verbindung stiftete, war einseitig; denn bey 
immerwährender Zwietracht der Russischen 

I 

Fürsten , welche weder Ehrwürdigkeit der | 
Verwandtschaft, noch Heiligkeit der Verträge 
achteten, wurde Ungarn gar zu oft in unnütze ! 
Kriege verflochten, ohne aus der Familienver- 
bindung mit Russischen Fürsten irgend einen 
Vortheil für rsich zu ziehen. Man schien noch 
nicht zu beachten, dass dem schwachen, in 
der WaflBenkunst unwissenden Fürsten , weder 
Verwandtschaften noch Staatsverträge helfen 
können; dem kriegerischen und kriegserfahr- 
nen Regenten hingegen, sobald er nur, zur 
Lorberemte gerüstet, im Felde erscheinet, 
die vortheühaftesten Waffenbündnisse von 
selbst sich anbieten. 
J.c.ii4g. Schon im folgenden Jahre mussten Üiv- 
gem für Isäslaw, den Bruder ihrer Königin, 



«) P-eterfy Concil. Hung. P. L p. 66. Pray, Disseit* 
de Priorattt Auranae. Viennae i773. p* n?- et Specimen Jfi^ 
arehiae P« IL p. <6i. ^— ^chi-er Reginae Hungar. p. 114* 
seq. 



fctt Russland fechten und bluten. Er stand mit 
allen Abkömmlingen voriger Grossfürsten , be- 
sonders mit Georg Dolgurokoi Wladi^- 
mirowitseh, Fürsten zu Susdal, und Er- 
bauer der grossen Stadt Mosqua, in Fehdschaft; 
mit diesem kam es im Sommer bey Susdal zu aS. Jug, 
entscheidender Schlacht. Georg hatte bloss 
seine Susdaler und Polowzer (Humaner); 
Grossfiirst Isäslaw Kiewer, B'erendier, Un- 
gern, Böhmen, Polen, Halitscher, Wladimi- 
rer, Turower, überaus viel Volk, nur keine 
Einheit. Seine Leute wurden grösstentheils 
niedergemetzelt , und er selbst hatte nur drey 
Menschen zur Begleitung auf seiner kiimmer- 
liehen Flucht nach Kiew. Georg verfolgte 
ihn auch dort. Mit Gemahlin und Kindern 
entwich Isäslaw aus der Stadt zu seinem 
Bruder Wladimir nach Lutzk, worauf 
Georg in Kiew zum Grossfiirsten ausgerufen 
ward'). Der Vertriebene bat den König um 
Heue Hülfe, und Geisa sandte ihm zehn tau- 
send Mann. Auch Boleslaw von Maso vien 
und sein Bruder Heinrich von ßendomir, 
dringendst gemahnet von Isäslaw, führten 
ihm ihre Kriegsvölker zu. Ungern und Polen 
lagerten sich bey Tschemerin an der Olitza ; so 
tald sie aber von seiner bedenklichen, durch 
Herrschsucht, Willkür und Anmassung selbst? 



a] Nestor's Fortsetz. £a Müllers Sftnusil« JEluss. Geti^l.. 
W..I. S. 464. Turocz TP. II. (p. eß. 



- 68 — 

verschuldeten Lage vollständig unterrichtet wa: 
ren, riethen sie ihm zu gütlichem Vergleiche 
mit Georg, dessen Macht der seinigen weit 
überlegen war; und als sie kein Gehör bey ihm 
fanden , brachen sie auf und zogen nach Hau- 
se. Bald darauf musste er seinem Verfolger 
auch die Stadt Lutzk überlassen , nachdem sie 
drey Wochen lang harte Belagerung ausgehal- 
ten und der Feind ihr alles Quellwasser abge- 
leitet hatte. Die Erzählung, wie hernach 
durch allerley Vermittelungen Friede geschlos- 
sen , und durch die Ränke des immer im Trü- 
ben fischenden Wladimerko*s, Fürsten zu 
Swenigrod und Halitsch , wieder gebrochen 
worden ; wie I s ä s 1 a w , sobald ihm ntur eini- 
ges Glück wiederfuhr, sogleich in Uebermuth 
ausschweifte; wie er und Georg wechselswei- 
se sich mehrmals aus Kiew vertrieben, tmd 
Wladimerko jeder Partey, wenn sie im 
Vortheil war, zu dienen schien, und das Ver- 
trauen jeder betrog *) ; diess alles darf in den 
Geschichten der Ungern nicht erzählet wer- 
den. 

Jetzt war wieder Friede ; Grossfürst I s ä s - 
law in Wladimir, Fürst Georg in Kiew 
Herrscher, bey dieser Ruhe für Wladimer- 
k o keine Aussicht auf Gewinn, Seine Absicht 
war, das Fürstenthum Wladimir mit Halitsch 



Nestor** Foxttetz. a« n» O. S. 467 —474. Cromer* 
üb. VI. 



^ 6g - 

und Swenigrod zu vereinigen, darum hetzte er 
den Fürsten Georg gegen Isäslaw zu neuer JC^ffA§. 
Fehdschaft: auf. Um dieser kräftiger zu begeg- 
nen, sandte der Grossfiirst seinen Bruder Wla- 
dimir nach Ungarn, ergiebigem WaflFenbey- 
stand wider Wladimerko zu bewirken. 
Geisa stellte sich nun selbst an die Spitze sei- 
ner Ritterschaft, führte sie über die Carpat«n, 
fiberfiel Wladimerko 's Land und bezwang 
^s bis Przemisl, wo dieser, den Kampf mit 
dem tapfem König scheuend, sich eingeschlos- 
sen hatte, und jetzt die Gefahr der Belagerung 
durch List und Bestechung von sich abwende- 
te. In Geisa' s Gefolge war der Erzbischof, 
entweder Martyrius von Gran, oder My- 
ko von Golocza, mit zwey Bischöfen; diese 
betrog er mit der Verheissung, er wolle zu 
dem Römisch - Lateinischen Kirchenwesen 
übergehen, gelänge es ihnen den König zum 
friedlichen Rückzuge zu bewegen. Seine Ver- 
sicherung machten reichliche Geschenke an die 
Prälaten und an Ungrische Herren von Einfluss 
glaublich. Er gelangte glücklich zum Zweck ; 
Geisa hatte die Ankunft Isäslaws mit sei- 
nen Dienstnlannen vergeblich erwartet; nasse 
Herbstwitterung war eingetreten , der Rath der 
Bischöfe und Herren hatte Gewicht , der Rück- ^o. Octhr. 
zug ward angetreten ; doch um den Grossfür- 
sten von Fortdauer der Freundschaft zu versi- ^ 
chem, schloss Geisa mit Wladimerko 
keinen Frieden , und versprach jenem in jedem 



70 ^ 



^ 



4 

künftigen Nothfalle treue Hülfe, und bot ihm 
Familienverbindung an, durch Vermählung 
Wladimir's mit der Tochter des ersten Un- 
grischen Ban*s , de» Herzogs Belusch *), wo- 
zu Isäslaw seine Bewilligung gern er- 
theilte. 

Die Hülfe verlangte, det Grossfürst schon 
/.C./^j/.im folgendeti Jahre, und sie ward ihm gewäh- 
ret; denn Euphrosyne, welche mit innig- 
ster Anhänglichkeit ihrem Bruder ergeben war< 
hatte sich bereits durch ihre Liebensw^digkeit 
und Klugheit der Gemüther des Königs und 
der Magnaten bemächtiget. Zehntausend Kö- 
nigliche Ritter zogen unter Anführung des Bans 
von Siebenbürgen und Palatins ^) nach Wladi- 
mir in Volhynien. Wladimerko konnte 
ihre Vereinigung mit Isäslaw nicht verhin- 
dern; doch liess er nicht ab, auf Ihrem Mar- 
sche gegen Kiew sie im Rücken zubeunruhi- 



a) Aufsätze hetre^end die Musaiscke (reschichie ifon t K* 
M. d, JK, a. JR. Berlin 1786* auch unter dem Titel: BihUotfd 
der Grossf, Alexander und Conatantin, — Es war um diel« 
2eit kein anderer erster Bah im Reiche als Belu seh, des« 
*en Name in ürkundeil iminet gleich hinter des König« Na- 
men unterschrieben steht« /^) Aufsäite u* s. tt« Watr' 
scheinlich war dieser Woiwod von Siebenbürge» 
und königliche K&mmerer, wie ihn die Aufsätze/nen- 
nen, Belusch, welcher in Urkunden i^om h 1156; mit dem 
Titel Palatin, vom Jahre 1157 mit dem Titel B an und F»* 
Jatin erscheinet* Diess gibt der Vermuthung (Seite 54')» 
dass Belusch, als Herzog, Ban, oder Woiwod SiebenbüJ* 
gens , der Einladuilg der Flandrer in dieses Land TOxzügUc^^ 
ster Urheber war, einigen Grundi 



gen. Dessen ungeachtet führten sie, mit Böh^ 
men imd Polen in Verbindung, den Gro: sfür- 
stcn siegend in Kiew ein , woraus sich Georg 
jDolgorukoi wieder flüchten musste. I s ä s- 6. April. 
law TToUte ihn auch aus Gorodetz, und des- 
sen Sohn aus Perejaslaw vertreiben ; allein die 
Ungern verweigerten ihm den Dienst jenseit 
des Duiepers, ohne ihres Königs ausdrückli- 
chen Befehl; sie wurden daher, von ihm und 
den Kie vem an Süber , Kleidern , Stoflfen imd 
Pferden reichlich beschenkt, in ihre Heimath 
entlassen. 

Bald nach ihrem Abzüge setzte Fürst 
Georg der Polowzer verderbliche Kraft wider 
Isäslaw in Bewegung, und dieser sandte ei- 
ligst Seinen Sohn Mstislaw nach Ungarn, 
um seines oft erprobten Freundes Beystand. 
Unterdessen hatte er auch ohne denselben über 
Georg gesieget, und den immer zur Befeh- 
dung fertigen W 1 a d i m e r k o , der schon aus- 
gezogen war, um ihn im Rücken zu überfal- 
len, zurückgeschreckt. Die nach Ungarn ver- 
breitete Kunde von dem grossfürstlichen Waf- 
fenglücke bewog Isäslaw's Sohn von den 
ihm , zuerkannten zwölftausend königlichen 
Rittern nur die Hälfte seinem Vater zuzufüh- 
ren. Da traf Wladimerko Anstalten, sei- 
nem Feinde wenigstens diese Vermehrung sei- 
ner Streitkräfte zu entziehen. Mstislaw 
hielt nach mehrem starken Märschen bey So- 
pagin Ruhetag, dort berauschten sich die Un- 



— Ti- 
gern in Wein , schliefen dann in tiefer Bettu- 
bung, und waren kaum za erwecker., als 
Wladimerko mit Tages Anbruch das La« 
ger überrumpelte. Die Massigem entkamen 
mit dem Sohne des Grossfiirsten nach Lvtili, 
die Uebrigen führte Wladimerko gefangen 
nach Halitsch, wo er ihrem Ungrisclun An-* 
fiihrer Nase und Ohren abschneiden Hess. 
Trotz dem widrigen Ereignisse » schloss Isas- 
law seinen Feind Georg in Goroilez ein, 
schnitt ihm alle Verbindung mit den Polow- 
zerm ab und zwang ihn endlich zur Uebergabe 
des Platzes; wodurch Georg 's Herrschaft 
bloss auf Susdal beschränkt war. 

Jetzt hatte er noch den schlauem und ge- 
wandtem Wladimerko zu bezwingen; da- 
zu durfte er von den Polen keine Mitwirkung 
mehr hoffen : denn ihre Herzoge hatten so eben, 
Boleslaw der Krause mit Anastasia, sein 
Bruder Miecislaw mit Eudokia, Wladi- 
merkos Töchtern, sich vermählet. Nur der 
König der Ungern blieb ihm als Waffenfreund 
übrig, und dieser, neuerdings gemahnet, führ- 
te persönlich seine Ritterschaft mit sämmtli- 
^C.p4Sm. ^hen Comitats- Panieren, siebenzig an ZaM, 
in Wladimerkos Gebiet, wo Isäslaw an 
der Spitze seiner dreyssig tausend Mann sich 
mit ihm vereinigen sollte. Wladimerko's 
Heermacht bestand aus fünfzig tausend Mann, 
darunter zwanzigtausend Bulgaren und Ser- 
ver. Mit einem Haufen derselben begann er 



— 75 — 

die Femdselxgkciteri durch Aufhebung einiger 
Ungrischen Vorposten, während Geisa, der 
Frömmigkeit seiner Väter aufrichtiger Nachah- 
mer, in seinem Lager das Osterfest mit feyer- ^* ^ärz, 
Kchem Gottesdienste beging. Das Glück an 
den Vorposten verleitete jenen zu kühnem 
Wagnissen* Dreist führte er seine Mannschaft 
der gesammten Ungrischen Macht entgegen, 
die ihn jedoch sein« Uebereüung bald bereuen 
machte; die Ungern jagten ihn mit steigendem. 
Verluste auf der Strasse nach Przemisl vor sich 
her. Am Flusse Saac musterte Geisa seine 
muthvollen Scharen und setzte in Feindes An- 
gesicht über den Strom. Dort hatte Wladi- 
mcrko seine Verschanzungen; er musste sie 
entweder Preis geben, oder sich schlagen. 
Das letztere that er zu seinem Verderben. 
Mstislaw mit einigen von Isäslaw voraus- 
gesandten Russischen Haufen stürzt auf Wla* 
dimerko's linken Flügel ein, und bringt 
ihn zum weichen; der rechte wird von der Co^ 
fiutats-Militz erschrecklich mitgenommen, zu- 
I gleich wirft sich der König mit seiner gesamm- 
ten Ritterschaft auf die Halitscher und Bulga- 
ren. ^Der Fürst flieht in seine Verschanzun- 
gen; allein nicht Sicherheit, nicht Ruhe ist 
dort für ihn. Die Przemisler Burg ist seine 
letzte Zuflucht; von ihr herab sieht er, wie 
die Ungern das befestigte Lager stürmen , wie 
8eme zerstreuten Haufen über die Wjäs ge- 
sprengt werden , wie diesen Augenblick Isä?- 



f 



— 74 — 

lawmit Kiewcm, Berendiern, Tscherkassca 
zur Vollendung herzueilet, und unter des Sie- 
gers Verfolgung in WeUen ersäuft, was seineia 
Schwerte entronnen war. 

Allein der treu - und ehrlose Mann von 
Kopfe geht im Verkehr mit Redlichen , wdchß 
in begründetem Glauben an sich selbst seht 
leicht auch andern trauen, selten ganz zu 
Grunde. Auch diess Mal rettete sich Wladi-i 
merko diu-ch Lüge und Betrug. Sobald er 
die ernstlichen Anstalten ;zur Belagerung de^ 
Burg gewahrte , sandte er Boten , um Frieden 
wehmüthig bittend, an den König, an Isäs 
law, an die Ungrischen Bischöfe und Grafen. 
Pem Einen versprach er für Schonung und. 
Barmherzigkeit Ruhm und Belohnung in Gott^ 
dem Andern für alle Zukunft unverbrüchliche^ 
Freundschaft und treue Dienste in jeder Noth^ 
die letztern überhäufte er mit Geschenken um 
ihre Vermittelung. Die Neigung des zwey« 
und zwanzig jährigen .'Königs , bey erprobter 
Tapferkeit, zu grossmüthiger Mässigung im 
Glücke verdient Bevioinderung ; ihm ge» 
nügte, den Feind zu demüthigen, ohne ilm 
zu verderben; aber Isäslaw drang xmerbitt- 
lich auf Theilung des Halitscher Fürstenthu- 
mes. Dagegen erhielten die Bischöfe und 
Grafen den König bey seinem Sinne mit der 
Bemerkung, dass Eines Russischen Fürsten 
Uebermachtr, die Uebrigen bald ganz erdrük- 
kend , auch für Ungarn leicht gefährlich wer- 



r 



-^ 75 — 

ilen könnte; ihre Zwietracht aber dem Väter-' 
lande von dieser Seite die Ruhe sicherte. Gei- 
sa nöthigte den Grodsfiirsten zum Vergleiche 
unter der Bedingung y dass Wladimerko al- 
le Länderey en , welche er von den Fürstenthü-' 
mem Wladimir und Kiew an sich gerissen hat- 
te, zurückstelle, forthin Isäslaw's treuer 
Bundesgenoss verbleibe , und an den König 
als Krsatz der* Kriegskosten zwey tausend Gri« 
wen*) an Gold, Silber und|Waaren sogleich 
bezahle. 

Nur das letztere ward von Wladimer- 
}lo geleistet; beschworen mit des Kreuzes 
Kusse hatte er Alles, doch kaum waren die 
furchtbaren Ungern aus dem Lande, so pries 
er ihre Stärke im Glauben noch mehr, als ih- 
ren Muth im Fechten. Nicht einen Fussbreit 
Landes gab er an Isäslaw zurück; dieser 
drang auf Erfullui^g des Vertrages, aber sein 
Gesandter ward von ^ladimerko mit Spott 
und Verachtung noch am Tage seiner Ankunft 
fortgeschaft. Nach .dessen Abfertigung ging 
Wladimerko in die Heilandskirche zur Vesr 
per* Von der Hoftreppe sah er schadenfroh 
dem Gesandten nach und sprach zu seinem Ger 
^^''g^* „Seht hin, wie rasch Isäslaw's Ge- 



I '■ I ■■ 



a) Eine Griwe, alt &eWiclit^ war gleich i Pfund bey den 
Riewern von 72 » bey den Nowgorodern von q6 Solotnik. — 
1 Solotnik = 63 Gran : — als Münze gleich vier Gold - oder 
SUbcnungen, einen Finger bxeit und i i/b^Wenchok lang« 
> Wendi.=Z25/a Engl Zollt 



sandter mit den eroberten Ländern davon 
läuft ! " Nach geendigtem Gottesdienste rühr- 
te ihn auf eben der Stufe . wo er seinem Eide 
und dem Abgeordneten Hohn gesprochen hat- 
te, der Schlag, und an demselben Abende nodi 
verblich er des Todes *). 

Schon unter Weges erfuhr Geisa, was 
ihm in seinem eigenen Reiche Wladimcr- 
k o bereitet hatte. Das Byzantische Reich be- 
herrschte jetzt im neunten Jahre Manuel 
ComnenuSy ein merkwürdiger Fürst, dem 
bey grossen Entwürfen nichts zum grosseHj 
Manne fehlte , als Idealität , Rechtlichkeit uiidl 
Ehrlichkeit; darum führten seine kriegerischeil 
Unternehmungen selten zur völligen Entschei- 
dung, seine politischen Unterhandlungen niftj 
zu dem von ihm aufgefassten Zwecke, seine 
Verbindungen nie zu bleibendem Vortheilep 
Einfluss hatte er in alle Angelegenheiten sei<^ 
ner Zeit. Am Jordan und am Dnieper, an der 
Donau y am Rhein und an der Tiber sprach er 
mit, doch überall nur störend und verwirrend, 
nirgends gebietend oder ordnend. Uebrigen« 
war er beherzt und entschlossen, im PaUaste 
Meister in allen Erfindungen der Weichlichkeit^ 
im Felde zu allen Beschwerlichkeiten abgehär- 
tet, herkulisch stark, voll ritterlichen Geistes, 
immer fertig zum Zweykampfe, durchaus 



a) Nestor* 8 FortsctKiuig bey MüUerU S. R. G. TU.!» 
474. «>» Aufsätze betreffend] die Rum.) &esch. o. s. w« 



— 77 — 

mehr Aufsehen erregenden Abenteuern , als 
echtem Verdienste nachjagend! Er wollte sei* 
nen angeerbten Titel, als alleiniger Römischer 
Kaiser, in Westen wie in Osten geltend ma* 
eben. Kein barbarischer Fürst , und das waren 
in seiner Würdigung alle Monarchen £uropa'3 
tind Asien's, ausser ihm, sollte unabhängig 
von seiner Oberherrlichkeit herrschen. Hier 
die Art und Weise , wie kleinlich er diess gros- 
se Ziel zwischen der Donau und den Carpaten 
verfolgte. 

Der von Ungern bedrängte Wladimer- 
koy der so vieles wollte, und so wenig ver- 
mochte, auch seines Gleichen wohl in Ma- 
nuel erkannte, hatte ihn gemahnet um Schutz 
und Hülfe; diess war ihm genug, den Hali- 
tscher Fürsten für seinen Bundesgenossen zu 
erklären und dem Könige der Ungern zur Ge- 
nugthuung für die Angriffe auf denselben Fehd- 
schaft anzubieten *). Ist erst die Kriegslust 
erwacht, so finden sich die Rechtsvorwände 
fiir ihre Befriedigung in Menge , und ihr Zau« 
ber verführt nicht selten zur Verachtung des 
i Feindes , fast immer zur Ueberschätzung eige- 
ner Kraft. Die nächste Veranlassung zum 
üebcrfalle der Ungern nahm Manuel von ih- 
rer Verbindung mit den Serwiem. 

In der Herrschaft über diese war vor eini- 
gen Jahren Ts chudomil, von den Byzmr 



«) Cinnamu» »p. Sinitcr, Tqjo, II« F. H. p. 643. 



78 — 

tern Bachinus genannt, seinem Vi 

Urosch gefolgt, Ladislaw, Geisa'sBruc 

bey dieser Veränderung in Bosniens ungesti 

teni Besitz geblieben. Tschudomil, desjo» 

ches Byzantischer Obermacht überdrüssig , be^ 

folgte die Anschläge seines Schwestermannes^ 

B e 1 u s c h , ^nd da ihm der Ungern WaffenbeyJ 

stand zugesichert war y kündigteer dem Kaise? 

die Unterthänigkeit in dem Augenblick aol^i 

als dieser zum Kriege wider Roger, Sici^ 

j.C.//io.lien's König, sich rüstete. Manuel liess die Zu* 

rüstungen gegen den entferntem Feind ruhea 

und eilte, den nächsten zu bezwingen. Beysci«i 

ner Ankimft in ßerwien zog TschudomiJ 

mit seiner Mannschaft sich hinter die Bergc,^ 

die Schlacht vermeidend. Nun bemächtigte sich^ 

der Kaiser der Racznaburg (RasusJ'y dort 

liess er seinen Feldherm Constantinus An-»' 

gel US zur Bewachung der Gefangenen vm 

zur Deckung seines Streifeuges durch dieLand-»^ 

Schaft N i SS ab a, CNikabaJ, längs der Mora-1 

va, bis an die^Burg Kulitsch CGalitzaJ am 

rechten Donauufer, wo ihm kräftiger WidcM 

stand geleistet wurde. Als er aber seine Stein"^' 

wurf- Maschinen ohne Unterlass spielen liessr 

gerieth der feste Platz am dritten Tage in sein«! 

Gewalt. Die Besatzung führte er gefangen 

nach Raczna und vertheilte sie in das Byzanti- 

schjB Gebiet. Kaimi war er auf dem Rückwege 

nach Triaditza {Sardiha)^ so kam TschU'' 

4.0 mil aus dem Gebirge heryor, Übernwp^^^^' 



j 



-' 79 — 

Kulitsch luid die übrigen Burgen bis Raczna, 
schlug und verjagte überall die Byzantische Be- 
satzung, überfiel dann des Kaisers Nacfatrab 
und floh wieder in dieBerge, als dieser sich umr 
wendete , und zu ernstlicher Schlacht ihn for- 
derte. Erzürnt , dass ihm der weit schwächere 
Gross -Shupan nicht Stand hielt, verheerte er 
weit und {breit das Serwische Gebiet und zer» 
störte alle Gebäude, welche dem Gross -Shupan 
zu Wohnplätzen gedient hatten *). 

Im folgenden Jahre führte der Ban Be-^^C-^^-^'» 
lusch Ungern, Chwalinische Bulgaren und 
Fetschenegen in ziemlicher Anzahl dem Gross- 
Shupan zu Hülfe nach Serwien. Manuel, mit 
seinen Angelegenheiten in Italien beschäftiget^ 
imtemahm den Serwischen Feldzug erst gegen 
Ausgang des Sommers. Im Lager bey Nissa 
erhielt er Kunde von der Ungern Ankunft. Die 
Begierde, sich zu messen mit diesem Yolk^p 
. Ton welchem die Erzählungen seiner Mutter 
Irene des grossen Ladislaw's Tochter so 
viel Bühmliches ihm gesagt hatten« liess ihn 
nicht ruhen $ er brach auf, ging über das Ge* 
birge Karadagh und durchzog das ganze Gebiet 
Ton den Quellen der Jessowa bis an. die Sav^, 
Longomerien genannt, ohne irgendwo auf 
ttnen Feind zu stossen. Vom letztem Strome 
wendete er sich längs der Drina hinauf, und 



ä) Cinnamat «t Kicctat Chonisi^ «f. Striffelr: 
T. II. P. X. p. 175. 



— so — 

«mweit Setzenitza begegnete er einzelnenHaur 
fen Ungern und Serwder. Da entstand ein un- 
bedeutendes Gefecht, in welchem die Ungern 
mit geringem Verluste, auf ihre Hauptmacht 
am linlien Ufer der Tara, welche in die Dra- 
nitza sich ergiessend, mit mehrem Meinem 
Flüssen den Drinastrom bildet, sich zurück- 
warfen. Jetzt vernahm Manuel ^von gefan* 
genen Serwiem, der Gross -Shupan stdhe jen* 
seit der Tara mit Ungrischen Hülfsvölkem ver- 
einigt; schnell ward das Lager abgebrochen, 
der Kaiser selbst ergriff die Fahne , eUte voraus 
und hiess seine Heermacht in Eilmärschen ihm 
nachfolgen. Während beyde Heere im Hand« 
gemenge waren, lenkte er von einer Anhöhe 
herab das Gefecht. Bald zogen sich die Serwier 
gegen die Berge zurück; die Byzanter ihnen 
nach ; beyde fechten mit wechselndem Glücke 
überall fallen nur wenige, aber Serwische Bojar* 
ren und Byzantische Anführer gerathen in Ge*^ 
fangenschaft. Der letztem Loos treibt den 
Kaiser in das Getümmel. Mit Joannes Du- 
kas imd Joannes Kantakuzenus zu sei- 
ner Seite, will er den Gross -Shupan und den 
Ungrischen Ban verfolgen. Kantakuzenu 
erreicht den erstem, dessen eiserne Rüstun 
aber die Lanzenstösse des Byzanters im Rück 
unwirksam macht, wogegen dieser durch eine 
Hieb des Serwiers zwey Finger verliert. Plöt» 
lieh steht Manuel vor Tschudomil, zi 
einzelnem Kampfe ihn fordernd. Beyde hoch 



— 81 — 

gewachsen und stark, hauen gewaltig auf ein- 
ander ein, der Kaiser wird unter dem Helm in 
dem Kinnhacken verwundet, und durch den 
kräftigen Stoss verletzen die eisernen Ringe 
fiber den Augen seine Stimhaut- Grimmig er- 
hebt dieser seinen Arm und schlägt dem Gross- 
6hupan den Sähel aus der Hand; hiermit ist er 
littermässig besiegt, und Manuel 's Gefan- 
genen 'Er geloht Unterthänigkeit, und erhält 
mit dem Frieden seine Freyheit. Vierzig 
Gefangene , welche den Kaiser nach Constantir 
Hopel begleiteten, waren der fganze Vortheil 
dieser WafFenthat *). 

Der Friede machte den Rückzug der Ungern 
ohneKriegsruhmnothwendig, Unzufrieden dar- 
über, wollte Geisa sogleich mit gesammter 
^Keichsmacht Serwien wegnehmen und das By- 
iantische Gebiet überfallen ; als ihm aber die Bi- 
hwhöfe die widerrechtliche Theilnahme der Un- 
I jemandes Gross-Shupans Angelegenheit, die Un* 
Ngerechtigkeit seiner jetzt beabsichtigten Unter» 
Äehmung und ihre eben so gewissen als Verderb-^ 
Kchen Folgen nachdrücklich vor Augen legten, 
gab! er das Vorhaben auf, und erneuerte das 
friedliche Verhältniss mit dem Kaiser ^), dei? 



■M« 



a) Cinnamus und Nicetas Choniat. ap^ Stritter* L 
^P*!i78-^i38. üeber des erstem romantische und prahlerische 
Beriohte stehen bey Katona Hist. Reg. III. p« 622 «»655 gute 
Bemerkungen. h) Geröhus Exposition, in Psalm. LXIV. 
^ Eagenium IIL Fapam« ap. Katona Hist« Reg. T« III« p< 

U.TheiL 6 



— 82 -^ 

nur eines ^giinstigem Augenblickes harrte, um 
es zuerst zu zerreissen. Dieser Augenblick 
war da, als Geis a die Ungrischen Kriegsvöl- 
ker, anstatt gegen die Save, überf die Carpaten 
geführt , und an des Reiches südlichen Gränzen 
nur die nothdürftigste Besatzung zuruckgelaa» 
sen hatte. 

Unter dem Vorwande , die Ungrische B^ 
günstigung der Serwischen Unruhen zu bestra-' 
fen, und den bedrängten Byzan tischen Buä- 
desgenossen in Roth -Russland Luft zu machen^ 
führte Manuel zahlreiche Scharen über die 
Save, besetzte das sorgfältig angebaute Frau- 
kenland (JF'rancochonumJy xxntemahm Sem- 
J. C. #/5j?* 1 i n ' s {Zeugminum) Belagerung , und sandte 
von dem allen an den König schriftliche Nach- 
richt, seinen feindlichen Ueberfall rechtferti- 
gend. Durch der Semliner tapfern Widerstand 
wurde die Belagerung in die Länge gezogen J 
Stetigkeit aber und Ausdauer Jag nicht in des 
Kaisers Art, Krieg zu führen. Er übertrug da- 
her seinem Schwestermanne Thebdorus Ba- 
iatz es die Bezwingung des Platzes und zog 
verheerend im Innern des Landes auf Abenteuer 
aus. Als er nach vollbrachtem Streifzuge vot 
Semlin wieder angelanget war, die Mauern det 
Stadt von mehrem Seiten schon sehr beschädi- 
get waren , und ihre wackem Vertheidiger kei- 
nen baldigen Entsatz mehr hoflFen konnten, bo- 
ten ihm diese gegen freyen Abzug Ergebung 
an; allein Manuel bedurfte ihrer zu seines 



— 83 — 

Triumpfes Verherrlichung in Constantinopel 
und forderte unbedingte Unterwerfung, zu 
welcher auch jene nothgedrungen sich be- 
quemten. 

Noch war das zum Rückzuge aufgebroche- 
ne Byzantische Heer nicht ganz über die Save^ 
als sich die Nachricht verbreitete, der in Ha- 
litsch siegreiche König sey mit Ungarns ge- 
eammter Heermacht im Anzüge. Sogleich 
machte Manuel Halt, und obgleich sich auf- 
Idärte, es sey nur Belusch mit dem Vortra- 
be , stellte er «ich dennoch ihm zum Kampfe. 
Da ward gefochten. bis zu einbrechender Nacht, 
doch nichts entschieden, Beyde Theile be- 
haupteten ihre Stellung. In der Nacht erhielt 
Belusch Kunde von des Königs Annäherung. 
I Mit Tagesanbruch zog er ab durch das Temeser 
I Gebiet, um bey Haram (jUj-Palanka) über 
die Donau zu setzen. Ihm vergeblich nachja- 
gend, ging auch der Kaiser über den Strom, 
lagerte sich vor Branizova , und sandte Boris, 
j den Sohn der Predslava, mit einigen Haufen 
1 über die Donau, das Temeser Land auszuplün- 
I dem und zu verheeren. Die daselbst von B e- 
lu&ch in kleiner Anzahl zurückgelassene Mann- 
schaft musste weichen; zu spät von Geisa mit 
einigen Haufen verstärkt, verfolgte sie den 
Verwüster bis in die Nacht , aber eine Menge 
Fackelträger, von dem 'Kaiser ihm zugesandt, 
crieichterten seine Flucht, er entkam der Ra- 
che. Des folgenden Tages standen die Ungern 



i 



— 84 — 

mit dem Könige am linken Donauufer in 
Schlachtordnung. Manuel wollte über Ata 
Strom zum Kampfe; doch als er von dem her- 
bey eilenden Belusch sich im Rücken bedro- 
het sah , liess er die Ungern stehen und l>egäb 
sich ohne Verzug auf den Rückmarsch. Wie 
der Feldzug, so war auch sein Triumphge- 
pränge in der Hauptstadt; rittermässig und 
abenteuerlich. Die Ungrischen und Serwischen 
Gefangenen wurden vorher prächtig, und weit 
über ihren Stand gekleidet , es sollte scheineii^ 
als hätte er mit den edelsten und vornehmsten 
Männern des Feindes siegend den harten Kampf 
bestanden. Ihre Anzahl war ihm zu gering; 
aber auch d^für wusste er Rath; nicht hinter- 
einander, sondern in kleinen Abtheilungeö, 
durch weite Zwischenräume getrennt, liess er 
sie aufziehen. Das Schauspiel ergötzte die By* 
zanter, und sie waren gefällig genug, zu dich-* 
ten und zu erzählen , die Menge der Gefange-^ 
nen hätte an Zahl selbst das Heer des Kaisern 
überstiegen "). 

Ritterschaft und Comitats- Paniere hatten 
auf den Zügen aus Ungarn nach Halitsch , xmd 
von dorther wieder an die Save und an die Do* 



a) Mehr nach dem gemässigtern l^icetas Chonittet^ 
«Ift nach dem prahl - und lugenhaften Joannes Cinnairiiis 
bey Stritter 1. c. Erstercr war utn diese Zeit freylich nock 
Kind) aber auch Letzterer erst zehn Jalire alt. Dieser schrieb 
hernach als junger, jenfcr aI« reifer» durch mancherley £rf&k« 
rungen gebildeter Mann« 



— 85 — 

nau erschöpfende Mühseligkeiten ausgehalten ; 
mit abgematteten , vielleicht auch durch Krank- 
heit verminderten Scharen konnte Geisa in 
diesem Jahre nichts Wichtiges mehr unterneh- 
men. Aber im folgenden führte er seinen /. C. f^is. 
Heerbann wieder über die Drave, um das Sir- 
mische Gebiet, Frankenland und Semlin in 
plötzlichem Ueberfalle wegzunehmen. Da je- 
doch der Byzantischen Besatzungen kräftige 
Gegenwehr die Erreichung seines Zweckes zu 
»ehr erschwerte, sandte er Friedensboten an 
den Kaiser, welcher, von des Königs Bewe- 
gungen bey Zeiten unterrichtet, schon vor 
Triaditza gelagert war. Friede ward geschlos-- 
sen; die Bedingungen sind unbekannt geblie-» 
ben bis auf die Eine, Kraft welcher Geisa, 
zum Nachtheile seines Bruders Ladislaw, 
zugeben musste, dass Borizza *} zum Her^ 
zöge von Bosnien, doch unter Ungrischer 
Oberherrlichkeit eingesetzt wurde ^). Jetzt 
war ürosch, des Belusch Bruder, unter 
dem Namen Primislaw, der Serwier Gross- 
Shupan , nicht minder als sein Vorfahr nach 
Unabhängigkeit strebend. Da Manuel mit 
den Ungern Friede hatte, zwang er durch Be-» 



a> Seine. Herkunft ist noqli immer ein historisches Räth* 
ttl. Schimeck (Gesch. der KR. Bosnien und Rama S. 38«) 
käli ihn für des Königs Coloman unehelichen Sohn j von 
Maria der Witrwe eines Stephan* s, Rönis^s von Ooa- 
tiei» , i. J. 1109 geboren, ^) P e j a c s ey i oh Historia Serviao 
P- 374. 



1 

— 86 — ! 

fehdung den Gross - Shiipan , aller Verbindung 

mit dem Ungrischen König zu entsagen und 

den Byzantischen Kaiser allein als Oberherrn 

zu erkennen und zu fürchten *}• 

Um diese Zeit hatte Manuel seinen Vet^ 

ter Andronikus Comnenus, des Byzanti-. 

sehen Hofes schönsten Mann, beherztesten Rit-* 

ter, kühnsten Krieger und liebenswairdigsten 

Lasterbold, zum Fürsten von Nissa und Bra-» 

nizova erhoben. Doch das genügte des An-t 

dronikus unruhigem Geiste nicht; mehr viel-» 

leicht aus Lust an verwegenen Streichen , als 

aus überlegter Treulosigkeit, entwarf er Plän§ 

zu ManueTs Sturz und zu des ganzen Rei-» 

ches Raub für sich. Dabey sollte ihn der Kö^ 

i^ig der Ungern mit seiner ganzen Macht unter-» 

stützen, wofür er demselben die Abtretung 

Nissa's imd Branizova's versprach* Nach Ab^ 

schluss des Bündnisses gab er dem Kaiser da-? 

von Kund^e, es darstellend als List, wpdiurcli 

in Ungarn eine mächtige Partey gewonnen und 

den Byzantischen WaiFen dieses Reiches ganz-» 

liehe Eroberung erleichtert wäre, -^ein sein 

Briefwechsel mit Geisa war bereits in Ma-i 

n u e 1 ' s Händen ; der Verdacht der entwende-» 

ten Papiere fiel auf Stephan, des König3 Bru* 

der 5 durch sie ward Andronikus seines Ver-r 

brechens überführt upd in d^m grpssen Fallat 



t. m < I. ■ II . 111 



ß) J^icetas Cboniat. hffj Stritter \^ p. p« 647« 



— sy- 
st« gefangen gesetzt. Dieser Vorgang blieb 
dem Könige verborgen; denn schon herrschten 
an seinem Hoflager Familienzwist und Par- 
teyuikgen. Seine Brüder, Ladislaw inid 
Stephan, w^ren ihres Erbtheils beraubt, Bos- 
nien war ai^L Borizza überlassen, die Sirmische 
Provinz in des Kaisers Besitz. Dafür entschä- 
digte sie Geisa durch Anweisung beträchtli- 
cher Einkünfte, welche jedoch ihre Lust zu 
herrschen, nicht befriedigten. Sie forcierten 
Theilung des Reiches, welche dem Könige frü- 
here betrübtfe B^yspiele widerriethen, und die 
Magnaten nicht gestatteten. Die Unzufriede- 
nen erkauften sich unter der PÜtterschaft An- 
hang; Stephan entfloh mit dem seinigen zu- 
i erst zu Manuel, und wurde für des Landes 
i-Verrath mit Maria, des Kaisers Nichte , be- 
lohnt. Ladislaw schw^ankte noch zw^ischen 
Vaterlandsliebe und / Schande der Verrätherey, 
Der Ungern Eifersucht auf das Ansehen des 
Serwier's Belusch hielt ihn für Stephan's 
vorzüglichen Rathgeber und Parteygänger *). . 

Dieser Umstände ungeachtet, bot Geisa/.C.//5>^. 
die Ritterschaft auf, und verstärkte sie mit 
Hülfsvölkem aus Böhmen und mit Sachsen^ 



a) Das erzählen als Gerücht , Kadevicus Continnat. 
Hiatoriae Ottonis FnSiXigens. ap, Urstis» T. I. und 
Günthern 8 Ligurin, de Gestis Frider. I. Lib. VI. ap. 
^uber. Doch des Belusch Treue gegen Geita war un- 
wandelbar und er im J. 1157 noch in Ungarn Ban und P«- 
htin. 



— 88 -' 

welche vielleicht ehen 'jetzt nach Ungarn eln^ 

gewandert waren. Wohlgerüstet führte er sie 

an die Donau und belagerte Branizova. Ma*- 

nuel sandte den Basilius mit einigen Eyv 

zantischen Legionen wider sie aus; daruntarl 

war auch Stephan mit seinem Anhange. B«t| 

rizza der Bosnier Herzog mit seinem Volke lei 

stete dem Könige der Ungern WaflFendiensf,! 

und nahm bey Ankunft der Byzanter verstellte 

Flucht. Basilius liess die Ungern vor Bn 

nizova unangefochten , und jagte den Bosniei 

nach , um sie vorläufig aufzureiben. Plötzli^ 

hielten diese Stand , und nahmen es mit B a si* 

1 i u s auf. Kaum hatte das Gefecht begönne 

so überfielen die Ungern ihn auch im Rückei 

und entschieden seine völlige Niederlage. Ste^ 

phan's treulose Parteygänger blieben beynai 

he Alle auf dem Schlachtfelde, der grössti 

Theil der Byzanter gerieth in Gefangenschai 

Nur wenige begleiteten den Basilius uni 

Stephan auf der Flucht zu dem Kaiser. 

seiner ganzen Macht zog Manuel nun geg< 

Branizova, welches schon auf Ergebung b( 

dacht war. Der Ungern Ueberlegenheit ai 

Streitkräften bemerkend, lagerte er sich 

weit der Stadt atif einer Anhöhe, und bereitel 

sich scheinbar im Angesichte des Feindes zum^ 

Entsätze, Da kehrten die Ungßrn über den 

Strom zurück und stellten sich am linken Ufer 

In Schlachtordnung, Der Kaiser wollte ihneii 

flach; aber seine Feldl^erren bestandei^ auf Verir 



— 69 — 

xneidung einer oflFenen Schlacht, denn so eben 
war Boris der Predslava Sohn am rechten 
Donauufer gegen Petschenegen kämpfend ge- 
fallen, und die von Manuel ihm anvertraut^ 
Mannschaft aufgerieben worden •). Die^smal 
liess das Verhängniss den Kaiser ohne Gefangei- 
nen und ohne Ruhm nach Hause ziehen ^). 

Doch war e?: im nächsten Frühling der Er-r*^*^* ^'^'^• 

j^te wieder an der Donau , mit grossep Worten 

nnd 25urüstimgen d(?n Ungern drohend, bis in 

das Innerste ^es Landes einzudringen. Da in-p 

dessen der König und die Magnaten erwogen, 

idass fortgesetzte Fehdßchaften mit ihm nuv 

Jiräfte verzehrten , ohne selbst im Siege echten 

Vortheil' zu gewähren, suchten sie durch IJut 

terhandlungen des unruhigen Plackers los zu 

werden. Ihre Gesandten zogen hin, gegen 

dauerhaften Frieden, der auch jede Begünsti-^ 

gung d^r Ränke Stephan's wider Ungarn 

verböte, Auslieferung aller Pyzaiitischen Ge* 

fangenen , mit Ross und Rüstung , wie sie im 

letzten Feldzuge waren gefangen worden, ihm 

verheissend. Sehr vornehm erklärte er sich 

anfänglich gegen den Antrag, als aber die Gct 

sandten zu nichts weiterm sich verstdien woUr 

ten, ging er, froh ito Herzen , dip Bedingung 



a) Nicetas Choniat. ap. Stritter. T. HL P. IT, p^ 
929« docli irrig nennet er ilin Calaman. Otto Frising. 
Lib. II. cap. 3s. 5) Nicetas Choniat., Cinnamus. ay, 
Stritur* 1» P« p* 549 «eq, 



^ 90 — 

ein, was sicher nicht geschehen wäre, hat 
nicht die Menge der gefangenen Byzanter 
Zahl der früher im Triumphe aufgeführten 
gern um ein beträchtliches übertroflFen *), V< 
nun an hatte I^önig Geisa keine Fehde me| 
nut Kaiser ManueL 

Scheuete sich auch Letzterer, den einj 
gangenen Frieden oflFenbar zu brechen, 
konnte er doch des Versuches, Ungarns Ri 
im Verborgenen zu stören, sich nicht enthi 
ten. Stephan liess nicht ab, von ihm ße^ 
stand in Verfechtung seiner Ansprüche auf ü^ 
gam zu verlangen, aber Manuel konnl 
ihm nichts gewähren, weniger aus der ihl 
ganz fremden Achtung für die Heiligkeit d< 
Verträge, als aus Mangel an Streitkräften, w^e 
che kaum mehr hinreichten , den Krieg in Si< 
lien gegen König Wilhelm , Roger's Sohl 
mit Nachdruck fortzusetzen. Um vor dem zi 
dringlichen Gast sich Rühe zu verschafiFei 
sandte er ihn nach Deutschland , wo er Untei 
Stützung seiner Angelegenheit suchen sollt« 
Fände er daselbst thätige Theilnehmer, ivelchi 
zu seinem Vortheile dem Könige der Ungei 
Fehdschaft böten, so würde man auch in Coi 
stantinopel den günstigen Augenblick, für i 
zu unterhandeln , nicht übersehen. Das Deul 
sehe Reich ward jetzt von seinem Oberhaupt« 



ä) C nnamns ap, Si ritten !• c p. 659.. Heinrich^ 
von Muglen cap, LH. 



jpiehr vernachlässiget ials verwaltet; denn Kai-^ 
ser Friedrich der I., beynahe ein grosser 
Mann, wollte lieber Italien unterjochen, die 
dort emporsteigende freye Städteverfassung un-^ 
l^rdrücken , und Roms Päpste , so tief wie 
inöglich, erniedrigen, als Deutschland, durch 
Entwickelung und Richtung seiner Voltskrafc 
^Tir Nationalität, beglücken. Im Ganzen war 
fr in Begehrungen eben so ausschweifend, als 
iMflxiuel, nur mit dem Unterschiede, dass er 
jVerständig, besonnen und abgemessen das Ziel 
|Verfolgte, nach welchem jener nur "von der 
ijlacht seiner zügellosen Phantasie getrieben 
wurde. Weniger woUüstig und redlichem 
Sinnes, als der Byzantische Kaiser, war Frie- 
drich tiefer an Einsichten, rascher in Ent-f 
Schliessungen, standhafter im Handeln, mehr 
Held auf dem Kampfplatze , n^ehr Staatsmann 
im Rathe der Fürsten '). 

Schon auf dem grossen Hoftage zu Re- J^.C.f/ij?. 
gensburg, nach seiner Krönung, hatte er den 
yürsten eröffnet, er sey entschlossen eine Heer- 
fahrt nach Ungarn zu unternehmen, um dieses 
Reich ' dßr Deutschen Monarchie zu unterwer- 
fen; allein der ernstlichste Widerspruch der 
Fürsten, w^elche sein Vorhaben für rechts wi-p 
drig hielten , nöthigte ihn , dasselbe auf geleg-» 



a) Otto Friiing. Gest. Fiid, T. L. II. c. 21. Otto 
Horenii^p. Murator^ Sciipt. rer. |tal. T* VI. F. iQiS« 



— 9« — 

/.C.//57' rierti Zeitpunkt aufzuschieben •). Jetzt er* 
schien Stephan, von Manuel's Gesandt 
begleitet, an seinem Hoflager, und klagte bit- 
terlich über erduldete Misshandlungen, übe 
Entziehung seines Erbtheils , und über Gefi 
ren , in welche ihn seines Bruders Hass verwik' 
kelt hätte. Der junge Mann fand bey de 
Kaiser mehr Mitleiden als Glauben, denn e 
kannte G e i s a ' s bessere Sinnesart ; er w^ar a 
dem Heerzuge nach Palästina in Kaiser Con 
r a d 's Gefolge, damals und auch bey seiner Rück 
kehr nach Deutschland des edelmüthigen K 
nigs edel behandelter Gastfreund. Doch 
auch dem Bedrängten einiges Wohlwollen z 
beweisen, sandte er Abgeordnete nach Ungarn 
wqlehe seine Fürl^itte dem Könige vortrage 
und Stephan's Wiederaufnahme durch Vor- 
haltung der kaiserlichen Würde und Macht he 
v^irken sollten. Dagegen beorderte Geis 
zwey ehrwürdige , einsichtsvolle , beredt 
Männer, den Raaber Bischof Gervasius un 
den königlichen Hofrichter Heinrich, a 
den Hof tag, iivelchen Friedrich zu Anfan 

j.a ff 58 des Jahres nach Regensburg ausgeschrieben! 

hatte. Dort bekannten sie ihres Königs einzi-« 

ge Schuld , in zu grosser Nachsicht g^gen sei-^ 

ner Bruder üebermuth, Herrschsucht, ^n-i 

-massungen und Verräthereyen, Alle übrige. 



tUttf-mmm 



a) Ott^ Fziiing. L c. Ci. 6^ 



— 93 — 

ron Stephan vorgebrachte Beschuidigtingexi 
vernichteten sie durch überzeugende Darlegung 
ihrer Unwahrheit. Da hielt es Friedrich 
unter seiner Würde , mit Stephan's schlech- 
ter Sache sich länger zu befassen , liess ihn über 
Venedig nach Constantinopel zurückführen, 
und den gerechtfertigten König der Ungern 
«einer fortdauernden Freundschaft versi* 
ehern *). 

Noch in demselben Jahte ämtete Frie- 
drich selbst dieser Freimdschaft Früchte. Alg 
«r sich zur Heerfahrt wider die Mailänder rü- 
«tefee , kam D a n i e 1 , der Prager Bischof^ als 
sein Gesandter zu Geisa um WaflFenhülfe bit- 
tend* Er erhielt von dem Könige eine Schar 
Ton sechshundert auserlesetien Kumanischen 
Bogenschützen , und den Reichsbaronen blieb 
es freygestellt, mit ihren WafFenknechten den 
Kaiser in den Feldzug zu begleiten. Heinrich 
Jasomirgott, durch Friedrich's goldene 
Bulle jetzt schon erblicher Herzog von Oester- J.c.//^. 
l:eich, Mailands Belagerimg leitend, nahm die 
Ungrischen Hülfs Völker unter sein Panier und 
schlug mit ihnen die ausfallenden Mailänder, 
deren Oberhaupt Statins im Kampfe fiel. 
Worauf bald ihre Ergebung und Unterwerfung 
«rfolgte ^). 



a)Radeyicus ContihiiM. Otto friftixig. Lib. I. c. 
«. Günther. Ligurin. Lib. VI. U. cc. ä) Radevic. 
^•c. c. 36.. Vincentii Pbronio. «d attn. 1158. k^^ Dobritr. 
Monuflient. Tom. I. 




— 94 — 

Als Stephan an ManuePs Hofe ai>| 
langte, fand er daselbst auch seinen altem Bru- 
der Ladislaw, als Flüchtling aus dem Vater- 
lande. Beyde wurden von dem Kaiser in Hoff- 
nung besserer Zeiten zur Ruhe verwiesen; bey- 
den diente unter dem Ungrischen Adel nicht 
unbedeutender Anhang, ihnen gleich an schlech* 
ter Sinnesart- Keine Beleidigung von GeH| 
sa's Seite, nicht verweigerte Theilnahme aa; 
der Reichsverwaltung, nicht Mangel an Auf- 
zeichnung oder an Einkünften , sondern ledi*| 
glich der Schimmer Byzantischer Pracht, in wel- 
cher Stephan glänzte, hatte den unzufne*! 
denen L a d 1 s 1 a w zur Flucht bewogen; allein 
das ganze Glück, das Manuel ihm bieten 
konnte, w^ar ein Weib aus der kaiserlichen Fa- 
milie. Diess ward von ihm verschmähet, ent- 
weder weil er bereits vermählet und Vater ei*' 
ner Tochter war, oder weil er vielleicht schcwi 
Wittwer, durch solche den Ungern verhassttJ 
Verbindung sich den Rückweg in das Vaterland 
nicht selbst verschliessen wollte *). Unterdes- 
sen liess Manuel nicht ab , seine künftigen 
Unternehmungen wider Ungarn vorzubereiten! 
Da von dem Deutschen Kaiser nichts zu hoffen 
war , suchte er jetzt den Mann, den er fü^ 
Geisa's einzige Stütze hielt, an sich zu zie- 
hen , indem er den stets nach Unabhängigkeit 



a) Nicetas Choniates ap. Strittgr* T.TLl*'^*^ 
p. 6$5« 



-- 95 — 

strebenden Ur o s c h aus Serwien entfernte unE- 
seinen Bruder Belusch zum Gross - Shup an 
erhob •). Dieser nahm die Beförderung an, 
aber seine Treue gegen den König stand un- 
wandelbar fest. 

Zu gleicher Zeit begab sich, dass auch 
aus Deutschland edle tapfere Männer nach Un- 
garn sich flüchteten, und von Geisa als be- 
herzte Vertheidiger des Thrones mit einträgli- 
chen Ländereyen begäbet wurden. Unter die- 
sen waren Bamberg, der Stammvater de- 
rer von Babocsa, und drey Brüder Keled, 
iStephan Ladislaw und Georg, Schwe- 
Itersöhne des Meissner Markgrafen und Enkel 
des Grafen von Herford. Stephan hatte auf 
dem Hoftage zu Franlifurt den Landgrafen von 
Thüringen getödtet, und war geächtet wor- 
den. Er kaxn mit seinem ganzen Geschlechte 
Von sechzig Rittern begleitet ^)- Doch konn- 
ten diese Deutschen Männer ihre huldreiche 
Aufiiahme dem Könige durch Dienste nicht 
Äehr vergelten , denn zum tiefsten Leidwesen 
der Ungern wurde Geisa, erst dreyssig Jahre /.c.//^/. 
tit, durch den Tod dem Reiche entrissen *'). ^f^M^^ 



a) Cinnaniüs ap. Stritter. T. II. F. I. p. i84- ^) Tu 
^OCS P. II. C SO. C) TUTOCZ F. II. c. 20* 



1 



96 



tv. 



Stephan der IlL Ladislaw der IL Ste« 
phan der IV. und wieder Stephan 

derllL 

J. C. xi6i — ii7S. ' 



Die nächsten zwölf Jahre wurden den [Un- 
gern nur durch mancherley Trübsal und Un- 
glück merkwürdig; das empfindlichste war des j 
gottesfürchtigen , rechtschaflFenen und ge- 
rechten G e i s a ' s frühzeitiger Hintritt ; und 
hätten jetzt die Ungern nicht schon aus ihrem 
Volke Männer von Einsichten, Klugheit, Mudi 
tmd Standhaftigkeit gehabt, hätte weniger Ein- 
tracht, leichterer Sinn, und weniger Natio- 
nalstolz unter ihnen geherrscht, hätte jetzt 
schon der aristokratische Geist, nlit Zerreis- 
3ung des ursprünglichen Gründvertrages, die 
Kraft der Monarchie erstickt, Ungarn wäre un- 
aufhaltbar herabgesunken zur dienstbaren Pro- 
vinz des Byzantischen Reiches , Welches in sei- 
nem berühmten Kaiser Manuel nur einem 
verdorrenden Baume glich; seine Aeste und 
Zweige sind schon todt, aber des Stamme» 
schwindende Säfte treiben noch unten ei- 
nige ungemein grosse Blätter, und im nächsten 
Frühling wird er gefällt, 

G e i s a hatte , nebst einigen Töchtern, drey 
Söhne, . Stephan, Bela und Geisa, von 



— 97 — 

den Deutschen Gothard genannt, hinter- 
lassen. Durch das Recht der Erstgeburt war er- 
«terer Könige der zweyte durch des Vaters letz- 
ten Willen, Herzog, vielleicht von Slawo- 
nien, der letzte, Herzog eines andern Gebie- 
tes. Doch waren sie Alle noch unmündig, der 
König höchstens im dreyzehnten Jahre, Ihre 
Mutter, die Muge Euphrosyne, wich nicht 
von ihnen; die Achtung, welche die Magnaten 
jFiir die edle Frau hatten , nährte auch die Liebe 
für die Kinder, imd eben diese Liebe bewog 
ihren Gross -Oheim Belusch, die Shupan's- 
. Würde niederzulegen , nach Ungarn zurückzu- 
kehren und in Erziehung der Knaben der Kö- 
nigin bey zustehen *)• Anstatt Belusch wur- 
de Techomyl, des alten ürosch zweyte?* 
Sohn, TschudomyTs Bruder, von denBy- 
zantem Dessa jgeilannt. Gross - Shupan in 
Serwien. 

Wenige Tage nach Geisa's Beysetzung 
wurde S t e p h a n zu Stuhlweissenburg gekrönt. 
Der vorzüglichste Antheil in der Reichsverwal- 
tung war dem Graner] Erzbischofe , L u c a s 
Banfy, einem gottseligen, weisen, herzhaf- 
ten und allgemein verehrten Manne, über- 
lassen; allein weder er, noch seine Mitverwe- 
ser waren vermögend, dem Sturme, der schon 
an den Gränzen drohte, zu gebieten. Ma- 



tt) Cinnamus 9.^,^ Stritter. T. IL P. T. p. i85t 
II. Thial. 7 



— 98 — 

nuel, seine zwey Schutzgenossen zur Seite, 
den Vorsatz im Herzen, durch Berückimg der 
Schwachsinnigen sich ganz Ungarn zu unter- 
werfen, stand bereits mit einem Heere beyTria- 
ditza. Von dort aus sandte er Abgeordnete 
an die Ungern , nichts geringeres fordernd, als 
dass sie ohne Widerrede Stephan, Geisa's 
Bruder, als ihren rechtmässigen Iiönig aner- 
kennen und aufnehmen sollten. Um seineZu- 
muthung zu rechtfertigen, berief er sich auf 
ein altes, allen Ungern unbekanntes, und mit 
dem, was seit Entstehung des Reiches bey ih- 
nen üblich war , streitendes Gesetz ; Kraft des- 
sen den abgeschiedenen Königen ihre Brüder auf 
dem Throne folgen müssten , und nur in Er- 
mangelung derselben, ihre Söhne folgen könn- 
ten. Die Gesandten wurden mit dem Bescheid 
entlassen , Stephan trüge den Abscheu aller 
rechtlichen Ungern; auch würden sie nie ei- 
nem mit dem Byzantischen Hofe verschwä- 
gerten Manne als ihrem Könige huldigen , weil 
sie gar nicht geneigt wären, sich mittelbar 
durch ihn von dem Kaiser beherrschen zu las- 
sen. Sogleich rückte Manuel ander Donau 
vor und lagerte sich vor Branizova. Auf sei- 
nen Befehl setzte .Alexius Contostepha- 
nus, des Kaisers Neffe, mit Stephan, mit 
vielem Gelde und mit zahlreicher Mannschaft 
über den Strom, bemächtigte sich im ersten 
Sturme der Burg Haraln , und schritt sodann 
zu Unterhandlungen mit den Ungrischen Par- 



— 99 — 

teyen , . welche sämmtlich nur darin einig wa- 
ren, dass unter den obwaltenden Umständen 
der Krieg müsste vermieden werden ; im Uebri- 
gen war Stephan's Partey die schwächste 
und schlechteste ; die des rechtmässigen Kö- 
nigs die rechtschaffenste, eben darum gewal- 
tiger oder unredlicher Schritte die unfähigste; 
Ladislaw's Partey die thätigste, kühnste 
und ungestümste , nur für Stephan durchaus 
unbestechlich, Ihr Werben und Treiben ob- 
siegte, Ladislaw ward zwey er Parteyen 'Ko'~J'C.h6k 
nig ; für Stephan war nichts weiter zu ge- ^^' ^^^* 
.winnen, als der Titel Ur (HerrJ j womit sei- 
ne Anwartschaft auf den Thron bezeichnet 
würde. Euphrosyne ging mit ihren Kin- 
dern und deren treuen Freunden nach Pres- 
burg, M'anuel zog heim; ihm galt es gleich- 
viel, welcher seiner Schützlinge den Königsti- 
tel führte, der Gehorsam j des einen wie des 
andern war ihm sicher '). 

Die edle Ungrische Nation- war jetzt in 
Presburg und in den umliegenden Gespanschaf- 
ten vereinigt, das übrige war Volk, seinen 
Werth entweder nicht fühlend, oder für 
Gunst und Geld verkaufend. Vermuthlich war 
Michael, C^i^on , MiskaJ früher Props t z u 
Ofen, jetzt Bacser Erzbischof der weltkluge 
Mann und feige Priester , welcher Sanct S t e - 



a) Niceta» ChoniaU Cinnamas ap. Stritter. T.III. 
f. n. p. 655. 



^ — lOO ^— 

I 

phan's Krone durch Ladislaw'.s Krönung 
entheiliget hatte. Er wollte leben; darum 
wich er dem Drange der Zeit, dem von jeher 
echte Priester trotzten und ihn oft besieaten, 
weil sie Muth hatten, für des Rechtes Wahr- 
heit oder Schein zu sterben. Also that jetzt 
auch der, von Gottes Geist erfüllte Graner Erz* 
bischof Lucas Banfy; handelnd, so weit 
seine Macht reichte , schloss er den Af terKöuig 
aus der kirchlichen Gemeinschaft aus, und 
liess den Bann im ganzen Reiche verkündigen. 
Dadurch ward Ladislaw's Anhang gar sehr 
vermindert, nur er selbst bezeigte Verach- 
'^•^•^'^^' tung ■). Sechs Tagenach seiner widerrechtli- 
* *"' chen Thronbesteigimg war er todt ^). 

Weder des Graner Erzbischofs Bann, noch 
des Bruders plötzlicher Tod schreckte den 
herrschgierigen Stephan zurück, des Thro- 
nes sich sogleich zu bemächtigen. Der bessere 
Theil von Ladislaw's Partey war zu dem 
rechtmässigen Könige in Presburg übergetre- 
ten. Eigennutz, Feigheit, Furcht vor Ma- 
nuel, oder Gleichgültigkeit hatten dem An- 
masser Stephan unter den Magnaten nvx 
wenige Anhänger festgehalten; darunter war 



M.^ 



a) „Do sanä Luther der ertzpischoff inyn Gran seinj^ 

ten zu Kunig Lasla und liefi yn parmen darumb daz ersieh 

des reichs Stephans des Kunigs unterwunttn hett an sacke ^ doch 

acht der Kunig Lasla des pischoffs panne nicht,'* Heinrich 

von Muglen Cap. LHI. b) Turotz P. H. c. 67- ^^ 

ber dieZeubestixnmimg Katona Hin. Reg. T. ly. p. 2«« 



I 

I 



— lOX 

aus 3es' Reiches nördlichenn Theile nicht eiu 
einziger Graf, und aus dem Sprengel des Gra- 
ner Erzbischofes nur der Fiinfkirchner Bischof 
MacariuSy mit ihm der Bacser Erzbischof 
Michael, dann Nicolaus zu Grosswar- 
dein und Stephan zu Csanad , Bischof. 
Nicht viel zahlreicher waren in der südlichen 
Gegend unter den weltlichen Herren seine 
Stützen , wahrscheinlich auch erst von ihm er- 
hoben und mit ihm gefallen, weil nach 
seinem Untergange keine Urkunde mehr ihre 
Namen nannte. Dort standen ihm zur Seite 
sein Palatin, Graf Thomas, der Ban Bei 
und der Ban B o ri c s , jener vielleicht in Croa- 
tien, dieser in Slawonien; ferner der Hofgraf 
Broccha, und die Herren Heinrich, Eu- 
sa, Adrian, Grafen der Bodrogher, Csanader 
und Bacser Gespanschaften *}. Vier Wochen 
lang musste er unterhandeln , werben , beste- 
chen, drohen und mit Verheissungen täuschen, 
bevor sein eigener Anhang es wagte, ihn zu 
krönen. Man hatte die Verwegenheit , Lucas ^/. Febr. 
Banfy, den Mann von unerschütterlicher 
Standhaftigkeit, dazu einzuladen ; er antwortete 
Hut der Weissagung eines schrecklichen En- 
des ^) , und blieb weg ; aber die Erfüllung kam. 



a) Nur diese Bischöfe und Grafen sind in Stephan des 
IV. Urkunde unterschrieben; bey Koller Hist. Episcop. 
QEccles* Tom, I. p. ai2. b) „ Vo wart der groß {ältere) Ste^ 
phan Kumg Lasla prüder, von etzlichen Piischöffen und Her ^ 
Ten gekrönt zu dem Lande, Do Ufolt der ertzpUchoff von gran 



102 



Zwar befestigte sich Stephan durch Einfüh- 
rung ritterlicher Geschlechter aus fernen Lan- 
den, dergleichen auch die Familie der Grafen 
von Orlamünde aus Wartenburg in Thürin- 
gen mit vielen Dienstmannen war, und durch 
deren Beystand er den ersten, wider ihn ge- 
schlossenen Bund des Geschlechtes Csäky un- 
terdrückte'); allein bald verfolgte ihn der all- 
gemeine Hass, anfänglich in geheimen Bewe- 
gungen, dann mit widerspenstigem Trotze, 
mit Spott und Beschimpfung, endlich als seine 
Abtretung der Sirmischen Provinz und des 
Frankenlandes an Manuel war bekanntwor- 
den, durch der Waffen Gewalt. Am Sanct Ger- 
vasius und Protasius Tage ward ihm eine blu- 
tg, Jun. tige Schlacht geliefert, seine übrig gebliebenen 
Parteygänger huldigten auf dem mit Leichen 
bedeckten Wahlplatze dem Sohne G e i s a ' s uncl 
des Anmassers Herrschaft war nach fünf Mo- 
naten und fünf Tagen geendiget. Flüchtig 
kam er in das Dorf Dyo , eine Frau gewährte 
ihm Zuflucht und Ruhe in ihrer Hütte, als 
aber ihr Mann Alexius nach Hause kam, 
nahm dieser ihn gefangen und überlieferte ihn 
dem Könige. G e i s a ' s Sohn , den Erzbischof' 
Lucas als Vater und als Heiligen verehrend, 



nicht darpey sein und wolt des nicht gestateh und u^eissagt yvi 
das sein Reich ein pofe end schold nemen^ do wart erfdUi in 
kurtzer zeit.** Heinrich von Muglen« Cap. LIV". ^ 
Turocz F. II. cap. 19. 



10 



rr 



Hess auf dessen y mehr edelmüthigen als Staats- 
klugen, Rathy seinen Feind frey aus dem Lan- 
de ziehen, zufrieden mit der Versicherung, er 
vürde nimmermehr zurückkehren *}., 

Gnade geübt, wo Gerechtigkeit Strafe ge- 
bietet, bleibt nie ungestraft. Stephan begab 
sich zu dem Kaiser, der bey Triaditza im La- 
ger stand. Ihn um bewaflFneten Beystand äu 
seiner Wiedereinsetzung anflehend, erbot er 
sich, das Ungrische Reich für sich und seine« 
Nachkommen als Byzantisches Lehen anzuneh- 
men **). Das vernahm Manuel mit grossem; 
Wohlgefallen, und gab dem Vertriebenen Geld 
und Kriegsvolk unter Alexius Conto Ste- 
phan 's Anfiihrung. Bald hernach brach auch 
der Kaiser auf und hielt bey Nissa. Dort Hess 
tr den Techomyl {Dessä) , dessen geheime 
Anhänglichlieit an der Ungern rechtmässigen 
König war verrathen worden, in Verhaft neh- 
men und ernannte den jüngsten Sohn dessel- 
ben, Stephan Neeman zum Gross-Shupanr 
der Serwier. Eben daselbst gab er den Gesand- 
ten der Ungern Gehör, verwarf ihre Anträge 
für Geisa*s Sohn und folgte ihnen mit seiner 
Heermacht an die Donau auf dem Fusse nach. 
Die Opfer berechnend, welche ihn Stephan' s 



I a) Also Heinr. t. Muglen c. LFVo welcher dem 
! «berall verdächtigen Cinnamus billig vorgezogen wird. 
i *) » er ufolt Ungerlant von ym tzu lene emphaheH und 9<!in 
mcU:men.'A Heinr. v. Muglen a. a. O. 



gewaltsame Einsetzung kosten würde, erfand 
er einen andern Staatsstreich, die Ungern zu 
hintergehen. Während er nach Constantino- 
pel zurückkehrte, zog sein Gesandter, Geor- 
gius Palaeologus in Ungarn ein, mit Ver- 
sicherungen kaiserlicher Freundschaft und mit 
dem Antrage, Bela^ des Königs Stephan 
Bruder, mit Maria, des Kaisers Tochter, zu 
verehelichen. Da Manuel keinen männli- 
chen Erben hatte, so sollte ihni Bela in Be- 
herrschung des Byzantischen Reiches folgen; 
dagegen müsste die weitere Erziehimg des Kna- 
ben bis zu seiner Mannbarkeit dein Kaiser 
überlassen , und das von G e i s a ihm angewie- 
sene Erbtheil ausgeliefert werden. Von glän- 
zender Aussicht geblendiet, gingen die Magna- 
ten in die Falle , liessen den Knaben sogleich 
mit dem Gesandten abziehen, und versprachen 
Alles, was derselbe gefordert hatte. Bela 
wurde zu Constantinopel Alexiüs genannt^ 
und bey Hofe mit dem Range eines Despo- 
ten vorgestellt *) ; aber in Ungarn war nichts 
J. e. h63. vsreniger als Ruhe. Stephan fiel mit Byzan- 
tischer Mannschaft vti das Land ^) ; zwar wur- 
de er mit Aufreibung seines Volkes zurückge- 
schlagen , aber die Ungern waren hiermit über 



tf) Cinnamat ap. Siritter, Tom. III. P. IT. p. 658« ^) 
C i n n a m u 8 läast «s übet Aiichialus, einer Tbracischen Stadr/ 
geschehen. Der Umweg ist Ungeheuer. Vielleicht ist es cia 
Schreibfehler 9 und tollte Akimink (Peterwardein) heissen. 



^.l \ 



— 105 — 

die Griechische Freundschaft enttäuschet; sie 
besetzten Slawonien und das Frankenland und 
bewarben sich um Verstärkung bey Wladis- 
law, dem Herzoge von Böhmen. Richtig er- 
riethen sie, dass Manuel Slawonien für Be- 
la's ErbtheÜ erklären, und mit drohender 
TPVaffenmacht zurückfordern würde. Wla- 
dislaw, dessen Söhne, Friedrich und 
Swiatopolk, des Königs Schwestern , Eli- 
sabeth und Odola, verlobet waren*), kam 
mit den Böhmischen und Mährischen Vollmern 

r r 

an, als Manuel schon bey Peterw^ardein 
\Petrikori) gelagert war, und der königliche 
Heerbann, die Böhmische Hülfe erwartend, 
sich über die Theiss zurückgezogen hatte. Um 
die Vereinigung desselben mit den Böhmen zu 
verhindern , ging jetzt der Kaiser über die Do- 
nau und rückte vor bis Bacs ; da sah er seine 
Absicht vereitelt, und auch seine Sendung an 
den Herzog, um ihn abzumahnen, blieb ohne 
gehofften Erfolg. „Zu Hause keinen Krieg 
scheuen , in Freundes Bimd und Land nur sie- 



o) Also niclit Termählet » wie Dohner und Katonay die 
2eit übereilend , gUuben. Geisa hatte sich im Jalue 1148 
terehelicht; nun kann man annehmen, dait Stephan i. J. 
1M9. Bei« i. J. 1150. Geisa oder Gothard i. J. ii5u 
Blisabeth i. J, 1150. Odola i. J. 1153. geboren worden 
•ey, wenn anders EuphrOfyiie ihre Kinder nicht selbst ge- 
JÄhret hat. Unter dieser Voraussetzung war Elisabeth im 
J' 1157 1 in welchem Dohner (Not. in Vincent. Chronic. Mo- 
nument. T. I. p. 47.) ihre Vermählung halten lägst» erst sie- 
ben Jahre alt. 



— ' ia6 — 

gen oder sterben;" war des entschlossencu 
Wladislaw's Antwort. Die vereinigte Heep 
macht nahm in des Byzantischen Lagers Nähe 
ihre Stellung und verrieth durch ihre Bewe- 
gungen die Absicht , am folgenden Tage anzu- 
greifen. In der Nacht kehrte der vorsichtige 
Manuel mit einigen Scharen über den Strom, 
zurück; sein übriges Kriegsvolk mitAndro- 
nikus und Stephan sollte den Kampf beste- 
hen. Dem letztem grauete vor dem schon 
zwey Mal erprobten, jetzt gewaltig verstärktem 
Feinde , und in der ersten Morgendämmerung 
ergriff et mit den ihm anvertrauten Haufen die 
Flucht; nun waren auch die Rotten des An- 
dronikus nicht länger zu halten. Alles ge- 
rieth in wilde Unordnung , ihr Geräusch uni 
Getümmel weckte Böhmen und Ungern zum 
Ausfalle > in stürmendem Andränge bemächti- 
get sich ein Theil des Byzantischen Lagers, die 
Uebrigen jagen den Fliehenden nach , nur we- 
nige entrinnen, viele werden getödtet, die 
Meisten, unter diesen auch vornehme Anfüh- 
rer, gefangen eingebracht. Stephan und 
Andronikus sind geborgen ; aber ihre Fah- 
nen werden genommen, Kriegsvorrath, Waf- 
fen und Schätze in grosser Menge erbeutet 
Am rechten Ufer der Donau bereitet sich der 
Kaiser zum verzweifelten Kampfe ; wird er 
ihm geboten , so ist auch seine Niederlage ge- 
wiss, und Ungarn lange Zeit vor ihm sicher. 
Allein wie die Ehre mit den Verbündeten , so 



Steht mit ihm das Glück im Bunde; der errün-^ 
gene Vortheil wird von den Siegern nicht be-' 
nutzt;; die Böhmen wollen nicht, die Ungern- 
dürfen nicht über den Strom : so bindet frem- 
de Hülfe fast immer die Wirksamkeit der eige- 
nen Kraft. Die unvollendete That ist an sich 
schon überall schlecht; in ihren Folgen aber 
nirgends verderblicher, als in der Führung des 
Krieges. Wladislaw begnügt sich damit, 
seiil und seines Volkes Gezelte auf dem Lager- 
platze der Byzanter aufzuschlagen und in der, 
Mitte desselben Siegeszeichen zu errichten; 
von hier aus gebietet er Frieden unter seiner 
Vermittelung •). Manuel nimmt ihn bereit- 
willig an , sich feyerlich verpflichtend , den An- 
masser Stephan in Ungarns Befehdung nim^ 
mermehr zu unterstützen , wogegen die Mag- 
naten Slawonien und Sirmien, als Bela*s 
Erbtheil, ihm überlassen ''). 

Vor seinem Abzüge sprach Manuel zu 
Stephan: „Sieh', ich kehre heim; denn da 
dem Bela jetzt sein Recht widerfahren ist, 
so bleibt mir kein rechtlicher Grund zum Kriege 
übrig. Dich verabscheuen die Ungern ; fährst 
Du fort Dich ihnen aufzudringen, so sey Dei- 
nes baldigen Unterganges gewiss. In unnöthi- 



• - • * 

a) Nach Vincentii Chronic« ap. Bohner. Monuin. Tom . !• 
p. 75 — 76. Auch der Prager Chorherr Vincentiu» ist 
glaubwürdiger als C i n n a m u s. h) C in n a m u 8 ap. Stritter* 
T. III. P, II. p, 66a. 



— 108 — 

ge Dinge sich v.rwickein, |ist gefahrlich; der 
Nothwendig : eit widerstreben , thöricht ; das 
eine wie das andere hast Du schon zwey Mal 
schmerzlich erfahren: wage nicht den dritten 
Versuch , Du würdest ihn mit Deinem Verder- 
ben büssen. " Stephan hatte für diese Wai> 
nung keinen Sinn, theils weil eitle Hoffnun- 
gen ihn verblendeten, theils weil er wusstc, 
was die Folge zeigte, dass des Kaisers Rede 
nicht aufrichtig gemeinet war. Auf Ma- 
nuel's Geheiss blieb also Nicephorus Cha- 
luphes mit einem Heere bey ihm zurück, 
um ihn zu schützen und zugleich jeden Vor- 
theil für des Kaisers geheime Absichten wahr- 
zunehmen ■). Hiermit war also der so eben 
geschlossene, und mit feyerlichen Eiden be- 
stätigte Friede gebrochen. Sobald die Böhmen 
über Ungarns Gränzen und die Ungrischsn Pa- 
niere tiefer im Lande waren, verleitete Ste- 
phan den Byzantischen Befehlshaber durch 
mancherley Vorspiegelungen zum Zuge über 
die Donau in die Bäcser und Bodrogher Ge- 
spanschaften,* wo er auf den Beytritt vieler 
alten Freunde nicht ganz vergeblich rechnete. 
Schnell kam die Kunde des Ueberfalles zu deJ 
Ungern, welche sich nun auch an keine VeH 
träge mehr gebunden hielten. Die Erbitterung 
über die Byzantische Treulosigkeit machte sm 



o) Ciimamas L Cb p« 665. 



— , 109 — 

jetzt stäricer, als kurz vorher die Böhmische 
Hülfe. Die Nachricht von ihrer Ankunft und 
der Bacser Abfall von Stephan scheuchte den 
Nicephorus mit seinen Scharen über die 
Donau zurück; bald kam auch Stephan, der 
im Gefechte mit einigen Vorposten mit Mühe 
der Gefangenschaft entronnen war. Den Wi- 
derstand der Byzanter besiegend , ging die gan- 
ze Heermacht der Ungern über den Strom, be- 
mächtigte sich des Sirmischen Gebietes und la- 
gerte sich vor Semlin, hinter dessen Mauern 
Nicephorus und Stephan Verstärkung ih- 
rer Mantischaft von dem Kaiser erwarteten. 

Es war schon damals ein schlechter, abge- 
nutzter Kunstgriff, wodurch unersättliche Welt- 
stürmer, in kühner Verachtung alles Rechtes, 
durch unstatthafte Ansprüche und geheime Flak- 
kereyen ihre Gegner zur Selbstvertheidigung 
aufreizten, und dann den Vorwurf der Treu- 
losigkeit, welche sie nothgedrungen rächen 
müssten, auf jene zurückwälzten: das konnte 
wohl den gleichzeitigen Pöbel bethören; aber 
in der Geschichte von keinem dieser Pöbelhel^ 
den das Brandmal der Schande wegwischen; 
es befleckt auch des Manuel Comnenus 
Namen in den Geschichten der Kreuzritter , der 
Italier , der Deutschen und der Ungern , bis 
auf den heutigen Tag, und unauslöschlich für 
alle künftige. Vor Semlin erhielt der König 
»ein Sendschreiben, voll schamloser Vorwürfe 
^ber Eidesbruch und vermessener Drohungen 



IIQ 




niitllem geschärften Schwerte der Gerechtig- 
keit '). Verachtimg, Sturm auf Semlin und 
Einnahme des Platzes gegen freyen Abzug sei- 
ner Vertheidiger , war die Antwort des Königs 
/.C//^. Stephan lag todt in der Stadt, von seinem 
''•-4p"'- eigenen Hofbedienten, (vielleicht Palatin) 
Thomas , bey Gelegenheit einer Aderlässe 
vergiftet *}. 

Sirmien's und Semlin's Verlust brachte den 
Kaiser zu dem Entschlüsse, diej Ungern mit un* 
bezwinglicher Gewalt zu überfallen j dazu rü- 
stete er sich durch ein volles Jahr, Serwier 
wurden aufgeboten, Petschenegen in Sold ge- 
nommen, die Veneter um Hülfe zur See ange- 
sprochen , der Sultan , der Herzog von Oester- 
reich und der Kaiser der Deutschen zur Waf- 
fengesellschaft gemahnet. Den letztem erhiel- 
ten sich die Ungern durch ein Geschenk von 



a) Cinnamus 1. c. p. 665. . b) Nicetas Choniat. L 
c* p. 656. Dasselbe Factum, nur mit andern Umständen: 
Cinnamus 1. c. 663« Beyde behaupten , durch Bestechung 
des Thäters von den Ungern, worin aber Beyde die Ungern 
nur nach dem Massstabe der Byzaniischen Sitte messen. Btj* 
de erzählen noch, Stephan^s Leichnam sey von denUngeis 
beschimpft, gemisshandelt, vor das Stadtthor hinausgewo^ 
fen worden ; und dergl. Solche Niedrigkeiten mögen bejds 
v^ohl oft in Coustantinopel gesehen haben ; die Ungern waren 
zu dergleichen Uufuge zu ernsthaft, zu feyerlich und zu gross- 
herzig. — „ Darnach lies der Kunig Stephan der groß zu der 
menig ader und starb, Derselb ligt begraben zu fPeyssenburg.** 
also Heinr. v. Muglen. c. LIV. und: c. LVH. „w 
starb [auf der purg Zenim" (ZeugauxL,) ^ Turocz P.II. 
c. 63. 



^^ IIX — - 

fünftausend Mark befreundet *); aber von dem 
Halitscher Fürsten Jaroslaw, Wladimerko's 
Sohne, ward ihnen die Freundschaft auf gekün- 
diget. Bald nach seines Vaters Tode hatte er 
seine Tochter an Stephan, Geisa's Sohn, ver- 
lobet; die Russische Jungfrau war bereits in 
Ungarn, um unter Euphrosyne's Zucht 
bis zu ihrer Mannbarkeit zu würdiger Königin 
-der Ungern gebildet zu werden. Jetzt forderte 
•sie Jaroslaw zurück, denn Manuel hatte 
ihn zur Verbindung wider Ungarn eingeladen, 
und an ihn geschrieben ; „ Weit entfernt Dei- 
ne Undankbarkeit zu erwiedem, warne ich 
Dich vor der Vermählung Deiner Tochter mit 
dem Könige der Ungern. Du gibst sie einem 
schlechten, nie zuverlässigen Manne; denn 
wann hätte er je einige Achtung für Gerechtig- 
keit und Wahrheit bewiesen? Einen Men- 
schen, der weder Natur noch Recht in Ehren 
hält , und lediglich blinder Willkür folget, hal- 
te ich aller Uebelthaten fähig. Stephan wird 
daher weder Deine Tochter ehelichen, noch 
irgend an etwas , das Gesetze fordern , so weit 
es ihn betrifft, sich binden. Nimmt er sie 
aber dennoch, so wird er sie wie ein gemeines, 
aus den Hefen des Pöbels ihm , zugeführtes 
Weib behandeln. Erwäge selbst, was an Dir 
zu begehen derjenige im Stande ist, welcher 






a) Chronic. Austriac. ap. Fez. T. I. p. 559. Appendix 
ftdKädeyicam ap. l/rsti^> 



112 — 

meine Majestät so schwer beleidiget, tindmit 
unlängst ausgesprochenen Eiden frevelhaft zu 
spielen sich erfrechet hat *)." Nichts ist 
scheusslicher, als wenn Fürsten Lügen, Ver- 
leumdungen , Schimpfreden' und Lästerungen 
wider einander in die Staatssprache aufneh- 
men; sie verrathen dadurch, zu tiefer Demii- 
thigung der Beherrschten , wie wenig sie ver- 
stehen , den leidigen Mangel an innerer Maje- 
stät, wenigstens unter äusserm Schein von An- 
stand zu verbergen, und vorBlossstellungit 
rer gemeinen Selbstheit sich zu hüten. 

/. C. / 164. Manuel unterhandelte viel, und' bewirk 
nach dem tc wcuig; ohuc auswärtigen Beystand musste 
Junius. er des Feldzuges Last und Kosten tragen. 
Während er nun die Byzantischen Legionen 
gegen die Donau führte, sandte er seine Feld- 
herren, Joannes Dukas und ^Nicepho- 
rus Chaluphes mit hinlänglicher Mann- 
schaft gegen Dalmatien, um diese ProvinJJ 
als B e 1 a ' s vorgebliches Erbland wegzuneh- 
men. Bey der dort herrschenden Ruhe wtf 
der König auf keinen AngriflF vorbereitet, di« 
Besatzung nicht stark, der Raub leicht, und so 
ein leichter Streich, der sieben und funfeig 
Städte, ohne Kampfund ohne Verlust, ein- 
brachte, ganz nach des Kaisers Geschmack. 
£ben so leicht und schneU hoffte er Sirmien 



«) Cinnamusp «p. Siritter. T* II. P. II, f. i^pao. 



— 113 — 

und SemKn zu bezwingen ; aber letzteres war 
unterdessen von den Ungern stark befestiget 
worden, und die B^atzung leistete ausdauern- 
den Widerstand. Ihre PfeUe und Steinwürfe 
müssen viele der Belagerer hingestreckt haben, 
weil Manuel am Ende nöthig fand, sogar 
Tross, Dienerschaft und Packknechte zu be- 
waflöien. Endlich, nach mehrmals abgeschla* 
genem Sturme, als die Mauern, hier beschädiget, 
dort eingestürzt, überall Oeffhungen darboten, 
xmd tseulose Einwohner, zu nächtlicher Zeit 
Pfeile mit angehängten Zetteln in das Byzan- 
tische Lager abschiessend, jede Absicht, jede 
Bewegung der Ungern an den Feind verrie- 
then, ward der Platz, weniger einer Stadt als 
einer Ruine gleichend, übergeben. Zu wei- 
tem Unternehmungen reichten Manuel's 
Streitkräfte nicht hin. Seinem Oheim Con- 
stantinus Angelus übertrug er Semlins 
Wiederherstellung , und ohne Frieden zu 
schliessen, eilte er nach der Hauptstadt, um 
die Byzanter mit prachtvoller Siegesfeyer zu 

belustigen'). 

Dalmatiens Besitz war ihm ungemein 
wichtig; um ihn also mit mehrerem Scheine 



a) Nicetas Cboniat. ap« Stritter. T. Iir. p. 669 seq. 
Cinnaxnus gibt vor» es sey auf inständiges Bitten des Kö- 
nigs, und gegen den mit Spott aufgenommenen Antrag , Str- 
xnun und Dalmatioi zurückzugeben, Friede geschlossen wor- 
den, weil aber der glaubwürdigere Nicetas von dem allen 
nielits weiss, .wiid aucbi. bier nicbtt davon erzählet. 

II. Tbeil. 8 



— 114 — 

J,c,€tß5*des Rechts zu behaupten, forderte er yon 
sämmtlichen Verwandten der kaiserlichen Fa- 
milie und von den Byzantischen Feldherren 
die Versicherung durch feyerlichen Eid, bey. 
dem Mangel eines männlichen Erben, seinen 
künftigen Eidam, als gewissen Thronfolger 
anzuerkennen und auf den Kaiserthron zu er- 
heben. Von den Meisten geschah nach seinem 
Willen, die Widerstrebenden besiegte seine 
Beredsamkeit, begeistert von der ihn entziit 
kenden Aussicht , hierdurch nicht nur Dalma- 
tien, sondern, wenn Stephan ohne Erben 
abträte, auch Ungarn dem Byzantischen Reiche 
einzuverleiben. 

Palmatiens Raub war den Ungern erst 
nach Seixili'ns Uebergabe bekannt geworden; 
fireudig und herzhaft stellten sie sich jetzt un- 
ter des Grafen Dionysius Panier, um ifl 
Sirmien einzufallen. Die Provinz verwalteten 
Michael Gabras und Michael Branas^f 
bey de dem Kaiser verwandt, unter sich au3 Ei- 
fersucht Feinde, daher auch uneins über die 
Massregeln zu des Landes Vertheidigung. J^ 
ner erklärte sich für Angriff in regelmässiger 
Schlachtordnung y dieser bestand auf Ueberfali 
des Ungrischen Lagers in der Nacht. Sein An- 
trag wird angenommen, das Lager aufgesucht; 
keine Vorposten halten den Zug auf, keinFeld^ 
geschrey meldet seine Ankunft, auf dem^ Platze 
selbst herrscht tiefe Stille, und Alles ist leer; 
da ergreift Schreck und Entsetzen die Byzauttf^ 



— 115 — 

in feindlicher tmbekaiinter Gegend« Sie er« 
mannen sich wieder, und gehen im Grauen de» 
Tages den Fussspuren der Ungern nach. Die- 
se weiden ihre Rosse auf ausgedehnter Ebene 
imd sehen in weiter Feme den anrückenden 
Feind. Schnell sammeln sie sich in dichtge- 
8chlossen6 Rotten , ein Haufen leichte Reiterey 
nimmt seitwärts verstellte Flucht gegen das La^ 
ger zu. Indem diesen der Byzantische Vortrab 
verfolgt, sprengen jene mit verhängten Zügeln 
der feindlichen Hauptmacht entgegen » keine 
Frist ihr gewährend , zum Treffen sich zu ord- 
nen. Ein Theil derselben fliehet mit den sich 
gegenseitig verhöhnenden Befehlshabern, wäh- 
rend im Kampfe des andern mit den Ungern, 
hier Erbitterung, dort Verzweiflung, eine 
grässliche Schlachtung .vollbringen. Als die 
heisse Stunde vorüber war , Hess Dionysius 
die Leichen der Erschlagenen auf einen Haufen 
sammeln , einen hohen Erdhügel als Siegeszei«- 
chen darüber aufführen , und ihn mit Rasen be- 
kleiden , wobey die Gefangenen in harter An- 
strengung dienen mussten •)• 

Nur verderblich, nicht rühmlich wurde 
die erlittene Demüthigung von den Byzantern 
gerächet. Auf Manuel' s Befehl stellte sich 
der Protostrator Alexius mit einem Heere 



a) Nicetas Choniatat ibekoint; Cinaamus be« 
aiiiitdt und TorUflinint die l^iedorUge bey Sirius. 1« c. p« 
^ tt. 678. 



n 



116 



der Burg Haram gegenüber an die Donau, um 
die KriegvSmacht der Ungern dahin zu ziehen 
und zu beschäftigen. Seine geheime Weisung 
war, in nichts Entscheidendes sich einzulas- 
sen. Unterdessen sammelte Leo Batatz^s 
in Bulgarien einen zahlreichen Schwärm Wala- 
chen, fiel damit durch die heutige Walachey 
und Moldau in das östliche Siebenbürgen ein, 
liess friedliche , wehrlose Menschen , theils er- 
schlagen , theils gefangen mit beträchtlichen 
Viehheerden wegführen, worüber der Kaiser 
höchlich erfreuet war. Zu ähnlichem Raubzu- 
ge liess sich auch Joannes Dukas mit den 
Unterfeldherren Andronikus Lampardas 
und Nicephorus Petralipha missbrau- 
chen; sie mussten durch die wüste, menschen- 
leere Moldau gegen den Dniester hinaufzie- 
hend, Ungarns nordöstliche Gegend überfallen; 
dort fanden sie nur stilles, arbeitsames Volk^ 
welches in Vertheidigung seines Herdes det 
Uebermacht bald unterlag. An Raub und 
Mord . gesättiget , errichteten sie als Trophee 
ein Kreuz, aus Erze gegossen, mit der . In- 
schrift: 

Hier sind einst Ungern zahllos im Kampfe ge£dleii 
Unter der Ausonier rachebewaffneter Hand, 

Als das Römische Reich Manuel der Erhabene beberrseht^ 
Des'Komnener Geschlechts hödiBter imd ewiger Ruhxntf) 



a) Panntnicae quondam nnmerosa hie §ermina rHrpU 



— 117 -^ 

Aber die Enkel deiv* Erschlagenen- sahen 5as 
Kreuz nicht mehr, weil schnell vergehet,, 
was prahlende Schmeicheley dem Afterver- 
dienste weihet. 

Während hernach Manuel durch seine, 
in aUen westlichen Ländern besoldete Kund- 
schafter *) die Veneter, Römer und übrigen 
Italier wider den Kaiser Friedrich aufhetzte, 
ihnen Geld- und WafFenbeystand verhiess, dem 
3?apste Alexander IIL gewisse und feste Ver- 
einigung der Griechischen Kirche mit der La- 
teinischen versicherte, und von glücklicher 
Wiederherstellung des Constantinischen Riei- 
ches in Osten und Westen unter seiner einzi- 
gen Herrschaft träumte ^), feyerte König Ste-XC.//Ä^. 
phan zu Wien in Kaiser Friedrich' s Ge^- 
genwart seine Verlobung niit Agnes, des Oe- 
sterreichischen Herzogs Heinrich Toch- 
ter *"); und die Ungern, eingeladen von den 
Spalatem, welche deß Byzantischen Joches 
überdrüssig waren, unterwarfen Dalmatien 
der üngrischen Herrschaft w^ieder, nachdem 
sie im Gefechte vor Spalatro den kaiserlichen 



Imperium jMfcmuel Tioma.e .cum drvus haJbehat^ 
CoTinnenum augiut^e gloria prbna domy^s, 

C in n am US ap. Stritter, 1. c. p. 680. Nicetas schSmU 
^} der That und des Denkmals zu gedenken. ä) Nice- 
tat Choniat. Paris 1647. p. 130. Corp. Scr. Hist. Byx. 
T.XIV. b) Acta Alexandri Papae ap. Baronium ad ann. 
1166. Tom. Xir. cy Chronic. Austriaev Admont. Gi»a« 
»t 1 nc o b. ap. ää. T. I. et II. 



n 



— 118 — 

Befehlshaber NicephorVis ChaI1lphe8^^ 
fangen genommen hatten *}• 

Indem dieses bey Salona sich zutrugt war 
Herzog Heinrich Jasomirgott', durch 
seine zwey te Gemahlin Theodora dem Kai- 
ser verwandt, in dessen Lager bey Triaditza 
angekommen, gesandt von Friedrich^ um 
ihn mit Manuel auszusöhnen ^ und forden 
König der Ungern Waffenruhe zu bewirken '). 
Die Aussöhnung vereitelte die Eifersucht auf 
seinen Deutschen Nebenbuhler um Herrschaft 
imd Ruhm. Waffenruhe ward den Ungern ge- 
währt, aber sogleich wieder aufgehoben, als 
Manuel die Nachricht von Dalmatiens Ver* 
lust erhielt. Er selbst hatte nicht Lust, den 
Feldzug persönlich anzuführen, und seine 
Heerführer , von ihm befragt , waren klug ge- 
nüg, es ihm zu widerrathen» Andronikns 
Contostephanus ward zum obersten Be- 
fehlshaber ernannt und mit den pünktlichsten 
Vorschriften versehen. Ab er über die Sawe 
ging, standen Ritterschaft und sieben und 
dreyssig Comitats- Paniere, Dionysius an 
ihrer Spitze, bereits 'in Sirmien hinter dem 
grossen Leichenhügel, um welchen den Ungern 
diess Mal weniger Lorbem, als Cypressen 



a) Ci nuamut 'ap. Stritter. I. c* p. 68^. Thomas i^* 
ehidiac. ap. Sekwandtner T. III. p. 560. Katona berichtigt 
den Cinnamus Hist. Reg. T. IV* p* i5o. 5) Ciniiaznal 
L c* p. 631» Call es Annal. Attitx. P. L p. 46^ 



— 119 — 

griiitÄl* Mit vieler Kriegskunde ordnet D i o-« 
nysius die Schlacht; die Stärke der Flügel 
Und die Schwäche der mittlem Reihen in der 
feinölichen Stellung bemerkend, srellt er sein 
Heer zusammenhängend und keilförmig auff 
Mann und Ross, und Reihe mit Reihe, schei- 
nen in einander geschmolzen. Vergeblich 
lässt Nicephorus diese furchtbare Masse 
vom und im Rücken zugleich angreifen, um 
sie zu zertheilen; sie bleibt undurchdringlich 
zusammen gedrängt. Nicephorus gebietet 
noch eineii Angriff an der Fronte und schein- 
bare Flucht rechts und links ab , sobald die Un- 
gern auf sie eindringen. Kaum fangen diese an 
zu schlagen , so fliehen die Byzanter im Ernste, 
und fliehen bis an die Sawe, unverfolgt von 
den Ungern , welche sich auf den linken Flü- 
gel hinwälzen. Nur zwey Haufen behaupten 
daselbst noch ihren Standort, die übrigen sind 
theils zerstreut, theils niedergemacht. t)e- 
inetrius Branas hat noch achtzig Mann 
übrig, mit diesen wirft er sich mitten in die 
üngrischen Männer hinein , kämpft , wird am 
Haupte verwundet und gefangen weggetragen ; 
sein Bruder Georgius verlässt mit dem Reste 
der Mannschaft den Kampfplatz. Der linke 
Flügel ist vernichtet; aber der Rechte bringt 
die Ungern in Gefahr; da eilt Dionysius 
berbey und fordert den Contostephanus 
«elbst zimi Streit, statt seiner stellt sich der 
Unterfeldherr Lampardus mit seinen Scha- 



\ 

Tcn. Als auch diese ihrer Aufreibimg raRc 
sind, eilt Contostephan herbey und er- 
neuert [das Gefecht. Die Byzanter scheinen 
neu belebt. Gerade jetzt, im Augenblicfc der 
Entscheidung sinkt unter den Ungern, hier 
der Muth, dort der gute Wille, dem Hejrfiih- 
rer zu gehorchen; (die Beherztesten -werden 
niedergemacht, die übrigen fliehen, des Dio- 
nysius Streitross und sein Panier gerathen 
/.C./f6^. in Feindes Hände, fünf Grafen und achthun- 
*• "^"^ dert Krieger geben sich gefangen. Diess war 
die Arbeit des Tages vom Mittag hU zum An- 
bruche der Nacht, da Byzantischer Seits das 
Zeichen zum Rückzuge erscholl. Das nicht 
ungegründete Gerücht, dass die übrigen Co- 
mitats - Paniere [mit zahlreichen Hülfsvölkem 
eintreflFen würden , bestimmte den Androni- 
kus noch in derselben Nacht zum Abzüge über 
die Sawe ') , um Dalmatien wieder einzuneh- 
men, welches ihm auch ohne Anstrengung 
und Verlust gelang **). Von nun an ruhten die 
^ WaflFen zwischen Byzantem und Ungern} wo- 
für die letztem bald zu ihres Reiches Wohl- 
fahrt durch ein glückliches Ereigniss entschä- 
diget wurden. 

J. c. 4116. Ganz unverhofft gebar M a n u e 1 * s zwcy- 

/o.Äeprir.te Gemahlin, Maria, Raimond des Grafen 



iMt 



«) Nicetas Choniat. [et Cinnamus L c p. 683" 
689. l)) Dandulus Lib. IX. c. 15. ap. J8fttra/or. Script« 
Ital. T. XII. F arla t i Uiytic Sacr* T. ■. III. p. 4- ' 



— 119 — 

von Poiticr's Tochter, einen Sohn > dem' der 
von Bela bisher geführte Name Alexius ge-> 
geben, und als einzigem Erben des Kaiserthro-- 
nes bald auch die Krone aufgesetzt wurde. 
Jetzt erst erlaubte und befahl Manuel dem 
Patriarchen, den für Bela geleisteten Eid 
der Byzanter zu lösen, zugleich das Ehehin- 
demiss zwischen G e i s a ' s Sohn , Irene's Nef- 
fen im vierten Gliede, und Maria, des Kai- 
sers Tochter, Irene 's Enkelin, .einzusehen, 
öflFentlich zu erklären , (und das feyerliche Ver- 
lobniss beyder eben so feyerlich aufzuheben.. 
Maria, die B^aut, musste nun bis in ihr dreys- 
sigstes Jahr im Jungfrauenstande altem; B ela, 
ohne Aussicht auf Reich und Krone, mitAC. //7J. 
Agnes, der Schwester der Kaiserin sich ver- 
mählen. So war es recht und gut zu seinem 
mid der Ungern Glücke *). Den Sohn Ma- 
nuel' s führten Verzärtelung, Hofpracht, 
schmeichelnde Weissagungen, und bis zum 
Unsinn getriebene Abgötterey einem tragischen 
Schicksale entgegen ; den Sohn Geisa's 
rief das Vaterland nach Stephan 's plötzli- 
chem Hintritte ^) auf seiner Väter Thron, des- •'•C/z^^J. 
sen er würdiger war, als des schon sehr er- '^••^^''*- 
Uassten Byzantischen Purpurs» Stephan, 
von seinem Volke geliebt , sich beeifemd, 
durch Thaten bald auch ihre Achtung zu ver- 



«) Nicetfti Choniat. Edit. dt. p. izo« h) Turoos 
P. II. c. 69. 



^ 



lao — 



dienen, hatte vor kurzem seine VennaMung mit 
Agnes vollzogen. Sie "war jetzt gesegneten 
Leibes y eine Erbe konnte niemanden mehr 
Sorge bringen, als dem Byzantischen Kaiser, 
dem Bela jetzt zur Last war, indem er fest 
beschlossen hatte, Dalmatien für sich zu behaL 
ten. Nach dem Zeugnisse eines gleichzeitigen 
Chronographen *) soU Stephans Tage ein 
Gifttrank gekürzt haben; ist sein Zeugniss 
wahr , so fällt schwerer Verdacht auf denjeni- 
gen , welcher an den Halitscher Fürsten 
schriebyUnd sich selbst treffend schilderte in den 
Worten : „ der Mensch , welcher weder Natur 
noch Recht mehr in Ehren hält , und lediglich 
blinder WiUkür folget , ist aUer Uebelthaten 
fähig. " 



V. 

Bela der IIL 
J« C. 1173 «« 1196« 



König Stephan , drey und zwanzig J^br 
re alt , starb zu Gran in der Nacht , als folgen- 
den Tages Heinrich der Löwe, aus der 
Weifen Geschlecht, Herzog von Sachsen, 
mit vielem Gefolge von Bischöfen und Aebten, 



a) Arnoldttt Lübecens. np. Leihnitz, SS. BrimiW^ 
T. 11« p. Q31. 



von Heinrich Jasomirgott seinem Stief- 
vater begleitet, nach dem heiligen Lande durch 
Ungarn ziehend , in Gran feyerlich eingeführt 
w«ideu sollte« Das von Ungern ihm mitgege- 
bene Geleit führte ihn so treu und sicher , dass^ 
er Gonstantinopel noch zur ' Feyer des Oster- ^* 4p"^- 
festes erreichte *)• Von ihm erhielt Manuel 
die erste Kunde von*des Königs Tode, und 
gleich nach dem Feste zog er aus mit B ela und 
starker Heermacht, um in dem Lager bey 
Triaditza die Wendung der Dinge in Ungarn 
zu beobachten. In der ersten Bestürzung über ^ 
den Verlust eines guten Fürsten war djOrt nur 
Ein Sinn und Eine Stimme für B ela; und ei- 
Kgst wurde Botschaft an den Kaiser abgefertigt; 
die Entlassung desselben zu verlangen. So 
friedliche Befreyung von einer Last machte 
Manuel'n ungemein froh, doch liess ihn die 
Freude dabey Dalmatien's nicht vergessen. 
Durch seine Schmeicheleyen und ernstlichen 
Vorstellungen gedränget , schwor Bela in Ge- 
genwart der Ungrischen Gesandten, des Kai- 
sers und des Byzantischen Reiches Vortheile 
atets wahrzunehmen *). 

Unterdessen waren in Ungarn bey ruhi- 
germ Nachdenken und Berathschlagen über des 
Urones Wiederbesetzimg Parteyungen ent- 



a) Amol das Lübeeens. ap% Leibmtx* SS« Brunsw* 
^*^* P*55f* h) Ginnamas tt Nicetat Choniat. ap. 
bitter, L c. p, 690. 



Iflft. — 



1 



ständen. Die rechtlichste, mit dem ehrwiircli- 
gen Lucas Banfy an ihrer. Spitze behaupte- 
te, man miisste die Entbindung der verwitt- 
weten Königin, welche ihr Vater nach Oester- 
reich zurück mitgenommen hatte, abwarten, 
bevor von Bela's Krönung die Rede seyn 
dürfte. Die andere hielt die Schwangerschaft 
der Königin für erdichtet, wollte keinen Auf- 
schub gestatten, und drang auf Geis a's oder 
Gothard's Erhebung, welcher von einer wei- 
sen Mutter in Ungarn erzogen, voll Ungrischer 
Kraft und Biederkeit, rein von auswärtiger 
Verderbtheit , die Erwartungen des Vaterlandes 
sicher erfüllen w^ürde. Der Vereinigungspunkt. 
dieser Partey war Euphrosyne; ihre vor- 
züglichste Stütze der Hofgraf (Comes 
curialisj L a u r e n t i u s *). Mit derselben 
vereinigte sich eine dritte , den seit eilf Jahren 
aus dem Lande abwesenden Bela unbedingt 
verschmähend, weil sie ihn von Byzantischer 
Verderbtheit angesteckt glaubte, Einführung 
Griechischer Sitten, Griechischer Regierungs- 
weise , und nichts als Unheil von dem Einflüs- 
se Manuel's auf ihn, der Kaiserin Maria 
auf die schöne Königin , für das Vaterland be- 
fürchtete. Doch die letzte Partey für Bela 
streitend, blieb selbst dann noch die zahl* 



a) Chronic. MS. Saec. Xir. ap, Roller . Hist. Epii«' 
QEccK T. I. p. 4^3« Chronic. Silvens. ap. Dobiuu 
Monunit T. I. p. 39. S chier Regin, Hung. p. 143; 



— 123 — 

reichste und mächtigste, nachdem schon Viel^ 
bey erlaiio;ter Kenntniss von Bela's Eide, von 
ihr abgefallen und theils der Ersten , theils den 
übrigen beygetreten waren. 

Diese forderte jetzt, als der junge, edel 
gebildete Mann , die liebliche Königin , schon 
gute Hoffnung unter ihrem Herzen tragend, 
ihm zur Seite, von vornehmen Byzan tischen 
Gefolge , unter Anführung des JoannesPro- 
tosebastes begleitet , in Stuhlweissenburg 
eingezogen war, ohne weitem Aufschub für 
ihn die Krönung. Allein dazu war der aposto^ 
lische Mann , Lucas Banfy, festsinnig und 
in Vertheidigung der Gerechtigkeit unerschüt- 
terlich , vor Entbindung der königlichen Witt- 
vre nicht zu bewegen. Hergebrachte Gewohn* 
heit hatte den ausschliessenden Vorzug , diesp 
feyerliche Handlung an den Königen der Un- 
gern zu verrichten, für den Erzbischof vott 
Gran bereits als Recht begründet. Die dem Kö* 
nige ergebenen Magnaten nahmen zu dem Pap- 
ste Alexander ihre Zuflucht; er sollte 
entweder dem Gran er Erzbischof die Krönung 
anbefehlen, oder im Falle dieser auf seiner Wei- 
gerung beharrte , sie dem Erzbischofe von Co-? 
locza übertragen. Alexander, dem Bin- 
fy'8 Muth und Standhaftigkeit nicht unb&- 
%annt war, wählte nach vergeblicher, Ermah- 
nung das letztere, doch dem Graner Erzbi- 
Hhof für alle künftige Fälle, das Krönungsrecht 



n 



•^ 124. — » 

unverletzt vorbehaltend, worüber auch Beh 
eine Urkunde ausfertigen musste *). 

Inzwischen dauerten die Bewegungen tm- 
ter den Parteyen fort und wurden so bedenk- 
lich, dass Bela nicht länger säumen durfte, 
sie mit einem Male durch Gewaltstreich zu un^ 
terdriicken. Er Uess seinen Bruder Geisa in 
anständige , aber sichere Verwahrung bnugeui 
mid da nun auch das Kind der. Wittwe in Wien 
gleich nach der Geburt gestorben war, stand 
Bela*s Recht zur Krone über Zweifel mi 
Streit; unter scheinbarer Ruhe und Einig- 
keit ward ej von dem Coloczer Erzbischofc g^ 

*C-'^:7>^- krönet 

Nur scheinbar war die Ruhe, denn Gei* 
5 a * s Freunde wollten sein Schicksal nicht vc^ 
echlimmem, noch sich die Wege zu seiner Be- 
freyung aus dem Gefängnisse verschliesscn;iiÄ 
Verborgenen Hessen sie nicht ab, dieselbe» 
sich zu bahnen und Euphrosyne wirk» 
thätig mit. Geisa lag ihr nach Stephan'» 
Tode inniger am Herzen, als Bela; ]^^^ 
war, nie von ihr getrennt, ihr Zögling, eben 
so kindlich ihr ergeben, wie Stephan, wd* 
eher in den meisten von ihm ausgefertigten Üi" 
künden, auf ihre Rathschläge sich berufend 
seine Achtung für sie auch an die Nachwdt 
überliefert hatte- Dagegen hatte eine eilfjat* 



•) Fray Specimen Hierarcb* Fftxt» !• F* m< 



rige Trennung den Bela ihr, sie ihm fremder 
gemacht; er war jetzt König, Behauptung der 
Majestät und kindliche Ergebung nicht immer 
leicht vereinbar , er überdies^ im Gefiihl seiner 
Kraft nichts weniger als geneigt, durch fremde 
Eingebimgen sich leiten zu lassen; die Span- 
nung zwischen Sohn und Mutter war unver- 
nieidlichi sobald die Pflichten des Königs das 
Verhältniss des Sohnes, wie bey Geisa's Ver^ 
Jiaftung» unsanfter anstiessen. Sie verstärkte 
«ich bis ziun Bruche, als endlich durch £ u p h r o«. 
syne's Yermittelung , Ge\sa aus dem Ge- 
fängnisse entwischte , imd von dem Grafen 
Laurentius begleitet, zuerst nach Oester- 
reichj dann nach Böhmen entfloh. Dort war 
jetzt Sobeslaw Herzog, mit dessen Unter- 
stützung sich der Flüchtling um des Kaiset 
Fried rieh's Schutz imd Beystand zu bewer- 
ben gedachte. Sobeslaw nabln den Un- 
glücklichen gefangen und sandte ihm gebimden 
dem Könige der Ungern zurück. Nun ward er 
fester eingeschlossen, strenger bewacht, un4 
musste fünfzehn Jahre lang nach seiner Freyi* 
keit seufzen *). Aus der Untersuchimg über 
die Beförderer sei^xer Flucht ergab sieh, dass 



ü) Arnold Lubecens ad aon. ii89* ap* Leibmtz*\ 
t* p. 677. Chronic» SiWens. «d ann. 1177. ap. Dobner.ht» 
tber die Angabe des Jalures ist unrichtig, idenn nach Ar- 
ftold's Bericht bey d«J. 1189 war damals Geisa schon j)P«ff 
^ndeoim annos — -«- in captiviute datentus*' geweseit. 
Biesi führt aber auf das J. 1174. zurück» 



— 128 — 

die Königin Mutter, Graf W ata, und Ste- 
phan Erzbischof von Colocza vorzüglichsten 
Antheil daran hatten. Bela, unter seinen 
Verhältnissen von der Nodiwendigkeit stren- 
ger und erschütternder Massregehi überzeugt, 
liess Euphrosyne zuerst auf die Bronz^ 
bürg (vielleicht Borona^ BuranyaJ^ bringen, 
dann nach Griechenland abfuhren; den -Grafen 
Wata blenden, den Erzbischof Stephan ab- 
setzen '). Des Königs jüngste Schi^ecster ging 
mit der Mutter, die dritte, Helena, war am 
Fiingstfeste dieses Jahres an Leopold den Tu- 



ö) „Eodem "flniiQ C^'S^) '^^ Geisa exiens Ungariam cm 
Jjourencio comite et nudtis aliis intravit kaustriam. et soraraiu 
nubsit in Grecia, mater vero eius tenetur captiva in Brom* -* 
„(1137.) JDitx Geysa transivit de haustna in Boemiam unde A 
rege Jtatre euo reductus est in Uhg-ariam. fFata comeiceca- 
tur. Stephanus Cdociensis Episcopus deponitur. Eoda^ 
tempore mater regis in exilium in Greciam mittitur» *' Also w* 
Clitonicon MS. * Saec. XII. bey Koiler. 1. c. wobey zu bero* 
ken, dass dieae Chronik Belags Ankunft zu d. J> ns^» ^^ 
lieh um 13. Jahre zu tpiic anseut. Eben diess geschieht 
Geisa*8 Flucht und Euphrosyn.e^t Verweisung. N» 
Abzug dieser 13. {Jalire kommen wir dort auf 1173 hier 
J174. -— Das Deponitur im Texte bezeichnet nicht 
Katona (Hist. Colocens. Eccles. P. I. p. 196.) meint, 
ßtephan^tarb; sondern , er ward des Bisthumes entsei 
denn in der Angabe aller Todesfälle bedienet sich die Cbroi 
durchaus gleichförmig des Wortes „obiit, nirgends dep 
nitur. " Sodann ist in der Reihe der Coloczer Erzbiscb 
dieser Stephan, weder , wie bey P r a y , zwischen 1» 
Cosmas und 1137 Pe|:TafJ;; noch wie bey Rato» 
zwischen 1176 Andreas, und iigg Paulus III.; sond 
zwischen 1169 Cosmas und 1175 Paulus II, ^aiui 
zen« 



— lag -r 

gendhaften ,j Heinrich Jasomirgott*» 
Sohn und Nachfolger, vermählet worden ^), 

Die ersten Beyspiele der] Strenge, durch 
die folgenden zwey Jahre in Bestrafung der 
Verbrecher zum Schrecken der Unzuftiedenen, 
wie der Bösen, beträchtlich vermehrt, sicher- 
ten dem Könige Gehorsam und Ehrfurcht. Er 
konnte daher jetzt, ohne Widerspruch zu er- 
fahren, dein Byzantischen Kaiser wider den 
Sultan Ikoniens Kriegsvölker zu Hülfe senden. /. c. 4 4 je. 
Ban Ampudin und Woiwod Leustath> 
jener mit dem Croatischen, dieser mit dem 
Siebenbiirger Paniere, stiessen zu Manuel's 
Heermacht *) ; die Stärke derselben hätte hin- 
gereicht, das ganze Saracenenvolk zu vertilgen 
und Ikonium mit seinen Mauern in einen 
Schutthaufen zu verwandeln. Der erschreckte 
Sultan bat um Frieden , bereit den schwersten 
Bedingungen sich zu unterwerfen. Der Kaiser 
stand bereits bey Myriokephalon in Phry- 
gien, den Quellen des Mäanders östlich; seine 
Mannschaft drückte Mangel von allen Seiten, 
denn wo sie durchziehen musste, war von dem 
Feinde Alles verheeret. Wiesen abgemähet, 
Brunnen und Cistemen verwüstet; dazu noch 
das Heer von Seuchen ergriflFen. Die ganze Ge- 



a) Vit. Arenpeok. ad an. 1174. «p; Fez. T. T. p. x2Zo4. 
Hanthaler Fast. Campilil. T.'I. Elo^. IX. p. 395. 5> 
iKets bezeuget Bela dei ly. Urkunde bey Pray Annalet 
Reg. P. I. p. 167. 

ILTbeU. 9 ' 



iio 



fahr des Feldzuges überschauend , rietheii er* 
fahmere Kriegsniänner zum Frieden ; aber 
Manuel folgte nur den Eingebungen seines 
Hochmuthes, dem jetzt auch junge, in zier- 
licher Rüstung glänzende Hofritter , Krieg für 
Kampfspiel achtend , das Wort . sprachen. Er 
entliess die Friedensboten mit dem Bescheid^ 
er würde seinen Willen dem Sultan ehesten* 
in Ikonium verkündigen , und sogleich gab er 
Befehl zur Fortsetzung des Marsches. 

Bald hinter des Mäanders Quellen W 
gränzt die Ebene ein Ast des Taurus^ wel* 
eher sich von Süden gegen Norden erstreck 
dort in hohe steile Felsen sich erhebt, biet 
in sanftere Hügel sich herabsenkt, und bald 
Schluchten, bald geräumigere Thäler bildel;^ 
Hierdurch geht nach Ikonium die Strasse, si^ 
eher für friedsame Handels -Karavanen, ver* 
derblich für die mächtigsten Heere, wenn $10 
von entschlossenen Feinden vertheidigt wird 
Der Pass hiess damals Zybrika, und Ma- 
nuel wagte den Durchgang nicht anders, al» 
wie er bisher auf flachem Lande vorgerückt 
war, in getheilten Haufen, mit sämmtUcheni 
Trosse , ohne leichte Reiterey vorauszusendea 
und die Sicherheit des Passes au^zukundschat 
ten. Voraus zogeii mit dem Vortrab die Söhne 
des Constantinus Angelus, dann folgti 
in unglücklicher Entfernung Balduin, d 
Kaiserin und der Ungrischen Königin Brud 
mit dem rechten Flügel; weiter hinter die 



— 131 ^ — 

^erlinke^ geführt von Maurozomes Theo- 
äorus; hierauf eine ungeheure Anzahl Wa- 
gen mit Kriegsvorrath und Belagenings- Ma- 
schinen , sodann der Kaiser mit auserlesenen 
Scharen, wahrscheinlich unter diesen auch 
A.mpudin und Leustath mit den Panieren 
Öirer Völker; endlich Andronikus Con- 
to s t e p h a n u s mit dem Nachtrahe. 

Alle Schluchten, Thäler und Anhöhen 
des Passes waren von Saracenen besetzt. • Den 
Vortrab lassen sie nach einigen warnenden 
Anfechtungen durch ; den rechten Flügel über- 
fallen sie in dichten Haufen mit ganzer Gre« 
walt, im Gefechte fällt Balduin» wird ge* 
lödtet, seine '^Mannschaft aufgerieben. Theo- 
iorus mit dem linken Flügel erneuert den 
Hampf, nicht viel glücklicher, als Balduiu 
den seinigen geendiget hatte. Andronikus 
Batatz es, Manuel's NeflFe, ist das erste 
Opfer; sein Haupt, auf eine Lanze gesteckt, 
'^rd als Sieges- und Schreckenszeichen herum- 
getragen; es ist das Erste, was der Kaiser bey 
dem Einzüge in den Pass erblickt. Den auf 
den Haufen der Erschlagenen noch kämpfen- 
iden ist durch die Wagenmenge der Rückzug 
verschlossen, durch diese auch des Kaisers HüL 
fe ihnen abgeschnitten, und ihm, wie jenen, 
•ind alle Auswege zur Flucht versperrt. In 
^eben Thälem, durch welche die Strasse führt, 
^thet der Tod; unthätig und keines Rathe» 
iich bewusst muss Manuel von der Anhöhe 



— 13a — 

kbvabsehen wie in den einen , die Verzwei* 
flung seiner Krieger letzte Kraft in Bewegung 
erhält, während in den andern schon tiefe Stil- 
Ib herrscht y und Griechen, Barbaren, Rossein 
Haufen unter einander hingestreckt liegen. 
Endlich durchbrechen seine Scharen den Tross, 
bahnen sieh und dem Kaiser den Weg zum Ge- 
fechte; glücklich sprengen sie mit ihm durch 
der Feinde heranstürmende Haufen , aber er 
ist mit Wunden bedeckt, allein in seinem 
Sdiilde stecken dreyssig Pfeile. Von dem 
Nachtrabe kommt nur ein kleines Häuflein 
Biit Andronlkus Con t ostephanus ans 
den Thälem. 

Nach kurzer Ruhe tinter dem Schatten ei- 
nes wilden Birnbaumes verfolgt Manuel die 
Spur des Vortrabes, welcher sich uaiterdessen 
stark verschanzt hatte. Unterwegies quälet ihn 
Durst j man reicht ihm Wasser aus dem vor- 
beyrieselnden Bache, er klagt, es schmecke 
nach Christenblut 5 ein kühner Byzanter, auf 
dem Kampfplatze schwerlich der tapferste, 6r- 
wiedert : „das bist Du gewohnt, Kaiser j 
nicht erst jetzt , schon früher und oft hast Du 
es stromweise verschlungen. " Gemeine Natur 
kennt keine Schonung für den Unglücklichen. 
Das Gewissen hiess den Kaiser gleich einem 
Tauben schweigen. Nicht weit davon war so 
eben auch der Mamn seiner Nichte, der oft 
siegreiche Feldherr Joannes Cantacu^e- 
nus, im Handgemenge mit Türkischen Rotten 



— 1^3 — 

gefallen j von diesen wird jetzt auch' et iimzin« 
gelt f er geräth in Gefahr, gefangen zu werden ; 
aber die Gefährten seines Kampfes in dem Pas- 
se retten ihn hier zum zweyten Male, und 
bringen ihn in des Vortrabes verschanztes La- 
ger, wo am folgenden Tage Gab ras, desSul« 
tans Abgeordneter,^ erschien, von seines Gebie- 
ters Grossmuth den Frieden anbietend , unter 
der einzigen Bedingung, dass die Byzantischen 
Festungeii Dorylaeum und Subleum ge- 
schleift würden. Manuel nahm den eben 
«0 erwünschten, als unverhoflFten Frieden an, 
doch die Bedingungen desselben Hess er uner- 
füllt, denn Ehrlichkeit und Treue hatten im 
Unglücke so wenig , als im Glücke, zu seinem 
Afterheldensinne Zugang gefunden *)• 

Diess war seine letzte WaflFenthat, wobey 
er seine Rettung vielleicht den Ungrischen Män- 
nern Ampudin, Leustath, Lob und 
Thomas, Brüdern aus Doboka, zu verdan- 
ken hatte *). Seine Wunden wurden zu Phila- 
delphia in Lydien bald geheilet ; aber nimmer- 
mehr die Ideinmüthige Unzufriedenheit über 
seine, in Osten, wie in Westen, gescheiter-, 
ten Entwürfe; er ward finster, verschlossen, 
I menschenscheu , trübsinnig ; und so blieb er 



a) Nieetas Choniat. et Cinnasnns ap. SlrüMr^ 
Tom. llh P. r. .p. 559 «^369. b) Die Urkunde Bela-4e« 
17* macht ea wahncheinlidu .1 



n 



IS* 



his an flas Ende seiner Tage ^). Diess wäre der 
günstige Zeitpunkt gewesen , das geraubte Dal-« 
matien der Krone Ungarns wieder zu uiiter< 
werfen ; allein dem Könige war seine eidliche 
Verheisaung heilig; er hatte am Byzantischen 
Hofe anschaulich kennen gelernt je^ie d.end& 
Staatskunst , welche , das Zuträgliche dem Ge^ 
rechten überall vorziehend, und weder Recht 
^ioch Ehre achtend, in steter Verfolgung de* 
augenblicklichen Vortheils den gewissen Untert 
gang der Reiche vorbereitet und herbeyfiihrtf 
Sobald aber Manuel, auf dem Siechbette zxm 
j.c.^tSo^ Mönche geschoren und Matthaeus genannt^ 
;i^.aj)ibr.j^ 5cheiiie /der Frömmigkeit gestorben w^r % 
nahm Bela Dalniatiens Byzantischen Antheil 
in Besitz durch freywillige Unterwerfung def 
Einwohner, deren Beyspiel im folgenden Jahv 
rr auch die Bürger von Jadra, der Venetischea 
Herrschaft entsagend, folgten ■). Den Verlust: 
des wichtigen Seeplatzes konnten die Venetef 
nicht leicht versehmerzen, Sie erschienen nut 
mächtiger Flotte davor, aber die Stärke und 
die Tapferkeit der üngrischen Besatzung trotzt 
te der Belagerung, sie mussten abziehen uh4 
nur Pago mit den übrigen Inseln in Ünterthäf 
nigkeit ^u erbeten suchen^ 



fw 



ß) 6uillelm. Tyriüs Lib. XXI. c. iä. tp. BoJig<fr4^ 
G««tti Del per Franc. 4) Ritter zu Guthrie Gesch. des Osti 
x(tm. Keiph. S. 685. Tbopi, Arcbidi^. Eist. Sftbnit« ^ 
85- J-^pi^» Li^), III, c^ 12, 



— 156 — 

Ale^iuSy Manuels Sohn» war bey Eric* 
digung des Byzantischen Thrones zehnjähriger 
Knabe, Seine Mutter , mehr des Lebens Lust,, 
als des Regierens Last begehrend , überliess die 
letztere ganz ihrem Günstlinge aus der K o m - 
[lener Geschlecht, und ihre Stieftochter Ma" 
ria, Bela*s ehemalige Braut , jetzt an einens 
aiit Caeisarstitel beehrten Italischen Grafen ver- 
mählty erregte eine Empörung gegen die- 
Reichsverwesen. Als nun in der Hauptstadt, 
mithender Aufruhr 9 ausser derselben Raub 
und Verwirrung war, trat Andranikus 
Comnenus, aller Laster mächtig, und ge* 
wandt , alle Macht und Würde der Tugend zu 
heucheln , aus dem Dunkel hervor , |und legt^. 
sich in das Mittel, um beyde Parteyen zu ver- 
derben. Mit frommen biblischen Redensarten 
täuschte er den Patriarchen, die Patrizier, da$ 

• 

Volk. Ohne Widerstand zu erfahren , nahm er 
4en Palast ein, begrüsste mit verstellter Ehr- 
furcht den gekrönten Knaben und liess die Kai- 
•eriii mit ihrem Giinstling in Verhaft nehmen, 
i>ach einigen IVJonaten sjch zum Mitkaiser aus-r 
nifen, bald darauf unter dem Vorwande verrä- /.C//Ä?. 
therischen Briefwechsels mit Kpnig Bela, 
Manuel'ß Wittwe zjun Tode verurtheilen 
lind erwürgen, Maria, des Kaisers Tochter, 
i die Urheberin des Aufruhrs, sammt ihrem Ge- 
niahl durch Gifi tödteii, endlich auch den Kna- 
ben Alexius mit einer Bogensehne erdros^ 



— 186 — 

Unterdessen hatte Bela das Byzantische 
Gebiet überfallen , Branizova mit dem Gebiete 
zwischen Widin, Skupi, Prisren weggenom- 
men , und alles Land bis Nissa verheert; an* 
fanglich war ihm von Alexius Br||anas imd 
Andronikus Lapardas mehrmals Kampf 
geboten worden; als sie aber von den schreck« 
liehen Auftritten in der Hauptstadt Kunde er* 
hielten y floh Lapardas in den Orient, Bra* 
nas trat zu des Tyrannen Partey *)• Ohne 
Zweifel kam nun auch Sirmien , das Franlcen- 
land und Semlin wieder unter Ungrische Herr* 
Schaft, denn von jeher griflF nach dem Ver* 
schwinden gewaltiger Eroberer jeder der Be* 
raubten freudig nach dem Seinigen. 

^•C.##w, U™ diese Zeit wurde der Tod der Koni, 

gin Agnes in Ungarn betrauert, Bela war 
durch sie Vater von zwey Söhnen, Emerich 
und And.reas;» jenen liess er feyerlich krö* 
' nen , bevor er selbst zum zweyten Male sich 
vermählte mit Margaretha, Schwester des i 
Königs von Frankreich: der jüngere, Axi" 
d r e a s , musste schon in seiner Jugend ie% 
Glückes Wandelbarkeit erfahren. In Polerf 
herrschte jetzt Casimir, Boleslalw des III» 
jüngster Sohn, bisweilen gerechter, immer 



mm 



a) Nicctas Choniatet tp. Stritter. T, HL P. II. p. 
692. — ,,Rex Ungariaey Bela, Graecorum cßstra et civitatei 
ih'B^lgiria chtimät.** — „Ä. U, Bela, terram Graecorum' 
i^lida itumu vastat* " C hr o n i 0. A u s t r, ap. Puz. 7, L 



— 157 — 

Kluger und tapferer Fürst. Die Wiedervereini- 
gung des, in verschiedene Fürstenthiimer 
zerfallenen Landes unter die Gevralt eines ein- 
zigen Herrschers , war seines unternehmenden 
Geistes erste That. 

Nachdem Jaroslaw, Sohn Wladimer. 
Ko's > gestorben war, hatte er auch Brzest^ 
Drohizin, Przemisl und Wladimir erobert; 
letzteres vergab er an Roman, den $ohn sei« 
ner Schwester Judith, welchen sie nach des 
miglücldichen Boris Tode in zweyter Ehe 
mit dem Russischen Fürsten Mstislaw ge- 
boren hatte; Beiz, nicht Theil, nur Anhang 
von Wladimir, an Wsewolod Mistisla- 
witsch, ihren zweyten Sohn. Bey diesef 
Vergabung war C p 1 o m a n , Judith's Sohn aus 
erster Ehe mit Boris, leer ausgegangen ; von 
seinem Vater hatte er nur Ansprüche und Un- 
glück zum Erbtheile, und um auch jene zu ver- 
buchten, dieses zu verschärfen, verleugnete 
ihn seine eigene Mutter, ö£Fentlich sich selber 
schamlos zur Betrügerin stempelnd, indem sie 
vorgab, sie habe ihn sich unterlegen lassen^ 
um den Gemahl mit einem Kinde zu erfreuen i 
wohl möglich , dass das schwache Weib von 
ibem zweyten Manne dazu gezwungen wur- 
de, weil Coloman, bey Versorgung seiner 
Stiefbrüder, in das seinem. Vater entrissene 
Fürstenthimi Halitsch eingesetzt zu werden 
forderte. Dort war Wladimir nach seinem 
1 Vater Ja roslaw im Besitze« woraus ihn aber 



nicht nur C o 1 o m a n , sondern auch M stis ^. ' 
law, Judith's Gemahl, zu seiner Söhne Ver* 
grösserung zu vertreiben strebte. Casimir, 
das Vorgeben [seiner Schwester und ihresMan- 
nes Ränke yier^ibscheuend , that auf geradem 
Wege, was ihm gerecht schien. Mit seinen 
streitgeübten Scharen zog er vor Halitsch,. 
schlug ein weit zahlreicheres , mit Polowzera 
verstärktes Russisches Heer ; und setzte seinen 
Neffen Coloman zum Fürsten ein. Wem 
scheinbare Gerechtigkeit sieget, wird in der 
Regel der Sieger das Opfer der Bosheit, weil 
Gewalt gegen älteres Recht oder Unrecht keitf 
neues Recht begründen kann. Boris hatt© 
auf Halitsch keinen gültigem Besitztitel gehabt, 
alsBoleslaw des III. und Stephan des n. verei- 
nigte Waffengewalt; darum geschah durch Zu-»« 
lassung des ewigen Rechtsverwesers in der Welt- 
regierung, dass er hinausgeworfen , sein Sohn» 
Coloman kurz nach seinem Einzüge durch* 
Gift aus dem Wege geschafft wurde "*). 

Nun huldigten die Halitscher wieder ih- 
rem vertriebenen Fürsten Wladimir Jaros- 
la witsch; aber unvermögend, gegen Casi*- 
mir's Macht ihn zu vertheidigen. Durch» 
diese wurde nun Wladimir und Halitsch in ein 
lehnbares Fürstenthum Vi^reinigt und an seinen 
Neffen Roman Mstisl^witsch verlieheur 



a} BogilphAl bev JEngel GescUcbte von Halitsc]i. etc. 
S. 496 f. 



*^ 159 -^' 

Der wieder verjagte Wladimir flüchtctie sich 
nacli Ungarn, und ihm folgten auch bald Ab- 
geordnete von den Halitschem, welche, über 
die ihrem Lande aufgedrungene Lehensverbind- 
lichkeit erbittert, zugleich den wilden, geist-. 
und machtlosen Wladimir verschmähend, 
den König Bela um Befreyung und Schutz 
ersuchten •). Bela sandte ihnen seinen jun- 
gem, höchstens eilQährigen Sohn Andreas 
»tim Fürsten, und Hess in dessen Namen das 
Land durch einen Ungrischen Grafen verwal* 
ten, durch eine Schar der königlichen Ritter-r 
ichaft beschirmen, und um Unruhen vorzubeu^? 
gen, den Flüchtling in Ungarn festsetzen^ 
Idermit waren die Halitscher zufrieden. 

Allein Wladimir verschaflFte [sich durch ^* C» i ^97- 
Bestechung seiner Wächter Freyheit, entkani. 



a) Palma Notitia Rer. Himgar. I. p« 45i* Coronini 
Specimeti Genealogie, edid. i%z//7ia« Vieiinae 1774* io\. p. 163 — 
184* Dagegen berichtet Kadlul>eck (Hist. Polon, Lib. IV« 
<L Xy.) und nach ihm die neuem Polnischen Geschichtschr. t 
f»£ejr non tarn exuhtntis cammiseratione , quam regni amhitu§ 
Megem substüi4tum (\Vi&dimixiain) propuUat , Regnujn occupat^ 
ßUäm irutituit/ JExulem, ne sit impedimento , pinctum ergastu- 
h in Ungßria includit. ** Allein die Russischen Füistenthümer 
hatten noch heine monarchische Yerfjissung, die Haiitscher 
Waren an keine regierende Familie durch Verträge g^ebunden, 
^QTch kein Erbfolgerecht in der Wahl ihrer Fürsten be« 
trinkt. Sie -viraren berechtigt den Wlsidimir» der sio 
lucht beschirmen konnte, zu yerlasseip. Ohne ihren Willeii 
liitte ihnen Bela eben so wenig seinen Sohn zum Fürsten 
geben können, als Casimir wider ihren Willen seinen Nefr 
frn, u^d mit ihm die Lehnbar|ieit ihnen aufdrifigen solleiVf 



— ^ 140 — 

glücklicli nach Halitsch und erhielt nachVer^ 
zichtleistung auf die Fürstenkrone j dass man 
ihm einige Besitzungen an Polens Glänzen za 
geinem Unterhalte anwies. Dort sammelte er 
sich eine Räuberbande, befehdete damit die 
Burgen Polnischer Herren , nahm weg , was er 
fand, vorzüglich aber ihre jungem Frauen und 
Töchter, womit er hernach Lust und Handel 
trieb. Casimir, seine Lehensleute schüt- 
zend , liess ihn verfolgen und in die Carpaten 
verjagen, wo ihn das Räuber -Gewerbe nur 
schlecht ernährte« Darum demüthigte er sich 
vor dem mächtigen Casimir und entlockt« 
ihm durch Bitten jund Schmeicheley sogar das 
Versprechen der Wiedereinsetzung in die Hen>. 
Schaft über Halitsch. Bald ward ihm Wort ge- 
/. Gl //^.halten; denn im folgenden Jahre zog Casi- 
mir's Palatin, Graf Nicolaus, mit zahlrei- 
cher Mannschaft vor Halitsch und nöthigte die 
schwache Ungrische Besatzung zur Uebergabe 
des Platzes gegen freyen Abzug mit demun- 
' mündigen Fürsten Andreas. Aüfaahme de3 
Kampfes mit weit überlegener Macht würde 
sich als Thorheit bewähret haben. Casimir'* 
Verfahren, welches einen berüchtigten Stras- 
senräuber zum Fürsten erhob, und einen mäch- 
tigen König zum Kriege reizte, erfuhr die 
entschiedenste Missbilligung der Polnischen 
Herren. Ihre Anschläge und Bewegungen 
wurden zwar durch des Herzogs Entschlossen- 
heit schnell luiterdrückt ; abßr erst durch den 



^ 141 ^ 

Abschluss eines festen Friedensbündnisses mit j.c.ii^ 
dem Könige der Ungern ') wurden) die Gemü- 
ther der Unzufriedenen völlig beruhiget. Von 
nun nannte sich Bela in Urkunden *) auch 
König von Gallicien; und bewies dadurch, 
dass seine Ansprüche auf Halitsch durch das 
Bündniss anerkannt • und bestätiget worden 
sind. Massregeln der Gewalt verbot ihm für 
den Augenblick die Lage der Dinge in der süd- 
lichen Gegend des Reiches. 

Schon in das achte Jahr wüthete der Krieg 
zwischen Venetem und Ungern, blutig für bey- 
de , doch immer siegreich für die letztem , um 
Jadra. Jetzt baten die erstem um WaflFenruhe, 
vorwendend einen Zug in das heilige Land wi- 
der den siegenden Saladin; in Wahrheit aber 
nur, um ihre alten Handelsvefhältnisse in Sy- 
' rien zu sichern imd neue anzuknüpfen. Bela 
gewährte den Stillstand für zwey Jahre •) aus j^ ^^ ^^^j 
Klugheit ; damit sie geschwächt würden , viel- 
leicht auch aus frommen Antriebe , ihr andäch- 
tiges Vorhaben nicht zu hindern ; nicht ohne 
Vermittelung des Papstes Clemens des drit- 
ten, dem nach dem Untergange des acht und 
achtzig jährigen Reiches der Franken in Jerusa« 



a) Kadlubeck 1. c. p« 790. 7^7. ap« DlugosM. Hist. PoL 
T« II. £dit. Lipt. -^ BöguphuL Rp» Sommeraberg^ Script. Si* 
leiiae. T. II. p. 4$. 6) Urkund« bey Katona Hitt. Ref. 
^ ly* p. 344- et %^.Farhiti T. lil. p. AiS« Dan du Inf. 

Üb. ly. c. a. 



lern die Bewaffnung aller Mächte £uropa*s die 
heiligste Angelegenheit war« 

J.CifSs* I^^a folgenden Jahre also geschah die dritte 

ungemein zaiüreiche Auswanderung westlicher 
Völker nach dem' Orient. Auch der betagte 
Kaiser Friedrich entschloss sich dazu , mit ihm 
sein Sohn Friedrich, der Schwaben Herzog, 
der Thüringer Landgraf Ludwig der V» 
Berthold Herzog von Meran, Herrmann 
Markgraf von Baden, der Holsteiner Graf 
Adolph und Leopold Herzog von Oester- 
reich , mit vielen andern Fürsten , Grafen , Bi- 
schöfen und Herren. Das von ihm angeführte^. 
Kreuzheer bestand aus hundert und funfeig tau* 
send Mann'), darunter keiner, dernichtwe* 
nigstens drey Mark Silber Baarschaft hatte '). 
Conrad, j^Erzbischof von Mainz, Cardinal 
und päpstlicher Legat, ging als Gesandter des J 
Kaisers nach Ungarn voraus, um freyen Durch* j 
zug und Verpflegung der Kriegsscharen bey Be«. 
la zu bewirken. Seine Sendung hatte er-. 
wünschten Erfolg, die Preise der Dinge wur*. 
den auf das billigste festgesetzt , (vier wohlge*) 
nährte Ochsen, oder Futter für hundert Rosse„. 
gegen Eine Mark Silber) und allenthalben, wo 
das Volk durchziehen musste, Vorrathshäusef 



a) Arnold. Lubec. Lib« HL cap« Sg. «^ CbromC* 
Keioliei'sperg. ap. de Ludewig, Sicardus (in Chronic. «P* 
Murator, T. YII.) zilüt nur 90000. b) Otto de S. Bla»^^ 
ap. UrttUt 



— H3 '- 

angefüllt. Von Regensburg bis Prcsburg mach* 
ten Fürsten und Volk die Reise zu SchiflFe- Vor 
Pressburg musterte der Kaiser das Heer; ver- ^ 
dächtiges, berüchtigtes, oder unbrauchbares 
Volk ward zurückgeschickt. Dort feyerte der 
JKaiser das Pfingstfest und hielt Hof tag; wo '^«ittiy« 
Zucht und Ordnung im Zuge, hart^ Strafen 
.gegen Uebettreter festgesetzt wurden. Vor 
Gran empfing ihn Bela mit tausend Rittern 
im Gefolge. Die Königin beschenkte ihn mit 
einem Zelte, behangen mit Scharlach, mit al- 
len Bequemlichkeiten vollständig und pracht- 
voll eingerichtet. Vier Tage verweilte derKai- 
4ser daselbst; auch ein Familienfest ward ge- 
f eyert , denn sein Sohn Friedrich, Herzog 
von Schwaben, verlobte sich mit Constan- 
tia, Bela's Tochter. Da benutzte dieKöni- 
^n den günstigen Augenblick zum Vortheile 
eines Unglücklichen : auf ihre Verwendung bat 
Friedrich den König um die Befreyung Gei- 
«a's, welcher bereits durch fünfzehn Jahre 
gefangen gesessen hatte. Bela setzte seinen 
Bruder in Freyheit, und stellte ihn an die 
Spitze von zweytausend Mann, welche dem 
£aiser das Geleit geben , und ihm die Wege be- 
teiten sollten; durch Ungarn begleitete ihn Be- 
la selbst mit ansehnlichem Gefolge. Bey Bel- 
^ad hielt Friedrich noch einmal Musterung, 
für den König und die Ungern ein belehrendes 
Schauspielgut'er Ordnung und strenger Manns- 
zucht. Um letztere in Kraft zu erhalten ^ wUr- 



— 144 — 

den zwey Ritter aus Elsass , einer GewalthiaiK 
schuldig» im Angesichte des Heeres enthaup- 
tet. Am Ufer der Morava , an der Gränze des 
Serwischen Gebietes schied Bela ron demRai- 
ser; dabey liess jener seinem hohen Gaste noclk. 
vier Kamele, mit mancherley Geschenken, fimf 
tausend Gulden an Werth, beladen, vorfiiLiic^ 
ren , wofür er von diesem sämmtliche Schiffe^ 
das Heer nach die Fresburg gebracht hattetv 
als Gegengeschenk erhielt *). 

Inzwischen hatte Andronikus, Grdi9 
von zwey und ^iebenzig Jahren, auf demByzaiK 
tischen Throne als des Alexius Vormund^ 
Mitkaiser, Selbstherrscher und Tyrann durA 
fünf Jahre ge wüthet. Ein Aufruhr stürzte ihn 
von seiner Höhe und gab ihn der Rache des 
Byzantischen Pöbels Preis, unter deren schreck- 
lichsten Martern er anfing an Gott zu glauben, 
das Volk zu achten, wechselsweise beydcT] 
•/• C. / 185. Barmherzigkeit anrufend. Isaak^ Angelus^j 
kurz vorher von Andronikus durch Meu- 
dielmörder verfolgt, ward Kaiser, ärmer 2Sk 
Kraft, nur darum auch weniger schlecht, als 
viele seiner Vorfahren. Nach dem Tode sei- 
ner Gemahlin verlobte er sich mit Margar^« 
tha, Bela's Tochter, erst neun Jahre alt, die 



a) Friderici I. Expeditio Aaiatica ap« Canisium Tom. 
P. n. p. 506. Arnold. L übe een 8. L €. SicardasLJ 
Godefridus Colonient. ap. Fr^r. T. I. TageBOlb| 
Descript. Exped«. Asiat, ap. eund. 



— 145 — 

ßyzanter nannten sie Maria, ihre seltne 
Schönheit ward von Zeitgenossen allgemein 
bewundert •). Diese Verbindung ehrend , gab 
der König das ganze Gebiet , welches er zwi- 
schen Branizova und Widdin, dann südlicher 
zwischen Skopia und Prisrendi nach Manuel's 
Tode den Byzantem abgenommen hatte, sei-/.c.#/Äft 
nem künftigen Eidam als Brautschatz zurück, 
doch dieser war zu schwach, es zu behaupten; 
denn er war in erschöpfenden Kampf verflocht 
ten mit den Walachen, des Haemus Bewoh«* 
nem, welche unter Anführung Peter 's und 
A s a n ' s , entschlossener Männer ihres Volkes^ 
nach Abschüttelung des Byzantischen Joches, 
für Unabhängigkeit und Freyheit fochten. Mit 
den Oberhäuptern der Walachen war der Gross- 
Shupan der Serwier, Stephan Neeman, in 
Bund getreten; und während jene in Bulgarien 
die Macht des Kaisers aUmählig aufrieben, 
unterwarfen die Serwier das von.^^Bela ihm 
abgetretene Land bis Nissa ihrer Herrschaft. 
Dort kam jetzt Stephan Neeman mitsei- 
neu zwey Brüdern dem Kaiser Friedrich ent- 
gegen , ^rbot sich ihm zum Huldigungseid, ge- 
gen Schutz wider ^den Byzantischen Herrscher 
und gegen Belehnung mit dem Landstriche von 



a) Nicetas Choniat. et Acropolita ap. Stritter* 
T.III. P. II. p. 69s. Nach dem Tode lsaak*s 1204 wurde 
ik die Gexpahlm dea B o n i f a c i u s , Markgrafen von Montfer« 
zat, und Königs von Thesialonika. 



— H6 — 

Nissa; dafür würde er auch init seinen Ver- 
bündeten » Peter und Asan, ihn sicher 
durch Bulgarien geleiten. Friedrich ver- 
weigerte, wozu er nicht berechtiget war, trug 
euch als kluger Regent selbst in der Noth Be- 
denken, abtrünnige Vasallen gegen ihren Ober- 
herrn in Schutz zu nehmen. Noch wusste er 
nicht, dass seine Gesandten zu Constantinopd 
in Ketten und Banden waren gelegt worden, 
und an den Gränzen des Griechischen Gebietes 
die schimpflichste und treuloseste Behandlung 
seiner harrte^ weil man dem Isaak weiss ge- 
macht hatte y er käme, um ihn des Thrones 
zu entsetzen. Der kraft- und einsichtslose 
Mann, voU Furcht und Misstrauen, glaubt 
Alles, nur das nicht, w^as zu seinem Heil ge- 
reichen könnte *). 

B e 1 a , von dem Allen zu rechter Zeit un- 
terrichtet, sah blutige' Auftritte zwischen Deut- 
schen und Byzantem als unvermeidlich vor- 
aus; daran wollte er seine Ungern nicht Thefl 
nehmen lassen , um in Constantinopel der Be- 
schuldigung verletzter Freundschaft auszuwei- 
chen. An Serwiens Gränzen erhielten sie sei- 
nen Befehl, des Kaisers Geleit zu verlassen 
und zurückzukehren. Die meisten gehorch- 
ten nach des Raaber Bischofs Ugrin Bey- 



, &) Chronic. Monaster. SAlmansweil. ap. Pejacsepiek* 
Hist. Seryiae p. 146* 



— 147 ^ 

Hpiel •) , nur einige Rottenführer , und unter 
diesen auch Geisa, traten unter das Kreuz- 
heer; jene, weil sie schon durch ein Gelübde 
öich zu diesem Zuge verpflichtet hatten; Gei- 
sa, weil er sich sehr nach dem Wiedersehen 
seiner Mutter Euphrosyne sehnte , und des 
Landes , wo ihm so viel Ungemach wiederfah- 
ren war, nur mit Unlust gedenken konnte. 
Seine Mutter fand er nicht mehr, sie hatte un^ 
diese Zeit, [als Nonne zu Jerusalem *j, bereits 
vollendet, aber eine Gemahlin aus der kaiser- 
lichen Familie und Vaterfreuden wurden ihm 
in Griechenland zu Theil *"). 

Während dieses wenig ersprieSslicheh 
Ereuzzuges, in welchem Kaiser Friedrich 



a) Friderici I. Exped. Asiatica. ap* Canisium* 1. c. p.$07. 
h) Urkunde der Böhmischen Herzogin Elisabeth, Eu« 
phrosyne's Tochter, für das von ihr errichtete Kreuzher« 
lenstift. Bey Schier, Regin. Hang. p. ii4* I^as Stift lag zwar 
in Böhmen, wurde aber durch diese Urkunde ron Elisa- 
beth mit den dazu gehörigen Gütern an das Haus der Hospi* 
tiliitter in Jerusalem als dem Hauptorte des Ordens geschenkt. 
Romal^ der Herausgeber des Schierschen Werkes glaubt: 
Euphrosyne sey in dem von ihrer Tochter gestifteten Or« 
^nshause als Nonne gestorben und spricht daher der Chronic« 
MS. Saec. XU. (bey Koller 1. c.) alle Glaub Würdigkeit ab; 
/illein aus der Urkunde lässt sich durchaus nichts folgern , was 
dem Berichte gedachter Chronik widerspräche* Euphrosy* 
ne's Leichnam wurde nach Ungarn gebracht und zu Stuhl* 
weifttenbnrg in der von ihr begüterten Kreuzherrenkirch« 
(Urkunde bey Pray Dissert. de Prioratu Auranae p. 117.) bey- 
gesetzt. (Ürk. bey Pray Specimen Hicrarch. P, If* p. 16 1») 
Lucius Memorie istoriche di Tragurio. Venet. i673, L. IL 
^ 5. bey Pray Hi«t. Regum* Hungar. P. L p. 196. 




— 148 — 

an Erkältung in dem Saleph -Flusse, sein 
Sohn, der Herzog von Schwaben, vor Akrc 

j.C.//^. an der Pest starb, ging die WaflFenruhe zwi- 
schen Ungern und Venetem zu Ende, der Krieg 
"ward erneuert, und in der Schlacht bey dem Vor- 
gebirge Tr ani war der Sieg wieder auf der Un- 
gern Seite ■). Die Besiegten verlangten abermals 
WafiFenstillstand , dei) der friedfertige Bela, 
durch Vermittelung des Fünfkirchner Bischofs 
C a 1 a n u s , auf z wey Jahre gewährte '). Dieser 
Mann besass das volle Vertrauen des Königs, war 
im Lande allgemein geachtet, und in Ungarn der 
erste Bischof, welcher zugleich weltliche hohe 
Reichsämter verwaltete. In Urkunden steht er, 

^'^•'^^^•bald nach seiner Erhjebung zur bischöflichen 
Würde , als Ban von Slawonien , dann als Ver- 
weser Dalmatiens uud Croatiens , endlich und 
bis zu Bela 's Hintritt, als Gubemator bey- 
der Provinzen , unterzeichnet "). Das spricht 
für seinie Gewandtheit in •Staatsgeschäften; das 
ihm zuerkannte Werk über Attila ^) für seine 
gelehrten Kenntnisse, und das von Clemens 
dem. JII. ihm verliehene Pallium , das Zeichen 
kirchlicher Machtfülle , tmd in der Regel nur 



o) La ei US de Reg», Dalnut. et CroatUe. L. ÜL c. i* 
ap. Schwandtner T. HL *) Dandulu«, L. X, c, & c) 
Koller. Hist. Epitcop. QEcdes. T. I, p. aaß «eq» <0 ^^\ 
Tenci Coelii Calani Dalmatae Attila ap. Bd. Adparat.«d 
Histor. Hungar. Deoad* I, Monum. IIL Praefat. Editor, «t 
Epist. Nicol. Garellii ad>£dit. 



i 



— . 149 — 

der Erzbischofe eigentlicher Schmuck j fiir sei- 
ne Verdienste um das Kirchenwesen *). 

Nach Abfluss der WaflFenfrist erschien die T.Cff^. 
Venetische Flotte wieder vor Jadra ; allein die 
Bürger blieben der Ungrischen Herrschaft erge- 
ben und die Kriegsschiffe segelten ab, ohne 
Schlacht^ ohne Vortheil, und ohne Ruhm ^). 
In dieser Zeit hatte Bartholomaeus von 
Veglia, aus dem Römischen Geschlechte der 
Frangepani, seine f es te Treue gegen den 
König durch ausgezeichnete Tapferkeit bie- 
währt; dafiir, und um den Venetem, welch© 
von Beunruhigung der Dalmatischen Küste 
nicht abstanden, einen unternehmenden Gränz- 
hüter entgegenzustellen, schenkte er ihm die 
Grafschaft Modrusch, mit allen Einkünften 
und mit eigener Gerichtsbarkeit über die Ein- 
wohner, erb - und eigenthümlich *). Dagegen 
übernahm Bartholomaeus noch die beson- 
dere Pflicht, so oft Croatien's Heerbann aufge- 
boten würde, innerhalb des Landes mit zehn, 
ausserhalb desselben mit vier Gehamischten in 
des Königs Lager sich einzustellen. 

Unterdessen hatten die Walachen mit den 
Eumanem in; Bulgarien den Byzantem überall 
Trotz geboten. Kaiser I s a a k kam mit ver- 
stärkter Heermacht über den Haemus , fand 
ihn jedoch durch Verhaue, Mauern und Thür- 



a) Holler. tL c. p. S35. h) Dandulut. L. X. cfSß 
<0 XJrkimdt bey Katona Hist* Reg. T« IV« p* 4i9« 



— 150 — * 

mc unzugänglicher als jemals gemacht. Die 
Ankunft neuer Kumanischer Schwärme nöthig» 
tc ihn zu eiligem Rückzuge, wobey er in den 
engen Pässen von Berrhöa grossen Verlust au 
seiner Mannschaft litt. Unter ohnmächtigem 
Widerstan de Byzantischer Befehlshaber imLan* 
de wurden Anchialus und Nissa geplündert, 
Warna eingenommen, Triaditza zerstört, Bul- 
garen, Walachen und Serwier zu Einem ge- 
waltigen Feinde vereinigt, zu dessen Zer- 
streuung I s a a k noch im Herbste zu Felde 
zog. , Seine Ankujift schreckte die Bulgaren 
zurück, die Serwier schlug er an der Morava, 
und an der Save bat er den König der Ungem * 
um Rath und Beystand zu kräftigem Untemeh-» 
mungen. Auf dem Rückwege Hess er den Be* 
f ehlshaber von Philippopolis, Constantinu» 
An gel US, den einzigen, welchen die Wala- 
chen fürchteten , im Verdachte begangener Ün-» 
treue blenden. Ist es doch , als hätten schwa- 
che Fürsten nur noch Kraft , mit eigener Hand 
ihre festesten Stützen niederzureissen. Da be- 
teten die Walachen zu Gott um langes Leben 
für Isaak Angelus, durch dessen Missgrit 
fe ihres Reiches Emporkommen so wirksam be^ 
7.c,yf^>^,günstiget wurde. In diesem Jahre noch rück- 
ten sie vor Adrianopolis ; im folgenden schlu- 
gen sie bey Arkadiopolis die kaiserlichen Feld* 
herren Alexius und Basilius Batatzes; 
jener fand Heil in der Flucht, dieser den Tod 
auf dem Kampfplatze, 



— 151 — 

Jm Frühling ging I s a a k selbst wieder zu 7, c. / /^. 
Felde. An Macedoniens Gränze bezog er ein 
Lager , um die Ankunft der überall angewor- 
benen Kriegsvölker zu erwarten. Auch Un- 
grische Scharen sollten nach Bela's Verheis- 
sung bey Widdin über die Donau ziehen , und 
Theil nehmen an dem Vertilgungskriege , wel- 
chen er in einem Auffluge von Muth über das 
Walachenvolk verhängt hatte. Sein gefährlich- 
ster Feind stand mit ihm und zu seiner Seite im 
Lager; treue Männer hatten ihn mehrmals, 
Äoch immer vergeblich vor demselben gewar- 
net. Während er sich nun in den Borgen mit 
der Jagd belustigte, liess sich sein Bruder 
Alex ins im Lager zum Kaiser ausrufen. Das 
ganze Byzantische Heer huldigte ihm in jubeln- 
der Freude. I s a a k , von der Jagd zurückkeh- 
rend, sah schon in der Ferne ihre Bewegun- 
gen , hörte ihr Freudengeschrey. Sogleich er- 
griflFer die Flucht; aber in Makra C^tagira) 
ward er eingeholt, gefangen, geblendet und 
in das Kloster zu Pera eingeschlossen *). Das 
Gerücht von dieser plötzlichen Thronverände- 
rimg war den Ungern Signal zur Rückkehr 
über die Donau. 

Bela hatte schon keine rechte Lust, sie 
auszusenden; ein Mal, weil er die Jämmer- 
lichkeit seines Eidams sich selbst nicht ver- 



a) Nicetas Clioiiiatet ap. Stritter. T. IL P* !!• p^ 

683-686. 



15« — 

hehlen konnte , und dann f weil tt so eben mit 
ungemeiner Thätigkeit zu einer angelobten 
Heerfahrt nach dem heiligen Lande sich rüste- 
te; die romantisch - fromme Seh wärmerey sei- 
nes Zeitalters hatte auch ihn ergriflFen. Vor- 
her wollte er noch seinen erstgebornen , jetzt 
etwa drey und zwanzig jährigen Sohn Eme* 
rieh mit Alöysia, Rinaldo des Fürsten 
von Antiochien Tochter , vermählen •) ; allein 
er stand am Ende seinerl Laufbahn. Die ErfiL- 
lung ^seines Gelübdes überliess er seinein jun- 
gem Sohne Andreas; dem altem blieb die 
Freyheif, in Schliessung ehelicher Verbindung 
7. r. //^. seiner eigenen Wahl zu folgen. Bela stari 
^ä.jipril. etwa sechs und vierzig Jahre alt, viel zu früh 
für das Ungrische Volk, das er durch drey und 
. zwanzig Jahre , einen Monat , neunzehn Tage 

friedsam , klug und gerecht regieret hatte '). 
Einige Wochen nach seiner Beysetzung sandte 
Kaiser Heinrich der VI. ein neues Kreuz- 
heer nach Palästina unter Anführung des Her- 
zogs Heinrich von Sachsen; Idabey waren 
wieder viele Deutsche Herzoge, Grafen, Bi- 
schöfe und Herren. Ein Theü des Zuges ging 
durch Ungarn, mit diesem vereinigte 'sich 
Margaret ha, Bela's Wittwe. Fünf Monat« 



a) Epistol. Innocent. III. de anno J. np. Schier.^f^* 
Hang. p. i65. h) Turocs P. II. c. 69. RattfntHiib 
Rcjf. T. IV. Pk 449 «e^» 



153 



nach ang^retener Wallfährt starb sie zu 
Akre •}. 



VI. 

Emerich und Ladislaw der III« 
J. C, 1196 — ifto5. 



Bald nach Bela's Tode zerfielen die Un- 
gern in zwey Parteyen, die eine auf Recht und 
Gerechtigkeit gestützt, die andere durch Geld 
und Ueppigkeit locker zusammengehalten ; jene 
stand fiir E m e r i c h , diese taumelte mitj An- 
dreas, welcher, anstatt sich zur Erfüllung 
des väterlichen Gelübdes zu bereiten, ,in ju- 
gendlichem Muthwillen den dazu ihm angewie- 
senen Schatz verschwendete. Als davon nicht 
viel mehr übrig war , forderte er von seinem 
Bruder efnen Theil des Reiches, namentlich /.C.//^;. 
Dalmatien und Croatien mit Herzogstitel und 
unabhängiger Gewalt. Des Königs entschlosse- 
ner Weigerung bot Andreas Trotz ; der 
Bruderzwist brach in offenbare Fehde aus , die 
Gefährten seiner verschwenderischen Aus- 
schweifung leisteten ihm jetzt auch Heerfolge. 
Da legte sich aber der hierarchische Obervor- 



a) Pray Hise. Reg. F* I. p« 177* Schier Ee|;in. Hung« 



— X54 ~ 

mund sittlich unmündiger Fürsten, Papst C o e- 
lestinus der IIL in das Mittelgrund gebot 
Frieden durch den damals oft heilsamen Kir- 
chenbann über alle Theilnehmer an des An- 
dreas Unternehmungen gegen den rechtmä 
sigen König, Unterdessen h^tte sich An- 
dreas Dalmatien's und Croatien's Besitz be-< 
reits erkämpft, und die päpstliche Massregel' 
konnte nichts weiter mehr bewirken , als dasi 
er anstatt seinen Bruder zu verfolgen, Bama' 
und das Chulmer Gebiet zwischen den Flüssen: 
. Cettina und Narent^ seiner Herrschaft unter- 
warf •). 

Em er ich sah voraus, dass seines Bru- 
ders unruhige Sinnesart hiermit nicht lange 
sich begnügen würde: auch konnte er^nichtl 
gestatten, dass derselbe in dem gewaltsam 
weggenonunenen Lande als völlig unabhängi- 
gen Herr und Gebieter verfuhr. Zu' seinem 
und Ungarns augenblicklichem Glücke war eben 
''^^ jetzt der Cardinal Lo^harius, Graf von Se- 

8, Jan» , . rt- 

gm, unter dem Namen Innocentius Itt 
auf ^eti päpstlichfn Stuhl erhoben word^. 
Sieben und drqyßsig Jahre alt, und nichts mehr 
als Diakon der p.ömischen Jxirche, n^usste er 
erst nach seiner Wahl zum Priester und zum 
Bischof© geweihet werden.* In seiner Erhe- 
bung bewährten sich Klugheit und Bechtschaf" 



«) Farlati lUyr. Sacr. T. V. p. ^^ 



fenheit der Wähler; denn er war Mann von 
ehrbaren Sitten und viel umfassenden Kennt- 
nissen, vollendeter Rechtsgelehrter, dabey be- 
herzt, unternehmend , unermüdet thätig, in 
Uarer Ansicht von den Dingen der Welt. Wei- 
ter, abgemessener und ausdauernder, als irgend 
einer seiner Vorfahren oder Nachfolger, trieb 
er die obervormundschaftliche Gewalt über 
Fürsten und Völker. Er hatte Geist genug, um 
Gregor des VII, erhabenes Ziel zuerkennen 
imd zu fassen ; doch um es rein , und durch 
mehrere Jahrhunderte fortwirkend zu verfol- 
gen, mangelte ihm Gregorys Tiefe des Ge- 
müthes und Heiligkeit der Gesinnung ; darum 
musste nur zu oft das ewige Recht Gottes dem 
Rechte der Schule zu^'Bologna nachstehen, das 
Gerechte dem Zuträglichen weichen , der hier- 
archische Geist den Absichten seines Weltsin- 
nes unterliegen und dienstbar werden. 

£ m e r i c h fand an ihm • einen kräftigen 
Beschützer; der gottselige Erzbischof von Co- 
locza, Saul Graf von Hedervär, derPala- 
tin Graf Niklas Mogh un<J zwanzig andere 
Grafen hatten sich gemeinschaftlich mit Bela 
durch Gelübde zur Fahrt nach Palästina verpflich- 
tet Alle waren biedere, tapfere, ihrem rechtmäs- 
sigen Oberherm treuergebene Männer; bey der 
noch immerfort herrschenden Gälirung imj Rei- 
che konnte Emer ich ihres Beystandes nicht 
' entbehren. Auf sein Verlangen sprach Inno ^ im Januar, 

centius 3i^ I03 von dem Gelübde, bis zu ^ «'»^ 



— 15^ — 

«m/^.JoTi. ganzlicher Herstellung der Ruhe und Ordm 
im Vaterlande *). Ernstlicher drang er in A 

s9./an.ii. dreas, zur Aussöhnung und LEintracht 

tS. «^««W. seinem Bruder ihn ermahnend, dann unter 
drohung des Bannes und bey Verlust sei] 
Successionsrechtes auf den Ungrischen Throi 
zur Erfüllung des väterlichen Gelübdes ihn ai 
fordernd ^). Zugleich erhielten die Erzbiscl 
fe von Gran und Colocza den gemessenst^ 
Auftrag y im Falle y dass Andreas sichwidi 
spenstig bezeigte , über ihn und seine An! 
ger den Bann zu verkündigen imd dem Lan< 
das die Aufruhrer duldete, jede Feyer 
kirchlichen Cultus und Ausspendung der Sa< 
mente zu untersagen. Joannes, Abt von 
Martin auf dem heiligen Pannonberge, 
Andreas eifrigster Parteygänger, ward|ni 
Rom vor des Papstes Richterstuhl vorg( 
den *') ; endlich erging auch an den Erzbisi 
Saul^und an die Bischöfe Ugrin von Ra« 

So. Dicbr. Dominicus von Agram der päpstliche Befc 
die von Andreas widerrechtlich eingescl 
benen Erzbischöfe zu Jadra und Spalatro abi 
setzen, sie mit dem Banne zu belegen, 
unter gleicher Strafe den Gläubigen alle 
meinschaft mit -ihnen zu verbieten *). Di( 
nachdrücklichen Verfügungen bewirkten di 



ä) Innocentii IlL £p. ap« KafoTia ühL [Reg. T. 
p.474. et 476. h) Idem ibid. p. 477« eC48i« c) Idem ibid. 
484- ^ Idexn ibidem p. 48^* 



^ 157 — 

Verraittelung der Biachöfe zwischen dem Kö- 
nig und seinem Bruder einen Vergleich, Kraft ~ 
dessen Andreas, unter Anerkennung der Oberr 
herrlichkeit des Königs, von diesem im Be- 
sitze Dalmatien*8 und Croatien's bestätiget 
wurde *}. 

Als nun scheinbarer Friede im Lande war, 
feyerte Em er ich «zu Gran seine Vermählung 
mit Constancia, Alfonso des TL., Königs 
von Aragon Tochter ')• Um diese Zeit entzün- 
dete sich in Deutschland bürgerlicher Krieg, 
denn als Kaiser Heinrich der VI. ohne Er- 
ben gestorben war, wählten einige Fürsten 
Philipp, des Kaisers Bruder, dem Andere 
pach des Papstes Wunsche den Herzog Otto,. 
Heinrichs des Löwen Sohn, entgegen 
setzten. Der tapferste Mann unter den An- 
hängern des erstem war Frzemisl Otto- 
kar, Herzog von Böhmen, welcher » vor 
eechs Jahren dem gewaltigen Prager Bi- 
schof Heinrich Brzeti&law die Herr- 
schaft hatte überlassen müssen, aber so ^ben 
wieder eingesetzt worden war. Er deckte Phi- 
lipp 's Krönung zu Maynz, wofür ihm dieser 
die erbliche Königs würde verlieh *)• Sogleich A C. ff^ 



a) Urknnde bey Lucius Lib. Hl, o. 13. et ly. e. 5.,' h) 
TuTOCK P. II. c. 70. c) Arnoldut Lubecens. Lib. VI* 
c. 2. 1. c. Gerlaci Chron. ap. Dobner. Monum. T. I. p. 127. 
Dobner krititcli. Unters., wann das Land Mährenein Mark« 
graftham geworden in den Abhandl. einer Privatgesellsch. in 
Böhmen IL Band. r 



I 

— 158 — 

versticss der neue König «eine Gemahlin Ade- 
la, de3 Meissner Markgrafen Thiederich's 
Schwester , mit welcher er durch achtzehn Jah- 
re verbunden , und Vater mehrerer Kinder war. 
Ohne gesetzliche Scheidung nachzusuchen, ver- 
ehelichte er sich jetzt mit Constancia, Eme- 
rich's Schwester. Diess liess Papst Inno- 
centius geschehen, gerade weil es der ihm 
verhasste Deutsche König Philipp missbillig- 
te ; dieser erklärte Ottokarn des Böhmischea 
Reiches verlustig , der Papst hingegen begnügte 
sich damit , über 1 1 o k a r ' s Verfahren in d* 
nem Sendschreiben an den Salzburger Erzbi- 
schof zu klagen, ohne die gesetzwidrige Ver- 
bindung zu trennen und der verstossenen K5* 
nigin Adela Recht zu verschaffen. Durch 
diese unwürdige Nachsicht bewirkte er, das« 
Ottokar, seiner dringenden Auffordenmg 
folgend, von Philipp abfiel, und auf dem 

-^^ ^- '^^- Reichstage zu Merseburg Otto dem IV. hul- 
digte , worauf dieser ihn von dem Cardinal- 
Legaten Guido feyerlich krönen liess, und 

•^•^•'^^•Innocentius .die Böhmische Königswürde 
für ihn und für alle künftige Nachfolger durch* 
ein Breve bestätigte'). 

Unterdessen war zwischen den Brüdern itf 
Ungarn neue Fehdschaft ausgebrochen, An-v 
dreas von E m e r i c h ^ geschlagen , aus dem 



ä) Arnoldfii Lubecent. L •• o. 5 et 9« Rtjmtl^ 
Innal. Eccles. T. Vlh p. 1S9« 



— 159 — 

Lande gejagt, und weil er sich zu Herzog Leo- 
pold nach Wien geflüchtet hatte, Oesterreich 
an Ungarns Gränzen verheeret worden. Zu 
gleicher Zeit wurden auf des Papstes Antrieb 
allenthalben gewaltige Zurüstungen zu neuem 
Kreuzzuge gemacht. Die verbündeten Fürsten 
wollten durch Ungarn ziehen; dazu musste Friede 
und Ordnung im Lande wieder hergestellt wer- 
den. Conrad, Erzbischof von Maynz, erschien •^•^•^'*»*- 
al3 Friedensmittler , versöhnte die Brüder , und 
entlockte ihnen das Gelübde, Kraft dessen bey- 
de das Kreuzheer nach Palästina begleiten, dort 
gegen die Ungläubigen kämpfen und unter- 
dessen die Verwaltung des Reiches dem Herzog 
Leopold Ton Oesterreich überlassen soll- 
ten *). Sobald aber Conrad über die Gränzen 
des Reiches war , dachte weder der Eine noch 
der Andere ^ die letzte , schon durch Ungarn» 
Verfassung unstatthafte Bedingung zu erfüllen ; 
nur das gute Vernehmen unter ihnen blieb 
durch zwey Jahre ungestört, wodurch Eme- 
lich freye Hand behielt, neue Ereignisse in- 
Serwien zu Erweiterung des Ungrischen Rei- 
ches zu benutzen. 

Nachdem Isaak An gelus die Serwier an/.C.//^. 
der Morava geschlagen hatte» schloss ihr Gross- 



a) Godefridnt Colon« td ann. 1x99. «p. Preker- 
T. I. Chronic. Austriac et Claus troneoburg. — item 
irenpeck. 'ap. JPez, T. !• p. 710. 449* ifio6. Ortilo ad 
•HB. 1200. ap. Hanthalcr. Fast. CampiliL T. I. 



i6o — 



n 



Shupan Stephan Neeman mit dem Kaiser 
Frieden. Dabey ward £ u d o x i a , des Kaiser» 
Nichte, an Stephan's Erstgebornen ver- 
lobt,^ und dem Gross -Shupan der Titel Despot 

/.C.f/^. verliehen. Zwey Jahre hernach Jlegte Nee- 
man die Regierung nieder , und liess sich m 
dem Kloster zu Studenjetz unter dem Namen 
Symeon zum Mönche weihen. Diess hatte 
schon früher sein jüngster Sohn Rastka, her« 
nach Sawa genannt , auf dem Berge Athos ge- 
than. Der Ruf von seiner Heiligkeit reizte den 
Vater zu einer Wallfahrt dahin. Der heilig« 
Berg, ganz mit Mönchen besetzt, schien ihm 
der Himmel auf Erden *, er blieb dort, legte dea 

/. C. f /559. Grund zu dem neuen Kloster Chilendar, 
und starb bevor der Bau vollendet .war. 

Sein älterer Sohn Stephan Neemano* 
witsch war Gross -Shupan von Serwien uni 
Bosnien; derzweyte. Wölk an, Grossfiirstin 
Zentha und,Chulm; Kulin, der Vater ihrer 
Mutter, Stephan's Unter -Ban in Bosnien 
Als aber Andreas sich Dalmatien's und Croa- 
tien's bemächtiget hatte, mussten Wolkan 

j. c.//^7. und Kulin seiner Oberherrlichkeit sich unter* 
werfen. Unter den Brüdern waltete Eifersucht 
und Zwietracht, der Ban Kulin wurde voa 
Beyden gehasst und verfolgt. Stephan hatte 
seine Gemahlin E u d o x i a auf die schimpflichste 
Weise von sich gestossen, und dafür die Rache 
ihres Vaters Alexius, der jetzt schon; Kaiser 
war, zu fürchten; von dem Könige der Ungern 



,— i6i •-*• 

keinen Beystand zu ho£Fen. Wölk an, als 
Bruder des Beleidigers, rechnete auf keine 
Schonung; um sich also des Ungrischen Schutzes 
desto mehr zu versichern, und zurUnterdrük-• 
kung,sowohl seines Bruders, als auch des Bans 
Kulin, Zuwachs an Mitteln zu gewinnen, 
wendete er sich an Papst Innocentius, wel- 
cher ohne diess schon mächtigen Antrieb hatte, 
Serwien's Angelegenheiten seiner oberhirtli- 
chen Aufmerksamkeit zu würdigen. Denn ge- 
tade um diese Zeit hatte sich die fromme Secte 
der Patarener, der ausgearteten Griechi- 
'«chen und Römischen Klerisey Verderben dro- 
hend, in Bosnien, Serwien und Bulgarien 
ausgebreitet. Wolkan, den Titel eines Kö- 
nigs von Dalmatien und Dioklea sich anmas- 
8end, meldete dem Papste seinen Ents chluss, "^^ ^' ' '^• 
zu dem Lateinischen Kirchen wesen überzuge- 
hen, und ersuchte ihn um Legaten, welche 
die nöthigen Einrichtungen dazu in seinem 
Lande treffen sollten. Die Römischen Legaten 
kamen, und auf der Synode zu Antivari,^''*^-"^^^* 
bestehend aus dem Erzbischoffe von Dioklea 
und Antivari, aus den Biscliöfen von Scutari, 
Polatin, Drivasto, Suacz, Dulcigno, Sarea 
*ind aus dem Erzpriester von Albanien, wurde 
der Papst als Oberhaupt der allgemeinen Kir- 
che anerkannt und die Lateinische Kirchenver- 
fassung angenommen. 

.Stephan's Lage war nun von allen Sei- 
ten bedenklich -, Heucheley , wodurch er 

XJ.Theil. 11 



— l62 — 

sich herauswickeln wollte, gab eher die verderb- 
lichste Wendung. Er betrog den Papst mit 
der Verheissung, das Lateinische Kirchenweseiifi 
auch in Serwien einzuführen / bat ihn um Ge-» 
sandte , zugleich aber um Krone und Königsti 
titel. Inno centius glaubte leicht , was 
eifrigst wünschte , luid ertheilte dem Erzbischo 
von Antivaii Befehl , den Gross - Shupan vo 
Serwien zum Könige zu krönen. Dadurch erilär^ 
te sich Em er ich für beleidigt, fiel in Serwie: 
•^. C. #joj. mit Heermacht ein , verjagte den neuen Koni 
und setzte Serwien unter dem Namen Rascia i 
seinen TiteL Innocentius, überallnurd 
Zuträgliche in's Auge fassend, rügte die Ver- 
letzung seines Ansehens nicht , und vrünscht 
dem entschlossenen Manne Glück zu demEf' 
folge seines gewaltsamen Schrittes. Dageg 
bewilligte Emerich, dass Wolkan, welch 
er nunmehr mit Serwien belehnet hatte , von 
dem Papste, unbeschadet der Oberherrlichicit; 
Ungarns , Krone und Königstitel erhalte» 
möge '). 

Unter diesen Begebenheiten in Serwien 
hatten die Bulgaren und Walachen alle friedli- 
chen Anträge des neuen Kaisers Alexius An- 
geln s, der seih aus thörichter Eitelkeit C o- 
m n e n u s nannte, zurückgewiesen. Per Krieg 



ä) Nicetat Choniat. et Acropolita ap. Striitif» 
T. II. P. I. p. 191» Innocentii III. Epistolae ap. Katcai 
T. lY» p» 6i>5 »«Si» Pejac^9vich^ Hiit. Serviae p, 179 leq» 



— i63 — 

irürde fortgesetzt, der Byzantische Heerführer 
Llexius Dukas, nicht lange nachher auch 
isaak Sebastokrator, geschlagen und ge- 
arigen genommen. Bald darauf .wurden di« 
iwey Brüder und Oberhäupter der Walachen, 
Isan und Peter, jener von seinem Neffen 
Evanko in Selbstvertheidigung , dieser, sei- 
ler Friedsamkeit wegen verachtet, von einem 
Gemeinen aus dem Volke ermordet; ihr jung- /. C. //97. 
rter Bruder Joannitz, von den Byzantem 
Ralo-JoanneS| genannt, übernahm die 
Herrschaft mit dem Titel Despot der Walachen 
und Bulgaren, und fuhr thätig fort, das By- 
zantische Reich zu befehden« Nach Vama's/'.C./^a. 
Eroberung liess er die Einwohner, welche wäh- 
rend des Sturmes dem Tode entronnen waren, 
lebendig in die Gräben hinabstürzen , mit Erde 
bedecken und den Schutt von den eingerisse- 
nen Stadtmauern über sie aufhäufen; dann 
schloss er Frieden , imd weil er nun das kaiser- 
liche Gebiet verschonen musste, benutzte er 
die Unruhen in Serwien, führte einen Schwärm /, e. #^/. 
Kumaner dahin , und schleppte eine grosse An- 
zahl Menschen gefangen weg. Nun erst mach- 
te der Pspst dem Könige der Ungern Vorwürfe 
über seinen feindlichen Einfall in Serwien mit 
dem Heere, welches er, seinem Gelübde ge- 
mäss , lieber in den Orient gegen die Ungläu- 
bigen hätte führen sollen ; wobey er ihn drin- 
gendst ermahnte, es wenigstens jetzt ohne 
längern Verzug xu thun. Allein auch £me-> 



^ 



164. 



rieh verfolgte das Zuträgliche, und ohne der 
päpstlichen Ermahnungen zu achten, zog er 
/. C. /J03. wieder Joannitz zu Felde und bemächtigte 
sich in Bidgarien eines Gebietes , welches fünf 
Bisthümer in sich fasste. Weiter liessihnder 
päpstliche Legat Joannes von Casemario 
nicht schreiten ; denn Joannitz stand bereits 
in Unterhandlungen mit dem Papste um Krone 
und Königstitel, wofür er sich mit dem ganzen 
Lande zu dem lateinischen Kirchenthiune be- 
nennen wollte. Ersteres geflissentlich verheh- 
lend , sprach der schlaue Legat nur von letzte- 
rem , als Beweggrund zur Einstellung weiterer 
Feindseligkeiten , worauf E m e r i c h sich zu- 
rückzog, um das heilsame Werk nicht zu hin- 
dern '). 

Während er noch mit seinem tapfem Zipsergra- 
f en Thomas an der Morava stand, schloss ein 
neues Französisches Kreuzheer, drey und dreys- 
sig tausend Mann Reiterey und Fussvolk, von 
Innocentius durch die Predigten des fanati- 
schen Priesters F u 1 k o zusammengetrieben, 
mit 'den Venetem Vertrag, Kraft dessen diese 
die Ueberfahrt des Heeres nach 'Alexandrien 



a) Epistol. Kalo- loannis «d Innocent. Pap. ap. RaynaU' 
ad Ann. ifio4. N. 31. Epistola Innocentii III. ad Emeiicum 
ap. Dohner. Monuxn. T.II. p. 4fig., wo der Gubanus, ßb« 
dessen feindlichen Einfall Emerich klagt , kein anderer 
ist, als der Joannitz. Aus Joannitz oder Kalojoliann koiuüe 
ein flachtiger Abschidber leicht Guban machen. 



— i65 — 

übernahmen 9 auch mit fünfzig Galeeren es im 
Kampfe gegen die Ungläubigen zu unterstützen 
sich verpflichteten; die Kreuzritter hingegen 
für die Ueberfahrt fünf und achtzig tausend 
Mark Silbers* und überdiess die Hälfte aller 
Eroberungen oder den halben Antheil an dem 
Gewinne des heiligen Werkes den Venetern zu- 
sicherten. Beyde Theile schworen auf das 
Evangelium die strengste Erfüllung des Vertra- 
ges. Bey der Einschiffung fehlten dem Heere 
Jiochvier und dreyssig tausend Mark zu völli- 
ger Berichtigung der Sunmie für die Ueberfahrt, 
Die Veneter halfen aus der Verlegenheit, in- 
dem sie für den Rest der Summe den Französi- 
sehen Herren das Versprechen ablockten, gegen 
alle Feinde Venedig*s, auf welche sie unter We- 
ges stossen ,dürften, Waffenb«ystand zu leisten. 
Die gemütlilichen Franzosen gingen in die Falle, 
weil sie nicht einmal die Möglichkeit denken 
konnten, dass Heinrich Dandulus, Vene- 
digs Herzog, Greis von achtzig Jahren, sie zu 
schimpflichem Raube missbrauchen, würde. Die 
Flotte von dreyhundert Schiffen ging unter Se-^- ^^' '** 
gel Unter dem Vorwande erlittener oder zu 
befürchtender Feindseligkeiten mussten die 
Kreuzritter dienen , alle Städte an Istriens Kü- 
ste den Venetern zu unterwerfen. Nach einem /o. Nov^r. 
Monate waren die Schiffe an der Einfahrt in 
den Hafen von Jadra. Die ihn schliessendQ, 
Kette ward gesprengt, und die Stadt mit Bela- 
gemng bedrohet* Nichts half die Berufung der 



1 

I 

Einwohner auf den Papst ^ nichts die von ih« 
nen ausgehangenen Kreuze an den Mauern; 
vergeblich war auch der Widerstand der Fran- 
zösischen Herren , welche es für entehrend und 
gottlos hielten , in dem Berufe zum Streit ge- 
gen Ungläubige ihre WaflFen mit Christenblut 
zu beflecken, vergeblich die Weigenmg der 
Theilnahme an der abscheulichen That, und die 
Zurückziehung aller Rechtschaffenen, worin 
Bonifa ciuSy Markgraf von Montferrat, ober- 
ster Befehlshaber des Heeres, und Simon von 
Montfort mit rühmlichem Beyspiele vor- 
leuchteten ; am allerwenigsten aber wirkten die 
Drohungen päpstlicher Bannflüche und kirchli- 
cher Interdicte, von dem Cardinal Peter und 
dem Cisterzienser Abte Veit angekündiget, auf 
die verständigen Handelsleute, welche nur in 
den drey Sacramenten ihres Standes: Raub, 
Wucher und Gewinn, Heil und Seligkeit fan- 
5^ jvw^r.jen; am dritten Tage der Belagerung musste 
sich die Stadt ergeben. 

Da nun die bessere Jahreszeit verstrichen 
war, musste das Kreuzheer zu Jadra und in 
dem umliegenden Gebiete überwintern. In- 
zwischen kam an dasselbe ein päpstliches Send- 
schreiben, worin den Französischen Herren 
und Rittern , anstatt des Grusses und apostoli- 
schen Segens, in breiten, schwülstigen R^ 
densarten bittere , durch den Bann verschärfte 
Vorwürfe gemacht wurden. Die Herren be- 
lehrten den Papst durch ansehnliche Gesandt- 



i 



>.-^ 



— 167 — 

Schaft von dem Hergange der Sache, den er 
ohnehin schon kannte , und erhielten um so 
leichter Verzeihung, je weniger es ihm mit 
iräftiger Genugthuung für den beleidigten Kö- 
nig der Ungern Ernst war oder Ernst seyn 
durfte. Darum gab er auch dem wider den 
Herzog von Venedig und sein Volk ausgespro- 
chenen Bann nicht die canonische Feyerlich- 
ieit , sondern sandte die Bannbulle an den B o- 
nifacius von Montf errat, um sie den Ve- 
netem zu verkündigen. Ohne Zweifel rechne- 
te CT auf des Markgrafen vorsichtige Klugheit, 
und er irrte sich nicht; denn Bonifacius 
unterdrückte die Bulle, um das päpstliche An- 
sehen vor beschimpfender Verachtung von Sei- 
ten der Veneter zu bewahren , und die völlige 
Auflösung des Kreuzheeres zu verhüten; wo- 
mit der Papst auch ganz zufrieden sich be- 
zeigte ■). 

Bevor die Flotte im Frühling die Anker j, e. / joj^, 
lichtete, liess der Herzog Heinrich Dan- 
dulus die Stadt Jadra ausplündern, Gold und 
Silber aus den Kirchen rauben, Mauern und 
Häuser zerstören, dann die Flotte nicht nach 
Alexandrien , sondern nach Constantinopel se- 
geln, um den geraubten Thron dem Alexius 



a) Günther. Histori« Constantlnopolit. ap. Canisium 
T.IV. P. J. p. Vm. «eq. Thomas Archidiac. Hist. Salo* 
»it. c. 45. I n n o c e n t i i III. Epistola ap. Kafona Hist. Reg» 
T. ly. p. 646. ... Bonifaeii Epist. adinnocent. ap* Kato^ 
»0 1. c. p. 652. 



— i68 -^ 

An gel US zu entreissen, und den geUcnd^ 
Isaak Angelus mit seinem Sohne Alex iul 
-wieder einzusetzen« Auch dagegen ■ eifertei 
Papst Innocentius und die Französischei 
Herren ; allein die Veneter bestanden auf ihre] 
Vorhaben 9 denn die Hauptstadt des Byzani 
sehen Reiches Hess einträglichem Raub, 
Alexandrien hofifen, und der junge Alex i 
hatte ihnen zweyhundert tausend Mark Silb( 
reichliche Verpflegung des Heeres und zehntai 
send fünfhundert Manii zum WaflEendiensti 
versprochen. So verfehlte der ganze Kreuz: 
den Zweck. Isaak und Alexius wurd< 
zwar auf den Thron erhoben ; aber nach fünl 
Monaten I von Alexius Murzuphlus, ai 
dem Geschlechte derDukaSi wieder gestürzt 
dieser von den Kreuzritterti vertrieben, Coni 
stantinopel im Sturme eingenommen, unb< 
schreibliches Blutvergiessen angerichtet, unei 
messliche Schätze von Bürgern und ausKirchei 
erbeutet , ein Lateinisches Kaiserthum von si( 
ben und fünfzig jähriger Dauer den Byzantei 
aufgedrungen , der Hass der Griechen gegen du 
Lateiner verewiget *} : und diess Alles, weil dei 
Venetischen Handelsleuten mit Gold gefülltt 
leisten ehrwürdiger waren, als das Grab d< 



a) Guntherut 1. c Innocent. Epistola. tn^^Rmyndc 
Arnial. ad ann. i£03. ViHc - Hardouin Histoirc de TEm« 
pir« de Constantinopl« etc. Paris 1657. fol. edit. du Fresi 

P* '8«s:4^* 



— 169 — 

Erlösers , und der ungemein geschäftige Papst 
Innocentius den Mangel an Gregor' s 
energischer Entschlossenheit durch die kleinli- 
chen Rücicsichten schleichender Weltklugheit 
ersetzen zu können wähnte. Er hätte die Ve- 
neter nach ihrem, Gemüthlichkeit und Rechts- 
sinn tödtenden Gewerbe w^ürdigen , die Ver- 
sammlung seiner frommen Kreuzritter bey dem 
unheiligen Volke hindern, mit aller Macht ver- 
bieten , sie nicht in die Gewalt desselben ver- 
fallen lassen , und wenn es doch geschah, 
gleich bey der ersten Abweichung vom Ziele 
die Kreuzbulle widerrufen, die Gelübde der 
Ritter vernichten, ihnen Heimkehr gebieten, 
die Widerspenstigen mit den Venetem für See- 
räuber erklären, dann Himmelund Erde wider 
sie in Bewegung setzen müssen. 

Dass einem solchen Papste Emerich so 
starken Einfluss in die Angelegenheiten seines 
Reiches gestattete , lässt sich nur mit seiner Ju- 
gend entschuldigen. Jetzt bat er ihn wieder, 
mitzuYirirkcn , dass seinem unmündigen Sohne 
Ladislaw die Erbfolge auf dem Throne feyer- 
lich zugesichert würde , weil er vor Befreyung 
von dieser Sorge die angelobte Heerfahrt nach 
dem heiligen Lande nicht unternehmen könn- 
te. Innocentius erliess daher an die Erzbi- 
schöfe und Bischöfe Ungarns ein Sendschrei- ^,5, jp^hr. 
ben , welches sie verpflichtete , vor des Königs 
Auszuge seinem Sohne den Eid ;der Treue zu 
leisten , dazu auch Clerisey und Laien anzuhal- 



— 170 — 

tcn, die dawider Handelnden mit dem för- 
chenbanne zu verfolgen , den von dem Könige 
eingesetzten Reichsverwesem ehrerbietigen Ge» 
horsam zu bezeigen, und wenn der König, wa« 
Christus verhüten wolle , auf der Heerfahrt der 
Natur die Schuld bezahlen müsste, seinem Soh» 
ne den väterlichen Thron unangefochten zu er- 
halten '). Diese Verfügung des Papstes war 
bey der Ungern, vorzüglich der Prälaten recht*! 
lieber Einsicht und Gesinnung völlig überflüs^ 
sig, und im Mangel derselben durchaus unW 
wirksam; allein Emerich erlangte durchsah 
ne Anträge dieser Art wenigstens den Vorthei%p 
dass er ungestraft die Vollziehung des ihm B& 
stigcn, dem Lande verderblichen Gelübdes ifli 
mer weiter hinaus verschieben konnte, m 
eben dieser Absicht kam er bald mit einem anH 
dem Antrage : Innocentius sollte nicht ge-j 
statten, dass während er in fernem Lande g^ 
gen die Ungläubigen kämpfte , die Erzbischöw 
von Gran und Colocza über die Gerechtsam* 
ihrer Kirchen Streit anfingen , wodurch Par- 
teyungen im Reiche entstehen könnten. Da 
Papst beruhigte ihn auch hierüber, in jedca! 
Falle kluges und bescheidenes Verfahren ihii 
verheissend ^). 

Den kleinen Gewinn, dessen Emericl 
bey regerer Willenskraft gar nicht bedurft hat- 



a) Bpistol. Innocentil ap. Dohner. Monum. T. H. p« 
331. h) Epist; Innocent. 1. c. p. 332» 



— 171 — 

te, musstc er dem Papste theucr vergelten, in- 
dem er auf dessen dringendes Ansuchen nicht 
vermeiden konnte, seinen Schwestermann Ot- 
tOikar in Befehdung des Deutschen Königs 
Philipp JKU Otto's Gunsten mit Ungri- 
fichem Kriegsvolke zu verstärken. Unterdes- 
sen fiel Joannitz in Serwien ein, und riss 
davon mehr an sich , als ihm früher von Bulga- 
rien Emerich abgenommen hatte. Ausser 
diesem Verluste soUjte er nun , auf des Pap- 
stes Andringen *} , auch seinen Bruder zur vor- 
geblichen Heerfahrt nach Palästina mit beträcht- 
lichen Geldsummen unterstützen, welche die- 
ser allem Anscheine nach , entweder leichtsin- 
nig würde verschwendet , oder zur Ausführung 
treuloser Entwürfe gemissbraucht haben ; denn 
ungeachtet Emerich diese Unterstützimg ver- 
weigerte, hatte Andreas dennoch Mittel ge- 
funden, eine bedeutende Heermacht wider sei- 
nen Bruder aufzubringen, w^omit er sich jetzt 
des Ungrischen Thrones bemächtigen wollte. 

Zahlreich, und, wie er selbst, voll bösen 
Willens war sein Anhang, unvorbereitet der 
König, seine auserlesenste und treueste Mann- 
schaft in fem er Gegend unter Ottokar's Heer- 
bann, seine genauere, der Freyheit des Rei- 
ches nachtheilige , fast bis zur Unterthänigkeit 
ausschweifende Anschliessung an den Papst^ 



ir) Epist. Innocent. 1. c. p. ^9« 



1 



— 172 — 

weiter sehenden Patrioten ein Gräuel; voi 
den meisten weltlichen Magnaten ward er ver* 
lassen , nur wenige derselben und die Bischöfe 
leisteten ihm Heerfolge ; mit ihnen zog er an 
die Drave den Rotten des Empörers entgegen. 
Dort stand ein gewaltiges Heer , zusammenge- 
halten durch kühne Hoffnungen und frechen 
Muth für das Unrecht; hier eine Ideine Schar, 
in der Aussicht auf den ungleichen Kampf, i^ 
Gerechtigkeit ihrer Sache nur schwach ver- 
trauend. Dort schien man den AngriflE zu er- 
warten, hier verzweifelte man selbst ander 
Möglichl^eit sich zu vertheidigen. Da ward] 
mancherley berathschlaget, beschlossen üb« 
w"ieder verworfen. Keiner wagte es, dem Kö- 
nige mit der HoflEnung des Sieges zu schmeir 
cheln, die meisten riethen zu eiliger Flucht in 
der Nacht , und erweckten gerade dadurch hff' 
hen Königssinn in ihrem Beherrscher. Am fol- 
genden Morgen stellt er sein kleines Häuflem 
in Schlachtordnung; dasselbe geschieht in stot 
zer Zuversicht auf Feindes Seite. Emerici 
legt seine Rüstung ab. Schwert und Lanze 
gibt er weg, ein grosser Entschluss hebt seinei 
Brust; „ Keiner von Euch folge mir ; " ist Alle* 
was er mit gebietender Majestät spricht; so 
verschlossen und feyerlich , nur mit einem Sta- 
be in der Hand, schreitet er zu den feindliche^ 
Scharen hin. Dort hält er an, blickt im Hoch- 
gefühl seines Rechtes um sich her, und spricht: 
„Ich sehe Ungern;^ Ihr seht euern König! Wer 



von Euch wagt es , seine Hand in königliches 
Blut zu tauchen ? " Wie vom Blitze getroffen 
trennen sich die Reihen, von allen Seiten wird 
ihm Platz gemacht y so liommt er unberührt in 
seines Bruders Zelt, ergreift und führt ihn ge- 
fangen mitten durch die überraschten, erschroc- 
kenen, erstarrten Haufen. Der Krieg war ge- 
endigt, der Sieg des Königs allein, der Ruhm 
desselben auch der Krieger, unter welchen nicht 
ein einziger stand, in dem die Ehrfurcht vor 
Majestät nicht jede Regung der Frechheit er- 
«tid^t. Sie legten die Waffen nieder, kehrten 
fcur Pflicht zurück und fanden Gnade; nur An- 
dreas wurde auf der Burg Kheene (Knegi- 
neczj unweit Varasdin eingeschlossen, ^und 
seine Gemalilin Gertraud, Tochter des Her-, 
zogs Berthold von Meran, zuihrenAeltem 
heimgesandt '). 

Ein kräftiger Aufschwung des Muthes 
^rd oft für eine lange Reihe kühner Thaten 
fruchtbar. Die Unterhandlungen des Despo- 
ten der Bulgaren und Walachen mit dem Pap- /. c. f3o4. 
Sie waren beendiget; und der Cardinal -Prie- 
«ter Leo zog jetzt als päpstlicher Legat mit der 
■Krone und Erhebungsbulle für Joannitz 
^ durch Ungarn, wo er von dem Könige, von 
den Bischöfen und Aebten , seiner Würde ge- 
'Diäss und so empfangen wurde, wie es In- 

I- 

; a) Thom. Arcliidi^'c- Hlst. Sjdomt. «. 84« Oefel. 
Script. Rtr. Boicarimi. T. II. p. 335. 



l 

■ 

I 



— 174 — 

riocentius in dem Sendschreiben andieset 
ben verlanget hatte. Darin war ihnen zugleich 
berichtet worden, wie die Bulgaren; und Wa* 
^ lachen , als verirrte Schafe zu glücklicher Her- 
de, als verlorne Söhne in des gütigen Vaters 
Maus , zurückgekehrt wären ; wie der Cardinal 
Leo, ein rechtschaflFener, ehrbarer und vorzug- 
lich geliebter Mann , hinzöge, sie zu besuchen, 
und sowohl im Glauben , als in der Ergeben- 
heit gegen die Römische Kirche zu befestigen; 
und wie er Vollmacht hätte, in allen Provin- 
zen, durch welche er reisen würde, die ihm 
vorgetragenen Rechtssachen zu vernehmen, zu 
entscheiden, oder der Entscheidung Anderer 
nach seinem Gutbefinden zu übertragen: aber 
der eigentliche Zweck seiner Sendung, feyerli- 
che Krönung und Einsetzung des Despoten 
Joannitz zum Könige der Bulgaren und Wa- 
lachen, war auch nicht durch den leisesten 
Wink angedeutet *), Dennoch erfuhr Eme- 
rich das Geheimniss, welches seinen Glauben 
an die Redlichkeit imd Rechtlichkeit des Pap- 
stes gewaltig erschütterte. Eiligst liess er dem 
Cardinal Leo nachsetzen ; noch am linken Do- 
nauufer, Semendria gegenüber, wurde er 
eingeholt, wie der König befohlen hatte, in 
Verhaft genommen, imd auf die Burg Kevjr 
gesetzt. Er sollte den Despoten Joannitz 



«) EpistoU Innocent. ap. fi^hn^r^ T. H. p. 343« 



— 175 ^' 

auf die Donauinsel bey Haram berufen, die 
Gränzstreitigkeiten zwischen ihm und dem Kö- 
nige beylegen, jenen zur Räumung des von 
Serwien abgerissenen Gebiete5 und zur Ersatz^ 
leistung für allen zugefügten Schaden anhal- 
ten; erst dann würde der König in die Krö- 
nung des Despoten willigen, und zu diesem 
Zwecke den Legaten frey ziehen lassen. Diese 
Zumuthung lehnte der Cardinal mit dem Vor- 
jgeben ab, dass er den kirchlichen Zweck seir 
Her Sendung nicht auf Leistung zeitlicher Vor- 
theile, an wen es immer sey , bedingen dürf- 
te, denn das wäre Simonie; auch könnte er 
von dem Despoten durchaus keine Leistung 
fordern , bevor derselbe nicht durch ein kirch- 
liches Band an den apostolischen Stuhl ver- 
pflichtet wäre. Die Weigerung des Legaten- 
hielten die Ungern für rechtscheinliche Aus- 
flucht, weswegen ihm härter begegnet wurde. 
Bey schweren Strafen verbot der ^Burggraf 
Achilles allen Handel und Verkehr zwischen 
ihm und den Burgleuten; und dreyhundert 
Waffenknechte waren angewiesen ihn und sein 
Gefolge zu bewachen. 

Ueber dieses strenge Verfahren erhielt 
Emmerich von Innocentius, dem furcht- 
baren Verfolger der Könige , ein Sendschreiben 
voU wehmüthiger und bescheidener Klagen; 
nur am Schlüsse wurde ihm der Stachel in ei- 
nigen bedeutenden Drohungen und Vorwürfen 
gezeigt. „Gelinder und freundlicher, als die 



Sache es forderte;" — so hiess es, — „haben 
wir an Dich geschrieben , damit, wenn unser 
Brief vielleicht zur Einsicht Anderer käme, 
man nicht glaube , die Huld des apostolischen 
Stuhls sey Dir entzogen , welches weder Dei- 
nem ^Wohlstände , noch Deiner Ehre frommen 
möchte. Nicht unbekannt ist uns, dass in 
Deinem Reiche vieles geschehen sey und noch 
geschehe, was, zur Feile gebracht, mit durch- 
dringender Schärfe angegriffen werden müsste. 
Hiermit deuten wir nicht bloss auf Dein Ge- 
lübde zu heiliger Heerfahrt, nicht auf Deines^ 
Bruders Verhaftung, noch auf Deine Einwir- 
kung in die Wahlen der Prälaten, sondern auf 
so manches Andere noch, das wir vor der Hand 
verschweigen, damit es Dich nicht mächtiger 
erschüttere. Sieh' Dich also weislich vor und 
laufe nicht selbst in Verlegenheiten, auswei- 
chen Du schwerlich mit Glücke Dich herauswin* 
den würdest *). " I 

Dieses Papstes Drohungen blieben nie UI^ 
erfüllet, sobald sie mit kühnem Trotze erwi^ 
dert wurden. Beyspiele davon an andern Fü^, 
sten dienten Em er ich zur Warnung. NicM 
minder gefährlich war furahtsame Nachgiebifj 
keit , denn diese machte den Papst immer 
ster in Anmassungen. Em er ich schlug 
Mittelweg ein, indem er in anständiger TJk 



m) Epistola Inuocent. ap. Katpua L c. p. 714. 



— 177 — 

achtift sein Verfahren , mitunter auch des Pap- 
stes Gewissen ansprechend, rechtfertigte; und 
dann auf dringende Fürbitte der Ungrischen 
Bischöfe, noch vor Eingang der päpstlichen 
AntTvort, gleichsam aus königlicher Gnade 
den Legaten seines Verhaftes entliess. Die 
fiinf Gründe seiner Rechtfertigung waren eben 
so viele Beschuldigungen des Papstes. 

Gleich anfänglich erhob Em e rieh seine 
treue und unwandelbare Ergebenheit und Ver- 
ehrung gegen den apostolischen Stuhl, worin 
er keinem seiner Vorfahren nachstände, viel- 
leicht manchen noch überträfe ; um so schmerz- 
licher fiele ihm die feindselige Begegnung von 
Seiten des Papstes , denn nur als solche könnte 
er die Verleihung der Königswürde an seinen 
ärgsten Feind betrachten« — Während die Un- 
grische Ritterschaft, bloss dem Papste zu Gefal"* 
len , in Verbindung mit dem Könige von Böh* 
menifiir Otto wider Philipp Waffendienst 
leistete, hätte Joannitz das zu Serwien ge- 
hörige, von Bela als^ Brautschatz für seine 
Tochter an Kaiser Isaak, seinen Eidam, ab- 
getretene Gebiet an |sich gerissen, Serwien 
selbst mit einem Hdufen heidnischer Kumaner 
überfallen, ausgeplündert und Gläubige den 
Ungläubigen zur Knechtschaft preisgegeben; 
dafür würde ihm nun Krone und Königstitel 
crtheilt. — Ueberdiess wäre es ja weltkun- 
dig, dass Joannitz auch nicht den kleinsten 
Fleck Erde als rechtlich erworbenes £ligenthum 



— 178 — 

besässe, mithin als Räuber wohl eüie andere 
Erhöhung, als die zum Königsrange verdiente. 
— Diese Begünstigung eines unrechtmässigen 
Besitzers müsste niemanden mehr beunruhigen, 
als den ihm benachbarten König der Ungern, 
Tor dem man sie so geflissentlich geheim hal- 
ten woUte. Darum hätte er von dem Legaten 
verlanget, dass wenigstens jetzt noch Zurück- 
stellung des ungerechten Gutes , Genugthuung 
für zugefügten Schaden und sicherer Frieden 
dem ^unruhigen Manne zur Bedingung des von 
ihm erschlichenen Königstitels gemacht würde. 
Erst nachdem der Cardinal , den man mit Eh- 
renbezeugungen und Geschenken überhäufthat- 
tc, dieser gerechten Forderung mit unhaltbarem 
Vorwande ausgewichen war , hätte man ihn in 
sicherer Verwahrung zurückbehalten,bis der apo- 
stolische Stuhl dem Könige der Ungern Gerech- 
tigkeit widerfahren Hesse, -- Und darauf müsste 
dieser nun um so mehr bestehen , und um so 
dringender bitten, als er an zwey Seiten von raub- 
süchtigen Feinden angegriflFen, bereits durch 
zwey Jahre Recht und Ersatz von den Venetem 
für Jadra's Raub durch ernstliche und wirksam« 
Vermittelung seiner Heiligkeit umsonst erwar* 
tet hätte •). 

Des Papstes Antwort zeigte, wie starker 
sich getroffen fühlte; sie war ausführlich , voll 



u) R a y n a 1 d. Annal. Ecdes. ad ann. 1204. 



— 179 — 

J^ünstlicher Wendungen und gefalliger Schmei- 
cbeleyen, alle Beschuldigungen berührend, 
keine gründlich widerlegend; und da der echte 
Papst mit jedem Schritte in der Gegenwart in 
Jahrhunderte hinausschreitet , so war das Send- 
schreiben auch reich an Winken, welche auf 
künftige Ereignisse weit 'bedeutender, als auf 
die vorliegende Angelegenheit, hinwiesen. 
Der von Em er ich hervorgehobenen Vereh- 
rung der Ungrischen Könige gegen den aposto- 
lischen Stuhl setzte Innocentius einige von 
diesem den Königen erzeigte Wohlthaten zur 
Seite; besonders die von Alexander an den 
Erzbischof von Colocza erlassene Vollmacht, 
den König B e 1 a zu krönen , als der streng ge- 
wissenhafte Lucas Banfy seinen Dienst da- 
zu verweigert hatte. Auch dass er selbst den 
rechtmässigen König von einem leichtsinnigen 
Bruder und von dessen schlechtem Anhange 
nicht unterdrücken liess , sollte Emerich als 
wichtige Wohlthat anerkennen. Dagegen be- 
zeugte er diesem seine Dankbarkeit für frühere 
Gewährung des sichern 2\iges durch Ungarn, 
sowohl der päpstlichen Gesandten nach Bulga- 
rien, als der Bulgarischen nach Rom. Ueber des 
Joannitz Einfalle nach Serwien und übrige 
Gewaltthätigkeiten erklärte er das entschieden- 
ste Missfallen, «und versprach, durch die ei- 
frigsten Bemühungen dem Könige Genugthuung 
zu verschaffen. Im Beweise, dass Joannitz 
rechtmässiger Besitzer seines Landes sey. 



— 180 — 

schien der Papst , entweder auf die Unwissen- 
heit, oder auf , den gefälligen Glauben Eme- 
rich's zu rechnen; denn da sollten schon in 
älterer Zeit hintereinander viele Könige Bulga- 
riens durch des apostolischen Stuhles Macht 
und Ansehen gekrönet, ja sogar das ganze 
Volk mit seinem König durch die Vorkehnin- 
gen des Papstes Nicolaus getauft ] worden 
seyn- Zwar hätten hernach die Bulgaren, von 
den Griechen unterjocht, die königliche Würde 
wieder verloren, doch sollte Em er ich glau- 
ben, 'dass die Walachen, Peter und Joan- 
nitz, als echte Abkömmlinge des alten KS* 
nigsstammes , das Land ihrer Väter nur zurück- 
genommen, nicht geraubt hätten. Indessen 
wollte er nicht läugnen, dass Joannitz & 
einige , Zeit noch manches besässe , was ihm 
nicht gebührte, dass aber seines Landes gröss- 
ter Theil rechtmässig wiedererworbenes Eigen- 
thum seiner Väter wäre , und nur darüber soll- 
te er jetzt zum Könige gekrönet, dann zur Ab- 
lieferung des ungerechten ^ntheiles angehalten 
w^erden. Eine unversöhnliche Feindschaft 
zwischen diesem und dem Ungrischen Könige 
hätte er schon darum nicht vermuthen können^ 
weil von dem letztern den gegenseitigen häufi* 
gen Gesandtschaften zwischen Rom und Tefr 
nova bey ihrem Zuge durch Ungarn jederzeit 
edelmüthige Gastfreundschaft und hülfreiche^ 
Vorschub wäre geleistet worden. Ueberdie» 
könnte er nicht imbemerkt lassen, wie er vor 



— 181 — 

einiger Zeit sein Vorhaben, den Stephan 
Neemano witsch zum Könige über Ser- 
wien zu krönen j nicht ohne einige Beschä- 
mung sogleich hätte fahren lassen, sobald ihm' 
Emerich's Unzufriedenheit damit kund ge- 
worden wäre, dessen ungeachtet wäre aber 
auch Wölk an bis jetzt noch nicht gekrönet, 
obgleich diesen E m e r i c h selbst in Vorschlag 
gebracht und der apostolische Stuhl dem Coloc- 
zer Erzbischof dazu Vollmacht ertheilet hätte- 
Jetzt habe es ihm nicht rathsam geschienen, 
auch die Erhebung eines , dem Ungrischen Kö- 
nig zu nichts verpflichteten Fürsten der Gefahr 
ähnlicher Verzögerung auszusetzen. Den von 
E m e r i c h verlangten Aufschub der Krönung, - 
bis aller Streit zwischen ihm und Joannitz 
bey gelegt wäre , verweigerte I nn o c e n t i u $ 
aus demselben Grunde, welchen der Cardinal 
Leo angegeben hatte; dann fuhr er mit merk- 
würdigem Winke also fort; „Wolltest Du 
aber dennoch unsem Legaten nicht entlassen^ 
80 würdest Du nur in Gottes Strafgericht ver- 
fallen, uns zum Anstosse werden , den König 
der Bulgaren Dir noch mehr zum Feinde ma- 
chen, und mit dem Allen nichts bewirken, 
' cla wir Mittel genug haben, unsem Wülen auf 
andere Weise durchzusetzen. Bedenke sorgfäl- 
tig, wie Dir zu Muthe seyn würde, wenn ims 
^beliebte, die Krönung Deines leiblichen Soh- 
nes zum Könige zu verhindern; dasselbe iem- 
' pfänden wir, wenn Du die Krönung unseres 



18« 



1 



geistlichen Sohnes hintertreiben wolltest— 
Wir sprechen nur Weniges zu Dir; durch ei- 
genes Nachdenken magst Du das Mehrere fin- 
aen. " — Auf die letzte Beschuldigung , dass 
die Veneter für Jadra's Raub noch ungestraft 
geblieben, erwiederte Innocentius, sie seyen 
mit dem Kirchenbanne belegt, und da sie um 
Entbindung von demselben sich nicht beküm- 
merten , so habe er dem von ihnen erwähltea 
Patriarchen die Consecration verweigert, auch 
als der Erwählte sich persönlich in Rom ein- 
stellte, ihn ungeweihet, aber sehr beschämt 
zurückgesandt. Da Jadra mit seinem ganzöi 
Gebiete bisher dem Patriarchen von Grado im- 
tergeordnet war, so sollte der König in seinem 
Antheile Dalmatiens einen würdigen Mann ca- 
nonisch wählen lassen, und den Erwählten ihm 
zusenden , er würde ihn weihen und ihm das 
Pallium ertheilen. So wollte er den Hochmuth 
der Veneter züchtigen , und so würde er auch 
mit.Joannitz verfahren, wagte er es nach 
der Krönung, in der obwaltenden Streitsach« 
dem richterlichen Ausspruche des Legaten Vtt* 
terwerfung zu versagen. Uebrigens möchte 
sich E m e r i c h versichert halten , dass er füf 
die Behauptung der Ungrischen Rechte thätig 
sorgen werde, indem er ihn ohne Vergleich 
mehr liebte als den jüngsten Sohn der Jüichtf 
Joannitz *}, 



«) Epistol« Inno Cent. ap. Katona L c, p. 720 et sef» 



— 183 — 

Unterdessen war der Cardinal Leo zu 
Temova angekommen , Joannitz von ihm 
gekrönet, und Alles der päpstlichen Vorschrift S.Nopbr. 
gemäss eingerichtet worden. Der neue König 
yerpflichtete sich eidlich, die Hoheit des päpst- 
Helen Stuhls anzuerkennen, und erhielt dage- 
gen nebst Krone und Scepter eine Fahne , das 
Kreuz mit zwey Schlüsseln als Wapen darstel- 
lend; und Kraft der Erhebungs - BuUe für sich 
und seine Nachfolger das Recht, Geld mit ih- 
rem Bildnissse prägen zu lassen, Innocen- 
tius frohlockte sehr über diese Ausbreitung 
des päpstlichen Ansehens; allein er musste 
bald beschämt sich selbst gestehen, Joan- 
nitz sey der abscheulichste und unmensch- 
Kchste König, den je ein hoher Priester, sowohl 
des alten , als des neuen Bundes , gemacht hat- 
te. Ginz würdig war er des Namens S k y 1 o - 
Johannes "), womit ihn die Byzanter brand- 
markten; und auch Romäoctonos '*), der 
Name seiner eigenen Wahl als Gegensatz zu 
Bulgaroctonos des Kaisers Basilius, 
führte nur auf den Gedanken, dass die Ermor- 
dung sämmtlicher Bulgaren durch Bacillus 
für das Menschengeschlecht Wohlthat gewesen 
wäre, hätten alle Bulgaren diesem Könige 
Skylojohannes Romäoctonos gegli- 
chen *). 



a) Hundshani. 5) Römermorder. c) Nice 
phorus Gregoras ap. Stritter. T. II. P.H» p. ?"• ^»^ 



— 184 — 

Um dies6 Zeit nahm sich der fromme Sa- 
wa auf dem Berge Athos da^ Schicksal seines 
durch Bruderzwist zerrütteten Vaterlandes in-r 
niger zu Herzen; um .demselben beyzustehen, 
verliess er den heiligen Berg und wanderte nit 
den Gebeinen seines selig in dem Herrn ait- 
schlafenen Vaters 5 Stephan Neeman, nich 
Serwien. In dem Kloster Studenjetz bestatcte 
J. C. ^^oS. er die theuem Reste des Vaters, imd bey dieser 
id.Ftbr. Feyerlichkeit gelang es ihm, seine Brüder Ste^ 
phan und Wölk an mit einander zu versih- 
nen. W o 1 k a n , in reumüthiger Erkenntiiss 
seineß Unrechts, gah dem vertriebenen Ste- 
phan Serwien zurück und begnügte sich mit 
seinem und Sawa*s Erbtheile, miti: Clulm 
und Herzegowina. Säwa ward Archimaidrit 
im Kloster Studenjetz; das führte von lunan 
den Namen, X«aur^ des \^ei\. SyneoHf 



■*• 



dnin, erster Latelnisclier Jlaiser in ConitiuitinopQl, geiieth ii| 
der Schlacht bey Adrianopel in Joannitzen*t Gefangen« 
Schaft und vrurde In Ternova eingek^kert. Ini Gefängnust 
bjef uchte ihn, unte^ dem Vorwande eines Werkes iet Barmherf 
zigkeit, die Bulgarische Königin, eine geile Kunaneiin, ubiI 
reizte ihn, zu verbotener Lust, wofür sie ihn befreyenond 
4en wilden üönig seiner Gewalt überliefern wollte, ^uruckr 
gewiesen von dem edelmüthigen , züchtigen Baiduin, rieh* 
te sie sich wie Potiphar^s Weib. Da liessilm JoaoDiti 
bey einem Qast^ahle yorführe4 und zi^r B«lust4$ui|g leiner Ka« 
manischen Mitzecher , ihm stückweise Hände und Füsse ^ 
liauen , ihn so verstümmelt in einen Graben bey Teinova unter 
umgefallene Pferde und Hunde w^erfen, wo er lebendig voi( 
Geyern angefressen , am dritten Tage starb. Seine Hiniiclu'^ 
in Gold gefasst, wurde Joannitzen^s Trinkbecher. Nip^* 
las C}ie4ii(tf Acropolit«. Albpric^s, 



— 185 — 

AT- SO hatte Stephan Neeman als Mönch 
geheissen , und bey seinem Grabe waren Wun- 
der geschehen , weswegen ihn die Serwier 4I» 
Heiligen verehrten ') 

Durch diese Aussöhnung der Brüder und 
diu-ch Sawa's Ansehen bey den Serwiern 
wurde die Ausbreitung des Lateinischen Kir» 
chenwesens im Lande unterbrochen, der Co- 
loczer Erzbischof konnte nun den päpstlichen 
Auftrag, den Gross ^Shupan zu krönen, nicht 
mehr vollziehen, und Emerich war anfäng-p 
lieh durch die Fehdschaft mit seinem Bruder, 
dann durch den Streit mit dem Papste wegen 
Joannitz,. endlich durch die Anstalten zu 
der Krönung seines Sohnes verhindert worden, 
sich mit Scrwien's Allgelegenheiten thätig zu 
befassen« 

Der unmündige, etwa fünfjährige Ladisr 7. c./jo^. ' 
law wurde auf Geheiss des Papstes bey erledig? ^^f^ug- 
tem Graner Erzbisthume von Joannes, Erzbi-? 
3chofe von Colocza, gekrönet. Dabey muss1:e 
der König anstatt des Sohnes Gehorsam gegen 
den apostolischen Stuhl und Freyheit der Un< 
grischen Kirche eidlich angeloben; al30 war ea 
von Innocentius verordnet worden *), 

Bald darauf verfiel Emerich in schwere 
Krankheit; im Gefiihlß seiner schwindenden 
Lebenskraft liess er seinen Bruder aus dem Ge^ 



a) Pejacsevich Hist. Senriae p. 155. 162. 175« ^) Bpi« 
|tpl, Innppeptii ap. Dobner^ Mo^uxKit 7* II. f* 337? 



— 186 — 

fangiiiss zu sich kommen , söhnte sich mit ihm 
aus und erklärte in Eintracht mit ihm seinen 
letzten Willen, wodurch Andreas zu La- 
d i s 1 a w ' s Vormund und zum Reichsverweset 
eingesetzt wurde. Zu £rlau am Sanct. An- 
Ä>. Nop. dreas Tage verlor Ungarn seinen thätigen, mehr 
beherzten , als glücklichen König. *). 

Innocentius trauete dem Reichsverwe- 
ser , der ihm Emerich's Hintritt sogleich be- 
richtet hatte , nicht viel Gutes zu , und selbst 
dessen unnütze Entschuldigung über den Ge- 
brauch des königlichen Siegels, welchen der 
Papst nur seiner Neuheit, nicht etwa treulosen 
Absichten zurechnen sollte, verstärkte den Ver- 
dacht. Sehr ernstlich und dringend wurde da-» 
/. C./5oi. her Andreas in dem päpstlichen Antwort- 
35. April, schreiben ^} , welches den Knaben mehrmals 
und geflissentlich König nannte, zu treuer, 
aufrichtiger und gewissenhafter Führung der 
Vormundschaft ermahnet. In zwey andern 
Sendschreiben *") machte es ihm Innocentius 
^ur heiligsten Pflicht, die von dem Könige hin- 
terlassenen Geldsummen nicht anders , als nach 
dessen letztwilliger Anordnung zu verwenden, 
der königlichen Wittwe , die ihr angewiesenen 
Einkünfte nicht zu schmälern , und keiner Ver- 
äusserung der königlichen Regalien sich schul-» 



a) Thomas Archidiac. Hist. Salonit. c. 24* 7^* 
rocz P. II. c 7Q. b) Epist. Innocent, ap. Dohner. 1. a 
p. 542. c) Idem ibid. p. 551. 35^. 253. 



— 187 — 

dig zu machen. Wohl mochte der Papst bereits 
erfahren haben , wie eifrig Andreas durch 
Schenkungen um Gunst und Anhang der Mag- 
naten sich bestrebte. Er berief sich auf seine 
apostolische Pflicht, Wittwen und Waisen 
kräftig zu beschützen; er verstärkte seine Er- 
mahnungen durch die Bitte in Jesu Christo, 
dem Richter der Lebendigen und der Todten, 
und durch Androhung aller Schrecken des gött- 
lichen Gerichtes. Sendbriefe desselben In-? 
haltes erliess er an die ganze Clerisey und an 
das Ungrische VoUi, ihnen streng verbietend, 
irgend jemanden mit Rath oder That gegen ih- ' 
.ren rechtmässigen König beyzustehen; in Al-j 
lern ^ aber , was die Sicherheit des ^Kindes und 
der königlichen Mutter fordern dürfte, sollten 
sie sich dem ColoczerErzbischofe f est anschlies- 
sen, und seine Anordnungen gewissenhaft voll- 
ziehen. Diesem und dem Grosswardeiner Bi- 
schof Simon, welche ihm als Emerich's 
redHch3te Freunde bekannt waren , "ertheüte et ^' ^^- 
den gemessensten Auftrag, Jedermann, der 
es wagte, den König, seine Mutter, ihre An- 
gehörigen in ihren Rechten , Besitzungen oder 
Einkünften zu kränken, ohne Ansehen der Per- 
son, und ohne Zulassung einer Appellation an 
den apostolischen Stuhl, mit dem Kirchenban- 
ne zu verfolgen *)• 



0) Epist. Innocent. «p. Dobmr. 1. •• p. 554^ 



.— 188 — 

Doch alle diese Verfiigungen päpstlicher 
8<>'^gfalt konnten in Andreas die Lüsternheit 
nach der Krone nicht unterdrücken, und die 
Schnteicheleyen seiner herrschsüchtigen Gemah- 
lin Gertraud, welche er nach seines Bruders 
Tode sogleich zu sich berufen hatte , erhielten 
ihn im Streben nach seinem und ihrem Ziele. 
Er wollte nur den Glanz, sie] die Macht; und so 
weit sie diese jetzt schon errungen hatte, liess sie 
den Druck derselben die königliche Wittwe 
und deren Freunde empfinden. Der Wider- 
stand der hochherzigen Aragonerin erzeugte 
Feindschaft und Hass , dessen öftere Ausbrüche 
sie für eigene und ihres Sohnes Sicherheit be- 
sorgt machten. Mehrere Bischöfe und Magna- 
ten riethen ihr mit dem Könige zur Flucht nach 
Oesterreich. Die Meisten begleiteten sie da- 
hin; die Krone und die übrigen Reichs -Insi- 
gnien waren unter den Schätzen, welche sie 
mit sich führte. Eine junge , schöne Königin, 
trauernd und bittend; ein unschuldiges Kind, 
von seinem Oheime un.d einem gebieterischen 
Weibe verfolgt; ehrwürdige Bischöfe mit Gei- 
stesmacht überredend, und mit der Kirchen-^ 
macht drohend, besiegten die diensteifrigen 
Befehlshaber der Gränzbesatzung; glücklich er- 
reichten die vornehmen Flüchtlinge Wien, und 
fanden bey dem Herzoge Leopold dem 
Glorreichen treuherzige Aufnahme und 
schützenden Beystand. D?s Andreas For- 
derungen wurden mit Verachtung zurückge- 



— 189 — 

wiesen , auf seine Drohungen mit KriegserMä« 
ning geantwortet, und schneller, als einige 
Gespanschaften unter sein Panier sich versam- 
melt hatten, stand der Oesterreichische Heer- 
bann unter Leopold's Anführung an ün- 
gam's Gränze. Als aber beyde Heere sich schon 
zur Schlacht bereiteten , kam die Nachricht von 
des Königs plötzlichem Tode; die Ursache des n-May. 
Krieges war gehoben. Constancia kehrte in 
ihr Vaterland zurück; nach vier Jahren ward 
sie des Königs von Sicilien , nachmaligen Kai- 
sers I^riedrich des 11. Gemahlin; Krone und 
Reichs - Insignien wurden dem jetzt rechtmäs- 
sigen Thronerben Andreas friedlich überlie- 
fert*) und bald werden wir sehen, dass seine 
Unfähigkeit, sie mit Würde zu tragen, eben 
so gross war, als seine Begierde^ sie anfang- 
lich seinem Bruder, dann seinem Neffen zu 
entreissen« 



a) Chronic. Admont. et Clanitroneob* ap. JfVx. 
T. II. p. 195. T* I. p. 45o< Hantlialcr. Fast« Campilil. 
ad ann« 1204 et iS05< 



i^üAOTI 



-^ 



Zweyter Abschnitt. 

Einheimisches Leben des Un- 

grischen Volkes im dritten 

Jahrhunderte des Reiches. 



L 

Verfassung des Reiches 

und 

Staatsbürgerllch.er Zustand seiner 

Bewohner. 



./// -^^g dem Zeiträume von Ein und neunzig 
Jahren zählen die Ungrischen Jahrbücher acht 
Könige , von welchen die Reichsverfassung nur 
sechs für rechtmässige Oberherren des Ungri- 
schen Volkes erkennt, Ladislaw der IL und 
Stephan der IV. waren dem Reiche durch Ge- 
walt und Bestechung aufgedrungen worden, 
die Schande des Hochverrathes an König und 



— 191 •— 

Vaterland befleckt ihre Namen, Sie besassen 
den geraubten Thron nicht lange genug, um! 
ihn durch Uebelthaten zu entehren ; durch edle 
Handlungen würden sie auch in längerer 
Frist ihn nicht verherrlicht haben : denn Herr- 
schaft durch Verbrechen errungen, kann nur 
von Kraftmännem, die sie nicht waren, an- 
scheinend rühmlich , und auch von diesen nie 
wahrhaft wohlthätig, verwaltet werden ') 

Unt€r den rechtmässigen sechs Königen 
war keiner im wahren Sinne des Wortes gros- 
ser Mann; aber auch nur Einer, Stephan 
der IT., wankelmüthigen Sinnes, und durch 
Wollust zerrütteten Gemüthes, gehörte bald 
der Tugend, bald dem Laster an. Die Uebri- 
gen wandelten in den genxqinen Regentenwe- 
gen gerade, ehrbar, arbeitsam und gerecht: 
an der Spitze ihrer Heermacht beherzt, ent- 
schlossen und tapfer, waren sie Alle. Ste- 
phan der n., Geisa der II. und Stephan 
der HL erbten die Krone noch als Unmündige; 
fünfzig Jahre waren die gesammte Zeit ihrer 
Herrschaft: davon hatten sie zusammen nur 
dreyssig Jahre selbst regiert; durch zwan- 
i g Jahre war das Land von Reichsverwesem ge- 
eu, redlich und weise verwaltet worden, oh- 
le dass herrschsüchtige Magnaten für sich selbst 



«) „Nemo unquam Imperium, flagitio quaesiium, honis a»-^ 
^hui exfreuii. " T e c i t n « Hii tor. I. 30. 



— igfS — 

nach dem Throne getrachtet , oder utigebührli- 
cher 'Rechte sich angeniasst hätten.' Das war 
der edeln , loyalen Männer üngam's jener Zelt 
eigen thümlicher, hoher Riihm, welchen kein 
anderes Volk in Osten oder Westen damals mit 
ihnen theilte. Bela der n., Bela der HL 
und E m e r i c h hatten das Reich als volljähri- 
ge Jünglinge übernommen , und in allem nur 
durch ein und vierzig Jahre beherrscht; es war 
Ungam's schmerzliches Verhängniss, dass ausser 
Bela dem III. keiner der übrigen fünf Könige 
das volle männliche Alter erreicht hatte; atet 
jedem y ausser Stephan dem IL, rief der 
traurenden Ungern einhällige Stimme nach: 
„Du konntest leider in Deinen kurzen Tagen 
nur zeigen , zu welcher Grösse Du Dich und 
Dein Volk bey längerer Lebensfrist erhoben 
hättest!" 

Gleichzeitig mit ihnen hatten in Deutsch* 
land, Bayern, ^ Oesterreich, Böhmen, Roth- 
Russland, Byzanz und Venedig bejahrte, klu- 
ge, unternehmende, nach Ausbreitung ihrer 
Herrschaft strebende Fürsten gewaltet; Männer 
wie Friedrich der L, Boleslaw der HL. 
Wladimerko, Manuel Comnenus# 
Dominicus Morosini, und seine Nach- 
folger, alle mächtig, kühn, und wo Gewalt 
hinreichte, kein Recht achtend, waren ge- 
fahrliche Nachbarn gekrönter Jünglinge; den- 
noch waren gegen das Ende dieses Zeitraiunes 
des eigentlichen Ungam'6 Gränzen keinen 



— 193 — 

Fussbreit verrückt; Slawonien , Sirmien , Dal- 
matien wieder erobert, und des Ungrischeii 
Reiches Oberherrlichkeit auch über Halitsch, 
Wladimir , Bosnien und Serwien erweitert. 
Drohender für den Augenblick, und/schädli- 
cher in seinen Folgen war der Kampf der jun- 
gen Könige gegen innere Feinde, Der von 
Andreas dem L zuerst begangene, durch 
Bela's, Ladislaw's und Coloman's Bey- 
spiele tiefer gewurzefte Staatsfehler in des Rei- 
ches Theiluiig imter Prüder, oder Verwandte, 
hatte sich zur Rechtsgewöhnheit verstärkt. Ih- 
re Verderblichkeit empfanden Alle, sie aufzu- 
heben hatte niemand Macht , Muth oder Ein- 
sicht; denn die gesammte Fürstenwelt war ibl 
dem Wahne von der Güte und Rechtmässig- 
keit des Feudalismus befangen. So hatte denn 
auch B e 1 a der 11. wider seinen Vetter Boris, 
Geisa der H. wider denselben und wider sei- 
nen Bruder Stephan, Stephan der IIL wi- 
^er seine Oheime Ladislaw und Stephan, 
Bela der in. wider seinen Bruder Geisa, 
lüid Emerich wider seinen Bruder Andreas, 
Aeils durch Gewalt {der Waffen, theils durch 
Einkerkerung der Ruhestörer, sich auf dem 
Throne behaupten müssen. Immer fanden die 
letztem zahlreichen Anhang, w^eil es unter den 
Ungern, w^ie unter allen Völkern, Menschen 
gab, welche des Goldes Glanz und der HoflF- 
Äung Reiz bezauberte; immer obsiegte das 
Recht, weil die grosse Mehrheit der Ungern 
U. Theü. 13 



— 194 — 

i 

aus treuen , biedern , rechtlichen Männern b'e- 
$tand; und diess half mehr, als die VoYsichts- 
massregel, durch welche Geisa der IL und 
seine Nachfolger in Urkunden und Siegdn 
durch besondere Formeln ') ihr Erbrecht an- 
deuteten. 

Unter allen Anfechtungen des Reiches Ton 
äussern und innem Feinden war dennoch der 
Könige monarchische Gewalt in diesem Zeit- 
räume mit des Adels Macht und Ansprüchen I 
noch in keinen Widerstreit gerathen* Was 
7.C.#/Ä?. Stephan der II* vor Wladimir's Mauern 
von dem herzhaften Grafen Cosmas Paznan 
als einhällige Stimme der übrigen Grafen ver- 
. nehmen musste ^}, war Ausbruch persönlichen 
Hasses gegen Stephan, nicht Angriff aristo- 
kratischen Geistes auf das Königthum. Keiner 
seiner geliebten oder geachteten Nachfolger er- 
fuhr ähnliches; selbst der blutige Tag auf dem 
Arader Felde reizte eine Anzahl Ungrischer 
Herren, nur das Erbrecht des blinden Bela, 
nicht die monarchische Machtfülle des Ungri- 
schen Königs zu bestreiten. Wenn indessen 
der Gang der Kriegsbegebenheiten zwischen den 
Ungern und dem Byzantischen Kaiser Manuel 
aufmerksamer erwogen wird, so zeiget sich 



a) Z. B. JBjffo Geysa secundus, * secundi Belae regis fiUuSt 
dipina disposiiione sceptra paterni regm iure haefreditwrio M' 
nens, — Ego Bela tertius, secundi Geisae Regis filius, — Ä- 
la J)ei gratia Ggitae regisfiUus* b) Sieh^ oben S. ig« 



— 195 — 

nicht undeutlich, dass königliche Ritterschaft 
und Gespanschaften weder behend noch zahl- 
reich genug, ihrer Pflicht gemäss , zur Heerfol- 
ge sich eingestellt hatten. 

Man fing jetzt schon an , die feyerliche 
Krönung als unerlässliche Bedingung rechtmäs- 
siger Herrschaft anzusehen. So wie Erkennt- 
niss imd Achtung des Ursprunges, Wesens und 
Gehaltes der Majestät abnahmen, oder noch 
gar nicht da waren , musste man sich um so fe- 
ster an derselben äussere Zeichen und feyerli- 
ches Gepränge halten. Den 'Laien unter den 
Ungern leuchtete hierin das Beyspiel Deutsch- 
landes, Frankreichs und Italiens vor ; ihr ange- 
fcorner Hang zu allem Feyerlichen gab dem 
überall üblichen Krönungsacte in Ungarns 
Staatsrecht entscheidende Wichtigkeit ; die Cle- 
risey gefiel sich, in Vergleichung der königli- 
chen Salbung mit der : priesterlichen ; sie 
war des Glaubens, dass wie durch diese erst 
in Gottes Heiligthume, so auch nur durch jene 
im irdischen Reiche, Macht und Befugnisse 
ertheilet Mrürden; und die Graner Erzbischöfe, 
deren Kirchenschatz und Einkünfte jede neue 
Krönung beträchtlich bereicherte, hatten, auch 
abgesehen vom Eigennutz, schon in der hierar- 
chischen Tendenz des Priesterthumes hinrei- 
chenden Beweggrund, von der ihnen durch 
das Herkommen zustehenden Handlung der 
Laien und des Clerus Ansichten zu erhalten, zu 
erweitem, immer glänzender zu beleuchten. 



^ 



— 196 — 

' Allein von irgend einem Eide, den bey de^ 

Krönungsfeyerlichkeit die Könige den Ständen 
hätten leisten Sollen, ist in den Urkunden, 
Zeugnissen und Geschichten dieses Zeitab- 
schnittes noch keine Spur zu finden. 

Auch von Landtagen sind, ausser dem \ 
Bluttage zu Arad, nur dunMe Anzeigen zu ent- 

j.c.ifX. decken. Wohl mochte der C on vent zu Gran, 
auf welchem Bela der II. seinem Sohne La- 
dislaw, mit allgemeinem Gutachten 
des R e i c h e s J, .das Herzogthum Bosnien ver- 
liehen hatte, eine grosse Versammlung der 
Stände gewesen seyn. Unter Geisa dem tt 
wurde das Testament eines gewissen Adal- 

-^•^'^^^^'bert, auf des Königs Befehl, und nachdem 
^^ 44 Sä 

Beschlüsse des Erzbischofes Martirius und 

sämmtlicher Primaten des Reiches, durch eine 
eigene Gesandtschaft an Rogerius, König 
von Unteritaiien, gesandt ; und S t e p h a n der 
7. C. ii6(). III, vollzog durch eine Urkunde , was nach 
dem Gutachten seiner Mutter der Königin, der 
Erzbischöfe, aller erwählten Bischöfe, köni- 
glichen Pröpste und Aebte, auch sämmtlicher 
Grafen , Reichsbaronen und Magnaten über die 
Freyheit der Ungrischen Kirche in der Stadt 
Weszprim war beschlossen und festgesetzt 
worden "). 



■i 



a) Kovacliich. Snpplement. ad Vestigia Comitior« 
T. I. p. 6. 6. 



f 

— 197 — 

Neue Landesgesetze hatten die Könige die- 
ser Zeit nicht erlassen, es wird zwar von Be- 
1 a dem III. gerühmt , dass er gar f eind war den 
Dieben und Mördern , und dass er sie mit al- 
ler Macht vertilgte *) ; denn während der an- 
haltenden Kriege mit Manuel, und von dem 
Trossie der durch Ungarn geführten Kreuzhieere 
mochten die Störer öffentlicher Sicherheit, des 
Lebens wie des Eigenthumes, sich freylich sehr 
gqhäufet haben: aber gewiss erwarb sich der 
kräftige Bela, nur die bereits bestehenden Ge- 
setze streng vollziehend, durch Schwert und 
Galgen den Ruhm ihrer Ausrottung. 

Reichswürden und Aemter w^aren noch 
nicht lebenslänglich , viel weniger erblich ver- 
liehen. Die Könige vergaben sie ausschlies- 
send nach ihrem Gutdünken, bisweilen zwey 
an Einen Mann; nahmen sie wieder, oder ver- 
setzten die Beförderten, je nachdem es die 
Verwaltung der Angelegenheiten zu fordern 
^schien. So waren unter Bela dem IL Paul- 
lus, unter Bela dem IIL Mogh, unter Eme- 
rich Es au eine Zeitlang Palatine, und zu- 
gleich auch Bacser Grafen, Der Biharer Graf 
Bucan, der Vice- Ban Macarius, der Ke- 
vyer Graf Achilles, auch königliche Hof- 
richter; Jons an, Grossschatzmeister und Wie- 
selburger Graf; Lucas Gross -Truchsess und 



fl) Heinrich von Magien cap* LVIII« 



— 198 — 

auch Presburgcr Graf- In den Urkunden die- 
ses Zeitraumes sind bey den Unterschriften, 
nebst den Namen der Grafen, in d^r Regd 
auch die Gespanschaften, welche sie zu dei: 
Zeit verwalteten , angegeben. Da findet man 
am häufigsten unter Bela dem 11. Grafen von 
Bacs, Bihar, Moson, Presburg, Bodrogb, Si- 
meg , Sopron und Szala. Unter G e i s a dem tt 
Grafen von Gran , Neograd, Hont, Bors; auch 
schon Bane, einen Bodrogher Grafen zugleich 
Grossmundschenken Caiphas, und eis^ 
Kammer- Präsidenten Bogislaw. ünt^B^ 
la dem in., Grafen von Szolnok, Vasvar, Ba- 
ranya, Tobia; überdiess zum ersten Male ei- 
nen Woiwoden von Siebenbürgen, L^^" 
stach; einen Grafen von Varasdin in Croa» 
tien, Stephan; einen Grafen des ganzen 
Dalmatischen Küstenlandes , M a u r u s ; einen 
Grafen von Spalatro, Grubessa; und ein® 
Grafen von Jadra Damianus. Unter E m C' 
rieh, Grafen von Csanad, Kevy, Nfeitra, AI* 
ba und Scepus; nebst diesen auch Baneim^ 
Woiwoden *). 

Während der Minderjährigkeit der Koni' 
nige, Stephan des IL, Geisa des ^Ü, und 
Stephan des HI. wurden zwar alle Urkun- 
den und Gnadenbriefe unter ihren Namen , al-» 
lein ohne Erwähnung der Reichsverw^ser au5» 



a) Katoo» Hin, Reg. XIII, f. 539, 75p, XlV»?» 
459' 750» 



— 199 -^ 

gefertigt; doch zeigten die Schlussformeln, 
dass die Sache mit entscheidender Stimme der 
Prälaten und Magnaten gewähret oder entschie- 
den worden sey *). Sobald sie aber die Mün- 
digkeit erreicht hatten ^ verliehen sie, gleich 
ihren Vorfahren und Nachfolgern, Gnaden, 
Freyheiten und Schenkungen aus eigener mo- 
narchischer Machtfiille , und die Magnaten un- 
terzeichneten die darüber ausgefertigten Ur- 
kunden lediglich als Zeugen ^) ; oder ihre Na- 
men wurden von den königlichen Kanzlern 
und Notaren bloss zu genauerer Bestimmung 
der Zeit aufgeführt *). 



a) So in der HandEßste Geis a des II. fflr die Burger Ton 
SpaUtro ii43. » Sacramentun^ hoc a Rege et Archiepiscöpo Mu-* 
cbia confirmatum est. Ego Bachiensis Archiep, laudo et confir^ 
*mo, £go Martinu& jigriens. Ep, laudo et confirmo; und so YT. 
noch fünf Bischöfe bey Koller Hist, Ep, QEccl. T,I. p.197. 
fr)Gei8a des II. Handfeste für die Propsteyan Alt-Ofeu 
?'48* ti Quius Tel caussa , multorüm regni nobilium signata est 
Te^timonio, quQrum ibi adfuit praesentia^ sciÜeet Bani Beli, 
^oan/tis Episcopi , etc. ap. Katoina Hist.' Reg. T» III.Tp.595. 
80 mehrere Urkunden dieses Königs , ebendas S. 671. 686« 
70a. — Von B e|l a dem II. Urkund. für die Abtcy 8. Martin 
»uf dem Pannonberge ixS?: „ Impressionem regalis imaginis 
for *Joa7Piem notarium feci appoiu, assigJtatis testibus veritatis, 
Quorum haec sunt nomina Felicißnus Archiepiscopus.*^ u. s. W. 
sp. Katona I. c. p» 512, Eben so in der Urk. für dieselbe 
Abtey 1158. eben das. S. 520. c) Urkunde Bela des III. füc 
^e Ffinfkirphner Cathedrale 1190. „j>» memoriam omnium po- 
tterorum nostre regalis Aule BuUa aurea fecimus perhempruiri 
Anno — .. Job Strigoniensem Kathedram feliciter optinente; 
Petro Cholocensi Archiepiscöpo existente " u. s. w. „ Moege Pa- 
iAtinOy Comite Dominico minori curiali existentibus* u. s. f. ap. 
Koller 1. e. p. 504. Auf gleiche Weise in den Urkunden von 




• — 200 — 

Eben so wenig [hatten die Magnaten mit 
entscheidender Stimme Anthcil , Mrenn die Ko- 
nige einwanderndes fremdes Volk in das Reicb 
Aufriehmen, ihm Wohnplätze anweisen , Läa- 
dereyen an Gäste verschenken, oder geleistete 
Dienste mit Standeserhöhung belohnen wol 
ten. So vergab Stephan der ü, ganz eigen- 
mächtig den Landstrich südlich von Pest, zwi- 
schen der Donau und der Theiss an die Kuma« 
nerhaufen, welche Tatar in das Land ge- 
/. c. fjMf. bracht hatte. E m e r i c h , berief sich bloss auf 
seine königliche Pflicht, nicht auf Gutachten 
oder Einwilligung der Magnaten, indem er den 
Deutschen zn Patak im Sanct Niclaskirchspie- 
le einen Freyheitsbrief ertheilte, Kraft dessen 
sie berechtigt waren , nach den Gew^ohnheitcn 
ihres Volkes zu leben, ihre eigenen Obrigkei- 
ten und Richter sich aus ihrem Mittel zu wai- 
len, in höherer und höchster Instanz keinen 
andern Richter , als den Palatin oder den Kö- 
nig erkennen dürften, weder Zoll noch Steuern 
bezahlten, im i Mangel leiblicher Erben völ- 
lige Freyheit hatten, über ihr Vermögen za 
Gunsten anderer Verwandten oder auch , Frem- 
der zu verfügen ; endlich , imter des Königs be- 
sonderm Schutze stehend, vor jeglicher Be- 
schwerde ab Seiten der Magnaten oder des 
^Adels gesichert waren. Die Urkunde ist von 



Stephan dem III* und ron. Em er ich b«y Katoni. T.IT« 
p. 141. 153. 4^7» 



£01 



den zwey Erzbischöfen, drey Bischöfen und . 
neun Grafen, aber nur als Zeugen, unter-, 
«chrieben •). Bela des HL Schenkungsur- 
liunde über die Grafschaft Modrusch an Bar- 
tholomaeus von Veglia gibt auch nicht 
den leisesten Wink von einer Gebundenheit 
des königlichen Willens an der Magnaten Ge- 
nehmigung, und die Namen der zwey Erzbi- 
schöfe, dreyer Bischöfe und sechs Grafen am 
Schlüsse des Gnadenbriefes, stehen bloss da, 
als Zeitbestimmungen seiner Ausfertigung *"). 
Auf gleiche Weise erwähnte Stephan der nL*XC//Ä5. 
bloss der Anwesenheit, nicht einer Bey Stim- 
mung, zweyer Erzbischöfe und sieben Grafen, als 
er zwanzig Burghörige von Presburg aus der 
Knechtschaft in den Adelsstand erhob , zur Be- 
lohnung treuer Dienste, welche sie ihm wäh- 
rend seiner Verdrängung vom väterlichen Thro- 
ne mit Aufopferung ihrer Habe geleistet hat- 
ten *) ; und an der Erhebung des Presburger ^' C- ^^97' 
Burg* Jobagyen Zerzowoy, zu allen Vorzü- 
gen und Rechten des Ungrischen Adels durch 
Emerich, fiir oft bewährte ritterliche Treue 
und Tapferkeit, hatten die Magnaten wieder 
keinen weitem Antheil, als dass die Namen 



a) Bey Katona Hi8t,.B.eg, T,TV. pt6i5. Pa kommt auch 
xum ersten Male ein Graf von Üj-Viir, Ech; und ein Graf 
▼on K u 1 u s , (yielleicht Kolosvdr in Siebenbürgen) P a z m a - 
ny» Ivor. ^) Ka tona 1. c. p. 419. e) Urkunde bey Bei 
Notiüa Hungar, T. I. p, 114, 



L 



von zwey Erzbischöfen, vier Bischöfen und 
fünf Grafen, Zeitgenossen der darüber ausge- 
fertigten Urkunde, genannt Mrurden« Zu ge- 
ziemender Behauptung seines neuen Standes 
erhielt Zerzowoy von dem Könige den 
Marktflecken J6ka nut den umliegenden, un» 
gemein fruchtbaren Fluren und dichten Wäl- 
dern, das grösste Landgut auf den Donau -In- 
seln in der Presburger Gespanschaft. Nach 
dreyhundertjährigem Besitze zerfiel es in meb- 
rere Antheile seiner zahlreichen Nachkonunen- 
Schaft y welche ihres Stammvaters ivürdig, nn« 
ter demNamen der Bethlehem und Farlcas, 
dem Vaterlande rühmlich diente '). 

Das Hoflager der Könige vrar auch in die* 
ser Zeit noch nicht bleibend an Einen Ort ge- 
bunden; mit ihren Kanzlern und Notaren, ge* 
wohnlich Pröpsten und Gelehrten , wie sie et- 
wa die hohen Schulen zu Paris und zu Bologna 
bilden konnten, auch mit einigen Bischöfen 
und Reichsbaronen im Gefolge , zogen sie im ^ 
Lande herum , jedes hohe Jahresfest auf einer 
andern Burg feyemd, und so lange verweilend^ 
als es die allgemeinen Angelegenheiten der Ge* 
spanschaft oder die besondem des Volkes ior* 
derten. Freylich mochte ihre Bewirthung de» 
Grafen u^d Bischöfen bisweilen zur Last gefal- 
len seyn; allein die erstem hatten in den so 



a) Urk. be}^ B eil* c. pt ii5* et T. II. p, 939^ 



selten treu verwalteten königlichen Einkünften 
der Gespansch^ften , die letztem in der Fröm- 
migkeit der Könige reichhaltige Quellen zu ih* 
r^r Entschädigung. Wahrscheinlich gab Er- 
kenntlichkeit fiir öfters erzeigte Gastfreund- 
«chaft den Antrieb^ Kraft dessen Bela der ny*^'^^*^« 
dem ErzMschof e von Spalatro , G a u d i u s , die 
$anct Marien Kirche zu Salpna mit allen dazu 
g^^örigen beweglichen und unbeweglichen Gü-* 
tern , IVifühlenertrag und Zöllen •) ; G e i s a der 
JL demselben Erzbischofe die geräumige Herr- J,C^ii58. 
Schaft Srenina, mit allen Aekem, Wiesen, Wäl- 
dern und Mühlen'*); Bela der III. demFün^ - 
ürchner Bisthume und der Stadt Fünfkifchen'^C.//^o. 
bedißutende Vorzüge und Freyheitenj**);] dem 
Graner Erzbischofe drey Theile aller Marktzöl- T.Q.nsa. 
le in der Stadt Gran *); Emerich demselben 
Prälaten auch den vierten Theil noch, welchen t.q.ii^. 
Bela der königlichen Kammer vorbehalten hat« 
te, femer den Zehnten der Zipser undPresbür» 
ger Zölle, imd dazu das neuerbaute könig^ 
Uche Schloss auf der Graner Burg geschenkt 
hat •), 

Die steten Wanderungen deir Könige hat» 
ten bey damaliger Mangelhaftigkeit der Gesetz^ 
imd der Regienmgs - Kunst die wichtigen Vor-r 



a) Urk, bey Katona* T. IIL p« 591. 5) ürk. ibid. pt 
% c) Urkand.bey Koller Hist. Episaopat. QEccL T.I. p, 
?93» d) Urk. bey l^atqna T. IV« f t 35»« *) ürkt ibidem 



n 



— 404 — 

theile, dass durch des Landesherm öftere Ge- 
gen wart Domstifter und Abteyei^ }n strengerer 
Zucht und Ordnung, Grafen und andere Beam- 
ten der Gespanschaften besser in Zaum und 
Thädgkeit erhalten Mrurden: die Könige aus 
langer Weile nicht leicht in böse Launen ver- 
fielen, die .'bey Fürsten so seltene Fähigkeit, 
selbst zu sehen , selbst zu hören , in heilsamec 
Uebung erhielten, und durch ihre höchsteigene 
Rechtsverwaltung so mancher Unterdrückte zu 
seinem Rechte gelangte. Ein Beyspiel letzte- 
J.CffSe. rer Wohlthat liefern die Geschichten Bela des 1 
IIL Damals besassen Ungarns Prälatea 
und königliche Aebte das Recht , Jobagyen ') 
und auch Knechten auf ihren Herrschaften ade» 
liehe Freyheiten und Landgüter zu verleihen. 
Die Erzbischöfe von Gran besitzen es nocli 
jetzt., Die so Begünstigten hiessen Prädiafr; 
8ten, waren Unterlehensleute ihres Bischöfe | 
oder Abtes, und der königlichen Ritterschaft 1 
gleichgeachtet. Das damit verliehene Gut erb- 
te sich in ihren Familien auf das männliche 



a) Viele V^ahrsdieixiliclikeit hat £üt sich die Ableitung 
der Benennung Jöbs^gy von Orfzag- Jobbah, (die i^ 
Sern, Edlern dea Lßndes)» Aus Jpbbak oder JobbfaKosei 
wurde hernach, milderer Aussprache wegen , Jobagynos 
Jobägiones. In dem Decrete Andreas des !!• werden 
auch die ersten vier Hofbeamten, Jobagyen des Königi^ 
genannt. Georg Kalmi(r bey Bdrdosy Supplem. Analecti 
Scepus. p. 71. -* Es muss daher in Urkunden immer aus dem 
Zusammenhange bestimmt werden, ob Jobagy eines 
Edeln^ Fxeyen, oder Knecht, bezeichnen wolle. 



— S105 -^ 

GescMecht fort. Des Graner Erzbischofs Edel- 
leute oder Prädialisten waren und sind in zwey 
Gerichtsstühle vertheilt; der eine ist zu Vere- 
bely, am Zitwa -Bache, in der Barser Gespan- 
schatt; der andere zu Vajka auf der Insdl 
Schutt. Beyde haben ihre eigene Palatine, Hof- 
lichter und Magistrate, von dem Erzbischofe 
gesetzt, für die Polizey und Rechtsangelegen- 
heiten der Prädialisten, welche jeder andern 
Gerichtsbarkeit entnommen sind. Unter Be- 
la's Regierung hatte sich nun zugetragen, dass 
Von dem Erzbischofe Job zwey Prädialisten 
des Vajker Stuhles, Markus und Peter, die 
adelichen Vorzüge und ihre Ländereyen w^aren 
bestritten worden. Als der König das Land be- 
reisend, in ihre Gegend kam, suchten sie bey 
ihm Schutz in ihren wohlerworbenen Rechten. 
Bela hielt Gericht; Beysitzer desselben , mit- 
hin ein Theil seines Gefolges, waren die Bi- 
schöfe Macarius von Fünfkirchen, Joan- 
nes von Weszprim, Mikuvini von Raab, 
der Palatin Thomas, der königliche Hofrich- 
ter Mok, die Grafen Dionysius von Bacs 
und Es au von Bihor. Nach dem Verhör von 
zwölf Zeugen erkannte der König zu Gunsten 
der Gekränkten. Da gerichtlich erwiesen 
ward , dass sie unter des Königs Panier , gleich 
der königlichen Ritterschaft, WaflFendienst 
venichtet hatten, so wurden sie in dem Besiz- 
ze adelicher Rechte und eines erweiterten An- 
theils von dem Vajker Gebiete für sich imd ihre 



Nachkommenschaft bestätiget. Wie rein i 
Rechtssache , und wie wichtig sie dem Koni 
war, zeigte der Schluss des Erkenntnisses; d 
Verletzer desselben wurde mit der Acht 
mit der Busse von hundert Pfund Goldes 
die königliche Kammer bedrohet *). 

Nicht erst von diesem Könige , als Nach- 
ahmung Byzantischer Gebräuche ^}, wie Einige 
behaupten wollen , sondern früher schon war 
der schriftliche Prozess mit den meisten seiner 
Formen in Ungarns Gerichtshöfe eingeführet, 
von Bela nur weiter ausgebildet worden. Dm 
durch Mangel an rechtlicher Gesinnung, dnrcli 
Habsucht und Missbrauch hernach so sehr ver« 
dorbene Gute der Sache, kam theils aas 
Deutschland *) , theils mit den Zöglingen der 
Bologner hohen Rechtsschule, in das Land. Die 
mehrsten Ungrischen Bischöfe, Pröpste, tö- 
nigliche Kanzler und Notare, waren jetzt schon 
Legisten und Decretisten, das ist, Meister des 
/.C.//5/. Rechtes, sowohl des päpstlichen, welches der 
Benedictiner Mönch Gratianus gesammelt 



fl) Bei. Notitia Hungar, T. 11. p. 235, h) Nicht» für Ge- 
setzgebung und Rechttpflege EispriessUches konnte imBUtt* 
lern Zeitalter aus Coustantinopel geholt -vverden, andinBef' 
den sind die Länder, in welchen Byzantische Yerfastiuig o^ 
Byzantisches Kirchen wesen üblich waren, weit zurückgebli«' 
ben lünter VöiKern , welche das altrömische und das ctaOBi* 
sehe Recht angenommen hatten. c) Es war ein V«^^* 
Friedrich *8 des I. dass er das^ Studium desRömischenKe^ 
tes in Deutschland thätig beförderte. Der Missbrauch ist nid» 
ihm , sondern der Yerderbtheit der Menschen zuzuieGluioi* 



i 



und geordnet , als auch des Altromischen , wel- 
ches früher auf Vei:langen der Gräjfm Mathil- 
de*), der gelehrte deutsche Mann , Werner, /.C.^^^^- 
(Irnerius) wieder an das Licht gebracht und in 
Bologna unter starj^em Zulauf aus allen Lan- 
dern zuerst gelehret hatte. Eben daselbst war 
gegen, das Ende des Jahrhunderts auch schon 
ein Unger öffentlicher Rechtslehrer, Faullus 
Ungarns, bevor er , des vergänglichen Ruh- 
mes überdrüssige in dem Ordenskleide des hei- 
ligen Dominicus in das Vaterland zurückkehr- 
te. Die früheste Spur eines rechtsförmlich ge- J.Cnst. 
führten Frocesses in Ungarn zeigte sich schon 
in .den letzten Regierungsjahren Ladislaw 
des I. in der Streitsache des Fünfkirchner Bi- X C. 40^3. 
tchofs Stephan wider den benachbarten Bac- 
«er Bischof Fabian, wegen verletzter Diöce- 
ftan-Gränzen. In dem urkundlich ausgefertig- 
ten Endurtheile ^) ist die Rede von öfterer 
Rechtszuflucht , Zeugenverhör , Vorzeigung 
der Handfeste, Besitz durch unangefochtene 
Verjährung, von Rechtsausflüchten, Einwen- 
dungen , Eidesleistung imd Geständniss. *) 



a) Abbat Urspergens. Cbronic« ad aim. 1126, h) 
Bey Roller Hiit. Epist. QEccl, T. I. p 171 seq. c) „JPVc- 

^izfi Jwrisdiccione apud praedictum Regem '* ' „jrdoTieorum 

tettium responsione , prwileg^'s ostensione , possessi temperis usu" 
eapcione, neglecte appelaeionis tacitumitate^ jiec qualihet arte 
€auiUticioms " — — post ivarias excepciones, replicaciones, reli- 
gimu tue ßdem rogatw, veritaUm confessus €SU*[ .loc. 



^ 



08 



j.c.iiet. Unter der Reichsverwesung durch den Grantf 
""' * Erzbischof Lucas Banfy, und den Palati- 
nus Am pudin, wurde von dem erstem der 
Kirchliche Gerichtshof ganz nach der canoni- 
schen Praxis der Römischen Curia geordnet, 
imd damit die Vorschriften über Einreichung . 
der Klageschrift, über Rechtsbefestigimg, über 
wechselseitige Klage , Betrug und Halsstarrig- 
keit, über Fristungen und Mehrforderungen, 
über Einrede und Beweisführung, über End- 
urtheil, Appellation und Widerspruch, einge- 
führt ■). Gern gestattete die Anwendung dersel- 
ben auch auf die Reichsgerichte Ampudin, 
welcher ohnehin keine Mühe scheuete, um die 
Landesgenossen von den alten Verordnungen 
der Könige zu belehren, die unter innem 
Kriegen eingeschlichene Zügellosigkeit zu bän- 
digen , die vaterländischen Gesetze in Kraft zu 
erhalten, und in die^ Rechtspflege mehr Ge- 
nauigkeit und Ordnung zu bringen, wobey 
auch er die Nothwendigkeit erkannte , den al- 
ten Gebrauch, vermöge dessen die Könige 
selbst streitende Parteyen anhörten und Recht 
sprachen , abzuschaffen *). 

So weit war es mit der Rechtsverwaltun^ 
als B e 1 a der HL König wurde. Die Einrich- 
tung mit den Bitt - und Klageschriften erhielt ^ 



a) Peterfy Concilia Hangar. P.I. Sckmitth. Arcbiep, 
ßtrigon. P. I, in Luca. ^) Palatini R«gni Hungariae etc. Tyr 
häv. 17Ö3. i» Ompud. 



— Ä09 — 

um so mehr seinien Beyfall, je weniger er Lust 
hatte, gleich seinen Vorfahren, von zanlisüch- 
tig^m, geschwätzigen, in ordentlichem Vor- 
trage ungeübten Volke unbescheiden und frech 
sich überlaufen zu lassen ')• Er setzte sodann 
nach der , am kaiserlichen u^id päpstlichen Ge- 
richtshofe üblichen Weise bestimmte BJtt- und 
JÜageformeln fest, und ernannte zwey Mini- 
ster, welche die Bitten des, Volkes oder die Kla- 
gen der Parteyen anhören, den Inhalt derselben 
schriftlich abfassen, und ihm zur Entscheidung 
vorlegen mussten ^). Es ist nicht zu vermu- 
then, dass hierdurch die ordentliche Gerichts- 
barkeit der Grafen in den Gespanschafte^, oder 
der Richter über die königliche Ritterschaft be- 
schränkt worden sey, denn sicher wiesen die 
zwey Minister minder erhebliche, oder in er- 
ster Instanz angebrachte Angelegenheiten den 
ordentlichen Richtern zu, und brachten nur 
Streitsachen von grösserer Wichtigkeit, od6r 
Appellations- Fälle, vor den König. . 

Zum Schutze öffentlicher Sicherheit in al- 
len Gegenden des Landes wurde von B e 1 a den 



fl) „£go Bela, " jagt er in .einer Urkunde vom Jabre iig* 
(bcy Spiess archivische Nebenarbeiten. Halle 1753 — 1735. Tbl. 

I. p. 140.) „coTisiderans, et in futurum meae regiae majestati 
fraecaveJis y ne aliqua causa in mei praesentiä Ventilat a et defini" 
ta in irritum redigatur , necessarium duxi, ut negotium quodli" 
het in audientia cehitudinis meae discussum, scripti teetimonio 
coi^rmetur," b) Turocz, P. JI. c. 6s* Bonfin. Decad. 

II. Lib. VII. 

U.Tbcü. 2^ 



n 



mo 



Obersten und den Burggrafen in den Gespan- 
Schäften noch ein eigener , jenen nicht unterge- 
ordneter Polizeybeamter , unter dem Namen 
Bilotus Regius *) beygesellet; seines Am- 
tes war, Strassenräuber zu verfolgen, dieBurg- 
hörigen und Burgjobagyen gegen Diebereyen 
zu beschützen. Räuber und Diebe wurden von 
ihm gerichtet^). Mussten gleich jetzt in allen 
Rechts - und Halspeinlichen Streitsachen dieBe- 
weise durch schriftliche Urkunden oder durdi 
Zeugen gefuhrt werden, ^o blieben dennod^ 
im Mangel solcher Beweise, Feuer- und Wtt» 
serprobe , gerichtlicher Zweykampf und Bei- 
nigungseid, bis in den nächsten Zeitraum nod 
üblich. 

Bela, und seines Rathes bewährte Män- 
ner, hatten Kraft und Einsicht zu Verbesserun- 
gen; allein ihr Bestreben konnte keine bleiben- 
den Früchte bringen bey der jetzt schon ziem- 
lich sichtbaren Neigung aller Dinge zum Ver- 
derben. Sehr deutlich zeigte sich dieselbe in 



a) Bilot^ auch Bilo|ch und Bilok. Das Wort scbci- 
net Slayischen Ursprunges zu seyn. In Russischer Sprache be- 
zeichnet Bilo, Stock, Hammer f KLÖpfelf davon konnte dii 
Kussische B u 1 a w a , Keule , Commando - Stab / und das Un* 
grische Bilog, Billeg;, Billyeg, im Allgemeisen, je^ 
Zeichen, Merkmal; im be sondern, Brandmal, kommen. Vid" 
leicht wurden Strassenräuber und Diebe, durch VorzeigiiiiS 
oder Zusendung eines Klöpfels , einer Keule oder irgend eines 
ühnlichenZeicliens, vor des Bilou Richterstuhl geladen ; rlel* 
leicht bey geringerer Schuld zur Strafe mit einem Braudinil 
bezeichnet. *> K ol.H r Jun üng» Amoenitat. Vol. II. p-^ß 
et se^. 



— Sil — 

dem Verfalle der vortrefflichen Comitatsverfas- 
Tsung, eine traurige Folge , theils der Parteyun- 
gen in der königlichen Familie, theils der über- 
mässigen Schenkungen an Kirchen, Klöster 
und an Laien. Unter jenen fanden Grafen, 
Ritter und grosse Landeigenthümer Mittel und 
Wege, dem Aufgebote auszuweichen, sich 
'dann allmählig ganz der Pflicht zum Waffen- 
dienste zu entziehen; durch diese wurden Län- 
dereyen und Dienstleute der Gespanschaften 
i)eträchtlich vermindert, der Diensteifer der 
Grafen und anderer Burgbeamten in Unlust ein- 
geschläfert, die Einkünfte der königlichen 
Kammer nachlässig verwaltet und sehr geschmä- 
lert. Man darf mit aller Wahrscheinlichkeit 
annehmen , dass gegen das Ende dieses Zeitrau- 
mes in den reichern Gespanschaften zwey Drit- 
tel der Ländereyen und der Leute Bischöfen, 
Aebten, Pröpsten und weltlichen Herren, als 
freyes Eigenthum, angehörten *). Freylich 
wurde den so reichlich Begabten immer zur 
Pflicht gemacht, auf ihre Kosten "Waffenmän- 
ner zu des Königs Dienst und des Reiches Ver- 
theidigung bereit zu halten ; aber die Zahl der- 
selben blieb entweder unbestimmt, oder wur- 
de, wie bey der Vergabung der Grafschaft Mod- 
nisch, äusserst gering angesetzt; was waren 



a) Eine genauere Bereclinung aller, nur aus noch vorhan« 
aenen Urkunden bekannten Donationen ron Stephan dem I^ 
bu&ufEmerich bestätiget diese Angabe. 



1 



filft 



von einem so weiten Gebiete, welches sich dem r 
Laufe der Kulpa entgegen über den Fimnara- 
fluss hindehnte ^ zum Dienste , im Lande zehn, . 
ausser demselben vier gehamischte Märnier? 
Leider wussten zu allen Zeiten nur die weni- 
gen Weisen edle Freygebigkeit von ruhmgieri- 
ger Verschwendung, wie echte Gottseligkeit 
von eigennütziger Frömmigkeit , zu xmtcr- 
scheiden ! 

Nach solcher Erschöpfung des Staatsver; 
mögens reichten die anwendbaren Streitkräfte 
nicht mehr hin zu nach drücklicherm. Widerstän- 
de im Kriege mit mächtigem Feinden. Dienst- 
pflichtige Ritter waren Herren grosser Landgu- 
ter geworden , Burgjobagyen mussten begäbet 
und in die Ritterschaft versetzt, die dadurch 
geschwächten Comitats - Paniere mit freygelas^ 
senen Burgknechten wieder ergänzt werden; i 
doch konnte diess nur dürftiglich geschehen, , 
weil die burghörigen Knechte , wie an Kirchen 
und Klöster, so an die neuen Herren und 
neuen Ritter waren verschenkt worden. Daher 
die Ohnmacht Geisa des IL und Stephan ' 
des III. in den Kriegen mit Manuel; daher 
die Noth Emerich's in den Fehden mit sei- 
nem Bruder Andreas. Die Könige waren 
jiothgedrungen, fremde Hülfsvölker zurufen,, 
welche hernach, wie die Böhmen, vom Her- 
J.a//5J. zöge Wladislaw den Ungern zu Hülfe ge- 
führt, ärger als Feinde durch Raub und Phi»" 
derung im Lande sich selbst . bezahlt mach* 



ten •) ; oder es musste aus den Landesgenossen 
Mannschaft angeworben werden für Sold, zu 
dessen Bezahlung den Königen oft die Mittel 
fehlten. 

Sparsamer flössen jetzt schon ihre Einkünf- 
te aus den Quellen, welche in dem vorigen 
Zeiträume reichlich geströmt hatten; denn 
nicht nur Kammergüter, sondern auch Zehen- 
ten, Zölle und Abgaben waren häufig als Kaufr 
preis für die HoflFnung himmlischer Freuden 
theils hingegeben , theils erlassen worden. Die 
drey jährlichen Geldsteuem toussten also jetzt 
öfter auch auf den Adel ausgedehnt werden; 
die Noth des Thrones wurde gerade denjeni- 
gen, deren ganzer Wohlstand von dem Throne 
ausgegangen war, Reiz zur Unzufriedenheit ;' 
Reichthum , mehr durch erschlichene Begünsti- 
gung, als durch Fleiss oder durch Verdienst er-- 
worben, erstickte den Gemeingeist, und da 
die Verschwendung der Könige immer nur die: 
Begierde zu nehmen nährte , erlosch der gute 
Wille, zu geben, was allgemeine Wohlfahrt 
forderte. 

Der Bergbau in Siebenbürgen und in Un- 
garn wurde zwar um diese Zeit schon von den 
Äeissigen Flandrem und Sachsen betrieben: 



«) „Boemi plurimi — -^per Himgariam discurrunt, quaa 
p099unt rapiunt, innumerabilia armenta, iumentaabducunt, in"' 
terficiunt, viUas cum suU rebus ßomburunU*' Also der gleich"; 
zeitige Vincentius Fragens, bey Dobner. Monument. 
T- 1. p. 73. 



— fli4 — 

aber der Ertrag stand noch in keinem richtigeii. 
Verhältniss zu dem Gebrauche, welchen die 
Könige von der Ausbeute desselben machten« 
Der Handel damit, wie mit andern Naturer- 
zeugnissen, brachte so viel auswärtiges Geld 
in das Land, dass die Könige noch nicht nöthig 
hatten , die Münzstätten zu Stuhlweissenhürg. 
Ofen und Herrmanstadt fleissiger zu beschäfti- 
gen; nur als Scheidemünze liessen sie Dick- 
und Hohlpfennige aus Silber, ohne Beschik- 
kung , vier bis neun Gran an Gewicht ausprä* 
gen. Von auswärtigem Gelde waren Byzanti- 
sche Ducaten, von den Namen der Kaiser, Ro- 
manati, Michaelati, Manuelati ge- 
nannt; Friesacher, QFrisatici)^ welchedic 
Salzburger Erzbischöfe zu Friesach an der Met- 
nitz in Kämthen, mit einem Zehntel Leg schla- 
genliessen, Prager Groschen, welche um 
mehr als hundert Jahre früher von ihrem an- 
geblichen Urheber Wenceslaw dem IL da 
waren^ und bey den Flandrem oder Sachsen in 
Siebenbürgen, auch Cölner - Pfennige, am 
häufigsten im Umlauf. Der Friesacher w^ar dem 
Ungrischen Silberpfennig gleich an Werth; 
fünf Friesacher galten einen Silbergroschen 
(Pondus , Ungr. NehezSkJ^ und dieser war das 
Sechstel einer Unze , oder der acht und vierzig- 
ste Theil einer Mark. Zölle, Steuern und Ab- 
gaben wurden nach der Ofen er Mark, wel- 
che um einen halben Ferting , oder um eine 



— zi5 — 

Unze und einen Cölner Pfennig schwerer, als 
die Hermanstädter, wog, berechnet. 

Unter Emerich's Regierung wurden ^'0.iigS, 
auf dem Graner Markte tausend Hasenbälge mit 
fünf Groschen; ein Centner (Alasä) Kupfer 
mit zwey , ein Centner Bley mit einem , eine 
Mase Wachs, zwey hundert und zwanzig Mark 
im Gewichte, mit zwanzig Friesacher ver- 
steuert. Schmiede, Schuster und andere Hand- 
werker hatten für ein Fenster wöchentlich einen 
halbien, der Käufer eines Ochsens von der 
Weide einen , die Metzger für jeden Fleischtag 
einen halben Friesacher, und die Sclavenhänd- 
1er für jeden Kopf vierzig gewöhnliche Silber- 
pfennige zu bezahlen. Um eben diese Zeit 
mussten die Kaufleute bey dem Zollamte zu 
Uj - Falu in der Aba -Uj - Varer Gespanschaft 
für einen verkauflichen Knecht vierzig Silber- 
pfennige; für jeden Wagen, so wie für jeden 
Pack, Gefäss oder Kiste, einen Prager Groschen 
entrichten. Hieraus lässt sich ungefähr auf das 
Steuer- und Zollwesen dieses Zeitraumes im 
Ganzen schliessen. 

Die in andern Ländern längst übliche Ab- 
gabe für das jährliche Umprägen der kleinen 
und äusserst dünnen Blech- oder Hohlmünzen 
{Monetagium^ Cambiurrij in Ungarn Zz^crwm' 
camer aej wurde von Bela dem III. *} auch 



a) Auf ihn beruft «ich Andreas der II. in dem Privile- 
S^o für die Sachsen in Siebenbürgen , t. J. xss4* ^^^ ^^ ^^^ 



in Ungarn eingeführt und ihre Leistung war 
Pflicht für alle, durch besondere Befreyuiij 
nicht ausgenommene Reichsgenossen. Au:h 
die Sachsen in Siebenbürgen , von jeder andern 
Besteuerung frey, mussten der neuen allge- 
meinen Last sich unterwerfen. Die von dan 
ganzen Volke, unter dem Titel des Geldun- 
Satzes, geforderte jährliche Summe, waraif 
fünf hundert Mark Silber, Ofener Gewichccs, 
die Mark zu vier und einem halben Ferting imd 
einem Cölner Pfennig nach Hermanstädter 
Währung, festgesetzt. Erst im folgenden Zeit* 
räume gereichte diese Abgabe Ungarns Völkern 
zu unerträglicher Plackerey und der königlichen 
Kammer mehr zum ^Schaden als zum 6^ 
winne *). 

Viele Städte, an bischöfliche Sitze, grosse 
Abteyen und königliche Comitats- Burgen an^ 
gebauet, sind bereits aus frühem Geschichten 
bekannt; der Ursprung oder dei^ erhöhte Wohl' 
stand einer grossem Anzahl gehört indenge* 
genwärtigen Zeitraum. In der Neitraer-Ge* 
spanschaft an Mährens Gränzen auf hohen Fei» 
sen gedenkt die königliche Freystadt Skalits 



Geldnmsatz -Abgabe von Bela dem begünstigten Siebenbür« 
ger Deutschen aufgelegt worden, so lägst sich far gewiss »* 
nehmen, dass er die Ungern damit nicht verschonet habe, v 
Schönvisner Specimen Disserrat. de praestantia et usu Nu* 
morum Hungariae in Catalogo Instituti Nation. Szccbenyaol 
P.m. p. 6i seq. — Des selb. jNotitia Hungaricae rei o«"»*' 
me p. 163 — 17«^ 



— ßl7 — 

(Szakoltza) ihres Flors in älterer Zeit , als sie 
noch nicht frey und königlich hiess. 
Dort hatte Bela der IL des Lebens Licht er- 
bHckt; und von ihm ward sie hernach mit 
Mauern eingeschlossen. Gegen Osten an der 
Waag liegt Neustädtel (J^agh^ Ujheiy) von 
jeher voll arbeitsamer Einwohner, Wein, an 
Kraft dem Burgunder gleich, in FüUe spendend^ 
und immer noch stolz auf die alte Benennung 
einer königlichen Besitzung von Uj-hely. In 
der Saroser Gespanschaft am Ufer der Tarissa, 
welche das liebliche Thal bespült und bewäs* 
sert, lehnt sich der Marktflecken Gross- Sa, 
res an den Felsenberg, auf dessen konischer 
Spitze aus Gebüschen die Ruinen der alten Burg 
Saros sich erheben, Bela der IL hatte sie 
erbauet und oft bewohnt, ob ihm gleich der 
Genuss ihres grössten Vorzuges, der begeistern* 
den Aussicht über Eperies und Szebeny in die 
prächtige Landschaft, versagt war. Die auf des 
Berges Gipfel noch stehende acht Faden hohö 
Ringmauer umschliesst einen Raum von vier- 
hundert Schritten im Umfange. In ihrer Mitte 
steht die verfallene Burg, fünfzehn Faden hoch, 
«in Denkmal der Grösse und Festigkeit in den 
Werken der alten Könige. Eine Meile längs 
dem Strome hinauf liegt die kleine Stadt 
Szebeny, freundlich , wie ihre Erbauerin, 
Bela des IIL Tochter oder Schwester*), wel-» 



0) Nach Tim 09 (Tibisci Notio* CaisoTine 1735} war et 



— ai8 — 

che daselbst an den einfachen Freuden des Lsnd- 
lebens sich oft] ergötzt hatte. Um diese Zeit 
wurden in der Thuroczer Gespanschaft mehrere 
Felsenburgen aufgeführt, welche in den Ge- 
scliichten der folgenden Zeiten berühmt , jetzt 
in Ruinen liegen. Dort trotzten auf den 
höchsten Bergen aller Waffengewalt und Bela- 
gerungskunst , Sklabina, ein Werk Böhmi- 
scher Slaven, zum Wohnsitze für das Ge- 
schlecht Mypkow; auch Blatnitza am Ab- 
hänge des Felsengebirges Tlsta, ujiweit der 
merkwürdigen Höhl^ M a z a r n a von drey Kam- 
mern, aus deren dritter heftige, nur selten 
ruhende Winde über unergründliche Seen, 
furchtbare Abgründe und donnernde Wasser- 
stürze brausen, und auch den kühnsten Wan- 
derer* zurückschrecken. Die ältesten bekann- 
ten Besitzer, vielleicht auch die Erbauer der 
Burg waren die Tempelritter, welche daselbst 
für ihre Schätze keine raubsüchtige Gewalt, für 
ihre Mysterien keine spähende Neugier zu be- 
fürchten hatten. Eben so sicher waren sie in 
ihrer festen Commenthurey Belehrad auf 
dem Vissehrader Gebirge , welches im Westen 



Sabina, Bela des III. Tocbter; wenn aber diese des vier- 
ten, nicht des dritten Bela Tochter, und Szebeny dennoch 
nnter Bela dem IIL erbauet worden war, so ist wahrschein« 
lieber, dass Margaretha, Geisa des II. Tochter, Bels 
des III. Schwester, des Simegher Grafen Andreas Gemah« 
lin,(Epist. Innocentii fll. ann. i208* Ap* Fray Dietert.de 
Prioratu Auranae p. 206.) die Sudt erbauet habe. 



von Blatnitza, am linken Ufer der Thurotz sich 
erhebt. Höher steigt es Nordwärts empor, und 
auf der höchsten Spitze desselben legte gegen 
Ende dieses Zeitraumes Joannes, Stammva- 
ter des Geschlechtes der Forgacsh, den Grund 
zu der Felsenburg T.huröcz (jetzt Znio\ 
der einzigen Zufluchtsstätte eines, bald her- 
nach von seiner Ritterschaft und seinem Adel 
den wildesten Feinden preisgegebenen Kö- 
nigs. 

Als die Ungern nach dem Beyspiele ihrer 
Bischöfe, Grafen und Könige, und besonders 
durch Aufmunterung des feiner gebildeten By- 
zantischen Zöglings Bela, sich immer mehr 
gewöhnten in gemauerten Häusern zu wohnen, 
kamen auch in des Reiches entferntem Gegen- 
den Städte in Aufnahme. So Wukovar , Illok, 
Peterwardein , Carlovitz , Fossega in Slawo- 
nien; Toplicza, Petrina und Varasdin in Croa- 
tien; Clausenburg und Torda in Siebenbürgen; 
und sämmtliche Städte Dalmatien's, welche die 
üngrische Oberherrlichkeit anerkannten, vor- 
züglich Spalatro und Traw im Genüsse ihrer 
besondem Freyheiten. Mehrere Könige hatten 
ihnen dieselben eidlich bestätiget *); und so 
wurden sie Muster für die Befreyungen , wel- 
che auch den Wohlstand, sowohl der Deut- 



a) Urkunden von Stephan II. J. iis4« ▼on Geisa IT« 
J« »143, bey Koller. Hist. Ep. QEccl. T. I. p. 186. et 196. von 
«lanselbcn, J. 1151. bey Farlati T. IV. p. 330. 



sehen Colonien in Ungarn, als des achtba- 
ren und edeln (Tilniae et inclytae) Flä- 
misch - Sächsischen Volkes in Siebenbürgen be- 
gründeten. 

Schon in diesem Zeiträume waren in ver- 
schiedenen Ungrischen Gespanschaften Deut*« 
sehe, insgemein Sachsen genannte, Pflanzbur- 
ger angesetzt. Das Jahr ihrer Berufung oder 
Einwanderung lässt sich aus Mangel an Urktm- 
den nicht bestimmen; wenn aber dieKön^e 
Andreas der IL und Bela der IV. den Mei- 
sten vielmehr veraltete oder widerrechtlich 
angefochtene Freyheiten erneuert und bestäti- 
get , als dieselben .ursprünglich verliehen ha- 
ben, [so gehören sicher schon in diese Zeit die 
Deutschen zuGiessingen CNSmet Uj- Vär) 
in der Eisenburger Gespanschaft, wahrschein- 
lich von dem Grafen Wolf er aus dem Hause 
Hedervar, eingeladen; eben so die Deat- 
schen in den Bergstädten Libethen, fldbeth' 
BdnyaJ Alts o hl {ZolyomJ ^ und Karpfen 
CKorpona), in der Soler; Kremnitz, Kö- 
nigsberg, (Uj ^Bänya) und Sachsen- 
stein, in derBarser; Sehe mnitz und Dilln 
( Bela - BdnyaJ in der Kliein - Honter Ge- 
spanschaft, berufen, um durch ihre Kunst 
und Arbeitsamkeit den , zwischen Felsen be- 
grabenen reichen Gold- und Sübersegen der 
Natur an Tag zu fördern; ferner die Deutschen ' ^ 
des Zipserlandes, namentlich in den drey 
Dörfern, welche später zur Stadt Käsxnark 



221 



vereiniget wurdet. Die Deutschen in Eperies 
und in den zwey Dörfern Ober - und Unt er- 
hasch a, aus welchen hernach die Stadt Ka- .. 
schau entstand; so wie die Gäste des Sanct 
^Niklas Kirchspieles in Saros-Patak, und 
.die Deutschen in Sachsen -Beregh (J?e- . 
regh'Szäfz) an der Szemye, waren Vermuth- . 
lieh daselbst von den , nach Siebenbürgen zic- . 
hejaden Flandrem zurückgeblieben. 

Diese thätigen und arbeitsamen Flandrer, 
erst durch sechzig Jahre Bewohner des Landes, •^•^•'^^•^• 
hatten in dieser Zeit schon die festen Städte "" ^^^^* 
Medwisch, Hermanstadt , Schäsz- . 
bürg, Müllenbach, aus den Ruinen des al-^ . 
ten Vlpianum Clausenburg, Kronstadt 
und B istritz erbauet; in den folgenden Zeit- . 
punkt gehört die Erzählung, wie hernach die- 
se Städte mit ihren angehörigen Marktflecken 
und Dörfern in eilf Stühle vertheilt, zu Ei- 
nem Körper der Sächsischen Nation unter dem 
Hermanstädter Grafen als gemeinschaftlichem 
Oberhaupte vereiniget wurden, und in welcher 
Verfassung sie lebten. Ausser Gemeinschaft 
mit diesen, und wahrscheinlich schon früher 
da, doch mit ähnlichen Freyheiten begäbet, 
waren in der Weissenburger Gespanschaft die 
Sachsen zu Karako, Chrapundorf »(jetzt 
Magyar Jgen^ undRams. Der Bau der 
reichhaltigen Gold- und Silber - Bergwerke bey 
Gross- und Klein -Schlatten; C^brud • Bdnya 
\aidiZalathnä)y wo nach dem Zeugnisse daselbst 



gefundener Inschriften, schon die Römer Pro- 
curatores und Collegia Aurariorum 
hatten , war ihre Bestimmung *). 

Das Gebiet zwischen den Flandrem oder 
Sachsen in Süden , den Moldauischen Carpaten 
in Osten und Norden, den Kükullöer und Tor- 
der Gespanschaften in Westen, war noch im- 
mer der Wohnsitz der.Szeider, des Magyari- 
schen Zweiges, welcher bey Vertreibung der 
Ungern aus Atelkusu durch die Petsch^^eg^n 
sich dahin geflüchtet hatte. Es ist ungewiss, 
ob schon damals ihr Land in die bekannten sie- 
ben Stühle und sie selbst in die drey Glasseiii 
Oberhäupter (^Primäres; F6 NepekJ, 
Hauptleute (^Primipili ^ Löfejek) ^ und 
freyes Volk, Trabanten CP^^^^ libera, 
KöznepekJ getheilt waren; aber sicher kann 
behauptet werden, dass sie von jeher, gleich 
den alten Magyaren in Pannonien, aUe Vor- 
züge , Rechte und Freyheiten eines angebomen 
und anerkannten Adels genossen. Sie besas- 
sen ihre Ländereyen vermöge der ursprüngli- 
chen Besitznahme, nicht durch königliche Ver- 
gabung oder Standeserhöhung , bezahlten we- 
der Zölle, noch Zehnten, noch Steuern, ver- 
erbten ihr Vermögen, unbeschränkt von dem 



d) Grund Verfassung der Sachsen in Siebenburgeii« 
Offenbach. 179«. S. 13. Benkö Milkoyia P. II. p. 178. 179»— 
Neues Ungrischcs Magazin I. SiebenbOrgex Quaxtsliclir. 
IL et IV. 



Fiscii5, an ihre Kinder , Verwandten, oder an 
wen sie wollten ; hatten ihre eigenen Befehls- 
haber , Anführer und königliche Richter, 
von ihnen selbst und aus ihrem Mittel gewählt- 
Ihre Verfassung beruhte auf dem Gewohnheits- 
rechte, und dieses wurde auf den Tagen bey 
dem Hauptstuhle in Udvarhely ausgemit- 
telt und festgesetzt *)• Sie leisteten den Köni- 
gen Waffendienst, die Hauptleute zu Pferde, 

; die Trabanten zu Fusse. Gewöhnlich wurden 
die letztem mit den, um Altenburg und an 

j der Theiss ansässigen Petschenegen (^Bisse^ 
nern)^ nur mit Bogen und Pfeilen bewaffnet, 
ausgesandt, um den Feind auszuspähen und 
den ersten Angriff zu machen, ohne jedoch 
Stand zu halten, wozu sie gar nicht gerüstet 
waren ^), 

Kriegerische Tapferkeit erwarb den Pe- 
tschenegen , welche in das Reich waren aufge- 
nommen worden, gleiche Rechte und Fr eyhei- 
ten mit den Ungern und Szeklem. Sie wurden 
in mehrere Haufen getheilt, und erhielten zur 

, Schlichtung ihrer Angelegenheiten eigene Gra- 



o) Benkö Transsilvania Tom. !• p. 407 — 499* Senk 6 
BfUkovia T. II. p- 44 — 53* Nur darf man die Szekler, weder 
jnit Benkö, zu Ueberbleibseln der Hunnen, noch mit 
Schlözer im irrigen Glauben, dass Atelkusu auch Sieben- 
bürgen in sich begriffen habe , folglich die Magyaren von Pe- 
tschenegen auch aus Siebenbürgen seyen vertrieben worden, 
SU Abkömmlingen der Petschenegen oder Kumaner machen* 
b) Otto Frising. de reb. gest. Friderici 1* Xib. I. c. 50 «t 
5s. Turocz. P. II. c. 65. 



1 



— . 224- **■ 

fen. Ein solcher , und zwar der erste bekaiiti- 
J. C. ii$s. te , war M o g h , unter B e 1 a dem III. zugleich 
Palatin und Bacser Graf. Die Haupthotde die- 
ses Volkes wohnte, seit ihrer gräulichen Nie- 
/.C./o^. Verlage bey Beroe unter dem Kaiser Joanne« 
ComnenuSy am linken Donauufer , und 
herrschte daselbst, gegen die Aluta, das eisei- 
ne Thor und die Gränze Siebenbürgens sich 
ausbreitend, über die noch übrigen Häufender 
Bulgaren und Wlachen, wodurch der nördli- 
che Theil des von ihnen besetzten Gebietes die 
Benennung Silva ^Blacorum et Bissena- 
rum erhielt '). 

Das Kriegswesen der Ungern hatte wäh- 
rend dieses Zeitraums, ausser der schon be^ 
merktet! Schwächung der Streitkräfte im Gan- 
zen , bloss in der Rüstung einige Veränderung 
erfahren;' nicht mehr leicht bewaffnet und 
leicht beritten, wie vormals, sondern in Nach- 
ahmung der Byzanter und der Deutschen, ge- 
panzert und geharnischt , zogen sie zu Felde, 
sogar ihre Pferde waren an Kopf, Hals , Brust 
^ und Vorderbeinen mit Eisenschienen bedeckt. 
Auch hatten sie schon Feldmusik, um in dem 
Marsche und andern Kriegsbewegungen Lust 
und Ordnung zu erhalten. Als die Ungern in 
Vereinigung mit Böhmen und Polen den Gxos9r 
j,C.ff5f. fürst Isäslaw als Sieger in Kiew einführten, 



a) Engel Gesch. det.Ungr. Reidiei Tbl. I. S, 359 ^ 



wurden sie ihrer Feldmusik wegen, von den 
Kiewern ganz vorzüglich geschätzt, häufig, zu 

, Gastmahlen eingeladen^ uind ungemein bewun* 

, dert •)• 

Der Stand der Knechtschaft wurde in die- 
ser Zeit schon stark vermindert, von Seiten der 
Könige durch Versetzung der Knechte in die 
Classe der Burg - Jobagyen zu einiger Ergän- 
zung l der Comitats - Paniere ; von Seiten der 
grossen Giiterbesitzer , Bischöfe und Aebte, 
durch Freylassung für Geld, oder für Ver- 
dienst, oder zur iStellung pflichtmässiger Ban- 
derien. Auch die von altern Gesetzen verhäng- 
te Sbrafe der Knechtschaft wurde schon häufi- 
ger in Todesstrafe verwandelt ^}. Die Lasten 
und Dienste wirklicher Knechte blieben unver- 
ändert. Nach Angabe einiger Urkunden niuss- 
ten sie dem Herrn ein Pferd halten , ihn fah- 
ren , unter Weges bedienen , seine Zelte auf* 
schlagen, zur Aerntezeit durch drey auch vier 
Tage in der Woche Getreide schneiden, mä- 
hen, die Pferde des Herrn hüten. Gras herbey- 
schafEen , Holz hauen , und die Gemächer heiz- 
zen. Bedingt Freygelassene hatten, ausser dem 
Getreideschneiden und Grasmähen, alle erst 
erwähnte Dienste mit Knechten gemein, über- 
diess aber waren sie verpflichtet, am Sanct Mar- 



a) Engel Gesch. von Halhsch und WUd. 8, 48i« b^ 
Rollär Amoenit« VoL IL p. 139 seq. 

II.TlieÜ. jy; 



Q26 



^ 



tinstage dem Herrn einen Zober (^Tsöbör, Cu- 
bulus) Honig y Ein Schaff sechs Zober Malz, | 
{ßrasiurris Brace) sechs Zober Weitzen (-4fl- 
nond) s und sechs Fuder Heu zu liefern. Vom 
Sanct Martinas - bis zuni Sonnabend vor dem 
Ostertage mussten sie mit der Axt auf dem 
Hermhof bleiben, und Zimmerarbeit verrich' 
ten ; wöchentlich abwechselnd war Einer von 
ihnen Vorsteher der übrigen, Nebenbey oblag 
ihnen noch Leistung der Fuhren, wohin im- 
mer der Herr sie senden wollte; und wenn er 
es genehmigte, durften sie ihre Töchter an 
Freye verheirathen , und ihre Söhne mit freyen . 
Jungfrauen , ohne dass diese dienstbar wurden, 
verehelichen. 

Vorwerke mit solchen hörigen 'Knechten 
.oder Freygelassenen waren in der ersten Hälf- 
te des Zeitraumes, wie Neteg, vielleicht in i 
Slawonien , für sieben hundert Pensen *) ; ein 
anderes, jenseit der Drawe, für ein hundert 
Pensen und zwey Reitpferde; das Vorwerk 
Hon, vermuthlich in der Szalader Gespan-i 
Schaft, für neunzig Pensen, sechzehn Ochsen 
und zwey Pferde verkauft worden **)• Gegen 
d^ Ende dps Zeitraumes waren für Güter, wie 
Z o 1 o n t a , mit Marktgerechtigkeit , Land und 



a) 4 Pensen =: i Mark Silber« ß) Uilcimde Tom J* iiSS* 
för die Propstey in Bozok. — IJrkimd. vom J. 1136. iiax^ 
Abtey Chätar. bey Katona äist. Reg. T. III» p« 493 le^* ^ 
503 seq. 



Leuten zwey und achtzig Mark; für das viertel 
der Herrschaft Mykus, mit Pallast , fünf 
Weinbergen , vier Vorwerken und den dazu ge- 
hörigen Weinbergen, Mühlen, Freygelassenen, 
Knechten und Mägden vierhundert Mark Silber 
bezahlt worden '). 



U. 

Verhältniss des Ungrischen Reiches 

zu dem Papstthume. 



Im vorigen Zeiträume waren die Konige 
der Ungern nur freye und getreue Söhne der 
Römischen Kirche; in diesem wurden sie 
kräftiger Päpste kleinmüthige und unterthänige 
Schutzgenossen , weit weniger durch jener um 
sich greifende Geistesmacht, als durch eigene 
Schuld, oder durch Mangel an Herrscherklug- 
heit in verwickelten Umständen und überra- 
schenden Ereignissen. Fimfasehn Päpste sassen 
in dieser Zeit auf Sanct Peters Stuhl. Cöle- 
stin der n., Lucius der 11. und Gregor der 
\11L nur durch einige Monate; Innocen- 
tius der II. durch dreyzehn, Alexander det 
HL nicht volle zwey und zwanzig, von den 
zehn übrigen keiner über neun Jahre. Die mei- 



a) Urkunde Andreas III. ' für die Propstey Lelelk, bey 
BüiojM Hist. Reg. T. V. p. i80* 



Steh standen schon in hohem Alter, waren in 
Leitung der Welthändel geübt, ehrbaren Wan- 
dels, fromm und gelehrt; keiner gross an Idea- 
lität imd Heiligkeit, wie Gregor der VII.; 
oder an Weltklugheit, wie Urban der IL Der 
gottseligste war, der Cisteraienser Abt aus 
Bernhard's Zucht, Eugenius m. Ruhm 
der Gelehrsamkeit und unternehmender Kühn- 
heit hatten der Engländer Brek -Spere, 
Hadrian IV. genannt, und der Sieneser Ri- 
nucci, Alexander III.; dennoch standen 
die zwey ersten in keinem, der letzte mir in 
geringem Verhältnisse zu dem üngrischen Rei- 
che. Ein näheres herbeyzuführen, hatte keiner 
von ihnen Antrieb oder Müsse im schwer^ 
Kampfe für Italiens Unabhängigkeit ^imd der 
JÜTche Freyheit gegen den gewaltigen Kaiser 
Friedrich; für die zeitlichen Güter und dai 
Wohlleben der Clerisey, gegen den fanatischen 
Wahrheitszeugen aus Brescia, Arnold; und 
für ihren eigenen Stuhl gegen vier, von dfem 
Kaiser und von allen Gottlosen beschiitnte Af- 
J.C.y/7^. terpäpste. Erst unter Bela dem III. und sei- 
-- yjoi. nem Sohne E m e r i c h , durch die letzten zwey 
ujid dreyssig Jahre dieses Zeitraimies , erschei- 
tien in den Geschichten der Ungern die Päpste, 
besonders der letzte, Xnnocentius III| 
mächtiger und thätiger als ihre Könige ; allein 
Achtung für Wahrheit fordertauch das Geständ- 
niss, dass diese Macht und Thätiglieit jenen 



— flog . — 

mehr aufgedrungen , als von ihnen erschlichen 
oder erstrebt worden sey. 

Aus den siebenzehn Jahren, in welchen «^.C.///^. 
Stephan der IL König war, ist von vier sehr^ "" ^''^^^ 
achtbaren Päpsten , Paschalis EL, GeJasius 
n., Calixtus IL und Honorius 11. keine. 
Spur ihrer apostolischen oder obervormund- 
schaftlichen Sorgfalt vorhanden ; weder der Kö- • 
nig, noch die Bischöfe, hatten irgend einen 
Beweggrund , ihre einheimischen Angelegen- 
heiten Römischer Leitung zu übertragen ; und 
die Päpste , hart bedränget von dem mächtigen 
Geschlechte der Frangepani, konnten nicht 
daran denken, sich Einfluss in dieselben zu 
verschaflEen. 

Die hohe Meinung von dem Papstthume, 
im Allgemeinen , welche seit Gregor des VIT« 
hierarchischen Wirkungen in den Verehrern des 
'Rechtes sich festgesetzt, und trotz dem heftig 
widerstreitenden, Rechtshasse immer mehr be- 
gründet hatte, war nicht Aberglauben, nicht 
Vorurtheil, nicht Irrthum; sondern zcitmögli- 
ohe und zeitgemässe OflFenbarung der ihnen 
aufgegangenen Idee von göttlicher Herrschaft 
des ewigen Rechtes über zeitliche Gewalt in der 
Weltregierung; bis zu scharfer Unterscheidung 
des Mittels von dem Zwecke, der Bahn von 
dem Ziele, des Vorhofes von dem Heiligthume, 
konnte sich die Fassungskraft jenes Zeitalters 
noch nicht erheben : daher kam es , dass viele 
Fürsten den Papst für das Orakel des ewigen. 



Rechtes selbst hielten; wenn er von ihrem 
Walten keine Kenntniss nahm , sich von Gott 
selbst verlassen glaubten, und mehr gottes« 
fürchtig, als für die Folgen besorgt, nicht Ru* 
he hatten, bis sie Gelegenheiten fanden. Be- 
weise seiner heiligen Machtfulle zu fordern und 
zu empfangen. Also that auch König Bela 
^ der n. , nachdem Clerus und Volk von Spalatro 
/.C./#<^. ihren Mitbürger Gaudius zum Erzbischofe 
gewählt,» Felicianus Erzbischof von Gr«in 
ihn geweihet hstten« Nicht dieser, sondern 
Bela für ihn bewarb sich bey Innocen« 
tius dem IL durch mehrere Zuschriften 
und Gesandtschaften *) um das Pallium. Nur 
diese königliche Verwendung bewog den Papst, 
dasselbe zu senden; doch begleitet von emem 
scharfen Verweis an den Erzbischof, weil er 
die Weihe zu Gran, nicht zu Rom, alten Einrieb" 
tungen gemäss, ^nachgesucht hatte"*}. Es war 
dem Geiste des Fapstthumes eigen, wenn er 
erst zur Wirksamkeit aufgefordert wurde, in 
der Behandlung Gegenwart, Vergangenheit 
und Zukunft zusammen zu fassen, und neben 



d) „Dilectus Filius noster, Bektt Vngariae Rex , pro t« 
multoiiea apud sedem apostoUo^m per litteras et nunciosifi* 
tercessif." etc^ Urkund. bey Katona Hitt« Reg. T. HI* p* 
5ä3* i>) ,, Examinatio et consecratio Salonitani archiepiscopi €* 
miUiqua institutione ad Romanum pontificem specialiter 9pe^(^^* 
Quocirca in sanctam Momanam ecclesiam graviter deli^uisse ei 
clapes B. JPetri ausu temerario euacuare voluisse d'gnosceris. -« 

• Licet ergo vehemerUer exceeseris, licet contra stimiUum cd' 

citrare molitue eie " etc» 1. C. 



,— £31 — 

d.er Sache des Augenblickes, erloschene Ansprü- 
che wieder geltend zu machen, oder ?>eue vor- 
zubereiten. 

G e i 8 a der II. bedurfte weder der päpstli- 
chen Sorgfi^t, noch des päpstlichen Schutzes;*^ •'''^^* 
gegen einheimische Feinde sicherte ihn die "" ' '* 
Treue, gegen auswärtige die Tapferkeit der Un- 
gern; in andern bedenklichen Lagen diente 
ihm der gottselige und weise Priester Lucas 
B a n f y als Orakel ,des Wahren und des Rech- 
ten f auf das er sich verlassen konnte. Vier 
Päpste Cölestin IL, Lucius U., Euge- 
nius in. und Hadrian IV., welche wäh- 
rend seiner Regierung erschienen und ver- 
geh wunden w^ren, hatten ihm nichts zu verlei- 
hen > nichts an ihn zu schreiben; der fünfte, 
rechtmässig gewählte Alexander III. ward 
von ihm und dem üngrischen Reiche, trotz den 
Bewerbungen des Kaisers Friedrich für sei- 
nen Afterpapst Victor, anerkannt. Dieser 
sow^ohl, als Alexander, sollte sich auf dem 
grossen Hof tage zu Pavia stellen, damit ausge- J.C.1160, 
macht w^ürde, welcher der Rechtmässige sey. 
Dazu waren von dem Kaiser, ausser den Itali- 
schen und Deutschen, sämmtliche Bischöfe 
Frankreichs , Englands , Spaniens , Ungarns 
und Dalmatiens eingeladen worden. Doch 
aus allen diesen Reichen war nicht ein einziger 
erschienen, auch, wie biUig, Alexander 
nicht, und nur fünfzig Bischöfe Italiens und 
Deutschlands, des Kaisers Willen mehr, als 



^ 



— Ö3ß — 

Recht und Wahrheit achtend', huldigten dem 
Afterpapste. Solche Priester durften sich nicht 
mehr scheuen, auch die Acten ihrer Versamm- 
lung zu verfalschen; dreist schrieben sie am 
Ende hin : „ der König der Ungern hat durch 
Sendbriefe und Gesandten eingewilligt *)." Al- 
lein die Unwahrheit kam bald an Tag; Julius, 
Bischof von Praeneste, und Peter, Cardinal- 
Diacon, Alexanders Legaten an die Ungern 
und Spalater, wurden von G e i s a niit ausneh- 
mender Ehrenbezeugung aufgenommen; auch 
ohne Weigerung belehnte er den würdigen Pe- 
trus Lombardus, Bischof von Nami , wel- 
chen der Papst zum Erzbisthume Spalatro auf 
Ansuchen des Clerus und Volkes ernannt hatte. 
Die Genehmigung der Acten von Pavia würde 
den König zu ganz entgegen gesetztem Betra- 
gen bestimmet haben ^); die Anerkennung; 
Alexander's im Ungrischen Reiche war aus- 
drücklich durch Sendschreiben an den Salzbur- 
ger Erzbischof Eberhard ") von LucasBän- 
f y und von Geisa bezeuget worden, 

J.C.ii6f. Nachdem Lucas Banfy, des Rechtes 

unbeugsamer Verfechter, über den Anmasser 
Ladislaw den II. den Kirchenbann verhän- 



a) „ Heot. Rungarorum per literas ei legatos suos constnsif,^ 
Baronius Annal. ecclesiait. ad ann. 1160 lu XXI V. b) Ba- 
Tonius 1, c. ad ann. 1159. "' L. LIII. LV. LVH. liXlH. »i 
ahn. 1160. n. I. XIX. Farlati niyr. S. T. IH. p. 1J3. 0) 
Hansisii Germ. S. T. II. p. «7^. 



«35 



get hatte, wagte der Coloczer Erzbischof mit 
seinen untergeordneten Bischöfen und mit den 
Grafen der südlichen Gegend Ungarns einen 
Schritt, welcher die ganze Folgereihe päpstli- - 
eher Elinmischung in die Angelegenheiten des 
Reiches und der Kirche nach sich zog, und 
gleichsam zu Recht beständig machte. Durch 
ihre Vermittelung , oder auf ihre Verwendung 
sprach Alexander den Af terhönig von dem 
Banne des Graner Erzbischofes los, doch muss«» • 
te sich derselbe verpflichten, hundert Pfund 
SUber jährlicher Schätzung an die päpstliche 
Kammer abzutragen •) ; und hiermit war das - 
Beyspiel aufgestellt, nach ~ welchem die folgen- 
den Päpste schon offenbarer, sowohl in die 
Metropolitanrechte des Graner Erzbischofes ein«- 



m^'^-pw>mm»'m^ 



d) „ Ladislao IL Regt Hungariae, 'qui Pontificis Romami 
numdatis minus paruisset , sacris int er dictum est , net aliter ve^ 
niam obtinuit, quam si centum argenti pondo , armui census no^ 
nünfi, Pontifici Mom^^no dependeret, " also erzählt das Factum 
Joannes Bodinus (de Republica ]Lib. I.) i^elcher, ^yäh« 
xend seines Aufenthaltes in Rom , es , |wie so manches andere, 
in Actis Yaticanis, worauf er sich auch sonst beruft^ 
mochte gelesen haben, folglich einigen Glauben verdient. Die 
Nachricht könnte to verstanden werden , dass Alexander 
den Ladislaw ermahnet habe, die widerrechtlich an sich 
gerissene Krone seinem Neffen , Stephan dem III. , G e i s a *• 
rechtmässigen Erben zurückzustellen ; ^reil er aber nicht ge- 
horchte 9 habe ihn der Papst mit dem Banne belegt : allein 
jbi Heinrich von Magien ausdrücklich meldet, dass der 
Graner Erzbischof Luther (Lucas) den Bann, wider Ladis« 
law ausgesprochen habe« mag sich das von Bodin erzählte 
Factum -'Wahrscheinlich «o zugetragen haben , wie es oben er« 
aiblet worden ist* 



greifen, als auch mit der Forderung ji 
Schätzungen oder Zehenten die Ungrische 
che heimsuchen durften. Viele Römische 
massungen sind bloss durch die Kraft des 
sten Beyspieles Hecht geworden. 
JX.iiSq. Aehnlichen, gegen Staatsklugheit streift 
den Missgriff machte acht Jahre später auf 
Lucas Banfy, wenn etwa, wie es scheii 
dürfte , auf seinen Betrieb durch den päpst 
chen Cardinal - Legaten Albert Mora 
wirkt wurde, was lediglich von demt^ö^gel 
Verbindung mit den Bischöfen, ohne Daz) 
^chenkunft fremden Ansehens, hätte geschehf 
sollen. Schon, dass der König und die 
schöfe einen Legaten , „ durch dessen Fli 
und Bemühungen die Römische Kirche (< 
Papstthum) freudiges Wachsthum gewinni 
sollte •) , " annahmen , war mehr humane 
staatskluge Achtungsbezeugung gegen den a] 
stolischen Stuhl: dass man aber den'ede 
siiinten König Stephan gerade jetzt, 
Vermittelung des Legaten , und vorzüglich a| 
Verehrung gegen die Römische Kirche] und 
gen den Herrn Papst Alexander, die Frt 
heit der Ungrischen Kirche durch ein feyei 
ches Edict festsetzen liess ^^, das war 



a) yt Vt eocUsia Romana de diligentia et studio tuo 
incrementum recipiat» " Epist. Alexandrilir, ap. F«ri 
ti lUyr. S. T. III. p. i88- ^) Rescriptum pfipiUgii Regii^ 
gariae, gui pro reverentia ecclesiae Romanae et Domini Aui 
dri Papae ecclesiae Hungariae Ubertatem donäpit etfecit/* 



— 335 ~ 

liehe Hingebung dieser Freyheit selbst mit der 
Freyheit des Reiches an eine fremde Macht. 

In diesem Edicte bestätigte der König aus 
eigenem Antriebe *), den heilsamen 
und dringenden Ermahnungen des 
Cardinai's Mora gemäss*), in Vereh- 
rung der Römischen Kirche imd des Papstes 
Alexander, seinem 'Vater Geisa, ehrwür-^ 
digea Andenkens , nachahmend, dessenVer« 
Ordnung, Kraft welcher Bischöfe nimmer« 
mehr ohne Mitwissen und Genehmi** 
gung des Papstes ^) abgesetzt, oder aus 
einem Bisthume in das andere versetzt werden 
sollten* FfT versprach femer für sich und seine 
Nachkommen, von der Gewohnheit seiner Vor- 
fahren abzustehen und nach dem' Tode eines 



a) „ Proprio ratione inducti» *' Und aach nur bey diesem 

dmzigen Motiv h4tte et bleiben aollen, b) „Saluberrimü exhor-* 

tatianihus M» penerabilis S* Rom, EccL cardinalU propensius at^ 

tentiugque commoniti* " Da man hier das heilsame principiit 

obtta ausser Acht gelassen hatte, so musste man sich hernach 

dergleichen heilsame und dringende Ermahnuiigen von Rom 

aus häufiger gefallen lassen. Zum Glücke waren sie für dio 

allgemeine Wohlfahrt, bey der sittlichen Unmündigkeit und 

Unbindigkeit der Regenten und derStftnde Öfterer heilsam , als 

schädlich. c) „ Constitutionem super depositione et transmuta-K 

fione episcoporum , quod in suis posteris Domino Äleipandro Papae 

et suis successoribus noscitur eoncessisse^" Oi^e Constitution 

des Geisa ist nirgends mehr vorhanden, und nirgends aU 

hier, ist eine Beruf nag auS- dieselbe. War sie wirklich gegeben 

forden, so fällt sieinGeisa^s letztes Regiernngs • Jahr. Sie 

mochte in ihrer Form dem päpstlichen {Stuhle nicht genüget 

haben, darum suchte man durch den L.egaten Mora eine ge« 

»aufr bestimmte mid irechukräftigere zu erbalten. 



Bischöfe zur Verwaltung der bischoflichen Eia-. 
kimfte nie wieder Laien, sondern ehrbare i 
Geistliche zu bestellen , damit diese , nach Ab? 
zug ihres nothdürftigen Unterhaltes, das üebi> , 
ge getreu und gewissenhaft zu Erhaltung d£r' 
Kirchen - und geistlichen Wohngebäude, auch/ 
zum Besten der Armen , der Witwen und ixf • 
Waisen verwenden möchten. Ihm sowohl ab, 
seinen Nachkommen sollte es verboten seyi>- 
und bleiben, von diesem Ertrage irgend etwtf . 
sich anzueignen , es sey denn , dass ein gewalr. 
tiger Feind. das Reich überfiele, oder die drin-. 
gendste Nothwendigkeit es forderte; aber- 
auch dann soll es nicht anders , als mit Gendh« 
migung der Bischöfe geschehen. Mit gleich-, 
massig verbindender Kraft fiir sich und seinßj 
Nachfolger entsagte er der hergebrachten Ge- 
wohnheit , Pröpste und Aebte der königlichen 
Stifter ihrer Würde zu entsetzen , es sey i^ 
3ie wären eines groben Verbrechens incanor; 
nischer Rechtsform *) überwiesen, joto 
zu desselben öffentlichem Geständniss gebracht 
worden. Und da bey eben dieser Gelegenhflt 
4er Coloczer Erzbischof C o s m a s , sämmtlicha 
Bischöfe, königliche Pröpste und Aebte i nadi 



^m 



a) i, NUi infausto ea^u coniingeret, eos super cerio en'jiM, 
eanonico or dine convinci pel crimen suum publice ccfnfiteru 
Wieder ein Beweis, dam die Kirchenrechtliche Prozetsoi^- 
Bung schon Tor Bela dem IIU in Ungarn üblich war, fo^ 
lieh nichts derglfliohen Rechtliches aus Constantinopel gekoO" 
men sey. 



/ 



— 557 "— 

dem Beyspiele des Königs, von ihrem wider» 
rechtlichen Verfahren in Einsetzung oder Ab- 
isetzung der Pröpste und Einziehung kirchlicher 
Pfründen abzustehen in die Hände des Legaten 
versprochen hatten, so verordnete der Könige 
dass es für alle Zukunft dabey verbleiben , und 
keinem Erzbischofe, Bischöfe, Propste und 
Äbte mehr gestattet seyn sollte, irgend einen 
Geistlichen, ohne canonisch [erwiesenes und 
eingestandenes Verbrechen, seiner Würde oder 
Pfründe zu entsetzen "). 

Hierbey war der Graner Erzbischof Lu- 
cas ;Banfy nicht, wie der Coloczer, Cos« 
mas, genannt worden; ein Zeichen, dass der 
rechtliche Mann solches ungerechte Verfahren 
^ch nie erlaubt , zugleich aber auch Grund zu 



«) Die Urkunde iteht bey KolWr (Hitt. Iuris Patroimt. 
uang. Reg. p. zao.) Weil in der Ausgabe derselben von 
*€oiiteloro (Concordia Alexand. IIL cum Frideric. |. Farii^ 
>66B« fol. pag. 195*) im Anfange, statt ;S(ttphanus) , £(ela) 
steht, soll nach Kollirs Meinung Bela der III., nicht 
Stephan der III. des Edictes Urheber seyn, und dasselbe 
^uchtin das J. 1169. sondern 1179. gehören; allein ausser demt^ 
^Mü die Buchstaben S und B in handschriftlichen Urkunden 
Und Abschriften sehr leicht verwechselt werden konnten , wird 
KolUrs Behauptung auch dadurch widerlegt, dass der Vt* 
heber dieser Urkunde am .Schlüsse sich auf den Rath seiner 
ralunwürdigen Mutter , der Königin, berief, welches Ste- 
phan der III. fast in jeder, Bela der III. in keiner Urkun- 
^ that* Auch heisst es im Anfange der^ Urkunde : als L(ucas) 
SU Gran, C(osmas} zu Colocza Erzbischöfe waren; diess abe^ 
War Wohl im J. 1x69. der Fall; nicht 1. J. 1x79., ^ welchem 
die Grsner Kirche Job, die Coloczer, PaulluSi verwaltete« 
K^tona Hist. Colocz. Ecdesiae. l\ L p. igS. 



— a38 — 

glauben, dass er die Erscheinuug desEdictei 
durch das Gewicht des päpstlichen Ansehens be^ 
trieben habe. Vielleicht hatten früher bey öftfr 
rer Verletzung kirchlicher Freyheit König und 
Bischöfe seinen Einsprüchen Gehör yerwei» 
^ert; vielleicht hatten ihn traurige Erfahnm- 
gen überzeugt , dass nicht nur Könige, sondern 
auch Bischöfe des Zügels päpstlicher Obenro^ 
mundschaft bedürften. Damit aber hatte er 
zugleich den Weg gezeigt, auf welchem mii 
auch ihm, als dem Oberhaupte der Ungrischeai 
Clerisey, mit sicherm Erfolge, obgleich auf 
Kosten der Reichsfreyheit , Trotz bietest 
Konnte. 

Er musste geschehen und es sich gefallen las* 
sen, dass die Bischöfe und Magnaten widfif 
ihn zu dem Papste ihre Zuflucht nahmen , ä» 
er Bela dem III. den Dienst der Krönimg vc^ 
weigerte. Vergeblich hielt ihn auch Alexan*» 
der dazu an; aber seine Standhaftigkeit hatt)^ 
keine andere Folge, als dass die Einwirkuih' 
gen des Papstthumes auf das üngrische Reich 
noch mehr befördert wurden; auf Alexan- 
ders Befehl krönte der Coloczer Erzbiscb 
den König , und da bereits die Rechtmässigkek 
der Regierung in der Meinung der Stände auf 
den wirklichen Krönungsact bedingt war, 90 
darf die Mässigung des Papstes bey dieser An* 
gelegenheit nicht unbemerkt bleiben. Er a 
cherte bloss dem Graner Erzbischofe für all^^ 
künftige Fälle das herkömnüiche Krönungs* 



— fl39 — 

lecht, und überliess es seinen Nachfolgern , aus 
dieser ersten päpstlichen DazWischenkunft wei- 
tere Folgen zu ziehen und Forderungen darauf 
2U gründen; dass von nun an Ungarns Könige 
imd Stande in Krönungssachen der päpstlichen 
Vermittelung öfters bedürfen und begehren 
würden, war eipem Papste wie Alexander 
nicht schwer vorauszusehen. Die mächtige 
Ueberlegenheit des Fapstthume^ über alle Für- 
sten und ihre Minister , wenn diese etwa nicht 
selbst Priester waren, bestand von jeher vor- 
züglich darin ,' dass jene auf gerathe wohl und 
immer nur den Augenblick ins Auge fassend, 
die Geschichten der Zeit machten , die Päpste 
aber des fürstlichen Gemachtes Sinn und Bedeu- 
tung in* deiner ganzen Tiefe und Ausdehnung 
ergründeten , und in der Gegenwart den Inhalt 
der Zukunft vollständig ausgedrückt , fertig zu 
lesen wussten. So brachte es ihre Standesbil- 
düng mit sich, durch welche von zwey hundert 
drey und fünfzig dieser Hochgeweihten, die 
mehrsten in der unendlichen Welt der Ideen, 
wie in dem begränzten Gebiete der Wirklich- 
keit, waren einheimisch gemacht und allum- 
fassend eingebürgert worden. 

Nicht nur die Entscheidung, welcher Erz- 
bischof dem Könige die Krone auf das Haupt 
setzen , sondern sogar die Sicherheit und Befe- 
stigung des Gekrönten auf dem Throne ward 
durch die häufigen, nichts weniger als aufge- 
drungenen Verwendungen in allerley Reichsan- 



— ft4o j«— 

g^legenheiten an den Papst , von ihm abhän- 
gig. Es ist bereits erzählt, wie oft undwid 
dringend sich E m e r i c h um die Beschirmimg 
des Papstes Innocentius beworben hatten 
damit ihm der Scepter nicht entwunden, sei- 
nem Sohne das Recht zur Thronfolge nicht ent- 
zogen wiirde. Am Ende kam es dadurch «o 
weit, dass es schien, als wäre die wirMidie 
Krone mehr des Papstes als des Ungrischen 
Reiches Eigenthum ; denn mit bewunderungs- 
werther Unvorsichtigkeit war gestattet wordai, 
dass der Propst von Stuhl weissenburg, bis hier- 
her bestellter Bewahrer der Krone und der 
.Reichskleinodien, statt von dem Könige oder 
von den Ständen, von dem Papste Innocen* 
/.C»#/^.tius die Erlaubniss einholte, den ihm anver- 
trauten Schatz grösserer Sicherheit wegen fir 
die Zukunft andern bewährten Wächtern über* 
, geben zu dürfen '}. 
r.CffSf. DiePäpste Lucius der in., Urban der 

^ff(f8. m-> Gregor der VIIL, Clemens der IJt 
und Cölestin derllL, B e 1 a dem III. gleict 
zeitig , waren zu alt , und die Zeiten ihrer Re- 
gierung zu kurz; unter erschöpfender Anstren* 
gung für das heilige Land sahen sie nur bef 
dringenden Aufforderungen des Königs oder 
der Bischöfe auf die Befugnisse und Vorthcil% 
welche die Ungern in ihrem Lande seither döR 



a) Epistok Innocentii «p. Katom Eist. Reg. T. IT« 



Papstthume eingeräumt hatten. Darum konn- 
te Bela ohne Rücksicht auf Geisa's Edict, 
und ohne päpstliche Rüge den Coloczer Erzbi-/.C./f74. 
schof Stephan, und acht Jahre hernach den •^•^•^^^'* 
Abt Desiderius absetzen '). Solche Hand- 
lungen waren durch Geisa's Edict auf das 
Mitwissen und die Genehmigung des Papstes 
bedingt; da sich aber jetzt der König nicht dar- 
an gebunden hielt , so mochten auch einige Bi- 
schöfe sich darüber weggesetzt und in der kö- 
niglichen Abtey Sanct Martin auf dem heiligen 
Berge Gewalt geübt haben: und nun musste 
Bela selbst *) bey Clemens dem in, um ei- 
nen kräftigen Schutzbrief für dieselbe anhal- ■^•C.//Äp. 
ten, welchen dieser auch gern ertheilte. Der 
Papst nimmt die Abtey unter seinen und Sanct 
Peters Schutz , bestätiget alle ihr von dem hei- 
ligen Stephan und den folgenden Königen 
verliehene Freyheiten und setzt fest , dass aus- 
ser dem Papste oder seinem Legaten kein Bi- 
schof befugt sey , den Abt mit Suspension , In,- 
terdict oder Bann zu belegen, oder ihn zu sei- 
ner besondem Synode vorzuladen. 

Unter eben diesem Könige zeiget sich die r.Caq^ 
erste sichere Spur von der Steuerpflichtigkeit 



a) Clironic* MS. ap« Koller Histor. Episc. QEed. 
^ I. p. 415. Siek^ oben Anmerlu a) Seite 128* h) „ Obtentu 
irisfimi in Christo fiUi nostri Belae illusiris Hungarorum Rttgi^ 
lui pro vohis sollicite satis nos et adtent» rogavit — — Precibus 
futdem regia — — promta folamus voJuntate deferre etc« ür- 
iunde bey Rat na Hist. Reg. T. IV- P- 439» 

II. TheÜ. 1 6 



cler üngrischen Kirche an die päpstliche Schatz- 
kammer. Unter andern war das Hospital Sanct 
Stephan im Graner Erzbisthum auf eine Unze 
Goldes 9 damals von den Ungern Obon ge- 
nannt; das Kloster Sanct Salvator zu SkaUtz 
auf zwey Romanatische Ducaten; die Kirche 
Sanct Stephan au Stuhlweissenburg , in der 
Wefzprimer Diöces, auf eine Mark Goldes; 
das Simeger Kloster auf Einen Ferting oder 
zwey Mark Goldes Üngrischen Gew^ichtes; das 
neue Haus der Deutschen Ordensritter zu Bor»« 
sa, jenseit dem Gnit- Gebirge, im Siebenbiir- 
ger Bisthume , auf eine Mark Goldes ; die Kir- 
che der heil. Maria an Warmbrunnen , in der 
Agramer Diöces, auf einen Romanatischen Du- 
caten jährlich geschätzt und in dem Schatzungs- 
buche der Römischen Kirche angesetzt. Der 
Sammler dieser Schätzung in Ungarn war der 
päpstliche Kämmerer C e n c i u s *). 

Konig Emerich, welcher dem päpstli- 
chen Stuhle vieles zu verdanken hatte, weil er, 
bald von äusserer, bald von Geistesiioth ee- 
dränget, öfter als irgend einer seinet Vorfah- 
ren, des Römischen Beystandes benöthiget 
war, musste sich dafür auch vieles von dem 
Papste gefallen lassen. So wollte oder durfte 



ä) Sein Buch ; Ziher censuum EccUsiae Romanae^ gesdirie» 
beni. J. 1192 ist bey Muratorius Antiquitatum Jtal. Tom. 
y. p. 28r.; ein Auszug davon bey Schönvisnei Notida 
Rei numar. p. i6o^ 



— 1143 — 

et es nicht wagen , den Bau eine3 Klosters, 
welchen der Biharer Graf Both angefangen, 
aber vom Tode ereilt, unvollendet gelassen 
hatte, ohne ausdrückliche Bewilligung des In- 
aiocentius auf einen schicklichem und beque- j, c. hqs. 
mem Platz zu verlegen ') Die Geschichten 
dieses Königs zeichnen ihn als seltsames Ge- 
misch von Kraft und Schwäche; nicht selten 
dürfte es scheinen, als hätte ihn erstere nur 
darum zu kühner jThat emporgetrieben , damit 
er durch letztere um so tiefer in die Gewalt de» 
Priesterthumes fiele, wobey sein unbestehen- 
des Treiben eben so zum Unwillen , als die be- 
sonnene Mässigung des Papstes zur Bewunde- 
rung reizt. Der Watzner Bischof Boleslaw, 
tin frommer Mann , streng auf Zucht und Ord- 
nimg haltend, ward seinem untergeordneten 
Clerus Gegenstand des Hasses. Was diesem 
wider ihn bey den Päpsten Cölestin und In- 
nocentius nicht gelang, hatte bey dem raschen 
und heftigen Könige den erwünschten] Erfolg. 
Er nahm das Verbrechen , wahrscheinlich einer 
Verrätherischen Verbindimg mit dem Herzoge 
Andreas, welches die Watzner Chorherren 
dem Bischöfe angedichtet hatten, als ausge- / 
macht an , und eilte zur Rache. Am Sanct Pa-*^* ^« ^^ä^* 
triks Tage, in der Abenddämmerung, als Bo- ^7--M««- 
leslaw in der Kirche mit seinen Geistlichen 



a) Epistola Innocent. Ap. Katona Hist. Reg. T. IT« 



n 



— .244 — 

das Completorium (Abendgebet) sang , überfiel 
ihn Em er ich mit zahlreichem Gefolge, for- 
derte die Schlüssel zur Sacristey , und hiess den 
Bischof die^ Kirche verlassen. Dieser verwei- 
gert der , an heiliger Stätte unbefugten, Gewalt 
den Gehorsam; der König befiehlt seinen Die- 
nern die Schlösser und Riegel der Sacristey zu 
sprengen y und indem diess geschieht, singen 
Bischof und Chorgeistliche : „ Sieh' herab Hen 
von deinem heiligen Sitze und gedenke unser.** 
Der Gesang reizt den König zur Wuth , er legt 
Hand an den Bischof, reisst ihn von der ober- 
sten Stufe des Altars herunter, wirft ihn zu Bo- 
den und lässt ihn zur Kirche hinausschleppen; 
Nun bemächtigt er sich der Sacristey, raubt den 
Kirchenschatz, gebietet, Boleslaw's Erbgu- 
ter fiir den Fiscus einzuziehen. Als hernach 
der Bischof in der gewaltthätig entheiligten 
Kirche die Feyer des Gottesdienstes untersagte, 
nahm der König die bischöflichen Zehnten in 
Beschlag, imd bedrohete die Boten, w^elcheauf 
Boleslaw's Geheiss nach Rom ziehen wür- 
den, mit Strafe der Blendung *). Allein die 
Ungern hatten noch nicht 'gelernt, vor Tyran- 
nen zu zittern; die Kunde der That gelangte 
auf mehrem Wegen an den päpstlichen Stuhl, 
und niemand verlor seine Augen- Und nun 



a) Also erzählt Papst IsZinocentius die königlicbe Gü' 
waltthat in seinem Sendbriefe an Emerich; bey K a 1 n • 
I« c. p. 55^* 



— 245 — 

wie verfuhr Innocentius mit den Deutschen 
Kaisem, mit den Königen von Spanien, Frank- 
reich, England, Norwegen, und wie mit dem 
Könige der Üngem ? Schienen ihm jene mäch- 
tiger, mithin auch, 'gefährlicher, dieser hin- 
gegen unbedexitender i so übersah er die Vor- 
theile seines Stuhls , indem er gar keinen Ver- 
such machte , das reiche Land eines so schwa- 
chen und so verwegenen Königs Sanct Peters 
Erbtheile einzuverleiben. War ihm ein König 
furchtbar , welcher nur im Taumel aufgereizter 
Bosheit Bischöfe misshandßlte , und von ihm 
dennoch mit der ganzen Macht seines *Anse- 
bens gegen einen leichtsinnigen und gleich 
schwachen Bruder beschützt werden musste; 
60 bleibf S€in gebieterisches Betragen gegen 
die weit entschlossenem und trotzigem 
Philipp August und Johann ohne Land 
Völlig unerklärbar. Keines von beyden w^ar 
der hohen Sinnesart dieses Papstes angemessen, 
wohl aber eine auszeichnende Achtung für die 
Ungrische Kirche, welcher, wie er sehr wohl 
wusste, nicht feile Fürstenknechte oder geistlose 
Chroniken - Legenden - und Postillenschreiber, 
«ondem beherzte Priester und arbeitsame Staats* 
männcr als Bischöfe imd Aebte vorstanden. 
Diese Achtung auch auf das Ungristhe Reich 
und seine Könige sich ausdehnend, ^war die 
Quelle der Gelindigkeit , mit welcher Eme- 
rieh im vorliegenden Falle, wie jederzeit, von 
Innocentius behandelt wurde. Er sollte 



nur dem Bischöfe , in ^reichem der apostolische 
Stuhl selbst wäre beleidiget ^worden, Geuug- 
thuung leisten und der Watzner Kirche d«n zu- 
gefügten Schaden ersetzen, damit der FapstJ 
nicht gezwungen würde , den Arm der stren- 1 
gen Kirchenzucht wider ihn zu erheben, und! 
über ihn, wie über das ganze Reich, die Schreki 
ken des Interdictes zu verhängen. Zu gleicheul 
Zeit aber erhielt der Coloczer Erzbischof, Sauij 
Hedervar, ein Mann wie Lucas Banfy, 
welcher jetzt schon unter den Seligen in Gotl 
verehret wurde, den gemessensten Auftrag, dei 
König zur Erfüllung des päpstlichen Befehls ani 
zuhalten , und im Falle seiner Weigerung, i 
Verbindung mit den übrigen Bischöfen , die Sai 
che zur Ehre des apostolischen Stuhls , des ge^ 
kränkten Bischofs, und der Watzner Kirche auf 
das Beste zu schlichten. Wenn jedoch seine 
Bemühungen fruchtlos blieben» so vrar ihpidie 
ßtrengste gerichtliche Untersuchung der That, 
und der gewissenhafteste Bericht davon nach 
Rom anbefohlen , damit von dort aus mit vol? 
lern Rechte die freche Vprmessenheit niederge- 
stürzt würde , wobey der Papst von dem wvxr 
digen Erzbischofe nichts gewissers erwartete, 
als ,dass er den König des Himmels mehr, als 
d Ai irdischen fürchten , und die Ehre der Kir? 
che höher, alß die Qn^dp des Königs achten 
werde *), 



a) Epiit. Izmocentii »p. Kutonß 1. c* p. 556. 



— 1247 ~ 

Was hierauf geschahen sey , ist nicht über- 
liefert worden; aber von Em er ich ist be- 
kannt, dass er leicht zu besänftigen, von Saul, 
dass er mit überwältigender Geistesmacht begä- 
bet war; obgleich daher nicht zu bezweifeln 
seyn dürfte, dass jener der Watzner Kirche und 
ihrem Bischöfe alle mögliche Genugthuung ge- 
leistet habe , . so musste er dennoch bald her- 
nach in der Beförderung eines Mannes , den er 
achtete , des Papstes drückendes Uebergewicht 
empfinden. In dem Gefolge des Cardinal -Ler 
gaten Gregorius de Crescentio an Bela 
den ni. hatte sich der Florentinische Benedictir 
ner Mönch Bernhard befunden: seine Kennt- 
nisse und Einsichten verdienten die Achtung, 
womit er von dem Cardinal und den Ungri- 
schen Bischöfen war behandelt worden. Sie 
zog auch des Königs Aufmerksamkeit auf ihn, 
und nachdem er sich durch Geschmeidigkeit 
und feine Sitten allenthalben beliebt gemacht 
hatte, liess ihn Bela nicht mehr von dannen. 
Bernhard ward Emerich^s Erzieher und 
Lehrer, in der Folge verehrter Freund und vor- 
sichtiger Rathgeber. Die Merkmale der. Gunst, 
womit ihn der König überhäufte , bewog Spa- 
latro's Clerisey und Volk,ihn zu ihrem Erzbischo- 
fe zu erwählen. E m e r i c h genehmigte Ihre 
Wahl mit aufrichtigem Zeugniss seiner Liebe 
für den Gewählten'); aber Innpcentius, 



«) Epist. Hemerici. ad Spalat. »p. Farlau lUyx. S. T.III. p-2^4* 



1 

Mönchen überhaupt nur hold , so weit sie sei- 
nen Absichten dienlich waren, verweigerte 
ihm die Bestätigung unter dem einzigen schein- 
baren Vorwande , dass die Pflichten des 
Mönchstandes auf ihm hafteten. Hiermit war 
der König gerade an dem Gegenstande seiner 
entschiedensten Zuneigung und Achtung ange- 
griflFen , und erst nach vielem hin, und her Sen^ 
den fügte sich der Papst nach seinen Wün* 
sehen , doch unter der demüthigenden Bedia'. 
gung, dass der erwählte Erzbischof das Mönchs- 
Ueid wieder anziehe und von seinem Abte sich 
Entlassung erbitte •)• 

Weit bereitwilliger bezeigte sich I n n o c e n- 
t i u s im Gewähren , wenn von ihm Dinge ver-» 
langet wurden , welche die Freyheit des Rei* 
cheSy die Rechte der Bischöfe , und die alte 
Kirchenordnung der päpstlichen Oberherrlict 
keit unterwarfen. Sehr unbedacht, und ohne 
die Bischöfe darüber zu vernehmen, stellte 
Em er ich den Grundsatz auf, dass die köni" 
glichen Propsteyen , wie in dem Besitze zeith-» 
eher Güter dem Könige , also in lurchlicher 
Ordnung dem Papste unmittelbar untergeord«« 
net seyn müssten, worauf er festsetzte, dass 
jeder gesetzmässig erwälilte Propst mit dem 
Zeugnisse der königlichen Genehmigung, sich 
entweder persönlich, oder durch Abgeordnete 



«) Thomas Archid. Hist. Salonit, c. ^4» 



an 'den päpstlichen Stuhl -wenden, und von 
ihm die Bestätigung seiner Wahl nachsuchen 
sollte^ Diese Verordnung sandte er an den 
Papst, mit der Bitte > sie zu bestätigen und die 
nöthige Verfügung darüber an die Erzbischöfe 
und Bischöfe zu erlassen. Diesen wurde nun 
von Jnn^ocentius streng verboten, gegen 
die unmittelbar ihm unterthänigen Propsteyen 
unerlaubte Hände auszustrecken oder durch 
kühne «Wagnisse die Rechte derselben sich an« 
zumassen '). Die Bischöfe Hessen dieses Ver- 
bot ohne Einspruch gelten , weswegen man sie 
wohl einer unrühmlichen Nachgiebigkeit be-^ 
schuldigen dürfte, wäre ihnen nicht schon völ-^ 
lig klar gewesen , dass sie selbst von dem Pap- 
6te immer noch w^eniger , ^Is von über- 
mächtigen Magnaten mit dem Könige in Ver- 
bindung , zu befürchten hätten , und dass sie 
lediglich durch des Papstthumes immer mehr 
erweiterte Herrschaft zu gänzlicher Unabhän- 
gigkeit von der weltlichen Macht gelangen 
könnten. Einge weihet in die Isidorischen 
Mysterien, konnten sie die tiefere Bedeutung 
des Papstthumes vollständig begreifen, den Papst 
nicht leicht missverstehen , noch ihre höhern, 
profanen Augen undurchdringlich verhüllten, 
Vortheile verkennen. Nichtsdestoweniger wollf 
te der Graner Erzbischof Job nicht ganz un-» 



a) E;piit. Innocentü «ip, JPohneTf Monum, TtH* p«3^< 



i 



— «50 — 

terlassen , sich in Ansehung der Rechte seiner 
Kirche zu verwahren. Andacht, oder Wissbe- 
gierde, oder des Königs Wille hatte ihn um 
/• C. i9o3. diese Zeit nach Rom gefiihrt. Da bewies er 
vor dem Papste und der Curia , dass die mei- 
sten Abteyen und Propsteyen Ungarns seit ih- 
rer Stiftung der geistlichen Gerichtsbarkeit der 
Gran er Kirche "^untergeordnet waren, weswe- 
gen er das letzterlassene apostolische Brevefur 
erschlichen von dem Könige erklärte , und- die 
Aufhebung desselben förderte. Das war zuviel 
verlanget; doch etwas musste geschehen. In- 
nocentius fand einen Auswog in der feyer- 
üchen Erklärung, dass königliche Stifter, wel- 
che der Gerichtsbarkeit des Graner Erzbischofs 
untergeordnet wären , unter dem jüngst ergan- 
genen Breve nicht begriffen seyen, und da- 
durch die Rechte der Kirche zu Gran teineswe^ 
ges gefährdet werden dürften *). 

Die historische Gerechtigkeit darf nicht 
bezweifeln , dass frühere Päpste unbewusst der 
hohem Zwecke des Weltgeistes, lediglich auf. 
Antrieb des frommen Eifers für des Kirchenwe- 
sens Ausbreitung, der Vorsehung, welche in 
der Erscheinung der heiligen Kriege waltete, 
gedienet haben; doch gelehrte, mehr staatSr 
kluge, als gottselige Päpste, wie Alexander 
lU. und Innocentius III., konnte dieser 



a) EpUtolae Innocent. ^p. Dohner • Monuxn« T. II> p* 

630— 33Ö- 



— ä5i — 

Eifer allein nicht mehr so mächtig zur Thätig- 
keit für diie Eroberung des heiligen Landes ent- 
flammen. Selbst die Aussicht auf die Errichr, 
tung eines kirchlichen Reiches in Jerusalem 
und eines Lateinischen in Constantinopel, . 
konnte diese Männer bey ihrer tiefen Einsicht 
in der Dinge Zustand , welcher keine Dauer 
der erkämpften Vortheile hoffen liess , unmög- 
lich täuschen. Dagegen hatten sie scharfsin- 
nig berechnet, welcher Zuwachs dem päpstli- 
chen Stuhle an Macht, der Kirche an Reich- 
thum werden müsste, Wßnn die schwärmerir 
sehe Begeisterung für des Welterlösers Kreuz 
un4 Grab in den westlichen Fürsten und Her- 
ren immerfort unterhalten und geflissentlich 
genähret würde. Waren diese nur erst so weit 
gebracht , dass sie , entweder auf Zureden Rö- 
mischer Legaten , oder um begangene Gewalt- 
thätigkeiten abzubüssen, durph feyerliche Gp- 
lübde sich zu einem Zuge nach Osten verpflich- 
teten, so hatte der päpstliche Stuhl das Spiel 
gewonnen. Lossprechung davon war ihm vor- 
behalten ; ward sie ertheilt , so mussten wenig- 
stens die dazu bestimmten Summen unter dem 
Titel von Subsidien zu dem heiligen Werke an 
die päpstliche Kammer abgeliefert werden. 
Auf Nichterfüllung des Gelübdes stand der 
B^nn mit seinen schriecklichen Folgen; die 
Erfüllung kostete Geld, Menschen; bey Für- 
sten, ihrer Ijänder Ordnung und Wohlfahrt, 
Wy deren Wiederhi^rsteUung die japste enj;-^ 



— «52 — 

scheidenden Einfluss gewannen. Um die Ro- 
ßten des Zuges herbey zu schaffen, mussteu 
Türstcn und Herren Ländereyen, entweder ver- 
pfänden oder verkaufen. Die immer fertigen 
Pfandnehmer und Käufer waren die Kirchen, 
keine an Fonds dazu reicher, als die Römische, 
verhüllt unter, der Firma der Genueser und Ve- 
neter, welche die von westlichen Bisthü- 
mem, Abteyen und Pfründen durch päpstli- 
ches Finanz - System erpressten Subsidiengelder 
fruchtbar anzulegen hatten. Auch Bischöfe, 
Pröpste und Aebte nahmen das K^reuz, viele 
fanden auf dem Wege zu Christi Grab das ilin- 
ge, ihr Hintritt in besonderm Dienste des Kreu- 
zes gab den Päpsten scheinbaren Rechtsan- 
spruch, die Verleihung auf solche Weise erle- 
digter Pfründen sich ausschliessend vorzube- 
halten. Auf Jahrhunderte hinaus , — und nur 
nach Jahrhunderten, nicht nach Jahren, rechnet 
der echte Papst — zeigte sich den^ Scharfblicke 
Alexanders, Innocentius, und einiger 
ihrer Nachfolger hinter der Schwärmerey der 
heiligen Kriege nichts, als Erschöpfung der 
Fürsten , Verarmung der Herren , Verwirrung 
der Staaten, Zertheilung der Macht, Empor- 
kommen der Städte, Schwächung weltlicher 
Gewalt, und durch diess alles Erweiterung 
und Begründung päpstlicher Alleinherrschaft; 
nur der eben dadurch schon vorbereitete Unter- 
gang derselben , die That des Weltgeistes, lag 
ihren Augen tief verborgen. 




fl53 



Aus dieser merkantilischen Ansicht der 
Päpste von der ritterlich frommen Schwärme- 
rey des Zeitalters erkläret sich die Zudringlich- 
keit, womit Innocentius den König der 
Ungern und seinen Brüder zur endlichen Un- 
ternehmung des angelobten Kreuzzuges immer- 
fort ermahnte, dem einen seiner Seits alle 
Vorwände langem Aufschubes aus dem Wege 
räumend y diesen sogar mit Aufhebung seines 
Erbrechtes Äur Thronfolge bedrohend *). Bis 
Äur Schlichtung ihrer Familienhändel und 
Vermittelung ihres Zwistes liess er sich herab, 
von ihnen aufgefordert. Sein Legat Grego- 
rius stiftete zwischen ihnen Frieden, und er 
bestätigte den Vertrag durch ein eigenes Bre^ 
ve '). Dessen ungeachtet wusste Emerich 
immer neue Hindemisse der verderblichen 
Heerfahrt zu erfinden, und auch der Nothwen-» 
digkeit auszuweichen, für beträchtliche Sum-^ 
men seines übereilten Gelübdes sich entbinden 
Äu lassen. Wie aber Andreas am Ende den- 
aoch, zu seinem und des Reiches grössten 
Schaden, dazu schreiten musste, und wie 
durch dieses Königs Engherzigkeit überhaupt 
das ' Verhältniss zwischen dem Papstthume 
tod dem üngrischen Reiche , für letzteres um 



a) Epist. Inno Cent, ad Emeric. ap* Dohner» Monum. 
T. U. p. 423. et 331 seq. — ad Andream. ap. [KatoTia Hist. 
Äeg. T. IV^ p. 477. et ap. Dohner. Monuin. T. II. p. S40. i) 
%ist. Innocent. ad Andream ap. Dobner. 1. c. p. 340. 



1 



— 1254 — 

vieles drückender wurde , soll bey dem folgen- 
den Zeiträume erzählet werden« 



*AM 



flr. 

Kirchlicher Zustand in dem Ungrl 

ichen Reiche. 



Da die meisten Ungrischen Bischöfe in die» 
scr Zeit noch eifrig und aufrichtig vor allem 
das Reich Gottes suchten , so wurde ihnen 
auch das Zeitliche ^ ohne dass sie sich ängstiidi 
darum bewarben, zugelegt, keinem reichli- 
cher, als depi Erzbischofe zu Gran '), dodi 
auch nicht karg den übrigen. 
/. C. #/5fp. Als der Cardinal Joannes, Graf von S^ 
gnia, Bischof zu Praeneste, nach vielen Ge- 
sandtschaften auch in Ungarn päpstlicher Ge- 
sandter war, der gelehrte Colanus, als Bi- 
schof von Fünfkirchen*'), zugleich Croatien 
und Dalmatien rühmlich verwaltete, wurden 
dem Fünfkirchner Bisthume seine Rechte, Vor- 
züge und Besitzungen von B ela demllL bestä- 



a) Gran er Erzbischöfe dieses Zeitraames :1 Marcel' 
las 1119 — ixfi4- "- Felieianus 1127—1139. Mycli« 
(Jlf/c^e/) ii43* Felicianus II. 1145. Martirius iiSS-' 
1157. ILucas Bänfy 1158*— ii74* Jö'^« "75—1205. 9 
Biscliöfe von Fünfkirchen; Simon« 1114—1124. Mi' 
cariuß I. 1158. Joannes I. 1143 — 1146« Anthimof* 
1148 — ii6o- Macarius II. ii6o*-*ix66« Macarinslff« 
1x86. Calanus. 1133 ff. 



iget, und weil der Byzan tische Hof/ an welchem 
Bela seine Bildimg empfangen hatte, für kö- 
nigliche Haushaltung die schlechteste Schule 
war , unter vielen andern auch mit folgenden 
merkwürdigen Befreyungen vermehret. Alles 
SU dem Bisthume gehörige Volk, adelige Jo- 
bagyen, Gäste, bedingt dienende Bürger und 
Knechte waren von zufallig ausfgeschriebenen 
Steuern und Abgaben an den König oder die 
Reichsbaronen ausgenommen. Der unbefugte 
Einforderer konnte von dem Bischöfe mit deni 
Banne belegt werden; dabey verfiel et noch in 
eine Busse von zwanzig Mark, wovon die Hälf- 
te an die Kirche , die Hälfte an den Grafen der 
Gespanschaft abzuführen war. Die Leute des 
Bisthumes , wes Standes sie auch waren, konn- 
ten durch das ganze Reich mit ihren Waaren 
oder Erzeugnissen wandern, ohne irgendwo 
Zölle oder Mauth zu bezahlen. Die Güter und 
Besitzungen dieser Kirche, gegenwärtige und 
künftige, in welcher Gegend des Reiches sie 
auch liegen mochten, waren sowohl in 
halspeinlichen als in streitigen Angelegenhei- 
ten ausschliessend der Gerichtsbarkeit des Bi- 
schofs untergeordnet, und die Gutshörigen 
durjften tmgestraft jeder Vorladung vor den 
Richterstuhl des Königs , Hofiichters , Palatino 
oder Gespanschafts - Grafen , Folgsamkeit ver* 
'iv^cigem. Ward ihnen von dem Dompropst 

4 

tmd Capitel Gerechtigkeit verweigert, so ging 
der Rechtszug an den Bischof, und erst im Fal- 



1 



256 



Ic, dass auch dieser Rechtspflege verweigerte, 
an den König. Der Zehnten aller Brücken« 
zolle und Fährgelder im ganzen Kirchsprengel 
gehörfe dem Bischöfe. Und da die Zehnten 
überhaupt, wie Bela in der Handfeste sagt^ 
sowohl in dem Mosaischen Rechte , alsindoi 
evangelischen Vorschriften gegründet sind, 
mithin ihre pünktliche Entrichtung unerläas- 
liche Bedingung der Seligkeit ist, so waren 
sämmtliche Diöces - Genossen , Baronen, Rit- 
ter, königliche Diener, Burghörige, Gasten 
Freye, Knechte, eben so die Dienstleute des 
Königs und der Königin, auch Saracenische, 
Slawische, Russische, Hebräische und Christ- 
liche Landsassen *) , weil sie in einem christli- 
chen Reiche wohnten , verpflichtet , nach Vor- 
schrift der heiligen Kirchensatzungen, alle 
Früchte des Ackers , der Weinberge , Mühlen, 
Gestüte , Viehheerden , Bienen , Gänse und 
Hühner zu verzehnten , ohne dass der Palatin 
das Zwanzigstel oder der Graf der Gespanschaft 
den Hundertsten für sich davon abzuziehen, 
oder irgend jemand Anderer unter was immei: 
fiir^ Vorwand etwas davon sieh anzueignen be- 
fugt war. Weder in der Stadt Fünfkirchen, 
noch in andern mit Marktgerechtigkeit begab- 
ten Orten des Sprengeis , durfte sich ein köni* 



a) So lese und verstehe ich |cLie Stelle in der Handfeltt 
Saraohenus {incola Regru nostri vtl SqIupus* Rusticus {ßutbf^ 



9i 



— S57 — 

glicher Geldwechsler oder Münzwardein nieder- 
lassen; frey konnten sich die Fünfkirchner Leu- 
te, wo sie wollten, für ihr Geld oder für ihre 
Waaren , die eben gangbare Landesmünze ein- 
wechseln. Da das erbliche Eigenthum vergab- 
ter Güter schon häufig Magnaten und andere 
Landeseinwohner reizte, ihre Besitzungen 
durch Aneignung benachbarter Ländereyen der 
Kirchen zu erweitem , diese aber nicht immer 
im Stande waren , Gewalt mit Gewalt zu ver- 
treiben, so wurde von Bela in Bezug auf die 
Fünfkirchner Güter auch das Recht eines hun- 
dertjährigen, friedlichen und unangefochtenen 
Besjj^es aufgehoben. Den Herolden des Pa- 
latins und des Gespanschaftsgrafen war es ver- 
boten, auf den Märkten des Fünfi. 'rchner 
Sprengeis, ohne ausdrückliche Erlaubniss des 
Bischofs, irgend etwas öflFentlich auszurufen. 
Eben so wenig durfte in der Stadt Fünfkirchen 
oder in Dörfern und Marktflecken, welche der 
Kirche gehörten, ohne des Bischofs Bewilli- 
gung, vom Palatinus, von Grafen, Reichsbaro- 
nen, selbst mit königlicher Sendimg, von Vice- 
Grafen oder ihren Vicarien , allgemeiner Land- 
Provincial - Gespanschaftstag oder Gericht ge- 
halten werden. Wider jeden, der es sich an- 
"masste, war der Bischof befugt, mit dem Ban- 
ne vorzuschreiten. Endlich war , ausser dem 
Könige imd der Königin, unter Strafe des 
Bannes und einer Busse von zehn Mark Mag- 
naten und Reichsbaronen untersagt , auf den 

ILTheil. 17 



1 

— 258 — 
Gütern und Besitzungen dieser Kirche Bewir- 
thung zu verlangen ') 

Wie Bela der Vater gegen die Funt- 
j. C / /jA kirchner , so bewies sich E m e r i c h , der Sohn, 
ge-en die Agramer Kirche ') in Croatien freygc- 
bi| Er bestätigte alle von seinen Vorfahren 
ihr veiüehenen Rechte und Besitzungen; dazu 
schenkte er den Zehnten der ZöUe, welchen 
die Einwohner des Agramer Kirchsprengds von 
dem Marderfang und den Schweinheerden zu 
bezahlen hatten; und um ihr für den Schaden, 
welchen sie während der Fehdenzwischen den 
königUchen Brüdern ihrer Treue wegen erltf- 
/.C.w-ten hatte, einigermassen zu ersetzen, verord- 
nete er, dass kein Ban Croatiens von den hon- 
een Leuten der Agramer Kirche Bewirthung, 
MarderUeferungen, andere Abgaben oder La- 
sten fordemlsollte. So, wie die Tschasmer und 
Dumbrower Leute, soUen auch die Agramer 
niemanden, als ihrem Bischöfe, zu irgend einer 
Leistung verpflichtet seyn. WeU aber, wie ^ 
in der Urkunde sagt , schon zu seiner Zeit die 



a) Urkunde bey Koller Hist. EpUc QEcde«. Toi«, f- 
p 303 seq. Man g»b au» ihr .MfahtUchem Auszug, weüue 
zaeleich Gewohnheiten und Rechtssachen der Zeit andeuttt- 
lA Die A gramer Bischöfe dieses Zeitraumes waren: Fra«- 
cica iPranciscwd in4-ii3i. Macellinus, ehemalsCh* 
herr von Jerusalem 113» -- "42- Verbleu. »'45 -"55. 
Gottschaldn56-"6«. Bern.ldus "63-- 1169. Pro- 
dann. I. i.7o-"74. tJgrinus «75-1x76. Prod.nus 
11.1.77-1185. Timothe«. H86-»88i. Dommeos 
1189 ff. 



r 



— fi59 — 

Habsucht der Menschen ungemein behend war, 
Ländereyen der Kirchen an sich zu reissen, 
liess er durch seinen betrauten Schiedsmann, 
den Stuhl weissenburger Chorherm Thomas, 
sämmtliche Güter der Agramer Kirche besichti- /. C. isot. 
gen , genau ausmitteln , bleibend für alle künf- 
tige Zeiten abmarken , und in der darüber aus- 
gefertigten Handfeste ausführlich verzeich- 
nen '). 

Nachdem der Erzbischof Manasses bald 
nach Colomans Tode durch den misslunge- 
nen Verrath der Stadt Spalatro seine priAterli- 
<:he Ehre verloren hatte, warder erzbischöfli-«^-C«^'^^- 
che Stuhl *) durch drey und zwanzig Jahre un- 
besetzt geblieben , theils weil unter dem öf tem 
Wechsel der Oberherren Clerus und Volk die 
nöthige Ruhe und Eintracht nicht hatten , wel- 
che das Wahlgeschäft forderte , theils weil der 
Archidiaconus , die erzbischöflichen Einkünfte 
beziehend, alle Wahlgedanken in den Bürgern 
zu verscheuchen wusste. Als aber die Dalma- 
, ter sich wieder unter Ungrische Oberherrlich- 
keit begeben hatten, schritten die Spalaterzur /.C.//J^. 



a) Urk. bey Farlati fllyric. S. T. V. p. S55. 556. et 
K er ehelich Hist. Ecd. Zagrab. p. 44. 45. et 524. h) Erzbi- 
tchöfe von Spalatro: Manasses 1114 — 1115. Gau- 
dius 1138 — 1158. Absalon 1159 — 1161. Petrus 
Lombardus ii6i. Gerardus von Verona 1 168. Ray« 
nerius 1180. Petras Chi ti len ii85 — 1190. Petra» 
Abt Ton S. Martin auf dem heil. Berge 1190 — ii97. Ber« 
aardus X2oo-— lfio4. 



L 



n 



260 



Wahl eines Erzbischofes , und der Gewählte 
J, C # i38. y^^x G a II d i u s , der Sprössling einer ihrer 
mächtigsten Familien , beliebt bey den Ungern, 
wie bey den Dalmatem. Sogleich erfuhr auch 
ihre Kirche die Freygebigkeit der Ungrischen 
Könige. Zum Heilmittel seiner und seiner 
Nachfolger Seele, schenkte ihr Bela der IL 
J. c. ff 38* mit der Marienkirche zu Salano , auch alle da- 
zu gehörigen, beweglichen und unbeweglichen 
Güter, der Miihlen Einkünfte, und sämmtliche 
Steuern, welche die zu beyden Kirchen höri- 
gen Leute zu entrichten hatten. Verletzer die- 
ser Verleihung wurden mit dem Zorne des 
Dreyeinigen Gottes , mit dem Fluche der heili- 
gen ^Väter, mit der Ungnade des Königs und 
mit der Busse von zehn Pfund Goldes an die 
königliche Kammer und an die Kirche, jeder 
zur Hälfte , bedrohet *). 

Nach alter Sage hatte Domnius, Jünger 
des Apostel»^ Petrus, in Dalmatien das Evan- 
gelium verkündiget, die Spalater Kirche ge- 
gründet, und in ihr sein Grab erhalten; diesem 
Heiligen und seinem Nachfolger Gaudius, 
J.C.ff58. schenkte Geis a der IL den Marktflecken Sre- 
nina mit allen Wiesen, Wäldern, Weiden, 
Büschen, Wassermühlen und allen übrigen 
Beyländern in einem Umfange, welchen gegen 
Norden die Ringmauer Zavala längs dem Bache 
Potock bis zu den Felsen des nächsten Gebirges; 



a) ürkund. bey Farlati Illyr. S, T. III. p. 175. 



— . q6i — 

gegen Osten längs der geraden Stinjetzer Strasse, 
diegrossen Ringmauern, Slawisch Gomille Lipe 
genannt; gegen Süden das Brisnicher Wasser, 
ein Kreuz aus Stein gehauen, und der Berg Zavale 
begränzten. Dabey erneuerte und bestätigte er 
der Kirche auch das Besitzrecht von Allem, was 
Branimir, der Croaten Herzog , so wie seine 
Väter, an Dörfern, Ländereyen, Einkünften, 
Knechten und Mägden dem heiligen D o m n i u s. 
Verliehen, und was die Kirche des Heili- 
gen von Alters her irgendwo besessen hatte '). 
Endlich vergab er noch für seine und seiner 
Aeltem Seele an den heiligen D o m n i u s und 
an den Erzbischof die Sanct Bartholomaei Kir- 
che zu Tinen , mit ihren sämmtlichen Lände- 
reyen und Einkünften ; kein Ban , Fürst , Graf 
öder königlicher Diener sollte sich unterfan- 
gen, die Kirche oder den Erzbischof in die- 
ser Schenkung anzufechten, oder zu schmälern ^}. 
Im folgenden Jahre wurde G a u d i u s der 
erzbischöflichen Würde entsetzt. Sein Verbre- 
chen war folgendes : D e s s a, von den Trawem 
zu ihrem Bischöfe gewählt "), musstevon Gau- 
di US geweihet werden, dazu ward der einzige 
Bischof Croatiens (Kniri) , so hiess der Bischof 



ä) ürkund.* bey demselb. L c. p. ijQ, und Kerchelich 
^ Notitiae praelimin. p. 159. — Dux statt Rex in der ürkun» 
de itt nichts weiter als ein Fehler [des Schreibers, wie schon 
Katona T. HI. p. 700. bemerkt hat. b) Urkunde bey Far- 
lati 1. c. p. 379. c) Bischöfe von Traw: Dessa 1159. 
Michael 1198. 



— Ä6a — 

von T 1 n e n , eingeladen. Dieser mach- 
te den Erzbischof auf das Gesetzwidrige 
Verfahren aufmerksam; denn nach Vorschrift 
der Kirchensatzungen waren drey Bischöfe 
zur Ertheilung der Weihe erforderlich. Seinem 
Ernste begegnete Gaudius» der Mann aller 
Welt , mit Scfcerz , den Eiferer für das Gesetz 
ersuchend y er möchte das erzbischöfliche Pal- 
lium, für den dritten Bischof gelten lassen. So- 
gleich bestieg Croatiens Bischof die Kanzel und 
betheuerte vor Clerus und Volk, dass er seinem 
Metropoliten aus Zwang gehorche. Die wider- 
rechtliche Weihe ward vollbracht, aber unver- 
züglich dem päpstlichen Stuhle angezeigt. Eu- 
genius der III verhängte sowohl über den 
Metropoliten , als über den neugeweihten Bi- 
schof die Strafe der Absetzung. Die Sentenz 
vollzog Hadrian des IV. Legat. Gaudius, 
reich genug , vielleicht auch des Zaumes erzbi- 
schöflicher Sittsamkeit überdrussig, hielt es 
nicht der Mühe werth, sich zu demüthigen; 
diess that aber D e s s a , wofür ihn der Papst in 
seine Würde wieder einsetzen liess. FürSpala- 
tro musste ein neuer Erzbischof gewählt wer- 
den , wobey die SufFragan - Bischöfe , um die 
Gunst des Königs sich zu versichern , die Wahl 
/. C. /f .5^. auf den Wefzprimer Bischof") Absalon^ ei- 



a) Biscliöfelvon Wefzprjm: Matthaeus iii8. Ca- 
landa f. mg. Ambrosius 1x35. Petrus I. Ii38— 
ii3§. Paulus r. 1143. Petrus II. ii56. Absalon 1159* 



— s63 — 

Xien TJnger, leiteten. Warum die Spalater sehr 
Tbald mit ihm unzufrieden wurden, ist nicht be- 
liannt; vielleicht hatte der reiche Gaudius 
der Laien Raubgier friedlich nachgesehen, wie 
sie von den Kirchengütem sich sättigte , wel- 
ches der ärinere Absalon nicht dulden woll- 
te. Darum musste er sich vor den Verfolgun- 
gen des Spalater Grafen Marcutius zu dem 
Könige flüchten. Schwerlich möchte gerade in 
der Wissenschaft des Ewigen seine Stärke be- 
standen haben, w^enn anders ein Sendschrei- 
ben VQn ihm an Clerus und VoUi von Spalatro 
ein Urtheil begründen dürfte; es ist ohne Geist 
und ohne Salbung: nach einigen Vorwürfen 
verlanget er, dass sie seinem an sie gesandten 
Grafen Joannes, w^elcher Weihrauch, Oel 
und guten Wein für ihn einkaufen sollte , Bey- 
stand leisten *). Grund zur Vermuthung, dass 
nur um zeitlicher Dinge willen Spannung und 
Feindschaft z;wischen ihm und den Spalatern 
entstanden sey, gibt der letztern Verordnung, 
welche den Bürgern unter eidlicher Verpflich- 
tung verbot, bewegliches Gut und Ländereyen 
an Kirchen zu verschenken, zu vermachen oder 
zu verkaufen. Absalon's Anklage darüber 
kam vor Alexander den III.; dessei^ Ver- 
fügung über sie an Lampridius, Erzbischof 



Joannes IL ii83— n88« Calanda 11. 1195 — fF. o) Tho- 
mas Archidiac. Hist. Salonit. cap. 19* Farlati Illjric. 
S. T. III. p. 179 se^. et T. IV. p« 53o. 



— a6^ — 

von Jadra ")• ^^ ^^t ungewiss , ob der Römi- 
sche Rannstrahl ihr Gesetz vernichtet habe. 

Nur wenige Ungrische Bischöfe liessen 
sich jetzt schon durch reichlich dargebrachte 
Opfer der Gläubigen für ihre Seelen oder ihre 
Sünden zur Schwelgerey oder Verschwendung 
des Erbtheils der Armen verleiten; ob sie gleich 
. i in besserer Verwendung derselben über die Be- 
griffe und Einsichten ihres Zeitalters nicht hin- 
ausschreiten konnten: entweder stifteten sie 
von den Ersparnissen Klöster oder dotirten är- 
mere Kirchen und Pfründen. Also that der 

/. C. ^f5€. Graner Erzbischof Martirius, indem er von 
seinen Tafeleinkünften die vollen Zehnten ron 
siebenzig Dörfern mit des Königs Genehmigung 
an die Chorherren des Erzstiftes für immer ver- 
gab *). Gleiche Uneigennützigkeit erfuhren die 
Coloczer Chorherren und der Dompropst von 

/.C.//>J, ihrem Oberhirten, Saul von Hedervar"), 
welcher bey gottseligem Lebenswandel wenig 



! 



a) Erzbiscliöfe Ton Jadra: Micas ( Michael ) iii6< 
Lampridius 1157. 1159. Theobaldas iigs. Fetrui 
1190. N i c o 1 a u 8 120Ö. b) S cli m i 1 1 h. Archiepisc. Stri« 
gon. in Martirio. Bei. Notitia Hung. T. III. p, 545. c) Ka- 
lo na Hist. Eccl. Colocens« P. I. p. fioiseq. — * Coloczer 
Biscköf^: Gregorius 11x4— ii34» Francica {Franciscus) 
von Agram versetzt xiSi-— •1134- — * * Erzbiscliöfe Ton Colo* 
cza und B^ct vereinigt: Simon 1135« Muchia, MyKoa 
^Michael) 1142^1165, Cosmas 1169. S tephanus^ «bge* 
setzt 1174. Paulus IL 1175. Andreas I. 1176.1175. Pau- 
lus III. 1x88. ,— Petrus I. Chitilen, von Spalatro ver- 
setzt 1190. Faul von HedeiviCx 1193^1205. 



— fl65 — 

für sich bedürfend , einen beträchtlichen Theil 

seiner Zehnten und anderer Einkünfte zu ihrem 

axiständigem Unterhalt anwies. Früher Bischof 

2ii Csanad *), des heiligen Gerardus achter 

Nachfolger, \ war er auch dessen Geistes voll, 

streng gegen sich selbst, sanftmüthig gegen 

Andere , so wie es sein heiliger Eifer für Zucht 

im Clerus, für Recht im Volke, gestattete: 

^ward er von diesem zum Handeln aufgefordert, 

so kannte er kein Ansehen der Person. Das 

musste der ihm untergeordnete Grosswardeiner 

Bischof**) EUvin nachdrücklich empfinden» 

Er wurde von seinen Chorherren gewaltsamer 

Erpressungen , der Simonie und des Meineides 

angeklagt, von Saul mit dem Banne belegt, 

und verpflichtet, persönlich in Rom des Pap* 

stes Bussurtheil über sich zu vernehmen. Der 

Ruf der Heiligkeit, bewährt durch seinen 

Wandel, verstummte lange nicht an seinem 

Grabe •). 

Von besserm Geiste, als Ellvin, ward 
sein Bruder Boleslaw, Bischof der Watz- 



a) Bischöfe zu Csanad: Beske iii4-^ii38* Paulut 
I. ii43* Joannes I. ii4S* Stephanus I, 1156—1169. 
Saul von Hedervir iigx — HQ?« Crispinus 1193. 
Joannes II. ii94« Desiderius 1S04 ff* ^) Bischöfe %vl 
Grosswardein: Val therus Frachak 1119— xiSQ. Mi- 
chael 1156. Nicolaus, welchem der Notar des K önigs Be- 
la sein Buch zugeschrieben hat 1165, Michael II. 1x69. 
Joannes Yatha ii8i-^u88* Ellvinus U98« Simon 
iao4 ff> c) Katona. c. p. 200 et 206 se^. 



a66 



^ 



ncr Kirche*)/ belebt. Den Verfall der Zucht 
und der Sitten I in dem Clerus grossen Theils 
auch von Unterlassung der Diöcesan- Synoden 
herleitend y gab er in Einverständniss mit sei- 
nem Metropoliten, dem Graner Erzbischof 
Job/ die Verordnung, dass sämmtliche Prie- 
ster, Pfarrer und Pfründner seines Kirchspren- 
gels sich jährlich am Tage der Geburt Maria in 
Wätzen einstellen; sollten, um in der versam- 
melten Synode von Verwaltung ihrer Aemter 
Rechenschaft zu geben und von ihres Standes 
hohen Pflichten heilsamen Unterricht des Bi- 
schofs zu empfangen. Seine rühmliche, in al- 
ten Kirchensatzungen gegründete Verfügung 
ward als lästige Neuerung verschrien; eine An- 
zahl seiner Geistlichen wagte es , ihr Trotz z^ 
bieten und nicht zu erscheinen. Er, anstatt 
ihnen durch den Bann die Seelennahrung zu 
entziehen, fasste sie empfindlicher bey ihrer 
leiblichen , indem er mit Einziehung der Zehn- 
ten , welche er ihnen vor einiger Zeit von sei- 
nen Tafeleinkünften fr^ygebig verliehen hatte, 
ihre Widerspenstigkeit bestrafte. Darüber b^ 
langten sie ihn bey dem Papste Cölestin dem 
m. , als hätte er nvit Gewalt an sich gerissen, 
was ihnen vermöge ihrer Stiftung gebührte. 
Doch glückte es ihnen nicht, den Papst für ihre 



a) Bischöfe zu Watsen: Marcellut 1114—1119^«^ 
•etzt nach Gran. Marcellinus 1119— 1139. Hippolytaf 
it^6-^u6g. Job »SS* Boleslaus ußg ff. 



w 



Q67 



ungerechte Sache zu gewinnen ; Cölestin,/,e./ /^j. 
eines Bessern unterrichtet, bestätigte Boles- 
law's Verordnung, und dieser liess ihnen die 
Zehnten wieder zufliessen, als sie sich bequem- 
ten, zu gehorchen *). Die an seiner Kirche 
und an seinem eigenen Vermögen begangene 
Gewaltthat des Königs ist schon erzählet wor- 
den. S auls Gewicht und Ansehen setzten ihn 
wieder in den Besitz des Seinigen ; sein Erbe 
war das, von ihm gestiftete Kloster , damals 
ein höchst erbaulicher Schauplatz strengpr 
Chorherrenzucht und kirchlicher Gottselig- 
keit. 

Allein auch Ehrwürdigkeit 'der Sitten und 
Ehrfurcht gebietende Gottseligkeit half in jener 
Zeit nicht immer , der Laien raubgierige Hand 
von dem Schatzkasten der Kirche und der Bi- 
schöfe zurückzuschrecken. Als Lucas Ban- 
fy noch in Erlau**) Bischof war, dachte man 
allgemein nur an ihn , wenn von alten Zeiten 
der Christlichen Kirchen, von Apostolischen 
Bischöfen gesprochen \rurde; dennoch wagte 
es Graf Jordan, Geisa des 11. Gros3Schatz- 
meister, als Bänfy nach des Martirius 
Tode zum Graner Erzbisthume gewählt war, 



a) Peterfy Concil. Hiuigar. F. I. p. 83« ^} Bischöfe 
sa Erlau: Wolfertus 1115. Cletus I. 1119. Andreas 
I. ii33. Bestrius 1135. Martinas II. xi43* Lucas 
Banfy ii56~ii58< versetzt nach Gran. Sarna iiSß— "69. 
Nicolaus T. 1169. Petrus II. 11133—1x95. Catspan 
Propst Ton StuhlweissenbuTg 1198 ^ ^* 




— üGS — 

aus der erzbischöflichen Schatzkammer Edel* 
steine von grossem Werthe wegzunehmen iiiid 
der königlichen zuzueignen. Zum Glücke war 
Lucas eben so fester Rechts - als Gottesgelehr- 
ter, eben so kluger und vorsichtiger, als gott- 
seliger Mann, dem an den Folgen der That 
J o r d a n * s sicher mehr, als an dem Werthe der 
Edelsteine lag : er machte dem Grafen in aHer 
Rechtsform den Prozess , den ersten vielleicht, 
der in Ungarn so geführt wurde; gewann ihn, 
und selbst der König musste das Erkenntniss 
bestätigen, das seinen Grossschatzmeister zur 
Zurückstellung'verurtheilte '}. 

Wie Lucas Banfy von Alexander 
EQ., Calanus von Clemens HL, Boles- 
law von Cölestin in., so verdienten und 
genossen Saul und der Raaber Bischof*} 
Ugrin vorzügliche Achtung von Innocen- 
tius HE. Ugrin war Emerich's bewähr- 
tester Freund, Rathgeber, und unter seinen 
treuen Anhängern der treueste; dafür erklärte I 
J, C. ifff^, ihn selbst der Papst in einem Breve an sämmt 



d) Schmittk EpiscopiAgrienses in Luca P. T. h) fii; 
icböft zu Raab: Georgias 1115. Gervasiui T. iiip-* 
ii33. Petrus 1135. Paulus I. n38-— ii39- ' Biess ii 
yrahrscheinlich der Paulus, früher etwa Abt von S. Benedict! 
Pccs-Yarad, oder Propst zuDömös, proleptisch Bischof 
nannt, welcher den geblendeten Bela mit dem Grafen Oth 
mar gerettet, rerborgen und verpfleget hatte. — Zachaea 
ii43« Antonius 11 48- zugleich Hofrichter, (Regiae C 
curam gerens.) — Gervasius 1156— 1169* Mycttlintt 
(Michael) iißS — 11 86- U g r i n u s 1188 ff« 



liehe Erzbischöfe, Bischöfe und Prälaten des Ün- 
grischen Reiches , und verbot ihnen, über die- 
sen würdigen Bischof, zu Gunsten irgend einer 
Partey , den Kirchenbann zu verhängen. 
Wenn es aber dennoch geschehen wäre oder 
noch geschehe , so sollte er ,berechtigt seyn, 
von jedem andern Erzbischof oder Bischof, den 
er fände, trotz jedem Einsprüche oder Wider- 
Stande, sich lossprechen zu lassen '). 

Nachdem C o 1 o m a n , und nach dessen /. C. i4n4. 
Vorgang auch Stephan der IL und Geisa ^^^^^ 
n. dem Investitur - Recht entsaget hatten, 
wurden die Erzbischöfe von den SuflFragan- Bi- 
schöfen und dem Capitel, Bischöfe und; Pröp- 
ste von den Capiteln , Aebte von den Kloster- 
gemeinden gewählt, ohne unmittelbaren Ein- 
fluss der Könige, welchen jedoch die Bestäti- 
gung der Wahl und die Belehnung mit den Gü- 
tern gegen Leistung des Vasallen -Eides vorbe- 
halten blieb. Aus den Namen der vier und 
achtzig Ungrischen Bischöfe dieses Zeitraumes 
lässt sich mit einiger Wahrscheinlichlieit 
schliesssn , dass schon viele derselben geborne 
Ungern **), und noch mehrere ihrem Stande 
nach Mönche waren *") ; diese hatten unter viel- 



a) Epistola Innocentii ap. Katona T. lY. p. 538. V) 
>• B. Micha, Sarna, Catapan, Calanda, Myculin, 
XJgrin jFrachak, Vatha, Baran, Beske u. a. c) z. B. 
Martiriui, Macaxius^ Anthimius, Gervasius 
und and. 



jähriger Uebung des klösterlichen Gehorsams 
regieren gelernt, waren bey eingeschränktem 
Wünschen und Bedürfnissen mehr zu vorsich- 
tiger Haushaltung , als zur Verschwendung ge- 
neigt, und hielten aus eigener Angewohnheit 
strenger auf Zucht und Ordnung; welches frey- 
lich von ihrer Erwählung vielmehr würde ab- 
geschreckt, als dazu eingeladen haben, wäre es 
nicht von jeher so gewesen, dass auch die zügel- 
losesten Wüstlinge Zucht und Strenge, in Au- 
genblicken, als sie ihrer nicht bedurften, für 
nichts achteten, für andere ihres Gleichen zu je- 
der Zeit forderten. Nur zu Spalatro hatte es 
einmal Bela der III. für rathsam gehalten, auf 
die Wahl eines neuen Erzbischof es unmittelbar 
einzuwirken. Als Dalmatien noch unter By- 
zantischer Herrschaft stand, wurde derSpak- 
ter Erzbischof Raynerius auf dem Rückwe- 

/. C. 1^80. ge aus Constantinopel von den Croatischen Ka- 
^* ^' ziehen zu Tode gesteiniget. Nach einigen Wo- 
chen [starb Kaiser Manuel, worauf Bela so- 
gleich Dalmatien in Besitz nahm und den Spa- 
latem zur Richtschnur in der Wahl ihres Ober- 
hirten, ankündigte, dass er jedem Andern, als 
einem Unger von Geschlechte , die Bestätigung 
• versagen würde. Darüber, und auch über den 
Druck des ihnen vorgesetzten Ungrischen Gra- 
fen Minoslaw, welcher Kirchengelder sich 
angeeignet imd die Wahlen für erledigte Bis- 
thümer verboten hatte, beschwerten sich die 

T. 0.. 4 48t. Spalater bey dem Papste. Alexander nahm 



sich ihrer Sache vor Bela an *), doch seine 
Verwendung blieb bey diesem ohne Erfolg, 
wenn nicht etwa dem Minoslaw die Verwal- 
tung der Provinz abgenommen , nnd dem Bau 
Dionysius übertragen worden war. Durch 
fünf Jahre blieb der erzbischöfliche Stuhl unbe- 
setzt, weil der König auf seinem festerklärteh 
WiUen beharrte. Endlich fügten sich die Spa- 
later darein, und wählten den von Bela sehr 
geachteten Peter, aus dem Ungrischen Ge- 
schlechtc der Chitilen ^). 

Im ersten Jahre seines Hirtenamtes, am 
Philippi - und Jacobi - Tage , versammelte er die 
ganze Clerisey seines Metropolitan -Bezirkes 
zu einer Provinzial- Synode in Spalatro. Da- 
hin gehörten und erschienen die Bischöfe 
Fiascon von.Tinen, Michael von Traw, 



a) Lucius Lib. lll. cap. 15. 5) Wahrscheinlich war es 
Peter Propst zu. Tittel, welcher in einer Urkunde G«isa 
fies II. V. J. 1156. unter Bischöfen, Pröpsten und Magnaten ge* 
Bannt wird ; denn um die Zeit seiner Erwählung war in Un- 
garn nirgends ein Bischof oder Abt, unter dem Namen Pe- 
ter; und es ist nicht zu vermuthen, dass die Spalater einen 
Priester oder Chorherrn ohne höhere Würde zum Erzbischo- 
fe erkoren hätten. Zwar kommt in der Urkunde Geisa^s v* 
J. ii58* ein Peter als Abt von Pecs-Värad vor, dieser war 
tber aus dem Geschlechte der T h u r o s . nicht ,der Chiti- 
len. Die Zeit streitet gegen die Vermuthung iüx denTittelez 
Peter, denn wenn angenommen wird, was nichts verbietet, 
^Ass er im J. 1156 dreyssig Jahre alt vrar, so befand er sich 
1^7 seiner Wahl 11 85 im neun und fünfzigsten, und bey sei- 
nem Tode ^zu Colocza 1193 erst im sieben und sechzigsten sei- 
nes Alters. 



Michael von Scardona, Mathaeus von 
Nona, Miraeus von Sign und Micha von 
Pharia (Lesina) ; die Aebte I s a a c von SaBCt 
Stephan und Vincentius von Traw; der 
Propst Albert von Sanct Bartholomä; die 
Erzpriester jeder mit seinen untergeordneten 
Pfarrern, Vilcotta von Clissa, Vilcotta 
von Kile, Gaudius von Traw, Prasezvoa 
Scardona^ D e^ i m i r von Lika, RadonaTOA 
Bushati , D e c o m i r von Nona. Sie Alle stan- 
den jetzt unter Ungrischer Herrschaft. Die 
Verhandlungen wurden angefangen mitfeycr- 
licher Verbannung aller Secten gegen die Hei- 
ligkeit und Lehre der Römischen Kirche. Der- 
selbe Fluch traf Verletzer der geistlichen Im- 
munität und Räuber kirchlicher Zehnten, Gü- 
ter und Einkünfte. Sodann wurden die G^ 
wohnheiten und Gerechtigkeiten, welche die 
Kirche des heiligen Domnius , sowohl über 
die Bischöfe, als über den niederen Clerus von 
Alters her ausgeübt hatte, vorgetragen, bestä- 
tiget und denselben gemäss neuerdings festge- 
setzt : dass der Erzbischof Niemanden , ,als wer 
ihm von dem Archidiaconus oder von den 
Chorherren des heiligen Domnius vorgestellt 
wurde, die Weihe ertheilen sollte. Das von 
Urban dem IL eingesetzte, von demCistcr- 
zienser- Orden überall verbreitete Marianische 
Tagzeiten - Gebet wurde für alle Tage in ^den 
Kirchen des Metropolitan -Bezirkes vorgeschrie- 
ben. Um alle Gränzstreitigkeiten zwischen den 




— fi73 — 

ftischöfen der Spalater Metropole vorzubeugen, 
KTurden ihre Diöcesen durch allgemeine Ein- 
idlligung für immer berichtiget. Diesen Be- 
ttimmungen gemäss, gehörten unter die Ge- 
richtsbarkeit des Spalater Erzbischofs , Clis- 
sa, Skale, Smina, Cettina, ganzKleuna, ganz 
Massaron (Gebirge Massor) ganz Pol (Pogliz- 
za), bis an VruUia im Thale; und dazu die 
Kirchen Sanct Martha, Sanct Peter von Klo- 
buk, (vielleicht Klokoch in der Sluin er Gegend) 
Sanct Maria, Sanct Stephan, ^anct Mbyses 
und Sanct Bartholomä: unter den Tinener 
Bischof, Tinen, Kamp, Verchzecca (Verlika) 
nnd Pset. Unter den Trawer, Traw, Drit, 
Sebenico und die ganze Grafschaft Zagorien; 
unter den Scardoner: Scardona , Briber, 
(Brebir) Belgrad (an der Küste) und das ganze 
Gebiet Sidraga (vielleicht Sidrona beyBukowit- 
za); unter den Noner: Nona, ganz Luk und 
die Hälfte vonXiika; unt^r den Signier: Sign, 
ganz Ketscia und die andere Hälfte von Lika ; 
toter den P h a r i e r: Phar, Bracia (Brazza), Lissa, 
Corcera, Lasta , . Mulcer und ganz Craina. 

Die ganze Grafschaft Corbavia, von der 
Küste und von den Flüssen Unna, Tedan und 
Lika eingeschlossen, war bisher ein einträglicher 
Theil des erzbischöflichen Sprengeis, ihre Ent- 
fernung aber von Spalatro zu weit , die Reise 
Lflahin über die Gebirge zu beschwerlich , als 
ass ein pflichtehrender Oberhirt den Gläubigen 
daselbst und ihren Pfarrern, so oft die Kirchen- 

n. Theil. jo 



— £74- — 

Satzungen es forderten , Beweise seiner Sorg« 
falt persönlich hätte geben können. Auf eige- 
nen Antrieb also und mit edler Uneigennüt- 
zigkeit errichtete Peter jetzt das Corbaver 
Bisthum, und begabte es von seinen Tafeleba- 
künften mit Anweisung der Gerichtsbarkeit 
über Corbavia, Vinodol, Bussan (vielleicht Bos- 
silievo), Novigrad, Presnik, Pias und Mo- 
drusch. Zum ersten Bischof wählte das Me- 
tropolitan -Capitel den Chorherm Matthaeus 
Marutae, einen jungen Mann von reifen 
'Einsichten und alten Sitten. Papst ürban 
der ni. , welcher sowohl die Satzungen der 
Provincial- Synode, als auch die Errichtung 
des neuen Bisthumes gern bestätigte , erneuer- 
te zugleich dem thätigen Erzbischofe den alten 
Vorzug seiner Kirche, der ihn berechtigte, über- 
all in dem Ungrischen Dalmatien das Kreuz, 
als des Erlösers Panier , sich fey erlich vortra- 
gen zu lassen '). jNach vier Jahren nöthigten 
ihn die Angelegenheiten seiner Kirche an das 
königliche Hoflager zu reisen, und da eben da- 
mals das Coloczer Erzbisthum erlediget war, 
wurde er von dem Capitel und den Suffragan- j 
^' bischöfen für diese Kirche erwählt. Wahr- 
scheinlich bestimmte ihn die Unzufriedenheit 
der Dalmatischen Clerisey mit seiner Strenge, 
sich dieser Wahl zu unterwerfen *'). 

a) Thomas Archidiac. Hist. Salooit. c. «3. Ftr- 
lati lUyr. S. T. III. p. 213. 214, «äi. *) Katon» flu«. 
Ecdes. Coloceiw» P. i. p, 19$ ~ 193. 



— 1275 -^ 

An seine Stelle wählten Clerus und Volk 
von Spalatro Peter, den Abt von Sanct Mar- 
tin auf dem heiligen Pannonberge *). Er war 
dieses Namens der VIII. In der BuUe, mit 
welcher ihm Clemens der HI. das Pal- 
lium übersandte, werden als SufFragan - Bi- 
.schöfe der Spalater Metropole , ausser den oben 
angeführten, noch die Bischöfe von Macarska, 
von Narona , von Stagno , von Bosna ;und von 
Delminium genannt^). 

In diesem Zeiträume wurde auch der Kir- 
chenstaat des eigentlichen Ungarns mit einem 
neuen Bisthume vermehret. Seitdem Bischof 
Viching bey der Magyaren Einfall in Gross«- 
Mähren die Flucht ergriflFen hatte, war zu N e i- 
t r a kein Bischof mehr ; Stephan der Heilige, 
Stifter der Abtey auf dem nächstgelegenen Ber- 
ge Zobor, fand in der Stadt noch Priester, 
welche er unter einen Propst vereinigte, und 
der kirchlichen Gerichtsbarkeit des Graner Erz- 
bischofes unterordnete. So blieb es, bis zu 
B ela des 11, Regierung; dieser, wenn nicht 
etrwa schon Stephan der IL , erhob die Prop- 
stey des heiligen Emmeramus zu Neitra, mit 
Einwilligung des Erzbischofs Felicianus, 
welcher ehemals Bischof in Siebenbür- 



a) Aebte von S. Martin auf dem heil. Berge: Da- 
vid 1137. I138* Raynaldus 1174-^1176. Petras 1x89- 
2190. Joannes 1191. ß) Farlati 1. c. p. 223. 



i— 276 — 

gen ') und früher Propst zu Stuhlweissen- 
burg *) war, zum Bisthume und bestätigte den 
dazu gewählten Propst Nicolaus als ersten 
/. C. #/3J. Bischof "). Obgleich hernach Geisa der IL 
r.c.//57. die Einkünfte desselben vermehrte, blieb es 
dennoch um ein beträchtliches ärmer, als alle] 
übrige Ungrische Bisthümer, und auch von Be- 
la dem HI. erhielt es keinen reichlichem Zu- 
wachs, als das Drittel der Neitraer Marktzöl* 
le. Sein Umfang war auf die Trenesiner und 
j ^ ^^^ einen Theil der Neitraer Gespanschaft begränzt; 
^mjj. sein zweyter Bischof: E v e r a r d. 

Es ist nicht zu bezweifeln , dass in diesem 

Zeiträume Ungarns Bischöfe und Aebte auch 

die allgemeinen drey Kirchenversammlungen, 

7.C. iis3' <5iß IX. X. und XL zu Rom im Lateran besucht, 

f/»3^. iiTidzu den alldort gemachten j Verordnungen mit 

^^79- gewirkt und die Zucht der Ungrischen Kirche 

darnach eingerichtet haben. Sie waren dazu 

eingeladen, waren bemittelt, dazu eifrig oder 

neugierig genug, um lieber der Einladung zu 



a) Bischöfe in Sibenbürgen: Villarlus iiiS. iii^ 
Felicianus 1124. Gualterus I. 1133- Petrus J. frü* 
her Propst zu Ofen und königlicher SigilUtor. ii34* Barai 
1139. Gualterus II. 1156—1158. Vilcina {JTolky Far-^ 
las} 1166. Dieser^ mit dem Vornamen, Paulus, war viel- 
leicht der anonyme Notar und zwar Bela des flf« Adria* 
nus iigi. 1202. Willermus 1204 ff* b) Pröpste zu Stuhl« 
^veissenburg: Felicianus 1106. Catapan iiSJ " 
Z193. c) Pray Specimen Hierarch. P. T. p« 362 teq. £jai^* 
Dissert. de S. LadisL p. 46 seq. et Diatribe p. 23. 



— S77 — 

folgen, als von der Pflicht zu ercheinen mit 
Gel de, wie es die päpstliche Kammer damals 
schon zur Sitte gemacht hatte, sich loszukau- 
fen. Von Seiten der Könige, welchen die 
päpstliche Huld schon höchst wichtig war, wur- 
den sie nicht gehindert. In der neunten , un- 
ter Vorsitz Galixtus des IL, waren überdrey- 
hundert Bischöfe und sechshundert Aebte; in 
der zehnten unter Innocentius dem IL 
gegen tausend Erzbischöfe und Bischöfe; in 
der eilften unter Alexander dem IIL drey- 
liundert und zwey Bischöfe zugegen; unter 
diesen steht auch Andreas Erzbischof von 
Bäcs und Colocza unterzeichnet. Nur die Sat* 
Zungen, nicht die vollständigen Acten der drey 
Versammlungen sind den nachfolgenden Zeig- 
ten überliefert worden; darum lässt sich ins- 
besondere und namentlich nicht mehr ausmit^ 
teln, wie viel, und w^elche Bischöfe aus Un-^ 
gam dahin gezogen waren. Auf die Zucht der 
üngrischen Kirche waren folgende Satzungen 
anwendbar : 

Wer falsche Münze prägte oder in Handelsver- 
kehr brachte, sollte aus der Gemeinschaft der 
Gläubigen durch den Bann ausgeschlossen wer- 
den. -^ Aebten und Mönchen (in Ungarn , mit 
Ausnahme der königlichen Ab teyen), ward ver- 
boten, öffentliche Bussen zu verhängen, Kranke 
zu besuchen und ihnen die letzte Oelung zu er- 
theilen , öffentliche und feyerliche Messen zu 
halten, hingegen aber sollten. sie das heilige 




— fl78 — 

Oel zu eigenem Gebrauche von ihren Dioccsan- 
Bischöfen nehmen und auch nur von diesen 
ihre Altäre und ihre Cleriker weihen lassen *). 
Bischöfen und Priestern wurde unter Verlust 
ihrer Pfründen geboten , ihrem Stande gemäss, 
in Form, Schnitt und Länge, sich zu kleiden. 
Chorherren und Mönche soUten weder Rechts- 
gelehrsamkeit, noch Arzeneykunde studiren. 
Bischöfe und Aebte, welche ihren Untergebe- 
nen Rechts - oder Heil - Praxis gestatteten, wur- 
den mit dem Banne bedrohet« Laien wurde 
der Genuss kirchlicher Zehnten oder anderer 
geistlicher Pfründen unter Strafe des Bannes 
abgesprochen und Zurückstellung derselben an 
die Bischöfe, von wem sie ihnen immer ver- 
liehen seyn mochten , zur Pflicht gemacht 
Archidiaconate und Diaconate soHten immer 
und überall nur wirklichen Priestern und Dia- 
Conen verliehen werden. Toumiere und Lust- 
gefechte wurden verboten , den dabey tödtlich 
Verwundeten sollte nur die Busse und letzte 
Wegzehrung gespendet, die kirchliche Bestat- 
tung aber in geweihter Erde verweigert wer- 
den. Priester sollten sich von Laien durch 
falsche Busse nicht täuschen lassen. Für falsch 
ward die Busse erkläret, wenn der Büssende 
seinen Lebenswandel ,nicht änderte, in der 
nächsten Gelegenheit zur Sünde beharrte, dem 



d) CoBcil. Lateran. I. GcneiaL IX. can. 15. 17. Labei 
Collect. Concilior. T. X. 



— S79 -* 

Verletzten Entschädigung , dem Feinde Verzei- 
himg versagte, oder in ungerechtem Kriege 
Vi^afFendicnst leistete. Die Anmassung der Ca- 
pitel, welche Pfarrer, geregelte Chorherren 
und Aebte von Bischofswahlen ausschlössen, 
^i^urde durch Androhung des Bannes und der 
Vernichtung ihrer Wahlen zurechtgewiesen *). 
Wenn in Zukunft bey neuer Papstwahl nicht 
sämmtliche Cardinäle in Einen einstimmten, 
so sollte nur derjenige, den zwey Drittel der 
Stimmen nennten, als rechtmässig gewählter 
Papst erkannt werden. Bis hierher war die 
unbedingte Stimmenmehrheit für hinlänglich 
geachtet worden. Unter ^andern Bedingungen 
wurden zu Pfründen, welche mit Seelsorge ver- 
bunden waren , das Alter von fünf und zwan- 
srig; zur Bischofswahl, das Alter. von dreyssig 
Jahren; überdiess noch eheliche Geburt, ehr- 
bare Sitten und standesgemässe Gelehrsamkeit 
gefordert. Erzbischöfen wurden bey Visita- 
tion ihres Kirchspr^gels vierzig, höchstens 
fünfzig, Cardinälen fünf und zwanzig, Bi- 
schöfen zwanzig bis dreyssig, Erzpries tem oder 
Decanen zwey Pferde gestattet. Keiner dersel- 
ben sollte Falken oder Jagdhunde mit sich füh- 
ren, von den Pfarrern mehr als massige Bcwir- 
thung fordern; oder mit Schätzungen sie be- 
drücken. Weihete ein Bischof jemanden ohne 



d) Concil. Lateran. ; IL General. X. can. 4* 9. lo. 14* 



— Ä80 — 

Titel (Pfründe) sichern Unterhaltes zum Prie- 
ster oder Diacon, so war es seine Pflicht, den 
so Geweihten zu verpflegen, wenn eigenthüm- 
liches Erbvermögen ihm mangelte. Ausser 
Verbrechen, auf welchen schon nach altem 
Satzungen des Bannes Strafe haftete, sollte über 
niemanden ohne vorhergegangene dreymalige 
Ermahnung der Bann verhängt werden. For- 
derungen für Einsetzung in lurchliche Würdeu 
oder Pfründen , für Weihen, Sacramente, Beer^ 
digung, wurden verboten; eben so Anwart- 
schaften auf nicht erledigte Kirchenstellen, 
Die erledigten sollten in Frist von drey [Mo* 
naten besetzt werden, widrigen Falles war da3 
Gapitel berechtiget, gegen die Fahrlässigkeit 
des Bischofs, dieser gegen des Capitels, und 
der Metropolit gegen beyder Saumseligkeit 
vörzuschreiten. Einzelne Mönche sollten 
kein Eigen thum besitzen; damit Behaftete mit 
dem Banne belegt, des Begräbnisses in geweih-^ 
ter Stätte und aller Fürbitten nach dem Tod^ 
beraubt ; Aebte, die dergleichen Unfug gestat* 
teten , abgesetzt werden» Allen Clerikem oh» 
ne Ausnahme wurde untersagt, Ländercy en der 
Laien zu verwalten , weltliche Gerichtsbarkeit 
auszuüben, oder als Sachwalter vor bürgerli» 
eben Richterstühlen zu erscheinen. Eingegan- 
gene Schulen bey Cathedral - Kirchen und Ab-^ 
teyen sollten wieder hergestellt und aUenthal- 
ben bey Capiteln Meister zjur Ertheilung unent* 
geldlichen Unterrichtes an die Cleriker eing^ 



— Ä81 — 

getzt werden. Endlich wurde der Kirchenbann 
wider die Ca thar er, Patarener, Publicaner» Al- 
bigenser und ihre Beschützer verkündiget, auch 
fiir erlaubt erkläret , sie mit Gewalt der Waffen 
zu verfolgen *), 

Das Neueste aber und Merkwürdigste von 
Allem war, was Innocentius der IL in der 
Rede bey Eröffnung der zweyten Versammlung 
im Lateran als ausgemacht behauptete: Rom 
sey die Hauptstadt der Welt und alle kirchli-' 
chen Würden Lehen, welche entweder nur 
von dem Papste verliehen oder nur durch seine 
Genehmigung rechtmässig besessen würden. 
Der Sinn der Behauptung lag freylich schon in 
der Eidesformel , nach welcher sich , seit Gre- 
gor dem VIL, die Erzbischöfe, später auch 
die Bischöfe, dem Papste verpflichten sollten; 
doch den Satz so klar und bloss hatte vor In ■- 
nocentius dem IL noch kein Papst ausge^ 
sprechen. Damit gab er den Bischöfen eine 
doppelte Unwahrheit zu vernehmen; denn was 
an den geistlichen Würden echt apostolisch und 
kirchlich war, darin musste er selbst, wollte 
er nicht in Ketzerey verfallen, göttliche Ein-» 
Setzung anerkennen ; und waß sie an irdischem 
Glänze und an Schätzen der Welt besassen, da3 
war ihnen so , wie selbst der päpstlichen , zu- 
geflossen von Laien, von Regenten, welche bey 



a) ConciL Lateraii* llh G^en^l. ^» Can. I, 3. 4* 5* ^« 7< 
8« 10- i». lö» «?• 



aller Frömmigkeit doch nie daran denken I 
konnten, noch durften, über so beträchtliche 
Güter die Oberherrschaft dem Papste zu über- 
lassen , oder in ihren Staaten so zahlreiche Le- 
hen zu seiner Vergabung zu stiften. Das mms- 
ten die Bischöfe "«rissen und es war ihnen auch 
gar wohl bekannt; wenn sie also dennoch das 
unstatthafte, von Innocentius ausgespro- 
chene , von seinen Nachfolgern begründete Lc» 
henrecht ohne Widerrede gelten Hessen, so 
war es ein Zeichen , dass sie unter päpstlichen 
Unwahrheiten ihre gute Rechnung zu^ finden 
glaubten, und in Ansehung ihres zeitlichen 
Wohlstandes lieber des entfernten * Papstes 
freyere Lehenmänner, als der nahen Fürsten 
beschränkte Vasallen seyn wollten. Bald soll 
angedeutet werden , wie weit auch die ÜDgri- 
sehen Bischöfe, Pröpste und Aebte in dieser 
Ansicht befangen waren. 

Zu den Propsteyen des vorigen Zeitraumes, 
Sanct Maria in Stuhlwcissenburg , Sanct Peter 
und Paul in Alt - Ofen, Sanct Martin in Presburg, 
3anct Maria in Grosswardein , Sanct Margaredi 
in Dömös, kamen in diesem die Propsteyen 
Sanct Stephan in Gran, S. Martin in Arad, 
Sanct Benedict in Simegh , Sanct Sapientia in 
Titel, und andere, deren Entstehungszeit und 
Stifter nicht bekannt geworden sind. Zwey 
/.C.//5^. ansehnliche Propsteyen wurden von Bela er- 
richtet, die eine Sanct Martin auf dem aninu- 
thigen Hügel , welcher dem Zipserhause weSt- 



— a83 — 

wärts {liegt , die andere zum heiligen Kreuz in 
Hermanstadt *), beyde der bischöflichen Ge- 
richtsbarkeit entnommen und unmittelbar der 
päpstlichen untergeordnet, jene für die Sach- 
sen im Zipserlande , diese für die ersten Flan- 
drischen Pflanzbürger , mit Ausnahme derjeni- 
gen , welche , entweder von diesen in den ün- 
grischen Gespanschaften sich hernach niederge- 
lassen hatten, oder später aus dem Auslande 
dahin eingewandert waren. Gleichwie diese 
an Freyheiten und Begünstigungen den ersten 
Flandrem nicht gleich standen, eben so waren 
sie in ihrer Seelenpflege und in ihren kirchli* 
chen Pflichten von dem Siebenbürger Bischof 
abhängig. Darüber entstand gleich nach der 
Stiftung, welche der Cardinal -Legat Grego- 
rius, Kraft päpstlicher Vollmacht, bestätiget 
hatte. Streit zwischen dem Bischöfe Adrian 
und dem Propste von Hermanstadt, Jener hielt 
sich fest an die Worte der königlichen Urkunde, 
welche ohne nähere Bestätigung dieFlandrer in 
dem wüsten Gebiete und in dem Walde der Vla- 
chen und Petschenegen der Propstey unterge- 
ben hatte. Darauf gestützt, machte er An- 
sprach auf die Zehntpflichtigkeit aller Flan- 
drer und Sachsen , welche ausser jenen Gegen- 
den ansässig waren , wogegen der Propst be- 
hauptete, sämmtliche Flandrer und Sachsen, 



o) Wagner Anidecta Scepusü Part. III. p« 5 seq* 



1 

— 284 — 

wo sie immer in Siebenbürgen wohnten, wä- 
ren seiner Gerichtsbarkeit untergeordnet. Der 
Cardinal - Legat sollte entscheiden; und der Bi- 
schof behielt Recht, nachdem auf des Legaten 
vorsichtige Anfragen, Bela, der Stifter, er- 
kläret hatte , dass seiner Absicht geniäss licine 
andern Flandrer, als die gegenwärtigen und 
künftigen Bewohner der, ihnen von G ei sa ge- 
schenkten Wüsten ey zv^ dem Kirchsprengel des 
Propstes gehören sollten. Das Urtheil des Legaten 
J. C. 4 fgi. wurde von Cölestin dem IIJ,, und als der zwey- 
tc Propst Pesiderius, auf seinen Einfluss, als 
i.C./fj^. Kanzler des Königs Em er ich, vertrauend, 
den Streit mit dem Bischof wieder aufnehmen 
wollte, auch von Innocentius dem III. be- 
stätiget ■). Schon damals bestand df^s Capitel 
zu Hermanstadt aus vier und zwanzig Chorher- 
ren , die Kirche zum heiligen Kreuz wi^r mit 
vier und zwanzig Altären besetzt, und jeder 
jnit einträglicher Pfründe verbunden von dem ^ 
gesegneten Fleisse der Deutschen, welche in l 
frommer Freygebigkeit den Ungern nicht nachi' , 
stehen wollten '*), 

Der um Landes - und Gemüths - Cultur 80 , 
verdiente Benedictiner- Orden erhielt wäh^ . 
rend diese3 Zeitraumes seph^ nwe Abteyen j 



a) Epistol. Gregorii sed. ap. Legati. — Cölestioi * 
Illf et innoccntii III. ap. Wagner. Analect. Scep. P. U^* 
p. 5. et ap. Pray Speciitien Hierarch. P. II. p. S09. h) An- 
ctOT Gestor. 6. Nicetae p. 67. ap. BenkÖ Milkovia Tozn.piioi'' 
P- 99« 



— fl85 — 

ti Ungarn. In Erwägung, dass der göttlichen 
Majestät fromme Opfergaben der Menschen ge- 
allen, und mit Hingebung zeitlicher Güter 
iie ewigen verdient werden, weihete der from- 
ne Güssinger Graf Wolf er in Wein* und Ge- 
reidereicher Gegend der Eisenburger Gespan- 
ichaft, auf dem Berge bey G ü s s ing, eine Ab- 
:ey Gott und allen Heiligen zu Ehren, unter 
lern besondem Titel der heiligen Jungfrau. Er 
irergab an dieselbe seine sämmtlichen Lände- 
reyen und befahl sie der besondern Aufsicht 
und Leitung des Erzabtes auf dem heiligen Pan- 
nonberge aus Verehrung gegen Sanct Martin, 
welcher alldort war geboren worden. Das ge- 
schah mit Genehmigung des Königs Geisa 
xmd mehrerer Magnaten, mit Bewilligung des 
Raaber Bischofs Gervasius, indessen Kirch- 
sprengel die Stiftung lag, worüber auf Befehl '^•^•'''^^' 
^es Königs der Stuhlweissenburger Chorherr 
Barnabas, als königlicher Notar , die Hand- 
feste ausfertigte und init dem Reichssiegel be- 
glaubigte *). Um dieselbe Zeit vermachten 
Graf Martin, und seine Gemahlin Magda- 
lena, mit königlicher Erlaubniss und mitEin- 
Mrilligung ihrer Verwandten, dengrössten Theil 
ihrer Ländereyen, Leute und Kostbarkeiten 
dem von ihnen erbauten Kloster zu Csatar 
am Vilitzker Bache im Klein -Kapomaker Be- 



«) XJxkttxido bej Katon« Hist. Reg. T. IIL p.'676« 



n 



2^6 



zirkle der Szalader Gespanschaft *). Am rech- 
ten Donauufer y fast mitten zwischen Illok und 
Petcrwardein , liegt zwischen Ruinen städti- 
scher Gebäude das Dorf Banostar. In älte- 
rer Zeit wurde es Kö, Keu, Cuchet, ge- 
nannt , und wahrscheinlich unter dem Namen 
Kö - Arok fKwarok) in die Gränzbestimmun- 
gen des Fünfkirchner Sprengeis aufgenommen^ 
Dort stand die Benedictiner Abtey, dem heil 
Erzmärtyrer Stephan geweihet. Der Serwischc 
Herzog und Ban Belusch hatte sie erbauet^ 
und zur anständigen Verpflegung von dreyssig 
Mönchen reichlich begütert; seitdem hiess der 
Ort Ban -Monostra, des Ban's Kloster '')• 
Unbekannt sind entweder die Stifter oder die 
Entstehungszeit der Abteyen zum heiligen Kreuz 
bey demDorfe Tejki unterhalb Ofen, in der 
Pilischer, der heiligen Helena zu Töldvarin 
der Tolner, und des heiligen Peters zu Ta- 
p o 1 c s a in der Borsoder Gespanschaft. In dca 
meisten Klöstern Dalmatiens war seit der Re- 
gierung Peter Crescimirs und Zwoni* 
mir's mit dem Römischen Cultus auch die 
Regel des heiligen Benedictus eingeführt wor-^ 
den; wenigstens zeigt sich von den Ordens- 
leuten des heiligen Basilius keine zuverläs-» 
sige Spur aus diesem Zeiträume, Mit dem 
Lande kamen auch die Klöster unter Ungrische 



a) UtkiHide bey Katona 1. c. p. 5o5 — 5n: h) EpistoL 
Innoeentii III. ap, Katona Hist. Reg. T. ly. p. ^2? 



— «87 — 

• 

Schutzhoheit; aus Urkundentsind die Benedi* 
[jtiner Abteyen Sanct Grisogonus von Tran i, 
Sanct Stephan von Spalatro, Sanct Maria 
iron J a dr a y Sanct Thomas und Sanct Joannes 
iron Belgrad an der Küste, bekannt. Der 
letztem ist der Besitz ihrer Ländcreyen von 
Stephan dem m. urkimdlich bestätiget wor-«^-C.//Ä?. 

den. Nachdem aber Kloster und Kirche in 
Verfall gerathen waren , zogen die Mönche auf 
die öl- und weinreiche Insel Pasman; an der- 
selben äusserstem Ende gegen Osten stand auf 
geräumiger Anhöhe die Kirche der Heiligen 
Cosmas und Damian, dort bauten sie ihr 
neues Kloster und nannten es auch hinfort 
nach den Namen der zwey Schutzheiligen. Als 
hernach Andreas von Croatien und Dalma- •^. C.vjoo. 
tien Herzog war, vergab er an die Abtey die 
Kirche des heiligen Grisogonus in der Vorstadt 
von Sebenico , mit den dazu gehörigen Lände- 
reyen , von einer darauf stehenden grossen Ei- 
che, D üb, (Eichbaum) genannt; und löblich 
spricht für die Zeit, wie für den Menschen, die 
Gesinnung , welche dieser sonst so leichtsinni- 
ge Friedensstörer und Verschwender des, von 
Bela zu seines Gelübdes Erfüllung hinterlasse- 
Äen Schatzes, in der Schenkungsurkunde of- 
fenbarte. „ In heiliger Andacht , " heisst es, 
»hat die Weisheit der Alten, das wahrhaft Heil- 
same erkennend und auf das Ewige hinse- 
hend, gelehret, dass alle, Klöstern und gottse- 
ligen Männern erzeigte Wohlthaten unfehlbar 



— 288 — 

• 

der Seele zu Heilutigsmitteln gefeicheti| 
in den Wohnungen der Seligen mit göl 
Tröste belohnet werden *)• " Freylich 
se Lehre und Gesinnung nichts weniger 
tcr Weisheit Frucht; sie war Ausspruch"] 
merhantilischen Geistes, welcher zuaUei 
ten derselbe , immer und überall in einei 
gel des Lichtes verkleidet im versiegelten 
hom des Verderbens , Freuden ohne Ernst 
winn ohne Arbeit y Belohnung ohne Yen 
verhiess; heute nur für den gegen wärtigea^ 
genblick wuchert , ohne die Folgen zu bei 
nen; damals nur das Ewige erhandeln w( 
imd dabey vergass , dass es schon in der G< 
wart beginnen und aus dem Innersten des! 
sehen lebendig hervorgehen musste. 

Wenn man indessen beachtet, mehr, 
die Zeiterscheinungen bedeuten, als wasi 
sind, so kann man auch in dergleichen Ae 
serungen und Thaten, unter dem Zeitgepl 
der frommen Gewinnsucht, den innem G( 
und Werth eines edlern Sinnes , der jenen 
ten eigen war, nicht wohl verkennen, 
nicht rechtschaflFener Handel, sondern lisl 
Handelsgewinn zum obersten Staatsprincij 
hoben ist, und Verderbtheit der Gesinnung 
rer Allgemeinheit wegen nirgends mehr geriif 
wird; wo leidige Selbstsucht allen Gemeingc 



«) Fa rlati lUyric, S. T. ly, p. 7, $• 



^Ifdtickty und kalte Verständigkeit über das Ge^ 
müth tyrannisch herrscht , dort werden keine 
ESirchen, Klöster und Hospitäler gestiftet; kei* 
ne sorgenfreye Wohnplätze religiöser oder wis- 
senschaftlicher Contemplation , keine Werk- 
stätten mitleidiger Menschenliebe errichtet; 
dort huldigt jedermann seinem eigenen elen- 
den Geschöpfe, dem heil- und gottlosen Zeit- 
geiste; niemand hat Muth oder Kraft, auch nur 
in sich selbst und in seinen engem Umgebun- 
gen [demselben zu widerstehen ; alles Streben 
2um Bessern erstirbt schon in seiner ersten Re- 
gung , und jedem Auffluge zum Hohem folget 
sogleich ErschlafiFung und Ohnmacht. 

So war es nicht im mittlem Zeitalter ; es 
ist Irrthum, wenn man es das Zeitalter der. 
äussern Gewalt^ nennt: idealische 
Kraft, durch welche selbst die äussere Gewalt 
erst edlere Richtung und feste Haltung ge- 
wann; mächtiges Leben der Ideen, an For- 
men, wie die Zeit sie gab, gebunden, war je- 
nes Zeitalters Charakter; nur aus diesem wird 
das allgemeine , überall sichtbare , kräftige und 
ausdauernde Streben zum Besten, Höchsten 
und Heiligsten erklärbar. Die hohe Begeiste- 
rung für das Land , in welchem die Wiederge- 
burt des Menschengeschlechtes zum Reiche 
Gottes begann; das. Trotz misslungenen Ver- 
suchen, immer wieder auflodernde Feuer der 
heiligen Kriege; die kirchlich feyerliche Wehr- 
haf^machung der Ritter, die geistlichen Ritter- 

II. Theü. 19 



i 



1 

ordftn, das Entstehen unzähliger Klöster, ihre 
zahlreiche Bevölkerung mit eben so arbeitsa- 
men, als andächtigen Bewohnern; die mit 
Beyfall und grossem Anhange aufgenommenen 
strengen Reformen des lyiönchsstandes , waren 
nur die zeitgemässen Formen jenes, von Ideen- 
macht beseelten Strebens , welches schon im 
zehnten Jahrhunderte angefangen hatte, im 
cilften und zwölften mit steigender Kraft fort- 
lebte, im letztem auch durch zwey hun- 
dert sieben und achtzig Synoden, gehal- 
ten in allen kirchlichen Ländern, zur Wieder- 
herstellung der Zucht und Ordnimg, in der 
Clerisey, wie in dem Laienstande , auf das b^ 
stimmteste sich ankündigte; im dreyzehnten 
und vierzehnten den wissenschaftlichen Geist, 
im fünfzehnten den Genius Ider Kunst erweds- 
te; im sechzehnten bis zu dem göttlichen Wer- 
ke der Reformation sich emporschwang, zu- 
gleich aber auch überall erstarb, wo dermer- 
kantilische Geist sich dieses grossen Werkes 
verderblich bemächtigt hatte. 

Wenn der gottlose Sttunpfsinn noch im- 
mer sich erfrechet, dieses Strebens ältere For- 
men zu lästern , und als Ausgeburten des Abcf- 
glaubens, des Fanatismus und der Thorheit 
darzustellen; so muss es der religiösen Histone 
erlaubt seyn, dieselben nach den Bedürfoisscn 
und Einsichten ihrer Zeit zu würdigen, und 
das, was in ihnen über alle Zeit erhaben, eben 
darum für. ewige Zeiten ehrwürdig bleibeD 



.muss , das ist , den reinen Geist des zeitgemäs- 
sen Körpers hervorzuheben. 

Darin waren sich wohl alle Zeiten gleich, 
dass in jeder die Kirchliche nicht minder, als 
die Laien weit im Argen lag, bloss die kräfti- 
gem oder schwachem , mehr oder weniger ge- 
lungenen Versuche, aus dem Argen sich zum 
Bessern zu erheben, bestimmen den Unter- 
schied. Wie vieles andere im achten Jahrhun- 
derte, also lag auch die zu bischöflichen Kir- 
chen gehörige Clerisey in tiefer Verderbtheit be- 
fangen. Früher hatten die heiligen Bischöfe : A u- 
gustinus von Hippon und Eusebius von 
Vercelli die Priester und Diaconen ihrer Kir- 
chen in ein Haus ( Monasterium ) gesammelt, 
und sie daselbst zu gemeinschaftlichem Leben, 
ohne Eigenthum, ausser dem Kirchendienste 
mit Lehren und Lernen beschäftigt, ohne be- 
sondere Vorschriften oder Regeln angehalten. 
Aus diesen Häusern w^aren sodann , nicht nur 
in den Sprengein der genannten Heiligen, son- 
dern auch für die Sprengel benachbarter Bis- 
thümer, Bischöfe und Landpriester berufen 
worden. Als hernach diese Einrichtung fast 
überall nachgeahmet wurde, entstanden bey 
den meisten bischöflichen Kirchen , Collegien 
der Cleriker unter dem Namen Canonici, 
weil sie ausser den Kirchensatzungen (Cano- 
nes) noch fan keine besondere Lebensregel ge- 
bunden waren.' 



— 1292 — 

Anstatt weiterer Ausbildung dieser Anstal- 
ten, wurden sie im Verlaufe der Zeit ihrem 
Vorbilde immer unähnlicher, und befanden 
sich um die Mitte des achten Jahrhimderts in 
völligem Verfall. Da begann der heilige Ch ro- 
degang, Carl Martell's und Pipin's 

J.CySa. Kanzler, als Bischof von Metz, bey seiner Kir- 
che eine Reform , indem er seine Clerisey zum 
gemeinsamen Leben wieder vereinigte, und 
dasselbe durch eigene, aus Sanct Benedicts Re- 
gel gezogene Satzungen in vier und dreyssig 
Abschnitten ordnete. Seine Einrichtung wur- 
de bey vielen Fränkischen, Englischen -und 
Deutschen Bisthümem eingeführt^ weil sie 
aber mehr auf äussere , als auf Geisteszucht be- 
rechnet war, hatte sie nirgends bleibenden Be- 
stand. Darum musste in der Mainzer Synode 
dem bischöflichen Clerus neuerdings anbefoh- 

7.C.*/J. len werden"), die Canones z\i beobachten, iq 
Gemeinden zu leben. Tisch und Schlafsaal ge- 
meinschaftlich zu haben , durch fleissiges Stu- 
diren sich für den Unterricht des Volkes zu 
bilden , und ihren Vorgesetzten zu gehorchen. 

JX*8i6. Drey Jahre hernach berief Ludwig der From- 
me eine Synode nach Achen , und gab den ver- 
sammelten Bischöfen den Auftrag, eine be- 
stimmtere Regel für die Canoniker aufzusetzen. 
Die Arbeit übernahm Amalarius, Priester 



a) Coucil. Moguntin. A. 813. cap. IX« 



— 293 — 

der Kirche zu Metz; Chrodegang's Regel 
diente ihm dabey zur Richtschnur; in hundert 
und dreyzehn Abschnitten gab ergrösstentheiis 
nur Auszüge aus den Kirchenvätern und Kir- 
chenversammlungen, wozu die Bischöfe noch 
zwey und dreyssig Artikel hinzufügten. 

Nach dieser, an aUe Bisthümer des Frän- 
Idschen Reiches versandten Regel soUten die 
Canoniker verschlossene Klöster, mit den nö- 
thigen Schlaf- und Speise -Sälen eingerichtet, 
gemeinschaftlich bewohnen , bey allem Gottes- 
dienste mit Anstand erscheinen , täglich im Ka- 
pitel zu Vorlesungen der Regel, der heiligen 
Schrift und der Väter sich versammeln, über 
die 'Geschäfte der Kirche berathschlagen , und 
von\ ihren geistigen Fortschritten Rechenschaft 
ablegen. Die Klausur war dem weiblichen Ge- 
schlechte verschlossen, und kein Canoniker 
durfte ohne Zeugen mit Weibern sprechen. 
Ueberall sollten die Bischöfe bey den Cathe- 
dralen auf Kosten ihrer Kirchen Spitäler für die 
Armen errichten, und die Canoniker den Ar- 
men daselbst Hülfe und Dienst leisten. Die 
jungem Cleriker sollten zusammen in einem 
Saale des Klosters unter Aufsicht und Gehor- 
sam eines bewährten Greises wohnen, und so- 
wohl in kirchlichen Kenntnissen als im Kirchen» 
dienste Unterricht von ihm empfangen *). 



a) Concil. Aquisgran. A. Qi6i 

\ 



— *94 — 

Diess Alles wurde nun wieder ili denmei- 
stcn Bisthiimem eine Weile treu und eifrig be- 
obachtet; aber in der zweyten Hälfte des zehn- 
ten Jahrhunderts entzogen sich zuerst dieCano- 
nil^er zu Trier dem lästigen Zwange derRegd; 
ihrem schlechten Beyspiele folgten die Coblen- 
zer, Mainzer, Wormser, Speierer, welche 
sich nun zu ihrer Unterscheidung Ton d^n from- 
men , der Regel treu gebliebenen Schwärmern, 
Canonicos seculares, wie diese reguläre» 
nannten. Als hernach die erstem immer mehr 
ausarteten, die letztem bey den Domkirchen 
seltner wurden, auch das von dem gelehrten 

J. C.f 080. vmd gottseligen Ivo bey dem Capitel Sanct 
Quintin zu Beauvais wieder hergestellte regel- 
mässige Leben der Canoniker nur langsam sich 
verbreitete; trennten sich in verschiedenen 
Domstiftem die Bessern von den Zuchtlosen 
und bildeten sich zu eigenen Klostergemein- 
den, unter dem Gehorsam eines Propstes, zu 
den drey feyerlichen Klostergelübden sich ver- 
pflichtend. . So entstanden in kurzer Zeit meh- 
rere Stifter regulirter Canoniker, besonders in 

J. C. 4io8. Frankreich , wo das zu Sanct Victor bey Pa- 
ris, von Wilhelm von Champeaux, dem 
berühmtesten Meister seiner Zeit gestiftet*}, 
bald den ausgebreitetsten Ruhm der Zucht und 
Gelehrsamkeit erreichte. 



a) Dubois Hist. Eccles. Paris* üb. ZI« cap. IX. T* I' 
p. 790 seq^* 



— ^95 — 

Um diese Zeit hatte ein gottseliger Mann, 
wahrscheinlich dsr heilige Petrus Damia-» 
n u s , aus den Schriften des heiligen Augusti- 
nus") eine neue Regel für die Canoniher zu- 
sammen getragen und sie dem Papste Alexan- J.C.^oes. 
der dem II. mitgetheilt. Dieser verordnete 
hernach auf einer Römischen Synode *'), dass 
alle Canoniker sich ihr unterwerfen sollten; 
die es thaten wurden hinfort Regulirte Chorher- 
ren des heiligen Augustinus genannt; allein 
die meisten Bischöfe hatten mit unsäglichen 
Schwierigheiten zu kämpfen, bevor sich ihre 
Capitel den Zwang einer Regel aufdringen 
liessen. 

In derselben Verlegenheit befand sichJ^.C.///^. 
Bartholomäus 9 Bischof von Laon, als 
Norbert, Chorherr von Santen, vor kurzem 
noch eitler, üppiger, frohsinniger Hofmann, 
jetzt strenger Büsser und begeisterter Sittenpre- 
diger, beyihm und in seinem Kirchsprengel 
sich niederzulassen versprach. Die plötzliche 
ümschafFung seiner Gesinnung und seines 
Wandels hatte ein Blitzstrahl , durch welchen 
er auf einem Spatzierritte vom stattlichen Ros- 
se halbtodt zu Boden gestürzt war, bewirkt. 
In dem Ereigniss die Stimme Gottes, welche 



•srv 



9 

ti) Vorzüglicli aus S. Augustini Regula ad Serros Dei. 
Opp. T. I. CoL 789. Epistola ad Sanctimoniales du. Opp. 
T« II. 78. Sermones duo de communi vita Clericoruni. Serm* 
CCCLV. et CCCLVI. Opp. T. V- col. 1379 »c^' *) Concil. 
Äoman. A. 1065. Can. 4. 



ihn auf bessere Wege rief, verehrend, hattÄee] 
sogleich des Kaisers Hoflager verlassen, m 
Güter verkauft, seine Habe unter die Anw 
vertheilt, und sodann in der Sigeberger A) 
tey bey Cöln, unter schweren Bussübungen 
apostolischer Wirksamkeit sich vorbereil 
Der Bischof von Laon weihete ihn zum Pi 
ste über die zuchtlosen Chorherren bey Si 
Martin, hoflfend, Gottes Gnade würde 
durch Norbert in ihnen wirken, woran 
schon lange vergeblich gearbeitet hatte. Alle 
das Verderben war in ihnen schon zu tief g| 
wurzelt; von Weltverachtung, EnthaltSJ 
keit, Armuth und Betrachtung göttlicher Du 
ge wollten sie nichts vernehmen. Norbei 
verliess sie, und zog mit dem Bischöfe ai 
eine Wüsteney zu suchen, in welcher er si< 
verbergen, Männer voll guten Willens 
sich versammeln, und mit ihnen einen neui 
Bau für echt priesterliches Leben und kircl 
che Zucht unternehmen könnte. ZweyMeill 
gegen Westen von Laon fand er, was 
wünschte y mitten in dem Walde von Coi 
zwischen Bergen , das einsame und anmutlu| 
Thal Vois4 dort stand auf blumenreichi 
Wiese eine verlassene Kirche unter demNamen 
des heiligen Täufers Johannes Gott geweihet 
Der fromme Norbert, himmlische Einge- 
bungen erwartend, übernachtete daselbst, der 
Bischof ging auf sein nächstgelegenes Land- 
gut. Am folgenden Morgen eröffnete ihm 



— Ä97 — 

Norbert, er wolle bey dieser Kirche seinen 
"Wohnplatz aufschlagen, Mreil er versichert sey, 
Gott habe diesen Ort erkoren , um durch seine 
Gnade viele selig zu machen. Zugleich erzähl- 
te er ihm, was er im Traume gesehen, eine 
zahlreiche Schar ganz weiss gekleideter Män- 
ner, welche silberne Kreuze, Leuchter und 
Rauchfässer in den Händen, von dem Berge 
herabkamen, und voll andächtiger Begeiste- 
rung Psalmen singend , um die Kirche herum- 
gingen. Der Bischof schenkte ihm das Thal, 
welches Norb er t von nun an Pre montre 
(Pratum praemonstratum^ angezeigte TVie^ 
^ej , nannte, und worin er mit dreyzehn Jün- 
\ gern nach der sogenannten Regel des heiligen 
Augustinus den neuen grossen Orden regulir- 
ter Chorherren in ganz weisser Kleidung, un- 
ter dem Namen Prämonstratenser, grün- •^•^•''^<^« 
dete. Der Zweck des Ordens war , das thätige 
Leben mit dem contemplativen dergestalt zu 
verbinden , dass unter strenger Zucht und xm- 
; ter heilsamen Einwirkungen der Einsamkeit 
durch unablässiges Leben in Ideen (Contempla- 
tion) , erleuchtete Prediger und geisteskundige 
Seelenregierer gebildet würden. 

Nach sechs Jahren wurde das Institut, be- /.C.//^. 
reits aus acht Abteyen bestehend, von dem 
Papste Honorius dem IL bestätiget; der 
Stifter in demselben Jahre noch auf dem Hofta^ 
gc zu Speier zum Erzbischof von Magdeburg 
gewählt, und Trotz seinem Widerstände da- 



— «98 ■— 

hin abgeführt. Barfiiss und schlecht gekleidet, 
folffte er der ihn einholenden Procession in die 
Stadt; dort ward ihm der Eingang in den erz- 
bischöflichen Pallast von dem Pförtner, der 
ihn für einen Bettler hielt, verweigert. Der 
von den Umstehenden sogleich enttäuscht© 
Pförtner fiel ihm zu Füssen, um Verzeihung 
seines Irrthums bittend. „Beruhige Dich, 
mein Bruder , " sprach Norbert, „ Du ken- 
nest mich besser, als diese Herren, welche 
mich Zangen , diesen grossen , mir gar nicht 
geziemenden Pallast einzunehmen." Durch 
acht Jahre verwaltete er die Magdeburger Kir- 
che als Muster apostolischer Heiligkeit und als 
strenger Zuchtmeister der ausgearteten Cleri^ 
sey. Sein Orden verbreitete sich schnell durch 
die meisten Länder, vorzüglich durch Spanien, 
Frankreich und Deutschland; in dem einen 
Lande von warmer Andacht, in dem andern 
von lebhafter Gemüthlichkeit, in dem letzten 
von hohem Ernste aufgenommen, gepfleget 
und begünstiget. Hundert Jahre nach seiner 
Entstehung zählte er schon tausend Abteyen, 
dreyhundert Propsteyen, sechzehn Bisthümer, 
fünfhundert Nonnenklöster '); kein Wunder, 
dass er bald nach seinem Ursprünge, uiidab 



a) Breviarium 'Canonicor. Regulär* Ord. Fraemon* 
•trat. Nanceii 1786. Pars Aestival. ad 11. Julii. Lect. IV — 
VI. Dubois Histor. Ecd. Paris. Lib. XVI» cap. ly. T* H» 
p. 437* 



— 299 — 

der Stifter noch lebte , auch bey den feyerli- 
chen, für alles Gute empfänglichen Ungern 
Beyfall und Anhang fand. 

Als Stephan der II. am Ende seiner Ta- ^'C.nSo. 
ge auf fromme Werke bedacht war, liess er 
unmittelbar aus Premontre' einige Ordensmän- 
ner kommen und ihnen auf den freundlichen 
Hügeln bey Gross - Wardein ein Kloster, 
das erste in Ungarn, bauen *}• Eine halbe Mei- 
le gegen Süden von der alten Bergstadt Kar- 
pfen, in der Honter Gespanschaft, steht das 
Bergschloss Bozok; im Thale, un-vreit der 
Quelle des Karpona- Baches, wurde 7u eben der 
Zeit von dem Grafen Lambert, dem Schwe- 
stermanne Ladislaw des I. in Einverständ- 
niss mit seiner Gemahlin Sophia, seinem 
Sohne Nicolaus und seinem Bruder Hip- 
polytus, vielleicht Bischof von Watzen, auf *- « 
Hoffnung ewiger Belohnung , zur Heilung ih- 
rer Seelen und dem heiligen Könige Stephan 
zu Ehren, die zweyte Prämonstratenser Prop- /.C.//Ji, 
stey gestiftet , und mit den Herrschaften B o - 
zok und Paztuh, dazu noch mit neun Landgü- 
tern, reichlich begäbet*). Der erste Abt war/.c.//^^.f 
Alexander, der zweyte Crispinus. Nach 
fünf und vierzig Jahren entstand die, nicht/. c.//ä). 
zninder reich begüterte Främonstratenser Abtey 



d) Peterfy Concil. Hung. F. I. p. 276. Katona Hitt* 
Reg. T. III. p. 452. h) Bestätigungs * Urkunde Bei s. des II. 
r, J* 1135» bey Pr^y Diatxibe p. 155* 



;oo 



Sanct Michael zu Csoma in der Oedenburgcti 
Gespanschaf t. Gleichzeitig mit dieser, aber 
reicher, und in den Gescliichten der Ungern 
berühmter , war dieses Ordens Propstey zum 
heiligen Kreuze im dichten Eichenwalde bey 
Leleszy an der Latorcza, eine Stiftiuig des 
Watzner Bischofs Boleslaw, welcher die Le- 
leszer Herrschaft , früher ein Zubehör der kö* 
niglichen Zemplenyerburg , von Bela dem 
II. zum Pathengeschenke erhalten hatte. Be- 
1 a der HI. bestätigte die Stiftung ;und des Bi* 
schofs letztwillige Verfügung zu Gunsten der- 
selben, über alle seine, ziemlich ausgebreitete 
Erbgüter, angekaufte Besitzungen und köni- 
{. C. ijif4. gliche Geschenke. Andreas der IL erneuer- 
te hernach Bela 's Bestätigung, weil Emc- 
rich bey dem gewaltthätigen Ueberfalle des 
Bischofs in der Watzner Kirche, die darüber 
ausgefertigte Urkunde weggenommen und ver- 
nichtet hatte ') . 

Ausser den vier genannten besass derPrä- 
monstratenser- Orden in Ungarn noch sieben 
und dreyssig Propsteyen , und zwar sieben im 
Graner, eben so viel im Watzner, vier im Co- 
loczer, vier im Erlauer, fünf im Wefzprimer, 
zwey im Fünfkirchnery zwey im Gross wardei- 
ner, eine im Raaber, eine im Agramer Kirch- 



d) Sziimny Notitia Folitic. Topograpli. Comitatas 
Zempleniensis p. 307. Katona Hist. Reg. Tom. Y. f* 
180 «c^- 



— 301 — » 

prengel, zwey in der Simeger Gespanschaft 
md z\rey im Zipserlande') , von welchen jetzt 
lichts mehr übrig ist, als ihre Titel; ihrem Ur- 
iprunge nach aber alle in diesen und in den fol- 
genden Zeitraum gehörten. Ihr Keichthum» 
^welchen nach und nach Tataren, Türken, in- 
aere Parteyungen, gottlose Eiferer [für die 
gottselige Reformation und kurzsichtige Fi- 
nanz - Meister raubten, war früher schon Quel- 
le ihres Verderbens geworden. Es erging die- 
sem Orden, wie seinen altem Brüdern; der Be- 
sitz irdiischer Güter machte ihn gleichgültig für 
die Schätze des Geistes und des Himmels, zu 
deren Sammlung und Ausspendung er eigent^ 
lieh eingesetzt war. 

Eben dadurch war auch der Orden des hei- 
ligen Benedictus von Nursia, [bey allem 
Glänze irdischer Herrlichkeit, an heiliger Zucht 
und innerm Werthe in äussersten Verfall gera- 
then. Zwey hundert acht und achtzig Jahre/. C.i/7. 
nach seiner Entstehung nahm seine Verbesse- 
rung Kaiser Ludwig der Fromme sich 
ernstlicher zu Herzen. Damals lebte ein zwey- 
ter Benedict, in Languedoc geboren, dent 
Nursier ähnlich an Heiligkeit des Lebens, nur 
nicht gleich an Tiefe der Einsichten , dennoch 
thätiger Wiederhersteller der Regeknässigkeit 



a)Paiiitner Yeneichniss der geistliclien Würden in Un- 

8<nu £ey Schedius ^ZeitscLr, Ton iwd für Ungarn. Band I. 
S« 81 ff. 



;os 



1 



in dem, von ihm erbauten Kloster Aniane. 
Darum wurde ihm von dem Kaiser die Aufsicht 
über die meisten Klöster seines Reiches über- 
tragen , und auch in Abteyen anderer Gegen- 
den wurden seine Zöglinge von Bischöfen zur 
Einführung der Anianer Lebensweise berufen. 
Auf Ludwig's Befehl geschah hernach zu 
AcheUy dass von Benedict, in zahlreicher 
Versammlung der Aebte, durch achtzig Satzun- 
gen eine allgemeine Reform des Ordens einge- 
leitet wurde: allein sie bezog sich grössten 
Theils nur auf Kleidung, Fasten, Beten, auf 
äusseres ^Betragen und äussere Gebräuche *): 
die Wurzel des Uebels blieb unentdeckt und 
unberührt. Daher kam es , dass nach hundert 
J. C.$io^ Jahren wieder die Nothwendigkeit einer neuen 
Reform erkannt wurde. Sie ging aus dem 
neuen Kloster zu C 1 u g n y aus , und war das 
Werk der ersten zwey Aebte B e r n o und do, 
heiliger, und wie die Zeit es zuliess, gelehrter 
Männer; aber der von ihnen ausges treue te gute 
Same wurde von der Sorge des dritten Abte$ 
A y m a r d für das Zeitliche schon im Keimen 
erstickt. Es war Fehler, dass O d o der schwär- 
merischen Freygebigkeit der Laien , welche das 
Kloster mit hundert und acht und achtzig 
Schenkungen bereicherten , nicht Einhalt that; 



«) Baluzii Capitularia Reg, Franc. T. IT. p, io84. — 
Vetus disciplina monastica opera * *■ Presbyter! «t mona- 
•hi Congxeg. S, Blasii. Paris. 17^6. in 410 p. 22 seq. 



— 303 — 

«s "war Verderben , das A y m a r d im Laufe sei- 
ner sechsjährigen Verwaltung diese Schenkun- 
gen mit zwey hundert acht und siebenzig ver- 
mehren Hess. Freylich konnte zunehmender 
Reichthum diesen gottseligen Aebten kein 
Fallstrick werden; denn s i e lebten fiir sich in 
unwandelbarer Armuth und Entbehrung; aber 
ihre zahlreiche Klostergemeinde war ihnen 
nicht gleich ai frommer Gesinnung, und viele 
ihrer Nachfolger waren eitle Herren, voll welt- 
lichen Sinnes, keine Heiligen : und so bewähr- 
te es sich auch hier, dass wer nicht fähig ist, 
mit völliger Abziehung von seiner Eigenthüm- ' 

lichkeit die Eigenthümlichkeit Anderer voll- 
ständig aufzufassen und in sich aufzunehmen, 
auch bey aller Heiligkeit und Wissenschaft, 
zum Regieren wie zum Erziehen, zum Gesez- 
zegeben nicht minde;^, als zum Verbessern, un- 
fähig sey. Viel Gutes thaten hernach zu Clugny 
und in dem ganzen Orden die heiligen Aebte 
Majolus, Odilo und Hugo, besonders lez- 
terer, während sechzig Jahre langer Verwal- 
tung; doch auf dem mit Fett der Erde gesättig- 
ten Boden, konnte es weder Wurzel fassen, 
noch Früchte bringen, und es verschwand 
gänzlich, als der tief verderbte Abt Pontius •^.C^/fo9. 
von gleich Verderbten gewählt, alle Bande der "-"^»'' 
Zucht und Ordnung auflöste. An die Stelle 
der Massigkeit, der Gottesfurcht, der Arbeit- 
samkeit und des Fleisses in Studien, traten Ver- 
schwendimg, Pracht, Schwelgerey und Uep- 




— 304 — 

pigiseity wozu die heiligen Vorfahren StoflE und. 
Mittel eben so unvorsichtig als bereitwillig an- 
genommen hatten. 

Da trieb der allgemein erregte Drang nach 
dem Bessern einige gottselige IVlänner zu eige- 
nen Schöpfungen. Allen schwebte dabey 
nichts anders , als die Idee von unbedingter 
Noth wendigkeit und Vortrefilichkeit eines Le- 
bens in Gott vor Augen; keiner konnte dassel- 
be in seinem Wesen, in seiner Allgemeinheit^ 
in seiner Unabhängigkeit von äussern Formen 
und Umgebungen fassen; Jeder, in der Zeit 
befangen, war auch beflissen, es den, von da 
Zeit gegebenen Formen einzubilden. Alle ka- 
men auf dem einen Punkte zusammen, dass. 
sie Sanct Benedicts Regel nach dem Buch- 
staben, als sicherste Richtschnur des Lebens, 
in Gott, betrachteten; aber die Einen woll- 
ten zu voller Kraft und Seligkeit desselben 
durch Aufhebung alles Verkehrs mit Menschen, 
durch ewiges Schweigen und unablässige Con- 
templation gelangen; wie der mächtige Sün- 
derbekehrer Romuald auf den begeisternden 
Höhen von Camalduli, und der gelehrte, 
von Wehmuth und Sehnsucht nach dem Ewi- 
gen durchdrungene Bruno zwischen den 
Schaudererweckenden Felsen von Chartreu- 
se: die Andern glaubten genug zu thun, wenn 
sie sich streng an Sanct Benedictes Regel 
hielten, dazu noch durch besondere Buss- und 
Andachtsiibungen die Macht der Sinnlichkeit 



— 305 — 

crtödteten, und die Menschen nicht mehr flö- 
hen, als das Leben mit Gott in klösterlicher 
Einsamkeit es forderte; also Joannes Gual- 
bert in dem von Bergen umschlossenen 
Vair Ombrosa, Robert von Arbrissel- 
les in der Wüste Fontevraud, Bernhard 
von Ponthieu an dem Bache Tiron. Jene 
nicht minder, als diese, wurden Väter weit 
ausgebreiteter Gemeinden; schon in den ersten 
drey Jahren ihrer Stiftungen hatten sich zu C a - 
maldoli, Chartreuse, ValP Ombrosa 
tmd Tiron mehrere hundert, zu Fonte- 
vraud sogar drey tausend zu einem regelmässi- 
gen, arbeitsamen, gottseligen Leben vereini- 
get: so gewaltig war unter Menschen dieser 
Zeit das Streben nach dem Bessern ; denn dass 
nur dieses, nicht Hang zum Miissiggange und 
Wohlleben sie zusammen trieb und zusammen- 
hielt, ist erwiesen durch die Achtung, womit 
ihnen allgemein selbst von Lasterhaften be-* 
gegnet, und durch den Reichthum, womit von 
unklugfrommer Freygebigkeit ihrer Nachfol- 
ger Untergang bereitet wurde. Man hat bey 
Würdigung dieser Mönchswelt in ihrem Ur- 
sprünge zu oft vergessen, dass sie nicht von 
schlechten, ^gemeinen, bildungslosen Leuten, 
sondern grössten Theils von' Fürstensöhnen, 
von Herren vornehmen Geschlechtes, von 
Freyen edler Herkunft, und glänzenden Glücks- 
umständen , welche mit der Cultur ihres Zeit* 

Il.Tiica. flo 



— 3o6 — 

alters auf gleicher Linie standen, begonnen und 
bevölkert worden war. 

Nur von jener Idee und von dem kräftigen Ver- 
langen, sie in sich und andern wirklich zu ma- 
chen, begeistert, hatten sich auch Robert und 
der Engländer Stephan Harding mitneun* 
zehn, ihnen gleichgesinnten Männern aus dem 
Kreise der ausgearteten Benedictiner Mönche 
zu Molesme in die grauliche Wildnis» ei- 
ste aux geflüchtet, um daselbst die Regel des 
heiligen Benedict's nach dhrem Geiste un^ 

/.C,/fl|9Ä. Buchstaben im Leben darzustellen. Der Ho'- 
zog von Burgund baute ihnen Kloster und Kir- 
che, und schenkte ihnen Acker und Vieh, 'da- 
mit sie sich durch ihrer Hände Arbeit nothdürf- 

^. C. //oo. tigen Unterhalt erwerben könnten. Albe- 
rich, dieser kleinen Gemeinde zweyter Abt, 
machte einige Satzungen, welche alles, wa» 
gegen die Regel in andern Abteyen üb- 
lich war, streng verboten, Schenkungen 
von liegenden Gründen anzunehmen erlaub- 
ten, Laienbrüder zu Verwaltung der Meierhöfe 
einzukleiden, gessatteten, und für die Klei- 
dung statt der schwarzen oder braunen, zu Eh- 
ren der heiligen Jungfrau, die weisse Farbe 
vorschrieben. Nach Alb er ich 's Tode ward 

. •'^«'i^- Stephan Harding, ein eben so strenger, 
als gebildeter Mann, Abt; er muss für den 
Stifter des Cisterzienser - Ordens geach- 
tet werden , er war dessen erster Gesetzgeber, 



woley er 'das grosse Ganze, welches aus der 
Meinen Pflanzung emporsteigen würde, fest und 
richtig Mn*s Auge fasste. Am strengsten drang 
er auf das Gebot der Armuth , und verbannte 
selbst aus Kirche und Gottesdienst Pracht und 
Aufwand. Das Kirchengeräth musste einfach 
seyn; ausser silbernen Kelchen wurde nichts 
von Gold oder Silber, oder mit Edelstein be- 
setzt, angenommen oder geduldet. Seiner Anr 
Ordnung gemäss , waren die Kreuze von Holz, 
die Rauchfässer und Leuchter von Kupfer oder 
Eisen, der Hirtenstab des Abtes bey feyerli- 
chen Hochämtern ein gewöhnlicher hölzerner 
Krummstock, der Ring, das Zeichen seiner 
Würde, Messing. Die Priester am Altäre hat- 
ten nichts von Seide oder andern hostbaren 
Stoffen an sich, sondern waren' in Wolle oder 
Leinen gekleidet. O d o , Herzog von Burgund, 
welcher in den Kirchen der Clugnyacienser 
prächtige Altäre, kostbaren Schmuck, reich be- 
setzte Messkleider, Kronen, Armleuchter und 
andere heilige Gefässe, von Silber, Gold und 
Edelsteinen glänzend gesehen hatte, wollte 
auch den armseligen Tempel Gottes in Cisteaux 
durch ähnliche Pracht erheben ; aber seine Ge- 
schenke wurden von dem erleuchteten Abte 
standhaft zurückgewiesen mit der Bemerkung: 
j»man könnte Gott weder mit Gold noch mit 
kostlichen Steinen, sondern lediglich durch 
Kernigkeit des Herzens, durch Sittlichkeit der 
Gesinnung und durch Heiligkeit des Lebens 



— 308 — 

ehren. Die Kleider des Heilandes wären nicht 
von Seide, und das Kreuz, woran er sich für 
das Menschengeschlecht aufopferte, wäre nur 
Ton Holz gewesen *). " 

In dieser Einfachheit und Arnauth stellte 
Stephan's kleine Gemeinde das rührende 
Bild der ersten christlichen Verbrüderungea 
dar. Da war nur Eine Richtung des Genaüthcs 
Aller, Demuth; nur Ein Vereinigungspunkt 
des allgemeinen Willens, Selbstverläugnung^ 
nur Eine Stimmung, wehmiithige Sehnsucht; 
nur Ein Ziel, das Ewige. Dessen ungeachtet 
lief das neue Institut Gefahr, bald nach seiner 
Entstehung wieder zu erlöschen; denn es hat- 
te seinen Bekenn em nichts zu gewähren, als 
Arbeit, dürftige Nahrung, Salbung der Gnade^ 
Erleuchtung des Geistes und Frieden des Her- 
zens. Die reichen Benedictiner Abteyen und 
Priorate, mit welchen Burgund ganz besetzt 
war, versprachen mehr; sie Hessen bey al- 
len Bequemlichkeiten des Lebens die Freuden 
des Himmels hoffen; das einsame wüste Ci- 
steaux entging der Aufmerksamkeit. Von den 
ersten Bewohnern desselben waren die meisten 
heimgegangen, und Stephan that nichts um 
die Stelle der Verewigten zu ersetzten : denn 
er war zu weise, um der Macht der Religion 
vorgreifen zu wollen; ihr Werkzeug durch Be^ 



4i) Manriquez Annales Cietercieni. T. I. p« 5. 217. aiL 



— 309 — 

festigung, Erhebung und Verbreitung des ebr- 
'würdigen Institutes war schon auserkoren. 

Im fünfzehnten Jahre nach Entstehung des- J^C.mS. 
selben erschienen dreyssig junge Männer, alle 
ritterlichen Standes, in Wohlleben erzogen, 
du Schulen hinlänglich unterrichtet, einige be- 
reits mächtig in der Welt , aber rein von ihrer 
Verderbtheit, vor Stephan und baten um die 
Aufnahme in die Gesellschaft seiner Heiligen. 
An ihrer Spitze stand Bernhard, Sohn des rei- 
chen und tapfern Ritters Tescelin, zwey und 
zwanzig Jahre alt , von Kindheit auf ernsthaft, 
besonnen, gottselig, durch gelehrte Bildung 
ausgezeichnet. Mit ihm vier seiner Brüder, 
zwey jünger, als er, zwey schon angesehene, 
geachtete Männer. Ausser diesen , sein Oheim 
Gaudri, Herr von Touillon in Autunois, 
reich an Glücksgütem, durch WaflFenthaten 
berühmt. Die ganze Schar hatte Bernhard 
beredet j bekehrt, begeistert und durch seine 
Geistesmacht besiegt. Ihre Forderung war be- 
dacht, beharrlich, dringend, für Stephan, 
den Kenner der Gnadengewalt , keiner weitem 
Prüfung bedürfend; sie wurden insgesammt 
aufgenommen. Den Verehelichten waren ihre 
Frauen gefolgt, für sie wurde sogleich zu Jul- 
li im Langreser Kirchsprengel ein Kloster von 
Bernhardts Erbtheil gebaut. 

Das Beyspiel dieser Schar der Edeln er- 
i?vcckte allenthalben Aufmerksamkeit, Bewun- 
derung imd Trieb zur Nachahmung; der Zu« 



lauf ward von Tag zu Tag stärker, das Verli 
gen der Heilbegierigen nach Aufnahme zu^ 
lieber, das Kloster war schon zu klein, ai 
nur die Empfänglichsten und Würdigsten 
fassen. Noch in demselben Jahre sah S 
phan sich nothgedrungen , zwölf Brü^ 
mit dem dreyzehnten, als Abt, auszusendf 
um anderswo, doch unter dem Gehorsam. 
Cisteaux, sich anzubauen. Diesen schenkl 
die Grafen von Challons ihren Wald Braj 
am linken Ufer der Garone » und das von ihn< 
dort erbaute Kloster nannte_ Stephan, 
Ferte (Festung), vorbedeutend die FesI 
keit , w^elche er dem von ihm in der Idee ei 

/.C//#^.pfangenen Ordensstaat geben wollte, • Bi 
darauf musste er andere dreyzehn aussendei 
welche zu Pontigny, vier Meilen von Au] 
xerre, beieitwillige Aufnahme fanden im4 
Ländereyen zum Anbau erhielten. Im folg< 
den Jahre entstanden durch ähnliche Aussen^ 

/.C.f#/5. Jungen dieAbteyen Morimondund Clair 
vaux beyde im Sprengel von Langres; de\ 
letztem wurde Bernhard als Abt vorgesetzt 
Diess waren der Mutter -Abtey Cisteaux vie: 
erste Töchter, Mütter aller hernach entstandenen! 
Cisterzienser Abtey en; und schon nach vier Jah- 
ren zählte jede derselben zwey eigene Töchter. 
Stephan, reich an Ideen, welche sich ihm 
in richtigen und klaren BegriflFen von dauer- 
hafter Social- Verfassung abspiegelten, schritt 
nun zur Ausfuhrung seines Entwurfes , nicht» 



11 — 



geringeres bezweckend, als die jetzt bestehen- 
den dreyzehn Abteyen und alle künftigen so 
innig und fest zu Einem Körper zu verbinden, 
dass weder Zwietracht, noch Streben nach Un- 
abhängigkeit , ihn leicht auflösen könnte. In 
dieser Absicht berief er die zwölf Aebte nach 
Cisteaux zu einem General- Capitel; schon 
diess "war in der ganzen' Klosterwelt eine völlig ^•O.mg^ 
neue Erscheinung ; aber noch merkwürdiger war 
die Erscheinung eines förmlichen Verfassungs- 
und Unterwerfungsvertrages, einer Constitu- 
tion, als unabänderlicher Grundlage aller Ge- 
setzgebung und Regierung im Orden, in sei- 
ner möglich höchsten Ausbreitung, dergleichen 
vorher nie ein Orden oder Kloster hatte, nicht 
einmal die Nothwendigkeit derselben ahndete» 
Unter dem Namen Urkunde der Liebe 
CCharta Qaritatis) legte sie Stephan deu 
Aebten vor , sie also nennend , weil sie von ih- 
nen in Liebe zu dem Guten und Rechten geprüft, 
als bleibender Grundvertrag in Liebe von ihnen 
angenommen, in Liebe von Päpsten bestätiget, 
und von Bischöfen, welche den Orden in ihre 
Sprengel bereits aufgenommen hatten , und in 
Zukunft aufnehmen würden , sanctionirt wer- 
den sollte. Sie bestand aus fünf Abschnitten. 
Der erste verordnete pünktliche Befolgung der 
Regel des heiligen Benedicts, nach den 
Buchstaben, ohne jemals eine Müderung zu- 
zulassen, so wie sie damals in Cisteaux be- 
obachtet wurde; der zweyte bestimmte die 



— 51« — 

Macht und die Rechte der Aebte, und zwar det- 
Erzabtes von Cisteaux über die vier ersten 1 
Abteyen La Ferte, Pontigny, ^Clair» 
vaux, Morimond, und der Aebte die» 
ser vier Töchter zusammen, über den Erz* 
abt und die Mutter - Abtey Cisteaux: der 
dritte enthielt Vorschriften fiir die General- Cat 
pitely über ihre Macht, über die Pflicht dcr| 
Aebte, dabey zu erscheinen, über den Gef| 
Schäftsgang, und über Verwaltung der allge 
meinen Angelegenheiten: der vierte handelte 
von der Wahl der Aebte und von den erforderi 
liehen Eigenschaften, sowohl der Wähler, 
der zu Erwählenden : der letzte von der Benign 
niss Aebte ohne Ausnahme abzusetzen, voi 
den Ursachen dazu, und von dem dabey z^ubei 
obachtenden Verfahren, 

Diese Urkunde der Liebe wurde von d< 
Aebten einhäUig angenommen, in eben dei 
Jahre noch von Calixtus dem 11, bestätiget 
von den Bischöfen , in deren Sprengel die AI 
teyen gegründet waren, 'gut geheissen. Zi 
gleich entsagten diese freywillig ihrem Recht« 
der Oberaufsicht , der Visitation, des Vorsitz« 
bey den Wahlen der Aebte, und der Bestätig 
gung der Erwählten ; wogegen Stephan fiii 
sich und seine Nachfolger versprach, nirgends 
ohne Genehmigung und Bestätigimg des jedesr 
maligen Bischofs, in dessen Sprengel derBo? 
A C,f #«94. ^g^ läge, die Stiftung einer neuen Abtey zu ger 

statten, Naph fünfzehn Jahren wurde di? Vu 



lUnde der Liebe von dem Generale Capitel mit 
«chs und sechszig Satzungen vermehrt. Da-»- 
nals hatte der (ehrwürdige Greis Stephan das 
orgenreich(B Anit des Erzabtes bereits nieder-^ 
jelegt; doch h^tteernoch die Freude, zu se^ 
len, wie eifrig in seiniem Geistp sein Nachfol^ 
5er Raynald, Sohn des Grafen von Bar an 
1er Seine, eheipals Peter |Abälar4\s Schü-^ 
ler im Thale Paraklet *), mit dem General -Ca-r 
pitel fortarbeitete. Da ward unter Andern 
verordnet: nur in Wüsteneyen upd Einöden^ 
entfernt von dem Geräusche menschlicher Ge«? 
Seilschaft ; nie in Städten , Dörfern oder BergT 
Schlössern, sollten Cisterzienser Klöster ange^ 
legt w^erden. Strenge Clausur, Vermeidung 
alles Umganges n^it derji weiblichen Geschlecht 
te, Gleichförmigkeit in Kost und Kleidung, Er-f 
Werbung des nothdürftigen Unterhaltes durch 
Ackerbau und Viehzucht, Verschmähung aller 
von fremden Händen erarbeiteten Einkünfte, 
sie mochten Zehnten, Pacht- oder Lehenzin- 
^cn heissen; EJntfemung aller Pracht aus Ge- 
bäuden und Kirchen, aller Leckereyen von deni 
gemeinschaftlichen Tische der Brüder , Strafen 
für die Uebertreter der Regel; diess war der 
Inhalt d^r übrigen Verordnungen *), welche 
jetzt überall noch genau, doch nirgends stren- 
ger, als in dem hieiligen Thal^ Clairvaux, 



<>)Abalii|rdi Historia Calamit^tum. cap«lCII»| h) Man» 
F^uez. L c. T. I. ad ann. iiSA* 



> unter Bernhar' 
den. Im ganzen 
Geräusche der At 
sangen der Brüde: 
bewohner waren - 
nigen Hundert, 
£lnheit des Geiste 
und die Unverbr 
gens jeden Einzt 
selbst in der ewi 
waren aus allen 
Grafen, Bischöfe 
ster, welche der 

Geistespßege Bernhard'» hingegeben UM-' 
ten , und unter seiner Anleitung als gemein« 
Mönche nach der Bürgerschaft im Reiche Got- 
tes strebten '). 

J.CftSS. An Bernhard hatte sich jetzt auch Be< 

la der II, gewendet und ihn um Verpflanzung 
seines Ordens und seines Geistes gebeten '). 
Zwölf Mönche mit ihrem Abte, von demheili- 



«) Gem rerwülte icb bey dieiam, lo wie bey ii» 
Priinonstratanaer und Benedictiuer - OEdenetw» 
»uifalirlicher, weil ich tie in ihier hbhcia Bedeutung ichuo 
■null, weil ihnen Dngarn viel eu verdanken h>t, und wol 
tie in keinem Lande weniger als in Ungarn TOn ihrem M- 
iprünglichen Geiats ahgewichen liudi weiwegen i^äiiig 
Franz der II. den Dank aller religiösen Patrioten iiaM 
dau Er aie wieder hergeatellt hat. i) Heimb. Noütü 
hittoric* Abbatia« S. Gotihaidi, p. 31. et 150. Manriquet 
l c. T. m. cp. VIII. n. 5. 



— 315 — 

gen Manne mit Sorgfalt auserlesen, crschie- 
aen an Bela's Hoflager und nahmen Besit;; 
von dem ihnen angewiesenen lieblichen Thale 
zwischen, dem östlichen Abhänge des Ivanchi- 
cza- Gebirges .und dem linken Ufer der Bednia, 
in der "Warasdiner Gespanschaft, unweit der 
Burg Toplicza und der daselbst sprudeln- 
den Heilquelle. Dort lebten sie wie in Clair- 
vaux, mehr, weil ihnen unter Bernhardts 
Führung diess Leben zur Natur geworden war, 
als um ihren neuen Orden in fremdem Land^^ 
zu enapfehlen. 

Als Leopold der Heilige, vieler Kin# 
der Vater, und vieler Klöster Stifter, in Oest- 
reich Markgraf war , hatte sein drittgebomer 
Sohn Otto zu Paris sich zum' gelehrten, in 
der IVIorimunder Abtey zum gottseligen Man- 
ne und künftigen Oberhirten der Freysinger 
Kirche gebildet. Nachdem er desselben KI0-/.C.//J/. 
«ters Abt geworden war, -sandte er mit Bewil- 
ligung seines Vaters die erste Cisterzienser-Co- 
lonie nach Oestcrreich, zwölf Mönche mit dem 
dreyzehnten, Gottschalk, als Abt, welche 
auf Anweisung des Markgrafen in dem Thale 
des Wienerwaldes, am Sattelbache, sich 
anbauten. In der Jlegel weiheten die Cister-/,C.//J)6^. 
zienser ihre Klöster und feirchen der heiligen 
Jungfrau; so auch die Abtey Sattelbach ^ we^ 
che jedoch Leopold, Heiligenkreuz ge-* 
nannt haben wollte. Zweyter Abt desselben 
w^r Conrad, JLeopold's fünfter Sohn, her» 



— 3i6 — 

/.C. //^/.nach Bischof tsu Fassau, endlich Erzbischof von 
Salzburg. Von ihm und aus seiner Abte] 
wurde eine Pflanzung seines Ordens, ungewis! 
von wem, nach Ungarn verlanget , als Geis 
der III. noch unmündiger König, und Joan 

/■.a//45.nes der L Bischof von Fünfkirchen war^ 
Letzterer nahm sie in seinen Kirchspreng( 
auf ■) , wo Z i k a d o r CCzyka dqr Zek Sekm 
<varj ihr einsamer friedlicher Wohnplal 
ward ^). 

7. 0.11 Sq. Nach acht Jahren wurde einer Colonie dei 

Cisterzienser, es ist nicht bekannt, vonwem^j 
im Carpa tischen Gebirge, auf der Gränze zwi-] 
sehen Ungarn und Polen, das Thal bey Neu-jj 
dorf am Dunajetz eingeräumt; da entstand di^i 
Abtey Casa Nova, unter den Graner Kirch-, 

J. Cf ii5a> Sprengel gehörig '). Zwey Jahre darauf kamen 
aus der Champagner Abtey Trois -Fontai- 
nes, einer Tochter von Glairvaux, zwölf 
Brüder mit ihrem Abte in den Wefzpriiner 
Kirchsprengel , und gründeten daselbst die Ab- 

J.c.iiya.^^y Belae oder Bellus fons ^). Von dem 
^ iiy4. Kloster zur heiligen Jungfrau im Thale Para- 
dies und einem andern zuKolban oder Kp* 



a) Hanthaler Fajt. Campilü. T. J. Eiog. VL et ymi 
p.. 187. 190. flS^* iBt Ortilo ad um. 1143. Hei in b. 1-e. 
p. 150. ^) Koller Prolegom^ ad Hist. Epi^copat. QEocIes« 
N* X. c) Ladisl. Turocz Hiingaria. p. 16s. Wag« 
Her Analccu , Scepui. ^F. III. p. i$9. d) Heixnb. L fr 
f, 151, 




>lan, in Slawonien, sind Stiftet, Abstam- 
nung und Lage nirgends ausgemittelt '). 

Unter Ungarns Königen begünstigte die 
Disterzienser keiner mehr, als Bela der III. 
Geistesbildung und feinere Sitten, bey stren- 
ger Zucht und wohlgeordneter Arbeitsamkeit, 
unterschied sie zu ihrem grossen Vortheile von 
den ausgelassenen, unwissenden, verwilderten 
iMönchen, welche er im Byzantischen Reiche 
häufig gesehen hatte. Ein so ordnungsmässi- 
ger Mann , wie Bela w^ar , musste sie lieb ge- 
^nnen, und sogar höher als die Benedi ctiner 
schätzen, denn obgleich diese in Ungarn bey 
ijveitem nicht, und nie so ausgeartet waren, 
wie in Frankreich ^ Italien und Deutschland, 
so standen sie doch, mit Schätzen der Erde 
überfüllet, an Erleuchtung der Gottseligkeit^ 
Salbung der Gnade > und Reichthum des Ge- 
xnüthes hinter jenen schon weit zurück. Auf 
Bela's Einladung zogen zwölf Mönche mit J.C.//79, 
ihrem Abte aus Pontigny nach Ungarn in 
die Csanader Gespanschaft, wo sie die Abtey 
der heiligen Jungfrau zu Egres gründeten. 
Von hier aus nahmen die Abteyen zum heili- 
gen Kreuz in dem Fünfkirchner Sprengel, 
undzuKerez (de Gandelis) in Siebenbürgen, 



a) Heimb. L c* p« 15a. Paintner Yerzeichniss der 
geistlichen Wurden in Scheditu Zeitschrift Thl. 1. Seit* 

76. 79« 



^r^'W^r^ 



O 



18 



/•C./fA&. ihren Ursprung *). Zur Besetzung der Abtey 
im Bergthale B o k o n (Ä M. V. de Boccon oder 
Buctati), berief Bela Männer von Clair* 
vaux, aus der Zucht des Abtes Heinrich 
von Castro. Das war ein sehr weiser Mann ; 
vor einigen Jahren hatte er die Wahl zum Erz- 
bischofe von Toulouse, bald darauf die Wahl 
zum Erzabte seines ganzen Ordens ausgeschia- . 
gen; die Cardinais - Würde und das Bisthum 
von Albano wurde ihm von dem Papste Ale- 
xander IIL, dem er gehorchen musste, auf- 
gedrungen ''). Sein Werk unter dem Titelt 
Der Staat Gottes auf der Wander- 
schaft und andere Schriften beweisen die Er- 
leuchtung seines Geistes *'). 

Eben um diese Zeit beschäftigte den Kö- 
nig der Bau der herrlichen Abtey 5 an et Got- 
ha r d im Thale der Eisenburger Gespanschacft, 
dort, wo isich die LaufFnitz in die Raab er- 
giesst, wo die Sonne über liebliche, mit Wein 
bepflanzte Hügel den Tag heraufführt und auf 
den waldigen Gipfeln des wildern Gebirges von 
Steyermark ihn endiget. Kloster und Kirchen 
waren von behauenen Quadersteinen aufgeführt 



a) Manriquez 1. c. T. IFI. ad ann. 1179. cap' ^ 
Heirab* 1. c. p. 15a. h) Tiinon. Epitom. Chronolog.p'^<>' 
Manriquez 1. c. ad ann. iißa. Hauthaler Fasti Campi' 
lil. T. I. Elog. IX. p. 4o3. Heirab. l- c. p. 153. c) Ber- 
trand' Tissier Bibliotheca Cisterciens. T» IIU p*,!" 
252 seqq. 



r 



— 319 — 

letztere, wie die Grundlagen annoch zeigen, 
Kwey hundert sieben und neunzig Fuss lang, 
hundert acht und dreyssig Fuss breit. Die/. c.//^J. 
Männer, welche hier in Betrachtung göttlicher 
Dinge leben, und die Verehrung der heiligen 
Jungfrau , der Mutter ewiger Liebe , weit und 
breit befördern sollten , waren aus der Franzö- 
sischen Abtey Trois-fontaines berufen und 
gekommen. Damals verweilten auch Peter 
der L eilfter Erzabt von Cisteaux, sein Prior 
Wilhelin mit Peter und Servius, Mön- 
chen desselben Klosters, und Ubicellus, 
Abt \on Parisi in Ober-Elsass, an Bei a 's Hof- 
lager, und erlangten von diesem zu Gunsten 
ihres Ordens eine Handfeste, Kraft wel- 
cher den bereits bestehenden und in Zukunft zu 
errichtenden Cisterzienser Abteyen in Ungarn 
dieselben Frey heiten und Vortheile, deren sie 
in Frankreich genossen, verliehen würden. Da- 
bey ward ihnen noch gestattet, wenn Ruhe im 
Reiche herrschte, auswärtige, von ihnen aner- 
kannte Mitglieder ihres Ordens nach ihrem Gut- 
befinden bey sich aufzunehmen, oder zu ver- 
senden •). 

Durch diese Begünstigung wurden im i6lr3iC.4fS4 
gen den Jahre auch in das Wefz primer Thal, 
wo weder die ältere Pflanzung der Basilia- 
3^er-., noch die neuere der Benedictiner- 



«} Heimb. Notiti« p. 3i — 45. 



— 3äö — 

Notiiien gedeihen wollte, Cisterzienser eim 
führt, und zu gleicher Zeit die Abtey der h 
gen Jungfrau auf dem kahlen Berge Pili»| 
zwey Meilen unter Gran , mit diesen Orim» 
männem|aus dem Kloster Acey in Franckfr 

XC#/po« Comte besetzt. Nach sechs Jahren zöget 
zwölf Mönche mit einem Abte von Pilis m^ 
in die Heveser Gespanschaft, und stifteten 
Abtey der heiligen Jungfrau im Thale an te 
Zadua unweit P a fz t ö , zwischen dem Cserhit 
und Matra - Gebirge. Von der Abtey der heiB- 
gen Jungfrau im Lichtenthaie (^de Lucefi^ 
tia, Vallis lucidaj dea Raaber Kirchsprefr 
gels, welche mit der bey Pafztö, gleichzeitigca 
Ursprunges war, ist ausser dem Namen nichti 
bekannt '). 

Eine halbe Meile nördlich von Güns, io 
der Oedenburger Gespanschaft, auf hohem Bcr» 
ge,' dessen Fuss die Reptze bespült, stand die 
Abtey Marienberg f-^ons Mariae, XIo' 
stromj , des Klosters zum heiligen Kreuze am 
Sattelbache im Wienerwalde vierte Tochter, g^ 

J. C. n9^' stiftet von dem Grafen Dominicas Banii^ 
als er das Kreuz genommen , und die Wallfahrt 
zu dem Grabe des Erlösers angelobet hatte. 
Mit Einwilligung seines Sohnes und seiner Gat- 
tin, und mit Genehmigung des Königs, vcr* 
gab et an dieselbe drey hundert Mark Silbef 



a) Heimb« L c. p. 158. FftintneT L c« p^p. 7i>tf7i 



^-. 321 — 

zum Baue, hundert Ochsen, hundert Kühe *), 
tausend Schafe, zwanzig Knechte **) und die 
Dörfer Mannerstorf, Hochenberg, wobey das 
Kloster stand, Pressing, Strobelstorf, Puzl- 
storf , MünchhofF, Wauenstorf, Dägenstorf mit 
allen Weinbergen, Mühlen, Wiesen, Wäl- 
dern , Aeckem , urbaren und unbebauten 
Ländereyen, Graf Bors, des Stifters Ver- 
wandter, vermehrte hernach die Besitzungen 
der Abtey mit seinen Gütern so beträchtlich, 
-dass sie hinfort Kloster des Bors fBors 
Monosträ) schlechtweg genannt wurde *'). 

Das Bakonyer Wald- und Felsengebirge 
in der Wefzprimer Gespanschaft erstreckt sich 
in die Länge auf zwölf, in die Breite auf vier 
bis fünf Meilen; in älterer Zeit war es mit Bu- 
chen und Eichen dicht bewachsen, viele ste- 
hen jetzt noch stark und gesund in einem Alter 
vor mehr als tausend Jahren, unter ihrem 
Schatten den müden Wanderer kühlend, den 
einsamen Denker begeisternd. Lange waren 
des Gebirges dunkle Haine und düstere Felsen- 
höhlen der wilden Thiere und der Räuber ver- 
borgener WohnplataS , bis Stephan der H e i - 
lige begann, das schauervolle Gebiet zu heili- 
gen und zur Zufluchtsstätte tiefer Wehmuth 
ttnd Sehnsucht nach dem Ewigen zu weihen. 



«) In der Urkunde bey Katonn (Hist. Reg. T. IV. p. 
442.) nur fünfzig, b) Bey Kafona nur zehn, c) Heixnb, 
!• c. p. 153. KatOHÄ 1. c. 

n.Theü. 21 



Dort fand der heilige Gerardus mit seinem 
Jimger Mau ms, dort fanden viele den Auf- 
schluss ihrer innem Welt, die Bed.eutung dei 
Lebens 9 den geheimen und hohem Sinti der 
Natur, das sicher leitende Licht der Vernunft, 
der Ideen Fülle und Klarheit, des Herzens Frie- 
den, der Gnade Salbung, Gott in sich. -*• 
Mitten in diesen ehrwürdigen Gefilden, 
im sanften Thale , nicht weit von dem 
Ursprünge der Czuha, baute und begabe- 
7.c.#/^. te, wieesheisst, König Emerich die Szirt- 
zer Abtey, in deren Bewohnern ihres Ordens 
besrerer Geist, Gottseligkeit und Arbeitsfleiss, 
erbaulich fortlebte, bis der unglückliche Tag 
bey M o h a c s , an dem so viel Gutes unterging, 
auch ihres Paradieses Zerstörung herbeyführte'}. 
Hiermit hatte nun der Cisterzienser- 
Ordcn in dem Ungrischen Reiche fünfzehn 
Abteyen , welchd bis in spätere Zeiten wohlthä- 
tige Schulen der mit Gottesfurcht und Andacht 
vereinigten, uiid durch sie erhöhten Arbeit- 
samkeit geblieben wären , hätten Könige und 
Magnaten ihre verschwenderische Frömmigkeit 
zu massigen gewusst; hätten sie die ewig« 
Seligkeit lieber verdienen, als vergeblich er- 
kaufen wollen ; hätten sie die Geweih- 
ten der Einsamkeit und Contemplation nur 
von drückenden Sorgen befreyet, nicht berei- 



«*M|WM*a 



a) Heimb. 1. c. p, l6o. Paintner Rede bey der Jobel- 
feyer «m Stihun^sfcste des Cisterzienser« Ordens und der Zirt- 
zer Abtey. Wei^prim 179S in 4* 



— 523 — 

chert; hätten Geber und Empfänger bedacht^ 
dass die Reichen in Versuchung und Stricke , in 
▼iele thörichte und schädliche Lüste fallen, wel- 
che die Menschen in Verderben und Verdamm- 
aiss versenken *}. Beyde hatten ja gesehen, 
wie den Beüedictinern der Geiz Wurzel vieles 
üebels ward , und wie sie immer lässiger der 
Gerechtigkeit j . der Gottseligkeit, dem Glauben, 
der Liebe, der Geduld und der Sanftmuth nach- 
jagten. 

Uebrigens mochten in Westen *oder in 
i)sten neue Anstalten zu heiligen Zwecken von 
teiner- Gottseligkeit erfunden, von gemüthli- 
cher Schwärmerey aufgefasst und gepfleget^ 
Von tugendscheuer, gewinnsüchtiger Fröm- 
migkeit bereichert und verderbt worden seyn, 
jede fand auch bey den Ungern bereitwillige 
Aufnahme und reichliche Unterstützung. Also 
der Orden der Kreuzherren, die armen 
Brüder von dem Hospital des heili* 
gen Joannes zu Jerusalem, und die ar- 
men Streiter Christi des Salomoni- 
schen Tempels; die einen, >^ie die andern, 
ihrer ursprünglichen Bestimmung nach nur 
treue, liebevolle Pfleger kranker Wallfahrter 
tod verwundeter Kreuzritter, bald hernach 
selbst Kreuz- Joannes- und Tempelritter, und 
Saachdem sie von der Schwärmerey od«r von 



0) X. Timoth. Yl* 9* 



~ 324 — 

Sünden weltlicher Ritter und Herren fett ge- 
worden waren, grosse, mächtige Herren und 
kühne Sünder, dem Staate und der Kirche gleich 
gefahrlich, nirgends mehr nützlich. Diess 
waren sie schon grösstentheils, als sie in Un- 
garn eingeführt und ansehnlich begütert wur- 
den; und als in vorzüglicher Begünstigung der 
"''' ^ ''^' Tempelritter König Em er ich, zu seinem und 
seiner Nachfolger Seelenheil, ihren Häusern 
und Ländereyen in Ungarn seinen ganz beson- 
dem Schutz zusicherte , sie von allen Abgaben 
und Lasten befreyete, zollfreye Fahrt zu Was- 
ser und zu Lande, auch allenthalben freyes 
Recht auf Grasung zu liegen , Heu zu machen, 
und zu holzen ") , ihnen gewährte, 

Bey der übermässigen Freygebigkeit der 
Ungern und ihrer Könige gegen alle kirchliche 
Gesellschaften darf nicht unbemerkt bleiben, 
woher es kam, dass nur das prachtvolle Grie- 
chische Kirchenwesen und das ehrwürdige 
Mönch thum des heiligen Basili US von ihnen 
so wenig befördert und begünstiget wurde '). 



fl) Urkund. bcy Pray in Bissen, de Prioratu Auranae 
p» 8 — 10. b) Dagegen behauptet Bardosy ( Supplement. 
Analect. Seepusii p. 195.) mit origineller Dreistigkeit : „prünii 
duobus hodiernae Hungariae Seculis Abbatias quoque ac regcdef 
praepoaituras potissimum Graeci Riius catholicas fiiis^se , tU- 

plomata et rerum adjuncta testantur, & hadislaus Vetero- 

Budensem Graeci Ritus Praeposituram a S, Stephano aedificari 
coeptam, cvnsummapit* Andreas L Tychoniense ac KisKgra- 
diense Monasteria construxit , quorum iüud Benedictinorum , ex 
latzno ^graccis Monachi^^ n^xtum fyit ctc.*\ — (p. 388-) 



— 325 — 

Im nördlichen Siebenbürgen und in Ungarn, 
bis an das linke Ufer der Theiss uud der. Donau, 
•wohnten mit Ungern , Slawen und Deutschen 
vermischt, Russen und Walachen in grosser 
Anzahl, welche sämmtlich der Griechischen 
Kirche angehörten: zu derselben bekannten 
sich auch drey Königinnen dieses Zeitraumes, 
Bela des IL Helena, GeisadesII. Eu- 
phrosyne, und Stephan des IV. Maria; 
die erstem zwey ^hatten so gar entscheidenden 
Einiluss in die Verwaltung des Reiches; eben so 
der Serwische Herzog, Ban und Palatin Be- 
lusch, Griechischer Kirch engenoss; und Be- 
la der III. war von seinem Knabenalter bis zur 
Thronbesteigung geachteter Zögling desByzan- 
tischen Hofes und frommer Theilnehmer an 
dem kirchlichen Cultus zu Constantinopel: 
doch alles dessen ungeachtet, hatten die An- 



yyAliquos Archi-et EpUcoporum ipsosque adeo primae perio-» 
di Stirpis Arpa.danae Reges plerosque Graeci rituA 
catholicos fuUse et9, — Dies», und wie der gelehrte Mann (a. 
a. O. p. 196 seq.) sämmtliche Rlöster üngarn's, bis auf ein 
Einziges, Griechisch -Catholisch, den Italer (Latinum) B e rn- 
hard, Erzbischof von Spalatro, zum Anhänger des Griechi- 
schen Ritus macht; Vallis Flaviana inLanguedoc, in das Ün- 
grische FelsÖ-liget, Deutsch, Ober -Au; die Diöces von Nil" 
mes in die Diöces von Erlau verwandelt; kurz, wie er fast 
aller Urkunden geraden, natürlichen Sinn, zu Gunsten des 
Griechischen Ritus, dessen reiner, erhabener Geist solcher 
elender Künsteleyen gar nicht bedarf, geflissentlich verwirret, 
verdrehet und nothzüchtiget , diess verdient in der Geschichte 
der Üngrischen Literatur ernstlicher und strenger gerflget au 
werden, als es in diesem Werke geschehen darf. 



— 5fl6 — 

hänger dieses Cultus noch keinen Bischof; die- 
Mönche des heiligen Basilius nur einige Klör 
8ter aus vorigem Zeiträume *) , welche in dem 
gegenwärtigen durch keine königliche Verga- 
bung bekannt , durch keine neue Stiftung von 
den genannten drey Königinnen vermehrt wur- 
den : und selbst der Griechische Kirchengenoss^ 
B e 1 u s c h y besetzte die von ihm gestiftete Ab^ 
tey Kö {Ban-'MonaHraJ mit Benedictinem» 
nicht mit Basiliten. Diese Gleichgültigkeit^ 
vielleicht sogar Abneigung gegen den Griechi- 
schen Cultus mochten folgende Ursachen er- 
zeugt haben. 

Die von P h o t i u s angefangene Tretmung 
der Griechischen Kirche von der Römischen 
war äusserlich noch nicht vollendet; aber in 
den Gemiithem der Griechen und der Lateiner 
waren gegenseitige Feindschaft , Erbitte^ 
rung und Hass schon tief und unaus- 
tilgbar eingewurzelt; weswegen auch durch 
zwey Jahrhunderte von beyden Seiten viel är- 
gerliches gegen einander begangen wurde. Un- 
geachtet hernach die Ausschweifungen dei: 
Kreuzheere und die Treulosigkeiten desByzan- 
tischen Hofes das im Verborgenen lodernde 



a) ,, Nee nopum est , nee absurdum , ut in regno tuo diper- 
sarum nationum conpentus uni dpmino sub regulari habitufamu- 
lentur y licet unum sit ibi Jdatinorum (so wurden im Mittel« 
«Iter o£t,Fra]i208tn, Spanier und Italer genannt») Coenohium^ 
quam tarnen ibidem sint multa Graecorum," Epist. I n n 0- 
c;€ntii III. 1204. »P> JOobner. Monum T. It. p. 347. 



327 



f - 

■Feuer unablässig nährten, so bewarben sich 
^dennoch die Kaiser aus dem ßeschlechte der 
Komnener, Alexius, Kalo -Joannes und 
Manuel sehr eifrig um die Freundschaft der 
Päpste; allein mit Hecht bezweifelten diese die 
Aufrichtigkeit ihres Bestrebens, nachdem sie, 
besonders Alexius und Manuel, Mar an 
Tag gelegt hatten, dass. sie durch päpstlichen 
Beystand nur die Kaiserkrone des weströmi- 
schen Reiches wieder erringen wollten. Unter 
solcher Bewandtniss der Dinge blieben die 
Griechische und Römische Kirche gleich zwey 
alten Freunden , welche in der Absicht mitein- 
ander zu brechen, und in Erwartung schickli- 
cher Gelegenheit dazu, alle äusserliche, dem 
Anstände gemässe Pflichten gegenseitig beob- 
achten, ohne irgend etwas von alter Aufrich- 
tigkeit und Liebe beyzubehalten. Dawardenii 
auch weder von den Päpsten noch von den Un- 
grischen Bischöfen fiir das Griechische Kir- 
chen- und Mönchs wesen in Ungarn thätige Ver- 
wendung zu erwarten. * 

Unter den Kriegen des Kalo r Joatinea 
mitGeisa dem IL, und des Manuel Comr 
nenus mit Stephan dem IIL, konnte we- 
der die Könige noch die-Magnaten die Lust an- 
wandeln, den Cultu3 ihrer Feinde auszubreiten, 
oder Griechischen Mönchen Klöster zu erbauen, 
und ^ie Königinnen, Helena und Euphro- 
synö, waren zu klug, um durch unzeitigen Ei- 
fer für den Ritus ihrer Kirche die Eifersucht der 



mächtigem Bischöfe 
in diesem Zeiträume 
che kam, war in Ur 
stens verdächtig; wi 
nähme Sirmiens , • 
und den Raub Daln 
oder vergessen kön 

Kiew aus, der VaL^.^«.«^ »^^...»v j >'>' »» 
konnte um diese Zeit zu Gunsten des Griechi- 
schen Kirchen - und Mönchswesen in Ungarn 
mit einiger Zuversicht gewirkt w^erden; denn 
j.C'.//»<.in himdert und zwanzig Jahren, unter neun 
'-t3f4- Kiewer Metropoliten, war nur der einzige Cle- 
mens, ein Russe, von seiner Synode gewählt; 
die übrigen waren sammtlich Griechen, von 
dem Patriarchen zu Constantinopel geweihet 
und eingesetzt '), mithin in ihrer Gesinnung 
und in ihren Verfügungen der Griechischen un- 
treue und der Besessenheit von dem bösen Gei- 
ste des Photius, Theophylaktus und Mi- 
chael Cerularius den Ungern verdächtig. 
Bela der III. hatte die Byzantischen Mönche 
in ihrer Nichtswürdigkeit (gesehen, und das 
war genug, um seine Gunst auch von ihren 



a) KieTrer Metropoliten: Nicephom» 1. Grate 
1104 — iia6. Nicetx Gixte. iis6 — 1196. Michael H. 
Gnec. II27 — ii45- Clemen» ButAeniu 1146 — 1159. Con- 
• tantinus Gnec. itfo — 1169. TlieodoTu* Gniec. 1170— 
i«75- Joannei III. Gtmc. 1176 — 1184- Nicephorul 
II. Gnec. »SS — »35- Matihaen» Gwee. 1185.-1224. 
Nicol. Falconii Commentar. ad Capponlan. Rutllen. Ta< 
faula* in Prolegoin. cap. V> 



— 329 — 

Brüdern in Ungarn abzuwenden; musste doch 
selbst Manuel, kein strenger Sittenrichter, 
und an den Anblick gänzlich verfallener Kir- 
chen - und Mönchszucht gewöhnt, über den 
gottlosen und schändlichen Wandel seiner Mön- 
che häufig klagen '). 

Dieser Kaiser war den Lateinern sehr ge- 
"wogen, und ihre Ueberlegenheit an Kraft, Ein- 
sicht lind Treue über die Byzanter anerken- 
nend , bediente er sich ihrer in den wichtigsten 
Angelegenheiten der Reichsverwaltung. Da- 
durch wurden sie den Griechen Gegenstand des 
bittersten Hasses, undAndronikus, welcher 
bald nach Manuel's Tode des Thrones sichj.c.ffS^. 
bemächtigte, verhängte über sie ein grässliches im April. 
Blutbad. Ein grosser Theil derselben schiffte 
auf vier und zwanzig Galeeren mit Familien 
und Barschaften weg|; aber die in grösserer An- 
zahl zurückgebliebenen fielen unter der Wuth 
der wider sie ausgesandten Henker. Ihre Wei- 
ber, Kinder und Greise wurden in ihren Häu- 
sern verbrannt, die von ihnen bewohnte Ge- 
gend der Stadt in Asche gelegt. Lateinische 
Priester und Mönche wurden noch grausamer 
behandelt, als die Laien; unter jenen war 
auch der Cardinal Joannes, auf Manuel's 
Verlangen von Alexander dem III. gesandt, 
um an der Vereinigung beyder Kirchen zu ar- 



ä) Fleurj Histoire Ecclesiast. Lir. LXXIII. n. XXXIL 
Tom. XV. 



X 



— 339 ^ 

beiten; ihin wurde der Kopf abgehanen , und 
an einen Hundsschweif gebunden , durch die 
Strassen gezogen. Alle Kranken in dem Hospi« 
tal des heiligen Joannes, von den Hospitalitem 
yon Jerusalem verpfleget, wurden getödtet, so- 
gar die Leichname der Todten aus ihren Grär 
bem herausgerissen und durch die Stadt ge- 
schleppt. Gehäucheltes Mitleiden verspri^ch 
vielen Rettung j aber die so bethörten, an Zahl 
über viertausend, wurden als Sklaven an die 
Türken verkauft; und sowohl bey jenem Blut- 
bade, als bey diesem Handel, waren die thä- 
tigsten und wiithendesten Theilnehmer, By^ 
aantische Priester und Mönche *), 

Die Kunde von diesen Gräuelthaten muss- 
te die günstige Meinung der Ungern von dem 
griechischen Kirchen - und Mönchswesen wax 
BO tiefer herabstirumen , jen^ehr die Mönche 
dieser Kirche in Ungarn , besonders in der Ab- 
tey Sanct Andreas bey Wischegrad, welche 
Andreas der I. gestiftet hatte , durch Verach- 
tung der Regel, zuchtlosen Wandel, Ver» 
schwendung der Klostergüter und Ausschwei- 
fungen aller Art zeigten, dass sie nicht viel he$r 
ser wären , als ihre fanatischen Brüder in Con- 
/. C. ^jjf()>^. Stantinopel *). Emerich klagte darüber bey 
dem Papste InnocentiuSj^ und dieser galr 



m»m « r 



d) Guilelm. Tyrius Lib. XXIL c. io. i5, du Can- 
ge CP. Lib. IV« 163* b) EpittoL Honorii III. ap. Ka^or 
iia^ ^iftu Reg. T. y. p. 34^. 



dem Grossward^iner Bischof Simon, und 
dem Cisterzienser-Abte von Pilis den Auftrag 
zu untersuchen , auf welche Art und Weise in 
den Griechischen Klöstern Zucht und Ordnung 
'wieder hergestellt werden könnte, ob vielleicht 
durch Einsetzung lateinischer Aebte und Pröp* 
ste über dieselben , oder, unter vorausgesetzter 
Genehmigung der benachbarten Diöcesan- Bi- 
schöfe, durch Erhebung eines Griechische!^ 
Klosters zum Bisthume , welches' unmittelbar 
dem apostolischen Stuhle untergeordnet würde* 
Darüber sollten sie ihm getreuen Bericht ab- 
statten, unterdessen aber allp nöthigen Vor- 
kehrungen zur Reform der Griechischen Klör 
ster treffen "}. Wa§ sie nun diesem Auftrage 
gemäss gethan , was sie an den Papst berichtet, 
und was von diesem verfüget worden sey , ist 
nirgends überliefert worden. Wahrscheinlich 
geschah nichtß , weil einerseits das Uebel schoi^ 
zu tief gewurzelt war, andererseits alle oben 
benannte Ursachen den guten Willen, irgend 
etwas zu Gunsten des Griechischen Ritus zu 
thun, unterdrückt hatten. 

In sämmtlichen Kirchen Crpatien's und 
Dalmatißn's , welche mit ihren Bisthümem un- 
ter die drey Metropolen, Spalatro, Jadra 
und Ragusa 'l), gehörten, war Römischer, 
nicht Griechischer Ritus üblich , nur hier und 



a) Epifltol. Innocentii III. ap. Do^Tz^r. Menum. T. 11^ 
p.34i.' ^) Erzbischöfeyon Kaguia: Feter 1O75. Geral- 



n 



332 



und da nach alter Gewohnheit, und imgcaclitcl 
des von Joannes demX. und Nicolaus dem 
II. erlassenen Verbotes, in SlaMÖscher Sprache^ 
in welche Methodius, nicht die Griechi- 
schen Liturgien der heiligen Basilius luii 
Joannes Chrysostomus, sondern das Rö- 
mische Missale und Brevier übertragen hatte. 
In Bosnien hingegen, Serwien und Bulgarien 
blieb das Byzantische Kirchen - und Mönchs- 
wesen herrschend, und Alles, was die Päpste 
durch häufige Gesandtschaften, politische Kün- 
ste, Verleihungen der Krone und Königstitel 
daselbst erlangen honnten, bestand in äusserer 
Vereinigung dortiger Kirchen mit der Rönu* 
sehen, und gleichfalls nur äusserlicher, politi- 
schen Vortheilen untergeordneter AncrkenKung 
des päpstlichen Supremates. 

In Ungarn erhielt während dieses Zeitrau- 
mes der Römische Cultus einen neuen Gegeii' 
stand der Verehrung, das Gemiith frommerÜn- 
/. C.//^/. gern ein neues Vorbild der Heiligkeit, Sech« 
und neunzig Jahre nach dem Tode Ladisla^ 
des L, in welcher Zeit der mächtige Glaubevie* 
le Wunder bey seinem Grabe zu Gross wardeia 
gewirkt hatte, verlangte B ela der III. von dem 
Papste feyerliche Aufnahme dieses grossen Kö- 
nigs in die Zahl der Heiligen , welchen die Kir- 
che öflFentliche Verehrung gestattete. Da sand- 



dus 1T2I. Andreas 1142. Michael Tribuniui ufi^"* 
1189* Bernaxd. xr97 — i^^oo. 



— • 533 — 

re Cölestin der HI. den Cardinal Gregorinä 
de Crescentio mit einigen Gottesgelehrten 
nach Ungarn, um Ladislaw's gottseligen 
Wandel auf Erden zu untersuchen, und die 
Bew^eise für seine Heiligkeit streng zu prüfen. 
In zahlreicher Versammlung der Magnaten, Bi- 
schöfe undAebte vernahmen die Römischen Ab- 
geordneten zuerst diejenigen , welche die Tu- 
gend und Gottseligkeit des verewigten Königs 
bezweifelten 5 ihre Zahl war nicht klein, ihre 
Zweifel hatten scheinbaren Grund. 

Ladislaw, meinten sie, habe sich des 
Verbrechens der Aiimassung schuldig gemacht, 
indem er zugab , dass sein Vetter S a 1 o m o n , 
eines rechtmässigen Königs Erbe, von dem ihm 
gebührenden Throne gestürzt, sein Bruder dar- 
auf erhoben, und nach dessen Tode die, einem 
Andern widerrechtlich entzogene Herrschaft 
ihm übertragen wurde. — Femer habe er vie- 
les Menschenblut, sowohl der Heiden in den 
Kriegen wider dieKumaner, als auch der Gläu- 
bigen in dem Feldzuge gegen S a 1 o m o n mit 
eigener Hand vergossen , und ob er gleich her- 
nach in allem Guten thätig und bewähret sich 
bezeigte, so sey diess auf der Wagschale de» 
ewigen Richters doch zu wenig, auch nur eine 
einzige Blutschuld aufzuwiegen. — Endlich 
mochte er sich so mancher, der Welt verbor- 
genen Sünde schuldig gemacht haben; denn 
schwer wäre es und selten, in dem freyen Be- 
sitze der Herrschaft und Gewalt mit rechtschaf«? 



^14 



OO' 



fener Gesinnung und unbeflecktem Herzön 
dem Herrn zu inrandeln. 

Nachdem diese Einwendungen durch 
künden , Zeugnisse und Gegengründe befrie< 
gend für Alle gehoben waren, forderten 
päpstlichen Gesandten triftige Bew^eise für s< 
ne Liebe und Gerechtigkeit , für seine Demut 
und Mässigung, für seine Selbstbeherrschunj 
Sanftmuth und Friedfertigkeit, endlich füi* 
an seinem Grabe geschehenen Wunder, w( 
che zwar keinen Heiligen machen, ihn abi 
doch anzeigen könnten. Auch hierüber wxu-dl 
vieles vorgetragen, bezeuget, eidlich bestatiM 
get und geleistet, was die verordneten Richtel 
nicht verwerfen konnten. Ihr Bericht ginj 
nach Rom, und im folgenden Jahre sprach Cö< 
lest in denjenigen auch für die Kirche heilig^ 
der lange vorher schon in dem frommen Gemü^ 
the der Gottseligen heilig war ') : ein altei 
kirchlicher Gebrauch, ehrwürdig in seinem Gei-i 
ste , nach welchem die Kirche ihre Heiligen ni 
als Offenbarungen der Gnade in Gott geheilig-- 
ter Menschheit betrachtet; und heilsam in sei-^ 
ner Richtung, denn mit jeder Heiligsprechunj 
will die Kirche nichts anders , als den Sieg dei 
Gnade , des Glaubens und der Liebe übei 
Welt und Zeitgeist fey em , imd vor den Augeaj 



a) Vita S. 'Ladislai e MS. Corsendonk. in Actis SS. Ja-' 
Uli Tom. V* p« 319* Pray Diiiert» de S. Ladislao p. 10« 
teqq. 



— 335 — 

ihrer treuen 'Kinder das Glauben dem Wissen, 
iie Entbehrung dem Genüsse, dieDeinuthdem 
Stolze j die Selbstbeherrschung der Leiden- 
schaft, die Resignation der Anmassung, das 
Ewige dem Zeitlichen, das Reich Gottes der 
Weltherrlichkeit, kämpfend und siegend entge- 
gensetzen. 

Im übrigen hatte Ungarn in Bezug auf Ge- 
genstände und Formen des kirchlichen Cultus 
und der häuslichen Andacht um diese Zeit 
nichts besonders vor den übrigen westlichen 
Ländern; nur die Verehrung der heiligen Jung- 
frau erhielt durch den Cisterzienser - Orden iik 
Üngrischen Gemüthem hohem Schwung. Wur- 
den gleich in Ungarn nicht so , wie in andern 
Ländern, vorzüglich in Spanien, für Gebeine 
der Heiligen Schätze, Ländereyen uniStaats- 
vortheile hingegeben, so waren sie doch in 
hohen Ehren gehalten. So Hess B e 1 a der IL, J* C. //% 
als er nach inbrünstigem Gebete , in tiefer Ruh* 
rung, seine Tochter Sophia den Gesandten 
des Kaisers Conrad zur Braut für dessen Sohn 
Heinrich überliefern wollte , alle seine Reli- 
quien-Behältnisse herbey bringen; darunter 
waren einige Gebeine des heiligen Bischofs und 
Märtyrers B 1 a s i u s die beträch tlichsten ; dies« 
legte er auf das Haupt seiner Tochter, und em- 
pfahl sie der ganz besondern Fürbitte und Be» 
schirmung dieses Heiligen* Damals war zeit- 
gemässe Andacht in den Pallästen der Könige 
und Magnaiten noch mehr , als in d«n Hütt«i> 



— 336 — 

des gemeineÄ Volkes, einheimisch; eine natfiiv 
liehe Folge höherer Cultur des Gemüthes. 

Eben darum wurden auch Jünglinge und 
Jungfrauen häufiger aus den vornehmem, als 
aus den niedrigem Ständen angetrieben, aller 
irdischen Herrlichkeit zu entsagen, und in klö- 
sterlicher Einsamkeit nach dem Ewigen zustre- 
ben : also auch die Königstochter S o p Ii i a in 
der schönsten Blüthe ihrer Jugend, als ein früh- 
S.CffSo. zeitiger Tod ihren Verlobten hinweggerafiEt hat- 
te. Keine Macht, kein weltkluges Zureden 
konnte sie bewegen, die Gemeinde der Gottge- 
weiheten Jungfrauen und ihre liebgewonnene 
Zelle im Kloster Admont zu verlassen. Alle 
Gesandtschaften ihres Bruders , G e i s a des IL, 
wurden von ihr unerhört zurückgewiesen. Die- 
ser wähnend, seine Schwester würde mit Ge- 
walt oder durch Ueberredung angehalten , for- 
derte ihre Auslieferung, Krieg und Verheerung 
drohend; sie beharrte auf ihrem Willen, und 
hiess ihre Vorgesetzten auf Gottes höhere Macht 
vertrauen. Nun sandte Geisa seinen Verwand- 
ten, wahrscheinlich den Herzog Bei US ch, an 
der Spitze einer Anzahl Ritter, nach Admont, 
mit dem Auftrage seine Schwester mit Gewalt 
in Freyheit zu setzen, doch nach ihrem frey 
erklärten Willen sie mit weiterm Zwange zu 
verschonen. Ihre Ankunft zu Admont versetz- 
te den Abt mit seinen Mönchen in grosse Angst 
und Bestürzung; dringen dst ermahnte und bat 
er Sophia, in ihr Vaterland zurückzukehren; 



— 337 — 

aber nichts weiter konnte er bewirken , als den 
Entschluss , sich vor den Ungern zu zeigen und 
ihren unwandelbaren Willen ihnen anzukündi- 
gen. Im Vorhofe des Nonnenklosters stellten 
sich der Abt und die Mönche von der einen, der 
Herzog und die Ritter von der andern Seite; 
jene wünschend, dass, ohne ihre Gefahr, Got- 
t:e8 Geist über menschliche Gewalt siege; diese 
begierig die königliche Jungfrau zu empfangen^ 
mit reichen Gewändern, welche sie mitgebracht 
hatten, sie zu bekleiden und mit einem kostba- 
ren Schatz von Edelsteinen zu schmücken. 
Jetzt ward die Klosterpforte eröflFnet, Sophia 
von sämmtlichen Nonnen begleitet, trat feyer- 
lich heraus, in ihrem Blicke und ihrer ganzen 
Haltung offenbarten sich die Würde und Maje- 
stät der Religion; so näherte sie sich Ungarn« 
Edeln, bezeugte ihre nie gekränkte Freyheit, 
erklärte kurz und bestimmt ihren unabänderli- 
chen Willen, und indem sie den Gesang der 
Antiphone : „ das Reich der Welt mit aller irdi- 
schen Pracht habe ich verachtet;" begann, 
wandte sie sich um , und kehrte freudig in das 
Heiligthum ihres gottseligen Sinnes zurück. 
Alle Anwesenden priesen Gott; und König Gei- 
s a liess den Willen fahren , in seiner Schwester 
die Macht des Gemüthes fernerhin zu bekäm- 
pfen '). 



a) Vita S. Ottonis Pomeranorum Apostoli. Auetore Ano« 
Hymo synchroiio. ap. CanUium T. III. P. JI«t>p* 9^* 

II. ThcU. ÄÄ 



Zu den bisher ü 

Gebräuchen des tirch 
sem Zeiträume die V 
von den Bussen, we 
Satzungen für began^ 
den als Genugthuung 

Schon seit der Mitte des zehnten Jahrhunderts 
war den Gläubigen häufig die Wahl gelassen 
worden, ob sie die vorgeschriebenen ßiissiin- 
gen für gewisse bereuete und gebeichtete Sün- 
den übernehmen, oder eine bestimmte Taxe, 
als Geldopfer für die Armen, dafür bezahlen 
w^ollten. Der dürftigern Classe wegen wur- 
den zu gleicher Zeit, anstatt der Geldbussen, 
leicht zu verrichtende Handlungen der Andacht, 
z.B. Gebete, Besuch einer Kirche, Geissclung, 
zur Wahl gestellt. Gegen das Ende des eilften 
Jahrhunderts ward die Strenge der kirchlichen 
Bussdisciplin noch] verderblicher gemildert^ 
indem Urban der IL auf der Synode zu Cler- 
mont Allen , welche das Kreuz annehmen und 
auf den Zug in das heilige Land sich begeben 
würden. Nachlassung sämmtlicher, durch die 
Sünden ihres ganzen Lebens verschuldeter Kir- 
chenbussen, das ist, vollkommenen Ab- 
lass, zusicherte. Desselben Reizmittels zu 
gleichem Zwecke bedienten sich die nachfol- 
genden Päpste ohne Mass und Ziel, wodurch 
es zwar seine, nach den Orient treibendeKraft 
grösstentheils verlor, aber durch die verkehrte 
Vorstellung, welche das unwissende Volk da- 



339 



mit verknüpft hatte , noch [immer als begeh* 
renswerthes Gut betrachtet und unter leichtem 
Bedingungen gesucht wurde. Vergeblich spra- 
chen Päpste und gottselige Prediger, wie B ern* 
h a r d, nur von Nachlassung der zeitlichen Kir- 
chenbussen, und bedingten auch diese auf 
gänzliche Besserung der Sinnesart und des Le- 
benswandels; die kühnen Sünder beharrten auf 
dem Wahne , der Ablass sey ein Freybrief für 
das Laster, und ein Sicherheitsschein gegen 
ewige Strafen. Dieser Wahn, mehr durch 
Frechheit im Sündigen; als durch Worte sich 
äussernd, steigerte die Begierde nach dem 
Heilmittel; und da einerseits Unzählige durch 
beschränkte Glücksumstände oder andere Ver- 
hältnisse gehindert wurden , das Kreuz zu neh- 
men , anderer Seits die Schwärmerey der heili« 
gen Kriege durch unglückliche Erfolge schon 
ziemlich abgekühlet war, mussten die Kirchen- 
vorsteher auf andere fromme Werke, als Preis 
des Ablasses, bedacht seyn. Da wurden nun 
für die Theilnahme an dem Wiederaufbau einer 
verfallenen Kirche, oder um zahlreiches Volk 
herljey zu locken, bey Einweihung einer Ka- 
pelle , eines Altars , einer Bildsäule , bey Erhe- 
bung äufgefundne» heiliger Gebeine, für Wall- 
fahrten, Gebete, Opfer, nachv'erhältnissmässiger 
Schätzung des Werkes Ablässe canonischer Bus- 
sen von vierzig oder sechzig Tagen , von hun- 
dert und von tausend Jahren, von Seiten der 
Kirche immer unter der Bedingung reumüthi- 



ger Beichte und ernstlicher Besserung des Le- 
bens ausgeboten, von Seiten des Volkes, als 
Tilgimg alter Sünden und Nachlassung göttli- 
cher Strafen, angenommen *}. 

Dass dieser Unfug während dieses Zeitrau- 
mes auch in Ungarn eingerissen sey , ist nicht 
zu bezweifeln; nur verfuhren die Bischöfe in 
Ungarn mit dem Kirchenschatze noch nicht so 
verschwenderisch, wie in andern Ländern. Ein 
Beyspiel davon gab der ehemalige Coloczer 
Erzbischof, Saul von Hedervar. Ritter 
Georg, sein Verwandter, hatte auf seinem 
Landgute Lhota im Prager Kirchsprengel zu 
Ehren des heiligen Georgius eine Kirche er- 
bauet, und für sie von dem Erzbischofe einen 
angemessenen Ablassbrief erbeten. Ihm will- 
•^•^•'^Ä9- fahrend, verlieh Saul, unter Voraussetzung, 
.dass der Prager Bischof es genehmige, allen 
Gläubigen , w^elche an dem Feste der Geburt des 
Erlösers, seiner Auferstehung, zu Pfingsten, 
an San et Georgs Tage und bey jährlicher Feyer 
der Kirch weihe, in wahrhaft bussfertiger Ge- 
sinnung und durch die Beichte im Gewissen 
gereiniget, gedachte Kirche besuchen würden, 
eine Nachlassung der canonischen Busse von 
nicht mehr als vierzig Tagen ^). 



a) Morinus Ae disciplina eccles. in adxniniitr. Sacnm. 
Foenitent. Lib> X. c. 20» n. a seq. Van Espen Jus Eccles* 
nniTCTS. Part. II. Sect, I. Tit. Vil. cap. III. b) „ Fere poeni- 
ttntibus et confsssis , qui ad dictam tcch^am accesserint , qua* 



— 34X — 

Der|in andern Ländern bis zum schänd«» 
lichsten Handel getriebene Ablassunfug machte 
den allgemeinen Verfall der kirchlichen Zucht, 
•wie überhaupt den Mangel an Gottesfurcht, Re- 
ligiosität und Sittlichkeit, bey der Clerisey 
nicht minder, als bey dem Volke, überall sicht- 
bar; dadurch wurden Erscheinungen veranlas- 
set, welche dennoch das kräftige Leben und 
Entgegenwirken eines bessern Geistes unter 
den Menschen offenbarten. Viele Hessen sich 
von ihm verleiten , in Formen zu wirken , wie 
das Zeitalter sie ertragen konnte; imd so ent- 
standen in friedlicher, liebender Elintracht mit 
der sinkenden Kirche, für Gottseligkeit und 
Sittenstrenge die abgesonderten und geschlos- 
senen Gesellschaften der Carthäuser, Vallom- 
broser, Cisterzienser und Prämonstratenscr; 
aber auch viele wurden von übermässigem Ei- 
fer in den Formen ihres Wirkens über die Em- 
pfänglichkeit ihrer Zeitgenossen hinausgetrie- 
ben, suchten die Quellen des üebels in der 
Kirche sinnbildlichen Dogmen, deren religiö- 
sen Sinn sie nicht begriffen ; in kirchlichen Ge- 
bräuchen, deren innere Bedeutung sie nicht er- 
jgründet hatten; hielten Trennung von der all- 
jgemeinen Kirche für unentbehrlich, und stif- 
teten Secten , deren muthige Opposition durch 
das höhere, allumfassende Wirken des ewigen 



dreiginta dies de injunctis sibi pemtenciis rglaxamUit ** Urkimd« 
bej Dobner. Monum. T. IL p. 325* ^ 



Weltpeistes am Ende 
ein Mittel ihrer AuAö. 

ein Reizmittel ihrer Wiederemeuerung verwan- 1 
delt wurde. Der nimmermehr ganz erlosche- 
ne oder erstickte Geist des Manichäismus war 
in diesen Secten wieder aufgewacht; um aber 
ihrer Ausbreitung durch die allgemein verhass- 
ten Namen, Gnostiker oder Manichäer^ 
nicht zu schaden, nahmen sie in Italien von 
dem Orte ihrer geheimen Versammlangen in 
dem Mailändischen Stadtbezirk Pattaria, oder 
von den Verfolgungen, welche sie dulden muss- 
ten, den Namen Patarener, oder von der 
Tendenz ihrer Verbindung, die Benennung 
K atharer an. In Frankreich wurden sie Al- 
bigenser genannt, weil die mit der Römi- 
schen Kirche Missvergnügten in der Gegend um 
Albi in Languedoc geheime Versammlungen 
J.C.//7e. hielten, und nach ihrer Entdeckung auf der 
Synode zu Albi waren verdammt worden. 

Der wesentliche Inhalt ihres Lehrbegriffes 
zielte auf Begründung der Einsicht, dass dia 
ganze Religion lediglich in Uebungen einer 
geistigen Gottseligheit und in tugendhaftem 
Wandel bestände ; dass sie folglich keines äus- 
sern Gottesdienstes bedürften; darum wären 
auch die Sacramente bloss neuere kirchliche Ce- 
remonien , die weder zum Wesen der Religion 
gehörten, noch zur Heiligung des innem Men- 
schen etwas beytrügen. Das heilige Kreuz 
könnte der wahre Gottselige für nichts bessers, 



— 343 — 

als jedes andere Holz im Walde halten; Altäre 
and Kirchen wären ihm nichts weiter, als Stein-* 
häufen. Jesus hätte nie daran gedacht, Bi- 
tchöfe, Priester, Diakonen einzusetzen; auch 
bedürfte das von ihm geoffenbarte Reich Got- 
tes ihrer nicht, sondern nur frommer Lehrer 
und Begleiter [auf irdischer Wallfahrt. Alle 
Kirchengebräuche, besonders die neuen Abläs- 
se , wären nur Erfindungen des Geizes und der 
Habsucht der Priester. Immerhin möchte das 
Anienken der Apostel und Märtyrer der altem 
christlichen Gemeinden geehret werden; aber 
die neuem Heiligsprechungen wären Gotteslä- 
sterung, und müssten den religiösen Sinn ge- 
waltig wider sich aufreizen. Die höher Ge- 
w^eihten der Secte, Consolati genannt, 
lehrten eine ursprüngliche Bösartigkeit der Ma* 
terie; der sie belebende böse Geist wäre der 
Schöpfer der sichtbaren Welt und der mensch* 
liehen Körper, zum Gefängnisse fiir Geister, 
welche von Gott abgefallen , die Last der bö- 
sen Materie tragen müssten. Weder Maria, 
noch Christus, hätte einen solchen Körper ge- 
habty auch wäre Gottes Sohn nur gekommen, 
um die vom Himmel gefallenen Geister selig zu 
machen durch die Busse , und durch den heili- 
gen Geist, welchen niemand, als die Patare- 
ner mit Auflegung der Hände mittheilen könn- 
ten. Die Auserwählten müssten sich des 
Fleischessens, aller Eide, und des ehelichen 
Genusses enthalten. Ihre Geister würden nach 



hinlänglicher Reinig 
ihre Körper in der 
und nimmermehr i 
und bekannten den 
heiligen Geist; alleii 
das ewige uranfängl 

durch Alles, was ist, besteht; der Sohn dieEi- 
ne, alJe gute Menschen belebende, von Got 
geliebte Seele; der heilige Geist das Verstani- 
niss göttlicher Wissenschaft, wodurch caa 
■Weltall weislich regieret wird. Nach anderer 
Ansicht war ihnen Jesus Christus das göttLcho 
Gemüth, fidilbar aus der Jung&au Maria, das 
ist, aus der heiligen Schrift, geboren; der hei-i 
lige Geist, das durch Gottseligkeit aufgea:hlos- 
sene Verständniss der göttlichen Schrir'ten '}, 
Doch diess Alles wurde nicht von allen Anhän- 
gern der Secte, auch nicht überall, noch zu je- 
der Zeit gelehret und geglaubt; sie waren unter 
sich selbst in Farteyen getheilt, und eines Mit- 
telpunktes der Einheit entbehrend, wechselten 
sie in Lehre und in Gebräuchen nach Verschifti 
denheit ihrer Lehrer und ihrer WohnpUtzej 
nur in dem Hasse gegen die Römische Kirche^ 



li) LandulfuB lenior HUcotü MidioUnen), LJb. II, 
oap. S7. «p. Murajur. Script, rer. Ital. T. V. Muiator.An. 
tiquii. lul. med. leri 1. V. p. 33 seq. Fueislia ritrchen* 
und Heller -Uittorie der mittUni Zeit. Thl. I. S. 19 ff. Kok 
1er Hiit. Epiicopat. QEccL T. I. p. aög. Dn Cmge Gloi. 
f W> med- «t inf- Lat, Tog« paterinifj. 



r- 345 - 

ihre Clerlsßy und ihre Gebräuche waren sie alle 
und überall einig. 

In Spanien, Frankreich und Italien mit 
Feuer und Schwert verfolgt, flüchteten sich viele 
dieser Secte über Venedig nach Dalmatien und 
Bosnien, lebten daselbst, ihre Lehre geheimhal- 
tend, unter sich in Eintracht, mit Andern ver- 
träglich, im öffentlichen Verkehr Techtschaffen 
und uneigennützig. Bey ihrer Ankunft war 
Kulin, Ban von Bosnien unter Ungrischer 
Oberherrschaft, dem Griechischen Kirchen we* 
sen zugethan , aber mit der Römischen Kirche 
vereinigt , thätiger und kluger Beherrscher sei- 
nes Volkes, zu dessen Bildung, wie zu besse«^ 
rer Cultur des Landes ihm die ziemlich gebilde- 
ten, frommen und arbeitsamen Flüchtlinge, 
willkommen warben. Durch vorsichtige Hand- 
lungsweise gelang es ihnen , K u 1 i n ' s Gemah- 
lin und den Bischof von Bosnien, Daniel, für 
ihre Secte einzunehmen ; beyde bewogen auch 
den Ban mit seinem freyen, keine Polgen be- 
rechnenden Sinn für Wahrheit, derselben bey-f 
zutreten. Sogleich ward er ihr eifrigster Beför- 
derer; und in kurzer Zeit hatte er mehr als zehn- 
tausend Griechische Kirchengenossen zu Patarer 
tischen Gemeinden vereiniget. Jetzt kündigte ^^Cfffißg- 
der unvorsichtige Bischof Daniel dem Papste 
und den lateinischen Erzbischöfen Dalmatieiis 
den Gehorsam auf; das konnte Bernhard, Erz- 
bischof von Spalatro, nicht dulden, und sein Ei- 
fer für das Haus Israel entbrannte noch mehr, 



— 346 — 

als er zu gleicher Zeit in Erfahrung gebra 
hatte, dass in seiner eigenen Stadt und auch im 
Traw eine beträchtliche Anzahl Bürger bereits 
zur Secte der Patarener gehörten. Die Lehr# 
derselben hatten Matthäus und Aristo- 
dius, Bürger von J^dra y berühmte Maler und 
Goldarbeiter, der Lateinischen und Slawoni« 
sehen Sprache vollkommen mächtig, dabey 
fromm und reich, des Handels wegen oft und 
lange in Bosnien verweilend, nach Spalatro ge- 
bracht und heimlich verbreitet. Bernhard 
berichtete die Sache unverzüglich an den Papst 
Innocentius, an König Emerich undHer* 
zog Andreas; forderte von dem erstem Bann* 
fluche , von den zwey letztem WafFenbeystandi 
allein Emerich that nichts weiter, als dass er 
dem Ban Kulin befahl, sogleich nach Rom za 
ziehen , und vor dem apostolischen Stuhle Re* 
chenschaft von seinem Glauben abzulegen. Der 
Iduge Kulin gehorchte, auf seine Gewandt- 
heit, alle Gestalte;n anzunehmen, sich verlas- 
send. Innocentius erkannte in ihm den 
rechtgläubigen Kirchengenossen, und Hess ihn 
gesegnet in sein Land heimkehren. Unterdes- 
sen war Bernhard mit den Patarenem zu Spa- 
latro und Traw strenge verfahren. Die zwey 
Künstler wurden von ihm mit dem Banne vei> 
folgt und aller Habe beraubt; gleiches Schicksal 
bedrohte ihre zahlreichen Anhänger. Durch 
Abschwörung der Patarenischen Lehre gelang- 
ten jene wieder zu ihren Gütern, diese aber 



— 347 — 

trotzten dem Erzbischofe, und flüchteten sich 
mit ihren Schätzen in das Bosnische Gebiet, wo 
sie gastfreundliche Aufnahme, kirchliche Be- 
günstigung , in Anlegung neuer Städte und bey 
Gründung eines einträglichen Handels thätige 
Unterstützung fanden. Kulin, der das Ver- 
trauen seines Volkes ganz besass, versicherte 
Allen und überall, der Papst habe sein christli- 
ches Glaubensbekenntniss geprüft, recht befun- 
den und genehmigt, wodurch er viele seiner 
lateinischen Unterthanen zum Uebergange in 
die Patarenischen Gemeinden verleitete. W o 1- 
kan, Serwiens Beherrscher, eifersüchtig auf 
Kulin 's ]Macht, und nach dem Besitze seines 
Landes gelüstend, erstattete an den Papst Be- 
richt von seines Nachbars Treulosigkeit •). 

Darauf meldete Innocentius dem Kö- '^' ^' ^-»op. 
liige Em er ich die Beschlüsse seiner Synode, 
Kraft welcher alle Aufnehmer, Beschützer und 
Verhehler der Ketzer, nach zwey Mal vergeb- 
licher Ermahnung , für ehrlos , für unfähig zu 
was immer für Stadt- und Landämtem, so wie 
zu Zeugnissen und zu jeder gerichtlichen oder 
bürgerlichen Handlung, auch alles Erb - und 
Vererbungsrechtes verlustig erkläret wurden. 
Diesen Beschlüssen gemäss, sollte Em er ich 
mit bewaffneter Hand sämmtliche Patarener, 
welche auf ihrer Lehre hartnäckig beharrten. 



a) Wolkan^s Sendschr. an Innocentius IIL bey Katona 
Hist» R«g. Tom. IV. p^ 677' 



und auch den Bai 

Beschützung nid 
treiben und ilire < 
schof von Spalat 
wider Nicola u! 
ohne päpstliche 

von Jadra angetTL , 

Bosnischen Bischof Daniel, welcher die Pa^ 
tareMer in seinem Sprengel beschützte, alle 
_Sonn- und Feyertage, unterLäutung derGlok- 
ken und bey brennenden Kerzen, den Bann 
zu verkündigen, und wenn sie nicht in Mo- 
natsfrist zur Busse sich bequemten , beyde äer 
bischöflichen und priesterlichen Würde zu ent- 
setzen '). 

Nicht so leicht, wie der Papst glaubte, war 
es dem Könige und dem Erzbischofe zu gehor- 
chen; Emerich, seine Kräfte berechnend, ent- 
hielt sich der Gewalt, welche der "Widerstand 
des Fanatismus unfehlbar besiegt hätte, und 
Bernhard unterliess eine.Feyerlichheit, wel- 
cher die entschiedenste Verachtung gefolgt -war 
re. Kulin gab den friedlichen Ermahnungen 
des Königs Gehör, und handelte hinfort behut- 
samer und geheimer; Daniel bUeb Bischof 
'' bis an sein Ende, und starb in Frieden. Nacl> 
seinem Tode kam der päpstliche Legat Joan- 



■t) Bpigtolft Innowntii'ad Emeric. ap, Dobner, Moimv. 
T, II. p. 5j6. r.jldii IJlyric fi. T, lU. p. jga. IT- 
p. 45. 



— 349 — 

n e s Von Cäsemaria aus Servien nach Bosnien^ 
um an dem Eigensinne der Patarener die Macht 
seiner Beredsamkeit zu versuchen wobey Ku- 
li n bereitwillig mitwirkte. Der kluge Mann 
mag wohl gewusst haben , die Freyheit des in- 
nem Sinnes und Gewissens von äusserem Be- 
keinntniss, welches gesellige Eintracht und des 
Landes Ruhe forderten, zu unterscheiden; in 
grosser Anzahl bekannten sich die Patarener 
auf sein Zureden wieder zur Römischen Kir- 
che; die einen, weil die Lehre der Sccte ohne- 
hin nur als todter Buchstabe in ihrem Gedächt- 
niss lag; die andern, weil ihnen niemand ver- 
wehren konnte, den Geist derselben treu in ih- 
rem Herzen zu bewahren , und ihn Empfängli- 
chen als heiliges Geheimniss mitzutheilen ; un- 
ter diesen waren ^ orzüglich die Mönche des 
. heiligen Basilius. 

Am Dienstage nach dem Osterfeste kamen 7^ q ^^^ 
diePrioren, Priester und Vorsteher ihrer Klö- s.ApriU 
ster bey Poili an der Bosna zusammen, und 
schworen in Gegenwart des Legaten, des Ba- 
nes Kulin und des Ragusanischen Archidia- 
konus Marinus , für sich und ihre Angehöri- 
gen, „hinfort getreu nach den Anordnungen 
der Römischen Kirche und in ihrem Gehorsam 
zu leben. Sie entsagten der Spaltung, und er- 
kannten die Römische Kirche für den Mittel- 
punkt aller kirchlichen Einheit; versprachen in 
ihren Klöstern den Chorgesang nach Römi- 
schem Gebrauche abzuwarten, in ihren Kirchen 



— 350 — 

Altare und Kreuze beyzubehalten, die m den 
non der Römischen Kirche aufgenommeni 
Schriften des alten und neuen Bundes anzun^ 
inen und zu lesen , überall rechtmässig geweil 
te Priester zu unterhalten , geweihte Gottesi 
ker bey ihren Kirchen anzulegen und ihre Bi 
der daselbst zu begraben , ^wenigstens siebe] 
Mal im Jahre den Leib des Herrn aus Priestt 
Hand zu empfangen, die kirchlichen FasU 
und Festtage gewissenhaft zu beobachten. 
Ansehung der Zucht verpflichteten sie sich, voi 
ihren Klöstern die Wohnungen der Nonnen il 
res Ordens abzusondern, vertrauten Umg*^ 
mit ihnen zu vermeiden, weder desManichi 
mus oder anderer Ketzereyen Verdächtige, no< 
Verehelichte , ohne beyderseitige Einwilligung 
und Angelob ung der Enthaltsamkeit, in ihre Ge- 
meinden aufzunehmen; geschlossene ungefärK 
te und bis an die Fersen hinabreichende KleidcrL 
zu tragen , sich nicht mehr Auszeichnungswei-j 
se Christianer, sondern Brüder zu nennen«: 
Endlich setzten sie in Bezug auf ihre Verfas- 
sung fest, da^ss, wenn der gegenwärtige Mei- 
ster ihres Ordens die Zeitlichkeit verliesse, 
sogleich und bey jedem künftigen Todesfalle 
die Prioren ^it gottesfürchtigen Brüdern ver- 
einigt, einen Ordensprälaten wählen und die 
päpstliche Bestätigung für ihn einholen soll- 
ten. " Unter so leichten Bedingungen ward 
ihnen Ruhe, Freyheit für sich im Innern zu 
denken und zu glauben, was ihnen wahr 



— . 351 — 

soliien , und Sicherheit vor weitem Anfechtun- 
gen gewähret. 

Die darüber ausgefertigte und von den 
Anwesenden unterzeichnete Urkunde brachte 
der Legat y begleitet von zwey Basiliten-Prie- 
stiem an des Königs Hoflager auf der Hasenin- 
sel zwischen Alt- und Neu -Ofen. Dort wur- 
S,e sie in Gegenwart des Coloczer Erzbischofs 
tind Fünfliirchner Bischofs von den Priestern 
xioch ein Mal eidlich bekräftiget, dann von 
3S m e r i c h bestätiget , un d mit ein igen , von 
dem Legaten in Vorschlag gebrachten GlaU"- 
lenssätzen an Kulin zur Annahme und Nach- 
ach tung abgesandt. Die Ueberbringer waren 
cles Bans eigener Sohn und der Coloczer Erzbi- 
schof Joannes, in dessen Hände Kulin sich 
selber zu einer Busse von tausend Mark Silber 
verurtheilte und verpflichtete , wenn er in Zu- 
liunft einer Begünstigung der Patarener schul- 
dig befunden würde *). Dessen ungeachtet 
schlug die Secte in Bosnien tiefe Wurzel, de- 
ren Ausrottung Ungarns Bischöfe im folgen- 
den Zeiträume noch lange beschäftigt«. 



a) Christianorum in Bosxu Promissio etc. et EpistoL 
tsaerici ad Innocent. ap. Farlati liiyric. Sacr. Tom. ly. 
p. 46. 



352 



IV. 

Verhältnisfl des Ungrischen Episi 
pates und Möncbthumes za dei 

Fapstthume« 



Das Papal- System erschien in diesem 
raiime vollständig ausgebildet, und die Uni 
sehe Kirche musste sich, gleich den Kircl 
anderer Länder, demselben unterordnen. 
Kraftworten und absprechenden Redensai 
darüber herfallen, ist unter der Würde; 
dem Lichte und nach den BegriflFen unserer' 
ge darüber aburtheilen, gegen die Gerecht 
lieit der Geschichte; dieser geziemet, die 
scheinungen der Zeit in ihrer Nothwendigl 
aufzufassen, und ihre Zweckmässigkeit 
den Bedingungen ihrer Zeit zu erklären. 

Man ist in einseitigen Ansichten befang^ 
wenn man die Irreligiosität, die Un wisse 
heit, den Aberglauben und das allgemeine 
tenverderben in der Clerisey , wie in den V( 
kern jenes Zeitalters, aus den ungeheue 
Reichthümern und dem weltlichen Ansehen 
Päpste , Bischöfe und Aebte herleiten will. 
Quelle aller Uebel lag in der schlechten Bek( 
rung der neuen Völkerschaften, welche siel 
von dem siebenten bis in das zehnte Jahrhi 
dert in nördlichen, südlichen und wesdichel 
Ländern Europas niedergelassen hatten. Ilir( 



— 353 — 

lipostel, die frommen und gelehrten Mönche 
lus Britannien und Italien , der Sprache dieser 
Völker grösstentheils unkundig, konnten seihst 
nciit dem besten Willen und mit den gründlich- 
Iten Einsichten in das Wesen des Christen- 
thumes, die Sinnesart der Barbaren nicht um- 
jchafFen, sondern mussten erst von ihrer all- 
aiäligen Entwickelung einige Früchte ihrer 
apostolischen Arbeiten erwarten. Lange muss- 
ten sie sich nur darauf beschränken , die wil- 
den Horden durch Verkündigung sinnlicher, 
doch ewiger, Strafen und Belohnungen, durch 
mystische Ceremonien und durch den Zwang 
äusserer Andachtsübungen zu minder feindse- 
ligem Beysammenleben zu gewöhnen , und da- 
durch zur Empfänglichkeit für einen bessern 
geselligen Zustand vorzubereiten. Nicht, wie 
die Apostel Jesu und ihre ersten Nachfolger, 
mit schriftgelehrten 'Pharisäern und Saddu- 
cäem , oder mit wissenschaftlich gebildeten, 
in socialrechtlicher Verbindung unter Staats- 
gesetzen lebenden Griechen und Römern, 
sondern mit völlig Wilden hatten sie es zu 
thun ; mit Menschen , bey welchen es nicht in 
ihrer Macht stand, sie durch Taufen, Gebete 
und Lehrsätze , in Betreff sittlicher und recht- 
licher Einsichten, von Stumpfsinn und Gei- 
stes Unmündigkeit plötzlich zu befreyenj an- 
haltend mussten sie Völkern ohne Recht und 
Gesetz, Fürsten ohne Würde und Majestät, 
nicht nur, als neuen Kirchengenössen, die 

ILThcil. ^3 



— 354 — 

Glaubenslehre vorsprechen und die Sacrameate 
ausspenden y sondern sie auch , gleich Eindem» 
bevormunden , als rohe Menschen unter stren- 
ger Zucht halten y und als angehende Gesell- 
schaft mit drückender Kraft beherrschen. 

Gewiss wären die neuchristlichen Völker 
in kirchlicher , gesellschaftlicher und sittlicher 
Ordnung rascher und bedeutender fortgeschrit-l 
ten , hätten ihre ersten Apostel, Bischöfe, Prie* 
ster, Lehrer, Zuchtmeister, Richter und Re- 
genten immer wieder aus den altem Staaten 
und Kirchen ,N wo es an weisen und heiligen 
Männern nie fehlte, ersetzt werden könnend 
so aber mussten doch endlich auch aus denj 
Neubekehrten Bischöfe und Priester gewählt 
werden , welche an Roheit , Unwissenheit un< 
Unsittlichkeit wenig oder gar nicht denjenigen! 
nachstanden, zu deren Erziehung, Belehrungj 
und Besserung sie berufen waren. Unter soln 
eben Verhältnissen war es ein Glück für die di 
malige Welt, dass die bis dahin bloss geisdi-l 
che Primatial- Macht des Römischen BischofSij 
das ist , des Vorstehers [einer Kirche , in wel< 
eher gründliche Kenntniss des Rechts, eben s< 
w^enig, als der apostolische Geist des Christen-' 
thuihs jemals ganz erlöschen konnte , allmäli| 
zur vorsorgenden Vaterschaft, und endlich zufj 
obervormundschaftlichen Aufsicht über alle Vol-« 
ker, über ihre Seelenhirten, wie über ihre Re-. 
genten, erhpben wurde. Um diese Gewalt über 
wilde und sinnliche Menschen mit Nachdruck 



— 355 — 

fcu "behaupten, musste der allgemeine Vater der 
Völker und Richter ihrer Beherrscher diesen an 
Zieitlicher Macht, an Reichthum, Glanz und 
Ansehen wenigstens gleichgestellt werden; und 
es ist keinem Zweifel unterworfen, dass die be- 
trächtlichen Schenkungen Pipin's, Carl 's 
tind ihrer Nachfolger an den heiligen Petrus, 
ungeachtet des Nachtheils, den sie im Einzel- 
nen dem Wesen des Kirchenthumes brachten, 
. dennoch im Allgemeinen zu einer bessern Ord- 
liung der Dinge, und zur künftigen Ausbil- 
dung der bürgerlichen Gesellschaft festem und 
fruchtbarem Grund gelegt haben, als alle Ka- 
pitularien und Gesetze, welche bey der Kraft- 
losigkeit ihrer Vollzieher nirgends geachtet 
•wurden, sobald sie nicht von dem gefürchteten 
Statthalter Gottes auf Erden unterstützt waren. 
Durch die weisen Rarhschläge und den 
mächtigen Beysland desselben befestiget, fin- 
gen die Fürsten an , sich selbst zu fühlen und 
die Lust des Herrschens zu schmecken. Viele 
Vergassen, wem sie den Glanz ihres Scepters 
und die Festigkeit ihres Thrones zu verdanken 
hatten, und lehnten sich auf gegen eine Macht, . 
die ihnen durch Umfang und Tiefe der Ein- 
sicht weit überlegen war* Für Erkenntniss 
tind Achtung des Rechts noch immer zu stumpf- 
sinnig, folgten Andere blinder, leidenschaftli- 
cher Willkür; wurden das Schrecken ihrer 
schwächern Nachbarn, und die Geissei ihrer 
Völker. Nahmen diese zu dem obersten Wäch- 



/ 



— 356 — 

tcr über Recht und Gerechtigkeit ihre Zufli 
80 war das Verderben ihrer Unterdrücker 
meidlich. In solchen Fällen dürfte dasVei 
ren der päpstlichen Obermacht zu anmass( 
und zu gewaltsam scheinen ; da muss erkai 
und gestanden werden , dass selbst die Ver«rj 
ter derselben sich über den Geist ihres Zeil 
ters nicht erheben durften , öfters nicht koi 
ten , und dass sie wider Menschen vorschreitl 
mussten, welche, im Kitzel ungezähmti 
Kraft, der weisem Vormundschaft entlaufe! 
die Belehrungen der Weisheit nicht würd^ 
verstanden, und bloss evangelische Zurecl 
Weisungen nicht würden geachtet haben. 

Die selbstverschuldeten Bedrängnisse di 
Vorfahren öffneten den Nachfolgern die Auge| 
über das, was ihnen Noth that; sie glaubt( 
»ich in dem Unfuge ihrer sittlichen Unmündig 
keit unverletzlich gesichert , wenn sie die Pri< 
ster ihres Landes von sich ganz abhängig macl 
ten , und sich ihrer als Gegengewichtes wid^ 
die Macht des obersten Bischofs bediente) 
Daher erkauften sie sich durch ansehnliche Vi 
.gabungen an Cathedral- Kirchen und Klos« 
die Befugniss^ zu den Wahlen der Bischöfe ui 
Aebte mitzuwirken; bald konnte ihnen äi 
Recht, die erledigten Bisthümer und Abteyel 
ausschliessend zu besetzen , nicht mehr bestrii 
ten, noch weniger entzogen werden; denn dei 
Besitz ausgebreiteter Ländereyen und Herr-J 
Schäften hatte Bischöfe und Aebte zu ihren Vi»- 



— 357 — 

»allen und zu Reichsständen gemacht. Seltener 
wurde bey ihrer Ernennung auf tiefere Gelehr- 
samkeit und reinsittlichen Lebenswandel Rück- 
sicht genommen; für bey des fehlte vielen Für- 
Btexi der Sinn, und sowohl das eine als das an- 
dere gehörte bey dem Clerus aus den neuchrist- 
lichen Völkern durch mehrere Jahrhunderte unter 
die ausserordentlichen Erscheinungen. Männer 
iroll kriegerischen Muthes, beherzter Bosheit, 
kräftiger Genussfähigkeit, schlauer Weltklug- 
heit, einschmeichelnder Nachgiebigkeit waren 
häufiger; und konnte der Recht und Gerechtig- 
keit verachtende Fürst nur einiger Massen auf 
ihre Anhänglichkeit und thätigen Beystand 
rechnen, so hatten sie Alles, was nach der 
Schätzung eines Solchen zu höchster hierarchi'- 
scher Würde erforderlich war. 

Die Geschichten der Franken, Italer, Deut- 
schen und Britten sind voll von Beyspielen, wi« 
geschäftig bisweilen dergleichen Bischöfe und 
Aebte, im kirchlichen Wesen schlecht imter- 
richtete Neulinge, in Bezug auf sittliche und 
rechtliche Gesinnung verzogenen Kindern 
gleich, ihre fürstlichen Beförderer gegen die 
obervormundschaftliche Gewalt des Römischen 
Bischofs unterstützten. Bald würden hier und 

• 

•da diese neuen , geweiheten und ungeweihe- 
ten, Christen in ihrem Schvitz- undTrotzbünd* 
nisse alle Bande der Gesellschaft zerrissen und 
sich unter einander selbst aufgerieben haben; 
allein gerade in dem Augenblicke , als in man- 



— 358 — 

chem Lande dasUebel auf das Höchste getriel 
schien, als Fürstensöhne gegen ihre Väter sicH] 
empörten , sie misshandelten , ihnen die Krone 
vom Haupte rissen; als herrschsüchtige Metro* 
politen anfingen Bischöfe, Aebte, Priester und 
Mönche einzukerkern , peitschen zu lassen, ab-? 
zusetzen ; als Bischöfe sich zu Synoden versam-? 
melten , um über Regierungsfähigkeit ihrer Kö* 
nige zu richten, sie aus leidenschaftlichen Rücfc 
sichten abzusetzen und zu Mönchen zu sehe? 
ren ; als diese Synoden überall mehr National- 
zusammenkiinften, zur Entscheidung weltli? 
eher Händel, als Versammlungen des Priester- 
thumes zur Beförderung des Kirchenzweckes 
glichen , und durch Einwirkungen der Regen? 
ten in die Angelegenheiten des Altars und de3 
J.C,83o. Gewissens fast alle kirchliche Freyheit aufgeho-? 
— &>7, ben war: da fasste ein Fränkischer Prieste]: 
oder Bischof — sein Name und Stand sind un? 
bekannt — , den kühnen Gedanken , durch Be- 
trug, unter dem Namen, Isidorus Pecca? 
tor, allen diesen Uebeln ein Ende zu machen, 
und den Römischen Bischof zum Monarchen 
der ganzen Kirche zu constituiren. Sein Werk, 
in Form von Decretalen der ersten undältestei^ 
Päpste, den bis dahin üblichen altern Sajnm? 
' Jungen anerkannt echter Kirchensatzungen ent- 
gegen gestellt, verräth den übierlegtesten Plan, 
die Bischöfe aus der Sklaverey der Metropolis 
ten zu befreyen, die Clerisey überhaupt derGe? 
richtsbarkeit, ihre zeitlichen Güter der Ober- 



•^ 359 — 

lierrschaft weltlicher Fürsten zu entziehen , und 
als wirksamstes Mittel zu diesem Zwecke , dem 
Bischöfe zu Rom, als Gottes Statthalter und 
sichtbarem Oberhaupte der Christenheit, un- 
ixmschränkte Gewalt über Metropoliten, Bi- 
schöfe, j Aebte, Könige, Reiche und Völker 
iNLüzuräumen '). 

Man würde den Gehalt und Umfang ge- 
lehrter Einsichten zu jener Zeit verkennen, 
wollte man glauben , der Betrug wäre nur von 
-wenigen Kirchenvorstehern eingesehen wor- 
den, die meisten durchs chaueten das schlecht 
zusammengesetzte Wesen, aber auch die fol- 
genreiche Richtung des Geheimnisses ; J und da- 
her der behutsame, beynahe schüchterne Ge- 
brauch, welchen die Päpste anfänglich davon 
machten; daher das bedeutsame Schweigen bey 
allmähliger Entwickelung desselben in der 
kirchlichen Verfassung, beobachtet von Metro- 
politen und Bischöfen, welche nicht so, wie 
Hin c mar von Rheims und seines Gleichen, 
nur für augenblickliche Befriedigung ihrer per- 
sönlichen Herrschbegierde besorgt waren, son* 
dem auf die nothwendig daraus hervorgehen- 
den Vortheile ihres ganzen Standes bis in ferne 
Zukunft ihren Blick geheftet hatten. Das Be- 
trügliche der Sache störte sie nicht; denn der 



d) Spittler's Gesch. des canon. Rechts Seite 2i6 ff. 
Flank Geschichte der christl. l^irchl. Gesellschaftsyerfassung. 
Band U. S. 806 ff. 



Glaube , dass der Zweck die Mittel heilige, 
te sich in ihnen schon zur Gesinnimg befesttp» 
get. Für alle hierarchische Stufen zeigte sick 
aus dem Betrüge entschiedener Gewinn. Die 
Päpste hatten ohnehin alles mögliche Interessa^ 
die erdichteten Urkunden geltend zu machen i 
keines, ihre Echtheit zu bezweifeln und zA 
prüfen, £ine lange Reihe gewaltsamer Hand-^ 
lungen von 3eiten der Metropoliten, wie voi. 
Seiten weltlicher Fürsten, hatte die Bischöfe zu. 
einer gänzlichen Unischaffung kirchlicher Re^ 
gierungsform hinlänglich vorbereitet. Zwar 
sahen sie sich durch die neuen Decretalen ihrer 
ursprünglichen Rechte für immer beraubt ; ab- 
lein der entferntere Oberherr, durch frey^ 
Wahl gesetzt, war ihnen bey weitem nicht so j 
gefährlich, wie der nähere, von Fürsten, bloss 
nach politischen Rücksichten ernannte, Metro^ 
polit, welcher sie gegen einen, Willkür und 
Gewalt übenden Fürsten eben so wenig, als 
dieser gegen jenen, beschirmen konnte oder 
woUte. Die Metropoliten verloren durch das 
neue Recht ihre hierarchische Gerichtsbarkeit 
über die Bischöfe; damit aber auch eine Men-f 
ge Arbeit und Verdruss, und überdiess wurden 
sie der ihnen lästigen Abhängigkeit von weltlif 
eher Fürsten gewalt los; denn sie sowohl, als 
die Bischöfe und Priester, wurden, als unvep- 
letsjlich, dem bürgerlichen Richterstuhje ent^ 
;&Qgen, und dem allgemeinen Verwalter des | 
Rechtes in Rom unter wprfen, Dies^^ JiQOTf 



— 36i — 

Hten die Schlechten leichter hintergehen, oder 
die Vollziehung seiner Aussprüche glücklicher 
hintertreiben, die Bessern strengere Gerechtig- 
keit und kräftigem Schutz von ihm erwarten. 
So konnte denn auch schon Nicolaus der L, 
trotz dem Widerstände von Seiten Hine- 
in ar*s und einiger Fränkischen Bischöfe, bey 
Strafe des Bannes gebieten, die erdichteten De- J*C,S63, 
cretalen als echt anzuerkennen und allgemein 
anzunehmen. Bischöfe mit und ohne Gottes- 
furcht, Geist und Kenntnisse; schwache, gut- 
'willige, fron^me Fürsten , und gewaltige Herri- 

;Bcher ohne Sinn für Menschlichkeit und G^rech-« 

« 

tigkeit, fugten sich allmählig wieder unter das zu 
früh abgeschüttelte Joch, welches nunmehr auch 
durch Ehrfurcht gegpn d^s untergeschobene AI* 
terthum gßheiliget war. 

Nach Erlöschung des Carolingischen Rer 
gentanstammes , bis gegen die Mitte des eilfr 
ten Jahrhunderts, war der päpstliche Stuhl, 
mit wenigen Ausnahmen, fast immer von 
öen unfähigsten, lasterhaftesten und schänd* 
liebsten Menschen besetzt; dessen ungeachtet 
erlitt die Macht und das Ansehen desselben keiT 
nen erheblichen Abbruch, denn die VerhältnisT 
se der Verdeibtheit unter dem Clerus und den 
X^aien blieben immer dieselben, Auch de^r 
Buchstab der falschen Dec^etalen schien durclj' 
diese Zeit in Vergessenheit zu ruhen ; aber der 
Geist derselben wirkte unablässig fort: und als 
in t^ep dero R^. ;£um ersten JVf^p wieder ^in 



— 862 — 

heiliger Papst die Kirche regierte und reformir- 
te, waren bereits alle alten Metropolitan- Verhält- 
nisse aufgelöst, der Papst für den einzigea 
und höchsten Richter der Bischöfe , seine Gt* 
walt für die oberste in der Kirche, ausser Un-r 
gam, allgemein in Westen anerkannt, dieEnt- 
scheidung aller wichtigem kirchlichen Angeler 
genheiten ausschliessend ihm vorbehalten , oh- 
ne Widerspruch überlassen; kurz, der ganze 
Zweck der erdichteten Decretalen erfüllt. Nim 
schien es Gregor dem Vn. noth wendig und 
heilsam , weiter vorzuschreiten , gewaltthätige, 
mit dem Bischofsstabe wuchernde Fürsten mit 
den lasterhaften , . feilen Käufern desselben un-? 
ter das Joch des hierarchischen Geistes tiefer zu 
beugen, die Freyheit und Unabhängigkeit der 
Kirche von dem weltlichen Reiche fester zu 
gründen, und damit sein Werk Dauer erhielte, 
seinen Nachfolgern den Plan vorzuzeichnen, 
nach welchem sie die Fülle aller kirchlichen Ge? 
walt in die einzige Päpstliche zusammendrän- 
gen, sämmtliche Bischöfe und Erzbischöfe in 
blosse Stellvertreter des Papstes in ihren Spren^ 
geln verwandeln sollten. Die hervorstechen- 
den Punkte dieses Planes waren die Eidesfor- 
mel, nach welcher anfänglich nur die Erz- 
bischöfe für das Pallium, hernach die, dem 
Römischen Stuhle unmittelbar unterworfenen, 
endlich sämmtliche Bischöfe des Westen dem 
Papste, gleich Vasallen, sich verpflichten 
mussten , das dem Papste vorbehaltene Rechte 



363 ^ 

gG"wählte, oder von ihren Landesherren er- 
iictTiTite Bischöfe, Aebte und Pröpste zu bestä^ 
.itigeri; diess machte da, wo Wahlen noch Statt 
hatten, auf die Beobachtung der Kirchensaz- 
5£UTigen aufmerksam , weil der Papst die Bestä-»- 
tigiing versagen konnte, und auch häufig ver-p 
ßagte, wenn Illegalitäten in der Wahl vorge- 
gangen waren ; es beschränkte dort die WüIt 
hiir y wo die weltlichen Regenten das Ernenn 
nungsrecht ausübten; wenigstens durften es 
diese unter pflichttreuen Päpsten nicht wagen, 
^inen anerkannt Unwürdigen zum Bischöfe zu 
ernennen: ferner die Befugniss, Bischöfe von 
einer Kirche zur andern zu versetzen; durch 
Vorbehalt derselben wurde der schändliche 
Handel mit einträglichem Bisthümern einge- 
schränkt, die Versetzungen selbst wurden er- 
schw^ert, und den Regenten war es nic^t mehr 
$0 leicht, Bischöfe, welche siph ihnen durch 
apostplischf^n Eifer für Wahrheit und Recht 
yerhasst gemacht hatten, in die entferntem und 
^rmern Gegenden ihrer Reiche zu versetzen, 
oder durch Verhei3sung einer reichern Kirche 
^ie zum Unrecht zu verleiten, Npch lag -in je-f 
nem Plan das Recht, Liegaten zu senden mit 
unun^schränkter Vollmacht, das Kirchenwesen 
•in den Ländern zu untersuchen, Provincial- 
Synoden zu versammeln, dabey den Vorsita^ 
zu führen, päpstliche Gerichtsbarkeit auszu- 
üben , und dafür anständigen , das hiess, reich-? 
liehen Unterhalt (ProcurationesJ, :l\i fordern, 



— 364 — 

Deutsche , Fränkische , Englische Bischöfe und 
Regenten widersetzten sich anfänglich der An-, 
nähme solcher Legaten , allein da in den naiei-. 
sten FäUen der Zustand ihrer Kirchen ihre eige- 
ne Unfähigkeit, ihn zu verbessern, und die 
Nothwendigkeit fremder Einwirkung nur zu 
deutlich zeigte, stand für den Papst die Ver*. 
muthung heilsamer Fürsorge, und der Wider» 
stand musste, bisweilen dem wirklich Guten, 
der Sache, öfters dem leeren Vorwande des. 
Guten, weichen. Gleich folgerichtig flössen, 
aus Gregors Plan die päpstlichen Befugnisse, 
Appellationen in allen Rechtssachen anzuneh- 
men , fahrlässigen Metropoliten , Bischöfen 
und Kirchenpatronen in Wiederbesetzung erle- 
digter Pfründen vorzugreifen , Dispensationen 
von Gelübden und Kirchengesetzen zu ertheilen, 
neue Orden zu bestätigen, Abteyen und Kirchen 
unmittelbar unter päpstliche Gerichtsbarkeit zu 
setzen, und im Rufe der Heiligkeit verstorbene 
Gläubige heilig zu sprechen. Einiges davon 
wurde den Päpsten von den Bischöfen selbst 
bereitwillig eingeräumt, um von der Zudring» 
lichkeit lästiger oder mächtiger Forderer sich 
zu befreyen. Anderes ward durch ausschwei- 
fende Hab - und Herrschsucht der Bischöfe von 
Rechtswegen päpstlicher Vorbehalt. 

Der Schaden , welchen die Erhebung der 
päpstlichen Macht zu völliger Allgewalt zufal- 
lig und im Einzelnen gebracht hat , darf nicht 
geläugnet; ab^r.auch das Gute, das nothwen- 



1^ 



365 



dig und fiir das Allgemeine daraus heiTor ge- 
gangen ist, nicht verkannt werden. Der Vor- 
l>ehalte, oder der sogenannten Anmassungen, 
der obervormundschaftlichen und richterlichen 
Verhältnisse des päpstlichen Stuhls zu allen 
Xändem und Kirchen Europa's, des immer 
steigenden Zusammenflusses aller Welt - und 
^emüthsangelegenheiten in Rom unmittelbare 
Folge war das Wiedererwachen des wissen- 
schaftlichen Geistes, welcher sich anfangs ganz 
vorzüglich durch den Eifer für die Rechtswis- 
senschaft äusserte ; nur bleibe man in Würdi- 
gung dieses , in seinen Folgen für gesellschaft- 
liche Ordnung , für Gesetzgebungs - und Regie- 
rungskunst so wichtigen Vortheiles 'gerecht, 
und ereifere sich nicht vergeblich darüber, dass 
Werner in der Behandlung des altrömischen 
Rechtes, Gratianus in der Construction sei- 
nes Decretes, über die {Ansichten und BegriflFe 
ihres Zeitalters nicht hinausschreiten konnten« 
Freylich erhielt die päpstliche Allgewalt erst 
durch dieses Decret, in welches Gratian, 
ehrlichen Glaubens, fast den ganzen Isido- 
rus Peccator eingeschaltet hatte, anschei- 
nend rechtliche Begründung; allein man ver- 
gesse nicht, dass diese Allgewalt einer Seits 
für jene Zeiten notwendig, anderer Seits 
von Fürsten und Bischöfen selbst den Päpsten 
aufgedrungen war; diesen darf überall nichts 
härteres zur Last gelegt werden , als dass Eini-^ 
ge, in menschlicher Yerderbtheit befangen, das 



— S66 — 

ihren Händen anvertraute Heilmittel ärgerlich 
und sträflich missbrauchten , Andere , unvor- 
sichtig und un weise, die obervormundschafili- 
che Allgewalt auch dort noch geltend machen 
wollten , wo sie schon volle Mündigkeit recht- 
lich hätten anerkennen und achten sollen^ Da 
war es wohl gut , dass die unter widerrechtli- 
chem Zwange Bedrückten an dem Decrete 
gerade in seinen Widersprüchen eine reichhal* 
tige Rechtsquelle vor sich hatten , aus welcha: 
sie Vertheidigungsgründe der ihnen gebühren, 
den kirchlichen Freiheit schöpfen, und inwel-» 
eher sie selbst dem Papste die ziemlich klar her- 
vorleuchtenden Gränzen und Bedingungen sei- 
ner Gewalt andeuten konnten. 

Die nach dem Leitfaden dieses Decretcs in 
Bologna oder in Paris zu Rechtsgelehrten gebil- 
deten, dann zu Pröpsten, königlichen Nota- 
rien und Bischöfen erhobenen Unmschen Cle- 

CT 

rilier trugen um so weniger Bedenken, in ihret 
vaterländischen Kirche die früher entwickelte^ 
und durch das Beeret scheinbar rechtlich be- 
gründete Suprematie des Papstes anzuerkennen 
und wirken zu lassen , je entfernter sie im AU" 
gemeinen von dem bösen Willen waren, unge- 
zähmte Herrschsucht auf Kosten kirchlicher 
Zucht, Ordnung und Eintracht zu befriedi|[eTi- 
Anfänglich wurde dadurch nur das Ver- 
hältniss der Dom-Capitel zu ihren Bischöfen 
verändert. Es zeigen sich in diesem Zeiträu- 
me schon deutliche Spuren, dass, wie in an* 



— 367 — ■ 

dem Reichen , so in dem Üngrischen die Kapi- 
tel der bischöflichen Cathedral - Kirchen es 
durchgesetzt hatten , dass die zu ihrem Unter- 
halt bestimmten Güter ihnen zu eigener, von 
dem Bischöfe unabhängiger Verwaltung niuss- 
ten überlassen werden, worüber sie auch ge- 
wöhnlich eincii päpstlichen Freyheitsbrief nach- 
suchten. Also thaten die Chorherren yonj^c.nyS. 
Agram in BeÄug auf zwey Landgüter, wel- 
che ihnen ihr Bischof Pro dan geschenkt hat- 
te , und um des ungekränkten Besitzes von al- 
len Seiten sich zu versichern, Hessen sie den 
päpstlichen Freyheitsbrief auch noch von Kö- 
nig B e 1 a dem III. bestätigen "). 

Mancherley Anfechtungen und Gewalt- 
thätigkeiten mochten Ungarns Bischöfe in ih- 
ren Rechten und Besitzungen von Seiten welt- 
licher Magnaten erfahren oder befürchtet ha- 
ben; woraus erklärbar wird, warum sie so 
ängstlich und so häufig päpstliche Schutzbriefe 
für ihre Kirchen nachsuchten und dadurch ihre 
Abhängigkeit von dem Papste immer mehr be- 
gründeten. Mit solchem Schutzbriefe versah 
sich von Lucius dem III. der Graner Erzbi- 
schof Nicolaus , und auch sein Nachfolger 
Job von Clemens dem III. In der Bulle er- •'• ^' ^'^• 
kannte dieser Papst noch, dass der Erzbischof 
seine Kirche, nicht durch Verleihung des apo- 



•M^ 



a) Urkunde bey Ketchelich Hist. £ccl. Zagrab. p. 78. 



— S68 — 

stolischen Stuhles, sondern Kraft göttlichen 
Rechtes verwaltete *). Er nimmt die Graner 
Kirche in Sanct Peters und seinen Schutz, be- 
stätiget ihr den unverletzbaren Besitz aller 
rechtmässig erlangten und in Zukunft zu er- 
langenden Güter, Befreyungen, Vorzüge, so 
• -wie die Beybehaltung alter und löblicher Ge- 
wohnheiten; doch Alles unbeschadet dem An- 
sehen des apostolischen Stuhls. Verletzer des 
Schutzbriefes, sie möchten Geistliche oder 
Laien seyn, werden, nach vorausgegangener 
dreymaliger Ermahnung und verweigerter Ge- 
nugthuung, nicht nur von dem Leib und Blu- 
te des Erlösers getrennet und dem Gerichte 
Gottes überlassen, sondern auch ihrer zeitli- 
chen Ehre, Macht un Würde verlustig erklä- 
ret. Die Bulle war von drey und zwanzig Car- 
dinal en unterzeichnet, 
/.C. ngu Nach drey Jahren erhielt Job aufsein An- 

suchen von Cölestin dem III. zwey Breven, 
deren eines allen, zum Nachtheile des Erzbi- 
schofs oder seiner Kirche , ohne Mitw^issen sei- 
ner Sachwalter bey dem Papste, zu erschlei- 
chenden Entscheidungen im voraus Kraft und 
Gültigkeit abspricht; das andere, seine be- 
währte Ergebenheit gegen die Römische Kir- 
che preisend, ihm das vorzügliche und au*- 
schliessende Recht, Ungarns Könige zu krö- 



a) ,f Cui, auctore Deo^ praeesse dignO^cßrU* Urkunde bejT 
Katoua Uuu Reg« T. ly. p. 526. 



r 



~ 369 — 

xien, bestätiget und zugleich Vollmacht, ohne 
Dazwischenkunft irgend eines andern Ungri- 
schen J^.schofs, den Vorstehern der königlichen 
Hofbeamten, das ist, den Reichsbaronen, in 
kirchlichen Angelegenheiten Recht zu spre- 
chen, und nöthigen Falles sie auch mit dem 
Kirchenbanne zu belegen, verleihet*). Allein 
durch alle diese Bullen und Breven schienen 
dem Erzbischofe Job seine Rechte und Besiz- 
zungen gegen Gewaltthätigkeit mächtiger Laien 
nicht genug gesichert; darum verlangte und 
erhielt er auch von Innocentius dem IIL ei-^-^«^'^* 
nen Schutzbrief, worin der Papst ihn der heil. 
Römis(5hen Kirche ganz vorzügliches Glied 
nannte , und seiner kräftigen Beschirmung ver- 
sicherte ^). 

Gegen die harten Bedrängnisse der Kir- 
chen von Seiten der Laien , — ein Beweis für 
die damalige Noth wendigkeil des päpstlichen 
Supremates — war es schon Sitte geworden, 
dass Bischöfe und Priester durch besondere 
feyerliche Eide sich verpflichteten, die Rechte 
und Freyheiten ihrer Kirchen nach Möglichkeit 
zu behaupten und zu vertheidigen ; allein was 
vermochte der schwächere Land - oder Stadt- 
priester gegen das Banderium des Magnaten, 
oder gegen die Leute des reichen Landeigen- 



«) Urkund. htj Katona 1. c« p. 38^. und Pray Spe* 
dm. Hierarch. P. I. p. io3. i) Urkunde bey Katona L 



c. p. 502. 
ILTheil. 



524. 



— 370 — 

thümers? Daher geschah, dass der Gramr 
Priester Apollinaris dem Papste die Frage 
vorlegte, ob derjenige des Meineides schuldig 
wäre, welcher im Augenblicke der, seiner Kir- 
che drohenden Gefahr , anstatt Widerstand zu 
leisten, an den apostolischen Stuhl seine Zu- 
flucht nähme. Innocentius entschied , dass 
Keine AppeUation die Eidespflicht erliesse; und 
wenn dem Widerstände nicht uliüberwindli- 
ches Hindemiss im Wege wäre , müsste der Ap- 
pellant allerdings des Meineides schuldig ge- 
achtet werden '). 

Der Kirchsprengel des vereinigten Colo- 
czcr und Baczer Erzbisthumes erstreckte sich 
bis nach Slawonien in die Sirmische Provinz; 
dort wohnten Slawen in grosser Anzahl, wahr- 
scheinlich Genossen der Griechischen Kirche, 
ohne eigenen Bischof, irgend einem Serwi- 
schen anhangend. Diese verweigerten dem 
Coloczer Erzbischof die Zehnten, zu dieser 
Pflicht sich nicht verbunden achtend. Der 
Ausfall musste beträchtlich gewesen seyn , weil 
der fromme Sa ul von Hedcrvar überflüssig 
reich , bey erbaulicher Massigkeit wenig bedür- 
fend, und überaus freygebig, den Verlust den- 
noch rügte und der Papst auch hierin in das 
Mittel trat* Von diesem erhielt König Eme- 
rieh ein Sendschreiben, welches ihn dringend 



ä) Uikund. bey Kat'o^A L cf. p. $öZ* 



— 371 .— 

aufforderte, die Slawen zur Entrichtung der 
Zehnten an den Erzbischof mit aller Strenge 
anzuhalten *)« 

Sogar persönlichen Misshandlüngen tvaren 
auch in Ungarn schon Geistliche von Laien aus- 
gesetzt, trotz der Strafe des durch die That 
selbst, ohne besonderes Erkenntniss, gefällten 
Sanxies^ und die Bischöfe durften und wollten 
geflissentlich es nicht mehr wagen, ohne päpstli- 
che Erlaubniss , die Schuldigen loszusprechen* 
Solche Erlaubniss verlangte und erhielt, auf 
drey Jahre begränzt^ von Inno centius dem 
m. der Csanader Bischof Joannes für einige 
Greise, Schwache und Kranke seines Spren- 
geis; doch nur unter der Bedingung, dass die 
Kranken nach ihrer Genesung persönlich vor 
dem apostolischen Stuhle sich einstellten, die 
übrigen für die Beschwerlichkeiten der Reise 
angemessenen Ersatz leisteten ^). Bey der Ro- 
heit der Laien und den Anmassungen der Geist* 
liehen jener Zeiten, wären Erscheinungen, wiö 
die Thaten Heinrich's des IL an dem Erz-» 
bischof Thomas Becket, des Joannes oh- 
ne Land an der Kirche zu Canterbury, und 
Emerich's an dem Bischöfe Boleslaw, oh* 
ne die Schrecken der päpstlichen Suprematie, 
bald alltägliche Begebenheiten geworden* 



JUk 



a) Cpist. innocentii ad Emeric. bey KatdüA L e« 
p* 509. () EpistoL Innocentii hej Katena 1« £y 



— 372 — 

Auch mit dem besten Willen waren die 
Bischöfe nirgends mehr vermögend, ihre un- 
tergebene Clerisey an Zucht und Ordnung zu 
binden, und die Unverletzlichkeit der Kirchen 
zu behaupten; überall musste der Papst als 
höchster Oberer und furchtbarer Rechtsverwe- 
ser kräftig mitwirken. In dem Csanader Kirch- 
sprengel nahmen sich um diese Zeit Diakonen 
und Subdiakonen Ehefrauen, erschlichen die 
Priesterweihe, und durch Familien verbin dim- 
gen einträgliche Pfründen, deren Pflichten sie 
nicht erfüllten, und mit deren Einkünften sie 
für ihre Erben wucherten. Bischof Joannes 
hatte nicht Macht genug, dem Unfuge zu 
steuern; Papst Innocentius musste ihn erst 
bevollmächtigen, die Ungehorsamen ohne Zu- 
lassung einer weitern Appellation mit Absez- 
zung und Einziehung ihrer Einkünfte zu be- 
strafen '}. Gewaltsame , öflFentlich gewagte 
Einbrüche in die Kirchen und Ausplünderung 
derselben hatten sich häufig zugetragen. In- 
nocentius erliess an die zwey Erzbischöfe 
und ihre Suffragan - Bischöfe ein Breve, worin 
er den Verfall der Ungrischen Kirche vtrehmü- 
thig beklaget, mitunter die Bischöfe träger 
Fahrlässigkeit beschuldiget, ihnen nachdrück- 
lich anbefiehlt, die alte Freyheit und Unver- 
letzlichkeit der Kirchen wieder herzustellen, 



a) Epist. Innocent. ap« Fray Spec. Hier. F. II. p. 

•92- 



— 373 — 

.und wider die Gewaltthätigen" mit äusserster 
Strenge zu verfahren. Gleich dringend ersuch- 
te er den König, in Allem, was die Bischöfe 
seines Reiches hierüber verfügen und verhän- 
gen würden, kräftigen Schutz und Beistand zu 
gewähren '). Allein schon im folgenden Jah- 
re beging Em e rieh selbst an der Watzner Kir- 
che das Verbrechen, zu dessen Bestrafung an 
andern er mitwirken sollte. 

Was dieser König gegen den Watzner Bi- 
schof Boleslaw verübt hatte , konnte in auf- 
lodernder Wuth des Zornes und in Ueberei- 
lung einige Entschuldigung finden; was er hin- 
gegen wider den gelehrten , in Ungarn und in 
Rom geachteten Fünfkirchner Bischof Ca la- 
nus unternahm, war die That innerer Nieder- 
trächtigkeit und überlegter Bosheit. Das wa- 
ren schwere Zeiten für die Männer der Kirche, 
nicht nur ihr Vermögen, ihre Einkünfte und 
des Altars heilige Gefässe waren der Raub- 
sucht, sondern auch ihr anerkannt sittlicher 
Werth, ihr guter Name, der verleumderischen 
Frechheit gottloser Laien und gemeiner Könige 
ausgesetzt. . Was wäre endlich aus ihnen ge- 
worden , hätte nicht in Rom ein schrecklicher 
Mann gesessen, vor dessen Richterstuhl jetzt 
alle Anklagen wider Bischöfe gehörten , dessen 
Schutz die unterdrückte Unschxdd und Gerech- 



a) Epist. I n n o c e n t. ap. K a t o n a 1. c. p. 528* 



— 374 -^ 

tigiceit fast immer rettete, dessen Fluch noch 
oft genug seine verderbende Kraft an Schuldi« 
gen bewährte, Calanus, einer Anhänglich- 
keit an Herzog Andreas verdächtig, Moirdc 
der Blutschande mit seiner Nichte vor dem 
Papste von Em er ich angeklagt. Inno cen- 
t i u s , mit der Sinnesart und dem frühem Le- 
benswandel des Bischofs genauer bekannt, ach- 
tete lange nicht darauf, die Anklage für das^ 
w^as sie war, für Verleumdung ungerechter 
Rachsucht haltend. Als aber der König nicht 
abliesSy ihn mit Briefen und Gesandtschaften 
zu bestürmen, musste er endlich handeln , und 
so erhielt der Raaber Bischof Ugr in, von des? 
sen Rechtlichkeit keine Feindschaft wider, von 
dessen Freundschaft gegen Em er ich keine 
Schonung für den Angeklagten sich erwarten 
liess, den Auftrag, in Geheim, mit kluger 
Vorsicht , und in Verbindung mit einigen sei? 
ner Mitbischöfe dem öflFentlichen Wandel und 
dem häuslichen Leben des Calanus nachzur 
forscten und die dadurch erlangte Kunde ge- 
wissenhaft nach Rom zu berichten. Mit 
Ugr in theüten das Geschäft die Bischöfe 2 Kar 
tapan von Erlau, des Königs Vice -Kanzler, 
ein in Schlichtung der Welthändel gewandter 
Mann ; C a 1 a n d a der IL von Wefzprim , und 
die Bischöfe von Watzen, Grosswardein und 
Neitra. Sie, und noch mehr Andere, von ih- 
nen zu gleichen Forschungen angestellte Präla-? 
ten schrieben an den Papst ui^d gaben von C^t 



— 575 — 

l^mus sowohl öfFentlichem , als häuslichem 
teben das rühmlichste Zeugniss, nicht nur 
^0DTi dem ihm angeschuldigten Verbrechen ihn 
lossprechend, sondern auch seinen durchaus 
feinen apostolischen Wandel empfehlend. Da- 
\ey hätte es nun Innocentius bewenden las- 
sen sollen; allein die Kunst aufzuhören, war 
za allen Zeiten die schwerste Kunst; und von 
jeker haben Päpste, Bischöfe und Priester, wie 
Aerzte und Erzieher, mehr im zu viel, als im zu 
^wenig, gesündiget. Der Papst erliess an Ca- 
1 anus ein Schreiben, worin er ihn für die Zu- 
kunft zur Behutsamkeit im Umgange mit seiner 
Nichie väterlich ermahnet *). Diese unnöthige 
und un^eitige Ermahnung brachte dem würdi- 
gen Bischöfe in der Folge noch manche bittere 
Stunde; sie schien den Verdacht seiner Feinde 
zu bestätigen; die gehässige Beschuldigung 
wurde noch einige Mal, obgleich immer mit 
Ungrund, wiederholt, und gründlicjx wider* 
legt. 

Der von dem braven Könige B e 1 a HT. sehr 
hoch geachtete Calanus hatte zuviel Verdien- 
ste und Ruhm, als dass dem Lichte, in dem er 
schwebte, der Schatten des Neides und der 
Feindschaft, mangeln sollte. Dazu kam noch 
seine Strenge und sein Eifer für Kirchenzucht 
und Ordnung in seineni Sprengel, wodurch er 



a) Koller Hist. Episcopat. QEccles. T. I. p. S55 '^9* 



— 376 — 
nur die Zahl seiner Feinde vermehrte. Von 

I 

her war nichts gefährlicher, als besser sich te* 
währen vor dem Haufen der Schlechten , unt«r 
dem man lebte. Zu eben der Zeit, als Cal^* 
nus guter Name von dem Könige mit der 
schimpflichen Anklage der Blutschande vor den 
apostolischen Stuhle befleckt wurde , führte w.- 
der ihn der Benedictiner Abt von Földvär 5u 
Rom eine Klage, welche ihn, nach den daaa- 
ligen Verhältnissen des Mönchswesens zim 
Fapstthume, in sehr bedenkliche Lage vervik- 
keln konnte. Der Abt von Földvär in lern 
Fünfkirchner Sprengel war der Verfälsclung 
zweyer Privilegien angeklagt, überwiesen, und 
durch sein eigenes Geständniss schuldig befun- 
den; dafür, ohne seinen Widerspruch und oh- 
ne Einlegung einer Appellation an den aposto- 
lischen Stuhl, von dem Bischöfe abgesetzt, und in 
die Cisterzienser-Abtey <Czykador zur Bussübung 
eingeschlossen worden. Der Abt entwischte 
aus dem Gefängniss, setzte sich mit Hülfe welt- 
licher Macht in den Besitz seiner Abtey, plün- 
derte eine dem Bischöfe gehörige Kirche aus, 
und verjagte die bischöflichen Landpriester 
nach körperlichen Misshandlungen aus ihren 
Wohnungen. Dieser Verbrechen wiegen war 
er öfters vor des Bischofs Richterstuhl vorgela- 
den worden, aber nicht erschienen. Cala- 
nus verkündigte also den Bann gegen den Wi* 
derspenstigen, welcher die Sentenz seines Bi- 
schofs verachtend , fortfuhr, priesterliche Hand- 



— 377 — 

lungen zu verrichten und die Güter der Abtey 
5?u verprassen. So stellte die Sache Meister ^.C/z^c^. 
Obert, des Bischofs Sachwalter, vor dempäpst- 
liehen Legaten, Cardinal Gerard, dar. Dage- 
gen klagte der Abt vor dem Papste: Calanus 
liabe ihm das königliche Privilegium , welches 
ihn von der Gerichtsbarkeit des Diöcesan- Bi- 
schofs befreyete, und auch das zur Wallfahrt 
nach Rom bestimmte Geld, gewaltsam entris- 
sen, ihn in die Czykadorer Cisterzienser - Ab- 
tey eingeschlossen , nach einiger Zeit aber wie- 
der losgelassen. Darauf habe der Abt den Bi- 
schof vor dem Könige belanget, der Bischof 
aber den Raub, sowohl der Urkunde, als des 
Geldes, geläugnet. Demnach hätte er die Ap- 
pellation des Abtes nach Rom gelten lassen; 
doch ungeachtet derselben Absetzung und Bann 
über ihn verhängt? Hierauf ernannte Inno- 
centius, mit Genehmigung beyder Parteyen, 
den Watzner Bischof Boleslaw, den Csana- 
der Bischof Joannes und den Cisterzienser 
Abt von Szirtz zu Richtern der Angelegenheit, 
mit dem Auftrage , den Abt vorläufig von dem 
Banne loszusprechen; wenn die Befreyung sei«- 
ner Abtey von der bischöflichen Gerichtsbarkeit 
erwiesen würde, dem Bischöfe auch mit An- 
drohung kirchlicher Censuren Stillschweigen 
und Ersatz des zugefügten Schadens aufzule- 
gen; den Abt zu pflichtmässiger Ehrfurcht ge- 
gpn den Bischof anzuhalten; wenn dieser über 
jenen vor Einlegung der Appellation die Strafe 



— 378 -^ 

der Absetzung verhängt hätte, unabändetUd 
darauf zu bestehen; wenn aber die Absetzung 
nach eingelegter Appellation geschehen wäre^ 
den Bischof bis auf weitere Verfügung des ap<h 
stolischen Stuhls von seinem Amte zu suspen- 
diren ')• Der endliche Ausgang dieser Streitsa- 
che ist nirgends überliefert '} ; aber auch die 
hier nur angedeutete Einleitiuig derselben zeigt 
deutlich, dass es den Päpsten in der Regel mehr 
um die Gerechtigkeit der Sache, als um das An- 
sehen der Person zu thun war. C a 1 a n u s war 
ein mächtiger, angesehener, unter allen Bi- 
schöfen Ungarns der erste, und bis dahin einzi- 
ge Bischof, der mit dem erzbischöflichen Pallium 
ausgezeichnet worden ; der^Abt von Földvar so 
geringen Gewichtes, dass nicht einmal sein Na- 
me auf die Nachwelt kam , und dennoch ging 
Innocentius zwischen Beyden den gerade» 
Weg des strengen Rechtes. 

Freylich mochte sowohl er, als auch schon 
seine Vorfahren gewusst haben, dass, je grös- 
ser die Macht, die Verdienste und das Ansehen 
der Bischöfe waren, destomehr Beeinträchti- 
gung von ihnen die Abteyen und Ordensmän- 
ner zu befürchten hatt:en: auch war es ihnen 



o) Roller Hist. Ppiscppat. QEccl. T, I. p. A59 sef ^ 
306. 51a. b} Und das heisst in diesem Werke iminei'r »^ 
noch nicht aufgefunden mrorden ; denn yiel historisch Wicbtt* 
ges und Schätzbares liegt in Ungrischen Familien • und I^ 
chen -Archiven ^e^ JSlQtten «|ir Speise vergraben. 



579 -^ 

üTolil War , dass bey der allgemeinjen Ausartung 
les ^weltlichen Clerus , der Kirche ganzes Heil 
iixf einem wohlgeordneten Mönchswesen beru- 
hete; und daher ihre Bereitwilligkeit, Abt^yen 
and Klöster überall der Gerichtsbarkeit sehr 
Bireltlich gesinnter Bischöfe zu entziehen, und 
ihnen den besondem Schutz und Schirm des 
apostolischen Stuhls zuzusichern. Diess ge- 
schah der Abtey Sanct Martin auf dem heiligen 7. CityS. 
Berge von Alexander dem IIL und der Ci- 
fiterzienser Abtey Sanct Gothard von Lucius/^P^^^^j^ 
dem IIL Bey de untersagten Ungarns Metro- 
politen und Bischöfen, mit Androhung der Un- 
gnade des heiligen Petrus und des apostolischen 
Stuhls , alle Einmischung in die pkonomischen 
oder Disciplinarr Angelegenheiten des Klosters^ 
Es wurde ihnen verboten , die Aebte und Mön-» 
che vor ihren Richterstuhl zu ziehen , gegen de? 
ren Willen in den Klöstern bischöfliche Hand-* 
lungen zu verrichten , öffentliche Versammlun-* 
gen zu halten, die freye Wahl neuer A^bte zu 
Stören, Aebte abzusetzen, die Klöster mit Geldt 
forderungen 2&u,belä3tigßn oder die Bewohnei; 
derselben und ihre hörigen Leute mit richterlir 
chen Erkenntnissen zu verfolgen. Den Achten 
ward die Befugniss verliehen , in Allem , was 
von Seiten der Bischöfe Yfidi,ex dip Frey]ieiten 
der Klöster und des Ordens versucht, verordr 
net und befohlen wiirde^ den Gehorsam zu ver^j 
weigern; uud Wßxm einmal durch Dra:pg dep 
Nothwendigkeit das Land mit ]ur9hl4c}^e^ J% 



— 380 — 

tcrdicte belegt werden müsste/ bey verschlos- 
senen Tliüren nach Entfernung der dem Banne ] 
und Interdicte Unterworfenen, ohne Glocken- 
geläut, und mit gedämpfter Stimme, den Got- 
tesdienst zu feyem. Die Bullen dieser Päp- 
ste ') dienten in der Folge zur Richtschnur^ 
den Aebten, was sie nachsuchen, den Päpsten 
was sie verleihen sollten ; doch alle Verleihun- 
gen waren durch die Clausel, „unbeschadet 
dem Ansehen und der Macht des apostolischen 
Stuhls; " beschränkt, wodurch sich die Päpste 
die Freyheit sicherten , an den Abteyen selbst 
zu thun , was sie den Bischöfen untersagt 
hatten. 

Die Formel, „umsonst und um Got- 
tes willen" (gratis pro Deo ) , litt unter 
dem harten Drucke der Zeiten, und bey den 
steigenden Bedürfnissen der Päpste , keine An- 
wendung mehr; die Abteyen mussten daher 
ihre Befreyungen dem apostolischen Stuhle 
theuer bezahlen. Seit dem vorigen Jahrhun- 
derte hatten theils Empörungen der Römer, 
theils Spaltungen in der Kirche selbst, die Päp- 
ste oft gezwungen, sich mit ihrem Anhange 
aus Rom zu flüchten; bisweilen wurden sie 
auch aus den benachbarten Städten, Orvietto, 
Viterbo oder Anagni vertrieben, und, wieln- 
nocentius der II, und Alexander der IIL, gc- 



a) Urkunde bey Katona 1, c. p. 244. und bey Heiab* 
Notitia Abbat, ad. S. Gothard. p. 41. 



— 381 — 

\öt:higt, in Frankreich sichere Zufluchtsstätte 
&1JL suchen. In dieser Art von Landesverwei- 
lixxig hatten sie sodann keine andere Quelle ih- 
res Unterhaltes , als die Freygebigkeit der Fran- 
zösischen Könige*, die freywilligen Beyträge 
der bischöflichen Kirchen, und als den Ertrag 
derselben ihre Bedürfhisse noch immer über- 
stiegen , bestimmt geforderte Schutzgelder von 
den Klöstern, durch jährliche Schätzungen ein- 
getrieben. Der Entrichtung solcher Schutzgel- 
der, welche von der ganzen westlichen Kloster- 
i?velt nach Millionen der päpstlichen Kammer 
Äiiflossen, mussten sich auch die Ungrischen 
Abteyen unterwerfen. Bald wurden sie auch 
zu ausserordentlichen Beyhülfen angehalten, 
und nachdem die Päpste von der noth wendigen 
Unterstützung der Kreuzzüge den Vorwand ge- 
nommen hatten , alle Kirchen sich unmittelbar 
steuerpflichtig zu machen, wurde auch den 
Klöstern festgesetzt , Tvie viel sie von ihren Gü- 
tern und Einkünften zu den Kosten der heilig 
geachteten Unternehmungen beyzutragen hät- 
ten. Nur der Cisterzienser - Orden war von 
dieser Last, wie von jeder Zehentpflicht, durch 
eine Bulle Innocentius des IL ausgenom- 
men. 

Doch daran kehrte sich Innocentius «^«^'.^^o« 
der III. nicht, und als er zum Behufe eines 
neuen Kreuzzuges die Kirchen des Römischen 
Gebietes mit dem Zehnten, die Kirchen und 



— 33a -^ 

Klöster aller übrigen Länder mit dem Tierzij 
steil Theil ihrer Einkünfte besteuerte, fordern 
er von den Cisterzienser Abteyen den fünfzig- 
sten Theil, unter Androhung des Verlustes ih- 
rer sämmtlichen Privilegien, ja selbst der Auf- 
lösung des Ordens bey verweigerter Leistung. 
Widerstand hätte die Gefahr verstärkt, nicht 
abgewendet; im Gebete suchten die Cisterzien- 
ser Trost und Hülfe. In allen Abteyen zogen 
sie täglich aus dem Capitel in Procession , bar- 
fuss, und die sieben Buss- Psalmen singend,aii 
des Klosters Ringmauern herum, w^arfensich 
dann in der Kirche zur Erde, weinten und 
heulten, und fleheten zu Gott um Beystand wi* 
der seinen Statthalter auf Erden: so x^ichtig 
und heilig waren ihnen bereits um diese Zeit 
ihre Privilegien > welche zwar des Ordens äus- 
sere Wohlfahrt ungemein beförderten ; aber den 
ehrwürdigen Geist seiner heiligen Stifter all- 
mählig und unvermerkt in ihm erstiektea. 
Darum war man auch schon gottlos - fromm ge- 
nug, zu erzählen und zu glauben, Gott habe 
zu unverletzter Erhaltung derselben Wunder 
gewirkt, indem die heilige Jungfrau dem päpst- 
lichen Beichtvater Reynerus im Traumeel 
sclüenen sey, und ihm befohlen habe, in ihrem 
Namen dem Papste zu verkündigen: „sie 
wolle ihn und seine ganze Macht verderben^ 
wenn er nicht augenblicklich abliesse, den, 
unter ihrem Schutze stehenden Cisterzienser-Or- 



— 383 — 

zu verfolget! ')•" Es ist Thatsache, dass 
txxxiocentius ganz unerwartet, iiicht nur 
iroxi seiner Forderung an die Cisterzienser- Ab-» 
te-jren abstand, sondern auch alle ihre Be- 
Ereyungen von neuem feyerlich bestätigte, und 
dazu noch verordnete, dassihre^ vor den apo- 
stolischen Stuhl gebrachten Angelegenheiten 
iixnner vor allen andern entschieden und aus-* 
gefertigt werden sollten^ 

Wahrscheinlich hatteii sie diese Begünsti- 
gung mehr der plötzlich wieder auflebenden 
J^dhtung des Papstes für ihre bessere Zucht, für 
üiren in Vergleich mit den übrigen Ordensmän- 
XI em , weit strengem erbaulichem Lebenswan- 
del und für ihr friedfertiges , demüthiges Betra- 
gen gegen die Bischöfe, als den sieben Buss- 
psalmen und dem Traume des päpstlichen 
Beichtvaters^ zu Verdanken. Diese gerechte 
Würdigung ihres Werthes hatte ja diesen Papst 
auch bestimmt, zu den wichtigsten Gesandt- 
schaften an Kaiser und Könige, so wie zu Un- 
tersuchungen der erheblichsten Angelegenhei-» 
ten, selbst wenn sie Bischöfe betrafen, Cister- 
zienser - Aebte zu gebrauchen , da hingegen 
Pröpste und Benedictiner Aebte, wie Joan- 
nes, Abt von Sanct Martin auf dem heiligen 
Betge, von Clemens dem IIL ^)f zum Gehör- 



1 1 1 



a) Ha'fitliaier fasti Campilil. t)ecact. t. $^ XI. nufn. x — 
5. Tom. I. p. 541 seq. h) bey Pray Spee. Hieiarcb. T. I. 

P- 7' 



— 386 — 

sam und zur Ehrfurcht gegen Metropoliten und 
Bischöfe schon öfter und nachdrücklicher ange- 
halten werden niussten. 

Mehrere Abteyen des Benedictiner- Ordens 
in Ungarn waren durch die Befreyung von bi- 
schöflicher Gerichtsbarkeit und Oberaufsicht 
schon so verfallen , dass die Päpste selbst sich 
wieder nothgedrungen fühlten, bey Reform 
derselben die Bischöfe zu wirksamer Thätigkeit 
aufzufordern. Solchen Auftrag erhielt der Gra- 
J.C.ff^S.j^^j, Erzbischof Job von Innocentius über 
die Abtey zum heiligen Kreuz bey Telki, de- 
ren Sitten - und Zuchtlosigkeit auch ihren häu3- 
lichen Wohlstand dergestalt heruntergebracht 
hatte, dass nicht einmal die stiftungsmässige 
Anzahl der Mönche mehr ernähret werden 
konnte '). Der Erzbischof sollte Zucht und 
Haushaltung wieder herstellen, und ohne alle 
Rücksicht auf frühere Befreyungen, so lange 
es dem Papste und seinen Nachfolgern gut dün- 
ken würde , unmittelbare strenge Aufsicht dar- 
über führen. 

Andreas, Erzbischof von Colocza , hatt« 
aus des Ban B e 1 u s c h Abtey Sanct Stephan bey 
Kö, mit Bewilligung Bela des III., aber ohne 
päpstliche Genehmigung, die BenedictiIle^ 
Mönche entfernet, und seiner Neigung fol- 
gend, Chorherren des heiligen Abraham vom 



a) Epistola Innocentii ap. Katona I.e. p. 5oo« 



— 385 — 

Tom ThaleEbron hingesetzt. Allein diese Her- 
ten hatten so schlechte Wirthschaft getrieben, 
dass sie jetzt das Kloster verlassen mussten und 
von dem Reste der verprassten Einkünfte kaum 
drey ^ zurückgebliebene Chormänner leben 
lionnten. Die Reform des Klosters übertrug 
Innocentius dem Coloczer Erzbischof S a u 1, 
seinem Elrmessen es anheimstellend, ob er die 
Chorherren des heiligen Abraham wegjagen und 
die Mönche des heiligen Benedictus wieder zu- 
rückführen, oder dieAbtey den regulirten Chor- 
herren des heiligen Augustinus verleihen 
wolle •)• 

Bis jetzt hatten die Französischen Benedi- 
ctiner- Mönche der ausschliessend für sie, un- 
ter der Benennung Lateiner, vom heiligen 
Ladisla w gestifteten Abtey Sanct Egidiüs 
in der Sümegher Gespanschaft, in Abhängig- 
keit von dem Abte zu Saint Gilles im Fla vi- 
schen Thale der Nismer Diöces, ihre Aebte ent- 
weder aus ihrem Mittel, oder aus erstgenapn- 
ter Mutter -Abtey gewählt; nun aber wurden 
sie von Em e rieh angehalten, einen ünger 
sich zum Abte zu wählen , wogegen sie vergeb- 
lich ihre Stiftungsurkunde und F aschal des 
IL Bestätigungsbulle anführten. Als sie nicht 
gehorchten, verlieh der König die Abtey dem 
Spalatrer Erzbischof Bernhard, welcher den 



a) EpistoL Innocent. ap. Katona 1. c. p.Sis et 5x6. 
II. Theil. Ü5 



n 



JZ 



86 



Besitz derselben mit bewaflFneter Hand ergriff, 
einige der ihm Widerstand leistenden Mönche 
peitschte, andere einkerkerte, auf keine Appel- 
lation an den Papst achtend , sie dann wegjag- 
te lind das Kloster mit Mönchen, gebomen Un- 
gern , besetzte* Die Gekränkten brachten ihre 
/. C. /jo>^. Klage vor des Papstes Richterstuhl; da sah 
denn Innocentius wieder , so abgeneigt er 
übrigens den Exemtionen sich schon bezeigte, 
■wie nöthig sie dennoch wären, wenn der 
Mönchsstarid erhalten werden sollte. Er 
schrieb an den König, tadelte das Verfahren des 
Erzbischofs , welcher selbst aus dem Mönchs- 
stande ausgegangen, und von Herkunft La- 

« 

t ein er (Franzose oder Italer) war. Dabey 
gab er dem Könige zu erwägen , wie es nichts 
Neues, noch Ungeziemendes wäre , dass in sei- 
nem Reiche verschiedene Nationen utiter heili- 
ger Ordensregel Einem und demselben Herrn 
dienten; und wenn in Ungarn sogar Griechi- 
sche Klöster geduldet würden , warum das ein- 
zige Lateinische (Französische} aufgelöset 
werden sollte; er bat sodann den König und er- 
mahnte ihn ernstlich , den Mönchen von Sanct 
Egidius freye und canonische Wahl ihres Abtes 
nach hergebrachter Gewohnheit ungekränkt zu 
lassen. Zu gleicher Zeit erhielten von ihm der 
Grosswardeiner Bischof Simon, der Cister- 
zienser Abt von B o k o n und der Graner Dom- 
propst den gemessensten Befehl, die Sache der 
Mönche von Sanct Egidius zu xintersuchen, den 



— 387 ~ 

Erzbischof zur Genugthuung , Jiöthigen Falles 
auch mit kirchlichen Censuren, anzuhalten^ ihin 
l^eine weitere Einwirkung auf mehrerwähnte 
Abtey zu gestatten, ihre Freyheit und Ruhe 
^?irieder herzustellen, und jeden Widersacher, 
ohne Ansehen der Person, ohne irgend eine 
Appellation gelten zu lassen , Kraft päpstlicher 
Vollmacht in die Schranken der Ordnung und 
des Gehorsams einzutreiben* An den Erzbi- 
schof Bei: nhard erliess er ein Sendschreiben 
voll bitterer Vorwürfe, von harten Drohungen 
begleitet ■); und da Nachgiebigkeit nicht in 
dem Charakter dieses Papstes lag, so ist aller- 
dings zu vermutheiiy dass der König und der 
Erzbischof nachgeben mussten, die Französi- 
schen Mönche von Sanct Egidius in dem Besit- 
ze ihrer Freyheiten blieben , und in ihrem Bey- 
spiele die Mönche in Ungarn überhaupt für ihr 
Fortbestehen die Noth wendigkeit- und Wich- 
tigkeit des Römischen Schutzes erkaimten, 
folglich immer fester an den Papst sich atizu-^ 
schliessen suchten. Wie weit diess gegangen, 
und wie es auf religiöse und wissenschaftliche 
Cultur gewirkt habe, muss bey folgendem Zeit« 
räume erzählet werden« 



a) Epistoia tnnoeentii ad Eiücric« ap« Üohiur* Mo* 
ntun« T* II. p* 347« 348* 



■lMli*Hi-*i 



— 388 — 

V. 

Cultur und Sitten des Zeitalters im 

Ungrischen Reiche. 



Nur Ueberschätzung neuerer Zeit , und ih- 
rer Genossen eitle Selbstgenügsamkeit sieht im 
mittlem Zeitalter überall Rohheit und Finster- 
niss, Stumpfsinn und Unwissenheit, wo die 
historische Gerechtigkeit helle Spuren von Cul- 
tur des Gemüthes und Thätigkeit des Verstan- 
des findet, Dass die erstere allgemeiner war, 
und höher stand , als die letztere, davon zeu- 
gen die schnelle Verbreitung der neuen Institu- 
te für das Leben in Ideen; der alle Völker imd 
Stände durchdringende Enthusiasmus für das 
Grab des göttlichen Menschenlehrers und Welt- 
erlösers; die Geist- imd Salbungsvollen Schrif- 
ten der heiligen Bern ardus, Hugo und Ri- 
chard von Sanct Victor; die Entstehung der 
frommen Bogomilen, Catharer, Patare- 
ner, welche nur darin sträflich waren, dass 
sie, der Liebe imd des Friedens im heiligen 
Geiste vergessend, die besondem Ansichten ih- 
res gottseligen Gemüthes mit sectirendem Fana- 
tismus allgemein aufdringen wollten. 

Diess Alles gewann auch in dem Ungri- 
schen Reiche Beyfall, Aufnahme und Anhang. 
Dort hatten jetzt die Benedictin er wenigstens 
zwey und zwanzig ^ die Prämpnstratenser ein 



— 389 — 

und vierzig, die Cisterzienser fünfzehn, also 
in Allem acht und si eben zig Abteyen. 
^'ird angenommen , dass in jeder nur dreyssig 
Ordensmänner lebten, so waren im Laufe die- 
ses Zeitraumes in depi noch schwach bevölker- 
ten Lande immerfort über zweytausend drey- 
hundert Menschen, im Innern der Contem- 
plation des Ewigen geweihet; im Aeussern, 
theils mit dem Unterrichte des Volkes, theils 
mit Laridbau und Kunstfleiss beschäftiget* 
Sanct Bernhardts Schriften waren mit den 
Cisterziensem nach Ungarn gekommen, von die- 
sen häufig abgeschrieben, von Bischöfen, Mön- 
chen, Priestern, welche Abschriften bezahlen 
konnten, fleissig, und sicher auch mit kräfti- 
ger Wirkung auf das Gemüth , gelesen worden. 
Ritterlich fromme Begeisterung hatte Könige, 
Bischöfe, Magnaten und Ungrische Herren, 
bald zur Wallfahrt, bald zur Heerfolge in das 
heilige Land, oder wenigstens zur Gelobung 
des einen oder des andern, angetrieben; und 
es hat Wahrscheinlichkeit, dass von den Bogo- 
milen und Patarenern selbst in dem eigentli»- 
chen Ungarn, nur mit grösserer Vorsicht und 
Verborgenheit, als in Bulgarien und Bosnien, 
Gemeinden errichtet worden seyen. Ohne hö- 
here Cultur de3 Gemüthes in Ungarn wären die 
Abteyen ausgestorben und verfallen , die Bako- 
nyer, Verteser, Matra er Berge und Thäler un- 
fruchtbare Wüsten eyen, die Schriften der Hei- 
ligen unbekannt geblieben, zu dem Grabe deg 



Heilandes keine Gelübde geschehen , und from» 
me Secten weder begünstiget , noch yerfolget 

wor en. 

Die Thätigkeit des Verstandes wurde wäh-r 
rend dieses Zeitraumes überall mächtig aufge- 
weckt und reichlich genähret. In Frankreich, 
Italien, Deutschland, und auch schon in Un- 
garn zeigte sich reger Eifer, bey Cathedralen und 
Abteyen Schulen zu errichten , und Schulen zu 
besachen. Die Schule der Benedictiner Abtey 
EuTapolcsa bey Miskoltz , dürfte in U n gam 
schwerlich die einzige geblieben seyn, >venn 
man nicht etwa die würdigen Bischöfe, Luca^ 
Banfy, Saul von Hedervär, Paullus 
Vilcina, Nicolaus, Adrianus und Ka- 
tapan, Zöglinge auswärtiger Schulen, Mei-? 
st er der Gottes- und Rechtsgelehrsamkeit, 
grösstentheils Erzielier, Notarien oder Kanzler 
der Könige , einer sträflichen ünthätigkeit be-? 
schuldigen will. 

Es war schon Sitte geworden , junge Mänr 
ner, in den Schulen des Landes hinlänglich 
vorbereitet , auf hohe Schulen im Auslande zu 
senden. Die berühmtesten derselben w^aren 
jetzt die Schule der Rechtswissenschaft zu Bo-f 
logna •) und die hohe Schule Sanct Maria 
an der Pariser Domkirche, auch die Schu^ 
Jen bey Sanct Victor und Sanpt Genoye-? 



i 



^) Sigonius Histor. Bononiens. ^p* Mtfraforf Aii(i^^t 
|t4. |ne4. ?ey, T. I||, p, ;iS. §34, 89g. 



-- Sgl ^ 

f a auf dem Berge ausser der Stadt Paris *). Der 
letztem hatte der berühmte Abt Stephan, in 
der Folge Bischof von To ur na i, durch fünf- •^- <^. //77. 
zehn Jahre vorgestanden. In dieser Zeit stu- •"^^^^• 
dirten unter seiner Aufsicht zu Paris, unter 
niehrern unbekannt Gebliebenen, die Ungri- 
sehen Cleriker Jacob, Michael, Adrian, 
und der Jüngling Bethleem. Wahrscheinlich 
M^urde hernach der erste Erzieher, in der Fol- 
ge auch Kanzler des Herzogs Andreas; der 
zweyte zu Raab, oder zu Grosswardein , der 
dritte in Siebenbürgen Bischof. Ihre berühm- 
ter gewordenen Mitschüler daselbst waren die 
Engländer, Joannes von Corhwall **}, 
Galfried von Vinesauf *) , Stephan 
Langton*), Robert von Chor^on '), und 
der Italer, Lothar, Graf von Segni, nach- 
mals Papst In n o c e n t i u s , dieses Namens der 
III. ^). Als vorzügliche Lichter der damaligen 
gelehrten Welt und Pariser hohen Schule glänz- 
tenMeister undKanzler Peter von Poitiers, 
Meister und Kanzler Peter mit dem Beyna- 
men Comestor, Godfried, Subprior von 
Sailct Victor, und Meister Peter, Cantor 
genannt , welchen S t e p h a ^ , Abt von Sanct 



a) Launoi de Scholis celebriorib. Opp. Tom. IV. Pars 
I, p. 64 seq. Dubois Histor. Ecclet ParisienB. T. H. p. 157« 
h) BullaeuB Hist. Univ. Parisiens. Seoul. IV. p. 750* O 
Ottdin Comixient, de Script» ^ccles. T. II. p.i677* <0 Idem 
ibid. p. 1695* e) Idem ibid. p, 1715» /) t.fuuoi|l. f> 

P.7». ^^ 



— 392 — 

6eiioTefa, seiner besondem Hochachtung wur* 
dig erkannte ■); und das war viel, denn Ste* ' 
p h a n stand bey seinen Zeitgenossen in höch- 
stem Ansehen. Peter Cantor und die übri* 
gen genannten , dem Abte vertrauten Meister 
gehörten also gewiss noch nicht in die Classe 
der Lehrer, von welchen Stephan später an 
Innocentius schrieb *) : „ Das Studiujn der 
heiligen Schrift ist bey uns in Verfall, w^eil dze 
Schüler nur nach dem Neuen und die Meister 
lieber nach Ruhm trachten. In einem fort 
Stoppeln diese neue Summen und neue Tractate 
über die Theologie zusammen , als wären die 
Schriften der heiligen Väter nicht mehr zurei- 
chend. OeflFentlich und frech wird über die 
unbegreiflichen Geheimnisse der Gottheit, der 
Dreyeinigkeit und der Menschwerdung gestrit- 
ten. Für canonisches Recht wird eine dicke 
Sammlung von Decretalen unter dem Namen 
des Papstes Alexander ausgegeben, und die 
Sammlung der alten echten Kirchensatzungen 
weggeworfen. Das neue Recht wird in den 
Schulen vorgelesen , auf dem Markte zu Kauf 
ausgeboten, zu grosser Zufriedenheit der 
Schreiber , denen die Arbeit sich vermindert, 
der Gewinn wächst. Nicht besser steht es mit 



a) Stephani TorHacentit Eppi. Epistolae. Pariiiii« 

679* in Sto. Epistol. t73» Von den Schriften des C an ton 

Peter, und der übrigen Meisrer, mag man Oudin 1. c. p. 

499« i5&^« iQfiS^ i66o. nachiehen. b) Stephan. Tornac. 
EpUt. 251. 



den freyen Künsten; junge Leute, welche kaum 
die Anfangsgründe derselben gefasst haben, 
nennen sich unverschämt Meister, und wollen 
andere lehren; unbekümmert um die, Regeln 
und Schriften der Alten, gefallen sie sich in 
Sophismen und Wortstreit, welche Spinn enge- 
"wehen zum Mückenfange gleichen. Dir kommt 
es zu, heiliger Vater, diesem Unfuge zu steuern 
durch Vorschrift einer allgemeinen, gleichförmi- 
gen Lehr- und Streit -Methode." Es hat also 
im Ganzen nicht viel geholfen, dass früher 
schon Alexander derllL die irreligiöse Frech- 
heit der Scholastiker und Sententiarier in dia- 
lektischer Behandlung göttlicher Dinge verdam- 
met hatte. 

Mit dem ehrwürdigen , in allen Kenntnis- 
sen seines Zeitalters gründlich bewanderten 
Abte mochten mehrere Ungrische Bischöfe und 
Aebte, vielleicht ehemals auch seine Pflegbe- 
fohlenen oder Schüler, fortlaufenden Brief- 
wechsel unterhalten haben ; denn er berief sich 
darauf in einem Schreiben an B ela den IIL, und 
wollte daraus wissen : dass dieser König die 
Gerechtigkeit liebte und die Wahrheit verehr- 
te. Darum gab er ihm auch Bericht von dem 
erbaulichen Hinscheiden des jungen Beth- 
leem in treuem Bekenntnisse des katholischen 
Glaubens und seiner Beerdigung in der Kirche 
der heiligen Genovefa. Dabey rühmte er, dass 
der junge Mann durchaus keine Schulden hin- 
terlassen habe, wie es eine zehn Tage lang 



1 



— 394- — 

fortgesetzte Nachforschung bey Christen ubA 
Juden auswies, und die Ungrischen Clerikei 
Jacob y Michael und Adrian bezeugen 
können •). 

Wie Lotharius, Graf von Segni, und 
die Engländer y so mochten auch mehrere ün» 
gern nach vollendeten philosophischen und 
theologischen Studien , mit einem Schatze get 
lehrter Handschriften , von Paris nach Bolo* 
gna gezogen seyn, und sich theils auf die biir» 
gerliche , theils auf die canonische Rechtswis» 
senschaft, oder auf beyde zugleich , verwendet i 
haben. Sicher war also Meister Paullus Un» 
gar US weder der Erste, noch der Einzige, wel- 
cher gründlichere Rechtsfeenntnisse und eine 
besser geordnete Rechtsverwaltung bey bürger- 
lichen und bischöflichen Richterstühlen aus Ita» 
lien nach Ungarn gebracht hatte. Hieraus er? 
hellet zugleich, woher die, ausdrücklich so* 
genannten, Meister Fabian, Paullus 
yilcina*}, Crispinus, I^^(apan, Bar? 



a) Stephan. Tornac. Epistol. 4q« ap. Katona Histi 
Reg. T. IV- p. fl4*« *) Noch immer bleibt es mir das waht" 
fcheinlichste, dass dieser Vilcina, in den Jahren 1166 — »8^ 
Siebenbürger Bischof , Magister Paullus hiess, einst Be- 
la des III. Notarius, und des unter dem Namen, Anonymi 
Belae Regis ^otarii, bekannten Buches Verfasser wtfi 
Was gegen seii^ Alter au9 seiner Anfu)irung des D ares Phry 
gius, welcher erst gegen pnde des la. Jahrh. soll bekanqt 
'worden seyn , eingewendet wird , hat Cornides (Vindicul 
p. 36.) hinläx^glich widerlegt; hier werde nqch bemerkt, dasi 
um 4as Jahr iiro auch schon in der ^enedictiner Abtey Sanct 
Michaelauf dem Möncl^tberge hpj Bamberg, an* 



395 -^ 

tholomaeuSy Jacob, Obertund Robert 
der Engländer, nach Ungarn kamen; woher 
die Könige Erzieher für ihre Söhne , diese her- 
nach ihre Notarien und Kanzler erhielten ; ge* ^ 
M^-öhnlich blieb der Erzieher bey Hofe und verr 
sah sodann als Propst, Domherr, oder Meir 
ster der Capelle, das Notar- oder Kanzler -Amt, 
Twrenn der Zögling König oder Herzog ward, bis 
dieser ihn mit einem Bisthume belohnte. 

Da die Bessern dieses Zeitraumes mehr durch 
Ideen und Gefuhle,als durch BegriflFe und EinsichT 
ten im Denken geleitet, im Handeln bestimmt 
•w^iirden; mithin auch die Gesinnung weit we- 
niger das Werk des Verstandes, als das Erzeug? 
niss des Gemüthe3 war: so inusste diese natürr 
lieh ihre Richtung überall mehr nach äussern 
Werken kirchlicher Andacht, als nach innerni. 
jsittlichen Gehalte und geistiger Gottseligkieit 
nehmen. Nirgends finden wir daher von der 
Neigung zu dieser eine klare Andeutung, da 
hingegen von der Richtung zu jenen, Hand-r 
lungen und Urkunden zeugen. Fasten, 
Beten, Almosen geben, * Wallfahrten , die hei- 
lige Jungfrau und Gebeine der Heiligen verehr 
ren, Kirchen bauen und Klöster stiften. Alle» 
in der Hoffnung , die himmlischoii Freuden da^ 



ter dem Abte Wolframm, zTvey Codicei vonDaref 
Fhryg. rorhanden waren. Antiquit, Cotnobii S. Michael Banv^ 
herg, Num, XX IX. bey ^Schannat.j yindeiniiiej {iterarl^e 
poUeotio I. p. ^. 




— 39^ — 

mit zn erlcaufen, darin bestanden Keligi 
und Sittlichkeit des Zeitalters , so weit Sit 
durch Handlungen waren bekannt worden. 

Zwar hatten die Geschichten der Ungern 
aus diesem Zeiträume nicht gar so viel, wk 
die Geschichten anderer Völker, von^ Axx^ 
Schweifungen ungezähmter Leidenschaften, von 
gewaltsamer Unterdrückung des Rechts, von 
Unzucht, Mord und Raub; aber auch nichtl 
Bestimmtes von echt tugendhaften Handlun- 
gen, von edler Selbstbeherrschung und gross»! 
müthiger Aufopferung zu erzählen. Man daifj 
nicht zweifeln , dass es , bey dem Grade der 
entwickelten Gemüthlichkeit, viele Virtuo- 
sen der Religiosität und Sittlichkeit: 
gab; aber man darf glauben, dass der Sinn und: 
das Gefühl der Achtung dafür äusserst selten 
war, weil sie völlig unbekannt geblieben sind. 

Statt dessen überlieferten Urkunden: so 
manche Klage über der Menschen wachsende! 
Bosheit und Seltenheit der Treue *); über Un- 
terdrückung von Seiten der Mächtigen, und Ge- 
fährde der Freyheit unter Vielheit Wer Herren 
und Richter **). Bisweilen sprachen sie von der 



MNMHtat 



a) „Quanto rarior, hominum crescenfe nequitiay fides invemr 
tur in terris , tanto fidelitatis Merita cariora sunt habenda etc, 
Urkunde Emerich^s Tom Jahre 1197. Verfasser, Meister 
Katapan; bey B«/. Notitia Hungar. T. I. p. 115. T. U. p* 
»3». b) „ Quqniam ex Dominorum pluralitate libertatis sequituf 
detrimenfum, et onerosum, immo periculosum est, diversorum 
^ubjici judiciis; incumbit regum providentiae , legalibus instit»- 



— 397 '— 

Gefährlichkeit böser Beyspiele, und von der 
Noth wendigkeit, den Fusstapfen der Guten 
und Rechtschaffenen nachzuwandeln *). An- 
dere offenbarten Achtung für ein heiliges Ge- 
setz, welches beföhle, die Kirche, als Braut 
Gottes, zu begaben*); und erklärten für heil- 
sam, zeitliche Güter in den Schatzkasten des 
Herrn einzutragen, weil man in dem gegen- 
wärtigen Leben des ewigen Heus Verdienste 
- sammeln müsste, in dem künftigen aber, durch 
Gottes Gnade, der Verdienste Belohnung em- 
pfangen würde *). Einige verkündigten sogar 
den Glauben , man könnte durch Vermittlung 
des heiligen Martinus in der Zeitlichkeit 
Glück .und Wohlfahrt, in der Ewigkeit selige 
Belohnung verdienen 0> ^^^^ wäre man sicher 



> tis subditorum commoditati consulendo , novos indebiiae -pra^^ 
Mumtiojüa inipctus ab eorum gravamimbus aagaciter ai^ertert» etc» 
tJrkiind. £nier. v. J. ifioi. Verfasser, Desideriu», Her* 
H' manstädter Piopst; bey Katoua Hist. lieg. T- IV* p. 617. 
. a) „Cautum habeudum est a-pud nmturitatem se/isus, ut quem^ 
udnwduni Exem-pla -pratforum, veluti scopuli naufragorum, sunt 
^ ritanda; sie vestigia bonorum ^ velurti navis -proper antis ad por^ 
ftum, summopere sunt imitanda etc. Sendschreiben Geisa II. 
an den Salzburger Erzbischof bey Hansiz,, German. Sacra« T. 
"' II. p. 272. b) „ Ut lex sancta jubet sponsam Dei dotarg, ** 
Urkund« Bela II. v. J. ii37» Verfasser Joannes Nota« 
xius» bey Katona Hist. Reg. T. III. p, 5x1. c) „Quomam m 
i praesenti tantum vita salutia acternae mehta comparanius, in 
:, Jutura meritorum praenua dipina favente gratia recepturi, ideo 
)c. in gazophylacium Domini regiae sublinütatis nostrae ben-gnität 
aliquid conferendum providif.^'' Urk. Beia III. y. J. ii88* 
{, Verfasser, Saul, Csanader Bischof, ap. Katona T. JV* p* 33i- 
; <0 >> Ut no9 per interventum S* Martini in prats^nti seculo pro* 



— 398 — 

geborgen , wenn man für seine Seele den hdp" 
ligen Martinus zum Anwalt und Veriheidigef 
vor Gottes Richterstuhl gewonnen hätte '> 
Weit seltener wurde durch sie den Gläubigen 
angedeutet, dass, obgleich aUe Bekenner des 
katholischen Glaubens vollziehen müssteil, 
was der Erlöser geboten hat, dennoch dieje- 
nigen, welche durch Gottes Gnade vor den 
Uebrigen schon in dieser Welt wären erho»- 
ben worden , nicht nur unter die Gebote des 
•Herrn ihren Nacken beugen, sondern auch 
seine Rathschläge in treuerm Dienste befolgen 
sollten , damit ihnen der Gehorsam gegen die 
Gebote das ewige Heil erwürbe, und durch 
die andächtige Erfüllung der heilsamen 
Rathschläge ^ ihnen die Belohnung ewi- 
ger Freuden vermehret würde ^). Also auch 



iperari, €t in futuro fnercedem aeternam cohsequi merearnur. 
ürk. Bela II. v. J. 1138. Verfass. Joannes Notarius. bey Ka- 
tona X. in. p. 520. a)„ VoUns Sanctum Martimim ante sununum 
judicem arämae meat defensoiem habäre- " ürkulia. Bela U# 
T. J. 1137. Vcrfasi. Joannes, bey Katona T. III. p. 511. 
i) „Licet omnes catholicae fidei jjrofessores, quod a jjto sal- 
aatore -praeci-pitur , hoc propensiUs exsequi teneantur , vin ta-' 
men summates, quos divina gratia prae caeteris extuht m 
hoc mundo, non solum praeceptis Donünicis debeni sua col- 
la suhjicere , sed et ipsius eoHsilia attentiori famulatu devo^ 
tius amplexari ; ut et obedientia es! mandatorum obstervatiO' 
ne propeniens , salutem ipsis pariat sempiternam , et coruilu 
salutaris deuota completio multiplicafäm gloriam conferat et 
mercedem," Urkunde des Fünfkircliner Bischofs Calanas 
Tom Jahre 11934 bey Koller Uistot. Episcop. QEccles. T.L 
p. 305« 



— 399 — 

hier , wie überall , ' nur Eigennutz als Trieb- 
feder angereget ; und Gerwinn als Beweg- 
grund vorgehalten; allein so war es der 
sittlichen Ordnung der Dinge angemessen: 
das wirklich oder scheinbar Nützliche muss 
zuerst den sinnlichen Menschen auf bessere 
Wege locken; das, durch keinen gehoflF- 
ten, oder erlangten Gewinn beruhigte, in 
seiner Rechnung oft getäuschte, durch Ver- 
lust und schädliche Folgen geängstigte Ge- 
rn üth lernet dann das Rechtliche achten, und 
erhebt sich endlich zum Streben nach dem 
rein Sittlichen und wahrhaft Guten. 




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