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3 2044 103 232 948
I ff
HARVARD
uw
LIBRARY
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(^MayL./9J^\
HARVARD LAW LIBRARY
FROM THE LIBRARY
o»
HEINRICH LAMMASCH
Received May 25, 1922.
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5f>
DIE KONSÜMSTEUEEN '
IM
ÖSTERREICHISCH-UNGARISCHEN AUSGLEICH.
VON
PROFESSOR ROBERT ZÜCKERKANDL.
WIEN UND LEIPZIG
WILHELM BRAUMÜLLER
K. U. E. Hof- U. UNIYBBSIlXTS-BuCHiaKDLBB
1907
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SONDEE-ABDEÜCK
AUS DER
ZEITSCHRIFT FÜR VOLKSWIRTSCHAFT, SOZIALPOLITIK UND VERWALTUNG.
BBlUUSaEQBBBIf VON
EUGEN ▼. BÖHM-BAWERK, KARL'tUBODOR v. INAMA-8TERNEGG,
BUGEN T. PHILIPPOVICH, ERNST Y. PLENBR, FRIEDRICH FREIHERR y. WIESER.
SECHZEHNTER BAND —1907.
MAVo 51921
Drnck von Rudolf M. Rohrer in Brünu.
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INHALTSVERZEICHNIS.
Seifte
1. Die beiden Gesetze über die gemeinBamen Angelegenheiten 5
2. Inhalt der AuBgleichsverhandlangen . • • . . 15
3. Die Restitutionen 27
4. Die Änderungen der Zucker- und Branntweinsteuer im Jahre 1888 33
5. Die Mineralölzölle 44
6. Das Überweisungsverfahren 51
7. Die Ordnung des Jahres 1899 55
8. Der Brüsseler Vertrag 60
9. Schluß 70
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beit zwölf Jahren wird mit gewissen Unterbrechungen immer wieder über
den österreichisch-ungarischen Ausgleich verhandelt. Die Vereinbarungen, die
das Ministerium Badeni mit Ungarn getroffen hatte, konnten in Österreich
parlamentarisch nicht erledigt werden, und so wurden im Jahre 1899 die Aus-
gleichsangelegenheiten, teilweise auf ganz neuer Grundlage, im Wege des be-
kannten § 14 bis Ende des Jahres 1907 geordnet; die Ausgleichsvorlagen, die
das Ministerium Körber nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen
zu Anfang des Jahres 1903 dem österreichischen Abgeordnetenhause vorlegte^
wurden vom jetzigen Ministerium wegen der veränderten Verhältnisse in
Ungarn zurückgezogen, der Zolltarif allein ist Gesetz geworden^ und
neue Verhandlungen sind gegenwärtig im Zuge. Sie vollziehen sich unter
Umständen und Aussichten, wie sie bei den Ausgleichen bisher nie dagewesen
sind. Über die Abmachungen wird in Österreich das erste aus dem allgemeinen
Wahlrecht hervorgegangene Abgeordnetenhaus zu entscheiden haben, in
Ungarn ein Haus, dessen Mehrheit einer Partei angehört, die die Ordnung
des Jahres 1867 bekämpft. Täglich wird uns überdies versichert, daß die
Zollgemeinschaft mit Österreich, sobald die Handelsverträge des Vorjahres
es gestatten, nicht mehr erneuert, vielmehr durch den Zustand handels-
politischer Selbständigkeit Ungarns ersetzt werden wird, der, seit Handels-
verträge überhaupt häufiger vorkommen und durch Jahrhunderte vor dieser
Zeit, niemals existierte. All d{is im Vereine mit den Militärfragen beschäftigt
bei uns weite Kreise auf das intensivste; die in Aussicht gestellte Zolltrennung
im besonderen verdient, trotzdem sie augenblicklich nicht aktuell ist, sowohl
wegen der aufierordentlichen volkswirtschaftlichen Einwirkungen, als auch
wegen ihres Einflusses auf die Gemeinsamkeitsverhältnisse der beiden Teile
der Monarchie, die gröfite Beachtung.
Die Ausführungen dieser Arbeit betreffen ein anderes als das eben
erwähnte Gebiet, nämlich die Eonsumsteuem im Ausgleiche. VieUeicht wird,
trotzdem jene großen politischen und wirtschaftlichen Fragen die Aufmerk-
samkeit auf sich konzentrieren, die folgende hauptsächlich retrospektive Dar-
stellung eines verhältnismäßig minder wichtigen Teilgebietes der Ausgleichs-
sachen einigem Interesse begegnen.
1. Die beiden Gesetze über die gemeinsamen Angelegenheiten,
Die beiden Gesetze über die Österreich und Ungarn gemeinsamen An-
gelegenheiten, das ältere ungarische und das jQngere österreichische, haben
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6 ZackerkandL
eine ungleiche Entstehungsgeschichte. Als im Dezember 1865 der ungarische
Reichstag, der zweite seit der Bevolution, zusammentrat, der erste des
Jahres 1861 wurde wenige Monate nach seiner Einberufung als gänzlich
unwillfährig aufgelöst, da waren die Aussichten auf eine Verständigung:
Wiederherstellung der ungarischen Verfassung, Abänderung einzelner Gesetze
des Jahres 1848, besonders aber angemessene Festsetzung der allen Ländern
der Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten und ihrer Behandlung, worQber
die 1848er Gesetze nur einige ungenügende Wendungen enthalten, sehr gebessert.
Schmerling war zurückgetreten und seine Stelle hatte Belcredi eingenommen;
das mit dem Februarpatent erlassene Grundgesetz über die Beichsvertretung,
das die Ungarn als ihrer Verfassung widersprechend auf das bestimmteste
perhorresziert hatten, war, um die Verhandlungen mit Ungarn zu erleichtern,
sistiert worden, womit ein Haupthindernis der Annäherung aus dem Wege
geräumt war; man hatte von Wien aus Schritte getan, um die Union Sieben-
bürgens mit Ungarn und die Vertretung Kroatiens im ungarischen Beichstag
zu bewirken; die an den Beichstag gerichtete Thronrede, die die Ordnung
der Frage der gemeinsamen Angelegenheiten als dessen erste Aufgabe erklärte,
bezeichnete die Pragmatische Sanktion als Bechtsgrundlage und Ausgangspunkt
für die Neuordnung der staatsrechtlichen Verhältnisse. Diesen bedeutsamen
Tatsachen war eine Friedensbotschaft Deäks vorausgegangen, der, gewiß wohl
unterrichtet über die Erschütterung der Stellung Schmerlings, den Zeitpunkt
für gekommen erachtete, um diese Krisis im Interesse Ungarns durch eine
Medliche Enunziation zu beschleunigen. Er veröffentlichte zu Ostern 1865
in einer Pester Zeitung einen Artikel, worin er die Wichtigkeit der Großmacht-
stellung der Monarchie anerkannte, die Pflicht Ungarns zu gemeinsamer
Verteidigung als Eonsequenz der Pragmatischen Sanktion bezeichnete, und
die Bereitwilligkeit der Nation aussprach, die ungarischen Gesetze auf
gesetzlichem Wege mit der Sicherung des festen Bestandes des Beiches in
Einklang zu bringen; einen Monat später erschienen in einem Wiener
Journal von Deäk inspirierte Artikel, die das Wesen und die Behandlung
der gemeinsamen Angelegenheiten, wie die ungarische Mehrheit sich sie denkt,
bis ins Einzelne detaillierten. So waren denn die Gegensätze nicht mehr
so groß wie im Jahre 1861, wo gegenüber der ersten Adresse des ungarischen
Beichstages das kaiserliche Beskript vom 21. Juli den historischen Nachweis
des Jahrhunderte alten Bestandes der Gemeinsamkeit in den auswärtigen,
Militär- und gewissen Finanzangelegenheiten erbringen mußte.
Entsprechend der in der Thronrede enthaltenen Aufforderung, Vorschläge
betreffend die gemeinsamen Angelegenheiten zu erstatten, beschloß das ungarische
Abgeordnetenhaus am 1. März 1866 auf Antrag Deäks einen Ausschuß
von 67 Mitgliedern zur Ausarbeitung von Anträgen Ober diese Fragen
einzusetzen; dieser Ausschuß betraute dann einen Unterausschuß von 15 Mit-
gliedern mit der Vorbereitung dieser Anträge, der seinerseits seine Arbeiten
80 beschleunigte, daß er sie beendigen konnte, ehe die Entscheidung auf den
böhmischen Schlachtfeldern fiel. DasErgebnis dieser Arbeiten isteinausführlicher,
von Deäk herrührender Entwurf, der, wie schon jetzt bemerkt werden kann, mit
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Die Konsamateuern im Osterreichisch-UDgariachen Ausgleich. ^
gewissen, gleich zu erwähnenden Änderungen den wörtlichen Hauptinhalt des
Gesetzartikels XII vom Jahre 1867 betreffend die zwischen Osterreich und Ungarn
obschwebenden gemeinsamen Angelegenheiten bildet. Der entscheidende Teil
des Oedankengehaltes dieses Entwurfes ist von De&k, die Idee der Delegationen
stammt vom Grafen Julius Andr&ssy.^)
Noch vor dem Friedensschlüsse wurden die Verhandlungen mit Ungarn
aufgenommen und in den nächsten Monaten weitergeführt. Die Beschlüsse
des Fünfzehnerunterausschusses befriedigten in Wien nicht durchweg, es
sollten Änderungen vorgenommen werden, und schliefilich wurde den in Wien
erschienenen Mitgliedern der ungarischen Parlamentsmehrheit, den späteren
Ministem Andrässy, Eötvös und Lönyay, ein wie ein Gesetzentwurf gefaßtes
Elaborat, das sich an die Anträge des Fünfzehnerausschusses anschloß, aber
in wesentlichen Punkten davon abwich, übergeben.*) Bei den Beratungen,
die über die ganze Frage am 9. und 10. Jänner 1867 in Wien zwischen den
drei genannten Staatsmännern, dann Belcredi, Mailäth und Sennyey unter dem
Vorsitze Beusts stattfanden, wurden Abänderungen des Entwurfes des Fünf-
zehnerunterausschusses vereinbart, bei denen es auch verblieben ist; andere
in Wien besprochene Änderungen wurden nachher im Sinne Deäks modifiziert
und in Wien angenommen; sie alle sind sehr wichtig, haben aber das Wesen
des ungarischen Entwurfes nicht berührt.^) Derart wurde über alle Einzelheiten,
die den Wortlaut des Gesetzartikels XII vom Jahre 1867 bilden, im Jänner
1867 eine Verständigung erzielt; gewisse noch zu erwähnende Änderungen
und Zusätze wurden anläßlich der Umgestaltung der Beschlüsse des ungarischen
Reichstages in die Form eines Gesetzentwurfes vorgenommen. Freilich war
damit die Sache für Osterreich keineswegs abgeschlossen, denn der Entwurf
des Ausgleichsoperates sollte noch der außerordentlichen Seichsratsver-
sammlung vorgelegt werden, die Abänderungen, ja die Ablehnung des Ganzen
beantragen konnte.
^) S. K 6 n 7 i., De&k Ferencz besz^dei (Die Reden Franz Deäks) 2. Auflage. Budapest
1903, III. Band, S. 484 ff.
^ Abgedruckt bei Könyi, IV, 163—169.
^ Die wichtigsten Abänderungen, die an dem Elaborat des Fünfzehnemnterausschusses
bei den Wiener Konferenzen im Jänner 1867 vereinbart wurden, sind, an der Hand des
Gesetzartikels XII vom Jahre 1867 dargestellt, die folgenden. Im § 8 wurden
die Sätze eingeschaltet: „Deshalb gehören die diplomatische und kommerzielle Vertretung
des Reiches gegenüber dem Auslande, sowie die hinsichtlich der internationalen Verträge
erforderlichen Verfügungen, im Einverständnis mit den Ministerien beider Teile und mit
deren Zustimmung zu den Agenden des gemeinsamen Ministers des Auswärtigen. Die
internationalen Verträge teilt jedes Ministerium seiner eigenen Gesetzgebung mit." Der
§ 11 wurde ganz neu gefaßt, die eingetretene Modifikation ergibt sich, wenn
man sich den Wortlaut des § 11 in der Fassung des Fünfzehn erunterausschusses vor
Aagen hält: „Indem die aaf das Kriegswesen bezüglichen verfassungsmäßigen Herrscher-
rechte Seiner Majestät unverletzt aufrecht erhalten bleiben, wird alles, was sich auf die
einheitliche Leitung, Führung und innere Organisation der gesamten Armee und somit
auch der ungarischen Armee bezieht, als unter gemeinsame Anordnung gehörig anerkannt."
Eine weitere Veränderung betrifft den § 13, in dem der ganze Wortlaut von den Worten
„Nachdem jedoch** bis zum Schluß neu hinzugefügt wurde. Die Bestimmung des § 41,
daß von den monatlich einfließenden Staatseinnahmen monatliche Zahlungen an den
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g Zuckerkandl.
Der weitere Verlauf in Ungarn war, daß die Anträge des Fünfzehner-
ausschusses zunächst vom Siebenundsechzigerausschusse mit den er-
wähnten vereinbarten Abänderungen angenommen wurden. Der Reichstag
hat das Ganze am 30. März und 8. April zum Beschlüsse erhoben und es
ist dann mit einigen Änderungen und Zusätzen, die anläfilich der Umarbeitung
des Beichstagsbeschlusses in einen Gesetzentwurf erfolgten, in den Gesetz-
artikel XII hinübergenommen worden;^) auch die vereinbarten Änderungen der
gemeinsamen Finanzminister in dem dort angegebenen Verhältnis zu erfolgen haben, wurde
gleichfalls in Wien vereinbart. Verschiedene Änderungen erfuhren die auf die Delegationen
bezüglichen Paragraphe; der § 55 ist unter Weglassung eines Sehlnßsatzes des ungarischen
Entwurfes zustande gekommen. Hinzugekommen sind die §§ 62 bis 67, worin angeordnet
wird, daß die dort erwähnten Bestimmungen gleichzeitig mit der Festsetzung des Quoten-
verhältnisses und des ZoUbUndnisses zu treffen sind. Dabei ergaben sich Abweichungen von
den Wiener Vereinbarungen, indem nach diesen anscheinend gewisse Anordnungen über
die beide Staaten interessierenden Eisenbahnen, dann die auf Einführung eines neuen
Geldsystems und Münzfußes, sowie die auf die bestehenden bezüglichen Bestimmungen
Sache der Delegationen hätten sein soUen (£ 6 n y i, IV., 176 f., 208 f.). Der neu hinzuge-
kommene § 63 enthält kein neues Prinzip, denn schon im § 19 des Entwurfes des Fünf-
zehneranterausschusses war ausgesprochen worden, daß es bezüglich der indirekten Steuern
zweckmäßig wäre^ durch von Zeit zu Zeit erfolgende Übereinkommen beider Staaten
Grundsätze festzustellen, die es bei Bestand eines einheitlichen Zollgebietes unmöglich
machen, daß durch Maßnahmen des einen Teiles der andere Teil verhindert wird, aus
diesen Steuerp Einnahmen zu ziehen. — Die Änderungen wurden im Texte als das Wesen
des ungarischen Entwurfes nicht berührend bezeichnet; in der Tat hat die Siebenund-
sechzigerkommission die Zusätze zu § 8 und die Änderung der §§ 11 und 13 ohne
erhebliche Debatte angenommen, ebenso die übrigen. Zur Fassung des § 11 sei folgendes
erwähnt. Als im Funfzehnerausschuß von der Opposition verlangt wurde, in den Anträgen
das abgesonderte ungarische Heer festzusetzen, da sagte Deak am 7. Mai 1866: „Was
ist das, die ungarische Armee? Das hat es weder jemals im Gesetz noch in der Wirk-
lichkeit gegeben. Bloß von ungarischen Begimentern war die Bede. Er wolle keine ab-
gesonderte ungarische Armee proponieren. Im Heere ist Einheit notwendig;" und auf den
Zwischenruf: „sie ist nicht notwendig", antwortete er: „das wäre Personalunion ! Sprechen
wir das aus und der Fluch wird auf uns fallen. Daran soll die Verständigung nicht
scheitern ** (Eönyi, III, 691 ff.). Aus den Beratungen des Unterausschusses geht klar her-
vor, daß die weitüberwiegende Mehrheit kein abgesondertes ungarisches Heer neben
einem ebensolchen Österreichischen, sondern eine einheitliche Armee für die Gesamt-
monarchie wollte; durch die Einschaltung der Worte „als ergänzenden Teiles der Gesamt-
armee ** wurden unter solchen Umständen die Intentionen der Mehrheit nur zu klarerem-
Ausdruck gebracht. Kein Mitglied des Fünfzehnerunterausschusses hat übrigens bei den Be-
ratungen geglaubt, daß die Beschlüsse vom Wiener Ministerium unverändert angenommen
werden würden, und die in Wien vereinbarten Änderungen blieben hinter den seinerzeit
erwarteten gewiß sehr zurück.
^) Die Sanktion wurde am 12. Jani vollzogen. Das ungarische Ministerium beschäftigte
sich schon im April mit der Frage, die Beschlüsse des Reichstages in die Form eines
Gesetzentwurfes umzugießen; Deäk^ an den Lönyay sich wegen dieser Formsache wandte,
„war der Ansicht, es wäre besser, das Ganze erst dann als Gesetzentwurf zu fassen,
wenn der (Osterreichische) Beichsrat es angenommen habe**, erhob aber keine Schwierig-
katen. (Aus dem Tagebuch Lönyays, K 6 n y i, V. 77.) Bei dieser Umformung wurden die
§§ 24 bis 26 abgeändert, es kam die Einleitung hinzu und der Absatz am Schlüsse,
daß die auf die Art der Behandlung der gemeinsamen Angelegenheiten bezüglichen Be-
stimmungen des Gesetzartikels erst in Wirksamkeit treten, wenn Österreich auf verfassungs-
mäßigem Wege beigetreten ist, (K 6 n y i, V, 84 ff.)
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ngp«^ — i^m^9-'tJ»'9K'iVi>A»
Die Konsnmsteuern im Osterreichinch-UDgarischen Ausgleich. 9
1848er Oesetze, auf die schon Belcredi hingewirkt hatte, wurden beschlossen.
Das ungarische Gesetz über die gemeinsamen Angelegenheiten ist, wie die
vorstehende Darstellung zeigt, keineswegs auf der Basis einer Regierungs-
vorlage zustande gekommen, sondern, von den erwähnten Zusätzen abgesehen,
eine selbständige Leistung der parlamentarischen Mehrheit, in erster Beihe
ihres Führers Deäk, von dem auch der entscheidende Teil des Gedanken-
gehaltes herrührt Der Inhalt des Gesetzes ist vom Führer der Mehrheit
frei, im Sinne seiner staatsrechtlichen und politischen Überzeugungen gestaltet
worden, ohne daß er irgendwie einer andern Auffassung ein prinzipielles
Opfer zu machen gehabt hätte; auch die Zustimmung, die die neue Ordnung
im Beichstage fand, war das Ergebnis freier Überzeugung. Es fehlte indes
im Abgeordnetenhause nicht an Opposition, und das Werk, das für Ungarn
eine Epoche großen, nachhaltigen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwunges
inaugurierte und ihm einen Einfluß auf die gemeinsamen Angelegenheiten
gewährte, den es früher niemals besessen hatte, wurde von der gemäßigten
Opposition unter Tisza und von der Achtundvierzigerpartei, die zusammen 117
Stimmen aufbrachten, als ßechtsverkümmerung und Gefährdung der Unab-
hängigkeit des Landes bekämpft. Die Opposition, die dem Programme Deäks
kein anderes lebensfähiges entgegenstellen konnte, hat ihre politische Aufgabe
in diesem Falle dadurch zu erfüllen unternommen, daß sie dem Yolksgeiste
den Gedanken einzuprägen suchte, die neue Ordnung sei keine Errungenschaft,
sondern ein Zugeständnis Ungarns.
Wie war nun der Verlauf der Dinge in Österreich? Zunächst war
festzustellen, welcher Vertretungskörper mit den ungarischen Angelegenheiten
beschäftigt werden solle; die Lösung Belcredis bestand darin, daß die auf
die neue staatsrechtliche Ordnung bezüglichen Vorlagen, wie erwähnt, einer
außerordentlichen Beichsratsversammlung zur Beratung unterbreitet werden
sollen; das war eine ganz neue Institution, bestehend aus dem Herrenhause
des Februarpatentes und einem im großen und ganzen nach den Bestimmun-
gen des Februarpatentes durch die Landtage zu wählenden Abgeordneten-
hause; die »Beratung der Verfassungsfrage" sollte seine ausschließliche
Aufgabe bilden. Die Einberufung der Landtage bloß zum Zwecke der Vornahme
der Wahlen erfolgte durch kais. Patent vom 2. Jänner 1867. Allein in
kurzer Frist zeigte sich ein ganz verändertes politisches Bild, Belcredi war
zurückgetreten und Beust, der seine Stelle eingenommen hatte, führte nun
die Ausgleichsangelegenheiten nach seinem Plane weiter. Demnach sollte der
Ausgleich ,, zwischen Ungarn und der Kegierung definitiv und unabänderlich
abgeschlossen* werden, falls der ungarische Reichstag die bei den Wiener
Verhandlungen vereinbarten Modifikationen des Elaborates des Fünfzehner-
unterausschusses annimmt; es solle „für die nichtungarischen Länder die
Berufung des außerordentlichen Keichsrates aufgegeben und auf Grund des
Febiiiarstatutes der Keichsrat berufen werden, dem der Ausgleich als eine
unabänderliche Tatsache zu notifizieren und daran die Aufforderung zu
knüpfen wäre, das Februarstatut den durch den ungarischen Ausgleich geänderten
Verhältnissen anzupassen." Beust war überzeugt, daß die deutschliberale Partei
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10 Zackerkandl.
um den Preis „der Berufung des Februarreichsrates gern bereit sei, der Re-
gierung für den einseitigen Vorgang in der Sache des Ausgleiches mit
Ungarn Indemnität zu erteilen*.^) Die erwähnte Partei bekämpfte bekanntlich
den außerordentlichen Seichsrat und trat dafür ein, dafl die Landtage die
Wahl in diesen ablehnen und die in den legalen Beichsrat vornehmen. Bloß zu
der von Beust geplanten Notifizierung und Indemnität ist es nicht gekommen.
Die österreichischen Minister waren dagegen, aber auch der nach Wien
berufene Graf Andrässy. Vom ungarischen Standpunkte wäre die Oktroyierung
in Osterreich ein schwerer Fehler gewesen; das Ministerium entschied sich
dafttr, die Form zu wahren. So wurden denn die Landtage aufgefordert, die
Wahlen in den verfassungsmäßigen Reichsrat, der zu regelmäßiger Tätigkeit
berufen wurde, vorzunehmen; diesem werden, wie die Regierungsmitteilung
an die Landtage vom 4. Februar 1867 besagt, „diejenigen Veränderungen,
welche mit Rücksicht auf das Ausgleichswerk mit üngani sich als notwendig
herausstellen, zur Annahme (!) vorgelegt werden." Ehe aber der für
den 20. Mai 1867 einberufene Reichsrat mit der ungarischen Frage be-
schäftigt wurde, erfolgte die Sanktionierung des ungarischen Gesetzartikels
über die gemeinsamen Angelegenheiten; alles vollzog sich nach dem von
Beust längst festgestellten Programme.^) Der Reichsrat stand vor einer
vollendeten Tatsache ; es war ihm die Möglichkeit genommen, den in anderen
Fällen selbstverständlichen Einfluß auf die Gestaltung des Inhaltes der
vorgelegten Entwürfe zu nehmen; die Zustimmung war notwendig, wenn
auch die formelle Freiheit der Ablehnung gewahrt blieb. Der Reichsrat hat
selbst seine Zwangslage konstatiert und bitter beklagt.^)
^) Fragmente ans dem Nachlasse des ehemaligen Staat^ministers Grafen Richard
Belcredi, mitgeteilt von Dr. Ludwig Grafen Belcredi, in „Die Kultur, Vierteljahr-
Schrift für Wissenschaft, Literatur und Kunst", 7. Jahrgang, S. 284 f.
2) Könyi, V. S. 78.
3) Über die Frage, wie Beust zu dem Plane gelangt ist, den er durchführte, spricht
sich Graf Richard Belcredi in seinen Aufzeichnungen in sehr interessanter Weise aus
(Fragmente, S. 281 bis 286). Als die Verhandlungen in Wien mit den ungarischen Unter-
händlern einen günstigen Verlauf hatten und gleichzeitig die Opposition der deutschen
Partei gegen den außerordentlichen Reichsrat bestimmte Formen annahm, konnte Graf
Belcredi bei den genannten ungarischen LandtagsroitgUedern deutlich wahrnehmen, „wie
der Gedanke, den Ausgleich zwischen Ungarn und der Krone definitiv unabhängig Ton
einem Votum nichtungarischer Länder abzuschließen, immer mehr an Gestalt gewann und
zur entsprechenden Tat drängte.** Belcredi setzt des weiteren auseinander, daß der
deutschliherale Führer Kaiserfeld für die Oktroyierung des Ausgleiches in Östereich
gewesen sei; er wollte den Ungarn alle Forderungen bewilligen; sein Einfluß habe
schließlich auch die deutschen Parteigenossen in Wien mit wenigen Ausnahmen za
denselben Anschauungen bekehrt; in der zweiten Hälfte des Januar hätten nicht mehr
bloß Kaiserfeld, sondern auch die Deutschliberalen Wiens ihre Bereitwilligkeit kundgegeben,
von einer Regierung im Punkte des Ausgleiches alles hinzunehmen, welche ihnen den
ordentlichen Reichsrat mit deutscher Majorität wiedergebe, r— Es steht andererseits fest,
daß Graf Julius Andrässj, das geht aus seinen eigenen Mitteilungen hervor, den Gedanken,
aus dem ungarischen Ausgleich vor dem Zusammentreten der Landtage eine vollendete
Tatsache zu schaffen, Beust nahegelegt hat, der die Wichtigkeit der Anregung gleich
auffaßte und sich darnach einrichtete; das war in der Zeit vom 20. bis 22. Januar. An-
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Die Eonsumstenern im Österreichisch- ungarischen Ausgleich. H
Das österreichische Gesetz über die gemeinsamen Angelegenheiten vomt
21. Dezember 1867 beruht auch nicht, was seinen gesamten Inhalt betrifft^
auf einer Regierungsvorlage: den ersten fünf Paragraphen des Gesetzes, worin
die gemeinsamen und dann die sogenannten dualistischen Angelegenheiten
aufgezählt, die Prinzipien der Deckung des gemeinsamen Aufwandes fest^
gesetzt und Anordnungen über die Verwaltung der gemeinsamen Angelegen-
heiten getroffen werden, fehlt die Unterlage eines Begierungsentwurfes, denn
die Regierung unterbreitete dem Abgeordnetenhause des Reichsrates bloß
einen Gesetzentwurf über die Delegationen, in dem zwar gemeinsame An-
gelegenheiten und gemeinsame Minister erwähnt werden, aber ohne jede
nähere Kennzeichnung. Der Verfassungsausschufi des Abgeordnetenhauses
hat diese Lücke ausgefüllt, indem er die erwähnten fünf Paragraphe verfafite
und dem Regierungstexte voranstellte, in der völlig zutreffenden Erwägunge
daß „die gemeinsamen Angelegenheiten vorerst gesetzlich festgestellt sein
müssen, ehe das Gesetz über die Art ihrer Behandlung in Wirksamkeit
treten kann.^ Auch der Paragraph 36 wurde in diesem Sinne vom Ausschuß
verfaßt. Dabei hat sich der Ausschuß, wie er angibt «sachlich genau
an die Bestimmungen des ungarischen Gesetzartikels XII, insoweit es sich
um die Festsetzung der gemeinsamen Angelegenheiten handelt, gehalten und
glaubte nur was die Form betrifft von der an vielen Stellen historische
Anfahrungen und Motive enthaltenden Fassung des ungarischen Gesetzes
abweichen zu sollen. ''^) Die Qbrigen Paragi*aphen des Gesetzes, bis
auf die beiden letzten, betreffen die Delegationen, wobei größtenteils
die Vorschläge der Regierung wiedergegeben werden, die sich natürlich ap
das ungarische Gesetz anschließen. Eine Abweichung des österreichischen
Gesetzes vom ungarischen ist in einer Bestimmung über die kaiserliche
Festsetzung der Quote enthalten, dann wurde die im ungarischen Gesetz vor-
kommende Anregung über die Verwendung der Zolleinnahmen weggelassen;
wegen der Wahl der Delegationen durch den Reichsrat sind natürlich Sonder-
bestimmungen getroffen worden. Überdies bestehen noch andere Divergenzen.
Wie sich herausstellt, ist das österreichische Gesetz über die geraeinsamen
Angelegenheiten, abgesehen von den bei den Wiener Beratungen verein-
barten wenigen Punkten, ungarischen Ursprungs.
Der Inhalt dieser Gesetze ist bekannt. Neben den gemeinsamen An-
gelegenheiten (auswärtige Angelegenheiten mit Einschluß der diplomatischen
und kommerziellen Vertretung dem Auslande gegenüber, sowie die in betreff
dr&ssy hat dann, als er Anfang Febrnar in Wien war, den Standpunkt vertreten, „man möge
nch mit den Deutschen verständigen, ob sie das Elaborat der Siebeunndsechzigerkoromission
mit Bezug auf die eigeoe Verfassung akzeptleren; wenn ja, dann solle es ihnen unterbreitet
werden, nicht zum Zwecke der Begutachtung, sondern, daß sie demgemäß die Februar-
verfassung auf verfassungsmäßige Weise abändern." (Könyi, IV, S. 307 f.) Siehe des
weiteren: Beust, Aus drei Vierteljahrhunderten, 1887, 2. Band, S. 86 ff. Fr i e dj ung^
Der Österreichisch-ungarische Ausgleich in „Deutsche Worte." 1899, S. 15ff und Eisen-
mann, Le compromis austro-hongrois, 1904, S. 454 f.
*) Die neue Gesetzgebung Österreichs etc Wien 1868, S. 520, Bericht des Ver-
fassungsausschusses.
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12 Zuckerkandl.
der internationalen Verträge notwendigen Verfügungen, das Kriegswesen mit
Inbegriff der Kriegsmarine^), das Finanzwesen rücksichtlich der gemeinschaftlich
zu bestreitenden Auslagen), gibt es solche Angelegenheiten, welche, wie das
ungarische Gesetz sagt, , teils im Hinblick auf die Lage aus politischen
Bücksichten, teils wegen des Zusammenfallens der Interessen beider Teile
zweckmäßiger im gemeinsamen Einvernehmen als streng gesondert erledigt
werden''. Das österreichische Gesetz kennzeichnet sie als zwar nicht gemeinsam
verwaltete, jedoch nach gleichen von Zeit zu Zeit zu vereinbarenden Grund-
sätzen zu behandelnde Angelegenheiten, und führt als solche an: die kommer-
ziellen Angelegenheiten, speziell die Zollgesetzgebung, die Gesetzgebung
über die mit der industriellen Produktion in enger Verbindung stehenden
indirekten Abgaben, die Feststellung des Münzwesens und Geldfußes, Ver-
fügungen bezüglich jener Eisenbahnlinien, welche die Interessen beider Beichs-
hälffcen berühren, und die Peststellung des Wehrsystems. Von diesen bleiben
die drei letztgenannten hier ganz außer Betracht. Die gleichartige Ordnung
hängt mit Ausnahme des letzten der erwähnten Punkte vom Einverständnis
jedes Teiles ab und kann zur gegebenen Zeit ausgeschlossen werden.
Politische und wirtschaftliche Erwägungen sind für die Haltung bestimmend.
Das ungarische Grundgesetz führt in all diesen Fällen begründende Momente
auf. Bei den Handelsangelegenheiten gibt es die wichtigen und zahlreichen
wechselseitigen Berührungen der Interessen zwischen Ungarn und den übrigen
Ländern als Motiv für das Zoll- und Handelsbündnis an.')
Die gleichartige Ordnung der erwähnten indirekten Abgaben gibt sich
im ungarischen Gesetze als Konsequenz der Einheitlichkeit des Zollgebietes: es
soll dadurch die Möglichkeit ausgeschlossen werden, „daß die diesbezüglichen
VerfQgungen der einen Gesetzgebung oder verantwortlichen Begierung eine
Verkürzung der Einkünfte des andern Teiles nach sich ziehen können. ""
(§ 63, G. A. XII, 1867.) Diese Schädigung der Einnahmen würde sich da-
durch ergeben, daß die Industrie des einen Teiles gegenüber der des andern
^) Ausgenommen sind die Rekrutenbewilligung, die Gesetzgebung über die Art und
Weise der Erfüllung der Wehrpflicht, die Verfügungen hinsichtlich der Dislozierunfi: und
Verpflegung des Heeres, ferner die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse und der sich
nicht auf den Militärdienst beziehenden Rechte und Verpflichtungen der Mitglieder des
Heeres. — Während das Osterreichische Gesetz diu auswärtigen Angelegenheiten schlecht-
hin als gemeinsame bezeichnet^ setzt das ungarische Gesetz die Gemeinsamkeit bloß be-
züglich jener auswärtigen Angelegenheiten fest, ^welche die unter der Herrschaft Sr.
Majestät stehenden gesamten Länder simultan betreffen".
^ Die Beseitigung des einheitlichen Zollgebietes, wie es seit 1850 bestand, wurde
damals in Ungarn von keiner Seite gefordert; die Aufhebung der ZwischenzoUinien nach
der ungarischen Revolution wurde vielmehr in Ungarn als eine den Interessen des Landes
entsprechende Maßnahme gewürdigt und auch in den Zeiten des heftigsten staatsrecht-
lichen Streites als solche öffentlich anerkannt. In dem von Deäk inspirierten zweiten
Artikel der Wiener „Debatte" (S.Mai 1865) heißt es: „Die Handelspolitik der verschiedenen
Teile der Monarchie könnte bezüglich der wichtigsten Fragen nur dann eine verschiedene
sein, wenn die inneren Zollschranken wieder aufgerichtet werden würden. Das wünscht
aber niemand und daraus folgt die Notwendigkeit einer gemeinsamen Zoll- und
Handelspolitik."
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Die KoDsomateaern im Osterreichisch-angariBchen Ausgleich. 13
Teiles auf dem heimischen Markte das Feld nicht behaupten könnte, weil
die letztere durch die fQr die Konkurrenz günstigere Einrichtung der Steuern
im Vorteile ist. Es sollten also soweit gleiche Voraussetzungen für den freien
Wettbewerb im einheitlichen Zollgebiete geschaffen werden.
Die näheren Bestimmungen nach beiden Eichtungen enthält das Zoll-
und Handelsbündnis. Neben diesem ist aber auch das Gesetz über die
Beitragsleistung zum gemeinsamen Aufwände zu beachten. Nach dem unga-
rischen Gesetze über die gemeinsamen Angelegenheiten ist die Beitrags-
leistung jedes der beiden Staaten zum gemeinsamen Aufwände durch einen
wechselseitigen Vertrag für eine bestimmte Zeitdauer festzusetzen, nach
deren Ablauf neuerdings eine Vereinbarung zu treffen ist, des weiteren der
Beitrag Ungarns zur Staatsschuld zu bestimmen und das Zoll- und Handels-
bündnis zu vereinbaren. Bezüglich der ersten Frage war im ungarischen
Gesetze vorgesehen, daß zur Ausarbeitung eines Vorschlages in jedem Falle
zwei Deputationen zu wählen sind, eine von der Vertretung der Länder der
ungarischen Krone, die andere von der Vertretung der übrigen Länder
Sr. Majestät. Diese Deputationen, die österreichische wurde noch vor der
Beschlußfassung des Reichsrates über den Gesetzentwurf betreffend die
gemeinsamen Angelegenheiten gewählt, sind über die Frage der Beitrags-
leistung Ungarns zum gemeinsamen Aufwände und zu den Lasten der all-
gemeinen Staatsschuld am 25. September 1867 zu einer Verständigung
gelangt, der auch die Gesetzgebungen beitraten. Noch vor Jahresschluß
erledigte das österreichische Parlament auch die Entwürfe über die gemein-
samen Angelegenheiten und das Zoll- und Handelsbündnis, die dann alle noch
im Dezember sanktioniert wurden. Es sind dies das Gesetz vom 21. Dezember
1867, R.-G.-B1. Nr. 176, „über die allen Ländern der österreichischen Monarchie
gemeinsamen Angelegenheiten und die Art ihrer Behandlung'', das Gesetz vom
24. Dezember 1867, R.-G.-B1. Nr. 2 ex 1868, „über die Beitragsleistung der
im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder zu dem Aufwände für die
allen Ländern der österreichischen Monarchie gemeinsamen Angelegen-
heiten", dann das Gesetz vom 24. Dezember 1867, R.-G.-Bl. Nr. 8 ex 1868,
„wodurch das Ministerium der im Reichsrate vertretenen Königreiche und
Länder ermächtigt wird, mit dem Ministerium der Länder der ungarischen
Krone ein Obereinkommen in betreff der Beitragsleistung der letzteren zu
den Lasten der allgemeinen Staatsschuld zu schließen", endlich das Gesetz
vom 24. Dezember 1867, R..G.-B1. Nr. 4 ex 1868, .wodurch das Mi-
nisterium der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder zur
Vereinbarung eines Zoll- und Handelsbündnisses mit» dem Ministerium der
Länder der ungarischen Krone ermächtigt wird". Die den letztgenannten drei
Gesetzen entsprechenden ungarischen Gesetze erhielten am 27. Dezember
die Sanktion. In Österreich traten mit den erwähnten Gesetzen gleichzeitig
das Gesetz betreffend die Abänderung des Grundgesetzes über die Reichs-
vertretung und noch vier andere Staatsgrundgesetze in Wirksamkeit.
Aus dem Inhalt der Gesetze über die Beitragsleistung zum gemein-
samen Aufwände sei die Vereinbarung hervorgehoben, daß die im Reichs-
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14 Zuckerkandl.
rate vertretenen Königreiche und Länder 70, die Länder der ungari-
schen Krone 30 Proz. beizutragen haben; ferner wurde bestimmt: «von dem
Beinerträgnisse des als gemeinsame Einnahme erklärten Zollgefälles werden vor
allem die Steuerrestitutionen fQr die über die gemeinsame ZoUinie ausgeführten
versteuerten Gegenstände bestritten und der Best ist zur Deckung der
gemeinsamen Angelegenheiten zu verwenden und deshalb von dem Erfordernis
für die gemeinsamen Angelegenheiten vorweg abzuziehend.^) Die Abmachungen
über die Beitragsleistung galten für 10 Jahre.
Das Zoll- und Handelsbündnis wurde gleichfalls für 10 Jahre abge-
schlossen, doch war eine einjährige Kündigung nach 5 Jahren vorgesehen,
ebenso die fortdauernde Geltung für weitere 10 Jahre und so fort von 10
zu 10 Jahren, wenn keine Kündigung eintritt. Auf das Zoll- und Handels-
bündnis wird alsbald näher einzugehen sein; hier seien nur die uns haupt-
sächlich interessierenden Punkte hervorgehoben. Es wird bestimmt, daß die
Ländergebiete beider Teile während der Dauer des Bündnisses zusammen
ein Zoll- und Handelsgebiet, umgeben von einer gemeinsamen Zollgrenze,
bilden. Infolgedessen wird keinem der beiden Teile während der Dauer dieses
Bündnisses das Becht zustehen, Verkehrsgegenstände, welche aus dem Länder-
gebiete des einen Teiles in das des andern Teiles übergehen, mit Ein-,
Aus- und Durchfuhrsabgaben welcher Art immer zu belasten und zu diesem
Zwecke eine Zwischenzollinie zu errichten. Die aus dem Ländergebiet des
andern Teiles eingeführten Artikel dürfen mit Abgaben nur in solchem Maße
belastet werden, in welchem die ähnlichen gewerblichen Erzeugnisse oder
Produkte des eigenen Ländergebietes belastet werden. Desgleichen wird fest-
gesetzt, daß die bis dahin mit fremden Staaten abgeschlossenen Verträge,
welche die Begelung wirtschaftlicher Beziehungen zum Ausland bezwecken,
insbesondere Handels-, Zoll-, Schiffahrts-, Konsular-, Post- und Telegraphen-
verträge während ihrer ganzen Dauer für die Länder der ungarischen Ejrone
und für die im Beichsrate vertretenen Königreiche und Länder gleich bin-
dende Kraft besitzen. Die Negoziierung und der Abschluß neuer derartiger
^) Die Idee der Verwendang der ZoUeinnahmen zur Bestreitung des gemeiDsamen
Aufwandes ist ungarischen Ursprungs, sie ist bereits während der fieratangen des
Fünfzehnerunterausschusses aufgetaucht, sogar in der Form eines Antrages, daß die Zoll-
einnahmen zwar zur Deckung der gemeinsamen Ausgaben zu verwenden, aber auf die
beiden Teile der Monarchie nach dem Verhältnis der Volkszahl zu verrechnen seien.
Da damals die Bevölkerungszahlen sich verhielten wie 57:43, so hätte Ungarn nach
diesem Antrage mit seiner Partizipation an den Zolleinnahmen in der Hohe von 43 Proz.
einen Teil seiner dreißigpr^entigen Partizipation an den gemeinsamen Ausgaben bestritten.
Die Beschlösse des Fünfzehnerunteraasschusses enthalten keine Bestimmung über die
Verwendung der Zolleinnahmen, aber bei den Wiener Beratungen im Januar 1867 ver-
einbarte man, daß in der Siebenundsechzigerkommission als Zusatz beantragt werden soll,
daß die Zolleinnahmen zur Bestreitung der gemeinsamen Ausgaben zu verwenden seien.
Das ist geschehen; der Zusatz wurde angenommen und ist in den XII. Gesetzartikel über
die gemeinsamen Angelegenheiten übergegangen, in den er gar nicht hineinpaßt; denn
dieses Fundamentalgesetz sieht im allgemeinen von finanziellen Einzelheiten ab und
ordnet demgemäß an, daß das Beitrags Verhältnis durch einen wechselseitigen Pakt erst
noch bestimmt werden soll, dem aber nun vorgegriffen wurde.
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Die Konsumsteaem im Osterreichisch-ungariscben Aasgleich. 15
Verträge geschieht vorbehaltlich der Genehmigung beider Legislativen durch
den Minister des Äußern auf Grundlage der Vereinbarungen, welche zwischen
den betreffenden Bessortministem beider Teile stattgefunden haben. Die
gegenwärtig geltenden Zolltarife und Zollgesetze, dann die Vorschriften über
Einhebung und Verwaltung der Zölle bleiben in beiden Ländern in voller
Kraft, dürfen nur im gemeinsamen Einvernehmen der beiden Legislativen,
beziehungsweise der beiderseitigen verantwortlichen Ministerien abgeändert
und aufgehoben werden. Die Einhebung und Verwaltung der Zölle bleibt
den Regierungen beider Teile innerhalb der Grenzen des ihnen unterstehenden
Ländergebietes überlassen. Es ist Vorsorge getroffen für gegenseitige Über-
wachung der Einhaltung eines übereinstimmenden Verfahrens in der Ver-
waltung und Einhebung der Zölle. Es sei beigefügt, daß genau dieselben
Bestimmungen in allen späteren Zoll- und Handelsbündnissen vorkommen.
Über die Konsumabgaben wird im Zoll- und Handelsbündnis, ebenso in allen
folgenden bestimmt, daß das Salz- und Tabakgeßlle und die indirekten Ab-
gaben, welche auf die wirtschaftliche Produktion von unmittelbarem Einfluß
sind, namentlich die Branntwein-, Bier- und Zuckersteuer in beiden Länder-
gebieten während ' der Dauer dieses Vertrages nach gleichaitigen Gesetzen
und Verwaltungsvorschriften gehandhabt werden, und es ist auch hier Vor-
sorge getroffen zur Wahrung der Übereinstimmung in der Handhabung der
gleichartigen Vorschriften.^) Die beiden Monopole bleiben bei der folgenden
Darstellung ganz außer Betracht
2. Inhalt den Ausgleichsvenhandlungen.
Ehe in die meritorischen Erörterungen eingegangen wird, dürften
einige Bemerkungen über Inhalt und Umfang der Ausgleichsvereinbarungen
am Platze sein. Die Ordnung der gemeinsamen Angelegenheiten, das
gemeinsame Ministerium, die Delegationen, die Grundsätze der Tragung des
gemeinsamen Aufwandes sind als bleibende Gebilde selbstverständlich kein
Gegenstand der Ausgleichsverhandlungen ; diese betreffen vielmehr die wegen
Ablaufes der Übereinkommen der beiden Staaten zu vereinbarenden neuen
^) Die Gleichartigkeit wird erzielt durch materiell übereinstimmende Akte beider
Legislativen ; sie beruhen auf von den beiden Ministerien unterbreiteten gleichen Regierungs-
vorlagen und die Regierungen wirken auf die Übereinstimmung der Parlamentsbeschlüsse
hin. Nach dem Gesetz über die gemeinsamen Angelegenheiten sind nach gleichartigen
Grundsätzen zu behandeln jene indirekten Abgaben, „die mit der industriellen Produktion
in enger Yerbindung*" stehen; das Zoll- und Handelsbundnis kennzeichnet diese indirekten
Abgaben dahin, daß sie „auf die wirtschaftliche Produktion von unmittelbarem Einflufi
sind** und erwähnt als solche namentlich die Branntwein-, Bier- und Zuckersteuer. ' Diese
wurden damals anläßlich der Produktion bemessen, die Besteuerung knüpfte an den
Produktionsprozeß an, die Erzeugnisse waren von vornherein besteuert, ehe sie die
Erzeugungsstätte verließen, es war daher Gleichartigkeit der Normen notwendig, um den
betreffenden Produkten, da zwischen den beiden Ländergebieten keine Zoll- oder Steuer-
linie bestand, die gleiche Konkurrenzfähigkeit im einheitlichen Zollgebiete zu sichern,
soweit dabei die Steuer in Betracht kommt. Man dachte also bei den zitierten gesetzlichen
Bestimmungen an sogenannte Produktionssteuern, an Steuern, die in Anknüpfung an den
Produktionsprozeß bemessen werden; Steuern, denen dieselben Artikel, aber anläßlich
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16 Zackerkandl.
Bestimmungen, und zwar handelt es sich dabei um die Beitragsleistung
zum gemeinsamen Aufwand und dann um das Zoll- und Handelsbündnis.
Die Ablaufstermine sind entweder von yomberein gegeben, so bei dem Ab-
kommen betreffend die Beitragsleistung, oder sie resultieren aus der Kün-
digung der Verträge, wie beim Zoll- und Handelsbündnis. Es könnte sehr
wohl vorkommen, dafi das letztere infolge Unterlassung der Kündigung in
dem Zeitpunkte einer Erneuerung nicht bedarf, wo die Beiträge zum gemein-
samen Aufwände neuerlich festzusetzen sind; in der Tat war vorgesehen,
dafi das Zoll- und Handelsbündnis, wenn die Kündigung unterbleibt, 20,
30 Jahre usw. in Geltung bleibe; in Wirklichkeit ergab sich aber infolge
Kündigung das tatsächliche Zusammenfallen der Neuordnung beider Ange-
legenheiten, und zwar hatte diese in 10jährigen Abständen (einmal ergab
sich eine 9V2Jährige Zwischenzeit) zu erfolgen, weil die einzelnen Abmachungen
über die Beitragsleistung in keinem Falle eine über 10 Jahre hinausreichende
Wirksamkeit besaßen.
Die Frage der Beitragsleistung zum gemeinsamen Aufwände wird bei jedem
Ausgleich mit großem Aufgebot von Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit und
unter beti*ächtlichem Interesse der Öffentlichkeit behandelt; die Vorbereitung
der Beschlüsse der Vertretungskörper obliegt den Deputationen, aber *die
Begierungen erörtern selbst diese Frage während der Ausgleichsverhandlungen
und nehmen auch auf die Beschlüsse der Parlamente Einfluß. Diese Materie
des Handels, deb Kleinverschleifies, des Ausschankes nnterliegen, sind nicht nach gleichen
Grands&tzen einzurichten; sie treffen ohnehin alle Proyenienzen gleichmäßig; es kommen
demnach derartige Steuern einseitig geordnet vor, in Ungarn als Staats-, bei uns als
Landes- und Gemeindesteuern. Es stimmt damit äberein, daß seinerzeit auch die Wein-
und Fleischsteuer der gleichartigen Behandlung nicht unterzogen wurden, €enn, indem
sie in den geschlossenen Städten bei der Einfuhr, auf dem flachen Lande bei irgend-
einer mit dem Umsatz des Steuerobjektes zusammenhängenden Handlung bemessen wurden,
trafen auch sie alle Proyenienzen gleichmäßig. Die im Jahre 1882 neu hinzugekommene
Mineralölsteuer, dann die KonHumabgabe der Branntweinsteuer und die Zuckersteuer
werden nicht mehr in Anknüpfung an den Produktionsprozeß^ sondern anläßlich des
Eintrittes der betreffenden Produkte in den freien Verkehr des Zollgebietes bemessen;
da sich dabei ergibt, daß jedes in den freien Verkehr tretende Stück von vornherein
besteuert ist, so mußte auch hier Gleichartigkeit der Normen eintreten, um den Erzeugnissen
im einheitlichen Zollgebiete die gleiche Konkurrenzfähigkeit zu gewähren, soweit sie von
der Steuer bestimmt wird. Das Überweisungsverfahren gestattet später die Ungleichheit der
Sätze der gleichartig zu behandelnden Steuern in den drei Ländergebieten. Bei den Zöllen
und den inneren Konsumsteuern sind die Verhältnisse bezüglich der gleichartigen
Behandlung etwas verschieden. Bei den letzteren Abgaben ist Gleichartigkeit gegeben,
indem in jedem Staate für diesen Gesetze und Verordnungen gleichen Inhaltes gelten.
Bei den Zollangelegenheiten ist die Ordnung eine andere. Die beiden Staaten sind überein-
gekommen, ihre Territorien zu einem einheitlichen Zollgebiete zusammenzuschließen; die
Zollgesetzgebung steht den beiden Legislativen zu; wenn nun in den beiden Staaten Zoll-
gesetze gleichen Inhaltes erfließen, oder aber wenn derselbe Handelsvertrag von den beider-
seitigen Parlamenten akzeptiert wird, so sind diese Akte nicht so beschaffen, daß die
österreichischen sich auf den österreichischen und die ungarischen sich auf den ungarischen
Teil des Zollgebietes beziehen, sondern sie betreffen das ganze Zollgebiet. Die Gleich-
artigkeit der Zollbehandlung in Österreich und in Ungarn ist eine notwendige Konsequenz
des einheitlichen von ihnen gebildeten Zollgebietes.
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Die KoQsumsteaern im Österreichisch-ungarischen Ausgleich. 17
besitzt eine gar nicht näher darzulegende hohe Wichtigkeit. Die politische
Stellung beider Staaten in bezug auf die gemeinsamen Angelegenheiten ist
vollkommen paritätisch und von der Höhe der finanziellen Beiträge selbst-
verständlich ganz unabhängig. Jedem Teile muß daran gelegen sein, dafi
das Beitragsverhältnis richtig festgesetzt werde, da£ er verhältnismäßig nicht
zu stark, aber auch nicht zu wenig belastet sei, weil sonst der eine für den
andern zahlt. Ein richtiger Verteilungsschlüssel hat also eine hohe mora-
lische Bedeutung, wenn auch das Mehr oder Weniger von einigen Prozenten
finanziell nicht allzu schwer ins Gewicht fällt. ^) Gesetzliche Grundsätze über
den Maßstab der Beiträge fehlen; solche Prinzipien aufzufinden und anzu-
wenden, wird den normal nach zehnjährigen Pausen sich versammelnden,
in ihrer Zusammensetzung natürlich wechselnden Deputationen überlassen.
Diese haben aber in jedem einzelnen Falle ebensowenig eine Vereinbarung
über die Methode der Berechnung des Verteilungsschlüssels getroffen; sie
gehen wohl, mit Ausnahme der österreichischen von und nach dem Jahre 1896,
davon aus, daß für die Beiträge die Steuerkraft maßgebend sein soll, darüber
aber, wie diese zu berechnen sei, hat niemals eine Verständigung statt-
gefunden. Der Maßstab der Steuerkraft wurde im Jahre 1867 angewendet,
ohne daß die Wahl eines andern Schlüssels, z. B. gleiche Aufteilung des
Aufwandes oder Teilung nach der Bevölkerungsziffer proponiert worden wäre.
Für die letztere spricht der Umstand, daß der gemeinsame Aufwand in über-
wiegendem Ausmaße Militäraufwand ist, wonach es nicht unbillig erscheint»
daß jeder Staat davon dieselbe Quote trage, mit der seine Angehörigen im
gemeinsamen Heere vertreten sind; sie hätte sich trotzdem nicht empfohlen,
denn die mit einer Aufteilung auf dieser Grundlage verbundene stärkere
Belastung Ungarns hätte die entsprechende Gestaltung der Militärausgaben
hintangehalten. Das Absehen von der Teilung nach der Bevölkerungsziffer
war also auch im Interesse der gemeinsamen Institutionen, in erster Beihe
im Interesse des Heeres gelegen. *
Beim ersten Ausgleich war die Beachtung der Steuerkraft erleichtert
durch die Gleichheit der Steuersysteme beider Staaten, und das dabei erzielte
Ergebnis konnte an sich als angemessen bezeichnet werden; es war aber
schon damals eine Einigung über die Berechnungsmethode nicht erzielt
worden, noch weniger später, als die Steuersysteme beider Staaten immer
verschiedener wurden. Die Berechnungsart keiner der beiden Deputationen
war einwandfrei; die österreichische hielt sich ständig an die Beinerträgnisse
der indirekten Abgaben, und die Einnahmen, die sie im Jahre 1867 aus der
Berechnung ausgeschieden hatte, scheidet sie auch 1877 und 1887 aus. Die
ungarische Deputation entschied sich für die Bruttoeinnahmen; das seit 1877
von ihr konsequent festgehaltene Prinzip, bei der Vergleichung der Steuer-
kraft alle Steuergattungen auszuscheiden, welche nur in dem einen oder
anderen Staatsgebiete Geltung haben, namentlich auch jene neuen Steuern,
Ein Prozent des durch die Quote zu bedeckenden gemeinsamen Aufwandes betrug
Ton 1868 bis 1877: 980.450 fl-, von 1878 bis 1887: IS, 1895: 1-05, 1900: 1-08 und 1905:
2 Millionen Gulden.
Znckerkandl, Die Konsnmttenera Im OaterreichUch-nngariBchtii Äntgleicb. 2
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X8 Zackerkandl.
welche nur in dem einen Staate eingeführt wurden, macht die ganze Be-
rechnungsart, da die Steuersysteme in beiden Staaten nicht in gleicher Weise
geändert werden, infolge der Einschränkung der Vergleichungsbasis und ihrer
zunehmenden Bedeutungslosigkeit wertlos. So gab es stets unausgeglicheDO
wesentliche Meinungsverschiedenheiten; wenn die Deputationen überein-
stimmende Anträge stellen, so gelangen sie dazu nur auf dem Wege, daß
sie, nachdem jede ihre Berechnungsart ausführlich vertreten hat, angesichts
der Unmöglichkeit einer Einigung sich dahin verständigten, «von aller spe-
ziellen Berechnung abzusehen und lediglich unter allgemeiner Inbetracht>-
nahme der vorliegenden Daten^ Vorschläge zu machen. Es ist ersichtlich^
wie schwer es unter solchen Umständen fällt, eine Änderung herbeizuführen;
in Österreich behauptet man seit dem dritten Ausgleich, daß die Quote nicht
in gerechter Weise geordnet ist.
Die im Jahre 1896 gewählte österreichische Deputation hat eine sehr
bemerkenswerte Haltung eingenommen; sie bezeichnete den Steuerertrag, mit
Becht, als für die Quotenberechnung ungeeignet, regte, ohne es zu
beantragen, die gleiche Teilung des zu deckenden Aufwandes an, empfahl
aber die Teilung nach der Bevölkerungsziffer; überdies hat sie, wie auch
schon die östeneichische Deputation des Jahres 1887, die Festsetzung eines
stabilen Schlüssels gewünscht und die Begierung aufgefordert, feste Normen
über die Ermittlung des Beitragsverhältnisses mit Ungarn zu vereinbaren.
Auch in Ungarn ist man sich über das Unbefriedigende des gegenwärtigen
Zustandes klar.^) Eine befriedigende Lösung wird sich freilich schwer durch-
setzen lassen, aber eine gerechte dauernde Ordnung wäre ein großer Vorteil;
schon das Wegfallen der langwierigen Deputationsverhandlungen, wobei ohne
einverständliche Bechnungsgrundlage Differenzen von Zehnteln von Prozenten
nicht leicht zu schlichten sind, wäre ein Gewinn. Allein jetzt sind bei uns
Quotenbestimmungen, wenn dabei nicht die Teilung nach der Bevölkerungszahl
oder nach Hälften vereinbart wird, nur rebus sie stantibus möglich, das
heißt bei unveränderter Sprachenordnung in der gemeinsamen Armee; eine
Ändenmg der Eommandosprache im Sinne der ungarischen Aspirationen
müßte mindestens zum Bevölkerungsschlüssel führen.
Zur Deckung des gemeinsamen Aufwandes werden auch die Beineiträge
des Zollgefälles herangezogen. Es war von vornherein klar, daß diese Ver-
anstaltung, soweit es sich dabei um die Einnahmen aus den Finanzzöllen
handelt, dem österreichischen staatsfinanziellen Interesse nicht entspricht, und
man hatte demnach für Kompensationen vorzusorgen. Beim Ausgleich kann
von zweierlei Vor- und Nachteilen gesprochen werden: von staatsfinanziellen
') Die ungarische Deputation hat dem im Jahre 1900 Auadruck gegeben.
Die Hanptqnelle für diese ganze Frage bilden die Berichte über die Verhandlangen
der Deputationen, die sich in den Beilagen zu den stenographischen Protokollen des
österreichischen Abgeordnetenhauses vorfinden. Aus den Österreichischen Parlaments-
beratungen über diese Frage ist die höchst instruktive Bede des Abgeordneten Dr. y.
Plener aus dem Jahre 1887 hervorzuheben. (Stenogr. Prot, des Ab geordne tenh., 10.
Session, 153. Sitzung.)
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Die KoDsumsteaeni im Österreichisch ungarischen Ausgleich. 19
und von volkswirtschaftlichen; ein staatsfinanzieller Vorteil zugunsten Ungarns
ist z. B. die Verwendung der Zolleinnahmen zur Deckung des gemeinsamen
Aufwandes. Man hat nun diesem Vorteil den volkswirtschaftlichen Nachteil
gegenübergestellt, den Ungarn durch die Oemeinsamkeit des Zollgebietes
erleide, indem es ihm nicht möglich ist, eine seinen Interessen entsprechende
freihftndlerische Handelspolitik einzuhalten.^) Demnach wäre ein staatsfinanzieller
Vorteil durch einen volkswirtschaftlichen Nachteil kompensiert worden. Ohne
auf die Berechtigung einzugehen, die diese Argumentation seinerzeit gehabt
haben mag, ist hervorzuheben, daß sie seit dem Umschwung in der Handels-
politik der westlichen Staaten, welche zu Ende der siebziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts stattfand, jede Kraft verloren hat. Es geht doch nicht, eine
Ordnung als für Ungarn unvorteilhaft hinzustellen, die die ungarische
Eegierung selbst wiederholt als im ungarischen Interesse gelegen bezeichnet
hat Da von anderweitigen volkswirtschaftlichen Nachteilen Ungarns im Aus-
gleiche, die nicht wieder durch volkswirtschaftliche Vorteile ausgeglichen
werden, nichts bekannt ist, so ist für den Nachteil bei den Zöllen eine
staatsfinanzielle Kompensation zu finden. Man kann nicht sagen, da£ die
Pestsetzung des ungarischen Beitrages mit 30 Proz. beim ersten Ausgleich
ein Äquivalent für den staatsfinanziellen Nachteil bei den Zöllen bildete, denn
es steht fest, daß das Beitragsverh<nis 70 : 30 fflr sich allein damals als
angemessen anerkannt wurde. Eine Kompensation waren die Ordnung der Be-
streitung der Restitutionen, später die der Ausfuhrbonifikationen, endlich auch
der staatsfinanzielle Vorteil Österreichs, der aus dem Umstände erwuchs,
daß die Konsumabgaben dem Staatsschatze des Ländergebietes zuflössen, in
dem die steuerpflichtige Ware produziert wurde, ein Vorteil, der übrigens
bei der Quote zu Lasten Österreichs berücksichtigt worden ist. Bekanntlich
sind alle diese Vorteile weggefallen; indessen haben aber die Zölle, teils
durch Erhöhung der Sätze und infolge anderweitiger Bestreitung der Resti-
tutionen, teils durch Steigerung der Bevölkerung und des Wohlstandes eine
sehr erhebliche finanzielle Bedeutung erlangt; von einer Kompensation für
den dabei bestehenden staatsfinanziellen Nachteil Österreichs ist aber nichts
zu bemerken.*)
*) Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Abgeordnetenh., 8. Session, Nr. 745,
Seite 17, Nuntium der ungarischen Qnotendepntation.
^) Die ZoUeinnahmen waren von vornherein niedrig nnd durch die Bestreitung der
Bestitutionen stark in Anspruch genommen, so daß der reine Überschuß des Zollgefälles
Yon 1868 bis 1877 Yon 12*24 Millionen auf 4*7 Millionen Gulden sank. Erhöhungen der
FinanzzOUe in den Jahren 1878 und 1882 steigerten die Zolleinnahmen; da aber daraus
die Steuerrestitutionen bestritten wurden , so war der reine Überschuß des Zollgefälles
auch in der Epoche 1878 bis 1887 nicht erheblich; er bewegt sich zwischen 20*9 und
1*7 Millionen Gulden. Seit der im Jahre 1887 geänderten Bestreitung der Restitutionen,
deren finanzielle Bedeutung durch die Reform der Zucker- und Branntweinsteuer im
Jahre 1888 sich übrigens sehr yerringerte, stehen aus den Zolleinnahmen beträchtliche
Beträge zur Deckung des gemeinsamen Aufwandes zu Gebote. Der reine Überschuß steigt
von 8-75 Millionen Gulden im Jahre 1887 auf 41-5 Millionen Gulden im Jahre 1890 und
auf 65*5 Millionen Gulden im Jahre 1900. Da derart das eine Deckungsmittel des gemein-
samen Aufwandes wächst, braucht das andere sich nicht stark zu erhohen, ja es kann in
2*
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20 Zuckerkandl.
An der Gemeinsamkeit der Zolleinnahmen bat man im Laufe der ganzen
Zeit nicht gerührt; sie stand im Zusammenhang mit der Gemeinsamkeit des
Zollgebietes. Die ganze Arbeit bei den wiederkehrenden Deputationsver-
handlungen konzentrierte sich auf die Quote.^)
Die zweite Angelegenheit, die beim Ausgleiche zu ordnen ist, betrilBft
das Zoll- und Handelsbündnis. Der ungarische Gesetzartikel XII sieht den
Abschluß eines solchen vor: ,,es hätte jene Fragen, welche sich auf den
Handel beziehen und die Art der Behandlung des ganzen Handelswesens zu
bestimmen^. (§ 60.) Im einzelnen werden als darin oder anläßlich seiner
Vereinbarungen zu treffende Anordnungen genannt: die Festsetzung der
Gültigkeit der bis dahin mit dem Auslande abgeschlossenen Handelsverträge
für Ungarn, Bestimmungen der Einzelheiten über die mit der industriellen
Produktion zusammenhängenden indirekten Steuern, dann die Entscheidung
darüber, hinsichtlich welcher Eisenbahnlinien gemeinsame Verfügungen not-
wendig sind und wie weit sie sich erstrecken sollen, endlich wäre die Gleichheit
des Geldwesens und des Münzfußes in beiden Staaten auszusprechen. Selbst-
verständlich lag im Ausdruck „Zollbündnis" die Festsetzung des einheitlichen
Zollgebietes. Was überdies als kommerzielle Angelegenheiten im gemeinsamen
minderem Ausmaße in Anspruch genommen werden. Im Jahre 1885 betrug das gemeinsame
Erfordernis 124*5 Millionen Gulden, im Jahre 1900 848 Millionen Kronen (=174 Millionen
Gulden); durch die Quote wurden bedeckt im erstgenannten Jahre 119*6 Millionen Gulden
und im zweitgenannten 217 Millionen Kronen (=108'5 Millionen Gulden). Das Beinerträgnis
der Zolleinnahmen hatte sich von 4*8 auf 65*5 Millionen Gulden erhöht.
^) Es fanden zwei Änderungen der Quote statt Anläßlich des Überganges der
Militärgrenze in die Zivilyerwaltung übernahm Ungarn durch ein dauerndes Übereinkommen
(Gesetz Yom 8. Juni 1871, It.-G.-Bl. Nr. 4ä) die Verpflichtung, yon den unbedeckten
gemeinsamen Auslagen yorweg 2 Proz. zu tragen; die 30 Proz. beziehen sich also auf
98 Proz. des im Qnotenyerhältnis zu deckenden gemeinsamen Aufwandes, wonach die
ungarische Quote sich im ganzen auf 81*4 Proz. belief. Im Jahre 1899 einigten sich die
Quotendeputationen, ohne daß eine übereinstimmende Berechnungsmethode akzeptiert
worden wäre, aui 65*6 : 84*4, unter Wegfallen des zweiprozentigen Präzipuums. Überein-
kommen der beiderseitigen VertretungskOrper im Anschlüsse hieran sind nicht erzielt worden,
ebensowenig in der weiteren Zeit bis heute. Die Quote, seit Anfang 1898 durch kaiserliche
Entschließung bestimmt, ist yom 1. Jänner 1900 ab derart festgesetzt, daß zu dem nach
Abzug des zweiprozentigen Beitrages zu Lasten Ungarns erübrigenden gemeinsamen Er-
fordernis Österreich 66^^40 Proz. und Ungarn B3'/4q Proz. beizutragen haben, wonach sich
die gesamten Quoten auf 65*6 und 34*4 Proz. stellen. Das sind dieselben Ziffern, welche
die beiden Deputationen vorgeschlagen hatten. Da diese Festsetzungen höchstens f&r ein
Jahr erfolgen, so mußten die Versuche, Übereinkommen der beiderseitigen VertretungskOrper
herbeizuführen, zur gegebenen Zeit erneuert werden; Deputationsyerhandlungen kehren
also auch seit 1900 immer wieder. Im Vorjahre proponierte die Osterreichische Deputation
der ungarischen, die Beitragsleistungen nach den BeyOlkerungsziffem zu bemessen; zunächst
nur bis Ende 1906, dies mit Rücksicht auf die unfertigen Ausgleichsyereinbarungen mit
Ungarn: dabei wurde die Teilung nach Hälften als das Konsequente bezeichnet. Den
BeyOlkerungsschl&ssel beantragte die Osterreichische Deputation auch in diesem Jahre
wieder nur bis zum Jahresschluß, und zwar unter Bedachtnahme auf die obschwebenden
Ausgleichsverhandlungen, „die ohne Zweifel auf das bestehende Quoten Verhältnis einen
maßgebenden Einfluß üben müssen.^ — Die ununterbrochen geltende Gemeinsamkeit der
Zolleinnahmen gründet sich gegenwärtig auf die kaiserliche Verordnung vom 21. Sep-
tember 1899, R.-G.-B1. Nr. 176.
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Die Konsamsteucrn im österreichisch-ungarischen Ausgleich. 21
Einvernehmen zu ordnen ist, gibt der ungarische Gesetzartikel XII nicht an;
die Abmachungen konnten sich auf weitem Felde bewegen ; der allgemeine
Ausdruck, kommerzielle Angelegenheiten, macht es den Unterhändlern möglich,
aus dem ganzen Komplex jene für die dualistische Behandlung auszuwählen,
bei denen die einverständliche Ordnung besondere Vorteile bietet. Die Gesetz-
gebungen hatten demnach weite Freiheit bei der Auswahl auf diesem Gebiete,
sie können neue Angelegenheiten einbeziehen, einbezogene ausscheiden, immer
wie es die Interessen mit sich bringen. Die Fundamentalbestimmitng des
Zoll- und Handelsbündnisses ist die Festsetzung der Zollgemeinschaft beider
Staaten. Die darauf und auf die Gleichartigkeit derindirektenAbgaben bezüglichen
Partien wurden obenerwähnt. Im Zusammenhange damit und überhaupt zur Vor-
bereitung und Vermittlung gleichartiger Gnindlagen betreffend die im ZoU-
und Handelsbündnis enthaltenen Gegenstände wird darin die Einsetzung
einer Zoll- und Handelskonferenz vorgesehen. Die übrigen Punkte dieser Kon-
ventionen lassen sich, wenn von den Anordnungen über die Handelsflagge, die
Konsulate und den Lloyd abgesehen wird, im großen und ganzen in folgender
Weise gliedern: es kommen zunächst, wie das bei Handelsverträgen üblich, Be-
stimmungen vor, worin jeder der kontrahierenden Staaten den Angehörigen und
Provenienzen des andern Staates dieselbe Behandlung zusichert, wie sie die
eigenen erfahren; des weiteren solche Bestimmungen, worin die beiderseitige
Gewährung gleicher Begünstigungen ausgesprochen wird; mit Rücksicht auf
die politische Gemeinschaft und die intensiven Verkehrsbeziehungen beider
Ländergebiete ist im Zoll« und Handelsbündnis für eine Anzahl von Bereichen
die Geltung gleicher grundsätzlicher Normen, gleicher Grundsätze, überein-
stimmenden Verfahrens, in einzelnen Fällen mit gewissen Einschränkungen,
in beiden Staaten festgesetzt, wobei entweder das Zoll- und Handelsbündnis
selbst die meritorischen Verfügungen bringt oder unter Beibehaltung der
bestehenden Normen die Schaffung neuer in Aussicht genommen wird; es
kommt auch der Vorbehalt einverständlicher Abänderung der bestehenden
Normen vor. Die im Zoll- und Handelsbündnisse behandelten Materien
ändern sich, wie bereits erwähnt, im Laufe der Zeit; ebenso kann sich auch
die Behandlung einer und derselben Materie ändern, z. B. durch Aufnahme
erweiterter Bestimmungen, was bei den Eisenbahntarifen im Entwürfe des
Zoll- und Handelsbündnisses aus dem Jahre 1898 der Fall war (Verordnung
des Eisenbabnministeriums vom 22. September 1899); es werden auch bis
dahin in anderen Gesetzen und Verordnungen behandelte Angelegenheiten
aufgenommen, so die Bestimmungen über den Mahlverkehr. Dann werden
Materien, die früher keine ein^erständliche Behandlung erfuhren, einer
solchen unterzogen, wobei bald allein das Prinzip oder auch schon die
Einzelheiten vereinbart werden. Man findet im Entwürfe des Zoll- und
Handelbündnisses aus dem Jahre 1898 derartige Neueinbeziehungen; eine
solche mit Detailbestimmungen unter Zusicherung der gleichen Behandlung
der Provenienzen betrifft den Viehverkehr (kaiserliche Verordnung vom
21. September 1899, B.-G.-Bl. Nr. 176).
Während die Grundbestimmungen des Zoll- und Handelsbündnisses
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22 Zuekerkandl.
während der ganzen Zeitdauer nie streitig waren und unverändert wieder-
kehren, machten die erwähnten Erweiterungen und Einbeziehungen wegen
der großen volkswirtschaftlichen Wichtigkeit der betreffenden Fragen um-
ständliche Verhandlungen notwendig; daß diese Abmachungen far beide Teile
ungleiche Wichtigkeit besitzen, dem einen sehr erheblichen und dem andern
sehr geringen Vorteil bringen können, braucht kaum gesagt zu werden.
Damit ist nur ein Teil der ständigen Ausgleichsmaterien gekennzeichnet;
es kommt noch hinzu die Ordnung der Notenbankfrage. Zur Zeit des ersten
Ausgleiches hatte die österreichische Nationalbank das ausschließliche Noten-
ausgaberecht für die ganze Monarchie bis Ende 1876 auf Orund eines fOr
das ganze Beich wirksamen, aber von Ungarn fQr Ungarn nicht anerkannten
Gesetzes vom Jahre 1862. Das Notenbankwesen ist keine nach gleichen Grund-
sätzen zu behandelnde Angelegenheit. Beim zweiten Ausgleich wurde eine
neue Ordnung eingerichtet, indem die österreichisch-ungarische Bank, d. i.
die Nationalbank mit veränderter Firma und Organisation, von beiden Staaten
einverständlich das Notenprivilegium erhielt, aber nur bis Ende 1887. Die
nächste Verlängerung des Privilegiums erfolgte bis Ende 1897. Das erklärt
sich aus der gleichen Minimaldauer des Zoll- und Handelsbündnisses, weil
eine einheitliche Notenbank nur für ein einheitliches Zollgebiet gewollt wird. ^)
So ist auch die Bankfrage eine ständige Ausgleichsfrage geworden. Bei den
wiederkehrenden Ausgleichsverhandlungen bildeten neben banktechnischen
Fragen die Staatsbeteiligung am Gewinne der Bank, die Verwendung und
Teilung der Notensteuer, Paritätsfragen bezüglich^ der Bankverwaltung, die
Schuld des Staates an die Bank sowie Mitwirkung und Stellung der Bank
bei der Währungsordnung, den Gegenstand der Vereinbarungen.
Beim Ausgleich werden aber auch Fragen erledigt, deren Ordnung,
wenn sie auch einverständlich zu erfolgen hat, an sich zu anderen Zeiten
ebensogut möglich wäre, so Änderungen des Zolltarifes für das gemeinsame
Zollgebiet. Das Zusammenfallen der Verhandlungszeiten kann in dem Umstände
seinen Grund haben, daß gerade zur Ausgleichszeit wegen des bevorstehenden
Abschlusses von Handelsverträgen eine Neugestaltung des Zolltarifes not-
wendig ist; oder der Abschluß der Legislaturperiode hat eine frühere Ver-
handlung verhindert und sie fällt nun in die Ausgleichszeit. Es kam aber
auch, und zwar beim zweiten Ausgleich, eine einseitige Verzögerung der
Erledigung bis zur Ausgleichszeit vor. Als die Änderung des Zolltarifes im
Jahre 1868, dann im Jahre 1875 von der österreichischen Regierung beantragt
wurde, da hatten beide Teile über den dem Tarif zu gebenden Inhalt sehr
verschiedene Ansichten ; denn die österreichische Regierung mußte wegen der
Stimmung des Abgeordnetenhauses für den Industrieschutz eintreten, während
Ungarn als Agrarstaat für den Freihandel war. Solche Interessengegensätze
fehlen auch bei anderen größeren Zollgebieten nicht, und da es bei uns
darin keine Majorisierung gibt, so gilt es sich zu verstflndigen, was denn
^) Im Jahre 1899 wurde das Bankpriyilegiam bis Ende 1910 mit der Einschränkung
verlängert, daß es am 31. Dezember 1907 erlischt, wenn die Gemeinschaftlichkeit in
Zollangelegenheiten der beiden Staatsgebiete nicht bis Ende 1910 verfügt werden sollte.
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Die Konsamsteuern im Csterreichisch- ungarischen Ausgleich. 23
auch immer geschehen ist, indem bald der eine, bald der andere, bald beide
Teile nachgeben. Kein Staat, der eine Zollgemeinschaft eingeht, kann erwarten
und verlangen, daß immer nur das geschehe, was ihm pafit^ jeder muß auf
den andern BQcksicht nehmen und Zugeständnisse machen; jeder empftngt
aber auch Zugestandnisse; gewiß werden nicht alle Wünsche voll erfüllt,
aber dieser Nachteil wird durch die schwerwiegenden Vorteile der Gemein-
schaft aufgewogen. Beiderseitiges Entgegenkommen ist notwendig und das
Zugeständnis, das man macht, wird durch ein Zugeständnis das man erhält,
vergolten.
An derartigen Ausgleichungen hat es bei uns nicht gefehlt; so be-
trachtete z. B. die ungarische Begierung im Jahre 1877 den höheren Eaffee-
zoU, der die ungarischen Einnahmen erhöht, aber vorwiegend von Österreich
aufgebracht wird, „als teilweise Entschädigung für die Nachteile, welche die
ungarische Konsumtion infolge der Erhöhung der Zölle auf Textilwaren zu
tragen hatte, während der spezielle Nutzen allein den Industriellen Öster-
reichs zugute komme"; als der Petroleumzoll in der erwarteten Höhe im
östeneichischen Abgeordnetenhause nicht durchsetzbar war, wollte die unga-
rische Begierung „diese Gelegenheit nicht unbenutzt lassen, um einige
Schutzzölle dabei zu ermäßigen ''.^) Derartige Kompensationen können die
Begierungen immer verabreden; warum wurde trotzdem die ganze Aktion bis
zur Ausgleichszeit verschoben? Im Jahre 1875 trachtete die österreichische
Begierung die notwendige Beform des Zolltarifes mit großer Beschleunigung
herbeizuführen; es war aber der ungarischen Begierung nicht schwer, die
Einbeziehung der Zolltariffrage in die alsbald beginnenden Verhandlungen
über den zweiten Ausgleich durchzusetzen. Der Zweck dieser Verzögerung
ist klar: die österreichische Begierung hatte erhöhte Sätze f&r einzelne
Industrieartikel beantragt, soweit lag ein besonderes Interesse Österreichs
vor; andererseits wünschte Ungarn beim Ausgleich in erster Beihe eine seinen
Finanzen gtlnstigere Art der Bestreitung der Bestitutionen zu erlangen. Die
Hinausschiebung der Entscheidung Ober den Zolltarif bis zu den Ausgleichs-
verhandlungen hatte für die ungarische Begierung die Bedeutung, ein im
ganzen Komplex der Ausgleichsfragen zu verwertendes Kompensationsobjekt
in der Hand zu behalten. Übrigens haben sich die Schwierigkeiten der Ver-
ständigung auf diesem Gebiete alsbald sehr gemildert, wie der Verlauf und
Inhalt der beiden nächsten Tarifrevisionen, der außerhalb der Ausgleichszeit
erfolgten im Jahre 1882 und der beim dritten Ausgletch im Jahre 1887
zustandegekommenen, erweisen. Es ist das zurückzuführen auf die sich
steigernde, immer schroffer werdende industrielle und agrarische Schutzzoll-
politik des Auslandes; die ungarischen Freihandelsabsichten auf dem Gebiete
der Handelspolitik wurden angesichts des allgemeinen Mangels an Erwiderung
ganz unpraktisch und mußten verfliegen. Die Tendenz Ungarns war nun
darauf gerichtet, seinen Produkten den Markt des gemeinsamen Zollgebietes
durch agrarische Zollmaßnahmen zu sichern; daß man aber gleichzeitig die
^} T. Matlekovits, Die Zollpolitik der Osterr.-nngar. Monarchie usw. Leipzig, 1891,
Seite 60.
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24 Zuckerkandl.
Industriezölle erhöhen mußte, war klar, denn nur durch Behinderung der
industriellen Ausfuhr ins gemeinsame Zollgebiet konnte man, wenn überhaupt,
eine Milderung der agrarischen Schutz- und Ausschließungsmaßnahmen des
Auslandes herbeifflhren. Auf der Grundlage der Zollerhöhungen nach beiden
Richtungen hat sich dann die zollpolitische Übereinstimmung ohne große
Schwierigkeit ergeben.
Auch Abänderungen der nach gleichen Grundsätzen zu behandelnden
Aufwandsteuern können sehr wohl außerhalb der Ausgleichszeiten erfolgen;
es war das auch wiederholt der Fall, doch kam es häufig vor, daß sie
in die Ausgleichszeit fielen oder im Anschli^ an einen Ausgleich vor-
genommen wurden. Auf diesem Gebiete scheint das Einverständnis der beiden
Begierungen leicht erzielbar zu sein, denn jede ist bestrebt, die Staats-
einnahmen zu erhöhen, wozu diese Eonsumsteuern sich besonders eignen,
oder die Steuern rationell zu gestalten, so daß Differenzen bloß über tech*
nische Einzelheiten auftauchen können, die schließlich unschwer beseitigt
werden.
Dem ist jedoch nicht immer so. Zunächst ist die Dringlichkeit der Be-
schaffung erhöhter Staatseinnahmen und der Umfang des Mehrbedarfes in
beiden Staaten gewöhnlich ungleich, so daß die Geneigtheit, mit wenig
populären Anträgen wegen Steuererhöhung an das Parlament heranzutreten, oft
auf einer Seite fehlt. Das ist ein besonders wichtiges Moment. Derartige Beform-
vorschläge brauchen überdies nicht auf der Absicht zu beruhen, unmittelbar
Mehreinnahmen zu erzielen, sondern können als Bestandteil eines neuen ge-
planten Steuersystems gedacht sein, das wohl für die Verhältnisse des einen,
aber nicht des andern Staates paßt. Dazu tritt, daß es sich hierbei nicht
allein um staatsfinanzielle, sondern auch, wegen des Zusammenhanges der
besteuerten Produkte mit der Landwirtschaft und der Industrie, um volks-
wirtschaftliche Fragen handelt. Daraus ergeben sich aber mehrfach Kompli-
kationen. Vom Standpunkte des betreffenden Produktionszweiges kann der
eine Teil eine Steuerreform, so rationell sie an sich sein mag, zeitweilig
überhaupt ablehnen, weil die durch die scyechte Steuer bewirkte Förderung
des Produktionszweiges für wichtiger erachtet wird als der staatsfinanzielle
Vorteil, der aus der Verbessenmg der Steuer resultiert; vom andern Teile
wieder wird diese aus volkswirtschaftlichen und staatsfinanziellen GiUnden
vorangestellt und als besonders dringlich behandelt. Auch wird es vorkommen,
daß die beteiligtenr Kreise aus ihrem wirtschaftlichen Interesse heraus be-
züglich der Einrichtung der Steuer differente Wünsche haben. Derartige
Verschiedenheiten des Interesses fehlen in größeren Zollgebieten nie. Die
kleineren landwirtschaftlichen und die großen industriellen Branntweinbren-
nereien z. B. stimmten seinerzeit bezüglich der Änderungen der Branntwein-
steuergesetze in ihren Auffassungen nicht überein, ebensowenig die Baffineure
ausländischen „ Kunstöles ^ und die inländischen Bohölproduzenten über die
Mineralölzölle. Das erschwert die Gesetzgebung überhaupt, besonders aber,
wenn, wie es der Fall war, von den divergierenden Interessen das eine in
dem einen, das andere in dem andern Staate vorwiegend vertreten ist.
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^mam^^^mtm^^imim.ammmt^i^m^^^m^t^K^fpB i in
Die Konsum steuern im OsterreicIiisch-nngaTischen Aasgleich. 25
Das sind die allgemeinen Schwierigkeiten. Die beiden Staaten konnten
trotzalldem in verhältnismäßig nicht allzu langer Zeit zu Gestaltungen der
Konsumsteuern gelangen, die als rationell gelten können. Die Einbeziehung
der auf diese Abgaben bezüglichen Fragen in die Ausgleichsverhandlungen
hat verschiedene Gründe. Änderungen in der Bestreitung der Bestitutionen,
Bonifikationen, dann die Ausdehnung des Überweisungsverfahrens fanden in
den Ausgleichszeiten statt; es sind damit Verschiebungen verbunden, indem
gegenüber dem überkommenen Zustand ein Teil zugunsten des andern
finanziellen Nachteil erleidet; wenn bis zum Ausgleich gewartet wird, läßt
sich das notwendige Äquivalent leichter finden; auch wird vor dem Zeit-
punkte, wo die Gleichartigkeit der Eonsumsteuern neuerlich zu vereinbaren ist^
der Teil, dem die Einbuße zugemutet wird, kaum auf eine Änderung ein-
gehen. Auch meritorische Neuordnungen dieser Abgaben fanden während
und im engen Anschluß an Ausgleichszeiten statt: es ergab sich eben mehr
und mehr von selbst, Wünsche solcher Art erst in der Epoche zur Er-
örterung zu stellen, die ohnehin Verhandlungen der beiden Regierungen
gewidmet ist; es spricht dafür auch die Erwägung, daß diese Seite der
Materie nach ihrer Beschaffenheit richtigerweise von häufiger Änderung
der Bestimmungen verschont bleiben soll. Wir hatten übrigens auch einen
Fall, wo die Reform der Eonsumabgaben selbst Eompensationsobjekt für
die veränderte Verteilung der Restitutionen war.
Die beiden Staaten traten in die Zeit nach dem ersten Ausgleich mit
irrationellen Bestimmungen bezüglich der Zucker- und der Branntweinsteuer,
die staatsfinanziell unzureichend, jedoch den betreffenden Produktionszweigen
•sehr förderlich waren. Die Zuckerindustrie war in östeiTeich, die Brannt-
weingroßindustrie in Ungarn stärker vertreten. Die österreichische Regierung
hat von vornherein die Reform dieser Steuern angestrebt, die besonders bei
der Zuckersteuer nach der Sachlage nur allmählich zur richtigen Form
führen konnte; aber ohne Erfolg, da die ungarische Regierung die Zustim-
mung versagte. Sie hat sie erst bei der zweiten Ausgleichs Verhandlung
gegeben und bis dahin gewartet, um sie bei der Erlangung einer veränderten
Bestreitung der Steuerrestitutionen als Eompensationsobjekt zu verwerten.
Späterhin konnten die Reformen leichter vereinbart werden, und schon im
Jahre 1888 waren befriedigende Gestaltungen der beiden Steuern erreicht,
die freilich nicht bloß im staatsfinanziellen, sondern besonders auch im volks-
wirtschaftlichen Interesse Ungarns lagen.
Die Feststellung des Münzwesens und des Geldfußes ist gleichfalls
eine nach gleichartigen Grundsätzen zu ordnende Angelegenheit. Die Währungs-
reform wurde von beiden Staaten außerhalb der Ausgleichszeit, 1892, begonnen.
Es fehlt nicht nur ein Grund, diese Aktion in die Ausgleichszeit zu ver-
legen, sondern es war im Gegenteil richtig davon abzusehen, weil damit
ein Problem auf die Tagesordnung gestellt wurde, das mit Recht die Auf-
merksamkeit des Parlamentes und der Öffentlichkeit lange Zeit hindurch
in Anspruch nahm. Die Bestimmung des Zeitpunktes für die weiteren Schritte
des allmählich zu vollziehenden Überganges zur Goldwährung geschieht allein
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26 Zackerkandl.
nach der Natur der Sache und die Ausgleichszeiten haben darauf keinen
Einfluß. Anläßlich der Ausgleichsverhandlungen der Jahre 1895 bis 1897
wurden auch bezüglich der Währungsreform Vereinbarungen getroffen. Das
erklärt sich aus der Verknüpfung der österreichisch-ungarischen Bank mit
dieser Angelegenheit; die beiden Begierungen strebten die weitere Förderung
dieses großen Werkes an und nahmen dabei sowohl wieder die Mitwirkung
der Bank bei der Einziehung der Staatsnoten, wie die Anpassung ihres Oe-
schäftsbetriebes und ihrer Einlösungsmittel an die neuen Verhältnisse in Aus-
sicht. Über diese Fragen wurden anläßlich der Beratungen über Verlängerung
des Ende 1897 ablaufenden Bankphvilegiums Verständigungen erzielt und die
fiegierungen haben dann die auf die Währungsangelegenheit bezüglichen Ent-
würfe zusammen mit denen wegen Fortdauer des Privilegiums den Abgeordneten-
häusern vorgelegt. Bei den Ausgleichsverhandlungen des Jahres 1902 bildete
die Aufnahme der Barzahlungen durch die Bank den Gegenstand der Verein-
barungen der beiden Begierungen. Ungarn trat bekanntlich fttr die Be-
schleunigung dieser Aktion ein.
Die letzten Erörterungen betrafen Fragen, bei denen die ein-
verständliche Behandlung im Gesetze vorgeschrieben ist; es wird aber auch
bei Angelegenheiten, von denen das nicht gilt, mit Vereinbarungen, die
wann immer getroffen werden könnten, bis zur Ausgleichszeit gewartet So
hat das Ministerium Eörber mit dem Ministerium Sz^U anläßlich der Be-
ratung der Ausgleichsangelegenheiten sich über Abmachungen verständigt,
die sich auf Steuern beziehen, bei denen eine gleichartige Behandlung nicht
eintritt; sie betrafen die Besteuerung der den Geschäftsbetrieb auf beide
Staatsgebiete ausdehnenden Unternehmungen, ferner u. a. die der Gehalte
und Buhegehalte gewisser Angestellter und Pensionisten der staatlichen
und öffentlichen Behörden, die beiderseitigen Bentensteuem und die Auf-
hebung der ungarischen Dampfschifftransportsteuer. Es ergeben sich in jedem
Teile auch bezüglich der Gebiete, die jeder Staat selbständig ordnet,
Wünsche und Beschwerden betreffend die im andern Staate geltenden Ge-
setze, Verordnungen, Kommunikationen usw., denen durch Änderungen dieser
Normen, durch neue Vorschriften und anderweitige Veranstaltungen ent-
sprochen werden könnte. Die intensiven Verhandlungen der beiden Begierungen
in der Ausgleichszeit legen den Gedanken nahe, auch derartige Fragen
auf die Tagesordnung zu stellen; dazu kommt in solchen Fällen noch ein
Umstand: auf den Gebieten, wo jeder. Staat selbständig vorgeht, sind
Kompensationen die Begel; die Ansammlung der Wünsche auf jeder Seite
während der Ausgleichszeit erleichtert, weil die Kompensationsobjekte zahl-
reicher sind, zum mindesten einen teilweisen Erfolg.
Das waren bisher die bei den Ausgleichs Verhandlungen vorkommenden
Angelegenheiten; beim jetzigen Ausgleich ist es trotz der veränderten Ver-
hältnisse im ganzen nicht anders. Man wird die Beitragsleistung zum ge-
meinsamen Aufwand festzusetzen haben: an Stelle des Zoll- und Händels-
bündnisses soll ein Handelsvertrag abgeschlossen werden, er wird aber in
vielen Punkten dasselbe regeln wie die Zoll- und Handelsbündnisse. Be-
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Die Eonsnmsteuero im Osterreicbisch-aDgarischen Ausgleich. 27
züglich der Konsumabgaben wünscht Ungarn die Beseitigung der Gleich-
artigkeit, man wird also über diese selbst und unter Umständen über die
Durchführungsart sich verständigen. Bei der Notenbank ist zu entscheiden,
ob es bei der gemeinsamen Bank verbleiben soll oder nicht; dazu treten
dann Verhandlungen über die Konversion der einheitlichen Staatsschuld,
über Eisenbahnbauten u. dgl. mehr.
Es sind also staatsfinanziell und volkswirtschaftlich sehr wichtige
Fragen, die bei den Ausgleichsverhandlungen geordnet werden. Die Bevöl-
kerungen sind am Ausgang nicht nur materiell, sondern auch in ihrem
Selbstgefühl beteiligt. Sie wissen, welche Fragen zur Erörterung stehen und
sind über deren Bedeutung sowie über die erwünschte Lösung durch die
Presse, Flugschriften, politische Beden u. dgl. informiert, und ein Ergebnis,
das demnach als ungünstig gilt, wird als Niederlage aufgefaßt. Die Häufung
der zu erörternden Fragen zur Ausgleichszeit wurde erklärt; sie erschwert
freilich den Abschlul}, ist aber in gewissem Sinne erwünscht, weil viel er-
ledigt werden kann. Es ist natürlich, dafi jede der beiden Begierungen für
den ganzen Komplex der vorkommenden Fragen in den entsprechenden
Phasen der Verhandlungen eine Bilanz der staatsfinanziellen und volkswirt-
schaftlichen EiTungenschaften und Zugeständnisse zieht, die nach den möglichen
Vereinbaiiingen sich ergeben würden, und sich nach Abwägung aller einzelnen
Punkte entscheidet. Die Vielzahl der Fragen schiebt natürlich die Verständigung
hinaus und diese Verzögerung macht die Bevölkerungen ungeduldig, zumal
die Verhandlungen, deren Gegenstände bekannt sind, immer von den gegen-
sätzlichen lebhaften Kommentaren der Politiker und der Presse beider Teile
begleitet sind; namentlich stellt die letzte, durch ihre abnorm lange Dauer
und ihre Wandlungen gekennzeichnete Ausgleichsepoche die Geduld auf eine
harte Probe.
3. Die Restitutionen.
In der ersten Hälfte des Jahres 1873 bereits wurden in Ungarn Zweifel
an der Nützlichkeit eines Zoll- und Handelsbündnisses mit Österreich aus-
gesprochen und das Abgeordnetenhaus beschlofi eine Prüfung durch Sach-
verständige darüber, ob dieser Vertrag nicht nachteilig ffir Ungarn sei und
Bestimmungen enthalte, die im Interesse des Landes zu ändern wären. Die
Frage wurde im Abgeordnetenhause von der Opposition aufgeworfen, die,
von vornherein Gegnerin der Ordnung des Jahres 1867, die Bevölkerung
von deren Nachteilen, wie das überall bei der Opposition üblich ist, durch
einseitige und übertriebene Darstellungen zu überzeugen suchte. Die äußerste
Linke, die, nachdem die Partei Tisza Begierungspartei geworden war, diesen
Kampf gegen die siebenundsechziger Gesetze allein weiterführte, hatte im
Abgeordnetenhause doch immer nicht wenige Vertreter, trotz der Wahlkünste
der Regierung und ihrer Partei und trotzdem der Schwärm derjenigen, die
den Mantel nach dem Winde drehen, sehr groß ist. Diese Opposition hatte,
wenn sie auch keine lebensfähige Politik vertrat, stets stärkeren Anhang im
Lande: ihre staatsrechtliche Skrupulosität und ihr Streben. nach Erreichung
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28 Znckerkandl.
voller Staatlichkeit schmeicheln der Bevölkerung. Die Regierung, der sie oft
genug unangenehm war, mußte mit ihr rechnen.
Bei jenen Umfragen wurde vereinzelt die Idee des ungarischen selb-
ständigen Zollgebietes vertreten. Man wies darauf hin, daß beim gemein-
samen Zollgebiet das ungarische Gewerbe keinen Schutz finde, indem die
Grenzzölle nicht gegen den Hauptkonkurrenten, die österreichische Industrie,
wirken, gegen deren Übergewicht aber gerade ein Schutz nötig sei, der wieder
nur beim selbständigen Zollgebiet erzielbar wäre. Die Gemeinsamkeit des Zoll-
gebietes schafTe für Ungarn bei den Yerzehrungssteuem Nachteile: die
Zucker-, Branntwein- und Biersteuer werden bei der Produktion eingehoben;
wenn nun ein in dem einen Staatsgebiet produzierter Artikel im andern
verbraucht wird, so ersetzt infolge der Überwälzung der Steuer im Preise der
Konsument dem Produzenten die von diesem an die Staatskassa des andern
Staatsgebietes gezahlte Steuer. Da die Zucker- und Bierindustrie in Österreich
viel entwickelter sind als in Ungarn, und selbst beim Spiritus in manchen
Jahren die österreichische Produktion größer ist, als die ungarische, so liege
es auf der Hand, daß die ungarischen Konsumenten einen großen Teil der
Yerzehrungssteuem nach Österreich bezahlen. Dazu trete der Nachteil, den
Ungarn bei den Steuenückvergütungen erleide, die besonders bei der Zucker-
industrie hohe, steigende Beträge ausmachen.^)
Die Idee der Errichtung eines selbständigen ungarischen Zollgebietes
fand damals im Lande kaum Anklang; die dargestellten finanziellen Momente
wurden von der ungarischen Regierung wohl beachtet und sie gründete darauf
ihre Ausgleichspostulate. Die ungarische Regierung forderte bei den zweiten
Ausgleichsverhandlungen: ein Präzipuum von 4 Millionen Gulden wegen der
Verzehrungssteuer, die Herabsetzung des ZoUtarites nach Maßgabe eines
Sprozentigen Wertzolles und eine Korrektur der Restitutionsverteilung. Es
war klar, daß nicht alles erreicht werden konnte, aber die Häufung der Forde-
rungen erleichtert die Durchsetzung der wichtigsten. Auf die Neuordnung
der Restitutionen fiel das Schwergewicht; der Rest sollte den Erfolg dabei
erzielen helfen und konnte dann, vielleicht bis zum nächsten Ausgleich, ruhen.
In der Tat hatte die Frage der Restitutionen beim damaligen Ausgleich eine
große Bedeutung, während die übrigen Forderungen keinen Gegenstand parla-
mentarischer Beratung bildeten.
Diese Angelegenheit hat seinerzeit viel Staub aufgewirbelt; der Sach-
verhalt ist ganz einfach. Die Branntwein-, Zucker- und Biersteuer wurden
anläßlich der Produktion bemessen und bei der Ausfuhr der Produkte
ins Ausland hatte die Rückvergütung der Steuern zu erfolgen. Die Brannt-
wein- und die Zuckersteuer waren damals pauschaliert, das Erzeugnis über-
traf quantitativ das zum Zwecke der Besteuerung gesetzlich angenommene,
und die tatsächliche Steuerbelastung der Mengeneinheit war demnach geringer,
als die vom Gesetz angenommene; da die bei der Ausfuhr zu erstattenden
Sätze nach Maßgabe der angenommenen Steuerbelastung bemessen waren,
^) ▼. Matlekovits, Die Zollpolitik der Osterr.-ungar. Monarchie von 1850 bis znr
Gegenwart. Budapest, 1877, S. 215 ff.
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Die KoDSumsteuem im Osterreichisch-üDgarischen Ausgleich. 29
SO erhielt man bei der Ausfuhr für die Mengeneinheit als Steuererstattung
mehr, als man an Steuer bezahlt hatte. Im Bestitutionssatze steckte also
eine Exportprämie, die natürlich die Wirkung der Exportsteigerung hatte,
doch entwickelte sich bloß beim Zucker starke Ausfuhr, beim Branntwein
war sie nicht sehr erheblich. Die Biersteuer war ganz anders eingerichtet
als die beiden erwähnten Steuern, es gab dabei keine Exportprämie.
Die Pauschalierung bei der Branntweinsteuer traf nach dem Gesetze
vom 18. Oktober 1865, B.-G.-B1. Nr. 104, die größeren Brennereien, nämlich
die, welche Gärgefäße von einem Gesamtrauminhalt von mindestens 80 nieder-
österreichischen Eimern besaßen; sie erfolgte nach dem dritten Teil des Gär-
raumes, und indem eine Alkoholausbeute von 6Vs Prozent aus jedem Eimer
dieses Kauminhaltes für jeden Betriebstag angenommen wurde. Das Gesetz
vom 18. März 1868, B.-G.-B1. Nr. 24, bestimmte, daß Brennereien, welche
weder mehlige Stoffe noch Zuckermelasse verarbeiten, dann jene, welche
solche Stoffe verarbeiten, aber mit dem Gesamtrauminhalt der Gärgefäße
hinter 30 Eimern zurückbleiben, der Abfindung, eventuell der Maischraum-
besteuerung nach früheren Vorschriften unterliegen; bei den übrigen Brenne-
reien (sowie bei Bübenbrennereien mit einem Gesamtgärraum von 30 Eimern
oder mehr) wurden durch Gesetz vom 8. Juli 1868, B.-G.-Bl. Nr. 90, die
angenommene Gärdauer herabgesetzt und die angenommenen täglichen Aus-
beutesätze erhöht Der Steuersatz betrug nach Übergang zum metrischen
Maß- und Gewichtsystem 10*7 kr. pro Hektolitergrad und ebenso hoch war
der Restitutionssatz. Trotz der Steigerung der gesetzlich angenommenen
Ausbeutesätze ergab sich eine Exportprämie; die Ausfuhr war indessen über-
haupt und im Verhältnis zum Gesamtprodukt nicht sehr erheblich; im Jahre 1875
z, B. wurden in Österreich- Ungarn 284 Millionen Alkoholeimergrade bei der
Besteuerung als produziert angenommen, der Export betrug 122 Millionen
Eimergiade.
Die Pauschalierung bei der Zuckersteuer wurde durch das Gesetz vom
18. Oktober 1865, B.-G.-B1. Nr. 105, eingeführt; es wurde mehr Rübe ver-
arbeitet und aus der Rübenmenge mehr Zucker gewonnen, als das Gesetz
annahm. Für die Fabriken, welche den Saft mittels Pressen gewinnen, war
in dem erwähnten Gesetze eine feste Skala der Steuerbemessung normiert.
Dieser gesetzliche Maßstab, von vornherein unrichtig, wurde immer weniger
zureichend, so daß die Unterschiede zwischen der wirklichen Leistungs-
fähigkeit der Saftpressen und dem gesetzlichen Ausmaß ihrer Leistungs-
ßhigkeit im Jahre 1877 in einigen Rübenzuckerfabriken sogar nahezu lOOProz.
der pauschalweise versteuerten Rübenmengen erreichten. Für das Diffusions-
verfahren, das mehr und mehr herrschend wurde, enthält das Gesetz keinen
Maßstab und die Pauschalierung erfolgte für jede Erzeugungsperiode, aber
die Annahmen der Rübenmengen, die täglich verarbeitet werden können,
blieben hinter der Wirklichkeit immer zurück. Der Steuersatz betrug seit
Einführung der neuen Maße und Gewichte 73 kr. für den metrischen Zentner
frischer Rübe und die Restitutionssätze stellten sich auf 9 fl. 10 kr. und
11 fl. 18 kr. Unter diesen Umständen steckte im Restitutionssatze eine
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30 Znckerkandi.
Prämie.^) Die Zuckerausfuhr wurde denn auch stimuliert, sie war sehr er-
heblich und steigend.
Ganz anders waren die Zustände bei der Biersteuer; hier gab es keine
Pauschalierung, sondern die Bierwürze wurde nach Menge und Eitraktgehalt
besteuert; es bestand nicht nur keine Ausfuhrprämie, den Exporteuren wurde
sogar nicht einmal die bezahlte Steuer ganz wieder erstattet.^)
Die Restitutionen erfuhren nach dem ersten Ausgleich eine starke Er-
höhung. Bei der Spiritusausfuhr stiegen sie von 346.746 fl. im Durchschnitt
der Jahre 1860 bis 1867 auf 1,070.990 fl. im Durchschnitt der Jahre 1868
bis 1877; viel erheblicher war die Zunahme bei der Zuckerausfuhr. Die
erste hohe Bestitutionsziffer kommt in der Erzeugungsperiode 1864/1865
vor mit 2,016.462 fl. und sie betrug in den beiden folgenden Erzeugungs-
perioden 744.092 fl. und 2,669.610 fl.; für die Jahre 1860 bis 1867 ent-
fallen, da solche Restitutionen nur in 6 Jahren vorkamen, nach 6jährigem
Durchschnitt 917.137 fl. auf ein Jahr; für die Erzeugungsperioden 1867/1868
bis 1876/1877 resultiert ein weit höherer jährlicher Durch schnittsbetrag an
Steuerrückvergütungen, nämlich 5,872.278 fl.; in der Erzeugungsperiode
1875/1876 beti-ugen die Restitutionen 9,472.991 fl. Die Rückvergütungen
bei der Bierausfuhr betrugen im Durchschnitt der Jahre 1868 bis 1877:
349.715 fl.
Die Restitutionen wurden aus den Zolleinnahmen bestritten und ver-
minderten die zur Deckung des gemeinsamen Aufwandes verwendbare Rein-
ertragssumme des Zollgefälles. Der Betrag, um den die Restitutionen das
Reinerträgnis des Zollgeßllles mindei*ten, war von den beiden Staaten im Ver-
hältnisse der Quote aufzubringen; die Restitutionen wurden also effektiv von
den beiden Staaten nach dem Quotenverhältnis getragen.
Die hohen Restitutionen bedeuteten zunächst eine starke Reduktion des
Ertrages der betreffenden Eonsumsteuer; der Umstand, daß sie aus den
^) Es ist nicht ohne Interesse, eine Berechnung ihrer Hohe ans jener Zeit kennen
zu lernen; sie wurde einem parlamentarischen Berichte des damaligen Ahgeordneten
Eduard Sueß entnommen: die per metrischen Zentner Rohzucker restituierte Summe von
9 fl. 10 kr. ergibt (bei der Bftbensteuer von 73 kr. pro 100 kg frischer Bäbe) die An-
nahme, daß 12*4 Zentner Bube 1 Zentner Bohzucker ergeben, „w&hrend doch unter einiger-
maßen günstigen Verhältnissen nicht mehr als ll'/^ oder 12 Zentner Biibe verbrancht
werden, beim Export also etwa V2 Zentner Bäbe oder 37'5 kr. pro metrischen Zentner
Bohzucker an Pr&mie bestehen. Diese Prämie überträgt sich selbstverständlich auf die
Baffinade. Eine zweite geringere Prämie besteht auch für den Baffinadezucker aUein",
denn die Differenz der Vergütungssätze entspricht dem gegebenen Bendement des Boh-
Zuckers nicht mehr; dieses muß mit 82 Proz. mindestens angenommen werden, wonach
sich höchstens eine Bestitution von 11 fl. 09 kr. für Bafflnade ergeben würde. (Beilagen
zu den stenogr. Protok. des Abgeordnetenh., 8. Session, Nr. 720.)
2) Das Finanzministerium erklärte den Anspruch auf Bäckyergütung der Tollen,
bei der Bierproduktion entrichteten Verzehrungssteuer für prinzipiell- berechtigt, dem
auch Folge gegeben werden wurde, „wenn nicht das Bedenken bestände, daß bei Er-
füllung dieses Wunsches mehr restituiert würde, als bei der Produktion in der Tat be-
zahlt worden ist". (Siehe Beilagen zu den stenogr. Protok. des Abgeordnetenh., 9. Session,
Nr. 809.)
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Die Eonsumsteuern im Osterreichisch-imgarischen Aasgleich. 31
gemeinsameu Einnahmen bestritten warden, die Eonsumsteuer nach tlem
Standorte der Produktionsbetriebe dem Staatsschatze des einen oder andern
Staates zufloß, macht keinen Unterschied, denn man berechnet richtig das
Erträgnis einer Steuer, wenn man von der Bruttoeinnahme auch die Bück-
Tergfitungen bei der Ausfuhr abzieht Wird die Rechnung so aufgestellt, so
resultiert für Österreich als jährlicher Beinertrag aus der Zuckersteuer im Durch-
schnitt der Jahre 1868 bis 1877 der Betrag von 5,400.000 fl., während Ungarn in
deraelben Epoche in jedem Jahre durchschnittlich an Restitutionen der Zucker-
steuer um 980.000 fl. mehr trug, als es an dieser Steuer eingenommen hatte.
Diesem Übelstand kann durch eine Änderung der Besteuerung bis zu einem
gewissen Grade begegnet werden.
Während die Bestitutionen beide Staaten im Quotenverhältnisse be-
lasteten, standen die Ausfuhrmengen der beiden Staaten nicht im Quoten-
verhältnisse zueinander; beim Zucker betraf die Ausfuhr in weit über-
wiegendem Ausmaß österreichisches Produkt; das war eine ständige Er-
scheinung, begi*ündet in der günstigeren Lage der österreichischen Fabriken
für die Ausfuhr nach dem Westen und in dem besseren Rohstoff. Bei
der Branntweinsteuer war der österreichische Anteil an der Gesamtausfuhr
geringer, beim Bier, wo es sich um geringfügigere Beträge handelte, wieder
erheblich höher als die Quotenziffer (68*4 Proz.). Es wurde erwähnt, daß
der Restitutionssatz bei der Zucker- und Branntweinausfuhr aus zwei Ele-
menten bestand, aus der Vergütung der vom exportierten Quantum wirklich
entrichteten Steuer und einer Aufzahlung, der Exportprämie. Soweit nun der
prozentmäfiige Anteil des einen Staates am Gesamtexport beider Staaten
größer war, als der Prozentsatz seiner Quote, mußte der andere Staat die
Steuer rückvergüten, die der erstere Staat empfangen hatte, und überdies
die, die Konkurrenzfähigkeit der im andern Ländergebiete produzierten Ware im
Auslande steigernden Exportprämien bezahlen. In Wirklichkeit ergaben sich fol-
gende Ziffern: berechnet man, wieviel jeder Staat von den Restitutionen wirklich
trug, und dann, wieviel er davon zu tragen gehabt hätte, bei jedem Steuerzweig
nach dem Verhältnis der dabei erzielten gesamten Bruttosteuererträgnisse, so
ergibt sich für östen-eich im Durchschnitt der Jahre 1868 bis 1877 bei der
Branntweinsteuerrestitution eine Mehrlast im Betrage von 160.231 fl., dagegen
für Ungarn bei der Biersteuerrestitution eine jährliche Mehrlast von 88.271 fl.
und bei der Zuckersteuer eine Mehrlast von 1,425.613 fl. Bei allen drei Steuer-
zweigen resultiert eine Mehrlast Ungarns im Jahresbetrage von 1,853.653 fl.^)
Vergleicht man die wirkliche, also die quotenmäßige Belastung durch die Resti-
tutionen mit der, die sich ergeben hätte, wenn jeder Staat die Restitutionen
allein für die eigene Ausfuhr getragen haben würde, so resultiert für denselben
Zeitraum eine jährliche Mehrlast Ungarns von 1,480.000 fl.; d. h. Ungarn
hat bei der quotenmäßigen Verteilung um diesen Betrag jährlich mehr gezahlt,
als es bei der andern Bestreitungsart zu zahlen gehabt hätte.
^) Die Bruttoeinnahmen Österreichs und Ungarns in der Zeit von 1868 bis 1877
verhalten sich bei der Branntweinsteuer wie 55*47 : 44*53, bei der Bierateuer wie
94-21 : 5-79 und bei der Zuckersteuer wie 90-80 : 9-20.
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32 Zuckerkandl.
Beim zweiten Ausgleich verständigten sich die beiden Begienugen
über eine Änderung der Bestimmungen betrefifend die Bestitutionen, die
dann auch in das Gesetz übergegangen ist (Gesetz vom 27. Juni 1878,
B.-G.-BL Nr. 61). Denmach waren die Steuerrestitutionen für die über die
gemeinsame ZoUinie ausgeführten versteuerten Gegenstände aus den Zoll-
einnahmen zu bestreiten, die Belastung jedes der beiden Beichsteile bezüglich
dieser Bestitutionen wird aber in der Art durchgeführt, daß jeder von den
jährlichen Bestitutionen bei jedem Steuerzweige eben so viele Prozente zu
tragen hat^ als sein Anteil an dem von beiden in dem betreffenden Steuer-
zweige in demselben Jahre erzielten Bruttoerträgnis Prozente des letzteren
ausmacht. Diese Verständigung wurde damals im Österreichischen Abge-
ordnetenhaus in heftigster Weise bekämpft. Eine Prüfung aller Argumente,
die in jenen aufgeregten Debatten vorgebracht wurden, ergibt wohl die Unhalt-
barkeit des überkommenen Zustandes auf diesem Gebiete und die Bichtigkeit
der Begierungsvorschläge'
Es wurde bereits erwähnt, daß die Bestreitung der Bestitutionen aus
den Zolleinnahmen als österreichischer Vorteil den österreichischen Nachteil
aus der Gemeinsamkeit der Zolleinnahmen mildern sollte; über das Gewicht
dieses Vorteiles konnte man sich im Jahre 1867 ein klares Urteil bilden
nach den seit 1860 bezahlten Bestitutionsbeträgen. Diese beliefen sich im
Durchschnitte der Jahre 1860 bis 1867 auf 2*5 Millionen Gulden^); nun war
im Jahre 1867 kein Anlafi gegeben, eine erhebliche ständige Erhöhung dieser
Ziffer zu gewärtigen; sie bildete also die Grundlage der damals möglichen
Bechnung, wonach sich für Ungarn eine beträchtliche jährliche Mfehrlast
nicht ergeben konnte. Die weitere Gestaltung der Dinge hat ganz unerwartet
Veränderungen gebracht, die von vornherein nicht in Bechnung gezogen
werden konnten: die jährliche Mehrlast war beiläufig um eine Million
Gulden höher, als sie im Jahre 1867 veranschlagt werden konnte. Es war
ein Gebot der Billigkeit, sie zu beseitigen. Gewiß erwuchs für Österreich
aus der veränderten Verteilung der Bestitutionen eine Neubelastung, aber
bloß durch Wegfall des eben gekennzeichneten, ganz unerwartet eingetretenen
finanziellen Vorteiles. Übrigens war die neue Abmachung für Österreich
günstiger als die Verteilung der Bestitutionen nach der Ausfuhr, indem
Ungarn in den folgenden Epochen bei der Hauptexportware, dem Zucker, am
Export nicht in dem Maße, wie an der gesamten Steuereinnahme, beteiligt
war; die Differenz berechnet sich bei den drei Artikeln für den Durchschnitt
der Jahre 1878 bis 1887 mit 580.000 fl. jährlich. Es ist auch zu beachten,
daß Österreich durch eine Beihe vorausgegangener Jahre auf Grund der
früheren Ordnung der Bestitutionen fortgesetzt Minderbelastungen zu ver-
zeichnen hatte. Man machte auch noch geltend, daß die Erhöhung der Finanz-
zölle durch den Zolltarif vom Jahre 1878 die ungarische Beitragsleistung
zum gemeinsamen Aufwand auf Kosten Österreichs vermindere. Das ist
richtig, aber damals konnte von Seiten Ungarns mit einer gewissen Berech-
^) Dabei warde als j&hrlicher Betrag der Zuckersteuerrestitutionen der hohe Durch-
schnitt dieser Bestitutionszahlungen der Betriebsperioden 1864/65 bis 1866/67 eingesetzt.
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Die EoDsumsteaern im österreichisch -ud garisch en Aasgleich. 33
tigung eingewendet werden, dafi der Zolltarif im ganzen mehr im Interesse
Österreichs als Ungarns aufgestellt worden sei.
Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Restitutionen wurde die
Zucker- und Branntweinsteuer abgeändert. Das war die Bedingung der Zu-
stimmung Österreichs zur neuen Bestitutionsverteilung, schon weil die resul-
tierende Mehreinnahme neue Mittel zur Bestreitung der Neubelastung aus
den Bestitutionen lieferte. Die Änderungen sind nicht grundsätzlicher Natur.
Bei der Zackersteuer wurde zunächst die seit 1865 unverändert gebliebene
Skala fQr die nach dem Prefiverfabren arbeitenden Fabriken aufgehoben und
eine neue erhöhte Skala eingeführt (Gesetz vom 6. Juli 1877, R-G.-Bl.
Nr. 67). Dann wurde mit Gesetz vom 27. Juni 1878, B.-G.-B1. Nr. 71, da
die Pauschalierung aufrechterhalten blieb, mit Bflcksicht auf die ünberechen-
barkeit der Restitutionsbeträge für einen sicheren, angemessenen Ertrag
dieser Steuer vorgesorgt durch Kontingentierung; die pauschalierten Fabriken
mußten für einen bestimmten Beinertrag aufkommen, der für die Betriebs-
periode 1878/1879 mit 6 Millionen Gulden festgesetzt wurde und für jede
folgende Betriebsperiode um je 500.000 fl. sich erhöhen sollte, bis 10,500.000 fl.
erreicht sind, worauf im Wege der Gesetzgebung eine weitere Verfügung zu
treffen sein würde.
Auch bei der Branntweinsteuer verblieb es bei der Pauschalierung;
das neue Gesetz vom 27. Juni 1878 (R.-G.-BI. Nr. 72) unterwirft die im
Gesetz bezeichneten kleineren Brennereien der Pauschalierung nach der
Leistungsfähigkeit der Brennvorrichtung oder der Abfindung. Die Zahl dieser
Brennereien war sehr groß, aber ihre Steuerzahlimg minimal; in der Betriebs-
periode 1881/1882 bezahlten 87.102 derartige Brennereien 203.459 fl. Brannt-
weinsteuer. Die größeren landwirtschaftlichen und gewerblichen Brennereien
unterlagen der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit des Maischraumes
und nur fakultativ der Besteuerung nach dem wirklichen Erzeugnis nach
den Anzeigen eines EontroUmeßapparates. Der Besteuerung nach der Leistungs-
fähigkeit des Maischraumes waren unterworfen in der Betriebsperiode 1881/1882
1058 Brennereien mit der Steuerleistung von 6,171.824 fl.; unter der fakul-
tativen Besteuerung nach dem Erzeugnis befanden sich in derselben Betriebs-
periode 84 Brennereien mit der Steuerleistung von 1,760.828 fl.^) Der Steuer-
satz wurde auf 11 kr. hinaufgesetzt; die Ausbeuteziffem bei der Pauscha-
lierung nach dem Maischraum erfuhren eine Erhöhung, doch wurde dabei
den landwirtschaftlichen Brennereien ein Nachlaß von der Ausbeute von 20
oder 10 Proz. gewährt. Die beiden neuen Steuergesetze bedeuten also nichts
weniger als einen grundsätzlichen Fortschritt.
4. Die Änderungen den Zucker- und Branntweinsteuer im Jahre 1888.
Im Anschluß an den dritten Ausgleich vom Jahre 1887 wurden die
Zucker- und die Branntweinsteuer einer radikalen Änderung unterzogen; das,
was damals festgestellt wurde, gilt in der Hauptsache noch heute. Die
Zuckersteuer war, wie dargestellt, pauschaliert, doch hatten sich die beiden
*) Die Daten beziehen sich auf Österreich.
Zaekerkandly Die KonsumBteaern im Osterreicbisch-angarischen Ausgleich. 3
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84 Zuckerkandl.
Staaten ein bestimmtes Erträgnis, das Kontingent, gesichert. Durch das
Gesetz vom 18. Juni 1880, E.-G.-BL Nr. 74, wurde es für die Betriebs-
periode 1880/1881 auf 10 Mill. Gulden erhöht, mit der Maßgabe, daß es mit
jeder folgenden Betriebsperiode um 400.000 fl. so lange steigt, bis 12,800.000 fl.
erreicht sein würden, worauf dann im Gesetzgebungswege weitere Vorsorge
getroffen werden sollte. Der Steuersatz wurde auf 80 kr. für 100 Tcg frische
Eübe hinaufgesetzt, ebenso erfuhren die Restitutionssätze Erhöhungen. Die
beiden Gesetze, die die Kontingente festsetzten, waren Notbehelfe, um einen
finanziellen Erfolg zu sichern, sie konnten und sollten nicht als meritorische
Lösung dieser schwierigen Besteuerungsmaterie gelten; eine dauerhafte Ord-
nung war also noch zu scbaflfen. Die Mängel der bestehenden waren allge-
mein bekannt. Bei der Pauschalierung sind die Betriebe durch die Steuer
ungleich belastet, je nach der Qualität der verwendeten Rübe und der Dif-
fusionsgefäße. Die sogenannte Steuerersparung^) fiel in den einzelnen Fabriken
sehr ungleich aus. Dazu traten Schwierigkeiten infolge der Kontingentierung;
da die Pauschalierungsmaßstäbe sich in der Regel als ungenügend erwiesen,
^) Die Steuerersparung bei den älteren Formen unserer Branntwein- und Zucker-
steuer resultierte daraus, daß das der Besteuerung zugrunde gelegte Quantum an Erzeug-
nissen geringer war. als das wirkliche. Diese Divergenz kann in sehr verschiedener Weise
zustande kommen. Das Gesetz nimmt z. B. (die Ziffern sind willkürlich gewählt) für
jedes Hektoliter des Raaniinhaltes der Gärgefäße eine tägliche Ausbeute von 3 Liter
Alkohol an, die wirkliche Ausbeute beträgt aber 6; oder, bei der pauschalierten Rüben-
steuer wird angenommen, daß aus 12 Zentner Rübe 1 Zentner Zucker gewonnen werden
kann, es genügen jedoch 10; oder die angenommene Zahl der täglichen Füllungen der
Diffusionsapparate wird in Wirklichkeit übertroffen, oder es wird die in diesen bei
jeder Füllung unterzubringende Rübenmenge zu niedrig angenommen. Die Ziffemansätze
werden im Laufe der Zeit gesteigert,, um sie der Wirklichkeit näher zu bringen, aber so
lange sie mit dieser nicht übereinstimmen, besteht jene Divergenz. Es ergibt sich daraus,
daß die wirkliclie Steuerbelastung der besteuerten Artikel geringer ist, als die gesetzlich
angenommene: das Gesetz will '. B. den Zentner Zucker mit 9 fl. 60 kr. treffen und be-
steuert demnach den Zentner Rübe mit 80 kr., da aber aus 12 Zentner Rübe 1*2 Zentner
Zucker gewonnen werden, ist der Zentner Zucker mit 8 fl. belastet; die Steuerbcl astung
ist also eine andere, als die vom Gesetz gewollte. Eine finanzwirtschaftliche Wirkung
dieses Zustandes ist, daß die produzierte Menge des besteuerten Artikels steigt, ohne
daß die Steuereinnahme zunimmt; in dem erwähnten Beispiele erhöht sich die Zucker-
produktion um 20 Proz., ohne daß die Steuerdaten von dieser Tatsache etwas verraten.
Wird der Artikel ins Ausland ausgeführt, so kann bei steigendem Export die Steuereinnahme
durch die, nach der angenommenen Steuerbelastung bemessenen, Restitutionen mehrund mehr
aufgezehrt werden. Neben den finanzwirtschaftlichen sind auch die volkswirtschaftlichen
Wirkungen der Steuerersparung zu beachten; die Differenz zwischen der angenommenen
und wirklichen Steuejrbelastung (1 fl. 60 kr. in unserem Beispiele), kann im Preise des
Produktes ganz oder teilweise dem Verkäufer zugute kommen; eine nähere Ausführung,
beim Zucker sehr einfach, beim Branntwein etwas umständlicher, muß hier unterbleiben.
Das Streben, diesen Gewinn zu behaupten und zu erhöhen, wirkt auf die Produktion in
mannigfacher, günstiger und ungünstiger Weise zurück: in Form der Beschleunigung
des Gärverfahrens, der Anschaffung von dem Zweck immer besser entsprechenden Werks-
einrichtangen der Zuckerfabriken, in der Steigerung der Zuckerhältigkeit der Rübe u. dgL ra.
Eine Folge des Gewinnes ist die Vermehrung der produzierten Menge, unter Umständen
Überproduktion.
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Die Konsumsteuern im Osterreichisch-nngariBchen Ausgleich. 35
um den garantierten Reinertrag zu erzielen, mußten sehr erhebliche Nach-
zahlungen der Betriebsinhaber erfolgen, ein Zustand, der diesen schon aus
dem Grunde sehr unerwünscht war, weil er eine genaue Vorausberechnung des
£ostenpreises unmöglich machte. Unter solchen Umständen strebte die Industrie
selbst den Übergang zur sogenannten Fabrikatsteuer an; das österreichische Ab-
geordnetenhaus hatte schon im Jahre 1880 ihre Einführung von der Betriebs-
periode 1886/1887 an gefordert und als die Regierung im Jahre 1887 und
dann in einer abgeänderten Vorlage im Jahre 1888 diese Besteuerungsart
akzeptierte, kam die neue Ordnung rasch und ohne erhebliche Schwierig-
keiten zustande.
Das Gesetz vom 20. Juni 1888, R.-G.-B1. Nr. 97, unterwirft der Steuer
den aus der Fabrik oder dem Freilager in den freien Verkehr des Zollgebietes
Obergehenden Zucker. Da die Restitutionen und damit die versteckte Ausfuhr-
prämie entfielen, so wurden der Industrie^ um ihre Konkurrenzfähigkeit gegen-
über der durch Prämien geförderten Industrie anderer Staaten zu erhalten, Ausfuhr-
bonifikationen gewährt. Man berechnete damals die in den Restitutionssätzen
enthaltenen Ausfuhrprämien auf 1 fl. 70 kr. für 100 Kilogramm Rohzucker und
2 fl. 73 kr. für 100 Kilogramm raffinierten Zucker, die eingeräumte offene Boni-
fikation betrug 1 fl. 50 kr., 1 fl. 60 kr. und 2 fl. 80 kr. für 100 Kilogramm Zucker
je nach der Polarisation von unter 93 bis mindestens 88 Proz., von unter 99*5
bis 93 Proz. und von mindestens 99*5 Proz. Sollte der Gesamtbetrag der Boni-
fikationen für die Ausfuhr aus dem Zollgebiete in einer Erzeugungsperiode 5 Mill.
Gulden übersteigen, so war der übersteigende Betrag von sämtlichen Unter-
nehmern der Zuckererzeugungsstätten des Zollgebietes zu ersetzen. Die Ziffer
erklärt sich in folgender Weise: man hatte berechnet, daß in den Betriebs-
perioden 1882/1883 bis 1884/1885 durchschnittlich, auf Rohzucker reduziert
3,106.326 Meterzentner exportiert wurden, was mit dem Satze der Export
bonifikation für Rohzucker von 1*60 fl. multipliziert, rund 5 Mill. Gulden ergibt.
Der Satz der Verbrauchsabgabe wurde mit 11 fl. für 100 Kilogramm festgesetzt.
Man glaubte, daß derart eine erheblichere Preiserhöhung vermieden werden
würde. Die Preisbildung des Zuckers erfolgte vor dem Gesetze aus dem
Jahre 1888 im Inlande, das, wie erwähnt, in stärkerem Ausmaße Zucker
exportierte, in der Weise, daß vom Weltmarktpreise die Transportkosten zum
ausländischen Absatzort abgezogen und zum Rest der Restitutionssatz zuge-
schlagen wurde; die Restitutionen wurden allerdings allein bei der Ausfuhr
ausbezahlt, da jedoch kein Verkäufer im Inlande weniger zu nehmen brauchte,
als er bei der Ausfuhr erhalten würde, und das war eben der Weltmarktpreis
minus Transportkosten zum Absatzort plus Restitutionssatz, so wurde auch bei
der im Inlande verkauften Ware der Restitutionssatz, also auch die Prämie,
bezogen. Dieser hatte bis dahin 11 fl. 55 kr. für 100 Kilogramm Raffinade
betragen; da nun zum Steuersatz von 11 fl. die Bonifikation von 2 fl. 30 kr.
trat, so war eine Verteuerung, soweit diese Verhältnisse einwirken, um
1 fl. 75 kr. für 100 Kilogramm Raffinade gegeben.
In Verbindung mit der Umgestaltung der Steuer wurde eine Neuerung
für den Zuckerverkehr zwischen Österreich, Ungarn und Bosnien und der
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36 Znokerkandl.
Herzegowina,^) und ebenso für den Branntweinverkehr geschaffen. Nach den
älteren Gesetzen wurden die Zucker- und Branntweinsteuer wie auch die
Biersteuer anläßlich der Produktion erhoben und die Steuern kamen dem
Staatsschatze des Ländergebietes zu, in dem die Produktion erfolgt war,
auch wenn die Ware im andern Ländergebiete zum Absatz gelangte. Als
die Zucker- und Branntweinsteuer im Jahre 1888 dahin abgeändert worden,
daß die Abgabepflicht immer oder zumeist durch den Übergang des Pro-
duktes in den freien Verkehr des Zollgebietes gegeben war, brauchte soweit
nichts geändert zu werden, als wieder der Staatsschatz des Ländergebietes,
in dem die Produktion stattgefunden hatte^ die Steuer empfing, mochte auch
das Produkt in den andern Staat gebracht werden. Anläßlich der Neu-
ordnung der Steuern war zu entscheiden, was in dem Falle gelten solle,
wenn «steuerbarer'^ Zacker oder Branntwein unversteuert aus der Pro-
duktionsstätte oder einem Freilager des einen Ländergebietes in eine im
andern Ländergebiete befindliche Produktionsstätte oder in ein dort be-
stehendes Freilager gebracht und von da aus in den freien Verkehr des be-
treffenden Ländergebietes gesetzt wird: wem die Steuer zukommen solle,
dem Staatsschatze des Produktionsgebietes oder dem die Steuer einhebeoden
Staatsschatze. Da nach den neuen Steuergesetzen die Abgabe dem Staats-
schatze des Produktionsgebietes zukam^ auch wenn das Produkt in eines
der anderen Ländergebiete verkauft wurde, so machte man bei diesem neuen
Falle keine Ausnahme — im allgemeinen — und es wurde vereinbart, daß die
eingehobene Steuer dem Ländergebiete, aus dem die Erzeugnisse stammen,
vom Staatsschatze des empfangenden Ländergebietes zu vergflten ist. Sofern
derart unversteuert übertragene Mengen ins Zollausland gebracht wurden,
fand keine Steuereinhebung, folglich auch keine Steuervergütung an die
Staatskassa des Produktionsgebietes statt. Das Zucker- wie das Branntwein-
Steuergesetz beschränken sich aber nicht auf diese Anordnungen, sondern
bestimmen, daß die Vergütung för unversteuert übertragene und dann in
den freien inneren Verkehr tretende Erzeugnisse nur in dem Maße statt-
findet, als ihre Menge grüßer ist, als die Menge der aus dem empfangenden
Ländergebiet gegen Ausfuhrbonifikation über die ZoUinie ausgeführten Er-
zeugnisse. Unter umständen bezog also der Staatsschatz des empfangenden
Ländergebietes die Steuern von den in den anderen Ländergebieten pro-
duzierten Konsumgegenständen. In dieser neuen Bestimmung liegt ein Ab-
gehen von dem bis dahin ausnahmslosen Zustand, daß die Steuer dem
Staatsschatz des Produktionsgebietes zukommt.
Dieser Zustand beruhte nicht auf einer besonderen gesetzlichen An-
ordnung, sondern ergab sich, bei bestehender Zollgemeinschaft der drei
Ländergebiete, mangels anderweitiger Bestimmungen von selbst aus der
^) Die Aufnahme dieser Gebiete in das gemeinsame Zollgebiet erfolgte durch
Gesetz Tom 20. Dezember 1879, R.-G.-BL Kr. 186, aus welchem Anlasse das Tabak-
und Salzmonopol eingeführt und bestimmt wurde, daß bezüglich der Konsumsteuem die
in beiden Staaten der Monarchie bestehenden vereinbarten gleichartigen Gesetze und Ver-
waltungsvorschriften zu gelten haben.
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w^mmmmmg^mmggs^^^^m
Die Konsumsteuern im österreichisch- ungarisch en Ausgleich. 87
Einrichtung der genannten Steuern. Es hätte besonderer Gesetze bedurft,
um eine andere Zuwendung der betreffenden Steuereinnahmen zu erzielen.
Dasselbe gilt von der Bier- und Petroleumsteuer. Die erste ausdrückliche
gesetzliche Anerkennung des Zustandes liegt in den erwähnten Paragraphen
des Zucker- und des Branntweinsteuergesetzes aus dem Jahre 1888, und da
wird er sogleich eingeschränkt. Die staatsfinanzielle Wirkung der neuen
Ordnung tritt an Wichtigkeit zurück gegenüber der grundsätzlichen Bedeu-
tung der vereinbarten Neuerung, daß die Konsumabgaben nicht mehr unter
allen Umständen dem Produktionsgebiete zufallen, denn das war der erste
Schritt zur vollständigen Beseitigung dieses Zustandes; die beiden Gesetze
über die Zucker- und Branntweinsteuer haben aber überdies noch in anderer
Weise die Erreichung dieses Zieles erleichtert, wie alsbald gezeigt werden wird.
Es sei nur noch beigefügt, daß die neue Zuckersteuer in staatsfinan-
zieller Beziehung die Erwartungen erfüllt hat: in der Betriebsperiode 1887/1888
betrug das Beinerträgnis im österreichisch-ungarischen Zollgebiete 12*8 Mill.
Gulden, dabei hatte die Bruttoeinnahme der Bübensteuer 25*8 Mill. Gulden
erreicht und es mußten, .da die Bestitutionen sich auf 19 Mill. Gulden
stellten, noch 6 Mill. Gulden nachgezahlt werden, um das Kontingent, eben
jene 12*8 Millionen, voll zu machen; in den folgenden Betriebsperioden er-
höhte sich jenes Erti-ägnis, nach Abzug der Bonifikationen, bei gleichbleibendem
Steuersatz bis auf 82*6 Mill. Gulden in der Betriebsperiode 1895/1896.
Die Beform betraf auch die Branntweinsteuer. Der Erfolg des Gesetzes
aus dem Jahre 1878 war unbefriedigend. Zunächst in staatsfinanzieller Be-
ziehung. Die Bruttoeinnahmen aus der Branntweinsteuer zeigten keine Er-
höhung; im Jahre 1869 betrugen sie 14*4, im Jahre 1882 14*5 Mill. Gulden
in beiden Staaten; die ganze bei der Besteuerung als produziert angenommene
Menge Alkohol, in überwiegendem Ausmaße der Maischraumpauschalierung
unterliegendes Erzeugnis, zeigt ebensowenig eine erheblichere Vermehrung;
das wirkliche Erzeugnis war natürlich viel größer als das angenommene;
auch die jährliche Mehi-produktion braucht, innerhalb bestimmter Grenzen,
wegen der Steuerersparung aus den Besteuerungsdaten nicht hervorzutreten.
In volkswirtschaftlicher Beziehung beklagte man in Österreich die starke
Ungleichmäßigkeit der Steuer: die Steuerersparurfg wird in den großen
Brennereien systematischer und mit mehr Erfolg betrieben, als in den
übrigen, diese sind in ihrer Konkurrenzfähigkeit beeinträchtigt, und man
erklärte 'eine gedeihliche Lage der landwirtschaftlichen Brennereien fflr aus-
geschlossen, so lange die Steuerpauschalierung auch den Brennereien von
größerem Betriebsumfang eingeräumt ist.
Das Gesetz vom 19. Mai 1884, B.-G.-B1. Nr. 63, brachte eine gewisse
Abhilfe. Es lag mehr im österreichischen als im ungarischen Interesse, denn
die, in Ungarn erheblichere, Großindustrie wurde einer strengen Besteuerung
unterworfen, während die kleineren, in Österreich stärker vertretenen Betriebe
durch eine mildere Behandlung in ihrem Bestände gesichert werden sollten.^)
^) Das Verhältnis tritt klar hervor aus den AlkoholmengeD, die in der ersten
Betriebsperiode 1884/85 nach dem neuen Gesetz in Österreich und in Ungarn der Pauschar
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38 Zackerkandl.
Es führte die Produktbesteuerung auf Grund der Anzeige eines Kontroll-
mefiapparates f&r landwirtschaftliche Brennereien, wenn der steuerbare Maisch-
räum 50 Hektoliter, und fflr nicht landwiiischaftliche Brennereien, wenn er
35 Hektoliter überstieg, obligatorisch ein; den ersterwähnten Brennereien
wurde ein Steuernachlaß von 20 oder 10 Proz., den erwähnten, nicht land-
wirtschaftlichen ein Nachlaß von 5 Proz, gewährt, je nachdem die durch-
schnittliche Brantweinerzeugung fQr den Betriebstag nicht mehr betrug als
SYj, 5 beziehungsweise 5 Hektoliter; die unter der Maischraumpauschalierung
verbleibenden landwirtschaftlichen Brennereien erhielten einen Steuernachlafi
von 25, 20 oder 10 Proz., je nach der Größe des zu versteuernden Maisch-
raumes; bei diesen Brennereien trat eine Erhöhung der angenommenen Alkohol-
ausbeute auf 572? 6V2 ^^* 7 Proz. ein. Für die kleineren Brennereien
wurde die Steuer nach der Leistungsfthigkeit der Brennvorrichtung oder
im Wege der Abfindung bemessen: man zählte solche in der Betriebsperiode
1884/1885 in Österreich 36.572 mit einer Steuerieistung von 180.896 fl.
Den der Produktbesteuerung unterworfenen Betrieben wurden weitere Be-
günstigungen zugewendet: der zu versteuernde Alkoholgehalt des Produktes
wurde mit 75 Grad festgesetzt („Annahme eines Durchschuittsalkohol-
gehaltes^); da tatsächlich 92 Grad erzeugt wurden, so betrug die Steuer
effektiv 8 fl. 96 kr. für das Hektoliter reinen Alkohol, statt Hfl. Dazu
kommt, was gleichfalls voi-wiegend den größeren Betrieben günstig war, daß
bei der Ausfuhr nicht nur 11 kr. pro Hektolitergrad vergütet wurden, also
mehr als die entrichtete Steuer, sondern auch noch ein lOprozentiger Zuschlag
für die durch Lagerung, Transport usw. entstehende Schwendung, was über
den tatsächlichen Entgang hinausgeht.
Bei dieser Ordnung blieb es nicht lange. Der Wunsch, die Brannt-
weinsteuer für die Staatseinnahmen viel stärker auszunützen, führte zu der
sehr tiefgehenden Reform durch das Gesetz vom 20. Juni 1888, R.-G.-B1.
Nr. 95. Dieses unterscheidet zwei Branntweinsteuerformen: die Konsum-
abgabe und die Produktionsabgabe. Die letztere gilt, unter Beibehaltung der
Pauschalierung nach der Leistungsfähigkeit der Brennvorrichtung und der
Abfindung, für die kleinen Eesselbrennereien, deren Zahl sehr groß und deren
Steuerleistung verhältnismäßig gering ist (es waren in Österreich 42.728 Be-
triebe in der Betriebsperiode 1888/1889 mit einem angenommenen Erzeugnis
von 1,253.000 Hektolitergraden und einer Steuerleistung von 438.600 fl.),
dann, unter Besteuerung des genau ermittelten Erzeugnisses, für Brennereien,
welche Weinabfälle verarbeiten usw. (3 Betriebe mit einem Erzeugnis von
91.000 Hektolitergraden und einer Steuerleistung von 32.000 fl. in der er-
wähnten Betriebsperiode). Die übrigen Brennereien fallen unter die Konsum-
abgabe; sie liefern den weit überwiegenden Teil des Steuerertrages: bei
1118 Betrieben wurden in Österreich 1888/1889 von 630.684 Hektoliter
reinem Alkohol 22,077.979 fl. als Eonsumabgabe bemessen. Die Bemessung
lierung nach dem MaiBchraom und der Produktbestenerun^ unterworfen wurden; sie be-
trugen bei der Pauschalierung: in Österreich 40*7, in Ungarn 17 und bei der Produkt-
besteuerung: in Österreich 44 und in Ungarn 80*2 Mill. Hektolitergrade.
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im^w^irmm^^^m^smmmK^j mwyt^^^'^KtmiKnmBmm^mmma^ä
Die Konsamsteaern im österreichisch-ungariBchen Ausgleich. 39
der Prodnttionsabgabe erfolgt anläßlich der Produktion; in den der Konsum-
abgabe unterliegenden Betrieben wird das Erzeugnis mittels eines Kontroll-
ineßapparates amtlich ermittelt, aber die Besteuerung hat zu erfolgen, so-
bald das Fabrikat aus der amtlichen Kontrolle in den freien Verkehr des
Zollgebietes übei-tritt. Die Konsumabgabe wurde nach dem deutschen Beispiel
in zwei Steuersätzen festgestellt. Die Steuerreform verfolgte den Doppel-
zweck; Erhöhung der Staatseinnahmen und Beseitigung der Überproduktion
an Branntwein. So wurde denn eine Alkoholmenge festgesetzt, die jährlich
von den unter die Konsumabgabe fallenden Brennereien zum niedrigeren
Satz erzeugt werden darf, der 35 kr. für den Hektolitergrad betrug, während
der höhere Satz sich auf 45 kr. stellte. Der Satz der Produktionsabgabe
betrug gleichfalls 35 kr. Mit der Annahme des Kontingentes mit dem
niedrigeren Steuersatz waren die selbständigen Kontingente Österreichs und
Ungarns gegeben. Das Kontingent wurde für 10 Jahre auf 1,878.000 Hekto-
liter für das gesamte österreichisch-ungarische Zollgebiet festgesetzt und
für dieselbe Dauer die davon auf Österreich, Ungarn und Bosnien und die
Herzegowina entfallenden Kontingente bestimmt: 997.458, 872.542 und
8000 Hektoliter. Die Regelung der individuellen Verteilung der Alkohol-
menge, die in je einem Ländergebiete von den unter die Konsumabgabe
fallenden Brennereien zum unteren Satze dieser Abgabe in der Betriebs-
periode erzeugt werden darf, nimmt das betreffende Ländergebiet selbständig
im Gesetzgebungswege vor. Natürlich wurden die die Verbrauchsabgabe ent-
haltenden Zollsätze entsprechend erhöht. Der Branntweinsteuer unterliegt nur
der zum menschlichen Genuß im Inland bestimmte Branntwein. Bei dem
Branntwein, der in Betrieben produziert wird, die der Konsumabgabe unter-
liegen, findet bei der Ausfuhr über die Zollinie eine Restitution nicht statt,
weil keine Besteuerung vorausgegangen war; anders bei dem Branntwein, der
in Betrieben hergestellt wurde, die der Produktionsabgabe unterworfen sind;
er ist von vornherein besteuert, ohne Rücksicht darauf, wo er verwendet
werden soll, und wenn er exportiert wird, muß eine Steuervergutung ein-
treten.^) Der Vergötungssatz ist nicht mit 35, sondern mit 177« ta". für
den Hektolitergrad festgesetzt, in der Annahme, daß bei der Pauscha-
lierung und Abfindung doppelt so viel als angenommen produziert wird. Da
der Branntwein bis dahin eine versteckte Ausfuhrprämie hatte, so wurde,
um den Export nicht zu unterbinden, eine Ausfuhrbonifikation gewährt; wie
oben erwähnt, wurden fi'üher 12 fl. 10 kr. für 100 Hektolitergrade resti-
tuiert, die Produktionsabgabe hatte rund 9 fl. betragen, so daß eine
Prämie von 3 fl. 10 kr. resultierte; man ging nun auf 5 fl. für 100 Hekto-
litergrade, doch durfte der Gesamtbetrag der Bonifikationen 1 Mill. Gulden
in der Betriebsperiode nicht übersteigen. Man hielt sich dabei an den Durch-
schnitt der Ausfuhrmengen der letzten 6 Jahre. Es wurde endlich auch für
*) Der in einer der Produktionsabgabe unterworfenen Brennereien erzeugte Brannt-
wein, dessen Alkoholmenge durch den Kontrollmeßapparat oder unter Anwendung eines
Sammelgefäßes ermittelt wird, kann zum Behufe der Ausfuhr abgabefrei eingelagert
werden. (§ 6 des Ges. vom 20. Juni 1888 und kais. Verordng. vom 17. Juli 1899.)
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40 Zackerkandl.
die unter die Eonsumabgabe fallenden landwirtschaftlichen Brennereien eine
Entschädigung vorgesehen: sie hatten bis dahin Steuemachlässe gehabt und
den Vorteil der Steuerersparung; nun wurden ihnen Bonifikationen für die
aus der Erzeugungsst&tte ausgeführten Alkoholmengen gewährt, die je nach
der durchschnittlichen Tagesproduktion (höchstens 7 Hektoliter) abgestuft
waren.
Die neue Branntweinsteuer war den unter die Eonsumabgabe fallenden
Brennereien schon aus dem Grunde der starken Erliöhung des Steuersatzes
unerwünscht Sie betrug bei den bis dahin der Fabrikatsteuer unterworfenen
Brennereien etwas über 26 fl. und bei den Brennereien, bei denen die Pau-
schalierung nach der Leistungsfähigkeit des Maischraumes statthatte, über
30 fl. für das Hektoliter absoluten Alkohols. Diese Steuererhöhung mußte
eine Preiserhöhung und in weiterer Folge eine Beduktion des Absatzes nach
sich ziehen. Dazu kommt, daß bei den früher der Fabrikatsteuer unter-
worfenen Betrieben „die Annahme eines durchschnittlichen Alkoholgehaltes"
entfiel; die in die andere erwähnte Eategorie gehörigen Brennereien, die um
mindestens 80 Proz. mehr produziert hatten, als angenommen worden war.
büßten den dadurch gegebenen Vorteil ein. All das fällt indessen nicht ins Ge-
wicht. Die Einführung der Eonsumsteuer war, ebenso wie der hohe Steuersatz
Tollkommen richtig. Das Gesetz hat den erwarteten staatsfinanziellen Erfolg
wirklich gehabt; der Bruttoertrag stieg in Österreich von 9-6 Hill. Gulden
in der Betriebsperiode 1887/1888 auf 342 Mill. Gulden in der Betriebsperiode
1896/1897. Unter der Geltung dieses Gesetzes haben sich die Produktion,
die Ausfuhr und die abgabenfreie inländische Spiritus Verwendung gehoben.
Es verdient hervorgehoben zu werden, daS der Übergang von der alten
zur neuen Steuer für die österreichischen Brennereien erheblichere Schwierig-
keiten und Nachteile mit sich brachte, als für die ungarischen, und zwar aus
folgendem Grunde: in Ungarn war die Großindustrie auf diesem Gebiete
stärker entwickelt als in Östeneich; ein viel größeres Quantum Alkohol
als in Österreich, war dort unter die Produktbesteuerung nach dem Gesetze
aus dem Jahre 1884 gefallen und die mit dieser Produktion beschäftigten
Brennereien wurden durch den Übergang zur neuen Ordnung am wenigsten
berührt. Die der Eonsumabgabe za unterziehenden, bisher nach dem Maisch-
raum pauschalierten Brennereien, bei denen die Einführung der neuen Ord-
nung einen Umsturz bedeutete, waren in Österreich viel stärker vertreten
als in Ungarn.*) Auf der andern Seite muß betont werden, daß das neue
Gesetz nach einer gewissen Richtung hin für Ungarn vorteilhafter war, als
für Österreich, indem die Brennereien, die nach dem neuen Gesetze der
Produktionssteuer unterliegen, die sogenannten Eesselbrennereien, in Ungarn
ein viel größeres Alkoholprodukt aufweisen als die analogen Betriebe in
*) Es wurden versteuert Hektolitergrade in der Betriebsperiode 188fi/1887 bei
Pauschalienin^ nfech Produkt-
dem Maieohraum besteuerung:
in Österreich .... 47,388.732 35,972.105
in Ungarn 18,421.487 64,900.679
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Die Konsamsteoern im Österreichisch -ungarischen Ausgleich. 41
Österreich.*) Diese BrennereieD genießen eine sehr starke Steuerersparung.
Es wurde bereits erwähnt, daß, während der Steuersatz der Produktionssteuer
35 kr. pro Hektolitergrad betrug, bei der Ausfuhr bloß ITVg kr. resti-
tuiert werden; man ging davon aus, daß doppelt so viel, als angenommen,
erzeugt wird. Das produzierte Quantum übertrifft aber das angenommene um
weit mehr als das Doppelte, wie noch nachgewiesen werden wird.
Das Branntweinsteuergesetz ist besonders bemerkenswert dadurch, daß
es den ganz neuen Grundsatz innerhalb gewisser Grenzen zu verwirklichen
sucht, die Deckung des Bedarfes jedes der drei Ländergebiete der eigenen
Produktion zu sichern und damit auch zu erzielen, daß die Yerzehrungs-
Steuer dem Eonsumtionsgebiete zufalle. Eine völlige Sicherung des hei-
mischen Marktes fQr die heimische Produktion innerhalb des Kontingentes
wurde indessen durch das Branntweinsteuergesetz nicht erzielt, und zwar
aus verschiedenen Grfinden. Bei der Berechnung der Kontingente legte man
Produktionsziffern zugi'unde, indem die vermutliche Erzeugungsmenge der
unter die Produktionsabgabe und unter die Maischraumsteuer fallenden
Brennereien im Durchschnitt der letzten 6 Betriebsperioden ermittelt wurde
(das übrige Erzeugnis wurde nicht einbezogen), und zwar für Österreich
und Ungarn, während die minimale Ziffer Bosniens und der Herzegowina
wegblieb; von dem sich ergebenden Quantum zog man dann ab: als Export
ins Zollausland, steuerfreie (gewerbliche) Verwendung und Konsumabnahme
608.000 Hektoliter; die restlichen 1,878.000 Hektoliter wurden, nach Zu-
weisung von 8000 Hektoliter an Bosnien und die Herzegowina auf Öster-
reich und Ungarn nach dem Verhältnis verteilt, daß für jedes die jährliche
durchschnittliche Erzeugungsmenge jener Epoche angesetzt und davon die
Alkoholmenge abgezogen wurde, die durch den Export ins Zollausland und
die steuerfreie (gewerbliche) Verwendung gegeben war. So gelangte man zu
den Kontingenten 997.458 und 872.542 Hektoliter. Die Bechnungsergebnisse
sind vielfach auf Schätzungen basiert. Die Kontingente umfaßten demnach
auch jene Mengen, die jedes der Ländergebiete in der betreffenden Epoche
in die anderen exportiert hatte, die Festsetzung der Kontingente ließ also
diese Warenbewegungen, die darin resultierten, daß Österreich eine ständige
starke Mehreinfuhr von Branntwein aus Ungarn hatte, unberührt.
Dazu koitnmt, daß die Kontingente, wie sich herausstellte, zu hoch
berechnet worden waren, so daß immer wieder Kontingentspiritus aus Öster-
reich nach Ungarn und umgekehrt gebracht wird. In dem Zeiträume von
1888 bis 1893 exportierte Österreich nach Ungarn 349.458 Meterzentner und
importierte aus Ungarn 703.243 Meterzentner Branntwein verschiedener Art.
Auf die Ergebnisse des Überweisungsverfahrens seit 1894/1895 wird noch
eingegangen werden; nach der Zwischenverkehrsstatistik steht einer Ausfuhr
Österreichs nach Ungarn im Zeiträume 1902 bis 1906 von 297.315 Meter-
zentner Kontingentspiritus eine Einfuhr von 192.525 Meterzentner gegen-
^) Id der Betriebsperiode 1885/1886 wurden besteuert durch Pauschalierung nach der
Brennvorrichtung und durch Abfindung in Österreich 2,027.025 und in Ungarn 10,901.088
Hektolitergrade.
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42 Zuckerkandl.
über, was nach Abzug einer 20prozenti^eQ Tara eine jährliche Mehrausfuhr
Österreichs von 16.800 Meterzentner 95- bis 96prozentigen Spiritus ergibt.
Eine Einwirkung übt des weiteren der im Jahre 1888 bei der Kon-
tingentberechnung nicht einbezogene, der Produktionsabgabe unterworfene
Spiritus aus. Dieser macht nicht nur in dem Ländergebiete, wo er her-
gestellt wird, die volle Ausnutzung des Kontingents unmöglich, sondern
auch in dem andern, in den er als Exportartikel eindringt. Es handelt sich
dabei hauptsächlich um die Obstbrennereien. Auf diesem Gebiete war Clngarn
von vornherein überlegen und es hat diese Überlegenheit behauptet. In der
Betriebsperiode 1888/1889 betrug das bei der Produktionssteuer angemeldete
Quantum in Österreich 18.437, in Ungarn 33.559 Hektoliter absoluten
Alkohol, in der Betriebsperiode 1894/1895 stellen sich die beiden Ziffern auf
13.722 und 61.676 und in der Betriebsperiode 1904/1905 auf 15.744 und
86.228 Hektoliter absoluten Alkohol. Die Steuerersparung ist bei diesen Be-
trieben, also hauptsächlich bei den Obstbrennereien, eine überraschend starke.
Es liegen hierüber sehr belehrende fachmännische Mitteilungen vor, welche
die Verhältnisse einer für Rechnung einer Arader Firma im Jahre 1905 in
Böhmen geführten Obstbrennerei betreffen.^) Nach der gesetzlichen Annahme
sollten dort in je 24 Stunden 86'4 Liter absoluten Alkohols produziert werden;
die wirkliche Erzeugung ist aber mit 600 Liter absolutem Alkohol zu be-
rechnen; die bezahlte Steuer belief sich täglich auf 7 7 76 X, also auf
13 h für den Hektolitergrad, statt 90 h; die wirkliche Produktionsmenge
übersteigt die angenommene um das Siebenfache. Das Fünffache des an-
genommenen Produktionsquantums wird als das im allgemeinen als richtig
anzusetzende bezeichnet, wonach man, da für die Betriebsperiode 1904/1905
bei der Produktionssteuer in Österreich und Ungarn 101.972 Hektoliter ab-
soluter Alkohol als Produktionsquantum angemeldet wurden, zu einem wirk-
lichen Produktionsquantum von 500.000 Hektoliter absolutem Alkohol ge-
langt. Man erklärt durch diese überraschende Tatsache den Umstand, daß
den Brennereien in der Monarchie die DifTerenz zwischen den beiden Steuer-
sätzen der Konsumabgabe noch immer nicht zugute kommt. Über Aus- und
Einfuhr Österreichs und Ungarns an derartigem Branntwein gibt die Zwischen-
verkehrsstatistik folgende Auskunft: von 1900 bis 1906 betrug die Mehr-
einfuhr Österreichs aus Ungarn an „Branntwein und allen nicht versüßten
geistigen Getränken^ 133.324 Meterzentner; das ergibt eine jährliche Mehr-
einfuhr von 19.000 Meterzentner, oder nach Abzug der 20prozentigen
Tara 15.200 Meteraentner Branntwein von etwa 40 Proz. Alkoholgehalt.
Diese Einfuhr betrifft vorwiegend Produkte, die aus dem Kesselbrennerei-
gewerbe stammen und durch äie Steuerersparung äußerst konkurrenzfähig
sind.') Es zeigt sich nach all dem, daß die Ausnutzung des Kontingentes
für den heimischen Bedarf u. A. auch durch die Bezüge an Branntwein aus
*) Dr. D. Plate, Zwei Referate, welche am 7. Dezember 1906 in Wien in der
Grappe der Spiritasgroßindastrie erstattet wurden. Es wird im Text aaf das erste, die
Eesselbrennereien betreffende, Bezug genommen.
2) Siehe das Referat des Direktors Julias Kraus, „N. Fr. Presse**, 9. April 1907.
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Die Konsumstenern im Osterreichisch-UDgarischen Ausgleich. 43
den anderen Ländergebieten verhindert wird; immerhin ist jedoch der gegen-
seitigen Konkurrenz eine enge Grenze gezogen.
Das Branntweinsteuergesetz enthält, wie bereits erwähnt, bezüglich der
steuerfrei „unter dem, Bande der Konsumabgabe" aus einem der drei Länder-
gebiete in ein anderes gebrachten Alkoholmengen die Bestimmung, daß die
Konsumabgabe zum niedrigeren Satze von dem empfangenden Ländergebiet
an das abgebende in dem Mafie geleistet werden soll, als diese Alkohol-
mengen größer sind, als die aus dem empfangenden Ländergebiet über die
ZoUinie ausgeführten Alkoholmengen. Das Gesetz, sowie auch das Zucker-
steuergesetz, rührt im übrigen an dem Zustande nicht, daß die Steuer dem
Produktionsgebiete zufällt; sie haben es aber erst ermöglicht, in richtiger
Weise den Zustand zu verwirklichen, der sich später auch ergab, daß die
Konsumabgaben dem Konsumtionsgebiete zufallen, und zwar allein durch die
Eationalisierung dieser Steuern, welche die wirkliche Steuerbelastung klar
hervortreten läßt, zum mindesten für einen erheblichen Teil des steuer-
pflichtigen Erzeugnisses. Denn nach dieser bestimmt 'sich im Überweisungs-
verfahren, was im Verkehre der drei Ländergebiete das exportierende, das die
Steuer einhob, dem importierenden zu vergüten hat. (Die beiden Gesetze
führen denn auch ähnliche Vergütungen selbst ein, wie dargestellt.) Nach den
früheren Gesetzen wäre das nicht so einfach gewesen, denn die wirkliche
Steuerbelastung des Zuckers und Branntweins war nicht genau bekannt,
ebensowenig die produzierte Menge und der inländische Konsumbedarf.
Annähernd richtige Schätzungen der produzierten Mengen waren möglich,
aber beim Branntwein keineswegs einfach, denn man hatte dabei drei
•Besteuerungsformen zu beachten und bei jeder zu den bei der Besteuerung
angenommenen Produktionsmengen besondere Zuschläge zu machen, die selbst
Durchschnitte aus Schätzungsziffern sind. Nach dem Gesetz aus dem Jahre
1878 wäre die Bechnung noch unsicherer gewesen. Die neuen Gesetze
schaffen klarere Verhältnisse; es ergibt sich allerdings, daß, da aus einem
Ländergebiete in das .andere auch Branntwein gelangt, der im Wege der Pau-
schalierung oder Abfindung besteuert wurde, dem Importgebiete im Über-
weisungswege mehr Steuer vergütet wird, als im Exportgebiete eingehoben
wurde, weil die wirkliche Steuerbelastung niedriger ist, als die angenommene.
Indessen beträgt die jährliche Mehreinfuhr Österreichs aus Ungarn bei der
Post, die hauptsächlich die unter die Produktionsabgabe fallenden Spirituosen
umfaßt, im Durchschnitt der Jahre 1900 bis 1906 bloß 6080 Hektoliter
absoluten Alkohol. Bis zu einem gewissen Grade ist übrigens bei der
Branntweinsteuer wegen der vielen kleinen Betriebe Pauschalierung und
Abfindung unvermeidlich, so daß beim Überweisungsverfahren eine Mehr-
vergütung immer vorkommen wird; es handelt sich nur darum, das Gebiet
richtig abzugrenzen und die Pauschalierung zweckentsprechend einzurichten,
worin unser Gesetz nicht ganz fehlerfrei ist.
Die beiden Steuergesetze des Jahres 1888 sind bedeutsam für die
ungarischen Tendenzen auf dem Gebiete der Kousumsteuem. In erster Beihe
wollte man durch gesetzliche Vorschriften die Abgaben vom heimischen
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44 ZnckerktndL
Konsumanfwand dem heimischen Staatsschatz sichern. Des weiteren: man
findet, daß bei Beratung der Branntweinsteuer im ungarischen Abgeordneten-
hause der Grundgedanke dieses Entwurfes, den heimischen Verbrauch durch
die heimische Produktion zu decken, als ein solcher bezeichnet wurde,
der vermöge seiner Richtigkeit bei den Eonsumabgaben allgemein durch-
gefQhrt werden sollte, das heifit also durch besondere Gesetze herbeizuführen
w&re. Gegen den ersten Wunsch ist nichts einzuwenden, sofern nur die not-
wendigen staatsfinanziellen Kompensationen stattfinden; die Verwirklichung
des zweiten, der den ersten in sich schliefit, bedeutet, bei gegebener Einheit-
lichkeit des Zollgebietes, eine Unbilligkeit, weil einzelne Artikel einer, durch
nichts begründeten, Ausnahmsbehandlung unterworfen würden und das aus-
schliefilich im Interesse eines Teiles. Es ist auch nicht recht abzusehen,
wie bei gemeinsamem Zollgebiete solche Sondemormen erzielt werden
sollten. So war dieses Streben damals, zum Unterschiede vom andern,
unpraktisch, um so mehr, als die Vorbedingung: die entsprechende Entwicklung
aller zugehörigen Industriezweige, zu jener Zeit in Ungarn fehlte. Immerhin
hatte es Wert, dafi in der Kontingentierung eine Einrichtung verwirklicht
wurde, mit der, bei richtiger Ausgestaltung, trotz einheitlichem Zollgebiet,
ohne Steuerlinien, der heimische Konsumaufwand der heimischen Produktion
gesichert werden kann. Wie weit die erwähnten Wünsche später Erfolg hatten,
ist bekannt; der eine wurde vollständig erfüllt, der andere war durch eine
besondere Konfiguration der Umstände anläßlich der Brüsseler Konvention
bei einem wichtigen Teilgebiete der Erfüllung sehr nahe, die dann freilich
infolge zufälliger Umstände ausblieb. Nach beiden erwähnten Richtungen
geschah im Jahre 1888 der erste Schritt, die weiteren folgten in den Jahren 1894,
1899 und 1903.
Es sei noch hervorgehoben, dafi beim dritten Ausgleich eine Ändenmg
bezüglich der Restitutionen eingetreten ist; sie sind nicht mehr aus den
Zolleinnahmen, sondern von den drei Ländergebieten zu bestreiten, und zwar
nach wie vor bei jedem Steuerzweig im Verhältnis der Bruttosteuererträgnisse.
Dasselbe gilt bezüglich der Ausfuhrbonifikationen. Die Bestimmungen kommen
nicht mehr im Quotengesetze vor, sondern wurden in das Zoll- und Handels-
bündnis hinübergenommen.
5. Die Mineralölzölle.
Der Zustand, dafi bei der Ausfuhr von Zucker, Branntwein, Bier und
Mineralöl aus einem der drei Ländergebiete in die anderen die Konsum-
abgaben dem Staatsschatze des Produktionsgebietes und nicht dem des
Konsumtionsgebietes zukommen, bringt es mit sich, daß die Bewohner des
Einfuhrgebietes im Überwälzungswege Steuern tragen, die dem Staatsschätze
des andern Gebietes zufiiefien, und dafi der Staatsschatz des Importgebietes
von einem Teil der dort konsumierten steuerpflichtigen Artikel keine Steuer
erhält. Der Umfang dieser Zahlungen hängt davon ab, wieviel jedes Gebiet
an jedem dieser Artikel aus den anderen einführt und in diese ausführt und
von der Höhe der Steuersätze, mit denen diese Artikel getroffen werden.
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Die Konsamstenern im OBterreichisch-nngarischen Aasgleich. 45
Id den Yerkehrdbeziehungen zwischen Österreich und Ungarn war das Yer<
hältnis im großen und ganzen so, dafi^ wenn zunächst die Epoche bis in die
ersten achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts beachtet wird, Ungarn eine
Mehreinfuhr an Zucker und Bier und eine Mehrausfuhr an Branntwein aufwies
und an solchen Steuerzahlungen im Überwälzungswege jährlich mehr nach
Österreich leistete, als es daher empfing. Ein Mittel, um diese Zahlungen
zu reduzieren oder ganz zu beseitigen^ ist bei einheitlichem Zollgebiet, ohne
Änderung der gesetzlichen Bestimmungen, die Verdrängung der Produkte der
anderen Ländergebiete im freien Wettbewerb vom heimischen Markt; man
kann die Bilanz aber auch dadurch günstiger stellen, daß man bei einem
dieser Artikel di« Produktion mehr und mehr mit so großem Erfolge
betreibt, sich eines aussichtsreichen Industriezweiges mit solchem Erfolg
bemächtigt, daß nicht nur der heimische Bedarf ganz, sondern auch der der
Bewohner der anderen Ländergebiete zu einem erheblichen Teil gedeckt wird.
Das letztere hat Ungarn erzielt und durch eine längere Reihe von Jahren
festgehalten bei der BafiSnerie von ausländischem MineralöL
Der Bedarf an mineralischem Leuchtöl wurde in Österreich-Ungarn zur
Zeit des zweiten Ausgleiches durch die Einfuhr, und zwar fast ausschließlich
aus den Vereinigten Staaten von Amerika gedeckt; die Einfuhr an rohem
Mineralöl war gering, es kam gleichfalls aus den Vereinigten Staaten und
aus Bumänien. Im Jahre 1876 betrug die Einfuhr von Leuchtöl (Tarifpost:
Steinöl, weißes und rotes) 836.381 Meterzentner (nach Abzug einer 20pro-
zentigen Tara 663.105 Meterzentner), die von rohem Mineralöl (Tarifpost:
Steinöl, schwarzes) 9219 Meterzentner. Die Ausfuhr (8579 Meterzentner im
Jahre 1876) betrifft galizisches Produkt und richtete sich nach Bußland.
„Steinöl, weißes und rotes^, also Leuchtöl unterlag einem Zoll von 1 fl. 50 kr.
Silber fflr den Meterzentner sporco, das schwarze Steinöl war zollfrei. Über
den damaligen Umfang der galizischen Produktion an Leuchtöl divergieren
die Schätzungen: die Begierung gibt sie mit 200.000, der damalige Ab-
geordnete Eduard Sueß^) mit 150.000 Meterzentner an. Über die inlän-
dische Raffination sagt dieser Bericht, daß es in Galizien 40 bis 50 große,
kleine und sehr kleine Unternehmungen gibt, welche den weitaus größten
Teil der galizischen Produktion verarbeiten, dann existieren in Siebenbürgen
und in der Bukowina Raffinerien, welche rumänisches öl verarbeiten. Die
Fabriken, welche vorwaltend Erdwachs verarbeiten, erzeugen je nach der
Konjunktur von Zeit zu Zeit größere Mengen an Leuchtöl; endlich gibt
es Raffinerien, welche ihren Rohstoff aus Kohle, bituminösem Schiefer oder
Torf ziehen. Der Gesamtverbrauch der Monarchie wird im erwähnten Be-
richte fflr 1876 auf mindestens 820.000 Meterzentner geschätzt. Die Zoll-
einnahme dieses Jahres betrug 1,254.543 fl. Silber; eine allgemeine innere
Verbrauchsabgabe bestand nicht, in den geschlossenen Städten wurde eine
Verzehrungssteuer eingehoben.
Bei der Festsetzung des Zolltarifes im Jahre 1878 erfuhren die Mineral-
^) Beilagen za den stenogr. Prot d. Abgeordnetenh., 8. Session, Nr. 776. Aasschuß-
bericht, betreffend die Mineralölzölle und die Verbrauchsabgabe von Mineralöl.
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46 Zackerkandl.
ölzölle eine Neuordnung. Man gewährte in erster Reihe dem aus galizischem
Bohöl hergestellten Leuchtöl durch den auf ausländisches Leuchtöl gelegten
Zoll von 8 fl. Gold für 100 Kilogramm Brutto einen gegenüber dem froheren
erheblich erhöhten Schutz; der neue Zoll stellt sich bei Annahme eines
17prozentigen Agios auf 4 fl. 38 kr. Netto; der ältere hatte 1 fl. 98 kr.
Netto betragen, so dali die Steigerung 2 fl. 40 kr. ausmacht Da indessen
damals die galizische Produktion bei weitem nicht zureichte, um den Bedarf
der Monarchie zu decken, also Einfuhren unvermeidlich waren, so räumte
man der inländischen Baffination ausländischen Bohöls gegenüber dem aus-
ländischen Leuchtöl einen Schutz durch entsprechende Festsetzung der Boh-
ölzöUe ein. Diese: 60 kr. für schweres und 1 fl. 25 kr. für leichtes Bohöl
für 100 Kilogramm Brutto, bedeuteten gegenüber der Einfuhr von Leuchtöl
einen Schutz (immer bei Annahme von 17 Proz. Agio) je nach der Aus-
beute von 40 bis 65 Proz. bei schweren und von 70 bis 80 Proz. bei
leichten Bohölen von 2 fl. 19 kr. bis 3 fl. 03 kr. bei jenen und von 1 fl. 77 kr.
bis 2 fl. 10 kr. bei diesen. Die Prämie war also bei den letzteren geringer
als bei jenen und so wurden denn auch nur unbedeutende Mengen importiert:
913 Meterzentner im Jahre 1880 geg^n 94.653 Meterzentner schweren
Bohöls.
Unter diesem Zollregime stieg die Einfuhr von schwerem Bohöl nicht
unerheblich; allein im ganzen war die Baffination ausländischen Bohöls doch
verhältnismäßig unbeträchtlich und der Bedarf wurde nach wie vor über-
wiegend durch amerikanisches Leuchtöl gedeckt.^)
Im Jahre 1882 wurde eine Verbrauchsabgabe auf im Zollgebiete raffi-
niertes Mineralöl (nicht über 870^) in der Höhe von 6 fl. 50 kr. für je
100 Kilogramm Nettogewicht eingeführt; ihr unterlagen auch die im-
portierten, zu Beleuchtungszwecken verwendbaren Mineralöle. Der auf
Leuchtöl gelegte Einfuhrzoll wurde, einmal weil er nun auch die Verbrauchs-
abgabe umfaßte, dann aber aus Schutzgründen erhöht, und zwar von
3 fl. Gold Brutto oder 3 fl. 75 kr. Gold Netto auf 10 fl. Gold Netto,
wonach der Schutz der aus inländischem Bohöl hergestellten Leuchtöle von
4 fl. 38 kr. auf 5 fl. 20 kr. Papier stieg; femer wurde im ganzen, wenn
auch in geringem Ausmaße, der Schutz der aus ausländischem Bohöl im
Inlande produzierten Leuchtöle erhöht. Die Zölle wurden bei den ohne vor-
gängige Baffinierung oder Beinigung zu Beleuchtungszwecken nicht ver-
wendbaren Bohölen hinaufgesetzt, und zwar bei den schweren von 60 kr. Gold
Brutto auf 1 fl. 10 kr. Gold Netto und bei den leichten von 1 fl. 25 kr,
Gold Brutto auf 2 fl. Gold Netto. Am stärksten war die Erhöhung der
Prämie für die Baffinierung rumänischen Bohöls; da dessen Einfuhrzoll tat-
sächlich unverändert blieb (statt 60 kr. Gold Brutto bei 18 Proz. Tara,
68 kr. Gold Netto), der Leuchtöls chutzzoU um 82 kr. Papier hinaufgesetzt worden
war, ist die Prämie um den gleichen Betrag gestiegen. Man bezeichnete
*) Siehe Manzsche Ausgabe der österr. Gesetze, Mineralölsteuer, herausgegeben
Ton Sektionschef v. Bernatzky, Hofrat Dr. Carmine und Sektionsrat Dr. Joas. Ein-
leitung S. XIII.
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Die Eonsumsteuem im Osterreichisch-uDgarischen Aasgleich. 47
diese im Interesse der siebenbürgischen Baffinerien getroffene Maßnahme mit
Bucksicht auf den geringen Umfang der rumänischen Bohölproduktion als
bedeutungslos.
Die dargestellten gesetzlichen Änderungen hatten zunächst die Wirkung,
daß die Leuchtöleinfuhr sank. Die durch das Agio verstärkte Zollerhöhung
in Verbindung mit der neuen Verbrauchsabgabe reduzierten die Anschaffungen;
dagegen stieg die Bohöleinfuhr, ebenso die galizische Produktion. Allein die
neue Ordnung konnte ihre normalen Wirkungen nur kurze Zeit hindurch
entfalten, indem gegen Ende des Jahres 1884 eine Petroleumeinfuhr ein-
setzte, die das ganze darauf nicht eingerichtete, wohl abgemessene System
der MineralölzöUe mit seinen sorgfältig berechneten Prämien über den Haufen
warf. Man importierte nämlich als Bohöl und zum Bohölzolle raffiniertes
Petroleum, welches durch Zusatz gewisser Stoffe die durch den Zolltarif
geforderten Merkmale des Bohöls erhielt. «Ursprünglich wurden nur soge-
nannte verbesserte amerikanische öle zum Zollsatze von 2 fl. eingeführt,
aber es war doch viel zu einladend, zu dem noch viel niedrigeren Satze
von 1 fl. 10 kr. das schwere russische Ol hereinzubringen, als daß man
nicht diesen Versuch gemacht hätte. Nun ist bald da, bald dort eine Probe
hochgradigen russischen Öles erschienen und es dauerte nicht lange,
so wurde in allen unseren Baffinerien, abgesehen von dem einheimischen
und rumänischen öle, nur solches gefälschtes amerikanisches oder gefälschtes
russisches öl verarbeitet, ja es ist soweit gekommen, daß in Bußland eine
große Fabrik angelegt wurde, welche gar keine andere Aufgabe hat, als ein
Produkt zu erzeugen, welches man österreichisches Bohöl oder österreichisches
Kunstöl nennt, welches nun zu Hunderttausenden Meterzentnern zu dem
geringen Zoll von 1 fl. 10 kr. hereinkommt."^)
Genaue Auskunft geben die Ausweise über den auswärtigen Handel
des gemeinsamen Zollgebietes. Von 1883 bis 1886 stieg die Einfuhr schwerer
Bohöle, abgesehen von den rumänischen, von 4649 auf 583.349 Meter-
zentner Netto, die der leichten Bohöle hob sich von einem früheren ganz
geringfügigen Quantum auf 80.835 Meterzentner Netto im Jahre 1883 und auf
418.021 Meterzentner Netto im Jahre 1885; dagegen sank von 1883 bis
1886 die Einfuhr von Leuchtöl von 781.369 auf 260.022 Meterzentner
Netto.«)
Hiedurch waren zunächst die Zolleinnahmen getroffen, indem der niedrige
ßohölzoU statt des höheren Leuchtölzolles entrichtet wurde. Mit der Ver-
arbeitung dieser Kunstöle war eine sehr beträchtliche Prämie verbunden.
Importiertes Leuchtöl zahlte 10 fl. Gold für 100 Kilogramm Netto, was im
Jahre 1886 bei dem damaligen Agio von 25 Proz. 12 fl. 50 kr. ausmachte;
davon waren 6 fl. 50 kr. innere Verbrauchsabgabe und 6 fl. Schutzzoll; wird
nun ein solches Gemisch importiert mit 90 Proz. Leuchtölgehalt beim Zoll
von 1 fl. 10 kr. Gold, so fallen auf 100 Kilogramm Leuchtöl, das in solcher
Mischung enthalten ist, 1 fl. 22 kr. Gold oder 1 fl. 52 kr. Papier u,nd das,
^) Abg. Eduard Sueß, Stenogr. Prot. d. Abgeordnetenh., 10. Session, 84. Sitzung.
^) S. Mineralölsteuer, Manzsche Ausgabe, Einleitung, S. XVI.
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48 Zuckerkandl
was nach Abzug dieses Betrages von 6 fl. erübrigt, war, von den Beinigungs.
kosten abgesehen, der Vorteil der Eunstölbehandlung gegenüber der Einfuhr
an Leuchtöl. Die letztere mufite also sehr abnehmen. Es ergab sich des
weiteren, dafi, da die Kosten der Beinigung des Eunstöles viel niedriger
waren als die der Baffination von Bohöl, die Bafifination inländischen Boh-
5les und damit die inländische Bobölgewinnung leiden mußten. «Wenn auch
die damalige Bohölproduktion Galiziens noch nicht annähernd zur Deckung
des gesamten inländischen Petroleumbedarfes hingereicht hätte, so kann
nicht geleugnet werden, daß das nur mit dem Boh6lzoIl belastete Kunstöl,
welches infolge der ungemein reichen Ergiebigkeit der amerikanischen und
kaukasischen Erdölquellen und der ganz unbedeutenden Gewinnungskosten
zu Spottpreisen verkauft wurde, die Preise für galizisches Ol sehr gedrückt
und so die Unternehmungs- und Schurflust in Galizien gehemmt haf^)
Wie verhielt sich nun zu dieser Eunstöleinfuhr die Zollgesetzgebung
des gemeinsamen Zollgebietes? Es ist sicher, daß bei der Festsetzung der
ZüUe im Jahre 1882 an natürliches Bohöl gedacht wurde. Unter Bohöl wurde
allein das der Natur abgewonnene Produkt verstanden. Die importierten
Mischungen waren, wenn auch so präpariert, daß sie bei dem erforderlichen
spezifischen Gewicht ohne Beinigung zu Beleuchtungszwecken nicht ver-
wendet werden konnten, doch im Sinne des ZoUtarifes kein Bohöl.
So wie diese Eunstöleinfuhren begonnen hatten, wurde von den öster-
reichischen Interessenten bei den Behörden darauf hingewiesen, daß der Im-
port nicht Bohöl betreffe, sondern veiiinreinigtes raffiniertes .-1. Die Zoll-
behörden waren bereits im Jahre 1882 durch eine Instruktion auf derartige
Einfuhren aufmerksam gemacht und über das Verhalten in zweifelhaften
Fällen unterrichtet worden; in Österreich wurden einzelne Importfälle auf-
gegriffen, aber das fand keine Fortsetzung, gewiß gegen den Willen der
österreichischen Begierung. Es ist in diesen Dingen ein gleichartiger Vor-
gang in beiden Reichsteilen notwendig und es kann bei gemeinsamem Zoll-
gebiet kein Zustand bestehen, wobei in Ungarn gestattet ist was in
Österreich als Gefällsstrafsache verpönt wird. In dieser Sache nun war es
unmöglich, die ungarische Begierung für ein Vorgehen gegen die Eunstöle
zu gewinnen und so wurden diese zum BohölzoUe eingelassen.
Die neue auf mißbräuchlicher Anwendung des ZoUtarifes beruhende
Eonkurrenz erregte in Galizien das größte Ärgernis, man sprach von ihr in
den schärfsten Ausdrücken als von Schmuggel, Betrug, Defraudation und
auch im österreichischen Abgeordnetenhause, als die Angelegenheit zur Er-
örterung kam, gebrauchten die Abgeordneten aller Parteien keine milderen
Bezeichnungen; die österreichische Begierung selbst hat mit der richtigen
Charakterisierung nicht zurückgehalten und den betreffenden Import im Mo-
tivenberichte zu einer Vorlage aus dem Jahre 1898 als unreell bezeichnet
Die bedrohten Interessenten wandten sich schon im Jahre 1884 an die Be-
gierung, aber es verblieb bei der Praxis, Eunstöl als Bohöl zu verzollen.
*) S. die Einleitung, S. XVIT/', in der erwähnten Manzschen Gesetzesausgabe.
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Die Eonsamsteuern im Österreichisch-ungarischen Ausgleich. 49
Als die beiden Begierungen im Jahre 1886 mit dem Entwürfe eines neuen
ZoUtarifes beschäftigt waren (die Vorlage vom Jahre 1885 konnte wegen
Ablaufes der Legislaturperiode in Osterreich nicht erledigt werden) und
dabei auch mit den MineralzöUen zu tun hatten, traten die galizischen
Petroleumproduzenten wieder mit der dringenden Bitte an das Ministerium
heran, da£ man ihnen den notwendigen Schutz gewähre und «die unmora-
lische SchmuggeleinfQhrung der Mischungen gänzlich verbiete *". Aber es
war nicht möglich, etwas durchzusetzen, wie die dem Abgeordnetenhause im
Jahre 1886 unterbreitete Zollvorlage zeigte.
Die ungarische Begierung liefi sich bei ihrem Verhalten in dieser An-
gelegenheit durch die folgenden Momente bestimmen. Unter kräftiger För-
derung seitens öffentlicher Faktoren war in Ungarn (Fiume, Budapest) die
MineralölrafGnieruDgsindustrie kürzlich in größerem Stile eingerichtet worden
und die neuen Großbetriebe machten die Beinigung dieser zum BohölzoIIe
eingeführten, gefUschten Destillate zu ihrer Spezialität Diese von sehr
kapitalskräftiger Seite geschaffenen Unternehmungen haben es in kurzer
Frist verstanden, ihr Produkt in immer steigendem Ausmaße in der ganzen
Monarchie abzusetzen und die damals bereits äußerst indastriefreundliche
ungarische Begierung hielt schon aus allgemeinen GrQnden ihre schützende
Hand über sie. Indem dieser neu aufgekommene Fabrikationszweig sein
Erzeugnis in Österreich verkaufte, brachte er dem ungarischen Staatsschatze
noch die Neueinnahme aus den österreichischen Petroleumsteuerzahlungen ^).
Auf beide erwähnte Erwägungen ist es zurückzuführen, daß die ungarische
Begierung jede wirkungsvolle Maßnahme gegen das Kunstöl ablehnte. Das
Ergebnis der damaligen Verhandlungen der Begierungen war denn auch nicht
geeignet, den Beschwerden der galizischen Interessenten abzuhelfen ; es wurde
eine Erhöhung der Zölle auf schwere und auf leichte Bohöle von 1 fl. 10 kr.
und 2 fl. auf 1 fl. 42 kr. und 2 fl. 10 kr. unter stillschweigender Zulassung
von Eunstöl als Bohöl vereinbart und als Kompensation zugunsten Galiziens:
eine entsprechende Gestaltung der Zölle auf Schmieröle u. dgL und Benzin
sowie die Kontingentierung der jährlich aus Bumänien zu importierenden
Bohölmenge auf 200.000 Meterzentner.
Ziugunsten dieser Vorschläge wurde im Abgeordnetenhause besonders
geltend gemacht, daß nach fachmännischen Äußerungen Kunstöl von Bohöl
durch chemische Untersuchung nicht unterschieden werden kann, wenn seine
Provenienz nicht bekannt ist, daß man es also bei der Verzollung wie Bohöl
behandeln müsse. Demnach ist doch gewiß in vielen Fällen die Qualität als
Kunstöl festzustellen und ein energisches Einschreiten auf Grund des Gefall-
strafgesetzes hätte diese Einfuhr wohl beseitigt. Man konnte indessen damals
Ungarn kaum eine Maßnahme zumuten, die die ungarischen Bafßnerien
schwer schädigen und jene Neueinnahme stark reduzieren mußte; es gab
aber noch den andern Weg, unter Zulassung des Kunstöles dieses durch
') Die Steuer ist bei der Anroeldang der Wegbringung des Mineralöls aus der Er-
zeugungsst&tte vom Unternehmer zu entrichten, kommt also dem Staatsschatz des Produktions-
gebietes zu; im Überwälzungswege trfigt der Käufer die Steuer.
Zucke rk and 1. Dia Konaunutenem im OsterreichUoh-ungarischen Äuiglelob. 4
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50 ZackerkandL
einen Zoll richtig zu treffen, ohne die ungarischen Kaffinerien erheblich zu
beeinträchtigen, und derdamals vom Abgeordneten Eduard Suefi gestellte Antrag
hatte, vielleicht mit gewissen Modifikationen, das geeignete Mittel geboten. Es
war der Regierung bei ihrer Partei nicht leicht, seine Ablehnung im Abge-
ordnetenhause herbeizuführen und er wurde nur mit einer Majorit&t von
sechs Stimmen verworfen. Die Begierung konnte dagegen ihre mit Ungarn
vereinbarten Anträge auch nicht zur Annahme bringen; es wurde be-
schlossen, die Zölle bei schwerem Bohöl auf 2 fl. (statt 1 fl. 42 kr.) und
bei leichten auf 2 fl. 40 kr. hinaufzusetzen, und das ist denn auch in das
Gesetz übergegangen. Dafi diese Zollerhöhungen einen sehr geringen meri-
torischen Wert besitzen, hat damals schon der Abgeordnete Suefi bewiesen
und die oben erwähnten Motive zur Regierungsvorlage aus dem Jahre 1898
bestätigen seine Prognose, indem sie sagen, ,dafi der Zolltarif vom Jahre
1887 gegenüber dem vorausgegangenen Zolltarife trotz der anscheinenden
Zollerhöhung eine einschneidende Veränderung, und zwar zuungunsten des
inländischen Naturproduktes enthält^. Das beweisen auch die Einfuhrdaten.
Der Import schweren «Rohöls^ (abgesehen vom rumänischen) stieg von
668.596 Meterzentnern im Jahre 1887 auf 1,285.018 Meterzentner im Jahre
1893, während die Einfuhr des raffinierten Mineralöles schon 1890 nur noch
75.445 Meterzentner betrug.
Die Behandlung der Eunstöle als Rohöle war nun legalisiert; der Text
des ZoUtarifes lautet: „Mineralöle, roh, mit Ausnahme der in N. 120 ge-
nannten, oder zu Beleuchtungszwecken ohne vorausgegangene, mit Destillation
verbundene Raffinierung oder Reinigung nicht verwendbar''; d. h., es gibt
nun auch nichtrohes Mineralöl, das erst nach Raffinierung oder Reinigung
zu Beleuchtungszwecken geeignet ist. In den früheren Zolltarifen und der
Regierungsvorlage hiefi es „Mineralöle, roh und zu Beleuchtungszwecken
ohne vorausgegangene Raffinierung'^ . . . u. s. w. wie oben.
Die ungarische Raffineruugsindus.trie hat sich in den nächsten Jahren
auf Grund dieser Kunstölbezüge sehr gut weiter entwickelt. Die ungarische
Regierung konnte einen doppelten Erfolg verzeichnen: es war eine neue
gewinnreiche Industrie aufgekommen, und die Bilanz bezüglich der oft er-
wähnten Steuerzahlungen der beiden Ländergebiete zugunsten Ungarns ge-
bessert, denn die Mehrausfuhr an raffiniertem Mineralöl nach Österreich hielt
an. Von 1888 bis 1896 bewegte sich die ungarische Mehrausfuhr nach Öster-
reich und Bosnien und der Herzegowina zwischen 218.348 und 120.617 Meter-
zentnern Netto, was eine von diesen Gebieten zugunsten des ungarischen
Staatsschatzes getragene, zwischen 1,386.672 und 784.010 fl. sich bewegende
jährliche Steuerleistung bedeutet.
Um die Mitte der neunziger Jahre trat ein Umschwung ein. Die
Mineralölgemnnung in Galizien hat um jene Zeit aufierordentlich stark zu-
genommen und sich in der kurzen Zeit von 1893 bis 1896 mehr als ver-
dreifacht. Sie stieg von 963.000 auf 3,397.000 Meterzentner. Die Preise des
inländischen Rohöles sanken. Die ungarische Industrie begann sich mehr und
mehr des galizischen Rohöles zu bedienen. Die ungarischen Bezüge aus
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Die Konsumstenern im OsterreichiBcfa-aDgarischen Ausgleich. 51
Galizien erlangten erst zu Beginn der neunziger Jahre Bedeutung. Sie be-
trugen 1887 : 4886 Meterzentner, 1890 : 50.818 Meterzentner, stiegen 1895
auf 220.000 und 1900 auf 886.000 Meterzentner (immer Netto); die russischen
ölbezQge Ungarns nahmen in derselben Epoche sehr ab; von 724.254 Meter-
zentner Brutto im Jahre 1893 sanken sie auf 819.117 Meterzentner inj
Jahre 1896 und auf 97.470 im Jahre 1899. Verbunden mit diesen Bewe-
gungen war die Beseitigung ^er Aktivität Ungarns im Lenchtölverkehr mit
Osterreich. Im Jahre 1897 betrug die ungarische Mehrausfnhr an raffiniertem
Mineralöl nach Österreich nur noch 12.697 Meterzentner Netto; seither er-
gibt sich eine Mehrausfuhr Österreichs nach Ungarn, die von 1899 bis
1905 zwischen 89.000 und 126M0 Mzt. Netto sich bewegt. Seit Anfang
1900 gilt eine neue Zollbehandlung der Rohöle, worauf wir noch eingehen
werden.
6. Das Obenweisungsverfahren.
Der Zustand, daß die Konsumsteuer dem Produktionsgebiete zukommt,
ist an sich gewifi verfehlt, aber er kann nicht für sich allein genommen
werden. Wenn dabei das eine der Ländergebiete dauernd finanzielle Vorteile
hat, so mag dadurch nur eine Benachteiligung wettgemacht werden, die es
auf der andern Seite erfährt. Es besteht kein Zweifel, dafl Österreich seit
1867 durch die Gemeinsamkeit der Zolleinnahmen, soweit die Finanzzölle
in Betracht kommen, geschädigt ist, da Ungarn von den Zöllen einen ge-
ringeren Prozentsatz trägt, als seine Quote ausmaohh Jede der beiden Ver-
anstaltungen für sich ist unrichtig, aber die eine bildet eine Kompensation
für die andere. Noch während des zweiten Ausgleiches konnte die ungarische
Quotendeputation mit einem Scheine von Recht darauf verweisen, daß dem
Vorteile bei den Zolleinnahmen gewisse, aus dem gemeinsamen Zollgebiete
sich ergebende Nachteile fQr Ungarn gegenüberstehen: es habe «auf das Recht
verzichtet, seine Zollpolitik nach dem Freihandelprinzipe einzurichten, kraft
dessen.es als vorwiegend agrikoles Land sich bezQglich der im Lande selbst
nicht erzeugten Waren unmittelbar an jene Quelle wenden könnte, woher es
dieselben am wohlfeilsten zn beziehen vermag und bis zu einer gewissen
Grenze der österreichischen Industrie fQr den ungarischen Markt nahezu ein
Monopol verliehen.^ Aber diese Argumentation hat seit dem Umschwung der
Handelspolitik (gegen Ende der achtzehnhundertsiebziger Jahre), seit die west-
lichen Staaten agrarische Artikel von ihrem Markte durch Zölle und Verbote
ausschlössen, jeden Boden verloren. Das anerkennen denn auch die Begründungen
zu den ungarischen Vorlagen, betreffend das Zoll- und HandelsbQndnis, die bei
den verschiedenen Ausgleichen dem ungarischen Parlamente unterbreitet wurden.
Da heißt es unter Berufung auf die fremden Getreidezölle und Vieheinfuhr-
verbote: „Es ist ein Gebot unserer volkswirtschaftlichen Verhältnisse und
Interessen, daß wir för unsere von den Auslandsmärkten ausgeschlossenen
Erzeugnisse in den nächsten zehn Jahren die Märkte der im Beichsrate
vertretenen Königreiche und Länder uns sichern." (Beilage Nr. 429, Session
1884 bis 1887.) Im Motivenberichte zum nächsten Entwürfe (Beilage
Nr. 388, Session 1896 bis 1901) wird ausgeführt, daß Österreich für die
4*
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52 Zuckerkand].
überschüssigen Produkte ÜDgams einen vortreflflichen Markt bilde, und in
der Begründung der letzten Vorlage eines Zoll- und Handelsbündnisses
(Beilage Nr. 299, Session 1901 bis 1906) heißt es: Österreich ist für
Ungarn ein von der ausländischen Konkurrenz freier Markt, nicht bloß für
landwirtschaftliche, sondern auch für gewisse Industrieerzeugnisse: .die Aus-
schließung der ungarischen landwirtschaftlichen Produkte durch fremde
Staaten macht es zu einem Interesse ersten Ranges für Ungarn, den öster-
reichischen Markt zu erhalten.^ Es ergibt sich aus alldem, daß Österreich
für den Nachteil bei der Zollverteilung keinen einseitigen volkswirtschaftlichen
Vorteil aus der Gemeinsamkeit des Zollgebietes genießt
Über die Höhe der ungarischen Zahlungen und Empfänge bei den
Konsumabgaben in verschiedenen Epochen sei folgendes angeführt. Im un-
garischen Motivenberichte zum Entwürfe eines Zoll- und Handelsbündnisses
anläßlich des zweiten Ausgleiches wird über diese Frage, unter Hervorhebung,
daß genaue Rechnungen nicht möglich seien, folgendes mitgeteilt.^) Ungarn
habe von 1868 bis 1874 aus Österreich bezogen 8,322.400 Zollzentner Zucker,
65.276 Zollzentner Sirup, 579,981 Zollzentner Alkohol, 1,335.338 Zollzentner
Bier. Die Steuern davon betragen 22,654.878 fl. oder für das Jahr 3,286.411 fl.;
dem sind die aus Ungarn nach Österreich gebrachten Mengen gegenüber-
zustellen, deren genaue Bestimmung ebensowenig möglich ist. Die dafür
entfallende Steuer wird für ein Jahr auf 800.000 bis 1,000.000 fl. veranschlagt,
so daß die ungarische Nettozahlung jährlich 2*4 bis 2-2 Millionen Gulden
ausmachen würde.^) Aus einer spätem Zeit sei eine Rechnung angeführt, die
ein anderes Ergebnis liefert. Für das Jahr 1885 hat Dr. v. Plener folgende
Ziffernaufstellung gegeben. Der ungarische Nettoimport aus Österreich betrug
132.126 Meterzentner raffinierten Zucker und 86.750 Meterzentner Bier, da-
gegen der Nettoimport Österreichs aus üngani 100.000 Meterzentner Branntwein
und 150.000 Meterzentner Petroleum; die österreichische Nettoeinfuhr an
Branntwein war zwar größer als 100.000 Meterzentner, da aber von dieser
Einfuhr ein erheblicher Teil in das Zollausland ging, so wurde die Ziffer von
100.000 Meterzentnern als nicht übertrieben angenommen. Auch beim Petroleum
wurde eine geringere als die wirkliche Einfuhrziffer angesetzt. Aus diesen beider-
seitigen Nettoimporten würde resultieren eine Zahlung Ungarns an Österreich
in der Höhe von 1,320.000 fl. beim Zucker und von 173.500 fl. beim Bier,
dagegen eine Zahlung Österreichs an Ungarn beim Branntwein von 900.000 fl.
^) Die amtliche Statistik des auswäi-tigen Warenverkehres der Länder der ungari-
schen Krone bezieht sich auf den Zeitraum seit 1. Juli 1881. Das ungar. statist. Bureau
veröffentlichte für die Jahre 1868 bis 1874 alljährlich Daten über die Aus- und Einfuhr
Ungarns, die auf den Warenverkehrsausweisen der Transportuntemehmungen beruhten;
sie bezogen sich auf die wichtigeren Waren und wiesen auch deren Wert aus, die
Ziffern waren u riverläßlich, und eine Sammlung und Publikation des erwähnten Materials
fand nach 1874 nicht statt. Siehe Einleitung zum ersten Jahrgange des Werkes: „Un-
garns Warenverkehr mit Österreich und anderen Ländern. Im Auftrage des Ministers für
Ackerbau, Gewerbe und Handel verfaßt und herausgegeben vom königl. ungar. statist.
Landesbureau.^ Budapest 1883.
2) Beilage Nr. 558, iession 1875 bis 1878.
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Die Ronsnmstenem im Osterreichisch-niigarischen Ausgleich. 58
und beim Petroleum von 975.000 fl., im ganzen also eine Nettozahlung
Österreichs au Ungarn von 382.000 fl.^)
FQr die neuere Zeit gibt eingebende Auskunft eine von der ungarischen
Begierung herrührende Berechnung, die die Jahre 1888 bis 1897, bezie-
hungsweise die Betriebsperioden 1888/89 bis 1896/97 betrifft. Demnach
hat Ungarn im Jahresdurchschnitte dieser Epoche mehr eingeführt aus
Österreich und Bosnien und der Herzegowina 204.652 Meterzentner Zucker
und 108.160 Hektoliter Bier, dagegen mehr ausgeführt nach Österreich und
Bosnien und der Herzegowina 151.868 Meterzentner Petroleum; auf Grund
dieser Ziffern berechnet sich der Empfang Österreichs von Ungarn an Bier-
steuer (12grädiges Bier zur Grundlage genommen) mit 216.320 fl.,
beim Zucker mit 2,251.172 fl.; der Empfang Ungarns beim Petroleum
mit 987.1^ fl., woraus sich eine Zahlung Ungarns an Österreich mit
1,480.350 fl. für das Jahr ergibt.*) Die Branntweinsteuer wird nicht
erwähnt, weil dabei seit 1894 das Yergütungsverfahren bestand. Sie mufi
jedoch in Betracht gezogen werden, wenn man den Saldo dieser Zahlungen
richtig ermitteln will. Hierbei können die Ergebnisse des Überweisungs-
verfahrens der drei Betriebsperioden 1894/95 bis 1896/97 herangezogen
werden. Demnach hatte in diesem Zeiträume Österreich an Ungarn netto
1 Million Gulden zu vergüten, wonach die ungarische Nettozahlung an Österreich
bei allen vier Artikeln 1,150.000 fl. jährlich ausmachen würde. Natürlich
wechseln die Ziffern von Jahr zu Jahr. Daten für die folgenden Jahre werden
alsbald angegeben werden. .
Die Einführung des Überweisungsverfahrens erfolgte, außerhalb der
Ausgleichszeiten, für die Branntweinsteuer allein, durch das Gesetz vom
20. Juni 1894, B.-G.-B1. Nr. 121, vom 1. September 1894 an. Die öster-
reichische Regierungsvorlage gibt eine ganz kurze Begründung dieser Maß-
nahme. Es wird darauf verwiesen, daß im Branntweinsteuergesetze aus
dem Jahre 1888 angedeutet ist, daß jedes der drei Ländergebiete in einem
bestimmten Verhältnisse an den Erträgnissen der Branntweinsteuer teilnehmen
solle, es fehle bisher eine Regelung der SteueransprOche der beiden Beichs-
teile hinsichtlich des Verkehres mit versteuertem Branntwein, es erscheine
aber angesichts der hohen finanziellen Bedeutung der Branntweinsteuer
höchst wünschenswert, daß kein Teil benachteiligt werde. Der Ausschuß- •
bericht des Abgeordnetenhauses, gleichfalls ganz kurz, erwähnt, daß die
Anregung zu dieser Beform in den Übelständen lag, welche infolge der
gegenwärtigen Art, die Branntweinsteuer zu erheben, für beide Reichsteile
entstanden. Das Haupthindernis der Änderung der Aufteilungsmodalitäten,
wie es bei den anderen Konsumsteuem vorkommt, finde bei der Branntwein-
steuer nicht statt. Keiner der beiden Reichsteile hat durch die bisherige
Aufteilungsart irgendwie erheblich gewonnen, keiner irgendwie erheblich ver-
loren. Es liege somit nicht im Interesse eines der beiden Reichsteile, an der
bisherigen Aufteilungsmodalität aus finanziellen Rücksichten festzuhalten.
1) stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauhes, X. Seasion, S. 3071f.
2) Beilage Nr. 400, Session 1896 bis 1901.
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54 Zackerkandl.
Bei den übrigen Konsumsteuern sei Ungarn bezüglich des Mineralöles und
Österreich bezüglich des Zuckers im Yoiieile. Die Annahme des Gesetz-
entwurfes bilde kein Präjudiz für die anderen Eonsumabgaben.
Im ungarischen Abgeordnetenhause wurde der Entwurf dieses Gesetzes,
der einen alten Wunsch teilweise erfüllte, mit großer Genugtuung aufgenom-
men. Schon im Jahre 1888 bei der Beratung der Vorlagen über die Zucker-
und Branntweinsteuer hatte man verlangt, es möge dafür gesorgt werden, daß die
Eonsumabgaben überhaupt dem Eonsumgebiete zukommen und immer wieder
darauf verwiesen, daß zwischen Zollgemeinschaft und der Wahrung der hei-
mischen staatsfinanziellen Interessen kein Widerspruch besteht. Man erblickte
in dem Zustande, daß die Bevölkerung Steuern trägt, die dem Staatsschatze
Österreichs zufließen, eine Art von Abhängigkeitsverhältnis; die Zahlungen
wurden als Tribut und die Situation als erniedrigend bezeichnet. Das Gesetz
war nun die erste Maßnahme, welche den erwünschten Grundsatz durch-
greifend und unmittelbar verwirklichte; es wurde die Erwartung ausgesprochen,
daß er auch auf die anderen Yerzehrungssteuergebiete angewendet werde, was
in der Tat im Jahre 1899 erfolgt ist.
Das Gesetz bestimmt nun, daß für jenen versteuerten Branntwein,
welcher innerhalb des Zollgebietes aus einem der drei Ländergebiete in ein
anderes übergeht, die Branntweinsteuer von dem versendenden Ländergebiete
an das empfangende zu vergüten ist. Die Abgabenvergütung wird für je ein
Hektoliter Alkohol nach dem Betrage bemessen, welcher in dem Ländergebiete,
das sie zu leisten hat, auf je ein Hektoliter der daselbst in der betreffenden
jährlichen Betriebsperiode zur Versteuerung gelangten Alkoholmenge, von
der für dieselbe vorgeschriebenen Gesamtsumme der Branntweinabgabe
durchschnittlich entfällt. Die Steuervergütungen des Branntweinsteuergesetzes
fallen weg.
Diese Veranstaltung hat die nicht erwartete Wirkung gehabt, daß bis
zur Betriebsperiode 1898/1899 Österreich an Ungarn 2,233.396 K Netto
zu vergüten hatte. Die Vergütungen der folgenden Jahre werden in anderem
Zusammenhange erwähnt werden.
Das neue Überweisungsverfahren, unter Anlehnung an Einrichtungen,
die bei den reichsdeutschen Übergangsabgaben vorkommen, vereinbart, besteht
darin, daß die Ware bei der Absendung und beim Einlangen unter amtlicher
Kontrolle steht und deshalb nur auf bestimmten Wegen und in bestimmter
Weise transportiert werden darf. Es ermöglicht, daß im einheitlichen Zoll-
gebiete jedes der drei Ländergebiete, ohne daß Steuerlinien aufgestellt
werden, die Steuer vom eigenen Eonsumtionsaufwande erhält. Es ist eine
sehr interessante Einrichtung, die, nach Ausdehnung auf die anderen drei
Steuern, im Laufe der Zeit eine vielseitige Verwendbarkeit gezeigt hat. Das
Überweisungsverfahren gestattet, daß bei den gleichartig zu ordnenden
Steuern in den drei Ländergebieten verschiedene Steuersätze festgehalten
werden: in Ungarn wurde z. B. im Jahre 1899 ein Biersteuerzuschlag ein-
geführt, der in derselben Weise wie die Bierproduktionsabgabe und gleich-
zeitig mit ihr bemessen wird; von dem aus den anderen Ländergebieten ein-
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Die EoDsamsteueni im OBterreichiach-angarischen Aosgleicb. 55
gefahrten Bier gelangt der Zuschlag anläfilich der AussteUung des Legiti-
matioDsscheines im Überweisungsverfahren zur Einhebung und bei der Ausfuhr
in eines dieser Ländergebiete wird er restituiert. Die einseitige Einrichtung
solcher Zuschläge in jedem Ländergebiete *^und die entsprechende Mehr-
besteuemng der betreffenden in dasselbe importierten Artikel wurde von den
Kegierungen im Zusammenhange mit der Ausdehnung des Überweisungs-
verfahrens vereinbart und war in den im Jahre 1898 und im Jahre 1908 den
Abgeordnetenhäusern vorgelegten Entwürfen eines Zoll- und Handelsbünd-
nisses vorgesehen. Das Überweisungsverfahren hat sich auch als Verkehrs-
hindernis bewährt, indem die ungarischen Formalitäten anläßlich geringer
Importe aus den österreichischen Nachbargebieten diesen kleinen Verkehr an
der Grenze einschränken. Endlich hat sich gezeigt, dafi man an dieses Ver-
fahren die Einhebung von Ausfuhrzöllen im Verkehr der drei Ländergebiete
anknüpfen wollte.
7. Die Ordnung des Jahres 1899.
Der dritte Ausgleich lief Ende 1897 ab und die Ministerien Badeni
und Banffy hatten sich rechtzeitig über die Einzelheiten eines neuen Aus-
gleiches geeinigt; die Vorlagen wurden allerdings erst im Jahre 1898, und
nicht mehr durch das Ministerium Badeni dem österreichischen Abgeord-
netenhause vorgelegt. Sie fanden wohl wegen der Obstruktion infolge der
Sprachenverordnungen keine parlamentarische Erledigung, sind jedoch mit
gewissen Änderungen und Auslassungen übergegangen in die die Ausgleichs-
angelegenheiten betreffenden, auf Grund des § 14 erflossenen kaiserlichen
Verordnungen aus dem Jahre 1899.
Eine parlamentarische Erledigung des Ausgleiches war damals in
Österreich nicht möglich, und ebenso war auch der Zeitpunkt, der künftigen
Aktionsfthigkeit des österreichischen Abgeordnetenhauses ungewiß. Die
Zweifel, ob eine Ordnung der Ausgleichsangelegenheiten auf Grund des § 14
Zustandekommen werde, wurden alsbald behoben. Im August 1898 einigten
sich die Ministerien Thun und Banfff dahin, daß alle auf den Ausgleich
bezüglichen Bestimmungen, die die Ministerien Badeni und Banffy vereinbart
hatten, mit gewissen Änderungen und Auslassungen in Ungarn als Gesetz,
in Österreich als kaiserliche Verordnung auf Grund des § 14 publiziert
werden sollten; ein Zoll- und Handelsbündnis kam auf dieser Grundlage
nicht zustande, weil der § 61 des Gesetzartikels XII aus dem Jahre 1867 bei
diesem Übereinkommen die Mitwirkung beider Parlamente ausdrücklich vor-
sieht; man verständigte sich aber, den Bestand des einheitlichen Zollgebietes
und gewisser damit zusammenhängender Verhältnisse in der Weise zu sichern,
daß jeder Staat selbständig in der dargestellten Form ausspricht, daß die
Zustände, wie sie das letzte Zoll- und Handelsbündnis mit seinen späteren
Änderungen geschaffen habe und einige andere damit zusammenhängende
Zustände aufrechterhalten werden sollen unter der Voraussetzung der Rezi-
prozität bis Ende 1903, aber auch darüber hinaus insolange in Geltung
zu bleiben hätten, bis die Gesetzgebung anders verfögt. Dieser letztere
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56 Zuckerkand!.
Punkt wurde, weil darin eine bestimmte zeitliche Beschränkung niebt Kör-
gesehen war, in den politischen Ei*eisen Ungarns als dem Gesetzartikei XII
aus dem Jahre 1867 (§. 59) nicht entsprechend bezeichnet. Nach dem
Sturze Bänffjs wurde die Frage zwischen den Ministerien Thun und Szell
neuerlich verhandelt und es kamen in die Entwürfe bestimmte Endtermine
hinein. Diese Entwürfe sind dann in die kaiserliche Verordnung vom 21. Sep-
tember 1899 und in den ungarischen Gesetzartikel XXX vom Jahre 1899
übergegangen. Im übrigen konnte alles im Sinne der Abmachungen vom
August 1898 erledigt werden.
So erschienen denn die diese Angelegenheiten betreffenden kaiserlichen
Verordnungen vom 17. Juli 1899, ß.-G.-Bl. Nr. 120, vom 21. September
1899, E.-G.-B1. Nr. 177, und vom 29. Dezember 1899, R.-G.-B1. Nr. 267 und
Nr. 268. Jene meritorischen Bestimmungen, die früher im Zoll- und Handels-
bündnisse standen, sind in der zweiten der eben erwähnten vier Verordnungen
enthalten. Sie setzt fest, daß das durch das Zoll- und Handelsbündnis vom
Jahre 1878 mit den seither eingetretenen Änderungen geschaffene wirtschaft-
liche Verhältnis zwischen Österreich und Ungarn unter der Voraussetzung
der Geltung übereinstimmender Anordnungen in Ungarn, sofern bis zum
Jahre 1903 ein Zoll- und Handelsbttndnis im Wege der Vereinbarung nicht
zustandekommt, bis Ende 1907 aufrechterhalten wird. Von den Änderungen
des Zoll- und Handelsbündnisses, welche die Ministerien Badeni und B&nSj
vereinbart hatten, wurden in die kaiserliche Verordnung die meisten hinein-
genommen. Sie betreffen die Bestreitung der Steuenestitutionen und der
Ausfuhrbonifikationen, den Marken- und Musterschutz, den Viehverkehr und
die Versicherungsgesellschaften.^) Die kaiserliche Verordnung ordnet weiter
an, dafi, falls bis 1903 ein Zoll- und Handelsbündnis nicht erzielt wird,
es bis Ende des Jahres 1907 bei der Gemeinsamkeit der Zolleinnahmen
zu verbleiben hat. Zum ßehufe des Abschlusses des Zoll- und Handels-
bündnisses mit Ungarn sind, wie die Verordnung vorsieht, die Verhand-
lungen spätestens im Jahre 1901 aufzunehmen. Der autonome Zolltarif
ist vor Beginn der Verhandlungen über den Abschluß neuer Handels-
verträge mit dem Auslande durch einen neuen zu ersetzen. Treten während
der Zeit bis Ende 1907 Vereinbarungen zwischen Österreich und Ungarn
über die erwähnten Gegenstände in Wirksamkeit, so verlieren die auf diese
Angelegenheiten bezüglichen Anordnungen ihre Geltung. Endlich heißt es:
,im Falle, wenn hinsichtlich dieser Angelegenheiten in den Ländern der
ungarischen Krone der den hierseits getroffenen Verfügungen entsprechende
^) Vereinbarungen mit Ungarn bezüglich der Eisenbahntarife wurden in einer
Verordnung des Eisenbahnministeriums vom 22. September 1899, R.-G.-B1. Nr. 187,
publiziert; sie sind die Reproduktion von Bestimmungen des Entwurfes eines Zoll- und
Handelshündnisses, über den die Ministerien Badeni und Bänfify sich geeinigt hatten. In
diesem war auch die Aufhebung des Mahlverkehres vorgesehen, die dann mittels Ver-
ordnung der Ministerien der Finanzen, des Handels^ und des Ackerbaues vom 22. Sep-
tember 1899, R.-G.-Bl. Nr. 177, erfolgte. Zu der im Text erwähnten Bestimmung über
den Viehverkehr wurde eine Durchführungsvorschrift, Verordnung des Ministers des
Innern etc. vom 22. September 1899, R.-G.-Bl. Nr. 179, hinausgegeben, '
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Die Eonsamsteaern im OBterreiehisch-angarisehen Ausgleich. 57
Zastand (Beziprozität) nicht unverändert aufrechterhalten wird, bleiben der
diesseitigen Beichshälfte die zur Wahrung und Geltendmachung der wirt-
schaftlichen und finanziellen Interessen erforderlichen Verfflgungen vor-
behalten.*
Diese Verordnung und die beiden neben ihr erwähnten enthalten dann
noch die übrigen vereinbarten Bestimmungen über die Maßnahmen zur
Durchführung der Goldwährung, die Ordnung der Notenbankangelegenheit
und die Änderungen der indirekten Abgaben. In Ungarn sind diese sämt-
lichen Materien in einer Beihe von im Laufe des Jahres 1899 erschienenen
Gesetzen geordnet. Auf die Zolleinheit bezieht sich der sehr bemerkenswerte
Gesetzartikel XXX; er besagt, dafi für Ungarn, da ein Zoll- und Handels-
bündnis nicht zustandegekommen ist, die Bechtslage des selbständigen
Zollgebietes eingetreten ist; dementsprechend wird angeordnet, daß die Be-
stimmungen über die Gemeinsamkeit der Zolleinnahmen und die Bestim-
mungen des Zoll- und Handelsbündnisses vom Jahre 1878 mit den seither
eingetretenen Änderungen und jenen, die dieses Gesetz verfügt, bis Ende
1907 unter der Voraussetzung der Beziprozität aufrechterhalten werden. Der
Gesetzartikel enthält dann, den österreichischen Anordnungen entsprechend,
den Auftrag zur Ausarbeitung eines neuen Zolltarifes, zur Vereinbarung eines
Zoll- und Handelsbündnisses mit Österreich und dann den Vorbehalt für
den Fall des Abgehens von der Beziprozität. Der Gesetzartikel enthält auch
noch einige besondere Bestimmungen über Handelsverträge, auf die, soweit
sie für den hier behandelten Gegenstand bedeutsam sind, noch besonders
einzugehen sein wird.
Der Ausgleich aus dem Jahre 1899 enthält bezQglich der Konsum-
steuern sehr wichtige, die Beziehungen zu Ungarn berührende Neuerungen.
Das Überweisungsverfahren wird auf die Zucker-, Bier- und Mineralölsteuer
ausgedehnt; bezüglich der Bestitutionen und Bonifikationen wird festgesetzt,
dafi jedes der drei Ländergebiete nach Maßgabe des eigenen Exportes daran
beteiligt ist ; aus den Zöllen wurden die Verbrauchsabgaben ausgeschieden,
die nun infolge des Überweisungsverfahrens dem Eomsumtionsgebiete zu-
fallen; des weiteren wurde der Verkehr mit unter dem Bande der Abgabe
stehendem Branntwein und unversteuertem steuerbarem Zucker zwischen den
drei Ländergebieten untersagt, weil das einführende Ländergebiet im Falle
der Ausfuhr solcher Importe ins Zollausland für die Bonifikationen hätte auf-
kommen müssen. Diese Bestimmung hatte die Wirkung, daß die bis dahin
bestandene allerdings nicht sehr erhebliche Mehrausfuhr von fiohzucker aus
Ungarn in die österreichischen Fabriken ganz aufhörte.
Durch die erwähnten Verordnungen wurden an den Kousumabgaben
selbst Veränderungen vorgenommen. Auf alle Einzelheiten derselben hier
einzugehen ist um so weniger notwendig, als sie nicht grundsätzlicher Art
sind. Bei der Branntweinsteuer wurde das österreichische Kontingent erhöht
auf 1,017.000 Hektoliter, das ungarische auf 853.000 Hektoliter ermäßigt,
beides mit der Geltung bis Ende August 1908; die Anwendbarkeit der Pau-
schalierung nach der Leistungsfähigkeit der Brennvorrichtung wurde einge-
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58 ZaokerkandL
schränkt und die ausgeschalteten Betriebe der Produktionsabgabe nach dem
wirklichen Erzeugnisse unterworfen, jedoch mit dem Nachlasse von 15 Pro-
zent Bei der Biersteuer waren schon durch ein Gesetz aus dem Jahre 1894
das System der Restitutionen und die Bestitutionssätze abgeändert worden;
die kaiserliche Verordnung vom 17. Juli 1899 hat daran eine einzige Modifi-
kation vorgenommen. Der Abgabensatz der Biersteuer wurde durch eine gering-
fügige Abrundung nach oben mit 84 h von jedem Hektoliter und jedem Grad
Extrakt nach dem hundertteiligen Saccharometer festgesetzt; kleinere Brauereien
erhalten Steuemachlässe. Bei der Zuckersteuer war im Zusammenhange mit
der, durch den reichsdeutschen Vorgang hervorgerufenen, Erhöhung der Boni-
fikationsgesamtsumme auf 9 Millionen Gulden der Steuersatz auf 18 fl.
erhöht worden (Gesetz vom 5. Juli 1896). Die kaiserliche Verordnung vom
17. Juli 1899 setzte den Steuersatz auf 38 E hinauf. Es traten auch
Änderungen der Bonifikationssätze ein. Bei den Mineralölzöllen endlich wurde
die differentielle Zollbehandlung von schweren und leichten rohen oder zu
Beleuchtungszwecken ohne vorausgegangene, mit Destillation verbundene
Baffinierung nicht verwendbaren ölen aufgegeben und der Zollsatz auf 8 fl.
50 kr. Netto hinaufgesetzt. Das hatte keine Anwendung auf die rumänischen
öle, die nach wie vor zum Zolle von 68 kr., aber wieder nur in der Gesamt-
menge von 200.000 Meterzentner jährlich eingeführt werden dürfen, wovon
10.000 Meterzentner auf Österreich entfallen.
Die eben dargestellte Neuordnung der Beziehungen zu Ungarn bei den
Konsumsteuern hat diesem mannigfache staatsfinanzielle Vorteile gebracht;
zunächst durch die Verallgemeinerung des Überweisungsverfahrens. Der
finanzielle Erfolg der Änderung läßt sich genau übersehen; es ergibt sich,
daß in den Betriebsperioden 1899/1900 bis 1902/03 Österreich an Ungarn
im Vergütungswege gezahlt hat Netto: bei der Branntweinsteuer 7,944.955 JST,
bei der Zuckersteuer 40,492.811 jET, bei der Biersteuer 2,027.158 £" und bei
der Mineralölsteuer 5,891.822 K, zusammen 56,856.806 E, also bei den
letzten drei Steuern in jeder Betriebsperiode rund 12*2 Millionen Kronen.
Es ist dabei die starke Erhöhung zu beachten, die der Satz der Zucker-
steuer von 26 auf 88 K erfahren hat, wodurch natürlich die Vergütung
sehr gesteigert worden ist. Die neue Verrechnung der Bestitutionen und
Bonifikationen galt gleichfalls als ein staatsfinanzieller Vorteil für Ungarn.^)
Dem sind die volkswirtschaftlichen und staatsfinanziellen Zugeständnisse
Ungarns gegenüberzustellen. Ungarn hat in die Erhöhung des Zolles auf
^) Wenn in den Betriebaperioden 1888/1889 bis 1896/1897 die Exportbonifikationen
bei der Zucker- und Branntweinsteuer und die Bestitutionen bei der Biersteaer von jedem
Teile im Verhältnis der eigenen Ausfahr ins Ausland getragen worden wären, statt nach
dem Verhältnis der Bruttosteuereinnahmen, so hätte Ungarn, nach den mir verfügbaren
Daten berechnet, durchschnittlich in jeder Betriebsperiode um 447.000 fl. weniger zu
zahlen gehabt, als es gezahlt hat. Die Ergebnisse wechseln: in der Betnebsperiode 1898/1899
hätte Ungarn von den Zuckersteuerbonifikationen um 212.000 fl. mehr tragen müssen,
wenn diese nach der Ausfuhr, statt nach den Bruttosteuereinnahmen, verteilt worden wären.
Die ganze Frage hat durch die Aufhebung der Ausfuhrprämien für Zucker an staats-
flnanzieller Wichtigkeit sehr eingcbflßt.
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Die Eonsamsteueni im Österreichisch-ungarischen Ausgleich. 59
Eohdl, also auch auf die Kunstöle gewilligt, allerdings zu einer Zeit, wo die
Einfuhr schon sehr gesunken war, die galizische Produktion sich stark ge-
hoben hatte, mit der Wirkung einer starken Verminderung der Preise des
inländischen Bohöles. Des weiteren trat eine Erhöhung der ungarischen
Quote auf 84*4 Proz. im ganzen ein; die Deputationen hatten sich auf diese
ZifTer geeinigt, aber eine parlamentarische Erledigung fand nicht statt. Die
Teränderte Quote wird seit Anfang 1900 auf Grund kaiserlicher Bestimmung,
die immer höchstens auf ein Jahr erfolgt, bemessen. Endlich ist auch die
Aufhebung des Mahlverkehres zu erwähnen.
Durch die Ordnung der Ausgleichssachen im Jahre 1899 ist eine einseitige
Passivpost, und zwar zu Lasten Österreichs übriggeblieben. Die finanziellen
Vorteile, die Österreich beim früheren Zustande, wonach die Konsum-
abgaben dem Produktionsgebiete zukamen, imd bei der bekannten Ver-
teilung der Eestitutionen und Bonifikationen hatte, bildeten, wie dies
schon wiederholt erwähnt wurde, einen Ersatz für den Nachteil, den es durch
die Gemeinsamkeit der Zolleinnahmen erleidet, da Ungarn davon weniger
trägt, als sein Quotenprozent ausmacht. Nach dem Abkommen des Jahres
1899 ist für Österreich der Vorteil geschwunden, aber der Nachteil ge-
blieben. Es gibt nun keinen Ersatz; die höhere ungarische Quote kann als
solche nicht gelten. Die Quote warde nicht nach künftigen Verhältnissen,
sondern nach der Größe vergangener Steuererträge bestimmt, und so sind
die eventuellen ungarischen Mehreinnahmen aus den Überweisungen bei
der Quotenfestsetzung ganz außer Betracht geblieben, was übrigens auch
aus einer Erklärung der ungarischen Regierung hervorgeht. Die Quoten-
erhöhung wäre jedenfalls, also auch wenn die Ausdehnung der Überweisungen
nicht stattgefunden hätte, eingetreten, denn die ungarische Deputation hatte
selbst, nach ihrer ständigen Bechnungsmethode, eine Quote von 33*8 Proz.
herausgebracht Die ungarischen Mehreinnahmen aus den Überweisungen oder
die höheren Einnahmen aus den Eonsumabgaben, die durch den Mehrabsatz
infolge Wegfallens der österreichischen Einfuhr erwachsen, werden also erst
bei den bevorstehenden Quotenverhandlungen ins Gewicht fallen, wenn dabei
auf die Steuereinnahmen Bedacht genommen wird.
Die Mehrbelastung Österreichs bei den Zöllen resultiert daraus, daß
es an dem fieinerträgnisse nicht in dem Verhältnisse partizipiert^ in dem es
die Zölle trägt, sondern in dem ungQnstigeren Quotenverhältnisse. Über den
Umfang der Mehrbelastung unterrichtet uns ein vortrefflicher parlamentarischer
Bericht.*) Es wird dort für das Jahr 1903 berechnet, daß die Schutzzölle 56-3
und die Finanzzölle 43*7 Proz. des Gesamtzollertrages ausmachten; Ungarn
trug von den gesamten Zolleinnahmen 1984 Proz., von den Finanzzöllen
21-9 Proz. und von den Schutzzöllen 17'4 Proz. — Wenn Österreich von den
^) Bericht des Sabkomitees füi die finanzieUen Fragen und die Quote an den
AuBBchaß betreffend die Regelang des Verhältnisses zwischen Österreich nnd Ungarn, ftber
die finanzielle nnd yolkswirtscbaftliche Bedeutung der Zolleinnahmen im Staatshaushalte
der Monarchie und Österreichs, erstattet von den Abgeordneten T o 11 i n g e r und P r a d e
Als Manuskript gedruckt.
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60 Zackerkandl.
Schutzzöllen einen seine Quotenbeteiligung stark fibersteigenden Prozentsatz
trägt, so ist daraus keine Eonsequenz abzuleiten, weil die Schutzzölle zum
Zwecke der Forderung der Industrie und Landwirtschaft des gesamten ein-
heitlichen Zollgebietes eingerichtet wurden und ihre Wirkungen nicht allein in
der Zollbelastung der importierten Waren bestehen; die Finanzzolle hingegen
erschöpfen als Aufwandsteuem ihr Wesen in dieser Belastung; wenn Öster-
reich an diesen Einnahmen nicht in dem Maße partizipiert, wie es sie aufbringt,
so kann diese Schädigung des österreichischen Staatsschatzes, ohne daß
irgendeine höhere Bücksicht hindernd wäre, beseitigt werden. Der Nach-
teil berechnet sich für die letzten Jahre folgend: im Durchschnitte der
Jahre 1900 bis 1908 betrug der reine Überschuß des ZollgefiSLlles (Brutto-
ertrag nach Abzug der Eegiekosten- und des Zollpauschales für Bosnien und
die Herzegowina) 125,284.000 £, davon entfallen auf die Finanzzölle, bei
Annahme von 43*7 Proz., 54,750.000 K, davon trug Ungarn 21*9 Proz.,
gleich 11,990.000 K, seine quotenmäßige Partizipation stellte sich jedoch
auf 18.834.000 ÜT, was einen jährlichen Vorteil von 6,844.000 K ergibt,
d. h. sein jährlicher Beitrag zum gemeinsamen Aufwände war in dieser Zeit
um mehr als 6*8 Millionen Kronen geringer, als wenn die Nettoeinnahme
an Finanzzöllen nach dem wirklichen Tragungsverhältnisse verteilt worden wäre.
Da hier eine oifenkundige einseitige Belastung Österreichs vorliegt, so
ist eine Eemedur notwendig; sie besteht darin, die Nettoeinnahme aus den
Finanzzöllen jährlich in der Weise auf die beiden Ländergebiete zu ver-
rechnen, daß jedem so viel zugeschrieben wird, als seinen Anschaffungen bei
jeder Warenart entspricht; die Gesamtdifferenz gegenüber dem quotenmäßigen
Beteiligungssatze wäre dann vom ungarischen dem österreichischen Staats -
schätze zu vergüten.
8. Der Brüsseler Vertrag.
Aus der folgenden Zeit tritt die durch die Brüsseler Konvention herbei-
geführte sehr bedeutsame Veränderung der Verkehrsbeziebungen Österreichs
und Ungarns bezüglich des Zuckers hervor. Ini Brüsseler Vertrage vom
5. März 1902 verpflichteten sich die vertragschließenden Teile (Österreich-
Ungarn, Deutsches Reich, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, die
Niederlande und Schweden), die der Erzeugung oder der Ausfuhr von
Zucker zugute kommenden direkten und indirekten Prämien vom I.September
1903 an aufzuheben und während der Vertragsdauer (jedenfalls fünf Jahre,
vom 1. September 1903 an) keine solche Prämien einzuführen; die Regierung
von Großbritannien erklärte dasselbe für seine Kronkolonien, ferner, daß im
Vereinigten Königreiche während der Vertragsdauer dem Kolonialzucker vor
dem aus Vertragsstaaten stammenden kein Vorzug bewilligt werden wird. Die
Niederlande gaben für ihre Kolonien bezüglich der Zölle und Prämien die
gleiche Erklärung ab. Im Verträge wird des weiteren die Verpflichtung über-
nommen, den Überzoll, d. h. den Unterschied zwischen dem Betrage der
Zölle oder Steuern, welchen der ausländische Zucker unterliegt und dem der
Abgaben oder Steuern, welchen der einheimische Zucker unterworfen ist, mit
höchstens 6 Franks für 100 Kilogramm raffinierten und solchem Zucker,
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Die Konsamsteaem im OsterreiGbisch-nnguriBchen AuBgleich. gl
der diesem gleichgestellt werden kann, und mit höchstens 5'5 Franks für
anderen Zucker zu bemessen,^) nicht minder Zucker, welcher aus Landein
stammt, die für die Erzeugung oder Ausfuhr Prämien gewähren, bei der
Einfuhr in ihr Gebiet mit einem besonderen Zoll zu belegen, der nicht
niedriger sein darf, als der Betrag der direkten oder indirekten Prämien,
wobei das Secht vorbehalten wird, die Einfuhr prämiierten Zuckers zu ver-
bieten. Zucker aus Vertragsstaaten, oder aus ihren keine Prämien ge-
währenden Kolonien und Besitzungen, ist zum niedrigsten Satze des Einfuhr-
tarifes zuzulassen; Bohrzucker und RQbenzucker dürfen nicht verschiedenen
Zöllen unterworfen werden. Die vertragschließenden Staaten setzen eine
ständige Kommission zur Überwachung der Durchführung der Vertrags-
bestimmungen ein. Noch ist der Vorsorge zu erwähnen, die im Schlußproto-
kolle des Vertrages für den Fall getroffen ist, dafi aus einem Vertragsstaate
in den andern Zucker in beträchtlichen Mengen eindringen sollte: es wird
die Möglichkeit einer Erhöhung des Überzolles dem Staate gegenüber, aus
dem die Einfuhr stammt, eröffnet. Die ständige Kommission beschließt diese
Zollerhöhung, die 1 Frank für 100 Kilogramm nicht überschreiten darf.
Es ist zunächst die Frage zu berühren, wer denn bei der Brüsseler
Konvention seitens der Monarchie als vertragschließender Teil vorkommt.
Der Gesetzartikel XXX vom Jahre 1899 hat den durch Artikel III des Zoll-
und Handelsbündnisses vom Jahre 1878 gegebenen Zustand, wonach die
Negoziierung und der Abschluß neuer Verträge, welche die Regelung wirt-
schaftlicher Verhältnisse zum Auslande bezwecken^ durch den Minister des
Äußern geschieht auf Grundlage von Vereinbarungen, welche zwischen den
Ressortministern beider Teile stattfinden, mit einer wichtigen Änderung auf-
rechterhalten, denn im § 2 «wird hinsichtlich der innerhalb dieses Zeitraumes
(bis Ende des Jahres 1907) etwa zu schließenden Handelsverträge ausge-
sprochen, daß deren Abschluß im Namen der beiden Staaten auf
die im ersten Absätze des III. Artikels des Gesetzartikels XX vom Jahre
1878 vorgeschriebenen Weise zu bewerkstelligen ist." Bei der Brüsseler Kon-
vention ergab sich, daß als vertragschließende Teile auftraten: Österreich-
Ungarn und »jedes für sich* Osterreich und Ungarn.
Bei der Untersuchung der Bedeutung der Konvention für die gegen-
seitigen Beziehungen Österreichs und Ungarns ist der im Jahre 1899 fest-
gesetzte Zustand bezüglich des Zollgebietes klarzustellen. Der Gesetzartikel XXX
vom Jahre 1899 hat aufrechterhalten das, was im Artikel I des Zoll- und
Handelsbündnisses vom Jahre 1878 enthalten ist, nämlich, daß die Länder-
gebiete beider Teile zusammen ein Zoll- und Handelsgebiet bilden, umgeben
von einer gemeinsamen Zollgrenze, und daß infolgedessen keinem der beiden
Teile das Recht zusteht, Verkehrsgegenstände, welche aus dem einen Staate
in den andern übergehen, mit Ein-, Aus- oder Durchfuhrabgaben, welcher
Art immer, zu belasten und zu diesem Zwecke eine ZwischenzoUinie zu er-
^) Italien und Schweden bleiben, solange sie Zocker nicht ausführen, von den Ver-
tragsbestimmungen betreffend die Aufhebung bestehender und Nichtein fährung neuer
Prämien, sowie bezüglich der Hohe des Überzolles, befreit.
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62 Zackerkandl.
richten. Das freie Yerkehrsgebiet, das demnach die beiden Staaten bilden,
beruht nicht auf einem Zoll- und Handelsbflndnisse, sondern auf zwei selb-
ständigen Bestimmungen der beiden Staaten, der kaiserlichen Verordnung vom
20. September 1899 und dem Gesetzartikel XXX aus dem Jahre 1899.
Jeder Staat spricht darin aus, daß er es bei den Zuständen, die das letzte
Zoll- und Handelsbündnis geschaffen habe, belassen werde, wenn der andere
Staat daran nichts ändert, das heißt, jeder Staat sagt, daS er an dem Zu-
stande bis Ende 1907 nichts ändern wolle; die Regierung wird überdies in
jedem Akte beauftragt, zum Behufe des Zustandekommens eines Zoll-
und Handelsbündnisses mit der Regierung des andern Staates die Verhand-
lungen spätestens im Jahre 1901 in Angriff zu nehmen. Das Verhältnis,
welches der Gesetzartikel XXX schaffen sollte, wurde schon während der
Beratung des Gesetzentwurfes im ungarischen Abgeordnetenhause von «inem
der beiden Berichterstatter gekennzeichnet „als Aufrechterhaltung des freien
und unbeschränkten Verkehres (mit Österreich) im Zustande des selbstän-
digen Zollgebietes^. Nach dieser Konstruktion bildet jeder der beiden Staaten
ein selbständiges Zollgebiet, räumt dem andern volle Verkehrsfreiheit ein
und beide halten gegenüber dem übrigen Auslande an der gleichen Zoll-
ordnung fest; ist ein neuer Zolltarif zu machen, so erfließen in beiden Staaten
autonome Zolltarife mit denselben Zollbestimmungen nach außen bei gegen-
seitiger Verkehrsfreiheit, und neue Handelsverträge werden im Namen beider
Staaten unter Beachtung der zwischen ihnen existierenden vollen Verkehrs-
freiheit mit identischem Inhalt abgeschlossen.
Auch nach dieser Auffassung steht fest, daß zwischen den beiden
Staaten, auf Grund der erwähnten Bestimmungen, eines Gesetzes und einer
Verordnung mit Gesetzeskraft, freier und unbeschränkter Verkehr besteht
und daß jeder Teil in dem betreffenden Akt seinerseits ausgesprochen hat,
daß er von diesem Zustande bis Ende 1907 nicht abgehen wolle. Wenn nun
beide Staaten unter solchen Umständen mit anderen Staaten über einen
Handelsvertrag verhandeln, wobei jeder der beiden Staaten als vertrag-
schließender Teil auftritt, so ist es klar, daß sie nicht gegeneinander ope-
rieren können, sondern kooperieren müssen^ weil die bestehende Verkehrsfreiheit
ein einheitliches Verhalten notwendig macht; sie müssen sich verständigen,
einigen und das Ergebnis als gemeinsames Interesse bei der Konferenz ver-
treten. Es ist dabei ganz gleichgültig, ob die Verkehrsfreiheit auf einem Zoll-
und Handelsbündnisse beruht oder auf zwei einseitigen Anordnungen, wie es
hier der Fall ist.
Daraus folgt, daß, wenn die Brüsseler Konvention den Vertragsstaaten
die Erhebung von Einfuhrzöllen gestattet und als Zweck des Zolles bezeichnet,
den inneren Markt der Erzeugungsländer wirksam zu schätzen, all das auf
die gegenseitigen Beziehungen Österreichs und Ungarns keine Anwendung
findet, weil zwischen beiden auf Gmnd von Gesetz und Verordnung Verkehrs-
freiheit besteht und die Einhebung von Zöllen irgendwelcher Art im gegen-
seitigen Verkehre ausgeschlossen ist. Der Überzoll hat Bedeutung für die
beiden Staaten gegenüber den übrigen Staaten; als vertragschließender Teil auf
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Die Eonsamsienem im ösierreioliiBch-angarischeii Ausgleich. gg
Grund des Vertrages konnte weder Östen-eich gegenübeY Ungarn, noch Ungarn
gegenüber Österreich diese Yertragsbestimmnng durchführen.
Etwas ganz anderes sind die internen Vorgänge bei den Beratungen der
beiden Ministerien bezüglich des Beitrittes zur Konvention. Bei den Aus-
einandersetzungen hierQber, die nur damit abschließen können, daß beide
Teile beitreten oder nicht beitreten, kann es vorkommen, daß ein Teil er-
klärt, nur dann fQr den Beitritt zu stimmen, wenn ihm vom andern Teil ein
Zugeständnis gemacht wird und das war, wie noch gezeigt werden wird, der
Fall beim Brüsseler Vertrage. Diese gegenseitige Bedingtheit der Entschei-
dung ist unabhängig von dem Umstände, ob jeder der beiden Staaten selb-
ständig vertragschließender Teil ist oder nicht und bestünde also ebenso,
wenn beide Teile als ein vertragschließender Teil vorkämen. Angenommen,
der Vertrag würde durch Österreich- Ungarn abgeschlossen werden, das durch
den Minister des Äußern vertreten wird, so wäre dieser an die Vereinbarungen
der beiden Bessortminister gebunden, die sich verständigen und einigen
müssen, und wenn dabei ein Teil sagt, daß er nur bei einer bestimmten
Konzession des andern Teiles zustimmen werde, so wird entweder das Zu-
geständnis gemacht und beide stimmen dem Vertrage zu oder es wird nicht
gemacht und beide lehnen den Vertrag ab. Wie verhält es sich nun mit
dem Zugeständnis, auf das eben hingedeutet wurde?
Der Beitritt Österreich-Ungarns zum Brüsseler Vertrag mußte zui^chst
aus allgemeinen Gründen als erwünscht bezeichnet werden. Die Situation der
Zuckerindustrie war durch die Politik der Exportstaaten, von denen jeder
die anderen durch gesteigerte Begünstigungen zu verdrängen suchte, eine
ganz unnatürliche geworden und verlangte eine Sanierung; die Export-
staaten überboten einander in der Steigerung der Exportprämien, die, soweit
sie nicht durch Ausgleichungs- und Strafzölle der Iraportstaaten bereits
paralysiert waren, in Hinkunft durch solche Gegenmaßregeln unwirksam ge-
macht werden konnten, wie denn auch England, der wichtigste europäische
Absatzmarkt, mit Strafzöllen gegen prämiierten Zucker vorzugehen drohte.
Diese Prämien belasteten nicht nur den Staatsschatz sehr erheblich, sondern
in den Inlandpreisen die Bevölkerung der Exportländer; die Eingangszölle
der Ezportgebiete waren viel zu hoch und die kartellierte Industrie, die sie
vom Standpunkte des Schutzes entbehren konnte, nutzte sie bei uns zur
möglichsten Erhöhung der Inlandspreise aus, wodurch die Volksmassen im Ver-
brauche empfindlich beschränkt wurden. Dabei haben die Prämien und Kar-
telle den Export unausgesetzt stimuliert und das Besultat war Überproduktion
bei bis dahin nicht dagewesenem Tiefstande der Weltmarktpreise. Eine Lösung
dieser ungesunden, krisenhaften Verhältnisse konnte nur eine internationale
Verständigung bringen und sie lag für die Vertragsstaaten im Brüsseler Ab-
kommen. Das Fernbleiben Österreich-Ungarns hätte das Pesthalten an einer
im wirren Konkurrenzkampfe um die Behauptung auf dem Weltmarkte zu-
standegekommenen, nur hieraus erklärlichen, an sich verfehlten Ordnung
bedeutet, die, indem sie den Staatsschatz in Kontribution setzt, in einem
für die Bevölkerung drückenden Kartell gipfelt.
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€4 Zackerkandl.
Das Nichtbeitreten wäre aber auch für die Industrie nachteilig ge-
wesen. In der Betriebsperiode 1901/02 hatte Osterreich eine Nettoerzeag^ng
an Konsumzucker von 8,438.132 Meterzentner und an Rohzucker von
955.985 Meterzentner; versteuert wurden 2,883.577 Meterzentner Konsum-
zucker und 29.921 Meterzentner Rohzucker. Zur Ausfuhr über die Zollinie
gelangten 5,582.033 Meterzentner Konsumzucker und 161.046 Meterzentner
Rohzucker. Von dem exportierten Quantum gingen 2,800.000 Meterzentner
Konsumzucker und 127.000 Meterzentner Rohzucker nach England,
256.000 Meterzentner Konsumzucker und 29.000 Meterzentner Rohzucker
nach Hamburg, 846.000 Meterzentner Konsumzucker nach Triest-Freigebiet,
681.000 Meterzentner Konsumzucker nach Britisch-Indien, 372.000 Meter-
zentner Konsumzucker in die Schweiz, 313.000 Meterzentner Konsumzucker
in die Türkei. Nun wäre ein Absatz auf den von der Konvention beherrschten
Märkten ausgeschlossen gewesen, insbesondere auf dem wichtigsten Markte:
England, weil, wenn schon kein Einfuhrverbot ausgesprochen worden wäre;
die Konkurrenz mit dem besser gestellten deutschen und französischen Pro-
dukte unmöglich gewesen sein würde, während im Falle des Beitrittes die
Konkurrenzverhältnisse gegenüber den anderen Exportstaaten bessere hätten
werden müssen, als sie früher gewesen waren, da Österreich geringere Prä-
mien gewährt hatte, als Deutschland und Frankreich.^)
Genau dieselben allgemeinen und besonderen Gründe waren in Ungarn
für den Beitritt geltend zu machen. Die ungarische Zuckerindustrie war seit
dem Zuckersteuergesetze aus dem Jahre 1888 sehr gewachsen. Die Produk-
tion hatte sich stark gehoben, erhebliche Mengen gingen alljährlich in das
Ausland und Ungarn konnte deren Aussperrung nicht riskieren. Trotzdem
wurde der Beitritt Östeneich gegenüber an die Bedingung geknüpft, daß
Vorkehrungen getroffen werden, um den österreichischen Zucker aus Ungarn
auszuschließen, eine Bedingung, die mit starker Aussicht auf Erfolg ge-
stellt werden konnte, weil Österreich den Beitritt zur Konvention wünschen
mußte. Falls diese Ausschließung damals von der ungarischen Zuckerindustrie
bei der ungarischen Regierung angeregt worden sein sollte, so mochte das
doch vielleicht auch auf wirkliche Besorgnisse über die künftige Gestaltung
dieses Geschäftszweiges zurückfQhrbar gewesen sein. Es ist bekannt, daß man
vielfach bei uns, wie auch in Ungarn und anderwärts von den Brüsseler
Beschlüssen eine schwere Schädigung der Industrie gewärtigte; die Produk-
tion, so meinte man, werde in Hinkunft bloß abnoim niedrige Rübenpreise
bewilligen können. Man fürchtete — und das wurde auch in Ungarn' geltend-
^) Das gilt nicht allein von den direkten Ausfuhrprämien; „selbst wenn der unter
dem . . . hohen Schutzzoll mögliche Kartellgewinn berücksichtigt wird, erreicht der der
Zuckerindustrie aus der direkten Prämie und aus dem Schutzzoll zufließende Vorteil um-
gelegt auf die Gesamtproduktion das Maß des auf analoge Weise berechneten Vorteiles, welcher
der französischen und deutschen Zuckerproduktion zukommt, nicht. ** Begründung zur Be-
gierungsvorlage betreffend die Brüsseler Konvention etc. (Beilagen zu den stenogr. Prot,
des Abgh., 17. Session, Nr. 1538.) Die für den Beitritt Österreichs sprechenden Grande
sind in diesem ausgezeichneten Motivenberichte des österreicnischen Finanzministeriums
vortrefflich dargelegt.
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Die EonsamsteaerD im Österreichisch-nDgarischen Ausgleich. g5
gemacht — . daß der Export leiden werde infolge des rassischen prämiierten
Zuckers, dann, weil die englischen Besitzungen durch Wegfallen der direkten
und indirekten Prämien konkurrenzfähiger werden wftrden, endlich infolge
des Erstarkens der Zuckerindustrie in den Importgebieten, insbesondere in
Ostindien. Die Stimmung der Industriellen in Ungarn war, so wie bei
uns, auch wegen des Wegfallens des Eartellgewinnes recht gedrückt. Die
ungarischen Zuckerindustriellen haben ihre Besorgnisse der Begierung mit-
geteilt'), wohl die schlechtere Qualität der ungarischen BQbe, die die Kon-
kurrenzfähigkeit mindert, hervorgehoben und vielleicht die Gefahr betont,
dafi unter den zu gewärtigenden ungfinstigen Konjunkturen die Konkurrenz der
österreichischen Industrie in Ungarn sich stärker fdhlbar machen werde;
vermutlich haben sie auch auf das Auskunftsmittel hingewiesen, daß für alle
Fälle ein Ersatz fQr die zu befOrchtenden Ausfälle durch Beseitigung der öster-
reichischen Zuckereinfuhr nach Ungarn erzielt werden könnte. Mit dieser
steht es so, daß bei den Abmachungen der Zuckerindustriellen beider Länder-
gebiete über die Kartellfragen fQr die österreichischen Fabriken eine Export-
quote nach Ungarn, entsprechend den faktischen damaligen Einfuhrverhält-
nissen, Yorbehidten worden war.
Die ungarische Begierung hat nun den der ungarischen Industrie er-
wünschten Standpunkt akzeptiert. ^Es ist eine bekannte Sache^, sagte der
ungarische Finanzminister, „daß die Begierung allein unter der Annahme
der Brüsseler Konvention beigetreten ist, daß wir jene Zuckermengen, die
wir infolge der Konvention beim Export verlieren oder wahrscheinlich ver-
lieren, wenigstens teilweise beim inneren Konsum ersetzen. Dieser Ersatz
kann nur in der Weise erfolgen, daß sichergestellt wird, daß die dem unga-
rischen Konsum entsprechenden Zuckermengen auf jeden Fall aus ungari-
schen Zuckerfabriken zum Verkaufe gelangen. Das ist die Bedingung, bei
deren Erfüllung es für uns rationell wäre, dem Abkommen beizutreten, sonst
wäre es vorteilhafter gewesen, wenn Ungarn der Konvention beizutreten ab-
gelehnt hätte.*') Und in einem Motivenberichte des angarischen Finanz-
ministers heißt es: „wir können dem Brüsseler Übereinkommen nicht bei-
treten, wenn während seiner Geltung unser Zuckerkonsum unserer Produktion
nicht entsprechend gesichert ist.^')
Man darf die Bichtigkeit dieses Standpunktes bezweifeln. Der unga-
rische Konsumbedarf betrug in der Betriebsperiode 1900/1901 an Konsum-
zucker 802.879 Meterzentner; davon kamen 268.000 Meterzentner aus Öster-
reich; der ungarische Export in das Zollausland betrug in Bohzucker umge-
rechnet 1'8 Millionen Meterzentner. Davon gingen nach England 234.800 Meter-
zentner, nach Nordamerika 150.000, nach Ostindien 471.900, nach Italien
55.000 und nach Triest, hauptsächlich mit der Destination Italien,
256.000 Meterzentner, zusammen 1*16 Millionen Meterzentner; beim Nicht-
beitritte würden also sicherlich sehr beträchtliche Mengen von ihren auswärtigen
*) Wochenschrift des Zentralvereines fttr Rübenzuckerindustrie, 40. Jahrgang, Nr. 18.
*) Stenogr. Prot, der 187. Sitzung des Abgh., Session 1901— 1906.
3) Beilage Nr. 432, Session 1901—1906.
Znekerkandl, Die Konsnmsteuern Im österrelchisoh-aoffarischen Au«g1eioh. 5
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66 Zuckerkandl.
Absatzorten ausgesperrt oder konkurrenzunfähig geworden sein. Die Ablehnung
wäre demnach unter allen Umständen nicht angezeigt gewesen. Auch die
Befürchtung einer verstäi-kten österreichischen Konkurrenz in Ungarn war
nicht begründet. Die ungarischen Unternehmungen sind technisch und
kommerziell auf der Höhe und kapitalskräftig, zumal sie, jede für sich, während
des Kartells wegen ihrer geringen Zahl viel mehr erzielt hatten, als die ein-
zelnen österreichischen Unternehmungen; so waren sie schon zu jener Zeit
sehr konkurrenzfähig, ganz abgesehen von der Hilfe, die die Regierung im
Ernstfalle, z. B. durch Tarifmafinahmen gewähren konnte.
Wie dem aber auch sei, die ungarische Regierung machte, was die
erwähnten Äußerungen des Finanzministers dartun, ihre Zustimmung davon
abhängig, daß die östeiTcichischen Einfuhren aus Ungarn ausgeschlossen
werden, denn das bedeutete im vorliegenden Falle die Fordening nach
Maßregeln, wonach der ungarische Konsumbedarf durch die ungarische Pro-
duktion gedeckt werden solle. Eine solche Forderung besitzt beim Bestände
des freien Verkehres kein Fundament; dieser liegt im überwiegenden Interesse
auch Ungarns, das hat die damalige ungarische Regierung oft genug aus-
gesprochen; jeder Teil muß also gewisse Nachteile des Zustandes mit in
den Kauf nehmen und es ist ganz untunlich, gegebenen Falles aus dem
ganzen Komplex eine einzelne Ware herauszugreifen und zum ofTenkundigen
Nachteile des andern Ländergebietes einer besonderen Ausschließungsveran-
staltung zu unterwerfen. Der Plan, an dem in Ungarn von vornherein fest-
gehalten wurde, war der, die erwähnte Sicherung durch eine Kontingentierung
zu erzielen, ähnlich, aber viel strenger, wie die bei der Branntweinsteuer.
Die österreichischen Interessenten stimmten zu, denn die kleineren Betriebe,
die darin einen Schutz gegenüber den größeren erblickten, traten lebhaft
dafür ein, und über diesen Verteidigungsmaßnahmen wurde die größere
ungarische Quote, der Verlust des Exportes nach Ungarn, nicht beachtet;
die österreichische Regierung willigte ein und so war denn der ungarischen
Industrie die Hilfe, die sie sich vor einer befürchteten Krise gewünscht
liatt^, ohne Rücksicht auf das damit verbundene empfindliche Opfer gewährt
worden.
Die beiden Regierungen einigten sich auf die bekannten Kontingen-
tierungen, die möglichst Vorsorgen sollten, daß kein Pfund Zucker des
heimischen Konsums der heimischen Produktion entgehe. Das sollte in folgender
Weise erreicht werden. Der § 5 des Gesetzes betreffend einige Abänderungen
und Ergänzungen der Bestimmungen über die Zuckersteuer (vom 81. Jänner
1903, R.-G.-Bl.Nr. 26) kontingentiert, „um die Versorgung des Inlandsmarktes
mit Zucker in den einzelnen Ländergebieten des östeiTeichisch-ungarischen
Zollgebietes im Geiste des SchlußprotokoUes zu Art. 3 des Brüsseler
Vertrages zu regeln," jene Menge Zucker, welche in den einzelnen Länder-
gebieten im Laufe einer Betriebsperiode aus den Erzeugungsstätten und Frei-
lagern gegen Entrichtung der Verbrauchsabgabe weggebracht werden darf, und
zwar für die Betriebsperiode 1903/1904 mit 2,770.340 Meterzentner Konsum-
zucker für Österreich, 863.660 Meterzentner für Ungarn und 26.000 Meter-
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Die Konsumstenem im österreichisch-ungarischen Aasgleich. 67
Zentner für Bosnien und die Herzegowina; für die folgenden Betriebsperioden
wären die Zuckerkontingente auf Grund des Konsums der vorausgegangenen
Periode von beiden Finanzministern einvernehmlich festzusetzen, wobei als
Zuckerkonsum der einzelnen Ländergebiete jene Menge zu gelten hätte^
welche sich ergibt, wenn zur versteuerten Menge die Einfuhr zugerechnet
und von der Summe die Ausfuhr in die beiden anderen Ländergebiete abge-
rechnet wird. Dem Finanzminister obläge es, nach Anhörung von zwei Sach-
yerständigen im Einvernehmen mit dem Finanzminister des andern Staates
periodisch, und zwar wenigstens für einen einmonatlichen Zeitraum jene
Teilmenge des Zuckerkontingentes zu bestimmen, welche in den freien Ver-
kehr gebracht werden darf; er ist ermächtigt, das jeweilige Zuckerkontingent
behufs Anpassung an den tatsächlichen Bedarf des Konsums im Laufe der
oinzelnen Betriebsperioden mit Zustimmung des Finanzministers des andern
Staates zu erhohen oder auch herabzusetzen. In Verbindung damit sollten
in beiden Staaten Gesetze Qber die individuelle Verteilung des Zucker-
kontingentes erfließen. In Österreich ist das betreffende Gesetz (vom 31. Jänner
1903, R.-G.-B1. Nr. 27) erschienen, während in Ungarn mit der parlamen-
tarischen Erledigung zugewartet wurde.
Alsbald, bevor noch die beiden Gesetze veröffentlicht worden waren, wurden
Bedenken geäußert, ob sie den Bestimmungen des Brüsseler Vertrages ent-
sprechen und mehr und mehr befestigte sich die Befürchtung, daß die
ständige Kommission diese Gesetzgebung als dem Brüsseler Vertrage nicht
entsprechend erklären werde. In der Tat hat diese Kommission im Juni 1903
ausgesprochen, daß das österreichische Gesetz über die individuelle Ver-
teilung des Kontingentes und der im Stadium der parlamentarischen Behand-
lung befindliche, denselben Gegenstand betreffende ungarische Gesetzentwurf
gegen die Konvention verstoßen; die Mehrheit der Kommission vertrat die
Auffassung, daß die gesetzliche Limitierung der von den einzelnen Zucker-
fabriken an den inneren Konsum abzugebenden Zuckerquantitäten die Kar-
tellierung sowie die Ausnutzung der konventionsmäfiigen Surtaxe mindestens
wesentlich erleichtere und daß deshalb in der Kontingentierung ein aus der
Gesetzgebung für die Industrie sich ergebender Vorteil zu erblicken sei.
Der oben erwähnte § 5 des Gesetzes vom 31. Jänner 1903 wurde von der
Brüsseler . Kommission nicht bemängelt. Da keine Aussicht bestand,^ daß
dieses Votum, dessen Bichtigkeit mit Grund bezweifelt werden kann, bei
der endgültigen Entscheidung (Art. VII des Brüsseler Vertrages) zugunsten
der österreichisch-ungarischen Auffassung abgeändert werden würde, so wurde
von der österreichischen Begierung auf das zu Gebote stehende Bechtsmittel
YorndutAt*
Durch all das wurde eine neue schwierige Situation geschaffen; einerseits
war es klai', daß bei der Notwendigkeit des Verbleibens bei der Brüsseler
Konvention das beanstandete Gesetz außer Kraft gesetzt werden müsse,
andererseits aber war es nicht leicht, ein Auskunftsmittel zu finden, um unter
den geänderten Umständen eine Sicherung des ungarischen Absatzes für die
ungarische Produktion zu bewirken. Die Aufhebung des erwähnten Gesetzes
5*
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68 Zackerkandl.
war dabei äußerst dringlich, weil der österreichische Zucker bei Bestand dieses
Gesetzes alsbald vom englischen Markte ausgeschlossen gewesen wäre.^)
Als die Absicht, das erwähnte Gesetz aufier Kraft zu setzen, der
ungarischen Regierung bekannt wurde, nahm sie den Standpunkt ein, dafi
diese Maßnahme eine Verletzung der Beziprozität sei, da damit die Gleich-
artigkeit der indirekten Abgaben, die durch den G.-A. XXX: 1899 aufrecht-
erhalten worden war, beseitigt wäre, woraus die Folgerung abgeleitet
wurde, daß Ungarn gegebenenfalls auf Grund dieses G.-A. XXX vorgehen
und die ganze Surtaxe auf den österreichischen Zucker legen würde. Das
bedeutete nicht, daß die ungarische Regierung vom Brüsseler Vertrag abgehen,
oder an dem beanstandeten Gesetz festhalten wollte, sondern sie wünschte,
daß vor der Außerkraftsetzung eine Verständigung mit der österreichischen
Regierung erzielt werde, über die Art und Weise, wie unter den neuen um-
ständen der ungarische Zuckerkonsum der ungarischen Zuckerproduktion zu
sichern sei. Die österreichische Regierung hielt an der Ansicht fest, daß
dieses Gesetz von Österreich selbständig aufgehoben werden könne; natürlich
wurde gar nicht in Aussicht genommen, Ungarn die früher zugesagte höhere
Quote nicht zuzugestehen, aber man hielt mit Recht dafür, daß die unga-
rische Regierung mit konkreten Vorschlägen vortreten solle, wie ja auch die
Kontingentierung eine ungarische Idee gewesen ist. Die beiden Finanzminister
einigten sich am 1. August dahin, daß während der Geltungsdauer der
Brüsseler Konvention im Anschluß an das Überweisungsverfahren beim Ex-
port von Zucker aus einem Ländergebiet in das andere eine Übergangs-
gebühr zugunsten des exportierenden Gebietes eingehoben werden soll. Über
die Höhe dieser Gebühr fand die Verständigung erst Ende August statt;
die ungarische Regierung wollte diese Abgabe mit dem ganzen Betrage der
Surtaxe festgesetzt sehen, die österreichische mit der Hälfte. Die Einigung
erfolgte dahin, daß sie 3 K bO h für den Meterzentner Konsumzucker und
3 £" 20 A für den Meterzentner Rohzucker betragen solle, was vielmehr
dem österreichischen als dem ungarischen Standpunkt entspricht. Er wurde
damit begründet, daß eine Übergangsgebühr, die den Betrag erheblich über-
steigen würde, welcher zweifellos ausreichend ist, um den ungarischen Konsum
der ungarischen Produktion zu sichern, bei Bestand eines einheitlichen Zoll-
und Handelsgebietes keine Existenzberechtigung besitzt. Das Gesetz über
die individuelle Vei-teilung des Zuckerkontingentes wurde mit kais. Verordnung
vom I.August 1908 seinem ganzen Umfang nach außer Kraft gesetzt, die beiden
^) Die Usancen des Londoner Znckeihandels wurden dabin abgeändert, daB Zucker
aller Art auf Grand von Eontrakten, die am 20. Juli 1903 oder sp&ter ausgestellt werden,
nach dem 10. August nur dann angedient werden kann, wenn er aus Lftndem stammt,
welche die Brüsseler Konvention ratifiziert haben und in Großbritannien Ton der Einfuhr
nicht ausgeschlossen oder mit AusgleichszOllen belegt sind. Der Bestand des als kon-
ventionswidrig erklfti-ten österreichischen Gesetzes über die individuelle Verteilung des
Zackerkontingentes brachte die Gefahr eines Strafzolles in Großbritannien auf Oster-
reichischen Zucker mit sich, und die Möglichkeit, eines solchen Straf zolles mußte
jeden englischen Käufer veranlassen, vorsichtsweise von der Anschaffung Österreichischen
Zuckers abzusehen.
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Die EonsuniBteneni im Österreichisch-ungarischen Aasgleich. 69
Kegierungen haben dann die entsprechenden vereinbarten Gesetzentwürfe
betreffend die Übergangsgebflhr den beiden Abgeordnetenhäusern vorgelegt.
DaB die Übergangsgebübr als Ausfuhrzoll dem einheitlichen Zoll- und
Handelsgebiet widerspricht, bedarf keines Beweises, die Osterreichische Zucker-
industrie bekämpfte mit Becht die über sie zu verhängende AusnahmsmaBregel.
Dieser Ausfuhrzoll wurde indessen nie eingehoben, denn die beiden Gesetz-
entwürfe sind von den Parlamenten nicht erledigt worden; den Osterreichischen
hat die Begierung im Vorjahre zurückgezogen. Eine gewisse Wirkung trat
aber doch hervor. Da die gesetzliche Einführung der Übergangsgebühr bis
zum 1. September 1908 nicht erfolgen konnte, gaben die beiden Begierungen
Erlässe an die Yersendungsämter hinaus, wonach beim Überweisungsverkehr
die Versender, deren Namen und Wohnort zu verzeichnen ist, auf die Eventualität
der nachträglichen Gebührenentrichtung aufmerksam zu machen sind. Im
Juli 1904 trat dann eine Verschärfung ein; die Begierungen hatten sich ge-
einigt, in die Gesetzentwürfe die Ergänzung aufzunehmen, daß bei Sendungen
von Zucker in der Zeit vom 1. August 1904 bis zum Tage der Kundmachung
des Gesetzes über die Übergangsgebühr die Empfänger der Sendungen sub-
sidiär zur Zahlung der Übergangsgebühr herangezogen werden sollen: die
Stellungsämter wurden beauftragt, die Empfänger, unter Verzeichnung von
Namen und Wohnort, hierauf aufmerksam zu machen. Femer wurde bestimmt,
daß die Identität des wahren Versenders mit der in der Anmeldung ange-
gebenen Person zu prüfen und eventuell der Nachweis zu verlangen ist, ob
die als Versender auftretende Person tatsächlich das Verfügungsrecht über
den zu versendenden Zucker hat. In dieser Weise wird bis heute praktiziert.
Bemerkenswert ist, dafi die Surtaxe die Verdrängung der Osterreichischen
Zuckereinfuhr aus Ungarn nicht herbeigeführt hat. Das erklärt sich aus ver-
schiedenen Momenten: fQr gute Osterreichische Marken wird ein etwas höherer
Preis bezahlt; die Osterreichischen Exporteure stellten des weiteren nicht
den ganzen Zoll in Bechnung; oder sie übernahmen die Verpflichtung, die
ganze Übergangsgebühr gegebenenfalls zu tragen. Endlich ist dabei auch
zu beachten, dafi man mehr und mehr an die Nachzahlung der Übergangs-
gebübr nicht glaubte und darin werden die betreffenden Kreise wohl Becht
behalten. So ist die Mehrausfuhr Osterreichischen Konsumzuckers nach Ungarn
in den Jahren 1904 bis 1906 noch immer nicht unerheblich.^) Anläßlich
des letzten Abschlusses eines Kartells der Zuckerraffinerien in Österreich
wurde durch Abmachung mit dem ungarischen Kartell den Osterreichischen
Fabriken vorbehalten, jährlich beiläufig 225.000 Meterzentner Konsumzucker
nach Ungarn zu liefern.
Noch eines ist zu erwähnen: die Befürchtungen der Fachmänner über
die nachteiligen Wirkungen der Brüsseler Konvention sind nicht eingetroffen.
In der Betriebsperiode 1905/1906 war die Zuckererzeugung im Zollgebiete die
größte, die jemals verzeichnet wurde, die Ausfuhr an raffiniertem Zucker überstieg
die der Betriebsperiode 1901/1902; im Inland ergab sich ein Mehrverbrauch
1) Sie betrag in den Jahren 1901 bis 1906 274.800, 294.000, 276.000, 225.000,
201.000 and 272.000 Meterzentner.
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70 Zuckerkandl.
und die Preise waren nicht ungünstig. Es wurde also neben dem verstärkte»
inländischen Absatz der Export mindestens behauptet. Das gilt für Österreich
wie für Ungarn. Der angegebene Hauptgrund für die Ausschließung des
österreichischen Zuckers aus Ungarn : Ersatz zu schaffen für den befürchteten
Ausfall beim Export, hatte sich als unstichhältig erwiesen und so hätte maa
eigentlich den Status quo ante, also die volle Freiheit des Verkehrs wieder-
herstellen können. Allein davon war nie die Rede; es spielen eben in diesen
Fragen industrielle Schutztendenzen eine große Rolle. Man hat, wie erwähnt,
als die Bestimmung getroffen wurde, daß jedes Ländergebiet für die Aus-
fuhrbonifikationen nach Maßgabe des eigenen Exportes aufzukommen habe,
den Übergang von steuerpflichtigem unversteuertem Zucker aus einem
Ländergebiete in das andere untersagt; die Bonifikationen sind infolge der
BiHsseler Konvention weggefallen, aber jenes Verbot besteht noch immer:
es hatte, wie bereits einmal hervorgehoben, die nicht unerwartete Wirkung,,
daß der allerdings nicht erhebliche Rohzuckerexport aus Ungarn nach Öster-
reich unterbunden wurde.
9.. Schluß.
Es ist bekannt, daß die ungarische Regierung bei den gegenwärtigen
Ausgleichsverhandlungen beantragt hat, daß die gleichartige Behandlung der
Verzehrungssteuern wegfalle; jeder der beiden Staaten soll demnach in Zu-
kunft die Freiheit der selbständigen Ordnung dieser Abgaben besitzen,
die Möglichkeit, sie nach seinen finanzpolitischen Auffassungen frei zu ge-
stalten und nach Maßgabe seiner staatsfinanziellen Bedürfnisse auszunutzen^
beides unter Umständen innerhalb gewisser Schranken. Den Inhalt der unga-
rischen Anträge kennt man nicht, ebensowenig das Ergebnis der Verhand-
lungen der Regierungen; ein Eingehen auf Einzelheiten ist daher nicht
möglich und nur einige allgemeine Punkte können erörtert werden. Es gibt
verschiedene Möglichkeiten, um das Ziel dieser Selbständigkeit zu erreichen:
eine, welche die ungünstigere Behandlung der Provenienzen des anderen
Teiles ausschließt, und die andere, die sie zuläßt. Bei der ersteren wird jeder
Teil die Provenienzen des anderen Teiles derselben Steuer unterwerfen, der
die eigenen unterliegen, wonach Steuern, die die gleiche Behandlung nicht
gestatten, ausgeschlossen wären; bei der zweiten können die Provenienzen
des anderen Teiles höher besteuert werden als die eigenen, so daß die Ein-
fuhr der betreffenden Artikel und ihrer Derivate aus dem anderen Länder-
gebiet erschwert oder verhindert werden könnte. In jedem der beiden Fälle
ist der erwähnte staatsfinanzielle Zweck eiTeichbar, im zweiten Falle auch
der Schutzzweck, indem die Ausschließung der Produkte des anderen Länder-
gebietes möglich wäre. Die Anträge der ungarischen Regierung sind, wie
bemerkt, nicht bekannt; wahrscheinlich ist, daß der zweite Weg, als der
den wirtschaftlichen Interessen Ungarns besser entsprechende, vorgeschlagen
wurde. Da eine Steuerlinie zwischen den beiden Staaten nicht errichtet
werden soll, so müßten die Abgaben im Anschlüsse an das Überweisungs-
verfahren eingehoben werden. Es ist dabei zu beachten, daß während der
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Die Eonsamsteuern im Österreichisch-ungarischen Ausgleich. 71
Geltungsdauer des jetzt zu vereinbarenden Ausgleichs, also vermutlich bis
Ende 1917, die Verkehrsfreiheit zwischen den beiden Staaten bestehen bleibt;
bis Ende 1915 machen das schon die im Vorjahre wirksam gewordenen
Handelsveriaräge notwendig.
Die ungünstigere Behandlung der österreichischen Provenienzen ent-
spricht dem wirtschaftlichen Interesse Ungarns, weil es gegenüber Öster-
reich im Verkehr mit d^ in Frage kommenden Artikeln passiv ist. Beim
Spiritus verkehr ist Österreich aktiv bei den Artikeln: nicht denaturierter
Spiritus, versflßte geistige Flüssigkeiten, Eum, Arrak und alkoholische
Essenzen, dagegen passiv bei denaturiertem Spiritus, nicht versüßten geisti-
gen Getränken und Kognak. Der Wert der österreichischen Einfuhr in allen
erwähnten Artikeln betrug im Jahre 1906 5*6 Millionen Kronen, der Wert
der Ausfuhr 66 Millionen Kronen. Das Aktivum beträgt rund eine Million
Kronen, und dasselbe Ergebnis stellt sich heraus, wenn die Ziffern der Jahre
1900 bis 1906 der Berechnung zugrunde gelegt werden. Beim Bier betrug
der Wert der österreichischen Ausfuhr nach Ungarn im Jahre 1906 42 Mil-
lionen Kronen, der Wert der Einfuhr 419.328 Kronen, die Mehrausfuhr stellt
sich auf 3*8 Millionen Kronen; beim LeuchtöF hat der österreichische Mehr-
export einen Wert von 2*5 Millionen Kronen und beim Zucker von 7 8 Mil-
lionen Kronen, alles im selben Jahre. Bei den sogenannten Derivaten (Schoko-
lade, Bonbons usw.) betrug die österreichische Mehrausfuhr im Jahre 1906 :
8-5 Millionen Kronen.
Unter solchen Umständen ist es begreiflich, daß die beteiligten Produ-
zentenkreise Österreichs sich gegen die geplante Änderung, von der sie an-
nehmen, daß sie eine Erschwerung der österreichischen Ausfuhr nach Ungarn
bezweckt, aussprechen. Eine von geschäftlichen Interessen unbeeinflußte Be-
urteilung des Planes kommt zu dem Ergebnis, daß die Selbständigkeit der
Steuergesetzgebung, wobei die ungünstigere Behandlung der aus dem anderen
Ländorgebiete eingeführten Artikel gestattet wäre, bei der zwischen den
beiden Ländergebieten bestehenden Verkehrsfreiheit eine Ausnahmsmaßregel
sein würde, die nicht gerechtfertigt werden könnte; sie widerspräche, indem
sie einen Zollschutz einführt, dem aufrechterhaltenen Zustand der Verkehrs-
freiheit, und der Schutz erschiene dadurch in keinem günstigeren Licht, daß
er einseitig Vorteile bringt. Gegen die andere Möglichkeit spricht, daß die
gleiche Behandlung sehr schwer verwirklicht werden kann; es müßten allein
Steuern gegeben sein, bei denen die tatsächliche Steuerbelastung klar hervor-
tritt, leicht berechnet werden kann; von Monopolsteuern und von Steuern
mit versteckten Prämien wäre bei dieser Eventualität abzusehen, ebenso von
direkten Prämien für die Ausfuhr in das andere Ländergebiet, während
Exportprämien mit Bezug auf das Zollausland als handelspolitische Maß-
nahmen nur einverständlich erteilt werden könnten.
Eine Sonderstellung nimmt der Zucker ein, indem zu Gunsten der
ungarischen Ausschließungstendenzen schon im Jahre 1903 das entsprechende
oben bereits gewürdigte Mittel vereinbart wurde, dessen bisher unterbliebene
Verwirklichung nun unter den neuen Verhältnissen angestrebt wird, die sich
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72 Zackerkandl.
bezfiglich des BrQsseler Yertrt^es ergeben haben. Durch die Erklärung der
englischen Regierung, dafi England ffir die Zukunft eine Verpflichtung, prä-
miierten Zucker mit Zöllen zu belegen, wie sie in der Brüsseler Eonyention
enthalten ist, nicht mehr übernehmen könne, war der ungeänderte Weiterbestand
der letzteren ausgeschlossen. Die Delegierten der Vertragsstaaten haben sich
Ende Juli dieses Jahres in Brüssel auf ein Zusatzübereinkommen zum Brftsseler
Vertrage geeinigt, wonach dieser durch eine weitere Dauer von fünf Jahren,
vom 1. April 1908 an gerechnet, aufrecht erhalten werden soll, unter Vor-
behalt eines eventuellen Rttcktrittrecbt^s vom 1. September 1911 an, nach
vorhergegangener einjähriger Kündigung und unter Befreiung Englands von
der Verpflichtung, pi*ämiierten Zucker mit Zöllen zu belegen. Die Batifizierangen
des Zusatzübereinkommens sind vor dem 1. Februar 1908 in Brüssel zu depo-
nieren; es tritt in Kraft, wenn es mindestens von jenen Vertragsstaaten ratifiziert
wird, die die früher erwähnten Befreiungen von einzelnen Vertragsbestimmungen
nicht genießen (die Ausnahmsbehandlung gilt für Italien und Schweden). Unter-
bleibt die Ratifikation seitens eines oder mehrerer jener Staaten, so ist eine Ent-
scheidung der Staaten einzuholen, welche das Zusatzübereinkommen ratifiziert
haben, darüber, ob dieses unter ihnen in Kraft bleiben soll. Wenn die für das
Inkrafttreten vorgeschriebenen Ratifikationen bis 1. März 1908 nicht vorliegen,
80 hat die Regierung Großbritanniens das Recht, die Brüsseler Konvention an
diesem Tage für den 1. September 1908 zu kündigen. Von jenen Staaten, welche
die Ratifikationen bis zum 1. Februar 1908 nicht vollzogen haben, wird ange-
nommen, daß sie die Brüsseler Konvention rechtzeitig zum 1. September 1908
gekündigt haben, wonach diese für sie von diesem Tage nicht mehr rechts-
verbindlich ist; doch kann unter umständen eine Hinausschiebung dieses
Termins eintreten.
Ungarn hat nun seine Zustimmung zum Zusatzübereinkommen, also sein
Verbleiben beim Brüsseler Vertrag, davon abhängig gemacht, daß die mit
der österreichischen Regierung im Jahre 1903 vereinbarte Surtaxe im Ver-
kehre der drei Ländergebiete eingeführt werde. Die Situation ist also jener
des Jahres 1902 sehr ähnlich. Bezüglich der Surtaxe, die nach jenen Ab-
machungen der beiderseitigen Finanzminister dem ausführenden Ländergebiet
zukommen sollte, hat die ständige Kommission in Brüssel kürzlich anerkannt,
daß sie der Konvention nicht widerspricht Die Forderung Ungarns wegen
Einführung der Surtaxe hätte sich natürlich auch ergeben, wenn keine Änderung
des Brüsseler Vertrages beantragt worden wäre, denn die Aktion des Jahres 1903
ist nicht abgeschlossen, wobei in Betracht käme, daß im Jahre 1907 die
Möglichkeit der Kündigung des Brüsseler Vertrages eröffnet war. Beim Zucker
sollen also die ungarischen Schutztendenzen' in jedem Falle, und bis auf
weiteres durch die Surtaxe erfüllt werden.
Der Zustand, daß von zwei oder mehreren ein freies Verkehrsgebiet
bildenden Staaten jeder das selbständige Qesetzgebungsrecht bezüglich der
Konsumabgaben besitzt, ist mit der Zolleinheit wohl vereinbar, sofern die
gleiche Behandlung und die anderen früher erwähnten Momente gesetzlich
vorgesehen sind. Daß die Einrichtung der ungleichen Behandlung dem prin-
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Die Konsnmstenem im OsterreichiBch-nngaiiBchen Aasgleich. 73
zipiellen Einwand nDterliegt, dem einbeitlichen Zollgebiet lu widersprechen,
f&Ut bei dem Torliegenden Anlasse, zumal sie dem ungarischen Interesse ent-
spräche, in Ungarn nicht ins Gewicht Falls sich die Dinge nach den Wün-
schen der Majorität des ungarischen Abgeordnetenhauses vollziehen, so
existiert der freie Verkehr zwischen den beiden Ländergebieten nach zehn
Jahren nicht mehr. Wenn also die Neuordnung der Konsumsteuem mit der
ungQnstigeren Behandlung der Prorenienzen des anderen Ländergebietes gegen
die Yerkehrsfreiheit yerstöfit, so bildet das unter solchen Umständen vom
ungarischen Standpunkt als Vorwegnähme kfinftiger erwünschter Zustände
nicht einen Mangel, sondern einen Vorzug des Vorschlages.
Literatur.
Zu voTBteheiider Arbeit wurden neben den Osterreichisehen parlamenlariBchen Drack-
aachen, bei den wichtigeren Partien auch die des angarischen Abgeordnetenhanees heran-
gezogen; hierbei ist anch das Werk ^Die nene Gesetzgebang Österreichs, erläutert aas
den Beichsratsverhandlnngen etc., Wien 1868<*, zn erwähnen. Außer den amtlichen Ge-
setzesanagaben worden benütit: Die Osterreichischen Yerfassangsgesetze, herausgegeben
Ton Prof. Dr. Edmund Bernatsik (Studienausgabe Osterr. Gesetze, 8. Band, Leipzig
1906), dann: Die ungarischen Verfassungsgesetze, herausgegeben von Dr. Gustav Stein-
b a c b, 4. revidierte und vermehrte Auflage, Wien 1906; des weiteren aus der M a n z sehen
Taacbenansgabe der Osterr. Gesetze der Band 22 (1., 2., 3. und 5. Abteilung), be-
treffend Biersteuer (1903), Branntweinsteuer (1900) und MioeralOlsteuer (1904), heraus-
gegeben von V. Bernatzky, Garmine und J o a s und Zuckersteuer (1906), heraus-
gegeben von Carmine und Joas. Von periodischen amtlichen Publikationen sind zu
erwähnen: die Mitteilungen des k. k. Finanzministeriums (seit 1895), die Statistik des aus-
wärtigen Handels des Osterr.-ung. Zollgebietes, die Osterr. Zwisehenverkehrsstatistik (seit
1900), dann die Ausweise über den ausw&rtigen Handel Ungarns seit 1881, zuerst unter
dem Titel «Ungarns Warenverkehr mit Österreich und anderen Ländern", dann unter dem
Titeln Auswärtiger Handelder Länder der ungarischen Krone" ; femer: Volkswirtschaftliche Mit-
teilungen aus Ungarn, herausgegeben vom ungarischen Handelsministerium, Wien, neuer-
lich seit 1906. Weiter ist hervorzuheben die Publikation: Amagyar kirälji p^nzügyminiszterium
tiz ävi m&koddse 1895 — 1905 (Die zehnjährige Tätigkeit des kOnigl. ungar. Finanzmini-
ateriums 1895 bis 1905) herausg. vom kOnigL ungar. Finanzministerium, Budapest 1905.
Im übrigen wurden bei der Arbeit benützt an Büchern und Abhandlungen geschicht-
lichen, staatsrechtlichen und politischen Inhaltes: Johann Alezander Frh. von H eifert,
Bevision des ungarischen Ausgleiches aus geschichtlich staatsrechtlichen Gesichtspunkten,
Wien 1876. — Friedjung, Der Ausgleich mit Ungarn, Leipzig 1877. — Juraschek,
Personal- und Bealunion, Berlin 1878. — Ulbrich, Die rechtliche Natur der Osterr.-
ung. Monarchie, Prag 1879. — Th. B. von Dantscher, Der monarchische Bundesstaat
Östeireioh-Ungam etc.^ Wien 1880. — Jellinek, Die Lehre von den Staaten-
verbindungen, Wien 1882. — Friedrich Graf von B e u s t, Aus drei Viertel-Jahr-
hunderten, 2 Bände, Stuttgart 1887. — Gustav Steinbach, Franz Deäk, Wien 1888. —
Die Einheit der Osteir.-ung. Armee, Bede des Grafen Julius Andrässy, Wien 1889. —
Spiegel, Die kaiserlichen Verordnungen mit profisorischer Gesetzeskraft nach
Osterr. Staatsrecht, Prag und Wien 1893. — H. J. Biedermann, Geschichte
des Osterr.-ung. Ausgleiches (Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der
Gegenwart, herausgegeben von G r ü n h u t, 23. Band). — J. H. Schwicker,
Der Osterr.-ung. Ausgleich, eine geschichtliche, staatsrechtliche und volkswirtschaftliche
Studie (Osterr.-ung. Revue, 21. Band). — Graf Julius Andrässj, Ungarns
Ausgleich mit Österreich im Jahre 1867^ Leipzig 1897. — Radö-Rothfeld, Die
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von Lustkandl, „Handelsverträge" von B r 4 f, „Notverordnungen" von Spiegel und
der Artikel der 1. Auflage. „Zoll- und Handelsbündnis" von R. von Starzynski. —
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Tübingen 1884. — Max M e n g e r, Der österr.-ung. Ausgleich (Finanzarchiv, IV. Jahrg.)* —
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Prag 1896. — F o f t. Der Kern der bevorstehenden österr.-ung. Ausgleichsfrage. Rede
gehalten in der Sitzung des böhmischen Landtags vom 17. Jänner 1896, Prag 1896. —
Pap David, Kvöta, v&mszövets^g, bänk (Quote, Zollbündnis, Bank), Budapest 1896. —
V. Matlekovits, Die wirtschaftliche Entwicklung Ungarns seit 1867 (Zeitschr. f.
Volksw. etc., 7. Band). — Ludwig Läng, Javaslat a quöta megällapitäsara (Vorschlag
zur Feststellung der Quote), Budapest 1897. — SchOnberg, Handbuch, 3. Auflage,
3. Band, 1. Halbb., Tübingen 1897. — Alfred Frh. von f f erm ann. Die Entscheidung
der Krone im Quotenstreite, Wien 1898. — Bericht der Präsidialkomm ission der Prager
Handelskammer über die Ausgleichsvorlagen (Referent Reg.-Rat Dr. Hotovetz), Prag,
1898. — Bauer, Der Ausgleich und die Industrie (Deutsche Worte, 19. Jahrg.). —
L e c h e r, Ausgleich und Handelspolitik (Deutsche Worte, 19. Jahrg.). — v. Schweizer,
Ausgleich und Landwirtschaft (Deutsche Worte, 19. Jahrg.). — Witteishöfe r, Der
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Die EonBomsteaern im Osterreichisch-angarischen Ausgleich. 75
Aasgleich nnd das Geldwesen (Deutsche Worte, 19. Jahrg.). — F 1 d e s. Über Matrikular-
nnd Qnotenbeiträge mit besonderer RQcksicht auf den Osterr.-ung. Quotenstreit (Finanz-
archir, XYII. Jahrg.). — y. Matlekovits, Das Königreich Ungarn, volkswirtschaftlich
und staÜBtiBch dargestellt, Leipzig 1900. 2 Bände. — A. W a g n e r, Lehrbach der
Finanzwissenschaft, 4. Teil, Leipzig 1901. — Die Fabriksindustrie des Königreiches Ungarn,
herausgegeben vom kOnigl. ung. Handelsminister, Budapest 1901. — B u n z e 1 Julius, Studien
zar Sozial- nnd Wirtschaftspolitik Ungarns, Leipzig 1902. — v. Philippovich, Die
Osterr.-ung. Handelspolitik und die Interessen Österreichs (Zeitschr. f. Yolksw. etc.,
11. Band). — ▼. Plener, Die Brüsseler Zuckerkonvention (Zeitschr. f. Volksw. etc.,
11. Band). — Brückner, Zuckerausfuhrpr&mien und Brüsseler Vertrag (Conrads Jahr-
bücher, 3. Folge, 23. Band)'. — Grünberg, Die handelspolitischen Beziehungen Österreich-
Ungarns zu den Ländern an der untern Donau, Leipzig 1902. — v. D r n. Die Entwicklungs-
stadien des Zoll- und Handelsbündnisses zwischen Österreich und Ungarn. Nach einem im
n.-ö. Gewerbeverein gehaltenen Vortrage, Wien 1903. — Schippe!, Zuckerproduktion
und Zuckerprämien bis zur Brüsseler Konvention, Stuttgart 1903. — Auspitz, Öster-
reich-Ungarn und die Brüsseler Zuckerkonvention (Zeitschr. f. Yolksw. etc., 12. Band). —
y. Matlekovits, EOzüs vämterület äs a gazdasägi elväläs Ausztriätöl (Das gemein-
same Zollgebiet und die wirtschaftliche Trennung von Österreich), Budapest 1905. —
Katon a, A kOzüs vamternlet (Das gemeinsame Zollgebiet), Budapest 1905. — Läng,
Hundert Jahre Zollpolitik, autorisierte Übersetzung ans dem Ungarischen, Wien und
Leipzig 1906. — Kichard Schul 1er, Hundert Jahre Zollpolitik (Österr. Rundschau
5. Band). — Keller, Die Industrieförderung in Ungarn, Prag 1906. — Frh. v. Myr-
bach, Grundriß des Finanzrechts, Leipzig 1906 (im Grundriß des Osterr. Rechts,
herausgegeben von Finger und Fr an kl). — Die Artikel der 2. Auflage des Osterr.
StaatswOrterbuches „Bierateuer* und „Branntweinsteuer*^ von v. Bernatzky, „Brüsseler
Zuckerkonvention" von J a s und «Mineralölsteuer" von C a r m i n e.
Die vorstehende Arbeit wurde Anfang September 1907 abgeschlossen.
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Druck Ton Radolf H. Rohrer In BrOnn.
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