Skip to main content

Full text of "Die mitteralterlichen Taufsteine der Provinz Schleswig-holstein"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a bix>k lhat was preservcd for gcncralions on library sIil-Ivl-s before il was carcfully scanncd by Google as pari ol'a projeel 

to makc the world's books discovcrable online. 

Il has survived long enough Tor the Copyright lo expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subjeel 

to Copyright or whose legal Copyright terni has expired. Whether a book is in the public domain niay vary country tocountry. Public domain books 

are our gateways to the past. representing a wealth ol'history. eulture and knowledge that 's ol'ten dillicult to discover. 

Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this lile - a reminder of this book's long journey from the 

publisher lo a library and linally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries lo digili/e public domain malerials and make ihem widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their cuslodians. Neverlheless. this work is expensive. so in order lo keep providing this resource. we have laken Steps lo 
prevent abuse by commercial parlics. iiicIiiJiiig placmg lechnical reslriclions on aulomatecl querying. 
We alsoasklhat you: 

+ Make non -commercial u.se of the fites We designed Google Book Search for use by individuals. and we reüuesl lhat you usc these files for 
personal, non -commercial purposes. 

+ Refrain from imtomuted qu erring Do not send aulomated üueries of any sorl to Google's System: If you are conducling research on machine 
translation. optical characler recognilion or olher areas where access to a large amounl of lex! is helpful. please contacl us. We encourage the 
use of public domain malerials for these purposes and may bc able to help. 

+ Maintain attribution The Google "walermark" you see on each lile is essential for informing people about this projeel and hclping them lind 
additional malerials ihrough Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use. remember that you are responsable for ensuring lhat what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in ihc United Siatcs. lhat ihc work is also in the public domain for users in other 

counlries. Whelher a book is slill in Copyright varies from counlry lo counlry. and we can'l offer guidance on whelher any specific use of 
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be usec! in any manncr 
anywhere in the world. Copyright infringemenl liability can bc quite severe. 

About Google Book Search 

Google 's mission is lo organize the world's information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers 
discover ihc world's books wlulc liclpmg aulliors and publishers rcacli new audiences. You can searcli ihrough llic lull lexl of this book on llic web 
al |_-.:. :.-.-:: / / bööki . qooqle . com/| 



3ij«z,db»GoogIc 



3ij«z,db»GoogIc 





STANFORD 
LIBRARIES 


DIE MITTELALTERLICHEN 




TÄÜFSTEINE 


DER PROYINZ SCHLESWIG-HOLSTEIN. 




NAU6ÜRAL- DISSERTATION 


ERLANeUNSi. DER PHILOSOPHISCHEN DOKTORWÜRDE 


HOHEN' PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT 




unisersitAt/heidelbers 

VORGELEGT VON 




ERNST SAUERMANN. 


. iassed Thesis 


FLENSBURS 
BUCHDRUCKEREI VON EMIL SCHMIDT 

,90 STANFORD 
LIBRARIES 



f-.'SVV 




3ij«z,db»GoogIc 



Schleswig-Holstein ist ein Land, das, ziemlich abgelegen von 
den grossen Kultursentren, sich lange seine Eigenart in 

Kunst und Sitte bewahrt hat. Verwüstungen und Ver- 
heerungen, wie' sie über andere deutsche Landesteile herein- 
brachen, namentlich während des dreissigj ährigen Krieges, haben 
sich hier in dem Umfange und mit ähnlichen Folgen nicht 
abgespielt. Die natürliche Grenze, das Wasser auf der Ost- 
und Westküste war eine gute Schutzwehr; was an zerstörenden 
Mächten in Wirkung trat, das musste also von Norden und Süden 
her eindringen ; im Süden bildete zudem die Elbe auf eine lange . 
Strecke eine vorzügliche Grenzwand. So ist es erklärlich, dass in 
diesem verhältnismässig kleinen Lande mit buotgemischter Be- 
völkerung die Kunst sich sogar in den lokalen Eigenheiten bis 
auf unsere Zeit erhalten konnte; und Wenn man den Formaus- 
druck dieser niedersächsischen, friesischen, jütischen Empfindungs- 
weise in ihren Spielarten kennen lernen will, so kann man in 
den Bauernzimmen] des Flensburger Museums ein prächtigem Vcr- 
gleichsmaterial finden. Die Bauernziminer sind aber nur einBeispiel, 
an dem sieh die künstlerische Kultur, im wahren Sinne des Wortes, 
unserer Heimat ermessen lässt. Zieht man zu der Profankunst 
Werke der kirchlichen Kunst mit in die Betrachtung, erweitert 
sich das Bild um vieles. ■ Die umfassende Arbeit Mathaeis über 
die mittelalterliche Holzplastik lehrte uns, dass schon in früher 
Zeit im Lande eine umfangreiche Betätigung auf dem Gebiete 
der Schnitzkunst bestand, eine Betätigung, die zwar nicht ein 
so gewaltiges Schauspiel in dem Ringen des sich erneuernden 
Stiles bot wie die Mitte und der Süden Deutschlands, die aber 
dennoch beachtenswert war und Interesse erweckte. Zweck dieser 
Arbeit ist es, die Geschichte der mittelalterlichen Plastik in 
Schleswig-Holstein um einen Beitrag zu erweitern; es soll ein 
bestimmtes Gebiet der Steinplastik, das infolge der zahlreichen 
erhaltenen Denkmäler lohnende Aufschlüsse verspricht, der Be- 
trachtung unterzogen werden: das der mittelalterlichen Taufsteine. 

Es giebt nach dem oben gesagten nichts Auffälliges mehr 
in der Erscheinung, dass sich viele mittelalterliche Taufsteine in 
Schleswig-Holstein erhalten haben, und da von einer mittelalter- 
lichen Steinplastik, wenn nicht die Taufsteine gemeint sind, in 
der Provinz.wohl kaum zu reden ist, so wird man die Beschränkung 
verzeihen müssen. Die wenigen Werke, wie einige Bogenl'elder 
und Grabsteine, die mit in den Begriff der Steinplastik zu fassen 
sind, mögen eine beiläufige Erwähnung finden. 

Wenn das Thema beschränkt wurde auf die mittelalterlichen 
Steintaufen Schleswig-Holsteins, so verzeihe man die enge Be- 

D.piz8dbyGOOgle 



— 2 — 

grenzung unter Berücksichtigung, dass nur eine örtliche Be- 
schränkung die Erzielung sicherer Ergebnisse ermöglicht. Es 
wird aber im Laufe der Abhandlung zutage treten, dass trotz 
dieser Beschränkung auf ein kleines Landaben eine mannigfache 
Inbeziehungsetzung zu gleichen Werken anderer Gebiete not- 
wendig wurde. 

Bevor wir in eine Abhandlung des eigentlichen Themas 
eintreten, erscheint es angebracht, über die Geschiebte der Taufe 
einen kurzen Überblick zu geben. In der Geschichte der Taufe 
sind drei grosse Abschnitte zu unterscheiden: 

I. Die Periode des Christentums, in der es freistand, Er- 
wachsene nicht nur zu jeder Zeit, sondern auch an jedem Ort 
zu taufen. In der Kirche, als dem gemeinschaftlichen Versamm- 
lungsort, wurde die Taufe, die als geheime und mysteriöse Hand- 
lung galt, nicht vorgenommen. 1 ) 

II. Die Periode, in der die Taufe der Erwachsenen eine 
f^i-öswore Feierlichkeit der heiligen Handlung und einen besonders 
geeigneten Ort und Platz erforderte. Man fing an, ausser deu 
Kirchen besondere Taufhäuser oder Baptisterien zu errichten ; 
solche kommen schon im vierten Jahrhundert als etwas gewöhn- 
liches vor. 8 ) 

III. Die Zeit, in der nach allgemeiner Einführung der Kinder- 
taufe und Aufhebung der festgesetzten Taufzeiten die Baptisterien 
entbehrlich wurden und die Kirche und der in derselben befind- 
liche Taufstein der gewöhnliehe Ort der Taufe wurde. 

Natürlich bestanden Taufsteine und Baptisterien eine ganze 
Zeit lang nebeneinander. Genaue Grenzen, wann Tauf steine zu- 
erst auftreten und Baptisterien nicht mehr benutzt werden, sind 
wohl kaum anzugeben. Jedenfalls erhellt aus einem Beschluss 
der Synode zu Lerida 8 ) vom Jahre 500, dass es Taufsteine schon 
im fünften Jahrhundert gegeben haben kann. Und Baptisterien 
sind bis ins dreizehnte Jahrhundert nachweisbar; dass man sie 
in Deutschland bis etwa um 1000 errichtete, beweisen die Bap- 
tisterien zu St. Afra und St. Fridolin bei Hirzbach im Elsass. 
Taufen aus der Zeit vor 1100 sind nicht erhalten oder wenigstens 
nicht literarisch bekannt. Hinzuweisen wäre nur auf die Feder- 
zeichnung in der Wessobrunner Handschrift (vor 814, Abb. bei 
Sighard), in dem Bauriss von St. Gallen, wo sich am Westende 
des Mittelschiffes ein fons befindet und auf die Überlieferung, 
welche den Taufstein zu Heimerscheid, der ein Zuber ohne irgend 
welchen Schmuck ist, als eine Stiftung vom Hlg. Willibrord im 
Anfang des VIII. Jhdts. bezeichnet. 4 ) Die ersten bekannten da- 

') Augusti. Deokwördigkeiten aus d. chriatl. Archäologie, XII. S. 76. 

') ibid. XI. S. 399. 

a ) Omnie presbyter, qni fontem lapideum habere nequiverit vas con- 

veniens ad hoc aolummodo baptizando officium habeat, quod extra 

ecclesiam deportetur. 
4 ) Engliug. „Die ältesten Tfst. i. apost. Vicariat Luxemburg." I, d. 

publ. de la soc. p. 1. recherche des mon. hiet. du Luxembourg, 1858, 59. 

Abb. Zeitschr. f. christl. Kunst, II. Heft, 4. 



* Google 



■— 3 — 

tierten Werke stammen aus dem XII. Jahrhundert: Der Tauf- 
kessel der Bartholomäuskirche in Lüttich vom Jahre 1112 und 
der Taufstein zu Freckenhorst mit dem Datum 1129. . 

Die Schwierigkeit, mit Sicherheit in Schleswig-Holstein Taiif- 
steine aus den ersten Jahrhunderten nach der Bekehrung nach- 
zuweisen, ist gerade so gross wie in den Landteilen südlich der 
Elbe. Es fehlt an urkundlichem Material. Die Kirchenbücher 
reichen nur bis ins XVI. Jahrh. zurück und die Angaben über 
die Christianisierung des Landes sind ganz allgemeiner Art. Die 
paar Daten, die uns angeben, wann und wo zuerst Kirchen 
standen, sind für eine Geschichte der heimischen Tauf steine 
nur von relativem Wert. 

Wir wissen, dass Holstein vom Süden her vom Erzbistum 
Hamburg-Bremen für den Glauben gewonnen wurde, Schleswig 
vom Westen her. 826 geht Ansgar über Dorstedt rheinabwärts 
und läuft in die Eider ein, um im Gebiet der Friesen seine 
Mission zu beginnen. 850 stand eine Kirche zu Schleswig, 
860 eine zu Ripen, von dem Ansgarschüler Rirubert erbaut. 
Adam von Bremen berichtet, dass die Tedmarsgoi ihre Kirche zu 
■ Melintorp, die Holsten zu Scanafeld hatten. 

Die ersten Anpflanzungen christlicher Kultur gingen aber 
bald wieder verloren, sowohl in Schleswig als in Holstein. Be- 
sonders heftig tobte der Kampf in Wagrien. Um 990 wird 
dort mit Feuer und Schwert alles vertilgt, was die Missions- 
arbeit gefördert hatte; als dann unter Gottschalk eine neuo Susit, 
wieder langsam zu keimen beginnt, erfolgt ein neuer Überfall 
durch die Wenden (1066), in welchem Gottschalk und viele. 
Glaubensbrüder ihr Leben einbüssten. Erst im folgenden Jahr- 
hundert konnte in Wagrien mit der systematischen Anlage von 
Kirchen begonnen werden. In dem neuen Münster zu Wipen- 
thorp, das 1134 — 36 angelegt war, lag der Ausgangspunkt für 
die Tätigkeit Vicelins.') Auf seine Weisung wurde 1137 das 
Kloster zu Segeberg gestiftet. Seine Haupttätigkeit als Kirchen- 
gründer fällt in die Jahre 1149 — 52. Mit dem Osten hält der 
Westen gleichen Schritt. Um 1140 sind Kirchen zu Lunden, ' 
Büsum, Barmstedt, um 1150 in Burg. Für Holstein scheinen 
diese Daten zu besagen, dass von einer systematischen Kirclien- 
gründuug erst im 12. Jahrhundert die Rede sein kann. 

Im Herzogtum Schleswig fasste das Christentum festen Fuss 
erst unter Knut dem Grossen 1016 — 35.*) Aber dieser Versuch, 
christliche Kultur einzuführen, geht nicht mehr vom deutschen 
Süden, sondern von England aus. 3 } 1075 wird mit König Swen 
verhandelt wegen eines nordgermanischen Erzbistums 4 ) und 1103 

') b. R. Haupt: Die Vicelinskirchen, Kiel 1884. 

*) Auch in Schleswig wurden die anfänglichen Erfolge eiurcli Heiden li and 
zerstört. Um das Jahr 1000 berichtet der Bischof von Schleswig, dass seine 
ganze Piöeese von Feinden verheert und er selbst ohne Sita sei, conf. Sach 
Herzogt. Schleswig, S. 145. 

*) s. A.Matthaei Holzplastik in Schlesw-Holst. bis 1530. S.'222.Leipzigl!>01. 

4 ) Hasse. Srh!esw.-HoM.-l.rfuiciihg. Regesien I. 4$. 

D^izedbyGOOgle 



geht das Primat über die nordischen Kirchen von Hamburg auf 
Lund über. 1134 wird der Dom in Schleswig erwähnt und 1190 
war die Michaelikirche dort nicht mehr neu. Was ist aus diesen 
Angaben zu folgern? In Bezug auf die Geschichte der Tauf- 
steine positiv ganiichts. Zwar wenn die Baugesehichte unserer 
Kirchen um so viel klarer erschiene, . dass man -sagen könnte, 
so lange etwa bestanden Holzkirchen und in diese Zeit etwa fällt 
der systematische Bau der Steinkirchen, so liesse sich für die 
Taufsteine vielleicht eine analoge Erscheinung folgern, in dem 
Sinne, dass man sagte, die Holzkirchen bargen die unverzierten 
primitiven Taufsteine, die Steinkircheu die künstlerisch bear- 
beiteten. 1 ) Aber die Baugeschichte unserer Kirchen liegt noch 
nicht so klar, als dass irgend welche Schlüsse dieser Art erlaubt 
wären. . Immerhin ist es für die Datierungsfrage notwendig, Bau- 
werk und Taufstein stilistisch zu vergleichen, und wenn sich er- 
giebt, dass beide im Stilcharakter nicht abweichen, wird man mit 
der Möglichkeit zu rechnen haben, dass der Taufsteh] gleichzeitig 
mit der Kirche erstand. 

Was nun die Einteilung des Stoffes betrifft, .so ist zu er- 
wägen, ob sich eine Behandlung des zu untersuchenden Objekts . 
. in dem Sinne empfiehlt, dass man kirchspiehveise von Süden nach 
Norden vorgeht und jeden Taufstein auf seine charakteristische 
Form hin untersucht und beschreibt. Natürlich ist alsdann jedes 
neu hinzukommende Objekt in Vergleich zu setzen mit den schon 
gefundenen Formen und den sich allmählich ergebenden Typen. 
Das Ergebnis würde bei richtiger Abwägung und Prüfung über- 
einstimmen mit dem jeder 'anderen Stoffbehandlung; aber der 
Weg wäre umständlich Die natürlichste Einteilung ist die nach 
dem angewandten Material. 

Bei den mittelalterlichen Taufen kann es sich nur um zwei 
Stoffe handeln, um Stein und Metall. Holz ist nicht verwandt 
worden. Wenigstens sind mittelalterliche Taufen aus Holz im 
Lande nicht erhalten. Renaissance- und Barocktaufen aus Holz 



') Solche primitiven Taufsteine findet man noch vereinzelt auf Kirch- 
höfen, Feldern u. a. O. Wenn Friedrich von Warnstedt in seiner Schrift 
tlber AI tertuinsgegen stände, Kiel 1835, S 44, schreibt: „Als Überbleibsel 
aus dem ersten christlichen Gottesdienst in unseren Provinzen sind besonders 
zu berücksichtigen eine zuweilen noch vorkommende Art aus Granit ausge 
hauener grosser Taufsteine. Ein solcher findet sich am Ploener See hei 
Bosau und einer In der Kirche zn Schlamersdorf etc.", so sei schon hier 
darauf hingewiesen, dass diese Bemerkung nicht ganz zutrifft. Der Taufstein 
zu Schlamersdorf besteht nicht aus Granit, sondern aus gotlandischem Kalk- 
stein. Schon durch diese Material bestimmung ist er gekennzeichnet als zu- 
gehörig zu einer grossen Gruppe von Taufsteinen, die, wie wir spater sehen 
werden, der Zeit des tiberganges entstammt. l)ie Frage, ob der Taufstein 
zu Bosau, wie Warnstedt vermutet, tatsächlich der Zeit des ersten Gottes- 
dienstes entstammt, also vorvicelinisch ist, muss bei dem Fehlen jeder Hand- 
habe zur Datierung wohl offen bleiben. Ebenso ist der Taufstein zu Testorf 
möglicherweise vorvicelinisch; er wurde gefunden unter den Grundmauern 
der Hofgebäude; h. 1,10. dm. 1,15. Bei der „Graten Döps" zu Süsel und dem 
unregelmäßig achteckigen Taufstein zu Itzhoe scheint die polygonale Form 
auf eine spätere Zeit hinzuweisen. 

D lizedbyGOOgle 



giebt es eine ganze Anzahl. ') Mit der Möglichkeit, dass auch hier 
in mittelalterlicher Zeit Taufen aus Holz Verwendung fanden, 
ist aber zu rechneu. Bekannt sind mir solche in England 11 } und 
in Frankreich.*) Die Bestandfähigkeit des Materials mag schon 
in sich die Lösung bergen, warum fast nichts von mittelalterlichen 
Holztaufen erhalten ist. Eine Sammlung und Prüfung eines grossen 
Materials von mittelalterliehen Darstellungen des Taufaktes könnte 
in dieser Hinsicht vielleicht noch lehrreichen Aufschluss geben. 

Da wegen der Fülle des Materials die Betrachtung auf die 
Taufsteine beschränkt wurde 1 ), so muss unter diesen eine Teilung 
nach allgemeinen Gesichtspunkten vorgenonimen werden. Es ist 
zu untersuchen, ob das Material einheimisch ist oder von aus- 
wärts bezogen wurde, ob überhaupt verschiedenes Gestein Ver- 
wendung gefunden hat. Durch diese Art der Einteilung ergeben 
sich vielleicht, auch in formaler Hinsicht, in sich abgeschlossene 
Gruppen. 

Eine Prüfung des angewandten Materials führt zu dem Er- 
gebnis 5 ), dass bei den mittelalterliehen Taufsteinen sowohl aus- 
landisches wie einheimisches Material verarbeitet worden ist: 

I. Als ausländisches Material kommt vor 

, a. schwarzer belgischer Marmor, 

b. Wesersandstein, 

c. Gotländischer Crinoidenkalk (Ober-Silur). 

II. Als einheimisches Material nur Granit. 

Von allen Taufen deB Landes, die, in der Summa beträchtet, 
hinsichtlich der Stil Wandlungen ein sehr interessantes Bild liefern, 
sind auszuscheiden alle Taufen, die aus ästhetischen und formalen 
Gründen nicht mehr als mittelalterlich bezeichnet werden können. 

Als Zeitgrenze nach oben sei bei unserer Betrachtung das 
Jahr 1600 angenommen. 

Ferner scheiden wir vorläufig aus der Anzahl mittelalter- 
licher Taufen diejenigen Stücke aus, die nur in Trümmern und 
Resten auf uns gekommen sind. Sollten sich im Laufe der 
Untersuchung bestimmte Typen ergeben, mögen die Bruchstücke, 
falls zugehörig, angegliedert werden; als entscheidendes Beweis- 
stück für einen zweifelhaften Typus wird man eine Taufkuppe, 
einen Fuss oder einen Stiel nicht anerkennen können. 



■) Coiif. Haupt B K D III S, 103. 

*) Conf. Simpson: Baptismal fonta, London lfj28, S. VII, der Norman 
fonts of lead aufzahlt in Aahover DerbyHliire; Ärebury, Wilts; Woolston and 
Childrey, Berks. 

*) Conf. die Angaben über solche in Paul Xaintenoy : Les fonts bap- 
tismaux en boie figures sur les Haute» -li HS es de la Cathedrale de Toumay. 
Anvers, 1896. 

a ) Die Metalltaufen etwa 30 an der Zahl, durchgehend aus lironce gegossen 
(Blei und Silber ist nicht verwandt), sind besser im Zusammenhang mit einer 
(jtjmihichte der heimischen Glocken zu behandeln, da sie, abgesehen von dem 
gleichen Zweck, mit den Taufsteinen nichts gemeinsam haben. 

s ) Siehe Haupt a. a. 0. Bd. III. 



zedbyGOOgle 



I a. Die mittelalterlichen 
Taufsteine aus belgischem Marmor. 

Mittelalterliche Taufsteine aus schwarzem Kalkstein oder 
belgischem Marmor kommen in zwölf Kirchen vor, nämlich in 
Ballum, Hoyer, Süderstapel, Tondern 1 ), Okholm, Üivesbüll undWitz- 
wort, dann in Tatiug, Bergenhusen, Hollingstedt, Vollerwiek, Fried- 
riehstadt und Bordeluin. Ein Blick auf die Karte offenbart uns, 
dass sämtliche Ortschaften an der Westküste gelegen sind und 
zwar, beginnend in der Höhe der, Insel Rom und hinabreichend 
bis zur Eider, aber nicht über diese hinaus; d. h. also, die mittel- 
alterlichen Taufsteine aus belgischem Marmor kommen nur im 
Lande mit rein friesischer Bevölkerung vor, nicht in Dithmarschen. 

Beginnen wir mit dem Norden, mit dem Taufstein zu Ballum.*) 
Die im allgemeinen an Tauf steinen vorzunehmende Unterscheidung 
zwischen Fuss, Stiel Und Kuppe wird uns bei dieser Untersuchung 
wie bei den späteren leiten : diese Analyse wird uns das charak- 
teristische Moment jeder einzelnen Art offenbaren. Der Fuss des 
Ballumer Taufsteins besteht aus einer viereckigen Platte von 
ziemlicher Höhe. Auf diese setzt sieh in der Mitte eine kräftige, 
cylinderförmige Säule auf, die von vier schwächeren Ecksäulen 
flankiert wird. Die Basen und Kapitelle sind wulstartig. Zu 
beachten ist, dass alle fünf Säulen frei stehen. Auf diesem fünf- 
teiligen Unterbau ruht die fiaehcylinderförmige, nach unten schwach ' 
verjüngte Kuppe. Die Überleitung zum Becken wird vermittelt 
durch vier zungenförmige Blätter, die oberhalb der Wulstkapitelle 
sich entwickeln und an die Schrägung der Kuppe emporwachsen. 
In der Verlängerung der vier Blattachsen sitzen am Beckenrande 
Menschenköpfe Durch, die Vierteilung der Kuppe entstehen an 
der Aussenseite des Beckens Felder, die ausgefüllt sind mit Tier- 
bildern. Im Felde, das in die Kirche hinausschaut, erblickt man 
im Flachrelief einen Löwen in Profil von sehr charakteristischer 
Auffassung. Er sitzt wie zum Sprunge geduckt. Der Kopf ist 
dem Beschauer zugewandt. Mähne, Ohren, Klauen und Schwanz 
sind stilisiert. Sehr bemerkenswert ist der Sehweif gebildet. Er 
schlägt nach rückwärts über den Rücken und endet in zwei 
Quasteu hintereinander; der Künstler will die Fläche ausfüllen. 
Die Modellierung von Auge, Nase und Maul lässt auf Schulung 
schliessen, wie sehr auch der Steinhauer an sein Schema ge- 
bunden ist. Die Darstellungen der übrigen Felder, von denen 
nur noch eins sichtbar ist, da der Taufstein in einer Ecke steht, 
zeigen ähnliche Untiere. Die vier Köpfe am oberen Beckenrand 
sind gut erhalten. Die Modellierung ist kräftig, aber durchaus 
primitiv und schematisch. Aus der Arbeit geht hervor, dass der 
Meister sein Material gekannt und beherrscht hat und zielbewusst 

*) Nur in der Kuppe ursprünglich. 

*) Abb. Haupt, Bau und Kunstdenkinäler der Provinz Sc hlesw. -Holst. 
II S. 5(11. 



: ,.!,,,i by Google 



das Werkzeug führte ; er ist bestrebt gewesen, seine Bildungen im 
Rahmen des Flachreliefs so lebenswahr wie möglich zu geben; 
dass er stilistisch dem herrschenden Formideal unterworfen ge- 
wesen ist, braucht nicht der Erwähnung. Der Tauf stein ist 
romanisch Wären wir nicht durch die Detailbildungen über- 
zeugt, so würde das gegenständliche der Darstellungen für sieh 
sprechen. Löwen mit Knotenschwänzen, Drachen und dergleichen 
Untiere sind die Elemente, aus denen sich der tierische Formen- 
schatz der romanischen Kunst zusammensetzt. 

Haupt bringt die Ballumer Taufe in enge Beziehung zu der 
von Hoyer. 1 ) Immerhin bestehen charakteristische Unterschiede. 
In den Bau- und Kunstdenkmälern lesen wir über den Taufstein 
zu Hoyer: „Auf viereckiger Platte stehen die fünf walzigen 
Stützen, die stärkere in der Mitte. Das Becken hat in flacher 
Arbeit romanisches Linienornament, auch Fratzen." 8 ) Da der 
Taufstein nur in der Kuppel echt ist, hätten wir Grund, ihn von 
der Betrachtung auszuschli essen. Indessen es giebt Beweise, dass 
der gemauerte Fuss ursprünglich und auch richtig in der Form 
ist. Die Abänderungen am Taufstein zu Hoyer erstrecken sich 
auf Unterbau und Kuppe. Mittelfuss und Ecksäulen sind leichter 
als zu Balluni, und die Kuppe zeigt weder Verjüngung nach 
unten noch die zum Stiel überleitende Schrägung. Die Vierteilung 
ist allerdings auch durch Köpfe angedeutet, ebenfalls sind am 
Ober- und Unterrand Borten gezogen, trotzdem ist das ganze 
Bild doch wesentlich anders als zu Balhim. Die Skulptur der 
Kuppenfelder zeigt Linien- und Tierornamentik. An einer der 
sichtbaren Flächen gewahrt man eine Fratze mit breitem Maül 
und Hörnern. Aus dem Maul winden sich nach beiden Seiten 
Flachbänder von unbestimmter Forin. Die Skulptur ist roh und 
handwerksmässig. Es fehlt jene charaktervolle Durcharbeitung, 
welche die Reliefs am Ballumer Taufstein auszeichnet. Die Köpfe 
am Beckenrand sind nur konventionelles Beiwerk. 

Wo sind diese beiden Werke entstanden? Bei einer Sich- 
tung des Materials findet sich in Schleswig- Holstein nichts an- 
nähernd ähnliches. Das Gestein ist von auswärts bezogen, da es 
in den heimischen Geschieben nicht vorkommt. Die Wahrschein- 
lichkeit spricht dafür, dass die Taufsteine fertig eingeführt wurden. 
An der Westküste Schleswig-Holsteins giebt es keine Steinlager, 
da das Land angeschwemmt ist, mithin auch keine Steinhauer 
und keine Steinhauerkunst. Die Wahrscheinlichkeit einer Ein- 
führung des fertigen Taufsteins wird aber zur Gewissheit, wenn 
festgestellt werden kann, dass es an anderen Orten ähnliche oder 
gleiche Taufsteine giebt. Die Steinart bietet einen guten Weg- 
weiser. Schwarzer Marmor kommt in Belgien vor. Die Fluss- 
täler der Meuse und Scheide durchbrechen mächtige Lager dieses 
Gesteins. Namur, Tournay und Boulogne bezeichnen die Zentren, 
in denen die mittelalterliche Steinplastik blühte. Die Bedeutung 



., .;,,,! bvGooyle 



dieser Steinbrüche, in Bezug anf Taufsteine, hat schon eine an- 
gemessene Würdigung erfahren. 1 ) Die Möglichkeit eines Ursprungs 
unserer beiden Taufen ist also eine dreifache. Wir wissen, dass 
aus dem Stein von Marquise bei Boulogne drei Viertel der Taufen 
des heutigen arondissement von Boulogne und Montreuil gefertigt 
wurden. Wir wissen ferner, dass die Brüche von Marquise .von 
der gallo-romani sehen Epoche an bis zum 100jährigen Krieg nach 
der Picardie und England Taufsteine, Grabsteine und andere 
Skulpturen ausführten. 2 ) Wenn Boulogne als mögliche Bezugs- 
quelle dennoch abgelehnt wird, so geschieht dies aus folgenden 
Gründen : 

1. ist die Struktur des dortigen Kalksteins sehr grobkörnig, 
während das an den schleswigschen Taufen verwandte 
Material eine sehr feine Struktur aufweist, 

2. zeigen die in den Werkstätten von Marquise entstandenen 
Taufen einen anderen Typus. Vergl. die Beispiele zu 
Andrehen, Carly, Condette, Dauves, Henneveux, Hesdres, 
Hervelinghen, Saint-L6onard, Longfosse", Parenty, Tuber- 
sent, Verlincthum, Wierre-au-Bois (Pas de Calais). 

Die besondere Materialbeschaffenheit des Steins von Marquise 
überhebt uns der Notwendigkeit, am Typus die Unterschiede 
nachzuweisen, die bei einein Vergleiche der schleswigschen Taufen 
mit denen von Marquise sichtbar werden. 

Die Entscheidung zwischen Tournay und Namur ist schon 
schwieriger zu treffen. Die Qualität des Steins bietet hier keine 
Handhaben. Stilistische wie formale Untersuchungen und Be- 
obachtungen über die Richtung, in der Taufen aus diesen Brüchen 
ausgeführt wurden, führen allein zur Gewissheit. Es ist bekannt, dass 
Tournay im Mittelalter wegen seiner Werkstätten einen grossen 
Ruf hatte. Saintenoy 8 ) hat nachgewiesen, dass die Steinhauer 
von Tournay mit ihren Werken das nördliche Frankreich, Flan- 
dern, le Hainaut versahen, ja selbst nach England ausführten. 
Die Taufen von Lichterveide, Zedelghem, Deux-Acren, Ribeinont, 
Gondecourt, Nordpeene, Termonde und Saint-Venant sind Bei- 
spiele eines Taufsteintypus von Tournay, dem auch die englischen 
Beispiele von Lincoln, Winehester, St. Mary Bourne near Andover, 
St. Michael, Southampton und East Meon angehören. Die grosse 
Anzahl Beispiele des Typus von Tournay gestattet es, über die 
mögliche Zugehörigkeit des Ballumer und Hoyer Taufsteins au 
diesem Typus ein Urteil zu fällen. Der Umstand, dass sogar 
nach England Taufen von Tournay eingeführt wurden, lässt zwar 
einen ähnlichen Export nach Schleswig-Holstein nicht als unwahr- 
scheinlich erscheinen. Allein formale Abweichungen geben wieder 

') Saintenoy: „Prol^gomfenea ä l'ötude de la filiation des formes des 
fönte baptismaux." Publle dans les annalee de la Soic£t£e ti'Archeulogie de 
Bruxelles; Brüssel, Ramlot editeur 1892. 

L. Cloquet: tätudes sur l'art k Tournay." „Font» de baptötiie romans 
de Tournay." Rev. de l'art chrei. 1895. 4. Lieferung. 

') Vergl. Enlart. Manuel d'arch^ologie frajujaiee I 1. S. 767. 

*) Saintenoy. a. a. O. 



: ,.!,,,i by Google 



den Ausschlag. 1 ) Das Becken ist ein rechtwinklig vierseitiges 
Prisma. Auch ist die Capitell- und Basenbildung eine so charak- 
teristische, dass die Zugehörigkeit der zwei schleawigschen Taufen 
zu diesem Typus bei einer auch nur flüchtigen Betrachtung als 
unmöglich erscheint. Namur bleibt somit als letzte Bezugsquelle 
übrig. Die Brüche von Namur standen denen von Tournay auch an 
Grösse der Ausfuhr nicht nach. Die Grabsteine von Namur 
reichen bis nach Chälons. Im arrondisseraent von Läon sind 
fast sämtliche Taufsteine aus Namurer Blaustem gefertigt. Das 
Land zu beiden Seiten der Maas bis hinab nach Venlo bezog die 
Taufsteine aus Namur.*} 

Unsere Annahme, dass die schleswig-holsteinischen Tauf- 
steine zu Ballum und Hoyer dem Namurer Typus angehören, 
rnuss als bewiesen angesehen werden, wenn es sich herausstellt, 
das die unterschiedenen Arten des Ballumer und Hoyerer Tauf- 
steins am Niederrhein vorkommen. Und das ist der Fall. Genaue 
Seitenstücke des Taufsteins zu Hoyer befinden sich zu Hönnepel 8 ), 
Boisheim 4 ) und Born. 6 ) Die Kuppenform ist vollständig überein- 
stimmend. Die Kopfbildung am Becken genau so. Stiel und 
Fuss bestehen aus belgischem Kalkstein und haben dieselbe 
Form wie zu Hoyer. Daher kann auch, wie oben erwähnt, der 
gemauerte Fuss in der Form als richtig gelten. 

Auch der Typus Ballum hat Parallelstücke, und zwar in 
Roitzbeim 8 ), Friesheim 7 ), Menzeln 8 ) und Euskirchen. 9 ) 

Was die Transportfrage anbetrifft, bo liegt die Antwort in 
einem Hinweis auf die Maas. Die Schwierigkeiten der Beschaffung 
von der Maas nach der Westküste Schleswigs sind nicht gross. 
Lebhafte Handelsbeziehungen haben schon im frühen Mittelalter 
von hüben nach drüben bestanden. Und die Tatsache, dass das 
Baumaterial vieler Kirchen der Westküste über Holland bezogen 
wurde, hat ja schon durch Haupt eine interessante Beleuchtung 
erfahren in der statistischen Aufzählung von Tuffstein kirchen. 
B. K. D. Bdi III und Helms Danske Tufsteenkirker. 

Zu erledigen wäre noch die Datierungsfrage; Cleinen setzt 
den Taufstein zu Roitzheim um 1100 an. Der Typus, der am 
ganzen Niederrhein und besonders im Kreise Kempen sehr häufig 

*) L. Cloquet beschreibt den Typus von Tournay so: „La cuve basse 
carree, les quatre supports d'angles avee le chapiteau caracteristique, le gros 
cylindre traversö par une bague dans le miüeu de sa hauteur etc." 

') Von den in Namur gefertigten Taufsteinen sind zwei Typen festge- 
stellt. Der gewöhnliche ist der monopödicule, von dem noch unten die Rede 
sein wird. Der zweite kommt seltener vor. Le Cloquet sagt über ihn (ibid. 
pag. 318) : „Je reconnais que l'on trouve dans la Belgique Orientale un type 
analogue ä celui du Tournaieiö, notamment k Herentals, Achenes et Huy. 
II est moiiis maasif et öftre nne physionomi differente. Mais das cette region, 
il paralt Stre une Imitation du modfeie tourn&isien." 

■) Abb. Aus in Wert H. X. 

*) Cleinen. Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes, I. 13. 

') ibid. I 16. " 

5 ibid. V 1. 2. S. 149. 

') ibid. V 2. S. 60. 

*) ibid. I 3. 8. 39. 

■) ibid. V 2. S. 43. 

D lizedbyCjOOgle 



— 10 — 

ist, soll sich vom zwölften . bis fünfzehnten Jahrhundert gehalten 
haben. Eine genaue Datierung wird schwer zu geben sein, so- 
lange nicht die Taufen des Kreises Kempen eingehend behandelt 
worden sind. Aber dass die Taufsteine zu Ballum und Hoyer 
gleichzeitig mit denen zu Boisheim, Born, Euskirchen, Friesheim 
u. s. w. sind und wegen der Detailbildung, die noch ganz romanisch, 
in das zwölfte Jahrhundert fallen, unterliegt keinem Zweifel. 
Diese Datierung stimmt mit der Erbauungszeit der Kirchen überein. 
Beide Kirchen gehörten zum Stiftsamt Ripen. Die Ballumer 
Kirche ist aus Tuffstein erbaut und die zu Hoyer war es. Jetzt 
ist diese eine Hausteinkirche im Übergangsstil des dreizehnten 
Jahrhunderts. 

Ein anderes Bild liefern die Taufen zu Süderstapel, Ockholm, 
Kotzenbüll, Ülvesbüll, Tondern 1 ) und Witzwort. Der Typus sei 
gezeichnet in dem Taufstein zu Ülvesbüll. Formal ist wieder * 
zwischen Fusa, Stiel und Kuppe unterschieden. Fuss und Schaft be- 
stehen aus einem Stück. Den Fusa bildet eine quadratische Platte, auf 
welche sich ein achtkantiger kurzer Sockel aufbaut. Die vier Ecken 
der Fussplatte leiten zu den vier den Ecken entsprechenden Seiten 
des Sockels durch Nasen über. Der Oberteil des Sockels verjüngt 
sich nach oben zu in Form einer kräftigen, schön geschwungenen 
Kehlung. Der prismatische Schaft übermittelt der schalenförmigen 
Kuppe die Achtteilung des Sockels. Den Oberteil der Kuppe ziert 
ein kräftiger Rundstab, den Abschluss bildet eine Platte. An den 
Seiten der Kuppe, senkrecht über den Nasen, springen Köpfe her- 
vor, von ungleicher Ausführung. Zu Süderstapel, Ockholm und 
Tondern sind sie handwerksmässig, ohne jede Modellierung, zu 
Ülvesbüll und Witzwort sind die Züge belebter, auch tragen die 
Köpfe verschiedenartige Mützenformen, die offenbar aus spätgoti- 
scher Zeit stammen. Die Taufen zu Süderstapel und Ockholm mögen 
dem XIII. Jahrhundert entstammen. Sollte über diese Datierung 
noch ein Zweifel herrschen, bieten die Details zu Witzwort weitere 
Argumente, Abgesehen davon, dass der Taufstein zu Witzwort 
in der Form etwas gedrungen erscheint und spätgotische Profile 
trägt, weisen die spätgotischen Blätter, welche mit den Köpfen 
in der breiten Kehlung wechseln, auf das fünfzehnte Jahrhundert. 
Die Datierungsmöglichkeit dieser fünf Taufsteine würde sich also 
auf drei Jahrhunderte erstrecken, wenn für Süderstapel, Ockholm 
und Tondern das XIII. resp. XIV., für Ülvesbüll und Witzwort 
das XV. Jahrhundert angenommen wird. 

Auf Grund der Ergebnisse, die bei dem Typus I resultierten, 
sind wir berechtigt, wieder Belgien als Entstehungsort anzusehen, 
d. h. die Werkstatt von Namur. L. Cloquet schreibt in Bezug 
auf diesen Typus 8 ) : »Sur les rives de la Meuse au contraire, on 
trouve souvent ä la rneme epoque le type monopödicule" et speciale- 
ment en grande abondance la cuve ronde ou octogonale ä l'ex- 
teneur, ordinairement ornee de quatre totes symboliques aux angles. 



«Google 



— 11 — 

Üe type mosan eBt fort repandu.« Eine Untersuchung hinsichtlich 
der Verbreitung des Typus fährt in ferne Gegenden. Saintenoy 
bringt in den Prolegomenes die Taufen von Odilienberg, Archennes, 
Lustin, Flostoy, Gosnes, Bastogne, L. Cloquet a. a. O. : Herentals, 
Limmel, Münster-Bilsen, Hastieres, Ciney, Lixhe, Gladbach etc. 
Das Gegenstück des Taufsteins zu Süderstapel steht in der Kirche 
zu Dinant, auch aus dem dreizehnten Jahrhundert. In Belgien 
sind diese Taufsteine, die nie in dem Gebiete von Tournay, son- 
dern nur in dem der Maas vorkommen, ' während des ganzen 
späteren Mittelalters gearbeitet. Die Datierungen stimmen also 
überein. Es wäre noch mit ein paar Worten der symbolischen 
Köpfe zu erwähnen. Le Cloquet sagt bei einer Besprechung der 
Prolegomenes: »Ajoutons que c'est sur le type caliciforme que 
se greffent le plus souvent les quatre tetea symboliques para- 
disiaques.« Diese Deutung ist die allgemeine und wohl auch 
richtig.') Soviel steht fest: In Bezug auf die schleswigschen 
Taufen kann diese Deutung nur Gültigkeit haben für die Tauf- 
steine zu Süderstapel, Ockholm und Tqndern. Eine gleiche 
Deutung den Köpfen an den Taufen zu Ülvesbüll und Witzwort 
zu geben, lässt die Form der Kopfbedeckung und die Narrenkappe 
nicht zu. Für die Erscheinung, dass der Volkshumor jener Zeit 
sich in seinen Äusserungen nicht auf die Profankunst beschrankte, 
lassen sich ja mancherlei Belege anführen. Am gothischen Ge- 
stühl des Lübecker Domes weisen die Wangenköpfe dem Vorüber- 
schreitenden die Zunge, eine ausgeschnitzte Figur zeigt sogar den 
Hintern. Warum sollte der Volkshumor also nicht auch am Tauf- 
stein Beine Blüte treiben? 

Gewissermassen eine Fortsetzung zu diesem Typus ist ein 
anderer, der vorkommt in den Kirchen zu Tating, Katharinen- 
herd, Bergenhusen, Hollingstedt, Vollerwiek, Friedrichstadt, 
Schobüll, Bordelum, Welt, Pellworm und St. Johann, Flensburg. 
Aus dieser Reihe scheiden die vier letzten aus, da sie wohl nur 
als Fortsetzung in der Zeit der Renaissance angesehen werden 
können, sie fallen auch hinter die gegebene Zeitgrenze, da sie 
datiert sind von 1621, 1671, 1587 und 1682. Der Typus ist 
etwa folgend ermassen : Der Taufstein besteht aus drei Stücken. 
Auf einer achteckigen Fussplatte steht ein achtkantiger Sockel, 
der sieh nach oben in schönem Schwünge konkav verjüngt. Auf 
den Sockel setzt sich der prismatische octogonale Stiel ; dieser ist 
reich profiliert, er beginnt und schliesst mit einer Platte Der 
Durchmesser des Schaftes ist oben geringer wie unten; in der 
Mitte zeigt der Stiel zwischen zwei grössten Einziehungen eine 
Platte von schöner Kehlung. Als Kuppe dient ein niederes acht- 
kantiges Becken. ' Den Abschluss nach oben bildet eine aus- 
ladende Wulste und eine Platte. Die Grössen bewegen sich in 
der Höhe zwischen 0,95 m und 1,10 m, in dem Kuppendurch- 
mesBer zwischen 0,72 und 1,06 m. Eine bestimmte Grösaennorin 

- Kardinaltugenden oder 



._ 12 — 

lässt sich aus diesen Zahlen nicht ableiten. Die Zeitfrage wird 
durch, die epätgothische Form dahin beantwortet, dass diese Tauf- 
steirie im XV. Jahrhundert entstanden sein müssen. Vielleicht 
darf man schon um 1400 sagen. Die polygonale Form allein 
bietet noch keine Handhabe zu näherer Datierung. In der 
»Emblemata biblica«, Paris Nat.-Bibl. 11560 I L XIII. Jahrh. 
ist ein Taufstein abgebildet, der grosse Verwandschaft mit unserem 
Typus zeigt. Allerdings ist bei der miniaturhafton Darstellung 
wohl aus technischen Gründen auf eine detailierte Wiedergabe 
der Profile vereichtet, aber der Typus ist offenbar derselbe. 
Trotzdem möchte ich die Tauf steine des Typus Friedrichstadt 
mit Rücksicht auf die späten Profile nicht vor 1400 ansetzen, 
d. h. gleichzeitig mit einem Taufstein desselben Typus in der 
Kirche zu Idegem. 1 ) Als Entstehungsort nehme ich wegen des 
Materials wieder Belgien an. Mit diesem letzten Typus ist der 
Teil der Arbeit, welcher die Tauf steine, aus belgischem Marmor 
behandelt, zum Abschluas gekommen. Wir wenden uns jetzt zu 
den Sandsteintaufen. 



I b. Die mittelalterlichen Taufsteine aus Sandstein. 

Unter den mittelalterliehen Steintaufen Schleswig-Holsteins 
giebt es eine beschränkte Anzahl, welche aus Sandstein gefertigt 
sind. Es sind dies die Taufen zu Keitum a. Sylt, Witting und 
Westerhever.') Die Taufen zu Keitum und Witting gehören 
demselben Typus an, vertreten aber zwei Spielarten. Der Keitumer 
Taufstein besteht aus zwei Teilen, aus Kuppe und Untersatz 
Der Untersatz vereinigt in sich Fuss und Stiel. Als Fuss dient 
eine quadratische Platte. In der Mitte erhebt sich der runde 
Sockelpfeiler mit vier Stützen, die sich von den Ecken der Platte 
in der Richtung der Diagonale zum mittleren Träger hinziehen. 
Die Stützen haben die Form von Löwen, welche auf den Kanten 
der pyramidal aufsteigenden Fussplatte mit dem Hinterkörper 
aufsitzen und die vorderen Pranken in den Säulenschaft ein- 
schlagen. Der grimme Kopf ist in wilder Bewegung zum Be- 
schauer herausgewandt. Die Bedeutung dieser Tiere ist eine 
symbolische: „Es ist das mächtige, gleichwohl vergebliche An- 
kämpfen feindlicher Kräfte gegen die Kirche.'" 1 ) Als Träger der 
Kuppe liegt dem Sockel eine an der Peripherie wulstartig abge- 
rundete Platte auf. Die Kuppe hat die Form einer cylinder- 
fömiigen Kufe, deren unterer Durchmesser etwas geringer ist als 
der obere. Die Form des Beckens ist sehr einfach, ebenso die 
Schmuckgestaltung. Durch zwei horizontal laufende Utnschnü- 
rungen wird die Kuppenwandung in drei Streifen geteilt. Den 
mittleren, breiten, schmückt ein Rankenband mit konventionell 



') Abb. Heusers: elements d'archeologie chretienne II S. 330. 
') Der Taufstein zu Wesselburen ist nur in Trümmern erhalten. 
. ») Organ t ehr. Kunst 1868. 

D lizedbyCjOOgle 



. — 13 . — 

geformten Ausläufern. Der obere Streifen ist glatt geblieben und 
im unteren befinden sich aufrechtstehende, fächerartige Blatt- 
formen mit dazwischen gestellten Droieckfiguren in reihungs weiser 
Anordnung. Der ornamentale Schmuck der Kuppe bekundet öinen 
in der richtigen Bewertung der Formen wohl orientierten Meister. 
Die Ausführung ist höchst primitiv, um nicht zu sagen roh. 

Dass der Taufstein nicht im Lande gefertigt wurde, ist un- 
zweifelhaft; er gehört zu einem Typus, der ziemlieh zahlreich 
vertreten ist in Hannover, Westfalen, Ostfriesland und der seibat 
in Holland vereinzelt vorkommt. Es finden sich genaue Seiten- 
stücke in Aufbau und Ornamentik zu Alfhausen 1 ), Bippen, 
Haselfinne, Leuwarden, Hage a ), Gross-Borssum s ), Marienhafe*), 
Wissel 5 ), Südkirchen a ), Nordherringen'), Heek 8 ), Neuenkirchen"),, 
Badbergen, Damme und Goldenstedt. 

Demselben Typus, wenn auch einer Abart zugehörend, ist 
der Taufstein zu Witting. Der Aufbau ist ziemlich gleich. Die 
Unterschiede sind rein ornamentaler Art. Die Stützen zeigen eine 
andere Bildung, sie stellen eine sitzende menschliche Figur dar, 
deren Arme fest an den Körper geschlossen sind. Von individueller 
Behandlung ist keine Spur, mit Mühe sind überhaupt nur die 
Körperformeu zu erkennen; die Arbeit ist sehr roh. Mit nicht 
grösserer Sorgfalt ist die Kuppenfläche geschmückt. Unter einem 
doppelten Seilomament zieht sich eine Folge etwas gedrückter 
romanischer Bogen; die trennenden Säulchen stehen auf einer 
. den unteren Beckenrand umziehenden Wulste. Bildnerisch ist dies 
W r erk von geringem Interesse Die Ausführung ist ganz gewöhn- 
lich und handwerksmassig. Der Typus,/welchem dieser Taufstein 
angehört, ist weniger häufig. Zu Ankum 10 ), Salzbergen, Lathen 11 ) 
haben die Enden der Stützen die Form von Menschenköpfen. 
Zu Groen'*} ist eine sitzende menschliche Gestalt als Eckstütze 
gebildet. Der Taufstein zu Ankum hat auch den niederen Arca- 
turenfries, der in der Hegel auf einem anderen Typus {Gimpte) 
vorkommt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die abweichende 
Gestalt der fickstücken auf dieselbe Urform zurückgeht, auf eine 
Urform, wie sie uns rein und unverfälscht am Taufsteiu von Recke 1 *) 
bei Tecklenburg entgegentritt in Gestalt ganz einfacher Stützen. 



') Mithoff. Kunstdenkmale und Altertümer im Hannoverschen, VI S. öO. 

») ibid. VII S. 106. 

*) ibid. VHS. 104. 

5 ibid. VII S. 140. 

6 ) Aus'm West. Kunstdenkmaler der Rheinlande, Tf. X, Abb. 17. 

B ) Ludorff. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis 
Lüdinghausen. S. 98. 

') Nordhoff. Die Kunst- und Geschichtedenkmäler der Provinz West- 
falen. Kreis Hamm, S. 54. 

8 ) ibid. IX. S. 38. 

") Zeitschrift f. chrietl. Kunst VI. S. 75. 
,0 ) Zeitschr. f. ehr. K. XL Spalte 83. 
") Mithoff a. a. O. Ed. VI. S. 78. 
") Zeitschs. f. ehr. K. XI, 8p. 78. 
l! ) Abb. ibid. Sp. 8.1. 

D lizedbyGOOgle 



_ 14 — 

Die Ornamentik au beiden Tatifsteinen ist noch ganz roma- 
nisch ') Der Keytuuier Taufstein mag zeitlich in das Ende des 
zwölften Jahrhunderts und der Wittinger in den Anfang deB drei- 
zehnten zu setzen sein.*) Auch hier kann sehr wohl das Baujahr 
der Kirche annähernd mit der Entstehungszeit des Taufsteins zu- 
sammenfallen. Die Keytumer Kirche ist spätromanisch 8 ), ebenso 
die Wittinger Kirche.*) 

Der einzige dänische Taufstein, der zufolge Material und 
Typus hier anzugliedern ist, steht in der Farup Kirche, eine 
Meile nördlich von Ribe. 6 ) 

Über den Entstebungsort können Zweifel herrschen. Das 
Material ist harter gelber Sandstein, wie er an der Weser ge- 
brochen wird. Als mittelalterliche Gruben kommen in Betracht 
Bentheim und Gildeshaus. Von der Gildeshauser Grube ist be- 
kannt, dass sie schon im dreizehnten Jahrhundert schwunghaften 
Handel trieb") Die Bentheimer soll noch älter sein. Es erscheint 
daher wohl .nicht unberechtigt, eine dieser Gruben als die auch 
für unsere Taufen in Frage kommende anzunehmen. Wahrschein- 
lich ist, dass diese drei Taufsteine, wie die angeführten Beispiele 
in Hannover und Westfalen, aus einer Werkstatt stammen. 

Der Taufstein zu Westerhever ist von einer ganz eigenen 
Form. Ob auch er einem an der Weser vorkommenden Typus 
angehört, wie die eben behandelten Werke, hat nicht erwiesen 
werden können. Sein Fuss ist halb würfelförmig und' in halber 
Höhe pyramidal auslaufend. Auf einer dicken Wulst liegt die 
Kuppe in Form eines oben und unten verjüngten Cylinders. Die 
Kuppenfläche wird durch ein Seilornaraent, ein rhytmisch ange- 
ordnetes Rankenmotiv mit eingeschlossenen Palmetten und durch 
ein Flechtband belebt. Stilistisch ist der Schmuck streng romanisch. 
Die Tatsache, dass auch in Wesselburen eine romanische Sand- 
stein-Kuppe vorhanden ist, die ebenfalls keinem Typus angegliedert 
werden kann, besagt offenbar, dass man beim Import nicht auf 
vereinzelte Werkstätten mittelalterlicher Taufsteine beschränkt war. 

Die Frage, inwieweit sich West- und Ostküste in dem Bezugs- 
orte des Sandsteins von einander scheiden, soll hier nicht auf- 
geworfen werden. 7 ) Sind auch die zwei Bogenf eider zu Schleswig 
und Borby aus Sandstein, ob aus schonischem oder gotländischem, 

') Vergleiche die Beispiele zu: Alfhausen, 

Herslake. Mithoff. a. f. O. V Tf. 5. 
Ochtrup. 

Bpe. Ludorf. a. a. 0. Bd. IX. 8. 31. 
Gimpte. 
Ostönnen. 
') Die Kirchen zu Marienhafe, Hage, Ankum stammen auch aus dem 
Anfang des XII. Jahrh. Mithofl a. a. 0. Bd. VII S. 137 u. 105. Bd. VI S. 12. 
') Haupt. B. K. D. II S. 605. 
' *) ibid. I S. 426. 
5 Abb. Helms Danske Tufsteenkirker H Tf. 9. 
5 Siehe Mithoff a. a. 0. Bd. VI 8. 55. 

') Haupt. Die Petertur zu Schleswig, eine Urkunde der Geschichte 
i. d. Münch. Allg. Ztg. Beilage 1900 Nr. 14. 



: ,.!,,,i by Google 



_ 16 — 

ist noch strittig, zum wenigsten bei dem Borbyer, so ist über die 
Taufsteine der Ostküste zu sagen, dass nicht ein einziger aus 
Sandstein vorkommt. Die Taufen, welche bisher als schwedische 
Sandsteinwerke galten, sind nach genauer Untersuchung in ihrem 
Material als gotländischer Kalkstein erkannt worden. 



Ic. Die mittelalterlichen Taufsteine aus 
gotländischem Marmor. 

Die Gruppe c der mittelalterlichen Tauf steine in Schleswig- 
Holstein, die im Material aus gotländischem Crinoidenkalk (Ober- 
Silur) bestellt, ist im Lande sehr zahlreich vertreten. Es lassen 
eich nicht weniger als einige 40 Beispiele anführen. Das Material 
spielt etwas in den Farben. Am häufigsten kommt der grauweisse, 
gotländische Kalkstein vor. Aus ihm sind vierunudreissig Taufen 
gefertigt. Seltener ist der Gebrauch des roten gotländischen 
Marmor; er ist verwandt an den Taufen zu Haddeby, Eggebek, 
Wesenberg, Lensahn und Buchen. Mustert man die grosse Anzahl 
gotländischer Taufen im Lande auf ihre Fonn hin, so lässt sich 
ein grosser Typus nachweisen, dem sich die Taufen aus rotem 
Stein einreihen; es Hegt also kein Grund vor, diese wegen der 
Spielart des Materials für sich zu behandeln. Fünf Taufsteine 
sind nicht dem Typus, der als der Gotländische bezeichnet sei, 
anzuschli essen. Es sind dies die Taufen zu Erfde, Klem-Solt, 
Satrup i. A., Borby und Sörup. Diese mögen nach dem got- 
ländischen Typus besprochen werden 1 ). 

Der gotländische Typus bildet, was Form und Aufbau an- 
anbetrifft, eine in sich abgeschlossene Gruppe. Natürlich gleicht 
ein Taufstein nicht dem andern, wie eine Figur der kongruenten, 
man muss daher, will man in dem Typus noch kleinere Zu- 
sammenstellungen vornehmen, vom Detail ausgehen und nach 
ihm eine weitere Einteilung vornehmen. Es würde dann Ab- 
teilung a abschliessen mit Boel, b mit Schönkirchen, c mit Buchen. 

') Der „gotländische Typus" ist vertreten in den Kirchen zu ; Morsum, 
Scherrebeck, Eggebeck, Jörl, Hilgum, Eke, Bannesdorf, Hoiriip (jetzt Flensb. 
Museum), Lyaabbel, Boel, Lensahn, Ottensen, Flemhude, Petersdorf (Sockel 
aus Holz), GnisBau, Adelby, Bülderup, Kein- Wesen berg, Hohn, Ffthr St. Nicolai, 
Barbau, Lintholm, Schlamersdorf, Blekendorf, Pransdorf, Hamberge, Beiden- 
dort, Breklum, Schon kirchen, Norburg, Braderup, Erarnelebüll, Haddeby, 
Stedesand und Buchen. Eine Erweiterung erfährt diese Aufzählung durch 
rudimente, welche auf den gotländischen Typus schliessen lassen. Es fanden 
sich Füsse aus gotländischem Kalkstein noch zu Sonderburg, Hohenstein, 
Hattetedt (1903 zugehörige Kuppe beschädigt in einer Tiefe von 2,40 m bei 
Ausschachtung eines Heizkellers gefunden) und zu Süsel; desgl. Kuppen zu 
Heiligenhafen, Nordmarsch, Odenblill, Schwabetedt (als Weih Wasserbecken 
vermauert); desgl. Platte und Anlauf zu Waabs. Buchen gehört politisch 
zwar nicht mehr zum ehemaligen Herzogtume Schleswig-Holstein, aber die 
politische Begrenzung darf unserer Betrachtung Aber Vorkommen und Aus- 
breitung des Typus keine Schranke ziehen. 



■, .;,,,! i„- Google 



— 16 — 

Der allgemeine Typus sei an dem Morsumer Beispiel be- 
schrieben. Der Taufstein hat Kelchform. Er besteht aus Kuppe 
und Unterteil. Als Fuss dient in der Regel eine runde Platte, 
die sich mittels einer kräftigen Kehle nach oben zu einem kegel- 
artigen Stiel verjüngt. Als StielabsehlUss dient eine Wulste l ). 
Die Kuppe hat die Form einer runden Schale ; dicht unter dem 
oberen Rand zieht sich um diese eine schnurartige Einkehlung. 
Der übrige Sehmuck der Kuppe besteht 'aus pfeifenartigen Aus- 
bucklungen, deren jede nach oben halbkreisförmig abschliesst. 
Zwischen jeder Auskehluüg ist eine im Schnitt dreieckig geformte 
Rippe angeordnet; der Rundung der Kuppe folgend verjüngen 
sich diese Rippen nach unten zu und endigen in gleiehmassiger ' 
Breite an der Basis der Kuppe als dem organischen Mittelpunkte. 

Von Abteilung b ist ein Teil (bis Hohn) auf der ganzen 
Fläche mit spitzbogenartigem Masswerk überspannt, der Rest in 
gleicher Weise mit Kleeblattbogen. Die Bogenknäufe sind halb- 
rund, die Bogenzwickel sind schlicht bis Adelby, zu St. Nikolai 
auf Föhr, Klein-Wesenberg, Hohn und Barkau sind sie durch 
Dreipassformen verziert, zu Lintholm und zu Behlendorf durch 
Rosetten; zu llaiuberge durch verschiedenartiges feines Blattwerk. 

Abteilung c (Norburg, Braderup, Haddeby, Emm eis bull, 
Stedesand und Buchen) ist in der Form etwas reicher ausgestattet. 
Das Becken ist nicht mehr kreisrund, sondern hat Vierpassform. 
Die Einschnürungen übertragen sich auf Wulste und Stiel. Die 
Form dieser Taufen ist sehr elegant. In Haddeby zeigt auch 
der Stiel Kleeblattbogen. In Norburg laufen in der Vierpass- 
einschnürung schwache Wulste auf, die unterhalb des Kuppen- 
randes in Köpfe endigen; die horizontale Kehlung wird durch die 
Köpfe unterbrochen. Das Beispiel zu Braderup zeigt nur einen 
Kopf. Die Ausbuchtungen dieser Abteilung c, gewöhnlich sechzehn, 
sind alle rundlieh. Die Höhenmasse schwanken zwischen 100 cm 
und 1,06 m. Die Durchmesser zwischen 0,87 und 1,14 m. Eine 
mittlere Grössen norm las st sich bei dieser Abteilung, die nur 
fünfmal 8 ) vertreten ist, nicht angeben. 

Man sollte annehmen, dass bei der grossen Anzahl von 
Beispielen der Abteilung a und b die (jrössenverhältnisse leichter 
bestimmbar wären. Dies ist aber nicht der Fall. Die Kuppen- 
durchmesser schwanken zwischen 80 und 95 cm. Die Höhen- 
masse sind in einer mittleren Durchnittszahl nicht anzugeben. 
Die Ursachen sind verschiedene: z. t. sind die Fussböden der 
Kirchen erneuert und höher gelegt worden, die alten Taufsteine 
hat man aber am alten Platze unverrückt stehen lassen. Die 

') Vereinzelt wechselt der Aufbau. Die Form erscheint dann nicht 
pokalförmig. Kuppe und Untersatz zeigen sehr grosse Verhältnisse, der 
Unterbau gliedert sich nicht mehr als Fuss und Stiel, sondern einfach als 
flacher, kegelförmiger Untersatz ohne Wulst, conf. Tfst. zu Lysabbel, Eken, 
Hoirup (Flenaburger Museum). 

*) Im Park zu Sonderburg steht noch ein Vierpaaafusa aus gotländi- 
schem Kalkstein; es kann kein Zweifel herrschen, dass dieser auch von 
einem Taufstein stammt. 



h .!,.,! by Google 



— 17 — 

Fussplatte wäre also zuweilen in Anrechnung zu bringen ; z. t. sind 
die Kuppen zerbrochen und lassen nur die Zugehörigkeit zum 
Typus erkennen; oder aber der Stiel ist nicht mehr ganz er- 
halten. Bei einer Anzahl fehlt z. B. die Wulste (Eken, Banners- 
dorf, Lysabbel, Linthohn, Bleckendorf, Breklum). Einzelne Taufen 
haben überhaupt keinen Fuss mehr, wie zu Barkau oder aber 
die Kuppen stehen auf einem späteren Fuss, wie zu Ottensen 
und Flemhude. Man könnte aus der Wahrnehmung, dass bei 
einer so grossen Anzahl der Fuss nicht mehr die ursprüngliche 
Gestalt hat und das Becken vielfach niedriger gelegt ist, 
einen Schluss ziehen: Die Taufen sind zu hoch gewesen. Voll- 
standig erhaltene Taufen der Abteilungen a und b haben gerade 
wie die Beispiele der Abteilung c Höhen von etwa 100 cm und 
mehr (Lensahn, Petersdorf, Hohn, Schönkirehen), und weil die 
Taufen zu hoch gewesen sind, hat man sie entweder so belassen 
und sich eines kleinen Trittes'} bedient oder aber in der Weise die 
Taufsteine verkleinert, dass man teilweise vom Stiel die Wulste, 
teilweise von der Kuppe den oberen Rand abschlug. 

Was nun den Herkunftsort der Taufsteine aus gotländer 
Marmor betrifft, so kann nur die Insel Gotland und Lübeck in 
Betracht kommen. In Deutschland kommt dieser Typus südlich 
der Elbe nicht mehr vor, soweit die erschienenen Inventarisationen 
der Bau- und Kunstdenkmäler Abbildungen oder genaue Be- 
schreibungen hefern. Ähnliche Taufen finden sich in den Kirchen 
Mecklenburgs und Pommerns 

Die Fünten zu Grevesmüblcn*), Hohenkirchen*), Klütz*) und 
Hohenvicheln 6 ) in Mecklenburg zeige.ii z. t. recht starke Anklänge 
an unseren Typus ; die Taufen zu Eikelberg 6 ), Güstrow 7 ), Telkow 8 } 
und Kalkhorst 9 ) stimmen eigentlich genau mit unseren überein. 10 ) 
Trotzdem ist an eine Zugehörigkeit zu dem gotländer Typus nicht 
zu denken, wenn die Materialbestimmung, wie sie in den meck- 
lenburgischen Baudenkmälern gegeben ist, zuverlässig ist. Bei 
keiner der genannten Taufen Mecklenburgs wird das Material als 
Kalkstein angegeben; es ist nur als Granit oder einfach Stein 
bezeichnet. Wir haben Grund, die Richtigkeit dieser Angabe zu 
bezweifeln. Man dürfte sieh hier nicht mit einer oberflächlichen 
Bestimmung begnügen ; es wäre vielmehr, da die Taufsteine häufig 



') Nach einer Mitteilung des Herrn Provinzialkonservatore Professor 
Dr. Haupt kommen solche Trittbretter vereinzelt im Lande vor. 
*) Abbild. Schlie. Baudenkmaler Mecklenburgs, II. S. 349. 
*) ibid. II. 8. 316. 
*) ibid. IL S. 369. 
') ibid. H. S. 3. 
*) ibid. IV. S. 153. 
') ibid. IV. 8. 209. 
') ibid. I. S. 426. 
•) ibid. IL S. 378. 
">) Ebenfalls die Taufe zu TeWrow. ibid. V. S. 9. 



-,.!,.,! byGooyle 



— 18 — 

übermalt sind," in jedem einzelnen Falle die Farbe an der Prü- 
fungsstelle zu entfernen und mit Salzsäure eine Reaktion auf die 
im Stein eventuell gebundene Kohlensäure vorzunehmen. Erweist 
äich das Material als Kalkstein, dann steht es unzweifelhaft fest, 
dass die Taufsteine in Mecklenburg zu dem grossen gotländischen 
Typus gehören. Die Taufsteine zu Ziethen, Stoltenhagen ') und 
Anklam*) in Pommern bestehen auch aus gotländischem Crinoiden- 
kalk und gehören ebenfalls aus formalen Gründen zu dem got- 
ländischen Typus. Ja sogar in Herrndorf in Ostpreussen kommt 
ein Taufstein gleichen Typus vor, von Karl Böttieher in den 
Baudenkmälern als spätgotisches Weihwasserbecken aus Sandstein 
angegeben. Abb. Heft III S. 30. 

Auch in Dänemark kommt der gotländische Typus vor, und 
zwar z.ufolge einer freundlichen Mitteilung des Herrn Dr. Macke- 
prang, Kopenhagen, vorzugsweise auf den dänischen Inseln, be- 
sonders auf Laaland, im ganzen etwa 40 mal. Als Beispiele 
seien genannt 3 ): mit pfeifen artigen Ausbuchtungen Taufstein zu 
Ulslev. Maribo A., mit Spitzbogen: Maglebrande k. Nörre h. 
Falster, N. Kirkeby k. mit Dreipassbogen : Onslev k. Falster. 

Die Tatsache nun, dass wir einen Typus vor Augen haben, 
der in Schleswig-Holstein nicht nur auf dem Festlande zahlreich 
vertreten ist, sondern der auch in Nord- und Ostsee auf den 
Inseln Sylt, Föhr, Nordmarscb, Nordstrand, Alsen und Fehmarn 
vorkommt, die Tatsache, dass dieser Typus auch längs der ganzen 
deutschen Ostseeküste verbreitet ist, und zwar bis hinauf zur 
Memel, die Tatsache, dass Beispiele dieses Typus sich in Schweden, 
auf den schwedischen und dänischen Inseln häufig anführen lassen 4 }, 
kann nur auf eine Weise erklärt werden. Es muss eine Werk- 
statt bestanden haben, welche alte, das Ostseebecken einsehliessende 
Lande und die Inseln mit Taufsteinen versah. Nur so findet sich 
eine Erklärung für die Erscheinung, dass bei diesem grossen 
Taufsteintypus nicht nur dasselbe Material — gotländischer Kalk- 
stein — verwandt wurde; sondern dass auch der Aufbau, die 
Form, das Schmuckwerk, fast genau übereinstimmen. Hans 
Hildebrandt schreibt zwar a. a. O. bezüglich der Feststellung 
einer Werkstatt für die schwedischen Taufen dieses Typus im 
Anschluss an den gleichen Taufstein zu Hedesunde (Gestrikland) : 
„Vi kunna icke hänföra dem tili en gemeinsam ursprungsort, 
utan äro de helt visst framkallade af en öfver heia landet 



') Abb. b. Baudenkm. d. Kreises Grimmen. Herausgeg. v. Ver. f. 
pomm, Kunst. 

*) Lemke. Bau- und Kunstdenkmäler d. Rgbz. Stettin, Kreis Anklara, 
Heft IL 

*) Eine umfangreiche Publikation über die Taufsteine mittelalterlicher 
und die Granitplastik in Dänemark, welche von Herrn Dr. Mackeprang in etwa 
drei Jahren herausgegeben wird, wird weiteres Material bieten. 

*) Sveriges Medeltid. IV Seite 510: De förre komma flerstädes i. Sverige, 
S. 121. 



■, .;,,,! bvGooyle 



— 19 — ■ 

upwuxen sinak." Wir dürfen aber mit ziemlicher Gewissheit 
annehmen, dass die Werkstatt höchstwahrscheinlich auf der Insel 
Gotland lag Die Verbreitung dieses Typus und die verhältnis- 
mässig einfachen Zierformen deuten auf eine massenweise, industrie- 
mässige Anfertigung. Und wo soll diese Industrie anders geblüht 
haben, als in unmittelbarer Nähe der Steinbrüche? Wenn aber 
das bei diesem Typus zur Verwendung gelangte Material über- 
einstimmend dem Obersilur der Insel Gotland entstammt, wo 
anders kann dann diese Industrie schwunghaft betrieben worden 
sein, als in und vor den Mauern Wisbys? Oder sollen wir viel- 
leicht annehmen, um uns zu der Annahme Hachs zu bekennen, 
der 1 ) für Taufsteine zu Schlutup, Behlendorf und Hamberge 
zweiffellos die Hände Lübeckischer Meister in Anspruch nimmt, 
dase lübsche Kaufleute das Rohmaterial von der Insel Gotland 
nach Lübeck gebracht hätten, dass dort die TaufBteine entstanden 
und vertrieben seien? Viel lohnender war doch das Geschäft, 
wenn die lübschen Kaufleute gleich den Zwischenhandel an sich 
nahmen und die fertige Ware von Gotland ausführten. Auch so 
konnten ja bei dem regen Handelsverkehr zwischen Lübeck und 
Wisby eine grosse Anzahl Taufsteine über Lübeck in das Hinter- 
land gelangen. Wenn aber wirklich in Lübeck eine Industrie von 
Taufsteinen blühte, die sich einer oben angedeuteten umfangreichen 
Ausfuhr erfreuen konute, dann wären sicherlich hierüber Nach- 
richten auf uns. gekommen. Uns will bedünken, aus Gründen, 
die in der Natürlichkeit der gegebenen Verhältnisse beruhen, dass 
auf Gotland die grosse Werkstatt lag. Von hier aus ging die 
Ausfuhr zum schwedischen Festland, nach Preussen, Pommern, 
Mecklenburg, Lübeck, Holstein, Dänemark. Inwieweit die got- 
ländischen Taufsteine Schleswigs über Lübeck bezogen wurden, 
lässt sich wohl schwer ermitteln. Die Annahme ist aber gerecht- 
fertigt, dass, wenn auch Lübeck an der gotländischen Ausfuhr 
wahrscheinlich sehr stark beteiligt war, ausserdem auch nicht 
lübsche, direkte Handelsbeziehungen zwischen Schleswig und Got- 
land bestanden; denn zu einer Annahme, dass Alsen und die 
Nordseeinseln die gotländischen Taufsteine über Lübeck bezogen, 
liegen wohl kaum zwingende Gründe vor. Allerdings wenn es 
feststände, dass die Taufsteine dieses Typus erst gegen Ende 
des XIII. und im Anfang des XIV. Jahrh. entstanden wären, 
würde die Annahme Hachs an Wahrscheinlichkeit etwas gewinnen. 
Aber ich setze die Entstehung dieser Taufsteine mit einzelnen 
Ausnahmen in den Anfang des XIII. Jahrh. {über die Gründe 
s. w. u.) und für eine so frühe Zeit scheint es mir kaum möglich, 
Lübeck als Ort der Herstellung anzusehen. Für einen direkten 
Import aus Gotland kann als Argument auch jene Urkunde her- 
angezogen werden, durch welche anno 1255 den Kaufleuten von 
Wisby und Gotland von Johann und Gerhard, den Grafen von 



') Hacb. Lübeybieche Blätter, 1882 No. 79. 

EXrüzadbyGOOgle 



Holstein, Stormarn und Schauenburg die alten Freiheiten u. s. w. 
von neuem bestätigt wurden. S-H-L-R u. U. II. 87. 

Das8 auf Gotland tatsächlich eine grosse Kunsttätigkeit ge- 
wesen sein muss und ein grosser Handel mit Taufsteinen getrieben 
wurde, wird auch durch andere Beispiele in Schleswig-Holstein 
belegt, zu welchen sich nur in Schweden und auf Laaland analoge 
Erscheinungen darbieten. 

Wie schon oben bemerkt, lassen sich die Taufen zu Erfde 
und Klein-Solt etc. nicht dem grossen gotländischen Typus ein- 
reihen, obwohl das Material auch gotländiscber Kalkstein ist. 
Die Taufe zu Erfde ist nicht mehr ganz erhalten. Es ist nur 
die Kuppe vorhanden ; diese liegt jetzt in einem unschönen 
eisernen Behälter. Die Ergänzung wäre vielleicht in Pokalform 
zu denken. Ein frühgotisches Blattmotiv umzieht die Kumme. 
Der Durehmesser betragt 74 cm. 

Der Taüfstein zu Klein-Solt ist gut erhalten. In seinen 
'äst er H:90, Dm:80. Die Form ist pokalähnlich. Fuss, 
Stiel und Kuppe bilden drei Teile. Der Fuss wird gebildet durch 
eine runde Platte und eine breite Kehlung, deren Schrägung zum 
Schaft hinführt. Der runde Schaft verjüngt sich ein wenig nach 
oben und schliesst mit einer Wulste, an der drei Köpf e von guter 
Arbeit sitzen. Die Kuppe hat die Form einer flachen runden 
Schale. Einem- bestimmten und häufig vorkommenden Typus 
gehört dieser Taufstein nicht an. Er ist wahrscheinlich fertig aus 
Schweden eingeführt. In der Knutby Kyrka, Uppland steht, 
abgesehen von den Köpfen, ein Taufstein gleicher Form. 

Der Taufstein zu Satrup i. A. zeigt eine neue Form. Fuss 
und Stiel sind ähnlich wie am Taufstein zu Klein-Solt, aber im 
ganzen etwas gedrungener. An einer Wulste kurz vor dem Ende 
des Schaftes sitzen vier kräftig vorspringende Köpfe, zwei mensch- 
liche und zwei eines Ungeheuers. Die Kuppe ist cylind erförmig; 
unter den Nasen der Kleebogen ist sie schräg weggehauen. Ein 
ähnliches Werk kommt in Schleswig - Holstein nicht mehr vor. 
Wieder findet sich nur verwandtes anf Falster und in Schweden. 
Auf Falster seien genannt die Taufsteine gleichen \Typus in der 
Stadager K. Maribo A. und zu Kjebelef. Der Taufstein zu Kjebelef 
zeigt auch die vier Köpfe am Stiel. Die Kuppen _ beider Tauf- 
steine sind aber ohne Bogen 1 ). Der Taufstein zu Öster-Fernebo, 
Gestrickland 8 ) stimmt in der Form vollständig mit dein Taufstein 
zu Satrup i. A. überein. Nur der Fuss differiert, die Kuppe zeigt 
genau dieselbe Form; die Bogen sind aber rund statt hufförmig. 



') Ich danke diese Angaben der Freundlichkeit des Herrn Dr. Mackeprang, 
der mir in bereit willigster Weise die Sammlung von Abbildungen im dänischen 
National museum erschloss. 

*) Abb. Hildebrand, a. a. 0. 8. 498. 

-,.!,.,! byGooyle 



— 21 — 

Am Schaft sitzen auch wieder vier Köpfe an einer Wulste, je 
zwei Menschenköpfe und zwei Widderköpfe. Die Darstellung 
solcher Köpfe war in Schweden sehr verbreitet. Die schon er- 
wähnten Typen der Stänga Kyrka und Atlingbo Kyrka auf Got- 
land zeigen auch am Stiel vier Köpfe; der Typus der Atlingbo 
Kyrka zeigt stets zwei Menschen- und zwei Widder-Köpfe. Aus 
diesen Tatsachen ist mit Wahrscheinlichkeit zu folgern, dass auch 
der Satruper Taufstein schwedischen Ursprungs ist: ob er un- 
zweifelhaft von der Insel Gotland stammt, kann nicht eher beant- 
wortet werden, als bis festgestellt ist, welche Typen von Tauf- 
steinen auf der Insel Gotland gearbeitet worden sind. 

Den reichsten Skulpurschmuck unter den Taufsteinen aus 
gotländischem Marmor zeigen die Beispiele zu Sörup und Borby. 
Die Flächen dieser beiden Taufen sind' von oben bis unten mit 
Skulpturen bedeckt. Nur in wenigen Exemplaren nähert sich die 
Gruppe der Granitfünten dieser reichen plastischen Durchbildung. 
Dem Material, der Form und dem Stile nach, somit auch zeitlieh 
gehören beide Werke unbedingt zusammen. Die Beschreibung mag 
daher im wesentlichen auf den Söruper Taufstein beschränkt sein. 

Die Söruper Taufe besteht aus Fuss und Kuppe. Der Fuss 
ist ein nach oben etwas verjüngter Würfel von etwa 40 cm Höhe. 
Der untere Rand des Fusses ist durch Stoss und Schrägung als 
Platte gebildet. Auf dieser, als der Basis, bauen sich die bild- 
lichen Darstellungen auf. An den vier Kanten sind menschliche 
Gestalten ausgehauen Die Vermittelung zur Kuppe bildet ein 
rundes Steinkissen; an seiner Peripherie zieht sich ein schmales 
Band mit einer Reihung kleiner quadratischer Knöpfe. Die Kuppe 
ist ein niederer Cylinder, oben und unten von schmalen Bändern 
eingefasst. 'Vom unteren Streifen geht die Kuppe im stumpfen 
Kegel auf die Zwischenplatte über. Die Darstellungen, laufen 
von rechts nach links. Dargestellt sind 

a. Anbetung der 3 Könige und Zug derselben, 

b. bethlehemitischer Kindermord, 

c. Gefangennahme Christi, 

d. Chrucifixus. 

a. Anbetung. Auf einem Stuhle sitzt die Madonna, mit dem 
segnenden Kind auf dem Schoos. Die Mutter Gottes trägt eine 
Krone und lang auf die Schultern herabfallendes Haar. Die Fues-c 
ruhen auf einein Schemel. Der vorderste der drei Könige, dem 
der Stern vorleuchtet, überreicht dem Kind ein Gefäss. In Tracht, 
Geste und Bewegung sind die^Könige nicht unterschieden. Die 
Kleidung besteht aus langem Ärmelgewand und einem Überwurf, 
der in Vor- und Rückteil auf der Schulter zusammengeknüpft ist. 

Nach links folgt die Ankunft der Könige zu Pferde. Der 
Stern leuchtet wieder vor. Die zu Zöpfchen geflochtene Mahne 



: ,.!,,,i by Google 



der Pferde, Sehnürwerk und Gehängsel am Baumzeug sollen von 
der Pracht einen Eindruck geben. Unten dem zurückgeschlagenen 
Mantel sieht 'man das freie Bein im Kettenstrumpf. 

b. bethlehemitiseher Kindermord. Rechts thront Herodes, 
das Schwert auf das Knie gestützt. Vor ihm sind zwei Männer 
in langem Rock beschäftigt, sich ihres Auftrages zu entledigen. 
Jeder von ihnen hält ein Knäblein an den Haaren, um es zu 
morden. Zwischen ihnen liegt ein gemordetes Wickelkind am 
Boden . 

c. Gefangennahme. Christus wird von zwei Juden, die von 
rechts und links auf ihn zutreten, an den Händen gepackt. 
Christus trägt Bart und langes Haar. Zum ersten Mal Kreuz- 
nymbus. Die Kleidung besteht aus einem Rock und einem unter 
den Armen schräg über einander gelegten Tuch. Die Juden in 
Ärmeltunika und Überwurf tragen spitzen Judenhut. 

d. Chrucifixus. Christus im angelsächsischen Typus des 
XII. Jahrhunderts. Es ist der gekreuzigte König mit der Krone 
auf dem Haupte. Der bärtige Kopf ist scharf nach links gewandt. 
Das Haar fallt auf die Schultern herab. Der Lendenrock, vorn 
zu einem Knoten geschürzt, reicht bis über die Kniee. Die Füsse 
stehen getrennt auf einem Suppedaneutn. Zu beiden Seiten zwei 
Jünger, welche schmerzlich bewegt eine Hand ans Auge führen. 
Zu den Füssen des Gekreuzigten in Anbetung zwei Menschen, 
vielleicht die Stifter oder Patrone. 

Der abgeschrägte Unterteil der Kuppe ist ornamental be- 
handelt; er ist vollständig mit blattartigen Schuppen überzogen 
und durch Adler, die sieh am unteren Beckenrand feBtkrallen, 
vierfach gegliedert. Die Adler sind kenntlich an den Strümpfen ; 
die Flügel sind auseinandergeschlagen, der Steiss fest gegen das 
Becken gedrückt uud der spitz geschnäbelte Kopf weit vorgestreckt. 
Der Übergang zum Fuss wird durch diese Tiere sehr belebt. 

Der Schmuck des würfelförmigen Fusses besteht aus vier 
Eckfiguren und vier ornamentierten Feldern zwischen diesen. 
Dargestellt sind als Eckfiguren : ein Löwe, Petrus, ein nackter 
Mensch und ein Bischof. Auf den Feldern: ein Löwe, ein Pfau, 
zwei pickende Vögel und ein Basilisk. 

Der nach rechts gewandte Ecklöwe hat sich auf die Hinter- 
pfoten gestellt. Um den Hals legt sich ein dicker Reifen. 1 ) Das 
Maul ist weit aufgerissen. Offenbar ist der Löwe in Beziehung 



') In diesem sehe ich ein Argument, welches auf die venationes als 
der möglichen Entlehnungsquelle hinweist. Denn gerade auf Darstellungen 
der antiken Hetzen zeigen die Tiere diese Eisenringe und Halsreifen. Aller- 
dings ist nicht an eine direkte, ich möchte sagen, primäre Entlehnung zu 
denken, sondern an eine sekundäre, und es mag dem Steinmetzen vielleicht das 
entlehnte Bild einer alten Tierhetze als Vorbild gedient haben. Über die Verechla- 
gung solcher Motive in den Norden confer. Willens : Bronceeimer zu Hemmoor. 



)ig!Liz e dbyGOOgle 



_ 23 — 

gesetzt zu den Untieren rechts und links. Der Drache rechts 
trügt Flügel, Panzer und Schuppenhaut. Der spitz auslaufende 
Schwanz ist geringelt, die Klauen sind vorgestreckt und im Bogen 
schnellt er auf den Kopf des Löwen zu. Links ist ein Drache 
gebildet, . der den Kopf nach rechts wendet und mit dein Maul 
seinen hochgeschwungenen Schweif packt. Die Bewegungslinie 
ist ungefähr die eines grossen lateinischen S. Über die Deutung 
kann kein Zweifel bestehen. Der Löwe verkörpert hier die Macht 
dos Guten, welche den bösen Gewalten ein Gegenstand des Hasses 
ist. Drache und Basilisk sind nach Psalm 90, 13 die zerstörenden 
Tiere, welche Christus als Sieger zu Boden tritt. Die Errettung 
vom Tode wird in der Gegenecke ausgesprochen; ich fasse die 
nackte Gestalt und die zwei anstossenden Seitenbilder wieder 
zusammen. Die nackte Gestalt versinnbildlicht das Wieder- 
aufblühen des Fleisches. Zu Grunde liegt Psalm 27, 7: et refloruit 
caro mea. Die zwei Vögel links sind aufzufassen als in den 
Zweigen pickend: sie symbolisieren die Seele des Gerechten und 
der Pfau die gläubige Seele, welche sich am Kelch, als dem Quell 
des Heils, erquickt. 

Form und Aufbau der Taufe zu Borby ist fast unveräudert 
wie zu Sörup. Der Fuss ist fast vollständig übereinstimmend, der 
Übergang zur Kuppe ein wenig modifiziert. Die Vermittelung 
wird nicht mehr hergestellt durch ein frei liegendes Kissen, sondern 
durch eine, dem Fuss angegliederte Wulste. Die Figuren sind 
etwas grösser und über die Wulste hervorstehend. Die Schrägung 
der unteren Kuppe ist ein wenig steiler als zu Sörup, auch fehlen 
die Adler. Geschieden werden Ober- und Unterteil der Kuppe 
dureh ein Gurtornament, dessen Windungen denen des Taufsteins 
zu Sörup entgegen laufen. 

Die Darstellungen an der Kuppe umfassen: 

a. Geburt Christi; 

b. Anbetung und Zug der Könige; 

c. Herodes; 

d. Christus in der Unterwelt. 

a. Die Geburtsscene hält sich im Rahmen zeitgemässer Auf- 
fassung. Die Madonna liegt in einer hölzernen Bettlade unter 
einer lang herabreichenden Decke. Der linke Arm ruht auf der 
Decke, das Haupt auf Kissen. Rechts auf einem Stuhle sitzt 
Joseph, die Rechte auf die Bettkante gelegt, in der Linken ein 
Öllämpchen. Über dem Bett die Krippe mit dem Christuskind, 
nebst Ochs und Esel, welche aber nur andeutungsweise in den 
Köpfen gegeben sind Auffällig, weil ganz ungewöhnlich ist noch 
die Bildung einer Hand, die von oben rechts in dieses Bild 
hineinreicht und ein birnenförmiges Gefäss mit überhängender 
Schlinge fasst. Ik onographisch bietet mir nur die Annahme eine 
Erklärung, dass hier zwei Scenen zusammen combiniert sind: Die 



zedbyGOOgle 



Geburtsdarstellung und die Badescene. Auf Badeacenen kommen 
Engel mit Salbflaschen vor und so möchte ich in diesem offenbar 
aus dem Himmel in das Bild hineinreichenden Arm mit Salb- 
nasche den Arm eines Engels erblicken. 

b. Anbetung und Zug der drei Könige. Genau so wie zu 
Sörup. 

c. Herodes. Wohl den bethlehemitischen Kindermord an- 
deutend. Die Gestalt des Herodes hier nach rechts gewandt, 
sonst gleich wie zu Sörup. 

d. Christus in der Vorhölle. Der Zugang zur Hölle ist, wie 
gewöhnlich, als burgartiges Haus gedacht mit zwei Toren; das 
eine Tor ist offen. Von links schreitet Christus heran. Der 
Heiland mit Glorienschein ist bärtig und mit Tunika und Pallium 
bekleidet; er tritt auf den, am Halse gefesselten Tod, der am 
Boden liegt und dem er das Siegeskreuz auf die Stirn gesetzt 
hat. Mit der Rechten führt der Herr Adam aus der Unterwelt. 
Adam ist nackt und trägt Bart und langes auf die Schultern 
niederwallendes Haar. Hinter dem Stammvater steht Eva und 
im Hintergründe, etwas grösser, Jessaias. Als Absehluss der 
Scene dient der Höllenrachen, der aus weitem Schlünde lodernde 
Flammen empor speit. 

In der Dekoration des Fusses ist der Borbyer Taufstein 
dem zu Sörup fast gleich. Das Pfauenmotiv kommt zweimal vor, 
ferner zweimal romanisches Blattwerk. Die Eckbilder sind vier 
menschliche Figuren, von denen zwei an Kappe und Bischofs- 
mütze als Kleriker kenntlich sind. Wen die zwei anderen Figuren 
darstellen, ist nicht klar zu ersehen. Aus der Adorantengeste des 
einen und der Schriftrolle des andern ist es schwer, eine unan- 
fechtbare Entscheidung zu treffen. Tracht und Stellung ist gleich 
wie zu Borby. 

Was den Grad künstlerischer Durchbildung betrifft, den beide 
Werke erreichen, wenn es überhaupt statthaft ist, einen künst- 
lerischen Massstab hier anzulegen, so ist es offenbar, dass der 
Taufstein zu Sörup auf einer etwas höheren Stufe steht. Man 
vergleiche nur hier wie dort die cathedra, auf welcher die Madonna 
sitzt. Zu Sörup Bind die Formen schon zierlicher. Der Steinmetz 
zeigt auch zu Sörup ein besseres Formempfinden. Er setzt nicht 
einfach die Kuppe auf den Fuss wie zu Borby. Er bildet den 
Oberteil des Fusses so, dass dieser wie ein losgelöstes Glied für 
sich aussieht, welches den von oben lastenden Druck mildert und 
vermittelt. Die Trennung von Ober- und Unterteil der Kuppe 
ist stärker betont durch einen Viertelstab, der unter der Gurte 
das Becken umzieht. Auch das Verständnis für Proportionen ist 
zu Sörup ein besseres. Die Grössen zwischen Mutter und Kind 
sind z. B. besser abgewogen. Es ist sichtlich ein Kind, das die 
Mutter in den Armen hält. Das Missverhältnis der Grösse ist zu 



zedbyGOOgle 



Borby sehr auffällig. Der Söruper Taufstein ist eine Wieder- 
holung des Borbyer Werkes im Zeichen des handwerklichen 
Fortschrittes. Trotz dieser mannigfachen Vorzüge zeigt auch der 
Skulpturenschmuck des Söruper Taufsteins nur von schemenhafter 
Gebundenheit und einer ganz primitiven GestaltungBweise. 

Es war am Anfang der Besprechung vorläufig als erwiesen 
angenommen, dass die Taufsteine zu Sörup und Borby aus 
Schweden stammten und auch stammen müssen. Wenn nicht 
das Material eine Handhabe zur Bestimmung der Herkunft böte, 
möchte die Behauptung aufgestellt werden, dass das Material von 
Süden eingeführt und von einheimischen Steinhauern bearbeitet 
worden sei. Steinhauer hat es an der Ostküste zweifellos gegeben. 
Die grosse Gruppe der Granittaufen wird dies am Schlüsse er- 
weisen. Bei den Wittinger und Keytumer Taufen war aus 
formalen und stilistischen Gründen auslandische Entstehung als 
zweifellos erwiesen. Die Form der Tauf steine zu Borby und 
Sörup ist auch sehr charakteristisch; sie kommt in Schleswig- 
Holstein nicht mehr vor und südlieh der Elbe auch nicht. Es 
ist also zu folgern: 

1. dass die beiden Taufen sehr wahrscheinlich nicht im 
Lande gefertigt sind; 

2. dass formale Einflüsse aus dem Süden nicht anzu- 
nehmen sind. 

Somit erübrigt nur, die Blicke gen Norden zu wenden. 
Jütland und die grossen dänischen Inseln können als Entstehungs- 
ort nicht in Frage kommen, weil es dort keinen Kalkstein dieser 
Qualität giebt. Es ergiebt sich von selbst als Quelle wieder jenes 
Land, das so reich an mittelalterlichen Taufen ist, Schweden. 
Einige Momente bestärken diese Annahme. 

Die Form unserer Taufsteine bietet die erste Handhabe. 
Das einheimische Material, Granit, Sand- und Kalkstein kommt 
dort in buntem Wechsel in den mannigfaltigsten Typen vor. 
Die Form des Söruper Taufsteins ist auch vertreten und zwar 
auf der Insel Gotland. Es kommen auf Gotland mehrere be- 
stimmte Typen vor 1 ); so ein Typus der Stanga Kyrka, [Sjonthem, 
Vänge, Halla) ein zweiter der Atlingbo Kyrka [Heide, Hväte, 
Hogren, Gullotrupe, Träkumla, Masterby, Eckeby etc.] Ein dritter 
Typus ist der zu Grötlingbo; das charakteristische des letzten 
Typus ist, dass er wie zu Borby und Sörup besteht aus einer 
cylinderförmigen Kuppe mit abgeschrägtem Unterteil und einem 
Würfelfues, der vier Eckfiguren zeigt und am oberen Rande eine 
umfassende Wulste trägt. Hans Hildebrandt sagt im Anschluss 
an den Taufstein zu Grötlingbo'): „Att funtar frän Gotland fördes 
öfver tili Östergötland, ma anses vara helt naturligt, da Gotland 



«Google 



hörde tili Linköpings Stift, men de gotländske funtanies omräde 
stracker sig fr^n Helsingland genom östra Sverige ned tili Born- 
holm, hvarest Akirkeby kyrka har en synerligeu märklig funt af 
gotländske sten med iigurer utförde i de gotländske konstnärernes 
stil — derine funt är mycketlik Grötlingbofimten — och med en 
med vunor tecknad inskrift i gutniskt tungemäl." Da die Taufe 
zu Grötlingbo, abgesehen von Kleinigkeiten, in der Form mit 
den Taufsteinen zu Sörup und Borby übereinstimmt, so dürfen 
wir schon an eine wahrscheinliche Zugehörigkeit unserer Taufen 
zu diesem gotländischen Typus, der, wie angedeutet, eine Ver- 
breitung bis nach Bornholm hatte, glauben. In dieser Annahme 
werden wir noch bestärkt, wenn wir das Gegenständliche der 
Darstellungen einer Würdigung unterziehen. Es ist unzweifelhaft, 
dass die mittelalterlichen Werkstätten von Taufsteinen in den 
figürlichen Darstellungen einen beschränkten Bilderkreis hatten. 
Wenn man die Bilder auf allen bekannten Taufsteinen überschaut, 
so erholt man einen Cyklus, der die üblichen Darstellungen aus 
dem Leben Christi umfasst, wie die bekanntesten Seenen des 
alten Testaments und der heiligen Legenden. Gewisse Länder- 
teile bevorzugen einen bestimmten Cyklus. Es sei nur auf die 
Sakraments Taufen in England hingewiesen; es sind dies Taufen, 
die auf acht Kuppenfeldern die sieben Sakramente enthalten 
und auf dem achten die Kreuzigung oder eine andere Seene 1 ). 
Ein anderer in England sehr verbreiteter Bildercyklus umfasst 
Darstellungen aus dem Leben des Heiligen Nicolaus a ). Die aus- 
führenden mittelalterlichen Tauf steinwerkstätten haben der Vorliebe 
gewieser Länder für bestimmte Cyklen Rechnung getragen 3 ); so 
zeigen die von Belgien (Tournay) nach England eingeführten 
Taufen (Winchester 4 ) u. s. w.) ebenfalls die Nicolauslegende, eine 
Erscheinung, die darin ihre Erklärung findet, dass in England 
dem St. Nicolaus als dem Patron der Seefahrer über 380 Kirchen 
geweiht sind 6 ). In Schweden ist eine sehr häufig vorkommende 
Darstellung die der drei Könige. Es sei verwiesen auf die 
Taufsteine zu Gumlösa, Schonen, Grötlingbo, Eke, Atlingbo, 
Gotland, Akirkeby, Bornholm u. s. w. Diese Darstellungen wieder- 
holten sich an unseren beiden Taufen zu Borby und Sörup. 
So führt auch das Gegenstandliche der Bilder nach Schweden. 
Wenn auch der genaue Entstehungsort der Taufen zu Sörup und 
Borby nicht eher wird angegeben werden können, als bis eine 
ausführliche Publikation über die schwedischen Tauf steine er- 



') F. C. Husenbeth; On saeramental fonta in Norfolk. Journ. of the 
Brit. archaeol. assoc. XIV, 8. 51. 

') St. Nicolaus, Patron der Seefahrer. 

*) Saintenoy: Prolegomenes . . . S. 97, n. L. Cloquet: etudes sur l'arta, 
Tournay. 

') Abb. Revue de l'art chretieu 1895. 4. Tf. XV. 

*) Hannak, St. Nicolas Church, Brighton. Journ. of the Brit. archaeol. 
assoc. XL1L 8. 26. 



., .;,,,! i„- Google 



— 27 — 

schienen # ist, so ist wenigstens Schweden als Ort der Entstehung 
anzusehen, vielleicht dürfen Wir schon sagen, die Inael Gotland. 
Die Frage nach dem woher betrachten wir solange als gelöst, bis 
das Gegenteil bewiesen ist. 

Was nun die Datierungsfrage der Tauf steine aus got- 
ländischem Marmor betrifft, so ist nichts urkundlich überliefert 
und verbürgt. Haupt legt sie in die Übergangszeit und Hach 
setzt die beiden Taufsteine zu Schlutup und Hainberge 1 ) in das 
XIII. Jahrhundert; ich schliesse mich der Ansicht Haupts an. 
Diese Datierung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man die 
Kirchen, in denen gotländische Taufsteine vorkommen, auf ihre 
Entstehungszeit hin prüft. Haupt giebt bezgl. der Entstehungs- 
zeit über die Kirchen mit gotländischen Taufsteinen folgende 
Angaben: 

Adelby. Bau soll romanisch sein. 

Bannesdorf. Hausteinbau der Übergangszeit. 

Barkau. Zwischen 1232 und 1259 angelegt. 

Behlendorf. — , 

Bleckendorf. Zwischen 1227 und 1230. 

Boel. Jüngere roman. Kirche. 

Borby. Roman. Kirche. 

Braderup. — 

Breklum. Spätroman. Ziegelbau. 



Eken. — 

Emmelsbüll. — 

Erfde. Romanische Kirche 

Flemhude. Um 1240. 

Föhr, St. Nicolai. Ziegelbau zwischen 1220 und 1240. 

Haddeby. Übergangsbau. 

Hamberge. Zwischen 1286 und 1340. 

Hattstedt. Ziegelbau, unter den frühesten genannt. 

Heiligenhafen. Übergangsbau. 1259 genannt. 

Hoirup. Kirche aus Tuff. 1204 genannt. 

Hohenstein. Anf. d. XIIl. Jahrh. 1259 erwähnt. 

Hügum. Roman. Hausteinbau. 

Jöri. — 

Kl.-Solt. — 

Lensahn. Anf. d. XIII. Jahrh. 1259 erwähnt. 

Lindholm. XIII. Jahrh. 

Lysabbel. — 

Morsum. Spätromanisch. 

Nordmarsch. — 

Ottensen. ■ — 

üdenbüll. Backsteinbau des XIII. Jahrh. 

a Schlutup, Behlendorf und Hamberge. 

^LizedbyGOOgle 



Petersdorf. ? XIII. Jahrh. 

Pronstorf. 1149—54. 

Satrup i. A. — 

Scherrebek. Roman. Hausteinkirche. 

Schlaniersdorf . 1 1 29— 1 156 . 

Schönkirchen. Um 1300. 

Sörup. Roman. Granithausteinbau. 

Stedesand. Spätestens a. d. XIII. Jahrh. 

Waabs. Rom. Feldsteinbau. 
Bei einer Zahl von 41 angeführten Beispielen erfahren wir 
über 10 Kirchen nichts betreffs der Entstehungzeit, 29 Kirchen 
zeigen das Gepräge dee röman. Stils oder der Übergangszeit, 
darunter sind 10 Ubergangsbauten aus Backstein und nur zwei 
Kirchen sind später datiert. Nun ist es augenscheinlich, dass zu 
einer fertigen Kirche auch notwendig ein Tauf stein gehörte. Eh 
bieten sich also nur zwei Möglichkeiten, entweder sind die got- 
landischen Taufsteine gleichzeitig mit den spätromanischen und 
Übergangsbauten oder sie sind später. Die Kirchen im Über- 
gangsBtil sind wahrscheinlich unter Waldemar II. erbaut worden, 
d. h. in den ersten Jahrzehnten des XIII. Jahrh., die Tanfsteine 
also in die gleiche Zeit zu setzen. Sind aber die gotlandischen 
Taufsteine später, dann müssten andere Taufsteine vor ihnen in 
den angeführten Kirchen gestanden haben. Von solchen Tauf- 
steinen hat sich aber keine Spur nachweisen lassen. Die ganze 
Einfuhr von gotlandischen Taufsteinen fällt also im wesentlichen 
in die erBte Hälfte des XIII. Jahrh. Für diese frühe Datierung 
lässt sich noch ein anderes Argument anführen : auf der Gnesener 
Erztür, die bislang noch immer in das Ende des XII. oder XIII. 
Jahrh. gesetzt wird, kommt unten links ein Waschbecken in 
Form eines gotlandischen Taufsteins vor, Kelchform mit Spitz- 
bogen. Bedenken formaler Art dürften somit nicht mehr ins 
Gewicht fallen. Die Taufsteine zu Schönkirehen und Hamberge 
dürften als Ausläufer dieses Typus anzusehen sein; ein gewisser 
Verfall und eine willkürliche Behandlung in Form und Ornamentik 
ist offenbar. Auch hier ist wieder eine zeitliche Übereinstimmung 
mit den Bauten zu erkennen, denn die Kirchen zu Schönkirchen 
und Hamberge waren gerade die zwei Beispiele, die um die 
Wende des XIII. bis XIV. Jahrh. erbaut waren. 

Im bisherigen Teil der Arbeit sind nur die mittelalterlichen 
Taufsteine Schleswig-Holsteins behandelt worden, deren Material 
ein fremdländisches Gestein war. Die mittelalterlichen Granit 
taufen sind in der urschriftlichen Dissertation auch behandelt 
worden. Auf Grund einer gütigen Erlaubnis von der Fakultät 
bin ich von der Verpflichtung entbunden worden, die gesammte 
Arbeit in Druck zu geben. 



-,.!,.,! byGooyle 



Litteratur. 

P. Meier: Die Bau- u. Kunstdkm. d. Hzgt. Braunsehweig. 1896. 
Schlie: Die Kunst- und Gesch. -Denkm. der Grhzgt. Mecklb.- 

Schw. 1896. 
O. Tenge: Altertümer und Kunstdkm. d. Jeverlandes. 
Bergen: Inventar d. Bau- u. Kstdm. d. Pr. Brandenbg. 1885. 
H. Mithoff: D. Kdkra. u. Altert, i. Hannoverschen. 1811. 
A. Bötticher: D. B. u. Kdkm. d. Pr. Ostpreussen. 1891. 
Haselberg: Baudkm. d. Prov. Pommern herg. v. d. Ges. f. 

pommersch. Gesch. u. Altrtskd. i. Stettin. 1881. 
P. Clemen: D. Kunstdkm. d. Rheinprovz. 1891. 
Beschr. u. Darstllg. d. alten Bau- u. Kunstdm. d. Prov. Sachsen 

u. angr. Geb. Herg. v. d. hist. Komm. d. Prov. Sachsen. 

1 — 19 u. neue Folge. 
Nordhoff: Die Kunst- u. Gschdkin. d. Prov. Westfalen. 1881. 
Ludorff: Die Bau- u. Kunstdkm. von Westfalen. 1893. 
Heise: Die B. u. Kdkm. der Prov. Westpreussen. 1884. 
R. Haupt: D. B. u. Kdkm. d. Prov. Schleswig-Holst. 
Hugo Lembke: Die B. u. Kdkm. des Rgbz. Stettin. 
Ernst aus dem Wert: Kunstdm. des christl. Mittelalters in den 

Rheinlanden. 1857. 
Dr. Bock: Die Rheinlande. 
v. Bezold u. Riehl: Die Kdkm. d. Kgr. Baiern. 
R. Haupt: Vicelinskirchen. 
R. Haupt: Die Peterstüre zu Schleswig, eine Urkunde der Gesch. 

i. d. Münch. Allgem. Ztg., Beilage No. 14. 1900. 
Hasse: Urkunden u. Regesten d. Prov. Schlesw. -Holst. 
Th. Hach: Die Taufsteine zu Schlutup und Hamberge. Lüb. 

Blätter, No. 79. 1882. 
Jansen: Pbleographie der cimbrischen Halbinsel. 
A. Mathaeis: Mittelalterl. Holzplastik i. Schl.-H. Leipzig 1901 
Sach: Geschichte des Hzgt. Schleswig. 
Seesselberg: Die frühmittelalterliche Kunst der germanischen 

Völker. Berl. 1897. 
Waitz: Gesch. d. Hzgt. Schlesw .-Holst, 
v. Warnstedt: Über Altertumsgegenstände. Kiel 1835. 
Braun: Der roman. Taufstein der Pfarrkirche zu Neuenkirchen. 

Zeitschr. f. christl. Kunst. XI. 73. 
Dieffenbach: Über mittelalterl. Tfst. Archiv für hessische Gesch. 

, u. Altertumskunde. VI. s. 225. 
Augusti: Denkwürdigk. aus. d. christl. Archaeologie, Xn. 
Lübke: Mittelalterl. 'Kunst: Westfalen. 
Effmann: Die Bildwerke a. d. Tfst. i. d. Stiftskirche zu Frecken- 

horst. Zeitschr. f. ehr. K. II. 5. 



: ,.!,,,i by Google 



Effmann: Alter Taufstein zu Schogenthal. Z. f. ehr. K. V. 9. 
Engling: Die ältesten Tauf steine im apoetol. Vicariat Luxemburg. 

Publ. de la soc. pour le recherche de mon.hist. du Luxem- 
burg. 1868—59. 
A. Goldschmidt: Der Albani-Psalter in HildeBheim. Berlin 1895. 
L. Cloquet: Etudes sur l'art ä Tournay. 
L. Cloquet: Fonts de bapteme romans de Tournay. Rev. de 

l'art chretien 1891 u. 95. 
Daueoisne et Van Dolval: Fonts bapt. de Saint-Venant etc. 

Statistique monumentale du Pas de Calais T. I. 
Enlart: Quelques fonts baptismaux du nord. de la France. 

Bull, archeoi. 1890. 
Enlart: Manuel d'archeologie francaise. 1902. 
Saintenoy: Prolegonienes ä l'etude de la hliation des formes des 

fonts baptismaux. Bruxelles 1892. 
Romilly Allen: Christian Symbolisme i. Great Britain and Ireland. 

The Ehind Lectures in Archaeologia for 1885. 
Romilly Allen : Ün the antiquity of fonts in Great Britain. 

Journ. of the brit. archaeol. assoe. XLI1I. 
Romilly Allen : List of norman fonts with figure sculptur in 

Great Britain (Proeeedings of the soeiety of antiquaries 

of Scotland VI. pag. 449). 
Hannah: On the Churcb of St. Nicolas and its ancient fouts. 

(Journal of the britisch archaeol. associat. XLII p. 26.) 
Huaenbeth: On sacramental fonts in Norfolk. (Journ. of the 

brit. archaeol. assec. XIV. p. 51.) 
F. Paley : Illustrations of baptismal fonts. London 1844. 
Adey Repton : Speciniens of fonts, collected from different churches. 

Archaeologia. XVI. p. 335. 
Riddel: Notices of fonts in Scotland. Archaeologia XI. p. 106. 
Simpson: Ancient baptismal fonts. 1828. London. 
C. F. Yonge : Ghureh-fonts (Magazine of Art, April 1895). 
R. Walker : Scottisch baptismal fonts (Proeeedings of the soc. 

of antiquaries of Scotland IX.). 
Brunius: Gotlands Konsthistorien. 
H. Hildebrand: Svenska Kyrkors funtar (Kgl. Vitterhets Historie 

och Antiquitets Akademiens Mänadsblad. VIII p. 78. 
H. Hildebrand: Sveriges Medeltid. 



3ig!Liz e dbyGOOgle 



Lebenslauf. 

Ich, Ernst Eduard Friedrich Sauermann, evangelisch- 
lutherischen Glaubens, bin geboren am 9. März 1880 zu Flens- 
burg. Mein Vater ist der Direktor des städtischen Kunstgewerbe- 
Museums zu Flensburg und der dem Museum angegliederten 
Kunstgewerbe schule. Ich besuchte in Flensburg die Oberreal- 
schule, die ich Michaelis 1899 mit dem Zeugnis der Reife 
verliess. Ostern 1902 bestand ich die Gymnasialergänzungs- 
prüfung am Kgl. Gymnasium zu Ratzeburg. Seit Oktober 1899 
studierte ich Kunstgeschichte und war immatrikuliert auf je ein 
Semester an den Universitäten zu Berlin, Heidelberg, Kiel; dann 
3 Semester in Berlin und -wiederum 2 Semester in Heidelberg. 
Ich hörte Vorlesungen über Philosophie, Aesthetik, Literatur- 
geschichte. Archaeologie, italienische und altfranzösische Sprache 
und Kunstgeschichte. Desgleichen nahm ich teil an Übungen in 
den genannten Fächern. Vor der Promotion war ich 12 Wochen 
in Italien. Besonders zu danken habe ich Adolf Goldschmidt 
und Henry Thode, sowie dem Provinzialkonservator Richard 
Haupt, der mir zu dieser Arbeit seine Sammlung von Abbildungen 
und Zeichnungen zum Studium erschloss. 



-,.!,.,! byGooyle 



,db»GoogIc 






„dbvCoogle 



',-,'( 



3ij«z,db»GoogIc 



3ij«z,db»GoogIc 



3ij«z,db»GoogIc