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3ij«z,db»GoogIc
3ij«z,db»GoogIc
STANFORD
LIBRARIES
DIE MITTELALTERLICHEN
TÄÜFSTEINE
DER PROYINZ SCHLESWIG-HOLSTEIN.
NAU6ÜRAL- DISSERTATION
ERLANeUNSi. DER PHILOSOPHISCHEN DOKTORWÜRDE
HOHEN' PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT
unisersitAt/heidelbers
VORGELEGT VON
ERNST SAUERMANN.
. iassed Thesis
FLENSBURS
BUCHDRUCKEREI VON EMIL SCHMIDT
,90 STANFORD
LIBRARIES
f-.'SVV
3ij«z,db»GoogIc
Schleswig-Holstein ist ein Land, das, ziemlich abgelegen von
den grossen Kultursentren, sich lange seine Eigenart in
Kunst und Sitte bewahrt hat. Verwüstungen und Ver-
heerungen, wie' sie über andere deutsche Landesteile herein-
brachen, namentlich während des dreissigj ährigen Krieges, haben
sich hier in dem Umfange und mit ähnlichen Folgen nicht
abgespielt. Die natürliche Grenze, das Wasser auf der Ost-
und Westküste war eine gute Schutzwehr; was an zerstörenden
Mächten in Wirkung trat, das musste also von Norden und Süden
her eindringen ; im Süden bildete zudem die Elbe auf eine lange .
Strecke eine vorzügliche Grenzwand. So ist es erklärlich, dass in
diesem verhältnismässig kleinen Lande mit buotgemischter Be-
völkerung die Kunst sich sogar in den lokalen Eigenheiten bis
auf unsere Zeit erhalten konnte; und Wenn man den Formaus-
druck dieser niedersächsischen, friesischen, jütischen Empfindungs-
weise in ihren Spielarten kennen lernen will, so kann man in
den Bauernzimmen] des Flensburger Museums ein prächtigem Vcr-
gleichsmaterial finden. Die Bauernziminer sind aber nur einBeispiel,
an dem sieh die künstlerische Kultur, im wahren Sinne des Wortes,
unserer Heimat ermessen lässt. Zieht man zu der Profankunst
Werke der kirchlichen Kunst mit in die Betrachtung, erweitert
sich das Bild um vieles. ■ Die umfassende Arbeit Mathaeis über
die mittelalterliche Holzplastik lehrte uns, dass schon in früher
Zeit im Lande eine umfangreiche Betätigung auf dem Gebiete
der Schnitzkunst bestand, eine Betätigung, die zwar nicht ein
so gewaltiges Schauspiel in dem Ringen des sich erneuernden
Stiles bot wie die Mitte und der Süden Deutschlands, die aber
dennoch beachtenswert war und Interesse erweckte. Zweck dieser
Arbeit ist es, die Geschichte der mittelalterlichen Plastik in
Schleswig-Holstein um einen Beitrag zu erweitern; es soll ein
bestimmtes Gebiet der Steinplastik, das infolge der zahlreichen
erhaltenen Denkmäler lohnende Aufschlüsse verspricht, der Be-
trachtung unterzogen werden: das der mittelalterlichen Taufsteine.
Es giebt nach dem oben gesagten nichts Auffälliges mehr
in der Erscheinung, dass sich viele mittelalterliche Taufsteine in
Schleswig-Holstein erhalten haben, und da von einer mittelalter-
lichen Steinplastik, wenn nicht die Taufsteine gemeint sind, in
der Provinz.wohl kaum zu reden ist, so wird man die Beschränkung
verzeihen müssen. Die wenigen Werke, wie einige Bogenl'elder
und Grabsteine, die mit in den Begriff der Steinplastik zu fassen
sind, mögen eine beiläufige Erwähnung finden.
Wenn das Thema beschränkt wurde auf die mittelalterlichen
Steintaufen Schleswig-Holsteins, so verzeihe man die enge Be-
D.piz8dbyGOOgle
— 2 —
grenzung unter Berücksichtigung, dass nur eine örtliche Be-
schränkung die Erzielung sicherer Ergebnisse ermöglicht. Es
wird aber im Laufe der Abhandlung zutage treten, dass trotz
dieser Beschränkung auf ein kleines Landaben eine mannigfache
Inbeziehungsetzung zu gleichen Werken anderer Gebiete not-
wendig wurde.
Bevor wir in eine Abhandlung des eigentlichen Themas
eintreten, erscheint es angebracht, über die Geschiebte der Taufe
einen kurzen Überblick zu geben. In der Geschichte der Taufe
sind drei grosse Abschnitte zu unterscheiden:
I. Die Periode des Christentums, in der es freistand, Er-
wachsene nicht nur zu jeder Zeit, sondern auch an jedem Ort
zu taufen. In der Kirche, als dem gemeinschaftlichen Versamm-
lungsort, wurde die Taufe, die als geheime und mysteriöse Hand-
lung galt, nicht vorgenommen. 1 )
II. Die Periode, in der die Taufe der Erwachsenen eine
f^i-öswore Feierlichkeit der heiligen Handlung und einen besonders
geeigneten Ort und Platz erforderte. Man fing an, ausser deu
Kirchen besondere Taufhäuser oder Baptisterien zu errichten ;
solche kommen schon im vierten Jahrhundert als etwas gewöhn-
liches vor. 8 )
III. Die Zeit, in der nach allgemeiner Einführung der Kinder-
taufe und Aufhebung der festgesetzten Taufzeiten die Baptisterien
entbehrlich wurden und die Kirche und der in derselben befind-
liche Taufstein der gewöhnliehe Ort der Taufe wurde.
Natürlich bestanden Taufsteine und Baptisterien eine ganze
Zeit lang nebeneinander. Genaue Grenzen, wann Tauf steine zu-
erst auftreten und Baptisterien nicht mehr benutzt werden, sind
wohl kaum anzugeben. Jedenfalls erhellt aus einem Beschluss
der Synode zu Lerida 8 ) vom Jahre 500, dass es Taufsteine schon
im fünften Jahrhundert gegeben haben kann. Und Baptisterien
sind bis ins dreizehnte Jahrhundert nachweisbar; dass man sie
in Deutschland bis etwa um 1000 errichtete, beweisen die Bap-
tisterien zu St. Afra und St. Fridolin bei Hirzbach im Elsass.
Taufen aus der Zeit vor 1100 sind nicht erhalten oder wenigstens
nicht literarisch bekannt. Hinzuweisen wäre nur auf die Feder-
zeichnung in der Wessobrunner Handschrift (vor 814, Abb. bei
Sighard), in dem Bauriss von St. Gallen, wo sich am Westende
des Mittelschiffes ein fons befindet und auf die Überlieferung,
welche den Taufstein zu Heimerscheid, der ein Zuber ohne irgend
welchen Schmuck ist, als eine Stiftung vom Hlg. Willibrord im
Anfang des VIII. Jhdts. bezeichnet. 4 ) Die ersten bekannten da-
') Augusti. Deokwördigkeiten aus d. chriatl. Archäologie, XII. S. 76.
') ibid. XI. S. 399.
a ) Omnie presbyter, qni fontem lapideum habere nequiverit vas con-
veniens ad hoc aolummodo baptizando officium habeat, quod extra
ecclesiam deportetur.
4 ) Engliug. „Die ältesten Tfst. i. apost. Vicariat Luxemburg." I, d.
publ. de la soc. p. 1. recherche des mon. hiet. du Luxembourg, 1858, 59.
Abb. Zeitschr. f. christl. Kunst, II. Heft, 4.
* Google
■— 3 —
tierten Werke stammen aus dem XII. Jahrhundert: Der Tauf-
kessel der Bartholomäuskirche in Lüttich vom Jahre 1112 und
der Taufstein zu Freckenhorst mit dem Datum 1129. .
Die Schwierigkeit, mit Sicherheit in Schleswig-Holstein Taiif-
steine aus den ersten Jahrhunderten nach der Bekehrung nach-
zuweisen, ist gerade so gross wie in den Landteilen südlich der
Elbe. Es fehlt an urkundlichem Material. Die Kirchenbücher
reichen nur bis ins XVI. Jahrh. zurück und die Angaben über
die Christianisierung des Landes sind ganz allgemeiner Art. Die
paar Daten, die uns angeben, wann und wo zuerst Kirchen
standen, sind für eine Geschichte der heimischen Tauf steine
nur von relativem Wert.
Wir wissen, dass Holstein vom Süden her vom Erzbistum
Hamburg-Bremen für den Glauben gewonnen wurde, Schleswig
vom Westen her. 826 geht Ansgar über Dorstedt rheinabwärts
und läuft in die Eider ein, um im Gebiet der Friesen seine
Mission zu beginnen. 850 stand eine Kirche zu Schleswig,
860 eine zu Ripen, von dem Ansgarschüler Rirubert erbaut.
Adam von Bremen berichtet, dass die Tedmarsgoi ihre Kirche zu
■ Melintorp, die Holsten zu Scanafeld hatten.
Die ersten Anpflanzungen christlicher Kultur gingen aber
bald wieder verloren, sowohl in Schleswig als in Holstein. Be-
sonders heftig tobte der Kampf in Wagrien. Um 990 wird
dort mit Feuer und Schwert alles vertilgt, was die Missions-
arbeit gefördert hatte; als dann unter Gottschalk eine neuo Susit,
wieder langsam zu keimen beginnt, erfolgt ein neuer Überfall
durch die Wenden (1066), in welchem Gottschalk und viele.
Glaubensbrüder ihr Leben einbüssten. Erst im folgenden Jahr-
hundert konnte in Wagrien mit der systematischen Anlage von
Kirchen begonnen werden. In dem neuen Münster zu Wipen-
thorp, das 1134 — 36 angelegt war, lag der Ausgangspunkt für
die Tätigkeit Vicelins.') Auf seine Weisung wurde 1137 das
Kloster zu Segeberg gestiftet. Seine Haupttätigkeit als Kirchen-
gründer fällt in die Jahre 1149 — 52. Mit dem Osten hält der
Westen gleichen Schritt. Um 1140 sind Kirchen zu Lunden, '
Büsum, Barmstedt, um 1150 in Burg. Für Holstein scheinen
diese Daten zu besagen, dass von einer systematischen Kirclien-
gründuug erst im 12. Jahrhundert die Rede sein kann.
Im Herzogtum Schleswig fasste das Christentum festen Fuss
erst unter Knut dem Grossen 1016 — 35.*) Aber dieser Versuch,
christliche Kultur einzuführen, geht nicht mehr vom deutschen
Süden, sondern von England aus. 3 } 1075 wird mit König Swen
verhandelt wegen eines nordgermanischen Erzbistums 4 ) und 1103
') b. R. Haupt: Die Vicelinskirchen, Kiel 1884.
*) Auch in Schleswig wurden die anfänglichen Erfolge eiurcli Heiden li and
zerstört. Um das Jahr 1000 berichtet der Bischof von Schleswig, dass seine
ganze Piöeese von Feinden verheert und er selbst ohne Sita sei, conf. Sach
Herzogt. Schleswig, S. 145.
*) s. A.Matthaei Holzplastik in Schlesw-Holst. bis 1530. S.'222.Leipzigl!>01.
4 ) Hasse. Srh!esw.-HoM.-l.rfuiciihg. Regesien I. 4$.
D^izedbyGOOgle
geht das Primat über die nordischen Kirchen von Hamburg auf
Lund über. 1134 wird der Dom in Schleswig erwähnt und 1190
war die Michaelikirche dort nicht mehr neu. Was ist aus diesen
Angaben zu folgern? In Bezug auf die Geschichte der Tauf-
steine positiv ganiichts. Zwar wenn die Baugesehichte unserer
Kirchen um so viel klarer erschiene, . dass man -sagen könnte,
so lange etwa bestanden Holzkirchen und in diese Zeit etwa fällt
der systematische Bau der Steinkirchen, so liesse sich für die
Taufsteine vielleicht eine analoge Erscheinung folgern, in dem
Sinne, dass man sagte, die Holzkirchen bargen die unverzierten
primitiven Taufsteine, die Steinkircheu die künstlerisch bear-
beiteten. 1 ) Aber die Baugeschichte unserer Kirchen liegt noch
nicht so klar, als dass irgend welche Schlüsse dieser Art erlaubt
wären. . Immerhin ist es für die Datierungsfrage notwendig, Bau-
werk und Taufstein stilistisch zu vergleichen, und wenn sich er-
giebt, dass beide im Stilcharakter nicht abweichen, wird man mit
der Möglichkeit zu rechnen haben, dass der Taufsteh] gleichzeitig
mit der Kirche erstand.
Was nun die Einteilung des Stoffes betrifft, .so ist zu er-
wägen, ob sich eine Behandlung des zu untersuchenden Objekts .
. in dem Sinne empfiehlt, dass man kirchspiehveise von Süden nach
Norden vorgeht und jeden Taufstein auf seine charakteristische
Form hin untersucht und beschreibt. Natürlich ist alsdann jedes
neu hinzukommende Objekt in Vergleich zu setzen mit den schon
gefundenen Formen und den sich allmählich ergebenden Typen.
Das Ergebnis würde bei richtiger Abwägung und Prüfung über-
einstimmen mit dem jeder 'anderen Stoffbehandlung; aber der
Weg wäre umständlich Die natürlichste Einteilung ist die nach
dem angewandten Material.
Bei den mittelalterlichen Taufen kann es sich nur um zwei
Stoffe handeln, um Stein und Metall. Holz ist nicht verwandt
worden. Wenigstens sind mittelalterliche Taufen aus Holz im
Lande nicht erhalten. Renaissance- und Barocktaufen aus Holz
') Solche primitiven Taufsteine findet man noch vereinzelt auf Kirch-
höfen, Feldern u. a. O. Wenn Friedrich von Warnstedt in seiner Schrift
tlber AI tertuinsgegen stände, Kiel 1835, S 44, schreibt: „Als Überbleibsel
aus dem ersten christlichen Gottesdienst in unseren Provinzen sind besonders
zu berücksichtigen eine zuweilen noch vorkommende Art aus Granit ausge
hauener grosser Taufsteine. Ein solcher findet sich am Ploener See hei
Bosau und einer In der Kirche zn Schlamersdorf etc.", so sei schon hier
darauf hingewiesen, dass diese Bemerkung nicht ganz zutrifft. Der Taufstein
zu Schlamersdorf besteht nicht aus Granit, sondern aus gotlandischem Kalk-
stein. Schon durch diese Material bestimmung ist er gekennzeichnet als zu-
gehörig zu einer grossen Gruppe von Taufsteinen, die, wie wir spater sehen
werden, der Zeit des tiberganges entstammt. l)ie Frage, ob der Taufstein
zu Bosau, wie Warnstedt vermutet, tatsächlich der Zeit des ersten Gottes-
dienstes entstammt, also vorvicelinisch ist, muss bei dem Fehlen jeder Hand-
habe zur Datierung wohl offen bleiben. Ebenso ist der Taufstein zu Testorf
möglicherweise vorvicelinisch; er wurde gefunden unter den Grundmauern
der Hofgebäude; h. 1,10. dm. 1,15. Bei der „Graten Döps" zu Süsel und dem
unregelmäßig achteckigen Taufstein zu Itzhoe scheint die polygonale Form
auf eine spätere Zeit hinzuweisen.
D lizedbyGOOgle
giebt es eine ganze Anzahl. ') Mit der Möglichkeit, dass auch hier
in mittelalterlicher Zeit Taufen aus Holz Verwendung fanden,
ist aber zu rechneu. Bekannt sind mir solche in England 11 } und
in Frankreich.*) Die Bestandfähigkeit des Materials mag schon
in sich die Lösung bergen, warum fast nichts von mittelalterlichen
Holztaufen erhalten ist. Eine Sammlung und Prüfung eines grossen
Materials von mittelalterliehen Darstellungen des Taufaktes könnte
in dieser Hinsicht vielleicht noch lehrreichen Aufschluss geben.
Da wegen der Fülle des Materials die Betrachtung auf die
Taufsteine beschränkt wurde 1 ), so muss unter diesen eine Teilung
nach allgemeinen Gesichtspunkten vorgenonimen werden. Es ist
zu untersuchen, ob das Material einheimisch ist oder von aus-
wärts bezogen wurde, ob überhaupt verschiedenes Gestein Ver-
wendung gefunden hat. Durch diese Art der Einteilung ergeben
sich vielleicht, auch in formaler Hinsicht, in sich abgeschlossene
Gruppen.
Eine Prüfung des angewandten Materials führt zu dem Er-
gebnis 5 ), dass bei den mittelalterliehen Taufsteinen sowohl aus-
landisches wie einheimisches Material verarbeitet worden ist:
I. Als ausländisches Material kommt vor
, a. schwarzer belgischer Marmor,
b. Wesersandstein,
c. Gotländischer Crinoidenkalk (Ober-Silur).
II. Als einheimisches Material nur Granit.
Von allen Taufen deB Landes, die, in der Summa beträchtet,
hinsichtlich der Stil Wandlungen ein sehr interessantes Bild liefern,
sind auszuscheiden alle Taufen, die aus ästhetischen und formalen
Gründen nicht mehr als mittelalterlich bezeichnet werden können.
Als Zeitgrenze nach oben sei bei unserer Betrachtung das
Jahr 1600 angenommen.
Ferner scheiden wir vorläufig aus der Anzahl mittelalter-
licher Taufen diejenigen Stücke aus, die nur in Trümmern und
Resten auf uns gekommen sind. Sollten sich im Laufe der
Untersuchung bestimmte Typen ergeben, mögen die Bruchstücke,
falls zugehörig, angegliedert werden; als entscheidendes Beweis-
stück für einen zweifelhaften Typus wird man eine Taufkuppe,
einen Fuss oder einen Stiel nicht anerkennen können.
■) Coiif. Haupt B K D III S, 103.
*) Conf. Simpson: Baptismal fonta, London lfj28, S. VII, der Norman
fonts of lead aufzahlt in Aahover DerbyHliire; Ärebury, Wilts; Woolston and
Childrey, Berks.
*) Conf. die Angaben über solche in Paul Xaintenoy : Les fonts bap-
tismaux en boie figures sur les Haute» -li HS es de la Cathedrale de Toumay.
Anvers, 1896.
a ) Die Metalltaufen etwa 30 an der Zahl, durchgehend aus lironce gegossen
(Blei und Silber ist nicht verwandt), sind besser im Zusammenhang mit einer
(jtjmihichte der heimischen Glocken zu behandeln, da sie, abgesehen von dem
gleichen Zweck, mit den Taufsteinen nichts gemeinsam haben.
s ) Siehe Haupt a. a. 0. Bd. III.
zedbyGOOgle
I a. Die mittelalterlichen
Taufsteine aus belgischem Marmor.
Mittelalterliche Taufsteine aus schwarzem Kalkstein oder
belgischem Marmor kommen in zwölf Kirchen vor, nämlich in
Ballum, Hoyer, Süderstapel, Tondern 1 ), Okholm, Üivesbüll undWitz-
wort, dann in Tatiug, Bergenhusen, Hollingstedt, Vollerwiek, Fried-
riehstadt und Bordeluin. Ein Blick auf die Karte offenbart uns,
dass sämtliche Ortschaften an der Westküste gelegen sind und
zwar, beginnend in der Höhe der, Insel Rom und hinabreichend
bis zur Eider, aber nicht über diese hinaus; d. h. also, die mittel-
alterlichen Taufsteine aus belgischem Marmor kommen nur im
Lande mit rein friesischer Bevölkerung vor, nicht in Dithmarschen.
Beginnen wir mit dem Norden, mit dem Taufstein zu Ballum.*)
Die im allgemeinen an Tauf steinen vorzunehmende Unterscheidung
zwischen Fuss, Stiel Und Kuppe wird uns bei dieser Untersuchung
wie bei den späteren leiten : diese Analyse wird uns das charak-
teristische Moment jeder einzelnen Art offenbaren. Der Fuss des
Ballumer Taufsteins besteht aus einer viereckigen Platte von
ziemlicher Höhe. Auf diese setzt sieh in der Mitte eine kräftige,
cylinderförmige Säule auf, die von vier schwächeren Ecksäulen
flankiert wird. Die Basen und Kapitelle sind wulstartig. Zu
beachten ist, dass alle fünf Säulen frei stehen. Auf diesem fünf-
teiligen Unterbau ruht die fiaehcylinderförmige, nach unten schwach '
verjüngte Kuppe. Die Überleitung zum Becken wird vermittelt
durch vier zungenförmige Blätter, die oberhalb der Wulstkapitelle
sich entwickeln und an die Schrägung der Kuppe emporwachsen.
In der Verlängerung der vier Blattachsen sitzen am Beckenrande
Menschenköpfe Durch, die Vierteilung der Kuppe entstehen an
der Aussenseite des Beckens Felder, die ausgefüllt sind mit Tier-
bildern. Im Felde, das in die Kirche hinausschaut, erblickt man
im Flachrelief einen Löwen in Profil von sehr charakteristischer
Auffassung. Er sitzt wie zum Sprunge geduckt. Der Kopf ist
dem Beschauer zugewandt. Mähne, Ohren, Klauen und Schwanz
sind stilisiert. Sehr bemerkenswert ist der Sehweif gebildet. Er
schlägt nach rückwärts über den Rücken und endet in zwei
Quasteu hintereinander; der Künstler will die Fläche ausfüllen.
Die Modellierung von Auge, Nase und Maul lässt auf Schulung
schliessen, wie sehr auch der Steinhauer an sein Schema ge-
bunden ist. Die Darstellungen der übrigen Felder, von denen
nur noch eins sichtbar ist, da der Taufstein in einer Ecke steht,
zeigen ähnliche Untiere. Die vier Köpfe am oberen Beckenrand
sind gut erhalten. Die Modellierung ist kräftig, aber durchaus
primitiv und schematisch. Aus der Arbeit geht hervor, dass der
Meister sein Material gekannt und beherrscht hat und zielbewusst
*) Nur in der Kuppe ursprünglich.
*) Abb. Haupt, Bau und Kunstdenkinäler der Provinz Sc hlesw. -Holst.
II S. 5(11.
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das Werkzeug führte ; er ist bestrebt gewesen, seine Bildungen im
Rahmen des Flachreliefs so lebenswahr wie möglich zu geben;
dass er stilistisch dem herrschenden Formideal unterworfen ge-
wesen ist, braucht nicht der Erwähnung. Der Tauf stein ist
romanisch Wären wir nicht durch die Detailbildungen über-
zeugt, so würde das gegenständliche der Darstellungen für sieh
sprechen. Löwen mit Knotenschwänzen, Drachen und dergleichen
Untiere sind die Elemente, aus denen sich der tierische Formen-
schatz der romanischen Kunst zusammensetzt.
Haupt bringt die Ballumer Taufe in enge Beziehung zu der
von Hoyer. 1 ) Immerhin bestehen charakteristische Unterschiede.
In den Bau- und Kunstdenkmälern lesen wir über den Taufstein
zu Hoyer: „Auf viereckiger Platte stehen die fünf walzigen
Stützen, die stärkere in der Mitte. Das Becken hat in flacher
Arbeit romanisches Linienornament, auch Fratzen." 8 ) Da der
Taufstein nur in der Kuppel echt ist, hätten wir Grund, ihn von
der Betrachtung auszuschli essen. Indessen es giebt Beweise, dass
der gemauerte Fuss ursprünglich und auch richtig in der Form
ist. Die Abänderungen am Taufstein zu Hoyer erstrecken sich
auf Unterbau und Kuppe. Mittelfuss und Ecksäulen sind leichter
als zu Balluni, und die Kuppe zeigt weder Verjüngung nach
unten noch die zum Stiel überleitende Schrägung. Die Vierteilung
ist allerdings auch durch Köpfe angedeutet, ebenfalls sind am
Ober- und Unterrand Borten gezogen, trotzdem ist das ganze
Bild doch wesentlich anders als zu Balhim. Die Skulptur der
Kuppenfelder zeigt Linien- und Tierornamentik. An einer der
sichtbaren Flächen gewahrt man eine Fratze mit breitem Maül
und Hörnern. Aus dem Maul winden sich nach beiden Seiten
Flachbänder von unbestimmter Forin. Die Skulptur ist roh und
handwerksmässig. Es fehlt jene charaktervolle Durcharbeitung,
welche die Reliefs am Ballumer Taufstein auszeichnet. Die Köpfe
am Beckenrand sind nur konventionelles Beiwerk.
Wo sind diese beiden Werke entstanden? Bei einer Sich-
tung des Materials findet sich in Schleswig- Holstein nichts an-
nähernd ähnliches. Das Gestein ist von auswärts bezogen, da es
in den heimischen Geschieben nicht vorkommt. Die Wahrschein-
lichkeit spricht dafür, dass die Taufsteine fertig eingeführt wurden.
An der Westküste Schleswig-Holsteins giebt es keine Steinlager,
da das Land angeschwemmt ist, mithin auch keine Steinhauer
und keine Steinhauerkunst. Die Wahrscheinlichkeit einer Ein-
führung des fertigen Taufsteins wird aber zur Gewissheit, wenn
festgestellt werden kann, dass es an anderen Orten ähnliche oder
gleiche Taufsteine giebt. Die Steinart bietet einen guten Weg-
weiser. Schwarzer Marmor kommt in Belgien vor. Die Fluss-
täler der Meuse und Scheide durchbrechen mächtige Lager dieses
Gesteins. Namur, Tournay und Boulogne bezeichnen die Zentren,
in denen die mittelalterliche Steinplastik blühte. Die Bedeutung
., .;,,,! bvGooyle
dieser Steinbrüche, in Bezug anf Taufsteine, hat schon eine an-
gemessene Würdigung erfahren. 1 ) Die Möglichkeit eines Ursprungs
unserer beiden Taufen ist also eine dreifache. Wir wissen, dass
aus dem Stein von Marquise bei Boulogne drei Viertel der Taufen
des heutigen arondissement von Boulogne und Montreuil gefertigt
wurden. Wir wissen ferner, dass die Brüche von Marquise .von
der gallo-romani sehen Epoche an bis zum 100jährigen Krieg nach
der Picardie und England Taufsteine, Grabsteine und andere
Skulpturen ausführten. 2 ) Wenn Boulogne als mögliche Bezugs-
quelle dennoch abgelehnt wird, so geschieht dies aus folgenden
Gründen :
1. ist die Struktur des dortigen Kalksteins sehr grobkörnig,
während das an den schleswigschen Taufen verwandte
Material eine sehr feine Struktur aufweist,
2. zeigen die in den Werkstätten von Marquise entstandenen
Taufen einen anderen Typus. Vergl. die Beispiele zu
Andrehen, Carly, Condette, Dauves, Henneveux, Hesdres,
Hervelinghen, Saint-L6onard, Longfosse", Parenty, Tuber-
sent, Verlincthum, Wierre-au-Bois (Pas de Calais).
Die besondere Materialbeschaffenheit des Steins von Marquise
überhebt uns der Notwendigkeit, am Typus die Unterschiede
nachzuweisen, die bei einein Vergleiche der schleswigschen Taufen
mit denen von Marquise sichtbar werden.
Die Entscheidung zwischen Tournay und Namur ist schon
schwieriger zu treffen. Die Qualität des Steins bietet hier keine
Handhaben. Stilistische wie formale Untersuchungen und Be-
obachtungen über die Richtung, in der Taufen aus diesen Brüchen
ausgeführt wurden, führen allein zur Gewissheit. Es ist bekannt, dass
Tournay im Mittelalter wegen seiner Werkstätten einen grossen
Ruf hatte. Saintenoy 8 ) hat nachgewiesen, dass die Steinhauer
von Tournay mit ihren Werken das nördliche Frankreich, Flan-
dern, le Hainaut versahen, ja selbst nach England ausführten.
Die Taufen von Lichterveide, Zedelghem, Deux-Acren, Ribeinont,
Gondecourt, Nordpeene, Termonde und Saint-Venant sind Bei-
spiele eines Taufsteintypus von Tournay, dem auch die englischen
Beispiele von Lincoln, Winehester, St. Mary Bourne near Andover,
St. Michael, Southampton und East Meon angehören. Die grosse
Anzahl Beispiele des Typus von Tournay gestattet es, über die
mögliche Zugehörigkeit des Ballumer und Hoyer Taufsteins au
diesem Typus ein Urteil zu fällen. Der Umstand, dass sogar
nach England Taufen von Tournay eingeführt wurden, lässt zwar
einen ähnlichen Export nach Schleswig-Holstein nicht als unwahr-
scheinlich erscheinen. Allein formale Abweichungen geben wieder
') Saintenoy: „Prol^gomfenea ä l'ötude de la filiation des formes des
fönte baptismaux." Publle dans les annalee de la Soic£t£e ti'Archeulogie de
Bruxelles; Brüssel, Ramlot editeur 1892.
L. Cloquet: tätudes sur l'art k Tournay." „Font» de baptötiie romans
de Tournay." Rev. de l'art chrei. 1895. 4. Lieferung.
') Vergl. Enlart. Manuel d'arch^ologie frajujaiee I 1. S. 767.
*) Saintenoy. a. a. O.
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den Ausschlag. 1 ) Das Becken ist ein rechtwinklig vierseitiges
Prisma. Auch ist die Capitell- und Basenbildung eine so charak-
teristische, dass die Zugehörigkeit der zwei schleawigschen Taufen
zu diesem Typus bei einer auch nur flüchtigen Betrachtung als
unmöglich erscheint. Namur bleibt somit als letzte Bezugsquelle
übrig. Die Brüche von Namur standen denen von Tournay auch an
Grösse der Ausfuhr nicht nach. Die Grabsteine von Namur
reichen bis nach Chälons. Im arrondisseraent von Läon sind
fast sämtliche Taufsteine aus Namurer Blaustem gefertigt. Das
Land zu beiden Seiten der Maas bis hinab nach Venlo bezog die
Taufsteine aus Namur.*}
Unsere Annahme, dass die schleswig-holsteinischen Tauf-
steine zu Ballum und Hoyer dem Namurer Typus angehören,
rnuss als bewiesen angesehen werden, wenn es sich herausstellt,
das die unterschiedenen Arten des Ballumer und Hoyerer Tauf-
steins am Niederrhein vorkommen. Und das ist der Fall. Genaue
Seitenstücke des Taufsteins zu Hoyer befinden sich zu Hönnepel 8 ),
Boisheim 4 ) und Born. 6 ) Die Kuppenform ist vollständig überein-
stimmend. Die Kopfbildung am Becken genau so. Stiel und
Fuss bestehen aus belgischem Kalkstein und haben dieselbe
Form wie zu Hoyer. Daher kann auch, wie oben erwähnt, der
gemauerte Fuss in der Form als richtig gelten.
Auch der Typus Ballum hat Parallelstücke, und zwar in
Roitzbeim 8 ), Friesheim 7 ), Menzeln 8 ) und Euskirchen. 9 )
Was die Transportfrage anbetrifft, bo liegt die Antwort in
einem Hinweis auf die Maas. Die Schwierigkeiten der Beschaffung
von der Maas nach der Westküste Schleswigs sind nicht gross.
Lebhafte Handelsbeziehungen haben schon im frühen Mittelalter
von hüben nach drüben bestanden. Und die Tatsache, dass das
Baumaterial vieler Kirchen der Westküste über Holland bezogen
wurde, hat ja schon durch Haupt eine interessante Beleuchtung
erfahren in der statistischen Aufzählung von Tuffstein kirchen.
B. K. D. Bdi III und Helms Danske Tufsteenkirker.
Zu erledigen wäre noch die Datierungsfrage; Cleinen setzt
den Taufstein zu Roitzheim um 1100 an. Der Typus, der am
ganzen Niederrhein und besonders im Kreise Kempen sehr häufig
*) L. Cloquet beschreibt den Typus von Tournay so: „La cuve basse
carree, les quatre supports d'angles avee le chapiteau caracteristique, le gros
cylindre traversö par une bague dans le miüeu de sa hauteur etc."
') Von den in Namur gefertigten Taufsteinen sind zwei Typen festge-
stellt. Der gewöhnliche ist der monopödicule, von dem noch unten die Rede
sein wird. Der zweite kommt seltener vor. Le Cloquet sagt über ihn (ibid.
pag. 318) : „Je reconnais que l'on trouve dans la Belgique Orientale un type
analogue ä celui du Tournaieiö, notamment k Herentals, Achenes et Huy.
II est moiiis maasif et öftre nne physionomi differente. Mais das cette region,
il paralt Stre une Imitation du modfeie tourn&isien."
■) Abb. Aus in Wert H. X.
*) Cleinen. Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes, I. 13.
') ibid. I 16. "
5 ibid. V 1. 2. S. 149.
') ibid. V 2. S. 60.
*) ibid. I 3. 8. 39.
■) ibid. V 2. S. 43.
D lizedbyCjOOgle
— 10 —
ist, soll sich vom zwölften . bis fünfzehnten Jahrhundert gehalten
haben. Eine genaue Datierung wird schwer zu geben sein, so-
lange nicht die Taufen des Kreises Kempen eingehend behandelt
worden sind. Aber dass die Taufsteine zu Ballum und Hoyer
gleichzeitig mit denen zu Boisheim, Born, Euskirchen, Friesheim
u. s. w. sind und wegen der Detailbildung, die noch ganz romanisch,
in das zwölfte Jahrhundert fallen, unterliegt keinem Zweifel.
Diese Datierung stimmt mit der Erbauungszeit der Kirchen überein.
Beide Kirchen gehörten zum Stiftsamt Ripen. Die Ballumer
Kirche ist aus Tuffstein erbaut und die zu Hoyer war es. Jetzt
ist diese eine Hausteinkirche im Übergangsstil des dreizehnten
Jahrhunderts.
Ein anderes Bild liefern die Taufen zu Süderstapel, Ockholm,
Kotzenbüll, Ülvesbüll, Tondern 1 ) und Witzwort. Der Typus sei
gezeichnet in dem Taufstein zu Ülvesbüll. Formal ist wieder *
zwischen Fusa, Stiel und Kuppe unterschieden. Fuss und Schaft be-
stehen aus einem Stück. Den Fusa bildet eine quadratische Platte, auf
welche sich ein achtkantiger kurzer Sockel aufbaut. Die vier Ecken
der Fussplatte leiten zu den vier den Ecken entsprechenden Seiten
des Sockels durch Nasen über. Der Oberteil des Sockels verjüngt
sich nach oben zu in Form einer kräftigen, schön geschwungenen
Kehlung. Der prismatische Schaft übermittelt der schalenförmigen
Kuppe die Achtteilung des Sockels. Den Oberteil der Kuppe ziert
ein kräftiger Rundstab, den Abschluss bildet eine Platte. An den
Seiten der Kuppe, senkrecht über den Nasen, springen Köpfe her-
vor, von ungleicher Ausführung. Zu Süderstapel, Ockholm und
Tondern sind sie handwerksmässig, ohne jede Modellierung, zu
Ülvesbüll und Witzwort sind die Züge belebter, auch tragen die
Köpfe verschiedenartige Mützenformen, die offenbar aus spätgoti-
scher Zeit stammen. Die Taufen zu Süderstapel und Ockholm mögen
dem XIII. Jahrhundert entstammen. Sollte über diese Datierung
noch ein Zweifel herrschen, bieten die Details zu Witzwort weitere
Argumente, Abgesehen davon, dass der Taufstein zu Witzwort
in der Form etwas gedrungen erscheint und spätgotische Profile
trägt, weisen die spätgotischen Blätter, welche mit den Köpfen
in der breiten Kehlung wechseln, auf das fünfzehnte Jahrhundert.
Die Datierungsmöglichkeit dieser fünf Taufsteine würde sich also
auf drei Jahrhunderte erstrecken, wenn für Süderstapel, Ockholm
und Tondern das XIII. resp. XIV., für Ülvesbüll und Witzwort
das XV. Jahrhundert angenommen wird.
Auf Grund der Ergebnisse, die bei dem Typus I resultierten,
sind wir berechtigt, wieder Belgien als Entstehungsort anzusehen,
d. h. die Werkstatt von Namur. L. Cloquet schreibt in Bezug
auf diesen Typus 8 ) : »Sur les rives de la Meuse au contraire, on
trouve souvent ä la rneme epoque le type monopödicule" et speciale-
ment en grande abondance la cuve ronde ou octogonale ä l'ex-
teneur, ordinairement ornee de quatre totes symboliques aux angles.
«Google
— 11 —
Üe type mosan eBt fort repandu.« Eine Untersuchung hinsichtlich
der Verbreitung des Typus fährt in ferne Gegenden. Saintenoy
bringt in den Prolegomenes die Taufen von Odilienberg, Archennes,
Lustin, Flostoy, Gosnes, Bastogne, L. Cloquet a. a. O. : Herentals,
Limmel, Münster-Bilsen, Hastieres, Ciney, Lixhe, Gladbach etc.
Das Gegenstück des Taufsteins zu Süderstapel steht in der Kirche
zu Dinant, auch aus dem dreizehnten Jahrhundert. In Belgien
sind diese Taufsteine, die nie in dem Gebiete von Tournay, son-
dern nur in dem der Maas vorkommen, ' während des ganzen
späteren Mittelalters gearbeitet. Die Datierungen stimmen also
überein. Es wäre noch mit ein paar Worten der symbolischen
Köpfe zu erwähnen. Le Cloquet sagt bei einer Besprechung der
Prolegomenes: »Ajoutons que c'est sur le type caliciforme que
se greffent le plus souvent les quatre tetea symboliques para-
disiaques.« Diese Deutung ist die allgemeine und wohl auch
richtig.') Soviel steht fest: In Bezug auf die schleswigschen
Taufen kann diese Deutung nur Gültigkeit haben für die Tauf-
steine zu Süderstapel, Ockholm und Tqndern. Eine gleiche
Deutung den Köpfen an den Taufen zu Ülvesbüll und Witzwort
zu geben, lässt die Form der Kopfbedeckung und die Narrenkappe
nicht zu. Für die Erscheinung, dass der Volkshumor jener Zeit
sich in seinen Äusserungen nicht auf die Profankunst beschrankte,
lassen sich ja mancherlei Belege anführen. Am gothischen Ge-
stühl des Lübecker Domes weisen die Wangenköpfe dem Vorüber-
schreitenden die Zunge, eine ausgeschnitzte Figur zeigt sogar den
Hintern. Warum sollte der Volkshumor also nicht auch am Tauf-
stein Beine Blüte treiben?
Gewissermassen eine Fortsetzung zu diesem Typus ist ein
anderer, der vorkommt in den Kirchen zu Tating, Katharinen-
herd, Bergenhusen, Hollingstedt, Vollerwiek, Friedrichstadt,
Schobüll, Bordelum, Welt, Pellworm und St. Johann, Flensburg.
Aus dieser Reihe scheiden die vier letzten aus, da sie wohl nur
als Fortsetzung in der Zeit der Renaissance angesehen werden
können, sie fallen auch hinter die gegebene Zeitgrenze, da sie
datiert sind von 1621, 1671, 1587 und 1682. Der Typus ist
etwa folgend ermassen : Der Taufstein besteht aus drei Stücken.
Auf einer achteckigen Fussplatte steht ein achtkantiger Sockel,
der sieh nach oben in schönem Schwünge konkav verjüngt. Auf
den Sockel setzt sich der prismatische octogonale Stiel ; dieser ist
reich profiliert, er beginnt und schliesst mit einer Platte Der
Durchmesser des Schaftes ist oben geringer wie unten; in der
Mitte zeigt der Stiel zwischen zwei grössten Einziehungen eine
Platte von schöner Kehlung. Als Kuppe dient ein niederes acht-
kantiges Becken. ' Den Abschluss nach oben bildet eine aus-
ladende Wulste und eine Platte. Die Grössen bewegen sich in
der Höhe zwischen 0,95 m und 1,10 m, in dem Kuppendurch-
mesBer zwischen 0,72 und 1,06 m. Eine bestimmte Grösaennorin
- Kardinaltugenden oder
._ 12 —
lässt sich aus diesen Zahlen nicht ableiten. Die Zeitfrage wird
durch, die epätgothische Form dahin beantwortet, dass diese Tauf-
steirie im XV. Jahrhundert entstanden sein müssen. Vielleicht
darf man schon um 1400 sagen. Die polygonale Form allein
bietet noch keine Handhabe zu näherer Datierung. In der
»Emblemata biblica«, Paris Nat.-Bibl. 11560 I L XIII. Jahrh.
ist ein Taufstein abgebildet, der grosse Verwandschaft mit unserem
Typus zeigt. Allerdings ist bei der miniaturhafton Darstellung
wohl aus technischen Gründen auf eine detailierte Wiedergabe
der Profile vereichtet, aber der Typus ist offenbar derselbe.
Trotzdem möchte ich die Tauf steine des Typus Friedrichstadt
mit Rücksicht auf die späten Profile nicht vor 1400 ansetzen,
d. h. gleichzeitig mit einem Taufstein desselben Typus in der
Kirche zu Idegem. 1 ) Als Entstehungsort nehme ich wegen des
Materials wieder Belgien an. Mit diesem letzten Typus ist der
Teil der Arbeit, welcher die Tauf steine, aus belgischem Marmor
behandelt, zum Abschluas gekommen. Wir wenden uns jetzt zu
den Sandsteintaufen.
I b. Die mittelalterlichen Taufsteine aus Sandstein.
Unter den mittelalterliehen Steintaufen Schleswig-Holsteins
giebt es eine beschränkte Anzahl, welche aus Sandstein gefertigt
sind. Es sind dies die Taufen zu Keitum a. Sylt, Witting und
Westerhever.') Die Taufen zu Keitum und Witting gehören
demselben Typus an, vertreten aber zwei Spielarten. Der Keitumer
Taufstein besteht aus zwei Teilen, aus Kuppe und Untersatz
Der Untersatz vereinigt in sich Fuss und Stiel. Als Fuss dient
eine quadratische Platte. In der Mitte erhebt sich der runde
Sockelpfeiler mit vier Stützen, die sich von den Ecken der Platte
in der Richtung der Diagonale zum mittleren Träger hinziehen.
Die Stützen haben die Form von Löwen, welche auf den Kanten
der pyramidal aufsteigenden Fussplatte mit dem Hinterkörper
aufsitzen und die vorderen Pranken in den Säulenschaft ein-
schlagen. Der grimme Kopf ist in wilder Bewegung zum Be-
schauer herausgewandt. Die Bedeutung dieser Tiere ist eine
symbolische: „Es ist das mächtige, gleichwohl vergebliche An-
kämpfen feindlicher Kräfte gegen die Kirche.'" 1 ) Als Träger der
Kuppe liegt dem Sockel eine an der Peripherie wulstartig abge-
rundete Platte auf. Die Kuppe hat die Form einer cylinder-
fömiigen Kufe, deren unterer Durchmesser etwas geringer ist als
der obere. Die Form des Beckens ist sehr einfach, ebenso die
Schmuckgestaltung. Durch zwei horizontal laufende Utnschnü-
rungen wird die Kuppenwandung in drei Streifen geteilt. Den
mittleren, breiten, schmückt ein Rankenband mit konventionell
') Abb. Heusers: elements d'archeologie chretienne II S. 330.
') Der Taufstein zu Wesselburen ist nur in Trümmern erhalten.
. ») Organ t ehr. Kunst 1868.
D lizedbyCjOOgle
. — 13 . —
geformten Ausläufern. Der obere Streifen ist glatt geblieben und
im unteren befinden sich aufrechtstehende, fächerartige Blatt-
formen mit dazwischen gestellten Droieckfiguren in reihungs weiser
Anordnung. Der ornamentale Schmuck der Kuppe bekundet öinen
in der richtigen Bewertung der Formen wohl orientierten Meister.
Die Ausführung ist höchst primitiv, um nicht zu sagen roh.
Dass der Taufstein nicht im Lande gefertigt wurde, ist un-
zweifelhaft; er gehört zu einem Typus, der ziemlieh zahlreich
vertreten ist in Hannover, Westfalen, Ostfriesland und der seibat
in Holland vereinzelt vorkommt. Es finden sich genaue Seiten-
stücke in Aufbau und Ornamentik zu Alfhausen 1 ), Bippen,
Haselfinne, Leuwarden, Hage a ), Gross-Borssum s ), Marienhafe*),
Wissel 5 ), Südkirchen a ), Nordherringen'), Heek 8 ), Neuenkirchen"),,
Badbergen, Damme und Goldenstedt.
Demselben Typus, wenn auch einer Abart zugehörend, ist
der Taufstein zu Witting. Der Aufbau ist ziemlich gleich. Die
Unterschiede sind rein ornamentaler Art. Die Stützen zeigen eine
andere Bildung, sie stellen eine sitzende menschliche Figur dar,
deren Arme fest an den Körper geschlossen sind. Von individueller
Behandlung ist keine Spur, mit Mühe sind überhaupt nur die
Körperformeu zu erkennen; die Arbeit ist sehr roh. Mit nicht
grösserer Sorgfalt ist die Kuppenfläche geschmückt. Unter einem
doppelten Seilomament zieht sich eine Folge etwas gedrückter
romanischer Bogen; die trennenden Säulchen stehen auf einer
. den unteren Beckenrand umziehenden Wulste. Bildnerisch ist dies
W r erk von geringem Interesse Die Ausführung ist ganz gewöhn-
lich und handwerksmassig. Der Typus,/welchem dieser Taufstein
angehört, ist weniger häufig. Zu Ankum 10 ), Salzbergen, Lathen 11 )
haben die Enden der Stützen die Form von Menschenköpfen.
Zu Groen'*} ist eine sitzende menschliche Gestalt als Eckstütze
gebildet. Der Taufstein zu Ankum hat auch den niederen Arca-
turenfries, der in der Hegel auf einem anderen Typus {Gimpte)
vorkommt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die abweichende
Gestalt der fickstücken auf dieselbe Urform zurückgeht, auf eine
Urform, wie sie uns rein und unverfälscht am Taufsteiu von Recke 1 *)
bei Tecklenburg entgegentritt in Gestalt ganz einfacher Stützen.
') Mithoff. Kunstdenkmale und Altertümer im Hannoverschen, VI S. öO.
») ibid. VII S. 106.
*) ibid. VHS. 104.
5 ibid. VII S. 140.
6 ) Aus'm West. Kunstdenkmaler der Rheinlande, Tf. X, Abb. 17.
B ) Ludorff. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis
Lüdinghausen. S. 98.
') Nordhoff. Die Kunst- und Geschichtedenkmäler der Provinz West-
falen. Kreis Hamm, S. 54.
8 ) ibid. IX. S. 38.
") Zeitschrift f. chrietl. Kunst VI. S. 75.
,0 ) Zeitschr. f. ehr. K. XL Spalte 83.
") Mithoff a. a. O. Ed. VI. S. 78.
") Zeitschs. f. ehr. K. XI, 8p. 78.
l! ) Abb. ibid. Sp. 8.1.
D lizedbyGOOgle
_ 14 —
Die Ornamentik au beiden Tatifsteinen ist noch ganz roma-
nisch ') Der Keytuuier Taufstein mag zeitlich in das Ende des
zwölften Jahrhunderts und der Wittinger in den Anfang deB drei-
zehnten zu setzen sein.*) Auch hier kann sehr wohl das Baujahr
der Kirche annähernd mit der Entstehungszeit des Taufsteins zu-
sammenfallen. Die Keytumer Kirche ist spätromanisch 8 ), ebenso
die Wittinger Kirche.*)
Der einzige dänische Taufstein, der zufolge Material und
Typus hier anzugliedern ist, steht in der Farup Kirche, eine
Meile nördlich von Ribe. 6 )
Über den Entstebungsort können Zweifel herrschen. Das
Material ist harter gelber Sandstein, wie er an der Weser ge-
brochen wird. Als mittelalterliche Gruben kommen in Betracht
Bentheim und Gildeshaus. Von der Gildeshauser Grube ist be-
kannt, dass sie schon im dreizehnten Jahrhundert schwunghaften
Handel trieb") Die Bentheimer soll noch älter sein. Es erscheint
daher wohl .nicht unberechtigt, eine dieser Gruben als die auch
für unsere Taufen in Frage kommende anzunehmen. Wahrschein-
lich ist, dass diese drei Taufsteine, wie die angeführten Beispiele
in Hannover und Westfalen, aus einer Werkstatt stammen.
Der Taufstein zu Westerhever ist von einer ganz eigenen
Form. Ob auch er einem an der Weser vorkommenden Typus
angehört, wie die eben behandelten Werke, hat nicht erwiesen
werden können. Sein Fuss ist halb würfelförmig und' in halber
Höhe pyramidal auslaufend. Auf einer dicken Wulst liegt die
Kuppe in Form eines oben und unten verjüngten Cylinders. Die
Kuppenfläche wird durch ein Seilornaraent, ein rhytmisch ange-
ordnetes Rankenmotiv mit eingeschlossenen Palmetten und durch
ein Flechtband belebt. Stilistisch ist der Schmuck streng romanisch.
Die Tatsache, dass auch in Wesselburen eine romanische Sand-
stein-Kuppe vorhanden ist, die ebenfalls keinem Typus angegliedert
werden kann, besagt offenbar, dass man beim Import nicht auf
vereinzelte Werkstätten mittelalterlicher Taufsteine beschränkt war.
Die Frage, inwieweit sich West- und Ostküste in dem Bezugs-
orte des Sandsteins von einander scheiden, soll hier nicht auf-
geworfen werden. 7 ) Sind auch die zwei Bogenf eider zu Schleswig
und Borby aus Sandstein, ob aus schonischem oder gotländischem,
') Vergleiche die Beispiele zu: Alfhausen,
Herslake. Mithoff. a. f. O. V Tf. 5.
Ochtrup.
Bpe. Ludorf. a. a. 0. Bd. IX. 8. 31.
Gimpte.
Ostönnen.
') Die Kirchen zu Marienhafe, Hage, Ankum stammen auch aus dem
Anfang des XII. Jahrh. Mithofl a. a. 0. Bd. VII S. 137 u. 105. Bd. VI S. 12.
') Haupt. B. K. D. II S. 605.
' *) ibid. I S. 426.
5 Abb. Helms Danske Tufsteenkirker H Tf. 9.
5 Siehe Mithoff a. a. 0. Bd. VI 8. 55.
') Haupt. Die Petertur zu Schleswig, eine Urkunde der Geschichte
i. d. Münch. Allg. Ztg. Beilage 1900 Nr. 14.
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_ 16 —
ist noch strittig, zum wenigsten bei dem Borbyer, so ist über die
Taufsteine der Ostküste zu sagen, dass nicht ein einziger aus
Sandstein vorkommt. Die Taufen, welche bisher als schwedische
Sandsteinwerke galten, sind nach genauer Untersuchung in ihrem
Material als gotländischer Kalkstein erkannt worden.
Ic. Die mittelalterlichen Taufsteine aus
gotländischem Marmor.
Die Gruppe c der mittelalterlichen Tauf steine in Schleswig-
Holstein, die im Material aus gotländischem Crinoidenkalk (Ober-
Silur) bestellt, ist im Lande sehr zahlreich vertreten. Es lassen
eich nicht weniger als einige 40 Beispiele anführen. Das Material
spielt etwas in den Farben. Am häufigsten kommt der grauweisse,
gotländische Kalkstein vor. Aus ihm sind vierunudreissig Taufen
gefertigt. Seltener ist der Gebrauch des roten gotländischen
Marmor; er ist verwandt an den Taufen zu Haddeby, Eggebek,
Wesenberg, Lensahn und Buchen. Mustert man die grosse Anzahl
gotländischer Taufen im Lande auf ihre Fonn hin, so lässt sich
ein grosser Typus nachweisen, dem sich die Taufen aus rotem
Stein einreihen; es Hegt also kein Grund vor, diese wegen der
Spielart des Materials für sich zu behandeln. Fünf Taufsteine
sind nicht dem Typus, der als der Gotländische bezeichnet sei,
anzuschli essen. Es sind dies die Taufen zu Erfde, Klem-Solt,
Satrup i. A., Borby und Sörup. Diese mögen nach dem got-
ländischen Typus besprochen werden 1 ).
Der gotländische Typus bildet, was Form und Aufbau an-
anbetrifft, eine in sich abgeschlossene Gruppe. Natürlich gleicht
ein Taufstein nicht dem andern, wie eine Figur der kongruenten,
man muss daher, will man in dem Typus noch kleinere Zu-
sammenstellungen vornehmen, vom Detail ausgehen und nach
ihm eine weitere Einteilung vornehmen. Es würde dann Ab-
teilung a abschliessen mit Boel, b mit Schönkirchen, c mit Buchen.
') Der „gotländische Typus" ist vertreten in den Kirchen zu ; Morsum,
Scherrebeck, Eggebeck, Jörl, Hilgum, Eke, Bannesdorf, Hoiriip (jetzt Flensb.
Museum), Lyaabbel, Boel, Lensahn, Ottensen, Flemhude, Petersdorf (Sockel
aus Holz), GnisBau, Adelby, Bülderup, Kein- Wesen berg, Hohn, Ffthr St. Nicolai,
Barbau, Lintholm, Schlamersdorf, Blekendorf, Pransdorf, Hamberge, Beiden-
dort, Breklum, Schon kirchen, Norburg, Braderup, Erarnelebüll, Haddeby,
Stedesand und Buchen. Eine Erweiterung erfährt diese Aufzählung durch
rudimente, welche auf den gotländischen Typus schliessen lassen. Es fanden
sich Füsse aus gotländischem Kalkstein noch zu Sonderburg, Hohenstein,
Hattetedt (1903 zugehörige Kuppe beschädigt in einer Tiefe von 2,40 m bei
Ausschachtung eines Heizkellers gefunden) und zu Süsel; desgl. Kuppen zu
Heiligenhafen, Nordmarsch, Odenblill, Schwabetedt (als Weih Wasserbecken
vermauert); desgl. Platte und Anlauf zu Waabs. Buchen gehört politisch
zwar nicht mehr zum ehemaligen Herzogtume Schleswig-Holstein, aber die
politische Begrenzung darf unserer Betrachtung Aber Vorkommen und Aus-
breitung des Typus keine Schranke ziehen.
■, .;,,,! i„- Google
— 16 —
Der allgemeine Typus sei an dem Morsumer Beispiel be-
schrieben. Der Taufstein hat Kelchform. Er besteht aus Kuppe
und Unterteil. Als Fuss dient in der Regel eine runde Platte,
die sich mittels einer kräftigen Kehle nach oben zu einem kegel-
artigen Stiel verjüngt. Als StielabsehlUss dient eine Wulste l ).
Die Kuppe hat die Form einer runden Schale ; dicht unter dem
oberen Rand zieht sich um diese eine schnurartige Einkehlung.
Der übrige Sehmuck der Kuppe besteht 'aus pfeifenartigen Aus-
bucklungen, deren jede nach oben halbkreisförmig abschliesst.
Zwischen jeder Auskehluüg ist eine im Schnitt dreieckig geformte
Rippe angeordnet; der Rundung der Kuppe folgend verjüngen
sich diese Rippen nach unten zu und endigen in gleiehmassiger '
Breite an der Basis der Kuppe als dem organischen Mittelpunkte.
Von Abteilung b ist ein Teil (bis Hohn) auf der ganzen
Fläche mit spitzbogenartigem Masswerk überspannt, der Rest in
gleicher Weise mit Kleeblattbogen. Die Bogenknäufe sind halb-
rund, die Bogenzwickel sind schlicht bis Adelby, zu St. Nikolai
auf Föhr, Klein-Wesenberg, Hohn und Barkau sind sie durch
Dreipassformen verziert, zu Lintholm und zu Behlendorf durch
Rosetten; zu llaiuberge durch verschiedenartiges feines Blattwerk.
Abteilung c (Norburg, Braderup, Haddeby, Emm eis bull,
Stedesand und Buchen) ist in der Form etwas reicher ausgestattet.
Das Becken ist nicht mehr kreisrund, sondern hat Vierpassform.
Die Einschnürungen übertragen sich auf Wulste und Stiel. Die
Form dieser Taufen ist sehr elegant. In Haddeby zeigt auch
der Stiel Kleeblattbogen. In Norburg laufen in der Vierpass-
einschnürung schwache Wulste auf, die unterhalb des Kuppen-
randes in Köpfe endigen; die horizontale Kehlung wird durch die
Köpfe unterbrochen. Das Beispiel zu Braderup zeigt nur einen
Kopf. Die Ausbuchtungen dieser Abteilung c, gewöhnlich sechzehn,
sind alle rundlieh. Die Höhenmasse schwanken zwischen 100 cm
und 1,06 m. Die Durchmesser zwischen 0,87 und 1,14 m. Eine
mittlere Grössen norm las st sich bei dieser Abteilung, die nur
fünfmal 8 ) vertreten ist, nicht angeben.
Man sollte annehmen, dass bei der grossen Anzahl von
Beispielen der Abteilung a und b die (jrössenverhältnisse leichter
bestimmbar wären. Dies ist aber nicht der Fall. Die Kuppen-
durchmesser schwanken zwischen 80 und 95 cm. Die Höhen-
masse sind in einer mittleren Durchnittszahl nicht anzugeben.
Die Ursachen sind verschiedene: z. t. sind die Fussböden der
Kirchen erneuert und höher gelegt worden, die alten Taufsteine
hat man aber am alten Platze unverrückt stehen lassen. Die
') Vereinzelt wechselt der Aufbau. Die Form erscheint dann nicht
pokalförmig. Kuppe und Untersatz zeigen sehr grosse Verhältnisse, der
Unterbau gliedert sich nicht mehr als Fuss und Stiel, sondern einfach als
flacher, kegelförmiger Untersatz ohne Wulst, conf. Tfst. zu Lysabbel, Eken,
Hoirup (Flenaburger Museum).
*) Im Park zu Sonderburg steht noch ein Vierpaaafusa aus gotländi-
schem Kalkstein; es kann kein Zweifel herrschen, dass dieser auch von
einem Taufstein stammt.
h .!,.,! by Google
— 17 —
Fussplatte wäre also zuweilen in Anrechnung zu bringen ; z. t. sind
die Kuppen zerbrochen und lassen nur die Zugehörigkeit zum
Typus erkennen; oder aber der Stiel ist nicht mehr ganz er-
halten. Bei einer Anzahl fehlt z. B. die Wulste (Eken, Banners-
dorf, Lysabbel, Linthohn, Bleckendorf, Breklum). Einzelne Taufen
haben überhaupt keinen Fuss mehr, wie zu Barkau oder aber
die Kuppen stehen auf einem späteren Fuss, wie zu Ottensen
und Flemhude. Man könnte aus der Wahrnehmung, dass bei
einer so grossen Anzahl der Fuss nicht mehr die ursprüngliche
Gestalt hat und das Becken vielfach niedriger gelegt ist,
einen Schluss ziehen: Die Taufen sind zu hoch gewesen. Voll-
standig erhaltene Taufen der Abteilungen a und b haben gerade
wie die Beispiele der Abteilung c Höhen von etwa 100 cm und
mehr (Lensahn, Petersdorf, Hohn, Schönkirehen), und weil die
Taufen zu hoch gewesen sind, hat man sie entweder so belassen
und sich eines kleinen Trittes'} bedient oder aber in der Weise die
Taufsteine verkleinert, dass man teilweise vom Stiel die Wulste,
teilweise von der Kuppe den oberen Rand abschlug.
Was nun den Herkunftsort der Taufsteine aus gotländer
Marmor betrifft, so kann nur die Insel Gotland und Lübeck in
Betracht kommen. In Deutschland kommt dieser Typus südlich
der Elbe nicht mehr vor, soweit die erschienenen Inventarisationen
der Bau- und Kunstdenkmäler Abbildungen oder genaue Be-
schreibungen hefern. Ähnliche Taufen finden sich in den Kirchen
Mecklenburgs und Pommerns
Die Fünten zu Grevesmüblcn*), Hohenkirchen*), Klütz*) und
Hohenvicheln 6 ) in Mecklenburg zeige.ii z. t. recht starke Anklänge
an unseren Typus ; die Taufen zu Eikelberg 6 ), Güstrow 7 ), Telkow 8 }
und Kalkhorst 9 ) stimmen eigentlich genau mit unseren überein. 10 )
Trotzdem ist an eine Zugehörigkeit zu dem gotländer Typus nicht
zu denken, wenn die Materialbestimmung, wie sie in den meck-
lenburgischen Baudenkmälern gegeben ist, zuverlässig ist. Bei
keiner der genannten Taufen Mecklenburgs wird das Material als
Kalkstein angegeben; es ist nur als Granit oder einfach Stein
bezeichnet. Wir haben Grund, die Richtigkeit dieser Angabe zu
bezweifeln. Man dürfte sieh hier nicht mit einer oberflächlichen
Bestimmung begnügen ; es wäre vielmehr, da die Taufsteine häufig
') Nach einer Mitteilung des Herrn Provinzialkonservatore Professor
Dr. Haupt kommen solche Trittbretter vereinzelt im Lande vor.
*) Abbild. Schlie. Baudenkmaler Mecklenburgs, II. S. 349.
*) ibid. II. 8. 316.
*) ibid. IL S. 369.
') ibid. H. S. 3.
*) ibid. IV. S. 153.
') ibid. IV. 8. 209.
') ibid. I. S. 426.
•) ibid. IL S. 378.
">) Ebenfalls die Taufe zu TeWrow. ibid. V. S. 9.
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— 18 —
übermalt sind," in jedem einzelnen Falle die Farbe an der Prü-
fungsstelle zu entfernen und mit Salzsäure eine Reaktion auf die
im Stein eventuell gebundene Kohlensäure vorzunehmen. Erweist
äich das Material als Kalkstein, dann steht es unzweifelhaft fest,
dass die Taufsteine in Mecklenburg zu dem grossen gotländischen
Typus gehören. Die Taufsteine zu Ziethen, Stoltenhagen ') und
Anklam*) in Pommern bestehen auch aus gotländischem Crinoiden-
kalk und gehören ebenfalls aus formalen Gründen zu dem got-
ländischen Typus. Ja sogar in Herrndorf in Ostpreussen kommt
ein Taufstein gleichen Typus vor, von Karl Böttieher in den
Baudenkmälern als spätgotisches Weihwasserbecken aus Sandstein
angegeben. Abb. Heft III S. 30.
Auch in Dänemark kommt der gotländische Typus vor, und
zwar z.ufolge einer freundlichen Mitteilung des Herrn Dr. Macke-
prang, Kopenhagen, vorzugsweise auf den dänischen Inseln, be-
sonders auf Laaland, im ganzen etwa 40 mal. Als Beispiele
seien genannt 3 ): mit pfeifen artigen Ausbuchtungen Taufstein zu
Ulslev. Maribo A., mit Spitzbogen: Maglebrande k. Nörre h.
Falster, N. Kirkeby k. mit Dreipassbogen : Onslev k. Falster.
Die Tatsache nun, dass wir einen Typus vor Augen haben,
der in Schleswig-Holstein nicht nur auf dem Festlande zahlreich
vertreten ist, sondern der auch in Nord- und Ostsee auf den
Inseln Sylt, Föhr, Nordmarscb, Nordstrand, Alsen und Fehmarn
vorkommt, die Tatsache, dass dieser Typus auch längs der ganzen
deutschen Ostseeküste verbreitet ist, und zwar bis hinauf zur
Memel, die Tatsache, dass Beispiele dieses Typus sich in Schweden,
auf den schwedischen und dänischen Inseln häufig anführen lassen 4 },
kann nur auf eine Weise erklärt werden. Es muss eine Werk-
statt bestanden haben, welche alte, das Ostseebecken einsehliessende
Lande und die Inseln mit Taufsteinen versah. Nur so findet sich
eine Erklärung für die Erscheinung, dass bei diesem grossen
Taufsteintypus nicht nur dasselbe Material — gotländischer Kalk-
stein — verwandt wurde; sondern dass auch der Aufbau, die
Form, das Schmuckwerk, fast genau übereinstimmen. Hans
Hildebrandt schreibt zwar a. a. O. bezüglich der Feststellung
einer Werkstatt für die schwedischen Taufen dieses Typus im
Anschluss an den gleichen Taufstein zu Hedesunde (Gestrikland) :
„Vi kunna icke hänföra dem tili en gemeinsam ursprungsort,
utan äro de helt visst framkallade af en öfver heia landet
') Abb. b. Baudenkm. d. Kreises Grimmen. Herausgeg. v. Ver. f.
pomm, Kunst.
*) Lemke. Bau- und Kunstdenkmäler d. Rgbz. Stettin, Kreis Anklara,
Heft IL
*) Eine umfangreiche Publikation über die Taufsteine mittelalterlicher
und die Granitplastik in Dänemark, welche von Herrn Dr. Mackeprang in etwa
drei Jahren herausgegeben wird, wird weiteres Material bieten.
*) Sveriges Medeltid. IV Seite 510: De förre komma flerstädes i. Sverige,
S. 121.
■, .;,,,! bvGooyle
— 19 — ■
upwuxen sinak." Wir dürfen aber mit ziemlicher Gewissheit
annehmen, dass die Werkstatt höchstwahrscheinlich auf der Insel
Gotland lag Die Verbreitung dieses Typus und die verhältnis-
mässig einfachen Zierformen deuten auf eine massenweise, industrie-
mässige Anfertigung. Und wo soll diese Industrie anders geblüht
haben, als in unmittelbarer Nähe der Steinbrüche? Wenn aber
das bei diesem Typus zur Verwendung gelangte Material über-
einstimmend dem Obersilur der Insel Gotland entstammt, wo
anders kann dann diese Industrie schwunghaft betrieben worden
sein, als in und vor den Mauern Wisbys? Oder sollen wir viel-
leicht annehmen, um uns zu der Annahme Hachs zu bekennen,
der 1 ) für Taufsteine zu Schlutup, Behlendorf und Hamberge
zweiffellos die Hände Lübeckischer Meister in Anspruch nimmt,
dase lübsche Kaufleute das Rohmaterial von der Insel Gotland
nach Lübeck gebracht hätten, dass dort die TaufBteine entstanden
und vertrieben seien? Viel lohnender war doch das Geschäft,
wenn die lübschen Kaufleute gleich den Zwischenhandel an sich
nahmen und die fertige Ware von Gotland ausführten. Auch so
konnten ja bei dem regen Handelsverkehr zwischen Lübeck und
Wisby eine grosse Anzahl Taufsteine über Lübeck in das Hinter-
land gelangen. Wenn aber wirklich in Lübeck eine Industrie von
Taufsteinen blühte, die sich einer oben angedeuteten umfangreichen
Ausfuhr erfreuen konute, dann wären sicherlich hierüber Nach-
richten auf uns. gekommen. Uns will bedünken, aus Gründen,
die in der Natürlichkeit der gegebenen Verhältnisse beruhen, dass
auf Gotland die grosse Werkstatt lag. Von hier aus ging die
Ausfuhr zum schwedischen Festland, nach Preussen, Pommern,
Mecklenburg, Lübeck, Holstein, Dänemark. Inwieweit die got-
ländischen Taufsteine Schleswigs über Lübeck bezogen wurden,
lässt sich wohl schwer ermitteln. Die Annahme ist aber gerecht-
fertigt, dass, wenn auch Lübeck an der gotländischen Ausfuhr
wahrscheinlich sehr stark beteiligt war, ausserdem auch nicht
lübsche, direkte Handelsbeziehungen zwischen Schleswig und Got-
land bestanden; denn zu einer Annahme, dass Alsen und die
Nordseeinseln die gotländischen Taufsteine über Lübeck bezogen,
liegen wohl kaum zwingende Gründe vor. Allerdings wenn es
feststände, dass die Taufsteine dieses Typus erst gegen Ende
des XIII. und im Anfang des XIV. Jahrh. entstanden wären,
würde die Annahme Hachs an Wahrscheinlichkeit etwas gewinnen.
Aber ich setze die Entstehung dieser Taufsteine mit einzelnen
Ausnahmen in den Anfang des XIII. Jahrh. {über die Gründe
s. w. u.) und für eine so frühe Zeit scheint es mir kaum möglich,
Lübeck als Ort der Herstellung anzusehen. Für einen direkten
Import aus Gotland kann als Argument auch jene Urkunde her-
angezogen werden, durch welche anno 1255 den Kaufleuten von
Wisby und Gotland von Johann und Gerhard, den Grafen von
') Hacb. Lübeybieche Blätter, 1882 No. 79.
EXrüzadbyGOOgle
Holstein, Stormarn und Schauenburg die alten Freiheiten u. s. w.
von neuem bestätigt wurden. S-H-L-R u. U. II. 87.
Das8 auf Gotland tatsächlich eine grosse Kunsttätigkeit ge-
wesen sein muss und ein grosser Handel mit Taufsteinen getrieben
wurde, wird auch durch andere Beispiele in Schleswig-Holstein
belegt, zu welchen sich nur in Schweden und auf Laaland analoge
Erscheinungen darbieten.
Wie schon oben bemerkt, lassen sich die Taufen zu Erfde
und Klein-Solt etc. nicht dem grossen gotländischen Typus ein-
reihen, obwohl das Material auch gotländiscber Kalkstein ist.
Die Taufe zu Erfde ist nicht mehr ganz erhalten. Es ist nur
die Kuppe vorhanden ; diese liegt jetzt in einem unschönen
eisernen Behälter. Die Ergänzung wäre vielleicht in Pokalform
zu denken. Ein frühgotisches Blattmotiv umzieht die Kumme.
Der Durehmesser betragt 74 cm.
Der Taüfstein zu Klein-Solt ist gut erhalten. In seinen
'äst er H:90, Dm:80. Die Form ist pokalähnlich. Fuss,
Stiel und Kuppe bilden drei Teile. Der Fuss wird gebildet durch
eine runde Platte und eine breite Kehlung, deren Schrägung zum
Schaft hinführt. Der runde Schaft verjüngt sich ein wenig nach
oben und schliesst mit einer Wulste, an der drei Köpf e von guter
Arbeit sitzen. Die Kuppe hat die Form einer flachen runden
Schale. Einem- bestimmten und häufig vorkommenden Typus
gehört dieser Taufstein nicht an. Er ist wahrscheinlich fertig aus
Schweden eingeführt. In der Knutby Kyrka, Uppland steht,
abgesehen von den Köpfen, ein Taufstein gleicher Form.
Der Taufstein zu Satrup i. A. zeigt eine neue Form. Fuss
und Stiel sind ähnlich wie am Taufstein zu Klein-Solt, aber im
ganzen etwas gedrungener. An einer Wulste kurz vor dem Ende
des Schaftes sitzen vier kräftig vorspringende Köpfe, zwei mensch-
liche und zwei eines Ungeheuers. Die Kuppe ist cylind erförmig;
unter den Nasen der Kleebogen ist sie schräg weggehauen. Ein
ähnliches Werk kommt in Schleswig - Holstein nicht mehr vor.
Wieder findet sich nur verwandtes anf Falster und in Schweden.
Auf Falster seien genannt die Taufsteine gleichen \Typus in der
Stadager K. Maribo A. und zu Kjebelef. Der Taufstein zu Kjebelef
zeigt auch die vier Köpfe am Stiel. Die Kuppen _ beider Tauf-
steine sind aber ohne Bogen 1 ). Der Taufstein zu Öster-Fernebo,
Gestrickland 8 ) stimmt in der Form vollständig mit dein Taufstein
zu Satrup i. A. überein. Nur der Fuss differiert, die Kuppe zeigt
genau dieselbe Form; die Bogen sind aber rund statt hufförmig.
') Ich danke diese Angaben der Freundlichkeit des Herrn Dr. Mackeprang,
der mir in bereit willigster Weise die Sammlung von Abbildungen im dänischen
National museum erschloss.
*) Abb. Hildebrand, a. a. 0. 8. 498.
-,.!,.,! byGooyle
— 21 —
Am Schaft sitzen auch wieder vier Köpfe an einer Wulste, je
zwei Menschenköpfe und zwei Widderköpfe. Die Darstellung
solcher Köpfe war in Schweden sehr verbreitet. Die schon er-
wähnten Typen der Stänga Kyrka und Atlingbo Kyrka auf Got-
land zeigen auch am Stiel vier Köpfe; der Typus der Atlingbo
Kyrka zeigt stets zwei Menschen- und zwei Widder-Köpfe. Aus
diesen Tatsachen ist mit Wahrscheinlichkeit zu folgern, dass auch
der Satruper Taufstein schwedischen Ursprungs ist: ob er un-
zweifelhaft von der Insel Gotland stammt, kann nicht eher beant-
wortet werden, als bis festgestellt ist, welche Typen von Tauf-
steinen auf der Insel Gotland gearbeitet worden sind.
Den reichsten Skulpurschmuck unter den Taufsteinen aus
gotländischem Marmor zeigen die Beispiele zu Sörup und Borby.
Die Flächen dieser beiden Taufen sind' von oben bis unten mit
Skulpturen bedeckt. Nur in wenigen Exemplaren nähert sich die
Gruppe der Granitfünten dieser reichen plastischen Durchbildung.
Dem Material, der Form und dem Stile nach, somit auch zeitlieh
gehören beide Werke unbedingt zusammen. Die Beschreibung mag
daher im wesentlichen auf den Söruper Taufstein beschränkt sein.
Die Söruper Taufe besteht aus Fuss und Kuppe. Der Fuss
ist ein nach oben etwas verjüngter Würfel von etwa 40 cm Höhe.
Der untere Rand des Fusses ist durch Stoss und Schrägung als
Platte gebildet. Auf dieser, als der Basis, bauen sich die bild-
lichen Darstellungen auf. An den vier Kanten sind menschliche
Gestalten ausgehauen Die Vermittelung zur Kuppe bildet ein
rundes Steinkissen; an seiner Peripherie zieht sich ein schmales
Band mit einer Reihung kleiner quadratischer Knöpfe. Die Kuppe
ist ein niederer Cylinder, oben und unten von schmalen Bändern
eingefasst. 'Vom unteren Streifen geht die Kuppe im stumpfen
Kegel auf die Zwischenplatte über. Die Darstellungen, laufen
von rechts nach links. Dargestellt sind
a. Anbetung der 3 Könige und Zug derselben,
b. bethlehemitischer Kindermord,
c. Gefangennahme Christi,
d. Chrucifixus.
a. Anbetung. Auf einem Stuhle sitzt die Madonna, mit dem
segnenden Kind auf dem Schoos. Die Mutter Gottes trägt eine
Krone und lang auf die Schultern herabfallendes Haar. Die Fues-c
ruhen auf einein Schemel. Der vorderste der drei Könige, dem
der Stern vorleuchtet, überreicht dem Kind ein Gefäss. In Tracht,
Geste und Bewegung sind die^Könige nicht unterschieden. Die
Kleidung besteht aus langem Ärmelgewand und einem Überwurf,
der in Vor- und Rückteil auf der Schulter zusammengeknüpft ist.
Nach links folgt die Ankunft der Könige zu Pferde. Der
Stern leuchtet wieder vor. Die zu Zöpfchen geflochtene Mahne
: ,.!,,,i by Google
der Pferde, Sehnürwerk und Gehängsel am Baumzeug sollen von
der Pracht einen Eindruck geben. Unten dem zurückgeschlagenen
Mantel sieht 'man das freie Bein im Kettenstrumpf.
b. bethlehemitiseher Kindermord. Rechts thront Herodes,
das Schwert auf das Knie gestützt. Vor ihm sind zwei Männer
in langem Rock beschäftigt, sich ihres Auftrages zu entledigen.
Jeder von ihnen hält ein Knäblein an den Haaren, um es zu
morden. Zwischen ihnen liegt ein gemordetes Wickelkind am
Boden .
c. Gefangennahme. Christus wird von zwei Juden, die von
rechts und links auf ihn zutreten, an den Händen gepackt.
Christus trägt Bart und langes Haar. Zum ersten Mal Kreuz-
nymbus. Die Kleidung besteht aus einem Rock und einem unter
den Armen schräg über einander gelegten Tuch. Die Juden in
Ärmeltunika und Überwurf tragen spitzen Judenhut.
d. Chrucifixus. Christus im angelsächsischen Typus des
XII. Jahrhunderts. Es ist der gekreuzigte König mit der Krone
auf dem Haupte. Der bärtige Kopf ist scharf nach links gewandt.
Das Haar fallt auf die Schultern herab. Der Lendenrock, vorn
zu einem Knoten geschürzt, reicht bis über die Kniee. Die Füsse
stehen getrennt auf einem Suppedaneutn. Zu beiden Seiten zwei
Jünger, welche schmerzlich bewegt eine Hand ans Auge führen.
Zu den Füssen des Gekreuzigten in Anbetung zwei Menschen,
vielleicht die Stifter oder Patrone.
Der abgeschrägte Unterteil der Kuppe ist ornamental be-
handelt; er ist vollständig mit blattartigen Schuppen überzogen
und durch Adler, die sieh am unteren Beckenrand feBtkrallen,
vierfach gegliedert. Die Adler sind kenntlich an den Strümpfen ;
die Flügel sind auseinandergeschlagen, der Steiss fest gegen das
Becken gedrückt uud der spitz geschnäbelte Kopf weit vorgestreckt.
Der Übergang zum Fuss wird durch diese Tiere sehr belebt.
Der Schmuck des würfelförmigen Fusses besteht aus vier
Eckfiguren und vier ornamentierten Feldern zwischen diesen.
Dargestellt sind als Eckfiguren : ein Löwe, Petrus, ein nackter
Mensch und ein Bischof. Auf den Feldern: ein Löwe, ein Pfau,
zwei pickende Vögel und ein Basilisk.
Der nach rechts gewandte Ecklöwe hat sich auf die Hinter-
pfoten gestellt. Um den Hals legt sich ein dicker Reifen. 1 ) Das
Maul ist weit aufgerissen. Offenbar ist der Löwe in Beziehung
') In diesem sehe ich ein Argument, welches auf die venationes als
der möglichen Entlehnungsquelle hinweist. Denn gerade auf Darstellungen
der antiken Hetzen zeigen die Tiere diese Eisenringe und Halsreifen. Aller-
dings ist nicht an eine direkte, ich möchte sagen, primäre Entlehnung zu
denken, sondern an eine sekundäre, und es mag dem Steinmetzen vielleicht das
entlehnte Bild einer alten Tierhetze als Vorbild gedient haben. Über die Verechla-
gung solcher Motive in den Norden confer. Willens : Bronceeimer zu Hemmoor.
)ig!Liz e dbyGOOgle
_ 23 —
gesetzt zu den Untieren rechts und links. Der Drache rechts
trügt Flügel, Panzer und Schuppenhaut. Der spitz auslaufende
Schwanz ist geringelt, die Klauen sind vorgestreckt und im Bogen
schnellt er auf den Kopf des Löwen zu. Links ist ein Drache
gebildet, . der den Kopf nach rechts wendet und mit dein Maul
seinen hochgeschwungenen Schweif packt. Die Bewegungslinie
ist ungefähr die eines grossen lateinischen S. Über die Deutung
kann kein Zweifel bestehen. Der Löwe verkörpert hier die Macht
dos Guten, welche den bösen Gewalten ein Gegenstand des Hasses
ist. Drache und Basilisk sind nach Psalm 90, 13 die zerstörenden
Tiere, welche Christus als Sieger zu Boden tritt. Die Errettung
vom Tode wird in der Gegenecke ausgesprochen; ich fasse die
nackte Gestalt und die zwei anstossenden Seitenbilder wieder
zusammen. Die nackte Gestalt versinnbildlicht das Wieder-
aufblühen des Fleisches. Zu Grunde liegt Psalm 27, 7: et refloruit
caro mea. Die zwei Vögel links sind aufzufassen als in den
Zweigen pickend: sie symbolisieren die Seele des Gerechten und
der Pfau die gläubige Seele, welche sich am Kelch, als dem Quell
des Heils, erquickt.
Form und Aufbau der Taufe zu Borby ist fast unveräudert
wie zu Sörup. Der Fuss ist fast vollständig übereinstimmend, der
Übergang zur Kuppe ein wenig modifiziert. Die Vermittelung
wird nicht mehr hergestellt durch ein frei liegendes Kissen, sondern
durch eine, dem Fuss angegliederte Wulste. Die Figuren sind
etwas grösser und über die Wulste hervorstehend. Die Schrägung
der unteren Kuppe ist ein wenig steiler als zu Sörup, auch fehlen
die Adler. Geschieden werden Ober- und Unterteil der Kuppe
dureh ein Gurtornament, dessen Windungen denen des Taufsteins
zu Sörup entgegen laufen.
Die Darstellungen an der Kuppe umfassen:
a. Geburt Christi;
b. Anbetung und Zug der Könige;
c. Herodes;
d. Christus in der Unterwelt.
a. Die Geburtsscene hält sich im Rahmen zeitgemässer Auf-
fassung. Die Madonna liegt in einer hölzernen Bettlade unter
einer lang herabreichenden Decke. Der linke Arm ruht auf der
Decke, das Haupt auf Kissen. Rechts auf einem Stuhle sitzt
Joseph, die Rechte auf die Bettkante gelegt, in der Linken ein
Öllämpchen. Über dem Bett die Krippe mit dem Christuskind,
nebst Ochs und Esel, welche aber nur andeutungsweise in den
Köpfen gegeben sind Auffällig, weil ganz ungewöhnlich ist noch
die Bildung einer Hand, die von oben rechts in dieses Bild
hineinreicht und ein birnenförmiges Gefäss mit überhängender
Schlinge fasst. Ik onographisch bietet mir nur die Annahme eine
Erklärung, dass hier zwei Scenen zusammen combiniert sind: Die
zedbyGOOgle
Geburtsdarstellung und die Badescene. Auf Badeacenen kommen
Engel mit Salbflaschen vor und so möchte ich in diesem offenbar
aus dem Himmel in das Bild hineinreichenden Arm mit Salb-
nasche den Arm eines Engels erblicken.
b. Anbetung und Zug der drei Könige. Genau so wie zu
Sörup.
c. Herodes. Wohl den bethlehemitischen Kindermord an-
deutend. Die Gestalt des Herodes hier nach rechts gewandt,
sonst gleich wie zu Sörup.
d. Christus in der Vorhölle. Der Zugang zur Hölle ist, wie
gewöhnlich, als burgartiges Haus gedacht mit zwei Toren; das
eine Tor ist offen. Von links schreitet Christus heran. Der
Heiland mit Glorienschein ist bärtig und mit Tunika und Pallium
bekleidet; er tritt auf den, am Halse gefesselten Tod, der am
Boden liegt und dem er das Siegeskreuz auf die Stirn gesetzt
hat. Mit der Rechten führt der Herr Adam aus der Unterwelt.
Adam ist nackt und trägt Bart und langes auf die Schultern
niederwallendes Haar. Hinter dem Stammvater steht Eva und
im Hintergründe, etwas grösser, Jessaias. Als Absehluss der
Scene dient der Höllenrachen, der aus weitem Schlünde lodernde
Flammen empor speit.
In der Dekoration des Fusses ist der Borbyer Taufstein
dem zu Sörup fast gleich. Das Pfauenmotiv kommt zweimal vor,
ferner zweimal romanisches Blattwerk. Die Eckbilder sind vier
menschliche Figuren, von denen zwei an Kappe und Bischofs-
mütze als Kleriker kenntlich sind. Wen die zwei anderen Figuren
darstellen, ist nicht klar zu ersehen. Aus der Adorantengeste des
einen und der Schriftrolle des andern ist es schwer, eine unan-
fechtbare Entscheidung zu treffen. Tracht und Stellung ist gleich
wie zu Borby.
Was den Grad künstlerischer Durchbildung betrifft, den beide
Werke erreichen, wenn es überhaupt statthaft ist, einen künst-
lerischen Massstab hier anzulegen, so ist es offenbar, dass der
Taufstein zu Sörup auf einer etwas höheren Stufe steht. Man
vergleiche nur hier wie dort die cathedra, auf welcher die Madonna
sitzt. Zu Sörup Bind die Formen schon zierlicher. Der Steinmetz
zeigt auch zu Sörup ein besseres Formempfinden. Er setzt nicht
einfach die Kuppe auf den Fuss wie zu Borby. Er bildet den
Oberteil des Fusses so, dass dieser wie ein losgelöstes Glied für
sich aussieht, welches den von oben lastenden Druck mildert und
vermittelt. Die Trennung von Ober- und Unterteil der Kuppe
ist stärker betont durch einen Viertelstab, der unter der Gurte
das Becken umzieht. Auch das Verständnis für Proportionen ist
zu Sörup ein besseres. Die Grössen zwischen Mutter und Kind
sind z. B. besser abgewogen. Es ist sichtlich ein Kind, das die
Mutter in den Armen hält. Das Missverhältnis der Grösse ist zu
zedbyGOOgle
Borby sehr auffällig. Der Söruper Taufstein ist eine Wieder-
holung des Borbyer Werkes im Zeichen des handwerklichen
Fortschrittes. Trotz dieser mannigfachen Vorzüge zeigt auch der
Skulpturenschmuck des Söruper Taufsteins nur von schemenhafter
Gebundenheit und einer ganz primitiven GestaltungBweise.
Es war am Anfang der Besprechung vorläufig als erwiesen
angenommen, dass die Taufsteine zu Sörup und Borby aus
Schweden stammten und auch stammen müssen. Wenn nicht
das Material eine Handhabe zur Bestimmung der Herkunft böte,
möchte die Behauptung aufgestellt werden, dass das Material von
Süden eingeführt und von einheimischen Steinhauern bearbeitet
worden sei. Steinhauer hat es an der Ostküste zweifellos gegeben.
Die grosse Gruppe der Granittaufen wird dies am Schlüsse er-
weisen. Bei den Wittinger und Keytumer Taufen war aus
formalen und stilistischen Gründen auslandische Entstehung als
zweifellos erwiesen. Die Form der Tauf steine zu Borby und
Sörup ist auch sehr charakteristisch; sie kommt in Schleswig-
Holstein nicht mehr vor und südlieh der Elbe auch nicht. Es
ist also zu folgern:
1. dass die beiden Taufen sehr wahrscheinlich nicht im
Lande gefertigt sind;
2. dass formale Einflüsse aus dem Süden nicht anzu-
nehmen sind.
Somit erübrigt nur, die Blicke gen Norden zu wenden.
Jütland und die grossen dänischen Inseln können als Entstehungs-
ort nicht in Frage kommen, weil es dort keinen Kalkstein dieser
Qualität giebt. Es ergiebt sich von selbst als Quelle wieder jenes
Land, das so reich an mittelalterlichen Taufen ist, Schweden.
Einige Momente bestärken diese Annahme.
Die Form unserer Taufsteine bietet die erste Handhabe.
Das einheimische Material, Granit, Sand- und Kalkstein kommt
dort in buntem Wechsel in den mannigfaltigsten Typen vor.
Die Form des Söruper Taufsteins ist auch vertreten und zwar
auf der Insel Gotland. Es kommen auf Gotland mehrere be-
stimmte Typen vor 1 ); so ein Typus der Stanga Kyrka, [Sjonthem,
Vänge, Halla) ein zweiter der Atlingbo Kyrka [Heide, Hväte,
Hogren, Gullotrupe, Träkumla, Masterby, Eckeby etc.] Ein dritter
Typus ist der zu Grötlingbo; das charakteristische des letzten
Typus ist, dass er wie zu Borby und Sörup besteht aus einer
cylinderförmigen Kuppe mit abgeschrägtem Unterteil und einem
Würfelfues, der vier Eckfiguren zeigt und am oberen Rande eine
umfassende Wulste trägt. Hans Hildebrandt sagt im Anschluss
an den Taufstein zu Grötlingbo'): „Att funtar frän Gotland fördes
öfver tili Östergötland, ma anses vara helt naturligt, da Gotland
«Google
hörde tili Linköpings Stift, men de gotländske funtanies omräde
stracker sig fr^n Helsingland genom östra Sverige ned tili Born-
holm, hvarest Akirkeby kyrka har en synerligeu märklig funt af
gotländske sten med iigurer utförde i de gotländske konstnärernes
stil — derine funt är mycketlik Grötlingbofimten — och med en
med vunor tecknad inskrift i gutniskt tungemäl." Da die Taufe
zu Grötlingbo, abgesehen von Kleinigkeiten, in der Form mit
den Taufsteinen zu Sörup und Borby übereinstimmt, so dürfen
wir schon an eine wahrscheinliche Zugehörigkeit unserer Taufen
zu diesem gotländischen Typus, der, wie angedeutet, eine Ver-
breitung bis nach Bornholm hatte, glauben. In dieser Annahme
werden wir noch bestärkt, wenn wir das Gegenständliche der
Darstellungen einer Würdigung unterziehen. Es ist unzweifelhaft,
dass die mittelalterlichen Werkstätten von Taufsteinen in den
figürlichen Darstellungen einen beschränkten Bilderkreis hatten.
Wenn man die Bilder auf allen bekannten Taufsteinen überschaut,
so erholt man einen Cyklus, der die üblichen Darstellungen aus
dem Leben Christi umfasst, wie die bekanntesten Seenen des
alten Testaments und der heiligen Legenden. Gewisse Länder-
teile bevorzugen einen bestimmten Cyklus. Es sei nur auf die
Sakraments Taufen in England hingewiesen; es sind dies Taufen,
die auf acht Kuppenfeldern die sieben Sakramente enthalten
und auf dem achten die Kreuzigung oder eine andere Seene 1 ).
Ein anderer in England sehr verbreiteter Bildercyklus umfasst
Darstellungen aus dem Leben des Heiligen Nicolaus a ). Die aus-
führenden mittelalterlichen Tauf steinwerkstätten haben der Vorliebe
gewieser Länder für bestimmte Cyklen Rechnung getragen 3 ); so
zeigen die von Belgien (Tournay) nach England eingeführten
Taufen (Winchester 4 ) u. s. w.) ebenfalls die Nicolauslegende, eine
Erscheinung, die darin ihre Erklärung findet, dass in England
dem St. Nicolaus als dem Patron der Seefahrer über 380 Kirchen
geweiht sind 6 ). In Schweden ist eine sehr häufig vorkommende
Darstellung die der drei Könige. Es sei verwiesen auf die
Taufsteine zu Gumlösa, Schonen, Grötlingbo, Eke, Atlingbo,
Gotland, Akirkeby, Bornholm u. s. w. Diese Darstellungen wieder-
holten sich an unseren beiden Taufen zu Borby und Sörup.
So führt auch das Gegenstandliche der Bilder nach Schweden.
Wenn auch der genaue Entstehungsort der Taufen zu Sörup und
Borby nicht eher wird angegeben werden können, als bis eine
ausführliche Publikation über die schwedischen Tauf steine er-
') F. C. Husenbeth; On saeramental fonta in Norfolk. Journ. of the
Brit. archaeol. assoc. XIV, 8. 51.
') St. Nicolaus, Patron der Seefahrer.
*) Saintenoy: Prolegomenes . . . S. 97, n. L. Cloquet: etudes sur l'arta,
Tournay.
') Abb. Revue de l'art chretieu 1895. 4. Tf. XV.
*) Hannak, St. Nicolas Church, Brighton. Journ. of the Brit. archaeol.
assoc. XL1L 8. 26.
., .;,,,! i„- Google
— 27 —
schienen # ist, so ist wenigstens Schweden als Ort der Entstehung
anzusehen, vielleicht dürfen Wir schon sagen, die Inael Gotland.
Die Frage nach dem woher betrachten wir solange als gelöst, bis
das Gegenteil bewiesen ist.
Was nun die Datierungsfrage der Tauf steine aus got-
ländischem Marmor betrifft, so ist nichts urkundlich überliefert
und verbürgt. Haupt legt sie in die Übergangszeit und Hach
setzt die beiden Taufsteine zu Schlutup und Hainberge 1 ) in das
XIII. Jahrhundert; ich schliesse mich der Ansicht Haupts an.
Diese Datierung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man die
Kirchen, in denen gotländische Taufsteine vorkommen, auf ihre
Entstehungszeit hin prüft. Haupt giebt bezgl. der Entstehungs-
zeit über die Kirchen mit gotländischen Taufsteinen folgende
Angaben:
Adelby. Bau soll romanisch sein.
Bannesdorf. Hausteinbau der Übergangszeit.
Barkau. Zwischen 1232 und 1259 angelegt.
Behlendorf. — ,
Bleckendorf. Zwischen 1227 und 1230.
Boel. Jüngere roman. Kirche.
Borby. Roman. Kirche.
Braderup. —
Breklum. Spätroman. Ziegelbau.
Eken. —
Emmelsbüll. —
Erfde. Romanische Kirche
Flemhude. Um 1240.
Föhr, St. Nicolai. Ziegelbau zwischen 1220 und 1240.
Haddeby. Übergangsbau.
Hamberge. Zwischen 1286 und 1340.
Hattstedt. Ziegelbau, unter den frühesten genannt.
Heiligenhafen. Übergangsbau. 1259 genannt.
Hoirup. Kirche aus Tuff. 1204 genannt.
Hohenstein. Anf. d. XIIl. Jahrh. 1259 erwähnt.
Hügum. Roman. Hausteinbau.
Jöri. —
Kl.-Solt. —
Lensahn. Anf. d. XIII. Jahrh. 1259 erwähnt.
Lindholm. XIII. Jahrh.
Lysabbel. —
Morsum. Spätromanisch.
Nordmarsch. —
Ottensen. ■ —
üdenbüll. Backsteinbau des XIII. Jahrh.
a Schlutup, Behlendorf und Hamberge.
^LizedbyGOOgle
Petersdorf. ? XIII. Jahrh.
Pronstorf. 1149—54.
Satrup i. A. —
Scherrebek. Roman. Hausteinkirche.
Schlaniersdorf . 1 1 29— 1 156 .
Schönkirchen. Um 1300.
Sörup. Roman. Granithausteinbau.
Stedesand. Spätestens a. d. XIII. Jahrh.
Waabs. Rom. Feldsteinbau.
Bei einer Zahl von 41 angeführten Beispielen erfahren wir
über 10 Kirchen nichts betreffs der Entstehungzeit, 29 Kirchen
zeigen das Gepräge dee röman. Stils oder der Übergangszeit,
darunter sind 10 Ubergangsbauten aus Backstein und nur zwei
Kirchen sind später datiert. Nun ist es augenscheinlich, dass zu
einer fertigen Kirche auch notwendig ein Tauf stein gehörte. Eh
bieten sich also nur zwei Möglichkeiten, entweder sind die got-
landischen Taufsteine gleichzeitig mit den spätromanischen und
Übergangsbauten oder sie sind später. Die Kirchen im Über-
gangsBtil sind wahrscheinlich unter Waldemar II. erbaut worden,
d. h. in den ersten Jahrzehnten des XIII. Jahrh., die Tanfsteine
also in die gleiche Zeit zu setzen. Sind aber die gotlandischen
Taufsteine später, dann müssten andere Taufsteine vor ihnen in
den angeführten Kirchen gestanden haben. Von solchen Tauf-
steinen hat sich aber keine Spur nachweisen lassen. Die ganze
Einfuhr von gotlandischen Taufsteinen fällt also im wesentlichen
in die erBte Hälfte des XIII. Jahrh. Für diese frühe Datierung
lässt sich noch ein anderes Argument anführen : auf der Gnesener
Erztür, die bislang noch immer in das Ende des XII. oder XIII.
Jahrh. gesetzt wird, kommt unten links ein Waschbecken in
Form eines gotlandischen Taufsteins vor, Kelchform mit Spitz-
bogen. Bedenken formaler Art dürften somit nicht mehr ins
Gewicht fallen. Die Taufsteine zu Schönkirehen und Hamberge
dürften als Ausläufer dieses Typus anzusehen sein; ein gewisser
Verfall und eine willkürliche Behandlung in Form und Ornamentik
ist offenbar. Auch hier ist wieder eine zeitliche Übereinstimmung
mit den Bauten zu erkennen, denn die Kirchen zu Schönkirchen
und Hamberge waren gerade die zwei Beispiele, die um die
Wende des XIII. bis XIV. Jahrh. erbaut waren.
Im bisherigen Teil der Arbeit sind nur die mittelalterlichen
Taufsteine Schleswig-Holsteins behandelt worden, deren Material
ein fremdländisches Gestein war. Die mittelalterlichen Granit
taufen sind in der urschriftlichen Dissertation auch behandelt
worden. Auf Grund einer gütigen Erlaubnis von der Fakultät
bin ich von der Verpflichtung entbunden worden, die gesammte
Arbeit in Druck zu geben.
-,.!,.,! byGooyle
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Lebenslauf.
Ich, Ernst Eduard Friedrich Sauermann, evangelisch-
lutherischen Glaubens, bin geboren am 9. März 1880 zu Flens-
burg. Mein Vater ist der Direktor des städtischen Kunstgewerbe-
Museums zu Flensburg und der dem Museum angegliederten
Kunstgewerbe schule. Ich besuchte in Flensburg die Oberreal-
schule, die ich Michaelis 1899 mit dem Zeugnis der Reife
verliess. Ostern 1902 bestand ich die Gymnasialergänzungs-
prüfung am Kgl. Gymnasium zu Ratzeburg. Seit Oktober 1899
studierte ich Kunstgeschichte und war immatrikuliert auf je ein
Semester an den Universitäten zu Berlin, Heidelberg, Kiel; dann
3 Semester in Berlin und -wiederum 2 Semester in Heidelberg.
Ich hörte Vorlesungen über Philosophie, Aesthetik, Literatur-
geschichte. Archaeologie, italienische und altfranzösische Sprache
und Kunstgeschichte. Desgleichen nahm ich teil an Übungen in
den genannten Fächern. Vor der Promotion war ich 12 Wochen
in Italien. Besonders zu danken habe ich Adolf Goldschmidt
und Henry Thode, sowie dem Provinzialkonservator Richard
Haupt, der mir zu dieser Arbeit seine Sammlung von Abbildungen
und Zeichnungen zum Studium erschloss.
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