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Full text of "Die oster- und passionspiele, literarhist. untersuchungen ueber den ursprung und die ..."

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34. 



DIE 



OSTEß- UND PASSIONSSPIELE. 



LITERARHISTORISCHE UXTERSÜCHÜNGEN UEBER DEN URSPRUNG 
UND DIE ENTWICKELUNT, DERSELBEN BIS ZUM SIEBENZEHNTEN JAHRflüNDERT 

VORNEHMLICH IN DEUTSCHLAND 



KBBST 



DEM ERSTMALIGEN DIPLOMATISCHEN ABDRUCK 



I>£8 



KUENZELSAUER FRONLEICHNAMSSPIELES 



VON 



GUSTAV MILCHSACK 



ibo dl: u br 

* FOREIGN 
PROGRESG! 



I. DIE I.ATEINISCHEK OSTERFEIERK 



WOLFENBUETTEL, 

JULIUS ZWISSLER 

1880. 




DRÜCK VON L. HOLLE'S NAOHFOLOER IN WOLFKNBUETTEL. 



HERRN PROFESSOR 



rRIEDRICH ZARNCKE 



zu LEIPZIG 



AUS DANKBARKEIT UND INNIGER VEREHRUNG. 



Als ich im jannar 1876 mit der kollazion der heidelberger papierhandsohrift des jüngeren Titnrel no 141, der letzten 
von den vielen handsofariften dieses gediohtes beaobaftigt war, erhielt iob von T. 0. Weigel in Leipzig die anfforderong, einige 
altdentsohe manaskripte nach alter, inhalt u. s. w. zn bestimmen, welohe aus der nachgelassenen bibliotek des privatgelehrten 
dr Hermann Lotze herrührten und mit dieser letzteren zur Versteigerung gebracht werden sollten. Das unter diesen manu* 
Skripten befindliche gedieht von Unser vrouwen klage zog besonders meine aufinerksamkeit auf sich, weil es mir anderwärts 
noch nicht bekannt zu sein schien. Aber auch nachdem ich gefunden, dass es aus einer anderen handschrift von Mone in 
seinen Schauspielen des mittelalters 2, 210 ff. schon zum abdruck gebracht worden war, reizte es mich, diesen gegenständ noch 
eine weile zu verfolgen. Sohönbachs abhandlung Üeber die Marienklagen, Graz 1874, welche am Schlüsse auch der beziehungen 
dieses gedichtes zu den dramatischen marienklagen gedenkt, führte mich auf das gebiet der passions- und osterspiele hinüber 
und ich musste alsbald erkennen, dass ich mich hier einer materie gegenüber befand, die, trotz der von jähr zu jähr sich 
hänfsnden publikazionen und abhandlungen, eine nach wissenschaftiiohen grundsatzen gerichtete und metodische bearbeitung' 
noch nirgends er&hren hatte, obschon sie offenbar eines der wichtigsten und interessantesten probleme der mittelalterlichen 
literatnrgeschiohte umschloss und für die auf hellung ihres entwickelungsprozesses nicht unbedeutende erfolge in gewisse aussieht 
steUte. Dennoch würde ich dieses von dem geraden wege meiner studieu abseit liegende gebiet nicht ernstlich betreten haben, 
wenn mich die umstände dazu nicht gedrängt hätten. 

Als mitglied des deutschen seminars hatte ich im februar des genannten jahree eine wissenschaftliche arbeit zu liefern. 
Dass ich in den wenigen wochen, welche mir dazu noch erübrigten, auch nicht in annähernd befriedigender weise, das ver- 
hältniss des jüngeren Titurels zu demjenigen Wolframs von Eschenbach in jener partie strofe 416 — 1340, in welche die erhal-> 
tenen bruchstücke des letzteren vergebt sind, auf grund meiner umfassenden kollazionen zu lösen, mich versucht fühlen koniite» 
war klar. Ich entschloss mich diüier, das gedieht von Unser vrouwen klage, welches mir der zufall in die bände gegeben, 
zur erfüUung meiner seminaristischen pflichten zu bearbeiten und ich hatte das glück in der b'teratur des 14. und der folgen- 
den jiüirhunderte eine beträchtliche anzahl aus ihm herrührender entlehnungen zu finden, wodurch es sich als eines der g&- 
lesensten und geschätztesten, weil in die damals dem marienkult und der mystik immer mehr huldigenden geistes- und gemüts- 
riohtung einschlagenden poetischen erzeugnisse erwies i. Nach solchen resultaten und bei der gegründeten aussieht auf grössere 
und wichtigere, welche eine durchforschnng der oster- und passionsspiele ergeben musste, glaubte ich einen gegenständ nicht 
sogleich wieder verlassen zu dürfen, bei welchem man über Mones und Grimms hypotesen noch in keinem einzelnen wich- 
tigeren punkte hinausgediehen war, der zumal bei dem ihm in neuerer zeit von den verschiedensten seiten entgegengebrachten 
interesse eine endliche klarlegung nicht minder als die titurelfrage erheischte und den ich überdies im laufe des sommers auf 
nicht viel mehr blättern abzuhandeln hoffte, als nun die lateinischen osterfeiem für sich allein in ansprucb genommen haben. 
Diese hoffnung war nur leider allzu sanguinisch. Der ent¥rickelung8gang der osterdramen war zwar verhäitnissmässig leicht 



1. Da Enut Martin in der neuen aoigabe Ton Waokemagele Gesotaiohte der deatachen literatnr 8. 306 die suent ron H. Hofbnann aufj^eBtellte und 
lodann ron Schade, GeietUche gedlohte rom Kiederrhein s. XYI. XVII and 244. 347,> nnd Schönbaob, Ueber die marienklagen e. 47, anerkannte 
behanptung wiederholt, dau die in Haapt nnd Hofbnanne Altdeataohen bitttem 2, 200 f. mitgeteilte marienklage noch im 12. Jahrhundert gedichtet 
wäre, so möge es mir erlaubt sein, dJeeen irrtom, bcTor er grOsserea unheil anstiftet, gleich hier su berichtigen. Man wolle nur y. 3—6, 7. 8, 
9 — 12, 18. 14, 15. 16, 38 — 85, 36 — 38, 30, 40—42, 43 dieser marienklage mit Unser rronwen klage in Paul-Brannes Beiträgen sur gesch. d. d. spr. 
n. lit. 6, 193 ff. T. 101—105, 94—96, 476—481, 802—896, 1122-1125. 1102. 1108 n. 0., 692—594 und 682. 688, 446 IL und 484—487^ 482. 483, 489—491, 
461 ff. in bedehni^ setsen und man wird sich, somal wenn man die flbereinstbnmende gesammteinlage beider hinsunimmt, alsbald abenengen, 
dass wir es hier nur mit einer elenden auf unser Troowen klage beruhenden kompilasion des 14. Jahrhunderts sn tun haben. — Dieselbe ent- 
itehung bekunden der Anselmus bei Schade, Oeistl. gedichte s. 248 IL und Labben, Zeno oder die legende Ton den heil, drei kOnigen, sowie die 
marienklage aas einem kölner druck t. J. 1618 bei Sehade, Oeistl. gedickte s. 214 ff. und di^nige in den ron W. Orimm in Haupts Zeltsöhrift f. 
d. altert. 10, s. 1 — 183 herausgegebenen marienliedem enthaltene s. 19, 10 — 86, 24. "^ 



VI 

7SU. verfolgen, weil sioh denkmäler denellien von den ältesten und einÜBUshsten nooh ganz lateinisoben formen bis zn ihrer end- 
lichen Vollendung in den deutsch- lateinisohen osterspielen in £ut ununterbrochener folge und über den Zeitraum vom 11. bis 
zum ausgange des 15. Jahrhunderts verbreitet in zahlreichen exemplaren erhalten haben. Bei den passionsspielen erhoben sich 
dagegen sehr bald die grossesten Schwierigkeiten. Denn nicht genug, dass hier die ältesten formen, welche zufolge nicht miss- 
zuverstehender historischer Zeugnisse in ziemlichem umüange schon im 12. Jahrhundert existiert, haben mQssen, vollständig fehlen 
und dass die frühesten uns überkommenen fragmente jenes passionsspieles aus dem kloster Muri (Bartsch, Grermania 8, 284 ff.) 
mit keinem der späteren auch nur die leiseste verwantechafb verraten und nur als die ohne naohwirkung gebliebene drama- 
tisierung eines verlorenen epischen gedichtes betrachtet werden können (vgl. unten s. 21): auch bei dem benediktbeuemer und 
den wiener bruchstücken des 13./14. Jahrhunderts, mit welchen wir uns wenigstens auf dem boden der allgemeinen entwickelung 
befinden, föngt die genesis der passionsspiele noch nicht wesentlich an sich zu erhellen, obwohl sie sich in der anläge des 
ganzen, wie iu mancherlei einzelnheiten ihrer szenen, karaktere und selbst ihres textes mit den grossen dramen aus der blüte- 
zeit in der zweiten hälfte des 15. Jahrhunderts nahe verwant erweisen. Erst bei diesen sind wir im stände ihren inneren festen 
Zusammenhang zu überblicken und das werden dieses literatorzweiges in hunderten von entlehnungen genauer zu verfolgen, 
welche von allen seiten auf die im Zentrum stehende trias des frankfurter, alsfelder und des leider verschollenen friedberger 
Spieles ^ zurückgehen, um von diesen aus wiederum in der von K. Bartsch herausgegebenen Erlösung, als ihrer hauptsächlichsten 
quelle zu münden, vgl. unt. s. 21 u. 131. Damit hatte ich allerdings schon ein für die letzte, gewiss literar- und kulturgeschichtlich 
wichtigste periode, nicht unbedeutendes resultat gewonnen. Je erfreulicher dieses war, um desto weniger glaubte ich an dem 
endlichen erfolge auf die durchdringung des die ältere periode des 12. und 13. Jahrhunderts umgebenden mystischen dunkeis 
gerichteter unermüdlicher Studien verzagen zu sollen. So geschah es, dass ich mich je länger je tiefer in diese Studien verlor, 
und so kommt es, dass ich Ihnen heute, hochverehrtester herr professor, anstatt eines Versuches die titurelfrage zu lösen, nur 
den entwickelungsprozesB der lateinisch-dramatischen osterfeier darbringen kann. Dass ich jedoch auch jene ältere schuld ein- 
lösen werde, deren erfüllung Sie sich als eine umfängliche hegründung Ihrer im Graltempel s. 420 ff. ausgesprochenen ansichten 
gewünscht hatten, dafür darf Ihnen meine dankbare gesinnung bürgschaft sein, die der aufopferungsvollen gute, welche mir 
während sechs monaten in Ihrem hause handschriftlichen kollazionen obzuliegen gestattete, niemals vergessen wird. 

Zu der nachstehenden Untersuchung habe ich nur noch weniges zu bemerken. Als ich mich im herbst 1876 zur zu- 
sammen&ssung des gesammelten materiales anschicken musste, schrieb ich eine dissertazion notgedrungen in weniger als vier- 
zehn tagen. Die als einleitung für diese Untersuchungen verfassten ersten beiden kapitel, s. 3 — 22, sind, nur stilistisch geglättet 
und durch einige zusätze erweitert, unverändert geblieben. Für das dritte Ursprung und entwickelung überschriebene kapitel 
wurde dagegen eine stärkere Umarbeitung nicht allein erforderlich, weil ich damals von den hier zur Verhandlung gekommenen 
denkmälem nur ABCDEGJMNOPQRUWXYZab kannte, sondern ganz besonders auch, weil ich um eine darstellung bemüht 
war, die es dem leser so viel als irgend möglich leicht machen sollte, meinen entwickeluiigen zu folgen. Aus diesem gründe 
vornehmlich habe ich mich auch nach langem bedenken dazu verstanden, sämmtliche stücke hier nochmals zum abdruok zu 
bringen. Und es konnte dieses um so eher geschehen, als die bücher, welche die meisten enthalten, sehr selten und teuer 
geworden sind, überdies die denkmäler in einer ihre entwickelungs Stadien nicht berücksichtigenden folge und noch dazu ohne 
bezifferung ihrer einzelnen sätze zum abdruck gebracht haben, so dass korrektes zitieren gleicherweise wie schnelle und sichere 
Orientierung und Übersichtlichkeit sehr erschwert und somit das verständniss des lesers im höchsten grade behindert gewesen wäre. 

Zu bedauern habe ich endlich noch, dass die im anhange mitgeteilten rituale zu spät in meine bände gerieten, um 
gehörigen ortes eingeschaltet zu werden. Sie deshalb auszuschliessen schien mir nicht rätlich; denn man wird sie auch so 
ohne grosse mühe bei den ihre entwickelungsformen behandelnden abschnitten herbeiziehen können und wenn sie auch den 
gefundenen resultaten ein wesentlich neues nicht hinzufügen konnten, so dienen sie doch zur Verstärkung der beweise sowohl 
für die nachgewiesene älteste form als für die entwickelungsstufen der ersten und zweiten gruppe und widerlegen endgültig 
die bisherige ansieht über die aufführungszeit der lateinisch-dramatischen osterfeiem, indem sie die matutin des ostermorgens 
augenscheinlich als solche bezeugen. 

WOLFENBUETTEL, DEK 9. DECEMBER 1879. 



]. Von di«Miii hat bekanntlich Weigand in Haupts Zeituhrift f. d. a. 7. •. 646 ff. eine kune besohreibong gegeben. Einer an diesen anfiuigi ISTO 
geriohteten bitte, um mitteüung über den eigentflmer der handeofarift, konnte er leider nicht entsprechen, da er sie L J. 1849 durch rei^ 
mittelnng eines dritten sur benutxung erhalten habe, nun aber beide nicht mehr am leben seien. Sein Rundliches anerbieteui nach l&berstandener 
krankheit erkundigungen fttr mich einiusiehen, hat ihn der tod su eiftülen rerhindert. Sollten dieae seilen jemandem au geeicht kommen, der 
über das Schicksal der handschrifl kenntniss erhalten, dem wllrde ich für geflUlige auskunft sehr dankbar sein. 



I^^HALTSÜEBERSICHT. 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN * gtita 

1. Die bisherigen ansichten aber den Ursprung und ^die entwickelnng der oster- und 

passionsspiele S 

2. Unkenntniss und falsche auffiftssung der Mone'scben teorie bei den späteren 16 

3. Ursprung und entwickelung 23^ 

A. Die älteste form . . . / 26 

B. Erste gruppe, ABCDE 36 

C. Zweite gruppe, FGHIKLMN 46 

D Dritte gruppe, OP 68 

E. Vierte gruppe, QRSTirVWXYZah 64 

F. Das mysterinm aus Tours, c 97 

G. Ergebnisse 116 

ANHANG I. Ordo wirceburgensis I, c. a. 1490 121 

II. Wien II, XV. Jahrhundert 124 

III. Ordo augustensis I, 1487 126 

IV. Ordo augustensis U, 1680 131 

V. Bigot, XIII. Jahrhundert 133 

VI. Ordo wirceburgensis II, 1664 138 

Berichtigungen und Zusätze VIII 



BERICHTIGUNGEN' UND ZÜSAETZE. 

S. 24, z. 22 lies p. 116 statt p. 316. — S. 25, z. 5 lies ü statt T. — S. 26, z. 6 lies XII. statt XIII. — S. 26, anmerk. 2 
lies requisivirnus. — S. 28, Illa 1 ist C zu streicheiL — S. 28, Illb 4 lies Ihesam Nazarenum orucifixum (cnicifixum fehlt N) 
quaerimus GHKLNT. — S. 29, IVa 1 lies praedixerat. — S. 30, z. 6 lies MATTH. 28, 6—7. — S. 30, z. 6 v. u. lies (Luk. 
24, 6). — S. 31, Illa ist C zu streichen. — S. 43, z. 1 v. u. lies nuas. — S. 46 G lies 1 = A 1. 2. — S. 51 N 19 lies vide- 
hitis. — S. 53 beziffere M 10. 11. 12 statt 9. 10. 11. — Zu s. 54 anmerk. 2: noch eine andere yersifizierte form des Dicant 
nunc ludei findet sich unter den hymnen in der handschrifb des mysteriums aus Tours, bei Luzarche, Office de paques p. 40: 
In bac die dei, Quo modo, o Scariothei, Quomodo in ortu diei, . 

dicant nunc Hebrei, 10 dicant nunc Hebrei, dicant nunc Hebrei, 

quo modo ludei ludea [?] ludei viri Galilei 

regem perdiderunt, male dormierunt? 20 dominum viderunt? 

5 Nostri corpus dei? Quo modo, mater Zebedei, Quo modo pharisei, 

dicant nunc Hebrei, dicant nunc Hebrei, dioant nunc Hebrei, 

numquid [VJ Pilati 15 mater Salomei omnes erant rei, 

petram revoluerunt? Petrum proveneruntV omnes perieruntl 

— S. 63, z. 1 ist T zu streichen. — S. 64, S 2 lies est statt et und queritis statt quaeritis. — S. 69, X 7 lies . . . looutus [est] 
in Galilaea. — S. 86, z. 16 v. u. lies c 185. 186 und 204. 205. — S. 88, z. 3 v. u. lies von statt vor. — S. 108, z. 15 lies 
reuoluii, — Zu s. 110, z. 16 und s. 86, z. 1 v. u.: die stelle ev. Lukas 24, 32 findet sich auch zu einer antifone verarbeitet 
im Missale verdense v. j. 1493 (vgl. s. 123 zu anhang I, 1, 1 — 8) im graduale des zweiten ostertages fol. 79b Nonne cor nostrum 
ardens erat in nobis de hiesu, dum nobis loqueretur in via? und auf dieser antifone wird das Ardens est cor meum desiderio etc. 
der Magdalena X 16 und c. 202. 203 beruhen, da man mit Sicherheit annehmen darf, dass sich die bearbeiter der dramatischen 
osterfeiem bei erweiterungen und Zusätzen stets zuerst in den kirchlichen ritualen nach etwas passendem umschauten, ehe sie 
unmittelbar auf die bibel selbst zurückgriffen. — S. 102, c 269 — 271 : auch dieser satz ist eine antifone und steht wörtlich 
•ebenso in dem für den weissen sonntag bestimmten rituale des Missale verdense v. j. 1493, fol. 85a; der Verfasser des myste- 
riums aus Tours hat also ebenfalls, . obschon er den für seine bearbeitung des aktes vom ungläubigen Thomas im ev. Job. 20, 27 
entsprechenden text fertig vorfand, der antifone den vorzug gegeben. Da die osterfeiem alle musikalisch sind, so ist es nioht 
unwahrscheinlich, dass die bearbeiter der lateinischen osterdramen durch die benutzung schon in musik gesetzter antifonen der 
Schwierigkeit, eigene melodien zu erfinden, nach möglichkeit zu entgehen suchten. — S. 121, anh. I, 1, 16 ist die interpunkzion 
nach anh. VI, 1, 7 zu verbessern. 

Neuerdings hat ^n^ag, ^loro^ixav Boxi/iov Tts^tl rov &edT^ov xal r^g /tiovaixfjg Ttav Bv^avrivcav. Ev Beviqria 1879. 8 
pag. ir, ff. die entstehung der geistlichen mysterien im abendlande byzantinischem einflusse zu unterstellen versucht und ebenso 
scheint Gerh. von Zezscbwitz in seinem vortrefflichen buche Vom römischen kaisertum deutscher nazion. Leipzig 1879, s. 99 
und anmerk. 144 dieser ansieht zuzuneigen. Die imposante dramatische anläge des orientalischen messgottesdienstes hat Heinr. 
Alt, Teater und kirohe. Berlin 1846. 8, schon in die beurteilung über diese frage gezogen, der seitdem vielfach, wenn auch 
meistens etwas verblümt, weil es an direkten anknüpfungspunkten fehlt, als die veranlassung zur abfassung unserer kirchlichen 
dramen angeführt worden ist. Ohne dem ergebniss meiner weiteren Untersuchungen, wobei namentlich auch die vielen histo- 
rischen Zeugnisse in betracht kommen werden, vorgreifen zu wollen, glaube ich, wird man doch schon jetzt diese meinung als 
unhaltbar bezeichnen dürfen, weil die lateinischen osterfeiern, die ja die frühesten erhaltenen formen des geistlichen dramae 
im abendlande sind, im Orient bisher noch nicht nachgewiesen werden konnten und ihre aus den primitivsten anfangen hervor- 
gehende so allmälige entwickelung bei der anknüpfiing an das schon im 10. Jahrhundert zu grösserer ausdehnung gelangte 
byzantinische geistliche teater schwerlich zu erklären sein würde. 






» 



I. 



DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN, 



s, 



^eit B. J. Docen i. j. 1806 als der erste zwei mittelalterliche Schauspiele der Öffentlichkeit über- 
geben^, sind die bekanntmachungen auf diesem gebiete unserer literatur zu einem ströme gewachsen. 
Neben Heinr. Hoffmann von Fallersleben, der den wert der fOnf von ihm herausgegebenen dramen^ 
durch hinzufiigung einer reihe alter Zeugnisse wesentlich erhöhte, hat sich F. J. Mone in diesem bezuge 
hervorragende Verdienste erworben; seine Altteutschen Schauspiele' und die Schauspiele des mittelalters * 
sind bis auf diese stunde eine hauptquelle für die kenntniss eines teils unserer ältesten dramatischen 
poesie geblieben. 

Nachdem einmal die bahn gebrochen, das Interesse geweckt war, geschahen weitere Veröffentlichungen 
in rascher folge und mit ihnen machte sich das bedürMss geltend, den wiedergewonnenen denkmälem durch 
wissenschaftliche behandlung in der gcschichte unserer literatur ihren platz anzuweisen. Es fehlt daher 
nicht an versuchen, die entstehung und den verlauf der allmäligen entwickelung unseres altdeutschen Schau- 
spiels aufzuhellen, wozu von Mone selbst ein in mancher hinsieht sicherer boden schon geschaffen war. 
Nirgends aber ist diese nunmehr erste und notwendigste aufgäbe auch nur für einen abgesonderten zweig 
desselben in befriedigender weise gelöst worden. Es bedarf nur eines hinweises auf unsere literatur- 
geschichten, in denen man eine klare darstellung gerade der älteren periode unserer dramatischen dichtung 
vergeblich suchen wird, um dieses zu bestätigen, und jedes ernsthafte unternehmen in das dunkel dieser 
epoche tiefer einzudringen hat darum in der sache selbst vollkommene begründung. 

1. DIE BISHERIGEN ANSICHTEN UEBEB DEN IJBSPRIJNG UND DIE ENTWICKELUNG 

DER OSTER. UND PASSIONSSPIELE. 

Bevor ich darangehe, meine eigene Untersuchung darzulegen, wird dem leser eine Orientierung über 
den gegenwärtigen stand der frage willkommen sein. Ich führe daher in der kürze die ansichten deijenigen 
forscher vor, welche zuerst und auf grund eigener Studien über den Ursprung und die antriebe zur Weiter- 
bildung des altdeutschen oster- und passionsdramas sich geäussert haben, und übergehe hier eine grosse 



1. Den LnduB pasohaÜB de passione domizii in Aretins Beitragen zur geschichte und literatur 7 (1806), s. 497 — 508 und 
eine Marienklage im Neuen literar. Anzeiger. 1806. Sp. 82 — 84. 

2. Fundgruben für gesch. deutscher spr. u. lit. 2, 8. 289 — ^336, darunter den schon von Dooen abgedruckten Ludus paschalis 
unter dem titel Christi leiden und die Marienklage. 

8. Als 21ster bd, der Bibliothek d. ges. deutschen nationalliteratur von der ältesten bis auf die neuere zeit Quedlinburg 

u. Leipzig (Gottfr. Basse). 1841. 
4. Zwei bände, Karlsruhe (C. Macklot) 1846. 

1* 



4 DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

anzahl von kleineren abhandlungen und besonderen Schriften, welche die ansichten jener übernommen haben, 
ohne sie aus eigener beobachtung wesentlich zu modifizieren. Den besonderen Verdiensten dieser werde 
ich, wenn sich nicht im laufe meiner arbeit gelegenheit dazu bietet, im Schlusskapitel gerecht zu werden 
suchen, welches die resultate der bisherigen forschungen übersichtlich zur darstellung zu bringen 
bestimmt ist. 

Schon der Inhalt, namentlich des benediktbeuemer Ludus paschalis aber auch der anderen spiele, 
welche Hoff mann aufgefunden hatte, machte den geistlichen karakter derselben unzweifelhaft, und die 
darin erhaltenen reste der römischen liturgie wiesen ihren Ursprung direkt in die kirche und deren gottes- 
dienstliche gebrauche. Etwa im 12. Jahrhundert, meint Hoifmann^, habe man zuerst versucht, die wichtig- 
sten lehren des kristlichen glaubens in dramatischer form mit selbst- und Wechselgesprächen, die die ganze 
römische liturgie und das täglich geübte amt der heiligen messe selbst dargeboten habe, öffentlich darzu- 
stellen. Die wunderbaren begebenheiten aus dem leben und leiden Kristi, seine geburt, seine kreuzigung 
und auferstehung seien die ersten gegenstände der aufführung gewesen, die aber schon frühe veranlassung 
gegeben, solche aus dem alten testamente und der legende auf gleiche weise zu behandeln. Dass zunächst 
die kirche selbst der Schauplatz, geistliche die darsteiler waren und die gesprochenen und gesungenen werte sich 
ganz an die bibel und die kristliche Überlieferung hielten, so jedoch, dass deutsche verse mit den lateinischen 
wechselten, lag nahe zu vermuten und schien in dem benediktbeuemer Ludus paschalis, dem bis dahin 
ältesten bekannten stücke, bestätigung zu finden. — Dann aber haben sich laien unter die darsteiler ge- 
mischt, welche in neuen scenen fremdartiges herzutrugen, und da zu gleicher zeit auch fahrende leute an- 
gefangen dergleichen spiele aufzuführen, so sei eine allmälige ausartung der anfangs zu religiöser erbauung 
und andacht bestimmten dramen in weltliche kurzweil die natürliche folge gewesen, wogegen auch die 
ermahnungen und verböte der päbste und bischöfe nichts auszurichteu vermocht hätten. Bald sei dann 
das geistliche spiel, obschon es sich noch hie und da als alte sitte in kirchen und klöstem erhalten, vor 
den fastnachtspielen und possen eines Folz, Rosenblüt u. a. verschwunden. 

Dieser deduktion, welche den weg, den die entwickelung des mittelalterlichen dramas geganget«, in 
den ersten allgemeineren zügen aufzuhellen ganz geeignet war, stellte Jacob Grimm sogleich eine ganz 
entgegengesetzte zur seite. Schon in der ersten ausgäbe der Deutschen mythologie ^ hatte er sich für den 
Zusammenhang der altgermauischen mit wechselreden verbundenen aufzüge mit dem späteren deutschen 
Schauspiele ausgesprochen und wiederholte diese ansieht mit nur geringen stilistischen änderungen in der 
dritten'. ,Ich hoffe alter und bedeutsamkeit der Vorstellungen von sommer und winter gewiesen zu haben 
und möchte nur noch eins näher ausführen. Das einkleiden der beiden Vorkämpfer in laub und blumen, in stroh 
und moos, ihre wahrscheinlich geführten wechselreden, der zuschauende begleitende kor zeigen uns die 
ersten rohen behelfe dramatischer kunst, und von solchen aufzügen müsste die geschichte des deutschen 
Schauspiels beginnnen'. Die recension ' des zweiten bandes von Hoffmanns Fundgruben gab ihm gelegenheit, 
seine meinung näher auszuführen. Er glaubt, dass umgekehrt ,die uralte, heidnische oder weltliche, lust 
des volki> nm Schauspiele auch in die kirche drang und die sogenannten mysterien, oster und weihnachts- 
spiele hervor brachte, deren heitere und scherzhafte folie gerade das echt dramatische Interesse begründete 
Dies sei aber schon lange vor dem 12. Jahrhundert geschehen, volks- und kinderspiele, die sich ins höchste 



1. Fundgruheu 2, 2.^9 ff. 
2* Göttin>c«n 1835. S. 465. 

3. GöttinjTHii 1654. S. 744. 

4. 0«>tt'n>rer gelehrte anzeigen, 1833 (56. stück), 1, 551 — 553. 



1. DIE BISHERIGEN ANSICHTEN. J. GRIMM. G. FREYTAG. 5 

altertum verlören, heidnische opferv^rsammlungen und julfeste, scenen aus dem gebiete der tierfabel, ein- 
führungen und Verkündigungen des sommers, mairitte, schwerttänze, vermummungen, welche sich um frau 
Holda, Berchta und knecht Ruprecht drehen, schienen die ältesten und eigentlichen anknüpfungen des 
Schauspiels in deutschland. ,Die kirche suchte, wie in andern fällen, zur Zähmung und Sättigung des volks 
einen teil jener gebi*äuche mit erbaulichen kristlichen Vorstellungen zu vermählen, und so entsprang eine 
reihe von mysterien und dramen, die um so unlebendiger werden, je mehr sie das weltliche element ein- 
zuengen und auszuschliessen trachten'. Die heilige geschichte habe eine menge handlungen von grosser 
dramatischer Wirkung dargeboten, welche durch die entgegenStellung geistlicher und weltlicher, d. h. tra- 
gischer und komischer demente die ergreifendsten und die fantasie des volkes lebendig anregende züge 
ergeben. So verbinde sich im schwäbischen sternspiel von den heiligen drei königen Vergangenheit und 
gegenwart, heilige geschichte und schwäbische lokalität auf das ergötzlichste, wie auch im österspiele die 
kaufmannsscene auf eine komische Wirkung berechnet sei. — 

Damit waren der geschichte unseres Schauspiels zwei probleme in die wiege gelegt worden, von denen 
das erstere durch die einfachheit seiner Voraussetzungen lockte, die man aus den überkommenen stücken 
und aus dem wesen des kristlichen kultus unter faerbeiziehung zeitlich und örtlich verschiedener kirch- 
licher gebrauche fester zu begründen hoifen durfte, während das andere, gestüzt durch die autorität seines 
Urhebers und die begreifliche anziehungskraft, welche das germanische Volksleben und sein kämpf mit dem 
kristentume zumal für die gemüter vor vierzig jähren hatte, zu einer lösung in dieser richtung gar wohl 
reizen konnte. Gustav Frey tag entschied sich für das letztere. Er versuchte, indem er Grimms ansieht 
weiter entwickelte, die entstehungsfasen des dramas bestimmter gegeneinander abzugränzen und, da sich 
HoiTmanns argumente doch nicht ganz ignorieren Hessen, beide mit einander zu versöhnen.^ 

Er geht davon aus, dass das volk, noch bevor es geistliche dramatische aufführungen gegeben, seine 
eigenen uralten belustigungen und spiele gehabt habe, die vorzüglich an den höchsten kirchlichen festtagen 
zur Unterhaltung des volkes dienten. Diese seien eben mit den alten heidnischen festen durch die kluge 
Politik des Klerus zusammengetroffen, der denn auch bald sowohl durch die erhabenheit, als das äusserliche 
glänzende und pomphafte gepränge des gottesdienstes die Schaulust und den Sinnenreiz der herbeigekom- 
mi^nen menge mehr als die fahrenden durch ihre^ spässe zu fesseln verstanden habe. Auf diese weise seien 
die alten volksgewohnheiten in die kirchen selbst hinübergeleitet und nun in diesen jener mummenschanz 
und die tanze ausgeübt worden. Hier aber haben die geistlichen durch eine möglichst feierliche und die 
gemüter ergreifende Vorführung des leidens und der auferstehung Jesu in symbolischen handlungen den 
sieg davongetragen. Man habe im anfange der osterwoche das bildniss des gekreuzigten aufgestellt, am 
karfreitage und samstage, nach recitation der passion aus der liturgie, dasselbe in einem eigens dazu auf- 
geschlagenen grabe bestattet, um es am Sonntage in der ersten frühe feierlich wieder zu erheben und das 
fest des auferstandenen freudig und dankerfüllten herzens zu begehen. Diese feier habe zwar mit scenischer 
darstellung ausser jenen liturgischen wechselgesängen und symbolischen handlungen noch nichts gemeinsam 
gehabt, aber man habe nun diese dramatischen elemente, welche der kultus von selbst darbot und die 
gerade wegen ihrer ähnlichkeit mit den alten heidnischen gewohnheiten auf das volk einen besonderen ein- 
druck machten, dahin vervollkommnet, dass man die von der Maria, dem Johannes und Kristus gesprochenen 
paitien ausschied und einzelnen personen übertrug. So sei, nachdem zu gesang und handlung ent- 
sprechende kleidung und gebärde hinzugetan worden, der anfang der mysterien ins leben getreten. Wann 
dies geschehen, sei ungewiss und wohl hier früher dort später; jedoch glaubt Freytag für das ende des 11., 



1. De initiis soenicae poesis apud Germanos. Berol. 1838. 8^ pag. 32 flf. 



6 1. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

oder den anfang des 12. Jahrhunderts solche auffährungen schon annehmen zu dürfen. — Diese spiele, 
sagt Freytag weiter, seien anfangs lateinisch gewesen und der text bisweilen wörtlich aus der heiligen 
Schrift genommen worden; die kirche sei der Schauplatz, die geistlichen die agierenden gewesen, während 
das volk zugeschaut habe. Nicht lange jedoch und man habe in die der bibel entnommenen wechselreden 
und die gesänge der liturgie deutsche Strophen eingestreut, um dem volke verständlicher zu werden. 
Nachdem aber einmal die deutsche spräche eingang gefunden, habe sie, die lateinische mehr und mehr 
verdrängt, laien und besonders die fahrenden haben sich mancher rollen bemächtigt, aber die kirche und 
die kirchhöfe seien noch der ort der darstellungen geblieben. Als man dann aber auch allerlei weltliche 
und komische teufelsscenen eingelegt, seien die zuerst rein geistlichen spiele dem Klerus langsam entrissen 
worden und im 15. und 16. Jahrhundert ganz in die bände des bürgertums übergegangen und ver- 
weltlicht. 

Die stücke welche F. J. Mone in den Altteutschen Schauspielen herausgab, brachten doch, weil sie 
schon der blute des dramas angehören, keine wesentlichen neuen aufschlüsse über die ursprünglichste 
form desselben, womit indessen ihr wert, den sie in gemeinschaft mit den übrigen denkmälem für die 
geschichte der dramatik haben, keineswegs bestritten werden soll. Das zweite, die ,Aufer8tehung KristiS 
ist dem durch Hofimann bereits bekannten wiener osterspiel in der scenischen anordnung und ausfuhrung 
vollkommen ähnlich, zeichnet sich jedoch durch die erhaltung eingestreuter lateinischer hymnen und bibel- 
stellen aus, von denen sich in diesem, da es weit jünger ist, nur noch die deutschen Übersetzungen finden. 
Daher konnte auch die einleitung Mones^ für die geschichte unseres Schauspiels nichts eigentlich neues 
geben. Er wiederholt, dass die anfange des dramas lateinisch waren und die deutschen stücke manchmal 
noch reste der lateinischen texte enthielten (was aus dem benediktbeuemer ludus und der trierer marien- 
klage schon bekannt war). Man sehe es den passions- und osterspielen an, dass sie nach einem gemein- 
samen originale gemacht seien. Diese lateinische urform und der religiöse Inhalt beweise, dass die geist- 
lichkeit die Urheberin und die besthnmung des Schauspiels eine gottesdienstliche gewesen. Auch er führt 
die entstehung auf die kirchliche liturgie zurück. ,Die Vorlesung der leidensgeschichte am palmsonntage 
und karfreitag nach den evangelien des Matthäus und Johannes geschah auf eine art, die ungezwungen 
zum dramatischen gesang führte, indem der Vorleser den . text der evangelien in einem monotonen recitativ 
vortrug, die werte Kristi darin aber, nach art des evangeliums, gesungen wurden (Grerbert, De cantu et 
musica Sacra. I, 533). Es durften zu diesem vortrage nur zwei stimmen verwendet werden, so war der 
dramatische wechselgesang vorhanden*^. Der grundkarakter unseres alten Schauspiels sei demnach musi- 
kalisch. Dieser gesang sei aber noch nicht dramatisch (d. h. vielmehr drama, handlung), wozu eine mit 
demselben verbundene persönliche darstellung nöthig gewesen wäre. Dies sei aber über die kirchliche 
liturgie hinausgegangen, habe in willkühr ausarten und verboten werden müssen (Gerbert, a. a. o. und 
Hoffmann, Fundgruben 2, 239). Die laien und die deutsche spräche haben dadurch eingang erhalten, 
dass die personen nicht nacheinander auftraten, sondern alle zugleich aufstellung nahmen, und dass bei 
ihrer grossen zahl, welche die stücke erforderte, das geistliche kontingent nicht immer ausreichte. Da- 
durch seien deutsche bearbeitungen notwendig geworden, die, wenn sie von laien ausgeführt wurden, von 
den kirchenlehren abgewichen und endlich durch aufnähme weltlicher Zwischenspiele, obschon wider den 
willen der Verfasser und der zuhörer, zu einer Verhöhnung des heiligen herabgesunken seien. Die oster- 



1. AltteuUche scliausp. s. V6. 

2. Altteutsche scliausp. 8. 14. 



1. DIE BISHERIGEN ANSICHTEN. GRIESHABER. MONE. 7 

spiele betrachtet Mone als eine fortsetzung^ der passionsspiele und wo sie gesondert auftreten, weil sie 
deß tragischen Schlusses entbehren, nur als eine episode derselben.^ 

In der reihe der forscher würde hier F. K. Grieshaber zu nennen sein, wenn dieser, wie 
Ant. Schönbach angibt', schon vor ihm, die sequenz Victimae paschali, als grundlage der lateinischen 
osterfeiem in Deutschland angefahrt hätte. Grieshaber^ ist indessen weit entfernt der von ihm besprochenen 
Sequenz eine derartige bedeutung beizulegen und ist gegen diese Insinuation schon durch Wilken* ge- 
schützt worden. Nachdem er auf s. 1 — 9 seines schriftchens über die Sequenzen und prosen im allgemeinen 
gehandelt, bespricht er s. 10 — 12 die roUenverteilung, die der dichter des Victimae paschali beim absingen 
der Sequenz in der kirche beabsichtigt habe, und weiterhin, dass sie so auch am Schlüsse der St. Galler 
Kindheit Jesu* zur anwendung gekommen sei (s. 13. 14). Was Grieshaber im folgenden (s. 18—24) 
über die entstehung der mysterien und Schauspiele sagt, ist der hauptsache nach der eben besprochenen 
einleitung zu Mones Altteutschen Schauspielen entnommen. 

Mit dem erscheinen von Mones Schauspielen des mittelalters beginnt eine neue epoche für unsere 
kenntniss des mittelalterlichen dramas. Durch sie wurden die bisher veröffentlichten denkmäler mehr als 
verdreifacht. Sie forderten mit einem zuge eine ganze reihe umfangreicher stücke der verschiedensten 
art aus dem 14. und 15. Jahrhundert ans tageslicht, aber auch mehrere jener ältesten kirchlichen mysterien, 
theils in den einfachsten ursprünglichen formen, theils schon mit mannigfachen ei*weiterungen, aber noch 
ganz ohne beimischung deutscher Strophen und Übertragungen der bisher wohl vermutheten, hier aber zum 
ersten male erscheinenden ausschliesslich lateinischen texte. Auf der grundlage so wertvollen materiales 
konnte Mone in bestimmterer weise den ursprünglichen keim und das allmälige Wachstum des schau* 
Spiels in seinen einzelnen entwickelungsstufen bezeichnen. Er tat dies in einzelnen äusserungen, welche 
durch die Vorbemerkungen beinahe sämmtlicher stücke zerstreut sind, und es ist zunächst nur meine auf- 
gäbe, diese zu sammeln und in gehöriger Ordnung zu verzeichnen. — Das drama des mittelalters nahm 
seinen anfang im 12. Jahrhundert ^ ist anfänglich lateinisch und geistlich, bestimmt zur erbauung des volkes, 
und wurde in der kirche selbst zur auffQhrung gebracht®. Es entlehnte seinen Stoff aus der bibelgeschichte 
und der legende, mit dem der dichter nicht willkürlich schalten konnte, und ist somit geschichtlich. Daher 
war es an bestimmte festtage gebunden, deren kirchliche texte sich ganz oder teilweise wiederfinden *, und 
seine wechselgesänge beruhen auf den responsorieu des gottesdienstes, das sind wechselgesänge zwischen 
dem Priester und volke, solo und kor^^. Man fügte diesen ,wech8elgesängen die notdürftigste handlung 
bei, welche im gehen, kommen und räuchern bestand, und erlaubte sich weder eine erweitemng des textes, 
noch eine andei*e handlung, als die übergäbe der grabtücher an die apostel Petrus und Johannes^ So 
entstand die dramatische osterfeier", — Diese einfache abfassung wurde seit dem 12. Jahrhundert durch 



1. Altteutscbe Schauspiele s. 17. 

2. A. a. o. s. 16. 

3. In seiner recension v. E Wilken, gesch. d. geisU. spiele i. Deutschland. Zacher, Zeitschrift für deutsche philo]. IV, 369. 

4. Ueh. d. ostersequenz Victimae paschali und deren beziehung zu den religiösen Schauspielen des mittelalters. Carlsruhe 
1844. 80 (Als beilage zum programme des rastatter lyceums) 

5. Ueb. d. kritische behandlung der geistl. spiele. Halle 1873 80 s. 21. 

6. Mone, Schausp. des mittelalters 1, 128. 

7. Schausp, d. mittelalt 1, 1. 

8. A. a. o. s. 2. 

9. A. a. o. 8. 3. 4. 

10. A. a. 0. s 6. 

11. A. a. o. 8. 7. 



8 1. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

strofische lateinische gesänge ausgeschmückt, welche zuerst, nämlich seit dem 13. Jahrhundert, anlass 
gaben, eine deutsche Übersetzung derselben beizufügen, wovon der kirchentext, der grösstenteils aus bib^I- 
Versen (antifonen) bestand, noch unberührt blieb ^ Die strofische form dieses die osterfeiem erweiternden 
schmuckes forderte eine gleich regelmässige abfassung der deutschen Übertragungen und diese regelmässig- 
keit ist ein kennzeichen des alters^. Erst in späterer zeit sei man dazu übergegangen, anstatt der 
strofen reimpaare zu gebrauchen'. Es habe daher kein plötzlicher Übergang von den lateinischen zu den 
deutschen stücken stattgefunden, sondern sie seien eine zeit lang zweisprachig gewesen*. Der einfluss 
dieses sch«m auf einer höheren entwickelungsstufe stehenden deutsch-lateinischen Schauspiels, sei in einigen 
lateinischen stücken nicht ganz vermieden, weil sie die gereimten lateinischen stellen vollständiger, als sie 
in anderen lateinischen stücken vorkommen, besässen und diese stellen mit den deutschen Strophen jener 
im zusammenhange ständen^. Nachdem aber einmal der anfang zum verdeutschen gemacht worden, so sei 
dies um so schneller geschehen, je weitläufiger das lateinische Schauspiel wurde und je mehr laien es zu 
seiner darstellung nötig gehabt habe. Im 13. Jahrhundert sei der anteil des volkes noch ein geringer 
gewesen, im 14. schon sei die kirche nur noch die begleiterin des deutschen textes, und habe sich im 15. 
ganz von diesen aufführungen zurückgezogen, die darauf ganz weltlich geworden wären •. Schon im an- 
fange des 14. Jahrhunderts müsse die dramatische dichtung eine ziemlich schnelle entwickelung genommen 
haben, deren verlauf er jedoch aus mangel an hinlänglichen beispielen nicht nachweisen könne ^. 

Anders zeichnet Mone die entstehung und ausbildung der passionsspiele. Beim vertrag der passion in 

* 

der kirche ist des erzählende text des evangelisten recitativ, welches die einzelstimmen verbindet. Im 
drama aber traten die evangelisten, da sie zugleich auch apostel sind, handelnd auf und konnten darum 
nicht zugleich die erzählung fuhren, ohne die darstellung zu verwirren. Diese wurde daher einem andei'en 
heiligen oder an einen herold übertragen, und stücke dieser art waren eigentlich nur gereimte passionen, 
deren aufführungen nicht im handeln, sondern im hersagen stillstehender personen bestand. Diese rezitie- 
rende passion sei der erste versuch, den kirchentext in der Volkssprache vorzutragen und darum interessant 
als die erste stufe der dramatischen entwickelung. Hierauf sei die rolle des herolds weggefallen und durch 
scenische anleitungen ersetzt worden, die den auftretenden personen, welche sich selbst mit nennung ihrer 
namen eigeführt haben, als anleitung dienten. Dann erst sei man dazu übergegangen die ganze handlung 
in dramatischer gesprächsform vorzuführen und habe dem herold (präcursor etc.) nur noch die eröffhung 
und beschliessung der spiele oder grösserer abschnitte derselben belassen^. 

Bezüglich der heimat des deutschen Schauspiels nimmt Mone Trier als den ausgangspunkt an, von 
wo es sich über Mitteldeutschland (Frankfurt, Alsfeld) ausgebreitet habe, um in Thüringen zu endigen. 
Für Süddeutschland sei nur so viel gewiss, dass das mittelrheinische spiel dahin gekommen, und einige 
Zeugnisse bewiesen, dass schwäbische stücke in der Schweiz eingang gefunden. Auch die böhmischen stücke 
wiesen auf Thüringen zurück. Bei allen deutschen stücken sei französischer einfluss nachweisbar, so z. b. 
beim frankfurter, besonders aber bei den niederdeutschen, bei denen er sich bis an die ostsee erstrecke 



1. Schaosp. d. mittelalt. 1, 6. 7 und 54. 

2. A. a. o. 8. 29. 
S. A. a. o. 8. 58. 

4. A. a. o. 8. 28 und 55. 

5. A. a. o. 8. 23. 

6. A. a. o. 8. 54. 55. 

7. A. a. o. 8. 51 and 53. 

8. A. a. o. B. 55 und 2, 29 ff. 



1. DIE BISHERIGEN ANSICHTEN. MONE, PRÜTZ, ALT ü. A. 9 

und nur durch den verkehr der hansestädte vermittelt worden sein könne, weil aus dem Elsass und vom 
Mittelrhein keine dramen bekannt seien, daher hier in der reihe der anfangspunkt fehle, indem auch die 
niederdeutschen stücke auf die mitteldeutschen zurückzuführen wären. Dieser einfluss beruhe jedoch nicht 
auf dem unmittelbaren anschluss und wörtlicher Übertragung französischer Vorbilder^. 

Diese von Hoffmann und Jakob Grimm begründeten und von Mone und Freytag vollständiger aus« 
gebildeten teorien sind in den zahlreichen darstellungen der folgenden zeit, welche den Ursprung und die 
entwickelung des mittelalterlichen Schauspiels behandeln, in allen wesentlichen zügen unverändert aufrecht 
erhalten worden.. So von Rob. Prutz^, der die allmäligen Übergänge noch auf seine besondere weise aus- 
malt, von Karl Alt', an den sich Ed. Devrient* näher angeschlossen, bei Wilh. Wackemagel*, Ad. Fr. 
von Schack«, K. Weinhold ^ K. Haase», H. Holland», Schletterer ^«, Drosihn", Heinr. Reidt", Anton Peter", 
Tittmann", Emil Knorr***, K. Bartsch bei Gervinus" und Koberstein", F. Schönfeld" u. a., indem ge- 
wöhnlich die von Freytag zuerst angestrebte Versöhnung der gegensätze in den ansichten von Grimm und 
Hofimann, deren viele sich nicht einmal recht bewusst geworden zu sein scheinen, angenommen wird. 
Ebenso von den hoUändem J. H. Gall^e^» und Moltzer^^ den franzosen, z. b. Victor Luzarche'^ und 
E. du M^riP', der ebenfalls in seinem durch eine fülle des wertvollsten materiales ausgezeichneten, aber 
leider nun so selten gewordenen buche der älteren geschichte des dramas eine neue Seite nicht abzuge- 
winnen vermocht hat. 

Fehlte es somit nicht an Schriften, die das Interesse an diesem wiedereroberten gebiete unserer alt- 
deutschen literatur nicht allein in den kreisen der Wissenschaft, sondern auch, unterstützt durch die mit gestei- 
gerter lebhaftigkeit gepflegten und besuchten aufführungen der passionsspiele in Oberammergau, im grösseren 



1. Schausp. d. mittelalt. 2, 165 ff. 

2. Yorlesungen über die gesch. des deutschen theaters. Berlin 1847. 

3. Theater und kirche in ihrem gegens. verhaltniss. Berlin 1846. S. 842 ff. Vgl. s. 328 ff. 

4. Geschichte der deutsch. Schauspielkunst. Leipzig 1848-— 61. I, s. 11 ff. 

5. Gesch. d. deutsch. Uteratur. Basel 1848. §§ 83—86 und Gesch. d. deutsch, dramas bis zum anfange des 17. jahrh. (1845), 
in den Kl. Schriften II, s. 69 ff. 

6. Gesch. d. dramat lit. und kunst in Spanien. Berlin 1845. 3 bde. und Nachträge, Frankfurt a. M. 1854. 

7. Weihnachtsspiele und lieder aus Süddeutschi. u. Schles. Wien 1853 und 1875 (Titelausgabe). 

8. Das geistliche Schauspiel. Leipzig 1858. 

9. Die entwickelung des deutsch, theaters im M. A. u. d. ammergauer passionsspiel. München (Carl Merhoff) 1861. 

10. Das deutsche singspiel (auch u. d. t. Zur Gesch. dramatischer musik und poesie in Deutschland. I. bd.) Aogsburg 1863. 

11. Ueber d. redentiner osterspiel. Progr. d. fOrsti. hedwigsohen gymn. zu Neustettin 1866. 

12. Das geisü. schausp. des mittelalt. in Deutsohl. Frankfurt a. M. 1868. 

13. ZuckmanÜer passionsspiel. Programm des Torgauer ober-gynmas. 1868. 

14. Schausp. aus dem 16. jahrh. Leipzig 1868. £inl. (Deutsch, dichter d. 16. jh. hsg. ▼. Goedeoke u. Tittmann. 1. bd.) 

15. Entstehung und entwickelung der geistl. Schauspiele in Deutschland u. d. passionsspiel im Ober-Ammergau. Leipzig 
und Lissa. 1872. 

16. Geschichte der deutschen dichtung. ' Leipzig 1871. I&, 558 ff. 

17. ^ Grundriss der deutsch, nationalliteratur. Leipzig 1872. I^ 358 ff. 

18. Ueb. d. kulturgesch. bedeutung d. alt. rel.-ethisch. dichtnngen in der deutsch, lit. Wissenschaftl. beilage zum progr. 
d. grossherzogl. realschule zu Darmstadt 1878. S. 34 ff. 

19. Bijdrage tot de geschiedenis der dramat. yertoon. in de Nederlanden gedurende de middeleeuwen. Haarlem 1873. 

20. De middelnederl. dramat. poezie. Te Groningen (Wolters) 1875. Jnleid« 

21. Office de paqnes ou de ia resurreotion. Tours 1858. Introduction. 

22. Origines latines du th6£tre moderne. Paris (Franok) 1849. Introd. pag. 42 s. 

Miloktaok, Osler und pawionwplele. 2 



10 I. DIE LATEINISCHEN 08TERFEIERN. 

Publikum bezeugten und wach erhielten, so drängten andererseits die von jähr zu jähr sich mehrenden publika- 
zionen schon bekannter oder wieder aufgefundener stücke, zu erneuter prüfung jener seit länger als fünfund- 
zwanzig Jahren in unbestrittener geltung bestehenden und verbreiteten ansichten über den Ursprung und die 
entwickelung der oster- und passionsspiele zu schreiten. Denn dass die behauptung Grimms, trotz vieler von 
den verschiedensten Seiten beigebrachter Zeugnisse von im volke erhaltenen altgermanischen oder mit krist- 
lichen elementen versetzten teatralischen gebrauchen, vermummungen, aufzügen, spielen, keinesweges als er- 
wiesen gelten durfte, so lange nicht das unmittelbare überleiten und aufgehen derselben in die oster- und 
passionsspiele gezeigt worden war, konnte dem, der sich mit diesen dingen eingehender beschäftigte, eben- 
sowenig verborgen bleiben, als dass die hypotesen in der von Mone gegebenen entwickelungsweise durch 
vielerlei hinzugetretene beobachtungen und geringfügigere modifikazionen noch lange nicht als gesichert 
anzusehen seien. Ja die frage, wie jene aus der kirchlichen liturgie hervorgegangenen und ursprünglich 
wenig umfangreichen dramen im laufe der zeit gewachsen und von scene zu scene erweitert worden sind, bis 
sie endlich eines so gewaltigen apparates und eines Zeitraumes von drei tagen zu ihrer aufluhrung bedurften, 
war seit den ersten von Mone selbst schon gemachten vereinzelten versuchen, für die passionsspiele wenigs- 
tens zu beantworten gar noch nicht einmal unternommen worden. Ernst Wilken^ hat das verdienst, diese 
aufgäbe zuerst vom Standpunkte der Wissenschaft wieder aufgenommen und ihre lösung in umfassender 
weise versucht zu haben. Seine dedukzion, so weit sich dieselbe aus der analysierenden besprechung der 
einzelnen stücke erkennen lässt, ist folgende. 

Unter hinweisung auf die grossartigkeit der orientalischen urliturgie und des reich symbolischen 
messrituals der römischen kirche für die feier des Osterfestes knüpft er die entstehung der dramatischen 
osterfeier, wie es vor ihm schon Freytag gethan hatte, an die sitte einzelner klöster und kirchen, ein am 
karfreitag in einem eigens dazu hergerichteten grabe niedergelegtes Kruzifix in der ostemacht oder am oster- 
morgen feierlich wieder zu erheben, wodurch die auferstehung des erlösers symbolisch dargestellt werden sollte. 
Da nämlich in einem wormser synodalbeschluss v. j. 1316' den geistlichen befohlen werde, dieses mysterium 
resurrectionis vor der ankunft des volkes in der kirche zu vollziehen, weil es sich herbeidränge in dem 
aberglauben, dass es dem tode in dem jähre entgehen werde, in welchem es diese feier gesehen habe, so, 
glaubt er, könne anderwärts die kirche diesem unwesen zu steuern versucht haben, indem sie den sym- 
bolischen akt zu einem liturgisch-dramatischen erweiterte, der nicht nur dem äuge, sondern auch dem 
höheren auffassungssinne des volkes Unterhaltung und erbauung geboten. Die älteste form dieses drama- 
tischen mysteriums, die in den klöstem üblich gewesen zu sein scheine, sei die osterfeier aus 
St. Blasien (D'). Priester in frauenhafter gewandung und mit rauchfässem versehen, die drei Marien 
darstellend, kommen zum grabe und fragen Quis revolvit nobis lapidem etc., darauf der engel Quem quaeritis?, 
die frauen Jesum nazarenum, der engel Non est hie und Ite, nuntiate etc., womit die frauen zum köre 
zurückkehren und, ihre priesterfunkzionen wieder übernehmend, singen Surrexit dominus de sepulchro. 
Das darauf vom abte angestimmte Te deum mache den schluss der feier. Sie sei herorgegangen aus dem 
Markusevangelium cap. 16, 3 — 7, indem die anrede des engeis in v. 6 Jesum quaeritis Nazarenum cruci- 
ficum: surrexit, non est hie zum zwecke des dramatischen dialoges in die erste frage des engeis, die 
antwort der frauen und den bescheid des ersteren teils umgearbeitet, teils aufgelöst worden sei. — Mehr 



1. Geschiobte der geistl. spiele in Deatsehland. GAttingen 1872. Cap. 11, 8. 66 ff. 

2. K. Alt, Theater und kirohe. S. S48 Ainn. Dieser synodalbeeohliufl wird später, wenn die biBtorifohen leognisse im 
zusammenhange zur verhandlang kommen, mitgetheilt werden. 

3. Nach meiner bezeichnang. S. u. s. 20 ff. 



1. DIE BISHEBIGEN ANSICHTEN. WILKEN. U 

Bütwickelt sei schon dasi Züricher officium (H), in dem nach der rückkehr der firauen die apostel Petrus 
und Johannes unter dem IgesangeQdes kores Currebant duo simul (Joh. 20, 4) zum grabe eilen und mit 
den von dem engel empfangenen schweisstQchem wiederkommen und singen Cemitis, o socii. Hier sei also 
auch das Johanneseyangelium fQr die dramatische aufführung verwertet. — Diese aus Markus 16, 1 — 7 
und Joh. 20, 1 — 10 kombinierte ostemachtfeier sei mit geringfügigen Variationen im 12. und 13. Jahrhundert 
wohl über die gr&nzen Deutschlands hinaus verbreitet und weiteren fortbildungen leicht zugänglich gewesen, 
die zwar dem texte der Vulgata fremd, aber als ,ver8us licet non authentici' von den kirchlichen oberen 
gerne geduldet worden seien. Solcher stücke gäbe es in Deutschland fünf, in süddeutschen handschriften 
erhalten. 

Zwei in Einsiedeln. Das erste (AGr) sei aus zwei teilen zusammengesetzt, von denen der zweite In 
resurrectione betitelte aus zwei fassungen bestehe. In der ersten sei die frage der frauen Quis revolvet etc. 
ausgefallen; das die zweite fassung beschliessende Selbstgespräch der frauen Dicant nunc Judaei und der 
bericht an die jünger Ad monumentum venimus etc. nebst dem Te deum lasse sich an die erste nach 
dem Non est hie des engeis unmittelbar anschliessend Diese osterfeier sei somit eine hauptsächlich nach 
vorne ausgeführte bearbeitung von D. — Eine andere, aus Klostemeuburg (N) bekannte, bilde dagegen ein 
Seitenstück zu H, als dessen karakteristische eigentümlichkeit der auf Joh. 20, 4 beruhende wettlauf der 
jünger bezeichnet worden sei. 

Das reichenauer femer sei in dem wichtigeren anfangsteile verkürzt^ und bestehe hauptsächlich 
aus dem zweiten teile der sequenz Victimae paschali. Beide teile dieser sequenz seien in den alten oster- 
feiem niemals zusammenhängend verwandt worden und dieser zweite von Die nobis Maria an, sei als ein 
dem karakter einer sequenz femliegendes und ursprünglich selbständiges responsorium anzusehen. Es 
schliesse sich dasselbe scheinbar an D, weil die jünger nicht selbst zum grabe eilen, sondem die M. Magdalena 
über das von ihr gesehene befragen; aber die antwort der letzteren Angelicos testes, sudarium et vestes 
bezeuge die indirecte benutzung von Joh. 20, 3 — 7 oder von H. — Dieses responsorium erscheine darauf 
in dem lichtenthaler mysterium (Z) in mehrfach variierter anwendung, während der einleitende korgesang 
in seinem gedankengange der figentlichen sequenz ,Victimae paschali' sich nähere. Die erweitemng enthalte 
eine art erbaulicher belehrung über Kristi leiden und tot, wodurch zuerst karfreitagsmomente in die oster- 
feier aufgenommen würden. 

Die beiden letzten stücke, das zweite einsiedelner (R) und ein engelberger (Q) stimmen in allem 
wesentlichen überein. Den kern bilde das auf Mark. 16, 3 — 7 bemhende D. Dieser kern sei zunächst 
durch zwei hymnen Heu nobis intemas mentes und Cum venissem ungere mortuum erweitert. Sodann aber 
auch durch das auftreten Jesp, der der M. Magdalena erscheint, welche scene bei R in etwas künstlicher 
weise eingeführt sei. Sie sei hervorgegangen aus JoL 20, 13 if., schliesse sich zuerst an v. 15. 16 und 
werde dann durch einen auf v. 17 bemhenden hymnus und das trishagion weitergeführt, um in Q mit dem 
Victimae paschali, in R minder glücklich mit dem responsorium die feier zu endigen. 

Im 2. §, s. 72 ff. werden die Ludi de nocte paschae und Marienklagen behandelt. Die ludi unter- 
scheiden sich von dem streng kirchlichen officium durch das zuerst meist interpretationsartige ein- 
dringen der deutschen spräche. Zeit und ort der aufiührung und die komposition des textes blieben 
unverschoben. Die weitere entwickelung zeige sich im trierer ludus^ vornehmlich in den mehrfach aus- 



1. Diesen an dieser steUe zweideatigen ansdraok glaube ich im sinne Wükens = absichtlich gekOrzt nehmen zu mOssen, 
nicht = nnyollstandig überliefert. 

2. Fundgruben. 2, s. 272—279. 

2* 



12 I. DIE LATEINISCHEN ORTERFEIERN. 

• 

gesponnenen Übertragungen des hymnus Heu nobis intemas mentes^, in dem tristichon Sed eamus unguen- 
tum emere', das schon genauer auf den gang zum salbenkrämer deute, imd der einfügung eines neuen 
hymnus Jesu nostra redemptio'; im wolfenbütteler osterspiel S das sich sonst enge an das vorige an- 
schliesse, in der aufnähme eines neuen hymnus Omnipotens pater altissime^, der krämerscene* und der 
doppelscene zwischen M. Magdalena und Thomas und dem letzteren und Jesus ^. Das alles beruhe auf einem 
weiterspinnen des fadens, wie es mit ungeschickter Verwertung alter ritualstücke ein jüngerer redaktor wol- 
gemut sich erlauben durfte. 

Darauf wendet sich Wilken im 3. §, s. 81 ff. zu den synoptischen osterspielen. Die bezeichnung 
,synoptisch' ist von ihm für die umfangreicheren stücke ' eingeführt worden, welche im zusammenschluss die 
hauptmomente von Kristi lehr- und leidenszeit zur darstellung bringen^. — In dem benediktbeuemer 
osterspiele* wird nur dem zweiten teile (v. 195 — 300*^ = interrogatio coram pilato, flageUatio, illusio, 
ecce homo, crucifixio, planctus Mariae, Longinus et sepultura) höheres alter und ursprünglichkeit zuerkannt, 
obschon auch hier die eigentliche osterfeier fehle, die giablegung nur fragmentarisch erhalten sei und weder 
in der scene unter dem kreuze noch der des Longinus diskrete anordnung herrsche. Die grössere erste 
hälfte des Stückes (v. 2— 194 = vocatio apostolor., sanatio caeci, Zachaeus, convivium Simonis, conversio 
M. Magdalenae, suscitatio Lazari, Judae pactio, oratio in horto, captio, Petri negatio, consilium Judaeorum, 
interrogatio coram Pilato erste hälfte) hält er für interpolation, weil man zufolge der spielordnung und dem 
Ingressus Pilatus an der spitze des Stückes einen anderen fortgang der handlung erwarten müsse, als er 
in den nächsten blättern der handlung vorliege. Der angelpunkt derselben sei die anrede der M. Magdalena 
an den inercator und dessen antwort (v. 82 — 88), welche, unmittelbar aus dem osterspiele herübergenommen, 
vielleicht dessen Wegfall am ende zur folge gehabt hätten. Diese, zur bekehrung der Magdalena gehörende 
scene, habe jene andere nach sich gezogen, welche das weltliche leben der Maria schildere und gleichfalls 
durch eine kaufinannsscene eröfihet werde. Die die pactio Judae bis Petri negatio" umfassende partie 
dieser interpolation hätten, meint Wilken, ,fast den schein' für sich einer älteren vorläge angehört 
zu haben. 

Das osterspiel aus dem Uoster Muri ^', merkwürdig wegen seiner höfischen spräche, habe als ganzes 
nur einen geringen wert. 

Auch bei dem osterspiel aus St. Gallen^* wird die aUmälige erweiterung durch kronologische Ver- 
stösse bezeichnet. So die hochzeit zu Kana, weil sie vor die taufe Jesu gesetzt sei. Die Magdalenenscene 



1. Fundgraben. 2, 273, 15—274, 3. 

2. Fundgraben. 2, 274, 4—8. 

3. Fundgraben. 2, 276, 23 spielanweisung und y. 28—26. 

4. Otto Sohönemann, der Sandenfall und marienklage. Hannover 1855. S. 149 — 168. 

5. S. 151, e. f, 

6. S. 152, g— Ten 69. 

7. V. 237—267. 

8. Geeoh. d. geitÜ. spiele S. 81, anm. 5 

9. Fundgraben. 2, 8. 245—258 und Andr. Sohmeller, Carmina burana. (Bibliothek des literar. Vereins in Stuttgart. 
Nr. XVI.) 1847. S. 95—107. 

10. Diese litate nach eigener bezifferung des Hoifmannscben abdracks in den fundgraben. 

11. V. 187—179. 

12. Herausgegeben von Bartsch, Germania 8, 284—297. 

13. Schauspiele d. mittelalt. 1, 72—128. 



U DIE BISHERIGEN ANSICHTEN. WILKEN. 13 

habe hier, ans der ,yer8neh6artigen' gestalt, in der sie noch im benediktbeuemer spiele erscheine, heraus- 
getreten, eine festere, in der folgezeit nur wenig sich variierende gestalt empfangen. Als ältester kern des 
ganzen Vorspiels (v. 1 — 547) dürfe ,sicher wohl die Magdalenenrolle in ihrer festen Verknüpfung mit der 
älteren Magdalena des ostemachtspiels betrachtet werden'. Die scene vor der interrogatio coram Pilato 
(v. 863 — 80) sei dadurch wichtig, dass das Ingressus pilatus hier genauer erscheine und dadurch seine 
beziehung auf Job. 18, 38 sicher stelle. Das streben nach synoptischer Vollständigkeit zeige sich in der 
au&abme beider Schacher. Der schluss (v. 1192 — 1340 = sepultura cum planctu Mariae et Magdalenae, 
custodia, discessio ad infemum und die scene de tribus Mariis) bezeuge seine unverkennbare anlehnung an 
die ältere ostemnachtfeier trotz der wortreichen deutschen Übertragung. — Die entwickelung des zweiten 
älteren teiles der synoptischen spiele von der ingressio urbis an denkt sich Wilken so, dass zu dem ur- 
sprünglichen ersten akt des officium sepulchri, der grablegung (?), die dabei mitwirkenden Nicodemus und 
Josef von Arimathia hinzutreten. Diese zogen den Pilatus nach sich, von dem sie den leichnam Jesu zu 
erbitten hatten. An die person des Pilatus liesen sich sodann die Verurteilung Kristi, anknüpfend an 
Job. 18, 33 ff., und im weiteren die hauptmomente des lebens Jesu aus den ergänzenden berichten der 
anderen evangelisten leicht anschliessen. 

Jedoch habe man sich im 14. und 15. Jahrhundert mit verliebe wieder besonderen, mehr eine populäre 
und burleske behaudlungsweise gestattenden scenen der osterspieltradition zugewant, nämlich dem um die 
höllenfahrt und die grabwächterscene vermehrten apparat der ludi de nocte paschae, wobei aber trivialste 
nebendinge, behaglich ausgesponnen, das allbedeutsame verkürzt, verschoben und oft fast zur Unkenntlichkeit 
verdunkelt haben. Diese weitere ausbildung durch populäre behandlung bespricht Wilken im 4. §, s. 94 ff., 
und versucht die dahin gehörenden spiele in bezug auf die entwickelung der höllenfahrt in denselben zu 
ordnen. Es werden in hauptsächlich referierender weise das wiener, insbrucker, redentiner und das 
tyroler (sterzinger) vorgefahrt Bei dem ersten werden besserungsvorschläge in den Spielanweisungen der 
ersten scene der grablegung gemacht, es wird hervorgehoben, dass die höllenfahrt noch einfacher gehalten 
und in der klage der Juden bei Pilatus über die auferstehung der zweite teil^ älter sei. Im insbrucker^ 
verrate sich die thomasscene^ durch ihre unrichtige Stellung als einschaltung, auch mehrere teile der kauf- 
mannsscene^ seien als rohe zusätze einer späteren zeit kenntlich. Im redentiner^ sei der älteste kern, 
der schon im vorigen als eine veraltete materie erscheine, mit sicherer band ausgestossen, Kristus in der 
vorhölle' der hauptakt Im tyroler^ endlich, das sonst auf alter tradition beruhe, weise die kontamination 
der gärtner- und krämerscene^ in ihrer breiten humoristischen ausführung und die burleske behandlung der 
thomascene* und des wettlaufs der apostel'® auf die Popularisierung einer nach plumpen witzen lüsternen 
späteren Zeit. In eine besondere kategorie stellt Wilken die ,passions-osterspieleS um irrthümem vorzu- 



1. Ftmdgraben. 2, 812, 5—813, i. 

2. Mono, AltteatBcdie sobansp. (,Kri8ti aufentehung'.) S. 107—144. 

3. V, 1108—1139. 

4. y. 446—749, 790—862 und 911—984. 

5. Sohaosp. d. mittelalt. 2, 88—107. 

6. V. 269—762. 

7. Piobler, Drama d. mittelalt. in Tirol. S. 141—168. 

8. y. 266t-467. 

9. y- 607—686. 
10, y. 627-728. 



14 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIEKN. . 

beugen, ,ftl8 ob passions- und osterspiele zwei verschiedene gattungen seien' ^. Hierher rechnet er 
die frankfurter* und die friedbeiger dirigierrolle', das alsfelder ^ heidelberger^, donaueschinger spiel*, 
Gundelfingers grablegung^ die sterzinger passion^, das passionsspiel bei St. Stephan in Wien* and 
bruchstücke. 

In seiner recension^® von Wilkens geschichte der geistl. spiele hat Anton Schönbach eine eigene 
Untersuchung über die ausbildung der osterspiele gegeben, welche auf elf lateinische osterfeiem, französische 
und deutsche, und sieben deutsch-lateinische osterspiele gestützt ist. Ausgehend von dem orl6ui8'er 
officium, X(K)", als dem vollkommensten lateinischen mysterium, bezeichnet er die einzelnen abschnitte, 
d. h. scenen mit denselben personen, mit von 1 beginnenden fortlaufenden nummem und bestimmt nach 
dem auftreten dieser in den übrigen stücken den grad ihrer Verwandtschaft. Derzufolge ergibt sich erstens: 
es zerfallen die lateinischen stücke aus Frankreich in zwei gruppen, WU(GD) beruhen auf gemeinsamer 
grundlage und sind in X(K) überarbeitet worden, welches die basis der späteren französischen fortbildungen 
wurde, OP(BE) unterscheiden sich von dieser ersten französischen gruppe durch das responsorimn 
(= Victimae paschali zweite hälfte); zweitens : OP bilden den Übergang zu den aus Deutschland stammen- 
den osterfeiem, deren gemeinsames merkmal, eben jenes responsorium, schon von Grieshaber als die grund- 
lage der lateinischen osterfeier in Deutschland angeführt worden sei ; drittens : das seiner form nach älteste 
deutsche stück sei 6(F), dem in fortschreitender entwickelung B(G), Q(H), Z(J), X(K), a(L), M und 
N^* sich anschliessen : da R allen stücken von M — S^' gemeinsam sei, ergebe dieses sich als die älteste 
grundlage derselben, das verhältniss von OPQRS^^ unter einander werde sich jedoch kaum mit Sicher- 
heit feststellen lassen; für den gebrauch des responsoriums (in Deutschland) liege es sehr nahe an eine 
entlehnung aus Frankreich oder an eine gemeinsame kirchliche Ordnung von Rom aus zu denken, für die 
vielleicht Gerberts bekannte werte das älteste zeugniss seien. N(A) hält Schönbach für eine streng 
klösterliche nach den evangelien zusanmien gestellte osterfeier, die aus der reihe der entwickelung 
herausfalle. 

Ich hoffe durch mein referat gezeigt zu haben, dass von den bestehenden ansichten bisher k&ne 
eine wissenschaftliche begründung oder entkräftung erfahren, die sich, sei es auch nur in der hauptsache, 
allgemeinerer anerkennung zu erfreuen gehabt hätte. Nach wie vor behaupten die schroffen gegensätze 
der Grimm-Freytag'schen und der Hoffinann-Mone-Wilken 'sehen entwickelungsweisen in zahlreichen anhängem 
ihre geltung. Die grosse der herrschenden Unsicherheit geht aber am deutlichsten daraus hervor, dass 



1. Geech. d. geittl. spiele. S. 108, Anm. 3. 

2. Fichard, Frankfortisches arohiy. S, ISl ff. 

3. Im auBZuge raitgetheilt von Weigand in Haupts ztscbr. f. d. alterth. 7, 545—556. 

4. Besohraibang and bruchstücke von Yilmar in Haupts ztschr. f. d. alterth. 3, 477 — 518; vollständiger abdrook dorrii 
C. W. M. Grein, Alsfelder passionsspiel mit wörterb. Cassel (Kay) 1874. 

5. Vgl. Gervinus, Ge eh. d. d. dichtung. 2*, 581 ff. 

6. Schausp. d. mittelalt. 2, 183—350. 

7. Schausp. d. mittelalt. 2, 131—150. 

8. Beschreibung und auszUge bei Pichler, Drama d. mittelalt. in Tirol. S. 14 — 30. 

9. Beschreibung bei Schlager, Wiener skizzen. 2. bd.; vollständig abgedruckt durch v. Camesina in den Berichten und 
mittheilung d. alterth -Vereins zu Wien. Bd. 10 (1869), 327—340. 

10. Zeitschr. f d. philol. 4, 364—370, vgl. bes. s. 367 u. ff. 

11. Ueber die buchstabenbezeidinung der stQoke vgl. u. s. 22 ff. die in klammem gesetzten sind die benennungen Sohönbadis. 

12. Nach Schönbachs bezeichnung; es sind lat-deutsche spiele, die erst im 2. capitel zur Verhandlung kommen. 
13 14. Vgl. anm. 12. 



1. DIE BISHERIGEN ANSICHTEN. 15 

Schönhach mit geringer mühe eine von jenen wesentlich verschiedene neue teorie aufstellen konnte. 
Schlimmer aber noch als mit dieser principiellen frage ist man im punkte des entwickelungsganges beraten, 
den die oster- und passionsspiele in vielen einzelnen Stadien durchlaufen haben müssen. Das was Mone in 
dieser hinsieht geleistet, durfte sich dem stände der forschung, der erst durch ihn eine grössere aber immer 
noch verhältnissmässig geringe zahl von denkmälern zugänglich wurde, und der anläge seiner herausgaben 
entsprechend auf bezeichnung allgemeiner gesichtspunkte und zerstreute beobachtungen über einzelne züge 
in den Schauspielen beschränken. Hier einzusetzen, und mit hülfe des reichen materiales, welches ihm 
zu geböte stand, zu begründen, zu widerlegen, in einzelnheiten einzudringen, wäre Wilkens aufgäbe ge- 
wesen. Den weg, auf dem er solche Untersuchungen machen musste, bevor er das unternehmen, eine 
,ge8chichte* der geistlichen spiele zu verfassen, wagen konnte, wiesen ihm schon die bemerkungen Schöne- 
manns zu der marienklage und dem osterspiel, deutlicher noch die von Bartsch zum egerer fronleichnams- 
spieP. Jedem kundigen müssen so massenhaft auftretende Übereinstimmungen des deutschen so gut wie 
des lateinischen textes, die sich oft durch die ganze reihe der spiele hindurchziehen, meistens aber grössere 
oder kleinere gruppen derselben in Verbindung setzen, sofort als die nächstliegendste und sicherste hand- 
habe für die enthülluiig der entwickelung des dramas einleuchten ; genaue vergleichung muss die ursprüng- 
lichste form einzelner Sätze und ganzer scenen ergeben, ihre modifikazionen, Zusätze und erweiterungen die 
weise der Umbildung und des Wachstums. Die resultate dieser und ähnlicher Untersuchungen geben erst 
das fundament für die historische darstellung. Bei Wilken blickt man an keiner stelle, wenigstens was 
die oster- und passionsspiele betrifft, bei denen ich es beweisen kann, auf die basis gründlicher und er- 
folgreicher Vorstudien. Das zeigt schon mein referat, das ich deshalb so ausführlich gegeben habe. Was 
er daher bei den Inhaltsangaben der verschiedenen stücke über das früher oder später einzelner Sätze 
oder ganzer scenen und akte sagt, sind lediglich Vermutungen, die darum auch mit so vielen ,wohlS 
,vielleichtS ,wenn und aber' umgeben werden, dass sie auch als solche wissenschaftlichen wertes baar sind. 
— Der weg der vergleichung, den Schönbach eingeschlagen hat, ist unzweifelhaft der richtige. Wenn er 
dennoch zu teils unrichtigen, teils ungenügenden ergebnissen gelangte, so lag dies am mangel der ge- 
nauigkeit, welche diese Untersuchung erfordert. 

Bin ich manchem, der meinen gegenständ mit wärmerem Interesse verfolgt, in den bisherigen aus- 
führungen zu weitläufig gewesen, so hoffe ich dafür bei vielen anderen meiner leser Verzeihung zu finden, 
die es in der folge angenehm empfinden werden, auf diese einleitung verwiesen zu werden, anstatt auf eine 
abhandlung, die wie die Freytags nicht jedem immer zur band sein wird, oder auf lose bemerkungen 
Mones, die erst durch den Zusammenhang mit allen übrigen ganz verstanden werden. 



1. Pfeiffers Germania. 3, 267 ff. Vgl. ))es. die verweise s. 281—295. 



2. UNKENNTNISS UND FALSCHE AUFFASSUNG DER MONE'SCHEN TEORIE 

BEI DEN SPAETEBEN. 

Die grundsätze, welche Mone zur erklärung des Ursprunges und der entwickelungsformen der oster- 
und passionsspiele aufgestellt hatte, oder vielmehr die missverständnisse, welche sich durch die oberfläch- 
liche lektüre seines buches bei dem mangel einer zusammenhängenden darstellung seiner ansichten erklären, 
sind seitdem beinahe dreissig jähre in unbestrittenem ansehen geblieben. Auch Wilken ist diesen. miss- 
verständnissen zum opfer gefallen. Denn nirgends tut er der Verschiedenheit seiner auffassung von der- 
jenigen Mones erwähnung, so dass man an die schönste Übereinstimmung beider glauben könnte, während 
sie sich doch tatsächlich in diametralem gegensatze befinden. Zumal hätte er sich da, wo er für die 
gewaltigen dramen des 15. und 16. Jahrhunderts als der letzten stufe im erweiterungsprocesse der oster- 
spiele die bezeichnung von populären ,passions-osterspieIen* einfuhrt, ,um irrthtimem vorzubeugen, als ob 
passions- und osterspiele zwei verschiedene gattungen seien' \ nicht so sehr gegen Vilmar als gegen Mone 
wenden müssen, der durchaus in der anschauung lebt, dass beide von haus aus verschieden sind. Denn 
Mone hält die passionsspiele für die älteren, die unmittelbar aus der liturgie, welche für die karfreitags- 
messe das evangelium Johannes vorschreibt und in seinen erzählenden recitativischen partien von einem 
köre, in den reden Jesu, des Judas und des Pilatus von einzelstimmen gesungen wurde, hervorgingen, 
indem dem gesangsdialog die persönliche darstellung hinzugefügt wurde; sie umfassten das ganze leiden 
Jesu von seiner gefangennähme in Gethsemane bis zur grablegung, ev. Joh. cap. 18 und 19. Die 'oster- 
spiele dagegen betrachtet Mone als eine fortsetzung jener, nicht aber etwa so, dass sie durch das streben 
nach erweiterung und Vervollständigung den passionsaufführungen angeschlossen worden seien: eine solche 
annähme wäre schon wegen der zeit, in welche die letzteren fielen, unstatthaft gewesen, da man am k^- 
freitag leiden und auferstehung nicht zur darstellung bringen konnte, ohne die hohe kirchliche bedeutung 
des todes- und auferstehungstages auf das tiefste zu beeinträchtigen; auch wusste Mone sehr gut, dass 
die ältesten primitivsten osterfeiem immer selbständig überliefert worden und dass ihre aufFühning für den 
vorabetid (nach der vigilie) oder den frühmorgen des ersten ostertages mehrfach bezeugt ist. Er glaubt 
vielmehr, man werde wohl annehmen müssen, dass die osterspiele durch den österlichen gottesdienst ver- 
anlasst wurden und die vielen feiertage dramatische spiele begünstigten. D. h., nachdem die karfreitags- 
spiele in aufnähme gekommen waren und man geschmack daran gefunden hatte, trieben diese dazu, auch 
für andere festtage ähnliche dramen einzurichten und das Osterfest und seine liturgie gaben hierzu die 
nächste veranlassung. 



1. Siebe oben s. 13. 14. 



2. MONE UND SEINE NACHFOLGER. 17 

Wilkens entwickelung steht hiemit, wie wir gesehen haben, im geradesten gegensatze. Nach ihm sind 
die osterdramen die früheren, die ebenso wie bei Mone die passionsspiele aus dem karfreitagsevangelium, 
aus dem evangelium des ersten ostertages Marc. 16, 1 — 7 entstanden, in ihrer weiteren ausbildung auch 
die besonderen berichte der anderen evangelisten, besonders des Johannes, aufgenommen und als der Stoff 
des Osterfestes erschöpft war, die darstellung von karfreitagsmomenten nach sich gezogen hätten, bis sie, 
immer rückwärts schreitend, zu ,synoptischen' und ,passion8-osterspielen^ heranwuchsen. 

Es ist von Wichtigkeit, die entstehung dieser grundsätzlich verschiedenen entwickelungsweisen und 
die ihnen zu gründe liegenden motive, welche für beide entscheidend waren, vollständig ans licht zu ziehen. 
Vor allem muss man im äuge behalten, dass Mone die passionsspiele bei seinen kombinazionen stets 
in den Vordergrund stellt, was bisher hartnäckig verkannt worden ist. Die leitenden gesichtspunkte seiner 
darlegung aber ergaben sich ihm aus der betrachtung des benediktbeuerner ludus paschalis. In diesem 
glaubte er die merkmale der vier ersten Stadien des entstehungsprozesses deutlich zu erkennen. Erstens 
nämlich enthält dasselbe einzelne teile der passion im texte des Johannesevangeliums, welches, wie schon 
erwähnt, zum karfreitagsgottesdienste gehört und von einem köre und einzelstimmen gesungen wird, wie der 
kurze dialog beider gefangennähme Jesu (v. 164— 170 = Joh. 18, 4—8), die verhöre vor Pilatus (v. 187 — 198 
= Joh. 18, 29-38; 205- 217 und 225. 226 = Joh. 19, 5—15) u. a.; dazu stellen wie v. 184* Clerus cantet: 
Ab ipso ergo die cogitaverunt etc. (Joh. 11, 53) und eine andere (vor v. 235) Tune suspendatur in eruce et titulus 
fiat: Jesus Nazarenus Rex Judeorum (Joh. 19, 19), die, weil sie mit musiknoten versehen ist, ebenfalls gesungen 
ward, aber beide nicht zum dialog gehören, sondern zum recitativ des evangelisten, resp. hier eines kores. 
Darin lag für ihn der augenscheinliche beweis, dass diese partie des Spieles aus der liturgie und zwar im gottes- 
dienste selbst entstanden sein müsse, und dass die ältesten dramen rein lateinisch und musikalisch waren. 
Zweitens aber enthält das benediktbeuerner spiel schon lateinische strofen, wie die des Judas Poenitet 
me gtaviter etc. 220 — 222, der Maria mater Flete, fideles animi etc. (244— 266), den hymnus Mi Johannes 
planctum move etc. (257 ff. und 266 ff.) und die Sequenz Planctus ante nescia etc. (2(55), woraus er als 
zweite stufe folgerte: Ausschmückung des bibeltextes durch lateinische hymnenstrofen. Da aber drittens 
auch deutsche strofen in diesem spiele auftreten, von denen jedoch der text des evangeliums noch unan- 
getastet bleibt, so ist, schliesst er weiter, die einführung dieser, die dritte fase. Als vierte endlich be- 
trachtet Mone diejenigen scenen, welche über das karfreitagsevangelium hinausgehend abschnitte aus der 
lehrzeit Jesu darstellen, wie die berufung der apostel, die heilung des blindgeborenen u. s. w. — Diese 
hohe entwickelungsstufe des benediktbeuerner ludus paschalis setzte natürlich eine sehr lange zeit des 
Werdens voraus, um so mehr, wenn man erwägt, dass die ersten fortschritte einer neu ins leben gerufenen 
dichtungsart gewöhnlich die langsamsten zu sein pflegen, und die osterspiele, die vom 11. — 13. jahrh. und 
in weitester Verbreitung existierend, in deutschland wenigstens erst im 14. durch aufnähme deutscher 
elemente aus den engsten gränzen kirchlicher Übung herausgetreten, geben dazu eine beachtenswerthe 
analogie. Demgemäss verlegte Mone den Ursprung des Schauspiels, also zunächst der passionsspiele, in 
eine zeit, aus der uns nicht der dürftigste rest eines solchen, nicht einmal ein historisches zeugniss über 
dieselben erhalten ist. Einen bestimmten anhaltspunkt hiefür fand er in den , Silentium habete^ ^, mit welchem 
^ngel oder der prolocutor ludi das spiel, häufig auch einzelne handlungen eröffnen. Durch diese fomiel, 
nur mit der geringen abweichung ,Silentium facite', wird aber in der mozarabischen und gallikanischen 



1. Ich gebe diese zitate nach Hoffmaniu abdruok, Fundgraben 2, Z4b ff. und nach eigener zeilenbezifferong, bei der nur 
die eigentlichen spielanweisungen Übergegangen wurden« 

2. Sohaosp. d. mittelalt. 2, 167 ff. 

Milohiaok, Oittr iind puaioBMpial«. 8 



18 



I. DDE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



liturgie vor der messe oder dem evangelium durch den diakon stillschweigen geboten, sie fehlt dagegen 
in der romischen. Da nun das gallikanische ritual in folge der bemühungen pabst Hadrian I. gegen ende 
des achten Jahrhunderts durch das römische ersetzt wurde, so datieren die anfange des fi*anzösischen 
Schauspiels aus der zeit, in welcher jenes noch in gebrauch war. Die deutschen aber entstanden unter dem 
einflusse der französchen, wofür gründe geltend gemacht werden, wie die aufnähme lateinischer strofen, 
welche in rytmus und reiroverkettung denen der französischen stücke ähnlich sind^, von stücken aus Sybillen 
Weissagung, wie den gang Seths zum paradiese^ der drei Marien (trois iMagdelaines) auf dem leidenswege^ 
des teufelsspiels mit nachbildung französischer teufelsnamen ^ die karakteristik des Malchus^, die Personi- 
fikation der Christiana und Judaea (Synagoga)*, die stychotomie im Wechsel des dramatischen dialogs^ 

Ist es hieraus schon klar, wie wenig der gedai)kengang Mones und dessen eigentliche motivierung 
von seinen nachfolgem erkannt worden ist, so erhellt doch das vollständige missverständniss derselben erst 
aus der fälschlichen übQitragung von erläuterungen über den Ursprung der ostermysterien auf denjenigen 
der passionsspiele. P'ast so oft man ein buch oder eine abhandlung in die band nimmt, welches über unser 
mittelalterliches Schauspiel handelt, wird man jenen ^ aus der Einleitung Mones zu den lateinischen oster- 
feiern entnommenen Sätzen begegnen, die die entstehung der ältesten ostermysterien erklären sollen, und 
ebenso oft wird man diese Sätze als die kern- und- angelpunkte seiner teorie von der geschichte nicht 
bloss der osterspiele, sondern auch jder passionsspiele aufgefasst sehen. ,Ihren wechselgesängen [der latein. 
osterfeiern] liegen nämlich die responsorien des gottesdienstes zu gründe. Die responsorien sind wechsel- 
gesänge zwischen dem priester und volkeS das sind die fundamentalsätze und gewissermassen die schlag- 
worte geworden, die, auf die zuerst bekannten von Gerbert mitgeteilten riten bezogen, allein für sich selbst 
zu sprechen und über jeden Widerspruch erhaben zu sein schienen. Waren es doch bibelverse, aus denen 
hauptsächlich jene einfachsten mysterien bestanden, die in allen folgenden stücken immer wiederkehrten, 
wie sehr sich dieselben auch erweitert und um eine reihe ganzer scenen vermehrt haben mochten. Passions- 
feiern von so ursprünglicher einfachheit aber gab es nicht, auch die ältesten enthielten schon mehr, als 
die eigentliche leidensgeschichte Jesu. Was also konnte Mone anders gemeint haben, so urteilte man, als 
dass die schon vorhandenen osterspiele, die, aus den responsorien des gottesdienstes entstanden, mit hand- 
greiflicher deutlichkeit ihre entwickelung von scene zu scene erkennen liessen, die passionsspiele nach sich 
zogen und, wenn auch allerdings zuerst im engeren anschlusse an das karfreitagsevangelium, sogleich in 
kompakterer form ins leben riefen. Allein, wie weit entfernt war Mone von einer solchen auflfassung. Von 
diesem Standpunkte aus die entstehung der passionsspiele zu eiklären, würde er geradezu für eine Unmög- 
lichkeit gehalten haben. — Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass Mone sogleich in den einleiten- 
den Worten zur ersten osterfeier, welche die verschiedene bedeutung des responsoriums und der antifone 
definieren sollten, nicht verstanden wurde und dass man die begriffe beider identifizierte. Er sagt: ,Ibren 
Wechselgesängen liegen nämlich die responsorien des gottesdienstes zu gründe. Die responsorien sind 
Wechselgesänge zwischen dem priester und volke* . . . ,die kirchentexte der passion und der auferstehung 



1. A. a. o. 1, B. 47 ff. 

2. A. a'o. 1, s 308 und 2, b. 27 f. 
:*!. A. a. o 2, 8. 165. 

•1. A. R. o. 2, 8. 27. 

r>. A. a. o. 2, 8 164 f. 

6, A. a. ü. 1 8. 105 und 2, n. 164. 

7. A. R o 2 8. 28 ff. 

8 Siehe olnsn s. 7. Schausp. d. mittelalt. 1, 8. 6 



a. MONE UND SEINE NACHFOLGER. 19 

sind in ^o$a und bestehen gröstenteils aus bibelversen (antifonen^)'. Wie kann man diese Sätze 
anders in eine logische beziehung setzen, als: die osterfeiern sind aus responsorien, d. h. wechselgesängen, 
entstanden, die aber nicht prosaische kirchentexte, bibelverse, antifonen sind ; allerdings kommen auch kirchen* 
texte, bibelverse in denselben vor, die alsdann als antifonen von ,yersweis abwechselnden kören' gesungen 
wurden. Mone fährt fort «gereimte texte, wie in folgenden stücken, habe ich vor dem zwölften Jahrhundert 
keine gefunden, sie wurden nur in einzelnen kirchen zugelassen, nicht in das allgemeine ritual. Wo diese 
stücke wieder in bibelverse übergehen, enthalten sie gewöhnlich den kirchentext' ^. . . . ,Ich halte es für 
hinreichend, dass ich den begriff der antifonen und responsorien angegeben, um daran zu erkennen, wo 
die Schauspiele den ki^chentexten folgen.'^ D. h., gereimte texte (versus), nämlich die auf strofischen 
Wechselgesängen, responsorien beruhenden osterfeiern gab es, oder kennt man erst seit dem 13. jahrhundeit, 
und nur vereinzelt, weil sie zum allgemeinen ritual nicht gehörten (non autentici). Sie enhalten aber zu- 
gleich auch bibelverse und es ist der begriff der responsorien und antifonen. angegeben worden, um jene, 
die eigentliche osterfeier, von diesen, dem kirchentexte, zu unterscheiden. Und weiter fügt er noch hinzu \ 
dass diese gereimten osterfeiern (versus) geduldet worden seien (non improbamus), wem! sie im kirchen- 
Stile blieben, und dass sie verhältnissmässig jüngeren Ursprunges sein müssten, weil der ordo romanus, dem 
die meisten liturgien folgten und ebensowenig Amalarius von Metz (um 830), der ausfuhrlich vom oster- 
samstag spreche, nur den kirchentext gebe und keine dramatische feier erwähne, sondern nur wechselge^änge 
(= antifonen). Und endlich ,In diesen feiertagen [nämlich der woche vom ostersonntag bis dominica iu 
albis, welche in Frankreich aus lauter feiertagen bestand] wurden hauptsächlich osterlieder gesungen 
(hymnis paschalibus indulgentes) zum lobe des erlösers' . . . ,Man wird wohl annehmen müssen, dass 
sie [die dramatischen osterfeiern] durch den österlichen gottesdienst veranlasst wurden und die vielen 
feiertage dramatische spiele begünstigten'^. Das kann doch nur heissen, dramatische aufführungen der 
auferstehung entwickelten sich nicht etwa unmittelbar aus dem osterevangelium und seiner Vortragsweise, 
wie die dramatischen passionen, somlern es steht zu vermuten, dass sie durch die osterlieder, die festtage, 
den österUchen gottesdienst hervorgerufen, ^veranlasst' wurden. 

Wie war es aber möglich, dass Mone, obgleich er sich über seine meinung so deutlich ausgesprochen 
hatte, dennoch missverstanden wurde? Auch dafür findet sich die erklärung. Es ist schon oben darauf hinge- 
wiesen worden, dass die eben angeführte definizion des responsoriums von seinen nachfolgem stets mit 
den aus Gerbert entnommenen ritualen in Verbindung gesetzt wird und das war gegen Mones absieht, 
denn er bezeichnet sie ausdrücklich als ,kirchengebräuche', deren wechselgesänge er nach seiner eigenen 
definizion, da sie lediglich aus bibelversen bestehen, nur als antifonen betrachten konnte. Allerdings trugen 
diese ,kirchengebräuche' mit zur entstehung der Schauspiele bei, sie selbst waren aber nach seiner an- 
sieht noch keine dramen, sondern wurden es erst durch hinzunahme gereimter texte, responsorien (versus 
non autentici). Dies geht auch daraus hervor, dass er jene ,kirchengebräucheS um den weitläufigen abdruck 
der verschiedenen rituale zu vermeiden, hauptsächlich nur zur erläuterung der vorhergehenden äusserungen 
in , der einleitung gegeben hat, welche ausdrücklich ,A. Die kirchengebräuche^ überschrieben ist, während 



1. Vei^gl. dazu die anm. Sohausp. d. mittelalt 1, 8. 6, in der er zur yerdeatlichong die antifoaeD yon psalm- und an- 
deren bibelversen in der vesper und im introitus der messe herbeizieht and sieh auf die übereinstimmang seiner auf- 

' fassung mit Du Gange, Glossarium (v. Antiphona) und Basilius, De Constitutione s- missae beruft. 

2. Sohausp. d. mittelalt. 1, s. 6 ff. 
8. Ebenda. 

4. Sohausp. d. mittelalt. 1, s. 10. 

6. A. a. o. 2, 8. 168. Vgl. oben s. 16. 

8* 



20 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

das eigentliche draroa (Einsiedeln I und II = A,G) erst unter dem titel ,B« Text der osterfeier^ 
(S. 10) folgt. 

Meine leser werden gewiss ein wenig mit mir darüber erstaunt sein, zu gewahren, dass Mone bis 
auf den heutigen tag als der urheber einer anficht über die entstehungsweise der osterspiele angesehen 
wird, die er selbst von vorneherein von sich abzuwehren bemüht war. Und es ist in der tat eine seltene 
und originelle literarische erscheinung, dass gerade immer dieselben argumente für ein missversändniss 
geltend gemacht werden, welche Mone, um es zu verhüten, gegen dasselbe ins feld geführt hatte, ohne 
dass irgend jemandem, selbst nicht dem geschichtschreiber der geistlichen spiele dieser seltsame Widerspruch 
zum bewusstsein gekommen wäre. Dass vielleicht die falsch verstandene richtiger war, als die wahre Mone'sche 
meinung, kann das missverständniss wohl begreiflicher machen^ nicht aber es entschuldigen. Die ganze 
teorie Mones ist, wie wir gesehen haben, aus einem sorgrältigen Studium der historischen denkmäler und 
nach allen Seiten wohl erwogenen kombinaziouen hervorgegangen und seine anschauung über den Ursprung 
der ostermysterien lag folgerichtig in deren konsequenzen. Niemand. von denen, die bis heute über unser 
altteutsches Schauspiel geschrieben haben, besass eine ähnliche kenntniss dieses, des ausserdeutschen und 
der kirchlichen Verhältnisse, niemand hat mit gleich ernsthafter bemühung und gleicher liebe zu seinem 
gegenstände den entwickelungsgang und die gegenseitigen beziehungen aus den historischen bedingungen 
zu erkennen versucht, und niemand hat eine entwickelungsweise gefunden und begründet, welche der seinigen 
ebenbürtig an die seite zu stellen wäre. Ich habe mich daher verpflichtet gehalten, das sachverhältniss 
auf das eingehendste zu verfolgen und darzulegen« Es war ein grosses und für sein buch verhängnissvolles 
versehen Wilkens, dass er über Mone zur tagesordnung überging. Hätte er Mones teorie gekannt, so 
würde er sich einer genauen Widerlegung derselben nicht haben entziehen können. Er würde gefunden 
haben, dass gerade die erklänmg der entstehung und entwickelung der passionsspiele bis zum 14. Jahr- 
hundert, welche ihm so leicht und einfach sich zu ergeben scheint, den grössten Schwierigkeiten begegnet. 
Einem manne wie Mone, der auf diesem gebiete wie kein anderer zu hause war, war und konnte die nach 
ihm vulgär gewordene ansieht nicht verborgen sein. Dass er sie nicht benutzte, beweist nur, dass sie ihm 
nicht genügte. Der benediktbeuemer ludus paschalis (mit dem das wiener osterspiel ^ im lateinischen texte 
beinahe vollständig, im deutschen gar nicht übereinstimmt) hat inhaltlich schon fast die höchste entwickelungs- 
stufe erreicht; denn er bringt das ganze leben Jesu von der berufung der apostel bis zur grablegung zur dar- 
stellung (noch mehr das wiener osterspiel, welches mit dem fall der engel beginnt). In der gesammtentwicke- 
lung steht er aber in der auffallendsten Isolierung, weil von ihm keine Vorläufer, die in mannigfachen abstufungen 
vorhanden gewesen sein müssen, erhalten sind und die späteren stücke wohl einzelne beziehungen zu ihm, 
nicht aber die merkmale einer stetigen entwickelung aus ihm erkennen lassen, wie es bei den osterspielen 
in der greifbarsten weise der fall ist. Mone erfand deshalb in der weise des gelehrten eine auf viele be- 
obachtungen und kombinazionen gestützte hypotese \ Wilken formte nach art des dilettanten, die Schwierig- 
keiten vollständig übersehend, aus weit geringeren heobachtungen, die jenem keinesweges entgangen waren S 
einen beweis. Ich bekenne gerne, dass es mir nicht gelungen ist, das problem vollständig zu lösen und glaube, 
dass man die geschichte der passionsspiele bis zum ende des 13. Jahrhunderts auf der grundlage der hypotese 
Mones weiter aufzuhellen wird versuchen müssen. Dann aber habe ich einen neuen Standpunkt gefunden, 
von dem aus zwar der blick in die Vergangenheit noch mehr getrübt erscheint, nach vorwärts aber einen teil 



U yBrachstOck einet ostertpiels aus dem 18. Jahrhundert' heransg. von Josef Haupt in Wagners Arohiv Ar die g^- 
deuteoher spräche u. diohtung. Wien (Kubasta u. Voigt) 1874, s 865 — ^881. 

2. Siehe oben s. 17 ff. 

3. Siehe s. 22. 



a. MONE UND SEINE NACHFOLGER. 21 

wenigstens der Ursachen erkennt, die einen schon von Mone^ vermuteten plötzlichen und schnellen auf- 
schwang des Schauspiels im 14. Jahrhunderts erklären: die benutzung geistlicher epen^. Die entlehnung 
einer stelle der erlösung^ in dem bruchstücke eines weihnachtsspieles ^ (?) ist schon lange durch Bartsch^ 
bekannt und das bisher einzige beispiel dieses Verfahrens. Die erlösung ist aber höchst wahrscheinlich 
Ursache und quelle der grossen populären passionsspiele überhaupt. Denn in dem alsfelder spiele ist eine 
grosse zahl von scenen aus ihr entstanden, indem die erzählenden teile ausgeschieden und die gesprochenen 
mit meist ganz geringen änderungen zum dramatischen dialog verarbeitet wurden. Das alsfelder spiel steht 
mit dem frankfurter und friedberger in engster verwantscfaaft und bei den übrigen ist die abhängigkeit von 
demselben in grösserem oder geringerem grade nachweisbar. Es ist ein schönes zeugniss für Mones sorg* 
fältiges Studium und seinen Scharfblick, dass er die mittlere Stellung der thüringisch-hessischen spiele er- 
kannte und betonte*. Auch für die stellenweise benutzung anderer epischer dichtungen, z. b. des Anegenge, 
der Urstende, B. Philipps Marienleben, finden sich vereinzelte belege. Andere spiele mögen andere epen 
benutzt haben, was ganz besonders das osterspiel aus dem klosterMuri^ und die st. galler Kindheit Jesu ^ 
vermuten lassen. Die ganze bedeutung dieses punktes wird bei der Untersuchung der passionsspiele ge- 
nauer dargelegt werden. Hier habe ich nur darauf hinweisen wollen, um zu zeigen, dass es Wilken keines- 
wegs ,gelungen ist, Ursprung und entwickelung metodisch^ zu erfassen, so dass sich die einzelbeziehungen 
der verschiedenen spiele auf der von ihm geschaffenen basis leicht nachholen liessen'. Gerade in dieser 
hinsieht hat sein buch seinen beruf verfehlt, zum teil, wie gesagt, weil er Mone nicht kannte. Mone's 
forschungen sind durch ihn keinesweges überholt und ich bin mir bewusst nicht zu viel zu sagen, wenn ich 
behaupte, dkss sie im ganzen noch heute das beste sind, was wir über die geschichte unserer oster- und 
passionsspiele besitzen. 

Ueber die tiefere motivierung der Wilkens'schen anschauungsweise ist nach den bisherigen ausein^ 
andersetzungen nichts mehr zu sagen. Auch er- erlag, wie die übrigen, den vulgären missverständnissen, 
die jeden, der in den bereich der schauspielstudien trat, unbewusst gefangen nahmen. An der band geläufiger 
ansichten analysiert er jedes stück und giebt dabei allerhand beobachtungen, die keinem, der sich der mühe 
unterzieht, die Schauspiele mit einiger Sorgfalt zu lesen, entgehen können. Es fehlt ihm sozusagen voll- 
ständig an eigenen scharf entwickelten allgemeineren gesichtspunkten, man müsste]^denn die kapitelüber- 
Schriften dafür nehmen, denen ich indessen dringend wünsche, dass sie über die gränzen seines buches 
keine anwendung finden. Die ludi de nocte paschae sind auch nach Wilken nichts anderes als lateinisch- 
deutsche osterspiele; warum also den eingebürgerten und bezeichnenden namen aufgeben. Die synoptischen 
osterspiele heissen von alters und nach Mones terminologie ihrem inhalte gemäss passionsspiele, ,synoptisch'^ 
sind nach Wilkens eigenem Zugeständnisse^® schon die entwickelteren lateinischen osterfeieiii, so dass 
diese bezeichnung den engeren begriff dieser stücke gar nicht karakterisiert. Von den ,populären oster- 



1. Siehe oben b. 8. 

2. ,Dmb epische behandlungen geistUoher stoffe aber nicht wohl zur kritik geistlicher spiele verwant werden können, hatte 
ich im aUgeroeinen eingesehen/ Wilken, kritische behandlung, s. 24. 

8. Hsggb. von Karl Bartsch. Quedlinburg und Leipzig 1858. 

4. V. Stade, Spedmen leetionum antiq. Frandc. et Otfridi libr. evang. Stade 1708. 40. s. 84. 

6. Koberstein-Bartsch, Grundriss der gesch. d. d. nationalliteratur. P, 862 und anm. 22 und 23. 

6. Siehe oben s. 7 und Sbhausp. des mittelalt. 2, 168. 

7. Siehe oben, s. 12, anm. 12. 

8. Schausp. d. mitelalt. 1, s. 143—181. 

9. Ueb. d. krit. behandlung d. gebtl. spiele, s. 3. 
10. Gesch. d. geisU. spiele, s. 81, anm. 6. 



"22 I. I>IE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

fipielen' gehört das insbrucker und sterzinger zu der klasse der lateinisch-deutschen, das wiener und 
Tedentiner zu den deutschen. Was ,populäre passionsosterspiele' sind, wird jedermann sicherer verstehen, wenn 
wir ihm sag^n, dass die ,fronleichnamsspiele* damit gemeint sind. — Von ander^i gesichtspunkten, welche 
Wilken gefunden und sich zum verdienst gerechnet haben möchte, war die einteilung der spiele im anschlass 
an die Ordnung des römischen kirchei\jahres ^ und ihre bedeutung für die entwickelungsgeschichte derselben 
mehrfach schon von Mone^ hervorgehoben, die anlehnung der dramatischen osterfeier an den gebrauch der 
knizifixbestattung * schon seit Freytag ^, von Alt^, Haase* u. a. betont und besonders auch die beobachtung, 
•dass die magdalenenscene der osterspiele frühzeitig in den passionsspielen eingang gefunden von Mone er- 
kannt worden'^. Gegenüber seiner Verurteilung wollen wii* uns nicht zum Verteidiger dilettantischer 
Tergleichungsversuche ^ auf werfen, aber ebensowenig uns davon abhalten lassen, durch meto dis che ver- 
gleichung die lösung der probleme zu finden, welche vor einer unmetodischen, das einzelne mäkelnden, für 
das bedeutsame geblendeten kritik immer scheu zuruckfliehen wird. 



1. Gesoh. d. geistl. spiele, vorwort s. VI uod Krit. behandiung d. geistl. spiele, s. 2. 

2. Sohausp. d. mittelalt. 1, s. 133. 251. 265. 

3. Gesob. d. geistl. sp. s. 64 und Krit. behandl. s. 21. 

4. De init. soen. poes. pag. 34 s. 
^. Tbeater and kircbe. S. 34a 

6. Das geistl. sohaasp. S. 16. 

7, Sohaasp. d. mittelalt. 1, 8. 53. 

5. Kritisohe behandlang. S» 3. 



8. UESPEUNG UN» ENTWICKEIUNG. 

Lateinische osterfeiern in dem hier besprochenen sinne, sind bis heute 28 veröiFentlicht worden, 
davon entfallen 13 auf Deutschland, 14 auf Frankreich und 1 auf Holland. Aus Italien haben sich solche, 
wenn sie überhaupt existierten, nicht erhalten; die älteste nachricht von der auiFührung geistlicher spiele 
daselbst datiert aus dem jähre 1244 und berichtet schon von der darstellung des leidens und der aufer- 
stehung Kristin Auch in England und Spanien hat man, so viel ich weiss, bislang diese mysterien nicht 
gefunden. 

Ich gebe zunächst ein vollständiges verzeichniss der bekannten nebst angäbe der orte, wo sie zuerst 
und demnach wieder abgedruckt wurden. In der benennung der stücke durch buchstaben habe ich mich 
an die von Schönbach schon eingeführten bezeichnungen nicht gebunden, weil hier eine grössere zahl der- 
selben in die Untersuchung gezogen und die sich ergebende entwickelungsweise von der seinigen verschieden 
ist. Die Übereinstimmung der alfabetischen folge der buchstaben mit den entwickelungsstufen der durch 
sie bezeichneten stücke schien mir bei der ohnehin schwierigen darstellung zur erleichterung der lektüre 
notwendig, und es wird immer noch leichter sein, sich die Unregelmässigkeit von 11 aufeinanderfolgenden 
buchstaben einzuprägen, als die von 28. Schönbachs bezeichnungen habe ich in klammem beigefügt. 

Ay Einsiedeln I, cod. no. 179, XII. jhdt; abgedruckt bei Mone, JSchausp. des mittelalt. 1, 10 — 12. 

B, Paris, handschr. der nationalbibliotek no. 1240 fol. SO"", XI, jhdt, bei Du M^ril, Origines latines 
du th^&tre moderne (auch unt. d. tit. Theatri liturgici quae latina superstant monumenta edita recensuit, 
inedita vulgavit, adnotationibus illustravit E. Du M^ril), Paris (Franck) 1849, 8® s. 97, note 1. 

Cy St. Martial, Limoges, jetzt nationalbibliotek zu Paris handschr. no. 1139, fol. 53^, XI. jhdt.,. 
bildet den eingang zu ,Les vierges sages et les vierges foUes' und wurde zuerst bekannt gemacht durch 
Raynouardy Choix des po^sies originales des troubadours, t. II, p. 139 — 143; danach bei Thom. Wright, 
Early mysteries and other latin poems of the twelfth and thirteenth centuries. London (Nichols and son) 
1838, p. 57; Monmerqu^e et Michel, Th^itre fran^ais au moyen äge. Paris (Firmin-Didot) 1839 und neue 
titelausgabe 1874. 8^ p. 3; Du M6ril, Orig. lat. p. 97, note 1, wo die osterfeier von dem p. 233 ff. ab- 
gedruckten Myst^re des vierges sages et vierges folles gesondert sich findet; E. de Coussemaker, Drames 
liturgiques du moyen äge, textes et musiques, Paris (Didron) 1871. 4^ p. 1 — 10 und 311 ff. nebst faksimile, 
wo jedoch die osterfeier fehlt, nach der im facsiroile angedeuteten lücke zu schliessen in folge absichtlicher 
auslassung, nicht weil die handschr. kennzeichen trüge, welche dieselbe aus der gemcinschaft mit dem 
folgenden verwiesen. 



1. Yg]. Ad. Ebert Die älteaten italienisohen mysterien. Jabrbaoh fQr romanisohe und englische literatur. Bd. 5, s. 51 ff. 



24 I DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

Hf St. Blasien im Schwarz walde, ex ordine operis dei, handschr. des XIV. jbdts«, bei Mail 
Oerbert, Monumenta veteris liturgiae alemannicae. II, 237 und daher bei Mone, Schauspiele d, mittelalt 
1, 8. 7; Du M6ril, Orig. lat. p. 107, note 2; Drosihn, Redentiner osterspiel, s. 5, anm. 3; Peter, Zuck- 
mantler passionssp., s. 3, anm. 6. 

E^ Dunstanus, Goncordia; Ed. Martene, De antiquis monachorum ritibus. I, p. 446 und Da 
Meril, Orig. lat. p. 116, note 1. 

V, Rheinauer directorium, cod. 49, s. 113, bei Anselm Schubiger, Die sängerschule St Gallens 
vom achten bis zwölften Jahrhundert. Einsiedeln und New- York (Benziger) 1858. 4®, s. 21, anm. 2. 

6(F), Ein sie dein II, handsclir. nr. 179, XII. jhdt. (siehe A), bei Mone, Schauspiele d. mittelalt. 
1, s. 10 — 13; Du M6ril, Orig. lat, p. 100. 101; Drosihn, Redentiner osterspiel, s. 8. 

H, Cividale I, handschr. im archive der katedrale zu Cividale bezeichnet T. VII, XIV. jhdt., bei 
Coussemaker, Drames liturgiques, p. 307 — 310 und 347 mit noten. 

I, Zürich, handschr. v. j. 1260, bei Gerbert, Vetus liturg. alem. p. 864; danach Mone, Schausp. 
d. mittelalt. 1, s. 9; Du M^ril, Orig. lat. p. 107, note 2; Pichler, Ucber. d. drama d. mittelalt. in Tirol. 
Innsbruck (Wagner) 1850. 8^ s. 37; Drosihn, Redentiner ostersp. s. 6, anm. 9. • 

K, St. Blasien in Braunschweig, Cod. St. Blasii VII, B 31 fol. XII. jhdt., auf dem herzogl. landes- 
hauptarchive zu Wolfenbüttel. Aufgefunden und mir mitgeteilt von meinem freunde Dr. Paul Zimmermann. 

L, St. Lambrecht in Steiermark, handschr. der grazer universitätsbibliotek nr. 40/6, 8®, fol. 135*, 
pgmt., 2. hcälfte des XII. jhdts., aufgefunden und mitgeteilt von Ant. Schönbach, Zeitschr. f. deutsch, alterth. 
20, s. 131 ff. 

M, Wien, handschr. d. k. k. hof- und Staats -bibliotek nr. 3322, XII. jhdt, mitgeteilt von Denis, 
Codices theologici raanuscripti, tom. II, col. 2100. 2101 und danach bei Du M6ril, Orig. lat. p. 316, note 1. 

N(A), Klosterneuburg, nach einer abschrift von Maximilian Fischer mitgeteilt von Franz Kurz, 
Oesterreich unt. herzog Albrecht IV. 2, s. 425 — 427, vgl. s. 29 und wiederholt von Du M6ril, Orig, lat. p. 89 —91. 

0(3), Narbonne, nach einem alten ordinär bei Martene, De antiqua ecclesiae disciplina, cap. 25, 
p. 479; Daniel, Thesaurus hymnologicus. III, p. 290, 1; Du M^ril, Orig. lat. p. 91—94. 

P(E), Sens, nach einer handschr. des XIII. jhdts. in den M^langes de la Soci^tö des bibliophiles, 
1833. p. 165 und bei Du Meril, Orig. lat. p. 98— li>0. 

Q(H), Engelberg in Unterwaiden, handschr. I 4/25 (nach Schubiger, a. a. o. s. 21, I 4/23), 4*, 
Bl. 75, mit musiknoten, v. j. 1372; bei Mone, Schausp. d. m'.ttelalt. 1, s. 23 — 27; auszüglich bei Du Meril, 
Orig. lat. p. 102, note 7. Voran steht die nachricht : Anno domini 1372 in vigilia pascae factum est hoc 
opus per fratres, scilicet fratrem Waltherum et Johann em Grebler et Waltherum Stoffacher. 

R(G), Einsiedeln III, handschrift no. 300, s. 93, XIII, jhdt, mit alten musiknoten; bei Mone, 
Schausp. d. mittelalt. 1, s. 15—19; Du M6ril, Orig. lat. p. 101—107; Reidt, Das geistl. Schausp. s. 16-20 
mit Verdeutschung der Spielanweisungen. 

S, Utrecht, antiphonarium auf der Utrechter bibliotek Script, eccles. no. 319, fol. 64^, XII. jhdt., 
in der ersten hälfte mitgeteilt von Gall^e, Bijdrage tot de geschiedenis der dramat. vertoon., bl. 57. 58. 

T, Cividale II, nach dem Processional A des XIV. jhdts. mit noten im archiv der der katedrale 
zu Cividale herausgegeben von Coussemaker, Drames liturgiques, p. 298 — 306. 

U(D), Ronen, aus Johannis Abrincensis Liber de officiis ecclesiasticis, App. p. 211 sehr ungenau 
mitgeteilt von Du Ca'nge, IV. p. 195, col. 2; bei Du M^ril, Orig. lat. p. 96-98. — Dieses officium findet 
sich ausserdem in einer handschr. des 15. jhdts. auf der nationalbibliotek zu Paris no. 1213, s. 86 and 
in zwei anderen handschr. der bibliotek zu Ronen no. 48y und 50y und war nach de Molton (Lebrun des 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. ERHALTENE DENKMAELER. 25 

Marettes), Voyages liturgiques en France, p. 305, während des ganzen 16. jhdts im gebrauch. Vgl. Du 
M^ril, Orig. lat., p. 96, note 1. 

Y, Bigot, aus dem mit der biblioth^que Bigot in die nationalbibliotek zu Paris übergegangenen 
Antifonarium no. 904, s. 215, zweite hälfte des XIII. jhdts, mit noten; abgedruckt bei Coussemaker, 
Drames liturgiques, p. 250 — 255 nebst faksimile. Das stück stimmt mit T ausser in den Spielanweisungen 
vollständig überein. 

W(C), Mont St. Michel, handschrift auf der bibliotek zu Avranches unter den nummem inwendig 
14, auswendig 2524, aus dem anfange des XIV. jhdts, bei Du Möril, Orig. lat., p. 94 — 96. 

X(K) Orleans I, handschrift der bibliotek zu Orleans no. 178, s. 220, XIII. jhdt, zuerst ver- 
öffentlicht von Monmerqu6 in den M^langes de la Soci^tö des bibliophiles 1833 und daher bei Wright, Early 
mysteries, p. 32 — 36; Du MMl, Orig. lat., p. 110 — 116; Coussemaker, Drames liturgiques, p. 178 — 194. 

T, Durandus, Rationale divinorum officiorum (verfasst 1286), lib. VI., rubr. de noctumo officio 
sabbati sancti. Strassburger ausgäbe v. j. 1486, bl. 110^ (antwerpener ausg. v. j. 1614, bl. 378 (1. 376)'; 
bei Mone, Schausp. d. mittelalt. 1, s. 9. 10; Du Möril, Orig. lat., p. 107, note 2; Drosihn, Redent. ostersp., 
s. 7, anm. 12. 

Z(J), Lichtenthai, handschr. ohne nummer, XIII. jhdt, bruchstück; bei Mone, Schausp. des 
mittelalt. 1, s. 19—21; Du M6ril, Orig. lat., p. 108—110. 

a(L), Reichenau, Antifonarium jetzt auf der bibliotek zu Karlsruhe no. 209, bl. 11, XIV. jhdt, 
mit musiknoten; bei Mone, Schausp. d. mittelalt. 1, s. 22. 

b, Orleans II, handschr. der bibliotek zu Orleans no. 178, s. 225, XIII. jhdt (vgl. X), mit der auf- 
schrift Sanctae mulieres; bei Du M6ril, Orig. lat, p. 116, note 1; es bildet den eingang zu dem Mysterium 
apparitionis d. n. Jhesu Christi duobus discipulis in Emmaus vico bei Wright, Early mysteries, p. 37. 

c, Tours, handschr. auf der bibliotek zu Tours no. 237, kl. 4^ XII. jhdt (?), auf baumwollenpapier 
geschrieben, unter dem titel Prieres en vers; herausgegeben von Victor Luzarche, Office de päques ou de 
la r^surrection accompagne de la notation musicale et suivi d'hymnes et de sequences in^dites etc. Tours 
(Bouserez) et k Paris (Potier) 1856. 8® nebst faksimile und wiederholt von Coussemaker, Drames litur- 
giques, p. 21 — 48. Eine genaue beschreibung dieses wertvollen codex hat Luzarche in der einleitung zu 
einem anderen stücke desselben gegeben: Adam, drame anglo-normand du XII* siecle. Tours 1854. 8® 
und danach Coussemaker a. a. o. p. 319. 

Ausser diesen gibt es noch eine anzahl bisher ungedruckter lateinischer ostermysterien. Drei solcher, 
die sich nur in ganz unwichtigen lesarten von U unterscheiden, sind bei diesem schon erwähnt worden. 
Vier andere finden sich in den handschr. der nationalbibliotek zu Paris no. 909, fol. 21^, no. 1120, fol. 20^, 
no. 1240, fol. 30^, alle dem XI. jhdt angehörend, und Suppl. lat. no. 184, fol. 179'; vgl. Du M6ril, Orig. 
lat., p. 116, note 1. — Mit wenigen änderungen steht L auch in den hss. der grazer universitätsbibl. 40/96, 
4®, Xn. jhdt, und 42/13, 4®, XIII. jhdt. Vgl. Schönbach a. a. o. s. 131. — Eine Visitatio sepulchri in nocte 
Paschatis in der wiener handschr. no. 2054 des XV. jhdts und einen vielleicht schon im XIII. jhdt auf- 
gezeichneten Ritus visitationis sepulchri ante resurrectionem domini in der wiener handschr. Cod. rec. 2237 
verzeichnet Denis, Codd. theol. manusc. II, col. 2054 und 2102. — Die zehn lateinischen mysterien einer 
aus St. Benoist-sur-Loire stammenden, jetzt der bibliotek zu Orleans gehörenden handschr., welche Luzarche, 
Office de päques, p. XXVI erwähnt, waren damals schon durch den abb6 la Bouderie und Monmerqu6 ediert 
in den publikazionen der Soci^t^ des bibliophiles fran^ais und demnächst von Wright, Early mysteries, 
p. 1—53; vgl. Coussemaker, Drames liturg. p. 326 f. und Wright, p. VI. — Meine Vermutung, dass die 
von Schubiger (Die sängerschule St. Gallons, s. 21) bezeichneten st. galler direktorien, codd. 445 und 

Milohiaok, Öfter nnd pMsioiuiplele. 4 



26 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

582 — 538, lat. osterfeiern enthalten möchten, veranlasste mich, heim bibliotekar Idtensohn um eine durch- 
sieht dieser handschriften zu bitten ; seine bemühungen haben indessen ergeben, dass sie dramatische oster- 
of&zien nicht enthalten. Ob sich in den ebenfalls von Schubiger angezogenen rheinauer handschr. no. 80 
und 74 etwa solche befinden, weiss iqh nicht 

Endlich ist noch der Ludus paschalis^ zu erwähnen, den Bemh. Pez in einer pergamenthandschr. 
des Xm. jhdts zu Elostemeuburg fand, aber trotz eindringlicher bitten zur abschrift nicht erlangen konnte'. 
Maidmilian Fischer, der geschichtschreiber des Stiftes, hat bei später angestellten erneuerten nachforschungen 
das unzweifelhaft höchst wertvolle stück ^ nicht wieder auffinden können*; das oben angeführte (N), durck 
dessen auffindung er für seine bemühungen entschädigt wurde, vermag uns den schmerzlichen verlust jenes 
nicht zu ersetzen. Denn nach dem von Pez mitgeteilten eingangs jenes Spieles zu schliessen, waren in 
demselben die gränzen, in denen sich die übrigen noch ausschliesslich bewegen, schon weit überschritten. 
Das auftreten des Pilatus unter dem später stereotyp gewordenen korgesange ,Ingressus Pilatus' etc. 
(ev. Job. 18, 33 ff.) und der pontifices, die ihn an die aussage Jesu erinnern, dass er in dreien tagen 
wieder auferstehen werde, beweisen, dass hier die bestellung der grabwache schon zur darstellung gebracht 
wurde. Es schloss mit dem bekannten ,Krist der ist erstanden^ war aber sonst jedenfalls vollständig 
lateinisch', denn es ist nicht wahrscheinlich, dass das vorkommen deutscher strofen oder reimpare von 
Pez unbeachtet geblieben oder verschwiegen wäre. Das deutsche lied am Schlüsse ist wohl nur darum 
angefügt worden, um auch dem bis dahin stumm zuschauenden volke eine gelegenheit zu verschaffen, seiner 
festfreude lauten ausdruck zu geben. 

Der Ludus paschalis de adventu et interitu Antichristi^ obgleich auch ein lateinisches 
osterdrama, steht mit den hier besprochenen mysterien in keiner beziehung. Ich darf mich daher damit 
begnügen, ihn zu erwähnen, und auf die abhandlung von J. 6. V. Engelhard, De ludo paschali saeculi 
duodecimi, qui inscriptus est: De adventu et interitu Antichristi. Erlanger Universitätsprogramm 
ostem 1831. 4^ die neueste ausgäbe von 6. v. Zezschwitz, Vom römischen kaisertum deutscher nation. 
Leipzig (Hinrichs) 1877 und die metrische Übersetzung von Johannes Wedde, Das drama vom römischen 
reiche deutscher nation, eine nationale dichtung aus Barbarossa's zeit. Hamburg (Grädener) 1878. 8^ 
hinzuweisen. 

A* DIE AELTESTE FOBM. 

Der verhältnissmässige reichtum und das hohe alter einzelner der erhaltenen denkmäler, dazu die 
langsamkeit ihrer entwickelung, die wir auf einem grossen Frankreich, Süd-und Westdeutschland umfassenden 
gebiete in einem Zeiträume von beinahe drei Jahrhunderten (vom 11. bis in die zweite hälfte des U.) 
schrittweise verfolgen können, geben die hoffhung, dass sich annähernd wenigstens die älteste form der 



1. B. Pez, Thejiauras anecdotorum novissimus. Tom. ü. Dissert. isagog. pag. LIII. 

2. Perlul enter ludum pascbalem clauBtroneoburgenBem adjanxissemus, nisi preoes et litterae, in qnibiu aliqnod eju» 
apographam magno studio requaivürnns, irritae fuissent Pez ibid. 

3 Aus dem 13. jhdt besitzen wir nur zwei lat.-deatsche passionsspiele, den benediktbeaemer Ijudus pasoh. und das als 
,ostei-8piel' von Jos Haupt herausgegebene wiener (Wagners archiv f. d. gesch. deutsch, spr. u. dicht. Wien 1874. 
S. 359—381): das erstere bekanntlich in verworrener und unvollständiger Überlieferung, das zweite nur in spärlichen 
lirnchstüken. Alle späteren stocke sind sozusagen yollständig verdeutscht. 

4 Frz Kurz, Oesterreich unter herzog Albrecht lY. 2, s. 29. 

6. Vgl. Fundgruben. 2, 241. 

e Hoffmann a. a. o. vermutet aus diesem Schlüsse, dass es nicht durchweg lateinisch gewesen. 

7. Aufgefunden und mitgeteilt von Pez, Thes. anecdot. nov. Tom. II, pars III, pag. 185 — 196. t 



S. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. A. DIE AELTESTE FORM. 27 

lateinischen osterfeiern werde feststellen lassen. Gemäss den drei über ihre entstehung aufgestellten an- 
sichten kann sie eine dreifach, verschiedene gewesen sein, ihre spuren können in keinem falle ganz verloren 
sein, wenn eine jener hypotesen begründeten anspruch auf Wahrscheinlichkeit erheben darf. Denn mög^i 
es lateinische gottesdienstliche responsorien (versus) gewesen sein, welche, das osterdrama erzeugend, mit 
kirchlichen gebrauchen wie dem aus St. Blasien (D), Zürich (J) und von Durandus beschriebenen (Y) in 
Verbindung traten (Mone), oder mögen die gesprochenen Sätze des osterevangeliums Markus 16, 1 — 7 
(Wilken), oder endlich die wechselreden in der zweiten hälfte der sequenz ,Victimae paschali* (Schönbach), 
als die grundlagen angesehen werden, die sich zur dramatischen auferstehungsfeier entfalteten: immer wird 
man entweder jene keime^ selbst als einen integrierenden bestandteil bei denselben anzutreffen und die 
ihnen innewohnende zur gestaltung der vorliegenden osterdramen treibende kraft zu erkennen, oder aber 
die gründe zu finden erwarten müssen, welche die Vernachlässigung und das aufgeben des ursprünglichen 
keimes hinreichend erklären. Der weg, den hienach die folgende Untersuchung einzuschlagen hätte, könnte 
also der sein, dass die gründe, welche für die bestehenden ansichten geltend gemacht worden sind, gegen 
einander abgewogen, widerlegt oder bekräftigt würden, so dass einer von ihnen, als der den umständen 
nach wahrscheinlichsten, der Vorzug eingeräumt werden dürfte. Allein, es sind diese teorien in Wirklichkeit 
aus einem umfassenden Studium der vorhandenen denkmäler weder hervorgegangen, noch überhaupt ein- 
gehender begründet worden, und sie haben einstweilen durch wenig anderes, als durch die autorität ihrer 
Urheber eine bedeutung. Müssen also dafür oder dagegen sprechende entscheidende beweise erst noch ge- 
funden werden, so wird doch eine vorurteilslose und von grund aus neue sorgfaltige Untersuchung ange- 
messener und eher gesicherte resultate zu ergeben geeignet erscheinen. Und wenn diese aufgäbe metodisch 
angegriffen wird, so muss ihre lösung von selbst zur Übereinstimmung mit einer der früheren ansichten 
führen, oder die beweise ihrer unhaltbarkeit im gefolge haben. 

Jedem der eine grössere anzahl der erhaltenen lateinischen osterfeiern hintdreinander liest, werden 
alsbald gewisse Sätze auffallen, die, wenn auch mit mannigfachen stilistischen abweichungen, in allen stücken 
wiederkehren. Es ist jener kurze dialog, welcher die begegnung der drei Marien mit dem oder den engein 
im grabe des gekreuzigten am ostermorgen vergegenwärtigen, durch welche die auferstehung Jesu 
zuerst bekannt und erwiesen wurde und die eine unmittelbare anlehnung an die evangelischen berichte 
deutlich erkennen lässt. Versuchen wir also zunächst die reden und gegenreden der frauen und engel 
in allen vorkommenden fassungen zusammenzustellen und unter sich und mit den biblischen darstellungen 
zu vergleichen, um zu sehen, ob sie sich in solcher Übereinstimmung befinden, dass daraus auf eine oder 
mehrere ursprüngliche formulierungen derselben geschlossen werden darf, und ob einige davon und welche 
die eigenen werte des biblischen textes benutzt haben können. Es ergibt sich sofort, dass bei jedem 
Satze zwei wesentlich verschiedene fassungen zu unterscheiden sind, nämlich 

la 

1. Quig revolvet nobis lapidem ab ostio monumenti? RUV 

2. Et dioebant ad invioem: 

Quis revolvet nobis lapidem ab ostio? M 

3. Quis revolvet nobis lapidem? D 

4. Quis revolvet? FJW 

5. Sed nequimns hoc patere sine adiatorio; 

quisnam saxum hoo revolvet ab monumenti ostio? X 

Ib 

6. Quis revolvet nobis ab ostio lapidem, quem tegere 

sanctum (saorum T) oemimus sepulohrum? GHKLNQT 

4* 



28 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

Dieser satz fehlt in ABGEOPS. DEFJO können nur in beschränktem masse hier herbeigezogen 
werden, weil sie nicht in ihrer eigentlichen Spielabfassung überliefert sind, sondern nur in beschreibender 
form von kirchenschriftstellem mitgeteilt werden, die nur auf eine veranschaulichung der feier im ganzen, 
nicht auf die einzelheiten gewicht legten und deshalb die einzelnen Sätze meist nur durch ihre anfangs- 
worte bezeichneten, vielleicht auch solche, die ihnen unwesentlich erschienen, ganz übergingen. Auch W 
gibt ausschliesslich die notwendigsten anfange, gewiss weil diese genügten, um das übrige zum teil so 
geläufiger bibelstellen in einer alljährlich sich wiederholenden kirchlichen feier im gedächtnisRe der agie- 
renden geistlichen sofort zu reproduzieren. 

Die fassung von RUV ist wörtlich die aus Markus 16, 3 bekannte; M gibt den ganzen vers ein- 
schliesslich der erzählenden werte des evangelisten, welche nicht zum dialog gehören, nur monumenti fehlt. 
FJW deuten die frage offenbar nur an, wahrscheinlich auch D: auch das letztere lautete vollständig, nach 
dem anfange zu schliessen, wie im evangelium, während sich von FJW nicht sagen lässt, ob sie la, oder 
Ib folgten. X repräsentiert nächst dem officium aus Tours die ausgebildetste form der lateinischen oster- 
feiem und zeigt an dieser und an mehreren anderen stellen die neigung auch anderer späterer stücke 
(namentlich T), den dialog rytmisch umzugestalten, hier ersichtlich aus der durch RUVMDFJW bezeugten 
ursprünglichen fassung. — Dass auch Ib auf jenem älteren biblischen texte beruht, ist klar. Derselbe ist 
jedoch in eine bestimmte neue form umgeprägt worden und zwar schon im 12. jhdt und begegnet auch 
in HT, zwei französchen stücken, was zu beachten ist. 

na 

1. Quem quaeritis in sepulchro, o (o fehlt P) ohristioolae? ABGMPSUy(W)X 

2. Quem quaeritis in sepulohro? 

3. Quem quaeritis? DEFJ 

4. Quem vos, quem flentes? R 

IIb 

5. Qaem quaeritis, o tremulae mulieres, in boo tumulo ge- 

mentes (plorantes 6HT)? 6HKLNQT 

Im ganzen dasselbe verhältniss, wie bei I. W deutet diese stelle nur an durch Venüe, venite! es 
muss aber ebenfalls eine ähnliche frage der engel enthalten haben, wie die anderen stücke, weil sonst die 
folgende antwort der frauen der motivierung entbehrte. Bei I stellte sich W zu la und wird demgemäss 
hier IIa beizuzählen sein. stimmt mit der hauptmasse der durch IIa vertretenen stücke überein, es 
fehlt nur die anrede. DEFJ sind zweifelhaft, jedoch gehört D nach analogie von I zu IIa, ebenso K 
nach IV. R scheint verderbt. — IIb ist wiederum eine besondere eigentümliche fassung und erscheint in 
denselben stücken wie Ib. — Auch bei diesem satze finden beziehungen zu den evangelien statt. Es empfiehlt 
sich indessen zuerst noch no. III, IV und V vorzulegen, die in den biblischen darstellungen enge mit ein- 
ander verflochten sind, und sich daher besser im zusammenhange besprechen lassen. 

Ula 

1. Jesum Nazarenum orucifixum (orudf. fehlt M), o ooelicola 

(coelioolae BCP)1 ABCMPQSÜVX 

2. Jesum Nazarenum t DEFJO W 
8. Nos Jbesum Christum 1 R 

inb 

4. Jbesum Nazarenum cruoifixum quaerimus! 6HKLNT 

Die Verteilung der stücke ist im ganzen unverändert. DEFJOW lassen wiederum ihre zugehörigteit 
nicht erkennen, jedoch wird man auch hier von DEOW annehmen dürfen, dass sie sich Ula angeschlossea 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. A. DIE AELTESTE FORM. 29 

haben. Bemerkenswert ist nur, dass dieses mal Q bei Illa begegnet, während im übrigen in der besondem 
fassung Illb dieselben stücke zusammengehen, wie bei Ib und IIb. 

IVa 

1. Non est hio, snrrexit ricut (enim sicat UV, sioat ipse B) 

praedixerrat (dixit BUV) ABCEMPSUV 

2. Qnid, ohristioolae, qoaeritis ^iventem oom mortuis? 

Non est hio, sed surreidt, praedixit ut disoipalis! X 

3. Non ert hio, snrrexit! G 
4« Non est hio, yerel R 

5. Non est hio! DFJOW 

6. Nolite metuere vel laedi terrore; 

scio quia qoaeritis lesum hie sepoltom, 

coias Yos intenditis venerari coltam. 

iam snrrexit, hio non est, ut non loqnar maltum, 

miohi si non creditis, videte sepalohmm! T 

IVb 

7. Non est hio, quem quaeritis! HKLNQ 

Die Scheidung der dramen in zwei klassen bleibt im wesentlichen dieselbe. DFJOW bleiben in der 
schwebe. X hat wiederum seinem streben nach rytmischer änderung nachgegeben, lässt aber die ursprüng- 
liche mit IVa 1 übereinstimmende form in. seiner zweiten zeile noch erkennen. Q ist zur gruppe IVb zu- 
rückgekehrt, während G und T ausscheiden, G mit annäherung an IVa 1, T mit ganz neuer versifizierter 
Umgestaltung. 

Va 

1. Ite, nnntiate discipolis eins, qma praeoedet yos in Galilaeam! C 

2. Ite, nnntiate quia surrezit! BP 

3. Ite, nnntiate quia snrrexit a mortuis! £ 

4. Ite, nontiate qnia sorrexit de sepnlohro! AM 
6. Ite, nontiate qma snrrexit dioentes Sorrexit dominus de 

sepnlohro 1 S 

6. Ite, nnntiate D 

7. Ite ad discipnlos eisque nnntiate, 

quod dominus a mortuis surrezit; festinate, 
in Galilaeam ibitis oum gaudio et paoe, 

ibi eum videbitis; nolite dubitare. T 

Vb 

8. Sed cito (Et UV) euntes dicite (nnntiate HKLN) disdpulis 

eins et Petro quia snrrexit Jhesus (Jhesus fehlt ÜY)I GHKLNQUV 

9. Cito euntes dicite discipulis, quod sorrexit dominus. Alleluial X 
Euntes didte disdpulis dus, quia snrrexit et eooe praeoedit 
vos in Galilaeam: ibi eum videbitis. W 
Fehlt: FJOR. 

Die bisher beobachtete einmütigkeit der der ersten rezension angehörenden dramen ist hier verloren. 
Man darf indessen vermuten, dass die wenigen werte Ite, nuntiate quia surexit, welche als das konstante 
in den meisten der verschiedenen fassungen hervortreten, die originale form dieses satzes repräsentieren. 
Bei Vb hat sich dagegen nun auch G wieder eingefunden. UV treten hier zum ersten male in dieser 
rezension auf, und X und W, welche früher ebenfalls hauptsächlich der ersten folgten, haben sich der 
zweiten in bemerkenswerter weise genähert, W allerdings zunächst nur durch den wörtlichen anschluss an 
Matthäus 18, 7, vielleicht aber doch nicht ohne einwirkung der zu Vb zählenden stücke. Dass diese rede 



30 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



in FJOR ganz gefehlt habe, ist nicht unmittelbar aus dem fehlen derselben in der Überlieferung zu schliessea; 
vielmehr wird man annehmen dürfen, dass das andeutende Non est hie des vierten Satzes auch diesen in 
sich begreife, da er z. b. in GHKLMNQ direkt mit jenem verbunden ist 

Sehen wir nun, wie sich dieser dialog zur darstellung der drei ersten evangelisten verhält. Die 
bezüglichen stellen sind folgende 

EV. MARK, »le, 6. 7 

6 Qiii [so angelus] dielt illis Nolite ex- 
pavesoere: lesam quaeritis Nazare- 
num crucifixum: surrexit, non est 
hie: ecoe locus ubi posaerunt eum. 

7 Sed ite dieite diseipulis eins et 
Petro qaia praecedit vos in Gali- 
la eam: ibi eum videbitis, sicut dixit 
vobis. 



EV. LUK. 24, 

5 cum timerent autem et declinareat 
Yultum in terram, dixerunt ad illas Quid 
quaeritis viventem cum mortnis? 

6 Non est hie, sed surrexit: recor- 
damini qualiter locutus est vobis com 
adhuc in Galilaea esset, 7 dioens quia 
oportet filium hominis tradi in manoi 
hominum peocatorum et orucifigi et die 
tertia resurgere. 



EV. MATTH. 18, 5—7 
6 Respondens autem angelus dixit mn- 
lieribus Nolite timere vos: seio enim 
quod lesum qui crueifixus est 
quaeritis: 6 non est hie, surrexit 
enim sicut dixit: venite et videte 
locam ubi positus erat dominus. 7 Et 
cito euntes dieite diseipulis eins 
quia surrexit, et eooe praecedit 
vos in Galilaeam: ibi eum videbitis. 
Ecoe praedixi vobis 

Diese einfachen erzählungen unterscheiden sich von den dramatischen osterfeiem in sehr wesentlichen 
punkten. Erstens ist hervorzuheben, dass sie nicht dialogisch gehalten sind, dass vielmehr nur der engel 
redend eingeführt wird, der die fragen der Marien vorwegnimmt und zugleich die auferstehung Jesu und 
die botschaft seiner erscheiuuug in Galiläa verkündet. Zweitens sind seine worte auch nicht der art, dass 
sie unverändert zum dramatischen dialog verwant werden konnten. Dennoch sind auch diese partien der 
evangelien zur abfassung der osterdramen benutzt worden, das zeigen einige wörtliche Übereinstimmungen 
schon bei der oberflächlichsten vergleichung . Es ist also zunächst zu untersuchen, in welcher weise ihre 
benutzung stattgefunden hat. Selbstverständlich nur in bezug auf die stücke der ersten rezension, denn die 
zweite ist eine spätere eigene bearbeitung, die nur auf grundlage der ersten entstanden sein kann. 

Die erste frage der frauen Quis revoluet etc. hatte das evangelium Markus sogleich in passender 
form dargeboten; man sollte demnach erwarten, dass dasselbe, besonders auch weil es das evangelium des 
ostertages ist, dem ganzen drama zur grundlage gedient habe. Für die frage des engeis Quem quaeritis etc. 
und die antwort der Marien Jesum Nazarenum crucifixum etc. ist in der tat die anlehnung an Markus 16, 6 
wahrscheinlicher, als an Matthäus 18, 5. IVa Non est hie etc. dagegen lässt sich auf die worte jenes 
Surrexitj non est hie nicht zurückführen, sondern steht in offenbarer abhängigkeit zur fassung des letzteren. 
Denn UV stimmt mit Matth. 18, 6 wörtlich zusammen, B setzt nur sicut ipse statt enim sicut und die 
hauptmasse der übrigen stücke sicut praedixerat für enim sicut dixit. Va enthält nichts, was einen engeren 
anschluss an ^ines der beiden evangelien zu behaupten gestattete. — Das evangelium des Lukas ist bei 
der ursprünglichen abfassung gar nicht in betracht gezogen worden. Die frage des engeis Quid viventem 
quaeritis cum mortuis? (Luk. 18, 5) liess sich im drama nicht gebrauchen, weil sie die Verkündigung der 
auferstehung schon vorwegnimmt und den in dem Non est hie etc. konzentrierten dramatischen effekt ganz 
abgeschwächt haben würde. In dem hier besprochenen abschnitt ist sie nur von X in IVa verwertet 

worden. 

Fast ebenso häufig, wie die bisher besprochenen fünf Sätze, begegnet in den lateinischen osterfeieni 
der sogenannte^ ambrosianische lobgesang, das Te deum laudamus. Es ist zwar nur in DEF6JKLMN0P 



1. Der wahrscheinliche Verfasser ist bekanntlich nicht der h. Ambrosius, sondern Nicetus, bischof von Trier (um 585). 
Vgl. K. Alt, der christliche Cultus. Berlin 1843. S. 428 anm. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNO. A. PIE AELTESTE FORM. 



31 



B(S)UVWXY überliefert, hat aber ohne zweifei auch die übrigen stücke (ABCHQT) beschlossen und ist 
bloss deshalb in diesen nicht erwähnt worden, weil er bekanntennassen im österlichen ritus eine feste stelle 
inne hatte. Durch die ihm unmittelbar voraufgehende dramatische aufführung musste die Wirkung dieses 
gewaltigen gesanges erheblich gesteigert werden, dessen hohe bedeutung vielleicht durch sie erst den 
Dichtgeistlichen andächtigen zum verständniss gebracht wurde. 

Es ist im obigen gezeigt worden, dass die genannten fünf Sätze allen deutschen, französischen und 
dem holländischen mysterium gemeinsam sind und mit ausnähme des ersten aus dem ev. Markus wörtlich 
entlehnten, unter benutzung der erzählungen der evangelisten Markus und Matthäus zu einem dramatischen 
dialog frei komponiert wurden. Es hat sich dabei zugleich ergeben, dass sich dieselben in zwei streng 
geschiedene Versionen teilen, deren zweite ein eigentümliches festes von dem biblischen texte stärker ab- 
weichendes gepräge erhalten hat und deshalb späteren datums sein muss. Bei den dramen, welche der 
ersten version folgen, war dagegen eine Unsicherheit und ein schwanken bemerkbar in der formulierung, 
die ja durch die quelle, die evangelien, nicht eine gegebene bestimmte war, sondern durch den oder die 
Urheber und Verfasser der ursprünglichen dramatischen formen erst gefunden werden musste. Diese werden 
wir daher noch einmal genauer ins äuge fassen müssen, um zu entscheiden, ob sie auf einer mehrfachen 
von einander unabhängigen autorschaft beruhen, oder auf ^ine bestimmte, erkennbare urform schliessen 
lassen und als unwesentliche leicht erklärbare yariazionen einer solchen betrachtet werden dürfen. Dabei 
wird es nicht ohne Interesse sein, die nationalität der stücke zu beachten; denn es ist gar wohl denkbar, 
dass die französischen stücke mit den deutschen anfänglich nichts zu schaffen gehabt haben, sondern nur 
zufällig in Verfolgung des gleichen Zweckes und durch die naheliegende benutzung derselben evangelien 
zu einer nur scheinbaren, mehr äusserlichen Übereinstimmung gekommen seien. Ich trenne deshalb die 
stücke beider länder durch einen senkrechten strich und stelle die deutschen vor, die französischen, denen 
ich das utrechter (S) anschliesse, hinter denselben. Da femer hier nur bestimmte Urformen eruiert werden 
sollen, so bedürfen erkennbar willkührliche spätere ausweichungen einzelner stücke nur einer erwähnung 
mit übergehung der bereits angegebenen speziellen fassungen. Die nur die anfangsworte gebenden dramen 
führe ich bei Übereinstimmung derselben mit denen anderer unter diesen auf, setze sie aber, um das urteil 
' des lesers nicht zu trüben, als zweifelhaft in klammem ; es sind dies, wie schon bemerkt, besonders DEFJO W. 



la: Qms revolvet nobis lapidem ab ostio monnmenti? (DF) (J)M R 



ÜV(W); abweioh. X; fehlt AjBCEOFS. 



IIa: Quem qnaeritis in sepulohro, o ohristioolae? 
Illa: lesiim Nazarenam omcifixiiin, o coelioolae! 
IVa: Non est hio, surrexit dcat praedixeratl 

Ya: Ite nuntiate qoia surrexit. 

abweichend CT, fehlt FJR|OW. 



A(DF) (J)M I BC(EO)PÜV(W)XS. 

A(DF) (J)MQ |BC(EO)PÜV(W)XS; abweich. R. 

A(DFGJ)M |BC(EO)PÜV(W) S; abweich. IITX. 

so nur die französ. stQcke BP, anfangsworte D, mit Zusätzen AM | ES, 



Gegenüber dieser Übersicht wird man sich der Überzeugung nicht verschliessen dürfen, dass diese 
fassungen die ursprüngliche form der lateinischen osterfeiem überhaupt darstellen. Denn es ergibt sich, 
dass in IIa, Illa, IVa AM|BCPÜVS und den anfangsworten nach zu schliessen auch DFJ|EOW regel- 
mässig zusammengehen, dass X in IIa und Illa diese ältere form bewahrt und IVa in offenbar ihm eigen- 
tümlicher weise geändert hat, dass ferner Q und 6, die im übrigen durchaus zur zweiten rezension ge- 
hören in IIa resp. Illa noch die ursprüngliche fassung erhalten haben und die übrigen abweichungen in R 
und T (das ebenfalls hauptsächlich zur zweiten rezension gehört) dagegen nichs beweisen können. Wenn 
die angegebene fassung von Va die ursprüngliche form repräsentiert, was durchaus wahrscheinlich ist, so 
stimmen auch hier die meisten stücke überein, nämlich A(D)M|BPES. Zweifelhaft ist nur der erste satz 
Quis revolvet etc., der in A|BCEOPS fehlt, also in solchen dramen, die sowohl wegen ihres hohen alters, 



32 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

als auch weil sie von den erweiternden Zusätzen späterer stücke (namentlich der schon sehr firühe aufge- 
nommenen Ad monumentum venimus etc., Cernitis, o socii etc., Currebant duo simul etc.) noch ganz oder naheza 
frei sind, die annähme, der ursprünglichen abfassung besonders nahe zu stehen, sehr wahrscheinlich 
machen. Dabei ist zu beachten, dass sie drei verschiedenen ländern angehören und dass jenes Quis re- 
volvet etc. aus Markus 16, 3 wörtlich entnommen ist, also sehr leicht an weitauseinander liegenden orten 
mit vollkommener gegenseitiger Übereinstimmung dem von ^inem Verfasser komponierten urdrama hinzuge- 
fügt werden konnte. Dass aber die angegebenen fassungen der übrigen Sätze nicht bloss die ältesten sind, 
sondern auch wirklich von 6inem Verfasser herrühren müssen, wird durch folgende beobachtungen unwider- 
leglich erwiesen. Erstens ist dieser kurze dialog, wie wii gesellen haben, eine ziemlich freie bewusste 
komposition aus zwei evangelien, der sich also nicht aus dem osterevangelium des Markus und seiner Vor- 
tragsweise mit verteilten rollen gleichsam von selbst im gottesdienste zum drama gestaltete, sondern aus 
ganz Ulidialogischen erzählungen mit erheblichen Veränderungen des biblischen textes in bewusstcr absieht 
zum dramatischen dialog erst geschaffen werden musste. Es geschah dieses zweitens mit einer solchen 
ausnahmslosen Übereinstimmung in der auswahl der gegebenen Stoffe, dass sich z. b. die übergehung von 
stellen wie Ecee locus etc. (Mark. 16, 6), oder Venite et videte locum etc. (Matth. 18, 6), die sich unmittel- 
bar zur benutzung darboten und späterhin ihrer Verwendung in den osterdramen auch nicht entgangen sind, 
bei der Voraussetzung mehrerer Verfasser nicht erklären iiesse. Drittens ist die gestaltung des dialogs als 
ganzes bei allen erhaltenen und die fast wörtliche Übereinstimmung der meisten zur ersten rezension ge- 
hörenden dramen eine solche, dass die erstere schwerlich, die letztere niemals von mehreren unabhängigen 
Verfassern eiTeicht worden sein könnte. Denn, wenn man schon voraussetzt, dass die verschiedenen Ver- 
fasser ihr augenmerk sofort auf die beiden evangelien des Markus und Matthäus gerichtet hätten, — wozu 
indessen eine nötigung keineswegs vorliegt, da sich die auferstehung Jesu auch in anderer weise drama- 
tisieren Hess und in den lateinisch-deutschen osterspielen tatsächlich auch noch anders dargestellt worden 
ist und z. b. nach Schönbachs annähme durch die wechselreden der M. Magdalena mit den aposteln 
Petrus und Johannes in der zweiten hälfte der Sequenz Victimae paschali ursprünglich zur anschauung ge- 
bracht worden sein soll, — so hätte die ausführung doch immer noch sehr verschiedenartig ausfallen können 

■ 

und müssen, weil die evangelien den Verfassern in dieser beziehung hinreicliend Spielraum gewährten. Die 
reden IIa und Illa mussten ja erst gemacht werden; es wäre aber in der tat ein äusserst merkwürdiger 
Zufall, dass unter der Voraussetzung je eines Verfassers für Frankreich, Deutschland und Holland alle drei 
hier gerade an Markus 16, 6 sich enger angeschlossen haben sollten, als an Matthäus 18, 5, bei IVa die 
Version Matthäus 18, 6 enim skut dixit in sicut praedixerat einhellig geändert und wiederum bei Va sämmt- 
lich eine übereinstimmende aber von beiden evangelien abweichende fassung gefunden haben sollten, anstatt 
eine der von diesen zur aufnähme gebotenen einfach anzunehmen. 

Hieraus ergiebt sich von selbst, dass die ansieht Wilkens durchaus falsch ist, bei der kritischen 
betrachtung unserer deutschen osterfeiern könnten die gallikanischen, so viel ähnliches sie enthalten möchten, 
ohne schaden bei Seite bleiben*, da man auf beiden ufern des Rheines von selbst gewusst habe, welche 
stellen des neuen testamentes für ein osterspiel in betracht kommen, weshalb die Übereinstimmung solcher 
texte für einen direkten Zusammenhang nichts beweise^. Wilken konnte eine solche behauptung natürlich 
nur aussprechen, weil er eine sorgtältige vergleichung der deutschen und frsnzösischen stücke gar nicht 
unternommen und eine scharfe Unterscheidung zwischen dem nicht gemacht hatte, was von untereinander 

1 TeUer die kritische 1>eh;indlung der geisilicben spiele. S. 19. 
2. Daselbst s. 18, anra. 1. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. A. DIE AELTESTE FORM. 33 

unabhängigen Verfassern bei der dialogisierung des markusevangeliums übereinstimmendes hervorzubringen 
möglich oder unmöglich war. Eine darauf gerichtete Untersuchung ist ihm auch dann nicht in den sinn 
gekommen, als Schönbach den unmittelbaren Zusammenhang der französischen und deutschen dramen be- 
hauptet und ihm darum die gänzliche übergehung der ersteren zum Vorwurf gemacht hatte ^, wo es doch 
sehr in seinem interesse gewesen wäre, denselben durch stichhaltige beweise von sich abzuwehren. Dass 
er nicht schon vorher von Mone dazu gedrängt worden war, erklärt sich, wie wir gesehen haben', aus der 
völligen unkenntniss und verkennung seiner anschauungen. Er glaubt sich vielmehr mit Mone in voll- 
kommenem einvernehmen und bezieht sich auf ihn als einen solchen, der seine entwickelungsweise schon 
,mit genügender klarheit' gezeigt habe'. Aber gerade in der dialogisierung des markusevangeliums, welche 
Wilken sogar unter der Voraussetzung mehrerer Verfasser so sicher und leicht sich zu ergeben scheint, 
dass er sich jeglichen beweises überhoben erachtet, lag für Mone eine Schwierigkeit, gross genug, um ihn 
auf andere formen und antriebe für die ableitung der osterdramen sinnen zu lassen. Ich will jedoch hier 
nicht wiederholen, was ich oben s. 16 ff. schon des weiteren auseinandergesetzt: ich habe nur geglaubt an 
dieser stelle nochmals darauf hinweisen zu inüssen. 

So weit die erste rezension. Mit der zweiten werden wir uns ungleich viel schneller abfinden 
\können. Es begegnen hier nur sehr wenige differenzen und diese sind ganz nebensächlicher art. Die 
Variante saerum T statt sanetum 6HKLNQ in Ib ist ganz irrelevant; die andere plorantes 6HT statt ge^ 
mentes KLNQ in IIa könnte nur etwa für plorantes als die ursprünglichere lesart geltend gemacht werden, 
weil sie von den beiden französischen stücken LT und 6, dem seiner entwickelungsstufe nach ältesten 
deutschen dieser rezension, bezeugt ist, während sich bei der dritten nuntiate KLNjH statt dkite GQ|UV in 
Vb auf beiden Seiten französische und deutsche stücke gegenüber stehen ; da indessen die stücke der ersten 
rezension sämmtlich nuntiate vertreten und dicite aus Matthäus 18, 7 und Markus 16, 7 sehr leicht nach- 
träglich eingang gefunden haben mag, so wird man sich mit mehr Wahrscheinlichkeit für ersteres entscheiden 
müssen. Daran, dass diese rezension nur das werk eines umarbeiters sein kann, wird von vorne herein 
niemand den geringsten zweifei haben. Die einzelnen Sätze tragen ein viel bestimmteres aber auch von 
den evangelien stärker abweichendes gepräge, als die der ersten, Q steht bei Illa, G bei IVa mit einem 
fusse noch in dieser, UV sind zuerst mit Vb in die zweite übergetreten, und die annähme, dass die 
zweite rezension die frühere sei, dass die stücke der ersten später jedoch einen engeren anschluss an 
die eigenen werte des biblischen textes gesucht hätten, würde die dabei erreichte und oben nachgewiesene 
Übereinstimmung in den einzelnen fassungen völlig rätselhaft erscheinen lassen. Ausserdem ist die zweite 
rezension nur in solchen dramen vertreten, die zufolge augenscheinlich später eingeschalteter elemente einen 
höheren entwickelungsgrad bezeichnen, und wenn wir sehen, dass die folgende zeit nicht allein durch die auf- 
nähme von neuen bibel- und ritualsätzen, hymnen und ganzen szenen, sondern auch durch die umdichtung der 
schon vorhandenen formen (z. b. T IVa und Va, X la und IVa) unaufhaltsam zu weiterer entwickelung trieb, so 
können wir auch in dieser zweiten rezension nichts anderes erblicken, als eine Wirkung eben dieser schon im 12. 
Jahrhundert erwachten neigung nach rundung und Vervollständigung des dialogs und des dramatischen stoflFes. 
Schliesslich scheint mir die eigentümliche mischung von Matthäus 18, 7 und Markus 16, 7 in Vb 
noch eine besondere anmerkung zu verdienen. Man sollte erwarten, dass ein umarbeiter, der hier auf die 
evangelien zurückging, die eine oder die andere version unverändert aufgenommen habe, weil beide seinem 



1. In seiner rezension, Zeitschrift für deutsche Philologie 4, 367 ff. Vgl. oben s. 14. 

2. Siehe oben s. 16 ff. 

3. üeber die kritische behandlung der geistlichen spiele s. 19 und 21. 

Milohiaok, Oitor und pMtionitpiele. 



34 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

zwecke entsprachen. Hier jedoch bildet Matthäus 18, 7 ersichtlich den kern, aber statt Et cito euntes 
liest man mit Markus Sed (ausgenommen in UV) und aus demselben evangelium ist das bei Matthäus 
fehlende diseipulis eius et Petro hinzugefügt worden. Dieser zusatz lässt sich aber nicht, ¥rie man an- 
zunehmen versucht sein könnte, aus der einrichtung des Spieles erklären, dass zuweilen die übergäbe der 
engelsbotschaft durch die frauen an die jünger durch einen dialog zwischen Maria Magdalena und Petras 
vermittelt wird. Denn in GHKLNÜV findet ein solcher dialog noch nicht statt, in QT nur unter anwendung 
der zweiten hälftc der Sequenz Vietimae pasehali, des Die nobis Maria etc., aber auch hier pflegt der frag- 
steller nicht Petrus allein, sondern der kor der jünger zu sein. Femer würde man auch nicht begreifen 
können, warum nicht in allen zur zweiten rezension gehörenden stücken jene sequenz sich findet, wenn der 
umarbeiter durch das et Petro wirklich eine solche beziehung ausdrücken wollte, sei es nun, dass er die- 
selbe in dem von ihm bearbeiteten exemplare schon vorgefunden, oder in dasselbe erst eingefügt habe. 
zumal (He anwendung der sequenz seit dem 12. Jahrhundert im gottesdienste schon ziemlich verbreitet 
war, mithin in ihr selbst ein hinderniss nicht gefunden werden durfte. 

Das vorkommen der zweiten rezension auch in den französischen LT ist vorhin schon mehrfach er- 
wähnt worden. Wir sehen also auch hier wieder, wie unrecht Wilken that, die herbeiziehung derselben so- 
gleich von der band zu weisen und ihren direkten Zusammenhang mit den deutschen auf den oberflächlich- 
sten augenschein hin zu leugnen. 

Das resultat unserer bisherigen Untersuchung ist demnach folgendes. Die fünf nachgewiesenen Sätze 
mit dem Te deum sind der gemeinsame kern aller lateinischen osterfeiem. Sie beruhen auf ev. Markus 
16, :>. (). 7 und Matthäus 18, 6. 7 und spalten sich in zwei scharf geschiedene rezensionen, die beide gemäss 
den übereinstimmenden besonderheiten ihrer fassungen an einem orte enstanden sein und von Einern Ver- 
fasser herrühren müssen. Die erste bekundet sich als die ältere durch die treuere bewahrung des biblischen 
textes und weil sie in den meisten, ältesten und einfachsten, darunter dem einzigen holländischen stücke 
erscheint und in einigen der zweiten (GQ) noch nicht ganz überwunden ist; zweifelhaft ist jedoch, ob die 
erste frage der frauen Quis revolvet etc. von anfang an darin aufgenommen war. Die erste rezension ist 
in Frankreich und Deutschland ziemlich gleichmässig verbreitet, in Holland durch die einzige bekannte 
utrechter osterfeier vertreten; die zweite ist dagegen hauptsächlich in Deutschland heimisch und findet 
sich nur in «zwei französischen dramen, die überdies aus derselben Stadt Cividale stammend — 

Dass die erste rezension zugleich die ursprüngliche form der lateinischen osterfeier repräsentiere, ist 
schon jetzt im höchsten grade wahrscheinlich. Sie oder die aus ihr später entstandene zweite ist der einzige 
konstante kern sämmüicher mysterien und macht bei AB ohne jeden ferneren zusatz überhaupt das ganze 
drama aus. Wären responsorien, versus, osterlieder (hymnen) die das osterschauspiel erzeugenden demente 
gewesen, so müssten sie einen gewissen dramatischen karakter gehabt und den Stoff behandelt haben, der 
in unsem osterfeiem dramatisiert worden ist, oder ähnliche, die zur dramatisiening dieses trieben. Iß 
diesem falle aber müsste es wunderlich erscheinen, dass derartiges in unsem denkmälem nicht mehr ge- 
funden wird. Unter den spärlichen hymnen oder Sequenzen, welche in denselben vorkommen, hat nur die 
zweite hälfte des Vietimae pasehali gesprächsform. Die sequenz kommt jedoch nur in QRa| OPTc vor, ist also 
bei weitem nicht ein gemeinsames merkmal auch nur der deutschen stücke, wie Schönbach angibt*. ^»^ 

1. In lateim»oh-franzdti«oheii ostertpielen habe iob den ersten säte der zweiten rezension nur in einer handscbrift J* 
U. Jahrhunderte aus der abtei d'Origny Sainte-Benoite gefunden. Vgl. Lee trois Maries bei Coussemaker, Dram« h*«^ 
gique« no XVIII, p. Ä66 ss. Coussemaker setzt die handschr. ins 13. Jahrhundert, wie ich indessen nach dem fok''^ 
simile glaube mit unrecht. 

2. Siebe oben s. U. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. A. DIE AELTESTE FORM. 35 

ist allerdings schon frühe in den ritus des ostergottesdienstes aufgenommen worden und hat sich bis heute 
darin erhalten. Ob dies aber schon im 11. Jahrhundert geschehen, aus dem unsere ältesten dramen da- 
tieren, wissen wir nicht, war doch bis vor wenigen jähren noch unbekannt, ob sie in dieser zeit überhaupt 
existierte. Andererseits ist es aber sehr wohl begreiflich, dass ein so schönes lied, das wie zur aufnähme 
in die dramatischen osterfeiem gemacht zu sein scheint und ohne alle Schwierigkeit eingefügt werden 
konnte, tatsächlich hin und wieder in dieselben aufgenommen worden ist. Wilken vermutet sogar, dass 
nur die erste hälfte der Sequenz alt, die zweite von Die nobis Maria an und als ,responsorium' bezeichnete 
dagegen urspünglich selbständig gewesen und in den osterdramen selbst im freien anschluss an Mai*kus 16, 7 
und mit benutzung von Joh. 20, 3 — 7 enstanden sei. Dass ist jedoch ein irrtum. Er hat übersehen, dass 
Anselm Schubiger schon im jähre 1858 zu Einsiedeln eine mit neumen versehene handschrift aus dem 
12. Jahrhundert gefunden hat, welche beide teile der Sequenz umfasst und Wipo (f um 1050), den priester 
und kaplan kaiser Konrads II. und Heinrichs III., als Verfasser nennte Seine heimat ist wahrscheinlich 
Deutschburgund, seine Wirksamkeit gehört aber hauptsächlich Deutschland an, da er am hoflager des 
kaisers lebte und nur wenn ihn seine kränklichkeit verhinderte demselben zu folgen, in Burgund zurück- 
geblieben zu sein scheint. Wir werden daher auch seine sequenz als ein deutsches erzeugniss ansehen und 
«eine Verbreitung zunächst in den kirchen deutschlands voraussetzen dürfen^. Wenn also Schönbach die sequenz 
als die grundlage der deutschen stücke zu erweisen sucht, weil sie eine gemeinsames kennzeichen dieser 
und vielleicht aus Frankreich, wo es schon dramatische osterfeiem gegeben (?), entlehnt oder durch eine 
kirchliche Ordnung von Rom in Deutschland eingeführt worden sei, so hat sich der erste dieser gründe als 
unzutreffend ergeben, der zweite aber ist mindestens sehr unwahrscheinlich'. Auch ist es mir unverständ- 
lich, wie diese annähme mit jener anderen in einklang gesetzt werden soll, dass die französische gruppe 
OP(BE) mit dem responsorium am schluss den Übergang zu den aus Deutschland stammenden bildet 
Denn meint er damit, dass stücke von der entwickelungsform OP selbst nach Deutschland gekommen seien, 
so ist es nicht nötig eine besondere entlehnung der sequenz anzunehmen; meint er aber nur, dass die 
ältesten aus der sequenz hervorgegangenen deutschen osterfeiem OP sehr ähnlich wären, so ist nicht ab- 
zusehen, wamm bloss die deutschen und nicht auch die französischen auf gmndlage der sequenz entstanden 
sein sollen. 

Aber auch von andern hymnen enthalten die lateinischen osterfeiem nur eine, die zu der szene der 
engel und frauen am grabe gehört und zugleich in mehreren stücken vorkommt, nämlich Heu nobis intemas 
mentes. Sie bildet die einleitung zu QRT, indem von den drei Marien wechselnd je eine Strophe gesungen 
wird. Auf diese wird indessen noch weniger jemand die entstehung der. dramen zurückführen wollen. Was 
sich überdies*in einer grösseren anzahl von stücken gemeinsames findet, sind entweder bibel- und ritualverse, die 
allerwärts jedem zu geböte standen, oder neue dramatische eleroente, die behufs Vervollständigung erst nachher 



1. Sohubiger, Die sängersohule St. Gallens vom 8. — 12. Jahrhundert. S. 03 und taf. VIII, der Monumenta no 35, cod. 
Einsidl. frag. 1. Vgl. Jos. Kehrein, Lateinische Sequenzen des mittelalters. Mainz (Kupferberg) 1873, no 83. 
Schubiger setzt die handschrift ins 11. jhdt; so weit meine erfahruugen reichen, trägt dieselbe den regelmässigen 
schriftkarakter der handschriften des 12. — lieber Wipo ist ausser Schubiger a. a. o. s. 90 ff. auch W. Wattenbach, 
Deutschlands geschichtsquellen im mittelalter. 2'^, 10 ff. zu vergleichen. 

2. Früher hat man geglaubt, dass sie wohl in Italien gedichtet sein könnte, weil sie in italienischen drucken besonders 
häutig gefunden wird. Vgl. Daniel, Thesaurus hymnologicus. IT, 1)6. 

3. Was Schönbach unter Gerberts bekannten werten meint, die für eine Weisung aus Rom als ältestes zeugniss gelten 
sollen, weiss ich nicht. 

4. Siehe oben s. 14. 



5* 



36 



1. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



verfasst und eingeschaltet wurden. Mit diesen werden wir uns ferner hauptsächlich zu beschäftigen haben« 
Von jenen nahm jedes kloster auf, was ihm zur erweiterung und Verschönerung der feier passend erschien. 
Mone kannte nur erst wenige unserer alten osterdramen und er war, wie wir gesehen haben, zu seiner 
hypotese durch die Unmöglichkeit bewogen worden, dieselben wie die passionsspiele aus der Vortragsweise 
des markusevaugeliums im gottesdienste abzuleiten. Einen beweis fär dieselbe hat er nicht geliefert and 
wir sehen, dass ein solcher nicht geliefert werden kann. 



B. ERSTE GftUPPE, ABCDE. 

Die nachgewiesene älteste form der lateinischen osterfeier ist in keinem denkmal ganz rein über- 
liefert. Die einfachsten foimen liegen in ABCDE vor, es fehlen jedoch in ABCE das Quis reuolvet etc. 
und in ABC auch das Te deum, Sie folgen alle der ersten rezension und die zusätze, welche in CDE 
aufnähme gefunden haben, gehören zum kirchlichen ritus des ostertages. Sie bilden die erste gruppe, 
die ich zunächst in übersichtlicher Zusammenstellung folgen lasse, um dem leser das zum teil schwer er- 
reichbare material in geordneter gruppierung vorzulegen und die mühsame vergleichung desselben nach 
möglichkeit zu erleichtem. 



A, 

BIÜSIEOELM, XII.4HDT. 

[PROPHETAE:] 

1 Gloriosi et famosi 
regis festum cele- 
hrantes 
gaudeamus, 
cuius oitum, vitae 

portum, 
nobis (Intum prae- 
dicantes 
habeamus. 

CHORUS: 

Gloriosi etc. 

PROPHETAE: 

Ecce regem, novam 

legem 
dantem, orbis cir- 

cuitum * 
praedicamus, 
quem futurum reg- 

naturum 
prophetico ammoni- 

tum 
nuntiamus. 

♦ Vor diesein wort© 
ibt )>er zu verstehen, 
Mon«. 



B, 

PIBIS, XI. JHDT. 



c. 



ST. MkRTlkL, XI. JHDT. 



ST. BLASIBHy XIV. JHDT. 



E, 

HABTBHEy I 4HDT. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. B. ERSTE GRUPPE, ABCDE. 



37 



A, 

EIH8IEDELN l, XII. JHDT. 

CHORUS: 

Gloriosi etc. 

PBOPHETAE: 

Sunt impleta, quae 

propbeta 
quisque dixit de fu- 
turo 
summo rege, 
impiorum ludaeorum 
corda negant regna- 
turum 
sua lege. 

CHORUS: 

Gloriosi etc. 

PROPHETAE: 

Dilatata iam privata 
fit regali potestate 

plebs ludaea, 

et gentiles prius viles 

convertuntur maies- 

täte 

aethereä. 

CHORUS: 

'Gloriosi etc. 

PROPHETAE: 

Deum verum, regem 

regum 
confitentes per lava- 
crum 
salvabuntur, 
sed ludaei, facti rei, 
condemnantes sa- 
crum regem 
damnabuntur. 

CHORUS : 

Gloriosi etc. 

PROPHETAE: 

Floruisse et dedisse 
novum fructum di- 
noscitur 
radix lesse, 
Israheli infideli 
iam Maria natus sei- 
tur 
[hie*] adesse. 

* Fehlt in der hf. 
Mone. 



B, 

PABIS» XI. JEDT. 



c, 

ST. HABTIAL, XI. JHBT. 



ST. BLASlBNy XIT. JHDT. 



E, 

HAETEHB» ! JHDT. 



38 



I. DIE LATEINISCHEN 08TERFEIERN. 



A, 

XI1ISIE9BL9 ly XII.JHDT. 

CHORUS: 

Gloriosi etc. 

(PROPHETAE : 

2Hortum praedesti- 

natio, 
parvo sabbati spatio, 
providerat in proximo 
civitatis pro fascio 

[Sic!] 
Hoitum pomorum 

vario 
non insignem edulio, 
quantum virtutis 

spatio 
coaequalem Elysio. 
In hoc magnus de- 

curio 
ac nobilis] centurio 
florem Mariae pro- 
prio 
sepelivit in tumulo. 
Flos autem die tertio, 
qui floret ab initio, 

• 

refloruit e tumulo 
summo mane dilu- 

culo. 
In resurrectione. 



ANGELUS dicit: 



3 Quem quaeritis 
in sepalehro^ o 
ehristieolaei 

Ml'LIERES respon- 
dent: 

4 Jesam Nazare- 
num craciflxam, o 
Goelicola! 

AXÜELIS dicit: 

5 Non est hie, 8ur- 
rexit sieut prae- 
dixerat; 



B, 

PABIS, XI. JH»T. 



c, 

8T. HARTIAL, XI. JHDT. 



[CHORUS:] 

1 Psalliteregi magno, 
devicto mortis im- 
perio. 

[ANGELI :] 



2 Quem quaeritis 
in sepuleluro, o 
christicolae t 

[MULIERES:] 

3 Jesum Nazare- 
num craciflxam, o 
eoelieolael 

[AXGELI:] 

4 Non est hie, sar- 
rexit sicat ipse 
dixit; 



[H]oc est de mu- 
lieribus. 

[VIRGO MATER DEI:] 

1 übi est Christus, 
meus dominus et 
filius excelsus. 

[MULIERES:] 

2Eamus videre se- 
pulchrum. 

[ANGELUS :] 



3 Quem quaeritis 
in sepulchro, o 
christicolae! 

[MULIERES:] 

[4 Jesam Nazare- 
num cruciflxum^ o 
eoelicolal] 

[ANGELUS:] 

5 Non est hie, sur- 
rexit sicat prae- 
dixerat; 



ST. BLA8IEN9 XIV. aHDT. 



DUO SACERDOTES 
86 oappis induunt sum- 
mentes duo thuribula, et 
hameraria in oapita po- 
nent intrantes ohonim, 
paulatim euntes versus 
sepulcbrum, Tooe me- 
diocri cantantes: 

1 Quis rOTOlyet no- 
bis lapidem! 

quos DIACONUS, qui 
debet esse retro sepal- 
chrum, interroget psal- 
lendo : 

2 Quem quaeritis? 



deinde IL LI [sc. mu- 
lieres] : 

3 Jesum Nazare- 
num! 

Qaibus DL^CONUS 
respondet: 

4 Non est hie! 



Mox incensent sepul- 
chrum et dioente DIA- 
CONO: 



E, 
MABTEHS, I JHBT. 



Dum tertia recitatur lec- 
tio, quafcaor fratres in- 
duant se Quorum unus 
alba indutus acsi ad 
aliud agendum ingredia- 
tur, atque latenter se- 
pulchri locom adeat; 
ibique, manu teneoi pal- 
mam, quietus sedeat. 
Duraque tertium perce- 
lebratur responsorinm 
residui tres suooedant, 
omnes quidem cappia 
induti, thurihula cum in- 
oenso manibus gestantes 
ac pedetenüm. ad simi- 
litudinem quaerentinm 
quid, veniant ad locom 
sepulchri. Aguntur emm 
haec ad imitatlonem an- 
geli sedentis in mona- 
mento atque mubenm 
cum aromatibus venieo- 
tium, ut ungerent corpu 
Jesu. Cum eigo ILLE 
RESIDENS tres, velut 
erroneos ac aliquid quae- 
rentes, viderit sibi ad- 
proximare, inoipiat me- 
diocri voce dulcisoos 
cantare: 



1 Quem quaeritis! 



Quo decantato finetonus, 
respondeant hi TRE^ 
[sc. mulieres] uno ore: 

2 Jesum Nazare- 
num! 

Quibus ILLE: 

3 Non est hie, »ur- 
rexlt sicut prae- 
dixerat; 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. B. ERSTE GRUPPE, ABCDE. 



39 



A, 

BUISISDELHI, XII.JHDT. 

6 ite, nantiAte qnia 
snrrexit de sepul» 
chro. 



B, 

PABIS» XI. JHDT. 

6 ite, nantiate qnia 
surrexit. 



BT. HJLBTUL, XI. JHDT. 

6 ite, nantiate dis- 
eipulis eins qnia 
praecedet tos in 
Galilaeam. 



[MULIERES :] 



B, 

ST. BLJLSIEN» XIV. JHDT. 

5 ite, nantiate 



verteilt se [MULIERES] 
ad chomm, remanentes 
super gradum , et oantent : 



7 Vere surrexit do- 
minus de sepulcro 
cum gloria. Alleluia! 



6 iSurrexit dominus 
de sepulchro, [qui 
pro nobis pependit in 
ligno.] 

usque in finem. Finita 
antiphona domnus AB- 
BAS incipiat: 



superponantque linte- 
um altari. Finita an- 
tiphona, PRIOR congau- 
dens pro triumpho regia 
nostri, quod devicta 
monte surrexit, incipiat 
hymnum : 

7 Te deani lauda- 8 Te deam lauda- 
mas niU8. 

in media ante altare. 
Moxque campanae so- 
nentur in angularibus. 

Das karakteristische an diesen stücken ist allein der urspüngliche dialog. Was darüber hinaus geht, 
sind selbständige zutaten, deren quellen leicht nachgewiesen werden können. Das Venite et videte heum, ubi 
positus erat dominus E 6 stammt aus ev. Matth. 18, 7, das Surrexit dominus de sepukhro, qui pro nobis pepen- 
dit in ligno D6 und E7 (?) aus dem introitus der ostermesse und auch das Alleluia, surrexit dominus E 5 und 
Vere surrexit dominus de sepukhro cum gloria G 7 wird man unter den responsorien des unten abgedruckten 



E, 

XAUTfiNB, f JMDT. 

4 ite<p nantiate qaia 
sarrexit a mortais. 

Cuius nuBsionis voce 
vertant se ILLI TRES 
ad chorum dicentes: 

5 Alleluia! Surrexit 
dominus ! 

Dicto hoc, rursus ILLE 
RESIDENS, velut revo- 
cana illos, dicat antipho- 
nam: 

6 Venite et videte 
locum, [ubi positus 
erat dominus.] 

Haeo vero dioens surgat 
et erigat V9lum osten- 
datque eis locum cruce 
nudatum, sed tan tum 
linteamina posita, qui- 
bus crux involuta erat. 
Quo viso, deponant thu- 
ribula, quae gestaverunt 
in eodem sepulchro, su- 
mantque linteum et ex- 
tendant contra clerum; 
ac veluti ostendentes, 
quod surrexit dominus 
et iam non sit involutus, 
hano canant antiphonam 
[MULIERES:] 

7 Surrexit dominus 
de se[)ulchroI 



40 I I>IE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

ordinars für die matutin des ostertages finden, aus welchem D herrührt Diese Zusätze zeigen nur, dass min 
schon bald anfing das anfangs in den engsten gränzen gehaltene drama in einzelheiten weiter auszufahren mid 
wirkungsvoller zu machen. An dieser stelle wurde man dazu auch durch die lacke in der dramatischen kern- 
Position getrieben, welche durch den plötzlichen Übergang von dem Ite nuntiate der engel zum Te deum des 
an der auflPührung unbeteiligten kores entsteht. Die botschaft der engel ist an die frauen gerichtet, welchen 
durch den plötzlich einfallenden kor der rückweg abgeschnitten wird. Es ist klar, dass sich hier bei der dar- 
stellung die notwendigkeit eines Überganges sogleich fühlbar machen musste, der zugleich den frauen eine 
ungezwungene rückkehr in den kor gestattete und die mitteilung der erhaltenen botschaft an den kor ver- 
mittelte. Durch das responsorium Surrexit dominus etc. wurde beides in ebenso einfacher als durchaus 
angemessener weise erreicht. — Auch das Venite et videte etc. ist ganz geeignet die dramatische Wirkung za 
erhöhen; denn indem der engel die frauen mit solchen Worten herbeiruft, schlägt er sich aufrichtend das 
,velumS welches ihn bis dahin verborgen hatte, zurück, weist die geleerte grabstätte und übergibt ihnen 
die schweisstücher angesichts des erwartungsvoll schauenden volkes zum beweise der Wahrhaftigkeit seiner 
wunderbaren worte. Nur allerdings sollte man diese aufforderung wie im evangelium vor jener für ^e 
jünger bestimmten botschaft erwarten, weil sie zur ei^änzung und bekräftigung des Non est hie etc. dient 
Darin, dass sie hier einen anderen platz erhalten hat, liegt für uns der inderekte beweis für ihre spätere 
aufnähme und dass sie zur ältesten form der osterfeier noch nicht gehörte. 

Natürlich war auch eine einleitung gottesdienstlicher oder gesanglicher art erforderlich, welche die 
dramatische auSührung vorbereitete. Aus den grossen Verschiedenheiten, welche sich hier in beinahe 
Bämmtlichen stücken zeigen, (vgl die Übersichtstabelle), geht jedoch hervor, dass sie ebenfalls in der ur- 
sprünglichen abfassung nicht einbegriffen war, sondern dem eigenen ermessen jeder kirche anheimgegeben 
blieb. In A sind dazu zwei hymnen verwant worden. Der erste Ghriosi et famosi wurde von zwei kören 
gesungen, indem man die erste strofe nach jeder der übrigen von einem gegenkore in refrainartiger weise 
vriederholen liess. Es ist offenbar ein preislied auf die gehurt Eristi, also für das weihnachsfest bestimmt, 
darauf deutet auch die bezeichnung des hauptkores als ,prophetaeS weil an diesem feste 'die alttestament- 
liehen profetien vorgetragen zu werden pflegten ^ Der zweite, Hortum praedestinatio etc., aus vier vier- 
zeiligen strofen bestehend, ist nur von der zehnten zeile an erhalten, der anfang konnte jedoch aus P, 
welches diesen hymnns ebenfalls als einleitung benutzt hat, ergänzt werden. Wenn die lücke in der hand- 
schrift, wie Mone vermutet, durch den ausfall eines ganzen blattes enstanden ist, so wird ausser den ersten 
zehn Versen dieses liedes auch der schluss des ersten, oder etwas anderes verloren sein, weil jene, die no- 
tation eingerechnet, ein ganzes blatt nicht wohl ausgefüllt haben können, (Mone hat weder die grosse des 
hs. angegeben, noch in seinem textabdruck den blattwechsel derselben angegeben)'. Dieser zweite hymnus i 
enthält direkte beziehungen zur osterfeier und ist daher zur Vorbereitung der folgenden dramatischen aof- 
führung ganz geeignet. Beide hymnen kommen in den bekannten hymnensammlungen nicht vor und es ist 
mir nicht bekannt, ob sie sich anderwärts erhalten haben. — Auch in B dient ein korgesang als einleitung 
der dramatischen feier, von dem ich jedoch nicht anzugeben vermag, woher er genommen ist. — Sehr be- 
merkenswert ist C 1, welches offenbar von der Maria mater gesungen wurde, die sonst in diesen drsmea 
niemals auftritt. Die Spielanweisungen hat Du M^ril hinzugefügt, da sie in der handschrift gänzlich fehlen, 
vielleicht jedoch sind G 1 und 2 nicht an verschiedene personen zu verteilen. G bildet bekanntlich den 
anfang des mysteriums von den klugen und thorichten Jungfrauen, sehr merkwürdiger weise, dass dies aber 



1. Wilken, Grctohiohte der geistliohen Spiele. S. 67, anmerk. 7 

2. Wilkin, a. a. o. 8. 67, anmerk. 6. — MftgHoh ist a« avob, dass der erste hymnns nioht su dar osterfeier, aoademSB 
weihnachtsspiele gehört, welches mit jenem blatte verloren gegangen ist. 



\ 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. B. ERSTE GRUPPE, ABCDE. 41 

für die Untersuchung der gallikanischen osterfeiem eine besondere bedeutung haben könnte, vemuig ich 
^nicht zu ersehen und auch Wilken' scheint darüber eine bestimmte ansieht nicht gehabt zu haben, 

D und E haben keine gesangliche einleitung, wie ABC, sie sind vielmehr zwischen der dritten lektion 
und dem Te deum des matutinalen gottesdienstes am ostermorgen eingeschaltet und damit zu einem teil6 
^dieser im engeren sinne gottesdienstlichen handlung erhoben worden. So wird es der erfinder der drama- 
tischen osterfeier selbst gewollt haben, denn auch bei mehreren späteren stücken finden wir denselben brauch 
und bei denen, die uns ohne einleitung überliefert worden sind, dürfen wir ihn mit aller Wahrscheinlichkeit 
vermuten, weil ja abweichungen von den gewöhnlichen kirchlichen riten in dieser hinsieht ebenso sehr eine 
besondere aufzeichnung erfordert haben würden, als das drama selbst. Dazu weisen die vom ritus der 
matutin abweichenden vorspiele unter sich die grösten Verschiedenheiten auf, welche in dem masse nicht 
vorhanden sein könnten, wenn der urheber des dramas selbst in dieser beziehung bestimmte Vorschriften 
und texte gegeben hätte. D ist aus einer beschreibung des kirchlichen gottesdienstes am ostermorgen ent- 
nommen, den ich deshalb hier zum besseren verständniss und weil später auch noch aus anderen rück- 
sichten darauf verwiesen werden muss vollständig mitteilen will. Er findet sich in Gerberts Monumenta 
veteris liturgiae alemannicae, pars II, pag. 236 — 238, aus einer handschrift des 14. Jahrhunderts zu 
St. Blasien gezogen, unter der aufschrift 

In die sacro resurrectionis dominicae. 
Nocte sacratissima resurrectionis domini, cum tempus fuerit pulsandi matutinum, secretarius surgat, sumens 
latemam cum lumine domnum abbatem excitabit atque priorem, deinde alios de fratribus ad compulsandas 
campanas, qui sibi placuerint. Surgens autem domnus abbas ad ecclesiam eat et induit se alba, stola 
•et cappa, prior autem alba et caeteri firatres summentesque duo thuribula cum incenso praecedentibus can- 
delabris eant ad sepulchrum cum responsorio Maria Magdalena cum versu et eant ad sepulchrum, ac illud 5 
incensent exterius, deinde levato tegimento iterum incensent interius. Postea sumens corpus domini super 
altare ponit cantans responsorium Surrexit pastor honus cum versu. Interim levet corpus dominicum incensisque 
candelis sonetur classis. Post ternas orationes incipiat domnus abbas XV gradus. Omnes qui in hac nocte 
aliquid cantare vel legere volunt, debent esse revestiti albis praeter puerum, qui dicit versum. Infra XV 
gradus sonentur duo maxima Signa in angulari, deinde duo maiora Signa in choro, postea fiat compulsatio 10 
ab Omnibus campanis. Tunc veniens domnus abbas ante altare indutus cappa incipiat Domine, labia mea 
aperies^ deinde Deus in adiutorium. Postea tres fratres induti cappis ante gradus cantent invitatorium 
Aüeluia, ps. Venite exuUemus. Postea exuunt cappas et remanent in albis. Hymnus non cantatur, sed 
statim incipiet hebdomadarius ant. Ego sum, quae dividitur in duas partes per constructiones : primam 
partem canit chorus, in quo concepta est, secundam partem canit chorus oppositus. Similiter fit de 15 



1. Ueber die kritisobe behandlang der geistlichen spiele, s. IS. 

Zeile 5. Mmriu Magdalena ti aiia Maria ferebant dilucHh aromaia^ dominum «^•Mnles in monumenio als respoDsorinm und 

Vi venieniu une^rtni Jetam, Aliehia! lautet der dazu gehörende versus. Beide nach ev. Markus 16, 1. Vgl. K 1 

L 6 und 1, N 9, 7, 8. 
Z. 7. Smnesii potior t<ma$^ qmi posniT animam tamm pro otibus mit als responsorium, Ei pro grege tuo mori dignalus esf. 

AlUluia! als versus. Vgl. N 1. 
Z. 11. Domiiie; lahia mta aptrt«!, sf ot mtam annuntiabil laudem tuam, Psalm 50, 17. 
Z* 12. 00*4s in adimioriam moam inimd: Domino^ ad adunoandam me fotüna, etc. Ps. 69. 
Z. 13. Kfiiilf, §9uUomat deminOf iubiUmut dso, $almlari notiro. Ps. 94, 1. 

Z. 14. Ego swn, fut fMi», ei consiliam meum non esi cum impüf» eed in lege domini voluntas mta eei, AUeluia! 
2t, 15. Beaiue «tr, ^iii non abiii in contilio impiorum, ei in eia peecaiorum non sieüi, ei in eaikedra peeiilenliae non itdii, Ps. 1, 1. 
Kllohtaok, Otttr md pMttoatipi«!«. 6 



42 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

ps. Beatus vir, qui incipiendus est in choro, in quo incepta est antiphona, et secundus versus leg»K 
dus est in choro opposito. Finito psaimo et Gloria cantanda est antiphona per totum ob omnibos. 
Similiter fiat ad ant. Postulavi patrem et Ego donnivi, ac psalmos Quare fremerunt et Domine quid muUi" 
plieati. Omnes antiphonae cantandae sunt ad hoc matutinum sine finalibus. Versus Resurrexit dam- 
f) nu8 dicendus est a puero. Ad tertium psalmum induit se levita, qui primam evangelicam lectionem 
lecturus est, stola et dalmatica, et accedens ad aualogium, in quo liber matutinalis est repositus, prae- 
cedantque eum tres conversi, unus portans incensum, alii duo candelabra et Stent iuxta eum. Deinde 
diaconus petat benedictionem dicens lube domine, et pronuntians evangelium secundum Marcum dicens 
Leetio s. evangelii seeundum Mareum. In illo tempore Maria Magdalena; cumque dixit Et reliqua, tunc re- 

10 cedant conversi ab eo et incendant omnia lumina. Interim induant Uli se, qui debent primum respon- 
sorium cantare, cappis et incensent principale altare; venientes autem ad fratres in superioribas locis debent 
sedere usque in finem lectionis. Tunc accipiant duo conversi thuribula ab ipsis et offerant incensum onmi- 
bus, qui sunt in utroque choro. Post lectionem incipiant responsorium Angelus domini cum versu et Gloria. 
Similiter faciendum est ad secundam et tertiam lectionem atque responsoria. Qui secundam lectionem 

15 legit, debet remanere in sola alba: similiter, qui tertiam legit, faciat, excepto abbate, qui debet legere in 
cappa. Tertium vero responsorium cantent tres cantores in cappis, quorum duo incensent altare, ut supra 
scriptum est. Responsorium Dum transissent, quod post Gloria patri reincipiendum est. Interim duo sacer- 
dotes se cappis induunt summentes duo thuribula, et humeraria in capita pcment intrantes chorum, paulatim 
euntes versus sepulchrum, voce mediocri cantantes Quis revolvet nobis lapidem. Quos diaconus, qui debet 

20 esse retro sepulchrum interroget psallendo Quem quaeritis, deinde illi Jesum Nazarenum, quibus diaconus 
respondet Non est hie. Mox incensent sepulchrum et, dicente diacono Ite, nuntiate, vertont se ad chorum 
remanentes super gradum et cantent Surrexit dominus de sepulehro usque in finem. Finita antiphona domnus 
abbas incipiat Te deum laudamus in medio ante altare, moxque campanae sonentur in angularibus. Cam 
cantatur per singulos dies sonentur omnia Signa in choro. Finito Te deum laudamus procedat dominus 

2fy abbas ante altare et dicat cap. In resurreetione tua Christo. Deinde inchoet matutinas laudes Deus in 
adiutorium. Mox incipiet hebdomadarius ant. Et valde mane, quae altematim per constructiones est cao* 
tanda sicut ant. Ego sum qui sum. De psaimo Dominus regnavit etiam faciendum est, ut de psaimo BeoAus 
vir et sie primus versus incipiendus est in illo choro, in quo incepta est antiphona et secundus versus in 
rlmro opposito. Cap. Si eonsurrcxistis, rof^ponsoriiim duo cantores in cappis cantent SurrexU dominus. 



Zeile 3. Pothtlavi pairem meum^ alleiuia! dedii mihi gentes^ alleluia! in heredidaley alltluial — Ego dormivi ei iomnum cepi^ '' 

erurrexif quem dominm micepii me, ? — Quare fremerunt geniet et fopti/t meditati sunt inania, Psalm 2, 1. — Dominik 

quid multiplieati ntnt^ qui IribuUtnt me? mulii inntrgant adversum me. Ps. 3, 2. 
Z. 4. Returrßxit dttminue de eepulehro^ qui pro nobis pependit in tigno» Alleluia! 
Z. 8. In illo tempore Maria Magdtilene ei Vlaria taeobi et Salome emerunt aromata^ ui venientes ungerent lesum etc. £v. Markii» 

IG, 1. Die kleinen Abweichungen des ritnali vom wortlaat des evangelisten finden sich auch in den dramat. osterfeiam. 
Z. 13. Angelus domini desrendit de celo et accedens revolmt lapidem^ et super eum sedii ei dirii mulieribus Noliie Omere; <^ 

eiiiiN, qui crucifirum quaeritis: iam surrexit: cenile el videie /ocwm, tf6i posiius erat dominus, Alleluia! £y. Matih. 28, 2. ^- ^* 
Z. 22. Surreseii dominus de sepulehro^ qui qro nobis pependit in ligno. Alleluia. 
Z. 25. In resurreetione hta Ckriste, alleluia! Coelum ei terra laeieniur, Alleluia! 

Z. 26. Ei ralde mane una sabbalorum venimnt ad monumentum^ orto iam sole, £v. Mark. 16, 2. ^ 
Z. 27. Ihminus regnavii^ iraseanimr papuli: qui sedH super chnubimf moveaiur terra etc. Psalm 98. 
Z. 29. Si eonsurremisiis eum Christo^ quae sursum sunt quaerüef alleluia! ubi Christus est in deaetera dei sodens: quae sur>^ 

sunt sapüe. Alldui^ Coloss 3, 1. 2. 
Z. 29. ttaee esi dies^ quam ftcit dominsts^ esmiiewsus ei laetemur in ea. Psalm 117, 24. 



I 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELÜNG. B. ERSTE GRUPPE, ABCDE. 48 

BymnuB Clara pasehaU. Versus Haee est dies; iste versus dicatur ad laudes, ad tertiam, ad seztam, ad 
nonam et ad vesperas per totam hebdomadam usque ad sabbatum. Ad primam autem et completorium 
-versus solito more dicantur; nam Uli duo nunquam mutantur. Ad Benedietus, ant. ÄUeluia lapis. Post 
haec domnus abbas in medio ante altare dicat Dominus vobiseum. Coli. Deus qui hodiema die. Deinde 
cantores induti cappis cantent Benedieamus domino cum ÄUeluia, De s. cruce antiphona Crueem sanetam, 5 
Ista antiphona cantatur per totam hebdomadam paschae et per totam hebdomadam pentecostes ad laudes 
et ad vesperas et in omnibus maioribus et minoribus festis: reliquis vero diebus in tempore paschali can- 
tatur ad laudes ant. Surrexü Christus, ad vesperam autem ant. Surrexit. Gap. Dieite in nationibus. Oratio 
Deus qui pro nobis. Suffiragia sanctorum ut supra ad vesperas. De omnibus sanctis ad matutinum super 
psalmos ant. Saneti tui, domine, florebunt, Gap. Seimus quoniam diligentibus. Besponsorium Justi autem, 10 
Hymnus Jesu salvator. Versus Mirabilis deus. Ad Benedietus In tabemaeulis iustorum. Oratio coosueta. 
Deinde eant in dormitorium. Gum tempus primae fuerit, Scilla parva sonetur in dormitorio^ deinde faciant 
trinas orationes. Interim hebdomadarius capellae celebret missam et ibi communicent pueri, officiales et 
infirmi. Post missam sonentur duo signa ad primam. Post primam eant in capitulum. Ad tertiam hymnus 
€horus novae lerusalem sine augmentatio versus, Quaesumus auetor, ant. Ite nuntiate, Post tertiam ant. 15 
In die resurrectionis mae. Deinde duo cantores incipiant Salve festa dies et statim iiat processio more 



Z. 4. Deus qui hodiema die jter unigenitum tuum aetemiiaUs nobis aditum devicia morte reserasti^ vola nostrot quae jtroveniendo 

aspiras etiam adiuvando jtrosequere per eundem dominum no$trum lesum. Oratio ex missa in die sancto pasohae resurrect. 

Z. II. Jesu, salvator saeeuli, Verbum patris altissimi eto. Daniel, Thesaurus hymnolog. I, 238 nach dem Elenchus hymno- 

rvaa \, 364, das zitat ist jedoch falsch. 
Z. 15. Chorus novae lerusalem Kovam meli duleedinem etc. Daniel, Thesaur. hymnol. I, 222, auch dieses zitat trüft nicht zu. 

— /fe, nuntiate discipulis eius et Petro, quia praecedit vos in Galilaeam. Ev. Mark. 16, 7. 
Z. 16. Salve festa dies, toto venerabilis aevo. Es gibt vier hymnen, welche mit dieser zeile beginnen und für besondere 
kirchenfeste bestimmt sind, nämlich 1. In ascensione domini, Daniel, Thesaurus hymnologicus II, p. 181; Kehrein, La- 
teinische Sequenzen des mittelalters no 117; 2. In die pentecostes, Daniel II, p. 182; Kehrein no 134; 3. In feste cor- 
poris Christi, Daniel 11, p. 183; Kehrein, no 161 und 4. In dedicatione ecclesiae, Daniel II, p. 184; Kehrein, no 876. 
Darunter ist also keiner für das Osterfest (in resurreotione domini). Es ist aber gewiss nicht anzunehmen, dass mit den 
im ordinär gegebenen gleichlautenden anfangsworten einer der genannten für bestimmte andere feste gedichteten hymnen 
gemeint sei. Es muss also auch einen osterhymnus mit dem bezeichneten eingang gegeben haben und ich finde in der 
tat einen solchen in der , Agenda: siue Exequia|le saoramentorum. Et eorum|que in ecclesijs parrochi|alibus aguntur' 
(wahrscheinlich eine inkunabel, doch kann ich sicheres darüber nicht sagen, weil das letzte blatt in dem mir vorliegen- 
den wolfenbütteler exemplare fehlt und anderwärts ein druckvermerk nicht vorkommt) bl. LXKVIIab, hinter einem 
,Ordo visitationis sepulcri', den ich im anhange abdrucken werde. Er lautet 

Hymnus Lactantij cantetur a pueris in 15 Qui genus humanum cernens mersisse [mersum esse] 

processione. [rot] profunde, 

Salue festa dies, toto venerabilis euo, Utque hominem eriperes, es quoque factus homo. Sal. 

Qua deus infemum uicit et astra tenet. Funeris exequias pateris vite [nouus] autor et orbis, 

Ecce renascentis testatur gratia mundi, Intrans mortis iter dando salutis opem. Qui. 

Omnia cum domino dona redisse suo. Salue. Solue catbenatas infemi carceris vmbras. 

5 Namque triumphanti post tristia tartara Christo 20 Et reuoca sursum, quidquid ad ima mit. Sal. 

Undique fronde nemus, gramina flore fauent. Qua de. Sollicitam sed redde fidem, precor, alma portans [potestas] , 

Legibus inferni oppressis, super astra meantem Tertia lux redijt: surge sepulte mens. Qua. 

Laudant rite deum [lux,] polus, arua, &etum. Qui. Redde tuam faciem, videant vt secula lumen: 

Qui crucifixus erat, deus ecce per [bl. 77b] omnia regnat, Redde diem, qui nos, te moriente, fugit. Sal. 

10 Dantque creatori cuncta creata preoem. Qua. 25 Eripis in numenim [innumerum] populum de carcere mortis, 

Mobilitas anni, mensium [mensum], lux alma dierum, Et sequitur liber, quo suus autor adit [abis.] Qua. 

Horarum splendor, stridula cuncta fauent. Sal. Hinc tumulum repetens, post tartara came resumpta, 

Christo, Salus rerum, bone conditor atque redemptor. Belliger ad oelos ampla trophea re [bl. 78a] fers. Salue. 

Unica progenies ex deitate patris: Qua. 

6* 



44 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIBKN. 

s 

solito. Ad introitum Christus resurgenSj interim ascendant super gradus duo bene vociferati et vertant se- 

■ 

ad chorum cantantes tropum Hodie totus arhis. Ad summam missam sequentia Landes säUmtori. Ad ve^ 
param ant AUeJuia erueifixus. Psalmi Laudate pueri, Laudate dominum omnes gentes, Laudate dominum 
quoniam bonus^ Lauda lerusalem. Isti psalmi dicantur quotidie ad vesperas usque ad sabbatam. Cap. 
5 Epurgtäe v^us. Ad quartum psalmum exeant duo cantores et induant se albis et cappis et cantent re- 
sponsorium Surrexit dominus. Hymnus lam paseha. Interim praedicti cantores in cappis incensent altaria. 
Ad Magnifieat ant. Surrexit enim mox cantet eam primus chorus usque Ibiy secundus chorus Ibi eum vide- 
bitis. Iterum primus chorus Magmfieat^ secundus chorus reincipiat ant SurrexU enim, iterum primus 
chorus Ihi eum videbitis, tunc secundus chorus Et exuüavit usque in finem psalmi. Postea recapitulat 
10 primus chorus antiphonam cantando Surrexit enim, deinde chorus oppositus Ibi eum uidebitis. Tunc sab- 
sequitur Gloria patri, Sieut erat. Postea omnes simul resolvant antiphonam per totum. Oratio DeuSy fui 
hodiema die, Benedicamus domino aUeluia, aüeluia cantent duo cantores in cappis. 

Unter dem texte habe ich hauptsächlich diejenigen responsorien etc. nachgewiesen, welche in obigeD 
stücken schon vorgekommen sind, oder femer noch begegnen werden. Die orte, an denen ich sie gefunden^ 
genau zu bezeichnen, habe ich nicht für nothwendig gehalten. Wer in drei bis Tier missalen oder bre- 
viarien nachschlagen will, wird die stellen bald finden können. Die von mir benutzten waren meist in- 



Dies ist ohne zweifei das gedieht, welches das ordinär andeatet. Der schwang und die warme begeisterang, mit der 
die aaferstehnng des heilandes vorgetragcD wird, und die bezeiohnnng als ,Hymnus Laotant^' geben demselben eine be^ 
sondere bedentong. Allerdings wissen wir von den poesien des Lactantins (am 800) nar, das er wahrsoheinlich dis 
Carmen de Phoenioe (vgl. Ebert, Gesch. der kristl.-latein. literat. s. 98 ff.) and vielleicht das Carmen de passione 
domini (vgl. Teaffel, Gesch. der röm. lit. 3. aafl. § 397, 8) verfasst hat, von hymnen dag^en verlantet die Uberliefenzn^ 
nichts. Wohl aber ging frflher ein gedieht im elegischen versmasse De resarreotionis dominicae die anter seinem namen, 
welches in neuerer zeit dem Yenantias Fortunatas (um 670) zugeschrieben wird (vgl. Teaffel a. a. c). Diese elegie hst 
mit obigen hymnen denselben eingang und eine genauere vergleichung lehrt, dass der osterhymnus aus vers 1. 2. 88 — 42. 
47. 48. 55. 66. 59. 60. 78. 74. 65. 66. 75. 76. 81. 82. 85. 86 der ersteren zusammengesetzt ist (ich zitiere nach der 
Baseler ausgäbe vom j. 1563, welche nur fünfzig distichen enthält. Die eingeldammerton werte sind die Varianten dieses 
druckes). Es erhebt sich also die frage: ist der osterhymnus nur ein auszug aus dem grösseren gedichte des Fortunatiu 
und die bezeiohnung ,Hymnus Lactantij' falsch, oder liegt uns in demselben wirklich ein werk des Laotantius vor, welches 
far den Fortunatus anregung und grundlage seines grösseren gedichtes gewesen ist? Die kirchlich lateinische hymnen- 
dichtung beginnt bekanntlich mit Hilarius (um 360) und Ambrosius (um 380). Dass es aber schon vor Hilarius lateinische 
hymnen, wenn auch nicht zum kirchlichen Gebrauche bestimmt, gegeben, ist wahrscheinlich (vgl. Ebert, a. a. o. s. 164 ff.)) 
so dass Lactantius gar wohl ein auch sprachlich so schönes gedieht verfasst haben könnte. Und wie steht es 
alsdann mit den anderen vier h3nnnen? Daniel scheint sie mit den werten ,vides poetam oantus suos direxisse ad normst 
Fortunati' (pag. 185) ^inem dichter zu vindizieren, der den Fortunatus sich zum vorbild genommen habe. Mir ist die 
ganze neoere einschlilgige literatur nicht zur verfdgung und es ist auch hier nicht der ort, diese fragen zu untersochen. 
[Vgl. flbrigens Wackemagel, Das deutsche kirchenlied I, s. 66 f. Anmerk. während des druokes.] 

Z. 1. Ckrigimt returgtnt ex tmorims tarn non WMrihtr: mors ilH ultra nan dominabiiur, Quod enim vivii, 9wU deus, Alffi**^ 
aHehiü! £p. ad Rom. 6, 9. 10. Vgl. Clicbtovaeus, Elucidatorium ecolesiastioum, fol. 97b. 

Z. 2. Laude$ sahatori toet moduUmur mppUei. Notker Balbulus bei Daniel II, 12; Mone no 148; Kehrein no 81. 

Z. 3. Laudate fmeri dominum^ laudate nomen domini. Psalm 112. 

Z. 6. Laudate dominum omnes genles^ laudate eum omnes popu/i. Psalm 116. — Laudate dominum quoniam bonus esi pf^ft»^**^ 
deo nostro sit iueunda deeoraque laudatio. Psalm 146. 

Z. 4. Lauda lerusalem dominum^ lauda deum tuium Sion, Psalm 147. 

Z. 7. Surrexit enim tieui dixU dominus: praeeedit tos in Oalilaeam, Alleluial Ev. Matth. 18, 6. 7. 

Z. 9. Ibi eum ridebiüs. Alleluia! Ev. Matth. 28, 7. 

Z. 9. Ei exultatU — ? 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. C. ZWEITE GRUPPE, FGHIKI.MN. 45 

kunabeln. — Auch E ist offenbar, wie D, aus einem alten ordinär entnommen. Es steht mir aber weder 
des Dunstanus Concordia noch Martenes De antiquis monachorum ritibus zur Verfügung, so dass ich mehr, 
als Du M^ril gibt, aus demselben nicht mitteilen kann. Dass es aber ebenfalls, wie D, unmittelbar in den 
matutdnalen gottesdienst aufgenommen war und eine besondere hymnische oder dergleichen einleitung nicht 
hatte, erhellt aus den gegebenen anweisungen ,Dum tertia recitatur lectio' etc. und ,Dumque tertium per- 
celebratur responsorium' etc. im eingange desselben. 

Wenn ich oben s. 27 gesagt habe,, dass sich die richtigkeit oder Unrichtigkeit der dort gekenn- 
zeichneten früheren ansichten aus der hier nach eigener metode geführten Untersuchung von selbst ergeben 
müsse, so sehen wir hier zunächst durch die stücke der ersten gruppe — was oben s. 34 ff. vorgreifend 
aus einander gesetzt wurde — tatsächlilch erwiesen, dass jene behauptung Mones, die dramatischen oster- 
feiern seien weniger aus den von ihm als ,kirchengebräuche' bezeichneten ritualen, als vielmehr aus den 
zv^ar nicht autentischen, wohl aber geduldeten versus, responsorien, osterliedem hervorgegangen, in folge 
der beobachteten verschiedenartigkeit der einleitungen imd Zusätze dieser dramen vollständig unhaltbar ist. 
Gerade die sogenannten ,kirchengebräucheS welche wir als die älteste form des dramas nachgewiesen haben, 
t^ilden den in allen stücken ausschliesslich festen und dramatischen körper, sie sind eben nicht blosse zu- 
fällige kirchengebrättche, sondern das aus ^iner beabsichtigten komposizion hervorgegangene drama selbst, 
die versus etc. dagegen nur spätere formell und inhaltlich äusserst schwankende erweiterungen und zu- 
tatop jenes ursprünglichen kemes. 

C. ZWEITE GBUPPE, FGHIkLlEN. 

Obschon die entwickelimgsformen, welche die stücke F — N zeigen, in mannichfacher weise verschie- 
den sind, werden wir sie doch sogleich in einigen wichtigeren beziehungen als eine besondere gruppe zu- 
sammenfassen dürfen. Dahin rechne ich vornehmlich, dass sie, ausgenommen M und vielleicht FH, die sich 
nach dieser Seite nicht zu erkenne geben, alle der zweiten rezension angehören und überdies mehrere 
Zusätze enthalten, die nicht aus vorhandenen kirchlichen quellen geflossen, sondern eigens für diese dramen 
verfasst sind und daher auf mehrere dieser gruppe zu gründe liegende neubearbeitungen mit Sicherheit 
schliessen lassen. Ehe ich jedoch zur besprechung der einzelnen stücke imd ihrer besonderheiten schreite, 
will ich diese selbst, wie die früheren, in übersichtlicher gruppierung vorlegen. 



46 



I. DIE IJLTEmiSCHEN OSTERFKIERN. 



UHKIKAO, I JHDT. 

Visitatur sepul chrum 
hoc ordine. 



6, 



KMSIEBELN II, XII. JHDT. 



1=A 1. 



CIYIDILB l, XIF. J»T. 

In resurrectione domini 
u. J. C. Ad matutinum. 






8. UESPRUNG UND ENTWICKELDNG. C. ZWEITE GRUPPE, F6HIKI.MN. 



47 



IKH BR^UHSCIL, XIL JHDT. 



iHORUS:] 



ST. LAMBBBCHT, XII. JHDT. 



WIBH« XII. JHDT. 



1 Cum transisset 8abbatuiD,Ma- 
ria Magdalena et Maria lacobi 
et Salome emenmt aromata, 
B[esp.] ut venientes ungerent 
Jhesum. Alleluia ! 

2 Et valde mane una sabba- 
torum veniunt ad roonumen- 
tum orto iam sole, 
[Resp.] ut venientes [ungerent 
Jhesum. Alleluia!] 

3 Gloria patri. 

4 Cum transisset sabbatum. 
6 Ave. 

Der CHOR singet: 



laria Magdalena et alia i 6 Maria Magdalena et alia 
ria ferebant diluculo aro- < Maria ferebant diluculo aro- 
ta, dominum quaerentes mata, dominum quaerentes 
monumento. in monumento. 



N, 

KLOSTEBNEÜBUBG» t JHDT. 

In sancta nocte, antequam bo> 
nentor matutinae, PRAELATÜS^ 
ALIQUIBÜS SIBI ADIÜNCTIS, 
corpus dominicum et crucem de se- 
pulchro tollant cam devotione et 
reverentia aspergentes et adorantes 
ea, ac canentes sub silentio re- 
sponsorium : 

1 Surrexit pastor bonus, qui 
posuit animam suam pro ovi- 
bus suis, 

[Resp.] et pro grege suo mori 
dignatus est. Alleluia! 

2 Surrexit dominus de se- 
pulchro, qui pro nobis pepen- 
dit in ligno, 

[Resp.] et pro grege suo mori 
dignatus est. Alleluia! 

Deinde hos psalmos cantent: 

3 Gonserva me, domine. 

4 Domine, probasti me. 

5 Surrexit dominus de se- 

pulchro, alleluia! 
qui pro nobis pependit in 
ligno. Alleluia! 

Oremus: 

6 Dens qui hodiema die [per] 
unigenitum. 

Qaando debet secundo visitari se- 
pulchram, oantetur responsorium: 

7 Dum transisset sabbatum Ma- 
ria Magdalene et Maria lacobi 
et Salome emerunt aromata, 
[Resp.] ut venientes ungerent 
Jesum. Alleluia ! 

8 Et valde mane una sabba- 
torum veniunt ad monumen- 
tum orto iam sole, 
[Resp.] ut venientes ungerent 
Jesum. Alleluia! 



Sicque, ut mos habet, sepulchrum 
visitatur, ibique, olero in duos or- 
dines diviso, ut fieri solet in choro, 
CANTORKS imponant hanc ant.: 

9 Maria Magdalena et alia 
Maria ferebant diluculo aro- 
mata, dominum quaerentes 
in monumento. 



48 



I. DIE LATEINISCHEN 08TERFEIERN. 



F, 

EHBIKAU, I IHDT. 

TRES PRESBYTERI sive dia- 
ooni albis oappis indnti, capita 
humeralibusvelatahabentes, singu- 
lique singala cum inoenso turibula 
in manibus tenentes pedetemp- 
tim prooedunt ad sepalohrum do- 
mini cantantes sammissa vooe ant.: 

1 Qois reTolyet 



Qua finita subsistunt non longe 
ab ilHs duobus fratribus, qui in- 
duti dahnaticis, yelatis eimiliter 
capitibus, sedent infra sepulchruni, 
quique statim quasi vice an^lorum 
illoB tres ad imitationem mulierum 
venientes ita compellant: ant.: 

2 Quem quaeritls? 



Econtra ISTI: 

3 Jesam Naearenum. 

Item ILLI: 

4 Non est Uc. 



Tunc isti intrant sepulcbrum et 
illis [fe. ANGEIil] iterum canen- 
tiboB ant.: 

5 Venite et videte locum, [ubi 
positus erat dominus. AUe- 
luia!] 

turificant locum, ubi cmx po- 
sita erat, — nam antequam ad noo- 
tumos pulsaretur sublata est a 
oustodibus eodesiae, — sioque tollen- 
tee linteum reportant illud inter 
•e expansum, simul etiam geetantee 
turibula et oantantes medioori 
Tooe ant. [MULIERES:] 

6 Dicant nunc ludaei [Quo- 
modo milites custodientes 
sepulchrum perdiderunt re- 
gem ad lapidis positionem? 
Quare non servabant petram 



6, 

BIVSIEDEIiK n, XII. /HBT. 

MÜLIER secum cantat: 



2 Qois reTolyet nobis ab 
osüo lapidem, quem tegere 
sanetum cemlmus sepul- 
chrum i 

ANGELÜS inquirit: 



3 Quem quaeritls, o tre- 
mulae mulieres, iu hoc tu- 
mulo plorautes! 

Respondent MULIERES: 

4 Jhesum Nazarenum cru- 
ctflxum quaerimus. 

ANGELÜS didt: 

5 Nou est hie, surrexit! 



6 sed cito euutes dielte 
discipulis eius et Petro 
qula surrexit Jhesus. 



MULIERES redeuntes seoum 
cantant: 



7 Dicant nunc ludaei Quo- 
modo milites custodientes 
sepulchrum perdiderunt re- 
gem ad lapidis positionem? 
I Quare non servabant petram 



CIFIDALK I, XIT. JHDT, 

Finitotertio responsorio, TRES 
M ARIAE de sacrario veniant aptate 
et cum thuribulis et inoenso, et 
vadant ad sepulchrum oanendo 
Bubmissa voce hos versus: 



1 Quls reTolyet nobls ab 
ostio lapldem, quem tegere 
sauctum cemlmus sepul- 
chrum! 

ANGELDS, sedens in dextera 
sepulchri, respondeat cantando 
hunc versum: 



2 Quelu quaeritls, o tre- 
mulae mulleres, in hoc tu- 
mulo plorantes! 

M ARIAE: 



3 Jhesum Nazarenum cru- 
ciflxum quaerimus. 

Respondet ANGEIiUS: 

4 Non est hlc, quem quae- 
ritls; 



5 sed cito euntes nuntlate 
discipulis eius et Petro 
qula surrexit Jhesus. 

Finito versu, ANGELÜS levat 
cortinam et cantat hanc antlpho- 
nam: 

6 Venite et videte locum, ubi 
positus erat dominus. Alle- 
luia! Alleluia! 



nixBici,«,» 

Stantes [MüLßlr 
8>to angeli devote an. 



1 Qois reTohet 



ANGELÜS: 



2 Quem quaeritii* 



MUL.I£RES: 

3 Xhesom Nazin*^ 

ANGELÜS: 

4 Non est hie. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. C. ZWEITE GRUPPE, FGHIKLMN. 



49 



BH-BBAUKSCHW., XII. JHDT. 



f^ reTolTet nobis ab 

lapidem, quem te- 

iüctum eemimus se- 



Kdm quaerltis^ o tre- 
3 mulieres^ in hoc 
lo gementes? 

-.lERES: 



^^sum Nazarenum cra- 
im quaerimas, 

iELUSr 

^a est hie, quem quae- 

9 



d cito euntes nunciate 
Ipulis eins et Petro 
k surrexit JThesus. 



1, 



ST. LiMBRBGHT, XII. JHDT. 

Die VROWEN: 



7 Qnis reyolTet nobis ab 
ostto lapidem, quem tegere 
sanctum eemimus sepnl- 
climm? 

Der ENGEL: 



8 Quem quaeritls, o tre- 
mnlae midieres, in hoc 
tamnlo gementes? 

Die VROWEN: 



9 Jhesum Nazarenum cra- 
ciflxnm quaerimus. 

Der ENGEL: 

10 Non est hie, quem quae- 
ritis; 



11 sed cito euntes nunciate 
discipulis eins et Petro 
quia surrexit Jhesus. 



WIKH, XII. JHDT. 

MÜLIERES dioont: 



1 Et dicebant ad inyicem 
Quis reTolyet nobis lapi- 
dem ab ostio! 

ANGELI: 



2 Quem quaeritis in sepul- 
chro^ christicolael 



MÜLIERES: 



3 Jesum Nazarenum, o 
coelicolae. 

ANGELUS: 

4 Non est hie, surrexit 
sieut praedixerat; 

5 ite, nuntiate quia surre- 
xit de sepulchrol 



N, 

KLOSTKBKEUBUBG, t JHDT. 

Tunc TRES PRESBYTERI ad 
hoo officium dispositi, portantes 
thoribula et incensum et inenndo 
sepulohrum in persona mulierum ad 
invioem cantent hanc antiphonam: 



10 Quis reTolyet nobis ab 
ostio lapidem, quem tegere 
sanctum eemimus sepul- 
chrum} 

Et DL^CONÜS Bolemni ac alba 
veste vestitas, intra sepulchrom 
residensi in persona angeli homili 
[vooe] respondeat: 



11 Quem quaeritis, o tre- 
mulae mulieres, in hoc 
tumulo gementes? 

Iterum PRESBYTERI in per- 
sona mulierum aromata ferentium 
respondeant: 

12 Jesum Nazarenum [cru- 
ciflxum] quaerimus. 

Et ANGELDS respondeat: 

13 Non est hie, quem quae- 
riüs; 



14 sed cito euntes nuntiate 
discipulis eins et Petro 
quia surrexit Jesus. 

Item subiungant [/. subiungat] 
antiphonam [ANGELUS:] 

15 Venite et videte locum, 
ubi positus erat dominus. 
AUeluia I 



Milchtftek, Otter- und pMtioiitipieU. 



50 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



RBEIHAU» XII. JHDT. 

iu8titiae? Aut sepultum red- 
dant, aut resurgeHtem ado- 
rent nobiscuTD, dicentes: 
aUeluia!] 



6, 

BIHSIBBILH n, Xn. JHDT. 

iusticiae? Aut sepultum red- 
daiit, aut resurgentem ado- 
rent nobiscuiUi dicentes : 
alleluia !] 



Yenientes autem ad discipulos 
dicunt [MULIERES:] 



8 Ad monumentum veni- 
mus plorantes, angelum 
domini sedentem vidi- 
mus ac dicentem quia 
surrexit Jhesus. 



H, 

CITIPALV I, XIT. JHDT. 



Deinde MARIAE intrant ad se- 
pulohram et tollunt Imtbeamina, 
et intrant choram cantando bos 
versus usqne in medimn ohori: 

7 Ad monumentum veni- 
mus gementes, angelum 
domini sedentem vidi- 
mus et dicentem quia 
surrexit Jhesus. 



nsRici, •. im 



Finito isto versu, vertunt se 
MARIAE versus chorum, et exten- 
dunt lintheamina et cantant alta 
i voce hoc Carmen: 



8 Cernitis, o socii! eccc 
linteamina et sudarium, 
et corpus non est in se- 
pulchro inventum. 



MULIERES redeu.> 
locom stationis ciencon' 



5 Ad monumentu: 
nimus geroeotes. 
lum domini sedeo: 
dimus et dicentn 
surrexit Jhesus.] 

Quo finito CLERV>:- 
quantuliim reinisse anu: 

6 Currebant duo 
[et ille alius dis< 
praecucurritcitiu? 

et venit prior ad: 
mentum.] 

Et interim DUO A>i 
RES ET HONORABILIOK: 
NONICI casulati, rej^efr 
Petrum et lofaannem, P' 
nanter vadnntad altoren»'" 
sed iunior citfus soni'^^ 
duobus oandidissiroi? -•' 
ipso canonico, angelm n", 
tante, reoeptis, ip» ^^''' 
reportantes ad clernni f 
dentes cantant: 

7 Cernitis, socii! 

linteamina et sudi: 

et corpus üon ^^^'■ 

pulchro inventum.. 



I 



S. UBSPRÜNÖ UND ENTWICKeLÜNO. C ZWEITE GRUPPE, FGHIKLMN. 



51 



H 



mSCVW«yXII.JHDT. 



L, 



ST. LAUESCHT, XII. JHBT. 



JLiIEBES veniunt et dioant 
pulis: 



Ld monumentum veni- 
s gementes, angelum 
mini sedentem vidi- 
Qus et dicentem quia 
rrexit Jhesus. 

'\iiio vemunt disoipoli duo ad 
alcrum, dum CHORUS o[aiLtat]: 

Currebant duo simul 
ille alius discipulus 

aecucurrit cicius Petro 
venit prius ad monu- 

entum. 

nii duo [jc. PETRUS et 10- 
^lKNES] reversi dioant: 



) Cernitis, o socii! ecce 
linteamina et sudarium, 
et corpus non est in se- 
pulchro inventum. 



Die VROWEN oe dem cbore: 



Win» xn. iH»T. 



12 Ad monumentum ve- 
nimus gementes, ange- 
lum domini sedentem vi- 
dimus et dicentem quia 
surrexit Jhesus. 

So loafent zwene [PETRUS et 
lOHANNES:] 

13 Currebant duo simul 
et ille alius discipulus 
praecucurrit citius Pe- 
tro et venit prior ad mo- 
numentum. AUeluia! 

PETER unde lOHANNES: 



14 Cernitis, o socii! ecce 
linteamina et sudarium, 
et corpus non est in se- 
pulchro inventum. 

Der CHOR: 

15 Surrexit enim sicut dixit 
dominus; praecedet vos in 
Galylaeam, alleluia! ibi eum 
videbitis, alleluia! 



[MULIERES] levertontor in 
ehoro [dioentee:] 

6 Et recordatae sunt [ver- 
borum eius, et regressae a 
monumento nuntiaverunt baec 
omnia illis undecim et cete- 
ris Omnibus.] 

[MULIERES ad gradum:] 



7 Ad monumentum veni- 
mus gementes, angelos 
domini sedentes [vidi- 
mus] et dicentes, quia 
surrexit Jesus. 

DUO APOSTOLI: 

8 Currebant duo simul 
et ille etc. [alius disci- 
pulus praecucurrit ci- 
tius Petro et venit prior 
ad monumentum.] 

[APOSTOLI reverri dioant:] 



N, 

KLOSTuurnmuBe» i jhdt. 



Et abscedente angelo PRESBY- 
TERI ad denim se vertentes oan- 
tent: 

16 Ad monumentum ve- 
nimus gementes, ange- 
lum domini sedentem vi- 
dimus et dicentem quia 
surrexit Jesus. 

Et illis abeontibus CHORUS 
cantet antiphonam: 

17 Currebant duo simul 
et ille alius discipulus 
praecucurrit citius Pe- 
tro et venit prior ad mo- 
numentum. Alleluia! 

Interim oaoitur haeo antipbona 
DUO PRESBTTERI anb per- 
sona lOHANNIS et PETRI ad 
sepnlohrum venientes tollnnt sn- 
darium et, ad clerom populnmqne 
oonversi, praeoedont sio deoantan- 
tes antiphonam: 



[9 Cernitis, o socii! ecce 
linteamina et sudarium, 
et corpus non est in se- 
pulchro inventum. 



18 Cernitis, o socii! ecce 
linteamina et sudarium, 
et corpus non est in se- 
pulchro inventum. 

Tone CLERUS succinat omnis 
antiphonam: 

19 Surrexit enim sicut dixit 
dominus; praecedet vos in 
Galilaeam, aUeluia! ibi eum 
videbetis alleluia! 



7* 



52 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



BHSlKiV» I JHBT. 



6, 



BIHSUDSLH 11« XU. IHDT. 



[Et MULIERES] ragrediuntur 
alia via, qua venemiit, et finita anti- 
phona ante introitnm ohori intrant 
tacentes et saper gradum sanctaa- 
rii conaistentes, versa fade in 
chorum et elevato linteo, prae- 
oeUa vooe intonant ant.: 

7 Surrexit! 

Qua ab ipsis peroantata impo- 
nitur [se. a CLEBO:] 

8 Te denm landamns! 

Statim omnia signa oonpul- 
santur. 



CHORUS: 



9 Te deum landamns I 



CITIDALB I, XII. JHDT. 



Hoc peraoto, indpiunt GHORA- 
BU alta voce antiphonam: 

9 Surrexit dominus de sepul- 
chro, qui pro nobis [pependit 
iu ligno. AUeluia!] 



8ITBUCI, a. Uli 



Finita ea antiphona, statim in- 
choetor [se. aCHORO:] 

10 Te denm landamns I 



Et statim CHOBU^ ^' 
subiungens: 

8 Te denm lauten 

in choroin reverdri' 



Lesarten. F: die ab weichungen meines textes von demjenigen Schubigers beruhen auf erneuter ytr: 
der handschrift, welche ich nebst den Varianten des cod. augiensis 80, s. 118 f. der gütigen mitteflong > 
oberbibliotekars professor Fritzsche in Zürich verdanke. Es sind folgende: Fl spielanweis. pedeienUim Sehe 
temptim codd. 59 und 80; submUsa Schub., summUsa codd. 59 und 80; F6 spielanweis. thurtficcaU Sd& 
codd. 59 u. 80; F7 spielanweis. alia uia qua cod. 80, a. v. quam cod. 59; F7 Surrexi Schub., Surrexit codti.' 
F8 spielanweis. imponitur Schub., inpon. codd. 59 u. 80; et statim Schub., statim codd. 59 u. 80; expuUasiar 
eonpuls. cod. 59, puls. cod. 80. — K2 Idbidem hs.; KIO surruxit hs. — L findet sich in drei st U* 
handschriften (vgl. oben s. 25), welche Schönbach mit A,B,G bezeichnet hat; ich nenne sie, um venrechsis:^ 
verhüten L, Lii, Lm. Lnl . . . ungerent Jhesum et reUqua; Lii8 Quem quaeritis an Jhesum q^t&rs^ 
änderung, die aus einem öfter in missalen vorkommenden responsorium der ostermesse eingedrungen ist; Lc- 
anweis. Petrus und Johannes; Lml6 wird vom probst gesungen. — N16 spielanweis. äbseendente. 

Indem man diese tabelle überblickt, wird man zunächst in den gesperrt gedruckten stellen szenis«^'' 
rangen erkennen, welche ABCDE nicht enthielten. Aber auch in dem älteren teile ist das aus jenen ^t^' 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. C. ZWEITE GRUPPE, FGHIKLMN. 



sa 



SISH-BBAUKSCH W., XII. JHDT. 



«US :] 

Texit dominus de sepul- 






L, 



ST. LAMBBEGHT, XII. JHOT. 



[Der CHOR:] 

16 Te deum laudamus! 

Noli flere Maria. Alleluia! 
Resurrexit dominus. Alleluia! 



M, 

WIEH» XI 1. JDHT. 

APOSTOLI et MUIJERES in 
choro : 

9 Dicant nunc ludaei Quo- 
modo milites custodientes 
sepulcfarum perdiderunt re- 
gem ad lapidis positionem? 
Quare non servabant petram 
iustitiae? Aut sepultum red- 
dant, aut resurgentem ado- 
rent nobiscum, dicentes : 
aevia, aevia! 

EÜVANGELISTA: 

10 Surrexit enim sicut dixit 
dominus. 



[CHORUS:] 

11 Te deum laudamus I 



N, 

KLOSTEBHECBURG. t IBDT. 

Ac deinde CANTORES: 

20 Dicant nunc ludaei Quo- 
modo milites custodientes 
sepulchrum perdiderunt re- 
gem ad lapidis positionem? 
Quare non servabant petram 
iustitiae? Aut sepultum red- 
dant, aut resurgentem ado- 
rent nobiscum, dicentes: 
alleluia! 



Hac finita [antiphona] impona- 
tur [sc. a CHORO:] 

Te deum. 



>ii i^ 



ff 



;U. 



bild durch die früher nachgewiesene, hier in GHKLN zum ersten male auftretende zweite rezension wesentlich 
ert Die zweite rezension hat in den einzelnen stücken, wie wir früher gesehen haben, nur wenige sehr ge- 
^ge modifikazionen erlitten, unter denen plorantes 6HT statt gemeiUes KLNQ in IIb und nuntUUe HKLN statt 
' QQUV in Vb die bemerkenswertesten waren. Ebenso ist dort gezeigt worden, dass M die erste rezension im 
^ i genommen ziemlich rein überliefert 

'^'^ ' Das Venite et videte loeum etc. F15 H6 N15 hatte schon in £6 eingang gefunden und ergab sich als eine nahe- 
^^^ le und die dramatische Wirkung nicht unwesentlich steigernde ergänzung aus Matthäus 28, 6. Auch hier ist 
^i^ ^ lufforderung des engeis, wie in £ und entgegen der korrekteren darstellung des matthäusevangeliums, nach dem 
- ^ "^0 euntes etc. angefügt worden. Dennoch wird man daraus auf eine entlehnung dieses Satzes aus E oder 
M'E gleichen stücke nicht schliessen dürfen, weil man sich dann das fehlen desselben in GJKLM nicht zu er- 
einp vermöchte. Man wird vielmehr annehmen müssen, dass man in dem streben nach erweiterung der dramatischen 
liie^ein augenmerk zuerst auf die bekannte biblische quelle richtete und das von dieser gebotene dem vorhandenen 
^itock ohne langes besinnen anschloss. 



iJtJ«^^ 



54 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

Zur beseitigUDg der szenischen lücke zwischen dem Ite nuntiaie etc. und dem Te deum war in CDE 
das aus der ostermesse genommene responsorium Surrexit dominus etc. verwant worden (siehe oben 
t(. 34): hier finden wir zwei neue Sätze, welche die rückkehr der frauen vom grabe vermitteln und von 
denen einer zu diesem zwecke eigens komponiert worden ist. Der erste, Dieani nunc ludaei etc. F6 67 
MIO N20, also nur in deutschen stücken vorkommende, gibt im allgemeinen der von den frauen gewonneiu» 
Überzeugung ausdruck, dass Kristus auferstanden ßei, was die Juden dagegen auch einwenden möchten. Im 
zweiten, Äd monumeiihijn venimus etc. 68 H7 J5 K7 L12 M7 N16, wenden sie sich direkt an die jünger 
(Petrus und Johannes) ausgenommen H (und RX^), und geben bericht von dem, was sie erschaut und 
erfahren. Der erste deutet mithin auf den schluss der handlung, der zweite auf eine fortsetzung der- 
selben, indem durch ihn das auftreten des Petrus und Johannes nach anleitung von ev. Joh. 20, 4 — 7 vor- 
bereitet wird, 80 dass beide in demselben stücke benutzt werden konnten, wie es in 6MN wirklich geschehen 
ist. Demgemäss schliesst F sofort, nachdem die frauen unter dem gesange des ersten Satzes zurückgekehrt und 
^super gradum' mit lauter stimme das Surrexit (F7) gesungen haben, mit dem Te deum. Auch in 6 scheint an- 
fangs dem Dieant nune ludaei etc. das Te deum unmittelbar gefolgt zu sein ; dann aber ist auch der zweite 
Satz Äd monumentum etc. aufgenommen und zwischen beide hineingeschoben worden, wodurch das drama, 
da die jünger noch nicht eigentlich mitspielen, einen unklaren und unfertigen karakter erhalten hat. In M 
und N konnte jedoch der erste satz der intenzion bei seiner ersten aufnähme entsprechend nicht mehr 
verwant werden, weil hier die einfügung auch des Ad monumentum etc. und die erweiterung der szene 
durch den wettlauf der apostel den verlauf des dramas wesentlich verändert haben. M hat wenigstens 
die ursprüngliche absieht insofern gewahrt, als es das Dieant nunc ludaei etc. den frauen und apostein 
in den mund legt, während dasselbe in N von an der dramatischen handlung unbeteiligten ,cantores' gesungoi 
wird ; in beiden stücken aber dient es nicht mehr dazu, die rückkehr der frauen und apostel zu vermitteln, 
sondern nur noch, den schluss des dramas anzudeuten, nachdem jene zurückgekehrt sind. In N folgt 
denn auch das Te deum sofort, in M geht jedoch dem letzteren noch das Surrexit enim sieut dixit domi- 
nus (M10=Matth. 28,6) des ,evangelistaS gleichsam zur bekräftigung der von den frauen und apostein 
ausgesprochenen Überzeugung durch die Zuschauer voraus. — Dieser satz ist, wie früher bei CDE das 
Surrexit dominus de sepukhro, aus dem österlichen rituale, in welchem er als responsorium auf den versus 
Christus resurgens (siehe oben s. 44, z. 1 und anmerk.) diente, genommen und schon von Mone (Schausp. 
des mittelalt. 1, s. 13, anmerk. 2) bei Jodocus Clichtoveus, Elucidatorium ecclesiasticum (Basileae, 
lo. Frohen 1517 in 2^) fol. 97b und 98b nachgewiesen worden.^ 



1. Unter den späteren stücken findet sich das Ad monumenhim etc. nur in QRTX. RX sind fOr die folgende beweu- 
fabrang von bedeutung and darum an dieser stelle antizipiert worden. Den übersichtlichen abdruok der stücke sieb^ 
weiter unten. 

2. Du Meril, Origines latines, p. 91, note 2 bemerkt dazu ,C'est une antienne qni se chantait autrefois, dans qualqa« 
eglises, pendant la quadragesime (ap. Liturgia antiqua bispanica, t. U, p. 494 [ein mir unbekanntes buch]); dans d 
autres, le jour de paques k la procession (ap. Jean d' Avranches, Liber de offioiis eodesiasticis, p. 68), et dsD« 
presque toute^, pendant le temps pascal (ap. Clichtovaeus, Elucidatorium ecclesiasticum, 1. 1, p. 506, ed. de 1548)' 
In der von mir benutzten älteren ausgäbe des Clichtovaeus findet sich keine notiz über die Verbreitung des respoo^ 
riums und ich bezweifele doch, dass diesell>e eine so grosse war, als man nach den werten Du Merils annehmen soUtd 
Bei der durchsieht von einer ziemlichen anzahl älterer drucke ist es mir in osterritualen nur in einem Breoiarium sei 
Dnioi nouit« Tpressum in q vbioäque ps. hy». Resp. antiphona vel quod aliud signat«: ibide babes numenun oh»n* 
in qua totum integre et cöplete ponitur. 0. o. u. j., 8<>, druckerzeichen L. A., und in der Agenda caerimonitß* 
■eoundum ritum Cathedralis eoolesiae Olomuoensis: Ad vsum eiusdem dioecesis- Olomucij 1586. 4<), pag. S09 "• ^ 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELÜNG. C. ZWEITE GRUPPE, FGHIKLMN. 55" 

• 

Wenn nun der zweite satz. Ad monumentum etc., wie angegeben, nicht bloss die rückkehr der frauen 

Tom grabe vermitteln, sondern auch eine erweiterung der szene durchs das auftreten der apostel Petrus und 

Johannes einleiten soll, so muss es befremden, den wettlauf derselben nur in J6.7, K8.9, L13.14, M8.9, N17.18 

zur darstellung gebracht zu sehen, in GrH aber nicht In der spielanweisung zu GS heisst es ausdrücklich ,Ve- 

nientes [sc. mulieres] autem ad discipulos dicunt'; treten dennoch die jünger persönlich nicht auf, so müssen 

sie wenigstens durch gesonderte aufstellung und entsprechende gewänder für die Zuschauer als solche 

kenntlich gewesen sein. Wir aber tun bei dieser zuerst nur statistischen mitwirkung derselben einen blick 

auf die langsamkeit der dramatischen entfaltung. — Mehr Schwierigkeiten macht H. Die frauen singen das 

Ad monumentum etc. bis sie ,in medium chori' gelangen, wenden sich alsdann ,versus chorumS d. h. gegen 

die im köre aufgestellten kleriker, und intonieren unter Vorzeigung der schweisstücher Cemüis o soeii etc., 

einen satz, der von JKLMN den zurückkehrenden jungem zugeteilt und für diese nach ev. Joh. 20, 6. 7 und 

Luk. 24, 3 eigens komponiert worden ist. Die kleriker antworten und endigen die feier mit dem Te deum. 

In JKLMN folgt dagegen dem Ad monumentum etc. der frauen, das persönliche auftreten der apostel, die 

unter dem gesange des kores^ Currebant duo simul etc. (ev. Joh. 20, 4) zum grabe eilen und mit den*. 

von den engein empfangenen schweisstüchem zurückkehrend das Cemitis, o soeii etc. singen. Vergleichen 

wir femer die späteren stücke (siehe weiter unten) und sehen wir, dass in OPQTÜVW von dieser szene 

gar nichts vorhanden ist, dass R30 die mit 'den frauen vom grabe zurückkehrenden apostel nicht das Cer^ 

nitis, soeii etc., sondern einen R eigenen satz singen, dass die ursprüngliche anläge von X der von L 

analog gewesen sein muss, weil X27 wohl das Cemitis, o soeii etc., wenn auch in hexametrisch überarbeiteter 

form, nicht aber das Currebant duo simul etc. sich findet, und der X9. 10 dargestellte wettlauf in ganz 

neuer eigenartiger weise inszeniert ist, so werden wir der annähme nicht entgehen können, dass zunächst 

das Cemitis, o soeii etc. unter erstmaliger herbeiziehung des Johannesevangeliums nicht für die jünger, 

sondem für die frauen und zur illustrazion des Ad monumentum etc. derselben verfasst wurde, dass dieses 

zur weiteren ausbeutung desselben evangeliums und, indem es nunmehr auf die apostel übertragen wurde, 

zur darstellung des wettlaufs nach Joh. 20, 4 ff. veranlassung gab, und dass wir also in H und einer vorläge 

von X repräsentanten der mittleren entwickelungsstufe zwischen G und JKLMN zu erblicken haben. 

So also haben wir uns diese wichtige' Weiterbildung der osterfeiem entstanden zu denken. Schon 



der durch die osterfeiem und Clichtovaeus gegebenen fassung begegnet. Eine erweiterte form mit noten fand ich 
dagegen noch in einer papierhandsohrift des 15. jhdts mit noten zu Wolfenbüttel (Helmstad. 472, fol., bl. 17b f.), die^ 
ich, weil sie noch nicht bekannt zu sein scheint, hier folgen lasse: 

Dicant nunc iudei, 10 Ad uoluerant enim sepulcro lapidem: 

Qui orucifixerunt filium dei, Qware non seruabant, 

Quomodo milites, Sicut paoti fuerant, 

Scelerum suorum complices, Petram iusticie? 

5 Cnstodientes sepulohrum, Üt sint oonvictisne perfidie? 

Ubi fnerat corpus ihesu reconditum, 15 Aut sepultum reddant, 

Perdiderunt regem Alterum istorum eligant, 

Gel um terramque regentem. Aut resurgentem adorent 

Ad lapidis posidonem Et laudent xpm nobiscnm, dicentes [alleluial] 

1. Die kurzgefasten spielanweisungen in L und M lassen es ungewiss, ob der kor oder die apostel selbst das Currebant 
sangen, wahrscheinlich jedoch wie in den übrigen der kor. Vgl. auch R 29. In dem französisch-lateinischen stücke Les 
trois Maries ist dieser vers zwischen die apostel und den kor verteilt worden, so dass die ersteren Currebant duo simul 
anstimmen und der kor das Ei UU aliui etc. respondiert. Vgl. Coussemaker, Drames liturgiques, p. 279. 

2. Die ganze bedeutung dieser szene werden wir bei den lateinisch-deutschen osterspielen kennen lernen. Sie hat wescr.t*- 
lieh dazu beigetragen, diese zu popularisieren. 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

bei GDE war der sprunghafte schluss, von dem Ite nuntiate zum Te deum des kores bemerkt und zu 
verbessern versucht worden. Das dort gefundene auskunftsmittel genügte aber nicht dem künstleri- 
schen sinne zweier, die dasselbe darum durch andere gehaltvollere komposizionen aus dieser stelle ver- 
drängten. Der bearbeiter, welcher das Dieant nunc ludaei aufiiahm, fand jedoch nur in vier (fiinf^) süd- 
deutschen dramen (FGMN) anerkennung; unter diesen ist F im ganzen genommen das einfachste, wie 
überhaupt in dieser gruppe, es enthält auch noch nicht das Äd monumentum und man wird die Vermutung 
nicht sofort von der band weisen dürfen, dass jener satz vielleicht in Rheinau zuerst für das drama yer- 
want worden sei und sich von dort aus darin weiter verbreitete. Der Verfasser des Äd monumentum etc. 
dagegen hat sich eines besseren erfolges zu erfreuen gehabt, wir werden ihm ausser in GJHKLMN auch 
in QRTX und den lateinisch-deutschen osterspielen wieder begegnen. Jetzt kamen die frauen nicht mit 
einem einfachen ausruf der freude über die empfangene botschaft, wie das Surrexit dominus de sepukhro etc. 
es war, in den kor zurück, sondern sie berichten ausführlicher, dass sie den engel gesehen und dass dieser 
selbst ihnen die auferstehung des erlösers verkündigt habe. Und wie sie damit den ersten teil ihrer er- 
lebnisse am grabe, die nun gewi&fsermassen als ein von dem publikum ungesehener Vorgang hinter der 
Szene erschienen, dem klerus und dem schauenden volke überbrachten, so mussten sie nun auch die her- 
kunft und die bedeutung der linnen erklären, welche sie in ihren bänden trugen^. Für diese erklärung 
fand sich nur im evangelium des Johannes eine biblische unterläge, denn nur in diesem geschieht der 
schweisstücher erwähnung (kap. 20, 7). Damit hatte man jedoch biblische begebenheiten auf personen 
übertragen, welche mit denselben tatsächlich in keiner beziehung standen; denn nicht die frauen, sondern 
Johannes und Petrus fanden die Umhüllungen, welche der auferstandene im grabe zurückgelassen hatte. 
Diesen Verstoss gegen die historische treue suchten die deutschen stücke JKLMNR wieder auszugleichen, 
indem sie die beiden jünger selbst handelnd auf die szene brachten. In 6 schon war ihnen, wie wir oben aus 
der Spielanweisung ersahen, eine Statistenrolle zugeteilt worden, nun Hess man sie aus dem kor der kleriker 
heraustreten, so dass die botschaft der frauen Ad monumentum etc. an sie gerichtet wird, worauf sie 
unter dem gesange des kores Currebant duo simul etc. zum grabe eilen, die linnen in empfang nehmen 
und zurückgekehrt das Cemitis^ o socii etc. singen: alles, wie es Job. 20, 1 — 7 beschrieben wird. 

Wenn ich oben s. 53 gesagt hatte, dass das Ad monumentum etc. an die jünger gerichtet sei und 
darum den keim zur weiteren entwickelung in sich berge, so sehen wir nunmehr, dass dies nur ein schein 
war, den oberflächliche und einseitige betrachtung erzeugte. Die wege historischer entwickelungen sind eben 
selten diejenigen, welche uns die geradesten dünken. Fragen wir aber, welcher von beiden wegen natür- 
licher erscheine, so werden wir uns unbedenklich für jenen entscheiden müssen, der den wetüauf der jünger 
aus einzelnen schösslingen hervorgehen lässt, die der fruchtbare boden der vorhandenen älteren szene lang- 
sam emportrieb. Nur wenn uns die wichtigen mittelstufen fehlten, würden wir uns allerdings notgedrungen 
dazu verstehen müssen, die plötzliche einführung eines neuen auftritts mit neuen personen begreiflich zu 
finden. Befriedigen aber könnte uns diese annähme nicht. Denn wo fände sich die erklärung für eine so 
sprunghafte erweiterung des dramatischen dialogs, der die embryonolen kennzeichen seiner gehurt in der ge- 
halteneren spräche der zweiten rezension kaum überwunden und abgestreift hatte, bei einem Stoffe, der, 
weil er einen der heiligsten und erhabensten momente des kristlichen glaubenslebens betraf, die zart- 
fühlendste behandlungsweise erheischte und nur widerstrebend in eine form sich fügte, bei der die kirche 



1. Siehe unten im anhange no I. 

2. Schon in D empfingen und brachten die frauen die schweisstücher in den kor zurück, jedoch ohne eigene worte. Dort 
war eben das drama in dem dialog am grabe beschlossen. 



t. URSPRÜKG UND ENTWICKELUNG. C. ZWEITE GRUPPE, FGHIKIAIN. 57 

^Ibst koDzessionen an die Schaulust des Volkes machen musste, die erst im laufe der zeit und bei der 
allmäligsten entwickelung unter dem einfluss liberalerer anschauungen sich durchsetzen konnten. Nachdem 
uns daher ein günstiges geschick durch so zahlreiche aus den verschiedensten entwickelungszeiten erhaltene 
Denkmäler in den stand gesetzt hat, eine kette unabweisbarer tatsachen aufzuzeigen, welche in der oben 
geschilderten Verknüpfung die apostelszene vermittelst naturgemäss entwickelter demente vorbereiten und 
ilurch Übertragung und erweiterung derselben fortschreitend herausbilden und vollenden, werden wir uns 
vager Voraussetzungen um so lieber entschlagen, als sie uns anstatt dieses stetigen bildungsprozesses, in 
<lem sich so merkwürdige erscheinungen werdend zum ganzen zusammenschliessen, nur das rätselhafte 
nebeneinander der erscheinungen zu bieten vermögen. 

Nach der apostelszene schliessen M und N in der oben s. 54 angegebenen weise, nur dass N19 der 
klerus dem ^emitis, o soeii etc. der apostel noch mit einer komposition aus Matth. 28, 6. 7 antwortet, 
bevor die ,cantores' mit dem DieaiU nunc ludaei etc. einfallen. Den anfang dieser antifone haben wir in 
MIO schon oben a. a. o., jedoch nach dem letzteren satze verwertet gefunden; sie begegnet vollständig 
-auch Llö in derselben Verwendung wie in N und stammt wahrscheinlich aus dem kirchlichen ritual, so dass 
^us der eigentümlichkeit ihrer abfassung auf eine genauere verwantschaft zwischen LMN in bezug auf sie 
nicht geschlossen werden darf. Nach diesem satze folgt auch in L das Te deum und alsdann noch zwei 
sätzchen, die zwar auch aus dem kirchlicheu rituale stammen und X15 und in dem mehrfach erwähnten 
-stücke Les trois Maries (vgl. ob, s. 34) benutzt wurden, an dieser stelle aber o£fenbar nicht am platze 
sind und darum zur dramatischen feier nicht gerechnet werden dürfen. — Auch H und K haben an dieser 
stelle eine antifone eingeschoben, Surrexit dominus de sepulchro, qui pro nobis pependit in Ugno, alleluia 
H9 und Surrexit dominus de sepulehro KIO, welche beide in den ritualen der ostermesse häufig begegnen. 
Das Te deum ist jedoch in K nicht überliefert, ohne zweifei nur deshalb, weil es sich für den geistlichen^ 
der die dramatische feier auf dem vorsetzblatte der agende seines klosters verzeichnete, von selbst ver- 
stand, dass dieselbe vor dem im ordentlichen rituale von alters bestehenden hymnus eingefügt werden 
müsse und dass deshalb die widerholung des letzteren an jener stelle überflüssig sei. — J hat sich damit 
begnügt, unmittelbar nach dem Cemitis^ o soeii etc. der apostel mit dem Te deum zu schliessen. 

Was die einleitung der stücke F — N betri£ft, so sind in G sicherlich dieselben hymnen als solche 
verwant worden, welche wir bei A schon besprochen haben. Denn diese, A und G, stehen in derselben 
einsiedelner handschrift unmittelbar nacheinander, was nur so zu erklären ist, dass man in diesem kloster 
zuerst die der ersten rezension folgende auSiihrung A mit jenen hymnen als einleitung gebrauchte und 
niederschrieb, dass aber A nach dem bekanntwerden der zweiten rezension verdrängt und diese in der 
gestalt von G unmittelbar hinter A aufgezeichnet wurde, indem jene hymnen von da an als einleitung zu G 
galten. FHJM haben gar keine besondere einleitung. Nl — 9 ist die vollständige erste hälfte der messe 
des ersten ostertages, wie man sie in jedem missale mit geringen variazionen finden kann, Kl und LI — 6 
teile aus derselben. Es wird daher nicht notwendig sein, die einzelnen Sätze besonders nachzuweisen, 
zumal sie ausser N3 Conserva me^ domine ps. 15 und N4 Domine^ probasti me ps. 138 schon in dem zu 
D gehörenden und oben s. 41 — 44 mitgeteilten rituale enthalten sind. Wir sehen also auch hier, dass es 
eine eigentliche einleitung zu diesem osterdrama nicht gab, dass dieses überhaupt keine solche besondere 
kirchliche lizenz war, welche in den kanonischen ritus nicht aufgenommen werden durfte, sondern, dass es 
vielmehr sein Urheber selbst dazu bestimmte als ein integrierender bestandteil im matutinalen gottea- 
dienste zu dienen, in welchem sinne es auch von den meisten klöstem angenommen und verwant wurde. — 
Diese beobachtungen stimmen mit den bei den stücken der ersten gruppe gemachten in der hauptsache 
vollständig überein, so dass die unhaltbarkeit der ansieht Mones hier lediglich bestätigt wird. 

Milcbiaok, Oiltr- nod pMtiontipi«!«. 8 



1 



w 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



D. DRITTE eRÜPPBy OP. 



Der grund, welcher mich bestimmt hat, OP als eine besondere gruppe zu behandeln, ist, dass sie 
bei erhaltener ältester form der ursprünglichen szene über diese hinaus nur in der aufnähme der seqaeni 
Victimae paschali eine wesentliche weitere entwickelung zeigen. Sie • würden demnach in bezug auf die 
erstere ihren platz vor den stücken der zweiten gmppe haben erhalten müssen, weil sie hinter der ent- 
Wickelung dieser, sowohl was das eindringen der zweiten rezension, als die einfügung der apostelszene be- 
trifft, vollständig zurückgeblieben sind. Für die historische betrachtung kann dieses jedoch nur die be- 
deutung haben, dass OP ausserhalb des kreises lagen, in welchem sich die fortgeschrittenere entwickelang 
der die zweite gruppe begreifenden dramen vollzog, und sich deshalb auf jener älteren stufe erhielten, bis 
sie auf ihre eigene weise dem dränge nach grösserer entfaltung durch die Verwertung der sequenz sich 
fügten, und insofern stehen beide gruppen gleichberechtigt nebeneinander. Aus der kronologie der Über- 
lieferung aber ergibt sich, dass die aufnähme der sequenz wahrscheinlich zuerst um die wende des 
12713. Jahrhunderts eintrat, während die entwickelung der zweiten gruppe schon durch fünf handschriftea 
aus dem 12. Jahrhundert bezeugt wird und sich augenscheinlich sogleich des allgemeinsten anklangs zu 
erfreuen hatte. Die Stellung von OP nach den stücken der zweiten gruppe ist also aus dieser rücksicht 
vollkommen gerechtfertigt. Die zweite und dritte gruppe zusammen bilden die Vorstufen zur vierten. 

Ich schicke zunächst einen abdruck der beiden stücke voran, um alsdann die betrachtungen, zu 
denen sie veranlassung geben, folgen zu lassen. 



0, 

NABBOHHB, I JHDT. 

Post altiniura responsorium sequitur prosellns: 

1 Almum te. 

Quo finito, sint parati TRES CLERICI cum cappis albis et 
amictibus in capitibus eorum, portantes quilibet eorum in mani- 
bus ampuUatam fampoUatam ? Du Meril] argenti, et ille qui 
fungitur officio Magdalenae vadat in medio, et introitu chori 
inoipiant, oantando insimul primum versuin: 

2 Omnipotens pater altissime, 
[angelorum rector mitissime, 
quid faciamus nos miserriniacV] 

et in fine ipsorum versuum flexi« genibug dicant [TRES 
CLERICI:] 

3 Heu, quaiitus est dolor noster? 

Postea accedant ante altare et ibi dicant ah'ufn versum: 

4 Scd eamus unguentum emere, 
[cum quo bene possumus ungere 

corpus (lomiiii sacratum.] 

Quibus dictis, sint DUO PUERI saper altare, induti albis 
et amictibus cum stolis violatis et sindone ruhea in facie 
eorum et alis in bumeris, qui dicant: 

& <{uem qiiaeritis in Hepulchro, [o christieolae ?] 

Quo dicto, omnes MARIAE insimul respondeant: 

6 Jesum Nazarenum [emciflxamy o coelieolae!] 

Deinde PrEUl dicint: 

7 Non est hic, [sarrexit 8icut praedixerat;] 
|H Ite, uuntiate quia Hurrexit.] 



SEHS« XIII. JHDT. 

1 Hortum praedestinatio, 
parvo sabbati spatio, 
providerat in proximo, 
civitatis pro fascio. 
Hortum pomorum vario 
non insignem edulio, 
quantum virtutis spatio 
coaequalem Elysio 
In hoc magnus decurio 
ac nobilis centurio 
florem Mariae proprio 
sepelivit in tumulo. 
Flos autem, die tertio, 
qui floret ab initio, 
refloruit e tumulo 
summo mane diluculo. 

PUER, in vestitu angelioo sedens super palpiiam a oomu 
altaris sinistro, cantat: 

2 Quem qnaeritis in isepulchro, christieolae? 

TRES MARIAE simnl reipondent genua fleotendo: 

3 Jesum Nazarenum cmciflxum, o coelicola! 

ANGELUS autem sublevans tapetum altaris, taroquaia 
respiciens in sepulchrum, cantnt: 

4 Non est hie, sarrexit sicut praedixerat; 

5 ite, nuntiate quia snrrexit. 



S. URSPRUNG UND ENTWICKELÜM6. D. DRITTE GRUPPE, OP. 



59^ 



0, 

NiSBORMB, I IU»t. 



Lievent cam filo pannam, qui est super libros argenti super 
altflure in figora aepolchri, et, facta responsione a pueris, omnes 
Mariae insimol vertäut se versus chorum et MAGDALENA 
'Cantet sola: 

9 Victimae paschali laudes immolent christiani. 

Deinde [MARIA] lACOBI: 

Agnus redemit oves; Ohristus innocens patri recon- 
ciliavit peccatores. 

Postea [MABIA] SALOME: 

Mors et vita duello conflixere mirando; dux vitae 
mortuus regnat vivas. 

Hoo dioto, dao oanonioi, tamqoam APOSTOLI, sint parati 
retro pulpitam et dioant omnes insimul: 

10 Die nobis, Maria, quid vidisti in via? 

Deinde MAGDALENA sola reepondeat: 

Sepulchrum Christi viventis et gloriam vidi resurgentis. 
Angelicos testes, sudarium et vestes. 

Et quando dioat Ang^ieoi feflei vertat se ad altare sola 
ao demonstret cum digito angelos praediotos, stantes super 
altare, pronuntiando versum snpradiotum. Monstratis angelis, 
vertat se ad chorum et dioat [MAGDALENA:] 

Surrexit [Christus,] spes mea, praecedet suos in 
Galilaeam. ^ 

Finito versu CHORUS dioat: 

Credendum [est] magis soli Mariae veraci, quam lu- 
daeorum turbae fallaci. 

Ac etiam [CHORUS:] 

Seimus, Christum surrexisse a mortuis vere: tu nobis, 
Victor, rex, miserere! 

His Omnibus finitis, REGENTES chorum inoipiant: 

11 Te deum laudamus. 



SBHS» XUI. JH»T. 

MARIAE xevertentes ad öhomm cantant: 

6 Resurrexit dominus hodie, resurrexit leo fortiSi 
Christus, filius dei. 



DUO VICARII, induti oappis serids, in medio chori oantant: 

7 Die nobis, Maria, quid vidisti in via? 

PRIMA MARIA, stans a parte sinistra, retpondet: 

Sepulehrum Christi viventis et gloriam vidi resurgentis. 

SECUNDA MARIA: 

Angelicos testes, sudarium et vestes. 

TERTIA MARIA: 



Surrexit Christus, spes mea, praecedet suos in 
Galilaeam. 

DUO YIGARU respondent: 

Credendum est magis soli Mariae veraci, quam lu- 
daeorum turbae fallaci. 

Totus CHORUS respondet: 

Seimus, Christum surrexisse a mortuis vere : tu nobis, 
Victor, rex, miserere! 

Deinde didtur: 

8 Te denm. 



Indem wir oben s. 27 ff. die älteste form der lateinischen osterfeiern in der weise zu eruieren ver- 
suchten, dass die verschiedenen fassungen der einzelnen Sätze jener allen dramen gemeinschaftlichen szene, 
welche sieh zwischen den engein und frauen am grabe abspielt, zusammen getragen und unsere entschei- 
dung auf die migorität der für je eine unter den vorhandenen zur ersten rezension gehörenden fassungen 
abgegebenen stimmen gestellt wurde, sprach sich schon diese abstimmung bei den mit IIa — IVa bezeichneten 
Versionen für einzelne unter ihnen mit solcher entschiedenheit aus, dass über die richtigkeit des ergebnisses 
nicht der geringste zweifei walten konnte. Bei Va dagegen ergab sich eine solche majorität unmittelbar 
nicht. Die als grundform vermuteten werte /to, nuntiate quia surrexit Hessen sich nur, wenn auch mit 
grösster Wahrscheinlichkeit, aus der wesentlichen Übereinstimmung von BPEAMS erschliessen, insofern sie 
in BP die ganze fassung, in EAMS den konstanten kern derselben ausmachten. Wenn wir auch diese 
folgerung, zumal im hinblick auf die totale Verschiedenheit, welche die genannten und die beiden übrigen 
Versionen CT (D spricht dem anschein nach für BP etc.) in ihren Zusätzen oder eigentümlichen abfassungen 
darbieten, als nahezu gesichert und das fehlen des ersten aus ev. Markus 16, 3 wörtlich entnommenea 



60 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

Satzes Quis reuolvet etc. in ABCEOPS (=Ia) nicht als eine zufällige auslassung in diesen, sondern 
Tielmehr als eine nachträglich hinzugefügte ergänzung der ursprünglichen komposizion betrachten können 
(vgl. oben s. 31 f.)» so werden 'wir doch die an dieser stelle gebotene gelegenheit nicht vorüber gehen 
lassen dürfen, den in folge des oben eingeschlagenen Verfahrens unvollkommen bleibenden beweiss «uf 
grund der bisher gefundenen resultate zu vervollständigen und, wie ich hoffe, zu vollkommener evidenz zu 
erheben. 

Es ist vorhin s. 58 gesagt worden, dass (so weit dies die andeutenden worte seines teztes und 
die ähnlichkeit in der Spieleinrichtung anzunehmen gestatten) und P' und die stücke der zweiten gruppe 
in ansehung ihres entwickelungsganges im verhältniss der koordinazion zu einander stehen, weil sie nur die 
ursprüngliche szene in ihrer ältesten form als die gemeinsame basis ihrer entwickelung voraussetzen, In- 
der letzteren selbst aber gänzlich verschiedene und von einander unabhängige wege betreten haben. In 
demselben koordinierten verhältniss, wie OP zu den stücken der zweiten gruppe, befinden sich A,B,C,E,S^ 
unter sich und zu jenen beiden, denn sie haben weder an den entwickelungsprozessen, welche jene durchge- 
macht haben, teil genommen, noch auch zeigen ihre Varianten irgend eine auf direkte oder mittelbare ab- 
hängigkeit zweier oder mehrerer derselben beziehbare Übereinstimmung. Ausgeschlossen hievon ist natürlich, 
das responsorium G7, E7 und Sil, welches aus früher angegebenen gründen schon als eine spätere er- 
Weiterung aus dem rituale des ostergottesdienstes erkannt wurde, wie auch der gleichlautende zusatz bei 
AM in Va (siehe oben s. 29) nur auf derselben quelle beruht. OP, die zweite gruppe D' F — N und A,B>- 
C,E, S stehen sich mithin als kritisch gleichwertige absenker der Urform gegenüber, so dass diese immer 
da hervortritt, wo zwei oder mehrere dieser faktoren zusammentreffen. — Gibt es für diese wichtige, aber 
einigermassen befremdliche erscheinung eine erklärung? Vielleicht in der kronologie der handschriften, oder 
in der geographischen läge ihrer entstehungsorte? Vielleicht in beiden. OP (Narbonne und Sens, 13. jhdt> 
stammen aus Westfrankreich, S (Utrecht, 12. jhdt) aus Holland; B und G finden sich in handschriften des^ 
11. jhdts, A in einer handschrift des 12., von E ist über herkunft und alter nichts genaueres bekannte 
Die dramen der zweiten gruppe, zu der ich auch D zähle ^, fallen dagegen sämmtlich ins 12. bis 14. jhdt 
und ihre entwickelung hat sich noch keinesweges allseitig vollzogen, sondern wie DF {Quis revohei) von 
derselben hauptsächlich noch unberührt bleiben S so beginnt sie erst in G {Ad monumeniwn)^ tut in H 
{Cemüis, o soeii) einen weiteren schritt vorwärts, um sich endlich in JKLMN {Currebant duo simut)^ wahr- 
scheinlich gegen das ende des 12. jhdts, zu vollenden. Wie also OPS räumlich, so lagen ABCE zeitlich 
ausserhalb des kreises, in dem diese entwickelung sich durchsetzte. Doch nicht ganz, denn G kommt mit 
A aus derselben einsiedehier handschrift. Allein dies ist nur ein fall, in dem an 4inem orte bald nach 
der ersten ui*spriinglichen szene die zweite schon entwickeltere bearbeitung eingang erhielt (vgl. oben s. 57), 



I 



1. 8, die utrechter osterfeier, gehört nicht, was ich erat jetzt nach einsieht der handschrift erkannt habe, zur yierton- 
gruppe, sondern zur ersten. Siehe das nähere weiter unten. 

2. D gehört seiner entwickelung nach schon in die zweite gruppe und hätte demgemäss seine stelle nach £ finden mOsMn^ 
denn die aufnähme des Qwit rewlvei etc. Dl ist, wie sogleich gezeigt werden wird, ein späterer, die stQoke der zweüei^ 
gruppe karakterisierender zusatz, wahrend das Venite et tidele etc. E6 nur als eine zufallige selbständige erweiterang 
dieses stQckes zu betrachten ist. 

3. Denn D ist durch die aufnähme des Qiiif rmoohet etc. schon in das erste Stadium der entwickelung der zur zweitei^ 
gruppe gehörenden stQcke getreten und hätte eigentlich in dieser und nach E seine stelle finden müssen. 

4. Die vereinzelten besonderen erweiterungen aus dem osterrituale, wie das Dieani nunc htdan in F haben mit der die 
sämmtliohen übrigen stücke erfassenden entwickelung nichts zu sdiaffen und dürfen, da sie ohne naohwirkung blieben^ 
mit dieser auch nicht auf eine stufe gestellt werden. 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELÜNG. D. DRITTE GRUPPE, OP. 61 

irelcher nnr dazu dienen kann, unsere ai^Eaasong zu exmiplifizieren. — Wir sind daher vollkommen be- 
rechtigt, das genealogische verhältniss der bisher besprochenen stücke durch folgendes diagramm aus- 
zudrücken 

X ttrform. 



ABGES y aufnähme der sequenz z aufnähme des 

mit geringfügigen selbständigen fieHmae fuuehmii. (hüs rewoittei. 

Änderungen und Zusätzen. OP DF 



6 anfiiahme des 
Ad monmmeiUum, 

H aufnähme des 
CernUis^ o sacü. 



JKLMN aufnähme des 

Citrrebani duo stmi«/. 

Natürlich roU diese aufstellung nicht etwa dahin verstanden werden, dass von den dramen ABCESyz jedes 
einzelne unmittelbar aus der urform x geflossen sei, sondern nur, dass sie nach dem befund ihrer texte, 
die Wahrscheinlichkeit mittelbarer abstammungen zugegeben, weder direkt, noch indirekt in dem zustande 
wechselseitiger abhängigkeit sich befinden, wie auch z, DF, G und H nur die typen jener durchgangsstadien 
bezeichnen sollen, aus denen JKLMN hervorgingen, nicht aber diese selbst. Anders aufgefasst würden 
manche in ihren konsequenzen für die gesammtentwickelung unbedeutendere eigentümlichkeiten, wie die, dass 
(DFJ)M der ersten, 6HKLN dagegen der zweiten rezension angehören, dass F6MN das Dicant nunc ludaei etc» 
und EFHN das Venite et uidete etc. den mit ihnen auf gleicher oder höherer entwickelungsstufe stehenden 
voraus haben u. a., zu den wunderlichsten kreuzungen fuhren, während sie nun den erforderlichen Spiel- 
raum gewinnen, bald hier, bald dort zu erscheinen, und in den kirchlichen ritualen, aus welchen sie über- 
all und zu jeder zeit genommen werden konnten, für ihr scheinbar anakronistisches auftreten ausreichende 
erklärung finden. 

Unter dem gesichtspunkte dieses handschriftenverhältnisses (wenn der ausdruck erlaubt ist) erhalten 
die einzelnen Überlieferungen ein wesentlich anderes mass kritischen wertes, als ihnen bei unserem früheren 
verfahren, die älteste form der dramatischen osterfeier zu bestimmen, zuerkannt werden durfte. Dort 
nahmen die beiden gruppen DFGHJELMN und OP fQr jeden ihrer Vertreter die gleiche beweisskraft in 
anspruch, wie je eins der stücke ABGES; hier dagegen gilt jedes der letzteren mindestens so viel, als die 
stücke je einer gruppe zusammen genommen, ja noch mehr, insofern diese ihren Ursprung nachweislich 
nicht unmittelbar aus der urform selbst ableiten, sondern aus quellen, die ihre ursprüngliche reinheit durch 
die aufnähme fremder bestandteile schon eingebüsst hatten. Und wenn wir nunmehr die früheren resul- 
täte an der band dieses grundsatzes einer prüfung unterwerfen, so sehen wir nicht allein die echtheit der 
für IIa, Illa und IVa gefundenen urfassungen bestätigt, sondern erhalten auch für die ursprünglichkeit der 
als Va hervorgetretenen fassung Ite, nuntiate quia siarexit bei der wesenhaften Übereinstimmung von 
AM|BP|S, gegenüber der totalen divergenz der über diese werte hinausgehenden zusätze und der übrigen 
Versionen (OT), nicht minder, als für die unursprünglichkeit des dort zweifelhaft gebliebenenen Quis revoU 
V9t etc. (= la) eine bestätigung von vollkommener wissenschaftlicher Zuverlässigkeit. Ich sage wissenschaft- 
licher Zuverlässigkeit, namentlich in bezug auf das letztere; denn man wird ein gewisses befremden über 
die, sei es zufällige oder absichtliche, Umgebung dieses Satzes seitens des ersten Verfassers der lateinisch- 
dramatischen osterfeier nicht unterdrücken können, und die möglichkeit, dass A|BCOPS, obgleich dies»- 
stücke aus Deutschland, Frankreich und Holland herrühren und zugleich zu den ältesten Überlieferungen 
zählen, auf einer durch zufall unvollständigen vorläge beruhen können, verhehle ich mir nicht. Wer jedoch 
gegen die resultate einer exakten und metodischen Untersuchung solche möglichkeiten ins fehl stellen will, 



62 1- ^>IK LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

wird auf den erfolg wissenschaftlicher forschung von vornherein verzieht leisten müssen. Ich glaabe in- 
zwischen meinen "beweiss als vollständig betrachten zu dürfen. 

Der Schreiber von hat sich damit begnügt, den text der osterfeier nur mit den an&mgaworta 
seiner reden aufzuzeichnen, offenbar in der erwartung, dass es jedem bei der aufführung des dramjis mit- 
wirkenden geistlichen leicht sein werde, denselben nach einsieht des manuskripts aus dem gedächtnisse zu 
ergänzen. Nur die sequenz Vieümae pasehali ist ganz ausgeschrieben. In folge aber der nahen verwantschaft» 
in welcher und P zu einander stehen, schien es mir unbedenklich, ersteres in Übereinstimmung mit 
diesem zu vervollständigen. Für die Untersuchung ist von diesen ergänzungen selbstverständlich kein ge- 
brauch gemacht worden (vgl. oben s. 28 f.). 

Die zunächst an den ursprünglichen auftritt sich anschliessende erweiterung P6 Reswrexü domimu 
hodie, resurrexit leo fortis^ ChristuSj filius dei, kann erst nach der sequenz aufgenommen worden sein, da 
sie sich sonst auch in finden müsste. Auch dieses responsorium begegnet in den osterritualen dniger 
missalen und man hat also in diesen seine herkunft zu suchen. Seine einfügung geschah aus demaelbea 
gründe, aus dem wir früher G7, D6 und E7 das Surrexit dominus etc. und später das Dieant nunc luda&i 
oder das Ad monumentum sich einstellen sahen, nämlich um den frauen die rückkehr in den kor zu er- 
möglichen. Wir werden es später in ÜVX wieder antreffen. 

Von der in OP alsdann folgenden sequenz Victimae pasehali ist bisher angenommen worden, dass 
sie schon in der vorläge beider stücke eingang gefunden habe. Wir dürfen jedoch hier nicht verschweigen, 
dass stringente beweise dafür nicht vorhanden sind. Es ist bekannt, dass die sequenz schon in sehr alter 
zeit im ostergottesdienst verwant wurde, aus welchem sie auch durch Pius V., als er i. j. 1568 bei revi- 
sion und neuredakzion der ritualbücher auf grund der beschlüsse des tridentiner konzils die anwendung 
von Sequenzen in der messe auf eine sehr kleine anzahl beschränktes wegen ihrer hohen Schönheit nicht 
entfernt wurde, so dass sie sich bis heute in derselben erhielt. Warum also sollte man sich nicht hier 
und dort ein gedieht dienstbar gemacht haben, dass so nahe zur band lag und durch inhalt und form wie 
zur Vollendung des dramatischen aktes bestimmt zu sein schien, ohne den Vorgang oder die anregung Yon 
anderer seite abzuwarten? Und es kann ja bei und P für diese möglichkeit noch der umstand geltend 
gemacht werden, dass jenes die ganze sequenz, dieses aber nur das Die nobis Maria enthält. — Allein, 
wie ansprechend diese aufifassung auch erscheinen mag, von einem andern Standpunkte betrachtet finden 
jene beiden motive eine ganz entgegengesetzte und wie mir scheint richtigere Würdigung. Oder ist es 
etwa weniger glaubhaft, dass sich die kirchen, welche die sequenz im ritual ihrer ostermesse schon be- 
sassen, einer benutzung derselben in der immerhin profaneren dramatischen auSÜhrung gerade deshalb ent- 
hielten, abgesehen von dem hindemisse, welches die zweimalige absingung derselben an einem tage bereiten 
musste? Und ist es nicht in hinblick auf den nachgewiesenen so allmäligen und behutsamen fortschritt in 
der entwickelung der lateinisch-dramatischen osterfeiem passender, die aufnähme des zweiten dialogischen 
teils ergehen zu lassen, ehe die einverleibung des gegenüber der kleinheit der ursprünglichen szene so 
umfangreichen ganzen geschah? Und wenn femer die sequenz durch den kirchlichen gebrauch so bekannt 
war, dass von daher ihr selbständiges eintreten in und P nur natürlich erscheinen müsste, wie konunt 
es dann, dass sie unter neunundzwanzig vollständig erhaltenen stücken' nur in acht tatsächlich benutzt 



1. Hugo Riemann, Goschichte der notenschrift. Leipzig 1878, 8. 215. 

2. Es sind dabei die oben s. 21 erwähnte bisher ungedniokte wiener osterfeier, von der ioh inzwischen durch die fineond« 
liehe vermittelang des herrn prof. Heinzel und die bemühung des herm dr Sauer in Wien eine abschrift eriialtea 
habe, und drei von mir nachträglich aufgefundene sticke eingerechnet, die ich im anhange vollständig mitteilen werde. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. D. DRITTE GRUPPE, OP. ßg 

wurde und zwar, ausser in 0, in Tc (sowie no III u. IV des anhanges) und vielleicht Q vollständig, in PR 
dagegen nur in ihrer zweiten hälfte? Diese beobachtungen zusammen genommen machen die Wahrschein- 
lichkeit, dass die aufnähme der sequenz in OP mittelst deren vorläge und unter anfänglicher hereinziehung 
des Die nobis Maria etc. erfolgt sei, unzweifelhaft grösser, als die, dass jedes von beiden die iniziative 
zu dieser erweiterung ergriffen habe, zumal auch die geografische läge von Narbonne und Sens dieser auf- 
fassung nicht widerspricht. 

Weit wichtiger als diese sekundäre frage ist jene prinzipielle, ob die zweite hälfte der sequenz, das 
,responsorium*, als die grundlage der dramatischen osterfeier in Deutschland betrachtet werden darf. 
Schönbach, der für seine ansieht in Grieshaber irrtümlicher weise (vgl. oben s. 7) schon einen Vorgänger 
zu haben glaubte, begründete das diese frage bejahende zweite ergebniss seiner Untersuchung durch die 
beobachtung, dass das responsorium ein gemeinsames merkmal aller deutschen stücke sei. Es ist dagegen 
widerholt nachgewiesen worden, das auch diese letztere annähme unrichtig ist, vgl. oben s. 34 f. und 
vorhin s. 62. Dürfte ich mich also schon nach Widerlegung gegenteiliger ansichten über die korrektheit 
meiner beweisführung beruhigen, so will ich mich doch sogleich an dieser stelle dagegen verwahren, dass 
mir die ansieht Schönbachs in anderer formulierung entgegengehalten werde. Die sequenz ist nachweislich 
in der ersten hälfte des 11. jhdts gedichtet und aus einer früheren zeit ist uns auch keine dramatische 
osterfeier erhalten; könnte also nicht doch jenes ,responsorium* durch seine Vortragsweise mit verteilten 
rollen am osteimorgen auf die abfassung des dramas in der von mir nachgewiesenen ältesten form hingewirkt 
haben, indem es selbst von der dramatischen auiführung wider ausgeschieden wurde? Dass dies allerdings 
der fall hätte sein können, halte ich nicht für unmöglich: wohl aber halte ich es für im höchsten grade 
unwahrscheinlich und jeder haltbaren wissenschaftlichen stütze entbehrend, dass es wirklich geschehen ist; 
denn es ist ganz undenkbar, dass sich bei der richtigkeit jener Voraussetzung in den stücken A — N und S, 
die zum teil aus handschriften des 11. Jahrhunderts herrühren, einzelne erkennbare spuren der sequenz 
oder ihrer einstigen Wirksamkeit nicht sollten erhalten haben. 

Die einleitungen von und P haben durch hymnen eine besondere ausschmückung erhalten, und 
zwar P durch den hymnus Hortum praedesHnatio etc, den wir bei AG schon kennen gelernt haben, vgl. 
oben s. 38 u. 46. Eine Spielanweisung, die angäbe, von wem und in welcher weise er vorgetragen wurde, ist 
nicht vorhanden. Wahrscheinlich gehört er zur rolle der frauen, von denen er entweder im kor, oder mit 
den strofen wechselnd solo gesungen wurde, während sie sich auf dem wege zu grabe befinden. Aehiilich 
wenigstens ist die einrichtung in 0, wo der hymnus Omnipotens pater aUissime zur Verwendung gekommen 
ist. Die frauen singen beim eintritt in den kor zunächst die erste strofe geroeinsam mit dem refrain 
Heu, quantus est noster dolor! Darauf die dritte Sed eamus unguentum emere jedenfalls mit widerholung 
desselben refrains, auf welche hin sie von den engein angeredet werden. Dass dieser refrain der anfang 
einer strofe oder antifone aus dem kirchlichen rituale sei, wie du M^ril meinte glaube ich nicht; doch mag 
er zu dem hymnus eigentlich nicht gehören, sondern nur aus zwecken des dramas hinzugefügt worden sein. 
Dieser hymnus ist nun aber nur die engere einleitung zur dramatischen auiführung, welche ,post ultimum 
responsorium' und vor dem Te deum in die matutin des ostertages eingeschaltet wurde, wie der eingang und 
schluss zeigen. Und ebenso wird es sich mit P verhalten haben, dessen Schreiber es nur als überflüssige 
mühe erscheinen mochte, etwas so bekanntes und selbstverständliches besonders anzugeben. Den prosellus 
Almum te . . . Ol habe ich ebensowenig, wie Du M^riP, in missaleu und dergleichen auffinden können. 



1. Origines latiiies p. 92, note 2. 

2. Ori^ineR latiiies p. 91, note 4. 



64 I- I>IE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

E. TIEBTE GRUPPE, QBSTUYWXYZAb. 

In den stücken J — N der zweiten gruppe hat die ursprüngliche anhige der lateinischen osterfeier 
ihre entwickelung nach form und inhalt vollendet Der dialog zwischen den frauen und engein am grabe, 
der zuerst die worte des biblischen textes, aus welchem er entstanden war, möglichst festzuhalten versucht 
hatte, empfing in der zweiten rezension jene gehaltvollere fassung, die, weil die osterfeier kein gesprochenes 
drama, sondern ein Singspiel war, durchaus als ein fortschritt in der entwickelung betrachtet werden muss. 
Die einfüguug des Venite et videte etc. verstärkte nicht unwesentlich die dramatische Wirkung und die 
lücke in der abwickelung der dramatischen handlung, welche zwischen der Verkündigung der engelsbotschaft 
an die frauen und ihrer vermittelung an den kor, resp. die jünger klaffte, war zuerst versuchsweise durch 
bekannte responsorien, wie das Surrexit dominus de sepulehro etc., dann aber in glücklicherer weise durch 
das Ad monumentum etc. überbrückt worden. Damit schon war dieser akt, sowohl in bezug auf die ab- 
sieht, welche er erstrebte, als auf die mittel und die form, mit denen diese in anschaulicher und wirkungs- 
voller weise erreicht werden konnte, beschlossen. Der Verstoss aber gegen die darstellung des vierten 
evangelisten, nach welchem nicht die frauen, sondern die apostel Petrus und Johannes die schweisstücher 
finden und zurückbringen, führte von selbst zu der entSchliessung, diese, — für welche ja auch die engels- 
botschaft bestimmt war, — handelnd auf die szene zu bringen. Nun aber waren der Stoff und die motive 
erschöpft, welche zur ausdichtung dieses aktes verwant werden konnten. Sollte das drama noch fernere 
erweiterungen erfahreu, so mussten neue Stoffe mit neuen personen verknüpft herbeigetragen und zu selb- 
ständigen Szenen verarbeitet werden. Und das ist in den stücken der vierten gruppe geschehen, aus- 
genommen S. 

S, die, wie es scheint, einzige in Holland erhaltene lateinische osterfeier war mir bis vor kurzem 
nur aus dem von Gall^e, ihrem entdecker, gegebenen abdruck bekannt. Die öfteren dort durch punkte 
angedeuteten auslassungen und ganz besonders die bemerkung am Schlüsse desselben ,dan volgt de ont- 
moeting van Jezus en Maria Magdalena' liessen mir jedoch eine vollständige kenntniss dieses in einem 
dritten lande ganz vereinzelt dastehenden und noch dem 12. jhdt angehörenden dramas in hohem grade 
wünschenswert erscheinen. Meiner deshalb an die universitätsbibliotek zu Utrecht gerichteten bitte, um 
Übersendung der handschrift^ wurde von Seiten des herm oberbibliotekars dr Balfoort in entgegenkom- 
mendster weise entsprochen, wofür ich ihm an dieser stelle meinen aufrichtigen dank widerhole. Die 
osterfeier findet sich auf bL 93ab, sie bietet jedoch nur die älteste szene in dramatischer form, von der 
,ontmoeting' dagegen bloss die gebräuchlichen responsorien und antifonen des rituals in loser folge. S ge- 
hört demnach nicht zu den stücken der vierten gruppe, sondern zu denen der ersten. Der vollständige 
und getreue text derselben, in dem nur die abkürzungen aufgelöst und einige durch schmutz und vielfachen 

« 

gebrauch unlesbar gewordene worte, sowie die responsorien S. 2. 4 und 6, wel(;he die handschrift nur an- 
deutet, in eckigen klammern ergänzt worden sind, ist folgender. 

S, Utrechter osterfeier, XII. jhdt. 



Respousoria. 

Versus : 

l ANGELUS domini descendit de celo et accedens 
reuoluit lapidem et super eum sedit et dixit mulie- 
ribus Nolite timere, s[cio] enim quia crucifixum queritis. 



Responsoriam : 

lam surrexit I uenite et u[idete loc]um ubi positus 
erat dominus. AUeluia! 

YersuB: 

2 Angelus domini locutus et mulieribus dicens Quem 
queritis, an Jhesum quaeritisV 



1. Die biblioteksbezeichnung der handschrift ist Script, eccles. no 318 foL, nicht no 319, wie bei GaUee, b. 54, anmerk. 1 
wohl in folge eines druckversehena angegeben wird. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E. VIERTE GRUPP£, QRSTUVWXYZab. 



65 



Versus: 

6 Et ualde inane una sabbatorum ueniunt ad monu- 
mentuin orto iam sole, 

[Responsoriam :] 

Ut uenientes [ungerent Jliesum. Alleluia, alleluia!] 

Ad sepulclirum. 

ANGELT; 

7 Quem queritis in sepulchro, o christicolel 

MULIERES: 

8 Jhesum Nazarenum crucifixum^ o celicole! 

ANGELI: 

9 Non est hie, surrexit sicut predixerat; 

10 ite, nunciate qnia surrexit dicentes 

11 Surrexit dominus de sepulchrol 

[CHORUS:] 

12 Te denm laud[amns.] 



[Kesponsorium:] 

Iam surr[exitl uenite et uidete locum, ubi positus 
erat dominus. Alleluia!] 

Versus: 

3 Angelus domini locutus est mulieribus dicens 
[Quem] queritis, au Jhesum [queritis?] 

[Fol. XCIII b. Responsorium :] 

Surrexit! uenite et uidete. Alleluia, alleluia! 

Versus : 

4 Ecce prccedet uos in Galileam, ibi eum uidebitis 
sicut dixit uobis. 

Responsorium : 

Iam surrexit! [uenite et uidete. Alleluia, alleluia!] 

[Versus :] 

o Dum transisset sabbatum Maria Magdalena et 
Maria lacobi et Salome emerunt aromata, 

[Responsorium:] 

Ut uenientes ungerent Jhesum. Alleluia, alleluia! 

S gibt also die älteste form der osterfeier bis auf das nachträglich hinzugefügte responsorium Sil 
in der ursprünglichen fassung der ersten rezension, denn auch das Quis reuolvet ist noch nicht aufgenommen 
und das Te deum, welches oben s. 30 f. als schluss derselben vermutet wurde, wird durch die handschrift 
bestätigt. S hätte also in der entwickelungsreihe zwischen C und E seine stelle erhalten müssen. Die 
Wichtigkeit des Stückes, sowohl durch sein immerhin hohes alter, als durch die Überlieferung in einer 
holländischen handschrift, konnte demgemäss oben s. 60 f. bei dem aus der handschriftengenealogie her- 
geleiteten beweisverfahren zur eruierung der ältesten form noch gebührend gewürdigt werden. Die versus 
und responsoria haben mit dem drama selbst so wenig etwas zu schaffen, als die in den einleitungen der 
früheren stücke. Sie gehören zum eigentlichen kirchlichen officium und beruhen auf ev. Matthäus 28, 2. 
5. 6. 7 und ev. Markus 16, 1. 2. 7, 

Wir werden daher im folgenden statt zwölf, nur elf stücke zu behandeln haben und auch diese 
reduzieren sich für die Untersuchung, auf welche dieser abschnitt gerichtet ist, auf zehn, weil U und V 
im texte vollständig koinzidieren und nur in den Spielanweisungen untereinander verschieden sind. V ist 
deshalb in den tabellarischen abdruck der stücke dieser gruppe mit rücksicht auf die Schwierigkeit, welche 
die einrichtung des Satzes bereitet haben würde, nicht mit aufgenommen, sondern in den anhang verwiesen 
worden, so dass die Vollständigkeit des materials auch nach dieser Seite keine einbusse erleidet. Auch 
YZab durften von der aufnähme in den tabellarischen abdruck füglich ausgeschlossen bleiben, denn Y mit 
seinen nur vereinzelt hervortretenden reden der spielenden in der beschreibung des Durandus ist in dieser 
unVollständigkeit mehr als ein historisches zeugniss anzusehen; Zab sind bruchstücke, von denen b nur 
die einleitung zum drama gibt, Za zusammengefügt zur erweiterung von ß dienen, in dem sie aber, an 
gehöriger stelle eingeschoben, unverhältnismässig viel räum in anspruch genommen haben würden. Es 
schien mir darum vorzuziehen, sie gesondert vorzuführen. 



M i 1 c h • » k , Ottar- und paaaionHpUU. 



9 



66 



BlieBLBBBO, ». 1S72. 



T. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



R, 



Omnes TRES [te. MARIAE:] 

1 Maria Magdalena et Maria lacobi 
[et] Salomee sabbato quidem siluerunt 
secundum mandatum. Allcluia! 

2 Cum autetn transisset sabbatum, 
eroentes aromata venenint ungere Jesum. 
Alleluia! AUeluia! 

Sola [fc. MARIA lACOBI:] 

3 Heu nobis, intenias mentes 
quanti pulsant gemitus 

pro Dostro consolatore, 

quo privamur miserae, 
quem crudelis ludaeorum 

morti dedit populus. 

Sola [le. MARIA SALOME:] 

4 lam percusso, heu, pastore, 
oves errant miserae: 

sie, magistro discedente, 

turbantur discipuli, 
atque nos, absente eo, 

dolor tenet nimius. (Surrexit) 

Sola, scilicet MARIA MAGDALENA: 

5 Sed eamus et ad eius 
properemus tumulum; 

si dileximus viventem, 
diligamus mortuum. 

Omnes TRES [sc, MARIAE:] 



EIXSIBDBLH III, XlII. JHDT. 

In resurrectione domini. 



Ad visitandum dominicam sepolturam ÜNA 
DE MULIERIBUS cantet sola: 

1 Heu nobis, internas mentes 
quanti pulsant gemitus 

pro nostro consolatore, 

quo privamur miserae, 
quem crudelis ludaeorum 

morti dedit populus. 

ALTERA item sola:. 

2 lam percusso, heu, pastore, 
oves errant miserae: 

sie, magistro decedente, 

turbantur discipuli, 
atque nos, eo absente, 

dolor tenet nimius. 

MARIA MAGDALENA: 

3 Sed eamus et ad eius 
properemus tumulum; 

si dileximus viventem, 
diligamus mortuum. 

Simul oantont [fc, MARIAE:] 



T, 

CiTIDAIiB II, XIT. ÜBT. 

In resurrectione domini 
repraesentatio. 



[PRIMA MARIA: 

1 Heu nobis, internas mentes 
quanti pulsant gemitus 

pro nostro consolatore, 
quo privamur miserae, 

quem crudelis ludaeorum 
morti dedit populus. 

SECÜNDA MARIA: 

2 lam percusso, heu,] pastore 
oves errant miserae: 

sie, magistro discedente, 

turbantur discipuli, 
atque nos, absente eo, 

dolor tenet nimius. 

Dicat tunc TERTIA MARU: 

3 Sed eamus et ad eius 
properemus tumulum; 

si dileximus viventem, 
diligamus mortuum. 

Omnes TRES MARIAE tuno liiiiiü^ 
haDO versum stantes: 



3. URSPRTJHO UND ENTWICKELUKG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 



67 



AOVKN^ 1 JHDT. - BieOT, XIIL JüllT. 



TRES DIAGONI de maiori sede, induti 
dalinatiois et amictus habentes super oapita 
fua AD SmiLlTÜDINEM MULIERÜM, vas- 
oola tenentes in manibus, veniant per medium 
iihori et, versus sepulchrum properantes, vulti- 
bu8 Bubraissis cantent pariter huno versum: 



w, 

«CHT ST. MICHEL, XIT. JHDT. 



Ad matutinum paschae, ante 7« dflmn /an- 
danmty frater, qui erit deus, habebit habitum 
de alba tinota siout in sanguine cum diade- 
mate et barba, nudis pedibus cum enioe, tran- 
siet per ohorum in fine ultimorum [versuum 
tertii respons.] et revertetur in revestiarium. 
Tres [fratres], qui erunt MÜLIERES, post 
ultimum [Teirsum],r6ve8t]ti^de dalmaticis albis, 
habentes admitta super oapita ad modum ma- 
tronamm, deferentes alabastra, venientes per 
inferiorem partem chori versus altare oantent: 



OBLEAHS I, XIII. JHDT. 

Ad fadendam similitudinem dominioi 
pulobri primum prooedant TRES FRATRES, 
praeparati et vestiti IN SIMILITUDINEM 
TRIÜM MARIARUM, pedetentim et, quasi 
tristes, altemantes hos versus oantantes: 

PRIMA earum dicat: 

1 Heu, pius pastor occidit, 
quem culpa nulla infecit. 
res plangenda! 

SECUNDA: 

Heu, verus pastor obiit, 
qui vitam sanctis contulit. 
mors lugenda! 

TERTIA: 

Heu, nequam gens iudaica, 
(quam) dira frendens vesania, 
plebs execranda! 

PRIMA: 

Cur nece pium impia 
damnasti, saeva(m), invida? 
(o) ira nefanda! 

SECUNDA: 

Quid iustus hie promeruit, 
quod crucifigi debuit? 
gens damnanda! 

TERTIA: 

Heu, quid agamus, miserae, 
dulci magistro orbatae? 
(heu,) sors lacrymanda! 

PRIMA: 

Eamus ergo propere, 
quod solum quimus facere 
mente devota. 

SECUNDA: 

Condimentis aromatum 
ungamus corpus sanctissimum, 
quo pretiosa. 

TERTIA: 

Nardi vetet commixtio, 
ne putrescat in tumulo 
caro beata. 

Cum autem venerint in ohorum, eant ad 
monumentum quasi quaerentes et oantantes 
omnes [»c MARIA E] simul huno versum: 



9* 



68 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



S5GELBERe, a. 1872. 

6 Quis revolyet nobis ab ostio la. 
pidem, quem tegere sanctum cerni- 
mus sepulchrum? 



ANGELI: 



7 Quem quaeritis, o tremulae mu- 
lieres. In hoc tumulo gementes? 

OMNES TRES: 

8 Jesum Nazarenum crucifixum, o 
coelicolae! 

ANGELI: 



EINSIEDELK III« XIII. JHDT. 

4 Quis reyolTet nobis lapidem ab 
ostio monumenti? 



ANGELUS: 



9 Non est bic, quem quaeritis; 



10 sed cito euntes dicite discipuüs 
eins et Petro quia surrexit Jhesus. 

ANGELI alta vooe: 

11 Venite et videte locum, ubi positus 
erat dominus. Alleluia, alleluia! 

Omnes TRES alta vooe: 

12 Sunexit dominus de sepulchro, 
qui pio nobis pependit in ligno. 

Alleluia I 



5 Quem tos quem [|. quaeritis,] 
flentes i 

MULIERES: 

6 Nos Jhesum Ghristunl! 

Item ANGELUS: 



7 Non est lue yerel 



T, 



CIVIDALE II9 XIV. JÜT. 



4 Quis revolyet nobis all o§tb. 
pidem, quem tegere saenm n-w 
mus sepulchrnm? l 



Tunc respondet ANGELUS e« 



li- 



5 Quem quaeritis^ o tremohei 
lieres, in hoc tumulo plonnü' 

Omnes MARIA E respondent sinni 

6 Jesum Nazarenum eroofn 
quaerimus! 

Statim ANGELUS dicat huiK? tct*^ 

7 Nolite metuere vel laedi ter : 
scio quia quaeritis Jesum hicser " 
cuius vos intenditis venerari cl' 
iam surrexit, hie non est u' 

loquar mulu 
michi si non creditis, videte jr* 

chnim. 

ANGELUS sequendo dicat hone v.: 

8 Venite et videte locum, ubi j*^ 
erat dominus. AUeluya, alleluu' 



t." - 



Tunc omnes Mariae vadant ad ^f- 
et thurifioent illud et revertantor a«i 
suum, et tunc ANGELUS dicat hone vtrr- 

9 Ite ad discipulos eisqne niuti^' 
quod dominus a mortuis siim'^ 

festinate. 
in Galilaeam ibitis cum gau iio ft "^ 
ibi eum videbitis; nolite dubiUr^. 



S. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 



69 



XJ(V), 

OUEN, T JHDT. — BieOT, XIII. JHDT. 

is reTolTet nobis lapidem ab 
monuTnenti? 



3c finito, quidam puer, quasi AN6ELUS, 
as alba et amicta, tenens spicam in manu 
sepulchruin dicat: 



aem quaeritis in sepulchro, o 
Isticolae 2 

[ARIAC respondeant: 

esum Nazarenum crucifixum, o 
Ucola! 

:uiic ANGEI.US dicat: 



!toii est hie, surrexlt enim sicut 
dt. 



Venite et videte locum, ubi positus 
jrat, 



et euntes dicite discipulis eins et 
^etro quia surrexit. 



■OHT ST. MICHEL9 XIY. JHDT. 



1 Quis reTolyet. 



nie [frater], qui erit ANGELUS, erit super 
altare, indutus de capa alba, tenens palmam in 
manu et Habens coronam in oapite, cantet post: 

2 Venite, venite! 



MULIERES dicant: 

3 Jhesnm Nazarenum! 

ANGELUS iterum dicat: 



4 Non est hie 



[5 Venite et videte locum, ubi positus 
erat dominus.] 

Et tum didt Ventia ei videte, appropinquant 
se MULIERES de sepulchro et dicant: 

6 lam cemere. 



OBLEANS l, XIII. JHDT. 

2 Sed nequimus hocpatere sine adiutorio; 
quisnam saxum Iioc reTolvet ab 

monnmenti ostio? 



Quibus respondeat ANGEIjUS, sedens foris 
ad Caput aepulchri, vestitus alba deaurata, mi- 
tra tectus caput etsi deinfulatus, palmam in 
sinistra, ramum candelarum plenum tenens in 
manu dextra, et dicat moderata et admodum 
gravi voce: 

3 Quem quaeritis in sepulchro, o 
christicolae? 

MULIERES: 

4 Jesum Nazarenum eruciflxum, 
coelicola! 

Quibus respondeat ANGELUS: 

5 Quid, christicolae, viventem quaeritis 

cum mortuis? 

6 Non est hie, sed surrexit, prae- 

dixlt ut discipulis. 



7 Mementote, quid iam vobis locutus 

est in Galilaea: 



70 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



EHeELBERfi, ft. It72. 



EIHSIIMLI in, XUL IHDT. 



Omnes TBES: 

13 Ad monumentum venimus ge- 
mentes, angelum domini seden- 
tem vidimus et dicentem quia 
surrexit Jhesus. 



MULI ERES revertenteB canteiit ad öhomm: 

8 Ad monumentum venimus ge- 
mentes, angelum domini seden- 
tem vidimus et dicentem quia 
surrexit Jhesus. 



evmiLm u, xir. 



Tono omnes MARTAR stanie« im uk 
simol dkant: 

10 Ad monumentam Tenimiis: 
mentes, angelum domini se^ 
tem vidimus et dicentem ^^: 
surrexit Jhesus. 



8. UB8PRUN6 UND ENTWICKELÜNO. E, YIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 



71 



OUSV» 1 JHDT. — BieOT» XHL JHDT. 



w, 

MOIT ST« nCHKL, XIT. JHDT. 



X, 

Christum oportebat pati atque die tertia 
resurgere cum gloria. 

MÜLIERES, ooDversae ad populum, cantent : 

8 Ad monumentum domiui ve- 
nimus gementes, augelum dei se- 
dentem vidimus et dicentem 
quia surrexit a mortuis. 

Post haeo MARIA MAGDALENA, relictir 
duabus aliis, acoedat ad sepolohrum, in qnod 
saepe aspioiens dicat: 

9 Heu dolor, heu, quam dira doloris 

angustia, 
quod dilecti sum orbata magistri prae- 

sentia! 
heu, quis corpus tarn dilectum sustu- 

lit e tumulo? 

Deinde pergat velociter ad illos, qui in 
similitudine Petri et lohannis praestare debent 
erecti, stansque ante eos qnasi tristiB dioat 
[MARIA MAGDALENA:] 

10 Tuierunt dominum meum et nescio, 
ubi posuerunt eum, et monumentum 
vacuum est inventum et sudarium cum 
sindone intus est repositum. 

Uli autem, hoc audientes, pergant ad ae- 
pulchmm aosi currentes, sed iunior, sanctos 
lohannes, perveniens stet extra sepulchnim; se- 
nior vero, sanctus Petrus, sequens eum, statim 
intret; postquam et lohannes intret Cum inde 
exierint, 10 HANNES, quasi mirans, dicat: 

11 Miranda sunt, quae vidimus, 

An (furtim) sublatus est dominus. 
PETRUS: 

Imo, ut praedixit vivus, 

surrexit, credo, dominus. 

lOHANNES : 

Sed cur liquit in sepulchro 
sudarium cum lintheo? 

PETRUS: 

Ista, quia resurgenti 
non erant necessaria, 
imo resurrectionis 
restant haec indicia. 

Dlis aatem abeuntibus, aooedat MARIA ad 
sepulchnim et prius dioat: 

12 Heu dolor, heu, quam dira dolori» 

angustia, 
quod dilecti sum orbata magistri ))rae- 

sentia! 
heu, quis corpus tam dilectum sustulit 

e tumulo? 



72 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



ENGELBEBG, a. It72. 



EIKSIBDELN lU, XIII. JHDT. 



T, 



ciTiDiiiE II, xin. jnrr. 



Omnes TRES: 

14 £n angeli aspectum vidimus 
et responsum eius audivimus, 
qui testatur dominum vivere; 
sie oportet te, Simon, credere. 

MARIA MAGDALENA: 

15 Cum venissem ungere mortuum, 
monumentum inveni vacuum; 

heu, nescio recte discernere, 
ubi possum magistrum quaerere. 



MULIERES, verteiltes se ad personam 
Petri apostoli, omnes cantent: 

9 £n angeli aspectum vidimus 
et responsum eius audivimus, 
qui testatur dominum vivere; 
sie oportet te, Symon, credere. 

MARIA MAGDALENA sola cantet hos 
tres versus: 

10 Cum venissem ungere mortuum, 
monumentum inveni vacuum; 

heu, nescio locum discernere, 
ubi possim magistrum quaerere. 



Tuno MAGDALENA m reverUt ^ 
ortom Christi et dicat hano yersuxn: 

11 Cum venissem ungere domiDur: 
monumentum inveni vacuum 

et nescio recte discernere, 
ubi possim magistrum quaerere. 

Statim dioat hnnc versam ipsaMA..* 
LENA: 

12 En lapis est vere depositus, 
qui fuerat cum signo positus, — 



1 



8. URSPRUNG UND ENTWICK£LUNG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUTWXYZkb. 



73 



TJ(T), 

LOUKH» f JKDT. — BIOOT, ZUL JHDT. 

looain. digito ostendat. Hoo finito 
18 citisflime disoedat et DUO PRESBT- 

de maioTi sedein taniois, intas septil- 
i reBidentes dioant: 

liier, quid ploras? 

EDIÜS TMUM MULIEEUM reepondeat 
oens: 

uia tulerunt dominum meum et 
io, ubi posueruDt eum. 

UO RESIDENTES dioant: 

^uem quaeritis, mulieres? viven- 
cum mortuis? non est hie, sed 
exit: 

recordamini qualiter locutus est 
18, dum adhuc in Galilaea esset, 
Is dicens, quia oportet filium ho- 
is pati et crucifigi et die tertia 
irgere. 



w, 

MOIT ST. HICBSL, XIT. JHDT. 

Duo fratres in sepulobro, qtd enint DUO 
AK6ELI, induti de capis mbeis dioant: 

7 Mulier(es), quid [ploras]? 

MTJLIERES dioant post: 

8 Quia tulerunt dominum [meum et 
nescio, ubi posuerunt eum.] 

AK6ELI de sepnlohro dioant: 

9 Quem quaeritis, [mulieres? viventem 
cum mortuis? non est hie, sed surrexit:] 

[10 recordamini qualiter locutus est 
vobis, dum adhuc in Galilaea esset, 
vobis dicens, quia oportet filium ho- 
minis pati et crucifigi et die tertia 
resurgere.] 

1 1 Venite et videte [locum, ubi positus 
erat dominus.] 

12 Euntes [dicite discipulis eins, quia 
surrexit et ecce praecedit vos in Ga- 
lilaeam: ibi eum videbitis.] 

Et com dixerint Fentl« if vid9i€, intrant 
[l. intrent] MULIEBES in sepulohram, et 
cum dixerint EunUt^ exeant et eant oiroa 
altare et dioant: 

13 In sepulchro. 



X, 

OBLKilS l, XIU. JWT. 

Quam aUoqnantor DUO ANGELI, sedentes 
infira sepulohram, dioentee: 



13 Mulier, quid ploras? 

MABU: 

14 Quia tulerunt dominum meum et 
nescio, ubi posuerunt eum. 



ANGELUS: 

15 Noli flere, Maria; resurrexit domi- 
nus. Alleluia 1 

MARIA: 

16 Ardens est cor meum desiderio 
yidere dominum meum, quaero et non 
invenio, ubi posuerunt eum. AUelulal 



Uilchiaok, Otter- und pastioaaiplale. 



10 



"H 



1 tXB LAT8INISCHEN 08TERFEIERII. 






Item MABIA MAGDALENA: 

16 Dolor crescit, tremunt praecordia 
de magistri pii absentia, 

qui salvayit me plenam yitiis, 
fnüBto a me Septem daemoniis. 

Item MARIA MA0DAIi£NA: 

17 En lapis est vere depositus, 
qiü fuerat cum signo positus; 
mumera[ii]t locum militibus: 
locus yacat, illis absentibus. 



B, 

BimiBDIIill in, XIII. JBVT. 



DOMINICA PERSONA: 



18 Mulier, quid ploras? quem quaeris? 

MARIA MAGDALENA: 



19 Domine, si tu sustulisti eum, dieito 
micbi, ubi posuisti eum, et ego eum 
tollam. ^ Alleluia! Alleluia! 

DOMINIGA PERSONA: 

30 Maria 1 Maria! Maria 1 

MARIA MAGDALENA: 

21 Rabbi! 

DOMINICA PERSONA: 

22 Noli me tangere: nondum enim 
ascendi ad patrem meum. Alleluia! 
Alleluia ! 



23 Prima quidem sufiragia 
Stola tulit camalia, 
exhibendo communia 
se per naturae munia. 



11 Dolor crescit, tremunt praecordia 
de magistri pii absentia, 

qui sanavit me plenam vitiis, 
pulsis a me Septem daemoniis. 

12 En lapis est vere depositus, 
qui fuerat in Signum positus; 
munierant locum militibus: 
locus vacat, illis absentibus. 

CHORUS: 

13 Una [autem] sabbati [Maria Mag- 
dalene venit mane, cum adhuc tenebrae 
essent, ad monumentum, et videt la- 
pidem sublatum a monumento.] 

Malleres reourrentes iterum ad Bepultoram 
niohil dicant. MARIA MAGDALENA quae- 
rendo ciroumqaaqae cantet: 

14 Victimaepaschali ete. usque Die nobis. 

DOMINICA PERSONA, subito Mariae 
Magdalenae apparens, dicat: 



15 Mulier, quid ploras? quem quaeris? 

MARIA respondeat: 



16 Domine, si tu sustulisti eum, dieito 
michi, ubi posuisti eum, quod ego eum 
tollam. Alleluia! Alleluia! 

DOMINICA PERSONA iterum ad eam: 

17 Maria! Maria! Maria! 

ILLA prooidens dioat: 

18 Rabbi, quod dicitur magister. 

DOMINUS, ab ea paulolum diyertens, 
dioat: 

19 Noii me tangere: nondum enim 
ascendi ad patrem meum. Alleluia! 
Alleluia I 



DOMINICA PERSONA stans oantet: 

20 Prima quidem sufiragia 
Stola tulit camalia, 
exhibendo communia 
se per naturae munia. 



emiiisefa[n]t locum railitibuB: 
locus vacat, eis absentibiis. 

Statim dioat MARIA: 

13 Dolor crescit, tremunt praecori 
de magistri pii absentia, 
qui salvavit me plenam vitüs, 
pulsis a me sept^n daemimüs. 



JHESÜS admirans reepondet ei diosic- 



14 Mulier, quid ploras? 

MARIA respondet ei dioens: 

15 Quia tulerunt dominum meum 
nescio, ubi posuerunt eum. 

16 Domine, si tu sustulisti eum, d.: 
michi, ubi posuisti eum, et ego e: 
tollam. 

JHESÜS dioat statim: 

17 Maria! 

MARIA oorrendo ad Jhesiun didt: 

18 Raboni! 

Tnno Mariae didt [JHESÜS:] 

19 Maria, noli me tangere, 
sed fratribus nuntia propere: 
ascendo ad patrem meum, 
deum meum et vestrum deum. 



8. UBSPBÜNG UND ENTWICKELÜNG. B. VIERTE GKUFFE, QBSTÜYWXTZab. 



75 



BOUSN» t MDT. — BI80f» Xm. JHDT. 



Marias osoolentur lootrm, postea exeasit de 
)ulcbro. Interim qoidam SACERDOS IN 
:KS0NA DOMINI, albatofl oom stola, tenens 
ioem, obviaiiB eis in sinistro oomu altaris 
at: 

Mulier, quid ploras? quem quaeris? 

MEDIUS MÜLIERUM dicat: 



i Domine, si tu sustulisti eum, dicito 
ihi, et ego eum tollam. 

SACERDOS, iVi oraoem ostendens, dioat: 

\ Maria! 

Quod com audierit, pedibos eins dtiBsime 
«e offerat et alta yooe dicat [MAGDALENA :] 

l Rabboni! 

SAGERDOS, innuens mann, dioat: 



5 Noli me tangere: nondum enim 
scendi ad patrem meum; vade autem 
d fratres meos et die eis Ascendo ad 
atrem meum et patrem vestrum, deum 
leum et deum vestrum. 



MOTT 81. WICBXL, XIT. JDV. 



DEÜS yeniat per aliam yiam et ponat se 
ante altare. [Post] dioat ad piimam mnlierem: 



14 Mulier, [quid ploras? quem quaeris?] 

MÜLIER respondeat: 



15DomiDe, si tu [sustulisti eum, dicito 
micbi, ubi posuisti eum, et ego eum 
toUam.] ' 

DEÜS dioat: 

16 Maria 1 

MÜLLER dioat: 

17 Rabbin! 

Et prostemet se in tarram, sioat siyeilet 
[ampleoti pedes eins], et maneat sio. Deinde 
DEÜS dioat: 

18 Noli me tangere: [nondum enim 
ascendi ad patrem meum ; vade autem 
ad fratres meos et die eis Ascendo ad 
patrem meum et patrem vestrum et 
deum meum et deum vestrum.] 



ÖBliBilS I, XIIL m>T. 






Interim yeniat QÜIDAM PRAEPARATUS 
IN SDQLITÜDINEM HORTÜLANI stansqne 
ad oapnt sepolohri dioat: 



17 Mulier, quid ploras? quem quaeris? 

MARIA: 



18 Domine, si tu sustulisti eum, dicito 
mihi, ubi posuisti eum, et ego eum 
tollam. 

Et ILLE: 

19 Maria! 

Atqne prooidens ad pedee eins MARIA 
dioat: 

20 Rabboni! 

At ILLE snbtrahat se et, qnasi taotom 
eins deyitans, dioat: 

21 Noli me tangere: nondum enim 
ascendi ad patrem meum et patrem 
vestrum, dominum ineum et dominum 
vestrum. 



10» 



76 



I. DIE LATEINISCHEN OSTEKFEIEBN. 



MABIA: 

24 Saiicte deus! 

DOMINICA PERSONA: 

25 Haec priori dissimilis, 
haec est incorruptibilis, 
quae dum fiiit passibilis, 
iam non erit solubilis. 

MARIA MAGDALENA: 

26 Sancte deus! 

DOMINICA PERSONA: 

27 Ergo noli me tangere, 
nee ultra velis plangere, 
quem mox in puro sidere 
cemes ad patrem scandere. 

MARIA MAGDALENA: 

28 Sancte et immortalis, miserere nobis ! 

DOMINICA PERSONA: 

29 Nunc ignaros huius rei 
fratres certos reddes mei: 
in Galilaeam, die, ut eant, 
et me viventem videant 



KnrsiBDSLR III, xin. jwt. 

MARIA adorans in terra oantet: 

21 Sancte deus! 

DOMINICA PERSONA: 

22 Haec (est) priori dissimilis, 
haec est incorruptibilis, 

quae dum fuit passibilis, 
iam non erit solubilis. 

MARIA eodem modo, quo prins: 

23 Sancte fortis! 

DOMINUS iterum ibidem stans dioat: 

24 Ergo noli me tangere, 
nee ultra velis plangere, 
quem mox in puro sidere 
cemes ad patrem scandere. 

MARIA, ut Bupra: 

25 Sancte immortalis, miserere nobis! 

Item DOMINUS ad eam: 

26 Nunc ignaros huius rei 
fratres certos reddes mei: 
Galilaeam, die, ut eant. 

et me viventem videant. 



T, 

CITIDILK U, XIT. JKVT. 



MARIA, reUquis oomitantibas, ad öhorom 
Bola dioat: 

27 Surrexit enim, sicut [dixit dominus, 



Tapc MARIA levartitar (se) ad Uko 
saom et dioat: 

20 Vere vidi dominum vivere, 
nee dimisit me pedes tangere: 
discipulos oportet credere, 
quod ad patrem velit ascendere. 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 



TT 



BOülH« t lEDT. — BI80T« XIII. JHDT. 



w, 

MOHT ST. MIGHBL, XIT. J1I1IT. 



ORLCiNS I, XIIL JHDT. 



Sic disoedat hortalaniu, MARIA vero oon- 
yena ad popalum dioat: 

22 Congratulamini mihi omnes, qui dili- 
gitis dominum, quia quem quaerebam 
apparuit mihi et, dum flerem ad moau- 
mentum, vidi dominum meum. Alleluiat 

Tano DUO ANGELI exeant ad ostium se- 
pulohri, ita ut appareant foris, et dioant: 

23 Venite et videte locum, ubi positus 
erat dominus. Alleluia! 

24 Nolite timere vos: 
Yultum tristem iam mutate, 
Jesum vivum nuntiate, 
Oalilaeam iam adite; 

si placet videre, festinate. 

25 Cito euntes dicite discipulis, quod 
surrexit dominus. Alleluia! 

Tano MÜLIERES, disoedeiitea a sepulohro, 
dioant ad plebem: 

26 Surrexit dominus de sepulchro, 
qui pro nobis pependit in ligno. Alleluiat 



78 



I. DIE LATEINISCHEN OSTEBFEIEBN. 






CHORUS: 

30 Victimae paschali laudes immolent 
Christian]. 



KIH8IEDBLR III« XIII. JHDT. 

praecedit vos in Galilaeam, alleluia! 
ibi eum videbitis. Alleluia!] 



CHORUS ad eam: 

28 Die nobis, Maria, [quid vidisti in via?] 

IPSA ad öhorum: 

Sepulchrum Christi eum r[esp. viventis 
et gloriam vidi resurgentis; 
Angelicos testes, sudarium et vestes; 
Surrexit Christus, spes mea, praecedet 
suos in Galilaea!] 

CHORUS: 

Credendum est [magis soli Mariae ve- 
raci, quam ludaeorum turbae fallaci.] 
Seimus, Christum [surrexisse a mortuis 
vere; tu nobis, victor, rex, miserere!] 

Item CHORUS: 

29 Currebant duo simul [et ille 
alius discipulus praecucurrit 
eitius Petro et venit prior ad 
monumentum.] 



Interea cum mulieribus PETRUS et 10- 
HANNES ourrant, et lohannee praeoorrens ex- 
peotet Petrum, et niohil invenieates revertantor 
melodiam oantantes: 

30 Ergo die ista exultemus, [qua nobis 
viam vitae resurgens patefecit Jesus.] 
Astra, solum, mare [iocundentur 
Et cuncti gratulentur in coelis 
Spiritales chori trinitati.] 



T, 

OITIDALB U, XIT. HÜMT. 



Timc dioat CHORUS: 

21 Die nobis, Mari^ quid vidisti in vj^ 

Tone MARIA dioat hone veraam : 

Sepulchrum Christi viventis et gloriai 
vidi resurgentis; 

Angelicos testes, sudarium et vest«^ 
Surrexit Christus, spes mea, praect^i-^ 
vos in Galilaeam. 

CHORUS oantat et Maria moveat se ^«ei.- 

choram dicentem:* 

Credendum est magis soli Mariae >r 
raci, quam ludaeorum turbae fallaä. 
Seimus, Christum surrexisse a mom. 
vere; tu nobis, victor, rex, misertrr 
Alleluya! 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. B. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 



19 



U(V), 






X, 



0BLK1H8 I, Xllk JHDT. 



Hoo facto, ezpandant [MÜLIEBES] sindo- 
nem, dioentes ad plebem: 

27 Cerniie, vos socii, sunt cor- 
poris ista beati 

lintea, quae vacuoiacuererelicta 

sepulchro. 



Et dioat [DEUS:] 

19 Benedictionem. 

Et post benedictionem reYertator in rere- 
Btiariam. PRIMA MÜLIER snrgens dioat: 

20 Christum viveDS. 

SEGÜNDA MÜLIEB dioat: 

Laniatur. 

TERTIA MULIER dioat: 

Ergo clausa. 

ANGELUS de altari dioat: 

Resurrexit! 



80 



I. DIE LATEINISCHEN OSTEBFEIEBN. 



KK«KLBBBe, ft. 1S7S. 



», 



KIHSISDlLir lU, XIII. JHDT. 



CHORUS alta voce: 



31 Te deum laudamusl 



CITIDALK n, XIT. 



Lesarten. Q4, v. 1 heu] ceu Mone; Q8 coelicola Mone; Q12 qui] quo handschr.; Q27, v. 3 quem] ^^uri 
handschr; Q29, v. 1 Nune ignaros] Nam ignoras bandscbr.: — R2, v. 1 heu] eeu Mone; R14 spielanw. reccum^ 
Mone. — Wl spielanw. revertatur handschr.; W? spielanw. inductiDnMMl] WlS spielanw. sepukhro Du iienl. — lr\ 
textabdrücke von X bei Du Meril und Coussemaker weisen mehrfache Verschiedenheiten auf; derjenige Coussemaktri 
beruht auf erneuter vergleichung der handschrift und man wird daher meistens bei ihm das richtige anzutreffen t: 
warten dürfen. X2 spielanw. venerunt Du M^ril; et quasi Coussemaker; X2 text patere ist wahrscheinlich venieri: 
statt ab monumenti ostio konjiziert Du M^ril sepukhri ab ostio; X4 Jhesum Coussemaker; X7 quod Christum handickr 
X8 quia Coussemaker, quod Du M^ril; X9 spielanw. Magdalene Coussemaker; XIO intus est fehlt Du Meril; X!' 
spielanw. pergent Du M^ril; quasi mirans fehlt Du M^ril; Xll text linteo Du Meril; X18 ego ego Du M^riL 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 



81 



U(T), 

BOOBH» I IHDT. — BieOT, XIII. JHDT. 



Hoc finito, SAGERDOS in dextro oornu 
taris itenun appareat et, illis transeuntibaB, 
ite altare dioat: 



6 Avete, nolite timere: ite, nuntiate 
atribus meis, ut eant in Galilaeam: 
n me videbunt. 

Hoo finito, 86 absoondat et MULIERES, 
3C aadito, laetae inclinent ad altare et, oon- 
srsae ad ohomm, hone versum oantent: 

7 Alleluia, resurrexit dominus, 
irrexit leo fortis, Christus, filius dei ! 

Hoc finito, dominus ARCHIEPISCOPUS 
3l Baoerdos ante altare oam turribalo in- 
piat alte: 

S Te deum laudamusl 

et sine neama finiatur. 



w, 

MOHT ST. MIGHKL, :aJ^lBDT, 

ANGELT de sepalöhro dioant: 

Alleluia! Resurrexit! 

Deinde MULIERES revertentes, 
primo venerint, dioant: 

21 Allehiia! Resurrexit! 



unde 



Et poBt dioant [MULIERES:] 



22 Te deum laudamusl 



OBLBANS I, XIII. JHDT. 



PoBtea ponant sindonem super altare atque 
revertentes altement hos versuB. Prima 
[seil. MARIA MAGDALENA] dioat: 

28 Resurrexit hodie deus deorum! 

Seounda [MARIA UCOBI:] 

Frustra signas lapidero, plebs ludaeo- 
rum. 

Tertia [MARIA SALOME:] 

lungere iam populo christianorum. 

Item prima [MARIA MAGDALENA] dioat: 

Resurrexit hodie rex angelorum. 

Seounda [MARIA I ACORI:] 

Ducitur de tenebris turba piorum. 

Tertia [MARIA SALOME:] 

Reserator [I. Reseratur] aditus regni 
coelorum ! 

Interea is, qui ante fuit hortulanus, in simi- 
litudinem domini veniat, dalmatioatus Candida 
dalmatioa, Candida infula infulatus, phylaoteria 
pretiosa in capite, oruoem cum labaro in dextra, 
textum auro paratorinm in sinistra habens et 
dioat rauHeribus [DOMINUS:] 

29 Nolite timere vos: ite, nuntiate 
fratribus meis, ut eant in Galilaeam: 
ibi me videbunt, sicut praedixi eis. 

CHORUS: 



30 Alleluia, resurrexit hodie dominus ! 

Quo finito, dioant omnee [M ARIAE] insimul : 

Leo fortis, Christus, filius dei! 

Et CHORUS dioat: 



31 Te deum laudamusl 



Im hinblick auf die konsequente entwickelung, die wir die ursprüngliche form der osterfeier in den repräsen- 
inten der zweiten gruppe beginnen und sowohl in der Stilisierung des dialoges, als in der ausnützung des dramatischen 
tofifes zu harmonischer abrundung sich vollziehen sahen, sollte man erwarten, dass diese, da sie schon im 12. jähr- 
undert beendet und über Süd-, Südost-, Norddeutschland und Frankreich (?) verbreitet war, die feste und unveränderliche 
asis jeder ferneren ausbildung des osterdramas geworden wäre. Es ist daher eine befremdliche erscheinung, unter den 
Micken der vierten gruppe keinem zu begegnen, welches diese mühsamen errungenschaften früherer bearbeiter vollständig 
doptiert hat, obgleich die Überlieferung der ältesten von ihnen nicht über das 13. Jahrhundert hinaufreicht. 

In jener ältesten szene zwischen den engein und firauen am grabe zeigen QT hauptsächlicdi zwar die fassuug 
er zweiten rezension, aber wie Q8 diejenige der ersten bewahrt, so sind T7 und 9 durch eine gereimte umdichtung 



Xiletataok, Oator- vnd pMaioiiMi4«to. 



11 



82 I DIE LATEINISCHEN 08TERFEIERN. 

ZU verechönern versucht worden. UV folgen bis auf UV6, X in X3. 4 und R nur in R4 der ersten rezen- 
sion, während UV6 der zweiten sich anschliesst, X2. 5. 6 wiederum gereimt erscheinen und R5. 6. 7 von 
beiden rezensionen sich entfernen. Ausserdem enthält X an dieser stelle nur die erste hälfte dieser szene, , 

die Verkündigung der auferstehung Jesu, jedoch um die verse ev. Lukas 24, 6, 7 Mementote, quid iam uobis 
loeutus est etc. X7 ei*weitert. W deutet den dialog durch die anfangsworte seiner Sätze nur an, dürfte aber, 
nach dem Euntes W12 zu urteilen, zur zweiten rezension gehören; das Venite, venüe! W2 muss seinem 
inhalte nach der frage der engel Quem quaerüis etc. entsprochen haben und ist vielleicht nach c, dem 
mysterium aus Tours, v. 93. 94 Venite, venite, uenite! Nolite timere uos. Dieite, quem queritis in sepukroj o 
cristieole? zu ergänzen. Das Venite et videte loeum etc. ist hier, ausgenommen R, in allen stücken auf- i 

genommen und begegnet QU T8 UV5 W5 X23, jedoch mit dem unterschiede, dass es nur in Q, wie in 
EFHN, nach dem Sed eito euntes etc. eintritt, in den übrigen dagegen, entsprechend dem ev. Matthäus 
28, 6. 7 vor demselben, vgl. ob. s. 39. 48. 49. Das Surrexit dominus de sepukhro etc. erscheint allein Q12 und 
nicht mehr, wie in CDE, um die rückkehr der frauen zu bewerkstelligen, sondern lediglich als antwort auf 
das Venite et videte etc. der engel. Dieser satz war freilich später durch das Ad monumentum etc. ersetzt 
worden, aber auch dieses findet sich nur Q13 R8 TIO X8, und von dem wettlauf der apostel ist nur je 
€in satz R29 und X27 vorhanden. In X dient derselbe, das Cemitis, o soeii etc. X27, noch seiner anfäng- 
lichen bestimmung, wonach diese werte von den frauen, welche mit dem Ad monumentum etc.' in den kor 
der kirche zurückgekehrt waren, zur erklärung der linnen in ihren bänden für die Zuschauer gesprochen 
werden sollten. Wir haben oben s. 55 daraus geschlossen, dass X auf eine vorläge zurückweise, welche 
mit H im wesentlichen identisch gewesen sein müsse, und diese folgerung wird in evidenter weise durch 
die ganz neue und singulare art, in welcher der wettlauf in X in szene gesetzt worden ist, bestätigt. 
Nachdem nämlich die frauen mit dem Ad monumentum vom grabe zurückgekommen sind, befiehlt die spiel- 
anweisung zu X9 ,Maria Magdalena, relictis duabus aliis, accedat ad sepulchrum, in quod saepe aspiciens 
dicat Heu dolor etc. Deinde pergat velociter ad illos, qui in similitudine Petri let lohannis praestare debent 
«recti, stansque ante eos quasi tristis dicat Tulerunt dominum meum etc. Illi autem, hoc audientes, pergant 
ad sepulchrum acsi currentes* etc. (Ev. Job. 20, 2. 6. 7.) Diese darstellung beruht auf ev. Job. 20, 1 üna 
autem sabbati Maria Magdalena venit mane, cum adhuc tenebrae essent, ad monumentum, et videt lapidem 
sublatum a monumento. 2 Cucurrit ergo et venit, ad Simonem Petrum et ad alium discipulum, quem 
amabat Jesus, et dicit eis Tulerunt dominum de monumento et nescimus, ubi posuerunt eum. 
3 Exiit ergo Petrus et ille alius discipulus, et venerunt ad monumentum. Hier also wird der wettlauf der 
apostel in präzisem anschluss an den bericht des Johannes direkt durch die Magdalena veranlasst, in 
JKLMN dagegen durch das Currebant duo simul etc. des kores. Die entstehung dieser inszenienmg ist 
früher des genaueren dargelegt worden. Ebenso ist der gereimte dialog XI 1, welchen Petrus und Johannes 
am grabe führen, eine neuerung, denn in JKLMN hat die rolle der apostel, ausser dem CemiHs, o som 
etc., überhaupt keine worte. Die emeuerung oder richtiger die einfügung dieses auftritts, der sich nicht, 
wie bei den stücken der zweiten gruppe, aus der vorhandenen handlung und ihren teudenzen organisch 
entwickelt, sondern als ein loses einschiebsei deutlich erkennbar ist, würde der bearbeiter von X sicherlich 
nicht vorgenommen hahen, wenn er die ältere fassung desselben gekannt hättet Dass auch R auf einer 
vorläge beruhe, welche den wettlauf in jener älteren auüührungsweise nicht gekannt hätte, ist dagegen keines- 
Weges wahrscheinlich. Die vertauschung des CemiHs, o socii etc. mit den strofen 21 ff. aus der Sequenz 



1. Auch in den deutsch-lateinisohen osterspielen hat die darstellung des wettlaufes von X keine nachwirkung hinterlassen 
und ist niemals wie in X vor, sondern stets nach der erscheinungssaene gesetzt worden. 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 8? 

des Notker Balbulas Laudes salvatari voce modulemur supplici (Eehrein no 81 ; Daniel II, 12. 383; III, 286; 
Mone no 148) R. 30, die nach Daniel II, 13 in vielen kirchen am ostersonntag gebräuchlich gewesen, ist 
von untergeordneter bedeutung und kann in der laune irgend eines dirigierenden geistlichen ihren grund 
haben. Das Ourrebant duo simul etc. aber, das auch hier, wie in JKLMN, zur eröShung der szene und 
zur ausfüllung des Zeitraumes, den die jünger auf ihrem wege vom kor zum grabe gebrauchen, vom klerus 
gesungen wird, kann nicht ohne weiteres als das nächstliegendste mittel angesehen werden, auf welches ein 
mit jenen stücken unbekannter bearbeiter bei der dramatisierung des wettlaufes nach ev. Johannes 20, 1 ff. 
von selbst habe verfallen müssen. Auch will es mich bedünken, dass, — wie bei den stücken der zweiten 
gruppe, gemäss ihrer behutsamen und schrittweisen entfaltung, die beibehaltung des kores, der schon vorher 
gewissermctösen die jüngerschar vertreten hatte, an welche die botschaft der frauen sich richtete, und aus 
welchem darauf die beiden apostel nur als ein besonderer handelnder teil desselben sich ablösten, zur 
Inszenierung dieses auftritts am begreiflichsten ist, — so hier, nachdem die osterfeier durch die aufnähme 
der erscheinungsszeue schon eine so beträchtliche ausdehnung erhalten hat, vielmehr eine freiere und von 
dem ausserhalb der dramatischen akzion stehenden kor unabhängige gestaltung natürlicher erschienen wäre. 
X kann in dieser beziehung als beispiel dienen, lieber die anderen stücke QTUVW, welche den wettlauf 
gar nicht zur aufführung bringen, wird es besser sein die entscheidung zurückzuhalten, bis wir sie in ihrem 
weiteren verlaufe kennen gelernt haben. — 

Die nun in QRTUVWX folgende szene, die begegnung Magdalenens und Jesu am ostermorgen, ist 
die bedeutsame erweiterung, von der wir im eingange dieses abschnitts gesprochen haben. Sie ist das 
wichtigste merkmal, durch welches sich die stücke dieser gruppe von den früheren unterscheiden und durch 
die Überwindung des Wagnisses einer persönlichen darsteUung Jesu für die fernere entwickelung des dramas 
von weittragendster bedeutung. Auch sie beruht, wie der wettlauf, auf dem evangelium Johannes, die 
dramatisierung seiner erzählung ist aber in QRT eine andere, als in UVWX. Um dies zu verstehen, 
werden wir uns den abschnitt aus dem Johannesevangelium kurz vergegenwärtigen müssen. Nachdem die 
apostel vom grabe zurückgegangen sind, heisst es weiter v. 11 ff. Maria autem stabat ad monumentum 
foris plorans. Dum ergo fleret, inclinavit se et prospexit in monumentum, 12 et vidit duos angelos in 
albis sedentes, unum ad caput et unum ad pedes, ubi positum fuerat corpus Jesu. 13 Dicunt ei illi 
Mulier, quid ploras? Dicit ei Quia tulerunt dominum meum et nescio, ubi posuerunt eum. 

14 Haec cum dixisset, conversa est retrorsum et vidit Jesum stantem, et non sciebat quia Jesus est. 

15 Dicit ei Jesus Mulier, quid ploras? quem quaeris? lila existimans quia hortulanus esset, didt 
ei Domine, si tu sustulisti eum, dicito mihi, ubi posuisti eum, et ego eum toUam. 16 Dicit 
ei Jesus Maria. Conversa illa dicit ei Rabboni, quod dicitur magister. 17 Dicit ei Jesus Noli me tan- 
gere: noudum enim ascendi ad patrem meum; vade autem ad fratres meos et die eis Ascendo 
ad patrem meum et patrem vestrum et deum meum et deum vestrum. Johannes berichtet 
also nicht bloss von einer begegnung Magdalenens mit Jesu, sondern auch dieser vorausgehend, von einer 
solchen mit den engein im grabe. In UVWX sind beide zur darstellung gekommen, in QRT dagegen 
nur die erste. 

Wenn sich die ansieht Wilkens^, dass die Verwendung derselben neutestamentlichen stellen nichts 
fUr den direkten Zusammenhang französischer und deutscher stücke beweise, einmal bewähren sollte, so wird 
sie es hier tun können. Bei den ältesten formen der dramatischen osterfeier war es nicht schwer, aus der 
durchgehenden Übereinstimmung in den veränderten fassungen der nicht dialogisch gehaltenen bibeltexte den 



1. Ueber die kritische behandlang der geiBtliohen spiele b. 18. 

11* 



84 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIEBN. 

nachweis einer allen dramen zu gründe liegenden urabfassung zu liefern, und mit gleicher Sicherheit gab 
sich die weitere ent Wickelung aus diesen und anderen gründen als eine, wenn auch nur gruppenweise, 
gemeinsame zu erkennen. Die Schilderung des begegnisses zwischen Magdalena, den engein und Jesus 
hat dagegen im Johannesevangelium selbst schon, mit ausnähme einiger den ort und die weise des auf- 
tretens der personen betreffenden bemerkungen, eine vollständig dialogische form: hier also war die dra- 
matisierung sehr einfach dadurch zu erreichen, dass man eine anzahl passend kostümieiter geistlicher auf 
die Szene brachte und jenen dialog vortragen fiess. Obgleich dies in der tat bei der erscheinungsszene 
in präzisem anschluss an Johannes geschehen ist, indem man den dialog ausschied und ohne irgend eine 
bemerkenswerte änderung oder hinzufügung in das drama versetzte, wird man dennoch einige bedenken an 
der Unabhängigkeit der französischen von den deutschen stücken schon deshalb^ nicht ganz überwinden 
können, weil es dieser frühen entwickelungspehode nach den bisherigen erfahrungen allzusehr an tatr 
kräftiger iniziative zu grösseren selbständigen, obschon naheliegenden erweiterungen des dramas fehlte, und 
dieses bedenken muss sich um so stärker hervordrängen, wenn, wie wir sogleich sehen werden, in der 
allerdings nur den französischen dramen UVWX angehörenden ersten szene zwischen den engein und 
Magdalena zugleich auch einige momente auftreten, welche die abfassung dieser durch ^inen bearbeiter 
unzweifelhaft machen. Dieser beweis gründet sich vornehmlich auf die über den johanneischen dialog hin- 
ausgehenden übereinstimmenden zusätze und die Inszenierung. 

Der kern der ersten UV7 — 10, W7 — 13 und X13 — 16 umfassenden szene zwischen Magdalena und 
den engein wird durch die frage Mulier, quid ploras? und die antwort Quia tulerunt etc., ev. Johannes 
20, 13, gebildet. Daran schliesst sich aber UV9 WO die weitere aus dem ev. Lukas 24, 5 genommene 
frage der engel Quem quaeritis, mulieres? uiventem cum mortuis? worauf von den engein selbst UV9. 10 
W9. 10 mit Lukas 24, 6 Non est hie, sed surrexit: reeordamini qualüer loeutus est vobis etc. sogleich die 
antwort erfolgt. Denn dass auch in W, welches alle gesprochenen Sätze nur durch die anfangsworte an- 
deutet, die beiden letzten vollständig gemeint gewesen sein müssen, geht schon aus der vom evangelium 
abweichenden lesart Quem statt Quid quaeritis etc. hervor, welche W9 mit UV9 offenbar auf grund einer 
gemeinsamen vorläge teilt. Dieselben zusätze finden sich aber auch in X, allerdings an anderen stellen, 
und zwar Quid, ekristieolae, viverUem quaeritis cum mortuis? X5 in der ursprünglichen szene als erweiterung 
vor der in allen stücken stereotypen antwort der engel Non est hie etc. und Memeniote, quid iam uobis 
loeutus [est] in Galilaea: Christum oportebat pati atque die tertia Resurgere cum gloria X7 nach der- 
selben. Dieser örtlich verschiedenen Verwendung ist jedoch in diesem falle ebenso wenig eine erheblichere 
bedeutung beizumessen, welche gegen die aus diesem UVWX gemeinsamen zusätze zu folgernde nähere 
beziehung dieser stücke geltend gemacht werden dürfte, als der gereimten Umarbeitung, weil die verse in 
keiner der übrigen lateinischen dramatischen osterfeiem sich finden, bei X in einer UVW ganz homogenen 
situazion erscheinen und durch die wesentlich fi*eiere redakzion von X ihre ortsveränderung leicht erklären 
lassen. Ist daher schon in folge dieses Zusatzes, der gewiss nicht als diejenige erweiterung, — wenn sie 
überhaupt eine solche fiir notwendig oder wünschenswert hielten, — betrachtet werden kann, auf welche 
mehrere unter einander unabhängige redaktoren gerade in dieser stelle von selbst hätten geraten müssen, 
die annähme einer gemeinsamen vorläge für UVWX in dieser szene in hohem grade wahrscheinlich, so 
wird diese durch die von der seitherigen spieltradizion in einem punkte gänzlich verschiedenai szenischen 
anordnungen unwiderleglich erwiesen. 

In allen stücken, welche ausführlichere bühnenanweisungen enthalten, ausgenommen O, treffen die 
drei Marien den oder die engel im grabe sitzend an, jene sprechen hinein, diese aus demselben heraus. 
Das entspricht den evangelischen darstellungen des Matthäus, Markus und Lukas und ist, wie sich später 



8. URSPRUNG UND EKTWICKELDNG. E. VIERTE GRUPPE, QRHTUTWXYZftb. 85 

leigen wird, ohne zweifei die ursprüngliche einrichtung. Bei UVWX dagegen begegnen die frauen zuerst 
in jener ältesten Bzene nur Einern engel, der nicht im grabe selbst platz genommeD hat, sondern ausserhalb 
desselben, und zwar in UV .ante sepulchnim', in X ,foris ad caput sepulchri', in W sogar ,super altare', also 
an einem ganz anderen orte. Nach beendigter Unterredung muss sich dieser engel auf irgend eine weise 
entfernen, die Marien treten alsdann vor das grab, in welchem nun zwei engel sitzen, mit denen Magdalena 
das zweite gespräch fahrt. Mit diesem Szenenwechsel wird nicht nur eine änssere Verschiedenheit beider 
auftritte erreicht, die namentlich für die des lateinischen unkundigen Zuschauer notwendig war, sondern 
vor allem auch die erforderliche Steigerung des effektes, ohne welche zwei so äbnlicbe und in ihrem end- 
zweck gleichbedeutende dramatische Vorgänge nicht neben einander bestehen konnten. Die älteste szene 
aber, welche bisher, im mittelpunkte der handlung stehend, die rolle dramatische Wirkung auszuüben 
bestimmt war, ist durch dieses wohl überlegte manöver zu einem blossen Vorspiel der zweiten begegnung 
herabgedrückt worden, und man wird nicht umhin können, in dieser offenbar durchdachten und absicht- 
lichen änderung des ursprünglichen planes die geschickte band ^ines bearbeiters zu erkennen, der den im 
johanneseTangelium dai^ebotenen Stoff verwerten wollte nnd auch das bis dahin unbenutzt gebliebene 
evangelium des Lukas mit kap. 24, 5. 6 und 7 tributpflichtig machte. 

Es ist schon bemerkt worden, dass auch von der regel eine ausnähme macht Auch in ihm 
findet die begegnung der frauen und engel nicht beim grabe statt, — ein solches kommt in überhaupt 
nicht zur anwendung, — sondern, wie in W, beim altar, auf welchem ein dieses vorstellendes behältniss 
aus bQchem aufgebaut ist. Dass jedoch diese einrichtung, trotz der auf ältester Überlieferung beruhenden 
aufzeichnung von und~ seiner immerhin beachtenswerten Übereinstimmung in diesem punkte mit Vf, nicht 
etwa darum, weil sie die einfachere, auch als die ursprünglichere weise der inszeniening gedeutet werden 
darf, von der man späterbin erst zur aufstellung eines grabee übergegangen wäre, ergibt sich schon aus 
der Spielanweisung des nächstverwanten und in bezug auf treue der Oberlieferung mindestens gleich- 
wertigen P zu ?2 ,Puer, in vestitu angelico sedens super pulpitum a comu altaris sinistro'. Denn da hier 
an der linken Seite des altars eine förmliche bühne (pulpitum) hergerichtet ist, auf welcher das drama 
agiert wird, so muss, obschon des grahes selbst nicht ausdrücklich erwähnung geschiebt, das Vorhandensein 
eines solchen schon um deswiUen vorausgesetzt werden, weil man den engel nicht wohl ohne das zum 
verständniss des darzustellendeu auferstehungsaktes für das volk so wichtige syrohol auf die nackte bühne 
gesetzt haben kann. Wenn aber somit die ausnahmestellung von keine allgemeinere bedeutung besitzt, 
60 kann sie auch nicht als einwand gegen unsere beweisfflhrung dienen, wonach die vorhin dargelegte 
eigentümliche Inszenierung in UVWX für die annähme äines bearbeiters ein entscheidendes kriterium ist. 
— Ohne haltlose Vermutungen vorbringen zu wollen, glaube ich doch auf ein zeugniss des Durandus 
hinweisen zu müssen, aus dem vielleicht, einen schluss auf die entetehung dieses merkwürdigen gebrauches 
in zu machen, gestattet ist Seiner, oben s. 25 mit Y bezeichneten, und weiterhin noch zu besprechenden 
beschrmbung der dramatischen osterfeier fügt Durandus die bemerkung hinzu ,Qnidam vero hsnc reprae- 
sentationem faciunt, auteqnam matutiuuro inchoSnt, sed btc est proprior locns, eo quod Te dam laudamut 
exprimet horam, qua dominus resurrexit: quidam eti&m faciunt ad missam, cum dicitur eequentia illa 
Vietimae pasehali, cum dicitur versus Die tiobU et sequentes'. Daraus geht hervor, dass die matutin des oster- 
morgens die für die dramatische anfführung übliche zeit war, weil man um diese zeit die einstige auf- 
erstehung annehmen zu müssen glaubte, und diese dogmatische meinung ist für unseren aus den dramen 
selbst gelieferten nachweis eine vriUkommene besUtlgnng. Von einigen jedoch, — aber gewiss viel seltener, 
das zeigen schon die erhaltenen stücke, — werde die aufführung in die messe verlegt wo die sequenz 
Vietimae panlutU gesungen wird, und da ist es wohl zu begreifen, dass man die kleine szene vom altar 



86 I- I>I£ LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

aus sich abspielen iiess, indem man von grösseren szenischen zurüstungen, welche die beilige handlang 
allzu stark unterbrochen haben würden, abstand nehmend, ein mit einem tuche überdecktes büchergehäose 
die stelle des grabes vertreten liess. 

Das zeugniss des Durandus ist noch in einer anderen beziehung wichtig und es sei mir gestattet, an 
dieser stelle nachzuholen, was ich oben s. 62 f. bei der Verhandlung über die aufnähme der sequenz Victimae 
paschali in die dramatische osterfeier leider anzuführen unterlassen habe. Ich habe mich dort aus den 
angegebenen gründen dahin entschieden, dass zunächst das sogenannte ,responsorium' von Die nobü Maria 
an in das drama eingang erhalten habe, wie es in PRT tatsächlich der faU ist, und dass das ,respon8onum^ 
alsdann auch den ersten teil der sequenz in OcQ nach sich gezogen. Dabei ist zu beachten, dass OP 
und QRT sehr nahe verwant sind und OP im übrigen auf uralter und ursprünglicher Überlieferung beruhen. 
Aus der anmerkung des Durandus ,quidam etiam faciunt [sc. repraesentationem] ad missam, cum dicitur 
sequentia illa Victimae paschali, cum dicitur versus Die nobis et sequentes' geht nun mit voller klarheit 
die richtigkeit unserer argumentazion hervor. Zugleich damit muss ich diese stelle auch gegenüber der 
behauptung für mich in anspruch nehmen, dass die lateinische dramatische osterfeier aus dem ,responso- 
rium' entstanden sei. Denn, wie ich sie verstehe, gibt sie durch die voranstellung des ,quidam vero hanc 
repraesentationem faciunt, antequam matutinum inchoänt' und die beigefügte erklärung ,sed hie est proprier 
locus, eo quod Te deum laudamus exprimit horam, qua dominus resurrexit' der anschauung des Durandus 
ausdruck, dass diese zeit und aus dem angegebenen gründe die passendere und allgemein gebräuchliche 
zur dramatischen auiführung gewesen, während die einfügung derselben in die messe eine gegen die korrekte 
kirchliche tradizion verstossende ausnähme sei. Allerdings ist die auffassung des Durandus allein noch 
nicht entscheidend und ich verkenne keineswegs, dass seine äusserung auch im sinne jener behauptung 
interpretiert werden könnte. Ich hoffe jedoch, dass dies ebenso wenig geschehe, als ich überzeugt bin, 
dass sich dadurch allein niemand die Wahrscheinlichkeit derselben wird einreden lassen. 

Endlich noch eine Vermutung in bezug auf die schon beregte lesart Quem UV9W9 statt Quid quaeritis 
etc. bei Lukas 24, 5. Dieser vers findet sich nur in UVWX und in c, dem mysterium aus Tours. X hat 
ihm eine eigene gereimte fassung gegeben und liest mit Lukas übereinstimmend Quid; c dagegen liest 
quem, wie UVW, hat jedoch nicht das anstössige di^er Variante, da der vers als frage und antwort 
zwischen die engel und frauen verteilt ist, nämlich c 203, 204 

ANGELÜS interroget Marias: 

Quem queriüs? 

MARIE simul respondent: 

Viuentem cum mortuis! 

Hiedurch, so scheint mir, wird es sehr wahrscheinlich, dass die fassung von c die originale ist und dass 
in UVWX eine verderbniss vorliegt, welche durch irrtümliche auslassung der zweiten Spielanweisung und 
zusammenziehung beider vershälften entstanden ist. 

Diese Übereinstimmung in der aufnähme der beiden aus dem ev. Lukas genommenen verse, der 
veränderten Inszenierung, dazu das zeugniss des Durandas und die bemerkenswerte Variante zusammen- 
genommen, zwingen, wie ich meine, zur annähme £ines bearbeiters für diesen auftritt, von dem UVWX 
dependieren. — Die ferneren zusätze in W, VeniU et videte etc. WIl und Buntes dicüe diseipulis eka etc. 
W12 und In sepukhro W13 sind selbständige erweiterungen dieses Stückes, ohne eine andere weitergehende 
bedeutung; Wll und vielleicht auch W12 sind blosse Wiederholungen von W5, W13 vermag ich jedoch 
nicht nachzuweisen und darum anch nicht zu ergänzen. X15 NoU flere, Maria, returrexU dominm, aUdmal 
fand sich dagegen in etwas rätselhafter weise am Schlüsse von L. X16 Ardem e$t cor meum etc. werdea 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E, VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 87 

wir c200 — 202 wieder antreffen; beide Sätze bilden indess schon den Übergang zum folgenden auftritt 
dieses aktes. 

Dieser auftritt, die begegnung Jesu und Maria Magdalenens, beruht auf ev. Johannes 20, 14 — 17, 
vgl. oben s. 83. Frage und antwort sind hier, wie bei der vorigen szene, aus der erzählung ausgeschieden 
und als dialog ins drama versetzt worden, und zwar in UVWX ohne jeden ferneren zusatz, in QRT unter 
hinzufügung des hymnus Cum venissem tmgere mortuum etc. als einleitung und in QR auch eines aus dem 
hymnus Prima quidem suffragia etc. und dem trishagion bestehenden dialogischen Schlusses. QRT erweisen 
sich somit schon durch diese zutaten näher verwant, UVWX könnten dagegen diesen auftritt gänzlich 
unabhängig von einander zugerichtet und aufgenommen haben, wenn sich eine solche annähme nicht wegen der 
für die unmittelbar voraufgehende zweite engelsszene nachgewiesenen gemeinsamen vorläge von selbst ver* 
böte. Denn diese ist für sich allein nicht möglich, sondern nur als Vorbereitung auf die sich anschliessende 
begegnung Magdalenens mit Jesus zu motivieren. Diese müsste daher zum wenigsten gleichzeitig mit 
jener verfasst sein, und da in UVWX die erstere erwiesenermassen ihre entstehung änem bearbeiter verdankt, 
so kann auch die letztere nur entweder von diesem zugleich mit gemacht oder in dem seiner bearbeitung 
unterliegenden drama schon vorgefunden worden sein. Und dass es wirklich noch andere stücke gab, 
welche die erscheinungsszene schon besassen, ergibt sich aus der Verfassung von QRT, da, wenn zwischen 
diesen und UVWX ein näheres abhängigkeitsverhältniss bestände, QRT auch die zweite begegnung mit 
den engein, oder UVWX den ersten hymnus jener aufzeigen müssten, es sei denn, dass hier der hymnus, 
oder dort die engelsszene willkürlich ausgeschlossen worden wäre, eine jedoch durchaus unwahrscheinliche Ver- 
mutung. Ob daher die erscheinungsszene zunächst in der streng johanneischen form und von mehreren 
unabhängigen autoren in die dramatische osterfeier aufgenommen wurde oder das werk eines einzigen ist, 
aus welchem QRT und UVWX sich entwickelten, ist, meines erachtens, nach läge der sache nicht zu 
entscheiden. 

Eine teilweise engere verwantschaft vrird dagegen für QRT durch den hymnus Cum venissem ungere 
mortuum etc. begründet, der ohne zweifei in folge der erscheinungsszene gedichtet wurde; man hat ihn 
meines Wissens bisher nur in den osterdramen gefunden und auch hier, ausser in T, bloss in deutschen. 
Cividale scheint aber in einem eigentümlichen verhältniss zu Deutschland zu stehen; schon bei H, welches 
ebenfalls aus dieser stat herrührt, fand sich gelegenheit, die wichtige mittlere Stellung dieses unter den 
übrigen ausschliesslich Deutschland angehörenden stücken der zweiten gruppe fQr die aufklärung ihres 
entwickelungsganges hervorzuheben. Wie H, so zeigt aber auch T, abgesehen von den überarbeiteten 
gereimten Sätzen, die spezifisch deutsche zweite rezension und stellt sich in seiner weiteren entwickelung 
durch die mit QR übereinstimmende aufnähme der hymnen Heu nobis intemas mentes etc. und Cum venissem 
ungere mortuum etc., sowie der Sequenz unmittelbar an die Seite der deutschen dramen, gegenüber welchen 
UVWX, gemäss der ihnen eigenen zweiten und dritten engelsszene und des zweimaligen auftreteus Jesu in 
UVX, als repräsentanten einer von jenen unabhängigen französischen entwickelung gekennzeichnet werden. 
Die nächste verwantschaft von H und T zu den gleichartigen deutschen stücken ist hienach über jeden 
s^weifel erhoben und man würde sie, da beide in derselben stat Cividale auftreten, am einfachsten als 
vereinzelte Überläufer deutscher spielformen auf französisches gebiet ansehen können, wenn nicht manche 
anklänge, wie das Quü revolvet etc. in der fassung der zweiten rezension, das Ad monumefUum etc., das 
Cwrrebani duo simul etc. und das CemUis, o sodi etc., auch in den französischen dramen Les trois Maries 
und X sich fänden, welche für dieselben sowohl ein älteres vorkommen, als eine weitere Verbreitung in 
Frankreich beweisen. Für X ergab sich zufolge der Verwendung des Ad monumentum etc. und besonders 
des CemMs, o socü etc. die vorläge eines in dieser partie H ähnlich angelegten Stückes, das drama Les 



88 I- DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

trois Maries stellt dagegen, bei übrigens beachtenswerten Übereinstimmungen mit X, den wettlauf in der 
weise von JELMN dar. Die frage, welchem lande die Priorität in der hervorbringung dieser mittleren 
entwickelungsformen zu vindizieren sei, muss somit als eine offene gelten, bis andere französische denk- 
mäler bekannt werden, die namentlich die allmälige entfaltung der dramatischen osterfeier in Frankreich 
deutlicher erkennen und dadurch auch ihre berührungspunkte mit den deutschen schärfer hervortreten 
lassen. Für den Vorgang der deutschen spricht einstweilen die häufigkeit der stücke, die alle fasen der 
dramatischen entwickelung (ausgenommen die form H) für Deutschland bezeugen und den verlauf derselben 
und die motive, welche ihre bearbeiter leiteten, mit Sicherheit auffinden liessen, ihre grosse und frühzeitige 
Verbreitung und überhaupt ihr bei weitem höheres alter. Und wie hier, so werden wir auch die ausbil- 
düng der deutsch-lateinischen osterspiele von stufe zu stufe verfolgen können. Den nächsten anlass 
dazu scheinen die in QR zuerst vorkommenden hymnen gegeben zu haben, die in diesen beinahe regel- 
mässig und meist mit deutscher Übertragung oder auch in dieser allein auftreten, so z. b. in den oster- 
spielen aus Trier, Wolfenbüttel, Frankfurt, Eger, Innsbruck, Wien, Sterzing: wir werden im folgenden 
hauptabschnitt genauer auf sie zurückkommen müssen und dort auch eine kritische herstellung ihrer texte ver- 
suchen. Hier sei nur erwähnt, dass sich die in QR der ersten strofe des hymnus Cum vmissem ungere mariuum 
etc. vorangehende En angeli aspectum vidimus etc. nur in diesen beiden stücken findet, die strofe Dolor crescü, 
tremunt praecordia etc. anderwärts stets, und gewiss richtig, der strofe En lapis est vere deposüus etc. nach- 
gestellt wird und damit übereinstimmend die lesarten in der zuletzt genannten strofe iUis QR statt eis 
gegen alle anderen auf eine besonders nahe verwantschaft zwischen QR schliessen lässt. Darauf deutet 
auch der die erscheinungsszene in QR schliessende und in T fehlende hymnus Prima quidem suffragia etc., 
welcher von Jesus gesungen wird, indem Magdalena nach den drei ersten strofen mit je einem satze des 
trishagions antwortet. — 

Im Schlüsse des spiels gehen alle stücke dieser gruppe, ausgenommen QR, sehr stark auseinander. 
In T kehrt Magdalena nach den letzten werten Jesu Maria, noU me tangere etc. T19 ,ad locum suumS 
d. h. an den platz im köre zurück, von welchem die frauen ausgegangen waren, indem sie, wie bei der 
ersten engelsszene durch das Ad monummtum etc., ihre erlebnisse berichtet Vere vidi dominum vivere etc. 
T20. Sie wird darauf vom köre, d. h. den jungem, mit dem Die nobis, Maria etc. empfangen, und unter 
wechselweiser absingung dieses teils der sequenz endigt das drama ohne zweifei mit dem Te deum, ob- 
gleich es in der handschrift nicht angegeben ist. — In UV erscheint der ,sacerdos-dominus^ den nach 
dem NoU me tangere etc. UV15 zurückkehrenden frauen zum zweiten male ,in dextro comu altaris' während 
jene vorübergehen, erteilt ihnen seine botschaft an die apostel mit Matthäus 28, 10 Avete, nolite Umere: 
He, nuntiate frtUribta meis, ut eani in Galäaeam: ibi me videbunt UV16 und verschwindet Die Marien aber 
knieen am altare nieder und verkünden zum köre gewant die auferstehuug Aüeluia, restsrrexü dominus, 
resurrexii leo fortis, Christus, fUius dei UV17, der archiepiscopus oder der zelebrierende priester antwortet 
mit dem Te deum. — Ein wechselgesang zuerst der frauen, dann der frauen und engel beschliesst W. 
Jesus zieht sich zurück, nachdem er den Marien seinen sogen erteilt hat; darauf singen diese alternierend 
drei Sätze, die nur mit den anfangsworten bezeichnet werden und responsorien oder hymnenstrofen sind 
(ich habe sie nicht nachweisen können), der am altar sitzende engel antwortet Resurrexii W20, diesem 
die engel im grabe AUebäa, returreadt und ebenso die in den kor sich zurückwendenden frauen AUeluia, 
returrexit W21, worauf diese selbst auch das Te deum anstinmien. — X28 — 30 hat die beiden schluss- 
motive vor UV und W vereinigt; diese dritte engelsszene ist jedoch nichts anderes als die zweite hälfte 
der planmässig geteilten ursprünglichen szene am grabe, vgl. ob. s. 82. Die erste begegnung der engel 
und frauen am grabe enthält in X2 — 7 nur die Verkündigung von der auferstehuug Jesu und schliesst 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 89 

daher mit dem Nmi est Mc, sed surrexü, praedixit ut discipulü X6, jedoch durch das MemmUote, quid lom 
vobis locutiis eit etc., vgl. oben s. 69, erweitert; die botschaft an die jünger ist dagegen unterblieben, um 
hier am Schlüsse als ein besonderer auftritt eingertigt zu werden. Sobald sich also Jesus mit den werten 
NoU m$ längere etc. X21 zurückgezogen, wendet sicif Magdalena zum volke, sprechend (kngraiulammi mihi 
amnes^ etc. X22, darauf treten die engel aus der tür des grabes, rufen die frauen herbei {Venüe et videU 
etc. X23), tragen ihnen auf nach Galiläa zu gehen, wo sie Jesum sehen würden {NoIiU Hmere vos: vuUum 
tristem iam mutaie etc. X24), und den jungem zu sagen, dass Kristus auferstanden sei (Cito euntes dicite 
discqnUis etc. X25). Alsdann treten die frauen den rückweg an, verkündigen dem volke die auferstehung 
(Surrexit daminui de sepulchro, qui pro nobis pependit in ligno, AUeluial X26) und zeigen die schweisstücher 
{Cemitey vos socii etc. X27), welche sie auf den altar niederlegen. Dann folgt die zweite erscheinungsszene, 
nachdem die frauen unter versweise wechselnder absingung einer anderwärts nicht nachweisbaren hymnen- 
strofe (Resurrexit hodie deus deorum etc. X28) nochmals zurückgekehrt shid, ganz wie in UV, nur dass 
X30 nicht, wie UV17, den frauen allein zufällt, sondern zwischen den kor und diese verteilt ist UY und 
X haben diesen Schlussauftritt ersichtlich aus derselben quelle geschöpft. 

Das gesammtbild also, welches die dramen der vierten gruppe uns darbieten, ist von demjenigen der 
beiden vorhergehenden gruppen in hohem grade verschieden. Dort zeigte es eine in einer gegebenen 
richtung fortschreitende konsequente entwickelung, hier dagegen neben mehreren auf älterer und ältester 
grundlage beruhenden gemeinsamen formen die unregelmässige agglomerazion einer grösseren anzahl teils 
kleineren gruppen, teils eitzelnen stücken allein angehörender schon bekannter und neuer züge. Allen 
dramen gemein ist nur die ursprüngliche szene der engel und frauen am grabe und der auftritt, welcher 
die begegnung Magdalenens und Jesu behandelt, soweit er auf ev. Johannes 20, 14 — 17 beruht; durch die 
hymnen Heu nobis, intemas mentes etc.. Cum venissem ungere mortuum etc. und die Sequenz Victimae pMchali 
werden QRT, durch die ^zweite an Johaunes 20, 11 — 13 anknüpfende engelsszene und die beidei» in UV 
und W einzeln, in X vereinigt erscheinenden kurzen auftritte am ausgange der dramen werden UVWX zu 
kleineren gruppen verbunden, in welchen wiederum QR vermittelst der ersten, in T fehlenden, strofe En 
angeli aspectum vidimus jenes hymnus', der offenbar unrichtigen strofenfolge, sowie des andern, die erschei- 
nungsszene beschliessenden hymnus Prima quidem suffragia^ QT vermittelst der vorwiegend die zweite 
rezension aufweisenden ersten szene, während RUVWX hauptsächlich die älteste fassung bewahren, in nähere 
verwantschaftliche beziehungen gesetzt werden. Das mass dieser Verwirrung aber voll zu machen, müssen 
wir sodann das Ad monumentum etc. in QRTX, das Currebant duo simul etc., durch einige strofen der 
Notker sehen Sequenz Laudes salvatori zur wettlaufszene ergänzt, in R, das Cemitis, o socii etc., jedoch in 
der entwickelungsfase H, und den wettlauf in ganz neuer abfassung in X, und überdies noch eine ganze 
reihe an sich zwar unwichtigerer modifikazionen, Verschiebungen und zusätze hervortreten sehen, um uns 
sofort von der absoluten unmöglichheit zu überzeugen, diese heterogenen und in der willkürlichsten weise 
sich kreuzenden erscheinungen auch nur bei einem einzigen satze unter den gesichtspunkt einer allge- 
meinen und gar auf der basis der zweiten und dritten gruppe fortgesetzten entwickelung zu bringen. 
Allein auch für diese bildungen der lateinischen osterfeier muss es eine erklärung geben. Aus der im 



1. Du Meril, Origiiies laUofls p. 114, note 2 schlägt ganz unnötiger weise vor quia kic quem zu lesen. Das responsorium 
lautet vollständig Resp. Congraiulamini mihi omnes, qui diligitis dominum, quia quem querebam apparuii mihi, Ei dum 
ßerem ad monumentum^ vidi dominum meum alMuia, alleluia. Vers. Reeedentibus ditcipulii, non recedebamf ei amorie 
eius igne succenta, ardebam desiderio^ Ei dum ßerem etc. und findet sich z. b. in einem Breuiarium { Romanum, Üenetijs | 
ipressum arte et impSsis Oe-|orgij de Ariuabenis Man|tuani. Anno incamationis | domini. M occc xcvij. zvij. | Cal'. 
lun^. 40, fol. 192 b. 

MllohiAck, Otter- und paMiooMpi«!«. 12 



90 I I>IE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

gaDzen genommen übereinstimmenden form der ältesten szene zwischen den frauen und engein am grabe 
geht hervor, dass sie ursprünglich wenigstens auf dieser gemeinsamen grundlage beruhen, die hinzanabiiie 
des auftritts Magdaleneiis mit Jesu muss ferner, weil er in allen stücken identisch, der erste schritt ihrer 
entwickelung gewesen sein, und diese beiden Szenen, beschlossen durch das Te deum, haben wir als den urtfpiiB 
der vierten gruppe zu betrachten, der, wenn er nicht von nur ^inem bearbeiter herrührt, — was nicht ent- 
schieden werden konnte, — in Frankreich von Deutschland unabhängig entstand, alsdann aber in bei- 
den ländem eigentümliche formen des dramas erzeugte. Die beiden deutschen QR und das zweite dvidaler 
mysterium T suchten die weitere entfaltung durch die anwendung des Ad monumentum und je eines hynmiiB, 
resp. der sequenz Vietimae pasehali vor jeder szene und vor dem Te deum, die französischen UVWX in einer 
zweiten grabszene vor dem erscheinen Jesu als hortulanus, und bis hieher ist die entwickelung auf jeder 
Seite eine gemeinschaftliche. Und dass diese formen weit früher vorhanden waren, als die erhaltenen 
stücke, wird durch c, das mysterium aus Tours, bewiesen, das noch ins zwölfte Jahrhundert hinaufreicht 
und in seinem älteren kerne genau dieser stufe der französischen entwickelung entspricht. Was sich aber 
über diese Stadien hinausgehend in unseren dramen noch findet, ist je nach dem gutdünken des mit der 
regle seines klosters betrauten geistlichen neu hinzugefügt, oder aus andern stücken aufgenommen, wie 
sie in den bereich seiner kundschaft gerieten. So beruht die zweite rezension in Q und T offenbar auf ver- 
schiedenen quellen, da einerseits Q8, andererseits T9 im gegensatz zu seinem partner die ältere fassung 
bewarte. Solche Übereinstimmungen haben daher keine allgemeinere bedeutung, weil ihnen der zentrale 
ausgangspunkt fehlt. Für uns und die weitere Untersuchung beanspruchen natürlich die beiden deutschen 
osterfeiem QR das grösste Interesse, von denen jedoch nicht Q(6) allein, das ja des wettlaufs und viel- 
leicht auch der zweiten hälfte der sequenz noch ermangelt, die grundlage aller deutsch-lateinischen oster- 
spiele, wie Schönbach angibt, sondern eine aus beiden in vermehrter und verbesserter bearbeitung ent- 
standene komposizion, welche in vollständig lateinischer fassung bis jetzt nicht bekannt ist. 

In der ei nie i tun g dieser stücke treten dieses mal entschiedener, als es bisher der fall gewesen, 
lateinische hymnen auf. Der hymnus Heu, pius pastor oeeidü etc. XI ist allerdings wiederum eine eigen- 
tümlichkeit dieses Stückes und kommt wie früher, so auch in den späteren dramen nicht mehr vor. Die viel- 
fachen Verderbnisse im texte dieses hymnus sind, wo sie mit Sicherheit zu verbessern waren, durch aus- 
schliessung der den rytmus störenden zusätze in runden klammem nach dem vorgange Du M^rils beseitigt 
worden; die für den zweiten vers der vorletzten strofe zur wähl gestellten konjekturen Du M^rils perunga^ 
mus corpus sanetum oder ungamus corpus sanctum scheinen mir jedoch das richtige nicht zu treffen. Wich- 
tiger ist dagegen der in QRT benutzte hymnus Heu nobiSy internas mentes etc., weil er in den deutsch- 
lateinischen osterspielen sozusagen stereotyp geworden ist. Dort wird von demselben, wie schon ange- 
geben, ausfürlicher die rede sein müssen. Die aufnähme der hymnen und der grössere umfang dieser 
dramen schliesst natürlich die einfügung derselben in den gottesdienst der matutin des ostermorgens noch 
nicht aus. 0, welches ebenfalls einen hymnus als einleitung benutzte, zeigte daneben in Ol eine antifone 
oder ein responsorium, welches ebenso wie Ql. 2 die stelle des rituals bezeichnet, bei welcher die dra- 
matische auflührung erfolgen sollte. UVW haben zwar keinen lyrischen eingang, dafür aber werden durch 
die Spielanweisung zu Wl ,Ad matutinum paschae, ante Te deum laudamus' etc. nochmals die zeit und der 
ort des spieles ausdrücklich bezeugt. 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELÜNQ. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. ^| 

Gemäss der Scheidung» welche ich für die untersuchang unter den in der aufschrift dieses ab- 
Schnitts genannten stücken getn»ffen habe (vgl. oben s. 64. 65)« harren nun die erhaltenen bruchstücke 
von dramatischen osterfeiem noch einer kurzen besprechung. 

Was wir von T wissen, findet sich in d^ beschreibung des Durandus, welche sich leider haupt- 
sächlich darauf beschränkt, den verlauf der handlung im allgemeinen und die auftretenden personen an- 
zugeben, die einzelnheiten des dialogs jedoch nur an zwei stellen deutlich hervortreten zu lassen. Ihr 
Wortlaut ist folgender: 

Tertio responsorio cum Gloria patri decantato, cum cereis et solemni processione de choro ad ali- 
quem locum tendimus, ubi sepulc^um imaginarium coaptatur et ubi introducuntur personae sub forma et 
habitu mulierum et duorum discipulorum, scilicet lohannis et Petri, qui ad sepulcrum Christum quaerentes 
venerunt, et quaedam aliae personae in personis et forma angelorum, quae Christum a mortuis resurrezisse 
dixerunt; in personis quorum recte cantari potest illa secunda responsorii primi particula NoU timere etc. 
usque in finem responsorii. Tunc redeunt ad chorum, quasi fratribus referentes, quae viderunt et audierunt, 
et unus redit citius alio, sicut Johannes cucurrit citius Petro; in personis quorum convenienter cantatur 
illud responsorium Congratulamini sine versu. Si qui antem habent versus de hac repraesentetione com- 
positos, licet non autenticos, non improbamus. Tunc chonis, audita resurrectione Christi, prorumpit in 
vocem altisone cantans Te deum laudamus. 

Alsdann folgt noch die schon besprochene stelle über den verschiedenen gebrauch, die dramatische 
aufiführung in der matutin oder in der messe statt finden zu lassen, vgl. oben s. 85 f. 

Soviel geht zunächst aus dieser beschreibung mit Sicherheit hervor, dass das personal in dem drama, 
welches Durandus vor äugen hatte, aus frauen,, engein und den aposteln Johannes und Petrus bestand und 
dass ein aufgeschlagenes grab den wesentlichsten bestandteil des szenischsn apparates bildete; dass femer 
das drama zwei auftritte hatte, die ursprüngliche engelszene und den wettlauf der jünger, mithin den 
stücken JKLMN sehr nahe verwant gewesen sein muss. In der Inszenierung unterscheidet es sich jedoch 
von diesen und allen übrigen dadurch, dass die apostel den ersten gang der Marien zum grabe mitmachen« 
Der Inhalt des ersten auftritts war natürlich die Verkündigung von der auferstehung Jesu, über die form 
des dialogs lässt sich jedoch aus den angaben des Durandus nichts genaueres entnehmen, ausser dass zur 
schliesslichen antwort der engel die zweite hälfte eines responsoriums verwant wurde, dessen form sich 
indess wiederum nicht bestimmen lässt, da man nicht wissen kann, welches missale Durandus im sinne 
gehabt hat. Die bibelstelle, welche diesem responsorium zu gründe liegt, ist natürlich nicht Matthäus 28, 
V. 10, sondern y. 5. 6 Nolite timere vos : scio enim quod lesum, qui crucifixus est, quaeritis : non est hie, 
surrexit enim sicut dixit: venite et videte locum, ubi positus erat dominus, und die fassung des respon- 
soriums ist annähernd wenigstens aus Sl zu ersehen. Hinter den werten ,quasi fratribus referentes, quae 
viderunt et audieruntS welche den satz, den die vom grabe zurückkehrenden zu singen hatten, seinem In- 
halte nach wiedergeben, verbirgt sich offenbar das Ad monumentum venimus etc. Dann folgt der wettlauf. 
Da aber die apostel schon mit den frauen beim grabe gewesen sind, so sieht man nicht, inwiefern das 
spiel ihre rückkehr dahin motiviert, ob durch das Currehant duo simul etc. des kores, oder etwas anderes, 
und das Congratulamini mihi omnes etc. der zurückkommenden, welches wir nur X22 und in anderer Ver- 
wendung angetroffen haben, könnte um so mehr auf die Vermutung leiten, dass die darstellung dieses 
auftritts von den sonst bekannten ganz abgewichen sei. Das Te deum des kores macht auch hier 
den scUuss. 

Wenn wir somit art und umfang dieses dramas im ganzen aus der beschreibung des Durandus 
wohl SU erkennen im stände sind, so bleiben doch die am meisten interessierenden eigentümlichkeiten 



92 



I. DIE LATEINISCHEN 08TERFEIERN. 



dunkel, und der verlust desselben ist^ um so mehr zu bedauern, weil gerade die französischea stücke noch 
Zu wenig zahlreich und zu verschieden sind, als dass man von ihm nicht einige aufklärung über manche 
punkte ihrer entwickelung hätte erhoffen dürfen. — 

Die beiden bruchstücke aus Lichteuthal und Reichenau, Z und a, sind bisher stets als unter 
einander ganz unabhängige fragmente zweier dramatischer osterfeiem betrachtet worden und es ist in der 
tat recht sehr zu verwundern, dass ihre Zusammengehörigkeit sowol Mone, als Du M^ril, Drosihn, Reidt, 
Wilken und Schönbach verborgen blieb, da sie sich doch in der reihenfolge, in welcher sie Mone abgedruckt 
hat, lückenlos zum ganzen vereinigen lassen. Mone vermutete, dass a den text des einsiedelner Spieles 
in R28 ergänze, Z aber hält er nach seiner ersten strofe für die einleitung zu einer osterfeier, die man 
nur deshalb keiner besonderen aufzeichnung bedürftig erachtet habe, weil die letztere selbst in ihrem her- 
kömmlichen texte jedermann bekannt gewesen sei. Wilken hat in der besprechung des reichenauer frag- 
ments nur seine ansieht von der ursprünglichen Selbständigkeit des ,responsoriums' Die nobis Maria etc. 
gegenüber dem ersten teile der sequenz Vietimae pasehäli zu begründen gesucht \ind erblickt in a, wie in 
Z, mit ausnähme der beiden ersten strofen, nur zwei die form des ,responsoriums' nachahmende erwelte- 
rungen dieses. Die verwantschaft beider besteht aber für ihn bloss im responsorium, welches ihnen zur 
grundlage diente, und dass er Z tatsächlich nicht etwa als eine fortbildung von a ansieht, zeigt er in der 
sechsten anmerkung zu s. 69 seiner Geschichte der geistlichen spiele, in welcher er Mone und Reidt tadelt, 
weil sie auch Z als ein bruchstück behandeln, ,da es doch, wenn man sich das [mit dem Die nobis, Maria, 
quid vidisti etc. angedeutete] responsorium ausgeschrieben denkt, vernünftigerweise nichts mehr erwarten 
lässt^ Hätte Wilken Z für eine fortbildung von a gehalten, so würde er nicht auf eine ergänzung des- 
selben durch das responsorium, sondern durch a selbst haben hinweisen müssen. Der in Z fehlende schluss 
kann allerdings das blosse responsorium Die nobis Maria etc. gewesen sein; wenn man aber in a den 
schluss eines Stückes besitzt, das einen Z ganz analogen karakter gehabt haben muss, wenn beide frag- 
mente ohne jede Schwierigkeit zusammengefügt werden können, von anderen derartigen auf der grundlage 
des responsoriums dialogisierten hymnen aber keine spur vorhanden ist, so wird jeder unbefangene ohne 
alles bedenken der Vermutung räum geben müssen, dass die beiden bruchstücke nichts anderes, als 
die durch zufall oder absieht fragmentarisch überlieferten teile desselben ganzen sind, und in ihnen nicht, 
einer nutzlosen hypotese zu liebe, ohne zwingenden grund verschiedene und von einander unabhängige 
bearbeitungen des respodsoriums sehen wollen, die unserer kenntniss der entwickelungsgeschichte des 
dramas, anstatt sie zu fördern, vielmehr irreleitende hindernisse in den weg setzen. Glücklicher weise 
kommen uns dieses mal ausser der lichtentbaler und reichenauer noch fünf andere handschriften und 
drucke zu hülfe, welche diesen dialog mehr oder weniger vollständig darbieten und einen text herzustellen 
gestatten, der hoffentlich aUen zweifei an der Zusammengehörigkeit von Z und a beseitigen wird. 



SBqCBlITU DBYOTi AVTIQUOBUM NOSTBOBUH DB BB8UBBECT10NI8 ABOUHBHTIS. 

BANCTABUM VTROINXJM MABIE AO MABIE HAODALENE DE G0BCPA88I0NB HOBTIS CHBI8TI PEB MODÜM DTALOOI BEQUENTIA. 



CHORUS: 

Surgit Christus cum tropheo, 
iam ex agno factus leo, 

solenni victoria. 
moi*tero vicit sua morte. 



5 reserauit seras porte 
sue mortis gracia. 
Hie est agnus, qui pendebat 
et in cruce redimebat 
totum gregem ovium. 



ttanduchrifftn: y4, Collectio s, gallenns Iropnrum ei sequentiarumy pupierAf. in j^O p. j /50^, no $iB^ hl. 9%^ 9U Si Oafim^ 
mmtiknoUn, li[7j\ hand»chr, de* 4S. jkdtt s« Ltchlenlhat ohne nummer^ mit munknoten; rtji, oben s. iS» C(a)^ anüfo 



8. URSPRUNG UND ENTWICEELÜNO. E. VIERTE GRTTPPE, QRSTÜYWXTZab. 



93 



10 cui cum nullos condolebat 
Magdalenam consumebat 
doloris incendiuin. 

Tres bene vooiferati soolares reepondent pato [?] Y . . 
H* CHORUS primo: 

Die, Maria, quid vidisti,* 
contemplando crucem Christi? 

SCOLARES nJ: 

15 Uidi Ihesum spoliari 
et in cruce sublevari 
peccatorum manibus. 

CHORUS: 

Die, Maria, quid vidisti, 
contemplando crucem Christi? 

SCOLARES: 

20 Spinis caput coronatum, 
Yoltum sputis maculatum 
et Plenum liuoribus. 

CHORUS: 

Die, Maria, quid vidisti, 
contemplando crucem Christi? 

SCOLARES lU: 

25 Clavos manus perforare, 
hastam latus volnerare, 
vivi fontis exitum. 

CHORUS: 

Die, Maria, quid vidisti, 
contemplando crucem Christi? 

SCOLARES nj: 

« 

30 Quod se patri comendavit 
et quod caput inclinavit 
et emisit spiritum. 



CHORUS: 

Die, Maria, quid feeisti, 
postquam Ihesum amisisti? 

SCOLARES nJ: 

35 Matrem flentem sociavi, 
quam ad domum deportavi: 
et in terram me prostravi 
et utrumque deploravi. 

CHORUS: 

Die, Maria, quid fecisti, 
40 postquam Ihesum amisisti? 

SCOLARES 3: 

Post unguenta preparavi, 
et sepulchrum visitavi: 
non inueni, quem amaui, 
planctus meos duplieaui 

CHORUS: 

45 Maria, noli flere! 

iam surrexit Christus vere? 

[SCOLARES nJ:] 

Corte, multis argumentis 
vidi Signa resurgentis. 

CHORUS: 

Die nobis, Maria, 
50 quid vidisti in via? 

ANGhELI lU, Boil. soolares: 

Sepulchrum Christi viventis 
et gloriam vidi resurgentis. 

CHORUS: 

Die nobis, Maria, 
quid vidisti in via? 

SCOIiARBS: 

55 Angelicos testes, 
sudarium et vestes. 



4§s fi. jhdts atifl Reiehenam^ jetti auf der hofbibli^iek tu KarUruhe no JOf, hl. 49^ mit musiknoten; vgl. oben s. j85. H, miitaU 

leruaceniB {TournayJ v. j. 4H$; ahgedrmeki bei Jo. M, Neale^ StanailMM ex mietalibui germ, angl. galL aliieque medU tuni coUeeteiu 
Londini 485ft^ pag. 48 s». E, papierht, in iO dee 1$. jhdiSf no 877 f fl. f^ m St Qaiien, K, Hisioriae et sequenlia«» fergamun^» 

in 8^ det 44. jhdiSj no 472, pag, 488, mi Si GaUenm t?, wUesale magunHnum v. j. 4 SIS, deeten von D abtoeiehende lesarten (volU 
Miändig?) miigeieili hai Keale a. a, o., pag. if, ann^erk. 5— i. — Abeekriflen der drei ii galler handtchriften verdanke iek der premndm 
liehen vermiiUlung des kerm giifitbibliotekari idiensohn tu 8i QaUen. 

Veber$ehrifien: ▼irginiü A vielleicki nur ein letefMer^ In pascha annotino D, fehlen BCEFQ. 1—46 fdUen C 

t Srgit £. 3 solempnis F. 4 Tincit F. sua fehlt E. 5 portem E. 6 Sua DO, gracie £, exitum F. 7 pen- 

dedat E, 9 Tatam E. 10 Qui F. cum fehlt ADQ. 11 Magdalena D, Matrem eins G, Mariam doloris £. inoen* 

dedat D. 12 Doloris fehli E. a V... der durch die punkie angedeuieie amrande geeiandene teil des wories iei abgesehniUen A, 

13 Die Maria] Mater Christi 0. qnod £. 15 Ihesom] Chiistom DQ. la 19 Die Maria £, fehlen DFÜ. 18 Dio 

Mftria] Mater Dei 0. 20—23 fehlen 0. 20 Caput spinis D. coronari: maeulari BD. 23. 24 Die E, fehlen BCDFQ* 

25* 26 Vidi Talde cruentatam Hattft latus perforatnm 0. 25 perforari F. ^6 Hasta E. 27 exitus F. 28. 29 feUm 

DEF. 28 Die Maria] Mater dei 0. 30 pater F, matri G. 31 olinayit £. 33 Die Maria] Viigo mater 0. 34 Ihesum] 
Christum D, natum Q. amisti E. 35—38 Post |i0O domum deportata Et ex totä cnientata Sic iacebam desolata Repleta 

moeroribus 0. 35 saciavi F. 36 Quam] Et D. domum semivivam rep. A. reportayi i4F, ropotayi £• 37 Et] 

Post B. Tunc ad terram A Et in terra F. 39* 40 fMen DEF", 41 ungenta i4£F. 42. 43 Et £1 42 E. s. lamen- 

tando Tis. A. 43 Non] Nee BF. 44 Planctos £» Fletus DO. 45—64 Die nobis Maria quid vidisti etc. B. 46 Iam] 

Nam K 48 Signa ridi r. DG. 49^-52 fehien DQ. 49—60 fAlen F. 49—62 fehlen E. 53. 54 fehlen C 



94 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIEBN. 



CHORUS: 

Die nobis, Maria, 
quid vidisti in Tia? 

SCOLARES: 

Surrexit (/hristus, spes mea, 
60 praecedet suos in Galileam. 



CHORUS TOTUS: 

Gredendum est magis soli Marie yeraci, 
quam ludeorum turbe faUaci. 
Seimus, Christum surrexisse a mortuis vere ; 
tu nobis, vietor, rex, miserere! 



57. 58 fehlen CDQ. 60 bbos] tos A jedoch undtutlieh, tmd DQ. GalilAea C, Galilss DQ. 61. 62 feUen DQ. 61—64 

Credendmii. Sdams Chridtam etc. Resp. sop 89 Af d, i. dU anfangtworie dieser slrofen tubei der «enoetftm^ auf eine fruhmrm 
MieUe deetelben kode»^ im dae ganwe responsorium eiehen wird, 63 a] ez CK, 64 Ta] Oam £F. miserere allelaia F^ 

Ollis. Amen. Allelaia DQ, 



Angaben über die Vortragsweise der Sequenz finden sich, wie es seheint, nur in A, B und G. Die 
beiden eingangsstrofen und den sehlusssatz von Credendum est an singt der ganze kor, die frage Die nobis 
Maria in ihren verschiedenen variazionen wird jedoch in A, obschon sie ebenfalls dem kor zugeteilt ist, 
wie die anweisung zu A, v. 61 ,chorus totus' beweist, nur von einem teile desselben, wahrscheinlich von 
nur zwei geistlichen gesungen worden sein, welche die apostel Petrus und Johannes vorstellen sollten und 
demgemäss durch besondere aufstellung oder gewandung ausgezeichnet gewesen sein müssen. In B dagegen 
sind die fragsteiler als ,angeli' bezeichnet, die partie der Maria Magdalena ist mit ,Maria' übersehrieben»^ 
während diese in A durch ,tres bene vociferati scolaresS in durch ,duo pueriS die natürlich auch nur 
klosterschüler gewesen sein können, vertreten wird. Demnach stünde zu vermuten, dass B entweder als 
selbständiges drama oder als einschiebsei in einer dramatischen osterfeier zur darstellung gelangte, wenn 
nicht diese unerklärliche Verwechselung der apostel mit den engein, für welche weder früher noch später 
eine analogie sich findet, gegen den Schreiber der handschrift den verdacht erregte, diese roUenbesetzang^ 
selbst erfunden zu haben, ohne von den gebräuchlichen osterdramen eine ordentliche Vorstellung zu besitzen. 
Mone, Wilken und die übrigen haben an der besetzung der rollen in B keinen anstoss genommen und 
halten die inszenierung der sequenz nach art eines dramas, d. h. eine aufführung derselben durch personen^ 
welche sich durch kostüm, geberde und, so weit dies der mangel an eigentlicher handlung erlaubt, durch 
bewegung auf einer bühne, oder in einem für diese geltenden abgegränzten räume als Schauspieler erweisen, 
für selbstverständlich. Ich meine indessen, dass es besserer anhaltspunkte bedarf, als die dialogische form 
der sequenz, und die verdächtige bezeichnung der rollen in B, um eine solche auffassung zu begründen, 
und glaube, eine Vortragsweise, zu der, wie bei dem Vktimae paschaU, — auf dessen grundlage diese 
grössere sequenz ja entstanden ist, — mehrere köre verwant wurden, sei die einzige, welche form and 
Überlieferung anzunehmen gestatten. Daher bleibt auch die Vermutung Mones, dass das rdchenauer 
fragment und also, nachdem sich das lichtenthaler als die korrekte ergänzung jenes erwiesen, die ganze 
sequenz nur eine lücke bei R28 auszufüllen bestimmt sei, ohne ernsthafte bedeutung, bis sich bestimmtere 
Indizien finden, welche die direkte Verwendung derselben in den lateinisch-dramatischen osterfeiem sicher 
stellen. Dasselbe gilt von der dedukzion Wilkens, nach der das responsorium Die nobis Maria etc. eine 
ursprünglich von der sequenz Vietimae pasehaU unabhängige und selbständige komposizion, die reichenauor 
und lichtenthaler bruchstücke verschiedene zu eigenartigen dramen entwickelte erweiterungen desselben 
sein sollen, von denen die letztere wegen der darin vorgetragenen karfreitagsmomente als ein Vorspiel 
(d. h. wol eine vorläuferin) der dramatischen marienklagen anzusehen wäre, vgL Gesch. d. g. sp. s. 68 ff. u. 75^ 
denn das responsorium ist, wie wir gesehen haben, ein ursprünglicher teil der sequenz des Wipo, Za sind 
nur besondere ausdichtungen desselben, ohne darum schon dramen zu sein und als solche verwant zu werden 
(der titel lautet in der st galler hs. no 546 einfach ,sequentiaO, und eine nachwirkung auf die dramati-^ 



8. UBSPRUNG UND ENTWICKELUNG. E. VIERTE GRUPPE, QRSTUVWXYZab. 



95 



sehen marienklagen, in welchen auch nicht Maria Magdalena, sondern Maria mater die trägerin der hand- 
lang ist, hat Wilken nicht nachweisen können, weil von ihr in der tat keine spur vorhanden ist. 

Dass die ersten beiden strofen unserer sequenz eine art hymnus seien, ist schon von Wilken, Oesch. 
d. geistl. sp. s. 69 bemerkt worden. Er hat dagegen übersehen, dass auch die folgenden, der rolle Magda- 
lenens zufallenden verse bis v. 32 denselben rytmus haben und durch die dazwischen geschobenen firagen 
der ,scolares' Die, Maria etc. in halbstrofen zerlegt worden sind, wodurch sie sich in iTtmiscber hinsieht 
allein von jenen unterscheiden. Diese naheliegende beobachtung lässt indessen Z und sicherlich auch a 
als blosse dialogisierungen älterer hymnen (denn auch v. 35 — 38 und 41 — 44 sind offenbar hymnenstrofen) 
erscheinen, was ja allerdings Wilkens bemühungen, diesen fragmenten eine hervorragende bedeutung für 
die entwickelungsgesehichte der lateinisch-dramatischen osterfeiem beizulegen, nicht gerade forderlich ist. 
Den hymnus, aus welchem der erste teil der sequenz entstand, hat Mone schon in einer handschrift der 
hofbibliothek zu Karlsruhe, cod. augiens. chart no 36, fol. 48^ nach neuerer foliierung, 15. saec, (vgl. 
Schausp. des mittelalt. 2, s. 361) nachgewiesen; herr hofbibliotekar dr Holder hatte die gOte, mir eine 
genaue abschrift desselben mitzuteilen, nach der ich das meines Wissens bisher unbekannte gedieht hier 
folgen lasse. Es bildet den ,prologus' zu einem ,PIanctus gloriosissime Marien 



Surgens Ihesus cum tropheo, 
iam ex agno factus leo, 

solempni victoria: 
mortem uieit sua morte, 
5 reserauit seras porte 

sue mortis gratia. 

• 
Hie est agnus, qui pendebat, 

et in cruce redimebat 
totam gregem ouium: 
10 cui cum nullus condolebat 

hoc Mariam consummebat 
doloris incendium, 

Yidens natum spoliari 
et in cruce conclauari 
15 peceatorum manibus, 
spinis Caput coronatum, 
wltum sputis maculatum 
plenumque liuoribus: 



•Clauos manus perforare, 
20 hastam latus wlnerare, 
viui fontis exitum: 
quod se patri commendauit 
et quod caput inclinauit, 
patri tradens spiritum. 

25 Ergo, mater, nos agnosee, 
libro uite nos deposee 
cum electis miseris, 
ut, consortes tue sortis, 
et a penis et a portis 

30 eruamur inferi[s.] 

Virgo, mater, pia, bona, 
aduöcata et patrona, 

prece semper sedula, 
apud thronum summi regis 
35 derelicti uices [oues?] gregis 
commenda per secula. 

Amen. Amen. 



An zwei stellen scheint in der handschrift eine verderbniss vorzuliegen, nämlich v. 11, wo statt 
h9 maia besser Magdälenam gelesen wird, und v. 34, wo tuam> \ ganz unverständlich, und desshalb von mir 
einstweilen durch thronum ersetzt worden ist. — Wie gesagt zweifle ich nicht daran, dass auch v. 35 bis 
38 und V. 41 — 44 der sequenz aus einem hymnus entnommen sind, ich habe den betreffenden jedoch nicht 
ausfindig machen können. 

Da die benutzung der sequenz weder in den lateinischen, noch in den lateinisch-deutschen oster- 
dramen nachweisbar ist, so fragt es sieh nicht nur, ob sie etwa hin und wieder als sehluss eines solchen, 
wie die uns bekannten, benutzt wurde, sondern ob sie überhaupt in den kreis unserer osterdramen ge- 
hört, und nicht vielmehr nur ein oratorienartiger ostergesang ist, der an die stelle des üblichen und 



üa 



96 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIEBN. 



einfachen! Victimae pasehali trat. Für die entwickelungsgeschichte des dramas ist sie jedenfalls, wie Bädt 
(D. geisü. schausp.. d. mittelalt. in Deutschi. s. 20) richtig bemerkt, ohne jede bedeutung, vgl. Wilken, 
Gesch. d. geistl. sp. s. 69 und anmerk. 3. — 

Das letzte bruchstück b, Orleans II, bildet ohne zweifei die einleitung zu einer dramatiBchen 
osterfeier, keinesfalls jedoch zu dem Mysterium apparitionis d. n. Ihesu Christi duobus disdpulis in Em- 
maus vico, an dessen spitze es Wright abgedruckt hat; ob es in der handschrift selbst mit diesem Stacke 
unmittelbar verbunden ist, lässt sich aus den vorhandenen angaben nicht erkennen. Der text des bnich- 
stückes nach Du M^ril ist folgender. 

b« OBLilHS II, Uli. JHDT. 



PRIMA [MARIA:] 

1 Heu, miserae, cur contigit videre mortem salva- 
toris? 

SECUNDA [MARIA:] 

2 Heu, redemptio Israeli utquid mortem sustinuit? 



TERTIA [MARIA:] 

3 Heu, consolatio nostra, utquid taliter agere voluit? 

OMNES insimiü: 

4 lamiam ecce, iam properemus ad tumulum, uo- 
gentes- corpus sanctissimum. 



Bei Goussemaker, Drames liturgiqu6s p. 184 und 194 lauten die Spielanweisungen zu 1 — 3 nur 
prima, secunda, tertia; die nähere bezeichnung ,Maria' ist also von Du M^ril wohl gegen die handschrift 
hinzugefügt worden, da der abdruck Goussemakers auf erneuter vergleichung der letzteren beruht. Die 
anwendung dieser Sätze scheint eine grössere ausdehnung gehabt zu haben, als man nach ihrem verein- 
zelten auftreten in den lateinischen osterfeiem vermuten sollte; wir werden ihnen zunächst in c, dem 
mysterium aus Tours, v. 68 — 74 und dann mehrfach auch in den lateinisch-deutschen osterfeiem wieder 
begegnen. — 

Aus derselben grazer pergamenthandschrift 40/6 8®, bl. 136ab, aus welcher L (a nach Schönbachs 
bezeichnung) herrührt, hat Schönbach, Zeitschrift für deutsches altertum 20, s. 133, noch ein anderes stück 
(b nach Schönbachs bezeichnung) mitgeteilt, das jedoch kein drama ist, sondern nur österliche re^onsorien 
darbietet. Ohne einsieht der handschrift vermag ich über die Verwendung beider nicht zu entscheiden, 
ich glaube jedoch, dass wie L(a) die nicht obligatorische dramatische aufiuhrung, so b nur einen teil, die 
responsorien des kirchlichen rituales der matutin des ostertages enthält, die wir zwar in den einleitungen 
der lateinischen osterfeiem wiederholt angetroffen haben (vgl. z. b. Sl ff.), die aber darum mit dem 
drama selbst noch nicht identifiziert werden dürfen. Sie haben daher für die vorliegende Untersuchung 
keine bedeutung, wesshalb ich mir eine Wiederholung derselben erspare. 

Das stück dagegen, welches Schöubach a. a. o. s. 134 aus dem grazer kodex 40/81 4^, bL 187b 
abgedruckt hat, ist, obschon auch kein drama, doch insofern für uns interessant, als es die Sätze der 
lateinischen osterfeier in der fassuug der zweiten rezension ausgelöst und mit einer art deutscher über^ 
tragung verbunden darbietet. Es lautet 

Du solt in [l. ein] aue singen. Gum transisset sabbatum. do di dri verauen gi[n]gen ze vronem 
grabe sauwen: Maria Magdalena et alia Maria ferebant diluculo aromata, dominum quaerentes in monu^ 

mento. Under wegen war si nemen, wer in abe dem grabe solt walgen den stain: Quis revolvet 

nobis ab ostio lapidem, quem tegere sanctum cernimus sepulchram. Zu in sprah der engel, wen sie in 
dem grabe suchen wellen: Quem quaeritis, o tremulae mulieres, in hoc tumulo gementes? Sie sprahen, 
den cmciten hailant: Ihesum Nazarenum cmcifixum quaerimus. Der engel sprah, er ist erstan, daz sait 
sinen ju[n]geren unde Peter: Non est hie, quem quaeritis; sed cito euntes nunciate discipulis eins et Petra 
quia surrexit Ihesus. Sie saiten den poten, Erstanden was der hailant: Ad monumentum venimus ge« 
mentes, angelum domini sedentem vidimus et dicentem quia surrexit Ihesus. Hie leuffen die ze grabe uiL 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, o. 



97 



here; Peter [unde] lohans zaigoten den anderen den uberdon [d. h. die schweisstücher], solt du lute sin- 
gen Currebant etc. Hie heift man den Ruf Criste der ist irstanden. Surrexit. Alleluia. Laus mettinen. 
Dass dieses stück ein verkürztes rituale sei, wie Schönbach annimmt, glaube ich nicht, doch weiss 
auch ich nicht zu sagen, welchen zweck es gehabt haben mag. 



F. DAS MTSTEBIÜM AUS TOUBS^ c 



[fol. la] Tunc erit error peior. 

Hio PILATUS oonao[oet»] militee ad se et dioat: 

Uenite ad me, milites 
fortes atque incolumes; 
diligenter pergite, 
5 quod uobis dico facite: 
tres dies cum noctibus 
uigilate cum studio, 
ne fure[n]tur discipuli 
[eum] et dicant plebi: 
10 surrexit a mortuis. 

Ite, uos milites, sollerti cur& 

uobis commissa sit [nunc] sepultura. 

Statim MIIilTES eant inidmnl oanendo hos uersuB usque- 
dam ueniant ante sepulohram: 

Ergo eamus 
et quid dixit faciamus: 
15 uigilando custodiamus, 



ne sepultum amittamus, 
Ne forte ueniant eins discipuli 
et furando transferant alibi, 
inuadamus eos cum [fol. Ib] lanceis 
20 et uerberemus eos cum gladiis. 

Modo ueniat angelns et inipdajt e[i]8^ folgura; xmlites 
oadant in terra[m] uelut mortni. Tuno tres pneri« nel derioi, 
qni debent esse Marie [ueniant], dne nero deferant aas oom 
unguento pred manibus, tema autem torribalam. Tunc ueniant 
ante hostium eodesie et dicant* hos uersus. MARIA MAG- 
DALENE incipiat: 

[OJmnipotens pater altissime, 
angelorum rector mitissime, 
quid faciunt iste miserrime? 
Heu, quantus ;est noster dolor! 

MARIA lAGOBI: 

25 Amisimus enim solacium, 
Ihesum Gristum, Marie filium: 
ipse erat nobis consilium. 
Heu, quantus [est noster dolor I] 



1 Diese woHe hai lM*arehe als einen teil der folgenden sj^ielanweienng genommen^ toohl weil sie keine nolauon kaben^ wm 
der weiierkin alle reden, rytmiseke wie presaiseke^ ausgenommen t. jB5— 5i8, begleitet sind. Dagegen spricki Jedock nicki nur^ dass da» 
Hie pilat9 ele. in der ks, eine neue *ei\e mU grossem anfangsbueksiahen beginni^ sondern nock mekr der inkali jener worie^ der jedem 
versueke^ ikn als eine anweisung für die spielenden jtereenen mi deuten^ wiederslrebi, Kaek der anaiogie anderer »piele an urteilen^ 
sind diese worle okmt wweifel der sektuss der ersten s*ene des Vorspiels^ in welekem die Juden vor tiUUus ersekeinen, um die bewaekung 
des grabes ron ikm sm erbiUen^ damil der leicknam nickt von seinen jungem gestohlen und gesagt werde^ er sei auferstanden; denn 
alsdann würde das ärgerniss im volke grösser, als es gewesen» iHe wweiie siene dieses vorsyiels ist in den versen S — $0 erkalten. 
Beide beruken auf ee, Ulattkäus tj8, tt^^tt Altera autem die, quae est post parasceven, convenerunt piindpes saoerdotnm et 
Pharisaei ad Pilatum 63 dicentes Domine, reoordati sumus quia seductor iUe dixit adhuo vivens Post tres dies resnrgam. 64 lube 
ergo oustodiri sepulohrum usque in diem tertium, ne forte veniant discipuli eins et furentur eüm et dicant plebi Surrexit 
a mortuis, et erit novissimus error peior priore. 65 Ait illis Pilatus Habetis custodiam: ite, custodite siout soitis. 66 Uli 
autem abenntes munierunt sepulobrum signantes lapidem cum custodibus. Die benutuung dieser stelle wird durek die fast wörtlicke 
Übereinetimmung der gesperrt gedruckten worte mit v. 4 und «. 9 — 44 augenfällig erwiesen, a convocet Coussemaker. 3 Dae a 

in atque ist im faks. eekr undeutlick, 4 Die abbreoiatur ßr per in pergite ist die für pro gebräuekliake. 7 uigilare fuks,] 

Vigilate Ins. Couss. 8 furetur faks,] furentur Lue, Couss. 11 cora ist durokstricken^ dann aber eon derselben kand wieder 

daruntergesckrieben, 19 lanoeas faks, b Die buckslaben icia in inüdat und i t» eis sekeinen in der ks, erloseken mu sein. 

c ym, dae p mit dem eeicken der abbreeiatur ßr per, par faks.; demgemäss sekreiben Lau und Couse, panii, die ricktige auflöeung 
ist jedock kier pueri, vgl. die spielanweisungen mi« 5, P I, Za. dp faks.] pro Lui. Couss. e dicant i»t eine emendawum 

wm Ins. ifft<f Couss,, im faks. steki dagegen didt 23 fadunt f0ks.] faciant Ins. Couss. 27 ipe faks.] Ipse Lue. Couee. 



y. 21 — 24 2. 3, wolfenbfltteler osterspiel e (vgl. Der stlndenfaU und marienklage, berausg. von 0. Scbönemann, s. 149 if.), 
frankfurter dirigierroUe s. 153 (vgl. Fidhard, Frankf. arohiv III, s. 151 ff.), alsfelder pass.-spiel (berausg. von Grein) v. 7522, 
egerer fronldohnamsspiel (besproch. von K. Bartsch in Pfeiffers Germania HE, s. 267 ff.) s. 289, 1—4, innsbrucker Auferstehung 
Christi (berausg. von Mone, Altteutsohe Schauspiele s. 109 ff.) v. 422 — 425, sterzinger osterspiel (berausg. von Pichler, Drama 
des mittelalt. in Tirol, s. 143 ff.) v. 182 — 185, freiburger pass.-spiel (berausg. von Martin in der Zdtsohrift der histor. geeellsob. 
in Frdburg i. B., HI. bd., 1. heft 1873) v. 1888. 25—28 wolfenb. ostersp. f., frankf. dirigierroUe s. 153, alsfelder pass.-sp. 

MilohiAok, Oti«r- und pAuionsspiele. 23 



98 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



MARIA SALOliE: 

Sed eamu8 unguentum emere, 
30 ut hoc corpus possimus ungere, 

quod nunquam uermes possint commedere. 
Heu, [quantus est noster dolor!] 

Timo MERCATOR dioat: 

Venite, si complacet emere 
hoc unguentum, quod uellem uendere, 
35 de quo bene potestis ungere 
corpus domini sacratum. 
Quod, si corpus possetis ungere, 
non amplius posset putrescere, 
neque uermes possent commedere. 

MARIE simul: 

40 Heu, quantus [est noster dolor!] 

Tudo MARIE inteiTOgent meroatorem: 

Die nobis, tu mercator iuuenis, 
hoc unguentum, si tu uendideris, 
die precium, quod tibi dederimus. 
Heu, [quantus est noster dolor!] 

R6[8pondeat»] MERCATOR: 

45 Mulieres, michi intendite. 

hoc unguentum, si uultis emere, 
datur genus mire potencie. 

MARIE umul: 

Heu, [quantus est noster dolor!] 

MERCATOR: 

Hoc unguentum, si m[u]ltum cupitis, 
50 unum auri talentum ^abitis, 
ne aliter umquam portabitis. 

MARIE flimiil: 

Heu, [quantus est noster dolor!] 

Atins MERCATOR dioat eis: 

[fol. 2a] Quid queri[ti]s? 



MARIE Bimul respondeant: 

Aromata uenimus emere, o pigmentare, ^i habes 
55 illud, quod nobis necesse est. 

Re[8pondeat^] MERCATOR: 

Dicite, quid uultis? 

MARIE simul respon[deanto]: 

Balsamum, thus et mirram, silaloe et aloes. 

Rafspondeatd] MERCATOR: 

Ecce, iam ante uobis sunt omnia; dicite, Quan- 
tum uultis emere? 

MARIE simul respondent«: 

60 Quasi centum libras satis habemus; die nobis, 
quantum denos, domine? 

Refspondeat'] MERCATOR: 

Mille solides potestis habere. 

MARIE simul respoudents: 

Libenter, domine. 

Tuno Marie dent munera et aooipiant unguentum et per- 
gant ad sepulorumi». MARIE simul ^ primum: 

0, summe rex e[fol. 2b]teme, regem ostende 
65 nobis. 

MARIA lACOBI: 

Pilatus iussit militibus sepulcrum custodire. 

MARIA SALOME: 

Nil timeamus, Ihesum uenimus ungere. 

MARIA MAODALENE: 

Heu, misera, cur contigit uidere mortem re- 
demptoris? 

MARIA LACOBI: 

70 Heu, redemptio Israel, ut quid mortem sustinuit! 

MARIA SALOME: 

Heu, consolatio nostra, ut quid taliter Skgete 
uoluit. 

MARIE k simul respondent^: 

Iam, iam ecce, iam properemus ad tumulum 
unguentes dilectj corpus sanctisimum. 



29 emere] ed faks. 31 nüqm fakg,] unquam Ins. 85 potestis ersekmnt im fakt, nur aU nn p, dmmi bogm nmeh «4«i 

9miäMf9H und in koriwofUakr tiehimng Hommml dur^kUriekm uL 87 Qd' fakt.] Quo Im*. Cous$. 88 Die ohbr&oitUmt finr ius 

im amplius itl nimhi die gewöknUeke. 43 tibi] t falu^ te Im», Omti. a Re faki,] Respondeat Imk G#ims. 49 mltö fak».] 
multum Lift. Ccm»$. 51 unquam 1m%, Coubm, 58 Dan queris nmr ein eckreibfekler isi^ beweiti mutner den tpieUMweiwmm§en 

mtiek die noiaeion. 6 Cemt. b Re okne mbbreeiaimr fake,] Respondeat Ime, Couti. c Respö fake*] respondeant lm%. Game. 
d Ifis eerker h. 58 didte feUi Ins. e respGdent fiUu,] respondeant Lus. f Wie vorhin b. g respödent fekej} 

respondeant Lm, Ctms». h sepulom /a^.] sepulohrum Lws. Coues. i Maria siml' f^f^s.] Maria Salome Em^ CemM$» 

64 suronit f^»] summe Lue, Caui$, 67 timeamg fake.] timeas Lne., timeasti Cmms. k M fäk$.] Marie ime. Cemm, 

1 respöddt f^ke.] respondeant Im*, Coumm, 74 santissimum Imm. Gotws. 



7526, egerer fronleiohnarassp. s. 290, 19—22, innsbrucker Auferstehung Christi 434 — 437, sterzinger osterspiel 190 — 198, frei- 
burger pass.-sp. 1888. 29 — 32 trierer Ludus de noote pasohe (herausg. von Hoffmann, Fundgruben II, 272 ff.) s. 274, 4 — 6, 

frankf. dirigierrolle s. 154, alsfelder pass-sp. 7586, egerer fronleiohnamsspiel s. 290, 29 — 31, innsbruoker Auiersteh. Christi 
446-*448, sterzinger ostersp. 198 — 201, freiburger pass.-sp. 1888. 33—36 vgl. wolfenb. osterspiel g, frankf. dirigierroUe 

s. 154, abfelder pass.-sp. 7562, innsfiruoker Auferstehung Christi 863—866. 41 — 44 wolfenb. osterspiel b, frankf. dirigiei^ 

rolle s. 154, alsfelder pass.-sp. 7582, innsbruoker Auftrstehung Christi 867 — 870. 49 — 52 wolfenb. osterspiel x, firankf. 

dirigierroUe s. 154, alsfelder pass.-Bp. 7588, innsbruoker Auferstehung Christi 871—874. 68—74 = Orleans II (b), siehe 



8. URSPRUNG UND BNT WICKELUNG. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, ö. 



99 



ANGELUS respondet«: 

75 Non eget unguentum, quia Cristus de monu- 
[fol. 3a]Tnento surexit uere; locus ecce, uenite, 
uenite, videte! 

Tuno Maria Magdalene oam Maria laoobj uadat uidere 
sepalomm^; non inuento corpore, redea[n]t ad aliam et dioat 
MARIA MAGDALENE: 

Lamentemus, tristisime 
sorores, nunc karissime, 
80 nos de filio Marie 
sepulto tercia die. 

MARIA lACOBI: 

Tres uenimus iam hodie 
corpus uDgere glorie, 
ut non possed putrescere. 

MARIA SALOME: 

85 Angelofum eloquio 
scientes sine dubio, 
quia surexit de tumulo, 
reuertaniur cum gaudio. 

ANGELUS respondito: 

Ad uos dico, mulieres, nolite expauescere, neque 
90 timere: ego sum Michael arcangelus; dicite 
michi, quem queritis, aud quem uultis [fol. 3b] 
uidere? 

MARIA MAGDALENE re6po[n]d[eatd] : 

deus, qois reuoloit nobis lapidem ab 
hostio monamentit 

MARIE sixnul dioant: 

95 Ecce, lapis reuolutus et iuuenis stola Candida 
coopertus. 

ANGELUS alta uooe damat« Marias dioens: 

Venite! venite! uenite I nolite timere uos : dicite, 
quem queritis in sepulcro, o cristicolet 

MARIE rimul respondent': 

Ihesum NaEarenun cmeiflxiim qaerimus, o 
100 celicola! 

ANGELUS : 

Non est Ue, surexit sicut predixerrat: 



uenite et uidete locum, ubi posuerunt eum, 
et euntes dicite di[8]cipaU8 eins et Fetro 
quia [bl. 4a] surexit. 
105 üultum tristem iam mutate, 
Ihesum ui[u]um (suis) nunciate. 
Galileam nu[n]c abite, 
si placet uidere, festinate. 

Tuno MILITES surgant et redeant ad Pilatom triati animoff 
oanendo: 

Heu miseri, 
110 quid facimus, 

quid dicimus, 

quia perdidimus, 

quem custodimus? 

De celo uenit angelus, 
115 qui dixit mulieribus, 

quia surexit dominus. 

Deinde dioat PILATUS ad milites: 

Vos, romanj milites, 
precium accipite 
et Omnibus dicite, 
120 quod uobis sublatum est 

MILITES simul respondeant: 

Pro[h,] quo gentiles fuimusl 
sepulcrum custodiuimus, 
magnum sonum audiuimus 
et in terra[m] cedimus. 

[fol. 4b] Itomm dioat PILATUS: 

125 Legem non habuistis, 
sed mentiri potestis, 
quod discipuli uenerunt 
et eum sustulerunt. 

MILITES sinral reMpondenti^: 

Nos ueritatem dicimus: 
130 de celo uenit angelus, 
qui dixit mulieribus, 
quia surexit dominus. 



a respödet ydU.] respondeat Int. Omu, 76 snrrexit Im%> Gm!». b sprorä tti^\ sepalohnim Ims. Gmim. 78 tristissime 
Im%, Grm«s. 84 possed ui tu dt ikaiiib«lkr. wM dmHliük9r^ mU im fakM.^ wonaeh «mm polled l—m Mtssfc 87 sanvodt JLmi 
Cout». o reepödit faks,] respondeat Ins. Gmiw. d Reepod fühi,] respondeat Im*. Coun. 93 revolvet Lm. e otamot 
iM%, Conti, 98 sepulchro Lu» Gsims. 6 Cau$$. f respöddt fakM,] respondeant im*. Couu. 99 6 Omm, 100 oeU- 
oole fmks, Ins. Couts, 101 sorrexit Im%. Couu. predixeirat, «i« Emk Kesi^ oder predixerrat, mdom des r hti dmr isrdk die 
noUuion orfordorton Ironnung dor sUbon wiedorkoli wurdo, 103 disoipulis Im. Gm». 104 surrezit Isis. Owit. 106 niiim 

fmki.] vivum Lui. Couis, 107 nuo faks.] nuno Im: Comu, 108 festinare fahi, g aio fdk$,] modo Lw«, Cb«fs. 114 

de fmki. 116 snrrexit Ins. Cou9$. 117 vos fmks. 122 sepuldhrom oustodimus Emb, Couss, 128 andimns Em*. 

128 sabtnlenint Em: h repödöt fmki] respondeant Lws. Comu. 132 sorrexit Em%, Couu, 



A. 



oben 8. 96. 89. 90 ans ev. Markus 16, 6. 98. 94 = reEeosion la, vgl. oben s. 27 n. 31. 96. 96 naoih er. Markus 

16, 4. 5. 97 Tgl. W 2. 98 vgl. oben s. 28 u. 31 Ha. 99. 100 vgL oben s. 28 u. 31 Dia und IHb. 101 Tgl. 

oben 8. 29 u. 31 IVa. 102 vgl. E 6, F 6, H 6, N 15, Q 11, T 9, ÜV 6 W 6. 11, X 23. 108. 104 ygl. oben 8. 29 u. 81 YK 

106—108 vgl. Orleans I (X) 24. 

18^ 



100 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIEBN. 



Hoo audito, PILATUS dioat militibns hos uersiu: 

Hec ergo uolo, ut sint uestra munera, 
ne uos credatis aliqua mendatia, 
135 que uos seducant 
et perire faciant. 

Ad domos uestras ite nu[D]c cum gaudio 
et que uidistis tegite silentio, 
De ad auditum populi eueniad. 

MILITES simul re8pondea[n]t* ad Piiatam: 

140 Cite erit. 

Ei, faoto hoo, MARIA MAGDALENE in sinistra parte 

eooleeie stans ^ exorget inde et eat quatenos sepulommo 

et, plausis manibas, plorando dioat: 

[foL 5a] Heu, me misera! 
magBUS labor, 
magnus dolor, 

magna est tristitia. 
145 Ihesu Christe, 

mundi totius gloria! 
de te nascj 

teneo memoria, 
quam emistj 
150 tua misericordia: 
qui condonasti 

Magdaleue grauia 
peccamina: 
per te uita 
155 perfruar perpetua. 

roagister! 
quare pie te si quando 

bis uidebo oculis, 
[quem] ludei suspenderunt 
160 crucis in patibulis 
et audii^ surexisse 

dictis nunc angelicis. 



Rex cun[c]torum angelorum 
pro nobis occisus est. 
165 heu, michi tristi [et] dolentg . 
de morte altissimi. 
quam magna dies [fol. 5b] ea, 

celebrando gaudio, 
quam ingentis, tam deuoto, 
170 recolendo studio. 
Angelus de celo uenit, 
lapjdem reuuoluit, sedit 

deus et homo! deus et homo! deus et homo! 
Ihesu Griste, tu spes mea, 
175 Salus uiua seculi, 
memorare Magdalene 

tuique amicj Lazari. 
te ui[u]um spero « uidere 
cum ceptro imperii. 
180 Me misera! me misera! me misera! 
quid agam? heu tristis! quid dicam? 

Stans IHESÜS iuxta sepulonimd in ord[in>« dioat M[a]g- 
dalene': 

Mulier, quid ploras? 

MARIA MAGDALENE responditff: 

Quia tulerunt dominum meum et nescio, ubi 
posuerunt eum. 

[fol. 6a] ANGELÜS dioat ad M^mi>: 

185 Quem queritis? 

MARIAi lAGOBI et SALOME respondentesk: 

Yiuentem cum mortuis. 

ANGELUS dioat: 

Non est hie, sed surexit: recordamiiy qualiter 

locutus est uobis, dum adhuc in Galilea essed, 

uobis diceret [I. dicens Lue.], quia oportet, filiom 

190 hominis tradj et crucifigi et die tercia resurgere. 



134 mendacia Lus. Cou»s. 187 ite nuc falu,] nunc ite Lm«. Cautt, a Respödeat fakt,] respondeant Lu«. Cou§». liO Cite 
erit mü noim fakt.] Tunc exit als spUkuimeinnuf Lm ., «Um Uxt Couu. b ta0«i huehtiaben mii etntr abbfüimiurf von iMatnrek* mmd 
OwwMMiiUr gan* überyangenf die ich niehi w 9Hiüffem vermag, e Die abbretiaiuren dieses und des vorkergekmtden woriee sind $ekt 
undeuiliek^ sepulonim lässi sieh nrnr erraien. Ii4 tristioia Sm». (huss. 145 leliu faks.] liiesu !<«». Couss. 147 nascj] yasqne 
Lm«. Omss. 158 An oouIib ist ein neiehen angefügt^ von dem ich niehi iMifs, ob man es als eine abbreviaiur von quem {vgL v. 159), 
Mbr sUs ein notemeiehen ansAen soll. 159 Saspenderüt faks,] suspendere Ems. 161 sorrexisse JLus. Couss, 163 oon- 

tomm faks.] ounctonim Im«. Couu. 165 tristi ist im faks, sehr undeuiUeh. 167 ea faks.] ista Lu*. Couss,; das e m ea 

kAri in derselben form nieder in Angelas v. 171, ista ans lesen isi gan% unmöglich. 174 lehü xpiste faks.] Ihesu Xriste Imu 

Couss. 178 te uium faks,] Te vivum Lus. Couss, d sepulohrum Im^, Couss, e orde faks.] ordine Lu%. Couss. 

f ragdal' faks,] Magdalene Lus. Couss. g respödit faks.] respondeat Lu9. Couss, 183 necio faks. h Dicat ad Marias 

[== MJ faks.] angelus Im*, u. Couss, i M fakg,] Marie Ims. Couss. k respös faks,] respondeant i«s. Couss. 187 surext 

faks.] surrexit Im». Couu. 188 nobis Im». Couu. 189 Nobis Ems, Couss. 

_ ^' '■■ ■ 

182 vgl. T 14, UV 7, W 7, X 13, trierer ostersp. 276, 5, wolfenbütteler ostersp. y, frankfurter dirigierrolle s. 155, egerer froii- 
leiohnamssp. a. a. o., innsbmoker Auferstehung Christi 1043, sterzinger ostersp. 276, st g^Uener pass.-sp. 1825. 183. 184 

vgl. T 15, UV 8, W 8, X 14, frankfurter dirigierrolle s. 155, egerer fronleiohnamssp. a. a. o. 185. 186 aus ev. Lukas 24, 5; 
vgl. UV 8. 9, W 8. 9, X 5. 187—190 ev. Lukas 24, 6; vgl. UV 9. 10, W 9. 10, X 7. 



8. UK8PRUNG UND ENTWICKELUNG. F. DAS MTSTERTOM AUS TOURS, o. 



101 



Et dioat MARIA MAGDALENE lenens» mftnos ad oelnm: 

Tu pater, qui es in celis, (tunc) sanctificatum 
est nomen tuum in eternom. Nolj me derelin- 
quere, sed demonstrare omnibus. Recordare, do- 
mine, misere Magdalene, quando michi dimisisti 
195 peccata mea. Heu dolens, heu amara, [foL 6b] 
heu miseral quem interrogem, et ubi est pater 
nescio. 

Deinde ueniat Maria laoobj et Bostentet braohinm dextrum 
et Maria Salome per nnifttram^ et leae[n]t de terra Maria[ino] 
Magdalenam et dioat ipsa [sc. MARIA SALOME:] 

Cara soror, nimis langer 
insidet in animo 
200 de magistri Ihesu Cristj 
morte tibi cocanta. 

MARIA MAGDALENE dicat: 

Ardens est cor meum desiderio, uidere dominum 
roeum : quero et non inuenio, ubi posuerunt eum. 

ANGELUS interroget Marias: 

Quem queritis? 

MARIE flimul respondent^: 

205 Viuentem cum mortuis. 

ANGELUS dicat hos versus: 

Nichil tibi est timendum, 

sed gaudere pocius; 
Ihesus enim resurrexit, 
uere dei filius. 
210 tu Maria Magdalena clama resurexit uere Cristus, 
surexit Cristus . . . 

* 

[PETRUS:] 

[foK 7a] uideam 

hanc meam dolenti cordi 
tribue leticiam. 

Et« reuersus interroget [PETRUS^:] 

215 Die michi, sorqr Maria, quod iter incipiam? 



MARIA dioat 9: 

Vade cito hanc per viam, 

unde nunc regressa sum; 
set memento mei, Petre, 

dum illum inuenieris. 

Deinde ueniat Maria. DISGIPULIi^ oantando dioa[n]t: 

220 Tristes erant apostoli 

de nece [sui domini, 

quem pena mortis crudeli 

serui damnarant impii. 

Sermone blande angelus 
225 predixit mulieribus: 

in Galilea dominus 

videndus est quantocius.] 

De alia parte^ ueniant alii \n. cantando^ fauno yTn[n]uni 
totum: 

[Ille, dum pergunt concite, 

apostolis hoc dicere, 
230 videntes eum vivere, 

osculantur pedes domini. 

Quo agnito, discipuli 

in Galileam propere 

pergunt, videre faciem 
235 desideratam domini.] 

MARIA MAGDALENE ueniat ante eos [et] dioat hunc 
versvun : 

lesu, nostra redempcio, 
[amor et desiderium, 
deus, Creator omnium, 
homo in fine temporum.] 
240 Solutis iam gemitibus 
[et infemi . doloribus, 
quia surrexit dominus 
resplendens clamat angelus.] 



a lenet faki,] et levet Lus. Couss. 191 tue sanotificatus faka,] Tuum sanctificatum Lu* Cou$$, 192 tuum i$i überg§sekri^en 

MM fmks»t fd^li hei Imu relinquere Im». 193 Sed omnihns demonstrare Lh9. 194 miserere fakt. und Couss,] Misere Im%, 

b sinistr f^ks.] sinistrura Lvs. Couit, c M fakt.] Mariam Lu%. Cousi. 201 tibi fükt.] michi Im». Coums, ooncanta Em», 

Cim$t. 202 desidero faks.] desiderio Lfif. Cousb. d respödet fakt.] respondeant 1m%. Cous». 207 potius Cou$9, 210 
Magdalene i^i. Coums, resurrexit Ims. Cthiss. 211 surrexit Ims. Cousa. * kier kai die ks. eine gröasere iüeke, 213 meo? 
oorde faks.] cordi Em». Cowff. 212 — 214 eiful offenbar verte^ deren ryhnu» Im%. und Gmiss. jedoek meeifeÜee verkannt kab^n. 

e Et fak*.\ Tunc Lnt.^ Post Cxm$%. f Anstatt dem Fsfms kaben Emm, und Coute, v. f 15 einer Maria mtgewieten and ergäneen 

Maria dicat. 215 tsl am unteren rande dee hlattee naekgetragen und ^rd durch ein »eicken unriekiig kintar das folgende Maria 

dioat venoiuen. g diese spiehnweieung wird kinier dem am unieren rande naekgetragenen $t8n verse mii den werten Maria ad 

petrum dicat wiederholt. 218 Sed Lue, Couss» 219 inueniesris faks.] invenieris Im*, Couss. h disoipulis Lue. Couss. 

i De alia parte (par im faks, in der übUeken abbreviaiur) faks,] Alleluia Lue. k cätando cantädo fi ymü fnks,] cantando 

hymnum Lue, Couss. 240 Diesen vers kaben Jjueareke und Conesmnaker wu der folgenden rede Jma %4i^$i7 hinübergeaogen» 



202. 208 nach ev. Lukas 24, 32; vgl. X 16. 204. 205 vgl. oben v. 186. 186. 220—236 Aus dem hymnua Aurora lueie 

futilat^ dessen verschiedene bearbeitungen in mehrere Unterabteilungen zerlegt, als besondere hymnen im gottesdienste verwant 
wurden; vgl. Daniel, Thes. hymnol. I, p. 82 f. 286 vgl. trierer ostersp. 275, 23, wolfenbütteler ostersp. u, egerer fronleioh- 

namssp. a. a. o., innsbrucker Auferstehung Christi 1014 — 17, sterzinger ostersp. 265, st gallener pass.-sp. 1888. 240 — 243 ist 



102 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



Statim Petras oadat ad disGipalos et maneat • oam eis. 
Deinde aeniat [IHESUS], dalmatioa indutas, ferens in manibas 
oruoeiii dicat: 

Pax uobis: ego sum: nolite timere: uidete manus 

245 meas et pedes meos quia ego ipse sum: palpate 

et uidete quia Spiritus carnem et ossa non ha- 

[fol. 7b]bet, sicut me uidetis habere. Alleluia! 

DISCIPÜLI aideant eam et otoolentur et dioant: 

Ecce, deus noster. 
Surrexit dominus de sepulchro, 
250 qui pro nobis pependit in ligno. Alleluia, al- 
leluia, alleluia! 

THOMAS neniat oantando: 

Thomas dicet Didimus. 

omnes fugam cepimus, 

(omnes) congreget nos dominus, 
255 post laudes in omnibus 

deo nostro dabimus. 

fallax Inda, proditor, 
magistrum tradidisti, 

quem pro paucis argenteis 
260 ludeis uendidisti. 

quod accepisti precium, 
heu michi, quid fecisti? 

Et» DUO DISGIPULI uadant et dioant ei: 

Thomas, uidimus dominum! 

THOMAS . .b indignatos dicat eis: 

[fol. 8a] Nisi uidero in manibus eins fixuram 
265 clauorum et mittam manum meam in latus eius, 
non credam. 

Tone ueniat IHESUS ad disoipolos, indatus saoerdotalibos 
Teetimentis candidis, et dioat eis iteram: 

Pax uobis: ego sum, alleluia! nolite timere, 
alleluia! 



Deinde dicat [IHESÜS] ad Tbomam: 

Thomas, mitte manum tuam et cognosce loca 
270 clauorum, alleluia! et noli esse incredulus, sed 
fidelis. Alleluia! 

Tnnc ostendat do et THOMAS oadat ad pedes eins et dioat 
tribus nioibuB: 

Dominus meus et deus mens. Alleluia! 

DOMINUS responditd: 

Quia uidisti me, Thomas, credidisti: beati, qui 
non uiderunt et crediderunt. Alleluia! 

Et« THOMAS, nersa fade oontra popolum, dioat alta nooe: 

275 Misi digitum meum in fixuram clauorum et 
manum [fol. 8b] meam in latus eius, et dixi 
Dominus meus et deus meus. Alleluia! 

Finito hoo, MARIA' redeat ad sepoloramff et stans ante 
sepulonnnff comb DÜOBUS DISGIPÜLIS indpiant prosam: 

Victime paschali usque Dux uite mortuus regoat 
uiuus. 

Tnno RELIQÜI DISGIPULI ueniant ad Mariam [et*] in- 
terrogent dioendo ita: 

280 Die nobis, Maria, [quid uidisti in uia?] 

Et MARIA ostendat ds sepalohnun et dioat: 

Sepulchrum Gristi [uiuentis et gloriam uidi re- 
surgentis.] 

Hio ostendat ds angelos: 

Angelicos testes. 

Bio ostendat ds sepal[orilQ sudariun: 

Sudarium et uestes. 

Hio ostendat eis onioem: 

285 Surrexit Cristus, [spes mea, precedet suos in 
Galileam.] 

Et DISCIPIJLI indpiant . . . A et oompleant totam prosam: 

Credendum est magis soli [Marie ueraci, quam 
ludeorum turbe fallaci.] 

Et CHORUS indpiat alta nooe: 

Te deum laudamus. 



246 habet, der teiUe btiehMiab die»€$ worim wl «n /oJkt. Mlig nieki m eriksnnsit, iM%arckt und Gniss. /««» babeo, ipm c&er 

«f. Lukmi 14, 8t, 5f, daher die$B UelU genommen, mmrieklig iil. 251 deu drUie aUeloia fekU hei Lwt. a Et fmke,] Tnno Im. 

b einiffe buehiiabeitf weUke iMutrcke und Ctmuemaker übergangen haben und die auch ich niehi enieifem kama; mieU, qi := qnad? 

d fehlt Ins. GotMfl. d respödit /<i^-] respondeat Ivs. Ceme. e Et faks.] Post Lub, Cause. f m fake,] tuno luf 
modo Coust. g sepulchrum Lu*, Couu, b on faks,] oum Emb. Couss, i et Ua. Coues, k sepulohri Ihm. Cemee, 

1 mell. an ^ antiphonam oder ods = omnes, wen JMaardie und Coussemaker gane übergaagen. 



die vierte strofe des hymnus Aurora lueie mlifal, die aber in den osterspiden sonst nioht vorkommt. 244 — 247 
24, 36 u. 39. 249—251 vgl. D 6, H 9, K 10, M 11, N 2. 5, Q 12, S 11, X 26. 252 vgl. ev. Johannes 20, 24. 
vgl. ev. Joh. 20, 25. 267 vgl. ev. Lukas 24, 36 und ev. Job. 20, 26. 269—274 vgl. ev. Job. 20, 27—29. 

nadi ev. Joh. 20, 27; vgl. oben 269—272. 278 vgl. 9, Q 80. 280—288 vgl. 10, P 7, R 28, T 21. 



ev. Lukas 
263—266 
275—277 



Eiue reprodukzion des mysteriums aus Tours würde, wenn auch meine absieht, das zerstreute 
material der lateinischen osterfeiem in dieser abhandlung vollständig zu vereinigen, nicht von selbst dazu 
geführt hätte, schon deshalb wünschenswert gewesen sein, weil die beiden bisherigen ausgaben von Lozarche 



8. URSPRUNG UND BNTWICKELUNG. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, o. 103 

und Goussemaker in Deutschland «beinahe unbekannt zu sein scheinend Ueberdies ist der abdruck der 
handschrift, die allerdings mit einiger aufmerksamkeit gelesen sein will, bei Luzarche, trotz seiner Ver- 
sicherung diplomatischer treue, äusserst fehlerhaft, von Goussemaker nur teilweise verbessert, und die ab- 
teilung der verse, in welcher der letztere nur in einigen untergeordneten fällen von jenem abweicht, so 
oberflächlich und willkürlich vorgenommen worden, dass auch aus diesem gründe eine neue und, wie ich 
hoffe, nunmehr korrekte Wiederholung erforderlich wurde. Die von den meinigen abweichenden lesarten 
Luzarche's und Coussemaker*8 habe ich zur kontrole des lesers sämmüich in den Variantenapparat auf- 
genonmien, ihre verseinteilung dagegen, der gegenüber sich die vorliegende hoffentlich durch sich selbst 
rechtfertigen wird, nicht weiter b'erücksichtigen zu müssen geglaubt. Aus dieser will ich beispielsweise 
nur anführen, dass z. 97. 98, 183. 184, 191 — 197 und 202. 203 in verse geschieden sind, während die 
reimwörter in v. 212 — 214 verkannt wurden und in v. 206—209 sogar ganz unbemerkt blieben. 

Das mysterium aus Tours ist unter den denkmälem, welche die geschichte unseres osterspiels be- 
treffen, eines der wichtigsten; wii" besitzen kein zweites, das bei gleichem oder auch nur annäherndem 
umfang des Stoffes vollständig in lateinischer spräche abgefasst wäre, seitdem jenes drama, welches 
Bemh. Pez in Klostemeuburg entdeckte, verschollen ist (vgl oben s. 26). Auch die umfangreicheren der 
bisher behandelten dramen bestanden im wesentlichen aus nur drei kurzen Szenen, der begegnung der 
Marien und engel, der erscheinung Jesu und dem wettlauf der apostel: der darsteUung also der wichtigsten 
historischen ereignisse, welche die auferstehung des heilandes begleiteten und bezeugen. Eine in diesen 
gränzen gehaltene auffQhrung Hess sich leicht in das kanonische ritual der matutin oder der messe ein- 
schalten, indem sie die gottesdienstliche handlung nicht etwa überbot und zurückdrängte, sondern nur 
erläuterte, so dass noch die absieht ihres Stifters, die hohe bedeutung dieses erinuerungstages mit der 
zumal in der kirche ungewohnten und wunderbaren Vorstellung der heiligsten personen und begebnisse 
unter frommen schauern in die andächtigen Seelen des Volkes zu senken, ihr hauptsächlichster zweck blieb. 
Eine darstellung aber, in welcher Juden auftreten, und Pilatus mit dem pomp eines römischen Statthalters^ 
umgeben von einer leibwache bewaffneter Söldner, in der für die erreichung des ursprünglichen Zweckes 
ganz nebensächliche szenen, wie die erscheinung Jesu bei verschlossenen türen und bei Thomas und selbst 
der beinahe unbiblische auftritt zwischen den frauen und salbenkrämem ausführlich behandelt werden, er- 
forderte einen aufwand an zeit und teatralischen requisiten, die, abgesehen von den im geweihten räume 
der kirche verpönten profanen und vulgären elementen, ihre einfügung in den gottesdienstr selbst zur 
Unmöglichkeit machten. Eine solche auffUhrung war nicht mehr eine einfache dramatische osterfeier, 
sondern ein osterschau spiel, ihre endabsicht nicht allein das durch die dramatische form zu lebendiger 
anschauung gesteigerte innigere verständniss der evangelischen tatsachen und eine kräftigung des glau- 
bens an das erlösungswerk Kristi, sondern ebenso sehr und in vielleicht noch höherem masse die freude 
an der befriedigung jenes menschlicheren reizes, welchen das bühnenspiel selbst zu allen zeiten auf die 
Schaulust des volkes ausgeübt hat. Die literargeschichtliche bedeutung des Stückes beruht also nicht bloss 
in der inhaltlichen erweiterung, welche die entwickelung der lateinischen osterfeiem durch fortwährende 
agglomerazion verwanten Stoffes in stetigem fortschritt begriffen zeigt, sondern nicht minder auch in der 
durch die aufnähme unkirchlicher und profaner elemente bewirkten entfernung von ihrem anfänglichen 
zweck und dem Übergang der zu kristlicher erbauung und belehrung erfundenen kirchlichen feier zu einem 
auf den Sinnenreiz und die ergötzlichkeit berechneten volkstümlichen Schauspiel. 



1. Nirgends habe ich sie, so weit meine erinnernng reicht, in den über den Torliegenden gegenständ handelnden bflchern 
und abhandlnngen erwähnt gefunden. loh habe fOr die bekanntsohaft mit deijenigen Lozarohe's herm dr Reinhold 
Köhler in Weimar, mit der Goussemaker's herm prof. Emile Pioot in Paris verbindlichst zu danken. 



104 I- I>I£ LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

Unser Schauspiel, — denn so dürfen wir es wohl nennen, — zerfällt in fünf abteilungen oder akte, 
welche wiederum aus mehreren auftritten bestehen, nämlich 

I. akt, 1. ftuftritt: * — v. 1, die judeQpriester erscheinen vor Pilatus und fordern, eingedenk der voraosaage 

Jesu, dass er nach drei tagen wieder auferstehen werde, eine militärische bewachung des grabes, 

um den diebstahl des leichnams durch die jünger zu verhindern. Nach ev. Matthäus 27, 62 — 64. 

2. auftritt: v. 2 — 20, Pilatus befiehlt seinen söldnern, das grab drei tage und drei nachte zu bewachea. 

Nachdem sie beim grabe angekommen, erscheint ein engel, der sie mit einem blitz zu boden 
schleudert, so dass sie wie tot liegen bleiben. Nach ev. Matthäus 27, 66. 66; 28, 2 — 4. 
II. akt, 1. auftritt: v. 21 — 63, M. Magdalena, M. Jacobi und M. Salome treten auf {Omnifoimu paier altumme) 

und verhandeln mit zwei salbenkrämern (mercatores) um die salben zur einbalsamierung d«B 
leichnams Jesu. Nach ev. Markus 16, 1. 

2. auftritt: v. 6i — 108, M. Magdalena, M. Jacobi und M. Salome wandern zum grabe und finden den 

engel Gabriel, der ihnen die auferstehung Jesu verkündigt. Nach ev. Markus 16, 3 — 7. 

3. auftritt: v. 109—140, die söldner erheben sich und kehren zu Pilatus zurück, klagend, dass ein engel 

vom himmel gekommen sei und den weiberu die auferstehung Jesu verkündigt habe. 
III. akt, 1. auftritt: v. 141 — 211, M. Magdalenens klage. Die drei Marien gehen abermals zum grabe, um die 

auferstehung Jesu von dem engel zu vernehmen. Zum teil nach ev. Johannes 20, 13. 

2. auftritt: * Jesus erscheint der M. Magdalena in gestalt des gärtners. Nach ev. Johannes 20, 14 — 17. 

3. auftritt: * — 219, M. Magdalena und Petrus. Wettlauf. 

4. auftritt: v. 220 — 243, M. Magdalena und die übrigen jünger. 

lY. akt, 1. auftritt: v. 244—261, Jesus erscheint den zwölf jungem bei verschlossenen türen. Nach ev. Lukas 

24, 36—40. 

2. auftritt: v. 252—266, Thomas und die übrigen jünger. Nach ev. Johannes 20, 24. 25. 

3. auftritt: v. 267 — 277, Jesus erscheint den jungem zum zweiten male und Thomas. Nach ev. Johannas 

20, 26—29. 
V. akt, 1. auftritt: v. 278. 279, M. Magdalena kehrt zum grabe zurück und singt mit Petrus und Johannes die 

erste hälfte der sequenz VieHmae fOickali, 

2. auftritt: v. 280 — 288, die übrigen jünger kommen hinzu und singen mit Maria Magdalena dam 

Die nobis Maria. 

3. auftritt: v. 289, der kor singt das Te deum taudamus. 

Per erste auftritt fehlt in der handschrift, er fällt in die lücke, welche wir mit dem verlast. des 
ersten blattes zu beklagen haben. Dass er den angegebenen inhalt gehabt haben muss, geht aus dem 
erhaltenen letzten verse desselben Tune erit error peior, d. i. y. 1 unseres abdrucks, hervor, der von 
Luzarche und Coussemaker, allerdings sehr mit unrecht, zu der folgenden spielanweisuug gezogen worden 
ist. Denn diese werte sind beinahe wörtlich aus ev. Matthäus 27, 64 entnommen, also aus deijenigen 
stelle, welche allein die von den pontifices an Pilatus gestellte forderung einer grabwache berichtet, vgL 
8. 97, zu vers 1. Da nun die Söldner in der folgenden szene, c 2 — 20, von Pilatus mit der hut des 
grabes beauftragt werden und hinausziehen, um seinen befehl zu erfüllen, wobei die gepflogenen reden in 
y. 6 — 11. 17. 18 wiederum die benutzung von Matthäus 27, 64. 65 deutlich erkennen lassen, so ist klar, 
dass der verlorene erste auftritt nur eine auf dem bezeichneten passus des matthäusevangeliums beruhende 
Verhandlung über die bestellung einer grabwache zwischen den Juden und Pilatus enthalten haben kann. 
Diese erklärung ergibt sich, wie mir scheint, völlig ungesucht aus den vorhandenen tatsachen, und ich 
begreife das verfahren Luzarche's und Goussemaker's, diesen vers als Spielanweisung zu betrachten, um 
80 weniger, als ersterem wenigstens die entlehnung desselben aus Matthäus, wie seine daher genommene 
jedenfalls unrichtige und nutzlose ergänzung peior [priore] beweist, nicht unbekannt war und eine auffassung 
desselben im sinne einer direktive für die Schauspieler geradezu unmöglich ist. — Ob dieser auftritt das 
ganze verschwundene blatt ausgefüllt habe, lässt sich natürlich nicht sagen; ich möchte es indessen nicht 
glauben, da Pilatus in anderen dramen, z. b. dem innsbrucker (Mone, Altt. schausp. s. 110 ff.) und dem 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELÜNG. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, c. 105 

wiener (Hoflfmann, Fundgr. 2, s. 298 ff.) durchaus keine Schwierigkeiten erhebt, dem wünsche der Juden 
zu willfahren, und Weiterungen, wie sie hier durch die aussendung von boten, die beratung der Juden, das 
markten um den seid für die Wächter u. s. w. gesucht und erreicht werden, in c schwerlich schon ein- 
gang gefunden hatten. 

Von offenbar gleichem inhalt, wie in c, ist der erste auftritt in dem verlorenen klosterneuburger 
osterspiele gewesen, von dem durch die hemtihungen Pezens einige, wenn auch leider allzu dürftige, immer- 
hin schätzbare mitteilungen zu unserer kenntniss gelangt sind. Seine angaben sind folgende. ,Insignis 
in his [seil, exemplis paschalium ludorum] est ludus paschalis in codice daustroneoburgensis canoniae 
quingentorum annorum, in quo resurrectionis dominicae historia pereleganti ac pio dramate proponitur. 
Incipit in hunc modum: 

Primo producatur Pilfttus cum responaorio: 

Ingressus Pilatus. 

et sedeat in looum sibi praedeterminatam. Post haeo . . . PONTIFIGES cantant: 

domine, recte meminimus, 
quod a turba saepe audivimus, 
seductorem consuetum dicere: 
5 post tres dies volo resurgere. 

Respondet PILATUS: 

Sicut mihi dictat discretio etc. 
In fine: 

Et populus universus iara certificatos de domino, CANTOR sie ünponit: 

Christ, der ist irstanden etc.' 

Das spiel begann demnach mit dem erscheinen des Pilatus, welcher unter <lem vorantritt seiner 
leibwache, — worauf ich das ,producatur' beziehe, — und dem korgesange der antifone Ingressus Pilatus 
nach ev. Nicod. 28, den für ihn bestimmten platz einnahm. Die übrigen mitspielenden personen hatten 
entweder schon aufstellung genommen, da das auftreten der pontifices, welche unmittelbar darauf den 
dialog eröffnen, nicht besonders erwähnt wird, oder sie folgten jenem während des gesanges in gestalt 
einer prozession und in der reihenfolge, in welcher sie nachher auftreten mussten, auf die bühne, um sich 
hier auf die ihnen voraus bezeichneten stände zu verteilen. Alsdann beginnt die akzion, indem die ponti- 
fizes den Pilatus an die voraussage Kristi, dass er nach drei tagen wieder auferstehen würde, erinnern; 
die verse aber, welche ihnen in den mund gelegt werden, sind zweifelsohne aus jener mehrfach genannten 
stelle des matthäusevangeliums Domine, recordati sumus quia seductor ille dixit adhuc vivens Post tres 
dies resurgam hervorgegangen. Die ersten auftritte können also auch im klosterneuburger spiele nur die 
bestellung der grabwache zum gegenstände gehabt haben, und da sie mit c auf derselben bibelstelle basieren 
und deren eigene werte, wie dort, zu verwerten ersichtlich beflissen sind, so dürften sie sich auch in ihrer 
spezielleren anläge und ausführung von denen in c nicht wesentlich unterschieden haben, wenn nicht gar 
auch hier wieder einmal eine Wechselwirkung oder ein direkter austausch zwischen Frankreich und Deutsch- 
land statt gefunden hat. 

Der zweite akt gliedert sich hauptsächlich in drei szenen. In der ersten sehen wir zunächst die 
drei Marien auftreten, die beiden ersten, M. Magdalena und M. Jacobi mit salbengefässen, M. Salome mit 
dem rauchfass versehen. Sie scheinen von ausserhalb der kirche hereinzukommen und als sie ,ante hostium 
ecclesie' sichtbar werden, heben sie, mit den strofen alternierend, den hymnus Omnipotens pater aUissime 
an zu singen, dessen benutzung in diesen dramen wir zuerst 02 — 4 angetroffen haben. Nachdem sich die 
trauen damit eingeführt, ihre absieht, den leichnam Jesu zu balsamieren, kund gegeben und die situazion 

Milchsack, 0tt«r- und paasicnsapi«!«. 14 



106 I- I>I£ LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

in eine mit dem ersten akte stark kontrastierende Stimmung versetzt haben, entspinnt sich die kaufmaims* 
dzene, bei der die Spielanweisungen leider so kurz gehalten sind, dass man die abwickelung derselben auf 
der bühne durch die kombinazion verschiedener andeutungen zu gewinnen versuchen rouss. — Wir sehen 
nach einander zwei krämer auftreten; der erste, welcher durch den gesang der Marien von ihrem vorhaben 
vernommen, fordert sie auf, an seinen laden zu kommen und von seinen salben eine zu kaufen. Da er 
V. 41 ,mercator iuvenis^ genannt wird und nicht ohne einen anflug grosstuerischen wesens die vorzüglichkeit 
seiner spezereien anpreist (vgl. bes. v. 46 — 51), so ist anzunehmen, dass wir in ihm nur den laufburscben 
und handlanger des meisters zu erblicken haben, der in der abwesenheit des letzteren die gelegenheit wahr- 
nimmt, den herm zu spielen und sich wichtig zu machen. Darüber kommt jedoch der meister selbst herzu, 
fragt die Marien nach ihrem begehr und wird ohne langes feilschen handelseinig mit ihnen, v. 53 — 63. 
Wir sehen also, dass der Verfasser, den Vorgang auf der bühne durch die zugäbe eines komischen Inter- 
mezzos der drastischen Wirklichkeit des marktlebens näher zu bringen und damit einen besondem effekt 
bei seinen Zuschauern zu erreichen beabsichtigte, die sich trotz der noch zaghaften form dieses Zwischen- 
spiels und der übrigens durchaus ernsthaften haltung des ganzen auftritts, falls die rollen der krämer in 
die bände für sie passender und geschickt^" Schauspieler geriehten, einer gelinden heiterkeit über die 
wichtigmacherei des burschen und die wortlose Überlegenheit seines geschäftsmässigen herm kaum erwehrt 
haben werden. Es ist dies der erste anlauf zur Verfolgung komischer tendenzen im geistlichen drama des 
mittelalters. Ist er auch noch schwach, so wird man dem dichter doch nachrühmen müssen, dass er so« 
wohl die notwendigkeit erkannte, als das richtige mittel fand, einer marktszene, die ob ihrer alltäglichkeit 
an sich ein tieferes interesse nicht hatte, dramatisches leben zu geben, ohne die schmale gränze zu ver- 
letzen, welche die sprödigkeit seines Stoffes zumal nach der humoristischen' Seite ihm zog. 

Nach empfang der salben setzen die Marien ihren weg in der richtung zum grabe fort. Die ge- 
länge, welche sie dabei anstimmen, geben aufs neue ihrem schmerz über den Verlust des meisters aus- 
druck, bis sie z. 73. 74 lam iam, eeee, iam properemus ad tumulum, unguentes dileetj corpus sanetisimum, 
selbst ihre ankunft am ziele und den zweck ihrer Wanderung bezeichnen. Z. 68—74 dieser gesänge 
stimmen mit b, dem bruchstück aus Orleans (vgl. oben s. 96), wörtlich überein, welches jedenfalls noch 
ganz lateinisch und mit c entweder identisch, oder ihm doch nahe verwant gewesen sein wird. — Den 
kern des nun folgenden auftritts bildet die ursprüngliche osterfeier, die begegnung des engeis und der 
frauen am grabe. Die fett gedruckten Sätze z. 93. 94. 98 — 104 sind sofort als die originale fassung der 
von uns unter der ersten rezension begriffenen dramen erkennbar, welche hier nur durch einige zum teü 
schon frühzeitig verwertete ergänzungen aus den evangelien erweitert erscheint. Diese szene macht jedoch 
nur den zweiten wichtigsten teil der begegnung aus; ihr voraus geht eine andere, die ihr zwar gleichartig 
ist, aber in den bisherigen stücken nicht einmal andeutungsweise, oder im keime vorgebildet vorhanden 
war. Nachdem nämlich die Marien, beim grabe angekommen, jenes Iam iam, eeee etc. gesungen, antwortet 
der engel Non eget unguentum, quia Cristus de monumento zurexit uere: locus eeee! uenüe, uenite, videU! 
c 75 — 77. M. Magdalena und M. Jacobi nähern sich dem grabe, schauen hinein und, da sie Jesu leichnam 
nicht finden, kehren sie zu M. Salome zurück. Alsdann singen sie abwechselnd drei hymnenstrofen, in 
denen M. Magdalena in neue klagen über den verlorenen meister ausbricht, c 78 — 81, M. Jacobi ihre ab* 
sieht, den leichnam Kristi zu salben, kiind gibt, c 82 — 84, woran M. Salome mit der aufforderung zurück- 
zukehren sich anschliesst, seitdem sie durch den engel die gewissheit von Jesu auferstehung erlangt haben, 
c 85 — 88. Nun erst folgt der eben besprochene hauptteil dieses auftritts. Der engel befiehlt ihnen nicht 
zu erschrecken, noch sich zu fürchten, denn ego sum Mkhael areangelus; dieite mieki, quem queritis, aud 
quem uuUis uidere? c 89 — 92. M. Magdalene erwiedert schüchtern deus, quis reuoluuit nobis lapidem ai 



-^ 



8. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, c. 107 

hosiio mowumenH? worauf die Marien, da sie den stein herabgewälzt sehen, gewissennassen freudig erstaunt 
gemeinsam einfallen Eeee, lapis reuolutus et iuuenis stola eandida eoopertus! nach ev. Markus 16, 4. ö. Der 
engel heisst sie abermals näher zu kommen und ihre furchtsamkeit abzulegen, und richtet darauf an sie 
die bekannte frage Quem querUis in sepulero^ o msticole? die Marien antworten Ihesum Nazarenum etc., der 
engel Non est kic etc., Uenite et ttidete etc., Et euntes etc. und schliesst mit den versen üuUum tristem tarn 
mutate etc., welche wir X24 schon kennen gelernt haben. Der ganze auftritt unterscheidet sich also von 
seinen bisherigen fassungen erstens in seinem zweiten, dem hauptteile, durch die eröflhung desselben mit 
der anrede des engeis Ad uos dko, midieres, nolüe expauesrere etc. nach ev. Matthäus 28, 5 und Markus 
16, 6 = c 89—92, den auf Markus 16, 4. 5 beruhenden ausbruch freudigen erstaunens der Marien, c 
96. 97, sowie jene gereimten schlussverse des engeis, die, aus ev. Lukas 24, 5 und Matthäus 28, 7 oder 
Markus 16, 7 entstanden, die frauen auffordern, ihre trauer fahren zu lassen, die auferstehung Jesu zu 
verkünden und sich zu beeilen ihn in Galiläa wiederzusehen ; zweitens durch die einfügung der dieser szene 
voraufgehenden szene c 73 — 88, welche der biblischen unterläge gänzlich entbehrt und eine vollkommen 
freie Schöpfung des dichters ist, und drittens die gleichfalls neuen den auftritt einleitenden gesänge c 
64—74. Dass diese weitgehende Umgestaltung nicht mehr aus jenem früheren gesichtspunkte erklärt wer- 
den kann, wonach spätere bearbeiter die in rücksicht auf das angestrebte ziel, dem volke die wichtigste 
tatsache des christlichen glaubens durch eine dramatische aufführung mit greifbarer deutlichkeit vor die 
seele zu stellen, nach form und inhalt so unvollkommene als unvollständige osterfeier älteren Stiles zu- 
nächst durch gehaltvolleren ausdruck der spräche, dann auch durch einzelne ergänzungen im texte und 
endlich durch ein- und anfägung ganzer Szenen zu vervollkommnen trachteten, wobei sie jedoch die ur- 
sprüngliche absieht ihres Urhebers stets im äuge behielten, dass das drama nur als ein mittel und darum 
als untergeordnetes beiwerk des eigentlichen gottesdienstes, niemals jedoch als Selbstzweck auftreten dürfe, 
ist klar. Der ganze erste akt hätte unter diesem gesichtspunkte seine existenzberechtigung einbüssen 
müssen; denn er war nicht nur, worauf wir schon hingewiesen haben, zur erreichung des bezeichneten 
nächsten Zweckes durchaus überflüssig, sondern es mussten auch die profanen elemente in seinem gefolge 
und der bedeutendere aufwand an zeit und teatralischen requisiten, den durch ihn das drama erheischte, 
notwendiger weise die bedingungen aufheben« unter welchen allein dieses in dem engen rahmen des gottes- 
dienstes bestehen konnte. Wenn daher allerdings die auf der grundlage evangelischer texte entstandenen 
Zusätze im dritten teile dieses auftritts c 89 — 108 nach jenem älteren grundsatz als zweckentsprechende 
und der dramatischen Wirkung forderliche erweiterungen gar wohl noch beurteilt werden dürfen, so muss 
dagegen schon die abfassung der neuen einleitung c 64 — 74 als ein natürliches ergebniss der tendenz des 
dichters erkannt werden, die ihn, nachdem er den ehemals als einleitung für diesen auftritt verwanten 
hymnus Omnipotens pater aüissime verbraucht hatte, zur herstellung eines ersatzes zwang, während in der 
freien erfindung des mittleren teiles, c 75—88, seine absieht, die ehedem sekundäre osterfeier zu einem 
von den beengenden fesseln des gottesdienstes entbundenen selbständigen Schauspiele zu erheben, unverhüllt 
in den Vordergrund tritt. Denn weder die anlehnung an die evaligelischen berichte, welche zu diesem 
verspiel nicht die geringste veranlassung darbieten, noch die bessere erreichung des gesteckten Zieles ist, 
so lange wir auf dem boden der einfachen osterfeiem und ihrer absiebten stehen, für den dichter der an- 
trieb zur abfassung desselben gewesen; er glaubte vielmehr, sowohl in ansehung des umfanges, welchen 
der bloss die exposition bildende erste akt und die erste szene des zweiten erhalten hatten, ein entsprech^- 
des mass in der vorliegenden gewinnen, als auch besonders in bezug auf die grosse Verschiedenheit der 
in diesen beiden akten vorwaltenden situazionen und Stimmungen, den effekt, welchen die eigentliche 
engelsszene am grabe hervorbringen sollte, gehörig vorbereiten und aas diesem gnrnde das verspiel c 73 



108 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

• 

bis 89 einscbalten zu müssen. Dass er dies keineswegs in geschickter weise begonnen, zeigt indessen eine 
genauere betrachtung. 

Falls die gesänge c 64 — 74, mit denen die Marien vom laden der salbenhändler aus ihre Wanderung 
zum grabe fortsetzen, noch nicht im Stande gewesen waren, die aufmerksamkeit des publikums auf den 
ernst der handlung zurückzulenken, so musste dies mit einem schlage geschehen, wenn nach dem gemein- 
samen ausruf der frauen c 73., 74 lam iam, ecce, iam properemus ad tumulum, unguentes dilectj eorpuf 
sanctisimum plötzlich die sonore stimme des engeis, der bis dahin von dem veliim vor dem eingange d^ 
grabes verborgen sein mochte, einfiel Non eget unguentum, quia Cristus de monumento surexü uere, tevs 
eeee: uenite, uenite, videte! Wenn aber nunmehr M.Magdalena und M. lacobi, wie die Spielanweisung vor- 
schreibt, hinzugehen ,uidere sepulcrum, non inuento corpore' aber wiederum zu M. Salome zurückkehren, um 
den heimweg anzutreten, so ist es doch einerseits fraglich, ob nicht dadurch die Wirkung des folgenden, 
anstatt vorbereitet und erhöht zu werden, vielmehr vorweggenommen und gebrochen wird; andererseits aber 
ist es nicht zu begreifen, wie der dichter dieses betreten des grabes und die Verkündigung von Jesu aof- 
erstehung des Vorspiels mit dem ganzen folgenden, inhaltlich gleichen, dritten teile dieses auftritts in ein- 
klang zu bringen gedacht hat. Denn wie können die Marien nun noch zweifelnd fragen deus, quis reuobiuit 
nobis lapidem ab hostio monumenii? c 93. 94, da sie doch schon im grabe gewesen, und wie darf der enge! 
erst jetzt nach ihrem begehr forschen Dicite, quem queritis in sepulcro, o cristicole? c 98, nachdem er das- 
selbe schon vorher erkannt und beantwortet hatte? Man sieht, dieses verspiel ist so vollständig verfehlt 
dass man es demselben dichter, der auch das übrige schuf, kaum zutrauen und es lieber für das machweik 
eines ungeschickten dritten halten möchte, der von den intenzionen jenes so wenig, als von dramatiscfaer 
Ökonomie überhaupt eine vorsteUung besass. Allein man wird in dieser zeit einen starken nussgriff auch bei 
einem begabteren manne gewärtigen müssen und ich glaube nicht, dass man bloss um seiner ungeschicklieb- 
keit willen diesen absatz dem unbefugten eingri£f eines Stümpers aufzubürden das recht hat Auch wurde die 
spielbarkeit des ganzen auftritts durch die stoffliche kongruenz seiner teile gewiss nicht verhindert. Waren 
die Marien schon nach der ersten auiforderung des engeis c 76. 77 zu ihm eingetreten, um sich von der 
abwesenheit des leichnams Jesu zu überzeugen, so brauchte sich diese handlung bei der zweiten c 97 und 
dritten c 102 nicht zu wiederholen, und da entsprechende Spielanweisungen fehlen, so scheint der engel in 
der tat die ganze partie von dem Non e$l hie etc. bis zu dem Utdätm tristem iam muiate in einem tenor 
ohne Unterbrechung gesprochen zu haben, während die frauen, auf einer stelle verharrend, seine botsckiA 
in empfang nahmen. Die späteren entwickelungen der bei ihm, von den angegebenen vollständig zweck- 
dienlichen aus den evangelien geschöpften ergänzungen abgesehen, in ihrer ursprünglichen reinheit erhaHeoen 
ältesten fassung der lateinischen osterfeier scheinen bis in die gegend, in welcher der dichter lebte, noch 
nicht vorgedrungen zu sein, und es ist zu bedauern, dass er die so mühsam errungenen vorteile, wdcbe 
auch ihm diese für einen angemessenen rückzug der frauen gewährt haben würden, nicht kannte. I"^ 
dritte Szene dieses aktes, das erwachen und die rückkehr der Wächter zu Pilatus, beginnt unmittelbar 
nach den letzten versen des engeis, ohne dass man zunächst weiss, ob die Marien bis auf weiteres beim 
grabe verblieben, oder ob und wohin sie sich schweigend entfernen sollten. Aus der spielanweisiuig ^" 
v. 141 ist erst nachträglich zu schliessen, dass sie sich ,in sinistram partem ecclesie' zurückziehen mussten. 

Der folgende auftritt c 109—140 ist vollständig gereimt. Die Soldaten erheben sich und beklagt 
ihr missgeschick, dass sie den, welchen sie zu bewachen ausgesant waren, verloren. V. 114 — 116, weJcto 
sich c 130 — 132 wiederholen, sind o£fenbar aus dem responsorium hervorgegangen, welches im oifertoriaiD 
der feria seconda post pascha statt findet und nach ev. Matthäus 28, 2 ff. verfasst ist Angelas domini 
descendit de codo et dixit mulieribus Quem queritis? surrexit, sicut dixit, alleluia! Ausserdem ist diese 



3. URSPRUNG UND ENTWICKELUNG. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, c. 109 

szene nach ev. Matthäus 28, 11 — 15 gebildet . . • ecce, quidam de custodibus venerunt in civitatem et 
nuntiaverunt principibus sacerdotum omnia, quae facta fuerant. 12 Et congregati cum senioribus, consUio 
Accepto, pecuniam copiosam dedenint militibus, 13 dicentes Dicite quia discipuli eins nocte venerunt et 
furati sunt eum, nobis donnientibus : 14 et si hoc auditum fuerit apraeside, nos suadebimus ei et securos 
vos faciemus. 15 At Uli, accepta pecunia, fecerunt, sicut erant docti. Der dichter hat sich jedoch hier 
weniger strenge an seine vorläge gehalten, als beim ersten akte; er lässt die Wächter nicht, wie Matthäus 
berichtet, zu den häuptem der jüdischen priesterschaft zurückkehren, sondern zu Pilatus, dem daher auch 
die aufgäbe zufallt, sie durch bestechung und durch einschüchterung vor der räche der priester zu über- 
reden, die Wahrheit zu verschweigen und zu sagen, dass die jünger den leichnam Jesu gestolen. Nach- 
dem also die Söldner ihren klagegesang c 109 — 116 beendigt und bei Pilatus ang^ommen sind, werden 
sie von diesem angeredet ,ihr römische Soldaten, empfanget den lohn und berichtet mir nun, was euch 
begegnet ist^ Die Wächter antworten klagend Proh, quo genttles fuimus! ein donnerschlag hat uns, während 
wir das grab bewachten, zur erde geworfen. Legem non habuistis; daher mögt ihr lügen und vorgeben, 
dass die jünger kamen und den leichnam gestolen haben, rät Pilatus. Die Söldner aber widerstreben 
Nos verüatem dieimu$: de eelo uenit angelus etc., worauf ihnen Pilatus, ihnen den sold aushändigend, im tone 
•des befehles, wie ein mann, der an solche mährchen nicht glaubt, den wohlmeinenden rat gibt, davon zu 
schweigen, da sie ihnen bei den judenpriestem zum unheile gereichen- könnten, falls sie im volke ruchbar 
würden. — An zwei stellen scheint mir der handschriftl. text verderbt, nämlich c 119, wo omnibus ebenso 
wenig am platze ist, als c 126 das einen hier ganz unpassenden gegensatz ausdrückende $ed; ich habe 
fUr ersteres nunc rnkhi, für das letztere et in den Varianten vorgeschlagen, wodurch wenigstens der an* 
stoss, welchen man beim lesen an ihnen nehmen muss, beseitigt ist, wenn sie auch den urtext nicht 
wiederherstellen mögen. 

Der dritte akt führt uns mit der erscheinung Jesu am ostermorgen auf die höhe der entwickelung 
unseres dramas, wenn ich sc sagen darf, zur katastrofe. Die erscheinungsszene war, wie wir gesehen 
haben, die wichtigste gemeinsame neuerung, welche die stücke der vierten gruppe vor denjenigen der 
übrigen auszeichnete. Allein schon dort machte sich eine wesentliche Verschiedenheit zwischen den vor* 
wiegend deutschen QRT und den französischen stücken UVWX bemerkbar, insofern das auftreten Jesu in 
den ersteren durch den hymnus Cum venissem ungere mortuum, in den letzteren durch eine zweite engeis- 
Szene eingeleitet und vorbereitet wurde, und diese engelsszene ist es auch, welche in c, nur in ähnliche 
weise wie der zweite des vorigen erweitert, den ersten auftritt des dritten aktes bildet. Sie beruht der 
hauptsache nach auf ev. Job. 20, 11 — 13j hat aber aus ev. Lukas 24, 5. 6 noch einen zusatz erfahren, 
welcher aus besonderen, oben s. 86 dargelegten gründen, ihre komposizion und einfOgung in die lateini* 
sehen osterfeiem auf 4inen Verfasser zurückzuführen und die Überlieferung in c 185. 186 als die originale 
fassung anzunehmen gestattete. Diese szene ist der unversehrte feste kern unseres auftritts, seine er- 
weiterung nächst der lyrischen einleitung im wesentlichen nur eine zum teil wörtliche Wiederholung dessel- 
ben (vgl. c 204. 205 mit c 185. 186), von welcher der dichter auch die veränderte inszenierung, in folge 
-deren sie aller Wahrscheinlichkeit nach entstand, den Vorwurf nutzloser dehnung und störender gleich- 
förmigkeit nicht hat abzuwenden vermögen. Leider sind auch hier wieder die spielanweisungen, welche 
vielleicht eine genauere erUärung dieser Wiederholungen aus der auff&hrungsweise zu geben vermöchteni 
allzu dürftig und ebenso wenig wird man aus dem texte selbst, da der wichtigste auftritt dieses aktes, 
das zusammentreffen Jesu und Magdalenens, auf welches der erste auftritt hinsteuert, fehlt, keinen sicheren 
schluss ableiten können. Soweit man nach läge der sache urteilen darf, geschah die darstellung, wie folgt. 
Zuerst tritt Maria Magdelena, scheinbar allein, auf, denn die Spielanweisung zu c 141 ff. spricht nur von 



HO I. DIE LATEINISCHEK OSTERFEIERN. 

ihr. Sie kommt von der linken seite der kirche, also wohl von dem vorausbezeichneten stände, auf dem 
sie sich, so lange sie im spiele nicht mitwirkte, aufieuhalten hatte. Sie singt eine Sequenz c 141—178, 
die, zum teil aus sechszeOigen strofen von abwechselnd reimlosen vollständigen und gereimten katalektischen 
dimetem bestehend, sonst nicht bekannt ist, und vom dichter selbst herrühren mag; die Überlieferung unserer 
handschrift ist jedoch vollständig korrupt und nicht dazu angetan, an ihr den versuch zur herstelluog 
eines korrekten textes zu machen. Mit dem ende ihres gesanges ist Magdalena beim grabe angekommen, 
worauf die vorhin erwähnte, aus UVWX bekannte und aus ev. Job. 20, 11 — 13 entstandene szene sieb 
abspielt* Abweichend und unverständlich ist, warum Jesus selbst die erste frage Mulier, quid phras? e 182 
an M. Magdalena richtet. Nachdem diese geantwortet Quia tulerunt etc., fragt der engel Quem queritii? 
und die beiden anderen Marien erwiedem Viuentem cum mortuis, worauf der engel mit dem Non est hie, sed 
mrexU: recardamini etc. schliesst. Woher, wann und wie M. Jacobi und M. Salome hieher gekommen, 
ist nicht zu ersehen, vermutlich also doch zugleich mit M. Magdalena. — Diese beginnt nun aufs neae 
zu klagen Tu, paier, qui es in cdis etc. c 191 — 197, die beiden anderen kommen herbei, sie, auf jeder seite 
unter ihre arme fassend, zu stützen und ihr mit den versm Cara soror, rUmis langor c 198 — 201, deren 
Schlusszeile wiederum stark verderbt ist, trost einzuflössen. Magdalena aber fährt fort zu klagen 
Ardens est cor meum deiiderio etc. c. 200 — 202 (nach ev. Lukas 24, 32; vgl. X16) und der engel fragt aber- 
mals Quem queritis? worauf die Marien gemeinsam antworten Viueniem cum mortuis und der engel, zu M. 
Magdalena gewant, die tröstende Versicherung gibt Nichü tibi est timendum etc., welche mit c 210, wofern 
nicht auch hier dne verderbniss vorliegt, in prosa übeif^eht Der schluss scheint mitsammt dem ganzen 
auftritt zwischen Jesus und M. Magdalena dem Schicksale der beiden blättert verfallen zu sein, welche an 
dieser stelle in der handschrift fehlen. 

Die entstehung des auftritts aus der älteren szene c 182 — 190 ist klar. Die hinzufügung der lyri- 
schen klage Magdalenens als einleitung, welche das wiederholte auftreten derselben motivieren und, indem 
sie den grundton des dramas anschlug, die aufrnerksamkeit des publikums auf die folgende erscheinung 
Jesu zurücklenken sollte, sowie die nächsten zusätze c 191 — 203 sind vollkommen zweckentsprechend und 
geeignet die Spannung bis zu dem momente in sanft geschwungener Wellenlinie zu steigern, wo die in 
ängstlicher erwartung aufhorchenden zuschauer durch das persönliche hervortreten des wiederauferstandenen 
auf das tiefste ergriffen und erschüttert werden mussten. Jedoch bleibt das frühzeitige auftreten im 
c 182 auffallend und unerklärt, da ihn ja Magdalena nicht erkennt, noch auch erkennen darf; vielleickt 
war es als Vorbereitung für die zuschauer berechnet, vielleicht auch versteckt sich die eigentliche absieht 
des dichters in der inszenierung, welche durch das ,in ordine' in der Spielanweisung zu c 182 angedeotet 
ist; möglich endlich ist es auch, dass nur ein abschreibefehler vorliegt Die intenzion aber, welche der 
dichter mit der Wiederholung von c 204 — 211 muss verbunden haben, ist mir völlig rätselhaft und unier 
den vorhandenen möglichkeiten erblicke ich keine, die sich mit einiger Wahrscheinlichkeit, das richtige tu 
treffen, für ihre erklärung geeignet erwiese. Dass es ihm ausschliesslich darum zu tun gewesen sei, 
diesen auftritt in die länge zu ziehen, wird man doch ohne weiteres nicht annehmen dürfen und auch das 



1. Die gH^tte dieees und des den anfang unseres mysteriuniB betreffenden verlostes, weloben die handschrift erlitten^ iit 
Ton Lnsaiehe nicht so genau und sicher bestimmt worden, als es fttr die beorteilung des umfanges an verlorenem 
texte erwOnscht und vermittelst Zahlung der blatüagen und ihrer bestandteile an erhaltenen blättern wohl tanlicb 
gewesen wäre. Er sagt nur einleitung p. XY ,notre manusorit presente deux facheuses Uounes: la premiere, tont ta 
ooromenoeroent du po^me, n'est probablement que d'un seul feuillet; la seconde, sans doute un peu plus etendue, se troave 
vers la fin, k la page 21 [seiner ausgäbe, wo die stelle genauer bezeichnet ist], immediatement apres le dialogae de 
Tange et des deux 



3. URSPRUNG UND ENTWICKBLUNG. F. DAS MYSTERTOM AUS TOURS, o. Hl 

auskiinftsmittel, diesen passus auf rechaang eines unverständigen interpolators zu setzen, halte ich, so 
lange tauglichere grQnde, als dass diese Wiederholung an dieser stelle ganz unpassend ist, fehlen, für allzu 
leicht bei einer handschnft, die, noch dem 12. Jahrhundert angehörend, der zeit des dichters selbst sehr 
nahe stehen muss und so st^irken eingriffen kaum schon ausgesetzt 'gewesen sein dürfte. 

Der zweite auftritt des dritten aktes, der, wie schon bemerkt, verloren ist, bestand ohne allen 
zweifei in der begegnung Jesu und Magdalenens und hat ebenso gewiss — denn auch darin ist nach der 
bisher beobachteten Übereinstimmung der älteren teile in c mit den übrigen lateinischen osterfeiem ein 
irrtum kaum möglich — der hauptsache nach dieselbe auf ev. Johannes 20, 14 — 17 beruhende form inne- 
gehalten, welche uns aus QRTUVWX hinlänglich bekannt ist. Immerhin mag diese, die notazion einbe- 
griffen, nicht ausgereicht haben, zwei blätter der handschrift zu füllen und die neigung des dichters hat 
sich vielleicht auch hier in einer anzahl eigener Zusätze genüge getan, lieber die art indessen, wo und 
wie dies geschehen, wird man sich vager Vermutungen füglich entschlagen müssen, da es durchaus an 
passenden analogien zu ihrer begrüudung gebricht. 

Auch der dritte auftritt ist bis auf die wenigen zeilen c 212 — 219 verloren, von denen die drei 
ersten nicht einmal ein Indizium darbieten, die person, welche spricht oder angesprochen wird, geschweige 
denn die beschaffenheit der ganzen szene zu erkennen. Luzarche hat sie dem Petrus zugewiesen und 
gemäss der folgenden Spielanweisung ,Et reuersus interroget', wonach c 212 — 214 derselben rolle zufallen, 
wie c 215, nämlich eben deijenigen des Petrus, wahrscheinlich mit recht. Allein auch wenn dieses richtig 
ist, bleibt der, auftritt selbst und seine Verknüpfung mit dem vorausgehenden grösstenteils dunkel. In allen 
übrigen lateinisch-dramatischen osterfeiem tritt Petrus bloss in seinem bekannten wettlauf mit Johannes 
auf: was sie dabei zu i*eden haben, beschränkt sich regelmässig auf das an das volk gerichtete Cendtis, 
socii etc. bei Vorzeigung der von den engein empfangenen linnen, und nur XI 1 fand sich eine neue 
komposizion dieser szene mit einigen gereimten wechselreden, welche die apostel am grabe führten. 
Stammen auch die drei verse c 212 — 214 aus einer wettlaufszene her, — und ich wüsste in der tat nicht, 
in welcher anderen beziehung der dichter ein auftreten des Petrus an dieser stelle bewerkstelligt und 
motiviert haben könnte, — so können sie nicht an Johannes, sondern, so weit ich urteile, nur an die M. 
Magdalena gerichtet gewesen sein, und dann sind dieselben dahin zu erklären, dass Magdidena ihre botschaft 
von der auferstehung Jesu zunächst dem Petrus und zwar ihm, da er nach der spielanweisung zu c 243 
auch allein zurückkommt, allein überbringt, worauf dieser mit * — 214 erwiedert und, im begriffe zur grab- 
stätte zu eilen, sich nochmals an Magdalena zurückwendend (so ist dann das ,reuersus' aufzufassen) fragt 
Die nächif saror Maria, quod iter incqriamf und diese ihn anweist Vade cüo hanc per viam, unde nunc re- 
gressa mm etc. c 216—219. Auch die antwort der Magdalena spricht für diese darstellung; denn der 
weg, den sie dem Petrus einzuschlagen befiehlt, ist derselbe, auf welchem sie selbst so eben zurück- 
gekommen, und kann doch wohl kein anderer sein, als der weg zum grabe. Ziemlich sicher ist also, dass 
c 212 — 219 aus einem auftritt herrühren, welcher den wettlauf des Petrus behandelt, der aber anstatt 
jener älteren, dem dichter vielleicht unbekannten abfassung Ad monumenlum etc., Currebant duo simul etc., 
Cemitis, o xocU etc., eine neue von dem Verfasser selbst erfundene komposizion hatte, über deren einzeln* 
heiten, ihre Verbindung mit dem vorhergehenden und ihre textliche gestaltung wir daher nichts anderes 
wissen können, als was uns in der handschrift selbst erhalten ist. 

Der vierte auftritt ist sehr einfach und sehr kurz, gewissermassen nur eine variazion des vorigen, 
indem M. Magdalena ihre botschaft, welche sie nach Vorschrift des engeis vor allem dem Petrus zu ver- 
kündigen beauftragt war, nun auch den übrigen jüngeren mitteilt. Während sie also dem köre sich 
nähert, kommen ihr die apostel (ausser Petrus), in zwei gleiche scharen geteilt, entgegen, zuerst sechs 



112 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

Ton der einen Seite, welche den hymnus Tristes erant apostoli anheben, darauf die übrigen sechs von der 
andern, um denselben zu ende zu singen. Alsdann tritt Maria vor die jünger und singt die erste strofe 
des hymnus Jesu, nostra redempcio zum lobe des erlösers, um ihnen mit einer zweiten strofe Soluiis tarn 
gemüibus, der vierten des hymnus Aurora Itids nUäat, die frohe botschaft zu geben, dass nun alle Seufzer 
und die schmerzen der höUe ein ende haben, nachdem ihr ein engel die auferstehung Jesu verkündigt. 
In der handschrift sind Spielanweisungen und text dieser partie so neben einander geschrieben, dass man 
für den ersten augenblick zweifelhaft sein kann, wie. dieselben zusammengehören. So haben denn auch 
Luzarche und Coussemaker der Magdalena nur die erste strofe zugewiesen, die anfangszeile der zweiten 
jedoch c 240, da sie den jambischen rytmus und die herkunft derselben verkannten, als prosa behandelt und 
zu der folgenden rede Jesu gezogen, c 244 — 247. Diese Verbindung hätte ihnen indessen schon deshalb 
auffallend und befremdlich erscheinen sollen, weil die rede Jesu im übrigen wörtlich aus ev. Lukas 24. 
36 — 39 genommen ist. Der nachweis aber, dass wir in dieser zeile nur den anfang einer hymnenstrofe 
vor uns haben, und ganz besonders der inhalt dieser strofe, der von dem dichter Jesu selbst unmöglich in 
den mund gelegt worden sein kann, dagegen in dieser szene nicht allein passend, sondern für den zweck 
und die bedeutung dersdben unentbehrlich ist, muss jeden zweifei über die richtigkeit in der anordnung 
unseres textes beseitigen. 

Mit der katastrofe des dritten aktes hatte der dichter den nächsten Zweck seines Schauspiels er- 
reicht Er hätte darum hier schon mit der sequenz Vietimae pasehaU den schluss können eintreten lassen, 
und wenn er die grosse Wirkung dieses aktes, welche er nicht mehr zu überbieten vermoqhte, nicht ab- 
schwächen und die aufmerksamkeit seiner zuhörer nicht ermüden wollte, so blieb ihm nur übrig, das stück 
in einem vierten akt mit ein par kurzen szenen schnell und wirksam zu ende zu führen. Es ist sehr :c 
loben, dass er dies erkannte und unter den Stoffen, welche die ostergeschichte der evangelien noch enthielt 
den wirksamsten und dramatischesten in der erzählung vom ungläubigen Thomas herausfand, die ihm über- 
dies noch den vorteil bot, dass er die mit dialogen untermischte darstellung des Johannes (kap. 20, 24 — 29) 
mit wenigen, aber allerdings bedeutsamen änderungen unmittelbar dramatisieren konnte. Nur im ersten 
auftritt ist er i^uf ev. Lukas 24, 36 — 39 zurückgegangen, weil er dadurch, die an dieser stelle in der 
dritten person gehaltene erzählung des Johannes 20, 19^ 20 in die eigene rede Jesu umzuwandeln enthoben 
wurde. Die aussendung der apostel und die erteilung des heiligen geistes, Job. 20, 21 — 23, liess er mit 
recht unberücksichtigt; denn die versöhnende und tröstende kraft, welche das erscheinen Jesu bei den 
jungem und Thomas im besonderen und darum auch für die Zuschauer haben musste und durch die be- 
gegnung mit M. Magdalena nur erst teilweise bewirkt worden war, lag vor allem darin, dass er sich ihnen 
als den wirklich körperlich von dem tode wieder auferstandenen bewies, nicht aber, zumal für das drama^ 
in jenen anderen momenten, die die handlung nur in die länge ziehen, den dramatischen effekt jedoch 
eher vermindern als verstärken konnten. So aber schliessen sich die drei szenen kurz und knapp an* 
einander. Erster auftritt: Jesus erscheint plötzlich inmitten der erschreckten apostel, zeigt ihnen die Wund- 
male in bänden und füssen, die sie betasten, und mit dem freudigen ausruf Ecccj deus nosterl Surrexit 
diminus etc. c 248—251 erkennen sie ihren aus dem grabe zu ihnen zurückgekommenen meister. Zweiter 
auftritt: darauf komnxt Thomas, der nicht zugegen war, singend und über sie selbst, die bei der gefangen- 
nähme Jesu furchtsam geflohen, und Judas, den Verräter, seine klage ergiessend c 252 — 262; die jünger 
eilen ihm entgegen und, begeistert von dem soeben erlebten frohen ereigniss, brechen sie in die erregten 
werte aus Thomas, uidimus dominum l Thomas aber, indigniert über die Zumutung, solches zu glauben, ant- 
wortet mit kühler abwehr Nisi uidero in manibus eius ßxuram clauorum etc. c 264 — 266. Dritter auftritt : 
Alsdann erscheint Jesus zum andern male, gebietet frieden und lässt auch den Thomas seine Wundmale 



8. URSPRUNG UND ENTWIGKELUN6. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, o. 



113 



berührea; Thomas ist erschüttert, er fäUt Jesu zu füssen und ruft dreimal laut Dominus meus et dem meus. 
AUehdal Jesus antwortet mit sanftem Vorwurf Qiiia uiäiili me, Tkotnat, erediditti etc., Thomas aber singt 
frohlockend zum volke gewant mit erhobener stimme Mm digüum meum m fixuram dauorwn ei mamsm 
meam m UUu$ em, ä diooi Dammut meus et deus mens. AlkMal 

Dass dieser akt mit seinem lebhaften Wechsel tiefister und energischester selischer bewegungen bei 
geeigneter darstellung auch nach der imponierenden Wirkung des Yorigen noch einen bedeutenden eflfekt 
ausüben' und das publikum in atemloser Spannung erhalten konnte, wer möchte das bestreiten? Die 
apostel in trauriger haltung über den yerlust ihres meistens versammelt, die plötzliche erscheinung Jesu 
nach tradizioneller anschauung in seinem irdischen habit mit kreuz und labarum, ihr schreck und das 
freudige erkennen; dann die karakteristische gestaltdes Thomas^ sein klagender gesang, seine kühle Zurück- 
haltung gegenüber der fast unglaublichen mitteilung der aufgeregten genossen, das abermalige erscheinen 
Jesu, diesmal in den glänzendsten priestergewändem, des Thomas ttefinnerste ersehütterung und begeisterte 
bekehrung, und alle diese eindrücke noch unendlich verstärkt und gehoben durch die zuerst geisterhafte, 
dann aber grossartig vergeistigte, gleichsam in überirdischem glänze strahlende gestalt des heilandes: was 
kann man sich denken, das auf die gemüter einer andächtigen, solchen Schauspiels ungewohnten menge 
packendem und erschütterndem eindmck gemacht hätte? — Allein auch der dichter selbst hat die dra- 
matische gewalt, welche in diesem Stoffe lag, deutlich empfunden. Nicht ^lein beweist er in den Zusätzen, 
welche er zur ergänzung einiger lücken in der ftthrung des dialogs, wie ihn die evangelien darboten, zu 
machen genötigt war, eine gegenüber seiner früheren, oft störenden Weitschweifigkeit sorgsame mässigung 
und bescheidung, sondem er hat sich sogar zu wiederholter kürzung des bibeltextes verstanden und man 
ist unwillkürlich erstaunt über die klarheit der intuizion, mit der er seinen immerhin rohen Stoff durch- 
drang, in seinen treibenden momenten erfasste, reinigte, ergänzte und zu vollkommener dramatischer 
Prägnanz, Spannung und mndung herausarbeitete. Und wie vortrefflich ihm diese arbeit auch nach dem 
urteile seiner Zeitgenossen und seiner nachfolger auf dem felde der geistlich-dramatischen dichtung gelang, 
geht am besten daraus hervor, dass von den letzteren unter den neuerungen des dichters keine, selbst 
nicht die kaufinannsszene, gleich sehr der nachahmung würdig befanden, verbreitet und bis in die zeiten 
der grossen fronleichnamsspiele erhalten wurde, bisweilen sogar (z. b. im egerer) mit grosser treue wenig- 
stens in der bewahmng des textes. Es ist daher doppelt interessant und wichtig die quelle und das werk 
des dichters in genauere vergleichung zu setzen, damit man vollständig erkenne, wie viel er tat, um aus 
dem rohen Stoffe die geläuterte form des dramas zu schaffen. 



■V. LUKAS XXIV, M-4«. 

36 Dum haec autem loquuntur, 
lesus stetit in medio eorum et diät 
eisPaxvobis: egosum, nolite 
timere. 37 Conturbati vero et 
conterriti existiroabant se spiritum 
videre. 38 Et dixit eis Quid tur- 
bati estis et cogitationes ascendunt 
in corda vestra? 39 Videte 
manus meas et pedes, quia 
ipse ego sum: palpate et vi- 
dete, quia Spiritus carnem 
non habet, sicut me videtis 
habere. 40 Et cum hoc dixisset, 
ostendit eis manus et pedes. 

Milohtaok, Ott«p- mnd panionMpi«!«. 



■V. JOHIIIBS XX, l»-iS. 

19 Cum esset ergo sero die illo 
una sabbatorum et fores essent 
clausae, ubi erant discipuli propter 
metum ludaeomm, venit lesus et 
stetit in medio et dicit eis Fax 
vobis. 20 Et hoc cum dixisset, 
ostendit eis manus et latus. Ga- 
visi sunt ergo discipuli, viso do- 
mino. 21 Dixit ergo eis itemm 
Fax vobis: sicut misit me pater, 
et ego mitto vos. 22 Hoc cum 
dixisset, insufflavit et dicit eis 
Accipite spiritum sanctum : 23 quo- 
mm remiseritis peccata, remittun- 



e i44— M7. 
. . . ueniat IE8U8, dalmatioa indutuB, fe- 
reiu in maniboB onioem, dioat: 

Fax uobis: ego sum: nolite timere: 



uidete manus meas et pedes meos 
quia ego ipse sum: palpate et 
uidete quia spiritus camem et ossa 
non habet, sicut me videtis ha- 
bere. Alleluia! 

DISCIPULI nideant enin et oaoalentar 
et dioant: 

16 



114 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIBRN. 



BT. iORlHins XX» i4— St. e i49— tn. 

Ecce, deus noster! 
Surrexit dominus de sepolchro, 
qui pro nobis pependit in ligno. 
Alleluia, alleluia, alleluia! 

THOMAS ueniat oantando: 

Thomas dicet Didimus. 
omnes fngam cepimus . . . 

Et DUO DISCIPULI uadant et di- 
oant ei: 

Thomas, uidimus dominum! 

THOMAS indignaiofl dioat oii: 

Nisi uldero in roanibus eins fixuram 
clauorum 

et mittam mauum 
meam in latus eius, non credam. 

Tuno ueniat IHESUS ad diBCspolo«, 
indutos BaoerdotalibuB vectiniaiitifl ouidi- 
dis, et dioat eis iterum: 

Fax uobis: ego sum, aUeluial no- 
lite timere, alleluia! 

DeiDde dioat ad Thomain: 

Thomas, mitte manum tuam et 
cognosce loca clauorum, alleloia! 
et noli esse incredulus, sed fidelis. 
Alleluia ! 

Tuno ostendat ei et THOMAS «dit 
ad pedet eins et dioat tribas oicibiu: 

Dominus mens et deus meus. 
Alleluia ! 

DOMINUS respondit: 

Quiauidisti me, Thomas, credidisti: 
beati, qui non uiderunt et credi- 
derunt. Alleluia! 

Et THOMAS, ueraa fade oonin po- 
pulom, dioat alta vooe: 

Misi digitum meum in finv** 
clauorum et manum meam in 1^ 
eius, et dixi Dominus meufi et deuB 
meus. Alleluia! « 

Diese übersieht zeigt uns, dass die darstellung des Johannes, obschon hauptsächlich dialogisch 
verfasst, dennoch mehrere Ittcken enthielt, welche einer anderweiten ergänzung bedurften. Die rede Jesu 
bei seinem erstmaligen erscheinen liess sich allerdings bequem und mit der erzählung jenes übereinstin« 
mend aus dem evangelium des Lukas ersetzen, bei der erwiederung der jünger, dem auftreten des Thomas 
und dessen schliessender rede zum volke dagegen musste der dichter mit seiner eigenen erfindongsg^)^ 
eintreten. Und wie im ersten falle der blosse ausruf Eeee^ deus nosier und^ das responsorium aas der 
ostermesse Surrejcü dominm de eepulekro etc. c 249 — 251, welches wir schon in den ältesten und einfach- 
Bten osterfeiem zur Verwendung kommen sahen, der geeignetste ausdruck freudigen erkennens war, so 
konnte im letzten die tiefinnerste und begeisterte Überzeugung des Thomas, den aus dem grabe attferstas* 
denen herm wirklich und wahrhaftig gesehen zu haben, nicht anschaulicher, eindringlicher und ergreifender 



tur eis, et quorum retinueriüs, re- 
tenta sunt. 24 Thomas autem, 
unus ex duodecim, qui dicitur 
Didymus, non erat cum eis, 
quando venit lesus. 25 Dixerunt 
ergo et alii discipuli Vidimus 
dominum. Ille autem dixit eis 
Nisi videro in manibus eius 
fixuram clauorum et mittam 
digitum meum in locum clavorum 
et mittam manum meam in 
latus eius, non credam. 26 Et 
I post dies octo iterum erant dis- 
cipuli eius intus et Thomas cum 
eis. Venit lesus, ianuis clausis, 
et stetit in medio et dixit Fax 
vobis. 27 Deinde dicit Thomae 
Infer digitum tuum huc et vide 
manus meas, et aifer manum tuam 
et mitte in latus meum, et noli 
esse incredulus, sed fidelis. 
28 Respondit Thomas et dixit ei 
Dominus meus et deus meus. 

29 Dicit ei lesus 
Quia vidisti me, credidisti: 
beati, qui non viderunt et 
crediderunt 



d. URSPRUNG UND ENTWICKELUNO. F. DAS MYSTERIUM AUS TOURS, o. 115 

» 

ausgedräckt und dem volke vor äugen gestellt werden, als durch die im tone überschwenglichster freude 
ausgesprochene yersicherung, dass er sdbst seine hände in die wundmale der füsse und der seite des 
gekreuzigten gelegt habe, womit er zugleich — zur wamung fOr andere — ein reuiges bekenntniss seiner 
früheren ungläubigkeit ablegte. Mehr werte erheischte die einführung des Thomas c 252—262, nicht 
allein um keine pause eintreten zu lassen, während er den weg von seinem stände bis zum Versammlungs- 
orte der apostel zurücklegte, sondern auch um die kernige natur dieses jflngers in ihrem tiefen schmerze 
über die tat des elenden Verräters sogleich in edlerem lichte zu zeigen, welches seiner hartnäckigen un- 
gläubigkeit, zumal nach der vorhergehenden szene, den eindruck eines sonst allzu hart berührenden 
razionalismus nahm, ohne jedoch den wirkungsvollen kontrast seiner trostlosen traurigkeit mit der fieber* 
haft freudigen aufregung der ihm entgegen eilenden genossen aufzuheben, der die empfindimgen der zu» 
schauer bei der kühlen abweisenden antwort des Thomas zu intensivster selischer anspanntmg steigern 
musste und der ganzen szene eine bewegung von höchster dramatischer lebendigkeit verlieh« Was der 
dichter sonst noch hinzugefügt hat, beschränkt sich ausser dem mehrmaligen AlieMa c 247. 271. 272 und 
274, auf die ergänzung der anrede Jesu bei seinem zweiten erscheinen c 267. 268 nach c 244 = Lukas 
24, 36. — Und in demselben masse, wie bei diesen zutaten erweist sich das gesunde und künstlerische 
urteil des dichters über die auf der bühne wirksamen dramatischen momente in der zurüstung des evan- 
gelischen textes durch mehrfache kürzungen und änderungen desselben. Keiiie von den in den evangelien 
enthalteneu reden, mit ausnähme der wenigen werte der apostel Thomai, uidmm dominum, des Thomas 
Dommus meus et deus meus bei erkennnung des meisters, sowie dem sanften Vorwurf Jesu Quia vidüH me etc., 
die eine Umgestaltung weder erforderten noch erlaubten, ist unverändert in das drama übergegangen. So 
wurden in der anrede Jesu c 244 — 247 die beiden mittleren verse Lukas 24, 37. 38 . gestrichen in der 
richtigen erkenntniss, dass bestürzung, staunen, schreck und argwöhn der apostel nicht sowohl durch die 
Worte Jesu, als viehnehr in angemessenen gesten und geberden der dieselben darstellenden Spieler ausge- 
drückt werden müsste, um auf der bühne erfolgreich zu wirken. Ausgelassen ist femer et nitttom digitum 
meum in locum cUmorum Job. 20, 25 in der ungläubigen antwort des Thomas c 264—266, und die auf- 
forderung Jesu Thomiu, mitte manum iuam etc. c 269 — ^271 anders als bei Johannes 20, 27 gefasst worden, 
gewiss, weil es dem dichter darauf ankam das notwendige, ohnedies schon gedehnt durch den rezitativi- 
schen Vortrag/ so kurz zu sagen, als es bei wirkungsvollen schnell dahingleitenden geistererscheinungen, 
— welchen karakter diese szene bis zu einem gewissen grade bewahren musste, — sich ziemt, zumal der 
grösste teil des erfolges doch auf die kunst der Schauspieler gesetzt war. 

Haben wir früher schon gesehen, dass der Verfasser unseres mysteriums die lateinisch-dramatische 
osterfeier älteren Stiles, welche gewissermassen wie die szenische interpretazion einer der wichtigsten be- 
gebenheiten der neutestamentlichen geschichte zur belehnmg für das volk angesehen und demgemäss als 
ein unkanonischer und untergeordneter teil des gottesdienstes behandelt worden war, emanzipieren und aus 
diesem, ausschliesslich einem höheren, kirchlichen zwecke dienenden stände zu einem in erster linie seine 
eigene dichterische tendenz verfolgenden geistlichen Schauspiel erheben wollte, haben wir femer auch 
wiederholt die beobachtung machen müssen, dass es dem Verfasser durchaus nicht an gesundem gefühl 
und richtigem verstädniss für die mittel und Wirkungen bühnenmässiger darstellung fehlte, wenn er auch 
nicht immer, wie bei der kaufmannsszene, wo er dem genius eigener erfindung und gestaltung unbehinderter 
folgen durfte, zu einem vollständigen erfolge gelangte, so werden wir ihm für die behandlung dieses aktes 
rückhaltlos das prädikat eines eminenten dramatischen dichters zuerkennen müssen, der, sicB seinem Stoffe 
frei gegenübergestellt fühlend, einer von dem historiker (Johannes) prinzipiell verschiedenen, dichterischen 
absieht und Wirkung zustrebte und mit vollkommener beherrschung der dramatischen Ökonomie durch er- 

16* 



116 ' I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERK. 

hebliche zusätze und minderungen eines wegen seines dramatischen gehaltes für den niedergang der tiand- 
lung (die katabasis) vortrefflich ausgewählten aktes, sein kunstwerk zu einem gleicherweise spannenden 
und ruhrenden, erschütternden und erhebenden mkd endlich die herzen seiner Zuschauer erlösenden und 
begeisternden abschlusse führte. 

Denn mit diesem vierten akte ist das eigentliche Schauspiel zu ende. Der fünfte akt, die sequenz 
Vietimae pasehaU mit dem Te deum, der zwar zu scharf gegen den vorigen sich abgränzt, um mit diesem 
als eine blosse szene verbunden zu werden, ohne jedoch den vollen wert einer abteilung der eigenüicheii 
dramatischen handlung zu besitzen, hat unzweifelhaft in folge der tradizion aus der vorläge des dichten 
aufnähme gefunden. Und wenn auch die symbolische hinweisung auf das leere grab und die engel, die 
Vorzeigung der schweisstücher und des kreuzes als die mittelbaren zeugen der auferstehung nach dem 
mehrmaligen auftreten Jesu als verspätet und überflüssig gelten müssen, so ist doch anzuerkennen, dass 
den dichter ein richtiges gefuhl leitete, wenn er seine zuscbauer nach den aufregenden Szenen des YOiigen 
aktes nicht von sich entliess, sondern ihnen eine gelegenheit gab, von den wunderbaren und gewaltigen 
ereignissen, die sie geschaut und in andachtsvoller, tiefinnerlicher erschütterung und begeisterung selbst 
nun erlebt hatten, auszuruhen und die wogenden empfindungen unter den mächtigen klängen dieser oster- 
gesänge mählig sich beschwichtigen und ausklingen zu lassen. 



e. EBeEBNISSE. 

Am Schlüsse unserer umfangreichen und detaillierten Untersuchung sei es gestattet, den verlaof der- 
selben kurz zu rekapitulieren und ihre ergebnisse etwas übersichtlicher zusammenzufassen. Dabei mögen 
auch die fragen stärker herausgehoben und der aufmerksamkeit der für diesen zweig unserer literatur sich 
interessierenden besonders empfohlen werden, welche zum teil aus mangel einer genügenden anzabl oder 
doch der für ihre entscheidung notwendigen karakteristischen formen der lateinisch-dramatischen oster- 
ieier hier noch nicht ausreichend beantwortet werden konnten, zum teil erst durch die aui&ndung histo- 
rischer Zeugnisse ihre lösung erwarten, die sich dem gerade danach suchenden meist hartnäckig verber- 
gen, um gar oft an entlegenen orten unvermutet sich zu ergeben. 

Ausgehend von der Voraussetzung, dass die von den urhebem jener drei für die entstehung der 
lateinisch-dramatischen osterfeier ausgegebenen urelemente in folge der verhältnissmässig grossen zahl onl 
des teilweise ausserordentlich hohen alters unserer denkmäler entweder selbst als ein integrierender Be- 
standteil der letzteren erhalten, oder doch die gründe erkennbar sein müssten, welche die spätere aus- 
scheidung derselben begreiflich machten, schien eine sorgfältige vergleichung sämmtlicher stücke am ehesten 
und sichersten zur bestätigung einer jener ansichten, oder zur entdeckung einer anderen besser begrfind<^ 
entstehungsweise zu führen. Diese vergleichung ergab, dass in der tat vier Sätze gemeingut aller m^te- 
rien sind, die zusammen einen kurzen dialog, eine dramatische szene ausmachen und bei den älteren und 
einfacheren stücken das ganze drama repräsentieren. Sie beruhen auf dem evangelium des ersten oster- 
tages Markus 16, 1 — 7 mit benutzung von ev. Matthäus 28, 6, und zeigen eine vom evangelischen texte 
so erheblich abweichende, unter einander jedoch in allem wesentlichen so übereinstimmende fassung, dass 
sie nur als verschiedene lesarten einer ursprünglich von ^inem Verfasser herrührenden komposizion be- 
trachtet werden konnten. Diese feier, zu der sich als koraler schlussgesang noch das T$ dmm gesellte, 
war schon im ^11. Jahrhundert in Deutschland und Frankreich, im 12. auch in Holland verbreitet Dass sie 
wirklich auch einem dramatischen zwecke diente, bevriesen die auf die agierenden personen, ihre kostüme, 
die bühne und die akzion bezüglichen spielanweisungen, weshalb wir sie mit Sicherheit als die älteste form 



8. URSPRUNG UND ENTWIGKELÜNO. G. ERGEBNISSE. 117 

des osterscliauspiete bezeichnen durften. — ^ Eine kleine Vervollständigung erhielt diese szene wahrschein- 
lich sehr bald nach ihrer ersten abfassung durch hinzuf&gung des Satzes Qmg reoohä nobü lapidmn ab 
o$iio mommmui aus ev, Markus 16, 3, der von ihrem Urheber kaum übersehen, sondern auflEallender weise 
absichtlich abergangen worden war. Wir besitzen sechs denkmäler, welche die osterfeier, ganz gering- 
fügige selbständige änderungen und zusätze abgerechnet, in dieser form überliefern, nämlich A|BGE|S 
noch ohne das Quii rmfoluei etc., das deutsche D mit demselben, und die s. 36 — 39 (vgl. s. 65) als erste 1 

gruppe zum abdruck gebracht worden sind. 

Dieselbe zuerst angestellte vergleichung brachte zugleich auch schon einen bedeutenden entwicke- 
lungsfortschritt zum Vorschein; denn -jene f&nf Sätze des primitiven dramas wiesen in einer ziemlichen 
anzahl von stücken nicht mehr die älteste fassung, sondern eine stilistische Überarbeitung derselben auf, 
die ihnen fülle und rundung und einen erhabeneren oratorischen Schwung geben soUte. Zunächst dieses, 
dann aber auch die alsbald sich erhebende gleichartige weitere entfaltung gestattete, die dramen FGHIKLMN 
in einer zweiten gruppe zusammen zu fassen. Diese ausdehnung vollzog sich in mehreren stufen und die 
nächste veranlassung dazu war eine lücke in der komposizion des dramas, das mit der antwort des engeis 

Ite, nuntiate quia sumjrit schloss und die frauen schweigend von der grabstätte zurückkehren liess, so dass , 

i 

der an der dramatischen handlung unbeteiligte kor das festliche Te d$itm anstimmen musste, obschon er 
die Verkündigung des engeis eigentlich noch nicht kftnnte. Dieser doppelten, störenden Unebenheit, die 
sich bei den aufführungen frühzeitig fühlbar gemacht haben wird, hatte man schon im 11. Jahrhundert 
dadurch abzuhelfen gesucht, dass man die frauen auf ihrem rückwege ein osterresponsorium (Surrexü do'» 
minus de upuhhro etc.) singen und damit die früher bei ihrem abtritt entstehende pause ausfüU«i und 
dem köre, d. h. den jungem, die auferstehung Jesu mitteilen liess. Allein dieses so wenig, als die anti- 
fone Dieant nune ludaei etc. (F6MN) hatte sich eines allgemeinen beifalls zu erfreuen und man entschloss 
sich daher schon im 12. Jahrhundert einen eigenen, auf ev. Johannes 20, 1 gestützten und in seiner Stili- 
sierung mit der zweiten rezension übereinstimmenden satz, das Äd mcnumerUum etc., zu verfassen, dem 
sogleich auch die weiteste Verbreitung zu teil wurde (6). Diesem folgte kurz darauf als zweites das 
CemitU, o $ocü etc., mit welchem die frauen die Vorzeigung der vom grabe mitgebrachten schweisstücher 
begleiteten und ihre bedeutung erklärten (H), und da ihre botschaft, das Äd rmmwnentwn etc., zunächst 
für die jünger bestimmt war und nach Johannes 20, 4 — 8 nicht sie, sondern die apostel Petrus und Johannes 
die linnen im grabe auffinden, so erforderte nunmehr die treue der dramatischen darsteUung das wirkliche 
auftreten dieser und die inszenierung des wettlaufes, welche sehr einfach vermittelst des korgesanges 
CwrrtbaiU duo sbnul etc. bewerkstelligt wurde (JKLMN). 

Einen von diesen verschiedenen weg der entwickelung betraten die beiden französischen dramen 
OP. Sie bewahrten die älteste szene in ursprünglichster fassung und form, wodurch sie für die eruierung 
derselben eine besondere Wichtigkeit erhielten, vgl. oben s. 60 f. Was aber in der vorigen gruppe durch 
den wetüauf der apostel bewirkt werden sollte, suchten sie in allerdings einfacherer aber auch weniger 
dramatischer weise durch den dialogischen vertrag der sequenz Vktimae pa$ehdU von Maria Magdalena 
und zwei den Johannes und Petrus darstellenden geistlichen zu erreichen. verwante die ganze sequenz, 
P nur die zweite dialogisch gehaltene hälfte und es konnte aus mehreren gründen wahrschemlich gemacht 
werden, dass zuerst diese allein und dann erst auch die erstere zur aufriahme gelangte. 

Die stücke der vierten gruppe schienen bei der ersten betrachtung die eigentümlichen entwickelungs- 
produkte der zweiten und dritten zum grosseren teile verschmolzen zu haben, und ausserdem noch durch 
die aujhahme der erscheinungsszene zwischen Jesu und M. Magdalena in der allgemeinen entfaltung um 
einen schritt weiter geführt worden zu sein. Unsere Untersuchung lehrte indessen das gerade gegenteil 



118 I. DIB LATEINISCHEN OSTERFEIERK. 

Aus ihr ergab sich definitiv, dass die vorkommenden elemento-der früheren gruppen wegen ihres völlig 
fragmentarischen and nur ganz sporadischen auftretens unmöglich die gemeinsame grundlage der vierten 
gruppe gewesen sein können, dass diese vielmehr ursprünglich auf einem jenen koordinierten, völlig unab- 
hKagigen und selbständigen typus basiert, welcher unmittelbar aus der ältesten szene in erster rezensioa 
mit dem Te deum durch die einfugung der erscheinungsszene entstand und schon im 12. Jahrhundert existierte 
(vgl. c 92 — 104. 182 — 190). Ob dieser typus jedoch zuerst in Deutschland oder Frankreich entwickelt und 
darauf dorthin oder hieher übertragen wurde, oder ob ihn beide länder besonders erzeugten, war aus dem 
mangel an gemeinsamen karakteristischen formen hier nicht zu entscheiden. Sämmtliche stücke hielten 
sich in der wichtigsten mittleren szene zwischen Magdalena und Jesu streng an der evangelischen vorläge 
und die französischen UVWX erwiesen sich in den darüber hinausgebenden partien ebenso sehr spezifisch 
französisch als die deutschen QR deutsch, so dass die in bezug auf die älteste form und die erscheinungs- 
szene herrschende vollkommene Übereinstimmung beider nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit für die 
gemeinsame entstehung zu geben vermochte, und noch weniger das den deutschen als ein vereinzelter^ 
später Überläufer sich anschliessende T (Gividale II). Geschah die entwickelung dieses typus in beiden 
ländem besonders, so kann er auch von anfang an in Deutschland schon die hymnen Heu nobk inkrwu 
mentei. Cum vemssem ungere mortuum und die Sequenz Victimae poMehaU, in Frankreich die zweite nach 
ev. Johannes 20, 11 — 13 gebildete engelsszene enthalten haben, indessen halte ich das erstere für wenig- 
stens sehr unwahrscheinlich. Sicherlich aber waren diese demente im andern falle die frühesten erweite- 
rungen, die sich alsdann aber durch die aufnähme schon bekannter {Äd monumentum QRTX, CurrtbMt 
duo rimul R, Cemüis, o iocii X) oder neuer im laufe der zeiten vielfach vermehrten, und, je nachdem sie 
in den bereich eines die dramatischen osterfeiern pflegenden klosters gerieten oder dem dieselbe diri- 
gierenden geistlichen passend erschienen, bald hier, bald dort eingang fanden. 

Das mysterium aus Tours endlich beruht offenbar auf dem durch die zweite engelsszene bereicherten 
französischen typus und ist ein merkwürdiges und höchst wertvolles zeugniss nicht allein für das drama- 
tische talent seines Verfassers, sondern auch für die ausserordentliche beliebtheit dieser spiele, welche die- 
selben schon im zwölften Jahrhundert in solcher weise auszudehnen und von dem ursprünglichen zweck n 
entfernen und zu popularisieren gestattete. 

Somit ergibt sich, dass die lateinisch-dramatische osterfeier in Deutschland, Frankreich und HollaDd 
ursprünglich aus derselben in ihrer eigentümlichen form mit Sicherheit erkennbaren szene bestand, welche 
auf dem osterevangelium Markus 16, 1 — 7 beruht und gemäss den von diesem abweichenden besonder- 
heiten an Einern bestimmten orte und von Einern Verfasser verfertigt wurde. Aus ihr gingen sodann drei 
untereinander unabhängige, verschiedengeartete entwickelungen hervor, von denen die erste FG(fl)IKLMN 
vorzüglich in Deutschland, die zweite OP in Frankreich, die dritte QRT|UVWX in beiden ländern gleich 
verbreitet gewesen zu sein scheint. Von den verschiedenen entwickelungsformen, welche aus dieser letzteren 
entstanden, wurde die deutsche, nachdem sie die besonderen produkte der früheren sich vollständig assi- 
miliert und einige, in c schon vorgebildete und im folgenden kapitel genauer zu bestimmende bestandteile 
mit aufgenommen hatte, grundlage der deutsch-lateinischen osterspiele und des französisch-lateinischen 
Les trois Maries. Daneben aber erhielt sich die älteste form (vgl. anhang I, 3) bis zum ende des fünf* 
zehnten und die form JKLMN bis tief ins sechzehnte Jahrhundert beinahe unverändert im kirchlichen 
gebrauch (vgl. anhang no II — IV). 

Die lateinisch-dramatische osterfeier ist also weder aus den responsorien des gottesdienstes, wie 
Mone annahm, noch auch nach Schönbachs meinung in Deutschland, unabhängig von Frankreich, aus der 
zweiten hälfte der Sequenz Vietimae paschali, dem ,responsoriumS entstanden, und der zuletzt von Wilken 



8. UK8PRUNG UND EHTWICKELÜBG. G. ERGEBNISSE. 119 

Tertreteoe Standpunkt, sie aus altkirchlichen, auf dem osterevangelium des Markos bernhen,deD riten her- 
TOi^eben zu lassen, kommt wenigstens im allgemeinen der Wahrheit am nächsten. Allein, wenn schon die 
ansichten Moue's und SchÖnbach's dazu angetan waren, die anschauungen über den Ursprung und die ent- 
wickeliiDg dieser dramen zu verwirren und auf abwege zu leiten, so blieb doch auch die von Wilken 
wiederum betonte gegenteilige behauptung für die aufklärung des tatsächlichen Verhältnisses ohne reale 
bedeutung, wenn nicht zugldch auch die beweise f&r ihre richtigkeit beigebracht wurden. Von diesen 
aber findet &ich doch bei ihm keine spur, und dass er von den primitivsten formen der lateinischen oster- 
feier und ihrer schrittweisen entfaltung in mehreren gnippen ho wenig als irgend ein anderer eine ent- 
fernte ahnung gehabt habe, zeigt s^ne bloss über den inhalt von fQnf deutschen stocken referierende dar^ 
Stellung, die Z und a, welche mit unseren dramen wahrscheinlich gar nichts zu schaffen haben, als zwei 
eine besondere Staffel in ihrer entwickelungsgescbichte ausmachende denkmäler behandelt und von den 
französischen stücken vollständig absehen zu dürfen glaubt. 

Die auffUhrungszeit und nächste veranlassung der dramatischen osterfeier war, wie wir oben s. & 
und 22 sahen, von Gustav Freytag, Grieshaber, Alt, Hase und Wilken mit der feierlichen aufhebung eines 
kruzifixes am ostermorgen, welches man, zur symbolisierung der bestattung des leichnams Jesu, am kar- 
freitag zu grabe getragen, dadurch in Verbindung gesetzt worden, dass man dem volke, uistatt es, wie ein 
wormser synodalbeschluss v. j. 1316 befahl', wegen seines abergläubischen zudranges von dieser zemnonie 
völlig auszuschliessen, das unverstandene und daher abergläubischen missdeutungen ausgesetzte sjrmbolische 
ritual durch hinzofUgung einer dramatisierung des osterevangeliums zu veranschaulichen und zu erklären 
veiBucbt habe. Dem entgegen ist die einschaltung des dramas in die matutin (oder die messe) des ersten 
ostertages sowohl aus den resten des rituals dieses frUhgottesdienstes, welche in mehreren handschriften 
mit den dramen verbunden eich vorfanden (vgl. KLNS), als aus der wiederholten und bestimmten uiwei- 
sung, dass die dramatische darstellung nach dem dritten responsorium (der matutin nämlich, vgl. HW) 
anfange, wie endlich aus dem sämmtliche stflcke bescbliessenden Te deum erwiesen worden, insofern dieses 
nach der kircblichen auffassung des mittelalters in der stunde gesungen wurde, in welcher einst Kristus 
aus dem grabe erstand, die daher auch mit recht als die geeignetste zeit für die dramatische darstellung 
dieses ereignisses betrachtet wurde. 



, Qnnm a noitrii anteoeMoribttt ad nos aaqoe pervennit, nt in taora noot« donunicae reaorrectdoniB ad suBtollendam 
orumflxi imaginem de lepaloro, nbi in panwoev« looata fderat, nimia Tiramm et mnlieram numerositas, oertatim isse 
oomprinieudo, «oolMdam waoal oara oKutnici« et Tioariü introire nitautnr, opinanUk erronee, quod n viderent orudtixi 
imagioem atutoUi, eraderent hoo anno inaritabilm mortii horara. Ria itaqae obviante« ftatuimiu, ut reBurreotionü 
myiterinm ante iugrefinm plebii in aooleaiaEQ peragatnr. Synod. Dioeoes. Wonnat. ad annum 1316. Vgl. Alt, Teatar 
and kirohe, 8. 346. 




ANHANG. 



Diese tatsache, dass nänüich die entstehung der lateinischen dramatischen osterfeier auf die feier 
der kreuzeserhebung und die dabei vorkommenden missbräuche weder zurückgeführt, noch mit ihr in 
irgend einen unmittelbaren Zusammenhang gebracht werden darf, empfilngt durch die in diesem anhange 
abgedruckten ritüale noch eine nachträgliche und mit unserer früheren beweisführung vollkommen über- 
einstimmende bestätigung. Ich habe die auch wegen ihrer bedeutung für die deutsch-lateinischen 08te^ 
und passionsspiele, bei welchen wir auf dieselben noch öfter werden zurückkommen müssen, wichtigen 
rituale für die sepultura domini am karfreitag und die elevatio crucifixi in der osteruacht namentUch, um 
die bisher so dunkeln und verworrenen anschauungen über das gegenseitige verhältniss zwischen kirche 
und drama endgültig klar zu stellen, schon hier abdrucken lassen, woraus man nunmehr ersieht, dass die 
kirchlichen feiern der elevatio crucis und resurrectio zwei der Sache und der zeit nach ganz verschiedene 
gebrauche sind, von denen der erste den eigentlichen akt der auferstehung zum gegenstände hatte, aber 
noch in der osteruacht und nur in gegenwart eines teiles oder sämmtlicher geistlichen des klosters, aber 
unter ausschluss der gemeinde begangen wurde, während man den letzteren, die matutin, den frühgottes- 
dienst am ersten oster tage, als die offizielle feier der auferstehung im beisein des volkes feierte, indem 
man die auferstehung selbst als schon stattgefunden voraus setzte. Schon daraus ergibt sich, dass unsere 
dramatischen osterfeiem mit der elevatio crucis gar nicht in Verbindung gesetzt werden konnten, denn 
auch sie suchen nicht die auferstehung als solche, sondern die nächsten ereignisse nach derselben m 
darstellung zu bringen. Dem entsprechend tritt das drama in den folgenden ritualen stets als eine ein- 
Schaltung in der matutin des ersten ostertages auf und zwar, wie schon Durandus angab (vgl. ob. s. 85. 
91) nach dem dritten responsorium und vor dem Te deum laudamiu, dessen gewaltige köre, wie vorber 
den gottesdienst der matutin, so nun das drama in feierlichster und erhebendster weise abschlössen. 

Nummero I, III, IV dieses anhanges sind von mir erst aufgefunden worden, als der grössere teil 
dieser abhandlung schon gedruckt war, so dass sie in den tabellarischen abdruck der stücke der ersten 
und zweiten gruppe, deren entwickelungsformen sie darbieten, nicht mehr aufgenommen werden konnten. 
Ebenso erhielt ich no II, flir welches ich der überaus entgegenkommenden gefalligkeit der herren professor 
Heinzel und dr Sauer in Wien zu dank verpflichtet bin, in dieser hinsieht zu spät, weil ich mich leider 
nicht früh genug entschloss, auf die gute dieser herren zu rekurrieren. No V stimmt im text mit U, dem 
mysterium aus Ronen überein und ist hier nur wegen seiner von diesem abweichenden Spielanweisungen wieder- 
holt worden, nachdem es bei dem abdruck der stücke der vierten aus typografischen rücksichten hatte 
ausgeschlossen werden müssen, lieber seine geschichtliche Stellung ist dagegen oben s. 65 ff. gebührend 
gehandelt worden. 



AKHANOL 



121 



L 

I 

[OBDO WntCEBUSeENSIS I, c. a. 1490.] 

1. SEXTA FERTA IN PARASCEÜE ORDO OFFICIJ. 



Post nonam pamom lintbeam ponator super altare. De- 
inde 3ACERD0S, indutas saoris vestibas et casola nigra, aooe- 
dens altare, non dioat Om/Ileor, sed tamen osooletur altare et 
legitur leotio sine titnlo: 

1 In tribulatione. 

Traotos: 

2 Domine audiui. ' 

3 Ore[fol. LXbjmus. 

4 Flectamus genua. 

Oratio: 

5 Dens a quo et ludas. 

Altera lectio tine titnlo. 

6 Dixit dominus ad Moysen. 

Traotos: 

7 Eripe me. 

Quo finito, legitur Passio seoundum lohannem absque titnlo : 

8 Egressus Ibesus. 

Finita pasdone, PRESBYTER sine AniNiNif vo[biBeumJ reoitet 
alta Yoce super altare: 

9 Oremus dilectissimi. 

SAGERDOS, portando onioem oasnla velatam, dioat versnm 
et in fine aliquantulum procedat: 

10 Popule meus, quid feci tibi aut in quo contristaui 
te? responde mihi, quia eduxi te de twra Egypti, 
parasti crucem saluatori tuo? 

DUO PÜ^I respondent: 

11 Agios theos. Agios iscbyros. Agios athanatos 
eleyson ymas. 

CHORUS: 

12 Sanctus deus. Sanctus fortis. Sanctus immor- 
talis miserere nobis. 

Et, quotiensounque hoo verbum Sametiu repetitur, ad genua 
yeniam petunt. Versus, in ouius fine progrediatur paulatim 
[SAGERDOS :] 

13 Quia eduxi te per desertum quadraginta annos 
et raanna ci[fol. LXIaJbaui te, et introduxi te in 
terram satis optimam, parasti crucem saluatori tuo? 

Respondent PÜERI: 

14 Agios. 

Et GHORÜS: 

15 Sanctus. 

BAIÜLI GRÜGIS oantent tertium versnm: 

16 Quid Vitra debui facere tibi et non feci ego quidem : 
plantaui te vineam meam speciosissimam et tu facta 
es mihi nimis amara: aceto namque sitim meam 
potasti, et lancea perforasti latus saluatori tuo. 

Milehtack, Otttr- nnd pattionMpi«!«. 



[DUO PÜERI :] 

17 Agios. 

[CHORUS:] 

18 Sanctus. 

ORÜGIS BAIULI, cantato tertio versu, non progrediantur, 
sed quando tertia vice a ohoro oantatur itmeiiu «I ffutnorfulif, 
tuno vno tenore ad gradum veniant. Et, finito tertia vice 
SoftclMf, velamen a ministris sursum vsque supra pedes orud- 
fixi leuatur, et crucem ostendentes Antiphona: 

19 Ecce lignum crucis, in quo salus mundi pependit: 
venite, adoremus. 

Versus: 

20 Deus misereatur nostri et benedicat nobis: illu- 
minet vultum suum super nos et misereatur nostri» 

Altius leuant velamen, ostendentes faciem et oaput [foL 
•LXIb] crucifixi, repetunt antipbonam: 

21 Ecce lignum. 

Versus : 

22 Beati immaculati in via, qui ambulant in lege 
domini. 

Hie velamen a ministris tollitur et totus crudfixus osten- 
ditur. Antiphona: 

23 Ecce lig[num.] 

Et subsequenti antiphona et versu Oru» ßdeUi PRESBYTER, 
se inolinando ad oruoifixum, dicat infrascriptas tres orationes. 
Antiphona: 

24 Dum fabricator mundi mortis supplicium pateretur 
in cruce, clamans voce magna tradidit spiritum, et 
ecce velum templi diuisum est, monumenta aperta 
sunt, terre motus enim factus est magnus, quia mor- 
tem filij dei clamabat mundus se sustinere non posse : 
aperto ergo lancea militis latere crucifixi domini, ex- 
iuit sanguis et aqua in redemptionem salutis nostre. 

Versus: 

25 admirabile precium, cuius pondere captiuitas 
redempta est mundi, tartarea confracta sunt claustra 
inferni, aperta est nobis ianua regni. 

Versus Fortunati: 

26 Crux fidelis inter omnes 
arbor vna nobi[fol. LXIIaJlis ete. 

In prima genuflectione: 

27 Domine Jesu Christe, deus verus de deo vero, qui 
pro redemptione generis humani, serpentina suasione 
decepti, mundum erroribus implicatum illuminare et 
crucis [fol. LXnia] patibulum subire voluisti, vt et 
lignum ligno vinceres, et peccati hereditariam mortem 
morte potentissima superares: exaudi me miserum 

16 



122 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



prostratum ante oeulos benignissime maiestatis tue, 
et adorantem te, et benedicentem nomen sanctum 
tuum atque terribile, et concede mihi, te puro corde 
sapere, te laudare et predicare et per vexillum buius 
sancte crucis, quam hodie in nomine tuo adoraturus 
adueni, mentem meam corpusque sanctifica, scuto 
fidei tue me circumcinge, galeam salutis mibi im- 
pone, gladio spiritali acciuge, vt contra bostem ne- 
quissimum pugnaturus et tue muniar miserationis 
auxilio et salutifere crucis vexillo, cunctique tuo 
sancto nomine insigniti ab hostis perfidi sint incur- 
8ione securi. Per te, lesu Christo, saluator mundi, 
qui viuis et regnas in secula seculorum. Amen. 

In secunda gennflectione oratio: 

28 [fol. LXIIIb] DEus, qui Moysi, famulo tuo, in via 
squalentis heremi serpentem eneum in medio populi 
multitudine ad liberandas letali viro infectas animas 
exaltari iussisti, vt, si quis mortifero vuhiere inflictus, 
ad eum respexerit, et venenum exitiale euaderet, et 
optate salutis vitam adipisceretur, significas teipsum 
futura longo post curricula pro tui plasmatis salute 
crucis extollendum patibulo, vt, quos diabolus armis in- 
uidie captiuauerat, tua desiderabilis passio ad patriara 
reuocaret, concede tamen mihi misero peccatori, quam 
Omnibus tuo cruore mercatis, qui hodie sanctam pas- 
sionera tuam supplices venerantur, lignum quoque 
vite adorant, vt dyabolicas insidias, te adiuuante, 
vincamus, et eterne vite participes esse mereamur. 
Qui cum deo patre. 

In tertia gennflectione oratio: 

29 [fol. LXIIIIa] Dümine Ihesu Christe, qui nos per 
crucis passionem hodiema die de diabolica seruitute 
liberasti, vt, quo die hominem condideras, eodem et 
reformares, exaudi me miserum peccatorem coram 
hoc signaculo crucis confitentem et deprecantem, vt 
huius venerabilis et vitalis ligni tuitione munitus, 
et hostis nequissimi ignea tela repellere, et ab in- 
flictis euacuari vulneribus, et ad vitam eternam valeam 
peruenire. Per te, lesu Christe, saluator mundi. 
Qui cum deo patre et spiritu sancto viuis et regnas 
deus, per omnia secula. 

Tuno, resumptis caloiamentis, PRESBYTER intret sacrarium, 
vbi positum fiiit oorpus domini, quod pridie remansit. Casnla 
indutus, illud deferat super altare et calix preparetur more 
solito. Deinde dicat: 

30 Confiteor. 



quo facto, corpus domini et calicem solito more operiatr 
incensoque adhibito et lotis digitis medioori vooe di[foL 
LXIinb]cat: 

31 Oremus. Preceptis salutaribus ete. [moniti et di- 
uina institutione formati, audemus dicere] 

32 Pater noster. 

per totum et: 

33 Libera nos quesumus, domine 

usque Per omnia teeula. Et corpus domini diuidat, ac de- 
inde Yoce mediocri cum oantu feriali dicat: 

34 Per omnia secula seculorum. 

Responsorium: 

Amen. 

Sumat S ACERDOS solitam partioolam et, per qu&ttoor 
partes calicis cruce facta, ponat calicem nihil dicensy nisi se- 
orete velit dicere. In nomine pofm el fUij eC tpiriiuMMmmeiL 
Non dicitur Pax domini, quia non datur bodie osoulnm pacis. 
Et communioet ipse et alij, qui voluerint, cum silentio. Et 
condatur corpus domini in sepulchro cum Responaorio [YerBos:] 

35 Sicut ouis ad occisionem ductus est et, dum male 
tractaretur, non aperuit os suum, 

[Responsorium :] 

Traditus est ad mortem, vt viuificaret populum suum. 

Versus: 

36 In pace factus est locus eins, et in Syon habi- 
tatio eins. 

[Responsorium :] 

Tradi[tus est ad mortem etc.] 

Antiphona: 

37 In pace in idipsum dormiam et requiescam. 

Antiphona: 

38 Garo mea requiescet in spe. 

Sacerdote nectente fila, caxi[fol. LXYajtetur heo antiphona: 

39 Sepulto domino, signatum est monumentum, po- 
nentes milites, qui custodirent illud. 

Statim legantur vespere in eodem loco, soilioet psalmuB: 

40 Confitebor [tibi, domine, in toto corde meo; 
quoniam audisti verba oris mei etc.] 

cum quattuor sequentibus, sine Qloria pafri. Sequitnr: 

41 Magnificat. 

42 Pater noster. 

Psabnus: 

43 Miserere [mei, deus, secundum magnam miseri- 
cordiam tuam etc.] 

Versus : 

44 In pace factus est locus eins. 

[Responsorium:] 

Et in Syon habitatio eins. 



2. ORDO VISITATIONIS SEPÜLCRI IN DIE PASCE. 



Sunimo mane, antequam pulsetur ad matutinum, conueniat 
clerus et, QUI VOLUERINT INTRARE SEPÜLCRUM, lauent 
manus suas et veniant ante prindpale altare vel prope sepul- 



ohrum et legant septem psalmos penitentia[fol. LXVbJle«. 
Quibus finitis, dicant: 

1 Kirieleyson. Christeleyson. Eyrieleyson. 



ANHANG I. 



123 



2 Pater noster. 

Preoes: [Yeraus:] 

3 Exurge, domine, adiuua nos, 

[Responsorinm:] 

Et redime nos propter nomen tuum. 

[VersoB ;] 

4 Exurge, gloria mea, 

[Responsorium :] 

Exurge, psalterium et cythara. 

[Versus:] 

5 Exurgam diluculo, 

[Reeponsorium:] 

Confitebor in populis, domine. 

[Venus:] 

6 Domine, exau[di orationem meam,] 

[Reeponsorium :] 

Et cla[mor mens ad te veniat.] 

[Versus:] 

7 Dominus vo[bi8cum.] 

[Reeponsorium:] 

Et cum [spiritu tuo.] 

8 Oremus. 

Oratio : 

9 Exaudi, quesumus, domine, supplicum preces et 
confitentium tibi: parce peccatis, vt pariter indul- 
gentiam tribuas benignus et pacem. Per Christum. 

Deinde dioant: 

10 Confiteor deo patri. 

Facta oonfessione, vadant ad sepulonim dioendo psalmos: 

11 Domine, quid multipli[cati sunt, qui tribulant 
me? etc.] 

Sequitur antiphona, quam cantent sub silentio: 

12 Ego dormiui et somnum cepi et exurrexi, quem 
dominus suscepit me. AUeluia, alleluia! 

et tollentee inde corpus domini, redeant in chorum, oan- 
tando submissa vooe antiphonam: 

13 Cum rex glorie. 

Dimisso ibidem sudario, statim cum redierint in ohorum, 
ostenso saorameato, siout [fol. LXXVIa] fitinraissa. Deinde 



cantentur matutine. Leota tertia leotione, duo vadant ad 
sepulcrum, induti oappis albis, expectantes chorum iuxta oon- 
suetudinem. Et GEIilGOLE in sepulcro interrogant per 
versum: 

14 Quem queritis in sepulcro, o christieolel 

Reepondent: 

15 lesum Nazarenum craclfixum, o celicole! 

CELIGOLG versum: 

16 Non est hie, surrexit sicat predixerat; 

17 ite, Auntiate quia surrexit de sepulcro. 

CELICOLE, leuantee velamen sepulcro superpositum, dant 
eis sudarium oantando antiphonam: 

18 Uenite et vidite locum, vbi positus erat dominus. 
Alleluia, alleluia! 

Aooepto sudario, redeant in chorum. Et cantent voce so- 
nora antiphonam: 

19 Dicant nunc ludei Quomodo milites custodientes 
sepulcrum perdiderunt regem ad lapidis positionem ? 
Quare non seruabant petram iusticie ? Aut sepultum 
reddaut, aut resurgentera adorent nobiscum dicentes : 
alleluia, alleluia! 

Venientibus ad chorum, vultibus versis ad derum ante 
ma[foL LXXVIb]ius altare, expanso sudario canent CHRISTI- 
COLE antiphonam: 

20 Surrexit dominus de sepulcro 
qui pro nobis pependit in ligno. 

Alleluia ! 

CHORUS, antiphonam : 

21 Surrexit Christus et illuxit populo suo, quem re- 
demit sanguine suo. Alleluia! 

CHRISTICOLE cantent antiphonam : 

22 Surrexit enim sicut dixit dominus et precedet 
vos in Galileam, alleluia! 

ibi eum videbitis. Alleluia, alleluia, alleluia! 

Deinde persequatnr: 

23 Te deuni laudamus. 

Hec prescripta visitatio sepulcri obseruetur secundum con- 
suetudinem oniuslibet eoolesie. 



Anhang I, 1, 1 — 8 vgl. Missale verdense Cösumatü Opulenta in vrbe Magdeborch Arte | et ingenio Mauridj 

Brädis Anno immacl'te v^ginis marie post partü vltra | MiUesimQ ^tatq\ o^tesimü nonogesimoteroio Die vero lune eiusds pen- 
ultio. 20, fol. 70b— 75a. I, 1, 1 Osea 6, 1—6. I, 1, 6 Exod. 12, 1—11. I, 1, 7 psalm 189, 1—14. I, 1, 8 ev. 

Johannes 18. I, 1, 22 psalm 118. I, 1, 24 vgl. ev. Matth. 27, 50. 51 und ev. Joh. 19, 34. 1, 1, 31 vgl. anh. HI, 1, 9. 
I, 1, 38 vgl. anh. m, 1, 10. I, 1, 35 nach Esaias 63, 6. 7. 1, 1, 36 nach psalm 75, 3. I, 1, 39 nach ev. Matth. 27, 66. 
I, 1, 40 psalm 137, 1 ff. I, 1, 43 psahn 50, 3 ff. I, 1, 44 vgl. anhang I, 1, 36. Anhang I, 2, 8 psaLn 48, 26. 
I, 2, 4 psalm 107, 8. I, 2, 5 psalm 107, 8. 4. I, 2, 6 psalm 101, 2. I, 2, 11 psalm 3, 2 ff. I, 2, 12 psalm 3, 6. 
I, 2, 13 vgl. anh. III, 2, 9. 

Die beiden vorstehenden rituale sind der Agenda: siue Exequiajle sacramentorum ^ Et eorum que 
r ecclesijs parrochi|alibus aguntur. entnommen, deren druckort und jähr ich leider nicht angeben kann, weil 

1. Die bekannte ligatnr des rum in sacramentorum und eorum, welche das original darbietet, habe ich, weil in der 

druckerei die entsprechenden typen fehlen, auflösen messen. Im dbrigen werde ich jedodh die bflchertitel, um die 

identifizierung sbu erleiahtem, so genan als möglich wiederzugeben versnoben. 

16* 



124 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

das letzte blatt, auf welchem sich die Schlussschrift des druckers ohne zweifei befand, in dem mir vor- 
liegenden wolfenbütteler exemplar fehlt. Ihre Übereinstimmung mit den im anh. VI, 1. 2 abgedrackteiL 
Würzburger ritualen gibt der Vermutung räum, dass dieser druck aus Würzburg stammt und f&r die Würz- 
burger diözese bestimmt war, weshalb ich sie unter hinzufügung eines ? und eckiger klammem als Ordo 
Wirzeburgensis bezeichnet habe. Diese agenda ist jedenfalls noch im 15. Jahrhundert gedruckt worden. 
Das erste stück gibt das rituale des gottesdienstes, wie er in der kirche, für welche diese agenda bestimmt 
war, in der sechsten ferie des karfreitages gehalten zu werden pflegte und besteht aus der adoraüo crucis 
und der symbolischen bestattung, hier nicht des kruzifixes, sondern des kelches mit einer hostie (vgL an- 
hang I, 1, 35 — 39), an welche die vesper sich unmittelbar anschliesst Das zweite zerfällt ebenfalls in 
zwei teile, die elevatio crucis, d. h. hier calicis, und die matutin des ostermorgens, welche die visitatio 
sepulchri im engeren sinne, d. i. die 'dramatische osterfeier, nach der dritten lekzion aufnimmt. Die aof- 
führungszeit der ersteren pflegt sonst nicht wie hier (vgl. anhang I, 2, 1) bloss allgemein als ,summo mane, 
antequam pulsetur ad matutinumS sondern ,in nocte sancta pasce', die matutin mit der visitatio dagegen 
,in sancto resurrectionis die'* bezeichnet zu werden, so dass also die elevatio crucis und die visitatio se- 
pulchri, welche zumal im vorliegenden drucke durch die auslassung des als bekannt vorausgesetzten stehen- 
den rituales der eigentlichen matutin in eins zusammeugezogen erscheinen, auch zeitlich als zwei durchaas 
getrennte und verschiedene gottesdienstliche handlungen angesehen wurden. 

Die dramatische osterfeier, welche also, wie wir das früher bei HWY schon beobachtet haben, nadi 
der dritten lekzion ihren anfang nimmt, gibt der hauptsache nach die älteste form des dramas in aein^ 
ursprünglichen fassung, d. h. in der ersten rezension und noch ohne das Quis revolvet etc., wieder nnd ist 
mithin ein neues beweisstück ftlr die richtigkeit der im ersten abschnitt des dritten kapitels (vgL oben 
s. 26 fif.) unternommenen untersuchuug und ihres ergebnisses. Sie hat jedoch diese form durch eine reihe 
späterer zusätze erweitert, von welchen das Venite et videte etc. offenbar aus demselben oben s. 40 erör- 
terten gründe aufnähme gefunden, wie E6. Das DicafU nunc ludet etc. anhang I, 2, 19 stellt diese fassung 
zu F6MN in nähere beziehung, während anh. I, 2, 20 Surrexit dominus de sepukhro etc., ein aus der 
ostermesse bekanntes responsorium, schon D6, E7 und in etwas anderer form G7 und demnach öfter 
sich flndet, jedoch für eine besondere verwantschaft mit diesen stücken so wenig etwas bedeutet, als das 
andere, anh. I, 2, 22 mit LMNR oder mit Wien II (vgl. LI 5, MIO, N19, R27 und anhang n, 17). 
Sie haben wahrscheinlich ebenso unabhängig von der beeinflussung fremder osterfeiem eingang erhalten, 
als das responsorium Surrexit dominus et illuxit etc. anh. I, 2, 21, welches hier zum ersten male in diesen 
dramen erscheint. In der gesammtreihe der entwickelungsformen würde diese Würzburger zwischen- £ und 
F ihre stelle erhalten müssen. 

Die Schlussbemerkung ,Hec prescripta visitatio sepulcri' etc. beweist, dass diese feier in die kiichen der 
diözese, für welche diese agenda bestimmt war, nidit etwa als ein neuer gebrauch eingeführt wurde, son- 
dern ein altes, lange geübtes gewohnheitsrecht schon besass. 



IL 

WIEN n, XT. JHDT. 

Responsorium [Vertus:] Versus: 

1 Dum transisset sabbatum, Maria Magdalena et 2 Et ualde mane una sabbatorum ueniuat ad monn- 



Maria lacobi et Salome emerunt aromata, 

[Responsorium:] 



mentum, orto iam sole. 

[Responsorium :] 



ut uenientes ungerent Ihesum. ut uen[ientes ungerent Ihesum.] 



ANHANG n. 



125 



[Yenos:] 

3 Dum transisset [sabbatum, Maria Magdalena et 
Maria lacobi et Salome emerunt aromata, 

BespoiiBonam: 

ut uenientes ungerent Ihesum. 

Veraiu: 

4 Et ualde mane una sabbatorum ueniunt ad monu- 
mentum, orto iam sole, 

Besponsorinm: 

ut uenientes ungerent Ihesum.] 

Ezaoto retpoüBorio oom. Qhrim iMftii, itemin repetitor. 
[Versas: 

5 Dum transisset sabbatum, Maria Magdalena et 
Maria lacobi et Salome emerunt aromata, 

Regponsorium: 

ut uenientes ungerent Ihesum. 

Yenus: 

6 Et ualde mane una sabbatorum ueniunt ad monu- 
mentum orto iam sole, 

Reeponsoriam: 

ut uenientes ungerent Ihesum. 

YoTBus:] 

7 Gloria patri [et filio et spiritui sancto, 

Besponsorium: 

sicut erat in principio et nunc et semper et in se- 
cula seculorum. Amen.] 

Sioqae, at mos habet, sepolohram visitator. Ibiqne dero 
in duas partes dioiso, at fieri seiet in ohoro, imponat CANTOR 
antiphona[in:] 

8 Maria Magdalena [et alia Maria ferebant diluculo 
aromata, dominum querentes in monumento.] 

Tnnc DUO ael TRES PRESBYTERI, ad hoo offidam dis- 
positi, portantes thnribala et inoensum et ineondo ad septü- 
ohram ad inyioem oantent: 

9 Quls reuoluet nobis lapldem ab ostio monn- 
mentn 



Et DIA CONUS, soUempni neste uestitas et inxta sepnlonim 
reeidens, in persona angeli respondeat: 

10 Qaem queritis^ o tremule mnlieres^ in hoe 
tamölo gementes? 

Item PRESBTTERI in persona mnlienim aromata feren- 
tinm respondent: 

11 Ihesnm Nazarenum craeiflxum querimus. 

ANGELÜS respondit: 

12 Non est Uc, qnem qneritis; 

18 sed cito enntes nnnciate discipulis eins et 
Petro^ quia snrrexit Ihesns. 

Et, absoedente angelo, PRESBITERI ad popnlnm se rar- 
tentes oantent: ' 

14 Ad monuraentum uenimus gementes, an« 
gelum domini sedentem uidimus et dicentem 
quia surrexit Ihesus. 

Et, Ulis abeontibus, imponitor antipohona: 

15 Currebant duo simul et ille alius disci- 
pulus precucurrit cicius Petro et uenit prior 
ad monumentum. Aevia! 

Interim, dam oanitar hec antiphona, DUO PRESBITERI, 
sub persona lOHANNIS et PETRI ad sepnlobram nenientes, 
tollnnt sudariom et ad clerom popnlnmqae nersi protendnnt 
sie deoantantes: 

16 Gernitis, o socii! ecce lintheamina et su- 
darium, et corpus Ihesu non est in sepulchro 
inuentum. 

Tnno GLERÜS suooinit omnis antiphona[m:] 

17 Surrexit enim sicut dixit dominus et precedet [vos] 
in Galyleam. Aevia! 

Hao antem finita, imponitor ymnos: 

18 Te deum landamna. 

Ao deinde, prednoe dero, oonoordet POPÜLÜS: 

19 Christ ist irstanden, 

clero in ohoram redeonte. Mox antem Landes tali qoas 
ordine pangemns. 



Für eine sorgfältige abschrift dieses, als ein von Denis, Godd. theol. manusc. n, col. 2054 zwar 
erwähntes aber bis jetzt ungedrucktes oben s. 25 schon verzeichneten mysteriums habe ich der gute des 
herm dr Sauer in Wien herzlichen dank zu sagen. Es steht in der wiener handschrift no 1768, fol. 190 a ß. 
Die einleitung, wenn man so sagen darf, bilden auch hier die responsorien der matutin mit dem Gloria 
patri, woraus wiederum diese als die für die aufführung festgesetzte zeit sich ergibt. In seiner besonderen 
fassung stimmt es mit den stücken der zweiten gruppe IKLMN im ganzen genommen überein. Auffallend 
ist nur, dass der erste satz des dramas Quis reoolvei etc. anh. II, 9 gegenüber der sonst vollständig 
durchgeführten zweiten rezension, die ältere mit ev. Markus 16, 3 übereinstimmende form bewahrt. Man 
wird darum jedoch nicht annehmen, dürfen, dass dieser anfänglich gefehlt habe, weil man alsdann folgern 
müsste, dass zuerst die ursprüngliche des Quü reoolvei etc. noch entbehrende fassung allein in die zweite 
rezension übertragen, darauf die aufnähme des Quis revoloet etc. gemäss Markus 16, 3 erfolgt (welches 
Stadium Wien n repräsentieren würde) und dann erst auch dieser satz seine überarbeitete form erhalten 
hätte. Dieser prozess ist zwar möglich, allein durch dieses vereinzelte stück noch nicht erwiesen und in 
anbetracht der allgemeinen Überlieferung in 6HELN auch nicht wahrscheinlich, um so weniger, als gerade 



126 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



zwischen N und dem vorliegenden stücke eine sehr enge verwantschaft besteht. Beide stimmen nämlich 
nicht bloss im texte, sondern auch in den Spielanweisungen von anfang bis zu ende fast wörtlich überein, 
nur dass auch NIO die zweite rezension darbietet und NI5 Venite et uidete etc. und N20 Dieant nunc 
ludei etc. in unserem stücke fehlende erweiterungen sind, wofür wiederum dieses Krist ist entanden u. s. w. 
am Schlüsse hinzugefügt hat; Beide müssen mithin auf derselben vorläge beruhen, welche entweder, wie 
NIO, auch das Quis revolvet schon in zweiter rezension enthielt, da es, wenn man auch dieser vorläge 
das Quis revolvet etc. in erster rezension vindizieren wollte, schwierig sein würde, das eindringen der zwei- 
ten in NIO zu erklären, wähnend ein zurückgreifen auf die autentische fassung des evangelischen teites 
in unserem drama leichter begreiflich erscheint. Oder es bestand die ganze älteste szene in dieser vorläge 
noch in der ersten rezension, so dass die zweite, als sie in diesen gegenden bekannt wurde, in N voll- 
ständig, in unserem stücke dagegen nur teilweise aufgenommen wurde. Und diese auffassung möchte ich 
in diesem falle für die richtige halten, da auch M aus jenen gegenden herrührt, mit N (vgl. MIO und 
N20) ebenfalls nahe verwant ist und die älteste szene in der fassung der ersten rezension vollständig 
erhalten hat. Die handschrift des vorliegenden Stückes stammt, zufolge für mich von herm professor 
Heinzel gütigst eingezogener erkundigungen, aus Nieder- oder Oberösterreich und gelangte ^ach aufhebung 
der dortigen klöster am ende des vorigen Jahrhunderts in die hofbibliothek zu Wien. Demnach sind H, 
das vorliegende drama und N drei in einzelnen punkten verschieden entwickelte zweige desselben Stammes, 
dem auch L entsprossen sein wird, was besonders darum interessant ist, weil es beweist, dass dem ein- 
zuge der die erste rezension noch darbietenden und in M sich wiederspiegelnden gemeinsamen vorläge in 
Oesterreich, die zweite auf dem fusse dahin gefolgt ist, da L wie M dem 12. Jahrhundert angehören. 



m. 

OBDO AUOU8TEN8IS I, 1487. 

1. IN DIE PARASCEÜES. 



Qvoniam expertom est, nonnuUos pro huius diei officij 
ordine errasse, prooedendo scilioet Id missa modo alius con- 
•uetttdo, cuius tarnen alia causa non creditor, quam quia negli- 
gentes missalia sua priusqnam ad offioium aooedunt, in rubrids 
et signatoris suis non prospioiunt. Ne itaque taJis error iterum 
eaeniat, volumus, ut quisque saoerdos, non tarnen pro bis, sed 
et alijs diebus rubrioas diligenter speculetur. Apposuimus ita- 
que ordinem officij in parasoeue huio obsequiali propter tales 
errores euitandos. In primis, postquam ohorus se expediuerit 
de lectionibus, orationibus et canticis, prout in missali traditur, 
crucifizo locato ad locum saintationis [fol. XVb] et cantanto 
reeponsorio: 

1 Ecce lignum crucis 

presbyter cum ministris, nudis pedibus, cruoem primus cum 
tribus subscriptis orationibus et genuflexione adoret, deinde 
clems ac postea populus, GHORO interim oantante antiphonam *. 

2 Dum fabricator mundi. 

Et poet eam oantetor hymnus: 

3 Crux fidelis. 

vsque in finem eins, que omnia habentur in missalibus. 
Prima oratio: 

4 domine Ihesu Ghriste, adoramus te in cruce 



pendentem et coronam spineam in capite portantem: 
deprecamur te, ut tua crux liberet nos ab angelo 
percutiente. Amen. 

Seoonda oratio: 

5 domine Ihesu Ghnste, adoramus te in sepulchro 
positum, mirra et aromatibus conditum, ad inferos 
descendentem et inde captiuos redimentem: depre- 
camur te, vt tua mors sit vita nostra. Amen. 

Tertia oratio: 

6 domine Ihesu Ghriste, propter illam amaritu- 
dinem tuam, quam pro nobis sustinuisti in cruce, 
maxime quando nobilissima anima tua egressa est 
de sanctissimo corpore tuo : miserere animabus nostris 
in egressionibus suis et perduc eas ad vitam etemain. 
Amen. 

Eis oompletis, SACERDOS aocnpiat corpus Christi ad mLUi» 
ynioa dumtaxat palla paratum portando, dioat sine oonfeHi^''^*'' 

7 Hoc corpus, quod pro vobis tradetur, hie calix 
noui testamenti est in meo sanguine, dicit domiottS. 



ANHANG m. 



127 



Hoc facite, quotienscunque sumitis, in meam com- 
memorationem. 

Deinde ablatis [fol. XVIa] digitis ponat hostiam, quam pre- 
oedenti die, sdlioet in oena domini oonsecranit et oonseoratain 
resemamt, ad looum aptam et oo[o]periat eam folio. Deinde 
preparet calioem com vino et aqua more solito, nihil tarnen 
dioendo, et ponat oalioem in loonm debitom et super eum 
ponat folium, patena absoonsa subtos oorporali, et dioat con- 
innotis manibus: 

8 In spiritu humilitatis et in animo contrito susci- 
piamur, domine, a te, ut sie fiat obsequium nostrum, 
ut a te suscipiatur hodie, et placeat tibi, domine deus. 

Postea dioat hnmili deaotione sine motione caliois, elenatis 
braches: 

9 Oremus. Preceptis salutaribus moniti et diuina 
institutione formati audemus dicere 

10 Pater noster. 

Reoipiendo patenam, eleuatis manibus dicat: 

11 Libera nos quesumus, domine, ab omnibus maus 
preteritis, presentibus et futuris et intercedente beata 
et gloriosa semper virgine dei genitrice Maria et 
beatis apostolis tuis Petro et Paulo atque Andrea 
cum omnibus sanctis. 

Osoulando patenam signa te ipsum dioendo: 

12 Da propicius pacem in diebus nostris, vt ope 
misericordie tue adiuti [fol. XVIb] et a peccato simus 
semper üben et ab omni pertur + batione securi. 

Hio prooede ad diuisionem hostie more solito, diuidendo 
bostiam in tres partes, et die: 

13 Per eundem dominum nostrum Ihesum Christum 
filium tuum, qui tecum viuit et regnat in vnitate 
Spiritus sancti deus. 

Hio dio alta yoee: 

14 Per omnia secula seculorum. Amen. 

Fac tres cruoes cum partioula retenta in manibus super 
oalioem nihil dioendo, sed oogitando iUud Fbub dcwdiU ni iempm' 
wkiteum. Neo dioat illud FuU kee eommuBÜc eto. Et sie per 
oontaotum partioule oonseorate sanotificator vinnm in oalioe, 
sed non oonseoratur. Ideo obmittuntur ille orationes in quibns 



fit mentio de sanguine separatim. Inolinatus ad altare, oon- 
iunotis manibus dioat: 

15 Perceptio corporis tui, domine Ihesu Christo, 
quam ego indignus sumere presumo, non mihi veniat 
ad iudicium vel ad condemnationem, sed pro tua 
pietate prosit omni sancte ecclesie ad perpetuam 
pacem et omnibus fidelibus defunctis animabus ad 
requiem sempitemam et mihi misero peccatori ad 
tutameutum mentis et corporis. Qui viuis et regnas 
deus per omnia secula seculorum amen. Aue in 
euum sanctissima caro, in perpetuum mihi summa 
dulcedo. 

Redpe saoramentum oum patena: 

16 Panem celestem accipiam de mensa domini et 
nomen domini inuocabo. Domine, non sum dignus, 
ut intres sub tectum meum, [fol. XVUa] sed saluum 
me fac et saluus ero, quoniam laus mea tu es. 

Fao oruoem oum patena et saoramento, dioens: 

17 Corpus domini nostri Ihesu Christi sit mihi ad 
remedium sempitemum in vitam etemam, in remissio- 
nem omnium peccatorum meorum. Amen. 

Hio sume saoramentum, post heo sume oalioem, nihil di- 
oendo, quia sangois ibi non est, soilioet separatim, sed yinum 
per partioule oonseorate oontaotum est sanotifioatam. Neo di- 
dtar PUi€€tU Hbi i^neia irnUiat, quia hodie saorifioimn non 
offertur, sed sumitur in oena domini oblatum. Post sumptio- 
nem oaliois, si assunt preparati ad oomunioandum, oomunioent 
in timore dei, et post ea prooeditur statim ad looam, ybi habe- 
tur memoria dominioe sepultore, et ibi post responsorium: 

18 Recessit pastor 

diountnr vespere per omnia, vt in missalibns Signatur sine 
benediotione. 

Et nota diligenter, quod oorpus Christi non est dimitten- 
dum per illud triduum in looo sepulture, nisi repositam sit 
sub firma custodia et testibus seu oustodibus oiroa illud psal- 
lentibus adhibitis. Alius yero, vbi huiusmodi oustudia ao psal- 
lentium yigilia non fuerit adhibita, saoerdos, finitis vesperis, 
oorpus dominioum in suum solitnm reuerenter reportet reser- 
uatorium, vbi bene olausum oonseruetnr. * 



2. COMMEMORATIO DOMINICE RESURRECTIONIS. 

nr KOOTB 8A2IOTA PA80B SIO JBLBUETUB 00BFU8 OHBISTI DB 

BXPÜLOHBO, 81 ALIQT7IBT7S OPPIDANIB PLAOUSBIT 

BIO OOMXBHOSABI DOMIKI BBBUBEBOTIOinaf. 



SAGERDOS, [fol. XXXYb] indntus stola, sub pulsibus ma- 
tutinamm, antequam oongregetur ohorus, oum prooessione sibi 
pauoorum adiunotorum et duobus luminibus, foribus eodene 
dausis, secretius tollat saoramentum de sepulohro et portet 
illud ad altare ohori, et antequam tollat, dioatnr psabnusi 

1 Miserere mei deus, miserere mei: quoniam in te 
confidit anima mea. Et in vmbra alarum tuarum 
sperabo donec transeat iniquitas. 

[usque in finem psalmi:] 

2 Gloria patri et filio etc. [et spiritui sancto. 



Sicut erat in principio et nunc et semper et in secula 
seculorum. Amen.] 

3 Eyrieleyson, Christeleyson, Kyrieleyson. 

4 Pater noster. 

Et ne nos inducas etc. 

Versus: 

5 In resurrectione tua, Christe, alleluia! 

[Responsorium:] 

Celum et terra letentur. Alleluia! 



128 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



[Yemu:] 

6 Domine, exaudi orationem meam, 

[Besponaorinm: 

Et damor meus ad te veniat. 

Yenus:] 

7 Dominos vobiscuin 

' [Besponsorinm: 

Et cum spiritu tuo.] 

8 Oremos. Gregem tuum, pastor bone, placatus in- 
tende, et oues, quas precioso sanguine redemisti, 
diabolica non sinas incursione lacerari. Qui cum deo 
[patre et spiritu sancto vivis et regnas deus per 
omnia secula.] 

Aspergator, thorifioetar sacramentum et oruoLfixttin, et de- 
inde deportetar ad altare saoraineiitain, velatum tarnen, et 
oiroa finem pulsaum, yel sub ultimo pulsu per dominum epis- 
oopnm, pontifioalibas preter dalmatioas et oasulam indutum, 
in oappa yel plnoiaH, vel per saoerdotem, indatam alba et 
oappa, portetnr solemniter, sequendo prooesrionem per ambitum 
vel oimiteriam et gubmissa vooe cantetar: 

9 Cum rex glorie etc. [Christus, infenium debella- 
turus intraret, 

Et Chorus angelicuB ante faciem eius portas prin- 

cipum tolli preciperet, 

Sanctorum populus, qui tenebatur in morte captiuus, 

Toce lachrymabili damauerunt 

Aduenisti desiderabilis, quem expectabamus in tene- 

briSy Yt educeres hac liocte vinculatos de claustris. 

Te nostra vocabant suspiria, 

Te larga requirebant lamenta, 

Tu factus es spes desperatis, magna consolatio in 

tormentis.] 

quere supra foUo .i^., ytque ad vltimam ianuam, que 
daudatur, et dummodo OFFIGIATOR pemenerit ad eam, 
cantet antiphonam: 

10 Tollite portas, prindpes, vestras, et eleuamini 
porte eter[fol. XXXVIb]nales, 

CHORUS: 

Et introibit rex glorie. 

Episcopus primo ad antiphonam pulset aemel cum baoulo, 
sed offioiator cum pede ad ianoam. LEU ITA lÜNIOR, vel 
aliuB in figura diaboli grossa vooe querat: 

11 Quis est iste rex glorie? 

CHORUS respondeat: 

12 Dominus fortis et potens, dominus potens in prelio. 

Seonndo dominus episoopus, riue OFFIGIATOR oantet 
anüpbonam: 

13 ToUite [portas, principes, vestras, et eleuamini 
porte etemales,] 

vt Bupra, modioum altiua incipiendo et pulsando dua- 
buB vicibuB Bub antipbona ad ianuam dauBam, CHORO re- 
Bpondente: 



[Et introibit rex glorie.] 

et LEUITA querante: 

[14 Quis est iste rex glorie?] 

et CHORO itemm reepondente, vt tupra: 

[15 Dominus fortis et potens, dominus potens in 
prelio.] 

Teroio dominuB episooput, sine OFFIGIATOR oantet pre- 
diotam antiphonam, iterum modioum altiuB inoipieDdo et pol- 
Bando ter Bub antiphona: 

[16 Tollite portas, principes, vestras, et eleuamini 
porte etemales, 

CHORUS: 

Et introibit rex glorie.] 

et diaoonus [bc. LEUITA] dioat: 

17 Quis est iste rex glorie? 

CHORUS reapondeat sub priori melodia: 

18 Dominus virtutum iste est rex glorie. 

Aperiatur ianua et oiroumenndo nouum oiboram tm 
antipbona : 

19 Cum rex glorie 

altiuB oantando, quam prius, fiat prooesaio ad alti-(ibL 
XXXVIIajre plebani Rurales tarnen et oppidani Bimplidter 
prooedant intrando ad Bummum suum altare et, ibi looBto 
Baoramento ad altare, dioatur pBalmuB: 

20 Domine, probasti me et cognouisti me, tu cogno- 
uisti sessionem meam et resurrectionem meam. 

[PsalmuB cantetur usque in finem.] 

21 Gloria patri et fiUo et spiritui sancto, 

Sicut erat in principio etc. [et nunc et semper et in 
secula seculorum. Amen.] 

22 Kirieley[6on,] Ghriste[le7Son|] Kiriele7[son.] 

23 Pater noster. 

Et ne nos indu[cas.] 

VerBus: 

24 Surrexit dominus de sepulchro, alleluia! 
Qui pro nobis etc. [pependit in ligno, alleluia!] 

[YerBUB:] 

25 Domine, exa^udi [orationem meam, 

RoBponBorium: 

Et clamor meus ad te veniat.] 

[VersuB:] 

26 Dominus vobiscum 

[ReepouBorium: 

Et cum spiritu tuo.] 

27 Oremus. Deus, qui ad etemam vitam in Christi 
resurrectione nos reparas, erige nos ad considentem 
in dextera tua nostre saluüs auctorem, vt, qui propter 
nos iudicandus aduenit, pro nobis iudicaturus ad- 
ueniat Ibesus Christus, dominus noster, qui tecum 
etc. [vivit et regnat in vnitate Spiritus sancti deas 
per omnia secula seculorum. Amen.] 

ABpergatur Bacramentum et oruoifixum, quod in prooei- 
iione [fol. XXXYHIa] maoellar^j portauemnt poBt Baoramantam 



ANHANG III. 



129 



et ante altare deposaenmt, et thorifioetur. Postea doinintia 
episoopiii vel OFFICIATOR monitret Baoramentom in oapsa 
vel, si super hoo habeatur lioentia, in monstrantia, se vertendo 
ad popnliim, et oantet ter Bemper altins: 

28 vere digna hostia, ' 

[per quam fracta sunt tartara:] 

CHORO eam terminanta: 



[redempta plebs captiuata, 
redit ad vito premia.] 

Quibas finitis, dominoB episoopus liue officiator exuat se. 
Et indpiantnr matntine et peragnntur ysqae ad viaitationem 
■epulohri, qae fit post vltimum responsorium et ante Te dmim 
laudathut. 



3. AD YI8ITANDÜM SEPULCHRÜM IN DIE SANCTO 

PASCE. 



Faotit et cantatis matutinis in ohoro, ad vltimum respon- 
florium et oantando ipsum, itnr prooessionaliter, preoedentibus 
duobuB oeroferariJB cum luminibuB, ad looum Bepulohri, vbi 
fit statio percborum. DUO SACERDOTES, indnti Bimplidter 
oaBuIis super superlicijs suis, representantes mulieres, que mane 
veniebant ad monumentum, remanent in cboro, . et hi, flnito vi- 
timo reBpouBorio, oantant [mulieres oantent:] 

1 QoiB reuoluet [nobis ab ostio lapidem^ quem 
tegere sanctum cemhiins sepnlchram}] 

ut sequitur. Quibus respondent DUO LEUITE, induti dal- 
matids super superlicijs suis, qui sedere debent in sei>ulohro, 
-et representaat angelos, eantando [angeli, oantent:] 

2 Quem qneritis, o ete. [tremule mnllerea, in 
lioc tnmnlo plorantest] 

Tuno iterum DUO SACERDOTES in oboro oantant [mu- 
lieres oantent:] 

9 Dieaimi emcifixiini [Nasarenam qneriiiiua.] 

Iterdln respondent angeli, soilioet LEUITE in sepulobro, 
oantantes [angeli oantent:] 

4 Non est hie^ [quem qneritis; 

5 sed cito enntes nunciate discipulis eins et 
Petro qnia snrrexit Ihesus.] 

Tuno muliene, soilioet DUO [fol.XXXVmb] SACERDOTES^ 
in oboro oantant [mulieres oantent:] 

6 Ad monumentum venimus [gementes, an- 
gelum domini sedentem vidimus et dicentem 
quia surrexit Ihesus.] 



Tuno DUO CANTORES indpiunt antipbona[m oantores 
antipbonam:] 

7 Gurrebant duo [simul,] 

CHORO prosequente: 

[et ille alius discipulus precucurrit citius 
Petro etvenit prior ad monumentum. Alleluia!] 

Postquam statim DUO SENIORES SACERDOTES aooeden- 
tes sepulobrum et Untbenm sepulcbri tollentes, ad oborum se 
vertontes et ostendentes canunt [apostoli oantent:] 

8 Gernitis, o socij, [ecce, lintheamina et su- 
darium, et corpus non est in sepulchro in- 
uentum.] 

Quo finito, CANTORES ter oanta[n]t antipbonam [oantores 
ter oantent, semper altius inoipiendo antipbonam:] 

9 Surrexit dominus de sepulchro, 

semper altius indpiendo et CHORO prosequente: 

qui pro [nobis pependit in ligno. Alleluia 1] 

Officiator aooedit ad altare, aspergendo et tbuiifioando oru- 
dfixum. Deinde orudfixum reponitor ad looum suum solitum 
et CHORUS oantat: 

10 Victime pascali 

oum oantioo: ^ 

11 Grist ist erstanden etc. 

[Sequitur: 

12 Te deam landamusl] 

Permititnr tarnen al^s, qui forsan buiuamodi personae noa 
babent, vt oum alijs personis et etiam moribus bonestb tarnen 
et disoretis, buiusmodi visitationem sepulobri exequantur. 



Anbang Ul, 1, 1 vgL anh. J, 1, 19. 21. 2'6. III, 1, 2 vgl. anb. I, 1, 24. UI, 1, 8 vgl. Daniel, Tbesaurus 

hymnol. I, 161; Mono, Lat. bymnen nO 101; Waokemagel, Das deutscbe kirobenlied I, 62. UI, 1, 7 nacb er. Lukas 22, 

19. 20. m, 1, 9 vgl. anb. I, 1, 31. IH, 1, 11 vgl. anb. I, 1, 33. HI, 2, 1 vgl: anb. I, 1, 43. HI, 2, 6 vgl. 

anb. I, 2, 6. III, 2, 9 Augustinns, Serm. de temp. 137; vgl. Daniel, Tbesaurus bymnol. H, 316. III, 2, 10—18 naob 

psalm 24, 7—10 und ev. Nioodemi (ed. Tisobendorf) oap. XXXIII; vgl. unten s. 180. III, 2, 20 psahn 186. III, 2, 25 

vgl. anb. I, 2, 6. III, 2, 28 Daniel, Tbesaurus bymnol. I, 87; Mone, Lat. bymnen no 161; Waokemagel, Das deutsohe 

kirobenlied I, 81; vgl. anh. VI, 2, 10. 

Die Schlussschrift der mit missalbuchstahen schwarz und rot gedruckten agende, aus «welcher die 
Yorstehenden rituale herrühren, lautet fol. xcv a: Obsequialis scd'm diocesis Augustefi. more) | apprime 
laudabilem opusculum pro sacraine|torum et sacramentaliuro admimstratioe ne-|cessarittm : et ad veterii 
exemplarium instar fidelli studio vigilantiq) cura emendatum atq) reuisu; explicit feliciter: Erhardi ratdolt 
Augu-'Steh. viri solertis eximia industria: et mira im-|primendi arte: qua nup venet^s: nunc Au-Iguste 
eicellet noniinati83im9. Gal\ februarq. | Anno salutis. M.ccccixxxvij. | Laus deo et virgini diue 4®. 

MIlobiAok, OtMr- «nd p—ttoiiHyiil». IJ 



130 I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIBRN. 

Das karfreitagsrituale ist vod demjenigen im anhange I, 1 mitgeteilten in mehrfacher hinsieht Ter- 
schieden. Diese Terschiedenheit entstand jedoch zum teil nur durch Unterdrückung einzelner als bekanot 
vorausgesetzter und deshalb einer besonderen aufzeichnung nicht bedürftiger abschnitte, welche dort h- 
gegen vollständig mit aufgenommen waren. Man beschränkte sich eben hier auf die wiedeiigabe deijenigei 
Partien, welche die geistlichen wegen mangelhaften Studiums der messbücher nicht ordentlich kannten ood 
Irrtümern verfallen waren, ,propter tales errores euitandos' (vgl. anh. III, 1, 1). Daher brauchte der an- 
fang des rituales mit den werten ,In primis, postquam chorus se expediuerit de lectionibuSy orationibas et 
canticis, prout in missali traditur^ und durch Verweisung auf das messbuch nur angedeutet zu werden, so 
dass die aufzeichnung erst da beginnt, wo erfahrungsmässig Irrtümer vorzukommen pflegten. Von da ao 
(anh. in, 1, 1—14) stimmt es im wesentlichen mit anh. I, 1, 23 — 34 (nur die gebete bei der adoratio 
crucis sind als besondere eigentümlichkeiten der verschiedenen diözesen verschieden) überein und wird 
darum aus diesem nach vorne hin ergänzt werden dürfen. Die kommuuion geschieht darnach im ersterei 
schweigend (vgl. anh. I, 1, 35), in letzterem unter hersagung der werte des priesters anh. III, 1, 15—17. 
Alsdann findet die niederlegung der hostie im grabe statt und das dazu gehörige ritual, welches sich anli 
I, 1, 35 — 44 vorfindet, ist im vorliegenden wiederum nur mit den werten ,Post sumptionem calicii^. ü 
assunt preparati ad comunicandum, comunicent in timore dei, et post ea proceditur statim ad locnm, rbi 
habetur memoria dominice sepulture' angedeutet worden. Ganz identisch scheinen jedoch die beiden ih 
tuale in diesem abschnitt nicht gewesen zu sein, da das responsorium Reeesiü pastor anh. III, 1, )8ii 
jenem fehlt. 

Sehr abweichend von dem früheren ist jedoch das zweite, die elevatio corporis Christi in ss^ 
sancta pasce betrefifende rituale. Jenes enthielt mehrere responsorien, die in den deutsch -lateiiiita 
osterspielen bei der szene, welche die eigentliche auferstehung Jesu behandelt, benutzt worden sioi^ 
besonders das Ego dormivi anh. I, 2, 12. Anstatt dieser bietet uns dagegen das vorliegende in deBuk- 
schnitt anh. III, 2, 9 — 18 die grundlage für die dramatische darstellung der discessio lesu ad inferos oii 
zwar in einer hier schon durch die Verteilung der rollen, den ort und die weise des Vortrags so dniu- 
tischen Verfassung, dass sie, von den deutschen Übertragungen abgesehen, beinahe unverändert im dru» 
wiedergefunden wird und sicherlich eine der grossartigsten und wirkungsvollsten episoden desselben aas- 
machte. Das ritual selbst ist hervorgegangen aus der den Senn, de temp. 137 des Augustinus entlehnteft 
antifone Cum rex gloriae etc. (vgl. Daniel, Thesaurus hymnologicus II, pag. 315), und den schlussreFseo 
des 24. psalms 7 AttoüUe portas, principes, ve$tnu, et elevamini portae aeiemales, ri introibü rex glon»- 
8 Quis eet Ute rex gloriae? Dominus fortie et potent, dominus potens in proeUo. 9 AttolUte partas, prin- 
eipes, vestras, et elevamini portae aetemales, et in^ibit rex gloriae. 10 Quis est iste rex gloriae? Dmi^^ 
uirtutum, ipse est rex gloriae, vgl. ev. Nicodemi (ed. Tischendorf) cap. XXIII. Diese verse sind im rituale 
an den episcopus oder officiator, welcher Eristum, den kor, welcher die Jesum begleitenden engel, und 
den leuita, der den teufd vertritt, ausgeteilt; in gestalt einer prozession zieht man, voran das sakramefi^ 
von einem priester, dann das kruzifix von der fleischerzunft getragen, zur äussersten kirchenpforte, welche 
verschlossen ist und das höllentor darstellen soll, hinter dem sich der leuita an Luzifers stelle heßndet 
Während des zuges wird die antifone Cum rex gloriae etc. gesungen, von welcher die zweite hälfte (^^ 
vemsU etc.) dem die ankunft des herm erkennenden Adam in den Schauspielen zugewiesen zu werdes 
pflegt Bei der tür angekommen, singt der episcopus oder officiator ToUäe portas etc., indem der ior 
einfallt Bt mlroibü etc., der levita mit rauher stimme fragt Quis est iste rex gloriae? und der kor wiederum 
antwortet Dowdnus fortis etc. Dieser wechselgesang wird dreimal wiederholt, jedesmal in einer böhereOf 
die steigende erregung gleichsam eines kampfes ausdrückenden tonlage, wobei der bischof zuerst eis^^' 



ANHANG in. IV. 



131 



•dann zweimal, zuletzt dreimal mit seinem Stabe auf die pforte schlägt. Nach dem dritten gesange öfihet 
isich die türe (im Schauspiel pflegt sie eingestossen oder eingetreten zu werden) und die prozession zieht, 
wie sie gekommen, zum altar im kor der kirche zurück, wo die feier nach einigen responsorien und einem 
gebet mit der strofe vere digna hostia endigt (im Schauspiel schliesst dieser auftritt mit der hinüber- 
fiihrung der seligen ins himmelreich durch Jesum^). 

Dieses rituale zeigt uns auf das schlagendste, welcher art eine mit dieser, durch die werte ,in 
Sacra nocte dominicae resurrectionis ad sustoUendam crucifixi imaginem de sepulcro' des wormser synodal- 
beschlusses bezeichneten, kirchlichen feier zu verbindende dramatische darstellung gewesen sein müsste, 
und dass unsere lateinische dramatische osterfeier, — was Freytag, Grieshaber, Alt, Haase und Wilken 
doch wollten, — nach der dogmatischen anschauung des mittelalters absolut nicht mit derselben in be- 
ziehung gesetzt werden kann. Zugleich aber enthält das Obsequiale dioecesis augustensis die visitatio 
sepulchri in die sancto pasce, d. i. unsere lateinisch - dramatische osterfeier und zwar verknüpft mit der 
matutin des ersten ostertages, in welcher sie, wiederum mit auslassung des eigentlichen bekannten rituales, 
nach dem dritten responsorium und vor dem Te deum laudamus eingeschaltet erscheint, vgl. anh. III, 2 
jun Schlüsse. Sie findet sich im druck doppelt verzeichnet, zuerst fol. xxxviii a b ,eine ausführliche be- 
scfareibnng der ganzen Zeremonie, in welcher die gesungenen Sätze nur durch die anfangsworte bezeichnet 
«ind, und unmittelbar darauf der vollständige text mit musiknoten. Beide sind im voranstehenden abdnick 
ao mit einander verbunden, dass die aus der zweiten, im texte vollständigen, darstellung sich ergebenden 
ergänzungen der ersteren in eckigen klammem hinzugefügt wurden. Die abfassung des dramas ist im 
ganzen mit deijenigen in den stücken lELN in der zweiten gruppe gleichlautend, nur dass hier noch die 
Sequenz Vktimae paschali anh. III, 3, 10 und in Verbindung damit das lied Crüt ist erstanden etc. als be- 
merkenswerte neuerungcn hinzukommen, neben denen die Verteilung des Currebant duo smul, anh. in, 3, 7, 
an die apostel und den kor besonders deshalb interessant ist, weil die älteren erhaltenen denkmäler das 
ganze entweder den aposteln (LM), oder dem köre (lENR) allein zuweisen und eine teilung dieses Satzes 
sn beide bisher nur aus dem französischen osterspiel Les trois Maries (vgl. Coussemaker, Drames litur- 
giques p. 279) bekannt war. — Zu beachten ist auch die scUussbemerkung, der zufolge es bei solchen 
kirchen, welche die zu dieser aufiführung notwendige zahl von geistlichen nicht hatten, erlaubt war, per- 
:8onen des laienstandes in derselben mitwirken zu lassen. 



IV. 

OBDO AUeUSTENSIS n, 1580. 

3. ORDO SERVANDV8 AD VISITANDUN SEPÜLCHRUM, 
UT VOCANT, IN DIE SANCTO PASCHAE. 



Peraotit, Tt dictum est, in ohoro matatims, et pneoeden- 
übiiB duobns oeroferarijs, oam BolemniB prooessio ad Mpol- 
^diraia domini teodit, oantatar itenun tertinm et yltimnin 
reeponsorinm, et etatio apnd looam aepolohri ab omnibiu oele- 
bratar. Hio seraari solet ceremonia qusedain in maioribiiB 



eocles^s, vt piamm molieram, angelorum et apOBtolonim, qvi 
droa aepulöhmm domini versabantar, qotedam fiat repnesen- 
tatio, eiqne oseremoma et twniaetado, vbi fieri solet, retineatiir. 
In persona mnlienim k QÜIBÜSDAM [SAGERDOTIBÜS] hsBO 
veteri ex more oantatur in ohoro: 



1. Fflr den germanisten ist es von speziellem interesse, dass in den deatsch-lateinisohen osterspielen in dieser szene be- 
sonders die ürstende (ygl. Hahn, Gedichte des Xu. nnd Xm. Jahrhunderts, s. 126, y. 6 if.) und die Erlösung (hsg. von 
K. Bartsch, ▼. 6006 ff.) benutst worden sind. Das genauere hierdber werde ich im folgenden kapitel darzulegen habea. 



17* 



132 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 



1 Quis renolnet noMs ab [p. 596a] ostio lapidem, 
quem tegere sanctnm cemioins sepnlchmm? 

AN6ELI verö in sepuldiro oantant sequenti modo: 

2 Quem queritis, o tremuIiB mnlieres, in hoc 
tamnlo plorantesl 

Reepondent MULIERES itenim in ohoro: 

3 [p. 596] Jesum cracifixum Nazarennm qu»- 
rimns. 

RnrsuB AN6ELI de sepulohro oantant: 

4 Non est Uc^ qnem qnieritis; 

5 sed eito enntes nnnciate discipnlis eias et 
Petro qala snrrexit lesns. 

[p. 697] Itenim antem in persona MULIERÜM ex ohoro 
oantatar: 

6 Ad monumeDtum venimus gementes, an- 
gelum domini sedentem vidimus et dicentem 
quia surrexit lesus. 

CHORUS ito cantat: 

7 Gurrebant duo simul et ille [p. 598] alius 



discipulus praecucurrit citius Petro etvenit 
prior ad monumentum. AUeluia! 

Sequitor oantns APOSTOLORUM ante ingressnm lepalchri: 

8 Cernitis, osocij, ecce linthea-[p. 599]miDa 
et sudarium, et corpus non est in sepulchro 
inuentum. 

Postremo CHORUS ter oantat et subinde aliius inoipit hose 
▼ersum: 

9 Surrexit dominus de sepulchro, 
qui pro nobis pependit in ligno. 

Alleluia ! 

[p. ßOO] Saoerdos interim ad altare prooedit et thnrifi- 
oationem faoit venerabili saoramento et imagini omcifizi, qiu- 
in looo aliqao, ybi semari alioqnin solet, reponatur. ffise 
oantat CHORUS notam seqnentiam: 

10 Victimse pascbali etc. 

et singuHs eins yersibiu interponitar cantionm germanicanu 
quod etiam a popolo oelebriter deoantatur: 

11 Christ ist erstanden. 

Pofltremö k CHORO deoantatur: 

12 Te deum landamas. 



Die vorstehende dramatische osterfeier findet sich in dem RITVS ECCLE-|SIASTICI AVGVSTEN- 
SIS I EPISCOPATVS, TRIBVS PARTI- bus siue libris comprehensi, nuncque | primüm recogniti, editi at- 
que I promulgatL | ÄVCTORITÄTE REVE-Vmdiß. 8f lUmtriß. m Chriilo Patris ac \ Dommi D, MARQVARDI 
Bpi-\$copi AugustensiSi Sf PrcBpo-\süi Bcmbergensii. \ DILINGjE \ Excudebat loannes Mayer. | M.D.LXXI 
4®. Dieselbe agende enthält auch einen Ordo servandvs feria sexta parasceues pag. 515 — 517 und eineo 
Ordo ad elevandam crucem de sepulchro in sancta nocte paschae, qui dicitur et conmiemoratio domimcs 
resurrectionis pag. 582 — 593 zum teil mit musiknoten, von denen sich der erstere von dem im anb. m, 1 
mitgeteilten nur durch grössere ktirze (er besteht nur aus dem hymnus Crux fidelis und den drei zur ad- 
oratio crucis gehörenden gebeten, anh. III, 1, 3 — 6) unterscheidet, während der andere mit dem rituale 
anh. III, 2 bis auf die den geistlichen instruierenden stellen ganz identisch ist, so dass eine Wiederholung 
derselben überflüssig erschien. Auch die voranstehende osterfeier hat ihre um fast ein Jahrhundert ältere 
vorläge anh. III, 3 bis auf die Spielanweisungen unverändert erhalten, nur dass hier jene kleinen nüaoten 
im Vortrag^ des Currebani duo suntU etc. und des Surrexit dominus de sepulchro etc. wieder verwischt sioi 
Die Sequenz Vietimae paschali und das Christ ist erstanden wurden, was aus der Spielanweisung des ältere» 
druckes nicht zu erkennen war, so gesungen, dass je eine strofe der sequenz mit einer solchen des deut- 
schen liedes, bei welchem das volk, die gemeinde, mit einstimmte, wechselte. Bekanntlich hat HoffinaD!) 
aus der anwendung dieses, auch das verschollene klostemeuburger drama beschliessenden, liedes gescblosseD. 
dass dasselbe zum teil in deutscher spräche abgefasst gewesen sein möchte (vgl. ob. s. 26 und annu 6); 
wir sehen jedoch aus diesen beiden so viel späteren augsburger stücken, dass das vorkommen des deutsches 
liedes allein zu einer so weit gehenden folgerung keineswegs schon berechtigt. Das lied selbst gehört r. 
den ältesten volksmässigen deutschen kirchengesängen und kommt in zahlreichen verschiedenen version^ 
vor, die Hoflfmann in seiner Geschichte des deutschen kirchenliedes, 3. ausg., unter no 9. 80—85 und i 
zuerst bekannt gemacht hat. Auch in diesem Ritvs ecclesiastici avgvstensis episcopatvs findet sieb ift 
neunten kapitel, welches De germanicis cantionibus populo in ecclesia permittendis handelt, auf s. 98.9^ 



ANHANG V. VI. 



133 



ein abdruck desselben, der im texte und in der anordnung der strofen mit demjenigen bei Wackernagel, 
Das deutsche kirchenlied II, no 946 vollständig übereinstimmt und ohne zweifei dieselbe fassung darbietet» 
welche in der voranstehenden dramatischen lateinischen osterfeier gebraucht wurde. 



V. 



T, BieOT, Xni. JHDT. 

OMNIA FE8TIVE FIANT IN NOCTE PASCHE 
ANTE TE DEUM liAÜDAMUS. 



TRES MULIERES ad introitum ohori, hanc antiphonam 
oaotantet uaque ad sapnlöhnun: 

1 Quis reTOlyet nobis laptdem ab ostiio monn- 
menüt 

Hoo finito, QUIDAM PUER, loco angeli, alba indutos, 
tenens palmam in manu ante sepulchram dioat: 

2 Quem qaeriüs in sepnlehro^ o ehristiieolet 

Tunc MULIERES respondeant: 

3 Ihesum Naiaii^nnm emeiflxnmy o eelteola. 

Itenim ANOELÜS, aperiens sepulohram, dioat hoc mu- 
lieribus : 

4 Non est hie, surrexit enim sient dixit; 

5 Venite et videte Ipcum, ubi positus fuerat, 

6 et euntes dielte diseipnlis eins et Petro qaia 
surrexit. 

Tuno, angelo ätisBime disoedente, muHerefl intrent sepul- 
ebrum; dum non inveniunt, dioant DUO RESIDENTES: 

7 Mulier, quid ploras? 

Tunc una ex illis, looo MARIE MAGDALENE, respondeat: 

8 Quia tulerunt dominum meum et nescio, ubi po- 
suerunt eum. 

DUO ANOELI, intus sepulohrum sedentes, iia oantent: 

9 Quem queritis? viventem cum mortuis? non est 
hie, sed surrexit! 

10 Recordamini, qualiter locutus est vobis, dum ad- 
huc in Galilea esset, vobis dicens, quia oportet, filium 
hominis pati et crucifigi et die tercia resurgere. 

Hoc dicto, Marie exeant de oepulcbro. Post appareat 
DOMINUS in sinistro oomn altaris, dnld voce Ulis dioens: 



11 Mulier, quid ploras? quem queris? 

Tunc converse ad eum dioant [/• dioat MARIA MAGDA- 
LENA:] 

12 Domine, st tu sustulisti eum, dicito michi, et ego 
eum toUam. 

Hio ostendat cruoem [fc. DOMINUS] et dioat: 

13 Maria! 

Qne, ut audierit, cito se offarat pedibus eins, olamando [te. 
MARU MAGDALENA:] 

14 Rabboni! 

Ipse [«0« DOMINUS] vero retrotrahens, dioat hoo: « 

15 Noli me tangere: nondum enim ascendi ad pa- 
trem meum, vade autem ad fratres meos et die eis 
Ascendo aid patrem meum et patrem vestrum, deum 
meum et deum vestrum. 

Iterum DOMINUS in deztro oomu altaris appareat dicens: 

16 Avete! nolite timere: ite, nunciate fratribus meis, 
ut eant in Galileam: ibi me videbunt. 

Tuno, domino disoedente, TRES MARIE ad ohorum in- 
olinent, dioentes hoo alta vooe: 

17 AUeluia! Resurrexit dominus! Surrexit leo fortis, 
Christus, filius dei. 

et. CHORUS dioat: 

18 Te deum laadamas. 

Post dioatnr a tribus clerioia, scUieet ab Ulis MARIIS pro 



19 Resurgente etc. 



VI. 

OBDO WIBGEBUBeENSIS n, 1664. 

[l. IN FERIA SEXTA PARASCEVES.] 



FERIA SEXU in parasoeue SAi;ERT)OS cum ministris die- 
calceati, cruoem oasula rubea coopertam, et ante cruoem can- 
delas deferendo incipiat, paulnlum prooedentes: 

1 Popule meus, qui[d] feci tibi, aut in quo contri- 



staui te? responde michi, quia eduxi te de terra 
Egipti, 

CHORUS: 

Pa[fol. CLXXVIIa]ra8ti crucem saluatori tue? 



134 



I. DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERK. 



Postea DUO lüUENES cantent: 

2 Agyos theos, Agyos yschyros, Agyos athanathos 
eleyson ymas. 

CHORUS respondet: 

3 Sanctus deus. Sanctus fortis. Sanctus immortalis 
[fol. CLXXVIIb] miserere nobis. 

Pro seoanda statione SACERDOS indpit antiphonam: 

4 Quia eduxi te per desertum quadraginta annos et 
manna cibaui te et introduxi in terram satis 
optimam, 

[CHORUS:] 

Para[8ti crucem saluatori tuo?] 

Sequitar [sc. DUO lUUENES cantent:] 

5 Agyos. 

et [CHORUS respondet:] 

6 Sanctus. 

yt Bupra. Pro tertia statione [SACERDOS:] 

7 Quid Vitra debui facere tibi et [fol. OLXXVIIIa] 
non feci ? ego quidem plantaui te, vineam meam spe- 
ciosissimam, et tu facta es mihi nimis amara, aceto 
namque sitim meam potasti, et lancea perforasti 
latus 

CHORUS: 

Saluatoris tui. 

Sequitar [te. DUO lUUENES oantent:] 

8 Agyos. 

et [CHORUS respondet:] 

9 Sanctus. 

vi snpra. Qmbus finitis, SACERDOS cum MINISTRIS, 
lenantes nudam cruoem, cantent: 

10 [fol. CLXXVIIIb] Ecce lignum crucis, in quo 
Salus mundi pependit: venite, adoremus. 

et CHORUS respondet versum: 

11 Beati immaculati in via, qui ambulant in lege 
domini. 

et hoc fiat tribus vicibas. SACERDOS respondet: 

12 Ecce lignum. 

Deinde ponant ipsam crucem in locum prseparatum, vt 
adoretur antiphonis: 

13 Dum fabricator mundi, 

antiphona: 

14 admirabile, 

et hymno: 

15 Crux fidelis, 

interim subieotis, infra quse SACERDOS tres genufleadones 
erucem adorando faciat. In prima genuflexione oratio: 

16 [fol. CLXXIXa] Domine Jesu Ghriste, deus verus 
de deo vero ete. 

[fol. CLXXIXb] In secunda genuflexione oratio: 

17 Domine Jesu Cbriste, qui Moysi, famulo tuo, in 
vita squalentis etc. 



In tertia genuflexione oratio: 

18 Domine lesu Cbriste, qui nos per crucis pas- 
sionem hodieina die etc. 

Quo fiuito, redeant ad chorum, reücta cruce in loco suo, et 
sacerdos et ministri reinduantur caloeamentis. Et SACERDOS. 
induta casula, corpus domini cam calice et corporali senatmn 
deferat super altare, lumine et inoenso preeunte, ad peragendnm 
officium (misse), cantando submissa voce: 

19 Hoc corpus, quod pro vobis tradetur, hie calii 
noui testamenti est [fol. GLXXXb] in meo sanguine, 
dicit dominus: hoc facite, quotienscumque sumitis, in 
meam commemorationem. 

Deinde sacerdos peragat officium (misse), vt patet in mv- 
sali, quo finito et populo communicato, PRESBYTER cm 
MINISTRIS, eleuans cruoem, incenso et lumine praecedentibos 
ad locum sepulchri eundo [et versum oantantes:] 

20 Ecce, quomodo moritur iustus et nemo percipit 
corde viri iusti tol[fol. CLXXXIa]luntur, et nemo 
considerat ä facie iniquitatis sublatus est iustus, 

[Responsorium:] 

Et erit in pace memoria eins. 

Ver[8us:] 

21 In pace f actus est locus eins et in Sion habi- 
tatio eius. 

[Responsorium :] > 

Et [erit in pace memoria eius.] 

Responsorium [versus:] 

22 Sicut ouis ad occisionem ductus [fol. CLXXXIb] 
est et, dum male tractaretur, non apenlit os suum, 

[Responsorium:] 

Traditus est ad mortem, vt viuificaret populum suum. 

Ver[8us:] 

23 In pace factus est locus eius etc. 

[Responsorium:] 

Tra[ditus est ad mortem etc.] 

Deposita cruoe in sepulchrum et cooperta, sacerdos tfanri' 
ficet et aqua benedicta asperget. Et tunc oantetur respon- 
sorium [versus:] 

24 [fol. CLXXXIIa] Sepulto domino, signatum «t 
monumentum, voluentes lapidem ad ostium mo- 
numenti. 

[Responsorium :] 

Ponentes milites, qui custodirent eum. 

Ver[su8:] 

25 Ne forte veniant discipuli eius et furentur eu» 
et dicant plebi, surrexit a mortuis. 

[Responsorium :] 

Ponen[tes milites, qui custodirent eum.] 

Finito responsorio, PRESBYTER dicat verfsum:] 

26 In pace factus est locus eius, 

Respondent GETERI: 

Et in Sion habitio eius. 



ANHANG VI. 



135 



2. ORDO AD ELEUANDAM GRUGEM DE SEPULGHRO IN SANGTA 

NOCTE PASGHAE. 



Primo, oum ante matutinamm polsatioiiem domini ad ele- 
uaüoDem onicis foerint congregrati, duobos sibi ceroferarijs 
praeeontibaB, ad sepulohri looam detoendant et ibidem legant 
psalmiun 3. sGÜioet: 

1 Domine, quid multiplicati. 

Psalmum 117: 

2 Gonfitemini domino, quoniam bonus, quon: 

Psahnum IIG: 

3 Laudate dominum omnes gentes. 

et psabnom 158: 

4 Domine, probasti me etc. ^ 

QuibuB finitis, dioatur antiphöna: 

5 Ego dormiui et somnum coepi, et exurrexi, quoniam 
dominus suscepit me. AUeluia, alieluia. 

Deinde tharifioetur sepulohruin et saoerdos, aocipienfl saora- 
mentum (et) alias saoerdos aooipiat oraoem et oam prooessione 
[ffol. GGXb] vadont ad snmmtun altare, ibidem sacramentom 
locando et submiita vooe sequens caatatar antiphona: 

6 Gvm rex glorise etc. 

Et postqu&m sacramentmn reuereater looatum fderit, oam 
eadem prooessioiie itar ad ianaas eeolesi« et saoerdos, oam 
oraoe ad qaamlibet ianoam ter tradendo, dicat: 

7 ToUite portas, principes, vestras et eleuamini 
portie seternales. 

Taue alias, looo SATHAN A£, foris ianaam ^respondeat: 

8 Quis est iste rex gloriae? 

SAGERDOS dicat: 

9 Dominus fortis et potens, dominus potens in prselio. 



[fol. GGXIa] Qaibas eompletis, ponatar orox ante sammom 
altare, vt ibi ab omni dero et popalo adoretor, et intere& ob 
reaerenüam saorameati flezis genibos 1^ cantantar versus ex 
bymno Ad coenam agni: 

10 vere digna hosUa, 

per quam fracta sunt tartara, 
redempta plebs captiuata, 
redit ad vitse prsemia. 
Cum surgit Christus tumulo, 
Victor redit de baratro, 
l^rannum trudens vinculo 
et reserans paradisum. 
Quaesumus, autor omuium, 
in hoc paschali gaudio, 
ab omni mortis impetu 
tuum defende populum. 
Gloria tibi, domine, 
qui surrexisti ä mortuis, 
cum patre et sancto spiritu 
in sempitema secula. Amen. 

Qaibas finitis, inoipiatar prosa vel seqaentia: 

11 Uictimsß paschali laudes immolent christiani. 

Et FOPULUS ad qaemlibet versam semper eam valgarem 
cantilenam sabiangat cantando: 

12 Christ ist erstanden etc. 

Bis finitis, incipiendnm est matatinam. 



Anbang VI, 1, 1—18 vgl. anh. I, 1, 10—19. 21—29. VI, 1, 19 vgL anh. lU, 1, 7. VI, 1, 20 naoh Esaias 

57, 1. VI, 1, 21 vgl. anh. I, 1, ^. 44. VI, 1, 22—24 vgl. anh I, 1, 36. 36. 39. VI, 1, 25 naoh ev. Matth. 27, 64. 

VI, 1, 26 vgl. VI, 1, 21. VI, 2, 5 vgl. anh. I, 2, 12. VI, 2, 6—9 vgl. anh. III, 2, 9—18. VI, 2, 10, vgl. 

anh. III, 2, 28. 

Aus der AGEN-IDA ECCLE-|5/ilSr/Cil, SECVN'IDVU VSVM ECCLESLE. | VVyrzeburgensis. | Qua 
(taeremöniae, Sene*idictiones alijq) ritus mystici, qui maxi-lme circa diuinorum Sacramentorum | admini- 
strationem obseruandi atq; v-{surpandi sunt, compreheüduntur. | lussu & authoritate Reuerendisrimi | in 
Christo patris ac Domini, D. FRI-IDERICI Episcopi V Vyrzeburgen : | & orientalis Francis Ducis inclyti, { 
denub diligenter recognita, & pln-lrimis in locis cum pijs quibusdam | orationibus, tum vulgaribus ad po-| 
pulum exhortationibus aucta | & illustrata. 2^. Datum der Praefatio: VVjprzeburgo die 27, Mensis lunijj 
Anno Domini 1564. Auch mit anderer vorrede (TYPOGRAPHVS AD CHRISTIANVM LECTOREM.) unter dem 
titel AGEN-IDA EGCLE-ISIASTICA, SIVE \ Caeremoniarum, Bene«|dictionum aliorumque mysticorum ri-!tuum, 
quibus Catholica Ecdesia maxi-lme circa diuinorum Sacramentorum | administrationem vti solita est, | 
LIBER: I Plurimis in locis cum pijs quibusdam \ Orationibus, tum vulgaribus ad popu-llum exhortationibus 
ita auctus & illu-lstratus: vt facile in qualibet Dioecesi | ab omnibus pijs Sacerdotibus ac | pastoribus 
obseruari atque | vsurpari possit. | VVYRZEBVK6I | Excudebat Joannes Bauman, Anno Düi. | M. D. LXIIII. 
2®. Diese beiden rituale stimmen mit den in anh. I, 1. 2 abgedruckten der hauptsache nach überein und 
es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die letzteren ebenfalls aus Würzburg stammen. Ich habe mich 
nach langem bedenken dennoch zu ihrer aufnähme entschlossen, weil sie in den oster- und passionsspieleu 



i 



136 I- DIE LATEINISCHEN OSTERFEIERN. 

der ausgaDgspunkt oder die grundlage einiger Szenen geworden sind und der einblick in die vollständige 
rituale und Zeremonien erst eine richtige anschauung über das gegenseitige verbältniss von kirche ui 
Schauspiel hervorbringen wird, was die an den bezüglichen stellen ausserhalb ihres Zusammenhanges ai 
geführten responsorien etc. allein nicht vermöchten. Ueberdies enthalten diese rituale auch mehrere wicl 
tige responsorien, welche in den früheren fehlten. Anh. VI, 1, 20 Beee quomodo moritur iustus etc. werdi 
wir in den passionspielen in der die bestattung des leichnams Jesu behandelnden szene wiederholt ai 
treffen, wie wir anh. VI, l, 2b Ne forte veniant diseipuli etc. als den ausgangspunkt für den ersten al 
^ des mysteriums aus Tours schon kennen gelernt haben, vgl. oben s. 112. Aber auch für die lateinische 

osterfeiem sind sie nicht ohne interesse. Durch die aufnähme der vollständigen Sequenz Viethnae paseha 
und des vom volke mit gesungenen Christ ist erstanden ist die offizielle auferstehungsfeier gegen die rege 

aus der matutin in die feier der kreuzerhebung verlegt worden, welche sonst ganz in der stille vor tages 

» 

Anbruch und vor ankunft der gemeinde von den klostergeisdichen allein begangen zu werden pflegte. Um 
wenn die im anh. I, 1 . 2. 3 mitgeteilten rituale sich wirklich als aus Würzbui^ herrührend ergeben, so erhaltei 
wir hier zugleich ein zeugniss, dass in dieser diözese die noch am ende des 15. Jahrhunderts übliche drama 
tische osterfeier im jähre 1564 aufgegeben war und dafür die gemeinde schon bei der kreuzerhebung zu- 
gelassen wurde, an der sie durch die mit dem Toltite portas etc. (anh. VI, 2, 7 ff.) verbundene prozession 
und die absingung der sequenz und des Christ ist erstanden tätigen anteil nahm. — Der hymnus Ad eoe- 
nam agni proiddi, jedoch ohne die letzte strofe, steht bei Daniel, Thesaurus hymnologicus I, pag. 37; bei 
Wackemagel, Das deutsche kirchenlied 1, s. 81 fehlt auch die vorletzte; ob Mone no 161 vollständig ist, 
kann ich, da mir der leider seit einiger zeit vergriffene erste band seiner lateinischen bymneo feMty 
nicht angeben. 

Auch das OBSEQVIALE SMVE BENEDICTIONALE, | QVOD AGENDAM APPELLANT SE-amdum 
ritum & consuetudinem S. Metropolitanse | Pragensis Ecclesiaß. | PRA6i£, | APVD MICHAELEM PETERLY.. 
M. D. LXXXV. 2^ enthält die obigen rituale In die parasceues fol. cxxi b ff.. De sepvltvra domini fol 
cxxviii a ff. als unmittelbare fortsetzung jenes und De sepvlchri visitatione in nocte sancta paschali fol. 
cxliii a ff. Die ersten beiden sind der obigen im ganzen gleich und auch hier erscheint das Ne forte 
veniant disüipuli etc., das letzte dagegen ist von dem obigen vöUig verschieden und nur etwa wegen der 
^ darin vorkommenden antifonen Regina coeli (vgl. Daniel, Thesaurus hymnologicus II, 319) und Speciosa 
facta est et suauis in ddicOs tuis für die passionsspiele von bedeutung. 

Die von Denis verzeichnete Visitatio sepulchri in nocte paschatis, welche oben s. 25 als noch nichl 
näher bekannt erwähnt wurde und in der wiener pergamentbandschrift no 2008, einem mtssale aus den 
15. Jahrhundert, pag. 46. 47 steht, ist, wie ich aus einer mir von herm dr Sauer in Wien gütigst mitge 
teilten abschrift ersehe, ebenfalls nur ein rituale ohne dramatische darstellung und ohne irgendwelche f&i 
die geschichte des geistlichen Schauspiels bemerkenswerte texte oder gebrauche. 




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