DIE REDEN
DES BUDDHA
DAS FÜNFER' BUCH
I I
OSKAR SCHLOSS VERLAG
MÜNCHEN 'NEUBIBERG
UNIVERSITY OF TORONTO
LIBRARY
WILLIAM H. DONNER
COLLECTION
piirchased from
a gift by
THE DONNER CANADIAN
FOUNDATION
DIE
REDEN DES BUDDHA
AUS DER
»ANGEREIHTEN SAMMLUNG«
- ANGUTTARA NIKAYO - DES PALI-KANONS
AUS DEM PALI ZUM ERSTEN MALE ÜBERSETZT UND ERLÄUTERT
VON
BHIKKHU NYANATILOKA
DAS FÜNFER-BUCH
THEOSOPHISCHES VERLAGSHAUS
LEIPZIG
/1-e/r
i«^ JUN2 51969
INHALT
Seite
I.Teil. Das Kapitel der Kampfeskräfte
Die fünf Kampfeskräfte 1
Glückliches und unglückliches Mönchsleben .... 3
Die Askese 3
Die fünf Bedingungen zum Bösen 4
Die Amme und der unmündige Säugling .... 4
Die Ursachen des Fortschrittes und Rückschrittes ... 6
II. Teil. Das Kapitel der Kräfte
Die fünf Kräfte des Vollendeten . . ... . • 7
Die Kraft der Einsicht . 7
Die fünf Kräfte 7
Woran die Kräfte zu erkennen sind 9
Eigenes und fremdes Heil 10
III. Teil. Das Kapitel der fünffach gestützten
rechten Erkenntnis
Stufenweise bedingter Fortschritt (1), (2)
Die sechs Höheren Wissen (abhiiifiä)
Eines aufs andere gestützt
Fünffach gestützte rechte Erkenntnis
Fünf Erlösungswege ....
Fünf Wissen
Die edle fünfgliedrige rechte Sammlung
Der Segen des Auf- und Abwanderns .
Das Glück der Loslösung
IV. Teil. Das Kapitel der Sumanä
Die Vorteile des Almosengebens .
Cundl, die Fürstentochter ....
12, 13
14
18
19
20
21
22
28
28
32
35
lli
Die Pflichten der Gattin
Die Früchte des Almosengebens (1), (2)
Zeitgemäße Gaben
Fünffacher Segen der Nahrungsspende .
Der Segen des Vertrauens
Warum wünscht man sich einen Sohn?
Der Einfluß des Vertrauensvollen .
V.Teil. Das Kapitel des Königs Mundo
Der Einfluß des guten Menschen
Die fünf erwünschten Dinge .
Wer schenkt wird beschenkt .
Die fünf Ströme des Verdienstes
Die fünf Gewinne ...
Das eiserne Gesetz der Natur
Das Herausreißen des Leidensstachels
VI. Teil. Das Kapitel der Hemmungen
Die fünf Hemmungen (nivaranä)
Der Haufen Schuld
Die fünf Kampfesglieder
Günstige und ungünstige Zeiten
Die Falle des Mahr
Die Bedingungen zum Fortschritt
Fünf Betrachtungen für jedermann
Fünf segensreiche Eigenschaften
Die Nachteile des Alters (1), (2)
VII. Teil. Das Kapitel der Betrachtungen
Fünf segensreiche Betrachtungen
Der edle Gewinn
Der würdige Ordensbruder
Der Segen der Machtfährten (iddhi-pada)
Zur Erlösung führende Betrachtungen
VIII. Teil. Das Kapitel des Kämpfers
Der Befolger des Gesetzes
Die fünf Kämpfer ....
Der Kämpfer
Gefahren für den Waldasketen
Drohende Gefahren für den Mönch
Seite
. 37
40, 42
42
43
44
45
46
61
62
62
63
64
67
70
73
76, 77
83
84
91
98
100
lY
Drohende Oefahren'für den Orden
Drohende Gefahren für den Mönch
IX. Teil. Das Kapitel der Ordensälteren
Gründe des Beliebtseins und Unbeliebtseins
Der Einfluß des Ordensälteren ....
Nachteilige Dinge (1), (2)
X.Teil. Das Kapitel des Kakudho
Fünferlei Schätze
Die Kundtuung Höchsten Wissens
Wohlsein
Unerschütterlichkeit (1), (2) .
Der Löwe ....
Die fünf Meister
SeUe
103
105
108
110
112
. 114
. 114
. 114
115, 116
. 116
. 117
XL Teil. Das Kapitel der glücklichen Zustände
Kampfeszuversicht bewirkende Eigenschaften
Verdacht erregende Umstände
Der Räuber
Glückliche Zustände
Wie lebt man im Orden glücklich?
Würdig der Verehrung .
Herr in jeder Richtung ,
Zum Waldleben befähigt
Xll.TeiL Bei Andhakavinda
Unbeliebt bei den Familien .
Der ungeeignete Begleiter
Unfähig zur rechten Sammlung
Ermahnt die Neulinge! .
Die schlechte Nonne
XIlI.Teil. Das Kapitel vom kranken Mönche
Der für die Erlösung reife Kranke . . . •
Höchstes Wissen oder Niewiederkehr ....
Der schwer zu pflegende Kranke
Der ungeeignete Krankenwärter
121
122
122
125
125
127
128
128
129
129
130
130
131
133
134
134
135
Lebenverkürzende und lebenverlängernde Dinge (1), (2) 135, 136
Untauglich für die Einsamkeit
Leidige und freudige Askese
136
136
Die rettungslos Verlorenen
Gewinn und Verlust
Seitti
137
137
XIV. Teil. Das Kapitel des Königs
Das unzerstörbare Reich 139
Der König des Gesetzes 140
Der Sieger ^- ... 141
Der Hoffnungsvolle (1), (2) 143, 144
Die Schlaflosen 145
Der unwürdige Elefant . 145
Der Königselefant 147
XV. Teil. Im Tikändakiwalde
Fünferlei Menschen (1), (2)
Die fünf Ideale oder Kleinode . • .
Die Betrachtung über Widerliches und Nichtwiderliches
Der Ausgang des Sittenlosen
Der Freundschaft unwürdig
Rechtes Geben und verkehrtes Geben ....
Rechtes Geben
151,
152
155
156
158
158
158
159
Nachteilige Dinge 160
XVI. Teil. Das Kapitel des Guten Gesetzes
Hindernisse zur Erreichung des Pfades 161
Die Dauer des Guten Gesetzes 161
Der Untergang des Guten Gesetzes (1), (2) . . . 162, 163
Unangebrachte Gespräche 164
Der Befangene und der Unbefangene 165
Die Darlegungsweise des Gesetzes 165
Schwer loszuwerdende Dinge 166
XVII. Teil. Das Kapitel des Grolles
Fünf Mittel zur Überwindung des Grolles (1), (2) . . 167
Die Gründe des Fragesteilens 171
Udäyl widerspricht Säriputto . . ' 171
Tadeln und getadelt werden 175
Durchdringender Scharfblick 179
Die fünf höchsten Dinge 181
XVIII. Teil. Das Kapitel der Anhänger
Der Befangene und der Unbefangene 183
VI
Seite
Die fünf schrecklichen Übel 183
Zweierlei Anhänger 184
Die Freude der Loslösung .185
Die fünf verwerflichen Berufe 186
Der Sittenreine hat nichts zu fürchten 187
Der in den Strom eingetretene Hausvater .... 190
Strebet immer höher! 194
XIX. Teil. Das Kapitel der Einsiedler
Fünf Arten von Asketen
XX. Teil. Das Kapitel der Brahmanen
Die alten Brahmanensitten bei den Hunden .
Die fünf Arten von Brahmanen
Die Hemmungen des Gedächtnisses ■ .
Das beseligende Gesetz des Herrn Gotamo .
■^Der Brahmane Pingiyäni ....
Die fünf Traumbilder des Bodhisat
Die Hemmungen des Regens ....
Das wohlgesprochene Wort ....
Der segensreiche Einfluß des sittenreinen Mönches
Die fünf Elemente der Befreiung ....
XXI. Teil. Das Kapitel des Kimbilo
Die Dauer des Guten Gesetzes
Die Vorteile beim Anhören des Gesetzes
Das Königsroß
Die fünf Geistesverhärtungen ....
Die fünf Geistesumstrickungen
Die guten Wirkungen der Reissuppe
Die Nützlichkeit des Zahnreinigungsstäbchens
Der singende Vortrag des Gesetzes
Klarbewußt einschlafen
XXII. Teil. Das Kapitel der Beschimpfung
Die bösen Folgen der Beschimpfung ....
Die bösen Folgen der Streitigkeiten ....
Die Folgen des Sittenwandels
Die Folgen der Gesprächigkeit und der gemessenen Rede
Die Folgen der Widerspenstigkeit und der Nachgiebigkeit
Die Folgen der Freundlichkeit und Unfreundlichkeit (1), (2)
. 200
. 202
. 204
. 210
. 213
. 216
. 217
. 220
. 221
. 222
. 223
227
228
228
228
229
230
230
231
232
233
233
233
235
235
236
VII
Der üble Einfluß des Feuers .
Die Nachteile der Stadt Madhurä
Seite
237
237
XXIIl. Teil. Das Kapitel des langen Umher-
wanderns
Die Folgen des zielbewußten und des ziellosen Wanderns (1),(2) 238
Allzulange an einem Platze wohnen (1), (2) . . . . 239
Die Gefahren des Familienverkehrs (1), (2)
Vorteile und Nachteile des Reichtums
Die Nachteile des zu späten Essens
Die schwarze Schlange (1), (2)
239, 240
. 240
. 241
. 241
XXIV. Teil. Das Kapitel der Klosterbewohner
Der unwürdige Klosterbewohner 243
Der beliebte Klosterbewohnef 243
Eine Zierde des Klosters 243
Eine Stütze des Klosters 244
Der mitleidige Klosterbewohner . . . ' . . . 244
Zweierlei Klosterbewohner 245
XXV. Teil. Das Kapitel des schlechten Wandels
Die Folgen des schlechten Wandels 247
Dem Leichenfeld ähnlich 247
Die üblen Folgen persönlicher Zuneigung . . . . 248
XXVI. Teil. Das Kapitel der Mönchsweihe
Der würdige Ordenslehrer
Die Selbstsucht (1), (2) .
Klosterordnung ....
Die allgemeine Geltung des Gesetzes
Erlöschung
. 250
250, 251
. 251
. 253
. 254
VIII
FÜNFERBUCri T 1, 2
Das Fünferbuch
ERSTER TEIL
Das Kapitel der Kampfeskräfte
Die fünf Kampfeskräfte
Fünf Kampfeskräfte gibt es, ihr Mönche: u^elche
fünf? Die Kraft des Vertrauens, die Kraft des Scham-
gefühls, die Kraft des Gewissens, die Kraft des Willens
und die Kraft der Einsicht.
Darum, ihr Mönche, habt ihr danach zu trachten:
>Au3gerüstet wollen wir sein mit den Kampfeskräften
des Vertrauens, des Schamgefühls, des Gewissens,
des Willens und der Einsicht!« Das, ihr Mönche,
sei euer Streben! —
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Ver-
trauens (saddhä-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der
edle Jünger Vertrauen; er glaubt an die Erleuchtung
des Vollendeten, nämlich, daß dies der Erhabene ist,
der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen
und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Welten-
kenner, der höchste Lenker der zu bezähmenden
Menschheit, der Meister der Himmelswesen und
Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene. Das, ihr
Mönche, nennt man die Kraft des Vertrauens.
W'dS aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Scham-
gefühls (hiri-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der edle
Jünger Schamgefühl; er schämt sich vor dem schlechten
Die Reden des Buddha. Bd. II — 1 1
Y 2 DIE REDEN DES BUDDHA
Wandel in Werken, Worten und Gedanken, schämt
sich vor der Ausübung böser, schuldvoller Dinge. Das,
ihr Mönche, nennt man die Kraft des Schamgefühls.
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Ge-
wissens (ottappa-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der
edle Jünger Gewissensscheu; er scheut sich vor dem
schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken,
scheut sich vor der Ausübung böser, schuldvoller Dinge.
Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des Gewissens.
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Willens
(Viriya-bäla)? Da, ihr Mönche, setzt der edle Jünger
seinen Willen daran, die schuldvollen Dinge zu über-
winden, die verdienstvollen Dinge aber zu erwecken,
ist standhaft. Von gestählter Kraft, unermüdlich im
Guten. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des
Willens.
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Einsicht
(pamä-bäla)? Da, ihr Mönche, ist der edle Jünger
Voll Einsicht; er besitzt Einsicht in das Entstehen und
Vergehen, edle, durchdringende, zu völliger Leidens-
vernichtung führende. Das, ihr Mönche, nennt man
die Kraft der Einsicht («).
Diese fünf Kampfeskräfte gibt es, ihr Mönche.
(«) paniiä, im weitesten Sinne, bezeichnet jederart Wissen,
Können, Fertigkeit, Verständnis und Einsicht, sei es auf technischem
oder geistigem Gebiete, in sinnlichen oder übersinnlichen Dingen.
Das spezifisch buddhistische, zur Erreichung der vier Seifen der
Heiligkeit und der Erlösung nötige Wissen ist das im Hellblick«;
(vipassanä), d. i. in der Einsicht in die Vergänglichkeit, das Elend
und die Wesenlosigkeit aller Daseinsgebilde, bestehende Wissen.
— 2 —
FÜNFERBUCH V 3, 5
Glückliches und unglückliches Mönchsleben 3
Mit fünf Eigenschaften behaftet, ihr Mönche,
lebt der Mönch schon bei Lebzeiten elend, voll Ver-
druß, Verzweiflung und Qual; und beim Zerfalle des
Leibes, nach dem Tode, hat er eine Leidensfährte zu
gewärtigen. Welches aber sind diese fünf Eigen-
schaften ?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch vertrauenslos,
schamlos, gewissenlos, träge und töricht. —
Mit folgenden fünf Eigenschaften aber ausgerüstet,
ihr Mönche, lebt der Mönch schon bei Lebzeiten
glücklich, ohne Verdruß, Verzweiflung und Qual; und
beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, hat er eine
glückliche Fährte zu gewärtigen. Welches aber sind
diese fünf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, hat der Mönch Vertrauen,
Schamgefühl, Gewissen, Willenskraft und Einsicht. —
Die Askese 5
Wer, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen
die Askese aufgibt und zum niederen Weltleben
zurückkehrt, den treffen fünf berechtigte entsprechende
Vorwürfe: welche fünf? Daß er nämlich hinsichtlich
des Guten kein Vertrauen hatte, kein Schamgefühl
hatte, kein Gewissen hatte, keine Willenskraft hatte,
keine Einsicht hatte. —
Wer aber, ihr Mönche, von den Mönchen oder
Nonnen, selbst unter Qualen und Kummer, mit tränen-
bedecktem Antlitze, den völlig lauteren heiligen Wan-
del führt, den trifft selbst schon bei Lebzeiten fünf-
faches berechtigtes Lob: welches fünffache Lob?
— 3 — 1*
T (J, 7 DIE REDEN DES BUDDHA
Daß er hinsichtlich des Guten Vertrauen hatte, Scham-
gefühl hatte, Gewissen hatte, Willenskraft hatte, Ein-
sicht hatte. -^
Die fünf Bedingungen zum Bösen
So lange, ihr Mönche, hinsichtlich des Guten
Vertrauen besteht, so lange wird nichts Schuldvolles
Verübt. Erst wenn, ihr Mönche, das Vertrauen ge-
schwunden und die Vertrauenslosigkeit erwacht ist,
erst dann wird das Schuldvolle verübt.
So lange, ihr Mönche, hinsichtlich des Guten
Schamgefühl besteht, — Gewissen besteht, — Willens-
kraft besteht, — Einsicht besteht, so lange wird nichts
Schuldvolles verübt. Erst wenn, ihr Mönche, die
Einsicht geschwunden und die Torheit erwacht ist,
erst dann wird das Schuldvolle verübt.
7 Die Amme und der unmündige Säugling
Gewöhnlich, ihr Mönche, finden die Wesen Ge-
fallen an den Sinnendingen. Von dem edlen Jüng-
linge, ihr Mönche, der Sichel und Tragstange aufgibt
und von Hause in die Hauslosigkeit zieht, kann man
daher mit Recht behaupten, daß er aus Vertrauen
fortgezogen ist. Und aus welchem Grunde? Weil
nämlich, ihr Mönche,' der Jugend die Sinnenfreuden
leicht zugänglich sind. Wie diese auch immer sein
mögen, gemein, mittelmäßig oder edel, sie gelten eben
alle als Sinnenfreuden.
FÜNPERBUCH V 7
Wenn da, zum Beispiel, ihr Mönche, ein kleines
Kind, ein unmündiger Säugling, bei Unachtsamkeit
der Amme ein Stück Holz oder eine Scherbe in den
Mund steckt, wird die Amme sich sofort ein Herz
fassen und den Gegenstand schleunigst herausreif3en;
oder wenn sie nicht imstande ist, den Gegenstand
sofort zu entfernen, wird sie mit der linken Hand
den Kopf des Kindes festhalten und mit den ge-
krümmten Fingern der rechten Hand den Gegenstand
selbst unter Blutvergießen herausreißen. Und warum?
Wohl hat das Kind dadurch Verdruß, und nie werde
ich behaupten, daß dem nicht so sei; doch die Amme,
die auf sein Wohl bedacht ist, seinen Vorteil sucht,
Mitleid mit ihm empfindet, hat eben aus Mitleid so
zu handeln. Ist aber, ihr Mönche, jenes Kind heran-
gewachsen und verständig genug, dann, ihr Mönche,
kümmert sich die Amme nicht mehr um jenes Kind,
denn es ist nun sein eigner Wächter, ist der Fahr-
lässigkeit nicht mehr ausgesetzt.
Ebenso auch, ihr Mönche: so lange der Mönch
hinsichtlich des Guten noch unvollkommen ist in dem
Vertrauen, dem Schamgefühl, dem Gewissen, der
Willenskraft und der Einsicht, so lange, ihr Mönche,
habe ich über jenen Mönch noch zu wachen. Besitzt
aber, ihr Mönche, der Mönch hinsichtlich des Guten
genügend Vertrauen, Schamgefühl, Gewissen, Willens-
kraft und Einsicht, so bin ich, ihr Mönche,
ohne Sorge für jenen Mönch,, denn er ist nun sein
eigener Wächter, ist dem Leichtsinne nicht mehr
ausgesetzt.
— 5 —
V S~10 DIE REDEN DES BUDDHA
Die Ursachen des Fortschrittes
und Riickschrittes
Der Mönch, ihr Mönche, der Vertrauenslos, scham-
los, gewissenlos, träge und töricht ist, geht zurück
und beharrt nicht im Guten, — ist ohne Achtung und
Ehrfurcht, — ist außerstande, es in diesem Gesetze
und dieser Disziplin zum Wachsen, Gedeihen und
zur Entfaltung zu bringen. —
Der Mönch aber, ihr Mönche, der voll Vertrauen
ist, voll Schamgefühl, voll Gewissen, voll Willenskraft
und voll Einsicht, geht nicht zurück, sondern beharrt
. im Guten, — ist Voll Achtung und Ehrfurcht, -- ist
imstande, es in diesem Gesetze und dieser Disziplin
zum Wachsen, Gedeihen und zur Entfaltung zu bringen.
FÜNFERBUCH y 11, 12, 14
ZWEITER TEIL
Das Kapitel der Kräfte
Die fünf Kräfte des Vollendeten n
Fünf Kräfte, ihr Mönche, eignen dem Vollendeten,
mit denen ausgerüstet der Vollendete den höchsten
Rang behauptet, unter den Menschen den Löwenruf
erschallen läßt und das Reich des Gesetzes begründet:
welche fünf?
Die Kraft des Vertrauens, die Kraft des Scham-
gefühls, die Kraft des Gewissens, die Kraft des Willens
und die Kraft der Einsicht.
Die Kraft der Einsicht 12
Die höchste, ihr Mönche, der fünf Kampfeskräfte,
die zusammenhaltende, die verbindende: das ist die
Kraft der Einsicht.
Gleichwie nämlich, ihr Mönche, an> einem Giebel-
hause der Giebel das Höchste, das Zusammenhaltende,
das Verbindende ist: ebenso auch, ihr Mönche, ist
unter den fünf Kampfeskräften die Kraft der Einsicht
die höchste, die zusammenhaltende, die Verbindende. —
Die fünf Kräfte 14
Folgende fünf Kräfte^gibt es, ihr Mönche: welche
fünf? Die Kraft des Vertrauens, die Kraft des Willens,
die Kraft der Achtsamkeit, die Kraft der Sammlung
und die Kraft der Einsicht.
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Ver-
trauens (saddhä-bala)? Da, ihr Mönche, besitzt der
V U DIE REDEN DES BUDDHA
edle Jünger Vertrauen; er glaubt an die Erleuchtung
des Vollendeten, nämlich daß dies der Erhabene ist,
der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen
und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Welten-
kenner, der höchste Lenker der zu bezähmenden
Menschheit, der Meister der Himmelswesen und
Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene. Das, ihr
Mönche, nennt man die Kraft des Vertrauens.
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Willens
(viriya-bäla)? Da, ihr Mönche, setzt der edle Jünger
seinen Willen daran, die schuldvollen Erscheinungen
zu überwinden, die verdienstvollen Erscheinungen aber
zu erwecken, ist standhaft, von gestählter Kraft, un-
ermüdlich im Guten. Das, ihr Mönche, nennt man
die Kraft des Willens («).
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Achtsam-
keit (sati-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der edle
Jünger Achtsamkeit, ist mit höchster Achtsamkeit und
Klugheit ausgestattet. Was selbst vor langer Zeit
getan oder gesprochen wurde, dessen gedenkt er,
dessen erinnert er sich. Das, ihr Mönche, nennt
man die Kraft der Achtsamkeit {ß).
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Samm-
lung (samädhi-bala)? Da, ihr Mönche, gewinnt der
edle Jünger, den Sinnendingen entrückt, entrückt den
schuldvollen Erscheinungen, die mit Sinnen und
Nachdenken verbundene, in der Entrückung ge-
borene. Von Verzückung und Glückseligkeit
(«) Identisch mit »Rechtem Streben« (sammä-väyäma), dem
sechsten Bestandteile des Achtfachen Pfades.
Qi) Identisch mit »Rechter Achtsamkeit- (sammä-sati), dem
siebenten Bestandteile des Achtfachen Pfades.
8
FÜNFERBUCH V ir,
erfüllte erste Vertiefung (jhäna). Nach dem Schwinden
des Sinnens und Nachdenkens aber gewinnt er den
inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die Von
Sinnen und Nachdenken freie, in der Sammlung
geborene, von Verzückung und Glückseligkeit
erfüllte zweite Vertiefung. Nach Abwendung von der
Verzückung aber verweilt er gleichmütig, achtsam,
geistesklar; und er fühlt in sich jenes Glück, von
dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleich-
mütige, der Achtsame!« - so gewinnt er die dritte
Vertiefung. Nach dem Schwinden von Wohlgefühl
und Schmerz aber und durch Überwindung des früheren
Frohsinns und Trübsinns gewinnt er einen leidlosen,
freudlosen Zustand, die durch Gleichmut und Acht-
samkeit geklärte vierte Vertiefung. Das, ihr Mönche,
nennt man die Kraft der Sammlung («).
Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Einsicht
(patinä-bäla)? Da, ihr Mönche, ist der edle Jünger
voll Einsicht; er besitzt Einsicht in das Entstehen und
Vergehen, edle, durchdringende, zu völliger Leidens-
vernichtung führende. Das, ihr Mönche, nennt man
die Kraft der Einsicht (ß).
Diese fünf Kräfte gibt es, ihr Mönche.
Woran die Kräfte zu erkennen sind 15
Woran, ihr Mönche, kann man die Kraft des Ver-
trauens erkennen? An den vier »Gliedern des
(a) Identisch mit Rechter Sammlung* (sammä-samädhi), dem
achten Bestandteile des Achtfachen Pfades.
(ß) Identisch mit -Rechter Erkenntnis« (sammä-ditthi) , dem
ersten Bestandteile des Achtfachen Pfades,'
— 9 —
VIT DIE REDEN DES BUDDHA
Stromeintrittes«: daran kann man die Kraft des
Vertrauens erl^ennen. («)
Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft
des Willens erkennen? An den vier Rechten An-
strengungen: daran kann man die Kraft des Willens
erkennen.
Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft
der Achtsamkeit erkennen? An den vier Grund-
lagen der Achtsamkeit (sati-patthänä): daran kann
man die Kraft der Achtsamkeit erkennen.
Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft
der Sammlung erkennen? An den vier Vertiefungen
(jhänä): daran kann man die Kraft der Sammlung
erkennen.
Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft
der Einsicht erkennen? An den vier Edlen Wahr-
heiten: daran kann man die Kraft der Einsicht
erkennen.
17 Eigenes und fremdes Heil
Bei wem, ihr Mönche, fünf , Bedingungen an-
zutreffen sind, der Mönch wirkt zum eigenen Heile,
nicht zum Heile der anderen: welche fünf? Da, ihr
(a) Mit den vier »Gliedern des Stromeintrittes« (sotäpatti-y-
angäni) sind offenbar hier gemeint: das unerschütterliche Vertrauen
zu Buddha, dem Gesetze, der Jüngerschaft und vollkommene
Sittlichkeit, m. a. W. die vier charakteristischen Eigenschaften des
»Stromeingetretenen< oder Sötapan (Päli: sotäpanna). Meistens
jedoch sind damit die vier zur Erreichung des Stromeintrittes
erforderlichen Vorbedingungen gemeint, nämlich: Umgang mit
edlen Menschen, Anhören des guten Gesetzes, weise Erwägung
und Befolgung des Gesetzes.
— lü —
FÜNFERBUCH Y IK, 19, 20
Mönche, hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung, Ein-
sicht, Erlösung («) und den Erkenntnisblick der Er-
lösung (ß) selber gewonnen, doch die anderen spornt
er nicht zur Gewinnung dieser Dinge an.
Bei wem, ihr Mönche, fünf Bedingungen an- \s
zutreffen sind, der Mönch wirkt zum Heile der an-
deren, nicht zum eigenen Heile: welche fünf? Da,
ihr Mönche, hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung,
Einsicht, Erlösung und den Erkenntnisblick der Er-
lösung nicht selber gewonnen, doch die anderen
spornt er zur Gewinnung dieser Dinge an.
Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen 19
sind, der Mönch wirkt weder zum eigenen Heile noch
zum Heile der anderen: welche fünf? Da, ihr Mönche,
hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung, Einsicht, Er-
lösung und den Erkenntnisblick der Erlösung nicht
selber gewonnen, und auch die anderen spornt er
zur Gewinnung dieser Dinge nicht an.
Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen 20
sind, der Mönch wirkt sowohl zum eigenen Heile
als auch zum Heile der anderen: welche fünf? Da,
ihr Mönche, hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung,
Einsicht, Erlösung und den Erkenntnisblick der Er-
lösung selber gewonnen, und auch die anderen spornt
er zur Gewinnung dieser Dinge an.
(«) d. i. »die im Ziel des Arahattums (Heiligkeit) bestehende
Erlösung-: (arahatta-phala-vimutti). Komm.
(,?) vimutti-fiäna-dässana erklärt der Kommentar durch pacca-
vekkhana-näna, d. i. die auf die vier Grade der Heiligkeit (Strom-
eintritt, Einmal-Wiederkehr, Niewiederkehr und Vollkommene
Heiligkeit) sich beziehende Selbsterkenntnis.
— 11 —
y21 DIE REDEN DES BUDDHA
DRITTERTEIL
Das Kapitel der fünffach gestützten
rechten Erkenntnis
21 Stufenweise bedingter Fortschritt
(1)
Wahrlich, ihr Mönche, daß der Mönch, der ohne
Ehrfurcht und Achtung ist und nicht in Eintracht mit
seinen Ordensbrüdern lebt, das Gesetz des guten
Benehmens (abhisamäcärika-dhamma) («) erfüllen
wird, das ist nicht möglich. Und daß er, ohne das
Gesetz des guten Benehmens zu erfüllen, die Regeln
der Zucht (sekha-dhamma) (ß) erfüllen wird, auch
das ist nicht möglich. Und daß er, ohne die Regeln
der Zucht zu erfüllen, Sittlichkeit (sila) (y) er-
wirken wird, auch das ist nicht möglich. Und daß er,
(a) Das bezieht sich auf die äußerlichen Pflichten des Mönches
gegen seinen Berater (upajjhäya-vatta), seinen Vorgesetzten usw.
(ß) Diese gehören nicht zu den für alle Menschen bindenden
natürlichen, sog. »ursprünglichen Sittenregeln« (päkati-sTla), son-
dern sind von Buddha erst später eingesetzte, sog. ^vorgeschriebene
Sittenregeln: (pannatti-sTla). Sie betreffen lediglich das äußere Ver-
halten des Mönches beim Essen, beim Tragen des Gewandes, beim
Gehen durch die Straßen und beim Verkehre mit den Menschen.
(y) Nach dem Kommentare sind hier die vier Großen Sitten-
regeln« (mahä-sTlä) gemeint. Welches diese vier sind, gibt er nicht
an, doch meint er offenbar die 'vier Sittenregeln der Lauterkeit-
(catu-pärisuddhi-sTlä), nämlich : Zügelung gemäß der Ordenssatzung
(patimokkha-sariivara-slla), Zügelung der Sinne (indriya-sarhvara-
sila), Reinheit der Lebensweise (äjiva-pärisuddhi-sTla) und die Regeln
betreffs der (vier) Bedarfsgegenstände (paccaya-sannissita-s'ila).
— 12 —
FÜNFERBUCH V '2-J
ohne Sittlichkeit zu erwirken, rechte Erkenntnis
(sammä-ditthi) («) erwirken wird, auch das ist nicht
möglich. Und daß er, ohne rechte Erkenntnis zu er-
wirken, rechte Sammlung (sammä-samädhi) (/?) er-
wirken wird, auch das ist nicht möglich. ^
Daß aber, ihr Mönche, der Mönch, der voll Ehr-
furcht und Achtung ist und in Eintracht mit seinen
Ordensbrüdern lebt, das Gesetz des guten Benehmens
erfüllen wird, das ist wohl möglich. Und daß er, nach-
dem er das Gesetz des guten Benehmens erfüllt hat,
die Regeln der Zucht erfüllen wird, auch das ist wohl
möglich. Und daß er, nachdem er die Regeln der
Zucht erfüUt hat, Sittlichkeit erwirken wird, auch das
ist wohl möglich. Und daß er, nachdem er Sittlichkeit
erwirkt hat, rechte Erkenntnis erwirken wird, auch
das ist wohl möglich. Und daß er, nachdem er
rechte Erkenntnis erwirkt hat, rechte Sammlung er-
wirken wird, auch das ist wohl möglich.
Stufenweise bedingter Fortschritt 22
(2)
— Nicht möglich ist es, daß man, ohne das Ge-
biet der Sittlichkeit (sila) zu bemeistern, das Gebiet
der Sammlung (samädhi) bemeistern wird. Nicht
möglich ist es, daß man, ohne das Gebiet der Samm-
(a) Nach dem Kommentare die im Hell blick (vipässanä)
bestehende rechte Erkenntnis, also diejenige Erkenntnis, die den
ersten Bestandteil des Achtfachen Pfades bildet. Vgl. p. 2 («).
(,i) Nach dem Kommentare ist hier die mit den vier Graden
der Heiligkeit verbundene sog. >edle Sammlung* (ariya-samädhi)
zu verstehen.
- 13 —
23
T 23 DIE REDEN DES BUDDHA
lung zu bemeistern, das Gebiet der Einsicht (paiifiä)
bemeistern wird. («)
Woiil aber mag es sein, daß einer, der das
Gebiet der Sittiichi^eit bemeistert, auch das Gebiet der
Sammlung bemeistern wird. Wohl mag es sein, daß
einer, der das Gebiet der Sammlung bemeistert, auch
das Gebiet -der Einsicht bemeistern wird.
Die sechs Höheren Wissen (abhinnä)
Fünf Unreinheiten, ihr Mönche, finden sich im
Golde, durch die getrübt das Gold weder biegsam noch
schmiedbar noch glänzend ist, sondern spröde und
ungeeignet zur Verarbeitung: welche fünf? Eisen,
Kupfer, Zinn, Blei und Silber. Ist aber, ihr Mönche,
das Gold von diesen fünf Unreinheiten befreit, so ist
es biegsam, schmiedbar und glänzend und nicht mehr
spröde, sondern wohl geeignet zur Verarbeitung. Und
zur Herstellung Von welchen Schmuckgegenständen man
es auch immer wünscht, — sei es zu einem Diademe,
einem Ohrring, einem Halsschmuck oder zu einer
goldenen Kette, — : diesen Zweck erfüllt es.
Ebenso auch, ihr Mönche, gibt es fünf Unrein-
heiten des Geistes, durch die getrübt der Geist weder
biegsam noch geschmeidig noch geklärt ist, sondern
spröde und sich nicht recht sammelt zur Versiegung
der Leidenschaften (äsava).(/5) Und welches sind
diese fünf? Sinnenlust, Groll, Stumpfheit und Mattig-
keit, Aufgeregtheit und Gewissensunruhe, Zweifel-
(a) Die drei Gebiete oder Zweige: Sittlichi<eit, Sammlung und
Einsicht (sTla, samadhi, panfiä) bilden die drei Teile, in die sich
der Achtfache Pfad zerlegen lälU.
{(i) äsavakkhaya.
— 14 -
FÜNFERBUCH V "-»ä
sucht. («) Ist aber, ihr Mönche, der Geist von diesen
fünf Unreinheiten befreit, so ist er biegsam, geschmeidig,
gel^lärt, nicht mehr spröde und sammelt sich recht zur
Versiegung der Leidenschaften. Und auf weiche durch
höheres Wissen erreichbare Erscheinung man nun auch
immer seinen Geist richtet, um sie weise zu verwirk-
hchen ^: man erreicht eben da stets die Fähigiieit,
sie zu verwirl^hchen, sobald die Bedingungen erfüllt
sind.
Möchte man der mannigfachen magischen Kräfte
(iddhi) der Reihe nach sich erfreuen, einer seiend Viel-
fach werden, vielfach geworden einer werden, er-
scheinen und Verschwinden, ungehindert durch Mauern,
Wälle und Berge hindurch schweben gleichsam wie in
der Luft, in der Erde auf- und untertauchen gleich-
sam wie im Wasser, auf dem Wasser dahineilen, ohne
unterzusinken gleichsam wie auf der Erde, durch die
Lüfte sich fortbewegen wie ein beschwingter Vogel,
ja selbst diese Sonne und diesen Mond, die so mäch-
tigen, so gewaltigen, mit der Hand berühren und be-
streichen, ja gar bis hinauf zur Brahmawelt sich mit
seinem Körper bewegen — : man erreicht eben da stets
die Fähigkeit, das zu verwirklichen, sobald die Be-
dingungen erfüllt sind.
Und möchte man mit dem himmlischen Ohre
(dibba-sota), dem geklärten, übermenschlichen, beide
Arten der Töne vernehmen, himmlische wie mensch-
liche, ob ferne oder nah — : man erreicht eben da
stets die Fähigkeit, das zu verwirklichen, sobald die
Bedingungen erfüllt sind.
(a) über diese geistigen fünf Hemmungen s. I 2.
«
- 15 —
V 23 DIE REDEN DES BUDDHA
Und möchte man der anderen Wesen, der anderen
Geschöpfe Gesinnung mit seinem Geiste durchdringend
erkennen, den gierverbundenen Geist als gierverbunden
und den gierlosen als gierlos, den haßverbundenen
Geist als haßverbunden und den haßlosen als haßlos,
den verblendeten Geist als verblendet und den unver-
blendeten als unverblendet, den gesammelten Geist als
gesammelt und den ungesammelten als ungesammelt,
den entwickelten Geist als entwickelt und den unent-
wickelten als unentwickelt, den übertreffbaren Geist
als übertreffbar und den unübertreffbaren als unüber-
treffbar, den gefestigten Geist als gefestigt und den
ungefestigten als ungefestigt, den befreiten Geist als
befreit und den unbefreiten als unbefreit — : man er-
reicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirklichen,
sobald die Bedingungen erfüllt sind.
Und wünscht man sich: »Ach, möchte ich mich
doch der mannigfachen früheren Daseinsformen
erinnern, an ein Leben, an zwei, drei, Vier und fünf
Leben, an zehn Leben, an zwanzig, dreißig, vierzig und
fünfzig Leben, an hundert Leben, an tausend Leben,
an hunderttausend Leben, an viele Weltentstehungen
und Weltuntergänge, an das Entstehen und Vergehen
zahlreicher Welten: »Dort war ich, solchen Namen
hatte ich, solcher Familie, solcher Kaste gehörte ich
an, so ernährte ich mich, solche Freuden und Leiden
wurden mir zuteil, solcher Art war mein Lebensende.
Von da abgeschieden, trat ich dort wieder ins Dasein.
Dort nun war ich, solchen Namen hatte ich, solcher
Familie, solcher Kaste gehörte ich an, so ernährte
ich mich, solche Freuden und Leiden wurden mir
zuteil, solcher Art war mein Lebensende. Von dort
— 16 —
•FÜNFERBUCH V 28
abgeschieden, trat ich hier wieder ins Dasein.«
Möchte ich mich doch so mit den Merkmalen und
Einzelheiten mannigfacher früherer Daseinsformen
erinnern!« — : man erreicht eben da stets die Fähig-
keiten, das zu verwirklichen, sobald die Bedingungen
erfüllt sind.
Und wünscht man sich; »Ach, möchte ich doch
mit dem himmlischen Auge (dibba-cakkhu), dem ge-
klärten, übermenschlichen, die Wesen abscheiden und
wiedererscheinen sehen, niedrige wie erhabene, schöne
wie häßliche, glückliche wie unglückliche! Möchte ich
doch erkennen, wie die Wesen ihren Taten entsprechend
wiedererscheinen; wie die einen Wesen einen schlechten
Wandel in Werken, Worten und Gedanken führen, Edle
beschimpfen, verkehrte Erkenntnis hegen und, nach
ihrer verkehrten Erkenntnis handelnd, beim Zerfalle
des Leibes, nach dem Tode, auf den Abweg geraten,
eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle; wie
aber die anderen Wesen einen guten Wandel in Werken,
Worten und Gedanken führen, die Edlen nicht be-
schimpfen, rechte Erkenntnis besitzen und, nach ihrer
rechten Erkenntnis handelnd, beim Zerfalle des Leibes,
nach dem Tode, auf glückliche Fährte gelangen, in
himmlische Welt! Möchte ich doch so mit dem himm-
lischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, die
Wesen abscheiden und wiedererscheinen sehen, niedrige
wie erhabene, schöne wie häßliche, glückliche wie un-
glückliche! Möchte ich doch erkennen, wie die Wesen
ihren Taten entsprechend wiedererscheinen !« — : man er-
reicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirklichen,
sobald die Bedingungen erfüllt sind.
Und möchte man, durch Versiegung der Leiden-
Die Reden des Buddha. Bd. II — 17
V24 DIE REDEN DES BUDDHA
Schäften, noch bei Lebzeiten die leidenschaftslose Ge-
mütserlösung und Wissenserlösung selber erkennen,
verwirklichen und sich zu eigen machen — : man
erreicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirk-
lichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind. («)
24 Eines aufs andere gestützt
In dem Sittenlosen, ihr Mönche, der Sittlichkeit
Entbehrenden, ist die rechte Sammlung ohne Stütze.
Ist aber keine rechte Sammlung da, so ist in dem
der rechten Sammlung Entbehrenden der wahrheits-
gemäße Erkenntnisblick (ß) ohne Stütze. Ist aber
der wahrheitsgemäße Erkenntnisblick nicht da, so sind
in dem des wahrheitsgemäßen Erkenntnisblickes Ent-
behrenden der Daseinsekel und die Abwendung
ohne Stütze. Ist aber kein Daseinsekel und keine Ab-
wendung da, so ist in dem des Daseinsekels und der
Abwendung Entbehrenden der Erkenntnisblick der Er-
lösung ohne Stütze.
Gleichwie nämlich, ihr Mönche, an einem der
Zweige und Blätter beraubten Baume auch Borke, Haut,
(«) Von den oben erwähnten sechs -Höheren Geisteskräften^
(abhinnä) sind die fünf ersteren - nämlich: magische Kraft, himm-
lisches Ohr, Herzensdurchschauung, vorgeburtliche Erinnerung und
himmlisches Auge - als solche, weltliche Fähigkeiten« (fokiyä-
dhammä); die sechste (Versiegung der Leidenschaften) dagegen ist
eine »überweltliche Fähigkeit (lokuttara-dhamma).
(j3) Der wahrheitsgemäße Erkenntnisblickv (yathä-bhüta-näna-
dässana) ist der angehende Hellblick (vipässanä), beginnend mit
dem analytischen Erkennen der geistigen und körperlichen
Aggregate (iiäina-rüpa). (Komm.)
. - 18 —
FÜNFERBUCH V 25
Grünholz und Kernholz sich nicht Vollkommen ent-
wickeln können: ebenso, ihr Mönche, ist in dem Sitten-
losen, der Sittlichkeit Entbehrenden, auch die rechte
Sammlung ohne Stütze, — der wahrheitsgemäße Er-
kenntnisblick ohne Stütze, ~ der Daseinsekel und die
Abwendung ohne Stütze, - der Erkenntnisblick der
Erlösung ohne Stütze.
Gleichwie aber, ihr Mönche, an einem an Zweigen
und Blättern strotzenden Baume auch Borke, Haut,
Grünholz und Kernholz zur vollkommenen Entwicklung
gelangen: e|)enso, ihr Mönche, hat in dem Sittenhaften,
Von Sittlichkeit Erfüllten, auch die rechte Samm-
lung eine Stütze, — der wahrheitsgemäße Erkenntnis-
blick eine Stütze, — der Daseinsekel und die Abwendung
eine Stütze, — der Erkenntnisblick der Erlösung eine
Stütze.
Fünffach gestützte rechte Erkenntnis 25
Die auf fünf Dinge gestützte rechte Erkenntnis,
ihr Mönche, zeitigt die Frucht der Gemütserlösung, hat
die Frucht der Gemütserlösung zum Ergebnisse, zeitigt
die Frucht der Wissenserlösung, hat die Frucht der
Wissenserlösung zum Ergebnisse. Und welches sind
diese fünf Dinge?
Da, ihr Mönche, stützt sich die rechte Erkenntnis
auf Sittlichkeit, auf ein großes Wissen, auf Be-
sprechung, auf Gemütsruhe (samatha) und auf
Hell blick (vipässanä). —
— 19 —
V 26 DIE REDEN DES BUDDHA
26 Fünf Erlösungswege
Fünf Erlösungswege («) gibt es, ihr Mönche, auf
denen dem strebsam, eifrig, selbstentschiossen ver-
weilenden Mönche der unerlöste Geist erlöst wird, die
noch unversiegten Leidenschaften zur Versiegung ge-
langen und er der bis dahin unerreichten höchsten Ge-
wißheit teilhaftig wird: welche fünf?
Da, ihr Mönche, weist der Meister oder ein würdiger
Ordensbruder dem Mönche das Gesetz. Und soweit, ihr
Mönche, der Meister oder der würdige Ordensbruder
dem Mönche das Gesetz darlegt, soweit versteht er das
Gesetz und seine Auslegung. Das Gesetz und seine
Auslegung verstehend, steigt Freude in ihm auf; im Er-
freuten die Verzückung; verzückten Herzens wird sein
Inneres (ß) beruhigt; innerlich beruhigt, empfindet er
Glück; und des Glücklichen Geist festigt sich. Das,
ihr Mönche, ist der erste Erlösungsweg.
Fernerhin, ihr Mönche: da weist zwar nicht der
Meister oder ein würdiger Ordensbruder dem Mönche
das Gesetz, sondern soweit, ihr Mönche, der Mönch das
Gesetz erfahren und gelernt hat, soweit legt er es den
Anderen dar. — Oder: soweit er das Gesetz erfahren und
gelernt hat, soweit sagt er sich dasselbe ausführlich her. —
(a) Vimuttäyatanäni erklärt der Kommentar als vimuccana-
käranäni oder »Ursachen der Befreiung« . Äyatana wird übrigens mei-
stensals kärana erklärt, so bei den sechs Äyatanas oder sechs Ursachen
oder Quellen (des Bewußtseins), obzwar das Wort auch in dieser
Verbindung von den westlichen Gelehrten mit Gebiet (Neumann),
domain, sphere (Rhys Davids u.a.) stets wiedergegeben wurde.
(ß) Mit käya (Körper) ist hier nicht etwa der physische Körper
(rüpa-käya) gemeint, sondern das geistige Aggregat (näma-käya),
das Innere des Menschen.
20
FÜNFERBUCH V 27
Oder: soweit er das Gesetz erfahren und gelernt hat, so-
weit sinnt und denkt er über dasselbe nach, erwägt es im
Geiste. — Oder: er hat einen gewissen Gegenstand der
Sammlung («) gründlich erfaßt, gründlich erwogen, wohl
verstanden, in Weisheit Wohl durchdrungen. Und
soweit er, ihr Mönche, den gewissen Gegenstand der
Sammlung gründlich erfaßt, gründlich erwogen, wohl
verstanden, in Weisheit wohl durchdrungen hat, so-
weit versteht er das Gesetz und seine Auslegung. Das
Gesetz und seine Auslegung verstehend, steigt Freude
in ihm auf; im Erfreuten die Verzückung; verzückten
Herzens Wird sein Inneres beruhigt; innerlich beruhigt,
empfindet er Glück; und des Glücklichen Geist festigt
sich. Das, ihr Mönche, ist der fünfte Erlösungsweg.
Diese fünf Erlösungswege gibt es, ihr Mönche, .
auf denen dem strebsam, eifrig, selbstentschlossen ver-
weilenden Mönche der unerlöste Geist erlöst wird,
die noch unversiegten Leidenschaften zur Versiegung
gelangen und er der bis dahin unerreichten höchsten
Gewißheit teilhaftig wird.
Fünf Wissen 27
Unbegrenzte Sammlung {ß) erwecket, ihr
Mönche, weise und besonnen! Denn wer, ihr Mönche,
(a) »Eine gewisse Sammlung bei einer der achtunddreißig Vor-
stellungen (ärammana): das ist samädhi-nimitta oder das Objekt ■
der Sammlung.« (Komm.)
(ß) Darunter, sagt der Kommentar, hat man die »überweltliche
Sammlungc (loki'ittara-samädhi) zu verstehen, d. i. die mit den
überweltlichen Bewußtseinsmomenten der vier Klassen von »edlen
Jüngern< (ariya-sävaka) verbundene sog. edle Sammlung: (ariya-
samädhi).
- 21 —
y 2S DIE REDEN DES BUDDHA
weise und besonnen unbegrenzte Sammlung erweckt,
in dem gelangen fünf Wissen der Reihe nach zur
Entstehung: welche fünf?
Daß diese Sammlung mit gegenwärtigem Wohle
verbunden ist und künftiges Wohl zum Ergebnisse
hat; daß diese Sammlung edel und überweltlich ist;
daß diese Sammlung von edlen Menschen erweckt
wurde; daß diese Sammlung edel, erhaben, von
Friede und Innigkeit erfüllt und keine durch mühsame
Unterdrückung aufrecht erhaltene Übung ist; daß er
besonnen in sie eintritt und besonnen sich aus ihr
erhebt. Unbegrenzte Sammlung erwecket, ihr Mönche,
weise und besonnen! Denn wer, ihr Mönche, weise
und besonnen unbegrenzte Sammlung erweckt, in dem
. gelangen diese fünf Wissen der Reihe nach zur Ent-
stehung.
28 Die edle fünf^liedrige rechte Sammlung
^Die Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten
Sammlung, ihr Mönche, will ich euch weisen. So
höret denn und achtet wohl auf meine Worte!* >Ja, o
Ehrwürdiger!« erwiderten jene Mönche dem Erhabenen.
Der Erhabene sprach:
»Da, ihr Mönche, gewinnt der Mönch, den Sinnen-
dingen entrückt, entrückt den schuldvollen Erschei-
nungen, die mit Sinnen und Nachdenken verbun-
dene, in der Entrückung geborene, von Verzückung
und Glückseligkeit erfüllte erste Vertiefung. Und
eben diesen Körper läßt er von der in der Entrückung
geborenen Verzückung und Glückseligkeit durchströ-
men, durchsättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit,
— 22 ■
hÜNFERBUCH V 28
SO daß an diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle
mehr von der in der Entrückung geborenen Verzückung
und Glückseligkeit undurchtränkt bleibt.
»Gleichwie, ihr Mönche, ein geschickter Bader
oder Badergehilfe einen Messingnapf mit Waschpulver
füllt und dasselbe mit Wasser beträufeU und innigst
vermengt, so daß der Schaumballen von Feuchtigkeit
erfüllt, von Feuchtigkeit durchsetzt, innen und außen
von Feuchtigkeit durchtränkt ist und nichts herab-
träufeh: ebenso auch, ihr Mönche, läßt der Mönch
diesen Körper von der in der Entrückung geborenen
Verzückung und Glückseligkeit durchströmen, durch-
sättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit, so daß an
diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr
von der in der Entrückung geborenen Verzückung und
Glückseligkeit undurchtränkt bleibt. Das, ihr Mönche,
ist die erste Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten
Sammlung.
»Und fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch,
nach dem Schwinden des Sinnens und Nachdenkens,
den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von
Sinnen und Nachdenken freie, in der Sammlung ge-
borene, von Verzückung und Glückseligkeit er-
füllte zweite Vertiefung. Und eben diesen Körper läßt
er von der in der Sammlung geborenen Verzückung
und Glückseligkeit durchströmen, durchsättigt, erfüllt
und durchtränkt ihn damit, so daß an diesem ganzen
Körper auch nicht eine Stelle mehr von der in der
Sammlung geborenen Verzückung und Glückseligkeit
undurchtränkt bleibt.
»Es ist, ihr Mönche, als ob da ein Teich wäre,
der in der Tiefe eine Quelle birgt, aber ohne Zufluß
— 25 —
y 28 DIE REDEN DES BUDDHA
ist, sei's von Osten, Westen, Norden oder Süden her.
Wenn es da nämiicli nicht von Zeit zu Zeit regnet,
so durchströmen eben die kühlen Wasserströme, die
aus der Tiefe des Teiches hervorquellen, jenen Teich
mit kühlem Wasser, durchsättigen, erfüllen, durch-
tränken ihn damit, so daß auch nicht eine Stelle im
ganzen Teiche Von jenem kühlen Wasser undurch-
tränkt bleibt. Ebenso auch, ihr Mönche, läßt der Mönch
diesen Körper von der in der Sammlung geborenen
Verzückung und Glückseligkeit durchströmen, durch-
sättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit, so daß an
diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr
von der in der Sammlung geborenen Verzückung und
Glückseligkeit undurchtränkt bleibt. Das, ihr Mönche,
ist die zweite Entfaltung der edlen fünfgliedrigen
rechten Sammlung.
»Und fernerhin, ihr Mönche, verweilt der Mönch,
nach Abwendung von der Verzückung, gleichmütig,
achtsam, geistesklar, und er fühlt in sich jenes Glück,
von dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleich-
mütige, der Achtsame!« und gewinnt so die dritte Ver-
tiefung. Und eben diesen Körper läßt er Von dem
gleichmütigen Glücke durchströmen, durchsättigt, er-
füllt und durchtränkt ihn damit, so daß an diesem
ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr von dem
gleichmütigen Glücke undurchtränkt bleibt.
»Gleichwie, ihr Mönche, in einem Teiche voll
blauer, roter oder weißer Lotuspflanzen einige der im
Wasser entstandenen, im Wasser aufgewachsenen
Lotuspflanzen, die noch nicht über den Wasserspiegel
ragen, sich im Wasser nähren, und, während ihre
Kronen und Wurzeln von dem kühlen Wasser durch-
24
FÜNFERBUCH T 2S
tränkt, durchsättigt, vollgesaugt und durchdrungen
werden, auch nicht eine von allen diesen Von dem
kühlen Wasser undurchtränkt bleibt: ebenso auch, ihr
Mönche, läßt der Mönch diesen Körper von dem gleich-
mütigen Glücke durchströmen, durchsättigt, erfüllt und
durchtränkt ihn damit, so daß an diesem ganzen Körper
auch nicht eine Stelle mehr von dem gleichmütigen
Glücke undurchtränkt bleibt. Das, ihr Mönche, ist
die dritte Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten
Sammlung.
>Und fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch,
nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz
und durch Überwindung des früheren Frohsinns und
Trübsinns, einen leidlosen, freudlosen Zustand, die
durch Gleichmut und Achtsamkeit geklärte vierte
Vertiefung. Und während er dasitzt, durchtränkt er mit
dem geläuterten, geklärten Geiste diesen Körper, so
daß auch nicht eine Stelle an seinem ganzen Körper
von dem geläuterten, geklärten Geiste undurch-
tränkt bleibt.
>Gleichwie, ihr Mönche, wenn ein Mann, mit einem
weißen Gewände ganz bis über den Kopf verhüllt,
dasitzt, auch nicht eine Stelle an seinem ganzen Kör-
per unverhüllt ist: ebenso auch, ihr Mönche, sitzt der
Mönch da, indem er mit dem geläuterten, geklärten
Geiste diesen Körper durchtränkt, so daß auch nicht
eine Stelle an diesem ganzen Körper von dem ge-
läuterten, geklärten Geiste 'undurchtränkt bleibt.
Das, ihr Mönche, ist die vierte Entfaltung der edlen
fünfgliedrigen rechten Sammlung.
^Und fernerhin, ihr Mönche, hat da der Mönch
den Gegenstand der Selbstbetrachtung (pacca-
25
Y 28 DIE REDEN DES BUDDHA
Vekkhana-nimitta) festgehalten, im Geiste erwogen,
mit Einsicht l<lar durchdrungen.
»Gleichwie etwa, ihr Mönche, der Eine den Anderen
betrachten möchte, - der Stehende den Sitzenden,
oder der Sitzende den Liegenden — : ebenso auch,
ihr Mönche, hat da der Mönch den Gegenstand der
Selbstbetrachtung festgehalten, im Geiste wohl erwogen,
mit Einsicht klar durchdrungen. Das, ihr Mönche,
ist die fünfte Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten
Sammlung.
»Hat man, ihr Mönche, die edle fünfgliedrige rechte
Sammlung also gepflegt, entfaltet, häufig geübt, zur
Triebfeder und Grundlage gemacht, gefestigt, groß-
gezogen und zur rechten Vollendung gebracht, so mag
man, auf welche durch höheres Wissen erreichbare
Erscheinung man auch immer seinen Geist, richtet,
um sie weise zu verwirklichen, eben da stets die
Fähigkeit erreichen, sie zu verwirklichen, sobald die
Bedingungen erfüllt sind.
»Angenommen, ihr Mönche, es befinde sich da auf
einem Gestelle ein Krug, angefüllt bis zum Rande
mit Wasser, das selbst den Krähen [auf dem Rande
sitzend] erreichbar sei (a). Wenn nun diesen Krug
ein starker Mann nach irgend einer Seite umstülpen
sollte, möchte da nicht wohl das Wasser herausfließen?«
»Gewiß, 0 Ehrwürdiger.«
»Ebenso auch, ihr Mönche: hat man die edle
fünfgliedrige rechte Sammlung also gepflegt, entfaltet,
häufig geübt, zur Triebfeder und Grundlage gemacht,
(u) »Wenn da eine Krähe sich auf den Rand der Öffnung
setzt, kann sie, ohne den Hals zu beugen, das im Kruge befindliche
Wasser trinken. 4 (Komm.)
— 26 -
FÜNFERBUCH ' V 28
gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung
gebracht, so mag man, auf welche durch höheres
Wissen erreichbare Erscheinung man auch immer
seinen Geist richtet, um sie weise zu verwirklichen,
eben da stets die Fähigkeit erreichen, sie zu verwirk-
lichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.
»Oder gesetzt, ihr Mönche, in einer Ebene befinde
sich ein an allen vier Seiten eingedämmter Teich, an-
gefüllt bis zum Rande mit Wasser, das selbst den
Krähen erreichbar sei. Wenn nun da ein starker
Mann den Damm aufbrechen sollte, möchte da nicht
wohl das Wasser herausfließen?«
»Gewiß, 0 Ehrwürdiger.«
»Ebenso auch, ihr Mönche: hat man die edle
fünfgliedrige rechte Sammlung also gepflegt, entfaltet,
häufig geübt, zur Triebfeder und Grundlage gemacht,
gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung
gebracht, so mag man, auf welche durch.höheres Wissen
erreichbare Erscheinung man auch immer seinen Geist
richtet, um sie weise zu verwirklichen, eben da stets
die Fähigkeit erreichen, sie zu verwirklichen, sobald
die Bedingungen erfüllt sind.
»Oder gesetzt, ihr Mönche, es stände da, auf ebenem
Boden, am Treffpunkte von vier Straßen, ein prächtig
bespannter, mit Peitsche versehener Wagen. Den-
selben bestiege ein Meister der Fahrkunst, ein geübter
Rosselenker, nähme die Zügel in die linke Hand, die
Peitsche in die rechte und triebe, wo immer er wünschte,
hin und her. Ebenso auch, ihr Mönche: hat man die
edle fünfgliedrige rechte Sammlung also gepflegt, ent-
faltet, häufig geübt, zur Triebfeder und Grundlage
27
y 29, 30 DIE REDEN DES BUDDHA
gemacht, gefestigt, großgezogen und zur rechten Voll-
endung gebracht, so mag man, auf welche durch höheres
Wissen erreichbare Erscheinung man auch immer
seinen Geist richtet, um sie weise zu verwirklichen,
eben da stets die Fähigkeit erreichen, sie zu verwirk-
lichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.«
29 Der Segen des Auf- und Abwanderns
Fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das Auf- und
Abwandern: welche fünf?
Lange Wegestrecken hält man aus; Anstrengungen
erträgt man; man bleibt gesund; was man ißt, trinkt,
kaut und schmeckt, wird gründlich verdaut; beim Auf-
und Abwandern hält die Sammlung lange an. Diese
fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das Auf- und Ab-
wandern.
30 Das Glück der Loslösung
Das habe ich gehört:
.Einst gelangte der Erhabene auf einer Wanderung
durch das Kosaler Land, von einer großen Schar von
Mönchen begleitet, vor dem Kosaler Brahmanendorfe
Icchanahgula an. Bei Icchänahgula aber, im Icchänah-
guler Waldesdickicht, ließ sich der Erhabene nieder.
Es kam nun den brahmanischen Hausleuten von
Icchanaiigula zu Ohren, daß der Asket Gotamo, der
Sakyersohn, der aus der Sakyerfamilie fortgezogen
war, bei Icchänahgula eingetroffen sei und im Waldes-
— 28
FÜNFERBUCH V :W
dickicht bei Icchänarigula verweile, und daß sich über
jenen Herrn Gotamo der hehre Ruf verbreitet habe,
daß er der Erhabene sei, der Heilige, vollkommen Er-
leuchtete, der im Wissen und Wandel Vollendete, der
Gesegnete, der Weltenkenner, der höchste Lenker der
zu bezähmenden Menschheit, der Meister der Himmels-
wesen und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene.
Und gut sei es, wenn man solche Heilige zu sehen
bekomme.
Nach Ablauf der Nacht nun begaben sich die
brahmanischen Hausleute von Icchänangula, mit vielen
harten und weichen Speisen versehen, nach dem
Icchänanguler Waldesdickicht. Dort angelangt, stellten
sie sich unter großem, lautem Lärme vor der Ttir-
schwelle auf. Zu jener Zeit aber war der ehrwürdige
Nägito des Erhabenen Begleiter; und der Erhabene
sprach zum ehrwürdigen Nägito:
»Wer macht da, Nägito, diesen großen, lauten
Lärm? Man sollte meinen, es seien Fischer beim
Fischfange!«
»Die brahmanischen Hausleute, o Ehrwürdiger,
haben sich, mit vielerlei festen und flüssigen Speisen
versehen, an der Türschwelle aufgestellt, um dem Er-
habenen und der Mönchsgemeinde aufzuwarten.«
»Wer da nicht, Nägito, wie ich, dieses Glückes
der Entsagung, der Loslösung, des Friedens und der
Erleuchtung nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung,
teilhaftig wird, den freilich mag es nach jenem kotigen,
faulen Glücke, nach der Freude an Besitz, Ehre und
Rühm gelüsten.«
— 29 -
V 30 DIE REDEN DES BUDDHA
»Möge doch, q, Ehrwürdiger, der Erhabene Nach-
sicht üben! Möge doch, o Ehrwürdiger, der Gesegnete
Nachsicht üben! Der rechte Zeitpunid ist es, o Ehr-
würdiger, wo der Erhabene Nachsicht üben sollte.
Denn wo auch immer, o Ehrwürdiger, der Erhabene
sich jetzt hinbegibt, dort eben werden die brahmanischen
Hausleute sowie die Stadt- und Landbevölkerung hin-
strömen. Gleichwie nämlich, o Ehrwürdiger, wenn da
eine geballte Wolke sich entlädt, das Regenwasser in
das Tal hinabströmt: ebenso auch, o Ehrwürdiger,
werden, wo immer der Erhabene sich jetzt hinbegibt,
die brahmanischen Hausleute sowie die Stadt- und
Landbevölkerung hinströmen.«
»Möge ich nichts zu tun haben mit dem Ruhme!
Ich begehre keinen Ruhm. Wer da nicht, Nägito, wie
ich, dieses Glückes der Entsagung, der Loslösung, des
Friedens und der Erleuchtung nach Wunsch, ohne Mühe
und Anstrengung, teilhaftig wird, den freilich mag es
nach jenem kotigen, faulen Glücke, nach der Freude
an Besitz, Ehre und Ruhm gelüsten. Wahrlich, Essen,
Trinken, Kauen und Schmecken, Nägito, endet in Kot
und Urin: so ist der Ausgang. Und beim Wechsel
und Wandel der begehrten Dinge, Nägito, entstehen
Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsinn und Verzweiflung:
so ist der Ausgang. Wer aber, Nägito, in der Be-
trachtung des Schmutzes sich übt, bei dem festigt sich
der Ekel vor der lieblichen Vorstellung: so ist der
Ausgang. Und wer da, Nägito, bei den sechs Gebieten
des Sinneneindruckes in der Betrachtung ihrer Ver-
gänglichkeit verweilt, bei dem festigt sich der Ekel
vor den sechs Gebieten des Sinneneindruckes: so ist
der Ausgang. Und wer da, Nägito, bei den fünf mit
5(J
FÜNFERBUCH V ;{0
Anhaften verbundenen Daseinsaggregaten («) in der
Betrachtung ihres Entstehens und Vergehens verweilt,
bei dem festigt sich der Ekel vor dem Anhaften: so
ist der Ausgang.«
(a) Nämlich den fünf ^Aggregaten (khandhä): Körper-
lichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, geistigen Gebilden und Be-
wußtsein.
51 —
T :U DIE REDEN DES BUDDHA
VIERTER TEIL
Das Kapitel der Sumanä
31 Die Vorteile des Almosengebens
Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei SäVatthl,
im Kloster des Anäthapindiko. Da begab sich Sumanä,
die Fürstentochter, mit einem Gefolge von fünfhundert
Wagen und fünfhundert Fürstentöchtern zum Erhabenen
hin. Dort angelangt, begrüßte sie ehrfurchtsvoll den
Erhabenen und setzte sich zur Seite. Zur Seite aber
sitzend, sprach Sumanä, die Fürstentochter, also zum
Erhabenen:
/>Gesetzt, o Ehrwürdiger, es seien da zwei An-
hänger mit Vollkommenem Vertrauen, vollkommener
Sittlichkeit und vollkommener Einsicht. Der eine gebe
Almosen, der andere nicht. Wenn nun beide beim
Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glücklicher
Fährte, in himmlischer Welt wiedererscheinen, besteht
dann wohl noch zwischen den als Himmelswesen
Wiedergeborenen irgend eine Verschiedenheit, ein
Unterschied?«
»Ja, Sumanä, es besteht ein Unterschied,« sprach
der Erhabene.* »Derjenige nämlich, Sumanä, der Al-
mosen gegeben hat, übertrifft den anderen, der keine
gegeben hat, als Himmelswesen in fünf Dingen: in
himmlischem Alter, himmlischer Anmut, himmlischem
Glücke, himmlischer Ehre und himmlischer Herrschaft.«
»Wenn nun aber beide, o Ehrwürdiger, von dort
abgeschieden, zu dieser Welt zurückkehren sollten,
möchte auch dann noch, o Ehrwürdiger, für die als
52 -
FUNFERBUCH V 31
Menschen Wiedergeborenen irgend ein Unterschied,
eine Verschiedenheit bestehen?«
»Ja, Sumanä,« sprach der Erhabene. »Derjenige
nämlich, Sumanä, der Almosen gegeben hat, möchte
den anderen, der keine gegeben hat, als Mensch in
fünf Dingen übertreffen: in menschlichem Alter, mensch-
licher Anmut, menschlichem Glücke, menschlicher Ehre
und menschlicher Herrschaft.«
»Wenn nun aber, o Ehrwürdiger, beide von Hause
fort in die Hauslosigkeit ziehen, besteht wohl dann
noch zwischen den in die Hauslosigkeit Gezogenen
irgend ein Unterschied, eine Verschiedenheit?«
»Ja, Sumanä, es besteht ein Unterschied,« sprach
der Erhabene. »Derjenige nämlich, Sumanä, der Al-
mosen gegeben hat, übertrifft den anderen, der keine
gegeben hat, als Hausloser in fünf Dingen: Nur auf
Bitten hin und selten ungebeten, bedient er sich des
Gewandes, der Almosenspeise, der Lagerstatt und der
Heilmittel und Arzneien; seine Ordensbrüder aber,
mit denen er zusammenlebt, erweisen sich in Taten,
Worten und Gedanken stets gefällig, nie ungefällig,
machen ihm stets nur höfliche Anerbieten, nie un-
höfliche.«
»Wenn nun aber, o Ehrwürdiger, beide die Heilig-
keit erreichen, besteht wohl dann noch, o Ehr-
würdiger, nach Erlangung der Heiligkeit, zwischen
ihnen irgend ein Unterschied, eine Verschiedenheit?«
»Zwischen Erlösung und Erlösung, da freilich,
Sumanä, gibt es keinerlei Verschiedenheit.«
»Vortrefflich, o Ehrwürdiger! Wunderbar, o Ehr-
würdiger! Allen Grund hat man, o Ehrwürdiger,
DieRedendesBuddha.Bd.il 55
V 31 DIE REDEN DES BUDDHA
Almosen zu geben und gute Werke zu tun, insofern da
die guten Werke einem als Himmelswesen zum Vor-
teil gereichen, einem als Menschen zum Vorteil ge-
reichen und einem als Hauslosen zum Vorteil gereichen.«
»So ist es, Sumanä! So ist es, Sumanä! Allen
Grund hat man, Sumanä, Almosen zu geben und gute
Werke zu tun, insofern da die guten Werke einem
als Himmelswesen zum Vorteil gereichen, einem als
Menschen zum Vorteil gereichen und einem als Haus-
losen zum Vorteil gereichen.«
«
Also sprach der Erhabene. Und auf diese Worte
sprach der Gesegnete, der Meister, dann fernerhin:
»Gleichwie der ungetrübte Mond,
Durcheilend diesen Himmelsraum,
Die Sternenschar der ganzen Welt
Mit seinem Glänze überstrahlt:
»So überstrahlt der sittenreine,
Von Zuversicht erfüllte Mensch
Die Geizigen in aller Welt
Mit seinem freigebigen Sinn.
'Gleichwie die Wolke beim Gewitter,
Von hundertzack'gem Blitz umzucket.
Die Länder, Meere überflutet,
Dieweil sie mächtig niedergießt:
»So überragt der Einsichtsvolle,
Der Jünger des Erleuchteten,
Der Weise, den von Geiz Erfüllten
In diesen folgenden fünf Dingen:
In hohem Alter und in Ehre,
In Anmut und im Wohlergeh'n;
Und hier von Schätzen überhäuft.
Wird dort ihm Himmelsglück zuteil.'
- 34 —
FÜNFERBUCH T 32
Cundi die Fürstentochter 32
Einst weilte der Erhabene im Bambushaine bei
Räjagaha, an der Fütterungsstätte der Eichhörnchen.
Da begab sich Cundi die Fürstentochter, mit einem
Gefolge von fünfhundert Wagen und fünfhundert
Fürstentöchtern, zum Erhabenen hin. Dort angelangt,
begrüßte sie ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzte
sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend, sprach
Cundi die Fürstentochter also zum Erhabenen:
»Mein Bruder, o Ehrwürdiger, Prinz Cundo mit
Namen, behauptet: ,Wer von den Männern oder Frauen
zum Erleuchteten, zum Gesetze und zur Jüngerschaft
Zuflucht genommen hat und absteht vom Töten, Stehlen,
geschlechtlichen Ausschreiten, Lügen und vom Genüsse
berauschender Getränke, der erscheint beim Zerfalle
des Leibes, nach dem Tode, stets auf glücklicher
Fährte wieder, nie auf leidvoller.' Ich frage nun, o
Ehrwürdiger, den Erhabenen: Auf welcherart Meister,
welcherart Gesetz, welcherart Jüngerschaft vertrauend,
welcherart Sittenregeln befolgend, erscheint man beim
Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, stets auf glück-
licher Fährte wieder, nie auf leidvoller?«
»Was es da auch immer, Cundr, an Wesen gibt,
ob fußlos, Zweifüßer, Vierfüßer oder Vielfüßer, körper-
lich oder unkörperlich, bewußt oder unbewußt oder
halb bewußt: als höchstes unter ihnen gilt der Voll-
endete, der Heilige, Vollkommen Erleuchtete. Jene
nun, Cundi, die auf den Erleuchteten vertrauen, ver-
trauen auf das Höchste. Denen aber, die auf das
Höchste vertrauen, ist höchster Segen beschieden.
»Was es da auch immer, Cundi, an Gesetzen gibt,
ob geworden oder ungeworden: als höchstes unter
35 —
V 32 DIE REDEN DES BUDDHA
ihnen gilt die Abwendung, nämlich die Wahnzerstörung,
die VerWindung des Durstes, die Ausrottung de«
Anhaftens, die Durchbrechung des Kreislaufs, die Qier-
versiegung, die Abwendung, die Aufhebung: das Nir-
wahn. Jene nun, Cundi, die auf das in der Abwen-
dung bestehende Gesetz vertrauen, vertrauen auf das
Höchste. Denen aber, die auf das Höchste vertrauen,
ist höchster Segen beschieden.
»Was es da auch immer, Cundl, an Jüngerschaften
oder Gemeinden gibt: als höchste unter ihnen gilt die
Jüngerschaft des Vollendeten, als da sind die vier
Paare oder acht Arten Von (heiligen) Menschen. Jene
Jüngerschaft des Erhabenen ist würdig der Opfer,
würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig
des Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für gute
Werke. Jene nun, Cundi, die auf die Jüngerschaft ver-
trauen, vertrauen auf das Höchste. Denen aber, die auf
das Höchste vertrauen, ist höchster Segen beschieden.
»Was es da auch immer, Cundi, an Sitten gibt,
die dem Edlen Heb sind: als höchste unter ihnen gelten
die ungebrochenen, die ohne Lücke sind, frei von
Makel, unbefleckt, die befreienden, von Verständigen
gepriesenen, unbeeinflußten, zur Sammlung führenden.
Jene nun, Cundi, welche die dem Edlen erwünschten
Sitten erfüllen, erfüllen das Höchste. Denen aber,
die das Höchste erfüllen, ist höchster Segen beschieden.«
3>Wer Vertrauen hat zu Hohem
Und die höchste Lehre kennt,
An den höchsten Buddha glaubet,
Der der höchsten Ehre wert,
An die höchste Lehre glaubet.
An des Nirwahns Friedensglück,
— 36 -
FÜNFERBUCH V 3.-
»An den höchsten Orden glaubet,
Des Verdienstes bestes Feld,
Und dem Höchsten Gaben reicht:
Dem erblühet höchster Segen,
Alter, Schönheit, Kraft und Ruhm.
»Dem Weisen, der dem Höchsten gibt,
Erstarkt in höchster Lehre,
- Sei's Himmelswesen, sei's ein Mensch
Wird einstens höchstes Glück zuteil. <^
Die Pflichten der Gattin 33
Einst weilte der Erhabene im Urwalde bei Bhaddika.
Und Uggaho, der Enkel des Mendiko, begab sich zum
Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll
den Erhabenen und setzte sich zur Seite. Zur Seite
aber sitzend, sprach Uggaho, der Enkel des Mendiko,
also zum Erhabenen:
»Möge mir doch, o Ehrwürdiger, der Erhabene
für morgen zum Mahle zusagen für vier Mönche, ein-
schließlich den Erhabenen!«
Durch Schweigen gab der Erhabene seine Zu-
stimmung zu erkennen. Als nun Uggaho, der Enkel
des Mendiko, die Einwilligung des Erhabenen erhalten
hatte, erhob er sich von seinem Sitze, begrüßte ehr-
furchtsvoll den Erhabenen und, ihm die Rechte zu-
kehrend, entfernte er sich.
Nach Ablauf der Nacht, in der Frühe, kleidete
sich der Erhabene an und begab sich, mit Gewand und
Schale versehen, zur Wohnung Uggaho's, des Enkels
Mendiko's. Dort angelangt, nahm er auf dem angewie-
senen Sitze Platz. Und Uggaho, der Enkel Mendiko's,
bediente den Erhabenen und wartete ihm eigenhändig
— 37 -^
y 33 DIE REDEN DES BUDDHA
mit vorzüglichen harten und weichen Speisen auf. So-
bald er aber bemerkte, daß der Erhabene sein Mahl
beendet und dieHände*Von der Almoseqschale zurück-
gezogen hatte, setzte er sich zur Seite und sprach
zum Erhabenen:
»Diese meine Töchter, o Ehrwürdiger, werden ins
Eheleben eintreten.' Möge sie, o Ehrwürdiger, der
Erhabene ermahnen! Möge sie, o Ehrwürdiger, der
Erhabene unterweisen, auf daß es ihnen lange zum
Heil und Wohle gereiche!«
»So hat man denn, ihr Töchter, danach zu streben:
, Welcher Gatte es auch immer sein möge, dem die
Eltern — auf unser Heil und Wohl bedacht — uns
anvertrauen werden: wir wollen uns vor ihm er-
heben, nach ihm zu Bette gehen, ihm willige Diene-
rinnen, angenehme Gefährtinnen sein und ihm mit
freundlichen Worten begegnen/ Danach, ihr Töchter,
hat man zu streben!
»So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu
streben: ,Die Personen, die dem Gatten teuer sind,
wie Vater und Mutter, Asketen und Priester, die wollen
wir ehren, würdigen, schätzen und achten und ihnen
bei ihrer Ankunft mit Sitz und Wasser aufwarten.'
Danach, ihr Tochter, hat man zu streben!
»So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu
streben: ,Was es da für die Gattin an häuslichen
Arbeiten gibt, wie in Wolle und Baumwolle, da wollen
wir tüchtig sein und eifrig, uns dabei auf die richtigen
Mittel verstehen, zu handeln und anzuordnen.' Danach,
ihr Töchter, hat man zu streben!
»So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu
streben: ,Was da das Hausgesinde im Hause des
58 —
FÜNFERBUCH V 33
Gatten anbetrifft, wie Knechte, Diener und Arbeiter,
so wollen wir die von ihnen verrichtete Arbeit als
verrichtet betrachten, die unverrichtete als unverrichtet.
Sind sie krank, so wollen wir ihre Tauglichkeit oder
Untauglichkeit zur Arbeit feststellen. Harte und weiche
Speisen wollen wir ihnen in richtigem Maße Verab-
reichen.' Danach, ihr Töchter, hat man zu streben!
»So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu
streben: ,Was der Gatte an Schätzen, an Getreide,
Silber und Gold mitbringt, das wollen wir bewachen
und behüten. Nicht wollen wir ihn hintergehen und
ihm etwas entwenden, uns nicht dem Trinken ergeben
und ihn zugrunde richten.' Danach, ihr Töchter, hat
man zu streben!
»Die mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattete
Gattin aber, ihr Töchter, erscheint beim Zerfalle des
Leibes, nach dem Tode, unter der Schar der An-
mutigen Himmelswesen wieder.«
"Den Mann, der stets sein Weib beschirmt,
Beständig, eifrig, unentwegt,
Der alle Wünsche ihr gewährt,
Den wird die Gattin nie verschmäh'n.
»Nicht schafft das gute Weib dem Gatten
Mit ihren Wünschen je Verdruß.
Dem Gatten und den Würdigen
Zeigt Achtung sie, die weise Frau.
>Stets rüstig und von Fleiß beseelt.
Voll Liebe zu der Dienerschaft,
Zeigt freundlich sie sich ihrem Manne
Und hütet seine Schätze wohl.
»Das Weib, das also sich benimmt.
Des Gatten Wunsche willig folgt,
Kehrt unter Himmelswesen wieder,
Die als die Lieblichen man kennt. ^
— 39 —
T 34 DIE REDEN DES BUDDHA
34 Die Früchte des Almosengebens
Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei
Vesäli, in der Halle des Giebelhauses. Da begab sich
Siho der Feldherr zum Erhabenen, begrüßte ihn ehr-
furchtsvoll und setzte sich zur Seite. Zur Seite aber
sitzend, sprach Siho der Feldherr also zum Erhabenen:
»Ist es wohl möglich, o Ehrwürdiger, eine sicht-
bare Frucht des Almosengebens aufzuweisen?«
»Das ist möglich, Siho,« erwiderte der Erhabene.
»Der Geber, Siho, der Gabenspender, ist vielen
Menschen lieb und angenehm. Daß aber der Geber,
Siho, der Gabenspender, vielen Menschen lieb und
angenehm ist, das eben ist eine sichtbare Frucht des
Almosengebens.
»Und fernerhin, Siho, suchen mit dem Geber,
dem Gabenspender, die guten, edlen Menschen Um-
gang. Das aber ist eine sichtbare Frucht des Almosen-
gebens.
»Und fernerhin, Siho, verbreitet sich über den
Geber, den Gabenspender, ein guter Ruf. Das aber
ist eine sichtbare Frucht des Almosengebens.
»Und fernerhin, Siho: zu welcher Versammlung
auch immer der Geber, der edle Gabenspender, sich
hinbegibt, — seien es Adelige, Brahmanen, Bürger
oder Diener, -- da tritt er voll Sicherheit auf, frei
von Verwirrung. Das aber ist eine sichtbare Frucht
des Almosengebens.
»Und fernerhin, Siho, gelangt der Geber, der
Gabenspender, beim Zerfalle des Leibes, nach dem
Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische Welt. Das
aber ist die jenseitige Frucht des Almosengebens.«
— 40
FUNFERBUCH V 34
Auf diese Worte sprach Siho der Feldherr also
zum Erhabenen:
»Was da, o Ehrwürdiger, jene vom Erhabenen
gewiesenen sichtbaren Früchte des Almosengebens
anbetrifft, so folge ich da nicht etwa meinem bloßen
Glauben an den Erhabenen, sondern ich selber er-
kenne diese. Denn ich, o Ehrwürdiger, gebe Almosen,
bin ein Gabenspender. Und ich bin vielen Menschen
lieb und angenehm; mit mir suchen die guten, edlen
Menschen Umgang; über mich hat sich der gute Ruf
verbreitet: ,Siho der Feldherr gibt Almosen, ist mild-
tätig und unterstützt die Jüngerschaft'; zu welcher
Versammlung ich mich auch immer hinbegebe, — seien
es Adelige, Brahmanen, Bürger oder Diener, — da
trete ich voll Sicherheit auf, frei von Verwirrung. Was
da, 0 Ehrwürdiger, diese vom Erhabenen gewiesenen
vier sichtbaren Früchte des Almosengebens anbetrifft,
so folge ich da nicht etwa meinem bloßen Glauben
an den Erhabenen, sondern ich selber erkenne diese.
Wenn mir aber, o Ehrwürdiger, der Erhabene sagt, daß
der Geber, der Gabenspender, beim Zerfalle des Leibes,
nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische
Welt gelangt, so erkenne ich das nicht, sondern
darin folge ich meinem Glauben an den Erhabenen.«
»Das aber ist so, Slho! Das aber ist so, Siho!
Der Geber, der edle Gabenspender gelangt beim Zer-
falle des Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte,
in himmlische Welt.«
-Beliebt ist, wer da gibt; ihn suchen viele auf;
Ein edler Ruf wird ihm zuteil, sein Anseh'n wächst;
Frei von Verwirrung tritt er auf in der Versammlung,
Voll Sicherheit, weil er dem Geize abgewandt.
— 41
V 35. 3ß DIE REDEN DES BUDDHA
Drum geben Gaben alle die Verständigen,
Des Geizes Laster scheuend, auf ihr Heil bedacht;
Und lange Zeiten werden sie im Himmel weilen
Und werden unter Himmelswesen glücklich sein.
»Erschlossen der Zugang, gewirkt das Heil, scheiden sie ab,
Durchwandeln selbstleuchtend die Himmelsgefilde
Und jubeln dort laut, frohlocken und jauchzen.
Im Vollbesitze der sinnlichen Freuden.
Des Heiligen, des Losgelösten Wort befolgend.
Frohlockt im Himmel, wer zum Buddha Zuflucht nimmt.*
35 Die Früchte des Almosengebens
Folgende fünf Früchte, ihr Mönche, gewährt das
Almosengeben: welche fünf?
Vielen Menschen ist man lieb und angenehm;
gute, edle Menschen suchen einen auf; ein guter Ruf
verbreitet sich über einen; man erfüllt seine Pflicht
als Hausvater; beim Zerfalle des Leibes aber, nach
dem Tode, gelangt man auf glückliche Fährte, in
himmlische Welt. Diese fünf Früchte, ihr Mönche,
gewährt das Almosengeben.
Wer Gaben gibt, ist stets beliebt.
Weil er der guten Lehre folgt.
Ihm schließen sich die Guten an,
Die selbstbeherrscht und heilig sind.
Sie legen das Gesetz ihm dar,
Das alles Leid versiegen läßt.
Durch dessen Schauung er schon hier
Erlöst wird, frei von Leidenschaft.
36 Zeitgemäße Gaben
Fünf zeitgemäße Gaben gibt es, ihr Mönche:
welche fünf?
Man bringt dem Ankommenden Gaben dar; man
— 42 —
FÜNFERBUCH . V 37
bringt dem Fortgehenden Gaben dar;, man bringt dem
Kranken Gaben dar; man bringt bei Naiirungsmangel
Gaben dar; was es aber an Erstlingskorn und Erst-
lingsfrüchten gibt, das bringt man als Ersten den Tugend-
haften dar. Diese fünf zeitgemäßen Gaben gibt es,
ihr Mönche.
Rechtzeitige Gabe gibt der Weise,
Der mild gesinnt ist, frei von Geiz.
Wer da den Edlen Gaben gibt,
Die aufrichtig und heilig sind,
Im Herzen voller Zuversicht,
Dess' Gabe ist von hohem Wert.
Wer daran seine Freude findet
Und jenen seine Dienste leiht.
Gewaltig nennt man dessen Gabe,
Und er genießt des Guten Lohn.
Drum geb' man unverzagten Geistes,
Wo Geben bringet hohen Lohn.
Denn gute Werke sind den Wesen
Die Stützen für die nächste Welt.
Fünffacher Segen der Nahrungsspende 37
Durch Nahrungsspenden, ihr Mönche, verschafft
der Geber den Empfängern fünf Vorteile: er verhilft
ihnen zu langem Leben, zur Anmut, zum Wohlsein,
zur Stärke und zur Einsicht.
Dem Ernsten, der zu langem Leben,
Zu Einsicht, Anmut, Kraft verhilft
Und andre Menschen glücklich macht.
Dem wird Glückseligkeit zuteil.
Den, der da Leben, Kraft und Anmut,
Verstand und Wohlsein fördern hilft.
Erwartet Ruhm und langes Leben,
Wo immer er ins Dasein tritt.
— "45 —
Y 38 DIE REDEN DES BUDDHA
38 Der Segen des Vertrauens
Fünf Vorteile, ihr Mönche, genießt der vertrauens-
volle edle Sohn: welche fünf?
Was es da, ihr Mönche, in der Welt an guten,
edlen Menschen gibt, die zeigen zuerst dem Vertrauens-
vollen ihre Freundschaft, nicht dem Vertrauenslosen.
Sie nähern sich zuerst dem Vertrauensvollen, nicht
dem Vertrauenslosen. Sie empfangen zuerst den Ver-
trauensvollen, nicht den Vertrauenslosen. Sie weisen
das Gesetz zuerst dem Vertrauensvollen, nicht dem
Vertrauenslosen. Der Vertrauensvolle aber gelangt
beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glück-
liche Fährte, in himmlische Welt. Diese fünf Vorteile,
ihr Mönche, genießt der vertrauensvolle edle Sohn.
Gleichwie, ihr Mönche, der am Kreuzwege auf
festem Boden stehende große Feigenbaum den Vögeln
ringsumher als Zufluchtsstätte dient: ebenso auch, ihr
Mönche, ist der vertrauensvolle edle Sohn eine Zu-
fluchtsstätte für Viele Menschen, für Mönche, Nonnen,
•Anhänger und Anhängerinnen.
Wie da ein stämm'ger großer Baum,
Von Zweigen, Blättern, Früchten voll
Und festgewurzelt, fruchtbeladen,
Den Vögeln eine Zuflucht ist
Und in der lieblichen Umgebung
Die Vögel alle ihn umschwärmen,
- Wer Schatten sucht, zum Schatten eilt.
Und Früchte ißt, wer Früchte wünscht, -:
So steht es mit dem sittlichen,
Von Zuversicht erfüllten Mann,
Der Demut übt, nicht störrig ist.
Der Milde, Güte, Sanftmut zeigt.
_ 44 — ♦
FÜNFERBUCH T 3f)
Denn gern' verkehr'n mit solchem Manne,
Die frei von Gier sind, frei von Haß,
Verblendung und der Leidenschaft,
>Das höchste Tugendfeld der Welt< .
Sie legen das Gesetz ihm dar.
Das alles Leid versiegen läßt,
Das ganz durchschauend, er schon hier
Erlöst wird, frei von Leidenschaft.
Warum wünscht man sich einen Sohn? ^^
Aus fünf Gründen, ihr Mönche, wünschen die
Eltern in ihrer Familie die Geburt eines Sohnes: aus
welchen fünf Gründen?
Damit der Pflegling einst ihr Pfleger sei; damit
er die Arbeit für sie verrichte; damit der Stammbaum
lange bestehen bleibe; damit er das Erbe übernehme;
damit er für die Abgeschiedenen, die Verstorbenen,
die Opfer darbringe. —
Fünf Gründe sind's, daß einen Sohn
Sich wünschet der verständ'ge Mann:
Der Pflegling wird sein Pfleger sein ;
Die Arbeit wird er für ihn tun;
Der Stammbaum lang' erhalten bleibt;
Das Erbe auf ihn übergeht;
Und den Dahingeschiedenen
Bringt er das Totenopfer dar.
Aus diesen Gründen wünschen sich
Verständ'ge Eltern einen Sohn.
Drum helfen edle, gute Menschen
Aus Dank und aus Erkenntlichkeit
Dem eignen Vater wie der Mutter,
♦ Der früh'ren Dienste eingedenk,
Und arbeiten, wie sich's geziemet,
Für sie, die einstmals sie gepflegt.
45.
V 40 DIE REDEN DES BUDDHA
Pflegend sie, die sie einst pflegten,
Folgsam, nicht den Stammbaum störend,
Ist der zuversichterfüllte
Sittenreine Sohn zu loben.
40 Der Einfluß des Vertrauensvollen
Am Himälaya, ihr Mönche, dem Könige der Berge,
nehmen die mächtigen Bäume an fünf Dingen zu: an
Ästen und Blätterwerl<, an Haut, an Borl<e, an Reisern
und an Kernholz. Ebenso auch, ihr Mönche, nehmen
bei dem vertrauenerfüliten edlen Sohne die Haus-
genossen an fünf Dingen zu: an Vertrauen, Sittlichkeit,
Wissen, Freigebigkeit und Einsicht.
Gleichwie am mächt'gen Felsgebirge,
Im Forst, im tiefen Urwaldgrund,
Die Bäume, Herrscher dieses Forsts, •
Gewaltig steigen in die Höh':
Genau so wachsen bei dem edlen,
In Sittlichkeit vollkommenen,
Von Zuversicht erfüllten Sohn
Das Weib, die Kinder, die Verwandten,
■ Die Freunde, die Verschwisterten
Und alle, die ihm anvertraut.
Des Sittenreinen Wandel merkend,
^ Die iVlilde und die guten Werke,
Zum Vorbild alle die ihn nehmen.
Die weise und verständig sind.
Denn sind hienieden sie in Tugend
Dem Pfad zum Himmel nachgefolgt,
Dann jauchzen sie in Himmelswelten,
Frohlocken voll Glückseligkeit.
,46
FUNFERBUCH V 4i
FÜNFTER TEIL
Das Kapitel des Königs Mundo
[Der Erhabene zu Anäthapindiko:] 4i
Fünf Anwendungen der Schätze gibt es, o Haus-
vater: welche fünf?
Mit den Schätzen, o Hausvater, die da der edle
Jünger durch Aufbietung von Fleiß und Anstrengung
errungen, durch seiner Hände Arbeit im Schweiße
seines Angesichtes angehäuft hat, den rechtmäßigen,
ehrlich erworbenen, damit macht er sich selber glück-
lich und zufrieden und wahrt sich vollkommenes Wohl-
sein; und Vater und Mutter, Weib und Kind, Diener
und Knechte macht er glücklich und zufrieden und
wahrt ihnen Vollkommenes Wohlsein.
Das ist die erste Anwendung der Schätze.
Ferner, o Hausvater, macht der edle Jünger mit
diesen Schätzen -Fremde und Genossen glücklich und
zufrieden und wahrt ihnen vollkommenes Wohlsein.
Das ist die zweite Anwendung der Schätze.
Ferner, o Hausvater, schützt sich der edle Jünger
vermittels dieser Schätze gegen Unfälle, die durch
Feuer oder Wasser, durch Fürsten, Diebe oder gehässige
Erben entstehen könnten, und sichert sein eignes Leben.
Das ist die dritte Anwendung der Schätze.
Ferner, o Hausvater, verrichtet der edle Jünger
vermittels dieser Schätze fünferlei Abgaben: an die Ver-
wandten, die Gäste, die Verstorbenen, die Fürsten und
die Götter. Das ist die vierte Anwendung der Schätze.
Ferner, o Hausvater: solchen Asketen und Priestern,
— 47 -
Y 41 DIE REDEN DES BUDDHA
die frei sind von Dünkel und Leiclitsinn, gefestigt in
Geduld und Milde, die ein und dasselbe Herz bezähmen,
stillen und vom Wahne erlöschen lassen — solchen
Asketen und Priestern macht er vermittels dieser
Schätze Geschenke, aufwärts führende, himmlische,
glückspendende, himmelwärtsleitende. Das ist die
fünfte Anwendung der Schätze.
Diese fünf Anwendungen^ der Schätze gibt es, o
Hausvater.
Wenn nun, o Hausvater, jenem edlen Jünger,
während er diese fünf Anwendungen der Schätze macht,
die Schätze zum Schwinden gelangen, so denkt er:
>Die Anwendungen der Schätze, die es gibt, die mache
ich, und dabei gelangen meine Schätze zum Schwinden.«
Dieser Trost ist ihm beschieden. Und wenn, o Haus-
vater, jenem edlen Jünger, während er diese fünf An-
wendungen* der Schätze macht, die Schätze zunehmen,
so denkt er: »Die Anwendungen der Schätze, die es
gibt, die mache ich, und dabei nehmen meine Schätze
zu.« Dieser doppelte Trost ist ihm beschieden.
Verzehrt ist's Gut; an Knecht und Diener,
Bei Unfall und Gefahr verschenkt;
Gerechte Gaben sind gegeben,
Die Fünfergaben ausgeteilt;
Die Sittenreinen sind bedient,
Die heilig leben, selbstbeherrscht.
♦Warum sich Schätze wünschen mag
Der Weise, der im Hause lebt.
Erfüllet hab' ich diesen Zweck,
Und nicht kann meine Tat mich reu'n«:
So denket er, der sterbliche
In edler Lehre feste Mensch.
Hier erntet er das Lob der Menschen
Und dort des Himmels Seligkeit.
— 48 —
FÜNFERBUCH V,42, 43
Der Einfluß des guten Menschen 42
Der in edler Familie wiedergeborene gute Mensch,
ihr Mönche, gereicht Vielen Menschen zum Heil, Segen
und Wohle. Vater und Mutter, Weib und Kind, Dienern
und Knechten, Freunden und Genossen, Asketen und
Priestern: allen gereicht er zum Heil, Segen und Wohle.
Gleichwie ein mächtiger Regen dadurch, daß er
das ganze Getreide zur Reife bringt, vielen zum Heil,
Segen und Wohle gereicht: ebenso auch, ihr Mönche,
gereicht der in edler Familie wiedergeborene Mensch
vielen Menschen zum Heil, Segen und Wohle.
Wer aus Liebe vielen Wesen Gaben spendet,
Engel wachen über diesen Tugendhüter,
Diesen Wissensreichen, rein in Sitt' und Wandel;
Und den Tugendhaften nie der gute Ruf verläßt.
Den gerechten, sittenreinen.
Wahren und bescheid'nen Menschen,
Der da lauter ist wie Gold:
Wer vermag wohl den zu tadeln?
Die Himmelswesen preisen ihn,
Selbst Brahma kündet ihm sein Lob.
Die fünf erwünschten Dinge 43
Der Erhabene sprach zu Anäthapindiko, dem Haus-
Vater:
Folgende fünf erwünschten, begehrten, angeneh-
men Dinge, o Hausvater, sind schwer in der Welt zu
erlangen: welche fünf? Langes Leben, Anmut, Wohl-
sein, Ehre und himmlische Wiedergeburt. Und ich
sage, 0 Hausvater: nicht erlangt man durch Bitten und y
Wünschen diese fünf erwünschten, begehrten, ange-
nehmen, in der Welt so schwer erlangbaren Dinge.
DieRedciidpsBuddlia.nd.il — 49 — -1
V43 DIE REDEN DES BUDDHA
Denn könnte man diese durch Bitten und Wünschen
erlangen, wer möchte da wohl auf sie verzichten?
Nicht ziemt es sich, o Hausvater, für den edlen
Jünger, der langes Leben wünscht, daß er darum fleht,
daran Entzücken findet oder danach giert. Zur Er-
langung eines langen Lebens, o Hausvater, sollte der
ein langes Leben wünschende edle Jünger eben den
zu langem Leben führenden Pfad beschreiten. Denn
den zu langem Leben führenden Pfad wandelnd, wird er
ein hohes Alter erreichen, und langes Leben wird ihm
beschieden sein, sei's himmlisches, sei's menschliches.
Nicht ziemt es sich, o Hausvater, für den edlen
Jünger, der Anmut wünscht, -- Wohlsein wünscht, —
Ehre wünscht, - eine^ himmlische Wiedergeburt
wünscht, 'daß er darum fleht, daran Entzücken findet
oder danach giert. Zur Erlangung himmlischer Wieder-
geburt, 0 HausvateF, sollte der eine himmlische Wieder-
geburt wünschende edle Jünger eben den zu himm-
lischer Wiedergeburt führenden Pfad beschreiten.
Denn den zu himmlischer Wiedergeburt führenden
Pfad wandelnd, wird er den Himmel erreichen, und
himmlische Wiedergeburt wird ihm beschieden sein.
Auf Alter, Anmut, Ehr' und Ruhm,
Auf Himmelsglück und hohen Stand,
Auf hehre Freuden wohl bedacht.
Erwartend immer höh'res Glück,
Der weise Mann die Strebsamkeit
In allen guten Werken lobt.
Denn nur durch Strebsamkeit erringt
Der Einsichtsvolle zweifach' Heil.
Sei's hier das Heil, in dieser Welt,
Sei's dort das Heil, in nächster Welt:
Den Starken, der sein Heil erschaut.
Den nennt man einen weisen Mann.
- 5ü —
FUNFERBUCH T 44
Wer schenkt, wird beschenkt 44
Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei
Vesäli, in der Halle des Giebelhauses. Und der Er-
habene kleidete sich in der Frühe an und begab sich,
mit Gewand und Schale versehen, zur Wohnung des
Vesalier Hausvaters Uggo. Dort angelangt, nahm er
auf dem angewiesenen Sitze Platz. Uggo, der Vesalier
Hausvater, aber trat zum Erhabenen heran und setzte
sich zur Seite, und zur Seite sitzend, sprach er zum
Erhabenen:
>Aus dem Munde des Erhabenen, o Ehrwürdiger, ■
habe ich es vernommen, von ihm erfahren, daß, wer
etwas Gutes verschenkt, Gutes zurück erhält. Etwas
Gutes aber, o Ehrwürdiger, ist meine Reisblumen-
speise, (u) Möge diese der Erhabene von mir annehmen,
von Mitleid bewogen!«
Und der Erhabene nahm dieselbe an, von Mitleid
bewogen. ^
»Aus dem Munde des Erhabenen, o Ehrwürdiger,
habe ich es vernommen, von ihm erfahren, daß, wer
etwas Gutes verschenkt, Gutes zurück erhält. Etwas
Gutes aber, o Ehrwürdiger, ist mein Schweinefleisch
mit süßen Brustbeeren, (ß) — etwas Gutes mein mit
(«) So heißt eine gewisse aus Reismehl hergestellte Speise.
(ß) -Ein Jahr altes Schweinefleisch, das zusammen mit süßen
Brustbeeren gekocht und mit Kümmel und anderen Zutaten ^ge-
würzt ist.' (Komm.) - Buddha hat also keineswegs den Fleisch-
genuß an sich als verwerflich bezeichnet, was sich auch noch durch
weitere zahlreiche Suttenstellen belegen läßt.
— 51 — 4*
V 44 DIE REDEN DES BUDDHA
Öl zubereitetes Stielgemüse, («) -- etwas Gutes mein
Reisgericht, zubereitet aus dem von schwarzen Körnern
gereinigten Hügelreis, mit mancherlei Brühen und Ge-
müsen, — etwas Gutes sind meine kostbaren Benares-
gewänder. Möge diese der Erhabene von mir annehmen,
Von Mitleid bewogen!«
Und der Erhabene nahm dieselben an, von Mit-
leid bewogen.
»Aus dem Munde des Erhabenen, o Ehrwürdiger,
habe ich es vernommen, von ihm erfahren, daß, wer
etwas Gutes verschenkt, Gutes zurück erhält. Etwas
Gutes aber, o Ehrwürdiger, ist mein Ruhebett, belegt
mit einer Ziegenhaardecke, einer weißen Wolldecke,
einer Decke aus feinstem Antilopenfell und versehen
mit einer Überdecke und purpurnen Kissen an beiden
Enden. Ich weiß indessen, o Ehrwürdiger, daß solches
für den Erhabenen nicht annehmbar ist. (ß) Doch diese
Bank aus Ebenholz, die über ein Tausend wert ist,
mööe der Erhabene Von mir annehmen, von Mitleid
bewogen!« •
Und der Erhabene nahm dieselbe an. Von Mit-
leid bewogen. Darauf sprach der Erhabene dem Vesalier
Hausvater Uggo seine Anerkennung aus, in den Worten :
(«) Hierüber sagt der Kommentar: Erst wird dasselbe zu-
sammen mit Reismehl kleingestampft, dann in Butteröl, das man mit
Kümmel etc. versetzt hat, gekocht, darauf mit den vier Süßen Zu-
taten* (d. i. Butter, Honig, Öl und Zucker) vermengt und vor dem
Anrichten parfümiert.- Offenbar sind hier die Lotosstengel gemeint,
die als äußerst gesunde Nahrung gelten.
(ji) Es ist nämlich dem Mönche nicht gestattet, hohe und
üppige Lagerstätten zu benutzen.
— 52 —
fÜNPF.RRUCH . T4-i
^C'er Gutes spendet, kriegt zurück das Gute;
Wer gern den aufrichtigen Menschen Gaben gibt,
Gewand und Lager, sowie Trank und Speise
Und manche andere Bedarfsartikel:
>Der gute Mann, der, was zu geben schwer ist,
Vergibt, verschenkt, verwirft und fahren läßt,
- Die Heiligen als besten Boden achtend, -
Erhält zurück das Gute, das er schenkt. -^
Nachdem nun der Erhabene dem Vesalier Haus-
Vater Uggo in diesen Worten seine Anerkennung aus-
gesprochen hatte, erhob er sich Von seinem Platze und
ging davon. Uggo, der Vesalier Hausvater, aber starb
kurze Zeit darauf und erschien nach seinem Tode in
einer geistgezeugten Welt wieder. («) Zu jener Zeit
weilte der Erhabene im Jetahaine bei SäVatthi, im
Kloster des Anäthapindiko. Und Uggo, der Himmels-
sohn, kam zu vorgerückter Nachtstunde, mit seinem
herrlichen Glänze den ganzen Jetahain erleuchtend,
zum Erhabenen heran, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und
stellte sich zur Seite hin. Als er aber zur Seite da-
stand, sprach der Erhabene also zu ihm:
»Geht es dir, Uggo, wohl nach deinem Wunsche?«
»Ja, 0 Ehrwürdiger, es geht mir nach meinem
Wunsche.«
Und der Erhabene sprach zu Uggo, dem Himmels-
sohne, in folgenden Versen:
Wer Gutes schenkt, erwirbt sich selber Gutes;
Das Höchste spendend. Höchstes man erringt;
Erhabenes erlangt, wer solches spendet;
Wer's Beste gibt, gelangt zum besten Ort.
(a) »d. i. in einer durch das Selbstvertiefungs-Bewußtsein er-
wirkten Himmelswelt in den »Gefilden der Reinen« (suddhäväsa). «
(Komm.)
— 55 -
V 45, 4(J^ tO DIE REDEN DES BUDDHA
»Der Mann, der Hohes, Edles spendet,
Erhabenes als Gabe gibt,
Erlanget Ruhm und langes Leben,
Wo immer er ins Dasein tritt.*
45 Die fünf Ströme des Verdienstes
Fünf Ströme des Verdienstes, Ströme des Guten,
gibt es, ihr Jünger, segenbringende, himmlische, glücl<-
erzeugende, himmeiwärtsleitende, die zu Erwünschtem,
Erfreulichem, Angenehmem führen, zu Heil und Segen:
welche fünf?
Demjenigen, ihr Jünger, dessen Gewand, Almosen-
speise, Bett, Stuhl oder Arzneimittel gebrauchend, der
Mönch in der unbeschränkten Geistessammlung ver-
weilt, dem gehört ein unermeßlich großer Strom des
Verdienstes, ein Strom des Guten, ein segenbringender,
himmlischer, glückerzeugender, himmelwärtsleitender,
der zu Erwünschtem, Angenehmem führt, zu Heil und
Segen.
46 Die fünf Gewinne
Fünf Gewinne gibt es, ihr Mönche: welche fünf?
Gewinn an Vertrauen, Gewinn an Sittlichkeit, Gewinn
an Wissen, Gewinn an Freigebigkeit und Gewinn an
Einsicht: das, ihr Mönche, sind die fünf Gewinne.
49 Das eiserne Gesetz der Natur
Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sä-
Vatthi, im Kloster des Anäthapindiko. Da begab sich
der Kosaler König Pasenadi zum Erhabenen. Dort
angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen
— 54 —
FÜNFERRIICH V .',0
und setzte sich zur Seite. Gerade aber an jenem Tage
starb Mallikä, die Königin. Und ein Mann trat zum
Könige und flüsterte ihm ins Ohr: >Herr, die Königin
Mallikä ist gestorben«. Diese Worte aber erfüllten
den Kosaler König Pasenadi mit Schmerz und Gram;
und mit gebeugtem Körper und gesenktem Haupte,
vor sich hinbrütend und ohne ein Wort zu sprechen,
saß er da. Als das aber der Erhabene erblickte,
sprach er:
>Fünf Dinge, o König, kann kein Asket oder
Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch
irgend einer in der Welt: welche fünf?
»Daß, was dem Altern unterworfen ist, nicht altern
möge; daß, was der Krankheit unterworfen ist, nicht
erkranken möge; daß, was dem Tode unterworfen ist,
nicht sterben möge; daß, was dem Verfalle unterworfen
ist, nicht verfallen möge; daß, was dem Untergange
unterworfen ist, nicht untergehen möge: das, o König,
kann kein Asket oder Priester erreichen, kein Engel,
Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt.«
Das Herausreißen des Leidensstachels 50
Einst weilte der ehrwürdige Närado im Kukkuta-
kloster bei Pätaliputta. Damals gerade war dem Könige
Mundo seine geliebte und teure Königin Bhaddä ge-
storben; und infolge ihres Todes badete er sich nicht
mehr, noch salbte er sich, noch nahm er Nahrung zu
sich, noch erledigte er seine Geschäfte. Tag und Nacht
lag er ganz verstört neben der Leiche der Königin
Bhaddä. Und der König Mundo sprach zu Piyako,
seinem Schatzmeister:
- 55 —
T50 DIE REDEN DES BUDDHA
»So lege denn, lieber Piyako, den Leichnam der
Königin Bhadda in einen eisernen, mit Öl angefüllten
Sarg und bedecke ihn mit einem anderen eisernen
Sarg, damit wir den Leichnam der Königin Bhaddä
noch länger zu sehen bekommen!«
»Ja, 0 Herr,« erwiderte Piyako, der Schatzmeister,
dem Könige Mundo und tat, wie befohlen.
Und Piyako, der Schatzmeister, dachte: »Diesem
Könige Mundo ist seine geliebte, teure Königin Bhadda
gestorben; und wegen ihres Todes badet er sich weder,
noch salbt er sich, noch nimmt er Nahrung zu sich,
noch erledigt er seine Geschäfte. Tag und Nacht liegt
er ganz verstört neben der Leiche der Königin Bhaddä.
Wie Wäre es nun, wenn der König Mundo sich zu
einem Asketen oder Priester begeben wollte, damit
er nach dem Vernehmen des Gesetzes diesen Stachel
der Pein los werde?« Und Piyako, dem Schatzmeister,
kam der Gedanke: »Dieser ehrwürdige Närado weilt
da bei Pätaliputta im Kukkutakloster. Über den ehr-
würdigen Närado aber hat sich der gute Ruf verbreitet,
daß er weise und erfahren sei, einsichtsvoll, Von großem
Wissen, ein trefflicher Redner von edler Schlagfertig-
keit, dabei in vorgerücktem Alter und ein Heiliger.
Wenn der König Mundo den ehrwürdigen Närado auf-
sucht, mag er vielleicht, nachdem er vom ehrwürdigen
Närado das Gesetz vernommen hat, den Stachel der
Pein los werden.^ Und Piyako, der Schatzmeister, trat
Vor den König Mundo und teilte ihm das mit.
»Gut, Piyako!« sprach der König. »Verständige
den ehrwürdigen Närado hiervon; denn wie dürfte
wohl einer wie ich daran denken, ohne vorherige An-
5(i —
FÜNFERBUCH T 50
kündigung einen Asketen oder Priester, der noch am
Leben ist, aufzusuchen?«
» Gut, 0 Herr!« erwiderte Piyako, der Schatzmeister,
dem Könige Mundo und begab sich zum ehrwürdigen
Närado. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den
ehrwürdigen Närado und setzte sich zur Seite nieder.
Zur Seite aber sitzend sprach Piyako, der Schatzmeister,
also zum ehrwürdigen Närado: »Diesem Könige Mundo,
0 Ehrwürdiger, ist seine geliebte, teure Königin Bhaddä
gestorben, und infolge ihres Todes badet er sich weder,
noch salbt er sich, noch nimmt er Nahrung zu sich,
noch erledigt er seine Geschäfte. Tag und Nacht liegt
er ganz Verstört neben der Leiche der Königin Bhaddä.
Gut wäre es, o Ehrwürdiger, daß der ehrwürdige Närado
dem Könige Mundo das Gesetz wiese, auf daß der
König Mundo, vom ehrwürdigen Närado belehrt, den
Stachel der Pein los werde.«
»Wie es denn, Piyako, dem Könige Mundo be-
lieben mag.«
Und Piyako, der Schatzmeister, stand von seinem
Sitze auf, begrüßte ehrfurchtsvoll den ehrwürdigen
Närado, ging rechts herum und begab sich zum Könige
Mundo. Dort angelangt sprach er zu ihm: »Der ehr-
würdige Närado, o Herr, hat seine Zustimmung ge-
geben. Möge es nun dem Herren gefällig sein!
»Solasse also, lieber Piyako, recht stattliche Wagen
bespannen!«
»Gut, 0 Herr!« erwiderte Piyako, derSchatzmeister,
dem Könige Mundo und ließ recht stattliche Wagen
bespannen. Darauf sprach er zum Könige Mundo:
»Bespannt, o Herr, sind deine stattlichen Wagen. Möge
es dem Herren nun gefällig sein!«
— 57 —
T50 DIE REDEN DES BUDDHA
Und der König Mundo bestieg seinen Staatswagen
und begab sich, von vielen stattlichen Wagen begleitet,
in Voller Königspracht, zum Kukkutakloster, um den
ehrwürdigen Närado zu besuchen. Als er soweit ge-
fahren war, wie man fahren konnte, stieg er vom Wagen
und ging zu Fuß ins Kloster. Und der König Mundo
begab sich zum ehrwürdigen Närado. Dort angelangt,
begrüßte er ehrfurchtsvoll den ehrwürdigen Närado
und setzte sich zur Seite nieder. Als er sich aber
gesetzt hatte, sprach der ehrwürdige Närado also zu ihm:
»Fünf Dinge, o König, kann kein Asket oder
Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch
irgend einer in der Welt: welche fünf?
»Daß, was dem Altern unterworfen ist, nicht altern
möge; daß, was der Krankheit unterworfen ist, nicht
erkranken möge; daß, was dem Tode unterworfen ist,
nicht sterben möge; daß, was dem Verfalle unterworfen
ist, nicht verfallen möge; daß, was dem Untergange
unterworfen ist, nicht untergehen möge: das, o König,
kann kein Asket oder Priester erreichen, kein Engel,
Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt.
»Da, 0 König, beginnt bei dem unwissenden Welt-
linge, was dem Altern unterworfen ist, zu altern, —
was der Krankheit unterworfen ist, zu erkranken, —
was dem Tode unterworfen ist, zu sterben, - was
dem Verfalle unterworfen ist, zu verfallen, — was dem
Untergange unterworfen ist, unterzugehen. Dabei klagt,
stöhnt und jammert er, schlägt sich weinend in die
Brust, gerät in Verzweiflung. Von diesem unwissen-
den Weltlinge, o König, heißt es, daß er, getroffen
vom giftigen Pfeile des Kummers, sich nur selber
Qualen bereitet.
— 58 —
FÜNFERBUCH V r.O
»Da aber, o König, beginnt bei dem wissenden,
edlen Jünger, was dem Altern unterworfen ist, zu
altern, ~ was der Krankheit unterworfen ist, zu er-
kranken, — was dem Tode unterworfen ist, zu sterben,
— was dem Verfalle unterworfen ist, zu verfallen, —
was dem Untergange unterworfen ist, unterzugehen.
Während aber das dem Untergang Unterworfene unter-
geht, da sagt er sich: ,lch bin ja nicht der einzige,
bei dem das dem Untergang Unterworfene untergeht.
Soweit es eben Wesen gibt, die da kommen und gehen,
sterben und geboren werden: bei allen Wesen geht
eben unter, was dem Untergange unterworfen ist. Würde
ich nun, da das dem Untergange Unterworfene unter-
geht, klagen, stöhnen, jammern, mir weinend in die
Brust schlagen und in Verzweiflung geraten, so möchte
mir die Nahrung nicht bekommen, der Körper elendes
Aussehen erlangen, die Arbeiten nicht voranschreiten,
die Feinde aber würden erfreut und die Freunde bedrückt
sein.' Während also das dem Untergang Unterworfene
untergeht, klagt, stöhnt und jammert er nicht, schlägt
sich nicht weinend in die Brust, gerät nicht in Ver-
zweiflung. Von diesem wissenden, edlen Jünger aber,
0 König, heißt es, daß er entfernt hat den giftigen
Pfeil des Kummers, durch den- getroffen der unwissende
Weitling sich nur selber Qualen bereitet. Befreit vom
Kummer, befreit vom Pfeile des Leidens, führt der
wissende, edle Jünger sein eigenes Selbst zur Wahn-
erlöschung.
»Diese fünf Dinge, o König, kann kein Asket oder
Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch
irgend einer in der Welt.«
— 59 —
V 50 DIE REDEN DES BUDDHA
Nicht durch Kummer, auch durch Klagen nimmermehr,
Wird auch nur der allerkleinste Zweck erreicht;
Ja, beim Anblicke des Kummers und der Klagen
Sind die Feinde alle wahrlich hocherfreut.
Doch, wenn der Weise nicht im Unglück mehr erzittert,
Da alle Dinge abzuwägen er versteht,
Dann wird der Feind erfüllt von großem Kummer, "
Da er sein früh'res Antlitz unverändert sieht.
Ob durch Gespräch, durch Rat, durch edle Rede,
Durch Gabe oder durch Familienbrauch:
Wodurch und wo man immer 's Heil erringen kann.
Da ist es recht, daß man sich d'rum bemühe.
Sobald man weiß, daß dieses oder jenes Ding
Man selbst nicht, auch kein and'rer je erreichen kann,
Soll, ohne Klagen duldend, man sich selber fragen,
Ob man's Geschick («) denn immer fester fügen soll.
Auf diese Worte sprach der König Mundo also
zum ehrwürdigen Närado:
»Was ist wohl, o Ehrwürdiger, der Name dieser
Gesetzesdarlegung?«
»,Das Herausreißen des Leidensstachels': das,
0 König, ist der. Name dieses Gesetzesvortrages.«
>Wahrlich, o Ehrwürdiger, ein Herausreißen des
Leidensstachels war es; denn nach dem Anhören dieses
Gesetzesvortrages, o Ehrwürdiger, ist mir der Leidens-
stachel geschwunden.
Und der König Mundo gebot Piyako, seinem Schatz-
meister: »So verbrenne denn, lieber Piyako, den Leich-
nam der Königin Bhaddä und lasse einen Grabhügel
darüber errichten! Von heute ab will ich mich wieder
baden, salben, Nahrung zu mir nehmen und meinen
Geschäften nachgehen.«
(«) Genauer: das auf Verblendungund Begehren beruhende und
zu immer erneuter Geburt führende daseinsbejahende Wirken
(kamma).
Gü —
FÜNFERBUCH V ol
SECHSTER TEIL:
Das Kapitel der Hemmungen
Die fünf Hemmungen (nivaranä) 51
[Im Jetahaine bei Sävatthi]:
Fünf gibt es, ihr Mönche, der Hindernisse, der
Hemmungen, der Störungen des Geistes, der Lähmungen,
der Einsicht: welche fünf? Sinnenlust, Groll, Stumpf-
heit und Mattigkeit, Aufgeregtheit und Gewissens-
unruhe, Zweifelsucht.
Daß nun, ihr Mönche, ein Mönch, ohne diese fünf
Hindernisse, diese Hemmungen und Störungen des
Geistes, diese Lähmungen der Einsicht überkommen
zu haben, das eigene Heil oder das Heil der anderen
oder das gemeinsame Heil erkennen und das über-
menschliche Ziel des vollkommenen Erkenntnisblickes
verwirklichen wird: das ist nicht möglich.
Gleichwie, ihr Mönche, wenn da ein Mann an
einem weithin eilenden, schnell dahinströmenden,
reißenden Gebirgsstrome die Schleusen auf beiden
Ufern öffnet, sich dadurch die Strömung in der Mitte
teilt, erweitert und zerrissen wird und nicht mehr in
weite Fernen eilt, noch schnell dahinströmt, noch reißend
ist: ebenso auch, ihr Mönche, ist es nicht möglich,
daß ein Mönch, ohne diese fünf Hindernisse über-
kommen zu haben, das eigene Heil oder das Heil der
anderen oder das gemeinsame Heil erkennen und das
übermenschliche Ziel des vollkommenen Erkenntnis-
blickes verwirklichen wird. («)
(«) IJber die fünf Hemmungen (nivaranä) siehe I, 2.
- 61 —
V 52, 53 DIE REDEN DES BUDDHA
52 Der Haufen Schuld
Will man, ihr Mönche, von einem Haufen Schuld
sprechen, dann mag man mit Recht die fünf Hemmungen
als einen solchen bezeichnen, denn diefünf Hemmungen,
ihr Mönche, sind ein Vollständiger Haufen Schuld. —
53 . Die fünf Kampfesglieder
Fünf Kampfesglieder gibt es, ihr Mönche: welche
fünf?
Da, ihr Mönche, eignet dem Mönch Vertrauen;
er glaubt an die Erleuchtung des Vollendeten, nämlich
daß das der Erhabene ist, der Heilige, vollkommen
Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Vollendete,
der Gesegnete, der Weltenkenner, der höchste Lenker
der zu bezähmenden Menschheit, der Meister der
Himmelswesen und Menschen, der Erleuchtete, der
Erhabene.
Gesund ist er, frei von Siechtum. Seine Säfte
{(() bewirken eine gleichmäßige Verdauung, sind weder
zu kah noch zu heiß, sondern besitzen mittlere Wärme
und machen ihn dem Kampfe gewachsen.
Kein Heuchler ist er, kein Gleisner. Der Wahr-
heit entsprechend, bekennt er sich dem Meister oder
verständigen Ordensbrüdern.
Eifrig kämpft er, um die schuldvollen Dinge zu
überwinden, die verdienstvollen Dinge aber zu er-
wecken, ist standhaft, von gestählter Kraft, nicht nach-
lässig im Guten.
(«) gahanl (= Sanskrit: grahanT) erklärt der Kommentar als
das dem einzelnen angeborene (kamraa-ja, das durch vorgeburt-
liches Wirken hervorgerufene) Wärmeelement (tejo-dhätu).
— 62 —
FUNFERBUCH V 54
Weise ist er; er besitzt Einsicht in das Entstehen
und Vergehen, edle, durchdringende, zur Vöihgen
Leidensvernichtung führende.
Das, ihr Mönche, sind die fünf Kampfesgiieder.
Günstige und ungünstige Zeiten 54
Fünf ungünstige Zeiten zum Kampfe gibt es, ihr
Mönche: welche fünf?
Wenn da, ihr Mönche, der Mönch alt ist, 'von
Alter bedrückt: das, ihr Mönche, ist die erste ungünstige
Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, der
Mönch siech ist, von Siechtum bedrückt: das, ihr
Mönche, ist die zweite ungünstige Zeit zum Kampfe.
Wenn da ferner, ihr Mönche, Nahrungsnot und schlechte
Ernte ist und Almosen schwer zu erlangen sind und
es nicht leicht ist, vom Eingesammelten zu leben: das,
ihr Mönche, ist die dritte ungünstige Zeit zum Kampfe.
— Wenn da ferner, ihr Mönche, die Jüngerschaft ge-
spalten ist; — denn ist, ihr Mönche, die Jüngerschaft
gespalten, so verleumdet einer den anderen, beschimpft
einer den anderen, umgeht einer den anderen, verjagt
einer den anderen; und wer da kein Vertrauen be-
sitzt, erlangt es nicht; bei einigen unter den Vertrauens-
vollen aber tritt eine Wandlung ein — das, ihr Mönche,
ist die fünfte ungünstige Zeit zum Kampfe. Diese
fünf ungünstigen Zeiten zum Kampfe gibt es, ihr Mönche.
Fünf günstige Zeiten zum Kampfe gibt es, ihr
Mönche: welche fünf?
Wenn da, ihr Mönche, der Mönch noch ein Jüng-
ling ist, jung, schwarzhaarig, in bester Jugend, im ersten
Mannesalter: das, ihr Mönche, ist die erste günstige
— Gö —
V 5& DIE REDEN DES BUDDHA
Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, der
Mönch gesund ist, frei Von Siechtum und seine Säfte
eine gleichmäßige Verdauung bewirken, weder zu kalt
sind noch zu heiß, sondern mittlere Wärme besitzen
und ihn dem Kampfe gewachsen machen: das, ihr
Mönche, ist die zweite günstige Zeit zum Kampfe.
Wenn da ferner, ihr Mönche, Nahrungsüberfluß ist und
gute Ernte und es leicht ist, Almosen zu erlangen und
durch Almosen und Gaben das Leben zu fristen: das,
ihr Mönche, ist die dritte günstige Zeit zum Kampfe.
Wenn da ferner, ihr Mönche, die Menschen in Ein-
tracht und Freundschaft leben, ohne Streit, ein mildes
Wesen haben und einander mit freundlichen Blicken
begegnen: das, ihr Mönche, ist die Vierte günstige
Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, die
Jüngerschaft in Frieden lebt. Voll Eintracht und Liebe,
ohne Streit und ein und dieselben Vorschriften befolgt;
— lebt nämlich, ihrMönche, die Jüngerschaft in Eintracht,
so verleumdet nicht einer den anderen, beschimpft nicht
einer den anderen, umgeht nicht einer den anderen,
verjagt nicht einer den anderen; dadurch aber gewinnen
die Vertrauenslosen an Vertrauen, und die Vertrauens-
vollen werden fester — das, ihr Mönche, ist die fünfte
günstige Zeit zum Kampfe. Diese fünf günstigen Zeiten
zum Kampfe gibt es, ihr Mönche.
55 Die Falle des Mahr
Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sä-
vatthT, im Kloster des Anäthapindiko. Zu jener Zeit
aber traten ein Mönch und eine Nonne Mutter und
Sohn - beide in Sävatthi die Regenzeit an. Beide
— 64 —
FÜNFERBUCH T 55
hatten häufig den Wunsch, sich einander zu sehen;
bisweilen war es die Mutter, die den Sohn zu sehen
wünschte, bisweilen der Sohn, der die Mutter zu sehen
wünschte. Durch ihr häufiges Sehen aber Entstand
Geselligkeit, und aus der Geselligkeit wurde Vertrau-
lichkeit, und infolge der Vertraulichkeit unterlagen sie
ihrer Schwäche; und schwachen Herzens, ohne das
Asketenleben aufzugeben, verübten sie den Begat-
tungsakt.
Damals nun begaben sich zahlreiche Mönche zum
Erhabenen. Dort angelangt, begrüßten sie ehrfurchts-
voll den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder.
Zur Seite aber sitzend, berichteten jene Mönche die
ganze Sache dem Erhabenen.
[Der Erhabene:] »Wie? So meint wohl, ihr
Mönche, jener Tor, daß eine Mutter nicht zu ihrem
Sohne von Begierde ergriffen werden könnte oder ein
Sohn nicht zu seiner Mutter? Nicht kenne ich, ihr
Mönche, auch nur eine andere Gestalt, die so lust-
erregend, so begierreizend, so berauschend, so be-
strickend, so betörend und so hinderlich wäre, die
unvergleichliche Sicherheit zu erringen, als wie gerade
die Gestalt des Weibes. Wegen der Gestalt des Weibes,
ihr Mönche, sind die Wesen in Lust und Begierde
entbrannt, gefesselt und betört; und lange klagen sie
im Banne der weiblichen Gestalt. Nicht kenne ich
ihr Mönche, auch nur eine andere Stimme, — nur
einen anderen Duft, — nur einen anderen Geschmack,
— nur eine andere Berührung, die so lusterregend,
so begierreizend, so berauschend, so bestrickend, so
betörend und so hinderlich Wäre, die unvergleichliche
Sicherheit zu erringen, als wie gerade die Berührung
DieRedendesBuddha.Bd.il — 65
t 65 DIE REDEN DES BUDDHA
des Weibes. Wegen der Berührung des Weibes, ihr
Mönche, sind die Wesen in Lust und Begierde ent-
brannt, gefesselt und betört; und lange klagen sie im
Banne 'der weiblichen Berührung.
»Ob, ihr Mönche, das Weib geht oder steht, sitzt
oder liegt, ob es lacht oder spricht, singt oder weint,
oder ob es entblößt ist: selbst als Leiche, ihr Mönche,
fesselt das Weib des Mannes Herz. Wollte man also,
ihr Mönche, etwas mit Recht als die vollständige Falle
des Mahr bezeichnen, so hätte man da mit Recht das
Weib als solche zu bezeichnen.« («)
»Man plaud're eher mit Dämonen
Und Mördern mit gezücktem Schwert,
Berühre eher gift'ge Schlangen,
Selbst wenn ihr Biß den Tod bewirkt.
Als daß man jemals plaudere
Mit einem Weibe ganz allein!
>Den Unachtsamen nämlich fesselt
Durch Blick und Lächeln stets das Weib,
Sowie durch ihre dünne Kleidung
Als auch durch ihrer Stimme Reiz.
»Fünf sinnliche Objekte sind es.
Die man am Weiberleib gewahrt:
Gestalt und Stimme, Duft, Geschmack, .
Berührung, die den Sinn berückt.
>Vom Strom der Leidenschaft getrieben,
Ohn' Einblick in die Sinnlichkeit,
Folgt einem Zeit, Geschick und Werden
Stets nach in dieser Wandelwelt.
>Doch wer, die Sinnlichkeit durchschauend,
Jedweder Furcht entronnen ist.
Der hat den Strom der Welt durchkreuzet;
Versiegt ist alle Leidenschaft.«
(«) Zu dieser Sutte vgl. I, 1.
— 66 —
FUNFERBUCH V 56
Die Bedingungen zum Fortschritt 56
Einst begab sich ein Mönch zu seinem Berater («)
und sprach zu ihm: »Gar verweichlicht, o Ehrwürdiger,
ist mein Körper; die Richtwege sind mir nicht l^lar,
die Fähigkeiten (ß) stellen sich bei mir nicht ein,
Stumpfheit und Mattigkeit halten meinen Geist ge-
fangen, und ohne Begeisterung führe ich das Mönchs-
leben; auch bin ich über das Gesetz noch voller
Zweifel.« Darauf begab sich jener Mönch, zusammen
mit dem untergebenen Mönche (y), zum Erhabenen.
Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen
und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend,
sprach jener Mönch also zum Erhabenen:
»Dieser Mönch, o Ehrwürdiger, sagt da, daß sein
Körper gar verweichlicht sei, daß die Richtwege ihm
nicht klar seien, die Fähigkeiten sich bei ihm nicht
einstellen, Stumpfheit und Mattigkeit seinen Geist ge-
fangen halten, und daß er ohne Begeisterung das
Mönchsleben führe, daß auch hinsichtlich des Gesetzes
er noch voller Zweifel sei.«
»So steht es damit, o Mönch: Wer da die Sinnen-
tore nicht bewacht, beim Mahle nicht Maß hält, nicht
(«) Jeder Mönch (bhikkhu) muß mindestens während der
ersten fünf Jahre in Abhängigkeit von dem von ihm selbst ge-
wählten Berater (upajjhäya) leben. Zu letzterem darf er sich nur
einen in dem Gesetz und der Ordenszucht erfahrenen Mönch, der
zum wenigsten zehn Ordensjahre hinter sich hat, einen sog. thera,
d. i. Ordensälteren, erwählen. Das gegenseitige Verhältnis soll
wie das zwischen Vater und Sohn sein.
(ß) nämlich Gemütsruhe (samatha) und Hellblick (vi-
pässanä), sagt der Kommentar.
(y) saddhi-vihärika, wörtl. -Mitbewohner«. So bezeichnet der
Ordensältere seine ihm untergebenen Mönche und Novizen.
— 67 — 5*
t 56 DIE REDEN DES BUDDHA
der Wachsamkeit ergeben ist, die heilsamen Dinge
nicht beachtet und nicht bei Beginn und Ende der
Nacht, die Erweckung der zum Wissen führenden
Dinge übend, verweilt, dessen Körper verweichlicht
eben, die Richtwege sind ihm nicht klar, die Fähig-
keiten stellen sich bei ihm nicht ein, Stumpfheit und
Mattigkeit halten seinen Geist gefangen, und ohne
Begeisterung führt er das Mönchsleben; auch hin-
sichtlich des Gesetzes ist er voller Zweifel. So
mögest du denn, o Mönch, danach trachten: ,Mit wohl-
bewachten Sinnentoren will ich verweilen, maßhalten
beim Mahle, mich der Wachsamkeit ergeben, die heil-
samen Dinge beachten; und bei Beginn und Ende der
Nacht will ich, die Erweckung der zum Wissen führen-
den Dinge übend. Verweilen!' Danach, o Mönch,
mögest du trachten!«
Und jener Mönch, Vom Erhabenen ermahnt, er-
hob sich Von seinem Sitze, begrüßte ehrfurchtsvoll
den Erhabenen und ging, dem Erhabenen die Rechte
zukehrend, davon. Und einsam, abgesondert, uner-
müdlich, eifrig, selbstentschlossen verweilend, gewann
jener Mönch nach gar nicht langer Zeit jenes höchste
Ziel der Heiligkeit, demzuliebe edle Söhne gänzlich
Von Hause in die Hauslosigkeit ziehen, indem er es
selber erkannte und verwirklichte. Und er erkannte:
»Aufgehoben ist die Geburt, ausgelebt der Heilige
Wandel, das Werk vollendet; nicht kehr' ich mehr zu
dieser Welt zurück.« Und jener Mönch war einer
der Heiligen geworden. Als er aber die Heiligkeit
erlangt hatte, begab er sich zu seinem Berater und
sprach zu ihm:
»Nicht mehr, o Ehrwürdiger, ist mein Körper ver-
— G8 -
FÜNFERBUCH V ä6
weichlicht; die Richtwege sind mir klar, die Fähig-
keiten stellen sich bei mir ein, nicht halten Stumpfheit
und Mattigkeit meinen Geist gefangen, und voll Be-
geisterung führe ich das Mönchsleben; auch hinsicht-
lich des Gesetzes habe ich keine Zweifel mehr.«
Darauf begab sich jener Mönch, zusammen mit
dem ihm untergebenen Mönche, zum Erhabenen. Dort
angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen
und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend
sprach jener Mönch also zum Erhabenen:
»Dieser Mönch, o Ehrwürdiger, sagt da, daß sein
Körper nicht mehr verweichlicht sei, dai3 die Richt-
wege ihm klar seien, die Fähigkeiten sich bei ihm
einstellen, Stumpfheit und Mattigkeit seinen Geist nicht
mehr gefangen halten und er voll Begeisterung das
Mönchsleben führe, auch daß er hinsichtlich des Ge-
setzes keine Zweifel mehr habe.«
»So steht es damit, o Mönch: Wer da die Sinnen-
tore bewacht, der Wachsamkeit ergeben ist, die heil-
samen Dinge beachtet und bei Beginn und Ende der
Nacht, die Erweckung der zum Wissen führenden Dinge
übend, verweilt, dessen Körper verweichlicht nicht, die
Richtwege sind ihm klar, die Fähigkeiten stellen sich
bei ihm ein, Stumpfheit und Mattigkeit halten seinen
Geist nicht gefangen, und voll Begeisterung führt er
das Mönchsleben; auch hat er hinsichtlich des Gesetzes
keine Zweifel mehr. Darum habt ihr, o Mönche, da-
nach zu trachten: »Mit Wohl bewachten Sinnentoren
wollen wir verweilen, maßhalten beim Mahle, uns der
Wachsamkeit ergeben, die heilsamen Dinge beachten
und bei Beginn und Ende der Nacht, die Erweckung
— 69 —
V57 DIE REDEN DES BUDDHA
der zum Wissen führenden Dinge übend, verweilen!«
Danacii, ihr Mönche, habt ihr zu trachten!«
57 Fünf Betrachtungen fiir jedermann
Folgende fünf Gesetze, ihr Mönche, sollte jeder
öfters bei sich 'erwägen, ganz gleich ob Mann oder
Weib, Hausbewohner oder Hausloser: welche fünf?
»Dem Alter bin ich unterworfen, kann dem Alter
nicht entgehen. — Der Krankheit bin ich unterworfen,
kann der Krankheit nicht entgehen. — Dem Sterben
bin ich unterworfen, kann dem Sterben nicht entgehen.
— Von allem Lieben und Angenehmen muß ich scheiden
und mich trennen. — Eigner und Erbe meiner Taten
bin ich, meinen Taten entsprossen, mit ihnen verknüpft,
habe sie zur Zuflucht und werde die guten und bösen
Taten, die ich tue, zum Erbe haben«: das sollte jeder
öfters bei sich erwägen, ganz gleich ob Mann oder
Weib, Hausbewohner oder Hausloser.
Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte man
öfters bei sich erwägen, daß man dem Alter unter-
worfen ist, dem Alter nicht entgehen kann?
Die Wesen, ihr Mönche, sind erfüllt vom Jugend-
wahne, durch den berauscht sie in Werken, Worten
und Gedanken einen schlechten Wandel führen. Wer
aber diese Tatsache öfters bei sich erwägt, bei dem
schwindet dieser Jugendwahn entweder ganz, oder er
wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche,
sollte man öfters bei sich erwägen, daß man dem Alter
unterworfen ist, dem Alter nicht entgehen kann.
Aus Welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte
man öfters bei sich erwägen, daß man der Krankheit
unterworfen ist, der Krankheit nicht entgehen kann?
- 70 —
FÜNFERBUCH V 57
Die Wesen, ihr Mönche, sind erfüllt Vom Gesund-
heitswahne, durch den berauscht sie in Werken, Worten
und Gedanken einen schlechten Wandel führen. Wer
aber diese Tatsache öfters bei sich erwägt, bei dem
schwindet dieser Gesundheitswahn entweder ganz, oder
er wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche,
sollte man öfters bei sich erwägen, daß man der Krank-
heit unterworfen ist, der Krankheit nicht entgehen
kann.
Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte
man öfters bei sich erwägen, daß man dem Sterben
unterworfen ist, dem Sterben nicht entgehen kann?
Die Wesen, ihr Mönche, sind erfüllt vom Lebens-
wahne, durch den berauscht sie in Werken, Worten
und Gedanken einen schlechten Wandel führen. Wer
aber diese Tatsache öfters bei sich erwägt, bei dem
schwindet dieser Lebenswahn entweder ganz, oder er
wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche,
sollte man öfters bei sich erwägen, daß man dem
Sterben unterworfen ist, dem Sterben nicht entgehen
kann.
Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte
man öfters bei sich erwägen, daß man von allem Lieben
sich scheiden und trennen muß?
Die Wesen, ihr Mönche, sind hinsichtlich der ge-
liebten Dinge von Willensgier erfüllt, durch die sie
berauscht in Werken, Worten und Gedanken einen
schlechten Wandel fühien. Wer aber diese Tatsache
öfters bei sich erwägt, bei dem schwindet diese Willens-
gier entweder ganz, oder sie wird abgeschwächt. Aus
diesem Grunde, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich
71
V&7 DIE REDEN DES BUDDHA
erwägen, daß man von allem Lieben scheiden und sich
trennen muß.
Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, soll man
öfters bei sich erwägen: »Eigner und Erbe meiner Taten
bin ich, meinen Taten entsprossen, mit ihnen verknüpft,
habe sie zur Zuflucht und werde die guten und bösen
Taten, die ich tue, zum Erbe haben«?
Den Wesen, ihr Mönche, eignet schlechter Wandel
in Werken, Worten und Gedanken. Wer aber öfters
bei sich erwägt, daß er Eigner und Erbe seiner Taten
ist und die guten und bösen Taten, die er tut, als
Erbe haben wird, bei dem schwindet dieser schlechte
Wandel entweder ganz, oder er wird abgeschwächt.
Aus diesem Grunde, ihr Mönche, sollte man, ganz
gleich ob Mann oder Weib, Hausbewohner oder Haus-
loser, öfters bei sich also erwägen: »Eigner und Erbe
meiner Taten bin ich, meinen Taten entsprossen, mit
ihnen verknüpft, habe sie zur Zuflucht und werde die
guten und bösen Taten, die ich tue, zum Erbe haben«.
Der edle Jünger, ihr Mönche, erwägt da also bei
sich: »Nicht bin ich ja der Einzige, der dem Altern
unterworfen ist, dem Altern nicht entgehen kann; son-
dern wo immer es Wesen gibt, die da kommen und
gehen, sterben und geboren werden: alle diese Wesen
sind dem Altern unterworfen, können dem Altern nicht
entgehen«. Indem er aber diese Tatsache häufig bei
sich erwägt, erschließt sich ihm der Pfad. («) Jenen
Pfad hegt und pflegt er, wandelt er beharrlich. Und
(a) magga, d. i. der Eintritt in einen der vier Grade der Heilig-
keit, nämlich in den Stromeintritt, die Einmal-Wiederkehr, die Nie-
wiederkehr oder die Vollkommene Heiligkeit, in Päli: sotäpatti-
magga, sakadägämi-magga, anägäniT-magga und arahatta-magga.
— 72 -
FÜNFERBUCH V 08
indem er jenen Pfad hegt und pflegt und ihn beharr-
Uch wandelt, schwinden ihm die Fesseln («), und seine
Neigungen (ß) ersterben.
[Er erwägt:] >Nicht bin ich ja der Einzige, der
der Krankheit unterworfen ist, der Krankheit nicht
entgehen kann; — nicht bin ich ja der Einzige, der
dem Sterben unterworfen ist, dem Sterben nicht ent-
gehen kann; — nicht bin ich ja der Einzige, der von
allem Lieben scheiden und sich trennen muß; — nicht
bin ich ja der Einzige, der der Eigner und Erbe seiner
Taten ist, seinen Taten entsprossen und mit ihnen
verknüpft ist, sie zur Zuflucht hat und die guten und
bösen Taten, die er tut, einst erben wird; sondern wo
immer es Wesen gibt, die da kommen und gehen,
sterben und geboren werden: alle diese Wesen sind
Eigner und Erben ihrer Taten, sind ihren Taten ent-
sprossen und mit ihnen verknüpft, haben sie zur Zu-
flucht und werden die guten und bösen Taten, die sie
tun, zum Erbe haben«. Indem er aber diese Tatsache
häufig bei sich erwägt, erschließt sich ihm der Pfad.
Jenen Pfad hegt und pflegt er, wandelt er beharrlich.
Und indem er jenen Pfad hegt und pflegt und ihn be-
harrlich wandelt, schwinden ihm die Fesseln, und seine
Neigungen ersterben.
Fünf segensreiche Eigenschaften 58
Einst weilte der Erhabene im großen Walde bei
SäVatthi, in der Halle des Giebelhauses. Und der
(a) Über die zehn Fesseln, sannöjana, die der Reihe nach
durch das Erreichen der vier Pfade zur Aufhebung gelangen.
Siehe X, 13.
(ß) anüsaya. Siehe VII, 12.
73
V 68 DIE REDEN DES BUDDHA
Erhabene kleidete sich in der Frühe an, nahm Gewand
und Almosenschale und begab sich nach Vesäli um
Almosen. Nach dem Almosengange aber, am Nach-
mittage, nach Beendigung des Mahles, ging er tief in
den großen Wald hinein und setzte sich am Fuße eines
Baumes nieder, um dort den Tag zu verbringen. Zahl-
reiche Licchavier Prinzen aber, die damals gerade, mit
gespannten Bogen versehen und von einer Schar Hunde
umgeben, im großen Walde umherstreiften, sahen den
Erhabenen am Fuße des Baumes sitzen. Bei seinem
Anblicke legten sie die gespannten Bogen weg, trieben
die Hunde beiseite und näherten sich dem Erhabenen.
Dort angelangt begrüßten sie ehrfurchtsvoll den Er-
habenen und setzten sich still und schweigsam nieder,
indem sie zum Erhabenen die gefalteten Hände erhoben.
Bei jener Gelegenheit aber erging sich Mahänämo der
Licchavier im großen Walde, und er bemerkte jene
Licchavier Prinzen, wie sie still und schweigsam, die
gefalteten Hände erhoben, zur Seite des Erhabenen
dasaßen. Bei ihrem Anblicke näherte er sich dem
Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich
zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend stieß Mahä-
nämo der Licchavier den Ruf aus: »Heil den Vajjiern!
Heil den Vajjiern!«
[Der Erhabene :] > Warum sagst du denn, Mahänämo :
»Heil den Vajjiern! («) Heil den Vajjiern!«?«
»Diese Licchavier Prinzen, o Ehrwürdiger, sind
wild und roh und störrig. Was da in ihre Häuser an
Süßigkeiten geschickt wird, wie Zuckerrohr, Brust-
beeren, Kuchen, Backwerk und Palmzucker, das
nehmen sich diese weg, essen davon und bewerfen
(«) Ein anderer Name für das Prinzengeschlecht der Licchavier.
— 74 —
FUNFERBUCH V 58
dann Von hinten die anständigen Mädciien und Frauen
damit. Nun sitzen aber jene still und schweigsam,
die gefalteten Hände erhoben, vor dem Erhabenen.«
»Sei es, Mahänamo, ein hauptgekrönter Khattiya-
könig oder ein Bürger, der von seines Vaters Erbe
lebt, oder ein Feldherr, ein Dorfherr, ein Gemeinde-
vorsteher oder einer, der in seiner Familie die alleinige
Leitung innehat: bei welchem edlen Sohne auch immer
fünf Eigenschaften anzutreffen sind, da hat man Segen
zu erwarten, keinen Nachteil. Welches aber sind
diese fünf Eigenschaften? ^
»Mit den Schätzen, Mahanämo, die der edle Sohn
durch Aufbietung von Fleiß und Anstrengung errungen,
durch seiner Hände Arbeit im Schweiße seines An-
gesichtes angehäuft hat, den rechtmäßigen, ehrlich er-
worbenen, damit beschenkt er seine beiden Eltern.
Er achtet und ehrt sie, ist ihnen ergeben. Von ihm
aber beschenkt, geachtet und geehrt und hochgehalten,
spenden ihm diese mit gutem Herzen ihren Segen:
, Mögest du lange leben! Möge dir ein langes Leben
beschieden sein!' Von ihnen aber gesegnet, hat der
edle Sohn Segen zu erwarten, keinen Nachteil.
>Und fernerhin, Mahänamo, beschenkt der edle
Sohn mit seinen Schätzen Weib und Kind, Knechte
und Arbeiter, — beschenkt er diejenigen, die an-
grenzend an sein Feld beschäftigt sind, — beschenkt
er die Opfergötter («), — beschenkt er Asketen und
Priester. Er achtet und ehrt sie, ist ihnen ergeben.
Von ihm aber beschenkt, geachtet und geehrt und
hochgehalten, spenden ihm diese mit gutem Herzen
ihren Segen: ,Mögest du lange leben! Möge dir ein
(a) Die Schutzgeister der Familien, sagt der Kommentar.
— 75 -
V59 DIE REDEN DES BUDDHA
langes Leben beschieden sein!' Von ihnen aber ge-
segnet, hat der edle Sohn Segen zu erwarten, keinen
Nachteil.« («)
»Die beiden Eltern unterstützend,
Erfüllt von Lieb' zu Weib und Kind,
Gereicht zum Heil er dem Gesinde
Und denen, die ihm anvertraut.
Zum Segen zeigt der Sittenreine
Freigeb'ge Milde beiderseits:
Den einst verstorbenen Verwandten
Und denen, die noch lebend sind.
Sowohl Asketen als auch Priester,
Ja, gar den Himmelswesen selbst,
Macht Freude der verständ'ge Mann,
Der tugendhaft zu Hause lebt.
\ s Indem er gute Werke wirkt.
Wird Lob und Ehre ihm zuteil.
Hier preiset man ihn allgemein.
Und dort erlangt er Himmelsglück.«
59 Die Nachteile des Alters
0)
Unter denen, ihr Mönche, die erst im Alter in die
Hauslosigkeit gezogen sind, trifft man selten einen im
Besitze folgender fünf Eigenschaften: welcher fünf?
Selten, ihr Mönche, trifft es sich, daß einer, der
erst im Alter in die Hauslosigkeit gezogen ist, Scharf-
sinn besitzt; selten, daß er ein vollendetes Benehmen
hat; selten, daß er wissensreich ist; selten, daß er ein
Gesetzesredner ist; selten, daß er ein Kenner der
(a) Zu dieser Rede vergl. die Rede über die sieben segens-
reichen Eigenschaften der Vajjier. VII, 19 und 20.
— 76 —
F-ÜNF£kBUCH V 66
Ordensdisziplin ist. Unter denen, ihr Mönche, die
erst im Alter in die Hauslosigkeit gezogen sind, trifft
man selten einen im Besitze dieser fünf Eigenschaften.
Die Nachteile des Alters 60
(2)
Selten, ihr Mönche, trifft es sich, daß einer, der
erst im Alter in die Hauslosigkeit gezogen ist, nach-
giebig ist, daß er das Gelernte behält, daß er den
anderen Beachtung schenkt, daß er ein Gesetzes-
redner ist, daß er ein Kenner der Ordensdiziplin ist.
77 —
V 61, 62, 63 DIE REDEN DES BUDDHA
SIEBENTER TEIL
Das Kapitel der Betrachtungen
61 Fünf segensreiche Betrachtungen
(1)
Fünf Betrachtungen, ihr Mönche, entfaltet und
häufig geübt, bringen hohen Lohn und Segen und
haben das Todlose Reich (a) zum Stützpunkte und
Ziele, welche fünf?
Die Betrachtung des Widerlichen, die Betrachtung
des Todes, die Betrachtung des Elends, die Betrach-
tung des Ekels der Nahrung und die Betrachtung der
Reizlosigkeit des ganzen Daseins. —
62 Die Betrachtung der Vergänglichkeit, die Be-
trachtung der Wesertlosigkeit, die Betrachtung des
Todes, die Betrachtung des Ekels der Nahrung und
die Betrachtung der Reizlosigkeit des ganzen Daseins.
Diese fünf Betrachtungen, ihr Mönche, entfaltet und
häufig geübt, bringen hohen Lohn und Segen und
haben das Todlose Reich zum Stützpunkte und Ziele.
63 Der edle Gewinn
Wer da, ihr Mönche, unter den edlen Jüngern
in fünf Dingen einen Fortschritt macht, der macht
einen edlen Fortschritt und erlangt für sich das Edelste
und Beste: in welchen fünf Dingen?
(«) amata (Sskr, amrita -= afj,ßQoaia) Todlosigkeit, Unsterb-
lichkeit bezeichnet das Nirwahn, das Erlöstsein von künftigem
Wiedergeboren werden, Altern und Sterben.
- 78 -
FÜNFERBUCH V 05, 66, 6^
In Vertrauen, Sittlichkeit, Wissen, Freigebigkeit
und Einsicht.
Wer da erstarkt ist in Vertrau'n und Sittlichkeit,
In mildem Sinn, im Wissen und in Einsicht,
Solch einsichtsvoller, edler Mensch gewinnt fürwahr
Hienieden noch des eignen Selbstes wahres Ziel.
Der würdige Ordensbruder 65
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist der Mönch Würdig der Besprechung mit seinen
Ordensbrüdern. Und welches sind diese fünf?
Er hat selber Sittlichkeit erlangt, und die beim
Gespräche über die Erlangung der Sittlichkeit auf-
geworfenen Fragen weiß er zu beantworten. Er hat
selber Sammlung erlangt, — Einsicht erlangt, — Er-
lösung erlangt, — den Erkenntnisblick der Erlösung
erlangt, und die beim Gespräche über die Erlangung
des Erkenntnisblickes der Erlösung aufgeworfenen
Fragen weiß er zu beantworten. Mit diesen fünf Eigen-
schaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig
der Besprechung mit seinen Ordensbrüdern, — würdig 66
ihrer Ordensgemeinschaft.
Der Segen der Machtfährten (iddhi-pada) 67
Wer da, ihr Mönche, von den Mönchen oder
Nonnen folgende fünf Dinge entfaltet und häufig übt,
der hat einen von beiden Ausgängen zu erwarten:
entweder noch bei Lebzeiten »Höchstes Wissen«
(aiinä) oder aber, wenn noch ein Daseinsrest übrig
— 79 -
Y 68 DIE REDEN DES BUDDHA
bleibt («), die »NichtWiederkehr« (anägämi-tä). Und
welches sind diese fünf Dinge?
Da, ihr Mönche, entfaltet der Mönch die in an-
gestrengter »Sammlung des Willens« (chanda-samädhi)
bestehende Machtfährte, die in angestrengter >Samm-
lung der Kraft« (viriya-samädhi) bestehende Macht-
fährte, die in angestrengter »Sammlung des Geistes«
(citta-samädhi) bestehende Machtfährte, die in ange-
strengter »Sammlung des Erwägens« (vimarhsä-
samädhi) bestehende Machtfährte und als fünftes die
Ausdauer.
68 Schon vor meiner Vollkommenen Erleuchtung,
ihr Mönche, als ich noch ein Unerleuchteter, ein
Bödhisat (d. i. ein »Anwärter auf Erleuchtung«) war,
da entfaltete und übte ich häufig diese fünf Dinge.
Indem ich aber, ihr Mönche, diese Dinge — als fünftes
die Ausdauer — entfaltete und häufig übte, da erreichte
ich — auf welche durch Höheres Wissen erreichbare
Erscheinung ich auch immer meinen Geist richtete, um
(«) D. h. wenn er eben noch nicht bei Lebzeiten das Arahattum
(Heihgkeit) erreicht hat und infolgedessen nach d'em Tode die fünf
Daseinsaggregate (khanda-upädi) fortbestehen.
Auch beim Arahat (Heiligen) spricht man von einem mit
einem Daseinsrest behafteten Nirwahn (upädi-sesa-nibbäna) und einem
»von jedem Daseinsrest freien Nirwahn (an-upädi-sesa-nibbäna).
Ersteres ist identisch mit der während seines Lebens eingetretenen
^Erlöschung (Nirwahn) der Leidenschaften« (kilesa-parinibbäna) und
letzteres mit der bei seinem Tode eintretenden Erlöschung der
Daseinsaggregate (khanda-parrinibbäna), von upädiyati, erfassen, sich
anklammern, upädi ist eine Bezeichnung der fünf Daseinsaggregate
(khanda). Der Kommentar sagt: upädi ist das, woran man sich
mit den vier Anhaftungen (Begierde, Ansicht, Hang an Sittenregeln
und Riten, Persönlichkeitsglaube) anklammert; es ist eine Bezeich-
nung der fünf Daseinsaggregate».
- 80 —
FUNFERBUCH V69
sie weise zu verwirklichen — eben stets die Fähigl^eit,
sie zu Verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt
waren. —
Zur Erlösung führende Betrachtungen
Da, ihr Mönche, verweilt der Mönch in der Be-
trachtung der Unreinheit des Körpers, ist eingedenk
des Ekels der Nahrung, eingedenk der Reizlosigkeit
des ganzen Daseins, betrachtet die Vergänglichkeit
aller Bildungen, und die Vorstellung des Todes hat
sich in seinem Innern wohl gefestigt. Diese fünf Dinge,
ihr Mönche, entfaltet und häufig geübt, führen zum
gänzlichen Daseinsüberdruß, zur Abwendung, Auf-
hebung und zum Frieden, zur Durchschauung, Erleuch-
tung und zum Nirwahn, — führen zur Versiegung der
Leidenschaften, — zeitigen die Frucht der Gemüts-
erlösung, haben die Frucht der Gemütserlösung zum
Ergebnisse, — zeitigen die Frucht der Wissenserlösung,
haben die Frucht der Wissenserlösung zum Ergebnisse.
Insofern nun aber, ihr Mönche, der Mönch gemüts-
erlöst und wissenserlöst ist, so nennt man ihn einen
Schrankensprenger, einen Grabenzerstörer, einen
Stützenausreißer, einen Ungehemmten, einen edlen
Fahnenledigen, Lastenledigen, Losgelösten.
Wie aber, ihrMönche, ist der Mönch ein Schranken-
sprenger? Da, ihr Mönche, ist in dem Mönche die
Verblendung (avijjä) aufgehoben, entwurzelt, gleich
einer Palme zerstört, zunichte gemacht und außerstande.
Von neuem wieder aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist
der Mönch ein Schrankensprenger.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Graben-
zerstörer? Da, ihr Mönche, ist für den Mönch der
Die Redendes Budüha, Bd 11 — 81 — ti
69
V 69 DIE REDEN DES BUDDHA
Kreislauf (samsära) der Wiedergeburten versiegt,
entwurzelt, gleich einer Palme zerstört, zunichte ge-
macht und außerstande. Von neuem wieder aufzukeimen.
So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Grabenzerstörer.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Stützen-
ausreißer? Da, ihr Mönche, ist in dem Mönche das
Begehren (tanhä) aufgehoben, entwurzelt, gleich einer
Palme zerstört, zunichte gemacht und außerstande, von
neuem wieder aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist der
Mönch ein Stützenausreißer.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Un-
gehemmter? Da, ihr Mönche, sind in dem Mönche
die fünf niederen Fesseln (saiiiiejana) geschwunden,
entwurzelt, gleich einer Palme zerstört, zunichte ge-
macht und außerstande, von neuem wieder aufzukeimen.
So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Ungehemmter.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein edler
Fahnenlediger, Lastenlediger, Losgelöster? Da, ihr
Mönche, ist in dem Mönche der Ichdünkel ge-
schwunden, entwurzelt, gleich einer Palme zerstört,
zunichte gemacht und außerstande. Von neuem wieder
aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein edler
Fahnenlediger, Lastenlediger, Losgelöster.
H2 -
FUNFERBUCH V T^
ACHTER TEIL
Das Kapitel des Kämpfers
Der Befolger des Gesetzes 73
Ein Mönch kam zum Erhabenen und sprach:
»Als Befolger des Gesetzes, o Ehrwürdiger, wird
da mancher bezeichnet. Inwiefern aber, o Ehrwürdiger,
ist der Mönch ein Befolger des Gesetzes?«
>Da, ihr Mönche, lernt ein Mönch das Gesetz;
und mit dem Lernen des Gesetzes verbringt er den
ganzen Tag. Er aber flieht die Einsamkeit, übt keine
innere Gemütsruhe. Einen Vielwisser, ihr Mönche,
nennt man diesen Mönch, aber keinen Befolger des
Gesetzes.
»Fernerhin, ihr Mönche: da legt ein Mönch das
Gesetz, so wie er es gehört und gelernt hat, den
anderen ausführlich dar; und mit dem Darlegen des
Gesetzes verbringt er den ganzen Tag. Er aber flieht
die Einsamkeit, übt keine innere Gemütsruhe. Einen
eifrigen Redner, ihr Mönche, nennt man diesen Mönch.
»Fernerhin, ihr Mönche: da sagt ein Mönch das
Gesetz, so wie er es gehört und gelernt hat, ausführ-
lich her; und mit dem Hersagen Verbringt er den ganzen
Tag. Er aber flieht die Einsamkeit, übt keine innere
Gemütsruhe. Einen eifrigen Hersager des Gesetzes,
ihr Mönche, nennt man diesen Mönch, aber keinen
Befoiger des Gesetzes.
»Fernerhin, ihr Mönche: da denkt und sinnt ein
Mönch über das Gesetz, so wie er es gehört und ge-
lernt hat, nach, erwägt es im Geiste; und mit dem
83 — b*
V 75 DIE REDEN DES BUDDHA
Nachdenken über das Gesetz verbringt er den ganzen
Tag. Er aber flieht die Einsamkeit, übt keine innere
Gemütsruhe. Einen eifrigen Grübler, ihr Mönche, nennt
man diesen Mönch, aber keinen Befolger des Gesetzes.
>Fernerhin, ihr Mönche: da lernt ein Mönch das
Gesetz; aber mit dem Lernen des Gesetzes verbringt
er nicht den ganzen Tag. Und er flieht nicht die Ein-
samkeit und übt innere Gemütsruhe. So wahrlich, ihr
Mönche, ist der Mönch ein Befolger des Gesetzes.
»Erklärt habe ich also, ihr Mönche, den Vielwisser,
erklärt den eifrigen Redner, erklärt den eifrigen Her-
sager, erklärt den eifrigen Grübler, erklärt den Be-
folger des Gesetzes. Was, ihr Mönche, ein Meister
für seine Jünger, aus Liebe und Mitleid, von Mitleid
bewogen, tun mag, das habe ich für euch getan. Ihr
habt da, ihr Mönche, diese Plätze unter den Bäumen,
ihr habt da diese leeren Behausungen. Übet Vertiefung,
ihr Mönche, auf daß ihr nicht lässig werdet und euch
später keine Reue ankomme! Das ist die Weisung,
die ich euch gebe.«
75 Die fünf Kämpfer
Fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der Welt an-
zutreffen: welche fünf?
Da, ihr Mönche, ist ein Kämpfer schon beim An-
blick der Staubmassen niedergeschlagen und entmutigt,
hält nicht stand und ist unfähig, in den Kampf zu ziehen.
Von solcher Art, ihr Mönche, ist da der eine Kämpfer.
Dies aber, ihr Mönche, ist der erste Kämpfer, der in
der Welt anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält ein Kämpfer zwar
die Staubmassen aus, doch beim Anblick der Fahnen-
— 84 -
FÜNFERBUCH V 75
spitzen ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht
stand und ist unfähig, in den Kampf zu ziehen. Auch
von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Kämpfer.
Dies aber, ihr Mönche, ist der zweite Kämpfer, der
in der Welt anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar ein Kämpfer
die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen-
spitzen aus, doch beim Vernehmen des Kampfgeschreies
ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand
und ist unfähig, in den Kampf zu ziehen. Auch von
solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse .^Kämpfer.
Dies aber, ihr Mönche, ist der dritte Kämpfer, der in
der Welt anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar ein Kämpfer
die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen-
spitzen aus, hält das Kampfgeschrei aus, doch im Kampfe
erliegt er und gibt sich verloren. Auch Von solcher
Art, ihr Mönche, sind da gewisse Kämpfer. Dies aber,
ihr Mönche, ist der Vierte Kämpfer, der in der Welt
anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar ein Kämpfer
die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen-
spitzen aus, hält das Kampfgeschrei aus, hält den Kampf
aus. Er gewinnt den Kampf und verbleibt als Sieger
auf jenem Schlachtfelde. Auch von solcher Art, ihr
Mönche, sind da gewisse Kämpfer. Dies aber, ihr
Mönche, ist der fünfte Kämpfer, der in der Welt an-
zutreffen ist.
Diese fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der Welt
anzutreffen. Ebenso auch, ihr Mönche, trifft man fünf
den Kämpfern äh'nliche Menschen unter den Mönchen
an: welche fünf?
— 85
V 75 DIE REDEN DES BUDDHA
Da, ihr Mönche, ist der Mönch schon beim Anblicl<
der Staubmassen niedergeschlagen und entmutigt, hält
nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu
führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt
er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Welt-
leben zurück. Was aber gilt ihm als Staubmassen?
Da, ihr Mönche, erfährt der Mönch: »In diesem Dorfe
oder dieser Stadt lebt eine Frau oder ein Mädchen
von schöner und stattlicher Erscheinung, mit Anmut
und unvergleichlicher Schönheit begabt«. Auf diese
Worte hin ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält
nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu
führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt
er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Welt-
leben zurück. Das aber gilt ihm als Staubmassen.
Und jenem Kämpfer, der schon beim Anblick der Staub-
massen niedergeschlagen und entmutigt ist, nicht stand-
hält und unfähig ist, in den Kampf zu ziehen: dem,
ihr Mönche, ist dieser Mensch zu vergleichen. Von
solcher Art, ihr Mönche, ist da der eine Mensch. Dies
aber, ihr Mönche, ist der erste den Kämpfern ähnliche
Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar der Mönch
die Staubmassen aus, doch beim Anblick der Fahnen-
spitzen ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält
nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu
führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt
er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Welt-
leben zurück. Was aber gilt ihm als Fahnenspitzen?
Da, ihr Mönche, erfährt der Mönch zwar nicht: »In
diesem Dorfe oder dieser Stadt lebt eine Frau oder
ein Mädchen von schöner und stattlicher Erscheinung,
— 86 —
FÜNFERBUCH V 75
mit Anmut und unvergleichlicher Schönheit begabt«;
sondern er selber erblickt eine Frau oder ein Mädchen
Von unvergleichlicher Schönheit. Bei ihrem Anblicke
aber ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht
stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen.
Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die
Askese auf und kehrt zu dem niederen Weltleben zurück.
Das aber gilt ihm als Fahnenspitzen. Und jenem
Kämpfer, ihr Mönche, der die Staubmassen aushält,
doch beim Anblick der Fahnenspitzen niedergeschlagen
und entmutigt ist, nicht standhält und unfähig ist, in
den Kampf zu ziehen: dem, ihr Mönche, ist dieser
Mensch zu vergleichen. Auch von solcher Art, ihr
Mönche, sind da gewisse Menschen. Dies aber, ihr
Mönche, ist der zweite den Kämpfern ähnliche Mensch,
der unter den Mönchen anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar der Mönch
die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen-
spitzen aus, doch beim Vernehmen des Kampfgeschreies
ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand
und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine
Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese
auf und kehrt zu dem niederen Weltleben zurück.
Was aber gilt ihm als Kampfgeschrei? Da, ihr Mönche,
hat sich der Mönch in den Wald begeben, an den Fuß
eines Baumes oder in eine leere Klause. Und ein
Weib kommt zu ihm heran, lacht über ihn, ruft ihn
an, lacht ihn aus, verspottet ihn. Von dem Weibe aber
Verlacht, angerufen, ausgelacht und verspottet, ist er
niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und
ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine Un-
fähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese
- 87 -
DIE REDEN DES BUDDHA
auf und kehrt zu dem niederen Weltleben zurück. Das
aber* gilt ihm als Kampfgeschrei. Und jenem Kämpfer,
ihr Mönche, der die Staubmassen aushält, den Anblick
der Fahnenspitzen aushält, doch beim Vernehmen des
Kampfgeschreies niedergeschlagen und entmutigt ist,
nicht standhält und unfähig ist, in den Kampf zu ziehen:
dem, ihr Mönche, ist dieser Mensch zu vergleichen.
Auch Von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse
Menschen. Dies aber, ihr Mönche, ist der dritte den
Kämpfern ähnliche Mensch, der unter den Mönchen
anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält der Mönch die
Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnenspitzen
aus, hält das Kampfgeschrei aus, doch im Kampfe er-
liegt er und gibt sich verloren. Was aber gilt ihm als
Kampf? Da, ihr Mönche, hat sich der Mönch in den
Wald begeben, an den Fuß eines Baumes oder in eine
leere Klause. Und ein Weib kommt zu ihm heran,
setzt sich zu ihm, legt sich hin, umfängt ihn. Von
jenem Weibe aber niedergezerrt, zu Boden gezogen
und umfaßt, begeht er, ohne das Asketenleben auf-
zugeben und seine Schwäche zu bekennen, den Ge-
schlechtsakt. Das aber gilt ihm als Kampf. Und
jenem Kämpfer, ihr Mönche, der die Staubmassen
aushält, den Anblick der Fahnenspitzen aushält, das
Kampfgeschrei aushält, doch im Kampfe erliegt und
sich verloren gibt: dem, ihr Mönche, ist dieser Mensch
zu Vergleichen. Auch Von solcher Art, ihr Mönche,
sind da gewisse Menschen. Dies aber, ihr Mönche,
ist der vierte den Kämpfern ähnliche Mensch, der
unter den Mönchen anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da hält der Mönch die
— 88 —
FÜNFERBUCH V T;
Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnenspitzen
aus, hält das Kampfgeschrei aus, hält den Kampf aus.
Er gewinnt den Kampf und Verbleibt als Sieger auf
jenem Schlachtfelde. Was aber gilt ihm als Sieg?
Da, ihr Mönche, hat sich der Mönch in den Wald be-
geben, an den Fuß eines Baumes oder in eine leere
Klause. Und ein Weib kommt zu ihm heran, setzt
sich zu ihm, legt sich hin, umfängt ihn. Von jenem
Weibe aber niedergezerrt, zu Boden gezogen und um-
faßt, entwindet er sich, reißt er sich los und geht
wohin er will. Er wählt sich ein abgeschiedenes Lager
im Walde, am Fuße eines Baumes, auf einem Berge,
in einer Kluft, einer Felsenhöhle, auf dem Leichen-
felde, im Waldesdickicht, unter freiem Himmel oder
auf einem Strohhaufen. Mit gekreuzten Beinen setzt
er sich nieder, den Körper gerade aufgerichtet, die
Achtsamkeit gewärtig.
Weltliche Begierde hat er verworfen; begierde-
losön Herzens Verweilt er; von Begierde läutert er
sein Herz.
Groll und Mißmut hat er verworfen; sein Herz
ist frei von Groll; auf das Wohl aller lebenden Wesen
bedacht, läutert er sein Herz von Groll und Mißmut.
Schlaffheit und Mattheit hat er verworfen; frei
Von Schlaffheit und Mattheit verweilt er; hellen Geistes,
achtsam, klarbewußt, läutert er sein Herz Von Schlaff-
heit und Mattheit.
Aufregung und Gewissensunruhe hat er verworfen;
frei von Unruhe Verweilt er; von innerem Frieden er-
füllt, läutert er sein Herz Von Aufregung und Gewissens-
unruhe.
Zweifelsucht hat er verworfen; zweifelentsonnen
— 89 —
V 75 DIE REDEN DES BUDDHA
Verweilt er; er zweifelt nicht am Guten, läutert sein
Herz Von Zweifelsucht.
Er hat nun diese fünf Hemmungen beseitigt, die Be-
fleckungen des Geistes kennen gelernt, die lähmenden.
Den Sinnendingen entrückt, entrückt den schuld-
vollen Erscheinungen, gewinnt er die mit Sinnen und
Nachdenken verbundene, in der Entrückung gebo-
rene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte
erste Vertiefung (jhäna). Nach dem Schwinden des
Sinnens und Nachdenkens aber gewinnt er den inneren
Frieden, die Einheit des Geistes, die von Sinnen und
Nachdenken freie, in der Sammlung. geborene, von
Verzückung und Glückseligkeit erfüllte zweite
Vertiefung. Nach Abwendung von der Verzückung
aber Verweilt er gleichmütig, achtsam, geistesklar; und
er fühlt in sich jenes Glück, Von dem die Edlen
sprechen: »Glückselig der Gleichmütige, der Acht-
same!« — so gewinnt er die dritte Vertiefung. Nach
dem Schwinden Von Wohlgefühl und Schmerz aber und
durch Überwindung des früheren Frohsinns und Trüb-
sinns gewinnt er einen leidlosen, freudlosen Zustand,
die durch Gleichmut und Achtsamkeit geklärte vierte
Vertiefung.
Also im Geiste gesammelt, geläutert, fleckenlos,
ungetrübt, nachgiebig, geschmeidig, fest, unerschütter-
lich, richtet er seinen Geist auf die Erkenntnis der
Versiegung der Leidenschaften: »Dies ist das Leiden«
- erkennt er der Wirklichkeit gemäß. »Dies ist die
Entstehung des Leidens« — erkennt er der Wirklichkeit
gemäß. »Dies ist die Aufhebung des Leidens« — er-
kennt er der Wirklichkeit gemäß. »Dies ist der zur
— 90 -
FÜNFERBUCH V 76
Aufhebung des Leidens führende Pfad« — erkennt er
der Wirklichkeit gemäß.
Also erkennend, also schauend, wird sein Herz er-
löst von der sinnlichen Leidenschaft, erlöst von der
Daseinsleidenschaft, erlöst von der Leidenschaft der
Unwissenheit. Und im Erlösten steiget die Erkenntnis
auf: »Erlöst bin ich!«. »Versiegt ist die Geburt, er-
füllt die Heiligkeit, das Werk vollbracht und nichts
mehr bleibt für diese Welt«: also erkennt er. Das
aber gilt ihm als Sieg. Und jenem Kämpfer, ihr Mön-
che, der die Staubmassen aushält, den Anblick der
Fahnenspitzen aushält, das Kampfgeschrei aushält, den
Kampf aushält, den Kampf gewinnt und als Sieger auf
jenem Schachtfelde verbleibt: dem, ihr Mönche, ist
dieser Mensch zu vergleichen. Auch von solcher Art,
ihr Mönche, sind da gewisse Menschen. Dies aber, ihr
Mönche, ist der fünfte den Kämpfern ähnliche Mensch,
der unter den Mönchen anzutreffen ist.
Diese fünf den Kämpfern ähnliche Menschen, ihr
Mönche, sind unter den Mönchen anzutreffen.
Der Kämpfer 76
Folgende fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der
Welt anzutreffen: welche fünf?
Da, ihr Mönche, nimmt der Kämpfer Schwert und
Schild, gürtet sich Köcher und Bogen um und zieht
kampfgerüstet ins Treffen hinaus; und in jenem Treffen
bekundet er Mut und Tapferkeit. Während er aber
mutig und tapfer kämpft, töten und vernichten ihn die
Feinde. So, ihr Mönche, steht es mit dem einen
Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der erste Kämpfer,
der in der Welt anzutreffen ist.
— 91 —
V 7(5 DIE REDEN DES BUDDHA
Oder: — während er mutig und tapfer kämpft,
bringen die Feinde dem Kämpfer eine Verletzung bei;
und man füfirt ihn ab und geleitet ihn zu seinen An-
gehörigen. Während er aber zu seinen Angehörigen
geleitet wird, und noch bevor er dieselben erreicht,
ereilt ihn auf dem Wege dorthin der Tod. So, ihr
Mönche, steht es mit einem anderen Kämpfer. Das
aber, ihr Mönche, ist der zweite Kämpfer, der in der
Welt anzutreffen ist.
Oder: — die Angehörigen warten dem Kämpfer
auf und pflegen ihn. Während ihm aber seine An-
gehörigen aufwarten und ihn pflegen, erliegt er eben
jener Verletzung. So, ihr Mönche, steht es mit einem
anderen Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der
dritte Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.
Oder: — während dem Kämpfer die Angehörigen
aufwarten und ihn pflegen, genest er von eben jener
Verletzung. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen
Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der Vierte Kämpfer,
der in der Welt anzutreffen ist.
Oder: — er gewinnt den Kampf und Verbleibt
als Sieger auf jenem Schlachtfelde. So, ihr Mönche,
steht es mit einem anderen Kämpfer. Das aber, ihr
Mönche, ist der fünfte Kämpfer, der in der Welt an-
zutreffen ist.
Diese fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der Welt
anzutreffen. Ebenso auch, ihr Mönche, sind unter den
Mönchen fünf den Kämpfern ähnliche Menschen an-
zutreffen: welche fünf?
Da, ihr Mönche, wohnt ein Mönch in der Nähe
eines Dorfes oder einer Stadt. In der Frühe kleidet
er sich an, nimmt Gewand und Schale und geht in
— 92 -
FÜNFERBUCH V 76
eben jenes Dorf oder jene Stadt um Almosen, ohne
zu wachen über Körper, Worte und Gedanken, nicht
gewärtig der Achtsamkeit, mit ungezügelten Sinnen.
Dort erblickt er ein Weib, halb bekleidet, spärlich
verhüllt. Bei ihrem Anblicke aber quält die Begierde
sein Herz. Und giergequälten Herzens verübt er,
ohne das Asketenleben aufzugeben und seine Schwäche
zu bekennen, den Begattungsakt. Jenen Kämpfer aber,
ihr Mönche, den die Feinde töten und Vernichten,
dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. So, ihr
Mönche, steht es mit dem einen Mönche. Das aber,
ihr Mönche, ist der erste dem Kämpfer ähnliche Mensch,
der unter den Mönchen anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: da ist der Mönch gier-
gequälten Herzens, wird von körperlichen und geistigen
Qualen verzehrt. Der sagt sich: >So laß mich denn
zum Kloster gehen und den Mönchen mitteilen, daß
ich von Gier besessen, von Gier verzehrt bin; daß ich
nicht länger den keuschen Wandel aushalte, daß ich
hiermit meine Unfähigkeit zur Askese bekenne, und
ich die Askese aufgeben und zum niederen Weltleben
zurückkehren will.« Während er sich aber auf dem
Wege zum Kloster befindet, und noch bevor er das
Kloster erreicht, bekennt er schon unterwegs seine
Unfähigkeit zur Askese, gibt die Askese auf und kehrt
zum niederen Weltleben zurück. Jenem Kämpfer
aber, ihr Mönche, dem die Feinde eine Verletzung
beibringen und der abgeführt und zu seinen An-
gehörigen geführt wird und, noch bevor er seine An-
gehörigen erreicht, bereits unterwegs den Tod erleidet,
dem ähnlich, ihr Mönche, nenne ich diesen Menschen.
So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Mönche.
93
V76 DIE REDEN DES BUDDHA
Das aber, ihr Mönche, ist der zweite dem Kämpfer ähn-
liche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: — da begibt sich der
Mönch ins Kloster und spricht zu den Mönchen: »Von
Gier besessen bin ich, ihr Brüder, werde von Gier
verzehrt. Nicht kann ich länger den keuschen Wan-
del aushalten. Ich bekenne euch hiermit meine Un-
fähigkeit zur Askese, und will die Askese aufgeben
und zum niederen Weltleben zurückkehren.« Seine
Ordensbrüder aber ermahnen und belehren ihn: »Un-
befriedigend sind die Begierden, hat der Erhabene ge-
sagt, 0 Bruder, Voller Leiden und Qualen; mehr Elend
steckt darin. Einem Knochenskelette gleichen die Be-
gierden, — Fleischfetzen gleichen die Begierden, —
einer Grube voll glühender Kohlen gleichen die Be-
gierden, — Traumbildern gleichen die Begierden, —
Betteleien gleichen die Begierden, — Baumfrüchten
gleichen die Begierden, — einer Schlachtbank glei-
chen die Begierden, — Schwerterspitzen gleichen die
Begierden, — Lanzenspitzen gleichen die Begierden,
— Schlangenköpfen gleichen die Begierden, sind
voller Leiden und Qualen; mehr Elend steckt darin.
Möge doch der Ehrwürdige am keuschen Wandel
Gefallen finden! Möge er sich nicht als unfähig zur
Askese erklären, nicht die Askese aufgeben und zum
niederen Weltleben zurückkehren!« Von seinen Or-
densbrüdern also ermahnt und belehrt, spricht er:
»Wohl hat, ihr Brüder, der Erhabene erklärt, daß die
Begierden unbefriedigt sind, voller Leiden und Qualen,
und daß mehr Elend darin steckt; doch das keusche
Leben halte ich nicht länger aus. Ich bekenne euch
somit meine Unfähigkeit zur Askese, gebe die Askese
— 94 —
FÜNFERBUCH V 76
auf und kehre zum niederen Weltleben zurück. Und er
bekennt seine Unfähigkeit zur Askese, gibt die As-
kese auf und kehrt zum niederen Weltleben zurück.
Jenem Kämpfer aber, ihr Mönche, der trotz der Auf-
wartung und Pflege seitens seiner Angehörigen seiner
Verletzung erliegt, dem ähnlich, ihr Mönche, nenne
ich diesen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit
einem anderen Mönche. Das aber, ihr Mönche, ist
der dritte dem Kämpfer ähnliche Mensch, der unter
den Mönchen anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: — Von seinen Ordens-
brüdern ermahnt und belehrt, erwidert der Mönch also:
»Standhaft will ich bleiben, ihr Brüder! Kämpfen will
ich, ihr Brüder! Begeisterung will ich haben, ihr Brü-
der! Nicht will ich nunmehr, ihr Brüder, mich als
unfähig zur Askese erklären, die Askese aufgeben
und zum niederen Weltleben zurückkehren.« Jenem
Kämpfer aber, ihr Mönche, der unter Aufwartung und
Pflege seitens seiner Angehörigen von seiner Ver-
letzung genest, dem ähnlich, ihr Mönche, nenne ich
diesen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit einem
anderen Mönche. Das aber, ihr Mönche, ist der vierte
dem Kämpfer ähnliche Mensch, der unter den Mön-
chen anzutreffen ist.
Fernerhin, ihr Mönche: — da lebt der Mönch in
der Nähe eines Dorfes oder einer Stadt. In der Frühe
kleidet er sich an, nimmt Gewand und Schale und
geht in eben jenes Dorf oder jene Stadt um Almosen,
wachend über Körper, Worte und Gedanken, gewärtig
der Achtsamkeit, sinnengezügelt. Erblickt er nun mit
dem Auge eine Form, so haftet er weder am Ganzen
noch an den Einzelheiten. Da, unbewachten Auges
— 95 —
V 70 DIE REDEN DES BUDDHA
weilend, Begehrsucht und Kummer, üble, schuldvolle
Dinge in ihm eindringen möchten, so befleißigt er sich
dessen Bewachung, trübet er das Auge, hält er das
Auge im Zaume. Vernimmt er mit dem Ohre einen
Ton, — riecht er mit der Nase einen Duft, — schmeckt
er mit der Zunge einen Saft, — fühlt er mit dem
Körper ein Tastobjekt, bekennt er im Geiste ein Ding,
so haftet er weder am Ganzen, noch an den Einzel-,
heiten. Da, unbewachten Geistes weilend, Begehr-
sucht und Kummer, üble, schuldvolle Dinge in ihm
eindringen möchten, so befleißigt er sich dessen Be-
wachung, hütet er den Geist, hält er den Geist im
Zaume.
Am Nachmittage, nachdem er Vom Almosengange
zurück ist, wählt er sich ein abgeschiedenes Lager
im Walde, am Fuße eines Baumes, auf einem Berge,
in einer Kluft, einer Felsenhöhle, auf dem Leichenfelde,
im Waldesdickicht, unter freiem Himmel oder auf
einem Strohhaufen. Mit gekreuzten Beinen setzt er
sich nieder, den Körper gerade aufgerichtet, die Acht-
samkeit gewärtig.
Weltliche Begierde hat er Verworfen; begierde-
losen Herzens verweilt er; von Begierde läutert er
sein Herz.
Groll und Mißmut hat er verworfen; sein Herz
ist frei Von Groll; auf das Wohl aller lebenden Wesen
bedacht, läutert er sein Herz von Groll und Mißmut.
Schlaffheit und Mattheit hat er verworfen; frei
Von Schlaffheit und Mattheit verweilt er; hellen Geistes,
achtsam, klarbewußt, läutert er sein Herz Von Schlaff-
heit und Mattheit.
Aufregung und Gewissensunruhe hat er verworfen;
9G -
FÜNFERBUCH V 76
frei von Unruhe verweilt er; von innerem Frieden er-
füllt, läutert er sein Herz Von Aufregung und Gewissens-
unruhe.
Zweifelsucht hat er verworfen; zweifelentsonnen
Verweilt er; er zweifelt nicht am Guten, läutert sein
Herz von Zweifelsucht.
Er hat nun diese fünf Hemmungen beseitigt, die Be-
fleckung des Geistes kennen gelernt, die lähmenden.
Den Sinnendingen entrückt, entrückt den schuld-
vollen Erscheinungen, gewinnt er die mit Sinnen und
Nachdenken verbundene, in der Entrückung geborene,
von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte erste
Vertiefung (jhäna). Nach dem Schwinden des Sinnens
und Nachdenkens aber gewinnt er den inneren Frieden,
die Einheit des Geistes, die Von Sinnen und Nach-
denken freie, in der Sammlung geborene, von Ver-
zückung und Glückseligkeit erfüllte zweite Ver-
tiefung. Nach Abwendung von der Verzückung aber
Verweilt er gleichmütig, achtsam, geistesklar; und er
fühlt in sich jenes Glück, von dem die Edlen sprechen:
»Glückselig der Gleichmütige, der Achtsame!« — so
gewinnt er die dritte Vertiefung. Nach dem Schwinden
von Wohlgefühl und Schmerz aber und durch Über-
windung des früheren Frohsinns und Trübsinns ge-
winnt er einen leidlosen, freudlosen Zustand, die durch
Gleichmut und Achtsamkeit geklärte vierte Vertiefung.
Also im Geiste gesammelt, geläutert, fleckenlos,
ungetrübt, nachgiebig, geschmeidig, fest, unerschütter-
lich, richtet er seinen Geist auf die Erkenntnis der
Versiegung der Leidenschaften: »Dies ist das Leiden«
- erkennt er der Wirklichkeit gemäß. »Dies ist die
DieRpdendesBiidd1ia.nd.il - 97 — <
Y 11 DIE REDEN DES BUDDHA
Entstehung des Leidens« — erkennt er der Wirklich-
keit gemäß. »Dies ist die Aufhebung des Leidens«
— erkennt er der WirkHchkeit gemäß. »Dies ist der
zur Aufhebung des Leidens führende Pfad« — erkennt
er der Wirklichkeit gemäß.
Also erkennend, also schauend, wird sein Herz
erlöst von der sinnlichen Leidenschaft, erlöst Von der
Daseinsleidenschaft, erlöst von der Leidenschaft der
Unwissenheit. Und im Erlösten steiget die Erkennt-
nis auf: :^Erlöst bin ich!« Versiegt ist die Geburt,
erfüllt die Heiligkeit, das Werk vollbracht und nichts
mehr bleibt für diese Welt«: also erkennt er. Jenen
Kämpfer aber, ihr Mönche, der den Kampf gewinnt
und als Sieger auf eben jenem Schlachtfelde Verbleibt;
dem ähnlich, ihr Mönche, nenne ich diesen Menschen.
So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Mönche.
Das aber, ihr Mönche, ist der fünfte, dem Kämpfer
ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.
Diese fünf den Kämpfern ähnliche Menschen, ihr
Mönche, sind unter den Mönchen anzutreffen.
77 Gefahren für den Waldasketen
Angesichts folgender fünf drohender Gefahren, ihr
Mönche, sollte der im Walde lebende Mönch eifrig,
unermüdlich, selbstentschlossen verharren, um das
Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu errin-
gen, das Unverwirkfichte zu Verwirklichen. Und wel-
ches sind diese fünf Gefahren?
Da, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Ich lebe
da allein im Walde. Und während ich allein im Walde
lebe, mag mich eine Schlange beißen, oder ein Skor-
— 98 -
FÜNFERBUCH Y 77
pion oder Hundertfuß mag mich stechen, und so möchte
ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich
ein Hindernis. So laß mich denn meine Willenskraft
daran setzen, um das Unerreichte zu erreichen, das
Unerrungene zu erringen, das Unverwjrklichte zu ver-
wirklichen!« Das, ihr Mönche, ist die erste drohende
Gefahr.
Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: >Ich
lebe aHein im Walde. Und während ich allein im
Walde lebe, möchte ich einmal straucheln und hin-
fallen, oder die Speise möchte mir schlecht bekommen,
oder Galle, Schleim oder stechende Gase möchten
erregt werden; und dadurch möchte ich ums Leben
kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis. —
Jungen Burschen, die zur Arbeit gehen oder von der
Arbeit kommen, möchte ich begegnen. Die möchten
mich des Lebens berauben; durch sie möchte ich ums
Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hinder-
nis. — Auch wilde Unholde hausen im Walde. Die
möchten mich des Lebens berauben; durch sie möchte
ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich
ein Hindernis. So lasse mich denn meine Willenskraft
daran setzen, um das Unerreichte zu erreichen, das
Unerrungene zu erringen, das Unverwirklichte zu ver-
wirklichen!« Das, ihr Mönche, ist die fünfte drohende
Gefahr.
Angesichts dieser fünf drohenden Gefahren, ihr
Mönche, sollte der im Walde lebende Mönch eifrig,
unermüdlich, selbstentschlossen verharren, um das
Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen,
das Unverwirklichte zu verwirklichen.
99
t :*8 DIE REDEN DES BUDDHA
78 Drohende Gefahren für den Mönch
Angesichts folgender fünf drohender Gefahren, ihr
Mönche, sollte der Mönch eifrig, unermüdlich, selbst-
entschlossen Verharren, um das Unerreichte zu er-
reichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirk-
lichte zu verwirklichen. Und welches sind diese fünf
Gefahren ?
Da, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Noch bin
ich jung, jung an Jahren, ein Jüngling, dunkelhaarig,
in der besten Jugend, im ersten Mannesalter. Einst je-
doch kommt eine Zeit, wo diesen Körper das Alter be-
fällt. Für einen aber, der alt ist, Vom Alter gebeugt, ist es
nicht leicht, die Weisung des Erleuchteten zu beachten,
nicht leicht, imWaldein waldeinsamen, abgeschiedenen
Behausungen zu leben. Bevor mich also jener uner-
wünschte, unliebsame, unangenehme Zustand ereilt,
will ich schon vorher meine Willenskraft daransetzen,
um das Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene
zu erringen, das Unverwirklichte zu verwirklichen, in
dessen Besitze ich dann selbst noch im Alter glück-
lich leben werde!« Das, ihr Mönche, ist die erste
drohende Gefahr.
Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch:
»Noch bin ich gesund, frei von Siechtum; meine Säfte
bewirken eine gleichmäßige Verdauung, sind weder
zu kalt noch zu heiß, sondern besitzen mittlere Wärme
und machen mich dem Kampfe gewachsen. Einst
jedoch kommt eine Zeit, wo diesen Körper Krankheit
befällt. Für einen Kranken aber. Von Krankheit Be-
drückten ist es nicht leicht, die Weisung des Erleuchteten
zu beachten, nicht leicht, im Walde in waldeinsamen,
abgeschiedenen Behausungen zu leben. Bevor mich
100 —
FUNFERBUCH V 78
also jener unerwünschte, unliebsame, unangenehme
Zustand ereilt, will ich schon Vorher meine Willens-
kraft daransetzen, um das Unerreichte zu erreichen,
das Unerrungene zu erringen, das UnVerwirklichte zu
verwirklichen, in dessen Besitze ich dann selbst während
der Krankheit glücklich leben werde!« Das, ihr Mönche,
ist die zweite drohende Gefahr.
Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch:
»Gegenwärtig gibt es Nahrungsüberfluß und gute Ernte,
und leicht ist es, Almosen zu erhalten und durch
Almosen und Gaben das Leben zu fristen. Einst
jedoch kommt eine Zeit, wo Nahrungsnot und schlechte
Ernte eintritt, und wo es schwer ist, Almosen zu er-
langen und durch Almosen und Gaben das Leben zu
fristen. Bei Nahrungsnot aber begeben sich die Men-
schen dorthin, wo Nahrungsüberfluß herrscht. Dort
aber lebt man in Gesellschaft, lebt man gedrängt zu-
sammen. Lebt man aber in Gesellschaft und gedrängt
zusammen, so ist es nicht leicht, die Weisung des Er-
leuchteten zu beachten, nicht leicht, im Walde in
waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu leben.
Bevor mich also jener unerwünschte, unliebsame, un-
angenehme Zustand ereilt, will ich schon vorher meine
Willenskraft daransetzen, um das Unerreichte zu er-
reichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirk-
lichte zu verwirklichen, in dessen Besitze ich dann
selbst während der Nahrungsnot glücklich leben werde!«
Das, ihr Mönche, ist die dritte drohende Gefahr.
Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch:
»Gegenwärtig leben die Menschen in Eintracht und
Freundschaft, ohne Streit, haben ein mildes Wesen
und begegnen einander mit freundlichen Blicken. Es
- 101
V 7S Din REDFN DES BUDDHA
kommt jedoch eine Zeit, wo Gefahr droht und Auf-
ruhr unter der Gebirgsbevölkerung und die Bewohner
des Landes auf Wagen umhereilen. Zur Zeit der Ge-
fahr aber begeben sich die Menschen an einen ge-
sicherten Ort. Dort aber lebt man in Gesellschaft,
lebt man gedrängt zusammen. Lebt man aber in Ge-
sellschaft und gedrängt zusammen, so ist es nicht leicht,
die Weisung des Erleuchteten zu beachten, nicht leicht,
im Walde in waldeinsamen, abgeschiedenen Behau-
sungen zu leben. Bevor mich also, jener unerwünschte,
unliebsame, unangenehme Zustand ereilt, will ich schon
Vorher meine Willenskraft daransetzen, um das Uner-
reichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das
Unverwirklichte zu verwirklichen, in dessen Besitze ich
dann selbst während der Gefahr glücklich leben werde!«
Das, ihr Mönche, ist die Vierte drohende Gefahr.
Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch:
»Gegenwärtig lebt die Jüngerschaft in Frieden, Voll
Eintracht und Liebe, ohne Streit und befolgt ein und
dieselben Vorschriften. Es kommt jedoch eine Zeit,
wo die Jüngerschaft gespalten ist. Ist aber die Jünger-
schaft gespalten, so ist es nicht leicht, die Weisung
des Erleuchteten zu beachten, nicht leicht, im Walde
in waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu
leben. Bevor mich also jener unerwünschte, unlieb-
same, unangenehme Zustand ereilt, will ich schon vor-
her meine Willenskraft daransetzen, um das Uner-
reichte zu erreichen, das Unerrungene zu, erringen,
das Unverwirklichte zu Verwirklichen, in dessen Besitze
ich dann, selbst während die Jüngerschaft gespalten
ist, glücklich leben werde!« Das, ihr Mönche, ist die
fünfte drohende Gefahr.
- 102 —
FÜNFERBUCH V 79
Angesichts dieser fünf drohenden Gefahren, ihr
Mönche, sollte der Mönch eifrig, unermüdlich, selbst-
entschlossen verharren, um das Unerreichte zu er-
reichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirk-
lichte zu verwirklichen.
Drohende Gefahren für den Orden 79
Fünf drohende Gefahren, ihr Mönche, gegen-
wärtig noch nicht entstanden, werden dereinst ent-
stehen. Jene sollt ihr erkennen; und habt ihr sie
erkannt, so sollt ihr nach deren Überkommung streben.
Welches aber sind diese fünf?
Einst, ihr Mönche, in späteren Zeiten wird es
Mönche geben, die ohne körperliche Zucht sind und
unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste und in Einsicht.
Ohne körperliche Zucht und unentwickelt in Sittlich-
keit, im Geiste und in Einsicht, werden sie andere als
Mönche aufnehmen («). Aber nicht werden sie imstande
sein, dieselben in hoher Sittlichkeit, hoher Geistig-
keit und hoher Einsicht iß) zu erziehen. So werden
auch diese wieder ohne körperliche Zucht sein und
unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste und in Einsicht.
Ohne körperliche Zucht und unentwickelt in Sittlich-
keit, im Geiste und in Einsicht, werden auch diese
wieder andere als Mönche aufnehmen. Und auch sie
werden nicht imstande sein, diese in hoher Sittlich-
keit, hoher Geistigkeit und hoher Einsicht zu erziehen.
So werden ebenfalls diese wieder ohne körperliche
(«) Nur ein Mönch (bhikkhu) mit zehnjähriger Ordens-
angehörigkeit, d. i. ein Thera (wörtl. Älterer) kann im Verein mit vier
anderen Mönchen die Bhikkhuweihe (upasämpadä) erteilen.
iß) D. i. adhi-sila, adhi-citta und adhi-paiiüä.
— 103 —
V 71) Dlh REDEN DES BUDDHA
Zucht sein und unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste
und in Einsicht. Auf diese Weise, ihr Mönche, kommt
es durch den Zerfall des Gesetzes (dhamma) zum
Zerfalle der Ordensdisziplin (Vinaya) und durch den
Zerfall der Ordensdisziplin zum Zerfalle des Gesetzes.
Das, ihr Mönche, ist die erste drohende Gefahr.
Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten
Mönche geben, die ohne körperliche Zucht sind und
unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste und in Einsicht;
und ohne körperliche Zucht und unentwickelt in Sitt-
lichkeit, im Geiste und in Einsicht gewähren sie anderen
ihren »Beistand« (nissaya) («), — oder beim Vor-
trage hoher Gesetze und Erklärungen werden sie die
bösen Dinge, auf die sie verfallen, nicht erkennen, —
oder, wenn jene vom Vollendeten verkündeten Ge-
setze vorgetragen werden, jene tiefen, tiefsinnigen,
überweltlichen, die von der Nichtigkeit handeln, so
horchen die Mönche nicht gern zu, leihen kein Ge-
hör, machen ihren Geist nicht dem Verständnisse der-
selben zugängig und glauben, jene Dinge nicht lernen
und sich aneignen zu müssen. Werden dagegen jene
von den Dichtern verfaßten Dichtungen vorgetragen,
jene schönklingenden, schöngeistigen, äußerlichen. Von
den Anhängern gelehrten, so horchen die Mönche
gerne zu, leihen Gehör, machen ihren Geist dem Ver-
(a) Jeder Mönch (bhikkhu) hat die fünf ersten Jahre seiner
Ordensangehörigkeit in Abhängigkeit seines Beraters (upajjhäya),
oder, wenn dieser abwesend oder gestorben ist, in Abhängigkeit
irgend eines von ihm selber gewählten Ordens älteren (thera)
zu leben. Letzterer ist also der Vertreter, bzw. Nachfolger, des Be-
raters, wird aber niemals als upajjhäya, sondern stets bloß als nissaya
(Beistand) bezeichnet.
— 104 —
FÜNFERBUCH V 80
Ständnisse derselben zugängig und glauben, jene Dinge
lernen und sich aneignen zu müssen. —
— Oder sie sind als ältere Mönche der Üppig-
keit ergeben, schlaffe Menschen, vor allem die Gesellig-
keit suchend und die Einsamkeit als Last Verwerfend;
und sie strengen ihre Willenskraft nicht an, um das
Unerlangte zu erlangen, das Unerreichte zu erreichen,
das Unverwirklichte zu verwirklichen. Auf diese Weise,
ihr Mönche, kommt es durch den Zerfall des Ge-
setzes zum Zerfalle der Ordensdisziplin und durch
den Zerfall der Ordensdisziplin zum Zerfalle des Ge-
setzes. Das, ihr Mönche, ist die fünfte drohende
Gefahr.
Diese fünf drohenden Gefahren, ihr Mönche,
gegenwärtig noch nicht entstanden, werden dereinst
entstehen. Jene sollt ihr erkennen; und habt ihr sie
erkannt, so sollt ihr nach deren Überkommung streben.
Drohende Gefahren für den Mönch so
Fünf drohende Gefahren, ihr Mönche, gegenwärtig
noch nicht entstanden, werden dereinst entstehen. Jene
sollt ihr erkennen; und habt ihr sie erkannt, so sollt
ihr nach deren Überkommung streben. Welches aber
sind diese fünf?
Einst, ihr Mönche, in späteren Zeiten wird es
Mönche geben, die nach guten Gewändern begehren;
und indem sie nach guten Gewändern begehren, meiden
sie die Fetzenkleidung, meiden sie die waldeinsamen,
abgeschiedenen Behausungen im Walde und begeben
sich nach dem Dorfe oder der Stadt oder der könig-
lichen Residenz. Dort nehmen sie ihren Aufenthalt,
und um des Gewandes willen benehmen sie sich in
— 105 —
V, so DIE REDEN DES BUDDHA
Vielerlei Weise aufdringlich und ungehörig. Das, ihr
Mönche, ist die erste drohende Gefahr.
Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten
Mönche geben, die nach guter Almosenspeise be-
gehren; und indem sie nach guter Almosenspeise be-
gehren, meiden sie den Almosengang, meiden sie die
waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen im Walde
und begeben sich nach dem Dorfe oder der Stadt oder
der königlichen Residenz. Dort nehmen sie ihren
Aufenthalt, indem sie nach leckeren Bissen spähen («).
Um der Almosenspeise willen aber benehmen sie sich
in vielerlei Weise aufdringlich und ungehörig. Das,
ihr Mönche, ist die zweite drohende Gefahr.
Ferner, ihr Mönche, Wird es in späteren Zeiten
Mönche geben, die nach guten Wohnstätten begehren;
und indem sie nach guten Wohnstätten begehren,
meiden sie das Wohnen am Fuße eines Baumes,
meiden sie waldeinsame, abgeschiedene Behausungen
im Walde und begeben sich nach dem Dorfe oder der
Stadt oder der königlichen Residenz, um dortselbst
ihren Aufenthalt zu nehmen. Um der Wohnstätte willen
aber benehmen sie sich in vielerlei Weise aufdring-
lich und ungehörig. Das, ihr Mönche, ist die dritte
drohende Gefahr.
Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten
Mönche geben, die in Gesellschaft Von Nonnen,
Schülerinnen und Asketenzöglingen (ß) leben. Da sie
aber in Gesellschaft von Nonnen, Schülerinnen und
Asketenzöglingen leben, steht zu erwarten, daß sie
entweder ohne Begeisterung den heiligen Wandel
(rt) Wörtl: mit der Zungenspitze die besten Säfte suchend.
iß) bhikkhunl, sikkhamänä und saman'uddesä.
— 106 -
FÜNFERBUCH V SO
führen oder sich eines schmutzigen Vergehens schul-
dig machen oder die Askese aufgeben und zum
niederen Wehleben zurückkehren werden. Das, ihr
Mönche, ist die vierte drohende Gefahr.
Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten
Mönche geben, die in Gesellschaft Von Klosterdienern
(«) und Asketenzöglingen leben; und indem sie, ihr
Mönche, in Gesellschaft von Klosterdienern und
Asketenzöglingen leben, steht zu erwarten, daß sie
mit vielerlei aufgespeicherten Schätzen sich zu schaffen
machen und Arbeiten an Grund und Boden vornehmen
lassen. Das, ihr Mönche, ist die fünfte drohende
Gefahr.
Diese fünf drohenden Gefahren, ihr Mönche,
gegenwärtig noch nicht entstanden werden dereinst
entstehen. Jene sollt ihr erkennen; und habt ihr sie
erkannt, so sollt ihr nach deren Überkommung streben.
(rt) ärämika, im weitesten Sinne jeder, der in einem Äränia
(Kloster) wohnt, als KI oster insasse, Klosterbewohner.
— 1U7
V 81, S2, S3, DIE REDEN DES BUDDHA 84, 85, (8J)
NEUNTER TEIL:
Das Kapitel der Ordensälteren
81 Gründe des Beliebtseins und tlnbeliebtseins
Insofern, ihr Mönche, ein älterer Mönch fünf
Eigenschaften besitzt, Wird er Von seinen Ordens-
brüdern nicht geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt:
welche fünf?
Wenn er bei giererregenden Dingen in Gier ge-
rät, bei haßerregenden Dingen in Haß gerät, bei
verblendenden Dingen in Verblendung gerät, bei zorn-
erregenden Dingen in Zorn gerät und bei wahnerregen-
den Dingen in Wahn gerät.
82 — Wenn er nicht frei ist von Gier, Haß, Ver-
blendung, Heuchelei und Neid.
83 — Wenn er ein Betrüger ist, ein Schmeichler,
Zeichendeuter, Gaukler und immer nach Geschenken
giert.
84 — Wenn er vertrauenslos ist, schamlos, gewissen-
los, träge und töricht.
85 — Wenn er nicht standhaft bleibt bei Gestalten,
Tönen, Düften, Geschmacksempfindungen und Be-
rührungen. Insofern, ihr Mönche, ein älterer Mönch
diese fünf Eigenschaften besitzt, wird er von seinen
Ordensbrüdern nicht geliebt, geschätzt, geachtet und
geehrt.
(81) Insofern aber, ihr Mönche, ein älterer Mönch
folgende fünf Eigenschaften besitzt, wird er Von seinen
Ordensbrüdern geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt:
welche fünf?
— 108 —
►
Y (82), (83), FÜNFERBUCH (nA), (85), 80, 8t
Wenn er bei giererregenden Dingen nicht in Gier
gerät, bei haßerregenden Dingen nicht in Haß gerät,
bei verblendenden Dingen nicht in Verblendung gerät,
bei zornerregenden Dingen nicht in Zorn gerät und
bei wahnerregenden Dingen nicht in Wahn gerät.
— Wenn er frei ist von Gier, Haß, Verblendung, (82)
Heuchelei und Neid.
— Wenn er kein Betrüger ist, kein Schmeichler, (83)
Zeichendeuter, Gaukler und nicht nach Geschenken
giert.
— Wenn er Vertrauen besitzt, Schamgefühl, Ge- (84)
wissen, Willenskraft und Einsicht.
— Wenn er standhaft bleibt bei Gestalten, Tönen, (85)
Düften, Geschmacksempfindungen und Berührungen.
— Wenn er das Analytische Wissen der wahren 86
Bedeutung, das Analytische Wissen des Gesetzes,
das Analytische Wissen der Sprache und das Analy-
tische Wissen der Darlegung («) besitzt und er in
allen den kleinen und großen Pflichten gegen seine
Ordensbrüder tüchtig und eifrig ist, sich dabei auf
die richtigen Mittel versteht, zu handeln und anzu-
ordnen.
— Wenn ihm Sittlichkeit eignet, ein großes Wissen 87
eignet, edle Rede eignet, er der vier Vertiefungen teil-
haftig wird und schon bei Lebzeiten die Oemüts-
erlösung und Wissenserlösung selber erkannt, ver-
wirklicht und sich zu eigen gemacht hat.
(«) attha-patisambhidä, dhamma-patisambhidä, niriiüi-pati-
sanibhidä und patibhäna-patisämbhidä.
109
V88 DIE REDEN DES BUDDHA
88 Der Einfluß des Ordensälteren
Sind, ihr Mönciie, bei einem älteren Mönche fünf
Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen zum Schaden,
Vielen zum Unglück, Vielen zum Verderben, zum
Unheil und Leiden der Himmelswesen und Menschen:
welche fünf?
Da, ihr Mönche, blickt der ältere Mönch auf viele
Ordensjahre zurück, ist schon vor langem in die Haus-
losigkeit gezogen. Er ist bekannt, besitzt Ansehen
und eine große Anhängerschaft unter Mönchen wie
Hausleuten. Er wird beschenkt mit Gewand, Almosen-
speise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und
Arzneien. Er ist wissensreich, ein Träger des Wissens,
hat sich ein großes Wissen angesammelt. Jene Ge-
setze, die im Anfang erhaben, in der Mitte erhaben
und im Ausgange erhaben sind, dem Sinne wie dem
Wortlaute nach, und das ganz und gar vollkommene,
geläuterte Heilige Leben lehren, solcher Gesetze hat
er viele vernommen, sich eingeprägt, in Worten ge-
merkt, im Geiste erwogen, mit Erkenntnis wohl durch-
drungen. Er besitzt aber verkehrte Ansichten, ver-
kehrte Anschauungen, bringt Viele Vom Guten ab und
befestigt sie im Bösen.
Seinem Beispiele aber folgt man, denn man sagt
sich, daß er als älterer Mönch auf viele Ordensjahre
zurückblickt und schon vor langem in die Hauslosig-
keit gezogen ist; daß er bekannt ist. Ansehen und
große Anhängerschaft unter Mönchen wie Hausleuten
besitzt; daß er beschenkt wird mit Gewand, Almosen-
speise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und
Arzneien; daß er Wissensreich ist, ein Träger des
Wissens, sich ein großes Wissen angesammelt hat.
— 110 -
FÜNFERBUCH V 88
Sind, ihr Mönche, bei einem älteren Mönche diese
fünf Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen zum
Schaden, Vielen zum Unglück, Vielen zum Verderben,
zum Unheil und Leiden der Himmelswesen und
Menschen.
Sind aber, ihr Mönche, bei einem älteren Mönche
folgende fünf Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen
zum Nutzen, Vielen zum Glücke, Vielen zum Segen,
zum Heil und Wohl der Himmelswesen und Menschen:
welche fünf?
Da, ihr Mönche, blickt der ältere Mönch auf
Viele Ordensjahre zurück, ist schon Vor langem in
die Hauslosigkeit gezogen. Er ist bekannt, besitzt
Ansehen und eine große Anhängerschaft unter Mönchen
wie Hausleuten. Er wird beschenkt mit Gewand,
Almosenspeise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln
und Arzneien. Er ist wissensreich, ein Träger des
Wissens, hat sich ein großes Wissen angesammelt.
Jene Gesetze, die im Anfang erhaben, in der Mitte
erhaben und im Ausgange erhaben sind, dem Sinne
wie dem Wortlaute nach, und das ganz und gar Voll-
kommene, geläuterte Heilige Leben lehren, solcher
Gesetze hat er Viele vernommen, sich eingeprägt, in
Worten gemerkt, im Geiste erwogen, mit Erkenntnis
wohl durchdrungen. Er besitzt rechte Ansichten und
unverdorbene Anschauungen, bringt Viele vom Bösen
ab und befestigt sie im Guten.
Seinem Beispiele aber folgt man, denn man sagt
sich, daß er als älterer Mönch auf viele Ordensjahre
zurückblickt und schon vor langem in die Hauslosig-
keit gezogen ist; daß er bekannt ist. Ansehen und
große Anhängerschaft unter Mönchen wie Hausleuten
111
V st), 90 DIE REDEN DES BUDDHA
besitzt; daß er beschenkt wird mit Gewand, Almosen-
speise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und
Arzneien; daß er wissensreich ist, ein Träger des
Wissens, sich ein großes Wissen angesammelt hat.
Sind, ihr Mönche, bei einem älteren Mönche diese
fünf Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen zum
Nutzen, vielen zum Glücke, Vielen zum Segen, zum
Heil und Wohl der Himmelswesen und Menschen.
89 Nachteilige Dinge
(1)
Fünf Dinge, ihr Mönche, gereichen dem kampfes-
fähigen Mönche zum Nachteil: welche fünf?
Gefallen an körperlicher Arbeit, Gefallen am
Plaudern, Gefallen am Schlafen, Gefallen an Gesellig-
keit und nicht bedenken, wie das Herz Befreiung findet.
Diese fünf Dinge, ihr Mönche, gereichen dem kampfes-
fähigen Mönche zum Nachteil.
90 Nachteilige Dinge
(2)
Fünf Umstände, ihr Mönche, gereichen dem
kampfesfähigen Mönche zum Nachteil: welche fünf?
Da, ihr Mönche, ist der kampfesfähige Mönch
Viel geschäftig, hat Viel zu tun, ist in allen Geschäften
bewandert; und er meidet die Abgeschiedenheit, übt
keine innere Gemütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der
erste Umstand, der dem kampfesfähigen Mönche zum
Nachteil gereicht.
Und ferner, ihr Mönche: da Verbringt der kämpf es-
fiihige Mönch mit einer nichtigen Arbeit den ganzen
Tag; und er meidet die Abgeschiedenheit, übt keine
- 112 - '
FUNFERBUCH V 90
innere Gemütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der zweite
Umstand, der dem l<ampfesfähigen Mönche zum Nach-
teil gereicht.
Und ferner, ihr Mönche: da lebt der kampfes-
fähige Mönch in Gesellschaft Von Hausleuten und
Mönchen, in verkehrter Laiengesellschaft; und er
meidet die Abgeschiedenheit, übt keine innere Ge-
mütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der dritte Umstand,
der dem kämpfenden Mönche zum Nachteil gereicht.
Und ferner, ihr Mönche: da begibt sich der
kampfesfähige Mönch sehr früh ins Dorf und kehrt
erst nach der Mittagszeit zurück; und er meidet die
Abgeschiedenheit, übt keine innere Gemütsruhe. Das,
ihr Mönche, ist der vierte Umstand, der dem kämpfen-
den Mönche zum Nachteil gereicht.
Und ferner, ihr Mönche: was da diese läutern-
den, für die geistige Entfaltung so heilsamen Beleh-
rungen betrifft, als wie Belehrungen über Bedürfnis-
losigkeit, Zufriedenheit, Einsamkeit, Abgeschiedenheit,
Willenskraft, Sittlichkeit, Sammlung, Einsicht, Erlösung
und den Erkenntnisblick der Erlösung: alle solche
Belehrungen werden ihm nicht nach Wunsch, nicht
ohne Mühe und Anstrengung zuteil; und er meidet
die Abgeschiedenheit, übt keine innere Gemütsruhe.
Das, ihr Mönche, ist der fünfte Umstand, der dem
kämpfenden Mönche zum Nachteil gereicht.
Diese fünf Umstände, ihr Mönche, gereichen dem
kampfesfähigen Mönche zum Nachteil. —
Die Reden des Buddha. Bd. II — 113
T9J,V)2,93,94 DIE REDEN DES BUDDHA
ZEHNTER TEIL:
Das Kapitel des Kakudho
Fünferlei Schätze
91 Fünferlei Schätze (sampadä) («) gibt es, ihr Mönche :
den Schatz des Vertrauens, der Sittlichkeit, des Wissens,
der Freigebigkeit und der Einsicht; den Schatz der
92 Sittlichkeit, der Sammlung, der Einsicht, der Erlösung
und des Erkenntnisblickes der Erlösung.
93 Die Kundtuung Höchsten Wissens
Fünferlei Kundtuungen »Höchsten Wissens« (anfiä)
(ß) gibt es, ihr Mönche: welche fünf?
Aus Dummheit und Torheit mag da einer Höchstes
Wissen kundtun; in übler Absicht und aus Begehren
mag da einer Höchstes Wissen kundtun; infolge Von
Wahnsinn und geistiger Zerfahrenheit mag da einer
Höchstes Wissen kundtun; aus Selbstüberhebung mag
da einer Höchstes Wissen kundtun; der Wahrheit ent-
sprechend mag da einer Höchstes Wissen kundtun.
Diese fünferlei Kundtuungen Höchsten Wissens gibt
es, ihr Mönche.
94 Wohlsein
Fünf Arten des Wohlseins gibt es, ihr Mönche:
welche fünf?
Da, ihr Mönche, gewinnt der Mönch, den Sinnen-
dingen entrückt, entrückt den schuldvollen Erschei-
nungen, die mit Sinnen und Nachdenken verbundene,
(a) Wörtl. Erlangungen, Gewinne (sampadä).
iß) anfiä ist das dem Arahat (Heiligen) eigene Wissen.
— 114 -
FÜNFERBUCH T 95
in der Entrückung geborene, Von Verzückung und
Glückseligkeit erfüllte erste Vertiefung. Das, ihr
Mönche, ist die erste Art des Wohlseins.
Fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch nach
dem Schwinden des Sinnens und Nachdenkens den
inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von
Sinnen und Nachdenken freie, in der Sammlung ge- -
borene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte
zweite Vertiefung. Das, ihr Mönche, ist die zweite
Art des Wohlseins.
Fernerhin, ihr Mönche, verweilt der Mönch nach
Abwendung der Verzückung gleichmütig, achtsam,
geistesklar; und er fühlt in sich das Glück, Von
dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleichmütige,
der Achtsame!« — so gewinnt er die dritte Vertiefung.
Das, ihr Mönche, ist die dritte Art des Wohlseins.
Fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch nach
dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und
durch Überwindung des früheren Frohsinns und Trüb-
sinns einen leidlosen, freudlosen Zustand, die durch
Gleichmut und Achtsamkeit geklärte Vierte Vertiefung.
Das, ihr Mönche, ist die Vierte Art des Wohlseins.
Fernerhin, ihr Mönche, macht der Mönch, durch
Versiegung der Leidenschaften, noch bei Lebzeiten
die leidenschaftslose Gemütserlösung und Wissens-
erlösung sich zu eigen, indem er sie selber erkennt
und verwirklicht. Das, ihr Mönche, ist die fünfte Art des
Wohlseins.
Unerschütterlichkeit 95
(1)
Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche,
erreicht der Mönch in gar tlicht langer Zeit die
— 115 — 8*
T 96, 99 DIE REDEN DES BUDDHA
Unerschütterlichkeit (a). Und welches sind diese
fünf?
Das Analytische Wissen der wahren Bedeutung,
das Analytische Wissen des Gesetzes, das Analytische
Wissen der Sprache und das Analytische Wissen der
Darlegung.
96 Unerschütterlichkeit
(2)
Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, dringt
der Mönch, durch »Achtsamkeit bei Ein- und Aus-
atmung« (änäpäna-sati), in gar nicht langer Zeit durch
bis zur ünerschütterlichkeit. Und welches sind diese
fünf Dinge? -
Da, ihr Mönche, hat der Mönch wenig Bedürf-
. nisse, ist wenig geschäftig, leicht zu befriedigen und
bescheidet sich mit dem, was zum Leben nötig ist.
Er begnügt sich mit wenig Speise, ist dem leiblichen
Genüsse nicht zugetan. Er schläft wenig, befleißigt
sich des Wachens. Er ist wissensreich, ein Träger
des Wissens, hat sich ein großes Wissen angesammelt.
Er denkt darüber nach, wie das Herz Erlösung findet.
Mit diesen fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, dringt
der Mönch, durch »Achtsamkeit bei Ein- und Aus-
atmung«, in gar nicht langer Zeit durch bis zur Un-
erschütterlichkeit.
99 Der Löwe
Der Löwe, ihr Mönche, der König der Tiere, tritt
des Abends aus seiner Höhle heraus. Aus der Höhle
herausgetreten, springt er empor. Emporgesprungen,
(«) Damit ist das Arahattum, d. i. der Zustand des Arahats,
gemeint.
— 116 —
FÜNFERBUCH V 100
Späht er nach allen Vier Seiten. Nachdem er nach
allen vier Seiten gespäht hat, läßt er dreimal seine
Löwenstimme erschallen. Nachdem er dreimal seine
Löwenstimme hat erschallen lassen, geht er auf Beute
aus. Versetzt er nun einen Schlag, sei es einem
Elefanten, Büffel, Rinde oder Panther oder auch einem
kleinen Tiere, ja selbst einem Hunde oder einer Katze,
so versetzt er den Schlag eben gründlich, nicht ober-
flächlich. Und warum? Damit er seiner Würde nicht
verlustig gehe.
Der Löwe, ihr Mönche, ist eine Bezeichnung des
Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erleuchteten. Daß
nämlich der Vollendete, ihr Mönche, den Menschen
das Gesetz verkündet, das gilt als sein Löwenruf.
Weist aber, ihr Mönche, der Vollendete das Gesetz,
sei es den Mönchen, Nonnen, Anhängern oder An-
hängerinnen oder auch Weitlingen, ja selbst Futter-
knechten oder Vogelstellern, so weist der Vollendete
das Gesetz eben gründlich, nicht oberflächlich. Und
warum? Weil der Vollendete, ihr Mönche, eben das
Gesetz würdigt, das Gesetz hochhält.
Die fünf Meister loo
Das habe ich gehört:
Einst weilte der Erhabene im Ghositakloster bei
Kosambi. Zu jener Zeit aber war der Kolier Kakudho,
des ehrwürdigen Mahä-Moggallano Begleiter, gerade
gestorben und in einer geisterzeugten Welt wieder-
erschienen; und er besaß einen Körper, der so groß
war wie zwei oder drei Magadher Bauernfelder. Mit
jenem Körper aber belästigte er weder sich selber
noch die anderen. Und Kakudho der Himmelssohn
- 117 -
V 100 DIE REDEN DES BUDDHA
begab sich dorthin, wo der ehrwürdige Mahä-Moggal-
läno weilte. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchts-
voll den ehrwürdigen Mahä-Moggalläno und stellte
sich zur Seite hin. Zur Seite aber stehend, sprach
Kakudho der Himmelssohn also zum ehrwürdigen
Mahä-Moggalläno :
' >In Devadatto, o Ehrwürdiger, ist der Wunsch
aufgestiegen, selber die Jüngerschaft zu leiten. Gleich-
zeitig mit dem Aufsteigen dieses Gedankens aber,
0 Ehrwürdiger, ist Devadatto die magische Fähigkeit
geschwunden.«
Dies sprach Kakudho der Himmelssohn. Nach
diesen Worten aber begrüßte ßr ehrfurchtsvoll den
ehrwürdigen Mahä-Moggalläno, und ihm die Rechte
zukehrend, verschwand er von eben jenem Platze.
Der ehrwürdige Mahä-Moggalläno aber begab sich
zum Erhabenen und berichtete ihm, was sich zu-
getragen hatte.
[Der Erhabene:] »Wie, Moggalläno? Hast du
wohl im Geiste die Gedanken Kakudhos des Himmels-
sohnes durchschaut und erkannt, daß, was er da sagt,
sich alles so verhält und nicht anders?«
»Im Geiste, o Ehrwürdiger, habe ich die Ge-
danken Kakudhos des Himmelssohnes durchschaut
und erkannt, daß, was er da sagt, sich alles so ver-
hält, nicht anders.«
»Hüte diese Worte, Moggalläno! Hüte diese
Worte, Moggalläno! Denn gar bajd wird jener nichts-
würdige Mensch (nämlich Devadatto) sich selber ver-
raten.
»Folgende fünf Meister, Moggalläno, sind in der
Weh anzutreffen: welche fünf?
- 118 -
FÜNFERBUCH V 100
»Da, Moggalläno, behauptet ein Meister, obgleich
von unlauterem Wandel, daß er einen lauteren
Wandel führe, daß sein Sittenwandel lauter sei, rein
und unbefleckt. Seine Jünger aber wissen, daß der
Meister von unlauterem Sittenwandel ist, obgleich er
behauptet, daß er Von lauterem Sittenwandel sei, daß
sein Sittenwandel lauter sei, rein und unbefleckt. [Und
sie denken:] 3>Wenn Wir das den Hausleuten mitteilten,
so wäre das nicht angenehm für ihn. Wie sollen wir
uns aber zu dem, was ihm unangenehm ist, verhalten?«
Man beehrt ihn mit Gewand, Almosenspeise, Lager-
statt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Durch
alles aber, was er tut, wird er sich verraten. Einen
solchen Meister, Mogalläno, nehmen die Jünger wegen
seines Sittenwandels in Schutz, und auch er erwartet
von seinen Jüngern, daß man ihn wegen seines Sitten-
wandels schütze.
»Fernerhin, Moggalläno: da behauptet ein Meister,
obgleich von unlauterer Lebensweise, daß er eine
lautere Lebensweise führe, — obgleich er unvoll-
kommen das Gesetz darlegt, daß er in der Darlegung
des Gesetzes vollkommen sei, — obgleich er unvoll-
kommene Erklärungen gibt, daß seine Erklärungen
vollkommen seien, — obgleich er einen unvollkom-
menen Erkenntnisblick besitzt, daß er mit einem voll-
kommenen Erkenntnisblick ausgestattet sei, daß sein
Erkenntnisblick lauter sei, rein und unbefleckt. Seine
Jünger aber wissen, daß der Meister einen unvoll-
kommenen Erkenntnisblick besitzt, obgleich er be-
hauptet, daß er einen vollkommenen Erkenntnis-
blick besitze, daß sein Erkenntnisblick lauter sei, rein
und unbefleckt. [Und sie denken:] »Wenn wir das
- 119 -
V 100 DIE REDEN DES BUDDHA
den Hausleuten mitteilten, so wäre das nicht an-
genehm für ihn. Wie sollen wir uns aber zu dem,
was ihm unangenehm ist, verhalten?« Man beehrt
ihn mit Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den
nötigen Heilmitteln und Arzneien. Durch alles aber,
was er tut, wird er sich verraten. Einen solchen
Meister, Moggalläno, nehmen die Jünger wegen seines
Erkenntnisblickes in Schutz, und auch er erwartet von
seinen Jüngern, daß man ihn wegen seines Erkennt-
nisblickes schütze.
»Diese fünf Meister, Moggalläno, sind in der Welt
anzutreffen. Ich aber, Moggalläno, behaupte, da ich
eben von lauterem Sittenwandel bin, daß ich einen
lauteren Sittenwandel führe, daß mein Sitten Wandel
lauter ist, rein und unbefleckt. Und nicht schützen
mich meine Jünger wegen meines Sittenwandels, und
auch ich erwarte nicht von meinen Jüngern, daß sie
mich wegen des Sittenwandels schützen sollen. Ferner-
hin, Moggalläno, behaupte ich, da ich eben von lauterer
Lebensweise bin, daß ich eine lautere Lebensweise
führe, — da ich eben das Gesetz vollkommen darlege,
daß ich in der Darlegung des Gesetzes vollkommen
bin, — da ich eben Vollkommene Erklärungen gebe,
daß meine Erklärungen vollkommen sind, — da ich
eben einen vollkommenen Erkenntnisblick besitze,
daß ich mit einem vollkommenen Erkenntnisblick aus-
gestattet bin, daß mein Erkenntnisblick lauter ist, rein
und unbefleckt. Und nicht schützen mich meine Jünger
wegen meines Erkenntnisblickes, und auch ich erwarte
nicht von meinen Jüngern, daß sie mich wegen meines
Erkenntnisblickes schützen sollen.
— 120
FÜNFERBUCH V IM
ELFTER TEIL
Das Kapitel der glücklichen Zustände
Kampfeszuversicht bewirkende Eigenschaften lOi
Fünf Eigenschaften, ihr Mönche, bewirken Kampfes-
zuversicht: welche fünf? Da, ihr Mönche, besitzt der
Mönch Vertrauen, Sittlichkeit, Wissen, Willenskraft
und Einsicht.
Was da, ihr Mönche, der Vertrauenslose an Scheu
besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem von
Vertrauen Erfüllten; demnach bewirkt diese Eigen-
schaft Kampfeszuversicht.
Was da, ihr Mönche, der Sittenlose an Scheu
besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem Von
Sittlichkeit Erfüllten; demnach bewirkt diese Eigen-
schaft Kampfeszuversicht.
Was da, ihr Mönche, der Unwissende an Scheu
besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem von
großem Wissen Erfüllten; demnach bewirkt diese
Eigenschaft Kampfeszuversicht.
Was da, ihr Mönche, der Träge an Scheu besitzt,
jene Scheu besteht nicht mehr in dem von Willens-
kraft Erfülhen; demnach bewirkt diese Eigenschaft
Kampfeszuversicht.
Was da, ihr Mönche, der Einsichtslose an Scheu
besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem Von
Einsicht Erfüllten; demnach bewirkt diese Eigenschaft
Kampfeszuversicht.
Diese fünf Eigenschaften, ihr Mönche, bewirken
Kampfeszuversicht.
— 121 -
V 102, 103 DIE REDEN DES BUDDHA
102 Verdacht erregende Umstände
Gegen einen Mönch, ihr Mönche, bei dem fünf
Umstände zutreffen, hegt man Mißtrauen und Verdacht,
daß er ein schlechter Mönch sei, selbst wenn er schon
die Unerschütterlichkeit erreicht hat. Und welches sind
diese fünf Umstände?
Da, ihr Mönche, besucht der Mönch Dirnen, be-
sucht Witwen, besucht alte Jungfern, besucht Eunuchen
und besucht Nonnen. Gegen einen Mönch, ihr Mönche,
bei dem diese fünf Umstände zutreffen, hegt man
Mißtrauen und Verdacht, daß er ein schlechter Mönch
sei, selbst wenn er schon die Unerschütterlichkeit er-
reicht hat.
103 Der Räuber
Ein großer Räuber, ihr Mönche, bei dem fünf Be-
dingungen anzutreffen sind, bricht in Häuser ein, geht
auf Raub aus, plündert selber ein ganzes Haus und
lauert als Wegelagerer auf. Und welches sind diese
fünf Bedingungen?
Da, ihr Mönche, ist der große Räuber ein Freund
unwegsamer Plälze, ein Freund des Dickichts, ein
Freund der Mächtigen, ist freigebig mit seinen Schätzen
und zieht allein seines Wegs.
Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber ein
Freund unwegsamer Plätze? Da, ihr Mönche, lebt
der große Räuber an einem schwer passierbaren Flusse
oder auf einem schwer zugänglichen Berge.
Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber ein
Freund des Dickichts? Da, ihr Mönche, lebt der
große Räuber im Gestrüppe des Grases oder der
Bäume, im Dickicht oder einem großen Waldhaine.
— 122 —
FUNFERBUCH V 103
Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber ein
Freund der Mächtigen? Da, ihr Mönche, ist der große
Räuber ein Freund von Fürsten oder Ministern; und
er sagt sich: »Sollte mir irgendeiner etwas sagen, so
werden diese Fürsten und Minister die Sache ablehnend
behandeln«. Wenn somit irgendeiner ihm etwas sagt, so
verhandeln eben diese Fürsten und Minister die Sache
ablehnend.
Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber frei-
gebig mit seinen Schätzen? Da, ihr Mönche, ist der
Räuber wohlhabend, besitzt großen Reichtum, große
Schätze; und er sagt sich: »Wenn mir irgendeiner
etwas sagen sollte, so werde ich ihn da mit meinen
Schätzen gewinnen«. Wenn somit irgendeiner ihm
etwas sagt, so gewinnt er ihn alsbald mit seinen
Schätzen.
Wie aber, ihr Mönche, zieht der große Räuber
seines Weges allein? Da, ihr Mönche, geht der Räu-
ber ganz allein auf Beute aus. Und warum? Damit
eben seine geheimen Pläne nicht nach außen hin
dringen.
Ein großer Räuber, ihr Mönche, bei dem diese
fünf Bedingungen anzutreffen sind, bricht in Häuser
ein, geht auf Raub aus, plündert selbst ein ganzes
Haus und lauert als Wegelagerer auf.
Ebenso auch, ihr Mönche, führt der schlechte
Mönch, bei dem fünf Bedingungen anzutreffen sind,
ein verkanntes. Verdorbenes Leben, ist verwerflich,
wird von den Verständigen getadelt und erwirkt sich
große Schuld, und welches sind diese fünf Be-
dingungen?
123
y 103 DIE REDEN DES BUDDHA
Da, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch ein Freund
unwegsamer Plätze, ein Freund des Dickichts, ein
Freund der Mächtigen, freigebig mit seinen Schätzen
und zieht allein seines Wegs.
Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch
ein Freund unwegsamer Plätze? Da, ihr Mönche,
verübt der Mönch unwegsame Tat in Werken, un-
wegsame Tat in Worten und unwegsame Tat in Ge-
danken.
Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch
ein Freund des Dickichts? Da, ihr Mönche, hegt der
schlechte Mönch verkehrte Ansichten, ist extremen
Ansichten ergeben.
Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch
ein Freund der Mächtigen? Da, ihr Mönche, ist der
schlechte Mönch der Freund Von Fürsten und Ministern;
und er sagt sich: »Sollte mir irgendeiner etwas sagen,
so werden diese Fürsten und Minister die Sache ab-
lehnend behandeln«. Wenn somit irgendeiner ihm
etwas sagt, so verhandeln eben diese Fürsten und
Minister die Sache ablehnend.
Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch
freigebig mit seinen Schätzen? Da, ihr Mönche, er-
langt der schlechte Mönch Gewänder, Almosen, Lager-
stätten und Arzneien und Heilmittel; und er sagt sich:
»Sollte mir irgendeiner etwas sagen, so werde ich ihn
da mit meinen Schätzen gewinnen«. Wenn somit
irgendeiner ihm etwas sagt, so gewinnt er ihn alsbald
mit seinen Schätzen.
Wie aber, ihr Mönche, zieht der schlechte Mönch
seines Weges allein? Da, ihr Mönche, nimmt der
schlechte Mönch seinen Aufenthalt in den Grenzländern.
— 124 -
FÜNFERßUCH V 105, 106
Dort begibt er sich zu den Familien hin und erhält
Gaben.
Der schlechte Mönch, ihr Mönche, bei dem diese
fünf Bedingungen anzutreffen sind, führt ein verkom-
menes, verdorbenes Leben, ist verwerflich, wird von
den Verständigen getadelt und erwirkt eine große Schuld.
Glückliche Zustände 105
Fünf glückliche Zustände gibt es, ihr Mönche:
welche fünf?
Da, ihr Mönche, erweist sich der Mönch gegen
seine Ordensbrüder — ob bemerkt oder unbemerkt
— liebevoll in Werken, liebevoll in Worten und liebe-
voll in Gedanken. Was die Sitten aber betrifft, die un-
gebrochenen, lückenlosen, unbefleckten, ungetrübten,
ungezwungenen, Von den Verständigen gepriesenen,
unbeeinflußten, zur Sammlung hinführenden, in solchen
Sitten stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein
— ob bemerkt oder unbemerkt. Und in jener edlen,
erlösenden Erkenntnis, die den danach Handelnden
zum Völligen Leidensende führt, in solcher Erkenntnis
stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein, — ob
bemerkt oder unbemerkt. Diese fünf glücklichen Zu-
stände gibt es, ihr Mönche.
Wie lebt man im Orden glücklich? 106
[Im Ghositakloster bei Kosambi:]
Der ehrwürdige Änando sprach zum Erhabenen:
»Wie, 0 Ehrwürdiger, mag wohl der Mönch im
Orden glücklich leben?«
>Wenn, Änando, der Mönch selber vollkommen
ist in Sittlichkeit und nicht die anderen in hoher Sitt-
— 125 —
V 106 DIE REDEN DES BUDDHA
lichkeit bekrittelt, so mag der Mönch im Orden glück-
lich leben.«
»Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine
andere Weise, wie der Mönch im Orden glücklich
leben mag?«
»Ja, Anando. Wenn, Anando, der Mönch selber
in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen
in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber
beobachtet und nicht die anderen. Auch so, Anando,
mag der Mönch im Orden glücklich leben.«
»Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine
andere Weise, wie der Mönch im Orden glücklich
leben mag?«
»Ja, Anando. Wenn, Anando, der Mönch selber
in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen
in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber
beobachtet und nicht die anderen; wenn er, insofern
er unbekannt ist, durch dieses Unbekanntsein nicht
beunruhigt wird. Auch so, Anando, mag der Mönch
im Orden glücklich leben.«
»Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine
andere Weise, Wie der Mönch im Orden glücklich
leben mag?«
»Ja, Anando. Wenn, Anando, der Mönch selber
in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen
in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber
beobachtet und nicht die anderen; jvenn er, insofern
er unbekannt ist, durch dieses Unbekanntsein nicht
beunruhigt wird; wenn er der vier Vertiefungen, der
geisterhebenden, zeitlich beglückenden, nach Wunsch,
ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird. Auch so,
Anando, mag der Mönch im Orden glücklich leben.«
— 126 —
FÜNFERBUCH V 107, i08
>Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine
andere Weise, wie der Mönch im Orden glücklich
leben mag?«
>Ja, Änando. Wenn, Anando, der Mönch selber
in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen
in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber
beobachtet und nicht die anderen; wenn er, insofern
er unbekannt ist, durch dieses Unbekanntsein nicht
beunruhigt wird; wenn er der Vier Vertiefungen, der
geisterhebenden, zeitlich beglückenden, nach Wunsch,
ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird; wenn
er, durch Versiegung der Leidenschaften, noch bei
Lebzeiten die leidenschaftslose Gemütserlösung und
Wissenserlösung selber erkennt, verwirklicht und sich
zu eigen macht. Auch so, Änando, mag der Mönch
im Orden glücklich leben. Ein anderes Wohlsein aber,
Änando, das höher und edler wäre als dieses, das,
Änando, sage ich, gibt es nicht.«
Würdig der Verehrung 107
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gast-
freundschaft, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchts-
vollen Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden
für verdienstvolle Werke. Und welches sind diese
fünf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch vollkommen in
Sittlichkeit, vollkommen in Sammlung, vollkommen in
Einsicht, vollkommen in Erlösung, vollkommen im Er-
kenntnisblicke der Erlösung. —
— Er besitzt die Sittlichkeit des Kampfesledigen, 108
die Sammlung des Kampfesledigen, die Einsicht des
— 127 —
1 109, 110 DIE REDEN DES BUDDHA
Kampfesledigen, die Erlösung des Kampfesledigen, den
Erkenntnisblick der Erlösung des Kampfesledigen. Mit
diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist
der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastfreund-
schaft, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen
Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für ver-
dienstvolle Werke.
109 Herr in jeder Richtung
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist der Mönch Herr in jeder Richtung: mit welchen
fünf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, besitzt der Mönch Sittlichkeit,
besitzt ein großes Wissen, ist zufrieden mit jederart
Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den nötigen
Heilmitteln und Arzneien, wird der Vier Vertiefungen
teilhaftig und hat schon bei Lebzeiten die Gemüts-
erlösung und Wissenserlösung sich zu eigen gemacht.
Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist der Mönch Herr in jeder Richtung.
110 Zum Waldleben befähigt
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist der Mönch befähigt, im Walde in waldeinsamen,
abgelegenen Behausungen zu leben: mit welchen fünf
Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, besitzt der Mönch Sittlichkeit,
besitzt ein großes Wissen, besitzt Willenskraft, wird
der Vier Vertiefungen teilhaftig und hat schon bei Leb-
zeiten die Gemütserlösung und Wissenserlösung sich
zu eigen gemacht. Mit diesen fünf Eigenschaften aus-
gestattet, ihr Mönche, ist der Mönch befähigt, im Walde
in waldeinsamen, abgelegenen Behausungen zu leben.
- 128 -
FÜNFERBUCH T 111, 112
ZWÖLFTER TEIL:
Bei Andhakavinda
Unbeliebt bei den Familien m
Der in den Familien verkehrende Mönch, ihr
Mönche, der fünf Eigenschaften besitzt, wird nicht in
den Familien geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt.
Und welches sind diese fünf Eigenschaften?
Mit Unbekannten sucht er Vertraulichkeit; wie ein
Herr befiehlt er; mit denen, die einander in Zwiespalt
leben, sucht er Verkehr; ein Ohrenbläser ist er; viele
Anliegen hat er. Der in den Familien Verkehrende
Mönch, ihr Mönche, der diese fünf Eigenschaften be-
sitzt, wird nicht in den Familien geliebt, geschätzt,
geachtet und geehrt.
Der ungeeignete Begleiter 112
Wenn, ihr Mönche, ein Mönch folgende fünf Eigen-
schaften besitzt, sollte man ihn nicht zum Begleiter (a)
nehmen: welche fünf Eigenschaften?
Wenn er in zu großem oder zu kleinem Abstände
geht; wenn er das in der Almosenschale Enthaltene
nicht annehmen will; wenn er, sobald man gerade etwas
Unrechtes sprechen will, einen nicht davon zurückhält;
wenn er dem Redenden immer in die Worte fällt; wenn
er unverständig und stumpfsinnig ist. Wenn, ihr
(a) Das Wort bedeutet wörtlich : Nach-Asket. Damit ist ge-
meint ein jüngerer Mönch oder Novize, der den älteren Mönch
begleitet, und, gemäß der Sitte, nicht etwa zu seiner Seite, sondern
hinter ihm her geht.
DieRedendesBuddha.Bd.il — 129 — 9
T 113, 114 DIE REDEN DES BUDDHA
Mönche, ein Mönch diese fünf Eigenschaften besitzt,
sollte man ihn nicht zum Begleiter nehmen. —
113 Unfähig zur rechten Sammlung
Der Mönch, ihr Mönche, bei dem folgende fünf
Bedingungen anzutreffen sind, ist außerstande, in den
Besitz rechter Sammlung zu gelangen: welche fünf
Bedingungen aber?
Er bleibt nicht standhaft bei den Gestalten, nicht
standhaft bei den Tönen, nicht standhaft bei den Düften,
nicht standhaft bei den Geschmacksempfindungen, nicht
standhaft bei den Berührungen (a).
114 Ermahnt die Neulinge!
[Bei Andhakavinda im Magadherlande:]
Der Erhabene sprach:
Die Mönche, Änando, die noch Neulinge und
Vor noch nicht langer Zeit in die Hauslosigkeit
gezogen sind, die erst seit kurzem diesem Gesetze
und dieser Disziplin angehören, diese habt ihr in fünf
Dingen zu ermutigen, zu festigen und zu stärken: in
welchen fünf Dingen?
In der Zügelung im Sinne der Ordenssatzung habt
ihr sie also zu ermutigen, zu festigen und zu stärken:
>Geht, Brüder, seid sittenrein! Lebt gezügelt im Sinne
der Ordenssatzung! Seid vollkommen im Wandel und
Umgang, und die geringsten Vergehen scheuend übt
euch in den auf euch genommenen Übungsregeln!«
In der Sinnenzügelung habt ihr sie also zu er-
mahnen, zu festigen und zu stärken: »Geht, Brüder,
(a) d. h. er wehrt nicht den dabei aufsteigenden Trieben der
Gier, des Hasses und der Verblendung.
— 130 —
FÜNFERBUCH T 115, 116
seid wachsam über eure Sinnentore, seid aufs Wachen
bedacht, weise, besonnen, bewachten Geistes, des
Wachens eingedenk!«
Im Maßhalten beim Sprechen habt ihr sie also zu
ermutigen, zu festigen und zu stärken: »Geht, Brüder,
seid nicht gesprächig! Haltet Maß beim Sprechen!«
In körperlicher Abgeschiedenheit habt ihr sie also
zu ermutigen, zu festigen und zu stärken: »Geht,
Brüder, lebt im Walde! Wohnt im Walde in wald-
einsamen, abgeschiedenen Behausungen!«
In rechter Erkenntnis habt ihr sie also zu ermutigen,
zu festigen und zu starken: »Geht, Brüder, hegt rechte
Erkenntnis, seid Von rechten Anschauungen erfüllt!«
Die Mönche, Änando, die noch Neulinge und
vor noch nicht langer Zeit in die Hauslosigkeit
gezogen sind, die erst seit kurzem diesem Gesetze
und dieser Disziplin angehören, diese habt ihr in diesen
fünf Dingen zu ermutigen, zu festigen und zu stärken.
Die schlechte Nonne ii5
Wenn, ihr Mönche, bei einer Nonne fünf Bedin-
gungen anzutreffen sind, so erscheint diese ihren Wer-
ken entsprechend in der Hölle wieder: welche fünf Be-
dingungen?
Wenn sie selbstsüchtig ist hinsichtlich der Woh-
nung, hinsichtlich der Familien, hinsichtlich der Ge-
schenke, hinsichtlich des Ansehens und hinsichtlich
geistiger Dinge. —
— Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu haben, 116
den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten tadelt. Ge-
fallen findet woran man Mißfallen haben sollte, Miß-
— 131 — 9*
V 117, 118 DIE REDEN DES BUDDHA Y 119, 120
fallen findet woran man Gefallen haben sollte und die
aus Zuversicht gegebenen Gaben umkommen läßt. —
117 — Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu
haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten
tadelt, neidig ist, selbstsüchtig ist und die aus Zuversicht
gegebenen Gaben umkommen läßt. —
118 — Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu
haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten
tadelt, verkehrte Erkenntnis hegt, verkehrte Gesinnung
hegt und die aus Zuversicht gegebenen Gaben umkom-
men läßt. —
119 — Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu
haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten
tadelt, verkehrte Rede pflegt, verkehrte Werke Verübt
und die aus Zuversicht gegebenen Gaben umkommen
läßt.
120 — Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu
haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten
tadelt, nach Bösem strebt, an Böses denkt und die aus
Zuversicht gegebenen Gaben umkommen läßt. —
Wenn bei einer Nonne, ihr Mönche, diese fünf
Bedingungen anzutreffen sind, so erscheint diese ihren
Werken entsprechend in der Hölle wieder. —
— 132
FÜNFERBUCH V 121
DREIZEHNTER TEIL:
Das Kapitel vom kranken Mönche
Der für die Erlösung reife Kranke 121
Einst weilte der Erhabene im großen Walde bei
Sävatthl, in der Halle des Giebelhauses. Am Abende
aber, nachdem der Erhabene aus seiner Abgeschieden-
heit herausgetreten war, begab er sich zum Kranken-
zimmer. Dort erblickte er einen schwachen, kranken
Mönch. Ihn erblickend setzte er sich auf dem an-
gewiesenen Sitze nieder und sprach zu den Mönchen:
Ein schwacher, kranker Mönch, ihr Mönche, dem
fünf Dinge nicht schwinden, darf erwarten, daß er in
gar nicht langer Zeit, durch Versiegung der Leiden-
schaften, noch bei Lebzeiten die leidenschaftslose Ge-
mütserlösung und Wissenserlösung selber erkennen,
verwirklichen und sich zu eigen machen wird. Und
welches sind diese fünf Dinge?
Da, ihr Mönche, verweilt der Mönch in der Be-
trachtung der Unreinheit des Körpers, in der Betrach-
tung der Widerlichkeit der Nahrung, in der Betrach-
tung der Reizlosigkeit des ganzen Daseins, in der
Betrachtung der Vergänglichkeit aller Bildungen, und
die Vorstellung des Todes hat sich in seinem Innern
wohl gefestigt. Ein schwacher, kranker Mönch, ihr
Mönche, dem diese fünf Dinge nicht schwinden, darf ^
erwarten, daß er in gar nicht langer Zeit, durch Ver-
siegung der Leidenschaften, noch bei Lebzeiten die
leidenschaftslose Gemütserlösung und Wissenserlösung
— 133 —
1 122, 123 DIE REDEN DES BUDDHA
selber erkennen, verwirklichen und sich zu eigen
machen wird.
122 Höchstes Wissen oder Niewiederkehr
Wer, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen
fünf Betrachtungen entfaltet und häufig übt, hat eine
von beiden Früchten zu erwarten: noch bei Lebzeiten
Höchstes Wissen (afiiiä) oder, wenn noch ein Da-
seinsrest übrig bleibt, Niewiederkehr (anägämitä).
Und welches sind diese fünf Betrachtungen?
Da, ihr Mönche, hat der Mönch in seinem Innern
die Achtsamkeit gewärtig; der Erscheinungen Entstehen
und Vergehen erkennend Verweilt er in der Betrach-
tung der Unreinheit des Körpers; er ist eingedenk der
Widerlichkeit der Nahrung, eingedenk der Reizlosig-
keit des ganzen Daseins, schaut in allen Bildungen die
Vergänglichkeit. Wer, ihr Mönche, von den Mönchen
oder Nonnen diese fünf Betrachtungen entfaltet und
häufig übt, hat eine von beiden Früchten zu erwarten:
noch bei Lebzeiten Höchstes Wissen oder, wenn
noch ein Daseinsrest übrig bleibt, Niewiederkehr.
123 Der schwer zu pflegende Kranke
Einem Kranken, ihr Mönche, bei dem fünf Dinge
anzutreffen sind, ist es schwer aufzuwarten: welche
fünf Dinge?
Er tut, was unzuträglich ist; im Zuträglichen weiß
er nicht maßzuhalten; er nimmt keine Arzneien an;
dem auf seine Gesundheit bedachten Krankenwärter
gibt er nicht den Tatsachen gemäß Auskunft über
seine Krankheit — wenn sie zunimmt, daß sie zunimmt;
wenn sie abnimmt, daß sie abnimmt; wenn sie anhält,
- 134 -
FÜNFERBUCH V 124, 125
daß sie anhält — ; die aufgestiegenen körperlichen
Gefühle, die schmerzhaften, scharfen, beißenden, bit-
teren, unliebsamen, unangenehmen, lebensgefährlichen,
hält er nicht aus. Einem Kranken, ihr Mönche, bei
dem diese fünf Dinge anzutreffen sind, ist es schwer
aufzuwarten.
Der ungeeignete Krankenwärter 124
Ein Krankenwärter, ihr Mönche, bei dem fünf
Dinge anzutreffen sind, ist nicht imstande, einem
Kranken aufzuwarten: welche fünf Dinge?
Er ist unfähig, die Arznei zu bestimmen; er weiß
nicht, was zuträglich und was unzuträglich ist; das .
Unzuträgliche verabreicht er, und das Zuträgliche
nimmt er weg; auf seinen eigenen Vorteil bedacht
wartet er dem Kranken auf, nicht in liebevoller Ge-
sinnung; er empfindet Ekel davor, Kot, Urin, Ausge-
spiehenes und Speichel zu entfernen; er besitzt nicht
die Fähigkeit, den Kranken von Zeit zu Zeit in Worten
über das Gesetz zu belehren, zu ermahnen, zu ermutigen
und zu ermuntern. Ein Krankenwärter, ihr Mönche,
bei dem diese fünf Dinge anzutreffen sind, ist nicht
imstande, einem Kranken aufzuwarten.
Lebenverkürzende und lebenverlängernde 125
Dinge
(1)
Fünf Dinge, ihr Mönche, verkürzen das Leben:
welche fünf? Unzuträgliches tun, beim Zuträglichen
nicht maßhalten, Unmäßigkeit beim Mahle, zur Un-
zeit ausgehen und unkeuscher Wandel.
Fünf Dinge, ihr Mönche, verlängern das Leben:
welche fünf? Zuträgliches tun, beim Zuträglichen maß-
— 135 —
V 126, 127, 128 DIE REDEN DES BUDDHA
halten, Mäßigkeit beim Mahle, zur rechten Zeit aus-
gehen und keuscher Wandel.
126 Lebenverkürzende und lebenverlängernde
Dinge
(2)
Fünf Dinge, ihr Mönche, verkürzen das Leben:
welche fünf? Unzuträgliches tun, beim Zuträglichen
nicht maßhalten, nicht maßhalten beim Mahle, Sitten-
losigkeit und schlechter Umgang.
Fünf Dinge, ihr Mönche, verlängern das Leben:
welche fünf? Zuträgliches tun, beim Zuträglichen
maßhalten, maßhalten beim Mahle, Sittlichkeit und
guter Umgang.
127 Untauglich für die Einsamkeit
Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen sind,
dieser Mönch ist nicht geeignet, abgesondert Von der
Jüngerschaft zu leben: welche fünf?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch nicht zufrieden
mit jedem Gewand, ist nicht zufrieden mit jeder Al-
mosenspeise, ist nicht zufrieden mit jeder Lagerstätte,
ist nicht zufrieden mit jedem nötigen Heilmittel und
jeder Arznei; und er verweilt häufig bei begehrlichen
Gedanken. Bei wem, ihr Mönche, diese fünf Dinge
anzutreffen sind, dieser Mönch ist nicht geeignet, ab-
gesondert Von der Jüngerschaft zu leben. —
128 Leidige und freudige Askese
Fünf Asketenleiden gibt es, ihr Mönche: welche
fünf?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch nicht zufrieden
- 136 -
FÜNFERBUCH V 129, 130
mit jedem Gewände, nicht zufrieden mit jeder Almosen-
speise, nicht zufrieden mit jeder Lagerstätte, nicht zu-
frieden mit jedem nötigen Heilmittel und jeder Arznei;
und ohne Freude führt er den Heiligen Wandel. Das,
ihr Mönche, sind die fünf Asketenleiden.
Fünf Asketenfreuden gibt es, ihr Mönche: welche
fünf?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch zufrieden mit
jedem Gewände, zufrieden mit jeder Almosenspeise,
zufrieden mit jeder Lagerstätte, zufrieden mit jedem
nötigen Heilmittel und jeder Arznei: und voll Freude
führt er den Heiligen Wandel. Das, ihr Mönche, sind
die fünf Asketenfreuden.
Die rettungslos Verlorenen 129
Fünf dem Abweg und der Hölle verfallenen, jäh-
zornigen, unheilbaren Menschen gibt es, ihr Mönche,
welche fünf?
Den Muttermörder, den Vatermörder, den Heiligen-
mörder, den in boshafter Gesinnung des Vollendeten
Blut Vergießenden und den Entzweier der Jüngerschaft.
Gewinn und Verlust 130
Fünf Verluste gibt es, ihr Mönche: den Verwand-
tenverlust, den Güterverlust, den Verlust durch Krank-
heit, den sittlichen Verlust und den Erkenntnisverlust.
Nicht gelangen, ihr Mönche, die Wesen infolge von
Verwandtenverlust oder Güterverlust oder Verlust durch
Krankheit beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode,
auf den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene
Welt, zur Hölle. Wohl aber, ihr Mönche, gelangen
die Wesen infolge des Verlustes an Sittlichkeit und
— 137 —
Y 130 DIE REDEN DES BUDDHA
Erkenntnis beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode,
auf den Abweg, eine Leidensfäfirte, in verstoßene
Welt, zur Hölle.
Fünf Gewinne gibt es, ihr Mönche: den Gewinn
an Verwandten, den Gewinn an Gütern, den Gewinn
an Gesundheit, den Gewinn an Sittlichkeit und den
Gewinn an Erkenntnis. Nicht gelangen, ihr Mönche,
die ' Wesen infolge des Gewinnes an Verwandten
oder Gütern oder Gesundheit beim Zerfalle des Lei-
bes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himm-
lische Welt. Wohl aber, ihr Mönche, gelangen die
Wesen infolge des Gewinnes an Sittlichkeit und Er-
kenntnis beim Zerfajle des Leibes, nach dem Tode,
auf glückliche Fährte, in himmlische Welt.
— 138 —
FÜNFERBUCH V 131, 132
VIERZEHNTER TEIL
Das Kapitel des Königs
Das unzerstörbar^Reich 131
Der mit fünf Eigenschaften ausgestattete l<önig-
iiche Weltherrscher, ihr Mönche, lenl<t sein Reich im
Sinne des Gesetzes, und kein menschliches Geschöpf,
kein feindliches Wesen kann jenes Reich zugrunde
richten. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, kennt der königliche Weltherr-
scher das Heilsame, kennt das Gesetz, kennt das rechte
Maß, kennt die rechte Zeit, kennt die Menschen.
Ebenso auch, ihr Mönche, lenkt, mit diesen fünf Eigen-
schaften ausgestattet, der Vollendete, Heilige, Voll-
kommen Erleuchtete, im Sinne des Gesetzes das höchste
Reich des Gesetzes, und kein Asket oder Priester,
kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in
der Welt, kann jenes Reich zugrunde richten.
— Der mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattete 132 ^-
älteste Sohn des köni^ichen Weltherrschers, ihr Mön-
che, führt das von seinem Vater gegründete Reich im
Sinne des Gesetzes weiter, und kein menschliches
Geschöpf, kein feindliches Wesen kann jenes Reich
zugrunde richten. Ebenso auch, ihr Mönche, führt,
mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, Säriputto
das vom Vollendeten aufgerichtete höchste Reich in
Vollkommenheit weiter, und kein Asket oder Priester,
kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in
der Welt, kann jenes Reich zugrunde richten.
— 139 —
V 138 DIE REDEN DES BUDDHA
133 Der König des Gesetzes
»Der königliche Weltherrscher, ihr Mönche, der
gerechte König des Gesetzes, leitet sein Reich nicht
ohne einen Führer.«
Auf diese Worte sprach einer der Mönche zum
Erhabenen:
»Wer ist woht, o Ehrwürdiger, der Führer des
königlichen Weltherrschers, des gerechten Königs des
Gesetzes?«
»Das Gesetz, o Mönch,« erwidert der Erhabene.
»Da, 0 Mönch, verehrt der königliche Weltherrscher,
der gerechte König des Gesetzes, eben auf das Ge-
setz gestützt, das Gesetz, achtet das Gesetz, hält
das Gesetz hoch; und das Gesetz zum Banner, das
Gesetz zur Flagge, das Gesetz zum Führer habend,
gewährt er seinem Volke, den Adeligen, seinen Er-
gebenen, der Heeresmacht, den Brahmanen und Haus-
leuten, den Stadt- und Landbewohnern, den Asketen
und Priestern, den Tieren und Vögeln gerechten Bei-
stand, Schutz und Schirm. Jener Weltherrscher aber,
0 Mönch, der gerechte König des Gesetzes, der, eben
auf das Gesetz gestützt, das Gesetz ehrt, achtet und
hoch hält, und es zum Banner, fcur Flagge, zum Führer
habend, allen Wesen gerechten Beistand, Schutz und
Schirm gewährt, der leitet sein Reich mit Hilfe des
Gesetzes. Und jenes Reich vermag kein menschliches
Wesen, keine Feindesmacht zu überwerfen.
»Ebenso auch, o Mönch, ehrt der vollendete Hei-
lige, vollkommen Erleuchtete, der gerechte König des
Gesetzes, eben auf das Gesetz gestützt, das Gesetz,
achtet das Gesetz, hält das Gesetz hoch; und das Ge-
setz zum Banner, das Gesetz zur Flagge, das Gesetz
-- 140 —
FÜNFERBUCH J 134
zum Führer habend, gewährt er den Mönchen, Nonnen,
Anhängern und Anhängerinnen gerechten Beistand,
Schutz und Schirm, [indem er lehrt:] ,Diese Taten
in Werken hat man zu üben, jene aber nicht; diese
Taten in Worten hat man zu üben, jene aber nicht;
diese Taten in Gedanken hat rnan zu üben, jene aber
nicht; eine solche Lebensweise hat man zu führen,
solcheine aber nicht; solches Dorf und solche Stadt hat
man aufzusuchen, solches Dorf und solche Stadt aber
nicht. Der Vollendete aber, o Mönch, der Heilige,
vollkommen Erleuchtete, der gerechte König des Ge-
setzes, der, eben auf das Gesetz gestützt, das Gesetz
ehrt, achtet und hochhält, und es zum Banner, zur
Flagge, zum Führer habend, den Mönchen, Nonnen,
Anhängern und Anhängerinnen gerechten Beistand,
Schutz und Schirm gewährt, der leitet eben mit Hilfe
des Gesetzes das höchste Reich des Gesetzes. Und
jenes Reich vermag kein Asket oder Brahmane, weder
Gott, Engel noch Teufel, noch irgend einer in der
Welt zu überwerfen'.«
Der Sieger 134
In welcher Gegend auch immer, ihr Mönche, der
mit fünf Dingen ausgerüstete hauptgesalbte Khattiya-
könig weilen mag, da befindet er sich eben stets in
seinem eigenen Reiche. Und welches sind diese fünf
Dinge?
Da, ihr Mönche, ist der hauptgesalbte Khattiya-
könig beiderseits von reiner Abstammung, vom Vater
wie von der Mutter aus, rein empfangen bis zum
siebenten Ahnengeschlechte hinauf, unversehrt und
untadelig nach dem Kastengesetz. Er ist reich, hoch-
— 141 —
V 134 DIE REDEN DES BUDDHA
begütert, hoch vermögend, und seine Kammern sind
mit Schätzen angefüllt. Er ist mächtig und besitzt
eine vierfache Heeresmacht, die ihm gehorcht und
seine Befehle ausführt. Sein Ratgeber ist verständig,
erfahren, scharfsinnig und fähig, die vergangenen,
gegenwärtigen und zukünftigen Vorteile zu bedenken.
Diese vier Dinge aber machen seinen Ruhm voll. Und
mit diesem Ruhme, als fünfter Eigenschaft, ausgerüstet,
befindet er sich — in welcher Gegend er auch immer
weilen mag — stets in seinem eigenen Reiche. Und
aus welchem Grunde? Weil es eben so, ihr Mönche,
bei den Siegern ist.
Ebenso auch, ihr Mönche: in welcher Gegend
auch immer der mit fünf Eigenschaften ausgerüstete
Mönch weilen mag., da weilt er eben stets gemüts-
erlöst. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?
Gleichwie, ihr Brüder, der hauptgesalbte Khattiya-
könig Von reiner Abstammung ist, so ist der Mönch
sittenrein, lebt gezügelt im Sinne der Ordenssatzung,
ist vollkommen im Wandel und Umgang, und sich
vor den geringsten Vergehen scheuend übt er sich
in den auf sich genommenen Übungsregeln. Gleich-
wie der hauptgesalbte Khattiyakönig reich ist, hoch-
begütert, hochvermögend, so ist der Mönch reich an
Wissen, ein Träger des Wissens, hat sich ein großes
Wissen angesammelt. Jene Gesetze, die im Anfang
erhaben, in der Mitte erhaben und im Ausgange er-
haben sind, dem Sinne wie dem Wortlaute nach, und
das ganz und gar Vollkommene, geläuterte Heilige
Leben lehren, solcher Gesetze hat er viele vernommen,
sich eingeprägt, in Worten gemerkt, im Geiste er-
wogen, mit Erkenntnis wohl durchdrungen. Gleich-
— 142 —
FÜNFERBUCH T 135
wie der hauptgesalbte Khattiyakönig mächtig ist, so
kämpft der Mönch mit Macht, um die schuldvollen
Erscheinungen zu überkommen und die verdienst-
vollen Erscheinungen zum Entstehen zu bringen, ist
standhaft, von unerschütterlichem Streben, nicht nach-
lässig im Guten. Gleichwie der hauptgesalbte Khattiya-
könig einen Ratgeber besitzt, so besitzt der Mönch
Einsicht, ist begabt mit der Einsicht in das Entstehen
und Vergehen, mit edler, durchdringender, zur völligen
Leidensaufhebung führender. Diese vier Eigenschaften
bringen seine Erlösung zur Reife. Und ausgerüstet
mit dieser Erlösung, als fünfte Eigenschaft, ist er —
in welcher Gegend auch immer er weilen mag —
Stets gemütserlöst. Und aus welchem Grunde? Weil
es eben so, ihr Mönche, bei den Gemütserlösten ist.
Der Hoffnungsvolle 135
(1)
Mit fünf Dingen ausgerüstet, ihr Mönche, hofft
der älteste Sohn des hauptgekrönten Khattiyakönigs
auf die Königsherrschaft: mit welchen fünf Dingen?
Da, ihr Mönche, ist der älteste Sohn des Khattiya-
königs beiderseits von reiner Abstammung, Vom Vater
wie Von der Mutter aus, rein empfangen bis zum
siebenten Ahnengeschlechte hinauf, unversehrt und
untadelig nach dem Kastengesetz. Er ist von schöner
Gestalt, Von gefälligem Äußern, voll Anmut und von
edler Erscheinung. Seinen Eltern, wie der Stadt- und
Landbevölkerung ist er lieb und teuer. In den
zu einem hauptgesalbten Khattiyakönig gehörenden
Künsten, wie im Reiten auf Elefanten und Rossen,
im Wagenlenken und in der Bogenkunst, da ist er ge-
— 143 -
V 136 DIE REDEN DES BUDDHA
schult und vollendet. Und er denkt: »Ich bin ja
beiderseits von reiner Abstammung, bin von schöner
Gestalt, bin den Eltern lieb und teuer, bin der Stadt-
und Landbevölkerung lieb und teuer, bin in den zu
einem Khattiyakönig gehörenden Künsten geschult und
Vollendet: warum sollte ich da nicht auf die Königs-
herrschaft hoffen?« Mit diesen fünf Dingen aus-
gerüstet, ihr Mönche, hofft der älteste Sohn des haupt-
gekrönten Khattiyakönigs auf die Königsherrschaft.
Ebenso auch, ihr Mönche, hofft der mit fünf
Dingen ausgerüstete Mönch auf die Versiegung der
Leidenschaften: mit welchen fünf Dingen?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch voll Vertrauen,
gesund und frei Von Siechtum, kein Heuchler oder
Gleisner, besitzt Willenskraft und Einsicht. Und er
denkt: »Ich bin ja voll Vertrauen, bin gesund und
frei von Siechtum, bin kein Heuchler oder Gleisner,
besitze Willenskraft und Einsicht: warum sollte ich
da nicht auf die Versiegung der Leidenschaften hoffen?«
Mit diesen fünf Dingen ausgerüstet, ihr Mönche, hofft
der Mönch auf die Versiegung der Leidenschaften.
136 Der Hoffnungsvolle
(2)
Mit fünf Dingen ausgerüstet, ihr Mönche, hofft
der älteste Sohn des hauptgekrönten Khattiyakönigs
auf die Unterherrschaft: mit welchen fünf Dingen?
Da, ihr Mönche, ist der älteste Sohn des haupt-
gekrönten Khattiyakönigs beiderseits Von reiner Ab-
stammung, ist von schöner Gestalt, ist den Eltern lieb
und teuer, ist dem Heere lieb und teuer, ist ver-
ständig, klug und weise und fähig, die Vergangenen,
- 144 - ,
FÜNFERBUCH V 137, ISS
gegenwärtigen und zukünftigen Vorteile zu bedenken.
Und er denkt: »Ich bin ja beiderseits von reiner Ab-
stammung, bin Von scliöner Gestalt, bin den Eltern
lieb und teuer, bin dem Heere lieb und teuer und
bin verständig: warum sollte ich da nicht auf die
Unterherrschaft hoffen?« —
Ebenso auch, ihr Mönche, hofft der mit fünf Dingen
ausgerüstete Mönch auf die Versiegung der Leiden-
schaften: mit welchen fünf Dingen?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch sittenrein, reich
an Wissen, hat seinen Geist auf die vier Grundlagen
der Achtsamkeit fest gegründet, besitzt Willenskraft
und Einsicht. Und er denkt: »Ich bin ja sittenrein,
reich an Wissen, habe meinen Geist auf die Vier
Grundlagen der Achtsamkeit fest gegründet, besitze
Willenskraft und Einsicht: warum sollte ich da nicht
auf die Aufhebung der Leidenschaften hoffen?« —
Die Schlaflosen 137
Fünf Menschen, ihr Mönche, schlafen wenig des
Nachts, sind häufig wach: welche fünf?
Das Weib, das an den Mann denkt; der Mann,
der an das Weib denkt; der Dieb, der an Diebstahl
denkt; der Fürst, der in seinen Regierungsgeschäften
aufgeht; der Mönch, der auf Loslösung sinnt. Diese
fünf Menschen, ihr Mönche, schlafen wenig des Nachts,
sind häufig wach.
•
Der unwürdige Elefant 138
Der mit fünf Eigenschaften behaftete Elefant des
Königs, ihr Mönche, zehrt das Futter auf, nimmt den
Platz weg, läßt Kot fallen und erhält dabei seine
DieRedendesBuddha.Bd.il — 145 — ^^
V 138 Die reden des büddhä
Nummer und trägt den Namen eines Königselefanten.
Und weiches sind diese fünf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, hält der Elefant nicht stand bei
Gestalten, nicht stand bei Tönen, nicht stand bei Ge-
rüchen, nicht stand bei Geschmacksempfindungen,
nicht stand bei Berührungen.
Ebenso auch, ihr Mönche, zehrt der mit diesen
fünf Eigenschaften behaftete Mönch die Speise auf,
nimmt den Platz weg, nutzt Bett und Sitz ab, erhält
aber dabei seine Nummer und trägt den Namen eines
Mönches.
— Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs
Elefant nicht stand bei Gestalten? Da, ihr Mönche,
zieht des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er
aber eine Abteilung Elefanten, Reiter, Wagen oder
Fußvolk erblickt, ist er niedergeschlagen und entmutigt,
hält nicht stand und ist unfähig, ins Treffen zu ziehen.
Insofern, ihr Mönche, hält des Königs Elefant nicht
stand bei Gestalten.
Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs Ele-
fant nicht stand bei Tönen? Da, ihr Mönche, zieht
des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er aber
den durch Elefanten, Rosse, Wagen und Fußvolk ver-
ursachten Lärm hört und das Getöse der Pauken,
Trommeln und Trompeten vernimmt, ist er nieder-
geschlagen und entmutigt, häU nicht stand und ist
unfähig, ins Treffen zu ziehen. Insofern, ihr Mönche,
hält des Königs Elefant nicht stand bei Tönen.
Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs Ele-
fant nicht stand bei Gerüchen? Da, ihr Mönche, zieht
des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er aber
den Geruch von Kot und Urin der Vollblütigen,
— 146 —
FÜNFERBUCH V 140
kampfestüchtigen Königselefanten wittert, ist er nieder-
gesctilagen und entmutigt, hält nicht stand und ist un-
fähig, ins Treffen zu ziehen. Insofern, ihr Mönche,
hält des Königs Elefant nicht stand bei Gerüchen:
Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs Ele-
fant nicht stand bei Berührungen? Da, ihr Mönche,
zieht des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er
aber Von ein, zwei, drei, vier oder fünf Pfeilschüssen
getroffen wird, ist er niedergeschlagen und entmutigt,
hält nicht stand und ist unfähig, ins Treffen zu ziehen.
Insofern, ihr Mönche, hält des Königs Elefant nicht
stand bei Berührungen.
Der mit diesen fünf Eigenschaften behaftete Ele-
fant des Königs ist nicht würdig des Königs, nicht des
Königs Liebling, gilt nicht als zum König gehörig.
Inwiefern aber, ihr Mönche, hält der Mönch nicht
stand?
Erblickt da, ihr Mönche, der Mönch mit dem
Auge eine Gestalt, vernimmt er mit dem Ohre einen
Ton, riecht mit der Nase einen Duft, schmeckt mit
der Zunge einen Saft, berührt er mit dem Körper
einen Gegenstand, so wird, wenn dieser lusterregend
ist, er von Begierde danach erfaßt und ist nicht im-
stande, seinen Geist zu sammeln.
Der mit diesen fünf Eigenschaften behaftete Mönch,
ihr Mönche, ist nicht würdig der Opfer, nicht würdig
der Gastfreundschaft, nicht würdig der Gaben, nicht
würdig des ehrfurchtsvollen Handgrußes und ist in der
Welt nicht der beste Boden für verdienstvolle Werke.
Der Königselefant 140
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist des Königs Elefant würdig des Königs, des Königs
147 — 10^
1 140 DIE REDEN DES BUDDHA
Liebling, wird als zum König gehörig betrachtet.
Welches aber sind diese fünf Eigenschaften? Da, ihr
Mönche, ist des Königs Elefant gelehrig, ein Kämpfer,
wachsam, ein Dulder und ein Pfadfinder.
Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant
gelehrig? Bei jeder Übung, ihr Mönche, die der
Elefantenbändiger des Königs Elefanten ausführen läßt,
ob früher verrichtet oder nicht, da ist er eifrig und
achtsam und, sie im Geiste Völlig erfassend, leiht er
Gehör. So, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ge-
lehrig.
Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein
Kämpfer? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant
hinaus ins Treffen und vernichtet den Elefanten samt
dem Reiter, vernichtet das Roß samt dem Reiter, ver-
nichtet den Wagen, den Wagenlenker und das Fuß-
volk. iSo, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein
Kämpfer.
Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant
wachsam? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant
ins Treffen; er wacht über den vorderen Teil seines
Körpers, wacht über den hinteren Teil seines Körpers,
wacht über seine Vorderfüße, wacht über seine Hinter-
füße, wacht über seinen Kopf, Wacht über seine
Hauer, wacht über seinen Rüssel, wacht über seinen
Schweif und wacht über den Reiter. So, ihr Mönche,
ist des Kpnigs Elefant wachsam.
Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant
ein Dulder? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Ele-
fant hinaus ins Treffen und erträgt geduldig Messer-
stiche, Pfeilschüsse, Säbelhiebe, Axtstreiche sowie den
Lärm und das Getöse der Pauken, Trommeln und
— 148 —
FÜNFFRBUCH V 140
Trompeten. So, ihr Mönche ist des Königs Elefant
ein Dulder,
Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein
Pfadfinder? Wohin ihn, ihr Mönche, der Elefanten-
bändiger des Königs Elefanten schickt, ob bereits
früher hingegangen oder nicht, dahin findet er rasch
seinen Weg. So, ihr Mönche, ist des Königs Elefant
ein Pfadfinder.
Ebenso auch, ihr Mönche, ist der mit fünf Eigen-
schaften ausgestattete Mönch würdig der Opfer, würdig
der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig des
ehrfurchtsvollen Handgrußes, ist in der Welt der beste
Boden für gute Werke. Und welches sind diese fünf
Eigenschaften? Da, ihr Mönche, ist der Mönch ge-
lehrig, ein Kämpfer, wachsam, ein Dulder und ein
Pfadfinder.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch gelehrig?
Wird da, ihr Mönche, das vom Vollendeten verkündete
Gesetz und die Disziplin vorgetragen, so ist er eifrig
und achtsam und, im Geiste es völlig erfassend, leiht
er Gehör. So, ihr Mönche, ist der Mönch gelehrig.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Kämpfer?
Da, ihr Mönche, läßt der Mönch einen aufgestiegenen
Gedanken der Begierde, des Übelwollens und der
Grausamkeit nicht Fuß fassen; läßt aufgestiegene üble,
schuldvolle Geisteszustände nicht Fuß fassen, über-
windet, vertreibt, Vernichtetsie, bringt siezum Schwinden.
So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Kämpfer.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch wachsam?
Erblickt da, ihr Mönche, der Mönch mit dem Auge
eine Form, so haftet er weder am Ganzen noch an
den Einzelheiten. Da, unbewachten Auges weilend,
149 —
V 140 DIE REDEN DES BUDDHA
Begehrsucht und Kummer, üble, schuldvolle Dinge in
ihm eindringen möchten, so befleißigt er sich dessen
Bewachung, trübet das Auge, hält er das Auge im
Zaume. Vernimmt er mit dem Ohre einen Ton, —
riecht er mit der Nase einen Duft, — schmeckt er
mit der Zunge einen Saft, — fühlt er mit dem Körper
ein Tastobjekt, bekennt er im Geiste ein Ding, so
haftet er weder am Ganzen, noch an den Einzelheiten.
Da, unbewachten Geistes weilend, Begehrsucht und
Kummer, üble, schuldvolle Dinge in ihm eindringen
möchten, so befleißigt er sich dessen Bewachung,
hütet er den Geist, hält er den Geist im Zaume. So,
ihr Mönche, ist der Mönch wachsam.
Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Pfad-
finder? Dieses Ziel, ihr Mönche, das der Mönch auf
diesen langen Wanderungen zuvor noch nicht erreicht
hat, nämlich den Ruhestand aller Bildungen, die Los-
lösung von allen Daseinssubstraten, der Hier -Ver-
nichtung, die Abwendung, die Aufhebung, das Nirwahn:
dieses Ziel erreicht er in gar kurzer Zeit. So, ihr
Mönche, ist der Mönch ein Pfadfinder.
Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr
Mönche, ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der
Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig des ehr-
furchtsvollen Handgrußes, ist in der Welt der beste
Boden für gute Werke.
150
FÜNFERBUCH V 141
FÜNFZEHNTER TEIL:
Im Tikändakiwalde
Fünferlei Menschen 141
(1)
Fünf Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt
anzutreffen: welche fünf? Der eine empfindet Miß-
achtung infolge des Gebens, der eine empfindet Miß-
achtung infolge des Zusammenlebens, der eine ist
leichtgläubig, der eine wankelmütig, der eine dumm
und töricht.
Inwiefern aber, ihr Mönche, empfindet einer
Mißachtung infolge des Gebens? Da, ihr Mönche,
gibt einer einem anderen Gewand, Almosenspeise,
Lagerstatt und die nötigen Heilmittel und Arzneien.
Er aber denkt: >Ich bin der Geber, jener der Emp-
fänger.« Und infolge des Gebens mißachtet er jenen.
Insofern, ihr Mönche, empfindet einer Mißachtung
infolge des Gebens.
Inwiefern aber, ihr Mönche, empfindet einer Miß-
achtung infolge des Zusammenlebens? Da, ihr Mönche,
lebt einer mit einem anderen zwei oder drei Jahre
zusammen, und infolge des Zusammenlebens miß-
achtet er jenen. Insofern, ihr Mönche, empfindet
einer Mißachtung infolge des Zusammenlebens.
Inwiefern aber, ihr Mönche, ist einer leicht-
gläubig? Da, ihr Mönche, ist einer, sobald man einen
anderen lobt oder tadelt, gar schnell zum Glauben
geneigt. Insofern, ihr Mönche, ist einer leicht-
gläubig.
- 151 -
T 142 DIE REDEN DES BUDDHA
Inwiefern aber, ihr Mönche, ist einer wankel-
mütig? Da, ihr Mönche, besitzt einer wenig Ver-
trauen, wenig Hingabe, wenig Liebe, wenig Glauben.
Insofern, ihr Mönche, ist einer wankelmütig.
Inwiefern aber, ihr Mönche, ist einer dumm und
töricht? Da, ihr Mönche, kennt einer weder die
heilsamen noch die unheilsamen Dinge, weder die
tadeligen noch die untadeligen Dinge, weder die ge-
meinen noch die edlen Dinge, noch die Gegensätze
von Gut und Böse. Insofern, ihr Mönche, ist einer
dumm und töricht.
Diese fünf Menschen, ihr Mönche, sind in der
Welt anzutreffen.
142 Fünferlei Menschen
(2)
Fünf Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt
anzutreffen: welche fünf?
Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch (gegen
die Ordenssatzung) und macht sich Gewissensbisse («);
er kennt aber nicht der Wirklichkeit gemäß (ß) jene
Gemütserlösung und Wissenserlösung (y), wo ihm die
aufgestiegenen, schuldvollen Eigenschaften restlos
schwinden.
Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch, ohne
(a) »Er begeht eine in einem Ordensvergehen (äpatti = gehen)
bestehende Überschreitung und empfindet demzufolge Reue«
(Komm.).
{ß) d. h. er hat sie noch nicht selber verwirklicht.
(y) ceto-vimutti find pafifia-vimutti : »die mit dem Arahattum
(Heiligkeit) verbundene Sammlung (arahatta-samädhi) und das mit
dem Ziel des Arahattums verbundene Wissen (arahatta-phala^näna)«.
(Komm.)
— 152 —
FÜNFERBUCH T 142
sich Gewissensbisse zu machen (a); er kennt aber
nicht der Wirklichkeit gemä[3 jene Gemütserlösung
und Wissenserlösung, wo ihm die aufgestiegenen,
schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.
Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch nicht,
doch er macht sich Gewissensbisse {ß)\ er kennt aber
nicht der Wirklichkeit gemäß jene Gemütserlösung
und Wissenserlösung; wo ihm die aufgestiegenen,
schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.
Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch nicht
und macht sich keine Gewissensbisse; er kennt aber
nicht der Wirklichkeit gemäß jene Gemütserlösung
und Wissenserlösung, wo ihm die aufgestiegenen,
schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.
Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch nicht,
macht sich keine Gewissensbisse, und er erkennt der
Wirklichkeit gemäß jene Gemütserlösung und Wissens-
erlösung, wo ihm die aufgestiegenen, schuldvollen
Eigenschaften restlos schwinden.
Hier nun, ihr Mönche, ist der erste Mensch
folgendermaßen zu belehren: »Es bestehen da in dem
Verehrten durch Vergehen verschuldete Leidenschaften,
und durch Gewissensbisse entstandene Leidenschaften
wachsen an. Gut wäre es, wollte der Verehrte die
durch Vergehen verschuldeten Leidenschaften über-
(a) >d. h. er hat ein Vergehen begangen; weil er sich aber
davon frei gemacht hat (d. i. weil er es den Mönchen gestanden und
die vorschriftsmäßige Sühne getan hat; s. II, 70) macht er sich
keine Gewissensbisse mehr.« (Komm.)
(ß) *d. h. nachdem er einmal ein Vergehen begangen und
es wieder gut gemacht hat, begeht er zwar späterhin kein Ver-
gehen mehr, doch kann er seine Gewissensbisse nicht los werden.*
(Komm.)
— 153 —
T 142 DIE REDEN DES BUDDHA
winden (a), die durch Gewissensbisse entstandenen
Leidensciiaften Vertreiben und alsdann Geist und Ein-
siciit entfalten. Es möchte dann der Verehrte jenem
fünften Menschen genau gleich werden.«
Der zweite Mensch, ihr Mönche, ist folgender-
maßen zu belehren: »Es bestehen da in dem Ver-
ehrten durch Vergehen verschuldete Leidenschaften,
doch keine durch Gewissensbisse entstandenen Leiden-
schaften wachsen an. Gut wäre es, wollte der Ver-
ehrte die durch Vergehen verschuldeten Leidenschaften
überwinden und alsdann Geist und Einsicht entfalten.
Es möchte dann der Verehrte jenem fünften Menschen
genau gleich werden.«
Der dritte Mensch, ihr Mönche, ist folgender-
maßen zu belehren: »Es bestehen da in dem Ver-
ehrten keine durch Vergehen verschuldeten Leiden-
schaften, doch durch Gewissensbisse entstandene
Leidenschaften wachsen an. Gut wäre es, wollte der
Verehrte die durch Gewissensbisse entstandenen
Leidenschaften vertreiben (ß) und alsdann Geist und
Einsicht entfalten. Es möchte dann der Verehrte
jenem fünften Menschen genau gleich werden.«
Der vierte Mensch, ihre Mönche, ist folgender-
maßen zu belehren: *Es bestehen da in dem Verehrten
weder durch Vergehen verschuldete Leidenschaften,
noch durch Gewissensbisse entstandene Leidenschaften
wachsen an. Gut wäre es, wollte der Verehrte Geist
und Einsicht entfalten. Es möchte dann der Verehrte
jenem fünften Menschen genau gleich werden.«
(«) »Dadurch,- daß er sein Vergehen bekennt, bezw. sühnt
(wörtl.: sich daraus erhebt).« (Komm.)
(ß) Nämlich dadurch, daß er seine Schuldlosigkeit erwägt.
- 154
FÜNFERBUCH V J43
So, ihr Mönche, erreichen denn diese Vier Men-
schen durch jenen fünften Menschen also ermahnt,
also belehrt, allmählich die Versiegung der Leiden-
schaften.
Die fünf Ideale oder Kleinode 143
Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei
Vesäli, in der Halle des Giebelhauses. Und der Er-
habene kleidete sich in der Frühe an und begab sich,
mit Gewand und Schale versehen, nach Vesäli um
Almosen. Zu jener Zeit aber gerade hatte man unter
den fünfhundert Licchaviern, die beim Särandada-
Schreine versammelt dasaßen, das Gespräch darauf
gebracht, daß sich selten in der Welt fünf Ideale («)
zeigten, nämlich das Ideal eines Elefanten, das Ideal
eines Rosses, das Ideal eines Edelsteines, das Ideal
einer Frau und das Ideal eines Hausvaters. Und jene
Licchavier schickten einen Mann, auf die Straße, mit
dem Auftrage, daß, sobald er den Erhabenen heran-
kommen sehe, es ihnen mitteilen solle. Es sah nun
jener Mann den Erhabenen schon von ferne heran-
kommen; ihn erblickend ging er zu den Licchaviern
und sprach: »Dort, ihr Herren, kommt jener Erhabene,
Heilige, vollkommen Erleuchtete. Wie es euch nun
belieben mag.« Darauf gingen jene Licchavier dem
Erhabenen entgegen, begrüßten ihn ehrfurchtsvoll und
stellten sich zur Seite, indem sie sprachen: »Gut wäre
es, 0 Ehrwürdiger, wollte der Erhabene sich nach dem
Sarandada-Schreine begeben, von Mitleid bewogen!«
Schweigend willigte der Erhabene ein und begab sich
nach dem Särandada-Schreine. Dort angelangt setzte
(a) Wörtl.: Juwelen (ratanäni).
- 155 —
V 144 DIE REDEN DES BUDDHA
er sich auf dem angewiesenen Sitze nieder und sprach
zu den LicchaViern:
»Bei welchem Gespräche, ihr Licchavier, saßet
ihr da zusammen? Was war das Gespräch, das ihr
abgebrochen habt?«
>Als wir, 0 Ehrwürdiger, hier beim Särandada-
• Schreine versammelt dasaßen, wurde das Gespräch
darauf gebracht, daß sich selten in der Welt fünf
Ideale zeigten, nämlich das Ideal eines Elefanten, das
Ideal eines Rosses, das Ideal ein,es Edelsteines, das
Ideal einer Frau und das Ideal eines Hausvaters.«
»Freilich, unter den den weltlichen Wünschen
hingegebenen lieben LicchaViern hat sich eben ein
ihren weltlichen Wünschen entsprechendes Gespräch
entsponnen. Fünf Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich
selten in der Welt: welche fünf? Selten zeigt sich
in der Welt ein Vollendeter, Heiliger, Vollkommen
Erleuchteter; selten zeigt sich in der Welt ein Lehrer
des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner
Disziplin; selten zeigt sich in der Welt Einer, der beim
Vortrag des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und
seiner Disziplin Verständnis erlangt; selten zeigt sich in
der Welt Einer, der, den Vortrag des vom Vollendeten
verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin verstehend,
im Sinne des Gesetzes lebt; selten zeigt sich in der
Welt ein dankbarer, erkenntlicher Mensch. Diese fünf
Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich selten in der Welt.-
144 Die Betrachtung über Widerliches und
Nichtwiderliches
[Im Tikändaki- Walde bei Saketa:]
Gut ist es, ihr Mönche, wenn der Mönch von
Zeit zu Zeit Nichtwiderliches als- widerlich be-
— 156 —
FÜNFERßUCH V 144
trachtet (a); wenn er Widerliches als nichtwiderlich be-
trachtet iß); wenn er Nichtwiderliches wie Widerliches
als widerlich betrachtet; wenn er Nichtwiderliches und
Widerliches als nichtwiderlich betrachtet; wenn er
beides, Widerliches wie Nichtwiderliches, verwerfend,
gleichmütig verweilt, achtsam, klaren Geistes.
Aus welchem Beweggrunde aber, ihr Mönche, mag
der Mönch Nichtwiderliches als Widerlich betrachten?
Damit ihm bei den giererregenden Erscheinungen keine
Gier aufsteige.
Aus welchem Beweggrunde aber mag er Wider-
liches als nichtwiderlich betrachten? Damit ihm bei
den haßerregenden Erscheinungen kein Haß aufsteige.
Aus welchem Beweggrunde aber mag er Nicht-
widerliches wie Widerliches als widerlich betrachten?
Damit ihm bei den giererregenden Erscheinungen keine
Gier und bei den haßerregenden Erscheinungen kein
Haß aufsteige.
Aus welchem Beweggrunde aber mag er Wider-
liches wie Nichtwiderliches als nichtwiderlich betrachten?
Damit ihm bei den haßerregenden Erscheinungen kein
Haß und bei den giererregenden Erscheinungen keine
Gier aufsteige.
(a) Den Gegenstand nämlich, der seine Begier reizen möchte
- z. B. den weiblichen Körper, gute Speise usw. - betrachtet
er als unrein, vergänglich und widerlich und vergegenwärtigt sich
alle die einzelnen Teile, aus denen sich der Körper zusammensetzt
(s. X, 60) und verhindert so das Aufsteigen der sinnlichen Begierde.
(ß) Nämlich den Gegenstand oder die Person, die Mißmut,
Groll, Haß oder Rache in ihm erwecken könnte, durchstrahlt er
in Liebe, Mitleid und Wohlwollen und verhindert so das Auf-
steigen der Vorstellung der Widerlichkeit und somit der bösen
Triebe des Grolles und Hasses,
- 157
1 14ä, 146, 14t Dife REDEM DES BUDDHA _^^^
Aus welchem Beweggrunde aber mag er beides,
Widerliches wie Nichtwiderliches, verwerfend, gleich-
mütig verweilen, achtsam, klaren Geistes? Damit ihm
bei keiner Gelegenheit, nirgends, irgendwie, bei den
giererregenden Erscheinungen Gier aufsteige, bei den
haßerregenden Erscheinungen Haß aufsteige und bei
den verblendenden Erscheinungen Verblendung auf-
steige.
i45 Der Ausgang des Sittenlosen
Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge zutreffen, der
verfällt, seinen Werken entsprechend, der Hölle:
welche fünf?
Töten, Stehlen, geschlechtliches Ausschreiten,
Lügen und das Genießen berauschender Getränke («).—
146 Der Freundschaft unwürdig
Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen
sind, mit diesem Mönche sollte man keine Freund-
schaft pflegen: welche fünf?
Da, ihr Mönche, läßt der Mönch Feldarbeiten
vornehmen, läßt sich in Streitigkeiten ein, hegt Feind-
schaft gegen hervorragende Mönche, wandert gern
lange und unstet umher; und er ist nicht fähig, von
Zeit zu Zeit durch Worte über das Gesetz zu belehren,
zu ermahnen, zu ermutigen und zu ermuntern.
147 Rechtes Geben und verkehrtes Geben
Auf fünffache Weise, ihr Mönche, gibt der schlechte
Mensch Gaben: ohne Eifer gibt er; ohne Ehrfurcht
(a) Über diese von jedem guten Buddhisten gemiedenen
fünf Sittenvergehen siehe Näheres VIII, 25.
— 158 —
röNFERBÜCH 1 148
gibt er; nicht eigenhändig gibt er; Abfälle gibt er;
ohne Glaube an Vergeltung gibt er.
Auf folgende fünffache Weise, ihr Mönche, gibt
der gute Mensch Gaben: voll Eifer gibt er; voll Ehr-
furcht gibt er; eigenhändig gibt er; keine Abfälle gibt
er; im Glauben an die Vergeltung gibt er.
Rechtes Geben 148
Auf fünffache Weise, ihr Mönche, gibt der gute
Mensch Gaben: Voll Vertrauen, voll Eifer, zur rechten
Zeit, freigebigen Herzens und ohne sich und andern
zu schaden.
Wer, ihr Mönche, voll Vertrauen eine* Gabe gibt,
der ist, wo immer diese Gabe Früchte bringt («),
reich, hochbegütert, hochvermögend und ist von schöner
Gestalt, von gefälligem Äußern, voll Anmut und Von
edler Erscheinung.
Wer, ihr Mönche, Voll Eifer eine Gabe gibt, der
ist, wo immer diese Gabe Früchte bringt, reich, hoch-
begütert, hochvermögend; und seine Frauen und Kinder
sowie seine Knechte, Diener und Arbeiter hören auf
ihn, gehorchen ihm, leihen ihm Gehör und richten
ihren Sinn darauf, ihn zu Verstehen.
Wer, ihr Mönche, zur rechten Zeit eine Gabe
gibt, der ist, wo immer diese Gabe Früchte bringt,
reich, hochbegütert, hochvermögend, und zum Genüsse
der erhabenen fünf Sinnenfreuden ist sein Herz ge-
neigt.
Wer, ihr Mönche, ohne sich oder anderen zu
schaden, eine Gabe gibt, der ist, wo immer diese
(a) d. h. an welchem Platze auch immer er infolge seiner
Gaben nach dem Tode wiedergeboren wird.
— 159 —
Y 150 DIE REDEN DES BUDDHA
Gabe Früchte bringt, reich, hochbegütert, hochver-
mögend, und durch nichts können seine Schätze zer-
stört werden, sei es durch Feuer, Wasser, Fürsten,
Räuber oder Heblose Erben.
Auf diese fünffache Weise, ihr Mönche, gibt der
gute Mensch Gaben.
150 Nachteilige Dinge
Fünf Dinge, ihr Mönche, gereichen dem »Zeit-
weilig Befreiten« («) Mönche zum Nachteil: Gefallen
an körperlicher Arbeit, Gefallen am Plaudern, Gefallen
am Schlafen, das Nichtwachen über die fünf Sinnen-
tore und linmäßigkeit beim Mahle. —
(a) d. i. dem von Zeit zu Zeit Sammlung und innere Ge-
mütsruhe Erlangenden, denn derselbe ist während dieser Zeit be-
freit von Leidenschaft. Hierüber s. Nyanatiloka, Puggala Paiifiati,
Nr. 1.
- 160 —
FÜNFERBUCH T 151, 152, 153, 154
SECHZEHNTER TEIL:
Das Kapitel des Outen Gesetzes
Hindernisse zur Erreichung des Pfades i5i
Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen
sind, der ist, selbst wenn er das Gute Gesetz zu
hören bekommt, außerstande, den Pfad und die Voll-
endung im Guten zu erreichen. Und weiches sind
diese fünf Dinge?
Er unterschätzt den Vortrag, unterschätzt den
Vortragenden, unterschätzt sich, hört verwirrten und
ungesammeiten Geistes das Gesetz und gibt sich un-
weisen Erwägungen hin. —
— Er unterschätzt den Vortrag, unterschätzt den 152
Vortragenden, unterschätzt sich; er ist unverständig,
dumm und stumpfsinnig; und Unverstandenes glaubt
er zu Verstehen. —
— Aus Heuchelei hört er sich das Gesetz an, von 153
Heuchelei erfüllt; mit boshafter Gesinnung hört er
sich das Gesetz an und sucht nach Fehlern; gegen
den Gesetzesredner ist er im Herzen aufgebracht und
erbittert; unverständig ist er, dumm und stumpfsinnig;
Unverstandenes glaubt er zu verstehen. Bei wem, ihr
Mönche, diese fünf Dinge anzutreffen sind, der ist,
selbst wenn er das Gute Gesetz zu hören bekommt,
außerstande, den Pfad und die Vollendung im Guten
zu erreichen.
Die Dauer des Guten Gesetzes 154
Fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall
und Untergange des Guten Gesetzes: welche fünf?
Die Reden des Buddha. Bd. II 161 H
V 155 DIE REDEN DES BUDDHA
Da, ihr Mönche, hören die Mönche nicht voll
Eifer das Gesetz, lernen nicht die Mönche voll Eifer
das Gesetz, merken sich nicht voll Eifer das Gesetz,
untersuchen nicht voll Eifer den Sinn der sich ein-
geprägten Gesetze; und selbst, wenn sie das Gesetz
und seine Bedeutung kennen, leben sie nicht voll
Eifer im Sinne des Gesetzes. Diese fünf Umstände,
ihr Mönche, führen zum Zerfall und Untergange des
Guten Gesetzes.
Fünf Umstände aber, ihr Mönche, führen zur
Festigung, Zunahme und Unzerstörbarkeit des Guten
Gesetzes: welche fünf?
Da, ihr Mönche, hören die Mönche voll Eifer das
Gesetz, lernen voll Eifer das Gesetz, merken sich
voll Eifer das Gesetz, untersuchen voll Eifer den Sinn
der sich eingeprägten Gesetze; das Gesetz und seine
Bedeutung aber kennend leben sie im Sinne des Ge-
setzes. Diese fünf Umstände, ihr Mönche, führen
zur Festigung, Zunahme und Unzerstörbarkeit des
Guten Gesetzes.
155 Der Untergang des Guten Gesetzes
(1)
Fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall
und Untergang des Guten Gesetzes: welche fünf?
Daß die Mönche das Gesetz nicht lernen, — daß
sie, wie sie dasselbe gehört und gelernt haben, nicht
den anderen ausführlich darlegen, — nicht die anderen
ausführlich lernen lassen, — nicht sich selber aus-
führlich hersagen, — nicht darüber nachdenken, nach-
sinnen und es im Geiste erwägen. —
Diese fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum
Zerfall und Untergange des Guten Gesetzes.
— 162 —
FÜNFERBUCH 1 156
Der Untergang des Guten Gesetzes 156
(2)
Fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall
und Untergange des Guten Gesetzes: welche fünf?
Da, ihr Mönche, eignen sich die Mönche eine
verkehrt gelernte Sutte an, eine Sutte mit verkehrtem
Wortlaute. Der Sinn des verkehrten Wortlautes aber,
ihr Mönche, ist irreführend. Das, ihr Mönche, ist
der erste Umstand.
Ferner, ihr Mönche, sind da die Mönche heftig,
von streitsüchtiger Natur, hartnäckig, schenken den
Unterweisungen nicht die richtige Achtung. Das, ihr
Mönche, ist der zweite Umstand.
Ferner, ihr Mönche: jene Mönche, denen reiches
Wissen eignet, die mit der Botschaft vertraut, Träger
des Gesetzes, der Disziplin und des Inhaltes sind, die
lassen die anderen nicht voll Eifer die Sutten lernen.
So sind denn nach ihrem Tode die Sutten ihrer Träger
beraubt und ohne Stütze. Das, ihr Mönche, ist der
dritte Umstand.
Ferner, ihr Mönche, sind da die älteren Mönche
der Üppigkeit ergeben, schlaffe Menschen, suchen
vor allem die Gesellschaft und fliehen die Einsamkeit
als eine Last. Und sie kämpfen nicht, um das Un-
erreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen,
das Unverwirklichte zu verwirklichen. Ihre Nachfolger
aber nehmen sie zum Vorbilde: auch sie sind der
Üppigkeit ergeben, schlaffe Menschen, suchen vor
allem die Gesellschaft und fliehen die Einsamkeit als
eine Last. Und sie kämpfen nicht, um das Uner-
reichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen,
163 — . u
T 167 DIE REDEN DES BUDDHA
das Unverwirklichte zu verwirklichen. Das, ihr
Mönche, ist der Vierte Umstand.
Ferner, ihr Mönche, ist da die Jüngerschaft ge-
spahen. Ist aber die Jüngerschaft gespalten, so ver-
leumdet einer den anderen, beschimpft einer den
anderen, umgeht einer den anderen, verjagt einer den
anderen. Wer da kein Vertrauen besitzt, erlangt es
nicht; bei einigen unter den Vertrauensvollen aber tritt
eine Wandlung ein. Das, ihr Mönche, ist der fünfte
Umstand.
Diese fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum
Zerfall und Untergange des Guten Gesetzes. —
157 Unangebrachte Gespräche
Verkehrt ist es, ihr Mönche, zu fünf Menschen
zu sprechen mit Anspielung auf ihre Person.
Verkehrt ist es, ihr Mönche, einem Vertrauens-
losen von Vertrauen zu sprechen, einem Sittenlosen
Von Sittlichkeit, einem Unwissenden von großem Wis-
sen, einem Geizigen von Freigebigkeit und einem
Toren von Einsicht. Und warum?
Spricht man da, ihr Mönche, über Vertrauen, so
gerät der Vertrauenslose in Wut, wird erregt, gerät
außer sich, ist eigensinnig, zeigt Zorn, Haß und Miß-
trauen. Und warum? Weil er eben kein Vertrauen
in sich bemerkt und darum keinen Gefallen und keine
Freude daran hat. Darum ist es verkehrt, einem Ver-
trauenslosen von Vertrauen zu sprechen.
Spricht man über Sittlichkeit, — über großes
Wissen, — über Freigebigkeit, — über Einsicht, so
gerät der Tor in Wut, wird erregt, gerät außer sich,
ist eigensinnig, zeigt Zorn, Haß und Mißtrauen. Und
- 164 -
FÜNFERBUCH V 158, 169
warum? Weil er eben keine Einsicht in sich bemerkt
und darum keinen Gefallen und keine Freude daran
hat. Darum ist es Verkehrt, einem Toren Von Einsicht
zu sprechen.
Der Befangene und der Unbefangene 158
Mit fünf Eigenschaften behaftet, ihr Mönche, fühlt
sich der Mönch befangen: mit welchen fünf? Er ist
vertrauenslos, sittenlos, unwissend, träge und unver-
ständig. —
Mit fünf Eigenschaften aber ausgerüstet, ihr
Mönche, fühlt sich der Mönch unbefangen: mit welchen
fünf? Er besitzt Vertrauen, Sittlichkeit, großes Wissen,
Willenskraft und Einsicht. —
Die Darlegungsweise des Gesetzes 159
Einst weilte der Erhabene bei Kosambi im Gho-
sitakloster. Zu jener Zeit aber saß der ehrwürdige
Udäyl inmitten einer großen Versammlung von Haus-
leuten und legte ihnen das Gesetz dar. Der ehrwür-
dige Änando bemerkte es; und es bemerkend begab
er sich zum Erhabenen und teilte es ihm mit.
[Der Erhabene:] »Nicht leicht, wahrlich, ist es,
Änando, anderen das Gesetz darzulegen. Wer anderen
das Gesetz darlegt, sollte sich dabei fünf Dinge im
Geiste gewärtig halten: welche fünf?
>Er sollte bei Darlegung des Gesetzes darauf be-
dacht sein, eine stufenweise Darlegung zu geben («),
(a) d. h er sollte daran denken, zuerst vom Almosengeben
zu sprechen, dann von den Sittengeboten usw. und nicht etwa
gleich zu Anfang von den letzten Zielen der Lehre, denn das möchte
zu rein theoretischem Wissen führen, dem jede wirkliche moralische
Grundlage fehlt.
— 165 -
Y 160 DIE REDEN DES BUDDHA
eine begründete Darlegung zu geben (a), aus Mitleid
das Gesetz darzulegen, nicht zu irgend einem welt-
lichen Vorteile und dabei weder auf sich noch auf die
anderen anzuspielen.« —
160 Schwer loszuwerdende Dinge
Fünf Dinge, ihr Mönche, einmal erwacht, kann
man schwer los werden: welche fünf? Gier, Haß,
Verblendung, Gesprächigkeit und unstete Gedanken.—
(a) »für alle (besprochenen) Dinge Gründe anzugeben« sagt
der Kommentar.
- 166 —
FÜNFERBUCH T 161, 162
SIEBZEHNTER TEIL:
Das Kapitel des Grolles
Fünf Mittel zur Überwindung des Grolles 161
(1)
Es gibt, ihr Mönche, fünf Mittel, den Groll zu
überwinden, wodurch der im Mönche aufgestiegene
Groll überwunden werden sollte: welche fünf?
Hinsichtlich eines Menschen, ihr Mönche, gegen
den Groll aufsteigen möchte, hat man Liebe zu er-
wecken, — hat man Mitleid zu erwecken, — hat man
Gleichmut zu erwecken; — oder man hat ihm keine
Beachtung und Aufmerksamkeit zu schenken; — oder
man hat sich das Gesetz Von der Tatenvererbung zu
vergegenwärtigen, daß nämlich dieser Verehrte Eigner
und Erbe seiner Taten ist, seinen Taten entsprossen
und mit ihnen verknüpft ist, sie zur Zuflucht hat und
die guten und bösen Taten, die er tut, zum Erbe
haben wird. Auf diese Weise hat man den Groll zu
jenem Menschen zu überwinden. —
Fünf Mittel zur Überwindung des Grolles 162
(2)
Der ehrwürdige Sariputto sprach:
Es gibt, ihr Brüder, fünf Mittel, den Groll zu
überwinden, wodurch der im Mönche aufgestiegene
Groll überwunden werden sollte: welche fünf?
Da, ihr Brüder, ist ein Mensch Von unlauterem
Wandel in Werken aber von lauterem Wandel in Worten.
Gegen einen solchen Menschen hat man den Groll zu
überwinden.
- 167 -
V 162 DIE REDEN DES BUDDHA
Da, ihr Brüder, ist ein Mensch von unlauterem
Wandel in Worten aber Von lauterem Wandel in Werken.
Auch gegen einen solchen Menschen hat man den
Groll zu überwinden.
Da, ihr Brüder, ist ein Mensch von unlauterem
Wandel in Werken und Worten, aber von Zeit zu Zeit
öffnet sich sein Herz (a), erlangt sein Herz Zuversicht.
Auch gegen einen solchen Menschen hat man den
Groll zu überwinden.
Da, ihr Brüder, ist ein Mensch von unlauterem
Wandel in Werken und Worten, und nicht öffnet sich
von Zeit zu Zeit sein Herz und erlangt Zuversicht.
Auch gegen einen solchen Menschen hat man den
Groll zu überwinden.
Da, ihr Brüder, ist ein Mensch Von lauterem Wandel
in Werken und Worten, und von Zeit zu Zeit öffnet
sich sein Herz und erlangt Zuversicht. Auch gegen
einen solchen Menschen hat man den Groll zu über-
winden.
Wie aber, ihr Brüder, hat man den Groll gegen
solche Menschen zu überwinden?
Gleichwie etwa, ihr Brüder, wenn ein in Fetzen-
gewänder sich kleidender Mönch auf der Straße einen
Fetzen erblickt, denselben mit dem linken Fuße fest-
hält und mit dem rechten ausbreitet und, was es daran
an festem Stoffe gibt, abschneidet und mitnimmt: ebenso
auch, ihr Brüder, hat man bei einem Menschen von
unlauterem Wandel in Werken aber lauterem Wandel
in Worten bei jener Gelegenheit nicht etwa seine Un-
lauterkeit in Werken zu erwägen, wohl aber seine
(a) d. h. er gewinnt die durch die Sammlung bedingte Ge-
mütsruhe und Hell blick (vipässanä).
— 168 —
FUNFERBUCH T 162
Lauterkeit in Worten. Auf diese Weise hat man den
Groll ^egen jenen Menschen zu überwinden.
Gesetzt, ihr Brüder, es befände sich da ein mit
Moos und Wasserpflanzen bedeckter Teich. Und ein
Mann, glühend vor Hitze, von der Hitze überwältigt,
ermattet, zitternd. Von Durst gequält, käme des Weges
daher. Und er stiege zu jenem Teiche hinab, entfernte
mit beiden Händen hier und da das Moos und die
Wasserpflanzen, tränke darauf aus seiner Hand und
ginge alsdann seines Weges weiter. Ebenso auch, ihr
Brüder, hat man bei einem Menschen von unlauterem
Wandel in Worten aber lauterem Wandel in Werken
bei jener Gelegenheit nicht etwa seine Unlauterkeit
in Worten zu erwägen, wohl aber seine Lauterkeit in
Werken. Auf diese Weise hat man den Groll gegen
jenen Menschen zu überwinden.
Gesetzt, ihr Brüder, es befände sich da ein wenig
Wasser in den Fußtapfen eines Rindes. Und ein Mann,
glühend vor Hitze, von der Hitze überwältigt, ermattet,
zitternd, von Durst gequält, käme des Weges daher.
Der dächte: »Wenn ich dieses wenige in dem Rinder-
fußtapfen befindliche Wasser Vermittels der Hand oder
einem Gefäß trinken möchte, so würde ich es auf-
stören, aufwühlen und ungenießbar machen. So will
ich mich denn auf allen Vieren niederlassen und wie
eine Kuh das Wasser schlürfen und dann meines Weges
weiterziehen.« Und er täte so. Ebenso auch, ihr Brüder,
hat man bei einem Menschen von unlauterem Wandel
in Werken und Worten, dessen Herz von Zeit zu Zeit
sich öffnet und Zuversicht erlangt, bei jener Gelegenheit
nicht etwa seine Unlauterkeit in Werken und Worten
zu erwägen; wohl aber soll man daran denken, daß
— 169
T162 DIE REDEN DES BUDDHA
sein Herz von Zeit zu Zeit sich öffnet und Zuversicht
erlangt. Auf diese Weise hat man den Groll gegen
jenen Menschen zu überwinden.
Gesetzt, ihr Brüder, ein siecher, leidender, schwer
kranker Mann wanderte eine lange Straße entlang. So-
wohl das Dorf hinter ihm als auch das Dorf vor ihm
lägen in weiter Ferne. Und er fände keine passenden
Speisen und Heilmittel, keinen passenden Pfleger und
keinen, der ihm den Weg wiese. Ein Mann aber, der
des Weges daherzöge, erblickte ihn. Und er empfände
mit ihm Mitleid, Liebe und Wohlwollen und dächte:
»Ach, daß doch dieser Mann passende Speisen und
Heilmittel fände sowie einen passenden Pfleger und
einen, der ihm den Weg weist, damit er nicht um-
kommt!< Ebenso auch, ihr Brüder, hat man gegen
einen Menschen von unlauterem Wandel in Werken
und Worten, dessen Herz sich nicht von Zeit zu Zeit
öffnet und Zuversicht erlangt, Mitleid, Liebe und Barm-
herzigkeit zu empfinden und zu denken: »Ach, daß
doch dieser Verehrte seinen schlechten Wandel in
Werken und Worten aufgäbe und einen guten Wandel
in Werken und Worten pflegte, damit er beim Zerfalle
des Leibes, nach dem Tode, nicht auf den Abweg gerät,
auf eine Leidensfährte, in Verstoßene Welt, zur Hölle!«
Auf diese Weise hat man den Groll gegen jenen Menschen
zu überwinden.
Gesetzt, ihr Brüder, es befände sich da ein Teich, ge-
füllt mit klarem, lieblichem, kühlem, silberhellem Wasser,
mit einem Badestrande Versehen, entzückend, von zahl-
reichen Bäumen umgeben. Und ein Mann, glühend
vor Hitze, von der Hitze überwältigt, ermattet, zitternd,
von Durst gequält, käme des Weges daher. Und er
— 170 —
FÜNFERBUCH V 165, 166
stiege in jenen Teich, badete sich und tränke Von dem
Wasser. Darauf stieg er wieder heraus und setzte
oder legte sich dortselbst im Schatten der Bäume
nieder. Ebenso auch, ihr Brüder, hat man bei einem
Menschen von lauterem Wandel in Werken und Worten,
dessen Herz sich von Zeit zu Zeit öffnet und Zuversicht
erlangt, bei jener Gelegenheit seinen lauteren Wandel
in Werken und Worten zu erwägen und daran zu denken,
daß sein Herz Von Zeit zu Zeit sich öffnet und Zu-
versicht erlangt. Auf diese Weise hat man den Groll
gegen jenen Menschen zu überwinden.
Bei einem in allen Dingen Zutrauen erweckenden
Menschen, ihr Brüder, empfindet das Herz Zuversicht.
Die Gründe des Fraj^estellens 165
Der ehrwürdige Säriputto sprach:
Wer auch immer, ihr Brüder, einem anderen
eine Frage stellt, tut es immer aus fünf Gründen oder
aus einem derselben: aus welchen fünf Gründen?
Aus Dummheit und Torheit, aus üblem Wunsche
und Begehren, aus Verachtung, aus Wißbegierde oder
in dem Gedanken: »Wenn jener die von mir gestellte
Frage richtig beantwortet, so ist's gut; wenn rieht,
so werde ich ihm dieselbe richtig beantworten.« Ich,
ihr Brüder, stelle einem anderen eine Frage in dem
Gedanken: »Wenn jener die von mir gestellte Frage
richtig beantwortet, so ist's gut; wenn nicht, so werde
ich ihm dieselbe richtig beantworten.«
UdäyT widerspricht Säriputto i66
Der ehrwürdige Säriputto sprach:
»Wohl ist es möglich, ihr Brüder, daß da ein in
Sittlichkeit, Sammlung und Einsicht vollkommener
— 171 —
T166 DIE REDEN DES BUDDHA
Mönch die »Aufhebung von Wahrnehmung und Ge-
fühl« («) erreicht und sich wieder daraus erhebt. Wenn
nun dieser nicht schon bei Lebzeiten das Höchste
Wissen erreicht, so mag er, jenseits der Gemeinschaft
der von grobstofflicher Nahrung lebenden Himmels-
wesen (/?), in einer geistigen Welt wiedererscheinend (y),
auch dort in die Aufhebung von Wahrnehmung und
Gefühl eintreten und sich wieder daraus erheben.
Das ist wohl möglich.«
Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Udäyi
zum ehrwürdigen Säriputto:
»Unmöglich ist es, Bruder Säriputto, kann nicht
sein, daß jener Mönch, der, jenseits der Gemeinschaft
den von grobstofflicher Nahrung lebenden Himmels-
wesen, in einer geistigen Welt wiedererscheint, dort
in die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl ein-
tritt und sich wieder daraus erhebt.«
Und zum zweitenmale und drittenmale tat der
ehrwürdige Säriputto seinen Ausspruch. Und zum
zweitenmale und drittenmale widersprach ihm der ehr-
würdige UdäyT.
Da dachte der ehrwürdige Säriputto: »Wahrlich,
gar dreimal widerspricht mir der ehrwürdige Udäyi,
(a) sanfiä-vedäyita-nirödha oder nirödha-samäpätti.
iß) d. i. der der sinnlichen Sphäre (kämävacara) angehörenden
Himmelswesen.
(y) d. i. in den der (von Sinnlichkeit freien) reinen Formsphäre
(rupävacara) angehörenden sog. »Reinen Gefilden« (suddhäväsa),
die nur dem von den ersten fünf Fesseln Befreiten, dem Niewieder-
kehrenden (anägämi), zugänglich sind, und zwar unter der Vor-
aussetzung, daß er die Vertiefungen (jhäna) gewonnen hat. »In
einem durch die Vertiefungen gewirkten reinen Gefilde der Brahma-
welt« sagt der Kommentar.
— 172 -
FÜNFERBUCH V 166
und keiner der Mönche stimmt mir bei. So will ich
denn zum Erhabenen gehen.« Und der ehrwürdige
Säriputto begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn
ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur
Seite aber sitzend wandte sich der ehrwürdige Säri-
putto an die Mönche und tat den früheren Ausspruch.
Und wiederum widersprach ihm dreimal der ehr-
würdige Udäyi.
Da dachte der ehrwürdige Säriputto: »Selbst im
Beisein des Erhabenen widerspricht mir dreimal der
ehrwürdige Udäyl, und keiner der Mönche stimmt mir
bei. So will ich denn schweigen.« Und der ehr-
würdige Säriputto schwieg.
Da aber wandte sich der Erhabene an den ehr-
würdigen Udäyi und sprach:
»An welche geistige Welt denkst du da, Udäyi?«
»An die formlosen, durch Wahrnehmung gezeugten
Himmelswesen, o Ehrwürdiger.« («)
»Was willst du mit deinen Reden, du Tor, du
unwissender Mensch! Du glaubst wohl auch etwas
sagen zu müssen?«
Und der Erhabene wandte sich an den ehrwür-
digen Änando und sprach: _
>Wenn ein älterer Mönch, Anando, beleidigt Wird,
dürft ihr da wohl gleichgültig bleiben? Solltet ihr denn
da kein Mitleid mit ihm haben?«
Und zu den Mönchen gewandt sprach er:
>Wohl ist es möglich, ihr Brüder, daß da ein in
(a) Udäyi meint nämlich, daß die geistgezeugte Welt (wörtl.
Körper, Aggregat) sich in der sog. Formlosen Sphäre (arüpä-
vacara) beiinde.
- 173 —
T 16ß DIE t^EDEN DES BUDDHA
Sittlichkeit, Sammlung und Einsicht vollkommener
Mönch die »Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl«
erreicht und sich wieder daraus erhebt. Wenn nun
dieser nicht schon bei Lebzeiten das Höchste Wissen
erreicht, so mag er, jenseits der Gemeinschaft der Von
grobstofflicher Nahrung lebenden Himmelswesen, in
einer geistigen Welt wiedererscheinend, auch dort in
die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl eintreten
und sich wieder daraus erheben. Das ist wohl möglich.«
Das sprach der Erhabene und nach diesen Worten
erhob er sich von seinem Sitze und begab sich in
seine Zelle.
Nicht lange aber nachdem der Erhabene gegangen
war, trat der ehrwürdige Änando zum ehrwürdigen
Upaväno und sprach:
>Hier, Bruder Upaväno, beleidigen die anderen
die älteren Mönche: jene will ich nicht angeben. Es
Wäre nicht zu Verwundern, wenn der Erhabene, nach-
dem er gegen Abend aus seiner Abgeschiedenheit
herausgetreten ist, sich hierüber äußern möchte. Möchte
dann dem verehrten Upaväno eine Erwiderung einfallen.
Wir sind da eben in Ungewißheit geraten.«
Nachdem nun der Erhabene gegen Abend aus
seiner Abgeschiedenheit herausgetreten war, begab er
sich zur Empfangshalle, setzte sich dort auf dem an-
gewiesenen Sitze nieder und sprach alsdann zum ehr-
würdigen Upaväno:
»Mit wievielen Eigenschaften ausgestattet, Upa-
väno, wird der ältere Mönch von seinen Ordensbrüdern
geliebt, geschätzt, geachtet und geehri?«
»Mit fünf Eigenschaften, o Ehrwürdiger. Da, o
Ehrwürdiger, eignet dem älteren Mönche Sittlichkeit.
— 174 —
FÜNFERBUCH V 167
Es eignet ihm ein großes Wissen, es eignet ihm edle
Rede. Der vier Vertiefungen, der geisterhebenden,
gegenwärtig beglückenden, wird er nach Wunsch, ohne
Mühe und Anstrengung, teilhaftig. Durch Versiegung
der Leidenschaften hat er schon bei Lebzeiten die
leidenschaftslose Gemütserlösung und Wissenserlösung
selber erkannt, verwirklicht, und sich zu eigen gemacht.
Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, o Ehrwür-
diger, wird der ältere Mönch von seinen Ordensbrüdern
gehebt, geschätzt, geachtet und geehrt.«
>Recht so, recht so, Upaväno! Mit diesen fünf
Eigenschaften ausgestattet, Upaväno, wird der ältere
Mönch von seinen Ordensbrüdern geliebt, geschätzt,
geachtet und geehrt. Sind nämlich, Upaväno, bei dem
älteren Mönche diese fünf Eigenschaften nicht anzu-
treffen, aus welchem Grunde sollten ihn dann wohl
seine Ordensbrüder lieben, schätzen, achten und ehren?
Etwa weil er gebrochen, ergraut und seine Haut voller
Falten ist? Wahrlich, Upaväno, wenn bei dem älteren
Mönche diese fünf Eigenschaften anzutreffen sind, so
lieben, schätzen, achten und ehren ihn seine Ordens-
brüder.<
Tadeln und getadelt werden 167
Der ehrwürdige Säriputto sprach:
Der tadelnde Mönch, ihr Brüder, hat, wenn er
einen anderen tadeln will, sich dabei fünf Dinge ge-
wärtig zu halten: welche fünf?
»Er spreche zur rechten Zeit (a), nicht zur Unzeit.
(a) „d. h. nicht inmitten einer versammelten Menge oder in dem
Upö^aiha- (s. Nyanatiloka, Zweierbuch, Anm. 60) oder Pavärana-
(I. c. Anm. 61) Gebäude, der Schlaf- oder Speisehalle usw.; sondern
während der andere in seinem täglichen Aufenthaltsorie sitzt, soll
— 175 —
1 16t DIE REDEN DES BUDDHA
Er spreche den Tatsachen entsprechend, nicht unwahr.
Er spreche sanft, nicht roh. Er spreche zweckmäßig,
nicht zwecl<ios. Er spreche in liebevoller Gesinnung,
nicht aus innerer Bosheit. —
»Da, ihr Brüder, sehe ich den Menschen, der
erregt wird, wenn er zur Unzeit getadelt wird und
nicht zur rechten Zeit, wenn er unwahr getadelt wird
und nicht den Tatsachen entsprechend, wenn er roh
getadelt wird und nicht sanft, wenn er zwecklos ge-
tadelt wird und nicht zweckmäßig, wenn er aus innerer
Bosheit getadelt wird und nichtaus liebevoller Gesinnung.
»In dem ungesetzlich getadelten Mönche, ihr Brüder,
hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Unschuld
zu wecken, nämlich: »Zur Unzeit wurde der Verehrte
getadelt, nicht zur rechten Zeit, unwahr getadelt und
nicht den Tatsachen entsprechend, roh getadelt und
nicht sanft, zwecklos getadeU und nicht zweckmäßig,
aus innerer Bosheit getadelt und nicht in liebevoller
Gesinnung; recht ist es, wenn du dich unschuldig
fühlst.« —
»In dem ungesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder,
hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Reue zu
wecken, nämlich: »Zur Unzeit hast du getadelt und
nicht zur rechten Zeit; unwahr hast du getadelt und
nicht den Tatsachen entsprechend; zwecklos hast du
getadelt und nicht zweckmäßig; aus innerer Bosheit
hast du getadelt und nicht in liebevoller Gesinnung;
recht ist es, wenn du Reue empfindest.« In dem un-
gesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder, hat man in
man, bevor man ihn ermahnt, erst um die Erlaubnis bitten, etwa:
»Möge mir der Verehrte gestatten! Ich möchte mit dem Verehrten
sprechen«" usw. (Komm.)
— 176 —
FUNFERBUCH T 167
dieser fünffachen Weise die Reue zu wecken. Und
warum? Damit es nicht auch einem anderen Mönche
einfalle, unwahr zu tadeln.«
>Da, ihr Brüder, sehe ich den Menschen, der
erregt wird, selbst wenn er zur rechten Zeit getadelt
wird und nicht zur Unzeit, den Tatsachen entsprechend
getadelt wird und nicht unwahr, sanft getadelt Wird
und nicht roh, zweckmäßig getadelt wird und nicht
zwecklos, in liebevoller Gesinnung getadelt wird und
nicht aus innerer Bosheit.«
»In dem gesetzlich getadelten Mönche, ihr Brüder,
hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Reue zu
wecken, nämlich: »Zur rechten Zeit wurde der Ver-
ehrte getadelt und nicht zur Unzeit, den Tatsachen
entsprechend getadelt und nicht unwahr, sanft getadelt
und nicht roh, zweckmäßig getadt;lt und nicht zwecklos,
in liebevoller Gesinnung getadejt und nicht aus innerer
Bosheit; recht ist es, wenn du Reue empfindest.« In
dem gesetzlich getadelten Mönche, ihr Brüder, hat
man in dieser fünffachen Weise das Gefühl der Reue
zu wecken.«
»In dem gesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder,
hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Unschuld zu
wecken, nämlich ; »Zur rechten Zeit hat der Verehrte ge-
tadelt und nicht zur Unzeit, den Tatsachen entsprechend
und nicht unwahr, sanft und nicht roh, zweckmäßig und
nicht zwecklos, in liebevoller Gesinnung und nicht aus
innerer Bosheit; recht ist es, wenn du dich unschuldig
fühlst.« In dem gesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder,
hat man in dieser fünffachen Weise das Gefühl der Un-
schuld zu erwecken. Und warum? Damit auch die
Die Reden des Buddha. Bd. H — ^177 — ^2
T 167 DIE REDEN DES BUDDHA
anderen Mönche daran denken möchten, den Tatsachen
entsprechend zu tadeln.«
»Der Getadelte, ihr Brüder, sollte in zwei Dingen
fest bleiben: in der Wahrheit und in der Unerregbarkeit.
Sollten mich, ihr Brüder, die anderen auch zur Unzeit
tadeln und nicht zur rechten Zeit, unwahr tadeln und
nicht den Tatsachen entsprechend, roh tadeln und nicht
sanft, zwecklos tadeln und nicht zweckmäßig, aus innerer
Bosheit tadeln und nicht in liebevoller Gesinnung, so
möchte auch ich in eben diesen beiden Dingen fest
bleiben: in der Wahrheit und der Unerregbarkeit. Wenn
ich eben einsehe, daß diese oder jene Sache bei mir
zutrifft, dann sage ich: ,Es ist so; diese Sache trifft
bei mir zu'. Erkenne ich aber, daß diese oder jene
Sache bei mir nicht zutrifft, dann sage ich: ,Es ist
nicht so; diese Sache trifft bei mir nicht zu'.«
. [Der Erhabene:] »Obzwar, Säriputto, Von dir auf
solche Weise angesprochen, wollen da dennoch gewisse
Toren keine rechte Belehrung annehmen.«
>Die da, o Ehrwürdiger, ohne Vertrauen sind, die
aus Broterwerb und nicht aus Vertrauen Von Hause in
die Hauslosigkeit gezogen sind, Heuchler, Gleisner,
Betrüger, aufgeregte, aufgeblasene, unstete Schwätzer,
Verworrene Plapperer, die ihre Sinnentore nicht be-
wachen, nicht maßhalten beim Mahle, nicht der Wach-
samkeit ergeben sind, gleichgültig gegen das Asketen-
leben, ohne wirkliche Achtung vor der Askese, der
Üppigkeit ergeben, schlaffe Menschen, die vor allem
die Geselligkeit suchen, die Einsamkeit verwerfen,
träge sind, ohne Willenskraft, unachtsam, unklar, ohne
Sammlung, zerfahrenen Geistes, töricht und stumpf-
sinnig: — freilich, solche Menschen werden, von
— 178 —
FUNFERBUCH ' T 169
mir also angesprochen, nicht die rechte Beachtung
schenken. Jene edlen Söhne aber, o Ehrvuiirdiger, die
voll Vertrauen von Hause in die Hauslosigi<eit zogen
und keine Heuchler, Gleisner und Betrüger sind, keine
aufgeregten, aufgeblasenen, unsteten Schwätzer, keine
Verworrenen Plapperer, sondern ihre Sinnentore be-
wachen, maßhalten beim Mahle, der Wachsamkeit er-
geben sind. Voll Liebe zum Asketenleben, voll wirklicher
Achtung vor der Askese, nicht der Üppigkeit und
Schlaffheit Verfallen, die die Abgeschiedenheit suchen
und die Gesellschaft fliehen, Voll Willenskraft sind,
selbstentschlossen, der Achtsamkeit gewärtig, geistes-
klar, gesammelt, geeinten Geistes, einsichtig, nicht
stumpfsinnig: — solche Menschen aber werden, von
mir also angesprochen, die rechte Beachtung schenken.«
»Sei es um jene ersteren, Säriputto! Zu diesen
aber, Säriputto, die Voll Vertrauen von Hause in die
Hauslosigkeit zogen, zu diesen edlen Söhnen mögest
du sprechen! So ermahne denn, Säriputto, deine
Ordensbrüder! Belehre sie! Und deine Ordensbrüder
Vom Bösen abzubringen und im Guten zu festigen,
das, Säriputto, sei dein Streben!«
Durchdringender Scharfblick 169
Der ehrwürdige Änando sprach zum ehrwürdigen
Säriputto:
»Inwiefern Wohl, Bruder Säriputto, besitzt der
Mönch durchdringenden Scharfblick bei den verdienst-
vollen Erscheinungen, gute Auffassung, eignet sich
Viel an und schwindet ihm das Aufgenommene nicht
aus dem Gedächtnisse?«
»Großes Wissen besitzt ja der ehrwürdige Änando.
— 179 - 12*
Tie9 DIE REDEN DES BUDDHA
Möge dem ehrwürdigen Anando selber die Antwort
einfallen!«
»So höre denn, Bruder Säriputto, und achte wohl
auf meine Worte!«
»Gut, Bruder!« erwiderte der ehrwürdige Säriputto
dem ehrwürdigen Anando. Der ehrwürdige Anando
sprach:
»Da, Bruder Säriputto, ist der Mönch wohl Ver-
traut mit der wahren Bedeutung, wohl vertraut mit
dem Gesetze («), wohl vertraut mit der Sprache,
wohl vertraut mit der Darlegung, wohl vertraut mit
dem Früheren und Späteren (ß). Insofern, Bruder
Säriputto, besitzt der Mönch durchdringenden Scharf-
blick bei den verdienstvollen Erscheinungen, gute Auf-
fassung, eignet sich Viel an und schwindet ihm das
Aufgenommene nicht aus dem Gedächtnisse.«
>Wunderbar ist es, Bruder Anando; erstaunlich
ist es, Bruder Anando, wie da der ehrwürdige Anando
so treffend geantwortet hat. Als mit diesen fünf Eigen-
schaften aber ausgestattet, wollen wir des ehrwürdigen
Anando gedenken! Denn *der ehrwürdige Anando ist
wohl vertraut mit der wahren Bedeutung, wohl Vertraut
mit dem Gesetze, wohl vertraut mit der Sprache, wohl
Vertraut mit der Darlegung und v^ohl Vertraut mit dem
Früheren und Späteren.«
(a) Nach dem Kommentar zn dieser Stelle ist unter dem ersten
»Analytischen Wissen« (Auslegung) der Kommentar, und unter dem
zweiten (Gesetz) der kanonische Text (Päli) zu verstehen.
(ß) In tünferlei Hinsicht, sagt der Kommentar, nämlich: betreffs
des Kommentares, des Textes, der Worte, der 'Buchstaben und des
Zusammenhanges.
— 180 -
FÜNFERBUCH V 170
Die fünf höchsten Dinge 170
[Im Ghositakloster bei Kosambi.]
Der ehrwürdige Änando spracli zum ehrwürdigen
Bhaddaji:
»Was ist wohl, Bruder Bhaddaji, der höchste An-
bh'ck, was der höchste Klang, was das höchste Glück,
was die höchste Wahrnehmung und was das höchste
Dasein?«
»Es gibt da, o Bruder, jenen Brahma, den Herrscher,
den Unbeherrschten, Allwissenden, Allmächtigen. Wer
jenen Brahma schaut, der genießt den höchsten Anblick.
»Es gibt da, o Bruder, jene strahlenden Himmels-
wesen, die ganz und gar vom Glücke durchdrungen
sind. Dann und wann stoßen jene den Freudenruf
aus: »O, welches Glück! O, welches Glück!« Wer
jenen Klang vernimmt, der vernimmt den höchsten
Klang.
»Es gibt da, o Bruder, jene helleuchtenden Himmels-
wesen. Jene Zufriedenen empfinden stets ein Glück
des Friedens. Das ist das höchste Glück.
»Es gibt da, o Bruder, jene in dem Nichtdaseins-
gebiete wiedergeborenen Himmelswesen. Das ist die
höchste Wahrnehmung.
»Es gibt da, o Bruder, jene in dem Gebiete der
Weder- Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung wieder- -
geborenen Himmelswesen. Das ist das höchste Da-
sein.«
»Ja, hierin stimmt der ehrwürdige Bhaddaji mit
der großen Menge überein.«
»Freilich, der ehrwürdige Änando besitzt ein großes
Wissen. Möge denn dem ehrwürdigen Änando eine
Erklärung einfallen!«
181 —
T170 DIE REDEN DES BUDDHA
»So höre denn, Bruder Bhaddaji, und achte wohl
auf meine Worte!«
»Gut, Bruder«, erwiderte der ehrwürdige Bhaddaji
dem ehrwürdigen Änando. Der ehrwürdige Anando
sprach:
»Jene Sehempfindung, o Bruder, auf die unmittel-
bar die Versiegung der Leidenschaften erfolgt, das ist
der höchste Anblick. Jene Hörempfindung, auf die
unmittelbar die Versiegung der Leidenschaften erfolgt,
das ist der höchste Klang. Jene Glücksempfindung,
auf die unmittelbar die Versiegung der Leidenschaften
erfolgt, das ist das höchste Glück. Jene Wahrnehmung,
auf die unmittelbar die Versiegung der Leidenschaften
erfolgt, das ist die höchste Wahrnehmung. Jener Da-
seinsmoment, auf den unmittelbar die Versiegung der
Leidenschaften erfolgt, das ist das höchste Dasein.«
— 182 —
FÜNFERBUCH V 171-173, 174
ACHTZEHNTER TEIL:
Das Kapitel der Anhänger
Der Befangene und der Unbefangene m-m
Mit fünf Eigenschaften behaftet, ihr Mönche, fühlt
sich der Anhänger befangen: mit weichen fünf? Er
tötet, stiehlt, begeht geschlechtliche Ausschreitungen,
lügt und genießt berauschende Getränke. —
Mit folgenden fünf Eigenschaften aber ausge-
stattet, ihr Mönche, ist der Anhänger unbefangen:
mit welchen fünf? Er meidet das Töten, Stehlen, ge-
schlechtliche Ausschreitungen, Lügen und den Genuß
berauschender Getränke. Mit diesen fünf Eigenschaften
ausgestattet, ihr Mönche, ist der Anhänger unbefangen,
— lebt voll Unbefangenheit im Hause, — gelangt
seinen Werken entsprechend zum Himmel.
Die fünf schrecklichen Übel 174
Der Erhabene sprach zu Anathapindiko dem
Hausvater:'
Wer, 0 Hausvater, fünf schreckliche Übel nicht
überkommen hat, der gilt als sittenlos und erscheint
in der Hölle wieder: welche fünf?
Töten, Stehlen, geschlechtliches Ausschreiten,
Lügen und den Genuß berauschender Getränke. —
Wer aber, o Hausvater, diese fünf schrecklichen Übel
überwunden hat, der gilt als sittenrein und erscheint
auf glücklicher Fährte wieder.
Während der, o Hausvater, der diese Dinge ver-
übt, gegenwärtiges wie künftiges schreckliches Übel
erzeugt und geistigen Schmerz und Trübsal empfindet,
— 183 —
T 175 DIE RFDEN DES BUDDHA
SO erzeugt, wer sich dieser Dinge enthält, weder
gegenwärtiges noch künftiges schreckliches Übel, noch
empfindet er geistigen Schmerz und Trübsal. Jenes
schreckliche Übel ist eben in ihm erloschen.
Wer Lebewesen wehe tut,
Verlogen ist in seinem Wort,
An fremdem Gute sich vergreift
Und seines Nachbars Weib verführt,
Dem Branntwein- und dem Weingenuß
Voll Eifer hingej^eben ibt:
WtT diese Übel nicht verwirft,
Der gilt fürwahr als sittenlos;
Und wenn dereinst sein Leib zerbricht,
Eilt solch ein Tor zur Hölle hin.
Wer keinem Wesen wehe tut,
Kein falsches Wort entschlüpfen läßt,
Sich nie an fremdem Out vergreift.
Nicht seines nächsten Weib verführt.
Zu Branntwein- und zu Weingenuß
Sich niemals hingezogen fühlt:
Wer dieser Übel sich enthält,
, Der gilt fürwahr als sittenrein;
Und wenn dereinst sein Leib zerbricht,^
Eilt himmelwärts der weise Mann.
175 Zweierlei Anhänger
Der mit fünf Eigenschaften behaftete Anhänger
(upäsaka), ihr Mönche, gilt unter den Anhängern als
ein ausgestoßener, ein Schmutzfleck, ein Verworfener:
mit Welchen fünf Eigenschaften?
Er ist Vertrauenslos; ist sittenlos; ist vergnügungs-
süchtig, dem Vergnügen hingegeben und nicht der
Arbeit; er sucht außerhalb (dieses Ordens) nach den
der Gaben Würdigen; und dort wartet er vor allem
auf. —
- 184 -
FÜNFERRUCH T 176
Der mit folgenden fünf Eigenschaften aber aus-
gestattete Anhänger, ihr Mönche, gilt unter den An-
hängern als ein Kleinod, als eine Lilie: mit welchen
fünf?
Er ist voll Vertrauen; ist sittenrein; ist nicht Ver-
gnügungssüchtig, sondern der Arbeit hingegeben, nicht
dem Vergnügen; er sucht nicht außerhalb nach den
der Gaben Würdigen; und er wartet nicht vor allem
dort auf. —
Die Freude der Loslösung 176
Und es begab sich der Hausvater Anä'hapindiko in
Begleitung von fünfhundert Anhängern zum Erhabenen.
Dort angelangt begrüßte er ehrfurchtsvoll den Er-
habenen und setzte sich zur Seite nieder. Als er sich
aber gesetzt hatte, sprach der Erhabene zu dem Haus-
Vater Anäthapindiko also:
»Zwar beschenkt ihr, o Hausleute, die Mönchs-
gemeinde mit Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und
den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Doch dürft
ihr, 0 Hausleute, euch nicht schon damit begnügen.
Möget ihr denn auch danach streben. Von Zeit zu Zeit
die Freude der Loslösung (a) euch zu erringen! Das
möge euer Streben sein!«
Auf diese Worte wandte sich der ehrwürdige Säri-
putto an den Erhabenen und sprach:
»Wunderbar ist es, o Ehrwürdiger, erstaunlich ist
es, 0 Ehrwürdiger, wie da der Erhabene so treffende
Worte gesprochen hat. Zu einer Zeit nämlich, o Ehr-
würdiger, wo der edle Jünger im Besitze der los-
(a) d. i. die durch die erste und zweite Vertiefung bedingte
Verzückung, sagt der Kommentar.
- 185 —
T177 DIE REDEN DES BUDDHA
gelösten Freude verweilt, zu einer solchen Zeit gibt es
für ihn keine der folgenden fünf Möglichkeiten. Mit
Sinnlichkeit verbundenen Schmerz und Trübsinn: das
gibt es nicht zu einer solchen Zeit. Mit Sinnlichkeit
verbundene Freude und Frohsinn: auch das gibt es
nicht zu einer solchen Zeit. Mit Schuld verbundenen*
Schmerz und Trübsinn: auch das gibt es nicht zu
einer solchen Zeit. Mit Schuld Verbundene Freude
und Frohsinn: auch das gibt es nicht zu einer solchen
Zeit. Mit Verdienst Verbundenen Schmerz und Trüb-
sinn: auch das gibt es nicht zu einer solchen Zeit. Zu
einer Zeit eben,- o Ehrwürdiger, wo der edle Jünger
im Besitze der losgelösten Freude verweilt, zu einer
solchen Zeit gibt es für ihn keine dieser fünf Mög-
lichkeiten.«
»Recht so, recht so, Säriputto! Zu einer Zeit,
Säriputto, wo der edle Jünger im Besitze der los-
gelösten Freude Verweilt, zu einer solchen Zeit gibt
es für ihn keine dieser fünf Möglichkeiten.«
177 Die fünf verwerflichen Berufe
Folgende fünf Arten des Handels, ihr Mönche,
sollte der Anhänger nicht ausüben: welche fünf?
Handel mit Waffen, Handel mit Lebewesen, Handel
mit Fleisch, Handel mit berauschenden Getränken und
Handel mit Giften: diese fünf Arten des Handels, ihr
Mönche, sollte der Anhänger nicht ausüben, (a)
(a) ^weder selber soll man diese Arten des Handels ausüben
noch auch andere dazu veranlassen« (Komm.)- Die Enthaltsamkeit
davon gehört zur fünften Stufe des Achtfachen Pfades, nämlich
»rechter Lebensweise« (sammä-äjlva).
- 186 -
FÜNFERBUCH V 178
Der Sittenreine hat nichts zu fürchten 178
»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl
jemals schon gesehen oder gehört, daß, weil einer
Vom Töten absteht, sich des TÖtens enthält, ihn die
Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens vom
Töten hinrichten, binden oder verbannen lassen und
mit ihm nach Belieben verfahren?«
>Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«
>Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals
solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen,
sobald man von einem Menschen eine derartige böse
Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, einen
Mann oder ein Weib des Lebens beraubt zu haben,
ihn die Fürsten fest, und wegen des Mordes lassen
sie ihn hinrichten, binden, verbannen und verfahren
mit ihm nach Belieben. Habt ihr wohl solches schon
gesehen oder gehört?«
»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon
gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin
solches hören.«
»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl
schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer
vom Stehlen absteht, sich des Stehlens enthält, ihn
die Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens
vom Stehlen hinrichten, binden oder verbannen lassen
und mit ihm nach Belieben verfahren?«
»Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«
»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals
solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen,
sobald man Von einem Menschen eine derartige böse
Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, aus dem
Dorf oder Walde fremdes Eigentum in diebischer
187 —
V 178 DIE REDEN DES BUDDHA
Absicht weggenommen zu haben, ihn die Fürsten fest,
und wegen des Diebstahles lassen sie ihn hinrichten,
binden, verbannen und veifahren mit ihm nach Be-
lieben. Habt ihr wohl solches schon gesehen oder
gehört?«
»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon
gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin
solches hören.«
»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl
schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer von
geschlechtlicher Ausschreitung absteht, sich geschlecht-
licher Ausschreitung enthält, ihn die Fürsten festnehmen
und wegen seines Abstehens von geschlechtlicher
Ausschreitung hinrichten, binden oder verbannen lassen
und mit ihm nach Belieben verfahren?«
»Das wohl, nicht, o Ehrwürdiger.«
»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals
solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen,
sobald man von einem Menschen eine derartige böse
Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, gegen
fremde Weiber oder Mädchen geschlechtliche Aus-
schreitungen verübt zu haben, ihn die Fürsten fest,
und wegen der geschlechtlichen Ausschreitung lassen
sie ihn hinrichten, binden, verbannen und Verfahren
mit ihm nach Belieben. Habt ihr wohl solches schon
gesehen oder gehört?«
»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon
gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin
solches hören.«
»Was meint ihr Wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl
schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer
vom Lügen absteht, sich des Lügens enthält, ihn die
— 188 —
FUNFERBUCH V 178
Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens vom
Lügen hinrichten, binden oder verbannen lassen und
mit ihm nach Beheben Verfahren?«
»Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«
»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals
solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen,
sobald man von einem Menschen eine derartige böse
Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, durch
falsche Aussage das Vermögen eines Hausvaters
oder dessen Sohnes zugrunde gerichtet zu haben, ihn
die Fürsten fest, und wegen der falschen Aussage
lassen sie ihn hinrichten, binden, verbannen und ver-
fahren mit ihm nach Belieben. Habt ihr wohl solches
schon gesehen oder gehört?«
»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon
gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin
solches hören.«
»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl
schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer
vom 'Genüsse berauschender Getränke absteht, sich
des Genusses berauschender Getränke enthält, ihn
die Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens
Vom Trinken hinrichten, binden, oder verbannen lassen
und mit ihm nach Belieben Verfahren?«
»Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«
»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals
solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen,
sobald man von einem Menschen eine derartige böse
Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, infolge
des Genusses berauschender Getränke einen Mann
oder eine Frau des Lebens beraubt zu haben, oder
aus Dorf oder Wald fremdes Eigentum in diebischer
— 189 —
Ti79 DIE REDEN DES BUDDHA
Absicht weggenommen zu haben, oder sich an fremden
Weibern oder Mädchen vergriffen zu haben, oder
durch falsche Aussage das Vermögen eines Haus-
vaters oder dessen Sohnes zugrunde gerichtet zu
haben, ihn die Fürsten fest und lassen ihn hinrichten,
binden oder verbannen und verfahren mit ihm nach
Belieben. Habt ihr solches wohl schon gesehen oder
gehört?«
»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon
gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin
solches hören.«
179 Der in den Strom eingetretene Hausvater
Und Anäthapindiko der Hausvater begab sich in
Begleitung von fünfhundert Anhängern zum Erhabenen.
Dort angelangt begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen
und setzte sich zur Seite nieder. Darauf wandte sich
der Erhabene an den ehrwürdigen Säriputto und sprach:
Der unter den weißgekleideten Hausleuten, Säri-
putto, von dem ihr wiiät, daß er hinsichtlich der fünf
Sittenregeln in Werken sich beherrscht und der Vier
geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglückenden
Zustände nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung,
teilhaftig wird, der kann, wenn er will, von sich erklären,
daß er entronnen ist der Hölle, entronnen dem Tier-
reiche, entronnen dem Gespensterreiche, entronnen
dem Abwege, der Leidensfährte, der verstoßenen Welt,
und daß er »eingetreten ist in den Strom« (sotäpanna),
dem Verderben entronnen, gesichert, der Vollen Er-
leuchtung gewiß.
Hmsichtlich welcher Sittenregeln aber beherrscht
er sich in Werken? Da, Säriputto, meidet der edle
— 190 —
FÜNFERBUCH V 179
Jünger dasTöten, Stehlen, geschlechtliche Ausschreiten,
Lügen und den Genuß berauschender Getränke. Hin-
sichtlich dieser fünf Sittenregeln beherrscht er sich in
Werken.
Welcher vier geisterhebenden, schon bei Lebzeiten
beglückenden Zustände aber wird er teilhaftig? Da,
Säriputto, ist der edle Jünger erfüllt von unerschütter-
lichem Vertrauen zum Vollendeten, nämlich: »Das ist
der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der
im Wissen und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der
Weltenkenner, der höchste Lenker der zu bezähmen-
den Menschheit, der Meister der Himmelswesen und
Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene!« Diesen
ersten geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglücken-
den Zustand hat er erreicht, der da führt zur Läuterung
des noch ungeläuterten Geistes, zur Klärung des noch
ungeklärten Geistes.
Fernerhin, Säriputto, ist der edle Jünger erfüllt
von unerschütterlichemVertrauen zum Gesetze, nämlich:
»Wohldargetan ist vom Erhabenen das Gesetz, das ein
sichtbares, unmittelbares Ergebnis zeitigt, das ein-
ladende, zum Ziele führende, das jedem Verständigen
verständlich ist.« Diesen zweiten geisterhebenden,
schon bei Lebzeiten beglückenden Zustand hat er
erreicht, der da führt zur Läuterung 'des noch un-
geläuterten Geistes, zur Klärung des noch ungeklärten
Geistes.
Fernerhin, Säriputto, ist der edle Jünger erfüllt
von unerschütterlichem Vertrauen zur Jüngerschaft,
nämlich: »In Vollkommenheit wandelt die Jüngerschaft
des Erhabenen, in Aufrichtigkeit wandelt die Jünger-
schaft des Erhabenen, auf dem rechten Pfade wandelt
- 191 -
V179 DIE REDEN DES BUDDHA
die Jüngerschaft desErhabenen, in Pflichtentreue wandelt
die Jüngerschaft des Erhabenen, als da sind die Vier
Paare und acht Arten von Menschen. Diese Jünger-
schaft des Erhabenen ist würdig der Opfer, würdig der
Gastfreundschaft, würdig des ehrfurchtsvollen Hand-
grußes, ist in der Welt der beste Boden für verdienst-
volle Werke.« Diesen dritten geisterhebenden, j-chon
bei Lebzeiten beglückenden Zustand hat er erreicht,
der da führt zur Läuterung des noch ungeläuterten
Geistes, zur Klärung des noch ungeklärten Geistes.
Fernerhin, Säriputto, ist der edle Jünger aus-
gestattet mit den Sitten, wie sie den Edlen lieb sind,
den ungebrochenen, lückenlosen, unbefleckten, un-
getrübten, ungezwungenen, Von den Verständigen ge-
priesenen, unbeeinflußten, zur Sammlung hififührenden.
Diesen vierten geisterhebenden, schon bei Leb-
zeiten beglückenden Zustand hat er erreicht, der da
führt zur Läuterung des noch ungeläuterten Geistes,
zur Klärung des noch ungeklärten Geistes.
Dieser vier geisterhebenden, schon bei Lebzeiten
beglückenden Zustände wird er nach Wunsch teilhaftig,
'ohne Mühe und Anstrengung.
Der unter den weißgekleideten Hausleuten, Säri-
putto, von dem ihr wißt, daß er hinsichtlich dieser fünf
Sittenregeln in Werken sich beherrscht und dieser Vier
geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglückenden
Zustände nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung,
teilhaftig wird, der kann, wenn er Will, von sich er-
klären, daß er entronnen ist der Hölle, entronnen dem
Tierreiche, entronnen dem Gespensterreiche, entronnen
dem Abwege, der Leidensfährte, der Verstoßenen Welt,
und daß er »eingetreten ist in den Strom« (sotäpanna),
— 192 —
FÜNFERBUCH V l7d
dem Verderben entronnen, gesichert, der vollen Er-
leuchtung gewiß.
Der Hölle Schrecken eingedenk,
Vermeide jede böse Tat,
Der weise Mann, der Zuflucht nahm
Zu dem erhabenen Gesetz.
Er tue keinem Wesen weh.
Selbst nicht, wenn er die Macht besitzt;
Sprech' nie bewußte Falschheit aus,
Vergreif sich nicht an fremdem Gut.
, Mit eignen Frau'n begnüg' er sich,
Begehre nicht des Nachbars Weib!
Dem Wein und Branntwein bleib er fern,
Da er den Geist verworren macht.
Des Buddha sei er eingedenk
Und sinne über das Gesetz,
Üb' milden, liebevollen Sinn,
Der aufwärts führt zur Himmelswelt.
Wenn der nach Gutem Strebende
Die Gaben, die bereitet sind,
Zuerst den Heiligen verteilt.
Erwächst den Gaben hoher Lohn.
Die Heiligen will ich dir weisen;
So hör' mich, Säriputto, an!
Ob schwarze oder weiße Kühe,
Von roter Farbe oder braun.
Einfarbig oder auch gefleckt.
Und auch wie Tauben grau gefärbt:
Den wohlbezähmten Leitstier,
Den man darunter treffen mag.
Dies kraftbeseelte Lastentier
Von edlem und geschwindem Gang,
Ihn wendet man als Träger an
Und fragt nach seiner Farbe nicht.
Die Reden des Buddha. Bd. II — 193 — ^3
1 180 DIE REDEN DES 6UDDHA
Genau so ist es unter Menschen,
Welch Kaste es auch immer sei
- Ob Krieger, Priester, Bürgersmann,
Candäla, Feger oder Knecht, -
Wer da von allen diesen Menschen
Gezügelt ist und pflichtentreu.
In Tugend fest, voll Sittlichkeit,
Die Wahrheit spricht, bescheiden ist,
Entflohen Alter und Geburt,
Die Heiligkeit vollendet hat.
Der Lasten ledig, losgelöst, ,
Das Werk gewirkt hat, wahnerlöst,
Die Dinge all' durchschauet hat,
Von jeder Leidenschaft geheilt: —
Auf solchem unbefleckten Boden
Erwächst der Gabe hoher Lohn.
Ja, nur der einsichtslose Tor,
Dem's an Verstand und Einsicht fehlt,
Schenkt nur den Andersgläubigen
Und wartet nicht den Heil'gen auf.
Wer Heil'gen seine Dienste weiht,
Den Weisen, die als stark erprobt,
Des Zuversicht zum Meisterherrn
Ist tiefgewurzelt, felsenfest.
Er eilet hin zur Himmelswelt,
Wenn nicht zu vornehmem Geschlecht;
Und Stuf um Stufe nähert sich
Dem Nirwahn der verständ'ge Mann.
180 Strebet immer höherl
Einst befand sich der Erliabene, von einer großen
Schar von Mönchen begleitet, auf einer Wanderung
durchs Land der Kosaler. Während der Erhabene aber
die Straße entlang zog, bemerkte er einen großen
— 194 -
FÜNFERBUCH V 18Ö
Salwald; und als er ihn bemerkte, bog er vom
Wege ab und begab sich zu jenem Salwalde. Dort
angelangt, trat er in den Wald ein; und an einer ge-
wissen Stelle ließ er ein Lächeln bemerken. Da dachte
der ehrwürdige Änando: »Was ist wohl der Grund,
was der Anlaß, daß der Erhabene ein Lächeln zeigt?
Nicht ohne Grund lächeln die Vollendeten.« Und der
ehrwürdige Anando sprach zum Erhabenen:
»Was ist wohl der Grund, o Ehrwürdiger, was
der Anlaß, daß der Erhabene ein Lächeln zeigt? Nicht
ohne Grund lächeln die Vollendeten.«
»Einst, Anando, da befand sich an dieser Stelle
eine reiche, mächtige, dicht bevölkerte Stadt, die Von
Menschen wimmelte. Bei jener Stadt aber, Änando,
lebte Kassapo, der Erhabene, Heilige, Vollkommen-
Erleuchtete (a). Derselbe hatte einen Anhänger namens
GavesT, der die Sittenregeln nicht erfüllte. Von dem
Anhänger GavesI aber, Änando, wurden fünfhundert
Anhänger, die ebenfalls die Sittenregeln nicht erfüllten,
zurechtgewiesen und ermahnt.
»Da dachte GaVesi der Anhänger: ,Wahrlich, eine
große Stütze bin ich diesen fünfhundert Anhängern,
bin ihr Führer und Ermahner; doch erfülle weder ich
die Sittenregeln, noch tun es diese. Somit sind wir
uns ganz und gar gleich, und keiner übertrifft den
anderen. So laß mich denn die anderen übertreffen!'
Und der Anhänger Gavesi begab sich zu jenen fünf-
hundert Anhängern und sprach: ,Mögen die Verehrten
von mir wissen, daß ich Von heute ab die Sittenregeln
(«) Kassapo soll der dem Buddha Gotamo vorangegangene
Buddha gewesen sein. Nach buddhistischer Auffassung nämlich
sind schon unzählbare Buddhas in der Welt erschienen.
195 — 13*
X 180 DIE REDEN DES BUDDHA
erfüllen werde.' Da aber dachten jene fünfhundert
Anhänger: ,Wahrlich, der verehrte GavesT ist uns eine
große Stütze, ist unser Führer und Ermahner. Nun
will der verehrte GavesT die Sittenregeln erfüllen.
Warum sollten nicht auch wir das können?' Und
jene fünfhundert Anhänger, Anando, begaben sich zum
Anhänger GaVesI hin und sprachen zu ihm: ,Möge
der Verehrte GavesT wissen, daß wir fünfhundert An-
hänger von heute ab die Sittenregeln erfüllen werden.'
»Da aber dachte GavesT der Anhänger: ,Wahrlich,
eine große Stütze bin ich diesen fünfhundert Anhängern,
bin ihr Führer und Ermahner. Ich erfülle die Sitten-
regeln, und auch diese fünfhundert Anhänger tun es.
Somit sind Wir uns ganz und gar gleich, und keiner
übertrifft den anderen. So laß mich denn die anderen
übertreffen!' Und der Anhänger GavesT begab sich
zu jenen fünfhundert Anhängern und sprach: ,Mögen
die Verehrten Von mir wissen, daß ich von heute ab
keusch und enthaltsam lebe, abgewandt dem Ge-
schlechtsleben, dem gemeinen.' Da aber dachten jene
fünfhundert Anhänger: ,Wahrlich, der verehrte GavesT
ist uns eine große Stütze, ist unser Führer und Er-
mahner. Nun will der verehrte GaVesT keusch und
enthaltsam leben, abgewandt dem Geschlechtsleben,
dem gemeinen. Warum sollten nicht auch wir das
können?' Und jene fünfhundert Anhänger, Änando,
begaben sich zum Anhänger Gavesi hin und sprachen
zu ihm: ,Möge der verehrte GaVesT wissen, daß wir
fünfhundert Anhänger Von heute ab keusch und ent-
haltsam leben werden, abgewandt dem Geschlechts-
leben, dem gemeinen.'
»Da aber dachte GavesT der Anhänger: ,Wahr-
— 196 —
FÜNFERBUCH V 180
lieh, eine große Stütze bin ich diesen fünfhundert An-
hängern, bin ihr Führer und Ermahner. Ich erfülle die
Sittenregeln, und auch diese tun es; ich lebe keusch
und enthaltsam, und auch diese tun es. Somit sind
wir uns ganz und gar gleich, und keiner übertrifft den
anderen. So laß mich denn die anderen übertreffen!'
Und der Anhänger Gavesi begab sich zu jenen fünf-
hundert Anhängern und sprach: , Mögen die Verehrten
von mir wissen, daß ich von heute ab nur noch zu
einer Tageszeit Nahrung zu mir nehme, nachts nüchtern
bleibe, mich des Abends des Essens enthalte.' Da
aber dachten jene fünfhundert Anhänger: ,Wahrlich,
der verehrte GavesI ist uns eine große Stütze, ist
unser Führer und Ermahner. Nun will der Verehrte
nur noch zu einer Tageszeit Nahrung zu sich nehmen,
nachts nüchtern bleiben, des Abends sich des Essens
enthalten. Warum sollten nicht ajjch wir das können?'
Und jene fünfhundert Anhänger, Änando, begaben sich
zum Anhänger Gavesi hin und sprachen zu ihm: ,Möge
der verehrte Gavesi wissen, daß wir fünfhundert An-
hänger von heute ab nur noch zu einer Tageszeit
Nahrung zu uns nehmen, nachts nüchtern bleiben, des
Abends uns des Essens enthalten werden.*
»Da aber dachte Gavesi der Anhänger: ,Wahrlich,
eine große Stütze bin ich diesen fünfhundert Anhängern,
bin ihr Führer und Ermahner. Ich erfülle die Sitten-
regeln, und auch diese tun es; ich lebe keusch, und
auch jene tun es; ich nehme nur zu einer Tageszeit
Nahrung zu mir, und auch diese tun es. Somit sind
wir uns ganz und gar gleich, und keiner übertrifft den
anderen. So laß mich denn die anderen übertreffen!'
Und es begab sich, Änando, der Anhänger GaVesi zu
— 197 —
T 180 DIE REDEN DES BUDDHA
Kassapo, dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen -Er-
leuchteten, hin und sprach zu ihm: , Möchte ich doch,
0 Ehrwürdiger, unter dem Erhabenen die Weltent-
sagung (pabbajjä) vollziehen dürfen und die Mönchs-
weihe (upasampadä) erlangen!' Und der Anhänger
GaVesi, Anando, Vollzog unter Kassapo, dem Erhabenen,
Heiligen, Vollkommen-Erleuchteten, die Weltentsagung
und erlangte die Mönchsweihe. Nicht lange aber,
Änando, nachdem er Mönch geworden war, hatte Ga-
vesT, der Mönch, einsam, abgeschieden, unermüdlich,
eifrig, selbstentschlossen Verweilend, jenes höchste
Ziel der Heiligkeit — dem zuliebe edle Söhne gänz-
lich von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen —
schon bei Lebzeiten selber erkannt. Verwirklicht und
sich zu eigen gemacht. Und er erkannte: , Aufgehoben
ist die Geburt, ausgelebt der heilige Wandel, das Werk
vollendet; nicht kehr ich mehr zu dieser Welt zurück/
Und GavesT der Mönch war einer der Heiligen ge-
worden. Da aber, Anando, dachten jene fünfhundert
Anhänger: , Wahrlich, der Verehrte Gavesi ist uns eine
große Stütze, ist unser Führer und Ermahner. Nun
aber hat der verehrte GaVesT sich Haar und Bart ge-
schoren und ist, mit dem gelben Gewände bekleidet,
vom Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Warum
sollten nicht auch wir das können?' Und jene fünf-
hundert Anhänger, Anando, begaben sich zu Kassapo,
dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen -Erleuchteten,
hin und sprachen zu ihm: , Möchten wir doch, o Ehr-
würdiger, unter dem Erhabenen die Weltentsagung
vollziehen dürfen und die Mönchsweihe erlangen!'
Und jene fünfhundert Anhänger, Anando, vollzogen
unter Kassapo, dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen-
— 198 —
FÜNFERBUCH V 180
Erleuchteten, die Weltentsagung und erlangten die
Mönchsweihe.
»Da aber dachte GavesT der Mönch: ,Ich vermag
da dieses unvergleichlichen Glückes der Erlösung nach
Wunsch teilhaftig werden, ohne Mühe und Anstrengung.
Ach, daß doch auch diese fünfhundert Mönche dessen
teilhaftig würden!' Und während jene fünfhundert
Mönche, Änando, einsam, abgeschieden, unermüdlich,
eifrig, selbstentschlossen verweilten, erreichten sie
jenes höchste Ziel der Heiligkeit, — dem zuliebe edle
Söhne gänzlich von Hause fort in die Hauslosigkeit
ziehen, — in dem sie dasselbe schon bei Lebzeiten
selber erkannten und verwirklichten und sich zu eigen
machten. Und sie erkannten: ,Aufgehoben ist die
Geburt, ausgelebt der heilige Wandel, das Werk voll-
endet; nicht kehren wir mehr zu dieser Welt zurück.'
Indem also, Änando, jene fünfhundert Mönche, Von
GavesT geleitet, nach immer Höherem immer Edlerem
strebten, verwirklichten sie das unvergleichliche Glück
der Erlösung.
»Darum, Änando, möget ihr danach trachten, durch
Streben nach immer Höherem, immer Edlerem das
unvergleichliche Glück der Erlösung zu verwirklichen.
Das, Änando, sei euer Streben!«
— 199 —
V 181-190 DIE REDEN DES BUDDHA
NEUNZEHNTER TEIL:
Das Kapitel der Einsiedler
181-190 Fünf Arten von Asketen
Von fünffacher Art, ihr Mönche, sind die Wald-
einsiedler, die Fetzenträger («), die Baumasketen (/?),
die Friedhofasketen, die unter freiem Himmel lebenden
Asketen, die Stetigsitzer (y), die mit jedem Lager zu-
friedenen Asketen, die nur bei einer Sitzung Speisen-
den («J), die »jede weitere Speise verwerfenden Asketen«,
die Almosengänger. Von welch fünffacher Art?
Sie sind es aus Dummheit und Torheit (e); oder
sie sind es mit übler Absicht und begehrlicher Ge-
sinnung (^); oder sie sind es aus Überspanntheit und
(a) Diese machen sich ihre Gewänder aus aufgelesenen Fetzen
und verweigern die Annahme fertiger Gewänder.
(ß) Diese haben das Gelübde abgelegt, nur am Fuße eines
Baumes zu wohnen.
(y) Diese haben das Gelübde abgelegt, sich nicht zu legen,
sondern nur in sitzender Haltung sich auszuruhen oder zu schlafen.
((f) Diese essen nur einmal des Tages; falls sie während des
Essens einmal aufstehen und sich wieder zum Essen hinsetzen,
haben sie ihr Gelübde gebrochen.
(e) »d. i. wenn sie weder die Ausübung verstehen noch den
heilsamen Zweck erkennen, sondern nur aus Dummheit und Tor-
heit, aus irgend einem unvernünftigen Grunde Waldeinsiedler
sind.« (Komm.)
(Ö *Sie sagen sich: ,Den im Walde lebenden Mönch wird
man, weil er im Walde lebt, mit den vier Bedarfsgegenständen
beschenken'; und denken: , Dieser Mönch lebt bescheiden und
einsam', man wird ihn wegen dieser und anderer Tugenden verehren.«
(Komm.) Mit anderen Worten: aus niedriger Sucht nach Gewinn
und Ehre üben da manche Mönche die äußerlichen Asketenregeln
aus, wonach man daher niemals den Mönch einschätzen darf.
— 200 —
FÜNFERBUCH V 181-190
Wahnwitz; oder sie sind es, weil solches von dem
Erleuchteten oder dessen Jüngern gepriesen wurde;
oder sie sind es um der Genügsamkeit willen, der
Zufriedenheit willen, der Ablösung willen, eben um
dieser Lebensweise willen.
Wer da aber, ihr Mönche, um der Genügsamkeit,
Zufriedenheit, Ablösung und dieser Lebensweise willen
Asket ist, der gilt unter den fünf Arten Von Asketen
als der erste, der beste, der hervorragendste, der
höchste, der edelste.
Gleichwie nämlich, ihr Mönche, von der Kuh die
Milch kommt, von der Milch der Rahm, vom Rahm
die Butter, von der Butter das Butteröl, vom Bulteröl
der Butterölschaum, und der Butterölschaum da als
das Beste gilt: ebenso auch, ihr Mönche, gilt unter
den fünf Arten von Asketen dieser als der erste, der
beste, der hervorragendste, der höchste, der edelste («).
(a) Obige äußerlichen Asketengelübde werden meist nur für
eine kürzere oder längere Zeit abgelegt und sollen lediglich als
Mittel dazu dienen, den Mönch genügsam und bedürfnislos zu
machen; sind aber an sich keine Tugenden.
— 201 —
V 191 DIE REDEN DES BUDDHA
ZWANZIGSTER TEIL:
Das Kapitel der Brahmanen
191 Die alten Brahmanensitten bei den Hunden
Fünf alte Brahmanensitten, ihr Mönche, werden
heutzutage nur noch bei den Hunden angetroffen, aber
nicht mehr bei den Brahmanen: welche fünf?
Ehemals, ihr Mönche, gingen die Brahmanen nur
zu einer Brahmanin, niemals zu einer Nichtbrahmanin.
Heutzutage aber, ihr Mönche, gehen die Brahmanen
ebensogut zu einer Brahmanin wie zu einer Nicht-
brahmanin. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, gehen
nur zu einer Hündin, niemals zu einer Nichthündin.
Dies, ihr Mönche, ist die erste alte Brahmanensitte,
die heutzutage nur noch bei den Hunden anzutreffen
ist, aber nicht mehr bei den Brahmanen.
Ehemals, ihr Mönche, gingen die Brahmanen nur
zu einer Brahmanin, die ihre Zeit hatte («), niemals
zu einer anderen. Heutzutage aber, ihr Mönche, gehen
die Brahmanen ebensogut zu einer Brahmanin, die
ihre Zeit hat, wie zu einer anderen. Die Hunde jedoch,
ihr Mönche, gehen nur zu einer Hündin, die ihre Zeit
hat, niemals zu einer anderen. Dies, ihr Mönche, ist
die zweite alte Brahmanensitte, die heutzutage nur
noch bei den Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr
bei den Brahmanen.
(a) d. i. zur Zeit ihrer Befruchtungsfähigkeit, also nicht etwa
nachdem bereits zwei Wochen seit Eintritt der Menstruation ver-
strichen sind. Vgl. nächste Sutte und Nyanatiloka, Die Fragen des
Milindo, I.
— 202 —
FÜNFERBUCH T 191
Ehemals, ihr Mönche, weder kauften noch ver-
kauften die Brahmanen ein Brahmanenmädchen, sondern
nur aus Neigung und um sich zu begatten lebte man
zusammen. Heutzutage aber, ihr Mönche, kaufen und
verkaufen die Brahmanen ein Brahmanenmädchen oder
auch leben sie aus Neigung zusammen oder um sich
zu begatten. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, weder
kaufen noch verkaufen eine Hündin, sondern nur aus
Neigung und um sich zu begatten leben sie zusammen.
Dies, ihr Mönche, ist die dritte alte Brahmanensitte,
die heutzutage nur noch bei den Hunden anzutreffen
ist, aber nicht mehr bei den Brahmanen.
Ehemals, ihr Mönche, stapelten die Brahmanen
nichts auf an Geld, Getreide, Gold oder Silber. Heut-
zutage aber, ihr Mönche, stapeln die Brahmanen Geld,
Getreide, Gold und Silber auf. Die Hunde jedoch,
ihr Mönche, stapeln nichts auf. Dies, ihr Mönche,
ist die Vierte alte Brahmanensitte, die heutzutage nur
noch bei den Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr
bei den Brahmanen.
Ehemals, ihr Mönche, sammelten die Brahmanen
des Abends zum Abendessen und des Morgens zum
Frühstücke ihre Almosenspeise ein. Heutzutage aber,
ihr Mönche, essen die Brahmanen, bis sie genug haben
und füllen ihren Bauch; und den Rest nehmen sie mit
sich fort. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, suchen sich
ihre Brocken. Dies, ihr Mönche, ist die fünfte alte
Brahmanensitte, die heutzutage nur noch bei den
Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr bei den
Brahmanen.
— 203 —
V 192 DIE REDEN DES BUDDHA
102 Die fünf Arten von Brahmanen
Der Brahmane Dono sprach zum Erhabenen:
»Gehört habe ich, Herr Gotamo, daß der Herr
Gotamo alten, ergrauten, angesehenen, hochbejahrten,
im Alter vorgerückten Brahmanen weder seinen Gruß
entbietet, noch vor ihnen sich erhebt, noch ihnen. einen
Sitz anbietet. Dies, Herr Gotamo, verhält sich durchaus
so, denn nicht bietet ja der Herr Gotamo alten, er-
grauten, angesehenen, hochbejahrten, im Alter vor-
gerückten Brahmanen seinen Gruß, noch erhebt er
sich vor ihnen, noch bietet er ihnen einen Sitz an.
Das aber, Herr Gotamo, ist nicht recht!«
»Bekennst du dich wohl, Dono, als einen Brah-
manen?«
»Wenn man, Herr Gotamo, von einem mit Recht
behaupten kann, daß er beiderseits Von reiner Ab-
stammung ist, vom Vater Wie von der Mutter aus, rein
empfangen bis zum siebenten Ahnengeschlechte hinauf,
unversehrt und untadelig nach dem Kastengesetze, so
kann man eben, Herr Gotamo, solches von mir mit
Recht behaupten.« —
»Die da, Dono, unter den ehemaligen Brahmanen
als Weise gelten, als Verfasser der mystischen Gesänge,
als der Gesänge Verkünder, — denen noch heutzutage
die Brahmanen die alten mystischen Sprüche, Gesänge,
Erklärungen und Texte nachsingen, nachreden, das
Gesprochene nachsprechen, das Rezitierte nachrezi-
tieren, das Gelehrte weiterlehren, — als wie Attako,
Vamako, Vämadevo, Vessamitto, Yamataggi, Ahgiraso,
Bhäradväjo, Väsettho, Kassapo und Bhagu, diese lehren
fünf Arten von Brahmanen: den göttergleichen, den
— 204 —
FÜNFERBUCH V 192
engelgleichen, den sittenfesten, den sittenübersctireiten-
den und als fünften den ausgestoßenen Braijmanen.
inwiefern aber, Dono, ist man ein göttergleicher
Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane beiderseits
von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jahre lang
führt er den kindlich keuschen Wandel, während dem
er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtund-
vierzig Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt
und die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen
Lehrer das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige,
nicht auf unvorschriftsmäßige Weise. Und was gilt
da, Dono, als Vorschrift? Daß er dies nicht etwa zu
erreichen sucht durch Ackerbau, Handel oder Viehzucht
oder als Bogenschütze, königlicher Beamter oder Hand-
werker, sondern lediglich durch Almosengehen, indem
er dabei die Almosenschale nicht verachtet. Sobald
er aber seinem Lehrer das Lehrgeld eingehändigt hat,
schert er sich Haar und Bart, legt die gelben Gewänder
an und zieht von Hause in die Hauslosigkeit. Nachdem
er solcherart der Welt entsagt hat, durchstrahlt er mit
liebevollem Gemüte erst eine Richtung, dann eine
zweite, dann die dritte, dann die vierte, ebenso nach
oben, unten und ringsherum, und überall und in allem
sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt
mit liebevollem Gemüte, mit weitem, erhabenem, un-
beschränktem Gemüte, frei Von Gehässigkeit und Groll.
Und mit mitleidvollem Gemüte, — mit mitfreudigem
Gemüte, — mit gleichmütigem Gemüte durchstrahlt
er erst eine Richtung, dann eine zweite, dann die dritte,
dann die vierte, ebenso nach oben, unten und rings-
herum, und überall und in allem sich wiedererkennend
durchstrahlt er die ganzeWelt mit gleichmütigem Gemüte,
— 205 —
^
T 192 DIE REDEN DES BUDDHA
mit weitem, erhabenem, unbesciiränktem Gemtite, frei
von Gehässigkeit und Groll. Indem er aber diese
Vier göttlichen Zustände (brahmä-vihära) entfaltet,
gelangt er beim Zerfall des Leibes, nach dem Tode,
auf glückliche Fährte, zur Götterwelt. Insofern, Dono,
ist man ein göttergleicher Brahmane.
»Inwiefern aber, Dono, ist man ein engelgleicher
Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane beiderseits
Von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jahre lang
führt er den kindlich keuschen Wandel, während dem
er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtundvierzig
Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt und
die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer
das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf
unvorschriftsmäßige Weise. Darauf sucht er sich ein
Weib, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf un-
vorschriftsmäßige Weise. Und was gilt da, Dono, als
Vorschrift? Daß er sich nur mit einer Brahmanin abgibt,
aber mit keiner Adeligen, Bürgerin oder Dienerin, mit
keiner aus der Candäla-, Jäger-, Korbmacher-, Wagner-
oder Fegerzunft, mit keiner Schwangeren, keiner Säu-
genden, keiner, die nicht ihre Zeit hat. Warum aber,
Dono, geht der Brahmane nicht zu einer Schwangeren?
Weil dann sowohl der junge Mann als auch das junge
Weib als Erzdreckgeburt bezeichnet werden. Und warum
geht er nicht zu einer Säugenden? Weil dann sowohl
der junge Mann als das junge Weib als Dreckverschlinger
bezeichnet werden. Er hat sein Weib weder der Sinn-
lichkeit wegen, noch des Vergnügens wegen, noch des
Geschlechtsgenusses wegen, sondern eben nur der
Fortpflanzung wegen. Nachdem er aber den Zeugungs-
akt ausgeübt hat, schert er sich Haar und Bart, legt
— 206, —
FÜNFERB ÜCH t 1Ö2
die gelben Gewänder an und zieht von Hause in die
Hauslosigkeit. Nachdem er solcherart der Welt entsagt
hat, gewinnt er, den Sinnendingen entrückt, entrückt
den schuldvollen Erscheinungen, die vier Vertiefungen.
Indem er aber die vier Vertiefungen gewinnt, gelangt er
beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glück-
liche Fährte, in himmlische Welt. Insofern, Dono, ist
man ein engelgleicher Brahmane.
>Inwiefern aber, Dono, ist man ein sittenfester
Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane beiderseits
von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jahre lang
führt er den kindlich keuschen Wandel, während dem
er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtundvierzig
Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt und
die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer
das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf
unvorschriftsmäßige Weise. Darauf sucht er sich ein
Weib, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf un-
vorschriftsmäßige Weise. Nachdem er aber den Zeu-
gungsakt ausgeübt hat, sehnt er sich nach den Freuden
an Kindern und lebt inmitten seiner Familie; und nicht
zieht er von Hause in die Hauslosigkeit. An den alten
Brahmanensitten aber hält er fest und überschreitet sie
nicht. Da er aber an den alten Brahmanensitten festhält
und sie nicht überschreitet, heißt man ihn einen sitten-
festen Brahmanen. Insofern, Dono, ist man ein sitten-
fester Brahmane.
»Inwiefern aber, Dono, ist man ein sittenüber-
schreitender Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane
beiderseits von reiner Abstammung. Achtundvierzig
Jahre lang führt er den kindlich keuschen Wandel,
Während dem er die Gesänge erlernt. Nachdem er
— 207 —
1 192 DIE REDEN DES BUDDHA _^
aber achtundvierzig Jaiire lang den l<indlich keuschen
Wandel geführt und die Gesänge erlernt hat, sammelt
er für seinen Lehrer das Lehrgeld, und zwar auf vor-
schriftsmäßige, nicht auf unvorschriftsmäßige Weise.
Darauf sucht er sich ein Weib, sei's auf vorschrifts-
mäßige oder unvorschriftsmäßige Weise, oder sei's durch
Kauf oder Verkauf, oder sei's eine, bei der der Akt
der Wasserbesprengung («) vollzogen wurde. Und er
geht ebensogut zu einer Brahmanin, wie zu einer
Adeligen, Bürgerin oder Dienerin oder einer aus der
Candäla-, Jäger-, Korbmacher-, Wagner- oder Feger-
zunft, geht zu einer Schwangeren oder Säugenden
oder zu einer, die ihre Zeit hat, oder zu einer außer
ihrer Zeit. Auch hat er sein Weib teils der Sinnenlust
wegen, teils des Vergnügens wegen, teils des Ge-
schlechtsgenusses wegen, teils der Fortpflanzung wegen.
An den alten Brahmanensitten hält er nicht fest, sondern
überschreitet dieselben. Da er aber an den alten Brah-
manensitten nicht festhält, sondern sie überschreitet,
heißt man ihn einen sittenüberschreitenden Brahmanen.
Insofern, Dono, ist man ein sittenüberschreitender
Brahmane.
»Inwiefern aber, Dono, ist man ein ausgestoßener
Brahmane? Da, Dono, ist der Bramahne beiderseits
(a) Der Kommentar sagt hierüber: »In die Familie, wo sich
ein erwachsenes Mädchen befindet, da geht er hin und stellt sich
an der Türe auf. Sobald man ihn fragt, warum er da stehe, erklärt
er: »Achtund vierzig Jahre lang habe ich den kindlich-keuschen Wandel
geführt. Das alles will ich euch geben. Mir aber gebt eure Tochter!«
Die Eltern holen nun die Tochter, und indem sie seine Hände mit
Wasser besprengen, geben sie ihm die Tochter. Er aber nimmt
sie nach vollzogener Wasserbesprengung zum Weibe und zieht mit
ihr fort.«
- 208 -
FÜNFERBUCH T 192
von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jalire lang
fülirt er den kindlich keuschen Wandel, während dem
er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtundvierzig
Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt und
die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer
das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf
unvorschriftsmäßige Weise. Darauf sucht er sich ein
Weib, sei's auf vorschriftsmäßige oder unvorschrifts-
mäßige Weise, oder sei's durch Kauf oder Verkauf, oder
sei's eine, bei der der Akt der Wasserbesprengung
vollzogen wurde. Und er geht ebensogut zu einer
Brahmanin wie zu einer Adeligen, Bürgerin oder Die-
nerin oder einer aus der Candäla-, Jäger-, Korbmacher-,
Wagner- oder Fegerzunft, geht zu einer Schwangeren
oder Säugenden oder zu einer, die ihre Zeit hat, oder
zu einer außer ihrer Zeit. Auch hat er sein Weib teils
der Sinnenlust wegen, teils des Vergnügens wegen, teils
des Geschlechtsgenusses wegen, teils der Fortpflanzung
wegen. Durch irgend ein beliebiges Handwerk verdient
er sich seinen Lebensunterhalt. Zu einem solchen aber
sprechen die Brahmanen: »Was gibst du dich denn als
Brahmanen aus, wo du dir durch irgend ein beliebiges
Handwerk deinen Lebensunterhalt verdienst?« Er aber
entgegnet: »Wie da, ihr Verehrten, das Feuer, dadurch,
daß es Reines wie Unreines Verbrennt, nicht befleckt
wird, ebenso auch, ihr Verehrten, wird der Brahmane,
wenn er durch irgend ein Handwerk seinen Lebens-
unterhalt verdient, dadurch nicht befleckt.« Insofern
nun ein Brahmane durch jedes beliebige Handwerk
seinen Lebensunterhalt verdient, heißt man ihn einen
ausgestoßenen Brahmanen. So, Dono, ist man ein
ausgestoßener Brahmane.
*
Die Reden des Buddha. Bd. II 209 — ^"^
T 19S DIE REDEN DES BUDDHA
»Die da, Dono, unter den ehemaligen Brahmanen
als Weise galten, als wie Attako, Vamako, VämadeVo,
Vessamitto, Yamataggi, Arigiraso, BhäradVäjo, Väsettho,
Kassapo und Bhagu, die lehren diese fünf Arten von
Brahmanen: den göttergleichen, den engelgleichen, den
sittenfesten, den sittenüberschreitenden und als fünften
den ausgestoßenen Brahmanen. Als welcher aber von
diesen gilst du, Dono?«
»Wenn dem so ist, Herr Gotamo, so entspreche
ich noch nicht einmal dem ausgestoßenen Brahmanen.
Vortrefflich, Herr Gotamo! Vortrefflich, Herr Gotamo!
Möge mich der Herr Gotamo als einen Anhänger be-
trachten, der von heute ab zeitlebens Zuflucht ge-
nommen hat.«
193 Die Hemmungen 3es Gedächtnisses
Saiigäravo der Brahmane sprach zum Erhabenen:
»Was ist wohl, Herr Gotamo, die Ursache, was
der Grund, daß einem das eine Mal die Sprüche, die
man lange Zeit memoriert hat, nicht einfallen, ganz
zu schweigen von denen, die man nicht memoriert hat?
Und was ist, Herr Gotamo, die Ursache, was der Grund,
daß einem das andere Mal die Sprüche, die man lange
Zeit nicht memoriert hat, einfallen, ganz zu schweigen
von denen, die man memoriert hat?«
»Wenn da, Brahmane, in einem Topfe befindliches
Wasser mit roter, gelber, blauer oder brauner Farbe
Versetzt ist und ein Mann mit gesunden Augen sein
eigenes Spiegelbild darin zu sehen wünscht, so ist er
eben nicht imstande, dasselbe der Wirklichkeit ent-
sprechend wahrzunehmen und zu erkennen. Ebenso auch,
Brahmane: zu einer Zeit, wo man begierdegefesselten,
— 210 -
FÜNFERBUCH V 193
begierdegequälten Geistes verweilt und der aufgestie-
genen »Sinnenlust« (käma-räga) Aufhebung nicht der
Wirklichkeit gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit
begreift und erkennt man weder das eigene Heil noch
das Heil der anderen noch das beiderseitige Heil der
Wirklichkeit gemäß. Und wenn man auch lange "Zeit
Sprüche memoriert hat, so fallen einem diese nicht ein.
»Wenn da, Brahmane, in einem über dem Feuer
erhitzten Topfe das Wasser aufkocht und siedet und
ein Mann mit gesunden Augen sein eigenes Spiegelbild
darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande,
dasselbe der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen
und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer
Zeit, wo man grollgefesselten, grollgequälten Geistes
verweilt und des aufgestiegenen »Grolles« (vyäpäda)
Aufhebung nicht der Wirklichkeit gemalt erkennt, zu
einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder das
eigene Heil noch das Heil der anderen noch das beider-
seitige Heil der Wirklichkeit gemäß. Und wenn man
auch lange Zeit Sprüche memoriert hat, so fallen einem
diese nicht ein.
»Wenn da, Brahmane, in einem Topfe befindliches
Wasser mit Moos und Schlamm völlig bedeckt ist und
ein Mann mit gesunden Augen sein eigenes Spiegelbild
darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande,
dasselbe der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen
und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer
Zeit, wo man mit einem von »Stumpfheit und Mattig-
keit« (thina-middha) gefesselten und gequälten Geiste
verweilt und der aufgestiegenen Stumpfheit und Mattig-
keit Aufhebung nicht der Wirklichkeit gemäß erkennt,
zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder
— 211 — 14
tl93 DIE REDEN DES BUDDHA
das eigene Heil noch das Heil der anderen noch das
beiderseitige Heil der Wirklichkeit gemä(3. Und wenn
man auch lange Zeit Sprüche memoriert hat, so fallen
einem diese nicht ein.
»Wenn da, Brahmane, in einem Topfe sich vom
Winde bewegtes, unstetes, unruhiges, aufwellendes
Wasser befindet und ein Mann mit gesunden Augen
sein eigenes Spiegelbild darin zu sehen wünscht, so
ist er eben nicht imstande, dasselbe der Wirklichkeit
entsprechend wahrzunehmen und zu erkennen. Ebenso
auch, Brahmane: zu einer Zeit, wo man mit einem von
»Aufgeregtheit und Gewissens Unruhe« (uddhacca-
kukkucca) gefesselten und gequälten Geiste verweilt
und der aufgestiegenen Aufgeregtheit und Gewissens-
unruhe Aufhebung nicht der Wirklichkeit gemäß erkennt,
zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder
das eigene Heil noch das H^l der anderen noch das
beiderseitige Heil der Wirklichkeit gemäß. Und wenn
man auch lange Zeit Sprüche memoriert hat, so fallen
einem diese nicht ein.
»Wenn man da, Brahmane, einen Topf mit trübem,
aufgestörtem, schlammigem Wasser ins Dunkle stellt
und ein Mann mh gesunden Augen sein eigenes Spiegel-
bild darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande,
dasselbe der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen
und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer Zeit,
wo man mit einem von »Zweifelsucht« (vicikicchä)
gefesselten und gequälten Geiste verweilt und der auf-
gestiegenen Zweifelsucht Aufhebung nicht der Wirk-
lichkeit gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit begreift
und erkennt man weder das eigene Heil noch das Heil
der anderen noch das beiderseitige Heil der Wirklichkeit
— 212 -
FÜNFERBUCH V 194
gemäß. Und \3k)enn man auch lange Zeit Sprüche memo-
riert hat, so fallen einem diese nicht ein («).
»Zu einer Zeit aber, Brahmane, wo man im Geiste
von Sinnenlust, von Groll, von Stumpfheit und Mattig-
keit, von AuTgeregtheit und Gewissensunruhe und Von
Zweifelsucht nicht gefesselt und gequält wird und des
aufgestiegenen Zweifels Aufhebung der Wirklichkeit
gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit begreift und
erkennt man sowohl das eigene Heil als auch das
Heil der anderen als auch das beiderseitige Heil der
Wirklichkeit gemäß. Und wenn man auch nicht lange
Zeit die Sprüche memoriert, fallen einem dieselben
dennoch ein.
»Das also, Brahmane, ist die Ursache, das der
Grund, daß einem das eine Mal die Sprüche, die
man lange Zeit memoriert hat, nicht einfallen, ganz
zu schweigen von denen, die man nicht memoriert
hat. Und das, Brahmane, ist die Ursache, das der
Grund, daß einem das andere Mal die Sprüche, die
man lange Zeit nicht memoriert hat, einfallen, ganz
zu schweigen von denen, die man memoriert hat.«
Das beseligende Gesetz des Herrn Gotamo 194
Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei
Vesäll, in der Halle des Giebelhauses. Damals aber
(a) Obige Gleichnisse sind eine geradezu meisterhafte Ver-
bildlichung der fünf Hemmungen (nlvaranä) des Geistes. Der
sinnlichen Begierde (käma-räga) also entspricht das mit aller-
hand bunten Farben versetzte Wasser, dem Groll (vyäpäda) das
kochende Wasser, der Stumpfheit und Mattheit (thlna-middha)
das mit Moos und Schlamm bedeckte Wasser, der Aufregung
und Gewissensunruhe (uddhacca-kukkucca) das vom Winde
bewegte, unruhige Wasser, dem Zweifel (vicikicchä) das im Dunkeln
befindliche, aufgestörte, schlammige Wasser.
— 213 —
V194 DIE REDEN DES BUDDHA
gerade war der Brahmane Karanapäll mit einer Arbeit
für* die LicchaVier beschäftigt. Und der Brahmane
Karanapäll sah von ferne den Brahmanen Pingiyäni
kommen, und bei seinem Anblicke sprach er zu ihm:
»Ei, Herr Pingiyäni! Wo kommt ihr her zur
Mittagsstunde?«
»Ich komme vom Asketen Gotamo.«
»Was hält wohl der Herr Pingiyäni Von der
Wissensgröße des Asketen Gotamo? Hält er ihn wohl
für einen Weisen?«
>Wer bin denn ich, Verehrter, daß ich die Wissens-
größe des Asketen Gotamo ermessen könnte? Wahr-
lich, ebenso groß wie der Asket Gotamo müßte einer
sein, um seine Wissensgröße zu ermessen.«
»Fürwahr, in lautem Lobe rühmt der Herr Pingiyäni
den Asketen Gotamo.«
»Wer bin denn ich, Verehrter, daß ich den Asketen
Gotamo preisen sollte? Über und über wird ja jener
erhabene Gotamo gepriesen, der beste unter Göttern
und Menschen.«
»Aus welchem Grunde aber ist der Herr Pingiyäni
so sehr von dem Asketen Gotamo entzückt?«
»Gleichwie etwa, Verehrter, ein Mensch, der sich
an den wohlschmeckendsten Dingen satt gegessen hat,
nicht mehr nach den anderen, weniger schmackhaften
Dingen verlangt: ebenso auch kann, wer einmal jenes
Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, — sei's aus den Sutten,
der mit Versen vermischten Prosa, den Erklärungen
oder den Lehren von den wundersamen Erscheinungen,
— es nicht mehr nach den Gesetzen jener anderen,
zahlreichen Asketen und Priester verlangen. Oder,
wenn da ein Mann, der von Durst und Schwäche
" 214 —
FÜNFERBUCH V 194
Überwältigt ist, einen Klumpen Zucker erhält, so
empfindet er, so oft er davon kostet, eben stets einen
süßen, lieblichen Geschmack. Ebenso auch empfindet,
wer jenes Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, Zufrieden-
heit und Zuversicht im Herzen. Oder gleichwie, wenn
ein Mann ein Gefäß aus gelbem oder rotem Sandelholz
erhält, er eben stets, sobald er daran riecht, — sei's oben,
unten oder in der Mitte, — einen lieblichen, süßen
Duft empfindet: ebenso auch empfindet, wer jenes
Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, Zufriedenheit und.
Zuversicht im Herzen. Oder gleichwie, wenn da ein
Mann siech, leidend und schwer krank ist und ein
geschickter auf der Stelle seine Krankheit heilen
möchte: ebenso auch kommen, sobald man jenes Herrn
Gotamo Gesetz vernimmt, Sorge, Klage, Leiden, Trüb-
sal und Verzweiflung zum Schwinden. Oder gesetzt,
es befände sich da ein Teich mit klarem, erquickendem,
kühlem, silberhellem Wasser, lieblich gelegen und
entzückend. Und ein Mann, glühend Vor Hitze, Von
der Hitze überwältigt, ermattet, erschöpft, von Durst
gequält, käme des Weges daher. Und er stiege in jenen
Teich und badete sich darin. Darauf labte er sich an dem
Wasser und stillte so alle Qual, Erschöpfung und Glut.
Ebenso auch wird, sobald man jenes Herrn Gotamo
Gesetz vernimmt, alle Qual, Erschöpfung und Glut
gestillt.«
Auf diese Worte erhob sich der Brahmane Karana-
pälT von seinem Sitze, warf das Obergewand über
eine Schulter; und, indem er sein rechtes Knie zur
Erde beugte und die gefalteten Hände nach der
Richtung, wo der Erhabene weilte, emporhob, ließ er
den frohlockenden Ruf erschallen:
— 215 —
T 196 DIE REDEN DES BUDDHA
»Ehre dem Erhabenen, Heihgen, Vollkommen
»Erleuchteten!
»Ehre dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen
»Erleuchteten!
»Ehre dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen
»Erleuchteten!
»Vortrefflich, Herr Pihgiyäni! Vortrefflich, Herr
»Pihgiyäni!
Gleichwie man, Herr Pingiyäni, das Umgestürzte wieder
aufrichten oder das Verborgene enthüllen oder den
Verirrten den Weg weisen oder in die Finsternis ein
Licht bringen möchte, damit, wer Augen hat, die Dinge
sehe: ebenso hat der Herr Pihgiyäni auf mancherlei
Weise das Gesetz enthüllt. Ich nehme, Herr Pihgiyäni,
Zuflucht zu jenem Erhabenen, zum Gesetze und zur
Mönchsgemeinde. Möge mich der Herr Pingiyäni als
Anhänger betrachten, der Von heute ab zeitlebens
Zuflucht genommen hat.«
195 Der Brahmane Pingiyäni
Einst weilte der Erhabene im Großen Waide bei
Vesali, in der Halle des Giebelhauses. Damals aber
waren gerade fünfhundert Licchavier um den Erhabenen
versammelt. Einige der Licchavier erstrahlten in Blau,
in blauer Farbe, blauer Tracht, blauem Schmucke,
einige in Gelb, einige in Rot, einige in Weiß. Und
der Brahmane Pingiyäni erhob sich Von seinem Sitze,
warf das Obergewand über eine Schulter; und, indem
er seine gefalteten Hände zum Erhabenen emporhob,
sprach er:
»Es steigt mir ein Gedanke auf, Erhabener. Es
steigt mir ein Gedanke auf. Gesegneter.«
- 216 —
FÜNFERBUCH V 196
»MögedirdennderGedankeauftauchen,Pingiyäni!«
erwiderte der Erhabene. Und der Brahmane Pirigiyäni
pries den Erhabenen in folgenden treffenden Versen:
»Der roten Lotus gleich, der düfteschwangeren,
Aus der am frühen Tag' der Blüten Duft entströmt,
Betrachtet den Erleuchteten, den Strahlenden,
Der weithin leuchtet wie die Sonn' am Firmament.«
Und jene Licchavier beschenkten den Brahmanen
Pingiyäni mit fünfhundert Obergewändern. Der Brah-
mane Pitigiyäni aber beschenkte mit diesen fünfhundert
Obergewändern den Erhabenen. Und der Erhabene
sprach zu jenen LicchaViern:
»Fünf Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich selten in
der Welt: welche fünf? Selten zeigt sich in der Welt
ein Vollendeter, Heiliger, Vollkommen Erleuchteter;
selten zeigt sich in der Welt ein Lehrer des vom
Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner Dis-
ziplin; selten zeigt sich in der Welt einer, der beim
Vortrage des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes
und seiner Disziplin Verständnis erlangt; selten zeigt
sich in der Welt einer, der, den Vortrag des vom Voll-
endeten verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin
Verstehend, im Sinne des Gesetzes lebt; selten zeigt
sich in der Welt ein dankbarer, erkenntlicher Mensch.
Diese fünf Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich selten
in der Welt.«
Die fünf Traumbilder des Bodhisat 196
Dem Vollendeten, ihr Mönche, dem Heiligen, Voll-
kommen Erleuchteten, zeigten sich kurz vor seiner
Vollkommenen Erleuchtung, als er noch ein Unerleuch-
teter, ein »Anwärter auf Erleuchtung« (bodhi-satta)
war, fünf erhabene Traumbilder: welche fünf?
— 217 -
y 196 DIE REDEN DES BUDDHA
Diese gewaltige Erde bildete seih Bett; den Hi-
malaja, den König der Berge, hatte er zum Kissen;
auf dem östlichen Meere ruhte seine linke Hand, auf
dem westlichen seine rechte Hand, und auf dem süd-
lichen ruhten seine Füße. Dies, ihr Mönche, ist das
erste erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.
Und fernerhin, ihr Mönche: eine Grasart, namens
Tiriya, wuchs aus seinem Nabel empor und reichte
hinauf bis zum Himmelsgewölbe. Dies, ihr Mönche,
ist das zweite erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.
Und fernerhin, ihr Mönche: weiße Würmer mit
schwarzen Köpfen krochen an seinen Beinen hinauf
und bedeckten dieselben bis zu den Kniescheiben.
Dies, ihr Mönche, ist das dritte erhabene Traumbild,
das sich ihm zeigte.
Und fernerhin, ihr Mönche: vier Vögel von ver-
schiedener Farbe kamen aus den vier Himmelsrichtungen
herangeflogen; und sobald sie sich zu seinen Füßen
niedergesetzt hatten, wurden sie vollkommen weiß.
Dies, ihr Mönche, ist das vierte erhabene Traumbild,
das sich ihm zeigte.
Und fernerhin, ihr Mönche: er stieg einen hohen
Kotberg immer höher hinauf, ohne aber selber Vom
Kote befleckt zu werden. Dies, ihr Mönche, ist das
fünfte erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.
Daß der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige,
Vollkommen Erleuchtete, die unvergleichliche, höchste
Erleuchtung erringen wird: um ihn das vorhersehen zu
lassen, zeigte sich ihm das erste erhabene Traumbild.
Daß der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige,
Vollkommen Erleuchtete, den edlen achtfachen Pfad
erkennen und, soweit es Himmelswesen und Menschen
- 218 -
FÜNFERBUCH V 196
gibt, denselben wohl darlegen wird, um ihn das vor-
hersehen zu lassen, zeigte sich ihm das zweite erhabene
Traumbild.
Daß, ihr Mönche, zahlreiche weißgekleidete Haus-
leute beim Vollendeten zeitlebens ihre Zuflucht nehmen
werden: um ihn das vorhersehen zu lassen, zeigte sich
ihm das dritte erhabene Traumbild.
Vier Kasten («) gibt es, ihr Mönche: Adelige,
Brahmanen, Bürger und Knechte. Daß aber beim
Vernehmen des Vom Vollendeten verkündeten Gesetzes
und seiner Disziplin diese vom Hause in die Haus-
losigkeit fortziehen werden: um ihn das Vorhersehen 2u
lassen, zeigte sich ihm das vierte erhabene Traumbild.
Daß der Vollendete, ihr Mönche, reichlich beschenkt
wird mit Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den
nötigen Heilmitteln und Arzneien und sich derselben
bedient, ohne daran zu hängen, unbetört, ohne sich
zu Vergehen, das Elend merkend und den Ausweg
kennend: um ihm das vorhersehen zu lassen, zeigte
sich ihm das fünfte Traumbild.
Dem Vollendeten, ihr Mönche, dem Heiligen, Voll-
kommen Erleuchteten, zeigten sich kurz vor seiner
vollkommenen Erleuchtung, als er noch ein Unerleuch-
(a) Ursprünglich bedeutet dieses Wort: Farbe (vanna). Die
vierte Kaste der Knechte besteht aus den unterworfenen Urvölkern
Indiens. Dieselben unterscheiden sich von den drei ersten Kasten,
die sich selber die Herren oder Edlen (ariyä) nennen, durch ihre
dunklere Hautfarbe.
Beim Eintritt in den Orden fällt jeder Kastenunterschied fort,
und alle gelten als »Söhne des Sakyersohnes«.
— 219 —
V 197 DIE REDEN DES BUDDHA
teter, ein »Anwärter auf Erleuchtung« war, diese
fünf erhabenen Traumbilder (ä).
197 Die Hemmungen des Regens
Fünf Hemmungen des Regens gibt es, ihr Mönche,
die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Sterndeuter
Auge Versagt: welche fünf?
Wenn, ihr Mönche, hoch oben in den Lüften das
Hitzeelement in Erregung gerät, so werden dadurch
die aufgestiegenen Wolken verscheucht. Das, ihr
Mönche, ist die erste Hemmung des Regens, die
die Sterndeuter nicht kennen, wo der Sterndeuter
Auge versagt.
Fernerhin, ihr Mönche: wenn hoch oben in den
Lüften das Windelement in Erregung gerät, so werden
dadurch die aufgestiegenen Wolken Verscheucht. Das,
ihr Mönche, ist die zweite Hemmung des Regens,
die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Stern-
deuter Auge versagt.
Fernerhin, ihr Mönche: wenn Rähu der Dämonen-
(a) Nach dem Kommentare gibt es vier Arten von Träumen. Die
erste Art wird hervorgerufen durch Erregung von Galle, Schleim
oder Gase. Man träumt, daß man von einem Berge fällt, durch die
Luft fliegt oder von wilden Tieren verfolgt wird usw. Die zweite
Art besteht aus Reflexen früher gehabter Eindrücke. Die dritte
Art ist durch gut oder übel gesinnte Geister hervorgerufen. Die
vierte Art besteht in Vorbedeutungen für kommende Ereignisse,
wie die obengenannten Träume des Bodhisat. Die beiden ersten
Arten von Träumen, sagt der Kommentar, sind unwahre Träume,
die dritte Art ist bisweilen wahr, bisweilen unwahr, die vierte Art
aber unter allen Umständen wahr.
— 220 —
FÜNFERBUCH V 198
könig (a) mit seiner Hand Wasser schöpft und in das
Weltmeer gießt, so ist das die dritte Hemmung des
Regens, die die Sterndeuter nicht kennen, wo der
Sterndeuter Auge versagt.
Fernerhin, ihr Mönche: wenn die Götter der Regen-
wolken nachlässig sind, so ist das die Vierte Hemmung
des Regens, die die Sterndeuter nicht kennen, wo
der Sterndeuter Auge versagt.
Fernerhin, ihr Mönche: wenn die Menschen tugend-
los sind, so ist das die fünfte Hemmung des Regens,
die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Stern-
deuter Auge versagt- " '
Das wohlgesprochene Wort 198
Das mit fünf Eigenschaften ausgestattete Wort, ihr
Mönche, ist wohlgesprochen, nicht schlechtgesprochen,
untadelig, kann von keinem Verständigen getadelt
Werden: mit welchen fünf Eigenschaften?
Es wird zur rechten Zeit gesprochen, wahr, sanft,
zweckdienlich und in liebevoller Gesinnung. —
(a) Nach altindischem Volksglauben ist Rähu der Sohn des
Viprachitti und der Sinhikä. Als einst die Götter mit der Un-
sterblichkeitsspeise (amrita = a^ßqoaia) bedient wurden, nahm er
sich etwas davon weg und wurde dadurch unsterblich. Sonne und
Mond (hier als Götter zu denken) aber, die dies bemerkten, verrieten
ihn, und so wurde er von Vischnu enthauptet. Da er aber durch
die Götterspeise unsterblich geworden war, so rächt er sich dadurch
an Sonne und Mond, daß er sie beide von Zeit zu Zeit verschlingt
und so die Sonnen- und Mondfinsternis hervorruft. Rähu bezeichnet
in der Astronomie, die in Indien auf das Höchste entwickelt war,
Sonnen- oder Mondfinsternis bezw. einen der neun Planeten.
— 221
ri99 DIE REDEN DES BUDDHA
199 Der segensreiche Einfluß des sittenreinen
Mönches
Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo sittenreine Mönche
sich zu einem Hause hinbegeben, da erwirl^en die
Menschen aus fünf Gründen großes Verdienst: aus
welchen fünf?
Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo beim Anbiicl^e
der zu ihrem Hause {kommenden sittenreinen Mönche
der Menschen Gedanl<en sich erheitern, zu einer solchen
Zeit, ihr Mönche, hat jene Familie den Pfad zum Himmel
beschritten.
Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen den
zu ihrem Hause kommenden sittenreinen Mönchen auf-
warten, sie ehrfurchtsvoll begrüßen und' ihnen Sitze
anbieten, zu einer solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene
Familie den zur Wiedergeburt in hohem Hause führen-
den Pfad beschritten.
Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen beim
Herankommen eines sittenreinen Mönches zu ihrem
Hause dem Laster des Geizes entsagen, zu einer
solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene Familie den zu
großer Macht führenden Pfad beschritten.
Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen ah
die zu ihrem Hause kommenden sittenreinen Mönche
nach Kräften Gaben verteilen, zu einer solchen Zeit,
ihr Mönche, hat jene Familie den zu großem Vermögen
führenden Pfad beschritten.
Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen die
zu ihrem Hause kommenden sittenreinen Mönche be-
fragen, sie um Aufklärung bitten und sich das Gesetz
anhören, zu einer solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene
Familie den Pfad zu hohem Wissen beschritten.
— 222 —
FÜNFERBUCH \ 200
Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo sittenreine Mönche
sich zu einem Hause hinbegeben, da erwirl<en die
Menschen aus diesen fünf Gründen großes Verdienst.
Die fünf Elemente der Befreiung 200
Fünf Elemente der Befreiung gibt es, ihr Mönche:
welche fünf?
Da, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches zur
Erwägung der Sinnenlüste keinen Drang, neigt nicht
dazu, verharrt nicht dabei und findet l<eine Befreiung.
Zur Erwägung der Gierentsagung («), aber fühlt sein
Herz einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und
findet Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohl-
entfaltet, völlig abgewandt, befreit und losgelöst von
den Sinnenlüsten. Befreit ist er von jenen Leiden-
schaften, jenem Verdruß und jenen Qualen, die zufolge
der Sinnenlüste zum Entstehen kommen; und jene
Empfindung kommt ihm nicht mehr an. Das aber
nennt man die Befreiung von den Sinnenlüsten.
Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches
zur Erwägung des Hasses keinen Drang, neigt nicht
dazu, verharrt nicht dabei und findet keine Befreiung.
Zur Erwägung der Haßlosigkeit (ß) aber fühlt sein
Herz einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und
findet Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohl-
(a) n6kkhama ist, wenn es auch etymologisch auf nis -}- Vkram,
hinausziehen, entsagen zurückzuführen ist, hiernatürUch so gebraucht,
als ob es von käma, Sinnenlust, abgeleitet sei.
(ß) avyäpäda (Haßlosigkeit), obzwar ein negatives Wort, hat
nichtsdestoweniger einen stark positiven Sinn und ist ein Synonym
von mettä (Wohlwollen, Liebe). Durch die Konzentration auf
Liebe mag man die ersten drei Vertiefungen erreichen.
— 223 —
V 200 DIE REDEN DES BUDDHA
entfaltet, völlig abgewandt, befreit und losgelöst vom
Hasse. Befreit ist er von jenen Leidenschaften, jenem
Verdruß und jenen Qualen, die zufolge des Hasses
zum Entstehen kommen; und jene Empfindung kommt
ihm nicht mehr an. Das aber nennt man die Befreiung
vom Hasse.
Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches
zur Erwägung der Wut keinen Drang, neigt nicht dazu,
Verharrt nicht dabei und findet keine Befreiung. Zur
Erwägung der Wutlosigkeit (0) aber fühlt sein Herz
einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und findet
Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohlentfaltet,
Völlig abgewandt, befreit und losgelöst von der Wut.
Befreit ist er von jenen Leidenschaften, jenem Verdruß
und jenen Qualen, die zufolge der Sinnenlüste zum
Entstehen kommen; und jene Empfindung kommt ihm
nicht mehr an. Das aber nennt man die Befreiung
von der Wut.
Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches
zur Erwägung des Formhaften keinen Drang, neigt
nicht dazu. Verharrt nicht dabei und findet keine
Befreiung. Zur Erwägung des Formlosen aber fühlt
sein Herz einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und
findet Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohl-
entfaltet, völlig abgewandt, befreit und losgelöst Von
den Formen. Befreit ist er von jenen Leidenschaften,
jenem Verdruß und jenen Qualen, die zufolge der
Formen zum Entstehen kommen; und jene Empfindung
(a) Wutlosigkeit wird erweckt durch Meditation des Mitleides
(karunä), wodurch die vier Vertiefungen entstehen mögen.
— 224 —
FUNFERBUCH V 200
kommt ihm nicht mehr an. Das aber nennt man die
Befreiung von den Formen (a).
Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches
zur Erwägung der Persönlichi<eit (ß) keinen Drang,
neigt nicht dazu, verharrt nicht dabei und findet keine
Befreiung. Zur Erwägung der Aufhebung der Persön-
lichkeit aber fühlt sein Herz einen Drang, neigt dazu.
Verharrt dabei und findet Befreiung. Sein Herz ist
wohibeschaffen, wohlentfaltet, völlig abgewandt, befreit
und losgelöst von der Persönlichkeit. Befreit ist er
Von jenen Leidenschaften, jenem Verdruß und jenen
Qualen, die zufolge der Persönlichkeit zum Entstehen
kommen; und jene Empfindung kommt ihm nicht mehr
an. Das aber nennt man die Befreiung von der Per-
sönlichkeit (y).
Einem solchen haftet keine Sinnenlust mehr an,
keine Lust zum Hasse, keine Lust zur Wut, keine
Lust an den Formen, keine Lust zu der Persönlichkeit.
Und weil ihm keine Lust mehr anhaftet, darum, ihr
(a) »Die Vertiefungen in der formfreien Sphäre bilden die
Befreiung von den Formen« heißt es im Kommentar. - Obige
vier Erwägungen, bezw. Meditationsübungen, erzeugen nur eine
zeitweilige Befreiung von Sinnenlust, Haß, Wut usw. Vollkommen
erloschen sind Sinnenlust, Haß und Wut erst in dem Niewieder-
kehrenden (anägäml).
(ß) sakkäya, eine konventionelle Ausdrucksweise für die das
Dasein ausmachenden fünf Daseinsaggregate (kandhä): Körper-
lichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Geistesgebilde und Bewußtsein.
(y) Genau genommen tritt die Befreiung von der Persönlich-
keit, besser gesagt, der fünf Daseinsaggregate, erst mit dem Tode
des Arahat (Heiligen) ein, obgleich allerdings alle schuldvollen
wie geistig leidvollen Erscheinungen bereits beim Eintritt in das
Arahattum geschwunden sind.
Die Reden des Buddha. Bd. II — 225 — 15
t 200 DIE REDEN DES BUDDHA
Mönche, nennt man einen solchen Mönch frei vom
Anhaften. Vernichtet hat er das Begehren, abgestreift
die Fessel und hat durch des Dünkels Völlige Durch-
schauung dem Leiden ein Ende gemacht.
Das, ihr Mönche, sind die fünf Elemente der
Befreiung.
— 226 -
FÜNFERBUCH T 201
EINUNDZWANZIGSTER TEIL:
Das Kapitel des Kimbilo
Die Dauer des Guten Gesetzes 201
[Im Bambushaine bei Kimbilä.]
Der ehrwürdige Kimbilo sprach zum Erhabenen:
>Was ist wohl, 0 Ehrwürdiger, die Ursache, was
der Grund, wenn nach dem völligen Dahinscheiden
des Vollendeten das Gute Gesetz nicht mehr lange
bestehen bleibt?«
»Wenn da, 0 Kimbilo, nach dem Völligen Dahin-
scheiden desVollendeten die Mönche,Nonnen, Anhänger
und Anhängerinnen keine Achtung und Ehrfurcht haben
vor dem Meister, dem Gesetze, der Jüngerschaft, der
Askese und voreinander: das, 0 Kimbilo, ist die Ursache,
das der Grund, wenn nach dem völligen Dahinscheiden
des Vollendeten das Gute Gesetz nicht mehr lange
bestehen bleibt.«
»Was ist aber, 0 Ehrwürdiger, die Ursache, was
der Grund, wenn nach dem völligen Dahinscheiden
des Vollendeten das Gute Gesetz noch lange bestehen
bleibt?«
»Wenn da, 0 Kimbilo, nach dem Völligen Dahin-
scheiden des Vollendeten die Mönche, Nonnen, An-
hänger und Anhängerinnen Achtung und Ehrerbietung
haben vor dem Meister, dem Gesetze, der Jüngerschaft,
der Askese und untereinander: das, 0 Kimbilo, ist die
Ursache, das der Grund, wenn nach dem Völligen
Dahinscheiden des Vollendeten das Gute Gesetz noch
lange bestehen bleibt.«
— 227 — 15*
1 202, 203, 206 DIE REDEN DES BUDDHA
202 Die Vorteile beim Anhören des Gesetzes
Fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das Anhören
des Gesetzes: welche fünf?
Nicht Gehörtes bekommt man zu hören; das be-
reits Gehörte klärt sich auf; den Zweifel wird man
los; die Erkenntnis richtet man auf; das Herz erheitert
sich. Diese fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das
Anhören des Gesetzes.
203 Das Königsroß
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist des Königs gutes, edles Roß, würdig des Königs,
des Königs Liebling, gilt als zum Könige gehörig. Und
welche sind diese fünf Eigenschaften? Aufrechter Gang,
Schnelligkeit, Sanftmut, Geduld und mildes Wesen.
Ebenso auch, ihr Mönche, ist der mit fünf Eigen-
schaften ausgestattete Mönch würdig der Opfer, würdig
der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig des
ehrfurchtsvollen Handgrußes, ist in der Welt der beste
Boden für verdienstvolle Werke. Und welches sind
diese fünf Eigenschaften? Aufrechter Wandel, schnelles
Erfassen («), Sanftmut, Geduld und mildes Wesen.
205 Die fünf Geistesverhärtungen
Fünf Geistesverhärtungen gibt es, ihr Mönche:
welche fünf?
Da, ihr Mönche, schwankt und zweifelt der Mönch
hinsichtlich des Meisters, ist ohne Hingebung und Zu-
versicht. Bei einem Mönche aber, der hinsichtlich des
Meisters schwankt und zweifelt, ohne Hingebung und
(a) Cf. hierzu III, 94-96 und das Gleichnis von dem wie der
Blitz schießenden Kämpfer in III, 131.
— 228 —
FÜNFERBUCH V206
Zuversicht ist, da neigt der Geist nicht zum Eifer, zur
Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe. Und daß
der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer
und zum Kampfe neigt: das gilt als die erste Geistes-
verhärtung.
Und fernerhin, ihr Mönche, schwankt und zweifeit
der Mönch hinsichtlich des Gesetzes, — schwankt und
zweifelt hinsichtlich der Jüngerschaft, — schwankt und
zweifelt hinsichtlich der Askese, — ist wegen seiner
Ordensbrüder erregt, geistig niedergeschlagen und voll
Widerspenstigkeit. Bei einem Mönche aber, der wegen
seiner Ordensbrüder erregt, unzufrieden, geistig nieder-
geschlagen und Voll Widerspenstigkeit ist, da neigt
der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer
und zum Kampfe. Und daß der Geist nicht zum Eifer,
zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe neigt:
das gilt als die fünfte Geistesverhärtung.
Diese fünf Geistesverhärtungen gibt es, ihr Mönche.
Die fünf Geistesumstrickungen 206
Fünf Geistesumstrickungen gibt es, ihr Mönche:
welche fünf?
Da, ihr Mönche, ist der Mönch hinsichtlich der
Sinnendinge nicht frei von Gier, Wille, Neigung, Durst,
Fieber und Begehren. Bei einem Mönche aber, der
hinsichtlich der Sinnendinge nicht frei ist Von Gier,
Wille, Neigung, Durst, Fieber und Begehren, da neigt
der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer
und zum Kampfe. Und daß der Geist nicht zum Eifer,
zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe neigt,
das gilt als die erste Geistesumstrickuhg.
Und fernerhin, ihr Mönche, ist der Mönch nicht
— 229 —
V 207, 208 DIE REDEN DES BUDDHA
frei von Gier hinsichtlich des Körpers, — nicht frei
von Gier hinsichtlich der Formen («), — oder, wenn
er seinen Leib vollgegessen hat, findet er Genuß daran,
sich auszuruhen, sich auf die Seite zu legen und ein-
zuschlummern; — oder in der Hoffnung auf einen
Himmel führt er den Heiligen Wandel, denkend: »In-
folge dieser Übung oder dieser Buiäaskese oder dieses
Heiligen Wandels werde ich als Gott wiedererscheinen
oder als einer unter den Himmelswesen.« Bei einem
Mönche aber, der in dieser Hoffnung den Heiligen
Wandel führt, da neigt der Geist nicht zum Eifer,
zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe. Und
daß der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Aus-
dauer und zum Kampfe neigt: das gilt als die fünfte
Geistesumstrickung.
Diese fünf Geistesumstrickungen gibt es, ihr Mönche.
207 Die guten Wirkungen der Reissuppe
Fünf gute Wirkungen, ihr Mönche, besitzt die Reis-
suppe: sie vertreibt den Hunger, stillt den Durst, regelt
die körperlichen Gase, reinigt den Leib und bringt
die unverdauten Speisereste zur Verdauung (ß).
208 Die Nützlichkeit des Zahnreinigungsstäbchens
Fünf Nachteile, ihr Mönche, hat der Nichtgebrauch
des Zahnreinigungsstäbchens zur Folge: der Mund ge-
währt einen üblen Anblick, man riecht übel aus dem
Munde, die Geschmacksnerven werden nicht gereinigt,
(a) »der äußeren Formen« sagt der Kommentar.
(ß) Auch heute noch bildet in Ceylon, besonders in den Klöstern,
eine dicke, bisweilen breiartige Reissuppe die tägliche Morgenkost.
Dieselbe ist häufig mit der aus geschabter Kokosnuß ausgepreßten
sogen. Kokosmilch versetzt.
— 230 —
FUNFERBUCH V 209
Galle und Schleim hüllen die Speisen ein, und die
Speise bekommt einem nicht. —
Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, gewährt der Ge-
brauch des Zahnreinigungsstäbchens: der Mund ge-
währt einen guten Anblick, man riecht nicht übel aus
dem Munde, die Geschmacksnerven werden gereinigt,
Galle und Schleim hüllen die Speisen nicht ein, und
die Speise bekommt einem — («).
Der singende Vortrag des Gesetzes 209
Wer, ihr Mönche, das Gesetz in gedehntem, singen-
dem Tone vorträgt, der hat fünf Nachteile zu erwarten:
welche fünf?
Selber verstrickt er sich in seine Stimme; die
anderen verstricken sich in seine Stimme; die Haus-
leute murren darüber und sagen: »Genau wie wir
singen, so tun es ja auch diese Asketen des Sakyer-
sohnes!«; wer auf den Tonfall bedacht ist, dessen
Sammlung wird unterbrochen; sein Anhang aber ahmt
sein Beispiel nach. Wer, ihr Mönche, das Gesetz in
gedehntem, singendem Tone vorträgt, der hat diese
fünf Nachteile zu erwarten (ß).
(ß) Das ^ Zahnholz« (danta-kattha) ist ungefähr zehn Zentimeter
lang. Das eine, zugespitzte Ende dient als Zahnstocher, das stumpfe
Ende dagagen als Zahnbürste. Auch die Zunge wird damit gereinigt.
Nach dem Gebrauche wird es weggeworfen. Es ist heutzutage noch
gerade so sehr in Gebrauch wie es offenbar zu Zeiten Buddhas
war, und zwar bedient man sich desselben sowohl nach dem Auf-
stehen wie nach jeder Mahlzeit. Über die vorschriftsmäßige Länge
dieses Zahnholzes gibt der Vinayo genaue Vorschriften.
iß) Häufig geht auch bei Mönchen in Ceylon der an sich
würdig klingende intonierte Vortrag in regelrechtes Singen über,
was dann allerdings geradezu eine Übertretung des siebenten Mönch-
gebotes bedeutet.
— 231 —
V 210 DIE REDEN DES BUDDHA
210 Klarbewußt einschlafen
Wer, ihr Mönche, achtlos und unklaren Geistes
in Schlaf verfällt, hat fünf Nachteile zu erwarten: er
schläft schlecht, erwacht schlecht, hat böse Träume,
die Engel beschützen ihn nicht und Samenerguß mag
eintreten. Wer aber, ihr Mönche, achtsam und klar-
bewußt in den Schlaf eintritt, hat fünf Vorteile zu er-
warten: er schläft gut, erwacht gut, hat keine bösen
Träume, die Engel beschützen ihn und kein Samen-
erguß tritt ein.
232 —
FÜNFERBUCH T 211, 212, 213
ZWEIUNDZWANZIGSTER TEIL:
Das Kapitel der Beschimpfung
Die bösen Folgen der Beschimpfung 211
Der Mönch, ihr Mönche, der seine Ordensbrüder
beschimpft und verleumdet und die Edlen schmäht,
hat fünf böse Folgen zu gewärtigen: welche fünf?
Entweder er begeht ein »Ausstoßendes Vergehen«
(päräjikä) und schneidet sich so den Fortschritt ab;
oder aber er begeht ein beschmutzendes Vergehen,
oder ein schweres Leiden befällt ihn; ein unruhiger
Tod erwartet ihn; beim Zerfalle des Leibes aber, nach
dem Tode, gelangt er auf den Abweg, eine Leidens-
fährte, in verstoßene Welt, zur Hölle. —
Die bösen Folgen der Streitigkeiten 212
Wer, ihr Mönche, Zank, Hader und Zwist stiftet,
Klagen erhebt und in der Mönchsgemeinde Streitig-
keiten hervorruft, dieser Mönch hat fünf böse Folgen
zu gewärtigen: welche fünf?
Das Unerreichte erreicht er nicht; das Erreichte
schwindet ihm; ein übler Ruf verbreitet sich; ein un-
ruhiger Tod erwartet ihn; beim Zerfalle des Leibes
aber, nach dem Tode, gelangt er auf den Abweg,
eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle. —
Die Folgen des Sittenwandels 213
Den Sittenlosen, ihr Mönche, treffen infolge seiner
sittlichen Verkommenheit fünf böse Folgen: welche
fünf?
Da, ihr Mönche, erfährt der Sittenlose, sittlich
— 233 —
V 213 DIE REDEN DES BUDDHA
Verkommene, infolge seiner Lässigkeit große Ver-
mögensverluste. Das, ihr Mönche, ist die erste böse
Folge.
Fernerhin, ihr Mönche, verbreitet sich über den
Sittenlosen, sittlich Verkommenen, ein übler Ruf. Das,
ihr Mönche, ist die zweite böse Folge.
Fernerhin, ihr Mönche: in jedweder Gesellschaft,
zu der sich der Sittenlose, sittlich Verkommene hin-
begibt, — seien es Adelige, Brahmanen, Hausväter
oder Asketen, — da tritt er unsicher auf, voll Ver-
wirrung. Das, ihr Mönche, ist die dritte böse Folge.
Fernerhin, ihr Mönche, erwartet den Sittenlosen,
sittlich Verkommenen, ein trüber Tod. Das, ihr Mönche,
ist die vierte böse Folge.
Fernerhin, ihr Mönche, gelangt der Sittenlose,
sittlich Verkommene, beim Zerfalle des Leibes, nach
dem Tode, auf den Abweg, eine Leidensfährte, in
verstoßene Welt, zur Hölle. Das, ihr Mönche, ist die
fünfte böse Folge.
Den Sittenreinen aber, ihr Mönche, treffen infolge
seiner sittlichen Vollkommenheit fünf gute Folgen:
welche fünf?
Der Sittenreine, sittlich Vollkommene, ihr Mönche,
gewinnt infolge seiner Strebsamkeit großen Überfluß
an Schätzen. Das, ihr Mönche, ist die erste gute
Folge.
Fernerhin, ihr Mönche, verbreitet sich über den
Sittenreinen, sittlich Vollkommenen ein guter Ruf. Das,
ihr Mönche, ist die zweite gute Folge.
Fernerhin, ihr Mönche: in jedweder Gesellschaft,
zu der der Sittenreine, sittlich Vollkommene sich hin-
begibt, — seien es Adelige, Brahmanen, Hausväter oder
— 234 —
FÜNFERBUCH T 214, 215
Asketen, — da tritt er voll Sicherheit auf, ohne Ver-
wirrung. Das, ihr Mönche, ist die dritte gute Folge.
Fernerhin, ihr Mönche, erwartet den Sittenreinen,
sittlich Vollkommenen, ein ungetrübter Tod. Das, ihr
Mönche, ist die vierte gute Folge.
Fernerhin, ihr Mönche, gelangt der Sittenreine,
sittlich Vollkommene, beim Zerfalle des. Leibes, nach
dem Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische Welt.
Das, ihr Mönche, ist die fünfte gute Folge.
Die Folgen der Gesprächigkeit und der 214
gemessenen Rede
Fünf üble Folgen, ihr Mönche, zeigen sich bei
einem gesprächigen Menschen: er redet unwahr, ist
ein Zwischenträger, redet roh, redet leeres Geplapper;
und beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, gelangt
er auf den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene
Welt, zur Hölle. —
Fünf gute Folgen aber, ihr Mönche, zeigen sich
bei dem edlen Menschen, der gemessen redet: er redet
nicht unwahr, ist kein Zwischenträger, redet nicht roh,
redet kein leeres Geplapper; und beim Zerfalle des
Leibes, nach dem Tode, gelangt er auf glückliche
Fährte, in himmlische Welt. —
Die Folgen der Widerspenstigkeit und der 215
Nachgiebigkeit
Die Widerspenstigkeit, ihr Mönche, hat fünf üble
Folgen: vielen Menschen ist man unlieb und unan-
genehm; häufig gerät man in Wut; viele Verkehrtheiten
macht man; man hat einen trüben Tod; beim Zerfalle
des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt man auf
— 235 —
V 217, 218 DIE REDEN DES BUDDHA
den Abweg, eine Leidensfährte, in Verstoßene Welt,
zur Hölle.
Die Nachgiebigkeit aber, ihr Mönche, hat fünf
guteFolgen:VielenMenschenist man lieb und angenehm;
nicht gerät man in Wut; nicht macht man viele Fehler;
man hat einen ungetrübten Tod; beim Zerfalle des
Leibes aber, nach dem Tode, gelangt man auf glück-
liche Fährte, in himmlische Welt.
217 Die Folgen der Freundlichkeit und Unfreund-
lichkeit
0)
Fünf üble Folgen, ihr Mönche, zeigen sich beim
unfreundlichen Menschen: selber macht er sich Vor-
würfe; die Verständigen, die es merken, machen ihm
Vorwürfe; ein übler Ruf verbreitet sich über ihn; eines
trüben Todes stirbt er; beim Zerfalle des Leibes aber,
nach dem Tode, gelangt er auf den 'Abweg, eine
Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle.
Fünf gute Folgen aber, ihr Mönche, zeigen sich
beim freundlichen Menschen: selber macht er sich
keine Vorwürfe; die Verständigen, die es merken, loben
ihn; ein guter Ruf verbreitet sich über ihn; eines
ungetrübten Todes stirbt er; beim Zerfalle des Leibes
aber, nach dem Tode, gelangt er auf glückliche Fährte,
in himmlische Welt.
218 Die Folgen der Freundlichkeit und Unfreund-
lichkeit
(2)
Fünf üble Folgen, ihr Mönche, zeigen sich beim
unfreundlichen Menschen: die Vertrauenslosen bekom-
men kein Vertrauen; bei einigen Vertrauensvollen tritt
— 236 —
FUNFERBUCH V 219, 220
eine Wandlung ein; des Meisters Weisung wird nicht
erfüllt; sein Anhang ahmt sein Beispiel nach; und sein
Herz gewinnt keine Zuversicht.
Fünf gute Folgen aber, ihr Mönche, zeigen sich
beim freundlichen Menschen: die Vertrauenslosen
gewinnen Vertrauen; den Vertrauensvollen gereichtes
zu größerer Festigkeit; des Meisters Weisung wird
erfüllt; sein Anhang ahmt sein Beispiel nach; und
sein Herz gewinnt Zuversicht.
Der üble Einfluß des Feuers 219
Fünf üble Einflüsse, ihr Mönche, übt das Feuer
aus: dem Auge ist es unangenehm, es bewirkt ein
häßliches Aussehen, bewirkt Schwäche, begünstigt die
Geselligkeit und regt zu verkehrtem Gespräche (a) an.
Die Nachteile der Stadt Madhurä 220
Fünf Nachteile, ihr Mönche, bietet Madhurä: es
gibt dort Viele Unebenheiten, viel Staub, Viele wilde
Hunde, viele wilde Unholde, und Almosen sind dort
schwer zu erlangen.
(a) Über die vielen Arten der »verkehrten Gespräche« (tirac-
chäna-kathä) s. X, 69.
— 237
T 221, 222 DIE REDEN DES BUDDHA
DREIUNDZWANZIGSTER TEIL:
Das Kapitel des langen
Umherwanderns
221 Die Folgen des zielbewußten und des ziellosen
Wanderns
(1)
Wer, ihr Mönche, lange und ziellos umherwandert,
den treffen fünf Nachteile: das noch nicht Gehörte
bekommt er nicht zu hören; über das Gehörte ver-
schafft er sich keine Klarheit; in keiner Wissenschaft
wird er bewandert; schweres Leiden befällt ihn; und
er bleibt ohne Freunde.
Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, gewährt das ziel-
bewußte Wandern: das noch nicht Gehörte bekommt
man zu hören; über das Gehörte verschafft man sich
Klarheit; in irgend einer Wissenschaft wird man be-
wandert; keine schwere Krankheit befällt einen; und
man gewinnt Freunde.
222 Die Folgen des zielbewußten und des ziellosen
Wanderns
(2)
Wer, ihr Mönche, lange und ziellos umherwandert,
den treffen fünf Nachteile: das noch nicht Errungene
erringt er nicht; das bereits Errungene schwindet ihm;
in keiner Wissenschaft wird ertüchtig; schweres Leiden
befällt ihn; und er bleibt ohne Freunde.
Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, gewährt das ziel-
bewußte Wandern: das noch nicht Errungene erringt
— 238 —
FÜNFERBUCH V 2^3, 224, 225
man; das bereits Errungene schwindet einem nicht;
in irgendeiner Wissenschaft wird man tüchtig; kein
schweres Leiden befällt einen; und man gewinnt
Freunde.
Allzulange an einem Platze wohnen 223
0)
Allzulange an einem Platze wohnen, ihr Mönche,
hat fünf Nachteile: Vielerlei Sachen häufen sich an;
Viele Arzneien speichert man auf; vielgeschäftig ist
man, vieltätig und in allerlei Arbeiten verstrickt; man
lebt in Gesellschaft von Hausleuten und Mönchen
und verkehrt in unpassender Laiengesellschaft; wenn
man aber jenen Ort Verläßt, geht man voller Sorge weg.
Allzulange an einem Platze w^ohnen 224
(2)
Allzulange an einem Platze wohnen, ihr Mönche,
hat fünf Nachteile: man wird selbstsüchtig hinsichtlich
der Wohnung, hinsichtlich der Familien, hinsichtlich
der Geschenke, hinsichtlich der Würde und hinsichtlich
geistigen Besitzes. —
Die Gefahren des Familienverkehrs 225
(1) .
Wer (von den Mönchen), ihr Mönche, in Familien
verkehrt, den treffen fünf Nachteile: welche fünf?
Sobald er uneingeladen Besuche macht, vergeht
er sich; sobald er an einem einsamen Platze (allein
mit einem Weibe) sich niedersetzt, vergeht er sich;
sobald er an verstecktem Platze (allein mit einem
Weibe) sich niedersetzt, vergeht er sich; sobald er
(unter Vier Augen) einem Weibe in mehr als fünf oder
— 239 —
T 226, 22: DIE REDEN DES BUDDHA
sechs Worten das Gesetz vorträgt, vergeht er sich;
und häufig Verweilt er bei sinnlichen Gedanken. Diese
fünf Nachteile treffen ihn («).
226 Die Gefahren des Familienverkehrs
(2)
Fünf Nachteile, ihr Mönche, treffen den in den
Familien verkehrenden Mönch, der über die Zeit hinaus
in den Familien gesellig verweilt: welche fünf?
Der wiederholte Anblick des Weibes; infolge des
Anblicks die Zugesellung; infolge der Zugesellung die
Vertraulichkeit ; infolge der Vertraulichkeit das Herunter-
kommen; im Herzen aber heruntergekommen, ihr
Mönche, steht zu erwarten, daß er entweder ohne
Freude das Asketenleben führt oder ein beschmutzen-
des Vergehen Verübt oder die Askese aufgibt und zum
niederen Weltenleben zurückkehrt. Diese fünf Nachteile
treffen ihn.
227 Vorteile und Nachteile des Reichtums
Fünf Nachteile, ihr Mönche, besitzt der Reichtum:
er ist dem Feuer ausgesetzt, dem Wasser, den Fürsten,
den Räubern und lieblosen Erben.
Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, besitzt der Reich-
tum: man macht sich damit selber glücklich und froh
und wahrt sich vollkommenes Wohlsein; man macht
die Eltern glücklich und froh, — macht Frau, Kinder
und Diener glücklich und froh, — macht Freunde und
Gefährten glücklich und froh und wahrt ihnen voll-
kommenes Wohlsein; an Asketen und Priester aber
(a) Die ersten vier Nachteile bestehen in Vergehen gegen die
Ordenssatzung (pätimokkha).
— 240 —
FÜNFERBUCH V 228, 229, 230
verteilt man förderliche Gabe, himmlische, glück-
bringende, himmelwärtsführende.
Die Nachteile des zu späten Essens 228
Fünf Nachteile, ihr Mönche, zeigen sich bei einer
erst gegen Abend speisenden Familie: welche fünf?
Die Fremden und Gäste beschenkt man nicht zur
rechten Zeit; die opferempfangenden Gottheiten be-
schenkt man nicht zur rechten Zeit; die Asketen und
Priester, die nur zu einer Tageszeit speisen, des Nachts
nüchtern bleiben und vom abendlichen Essen abstehen,
auch diese beschenkt man nicht zur rechten Zeit; die
Diener und Arbeiter verrichten ihre Arbeit mit Wider-
Willen und was immer man zur Unzeit ißt, gibt keine
Kraft.
Die schwarze Schlange 229
0)
Fünf Nachteile, ihr Mönche, besitzt die schwarze
Schlange: sie ist unrein, übelriechend, feige, gefährlich
und treulos gegen ihre Freunde.
Ebenso auch, ihr Mönche, besitzt das Weib diese
fünf Nachteile: es ist unrein, übelriechend, feige, ge-
fährlich und treulos gegen seine Freunde.
Die schwarze Schlange > 230
(2)
Fünf Nachteile, ihr Mönche, besitzt die schwarze
Schlange: sie ist boshaft, jähzornig, besitzt ein gefähr-
liches Gift, ist doppelzüngig und treulos gegen ihre
Freunde.
Ebenso auch, ihr Mönche, besitzt das Weib diese
Die Reden des Buddha. Bd. II — 241
16
\ 230 DIE REDEN DES BUDDHA
fünf Nachteile: es ist boshaft, jähzornig, besitzt ein
schreckhches Gift, ist doppelzüngig und treulos gegen
seine Freunde.
Daß da nämlich, ihr Mönche, das Weib häufig von
heftiger Begierde erfüllt ist, darin besteht sein schreck-
liches Gift. Daß es häufig Zwischenträgereien verübt,
darin besteht seine Doppelzüngigkeit. Daß es häufig
geschlechtlich ausschreitet, darin besteht seine Treu-
losigkeit gegen seine Freunde (a).
(a) Derartige scharfe Urteile wie die obigen sollen sich natürlich
bloß auf das niedrig gesinnte Alltagsweib beziehen, denn an anderen
Stellen werden Frauen, die teils dem Orden angehören und oft die
Vollkommene Heiligkeit erreicht haben, teils Laienanhängerinnen
sind, von dem Buddha mit den höchsten Lobesworten gepriesen.
Nie wird eine Frau getadelt, die z. B. die fünf Sittenregeln hält.
242 —
FUNFERBUCH T 231, 232, 233
VIERUNDZWANZIGSTER TEIL:
Das Kapitel der Klosterbewohner
Der unwürdige Klosterbewohner 231
Mit fünf Dingen behaftet, ihr Mönche, verdient
der im Kloster lebende Mönch keine Verehrung: mit
welchen fünf Dingen?
Er erfüllt nicht die Vorschriften und Pflichten; er
ist nicht wissensreich und ein Träger des Gesetzes; er
lebt nicht zurückgezogen, neigt nicht zur Abgeschieden-
heit; er bedient sich keiner edlen Worte; führt keine
edlen Gespräche; er ist ohne Einsicht, dumm und
stumpfsinnig. —
Der beliebte Klosterbewohner 232
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
wird der im Kloster lebende Mönch, von seinen Ordens-
brüdern geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt: mit
welchen fünf?
Er ist sittenrein und lebt gezügelt im Sinne der
Ordenssatzung; ist wissensreich und ein Träger des
Gesetzes; bedient sich edler Worte, führt edle Ge-
spräche; der vier Vertiefungen wird er nach Wunsch,
ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig; die leiden-
schaftslose Gemütserlösung und Wissenserlösung hat
er sich zu eigen gemacht. —
Eine Zierde des Klosters 233
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist der im Kloster lebende Mönch, eine Zierde für
sein Kloster: mit welchen fünf Eigenschaften?
— 243 - 16*
T 234, 236 DIE REDEN DES BUDDHA
Er ist sittenrein und lebt gezügelt im Sinne der
Ordenssatzung; ist wissensreicii und ein Träger des
Gesetzes; bedient sicii edler Worte, führt edle Ge-
spräche; versteht es, die Ankommenden in Worten über
das Gesetz zu belehren, zu ermahnen, zu ermutigen
und zu ermuntern; der vier Vertiefungen wird er nach
Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig. —
234 Eine Stütze des Klosters
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
ist der im Kloster lebende Mönch, eine große Stütze
für sein Kloster: mit welchen fünf?
Er ist sittenrein und lebt gezügelt im Sinne der
Ordenssatzung; ist wissensreich und ein Träger des
Gesetzes; was zerbrochen und zerfallen ist, stellt er
wieder her. Kommt eine große Schar Mönche heran, —
Mönche aus den verschiedensten Gegenden, — so geht
er zu den Hausleuten hin und spricht: »Eine große
Schar Mönche, Verehrte, ist angekommen, Mönche
aus den verschiedensten Gegenden. Tut gute Werke!
Die Gelegenheit, Gutes zu tun, ist nun da.« Der Vier
Vertiefungen wird er nach Wunsch, ohne Mühe und
Anstrengung, teilhaftig. Mit diesen fünf Eigenschaften
ausgestattet, ihr Mönche, ist der im Kloster lebende
Mönch eine große Stütze für sein Kloster.
235 Der mitleidige Klosterbewohner
Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche,
besitzt der im Kloster lebende Mönch Mitleid mit den
Hausleuten. Undwelches sind diese fünf Eigenschaften?
Zu hoher Sittlichkeit regt er sie an. In der Er-
kenntnis des Gesetzes festigt er sie. Zu den Kranken
— 244 —
FÜNFERBUCH V 236, 237
begibt er sich hin und weckt ihre Achtsamkeit, indem
er spricht: »Haltet, Verehrte, eure Achtsamkeit auf das
Heilige gerichtet!« Kommt eine große Schar Mönche
heran, — Mönche aus den verschiedensten Gegenden,
— so geht er zu den Hausieuten hin und spricht: »Eine
große Schar Mönche, Verehrte, ist angekommen,
Mönche aus den verschiedensten Gegenden. Tut gute
Werke! Die Gelegenheit, Gutes zu tun, ist nun da.«
Was man ihm an Speise darreicht — sei es grobe
oder feine — das verzehrt er selber, läßt das aus
Vertrauen Gegebene nicht umkommen. —
Zweierlei Klosterbewohner 236
Mit fünf Dingen behaftet, ihr Mönche, gelangt der
im Kloster lebende Mönch seinen Werken entsprechend
zur Hölle. Und welches sind diese fünf Dinge?
Ohne erkannt und geprüft zu haben, lobt er den
Tadelnswerten, tadelt den Lobenswerten, findet Ge-
fallen woran man Mißfallen haben sollte, Mißfallen
woran man Gefallen haben sollte, läßt das aus Ver-
trauen Gegebene umkommen.
Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, gelangt
der im Kloster lebende Mönch seinen Werken ent-
sprechend zum Himmel. Und welches sind diese
fünf Dinge?
Nachdem er erkannt und geprüft hat, tadelt er den
Tadelnswerten, lobt den Lobenswerten, findet Mißfallen
woran man Mißfallen finden soll. Gefallen woran man
Gefallen finden soll, läßt das aus Vertrauen Gebenene
nicht umkommen.
Mit fünf Dingen behaftet, ihr Mönche, gelangt der 237
— 245 —
V 238, 240 DIE REDEN DES BUDDHA
im Kloster lebende Mönch seinen Werken entsprechend
zur Hölle: welche fünf?
Ohne erkannt und geprüft zu haben, lobt er den
Tadelnswerten, tadelt den Lobenswerten, ist voll Selbst-
sucht und Habgier hinsichtlich der Wohnstätte, ist voll
Selbstsucht und Habgier hinsichtlich der Familien, läßt
das aus Vertrauen Gegebene umkommen.
238 — Ohne erkannt und geprüft zu haben, lobt er
den Tadelnswerten, tadelt den Lobenswerten, ist voll
Selbstsucht und Habgier hinsichtlich der Wohnstätte,
hinsichtlich der Familien, hinsichtlich der Gaben.
240 — Er ist selbstsüchtig hinsichtlich der Wohnstätte,
hinsichtlich der Familien, hinsichtlich der Gaben, hin-
sichtlich der Würde, hinsichtlich geistigen Besitzes.
Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, gelangt
der im Kloster lebende Mönch seinen Werken ent-
sprechend zum Himmel: welche fünf?
Er ist nicht selbstsüchtig hinsichtlich der Wohn-
stätte, nicht selbstsüchtig hinsichtlich der Familien,
nicht selbstsüchtig hinsichtlich der Gaben, nicht selbst-
süchtig hinsichtlich der Würde, nicht selbstsüchtig hin-
sichtlich geistigen Besitzes.
246
FÜNFERBUCH V 241, (242-244,) 249
FÜNFUNDZWANZIGSTER TEIL:
Das Kapitel des schlechten Wandels
Die Folgen des schlechten Wandels 241
Fünf üble Folgen, ihr Mönche, hat der schlechte (242244)
Wandel (in Werken, — Worten, — Gedanken): welche
fünf?
Selber macht man sich Vorwürfe; die Verständigen,
die es merken, tadeln einen; ein übler Ruf Verbreitet
sich; eines trüben Todes stirbt man; beim Zerfalle
des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt man auf
den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt,
zur Hölle. —
Dem Leichenfeld ähnlich 249
Fünf üble Eigenschaften, ihr Mönche, besitzt das
Leichenfeld: es ist schmutzig, übelriechend, gefährlich, ^
die Behausung wilder Unholde, die Klagestätte vieler
Menschen.
Ebenso auch, ihr Mönche, zeigen sich bei einem
dem Leichenfelde ähnlichen Menschen folgende fünf
üble Eigenschaften: welche fünf?
Da, ihr Mönche, ist ein Mensch behaftet mit
schmutziger Tat in Werken, Worten und Gedanken:
das nenne ich seinen Schmutz; und dem schmutzigen
Leichenfelde nenne ich diesen Menschen ähnlich.
Über den mit schmutziger Tat Behafteten aber
verbreitet sich ein übler Ruf: das nenne ich seinen
üblen Geruch; und dem übelriechenden Leichenfelde
nenne ich diesen Menschen ähnlich.
— 247 —
V 250 DIE REDEN DES BUDDHA
Dem mit schmutziger Tat Behafteten aber weichen
die guten Ordensbrüder schon von Ferne aus: das nenne
ich seine Gefährhchl^eit; und dem gefährlichen Leichen-
felde nenne ich diesen Menschen ähnlich.
Der mit schmutziger Tat Behaftete aber lebt mit
Seinesgleichen zusammen: das nenne ich sein wildes
• Hausen; und dem von wilden Unholden behausten
Leichenfelde nenne ich diesen Menschen ähnlich.
Sobald aber den mit schmutziger Tat Behafteten
die guten Ordensbrüder erblicken, brechen sie in Klagen
aus: »Ach, ist das ein Elend für uns, daß wir mit
derartigen Menschen zusammenleben müssen!«: das
nenne ich eine Klagestätte; und dem die Klagestätte
vieler Menschen bildenden Leichenfelde nenne ich
diesen Menschen ähnlich.
Diese fünf üblen Eigenschaften, ihr Mönche, be-
sitzt der dem Leichenfelde ähnliche Mensch.
250 Die üblen Folgen persönlicher Zuneigung
Fünf üble Folgen, ihr Mönche, hat die persönliche
Zuneigung: welche fünf?
Da, ihr Mönche, hat die Person, zu der man
Zuneigung hegt, ein derartiges Vergehen begangen,
daß ihn die Mönchsgemeinde* verstößt. Da sagt man
sich: »Der Mensch, der mir lieb und teuer ist, wurde
von der Mönchsgemeinde verstoßen.« Daher ist man
voll Abneigung gegen die Mönche; und voll Abneigung
gegen die Mönche pflegt man mit den anderen Mönchen
keinen Verkehr. Mit den anderen Mönchen aber keinen
Verkehr pflegend, bekommt man das Gute Gesetz nicht
zu hören. Indem man aber das Gute Gesetz nicht
— 248 —
FUNFERBUCH V 260
hört, fällt man vom Guten ab. Das, ihr Mönche, ist
die erste üble Folge der persönlichen Zuneigung.
Und fernerhin, ihr Mönche, da hat die Person, zu
der man Zuneigung hegt, ein derartiges Vergehen
begangen, daß ihn die Mönchsgemeinde abseits nieder-
zusitzen bittet, — oder jene Person ist in ferne
Länder fortgezogen, — oder ist dem Wahnsinne ver-
fallen, — oder ist gestorben. Da sagt man sich: »Der
Mensch, der mir lieb und teuer ist, ist gestorben.«
Daher ist man voll Abneigung gegen die Mönche; und
Voll Abneigung gegen die Mönche, pflegt man mit den
anderen Mönchen keinen Verkehr. Mit den anderen
Mönchen aber keinen Verkehr pflegend, bekommt man
das Gute Gesetz nicht zu hören. Indem man aber
das Gute Gesetz nicht hört, fällt man vom Guten ab.
Das, ihr Mönche, ist die fünfte üble Folge der persön-
lichen Zuneigung. —
249
DIE REDEN DES BUDDHA
SECHSUNDZWANZIGSTER TEIL:
Das Kapitel der Mönchsweihe
Der würdige Ordenslehrer
Der mit fünf Eigenschaften ausgestattete Mönch,
ihr Mönche, mag die »Mönchsweihe« (upasämpadä)
vollziehen, — mag seinen »Beistand« (nissaya) er-
teilen (a), — mag einen als »Novizen« (sämanera) auf-
nehmen. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, eignet dem Mönch das zu einem
Kampfesiedigen gehörige Gebiet der Sittlichkeit, der
Sammlung, der Einsicht, der Erlösung und des Er-
kenntnisblickes der Erlösung. —
Die Selbstsucht
(1)
Fünf Arten der Selbstsucht gibt es, ihr Mönche:
welche fünf?
Hinsichtlich der Wohnstätte, hinsichtlich der Fami-
lien, hinsichtlich der Gaben, hinsichtlich der Würde
und hinsichtlich geistigen Besitzes. Die gemeinste
aber unter diesen fünf Arten der Selbstsucht, ihr
Mönche, ist die Selbstsucht hinsichtlich geistigen
Besitzes.
— Zur Überwindung und Zerstörung dieser fünf
Arten der Selbstsucht, ihr Mönche, führt man den
Heiligen Wandel. — Ohne die Selbstsucht überkommen
zu haben, ist man außerstande, die Vier Vertiefungen
zu erreichen, sowie die Frucht des Stromeintrittes, der
(a) Über upasämpada und nissaya s. Anm. zu V, 79.
— 250 —
FUNFERBUCH
Einmal-Wiederkehr, der Niewiederkehr und der Heilig-
keit zu verwirklichen.
— Wer aber, ihr Mönche, diese fünf Dinge über-
kommen hat, ist wohl imstande, die vier Vertiefungen
zu erreichen, sowie die Frucht des Stromeintrittes, der
Einmal-Wiederkehr, der Niewiederkehr und der Heilig-
keit zu verwirklichen.
Die Selbstsucht
(2)
Ohne, ihr Mönche, fünf Dinge überkommen zu
haben, ist man außerstande, die vier Vertiefungen zu
erreichen, sowie die Frucht des Stromeintrittes, der
Einmal-Wiederkehr, der Niewiederkehr und der Heilig-
keit zu verwirklichen. Und welches sind diese fünf
Dinge?
Selbstsucht hinsichtlich derWohnstätte, Selbstsucht
hinsichtlich der Familien, Selbstsucht hinsichtlich der
Gaben, Selbstsucht hinsichtlich der Würde, sowie
Undank und Unerkenntlichkeit. —
Klosterordnung
Sind, ihr Mönche, bei einem Mönche fünf Dinge
anzutreffen, so sollte er nicht zum Speiseverteiler
ernannt werden: welche fünf?
Wenn er auf dem bösen Pfade der Gier wandelt,
des Hasses, der Verblendung und der Feigheit und er
das Festgesetzte und Nichtfestgesetzte nicht kennt.
Sind aber, ihr Mönche, bei einem Mönche diese
fünf Dinge nicht anzutreffen, so mag er zum Speise-
Verteiler ernannt werden.
— Sind, ihr Mönche, bei einem Mönche diese
- 251 -
DIE REDEN DES BUDDHA
fünf Dinge anzutreffen, so sollte er nicht zum Speise-
verteiler ernannt werden und, wenn er bereits dazu
ernannt ist, nicht (zum Verteilen) aufgefordert werden.
Sind aber diese fünf Dinge nicht bei ihm anzutreffen,
so mag er, wenn er dazu ernannt ist, (zum Verteilen)
aufgefordert werden. Wer diese fünf Dinge besitzt,
ist ein Tor, wer nicht, ein Weiser. Wer diese fünf
Dinge besitzt, hält sein Herz befleckt und unrein,
wer nicht, hält es unbefleckt und rein.
Wer diese fünf Dinge besitzt, gelangt seinenWerken
entsprechend zur Hölle, wer nicht, zum Himmel.
— Wer (als fünfte Eigenschaft) nicht weiß, Was
angeordnet ist und was nicht, der sollte nicht zum
Wohnstättenanordner ernannt werden; wer es aber
weiß, mag dazu ernannt werden.
— Wer nicht weiß, was bewacht ist und was nicht,
der sollte nicht zum Schatzmeister ernannt werden;
wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.
— Wer nicht weiß, was empfangen werden darf
und Was nicht, der sollte nicht zum Empfänger von
Gewändern ernannt werden; wer es aber weiß, mag
dazu ernannt werden.
— Wer nicht weiß, was verteilt wird und was
nicht, der sollte nicht zum Verteiler von Gewändern,
Reissuppe, Früchten und Kauwaren ernannt werden;
wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.
— Wer nicht weiß, was empfangen wurde und
was nicht, der sollte nicht zum Verteiler von Über-
würfen und Almosenschalen ernannt werden; wer es
aber weiß, mag dazu ernannt werden.
— Wer nicht weiß, wer abgeschickt wird und
— 252 —
FÜNFERBUCH
wer nicht, der sollte nicht zum Entsender von Kloster-
dienern und Novizen ernannt werden; wer es aber
weiß, mag dazu ernannt werden.
Die allgemeine Geltung des Gesetzes
Ob Mönch^ Nonne oder Klosterschüler, ob männ-
licher oder weiblicher Novize, Anhänger oder An-
hängerin, ob nackter Bettelasket («), Niganther (/?),
Jünger der Niganther, Flechtenträger (y), Wanderasket,
Barde (<?), Dreistabträger (e), Verschlossener, Gotamide
oder Gottergebener — : bei wem, ihr Mönche, fünf
Dinge anzutreffen sind, der gelangt seinen Werken
entsprechend zur Hölle: welche fünf?
Das Töten, Stehlen, geschlechtliche Ausschreiten,
Lügen und Genießen berauschender Getränke.
Bei wem aber, ihr Mönche, diese fünf Dinge
nicht anzutreffen sind, der gelangt seinen Werken
entsprechend zum Himmel.
(a) äjTvaka.
iß) Die Ungebundenen oder Nigänthas bilden den von Nätha-
putto gestifteten und noch heute bestehenden Orden der Jainos.
Über ihre Lehre s. III, 74.
(y) jatila. Diese Klasse von Asketen trägt langes geflochtenes Haar.
((f) Die Kaste der Barden (mägadha oder mägadhika) soll
zurückgehen auf die Verbindung einer Adeligen mit einem Bürger-
lichen. Die Angehörigen dieser. Kaste sind berufsmäßige Sänger,
die an den Höfen die Ruhmestaten der Fürsten besingen.
(e) Diese Asketen tragen drei zusammengebundene Stäbe mit
sich, offenbar als Symbol für die dreifache Zügelung in Werken,
Worten und Gedanken. In Manusmriti heißt es:
»vägdando' tha manodandah
käyadandasya' thaiva ca.
yasyaite nihitä buddhau,
tridandi ti ucyate.« (cit. Vaidya.)
— 253 —
DIE REDEN DES BUDDHA
Erlöschung
Zur Erkennung und völligen Durchschauung von
Gier, ihr Mönche, von Haß, Verblendung, Zorn, Wut,
Verkleinerungssucht, Neid, Geiz, Gleisnerei, Falschheit,
Hartnäckigkeit, Heftigkeit, Dünkel, Hochmut, Eitelkeit
und Nachlässigkeit, und zu dieser Dinge völligen Ver-
nichtung, Überwindung, Versiegung, Erlöschung, Ab-
wendung, Zerstörung, Entsagung und Loslösung, hat
man fünferlei Dinge zu üben: welche fünf?
Die Betrachtung über die Unreinheit, den Tod,
das Elend, die Widerlichkeit der Nahrung und die
Reizlosigkeit des ganzen Daseins.
— Die Betrachtung über die Vergänglichkeit, die
Wesenlosigkeit, den Tod, die Widerlichkeit der Nahrung
und die Reizlosigkeit des ganzen Daseins.
— Die Betrachtung über die Vergänglichkeit, das
Leiden bei der Vergänglichkeit, die Wesenlosigkeit
beim Leiden, die Überwindung und die Abwendung.
— Die Fähigkeit und die Kraft des Vertrauens,
des Willens, der Achtsamkeit, der Sammlung und der
Einsicht.
Ende des Fünferbuches.
- 254
THEOSOPHISCHES VERLAGSHAUS / LEIPZIG
JATAKAM
Das Buch öer Erzählungen aus
früheren Existenzen Buööhas
Aus öem Päli übersetzt von
Prof. Dr. JULIUS DUTOIT
Komplett von Banö I— VII.
]eöer Banö broschiert M. 30.—, gebunöen M. 40.
D
[::€] D Bd
er als Pali-Übersetzer rühmlichst bekannte Verfasser Prof.
— Dr. Dutoit überreicht mit öem jatakam öen Deutschen Freunöen
öes Buööhismus eines öer großzügigsten Übersetzungswerke
von hoher kulturhistorisdier Beöeutung.
Das Werk j'jatakam« besteht aus 547 Erzählungen unö ist
eine öer umfangreichsten unö hervorragenösten Sammlungen
von jatakas (= Vorgeburtsgeschichten). }eöes Jataka glieöert
sich in zwei Hauptteile, nämlich in öie Begebenheit aus öer Zeit
Buööhas unö in öie öamit verbunöene Erzählung aus seiner
Vergangenheit, öas eigentliche ]ataka, öas in einem oöer mehreren
Versen gipfelt, öie Buööha bei öieser Gelegenheit gesprochen hat.
Diese Verse sinö öer älteste Bestanöteil öes }ataka-Buches unö
gehören zu öen kanonischen Schriften öes süölidien Buööhismus.
Die Erzählungen öes ]atakam wuröen von öen inöischen
Buööhisten für besonöers heilig erklärt unö sinö in unzähligen
Verwanölungen in öie Märchenliteratur öer ganzen Welt über-
gegangen.
Die zweite Hälfte öes VII. Banöes ist ausgefüllt öurch eme
Anzahl Register, öie öas Übersetzungswerk in seinem ganzen
Umfange leichter benutzbar machen sollen. Neben öem Namen-
unö öem Sadiregister, öas viel Interessantes für inöische Volks-
kunöe bringt, ist besonöers wichtig öie Zusammenstellung öer
verschieöenen Märchenstoffe, öie sich in öen einzelnen Er-
zählungen finöen; öiese soll öer vergleichenöen Sagenforschung
öas inöisdi-buööhistische Material in leichterer Übersichtlichkeit
zur Verfügung stellen, —
THEOSOPHISCHES VERLAGSHAUS / LEIPZIG
Von Dr. PAUL DAHLKE sinö erschienen:
Buööhismus als Religion unö Moral
Preis brosdiiert M. 15.—
Inhalt: Was ist Religion? — Glaube und Religion — Der Kulturwert der
Glaubensreligionen — Muß der Mensrh glauben? — Die ursprüngliche Buddha-
Lehre — Das religiöse Moment des Buddhismus — Nibbana und Parinibbana
— Das Leiden im Buddhismus — Buddhismus als Erfahrungsreligion — Der
Gottbegriff im Buddhismus — Die Kirche im Buddliisraus — Mönchtum und
Opfer — Buddhismus als Moral — Einige Vorzüge buddhistischer Moral —
Einzelne Kapitel aus der buddhistischen Moral — Das Problem der Willens-
freiheit — Gebet und Wunder — Die Zukunft des Buddhismus.
Die Beöeutung öes Buööhismus für
unsere Zeit
Preis broschiert M. 3, —
Die »Deutsche Literaturzeitungc 1913 Nr. 12 urteilt: Den Eindruck wird
der Leser aus den gedankenschweren wenigen Blättern gewinnen: in Dahlke
hat der missionierende Buddhismus unserer Tage einen abendländischen Apostel,
der sehr wohl da und dort auch einen Agrippa linden mag, dem er das
Kompliment abzwingt: »Es fehlet nicht viel, du überredest mich.«
Buööhismus als Weltanschauung
Preis broschiert M. 30. — , gebunben M. 40. —
Inhalt: Erster Aufsatz: Was ist Weltanschauung und ist sie notwendig?
— Zweiter Aufsatz: Glaube und Weltanschauung. — Dritter Auf satz : Wissen-
schaft und Weltanschauung. — Vierter Aufsatz: Zur Einführung in die Ge-
dankenwelt des Buddha-Gautama. — Fünfter Aufsatz : Der Buddhismus als
Weltanschauung. - Sechster Aufsatz: Der Buddhismus als Arbeitshypothese.
— Siebenter Aufsatz : Der Buddhismus und das Problem der Physik. — Achter
Aufsatz : Der Buddhismus und das Problem der Physiologie. — Neunter Aufsatz :
Der Buddhismus und das Problem der Biologie. — Zehnter Aufsatz : Der Buddhis-
mus und das Problem der Kosmologie. — Elf ter Aufsatz : Der Buddhismus und
das Problem des Denkens. — Abschluß. —
Aus öem Reiche öes Buööha
Sieben Erzählungen
Preis broschiert M. 15. —
Inhalt: Suryagodas Erwachen. — Nala der Schweiger. — II Penseroso. —
Die Liebesgabe. — Helene von Hoeven. — Valmikas Hängen. — Der heilige
Kreis.
Englische Skizzen
Preis brosdiiert M. 10.—
Auf öiese Preise kommen nodi 200/0 Teuerungszuschlag.
Druck von E. R. Herzog in Meerane i. Sa.
f- io.
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/- "1
PK Anguttaranikaya
4.591 Die Reden des Buddha
A6I5 2. Aufl.
V.5
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