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Full text of "Die Reden des Buddha aus dem "Angúttaranikaya"; aus dem Pali zum ersten Male übers. und erläutert von Myanatiloka"

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DIE  REDEN 
DES  BUDDHA 


DAS  FÜNFER'   BUCH 


I  I 


OSKAR   SCHLOSS    VERLAG 
MÜNCHEN  'NEUBIBERG 


UNIVERSITY  OF  TORONTO 
LIBRARY 


WILLIAM  H.  DONNER 
COLLECTION 

piirchased  from 
a  gift  by 

THE  DONNER  CANADIAN 
FOUNDATION 


DIE 

REDEN  DES  BUDDHA 

AUS  DER 

»ANGEREIHTEN  SAMMLUNG« 

-  ANGUTTARA  NIKAYO  -  DES  PALI-KANONS 


AUS  DEM  PALI  ZUM  ERSTEN  MALE   ÜBERSETZT  UND   ERLÄUTERT 

VON 

BHIKKHU  NYANATILOKA 


DAS  FÜNFER-BUCH 


THEOSOPHISCHES  VERLAGSHAUS 
LEIPZIG 


/1-e/r 


i«^    JUN2  51969 


INHALT 


Seite 
I.Teil.    Das  Kapitel  der  Kampfeskräfte 

Die  fünf  Kampfeskräfte 1 

Glückliches  und  unglückliches  Mönchsleben  ....  3 

Die  Askese 3 

Die  fünf  Bedingungen  zum  Bösen 4 

Die  Amme  und  der  unmündige  Säugling      ....  4 

Die  Ursachen  des  Fortschrittes  und  Rückschrittes  ...  6 

II.  Teil.    Das  Kapitel  der  Kräfte 

Die  fünf  Kräfte  des  Vollendeten      .        .        ...        .        •  7 

Die  Kraft  der  Einsicht .  7 

Die  fünf  Kräfte 7 

Woran  die  Kräfte  zu  erkennen  sind 9 

Eigenes  und  fremdes  Heil 10 

III. Teil.     Das  Kapitel  der  fünffach  gestützten 
rechten  Erkenntnis 
Stufenweise  bedingter  Fortschritt  (1),  (2) 
Die  sechs  Höheren  Wissen  (abhiiifiä) 
Eines  aufs  andere  gestützt 
Fünffach  gestützte  rechte  Erkenntnis 
Fünf  Erlösungswege         .... 

Fünf  Wissen 

Die  edle  fünfgliedrige  rechte  Sammlung 
Der  Segen  des  Auf-  und  Abwanderns  . 
Das  Glück  der  Loslösung 

IV.  Teil.    Das  Kapitel  der  Sumanä 
Die  Vorteile  des  Almosengebens     . 
Cundl,  die  Fürstentochter        .... 


12,  13 
14 
18 
19 
20 
21 
22 
28 
28 

32 
35 


lli 


Die  Pflichten  der  Gattin 

Die  Früchte  des  Almosengebens  (1),  (2) 

Zeitgemäße  Gaben 

Fünffacher  Segen  der  Nahrungsspende   . 
Der  Segen  des  Vertrauens 
Warum  wünscht  man  sich  einen  Sohn? 
Der  Einfluß  des  Vertrauensvollen    . 


V.Teil.     Das  Kapitel  des  Königs  Mundo 
Der  Einfluß  des  guten  Menschen 
Die  fünf  erwünschten  Dinge    . 
Wer  schenkt  wird  beschenkt    . 
Die  fünf  Ströme  des  Verdienstes 
Die  fünf  Gewinne    ... 
Das  eiserne  Gesetz  der  Natur 
Das  Herausreißen  des  Leidensstachels 

VI. Teil.     Das  Kapitel  der  Hemmungen 
Die  fünf  Hemmungen  (nivaranä) 
Der  Haufen  Schuld 
Die  fünf  Kampfesglieder 
Günstige  und  ungünstige  Zeiten 
Die  Falle  des  Mahr 
Die  Bedingungen  zum  Fortschritt 
Fünf  Betrachtungen  für  jedermann 
Fünf  segensreiche  Eigenschaften 
Die  Nachteile  des  Alters  (1),  (2) 

VII. Teil.    Das  Kapitel  der  Betrachtungen 
Fünf  segensreiche  Betrachtungen 
Der  edle  Gewinn 
Der  würdige  Ordensbruder 
Der  Segen  der  Machtfährten  (iddhi-pada) 
Zur  Erlösung  führende  Betrachtungen 

VIII. Teil.    Das  Kapitel  des  Kämpfers 
Der  Befolger  des  Gesetzes 
Die  fünf  Kämpfer     .... 

Der  Kämpfer 

Gefahren  für  den  Waldasketen 
Drohende  Gefahren  für  den  Mönch 


Seite 
.  37 
40,  42 
42 
43 
44 
45 
46 


61 
62 
62 
63 

64 
67 
70 
73 
76,  77 


83 
84 
91 
98 
100 


lY 


Drohende  Oefahren'für  den  Orden 
Drohende  Gefahren  für  den  Mönch 

IX. Teil.    Das  Kapitel  der  Ordensälteren 
Gründe  des  Beliebtseins  und  Unbeliebtseins 
Der  Einfluß  des  Ordensälteren        .... 
Nachteilige  Dinge  (1),  (2) 

X.Teil.    Das  Kapitel  des  Kakudho 
Fünferlei  Schätze 
Die  Kundtuung  Höchsten  Wissens 

Wohlsein 

Unerschütterlichkeit  (1),  (2)      . 
Der  Löwe  .... 

Die  fünf  Meister 


SeUe 
103 
105 


108 
110 
112 


.  114 

.  114 

.  114 

115,  116 

.  116 

.  117 


XL  Teil.    Das  Kapitel  der  glücklichen  Zustände 
Kampfeszuversicht  bewirkende  Eigenschaften 
Verdacht  erregende  Umstände 

Der  Räuber 

Glückliche  Zustände 

Wie  lebt  man  im  Orden  glücklich? 

Würdig  der  Verehrung    . 

Herr  in  jeder  Richtung    , 

Zum  Waldleben  befähigt 

Xll.TeiL    Bei  Andhakavinda 
Unbeliebt  bei  den  Familien     . 
Der  ungeeignete  Begleiter 
Unfähig  zur  rechten  Sammlung 
Ermahnt  die  Neulinge!     . 
Die  schlechte  Nonne 

XIlI.Teil.    Das  Kapitel  vom  kranken  Mönche 
Der  für  die  Erlösung  reife  Kranke  .        .        .        • 

Höchstes  Wissen  oder  Niewiederkehr      .... 

Der  schwer  zu  pflegende  Kranke 

Der  ungeeignete  Krankenwärter 


121 
122 
122 
125 
125 
127 
128 
128 


129 
129 
130 
130 
131 


133 
134 
134 
135 


Lebenverkürzende  und  lebenverlängernde  Dinge  (1),  (2)     135,  136 


Untauglich  für  die  Einsamkeit 
Leidige  und  freudige  Askese 


136 
136 


Die  rettungslos  Verlorenen 
Gewinn  und  Verlust 


Seitti 
137 
137 


XIV. Teil.    Das  Kapitel  des  Königs 

Das  unzerstörbare  Reich 139 

Der  König  des  Gesetzes 140 

Der  Sieger ^-      ...  141 

Der  Hoffnungsvolle  (1),  (2) 143,  144 

Die  Schlaflosen 145 

Der  unwürdige  Elefant .  145 

Der  Königselefant 147 


XV. Teil.    Im  Tikändakiwalde 

Fünferlei  Menschen  (1),  (2) 

Die  fünf  Ideale  oder  Kleinode        .    •    . 

Die  Betrachtung  über  Widerliches  und  Nichtwiderliches 

Der  Ausgang  des  Sittenlosen 

Der  Freundschaft  unwürdig 

Rechtes  Geben  und  verkehrtes  Geben     .... 
Rechtes  Geben 


151, 


152 
155 
156 
158 
158 
158 
159 
Nachteilige  Dinge 160 

XVI.  Teil.    Das  Kapitel  des  Guten  Gesetzes 

Hindernisse  zur  Erreichung  des  Pfades 161 

Die  Dauer  des  Guten  Gesetzes 161 

Der  Untergang  des  Guten  Gesetzes  (1),  (2)    .        .        .     162,  163 

Unangebrachte  Gespräche 164 

Der  Befangene  und  der  Unbefangene 165 

Die  Darlegungsweise  des  Gesetzes 165 

Schwer  loszuwerdende  Dinge 166 

XVII.  Teil.    Das  Kapitel  des  Grolles 

Fünf  Mittel  zur  Überwindung  des  Grolles  (1),  (2)  .        .  167 

Die  Gründe  des  Fragesteilens 171 

Udäyl  widerspricht  Säriputto  .        .     ' 171 

Tadeln  und  getadelt  werden 175 

Durchdringender  Scharfblick 179 

Die  fünf  höchsten  Dinge 181 

XVIII.  Teil.    Das  Kapitel  der  Anhänger 

Der  Befangene  und  der  Unbefangene 183 


VI 


Seite 

Die  fünf  schrecklichen  Übel 183 

Zweierlei  Anhänger 184 

Die  Freude  der  Loslösung .185 

Die  fünf  verwerflichen  Berufe 186 

Der  Sittenreine  hat  nichts  zu  fürchten 187 

Der  in  den  Strom  eingetretene  Hausvater       ....     190 
Strebet  immer  höher! 194 

XIX. Teil.    Das  Kapitel  der  Einsiedler 
Fünf  Arten  von  Asketen 

XX.  Teil.    Das  Kapitel  der  Brahmanen 
Die  alten  Brahmanensitten  bei  den  Hunden  . 
Die  fünf  Arten  von   Brahmanen 
Die  Hemmungen  des  Gedächtnisses  ■     . 
Das  beseligende  Gesetz  des  Herrn  Gotamo    . 
■^Der  Brahmane  Pingiyäni  .... 

Die  fünf  Traumbilder  des  Bodhisat 
Die  Hemmungen  des  Regens  .... 
Das  wohlgesprochene  Wort     .... 
Der  segensreiche  Einfluß  des  sittenreinen  Mönches 
Die  fünf  Elemente  der  Befreiung    .... 

XXI. Teil.    Das  Kapitel  des  Kimbilo 
Die  Dauer  des  Guten  Gesetzes 
Die  Vorteile  beim  Anhören  des  Gesetzes 

Das  Königsroß 

Die  fünf  Geistesverhärtungen  .... 

Die  fünf  Geistesumstrickungen 

Die  guten  Wirkungen  der  Reissuppe 

Die  Nützlichkeit  des  Zahnreinigungsstäbchens 

Der  singende  Vortrag  des  Gesetzes 

Klarbewußt  einschlafen 

XXII.  Teil.  Das  Kapitel  der  Beschimpfung 
Die  bösen  Folgen  der  Beschimpfung  .... 
Die  bösen  Folgen  der  Streitigkeiten        .... 

Die  Folgen  des  Sittenwandels 

Die  Folgen  der  Gesprächigkeit  und  der  gemessenen  Rede 
Die  Folgen  der  Widerspenstigkeit  und  der  Nachgiebigkeit 
Die  Folgen  der  Freundlichkeit  und  Unfreundlichkeit  (1),  (2) 


.  200 

.  202 

.  204 

.  210 

.  213 

.  216 

.  217 

.  220 

.  221 

.  222 

.  223 


227 
228 
228 
228 
229 
230 
230 
231 
232 

233 
233 
233 
235 
235 
236 


VII 


Der  üble  Einfluß  des  Feuers  . 
Die  Nachteile  der  Stadt  Madhurä 


Seite 
237 
237 


XXIIl.  Teil.      Das  Kapitel    des    langen   Umher- 
wanderns 
Die  Folgen  des  zielbewußten  und  des  ziellosen  Wanderns  (1),(2)    238 
Allzulange  an  einem  Platze  wohnen  (1),  (2)  .        .        .        .    239 


Die  Gefahren  des  Familienverkehrs  (1),  (2) 
Vorteile  und  Nachteile  des  Reichtums 
Die  Nachteile  des  zu  späten  Essens 
Die  schwarze  Schlange  (1),  (2) 


239,  240 
.  240 
.  241 
.     241 


XXIV. Teil.    Das  Kapitel  der  Klosterbewohner 

Der  unwürdige  Klosterbewohner 243 

Der  beliebte  Klosterbewohnef 243 

Eine  Zierde  des  Klosters 243 

Eine  Stütze  des  Klosters 244 

Der  mitleidige  Klosterbewohner       .        .        .  '      .        .        .  244 

Zweierlei  Klosterbewohner 245 

XXV. Teil.  Das  Kapitel  des  schlechten  Wandels 

Die  Folgen  des  schlechten  Wandels 247 

Dem  Leichenfeld  ähnlich 247 

Die  üblen  Folgen  persönlicher  Zuneigung      .        .        .        .  248 


XXVI.  Teil.    Das  Kapitel  der  Mönchsweihe 
Der  würdige  Ordenslehrer 
Die  Selbstsucht  (1),  (2)    . 
Klosterordnung         .... 
Die  allgemeine  Geltung  des  Gesetzes 
Erlöschung 


.  250 
250,  251 
.  251 
.  253 
.  254 


VIII 


FÜNFERBUCri  T  1,  2 


Das  Fünferbuch 


ERSTER  TEIL 

Das  Kapitel  der  Kampfeskräfte 

Die  fünf  Kampfeskräfte 

Fünf  Kampfeskräfte  gibt  es,  ihr  Mönche:  u^elche 
fünf?  Die  Kraft  des  Vertrauens,  die  Kraft  des  Scham- 
gefühls, die  Kraft  des  Gewissens,  die  Kraft  des  Willens 
und  die  Kraft  der  Einsicht. 

Darum,  ihr  Mönche,  habt  ihr  danach  zu  trachten: 
>Au3gerüstet  wollen  wir  sein  mit  den  Kampfeskräften 
des  Vertrauens,  des  Schamgefühls,  des  Gewissens, 
des  Willens  und  der  Einsicht!«  Das,  ihr  Mönche, 
sei  euer  Streben!  — 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  des  Ver- 
trauens (saddhä-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der 
edle  Jünger  Vertrauen;  er  glaubt  an  die  Erleuchtung 
des  Vollendeten,  nämlich,  daß  dies  der  Erhabene  ist, 
der  Heilige,  vollkommen  Erleuchtete,  der  im  Wissen 
und  Wandel  Vollendete,  der  Gesegnete,  der  Welten- 
kenner, der  höchste  Lenker  der  zu  bezähmenden 
Menschheit,  der  Meister  der  Himmelswesen  und 
Menschen,  der  Erleuchtete,  der  Erhabene.  Das,  ihr 
Mönche,  nennt  man  die  Kraft  des  Vertrauens. 

W'dS  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  des  Scham- 
gefühls (hiri-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der  edle 
Jünger  Schamgefühl;  er  schämt  sich  vor  dem  schlechten 

Die  Reden  des  Buddha.  Bd.  II        —        1        1 


Y  2  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Wandel  in  Werken,  Worten  und  Gedanken,  schämt 
sich  vor  der  Ausübung  böser,  schuldvoller  Dinge.  Das, 
ihr  Mönche,  nennt  man  die  Kraft  des  Schamgefühls. 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  des  Ge- 
wissens (ottappa-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der 
edle  Jünger  Gewissensscheu;  er  scheut  sich  vor  dem 
schlechten  Wandel  in  Werken,  Worten  und  Gedanken, 
scheut  sich  vor  der  Ausübung  böser,  schuldvoller  Dinge. 
Das,  ihr  Mönche,  nennt  man  die  Kraft  des  Gewissens. 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  des  Willens 
(Viriya-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  setzt  der  edle  Jünger 
seinen  Willen  daran,  die  schuldvollen  Dinge  zu  über- 
winden, die  verdienstvollen  Dinge  aber  zu  erwecken, 
ist  standhaft.  Von  gestählter  Kraft,  unermüdlich  im 
Guten.  Das,  ihr  Mönche,  nennt  man  die  Kraft  des 
Willens. 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  der  Einsicht 
(pamä-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  ist  der  edle  Jünger 
Voll  Einsicht;  er  besitzt  Einsicht  in  das  Entstehen  und 
Vergehen,  edle,  durchdringende,  zu  völliger  Leidens- 
vernichtung führende.  Das,  ihr  Mönche,  nennt  man 
die  Kraft  der  Einsicht  («). 

Diese  fünf  Kampfeskräfte  gibt  es,  ihr  Mönche. 


(«)  paniiä,  im  weitesten  Sinne,  bezeichnet  jederart  Wissen, 
Können,  Fertigkeit,  Verständnis  und  Einsicht,  sei  es  auf  technischem 
oder  geistigem  Gebiete,  in  sinnlichen  oder  übersinnlichen  Dingen. 
Das  spezifisch  buddhistische,  zur  Erreichung  der  vier  Seifen  der 
Heiligkeit  und  der  Erlösung  nötige  Wissen  ist  das  im  Hellblick«; 
(vipassanä),  d.  i.  in  der  Einsicht  in  die  Vergänglichkeit,  das  Elend 
und   die  Wesenlosigkeit  aller  Daseinsgebilde,  bestehende  Wissen. 

—      2      — 


FÜNFERBUCH  V  3,  5 


Glückliches   und    unglückliches   Mönchsleben  3 

Mit  fünf  Eigenschaften  behaftet,  ihr  Mönche, 
lebt  der  Mönch  schon  bei  Lebzeiten  elend,  voll  Ver- 
druß, Verzweiflung  und  Qual;  und  beim  Zerfalle  des 
Leibes,  nach  dem  Tode,  hat  er  eine  Leidensfährte  zu 
gewärtigen.  Welches  aber  sind  diese  fünf  Eigen- 
schaften ? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  vertrauenslos, 
schamlos,  gewissenlos,  träge  und  töricht.  — 

Mit  folgenden  fünf  Eigenschaften  aber  ausgerüstet, 
ihr  Mönche,  lebt  der  Mönch  schon  bei  Lebzeiten 
glücklich,  ohne  Verdruß,  Verzweiflung  und  Qual;  und 
beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode,  hat  er  eine 
glückliche  Fährte  zu  gewärtigen.  Welches  aber  sind 
diese  fünf  Eigenschaften? 

Da,  ihr  Mönche,  hat  der  Mönch  Vertrauen, 
Schamgefühl,  Gewissen,  Willenskraft  und  Einsicht.  — 

Die  Askese  5 

Wer,  ihr  Mönche,  von  den  Mönchen  oder  Nonnen 
die  Askese  aufgibt  und  zum  niederen  Weltleben 
zurückkehrt,  den  treffen  fünf  berechtigte  entsprechende 
Vorwürfe:  welche  fünf?  Daß  er  nämlich  hinsichtlich 
des  Guten  kein  Vertrauen  hatte,  kein  Schamgefühl 
hatte,  kein  Gewissen  hatte,  keine  Willenskraft  hatte, 
keine  Einsicht  hatte.  — 

Wer  aber,  ihr  Mönche,  von  den  Mönchen  oder 
Nonnen,  selbst  unter  Qualen  und  Kummer,  mit  tränen- 
bedecktem Antlitze,  den  völlig  lauteren  heiligen  Wan- 
del führt,  den  trifft  selbst  schon  bei  Lebzeiten  fünf- 
faches   berechtigtes   Lob:    welches    fünffache    Lob? 

—     3     —  1* 


T  (J,  7  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Daß  er  hinsichtlich  des  Guten  Vertrauen  hatte,  Scham- 
gefühl hatte,  Gewissen  hatte,  Willenskraft  hatte,  Ein- 
sicht hatte.  -^ 


Die  fünf  Bedingungen  zum  Bösen 

So  lange,  ihr  Mönche,  hinsichtlich  des  Guten 
Vertrauen  besteht,  so  lange  wird  nichts  Schuldvolles 
Verübt.  Erst  wenn,  ihr  Mönche,  das  Vertrauen  ge- 
schwunden und  die  Vertrauenslosigkeit  erwacht  ist, 
erst  dann  wird  das  Schuldvolle  verübt. 

So  lange,  ihr  Mönche,  hinsichtlich  des  Guten 
Schamgefühl  besteht,  —  Gewissen  besteht,  —  Willens- 
kraft besteht,  —  Einsicht  besteht,  so  lange  wird  nichts 
Schuldvolles  verübt.  Erst  wenn,  ihr  Mönche,  die 
Einsicht  geschwunden  und  die  Torheit  erwacht  ist, 
erst  dann  wird  das  Schuldvolle  verübt. 


7       Die  Amme  und  der  unmündige  Säugling 

Gewöhnlich,  ihr  Mönche,  finden  die  Wesen  Ge- 
fallen an  den  Sinnendingen.  Von  dem  edlen  Jüng- 
linge, ihr  Mönche,  der  Sichel  und  Tragstange  aufgibt 
und  von  Hause  in  die  Hauslosigkeit  zieht,  kann  man 
daher  mit  Recht  behaupten,  daß  er  aus  Vertrauen 
fortgezogen  ist.  Und  aus  welchem  Grunde?  Weil 
nämlich,  ihr  Mönche,'  der  Jugend  die  Sinnenfreuden 
leicht  zugänglich  sind.  Wie  diese  auch  immer  sein 
mögen,  gemein,  mittelmäßig  oder  edel,  sie  gelten  eben 
alle  als  Sinnenfreuden. 


FÜNPERBUCH  V  7 


Wenn  da,  zum  Beispiel,  ihr  Mönche,  ein  kleines 
Kind,  ein  unmündiger  Säugling,  bei  Unachtsamkeit 
der  Amme  ein  Stück  Holz  oder  eine  Scherbe  in  den 
Mund  steckt,  wird  die  Amme  sich  sofort  ein  Herz 
fassen  und  den  Gegenstand  schleunigst  herausreif3en; 
oder  wenn  sie  nicht  imstande  ist,  den  Gegenstand 
sofort  zu  entfernen,  wird  sie  mit  der  linken  Hand 
den  Kopf  des  Kindes  festhalten  und  mit  den  ge- 
krümmten Fingern  der  rechten  Hand  den  Gegenstand 
selbst  unter  Blutvergießen  herausreißen.  Und  warum? 
Wohl  hat  das  Kind  dadurch  Verdruß,  und  nie  werde 
ich  behaupten,  daß  dem  nicht  so  sei;  doch  die  Amme, 
die  auf  sein  Wohl  bedacht  ist,  seinen  Vorteil  sucht, 
Mitleid  mit  ihm  empfindet,  hat  eben  aus  Mitleid  so 
zu  handeln.  Ist  aber,  ihr  Mönche,  jenes  Kind  heran- 
gewachsen und  verständig  genug,  dann,  ihr  Mönche, 
kümmert  sich  die  Amme  nicht  mehr  um  jenes  Kind, 
denn  es  ist  nun  sein  eigner  Wächter,  ist  der  Fahr- 
lässigkeit nicht  mehr  ausgesetzt. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche:  so  lange  der  Mönch 
hinsichtlich  des  Guten  noch  unvollkommen  ist  in  dem 
Vertrauen,  dem  Schamgefühl,  dem  Gewissen,  der 
Willenskraft  und  der  Einsicht,  so  lange,  ihr  Mönche, 
habe  ich  über  jenen  Mönch  noch  zu  wachen.  Besitzt 
aber,  ihr  Mönche,  der  Mönch  hinsichtlich  des  Guten 
genügend  Vertrauen,  Schamgefühl,  Gewissen,  Willens- 
kraft und  Einsicht,  so  bin  ich,  ihr  Mönche, 
ohne  Sorge  für  jenen  Mönch,,  denn  er  ist  nun  sein 
eigener  Wächter,  ist  dem  Leichtsinne  nicht  mehr 
ausgesetzt. 


—     5     — 


V  S~10  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Die  Ursachen  des  Fortschrittes 
und  Riickschrittes 

Der  Mönch,  ihr  Mönche,  der  Vertrauenslos,  scham- 
los, gewissenlos,  träge  und  töricht  ist,  geht  zurück 
und  beharrt  nicht  im  Guten,  —  ist  ohne  Achtung  und 
Ehrfurcht,  —  ist  außerstande,  es  in  diesem  Gesetze 
und  dieser  Disziplin  zum  Wachsen,  Gedeihen  und 
zur  Entfaltung  zu  bringen.  — 

Der  Mönch  aber,  ihr  Mönche,  der  voll  Vertrauen 
ist,  voll  Schamgefühl,  voll  Gewissen,  voll  Willenskraft 
und  voll  Einsicht,  geht  nicht  zurück,  sondern  beharrt 
.  im  Guten,  —  ist  Voll  Achtung  und  Ehrfurcht,  --  ist 
imstande,  es  in  diesem  Gesetze  und  dieser  Disziplin 
zum  Wachsen,  Gedeihen  und  zur  Entfaltung  zu  bringen. 


FÜNFERBUCH  y  11, 12, 14 


ZWEITER  TEIL 

Das  Kapitel  der  Kräfte 

Die  fünf  Kräfte  des  Vollendeten  n 

Fünf  Kräfte,  ihr  Mönche,  eignen  dem  Vollendeten, 
mit  denen  ausgerüstet  der  Vollendete  den  höchsten 
Rang  behauptet,  unter  den  Menschen  den  Löwenruf 
erschallen  läßt  und  das  Reich  des  Gesetzes  begründet: 
welche  fünf? 

Die  Kraft  des  Vertrauens,  die  Kraft  des  Scham- 
gefühls, die  Kraft  des  Gewissens,  die  Kraft  des  Willens 
und  die  Kraft  der  Einsicht. 

Die  Kraft  der  Einsicht  12 

Die  höchste,  ihr  Mönche,  der  fünf  Kampfeskräfte, 
die  zusammenhaltende,  die  verbindende:  das  ist  die 
Kraft  der  Einsicht. 

Gleichwie  nämlich,  ihr  Mönche,  an>  einem  Giebel- 
hause der  Giebel  das  Höchste,  das  Zusammenhaltende, 
das  Verbindende  ist:  ebenso  auch,  ihr  Mönche,  ist 
unter  den  fünf  Kampfeskräften  die  Kraft  der  Einsicht 
die  höchste,  die  zusammenhaltende,  die  Verbindende.  — 

Die  fünf  Kräfte  14 

Folgende  fünf  Kräfte^gibt  es,  ihr  Mönche:  welche 
fünf?  Die  Kraft  des  Vertrauens,  die  Kraft  des  Willens, 
die  Kraft  der  Achtsamkeit,  die  Kraft  der  Sammlung 
und  die  Kraft  der  Einsicht. 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  des  Ver- 
trauens (saddhä-bala)?    Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der 


V  U  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

edle  Jünger  Vertrauen;  er  glaubt  an  die  Erleuchtung 
des  Vollendeten,  nämlich  daß  dies  der  Erhabene  ist, 
der  Heilige,  vollkommen  Erleuchtete,  der  im  Wissen 
und  Wandel  Vollendete,  der  Gesegnete,  der  Welten- 
kenner, der  höchste  Lenker  der  zu  bezähmenden 
Menschheit,  der  Meister  der  Himmelswesen  und 
Menschen,  der  Erleuchtete,  der  Erhabene.  Das,  ihr 
Mönche,  nennt  man  die  Kraft  des  Vertrauens. 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  des  Willens 
(viriya-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  setzt  der  edle  Jünger 
seinen  Willen  daran,  die  schuldvollen  Erscheinungen 
zu  überwinden,  die  verdienstvollen  Erscheinungen  aber 
zu  erwecken,  ist  standhaft,  von  gestählter  Kraft,  un- 
ermüdlich im  Guten.  Das,  ihr  Mönche,  nennt  man 
die  Kraft  des  Willens  («). 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  der  Achtsam- 
keit (sati-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der  edle 
Jünger  Achtsamkeit,  ist  mit  höchster  Achtsamkeit  und 
Klugheit  ausgestattet.  Was  selbst  vor  langer  Zeit 
getan  oder  gesprochen  wurde,  dessen  gedenkt  er, 
dessen  erinnert  er  sich.  Das,  ihr  Mönche,  nennt 
man  die  Kraft  der  Achtsamkeit  {ß). 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  der  Samm- 
lung (samädhi-bala)?  Da,  ihr  Mönche,  gewinnt  der 
edle  Jünger,  den  Sinnendingen  entrückt,  entrückt  den 
schuldvollen  Erscheinungen,  die  mit  Sinnen  und 
Nachdenken  verbundene,  in  der  Entrückung  ge- 
borene.   Von    Verzückung    und    Glückseligkeit 

(«)  Identisch  mit  »Rechtem  Streben«  (sammä-väyäma),  dem 
sechsten  Bestandteile  des  Achtfachen  Pfades. 

Qi)  Identisch  mit  »Rechter  Achtsamkeit-  (sammä-sati),  dem 
siebenten  Bestandteile  des  Achtfachen  Pfades. 


8 


FÜNFERBUCH  V  ir, 


erfüllte  erste  Vertiefung  (jhäna).  Nach  dem  Schwinden 
des  Sinnens  und  Nachdenkens  aber  gewinnt  er  den 
inneren  Frieden,  die  Einheit  des  Geistes,  die  Von 
Sinnen  und  Nachdenken  freie,  in  der  Sammlung 
geborene,  von  Verzückung  und  Glückseligkeit 
erfüllte  zweite  Vertiefung.  Nach  Abwendung  von  der 
Verzückung  aber  verweilt  er  gleichmütig,  achtsam, 
geistesklar;  und  er  fühlt  in  sich  jenes  Glück,  von 
dem  die  Edlen  sprechen:  »Glückselig  der  Gleich- 
mütige, der  Achtsame!«  -  so  gewinnt  er  die  dritte 
Vertiefung.  Nach  dem  Schwinden  von  Wohlgefühl 
und  Schmerz  aber  und  durch  Überwindung  des  früheren 
Frohsinns  und  Trübsinns  gewinnt  er  einen  leidlosen, 
freudlosen  Zustand,  die  durch  Gleichmut  und  Acht- 
samkeit geklärte  vierte  Vertiefung.  Das,  ihr  Mönche, 
nennt  man  die  Kraft  der  Sammlung  («). 

Was  aber,  ihr  Mönche,  ist  die  Kraft  der  Einsicht 
(patinä-bäla)?  Da,  ihr  Mönche,  ist  der  edle  Jünger 
voll  Einsicht;  er  besitzt  Einsicht  in  das  Entstehen  und 
Vergehen,  edle,  durchdringende,  zu  völliger  Leidens- 
vernichtung führende.  Das,  ihr  Mönche,  nennt  man 
die  Kraft  der  Einsicht  (ß). 

Diese  fünf  Kräfte  gibt  es,  ihr  Mönche. 

Woran  die  Kräfte  zu  erkennen  sind  15 

Woran,  ihr  Mönche,  kann  man  die  Kraft  des  Ver- 
trauens  erkennen?      An   den   vier    »Gliedern   des 

(a)  Identisch  mit  Rechter  Sammlung*  (sammä-samädhi),  dem 
achten  Bestandteile  des  Achtfachen  Pfades. 

(ß)  Identisch  mit  -Rechter  Erkenntnis«  (sammä-ditthi) ,  dem 
ersten  Bestandteile  des  Achtfachen  Pfades,' 

—      9      — 


VIT  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Stromeintrittes«:  daran  kann  man  die  Kraft  des 
Vertrauens  erl^ennen.  («) 

Woran  aber,  ihr  Mönche,  kann  man  die  Kraft 
des  Willens  erkennen?  An  den  vier  Rechten  An- 
strengungen: daran  kann  man  die  Kraft  des  Willens 
erkennen. 

Woran  aber,  ihr  Mönche,  kann  man  die  Kraft 
der  Achtsamkeit  erkennen?  An  den  vier  Grund- 
lagen der  Achtsamkeit  (sati-patthänä):  daran  kann 
man  die  Kraft  der  Achtsamkeit  erkennen. 

Woran  aber,  ihr  Mönche,  kann  man  die  Kraft 
der  Sammlung  erkennen?  An  den  vier  Vertiefungen 
(jhänä):  daran  kann  man  die  Kraft  der  Sammlung 
erkennen. 

Woran  aber,  ihr  Mönche,  kann  man  die  Kraft 
der  Einsicht  erkennen?  An  den  vier  Edlen  Wahr- 
heiten: daran  kann  man  die  Kraft  der  Einsicht 
erkennen. 

17  Eigenes  und  fremdes  Heil 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf ,  Bedingungen  an- 
zutreffen sind,  der  Mönch  wirkt  zum  eigenen  Heile, 
nicht  zum  Heile  der  anderen:  welche  fünf?     Da,  ihr 

(a)  Mit  den  vier  »Gliedern  des  Stromeintrittes«  (sotäpatti-y- 
angäni)  sind  offenbar  hier  gemeint:  das  unerschütterliche  Vertrauen 
zu  Buddha,  dem  Gesetze,  der  Jüngerschaft  und  vollkommene 
Sittlichkeit,  m.  a.  W.  die  vier  charakteristischen  Eigenschaften  des 
»Stromeingetretenen<  oder  Sötapan  (Päli:  sotäpanna).  Meistens 
jedoch  sind  damit  die  vier  zur  Erreichung  des  Stromeintrittes 
erforderlichen  Vorbedingungen  gemeint,  nämlich:  Umgang  mit 
edlen  Menschen,  Anhören  des  guten  Gesetzes,  weise  Erwägung 
und  Befolgung  des  Gesetzes. 

—     lü     — 


FÜNFERBUCH  Y  IK,  19,  20 


Mönche,  hat  der  Mönch  Sittlichkeit,  Sammlung,  Ein- 
sicht, Erlösung  («)  und  den  Erkenntnisblick  der  Er- 
lösung (ß)  selber  gewonnen,  doch  die  anderen  spornt 
er  nicht  zur  Gewinnung  dieser  Dinge  an. 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf  Bedingungen  an-  \s 
zutreffen  sind,  der  Mönch  wirkt  zum  Heile  der  an- 
deren, nicht  zum  eigenen  Heile:  welche  fünf?  Da, 
ihr  Mönche,  hat  der  Mönch  Sittlichkeit,  Sammlung, 
Einsicht,  Erlösung  und  den  Erkenntnisblick  der  Er- 
lösung nicht  selber  gewonnen,  doch  die  anderen 
spornt  er  zur  Gewinnung  dieser  Dinge  an. 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf  Dinge  anzutreffen  19 
sind,  der  Mönch  wirkt  weder  zum  eigenen  Heile  noch 
zum  Heile  der  anderen:  welche  fünf?  Da,  ihr  Mönche, 
hat  der  Mönch  Sittlichkeit,  Sammlung,  Einsicht,  Er- 
lösung und  den  Erkenntnisblick  der  Erlösung  nicht 
selber  gewonnen,  und  auch  die  anderen  spornt  er 
zur  Gewinnung  dieser  Dinge  nicht  an. 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf  Dinge  anzutreffen  20 
sind,  der  Mönch  wirkt  sowohl  zum  eigenen  Heile 
als  auch  zum  Heile  der  anderen:  welche  fünf?  Da, 
ihr  Mönche,  hat  der  Mönch  Sittlichkeit,  Sammlung, 
Einsicht,  Erlösung  und  den  Erkenntnisblick  der  Er- 
lösung selber  gewonnen,  und  auch  die  anderen  spornt 
er  zur  Gewinnung  dieser  Dinge  an. 

(«)  d.  i.  »die  im  Ziel  des  Arahattums  (Heiligkeit)  bestehende 
Erlösung-:  (arahatta-phala-vimutti).  Komm. 

(,?)  vimutti-fiäna-dässana  erklärt  der  Kommentar  durch  pacca- 
vekkhana-näna,  d.  i.  die  auf  die  vier  Grade  der  Heiligkeit  (Strom- 
eintritt, Einmal-Wiederkehr,  Niewiederkehr  und  Vollkommene 
Heiligkeit)  sich  beziehende  Selbsterkenntnis. 

—     11     — 


y21  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


DRITTERTEIL 

Das  Kapitel  der  fünffach  gestützten 
rechten  Erkenntnis 

21  Stufenweise  bedingter  Fortschritt 

(1) 
Wahrlich,  ihr  Mönche,  daß  der  Mönch,  der  ohne 
Ehrfurcht  und  Achtung  ist  und  nicht  in  Eintracht  mit 
seinen  Ordensbrüdern  lebt,  das  Gesetz  des  guten 
Benehmens  (abhisamäcärika-dhamma)  («)  erfüllen 
wird,  das  ist  nicht  möglich.  Und  daß  er,  ohne  das 
Gesetz  des  guten  Benehmens  zu  erfüllen,  die  Regeln 
der  Zucht  (sekha-dhamma)  (ß)  erfüllen  wird,  auch 
das  ist  nicht  möglich.  Und  daß  er,  ohne  die  Regeln 
der  Zucht  zu  erfüllen,  Sittlichkeit  (sila)  (y)  er- 
wirken wird,  auch  das  ist  nicht  möglich.    Und  daß  er, 

(a)  Das  bezieht  sich  auf  die  äußerlichen  Pflichten  des  Mönches 
gegen  seinen  Berater  (upajjhäya-vatta),  seinen  Vorgesetzten  usw. 

(ß)  Diese  gehören  nicht  zu  den  für  alle  Menschen  bindenden 
natürlichen,  sog.  »ursprünglichen  Sittenregeln«  (päkati-sTla),  son- 
dern sind  von  Buddha  erst  später  eingesetzte,  sog.  ^vorgeschriebene 
Sittenregeln:  (pannatti-sTla).  Sie  betreffen  lediglich  das  äußere  Ver- 
halten des  Mönches  beim  Essen,  beim  Tragen  des  Gewandes,  beim 
Gehen  durch  die  Straßen  und  beim  Verkehre  mit  den  Menschen. 

(y)  Nach  dem  Kommentare  sind  hier  die  vier  Großen  Sitten- 
regeln« (mahä-sTlä)  gemeint.  Welches  diese  vier  sind,  gibt  er  nicht 
an,  doch  meint  er  offenbar  die  'vier  Sittenregeln  der  Lauterkeit- 
(catu-pärisuddhi-sTlä),  nämlich :  Zügelung  gemäß  der  Ordenssatzung 
(patimokkha-sariivara-slla),  Zügelung  der  Sinne  (indriya-sarhvara- 
sila),  Reinheit  der  Lebensweise  (äjiva-pärisuddhi-sTla)  und  die  Regeln 
betreffs  der  (vier)  Bedarfsgegenstände  (paccaya-sannissita-s'ila). 

—     12     — 


FÜNFERBUCH  V  '2-J 


ohne  Sittlichkeit  zu  erwirken,  rechte  Erkenntnis 
(sammä-ditthi)  («)  erwirken  wird,  auch  das  ist  nicht 
möglich.  Und  daß  er,  ohne  rechte  Erkenntnis  zu  er- 
wirken, rechte  Sammlung  (sammä-samädhi)  (/?)  er- 
wirken wird,  auch  das  ist  nicht  möglich.     ^ 

Daß  aber,  ihr  Mönche,  der  Mönch,  der  voll  Ehr- 
furcht und  Achtung  ist  und  in  Eintracht  mit  seinen 
Ordensbrüdern  lebt,  das  Gesetz  des  guten  Benehmens 
erfüllen  wird,  das  ist  wohl  möglich.  Und  daß  er,  nach- 
dem er  das  Gesetz  des  guten  Benehmens  erfüllt  hat, 
die  Regeln  der  Zucht  erfüllen  wird,  auch  das  ist  wohl 
möglich.  Und  daß  er,  nachdem  er  die  Regeln  der 
Zucht  erfüUt  hat,  Sittlichkeit  erwirken  wird,  auch  das 
ist  wohl  möglich.  Und  daß  er,  nachdem  er  Sittlichkeit 
erwirkt  hat,  rechte  Erkenntnis  erwirken  wird,  auch 
das  ist  wohl  möglich.  Und  daß  er,  nachdem  er 
rechte  Erkenntnis  erwirkt  hat,  rechte  Sammlung  er- 
wirken wird,  auch  das  ist  wohl  möglich. 

Stufenweise  bedingter  Fortschritt  22 

(2) 
—  Nicht  möglich  ist  es,  daß  man,  ohne  das  Ge- 
biet der  Sittlichkeit  (sila)  zu  bemeistern,  das  Gebiet 
der  Sammlung   (samädhi)   bemeistern    wird.     Nicht 
möglich  ist  es,  daß  man,  ohne  das  Gebiet  der  Samm- 

(a)  Nach  dem  Kommentare  die  im  Hell  blick  (vipässanä) 
bestehende  rechte  Erkenntnis,  also  diejenige  Erkenntnis,  die  den 
ersten  Bestandteil  des  Achtfachen  Pfades  bildet.    Vgl.  p.  2  («). 

(,i)  Nach  dem  Kommentare  ist  hier  die  mit  den  vier  Graden 
der  Heiligkeit  verbundene  sog.  >edle  Sammlung*  (ariya-samädhi) 
zu  verstehen. 

-    13    — 


23 


T  23  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

lung  zu  bemeistern,  das  Gebiet  der  Einsicht  (paiifiä) 
bemeistern  wird.  («) 

Woiil  aber  mag  es  sein,  daß  einer,  der  das 
Gebiet  der  Sittiichi^eit  bemeistert,  auch  das  Gebiet  der 
Sammlung  bemeistern  wird.  Wohl  mag  es  sein,  daß 
einer,  der  das  Gebiet  der  Sammlung  bemeistert,  auch 
das  Gebiet -der  Einsicht  bemeistern  wird. 

Die  sechs  Höheren  Wissen  (abhinnä) 

Fünf  Unreinheiten,  ihr  Mönche,  finden  sich  im 
Golde,  durch  die  getrübt  das  Gold  weder  biegsam  noch 
schmiedbar  noch  glänzend  ist,  sondern  spröde  und 
ungeeignet  zur  Verarbeitung:  welche  fünf?  Eisen, 
Kupfer,  Zinn,  Blei  und  Silber.  Ist  aber,  ihr  Mönche, 
das  Gold  von  diesen  fünf  Unreinheiten  befreit,  so  ist 
es  biegsam,  schmiedbar  und  glänzend  und  nicht  mehr 
spröde,  sondern  wohl  geeignet  zur  Verarbeitung.  Und 
zur  Herstellung  Von  welchen  Schmuckgegenständen  man 
es  auch  immer  wünscht,  —  sei  es  zu  einem  Diademe, 
einem  Ohrring,  einem  Halsschmuck  oder  zu  einer 
goldenen  Kette,  — :  diesen  Zweck  erfüllt  es. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  gibt  es  fünf  Unrein- 
heiten des  Geistes,  durch  die  getrübt  der  Geist  weder 
biegsam  noch  geschmeidig  noch  geklärt  ist,  sondern 
spröde  und  sich  nicht  recht  sammelt  zur  Versiegung 
der  Leidenschaften  (äsava).(/5)  Und  welches  sind 
diese  fünf?  Sinnenlust,  Groll,  Stumpfheit  und  Mattig- 
keit,   Aufgeregtheit   und   Gewissensunruhe,    Zweifel- 

(a)  Die  drei  Gebiete  oder  Zweige:  Sittlichi<eit,  Sammlung  und 
Einsicht  (sTla,  samadhi,  panfiä)  bilden  die  drei  Teile,  in  die  sich 
der  Achtfache  Pfad  zerlegen  lälU. 

{(i)  äsavakkhaya. 

—    14    - 


FÜNFERBUCH  V  "-»ä 


sucht.  («)  Ist  aber,  ihr  Mönche,  der  Geist  von  diesen 
fünf  Unreinheiten  befreit,  so  ist  er  biegsam,  geschmeidig, 
gel^lärt,  nicht  mehr  spröde  und  sammelt  sich  recht  zur 
Versiegung  der  Leidenschaften.  Und  auf  weiche  durch 
höheres  Wissen  erreichbare  Erscheinung  man  nun  auch 
immer  seinen  Geist  richtet,  um  sie  weise  zu  verwirk- 
hchen  ^:  man  erreicht  eben  da  stets  die  Fähigiieit, 
sie  zu  verwirl^hchen,  sobald  die  Bedingungen  erfüllt 
sind. 

Möchte  man  der  mannigfachen  magischen  Kräfte 
(iddhi)  der  Reihe  nach  sich  erfreuen,  einer  seiend  Viel- 
fach werden,  vielfach  geworden  einer  werden,  er- 
scheinen und  Verschwinden,  ungehindert  durch  Mauern, 
Wälle  und  Berge  hindurch  schweben  gleichsam  wie  in 
der  Luft,  in  der  Erde  auf-  und  untertauchen  gleich- 
sam wie  im  Wasser,  auf  dem  Wasser  dahineilen,  ohne 
unterzusinken  gleichsam  wie  auf  der  Erde,  durch  die 
Lüfte  sich  fortbewegen  wie  ein  beschwingter  Vogel, 
ja  selbst  diese  Sonne  und  diesen  Mond,  die  so  mäch- 
tigen, so  gewaltigen,  mit  der  Hand  berühren  und  be- 
streichen, ja  gar  bis  hinauf  zur  Brahmawelt  sich  mit 
seinem  Körper  bewegen  — :  man  erreicht  eben  da  stets 
die  Fähigkeit,  das  zu  verwirklichen,  sobald  die  Be- 
dingungen erfüllt  sind. 

Und  möchte  man  mit  dem  himmlischen  Ohre 
(dibba-sota),  dem  geklärten,  übermenschlichen,  beide 
Arten  der  Töne  vernehmen,  himmlische  wie  mensch- 
liche, ob  ferne  oder  nah  — :  man  erreicht  eben  da 
stets  die  Fähigkeit,  das  zu  verwirklichen,  sobald  die 
Bedingungen  erfüllt  sind. 

(a)  über  diese  geistigen  fünf  Hemmungen  s.  I  2. 

« 

-     15    — 


V  23  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Und  möchte  man  der  anderen  Wesen,  der  anderen 
Geschöpfe  Gesinnung  mit  seinem  Geiste  durchdringend 
erkennen,  den  gierverbundenen  Geist  als  gierverbunden 
und  den  gierlosen  als  gierlos,  den  haßverbundenen 
Geist  als  haßverbunden  und  den  haßlosen  als  haßlos, 
den  verblendeten  Geist  als  verblendet  und  den  unver- 
blendeten  als  unverblendet,  den  gesammelten  Geist  als 
gesammelt  und  den  ungesammelten  als  ungesammelt, 
den  entwickelten  Geist  als  entwickelt  und  den  unent- 
wickelten als  unentwickelt,  den  übertreffbaren  Geist 
als  übertreffbar  und  den  unübertreffbaren  als  unüber- 
treffbar,  den  gefestigten  Geist  als  gefestigt  und  den 
ungefestigten  als  ungefestigt,  den  befreiten  Geist  als 
befreit  und  den  unbefreiten  als  unbefreit  — :  man  er- 
reicht eben  da  stets  die  Fähigkeit,  das  zu  verwirklichen, 
sobald  die  Bedingungen  erfüllt  sind. 

Und  wünscht  man  sich:  »Ach,  möchte  ich  mich 
doch  der  mannigfachen  früheren  Daseinsformen 
erinnern,  an  ein  Leben,  an  zwei,  drei,  Vier  und  fünf 
Leben,  an  zehn  Leben,  an  zwanzig,  dreißig,  vierzig  und 
fünfzig  Leben,  an  hundert  Leben,  an  tausend  Leben, 
an  hunderttausend  Leben,  an  viele  Weltentstehungen 
und  Weltuntergänge,  an  das  Entstehen  und  Vergehen 
zahlreicher  Welten:  »Dort  war  ich,  solchen  Namen 
hatte  ich,  solcher  Familie,  solcher  Kaste  gehörte  ich 
an,  so  ernährte  ich  mich,  solche  Freuden  und  Leiden 
wurden  mir  zuteil,  solcher  Art  war  mein  Lebensende. 
Von  da  abgeschieden,  trat  ich  dort  wieder  ins  Dasein. 
Dort  nun  war  ich,  solchen  Namen  hatte  ich,  solcher 
Familie,  solcher  Kaste  gehörte  ich  an,  so  ernährte 
ich  mich,  solche  Freuden  und  Leiden  wurden  mir 
zuteil,  solcher  Art  war  mein  Lebensende.    Von  dort 

—     16    — 


•FÜNFERBUCH  V  28 


abgeschieden,  trat  ich  hier  wieder  ins  Dasein.« 
Möchte  ich  mich  doch  so  mit  den  Merkmalen  und 
Einzelheiten  mannigfacher  früherer  Daseinsformen 
erinnern!«  — :  man  erreicht  eben  da  stets  die  Fähig- 
keiten, das  zu  verwirklichen,  sobald  die  Bedingungen 
erfüllt  sind. 

Und  wünscht  man  sich;  »Ach,  möchte  ich  doch 
mit  dem  himmlischen  Auge  (dibba-cakkhu),  dem  ge- 
klärten, übermenschlichen,  die  Wesen  abscheiden  und 
wiedererscheinen  sehen,  niedrige  wie  erhabene,  schöne 
wie  häßliche,  glückliche  wie  unglückliche!  Möchte  ich 
doch  erkennen,  wie  die  Wesen  ihren  Taten  entsprechend 
wiedererscheinen;  wie  die  einen  Wesen  einen  schlechten 
Wandel  in  Werken,  Worten  und  Gedanken  führen,  Edle 
beschimpfen,  verkehrte  Erkenntnis  hegen  und,  nach 
ihrer  verkehrten  Erkenntnis  handelnd,  beim  Zerfalle 
des  Leibes,  nach  dem  Tode,  auf  den  Abweg  geraten, 
eine  Leidensfährte,  in  verstoßene  Welt,  zur  Hölle;  wie 
aber  die  anderen  Wesen  einen  guten  Wandel  in  Werken, 
Worten  und  Gedanken  führen,  die  Edlen  nicht  be- 
schimpfen, rechte  Erkenntnis  besitzen  und,  nach  ihrer 
rechten  Erkenntnis  handelnd,  beim  Zerfalle  des  Leibes, 
nach  dem  Tode,  auf  glückliche  Fährte  gelangen,  in 
himmlische  Welt!  Möchte  ich  doch  so  mit  dem  himm- 
lischen Auge,  dem  geklärten,  übermenschlichen,  die 
Wesen  abscheiden  und  wiedererscheinen  sehen,  niedrige 
wie  erhabene,  schöne  wie  häßliche,  glückliche  wie  un- 
glückliche! Möchte  ich  doch  erkennen,  wie  die  Wesen 
ihren  Taten  entsprechend  wiedererscheinen !« — :  man  er- 
reicht eben  da  stets  die  Fähigkeit,  das  zu  verwirklichen, 
sobald  die  Bedingungen  erfüllt  sind. 

Und  möchte  man,   durch  Versiegung  der  Leiden- 


Die  Reden  des  Buddha.   Bd.  II         —       17 


V24  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


Schäften,  noch  bei  Lebzeiten  die  leidenschaftslose  Ge- 
mütserlösung und  Wissenserlösung  selber  erkennen, 
verwirklichen  und  sich  zu  eigen  machen  — :  man 
erreicht  eben  da  stets  die  Fähigkeit,  das  zu  verwirk- 
lichen, sobald  die  Bedingungen  erfüllt  sind.  («) 

24  Eines  aufs  andere  gestützt 

In  dem  Sittenlosen,  ihr  Mönche,  der  Sittlichkeit 
Entbehrenden,  ist  die  rechte  Sammlung  ohne  Stütze. 
Ist  aber  keine  rechte  Sammlung  da,  so  ist  in  dem 
der  rechten  Sammlung  Entbehrenden  der  wahrheits- 
gemäße Erkenntnisblick  (ß)  ohne  Stütze.  Ist  aber 
der  wahrheitsgemäße  Erkenntnisblick  nicht  da,  so  sind 
in  dem  des  wahrheitsgemäßen  Erkenntnisblickes  Ent- 
behrenden der  Daseinsekel  und  die  Abwendung 
ohne  Stütze.  Ist  aber  kein  Daseinsekel  und  keine  Ab- 
wendung da,  so  ist  in  dem  des  Daseinsekels  und  der 
Abwendung  Entbehrenden  der  Erkenntnisblick  der  Er- 
lösung ohne  Stütze. 

Gleichwie  nämlich,  ihr  Mönche,  an  einem  der 
Zweige  und  Blätter  beraubten  Baume  auch  Borke,  Haut, 


(«)  Von  den  oben  erwähnten  sechs  -Höheren  Geisteskräften^ 
(abhinnä)  sind  die  fünf  ersteren  -  nämlich:  magische  Kraft,  himm- 
lisches Ohr,  Herzensdurchschauung,  vorgeburtliche  Erinnerung  und 
himmlisches  Auge  -  als  solche,  weltliche  Fähigkeiten«  (fokiyä- 
dhammä);  die  sechste  (Versiegung  der  Leidenschaften)  dagegen  ist 
eine  »überweltliche  Fähigkeit    (lokuttara-dhamma). 

(j3)  Der  wahrheitsgemäße  Erkenntnisblickv  (yathä-bhüta-näna- 
dässana)  ist  der  angehende  Hellblick  (vipässanä),  beginnend  mit 
dem  analytischen  Erkennen  der  geistigen  und  körperlichen 
Aggregate  (iiäina-rüpa).      (Komm.) 

.     -     18    — 


FÜNFERBUCH  V  25 


Grünholz  und  Kernholz  sich  nicht  Vollkommen  ent- 
wickeln können:  ebenso,  ihr  Mönche,  ist  in  dem  Sitten- 
losen, der  Sittlichkeit  Entbehrenden,  auch  die  rechte 
Sammlung  ohne  Stütze,  —  der  wahrheitsgemäße  Er- 
kenntnisblick ohne  Stütze,  ~  der  Daseinsekel  und  die 
Abwendung  ohne  Stütze,  -  der  Erkenntnisblick  der 
Erlösung  ohne  Stütze. 

Gleichwie  aber,  ihr  Mönche,  an  einem  an  Zweigen 
und  Blättern  strotzenden  Baume  auch  Borke,  Haut, 
Grünholz  und  Kernholz  zur  vollkommenen  Entwicklung 
gelangen:  e|)enso,  ihr  Mönche,  hat  in  dem  Sittenhaften, 
Von  Sittlichkeit  Erfüllten,  auch  die  rechte  Samm- 
lung eine  Stütze,  —  der  wahrheitsgemäße  Erkenntnis- 
blick eine  Stütze,  —  der  Daseinsekel  und  die  Abwendung 
eine  Stütze,  —  der  Erkenntnisblick  der  Erlösung  eine 
Stütze. 


Fünffach  gestützte  rechte  Erkenntnis  25 

Die  auf  fünf  Dinge  gestützte  rechte  Erkenntnis, 
ihr  Mönche,  zeitigt  die  Frucht  der  Gemütserlösung,  hat 
die  Frucht  der  Gemütserlösung  zum  Ergebnisse,  zeitigt 
die  Frucht  der  Wissenserlösung,  hat  die  Frucht  der 
Wissenserlösung  zum  Ergebnisse.  Und  welches  sind 
diese  fünf  Dinge? 

Da,  ihr  Mönche,  stützt  sich  die  rechte  Erkenntnis 
auf  Sittlichkeit,  auf  ein  großes  Wissen,  auf  Be- 
sprechung, auf  Gemütsruhe  (samatha)  und  auf 
Hell  blick  (vipässanä).  — 


—    19    — 


V  26  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

26  Fünf  Erlösungswege 

Fünf  Erlösungswege  («)  gibt  es,  ihr  Mönche,  auf 
denen  dem  strebsam,  eifrig,  selbstentschiossen  ver- 
weilenden Mönche  der  unerlöste  Geist  erlöst  wird,  die 
noch  unversiegten  Leidenschaften  zur  Versiegung  ge- 
langen und  er  der  bis  dahin  unerreichten  höchsten  Ge- 
wißheit teilhaftig  wird:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  weist  der  Meister  oder  ein  würdiger 
Ordensbruder  dem  Mönche  das  Gesetz.  Und  soweit,  ihr 
Mönche,  der  Meister  oder  der  würdige  Ordensbruder 
dem  Mönche  das  Gesetz  darlegt,  soweit  versteht  er  das 
Gesetz  und  seine  Auslegung.  Das  Gesetz  und  seine 
Auslegung  verstehend,  steigt  Freude  in  ihm  auf;  im  Er- 
freuten die  Verzückung;  verzückten  Herzens  wird  sein 
Inneres  (ß)  beruhigt;  innerlich  beruhigt,  empfindet  er 
Glück;  und  des  Glücklichen  Geist  festigt  sich.  Das, 
ihr  Mönche,  ist  der  erste  Erlösungsweg. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  weist  zwar  nicht  der 
Meister  oder  ein  würdiger  Ordensbruder  dem  Mönche 
das  Gesetz,  sondern  soweit,  ihr  Mönche,  der  Mönch  das 
Gesetz  erfahren  und  gelernt  hat,  soweit  legt  er  es  den 
Anderen  dar.  —  Oder:  soweit  er  das  Gesetz  erfahren  und 
gelernt  hat,  soweit  sagt  er  sich  dasselbe  ausführlich  her.  — 


(a)  Vimuttäyatanäni  erklärt  der  Kommentar  als  vimuccana- 
käranäni  oder  »Ursachen  der  Befreiung« .  Äyatana  wird  übrigens  mei- 
stensals  kärana  erklärt,  so  bei  den  sechs  Äyatanas  oder  sechs  Ursachen 
oder  Quellen  (des  Bewußtseins),  obzwar  das  Wort  auch  in  dieser 
Verbindung  von  den  westlichen  Gelehrten  mit  Gebiet  (Neumann), 
domain,  sphere  (Rhys  Davids  u.a.)  stets  wiedergegeben  wurde. 

(ß)  Mit  käya  (Körper)  ist  hier  nicht  etwa  der  physische  Körper 
(rüpa-käya)  gemeint,  sondern  das  geistige  Aggregat  (näma-käya), 
das  Innere  des  Menschen. 


20 


FÜNFERBUCH  V  27 


Oder:  soweit  er  das  Gesetz  erfahren  und  gelernt  hat,  so- 
weit sinnt  und  denkt  er  über  dasselbe  nach,  erwägt  es  im 
Geiste.  —  Oder:  er  hat  einen  gewissen  Gegenstand  der 
Sammlung  («)  gründlich  erfaßt,  gründlich  erwogen,  wohl 
verstanden,  in  Weisheit  Wohl  durchdrungen.  Und 
soweit  er,  ihr  Mönche,  den  gewissen  Gegenstand  der 
Sammlung  gründlich  erfaßt,  gründlich  erwogen,  wohl 
verstanden,  in  Weisheit  wohl  durchdrungen  hat,  so- 
weit versteht  er  das  Gesetz  und  seine  Auslegung.  Das 
Gesetz  und  seine  Auslegung  verstehend,  steigt  Freude 
in  ihm  auf;  im  Erfreuten  die  Verzückung;  verzückten 
Herzens  Wird  sein  Inneres  beruhigt;  innerlich  beruhigt, 
empfindet  er  Glück;  und  des  Glücklichen  Geist  festigt 
sich.    Das,  ihr  Mönche,  ist  der  fünfte  Erlösungsweg. 

Diese  fünf  Erlösungswege  gibt  es,  ihr  Mönche,  . 
auf  denen  dem  strebsam,  eifrig,  selbstentschlossen  ver- 
weilenden Mönche  der  unerlöste  Geist  erlöst  wird, 
die  noch  unversiegten  Leidenschaften  zur  Versiegung 
gelangen  und  er  der  bis  dahin  unerreichten  höchsten 
Gewißheit  teilhaftig  wird. 

Fünf  Wissen  27 

Unbegrenzte  Sammlung  {ß)  erwecket,  ihr 
Mönche,  weise  und  besonnen!  Denn  wer,  ihr  Mönche, 

(a)  »Eine  gewisse  Sammlung  bei  einer  der  achtunddreißig  Vor- 
stellungen (ärammana):  das  ist  samädhi-nimitta  oder  das  Objekt  ■ 
der  Sammlung.«     (Komm.) 

(ß)  Darunter,  sagt  der  Kommentar,  hat  man  die  »überweltliche 
Sammlungc  (loki'ittara-samädhi)  zu  verstehen,  d.  i.  die  mit  den 
überweltlichen  Bewußtseinsmomenten  der  vier  Klassen  von  »edlen 
Jüngern<  (ariya-sävaka)  verbundene  sog.  edle  Sammlung:  (ariya- 
samädhi). 

-     21     — 


y  2S  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


weise  und  besonnen  unbegrenzte  Sammlung  erweckt, 
in  dem  gelangen  fünf  Wissen  der  Reihe  nach  zur 
Entstehung:  welche  fünf? 

Daß  diese  Sammlung  mit  gegenwärtigem  Wohle 
verbunden  ist  und  künftiges  Wohl  zum  Ergebnisse 
hat;  daß  diese  Sammlung  edel  und  überweltlich  ist; 
daß  diese  Sammlung  von  edlen  Menschen  erweckt 
wurde;  daß  diese  Sammlung  edel,  erhaben,  von 
Friede  und  Innigkeit  erfüllt  und  keine  durch  mühsame 
Unterdrückung  aufrecht  erhaltene  Übung  ist;  daß  er 
besonnen  in  sie  eintritt  und  besonnen  sich  aus  ihr 
erhebt.  Unbegrenzte  Sammlung  erwecket,  ihr  Mönche, 
weise  und  besonnen!  Denn  wer,  ihr  Mönche,  weise 
und  besonnen  unbegrenzte  Sammlung  erweckt,  in  dem 
.  gelangen  diese  fünf  Wissen  der  Reihe  nach  zur  Ent- 
stehung. 

28       Die  edle  fünf^liedrige  rechte  Sammlung 

^Die  Entfaltung  der  edlen  fünfgliedrigen  rechten 
Sammlung,  ihr  Mönche,  will  ich  euch  weisen.  So 
höret  denn  und  achtet  wohl  auf  meine  Worte!*  >Ja,  o 
Ehrwürdiger!«  erwiderten  jene  Mönche  dem  Erhabenen. 
Der  Erhabene  sprach: 

»Da,  ihr  Mönche,  gewinnt  der  Mönch,  den  Sinnen- 
dingen entrückt,  entrückt  den  schuldvollen  Erschei- 
nungen, die  mit  Sinnen  und  Nachdenken  verbun- 
dene, in  der  Entrückung  geborene,  von  Verzückung 
und  Glückseligkeit  erfüllte  erste  Vertiefung.  Und 
eben  diesen  Körper  läßt  er  von  der  in  der  Entrückung 
geborenen  Verzückung  und  Glückseligkeit  durchströ- 
men, durchsättigt,   erfüllt  und  durchtränkt  ihn  damit, 

—     22        ■ 


hÜNFERBUCH  V  28 


SO  daß  an  diesem  ganzen  Körper  auch  nicht  eine  Stelle 
mehr  von  der  in  der  Entrückung  geborenen  Verzückung 
und  Glückseligkeit  undurchtränkt  bleibt. 

»Gleichwie,  ihr  Mönche,  ein  geschickter  Bader 
oder  Badergehilfe  einen  Messingnapf  mit  Waschpulver 
füllt  und  dasselbe  mit  Wasser  beträufeU  und  innigst 
vermengt,  so  daß  der  Schaumballen  von  Feuchtigkeit 
erfüllt,  von  Feuchtigkeit  durchsetzt,  innen  und  außen 
von  Feuchtigkeit  durchtränkt  ist  und  nichts  herab- 
träufeh:  ebenso  auch,  ihr  Mönche,  läßt  der  Mönch 
diesen  Körper  von  der  in  der  Entrückung  geborenen 
Verzückung  und  Glückseligkeit  durchströmen,  durch- 
sättigt, erfüllt  und  durchtränkt  ihn  damit,  so  daß  an 
diesem  ganzen  Körper  auch  nicht  eine  Stelle  mehr 
von  der  in  der  Entrückung  geborenen  Verzückung  und 
Glückseligkeit  undurchtränkt  bleibt.  Das,  ihr  Mönche, 
ist  die  erste  Entfaltung  der  edlen  fünfgliedrigen  rechten 
Sammlung. 

»Und  fernerhin,  ihr  Mönche,  gewinnt  der  Mönch, 
nach  dem  Schwinden  des  Sinnens  und  Nachdenkens, 
den  inneren  Frieden,  die  Einheit  des  Geistes,  die  von 
Sinnen  und  Nachdenken  freie,  in  der  Sammlung  ge- 
borene, von  Verzückung  und  Glückseligkeit  er- 
füllte zweite  Vertiefung.  Und  eben  diesen  Körper  läßt 
er  von  der  in  der  Sammlung  geborenen  Verzückung 
und  Glückseligkeit  durchströmen,  durchsättigt,  erfüllt 
und  durchtränkt  ihn  damit,  so  daß  an  diesem  ganzen 
Körper  auch  nicht  eine  Stelle  mehr  von  der  in  der 
Sammlung  geborenen  Verzückung  und  Glückseligkeit 
undurchtränkt  bleibt. 

»Es  ist,  ihr  Mönche,  als  ob  da  ein  Teich  wäre, 
der  in  der  Tiefe  eine  Quelle  birgt,  aber  ohne  Zufluß 

—    25    — 


y  28  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

ist,  sei's  von  Osten,  Westen,  Norden  oder  Süden  her. 
Wenn  es  da  nämiicli  nicht  von  Zeit  zu  Zeit  regnet, 
so  durchströmen  eben  die  kühlen  Wasserströme,  die 
aus  der  Tiefe  des  Teiches  hervorquellen,  jenen  Teich 
mit  kühlem  Wasser,  durchsättigen,  erfüllen,  durch- 
tränken ihn  damit,  so  daß  auch  nicht  eine  Stelle  im 
ganzen  Teiche  Von  jenem  kühlen  Wasser  undurch- 
tränkt  bleibt.  Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  läßt  der  Mönch 
diesen  Körper  von  der  in  der  Sammlung  geborenen 
Verzückung  und  Glückseligkeit  durchströmen,  durch- 
sättigt, erfüllt  und  durchtränkt  ihn  damit,  so  daß  an 
diesem  ganzen  Körper  auch  nicht  eine  Stelle  mehr 
von  der  in  der  Sammlung  geborenen  Verzückung  und 
Glückseligkeit  undurchtränkt  bleibt.  Das,  ihr  Mönche, 
ist  die  zweite  Entfaltung  der  edlen  fünfgliedrigen 
rechten  Sammlung. 

»Und  fernerhin,  ihr  Mönche,  verweilt  der  Mönch, 
nach  Abwendung  von  der  Verzückung,  gleichmütig, 
achtsam,  geistesklar,  und  er  fühlt  in  sich  jenes  Glück, 
von  dem  die  Edlen  sprechen:  »Glückselig  der  Gleich- 
mütige, der  Achtsame!«  und  gewinnt  so  die  dritte  Ver- 
tiefung. Und  eben  diesen  Körper  läßt  er  Von  dem 
gleichmütigen  Glücke  durchströmen,  durchsättigt,  er- 
füllt und  durchtränkt  ihn  damit,  so  daß  an  diesem 
ganzen  Körper  auch  nicht  eine  Stelle  mehr  von  dem 
gleichmütigen  Glücke  undurchtränkt  bleibt. 

»Gleichwie,  ihr  Mönche,  in  einem  Teiche  voll 
blauer,  roter  oder  weißer  Lotuspflanzen  einige  der  im 
Wasser  entstandenen,  im  Wasser  aufgewachsenen 
Lotuspflanzen,  die  noch  nicht  über  den  Wasserspiegel 
ragen,  sich  im  Wasser  nähren,  und,  während  ihre 
Kronen  und  Wurzeln  von  dem  kühlen  Wasser  durch- 


24 


FÜNFERBUCH  T  2S 


tränkt,  durchsättigt,  vollgesaugt  und  durchdrungen 
werden,  auch  nicht  eine  von  allen  diesen  Von  dem 
kühlen  Wasser  undurchtränkt  bleibt:  ebenso  auch,  ihr 
Mönche,  läßt  der  Mönch  diesen  Körper  von  dem  gleich- 
mütigen Glücke  durchströmen,  durchsättigt,  erfüllt  und 
durchtränkt  ihn  damit,  so  daß  an  diesem  ganzen  Körper 
auch  nicht  eine  Stelle  mehr  von  dem  gleichmütigen 
Glücke  undurchtränkt  bleibt.  Das,  ihr  Mönche,  ist 
die  dritte  Entfaltung  der  edlen  fünfgliedrigen  rechten 
Sammlung. 

>Und  fernerhin,  ihr  Mönche,  gewinnt  der  Mönch, 
nach  dem  Schwinden  von  Wohlgefühl  und  Schmerz 
und  durch  Überwindung  des  früheren  Frohsinns  und 
Trübsinns,  einen  leidlosen,  freudlosen  Zustand,  die 
durch  Gleichmut  und  Achtsamkeit  geklärte  vierte 
Vertiefung.  Und  während  er  dasitzt,  durchtränkt  er  mit 
dem  geläuterten,  geklärten  Geiste  diesen  Körper,  so 
daß  auch  nicht  eine  Stelle  an  seinem  ganzen  Körper 
von  dem  geläuterten,  geklärten  Geiste  undurch- 
tränkt bleibt. 

>Gleichwie,  ihr  Mönche,  wenn  ein  Mann,  mit  einem 
weißen  Gewände  ganz  bis  über  den  Kopf  verhüllt, 
dasitzt,  auch  nicht  eine  Stelle  an  seinem  ganzen  Kör- 
per unverhüllt  ist:  ebenso  auch,  ihr  Mönche,  sitzt  der 
Mönch  da,  indem  er  mit  dem  geläuterten,  geklärten 
Geiste  diesen  Körper  durchtränkt,  so  daß  auch  nicht 
eine  Stelle  an  diesem  ganzen  Körper  von  dem  ge- 
läuterten, geklärten  Geiste  'undurchtränkt  bleibt. 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  vierte  Entfaltung  der  edlen 
fünfgliedrigen  rechten  Sammlung. 

^Und  fernerhin,  ihr  Mönche,  hat  da  der  Mönch 
den  Gegenstand  der  Selbstbetrachtung  (pacca- 


25 


Y  28  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Vekkhana-nimitta)  festgehalten,  im  Geiste  erwogen, 
mit  Einsicht  l<lar  durchdrungen. 

»Gleichwie  etwa,  ihr  Mönche,  der  Eine  den  Anderen 
betrachten  möchte,  -  der  Stehende  den  Sitzenden, 
oder  der  Sitzende  den  Liegenden  — :  ebenso  auch, 
ihr  Mönche,  hat  da  der  Mönch  den  Gegenstand  der 
Selbstbetrachtung  festgehalten,  im  Geiste  wohl  erwogen, 
mit  Einsicht  klar  durchdrungen.  Das,  ihr  Mönche, 
ist  die  fünfte  Entfaltung  der  edlen  fünfgliedrigen  rechten 
Sammlung. 

»Hat  man,  ihr  Mönche,  die  edle  fünfgliedrige  rechte 
Sammlung  also  gepflegt,  entfaltet,  häufig  geübt,  zur 
Triebfeder  und  Grundlage  gemacht,  gefestigt,  groß- 
gezogen und  zur  rechten  Vollendung  gebracht,  so  mag 
man,  auf  welche  durch  höheres  Wissen  erreichbare 
Erscheinung  man  auch  immer  seinen  Geist,  richtet, 
um  sie  weise  zu  verwirklichen,  eben  da  stets  die 
Fähigkeit  erreichen,  sie  zu  verwirklichen,  sobald  die 
Bedingungen  erfüllt  sind. 

»Angenommen,  ihr  Mönche,  es  befinde  sich  da  auf 
einem  Gestelle  ein  Krug,  angefüllt  bis  zum  Rande 
mit  Wasser,  das  selbst  den  Krähen  [auf  dem  Rande 
sitzend]  erreichbar  sei  (a).  Wenn  nun  diesen  Krug 
ein  starker  Mann  nach  irgend  einer  Seite  umstülpen 
sollte,  möchte  da  nicht  wohl  das  Wasser  herausfließen?« 

»Gewiß,  0  Ehrwürdiger.« 

»Ebenso  auch,  ihr  Mönche:  hat  man  die  edle 
fünfgliedrige  rechte  Sammlung  also  gepflegt,  entfaltet, 
häufig  geübt,  zur  Triebfeder  und  Grundlage  gemacht, 

(u)  »Wenn  da  eine  Krähe  sich  auf  den  Rand  der  Öffnung 
setzt,  kann  sie,  ohne  den  Hals  zu  beugen,  das  im  Kruge  befindliche 
Wasser  trinken. 4     (Komm.) 

—     26     - 


FÜNFERBUCH         '  V  28 


gefestigt,  großgezogen  und  zur  rechten  Vollendung 
gebracht,  so  mag  man,  auf  welche  durch  höheres 
Wissen  erreichbare  Erscheinung  man  auch  immer 
seinen  Geist  richtet,  um  sie  weise  zu  verwirklichen, 
eben  da  stets  die  Fähigkeit  erreichen,  sie  zu  verwirk- 
lichen, sobald  die  Bedingungen  erfüllt  sind. 

»Oder  gesetzt,  ihr  Mönche,  in  einer  Ebene  befinde 
sich  ein  an  allen  vier  Seiten  eingedämmter  Teich,  an- 
gefüllt bis  zum  Rande  mit  Wasser,  das  selbst  den 
Krähen  erreichbar  sei.  Wenn  nun  da  ein  starker 
Mann  den  Damm  aufbrechen  sollte,  möchte  da  nicht 
wohl  das  Wasser  herausfließen?« 

»Gewiß,  0  Ehrwürdiger.« 

»Ebenso  auch,  ihr  Mönche:  hat  man  die  edle 
fünfgliedrige  rechte  Sammlung  also  gepflegt,  entfaltet, 
häufig  geübt,  zur  Triebfeder  und  Grundlage  gemacht, 
gefestigt,  großgezogen  und  zur  rechten  Vollendung 
gebracht,  so  mag  man,  auf  welche  durch.höheres  Wissen 
erreichbare  Erscheinung  man  auch  immer  seinen  Geist 
richtet,  um  sie  weise  zu  verwirklichen,  eben  da  stets 
die  Fähigkeit  erreichen,  sie  zu  verwirklichen,  sobald 
die  Bedingungen  erfüllt  sind. 

»Oder  gesetzt,  ihr  Mönche,  es  stände  da,  auf  ebenem 
Boden,  am  Treffpunkte  von  vier  Straßen,  ein  prächtig 
bespannter,  mit  Peitsche  versehener  Wagen.  Den- 
selben bestiege  ein  Meister  der  Fahrkunst,  ein  geübter 
Rosselenker,  nähme  die  Zügel  in  die  linke  Hand,  die 
Peitsche  in  die  rechte  und  triebe,  wo  immer  er  wünschte, 
hin  und  her.  Ebenso  auch,  ihr  Mönche:  hat  man  die 
edle  fünfgliedrige  rechte  Sammlung  also  gepflegt,  ent- 
faltet, häufig   geübt,  zur  Triebfeder   und   Grundlage 


27 


y  29,  30  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

gemacht,  gefestigt,  großgezogen  und  zur  rechten  Voll- 
endung gebracht,  so  mag  man,  auf  welche  durch  höheres 
Wissen  erreichbare  Erscheinung  man  auch  immer 
seinen  Geist  richtet,  um  sie  weise  zu  verwirklichen, 
eben  da  stets  die  Fähigkeit  erreichen,  sie  zu  verwirk- 
lichen, sobald  die  Bedingungen  erfüllt  sind.« 


29         Der  Segen  des  Auf-  und  Abwanderns 

Fünf  Vorteile,  ihr  Mönche,  gewährt  das  Auf-  und 
Abwandern:  welche  fünf? 

Lange  Wegestrecken  hält  man  aus;  Anstrengungen 
erträgt  man;  man  bleibt  gesund;  was  man  ißt,  trinkt, 
kaut  und  schmeckt,  wird  gründlich  verdaut;  beim  Auf- 
und  Abwandern  hält  die  Sammlung  lange  an.  Diese 
fünf  Vorteile,  ihr  Mönche,  gewährt  das  Auf-  und  Ab- 
wandern. 


30  Das  Glück  der  Loslösung 

Das  habe  ich  gehört: 

.Einst  gelangte  der  Erhabene  auf  einer  Wanderung 
durch  das  Kosaler  Land,  von  einer  großen  Schar  von 
Mönchen  begleitet,  vor  dem  Kosaler  Brahmanendorfe 
Icchanahgula  an.  Bei  Icchänahgula  aber,  im  Icchänah- 
guler  Waldesdickicht,  ließ  sich  der  Erhabene  nieder. 
Es  kam  nun  den  brahmanischen  Hausleuten  von 
Icchanaiigula  zu  Ohren,  daß  der  Asket  Gotamo,  der 
Sakyersohn,  der  aus  der  Sakyerfamilie  fortgezogen 
war,  bei  Icchänahgula  eingetroffen  sei  und  im  Waldes- 

—    28 


FÜNFERBUCH  V  :W 


dickicht  bei  Icchänarigula  verweile,  und  daß  sich  über 
jenen  Herrn  Gotamo  der  hehre  Ruf  verbreitet  habe, 
daß  er  der  Erhabene  sei,  der  Heilige,  vollkommen  Er- 
leuchtete, der  im  Wissen  und  Wandel  Vollendete,  der 
Gesegnete,  der  Weltenkenner,  der  höchste  Lenker  der 
zu  bezähmenden  Menschheit,  der  Meister  der  Himmels- 
wesen und  Menschen,  der  Erleuchtete,  der  Erhabene. 
Und  gut  sei  es,  wenn  man  solche  Heilige  zu  sehen 
bekomme. 

Nach  Ablauf  der  Nacht  nun  begaben  sich  die 
brahmanischen  Hausleute  von  Icchänangula,  mit  vielen 
harten  und  weichen  Speisen  versehen,  nach  dem 
Icchänanguler  Waldesdickicht.  Dort  angelangt,  stellten 
sie  sich  unter  großem,  lautem  Lärme  vor  der  Ttir- 
schwelle  auf.  Zu  jener  Zeit  aber  war  der  ehrwürdige 
Nägito  des  Erhabenen  Begleiter;  und  der  Erhabene 
sprach  zum  ehrwürdigen  Nägito: 

»Wer  macht  da,  Nägito,  diesen  großen,  lauten 
Lärm?  Man  sollte  meinen,  es  seien  Fischer  beim 
Fischfange!« 

»Die  brahmanischen  Hausleute,  o  Ehrwürdiger, 
haben  sich,  mit  vielerlei  festen  und  flüssigen  Speisen 
versehen,  an  der  Türschwelle  aufgestellt,  um  dem  Er- 
habenen und  der  Mönchsgemeinde  aufzuwarten.« 

»Wer  da  nicht,  Nägito,  wie  ich,  dieses  Glückes 
der  Entsagung,  der  Loslösung,  des  Friedens  und  der 
Erleuchtung  nach  Wunsch,  ohne  Mühe  und  Anstrengung, 
teilhaftig  wird,  den  freilich  mag  es  nach  jenem  kotigen, 
faulen  Glücke,  nach  der  Freude  an  Besitz,  Ehre  und 
Rühm  gelüsten.« 

—    29    - 


V  30  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

»Möge  doch,  q,  Ehrwürdiger,  der  Erhabene  Nach- 
sicht üben!  Möge  doch,  o  Ehrwürdiger,  der  Gesegnete 
Nachsicht  üben!  Der  rechte  Zeitpunid  ist  es,  o  Ehr- 
würdiger, wo  der  Erhabene  Nachsicht  üben  sollte. 
Denn  wo  auch  immer,  o  Ehrwürdiger,  der  Erhabene 
sich  jetzt  hinbegibt,  dort  eben  werden  die  brahmanischen 
Hausleute  sowie  die  Stadt-  und  Landbevölkerung  hin- 
strömen. Gleichwie  nämlich,  o  Ehrwürdiger,  wenn  da 
eine  geballte  Wolke  sich  entlädt,  das  Regenwasser  in 
das  Tal  hinabströmt:  ebenso  auch,  o  Ehrwürdiger, 
werden,  wo  immer  der  Erhabene  sich  jetzt  hinbegibt, 
die  brahmanischen  Hausleute  sowie  die  Stadt-  und 
Landbevölkerung  hinströmen.« 

»Möge  ich  nichts  zu  tun  haben  mit  dem  Ruhme! 
Ich  begehre  keinen  Ruhm.  Wer  da  nicht,  Nägito,  wie 
ich,  dieses  Glückes  der  Entsagung,  der  Loslösung,  des 
Friedens  und  der  Erleuchtung  nach  Wunsch,  ohne  Mühe 
und  Anstrengung,  teilhaftig  wird,  den  freilich  mag  es 
nach  jenem  kotigen,  faulen  Glücke,  nach  der  Freude 
an  Besitz,  Ehre  und  Ruhm  gelüsten.  Wahrlich,  Essen, 
Trinken,  Kauen  und  Schmecken,  Nägito,  endet  in  Kot 
und  Urin:  so  ist  der  Ausgang.  Und  beim  Wechsel 
und  Wandel  der  begehrten  Dinge,  Nägito,  entstehen 
Sorge,  Jammer,  Schmerz,  Trübsinn  und  Verzweiflung: 
so  ist  der  Ausgang.  Wer  aber,  Nägito,  in  der  Be- 
trachtung des  Schmutzes  sich  übt,  bei  dem  festigt  sich 
der  Ekel  vor  der  lieblichen  Vorstellung:  so  ist  der 
Ausgang.  Und  wer  da,  Nägito,  bei  den  sechs  Gebieten 
des  Sinneneindruckes  in  der  Betrachtung  ihrer  Ver- 
gänglichkeit verweilt,  bei  dem  festigt  sich  der  Ekel 
vor  den  sechs  Gebieten  des  Sinneneindruckes:  so  ist 
der  Ausgang.    Und  wer  da,  Nägito,  bei  den  fünf  mit 

5(J 


FÜNFERBUCH  V  ;{0 


Anhaften  verbundenen  Daseinsaggregaten  («)  in  der 
Betrachtung  ihres  Entstehens  und  Vergehens  verweilt, 
bei  dem  festigt  sich  der  Ekel  vor  dem  Anhaften:  so 
ist  der  Ausgang.« 

(a)  Nämlich  den  fünf  ^Aggregaten  (khandhä):  Körper- 
lichkeit, Gefühl,  Wahrnehmung,  geistigen  Gebilden  und  Be- 
wußtsein. 


51    — 


T  :U  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

VIERTER  TEIL 

Das  Kapitel  der  Sumanä 

31  Die  Vorteile  des  Almosengebens 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Jetahaine  bei  SäVatthl, 
im  Kloster  des  Anäthapindiko.  Da  begab  sich  Sumanä, 
die  Fürstentochter,  mit  einem  Gefolge  von  fünfhundert 
Wagen  und  fünfhundert  Fürstentöchtern  zum  Erhabenen 
hin.  Dort  angelangt,  begrüßte  sie  ehrfurchtsvoll  den 
Erhabenen  und  setzte  sich  zur  Seite.  Zur  Seite  aber 
sitzend,  sprach  Sumanä,  die  Fürstentochter,  also  zum 
Erhabenen: 

/>Gesetzt,  o  Ehrwürdiger,  es  seien  da  zwei  An- 
hänger mit  Vollkommenem  Vertrauen,  vollkommener 
Sittlichkeit  und  vollkommener  Einsicht.  Der  eine  gebe 
Almosen,  der  andere  nicht.  Wenn  nun  beide  beim 
Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode,  auf  glücklicher 
Fährte,  in  himmlischer  Welt  wiedererscheinen,  besteht 
dann  wohl  noch  zwischen  den  als  Himmelswesen 
Wiedergeborenen  irgend  eine  Verschiedenheit,  ein 
Unterschied?« 

»Ja,  Sumanä,  es  besteht  ein  Unterschied,«  sprach 
der  Erhabene.*  »Derjenige  nämlich,  Sumanä,  der  Al- 
mosen gegeben  hat,  übertrifft  den  anderen,  der  keine 
gegeben  hat,  als  Himmelswesen  in  fünf  Dingen:  in 
himmlischem  Alter,  himmlischer  Anmut,  himmlischem 
Glücke,  himmlischer  Ehre  und  himmlischer  Herrschaft.« 

»Wenn  nun  aber  beide,  o  Ehrwürdiger,  von  dort 
abgeschieden,  zu  dieser  Welt  zurückkehren  sollten, 
möchte  auch  dann  noch,  o  Ehrwürdiger,  für  die  als 

52    - 


FUNFERBUCH  V  31 


Menschen  Wiedergeborenen  irgend  ein  Unterschied, 
eine  Verschiedenheit  bestehen?« 

»Ja,  Sumanä,«  sprach  der  Erhabene.  »Derjenige 
nämlich,  Sumanä,  der  Almosen  gegeben  hat,  möchte 
den  anderen,  der  keine  gegeben  hat,  als  Mensch  in 
fünf  Dingen  übertreffen:  in  menschlichem  Alter,  mensch- 
licher Anmut,  menschlichem  Glücke,  menschlicher  Ehre 
und  menschlicher  Herrschaft.« 

»Wenn  nun  aber,  o  Ehrwürdiger,  beide  von  Hause 
fort  in  die  Hauslosigkeit  ziehen,  besteht  wohl  dann 
noch  zwischen  den  in  die  Hauslosigkeit  Gezogenen 
irgend  ein  Unterschied,  eine  Verschiedenheit?« 

»Ja,  Sumanä,  es  besteht  ein  Unterschied,«  sprach 
der  Erhabene.  »Derjenige  nämlich,  Sumanä,  der  Al- 
mosen gegeben  hat,  übertrifft  den  anderen,  der  keine 
gegeben  hat,  als  Hausloser  in  fünf  Dingen:  Nur  auf 
Bitten  hin  und  selten  ungebeten,  bedient  er  sich  des 
Gewandes,  der  Almosenspeise,  der  Lagerstatt  und  der 
Heilmittel  und  Arzneien;  seine  Ordensbrüder  aber, 
mit  denen  er  zusammenlebt,  erweisen  sich  in  Taten, 
Worten  und  Gedanken  stets  gefällig,  nie  ungefällig, 
machen  ihm  stets  nur  höfliche  Anerbieten,  nie  un- 
höfliche.« 

»Wenn  nun  aber,  o  Ehrwürdiger,  beide  die  Heilig- 
keit erreichen,  besteht  wohl  dann  noch,  o  Ehr- 
würdiger, nach  Erlangung  der  Heiligkeit,  zwischen 
ihnen  irgend  ein  Unterschied,  eine  Verschiedenheit?« 

»Zwischen  Erlösung  und  Erlösung,  da  freilich, 
Sumanä,  gibt  es  keinerlei  Verschiedenheit.« 

»Vortrefflich,  o  Ehrwürdiger!  Wunderbar,  o  Ehr- 
würdiger!    Allen  Grund   hat   man,    o   Ehrwürdiger, 


DieRedendesBuddha.Bd.il       55 


V  31  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Almosen  zu  geben  und  gute  Werke  zu  tun,  insofern  da 
die  guten  Werke  einem  als  Himmelswesen  zum  Vor- 
teil gereichen,  einem  als  Menschen  zum  Vorteil  ge- 
reichen und  einem  als  Hauslosen  zum  Vorteil  gereichen.« 

»So  ist  es,  Sumanä!  So  ist  es,  Sumanä!  Allen 
Grund  hat  man,  Sumanä,  Almosen  zu  geben  und  gute 
Werke  zu  tun,  insofern  da  die  guten  Werke  einem 
als  Himmelswesen  zum  Vorteil  gereichen,  einem  als 
Menschen  zum  Vorteil  gereichen  und  einem  als  Haus- 
losen zum  Vorteil  gereichen.« 

« 

Also  sprach  der  Erhabene.  Und  auf  diese  Worte 
sprach  der  Gesegnete,  der  Meister,  dann  fernerhin: 

»Gleichwie  der  ungetrübte  Mond, 
Durcheilend  diesen  Himmelsraum, 
Die  Sternenschar  der  ganzen  Welt 
Mit  seinem  Glänze  überstrahlt: 

»So  überstrahlt  der  sittenreine, 
Von  Zuversicht  erfüllte  Mensch 
Die  Geizigen  in  aller  Welt 
Mit  seinem  freigebigen  Sinn. 

'Gleichwie  die  Wolke  beim  Gewitter, 
Von  hundertzack'gem  Blitz  umzucket. 
Die  Länder,  Meere  überflutet, 
Dieweil  sie  mächtig  niedergießt: 

»So  überragt  der  Einsichtsvolle, 
Der  Jünger  des  Erleuchteten, 
Der  Weise,  den  von  Geiz  Erfüllten 
In  diesen  folgenden  fünf  Dingen: 

In  hohem  Alter  und  in  Ehre, 
In  Anmut  und  im  Wohlergeh'n; 
Und  hier  von  Schätzen  überhäuft. 
Wird  dort  ihm  Himmelsglück  zuteil.' 

-    34    — 


FÜNFERBUCH  T  32 


Cundi  die  Fürstentochter  32 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Bambushaine  bei 
Räjagaha,  an  der  Fütterungsstätte  der  Eichhörnchen. 
Da  begab  sich  Cundi  die  Fürstentochter,  mit  einem 
Gefolge  von  fünfhundert  Wagen  und  fünfhundert 
Fürstentöchtern,  zum  Erhabenen  hin.  Dort  angelangt, 
begrüßte  sie  ehrfurchtsvoll  den  Erhabenen  und  setzte 
sich  zur  Seite  nieder.  Zur  Seite  aber  sitzend,  sprach 
Cundi  die  Fürstentochter  also  zum  Erhabenen: 

»Mein  Bruder,  o  Ehrwürdiger,  Prinz  Cundo  mit 
Namen,  behauptet:  ,Wer  von  den  Männern  oder  Frauen 
zum  Erleuchteten,  zum  Gesetze  und  zur  Jüngerschaft 
Zuflucht  genommen  hat  und  absteht  vom  Töten,  Stehlen, 
geschlechtlichen  Ausschreiten,  Lügen  und  vom  Genüsse 
berauschender  Getränke,  der  erscheint  beim  Zerfalle 
des  Leibes,  nach  dem  Tode,  stets  auf  glücklicher 
Fährte  wieder,  nie  auf  leidvoller.'  Ich  frage  nun,  o 
Ehrwürdiger,  den  Erhabenen:  Auf  welcherart  Meister, 
welcherart  Gesetz,  welcherart  Jüngerschaft  vertrauend, 
welcherart  Sittenregeln  befolgend,  erscheint  man  beim 
Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode,  stets  auf  glück- 
licher Fährte  wieder,  nie  auf  leidvoller?« 

»Was  es  da  auch  immer,  Cundr,  an  Wesen  gibt, 
ob  fußlos,  Zweifüßer,  Vierfüßer  oder  Vielfüßer,  körper- 
lich oder  unkörperlich,  bewußt  oder  unbewußt  oder 
halb  bewußt:  als  höchstes  unter  ihnen  gilt  der  Voll- 
endete, der  Heilige,  Vollkommen  Erleuchtete.  Jene 
nun,  Cundi,  die  auf  den  Erleuchteten  vertrauen,  ver- 
trauen auf  das  Höchste.  Denen  aber,  die  auf  das 
Höchste  vertrauen,  ist  höchster  Segen  beschieden. 

»Was  es  da  auch  immer,  Cundi,  an  Gesetzen  gibt, 
ob  geworden   oder  ungeworden:   als   höchstes  unter 


35    — 


V  32  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


ihnen  gilt  die  Abwendung,  nämlich  die  Wahnzerstörung, 
die  VerWindung  des  Durstes,  die  Ausrottung  de« 
Anhaftens,  die  Durchbrechung  des  Kreislaufs,  die  Qier- 
versiegung,  die  Abwendung,  die  Aufhebung:  das  Nir- 
wahn.  Jene  nun,  Cundi,  die  auf  das  in  der  Abwen- 
dung bestehende  Gesetz  vertrauen,  vertrauen  auf  das 
Höchste.  Denen  aber,  die  auf  das  Höchste  vertrauen, 
ist  höchster  Segen  beschieden. 

»Was  es  da  auch  immer,  Cundl,  an  Jüngerschaften 
oder  Gemeinden  gibt:  als  höchste  unter  ihnen  gilt  die 
Jüngerschaft  des  Vollendeten,  als  da  sind  die  vier 
Paare  oder  acht  Arten  Von  (heiligen)  Menschen.  Jene 
Jüngerschaft  des  Erhabenen  ist  würdig  der  Opfer, 
würdig  der  Gastfreundschaft,  würdig  der  Gaben,  würdig 
des  Handgrußes,  ist  in  der  Welt  der  beste  Boden  für  gute 
Werke.  Jene  nun,  Cundi,  die  auf  die  Jüngerschaft  ver- 
trauen, vertrauen  auf  das  Höchste.  Denen  aber,  die  auf 
das  Höchste  vertrauen,  ist  höchster  Segen  beschieden. 

»Was  es  da  auch  immer,  Cundi,  an  Sitten  gibt, 
die  dem  Edlen  Heb  sind:  als  höchste  unter  ihnen  gelten 
die  ungebrochenen,  die  ohne  Lücke  sind,  frei  von 
Makel,  unbefleckt,  die  befreienden,  von  Verständigen 
gepriesenen,  unbeeinflußten,  zur  Sammlung  führenden. 
Jene  nun,  Cundi,  welche  die  dem  Edlen  erwünschten 
Sitten  erfüllen,  erfüllen  das  Höchste.  Denen  aber, 
die  das  Höchste  erfüllen,  ist  höchster  Segen  beschieden.« 

3>Wer  Vertrauen  hat  zu  Hohem 
Und  die  höchste  Lehre  kennt, 
An  den  höchsten  Buddha  glaubet, 
Der  der  höchsten  Ehre  wert, 
An  die  höchste  Lehre  glaubet. 
An  des  Nirwahns  Friedensglück, 

—    36    - 


FÜNFERBUCH  V  3.- 


»An  den  höchsten  Orden  glaubet, 
Des  Verdienstes  bestes  Feld, 
Und  dem  Höchsten  Gaben  reicht: 
Dem  erblühet  höchster  Segen, 
Alter,  Schönheit,  Kraft  und  Ruhm. 

»Dem  Weisen,  der  dem  Höchsten  gibt, 
Erstarkt  in  höchster  Lehre, 
-  Sei's  Himmelswesen,  sei's  ein  Mensch 
Wird  einstens  höchstes  Glück  zuteil. <^ 


Die  Pflichten  der  Gattin  33 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Urwalde  bei  Bhaddika. 
Und  Uggaho,  der  Enkel  des  Mendiko,  begab  sich  zum 
Erhabenen.  Dort  angelangt,  begrüßte  er  ehrfurchtsvoll 
den  Erhabenen  und  setzte  sich  zur  Seite.  Zur  Seite 
aber  sitzend,  sprach  Uggaho,  der  Enkel  des  Mendiko, 
also  zum  Erhabenen: 

»Möge  mir  doch,  o  Ehrwürdiger,  der  Erhabene 
für  morgen  zum  Mahle  zusagen  für  vier  Mönche,  ein- 
schließlich den  Erhabenen!« 

Durch  Schweigen  gab  der  Erhabene  seine  Zu- 
stimmung zu  erkennen.  Als  nun  Uggaho,  der  Enkel 
des  Mendiko,  die  Einwilligung  des  Erhabenen  erhalten 
hatte,  erhob  er  sich  von  seinem  Sitze,  begrüßte  ehr- 
furchtsvoll den  Erhabenen  und,  ihm  die  Rechte  zu- 
kehrend, entfernte  er  sich. 

Nach  Ablauf  der  Nacht,  in  der  Frühe,  kleidete 
sich  der  Erhabene  an  und  begab  sich,  mit  Gewand  und 
Schale  versehen,  zur  Wohnung  Uggaho's,  des  Enkels 
Mendiko's.  Dort  angelangt,  nahm  er  auf  dem  angewie- 
senen Sitze  Platz.  Und  Uggaho,  der  Enkel  Mendiko's, 
bediente  den  Erhabenen  und  wartete  ihm  eigenhändig 

—    37    -^ 


y  33  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

mit  vorzüglichen  harten  und  weichen  Speisen  auf.  So- 
bald er  aber  bemerkte,  daß  der  Erhabene  sein  Mahl 
beendet  und  dieHände*Von  der  Almoseqschale  zurück- 
gezogen hatte,  setzte  er  sich  zur  Seite  und  sprach 
zum  Erhabenen: 

»Diese  meine  Töchter,  o  Ehrwürdiger,  werden  ins 
Eheleben  eintreten.'  Möge  sie,  o  Ehrwürdiger,  der 
Erhabene  ermahnen!  Möge  sie,  o  Ehrwürdiger,  der 
Erhabene  unterweisen,  auf  daß  es  ihnen  lange  zum 
Heil  und  Wohle  gereiche!« 

»So  hat  man  denn,  ihr  Töchter,  danach  zu  streben: 
, Welcher  Gatte  es  auch  immer  sein  möge,  dem  die 
Eltern  —  auf  unser  Heil  und  Wohl  bedacht  —  uns 
anvertrauen  werden:  wir  wollen  uns  vor  ihm  er- 
heben, nach  ihm  zu  Bette  gehen,  ihm  willige  Diene- 
rinnen, angenehme  Gefährtinnen  sein  und  ihm  mit 
freundlichen  Worten  begegnen/  Danach,  ihr  Töchter, 
hat  man  zu  streben! 

»So  hat  man  denn  ferner,  ihr  Töchter,  danach  zu 
streben:  ,Die  Personen,  die  dem  Gatten  teuer  sind, 
wie  Vater  und  Mutter,  Asketen  und  Priester,  die  wollen 
wir  ehren,  würdigen,  schätzen  und  achten  und  ihnen 
bei  ihrer  Ankunft  mit  Sitz  und  Wasser  aufwarten.' 
Danach,  ihr  Tochter,  hat  man  zu  streben! 

»So  hat  man  denn  ferner,  ihr  Töchter,  danach  zu 
streben:  ,Was  es  da  für  die  Gattin  an  häuslichen 
Arbeiten  gibt,  wie  in  Wolle  und  Baumwolle,  da  wollen 
wir  tüchtig  sein  und  eifrig,  uns  dabei  auf  die  richtigen 
Mittel  verstehen,  zu  handeln  und  anzuordnen.'  Danach, 
ihr  Töchter,  hat  man  zu  streben! 

»So  hat  man  denn  ferner,  ihr  Töchter,  danach  zu 
streben:    ,Was   da   das  Hausgesinde  im   Hause   des 

58    — 


FÜNFERBUCH  V  33 


Gatten  anbetrifft,  wie  Knechte,  Diener  und  Arbeiter, 
so  wollen  wir  die  von  ihnen  verrichtete  Arbeit  als 
verrichtet  betrachten,  die  unverrichtete  als  unverrichtet. 
Sind  sie  krank,  so  wollen  wir  ihre  Tauglichkeit  oder 
Untauglichkeit  zur  Arbeit  feststellen.  Harte  und  weiche 
Speisen  wollen  wir  ihnen  in  richtigem  Maße  Verab- 
reichen.' Danach,  ihr  Töchter,  hat  man  zu  streben! 
»So  hat  man  denn  ferner,  ihr  Töchter,  danach  zu 
streben:  ,Was  der  Gatte  an  Schätzen,  an  Getreide, 
Silber  und  Gold  mitbringt,  das  wollen  wir  bewachen 
und  behüten.  Nicht  wollen  wir  ihn  hintergehen  und 
ihm  etwas  entwenden,  uns  nicht  dem  Trinken  ergeben 
und  ihn  zugrunde  richten.'  Danach,  ihr  Töchter,  hat 
man  zu  streben! 

»Die  mit  diesen  fünf  Eigenschaften  ausgestattete 
Gattin  aber,  ihr  Töchter,  erscheint  beim  Zerfalle  des 
Leibes,  nach  dem  Tode,  unter  der  Schar  der  An- 
mutigen Himmelswesen  wieder.« 

"Den  Mann,  der  stets  sein  Weib  beschirmt, 

Beständig,  eifrig,  unentwegt, 

Der  alle  Wünsche  ihr  gewährt, 

Den  wird  die  Gattin  nie  verschmäh'n. 

»Nicht  schafft  das  gute  Weib  dem  Gatten 

Mit  ihren  Wünschen  je  Verdruß. 

Dem  Gatten  und  den  Würdigen 

Zeigt  Achtung  sie,  die  weise  Frau. 

>Stets  rüstig  und  von  Fleiß  beseelt. 

Voll  Liebe  zu  der  Dienerschaft, 

Zeigt  freundlich  sie  sich  ihrem  Manne 

Und  hütet  seine  Schätze  wohl. 

»Das  Weib,  das  also  sich  benimmt. 

Des  Gatten  Wunsche  willig  folgt, 

Kehrt  unter  Himmelswesen  wieder, 

Die  als  die  Lieblichen  man  kennt. ^ 

—    39    — 


T  34  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

34  Die  Früchte  des  Almosengebens 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Großen  Walde  bei 
Vesäli,  in  der  Halle  des  Giebelhauses.  Da  begab  sich 
Siho  der  Feldherr  zum  Erhabenen,  begrüßte  ihn  ehr- 
furchtsvoll und  setzte  sich  zur  Seite.  Zur  Seite  aber 
sitzend,  sprach  Siho  der  Feldherr  also  zum  Erhabenen: 

»Ist  es  wohl  möglich,  o  Ehrwürdiger,  eine  sicht- 
bare Frucht  des  Almosengebens  aufzuweisen?« 

»Das  ist  möglich,  Siho,«  erwiderte  der  Erhabene. 
»Der  Geber,  Siho,  der  Gabenspender,  ist  vielen 
Menschen  lieb  und  angenehm.  Daß  aber  der  Geber, 
Siho,  der  Gabenspender,  vielen  Menschen  lieb  und 
angenehm  ist,  das  eben  ist  eine  sichtbare  Frucht  des 
Almosengebens. 

»Und  fernerhin,  Siho,  suchen  mit  dem  Geber, 
dem  Gabenspender,  die  guten,  edlen  Menschen  Um- 
gang. Das  aber  ist  eine  sichtbare  Frucht  des  Almosen- 
gebens. 

»Und  fernerhin,  Siho,  verbreitet  sich  über  den 
Geber,  den  Gabenspender,  ein  guter  Ruf.  Das  aber 
ist  eine  sichtbare  Frucht  des  Almosengebens. 

»Und  fernerhin,  Siho:  zu  welcher  Versammlung 
auch  immer  der  Geber,  der  edle  Gabenspender,  sich 
hinbegibt,  —  seien  es  Adelige,  Brahmanen,  Bürger 
oder  Diener,  --  da  tritt  er  voll  Sicherheit  auf,  frei 
von  Verwirrung.  Das  aber  ist  eine  sichtbare  Frucht 
des  Almosengebens. 

»Und  fernerhin,  Siho,  gelangt  der  Geber,  der 
Gabenspender,  beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem 
Tode,  auf  glückliche  Fährte,  in  himmlische  Welt.  Das 
aber  ist  die  jenseitige  Frucht  des  Almosengebens.« 

—    40 


FUNFERBUCH  V  34 


Auf  diese  Worte  sprach  Siho  der  Feldherr  also 
zum  Erhabenen: 

»Was  da,  o  Ehrwürdiger,  jene  vom  Erhabenen 
gewiesenen  sichtbaren  Früchte  des  Almosengebens 
anbetrifft,  so  folge  ich  da  nicht  etwa  meinem  bloßen 
Glauben  an  den  Erhabenen,  sondern  ich  selber  er- 
kenne diese.  Denn  ich,  o  Ehrwürdiger,  gebe  Almosen, 
bin  ein  Gabenspender.  Und  ich  bin  vielen  Menschen 
lieb  und  angenehm;  mit  mir  suchen  die  guten,  edlen 
Menschen  Umgang;  über  mich  hat  sich  der  gute  Ruf 
verbreitet:  ,Siho  der  Feldherr  gibt  Almosen,  ist  mild- 
tätig und  unterstützt  die  Jüngerschaft';  zu  welcher 
Versammlung  ich  mich  auch  immer  hinbegebe,  —  seien 
es  Adelige,  Brahmanen,  Bürger  oder  Diener,  —  da 
trete  ich  voll  Sicherheit  auf,  frei  von  Verwirrung.  Was 
da,  0  Ehrwürdiger,  diese  vom  Erhabenen  gewiesenen 
vier  sichtbaren  Früchte  des  Almosengebens  anbetrifft, 
so  folge  ich  da  nicht  etwa  meinem  bloßen  Glauben 
an  den  Erhabenen,  sondern  ich  selber  erkenne  diese. 
Wenn  mir  aber,  o  Ehrwürdiger,  der  Erhabene  sagt,  daß 
der  Geber,  der  Gabenspender,  beim  Zerfalle  des  Leibes, 
nach  dem  Tode,  auf  glückliche  Fährte,  in  himmlische 
Welt  gelangt,  so  erkenne  ich  das  nicht,  sondern 
darin  folge  ich  meinem  Glauben  an  den  Erhabenen.« 

»Das  aber  ist  so,  Slho!  Das  aber  ist  so,  Siho! 
Der  Geber,  der  edle  Gabenspender  gelangt  beim  Zer- 
falle des  Leibes,  nach  dem  Tode,  auf  glückliche  Fährte, 
in  himmlische  Welt.« 

-Beliebt  ist,  wer  da  gibt;  ihn  suchen  viele  auf; 
Ein  edler  Ruf  wird  ihm  zuteil,  sein  Anseh'n  wächst; 
Frei  von  Verwirrung  tritt  er  auf  in  der  Versammlung, 
Voll  Sicherheit,  weil  er  dem  Geize  abgewandt. 


—    41 


V  35.  3ß  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Drum  geben  Gaben  alle  die  Verständigen, 
Des  Geizes  Laster  scheuend,  auf  ihr  Heil  bedacht; 
Und  lange  Zeiten  werden  sie  im  Himmel  weilen 
Und  werden  unter  Himmelswesen  glücklich  sein. 

»Erschlossen  der  Zugang,  gewirkt  das  Heil,  scheiden  sie  ab, 
Durchwandeln  selbstleuchtend  die  Himmelsgefilde 
Und  jubeln  dort  laut,  frohlocken  und  jauchzen. 
Im  Vollbesitze  der  sinnlichen  Freuden. 

Des  Heiligen,  des  Losgelösten  Wort  befolgend. 
Frohlockt  im  Himmel,  wer  zum  Buddha  Zuflucht  nimmt.* 

35  Die  Früchte  des  Almosengebens 

Folgende  fünf  Früchte,  ihr  Mönche,  gewährt  das 
Almosengeben:  welche  fünf? 

Vielen  Menschen  ist  man  lieb  und  angenehm; 
gute,  edle  Menschen  suchen  einen  auf;  ein  guter  Ruf 
verbreitet  sich  über  einen;  man  erfüllt  seine  Pflicht 
als  Hausvater;  beim  Zerfalle  des  Leibes  aber,  nach 
dem  Tode,  gelangt  man  auf  glückliche  Fährte,  in 
himmlische  Welt.  Diese  fünf  Früchte,  ihr  Mönche, 
gewährt  das  Almosengeben. 

Wer  Gaben  gibt,  ist  stets  beliebt. 

Weil  er  der  guten  Lehre  folgt. 

Ihm  schließen  sich  die  Guten  an, 

Die  selbstbeherrscht  und  heilig  sind. 

Sie  legen  das  Gesetz  ihm  dar, 
Das  alles  Leid  versiegen  läßt. 
Durch  dessen  Schauung  er  schon  hier 
Erlöst  wird,  frei  von  Leidenschaft. 

36  Zeitgemäße  Gaben 

Fünf  zeitgemäße  Gaben  gibt  es,  ihr  Mönche: 
welche  fünf? 

Man  bringt  dem  Ankommenden  Gaben  dar;  man 

—    42    — 


FÜNFERBUCH  .   V  37 


bringt  dem  Fortgehenden  Gaben  dar;, man  bringt  dem 
Kranken  Gaben  dar;  man  bringt  bei  Naiirungsmangel 
Gaben  dar;  was  es  aber  an  Erstlingskorn  und  Erst- 
lingsfrüchten gibt,  das  bringt  man  als  Ersten  den  Tugend- 
haften dar.  Diese  fünf  zeitgemäßen  Gaben  gibt  es, 
ihr  Mönche. 

Rechtzeitige  Gabe  gibt  der  Weise, 

Der  mild  gesinnt  ist,  frei  von  Geiz. 

Wer  da  den  Edlen  Gaben  gibt, 
Die  aufrichtig  und  heilig  sind, 
Im  Herzen  voller  Zuversicht, 
Dess'  Gabe  ist  von  hohem  Wert. 

Wer  daran  seine  Freude  findet 
Und  jenen  seine  Dienste  leiht. 
Gewaltig  nennt  man  dessen  Gabe, 
Und  er  genießt  des  Guten  Lohn. 

Drum  geb'  man  unverzagten  Geistes, 
Wo  Geben  bringet  hohen  Lohn. 
Denn  gute  Werke  sind  den  Wesen 
Die  Stützen  für  die  nächste  Welt. 

Fünffacher  Segen  der  Nahrungsspende        37 

Durch  Nahrungsspenden,  ihr  Mönche,  verschafft 
der  Geber  den  Empfängern  fünf  Vorteile:  er  verhilft 
ihnen  zu  langem  Leben,  zur  Anmut,  zum  Wohlsein, 
zur  Stärke  und  zur  Einsicht. 

Dem  Ernsten,  der  zu  langem  Leben, 
Zu  Einsicht,  Anmut,  Kraft  verhilft 
Und  andre  Menschen  glücklich  macht. 
Dem  wird  Glückseligkeit  zuteil. 

Den,  der  da  Leben,  Kraft  und  Anmut, 
Verstand  und  Wohlsein  fördern  hilft. 
Erwartet  Ruhm  und  langes  Leben, 
Wo  immer  er  ins  Dasein  tritt. 

—   "45    — 


Y  38  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

38  Der  Segen  des  Vertrauens 

Fünf  Vorteile,  ihr  Mönche,  genießt  der  vertrauens- 
volle edle  Sohn:  welche  fünf? 

Was  es  da,  ihr  Mönche,  in  der  Welt  an  guten, 
edlen  Menschen  gibt,  die  zeigen  zuerst  dem  Vertrauens- 
vollen ihre  Freundschaft,  nicht  dem  Vertrauenslosen. 
Sie  nähern  sich  zuerst  dem  Vertrauensvollen,  nicht 
dem  Vertrauenslosen.  Sie  empfangen  zuerst  den  Ver- 
trauensvollen, nicht  den  Vertrauenslosen.  Sie  weisen 
das  Gesetz  zuerst  dem  Vertrauensvollen,  nicht  dem 
Vertrauenslosen.  Der  Vertrauensvolle  aber  gelangt 
beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode,  auf  glück- 
liche Fährte,  in  himmlische  Welt.  Diese  fünf  Vorteile, 
ihr  Mönche,  genießt  der  vertrauensvolle  edle  Sohn. 

Gleichwie,  ihr  Mönche,  der  am  Kreuzwege  auf 
festem  Boden  stehende  große  Feigenbaum  den  Vögeln 
ringsumher  als  Zufluchtsstätte  dient:  ebenso  auch,  ihr 
Mönche,  ist  der  vertrauensvolle  edle  Sohn  eine  Zu- 
fluchtsstätte für  Viele  Menschen,  für  Mönche,  Nonnen, 
•Anhänger  und  Anhängerinnen. 

Wie  da  ein  stämm'ger  großer  Baum, 
Von  Zweigen,  Blättern,  Früchten  voll 
Und  festgewurzelt,  fruchtbeladen, 
Den  Vögeln  eine  Zuflucht  ist 

Und  in  der  lieblichen  Umgebung 

Die  Vögel  alle  ihn  umschwärmen, 

-  Wer  Schatten  sucht,  zum  Schatten  eilt. 

Und  Früchte  ißt,  wer  Früchte  wünscht,  -: 

So  steht  es  mit  dem  sittlichen, 
Von  Zuversicht  erfüllten  Mann, 
Der  Demut  übt,  nicht  störrig  ist. 
Der  Milde,  Güte,  Sanftmut  zeigt. 

_    44    —  ♦ 


FÜNFERBUCH  T  3f) 


Denn  gern'  verkehr'n  mit  solchem  Manne, 
Die  frei  von  Gier  sind,  frei  von  Haß, 
Verblendung  und  der  Leidenschaft, 
>Das  höchste  Tugendfeld  der  Welt< . 

Sie  legen  das  Gesetz  ihm  dar. 

Das  alles  Leid  versiegen  läßt, 

Das  ganz  durchschauend,  er  schon  hier 

Erlöst  wird,  frei  von  Leidenschaft. 

Warum  wünscht  man  sich  einen  Sohn?       ^^ 

Aus  fünf  Gründen,  ihr  Mönche,  wünschen  die 
Eltern  in  ihrer  Familie  die  Geburt  eines  Sohnes:  aus 
welchen  fünf  Gründen? 

Damit  der  Pflegling  einst  ihr  Pfleger  sei;  damit 
er  die  Arbeit  für  sie  verrichte;  damit  der  Stammbaum 
lange  bestehen  bleibe;  damit  er  das  Erbe  übernehme; 
damit  er  für  die  Abgeschiedenen,  die  Verstorbenen, 
die  Opfer  darbringe.  — 

Fünf  Gründe  sind's,  daß  einen  Sohn 
Sich  wünschet  der  verständ'ge  Mann: 

Der  Pflegling  wird  sein  Pfleger  sein ; 
Die  Arbeit  wird  er  für  ihn  tun; 
Der  Stammbaum  lang'  erhalten  bleibt; 
Das  Erbe  auf  ihn  übergeht; 
Und  den  Dahingeschiedenen 
Bringt  er  das  Totenopfer  dar. 

Aus  diesen  Gründen  wünschen  sich 
Verständ'ge  Eltern  einen  Sohn. 

Drum  helfen  edle,  gute  Menschen 
Aus  Dank  und  aus  Erkenntlichkeit 
Dem  eignen  Vater  wie  der  Mutter, 
♦         Der  früh'ren  Dienste  eingedenk, 
Und  arbeiten,  wie  sich's  geziemet, 
Für  sie,  die  einstmals  sie  gepflegt. 


45. 


V  40  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Pflegend  sie,  die  sie  einst  pflegten, 
Folgsam,  nicht  den  Stammbaum  störend, 
Ist  der  zuversichterfüllte 
Sittenreine  Sohn  zu  loben. 

40  Der  Einfluß  des  Vertrauensvollen 

Am  Himälaya,  ihr  Mönche,  dem  Könige  der  Berge, 
nehmen  die  mächtigen  Bäume  an  fünf  Dingen  zu:  an 
Ästen  und  Blätterwerl<,  an  Haut,  an  Borl<e,  an  Reisern 
und  an  Kernholz.  Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  nehmen 
bei  dem  vertrauenerfüliten  edlen  Sohne  die  Haus- 
genossen an  fünf  Dingen  zu:  an  Vertrauen,  Sittlichkeit, 
Wissen,  Freigebigkeit  und  Einsicht. 

Gleichwie  am  mächt'gen  Felsgebirge, 
Im  Forst,  im  tiefen  Urwaldgrund, 
Die  Bäume,  Herrscher  dieses  Forsts,     • 
Gewaltig  steigen  in  die  Höh': 

Genau  so  wachsen  bei  dem  edlen, 
In  Sittlichkeit  vollkommenen, 
Von  Zuversicht  erfüllten  Sohn 
Das  Weib,  die  Kinder,  die  Verwandten, 
■    Die  Freunde,  die  Verschwisterten 
Und  alle,  die  ihm  anvertraut. 

Des  Sittenreinen  Wandel  merkend, 
^  Die  iVlilde  und  die  guten  Werke, 

Zum  Vorbild  alle  die  ihn  nehmen. 
Die  weise  und  verständig  sind. 

Denn  sind  hienieden  sie  in  Tugend 
Dem  Pfad  zum  Himmel  nachgefolgt, 
Dann  jauchzen  sie  in  Himmelswelten, 
Frohlocken  voll  Glückseligkeit. 


,46 


FUNFERBUCH  V  4i 


FÜNFTER  TEIL 

Das  Kapitel  des  Königs  Mundo 

[Der  Erhabene  zu  Anäthapindiko:]  4i 

Fünf  Anwendungen  der  Schätze  gibt  es,  o  Haus- 
vater: welche  fünf? 

Mit  den  Schätzen,  o  Hausvater,  die  da  der  edle 
Jünger  durch  Aufbietung  von  Fleiß  und  Anstrengung 
errungen,  durch  seiner  Hände  Arbeit  im  Schweiße 
seines  Angesichtes  angehäuft  hat,  den  rechtmäßigen, 
ehrlich  erworbenen,  damit  macht  er  sich  selber  glück- 
lich und  zufrieden  und  wahrt  sich  vollkommenes  Wohl- 
sein; und  Vater  und  Mutter,  Weib  und  Kind,  Diener 
und  Knechte  macht  er  glücklich  und  zufrieden  und 
wahrt  ihnen  Vollkommenes  Wohlsein. 

Das  ist  die  erste  Anwendung  der  Schätze. 

Ferner,  o  Hausvater,  macht  der  edle  Jünger  mit 
diesen  Schätzen  -Fremde  und  Genossen  glücklich  und 
zufrieden  und  wahrt  ihnen  vollkommenes  Wohlsein. 
Das  ist  die  zweite  Anwendung  der  Schätze. 

Ferner,  o  Hausvater,  schützt  sich  der  edle  Jünger 
vermittels  dieser  Schätze  gegen  Unfälle,  die  durch 
Feuer  oder  Wasser,  durch  Fürsten,  Diebe  oder  gehässige 
Erben  entstehen  könnten,  und  sichert  sein  eignes  Leben. 
Das  ist  die  dritte  Anwendung  der  Schätze. 

Ferner,  o  Hausvater,  verrichtet  der  edle  Jünger 
vermittels  dieser  Schätze  fünferlei  Abgaben:  an  die  Ver- 
wandten, die  Gäste,  die  Verstorbenen,  die  Fürsten  und 
die  Götter.   Das  ist  die  vierte  Anwendung  der  Schätze. 

Ferner,  o  Hausvater:  solchen  Asketen  und  Priestern, 

—    47    - 


Y  41  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


die  frei  sind  von  Dünkel  und  Leiclitsinn,  gefestigt  in 
Geduld  und  Milde,  die  ein  und  dasselbe  Herz  bezähmen, 
stillen  und  vom  Wahne  erlöschen  lassen  —  solchen 
Asketen  und  Priestern  macht  er  vermittels  dieser 
Schätze  Geschenke,  aufwärts  führende,  himmlische, 
glückspendende,  himmelwärtsleitende.  Das  ist  die 
fünfte  Anwendung  der  Schätze. 

Diese  fünf  Anwendungen^ der  Schätze  gibt  es,  o 
Hausvater. 

Wenn  nun,  o  Hausvater,  jenem  edlen  Jünger, 
während  er  diese  fünf  Anwendungen  der  Schätze  macht, 
die  Schätze  zum  Schwinden  gelangen,  so  denkt  er: 
>Die  Anwendungen  der  Schätze,  die  es  gibt,  die  mache 
ich,  und  dabei  gelangen  meine  Schätze  zum  Schwinden.« 
Dieser  Trost  ist  ihm  beschieden.  Und  wenn,  o  Haus- 
vater, jenem  edlen  Jünger,  während  er  diese  fünf  An- 
wendungen* der  Schätze  macht,  die  Schätze  zunehmen, 
so  denkt  er:  »Die  Anwendungen  der  Schätze,  die  es 
gibt,  die  mache  ich,  und  dabei  nehmen  meine  Schätze 
zu.«     Dieser  doppelte  Trost  ist  ihm  beschieden. 

Verzehrt  ist's  Gut;  an  Knecht  und  Diener, 

Bei  Unfall  und  Gefahr  verschenkt; 

Gerechte  Gaben  sind  gegeben, 

Die  Fünfergaben  ausgeteilt; 

Die  Sittenreinen  sind  bedient, 

Die  heilig  leben,  selbstbeherrscht. 

♦Warum  sich  Schätze  wünschen  mag 

Der  Weise,  der  im  Hause  lebt. 

Erfüllet  hab'  ich  diesen  Zweck, 

Und  nicht  kann  meine  Tat  mich  reu'n«: 

So  denket  er,  der  sterbliche 

In  edler  Lehre  feste  Mensch. 

Hier  erntet  er  das  Lob  der  Menschen 

Und  dort  des  Himmels  Seligkeit. 

—    48    — 


FÜNFERBUCH  V,42, 43 


Der  Einfluß  des  guten  Menschen  42 

Der  in  edler  Familie  wiedergeborene  gute  Mensch, 
ihr  Mönche,  gereicht  Vielen  Menschen  zum  Heil,  Segen 
und  Wohle.  Vater  und  Mutter,  Weib  und  Kind,  Dienern 
und  Knechten,  Freunden  und  Genossen,  Asketen  und 
Priestern:  allen  gereicht  er  zum  Heil,  Segen  und  Wohle. 

Gleichwie  ein  mächtiger  Regen  dadurch,  daß  er 
das  ganze  Getreide  zur  Reife  bringt,  vielen  zum  Heil, 
Segen  und  Wohle  gereicht:  ebenso  auch,  ihr  Mönche, 
gereicht  der  in  edler  Familie  wiedergeborene  Mensch 
vielen  Menschen  zum  Heil,  Segen  und  Wohle. 

Wer  aus  Liebe  vielen  Wesen  Gaben  spendet, 
Engel  wachen  über  diesen  Tugendhüter, 
Diesen  Wissensreichen,  rein  in  Sitt'  und  Wandel; 
Und  den  Tugendhaften  nie  der  gute  Ruf  verläßt. 

Den  gerechten,  sittenreinen. 
Wahren  und  bescheid'nen  Menschen, 
Der  da  lauter  ist  wie  Gold: 
Wer  vermag  wohl  den  zu  tadeln? 

Die  Himmelswesen  preisen  ihn, 
Selbst  Brahma  kündet  ihm  sein  Lob. 

Die  fünf  erwünschten  Dinge  43 

Der  Erhabene  sprach  zu  Anäthapindiko,  dem  Haus- 
Vater: 

Folgende  fünf  erwünschten,  begehrten,  angeneh- 
men Dinge,  o  Hausvater,  sind  schwer  in  der  Welt  zu 
erlangen:  welche  fünf?  Langes  Leben,  Anmut,  Wohl- 
sein, Ehre  und  himmlische  Wiedergeburt.  Und  ich 
sage,  0  Hausvater:  nicht  erlangt  man  durch  Bitten  und  y 
Wünschen  diese  fünf  erwünschten,  begehrten,  ange- 
nehmen,  in  der  Welt  so  schwer  erlangbaren  Dinge. 

DieRedciidpsBuddlia.nd.il        —      49      —  -1 


V43  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Denn  könnte  man  diese  durch  Bitten  und  Wünschen 
erlangen,  wer  möchte  da  wohl  auf  sie  verzichten? 

Nicht  ziemt  es  sich,  o  Hausvater,  für  den  edlen 
Jünger,  der  langes  Leben  wünscht,  daß  er  darum  fleht, 
daran  Entzücken  findet  oder  danach  giert.     Zur  Er- 
langung eines  langen  Lebens,  o  Hausvater,  sollte  der 
ein  langes  Leben  wünschende  edle  Jünger  eben  den 
zu  langem  Leben  führenden  Pfad  beschreiten.    Denn 
den  zu  langem  Leben  führenden  Pfad  wandelnd,  wird  er 
ein  hohes  Alter  erreichen,  und  langes  Leben  wird  ihm 
beschieden  sein,  sei's  himmlisches,  sei's  menschliches. 
Nicht  ziemt  es  sich,  o  Hausvater,  für  den  edlen 
Jünger,  der  Anmut  wünscht,  --  Wohlsein  wünscht,  — 
Ehre    wünscht,     -     eine^   himmlische    Wiedergeburt 
wünscht,  'daß  er  darum  fleht,  daran  Entzücken  findet 
oder  danach  giert.    Zur  Erlangung  himmlischer  Wieder- 
geburt, 0  HausvateF,  sollte  der  eine  himmlische  Wieder- 
geburt wünschende  edle  Jünger  eben  den  zu  himm- 
lischer   Wiedergeburt    führenden    Pfad    beschreiten. 
Denn   den    zu   himmlischer   Wiedergeburt    führenden 
Pfad  wandelnd,  wird  er  den  Himmel  erreichen,  und 
himmlische  Wiedergeburt   wird  ihm  beschieden  sein. 
Auf  Alter,  Anmut,  Ehr'  und  Ruhm, 
Auf  Himmelsglück  und  hohen  Stand, 
Auf  hehre  Freuden  wohl  bedacht. 
Erwartend  immer  höh'res  Glück, 
Der  weise  Mann  die  Strebsamkeit 
In  allen  guten  Werken   lobt. 
Denn  nur  durch  Strebsamkeit  erringt 
Der  Einsichtsvolle  zweifach'  Heil. 
Sei's  hier  das  Heil,  in  dieser  Welt, 
Sei's  dort  das  Heil,  in  nächster  Welt: 
Den  Starken,  der  sein  Heil  erschaut. 
Den  nennt  man  einen  weisen  Mann. 

-    5ü    — 


FUNFERBUCH  T  44 


Wer  schenkt,  wird  beschenkt  44 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Großen  Walde  bei 
Vesäli,  in  der  Halle  des  Giebelhauses.  Und  der  Er- 
habene kleidete  sich  in  der  Frühe  an  und  begab  sich, 
mit  Gewand  und  Schale  versehen,  zur  Wohnung  des 
Vesalier  Hausvaters  Uggo.  Dort  angelangt,  nahm  er 
auf  dem  angewiesenen  Sitze  Platz.  Uggo,  der  Vesalier 
Hausvater,  aber  trat  zum  Erhabenen  heran  und  setzte 
sich  zur  Seite,  und  zur  Seite  sitzend,  sprach  er  zum 
Erhabenen: 

>Aus  dem  Munde  des  Erhabenen,  o  Ehrwürdiger,  ■ 
habe  ich  es  vernommen,  von  ihm  erfahren,  daß,  wer 
etwas  Gutes  verschenkt,  Gutes  zurück  erhält.  Etwas 
Gutes  aber,  o  Ehrwürdiger,  ist  meine  Reisblumen- 
speise, (u)  Möge  diese  der  Erhabene  von  mir  annehmen, 
von  Mitleid  bewogen!« 

Und  der  Erhabene  nahm  dieselbe  an,  von  Mitleid 
bewogen.  ^ 

»Aus  dem  Munde  des  Erhabenen,  o  Ehrwürdiger, 
habe  ich  es  vernommen,  von  ihm  erfahren,  daß,  wer 
etwas  Gutes  verschenkt,  Gutes  zurück  erhält.  Etwas 
Gutes  aber,  o  Ehrwürdiger,  ist  mein  Schweinefleisch 
mit  süßen  Brustbeeren,  (ß)  —  etwas  Gutes  mein  mit 

(«)  So  heißt  eine  gewisse  aus  Reismehl  hergestellte  Speise. 

(ß)  -Ein  Jahr  altes  Schweinefleisch,  das  zusammen  mit  süßen 
Brustbeeren  gekocht  und  mit  Kümmel  und  anderen  Zutaten  ^ge- 
würzt ist.'  (Komm.)  -  Buddha  hat  also  keineswegs  den  Fleisch- 
genuß an  sich  als  verwerflich  bezeichnet,  was  sich  auch  noch  durch 
weitere  zahlreiche  Suttenstellen  belegen  läßt. 

—     51      —  4* 


V  44  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Öl  zubereitetes  Stielgemüse,  («)  --  etwas  Gutes  mein 
Reisgericht,  zubereitet  aus  dem  von  schwarzen  Körnern 
gereinigten  Hügelreis,  mit  mancherlei  Brühen  und  Ge- 
müsen, —  etwas  Gutes  sind  meine  kostbaren  Benares- 
gewänder. Möge  diese  der  Erhabene  von  mir  annehmen, 
Von  Mitleid  bewogen!« 

Und  der  Erhabene  nahm  dieselben  an,  von  Mit- 
leid bewogen. 

»Aus  dem  Munde  des  Erhabenen,  o  Ehrwürdiger, 
habe  ich  es  vernommen,  von  ihm  erfahren,  daß,  wer 
etwas  Gutes  verschenkt,  Gutes  zurück  erhält.  Etwas 
Gutes  aber,  o  Ehrwürdiger,  ist  mein  Ruhebett,  belegt 
mit  einer  Ziegenhaardecke,  einer  weißen  Wolldecke, 
einer  Decke  aus  feinstem  Antilopenfell  und  versehen 
mit  einer  Überdecke  und  purpurnen  Kissen  an  beiden 
Enden.  Ich  weiß  indessen,  o  Ehrwürdiger,  daß  solches 
für  den  Erhabenen  nicht  annehmbar  ist.  (ß)  Doch  diese 
Bank  aus  Ebenholz,  die  über  ein  Tausend  wert  ist, 
mööe  der  Erhabene  Von  mir  annehmen,  von  Mitleid 
bewogen!«  • 

Und  der  Erhabene  nahm  dieselbe  an.  Von  Mit- 
leid bewogen.  Darauf  sprach  der  Erhabene  dem  Vesalier 
Hausvater  Uggo  seine  Anerkennung  aus,  in  den  Worten : 


(«)  Hierüber  sagt  der  Kommentar:  Erst  wird  dasselbe  zu- 
sammen mit  Reismehl  kleingestampft,  dann  in  Butteröl,  das  man  mit 
Kümmel  etc.  versetzt  hat,  gekocht,  darauf  mit  den  vier  Süßen  Zu- 
taten* (d.  i.  Butter,  Honig,  Öl  und  Zucker)  vermengt  und  vor  dem 
Anrichten  parfümiert.-  Offenbar  sind  hier  die  Lotosstengel  gemeint, 
die  als  äußerst  gesunde  Nahrung  gelten. 

(ji)  Es  ist  nämlich  dem  Mönche  nicht  gestattet,  hohe  und 
üppige  Lagerstätten  zu  benutzen. 

—    52    — 


fÜNPF.RRUCH  .       T4-i 


^C'er  Gutes  spendet,  kriegt  zurück  das  Gute; 
Wer  gern  den  aufrichtigen  Menschen  Gaben  gibt, 
Gewand  und  Lager,  sowie  Trank  und  Speise 
Und  manche  andere  Bedarfsartikel: 

>Der  gute  Mann,  der,  was  zu  geben  schwer  ist, 
Vergibt,  verschenkt,  verwirft  und  fahren  läßt, 
-  Die  Heiligen  als  besten  Boden  achtend,  - 
Erhält  zurück  das  Gute,  das  er  schenkt. -^ 

Nachdem  nun  der  Erhabene  dem  Vesalier  Haus- 
Vater  Uggo  in  diesen  Worten  seine  Anerkennung  aus- 
gesprochen hatte,  erhob  er  sich  Von  seinem  Platze  und 
ging  davon.  Uggo,  der  Vesalier  Hausvater,  aber  starb 
kurze  Zeit  darauf  und  erschien  nach  seinem  Tode  in 
einer  geistgezeugten  Welt  wieder.  («)  Zu  jener  Zeit 
weilte  der  Erhabene  im  Jetahaine  bei  SäVatthi,  im 
Kloster  des  Anäthapindiko.  Und  Uggo,  der  Himmels- 
sohn, kam  zu  vorgerückter  Nachtstunde,  mit  seinem 
herrlichen  Glänze  den  ganzen  Jetahain  erleuchtend, 
zum  Erhabenen  heran,  begrüßte  ihn  ehrfurchtsvoll  und 
stellte  sich  zur  Seite  hin.  Als  er  aber  zur  Seite  da- 
stand, sprach  der  Erhabene  also  zu  ihm: 

»Geht  es  dir,  Uggo,  wohl  nach  deinem  Wunsche?« 

»Ja,  0  Ehrwürdiger,  es  geht  mir  nach  meinem 
Wunsche.« 

Und  der  Erhabene  sprach  zu  Uggo,  dem  Himmels- 
sohne, in  folgenden  Versen: 

Wer  Gutes  schenkt,  erwirbt  sich  selber  Gutes; 
Das  Höchste  spendend.  Höchstes  man  erringt; 
Erhabenes  erlangt,  wer  solches  spendet; 
Wer's  Beste  gibt,  gelangt  zum  besten  Ort. 


(a)  »d.  i.  in  einer  durch  das  Selbstvertiefungs-Bewußtsein  er- 
wirkten Himmelswelt  in  den  »Gefilden  der  Reinen«  (suddhäväsa). « 
(Komm.) 

—    55    - 


V  45,  4(J^  tO  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

»Der  Mann,  der  Hohes,  Edles  spendet, 
Erhabenes  als  Gabe  gibt, 
Erlanget  Ruhm  und  langes  Leben, 
Wo  immer  er  ins  Dasein  tritt.* 


45  Die  fünf  Ströme  des  Verdienstes 

Fünf  Ströme  des  Verdienstes,  Ströme  des  Guten, 
gibt  es,  ihr  Jünger,  segenbringende,  himmlische,  glücl<- 
erzeugende,  himmeiwärtsleitende,  die  zu  Erwünschtem, 
Erfreulichem,  Angenehmem  führen,  zu  Heil  und  Segen: 
welche  fünf? 

Demjenigen,  ihr  Jünger,  dessen  Gewand,  Almosen- 
speise, Bett,  Stuhl  oder  Arzneimittel  gebrauchend,  der 
Mönch  in  der  unbeschränkten  Geistessammlung  ver- 
weilt, dem  gehört  ein  unermeßlich  großer  Strom  des 
Verdienstes,  ein  Strom  des  Guten,  ein  segenbringender, 
himmlischer,  glückerzeugender,  himmelwärtsleitender, 
der  zu  Erwünschtem,  Angenehmem  führt,  zu  Heil  und 
Segen. 

46  Die  fünf  Gewinne 

Fünf  Gewinne  gibt  es,  ihr  Mönche:  welche  fünf? 
Gewinn  an  Vertrauen,  Gewinn  an  Sittlichkeit,  Gewinn 
an  Wissen,  Gewinn  an  Freigebigkeit  und  Gewinn  an 
Einsicht:  das,  ihr  Mönche,  sind  die  fünf  Gewinne. 

49  Das  eiserne  Gesetz  der  Natur 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Jetahaine  bei  Sä- 
Vatthi,  im  Kloster  des  Anäthapindiko.  Da  begab  sich 
der  Kosaler  König  Pasenadi  zum  Erhabenen.  Dort 
angelangt,  begrüßte  er  ehrfurchtsvoll  den  Erhabenen 

—    54    — 


FÜNFERRIICH  V  .',0 


und  setzte  sich  zur  Seite.  Gerade  aber  an  jenem  Tage 
starb  Mallikä,  die  Königin.  Und  ein  Mann  trat  zum 
Könige  und  flüsterte  ihm  ins  Ohr:  >Herr,  die  Königin 
Mallikä  ist  gestorben«.  Diese  Worte  aber  erfüllten 
den  Kosaler  König  Pasenadi  mit  Schmerz  und  Gram; 
und  mit  gebeugtem  Körper  und  gesenktem  Haupte, 
vor  sich  hinbrütend  und  ohne  ein  Wort  zu  sprechen, 
saß  er  da.  Als  das  aber  der  Erhabene  erblickte, 
sprach  er: 

>Fünf  Dinge,  o  König,  kann  kein  Asket  oder 
Priester  erreichen,  kein  Engel,  Teufel  oder  Gott,  noch 
irgend  einer  in  der  Welt:  welche  fünf? 

»Daß,  was  dem  Altern  unterworfen  ist,  nicht  altern 
möge;  daß,  was  der  Krankheit  unterworfen  ist,  nicht 
erkranken  möge;  daß,  was  dem  Tode  unterworfen  ist, 
nicht  sterben  möge;  daß,  was  dem  Verfalle  unterworfen 
ist,  nicht  verfallen  möge;  daß,  was  dem  Untergange 
unterworfen  ist,  nicht  untergehen  möge:  das,  o  König, 
kann  kein  Asket  oder  Priester  erreichen,  kein  Engel, 
Teufel  oder  Gott,  noch  irgend  einer  in  der  Welt.« 

Das  Herausreißen  des  Leidensstachels        50 

Einst  weilte  der  ehrwürdige  Närado  im  Kukkuta- 
kloster  bei  Pätaliputta.  Damals  gerade  war  dem  Könige 
Mundo  seine  geliebte  und  teure  Königin  Bhaddä  ge- 
storben; und  infolge  ihres  Todes  badete  er  sich  nicht 
mehr,  noch  salbte  er  sich,  noch  nahm  er  Nahrung  zu 
sich,  noch  erledigte  er  seine  Geschäfte.  Tag  und  Nacht 
lag  er  ganz  verstört  neben  der  Leiche  der  Königin 
Bhaddä.  Und  der  König  Mundo  sprach  zu  Piyako, 
seinem  Schatzmeister: 

-    55    — 


T50  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

»So  lege  denn,  lieber  Piyako,  den  Leichnam  der 
Königin  Bhadda  in  einen  eisernen,  mit  Öl  angefüllten 
Sarg  und  bedecke  ihn  mit  einem  anderen  eisernen 
Sarg,  damit  wir  den  Leichnam  der  Königin  Bhaddä 
noch  länger  zu  sehen  bekommen!« 

»Ja,  0  Herr,«  erwiderte  Piyako,  der  Schatzmeister, 
dem  Könige  Mundo  und  tat,  wie  befohlen. 

Und  Piyako,  der  Schatzmeister,  dachte:  »Diesem 
Könige  Mundo  ist  seine  geliebte,  teure  Königin  Bhadda 
gestorben;  und  wegen  ihres  Todes  badet  er  sich  weder, 
noch  salbt  er  sich,  noch  nimmt  er  Nahrung  zu  sich, 
noch  erledigt  er  seine  Geschäfte.  Tag  und  Nacht  liegt 
er  ganz  verstört  neben  der  Leiche  der  Königin  Bhaddä. 
Wie  Wäre  es  nun,  wenn  der  König  Mundo  sich  zu 
einem  Asketen  oder  Priester  begeben  wollte,  damit 
er  nach  dem  Vernehmen  des  Gesetzes  diesen  Stachel 
der  Pein  los  werde?«  Und  Piyako,  dem  Schatzmeister, 
kam  der  Gedanke:  »Dieser  ehrwürdige  Närado  weilt 
da  bei  Pätaliputta  im  Kukkutakloster.  Über  den  ehr- 
würdigen Närado  aber  hat  sich  der  gute  Ruf  verbreitet, 
daß  er  weise  und  erfahren  sei,  einsichtsvoll,  Von  großem 
Wissen,  ein  trefflicher  Redner  von  edler  Schlagfertig- 
keit, dabei  in  vorgerücktem  Alter  und  ein  Heiliger. 
Wenn  der  König  Mundo  den  ehrwürdigen  Närado  auf- 
sucht, mag  er  vielleicht,  nachdem  er  vom  ehrwürdigen 
Närado  das  Gesetz  vernommen  hat,  den  Stachel  der 
Pein  los  werden.^  Und  Piyako,  der  Schatzmeister,  trat 
Vor  den  König  Mundo  und  teilte  ihm  das  mit. 

»Gut,  Piyako!«  sprach  der  König.  »Verständige 
den  ehrwürdigen  Närado  hiervon;  denn  wie  dürfte 
wohl  einer  wie  ich  daran  denken,  ohne  vorherige  An- 

5(i    — 


FÜNFERBUCH  T  50 


kündigung  einen  Asketen  oder  Priester,  der  noch  am 
Leben  ist,  aufzusuchen?« 

» Gut,  0 Herr!«  erwiderte  Piyako,  der  Schatzmeister, 
dem  Könige  Mundo  und  begab  sich  zum  ehrwürdigen 
Närado.  Dort  angelangt,  begrüßte  er  ehrfurchtsvoll  den 
ehrwürdigen  Närado  und  setzte  sich  zur  Seite  nieder. 
Zur  Seite  aber  sitzend  sprach  Piyako,  der  Schatzmeister, 
also  zum  ehrwürdigen  Närado:  »Diesem  Könige  Mundo, 
0  Ehrwürdiger,  ist  seine  geliebte,  teure  Königin  Bhaddä 
gestorben,  und  infolge  ihres  Todes  badet  er  sich  weder, 
noch  salbt  er  sich,  noch  nimmt  er  Nahrung  zu  sich, 
noch  erledigt  er  seine  Geschäfte.  Tag  und  Nacht  liegt 
er  ganz  Verstört  neben  der  Leiche  der  Königin  Bhaddä. 
Gut  wäre  es,  o  Ehrwürdiger,  daß  der  ehrwürdige  Närado 
dem  Könige  Mundo  das  Gesetz  wiese,  auf  daß  der 
König  Mundo,  vom  ehrwürdigen  Närado  belehrt,  den 
Stachel  der  Pein  los  werde.« 

»Wie  es  denn,  Piyako,  dem  Könige  Mundo  be- 
lieben mag.« 

Und  Piyako,  der  Schatzmeister,  stand  von  seinem 
Sitze  auf,  begrüßte  ehrfurchtsvoll  den  ehrwürdigen 
Närado,  ging  rechts  herum  und  begab  sich  zum  Könige 
Mundo.  Dort  angelangt  sprach  er  zu  ihm:  »Der  ehr- 
würdige Närado,  o  Herr,  hat  seine  Zustimmung  ge- 
geben.   Möge  es  nun  dem  Herren  gefällig  sein! 

»Solasse  also,  lieber  Piyako,  recht  stattliche  Wagen 
bespannen!« 

»Gut,  0  Herr!«  erwiderte  Piyako,  derSchatzmeister, 
dem  Könige  Mundo  und  ließ  recht  stattliche  Wagen 
bespannen.  Darauf  sprach  er  zum  Könige  Mundo: 
»Bespannt,  o  Herr,  sind  deine  stattlichen  Wagen.  Möge 
es  dem  Herren  nun  gefällig  sein!« 


—    57    — 


T50  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Und  der  König  Mundo  bestieg  seinen  Staatswagen 
und  begab  sich,  von  vielen  stattlichen  Wagen  begleitet, 
in  Voller  Königspracht,  zum  Kukkutakloster,  um  den 
ehrwürdigen  Närado  zu  besuchen.  Als  er  soweit  ge- 
fahren war,  wie  man  fahren  konnte,  stieg  er  vom  Wagen 
und  ging  zu  Fuß  ins  Kloster.  Und  der  König  Mundo 
begab  sich  zum  ehrwürdigen  Närado.  Dort  angelangt, 
begrüßte  er  ehrfurchtsvoll  den  ehrwürdigen  Närado 
und  setzte  sich  zur  Seite  nieder.  Als  er  sich  aber 
gesetzt  hatte,  sprach  der  ehrwürdige  Närado  also  zu  ihm: 

»Fünf  Dinge,  o  König,  kann  kein  Asket  oder 
Priester  erreichen,  kein  Engel,  Teufel  oder  Gott,  noch 
irgend  einer  in  der  Welt:  welche  fünf? 

»Daß,  was  dem  Altern  unterworfen  ist,  nicht  altern 
möge;  daß,  was  der  Krankheit  unterworfen  ist,  nicht 
erkranken  möge;  daß,  was  dem  Tode  unterworfen  ist, 
nicht  sterben  möge;  daß,  was  dem  Verfalle  unterworfen 
ist,  nicht  verfallen  möge;  daß,  was  dem  Untergange 
unterworfen  ist,  nicht  untergehen  möge:  das,  o  König, 
kann  kein  Asket  oder  Priester  erreichen,  kein  Engel, 
Teufel  oder  Gott,  noch  irgend  einer  in  der  Welt. 

»Da,  0  König,  beginnt  bei  dem  unwissenden  Welt- 
linge,  was  dem  Altern  unterworfen  ist,  zu  altern,  — 
was  der  Krankheit  unterworfen  ist,  zu  erkranken,  — 
was  dem  Tode  unterworfen  ist,  zu  sterben,  -  was 
dem  Verfalle  unterworfen  ist,  zu  verfallen,  —  was  dem 
Untergange  unterworfen  ist,  unterzugehen.  Dabei  klagt, 
stöhnt  und  jammert  er,  schlägt  sich  weinend  in  die 
Brust,  gerät  in  Verzweiflung.  Von  diesem  unwissen- 
den Weltlinge,  o  König,  heißt  es,  daß  er,  getroffen 
vom  giftigen  Pfeile  des  Kummers,  sich  nur  selber 
Qualen  bereitet. 

—    58    — 


FÜNFERBUCH  V  r.O 


»Da  aber,  o  König,  beginnt  bei  dem  wissenden, 
edlen   Jünger,   was  dem   Altern  unterworfen  ist,   zu 
altern,    ~  was  der  Krankheit  unterworfen  ist,  zu  er- 
kranken, —  was  dem  Tode  unterworfen  ist,  zu  sterben, 
—  was  dem  Verfalle  unterworfen  ist,  zu  verfallen,  — 
was  dem  Untergange  unterworfen   ist,  unterzugehen. 
Während  aber  das  dem  Untergang  Unterworfene  unter- 
geht,   da  sagt  er  sich:   ,lch  bin  ja  nicht  der  einzige, 
bei  dem  das  dem  Untergang  Unterworfene  untergeht. 
Soweit  es  eben  Wesen  gibt,  die  da  kommen  und  gehen, 
sterben  und  geboren  werden:  bei  allen  Wesen  geht 
eben  unter,  was  dem  Untergange  unterworfen  ist.  Würde 
ich  nun,  da  das  dem  Untergange  Unterworfene  unter- 
geht, klagen,  stöhnen,  jammern,   mir  weinend  in  die 
Brust  schlagen  und  in  Verzweiflung  geraten,  so  möchte 
mir  die  Nahrung  nicht  bekommen,  der  Körper  elendes 
Aussehen  erlangen,  die  Arbeiten  nicht  voranschreiten, 
die  Feinde  aber  würden  erfreut  und  die  Freunde  bedrückt 
sein.'  Während  also  das  dem  Untergang  Unterworfene 
untergeht,  klagt,  stöhnt  und  jammert  er  nicht,  schlägt 
sich  nicht  weinend  in  die  Brust,  gerät  nicht  in  Ver- 
zweiflung.  Von  diesem  wissenden,  edlen  Jünger  aber, 
0  König,  heißt  es,   daß  er  entfernt  hat  den  giftigen 
Pfeil  des  Kummers,  durch  den- getroffen  der  unwissende 
Weitling  sich  nur  selber  Qualen  bereitet.    Befreit  vom 
Kummer,  befreit  vom  Pfeile  des  Leidens,  führt  der 
wissende,  edle  Jünger  sein  eigenes  Selbst  zur  Wahn- 
erlöschung. 

»Diese  fünf  Dinge,  o  König,  kann  kein  Asket  oder 
Priester  erreichen,  kein  Engel,  Teufel  oder  Gott,  noch 
irgend  einer  in  der  Welt.« 

—    59    — 


V  50  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Nicht  durch  Kummer,  auch  durch  Klagen  nimmermehr, 
Wird  auch  nur  der  allerkleinste  Zweck  erreicht; 
Ja,  beim  Anblicke  des  Kummers  und  der  Klagen 
Sind  die  Feinde  alle  wahrlich  hocherfreut. 

Doch,  wenn  der  Weise  nicht  im  Unglück  mehr  erzittert, 
Da  alle  Dinge  abzuwägen  er  versteht, 
Dann  wird  der  Feind  erfüllt  von  großem  Kummer,         " 
Da  er  sein  früh'res  Antlitz  unverändert  sieht. 

Ob  durch  Gespräch,  durch  Rat,  durch  edle  Rede, 
Durch  Gabe  oder  durch  Familienbrauch: 
Wodurch  und  wo  man  immer  's  Heil  erringen  kann. 
Da  ist  es  recht,  daß  man  sich  d'rum  bemühe. 

Sobald  man  weiß,  daß  dieses  oder  jenes  Ding 
Man  selbst  nicht,  auch  kein  and'rer  je  erreichen  kann, 
Soll,  ohne  Klagen  duldend,  man  sich  selber  fragen, 
Ob  man's  Geschick  («)  denn  immer  fester  fügen  soll. 

Auf  diese  Worte  sprach  der  König  Mundo  also 
zum  ehrwürdigen  Närado: 

»Was  ist  wohl,  o  Ehrwürdiger,  der  Name  dieser 
Gesetzesdarlegung?« 

»,Das  Herausreißen  des  Leidensstachels':  das, 
0  König,  ist  der.  Name  dieses  Gesetzesvortrages.« 

>Wahrlich,  o  Ehrwürdiger,  ein  Herausreißen  des 
Leidensstachels  war  es;  denn  nach  dem  Anhören  dieses 
Gesetzesvortrages,  o  Ehrwürdiger,  ist  mir  der  Leidens- 
stachel geschwunden. 

Und  der  König  Mundo  gebot  Piyako,  seinem  Schatz- 
meister: »So  verbrenne  denn,  lieber  Piyako,  den  Leich- 
nam der  Königin  Bhaddä  und  lasse  einen  Grabhügel 
darüber  errichten!  Von  heute  ab  will  ich  mich  wieder 
baden,  salben,  Nahrung  zu  mir  nehmen  und  meinen 
Geschäften  nachgehen.« 

(«)  Genauer:  das  auf  Verblendungund  Begehren  beruhende  und 
zu  immer  erneuter  Geburt  führende  daseinsbejahende  Wirken 
(kamma). 

Gü     — 


FÜNFERBUCH  V  ol 


SECHSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Hemmungen 

Die  fünf  Hemmungen  (nivaranä)  51 

[Im  Jetahaine  bei  Sävatthi]: 

Fünf  gibt  es,  ihr  Mönche,  der  Hindernisse,  der 
Hemmungen,  der  Störungen  des  Geistes,  der  Lähmungen, 
der  Einsicht:  welche  fünf?  Sinnenlust,  Groll,  Stumpf- 
heit und  Mattigkeit,  Aufgeregtheit  und  Gewissens- 
unruhe, Zweifelsucht. 

Daß  nun,  ihr  Mönche,  ein  Mönch,  ohne  diese  fünf 
Hindernisse,  diese  Hemmungen  und  Störungen  des 
Geistes,  diese  Lähmungen  der  Einsicht  überkommen 
zu  haben,  das  eigene  Heil  oder  das  Heil  der  anderen 
oder  das  gemeinsame  Heil  erkennen  und  das  über- 
menschliche Ziel  des  vollkommenen  Erkenntnisblickes 
verwirklichen  wird:  das  ist  nicht  möglich. 

Gleichwie,  ihr  Mönche,  wenn  da  ein  Mann  an 
einem  weithin  eilenden,  schnell  dahinströmenden, 
reißenden  Gebirgsstrome  die  Schleusen  auf  beiden 
Ufern  öffnet,  sich  dadurch  die  Strömung  in  der  Mitte 
teilt,  erweitert  und  zerrissen  wird  und  nicht  mehr  in 
weite  Fernen  eilt,  noch  schnell  dahinströmt,  noch  reißend 
ist:  ebenso  auch,  ihr  Mönche,  ist  es  nicht  möglich, 
daß  ein  Mönch,  ohne  diese  fünf  Hindernisse  über- 
kommen zu  haben,  das  eigene  Heil  oder  das  Heil  der 
anderen  oder  das  gemeinsame  Heil  erkennen  und  das 
übermenschliche  Ziel  des  vollkommenen  Erkenntnis- 
blickes verwirklichen  wird.  («) 

(«)  IJber  die  fünf  Hemmungen  (nivaranä)  siehe  I,  2. 

-    61    — 


V  52,  53  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

52  Der  Haufen  Schuld 

Will  man,  ihr  Mönche,  von  einem  Haufen  Schuld 
sprechen,  dann  mag  man  mit  Recht  die  fünf  Hemmungen 
als  einen  solchen  bezeichnen,  denn  diefünf  Hemmungen, 
ihr  Mönche,  sind  ein  Vollständiger  Haufen  Schuld.  — 

53  .  Die  fünf  Kampfesglieder 

Fünf  Kampfesglieder  gibt  es,  ihr  Mönche:  welche 
fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  eignet  dem  Mönch  Vertrauen; 
er  glaubt  an  die  Erleuchtung  des  Vollendeten,  nämlich 
daß  das  der  Erhabene  ist,  der  Heilige,  vollkommen 
Erleuchtete,  der  im  Wissen  und  Wandel  Vollendete, 
der  Gesegnete,  der  Weltenkenner,  der  höchste  Lenker 
der  zu  bezähmenden  Menschheit,  der  Meister  der 
Himmelswesen  und  Menschen,  der  Erleuchtete,  der 
Erhabene. 

Gesund  ist  er,  frei  von  Siechtum.  Seine  Säfte 
{(()  bewirken  eine  gleichmäßige  Verdauung,  sind  weder 
zu  kah  noch  zu  heiß,  sondern  besitzen  mittlere  Wärme 
und  machen  ihn  dem  Kampfe  gewachsen. 

Kein  Heuchler  ist  er,  kein  Gleisner.  Der  Wahr- 
heit entsprechend,  bekennt  er  sich  dem  Meister  oder 
verständigen  Ordensbrüdern. 

Eifrig  kämpft  er,  um  die  schuldvollen  Dinge  zu 
überwinden,  die  verdienstvollen  Dinge  aber  zu  er- 
wecken, ist  standhaft,  von  gestählter  Kraft,  nicht  nach- 
lässig im  Guten. 

(«)  gahanl  (=  Sanskrit:  grahanT)  erklärt  der  Kommentar  als 
das  dem  einzelnen  angeborene  (kamraa-ja,  das  durch  vorgeburt- 
liches Wirken  hervorgerufene)  Wärmeelement  (tejo-dhätu). 

—    62    — 


FUNFERBUCH  V  54 


Weise  ist  er;  er  besitzt  Einsicht  in  das  Entstehen 
und  Vergehen,  edle,  durchdringende,  zur  Vöihgen 
Leidensvernichtung  führende. 

Das,  ihr  Mönche,   sind  die  fünf  Kampfesgiieder. 

Günstige  und  ungünstige  Zeiten  54 

Fünf  ungünstige  Zeiten  zum  Kampfe  gibt  es,  ihr 
Mönche:  welche  fünf? 

Wenn  da,  ihr  Mönche,  der  Mönch  alt  ist,  'von 
Alter  bedrückt:  das,  ihr  Mönche,  ist  die  erste  ungünstige 
Zeit  zum  Kampfe.  Wenn  da  ferner,  ihr  Mönche,  der 
Mönch  siech  ist,  von  Siechtum  bedrückt:  das,  ihr 
Mönche,  ist  die  zweite  ungünstige  Zeit  zum  Kampfe. 
Wenn  da  ferner,  ihr  Mönche,  Nahrungsnot  und  schlechte 
Ernte  ist  und  Almosen  schwer  zu  erlangen  sind  und 
es  nicht  leicht  ist,  vom  Eingesammelten  zu  leben:  das, 
ihr  Mönche,  ist  die  dritte  ungünstige  Zeit  zum  Kampfe. 
—  Wenn  da  ferner,  ihr  Mönche,  die  Jüngerschaft  ge- 
spalten ist;  —  denn  ist,  ihr  Mönche,  die  Jüngerschaft 
gespalten,  so  verleumdet  einer  den  anderen,  beschimpft 
einer  den  anderen,  umgeht  einer  den  anderen,  verjagt 
einer  den  anderen;  und  wer  da  kein  Vertrauen  be- 
sitzt, erlangt  es  nicht;  bei  einigen  unter  den  Vertrauens- 
vollen aber  tritt  eine  Wandlung  ein  —  das,  ihr  Mönche, 
ist  die  fünfte  ungünstige  Zeit  zum  Kampfe.  Diese 
fünf  ungünstigen  Zeiten  zum  Kampfe  gibt  es,  ihr  Mönche. 

Fünf  günstige  Zeiten  zum  Kampfe  gibt  es,  ihr 
Mönche:  welche  fünf? 

Wenn  da,  ihr  Mönche,  der  Mönch  noch  ein  Jüng- 
ling ist,  jung,  schwarzhaarig,  in  bester  Jugend,  im  ersten 
Mannesalter:   das,  ihr  Mönche,  ist  die  erste  günstige 

—    Gö    — 


V  5&  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


Zeit  zum  Kampfe.  Wenn  da  ferner,  ihr  Mönche,  der 
Mönch  gesund  ist,  frei  Von  Siechtum  und  seine  Säfte 
eine  gleichmäßige  Verdauung  bewirken,  weder  zu  kalt 
sind  noch  zu  heiß,  sondern  mittlere  Wärme  besitzen 
und  ihn  dem  Kampfe  gewachsen  machen:  das,  ihr 
Mönche,  ist  die  zweite  günstige  Zeit  zum  Kampfe. 
Wenn  da  ferner,  ihr  Mönche,  Nahrungsüberfluß  ist  und 
gute  Ernte  und  es  leicht  ist,  Almosen  zu  erlangen  und 
durch  Almosen  und  Gaben  das  Leben  zu  fristen:  das, 
ihr  Mönche,  ist  die  dritte  günstige  Zeit  zum  Kampfe. 
Wenn  da  ferner,  ihr  Mönche,  die  Menschen  in  Ein- 
tracht und  Freundschaft  leben,  ohne  Streit,  ein  mildes 
Wesen  haben  und  einander  mit  freundlichen  Blicken 
begegnen:  das,  ihr  Mönche,  ist  die  Vierte  günstige 
Zeit  zum  Kampfe.  Wenn  da  ferner,  ihr  Mönche,  die 
Jüngerschaft  in  Frieden  lebt.  Voll  Eintracht  und  Liebe, 
ohne  Streit  und  ein  und  dieselben  Vorschriften  befolgt; 
—  lebt  nämlich,  ihrMönche,  die  Jüngerschaft  in  Eintracht, 
so  verleumdet  nicht  einer  den  anderen,  beschimpft  nicht 
einer  den  anderen,  umgeht  nicht  einer  den  anderen, 
verjagt  nicht  einer  den  anderen;  dadurch  aber  gewinnen 
die  Vertrauenslosen  an  Vertrauen,  und  die  Vertrauens- 
vollen werden  fester  —  das,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte 
günstige  Zeit  zum  Kampfe.  Diese  fünf  günstigen  Zeiten 
zum  Kampfe  gibt  es,  ihr  Mönche. 

55  Die  Falle  des  Mahr 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Jetahaine  bei  Sä- 
vatthT,  im  Kloster  des  Anäthapindiko.  Zu  jener  Zeit 
aber  traten  ein  Mönch  und  eine  Nonne  Mutter  und 
Sohn    -   beide  in  Sävatthi  die  Regenzeit  an.     Beide 

—    64    — 


FÜNFERBUCH  T  55 


hatten  häufig  den  Wunsch,  sich  einander  zu  sehen; 
bisweilen  war  es  die  Mutter,  die  den  Sohn  zu  sehen 
wünschte,  bisweilen  der  Sohn,  der  die  Mutter  zu  sehen 
wünschte.  Durch  ihr  häufiges  Sehen  aber  Entstand 
Geselligkeit,  und  aus  der  Geselligkeit  wurde  Vertrau- 
lichkeit, und  infolge  der  Vertraulichkeit  unterlagen  sie 
ihrer  Schwäche;  und  schwachen  Herzens,  ohne  das 
Asketenleben  aufzugeben,  verübten  sie  den  Begat- 
tungsakt. 

Damals  nun  begaben  sich  zahlreiche  Mönche  zum 
Erhabenen.  Dort  angelangt,  begrüßten  sie  ehrfurchts- 
voll den  Erhabenen  und  setzten  sich  zur  Seite  nieder. 
Zur  Seite  aber  sitzend,  berichteten  jene  Mönche  die 
ganze  Sache  dem  Erhabenen. 

[Der  Erhabene:]  »Wie?  So  meint  wohl,  ihr 
Mönche,  jener  Tor,  daß  eine  Mutter  nicht  zu  ihrem 
Sohne  von  Begierde  ergriffen  werden  könnte  oder  ein 
Sohn  nicht  zu  seiner  Mutter?  Nicht  kenne  ich,  ihr 
Mönche,  auch  nur  eine  andere  Gestalt,  die  so  lust- 
erregend, so  begierreizend,  so  berauschend,  so  be- 
strickend, so  betörend  und  so  hinderlich  wäre,  die 
unvergleichliche  Sicherheit  zu  erringen,  als  wie  gerade 
die  Gestalt  des  Weibes.  Wegen  der  Gestalt  des  Weibes, 
ihr  Mönche,  sind  die  Wesen  in  Lust  und  Begierde 
entbrannt,  gefesselt  und  betört;  und  lange  klagen  sie 
im  Banne  der  weiblichen  Gestalt.  Nicht  kenne  ich 
ihr  Mönche,  auch  nur  eine  andere  Stimme,  —  nur 
einen  anderen  Duft,  —  nur  einen  anderen  Geschmack, 
—  nur  eine  andere  Berührung,  die  so  lusterregend, 
so  begierreizend,  so  berauschend,  so  bestrickend,  so 
betörend  und  so  hinderlich  Wäre,  die  unvergleichliche 
Sicherheit  zu  erringen,  als  wie  gerade  die  Berührung 


DieRedendesBuddha.Bd.il        —      65 


t  65  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

des  Weibes.  Wegen  der  Berührung  des  Weibes,  ihr 
Mönche,  sind  die  Wesen  in  Lust  und  Begierde  ent- 
brannt, gefesselt  und  betört;  und  lange  klagen  sie  im 
Banne  'der  weiblichen  Berührung. 

»Ob,  ihr  Mönche,  das  Weib  geht  oder  steht,  sitzt 
oder  liegt,  ob  es  lacht  oder  spricht,  singt  oder  weint, 
oder  ob  es  entblößt  ist:  selbst  als  Leiche,  ihr  Mönche, 
fesselt  das  Weib  des  Mannes  Herz.  Wollte  man  also, 
ihr  Mönche,  etwas  mit  Recht  als  die  vollständige  Falle 
des  Mahr  bezeichnen,  so  hätte  man  da  mit  Recht  das 
Weib  als  solche  zu  bezeichnen.«  («) 

»Man  plaud're  eher  mit  Dämonen 
Und  Mördern  mit  gezücktem  Schwert, 
Berühre  eher  gift'ge  Schlangen, 
Selbst  wenn  ihr  Biß  den  Tod  bewirkt. 
Als  daß  man  jemals  plaudere 
Mit  einem  Weibe  ganz  allein! 

>Den  Unachtsamen  nämlich  fesselt 
Durch  Blick  und  Lächeln  stets  das  Weib, 
Sowie  durch  ihre  dünne  Kleidung 
Als  auch  durch  ihrer  Stimme  Reiz. 

»Fünf  sinnliche  Objekte  sind  es. 
Die  man  am  Weiberleib  gewahrt: 
Gestalt  und  Stimme,  Duft,  Geschmack,    . 
Berührung,  die  den  Sinn  berückt. 

>Vom  Strom  der  Leidenschaft  getrieben, 
Ohn'  Einblick  in  die  Sinnlichkeit, 
Folgt  einem  Zeit,  Geschick  und  Werden 
Stets  nach  in  dieser  Wandelwelt. 

>Doch  wer,  die  Sinnlichkeit  durchschauend, 
Jedweder  Furcht  entronnen  ist. 
Der  hat  den  Strom  der  Welt  durchkreuzet; 
Versiegt  ist  alle  Leidenschaft.« 

(«)  Zu  dieser  Sutte  vgl.  I,  1. 

—    66    — 


FUNFERBUCH  V  56 


Die  Bedingungen  zum  Fortschritt  56 

Einst  begab  sich  ein  Mönch  zu  seinem  Berater  («) 
und  sprach  zu  ihm:  »Gar  verweichlicht,  o  Ehrwürdiger, 
ist  mein  Körper;  die  Richtwege  sind  mir  nicht  l^lar, 
die  Fähigkeiten  (ß)  stellen  sich  bei  mir  nicht  ein, 
Stumpfheit  und  Mattigkeit  halten  meinen  Geist  ge- 
fangen, und  ohne  Begeisterung  führe  ich  das  Mönchs- 
leben; auch  bin  ich  über  das  Gesetz  noch  voller 
Zweifel.«  Darauf  begab  sich  jener  Mönch,  zusammen 
mit  dem  untergebenen  Mönche  (y),  zum  Erhabenen. 
Dort  angelangt,  begrüßte  er  ehrfurchtsvoll  den  Erhabenen 
und  setzte  sich  zur  Seite  nieder.  Zur  Seite  aber  sitzend, 
sprach  jener  Mönch  also  zum  Erhabenen: 

»Dieser  Mönch,  o  Ehrwürdiger,  sagt  da,  daß  sein 
Körper  gar  verweichlicht  sei,  daß  die  Richtwege  ihm 
nicht  klar  seien,  die  Fähigkeiten  sich  bei  ihm  nicht 
einstellen,  Stumpfheit  und  Mattigkeit  seinen  Geist  ge- 
fangen halten,  und  daß  er  ohne  Begeisterung  das 
Mönchsleben  führe,  daß  auch  hinsichtlich  des  Gesetzes 
er  noch  voller  Zweifel  sei.« 

»So  steht  es  damit,  o  Mönch:  Wer  da  die  Sinnen- 
tore nicht  bewacht,  beim  Mahle  nicht  Maß  hält,  nicht 

(«)  Jeder  Mönch  (bhikkhu)  muß  mindestens  während  der 
ersten  fünf  Jahre  in  Abhängigkeit  von  dem  von  ihm  selbst  ge- 
wählten Berater  (upajjhäya)  leben.  Zu  letzterem  darf  er  sich  nur 
einen  in  dem  Gesetz  und  der  Ordenszucht  erfahrenen  Mönch,  der 
zum  wenigsten  zehn  Ordensjahre  hinter  sich  hat,  einen  sog.  thera, 
d.  i.  Ordensälteren,  erwählen.  Das  gegenseitige  Verhältnis  soll 
wie  das  zwischen  Vater  und  Sohn  sein. 

(ß)  nämlich  Gemütsruhe  (samatha)  und  Hellblick  (vi- 
pässanä),  sagt  der  Kommentar. 

(y)  saddhi-vihärika,  wörtl.  -Mitbewohner«.  So  bezeichnet  der 
Ordensältere  seine  ihm  untergebenen  Mönche  und  Novizen. 

—    67    —  5* 


t  56  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

der  Wachsamkeit  ergeben  ist,  die  heilsamen  Dinge 
nicht  beachtet  und  nicht  bei  Beginn  und  Ende  der 
Nacht,  die  Erweckung  der  zum  Wissen  führenden 
Dinge  übend,  verweilt,  dessen  Körper  verweichlicht 
eben,  die  Richtwege  sind  ihm  nicht  klar,  die  Fähig- 
keiten stellen  sich  bei  ihm  nicht  ein,  Stumpfheit  und 
Mattigkeit  halten  seinen  Geist  gefangen,  und  ohne 
Begeisterung  führt  er  das  Mönchsleben;  auch  hin- 
sichtlich des  Gesetzes  ist  er  voller  Zweifel.  So 
mögest  du  denn,  o  Mönch,  danach  trachten:  ,Mit  wohl- 
bewachten Sinnentoren  will  ich  verweilen,  maßhalten 
beim  Mahle,  mich  der  Wachsamkeit  ergeben,  die  heil- 
samen Dinge  beachten;  und  bei  Beginn  und  Ende  der 
Nacht  will  ich,  die  Erweckung  der  zum  Wissen  führen- 
den Dinge  übend.  Verweilen!'  Danach,  o  Mönch, 
mögest  du  trachten!« 

Und  jener  Mönch,  Vom  Erhabenen  ermahnt,  er- 
hob sich  Von  seinem  Sitze,  begrüßte  ehrfurchtsvoll 
den  Erhabenen  und  ging,  dem  Erhabenen  die  Rechte 
zukehrend,  davon.  Und  einsam,  abgesondert,  uner- 
müdlich, eifrig,  selbstentschlossen  verweilend,  gewann 
jener  Mönch  nach  gar  nicht  langer  Zeit  jenes  höchste 
Ziel  der  Heiligkeit,  demzuliebe  edle  Söhne  gänzlich 
Von  Hause  in  die  Hauslosigkeit  ziehen,  indem  er  es 
selber  erkannte  und  verwirklichte.  Und  er  erkannte: 
»Aufgehoben  ist  die  Geburt,  ausgelebt  der  Heilige 
Wandel,  das  Werk  vollendet;  nicht  kehr'  ich  mehr  zu 
dieser  Welt  zurück.«  Und  jener  Mönch  war  einer 
der  Heiligen  geworden.  Als  er  aber  die  Heiligkeit 
erlangt  hatte,  begab  er  sich  zu  seinem  Berater  und 
sprach  zu  ihm: 

»Nicht  mehr,  o  Ehrwürdiger,  ist  mein  Körper  ver- 

—    G8      - 


FÜNFERBUCH  V  ä6 


weichlicht;  die  Richtwege  sind  mir  klar,  die  Fähig- 
keiten stellen  sich  bei  mir  ein,  nicht  halten  Stumpfheit 
und  Mattigkeit  meinen  Geist  gefangen,  und  voll  Be- 
geisterung führe  ich  das  Mönchsleben;  auch  hinsicht- 
lich des  Gesetzes  habe  ich  keine  Zweifel  mehr.« 

Darauf  begab  sich  jener  Mönch,  zusammen  mit 
dem  ihm  untergebenen  Mönche,  zum  Erhabenen.  Dort 
angelangt,  begrüßte  er  ehrfurchtsvoll  den  Erhabenen 
und  setzte  sich  zur  Seite  nieder.  Zur  Seite  aber  sitzend 
sprach  jener  Mönch  also  zum  Erhabenen: 

»Dieser  Mönch,  o  Ehrwürdiger,  sagt  da,  daß  sein 
Körper  nicht  mehr  verweichlicht  sei,  dai3  die  Richt- 
wege ihm  klar  seien,  die  Fähigkeiten  sich  bei  ihm 
einstellen,  Stumpfheit  und  Mattigkeit  seinen  Geist  nicht 
mehr  gefangen  halten  und  er  voll  Begeisterung  das 
Mönchsleben  führe,  auch  daß  er  hinsichtlich  des  Ge- 
setzes keine  Zweifel  mehr  habe.« 

»So  steht  es  damit,  o  Mönch:  Wer  da  die  Sinnen- 
tore bewacht,  der  Wachsamkeit  ergeben  ist,  die  heil- 
samen Dinge  beachtet  und  bei  Beginn  und  Ende  der 
Nacht,  die  Erweckung  der  zum  Wissen  führenden  Dinge 
übend,  verweilt,  dessen  Körper  verweichlicht  nicht,  die 
Richtwege  sind  ihm  klar,  die  Fähigkeiten  stellen  sich 
bei  ihm  ein,  Stumpfheit  und  Mattigkeit  halten  seinen 
Geist  nicht  gefangen,  und  voll  Begeisterung  führt  er 
das  Mönchsleben;  auch  hat  er  hinsichtlich  des  Gesetzes 
keine  Zweifel  mehr.  Darum  habt  ihr,  o  Mönche,  da- 
nach zu  trachten:  »Mit  Wohl  bewachten  Sinnentoren 
wollen  wir  verweilen,  maßhalten  beim  Mahle,  uns  der 
Wachsamkeit  ergeben,  die  heilsamen  Dinge  beachten 
und  bei  Beginn  und  Ende  der  Nacht,  die  Erweckung 

—    69    — 


V57  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

der  zum  Wissen  führenden  Dinge  übend,  verweilen!« 
Danacii,  ihr  Mönche,  habt  ihr  zu  trachten!« 

57  Fünf  Betrachtungen  fiir  jedermann 

Folgende  fünf  Gesetze,  ihr  Mönche,  sollte  jeder 
öfters  bei  sich  'erwägen,  ganz  gleich  ob  Mann  oder 
Weib,  Hausbewohner  oder  Hausloser:  welche  fünf? 

»Dem  Alter  bin  ich  unterworfen,  kann  dem  Alter 
nicht  entgehen.  —  Der  Krankheit  bin  ich  unterworfen, 
kann  der  Krankheit  nicht  entgehen.  —  Dem  Sterben 
bin  ich  unterworfen,  kann  dem  Sterben  nicht  entgehen. 
—  Von  allem  Lieben  und  Angenehmen  muß  ich  scheiden 
und  mich  trennen.  —  Eigner  und  Erbe  meiner  Taten 
bin  ich,  meinen  Taten  entsprossen,  mit  ihnen  verknüpft, 
habe  sie  zur  Zuflucht  und  werde  die  guten  und  bösen 
Taten,  die  ich  tue,  zum  Erbe  haben«:  das  sollte  jeder 
öfters  bei  sich  erwägen,  ganz  gleich  ob  Mann  oder 
Weib,  Hausbewohner  oder  Hausloser. 

Aus  welchem  Grunde  aber,  ihr  Mönche,  sollte  man 
öfters  bei  sich  erwägen,  daß  man  dem  Alter  unter- 
worfen ist,  dem  Alter  nicht  entgehen  kann? 

Die  Wesen,  ihr  Mönche,  sind  erfüllt  vom  Jugend- 
wahne, durch  den  berauscht  sie  in  Werken,  Worten 
und  Gedanken  einen  schlechten  Wandel  führen.  Wer 
aber  diese  Tatsache  öfters  bei  sich  erwägt,  bei  dem 
schwindet  dieser  Jugendwahn  entweder  ganz,  oder  er 
wird  abgeschwächt.  Aus  diesem  Grunde,  ihr  Mönche, 
sollte  man  öfters  bei  sich  erwägen,  daß  man  dem  Alter 
unterworfen  ist,  dem  Alter  nicht  entgehen  kann. 

Aus  Welchem  Grunde  aber,  ihr  Mönche,  sollte 
man  öfters  bei  sich  erwägen,  daß  man  der  Krankheit 
unterworfen  ist,   der  Krankheit  nicht  entgehen  kann? 

-    70    — 


FÜNFERBUCH  V  57 


Die  Wesen,  ihr  Mönche,  sind  erfüllt  Vom  Gesund- 
heitswahne, durch  den  berauscht  sie  in  Werken,  Worten 
und  Gedanken  einen  schlechten  Wandel  führen.  Wer 
aber  diese  Tatsache  öfters  bei  sich  erwägt,  bei  dem 
schwindet  dieser  Gesundheitswahn  entweder  ganz,  oder 
er  wird  abgeschwächt.  Aus  diesem  Grunde,  ihr  Mönche, 
sollte  man  öfters  bei  sich  erwägen,  daß  man  der  Krank- 
heit unterworfen  ist,  der  Krankheit  nicht  entgehen 
kann. 

Aus  welchem  Grunde  aber,  ihr  Mönche,  sollte 
man  öfters  bei  sich  erwägen,  daß  man  dem  Sterben 
unterworfen  ist,  dem  Sterben  nicht  entgehen  kann? 

Die  Wesen,  ihr  Mönche,  sind  erfüllt  vom  Lebens- 
wahne, durch  den  berauscht  sie  in  Werken,  Worten 
und  Gedanken  einen  schlechten  Wandel  führen.  Wer 
aber  diese  Tatsache  öfters  bei  sich  erwägt,  bei  dem 
schwindet  dieser  Lebenswahn  entweder  ganz,  oder  er 
wird  abgeschwächt.  Aus  diesem  Grunde,  ihr  Mönche, 
sollte  man  öfters  bei  sich  erwägen,  daß  man  dem 
Sterben  unterworfen  ist,  dem  Sterben  nicht  entgehen 
kann. 

Aus  welchem  Grunde  aber,  ihr  Mönche,  sollte 
man  öfters  bei  sich  erwägen,  daß  man  von  allem  Lieben 
sich  scheiden  und  trennen  muß? 

Die  Wesen,  ihr  Mönche,  sind  hinsichtlich  der  ge- 
liebten Dinge  von  Willensgier  erfüllt,  durch  die  sie 
berauscht  in  Werken,  Worten  und  Gedanken  einen 
schlechten  Wandel  fühien.  Wer  aber  diese  Tatsache 
öfters  bei  sich  erwägt,  bei  dem  schwindet  diese  Willens- 
gier entweder  ganz,  oder  sie  wird  abgeschwächt.  Aus 
diesem  Grunde,  ihr  Mönche,  sollte  man  öfters  bei  sich 


71 


V&7  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

erwägen,  daß  man  von  allem  Lieben  scheiden  und  sich 
trennen  muß. 

Aus  welchem  Grunde  aber,  ihr  Mönche,  soll  man 
öfters  bei  sich  erwägen:  »Eigner  und  Erbe  meiner  Taten 
bin  ich,  meinen  Taten  entsprossen,  mit  ihnen  verknüpft, 
habe  sie  zur  Zuflucht  und  werde  die  guten  und  bösen 
Taten,  die  ich  tue,  zum  Erbe  haben«? 

Den  Wesen,  ihr  Mönche,  eignet  schlechter  Wandel 
in  Werken,  Worten  und  Gedanken.  Wer  aber  öfters 
bei  sich  erwägt,  daß  er  Eigner  und  Erbe  seiner  Taten 
ist  und  die  guten  und  bösen  Taten,  die  er  tut,  als 
Erbe  haben  wird,  bei  dem  schwindet  dieser  schlechte 
Wandel  entweder  ganz,  oder  er  wird  abgeschwächt. 
Aus  diesem  Grunde,  ihr  Mönche,  sollte  man,  ganz 
gleich  ob  Mann  oder  Weib,  Hausbewohner  oder  Haus- 
loser, öfters  bei  sich  also  erwägen:  »Eigner  und  Erbe 
meiner  Taten  bin  ich,  meinen  Taten  entsprossen,  mit 
ihnen  verknüpft,  habe  sie  zur  Zuflucht  und  werde  die 
guten  und  bösen  Taten,  die  ich  tue,  zum  Erbe  haben«. 

Der  edle  Jünger,  ihr  Mönche,  erwägt  da  also  bei 
sich:  »Nicht  bin  ich  ja  der  Einzige,  der  dem  Altern 
unterworfen  ist,  dem  Altern  nicht  entgehen  kann;  son- 
dern wo  immer  es  Wesen  gibt,  die  da  kommen  und 
gehen,  sterben  und  geboren  werden:  alle  diese  Wesen 
sind  dem  Altern  unterworfen,  können  dem  Altern  nicht 
entgehen«.  Indem  er  aber  diese  Tatsache  häufig  bei 
sich  erwägt,  erschließt  sich  ihm  der  Pfad.  («)  Jenen 
Pfad  hegt  und  pflegt  er,  wandelt  er  beharrlich.    Und 

(a)  magga,  d.  i.  der  Eintritt  in  einen  der  vier  Grade  der  Heilig- 
keit, nämlich  in  den  Stromeintritt,  die  Einmal-Wiederkehr,  die  Nie- 
wiederkehr oder  die  Vollkommene  Heiligkeit,  in  Päli:  sotäpatti- 
magga,  sakadägämi-magga,   anägäniT-magga  und  arahatta-magga. 

—    72    - 


FÜNFERBUCH  V  08 


indem  er  jenen  Pfad  hegt  und  pflegt  und  ihn  beharr- 
Uch  wandelt,  schwinden  ihm  die  Fesseln  («),  und  seine 
Neigungen  (ß)  ersterben. 

[Er  erwägt:]  >Nicht  bin  ich  ja  der  Einzige,  der 
der  Krankheit  unterworfen  ist,  der  Krankheit  nicht 
entgehen  kann;  —  nicht  bin  ich  ja  der  Einzige,  der 
dem  Sterben  unterworfen  ist,  dem  Sterben  nicht  ent- 
gehen kann;  —  nicht  bin  ich  ja  der  Einzige,  der  von 
allem  Lieben  scheiden  und  sich  trennen  muß;  —  nicht 
bin  ich  ja  der  Einzige,  der  der  Eigner  und  Erbe  seiner 
Taten  ist,  seinen  Taten  entsprossen  und  mit  ihnen 
verknüpft  ist,  sie  zur  Zuflucht  hat  und  die  guten  und 
bösen  Taten,  die  er  tut,  einst  erben  wird;  sondern  wo 
immer  es  Wesen  gibt,  die  da  kommen  und  gehen, 
sterben  und  geboren  werden:  alle  diese  Wesen  sind 
Eigner  und  Erben  ihrer  Taten,  sind  ihren  Taten  ent- 
sprossen und  mit  ihnen  verknüpft,  haben  sie  zur  Zu- 
flucht und  werden  die  guten  und  bösen  Taten,  die  sie 
tun,  zum  Erbe  haben«.  Indem  er  aber  diese  Tatsache 
häufig  bei  sich  erwägt,  erschließt  sich  ihm  der  Pfad. 
Jenen  Pfad  hegt  und  pflegt  er,  wandelt  er  beharrlich. 
Und  indem  er  jenen  Pfad  hegt  und  pflegt  und  ihn  be- 
harrlich wandelt,  schwinden  ihm  die  Fesseln,  und  seine 
Neigungen  ersterben. 

Fünf  segensreiche  Eigenschaften  58 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  großen  Walde  bei 
SäVatthi,  in  der  Halle  des  Giebelhauses.     Und  der 

(a)  Über  die  zehn  Fesseln,  sannöjana,  die  der  Reihe  nach 
durch  das  Erreichen  der  vier  Pfade  zur  Aufhebung  gelangen. 
Siehe  X,  13. 

(ß)  anüsaya.    Siehe  VII,  12. 


73 


V  68  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Erhabene  kleidete  sich  in  der  Frühe  an,  nahm  Gewand 
und  Almosenschale  und  begab  sich  nach  Vesäli  um 
Almosen.  Nach  dem  Almosengange  aber,  am  Nach- 
mittage, nach  Beendigung  des  Mahles,  ging  er  tief  in 
den  großen  Wald  hinein  und  setzte  sich  am  Fuße  eines 
Baumes  nieder,  um  dort  den  Tag  zu  verbringen.  Zahl- 
reiche Licchavier  Prinzen  aber,  die  damals  gerade,  mit 
gespannten  Bogen  versehen  und  von  einer  Schar  Hunde 
umgeben,  im  großen  Walde  umherstreiften,  sahen  den 
Erhabenen  am  Fuße  des  Baumes  sitzen.  Bei  seinem 
Anblicke  legten  sie  die  gespannten  Bogen  weg,  trieben 
die  Hunde  beiseite  und  näherten  sich  dem  Erhabenen. 
Dort  angelangt  begrüßten  sie  ehrfurchtsvoll  den  Er- 
habenen und  setzten  sich  still  und  schweigsam  nieder, 
indem  sie  zum  Erhabenen  die  gefalteten  Hände  erhoben. 
Bei  jener  Gelegenheit  aber  erging  sich  Mahänämo  der 
Licchavier  im  großen  Walde,  und  er  bemerkte  jene 
Licchavier  Prinzen,  wie  sie  still  und  schweigsam,  die 
gefalteten  Hände  erhoben,  zur  Seite  des  Erhabenen 
dasaßen.  Bei  ihrem  Anblicke  näherte  er  sich  dem 
Erhabenen,  begrüßte  ihn  ehrfurchtsvoll  und  setzte  sich 
zur  Seite  nieder.  Zur  Seite  aber  sitzend  stieß  Mahä- 
nämo der  Licchavier  den  Ruf  aus:  »Heil  den  Vajjiern! 
Heil  den  Vajjiern!« 

[Der  Erhabene :]  >  Warum  sagst  du  denn,  Mahänämo : 
»Heil  den  Vajjiern!  («)  Heil  den  Vajjiern!«?« 

»Diese  Licchavier  Prinzen,  o  Ehrwürdiger,  sind 
wild  und  roh  und  störrig.  Was  da  in  ihre  Häuser  an 
Süßigkeiten  geschickt  wird,  wie  Zuckerrohr,  Brust- 
beeren, Kuchen,  Backwerk  und  Palmzucker,  das 
nehmen  sich  diese  weg,  essen  davon  und  bewerfen 

(«)  Ein  anderer  Name  für  das  Prinzengeschlecht  der  Licchavier. 
—    74    — 


FUNFERBUCH  V  58 


dann  Von  hinten  die  anständigen  Mädciien  und  Frauen 
damit.  Nun  sitzen  aber  jene  still  und  schweigsam, 
die  gefalteten  Hände  erhoben,  vor  dem  Erhabenen.« 

»Sei  es,  Mahänamo,  ein  hauptgekrönter  Khattiya- 
könig  oder  ein  Bürger,  der  von  seines  Vaters  Erbe 
lebt,  oder  ein  Feldherr,  ein  Dorfherr,  ein  Gemeinde- 
vorsteher oder  einer,  der  in  seiner  Familie  die  alleinige 
Leitung  innehat:  bei  welchem  edlen  Sohne  auch  immer 
fünf  Eigenschaften  anzutreffen  sind,  da  hat  man  Segen 
zu  erwarten,  keinen  Nachteil.  Welches  aber  sind 
diese  fünf  Eigenschaften?  ^ 

»Mit  den  Schätzen,  Mahanämo,  die  der  edle  Sohn 
durch  Aufbietung  von  Fleiß  und  Anstrengung  errungen, 
durch  seiner  Hände  Arbeit  im  Schweiße  seines  An- 
gesichtes angehäuft  hat,  den  rechtmäßigen,  ehrlich  er- 
worbenen, damit  beschenkt  er  seine  beiden  Eltern. 
Er  achtet  und  ehrt  sie,  ist  ihnen  ergeben.  Von  ihm 
aber  beschenkt,  geachtet  und  geehrt  und  hochgehalten, 
spenden  ihm  diese  mit  gutem  Herzen  ihren  Segen: 
, Mögest  du  lange  leben!  Möge  dir  ein  langes  Leben 
beschieden  sein!'  Von  ihnen  aber  gesegnet,  hat  der 
edle  Sohn  Segen  zu  erwarten,  keinen  Nachteil. 

>Und  fernerhin,  Mahänamo,  beschenkt  der  edle 
Sohn  mit  seinen  Schätzen  Weib  und  Kind,  Knechte 
und  Arbeiter,  —  beschenkt  er  diejenigen,  die  an- 
grenzend an  sein  Feld  beschäftigt  sind,  —  beschenkt 
er  die  Opfergötter  («),  —  beschenkt  er  Asketen  und 
Priester.  Er  achtet  und  ehrt  sie,  ist  ihnen  ergeben. 
Von  ihm  aber  beschenkt,  geachtet  und  geehrt  und 
hochgehalten,  spenden  ihm  diese  mit  gutem  Herzen 
ihren  Segen:  ,Mögest  du  lange  leben!    Möge  dir  ein 

(a)  Die  Schutzgeister  der  Familien,  sagt  der  Kommentar. 

—    75    - 


V59  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

langes  Leben  beschieden  sein!'  Von  ihnen  aber  ge- 
segnet, hat  der  edle  Sohn  Segen  zu  erwarten,  keinen 
Nachteil.«  («) 

»Die  beiden  Eltern  unterstützend, 
Erfüllt  von  Lieb'  zu  Weib  und  Kind, 
Gereicht  zum  Heil  er  dem  Gesinde 
Und  denen,  die  ihm  anvertraut. 

Zum  Segen  zeigt  der  Sittenreine 
Freigeb'ge  Milde  beiderseits: 
Den  einst  verstorbenen  Verwandten 
Und  denen,  die  noch  lebend  sind. 

Sowohl  Asketen  als  auch  Priester, 
Ja,  gar  den  Himmelswesen  selbst, 
Macht  Freude  der  verständ'ge  Mann, 
Der  tugendhaft  zu  Hause  lebt. 

\  s Indem  er  gute  Werke  wirkt. 

Wird  Lob  und  Ehre  ihm  zuteil. 
Hier  preiset  man  ihn  allgemein. 
Und  dort  erlangt  er  Himmelsglück.« 


59  Die  Nachteile  des  Alters 

0) 

Unter  denen,  ihr  Mönche,  die  erst  im  Alter  in  die 
Hauslosigkeit  gezogen  sind,  trifft  man  selten  einen  im 
Besitze  folgender  fünf  Eigenschaften:  welcher  fünf? 

Selten,  ihr  Mönche,  trifft  es  sich,  daß  einer,  der 
erst  im  Alter  in  die  Hauslosigkeit  gezogen  ist,  Scharf- 
sinn besitzt;  selten,  daß  er  ein  vollendetes  Benehmen 
hat;  selten,  daß  er  wissensreich  ist;  selten,  daß  er  ein 
Gesetzesredner   ist;   selten,   daß   er   ein  Kenner  der 

(a)  Zu  dieser  Rede  vergl.  die  Rede  über  die  sieben  segens- 
reichen Eigenschaften  der  Vajjier.    VII,  19  und  20. 

—    76    — 


F-ÜNF£kBUCH  V  66 


Ordensdisziplin  ist.  Unter  denen,  ihr  Mönche,  die 
erst  im  Alter  in  die  Hauslosigkeit  gezogen  sind,  trifft 
man  selten  einen  im  Besitze  dieser  fünf  Eigenschaften. 

Die  Nachteile  des  Alters  60 

(2) 
Selten,  ihr  Mönche,  trifft  es  sich,  daß  einer,  der 
erst  im  Alter  in  die  Hauslosigkeit  gezogen  ist,  nach- 
giebig ist,  daß  er  das  Gelernte  behält,  daß  er  den 
anderen  Beachtung  schenkt,  daß  er  ein  Gesetzes- 
redner ist,  daß  er  ein  Kenner  der  Ordensdiziplin  ist. 


77    — 


V  61,  62,  63  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

SIEBENTER  TEIL 

Das  Kapitel  der  Betrachtungen 

61  Fünf  segensreiche  Betrachtungen 

(1) 

Fünf  Betrachtungen,  ihr  Mönche,  entfaltet  und 
häufig  geübt,  bringen  hohen  Lohn  und  Segen  und 
haben  das  Todlose  Reich  (a)  zum  Stützpunkte  und 
Ziele,  welche  fünf? 

Die  Betrachtung  des  Widerlichen,  die  Betrachtung 
des  Todes,  die  Betrachtung  des  Elends,  die  Betrach- 
tung des  Ekels  der  Nahrung  und  die  Betrachtung  der 
Reizlosigkeit  des  ganzen  Daseins.  — 

62  Die  Betrachtung  der  Vergänglichkeit,  die  Be- 
trachtung der  Wesertlosigkeit,  die  Betrachtung  des 
Todes,  die  Betrachtung  des  Ekels  der  Nahrung  und 
die  Betrachtung  der  Reizlosigkeit  des  ganzen  Daseins. 
Diese  fünf  Betrachtungen,  ihr  Mönche,  entfaltet  und 
häufig  geübt,  bringen  hohen  Lohn  und  Segen  und 
haben  das  Todlose  Reich  zum  Stützpunkte  und  Ziele. 

63  Der  edle  Gewinn 

Wer  da,  ihr  Mönche,  unter  den  edlen  Jüngern 
in  fünf  Dingen  einen  Fortschritt  macht,  der  macht 
einen  edlen  Fortschritt  und  erlangt  für  sich  das  Edelste 
und  Beste:  in  welchen  fünf  Dingen? 

(«)  amata  (Sskr,  amrita  -=  afj,ßQoaia)  Todlosigkeit,  Unsterb- 
lichkeit bezeichnet  das  Nirwahn,  das  Erlöstsein  von  künftigem 
Wiedergeboren  werden,  Altern  und  Sterben. 

-    78    - 


FÜNFERBUCH  V  05, 66, 6^ 


In  Vertrauen,   Sittlichkeit,  Wissen,  Freigebigkeit 
und  Einsicht. 

Wer  da  erstarkt  ist  in  Vertrau'n  und  Sittlichkeit, 
In  mildem  Sinn,  im  Wissen  und  in  Einsicht, 
Solch  einsichtsvoller,  edler  Mensch   gewinnt  fürwahr 
Hienieden  noch  des  eignen  Selbstes  wahres  Ziel. 


Der  würdige  Ordensbruder  65 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  der  Mönch  Würdig  der  Besprechung  mit  seinen 
Ordensbrüdern.    Und  welches  sind  diese  fünf? 

Er  hat  selber  Sittlichkeit  erlangt,  und  die  beim 
Gespräche  über  die  Erlangung  der  Sittlichkeit  auf- 
geworfenen Fragen  weiß  er  zu  beantworten.  Er  hat 
selber  Sammlung  erlangt,  —  Einsicht  erlangt,  —  Er- 
lösung erlangt,  —  den  Erkenntnisblick  der  Erlösung 
erlangt,  und  die  beim  Gespräche  über  die  Erlangung 
des  Erkenntnisblickes  der  Erlösung  aufgeworfenen 
Fragen  weiß  er  zu  beantworten.  Mit  diesen  fünf  Eigen- 
schaften ausgestattet,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  würdig 
der  Besprechung  mit  seinen  Ordensbrüdern,  —  würdig  66 
ihrer  Ordensgemeinschaft. 


Der  Segen  der  Machtfährten  (iddhi-pada)  67 

Wer  da,  ihr  Mönche,  von  den  Mönchen  oder 
Nonnen  folgende  fünf  Dinge  entfaltet  und  häufig  übt, 
der  hat  einen  von  beiden  Ausgängen  zu  erwarten: 
entweder  noch  bei  Lebzeiten  »Höchstes  Wissen« 
(aiinä)  oder  aber,  wenn  noch  ein    Daseinsrest  übrig 

—    79    - 


Y  68  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

bleibt  («),  die  »NichtWiederkehr«  (anägämi-tä).  Und 
welches  sind  diese  fünf  Dinge? 

Da,  ihr  Mönche,  entfaltet  der  Mönch  die  in  an- 
gestrengter »Sammlung  des  Willens«  (chanda-samädhi) 
bestehende  Machtfährte,  die  in  angestrengter  >Samm- 
lung  der  Kraft«  (viriya-samädhi)  bestehende  Macht- 
fährte, die  in  angestrengter  »Sammlung  des  Geistes« 
(citta-samädhi)  bestehende  Machtfährte,  die  in  ange- 
strengter »Sammlung  des  Erwägens«  (vimarhsä- 
samädhi)  bestehende  Machtfährte  und  als  fünftes  die 

Ausdauer. 

68  Schon  vor  meiner  Vollkommenen  Erleuchtung, 
ihr  Mönche,  als  ich  noch  ein  Unerleuchteter,  ein 
Bödhisat  (d.  i.  ein  »Anwärter  auf  Erleuchtung«)  war, 
da  entfaltete  und  übte  ich  häufig  diese  fünf  Dinge. 
Indem  ich  aber,  ihr  Mönche,  diese  Dinge  —  als  fünftes 
die  Ausdauer  —  entfaltete  und  häufig  übte,  da  erreichte 
ich  —  auf  welche  durch  Höheres  Wissen  erreichbare 
Erscheinung  ich  auch  immer  meinen  Geist  richtete,  um 

(«)  D.  h.  wenn  er  eben  noch  nicht  bei  Lebzeiten  das  Arahattum 
(Heihgkeit)  erreicht  hat  und  infolgedessen  nach  d'em  Tode  die  fünf 
Daseinsaggregate  (khanda-upädi)  fortbestehen. 

Auch  beim  Arahat  (Heiligen)  spricht  man  von  einem  mit 
einem  Daseinsrest  behafteten  Nirwahn  (upädi-sesa-nibbäna)  und  einem 
»von  jedem  Daseinsrest  freien  Nirwahn  (an-upädi-sesa-nibbäna). 
Ersteres  ist  identisch  mit  der  während  seines  Lebens  eingetretenen 
^Erlöschung  (Nirwahn)  der  Leidenschaften«  (kilesa-parinibbäna)  und 
letzteres  mit  der  bei  seinem  Tode  eintretenden  Erlöschung  der 
Daseinsaggregate  (khanda-parrinibbäna),  von  upädiyati,  erfassen,  sich 
anklammern,  upädi  ist  eine  Bezeichnung  der  fünf  Daseinsaggregate 
(khanda).  Der  Kommentar  sagt:  upädi  ist  das,  woran  man  sich 
mit  den  vier  Anhaftungen  (Begierde,  Ansicht,  Hang  an  Sittenregeln 
und  Riten,  Persönlichkeitsglaube)  anklammert;  es  ist  eine  Bezeich- 
nung der  fünf  Daseinsaggregate». 

-        80     — 


FUNFERBUCH  V69 


sie  weise  zu  verwirklichen  —  eben  stets  die  Fähigl^eit, 
sie  zu  Verwirklichen,  sobald  die  Bedingungen  erfüllt 
waren.  — 

Zur  Erlösung  führende  Betrachtungen 

Da,  ihr  Mönche,  verweilt  der  Mönch  in  der  Be- 
trachtung der  Unreinheit  des  Körpers,  ist  eingedenk 
des  Ekels  der  Nahrung,  eingedenk  der  Reizlosigkeit 
des  ganzen  Daseins,  betrachtet  die  Vergänglichkeit 
aller  Bildungen,  und  die  Vorstellung  des  Todes  hat 
sich  in  seinem  Innern  wohl  gefestigt.  Diese  fünf  Dinge, 
ihr  Mönche,  entfaltet  und  häufig  geübt,  führen  zum 
gänzlichen  Daseinsüberdruß,  zur  Abwendung,  Auf- 
hebung und  zum  Frieden,  zur  Durchschauung,  Erleuch- 
tung und  zum  Nirwahn,  —  führen  zur  Versiegung  der 
Leidenschaften,  —  zeitigen  die  Frucht  der  Gemüts- 
erlösung, haben  die  Frucht  der  Gemütserlösung  zum 
Ergebnisse,  —  zeitigen  die  Frucht  der  Wissenserlösung, 
haben  die  Frucht  der  Wissenserlösung  zum  Ergebnisse. 

Insofern  nun  aber,  ihr  Mönche,  der  Mönch  gemüts- 
erlöst und  wissenserlöst  ist,  so  nennt  man  ihn  einen 
Schrankensprenger,  einen  Grabenzerstörer,  einen 
Stützenausreißer,  einen  Ungehemmten,  einen  edlen 
Fahnenledigen,  Lastenledigen,  Losgelösten. 

Wie  aber,  ihrMönche,  ist  der  Mönch  ein  Schranken- 
sprenger? Da,  ihr  Mönche,  ist  in  dem  Mönche  die 
Verblendung  (avijjä)  aufgehoben,  entwurzelt,  gleich 
einer  Palme  zerstört,  zunichte  gemacht  und  außerstande. 
Von  neuem  wieder  aufzukeimen.  So,  ihr  Mönche,  ist 
der  Mönch  ein  Schrankensprenger. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Graben- 
zerstörer?   Da,  ihr  Mönche,   ist  für  den  Mönch   der 

Die  Redendes  Budüha,  Bd   11        —      81       —  ti 


69 


V  69  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Kreislauf  (samsära)  der  Wiedergeburten  versiegt, 
entwurzelt,  gleich  einer  Palme  zerstört,  zunichte  ge- 
macht und  außerstande.  Von  neuem  wieder  aufzukeimen. 
So,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Grabenzerstörer. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Stützen- 
ausreißer? Da,  ihr  Mönche,  ist  in  dem  Mönche  das 
Begehren  (tanhä)  aufgehoben,  entwurzelt,  gleich  einer 
Palme  zerstört,  zunichte  gemacht  und  außerstande,  von 
neuem  wieder  aufzukeimen.  So,  ihr  Mönche,  ist  der 
Mönch  ein  Stützenausreißer. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Un- 
gehemmter? Da,  ihr  Mönche,  sind  in  dem  Mönche 
die  fünf  niederen  Fesseln  (saiiiiejana)  geschwunden, 
entwurzelt,  gleich  einer  Palme  zerstört,  zunichte  ge- 
macht und  außerstande,  von  neuem  wieder  aufzukeimen. 
So,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Ungehemmter. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  edler 
Fahnenlediger,  Lastenlediger,  Losgelöster?  Da,  ihr 
Mönche,  ist  in  dem  Mönche  der  Ichdünkel  ge- 
schwunden, entwurzelt,  gleich  einer  Palme  zerstört, 
zunichte  gemacht  und  außerstande.  Von  neuem  wieder 
aufzukeimen.  So,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  edler 
Fahnenlediger,  Lastenlediger,  Losgelöster. 


H2    - 


FUNFERBUCH  V  T^ 


ACHTER  TEIL 

Das  Kapitel  des  Kämpfers 

Der  Befolger  des  Gesetzes  73 

Ein  Mönch  kam  zum  Erhabenen  und  sprach: 

»Als  Befolger  des  Gesetzes,  o  Ehrwürdiger,  wird 
da  mancher  bezeichnet.  Inwiefern  aber,  o  Ehrwürdiger, 
ist  der  Mönch  ein  Befolger  des  Gesetzes?« 

>Da,  ihr  Mönche,  lernt  ein  Mönch  das  Gesetz; 
und  mit  dem  Lernen  des  Gesetzes  verbringt  er  den 
ganzen  Tag.  Er  aber  flieht  die  Einsamkeit,  übt  keine 
innere  Gemütsruhe.  Einen  Vielwisser,  ihr  Mönche, 
nennt  man  diesen  Mönch,  aber  keinen  Befolger  des 
Gesetzes. 

»Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  legt  ein  Mönch  das 
Gesetz,  so  wie  er  es  gehört  und  gelernt  hat,  den 
anderen  ausführlich  dar;  und  mit  dem  Darlegen  des 
Gesetzes  verbringt  er  den  ganzen  Tag.  Er  aber  flieht 
die  Einsamkeit,  übt  keine  innere  Gemütsruhe.  Einen 
eifrigen  Redner,  ihr  Mönche,  nennt  man  diesen  Mönch. 

»Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  sagt  ein  Mönch  das 
Gesetz,  so  wie  er  es  gehört  und  gelernt  hat,  ausführ- 
lich her;  und  mit  dem  Hersagen  Verbringt  er  den  ganzen 
Tag.  Er  aber  flieht  die  Einsamkeit,  übt  keine  innere 
Gemütsruhe.  Einen  eifrigen  Hersager  des  Gesetzes, 
ihr  Mönche,  nennt  man  diesen  Mönch,  aber  keinen 
Befoiger  des  Gesetzes. 

»Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  denkt  und  sinnt  ein 
Mönch  über  das  Gesetz,  so  wie  er  es  gehört  und  ge- 
lernt hat,  nach,  erwägt  es  im  Geiste;  und  mit  dem 


83    —  b* 


V  75  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Nachdenken  über  das  Gesetz  verbringt  er  den  ganzen 
Tag.  Er  aber  flieht  die  Einsamkeit,  übt  keine  innere 
Gemütsruhe.  Einen  eifrigen  Grübler,  ihr  Mönche,  nennt 
man  diesen  Mönch,  aber  keinen  Befolger  des  Gesetzes. 

>Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  lernt  ein  Mönch  das 
Gesetz;  aber  mit  dem  Lernen  des  Gesetzes  verbringt 
er  nicht  den  ganzen  Tag.  Und  er  flieht  nicht  die  Ein- 
samkeit und  übt  innere  Gemütsruhe.  So  wahrlich,  ihr 
Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Befolger  des  Gesetzes. 

»Erklärt  habe  ich  also,  ihr  Mönche,  den  Vielwisser, 
erklärt  den  eifrigen  Redner,  erklärt  den  eifrigen  Her- 
sager, erklärt  den  eifrigen  Grübler,  erklärt  den  Be- 
folger des  Gesetzes.  Was,  ihr  Mönche,  ein  Meister 
für  seine  Jünger,  aus  Liebe  und  Mitleid,  von  Mitleid 
bewogen,  tun  mag,  das  habe  ich  für  euch  getan.  Ihr 
habt  da,  ihr  Mönche,  diese  Plätze  unter  den  Bäumen, 
ihr  habt  da  diese  leeren  Behausungen.  Übet  Vertiefung, 
ihr  Mönche,  auf  daß  ihr  nicht  lässig  werdet  und  euch 
später  keine  Reue  ankomme!  Das  ist  die  Weisung, 
die  ich  euch  gebe.« 

75  Die  fünf  Kämpfer 

Fünf  Kämpfer,  ihr  Mönche,  sind  in  der  Welt  an- 
zutreffen: welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  ein  Kämpfer  schon  beim  An- 
blick der  Staubmassen  niedergeschlagen  und  entmutigt, 
hält  nicht  stand  und  ist  unfähig,  in  den  Kampf  zu  ziehen. 
Von  solcher  Art,  ihr  Mönche,  ist  da  der  eine  Kämpfer. 
Dies  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  erste  Kämpfer,  der  in 
der  Welt  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  ein  Kämpfer  zwar 
die  Staubmassen  aus,  doch  beim  Anblick  der  Fahnen- 

—    84    - 


FÜNFERBUCH  V  75 


spitzen  ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält  nicht 
stand  und  ist  unfähig,  in  den  Kampf  zu  ziehen.  Auch 
von  solcher  Art,  ihr  Mönche,  sind  da  gewisse  Kämpfer. 
Dies  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  zweite  Kämpfer,  der 
in  der  Welt  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  zwar  ein  Kämpfer 
die  Staubmassen  aus,  hält  den  Anblick  der  Fahnen- 
spitzen aus,  doch  beim  Vernehmen  des  Kampfgeschreies 
ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält  nicht  stand 
und  ist  unfähig,  in  den  Kampf  zu  ziehen.  Auch  von 
solcher  Art,  ihr  Mönche,  sind  da  gewisse  .^Kämpfer. 
Dies  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  dritte  Kämpfer,  der  in 
der  Welt  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  zwar  ein  Kämpfer 
die  Staubmassen  aus,  hält  den  Anblick  der  Fahnen- 
spitzen aus,  hält  das  Kampfgeschrei  aus,  doch  im  Kampfe 
erliegt  er  und  gibt  sich  verloren.  Auch  Von  solcher 
Art,  ihr  Mönche,  sind  da  gewisse  Kämpfer.  Dies  aber, 
ihr  Mönche,  ist  der  Vierte  Kämpfer,  der  in  der  Welt 
anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  zwar  ein  Kämpfer 
die  Staubmassen  aus,  hält  den  Anblick  der  Fahnen- 
spitzen aus,  hält  das  Kampfgeschrei  aus,  hält  den  Kampf 
aus.  Er  gewinnt  den  Kampf  und  verbleibt  als  Sieger 
auf  jenem  Schlachtfelde.  Auch  von  solcher  Art,  ihr 
Mönche,  sind  da  gewisse  Kämpfer.  Dies  aber,  ihr 
Mönche,  ist  der  fünfte  Kämpfer,  der  in  der  Welt  an- 
zutreffen ist. 

Diese  fünf  Kämpfer,  ihr  Mönche,  sind  in  der  Welt 
anzutreffen.  Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  trifft  man  fünf 
den  Kämpfern  äh'nliche  Menschen  unter  den  Mönchen 
an:  welche  fünf? 


—    85 


V  75  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  schon  beim  Anblicl< 
der  Staubmassen  niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält 
nicht  stand  und  ist  unfähig,  den  heiligen  Wandel  zu 
führen.  Seine  Unfähigkeit  zur  Askese  bekennend,  gibt 
er  die  Askese  auf  und  kehrt  zu  dem  niederen  Welt- 
leben zurück.  Was  aber  gilt  ihm  als  Staubmassen? 
Da,  ihr  Mönche,  erfährt  der  Mönch:  »In  diesem  Dorfe 
oder  dieser  Stadt  lebt  eine  Frau  oder  ein  Mädchen 
von  schöner  und  stattlicher  Erscheinung,  mit  Anmut 
und  unvergleichlicher  Schönheit  begabt«.  Auf  diese 
Worte  hin  ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält 
nicht  stand  und  ist  unfähig,  den  heiligen  Wandel  zu 
führen.  Seine  Unfähigkeit  zur  Askese  bekennend,  gibt 
er  die  Askese  auf  und  kehrt  zu  dem  niederen  Welt- 
leben zurück.  Das  aber  gilt  ihm  als  Staubmassen. 
Und  jenem  Kämpfer,  der  schon  beim  Anblick  der  Staub- 
massen niedergeschlagen  und  entmutigt  ist,  nicht  stand- 
hält und  unfähig  ist,  in  den  Kampf  zu  ziehen:  dem, 
ihr  Mönche,  ist  dieser  Mensch  zu  vergleichen.  Von 
solcher  Art,  ihr  Mönche,  ist  da  der  eine  Mensch.  Dies 
aber,  ihr  Mönche,  ist  der  erste  den  Kämpfern  ähnliche 
Mensch,  der  unter  den  Mönchen  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  zwar  der  Mönch 
die  Staubmassen  aus,  doch  beim  Anblick  der  Fahnen- 
spitzen ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält 
nicht  stand  und  ist  unfähig,  den  heiligen  Wandel  zu 
führen.  Seine  Unfähigkeit  zur  Askese  bekennend,  gibt 
er  die  Askese  auf  und  kehrt  zu  dem  niederen  Welt- 
leben zurück.  Was  aber  gilt  ihm  als  Fahnenspitzen? 
Da,  ihr  Mönche,  erfährt  der  Mönch  zwar  nicht:  »In 
diesem  Dorfe  oder  dieser  Stadt  lebt  eine  Frau  oder 
ein  Mädchen  von  schöner  und  stattlicher  Erscheinung, 

—    86    — 


FÜNFERBUCH  V  75 


mit  Anmut  und  unvergleichlicher  Schönheit  begabt«; 
sondern  er  selber  erblickt  eine  Frau  oder  ein  Mädchen 
Von  unvergleichlicher  Schönheit.  Bei  ihrem  Anblicke 
aber  ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält  nicht 
stand  und  ist  unfähig,  den  heiligen  Wandel  zu  führen. 
Seine  Unfähigkeit  zur  Askese  bekennend,  gibt  er  die 
Askese  auf  und  kehrt  zu  dem  niederen  Weltleben  zurück. 
Das  aber  gilt  ihm  als  Fahnenspitzen.  Und  jenem 
Kämpfer,  ihr  Mönche,  der  die  Staubmassen  aushält, 
doch  beim  Anblick  der  Fahnenspitzen  niedergeschlagen 
und  entmutigt  ist,  nicht  standhält  und  unfähig  ist,  in 
den  Kampf  zu  ziehen:  dem,  ihr  Mönche,  ist  dieser 
Mensch  zu  vergleichen.  Auch  von  solcher  Art,  ihr 
Mönche,  sind  da  gewisse  Menschen.  Dies  aber,  ihr 
Mönche,  ist  der  zweite  den  Kämpfern  ähnliche  Mensch, 
der  unter  den  Mönchen  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  zwar  der  Mönch 
die  Staubmassen  aus,  hält  den  Anblick  der  Fahnen- 
spitzen aus,  doch  beim  Vernehmen  des  Kampfgeschreies 
ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält  nicht  stand 
und  ist  unfähig,  den  heiligen  Wandel  zu  führen.  Seine 
Unfähigkeit  zur  Askese  bekennend,  gibt  er  die  Askese 
auf  und  kehrt  zu  dem  niederen  Weltleben  zurück. 
Was  aber  gilt  ihm  als  Kampfgeschrei?  Da,  ihr  Mönche, 
hat  sich  der  Mönch  in  den  Wald  begeben,  an  den  Fuß 
eines  Baumes  oder  in  eine  leere  Klause.  Und  ein 
Weib  kommt  zu  ihm  heran,  lacht  über  ihn,  ruft  ihn 
an,  lacht  ihn  aus,  verspottet  ihn.  Von  dem  Weibe  aber 
Verlacht,  angerufen,  ausgelacht  und  verspottet,  ist  er 
niedergeschlagen  und  entmutigt,  hält  nicht  stand  und 
ist  unfähig,  den  heiligen  Wandel  zu  führen.  Seine  Un- 
fähigkeit zur  Askese  bekennend,  gibt  er  die  Askese 


-    87    - 


DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


auf  und  kehrt  zu  dem  niederen  Weltleben  zurück.  Das 
aber*  gilt  ihm  als  Kampfgeschrei.  Und  jenem  Kämpfer, 
ihr  Mönche,  der  die  Staubmassen  aushält,  den  Anblick 
der  Fahnenspitzen  aushält,  doch  beim  Vernehmen  des 
Kampfgeschreies  niedergeschlagen  und  entmutigt  ist, 
nicht  standhält  und  unfähig  ist,  in  den  Kampf  zu  ziehen: 
dem,  ihr  Mönche,  ist  dieser  Mensch  zu  vergleichen. 
Auch  Von  solcher  Art,  ihr  Mönche,  sind  da  gewisse 
Menschen.  Dies  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  dritte  den 
Kämpfern  ähnliche  Mensch,  der  unter  den  Mönchen 
anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  der  Mönch  die 
Staubmassen  aus,  hält  den  Anblick  der  Fahnenspitzen 
aus,  hält  das  Kampfgeschrei  aus,  doch  im  Kampfe  er- 
liegt er  und  gibt  sich  verloren.  Was  aber  gilt  ihm  als 
Kampf?  Da,  ihr  Mönche,  hat  sich  der  Mönch  in  den 
Wald  begeben,  an  den  Fuß  eines  Baumes  oder  in  eine 
leere  Klause.  Und  ein  Weib  kommt  zu  ihm  heran, 
setzt  sich  zu  ihm,  legt  sich  hin,  umfängt  ihn.  Von 
jenem  Weibe  aber  niedergezerrt,  zu  Boden  gezogen 
und  umfaßt,  begeht  er,  ohne  das  Asketenleben  auf- 
zugeben und  seine  Schwäche  zu  bekennen,  den  Ge- 
schlechtsakt. Das  aber  gilt  ihm  als  Kampf.  Und 
jenem  Kämpfer,  ihr  Mönche,  der  die  Staubmassen 
aushält,  den  Anblick  der  Fahnenspitzen  aushält,  das 
Kampfgeschrei  aushält,  doch  im  Kampfe  erliegt  und 
sich  verloren  gibt:  dem,  ihr  Mönche,  ist  dieser  Mensch 
zu  Vergleichen.  Auch  Von  solcher  Art,  ihr  Mönche, 
sind  da  gewisse  Menschen.  Dies  aber,  ihr  Mönche, 
ist  der  vierte  den  Kämpfern  ähnliche  Mensch,  der 
unter  den  Mönchen  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  hält  der  Mönch  die 


—    88    — 


FÜNFERBUCH  V  T; 


Staubmassen  aus,  hält  den  Anblick  der  Fahnenspitzen 
aus,  hält  das  Kampfgeschrei  aus,  hält  den  Kampf  aus. 
Er  gewinnt  den  Kampf  und  Verbleibt  als  Sieger  auf 
jenem  Schlachtfelde.  Was  aber  gilt  ihm  als  Sieg? 
Da,  ihr  Mönche,  hat  sich  der  Mönch  in  den  Wald  be- 
geben, an  den  Fuß  eines  Baumes  oder  in  eine  leere 
Klause.  Und  ein  Weib  kommt  zu  ihm  heran,  setzt 
sich  zu  ihm,  legt  sich  hin,  umfängt  ihn.  Von  jenem 
Weibe  aber  niedergezerrt,  zu  Boden  gezogen  und  um- 
faßt, entwindet  er  sich,  reißt  er  sich  los  und  geht 
wohin  er  will.  Er  wählt  sich  ein  abgeschiedenes  Lager 
im  Walde,  am  Fuße  eines  Baumes,  auf  einem  Berge, 
in  einer  Kluft,  einer  Felsenhöhle,  auf  dem  Leichen- 
felde, im  Waldesdickicht,  unter  freiem  Himmel  oder 
auf  einem  Strohhaufen.  Mit  gekreuzten  Beinen  setzt 
er  sich  nieder,  den  Körper  gerade  aufgerichtet,  die 
Achtsamkeit  gewärtig. 

Weltliche  Begierde  hat  er  verworfen;  begierde- 
losön  Herzens  Verweilt  er;  von  Begierde  läutert  er 
sein  Herz. 

Groll  und  Mißmut  hat  er  verworfen;  sein  Herz 
ist  frei  von  Groll;  auf  das  Wohl  aller  lebenden  Wesen 
bedacht,  läutert  er  sein  Herz  von  Groll  und  Mißmut. 

Schlaffheit  und  Mattheit  hat  er  verworfen;  frei 
Von  Schlaffheit  und  Mattheit  verweilt  er;  hellen  Geistes, 
achtsam,  klarbewußt,  läutert  er  sein  Herz  Von  Schlaff- 
heit und  Mattheit. 

Aufregung  und  Gewissensunruhe  hat  er  verworfen; 
frei  von  Unruhe  Verweilt  er;  von  innerem  Frieden  er- 
füllt, läutert  er  sein  Herz  Von  Aufregung  und  Gewissens- 
unruhe. 

Zweifelsucht  hat  er  verworfen;  zweifelentsonnen 


—    89    — 


V  75  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Verweilt  er;  er  zweifelt  nicht  am  Guten,  läutert  sein 
Herz  Von  Zweifelsucht. 

Er  hat  nun  diese  fünf  Hemmungen  beseitigt,  die  Be- 
fleckungen des  Geistes  kennen  gelernt,  die  lähmenden. 

Den  Sinnendingen  entrückt,  entrückt  den  schuld- 
vollen Erscheinungen,  gewinnt  er  die  mit  Sinnen  und 
Nachdenken  verbundene,  in  der  Entrückung  gebo- 
rene, von  Verzückung  und  Glückseligkeit  erfüllte 
erste  Vertiefung  (jhäna).  Nach  dem  Schwinden  des 
Sinnens  und  Nachdenkens  aber  gewinnt  er  den  inneren 
Frieden,  die  Einheit  des  Geistes,  die  von  Sinnen  und 
Nachdenken  freie,  in  der  Sammlung. geborene,  von 
Verzückung  und  Glückseligkeit  erfüllte  zweite 
Vertiefung.  Nach  Abwendung  von  der  Verzückung 
aber  Verweilt  er  gleichmütig,  achtsam,  geistesklar;  und 
er  fühlt  in  sich  jenes  Glück,  Von  dem  die  Edlen 
sprechen:  »Glückselig  der  Gleichmütige,  der  Acht- 
same!« —  so  gewinnt  er  die  dritte  Vertiefung.  Nach 
dem  Schwinden  Von  Wohlgefühl  und  Schmerz  aber  und 
durch  Überwindung  des  früheren  Frohsinns  und  Trüb- 
sinns gewinnt  er  einen  leidlosen,  freudlosen  Zustand, 
die  durch  Gleichmut  und  Achtsamkeit  geklärte  vierte 
Vertiefung. 

Also  im  Geiste  gesammelt,  geläutert,  fleckenlos, 
ungetrübt,  nachgiebig,  geschmeidig,  fest,  unerschütter- 
lich, richtet  er  seinen  Geist  auf  die  Erkenntnis  der 
Versiegung  der  Leidenschaften:  »Dies  ist  das  Leiden« 
-  erkennt  er  der  Wirklichkeit  gemäß.  »Dies  ist  die 
Entstehung  des  Leidens«  —  erkennt  er  der  Wirklichkeit 
gemäß.  »Dies  ist  die  Aufhebung  des  Leidens«  —  er- 
kennt er  der  Wirklichkeit  gemäß.    »Dies  ist  der  zur 

—    90    - 


FÜNFERBUCH  V  76 


Aufhebung  des  Leidens  führende  Pfad«  —  erkennt  er 
der  Wirklichkeit  gemäß. 

Also  erkennend,  also  schauend,  wird  sein  Herz  er- 
löst von  der  sinnlichen  Leidenschaft,  erlöst  von  der 
Daseinsleidenschaft,  erlöst  von  der  Leidenschaft  der 
Unwissenheit.  Und  im  Erlösten  steiget  die  Erkenntnis 
auf:  »Erlöst  bin  ich!«.  »Versiegt  ist  die  Geburt,  er- 
füllt die  Heiligkeit,  das  Werk  vollbracht  und  nichts 
mehr  bleibt  für  diese  Welt«:  also  erkennt  er.  Das 
aber  gilt  ihm  als  Sieg.  Und  jenem  Kämpfer,  ihr  Mön- 
che, der  die  Staubmassen  aushält,  den  Anblick  der 
Fahnenspitzen  aushält,  das  Kampfgeschrei  aushält,  den 
Kampf  aushält,  den  Kampf  gewinnt  und  als  Sieger  auf 
jenem  Schachtfelde  verbleibt:  dem,  ihr  Mönche,  ist 
dieser  Mensch  zu  vergleichen.  Auch  von  solcher  Art, 
ihr  Mönche,  sind  da  gewisse  Menschen.  Dies  aber,  ihr 
Mönche,  ist  der  fünfte  den  Kämpfern  ähnliche  Mensch, 
der  unter  den  Mönchen  anzutreffen  ist. 

Diese  fünf  den  Kämpfern  ähnliche  Menschen,  ihr 
Mönche,  sind  unter  den  Mönchen  anzutreffen. 

Der  Kämpfer  76 

Folgende  fünf  Kämpfer,  ihr  Mönche,  sind  in  der 
Welt  anzutreffen:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  nimmt  der  Kämpfer  Schwert  und 
Schild,  gürtet  sich  Köcher  und  Bogen  um  und  zieht 
kampfgerüstet  ins  Treffen  hinaus;  und  in  jenem  Treffen 
bekundet  er  Mut  und  Tapferkeit.  Während  er  aber 
mutig  und  tapfer  kämpft,  töten  und  vernichten  ihn  die 
Feinde.  So,  ihr  Mönche,  steht  es  mit  dem  einen 
Kämpfer.  Das  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  erste  Kämpfer, 
der  in  der  Welt  anzutreffen  ist. 

—    91    — 


V  7(5  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Oder:  —  während  er  mutig  und  tapfer  kämpft, 
bringen  die  Feinde  dem  Kämpfer  eine  Verletzung  bei; 
und  man  füfirt  ihn  ab  und  geleitet  ihn  zu  seinen  An- 
gehörigen. Während  er  aber  zu  seinen  Angehörigen 
geleitet  wird,  und  noch  bevor  er  dieselben  erreicht, 
ereilt  ihn  auf  dem  Wege  dorthin  der  Tod.  So,  ihr 
Mönche,  steht  es  mit  einem  anderen  Kämpfer.  Das 
aber,  ihr  Mönche,  ist  der  zweite  Kämpfer,  der  in  der 
Welt  anzutreffen  ist. 

Oder:  —  die  Angehörigen  warten  dem  Kämpfer 
auf  und  pflegen  ihn.  Während  ihm  aber  seine  An- 
gehörigen aufwarten  und  ihn  pflegen,  erliegt  er  eben 
jener  Verletzung.  So,  ihr  Mönche,  steht  es  mit  einem 
anderen  Kämpfer.  Das  aber,  ihr  Mönche,  ist  der 
dritte  Kämpfer,  der  in  der  Welt  anzutreffen  ist. 

Oder:  —  während  dem  Kämpfer  die  Angehörigen 
aufwarten  und  ihn  pflegen,  genest  er  von  eben  jener 
Verletzung.  So,  ihr  Mönche,  steht  es  mit  einem  anderen 
Kämpfer.  Das  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Vierte  Kämpfer, 
der  in  der  Welt  anzutreffen  ist. 

Oder:  —  er  gewinnt  den  Kampf  und  Verbleibt 
als  Sieger  auf  jenem  Schlachtfelde.  So,  ihr  Mönche, 
steht  es  mit  einem  anderen  Kämpfer.  Das  aber,  ihr 
Mönche,  ist  der  fünfte  Kämpfer,  der  in  der  Welt  an- 
zutreffen ist. 

Diese  fünf  Kämpfer,  ihr  Mönche,  sind  in  der  Welt 
anzutreffen.  Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  sind  unter  den 
Mönchen  fünf  den  Kämpfern  ähnliche  Menschen  an- 
zutreffen: welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  wohnt  ein  Mönch  in  der  Nähe 
eines  Dorfes  oder  einer  Stadt.  In  der  Frühe  kleidet 
er  sich  an,  nimmt  Gewand  und  Schale  und  geht  in 

—    92    - 


FÜNFERBUCH  V  76 


eben  jenes  Dorf  oder  jene  Stadt  um  Almosen,  ohne 
zu  wachen  über  Körper,  Worte  und  Gedanken,  nicht 
gewärtig  der  Achtsamkeit,  mit  ungezügelten  Sinnen. 
Dort  erblickt  er  ein  Weib,  halb  bekleidet,  spärlich 
verhüllt.  Bei  ihrem  Anblicke  aber  quält  die  Begierde 
sein  Herz.  Und  giergequälten  Herzens  verübt  er, 
ohne  das  Asketenleben  aufzugeben  und  seine  Schwäche 
zu  bekennen,  den  Begattungsakt.  Jenen  Kämpfer  aber, 
ihr  Mönche,  den  die  Feinde  töten  und  Vernichten, 
dem  ähnlich  nenne  ich  diesen  Menschen.  So,  ihr 
Mönche,  steht  es  mit  dem  einen  Mönche.  Das  aber, 
ihr  Mönche,  ist  der  erste  dem  Kämpfer  ähnliche  Mensch, 
der  unter  den  Mönchen  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  da  ist  der  Mönch  gier- 
gequälten Herzens,  wird  von  körperlichen  und  geistigen 
Qualen  verzehrt.  Der  sagt  sich:  >So  laß  mich  denn 
zum  Kloster  gehen  und  den  Mönchen  mitteilen,  daß 
ich  von  Gier  besessen,  von  Gier  verzehrt  bin;  daß  ich 
nicht  länger  den  keuschen  Wandel  aushalte,  daß  ich 
hiermit  meine  Unfähigkeit  zur  Askese  bekenne,  und 
ich  die  Askese  aufgeben  und  zum  niederen  Weltleben 
zurückkehren  will.«  Während  er  sich  aber  auf  dem 
Wege  zum  Kloster  befindet,  und  noch  bevor  er  das 
Kloster  erreicht,  bekennt  er  schon  unterwegs  seine 
Unfähigkeit  zur  Askese,  gibt  die  Askese  auf  und  kehrt 
zum  niederen  Weltleben  zurück.  Jenem  Kämpfer 
aber,  ihr  Mönche,  dem  die  Feinde  eine  Verletzung 
beibringen  und  der  abgeführt  und  zu  seinen  An- 
gehörigen geführt  wird  und,  noch  bevor  er  seine  An- 
gehörigen erreicht,  bereits  unterwegs  den  Tod  erleidet, 
dem  ähnlich,  ihr  Mönche,  nenne  ich  diesen  Menschen. 
So,  ihr  Mönche,  steht  es  mit  einem  anderen  Mönche. 


93 


V76  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


Das  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  zweite  dem  Kämpfer  ähn- 
liche Mensch,  der  unter  den  Mönchen  anzutreffen  ist. 
Fernerhin,   ihr  Mönche:   —   da  begibt  sich  der 
Mönch  ins  Kloster  und  spricht  zu  den  Mönchen:  »Von 
Gier  besessen  bin  ich,  ihr  Brüder,  werde  von  Gier 
verzehrt.    Nicht  kann  ich  länger  den  keuschen  Wan- 
del aushalten.    Ich  bekenne  euch  hiermit  meine  Un- 
fähigkeit zur  Askese,  und  will  die  Askese  aufgeben 
und  zum  niederen  Weltleben  zurückkehren.«    Seine 
Ordensbrüder  aber  ermahnen  und  belehren  ihn:   »Un- 
befriedigend sind  die  Begierden,  hat  der  Erhabene  ge- 
sagt, 0  Bruder,  Voller  Leiden  und  Qualen;  mehr  Elend 
steckt  darin.    Einem  Knochenskelette  gleichen  die  Be- 
gierden, —  Fleischfetzen  gleichen  die  Begierden,  — 
einer  Grube  voll  glühender  Kohlen  gleichen  die  Be- 
gierden, —  Traumbildern  gleichen  die  Begierden,  — 
Betteleien  gleichen  die  Begierden,  —  Baumfrüchten 
gleichen  die  Begierden,  —  einer  Schlachtbank  glei- 
chen die  Begierden,  —  Schwerterspitzen  gleichen  die 
Begierden,  —  Lanzenspitzen  gleichen  die  Begierden, 
—    Schlangenköpfen    gleichen    die   Begierden,    sind 
voller  Leiden  und  Qualen;  mehr  Elend  steckt  darin. 
Möge    doch    der   Ehrwürdige   am    keuschen  Wandel 
Gefallen  finden!    Möge  er  sich  nicht  als  unfähig  zur 
Askese  erklären,  nicht  die  Askese  aufgeben  und  zum 
niederen  Weltleben  zurückkehren!«     Von  seinen  Or- 
densbrüdern  also   ermahnt   und   belehrt,   spricht  er: 
»Wohl  hat,  ihr  Brüder,  der  Erhabene  erklärt,  daß  die 
Begierden  unbefriedigt  sind,  voller  Leiden  und  Qualen, 
und  daß  mehr  Elend  darin  steckt;  doch  das  keusche 
Leben  halte  ich  nicht  länger  aus.    Ich  bekenne  euch 
somit  meine  Unfähigkeit  zur  Askese,  gebe  die  Askese 

—    94    — 


FÜNFERBUCH  V  76 


auf  und  kehre  zum  niederen  Weltleben  zurück.  Und  er 
bekennt  seine  Unfähigkeit  zur  Askese,  gibt  die  As- 
kese auf  und  kehrt  zum  niederen  Weltleben  zurück. 
Jenem  Kämpfer  aber,  ihr  Mönche,  der  trotz  der  Auf- 
wartung und  Pflege  seitens  seiner  Angehörigen  seiner 
Verletzung  erliegt,  dem  ähnlich,  ihr  Mönche,  nenne 
ich  diesen  Menschen.  So,  ihr  Mönche,  steht  es  mit 
einem  anderen  Mönche.  Das  aber,  ihr  Mönche,  ist 
der  dritte  dem  Kämpfer  ähnliche  Mensch,  der  unter 
den  Mönchen  anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  —  Von  seinen  Ordens- 
brüdern ermahnt  und  belehrt,  erwidert  der  Mönch  also: 
»Standhaft  will  ich  bleiben,  ihr  Brüder!  Kämpfen  will 
ich,  ihr  Brüder!  Begeisterung  will  ich  haben,  ihr  Brü- 
der! Nicht  will  ich  nunmehr,  ihr  Brüder,  mich  als 
unfähig  zur  Askese  erklären,  die  Askese  aufgeben 
und  zum  niederen  Weltleben  zurückkehren.«  Jenem 
Kämpfer  aber,  ihr  Mönche,  der  unter  Aufwartung  und 
Pflege  seitens  seiner  Angehörigen  von  seiner  Ver- 
letzung genest,  dem  ähnlich,  ihr  Mönche,  nenne  ich 
diesen  Menschen.  So,  ihr  Mönche,  steht  es  mit  einem 
anderen  Mönche.  Das  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  vierte 
dem  Kämpfer  ähnliche  Mensch,  der  unter  den  Mön- 
chen anzutreffen  ist. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  —  da  lebt  der  Mönch  in 
der  Nähe  eines  Dorfes  oder  einer  Stadt.  In  der  Frühe 
kleidet  er  sich  an,  nimmt  Gewand  und  Schale  und 
geht  in  eben  jenes  Dorf  oder  jene  Stadt  um  Almosen, 
wachend  über  Körper,  Worte  und  Gedanken,  gewärtig 
der  Achtsamkeit,  sinnengezügelt.  Erblickt  er  nun  mit 
dem  Auge  eine  Form,  so  haftet  er  weder  am  Ganzen 
noch  an  den  Einzelheiten.     Da,  unbewachten  Auges 


—    95    — 


V  70  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

weilend,  Begehrsucht  und  Kummer,  üble,  schuldvolle 
Dinge  in  ihm  eindringen  möchten,  so  befleißigt  er  sich 
dessen  Bewachung,  trübet  er  das  Auge,  hält  er  das 
Auge  im  Zaume.  Vernimmt  er  mit  dem  Ohre  einen 
Ton,  —  riecht  er  mit  der  Nase  einen  Duft,  —  schmeckt 
er  mit  der  Zunge  einen  Saft,  —  fühlt  er  mit  dem 
Körper  ein  Tastobjekt,  bekennt  er  im  Geiste  ein  Ding, 
so  haftet  er  weder  am  Ganzen,  noch  an  den  Einzel-, 
heiten.  Da,  unbewachten  Geistes  weilend,  Begehr- 
sucht und  Kummer,  üble,  schuldvolle  Dinge  in  ihm 
eindringen  möchten,  so  befleißigt  er  sich  dessen  Be- 
wachung, hütet  er  den  Geist,  hält  er  den  Geist  im 
Zaume. 

Am  Nachmittage,  nachdem  er  Vom  Almosengange 
zurück  ist,  wählt  er  sich  ein  abgeschiedenes  Lager 
im  Walde,  am  Fuße  eines  Baumes,  auf  einem  Berge, 
in  einer  Kluft,  einer  Felsenhöhle,  auf  dem  Leichenfelde, 
im  Waldesdickicht,  unter  freiem  Himmel  oder  auf 
einem  Strohhaufen.  Mit  gekreuzten  Beinen  setzt  er 
sich  nieder,  den  Körper  gerade  aufgerichtet,  die  Acht- 
samkeit gewärtig. 

Weltliche  Begierde  hat  er  Verworfen;  begierde- 
losen Herzens  verweilt  er;  von  Begierde  läutert  er 
sein  Herz. 

Groll  und  Mißmut  hat  er  verworfen;  sein  Herz 
ist  frei  Von  Groll;  auf  das  Wohl  aller  lebenden  Wesen 
bedacht,  läutert  er  sein  Herz  von  Groll  und  Mißmut. 

Schlaffheit  und  Mattheit  hat  er  verworfen;  frei 
Von  Schlaffheit  und  Mattheit  verweilt  er;  hellen  Geistes, 
achtsam,  klarbewußt,  läutert  er  sein  Herz  Von  Schlaff- 
heit und  Mattheit. 

Aufregung  und  Gewissensunruhe  hat  er  verworfen; 

9G    - 


FÜNFERBUCH  V  76 


frei  von  Unruhe  verweilt  er;  von  innerem  Frieden  er- 
füllt, läutert  er  sein  Herz  Von  Aufregung  und  Gewissens- 
unruhe. 

Zweifelsucht  hat  er  verworfen;  zweifelentsonnen 
Verweilt  er;  er  zweifelt  nicht  am  Guten,  läutert  sein 
Herz  von  Zweifelsucht. 

Er  hat  nun  diese  fünf  Hemmungen  beseitigt,  die  Be- 
fleckung des  Geistes  kennen  gelernt,  die  lähmenden. 

Den  Sinnendingen  entrückt,  entrückt  den  schuld- 
vollen Erscheinungen,  gewinnt  er  die  mit  Sinnen  und 
Nachdenken  verbundene,  in  der  Entrückung  geborene, 
von  Verzückung  und  Glückseligkeit  erfüllte  erste 
Vertiefung  (jhäna).  Nach  dem  Schwinden  des  Sinnens 
und  Nachdenkens  aber  gewinnt  er  den  inneren  Frieden, 
die  Einheit  des  Geistes,  die  Von  Sinnen  und  Nach- 
denken freie,  in  der  Sammlung  geborene,  von  Ver- 
zückung und  Glückseligkeit  erfüllte  zweite  Ver- 
tiefung. Nach  Abwendung  von  der  Verzückung  aber 
Verweilt  er  gleichmütig,  achtsam,  geistesklar;  und  er 
fühlt  in  sich  jenes  Glück,  von  dem  die  Edlen  sprechen: 
»Glückselig  der  Gleichmütige,  der  Achtsame!«  —  so 
gewinnt  er  die  dritte  Vertiefung.  Nach  dem  Schwinden 
von  Wohlgefühl  und  Schmerz  aber  und  durch  Über- 
windung des  früheren  Frohsinns  und  Trübsinns  ge- 
winnt er  einen  leidlosen,  freudlosen  Zustand,  die  durch 
Gleichmut  und  Achtsamkeit  geklärte  vierte  Vertiefung. 

Also  im  Geiste  gesammelt,  geläutert,  fleckenlos, 
ungetrübt,  nachgiebig,  geschmeidig,  fest,  unerschütter- 
lich, richtet  er  seinen  Geist  auf  die  Erkenntnis  der 
Versiegung  der  Leidenschaften:  »Dies  ist  das  Leiden« 
-  erkennt  er  der  Wirklichkeit  gemäß.     »Dies  ist  die 

DieRpdendesBiidd1ia.nd.il  -      97      —  < 


Y  11  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Entstehung  des  Leidens«  —  erkennt  er  der  Wirklich- 
keit gemäß.  »Dies  ist  die  Aufhebung  des  Leidens« 
—  erkennt  er  der  WirkHchkeit  gemäß.  »Dies  ist  der 
zur  Aufhebung  des  Leidens  führende  Pfad«  —  erkennt 
er  der  Wirklichkeit  gemäß. 

Also  erkennend,  also  schauend,  wird  sein  Herz 
erlöst  von  der  sinnlichen  Leidenschaft,  erlöst  Von  der 
Daseinsleidenschaft,  erlöst  von  der  Leidenschaft  der 
Unwissenheit.  Und  im  Erlösten  steiget  die  Erkennt- 
nis auf:  :^Erlöst  bin  ich!«  Versiegt  ist  die  Geburt, 
erfüllt  die  Heiligkeit,  das  Werk  vollbracht  und  nichts 
mehr  bleibt  für  diese  Welt«:  also  erkennt  er.  Jenen 
Kämpfer  aber,  ihr  Mönche,  der  den  Kampf  gewinnt 
und  als  Sieger  auf  eben  jenem  Schlachtfelde  Verbleibt; 
dem  ähnlich,  ihr  Mönche,  nenne  ich  diesen  Menschen. 
So,  ihr  Mönche,  steht  es  mit  einem  anderen  Mönche. 
Das  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  fünfte,  dem  Kämpfer 
ähnliche  Mensch,  der  unter  den  Mönchen  anzutreffen  ist. 

Diese  fünf  den  Kämpfern  ähnliche  Menschen,  ihr 
Mönche,  sind  unter  den  Mönchen  anzutreffen. 

77  Gefahren  für  den  Waldasketen 

Angesichts  folgender  fünf  drohender  Gefahren,  ihr 
Mönche,  sollte  der  im  Walde  lebende  Mönch  eifrig, 
unermüdlich,  selbstentschlossen  verharren,  um  das 
Unerreichte  zu  erreichen,  das  Unerrungene  zu  errin- 
gen, das  Unverwirkfichte  zu  Verwirklichen.  Und  wel- 
ches sind  diese  fünf  Gefahren? 

Da,  ihr  Mönche,  sagt  sich  der  Mönch:  »Ich  lebe 
da  allein  im  Walde.  Und  während  ich  allein  im  Walde 
lebe,  mag  mich  eine  Schlange  beißen,  oder  ein  Skor- 

—    98    - 


FÜNFERBUCH  Y  77 


pion  oder  Hundertfuß  mag  mich  stechen,  und  so  möchte 
ich  ums  Leben  kommen.  Das  aber  wäre  für  mich 
ein  Hindernis.  So  laß  mich  denn  meine  Willenskraft 
daran  setzen,  um  das  Unerreichte  zu  erreichen,  das 
Unerrungene  zu  erringen,  das  Unverwjrklichte  zu  ver- 
wirklichen!« Das,  ihr  Mönche,  ist  die  erste  drohende 
Gefahr. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  sagt  sich  der  Mönch:  >Ich 
lebe  aHein  im  Walde.  Und  während  ich  allein  im 
Walde  lebe,  möchte  ich  einmal  straucheln  und  hin- 
fallen, oder  die  Speise  möchte  mir  schlecht  bekommen, 
oder  Galle,  Schleim  oder  stechende  Gase  möchten 
erregt  werden;  und  dadurch  möchte  ich  ums  Leben 
kommen.  Das  aber  wäre  für  mich  ein  Hindernis.  — 
Jungen  Burschen,  die  zur  Arbeit  gehen  oder  von  der 
Arbeit  kommen,  möchte  ich  begegnen.  Die  möchten 
mich  des  Lebens  berauben;  durch  sie  möchte  ich  ums 
Leben  kommen.  Das  aber  wäre  für  mich  ein  Hinder- 
nis. —  Auch  wilde  Unholde  hausen  im  Walde.  Die 
möchten  mich  des  Lebens  berauben;  durch  sie  möchte 
ich  ums  Leben  kommen.  Das  aber  wäre  für  mich 
ein  Hindernis.  So  lasse  mich  denn  meine  Willenskraft 
daran  setzen,  um  das  Unerreichte  zu  erreichen,  das 
Unerrungene  zu  erringen,  das  Unverwirklichte  zu  ver- 
wirklichen!« Das,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte  drohende 
Gefahr. 

Angesichts  dieser  fünf  drohenden  Gefahren,  ihr 
Mönche,  sollte  der  im  Walde  lebende  Mönch  eifrig, 
unermüdlich,  selbstentschlossen  verharren,  um  das 
Unerreichte  zu  erreichen,  das  Unerrungene  zu  erringen, 
das  Unverwirklichte  zu  verwirklichen. 


99 


t  :*8  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

78  Drohende  Gefahren  für  den  Mönch 

Angesichts  folgender  fünf  drohender  Gefahren,  ihr 
Mönche,  sollte  der  Mönch  eifrig,  unermüdlich,  selbst- 
entschlossen Verharren,  um  das  Unerreichte  zu  er- 
reichen, das  Unerrungene  zu  erringen,  das  Unverwirk- 
lichte  zu  verwirklichen.  Und  welches  sind  diese  fünf 
Gefahren  ? 

Da,  ihr  Mönche,  sagt  sich  der  Mönch:  »Noch  bin 
ich  jung,  jung  an  Jahren,  ein  Jüngling,  dunkelhaarig, 
in  der  besten  Jugend,  im  ersten  Mannesalter.  Einst  je- 
doch kommt  eine  Zeit,  wo  diesen  Körper  das  Alter  be- 
fällt. Für  einen  aber,  der  alt  ist,  Vom  Alter  gebeugt,  ist  es 
nicht  leicht,  die  Weisung  des  Erleuchteten  zu  beachten, 
nicht  leicht,  imWaldein  waldeinsamen,  abgeschiedenen 
Behausungen  zu  leben.  Bevor  mich  also  jener  uner- 
wünschte, unliebsame,  unangenehme  Zustand  ereilt, 
will  ich  schon  vorher  meine  Willenskraft  daransetzen, 
um  das  Unerreichte  zu  erreichen,  das  Unerrungene 
zu  erringen,  das  Unverwirklichte  zu  verwirklichen,  in 
dessen  Besitze  ich  dann  selbst  noch  im  Alter  glück- 
lich leben  werde!«  Das,  ihr  Mönche,  ist  die  erste 
drohende  Gefahr. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  sagt  sich  der  Mönch: 
»Noch  bin  ich  gesund,  frei  von  Siechtum;  meine  Säfte 
bewirken  eine  gleichmäßige  Verdauung,  sind  weder 
zu  kalt  noch  zu  heiß,  sondern  besitzen  mittlere  Wärme 
und  machen  mich  dem  Kampfe  gewachsen.  Einst 
jedoch  kommt  eine  Zeit,  wo  diesen  Körper  Krankheit 
befällt.  Für  einen  Kranken  aber.  Von  Krankheit  Be- 
drückten ist  es  nicht  leicht,  die  Weisung  des  Erleuchteten 
zu  beachten,  nicht  leicht,  im  Walde  in  waldeinsamen, 
abgeschiedenen  Behausungen  zu  leben.     Bevor  mich 

100  — 


FUNFERBUCH  V  78 


also  jener  unerwünschte,  unliebsame,  unangenehme 
Zustand  ereilt,  will  ich  schon  Vorher  meine  Willens- 
kraft daransetzen,  um  das  Unerreichte  zu  erreichen, 
das  Unerrungene  zu  erringen,  das  UnVerwirklichte  zu 
verwirklichen,  in  dessen  Besitze  ich  dann  selbst  während 
der  Krankheit  glücklich  leben  werde!«  Das,  ihr  Mönche, 
ist  die  zweite  drohende  Gefahr. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  sagt  sich  der  Mönch: 
»Gegenwärtig  gibt  es  Nahrungsüberfluß  und  gute  Ernte, 
und  leicht  ist  es,  Almosen  zu  erhalten  und  durch 
Almosen  und  Gaben  das  Leben  zu  fristen.  Einst 
jedoch  kommt  eine  Zeit,  wo  Nahrungsnot  und  schlechte 
Ernte  eintritt,  und  wo  es  schwer  ist,  Almosen  zu  er- 
langen und  durch  Almosen  und  Gaben  das  Leben  zu 
fristen.  Bei  Nahrungsnot  aber  begeben  sich  die  Men- 
schen dorthin,  wo  Nahrungsüberfluß  herrscht.  Dort 
aber  lebt  man  in  Gesellschaft,  lebt  man  gedrängt  zu- 
sammen. Lebt  man  aber  in  Gesellschaft  und  gedrängt 
zusammen,  so  ist  es  nicht  leicht,  die  Weisung  des  Er- 
leuchteten zu  beachten,  nicht  leicht,  im  Walde  in 
waldeinsamen,  abgeschiedenen  Behausungen  zu  leben. 
Bevor  mich  also  jener  unerwünschte,  unliebsame,  un- 
angenehme Zustand  ereilt,  will  ich  schon  vorher  meine 
Willenskraft  daransetzen,  um  das  Unerreichte  zu  er- 
reichen, das  Unerrungene  zu  erringen,  das  Unverwirk- 
lichte  zu  verwirklichen,  in  dessen  Besitze  ich  dann 
selbst  während  der  Nahrungsnot  glücklich  leben  werde!« 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  dritte  drohende  Gefahr. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  sagt  sich  der  Mönch: 
»Gegenwärtig  leben  die  Menschen  in  Eintracht  und 
Freundschaft,  ohne  Streit,  haben  ein  mildes  Wesen 
und  begegnen  einander  mit  freundlichen  Blicken.    Es 


-   101 


V  7S  Din  REDFN  DES  BUDDHA 

kommt  jedoch  eine  Zeit,  wo  Gefahr  droht  und  Auf- 
ruhr unter  der  Gebirgsbevölkerung  und  die  Bewohner 
des  Landes  auf  Wagen  umhereilen.  Zur  Zeit  der  Ge- 
fahr aber  begeben  sich  die  Menschen  an  einen  ge- 
sicherten Ort.  Dort  aber  lebt  man  in  Gesellschaft, 
lebt  man  gedrängt  zusammen.  Lebt  man  aber  in  Ge- 
sellschaft und  gedrängt  zusammen,  so  ist  es  nicht  leicht, 
die  Weisung  des  Erleuchteten  zu  beachten,  nicht  leicht, 
im  Walde  in  waldeinsamen,  abgeschiedenen  Behau- 
sungen zu  leben.  Bevor  mich  also,  jener  unerwünschte, 
unliebsame,  unangenehme  Zustand  ereilt,  will  ich  schon 
Vorher  meine  Willenskraft  daransetzen,  um  das  Uner- 
reichte zu  erreichen,  das  Unerrungene  zu  erringen,  das 
Unverwirklichte  zu  verwirklichen,  in  dessen  Besitze  ich 
dann  selbst  während  der  Gefahr  glücklich  leben  werde!« 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  Vierte  drohende  Gefahr. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  sagt  sich  der  Mönch: 
»Gegenwärtig  lebt  die  Jüngerschaft  in  Frieden,  Voll 
Eintracht  und  Liebe,  ohne  Streit  und  befolgt  ein  und 
dieselben  Vorschriften.  Es  kommt  jedoch  eine  Zeit, 
wo  die  Jüngerschaft  gespalten  ist.  Ist  aber  die  Jünger- 
schaft gespalten,  so  ist  es  nicht  leicht,  die  Weisung 
des  Erleuchteten  zu  beachten,  nicht  leicht,  im  Walde 
in  waldeinsamen,  abgeschiedenen  Behausungen  zu 
leben.  Bevor  mich  also  jener  unerwünschte,  unlieb- 
same, unangenehme  Zustand  ereilt,  will  ich  schon  vor- 
her meine  Willenskraft  daransetzen,  um  das  Uner- 
reichte zu  erreichen,  das  Unerrungene  zu,  erringen, 
das  Unverwirklichte  zu  Verwirklichen,  in  dessen  Besitze 
ich  dann,  selbst  während  die  Jüngerschaft  gespalten 
ist,  glücklich  leben  werde!«  Das,  ihr  Mönche,  ist  die 
fünfte  drohende  Gefahr. 

-    102  — 


FÜNFERBUCH  V  79 


Angesichts  dieser  fünf  drohenden  Gefahren,  ihr 
Mönche,  sollte  der  Mönch  eifrig,  unermüdlich,  selbst- 
entschlossen verharren,  um  das  Unerreichte  zu  er- 
reichen, das  Unerrungene  zu  erringen,  das  Unverwirk- 
lichte  zu  verwirklichen. 

Drohende  Gefahren  für  den  Orden  79 

Fünf  drohende  Gefahren,  ihr  Mönche,  gegen- 
wärtig noch  nicht  entstanden,  werden  dereinst  ent- 
stehen. Jene  sollt  ihr  erkennen;  und  habt  ihr  sie 
erkannt,  so  sollt  ihr  nach  deren  Überkommung  streben. 
Welches  aber  sind  diese  fünf? 

Einst,  ihr  Mönche,  in  späteren  Zeiten  wird  es 
Mönche  geben,  die  ohne  körperliche  Zucht  sind  und 
unentwickelt  in  Sittlichkeit,  im  Geiste  und  in  Einsicht. 
Ohne  körperliche  Zucht  und  unentwickelt  in  Sittlich- 
keit, im  Geiste  und  in  Einsicht,  werden  sie  andere  als 
Mönche  aufnehmen  («).  Aber  nicht  werden  sie  imstande 
sein,  dieselben  in  hoher  Sittlichkeit,  hoher  Geistig- 
keit und  hoher  Einsicht  iß)  zu  erziehen.  So  werden 
auch  diese  wieder  ohne  körperliche  Zucht  sein  und 
unentwickelt  in  Sittlichkeit,  im  Geiste  und  in  Einsicht. 
Ohne  körperliche  Zucht  und  unentwickelt  in  Sittlich- 
keit, im  Geiste  und  in  Einsicht,  werden  auch  diese 
wieder  andere  als  Mönche  aufnehmen.  Und  auch  sie 
werden  nicht  imstande  sein,  diese  in  hoher  Sittlich- 
keit, hoher  Geistigkeit  und  hoher  Einsicht  zu  erziehen. 
So  werden  ebenfalls  diese  wieder  ohne  körperliche 

(«)  Nur  ein  Mönch  (bhikkhu)  mit  zehnjähriger  Ordens- 
angehörigkeit, d.  i.  ein  Thera  (wörtl.  Älterer)  kann  im  Verein  mit  vier 
anderen  Mönchen  die  Bhikkhuweihe  (upasämpadä)  erteilen. 

iß)  D.  i.  adhi-sila,  adhi-citta  und  adhi-paiiüä. 

—  103  — 


V  71)  Dlh  REDEN  DES  BUDDHA 

Zucht  sein  und  unentwickelt  in  Sittlichkeit,  im  Geiste 
und  in  Einsicht.  Auf  diese  Weise,  ihr  Mönche,  kommt 
es  durch  den  Zerfall  des  Gesetzes  (dhamma)  zum 
Zerfalle  der  Ordensdisziplin  (Vinaya)  und  durch  den 
Zerfall  der  Ordensdisziplin  zum  Zerfalle  des  Gesetzes. 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  erste  drohende  Gefahr. 

Ferner,  ihr  Mönche,  wird  es  in  späteren  Zeiten 
Mönche  geben,  die  ohne  körperliche  Zucht  sind  und 
unentwickelt  in  Sittlichkeit,  im  Geiste  und  in  Einsicht; 
und  ohne  körperliche  Zucht  und  unentwickelt  in  Sitt- 
lichkeit, im  Geiste  und  in  Einsicht  gewähren  sie  anderen 
ihren  »Beistand«  (nissaya)  («),  —  oder  beim  Vor- 
trage hoher  Gesetze  und  Erklärungen  werden  sie  die 
bösen  Dinge,  auf  die  sie  verfallen,  nicht  erkennen,  — 
oder,  wenn  jene  vom  Vollendeten  verkündeten  Ge- 
setze vorgetragen  werden,  jene  tiefen,  tiefsinnigen, 
überweltlichen,  die  von  der  Nichtigkeit  handeln,  so 
horchen  die  Mönche  nicht  gern  zu,  leihen  kein  Ge- 
hör, machen  ihren  Geist  nicht  dem  Verständnisse  der- 
selben zugängig  und  glauben,  jene  Dinge  nicht  lernen 
und  sich  aneignen  zu  müssen.  Werden  dagegen  jene 
von  den  Dichtern  verfaßten  Dichtungen  vorgetragen, 
jene  schönklingenden,  schöngeistigen,  äußerlichen.  Von 
den  Anhängern  gelehrten,  so  horchen  die  Mönche 
gerne  zu,  leihen  Gehör,  machen  ihren  Geist  dem  Ver- 

(a)  Jeder  Mönch  (bhikkhu)  hat  die  fünf  ersten  Jahre  seiner 
Ordensangehörigkeit  in  Abhängigkeit  seines  Beraters  (upajjhäya), 
oder,  wenn  dieser  abwesend  oder  gestorben  ist,  in  Abhängigkeit 
irgend  eines  von  ihm  selber  gewählten  Ordens  älteren  (thera) 
zu  leben.  Letzterer  ist  also  der  Vertreter,  bzw.  Nachfolger,  des  Be- 
raters, wird  aber  niemals  als  upajjhäya,  sondern  stets  bloß  als  nissaya 
(Beistand)  bezeichnet. 

—    104    — 


FÜNFERBUCH  V  80 


Ständnisse  derselben  zugängig  und  glauben,  jene  Dinge 
lernen  und  sich  aneignen  zu  müssen.  — 

—  Oder  sie  sind  als  ältere  Mönche  der  Üppig- 
keit ergeben,  schlaffe  Menschen,  vor  allem  die  Gesellig- 
keit suchend  und  die  Einsamkeit  als  Last  Verwerfend; 
und  sie  strengen  ihre  Willenskraft  nicht  an,  um  das 
Unerlangte  zu  erlangen,  das  Unerreichte  zu  erreichen, 
das  Unverwirklichte  zu  verwirklichen.  Auf  diese  Weise, 
ihr  Mönche,  kommt  es  durch  den  Zerfall  des  Ge- 
setzes zum  Zerfalle  der  Ordensdisziplin  und  durch 
den  Zerfall  der  Ordensdisziplin  zum  Zerfalle  des  Ge- 
setzes. Das,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte  drohende 
Gefahr. 

Diese  fünf  drohenden  Gefahren,  ihr  Mönche, 
gegenwärtig  noch  nicht  entstanden,  werden  dereinst 
entstehen.  Jene  sollt  ihr  erkennen;  und  habt  ihr  sie 
erkannt,  so  sollt  ihr  nach  deren  Überkommung  streben. 

Drohende  Gefahren  für  den  Mönch  so 

Fünf  drohende  Gefahren,  ihr  Mönche,  gegenwärtig 
noch  nicht  entstanden,  werden  dereinst  entstehen.  Jene 
sollt  ihr  erkennen;  und  habt  ihr  sie  erkannt,  so  sollt 
ihr  nach  deren  Überkommung  streben.  Welches  aber 
sind  diese  fünf? 

Einst,  ihr  Mönche,  in  späteren  Zeiten  wird  es 
Mönche  geben,  die  nach  guten  Gewändern  begehren; 
und  indem  sie  nach  guten  Gewändern  begehren,  meiden 
sie  die  Fetzenkleidung,  meiden  sie  die  waldeinsamen, 
abgeschiedenen  Behausungen  im  Walde  und  begeben 
sich  nach  dem  Dorfe  oder  der  Stadt  oder  der  könig- 
lichen Residenz.  Dort  nehmen  sie  ihren  Aufenthalt, 
und  um  des  Gewandes  willen  benehmen  sie  sich  in 

—  105  — 


V,  so  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Vielerlei  Weise  aufdringlich  und  ungehörig.  Das,  ihr 
Mönche,  ist  die  erste  drohende  Gefahr. 

Ferner,  ihr  Mönche,  wird  es  in  späteren  Zeiten 
Mönche  geben,  die  nach  guter  Almosenspeise  be- 
gehren; und  indem  sie  nach  guter  Almosenspeise  be- 
gehren, meiden  sie  den  Almosengang,  meiden  sie  die 
waldeinsamen,  abgeschiedenen  Behausungen  im  Walde 
und  begeben  sich  nach  dem  Dorfe  oder  der  Stadt  oder 
der  königlichen  Residenz.  Dort  nehmen  sie  ihren 
Aufenthalt,  indem  sie  nach  leckeren  Bissen  spähen  («). 
Um  der  Almosenspeise  willen  aber  benehmen  sie  sich 
in  vielerlei  Weise  aufdringlich  und  ungehörig.  Das, 
ihr  Mönche,  ist  die  zweite  drohende  Gefahr. 

Ferner,  ihr  Mönche,  Wird  es  in  späteren  Zeiten 
Mönche  geben,  die  nach  guten  Wohnstätten  begehren; 
und  indem  sie  nach  guten  Wohnstätten  begehren, 
meiden  sie  das  Wohnen  am  Fuße  eines  Baumes, 
meiden  sie  waldeinsame,  abgeschiedene  Behausungen 
im  Walde  und  begeben  sich  nach  dem  Dorfe  oder  der 
Stadt  oder  der  königlichen  Residenz,  um  dortselbst 
ihren  Aufenthalt  zu  nehmen.  Um  der  Wohnstätte  willen 
aber  benehmen  sie  sich  in  vielerlei  Weise  aufdring- 
lich und  ungehörig.  Das,  ihr  Mönche,  ist  die  dritte 
drohende  Gefahr. 

Ferner,  ihr  Mönche,  wird  es  in  späteren  Zeiten 
Mönche  geben,  die  in  Gesellschaft  Von  Nonnen, 
Schülerinnen  und  Asketenzöglingen  (ß)  leben.  Da  sie 
aber  in  Gesellschaft  von  Nonnen,  Schülerinnen  und 
Asketenzöglingen  leben,  steht  zu  erwarten,  daß  sie 
entweder    ohne    Begeisterung   den    heiligen   Wandel 

(rt)  Wörtl:  mit  der  Zungenspitze  die  besten  Säfte  suchend. 
iß)  bhikkhunl,  sikkhamänä  und  saman'uddesä. 

—  106  - 


FÜNFERBUCH  V  SO 


führen  oder  sich  eines  schmutzigen  Vergehens  schul- 
dig machen  oder  die  Askese  aufgeben  und  zum 
niederen  Wehleben  zurückkehren  werden.  Das,  ihr 
Mönche,  ist  die  vierte  drohende  Gefahr. 

Ferner,  ihr  Mönche,  wird  es  in  späteren  Zeiten 
Mönche  geben,  die  in  Gesellschaft  Von  Klosterdienern 
(«)  und  Asketenzöglingen  leben;  und  indem  sie,  ihr 
Mönche,  in  Gesellschaft  von  Klosterdienern  und 
Asketenzöglingen  leben,  steht  zu  erwarten,  daß  sie 
mit  vielerlei  aufgespeicherten  Schätzen  sich  zu  schaffen 
machen  und  Arbeiten  an  Grund  und  Boden  vornehmen 
lassen.  Das,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte  drohende 
Gefahr. 

Diese  fünf  drohenden  Gefahren,  ihr  Mönche, 
gegenwärtig  noch  nicht  entstanden  werden  dereinst 
entstehen.  Jene  sollt  ihr  erkennen;  und  habt  ihr  sie 
erkannt,  so  sollt  ihr  nach  deren  Überkommung  streben. 

(rt)  ärämika,  im  weitesten  Sinne  jeder,  der  in  einem  Äränia 
(Kloster)  wohnt,  als  KI  oster  insasse,  Klosterbewohner. 


—    1U7 


V  81,  S2,  S3,  DIE  REDEN  DES  BUDDHA  84,  85,  (8J) 

NEUNTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Ordensälteren 

81  Gründe  des  Beliebtseins   und  tlnbeliebtseins 

Insofern,  ihr  Mönche,  ein  älterer  Mönch  fünf 
Eigenschaften  besitzt,  Wird  er  Von  seinen  Ordens- 
brüdern nicht  geliebt,  geschätzt,  geachtet  und  geehrt: 
welche  fünf? 

Wenn  er  bei  giererregenden  Dingen  in  Gier  ge- 
rät, bei  haßerregenden  Dingen  in  Haß  gerät,  bei 
verblendenden  Dingen  in  Verblendung  gerät,  bei  zorn- 
erregenden Dingen  in  Zorn  gerät  und  bei  wahnerregen- 
den Dingen  in  Wahn  gerät. 

82  —  Wenn  er  nicht  frei  ist  von  Gier,  Haß,  Ver- 
blendung, Heuchelei  und  Neid. 

83  —  Wenn  er  ein  Betrüger  ist,  ein  Schmeichler, 
Zeichendeuter,  Gaukler  und  immer  nach  Geschenken 
giert. 

84  —  Wenn  er  vertrauenslos  ist,  schamlos,  gewissen- 
los, träge  und  töricht. 

85  —  Wenn  er  nicht  standhaft  bleibt  bei  Gestalten, 
Tönen,  Düften,  Geschmacksempfindungen  und  Be- 
rührungen. Insofern,  ihr  Mönche,  ein  älterer  Mönch 
diese  fünf  Eigenschaften  besitzt,  wird  er  von  seinen 
Ordensbrüdern  nicht  geliebt,  geschätzt,  geachtet  und 
geehrt. 

(81)  Insofern  aber,  ihr  Mönche,  ein  älterer  Mönch 
folgende  fünf  Eigenschaften  besitzt,  wird  er  Von  seinen 
Ordensbrüdern  geliebt,  geschätzt,  geachtet  und  geehrt: 
welche  fünf? 

—  108  — 


► 


Y  (82),  (83), FÜNFERBUCH  (nA),  (85),  80,  8t 

Wenn  er  bei  giererregenden  Dingen  nicht  in  Gier 
gerät,  bei  haßerregenden  Dingen  nicht  in  Haß  gerät, 
bei  verblendenden  Dingen  nicht  in  Verblendung  gerät, 
bei  zornerregenden  Dingen  nicht  in  Zorn  gerät  und 
bei  wahnerregenden  Dingen  nicht  in  Wahn  gerät. 

—  Wenn  er  frei  ist  von  Gier,  Haß,  Verblendung,  (82) 
Heuchelei  und  Neid. 

—  Wenn  er  kein  Betrüger  ist,  kein  Schmeichler,  (83) 
Zeichendeuter,  Gaukler  und  nicht  nach  Geschenken 
giert. 

—  Wenn  er  Vertrauen  besitzt,  Schamgefühl,  Ge-  (84) 
wissen,  Willenskraft  und  Einsicht. 

—  Wenn  er  standhaft  bleibt  bei  Gestalten,  Tönen,  (85) 
Düften,  Geschmacksempfindungen  und  Berührungen. 

—  Wenn  er  das  Analytische  Wissen  der  wahren  86 
Bedeutung,  das  Analytische  Wissen  des  Gesetzes, 
das  Analytische  Wissen  der  Sprache  und  das  Analy- 
tische Wissen  der  Darlegung  («)  besitzt  und  er  in 
allen  den  kleinen  und  großen  Pflichten  gegen  seine 
Ordensbrüder  tüchtig  und  eifrig  ist,  sich  dabei  auf 
die  richtigen  Mittel  versteht,  zu  handeln  und  anzu- 
ordnen. 

—  Wenn  ihm  Sittlichkeit  eignet,  ein  großes  Wissen  87 
eignet,  edle  Rede  eignet,  er  der  vier  Vertiefungen  teil- 
haftig wird   und   schon    bei   Lebzeiten    die  Oemüts- 
erlösung  und  Wissenserlösung   selber  erkannt,   ver- 
wirklicht und  sich  zu  eigen  gemacht  hat. 

(«)  attha-patisambhidä,  dhamma-patisambhidä,  niriiüi-pati- 
sanibhidä  und   patibhäna-patisämbhidä. 


109 


V88  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

88  Der  Einfluß  des  Ordensälteren 

Sind,  ihr  Mönciie,  bei  einem  älteren  Mönche  fünf 
Dinge  anzutreffen,  so  gereicht  er  Vielen  zum  Schaden, 
Vielen  zum  Unglück,  Vielen  zum  Verderben,  zum 
Unheil  und  Leiden  der  Himmelswesen  und  Menschen: 
welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  blickt  der  ältere  Mönch  auf  viele 
Ordensjahre  zurück,  ist  schon  vor  langem  in  die  Haus- 
losigkeit  gezogen.  Er  ist  bekannt,  besitzt  Ansehen 
und  eine  große  Anhängerschaft  unter  Mönchen  wie 
Hausleuten.  Er  wird  beschenkt  mit  Gewand,  Almosen- 
speise, Lagerstatt  und  den  nötigen  Heilmitteln  und 
Arzneien.  Er  ist  wissensreich,  ein  Träger  des  Wissens, 
hat  sich  ein  großes  Wissen  angesammelt.  Jene  Ge- 
setze, die  im  Anfang  erhaben,  in  der  Mitte  erhaben 
und  im  Ausgange  erhaben  sind,  dem  Sinne  wie  dem 
Wortlaute  nach,  und  das  ganz  und  gar  vollkommene, 
geläuterte  Heilige  Leben  lehren,  solcher  Gesetze  hat 
er  viele  vernommen,  sich  eingeprägt,  in  Worten  ge- 
merkt, im  Geiste  erwogen,  mit  Erkenntnis  wohl  durch- 
drungen. Er  besitzt  aber  verkehrte  Ansichten,  ver- 
kehrte Anschauungen,  bringt  Viele  Vom  Guten  ab  und 
befestigt  sie  im  Bösen. 

Seinem  Beispiele  aber  folgt  man,  denn  man  sagt 
sich,  daß  er  als  älterer  Mönch  auf  viele  Ordensjahre 
zurückblickt  und  schon  vor  langem  in  die  Hauslosig- 
keit  gezogen  ist;  daß  er  bekannt  ist.  Ansehen  und 
große  Anhängerschaft  unter  Mönchen  wie  Hausleuten 
besitzt;  daß  er  beschenkt  wird  mit  Gewand,  Almosen- 
speise, Lagerstatt  und  den  nötigen  Heilmitteln  und 
Arzneien;  daß  er  Wissensreich  ist,  ein  Träger  des 
Wissens,   sich  ein   großes  Wissen  angesammelt  hat. 

—   110  - 


FÜNFERBUCH  V  88 


Sind,  ihr  Mönche,  bei  einem  älteren  Mönche  diese 
fünf  Dinge  anzutreffen,  so  gereicht  er  Vielen  zum 
Schaden,  Vielen  zum  Unglück,  Vielen  zum  Verderben, 
zum  Unheil  und  Leiden  der  Himmelswesen  und 
Menschen. 

Sind  aber,  ihr  Mönche,  bei  einem  älteren  Mönche 
folgende  fünf  Dinge  anzutreffen,  so  gereicht  er  Vielen 
zum  Nutzen,  Vielen  zum  Glücke,  Vielen  zum  Segen, 
zum  Heil  und  Wohl  der  Himmelswesen  und  Menschen: 
welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  blickt  der  ältere  Mönch  auf 
Viele  Ordensjahre  zurück,  ist  schon  Vor  langem  in 
die  Hauslosigkeit  gezogen.  Er  ist  bekannt,  besitzt 
Ansehen  und  eine  große  Anhängerschaft  unter  Mönchen 
wie  Hausleuten.  Er  wird  beschenkt  mit  Gewand, 
Almosenspeise,  Lagerstatt  und  den  nötigen  Heilmitteln 
und  Arzneien.  Er  ist  wissensreich,  ein  Träger  des 
Wissens,  hat  sich  ein  großes  Wissen  angesammelt. 
Jene  Gesetze,  die  im  Anfang  erhaben,  in  der  Mitte 
erhaben  und  im  Ausgange  erhaben  sind,  dem  Sinne 
wie  dem  Wortlaute  nach,  und  das  ganz  und  gar  Voll- 
kommene, geläuterte  Heilige  Leben  lehren,  solcher 
Gesetze  hat  er  Viele  vernommen,  sich  eingeprägt,  in 
Worten  gemerkt,  im  Geiste  erwogen,  mit  Erkenntnis 
wohl  durchdrungen.  Er  besitzt  rechte  Ansichten  und 
unverdorbene  Anschauungen,  bringt  Viele  vom  Bösen 
ab  und  befestigt  sie  im  Guten. 

Seinem  Beispiele  aber  folgt  man,  denn  man  sagt 
sich,  daß  er  als  älterer  Mönch  auf  viele  Ordensjahre 
zurückblickt  und  schon  vor  langem  in  die  Hauslosig- 
keit gezogen  ist;  daß  er  bekannt  ist.  Ansehen  und 
große  Anhängerschaft  unter  Mönchen  wie  Hausleuten 


111 


V  st),  90  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

besitzt;  daß  er  beschenkt  wird  mit  Gewand,  Almosen- 
speise, Lagerstatt  und  den  nötigen  Heilmitteln  und 
Arzneien;  daß  er  wissensreich  ist,  ein  Träger  des 
Wissens,  sich  ein  großes  Wissen  angesammelt  hat. 
Sind,  ihr  Mönche,  bei  einem  älteren  Mönche  diese 
fünf  Dinge  anzutreffen,  so  gereicht  er  Vielen  zum 
Nutzen,  vielen  zum  Glücke,  Vielen  zum  Segen,  zum 
Heil  und  Wohl  der  Himmelswesen  und  Menschen. 

89  Nachteilige  Dinge 

(1) 

Fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  gereichen  dem  kampfes- 
fähigen Mönche  zum  Nachteil:  welche  fünf? 

Gefallen  an  körperlicher  Arbeit,  Gefallen  am 
Plaudern,  Gefallen  am  Schlafen,  Gefallen  an  Gesellig- 
keit und  nicht  bedenken,  wie  das  Herz  Befreiung  findet. 
Diese  fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  gereichen  dem  kampfes- 
fähigen  Mönche  zum  Nachteil. 

90  Nachteilige  Dinge 

(2) 

Fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  gereichen  dem 
kampfesfähigen  Mönche  zum  Nachteil:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  kampfesfähige  Mönch 
Viel  geschäftig,  hat  Viel  zu  tun,  ist  in  allen  Geschäften 
bewandert;  und  er  meidet  die  Abgeschiedenheit,  übt 
keine  innere  Gemütsruhe.  Das,  ihr  Mönche,  ist  der 
erste  Umstand,  der  dem  kampfesfähigen  Mönche  zum 
Nachteil  gereicht. 

Und  ferner,  ihr  Mönche:  da  Verbringt  der  kämpf es- 
fiihige  Mönch  mit  einer  nichtigen  Arbeit  den  ganzen 
Tag;  und  er  meidet  die  Abgeschiedenheit,  übt  keine 

-  112  -  ' 


FUNFERBUCH  V  90 


innere  Gemütsruhe.  Das,  ihr  Mönche,  ist  der  zweite 
Umstand,  der  dem  l<ampfesfähigen  Mönche  zum  Nach- 
teil gereicht. 

Und  ferner,  ihr  Mönche:  da  lebt  der  kampfes- 
fähige Mönch  in  Gesellschaft  Von  Hausleuten  und 
Mönchen,  in  verkehrter  Laiengesellschaft;  und  er 
meidet  die  Abgeschiedenheit,  übt  keine  innere  Ge- 
mütsruhe. Das,  ihr  Mönche,  ist  der  dritte  Umstand, 
der  dem  kämpfenden  Mönche  zum  Nachteil  gereicht. 

Und  ferner,  ihr  Mönche:  da  begibt  sich  der 
kampfesfähige  Mönch  sehr  früh  ins  Dorf  und  kehrt 
erst  nach  der  Mittagszeit  zurück;  und  er  meidet  die 
Abgeschiedenheit,  übt  keine  innere  Gemütsruhe.  Das, 
ihr  Mönche,  ist  der  vierte  Umstand,  der  dem  kämpfen- 
den Mönche  zum  Nachteil  gereicht. 

Und  ferner,  ihr  Mönche:  was  da  diese  läutern- 
den, für  die  geistige  Entfaltung  so  heilsamen  Beleh- 
rungen betrifft,  als  wie  Belehrungen  über  Bedürfnis- 
losigkeit, Zufriedenheit,  Einsamkeit,  Abgeschiedenheit, 
Willenskraft,  Sittlichkeit,  Sammlung,  Einsicht,  Erlösung 
und  den  Erkenntnisblick  der  Erlösung:  alle  solche 
Belehrungen  werden  ihm  nicht  nach  Wunsch,  nicht 
ohne  Mühe  und  Anstrengung  zuteil;  und  er  meidet 
die  Abgeschiedenheit,  übt  keine  innere  Gemütsruhe. 
Das,  ihr  Mönche,  ist  der  fünfte  Umstand,  der  dem 
kämpfenden  Mönche  zum  Nachteil  gereicht. 

Diese  fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  gereichen  dem 
kampfesfähigen  Mönche  zum  Nachteil.  — 


Die  Reden  des  Buddha.  Bd.  II        —     113 


T9J,V)2,93,94      DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

ZEHNTER  TEIL: 

Das  Kapitel  des  Kakudho 

Fünferlei  Schätze 

91  Fünferlei  Schätze  (sampadä)  («)  gibt  es,  ihr  Mönche : 
den  Schatz  des  Vertrauens,  der  Sittlichkeit,  des  Wissens, 
der  Freigebigkeit  und  der  Einsicht;  den  Schatz  der 

92  Sittlichkeit,  der  Sammlung,  der  Einsicht,  der  Erlösung 
und  des  Erkenntnisblickes  der  Erlösung. 

93  Die  Kundtuung  Höchsten  Wissens 

Fünferlei  Kundtuungen  »Höchsten  Wissens«  (anfiä) 
(ß)  gibt  es,  ihr  Mönche:  welche  fünf? 

Aus  Dummheit  und  Torheit  mag  da  einer  Höchstes 
Wissen  kundtun;  in  übler  Absicht  und  aus  Begehren 
mag  da  einer  Höchstes  Wissen  kundtun;  infolge  Von 
Wahnsinn  und  geistiger  Zerfahrenheit  mag  da  einer 
Höchstes  Wissen  kundtun;  aus  Selbstüberhebung  mag 
da  einer  Höchstes  Wissen  kundtun;  der  Wahrheit  ent- 
sprechend mag  da  einer  Höchstes  Wissen  kundtun. 
Diese  fünferlei  Kundtuungen  Höchsten  Wissens  gibt 
es,  ihr  Mönche. 

94  Wohlsein 

Fünf  Arten  des  Wohlseins  gibt  es,  ihr  Mönche: 
welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  gewinnt  der  Mönch,  den  Sinnen- 
dingen entrückt,  entrückt  den  schuldvollen  Erschei- 
nungen, die  mit  Sinnen  und  Nachdenken  verbundene, 

(a)  Wörtl.  Erlangungen,  Gewinne  (sampadä). 

iß)  anfiä  ist  das  dem  Arahat  (Heiligen)  eigene  Wissen. 

—   114  - 


FÜNFERBUCH  T  95 


in  der  Entrückung  geborene,  Von  Verzückung  und 
Glückseligkeit  erfüllte  erste  Vertiefung.  Das,  ihr 
Mönche,  ist  die  erste  Art  des  Wohlseins. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  gewinnt  der  Mönch  nach 
dem  Schwinden  des  Sinnens  und  Nachdenkens  den 
inneren  Frieden,  die  Einheit  des  Geistes,  die  von 
Sinnen  und  Nachdenken  freie,  in  der  Sammlung  ge-  - 
borene,  von  Verzückung  und  Glückseligkeit  erfüllte 
zweite  Vertiefung.  Das,  ihr  Mönche,  ist  die  zweite 
Art  des  Wohlseins. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  verweilt  der  Mönch  nach 
Abwendung  der  Verzückung  gleichmütig,  achtsam, 
geistesklar;  und  er  fühlt  in  sich  das  Glück,  Von 
dem  die  Edlen  sprechen:  »Glückselig  der  Gleichmütige, 
der  Achtsame!«  —  so  gewinnt  er  die  dritte  Vertiefung. 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  dritte  Art  des  Wohlseins. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  gewinnt  der  Mönch  nach 
dem  Schwinden  von  Wohlgefühl  und  Schmerz  und 
durch  Überwindung  des  früheren  Frohsinns  und  Trüb- 
sinns einen  leidlosen,  freudlosen  Zustand,  die  durch 
Gleichmut  und  Achtsamkeit  geklärte  Vierte  Vertiefung. 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  Vierte  Art  des  Wohlseins. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  macht  der  Mönch,  durch 
Versiegung  der  Leidenschaften,  noch  bei  Lebzeiten 
die  leidenschaftslose  Gemütserlösung  und  Wissens- 
erlösung sich  zu  eigen,  indem  er  sie  selber  erkennt 
und  verwirklicht.  Das,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte  Art  des 
Wohlseins. 

Unerschütterlichkeit  95 

(1) 
Mit    fünf    Dingen    ausgestattet,     ihr    Mönche, 
erreicht   der   Mönch   in   gar   tlicht   langer   Zeit    die 

—  115  —  8* 


T  96,  99  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Unerschütterlichkeit   (a).      Und   welches   sind   diese 
fünf? 

Das  Analytische  Wissen  der  wahren  Bedeutung, 
das  Analytische  Wissen  des  Gesetzes,  das  Analytische 
Wissen  der  Sprache  und  das  Analytische  Wissen  der 
Darlegung. 

96  Unerschütterlichkeit 

(2) 

Mit  fünf  Dingen  ausgestattet,  ihr  Mönche,  dringt 
der  Mönch,  durch  »Achtsamkeit  bei  Ein-  und  Aus- 
atmung« (änäpäna-sati),  in  gar  nicht  langer  Zeit  durch 
bis  zur  ünerschütterlichkeit.  Und  welches  sind  diese 
fünf  Dinge?     - 

Da,  ihr  Mönche,  hat  der  Mönch  wenig  Bedürf- 
.  nisse,  ist  wenig  geschäftig,  leicht  zu  befriedigen  und 
bescheidet  sich  mit  dem,  was  zum  Leben  nötig  ist. 
Er  begnügt  sich  mit  wenig  Speise,  ist  dem  leiblichen 
Genüsse  nicht  zugetan.  Er  schläft  wenig,  befleißigt 
sich  des  Wachens.  Er  ist  wissensreich,  ein  Träger 
des  Wissens,  hat  sich  ein  großes  Wissen  angesammelt. 
Er  denkt  darüber  nach,  wie  das  Herz  Erlösung  findet. 
Mit  diesen  fünf  Dingen  ausgestattet,  ihr  Mönche,  dringt 
der  Mönch,  durch  »Achtsamkeit  bei  Ein-  und  Aus- 
atmung«, in  gar  nicht  langer  Zeit  durch  bis  zur  Un- 
erschütterlichkeit. 

99  Der  Löwe 

Der  Löwe,  ihr  Mönche,  der  König  der  Tiere,  tritt 
des  Abends  aus  seiner  Höhle  heraus.  Aus  der  Höhle 
herausgetreten,  springt  er  empor.    Emporgesprungen, 

(«)  Damit  ist  das  Arahattum,  d.  i.  der  Zustand  des  Arahats, 
gemeint. 

—   116  — 


FÜNFERBUCH  V 100 


Späht  er  nach  allen  Vier  Seiten.  Nachdem  er  nach 
allen  vier  Seiten  gespäht  hat,  läßt  er  dreimal  seine 
Löwenstimme  erschallen.  Nachdem  er  dreimal  seine 
Löwenstimme  hat  erschallen  lassen,  geht  er  auf  Beute 
aus.  Versetzt  er  nun  einen  Schlag,  sei  es  einem 
Elefanten,  Büffel,  Rinde  oder  Panther  oder  auch  einem 
kleinen  Tiere,  ja  selbst  einem  Hunde  oder  einer  Katze, 
so  versetzt  er  den  Schlag  eben  gründlich,  nicht  ober- 
flächlich. Und  warum?  Damit  er  seiner  Würde  nicht 
verlustig  gehe. 

Der  Löwe,  ihr  Mönche,  ist  eine  Bezeichnung  des 
Vollendeten,  Heiligen,  vollkommen  Erleuchteten.  Daß 
nämlich  der  Vollendete,  ihr  Mönche,  den  Menschen 
das  Gesetz  verkündet,  das  gilt  als  sein  Löwenruf. 
Weist  aber,  ihr  Mönche,  der  Vollendete  das  Gesetz, 
sei  es  den  Mönchen,  Nonnen,  Anhängern  oder  An- 
hängerinnen oder  auch  Weitlingen,  ja  selbst  Futter- 
knechten oder  Vogelstellern,  so  weist  der  Vollendete 
das  Gesetz  eben  gründlich,  nicht  oberflächlich.  Und 
warum?  Weil  der  Vollendete,  ihr  Mönche,  eben  das 
Gesetz  würdigt,  das  Gesetz  hochhält. 

Die  fünf  Meister  loo 

Das  habe  ich  gehört: 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Ghositakloster  bei 
Kosambi.  Zu  jener  Zeit  aber  war  der  Kolier  Kakudho, 
des  ehrwürdigen  Mahä-Moggallano  Begleiter,  gerade 
gestorben  und  in  einer  geisterzeugten  Welt  wieder- 
erschienen; und  er  besaß  einen  Körper,  der  so  groß 
war  wie  zwei  oder  drei  Magadher  Bauernfelder.  Mit 
jenem  Körper  aber  belästigte  er  weder  sich  selber 
noch  die  anderen.     Und  Kakudho  der  Himmelssohn 

-   117  - 


V  100  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

begab  sich  dorthin,  wo  der  ehrwürdige  Mahä-Moggal- 
läno  weilte.  Dort  angelangt,  begrüßte  er  ehrfurchts- 
voll den  ehrwürdigen  Mahä-Moggalläno  und  stellte 
sich  zur  Seite  hin.  Zur  Seite  aber  stehend,  sprach 
Kakudho  der  Himmelssohn  also  zum  ehrwürdigen 
Mahä-Moggalläno : 

'  >In  Devadatto,  o  Ehrwürdiger,  ist  der  Wunsch 
aufgestiegen,  selber  die  Jüngerschaft  zu  leiten.  Gleich- 
zeitig mit  dem  Aufsteigen  dieses  Gedankens  aber, 
0  Ehrwürdiger,  ist  Devadatto  die  magische  Fähigkeit 
geschwunden.« 

Dies  sprach  Kakudho  der  Himmelssohn.  Nach 
diesen  Worten  aber  begrüßte  ßr  ehrfurchtsvoll  den 
ehrwürdigen  Mahä-Moggalläno,  und  ihm  die  Rechte 
zukehrend,  verschwand  er  von  eben  jenem  Platze. 
Der  ehrwürdige  Mahä-Moggalläno  aber  begab  sich 
zum  Erhabenen  und  berichtete  ihm,  was  sich  zu- 
getragen hatte. 

[Der  Erhabene:]  »Wie,  Moggalläno?  Hast  du 
wohl  im  Geiste  die  Gedanken  Kakudhos  des  Himmels- 
sohnes durchschaut  und  erkannt,  daß,  was  er  da  sagt, 
sich  alles  so  verhält  und  nicht  anders?« 

»Im  Geiste,  o  Ehrwürdiger,  habe  ich  die  Ge- 
danken Kakudhos  des  Himmelssohnes  durchschaut 
und  erkannt,  daß,  was  er  da  sagt,  sich  alles  so  ver- 
hält, nicht  anders.« 

»Hüte  diese  Worte,  Moggalläno!  Hüte  diese 
Worte,  Moggalläno!  Denn  gar  bajd  wird  jener  nichts- 
würdige Mensch  (nämlich  Devadatto)  sich  selber  ver- 
raten. 

»Folgende  fünf  Meister,  Moggalläno,  sind  in  der 
Weh  anzutreffen:  welche  fünf? 

-   118  - 


FÜNFERBUCH  V  100 


»Da,  Moggalläno,  behauptet  ein  Meister,  obgleich 
von  unlauterem  Wandel,  daß  er  einen  lauteren 
Wandel  führe,  daß  sein  Sittenwandel  lauter  sei,  rein 
und  unbefleckt.  Seine  Jünger  aber  wissen,  daß  der 
Meister  von  unlauterem  Sittenwandel  ist,  obgleich  er 
behauptet,  daß  er  Von  lauterem  Sittenwandel  sei,  daß 
sein  Sittenwandel  lauter  sei,  rein  und  unbefleckt.  [Und 
sie  denken:]  3>Wenn  Wir  das  den  Hausleuten  mitteilten, 
so  wäre  das  nicht  angenehm  für  ihn.  Wie  sollen  wir 
uns  aber  zu  dem,  was  ihm  unangenehm  ist,  verhalten?« 
Man  beehrt  ihn  mit  Gewand,  Almosenspeise,  Lager- 
statt und  den  nötigen  Heilmitteln  und  Arzneien.  Durch 
alles  aber,  was  er  tut,  wird  er  sich  verraten.  Einen 
solchen  Meister,  Mogalläno,  nehmen  die  Jünger  wegen 
seines  Sittenwandels  in  Schutz,  und  auch  er  erwartet 
von  seinen  Jüngern,  daß  man  ihn  wegen  seines  Sitten- 
wandels schütze. 

»Fernerhin,  Moggalläno:  da  behauptet  ein  Meister, 
obgleich  von  unlauterer  Lebensweise,  daß  er  eine 
lautere  Lebensweise  führe,  —  obgleich  er  unvoll- 
kommen das  Gesetz  darlegt,  daß  er  in  der  Darlegung 
des  Gesetzes  vollkommen  sei,  —  obgleich  er  unvoll- 
kommene Erklärungen  gibt,  daß  seine  Erklärungen 
vollkommen  seien,  —  obgleich  er  einen  unvollkom- 
menen Erkenntnisblick  besitzt,  daß  er  mit  einem  voll- 
kommenen Erkenntnisblick  ausgestattet  sei,  daß  sein 
Erkenntnisblick  lauter  sei,  rein  und  unbefleckt.  Seine 
Jünger  aber  wissen,  daß  der  Meister  einen  unvoll- 
kommenen Erkenntnisblick  besitzt,  obgleich  er  be- 
hauptet, daß  er  einen  vollkommenen  Erkenntnis- 
blick besitze,  daß  sein  Erkenntnisblick  lauter  sei,  rein 
und  unbefleckt.     [Und  sie  denken:]   »Wenn  wir  das 

-   119  - 


V  100  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

den  Hausleuten  mitteilten,  so  wäre  das  nicht  an- 
genehm für  ihn.  Wie  sollen  wir  uns  aber  zu  dem, 
was  ihm  unangenehm  ist,  verhalten?«  Man  beehrt 
ihn  mit  Gewand,  Almosenspeise,  Lagerstatt  und  den 
nötigen  Heilmitteln  und  Arzneien.  Durch  alles  aber, 
was  er  tut,  wird  er  sich  verraten.  Einen  solchen 
Meister,  Moggalläno,  nehmen  die  Jünger  wegen  seines 
Erkenntnisblickes  in  Schutz,  und  auch  er  erwartet  von 
seinen  Jüngern,  daß  man  ihn  wegen  seines  Erkennt- 
nisblickes schütze. 

»Diese  fünf  Meister,  Moggalläno,  sind  in  der  Welt 
anzutreffen.     Ich  aber,  Moggalläno,  behaupte,   da  ich 
eben  von  lauterem  Sittenwandel  bin,   daß  ich  einen 
lauteren  Sittenwandel  führe,  daß   mein  Sitten  Wandel 
lauter  ist,  rein  und  unbefleckt.     Und  nicht  schützen 
mich  meine  Jünger  wegen  meines  Sittenwandels,  und 
auch  ich  erwarte  nicht  von  meinen  Jüngern,   daß  sie 
mich  wegen  des  Sittenwandels  schützen  sollen.  Ferner- 
hin, Moggalläno,  behaupte  ich,  da  ich  eben  von  lauterer 
Lebensweise  bin,  daß  ich  eine  lautere  Lebensweise 
führe,  —  da  ich  eben  das  Gesetz  vollkommen  darlege, 
daß  ich  in  der  Darlegung  des  Gesetzes  vollkommen 
bin,  —  da  ich  eben  Vollkommene  Erklärungen  gebe, 
daß  meine  Erklärungen  vollkommen  sind,  —  da  ich 
eben    einen    vollkommenen   Erkenntnisblick    besitze, 
daß  ich  mit  einem  vollkommenen  Erkenntnisblick  aus- 
gestattet bin,  daß  mein  Erkenntnisblick  lauter  ist,  rein 
und  unbefleckt.  Und  nicht  schützen  mich  meine  Jünger 
wegen  meines  Erkenntnisblickes,  und  auch  ich  erwarte 
nicht  von  meinen  Jüngern,  daß  sie  mich  wegen  meines 
Erkenntnisblickes  schützen  sollen. 


—   120 


FÜNFERBUCH  V  IM 


ELFTER  TEIL 

Das  Kapitel  der  glücklichen  Zustände 

Kampfeszuversicht  bewirkende  Eigenschaften  lOi 

Fünf  Eigenschaften,  ihr  Mönche,  bewirken  Kampfes- 
zuversicht: welche  fünf?  Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der 
Mönch  Vertrauen,  Sittlichkeit,  Wissen,  Willenskraft 
und  Einsicht. 

Was  da,  ihr  Mönche,  der  Vertrauenslose  an  Scheu 
besitzt,  jene  Scheu  besteht  nicht  mehr  in  dem  von 
Vertrauen  Erfüllten;  demnach  bewirkt  diese  Eigen- 
schaft Kampfeszuversicht. 

Was  da,  ihr  Mönche,  der  Sittenlose  an  Scheu 
besitzt,  jene  Scheu  besteht  nicht  mehr  in  dem  Von 
Sittlichkeit  Erfüllten;  demnach  bewirkt  diese  Eigen- 
schaft Kampfeszuversicht. 

Was  da,  ihr  Mönche,  der  Unwissende  an  Scheu 
besitzt,  jene  Scheu  besteht  nicht  mehr  in  dem  von 
großem  Wissen  Erfüllten;  demnach  bewirkt  diese 
Eigenschaft  Kampfeszuversicht. 

Was  da,  ihr  Mönche,  der  Träge  an  Scheu  besitzt, 
jene  Scheu  besteht  nicht  mehr  in  dem  von  Willens- 
kraft Erfülhen;  demnach  bewirkt  diese  Eigenschaft 
Kampfeszuversicht. 

Was  da,  ihr  Mönche,  der  Einsichtslose  an  Scheu 
besitzt,  jene  Scheu  besteht  nicht  mehr  in  dem  Von 
Einsicht  Erfüllten;  demnach  bewirkt  diese  Eigenschaft 
Kampfeszuversicht. 

Diese  fünf  Eigenschaften,  ihr  Mönche,  bewirken 
Kampfeszuversicht. 

—   121    - 


V  102, 103  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

102  Verdacht  erregende  Umstände 

Gegen  einen  Mönch,  ihr  Mönche,  bei  dem  fünf 
Umstände  zutreffen,  hegt  man  Mißtrauen  und  Verdacht, 
daß  er  ein  schlechter  Mönch  sei,  selbst  wenn  er  schon 
die  Unerschütterlichkeit  erreicht  hat.  Und  welches  sind 
diese  fünf  Umstände? 

Da,  ihr  Mönche,  besucht  der  Mönch  Dirnen,  be- 
sucht Witwen,  besucht  alte  Jungfern,  besucht  Eunuchen 
und  besucht  Nonnen.  Gegen  einen  Mönch,  ihr  Mönche, 
bei  dem  diese  fünf  Umstände  zutreffen,  hegt  man 
Mißtrauen  und  Verdacht,  daß  er  ein  schlechter  Mönch 
sei,  selbst  wenn  er  schon  die  Unerschütterlichkeit  er- 
reicht hat. 

103  Der  Räuber 

Ein  großer  Räuber,  ihr  Mönche,  bei  dem  fünf  Be- 
dingungen anzutreffen  sind,  bricht  in  Häuser  ein,  geht 
auf  Raub  aus,  plündert  selber  ein  ganzes  Haus  und 
lauert  als  Wegelagerer  auf.  Und  welches  sind  diese 
fünf  Bedingungen? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  große  Räuber  ein  Freund 
unwegsamer  Plälze,  ein  Freund  des  Dickichts,  ein 
Freund  der  Mächtigen,  ist  freigebig  mit  seinen  Schätzen 
und  zieht  allein  seines  Wegs. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  große  Räuber  ein 
Freund  unwegsamer  Plätze?  Da,  ihr  Mönche,  lebt 
der  große  Räuber  an  einem  schwer  passierbaren  Flusse 
oder  auf  einem  schwer  zugänglichen  Berge. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  große  Räuber  ein 
Freund  des  Dickichts?  Da,  ihr  Mönche,  lebt  der 
große  Räuber  im  Gestrüppe  des  Grases  oder  der 
Bäume,   im  Dickicht  oder  einem  großen  Waldhaine. 

—   122  — 


FUNFERBUCH  V  103 


Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  große  Räuber  ein 
Freund  der  Mächtigen?  Da,  ihr  Mönche,  ist  der  große 
Räuber  ein  Freund  von  Fürsten  oder  Ministern;  und 
er  sagt  sich:  »Sollte  mir  irgendeiner  etwas  sagen,  so 
werden  diese  Fürsten  und  Minister  die  Sache  ablehnend 
behandeln«.  Wenn  somit  irgendeiner  ihm  etwas  sagt,  so 
verhandeln  eben  diese  Fürsten  und  Minister  die  Sache 
ablehnend. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  große  Räuber  frei- 
gebig mit  seinen  Schätzen?  Da,  ihr  Mönche,  ist  der 
Räuber  wohlhabend,  besitzt  großen  Reichtum,  große 
Schätze;  und  er  sagt  sich:  »Wenn  mir  irgendeiner 
etwas  sagen  sollte,  so  werde  ich  ihn  da  mit  meinen 
Schätzen  gewinnen«.  Wenn  somit  irgendeiner  ihm 
etwas  sagt,  so  gewinnt  er  ihn  alsbald  mit  seinen 
Schätzen. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  zieht  der  große  Räuber 
seines  Weges  allein?  Da,  ihr  Mönche,  geht  der  Räu- 
ber ganz  allein  auf  Beute  aus.  Und  warum?  Damit 
eben  seine  geheimen  Pläne  nicht  nach  außen  hin 
dringen. 

Ein  großer  Räuber,  ihr  Mönche,  bei  dem  diese 
fünf  Bedingungen  anzutreffen  sind,  bricht  in  Häuser 
ein,  geht  auf  Raub  aus,  plündert  selbst  ein  ganzes 
Haus  und  lauert  als  Wegelagerer  auf. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  führt  der  schlechte 
Mönch,  bei  dem  fünf  Bedingungen  anzutreffen  sind, 
ein  verkanntes.  Verdorbenes  Leben,  ist  verwerflich, 
wird  von  den  Verständigen  getadelt  und  erwirkt  sich 
große  Schuld,  und  welches  sind  diese  fünf  Be- 
dingungen? 


123 


y  103  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  schlechte  Mönch  ein  Freund 
unwegsamer  Plätze,  ein  Freund  des  Dickichts,  ein 
Freund  der  Mächtigen,  freigebig  mit  seinen  Schätzen 
und  zieht  allein  seines  Wegs. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  schlechte  Mönch 
ein  Freund  unwegsamer  Plätze?  Da,  ihr  Mönche, 
verübt  der  Mönch  unwegsame  Tat  in  Werken,  un- 
wegsame Tat  in  Worten  und  unwegsame  Tat  in  Ge- 
danken. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  schlechte  Mönch 
ein  Freund  des  Dickichts?  Da,  ihr  Mönche,  hegt  der 
schlechte  Mönch  verkehrte  Ansichten,  ist  extremen 
Ansichten  ergeben. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  schlechte  Mönch 
ein  Freund  der  Mächtigen?  Da,  ihr  Mönche,  ist  der 
schlechte  Mönch  der  Freund  Von  Fürsten  und  Ministern; 
und  er  sagt  sich:  »Sollte  mir  irgendeiner  etwas  sagen, 
so  werden  diese  Fürsten  und  Minister  die  Sache  ab- 
lehnend behandeln«.  Wenn  somit  irgendeiner  ihm 
etwas  sagt,  so  verhandeln  eben  diese  Fürsten  und 
Minister  die  Sache  ablehnend. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  schlechte  Mönch 
freigebig  mit  seinen  Schätzen?  Da,  ihr  Mönche,  er- 
langt der  schlechte  Mönch  Gewänder,  Almosen,  Lager- 
stätten und  Arzneien  und  Heilmittel;  und  er  sagt  sich: 
»Sollte  mir  irgendeiner  etwas  sagen,  so  werde  ich  ihn 
da  mit  meinen  Schätzen  gewinnen«.  Wenn  somit 
irgendeiner  ihm  etwas  sagt,  so  gewinnt  er  ihn  alsbald 
mit  seinen  Schätzen. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  zieht  der  schlechte  Mönch 
seines  Weges  allein?  Da,  ihr  Mönche,  nimmt  der 
schlechte  Mönch  seinen  Aufenthalt  in  den  Grenzländern. 

—   124  - 


FÜNFERßUCH  V  105, 106 


Dort  begibt  er  sich  zu  den  Familien  hin  und  erhält 
Gaben. 

Der  schlechte  Mönch,  ihr  Mönche,  bei  dem  diese 
fünf  Bedingungen  anzutreffen  sind,  führt  ein  verkom- 
menes, verdorbenes  Leben,  ist  verwerflich,  wird  von 
den  Verständigen  getadelt  und  erwirkt  eine  große  Schuld. 

Glückliche  Zustände  105 

Fünf  glückliche  Zustände  gibt  es,  ihr  Mönche: 
welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  erweist  sich  der  Mönch  gegen 
seine  Ordensbrüder  —  ob  bemerkt  oder  unbemerkt 

—  liebevoll  in  Werken,  liebevoll  in  Worten  und  liebe- 
voll in  Gedanken.  Was  die  Sitten  aber  betrifft,  die  un- 
gebrochenen, lückenlosen,  unbefleckten,  ungetrübten, 
ungezwungenen,  Von  den  Verständigen  gepriesenen, 
unbeeinflußten,  zur  Sammlung  hinführenden,  in  solchen 
Sitten  stimmt  er  mit  seinen  Ordensbrüdern  überein 

—  ob  bemerkt  oder  unbemerkt.  Und  in  jener  edlen, 
erlösenden  Erkenntnis,  die  den  danach  Handelnden 
zum  Völligen  Leidensende  führt,  in  solcher  Erkenntnis 
stimmt  er  mit  seinen  Ordensbrüdern  überein,  —  ob 
bemerkt  oder  unbemerkt.  Diese  fünf  glücklichen  Zu- 
stände gibt  es,  ihr  Mönche. 

Wie  lebt  man  im  Orden  glücklich?  106 

[Im  Ghositakloster  bei  Kosambi:] 

Der  ehrwürdige  Änando  sprach  zum  Erhabenen: 

»Wie,  0  Ehrwürdiger,  mag  wohl  der  Mönch  im 
Orden  glücklich  leben?« 

>Wenn,  Änando,  der  Mönch  selber  vollkommen 
ist  in  Sittlichkeit  und  nicht  die  anderen  in  hoher  Sitt- 

—   125  — 


V  106  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

lichkeit  bekrittelt,  so  mag  der  Mönch  im  Orden  glück- 
lich leben.« 

»Gibt  es  nun  wohl,  o  Ehrwürdiger,  noch  eine 
andere  Weise,  wie  der  Mönch  im  Orden  glücklich 
leben  mag?« 

»Ja,  Anando.  Wenn,  Anando,  der  Mönch  selber 
in  Sittlichkeit  vollkommen  ist  und  nicht  die  anderen 
in  hoher  Sittlichkeit  bekrittelt;  wenn  er  sich  selber 
beobachtet  und  nicht  die  anderen.  Auch  so,  Anando, 
mag  der  Mönch  im  Orden  glücklich  leben.« 

»Gibt  es  nun  wohl,  o  Ehrwürdiger,  noch  eine 
andere  Weise,  wie  der  Mönch  im  Orden  glücklich 
leben  mag?« 

»Ja,  Anando.  Wenn,  Anando,  der  Mönch  selber 
in  Sittlichkeit  vollkommen  ist  und  nicht  die  anderen 
in  hoher  Sittlichkeit  bekrittelt;  wenn  er  sich  selber 
beobachtet  und  nicht  die  anderen;  wenn  er,  insofern 
er  unbekannt  ist,  durch  dieses  Unbekanntsein  nicht 
beunruhigt  wird.  Auch  so,  Anando,  mag  der  Mönch 
im  Orden  glücklich  leben.« 

»Gibt  es  nun  wohl,  o  Ehrwürdiger,  noch  eine 
andere  Weise,  Wie  der  Mönch  im  Orden  glücklich 
leben  mag?« 

»Ja,  Anando.  Wenn,  Anando,  der  Mönch  selber 
in  Sittlichkeit  vollkommen  ist  und  nicht  die  anderen 
in  hoher  Sittlichkeit  bekrittelt;  wenn  er  sich  selber 
beobachtet  und  nicht  die  anderen;  jvenn  er,  insofern 
er  unbekannt  ist,  durch  dieses  Unbekanntsein  nicht 
beunruhigt  wird;  wenn  er  der  vier  Vertiefungen,  der 
geisterhebenden,  zeitlich  beglückenden,  nach  Wunsch, 
ohne  Mühe  und  Anstrengung,  teilhaftig  wird.  Auch  so, 
Anando,  mag  der  Mönch  im  Orden  glücklich  leben.« 

—   126  — 


FÜNFERBUCH  V  107,  i08 


>Gibt  es  nun  wohl,  o  Ehrwürdiger,  noch  eine 
andere  Weise,  wie  der  Mönch  im  Orden  glücklich 
leben  mag?« 

>Ja,  Änando.  Wenn,  Anando,  der  Mönch  selber 
in  Sittlichkeit  vollkommen  ist  und  nicht  die  anderen 
in  hoher  Sittlichkeit  bekrittelt;  wenn  er  sich  selber 
beobachtet  und  nicht  die  anderen;  wenn  er,  insofern 
er  unbekannt  ist,  durch  dieses  Unbekanntsein  nicht 
beunruhigt  wird;  wenn  er  der  Vier  Vertiefungen,  der 
geisterhebenden,  zeitlich  beglückenden,  nach  Wunsch, 
ohne  Mühe  und  Anstrengung,  teilhaftig  wird;  wenn 
er,  durch  Versiegung  der  Leidenschaften,  noch  bei 
Lebzeiten  die  leidenschaftslose  Gemütserlösung  und 
Wissenserlösung  selber  erkennt,  verwirklicht  und  sich 
zu  eigen  macht.  Auch  so,  Änando,  mag  der  Mönch 
im  Orden  glücklich  leben.  Ein  anderes  Wohlsein  aber, 
Änando,  das  höher  und  edler  wäre  als  dieses,  das, 
Änando,  sage  ich,  gibt  es  nicht.« 

Würdig  der  Verehrung  107 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  der  Mönch  würdig  der  Opfer,  würdig  der  Gast- 
freundschaft, würdig  der  Gaben,  würdig  des  ehrfurchts- 
vollen Handgrußes,  ist  in  der  Welt  der  beste  Boden 
für  verdienstvolle  Werke.  Und  welches  sind  diese 
fünf  Eigenschaften? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  vollkommen  in 
Sittlichkeit,  vollkommen  in  Sammlung,  vollkommen  in 
Einsicht,  vollkommen  in  Erlösung,  vollkommen  im  Er- 
kenntnisblicke der  Erlösung.  — 

—  Er  besitzt  die  Sittlichkeit  des  Kampfesledigen,  108 
die  Sammlung  des  Kampfesledigen,  die  Einsicht  des 

—    127  — 


1 109, 110  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Kampfesledigen,  die  Erlösung  des  Kampfesledigen,  den 
Erkenntnisblick  der  Erlösung  des  Kampfesledigen.  Mit 
diesen  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche,  ist 
der  Mönch  würdig  der  Opfer,  würdig  der  Gastfreund- 
schaft, würdig  der  Gaben,  würdig  des  ehrfurchtsvollen 
Handgrußes,  ist  in  der  Welt  der  beste  Boden  für  ver- 
dienstvolle Werke. 

109  Herr  in  jeder  Richtung 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  der  Mönch  Herr  in  jeder  Richtung:  mit  welchen 
fünf  Eigenschaften? 

Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der  Mönch  Sittlichkeit, 
besitzt  ein  großes  Wissen,  ist  zufrieden  mit  jederart 
Gewand,  Almosenspeise,  Lagerstatt  und  den  nötigen 
Heilmitteln  und  Arzneien,  wird  der  Vier  Vertiefungen 
teilhaftig  und  hat  schon  bei  Lebzeiten  die  Gemüts- 
erlösung und  Wissenserlösung  sich  zu  eigen  gemacht. 
Mit  diesen  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  der  Mönch  Herr  in  jeder  Richtung. 

110  Zum  Waldleben  befähigt 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  der  Mönch  befähigt,  im  Walde  in  waldeinsamen, 
abgelegenen  Behausungen  zu  leben:  mit  welchen  fünf 
Eigenschaften? 

Da,  ihr  Mönche,  besitzt  der  Mönch  Sittlichkeit, 
besitzt  ein  großes  Wissen,  besitzt  Willenskraft,  wird 
der  Vier  Vertiefungen  teilhaftig  und  hat  schon  bei  Leb- 
zeiten die  Gemütserlösung  und  Wissenserlösung  sich 
zu  eigen  gemacht.  Mit  diesen  fünf  Eigenschaften  aus- 
gestattet, ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  befähigt,  im  Walde 
in  waldeinsamen,  abgelegenen  Behausungen  zu  leben. 

-    128   - 


FÜNFERBUCH  T 111, 112 


ZWÖLFTER  TEIL: 

Bei  Andhakavinda 

Unbeliebt  bei  den  Familien  m 

Der  in  den  Familien  verkehrende  Mönch,  ihr 
Mönche,  der  fünf  Eigenschaften  besitzt,  wird  nicht  in 
den  Familien  geliebt,  geschätzt,  geachtet  und  geehrt. 
Und  welches  sind  diese  fünf  Eigenschaften? 

Mit  Unbekannten  sucht  er  Vertraulichkeit;  wie  ein 
Herr  befiehlt  er;  mit  denen,  die  einander  in  Zwiespalt 
leben,  sucht  er  Verkehr;  ein  Ohrenbläser  ist  er;  viele 
Anliegen  hat  er.  Der  in  den  Familien  Verkehrende 
Mönch,  ihr  Mönche,  der  diese  fünf  Eigenschaften  be- 
sitzt, wird  nicht  in  den  Familien  geliebt,  geschätzt, 
geachtet  und  geehrt. 

Der  ungeeignete  Begleiter  112 

Wenn,  ihr  Mönche,  ein  Mönch  folgende  fünf  Eigen- 
schaften besitzt,  sollte  man  ihn  nicht  zum  Begleiter  (a) 
nehmen:  welche  fünf  Eigenschaften? 

Wenn  er  in  zu  großem  oder  zu  kleinem  Abstände 
geht;  wenn  er  das  in  der  Almosenschale  Enthaltene 
nicht  annehmen  will;  wenn  er,  sobald  man  gerade  etwas 
Unrechtes  sprechen  will,  einen  nicht  davon  zurückhält; 
wenn  er  dem  Redenden  immer  in  die  Worte  fällt;  wenn 
er    unverständig    und    stumpfsinnig   ist.     Wenn,    ihr 

(a)  Das  Wort  bedeutet  wörtlich :  Nach-Asket.  Damit  ist  ge- 
meint ein  jüngerer  Mönch  oder  Novize,  der  den  älteren  Mönch 
begleitet,  und,  gemäß  der  Sitte,  nicht  etwa  zu  seiner  Seite,  sondern 
hinter  ihm  her  geht. 

DieRedendesBuddha.Bd.il       —     129    —  9 


T 113, 114  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Mönche,  ein  Mönch  diese  fünf  Eigenschaften  besitzt, 
sollte  man  ihn  nicht  zum  Begleiter  nehmen.  — 

113  Unfähig  zur  rechten  Sammlung 

Der  Mönch,  ihr  Mönche,  bei  dem  folgende  fünf 
Bedingungen  anzutreffen  sind,  ist  außerstande,  in  den 
Besitz  rechter  Sammlung  zu  gelangen:  welche  fünf 
Bedingungen  aber? 

Er  bleibt  nicht  standhaft  bei  den  Gestalten,  nicht 
standhaft  bei  den  Tönen,  nicht  standhaft  bei  den  Düften, 
nicht  standhaft  bei  den  Geschmacksempfindungen,  nicht 
standhaft  bei  den  Berührungen  (a). 

114  Ermahnt  die  Neulinge! 

[Bei  Andhakavinda  im  Magadherlande:] 

Der  Erhabene  sprach: 

Die  Mönche,  Änando,  die  noch  Neulinge  und 
Vor  noch  nicht  langer  Zeit  in  die  Hauslosigkeit 
gezogen  sind,  die  erst  seit  kurzem  diesem  Gesetze 
und  dieser  Disziplin  angehören,  diese  habt  ihr  in  fünf 
Dingen  zu  ermutigen,  zu  festigen  und  zu  stärken:  in 
welchen  fünf  Dingen? 

In  der  Zügelung  im  Sinne  der  Ordenssatzung  habt 
ihr  sie  also  zu  ermutigen,  zu  festigen  und  zu  stärken: 
>Geht,  Brüder,  seid  sittenrein!  Lebt  gezügelt  im  Sinne 
der  Ordenssatzung!  Seid  vollkommen  im  Wandel  und 
Umgang,  und  die  geringsten  Vergehen  scheuend  übt 
euch  in  den  auf  euch  genommenen  Übungsregeln!« 

In  der  Sinnenzügelung  habt  ihr  sie  also  zu  er- 
mahnen, zu  festigen  und  zu  stärken:  »Geht,  Brüder, 

(a)  d.  h.  er  wehrt  nicht  den  dabei  aufsteigenden  Trieben  der 
Gier,  des  Hasses  und  der  Verblendung. 

—    130   — 


FÜNFERBUCH  T  115, 116 


seid  wachsam  über  eure  Sinnentore,  seid  aufs  Wachen 
bedacht,  weise,  besonnen,  bewachten  Geistes,  des 
Wachens  eingedenk!« 

Im  Maßhalten  beim  Sprechen  habt  ihr  sie  also  zu 
ermutigen,  zu  festigen  und  zu  stärken:  »Geht,  Brüder, 
seid  nicht  gesprächig!    Haltet  Maß  beim  Sprechen!« 

In  körperlicher  Abgeschiedenheit  habt  ihr  sie  also 
zu  ermutigen,  zu  festigen  und  zu  stärken:  »Geht, 
Brüder,  lebt  im  Walde!  Wohnt  im  Walde  in  wald- 
einsamen, abgeschiedenen  Behausungen!« 

In  rechter  Erkenntnis  habt  ihr  sie  also  zu  ermutigen, 
zu  festigen  und  zu  starken:  »Geht,  Brüder,  hegt  rechte 
Erkenntnis,  seid  Von  rechten  Anschauungen  erfüllt!« 

Die  Mönche,  Änando,  die  noch  Neulinge  und 
vor  noch  nicht  langer  Zeit  in  die  Hauslosigkeit 
gezogen  sind,  die  erst  seit  kurzem  diesem  Gesetze 
und  dieser  Disziplin  angehören,  diese  habt  ihr  in  diesen 
fünf  Dingen  zu  ermutigen,  zu  festigen  und  zu  stärken. 

Die  schlechte  Nonne  ii5 

Wenn,  ihr  Mönche,  bei  einer  Nonne  fünf  Bedin- 
gungen anzutreffen  sind,  so  erscheint  diese  ihren  Wer- 
ken entsprechend  in  der  Hölle  wieder:  welche  fünf  Be- 
dingungen? 

Wenn  sie  selbstsüchtig  ist  hinsichtlich  der  Woh- 
nung, hinsichtlich  der  Familien,  hinsichtlich  der  Ge- 
schenke, hinsichtlich  des  Ansehens  und  hinsichtlich 
geistiger  Dinge.  — 

—  Wenn  sie,  ohne  erkannt  und  geprüft  zu  haben,  116 
den  Tadelnswerten  lobt,  den  Lobenswerten  tadelt.  Ge- 
fallen findet  woran  man  Mißfallen  haben  sollte,  Miß- 

—  131   —  9* 


V 117, 118  DIE  REDEN  DES  BUDDHA  Y  119, 120 

fallen  findet  woran  man  Gefallen  haben  sollte  und  die 
aus  Zuversicht  gegebenen  Gaben  umkommen  läßt.  — 

117  —  Wenn  sie,  ohne  erkannt  und  geprüft  zu 
haben,  den  Tadelnswerten  lobt,  den  Lobenswerten 
tadelt,  neidig  ist,  selbstsüchtig  ist  und  die  aus  Zuversicht 
gegebenen  Gaben  umkommen  läßt.  — 

118  —  Wenn  sie,  ohne  erkannt  und  geprüft  zu 
haben,  den  Tadelnswerten  lobt,  den  Lobenswerten 
tadelt,  verkehrte  Erkenntnis  hegt,  verkehrte  Gesinnung 
hegt  und  die  aus  Zuversicht  gegebenen  Gaben  umkom- 
men läßt.  — 

119  —  Wenn  sie,  ohne  erkannt  und  geprüft  zu 
haben,  den  Tadelnswerten  lobt,  den  Lobenswerten 
tadelt,  verkehrte  Rede  pflegt,  verkehrte  Werke  Verübt 
und  die  aus  Zuversicht  gegebenen  Gaben  umkommen 
läßt. 

120  —  Wenn  sie,  ohne  erkannt  und  geprüft  zu 
haben,  den  Tadelnswerten  lobt,  den  Lobenswerten 
tadelt,  nach  Bösem  strebt,  an  Böses  denkt  und  die  aus 
Zuversicht  gegebenen  Gaben  umkommen  läßt.  — 

Wenn  bei  einer  Nonne,  ihr  Mönche,  diese  fünf 
Bedingungen  anzutreffen  sind,  so  erscheint  diese  ihren 
Werken  entsprechend  in  der  Hölle  wieder.  — 


—   132 


FÜNFERBUCH  V 121 


DREIZEHNTER  TEIL: 

Das  Kapitel  vom  kranken  Mönche 

Der  für  die  Erlösung  reife  Kranke  121 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  großen  Walde  bei 
Sävatthl,  in  der  Halle  des  Giebelhauses.  Am  Abende 
aber,  nachdem  der  Erhabene  aus  seiner  Abgeschieden- 
heit herausgetreten  war,  begab  er  sich  zum  Kranken- 
zimmer. Dort  erblickte  er  einen  schwachen,  kranken 
Mönch.  Ihn  erblickend  setzte  er  sich  auf  dem  an- 
gewiesenen Sitze  nieder  und  sprach  zu  den  Mönchen: 

Ein  schwacher,  kranker  Mönch,  ihr  Mönche,  dem 
fünf  Dinge  nicht  schwinden,  darf  erwarten,  daß  er  in 
gar  nicht  langer  Zeit,  durch  Versiegung  der  Leiden- 
schaften, noch  bei  Lebzeiten  die  leidenschaftslose  Ge- 
mütserlösung und  Wissenserlösung  selber  erkennen, 
verwirklichen  und  sich  zu  eigen  machen  wird.  Und 
welches  sind  diese  fünf  Dinge? 

Da,  ihr  Mönche,  verweilt  der  Mönch  in  der  Be- 
trachtung der  Unreinheit  des  Körpers,  in  der  Betrach- 
tung der  Widerlichkeit  der  Nahrung,  in  der  Betrach- 
tung der  Reizlosigkeit  des  ganzen  Daseins,  in  der 
Betrachtung  der  Vergänglichkeit  aller  Bildungen,  und 
die  Vorstellung  des  Todes  hat  sich  in  seinem  Innern 
wohl  gefestigt.  Ein  schwacher,  kranker  Mönch,  ihr 
Mönche,  dem  diese  fünf  Dinge  nicht  schwinden,  darf  ^ 
erwarten,  daß  er  in  gar  nicht  langer  Zeit,  durch  Ver- 
siegung der  Leidenschaften,  noch  bei  Lebzeiten  die 
leidenschaftslose  Gemütserlösung  und  Wissenserlösung 

—   133  — 


1 122, 123  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

selber   erkennen,    verwirklichen   und   sich  zu   eigen 
machen  wird. 

122  Höchstes  Wissen  oder  Niewiederkehr 

Wer,  ihr  Mönche,  von  den  Mönchen  oder  Nonnen 
fünf  Betrachtungen  entfaltet  und  häufig  übt,  hat  eine 
von  beiden  Früchten  zu  erwarten:  noch  bei  Lebzeiten 
Höchstes  Wissen  (afiiiä)  oder,  wenn  noch  ein  Da- 
seinsrest übrig  bleibt,  Niewiederkehr  (anägämitä). 
Und  welches  sind  diese  fünf  Betrachtungen? 

Da,  ihr  Mönche,  hat  der  Mönch  in  seinem  Innern 
die  Achtsamkeit  gewärtig;  der  Erscheinungen  Entstehen 
und  Vergehen  erkennend  Verweilt  er  in  der  Betrach- 
tung der  Unreinheit  des  Körpers;  er  ist  eingedenk  der 
Widerlichkeit  der  Nahrung,  eingedenk  der  Reizlosig- 
keit des  ganzen  Daseins,  schaut  in  allen  Bildungen  die 
Vergänglichkeit.  Wer,  ihr  Mönche,  von  den  Mönchen 
oder  Nonnen  diese  fünf  Betrachtungen  entfaltet  und 
häufig  übt,  hat  eine  von  beiden  Früchten  zu  erwarten: 
noch  bei  Lebzeiten  Höchstes  Wissen  oder,  wenn 
noch  ein  Daseinsrest  übrig  bleibt,  Niewiederkehr. 

123  Der  schwer  zu  pflegende  Kranke 

Einem  Kranken,  ihr  Mönche,  bei  dem  fünf  Dinge 
anzutreffen  sind,  ist  es  schwer  aufzuwarten:  welche 
fünf  Dinge? 

Er  tut,  was  unzuträglich  ist;  im  Zuträglichen  weiß 
er  nicht  maßzuhalten;  er  nimmt  keine  Arzneien  an; 
dem  auf  seine  Gesundheit  bedachten  Krankenwärter 
gibt  er  nicht  den  Tatsachen  gemäß  Auskunft  über 
seine  Krankheit  —  wenn  sie  zunimmt,  daß  sie  zunimmt; 
wenn  sie  abnimmt,  daß  sie  abnimmt;  wenn  sie  anhält, 

-   134  - 


FÜNFERBUCH  V 124, 125 


daß  sie  anhält  — ;  die  aufgestiegenen  körperlichen 
Gefühle,  die  schmerzhaften,  scharfen,  beißenden,  bit- 
teren, unliebsamen,  unangenehmen,  lebensgefährlichen, 
hält  er  nicht  aus.  Einem  Kranken,  ihr  Mönche,  bei 
dem  diese  fünf  Dinge  anzutreffen  sind,  ist  es  schwer 
aufzuwarten. 

Der  ungeeignete  Krankenwärter  124 

Ein  Krankenwärter,  ihr  Mönche,  bei  dem  fünf 
Dinge  anzutreffen  sind,  ist  nicht  imstande,  einem 
Kranken  aufzuwarten:  welche  fünf  Dinge? 

Er  ist  unfähig,  die  Arznei  zu  bestimmen;  er  weiß 
nicht,  was  zuträglich  und  was  unzuträglich  ist;   das  . 
Unzuträgliche    verabreicht    er,    und    das   Zuträgliche 
nimmt  er  weg;  auf  seinen  eigenen  Vorteil  bedacht 
wartet  er  dem  Kranken  auf,  nicht  in  liebevoller  Ge- 
sinnung; er  empfindet  Ekel  davor,  Kot,  Urin,  Ausge- 
spiehenes  und  Speichel  zu  entfernen;  er  besitzt  nicht 
die  Fähigkeit,  den  Kranken  von  Zeit  zu  Zeit  in  Worten 
über  das  Gesetz  zu  belehren,  zu  ermahnen,  zu  ermutigen 
und  zu  ermuntern.    Ein  Krankenwärter,  ihr  Mönche, 
bei  dem  diese  fünf  Dinge  anzutreffen  sind,  ist  nicht 
imstande,  einem  Kranken  aufzuwarten. 
Lebenverkürzende  und  lebenverlängernde     125 
Dinge 

(1) 

Fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  verkürzen  das  Leben: 
welche  fünf?  Unzuträgliches  tun,  beim  Zuträglichen 
nicht  maßhalten,  Unmäßigkeit  beim  Mahle,  zur  Un- 
zeit ausgehen  und  unkeuscher  Wandel. 

Fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  verlängern  das  Leben: 
welche  fünf?  Zuträgliches  tun,  beim  Zuträglichen  maß- 

—  135  — 


V  126, 127, 128     DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

halten,  Mäßigkeit  beim  Mahle,  zur  rechten  Zeit  aus- 
gehen und  keuscher  Wandel. 

126  Lebenverkürzende  und  lebenverlängernde 

Dinge 

(2) 

Fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  verkürzen  das  Leben: 
welche  fünf?  Unzuträgliches  tun,  beim  Zuträglichen 
nicht  maßhalten,  nicht  maßhalten  beim  Mahle,  Sitten- 
losigkeit  und  schlechter  Umgang. 

Fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  verlängern  das  Leben: 
welche  fünf?  Zuträgliches  tun,  beim  Zuträglichen 
maßhalten,  maßhalten  beim  Mahle,  Sittlichkeit  und 
guter  Umgang. 

127  Untauglich  für  die  Einsamkeit 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf  Dinge  anzutreffen  sind, 
dieser  Mönch  ist  nicht  geeignet,  abgesondert  Von  der 
Jüngerschaft  zu  leben:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  nicht  zufrieden 
mit  jedem  Gewand,  ist  nicht  zufrieden  mit  jeder  Al- 
mosenspeise, ist  nicht  zufrieden  mit  jeder  Lagerstätte, 
ist  nicht  zufrieden  mit  jedem  nötigen  Heilmittel  und 
jeder  Arznei;  und  er  verweilt  häufig  bei  begehrlichen 
Gedanken.  Bei  wem,  ihr  Mönche,  diese  fünf  Dinge 
anzutreffen  sind,  dieser  Mönch  ist  nicht  geeignet,  ab- 
gesondert Von  der  Jüngerschaft  zu  leben.  — 

128  Leidige  und  freudige  Askese 

Fünf  Asketenleiden  gibt  es,  ihr  Mönche:  welche 
fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  nicht  zufrieden 

-   136  - 


FÜNFERBUCH  V  129, 130 


mit  jedem  Gewände,  nicht  zufrieden  mit  jeder  Almosen- 
speise, nicht  zufrieden  mit  jeder  Lagerstätte,  nicht  zu- 
frieden mit  jedem  nötigen  Heilmittel  und  jeder  Arznei; 
und  ohne  Freude  führt  er  den  Heiligen  Wandel.  Das, 
ihr  Mönche,  sind  die  fünf  Asketenleiden. 

Fünf  Asketenfreuden  gibt  es,  ihr  Mönche:  welche 
fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  zufrieden  mit 
jedem  Gewände,  zufrieden  mit  jeder  Almosenspeise, 
zufrieden  mit  jeder  Lagerstätte,  zufrieden  mit  jedem 
nötigen  Heilmittel  und  jeder  Arznei:  und  voll  Freude 
führt  er  den  Heiligen  Wandel.  Das,  ihr  Mönche,  sind 
die  fünf  Asketenfreuden. 

Die  rettungslos  Verlorenen  129 

Fünf  dem  Abweg  und  der  Hölle  verfallenen,  jäh- 
zornigen, unheilbaren  Menschen  gibt  es,  ihr  Mönche, 
welche  fünf? 

Den  Muttermörder,  den  Vatermörder,  den  Heiligen- 
mörder, den  in  boshafter  Gesinnung  des  Vollendeten 
Blut  Vergießenden  und  den  Entzweier  der  Jüngerschaft. 

Gewinn  und  Verlust  130 

Fünf  Verluste  gibt  es,  ihr  Mönche:  den  Verwand- 
tenverlust, den  Güterverlust,  den  Verlust  durch  Krank- 
heit, den  sittlichen  Verlust  und  den  Erkenntnisverlust. 
Nicht  gelangen,  ihr  Mönche,  die  Wesen  infolge  von 
Verwandtenverlust  oder  Güterverlust  oder  Verlust  durch 
Krankheit  beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode, 
auf  den  Abweg,  eine  Leidensfährte,  in  verstoßene 
Welt,  zur  Hölle.  Wohl  aber,  ihr  Mönche,  gelangen 
die  Wesen  infolge  des  Verlustes  an  Sittlichkeit  und 

—  137  — 


Y  130  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Erkenntnis  beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode, 
auf  den  Abweg,  eine  Leidensfäfirte,  in  verstoßene 
Welt,  zur  Hölle. 

Fünf  Gewinne  gibt  es,  ihr  Mönche:  den  Gewinn 
an  Verwandten,  den  Gewinn  an  Gütern,  den  Gewinn 
an  Gesundheit,  den  Gewinn  an  Sittlichkeit  und  den 
Gewinn  an  Erkenntnis.  Nicht  gelangen,  ihr  Mönche, 
die '  Wesen  infolge  des  Gewinnes  an  Verwandten 
oder  Gütern  oder  Gesundheit  beim  Zerfalle  des  Lei- 
bes, nach  dem  Tode,  auf  glückliche  Fährte,  in  himm- 
lische Welt.  Wohl  aber,  ihr  Mönche,  gelangen  die 
Wesen  infolge  des  Gewinnes  an  Sittlichkeit  und  Er- 
kenntnis beim  Zerfajle  des  Leibes,  nach  dem  Tode, 
auf  glückliche  Fährte,  in  himmlische  Welt. 


—  138  — 


FÜNFERBUCH  V  131, 132 


VIERZEHNTER  TEIL 

Das  Kapitel  des  Königs 

Das  unzerstörbar^Reich  131 

Der  mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattete  l<önig- 
iiche  Weltherrscher,  ihr  Mönche,  lenl<t  sein  Reich  im 
Sinne  des  Gesetzes,  und  kein  menschliches  Geschöpf, 
kein  feindliches  Wesen  kann  jenes  Reich  zugrunde 
richten.    Und  welches  sind  diese  fünf  Eigenschaften? 

Da,  ihr  Mönche,  kennt  der  königliche  Weltherr- 
scher das  Heilsame,  kennt  das  Gesetz,  kennt  das  rechte 
Maß,  kennt  die  rechte  Zeit,  kennt  die  Menschen. 
Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  lenkt,  mit  diesen  fünf  Eigen- 
schaften ausgestattet,  der  Vollendete,  Heilige,  Voll- 
kommen Erleuchtete,  im  Sinne  des  Gesetzes  das  höchste 
Reich  des  Gesetzes,  und  kein  Asket  oder  Priester, 
kein  Engel,  Teufel  oder  Gott,  noch  irgend  einer  in 
der  Welt,  kann  jenes  Reich  zugrunde  richten. 

—  Der  mit  diesen  fünf  Eigenschaften  ausgestattete  132  ^- 
älteste  Sohn  des  köni^ichen  Weltherrschers,  ihr  Mön- 
che, führt  das  von  seinem  Vater  gegründete  Reich  im 
Sinne  des  Gesetzes  weiter,  und  kein  menschliches 
Geschöpf,  kein  feindliches  Wesen  kann  jenes  Reich 
zugrunde  richten.  Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  führt, 
mit  diesen  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  Säriputto 
das  vom  Vollendeten  aufgerichtete  höchste  Reich  in 
Vollkommenheit  weiter,  und  kein  Asket  oder  Priester, 
kein  Engel,  Teufel  oder  Gott,  noch  irgend  einer  in 
der  Welt,  kann  jenes  Reich  zugrunde  richten. 

—   139  — 


V  138  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

133  Der  König  des  Gesetzes 

»Der  königliche  Weltherrscher,  ihr  Mönche,  der 
gerechte  König  des  Gesetzes,  leitet  sein  Reich  nicht 
ohne  einen  Führer.« 

Auf  diese  Worte  sprach  einer  der  Mönche  zum 
Erhabenen: 

»Wer  ist  woht,  o  Ehrwürdiger,  der  Führer  des 
königlichen  Weltherrschers,  des  gerechten  Königs  des 
Gesetzes?« 

»Das  Gesetz,  o  Mönch,«  erwidert  der  Erhabene. 
»Da,  0  Mönch,  verehrt  der  königliche  Weltherrscher, 
der  gerechte  König  des  Gesetzes,  eben  auf  das  Ge- 
setz gestützt,  das  Gesetz,  achtet  das  Gesetz,  hält 
das  Gesetz  hoch;  und  das  Gesetz  zum  Banner,  das 
Gesetz  zur  Flagge,  das  Gesetz  zum  Führer  habend, 
gewährt  er  seinem  Volke,  den  Adeligen,  seinen  Er- 
gebenen, der  Heeresmacht,  den  Brahmanen  und  Haus- 
leuten, den  Stadt-  und  Landbewohnern,  den  Asketen 
und  Priestern,  den  Tieren  und  Vögeln  gerechten  Bei- 
stand, Schutz  und  Schirm.  Jener  Weltherrscher  aber, 
0  Mönch,  der  gerechte  König  des  Gesetzes,  der,  eben 
auf  das  Gesetz  gestützt,  das  Gesetz  ehrt,  achtet  und 
hoch  hält,  und  es  zum  Banner,  fcur  Flagge,  zum  Führer 
habend,  allen  Wesen  gerechten  Beistand,  Schutz  und 
Schirm  gewährt,  der  leitet  sein  Reich  mit  Hilfe  des 
Gesetzes.  Und  jenes  Reich  vermag  kein  menschliches 
Wesen,  keine  Feindesmacht  zu  überwerfen. 

»Ebenso  auch,  o  Mönch,  ehrt  der  vollendete  Hei- 
lige, vollkommen  Erleuchtete,  der  gerechte  König  des 
Gesetzes,  eben  auf  das  Gesetz  gestützt,  das  Gesetz, 
achtet  das  Gesetz,  hält  das  Gesetz  hoch;  und  das  Ge- 
setz zum  Banner,  das  Gesetz  zur  Flagge,  das  Gesetz 

--   140  — 


FÜNFERBUCH  J 134 


zum  Führer  habend,  gewährt  er  den  Mönchen,  Nonnen, 
Anhängern  und  Anhängerinnen  gerechten  Beistand, 
Schutz  und  Schirm,  [indem  er  lehrt:]  ,Diese  Taten 
in  Werken  hat  man  zu  üben,  jene  aber  nicht;  diese 
Taten  in  Worten  hat  man  zu  üben,  jene  aber  nicht; 
diese  Taten  in  Gedanken  hat  rnan  zu  üben,  jene  aber 
nicht;  eine  solche  Lebensweise  hat  man  zu  führen, 
solcheine  aber  nicht;  solches  Dorf  und  solche  Stadt  hat 
man  aufzusuchen,  solches  Dorf  und  solche  Stadt  aber 
nicht.  Der  Vollendete  aber,  o  Mönch,  der  Heilige, 
vollkommen  Erleuchtete,  der  gerechte  König  des  Ge- 
setzes, der,  eben  auf  das  Gesetz  gestützt,  das  Gesetz 
ehrt,  achtet  und  hochhält,  und  es  zum  Banner,  zur 
Flagge,  zum  Führer  habend,  den  Mönchen,  Nonnen, 
Anhängern  und  Anhängerinnen  gerechten  Beistand, 
Schutz  und  Schirm  gewährt,  der  leitet  eben  mit  Hilfe 
des  Gesetzes  das  höchste  Reich  des  Gesetzes.  Und 
jenes  Reich  vermag  kein  Asket  oder  Brahmane,  weder 
Gott,  Engel  noch  Teufel,  noch  irgend  einer  in  der 
Welt  zu  überwerfen'.« 

Der  Sieger  134 

In  welcher  Gegend  auch  immer,  ihr  Mönche,  der 
mit  fünf  Dingen  ausgerüstete  hauptgesalbte  Khattiya- 
könig  weilen  mag,  da  befindet  er  sich  eben  stets  in 
seinem  eigenen  Reiche.  Und  welches  sind  diese  fünf 
Dinge? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  hauptgesalbte  Khattiya- 
könig  beiderseits  von  reiner  Abstammung,  vom  Vater 
wie  von  der  Mutter  aus,  rein  empfangen  bis  zum 
siebenten  Ahnengeschlechte  hinauf,  unversehrt  und 
untadelig  nach  dem  Kastengesetz.    Er  ist  reich,  hoch- 

—  141   — 


V  134  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

begütert,  hoch  vermögend,  und  seine  Kammern  sind 
mit  Schätzen  angefüllt.  Er  ist  mächtig  und  besitzt 
eine  vierfache  Heeresmacht,  die  ihm  gehorcht  und 
seine  Befehle  ausführt.  Sein  Ratgeber  ist  verständig, 
erfahren,  scharfsinnig  und  fähig,  die  vergangenen, 
gegenwärtigen  und  zukünftigen  Vorteile  zu  bedenken. 
Diese  vier  Dinge  aber  machen  seinen  Ruhm  voll.  Und 
mit  diesem  Ruhme,  als  fünfter  Eigenschaft,  ausgerüstet, 
befindet  er  sich  —  in  welcher  Gegend  er  auch  immer 
weilen  mag  —  stets  in  seinem  eigenen  Reiche.  Und 
aus  welchem  Grunde?  Weil  es  eben  so,  ihr  Mönche, 
bei  den  Siegern  ist. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche:  in  welcher  Gegend 
auch  immer  der  mit  fünf  Eigenschaften  ausgerüstete 
Mönch  weilen  mag.,  da  weilt  er  eben  stets  gemüts- 
erlöst.    Und  welches  sind  diese  fünf  Eigenschaften? 

Gleichwie,  ihr  Brüder,  der  hauptgesalbte  Khattiya- 
könig  Von  reiner  Abstammung  ist,  so  ist  der  Mönch 
sittenrein,  lebt  gezügelt  im  Sinne  der  Ordenssatzung, 
ist  vollkommen  im  Wandel  und  Umgang,  und  sich 
vor  den  geringsten  Vergehen  scheuend  übt  er  sich 
in  den  auf  sich  genommenen  Übungsregeln.  Gleich- 
wie der  hauptgesalbte  Khattiyakönig  reich  ist,  hoch- 
begütert, hochvermögend,  so  ist  der  Mönch  reich  an 
Wissen,  ein  Träger  des  Wissens,  hat  sich  ein  großes 
Wissen  angesammelt.  Jene  Gesetze,  die  im  Anfang 
erhaben,  in  der  Mitte  erhaben  und  im  Ausgange  er- 
haben sind,  dem  Sinne  wie  dem  Wortlaute  nach,  und 
das  ganz  und  gar  Vollkommene,  geläuterte  Heilige 
Leben  lehren,  solcher  Gesetze  hat  er  viele  vernommen, 
sich  eingeprägt,  in  Worten  gemerkt,  im  Geiste  er- 
wogen,  mit  Erkenntnis  wohl  durchdrungen.     Gleich- 

—   142  — 


FÜNFERBUCH  T  135 


wie  der  hauptgesalbte  Khattiyakönig  mächtig  ist,  so 
kämpft  der  Mönch  mit  Macht,  um  die  schuldvollen 
Erscheinungen  zu  überkommen  und  die  verdienst- 
vollen Erscheinungen  zum  Entstehen  zu  bringen,  ist 
standhaft,  von  unerschütterlichem  Streben,  nicht  nach- 
lässig im  Guten.  Gleichwie  der  hauptgesalbte  Khattiya- 
könig einen  Ratgeber  besitzt,  so  besitzt  der  Mönch 
Einsicht,  ist  begabt  mit  der  Einsicht  in  das  Entstehen 
und  Vergehen,  mit  edler,  durchdringender,  zur  völligen 
Leidensaufhebung  führender.  Diese  vier  Eigenschaften 
bringen  seine  Erlösung  zur  Reife.  Und  ausgerüstet 
mit  dieser  Erlösung,  als  fünfte  Eigenschaft,  ist  er  — 
in  welcher  Gegend  auch  immer  er  weilen  mag  — 
Stets  gemütserlöst.  Und  aus  welchem  Grunde?  Weil 
es  eben  so,  ihr  Mönche,  bei  den  Gemütserlösten  ist. 

Der  Hoffnungsvolle  135 

(1) 

Mit  fünf  Dingen  ausgerüstet,  ihr  Mönche,  hofft 
der  älteste  Sohn  des  hauptgekrönten  Khattiyakönigs 
auf  die  Königsherrschaft:  mit  welchen  fünf  Dingen? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  älteste  Sohn  des  Khattiya- 
königs beiderseits  von  reiner  Abstammung,  Vom  Vater 
wie  Von  der  Mutter  aus,  rein  empfangen  bis  zum 
siebenten  Ahnengeschlechte  hinauf,  unversehrt  und 
untadelig  nach  dem  Kastengesetz.  Er  ist  von  schöner 
Gestalt,  Von  gefälligem  Äußern,  voll  Anmut  und  von 
edler  Erscheinung.  Seinen  Eltern,  wie  der  Stadt-  und 
Landbevölkerung  ist  er  lieb  und  teuer.  In  den 
zu  einem  hauptgesalbten  Khattiyakönig  gehörenden 
Künsten,  wie  im  Reiten  auf  Elefanten  und  Rossen, 
im  Wagenlenken  und  in  der  Bogenkunst,  da  ist  er  ge- 

—   143  - 


V  136  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


schult  und  vollendet.  Und  er  denkt:  »Ich  bin  ja 
beiderseits  von  reiner  Abstammung,  bin  von  schöner 
Gestalt,  bin  den  Eltern  lieb  und  teuer,  bin  der  Stadt- 
und  Landbevölkerung  lieb  und  teuer,  bin  in  den  zu 
einem  Khattiyakönig  gehörenden  Künsten  geschult  und 
Vollendet:  warum  sollte  ich  da  nicht  auf  die  Königs- 
herrschaft hoffen?«  Mit  diesen  fünf  Dingen  aus- 
gerüstet, ihr  Mönche,  hofft  der  älteste  Sohn  des  haupt- 
gekrönten  Khattiyakönigs    auf   die   Königsherrschaft. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  hofft  der  mit  fünf 
Dingen  ausgerüstete  Mönch  auf  die  Versiegung  der 
Leidenschaften:  mit  welchen  fünf  Dingen? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  voll  Vertrauen, 
gesund  und  frei  Von  Siechtum,  kein  Heuchler  oder 
Gleisner,  besitzt  Willenskraft  und  Einsicht.  Und  er 
denkt:  »Ich  bin  ja  voll  Vertrauen,  bin  gesund  und 
frei  von  Siechtum,  bin  kein  Heuchler  oder  Gleisner, 
besitze  Willenskraft  und  Einsicht:  warum  sollte  ich 
da  nicht  auf  die  Versiegung  der  Leidenschaften  hoffen?« 
Mit  diesen  fünf  Dingen  ausgerüstet,  ihr  Mönche,  hofft 
der  Mönch   auf  die  Versiegung   der  Leidenschaften. 

136  Der  Hoffnungsvolle 

(2) 

Mit  fünf  Dingen  ausgerüstet,  ihr  Mönche,  hofft 
der  älteste  Sohn  des  hauptgekrönten  Khattiyakönigs 
auf  die  Unterherrschaft:  mit  welchen  fünf  Dingen? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  älteste  Sohn  des  haupt- 
gekrönten Khattiyakönigs  beiderseits  Von  reiner  Ab- 
stammung, ist  von  schöner  Gestalt,  ist  den  Eltern  lieb 
und  teuer,  ist  dem  Heere  lieb  und  teuer,  ist  ver- 
ständig, klug  und  weise  und  fähig,  die  Vergangenen, 

-   144  -     , 


FÜNFERBUCH  V  137,  ISS 


gegenwärtigen  und  zukünftigen  Vorteile  zu  bedenken. 
Und  er  denkt:  »Ich  bin  ja  beiderseits  von  reiner  Ab- 
stammung, bin  Von  scliöner  Gestalt,  bin  den  Eltern 
lieb  und  teuer,  bin  dem  Heere  lieb  und  teuer  und 
bin  verständig:  warum  sollte  ich  da  nicht  auf  die 
Unterherrschaft  hoffen?«  — 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  hofft  der  mit  fünf  Dingen 
ausgerüstete  Mönch  auf  die  Versiegung  der  Leiden- 
schaften: mit  welchen  fünf  Dingen? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  sittenrein,  reich 
an  Wissen,  hat  seinen  Geist  auf  die  vier  Grundlagen 
der  Achtsamkeit  fest  gegründet,  besitzt  Willenskraft 
und  Einsicht.  Und  er  denkt:  »Ich  bin  ja  sittenrein, 
reich  an  Wissen,  habe  meinen  Geist  auf  die  Vier 
Grundlagen  der  Achtsamkeit  fest  gegründet,  besitze 
Willenskraft  und  Einsicht:  warum  sollte  ich  da  nicht 
auf  die  Aufhebung  der  Leidenschaften  hoffen?«  — 

Die  Schlaflosen  137 

Fünf  Menschen,  ihr  Mönche,  schlafen  wenig  des 
Nachts,  sind  häufig  wach:  welche  fünf? 

Das  Weib,  das  an  den  Mann  denkt;  der  Mann, 

der  an  das  Weib  denkt;  der  Dieb,  der  an  Diebstahl 

denkt;  der  Fürst,  der  in  seinen  Regierungsgeschäften 

aufgeht;  der  Mönch,  der  auf  Loslösung  sinnt.    Diese 

fünf  Menschen,  ihr  Mönche,  schlafen  wenig  des  Nachts, 

sind  häufig  wach. 

• 
Der  unwürdige  Elefant  138 

Der  mit  fünf  Eigenschaften  behaftete  Elefant  des 
Königs,  ihr  Mönche,  zehrt  das  Futter  auf,  nimmt  den 
Platz   weg,   läßt   Kot  fallen   und   erhält   dabei  seine 

DieRedendesBuddha.Bd.il        —     145    —  ^^ 


V 138  Die  reden  des  büddhä 

Nummer  und  trägt  den  Namen  eines  Königselefanten. 
Und  weiches  sind  diese  fünf  Eigenschaften? 

Da,  ihr  Mönche,  hält  der  Elefant  nicht  stand  bei 
Gestalten,  nicht  stand  bei  Tönen,  nicht  stand  bei  Ge- 
rüchen, nicht  stand  bei  Geschmacksempfindungen, 
nicht  stand  bei  Berührungen. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  zehrt  der  mit  diesen 
fünf  Eigenschaften  behaftete  Mönch  die  Speise  auf, 
nimmt  den  Platz  weg,  nutzt  Bett  und  Sitz  ab,  erhält 
aber  dabei  seine  Nummer  und  trägt  den  Namen  eines 
Mönches. 

—  Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  hält  des  Königs 
Elefant  nicht  stand  bei  Gestalten?  Da,  ihr  Mönche, 
zieht  des  Königs  Elefant  in  die  Schlacht.  Sobald  er 
aber  eine  Abteilung  Elefanten,  Reiter,  Wagen  oder 
Fußvolk  erblickt,  ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt, 
hält  nicht  stand  und  ist  unfähig,  ins  Treffen  zu  ziehen. 
Insofern,  ihr  Mönche,  hält  des  Königs  Elefant  nicht 
stand  bei  Gestalten. 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  hält  des  Königs  Ele- 
fant nicht  stand  bei  Tönen?  Da,  ihr  Mönche,  zieht 
des  Königs  Elefant  in  die  Schlacht.  Sobald  er  aber 
den  durch  Elefanten,  Rosse,  Wagen  und  Fußvolk  ver- 
ursachten Lärm  hört  und  das  Getöse  der  Pauken, 
Trommeln  und  Trompeten  vernimmt,  ist  er  nieder- 
geschlagen und  entmutigt,  häU  nicht  stand  und  ist 
unfähig,  ins  Treffen  zu  ziehen.  Insofern,  ihr  Mönche, 
hält  des  Königs  Elefant  nicht  stand  bei  Tönen. 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  hält  des  Königs  Ele- 
fant nicht  stand  bei  Gerüchen?  Da,  ihr  Mönche,  zieht 
des  Königs  Elefant  in  die  Schlacht.  Sobald  er  aber 
den    Geruch    von    Kot    und    Urin    der    Vollblütigen, 

—   146  — 


FÜNFERBUCH  V 140 


kampfestüchtigen  Königselefanten  wittert,  ist  er  nieder- 
gesctilagen  und  entmutigt,  hält  nicht  stand  und  ist  un- 
fähig, ins  Treffen  zu  ziehen.  Insofern,  ihr  Mönche, 
hält  des  Königs  Elefant  nicht  stand  bei  Gerüchen: 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  hält  des  Königs  Ele- 
fant nicht  stand  bei  Berührungen?  Da,  ihr  Mönche, 
zieht  des  Königs  Elefant  in  die  Schlacht.  Sobald  er 
aber  Von  ein,  zwei,  drei,  vier  oder  fünf  Pfeilschüssen 
getroffen  wird,  ist  er  niedergeschlagen  und  entmutigt, 
hält  nicht  stand  und  ist  unfähig,  ins  Treffen  zu  ziehen. 
Insofern,  ihr  Mönche,  hält  des  Königs  Elefant  nicht 
stand  bei  Berührungen. 

Der  mit  diesen  fünf  Eigenschaften  behaftete  Ele- 
fant des  Königs  ist  nicht  würdig  des  Königs,  nicht  des 
Königs  Liebling,  gilt  nicht  als  zum  König  gehörig. 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  hält  der  Mönch  nicht 
stand? 

Erblickt  da,  ihr  Mönche,  der  Mönch  mit  dem 
Auge  eine  Gestalt,  vernimmt  er  mit  dem  Ohre  einen 
Ton,  riecht  mit  der  Nase  einen  Duft,  schmeckt  mit 
der  Zunge  einen  Saft,  berührt  er  mit  dem  Körper 
einen  Gegenstand,  so  wird,  wenn  dieser  lusterregend 
ist,  er  von  Begierde  danach  erfaßt  und  ist  nicht  im- 
stande, seinen  Geist  zu  sammeln. 

Der  mit  diesen  fünf  Eigenschaften  behaftete  Mönch, 
ihr  Mönche,  ist  nicht  würdig  der  Opfer,  nicht  würdig 
der  Gastfreundschaft,  nicht  würdig  der  Gaben,  nicht 
würdig  des  ehrfurchtsvollen  Handgrußes  und  ist  in  der 
Welt  nicht  der  beste  Boden  für  verdienstvolle  Werke. 

Der  Königselefant  140 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  des  Königs  Elefant  würdig  des  Königs,  des  Königs 


147  —  10^ 


1 140  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Liebling,  wird  als  zum  König  gehörig  betrachtet. 
Welches  aber  sind  diese  fünf  Eigenschaften?  Da,  ihr 
Mönche,  ist  des  Königs  Elefant  gelehrig,  ein  Kämpfer, 
wachsam,  ein  Dulder  und  ein  Pfadfinder. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant 
gelehrig?  Bei  jeder  Übung,  ihr  Mönche,  die  der 
Elefantenbändiger  des  Königs  Elefanten  ausführen  läßt, 
ob  früher  verrichtet  oder  nicht,  da  ist  er  eifrig  und 
achtsam  und,  sie  im  Geiste  Völlig  erfassend,  leiht  er 
Gehör.  So,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant  ge- 
lehrig. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant  ein 
Kämpfer?  Da,  ihr  Mönche,  zieht  des  Königs  Elefant 
hinaus  ins  Treffen  und  vernichtet  den  Elefanten  samt 
dem  Reiter,  vernichtet  das  Roß  samt  dem  Reiter,  ver- 
nichtet den  Wagen,  den  Wagenlenker  und  das  Fuß- 
volk. iSo,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant  ein 
Kämpfer. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant 
wachsam?  Da,  ihr  Mönche,  zieht  des  Königs  Elefant 
ins  Treffen;  er  wacht  über  den  vorderen  Teil  seines 
Körpers,  wacht  über  den  hinteren  Teil  seines  Körpers, 
wacht  über  seine  Vorderfüße,  wacht  über  seine  Hinter- 
füße, wacht  über  seinen  Kopf,  Wacht  über  seine 
Hauer,  wacht  über  seinen  Rüssel,  wacht  über  seinen 
Schweif  und  wacht  über  den  Reiter.  So,  ihr  Mönche, 
ist  des  Kpnigs  Elefant  wachsam. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant 
ein  Dulder?  Da,  ihr  Mönche,  zieht  des  Königs  Ele- 
fant hinaus  ins  Treffen  und  erträgt  geduldig  Messer- 
stiche, Pfeilschüsse,  Säbelhiebe,  Axtstreiche  sowie  den 
Lärm  und  das  Getöse  der  Pauken,   Trommeln  und 

—   148  — 


FÜNFFRBUCH  V  140 


Trompeten.  So,  ihr  Mönche  ist  des  Königs  Elefant 
ein  Dulder, 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant  ein 
Pfadfinder?  Wohin  ihn,  ihr  Mönche,  der  Elefanten- 
bändiger des  Königs  Elefanten  schickt,  ob  bereits 
früher  hingegangen  oder  nicht,  dahin  findet  er  rasch 
seinen  Weg.  So,  ihr  Mönche,  ist  des  Königs  Elefant 
ein  Pfadfinder. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  ist  der  mit  fünf  Eigen- 
schaften ausgestattete  Mönch  würdig  der  Opfer,  würdig 
der  Gastfreundschaft,  würdig  der  Gaben,  würdig  des 
ehrfurchtsvollen  Handgrußes,  ist  in  der  Welt  der  beste 
Boden  für  gute  Werke.  Und  welches  sind  diese  fünf 
Eigenschaften?  Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ge- 
lehrig, ein  Kämpfer,  wachsam,  ein  Dulder  und  ein 
Pfadfinder. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  gelehrig? 
Wird  da,  ihr  Mönche,  das  vom  Vollendeten  verkündete 
Gesetz  und  die  Disziplin  vorgetragen,  so  ist  er  eifrig 
und  achtsam  und,  im  Geiste  es  völlig  erfassend,  leiht 
er  Gehör.    So,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  gelehrig. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Kämpfer? 
Da,  ihr  Mönche,  läßt  der  Mönch  einen  aufgestiegenen 
Gedanken  der  Begierde,  des  Übelwollens  und  der 
Grausamkeit  nicht  Fuß  fassen;  läßt  aufgestiegene  üble, 
schuldvolle  Geisteszustände  nicht  Fuß  fassen,  über- 
windet, vertreibt,  Vernichtetsie,  bringt  siezum  Schwinden. 
So,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Kämpfer. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  wachsam? 
Erblickt  da,  ihr  Mönche,  der  Mönch  mit  dem  Auge 
eine  Form,  so  haftet  er  weder  am  Ganzen  noch  an 
den  Einzelheiten.    Da,  unbewachten  Auges  weilend, 


149  — 


V  140  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Begehrsucht  und  Kummer,  üble,  schuldvolle  Dinge  in 
ihm  eindringen  möchten,  so  befleißigt  er  sich  dessen 
Bewachung,  trübet  das  Auge,  hält  er  das  Auge  im 
Zaume.  Vernimmt  er  mit  dem  Ohre  einen  Ton,  — 
riecht  er  mit  der  Nase  einen  Duft,  —  schmeckt  er 
mit  der  Zunge  einen  Saft,  —  fühlt  er  mit  dem  Körper 
ein  Tastobjekt,  bekennt  er  im  Geiste  ein  Ding,  so 
haftet  er  weder  am  Ganzen,  noch  an  den  Einzelheiten. 
Da,  unbewachten  Geistes  weilend,  Begehrsucht  und 
Kummer,  üble,  schuldvolle  Dinge  in  ihm  eindringen 
möchten,  so  befleißigt  er  sich  dessen  Bewachung, 
hütet  er  den  Geist,  hält  er  den  Geist  im  Zaume.  So, 
ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  wachsam. 

Wie  aber,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Pfad- 
finder? Dieses  Ziel,  ihr  Mönche,  das  der  Mönch  auf 
diesen  langen  Wanderungen  zuvor  noch  nicht  erreicht 
hat,  nämlich  den  Ruhestand  aller  Bildungen,  die  Los- 
lösung von  allen  Daseinssubstraten,  der  Hier -Ver- 
nichtung, die  Abwendung,  die  Aufhebung,  das  Nirwahn: 
dieses  Ziel  erreicht  er  in  gar  kurzer  Zeit.  So,  ihr 
Mönche,  ist  der  Mönch  ein  Pfadfinder. 

Mit  diesen  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr 
Mönche,  ist  der  Mönch  würdig  der  Opfer,  würdig  der 
Gastfreundschaft,  würdig  der  Gaben,  würdig  des  ehr- 
furchtsvollen Handgrußes,  ist  in  der  Welt  der  beste 
Boden  für  gute  Werke. 


150 


FÜNFERBUCH  V 141 


FÜNFZEHNTER  TEIL: 

Im  Tikändakiwalde 

Fünferlei  Menschen  141 

(1) 

Fünf  Menschen,  ihr  Mönche,  sind  in  der  Welt 
anzutreffen:  welche  fünf?  Der  eine  empfindet  Miß- 
achtung infolge  des  Gebens,  der  eine  empfindet  Miß- 
achtung infolge  des  Zusammenlebens,  der  eine  ist 
leichtgläubig,  der  eine  wankelmütig,  der  eine  dumm 
und  töricht. 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  empfindet  einer 
Mißachtung  infolge  des  Gebens?  Da,  ihr  Mönche, 
gibt  einer  einem  anderen  Gewand,  Almosenspeise, 
Lagerstatt  und  die  nötigen  Heilmittel  und  Arzneien. 
Er  aber  denkt:  >Ich  bin  der  Geber,  jener  der  Emp- 
fänger.« Und  infolge  des  Gebens  mißachtet  er  jenen. 
Insofern,  ihr  Mönche,  empfindet  einer  Mißachtung 
infolge  des  Gebens. 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  empfindet  einer  Miß- 
achtung infolge  des  Zusammenlebens?  Da,  ihr  Mönche, 
lebt  einer  mit  einem  anderen  zwei  oder  drei  Jahre 
zusammen,  und  infolge  des  Zusammenlebens  miß- 
achtet er  jenen.  Insofern,  ihr  Mönche,  empfindet 
einer  Mißachtung  infolge  des  Zusammenlebens. 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  ist  einer  leicht- 
gläubig? Da,  ihr  Mönche,  ist  einer,  sobald  man  einen 
anderen  lobt  oder  tadelt,  gar  schnell  zum  Glauben 
geneigt.  Insofern,  ihr  Mönche,  ist  einer  leicht- 
gläubig. 

-   151   - 


T  142  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Inwiefern  aber,    ihr  Mönche,    ist  einer  wankel- 
mütig?    Da,  ihr  Mönche,  besitzt  einer  wenig  Ver- 
trauen, wenig  Hingabe,  wenig  Liebe,  wenig  Glauben. 
Insofern,  ihr  Mönche,  ist  einer  wankelmütig. 

Inwiefern  aber,  ihr  Mönche,  ist  einer  dumm  und 
töricht?  Da,  ihr  Mönche,  kennt  einer  weder  die 
heilsamen  noch  die  unheilsamen  Dinge,  weder  die 
tadeligen  noch  die  untadeligen  Dinge,  weder  die  ge- 
meinen noch  die  edlen  Dinge,  noch  die  Gegensätze 
von  Gut  und  Böse.  Insofern,  ihr  Mönche,  ist  einer 
dumm  und  töricht. 

Diese  fünf  Menschen,  ihr  Mönche,  sind  in  der 
Welt  anzutreffen. 

142  Fünferlei  Menschen 

(2) 

Fünf  Menschen,  ihr  Mönche,  sind  in  der  Welt 
anzutreffen:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  vergeht  sich  ein  Mensch  (gegen 
die  Ordenssatzung)  und  macht  sich  Gewissensbisse  («); 
er  kennt  aber  nicht  der  Wirklichkeit  gemäß  (ß)  jene 
Gemütserlösung  und  Wissenserlösung  (y),  wo  ihm  die 
aufgestiegenen,  schuldvollen  Eigenschaften  restlos 
schwinden. 

Da,  ihr  Mönche,  vergeht  sich  ein  Mensch,  ohne 

(a)  »Er  begeht  eine  in  einem  Ordensvergehen  (äpatti  =  gehen) 
bestehende  Überschreitung  und  empfindet  demzufolge  Reue« 
(Komm.). 

{ß)  d.  h.  er  hat  sie  noch  nicht  selber  verwirklicht. 

(y)  ceto-vimutti  find  pafifia-vimutti :  »die  mit  dem  Arahattum 
(Heiligkeit)  verbundene  Sammlung  (arahatta-samädhi)  und  das  mit 
dem  Ziel  des  Arahattums  verbundene  Wissen  (arahatta-phala^näna)«. 
(Komm.) 

—   152  — 


FÜNFERBUCH  T  142 


sich  Gewissensbisse  zu  machen  (a);  er  kennt  aber 
nicht  der  Wirklichkeit  gemä[3  jene  Gemütserlösung 
und  Wissenserlösung,  wo  ihm  die  aufgestiegenen, 
schuldvollen  Eigenschaften  restlos  schwinden. 

Da,  ihr  Mönche,  vergeht  sich  ein  Mensch  nicht, 
doch  er  macht  sich  Gewissensbisse  {ß)\  er  kennt  aber 
nicht  der  Wirklichkeit  gemäß  jene  Gemütserlösung 
und  Wissenserlösung;  wo  ihm  die  aufgestiegenen, 
schuldvollen  Eigenschaften  restlos  schwinden. 

Da,  ihr  Mönche,  vergeht  sich  ein  Mensch  nicht 
und  macht  sich  keine  Gewissensbisse;  er  kennt  aber 
nicht  der  Wirklichkeit  gemäß  jene  Gemütserlösung 
und  Wissenserlösung,  wo  ihm  die  aufgestiegenen, 
schuldvollen  Eigenschaften  restlos  schwinden. 

Da,  ihr  Mönche,  vergeht  sich  ein  Mensch  nicht, 
macht  sich  keine  Gewissensbisse,  und  er  erkennt  der 
Wirklichkeit  gemäß  jene  Gemütserlösung  und  Wissens- 
erlösung, wo  ihm  die  aufgestiegenen,  schuldvollen 
Eigenschaften  restlos  schwinden. 

Hier  nun,  ihr  Mönche,  ist  der  erste  Mensch 
folgendermaßen  zu  belehren:  »Es  bestehen  da  in  dem 
Verehrten  durch  Vergehen  verschuldete  Leidenschaften, 
und  durch  Gewissensbisse  entstandene  Leidenschaften 
wachsen  an.  Gut  wäre  es,  wollte  der  Verehrte  die 
durch  Vergehen  verschuldeten  Leidenschaften   über- 

(a)  >d.  h.  er  hat  ein  Vergehen  begangen;  weil  er  sich  aber 
davon  frei  gemacht  hat  (d.  i.  weil  er  es  den  Mönchen  gestanden  und 
die  vorschriftsmäßige  Sühne  getan  hat;  s.  II,  70)  macht  er  sich 
keine  Gewissensbisse  mehr.«    (Komm.) 

(ß)  *d.  h.  nachdem  er  einmal  ein  Vergehen  begangen  und 
es  wieder  gut  gemacht  hat,  begeht  er  zwar  späterhin  kein  Ver- 
gehen mehr,  doch  kann  er  seine  Gewissensbisse  nicht  los  werden.* 
(Komm.) 


—    153   — 


T  142  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


winden  (a),  die  durch  Gewissensbisse  entstandenen 
Leidensciiaften  Vertreiben  und  alsdann  Geist  und  Ein- 
siciit  entfalten.  Es  möchte  dann  der  Verehrte  jenem 
fünften  Menschen  genau  gleich  werden.« 

Der  zweite  Mensch,  ihr  Mönche,  ist  folgender- 
maßen zu  belehren:  »Es  bestehen  da  in  dem  Ver- 
ehrten durch  Vergehen  verschuldete  Leidenschaften, 
doch  keine  durch  Gewissensbisse  entstandenen  Leiden- 
schaften wachsen  an.  Gut  wäre  es,  wollte  der  Ver- 
ehrte die  durch  Vergehen  verschuldeten  Leidenschaften 
überwinden  und  alsdann  Geist  und  Einsicht  entfalten. 
Es  möchte  dann  der  Verehrte  jenem  fünften  Menschen 
genau  gleich  werden.« 

Der  dritte  Mensch,  ihr  Mönche,  ist  folgender- 
maßen zu  belehren:  »Es  bestehen  da  in  dem  Ver- 
ehrten keine  durch  Vergehen  verschuldeten  Leiden- 
schaften, doch  durch  Gewissensbisse  entstandene 
Leidenschaften  wachsen  an.  Gut  wäre  es,  wollte  der 
Verehrte  die  durch  Gewissensbisse  entstandenen 
Leidenschaften  vertreiben  (ß)  und  alsdann  Geist  und 
Einsicht  entfalten.  Es  möchte  dann  der  Verehrte 
jenem  fünften  Menschen  genau  gleich  werden.« 

Der  vierte  Mensch,  ihre  Mönche,  ist  folgender- 
maßen zu  belehren:  *Es  bestehen  da  in  dem  Verehrten 
weder  durch  Vergehen  verschuldete  Leidenschaften, 
noch  durch  Gewissensbisse  entstandene  Leidenschaften 
wachsen  an.  Gut  wäre  es,  wollte  der  Verehrte  Geist 
und  Einsicht  entfalten.  Es  möchte  dann  der  Verehrte 
jenem  fünften  Menschen  genau  gleich  werden.« 

(«)  »Dadurch,-  daß  er  sein  Vergehen  bekennt,  bezw.  sühnt 
(wörtl.:  sich  daraus  erhebt).«    (Komm.) 

(ß)  Nämlich  dadurch,  daß  er  seine  Schuldlosigkeit  erwägt. 


-   154 


FÜNFERBUCH  V  J43 


So,  ihr  Mönche,  erreichen  denn  diese  Vier  Men- 
schen durch  jenen  fünften  Menschen  also  ermahnt, 
also  belehrt,  allmählich  die  Versiegung  der  Leiden- 
schaften. 

Die  fünf  Ideale  oder  Kleinode  143 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Großen  Walde  bei 
Vesäli,  in  der  Halle  des  Giebelhauses.  Und  der  Er- 
habene kleidete  sich  in  der  Frühe  an  und  begab  sich, 
mit  Gewand  und  Schale  versehen,  nach  Vesäli  um 
Almosen.  Zu  jener  Zeit  aber  gerade  hatte  man  unter 
den  fünfhundert  Licchaviern,  die  beim  Särandada- 
Schreine  versammelt  dasaßen,  das  Gespräch  darauf 
gebracht,  daß  sich  selten  in  der  Welt  fünf  Ideale  («) 
zeigten,  nämlich  das  Ideal  eines  Elefanten,  das  Ideal 
eines  Rosses,  das  Ideal  eines  Edelsteines,  das  Ideal 
einer  Frau  und  das  Ideal  eines  Hausvaters.  Und  jene 
Licchavier  schickten  einen  Mann,  auf  die  Straße,  mit 
dem  Auftrage,  daß,  sobald  er  den  Erhabenen  heran- 
kommen sehe,  es  ihnen  mitteilen  solle.  Es  sah  nun 
jener  Mann  den  Erhabenen  schon  von  ferne  heran- 
kommen; ihn  erblickend  ging  er  zu  den  Licchaviern 
und  sprach:  »Dort,  ihr  Herren,  kommt  jener  Erhabene, 
Heilige,  vollkommen  Erleuchtete.  Wie  es  euch  nun 
belieben  mag.«  Darauf  gingen  jene  Licchavier  dem 
Erhabenen  entgegen,  begrüßten  ihn  ehrfurchtsvoll  und 
stellten  sich  zur  Seite,  indem  sie  sprachen:  »Gut  wäre 
es,  0  Ehrwürdiger,  wollte  der  Erhabene  sich  nach  dem 
Sarandada-Schreine  begeben,  von  Mitleid  bewogen!« 
Schweigend  willigte  der  Erhabene  ein  und  begab  sich 
nach  dem  Särandada-Schreine.  Dort  angelangt  setzte 
(a)  Wörtl.:  Juwelen  (ratanäni). 

-  155  — 


V  144  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

er  sich  auf  dem  angewiesenen  Sitze  nieder  und  sprach 
zu  den  LicchaViern: 

»Bei  welchem  Gespräche,  ihr  Licchavier,  saßet 
ihr  da  zusammen?  Was  war  das  Gespräch,  das  ihr 
abgebrochen  habt?« 

>Als  wir,  0  Ehrwürdiger,  hier  beim  Särandada- 
•  Schreine  versammelt  dasaßen,  wurde  das  Gespräch 
darauf  gebracht,  daß  sich  selten  in  der  Welt  fünf 
Ideale  zeigten,  nämlich  das  Ideal  eines  Elefanten,  das 
Ideal  eines  Rosses,  das  Ideal  ein,es  Edelsteines,  das 
Ideal  einer  Frau  und  das  Ideal  eines  Hausvaters.« 

»Freilich,  unter  den  den  weltlichen  Wünschen 
hingegebenen  lieben  LicchaViern  hat  sich  eben  ein 
ihren  weltlichen  Wünschen  entsprechendes  Gespräch 
entsponnen.  Fünf  Ideale,  ihr  Licchavier,  zeigen  sich 
selten  in  der  Welt:  welche  fünf?  Selten  zeigt  sich 
in  der  Welt  ein  Vollendeter,  Heiliger,  Vollkommen 
Erleuchteter;  selten  zeigt  sich  in  der  Welt  ein  Lehrer 
des  vom  Vollendeten  verkündeten  Gesetzes  und  seiner 
Disziplin;  selten  zeigt  sich  in  der  Welt  Einer,  der  beim 
Vortrag  des  vom  Vollendeten  verkündeten  Gesetzes  und 
seiner  Disziplin  Verständnis  erlangt;  selten  zeigt  sich  in 
der  Welt  Einer,  der,  den  Vortrag  des  vom  Vollendeten 
verkündeten  Gesetzes  und  seiner  Disziplin  verstehend, 
im  Sinne  des  Gesetzes  lebt;  selten  zeigt  sich  in  der 
Welt  ein  dankbarer,  erkenntlicher  Mensch.  Diese  fünf 
Ideale,  ihr  Licchavier,  zeigen  sich  selten  in  der  Welt.- 
144  Die  Betrachtung  über  Widerliches  und 
Nichtwiderliches 

[Im  Tikändaki- Walde  bei  Saketa:] 

Gut  ist  es,  ihr  Mönche,  wenn  der  Mönch  von 
Zeit    zu    Zeit    Nichtwiderliches    als-   widerlich    be- 

—   156  — 


FÜNFERßUCH  V 144 


trachtet  (a);  wenn  er  Widerliches  als  nichtwiderlich  be- 
trachtet iß);  wenn  er  Nichtwiderliches  wie  Widerliches 
als  widerlich  betrachtet;  wenn  er  Nichtwiderliches  und 
Widerliches  als  nichtwiderlich  betrachtet;  wenn  er 
beides,  Widerliches  wie  Nichtwiderliches,  verwerfend, 
gleichmütig  verweilt,  achtsam,  klaren  Geistes. 

Aus  welchem  Beweggrunde  aber,  ihr  Mönche,  mag 
der  Mönch  Nichtwiderliches  als  Widerlich  betrachten? 
Damit  ihm  bei  den  giererregenden  Erscheinungen  keine 
Gier  aufsteige. 

Aus  welchem  Beweggrunde  aber  mag  er  Wider- 
liches als  nichtwiderlich  betrachten?  Damit  ihm  bei 
den  haßerregenden  Erscheinungen  kein  Haß  aufsteige. 

Aus  welchem  Beweggrunde  aber  mag  er  Nicht- 
widerliches wie  Widerliches  als  widerlich  betrachten? 
Damit  ihm  bei  den  giererregenden  Erscheinungen  keine 
Gier  und  bei  den  haßerregenden  Erscheinungen  kein 
Haß  aufsteige. 

Aus  welchem  Beweggrunde  aber  mag  er  Wider- 
liches wie  Nichtwiderliches  als  nichtwiderlich  betrachten? 
Damit  ihm  bei  den  haßerregenden  Erscheinungen  kein 
Haß  und  bei  den  giererregenden  Erscheinungen  keine 
Gier  aufsteige. 

(a)  Den  Gegenstand  nämlich,  der  seine  Begier  reizen  möchte 
-  z.  B.  den  weiblichen  Körper,  gute  Speise  usw.  -  betrachtet 
er  als  unrein,  vergänglich  und  widerlich  und  vergegenwärtigt  sich 
alle  die  einzelnen  Teile,  aus  denen  sich  der  Körper  zusammensetzt 
(s.  X,  60)  und  verhindert  so  das  Aufsteigen  der  sinnlichen  Begierde. 

(ß)  Nämlich  den  Gegenstand  oder  die  Person,  die  Mißmut, 
Groll,  Haß  oder  Rache  in  ihm  erwecken  könnte,  durchstrahlt  er 
in  Liebe,  Mitleid  und  Wohlwollen  und  verhindert  so  das  Auf- 
steigen der  Vorstellung  der  Widerlichkeit  und  somit  der  bösen 
Triebe  des  Grolles  und  Hasses, 


-   157 


1 14ä,  146, 14t       Dife  REDEM  DES  BUDDHA _^^^ 

Aus  welchem  Beweggrunde  aber  mag  er  beides, 
Widerliches  wie  Nichtwiderliches,  verwerfend,  gleich- 
mütig verweilen,  achtsam,  klaren  Geistes?  Damit  ihm 
bei  keiner  Gelegenheit,  nirgends,  irgendwie,  bei  den 
giererregenden  Erscheinungen  Gier  aufsteige,  bei  den 
haßerregenden  Erscheinungen  Haß  aufsteige  und  bei 
den  verblendenden  Erscheinungen  Verblendung  auf- 
steige. 
i45  Der  Ausgang  des  Sittenlosen 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf  Dinge  zutreffen,  der 
verfällt,  seinen  Werken  entsprechend,  der  Hölle: 
welche  fünf? 

Töten,  Stehlen,  geschlechtliches  Ausschreiten, 
Lügen  und  das  Genießen  berauschender  Getränke  («).— 

146  Der  Freundschaft  unwürdig 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf  Dinge  anzutreffen 
sind,  mit  diesem  Mönche  sollte  man  keine  Freund- 
schaft pflegen:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  läßt  der  Mönch  Feldarbeiten 
vornehmen,  läßt  sich  in  Streitigkeiten  ein,  hegt  Feind- 
schaft gegen  hervorragende  Mönche,  wandert  gern 
lange  und  unstet  umher;  und  er  ist  nicht  fähig,  von 
Zeit  zu  Zeit  durch  Worte  über  das  Gesetz  zu  belehren, 
zu  ermahnen,  zu  ermutigen  und  zu  ermuntern. 

147  Rechtes  Geben  und  verkehrtes  Geben 

Auf  fünffache  Weise,  ihr  Mönche,  gibt  der  schlechte 
Mensch  Gaben:  ohne  Eifer  gibt  er;   ohne  Ehrfurcht 

(a)  Über  diese  von  jedem  guten  Buddhisten  gemiedenen 
fünf  Sittenvergehen  siehe  Näheres  VIII,  25. 

—  158  — 


röNFERBÜCH  1 148 


gibt  er;  nicht  eigenhändig  gibt  er;  Abfälle  gibt  er; 
ohne  Glaube  an  Vergeltung  gibt  er. 

Auf  folgende  fünffache  Weise,  ihr  Mönche,  gibt 
der  gute  Mensch  Gaben:  voll  Eifer  gibt  er;  voll  Ehr- 
furcht gibt  er;  eigenhändig  gibt  er;  keine  Abfälle  gibt 
er;  im  Glauben  an  die  Vergeltung  gibt  er. 

Rechtes  Geben  148 

Auf  fünffache  Weise,  ihr  Mönche,  gibt  der  gute 
Mensch  Gaben:  Voll  Vertrauen,  voll  Eifer,  zur  rechten 
Zeit,  freigebigen  Herzens  und  ohne  sich  und  andern 
zu  schaden. 

Wer,  ihr  Mönche,  voll  Vertrauen  eine*  Gabe  gibt, 
der  ist,  wo  immer  diese  Gabe  Früchte  bringt  («), 
reich,  hochbegütert,  hochvermögend  und  ist  von  schöner 
Gestalt,  von  gefälligem  Äußern,  voll  Anmut  und  Von 
edler  Erscheinung. 

Wer,  ihr  Mönche,  Voll  Eifer  eine  Gabe  gibt,  der 
ist,  wo  immer  diese  Gabe  Früchte  bringt,  reich,  hoch- 
begütert, hochvermögend;  und  seine  Frauen  und  Kinder 
sowie  seine  Knechte,  Diener  und  Arbeiter  hören  auf 
ihn,  gehorchen  ihm,  leihen  ihm  Gehör  und  richten 
ihren  Sinn  darauf,  ihn  zu  Verstehen. 

Wer,  ihr  Mönche,  zur  rechten  Zeit  eine  Gabe 
gibt,  der  ist,  wo  immer  diese  Gabe  Früchte  bringt, 
reich,  hochbegütert,  hochvermögend,  und  zum  Genüsse 
der  erhabenen  fünf  Sinnenfreuden  ist  sein  Herz  ge- 
neigt. 

Wer,  ihr  Mönche,  ohne  sich  oder  anderen  zu 
schaden,  eine   Gabe  gibt,  der  ist,  wo  immer  diese 

(a)  d.  h.  an  welchem  Platze  auch  immer  er  infolge  seiner 
Gaben  nach  dem  Tode  wiedergeboren  wird. 

—  159  — 


Y  150  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Gabe  Früchte  bringt,  reich,  hochbegütert,  hochver- 
mögend, und  durch  nichts  können  seine  Schätze  zer- 
stört werden,  sei  es  durch  Feuer,  Wasser,  Fürsten, 
Räuber  oder  Heblose  Erben. 

Auf  diese  fünffache  Weise,  ihr  Mönche,  gibt  der 
gute  Mensch  Gaben. 

150  Nachteilige  Dinge 

Fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  gereichen  dem  »Zeit- 
weilig Befreiten«  («)  Mönche  zum  Nachteil:  Gefallen 
an  körperlicher  Arbeit,  Gefallen  am  Plaudern,  Gefallen 
am  Schlafen,  das  Nichtwachen  über  die  fünf  Sinnen- 
tore und  linmäßigkeit  beim  Mahle.  — 

(a)  d.  i.  dem  von  Zeit  zu  Zeit  Sammlung  und  innere  Ge- 
mütsruhe Erlangenden,  denn  derselbe  ist  während  dieser  Zeit  be- 
freit von  Leidenschaft.    Hierüber  s.  Nyanatiloka,  Puggala  Paiifiati, 

Nr.  1. 


-   160  — 


FÜNFERBUCH  T  151, 152, 153, 154 


SECHZEHNTER  TEIL: 

Das  Kapitel  des  Outen  Gesetzes 

Hindernisse  zur  Erreichung  des  Pfades        i5i 

Bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf  Dinge  anzutreffen 
sind,  der  ist,  selbst  wenn  er  das  Gute  Gesetz  zu 
hören  bekommt,  außerstande,  den  Pfad  und  die  Voll- 
endung im  Guten  zu  erreichen.  Und  weiches  sind 
diese  fünf  Dinge? 

Er  unterschätzt  den  Vortrag,  unterschätzt  den 
Vortragenden,  unterschätzt  sich,  hört  verwirrten  und 
ungesammeiten  Geistes  das  Gesetz  und  gibt  sich  un- 
weisen Erwägungen  hin.  — 

—  Er  unterschätzt  den  Vortrag,  unterschätzt  den  152 
Vortragenden,   unterschätzt  sich;  er  ist  unverständig, 
dumm  und  stumpfsinnig;  und  Unverstandenes  glaubt 

er  zu  Verstehen.  — 

—  Aus  Heuchelei  hört  er  sich  das  Gesetz  an,  von  153 
Heuchelei  erfüllt;  mit  boshafter  Gesinnung  hört  er 
sich  das  Gesetz  an  und  sucht  nach  Fehlern;  gegen 
den  Gesetzesredner  ist  er  im  Herzen  aufgebracht  und 
erbittert;  unverständig  ist  er,  dumm  und  stumpfsinnig; 
Unverstandenes  glaubt  er  zu  verstehen.  Bei  wem,  ihr 
Mönche,  diese  fünf  Dinge  anzutreffen  sind,  der  ist, 
selbst  wenn  er  das  Gute  Gesetz  zu  hören  bekommt, 
außerstande,  den  Pfad  und  die  Vollendung  im  Guten 

zu  erreichen. 

Die  Dauer  des  Guten  Gesetzes  154 

Fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  führen  zum  Zerfall 
und  Untergange  des  Guten  Gesetzes:  welche  fünf? 

Die  Reden  des  Buddha.   Bd.  II      161     H 


V  155  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Da,  ihr  Mönche,  hören  die  Mönche  nicht  voll 
Eifer  das  Gesetz,  lernen  nicht  die  Mönche  voll  Eifer 
das  Gesetz,  merken  sich  nicht  voll  Eifer  das  Gesetz, 
untersuchen  nicht  voll  Eifer  den  Sinn  der  sich  ein- 
geprägten Gesetze;  und  selbst,  wenn  sie  das  Gesetz 
und  seine  Bedeutung  kennen,  leben  sie  nicht  voll 
Eifer  im  Sinne  des  Gesetzes.  Diese  fünf  Umstände, 
ihr  Mönche,  führen  zum  Zerfall  und  Untergange  des 
Guten  Gesetzes. 

Fünf  Umstände  aber,  ihr  Mönche,  führen  zur 
Festigung,  Zunahme  und  Unzerstörbarkeit  des  Guten 
Gesetzes:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  hören  die  Mönche  voll  Eifer  das 
Gesetz,  lernen  voll  Eifer  das  Gesetz,  merken  sich 
voll  Eifer  das  Gesetz,  untersuchen  voll  Eifer  den  Sinn 
der  sich  eingeprägten  Gesetze;  das  Gesetz  und  seine 
Bedeutung  aber  kennend  leben  sie  im  Sinne  des  Ge- 
setzes. Diese  fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  führen 
zur  Festigung,  Zunahme  und  Unzerstörbarkeit  des 
Guten  Gesetzes. 
155  Der  Untergang  des  Guten  Gesetzes 

(1) 

Fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  führen  zum  Zerfall 
und  Untergang  des  Guten  Gesetzes:  welche  fünf? 

Daß  die  Mönche  das  Gesetz  nicht  lernen,  —  daß 
sie,  wie  sie  dasselbe  gehört  und  gelernt  haben,  nicht 
den  anderen  ausführlich  darlegen,  —  nicht  die  anderen 
ausführlich  lernen  lassen,  —  nicht  sich  selber  aus- 
führlich hersagen,  —  nicht  darüber  nachdenken,  nach- 
sinnen und  es  im  Geiste  erwägen.  — 

Diese  fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  führen  zum 
Zerfall  und  Untergange  des  Guten  Gesetzes. 

—   162  — 


FÜNFERBUCH  1 156 


Der  Untergang  des  Guten  Gesetzes  156 

(2) 

Fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  führen  zum  Zerfall 
und   Untergange  des  Guten  Gesetzes:   welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  eignen  sich  die  Mönche  eine 
verkehrt  gelernte  Sutte  an,  eine  Sutte  mit  verkehrtem 
Wortlaute.  Der  Sinn  des  verkehrten  Wortlautes  aber, 
ihr  Mönche,  ist  irreführend.  Das,  ihr  Mönche,  ist 
der  erste  Umstand. 

Ferner,  ihr  Mönche,  sind  da  die  Mönche  heftig, 
von  streitsüchtiger  Natur,  hartnäckig,  schenken  den 
Unterweisungen  nicht  die  richtige  Achtung.  Das,  ihr 
Mönche,  ist  der  zweite  Umstand. 

Ferner,  ihr  Mönche:  jene  Mönche,  denen  reiches 
Wissen  eignet,  die  mit  der  Botschaft  vertraut,  Träger 
des  Gesetzes,  der  Disziplin  und  des  Inhaltes  sind,  die 
lassen  die  anderen  nicht  voll  Eifer  die  Sutten  lernen. 
So  sind  denn  nach  ihrem  Tode  die  Sutten  ihrer  Träger 
beraubt  und  ohne  Stütze.  Das,  ihr  Mönche,  ist  der 
dritte  Umstand. 

Ferner,  ihr  Mönche,  sind  da  die  älteren  Mönche 
der  Üppigkeit  ergeben,  schlaffe  Menschen,  suchen 
vor  allem  die  Gesellschaft  und  fliehen  die  Einsamkeit 
als  eine  Last.  Und  sie  kämpfen  nicht,  um  das  Un- 
erreichte zu  erreichen,  das  Unerrungene  zu  erringen, 
das  Unverwirklichte  zu  verwirklichen.  Ihre  Nachfolger 
aber  nehmen  sie  zum  Vorbilde:  auch  sie  sind  der 
Üppigkeit  ergeben,  schlaffe  Menschen,  suchen  vor 
allem  die  Gesellschaft  und  fliehen  die  Einsamkeit  als 
eine  Last.  Und  sie  kämpfen  nicht,  um  das  Uner- 
reichte zu  erreichen,  das  Unerrungene  zu  erringen, 


163  — .  u 


T  167  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

das  Unverwirklichte  zu  verwirklichen.  Das,  ihr 
Mönche,  ist  der  Vierte  Umstand. 

Ferner,  ihr  Mönche,  ist  da  die  Jüngerschaft  ge- 
spahen.  Ist  aber  die  Jüngerschaft  gespalten,  so  ver- 
leumdet einer  den  anderen,  beschimpft  einer  den 
anderen,  umgeht  einer  den  anderen,  verjagt  einer  den 
anderen.  Wer  da  kein  Vertrauen  besitzt,  erlangt  es 
nicht;  bei  einigen  unter  den  Vertrauensvollen  aber  tritt 
eine  Wandlung  ein.  Das,  ihr  Mönche,  ist  der  fünfte 
Umstand. 

Diese  fünf  Umstände,  ihr  Mönche,  führen  zum 
Zerfall  und  Untergange  des  Guten  Gesetzes.  — 

157  Unangebrachte  Gespräche 

Verkehrt  ist  es,  ihr  Mönche,  zu  fünf  Menschen 
zu  sprechen  mit  Anspielung  auf  ihre  Person. 

Verkehrt  ist  es,  ihr  Mönche,  einem  Vertrauens- 
losen von  Vertrauen  zu  sprechen,  einem  Sittenlosen 
Von  Sittlichkeit,  einem  Unwissenden  von  großem  Wis- 
sen, einem  Geizigen  von  Freigebigkeit  und  einem 
Toren  von  Einsicht.     Und  warum? 

Spricht  man  da,  ihr  Mönche,  über  Vertrauen,  so 
gerät  der  Vertrauenslose  in  Wut,  wird  erregt,  gerät 
außer  sich,  ist  eigensinnig,  zeigt  Zorn,  Haß  und  Miß- 
trauen. Und  warum?  Weil  er  eben  kein  Vertrauen 
in  sich  bemerkt  und  darum  keinen  Gefallen  und  keine 
Freude  daran  hat.  Darum  ist  es  verkehrt,  einem  Ver- 
trauenslosen von  Vertrauen  zu  sprechen. 

Spricht  man  über  Sittlichkeit,  —  über  großes 
Wissen,  —  über  Freigebigkeit,  —  über  Einsicht,  so 
gerät  der  Tor  in  Wut,  wird  erregt,  gerät  außer  sich, 
ist  eigensinnig,  zeigt  Zorn,  Haß  und  Mißtrauen.    Und 

-    164  - 


FÜNFERBUCH  V  158, 169 


warum?  Weil  er  eben  keine  Einsicht  in  sich  bemerkt 
und  darum  keinen  Gefallen  und  keine  Freude  daran 
hat.  Darum  ist  es  Verkehrt,  einem  Toren  Von  Einsicht 
zu  sprechen. 

Der  Befangene  und  der  Unbefangene  158 

Mit  fünf  Eigenschaften  behaftet,  ihr  Mönche,  fühlt 
sich  der  Mönch  befangen:  mit  welchen  fünf?  Er  ist 
vertrauenslos,  sittenlos,  unwissend,  träge  und  unver- 
ständig. — 

Mit  fünf  Eigenschaften  aber  ausgerüstet,  ihr 
Mönche,  fühlt  sich  der  Mönch  unbefangen:  mit  welchen 
fünf?  Er  besitzt  Vertrauen,  Sittlichkeit,  großes  Wissen, 
Willenskraft  und  Einsicht.  — 

Die  Darlegungsweise  des  Gesetzes  159 

Einst  weilte  der  Erhabene  bei  Kosambi  im  Gho- 
sitakloster.  Zu  jener  Zeit  aber  saß  der  ehrwürdige 
Udäyl  inmitten  einer  großen  Versammlung  von  Haus- 
leuten und  legte  ihnen  das  Gesetz  dar.  Der  ehrwür- 
dige Änando  bemerkte  es;  und  es  bemerkend  begab 
er  sich  zum  Erhabenen  und  teilte  es  ihm  mit. 

[Der  Erhabene:]  »Nicht  leicht,  wahrlich,  ist  es, 
Änando,  anderen  das  Gesetz  darzulegen.  Wer  anderen 
das  Gesetz  darlegt,  sollte  sich  dabei  fünf  Dinge  im 
Geiste  gewärtig  halten:  welche  fünf? 

>Er  sollte  bei  Darlegung  des  Gesetzes  darauf  be- 
dacht sein,  eine  stufenweise  Darlegung  zu  geben  («), 


(a)  d.  h  er  sollte  daran  denken,  zuerst  vom  Almosengeben 
zu  sprechen,  dann  von  den  Sittengeboten  usw.  und  nicht  etwa 
gleich  zu  Anfang  von  den  letzten  Zielen  der  Lehre,  denn  das  möchte 
zu  rein  theoretischem  Wissen  führen,  dem  jede  wirkliche  moralische 
Grundlage  fehlt. 

—  165  - 


Y  160  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


eine  begründete  Darlegung  zu  geben  (a),  aus  Mitleid 
das  Gesetz  darzulegen,  nicht  zu  irgend  einem  welt- 
lichen Vorteile  und  dabei  weder  auf  sich  noch  auf  die 
anderen  anzuspielen.«  — 

160  Schwer  loszuwerdende  Dinge 

Fünf  Dinge,  ihr  Mönche,  einmal  erwacht,  kann 
man  schwer  los  werden:  welche  fünf?  Gier,  Haß, 
Verblendung,  Gesprächigkeit  und  unstete  Gedanken.— 

(a)  »für  alle  (besprochenen)  Dinge  Gründe  anzugeben«  sagt 
der  Kommentar. 


-    166  — 


FÜNFERBUCH  T  161, 162 


SIEBZEHNTER  TEIL: 

Das  Kapitel  des  Grolles 

Fünf  Mittel  zur  Überwindung  des  Grolles      161 

(1) 

Es  gibt,  ihr  Mönche,  fünf  Mittel,  den  Groll  zu 
überwinden,  wodurch  der  im  Mönche  aufgestiegene 
Groll  überwunden  werden  sollte:  welche  fünf? 

Hinsichtlich  eines  Menschen,  ihr  Mönche,  gegen 
den  Groll  aufsteigen  möchte,  hat  man  Liebe  zu  er- 
wecken, —  hat  man  Mitleid  zu  erwecken,  —  hat  man 
Gleichmut  zu  erwecken;  —  oder  man  hat  ihm  keine 
Beachtung  und  Aufmerksamkeit  zu  schenken;  —  oder 
man  hat  sich  das  Gesetz  Von  der  Tatenvererbung  zu 
vergegenwärtigen,  daß  nämlich  dieser  Verehrte  Eigner 
und  Erbe  seiner  Taten  ist,  seinen  Taten  entsprossen 
und  mit  ihnen  verknüpft  ist,  sie  zur  Zuflucht  hat  und 
die  guten  und  bösen  Taten,  die  er  tut,  zum  Erbe 
haben  wird.  Auf  diese  Weise  hat  man  den  Groll  zu 
jenem  Menschen  zu  überwinden.  — 

Fünf  Mittel  zur  Überwindung  des  Grolles      162 

(2) 

Der  ehrwürdige  Sariputto  sprach: 

Es  gibt,  ihr  Brüder,  fünf  Mittel,  den  Groll  zu 
überwinden,  wodurch  der  im  Mönche  aufgestiegene 
Groll  überwunden  werden  sollte:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Brüder,  ist  ein  Mensch  Von  unlauterem 
Wandel  in  Werken  aber  von  lauterem  Wandel  in  Worten. 
Gegen  einen  solchen  Menschen  hat  man  den  Groll  zu 
überwinden. 

-  167  - 


V  162  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Da,  ihr  Brüder,  ist  ein  Mensch  von  unlauterem 
Wandel  in  Worten  aber  Von  lauterem  Wandel  in  Werken. 
Auch  gegen  einen  solchen  Menschen  hat  man  den 
Groll  zu  überwinden. 

Da,  ihr  Brüder,  ist  ein  Mensch  von  unlauterem 
Wandel  in  Werken  und  Worten,  aber  von  Zeit  zu  Zeit 
öffnet  sich  sein  Herz  (a),  erlangt  sein  Herz  Zuversicht. 
Auch  gegen  einen  solchen  Menschen  hat  man  den 
Groll  zu  überwinden. 

Da,  ihr  Brüder,  ist  ein  Mensch  von  unlauterem 
Wandel  in  Werken  und  Worten,  und  nicht  öffnet  sich 
von  Zeit  zu  Zeit  sein  Herz  und  erlangt  Zuversicht. 
Auch  gegen  einen  solchen  Menschen  hat  man  den 
Groll  zu  überwinden. 

Da,  ihr  Brüder,  ist  ein  Mensch  Von  lauterem  Wandel 
in  Werken  und  Worten,  und  von  Zeit  zu  Zeit  öffnet 
sich  sein  Herz  und  erlangt  Zuversicht.  Auch  gegen 
einen  solchen  Menschen  hat  man  den  Groll  zu  über- 
winden. 

Wie  aber,  ihr  Brüder,  hat  man  den  Groll  gegen 
solche  Menschen  zu  überwinden? 

Gleichwie  etwa,  ihr  Brüder,  wenn  ein  in  Fetzen- 
gewänder sich  kleidender  Mönch  auf  der  Straße  einen 
Fetzen  erblickt,  denselben  mit  dem  linken  Fuße  fest- 
hält und  mit  dem  rechten  ausbreitet  und,  was  es  daran 
an  festem  Stoffe  gibt,  abschneidet  und  mitnimmt:  ebenso 
auch,  ihr  Brüder,  hat  man  bei  einem  Menschen  von 
unlauterem  Wandel  in  Werken  aber  lauterem  Wandel 
in  Worten  bei  jener  Gelegenheit  nicht  etwa  seine  Un- 
lauterkeit in  Werken   zu  erwägen,  wohl   aber  seine 

(a)  d.  h.  er  gewinnt  die  durch  die  Sammlung  bedingte  Ge- 
mütsruhe und  Hell  blick  (vipässanä). 

—   168  — 


FUNFERBUCH  T  162 


Lauterkeit  in  Worten.  Auf  diese  Weise  hat  man  den 
Groll  ^egen  jenen  Menschen  zu  überwinden. 

Gesetzt,  ihr  Brüder,  es  befände  sich  da  ein  mit 
Moos  und  Wasserpflanzen  bedeckter  Teich.  Und  ein 
Mann,  glühend  vor  Hitze,  von  der  Hitze  überwältigt, 
ermattet,  zitternd.  Von  Durst  gequält,  käme  des  Weges 
daher.  Und  er  stiege  zu  jenem  Teiche  hinab,  entfernte 
mit  beiden  Händen  hier  und  da  das  Moos  und  die 
Wasserpflanzen,  tränke  darauf  aus  seiner  Hand  und 
ginge  alsdann  seines  Weges  weiter.  Ebenso  auch,  ihr 
Brüder,  hat  man  bei  einem  Menschen  von  unlauterem 
Wandel  in  Worten  aber  lauterem  Wandel  in  Werken 
bei  jener  Gelegenheit  nicht  etwa  seine  Unlauterkeit 
in  Worten  zu  erwägen,  wohl  aber  seine  Lauterkeit  in 
Werken.  Auf  diese  Weise  hat  man  den  Groll  gegen 
jenen  Menschen  zu  überwinden. 

Gesetzt,  ihr  Brüder,  es  befände  sich  da  ein  wenig 
Wasser  in  den  Fußtapfen  eines  Rindes.  Und  ein  Mann, 
glühend  vor  Hitze,  von  der  Hitze  überwältigt,  ermattet, 
zitternd,  von  Durst  gequält,  käme  des  Weges  daher. 
Der  dächte:  »Wenn  ich  dieses  wenige  in  dem  Rinder- 
fußtapfen befindliche  Wasser  Vermittels  der  Hand  oder 
einem  Gefäß  trinken  möchte,  so  würde  ich  es  auf- 
stören, aufwühlen  und  ungenießbar  machen.  So  will 
ich  mich  denn  auf  allen  Vieren  niederlassen  und  wie 
eine  Kuh  das  Wasser  schlürfen  und  dann  meines  Weges 
weiterziehen.«  Und  er  täte  so.  Ebenso  auch,  ihr  Brüder, 
hat  man  bei  einem  Menschen  von  unlauterem  Wandel 
in  Werken  und  Worten,  dessen  Herz  von  Zeit  zu  Zeit 
sich  öffnet  und  Zuversicht  erlangt,  bei  jener  Gelegenheit 
nicht  etwa  seine  Unlauterkeit  in  Werken  und  Worten 
zu  erwägen;  wohl  aber  soll  man  daran  denken,  daß 


—   169 


T162  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

sein  Herz  von  Zeit  zu  Zeit  sich  öffnet  und  Zuversicht 
erlangt.  Auf  diese  Weise  hat  man  den  Groll  gegen 
jenen  Menschen  zu  überwinden. 

Gesetzt,  ihr  Brüder,  ein  siecher,  leidender,  schwer 
kranker  Mann  wanderte  eine  lange  Straße  entlang.  So- 
wohl das  Dorf  hinter  ihm  als  auch  das  Dorf  vor  ihm 
lägen  in  weiter  Ferne.  Und  er  fände  keine  passenden 
Speisen  und  Heilmittel,  keinen  passenden  Pfleger  und 
keinen,  der  ihm  den  Weg  wiese.  Ein  Mann  aber,  der 
des  Weges  daherzöge,  erblickte  ihn.  Und  er  empfände 
mit  ihm  Mitleid,  Liebe  und  Wohlwollen  und  dächte: 
»Ach,  daß  doch  dieser  Mann  passende  Speisen  und 
Heilmittel  fände  sowie  einen  passenden  Pfleger  und 
einen,  der  ihm  den  Weg  weist,  damit  er  nicht  um- 
kommt!<  Ebenso  auch,  ihr  Brüder,  hat  man  gegen 
einen  Menschen  von  unlauterem  Wandel  in  Werken 
und  Worten,  dessen  Herz  sich  nicht  von  Zeit  zu  Zeit 
öffnet  und  Zuversicht  erlangt,  Mitleid,  Liebe  und  Barm- 
herzigkeit zu  empfinden  und  zu  denken:  »Ach,  daß 
doch  dieser  Verehrte  seinen  schlechten  Wandel  in 
Werken  und  Worten  aufgäbe  und  einen  guten  Wandel 
in  Werken  und  Worten  pflegte,  damit  er  beim  Zerfalle 
des  Leibes,  nach  dem  Tode,  nicht  auf  den  Abweg  gerät, 
auf  eine  Leidensfährte,  in  Verstoßene  Welt,  zur  Hölle!« 
Auf  diese  Weise  hat  man  den  Groll  gegen  jenen  Menschen 
zu  überwinden. 

Gesetzt,  ihr  Brüder,  es  befände  sich  da  ein  Teich,  ge- 
füllt mit  klarem,  lieblichem,  kühlem,  silberhellem  Wasser, 
mit  einem  Badestrande  Versehen,  entzückend,  von  zahl- 
reichen Bäumen  umgeben.  Und  ein  Mann,  glühend 
vor  Hitze,  von  der  Hitze  überwältigt,  ermattet,  zitternd, 
von  Durst  gequält,  käme  des  Weges  daher.    Und  er 

—  170  — 


FÜNFERBUCH  V  165, 166 


stiege  in  jenen  Teich,  badete  sich  und  tränke  Von  dem 
Wasser.  Darauf  stieg  er  wieder  heraus  und  setzte 
oder  legte  sich  dortselbst  im  Schatten  der  Bäume 
nieder.  Ebenso  auch,  ihr  Brüder,  hat  man  bei  einem 
Menschen  von  lauterem  Wandel  in  Werken  und  Worten, 
dessen  Herz  sich  von  Zeit  zu  Zeit  öffnet  und  Zuversicht 
erlangt,  bei  jener  Gelegenheit  seinen  lauteren  Wandel 
in  Werken  und  Worten  zu  erwägen  und  daran  zu  denken, 
daß  sein  Herz  Von  Zeit  zu  Zeit  sich  öffnet  und  Zu- 
versicht erlangt.  Auf  diese  Weise  hat  man  den  Groll 
gegen  jenen  Menschen  zu  überwinden. 

Bei  einem  in  allen  Dingen  Zutrauen  erweckenden 
Menschen,  ihr  Brüder,  empfindet  das  Herz  Zuversicht. 

Die  Gründe  des  Fraj^estellens  165 

Der  ehrwürdige  Säriputto  sprach: 

Wer  auch  immer,  ihr  Brüder,  einem  anderen 
eine  Frage  stellt,  tut  es  immer  aus  fünf  Gründen  oder 
aus  einem  derselben:  aus  welchen  fünf  Gründen? 

Aus  Dummheit  und  Torheit,  aus  üblem  Wunsche 
und  Begehren,  aus  Verachtung,  aus  Wißbegierde  oder 
in  dem  Gedanken:  »Wenn  jener  die  von  mir  gestellte 
Frage  richtig  beantwortet,  so  ist's  gut;  wenn  rieht, 
so  werde  ich  ihm  dieselbe  richtig  beantworten.«  Ich, 
ihr  Brüder,  stelle  einem  anderen  eine  Frage  in  dem 
Gedanken:  »Wenn  jener  die  von  mir  gestellte  Frage 
richtig  beantwortet,  so  ist's  gut;  wenn  nicht,  so  werde 
ich  ihm  dieselbe  richtig  beantworten.« 

UdäyT  widerspricht  Säriputto  i66 

Der  ehrwürdige  Säriputto  sprach: 
»Wohl  ist  es  möglich,  ihr  Brüder,  daß  da  ein  in 
Sittlichkeit,    Sammlung    und    Einsicht    vollkommener 

—  171   — 


T166  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Mönch  die  »Aufhebung  von  Wahrnehmung  und  Ge- 
fühl« («)  erreicht  und  sich  wieder  daraus  erhebt.  Wenn 
nun  dieser  nicht  schon  bei  Lebzeiten  das  Höchste 
Wissen  erreicht,  so  mag  er,  jenseits  der  Gemeinschaft 
der  von  grobstofflicher  Nahrung  lebenden  Himmels- 
wesen (/?),  in  einer  geistigen  Welt  wiedererscheinend  (y), 
auch  dort  in  die  Aufhebung  von  Wahrnehmung  und 
Gefühl  eintreten  und  sich  wieder  daraus  erheben. 
Das  ist  wohl  möglich.« 

Auf  diese  Worte  sprach  der  ehrwürdige  Udäyi 
zum  ehrwürdigen  Säriputto: 

»Unmöglich  ist  es,  Bruder  Säriputto,  kann  nicht 
sein,  daß  jener  Mönch,  der,  jenseits  der  Gemeinschaft 
den  von  grobstofflicher  Nahrung  lebenden  Himmels- 
wesen, in  einer  geistigen  Welt  wiedererscheint,  dort 
in  die  Aufhebung  von  Wahrnehmung  und  Gefühl  ein- 
tritt und  sich  wieder  daraus  erhebt.« 

Und  zum  zweitenmale  und  drittenmale  tat  der 
ehrwürdige  Säriputto  seinen  Ausspruch.  Und  zum 
zweitenmale  und  drittenmale  widersprach  ihm  der  ehr- 
würdige UdäyT. 

Da  dachte  der  ehrwürdige  Säriputto:  »Wahrlich, 
gar  dreimal  widerspricht  mir  der  ehrwürdige  Udäyi, 

(a)    sanfiä-vedäyita-nirödha    oder    nirödha-samäpätti. 

iß)  d.  i.  der  der  sinnlichen  Sphäre  (kämävacara)  angehörenden 
Himmelswesen. 

(y)  d.  i.  in  den  der  (von  Sinnlichkeit  freien)  reinen  Formsphäre 
(rupävacara)  angehörenden  sog.  »Reinen  Gefilden«  (suddhäväsa), 
die  nur  dem  von  den  ersten  fünf  Fesseln  Befreiten,  dem  Niewieder- 
kehrenden (anägämi),  zugänglich  sind,  und  zwar  unter  der  Vor- 
aussetzung, daß  er  die  Vertiefungen  (jhäna)  gewonnen  hat.  »In 
einem  durch  die  Vertiefungen  gewirkten  reinen  Gefilde  der  Brahma- 
welt« sagt  der  Kommentar. 

—   172  - 


FÜNFERBUCH  V 166 


und  keiner  der  Mönche  stimmt  mir  bei.  So  will  ich 
denn  zum  Erhabenen  gehen.«  Und  der  ehrwürdige 
Säriputto  begab  sich  zum  Erhabenen,  begrüßte  ihn 
ehrfurchtsvoll  und  setzte  sich  zur  Seite  nieder.  Zur 
Seite  aber  sitzend  wandte  sich  der  ehrwürdige  Säri- 
putto an  die  Mönche  und  tat  den  früheren  Ausspruch. 
Und  wiederum  widersprach  ihm  dreimal  der  ehr- 
würdige Udäyi. 

Da  dachte  der  ehrwürdige  Säriputto:  »Selbst  im 
Beisein  des  Erhabenen  widerspricht  mir  dreimal  der 
ehrwürdige  Udäyl,  und  keiner  der  Mönche  stimmt  mir 
bei.  So  will  ich  denn  schweigen.«  Und  der  ehr- 
würdige Säriputto  schwieg. 

Da  aber  wandte  sich  der  Erhabene  an  den  ehr- 
würdigen Udäyi  und  sprach: 

»An  welche  geistige  Welt  denkst  du  da,  Udäyi?« 

»An  die  formlosen,  durch  Wahrnehmung  gezeugten 
Himmelswesen,  o  Ehrwürdiger.«  («) 

»Was  willst  du  mit  deinen  Reden,  du  Tor,  du 
unwissender  Mensch!  Du  glaubst  wohl  auch  etwas 
sagen  zu  müssen?« 

Und  der  Erhabene  wandte  sich  an  den  ehrwür- 
digen Änando  und  sprach:        _ 

>Wenn  ein  älterer  Mönch,  Anando,  beleidigt  Wird, 
dürft  ihr  da  wohl  gleichgültig  bleiben?  Solltet  ihr  denn 
da  kein  Mitleid  mit  ihm  haben?« 

Und  zu  den  Mönchen  gewandt  sprach  er: 

>Wohl  ist  es  möglich,  ihr  Brüder,  daß  da  ein  in 


(a)  Udäyi  meint  nämlich,  daß  die  geistgezeugte  Welt  (wörtl. 
Körper,  Aggregat)  sich  in  der  sog.  Formlosen  Sphäre  (arüpä- 
vacara)  beiinde. 

-   173  — 


T  16ß  DIE  t^EDEN  DES  BUDDHA 

Sittlichkeit,  Sammlung  und  Einsicht  vollkommener 
Mönch  die  »Aufhebung  von  Wahrnehmung  und  Gefühl« 
erreicht  und  sich  wieder  daraus  erhebt.  Wenn  nun 
dieser  nicht  schon  bei  Lebzeiten  das  Höchste  Wissen 
erreicht,  so  mag  er,  jenseits  der  Gemeinschaft  der  Von 
grobstofflicher  Nahrung  lebenden  Himmelswesen,  in 
einer  geistigen  Welt  wiedererscheinend,  auch  dort  in 
die  Aufhebung  von  Wahrnehmung  und  Gefühl  eintreten 
und  sich  wieder  daraus  erheben.  Das  ist  wohl  möglich.« 

Das  sprach  der  Erhabene  und  nach  diesen  Worten 
erhob  er  sich  von  seinem  Sitze  und  begab  sich  in 
seine  Zelle. 

Nicht  lange  aber  nachdem  der  Erhabene  gegangen 
war,  trat  der  ehrwürdige  Änando  zum  ehrwürdigen 
Upaväno  und  sprach: 

>Hier,  Bruder  Upaväno,  beleidigen  die  anderen 
die  älteren  Mönche:  jene  will  ich  nicht  angeben.  Es 
Wäre  nicht  zu  Verwundern,  wenn  der  Erhabene,  nach- 
dem er  gegen  Abend  aus  seiner  Abgeschiedenheit 
herausgetreten  ist,  sich  hierüber  äußern  möchte.  Möchte 
dann  dem  verehrten  Upaväno  eine  Erwiderung  einfallen. 
Wir  sind  da  eben  in  Ungewißheit  geraten.« 

Nachdem  nun  der  Erhabene  gegen  Abend  aus 
seiner  Abgeschiedenheit  herausgetreten  war,  begab  er 
sich  zur  Empfangshalle,  setzte  sich  dort  auf  dem  an- 
gewiesenen Sitze  nieder  und  sprach  alsdann  zum  ehr- 
würdigen Upaväno: 

»Mit  wievielen  Eigenschaften  ausgestattet,  Upa- 
väno, wird  der  ältere  Mönch  von  seinen  Ordensbrüdern 
geliebt,  geschätzt,  geachtet  und  geehri?« 

»Mit  fünf  Eigenschaften,  o  Ehrwürdiger.  Da,  o 
Ehrwürdiger,  eignet  dem  älteren  Mönche  Sittlichkeit. 

—   174  — 


FÜNFERBUCH  V 167 


Es  eignet  ihm  ein  großes  Wissen,  es  eignet  ihm  edle 
Rede.  Der  vier  Vertiefungen,  der  geisterhebenden, 
gegenwärtig  beglückenden,  wird  er  nach  Wunsch,  ohne 
Mühe  und  Anstrengung,  teilhaftig.  Durch  Versiegung 
der  Leidenschaften  hat  er  schon  bei  Lebzeiten  die 
leidenschaftslose  Gemütserlösung  und  Wissenserlösung 
selber  erkannt,  verwirklicht,  und  sich  zu  eigen  gemacht. 
Mit  diesen  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  o  Ehrwür- 
diger, wird  der  ältere  Mönch  von  seinen  Ordensbrüdern 
gehebt,  geschätzt,  geachtet  und  geehrt.« 

>Recht  so,  recht  so,  Upaväno!  Mit  diesen  fünf 
Eigenschaften  ausgestattet,  Upaväno,  wird  der  ältere 
Mönch  von  seinen  Ordensbrüdern  geliebt,  geschätzt, 
geachtet  und  geehrt.  Sind  nämlich,  Upaväno,  bei  dem 
älteren  Mönche  diese  fünf  Eigenschaften  nicht  anzu- 
treffen, aus  welchem  Grunde  sollten  ihn  dann  wohl 
seine  Ordensbrüder  lieben,  schätzen,  achten  und  ehren? 
Etwa  weil  er  gebrochen,  ergraut  und  seine  Haut  voller 
Falten  ist?  Wahrlich,  Upaväno,  wenn  bei  dem  älteren 
Mönche  diese  fünf  Eigenschaften  anzutreffen  sind,  so 
lieben,  schätzen,  achten  und  ehren  ihn  seine  Ordens- 
brüder.< 

Tadeln  und  getadelt  werden  167 

Der  ehrwürdige  Säriputto  sprach: 

Der  tadelnde  Mönch,  ihr  Brüder,  hat,  wenn  er 
einen  anderen  tadeln  will,  sich  dabei  fünf  Dinge  ge- 
wärtig zu  halten:  welche  fünf? 

»Er  spreche  zur  rechten  Zeit  (a),  nicht  zur  Unzeit. 

(a)  „d.  h.  nicht  inmitten  einer  versammelten  Menge  oder  in  dem 
Upö^aiha-  (s.  Nyanatiloka,  Zweierbuch,  Anm.  60)  oder  Pavärana- 
(I.  c.  Anm.  61)  Gebäude,  der  Schlaf-  oder  Speisehalle  usw.;  sondern 
während   der  andere  in  seinem  täglichen  Aufenthaltsorie  sitzt,  soll 

—   175  — 


1 16t  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Er  spreche  den  Tatsachen  entsprechend,  nicht  unwahr. 
Er  spreche  sanft,  nicht  roh.  Er  spreche  zweckmäßig, 
nicht  zwecl<ios.  Er  spreche  in  liebevoller  Gesinnung, 
nicht  aus  innerer  Bosheit.  — 

»Da,  ihr  Brüder,  sehe  ich  den  Menschen,  der 
erregt  wird,  wenn  er  zur  Unzeit  getadelt  wird  und 
nicht  zur  rechten  Zeit,  wenn  er  unwahr  getadelt  wird 
und  nicht  den  Tatsachen  entsprechend,  wenn  er  roh 
getadelt  wird  und  nicht  sanft,  wenn  er  zwecklos  ge- 
tadelt wird  und  nicht  zweckmäßig,  wenn  er  aus  innerer 
Bosheit  getadelt  wird  und  nichtaus  liebevoller  Gesinnung. 

»In  dem  ungesetzlich  getadelten  Mönche,  ihr  Brüder, 
hat  man  in  fünffacher  Weise  das  Gefühl  der  Unschuld 
zu  wecken,  nämlich:  »Zur  Unzeit  wurde  der  Verehrte 
getadelt,  nicht  zur  rechten  Zeit,  unwahr  getadelt  und 
nicht  den  Tatsachen  entsprechend,  roh  getadelt  und 
nicht  sanft,  zwecklos  getadeU  und  nicht  zweckmäßig, 
aus  innerer  Bosheit  getadelt  und  nicht  in  liebevoller 
Gesinnung;  recht  ist  es,  wenn  du  dich  unschuldig 
fühlst.«  — 

»In  dem  ungesetzlich  tadelnden  Mönche,  ihr  Brüder, 
hat  man  in  fünffacher  Weise  das  Gefühl  der  Reue  zu 
wecken,  nämlich:  »Zur  Unzeit  hast  du  getadelt  und 
nicht  zur  rechten  Zeit;  unwahr  hast  du  getadelt  und 
nicht  den  Tatsachen  entsprechend;  zwecklos  hast  du 
getadelt  und  nicht  zweckmäßig;  aus  innerer  Bosheit 
hast  du  getadelt  und  nicht  in  liebevoller  Gesinnung; 
recht  ist  es,  wenn  du  Reue  empfindest.«  In  dem  un- 
gesetzlich tadelnden  Mönche,  ihr  Brüder,  hat  man  in 

man,  bevor  man  ihn  ermahnt,  erst  um  die  Erlaubnis  bitten,  etwa: 
»Möge  mir  der  Verehrte  gestatten!  Ich  möchte  mit  dem  Verehrten 
sprechen«"  usw.     (Komm.) 

—   176  — 


FUNFERBUCH  T 167 


dieser  fünffachen  Weise  die  Reue  zu  wecken.  Und 
warum?  Damit  es  nicht  auch  einem  anderen  Mönche 
einfalle,  unwahr  zu  tadeln.« 

>Da,  ihr  Brüder,  sehe  ich  den  Menschen,  der 
erregt  wird,  selbst  wenn  er  zur  rechten  Zeit  getadelt 
wird  und  nicht  zur  Unzeit,  den  Tatsachen  entsprechend 
getadelt  wird  und  nicht  unwahr,  sanft  getadelt  Wird 
und  nicht  roh,  zweckmäßig  getadelt  wird  und  nicht 
zwecklos,  in  liebevoller  Gesinnung  getadelt  wird  und 
nicht  aus  innerer  Bosheit.« 

»In  dem  gesetzlich  getadelten  Mönche,  ihr  Brüder, 
hat  man  in  fünffacher  Weise  das  Gefühl  der  Reue  zu 
wecken,  nämlich:  »Zur  rechten  Zeit  wurde  der  Ver- 
ehrte getadelt  und  nicht  zur  Unzeit,  den  Tatsachen 
entsprechend  getadelt  und  nicht  unwahr,  sanft  getadelt 
und  nicht  roh,  zweckmäßig  getadt;lt  und  nicht  zwecklos, 
in  liebevoller  Gesinnung  getadejt  und  nicht  aus  innerer 
Bosheit;  recht  ist  es,  wenn  du  Reue  empfindest.«  In 
dem  gesetzlich  getadelten  Mönche,  ihr  Brüder,  hat 
man  in  dieser  fünffachen  Weise  das  Gefühl  der  Reue 
zu  wecken.« 

»In  dem  gesetzlich  tadelnden  Mönche,  ihr  Brüder, 
hat  man  in  fünffacher  Weise  das  Gefühl  der  Unschuld  zu 
wecken,  nämlich ;  »Zur  rechten  Zeit  hat  der  Verehrte  ge- 
tadelt und  nicht  zur  Unzeit,  den  Tatsachen  entsprechend 
und  nicht  unwahr,  sanft  und  nicht  roh,  zweckmäßig  und 
nicht  zwecklos,  in  liebevoller  Gesinnung  und  nicht  aus 
innerer  Bosheit;  recht  ist  es,  wenn  du  dich  unschuldig 
fühlst.«  In  dem  gesetzlich  tadelnden  Mönche,  ihr  Brüder, 
hat  man  in  dieser  fünffachen  Weise  das  Gefühl  der  Un- 
schuld zu  erwecken.     Und  warum?    Damit  auch  die 

Die  Reden  des  Buddha.    Bd.  H      — ^177     —  ^2 


T  167  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

anderen  Mönche  daran  denken  möchten,  den  Tatsachen 
entsprechend  zu  tadeln.« 

»Der  Getadelte,  ihr  Brüder,  sollte  in  zwei  Dingen 
fest  bleiben:  in  der  Wahrheit  und  in  der  Unerregbarkeit. 
Sollten  mich,  ihr  Brüder,  die  anderen  auch  zur  Unzeit 
tadeln  und  nicht  zur  rechten  Zeit,  unwahr  tadeln  und 
nicht  den  Tatsachen  entsprechend,  roh  tadeln  und  nicht 
sanft,  zwecklos  tadeln  und  nicht  zweckmäßig,  aus  innerer 
Bosheit  tadeln  und  nicht  in  liebevoller  Gesinnung,  so 
möchte  auch  ich  in  eben  diesen  beiden  Dingen  fest 
bleiben:  in  der  Wahrheit  und  der  Unerregbarkeit.  Wenn 
ich  eben  einsehe,  daß  diese  oder  jene  Sache  bei  mir 
zutrifft,  dann  sage  ich:  ,Es  ist  so;  diese  Sache  trifft 
bei  mir  zu'.  Erkenne  ich  aber,  daß  diese  oder  jene 
Sache  bei  mir  nicht  zutrifft,  dann  sage  ich:  ,Es  ist 
nicht  so;  diese  Sache  trifft  bei  mir  nicht  zu'.« 

.  [Der  Erhabene:]  »Obzwar,  Säriputto,  Von  dir  auf 
solche  Weise  angesprochen,  wollen  da  dennoch  gewisse 
Toren  keine  rechte  Belehrung  annehmen.« 

>Die  da,  o  Ehrwürdiger,  ohne  Vertrauen  sind,  die 
aus  Broterwerb  und  nicht  aus  Vertrauen  Von  Hause  in 
die  Hauslosigkeit  gezogen  sind,  Heuchler,  Gleisner, 
Betrüger,  aufgeregte,  aufgeblasene,  unstete  Schwätzer, 
Verworrene  Plapperer,  die  ihre  Sinnentore  nicht  be- 
wachen, nicht  maßhalten  beim  Mahle,  nicht  der  Wach- 
samkeit ergeben  sind,  gleichgültig  gegen  das  Asketen- 
leben, ohne  wirkliche  Achtung  vor  der  Askese,  der 
Üppigkeit  ergeben,  schlaffe  Menschen,  die  vor  allem 
die  Geselligkeit  suchen,  die  Einsamkeit  verwerfen, 
träge  sind,  ohne  Willenskraft,  unachtsam,  unklar,  ohne 
Sammlung,  zerfahrenen  Geistes,  töricht  und  stumpf- 
sinnig:   —    freilich,    solche  Menschen   werden,    von 

—   178  — 


FUNFERBUCH  '  T 169 


mir  also  angesprochen,  nicht  die  rechte  Beachtung 
schenken.  Jene  edlen  Söhne  aber,  o  Ehrvuiirdiger,  die 
voll  Vertrauen  von  Hause  in  die  Hauslosigi<eit  zogen 
und  keine  Heuchler,  Gleisner  und  Betrüger  sind,  keine 
aufgeregten,  aufgeblasenen,  unsteten  Schwätzer,  keine 
Verworrenen  Plapperer,  sondern  ihre  Sinnentore  be- 
wachen, maßhalten  beim  Mahle,  der  Wachsamkeit  er- 
geben sind.  Voll  Liebe  zum  Asketenleben,  voll  wirklicher 
Achtung  vor  der  Askese,  nicht  der  Üppigkeit  und 
Schlaffheit  Verfallen,  die  die  Abgeschiedenheit  suchen 
und  die  Gesellschaft  fliehen,  Voll  Willenskraft  sind, 
selbstentschlossen,  der  Achtsamkeit  gewärtig,  geistes- 
klar, gesammelt,  geeinten  Geistes,  einsichtig,  nicht 
stumpfsinnig:  —  solche  Menschen  aber  werden,  von 
mir  also  angesprochen,  die  rechte  Beachtung  schenken.« 
»Sei  es  um  jene  ersteren,  Säriputto!  Zu  diesen 
aber,  Säriputto,  die  Voll  Vertrauen  von  Hause  in  die 
Hauslosigkeit  zogen,  zu  diesen  edlen  Söhnen  mögest 
du  sprechen!  So  ermahne  denn,  Säriputto,  deine 
Ordensbrüder!  Belehre  sie!  Und  deine  Ordensbrüder 
Vom  Bösen  abzubringen  und  im  Guten  zu  festigen, 
das,  Säriputto,  sei  dein  Streben!« 

Durchdringender  Scharfblick  169 

Der  ehrwürdige  Änando  sprach  zum  ehrwürdigen 
Säriputto: 

»Inwiefern  Wohl,  Bruder  Säriputto,  besitzt  der 
Mönch  durchdringenden  Scharfblick  bei  den  verdienst- 
vollen Erscheinungen,  gute  Auffassung,  eignet  sich 
Viel  an  und  schwindet  ihm  das  Aufgenommene  nicht 
aus  dem  Gedächtnisse?« 

»Großes  Wissen  besitzt  ja  der  ehrwürdige  Änando. 

—   179   -  12* 


Tie9 DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Möge  dem   ehrwürdigen  Anando  selber  die  Antwort 
einfallen!« 

»So  höre  denn,  Bruder  Säriputto,  und  achte  wohl 
auf  meine  Worte!« 

»Gut,  Bruder!«  erwiderte  der  ehrwürdige  Säriputto 
dem  ehrwürdigen  Anando.  Der  ehrwürdige  Anando 
sprach: 

»Da,  Bruder  Säriputto,  ist  der  Mönch  wohl  Ver- 
traut mit  der  wahren  Bedeutung,  wohl  vertraut  mit 
dem  Gesetze  («),  wohl  vertraut  mit  der  Sprache, 
wohl  vertraut  mit  der  Darlegung,  wohl  vertraut  mit 
dem  Früheren  und  Späteren  (ß).  Insofern,  Bruder 
Säriputto,  besitzt  der  Mönch  durchdringenden  Scharf- 
blick bei  den  verdienstvollen  Erscheinungen,  gute  Auf- 
fassung, eignet  sich  Viel  an  und  schwindet  ihm  das 
Aufgenommene  nicht  aus  dem  Gedächtnisse.« 

>Wunderbar  ist  es,  Bruder  Anando;  erstaunlich 
ist  es,  Bruder  Anando,  wie  da  der  ehrwürdige  Anando 
so  treffend  geantwortet  hat.  Als  mit  diesen  fünf  Eigen- 
schaften aber  ausgestattet,  wollen  wir  des  ehrwürdigen 
Anando  gedenken!  Denn  *der  ehrwürdige  Anando  ist 
wohl  vertraut  mit  der  wahren  Bedeutung,  wohl  Vertraut 
mit  dem  Gesetze,  wohl  vertraut  mit  der  Sprache,  wohl 
Vertraut  mit  der  Darlegung  und  v^ohl  Vertraut  mit  dem 
Früheren  und  Späteren.« 

(a)  Nach  dem  Kommentar  zn  dieser  Stelle  ist  unter  dem  ersten 
»Analytischen  Wissen«  (Auslegung)  der  Kommentar,  und  unter  dem 
zweiten  (Gesetz)  der  kanonische  Text  (Päli)  zu  verstehen. 

(ß)  In  tünferlei  Hinsicht,  sagt  der  Kommentar,  nämlich:  betreffs 
des  Kommentares,  des  Textes,  der  Worte,  der  'Buchstaben  und  des 
Zusammenhanges. 

—   180  - 


FÜNFERBUCH  V  170 


Die  fünf  höchsten  Dinge  170 

[Im  Ghositakloster  bei  Kosambi.] 

Der  ehrwürdige  Änando  spracli  zum  ehrwürdigen 
Bhaddaji: 

»Was  ist  wohl,  Bruder  Bhaddaji,  der  höchste  An- 
bh'ck,  was  der  höchste  Klang,  was  das  höchste  Glück, 
was  die  höchste  Wahrnehmung  und  was  das  höchste 
Dasein?« 

»Es  gibt  da,  o  Bruder,  jenen  Brahma,  den  Herrscher, 
den  Unbeherrschten,  Allwissenden,  Allmächtigen.  Wer 
jenen  Brahma  schaut,  der  genießt  den  höchsten  Anblick. 

»Es  gibt  da,  o  Bruder,  jene  strahlenden  Himmels- 
wesen, die  ganz  und  gar  vom  Glücke  durchdrungen 
sind.  Dann  und  wann  stoßen  jene  den  Freudenruf 
aus:  »O,  welches  Glück!  O,  welches  Glück!«  Wer 
jenen  Klang  vernimmt,  der  vernimmt  den  höchsten 
Klang. 

»Es  gibt  da,  o  Bruder,  jene  helleuchtenden  Himmels- 
wesen. Jene  Zufriedenen  empfinden  stets  ein  Glück 
des  Friedens.     Das  ist  das  höchste  Glück. 

»Es  gibt  da,  o  Bruder,  jene  in  dem  Nichtdaseins- 
gebiete  wiedergeborenen  Himmelswesen.  Das  ist  die 
höchste  Wahrnehmung. 

»Es  gibt  da,  o  Bruder,  jene  in  dem  Gebiete  der 
Weder- Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung  wieder-    - 
geborenen  Himmelswesen.    Das  ist  das  höchste  Da- 
sein.« 

»Ja,  hierin  stimmt  der  ehrwürdige  Bhaddaji  mit 
der  großen  Menge  überein.« 

»Freilich,  der  ehrwürdige  Änando  besitzt  ein  großes 
Wissen.  Möge  denn  dem  ehrwürdigen  Änando  eine 
Erklärung  einfallen!« 


181   — 


T170  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


»So  höre  denn,  Bruder  Bhaddaji,  und  achte  wohl 
auf  meine  Worte!« 

»Gut,  Bruder«,  erwiderte  der  ehrwürdige  Bhaddaji 
dem  ehrwürdigen  Änando.  Der  ehrwürdige  Anando 
sprach: 

»Jene  Sehempfindung,  o  Bruder,  auf  die  unmittel- 
bar die  Versiegung  der  Leidenschaften  erfolgt,  das  ist 
der  höchste  Anblick.  Jene  Hörempfindung,  auf  die 
unmittelbar  die  Versiegung  der  Leidenschaften  erfolgt, 
das  ist  der  höchste  Klang.  Jene  Glücksempfindung, 
auf  die  unmittelbar  die  Versiegung  der  Leidenschaften 
erfolgt,  das  ist  das  höchste  Glück.  Jene  Wahrnehmung, 
auf  die  unmittelbar  die  Versiegung  der  Leidenschaften 
erfolgt,  das  ist  die  höchste  Wahrnehmung.  Jener  Da- 
seinsmoment, auf  den  unmittelbar  die  Versiegung  der 
Leidenschaften  erfolgt,  das  ist  das  höchste  Dasein.« 


—   182  — 


FÜNFERBUCH  V  171-173,  174 


ACHTZEHNTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Anhänger 

Der  Befangene  und  der  Unbefangene         m-m 

Mit  fünf  Eigenschaften  behaftet,  ihr  Mönche,  fühlt 
sich  der  Anhänger  befangen:  mit  weichen  fünf?  Er 
tötet,  stiehlt,  begeht  geschlechtliche  Ausschreitungen, 
lügt  und  genießt  berauschende  Getränke.  — 

Mit  folgenden  fünf  Eigenschaften  aber  ausge- 
stattet, ihr  Mönche,  ist  der  Anhänger  unbefangen: 
mit  welchen  fünf?  Er  meidet  das  Töten,  Stehlen,  ge- 
schlechtliche Ausschreitungen,  Lügen  und  den  Genuß 
berauschender  Getränke.  Mit  diesen  fünf  Eigenschaften 
ausgestattet,  ihr  Mönche,  ist  der  Anhänger  unbefangen, 
—  lebt  voll  Unbefangenheit  im  Hause,  —  gelangt 
seinen  Werken  entsprechend  zum  Himmel. 

Die  fünf  schrecklichen  Übel  174 

Der  Erhabene  sprach  zu  Anathapindiko  dem 
Hausvater:' 

Wer,  0  Hausvater,  fünf  schreckliche  Übel  nicht 
überkommen  hat,  der  gilt  als  sittenlos  und  erscheint 
in  der  Hölle  wieder:  welche  fünf? 

Töten,  Stehlen,  geschlechtliches  Ausschreiten, 
Lügen  und  den  Genuß  berauschender  Getränke.  — 
Wer  aber,  o  Hausvater,  diese  fünf  schrecklichen  Übel 
überwunden  hat,  der  gilt  als  sittenrein  und  erscheint 
auf  glücklicher  Fährte  wieder. 

Während  der,  o  Hausvater,  der  diese  Dinge  ver- 
übt, gegenwärtiges  wie  künftiges  schreckliches  Übel 
erzeugt  und  geistigen  Schmerz  und  Trübsal  empfindet, 

—   183  — 


T  175  DIE  RFDEN  DES  BUDDHA 

SO  erzeugt,  wer  sich  dieser  Dinge  enthält,  weder 
gegenwärtiges  noch  künftiges  schreckliches  Übel,  noch 
empfindet  er  geistigen  Schmerz  und  Trübsal.  Jenes 
schreckliche  Übel  ist  eben  in  ihm  erloschen. 

Wer  Lebewesen  wehe  tut, 
Verlogen  ist  in  seinem  Wort, 
An  fremdem  Gute  sich  vergreift 
Und  seines  Nachbars  Weib  verführt, 
Dem  Branntwein-  und  dem  Weingenuß 
Voll  Eifer  hingej^eben  ibt: 

WtT  diese  Übel  nicht  verwirft, 

Der  gilt  fürwahr  als  sittenlos; 

Und  wenn  dereinst  sein  Leib  zerbricht, 

Eilt  solch  ein  Tor  zur  Hölle  hin. 

Wer  keinem  Wesen  wehe  tut, 
Kein  falsches  Wort  entschlüpfen  läßt, 
Sich  nie  an  fremdem  Out  vergreift. 
Nicht  seines  nächsten  Weib  verführt. 
Zu  Branntwein-  und  zu  Weingenuß 
Sich  niemals  hingezogen  fühlt: 

Wer  dieser  Übel  sich  enthält, 
,    Der  gilt  fürwahr  als  sittenrein; 
Und  wenn  dereinst  sein  Leib  zerbricht,^ 
Eilt  himmelwärts  der  weise  Mann. 

175  Zweierlei  Anhänger 

Der  mit  fünf  Eigenschaften  behaftete  Anhänger 
(upäsaka),  ihr  Mönche,  gilt  unter  den  Anhängern  als 
ein  ausgestoßener,  ein  Schmutzfleck,  ein  Verworfener: 
mit  Welchen  fünf  Eigenschaften? 

Er  ist  Vertrauenslos;  ist  sittenlos;  ist  vergnügungs- 
süchtig, dem  Vergnügen  hingegeben  und  nicht  der 
Arbeit;  er  sucht  außerhalb  (dieses  Ordens)  nach  den 
der  Gaben  Würdigen;  und  dort  wartet  er  vor  allem 
auf.  — 

-    184    - 


FÜNFERRUCH  T  176 


Der  mit  folgenden  fünf  Eigenschaften  aber  aus- 
gestattete Anhänger,  ihr  Mönche,  gilt  unter  den  An- 
hängern als  ein  Kleinod,  als  eine  Lilie:  mit  welchen 
fünf? 

Er  ist  voll  Vertrauen;  ist  sittenrein;  ist  nicht  Ver- 
gnügungssüchtig, sondern  der  Arbeit  hingegeben,  nicht 
dem  Vergnügen;  er  sucht  nicht  außerhalb  nach  den 
der  Gaben  Würdigen;  und  er  wartet  nicht  vor  allem 
dort  auf.  — 

Die  Freude  der  Loslösung  176 

Und  es  begab  sich  der  Hausvater  Anä'hapindiko  in 
Begleitung  von  fünfhundert  Anhängern  zum  Erhabenen. 
Dort  angelangt  begrüßte  er  ehrfurchtsvoll  den  Er- 
habenen und  setzte  sich  zur  Seite  nieder.  Als  er  sich 
aber  gesetzt  hatte,  sprach  der  Erhabene  zu  dem  Haus- 
Vater  Anäthapindiko  also: 

»Zwar  beschenkt  ihr,  o  Hausleute,  die  Mönchs- 
gemeinde mit  Gewand,  Almosenspeise,  Lagerstatt  und 
den  nötigen  Heilmitteln  und  Arzneien.  Doch  dürft 
ihr,  0  Hausleute,  euch  nicht  schon  damit  begnügen. 
Möget  ihr  denn  auch  danach  streben.  Von  Zeit  zu  Zeit 
die  Freude  der  Loslösung  (a)  euch  zu  erringen!  Das 
möge  euer  Streben  sein!« 

Auf  diese  Worte  wandte  sich  der  ehrwürdige  Säri- 
putto  an  den  Erhabenen  und  sprach: 

»Wunderbar  ist  es,  o  Ehrwürdiger,  erstaunlich  ist 
es,  0  Ehrwürdiger,  wie  da  der  Erhabene  so  treffende 
Worte  gesprochen  hat.  Zu  einer  Zeit  nämlich,  o  Ehr- 
würdiger, wo   der   edle  Jünger   im  Besitze   der  los- 

(a)  d.  i.  die  durch  die  erste  und  zweite  Vertiefung  bedingte 
Verzückung,  sagt  der  Kommentar. 

-   185  — 


T177  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

gelösten  Freude  verweilt,  zu  einer  solchen  Zeit  gibt  es 
für  ihn  keine  der  folgenden  fünf  Möglichkeiten.  Mit 
Sinnlichkeit  verbundenen  Schmerz  und  Trübsinn:  das 
gibt  es  nicht  zu  einer  solchen  Zeit.  Mit  Sinnlichkeit 
verbundene  Freude  und  Frohsinn:  auch  das  gibt  es 
nicht  zu  einer  solchen  Zeit.  Mit  Schuld  verbundenen* 
Schmerz  und  Trübsinn:  auch  das  gibt  es  nicht  zu 
einer  solchen  Zeit.  Mit  Schuld  Verbundene  Freude 
und  Frohsinn:  auch  das  gibt  es  nicht  zu  einer  solchen 
Zeit.  Mit  Verdienst  Verbundenen  Schmerz  und  Trüb- 
sinn: auch  das  gibt  es  nicht  zu  einer  solchen  Zeit.  Zu 
einer  Zeit  eben,-  o  Ehrwürdiger,  wo  der  edle  Jünger 
im  Besitze  der  losgelösten  Freude  verweilt,  zu  einer 
solchen  Zeit  gibt  es  für  ihn  keine  dieser  fünf  Mög- 
lichkeiten.« 

»Recht  so,  recht  so,  Säriputto!  Zu  einer  Zeit, 
Säriputto,  wo  der  edle  Jünger  im  Besitze  der  los- 
gelösten Freude  Verweilt,  zu  einer  solchen  Zeit  gibt 
es  für  ihn  keine  dieser  fünf  Möglichkeiten.« 

177  Die  fünf  verwerflichen  Berufe 

Folgende  fünf  Arten  des  Handels,  ihr  Mönche, 
sollte  der  Anhänger  nicht  ausüben:  welche  fünf? 

Handel  mit  Waffen,  Handel  mit  Lebewesen,  Handel 
mit  Fleisch,  Handel  mit  berauschenden  Getränken  und 
Handel  mit  Giften:  diese  fünf  Arten  des  Handels,  ihr 
Mönche,  sollte  der  Anhänger  nicht  ausüben,  (a) 

(a)  ^weder  selber  soll  man  diese  Arten  des  Handels  ausüben 
noch  auch  andere  dazu  veranlassen«  (Komm.)-  Die  Enthaltsamkeit 
davon  gehört  zur  fünften  Stufe  des  Achtfachen  Pfades,  nämlich 
»rechter  Lebensweise«  (sammä-äjlva). 

-   186  - 


FÜNFERBUCH  V  178 


Der  Sittenreine  hat  nichts  zu  fürchten         178 

»Was  meint  ihr  wohl,  ihr  Mönche:  habt  ihr  wohl 
jemals  schon  gesehen  oder  gehört,  daß,  weil  einer 
Vom  Töten  absteht,  sich  des  TÖtens  enthält,  ihn  die 
Fürsten  festnehmen  und  wegen  seines  Abstehens  vom 
Töten  hinrichten,  binden  oder  verbannen  lassen  und 
mit  ihm  nach  Belieben  verfahren?« 

>Das  wohl  nicht,  o  Ehrwürdiger.« 

>Nun  gut,  ihr  Mönche;  auch  ich  habe  niemals 
solches  gesehen  oder  gehört.  Wohl  aber  nehmen, 
sobald  man  von  einem  Menschen  eine  derartige  böse 
Tat  zur  Kenntnis  bringt  und  ihn  beschuldigt,  einen 
Mann  oder  ein  Weib  des  Lebens  beraubt  zu  haben, 
ihn  die  Fürsten  fest,  und  wegen  des  Mordes  lassen 
sie  ihn  hinrichten,  binden,  verbannen  und  verfahren 
mit  ihm  nach  Belieben.  Habt  ihr  wohl  solches  schon 
gesehen  oder  gehört?« 

»Gewiß,  0  Ehrwürdiger,  haben  wir  solches  schon 
gesehen  und  gehört  und  werden  auch  noch  fernerhin 
solches  hören.« 

»Was  meint  ihr  wohl,  ihr  Mönche:  habt  ihr  wohl 
schon  jemals  gesehen  oder  gehört,  daß,  weil  einer 
vom  Stehlen  absteht,  sich  des  Stehlens  enthält,  ihn 
die  Fürsten  festnehmen  und  wegen  seines  Abstehens 
vom  Stehlen  hinrichten,  binden  oder  verbannen  lassen 
und  mit  ihm  nach  Belieben  verfahren?« 

»Das  wohl  nicht,  o  Ehrwürdiger.« 

»Nun  gut,  ihr  Mönche;  auch  ich  habe  niemals 
solches  gesehen  oder  gehört.  Wohl  aber  nehmen, 
sobald  man  Von  einem  Menschen  eine  derartige  böse 
Tat  zur  Kenntnis  bringt  und  ihn  beschuldigt,  aus  dem 
Dorf    oder  Walde    fremdes  Eigentum    in    diebischer 


187  — 


V  178  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Absicht  weggenommen  zu  haben,  ihn  die  Fürsten  fest, 
und  wegen  des  Diebstahles  lassen  sie  ihn  hinrichten, 
binden,  verbannen  und  veifahren  mit  ihm  nach  Be- 
lieben. Habt  ihr  wohl  solches  schon  gesehen  oder 
gehört?« 

»Gewiß,  0  Ehrwürdiger,  haben  wir  solches  schon 
gesehen  und  gehört  und  werden  auch  noch  fernerhin 
solches  hören.« 

»Was  meint  ihr  wohl,  ihr  Mönche:  habt  ihr  wohl 
schon  jemals  gesehen  oder  gehört,  daß,  weil  einer  von 
geschlechtlicher  Ausschreitung  absteht,  sich  geschlecht- 
licher Ausschreitung  enthält,  ihn  die  Fürsten  festnehmen 
und  wegen  seines  Abstehens  von  geschlechtlicher 
Ausschreitung  hinrichten,  binden  oder  verbannen  lassen 
und  mit  ihm  nach  Belieben  verfahren?« 

»Das  wohl,  nicht,  o  Ehrwürdiger.« 

»Nun  gut,  ihr  Mönche;  auch  ich  habe  niemals 
solches  gesehen  oder  gehört.  Wohl  aber  nehmen, 
sobald  man  von  einem  Menschen  eine  derartige  böse 
Tat  zur  Kenntnis  bringt  und  ihn  beschuldigt,  gegen 
fremde  Weiber  oder  Mädchen  geschlechtliche  Aus- 
schreitungen verübt  zu  haben,  ihn  die  Fürsten  fest, 
und  wegen  der  geschlechtlichen  Ausschreitung  lassen 
sie  ihn  hinrichten,  binden,  verbannen  und  Verfahren 
mit  ihm  nach  Belieben.  Habt  ihr  wohl  solches  schon 
gesehen  oder  gehört?« 

»Gewiß,  0  Ehrwürdiger,  haben  wir  solches  schon 
gesehen  und  gehört  und  werden  auch  noch  fernerhin 
solches  hören.« 

»Was  meint  ihr  Wohl,  ihr  Mönche:  habt  ihr  wohl 
schon  jemals  gesehen  oder  gehört,  daß,  weil  einer 
vom  Lügen  absteht,  sich  des  Lügens  enthält,  ihn  die 

—   188  — 


FUNFERBUCH  V  178 


Fürsten  festnehmen  und  wegen  seines  Abstehens  vom 
Lügen  hinrichten,  binden  oder  verbannen  lassen  und 
mit  ihm  nach  Beheben  Verfahren?« 

»Das  wohl  nicht,  o  Ehrwürdiger.« 

»Nun  gut,  ihr  Mönche;  auch  ich  habe  niemals 
solches  gesehen  oder  gehört.  Wohl  aber  nehmen, 
sobald  man  von  einem  Menschen  eine  derartige  böse 
Tat  zur  Kenntnis  bringt  und  ihn  beschuldigt,  durch 
falsche  Aussage  das  Vermögen  eines  Hausvaters 
oder  dessen  Sohnes  zugrunde  gerichtet  zu  haben,  ihn 
die  Fürsten  fest,  und  wegen  der  falschen  Aussage 
lassen  sie  ihn  hinrichten,  binden,  verbannen  und  ver- 
fahren mit  ihm  nach  Belieben.  Habt  ihr  wohl  solches 
schon  gesehen  oder  gehört?« 

»Gewiß,  0  Ehrwürdiger,  haben  wir  solches  schon 
gesehen  und  gehört  und  werden  auch  noch  fernerhin 
solches  hören.« 

»Was  meint  ihr  wohl,  ihr  Mönche:  habt  ihr  wohl 
schon  jemals  gesehen  oder  gehört,  daß,  weil  einer 
vom  'Genüsse  berauschender  Getränke  absteht,  sich 
des  Genusses  berauschender  Getränke  enthält,  ihn 
die  Fürsten  festnehmen  und  wegen  seines  Abstehens 
Vom  Trinken  hinrichten,  binden,  oder  verbannen  lassen 
und  mit  ihm  nach  Belieben  Verfahren?« 

»Das  wohl  nicht,  o  Ehrwürdiger.« 

»Nun  gut,  ihr  Mönche;  auch  ich  habe  niemals 
solches  gesehen  oder  gehört.  Wohl  aber  nehmen, 
sobald  man  von  einem  Menschen  eine  derartige  böse 
Tat  zur  Kenntnis  bringt  und  ihn  beschuldigt,  infolge 
des  Genusses  berauschender  Getränke  einen  Mann 
oder  eine  Frau  des  Lebens  beraubt  zu  haben,  oder 
aus  Dorf  oder  Wald  fremdes  Eigentum  in  diebischer 

—   189  — 


Ti79  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Absicht  weggenommen  zu  haben,  oder  sich  an  fremden 
Weibern  oder  Mädchen  vergriffen  zu  haben,  oder 
durch  falsche  Aussage  das  Vermögen  eines  Haus- 
vaters oder  dessen  Sohnes  zugrunde  gerichtet  zu 
haben,  ihn  die  Fürsten  fest  und  lassen  ihn  hinrichten, 
binden  oder  verbannen  und  verfahren  mit  ihm  nach 
Belieben.  Habt  ihr  solches  wohl  schon  gesehen  oder 
gehört?« 

»Gewiß,  0  Ehrwürdiger,  haben  wir  solches  schon 
gesehen  und  gehört  und  werden  auch  noch  fernerhin 
solches  hören.« 

179     Der  in  den  Strom  eingetretene  Hausvater 

Und  Anäthapindiko  der  Hausvater  begab  sich  in 
Begleitung  von  fünfhundert  Anhängern  zum  Erhabenen. 
Dort  angelangt  begrüßte  er  ehrfurchtsvoll  den  Erhabenen 
und  setzte  sich  zur  Seite  nieder.  Darauf  wandte  sich 
der  Erhabene  an  den  ehrwürdigen  Säriputto  und  sprach: 

Der  unter  den  weißgekleideten  Hausleuten,  Säri- 
putto, von  dem  ihr  wiiät,  daß  er  hinsichtlich  der  fünf 
Sittenregeln  in  Werken  sich  beherrscht  und  der  Vier 
geisterhebenden,  schon  bei  Lebzeiten  beglückenden 
Zustände  nach  Wunsch,  ohne  Mühe  und  Anstrengung, 
teilhaftig  wird,  der  kann,  wenn  er  will,  von  sich  erklären, 
daß  er  entronnen  ist  der  Hölle,  entronnen  dem  Tier- 
reiche, entronnen  dem  Gespensterreiche,  entronnen 
dem  Abwege,  der  Leidensfährte,  der  verstoßenen  Welt, 
und  daß  er  »eingetreten  ist  in  den  Strom«  (sotäpanna), 
dem  Verderben  entronnen,  gesichert,  der  Vollen  Er- 
leuchtung gewiß. 

Hmsichtlich  welcher  Sittenregeln  aber  beherrscht 
er  sich  in  Werken?    Da,  Säriputto,  meidet  der  edle 

—  190     — 


FÜNFERBUCH  V 179 


Jünger  dasTöten,  Stehlen,  geschlechtliche  Ausschreiten, 
Lügen  und  den  Genuß  berauschender  Getränke.  Hin- 
sichtlich dieser  fünf  Sittenregeln  beherrscht  er  sich  in 
Werken. 

Welcher  vier  geisterhebenden,  schon  bei  Lebzeiten 
beglückenden  Zustände  aber  wird  er  teilhaftig?  Da, 
Säriputto,  ist  der  edle  Jünger  erfüllt  von  unerschütter- 
lichem Vertrauen  zum  Vollendeten,  nämlich:  »Das  ist 
der  Erhabene,  der  Heilige,  vollkommen  Erleuchtete,  der 
im  Wissen  und  Wandel  Vollendete,  der  Gesegnete,  der 
Weltenkenner,  der  höchste  Lenker  der  zu  bezähmen- 
den Menschheit,  der  Meister  der  Himmelswesen  und 
Menschen,  der  Erleuchtete,  der  Erhabene!«  Diesen 
ersten  geisterhebenden,  schon  bei  Lebzeiten  beglücken- 
den Zustand  hat  er  erreicht,  der  da  führt  zur  Läuterung 
des  noch  ungeläuterten  Geistes,  zur  Klärung  des  noch 
ungeklärten  Geistes. 

Fernerhin,  Säriputto,  ist  der  edle  Jünger  erfüllt 
von  unerschütterlichemVertrauen  zum  Gesetze,  nämlich: 
»Wohldargetan  ist  vom  Erhabenen  das  Gesetz,  das  ein 
sichtbares,  unmittelbares  Ergebnis  zeitigt,  das  ein- 
ladende, zum  Ziele  führende,  das  jedem  Verständigen 
verständlich  ist.«  Diesen  zweiten  geisterhebenden, 
schon  bei  Lebzeiten  beglückenden  Zustand  hat  er 
erreicht,  der  da  führt  zur  Läuterung  'des  noch  un- 
geläuterten Geistes,  zur  Klärung  des  noch  ungeklärten 
Geistes. 

Fernerhin,  Säriputto,  ist  der  edle  Jünger  erfüllt 
von  unerschütterlichem  Vertrauen  zur  Jüngerschaft, 
nämlich:  »In  Vollkommenheit  wandelt  die  Jüngerschaft 
des  Erhabenen,  in  Aufrichtigkeit  wandelt  die  Jünger- 
schaft des  Erhabenen,  auf  dem  rechten  Pfade  wandelt 

-   191    - 


V179  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

die  Jüngerschaft  desErhabenen,  in  Pflichtentreue  wandelt 
die  Jüngerschaft  des  Erhabenen,  als  da  sind  die  Vier 
Paare  und  acht  Arten  von  Menschen.  Diese  Jünger- 
schaft des  Erhabenen  ist  würdig  der  Opfer,  würdig  der 
Gastfreundschaft,  würdig  des  ehrfurchtsvollen  Hand- 
grußes, ist  in  der  Welt  der  beste  Boden  für  verdienst- 
volle Werke.«  Diesen  dritten  geisterhebenden,  j-chon 
bei  Lebzeiten  beglückenden  Zustand  hat  er  erreicht, 
der  da  führt  zur  Läuterung  des  noch  ungeläuterten 
Geistes,   zur  Klärung  des  noch  ungeklärten  Geistes. 

Fernerhin,  Säriputto,  ist  der  edle  Jünger  aus- 
gestattet mit  den  Sitten,  wie  sie  den  Edlen  lieb  sind, 
den  ungebrochenen,  lückenlosen,  unbefleckten,  un- 
getrübten, ungezwungenen,  Von  den  Verständigen  ge- 
priesenen, unbeeinflußten,  zur  Sammlung  hififührenden. 

Diesen  vierten  geisterhebenden,  schon  bei  Leb- 
zeiten beglückenden  Zustand  hat  er  erreicht,  der  da 
führt  zur  Läuterung  des  noch  ungeläuterten  Geistes, 
zur  Klärung  des  noch  ungeklärten  Geistes. 

Dieser  vier  geisterhebenden,  schon  bei  Lebzeiten 
beglückenden  Zustände  wird  er  nach  Wunsch  teilhaftig, 
'ohne  Mühe  und  Anstrengung. 

Der  unter  den  weißgekleideten  Hausleuten,  Säri- 
putto, von  dem  ihr  wißt,  daß  er  hinsichtlich  dieser  fünf 
Sittenregeln  in  Werken  sich  beherrscht  und  dieser  Vier 
geisterhebenden,  schon  bei  Lebzeiten  beglückenden 
Zustände  nach  Wunsch,  ohne  Mühe  und  Anstrengung, 
teilhaftig  wird,  der  kann,  wenn  er  Will,  von  sich  er- 
klären, daß  er  entronnen  ist  der  Hölle,  entronnen  dem 
Tierreiche,  entronnen  dem  Gespensterreiche,  entronnen 
dem  Abwege,  der  Leidensfährte,  der  Verstoßenen  Welt, 
und  daß  er  »eingetreten  ist  in  den  Strom«  (sotäpanna), 

—    192   — 


FÜNFERBUCH  V  l7d 


dem  Verderben  entronnen,  gesichert,  der  vollen  Er- 
leuchtung gewiß. 

Der  Hölle  Schrecken  eingedenk, 
Vermeide  jede  böse  Tat, 
Der  weise  Mann,  der  Zuflucht  nahm 
Zu  dem  erhabenen  Gesetz. 

Er  tue  keinem  Wesen  weh. 
Selbst  nicht,  wenn  er  die  Macht  besitzt; 
Sprech'  nie  bewußte  Falschheit  aus, 
Vergreif  sich  nicht  an  fremdem  Gut. 

,  Mit  eignen  Frau'n  begnüg'  er  sich, 

Begehre  nicht  des  Nachbars  Weib! 
Dem  Wein  und  Branntwein  bleib  er  fern, 
Da  er  den  Geist  verworren  macht. 

Des  Buddha  sei  er  eingedenk 
Und  sinne  über  das  Gesetz, 
Üb'  milden,  liebevollen  Sinn, 
Der  aufwärts  führt  zur  Himmelswelt. 

Wenn  der  nach  Gutem  Strebende 
Die  Gaben,  die  bereitet  sind, 
Zuerst  den  Heiligen  verteilt. 
Erwächst  den  Gaben  hoher  Lohn. 

Die  Heiligen  will  ich  dir  weisen; 
So  hör'  mich,  Säriputto,  an! 

Ob  schwarze  oder  weiße  Kühe, 
Von  roter  Farbe  oder  braun. 
Einfarbig  oder  auch  gefleckt. 
Und  auch  wie  Tauben  grau  gefärbt: 

Den  wohlbezähmten  Leitstier, 
Den  man  darunter  treffen  mag. 
Dies  kraftbeseelte  Lastentier 
Von  edlem  und  geschwindem  Gang, 
Ihn  wendet  man  als  Träger  an 
Und  fragt  nach  seiner  Farbe  nicht. 

Die  Reden  des  Buddha.  Bd.  II      —    193    —  ^3 


1 180  DIE  REDEN  DES  6UDDHA 

Genau  so  ist  es  unter  Menschen, 
Welch  Kaste  es  auch  immer  sei 
-  Ob  Krieger,  Priester,  Bürgersmann, 
Candäla,  Feger  oder  Knecht,  - 

Wer  da  von  allen  diesen  Menschen 
Gezügelt  ist  und  pflichtentreu. 
In  Tugend  fest,  voll  Sittlichkeit, 
Die  Wahrheit  spricht,  bescheiden  ist, 

Entflohen  Alter  und  Geburt, 

Die  Heiligkeit  vollendet  hat. 

Der  Lasten  ledig,  losgelöst,  , 

Das  Werk  gewirkt  hat,  wahnerlöst, 

Die  Dinge  all'  durchschauet  hat, 
Von  jeder  Leidenschaft  geheilt:  — 
Auf  solchem  unbefleckten  Boden 
Erwächst  der  Gabe  hoher  Lohn. 

Ja,  nur  der  einsichtslose  Tor, 
Dem's  an  Verstand  und  Einsicht  fehlt, 
Schenkt  nur  den  Andersgläubigen 
Und  wartet  nicht  den  Heil'gen  auf. 

Wer  Heil'gen  seine  Dienste  weiht, 
Den  Weisen,  die  als  stark  erprobt, 
Des  Zuversicht  zum  Meisterherrn 
Ist  tiefgewurzelt,  felsenfest. 

Er  eilet  hin  zur  Himmelswelt, 
Wenn  nicht  zu  vornehmem  Geschlecht; 
Und  Stuf  um  Stufe  nähert  sich 
Dem  Nirwahn  der  verständ'ge  Mann. 

180  Strebet  immer  höherl 

Einst  befand  sich  der  Erliabene,  von  einer  großen 
Schar  von  Mönchen  begleitet,  auf  einer  Wanderung 
durchs  Land  der  Kosaler.  Während  der  Erhabene  aber 
die  Straße  entlang   zog,   bemerkte  er  einen   großen 

—   194  - 


FÜNFERBUCH  V  18Ö 


Salwald;  und  als  er  ihn  bemerkte,  bog  er  vom 
Wege  ab  und  begab  sich  zu  jenem  Salwalde.  Dort 
angelangt,  trat  er  in  den  Wald  ein;  und  an  einer  ge- 
wissen Stelle  ließ  er  ein  Lächeln  bemerken.  Da  dachte 
der  ehrwürdige  Änando:  »Was  ist  wohl  der  Grund, 
was  der  Anlaß,  daß  der  Erhabene  ein  Lächeln  zeigt? 
Nicht  ohne  Grund  lächeln  die  Vollendeten.«  Und  der 
ehrwürdige  Anando  sprach  zum  Erhabenen: 

»Was  ist  wohl  der  Grund,  o  Ehrwürdiger,  was 
der  Anlaß,  daß  der  Erhabene  ein  Lächeln  zeigt?  Nicht 
ohne  Grund  lächeln  die  Vollendeten.« 

»Einst,  Anando,  da  befand  sich  an  dieser  Stelle 
eine  reiche,  mächtige,  dicht  bevölkerte  Stadt,  die  Von 
Menschen  wimmelte.  Bei  jener  Stadt  aber,  Änando, 
lebte  Kassapo,  der  Erhabene,  Heilige,  Vollkommen- 
Erleuchtete  (a).  Derselbe  hatte  einen  Anhänger  namens 
GavesT,  der  die  Sittenregeln  nicht  erfüllte.  Von  dem 
Anhänger  GavesI  aber,  Änando,  wurden  fünfhundert 
Anhänger,  die  ebenfalls  die  Sittenregeln  nicht  erfüllten, 
zurechtgewiesen  und  ermahnt. 

»Da  dachte  GaVesi  der  Anhänger:  ,Wahrlich,  eine 
große  Stütze  bin  ich  diesen  fünfhundert  Anhängern, 
bin  ihr  Führer  und  Ermahner;  doch  erfülle  weder  ich 
die  Sittenregeln,  noch  tun  es  diese.  Somit  sind  wir 
uns  ganz  und  gar  gleich,  und  keiner  übertrifft  den 
anderen.  So  laß  mich  denn  die  anderen  übertreffen!' 
Und  der  Anhänger  Gavesi  begab  sich  zu  jenen  fünf- 
hundert Anhängern  und  sprach:  ,Mögen  die  Verehrten 
von  mir  wissen,  daß  ich  Von  heute  ab  die  Sittenregeln 

(«)  Kassapo  soll  der  dem  Buddha  Gotamo  vorangegangene 
Buddha  gewesen  sein.  Nach  buddhistischer  Auffassung  nämlich 
sind  schon  unzählbare  Buddhas  in  der  Welt  erschienen. 


195  —  13* 


X  180  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

erfüllen  werde.'  Da  aber  dachten  jene  fünfhundert 
Anhänger:  ,Wahrlich,  der  verehrte  GavesT  ist  uns  eine 
große  Stütze,  ist  unser  Führer  und  Ermahner.  Nun 
will  der  verehrte  GavesT  die  Sittenregeln  erfüllen. 
Warum  sollten  nicht  auch  wir  das  können?'  Und 
jene  fünfhundert  Anhänger,  Anando,  begaben  sich  zum 
Anhänger  GaVesI  hin  und  sprachen  zu  ihm:  ,Möge 
der  Verehrte  GavesT  wissen,  daß  wir  fünfhundert  An- 
hänger von  heute  ab  die  Sittenregeln  erfüllen  werden.' 

»Da  aber  dachte  GavesT  der  Anhänger:  ,Wahrlich, 
eine  große  Stütze  bin  ich  diesen  fünfhundert  Anhängern, 
bin  ihr  Führer  und  Ermahner.  Ich  erfülle  die  Sitten- 
regeln, und  auch  diese  fünfhundert  Anhänger  tun  es. 
Somit  sind  Wir  uns  ganz  und  gar  gleich,  und  keiner 
übertrifft  den  anderen.  So  laß  mich  denn  die  anderen 
übertreffen!'  Und  der  Anhänger  GavesT  begab  sich 
zu  jenen  fünfhundert  Anhängern  und  sprach:  ,Mögen 
die  Verehrten  Von  mir  wissen,  daß  ich  von  heute  ab 
keusch  und  enthaltsam  lebe,  abgewandt  dem  Ge- 
schlechtsleben, dem  gemeinen.'  Da  aber  dachten  jene 
fünfhundert  Anhänger:  ,Wahrlich,  der  verehrte  GavesT 
ist  uns  eine  große  Stütze,  ist  unser  Führer  und  Er- 
mahner. Nun  will  der  verehrte  GaVesT  keusch  und 
enthaltsam  leben,  abgewandt  dem  Geschlechtsleben, 
dem  gemeinen.  Warum  sollten  nicht  auch  wir  das 
können?'  Und  jene  fünfhundert  Anhänger,  Änando, 
begaben  sich  zum  Anhänger  Gavesi  hin  und  sprachen 
zu  ihm:  ,Möge  der  verehrte  GaVesT  wissen,  daß  wir 
fünfhundert  Anhänger  Von  heute  ab  keusch  und  ent- 
haltsam leben  werden,  abgewandt  dem  Geschlechts- 
leben, dem  gemeinen.' 

»Da  aber  dachte  GavesT  der  Anhänger:    ,Wahr- 

—  196  — 


FÜNFERBUCH  V 180 


lieh,  eine  große  Stütze  bin  ich  diesen  fünfhundert  An- 
hängern, bin  ihr  Führer  und  Ermahner.  Ich  erfülle  die 
Sittenregeln,  und  auch  diese  tun  es;  ich  lebe  keusch 
und  enthaltsam,  und  auch  diese  tun  es.  Somit  sind 
wir  uns  ganz  und  gar  gleich,  und  keiner  übertrifft  den 
anderen.  So  laß  mich  denn  die  anderen  übertreffen!' 
Und  der  Anhänger  Gavesi  begab  sich  zu  jenen  fünf- 
hundert Anhängern  und  sprach:  , Mögen  die  Verehrten 
von  mir  wissen,  daß  ich  von  heute  ab  nur  noch  zu 
einer  Tageszeit  Nahrung  zu  mir  nehme,  nachts  nüchtern 
bleibe,  mich  des  Abends  des  Essens  enthalte.'  Da 
aber  dachten  jene  fünfhundert  Anhänger:  ,Wahrlich, 
der  verehrte  GavesI  ist  uns  eine  große  Stütze,  ist 
unser  Führer  und  Ermahner.  Nun  will  der  Verehrte 
nur  noch  zu  einer  Tageszeit  Nahrung  zu  sich  nehmen, 
nachts  nüchtern  bleiben,  des  Abends  sich  des  Essens 
enthalten.  Warum  sollten  nicht  ajjch  wir  das  können?' 
Und  jene  fünfhundert  Anhänger,  Änando,  begaben  sich 
zum  Anhänger  Gavesi  hin  und  sprachen  zu  ihm:  ,Möge 
der  verehrte  Gavesi  wissen,  daß  wir  fünfhundert  An- 
hänger von  heute  ab  nur  noch  zu  einer  Tageszeit 
Nahrung  zu  uns  nehmen,  nachts  nüchtern  bleiben,  des 
Abends  uns  des  Essens  enthalten  werden.* 

»Da  aber  dachte  Gavesi  der  Anhänger:  ,Wahrlich, 
eine  große  Stütze  bin  ich  diesen  fünfhundert  Anhängern, 
bin  ihr  Führer  und  Ermahner.  Ich  erfülle  die  Sitten- 
regeln, und  auch  diese  tun  es;  ich  lebe  keusch,  und 
auch  jene  tun  es;  ich  nehme  nur  zu  einer  Tageszeit 
Nahrung  zu  mir,  und  auch  diese  tun  es.  Somit  sind 
wir  uns  ganz  und  gar  gleich,  und  keiner  übertrifft  den 
anderen.  So  laß  mich  denn  die  anderen  übertreffen!' 
Und  es  begab  sich,  Änando,  der  Anhänger  GaVesi  zu 


—   197  — 


T  180  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Kassapo,  dem  Erhabenen,  Heiligen,  Vollkommen -Er- 
leuchteten, hin  und  sprach  zu  ihm:  , Möchte  ich  doch, 
0  Ehrwürdiger,  unter  dem  Erhabenen  die  Weltent- 
sagung (pabbajjä)  vollziehen  dürfen  und  die  Mönchs- 
weihe (upasampadä)  erlangen!'  Und  der  Anhänger 
GaVesi,  Anando,  Vollzog  unter  Kassapo,  dem  Erhabenen, 
Heiligen,  Vollkommen-Erleuchteten,  die  Weltentsagung 
und  erlangte  die  Mönchsweihe.  Nicht  lange  aber, 
Änando,  nachdem  er  Mönch  geworden  war,  hatte  Ga- 
vesT,  der  Mönch,  einsam,  abgeschieden,  unermüdlich, 
eifrig,  selbstentschlossen  Verweilend,  jenes  höchste 
Ziel  der  Heiligkeit  —  dem  zuliebe  edle  Söhne  gänz- 
lich von  Hause  fort  in  die  Hauslosigkeit  ziehen  — 
schon  bei  Lebzeiten  selber  erkannt.  Verwirklicht  und 
sich  zu  eigen  gemacht.  Und  er  erkannte:  , Aufgehoben 
ist  die  Geburt,  ausgelebt  der  heilige  Wandel,  das  Werk 
vollendet;  nicht  kehr  ich  mehr  zu  dieser  Welt  zurück/ 
Und  GavesT  der  Mönch  war  einer  der  Heiligen  ge- 
worden. Da  aber,  Anando,  dachten  jene  fünfhundert 
Anhänger:  , Wahrlich,  der  Verehrte  Gavesi  ist  uns  eine 
große  Stütze,  ist  unser  Führer  und  Ermahner.  Nun 
aber  hat  der  verehrte  GaVesT  sich  Haar  und  Bart  ge- 
schoren und  ist,  mit  dem  gelben  Gewände  bekleidet, 
vom  Hause  in  die  Hauslosigkeit  gezogen.  Warum 
sollten  nicht  auch  wir  das  können?'  Und  jene  fünf- 
hundert Anhänger,  Anando,  begaben  sich  zu  Kassapo, 
dem  Erhabenen,  Heiligen,  Vollkommen -Erleuchteten, 
hin  und  sprachen  zu  ihm:  , Möchten  wir  doch,  o  Ehr- 
würdiger, unter  dem  Erhabenen  die  Weltentsagung 
vollziehen  dürfen  und  die  Mönchsweihe  erlangen!' 
Und  jene  fünfhundert  Anhänger,  Anando,  vollzogen 
unter  Kassapo,  dem  Erhabenen,  Heiligen,  Vollkommen- 

—  198  — 


FÜNFERBUCH  V 180 


Erleuchteten,  die  Weltentsagung  und  erlangten  die 
Mönchsweihe. 

»Da  aber  dachte  GavesT  der  Mönch:  ,Ich  vermag 
da  dieses  unvergleichlichen  Glückes  der  Erlösung  nach 
Wunsch  teilhaftig  werden,  ohne  Mühe  und  Anstrengung. 
Ach,  daß  doch  auch  diese  fünfhundert  Mönche  dessen 
teilhaftig  würden!'  Und  während  jene  fünfhundert 
Mönche,  Änando,  einsam,  abgeschieden,  unermüdlich, 
eifrig,  selbstentschlossen  verweilten,  erreichten  sie 
jenes  höchste  Ziel  der  Heiligkeit,  —  dem  zuliebe  edle 
Söhne  gänzlich  von  Hause  fort  in  die  Hauslosigkeit 
ziehen,  —  in  dem  sie  dasselbe  schon  bei  Lebzeiten 
selber  erkannten  und  verwirklichten  und  sich  zu  eigen 
machten.  Und  sie  erkannten:  ,Aufgehoben  ist  die 
Geburt,  ausgelebt  der  heilige  Wandel,  das  Werk  voll- 
endet; nicht  kehren  wir  mehr  zu  dieser  Welt  zurück.' 
Indem  also,  Änando,  jene  fünfhundert  Mönche,  Von 
GavesT  geleitet,  nach  immer  Höherem  immer  Edlerem 
strebten,  verwirklichten  sie  das  unvergleichliche  Glück 
der  Erlösung. 

»Darum,  Änando,  möget  ihr  danach  trachten,  durch 
Streben  nach  immer  Höherem,  immer  Edlerem  das 
unvergleichliche  Glück  der  Erlösung  zu  verwirklichen. 
Das,  Änando,  sei  euer  Streben!« 


—  199  — 


V  181-190  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

NEUNZEHNTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Einsiedler 

181-190  Fünf  Arten  von  Asketen 

Von  fünffacher  Art,  ihr  Mönche,  sind  die  Wald- 
einsiedler, die  Fetzenträger  («),  die  Baumasketen  (/?), 
die  Friedhofasketen,  die  unter  freiem  Himmel  lebenden 
Asketen,  die  Stetigsitzer  (y),  die  mit  jedem  Lager  zu- 
friedenen Asketen,  die  nur  bei  einer  Sitzung  Speisen- 
den («J),  die  »jede  weitere  Speise  verwerfenden  Asketen«, 
die  Almosengänger.    Von  welch  fünffacher  Art? 

Sie  sind  es  aus  Dummheit  und  Torheit  (e);  oder 
sie  sind  es  mit  übler  Absicht  und  begehrlicher  Ge- 
sinnung (^);  oder  sie  sind  es  aus  Überspanntheit  und 

(a)  Diese  machen  sich  ihre  Gewänder  aus  aufgelesenen  Fetzen 
und  verweigern  die  Annahme  fertiger  Gewänder. 

(ß)  Diese  haben  das  Gelübde  abgelegt,  nur  am  Fuße  eines 
Baumes  zu  wohnen. 

(y)  Diese  haben  das  Gelübde  abgelegt,  sich  nicht  zu  legen, 
sondern  nur  in  sitzender  Haltung  sich  auszuruhen  oder  zu  schlafen. 

((f)  Diese  essen  nur  einmal  des  Tages;  falls  sie  während  des 
Essens  einmal  aufstehen  und  sich  wieder  zum  Essen  hinsetzen, 
haben  sie  ihr  Gelübde  gebrochen. 

(e)  »d.  i.  wenn  sie  weder  die  Ausübung  verstehen  noch  den 
heilsamen  Zweck  erkennen,  sondern  nur  aus  Dummheit  und  Tor- 
heit, aus  irgend  einem  unvernünftigen  Grunde  Waldeinsiedler 
sind.«    (Komm.) 

(Ö  *Sie  sagen  sich:  ,Den  im  Walde  lebenden  Mönch  wird 
man,  weil  er  im  Walde  lebt,  mit  den  vier  Bedarfsgegenständen 
beschenken';  und  denken:  , Dieser  Mönch  lebt  bescheiden  und 
einsam',  man  wird  ihn  wegen  dieser  und  anderer  Tugenden  verehren.« 
(Komm.)  Mit  anderen  Worten:  aus  niedriger  Sucht  nach  Gewinn 
und  Ehre  üben  da  manche  Mönche  die  äußerlichen  Asketenregeln 
aus,  wonach  man  daher  niemals  den  Mönch  einschätzen  darf. 

—  200  — 


FÜNFERBUCH  V 181-190 


Wahnwitz;  oder  sie  sind  es,  weil  solches  von  dem 
Erleuchteten  oder  dessen  Jüngern  gepriesen  wurde; 
oder  sie  sind  es  um  der  Genügsamkeit  willen,  der 
Zufriedenheit  willen,  der  Ablösung  willen,  eben  um 
dieser  Lebensweise  willen. 

Wer  da  aber,  ihr  Mönche,  um  der  Genügsamkeit, 
Zufriedenheit,  Ablösung  und  dieser  Lebensweise  willen 
Asket  ist,  der  gilt  unter  den  fünf  Arten  Von  Asketen 
als  der  erste,  der  beste,  der  hervorragendste,  der 
höchste,  der  edelste. 

Gleichwie  nämlich,  ihr  Mönche,  von  der  Kuh  die 
Milch  kommt,  von  der  Milch  der  Rahm,  vom  Rahm 
die  Butter,  von  der  Butter  das  Butteröl,  vom  Bulteröl 
der  Butterölschaum,  und  der  Butterölschaum  da  als 
das  Beste  gilt:  ebenso  auch,  ihr  Mönche,  gilt  unter 
den  fünf  Arten  von  Asketen  dieser  als  der  erste,  der 
beste,  der  hervorragendste,  der  höchste,  der  edelste  («). 

(a)  Obige  äußerlichen  Asketengelübde  werden  meist  nur  für 
eine  kürzere  oder  längere  Zeit  abgelegt  und  sollen  lediglich  als 
Mittel  dazu  dienen,  den  Mönch  genügsam  und  bedürfnislos  zu 
machen;  sind  aber  an  sich  keine  Tugenden. 


—  201   — 


V  191  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

ZWANZIGSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Brahmanen 

191  Die  alten  Brahmanensitten   bei   den  Hunden 

Fünf  alte  Brahmanensitten,  ihr  Mönche,  werden 
heutzutage  nur  noch  bei  den  Hunden  angetroffen,  aber 
nicht  mehr  bei  den  Brahmanen:  welche  fünf? 

Ehemals,  ihr  Mönche,  gingen  die  Brahmanen  nur 
zu  einer  Brahmanin,  niemals  zu  einer  Nichtbrahmanin. 
Heutzutage  aber,  ihr  Mönche,  gehen  die  Brahmanen 
ebensogut  zu  einer  Brahmanin  wie  zu  einer  Nicht- 
brahmanin. Die  Hunde  jedoch,  ihr  Mönche,  gehen 
nur  zu  einer  Hündin,  niemals  zu  einer  Nichthündin. 
Dies,  ihr  Mönche,  ist  die  erste  alte  Brahmanensitte, 
die  heutzutage  nur  noch  bei  den  Hunden  anzutreffen 
ist,  aber  nicht  mehr  bei  den  Brahmanen. 

Ehemals,  ihr  Mönche,  gingen  die  Brahmanen  nur 
zu  einer  Brahmanin,  die  ihre  Zeit  hatte  («),  niemals 
zu  einer  anderen.  Heutzutage  aber,  ihr  Mönche,  gehen 
die  Brahmanen  ebensogut  zu  einer  Brahmanin,  die 
ihre  Zeit  hat,  wie  zu  einer  anderen.  Die  Hunde  jedoch, 
ihr  Mönche,  gehen  nur  zu  einer  Hündin,  die  ihre  Zeit 
hat,  niemals  zu  einer  anderen.  Dies,  ihr  Mönche,  ist 
die  zweite  alte  Brahmanensitte,  die  heutzutage  nur 
noch  bei  den  Hunden  anzutreffen  ist,  aber  nicht  mehr 
bei  den  Brahmanen. 

(a)  d.  i.  zur  Zeit  ihrer  Befruchtungsfähigkeit,  also  nicht  etwa 
nachdem  bereits  zwei  Wochen  seit  Eintritt  der  Menstruation  ver- 
strichen sind.  Vgl.  nächste  Sutte  und  Nyanatiloka,  Die  Fragen  des 
Milindo,  I. 

—  202  — 


FÜNFERBUCH  T  191 


Ehemals,  ihr  Mönche,  weder  kauften  noch  ver- 
kauften die  Brahmanen  ein  Brahmanenmädchen,  sondern 
nur  aus  Neigung  und  um  sich  zu  begatten  lebte  man 
zusammen.  Heutzutage  aber,  ihr  Mönche,  kaufen  und 
verkaufen  die  Brahmanen  ein  Brahmanenmädchen  oder 
auch  leben  sie  aus  Neigung  zusammen  oder  um  sich 
zu  begatten.  Die  Hunde  jedoch,  ihr  Mönche,  weder 
kaufen  noch  verkaufen  eine  Hündin,  sondern  nur  aus 
Neigung  und  um  sich  zu  begatten  leben  sie  zusammen. 
Dies,  ihr  Mönche,  ist  die  dritte  alte  Brahmanensitte, 
die  heutzutage  nur  noch  bei  den  Hunden  anzutreffen 
ist,  aber  nicht  mehr  bei  den  Brahmanen. 

Ehemals,  ihr  Mönche,  stapelten  die  Brahmanen 
nichts  auf  an  Geld,  Getreide,  Gold  oder  Silber.  Heut- 
zutage aber,  ihr  Mönche,  stapeln  die  Brahmanen  Geld, 
Getreide,  Gold  und  Silber  auf.  Die  Hunde  jedoch, 
ihr  Mönche,  stapeln  nichts  auf.  Dies,  ihr  Mönche, 
ist  die  Vierte  alte  Brahmanensitte,  die  heutzutage  nur 
noch  bei  den  Hunden  anzutreffen  ist,  aber  nicht  mehr 
bei  den  Brahmanen. 

Ehemals,  ihr  Mönche,  sammelten  die  Brahmanen 
des  Abends  zum  Abendessen  und  des  Morgens  zum 
Frühstücke  ihre  Almosenspeise  ein.  Heutzutage  aber, 
ihr  Mönche,  essen  die  Brahmanen,  bis  sie  genug  haben 
und  füllen  ihren  Bauch;  und  den  Rest  nehmen  sie  mit 
sich  fort.  Die  Hunde  jedoch,  ihr  Mönche,  suchen  sich 
ihre  Brocken.  Dies,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte  alte 
Brahmanensitte,  die  heutzutage  nur  noch  bei  den 
Hunden  anzutreffen  ist,  aber  nicht  mehr  bei  den 
Brahmanen. 


—  203  — 


V  192  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

102  Die  fünf  Arten  von  Brahmanen 

Der  Brahmane  Dono  sprach  zum  Erhabenen: 

»Gehört  habe  ich,  Herr  Gotamo,  daß  der  Herr 
Gotamo  alten,  ergrauten,  angesehenen,  hochbejahrten, 
im  Alter  vorgerückten  Brahmanen  weder  seinen  Gruß 
entbietet,  noch  vor  ihnen  sich  erhebt,  noch  ihnen. einen 
Sitz  anbietet.  Dies,  Herr  Gotamo,  verhält  sich  durchaus 
so,  denn  nicht  bietet  ja  der  Herr  Gotamo  alten,  er- 
grauten, angesehenen,  hochbejahrten,  im  Alter  vor- 
gerückten Brahmanen  seinen  Gruß,  noch  erhebt  er 
sich  vor  ihnen,  noch  bietet  er  ihnen  einen  Sitz  an. 
Das  aber,  Herr  Gotamo,  ist  nicht  recht!« 

»Bekennst  du  dich  wohl,  Dono,  als  einen  Brah- 
manen?« 

»Wenn  man,  Herr  Gotamo,  von  einem  mit  Recht 
behaupten  kann,  daß  er  beiderseits  Von  reiner  Ab- 
stammung ist,  vom  Vater  Wie  von  der  Mutter  aus,  rein 
empfangen  bis  zum  siebenten  Ahnengeschlechte  hinauf, 
unversehrt  und  untadelig  nach  dem  Kastengesetze,  so 
kann  man  eben,  Herr  Gotamo,  solches  von  mir  mit 
Recht  behaupten.«  — 

»Die  da,  Dono,  unter  den  ehemaligen  Brahmanen 
als  Weise  gelten,  als  Verfasser  der  mystischen  Gesänge, 
als  der  Gesänge  Verkünder,  —  denen  noch  heutzutage 
die  Brahmanen  die  alten  mystischen  Sprüche,  Gesänge, 
Erklärungen  und  Texte  nachsingen,  nachreden,  das 
Gesprochene  nachsprechen,  das  Rezitierte  nachrezi- 
tieren, das  Gelehrte  weiterlehren,  —  als  wie  Attako, 
Vamako,  Vämadevo,  Vessamitto,  Yamataggi,  Ahgiraso, 
Bhäradväjo,  Väsettho,  Kassapo  und  Bhagu,  diese  lehren 
fünf  Arten  von  Brahmanen:  den  göttergleichen,  den 

—  204  — 


FÜNFERBUCH  V  192 


engelgleichen,  den  sittenfesten,  den  sittenübersctireiten- 
den  und  als  fünften  den  ausgestoßenen  Braijmanen. 
inwiefern  aber,  Dono,  ist  man  ein  göttergleicher 
Brahmane?  Da,  Dono,  ist  der  Brahmane  beiderseits 
von  reiner  Abstammung.  Achtundvierzig  Jahre  lang 
führt  er  den  kindlich  keuschen  Wandel,  während  dem 
er  die  Gesänge  erlernt.  Nachdem  er  aber  achtund- 
vierzig Jahre  lang  den  kindlich  keuschen  Wandel  geführt 
und  die  Gesänge  erlernt  hat,  sammelt  er  für  seinen 
Lehrer  das  Lehrgeld,  und  zwar  auf  vorschriftsmäßige, 
nicht  auf  unvorschriftsmäßige  Weise.  Und  was  gilt 
da,  Dono,  als  Vorschrift?  Daß  er  dies  nicht  etwa  zu 
erreichen  sucht  durch  Ackerbau,  Handel  oder  Viehzucht 
oder  als  Bogenschütze,  königlicher  Beamter  oder  Hand- 
werker, sondern  lediglich  durch  Almosengehen,  indem 
er  dabei  die  Almosenschale  nicht  verachtet.  Sobald 
er  aber  seinem  Lehrer  das  Lehrgeld  eingehändigt  hat, 
schert  er  sich  Haar  und  Bart,  legt  die  gelben  Gewänder 
an  und  zieht  von  Hause  in  die  Hauslosigkeit.  Nachdem 
er  solcherart  der  Welt  entsagt  hat,  durchstrahlt  er  mit 
liebevollem  Gemüte  erst  eine  Richtung,  dann  eine 
zweite,  dann  die  dritte,  dann  die  vierte,  ebenso  nach 
oben,  unten  und  ringsherum,  und  überall  und  in  allem 
sich  wiedererkennend  durchstrahlt  er  die  ganze  Welt 
mit  liebevollem  Gemüte,  mit  weitem,  erhabenem,  un- 
beschränktem Gemüte,  frei  Von  Gehässigkeit  und  Groll. 
Und  mit  mitleidvollem  Gemüte,  —  mit  mitfreudigem 
Gemüte,  —  mit  gleichmütigem  Gemüte  durchstrahlt 
er  erst  eine  Richtung,  dann  eine  zweite,  dann  die  dritte, 
dann  die  vierte,  ebenso  nach  oben,  unten  und  rings- 
herum, und  überall  und  in  allem  sich  wiedererkennend 
durchstrahlt  er  die  ganzeWelt  mit  gleichmütigem  Gemüte, 


—  205  — 


^ 


T  192  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

mit  weitem,  erhabenem,  unbesciiränktem  Gemtite,  frei 
von  Gehässigkeit  und  Groll.  Indem  er  aber  diese 
Vier  göttlichen  Zustände  (brahmä-vihära)  entfaltet, 
gelangt  er  beim  Zerfall  des  Leibes,  nach  dem  Tode, 
auf  glückliche  Fährte,  zur  Götterwelt.  Insofern,  Dono, 
ist  man  ein  göttergleicher  Brahmane. 

»Inwiefern  aber,  Dono,  ist  man  ein  engelgleicher 
Brahmane?  Da,  Dono,  ist  der  Brahmane  beiderseits 
Von  reiner  Abstammung.  Achtundvierzig  Jahre  lang 
führt  er  den  kindlich  keuschen  Wandel,  während  dem 
er  die  Gesänge  erlernt.  Nachdem  er  aber  achtundvierzig 
Jahre  lang  den  kindlich  keuschen  Wandel  geführt  und 
die  Gesänge  erlernt  hat,  sammelt  er  für  seinen  Lehrer 
das  Lehrgeld,  und  zwar  auf  vorschriftsmäßige,  nicht  auf 
unvorschriftsmäßige  Weise.  Darauf  sucht  er  sich  ein 
Weib,  und  zwar  auf  vorschriftsmäßige,  nicht  auf  un- 
vorschriftsmäßige Weise.  Und  was  gilt  da,  Dono,  als 
Vorschrift?  Daß  er  sich  nur  mit  einer  Brahmanin  abgibt, 
aber  mit  keiner  Adeligen,  Bürgerin  oder  Dienerin,  mit 
keiner  aus  der  Candäla-,  Jäger-,  Korbmacher-,  Wagner- 
oder Fegerzunft,  mit  keiner  Schwangeren,  keiner  Säu- 
genden, keiner,  die  nicht  ihre  Zeit  hat.  Warum  aber, 
Dono,  geht  der  Brahmane  nicht  zu  einer  Schwangeren? 
Weil  dann  sowohl  der  junge  Mann  als  auch  das  junge 
Weib  als  Erzdreckgeburt  bezeichnet  werden.  Und  warum 
geht  er  nicht  zu  einer  Säugenden?  Weil  dann  sowohl 
der  junge  Mann  als  das  junge  Weib  als  Dreckverschlinger 
bezeichnet  werden.  Er  hat  sein  Weib  weder  der  Sinn- 
lichkeit wegen,  noch  des  Vergnügens  wegen,  noch  des 
Geschlechtsgenusses  wegen,  sondern  eben  nur  der 
Fortpflanzung  wegen.  Nachdem  er  aber  den  Zeugungs- 
akt ausgeübt  hat,  schert  er  sich  Haar  und  Bart,  legt 

—  206,  — 


FÜNFERB  ÜCH  t  1Ö2 


die  gelben  Gewänder  an  und  zieht  von  Hause  in  die 
Hauslosigkeit.  Nachdem  er  solcherart  der  Welt  entsagt 
hat,  gewinnt  er,  den  Sinnendingen  entrückt,  entrückt 
den  schuldvollen  Erscheinungen,  die  vier  Vertiefungen. 
Indem  er  aber  die  vier  Vertiefungen  gewinnt,  gelangt  er 
beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode,  auf  glück- 
liche Fährte,  in  himmlische  Welt.  Insofern,  Dono,  ist 
man  ein  engelgleicher  Brahmane. 

>Inwiefern  aber,  Dono,  ist  man  ein  sittenfester 
Brahmane?  Da,  Dono,  ist  der  Brahmane  beiderseits 
von  reiner  Abstammung.  Achtundvierzig  Jahre  lang 
führt  er  den  kindlich  keuschen  Wandel,  während  dem 
er  die  Gesänge  erlernt.  Nachdem  er  aber  achtundvierzig 
Jahre  lang  den  kindlich  keuschen  Wandel  geführt  und 
die  Gesänge  erlernt  hat,  sammelt  er  für  seinen  Lehrer 
das  Lehrgeld,  und  zwar  auf  vorschriftsmäßige,  nicht  auf 
unvorschriftsmäßige  Weise.  Darauf  sucht  er  sich  ein 
Weib,  und  zwar  auf  vorschriftsmäßige,  nicht  auf  un- 
vorschriftsmäßige Weise.  Nachdem  er  aber  den  Zeu- 
gungsakt ausgeübt  hat,  sehnt  er  sich  nach  den  Freuden 
an  Kindern  und  lebt  inmitten  seiner  Familie;  und  nicht 
zieht  er  von  Hause  in  die  Hauslosigkeit.  An  den  alten 
Brahmanensitten  aber  hält  er  fest  und  überschreitet  sie 
nicht.  Da  er  aber  an  den  alten  Brahmanensitten  festhält 
und  sie  nicht  überschreitet,  heißt  man  ihn  einen  sitten- 
festen Brahmanen.  Insofern,  Dono,  ist  man  ein  sitten- 
fester Brahmane. 

»Inwiefern  aber,  Dono,  ist  man  ein  sittenüber- 
schreitender Brahmane?  Da,  Dono,  ist  der  Brahmane 
beiderseits  von  reiner  Abstammung.  Achtundvierzig 
Jahre  lang  führt  er  den  kindlich  keuschen  Wandel, 
Während  dem  er  die  Gesänge  erlernt.    Nachdem  er 

—  207  — 


1 192  DIE  REDEN  DES  BUDDHA _^ 

aber  achtundvierzig  Jaiire  lang  den  l<indlich  keuschen 
Wandel  geführt  und  die  Gesänge  erlernt  hat,  sammelt 
er  für  seinen  Lehrer  das  Lehrgeld,  und  zwar  auf  vor- 
schriftsmäßige, nicht  auf  unvorschriftsmäßige  Weise. 
Darauf  sucht  er  sich  ein  Weib,  sei's  auf  vorschrifts- 
mäßige oder  unvorschriftsmäßige  Weise,  oder  sei's  durch 
Kauf  oder  Verkauf,  oder  sei's  eine,  bei  der  der  Akt 
der  Wasserbesprengung  («)  vollzogen  wurde.  Und  er 
geht  ebensogut  zu  einer  Brahmanin,  wie  zu  einer 
Adeligen,  Bürgerin  oder  Dienerin  oder  einer  aus  der 
Candäla-,  Jäger-,  Korbmacher-,  Wagner-  oder  Feger- 
zunft, geht  zu  einer  Schwangeren  oder  Säugenden 
oder  zu  einer,  die  ihre  Zeit  hat,  oder  zu  einer  außer 
ihrer  Zeit.  Auch  hat  er  sein  Weib  teils  der  Sinnenlust 
wegen,  teils  des  Vergnügens  wegen,  teils  des  Ge- 
schlechtsgenusses wegen,  teils  der  Fortpflanzung  wegen. 
An  den  alten  Brahmanensitten  hält  er  nicht  fest,  sondern 
überschreitet  dieselben.  Da  er  aber  an  den  alten  Brah- 
manensitten nicht  festhält,  sondern  sie  überschreitet, 
heißt  man  ihn  einen  sittenüberschreitenden  Brahmanen. 
Insofern,  Dono,  ist  man  ein  sittenüberschreitender 
Brahmane. 

»Inwiefern  aber,  Dono,  ist  man  ein  ausgestoßener 
Brahmane?    Da,  Dono,  ist  der  Bramahne  beiderseits 

(a)  Der  Kommentar  sagt  hierüber:  »In  die  Familie,  wo  sich 
ein  erwachsenes  Mädchen  befindet,  da  geht  er  hin  und  stellt  sich 
an  der  Türe  auf.  Sobald  man  ihn  fragt,  warum  er  da  stehe,  erklärt 
er:  »Achtund  vierzig  Jahre  lang  habe  ich  den  kindlich-keuschen  Wandel 
geführt.  Das  alles  will  ich  euch  geben.  Mir  aber  gebt  eure  Tochter!« 
Die  Eltern  holen  nun  die  Tochter,  und  indem  sie  seine  Hände  mit 
Wasser  besprengen,  geben  sie  ihm  die  Tochter.  Er  aber  nimmt 
sie  nach  vollzogener  Wasserbesprengung  zum  Weibe  und  zieht  mit 
ihr  fort.« 

-   208  - 


FÜNFERBUCH  T  192 


von  reiner  Abstammung.  Achtundvierzig  Jalire  lang 
fülirt  er  den  kindlich  keuschen  Wandel,  während  dem 
er  die  Gesänge  erlernt.  Nachdem  er  aber  achtundvierzig 
Jahre  lang  den  kindlich  keuschen  Wandel  geführt  und 
die  Gesänge  erlernt  hat,  sammelt  er  für  seinen  Lehrer 
das  Lehrgeld,  und  zwar  auf  vorschriftsmäßige,  nicht  auf 
unvorschriftsmäßige  Weise.  Darauf  sucht  er  sich  ein 
Weib,  sei's  auf  vorschriftsmäßige  oder  unvorschrifts- 
mäßige Weise,  oder  sei's  durch  Kauf  oder  Verkauf,  oder 
sei's  eine,  bei  der  der  Akt  der  Wasserbesprengung 
vollzogen  wurde.  Und  er  geht  ebensogut  zu  einer 
Brahmanin  wie  zu  einer  Adeligen,  Bürgerin  oder  Die- 
nerin oder  einer  aus  der  Candäla-,  Jäger-,  Korbmacher-, 
Wagner-  oder  Fegerzunft,  geht  zu  einer  Schwangeren 
oder  Säugenden  oder  zu  einer,  die  ihre  Zeit  hat,  oder 
zu  einer  außer  ihrer  Zeit.  Auch  hat  er  sein  Weib  teils 
der  Sinnenlust  wegen,  teils  des  Vergnügens  wegen,  teils 
des  Geschlechtsgenusses  wegen,  teils  der  Fortpflanzung 
wegen.  Durch  irgend  ein  beliebiges  Handwerk  verdient 
er  sich  seinen  Lebensunterhalt.  Zu  einem  solchen  aber 
sprechen  die  Brahmanen:  »Was  gibst  du  dich  denn  als 
Brahmanen  aus,  wo  du  dir  durch  irgend  ein  beliebiges 
Handwerk  deinen  Lebensunterhalt  verdienst?«  Er  aber 
entgegnet:  »Wie  da,  ihr  Verehrten,  das  Feuer,  dadurch, 
daß  es  Reines  wie  Unreines  Verbrennt,  nicht  befleckt 
wird,  ebenso  auch,  ihr  Verehrten,  wird  der  Brahmane, 
wenn  er  durch  irgend  ein  Handwerk  seinen  Lebens- 
unterhalt verdient,  dadurch  nicht  befleckt.«  Insofern 
nun  ein  Brahmane  durch  jedes  beliebige  Handwerk 
seinen  Lebensunterhalt  verdient,  heißt  man  ihn  einen 
ausgestoßenen  Brahmanen.     So,  Dono,  ist  man  ein 

ausgestoßener  Brahmane. 

* 

Die  Reden  des  Buddha.    Bd.  II      209    —  ^"^ 


T  19S  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

»Die  da,  Dono,  unter  den  ehemaligen  Brahmanen 
als  Weise  galten,  als  wie  Attako,  Vamako,  VämadeVo, 
Vessamitto,  Yamataggi,  Arigiraso,  BhäradVäjo,  Väsettho, 
Kassapo  und  Bhagu,  die  lehren  diese  fünf  Arten  von 
Brahmanen:  den  göttergleichen,  den  engelgleichen,  den 
sittenfesten,  den  sittenüberschreitenden  und  als  fünften 
den  ausgestoßenen  Brahmanen.  Als  welcher  aber  von 
diesen  gilst  du,  Dono?« 

»Wenn  dem  so  ist,  Herr  Gotamo,  so  entspreche 
ich  noch  nicht  einmal  dem  ausgestoßenen  Brahmanen. 
Vortrefflich,  Herr  Gotamo!  Vortrefflich,  Herr  Gotamo! 
Möge  mich  der  Herr  Gotamo  als  einen  Anhänger  be- 
trachten, der  von  heute  ab  zeitlebens  Zuflucht  ge- 
nommen hat.« 

193  Die  Hemmungen  3es  Gedächtnisses 

Saiigäravo  der  Brahmane  sprach  zum  Erhabenen: 
»Was  ist  wohl,  Herr  Gotamo,  die  Ursache,  was 
der  Grund,  daß  einem  das  eine  Mal  die  Sprüche,  die 
man  lange  Zeit  memoriert  hat,  nicht  einfallen,  ganz 
zu  schweigen  von  denen,  die  man  nicht  memoriert  hat? 
Und  was  ist,  Herr  Gotamo,  die  Ursache,  was  der  Grund, 
daß  einem  das  andere  Mal  die  Sprüche,  die  man  lange 
Zeit  nicht  memoriert  hat,  einfallen,  ganz  zu  schweigen 
von  denen,  die  man  memoriert  hat?« 

»Wenn  da,  Brahmane,  in  einem  Topfe  befindliches 
Wasser  mit  roter,  gelber,  blauer  oder  brauner  Farbe 
Versetzt  ist  und  ein  Mann  mit  gesunden  Augen  sein 
eigenes  Spiegelbild  darin  zu  sehen  wünscht,  so  ist  er 
eben  nicht  imstande,  dasselbe  der  Wirklichkeit  ent- 
sprechend wahrzunehmen  und  zu  erkennen.  Ebenso  auch, 
Brahmane:  zu  einer  Zeit,  wo  man  begierdegefesselten, 

—  210  - 


FÜNFERBUCH  V 193 


begierdegequälten  Geistes  verweilt  und  der  aufgestie- 
genen »Sinnenlust«  (käma-räga)  Aufhebung  nicht  der 
Wirklichkeit  gemäß  erkennt,  zu  einer  solchen  Zeit 
begreift  und  erkennt  man  weder  das  eigene  Heil  noch 
das  Heil  der  anderen  noch  das  beiderseitige  Heil  der 
Wirklichkeit  gemäß.  Und  wenn  man  auch  lange  "Zeit 
Sprüche  memoriert  hat,  so  fallen  einem  diese  nicht  ein. 

»Wenn  da,  Brahmane,  in  einem  über  dem  Feuer 
erhitzten  Topfe  das  Wasser  aufkocht  und  siedet  und 
ein  Mann  mit  gesunden  Augen  sein  eigenes  Spiegelbild 
darin  zu  sehen  wünscht,  so  ist  er  eben  nicht  imstande, 
dasselbe  der  Wirklichkeit  entsprechend  wahrzunehmen 
und  zu  erkennen.  Ebenso  auch,  Brahmane:  zu  einer 
Zeit,  wo  man  grollgefesselten,  grollgequälten  Geistes 
verweilt  und  des  aufgestiegenen  »Grolles«  (vyäpäda) 
Aufhebung  nicht  der  Wirklichkeit  gemalt  erkennt,  zu 
einer  solchen  Zeit  begreift  und  erkennt  man  weder  das 
eigene  Heil  noch  das  Heil  der  anderen  noch  das  beider- 
seitige Heil  der  Wirklichkeit  gemäß.  Und  wenn  man 
auch  lange  Zeit  Sprüche  memoriert  hat,  so  fallen  einem 
diese  nicht  ein. 

»Wenn  da,  Brahmane,  in  einem  Topfe  befindliches 
Wasser  mit  Moos  und  Schlamm  völlig  bedeckt  ist  und 
ein  Mann  mit  gesunden  Augen  sein  eigenes  Spiegelbild 
darin  zu  sehen  wünscht,  so  ist  er  eben  nicht  imstande, 
dasselbe  der  Wirklichkeit  entsprechend  wahrzunehmen 
und  zu  erkennen.  Ebenso  auch,  Brahmane:  zu  einer 
Zeit,  wo  man  mit  einem  von  »Stumpfheit  und  Mattig- 
keit« (thina-middha)  gefesselten  und  gequälten  Geiste 
verweilt  und  der  aufgestiegenen  Stumpfheit  und  Mattig- 
keit Aufhebung  nicht  der  Wirklichkeit  gemäß  erkennt, 
zu  einer  solchen  Zeit  begreift  und  erkennt  man  weder 


—  211    —  14 


tl93  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

das  eigene  Heil  noch  das  Heil  der  anderen  noch  das 
beiderseitige  Heil  der  Wirklichkeit  gemä(3.  Und  wenn 
man  auch  lange  Zeit  Sprüche  memoriert  hat,  so  fallen 
einem  diese  nicht  ein. 

»Wenn  da,  Brahmane,  in  einem  Topfe  sich  vom 
Winde  bewegtes,  unstetes,  unruhiges,  aufwellendes 
Wasser  befindet  und  ein  Mann  mit  gesunden  Augen 
sein  eigenes  Spiegelbild  darin  zu  sehen  wünscht,  so 
ist  er  eben  nicht  imstande,  dasselbe  der  Wirklichkeit 
entsprechend  wahrzunehmen  und  zu  erkennen.  Ebenso 
auch,  Brahmane:  zu  einer  Zeit,  wo  man  mit  einem  von 
»Aufgeregtheit  und  Gewissens  Unruhe«  (uddhacca- 
kukkucca)  gefesselten  und  gequälten  Geiste  verweilt 
und  der  aufgestiegenen  Aufgeregtheit  und  Gewissens- 
unruhe Aufhebung  nicht  der  Wirklichkeit  gemäß  erkennt, 
zu  einer  solchen  Zeit  begreift  und  erkennt  man  weder 
das  eigene  Heil  noch  das  H^l  der  anderen  noch  das 
beiderseitige  Heil  der  Wirklichkeit  gemäß.  Und  wenn 
man  auch  lange  Zeit  Sprüche  memoriert  hat,  so  fallen 
einem  diese  nicht  ein. 

»Wenn  man  da,  Brahmane,  einen  Topf  mit  trübem, 
aufgestörtem,  schlammigem  Wasser  ins  Dunkle  stellt 
und  ein  Mann  mh  gesunden  Augen  sein  eigenes  Spiegel- 
bild darin  zu  sehen  wünscht,  so  ist  er  eben  nicht  imstande, 
dasselbe  der  Wirklichkeit  entsprechend  wahrzunehmen 
und  zu  erkennen.  Ebenso  auch,  Brahmane:  zu  einer  Zeit, 
wo  man  mit  einem  von  »Zweifelsucht«  (vicikicchä) 
gefesselten  und  gequälten  Geiste  verweilt  und  der  auf- 
gestiegenen Zweifelsucht  Aufhebung  nicht  der  Wirk- 
lichkeit gemäß  erkennt,  zu  einer  solchen  Zeit  begreift 
und  erkennt  man  weder  das  eigene  Heil  noch  das  Heil 
der  anderen  noch  das  beiderseitige  Heil  der  Wirklichkeit 

—  212  - 


FÜNFERBUCH  V 194 


gemäß.  Und  \3k)enn  man  auch  lange  Zeit  Sprüche  memo- 
riert hat,  so  fallen  einem  diese  nicht  ein  («). 

»Zu  einer  Zeit  aber,  Brahmane,  wo  man  im  Geiste 
von  Sinnenlust,  von  Groll,  von  Stumpfheit  und  Mattig- 
keit, von  AuTgeregtheit  und  Gewissensunruhe  und  Von 
Zweifelsucht  nicht  gefesselt  und  gequält  wird  und  des 
aufgestiegenen  Zweifels  Aufhebung  der  Wirklichkeit 
gemäß  erkennt,  zu  einer  solchen  Zeit  begreift  und 
erkennt  man  sowohl  das  eigene  Heil  als  auch  das 
Heil  der  anderen  als  auch  das  beiderseitige  Heil  der 
Wirklichkeit  gemäß.  Und  wenn  man  auch  nicht  lange 
Zeit  die  Sprüche  memoriert,  fallen  einem  dieselben 
dennoch  ein. 

»Das  also,  Brahmane,  ist  die  Ursache,  das  der 
Grund,  daß  einem  das  eine  Mal  die  Sprüche,  die 
man  lange  Zeit  memoriert  hat,  nicht  einfallen,  ganz 
zu  schweigen  von  denen,  die  man  nicht  memoriert 
hat.  Und  das,  Brahmane,  ist  die  Ursache,  das  der 
Grund,  daß  einem  das  andere  Mal  die  Sprüche,  die 
man  lange  Zeit  nicht  memoriert  hat,  einfallen,  ganz 
zu  schweigen  von  denen,  die  man  memoriert  hat.« 
Das   beseligende   Gesetz    des   Herrn   Gotamo  194 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Großen  Walde  bei 
Vesäll,  in  der  Halle  des  Giebelhauses.    Damals  aber 

(a)  Obige  Gleichnisse  sind  eine  geradezu  meisterhafte  Ver- 
bildlichung der  fünf  Hemmungen  (nlvaranä)  des  Geistes.  Der 
sinnlichen  Begierde  (käma-räga)  also  entspricht  das  mit  aller- 
hand bunten  Farben  versetzte  Wasser,  dem  Groll  (vyäpäda)  das 
kochende  Wasser,  der  Stumpfheit  und  Mattheit  (thlna-middha) 
das  mit  Moos  und  Schlamm  bedeckte  Wasser,  der  Aufregung 
und  Gewissensunruhe  (uddhacca-kukkucca)  das  vom  Winde 
bewegte,  unruhige  Wasser,  dem  Zweifel  (vicikicchä)  das  im  Dunkeln 
befindliche,  aufgestörte,  schlammige  Wasser. 

—  213  — 


V194  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


gerade  war  der  Brahmane  Karanapäll  mit  einer  Arbeit 
für*  die  LicchaVier  beschäftigt.  Und  der  Brahmane 
Karanapäll  sah  von  ferne  den  Brahmanen  Pingiyäni 
kommen,  und  bei  seinem  Anblicke  sprach  er  zu  ihm: 
»Ei,  Herr  Pingiyäni!  Wo  kommt  ihr  her  zur 
Mittagsstunde?« 

»Ich  komme  vom  Asketen  Gotamo.« 
»Was   hält    wohl    der   Herr   Pingiyäni    Von    der 
Wissensgröße  des  Asketen  Gotamo?    Hält  er  ihn  wohl 
für  einen  Weisen?« 

>Wer  bin  denn  ich,  Verehrter,  daß  ich  die  Wissens- 
größe des  Asketen  Gotamo  ermessen  könnte?  Wahr- 
lich, ebenso  groß  wie  der  Asket  Gotamo  müßte  einer 
sein,  um  seine  Wissensgröße  zu  ermessen.« 

»Fürwahr,  in  lautem  Lobe  rühmt  der  Herr  Pingiyäni 
den  Asketen  Gotamo.« 

»Wer  bin  denn  ich,  Verehrter,  daß  ich  den  Asketen 
Gotamo  preisen  sollte?  Über  und  über  wird  ja  jener 
erhabene  Gotamo  gepriesen,  der  beste  unter  Göttern 
und  Menschen.« 

»Aus  welchem  Grunde  aber  ist  der  Herr  Pingiyäni 
so  sehr  von  dem  Asketen  Gotamo  entzückt?« 

»Gleichwie  etwa,  Verehrter,  ein  Mensch,  der  sich 
an  den  wohlschmeckendsten  Dingen  satt  gegessen  hat, 
nicht  mehr  nach  den  anderen,  weniger  schmackhaften 
Dingen  verlangt:  ebenso  auch  kann,  wer  einmal  jenes 
Herrn  Gotamo  Gesetz  vernimmt,  —  sei's  aus  den  Sutten, 
der  mit  Versen  vermischten  Prosa,  den  Erklärungen 
oder  den  Lehren  von  den  wundersamen  Erscheinungen, 
—  es  nicht  mehr  nach  den  Gesetzen  jener  anderen, 
zahlreichen  Asketen  und  Priester  verlangen.  Oder, 
wenn  da  ein  Mann,   der  von   Durst   und  Schwäche 

"  214  — 


FÜNFERBUCH  V 194 


Überwältigt  ist,  einen  Klumpen  Zucker  erhält,  so 
empfindet  er,  so  oft  er  davon  kostet,  eben  stets  einen 
süßen,  lieblichen  Geschmack.  Ebenso  auch  empfindet, 
wer  jenes  Herrn  Gotamo  Gesetz  vernimmt,  Zufrieden- 
heit und  Zuversicht  im  Herzen.  Oder  gleichwie,  wenn 
ein  Mann  ein  Gefäß  aus  gelbem  oder  rotem  Sandelholz 
erhält,  er  eben  stets,  sobald  er  daran  riecht,  —  sei's  oben, 
unten  oder  in  der  Mitte,  —  einen  lieblichen,  süßen 
Duft  empfindet:  ebenso  auch  empfindet,  wer  jenes 
Herrn  Gotamo  Gesetz  vernimmt,  Zufriedenheit  und. 
Zuversicht  im  Herzen.  Oder  gleichwie,  wenn  da  ein 
Mann  siech,  leidend  und  schwer  krank  ist  und  ein 
geschickter  auf  der  Stelle  seine  Krankheit  heilen 
möchte:  ebenso  auch  kommen,  sobald  man  jenes  Herrn 
Gotamo  Gesetz  vernimmt,  Sorge,  Klage,  Leiden,  Trüb- 
sal und  Verzweiflung  zum  Schwinden.  Oder  gesetzt, 
es  befände  sich  da  ein  Teich  mit  klarem,  erquickendem, 
kühlem,  silberhellem  Wasser,  lieblich  gelegen  und 
entzückend.  Und  ein  Mann,  glühend  Vor  Hitze,  Von 
der  Hitze  überwältigt,  ermattet,  erschöpft,  von  Durst 
gequält,  käme  des  Weges  daher.  Und  er  stiege  in  jenen 
Teich  und  badete  sich  darin.  Darauf  labte  er  sich  an  dem 
Wasser  und  stillte  so  alle  Qual,  Erschöpfung  und  Glut. 
Ebenso  auch  wird,  sobald  man  jenes  Herrn  Gotamo 
Gesetz  vernimmt,  alle  Qual,  Erschöpfung  und  Glut 
gestillt.« 

Auf  diese  Worte  erhob  sich  der  Brahmane  Karana- 
pälT  von  seinem  Sitze,  warf  das  Obergewand  über 
eine  Schulter;  und,  indem  er  sein  rechtes  Knie  zur 
Erde  beugte  und  die  gefalteten  Hände  nach  der 
Richtung,  wo  der  Erhabene  weilte,  emporhob,  ließ  er 
den  frohlockenden  Ruf  erschallen: 

—  215  — 


T  196  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

»Ehre  dem  Erhabenen,  Heihgen,  Vollkommen 

»Erleuchteten! 

»Ehre  dem  Erhabenen,  Heiligen,  Vollkommen 

»Erleuchteten! 

»Ehre  dem  Erhabenen,  Heiligen,  Vollkommen 

»Erleuchteten! 

»Vortrefflich,  Herr  Pihgiyäni!    Vortrefflich,  Herr 

»Pihgiyäni! 
Gleichwie  man,  Herr  Pingiyäni,  das  Umgestürzte  wieder 
aufrichten  oder  das  Verborgene  enthüllen  oder  den 
Verirrten  den  Weg  weisen  oder  in  die  Finsternis  ein 
Licht  bringen  möchte,  damit,  wer  Augen  hat,  die  Dinge 
sehe:  ebenso  hat  der  Herr  Pihgiyäni  auf  mancherlei 
Weise  das  Gesetz  enthüllt.  Ich  nehme,  Herr  Pihgiyäni, 
Zuflucht  zu  jenem  Erhabenen,  zum  Gesetze  und  zur 
Mönchsgemeinde.  Möge  mich  der  Herr  Pingiyäni  als 
Anhänger  betrachten,  der  Von  heute  ab  zeitlebens 
Zuflucht  genommen  hat.« 

195  Der  Brahmane  Pingiyäni 

Einst  weilte  der  Erhabene  im  Großen  Waide  bei 
Vesali,  in  der  Halle  des  Giebelhauses.  Damals  aber 
waren  gerade  fünfhundert  Licchavier  um  den  Erhabenen 
versammelt.  Einige  der  Licchavier  erstrahlten  in  Blau, 
in  blauer  Farbe,  blauer  Tracht,  blauem  Schmucke, 
einige  in  Gelb,  einige  in  Rot,  einige  in  Weiß.  Und 
der  Brahmane  Pingiyäni  erhob  sich  Von  seinem  Sitze, 
warf  das  Obergewand  über  eine  Schulter;  und,  indem 
er  seine  gefalteten  Hände  zum  Erhabenen  emporhob, 
sprach  er: 

»Es  steigt  mir  ein  Gedanke  auf,  Erhabener.  Es 
steigt  mir  ein  Gedanke  auf.  Gesegneter.« 

-  216  — 


FÜNFERBUCH  V 196 


»MögedirdennderGedankeauftauchen,Pingiyäni!« 
erwiderte  der  Erhabene.    Und  der  Brahmane  Pirigiyäni 
pries  den  Erhabenen  in  folgenden  treffenden  Versen: 
»Der  roten  Lotus  gleich,  der  düfteschwangeren, 
Aus  der  am  frühen  Tag'  der  Blüten  Duft  entströmt, 
Betrachtet  den  Erleuchteten,  den  Strahlenden, 
Der  weithin  leuchtet  wie  die  Sonn'  am  Firmament.« 
Und  jene  Licchavier  beschenkten  den  Brahmanen 
Pingiyäni  mit  fünfhundert  Obergewändern.    Der  Brah- 
mane Pitigiyäni  aber  beschenkte  mit  diesen  fünfhundert 
Obergewändern  den  Erhabenen.    Und  der  Erhabene 
sprach  zu  jenen  LicchaViern: 

»Fünf  Ideale,  ihr  Licchavier,  zeigen  sich  selten  in 
der  Welt:  welche  fünf?  Selten  zeigt  sich  in  der  Welt 
ein  Vollendeter,  Heiliger,  Vollkommen  Erleuchteter; 
selten  zeigt  sich  in  der  Welt  ein  Lehrer  des  vom 
Vollendeten  verkündeten  Gesetzes  und  seiner  Dis- 
ziplin; selten  zeigt  sich  in  der  Welt  einer,  der  beim 
Vortrage  des  vom  Vollendeten  verkündeten  Gesetzes 
und  seiner  Disziplin  Verständnis  erlangt;  selten  zeigt 
sich  in  der  Welt  einer,  der,  den  Vortrag  des  vom  Voll- 
endeten verkündeten  Gesetzes  und  seiner  Disziplin 
Verstehend,  im  Sinne  des  Gesetzes  lebt;  selten  zeigt 
sich  in  der  Welt  ein  dankbarer,  erkenntlicher  Mensch. 
Diese  fünf  Ideale,  ihr  Licchavier,  zeigen  sich  selten 
in  der  Welt.« 

Die  fünf  Traumbilder  des  Bodhisat  196 

Dem  Vollendeten,  ihr  Mönche,  dem  Heiligen,  Voll- 
kommen Erleuchteten,  zeigten  sich  kurz  vor  seiner 
Vollkommenen  Erleuchtung,  als  er  noch  ein  Unerleuch- 
teter, ein  »Anwärter  auf  Erleuchtung«  (bodhi-satta) 
war,  fünf  erhabene  Traumbilder:  welche  fünf? 

—  217    - 


y  196  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Diese  gewaltige  Erde  bildete  seih  Bett;  den  Hi- 
malaja, den  König  der  Berge,  hatte  er  zum  Kissen; 
auf  dem  östlichen  Meere  ruhte  seine  linke  Hand,  auf 
dem  westlichen  seine  rechte  Hand,  und  auf  dem  süd- 
lichen ruhten  seine  Füße.  Dies,  ihr  Mönche,  ist  das 
erste  erhabene  Traumbild,  das  sich  ihm  zeigte. 

Und  fernerhin,  ihr  Mönche:  eine  Grasart,  namens 
Tiriya,  wuchs  aus  seinem  Nabel  empor  und  reichte 
hinauf  bis  zum  Himmelsgewölbe.  Dies,  ihr  Mönche, 
ist  das  zweite  erhabene  Traumbild,  das  sich  ihm  zeigte. 

Und  fernerhin,  ihr  Mönche:  weiße  Würmer  mit 
schwarzen  Köpfen  krochen  an  seinen  Beinen  hinauf 
und  bedeckten  dieselben  bis  zu  den  Kniescheiben. 
Dies,  ihr  Mönche,  ist  das  dritte  erhabene  Traumbild, 
das  sich  ihm  zeigte. 

Und  fernerhin,  ihr  Mönche:  vier  Vögel  von  ver- 
schiedener Farbe  kamen  aus  den  vier  Himmelsrichtungen 
herangeflogen;  und  sobald  sie  sich  zu  seinen  Füßen 
niedergesetzt  hatten,  wurden  sie  vollkommen  weiß. 
Dies,  ihr  Mönche,  ist  das  vierte  erhabene  Traumbild, 
das  sich  ihm  zeigte. 

Und  fernerhin,  ihr  Mönche:  er  stieg  einen  hohen 
Kotberg  immer  höher  hinauf,  ohne  aber  selber  Vom 
Kote  befleckt  zu  werden.  Dies,  ihr  Mönche,  ist  das 
fünfte  erhabene  Traumbild,  das  sich  ihm  zeigte. 

Daß  der  Vollendete,  ihr  Mönche,  der  Heilige, 
Vollkommen  Erleuchtete,  die  unvergleichliche,  höchste 
Erleuchtung  erringen  wird:  um  ihn  das  vorhersehen  zu 
lassen,  zeigte  sich  ihm  das  erste  erhabene  Traumbild. 

Daß  der  Vollendete,  ihr  Mönche,  der  Heilige, 
Vollkommen  Erleuchtete,  den  edlen  achtfachen  Pfad 
erkennen  und,  soweit  es  Himmelswesen  und  Menschen 

-  218  - 


FÜNFERBUCH  V 196 


gibt,  denselben  wohl  darlegen  wird,  um  ihn  das  vor- 
hersehen zu  lassen,  zeigte  sich  ihm  das  zweite  erhabene 
Traumbild. 

Daß,  ihr  Mönche,  zahlreiche  weißgekleidete  Haus- 
leute beim  Vollendeten  zeitlebens  ihre  Zuflucht  nehmen 
werden:  um  ihn  das  vorhersehen  zu  lassen,  zeigte  sich 
ihm  das  dritte  erhabene  Traumbild. 

Vier  Kasten  («)  gibt  es,  ihr  Mönche:  Adelige, 
Brahmanen,  Bürger  und  Knechte.  Daß  aber  beim 
Vernehmen  des  Vom  Vollendeten  verkündeten  Gesetzes 
und  seiner  Disziplin  diese  vom  Hause  in  die  Haus- 
losigkeit  fortziehen  werden:  um  ihn  das  Vorhersehen  2u 
lassen,  zeigte  sich  ihm  das  vierte  erhabene  Traumbild. 

Daß  der  Vollendete,  ihr  Mönche,  reichlich  beschenkt 
wird  mit  Gewand,  Almosenspeise,  Lagerstatt  und  den 
nötigen  Heilmitteln  und  Arzneien  und  sich  derselben 
bedient,  ohne  daran  zu  hängen,  unbetört,  ohne  sich 
zu  Vergehen,  das  Elend  merkend  und  den  Ausweg 
kennend:  um  ihm  das  vorhersehen  zu  lassen,  zeigte 
sich  ihm  das  fünfte  Traumbild. 

Dem  Vollendeten,  ihr  Mönche,  dem  Heiligen,  Voll- 
kommen Erleuchteten,  zeigten  sich  kurz  vor  seiner 
vollkommenen  Erleuchtung,  als  er  noch  ein  Unerleuch- 


(a)  Ursprünglich  bedeutet  dieses  Wort:  Farbe  (vanna).  Die 
vierte  Kaste  der  Knechte  besteht  aus  den  unterworfenen  Urvölkern 
Indiens.  Dieselben  unterscheiden  sich  von  den  drei  ersten  Kasten, 
die  sich  selber  die  Herren  oder  Edlen  (ariyä)  nennen,  durch  ihre 
dunklere  Hautfarbe. 

Beim  Eintritt  in  den  Orden  fällt  jeder  Kastenunterschied  fort, 
und  alle  gelten  als  »Söhne  des  Sakyersohnes«. 

—  219  — 


V  197  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

teter,  ein  »Anwärter  auf  Erleuchtung«  war,  diese 
fünf  erhabenen  Traumbilder  (ä). 

197  Die  Hemmungen  des  Regens 

Fünf  Hemmungen  des  Regens  gibt  es,  ihr  Mönche, 
die  die  Sterndeuter  nicht  kennen,  wo  der  Sterndeuter 
Auge  Versagt:  welche  fünf? 

Wenn,  ihr  Mönche,  hoch  oben  in  den  Lüften  das 
Hitzeelement  in  Erregung  gerät,  so  werden  dadurch 
die  aufgestiegenen  Wolken  verscheucht.  Das,  ihr 
Mönche,  ist  die  erste  Hemmung  des  Regens,  die 
die  Sterndeuter  nicht  kennen,  wo  der  Sterndeuter 
Auge  versagt. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  wenn  hoch  oben  in  den 
Lüften  das  Windelement  in  Erregung  gerät,  so  werden 
dadurch  die  aufgestiegenen  Wolken  Verscheucht.  Das, 
ihr  Mönche,  ist  die  zweite  Hemmung  des  Regens, 
die  die  Sterndeuter  nicht  kennen,  wo  der  Stern- 
deuter Auge  versagt. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  wenn  Rähu  der  Dämonen- 

(a)  Nach  dem  Kommentare  gibt  es  vier  Arten  von  Träumen.  Die 
erste  Art  wird  hervorgerufen  durch  Erregung  von  Galle,  Schleim 
oder  Gase.  Man  träumt,  daß  man  von  einem  Berge  fällt,  durch  die 
Luft  fliegt  oder  von  wilden  Tieren  verfolgt  wird  usw.  Die  zweite 
Art  besteht  aus  Reflexen  früher  gehabter  Eindrücke.  Die  dritte 
Art  ist  durch  gut  oder  übel  gesinnte  Geister  hervorgerufen.  Die 
vierte  Art  besteht  in  Vorbedeutungen  für  kommende  Ereignisse, 
wie  die  obengenannten  Träume  des  Bodhisat.  Die  beiden  ersten 
Arten  von  Träumen,  sagt  der  Kommentar,  sind  unwahre  Träume, 
die  dritte  Art  ist  bisweilen  wahr,  bisweilen  unwahr,  die  vierte  Art 
aber  unter  allen  Umständen  wahr. 

—  220  — 


FÜNFERBUCH  V 198 


könig  (a)  mit  seiner  Hand  Wasser  schöpft  und  in  das 
Weltmeer  gießt,  so  ist  das  die  dritte  Hemmung  des 
Regens,  die  die  Sterndeuter  nicht  kennen,  wo  der 
Sterndeuter  Auge  versagt. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  wenn  die  Götter  der  Regen- 
wolken nachlässig  sind,  so  ist  das  die  Vierte  Hemmung 
des  Regens,  die  die  Sterndeuter  nicht  kennen,  wo 
der  Sterndeuter  Auge  versagt. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  wenn  die  Menschen  tugend- 
los sind,  so  ist  das  die  fünfte  Hemmung  des  Regens, 
die  die  Sterndeuter  nicht  kennen,  wo  der  Stern- 
deuter Auge  versagt-  "    ' 

Das  wohlgesprochene  Wort  198 

Das  mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattete  Wort,  ihr 
Mönche,  ist  wohlgesprochen,  nicht  schlechtgesprochen, 
untadelig,  kann  von  keinem  Verständigen  getadelt 
Werden:   mit  welchen  fünf  Eigenschaften? 

Es  wird  zur  rechten  Zeit  gesprochen,  wahr,  sanft, 
zweckdienlich  und  in  liebevoller  Gesinnung.  — 

(a)  Nach  altindischem  Volksglauben  ist  Rähu  der  Sohn  des 
Viprachitti  und  der  Sinhikä.  Als  einst  die  Götter  mit  der  Un- 
sterblichkeitsspeise (amrita  =  a^ßqoaia)  bedient  wurden,  nahm  er 
sich  etwas  davon  weg  und  wurde  dadurch  unsterblich.  Sonne  und 
Mond  (hier  als  Götter  zu  denken)  aber,  die  dies  bemerkten,  verrieten 
ihn,  und  so  wurde  er  von  Vischnu  enthauptet.  Da  er  aber  durch 
die  Götterspeise  unsterblich  geworden  war,  so  rächt  er  sich  dadurch 
an  Sonne  und  Mond,  daß  er  sie  beide  von  Zeit  zu  Zeit  verschlingt 
und  so  die  Sonnen-  und  Mondfinsternis  hervorruft.  Rähu  bezeichnet 
in  der  Astronomie,  die  in  Indien  auf  das  Höchste  entwickelt  war, 
Sonnen-  oder  Mondfinsternis  bezw.  einen  der  neun  Planeten. 


—  221 


ri99 DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

199     Der  segensreiche  Einfluß  des  sittenreinen 

Mönches 

Zu  einer  Zeit,  ihr  Mönche,  wo  sittenreine  Mönche 
sich  zu  einem  Hause  hinbegeben,  da  erwirl^en  die 
Menschen  aus  fünf  Gründen  großes  Verdienst:  aus 
welchen  fünf? 

Zu  einer  Zeit,  ihr  Mönche,  wo  beim  Anbiicl^e 
der  zu  ihrem  Hause  {kommenden  sittenreinen  Mönche 
der  Menschen  Gedanl<en  sich  erheitern,  zu  einer  solchen 
Zeit,  ihr  Mönche,  hat  jene  Familie  den  Pfad  zum  Himmel 
beschritten. 

Zu  einer  Zeit,  ihr  Mönche,  wo  die  Menschen  den 
zu  ihrem  Hause  kommenden  sittenreinen  Mönchen  auf- 
warten, sie  ehrfurchtsvoll  begrüßen  und'  ihnen  Sitze 
anbieten,  zu  einer  solchen  Zeit,  ihr  Mönche,  hat  jene 
Familie  den  zur  Wiedergeburt  in  hohem  Hause  führen- 
den Pfad  beschritten. 

Zu  einer  Zeit,  ihr  Mönche,  wo  die  Menschen  beim 
Herankommen  eines  sittenreinen  Mönches  zu  ihrem 
Hause  dem  Laster  des  Geizes  entsagen,  zu  einer 
solchen  Zeit,  ihr  Mönche,  hat  jene  Familie  den  zu 
großer  Macht  führenden  Pfad  beschritten. 

Zu  einer  Zeit,  ihr  Mönche,  wo  die  Menschen  ah 
die  zu  ihrem  Hause  kommenden  sittenreinen  Mönche 
nach  Kräften  Gaben  verteilen,  zu  einer  solchen  Zeit, 
ihr  Mönche,  hat  jene  Familie  den  zu  großem  Vermögen 
führenden  Pfad  beschritten. 

Zu  einer  Zeit,  ihr  Mönche,  wo  die  Menschen  die 
zu  ihrem  Hause  kommenden  sittenreinen  Mönche  be- 
fragen, sie  um  Aufklärung  bitten  und  sich  das  Gesetz 
anhören,  zu  einer  solchen  Zeit,  ihr  Mönche,  hat  jene 
Familie  den  Pfad  zu  hohem  Wissen  beschritten. 

—  222  — 


FÜNFERBUCH  \  200 


Zu  einer  Zeit,  ihr  Mönche,  wo  sittenreine  Mönche 
sich  zu  einem  Hause  hinbegeben,  da  erwirl<en  die 
Menschen  aus  diesen  fünf  Gründen  großes  Verdienst. 

Die  fünf  Elemente  der  Befreiung  200 

Fünf  Elemente  der  Befreiung  gibt  es,  ihr  Mönche: 
welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  fühlt  das  Herz  des  Mönches  zur 
Erwägung  der  Sinnenlüste  keinen  Drang,  neigt  nicht 
dazu,  verharrt  nicht  dabei  und  findet  l<eine  Befreiung. 
Zur  Erwägung  der  Gierentsagung  («),  aber  fühlt  sein 
Herz  einen  Drang,  neigt  dazu,  verharrt  dabei  und 
findet  Befreiung.  Sein  Herz  ist  wohlbeschaffen,  wohl- 
entfaltet, völlig  abgewandt,  befreit  und  losgelöst  von 
den  Sinnenlüsten.  Befreit  ist  er  von  jenen  Leiden- 
schaften, jenem  Verdruß  und  jenen  Qualen,  die  zufolge 
der  Sinnenlüste  zum  Entstehen  kommen;  und  jene 
Empfindung  kommt  ihm  nicht  mehr  an.  Das  aber 
nennt  man  die  Befreiung  von  den  Sinnenlüsten. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  fühlt  das  Herz  des  Mönches 
zur  Erwägung  des  Hasses  keinen  Drang,  neigt  nicht 
dazu,  verharrt  nicht  dabei  und  findet  keine  Befreiung. 
Zur  Erwägung  der  Haßlosigkeit  (ß)  aber  fühlt  sein 
Herz  einen  Drang,  neigt  dazu,  verharrt  dabei  und 
findet  Befreiung.    Sein  Herz  ist  wohlbeschaffen,  wohl- 

(a)  n6kkhama  ist,  wenn  es  auch  etymologisch  auf  nis  -}- Vkram, 
hinausziehen,  entsagen  zurückzuführen  ist,  hiernatürUch  so  gebraucht, 
als  ob  es  von  käma,  Sinnenlust,  abgeleitet  sei. 

(ß)  avyäpäda  (Haßlosigkeit),  obzwar  ein  negatives  Wort,  hat 
nichtsdestoweniger  einen  stark  positiven  Sinn  und  ist  ein  Synonym 
von  mettä  (Wohlwollen,  Liebe).  Durch  die  Konzentration  auf 
Liebe  mag  man  die  ersten  drei  Vertiefungen  erreichen. 

—  223  — 


V  200  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

entfaltet,  völlig  abgewandt,  befreit  und  losgelöst  vom 
Hasse.  Befreit  ist  er  von  jenen  Leidenschaften,  jenem 
Verdruß  und  jenen  Qualen,  die  zufolge  des  Hasses 
zum  Entstehen  kommen;  und  jene  Empfindung  kommt 
ihm  nicht  mehr  an.  Das  aber  nennt  man  die  Befreiung 
vom  Hasse. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  fühlt  das  Herz  des  Mönches 
zur  Erwägung  der  Wut  keinen  Drang,  neigt  nicht  dazu, 
Verharrt  nicht  dabei  und  findet  keine  Befreiung.  Zur 
Erwägung  der  Wutlosigkeit  (0)  aber  fühlt  sein  Herz 
einen  Drang,  neigt  dazu,  verharrt  dabei  und  findet 
Befreiung.  Sein  Herz  ist  wohlbeschaffen,  wohlentfaltet, 
Völlig  abgewandt,  befreit  und  losgelöst  von  der  Wut. 
Befreit  ist  er  von  jenen  Leidenschaften,  jenem  Verdruß 
und  jenen  Qualen,  die  zufolge  der  Sinnenlüste  zum 
Entstehen  kommen;  und  jene  Empfindung  kommt  ihm 
nicht  mehr  an.  Das  aber  nennt  man  die  Befreiung 
von  der  Wut. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  fühlt  das  Herz  des  Mönches 
zur  Erwägung  des  Formhaften  keinen  Drang,  neigt 
nicht  dazu.  Verharrt  nicht  dabei  und  findet  keine 
Befreiung.  Zur  Erwägung  des  Formlosen  aber  fühlt 
sein  Herz  einen  Drang,  neigt  dazu,  verharrt  dabei  und 
findet  Befreiung.  Sein  Herz  ist  wohlbeschaffen,  wohl- 
entfaltet, völlig  abgewandt,  befreit  und  losgelöst  Von 
den  Formen.  Befreit  ist  er  von  jenen  Leidenschaften, 
jenem  Verdruß  und  jenen  Qualen,  die  zufolge  der 
Formen  zum  Entstehen  kommen;  und  jene  Empfindung 

(a)  Wutlosigkeit  wird  erweckt  durch  Meditation  des  Mitleides 
(karunä),  wodurch  die  vier  Vertiefungen  entstehen  mögen. 

—    224    — 


FUNFERBUCH  V  200 


kommt  ihm  nicht  mehr  an.  Das  aber  nennt  man  die 
Befreiung  von  den  Formen  (a). 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  fühlt  das  Herz  des  Mönches 
zur  Erwägung  der  Persönlichi<eit  (ß)  keinen  Drang, 
neigt  nicht  dazu,  verharrt  nicht  dabei  und  findet  keine 
Befreiung.  Zur  Erwägung  der  Aufhebung  der  Persön- 
lichkeit aber  fühlt  sein  Herz  einen  Drang,  neigt  dazu. 
Verharrt  dabei  und  findet  Befreiung.  Sein  Herz  ist 
wohibeschaffen,  wohlentfaltet,  völlig  abgewandt,  befreit 
und  losgelöst  von  der  Persönlichkeit.  Befreit  ist  er 
Von  jenen  Leidenschaften,  jenem  Verdruß  und  jenen 
Qualen,  die  zufolge  der  Persönlichkeit  zum  Entstehen 
kommen;  und  jene  Empfindung  kommt  ihm  nicht  mehr 
an.  Das  aber  nennt  man  die  Befreiung  von  der  Per- 
sönlichkeit (y). 

Einem  solchen  haftet  keine  Sinnenlust  mehr  an, 
keine  Lust  zum  Hasse,  keine  Lust  zur  Wut,  keine 
Lust  an  den  Formen,  keine  Lust  zu  der  Persönlichkeit. 
Und  weil  ihm  keine  Lust  mehr  anhaftet,  darum,  ihr 


(a)  »Die  Vertiefungen  in  der  formfreien  Sphäre  bilden  die 
Befreiung  von  den  Formen«  heißt  es  im  Kommentar.  -  Obige 
vier  Erwägungen,  bezw.  Meditationsübungen,  erzeugen  nur  eine 
zeitweilige  Befreiung  von  Sinnenlust,  Haß,  Wut  usw.  Vollkommen 
erloschen  sind  Sinnenlust,  Haß  und  Wut  erst  in  dem  Niewieder- 
kehrenden (anägäml). 

(ß)  sakkäya,  eine  konventionelle  Ausdrucksweise  für  die  das 
Dasein  ausmachenden  fünf  Daseinsaggregate  (kandhä):  Körper- 
lichkeit,  Gefühl,  Wahrnehmung,   Geistesgebilde  und   Bewußtsein. 

(y)  Genau  genommen  tritt  die  Befreiung  von  der  Persönlich- 
keit, besser  gesagt,  der  fünf  Daseinsaggregate,  erst  mit  dem  Tode 
des  Arahat  (Heiligen)  ein,  obgleich  allerdings  alle  schuldvollen 
wie  geistig  leidvollen  Erscheinungen  bereits  beim  Eintritt  in  das 
Arahattum  geschwunden  sind. 

Die  Reden  des  Buddha.   Bd.  II      —    225    —  15 


t  200  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


Mönche,  nennt  man  einen  solchen  Mönch  frei  vom 
Anhaften.  Vernichtet  hat  er  das  Begehren,  abgestreift 
die  Fessel  und  hat  durch  des  Dünkels  Völlige  Durch- 
schauung dem  Leiden  ein  Ende  gemacht. 

Das,   ihr  Mönche,   sind   die  fünf  Elemente  der 
Befreiung. 


—  226  - 


FÜNFERBUCH  T  201 


EINUNDZWANZIGSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  des  Kimbilo 

Die  Dauer  des  Guten  Gesetzes  201 

[Im  Bambushaine  bei  Kimbilä.] 
Der  ehrwürdige  Kimbilo  sprach  zum  Erhabenen: 

>Was  ist  wohl,  0  Ehrwürdiger,  die  Ursache,  was 
der  Grund,  wenn  nach  dem  völligen  Dahinscheiden 
des  Vollendeten  das  Gute  Gesetz  nicht  mehr  lange 
bestehen  bleibt?« 

»Wenn  da,  0  Kimbilo,  nach  dem  Völligen  Dahin- 
scheiden desVollendeten  die  Mönche,Nonnen,  Anhänger 
und  Anhängerinnen  keine  Achtung  und  Ehrfurcht  haben 
vor  dem  Meister,  dem  Gesetze,  der  Jüngerschaft,  der 
Askese  und  voreinander:  das,  0  Kimbilo,  ist  die  Ursache, 
das  der  Grund,  wenn  nach  dem  völligen  Dahinscheiden 
des  Vollendeten  das  Gute  Gesetz  nicht  mehr  lange 
bestehen  bleibt.« 

»Was  ist  aber,  0  Ehrwürdiger,  die  Ursache,  was 
der  Grund,  wenn  nach  dem  völligen  Dahinscheiden 
des  Vollendeten  das  Gute  Gesetz  noch  lange  bestehen 
bleibt?« 

»Wenn  da,  0  Kimbilo,  nach  dem  Völligen  Dahin- 
scheiden des  Vollendeten  die  Mönche,  Nonnen,  An- 
hänger und  Anhängerinnen  Achtung  und  Ehrerbietung 
haben  vor  dem  Meister,  dem  Gesetze,  der  Jüngerschaft, 
der  Askese  und  untereinander:  das,  0  Kimbilo,  ist  die 
Ursache,  das  der  Grund,  wenn  nach  dem  Völligen 
Dahinscheiden  des  Vollendeten  das  Gute  Gesetz  noch 
lange  bestehen  bleibt.« 

—  227  —  15* 


1 202,  203,  206    DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

202  Die  Vorteile  beim  Anhören  des  Gesetzes 

Fünf  Vorteile,  ihr  Mönche,  gewährt  das  Anhören 
des  Gesetzes:  welche  fünf? 

Nicht  Gehörtes  bekommt  man  zu  hören;  das  be- 
reits Gehörte  klärt  sich  auf;  den  Zweifel  wird  man 
los;  die  Erkenntnis  richtet  man  auf;  das  Herz  erheitert 
sich.  Diese  fünf  Vorteile,  ihr  Mönche,  gewährt  das 
Anhören  des  Gesetzes. 

203  Das  Königsroß 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  des  Königs  gutes,  edles  Roß,  würdig  des  Königs, 
des  Königs  Liebling,  gilt  als  zum  Könige  gehörig.  Und 
welche  sind  diese  fünf  Eigenschaften?  Aufrechter  Gang, 
Schnelligkeit,  Sanftmut,  Geduld  und  mildes  Wesen. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  ist  der  mit  fünf  Eigen- 
schaften ausgestattete  Mönch  würdig  der  Opfer,  würdig 
der  Gastfreundschaft,  würdig  der  Gaben,  würdig  des 
ehrfurchtsvollen  Handgrußes,  ist  in  der  Welt  der  beste 
Boden  für  verdienstvolle  Werke.  Und  welches  sind 
diese  fünf  Eigenschaften?  Aufrechter  Wandel,  schnelles 
Erfassen  («),  Sanftmut,  Geduld  und  mildes  Wesen. 

205  Die  fünf  Geistesverhärtungen 

Fünf  Geistesverhärtungen  gibt  es,  ihr  Mönche: 
welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  schwankt  und  zweifelt  der  Mönch 
hinsichtlich  des  Meisters,  ist  ohne  Hingebung  und  Zu- 
versicht. Bei  einem  Mönche  aber,  der  hinsichtlich  des 
Meisters  schwankt  und  zweifelt,  ohne  Hingebung  und 

(a)  Cf.  hierzu  III,  94-96  und  das  Gleichnis  von  dem  wie  der 
Blitz  schießenden  Kämpfer  in  III,  131. 

—  228  — 


FÜNFERBUCH  V206 


Zuversicht  ist,  da  neigt  der  Geist  nicht  zum  Eifer,  zur 
Anstrengung,  Ausdauer  und  zum  Kampfe.  Und  daß 
der  Geist  nicht  zum  Eifer,  zur  Anstrengung,  Ausdauer 
und  zum  Kampfe  neigt:  das  gilt  als  die  erste  Geistes- 
verhärtung. 

Und  fernerhin,  ihr  Mönche,  schwankt  und  zweifeit 
der  Mönch  hinsichtlich  des  Gesetzes,  —  schwankt  und 
zweifelt  hinsichtlich  der  Jüngerschaft,  —  schwankt  und 
zweifelt  hinsichtlich  der  Askese,  —  ist  wegen  seiner 
Ordensbrüder  erregt,  geistig  niedergeschlagen  und  voll 
Widerspenstigkeit.  Bei  einem  Mönche  aber,  der  wegen 
seiner  Ordensbrüder  erregt,  unzufrieden,  geistig  nieder- 
geschlagen und  Voll  Widerspenstigkeit  ist,  da  neigt 
der  Geist  nicht  zum  Eifer,  zur  Anstrengung,  Ausdauer 
und  zum  Kampfe.  Und  daß  der  Geist  nicht  zum  Eifer, 
zur  Anstrengung,  Ausdauer  und  zum  Kampfe  neigt: 
das  gilt  als  die  fünfte  Geistesverhärtung. 

Diese  fünf  Geistesverhärtungen  gibt  es,  ihr  Mönche. 

Die  fünf  Geistesumstrickungen  206 

Fünf  Geistesumstrickungen  gibt  es,  ihr  Mönche: 
welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  hinsichtlich  der 
Sinnendinge  nicht  frei  von  Gier,  Wille,  Neigung,  Durst, 
Fieber  und  Begehren.  Bei  einem  Mönche  aber,  der 
hinsichtlich  der  Sinnendinge  nicht  frei  ist  Von  Gier, 
Wille,  Neigung,  Durst,  Fieber  und  Begehren,  da  neigt 
der  Geist  nicht  zum  Eifer,  zur  Anstrengung,  Ausdauer 
und  zum  Kampfe.  Und  daß  der  Geist  nicht  zum  Eifer, 
zur  Anstrengung,  Ausdauer  und  zum  Kampfe  neigt, 
das  gilt  als  die  erste  Geistesumstrickuhg. 

Und  fernerhin,  ihr  Mönche,  ist  der  Mönch  nicht 

—  229  — 


V  207,  208  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

frei  von  Gier  hinsichtlich  des  Körpers,  —  nicht  frei 
von  Gier  hinsichtlich  der  Formen  («),  —  oder,  wenn 
er  seinen  Leib  vollgegessen  hat,  findet  er  Genuß  daran, 
sich  auszuruhen,  sich  auf  die  Seite  zu  legen  und  ein- 
zuschlummern; —  oder  in  der  Hoffnung  auf  einen 
Himmel  führt  er  den  Heiligen  Wandel,  denkend:  »In- 
folge dieser  Übung  oder  dieser  Buiäaskese  oder  dieses 
Heiligen  Wandels  werde  ich  als  Gott  wiedererscheinen 
oder  als  einer  unter  den  Himmelswesen.«  Bei  einem 
Mönche  aber,  der  in  dieser  Hoffnung  den  Heiligen 
Wandel  führt,  da  neigt  der  Geist  nicht  zum  Eifer, 
zur  Anstrengung,  Ausdauer  und  zum  Kampfe.  Und 
daß  der  Geist  nicht  zum  Eifer,  zur  Anstrengung,  Aus- 
dauer und  zum  Kampfe  neigt:  das  gilt  als  die  fünfte 
Geistesumstrickung. 

Diese  fünf  Geistesumstrickungen  gibt  es,  ihr  Mönche. 

207  Die  guten  Wirkungen  der  Reissuppe 

Fünf  gute  Wirkungen,  ihr  Mönche,  besitzt  die  Reis- 
suppe: sie  vertreibt  den  Hunger,  stillt  den  Durst,  regelt 
die  körperlichen  Gase,  reinigt  den  Leib  und  bringt 
die  unverdauten  Speisereste  zur  Verdauung  (ß). 

208  Die  Nützlichkeit  des  Zahnreinigungsstäbchens 

Fünf  Nachteile,  ihr  Mönche,  hat  der  Nichtgebrauch 
des  Zahnreinigungsstäbchens  zur  Folge:  der  Mund  ge- 
währt einen  üblen  Anblick,  man  riecht  übel  aus  dem 
Munde,  die  Geschmacksnerven  werden  nicht  gereinigt, 

(a)  »der  äußeren  Formen«  sagt  der  Kommentar. 

(ß)  Auch  heute  noch  bildet  in  Ceylon,  besonders  in  den  Klöstern, 
eine  dicke,  bisweilen  breiartige  Reissuppe  die  tägliche  Morgenkost. 
Dieselbe  ist  häufig  mit  der  aus  geschabter  Kokosnuß  ausgepreßten 
sogen.  Kokosmilch  versetzt. 

—  230  — 


FUNFERBUCH  V  209 


Galle  und  Schleim  hüllen  die  Speisen   ein,  und  die 
Speise  bekommt  einem  nicht.  — 

Fünf  Vorteile  aber,  ihr  Mönche,  gewährt  der  Ge- 
brauch des  Zahnreinigungsstäbchens:  der  Mund  ge- 
währt einen  guten  Anblick,  man  riecht  nicht  übel  aus 
dem  Munde,  die  Geschmacksnerven  werden  gereinigt, 
Galle  und  Schleim  hüllen  die  Speisen  nicht  ein,  und 
die  Speise  bekommt  einem  —  («). 

Der  singende  Vortrag  des  Gesetzes  209 

Wer,  ihr  Mönche,  das  Gesetz  in  gedehntem,  singen- 
dem Tone  vorträgt,  der  hat  fünf  Nachteile  zu  erwarten: 
welche  fünf? 

Selber  verstrickt  er  sich  in  seine  Stimme;  die 
anderen  verstricken  sich  in  seine  Stimme;  die  Haus- 
leute murren  darüber  und  sagen:  »Genau  wie  wir 
singen,  so  tun  es  ja  auch  diese  Asketen  des  Sakyer- 
sohnes!«;  wer  auf  den  Tonfall  bedacht  ist,  dessen 
Sammlung  wird  unterbrochen;  sein  Anhang  aber  ahmt 
sein  Beispiel  nach.  Wer,  ihr  Mönche,  das  Gesetz  in 
gedehntem,  singendem  Tone  vorträgt,  der  hat  diese 
fünf  Nachteile  zu  erwarten  (ß). 

(ß)  Das  ^ Zahnholz«  (danta-kattha)  ist  ungefähr  zehn  Zentimeter 
lang.  Das  eine,  zugespitzte  Ende  dient  als  Zahnstocher,  das  stumpfe 
Ende  dagagen  als  Zahnbürste.  Auch  die  Zunge  wird  damit  gereinigt. 
Nach  dem  Gebrauche  wird  es  weggeworfen.  Es  ist  heutzutage  noch 
gerade  so  sehr  in  Gebrauch  wie  es  offenbar  zu  Zeiten  Buddhas 
war,  und  zwar  bedient  man  sich  desselben  sowohl  nach  dem  Auf- 
stehen wie  nach  jeder  Mahlzeit.  Über  die  vorschriftsmäßige  Länge 
dieses  Zahnholzes  gibt  der  Vinayo  genaue  Vorschriften. 

iß)  Häufig  geht  auch  bei  Mönchen  in  Ceylon  der  an  sich 
würdig  klingende  intonierte  Vortrag  in  regelrechtes  Singen  über, 
was  dann  allerdings  geradezu  eine  Übertretung  des  siebenten  Mönch- 
gebotes bedeutet. 

—  231   — 


V  210  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


210  Klarbewußt  einschlafen 

Wer,  ihr  Mönche,  achtlos  und  unklaren  Geistes 
in  Schlaf  verfällt,  hat  fünf  Nachteile  zu  erwarten:  er 
schläft  schlecht,  erwacht  schlecht,  hat  böse  Träume, 
die  Engel  beschützen  ihn  nicht  und  Samenerguß  mag 
eintreten.  Wer  aber,  ihr  Mönche,  achtsam  und  klar- 
bewußt in  den  Schlaf  eintritt,  hat  fünf  Vorteile  zu  er- 
warten: er  schläft  gut,  erwacht  gut,  hat  keine  bösen 
Träume,  die  Engel  beschützen  ihn  und  kein  Samen- 
erguß tritt  ein. 


232  — 


FÜNFERBUCH  T  211, 212, 213 


ZWEIUNDZWANZIGSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Beschimpfung 

Die  bösen  Folgen  der  Beschimpfung  211 

Der  Mönch,  ihr  Mönche,  der  seine  Ordensbrüder 
beschimpft  und  verleumdet  und  die  Edlen  schmäht, 
hat  fünf  böse  Folgen  zu  gewärtigen:  welche  fünf? 

Entweder  er  begeht  ein  »Ausstoßendes  Vergehen« 
(päräjikä)  und  schneidet  sich  so  den  Fortschritt  ab; 
oder  aber  er  begeht  ein  beschmutzendes  Vergehen, 
oder  ein  schweres  Leiden  befällt  ihn;  ein  unruhiger 
Tod  erwartet  ihn;  beim  Zerfalle  des  Leibes  aber,  nach 
dem  Tode,  gelangt  er  auf  den  Abweg,  eine  Leidens- 
fährte, in  verstoßene  Welt,  zur  Hölle.  — 

Die  bösen  Folgen  der  Streitigkeiten  212 

Wer,  ihr  Mönche,  Zank,  Hader  und  Zwist  stiftet, 
Klagen  erhebt  und  in  der  Mönchsgemeinde  Streitig- 
keiten hervorruft,  dieser  Mönch  hat  fünf  böse  Folgen 
zu  gewärtigen:  welche  fünf? 

Das  Unerreichte  erreicht  er  nicht;  das  Erreichte 
schwindet  ihm;  ein  übler  Ruf  verbreitet  sich;  ein  un- 
ruhiger Tod  erwartet  ihn;  beim  Zerfalle  des  Leibes 
aber,  nach  dem  Tode,  gelangt  er  auf  den  Abweg, 
eine  Leidensfährte,  in  verstoßene  Welt,  zur  Hölle.  — 

Die  Folgen  des  Sittenwandels  213 

Den  Sittenlosen,  ihr  Mönche,  treffen  infolge  seiner 
sittlichen  Verkommenheit  fünf  böse  Folgen:  welche 
fünf? 

Da,   ihr  Mönche,  erfährt  der  Sittenlose,  sittlich 

—  233  — 


V  213  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Verkommene,  infolge  seiner  Lässigkeit  große  Ver- 
mögensverluste. Das,  ihr  Mönche,  ist  die  erste  böse 
Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  verbreitet  sich  über  den 
Sittenlosen,  sittlich  Verkommenen,  ein  übler  Ruf.  Das, 
ihr  Mönche,  ist  die  zweite  böse  Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  in  jedweder  Gesellschaft, 
zu  der  sich  der  Sittenlose,  sittlich  Verkommene  hin- 
begibt, —  seien  es  Adelige,  Brahmanen,  Hausväter 
oder  Asketen,  —  da  tritt  er  unsicher  auf,  voll  Ver- 
wirrung.   Das,  ihr  Mönche,  ist  die  dritte  böse  Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  erwartet  den  Sittenlosen, 
sittlich  Verkommenen,  ein  trüber  Tod.  Das,  ihr  Mönche, 
ist  die  vierte  böse  Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  gelangt  der  Sittenlose, 
sittlich  Verkommene,  beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach 
dem  Tode,  auf  den  Abweg,  eine  Leidensfährte,  in 
verstoßene  Welt,  zur  Hölle.  Das,  ihr  Mönche,  ist  die 
fünfte  böse  Folge. 

Den  Sittenreinen  aber,  ihr  Mönche,  treffen  infolge 
seiner  sittlichen  Vollkommenheit  fünf  gute  Folgen: 
welche  fünf? 

Der  Sittenreine,  sittlich  Vollkommene,  ihr  Mönche, 
gewinnt  infolge  seiner  Strebsamkeit  großen  Überfluß 
an  Schätzen.  Das,  ihr  Mönche,  ist  die  erste  gute 
Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  verbreitet  sich  über  den 
Sittenreinen,  sittlich  Vollkommenen  ein  guter  Ruf.  Das, 
ihr  Mönche,  ist  die  zweite  gute  Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche:  in  jedweder  Gesellschaft, 
zu  der  der  Sittenreine,  sittlich  Vollkommene  sich  hin- 
begibt, —  seien  es  Adelige,  Brahmanen,  Hausväter  oder 

—  234  — 


FÜNFERBUCH  T  214, 215 


Asketen,  —  da  tritt  er  voll  Sicherheit  auf,  ohne  Ver- 
wirrung.   Das,  ihr  Mönche,  ist  die  dritte  gute  Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  erwartet  den  Sittenreinen, 
sittlich  Vollkommenen,  ein  ungetrübter  Tod.  Das,  ihr 
Mönche,  ist  die  vierte  gute  Folge. 

Fernerhin,  ihr  Mönche,  gelangt  der  Sittenreine, 
sittlich  Vollkommene,  beim  Zerfalle  des. Leibes,  nach 
dem  Tode,  auf  glückliche  Fährte,  in  himmlische  Welt. 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte  gute  Folge. 

Die  Folgen  der  Gesprächigkeit  und  der        214 
gemessenen  Rede 

Fünf  üble  Folgen,  ihr  Mönche,  zeigen  sich  bei 
einem  gesprächigen  Menschen:  er  redet  unwahr,  ist 
ein  Zwischenträger,  redet  roh,  redet  leeres  Geplapper; 
und  beim  Zerfalle  des  Leibes,  nach  dem  Tode,  gelangt 
er  auf  den  Abweg,  eine  Leidensfährte,  in  verstoßene 
Welt,  zur  Hölle.  — 

Fünf  gute  Folgen  aber,  ihr  Mönche,  zeigen  sich 
bei  dem  edlen  Menschen,  der  gemessen  redet:  er  redet 
nicht  unwahr,  ist  kein  Zwischenträger,  redet  nicht  roh, 
redet  kein  leeres  Geplapper;  und  beim  Zerfalle  des 
Leibes,  nach  dem  Tode,  gelangt  er  auf  glückliche 
Fährte,  in  himmlische  Welt.  — 

Die  Folgen  der  Widerspenstigkeit  und  der     215 
Nachgiebigkeit 

Die  Widerspenstigkeit,  ihr  Mönche,  hat  fünf  üble 
Folgen:  vielen  Menschen  ist  man  unlieb  und  unan- 
genehm; häufig  gerät  man  in  Wut;  viele  Verkehrtheiten 
macht  man;  man  hat  einen  trüben  Tod;  beim  Zerfalle 
des  Leibes  aber,   nach  dem  Tode,  gelangt  man   auf 

—  235  — 


V  217,  218  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

den  Abweg,  eine  Leidensfährte,  in  Verstoßene  Welt, 
zur  Hölle. 

Die  Nachgiebigkeit  aber,  ihr  Mönche,  hat  fünf 
guteFolgen:VielenMenschenist  man  lieb  und  angenehm; 
nicht  gerät  man  in  Wut;  nicht  macht  man  viele  Fehler; 
man  hat  einen  ungetrübten  Tod;  beim  Zerfalle  des 
Leibes  aber,  nach  dem  Tode,  gelangt  man  auf  glück- 
liche Fährte,  in  himmlische  Welt. 

217  Die  Folgen  der  Freundlichkeit  und  Unfreund- 

lichkeit 

0) 

Fünf  üble  Folgen,  ihr  Mönche,  zeigen  sich  beim 
unfreundlichen  Menschen:  selber  macht  er  sich  Vor- 
würfe; die  Verständigen,  die  es  merken,  machen  ihm 
Vorwürfe;  ein  übler  Ruf  verbreitet  sich  über  ihn;  eines 
trüben  Todes  stirbt  er;  beim  Zerfalle  des  Leibes  aber, 
nach  dem  Tode,  gelangt  er  auf  den  'Abweg,  eine 
Leidensfährte,  in  verstoßene  Welt,  zur  Hölle. 

Fünf  gute  Folgen  aber,  ihr  Mönche,  zeigen  sich 
beim  freundlichen  Menschen:  selber  macht  er  sich 
keine  Vorwürfe;  die  Verständigen,  die  es  merken,  loben 
ihn;  ein  guter  Ruf  verbreitet  sich  über  ihn;  eines 
ungetrübten  Todes  stirbt  er;  beim  Zerfalle  des  Leibes 
aber,  nach  dem  Tode,  gelangt  er  auf  glückliche  Fährte, 
in  himmlische  Welt. 

218  Die  Folgen  der  Freundlichkeit  und  Unfreund- 

lichkeit 

(2) 
Fünf  üble  Folgen,  ihr  Mönche,  zeigen  sich  beim 
unfreundlichen  Menschen:  die  Vertrauenslosen  bekom- 
men kein  Vertrauen;  bei  einigen  Vertrauensvollen  tritt 

—  236  — 


FUNFERBUCH  V  219,  220 


eine  Wandlung  ein;  des  Meisters  Weisung  wird  nicht 
erfüllt;  sein  Anhang  ahmt  sein  Beispiel  nach;  und  sein 
Herz  gewinnt  keine  Zuversicht. 

Fünf  gute  Folgen  aber,  ihr  Mönche,  zeigen  sich 
beim  freundlichen  Menschen:  die  Vertrauenslosen 
gewinnen  Vertrauen;  den  Vertrauensvollen  gereichtes 
zu  größerer  Festigkeit;  des  Meisters  Weisung  wird 
erfüllt;  sein  Anhang  ahmt  sein  Beispiel  nach;  und 
sein  Herz  gewinnt  Zuversicht. 

Der  üble  Einfluß  des  Feuers  219 

Fünf  üble  Einflüsse,  ihr  Mönche,  übt  das  Feuer 
aus:  dem  Auge  ist  es  unangenehm,  es  bewirkt  ein 
häßliches  Aussehen,  bewirkt  Schwäche,  begünstigt  die 
Geselligkeit  und  regt  zu  verkehrtem  Gespräche  (a)  an. 

Die  Nachteile  der  Stadt  Madhurä  220 

Fünf  Nachteile,  ihr  Mönche,  bietet  Madhurä:  es 
gibt  dort  Viele  Unebenheiten,  viel  Staub,  Viele  wilde 
Hunde,  viele  wilde  Unholde,  und  Almosen  sind  dort 
schwer  zu  erlangen. 

(a)  Über  die  vielen  Arten  der  »verkehrten  Gespräche«  (tirac- 
chäna-kathä)  s.  X,  69. 


—  237 


T  221,  222  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

DREIUNDZWANZIGSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  des  langen 
Umherwanderns 

221  Die  Folgen  des  zielbewußten  und  des  ziellosen 

Wanderns 

(1) 

Wer,  ihr  Mönche,  lange  und  ziellos  umherwandert, 
den  treffen  fünf  Nachteile:  das  noch  nicht  Gehörte 
bekommt  er  nicht  zu  hören;  über  das  Gehörte  ver- 
schafft er  sich  keine  Klarheit;  in  keiner  Wissenschaft 
wird  er  bewandert;  schweres  Leiden  befällt  ihn;  und 
er  bleibt  ohne  Freunde. 

Fünf  Vorteile  aber,  ihr  Mönche,  gewährt  das  ziel- 
bewußte Wandern:  das  noch  nicht  Gehörte  bekommt 
man  zu  hören;  über  das  Gehörte  verschafft  man  sich 
Klarheit;  in  irgend  einer  Wissenschaft  wird  man  be- 
wandert; keine  schwere  Krankheit  befällt  einen;  und 
man  gewinnt  Freunde. 

222  Die  Folgen  des  zielbewußten  und  des  ziellosen 

Wanderns 

(2) 

Wer,  ihr  Mönche,  lange  und  ziellos  umherwandert, 
den  treffen  fünf  Nachteile:  das  noch  nicht  Errungene 
erringt  er  nicht;  das  bereits  Errungene  schwindet  ihm; 
in  keiner  Wissenschaft  wird  ertüchtig;  schweres  Leiden 
befällt  ihn;  und  er  bleibt  ohne  Freunde. 

Fünf  Vorteile  aber,  ihr  Mönche,  gewährt  das  ziel- 
bewußte Wandern:  das  noch  nicht  Errungene  erringt 

—  238  — 


FÜNFERBUCH  V  2^3,  224,  225 


man;  das  bereits  Errungene  schwindet  einem  nicht; 
in  irgendeiner  Wissenschaft  wird  man  tüchtig;  kein 
schweres  Leiden  befällt  einen;  und  man  gewinnt 
Freunde. 

Allzulange  an  einem  Platze  wohnen  223 

0) 

Allzulange  an  einem  Platze  wohnen,  ihr  Mönche, 
hat  fünf  Nachteile:  Vielerlei  Sachen  häufen  sich  an; 
Viele  Arzneien  speichert  man  auf;  vielgeschäftig  ist 
man,  vieltätig  und  in  allerlei  Arbeiten  verstrickt;  man 
lebt  in  Gesellschaft  von  Hausleuten  und  Mönchen 
und  verkehrt  in  unpassender  Laiengesellschaft;  wenn 
man  aber  jenen  Ort  Verläßt,  geht  man  voller  Sorge  weg. 

Allzulange  an  einem  Platze  w^ohnen  224 

(2) 
Allzulange  an  einem  Platze  wohnen,  ihr  Mönche, 
hat  fünf  Nachteile:  man  wird  selbstsüchtig  hinsichtlich 
der  Wohnung,  hinsichtlich  der  Familien,  hinsichtlich 
der  Geschenke,  hinsichtlich  der  Würde  und  hinsichtlich 
geistigen  Besitzes.  — 

Die  Gefahren  des  Familienverkehrs  225 

(1)   . 

Wer  (von  den  Mönchen),  ihr  Mönche,  in  Familien 
verkehrt,  den  treffen  fünf  Nachteile:  welche  fünf? 

Sobald  er  uneingeladen  Besuche  macht,  vergeht 
er  sich;  sobald  er  an  einem  einsamen  Platze  (allein 
mit  einem  Weibe)  sich  niedersetzt,  vergeht  er  sich; 
sobald  er  an  verstecktem  Platze  (allein  mit  einem 
Weibe)  sich  niedersetzt,  vergeht  er  sich;  sobald  er 
(unter  Vier  Augen)  einem  Weibe  in  mehr  als  fünf  oder 

—  239  — 


T  226,  22:  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

sechs  Worten  das  Gesetz  vorträgt,  vergeht  er  sich; 
und  häufig  Verweilt  er  bei  sinnlichen  Gedanken.  Diese 
fünf  Nachteile  treffen  ihn  («). 

226  Die  Gefahren  des  Familienverkehrs 

(2) 

Fünf  Nachteile,  ihr  Mönche,  treffen  den  in  den 
Familien  verkehrenden  Mönch,  der  über  die  Zeit  hinaus 
in  den  Familien  gesellig  verweilt:  welche  fünf? 

Der  wiederholte  Anblick  des  Weibes;  infolge  des 
Anblicks  die  Zugesellung;  infolge  der  Zugesellung  die 
Vertraulichkeit ;  infolge  der  Vertraulichkeit  das  Herunter- 
kommen; im  Herzen  aber  heruntergekommen,  ihr 
Mönche,  steht  zu  erwarten,  daß  er  entweder  ohne 
Freude  das  Asketenleben  führt  oder  ein  beschmutzen- 
des Vergehen  Verübt  oder  die  Askese  aufgibt  und  zum 
niederen  Weltenleben  zurückkehrt.  Diese  fünf  Nachteile 
treffen  ihn. 

227  Vorteile  und  Nachteile  des  Reichtums 

Fünf  Nachteile,  ihr  Mönche,  besitzt  der  Reichtum: 
er  ist  dem  Feuer  ausgesetzt,  dem  Wasser,  den  Fürsten, 
den  Räubern  und  lieblosen  Erben. 

Fünf  Vorteile  aber,  ihr  Mönche,  besitzt  der  Reich- 
tum: man  macht  sich  damit  selber  glücklich  und  froh 
und  wahrt  sich  vollkommenes  Wohlsein;  man  macht 
die  Eltern  glücklich  und  froh,  —  macht  Frau,  Kinder 
und  Diener  glücklich  und  froh,  —  macht  Freunde  und 
Gefährten  glücklich  und  froh  und  wahrt  ihnen  voll- 
kommenes Wohlsein;  an  Asketen  und  Priester  aber 

(a)  Die  ersten  vier  Nachteile  bestehen  in  Vergehen  gegen  die 
Ordenssatzung  (pätimokkha). 

—  240  — 


FÜNFERBUCH  V  228, 229, 230 


verteilt   man    förderliche   Gabe,    himmlische,    glück- 
bringende,  himmelwärtsführende. 

Die  Nachteile  des  zu  späten  Essens  228 

Fünf  Nachteile,  ihr  Mönche,  zeigen  sich  bei  einer 
erst  gegen  Abend  speisenden  Familie:  welche  fünf? 

Die  Fremden  und  Gäste  beschenkt  man  nicht  zur 
rechten  Zeit;  die  opferempfangenden  Gottheiten  be- 
schenkt man  nicht  zur  rechten  Zeit;  die  Asketen  und 
Priester,  die  nur  zu  einer  Tageszeit  speisen,  des  Nachts 
nüchtern  bleiben  und  vom  abendlichen  Essen  abstehen, 
auch  diese  beschenkt  man  nicht  zur  rechten  Zeit;  die 
Diener  und  Arbeiter  verrichten  ihre  Arbeit  mit  Wider- 
Willen  und  was  immer  man  zur  Unzeit  ißt,  gibt  keine 
Kraft. 

Die  schwarze  Schlange  229 

0) 

Fünf  Nachteile,  ihr  Mönche,  besitzt  die  schwarze 
Schlange:  sie  ist  unrein,  übelriechend,  feige,  gefährlich 
und  treulos  gegen  ihre  Freunde. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  besitzt  das  Weib  diese 
fünf  Nachteile:  es  ist  unrein,  übelriechend,  feige,  ge- 
fährlich und  treulos  gegen  seine  Freunde. 

Die  schwarze  Schlange      >  230 

(2) 

Fünf  Nachteile,  ihr  Mönche,  besitzt  die  schwarze 
Schlange:  sie  ist  boshaft,  jähzornig,  besitzt  ein  gefähr- 
liches Gift,  ist  doppelzüngig  und  treulos  gegen  ihre 
Freunde. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  besitzt  das  Weib  diese 


Die  Reden  des  Buddha.   Bd.  II      —    241 


16 


\  230  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

fünf  Nachteile:  es  ist  boshaft,  jähzornig,  besitzt  ein 
schreckhches  Gift,  ist  doppelzüngig  und  treulos  gegen 
seine  Freunde. 

Daß  da  nämlich,  ihr  Mönche,  das  Weib  häufig  von 
heftiger  Begierde  erfüllt  ist,  darin  besteht  sein  schreck- 
liches Gift.  Daß  es  häufig  Zwischenträgereien  verübt, 
darin  besteht  seine  Doppelzüngigkeit.  Daß  es  häufig 
geschlechtlich  ausschreitet,  darin  besteht  seine  Treu- 
losigkeit gegen  seine  Freunde  (a). 

(a)  Derartige  scharfe  Urteile  wie  die  obigen  sollen  sich  natürlich 
bloß  auf  das  niedrig  gesinnte  Alltagsweib  beziehen,  denn  an  anderen 
Stellen  werden  Frauen,  die  teils  dem  Orden  angehören  und  oft  die 
Vollkommene  Heiligkeit  erreicht  haben,  teils  Laienanhängerinnen 
sind,  von  dem  Buddha  mit  den  höchsten  Lobesworten  gepriesen. 
Nie  wird  eine  Frau  getadelt,  die  z.  B.  die  fünf  Sittenregeln  hält. 


242    — 


FUNFERBUCH  T  231,  232,  233 


VIERUNDZWANZIGSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Klosterbewohner 

Der  unwürdige  Klosterbewohner  231 

Mit  fünf  Dingen  behaftet,  ihr  Mönche,  verdient 
der  im  Kloster  lebende  Mönch  keine  Verehrung:  mit 
welchen  fünf  Dingen? 

Er  erfüllt  nicht  die  Vorschriften  und  Pflichten;  er 
ist  nicht  wissensreich  und  ein  Träger  des  Gesetzes;  er 
lebt  nicht  zurückgezogen,  neigt  nicht  zur  Abgeschieden- 
heit; er  bedient  sich  keiner  edlen  Worte;  führt  keine 
edlen  Gespräche;  er  ist  ohne  Einsicht,  dumm  und 
stumpfsinnig.  — 

Der  beliebte  Klosterbewohner  232 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
wird  der  im  Kloster  lebende  Mönch,  von  seinen  Ordens- 
brüdern geliebt,  geschätzt,  geachtet  und  geehrt:  mit 
welchen  fünf? 

Er  ist  sittenrein  und  lebt  gezügelt  im  Sinne  der 
Ordenssatzung;  ist  wissensreich  und  ein  Träger  des 
Gesetzes;  bedient  sich  edler  Worte,  führt  edle  Ge- 
spräche; der  vier  Vertiefungen  wird  er  nach  Wunsch, 
ohne  Mühe  und  Anstrengung,  teilhaftig;  die  leiden- 
schaftslose Gemütserlösung  und  Wissenserlösung  hat 
er  sich  zu  eigen  gemacht.  — 

Eine  Zierde  des  Klosters  233 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  der  im  Kloster  lebende  Mönch,  eine  Zierde  für 
sein  Kloster:  mit  welchen  fünf  Eigenschaften? 

—  243   -  16* 


T  234,  236  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Er  ist  sittenrein  und  lebt  gezügelt  im  Sinne  der 
Ordenssatzung;  ist  wissensreicii  und  ein  Träger  des 
Gesetzes;  bedient  sicii  edler  Worte,  führt  edle  Ge- 
spräche; versteht  es,  die  Ankommenden  in  Worten  über 
das  Gesetz  zu  belehren,  zu  ermahnen,  zu  ermutigen 
und  zu  ermuntern;  der  vier  Vertiefungen  wird  er  nach 
Wunsch,  ohne  Mühe  und  Anstrengung,  teilhaftig.   — 

234  Eine  Stütze  des  Klosters 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
ist  der  im  Kloster  lebende  Mönch,  eine  große  Stütze 
für  sein  Kloster:  mit  welchen  fünf? 

Er  ist  sittenrein  und  lebt  gezügelt  im  Sinne  der 
Ordenssatzung;  ist  wissensreich  und  ein  Träger  des 
Gesetzes;  was  zerbrochen  und  zerfallen  ist,  stellt  er 
wieder  her.  Kommt  eine  große  Schar  Mönche  heran,  — 
Mönche  aus  den  verschiedensten  Gegenden,  —  so  geht 
er  zu  den  Hausleuten  hin  und  spricht:  »Eine  große 
Schar  Mönche,  Verehrte,  ist  angekommen,  Mönche 
aus  den  verschiedensten  Gegenden.  Tut  gute  Werke! 
Die  Gelegenheit,  Gutes  zu  tun,  ist  nun  da.«  Der  Vier 
Vertiefungen  wird  er  nach  Wunsch,  ohne  Mühe  und 
Anstrengung,  teilhaftig.  Mit  diesen  fünf  Eigenschaften 
ausgestattet,  ihr  Mönche,  ist  der  im  Kloster  lebende 
Mönch  eine  große  Stütze  für  sein  Kloster. 

235  Der  mitleidige  Klosterbewohner 

Mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattet,  ihr  Mönche, 
besitzt  der  im  Kloster  lebende  Mönch  Mitleid  mit  den 
Hausleuten.  Undwelches  sind  diese  fünf  Eigenschaften? 

Zu  hoher  Sittlichkeit  regt  er  sie  an.  In  der  Er- 
kenntnis des  Gesetzes  festigt  er  sie.    Zu  den  Kranken 

—  244  — 


FÜNFERBUCH  V  236,  237 


begibt  er  sich  hin  und  weckt  ihre  Achtsamkeit,  indem 
er  spricht:  »Haltet,  Verehrte,  eure  Achtsamkeit  auf  das 
Heilige  gerichtet!«  Kommt  eine  große  Schar  Mönche 
heran,  —  Mönche  aus  den  verschiedensten  Gegenden, 
—  so  geht  er  zu  den  Hausieuten  hin  und  spricht:  »Eine 
große  Schar  Mönche,  Verehrte,  ist  angekommen, 
Mönche  aus  den  verschiedensten  Gegenden.  Tut  gute 
Werke!  Die  Gelegenheit,  Gutes  zu  tun,  ist  nun  da.« 
Was  man  ihm  an  Speise  darreicht  —  sei  es  grobe 
oder  feine  —  das  verzehrt  er  selber,  läßt  das  aus 
Vertrauen  Gegebene  nicht  umkommen.  — 

Zweierlei  Klosterbewohner  236 

Mit  fünf  Dingen  behaftet,  ihr  Mönche,  gelangt  der 
im  Kloster  lebende  Mönch  seinen  Werken  entsprechend 
zur  Hölle.    Und  welches  sind  diese  fünf  Dinge? 

Ohne  erkannt  und  geprüft  zu  haben,  lobt  er  den 
Tadelnswerten,  tadelt  den  Lobenswerten,  findet  Ge- 
fallen woran  man  Mißfallen  haben  sollte,  Mißfallen 
woran  man  Gefallen  haben  sollte,  läßt  das  aus  Ver- 
trauen Gegebene  umkommen. 

Mit  fünf  Dingen  ausgestattet,  ihr  Mönche,  gelangt 
der  im  Kloster  lebende  Mönch  seinen  Werken  ent- 
sprechend zum  Himmel.  Und  welches  sind  diese 
fünf  Dinge? 

Nachdem  er  erkannt  und  geprüft  hat,  tadelt  er  den 
Tadelnswerten,  lobt  den  Lobenswerten,  findet  Mißfallen 
woran  man  Mißfallen  finden  soll.  Gefallen  woran  man 
Gefallen  finden  soll,  läßt  das  aus  Vertrauen  Gebenene 
nicht  umkommen. 

Mit  fünf  Dingen  behaftet,  ihr  Mönche,  gelangt  der  237 

—  245  — 


V  238,  240  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


im  Kloster  lebende  Mönch  seinen  Werken  entsprechend 
zur  Hölle:  welche  fünf? 

Ohne  erkannt  und  geprüft  zu  haben,  lobt  er  den 
Tadelnswerten,  tadelt  den  Lobenswerten,  ist  voll  Selbst- 
sucht und  Habgier  hinsichtlich  der  Wohnstätte,  ist  voll 
Selbstsucht  und  Habgier  hinsichtlich  der  Familien,  läßt 
das  aus  Vertrauen  Gegebene  umkommen. 
238         —  Ohne  erkannt  und  geprüft  zu  haben,  lobt  er 
den  Tadelnswerten,  tadelt  den  Lobenswerten,  ist  voll 
Selbstsucht  und  Habgier  hinsichtlich  der  Wohnstätte, 
hinsichtlich  der  Familien,  hinsichtlich  der  Gaben. 
240         —  Er  ist  selbstsüchtig  hinsichtlich  der  Wohnstätte, 
hinsichtlich  der  Familien,  hinsichtlich  der  Gaben,  hin- 
sichtlich  der  Würde,   hinsichtlich   geistigen   Besitzes. 
Mit  fünf  Dingen  ausgestattet,  ihr  Mönche,  gelangt 
der  im  Kloster  lebende  Mönch  seinen  Werken  ent- 
sprechend zum  Himmel:  welche  fünf? 

Er  ist  nicht  selbstsüchtig  hinsichtlich  der  Wohn- 
stätte, nicht  selbstsüchtig  hinsichtlich  der  Familien, 
nicht  selbstsüchtig  hinsichtlich  der  Gaben,  nicht  selbst- 
süchtig hinsichtlich  der  Würde,  nicht  selbstsüchtig  hin- 
sichtlich geistigen  Besitzes. 


246 


FÜNFERBUCH       V  241,  (242-244,)  249 


FÜNFUNDZWANZIGSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  des  schlechten  Wandels 

Die  Folgen  des  schlechten  Wandels  241 

Fünf  üble  Folgen,  ihr  Mönche,  hat  der  schlechte  (242244) 
Wandel  (in  Werken,  —  Worten,  —  Gedanken):  welche 
fünf? 

Selber  macht  man  sich  Vorwürfe;  die  Verständigen, 
die  es  merken,  tadeln  einen;  ein  übler  Ruf  Verbreitet 
sich;  eines  trüben  Todes  stirbt  man;  beim  Zerfalle 
des  Leibes  aber,  nach  dem  Tode,  gelangt  man  auf 
den  Abweg,  eine  Leidensfährte,  in  verstoßene  Welt, 
zur  Hölle.  — 

Dem  Leichenfeld  ähnlich  249 

Fünf  üble  Eigenschaften,  ihr  Mönche,  besitzt  das 
Leichenfeld:  es  ist  schmutzig,  übelriechend,  gefährlich,        ^ 
die  Behausung  wilder  Unholde,  die  Klagestätte  vieler 
Menschen. 

Ebenso  auch,  ihr  Mönche,  zeigen  sich  bei  einem 
dem  Leichenfelde  ähnlichen  Menschen  folgende  fünf 
üble  Eigenschaften:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  ist  ein  Mensch  behaftet  mit 
schmutziger  Tat  in  Werken,  Worten  und  Gedanken: 
das  nenne  ich  seinen  Schmutz;  und  dem  schmutzigen 
Leichenfelde  nenne  ich  diesen  Menschen  ähnlich. 

Über  den  mit  schmutziger  Tat  Behafteten  aber 
verbreitet  sich  ein  übler  Ruf:  das  nenne  ich  seinen 
üblen  Geruch;  und  dem  übelriechenden  Leichenfelde 
nenne  ich  diesen  Menschen  ähnlich. 

—  247  — 


V  250  DIE  REDEN  DES  BUDDHA 

Dem  mit  schmutziger  Tat  Behafteten  aber  weichen 
die  guten  Ordensbrüder  schon  von  Ferne  aus:  das  nenne 
ich  seine  Gefährhchl^eit;  und  dem  gefährlichen  Leichen- 
felde nenne  ich  diesen  Menschen  ähnlich. 

Der  mit  schmutziger  Tat  Behaftete  aber  lebt  mit 
Seinesgleichen  zusammen:  das  nenne  ich  sein  wildes 
•  Hausen;    und  dem  von  wilden  Unholden   behausten 
Leichenfelde  nenne  ich  diesen  Menschen  ähnlich. 

Sobald  aber  den  mit  schmutziger  Tat  Behafteten 
die  guten  Ordensbrüder  erblicken,  brechen  sie  in  Klagen 
aus:  »Ach,  ist  das  ein  Elend  für  uns,  daß  wir  mit 
derartigen  Menschen  zusammenleben  müssen!«:  das 
nenne  ich  eine  Klagestätte;  und  dem  die  Klagestätte 
vieler  Menschen  bildenden  Leichenfelde  nenne  ich 
diesen   Menschen  ähnlich. 

Diese  fünf  üblen  Eigenschaften,  ihr  Mönche,  be- 
sitzt der  dem  Leichenfelde  ähnliche  Mensch. 

250     Die  üblen  Folgen  persönlicher  Zuneigung 

Fünf  üble  Folgen,  ihr  Mönche,  hat  die  persönliche 
Zuneigung:  welche  fünf? 

Da,  ihr  Mönche,  hat  die  Person,  zu  der  man 
Zuneigung  hegt,  ein  derartiges  Vergehen  begangen, 
daß  ihn  die  Mönchsgemeinde*  verstößt.  Da  sagt  man 
sich:  »Der  Mensch,  der  mir  lieb  und  teuer  ist,  wurde 
von  der  Mönchsgemeinde  verstoßen.«  Daher  ist  man 
voll  Abneigung  gegen  die  Mönche;  und  voll  Abneigung 
gegen  die  Mönche  pflegt  man  mit  den  anderen  Mönchen 
keinen  Verkehr.  Mit  den  anderen  Mönchen  aber  keinen 
Verkehr  pflegend,  bekommt  man  das  Gute  Gesetz  nicht 
zu  hören.    Indem   man  aber  das  Gute  Gesetz  nicht 

—  248   — 


FUNFERBUCH  V  260 


hört,  fällt  man  vom  Guten  ab.    Das,  ihr  Mönche,   ist 
die  erste  üble  Folge  der  persönlichen  Zuneigung. 

Und  fernerhin,  ihr  Mönche,  da  hat  die  Person,  zu 
der  man  Zuneigung  hegt,  ein  derartiges  Vergehen 
begangen,  daß  ihn  die  Mönchsgemeinde  abseits  nieder- 
zusitzen  bittet,  —  oder  jene  Person  ist  in  ferne 
Länder  fortgezogen,  —  oder  ist  dem  Wahnsinne  ver- 
fallen, —  oder  ist  gestorben.  Da  sagt  man  sich:  »Der 
Mensch,  der  mir  lieb  und  teuer  ist,  ist  gestorben.« 
Daher  ist  man  voll  Abneigung  gegen  die  Mönche;  und 
Voll  Abneigung  gegen  die  Mönche,  pflegt  man  mit  den 
anderen  Mönchen  keinen  Verkehr.  Mit  den  anderen 
Mönchen  aber  keinen  Verkehr  pflegend,  bekommt  man 
das  Gute  Gesetz  nicht  zu  hören.  Indem  man  aber 
das  Gute  Gesetz  nicht  hört,  fällt  man  vom  Guten  ab. 
Das,  ihr  Mönche,  ist  die  fünfte  üble  Folge  der  persön- 
lichen Zuneigung.  — 


249 


DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


SECHSUNDZWANZIGSTER  TEIL: 

Das  Kapitel  der  Mönchsweihe 

Der  würdige  Ordenslehrer 

Der  mit  fünf  Eigenschaften  ausgestattete  Mönch, 
ihr  Mönche,  mag  die  »Mönchsweihe«  (upasämpadä) 
vollziehen,  —  mag  seinen  »Beistand«  (nissaya)  er- 
teilen (a),  —  mag  einen  als  »Novizen«  (sämanera)  auf- 
nehmen.   Und  welches  sind  diese  fünf  Eigenschaften? 

Da,  ihr  Mönche,  eignet  dem  Mönch  das  zu  einem 
Kampfesiedigen  gehörige  Gebiet  der  Sittlichkeit,  der 
Sammlung,  der  Einsicht,  der  Erlösung  und  des  Er- 
kenntnisblickes der  Erlösung.  — 

Die  Selbstsucht 

(1) 

Fünf  Arten  der  Selbstsucht  gibt  es,  ihr  Mönche: 
welche  fünf? 

Hinsichtlich  der  Wohnstätte,  hinsichtlich  der  Fami- 
lien, hinsichtlich  der  Gaben,  hinsichtlich  der  Würde 
und  hinsichtlich  geistigen  Besitzes.  Die  gemeinste 
aber  unter  diesen  fünf  Arten  der  Selbstsucht,  ihr 
Mönche,  ist  die  Selbstsucht  hinsichtlich  geistigen 
Besitzes. 

—  Zur  Überwindung  und  Zerstörung  dieser  fünf 
Arten  der  Selbstsucht,  ihr  Mönche,  führt  man  den 
Heiligen  Wandel.  —  Ohne  die  Selbstsucht  überkommen 
zu  haben,  ist  man  außerstande,  die  Vier  Vertiefungen 
zu  erreichen,  sowie  die  Frucht  des  Stromeintrittes,  der 


(a)  Über  upasämpada  und  nissaya  s.  Anm.  zu  V,  79. 
—  250  — 


FUNFERBUCH 


Einmal-Wiederkehr,  der  Niewiederkehr  und  der  Heilig- 
keit zu  verwirklichen. 

—  Wer  aber,  ihr  Mönche,  diese  fünf  Dinge  über- 
kommen hat,  ist  wohl  imstande,  die  vier  Vertiefungen 
zu  erreichen,  sowie  die  Frucht  des  Stromeintrittes,  der 
Einmal-Wiederkehr,  der  Niewiederkehr  und  der  Heilig- 
keit zu  verwirklichen. 

Die  Selbstsucht 

(2) 

Ohne,  ihr  Mönche,  fünf  Dinge  überkommen  zu 
haben,  ist  man  außerstande,  die  vier  Vertiefungen  zu 
erreichen,  sowie  die  Frucht  des  Stromeintrittes,  der 
Einmal-Wiederkehr,  der  Niewiederkehr  und  der  Heilig- 
keit zu  verwirklichen.  Und  welches  sind  diese  fünf 
Dinge? 

Selbstsucht  hinsichtlich  derWohnstätte,  Selbstsucht 
hinsichtlich  der  Familien,  Selbstsucht  hinsichtlich  der 
Gaben,  Selbstsucht  hinsichtlich  der  Würde,  sowie 
Undank  und  Unerkenntlichkeit.  — 

Klosterordnung 

Sind,  ihr  Mönche,  bei  einem  Mönche  fünf  Dinge 
anzutreffen,  so  sollte  er  nicht  zum  Speiseverteiler 
ernannt  werden:  welche  fünf? 

Wenn  er  auf  dem  bösen  Pfade  der  Gier  wandelt, 
des  Hasses,  der  Verblendung  und  der  Feigheit  und  er 
das  Festgesetzte  und  Nichtfestgesetzte  nicht  kennt. 

Sind  aber,  ihr  Mönche,  bei  einem  Mönche  diese 
fünf  Dinge  nicht  anzutreffen,  so  mag  er  zum  Speise- 
Verteiler  ernannt  werden. 

—  Sind,  ihr  Mönche,  bei  einem  Mönche  diese 

-  251    - 


DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


fünf  Dinge  anzutreffen,  so  sollte  er  nicht  zum  Speise- 
verteiler ernannt  werden  und,  wenn  er  bereits  dazu 
ernannt  ist,  nicht  (zum  Verteilen)  aufgefordert  werden. 
Sind  aber  diese  fünf  Dinge  nicht  bei  ihm  anzutreffen, 
so  mag  er,  wenn  er  dazu  ernannt  ist,  (zum  Verteilen) 
aufgefordert  werden.  Wer  diese  fünf  Dinge  besitzt, 
ist  ein  Tor,  wer  nicht,  ein  Weiser.  Wer  diese  fünf 
Dinge  besitzt,  hält  sein  Herz  befleckt  und  unrein, 
wer  nicht,  hält  es  unbefleckt  und  rein. 

Wer  diese  fünf  Dinge  besitzt,  gelangt  seinenWerken 
entsprechend  zur  Hölle,  wer  nicht,  zum  Himmel. 

—  Wer  (als  fünfte  Eigenschaft)  nicht  weiß,  Was 
angeordnet  ist  und  was  nicht,  der  sollte  nicht  zum 
Wohnstättenanordner  ernannt  werden;  wer  es  aber 
weiß,  mag  dazu  ernannt  werden. 

—  Wer  nicht  weiß,  was  bewacht  ist  und  was  nicht, 
der  sollte  nicht  zum  Schatzmeister  ernannt  werden; 
wer  es  aber  weiß,  mag  dazu  ernannt  werden. 

—  Wer  nicht  weiß,  was  empfangen  werden  darf 
und  Was  nicht,  der  sollte  nicht  zum  Empfänger  von 
Gewändern  ernannt  werden;  wer  es  aber  weiß,  mag 
dazu  ernannt  werden. 

—  Wer  nicht  weiß,  was  verteilt  wird  und  was 
nicht,  der  sollte  nicht  zum  Verteiler  von  Gewändern, 
Reissuppe,  Früchten  und  Kauwaren  ernannt  werden; 
wer  es  aber  weiß,  mag  dazu  ernannt  werden. 

—  Wer  nicht  weiß,  was  empfangen  wurde  und 
was  nicht,  der  sollte  nicht  zum  Verteiler  von  Über- 
würfen und  Almosenschalen  ernannt  werden;  wer  es 
aber  weiß,  mag  dazu  ernannt  werden. 

—  Wer  nicht  weiß,  wer  abgeschickt  wird  und 


—  252  — 


FÜNFERBUCH 


wer  nicht,  der  sollte  nicht  zum  Entsender  von  Kloster- 
dienern und  Novizen  ernannt  werden;  wer  es  aber 
weiß,  mag  dazu  ernannt  werden. 

Die  allgemeine  Geltung  des  Gesetzes 

Ob  Mönch^  Nonne  oder  Klosterschüler,  ob  männ- 
licher oder  weiblicher  Novize,  Anhänger  oder  An- 
hängerin, ob  nackter  Bettelasket  («),  Niganther  (/?), 
Jünger  der  Niganther,  Flechtenträger  (y),  Wanderasket, 
Barde  (<?),  Dreistabträger  (e),  Verschlossener,  Gotamide 
oder  Gottergebener  — :  bei  wem,  ihr  Mönche,  fünf 
Dinge  anzutreffen  sind,  der  gelangt  seinen  Werken 
entsprechend  zur  Hölle:  welche  fünf? 

Das  Töten,  Stehlen,  geschlechtliche  Ausschreiten, 
Lügen  und  Genießen  berauschender  Getränke. 

Bei  wem  aber,  ihr  Mönche,  diese  fünf  Dinge 
nicht  anzutreffen  sind,  der  gelangt  seinen  Werken 
entsprechend  zum  Himmel. 

(a)  äjTvaka. 

iß)  Die  Ungebundenen  oder  Nigänthas  bilden  den  von  Nätha- 
putto  gestifteten  und  noch  heute  bestehenden  Orden  der  Jainos. 
Über  ihre  Lehre  s.  III,  74. 

(y)  jatila.  Diese  Klasse  von  Asketen  trägt  langes  geflochtenes  Haar. 
((f)  Die  Kaste  der  Barden   (mägadha   oder  mägadhika)  soll 
zurückgehen  auf  die  Verbindung  einer  Adeligen  mit  einem  Bürger- 
lichen.   Die  Angehörigen  dieser.  Kaste  sind  berufsmäßige  Sänger, 
die  an  den  Höfen  die  Ruhmestaten  der  Fürsten  besingen. 

(e)  Diese  Asketen  tragen  drei  zusammengebundene  Stäbe  mit 
sich,  offenbar  als  Symbol  für  die  dreifache  Zügelung  in  Werken, 
Worten  und  Gedanken.    In  Manusmriti  heißt  es: 
»vägdando'  tha  manodandah 
käyadandasya'  thaiva  ca. 
yasyaite  nihitä  buddhau, 
tridandi  ti  ucyate.«  (cit.  Vaidya.) 

—  253  — 


DIE  REDEN  DES  BUDDHA 


Erlöschung 

Zur  Erkennung  und  völligen  Durchschauung  von 
Gier,  ihr  Mönche,  von  Haß,  Verblendung,  Zorn,  Wut, 
Verkleinerungssucht,  Neid,  Geiz,  Gleisnerei,  Falschheit, 
Hartnäckigkeit,  Heftigkeit,  Dünkel,  Hochmut,  Eitelkeit 
und  Nachlässigkeit,  und  zu  dieser  Dinge  völligen  Ver- 
nichtung, Überwindung,  Versiegung,  Erlöschung,  Ab- 
wendung, Zerstörung,  Entsagung  und  Loslösung,  hat 
man  fünferlei  Dinge  zu  üben:  welche  fünf? 

Die  Betrachtung  über  die  Unreinheit,  den  Tod, 
das  Elend,  die  Widerlichkeit  der  Nahrung  und  die 
Reizlosigkeit  des  ganzen  Daseins. 

—  Die  Betrachtung  über  die  Vergänglichkeit,  die 
Wesenlosigkeit,  den  Tod,  die  Widerlichkeit  der  Nahrung 
und  die  Reizlosigkeit  des  ganzen  Daseins. 

—  Die  Betrachtung  über  die  Vergänglichkeit,  das 
Leiden  bei  der  Vergänglichkeit,  die  Wesenlosigkeit 
beim  Leiden,  die  Überwindung  und  die  Abwendung. 

—  Die  Fähigkeit  und  die  Kraft  des  Vertrauens, 
des  Willens,  der  Achtsamkeit,  der  Sammlung  und  der 
Einsicht. 


Ende  des  Fünferbuches. 


-  254 


THEOSOPHISCHES  VERLAGSHAUS    /    LEIPZIG 


JATAKAM 

Das  Buch  öer  Erzählungen  aus 
früheren   Existenzen  Buööhas 

Aus  öem  Päli  übersetzt  von 
Prof.  Dr.  JULIUS  DUTOIT 

Komplett  von  Banö  I— VII. 
]eöer  Banö  broschiert  M.  30.—,    gebunöen  M.  40. 


D 


[::€]  D  Bd 


er  als  Pali-Übersetzer  rühmlichst  bekannte  Verfasser  Prof. 
—  Dr.  Dutoit  überreicht  mit  öem  jatakam  öen  Deutschen  Freunöen 
öes  Buööhismus  eines  öer  großzügigsten  Übersetzungswerke 
von  hoher  kulturhistorisdier  Beöeutung. 

Das  Werk  j'jatakam«  besteht  aus  547  Erzählungen  unö  ist 
eine  öer  umfangreichsten  unö  hervorragenösten  Sammlungen 
von  jatakas  (=  Vorgeburtsgeschichten).  }eöes  Jataka  glieöert 
sich  in  zwei  Hauptteile,  nämlich  in  öie  Begebenheit  aus  öer  Zeit 
Buööhas  unö  in  öie  öamit  verbunöene  Erzählung  aus  seiner 
Vergangenheit,  öas  eigentliche  ]ataka,  öas  in  einem  oöer  mehreren 
Versen  gipfelt,  öie  Buööha  bei  öieser  Gelegenheit  gesprochen  hat. 
Diese  Verse  sinö  öer  älteste  Bestanöteil  öes  }ataka-Buches  unö 
gehören  zu  öen  kanonischen  Schriften  öes  süölidien  Buööhismus. 

Die  Erzählungen  öes  ]atakam  wuröen  von  öen  inöischen 
Buööhisten  für  besonöers  heilig  erklärt  unö  sinö  in  unzähligen 
Verwanölungen  in  öie  Märchenliteratur  öer  ganzen  Welt  über- 
gegangen. 

Die  zweite  Hälfte  öes  VII.  Banöes  ist  ausgefüllt  öurch  eme 
Anzahl  Register,  öie  öas  Übersetzungswerk  in  seinem  ganzen 
Umfange  leichter  benutzbar  machen  sollen.  Neben  öem  Namen- 
unö  öem  Sadiregister,  öas  viel  Interessantes  für  inöische  Volks- 
kunöe  bringt,  ist  besonöers  wichtig  öie  Zusammenstellung  öer 
verschieöenen  Märchenstoffe,  öie  sich  in  öen  einzelnen  Er- 
zählungen finöen;  öiese  soll  öer  vergleichenöen  Sagenforschung 
öas  inöisdi-buööhistische  Material  in  leichterer  Übersichtlichkeit 
zur  Verfügung  stellen,  — 


THEOSOPHISCHES  VERLAGSHAUS  /  LEIPZIG 
Von    Dr.   PAUL   DAHLKE   sinö   erschienen: 

Buööhismus  als  Religion  unö  Moral 

Preis  brosdiiert  M.  15.— 

Inhalt:  Was  ist  Religion?  —  Glaube  und  Religion  —  Der  Kulturwert  der 
Glaubensreligionen  —  Muß  der  Mensrh  glauben?  —  Die  ursprüngliche  Buddha- 
Lehre  —  Das  religiöse  Moment  des  Buddhismus  —  Nibbana  und  Parinibbana 

—  Das  Leiden  im  Buddhismus  —  Buddhismus  als  Erfahrungsreligion  —  Der 
Gottbegriff  im  Buddhismus  —  Die  Kirche  im  Buddliisraus  —  Mönchtum  und 
Opfer  —  Buddhismus  als  Moral  —  Einige  Vorzüge  buddhistischer  Moral  — 
Einzelne  Kapitel  aus  der  buddhistischen  Moral  —  Das  Problem  der  Willens- 
freiheit —  Gebet  und  Wunder  —  Die  Zukunft  des  Buddhismus. 

Die  Beöeutung  öes  Buööhismus  für 
unsere  Zeit 

Preis  broschiert  M.  3, — 

Die  »Deutsche  Literaturzeitungc  1913  Nr.  12  urteilt:  Den  Eindruck  wird 
der  Leser  aus  den  gedankenschweren  wenigen  Blättern  gewinnen:  in  Dahlke 
hat  der  missionierende  Buddhismus  unserer  Tage  einen  abendländischen  Apostel, 
der  sehr  wohl  da  und  dort  auch  einen  Agrippa  linden  mag,  dem  er  das 
Kompliment  abzwingt:  »Es  fehlet  nicht  viel,  du  überredest  mich.« 

Buööhismus  als  Weltanschauung 

Preis  broschiert  M.  30. — ,  gebunben  M.  40. — 

Inhalt:    Erster  Aufsatz:  Was  ist  Weltanschauung  und  ist  sie  notwendig? 

—  Zweiter  Aufsatz:  Glaube  und  Weltanschauung.  —  Dritter  Auf satz :  Wissen- 
schaft und  Weltanschauung.  —  Vierter  Aufsatz:  Zur  Einführung  in  die  Ge- 
dankenwelt des  Buddha-Gautama.  —  Fünfter  Aufsatz :  Der  Buddhismus  als 
Weltanschauung.   -  Sechster  Aufsatz:   Der  Buddhismus  als  Arbeitshypothese. 

—  Siebenter  Aufsatz :  Der  Buddhismus  und  das  Problem  der  Physik.  —  Achter 
Aufsatz :  Der  Buddhismus  und  das  Problem  der  Physiologie.  —  Neunter  Aufsatz : 
Der  Buddhismus  und  das  Problem  der  Biologie.  —  Zehnter  Aufsatz :  Der  Buddhis- 
mus und  das  Problem  der  Kosmologie.  —  Elf ter  Aufsatz :  Der  Buddhismus  und 
das  Problem  des  Denkens.  —  Abschluß.  — 

Aus  öem  Reiche  öes  Buööha 

Sieben  Erzählungen 
Preis  broschiert  M.  15. — 

Inhalt:  Suryagodas  Erwachen.  —  Nala  der  Schweiger.  —  II  Penseroso.  — 
Die  Liebesgabe.  —  Helene  von  Hoeven.  —  Valmikas  Hängen.  —  Der  heilige 


Kreis. 


Englische  Skizzen 

Preis  brosdiiert  M.  10.— 
Auf  öiese  Preise  kommen  nodi  200/0  Teuerungszuschlag. 

Druck  von  E.  R.  Herzog  in  Meerane  i.  Sa. 


f-  io. 


^i.  ^<.  - 


/-  "1 


PK  Anguttaranikaya 

4.591       Die  Reden  des  Buddha 

A6I5  2.  Aufl. 

V.5 


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