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Full text of "Die Rohstoffe des Pflanzenreichs : versuch einer Technischen Rohstofflehre des Pflanzenreiches"

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DIE    ROHSTOFFE 


DES 


PFLANZENREICHES 

VOM 

Dr.  JULIUS  VON  WIBSNER 


10.  BAND 


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VERLAG  VON  UlHEIl!  EMiSJ^iAHN  lEimä 


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DIE  ROHSTOFFE 


DES 


PFJLANZENEEICHES 

VERSUCH  EINER  TECHNISCHEN 
RdllSTOFFLEHRE  DES  PFLANZENREICHES 

UNTER  MITWIRKUNG 


Hofrat  Proi 
iK  Wien;  Re' 
Prof.  Dr.  Y. 
Dr.  G.  van  1 
Prof.  Dr.  F 
Prof.  Dr.  K. 
Hofrat  Prof 
Dr.  K.  WI 


vox 
Dr.  MAX  BAMBERGI:R  in  Wien;  Prof.  Dr.  WILH.  FIGDOR 
erungsrat  Prof.  Dr.  T.  F.  HANAUSEK  i  in  Wien;  Hofrat 
V.  HÖHNEL  IN  Wien;  Prof.  Dr.  M.  HONIG  in  Brunn;  Prof. 
ERSON  in  Delft;  Prof.  Dr.  F.  KRASSER  in  Prag;  Hofrat 
AFAR  IN  Wien;  Prof.  Dr.  K.  LINSBAUER  in  Graz;  Hofrat 

OSCH  +  IN  Brunn;  Hofrat  Prof.  Dr.  J.  MOELLER  in  Wien; 
Dr.  H.  molisch  in  Wien;    Pro£\  J.  WEESE;   Hofrat  Prof. 

HELM  in  Wien  und  Hofrat  Prof.  Dr.  S.  ZEISEL  in  Wien 

VON 

D"  JULIUS  VON  WIESNERt 

MIE  UND  PHYSIOLOGIE  DER  PFLANZEN  UND  DIREKTOR  DES  PFLANZENPHYSIOL.  INSTITUTES 
JSITÄT  I.  R.,  WIBKL.  MITGL.  DER  KAISERL.  AKAD.  DER  VVISS.  IN  WIEN,  KORR.  BZW.  AUSWÄRT. 
AKAD.  DER   WISS.  IN   BERLIN,  MÜNCHEN,  PARIS,  ROM,  STOCKHOLM,  KOPENHAGEN, 
ST.  PETERSBURG   UND    TURIN    USW. 

DRITTH  UMGEARBEITETE  UND  ERWEITERTE  AUFLAGE 

NACH  DEM  tUe  J.  VON  WIESNERS  UND  T.  F.  HANAUSEKS 

FORTGESETZT  VON  J.   MOELLER 


O.  O.  PROF.  DER  ANAT 

AN  DER  WIENER  UNIV 

MITGLIED  DES 


DRITTER  BAND 

MIT   332   T  E  X  T  F  I  G  U  R  E  N 


LEIPZIG 

VERLAG  VON  WILHELM  ENGELMANN 

1921 


Alle  Rechte,  insbesondere  das  der  Übersetzung,  vorbehalten. 
Copyright  by  Wilhelm  Engelmann  1921. 


/ 


Vorbemerkimg  zum  dritten  Bande 
der  dritten  Auflage. 


Auch  Hanausek,  dem  Wiesner  neben  mir  die  Fortsetzung  dieses 
Werkes  anvertraut  hatte  i),  ist  aus  dem  Leben  geschieden;  am  4.  Fe- 
bruar 1918  erlag  der  Nimmermüde  einem  langjährigen  Herzleiden.  So 
blieb  mir,  der  ich  auch  am  Ende  meiner  Tage  stehe,  die  Aufgabe,  das 
literarische  Vermächtnis  des  Altmeisters  zu  vollstrecken.  Die  Kriegsnot 
erschwerte  und  verzögerte  die  Arbeit.  Die  bereits  abgelieferten  Beiträge 
waren  z.  T.  veraltet  und  bedurften  namentlich  mit  Rücksicht  auf  die 
neue  Literatur  mancher  Ergänzung.  Dieser  mühevollen  Aufgabe  unter- 
zog sich  bezüglich  der  Beiträge  Wiesners  und  Hanauseks  Herr 
Prof.  Weese,  der  auch  die  z.  T.  nur  in  Skizzen  vorliegenden  Figuren 
zeichnete  und  das  Register  bearbeitete.  Ihm  gebührt  auch  an  dieser 
Stelle  mein  und  der  Leser  Dank. 

Wien,  im  September  1950. 

J.  Moeller. 


1)  S.  die  Vorbemerkungen  zum  zweiten  Bande. 


Inhaltsübersicht. 


Siebzehnter  Abschnitt. 


Fasern    von    J.    Wiesner    ■{•    und 

S.  Zeisel,  ergänzt  von  J.  Weese  I 

I.  Anatomischer  Bau 2 

II.  Physikalische  Eigenschaften     .  9 

III.  Chemische  Charakteristik     .    .  25 

IV.  Kennzeichen 36 

V.  Übersicht  der  Faserpflanzen    .  62 

VI.  Spezieller  Teil 97 

1.  Baumwolle 100 

2.  Wolle  der  Wollbäume  .    .    .139 

3.  VegetabiHsche  Seide  .    .    .    .146 

4.  Flachs 154 

3.  Hanf 184 

6.  Gambohanf 195 

7.  Faser  von  Crotalaria  juncea  .  200 

8.  >         »    Sida  retusa.    .    .    .  204 

9.  »        >    Calotropis  gigantea  207 
10.  Boehmeriafaser 208 

II.  Nesselfaser 223 

12.  Jute 238 

13.  Abelmoschusfaser 251 

14.  Urenafaser 254 

15.  Bauhiniafaser 257 

16.  Thespesiafaser 258 

17.  Gordiafaser 261 

18.  Lindenbast 264 

19.  Sterculiabast 267 

20.  Holopteleabast 269 

21.  Kydiabast 271 


Seite 

22.  Gnidiabast 272 

23.  Tremabast 275 

24.  Musafasern 277 

25.  Agavefasern  (Pite,  Sisal)      ...  286 

Sisalhanf 297 

Kantalahanf 302 

Henequen 308 

26.  Mauritiushanf 313 

27.  Neuseeländischer  Flachs.    .    .    .314 

28.  Aloefaser 318 

29.  Bromeliafaser 320 

30.  Sansevieriafaser 323 

31.  Esparto 327 

32.  Piassave 334 

33.  Pandanusfaser 342 

34.  Raphiafaser 344 

33.  Posidoniafaser 347 

36.  Tillandsiafaser 350 

37.  Kokosfaser 337 

38.  Torffaser 362 

Papierfasern 367 

39.  Strohfaser 371 

40.  Espartofaser 377 

41.  Bambuspapiere 379 

42.  Holzfaser 381 

43.  Papiermaulbeerfaser 384 

44.  Edgeworthiafaser 387 

45.  Torffaser 389 

Anhang:  Arahamark 390 

Geschichtliches  ....  392 


Inhaltsübersicht. 


Achtzehnter  Ahschnitt. 


Unterirdische   Pflanzenteile  von 

J.  Moeller 406 

Übersicht 4  07 

Besonderer  Teil 429 

1.  Vetiverwurzel 429 

2.  Kalmus 431 

3.  Veilchenwurzel 4  35 

4.  Ingwer 439 


Seite 

5.  Gelbwurzel 443 

6.  Canaigre 447 

7.  Seifenwurzel 430 

8.  Bodawurzel    . 45G 

9.  Süßholz 437 

10.  Alkannawurzel 463 

11.  Krapp      467 

12.  Morinda 470 


Zuckerrübe  von  F.  Krasser 473 


Neunzehnter  Abschnitt. 


Seite 

Blätter  und  Kräuter  von  T.  F.  Ha- 

nausekf,  ergänzt  vonJ.  Weese  490 

Übersicht 492 

Besonderer  Teil 524 

1.  Wau 524 

2.  Weichselblätter 526 

3.  Färberginster 530 

4.  Sumach 531 


Zuckerrohr  von  G.  van  Iterson  jr. 


Seite 

ö.  Shiniablätter 543 

6.  Henna 347 

7.  Rosmarin 549 

8.  Pfeffei'minze .t51. 

9.  Krauseminze 353 

10.  Patschuü 357 

11.  'I  abak 365 

12.  Triiisablätter 380 

583 


Zwanzigster  Abschnitt. 


Seite 
Blüten  u.  Blütenteile  von  K.  Lins- 
bauer     397 

Übersicht 597 

Besonderer  Teil 609 

1.  Safran 609 

Calendula-Blüten .    .    .    .    .    .   617 

2.  Champaca-Blüten 618 

3.  Ylang-Ylang 619 


Seite 

4.  Rosenblätter 622 

3.  Orangenblüten 629 

6.  Malvenblüten 632 

7.  Gewürznelken 634 

8.  Jasminblüten 641 

9.  Lavendelblüten G42 

10.  Insektenpulverblüten 649 

11.  Saflor 656 


Einnndzwanzigster  Abschnitt. 


Samen  von  T.  F.  Hanaus ek  f, 

er- 

gänzt  von  J.  Weese  .... 

.    .   662 

Übersicht         

.    .    662 

Besonderer  Teil 

.    .    673 

1.  Vegetabilisches  Elfenbein 

.    .    675 

2.  Kokosnußkerne    .... 

.    .    691 

3.  Palmkerne 

.    .    696 

4.  Muskatnuß  und  Macis    . 

.     .    701 

5.  Mohnsamen 

.    .    707 

6.  Senfsamen 

.    .    712 

Seite 

7.  Raps-  und  Rübsensamen.    .    .    .   724 

8.  Mandeln 729 

9.  Erdnuß 734 

10.  Tonkabohnen 744 

11.  Leinsamen 732 

i    12.  Ricinussamen 736 

I    13.  Baumwollsamen 760 

j    14.  Kakaobohnen 763 

13.  Sesam .776 

I    16.  Flohsamen 786 


Inhaltsübersicht. 


Zweiundzwauzigster  Abschnitt. 


Früchte  von  T.  F.  H 

anause 

kf 

und 

8. 

J.  Weese.    .    .    . 

.    .    791 

9. 

Übersicht     .    .    . 

.    .    791 

10. 

Besonderer  Teil . 

.    .    807 

11. 

■).  Kokosnußschalen     . 

.    .    807 

12. 

2.  Vanille  .    .    . 

.    .    812 

13. 

3.  Buchnüsse    . 

.    .    820 

14. 

4.  Valonea    .    . 

.    .    823 

15. 

5.  Hopfen .    .    . 

.     .    834 

16. 

6.  Sternanis  .    . 

.    .    844 

17. 

7.  Bablah  .    .    . 

.    .    850 

18. 

Seite 
858 


Dividivi 

Tari 863 

Algarobillo .  869 

Seifenbeeren 873 

Gelbbeeren 884 

Myrobalanen 8*<9 

Chines.  Gelbschoten 895 

Sonnenblumenkerne 898 

Saflor      .    „ 903 

Nigerfrüchte 907 

Madifrüchte 90<J 


Dreiundzwanzigster  Abschnitt. 


Hefe  von  F.  Lafar 


Namen-  und  Sachregister 949 

Berichtigungen 1019 


Siebzehnter  Abschnitt. 

Fasern.^) 


Die  dem  Pflanzenreiche  entstammenden  gewerblich  benutzten  Fasern 
erweisen  sich,  anatomisch  genommen,  als  höchst  verschiedenwertig.  Wir 
finden  darunter  Haargebilde,  Gefäßbündel,  Gefäßbündelteile  und  Gefäß- 
bündelgruppen, selten  anderweitige  faserige  Pflanzenbestandteile,  auf  die 
weiter  unten  noch  aufmerksam  gemacht  werden  soll. 

Jene  technischen  Fasern,  welche  den  Pflanzenhaaren  zugehören, 
sind  7-umeist  entweder  Samenhaare,  also  haarfürmige  Bekleidungen  der 
Samenhaut  oder  einzelner  Teile  derselben,  wie  die  Baumwolle  und  die 
vegetabilische  Seide,  oder  sie  bilden  von  der  inneren  Fruchthaut 
ausgehende  Haare,  wie  die  Bombaxwolle  (Wolle  der  Wollbäume).  Nur 
sehr  selten  und  in  höchst  beschränktem  Maße  wird  die  Haarbekleidung 
der  Stengel,  der  Blätter  oder  der  äußeren  Fruchthaut  zu  textilen  Zwecken 
benutzt,  wie  die  Haare,  welche  am  Grunde  der  Wedel  (Blätter)  mehrerer 
Cibotkon- Arten  vorkommen,  oder  die  Haare  der  Typka-{KohTko\hen)- 
Früchte2). 

Manche  Fasern  bestehen  aus  ganzen  Gefäßbündeln,  z.B.  die 
Kokosfaser.  Viele  Fasern  setzen  sich  aus  Gefäßbündelanteilen  der 
Blätter  monokotyler  Pflanzen  zusammen.  So  der  neuholländische 
Flachs,  die  Sisalfaser,  die  echte  Aloefaser,  die  echte  Ananasfaser,  auch 
der  Manilahanf,  den  man  fast  durchweg  noch  für  ein  Stammgefäß- 
bündel hält. 


1)  Das  dritte  Kapitel  dieses  Abschnittes  (Chemische  Charakteristik  der  Pflanzen- 
fasern) wurde  von  Hofrat  Dr.  S.  Zeisel,  Professor  an  der  Hochschule  für  Bodenkultur 
in  Wien,  verfaßt.  Die  nach  dem  Tode  von  Hofrat  Prof.  J.  v.  Wiesner  notwendig 
gewordenen  Ergänzungen  und  Änderungen  im  botanischen  Teil  dieses  Abschnittes 
wurden  von  Professor  Jos.  Weese,  Wien,  durchgeführt. 

2)  Es  hegt  mir  eine  eigentümliche,  aus  China  stammende,  dort  angeblich  als 
Spinnstoff  verwendete  Faser  vor,  welche  aus  Blatthaaren  besteht.  Die  Blätter  der 
Stammpllanze,  welche  zu  den  Kompositen,  wahrscheinlich  in  die  Nähe  von  Xeran- 
themum  gehört,  sind  mit  einem  dichten,  langhaarigen  Filz  überdeckt,  der  sich  beim 
Eintrocknen  des  Blattes  von  der  Blattoberhaut  ablöst. 

Wiesner,  Rohstoffe.    III.  Band.     :{.  Aufl.  1 


2  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Am  häufigsten  dienen  aber  Gefäßbündelbestandteile  dikotyler 
Pflanzen  als  Fasern.  So  sind  Hanf,  Flachs,  Jute,  Sunn  und  sehr  viele 
andere  nichts  anderes  als  Bastbündel  oder  Bastbündelfragmente  vom 
GeHißbündel  dos  Stengels  der  betrelTenden  Pflanzen. 

Am  kompliziertesten  erscheint  die  Tillandsiafaser  gebaut,  da  dieselbe 
aus  Gefäßbündelgruppen  besteht  und  alle  Gefäßbündel  in  sich  auf- 
nimmt, welche  im  Stengel  der  Stammpflanze  vorkommen. 

In  der  Bünstenfabrikation  werden  seit  einigen  Dezennien  die  Borsten 
und  ähnliche  tierische  Produkte  vielfach  durch  grobe  Pflanzenfasern 
ersetzt,  worunter  sich  neben  manchen  groben  Monokotylenfasern  auch 
steife  Wurzeln  verschiedener  monokotyler  Kulturpflanzen  befinden.  (S. 
unten  bei  Andropogon  und  Epicampes.)  Unter  dem  Polstermateriale 
kommen  auch  grobe  Pflanzenfasern  vor,  welche  ganze  Blätter  (Carex 
briwides)  oder  sogar  ganze  Pflanzen  ^Zosferoj  repräsentieren. 

In  neuerer  Zeit  wird  im  großen  Maßstabe  auch  das  Holz  mancher 
Bäume  auf  mechanischem  oder  chemischem  Wege  mehr  oder  minder 
vollständig  in  seine  Elementarbestandteile  oder  doch  in  eine  fein-  und 
kurzfaserige  Masse  zerlegt,  welche  zur  Verfertigung ^von  Papier  dient.  Es 
findet  somit  nicht  nur  der  Bast-,  sondern  auch  der  Holzteil  des  Gefäß- 
bündels dikotyler  Pflanzen  als   »Fasere   in  der  Industrie  Verwendung i). 

Auch  die  noch  wohlerhaltenen  faserigen  Anteile  des  Torfs  werden 
in  neuerer  Zeit  zur  Herstellung  grober  Fasern  und  zur  Papierfabrikation 
herangezogen. 

Bisher  war  nur  von  Fasern  die  Rede,  welche  von  Gormophyten 
herrühren.  Ganz  ausnahmsweise  werden  auch  einige  Thallophyten  als 
Pflanzenfasern  verwendet.  Als  Beispiel  sei  erwähnt,  diiß  der  ThaUus 
gewisser  zu  den  Florideen  (Rotali^en)  gehöriger  Gewächse  [Polysiphonia- 
Arten)  neben  anderen  Pflanzenfasern  in  Japan  zur  Herstellung  von  Tapeten 
benutzt  wird. 


I.  Anatomischer  Bau  der  Fasern. 

Je  nachdem  die  Pflanzenfasern  Haare,  Gefäßbündel,  Gefäßbündel- 
anteile, Gefäßbündelgruppcn  oder  noch  höher  zusammengesetzte  Pflanzen- 
teile repräsentieren,  ist  ihr  anatomischer  Bau  ein  verschiedener. 

Die  Fasern,  welche  sich  als  Pflanzenhaare  zu  erkennen  geben, 
bestehen  in  der  Regel  nur  aus  einzelnen  Zellen.    So  sind  die  Haare,  aus 

\]  Auf  .lic  oft  sehr  charakteristisctien  die  fibrösen  Bestandteile  der  FaserstoiTe 
begleitenden  r,e\vcl)sbestand teile  kann  in  obiger  zur  allgemeinen  Orientierung  über 
die  Natur  der  Fasern  dienenden  Einleitung  nicht  eingegangen  werden;  dieselben 
kommen  in  einem  unten  folgenden  Paragraphen  zur  Behandlung. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  3 

welchen  sich  die  Baumwolle  und  die  vegetabilische  Seide  zusammensetzt, 
einzellig.  Auch  in  tier  Wolle  der  VVollbäume  sind  fast  nur  einzellige 
Haare  anzutreffen.  Die  Fruchthaare  der  Rohrkolben  (Typha),  welche 
technisch,  wenn  auch  nur  in  untergeordnetem  Maße  verwendet  werden, 
bestehen  aus  zahlreichen  Zellen  i).  All  die  genannten  Haarbildungen  sind 
echte  Haare  im  morphologischen  Sinne  (Trichome). 

Die  Gefäßbündel  sind  Stranggewebe,  also  strangfürmig  ausgebil- 
dete Gewebe^  welche  im  Grundgewebe  der  betreffenden  Organe  (Blatt, 
Stamm,  Wurzeln)  liegen. 

Jedes  Gefäßbündel  setzt  sich  aus  zwei  Teilen,  dem  Phloem  und  dem 
Xylem,  zusammen.  Da  in  der  Regel  das  Phloem  im  Stamme  gegen 
die  Rinde  gewendet  ist,  das  Xylem  den  Hauptbestandteil  des  Holzes  bildet, 
so  nennt  man  das  Phloem  auch  den  Rinden-,  das  Xylem  den  Holzteil 
des  Gefäßbündels.  Für  das  Phloem  sind  die  Siebrühren,  für  das  Xylem 
die  Gefäße  charakteristisch;  daneben  treten  in  jedem  dieser  Gefäßbündel- 
anteile noch  andere,  später  zu  erwähnende  charakteristische  Zellen  auf. 

In  jedem  Gefäßbündel  müssen  immer  histologische  Bestandteile  vor- 
kommen, welche  der  Ernährung  dienen.  Diese  Elemente  bilden  ein  zu- 
sammenhängendes Ganze,  das  Mestom  des  Gefäßbündels.  In  der  Regel 
gesellen  sich  zum  Mestom  noch  Zellen,  welche  die  Festigkeit  des  be- 
treffenden Organs  herzustellen  haben.  Diese  mechanischen  Zellen 
werden,  abgesehen  von  den  später  noch  zu  betrachtenden  Libriform- 
fasern,  gewöhnlich  als  Baslzellen  bezeichnet.  Man  muß  aber  hinzu- 
fügen als  Bastzellen  im  weitesten  Sinne,  weil  man  unter  Bast  zumeist 
nur  den  mechanischen  Teil  des  Phloems  versteht.  Manche  Botaniker 
nennen  diese  Bastzellen  im  weiteren  Sinne  Sklerenchymfasern.  Die 
mechanischen  Zellen  der  Gefäßbündel  sind  gewöhnlich  auch  zu  Strängen 
vereinigt,  welche  man  als  Bastbündel,  Bastbelege  der  Gefäßbündel  usw. 
bezeichnet. 

Nur  diejenigen  Gefäßbündel^  welche  Baststränge  führen, 
also  sog.  mechanische,  d.  h.  durch  große  Festigkeit  ausge- 
zeichndte  Zellen  (Fasern)  enthalten,  können  zur  Darstellung 
von  technisch  verwendbaren  Faserstoffen  dienen.  Der  Prozeß 
der  Fasergewinnung  besteht  darin,  die  Baststränge  von  den 
übrigen  Gewebsteilen  der  Gefäßbündel  möglichst  zu  befreien. 

Wie  schon  bemerkt,  können  im  Gefäßbündel  die  mechanischen  Ele- 


1)  Diese  an  den  weiblichen  Blüten  entstehenden  Haare  hat  man  früher  als 
Perigon  gedeutet  (Rohrbach).  Nach  von  Engler  ausgeführten  Untersuchungen 
ist  dies  aber  nicht  richtig;  sowohl  die  Haare  der  männlichen  als  auch  der  weiblichen 
Blüten  sind  aus  dem  Dermatogen  sich  ableitende  Gebilde,  also  echte  Haare  (Trichome) 
wie  Baumwolle,  vegetabihsche  Seide  und  die  Wolle  der  Wollbäume. —  Engler-Prantl, 
Pflanzenfamilien,  H,  4   (1889);  Typhaceen  von  Engler,  p.  185. 

1* 


4  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

mente  auch  gänzlich  fehlen.  Ein  solches  Gefäßbündel  ist  also  nur  als 
Ernährungsstrang  (Mestom)  ausgebildet.  Es  findet  sich  z.  B.  bei  der 
Kürbispflanze  und  den  meisten  Cucurbitaceen.  Solche  Pflanzen  sind  zur 
Fasergewinnung  untauglich  ij. 

Die  Festigkeitsverhältnisse  der  mechanischen  Zellen  werden  in  einem 
folgenden  Paragraphen  besprochen  werden. 

■  Das  Phloem   der  Gefäßbündel   besteht   im  gewöhnlichen  Falle  aus 
dem  Bastbündel  und  dem  sog.  Siebteil.    Ersteres  setzt  sich  entweder  nur 


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Fig.  1.  Versr.  300.  Quersclinitt  durch  den  Flachsstengel  (Linuni  usitatissimum).  Ein  Stück  desselben 
mit  drei  (kollateralen)  Gefäßbiindeln,  welche  am  deutlichsten  an  den  drei  ßastbündeln  (6)  zn  er- 
kennen sind.  0  Oberhaut,  r  Rindenparenchym,  c  Kambium,  darüber  (gegen  die  Oberhaut  zu)  das 
Phloem  der  Gefäßbündel,  bestehend  aus  den  Bastbündeln  6  und  dem  zwischen  diesen  und  dem 
Kambium  gelegenen  Siebteil,  h  Holz  des  Stengels,  bestehend  aus  den  ins  Mark  (m)  deutlich  vor- 
springenden (drei)  Holzteilen  (Xy lernen)  der  Gefäßbündel. 

aus  Bastzellen  zusammen  (z.  B.  bei  Flachs  und  Jute),  oder  enthält  außer- 
dem noch  parenchymatische  Elemente  (Bastmarkstrahlen  und  Bastparen- 
chymzellen).  Der  Siebteil  bildet  den  Phloembestandteil  des  Mestoms  und 
besteht  aus  Siebrühren  und  parenchymatischen  Elementen  (Siebparen- 
chym  und  Markstrahlen). 

Für  die  Fasergewinnung  ist  in  der  Regel  nur  das  Phloem  von  Be- 
deutung; der  Bastteil  desselben  (Bast  im  gewöhnlichen  Sinne)  ist  es, 
welcher  gewöhnlich  der  Fasergewinnung  dient. 

i)  Selbstverständlich  bezieht  sich  dies  nur  auf  die  Stengel  dieser  Pflanze.  Es 
gibt  Cucurbitaceen  (Luffa),  deren  Früchte  ein  Fasermaterial  liefern.  Siehe  die  im 
nächsten  Kapitel  folgende  Zusammenstellung  der  Faserpflanzen. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Im  Xy lern  ist  in  der  Regel  keine  so  scharfe  Scheidung  der  mecha- 
nischen von  den  ernährungsphysiologischen  Elementen  wie  im  Phloem 
zu  finden.  Die  mechanischen  Elemente,  die  Libriform fasern,  sofern  sie 
überhaupt  vertreten  sind  —  beispielsweise  fehlen  sie  bei  den  Koniferen 
(Nadelhölzern)  vollständig  —  sind  mit  den  übrigen  fibrösen  Elementen 
des  Xylems  (Gefäße,  Trache'iden  usw.)  verbunden.  Daneben  kommen, 
wie  im  Phloem,  auch  hier  parenchymatische  Elemente  (Markstrahlen 
und  Holzparenchymzellen)  vor. 

Da  sich  das  Libriform  von  den  übrigen  Bestandteilen  des  Xylems 
nicht  trennen  läßt,  so  kann  es  als  »Faser«  nicht  verwendet  werden  i). 
Wohl  aber  kommt  es  neben  den 
anderen  histologischen  Bestandteilen 
des  Holzes  in  der  zur  Papierfabri- 
kation verwendeten,  aus  Laubhölzern 
dargestellten  »Holzfaser«  vor.  In 
der  aus  Nadelhölzern  bereiteten  Pa- 
pierfaser fehlt,  wie  schon  angedeutet, 
die  Libriformfaser. 

Je  nach  der  Lage  von  Xylem 
und  Phloem  im  einzelnen  Gefäß- 
bündel hat  man  drei  Hauptarten 
von  Gefäßbündeln  zu  unterscheiden: 
\ .  das  kollaterale,  bei  welchem  das 
Phloem  im  Stengel  rindenwärts,  das 
Xylem  markwärts  liegt;  2.  das  kon- 
zentrische, bei  welchem  das  Xylem 
von  einem  Phloem  konzentrisch  um- 
kleidet ist;    endlich   3.  das   nur   in 

Wurzeln  beobachtete  radiäre  Gefäßbündel,  bei  welchem  Phloem  und 
Xylem  in  radialer  Richtung  nebeneinander  liegen.  Als  eine  Zwischenform 
wäre  noch  das  hemikonzentrische  Gefäßbündel  hervorzuheben,  bei  welchem 
ein  kollaterales  Mestom  von  einem  mehr  oder  minder  mächtigen  Bast- 
mantel umgeben  ist  (Fig.  2). 

Zu  Textilfasern  ist  nur  das  kollaterale  und  das  hemikon- 
zentrische Gefäßbündel  geeignet.    Im  ersteren  Falle  wird  der  Bast 


Fig.  2.  Vergr.  300.  Querdurch.selinitt  durch  das 
hemikonzentrisclie  Gefäßbündel  des  Stammes 
von  Dracaena.  x  Xy]em, ph  Phloem.  6  Bastmantel, 
der,  im  Querschnitt  betrachtet,  den  Mestomstrang 
{x  +  ph)  konzentrisch  umgibt,  g  Gnmdge  webe, 
in  welchem  das  Gefäßbündereingebettet  ist.  (Aus 
Wiesner,  Anatomie  und  Physiol.  der  Pflanzen.) 


1)  Vom  theoretischen  Standpunkte  läßt  sich  allerdings  einwenden,  daß  die  im 
Gefäßbündel  der  Monokotylen  an  das  Xylem  sich  unmittelbar  anschließenden  > Bast- 
belege« als  Libriform  gedeutet  werden  sollten.  Da  sie  aber  mit  den  »Bastbelegen« 
des  Phlocms  vollständig  übereinstimmen,  so  ist  es  namentlich  von  unserem  Stand- 
punkte aus  gerechtfertigt,  den  hier  statthabenden,  bloß  topographischen  Unterschied 
unbeachtet  zu  lassen. 


6  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

von  den  übrigen  Gefäßbündelteilen  getrennt  (z.  B.  bei  allen  Fasern  diko- 
tyler  Pflanzen),  im  letzteren  Falle  dient  das  ganze  Gefäßbündel  als  Faser 
(Kokosnuß). 

Ausnahmsweise  kommt  es  vor,  daß  sämtliche  Gefäßbündel  eines 
Stengels,  untereinander  durch  mechanische  Zellen  verbunden,  als  Faser 
auftreten  (Tillandsiafaser).  Die  diese  Faser  zusammensetzenden  Gefäß- 
bündel sind  kollateral  gebaut. 

Die  Textilfasern  werden,  von  Haarbildungen  abgesehen, 
in  der  Regel  nur  aus  Stengeln  dikotyler  oder  aus  Blättern 
monokotyler  Pflanzen  dargestellt.  Seltener  dienen  Stengel  mono- 
kotyler Gewächse  oder  Früchte  zu  derlei  Fasern.  Die  Tillandsiafaser  ist 
ein  Beispiel  für  den  ersteren.  die  Kokosfaser  für  den  letzteren  Aus- 
nahmsfall. 

Der  Stengel  der  Dikotylen  besteht,  im  Querschnitt  gesehen 
(Fig.  1),  aus  einem  Kreis  von  kollateralen  Gefäßbündeln,  welche  nach 
außen  zu  von  Rindenparenchym  (z.  B.  im  Stengel  des  Lein,  s.  Fig.  1 ,  r) 
oder  von  diesem  und  Kollenchym  (Ramiestengel),  nach  innen  zu  vom 
Marke  (Fig.  1,  7n)  begrenzt  sind.  Zwischen  den  Gefäßbündeln  liegen 
die  Markstrahlen.  Der  Stengel  ist  anfangs  stets  von  einer  Oberhaut 
begrenzt.  Diese  Oberhaut  bleibt  entweder  bis  ans  Lebensende  des 
Stengels  erhalten  (z.  B.  beim  Flachs;  Fig.  1,  o)  oder  sie  wird  später 
durch  ein  Periderm  ersetzt  (z.  B.  bei  Ramie). 

Die  Gefäßbündel  des  Stengels  der  Dikotylen  gliedern  sich  in  den 
nach  der  Rinde  gekehrten  Rindenteil  (Phloem)  und  den  nach  dem  Marke 
gewendeten  Holzteil  (Xylem). 

Bei  der  Fasergewinnung  aus  dikotylen  Stengeln  (Flachs, 
Hanf,  Jute,  Ramie  usw.)  handelt  es  sich  darum,  die  Bastbündel 
von  allen  übrigen  Geweben  des  Stengels  zu  befreien.  Es  gehngt 
dies  bei  Stengeln  viel  leichter  als  bei  Blättern,  wie  aus  den  anatomischen 
Verhältnissen  hervorgeht.  Die  aus  den  Stengeln  dikotyler  Pflanzen  dar- 
gestellten Fasern  bestehen  in  ihren  reinsten  Formen  bloß  aus  Bastzellen 
(Flachs).  Doch  können  an  solchen  Fasern,  namentlich  an  gröberen,  noch 
andere  Phloembestandteile  (Bastmarkstrahlen,  ßastparenchym,  selten  Sieb- 
rühren), ja  bei  unvollkommener  Zubereitung  auch  Rindenteile  (Rinden- 
parenchym oder  Kollenchym,  sogar  auch  Oberhaut)  und  Fragmente  von 
Holzteilen  (aus  dem  Xylem  des  Gefäßbündels)  anhaften. 

Die  Blätter  der  Monokotylen  bestehen  aus  Haut-,  Grund-  und 
Stranggewebe  (Fig.  3).  Als  Hautgewebe  tritt  eine  Oberhaut  auf.  Das 
Grundgewebe  ist,  insbesondere  in  den  fleischigen  Blättern  (z.B.  dem  Agaven- 
blatt), sehr  reich  entwickelt.  In  diesem  Gewebe  liegen  die  Stranggewebe. 
Letztere  sind  entweder  nur  (kollaterale  oder  hemikonzentrische)  Gefäßbündel 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


oder  es  gesellen  sich  hinzu  noch  ein- 
fache Baststrängel)  (pig.  3;  1—4 
Gefäßbündel,  öeinfacheBaststränge). 
Bei  der  Fasergewinnung  aus 
Monokotylenblättern  (Manilahanf,  Si- 
sal,  usw.)  handelt  es  sich  darum,  die 
Bastbündel  von  den  übrigen  Ge- 
weben des  Blattes  zu  befreien.  Die 
»einfachen  Baststränge«  sind  wohl 
leicht  zu  isolieren,  da  sie  ohne 
weitere  Anhänge  im  Parenchym  des 
Grundgewebes  liegen.  Aber  die  »ein- 
fachen Baststränge«  fehlen  entweder 
in   den  Blättern   gänzlich   oder  sie 


'-^-C 


bündeln  an  Zahl  und  Masse  (Fig.  3). 
Die  Bastbündel  des  Phloems  von 
den  übrigen  Gefäßbündelanteilen 
zu  befreien,  gelingt  bei  Monokotylen- 
blättern beinahe  niemals  vollständig, 
so  daß  der  technischen  Faser  fast 
immer  noch  Xylembestandteile  (Ge- 
fäße usw.),  ja  manchmal  auch  Sieb- 
rühren oder  auch  noch  Grund- 
gewebszellen anhaften. 


1)  Einfache  Baststränge  bestehen 
bloß  aus  Bastzellen.  Man  findet  diese 
Art  von  mechanischem  Gewebe  sowohl  in 
Blättern  monokotyler  Pflanzen  (Agave, 
Sansevieria  usw.)  als  in  Stengeln  mono- 
kotyler Pflanzen  (z.  B.  im  Schafte  von  Oy- 
perus  Papyrus,  aus  welchem  der  Papyrus 
der  Alten  erzeugt  wurde).  Sie  dienen  der 
Biegungsfestigkeit  der  Organe,  gleich  den 
Bastbündeln  der  Gefäßbündel,  und  kommen 
deshalb  hauptsächlich  in  der  Peripherie 
der  Organe  vor.  Die  einfachen  Baststränge 
sind  wohl  Stranggewebe,  können  aber  nicht 
als  Gefäßbündel  in  dem  oben  definierten 
Sinne  betrachtet  werden.  Vom  phylo- 
genetischen Standpunkte  aus  —  der  aber 


Fig  3  Vergi.50.  Duichscbintt  durch  das  Blatt 
der  Agave  americana  (unteres  Drittel),  oo  Olier- 
haut,  nimm  parenchymatisches  Grundgewebe  des 
Blattes  (Mesophyll),  1,  2,  3,  4,  5  Stranggewehe 
{1—4  Gefäßbündel,  5  einfache  Baststränge).  Die 
Gefäßbündel  sind  durchweg  koUaleral  und  wenden 
ihre  Phloeme  (6  Baststraug,  p  Siebteil  des  Phloems), 
sowohl  an  der  Ober-  als  Unterseite  des  Blattes 
gegen  die  Oberhaut,  ihre  Xyleme  (x)  gegen  das 
Blattinnere  hin.  Im  mittleren  Blatteile  ist  das 
Gefäßbündel  [2)  nach  außen  und  innen  mit  Bast- 
beleg versehen. 


hier  nicht   eingenommen  wird,   da  er  für 

unsere  Betrachtungsweise  keinen  Vorteil  gewährt  —  sind  wohl  viele,  wenn  auch  nicht 

alle  einfachen  Baststränge  als  reduzierte  Gefäßbündel  zu  deuten. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Wenn    das  Gefäßbündel    des  Rohmaterials    der   Faser   hemikonzen- 
trisch    ist    (p.   5).    so   lassen   sich    die    Bastzellen  von    den   übrigen    Ge- 


tier. 4.    Vergr.  300.     Kin  tiefäßbühdel  ans  dem  unteren  Teile   des   Blattes   von  Ayave  americanu  \m 

Querschnitt.    P  parencliymatisches  Grnndgewebe  (Mesophyll),  in  welchem  das  (kollaterale)  Gefäßbündel 

eingebettet  ist.    p  +  6  Phloem,   x  Xylem,   h  Bastbündel,  p  Siebteil  des  Phloems.     s  von  den  Gefäßen 

abgelöste  Schraubenbänder.     k  Kristall  von  osalsaurem  Kalk  in  Bastpareuchymzellen  liegend. 

fäßbündelbestandteilen    gar     nicht     trennen.       Dieser    Fall    kommt    bei 

Blättern  der  Monokotylen  nur   selten,   hingegen  häufig  bei    monokotylen 

y,  ,..,-,  Stämmen  (Fig.  2i  und  nicht 

selten  auch  hei  den  Früchten 
^        jf?^  "\  der  Monokotylen,    z.  B.  bei 

der  Kokosnuß,  vor.    Die  aus 

fi        der    Kokosnuß     gewonnene 

i  :  ;.       Faser  (Goir)  besteht  noch  aus 

t- /  i       dem     ganzen     Gefäßbündel, 

der  Bastmantel  ist  intakt, 
desgleichen  das  ganze  Xylem. 
Hingegen  ist  der  sog.  Weich- 
bast, d.  i.  der  weiche  er- 
nährungsphysiologische Teil 
des  Phloems  (Siebröhren  und 
Phloemparenchym),  an  der 
technischen  Faser  nicht  mehr 
zu  sehen ;  an  seiner  Stelle 
erscheint  ein  Hohlraum 
(Fig.  5,_p/<).  Die  zarten  Ele- 
mente des  Phloems  trockneten  bei  der  Darstellung  der  Faser  ein,  schrumpf- 
ten und  zerstäubten,  so  daß  sie  in  der  Faser  nicht  oder  nur  in  kleiner 
Menge   und   dann    nur   sehr    schwer   nachweisbar   sind  M.    —    Auch   an 


Fig.  5.  Vergr.  300.  Querschnitt  durch  die  Kokosnuß faser. 
Hemikonzentrisches  Gefäßbündel  mit  kollateralem  Mestom 
(x  Xylem,  ph  Stelle,  wo  da»  zarte  PhloPm  sich  befand), 
das  von  einem  mächtigen  ßastraantel  (6)  umgeben  ist. 
p  Reste  des  Grundgewebes,  in  welchem  das  Gefäßbündel 
liegt. 


\)  Siehe  hieiüber  weiter  unten  bei  Kokosnußl'asern. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  9 

anderen  technischen  Fasern,  z.  B.  an  den  Fasern  bestimmter  Agave- 
und  Sansevie7'ia- Avien,  kommen  gleichfalls  solche  Aushöhlungen  vor.  In 
all  diesen  Fällen  ist  die  Faser  von  einem  luftführenden  Kanal  durch- 
zogen. 

Bei  der  mikroskopischen  Charakteristik  der  Fasern  wird  auf  die 
histologische  Zusammensetzung  derselben  Rücksicht  zu  nehmen  sein, 
so  wie  auf  Form,  GrOße  und  den  feineren  Bau  der  die  Faser  zu- 
sammensetzenden Zellen  (Bastzellen,  Bastparenchymzellen,  Bastmark- 
strahlen usw.)  und  Gefäße.  Einige  in  der  Charakteristik  der  Fasern 
besonders  wichtige  Eigentümlichkeiten  ihrer  histologischen  Bestandteile 
werden  weiter  unten  (Kennzeichen  der  Fasern)  noch  hervorgehoben 
werden. 


II.  Die  physikalisclien  Eigenschaften  der  Fasern. 

Wenn  auch  die  physikalischen  Eigenschaften  der  Pflanzenfasern  bis- 
her noch  keine  durchgreifende,  dem  heutigen  Standpunkt  der  Natur- 
wissenschaften durchweg  entsprechende  Bearbeitung  gefunden  haben,  so 
schreitet  das  Studium  dieses  wichtigen  Gegenstandes  doch  unaufhörlich 
weiter,  was  sich  auch  in  diesem  Werke  ausspricht,  wenn  die  aufeinander- 
folgenden Auflagen  nach  dieser  Richtung  hin  verglichen  werden. 

Die  Farbe  der  meisten  Fasern  ist  eine  weißliche,  ins  Gelbe,  Grüne 
oder  Graue  geneigte.  Nur  selten  haben  die  Fasern  eine  andere  natür- 
liche Färbung,  die  dann  fast  immer  für  die  betreffende  Faser  charakte- 
ristisch ist.  So  ist  die  kotonisierte  Ramiefaser  schneeweiß,  der  Kordia- 
bast blaßgelblich,  die  Bauhiniafaser  rostbraun,  die  Kokosfaser  braun  in 
verschiedenen  Nuancen,  die  brasilianische  Piassave  zimt-  bis  schokolade- 
braun, die  afrikanische  Piassave  strohgelb  bis  tiefbraun,  die  Tillandsia- 
faser  und  die  Caryota-Piassave  (Kitool)  braunschwarz  bis  schwarz  usw. 

Glanz.  Die  Pflanzenfasern  zeigen  in  bezug  auf  Glanz  alle  Grade, 
von  völliger  Glanzlosigkeit  angefangen  bis  zum  lebhaftesten  Seidenglanz. 
So  ist  die  Kordiafaser  und  die  Bastfaser  von  Calotropis  gigantea  matt 
im  Aussehen,  die  Jute  deutlich  seidenglänzend;  die  vegetabilische  Seide 
besitzt  einen  starken,  von  der  Seide  nicht  übertroffenen  Glanz. 

Doppelbrechung  der  Fasern.  Die  Doppelbrechung  (Anisotropie) 
der  vegetabilischen  Zellhaut  wurde  zuerst  von  Kindt,  und  zwar  an  der 
Baumwolle  nachgewiesen  i).  Die  Membran  der  Pflanzenzelle  ist  in  der 
Regel  doppeltbrechend,  doch  gibt  es  Ausnahmen,  z.  B.  die  Membranen 
der  Myzelfäden  von   Tremella  fimbriata  Pers.,    welche   erst  durch  Zug 

\)  Poggendorffs  Annalen,  LXX  (1847),  p.  167. 


10  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

oder  Druck  doppeltbrechend  werden i).  Aber  die  Zellhäute  der 
Pflanzenfasern  sind  immer  anisotrop^).  Bringt  man  eine  Pflanzen- 
faser zwischen  die  gekreuzten  Nikols  eines  Polarisationsmikroskops,  so 
erscheint  sie  immer  hell  im  dunkeln  Gesichtsfelde. 

Der  Grad  der  Doppelbrechung  ist  bei  verschiedenen  Fasern  ein  ver- 
schiedener. Beispielsweise  ist  die  Bastzelle  der  Kokosfaser  (Coir)  so 
außerordentlich  schwach  anisotrop,  daß  sie  das  Gesichtsfeld  nur  sehr 
wenig  aufhellt.  Viele  Pflanzenfasern  sind  aber  so  stark  doppellbrechend, 
daß  sie  in  allen  prismatischen  Farben  erscheinen  z.  B.  die  Bastzellen 
von  Flachs  und  Hanf.  Man  kann  also  von  einer  spezifischen  Doppel- 
brechung der  Pflanzenfasern  sprechen. 

H.  Behrens^)  hat  zuerst  den  Versuch  gemacht,  die  spezifische 
Doppelbrechung  zur  Charakterisierung  der  technisch  wichtigsten  Fasern 
heranzuziehen. 

Es  folgt  hier  eine  Übersicht  der  Polarisationsfarben  der  von  Behrens 
untersuchten  Pflanzenfasern 4).  ' 

Art  der  Faser  bez.  der  Pflanzenbestandteile  Beobachtete  Polarisationsfarben 

Gefäße    und    Parenchymzellen   von 

Holz  und  Stroh 

Epidermiszellen     von     Stroh     und 

Esparto 

Kokosfaser .     ■      Dunkelgrau,  grau. 

Baumwolle,    FaserzeUen    von    Holz 

„    ,  ^  r\,         ■     '  i       schon  weißlich  bis  gelb. 

Bastfaser  von  Fhorinia'ni  tenax    .  J 

i)  V.  V.  Ebner,  Untersuchungen  über  die  Ursachen  der  Anisotropie  organi- 
scher Substanzen.  Leipzig  1882,  p.  2H.  Über  das  Zustandekommen  der  Doppel- 
brechung siehe  hauptsächlich  Nägeli  nnd  Schwendener,  Das  Mikroskop  2.  Aufl. 
Leipzig  1877,  und  v.  Ebner,  1.  c.  Ferner  Schwendener  in  den  Sitzgsber.  d.  Ber- 
liner Akademie,  1887,  L 

2)  Von  Haller,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  toten  Baumwolle,  Chemikzeitg.  (1908) 
ist  behauptet  worden,  daß  die  tote  Baumwolle  einfach  lichtbrechend  sei.  Brieflichen 
Mitteilungen  des  Herrn  Prof.  Herzog  an  mich  zufolge  ist  diese  Behauptung  unrichtig. 
Siehe  weiter  unten  p.  12  und  bei  Baumwolle. 

3)  Anleitung  zur  mikroskopischen  Analyse,  Hamburg  und  Leipzig,  1896,  2.  Heft, 
p.  543  fr.  Schon  vor  Behrens  hat  W.  Lenz  (Zeitschr.  f.  analyt  Chemie,  1890, 
p.  133)  gezeigt,  daß  man  Jute  von  Hanf  oder  Flachs  im  polarisierten  Lichte  unter- 
scheiden könne.  Auf  die  Unterscheidung  von  Baumwolle  und  Leinenfasern  im  Pola- 
risationsmikroskop hat  zuei'st  Valentin  (Untersuch,  der  Gewebe  im  polarisierten 
Lichte,  1861)  hingewiesen. 

4)  1.  c,  p.  30  —  37. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  \\ 

Faserzelle  von  Esparto  und  Jute 


Bastzellen  von  Flachs  und  Hanf 


[  Dunkelgrau,   grau,    hellgrau,   weiß- 
\      gelb;    doch  auch  schon  bis  rot. 
Weiß,   gelb  I,   orange,   rot,   violett, 
blaugrau,   gelb  II;    wechselt  zu- 
meist von  gelblich  weiß  und  gelb  II, 
am  häufigsten  violett. 


Sehr  eingehende,  auf  eine  größere  Zahl  von  Pflanzenfasern  bezug- 
nehmende Untersuchungen  über  spezifische  Doppelbrechung  hat  B.  Ke- 
rn ec*)  im  Wiener  pflanzenphysiologischen  Institut  ausgeführt.  Er  zeigte 
zunächst,  daß  chemisch  identische  Fasern  selbst  bei  gleicher  Dicke  eine 
sehr  verschiedene  spezifische  Doppelbrechung  zeigen  können.  So  ist  bei 
gleicher  Dicke  die  Ramiefaser  schwach,  die  Flachsfaser  sehr  stark  doppelt- 
brechend, obgleich  beide  nahezu  aus  reiner  Zellulose  bestehen.  Er  fand 
ferner,  daß  die  Verholzung  auf  den  Grad  der  Doppelbrechung  keinen 
merklichen  Einfluß  ausübt 2).  Es  geben  rohe  und  ihrer  Holzsubstanz 
völlig  beraubte  Fasern  von  Hanf  bei  gleicher  Dicke  der  Membran  die 
gleichen  Polarisationsfarben.  Ein  gleiches  Verhalten  zeigt  die  rohe  und 
die  von  ihrer  Holzsubstanz  befreite  Manilahanffaser.  Eine  1 0  [x  dicke 
Hanfbastzelle  gibt  in  beiden  Zuständen  als  höchste  Farben  blau  bis  grün, 
die  Bastzelle  des  Manilahanfes  in  beiden  Zuständen  bei  derselben  Dicke 
als  höchste  Farbe  gelb  3). 

Hingegen  ist  erwiesen,  daß  die  Gegenwart  von  Gutin  oder  Suberin, 
also  fettarliger  Substanzen,  in  der  Zellhaut  den  Grad  der  Doppelbrechung 
herabsetzt,  was  zuerst  von  DippeH)  beobachtet,  später  von  Am- 
bronn^)  eingehend  dargelegt  wurde.  Ganz  speziell  mit  Rücksicht  auf 
Pflanzenfasern  wurde  dieses  optische  Verhalten  der  Zellhaut  von  Remec^) 
untersucht,  wobei  die  Beobachtungen  von  Dippel  und  Ambronn  be- 
stätigt wurden. 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  eine  und  dieselbe  Substanz,  also  auch 
eine  und  dieselbe  Faser,  desto  höhere  Polarisationsfarben  zeigen  wird, 
je  dicker  sie  ist.  Im  großen  ganzen  werden,  wie  obige  Tabelle  lehrt, 
die  höchsten  Polarisationsfarben  bei  den  dicksten  Fasern  auftreten.  So 
hat  ja  auch  schon  Behrens  gezeigt,  daß  ein  Bastbündel  der  Jute  höhere 
Polarisationsfarben    gibt    als    eine    isolierte    Jutebastzelle.      Remec    be- 

1)  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  1901. 

2)  Siehe  auch  Schacht,  Anat.  und  Physiol.  der  Gewächse,  1,  1856,  p.  430. 

3)  Die  angegebenen  Farben  beziehen  sich  stets  auf  den  mittleren  Teil  der 
Längsansicht  der  Faser,  also  nicht  auf  den  Rand. 

4)  Dippel,  Das  Mikroskop  II.  Teil  (1872),  p.  306. 

5)  H.  Ambronn,  Über  das  optische  Verhalten  der  Kutikula  an  den  verkorkten 
Membranen.     Berichte  der  Deutschen  Botan.  Gesellschaft  Bd.  6  (1888),  p.  226  ff. 

6)  1.  c,  p.  361    (Sep.-Ab.  p.  6). 


12 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


obachtete  an  einer  und  derselben  Pflanzenfaser  in  dem  angeführten 
Sinne  ein  Ansteigen  der  Polarisationsfarbe  je  nach  der  Dicke  der  Zell- 
haut wie  aus  folgenden  Daten  hervorgeht  i). 


a)  Jute. 

Zellbreite 

Membrandicke 

Polarisationsfarbe 

8   jx 

1      |X 

grau  I 

10 

2 

14 

4 

graublau  I 

8 

3,5 

gelb  I 

22 

5 

» 

18 

7 

orange  1 

26 

10 

rot  1 

b)  Faser  von  Musa  froglodytarum. 

Zelibreite  Membrandicke  Polarisationsfarbe 

10  [j.  2  [JL  graublau  \ 

10  3 

12  4 

16  5  gelb  I 


16 

6 

» 

16 

7 

orange  I 

c) 

Hanffasern. 

Zellbreite 

Membrandicke             1 

Polarisationsfi 

12  fx 

2  jx 

grau  I 

8 

2 

weiß  I 

26 

4 

» 

12 

2 

gelb  I 

12 

4 

, 

28 

8 

16 

4 

orange  I 

14 

5 

^ 

14 

6 

rot  I 

14 

5,5 

» 

18 

8 

^ 

1)  Die  irrige  Angabe  Hallers  (siehe  oben  p.  40,  Note  2),  daß  die  tote  Baum- 
wolle einfach  lichtbrechend  sei,  erklärt  sich  durch  die  ungemeine  Dünnheit  der  Mem- 
bran solcher  Baumwollenhaare.  Wie  Herzog  zeigte,  ist  auch  die  Membran  der 
toten  Baumwolle  doppelt  lichtbrechend,  aber  wegen  der  geringen  Dicke  der  Membran 
ist  in  der  Lüngsansicht  der  Faser  der  Grad  der  spezifischen  Doppelbrechung  ein 
außerordentlich  niedriger. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  13 


Zell  breite 

Membrandicke 

Polarisationsfarbe 

18 

6 

indigo  n 

24 

7 

> 

22 

7 

blau  11 

i4 

,   5,5 

grün  II 

26 

6 

> 

24 

8 

» 

Wie  man  sieht,  ist  es  nicht  die  Breite,  sondern  die  Dicke  einer 
Faser,  welche  ceteris  paribus  die  Höhe  der  Polarisationsfarbe  bedingt. 
So  liefert  eine  Baumwollenfaser,  welche  die  Breitseite  dem  Beobachter 
zuwendet,  grau  oder  weiß,  während  die  Schmalseite  in  hohen  Farben 
(bis  grün  II)  leuchtet. 

Aber  nicht  nur  die  Dicke  der  Membran  einer  Faser,  sondern  auch 
ihre  innere  Organisation  oder,  wenn  man  will,  ihre  speziQsche  Molekular- 
struktur, bedingt  die  spezifische  Doppelbrechung  einer  Faser.  Dies  lehrt 
ja  wohl  schon  das  bezüglich  der  Hanffaser  angeführte  Verhalten.  Die 
Polarisationsfarben  steigen  hier  nicht  stetig  mit  der  Membrandicke.  Die 
in  der  Organisation  selbst  einer  und  derselben  Faser  gelegenen  Ver- 
schiedenheiten können  ungleiche  Doppelbrechung  bedingen.  Besonders 
auffallend  ist  aber  das  verschiedene  Verhalten  verschiedener  Fasern  bei 
gleicher  Wanddicke.  So  erreichen  die  Tillandsiafasern  bisweilen  eine 
Membrandicke  von  6  ;x  und  geben  dazu  im  Polarisationsmikroskop  grau, 
während  Hanffasern  von  derselben  Wandstärke  rot  I,  indigo  III  oder 
grün  II  erkennen  lassen. 

Die  Polarisationsfarben  der  einzelnen  Faserarten  sind,  wie  die  Be- 
obachtung lehrt  und  die  verschiedene  Verursachung  der  spezifischen 
Doppelbrechung  es  nur  erklärlich  erscheinen  läßt,  nicht  absolut,  aber 
innerhalb  fester  Grenzen  konstant,  so  daß  man  diese  optische  Eigen- 
schaft in  der  Charakteristik  der  Fasern,  wenigstens  in  einzelnen  Fällen, 
mit  Vorteil  wird  benutzen  können.  Es  handelt  sich  nur  darum,  die 
Farben,  beziehungsweise  die  Farbentöne  (z.  B.  rot  I,  rot  II),  welche  die 
einzelnen  Fasern  im  Polarisationsmikroskop  erreichen,  richtig  zu  be- 
stimmen. Zur  genauen  Ermittelung  der  Polarisationsfarben  kann  man 
sich  mit  Vorteil  des  Gipsplättchens  Rot  I  (Rot  erster  Ordnung)  bedienen. 
Wenn  die  optische  Hauptachse  ^j  dieses  Gipsplättchens  mit  jener  der 
Faser  zusammenfällt,  so  erhält  man  bestimmte  Additions färben.  Wenn 
aber  die  optische  Hauptachse  des  Gipsplättchens  senkrecht  auf  der  op- 
tischen Hauptachse  der  Faser  steht,  so  erhält  man  bestimmte  Subtrak- 
tion sfarben. 

1)  Unter  optischer  Hauptachse  ist  hier  immer  die  längste  Achse  des  Elasti- 
zitätsellipsoids  zu  verstehen. 


14  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Nach  den  von  Remec  angestellten  Beobachtungen  geben  die  meisten 
Fasern  (Flachs,  Hanf,  Jute,  Ramiefasern,  Manilahanf,  Pitefaser,  afrika- 
nische Piassave)  zu  grau  I  als  Additionsfarbe  indigo  II  und  als  Sub- 
traktion sfarbe  orange  I.  Bei  diesen  Fasern  fällt  die  optische 
Hauptachse  mit  der  Faserrichtung  zusammen.  Nach  den  Unter- 
suchungen von  J.  Schiller  1)  trifft  diese  Orientierung  der  optischen 
Achsen  bei  allen  Pflanzenfasern  zu.  Hingegen  wurde  von  Remec  ein 
entgegengesetztes  Verhalten  bei  der  Kokosnußfaser,  bei  der  brasilia- 
nischen Piassave  und  bei  der  Tillandsiafaser  gefunden.  Bei  diesen 
Objekten  steht  nach  Remec  die  optische  Hauptachse  senk- 
recht zur  Längsrichtung  der  Faser.  (S.  auch  unten  bei  der  »Cha- 
rakteristik der  Fasern«.)  Was  die  Höhe  der  Doppelbrechung  der 
Pflanzenfasern  anlangt,  so  ist  zu  bemerken,  wie  enorm  verschieden 
dieselbe  bei  verschiedenen  Arten  ist,  weshalb  man  sich  in  manchen 
Fällen  der  Unterscheidung  dieses  optischen  Charakters  mit  Vorteil  be- 
dienen kann.  Schon  V.  v.  Ebner^)  hat  auf  die  merkwürdige  Tatsache 
aufmerksam  gemacht,  daß  die  Bastfasern  von  Flachs  und  Hanf  rück- 
sichtlich der  Höhe  der  Doppelbrechung,  Gips  und  Quarz  bedeutend  über- 
ragen. J.  Schiller  hat  diesen  Vergleich  zahlenmäßig  durchgeführt . und 
fand  für 

Lein    .     .  7— a  =  0,0395 

Hanf  .     .   Y— a  =  0,0550 

Quarz      .  -'— a  =  0,0091 

Gips    .     .  Y— a  =  0,0098 

Orthoklas  y— ^-  =  0,0070 

Unter  y  ist  der  Brechungsexponent  zu  verstehen,  wenn  die  Bestimmung 
parallel,  unter  a,  wenn  die  Bestimmung  senkrecht  zu  dieser  Richtung 
vorgenommen  wird;  z.  B.   bei  Lein  'i—o.  =  1,5757  —  1,5362  =  0,0395. 

Man  sieht,  wie  sehr  die  Höhe  der  Doppelbrechung  der  beiden 
Pflanzenfasern  die  der  angeführten  Mineralkristalle  überragt.  Nun  ist  zu 
beachten,  daß  unter  den  Pflanzenfasern  auch  solche  vorkommen,  welche 
sich  durch  exorbitant  niedere  Höhe  der  Doppelbrechung  auszeichnen, 
z.  B.  die  Faser  von  Agave  americana,  bei  welcher  nach  der  Unter- 
suchung von  Schiller  Y—a  =  1,530— 1,522  =  0,008  ist. 

Dichroismus  der  Pflanzenfasern.  Die  ersten  eingehenden 
Untersuchungen  über  den  Dichroismus  der  vegetabilischen  Zellhaut  sind 

1)  J.  Schiller,  Optische  Untersuchungen  von  Bastfasern.  Sitzgsber.  d.  Wiener 
Akad.  d.  Wiss.    Bd.  115  (1906),  p.  4  623  ff. 

2)  Ebner,  V.  v.,  Untersuchungen  über  die  Ursache  der  Anisotropie  organischer 
Substanzen.     Leipzig,  Engelmann.     1882,  p.  211. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  15 

H.  Ambronni)  zu  danken.  Er  studierte  den  Dichroismus  von  pflanz- 
lichen Zellhäuten,  welche  entweder  natüriich  gefärbt  waren  oder  auf 
künstlichem  Wege  gefärbt  wurden.  Solche  gefärbte  Zellhäute  verhalten 
sich  so  wie  gefärbte  doppeltbrechende  Kristalle,  deren  Dichroismus  schon 
vor  langer  Zeit  von  Haidinger  festgestellt  wurde.  Wie  in  solchen  gefärb- 
ten doppeltbrechenden  Kristallen,  erfahren  auch  in  den  gefärbten  vegetabili- 
schen Zellhäuten,  welche,  wie  wir  gesehen  haben,  doppeltbrechend  sind,  die 
beiden  durch  Doppelbrechung  entstandenen  polarisierten  aufeinander  senk- 
recht schwingenden  Strahlen  eine  bestimmte  Farbenabsorption,  welche  für 
die  betreffende  Zellhaut   und  den  färbenden  Körper  charakteristisch  ist. 

SpezialStudien  über  den  spezifischen  Dichroismus  der  Pflanzen-  und 
Tierfasern  wurden  von  Behrens 2)  durchgeführt,  welcher  neue  Gesichts- 
punkte zur  Unterscheidung  der  Faserstoffe  eröffnete  und  zu  manchen 
praktischen  Unterscheidungsmerkmalen  führte.  Zur  Färbung  eignen  sich 
nach  jetzigen  Erfahrungen  am  besten  die  sogenannten  Kongofarbstoffe 
(Benzidinfarbstoffe),  welche  sich  auch  auf  ungeheizter  Faser  in  Form 
von  Alkalisalzen  fixieren,  während  Säurefarbstoffe  für  die  Ermittelung 
des  Dichroismus  der  Faser  ganz  ungeeignet  sind. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Behrens  ist  (tierische)  Wolle  mit 
keinem  Farbstoff  dichroitisch  zu  machen,  Seide  —  nach  bisherigen  Er- 
folgen — -  bloß  mit  Benzoazurin  und  mit  diesem  auch  nur  sehr  schwach. 
Die  Pflanzenfasern  sind  hingegen  durchweg  dichroitisch  zu  machen,  aber 
in  verschiedenen  Graden:  am  schwächsten,  aber  doch  stärker  als  Seide, 
Gefäßhäute  von  Holz  und  weiters  Markstrahlen,  Epidermiszellen,  Baum- 
wolle, Jute,  Stroh,  am  stärksten  Flachs  und  Hanf. 

Andere,  z.  T.  sehr  scharfe  Unterschiede  ergeben  sich,  wenn  man 
die  Orientierung  der  zu  untersuchenden  Faser  zur  Richtung  der  Polari- 
sationsebene des  wirkenden  Nicoischen  Prismas  beachtet,  aber  zwischen 
dichroitischer  Achsen-  und  dichroitischer  Basisfarbe  unterscheidet. 

Beispielsweise  gibt  Kongorot  auf  Leinfaser  als  Achsenfarbe  dunkel- 
rot, als  Basisfarbe  ein  schwaches  Rot  bis  zur  Farblosigkeit.  Baumwolle 
läßt  hingegen  fast  gar  keinen  Unterschied  zwischen  Achsen-  und  Basis- 
farbe erkennen;  sie  erscheint  bei  jeder  Orientierung  gelblichrosa.  Auch 
Epidermiszellen  lassen  fast  gar  keinen  Unterschied  zwischen  Achsen- 
und  Basisfarbe  erkennen. 


■1)  H.  Ambronn,  Pleochroismus  gefärbter  Zellmembranen.  Ber.  Deutsch.  Bot.  Ges., 
1888.    Ders.,  Anleitung  z.  Benutzung  d.  Polarisationsmikroskopes.     -1892. 

2)  Behrens,  1.  c;  Höhnel,  Mikrosiiopie  der  techn.  verw.  Faserstoffe,  Wien  u. 
Leipzig.  2.  Aufl.,  1905.  Aisslinger  (Beitr.  z.  Kenntn.  wenig  bek.  Pflanzenfasern, 
Zürich,  1907)  beschäftigt  sich  neben  andern  auch  mit  dieser  Frage,  doch  konnte  ich 
nach  Fertigstellung  des  Satzes  die  Ergebnisse  seiner  Studien  nicht  mehr  in  den  Text 
einfügen.  —  J.  Weese  (Wien). 


16  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Die  Wärmeleitung  1)  der  Pflanzenfasern  scheint  nach  meinen  Ver- 
suchen in  der  Richtung  der  Faser  stets  eine  größere  als  senkrecht  dar- 
auf zu  sein.  Ich  habe  den  Bast  der  Linde  und  zahlreicher  anderer 
Pflanzen,  welche  Fasern  liefern,  mit  einer  Wachsschicht  überzogen  und 
von  rückwärts  mit  der  Spitze  einer  heiß  gemachten  Nadel  berührt.  Es 
schmolz  das  Wachs  stets  in  Form  einer  deutlichen  Ellipse,  deren  große 
Achse  in  die  Längsrichtung  der  Fasern  zu  liegen  kam.  Die  kleine  Achse 
der  Ellipse  verhielt  sich  zur  großen  Achse  fast  immer  wie  3  :  4  bis  3  :  5, 
woraus  sich  ergibt,  daß  die  Wärmeleitung  der  Fasern  in  der  Faser- 
richtung bedeutend  grüßer  als  in  der  darauf  senkrechten  sein  müsse. 

Hygroskopizität.  Eine  nicht  nur  für  die  Charakterisierung,  son- 
dern auch  für  die  Wertbestimmung  der  Fasern  sehr  bemerkenswerte 
physikalische  Eigenschaft  ist  deren  Hygroskopizität.  Es  liegen  hierüber 
nur  bezüglich  sehr  weniger  Fasern  genauere  Versuche  vor  und  doch  ist 
die  Kenntnis  des  Umstandes,  in  wie  weit  eine  Pflanzenfaser  die  Fähig- 
keit besitzt,  Wasserdampf  aus  der  Atmosphäre  aufzunehmen,  für  alle 
käuflichen  Fasern  von  praktischem  Werte.  Da  die  Fasern  fast  stets 
nach  dem  Gewichte  verkauft  werden,  so  sollte  der  Käufer  wohl  beachten, 
wie  viel  Wasser  seine  Ware  enthält.  Obschon  nun  hierauf  bei  der  Wert- 
bestimmung von  Wolle  und  Seide  Rücksicht  genommen  wird  und  gegen- 
wärtig in  den  meisten  Städten,  welche  ausgedehnteren  Seiden-  oder 
Wollehandel  betreiben,  in  besonderen  Anstalten  (Konditionierungsanstalten) 
die  Wassermenge  von  Kaufproben  der  Wolle  und  Seide  bestimmt  wer- 
den, wird  die  Wassermenge  der  käuflichen  Pflanzenfasern-  kaum  noch 
beachtet,  obwohl  die  nachfolgenden  Zahlen  lehren  werden,  daß  die  ver- 
schiedenen Pflanzenfasern  in  verschiedenem  Grade  hygroskopisch  sind 
und  einige  darunter  vorkommen,  welche  viel  und  begierig  Wasser  auf- 
nehmen 2). 

Um  einen  Maßstab  für  den  Grad  der  Hygroskopizität  der  verschie- 
denen Fasern  zu  gewinnen,  habe  ich  die  Wassermenge  ermittelt,  welche 
sie  bei  mittlerer  Temperatur  und  mittlerer  (relativer)  Luftfeuchtigkeit  im 


,  1)  Siehe  erste  Auflage  dieses  Werkes,  p.  292. 

2)  Die  Wertbestimmung  der  Baumwolle  wird  in  großen  Handelsstädten  in 
höchst  rigoroser  "Weise  vorgenommen.  Siehe  beispielsweise  die  Bestimmungen  der 
Bremer  Baumwollenbörse  (Semler,  Tropische  Agricult.,  III,  p.  517).  In  dem  be- 
treffenden Regulativ  ist  aber  bezüglich  des  "Wassergehaltes  des  Kaufgutes  keine 
Norm  angegeben.  Nur  ganz  allgemein  heißt  es  (I.e.,  p.  521):  »Irgendwelche  Ver- 
gütungen im  Gewichte  für  Feuchtigkeit,  Beschädigungen  usw.  sind  in  der  Faktm'a 
besonders  abzusetzen«.  Nach  Pfuhls  (Die  Jute  und  ihre  Verarbeitung,  Berlin  I  [188 Sj, 
p.  83)  Vorschlag  möge  bei  Handel  mit  Jute  ein  Wassergehalt  von  1  4  Proz.  zugrunde 
gelegt  werden.  Über  die  ersten  mit  Gründhchkeit  von  A.  Herzog  durchgeführten 
Konditionierungsversuche  von  Pflanzenlasern  wird  unten  bei  Abhandlung  des  Flachses 
berichtet  werden. 


siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  ]^7 

lufttrockenen  Zustande  führen,  und  hierauf  bei  mittlerer  Temperatur  in 
einem  mit  Wasserdampf  völlig  gesättigten  Räume  so  lange  belassen,  bis 
sie  sich  eben  mit  Wasserdampf  völlig  sättigten.  Häufig  erfolgte  bei  ge- 
nügend feiner  Verteilung  der  Faser  die  völlige  Sättigung  schon  nach 
24  Stunden.  Bei  manchen  Fasern  genügt  dieser  Zeitraum  nicht.  Nament- 
lich bei  dicken,  aus  zahlreichen  dictt  verbundenen  histologischen  Ele- 
menten bestehenden  Fasern  (z.  B.  bei  Piassave)  ist  ein  Zeitraum  von  einer 
Woche  und  mehr  erforderlich,  bis  völlige  Sättigung  eingetreten  ist. 

Wassermenge  im 
Bezeichnung  der  Faser  lufttrockenen  ^^^^ßte  aufgenommene 

Zustande  Wassermenge 

Sunn 5,31   Proz.  i0,87  Proz. 

Frische  Bastfaser  von  AbelmoscJius 

tetraphyllos G,80       »  13,00 

Bast  von  Calotropis  gigantea    .     .     5,67       »  13,13       ^ 

Espartofaser 6,95       »  13,32 

Belgischer  Flachs     ......     5,70       >  13,90 

BasUdiser  \on  Hibiscus  cannabinus     7,38       >  14,61       > 

Frische  Bastfaser  von  ZJre^a  smM(7ir/     7,02       »  15,20       » 

Piassave  (brasilianische)     ....     9,26       »  16,98i)    » 

Bastfaser  von  Sida  retusa     .     .     .     7,49       »  17,11       > 

BMliaser  \on  Aloe  perfoUata    .     .     6,95       *  18,03       » 

Kotonisiertes  Chinagras     ....     6,52       »  18,15       » 

Blattfaser  von  Bromelia  Karatas  .     6,82       »  18,19       » 

Bastfaser  von  Thespesia  Lampas  .   10,83       »  18,19       » 

»      Cordia  latifolia  .     .     8,93       .  18,22       » 

Kotonisierte  Ramiefaser     ....     6,68       »  18,55       » 

Bastfaser  von  Bauhinia  racemosa.     7,84       »  19,12       » 

Tillandsiafaser 9,00       >  20,50       » 

Baumwolle      . 6,66       »  20,99       » 

Frische  Jute 6,00       »  23,30 

Pite ...     12,3       »  zirka  30—36     » 

Manilahanf      . 12,5       :     zirka  bis  50,00       » 

Afrikanische  Piassave 15,4       »  50,04       » 

Jüngsthin  wurden  sehr  eingehende  Untersuchungen  über  die  Hygro- 
skopizität von  Kapok  (Fruchthaare  von  Eriodendron  anff'actuosum)  und 

Akon  (Samenhaare  von  Calotropis  gigantea  und  C.  procera)  von  E.  A. 

Lincke2)  angestellt,  welche  ergaben,  daß  Kapok  bis  28,5,  Akon  bis  26 
Proz.  hygroskopisches  Wasser  aufnimmt. 


1)  Einzelne  Sorten  bis  20  Proz.,  siehe  unten  bei  Piassave. 

2)  Kapok,  Dresden  -1912,  p.  79. 
iesn er,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl. 


18  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Mit  steigender  Luftfeuchtigkeit  nimmt  die  von  einer  bestimmten 
Faser  aufgenommene  Wassermenge  zu.  Eingehende  Untersuchungen  hier- 
über wurden  von  Pfuhl i)  und  von  Lincke  (1.  c.)  angestellt.  Nach  Unter- 
suchungen von  Pfuhl  enthält  die  Jute  bei  71  Proz.  rel.  Luftfeuchtigkeit 
14  Proz.,  bei  98  Proz.  rel.  Luftfeuchtigkeit  32,  im  mit  Wasserdampf  ge- 
sättigten Räume  34,25  Proz.  Wasser,  also  beträchtlich  mehr,  als  ich  be- 
obachtete. Eine  analoge  Zunahme  der  Hygroskopizität  mit  der  Feuchtig- 
keitszunahme der  Luft  hat  Lincke  bei  Kapok  und  Akon  nachgewiesen. 
Fasersorten,  welche  von  verschiedenen  Kulturvarietäten  einer  und 
derselben  Pflanze  herrühren,  so  z.  B.  Flachs,  zeigen  oft  einen  verschie- 
denen Grad  von  Hygroskopizität.  Ich  fand,  daß  der  Flachs  (holländischer, 
belgischer,  preußischer,  mährischer),  mit  Wasserdampf  gesättigt,  etwa  1  4 
bis  1 7  Proz.  Wasser  führt,  daß  hingegen  der  ägyptische  Flachs  viel  hygro- 
skopischer ist,  nämlich  im  aufs  Maximum  durchfeuchteten  Zustande  23,36 
Proz.  W^asser  enthält.  Herzogt)  untersuchte  acht  auf  verschiedene  Weise 
gerüstete  belgische  und  böhmische  Flachse  und  fand  den  Wassergehalt 
dieser  Sorten  im  lufttrockenen  Zustande  zwischen  7,7  (Gourtray,  Wasser- 
röste) und  9,3  Proz.  (Trautenau,  Tauröste). 

An  manchen  Fasern  habe  ich  die  Beobachtung  gemacht,  daß  ihre 
Hygroskopizität  mit  der  Zeit  eine  größere  wird.  Ich  konstatierte  dies  an 
mehreren  an  der  Luft  dunkler  werdenden  Fasern  und  glaube  nicht  zu 
irren,  wenn  ich  annehme,  daß  alle  jene  Fasern,  welche  durch  partielle 
Umsetzung  ihrer  Zellhautbestandteile  in  Huminkörper  dunkler  werden, 
diese  Eigentümlichkeit  zeigen  werden.  An  braun  gewordenen  Proben 
der  folgenden  Fasern  habe  ich  das  Auftreten  von  Huminkörpern  direkt 
beobachtet. 

Wassermenge  Größte 

Bezeichnung  der  Faser  im  lufttrockenen  aufgenommene 

Zustande  Wassermenge 

Frischer  Sunn 5,31  Proz.  10,87  Proz. 

Alte  stark  gedunkelte  Sorte      .     .     .     5,84     >  19,10 

Frische  Jute .     6,00      »  23,30      > 

Gebräunte  Jute  (verschiedene  Sorten)     7,11      »         24,01 — 33,2  » 
Frische  Abelmoschusfaser    ....     6,80     »  13,00 

Gebräunte  »  ....     9,70      •  22,70       ^ 

Frische  Urenafasern 7,0^     »  15,20 

Gebräunte         >  8,77     »  1 6,20 

Quellbarkeit  der  Pflanzenfasern  und  Dimensionsänderun- 
g^en  derselben  nach  den  Achsenrichtungen  der  Fasern  infolge 
des  Quellens.  Es  ist  lange  bekannt,  daß  die  Zellmembranen  der  Pflanzen- 

<)  1.  c.  I,  p.  18. 

2)  Die  Flachsfaser.     Trautenau  1896. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  19 

gewebe  in  mehr  oder  mioder  hohem  Grade  im  Wasser  quellen,  desgleichen, 
aber  bedeutend  stärker,  in  anderen  Flüssigkeiten,  insbesondere  stark  in 
Kupferoxydammoniak,  Schwefelsäure  und  Ghlorzinkjodlüsung. 

Von  besonderer  physiologischer  Wichtigkeit  ist  die  Kenntnis  der 
Quellbarkeit  der  Pflanzenfasern  im  Wasser.  Wie  ich  vor  langer  Zeit  zeigte, 
ist  diese  Quellung  mit  einer  Verdichtung  des  Wassers  in  der  Substanz 
der  Zellwand  verbunden,  was  zu  einer  Temperaturerhöhung  führt*). 
Für  die  Unterscheidung  der  Pflanzenfasern  ist  aber  auch  deren  Ver- 
halten starken  Quellungsmitteln  gegenüber  von  Wichtigkeit. 

Über  den  Grad  der  Quellung  der  Fasern  je  nach  den  Achsenrichtungen 
sind  von  F.  v.  Höhnel  eingehende  Untersuchungen  angestellt  worden, 
welche  unter  anderem  zu  einer  Erklärung  der  Verkürzung  der  Seile 
nach  ihrer  Besprengung  mit  Wasser  führten^),  v.  Höhnet  fand 
ferner,  daß  das  Quellungsvermögen  der  Pflanzenfasern  nach 
den  Richtungen  ihrer  Achsen  ein  verschiedenes  ist.  Als  Haupt- 
resultat seiner  Untersuchungen  ist  die  Feststellung  der  Tatsache  zu  be- 
trachten, daß  die  Quellung  der  Pflanzenfasern  nach  der  Dicke 
sehr  groß,  nach  der  Länge  sehr  gering  ist,  und  daß  bei  starker 
Quellung  nach  der  Dicke  selbst  eine  Verkürzung  in  der  Längs- 
richtung eintritt.  Trockene  Fasern  verdicken  sich  bei  der  Quellung 
im  Wasser  gewöhnlich  um  20^ — 30  Proz.  und  verlängern  sich  gewöhn- 
lich bloß  um  1/2  Proz.  v.  Höhnel  fand  ferner,  daß  Tier  haare  weniger 
rasch  und  weniger  stark  im  Wasser  quellen  als  Pflanzenfasern,  und  daß 
erstere  hierbei  bloß  um  10 — 14  Proz.  dicker  werden. 

SpezialStudien  über  das  Verhalten  gedrehter  und  ungedrehter  Tier- 
und  Pflanzenfasern,  ferner  über  die  Volumänderungen  der  Fasern  bei 
Quellung  in  Schwefelsäure  wurden  von  v.  Höhnel  in  ausgedehntem 
Maße  angestellt. 

Ich  teile  hier  noch  die  Ergebnisse  einiger  leicht  anzustellender  Ver- 
suche mit,  welche  sich  auf  die  bei  starker  Quellung  sich  einstellenden 
Dimensionsänderungen  beziehen.  Die  Ergebnisse  dieser  Versuche  sind 
für  das  Verständnis  jener  morphologischen  Veränderungen  sehr  lehrreich, 
welche  Pflanzenfasern  erleiden,  deren  Zellwände  aus  Schichten  ver- 
schiedener Quellbarkeit  bestehen^).  —  Es  handelt  sich  hierbei  hauptsäch- 


1)  Wiesner,  Sitzungsberichte   der  Wiener  Akademie  d.  Wiss.  Bd.  64  (nn). 

2)  F.  V.  Höhnel,  tjber  einige  technisch  wichtige  Eigenschaften  der  Textilfasern 
und  über  die  Verkürzung  der  Seile  im  Wasser.  Dingler,  polyt.  Journal,  Bd.  262 
(1884).  Derselbe,  Die  Mikroskopie  der  technisch  verwendeten  Faserstoffe.  2.  Aufl. 
Wien  u.  Leipzig  1905,  p.  20 — 23. 

3)  Über  diese  in  diagnostischer  Beziehung  wertvollen  morphologischen  Ver- 
änderungen siehe  weiter  unten. 

2* 


20  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

lieh  um  die  Verkürzung  der  Fasern  in  der  Längsrichtung  beim  Quellen 
nach  der  Dicke. 

Es  wurden  Faserstücke  von  annähernd  gleicher  Dicke  auf  den  Ob- 
jektträger gebracht,  behufs  Geradestreckung  mit  Wasser  befeuchtet  und 
mit  dem  Skalpell  so  zugeschnitten,  daß  jedes  Faserstück  eine  Länge  von 
20  mm  hatte.  Nun  wurde  die  feuchte  Faser  mit  einem  Deckgläschen 
überdeckt,  mit  destilliertem  Wasser  versehen  und  hierauf  mit  Kupfer- 
oxydammoniak so  lange  behandelt  als  die  Verkürzung  fortschritt.  Von 
Zeit  zu  Zeit  wurde  unterm  Mikroskop  der  Fortschritt  der  Quellung  bzw. 
der  Verkürzung  gemessen.  Bei  Eintritt  der  Lösung  der  Faser  im  Kupfer- 
oxydammoniak hatte  der  Versuch  natürlich  sein  Ende  erreicht. 
Länge  der  Faser  nach 
vollständiger  Kontraktion       Kontraktion  in  Proz. 

Leinenfaser  .     .     15,3  mm  4,7  mm  23,5 

Hanffaser     .     .     16,0     »  4,0     »  20,0 

Jutefaser      .     .     19,4     »  0,6     »  3,0 

Posidoniafaser  .     20,0     >'  —     »  — 

Festigkeit  und  Elastizität  der  Fasern.  In  seinem  grund- 
legenden Werke  über  das  mechanische  Prinzip  im  Aufbaue  der  Mono- 
kotylen i)  hat  Schwendener  nachgewiesen,  daß  in  der  Pflanze  Zellen 
besonderer  Art  ausgebildet  sind,  welche  in  ihr  zu  biegungs-,  druck-  und 
zugfesten  Konstruktionen  vereinigt  sind  und  dem  zweckmäßigen  mecha- 
nischen Aufbau  der  Gewächse  dienen.  Schwendener  hat  diese  Zellen, 
welche  sich  gegenüber  den  anderen  Elementen  des  Pflanzenkörpers  durch 
hohe  Festigkeit  auszeichnen,  als  mechanische  Zellen  bezeichnet.  Die 
Hauptrepräsentanten  dieser  mechanischen  Zellen  sind  die  Bastzellen,  also 
jene  Zellen,  aus  welchen  viele  Gespinstfasern  zusammengesetzt  sind 
(Flachs,  Hanf,  Jute  usw.)  oder  den  Hauptbestandteil  von  technisch  ver- 
wendeten Pflanzenfasern  bilden  (Manilahanf,  Kokosfaser  usw.). 

Pflanzenhaare  fungieren  in  der  Natur  niemals  als  mechanische  Zellen, 
Die  technisch  verwendeten  Pflanzenhaare  sind  gewöhnlich  so  wenig  fest, 
daß  sie  als  Gespinstfasern  nicht  wohl  geeignet  sind,  trotz  ihrer  sonstigen, 
oft  sehr  empfehlenswerten  Eigenschaften,  wie  die  Wolle  der  Wollbäume 
und  die  vegetabilische  Seide.  Eine  Ausnahme  bildet  die  Baumwolle, 
welche  fest  genug  ist,  um  zu  textilen  Zwecken  benutzt  werden  zu  können. 
Es  spricht  sich  die  merkwürdige  Eigentümlichkeit  in  einigen  Kulturvarie- 
täten der  Baumwolle  besonders  auffallend  aus. 

Wenn  nun  auch  Schwendener  seine  Untersuchungen  über  die 
Festigkeit  und  Elastizität  der  mechanischen  Zellen  nur  vom  rein  wissen- 
schaftlichen Standpunkte  und  nicht  mit  Rücksicht  auf  die  Praxis  durch- 


1)  Leipzig,  W.  Engelmann,  1874. 


T  pro  qmm  in 

kg 

E 

.     16—20 

M  40-1540 

20 

1580 

25 

1720 

19 

2550 

22 

2000 

.     15—20 

3450 

Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  21 

führte  und  als  Prüfungsmaterial  Organe  von  Pflanzen  wählte,  welche, 
abgesehen  von  den  Blättern  von  Phormium  tenax,  deren  Fasern  den 
neuseeländischen  Flachs  liefern,  keine  Beziehung  zur  Technik  haben,  so 
dürfen  die  Ergebnisse  der  Versuche  des  genannten  Forschers  hier  nicht 
übergangen  werden,  da  sie  uns  mit  allgemein  gültigen  Eigenschaften  der 
in  technischer  Beziehung  so  wichtigen  Bastzellen  bekannt  machen  i). 

In  der  nachfolgenden  Zusammenstellung  sind  die  von  Seh  wendener 
ermittelten  Zahlenwerte  über  das  Tragvermögen  (T)  und  den  Elastizitäts- 
modul (E)  der  Bastzellen  einiger  Pflanzen  enthalten.  Unter  Elastizitätsmodul 
(Dehnungsmodul)  ist  das  Gewicht  (in  Kilogrammen)  zu  verstehen,  welches 
erforderlich  ist,  um.  einen  Stab  von  einem  Quadratmillimeter  Querschnitt 
auf  die  doppelte  Länge  zu  dehnen.  Unter  Tragvermögen  ist  die  absolute 
Festigkeit  innerhalb  der  Grenzen  vollkommener  Elastizität  zu  verstehen. 

Phormimn  tenax  (Blatt)    .     . 

Jubcea  spectabüis  (Blatt)    . 

Pincenectia  recurvata  (Blatt) 

Lilium  auratum  (Stengel) 

Molinia  caerulea  (Stengel) 

Seeale  cereale  (Stengel)       .     . 

Vergleicht  man  das  Tragvermögen  der  mechanischen  Zellen  mit  dem 
der  festesten  Metalle  (Schmiedeeisen,  Stahl),  so  gewahrt  man  zwischen 
beiden  keinen  wesentlichen  Unterschied  2).  Aber  nach  den  bisherigen 
Untersuchungen  besitzen  die  festesten  Bastzellen  (von  Pincenectia  recur- 
vata) ein  etwas  höheres  Tragvermögen  als  die  besten  Stahlsorten. 

Hingegen  bleibt  der  Elastizitätsmodul  der  Bastzellen  weit  hinter  dem 
der  Metalle  zurück.  Mit  anderen  Worten  ausgedrückt:  Zur  Dehnung  der 
mechanischen  Zelle  sind  geringere  Gewichte  als  zur  Dehnung  der  Metalle 
erforderlich.  Es  beträgt  der  Elastizitätsmodul  nach  Weisbach  für 
Schmiedeeisen  in  Stäben  19  700,  für  Schmiedeeisen  in  Blech  21900, 
für  Schmiedeeisen  in  Drähten  18300  und  für  deutschen  gehämmerten 
und  angelassenen  Stahl  20  500. 

Aus  nachfolgender  Zusammenstellung  ist  aber  zu  ersehen,  daß  die 
zulässige  (nämlich  die  innerhalb  der  Grenzen  vollständiger  Elastizität 
stattfindende)  Dehnbarkeit  bei  den  mechanischen  Pflanzenzellen  größer 
ist  als  bei  den  Metallen. 

4)  Weitere  Untersuchungen  über  die  Zugfestigkeit  von  bastreichen  Pflanzenteilen 
Hegen  von  Kalinnikow  und  Rasdorsky  (Bull.  Soc.  Imp.  Nat.  Moscou,  1911  [1913] 
p.  406—523)  vor.  —  J.  Weese. 

2)  Nach  Weisbach  (Ingen.-  u.  Maschinenmech.,  5.  Aufl.)  hat  Schmiedeeisen 
in  Drahtl'orm  ein  Tragvermögen  =  21,9  kg,  deutscher  Stahl,  gehämmert  und  an- 
gelassen =  24,6  kg. 


22 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Verlängerung  der  Faser  bez.  der  Metalle  innerhalb  der 
Elastizitätsgrenze  in  Prozenten  ausgedrückt. 


nach  Schwendener 

nach  Weisbach 

Phormium  tenax  .     .     .  1,3 — 1,4 

Schmiedeeisen  in  Stäben    . 

0,067 

JubcEa  spectabüis  ....     1,26 

Blech      . 

0,080 

Pincenectia  recurvata    .     .     1,45 

Drähten  . 

0,010 

Lüium  auratum  .     .     .     .     0,75 

Deutscher  gehämmerter  und 

Molinia  caerulea  .     .     .     .       1,1 

angelassener  Stahl     .     . 

0,012 

Seeale  cereale 0,44 

Über  die  Festigkeitsverhältnisse  der  wichtigsten  Gespinstfasern 
liegen  in  praktischer  Beziehung  wichtige  Versuche  von  K.  E.  Hartigi), 
PfuhP),  E.  Hanausek^)  u.  a.  vor.  Es  wurden  Faserbündel  bei  50  bis 
0,5  mm  Einspannlänge  zerrissen  und  hieraus  die  absolute  Festigkeit  ab- 
geleitet. Aus  diesem  Werte  wurde  unter  Zugrundelegung  der  Dichte  der, 
Faser  die  Reißlänge  bestimmt,  worunter  jene  berechnete  Länge  zu  ver- 
stehen ist,  bei  welcher  durch  ihr  eigenes  Gewicht  das  Abreißen  in  der 
Nähe  der  Aufhängestelle  erfolgen  müßte.  Die  Reißlänge  wird  in  Kilo- 
metern ausgedrückt. 

In  nachstehender  Tabelle  sind  die  Festigkeitsverhältnisse  der  wich- 
tigsten vegetabilischen  Fasern  nach  den  Untersuchungen  von  H artig  und 
Pfuhl  ziffernmäßig  ausgedrückt.  Zum  Vergleiche  wurde  auch  Seide  heran- 
gezogen.    Die  Reißlängen  sind   auf  eine   Einspannlänge  =  0  berechnet. 

Bruchmodul 


Faserstoff 
Kokosfaser       .     . 

Reißlänge 
in  km 

R 
17,8 

Spezifisches 
Gewicht 

s 

od.  Festigkei 

auf  \  qmm 

in  kg 

K4) 

L 

Nach  Hartig 

Baumwollenfaser  . 

.        23,0 

1,49 

34,27 

. 

Flachsfaser  s)   .     . 

24,0 

1,50 

36,00 

•     > 

Rohseide     .     .     . 

30,8 

1,30 

40,04 

» 

Manilahanf       .     . 

31,8 

— 

— 

» 

Chinagras  .     .     . 
Polnischer    Reinha 

.        20,0 
[if       52,0 

1,5 

■      78,00 

: 

Jutefaser     .     .     . 

.       34,5  6) 

1,436 

49,51^) 

Nach  Pfuhl») 

A)  Dinglers  polytechn.  Journal  (4  879  und  4  883). 

2)  1.  C.   I  (1888). 

3)  S.  unten  bei  Baumwolle. 

4)  K  =  R.  s. 

5)  Über  die  neuesten  Untersuchungen  der  Reißlänge  des  Flachses,   welche  von 
A.  Herzog  ausgeführt  wurden,  s.  unten  bei  Abhandlung  des  Flachses. 

6)  Für  Einspannlänge  =  1  0  mm  ist  R  =  20  km. 

7)  Für  Einspannlänge  =  10  mm  ist  K  =  28,72  kg. 

8)  Pfuhl    hebt   ausdrücklich  hervor,  daß  der  Bruchmodul  bei  geringeren  Jute- 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  23 

Eine  systematische  Untersuchung  der  Festigkeitsverhältnisse  technisch 
verwendeter  Pflanzenfasern  ist  bis  jetzt  noch  nicht  durchgeführt  worden^). 
Manche  Einzelheiten  finden  sich  in  der  Literatur  und  wird  im  speziellen 
Teile  hierauf  zurückzukommen  sein.  Hier  will  ich  nur  eine  alte,  von 
Roxburgh2]  herrührende  Versuchsreihe  vorführen,  welche  vergleichs- 
weise die  Festigkeit  verschiedener  indischer  Bastfasern  veranschaulicht. 
Bezeichnung  der  Faser  Belastung 

Bastfaser  von  Marsdenia  tenacissima  .     .  2483) 

»  »     Urtica  tenacissima    ...  240 

»  Corchorus  capsularis     .     .      143 — 164 

»  »     Grotalaria  juncea.     .     .     .      112 — 160 

»  ^     Äeschynomene  cannabina  .  138 

Hibiscus  cannabinus     .     .  115 

»  >'     Hibiscus  abelmoschus     .     .  107 

»  "     Abroma  angiista  ....  100 

>  »     Guazuma  ulmifolia .     .     .  100 

»  »     Hibiscus  sabdariffa  ...  89 

»  »     Hibiscus  furcatus      ...  89 

»  Hibiscus  esculentus  ...  79 

Härte  der  Fasern.  Über  die  Härte  der  vegetabilischen  Zell- 
membran lagen  bis  vor  2  Jahrzehnten  keinerlei  Untersuchungen  vor. 
Auf  meine  Veranlassung  führte  Emma  Ott  im  Wiener  pflanzenphysio- 
logischen Institute  eine  Reihe  hierauf  bezüglicher  Versuche  durch*),  bei 
welchen  auf  vegetabilische  Fasern  gebührend  Rücksicht  genommen  wurde. 
Es  ergab  sich,  daß  die  Härte  der  vegetabilischen  Zellhaut,  falls  nicht 
reichliche  mineralische  Einlagerungen  in  dieselbe  stattgefunden  hatten, 
stets  dieselbe  ist,  nämlich  der  des  Muskovits  nahe  kommt.  Durch  mine- 
rahsche  Einlagerungen  steigert  sich  die  Härte  bis  auf  die  des  Calcit 
(Oberhaut  von  Equisetum  silvaticum,  variegatum  und  pratense,  Ober- 
arten bedeutend  niedriger,  als  oben  angegeben,  sein  kann,  und  tatsächlich  fand 
Hartig  für  Jute:  R  =  10  km.  Nach  Pfuhl  muß  es  eine  geringere  oder  verdorbene 
Faser  gewesen  sein,  welche  Hartig  prüfte. 

1)  Nach  Abschluß  des  Manuskriptes  erhielt  ich  von  Prof.  Lyster  Dewey 
(Washington)  eine  Abhandlung  über  die  Festigkeit  der  Pflanzenfasern,  welche  sehr 
interessante  Daten  über  die  absolute  Festigkeit  von  Baumwolle  und  Hartfasern 
enthielt,  auf  welche  ich  hier  aber  nicht  mehr  eingehen  kann.  Im  speziellen  Teile 
werde  ich  noch  Gelegenheit  finden,  einige  seiner  Forschungsergebnisse  mitteilen 
zu  können. 

2)  Siehe  Royle,  in  dem  unten  zitierten  Werke,  p.  200. 

3)  Gewichtseinheiten  auf  gleiche  Querschnitte  bezogen.  Die  absoluten  Gewichte 
und  die  absolute  Größe  der  Querschnitte  sind  a.  a.  Orte  nicht  namhaft  gemacht. 

4)  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Härte  vegetabilischer  Zellmembranen.  Österr. 
botan.  Ztschr.,  1900,  Nr.  7. 


24  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

haut  des  Blattes  A^on  Deutxia  scahra^  Stammoberhaut  von  Calamus 
Rotang,  Fruchtschale  von  Pinus  Pinea),  des  Fluorits  (Oberhaut  von 
Equisetum  hiemale  und  Telmateja^  Fruchtschale  von  Lithospermum  of- 
ficinale)^  ja  sogar  auf  die  des  Opals  (Fruchtschale  von  Coix  Lacryma). 

Von  Fasern  wurden  auf  ihre  Härte  geprüft:  Baumwolle,  Wolle  der 
Wollbäume,  vegetabilische  Seide  (verschiedene  Asclepias-kviexi),  Leinen, 
Hanf-  und  Jutefaser,  ferner  die  Fasern  von  Musa  textilis,  Aloe  per foliafa, 
Boehmeria  nivea,  Agave  americana,  Attalea  funifera,  Cocos  nucifera, 
Sansevieria  sp.,    Yucca  sp.,  Arenga  sp.  und  Stipa  teiiacissima. 

Alle  diese  Fasern  besitzen  die  Härte  des  Muskovits,  bis  auf  die 
folgenden,  welche  erheblich  härter  waren,  nämhch  die  Härte  von  Kalium- 
dichromat  aufwiesen:  Cocos  n^Lcifera,  Areiiga  sp.  und  Stipa  tena- 
cissima^). 

Im  Anschlüsse  an  diese  Angaben  über  die  Härte  der  Pflanzenfasern 
sei  der  in  der  Praxis  gebrauchte  Kunstausdruck  Hartfasern  erläutert. 
Man  versteht  hierunter  die  Pflanzenfasern,  die  sich  durch  Dicke  und 
Steifheit  von  den  spinnbaren  Fasern  unterscheiden,  zur  Herstellung  von 
Garnen  und  Geweben  nicht  oder  nur  in  geringem  Grade  geeignet  sind 
und  nur  zur  Herstellung  von  Seilerwaren  und  als  Ersatz  für  Borsten 
oder  Roßhaare  Verwendung  finden.  Zu  diesen  Hartfasern  gehören: 
Kokosfaser,  Piassave,  Agavefaser,  Manilahanf,  die  verschiedenen  Arten 
von  vegetabilischen  Roßhaaren  usw.  Die  Härte  dieser  sog.  Hartfasern 
stimmt  in  der  Regel  mit  denen  der  Spinnfasern  überein  und  nur  aus- 
nahmsweise, z.  B.  bei  der  stark  verkieselten  Kokosfaser,  macht  sich  eine 

1)  Anmerkungsweise  sei  hier  auf  das  magnetische  Verhalten  der  Pflanzen- 
gewebe, bzw.  der  Pflanzenfasern,  hingewiesen,  welche  bisher  in  der  Charakteristilc 
der  Fasern  nicht  berücksichtigt  wurde,  möglicherweise  aber  später  doch  zu  Unter- 
scheidungen mit  Erfolg  herangezogen  werden  könnte. 

Wie  ich  vor  langer  Zeit  zeigte,  ist  die  vegetabihsche  Zellhaut  selbst  bei  hohem 
Eisengehalt  gewöhnhch  diamagnetisch.  Später  hat  einer  meiner  Schüler,  Dr.  J. 
Pauksch,  gefunden,  daß  manche  vegetabihsche  Gewebe  mit  hohem  Eisengehalt  der 
Zellmembran  sich  paramagnetisch  verhalten  (z.  B.  das  Parenchym  aus  den  Früchten  von 
Lunaria  biennis,  einige  Periderme  usw.),  indem  in  diesen  Geweben  das  Eisen  in  den 
Zellmembranen  in  seinen  gewöhnlichen  paramagnetischen  Formen  auftritt,  während 
bei  diamagnetischem  Verhalten  eisenreicher  Gewebe  anzunehmen  ist,  daß  das  Eisen 
in  den  Zellmembranen  nur  in  diamagnetischer  Form  vorhanden  sei,  wie  z.  B.  im 
gelben  Blutlaugensalz  (im  roten  Blutlaugensalz  ist  es  in  paramagnetischer  Form 
vorhanden).  So  wird  man  vielleicht  Pflanzenfasern  von  konstant  paramagnetischem 
Charakter  finden,  was  möglicherweise  für  die  Zwecke  der  Unterscheidung  von  Wert 
sein  könnte.  In  den  Pflanzengeweben,  also  auch  in  den  Fasergeweben  und  Fasern 
der  Pflanzen  werden  magnetische  Achsen  nachgewiesen,  welche  nach  bisherigen  Be- 
obachtungen, mit  den  geometrischen  Achsen  der  Gewebe  übereinstimmen.  Siehe  hier- 
über J.  Pauksch,  Das  magnetische  Verhalten  der  Pflanzengewebe.  Sitzungsber.  der 
Wiener  Akad.  d.  Wiss.  Bd.  115  (l906). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  25 

größere  Härte  bemerkbar.  Von  größerer  Härte  kann  bei  den  sog.  Hart- 
fasern im  Vergleiche  zu  den  Spinnfasern  ebensowenig  die  Rede  sein  wie 
bei  den  Holzarten,  von  denen  man  harte  und  weiche  unterscheidet,  die 
aber  in  der  physikalischen  Härte  miteinander  übereinstimmen.  Ich  will 
aber  nicht  unerwähnt  lassen,  daß  manche  Fachmänner  auf  textilem 
Gebiete  unter  Hartfasern  nur  die  in  der  Seilereiindustrie  verwendeten 
Fasern  monokotyler  Gewächse  verstehen,  also  vegetabilisches  Roßhaar 
und  Piassaven  nicht  zu  den  Hartfasern  rechnen  i). 


III.  Chemische  Charakteristik  der  Pflanzenfasern. 

An  der  Zusammensetzung  der  rohen  Faser  nehmen  teil:  Kohle- 
hydrate, Ligninstoffe,  Pektinsubstanzen,  Lipoide,  stickstoffhaltige  Ver- 
bindungen, Farbstoffe,  Mineralstoffe  und  Wasser.  Aus  der  Gruppe  der 
Kohlehydrate  werden  immer  Zellulosen  und  Pentosane,  häufig  Gummi, 
mitunter  Stärke  und  Zucker  vorgefunden.  Das  allgemeinere  Vorkommen 
von  Hemizellulosen  ist  wahrscheinlich.  Wirklich  erwiesen  ist  es  nur  bei 
der  Jute.  Von  den  Zellulosen  fehlt  die  Glukozellulose  (a- Zellulose  von 
Gross  und  Bevanj  nie.  Sie  bildet  vielmehr  der  Menge  nach  den  Haupt- 
bestandteil der  Fasern  und  bedingt,  soweit  hierbei  die  chemische  Zu- 
sammensetzung in  Betracht  kommt,  in  entscheidender  Weise  deren  tech- 
nischen Wert.  Sie  wird  vielfach  von  weniger  resistenten  Zellulosen  (nach 
Gross  und  Bevan  [3 -Zellulose,  vielleicht  Oxyzellulose)  begleitet.  Der 
Ligninkomplex  fehlt  in  manchen  Fasergattungen  vollständig.  Dafür 
findet  man  als  Interzellularsubstanz  die  Faserzüge  untereinander  und 
mit  den  umgebenden  Gewebselementen  verkittend  die  »Pektose«  vor. 
Von  Lipoiden  sind  in  den  Fasern  feste  und  flüssige  Fette,  freie  Fett- 
säuren, Wachsarten^  Wachsalkohole,  Phytosterine  und  Harze  angetroffen 
worden.  Sie  sind  insofern  nicht  ohne  technische  Bedeutung,  als  ihre 
Gegenwart  den  manchen  Fasern  eigentümlichen  Glanz  bedingt,  der  in 
solchen  Fällen  durch  Extrahieren  mit  Fettlösungsmitteln  verloren  geht. 
Die  stickstoffhaltigen  Substanzen  der  Fasern  sind  Protoplasmareste,  so- 
mit vorwiegend  Proteine  und  diesen  nahestehende  Verbindungen.  Die 
Pigmente,  welche  den  Fasern  im  natürlichen  Zustande  oft  gelbe  bis 
braune  Färbungen  erteilen,  sind  nicht  genügend  untersucht.  Einige  von 
ihnen    könnten    nach    ihrem  Verhalten   gegen    Säuren    und    Basen    dem 

1)  Lyster  H.  Dewey  in  den  Berichten  des  Ackerbaudepartement  der  amerika- 
nischen Regierung  zu  Washington,  wo  eine  Übersicht  der  Weltproduktion  der 
Pflanzenfasern  gegeben  wird.  Nach  dieser  Übersicht  sind  die  wichtigsten  Hart- 
fasern des  Welthandels:  Manilahanf  [von  Miisa  textilis),  Henequen  (von  Agave 
fourcroydes],  Sisal  (von  Agave  sisalana)  und  Neuseeländischer  Flachs  (von  Phor- 
tenax). 


26  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Anthokyan  nahestehen,  während  andere,  so  die  der  Getreidestroharten, 
vermutungsweise  der  Karotingruppe  beigezählt  werden.  Meist  fehlt  der- 
zeit jeder  Anhaltspunkt  zur  Beurteilung  der  natürlichen  Faserfärbungen. 
Die  Mineralstoffe  der  Fasern  sind  dieselben,  welche  allgemein  in  den 
Aschen  der  Pflanzen  und  Pflanzenteile  auftreten. 

Gross  und  Bevani)  sind  der  Ansicht,  daß  die  Zellwände  der  Ge- 
M^ebe  höher  organisierter  Pflanzen  nicht  die  Zellulose  als  solche,  son- 
dern esterartige  Verbindungen  derselben  mit  Lignin-,  Pektin-,  Fett-  und 
Kutinstoffen  enthalten.  Sie  bezeichnen  derartige  Zelluloseverbindungen 
al^  zusammengesetzte  Zellulosen  und  sprechen  im  Sinne  dieser  Vor- 
stellungen beim  Holze  und  den  Fasern,  welche  die  Ligninreaktionen 
zeigen,  von  Lignozellulosen,  bei  Fasern  mit  einem  Gehalte  an  Pektin- 
stofl'en  von  Pektozellulosen,  bei  lipoidhaltigen  Fasern  von  Adipozellu- 
losen  usw.  Zu  den  Lignozellulosen  würden  somit  zu  zählen  sein:  die 
Jute,  die  Getreidestroharten,  die  Fasern  anderer  Gramineen,  die  Esparto- 
faser  und  andere  ähnliche,  zu  den  Pektozellulosen:  die  Baumwolle,  die 
Bombaxwolle  (Kapok),  Ramie,  Flachs,  Hanf,  Neuseelandflachs,  Manila- 
hanf, Sunnhanf  und  dergl.  Da  einige  der  zuletzt  aufgezählten  Fasern 
neben  Pektinsubstanz  mehr  oder  weniger  Lignin  enthalten  z.  B.  die 
Espartofaser,  andere  noch  überdies  einen  Gehalt  von  zum  Teil  schwer 
extrahierbaren  Lipoiden  aufweisen,  so  die  Flachsfaser,  so  ist  die  von 
Gross  und  Bevan  versuchte  Einteilung,  weil  unscharf,  nicht  zweckmäßig. 
Aber  es  ist  auch  die  Existenz  von  zusammengesetzten  Zellulosen  im 
Sinne  der  Definition  von  Gross  und  Bevan  bei  den  Fasern  ebensowenig 
sichergestellt  wie  bei  den  Hölzern,  wie  aus  der  Beschreibung  der  ein- 
zelnen Fasergattungen  zu  entnehmen  ist,  in  welchen  die  Gegenwart  von 
freier  Zellulose  durch  die  spezifischen  Reagentien  (Jod-Schwefelsäure, 
Jod-Chlorzink,  Kupferoxydammoniak)  ohne  weiteres  nachgewiesen  werden 
kann.  Andererseits  lassen  sich  die  Lipoide  den  Fasern  durch  indifferente 
Lösungsmittel  entziehen,  wenn  auch  nicht  leicht  vollständig.  Dies  deute 
eher  auf  Gemenge  von  Zellulose  mit  ihren  Begleitern  als  auf  Zellulose- 
verbindungen hin. 

Von  den  aufgezählten  Bestandteilen  der  Pflanzenfasern  mögen  als 
die  wichtigsten  die  Zellulosen,  Ligninsubstanzen  und  Pektinstofi"e  ein- 
gehender beschrieben  werden. 

Die  Zellulosen  der  Fasern.  Die  Baumwollzellulose  soll  aus- 
schließlich aus  Glukozellulose  bestehen  2).     Der  bezüglichen  Angabe  von 

4)  Zellulose,  1903,  p.  89. 

2)  Flechsig,  Ztschr.  f.  physiol.  Ghem.  7,  524  (1882);  Ost  u.  Wilkening, 
Chem.  Ztg.  36,  461  (1910);  Schwalbe  u.  Schulz,  Ber.  d.  dtsch.  ehem.  Ges.  43, 
913  (1910);  Briggs,  Journ.  Soc.  Chem.  Ind.  28,  340  (1909);  Stern,  Journ.  Soc. 
Chem.  67,  74  (1893\ 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  27 

Flechsig;,  welche  sich  auf  Darstellung  der  d-Glukose  in  Substanz  aus 
jener  Zellulose  ohne  Ausbeuteermiltelung  und  auf  analytische  Bestimmung 
des  gebildeten  Zuckers  mittelst  des  Verfahrens  von  Soxleth— Tollens — 
AUihn  gründet,  steht  die  Vermutung  Sterns  gegenüber,  daß  Flechsig 
nur  etwa  3  Proz.  der  Baumwollzellulose  in  Traubenzucker  übergeführt 
habe.  Schwalbe  und  Schulz  konnten  nach  Flechsig  arbeitend 
20  Proz.  der  Baumwollzellulose  an  Dextrose  gewinnen,  hingegen  44  Proz. 
wenn  sie  die  Verzuckerung  der  intermediär  erhaltenen  Azidzellulose  nach 
Eckström  im  Autoklaven  unter  Druck  vollzogen,  und  Briggs  erzielte 
eine  maximale  Zuckerausbeute  von  50  Proz.  Ost  und  Wilkening  ver- 
mochten analytisch  eine  Umwandlung  von  80 — 83  Proz.  der  Zellulose 
in  Zucker  nachzuweisen.  Bei  der  Verzuckerung  unter  Druck  entstehen 
nebenher  3,3 — 10,8  Proz.  organischer  Säuren.  Daß  die  analytischen 
Werte  mit  dem  Ergebnisse  der  präparativen  Verzuckerung  nicht  über- 
einstimmen, wird  teils  durch  die  Bildung  von  Kristallisationsstörern 
(Dextrine),  tieils  durch  Entstehung  von  Produkten  unvollständigen  Ab- 
baues mit  höherem  Kupferreduktionsvermögen,  vielleicht  auch  von  stärker 
reduzierenden  Reversionsprodukten  der  Glukose,  endlich  durch  .\uftreten 
von  nichtzückerartigen  Zersetzungsprodukten  des  Traubenzuckers  erklärt. 
Anzeichen  für  die  primäre  Bildung  eines  anderen "  Monosacharids  als 
d-Glukose  aus  Baumwollzellulose  wurden  niemals  beobachtet.  Die  elemen- 
tare Zusammensetzung  entspricht  der  Formel  CgHioOs,  für  welche  sich 
44,41  Proz.  G  und  6,25  Proz.  H  berechnen,  während  sich  als  Mittel 
von  neun  Analysen  dreier  Autoren^)  44,39  Proz.  C  und  6,29  Proz.  H 
ergeben.  Allerdings  darf  die  Baumwollzellulose,  um  genau  diese  Zu- 
sammensetzung zu  zeigen,  keiner  zu  energischen  Bleiche  mit  Oxydations- 
mitteln oder  Chlor  unterworfen  worden  sein,  da  diese  die  Bildung  von 
Oxyzellulose  veranlassen. 

Die  Flachszellulose2)  ist  nach  der  Vollbleiche  ebenso  zusammen- 
gesetzt wie  die  Zellulose  der  Baumwolle.  Die  Spuren  wachsarliger  Sub- 
stanz, welche  sie  enthält  und  welche  den  eigenartigen  Glanz  der  ge- 
bleichten Leinenfaser  bedingen  soll,  scheint  auf  die  Analysenwerte  keinen 
Einfluß  auszuüben.  Auch  sonst  sind  die  beiden  Zellulosearten  sehr  ähn- 
lich. Doch  ist  die  Flachszellulose  leichter  angreifbar  durch  Salzsäure, 
aber  weniger  empfindlich  gegen  konzentrierte  Schwefelsäure  als  die 
BaumwoUzellulose^),  wird  von  alkalischen  Agentien  (Soda)  und  von  Chlor- 
kalk leichter   angegriffen    und   adsorbiert   aus    einer    Kupfersulfatlösung 


i)  Klason,  Ztschr.  f.  angew.  Ghem.  22,  1207  (1909);  ßumckeu.  Wolffen- 
stein,  Ber.  d.  dtsch.  chera.  Ges.  32,  2495  (1909);  Ost,  Zeitschr.  f.  angew.  Ghem. 
19,  993   (1906),  Ghem.  Ztg.  33,  197   (1909). 

2)  G.  G.  Schwalbe,  Die  Ghemie  der  Zellulose,  Berlin  1911,  p.  581. 

3)  Herzog  in  Sorau,    Unterscheidung  von  Leinen  u.  Baumwolle  1904,  p.  12. 


28  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

etwa  doppelt  so  viel  Kupfer  als  diese,  ohne  daß  diese  Unterschiede 
durch  Verunreinigungen  zu  erklären  wären.  Die  vorhandenen  Angäben 
bezüglich  Verhaltens  beider  Zellulosegattungen  gegen  Farbstoffe  stimmen 
nicht  immer  überein,  so  über  die  ungleich  starke  Anfärbung  durch 
Methylenblau  ^).  Kochenilletinktur  färbt  Baumwolle  hellrot,  Leinen  vio- 
lett, Krapptinktur  erstere  hellgelb,  letztere  orange,  mit  Fuchsin  gefärbte 
Baumwolle  wird  durch  Ammoniak  rascher  entfärbt.  Bei  all  diesen 
Unterschieden  dürfte  es  sich  wohl  um  die  Wirkung  kleiner  aber  un- 
gleicher Mengen  von  Oxyzellulose  handeln.  Diese  dürfte  auch  die  gelb- 
liche Färbung  der  Flachszellulose  durch  Alkalien  sowie  Reduktion  von 
neutraler  Silbernitratlösung  beim  Kochen  mit  dieser  Art  von  Zellulose 
verursachen. 

Die  Jute2)  liefert  mit  allen  Entholzungsmethoden  (Bisulfit,  Salpeter- 
säure, Permanganat,  Bromwasser,  Alkali)  mit  Ausnahme  des  Ghlorverfah- 
rens  a-Zellulose,  nach  letzterem  70 — 7b  Proz.  eines  Gemenges  von  a- 
und  ß-Zellulose  (im  Verhältnisse  4:1)  mit  12,8—^3,8  Proz.  G  und  5,8— 
5,9  Proz.  H.  Ohne  Zweifel  enthielt  die  von  Gross  und  Bevan  dar- 
gestellte a-Zellulose  beträchtliche  Mengen  von  Oxyzellulose,  da  sie  bei 
der  Salzsäure  6  Proz.  Furfurol  lieferte,  nicht  weniger  als  das  durch 
Chlorierung  gewonnene  Gemenge  der  beiden  Zellulosen.  Bemerkens- 
werterweise erhielt  Beltzer^)  aus  der  Jute  mittelst  Natriumbisulfitlösung 
bei  160°  G  gerade  soviel  (60 — 65  Proz.)  Zellulose  wie  Gross  und  Bevan 
mittelst  der  Müll  er  sehen  Bromwassermethode,  anscheinend  a-Zellulose, 
löslich  in  Ghlorzink-  und  in  Kupferoxydammoniaklösung  und  aus  letzterer 
nicht  mehr  vollständig  fällbar.  Das  Gemenge  der  Jutezellulosen  wird 
durch  Phenylhydrazin  gelb^  durch  Fuchsin  rot  gefärbt.  Gegen  hydro- 
lytische Agentien  ist  die  a-Zellulose  der  Jute  weniger  resistent  als  die 
Baumwollzellulose.  Die  ß-Zellulose  enthält  6  Proz.  Methoxyl.  Ob  der 
Methoxylgehalt  im  Sinne  der  Anwesenheit  einer  methoxylierten  Zellu- 
lose zu  deuten  ist  oder  vielleicht  bloß  von  Ligninbestandteilen  der  Jute 
herrührt,  ist  nicht  genügend  festgestellt. 

Die  Zellulose  der  Getreidestroharten*)^  durch  energische  alka- 
lische Hydrolyse  und  Ghlorkalkbleiche  (technisch)  gewonnen  und  mittelst 
wässeriger  Fluorwasserstoffsäure  gereinigt,   ist  kohlen-  und  wasserstofT- 

i)  Herzog,  Ztschr.  f.  d.  ges.  Textilind.  11,  437  (1908);  Schwalbe,  Chenaie 
der  Zellulose  1911,  582. 

2)  Gross  u.  Bevan,  Ber.  dtsch.  ehem.  Ges.  26,  2522  (1893),  Researches  on 
Gellulose  I,  146  u.  Cellulose  1903,  83,- 37. 

3)  Bull.  soc.  China.  [4],   7-8  295  (1910). 

4)  Gross,  Bevan  u.  Smith,  Ber.  dtsch.  ehem.  Ges.  29,  1457  (1896);  vergl. 
Gross,  Bevan  u.  Beadle,  ibid  28,  1061  (1895);  Ghem.  Soc.  J.  66,  472;  67, 
4  33;  Journ.  Am.  Soc.  1896,  8. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  29 

ärmer  als  normale  Zellulose.  Cross,  Bevan  und  Beadle  fanden  im  Hafer- 
stroh 42,4  Proz.  G  und  5,8  Proz.  H.  Sie  sprechen  sie  als  eine  Oxy- 
zellulose  an.  Sie  liefert  bei  der  Destillation  mit  Salzsäure  12 — 13  Proz. 
Furfurol,  ohne  nach  dem  Erwärmen  mit  Phlorogluzinsalzsäure  die  für 
die  Pentosen  charakteristische  Rotfärbung  zu  zeigen,  wird  durch  Phenyl- 
hydrazinsalze  gelb,  durch  fuchsinschwefelige  Säure  magentarot,  durch 
Kochen  mit  neutralen  Anilinsalzlösungen  rosenrot  gefärbt  und  reduziert 
alkalische  Kupferlösung.  Durch  saure  Hydrolyse,  am  besten  durch  Er- 
hitzen mit  der  sechsfachen  Menge  einprozentiger  Schwefelsäure  im  Auto- 
klaven bis  drei  Atmosphären  und  Belassen  bei  diesem  Drucke  durch 
15  Minuten,  spaltet  sich  diese  Stroh-»Oxyzellulose«  in  66 — 70  Proz. 
»normaler  Zellulose«  (mit  45,2  G  und  5,6  Proz.  H!),  welche  bloß 
1 ,06  Proz.  Furfurol  gibt,  und  eine  licht  gefärbte  Lösung,  welche  90  bis 
95  Proz.  der  »furfuroiden  Bestandteile«  der  Strohzellulose  enthält.  Diese 
Lösung  enthält  keine  Hexosen,  denn  sie  liefert  mit  Salpetersäure  keine 
Zuckersäuren.  Das  Reduktionsvermögen  von  ein  Gewichtsteil  d-Glu- 
kose=100  gesetzt,  beträgt  das  Kupferreduktionsvermögen  von  ein  Ge- 
wichtsteil  der  schwefelsäurefreien  Trockensubstanz  dieser  Lösung  120  bis 
130,  was  auf  eine  Pentose  hindeuten  würde.  Die  Reaktion  mit  Phloro- 
gluzinsalzsäure ist  jedoch  nicht  kirschrot,  sondern  tief  violett,  Phenyl- 
hydrazinazetat  gibt  ein  kristallisiertes  Phenylosazon  C5H803(IN'2HG6H5)2, 
zwischen  146  und  153"  G  schmelzend,  ähnlich  wie  Phenylxylosazon. 
Nach  Beseitigung  der  Schwefelsäure  mit  Baryumkarbonat  wurde 
ein  gummiartiger  Abdampfrückstand  GgHioOs  erhalten,  welcher  mit 
Salzsäure  39 — 42,5  Proz.  Furfurol  und  mit  Wasserstoffsuperoxyd 
19,5—20,5  Proz.  Kohlendioxyd  neben  dem  Gerüche  von  Formaldehyd 
lieferte.  Hieraus  schließen  die  Autoren,  daß  sich  die  durch  alkalische 
Hydrolyse  des  Strohs  gewonnene  Zellulose  beim  Erhitzen  mit  ver- 
dünnter   Schwefelsäure    in    resistente   Glukozellulose    und    ein    Pentose- 

monoformal  C5H803<'      7GH2  spaltet.      Letzteres   sollte  44,4  Proz.  Fur- 

\o/ 

furol  und  bei  vollständiger  Oxydation  der  Methylengruppe  27  Proz.  GO2 
geben.  Diese  Schlußfolgerungen  sind  jedoch  in  manchen  Belangen  an- 
greifbar. Solche  Pflanzenstoffe,  welche  bei  der  Destillation  mit  Salz- 
säure Furfurol  entstehen  lassen,  aber  im  übrigen  nicht  das  Verhalten 
von  Pentosanen  oder  Pentosen  zeigen,  wurden  allgemein  als  »Furfuroide« 
oder  »Furo'ide«  bezeichnet.  Sie  sollen  sich  auch  in  der  ß- Zellulose 
anderer  Pflanzenfasern  und  der  Hölzer  vorfinden.  Ob  sie  auch  dort  das 
geschilderte  Verhalten  eines  Pentosemonoformals  zeigen,  ist  nicht  be- 
kannt    Nach   E.  Schulze  1)   entsteht   durch   energische   Hydrolyse   der 

1)  Zeitschr.  f.  physiol.  Gh.   16,  418  (1892). 


30  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Roggenstrohzellulose  mittelst  des  Verfahrens  von  Flechsig  Trauben- 
zucker, jedoch  weder  Galaktose  noch  Mannose. 

Die  Esparto-  oder  Haifagras-Zellulose  i)  enthält  41,0  bis 
41,8  Proz.  C  und  5,8—5,4  Proz.  H,  gibt  12,2  Proz.  Furfurol  und 
scheint  somit  der  Zellulose  aus  Getreidestroh  ähnlich  zu  sein.  Hingegen 
ist  sie  wesentlich  verschieden  von  der  Baumwoll-  und  Flachszellulose, 
welche  keine  oder  fast  keine  FuroTde  enthalten. 

Die  mittelst  Alkalien  isolierte  Ramiezellulose  steht  in  bezug  auf 
ihre  chemische  Resistenz  und  ihre  genetische  Beziehung  zur  d- Glu- 
kose 2)  der  Baumwollzellulose  nahe.  Gegen  Chlorkalk  ist  sie  sogar  noch 
viel  widerstandsfähiger  als  diese^). 

Wie  beim  Holze  die  kleinen  Mengen  von  Galaktose  und  Mannose, 
welche  bei  schonender  Hydrolyse  auftreten,  als  Merkmale  für  die 
Präexistenz  von  Hemizellulosen  gedeutet  werden  können,  wäre 
aus  der  Auffindung  der  Mannose^)  unter  den  Produkten  der  Säure- 
hydrolyse der  rohen  Jute  der  analoge  Schluß  zu  ziehen.  Andere  Fasern 
scheinen  nach  dieser  Richtung  nicht  oder  mit  negativem  Ergebnis  unter- 
sucht worden  zu  sein.  Bezüghch  der  pektosehaltigen  Fasern  muß  aller- 
dings bemerkt  werden,  daß  sie  eine  Erkennung  der  Hemizellulose  mit 
den  gegenwärtig  bekannten  Mitteln  kaum  gestatten,  da  ja  die  Pektin- 
stolTe  mit  den  Hemizellulosen  die  Lüslichkeit  in  Alkalien  und  die  Ab- 
spaltbarkeit  von  Galaktose  durch  Säurehydrolyse  teilen.  Das  gleiche 
gilt  auch  wegen  der  hydrolytischen  Entstehung  von  Pentosen  (Arabinose, 
vielleicht  auch  Xylose)  aus  Pektinsubstanzen  bezüglich  Unterscheidung 
dieser  von  den  Pentosanen.  Letztere  hingegen  können,  falls  man  die 
Furfurolbildung  bei  Destillation  mit  Salzsäure  als  Maßstab  für  ihre  Menge 
ansieht,  ganz  oder  teilweise  auch  mit  den  oben  besprochenen  Furoiden 
verwechselt  werden,  welche  Gross  und  Bevan  in  den  Stroharten  glau- 
ben nachgewiesen  zu  haben  und  welchen  sie  auch  sonst  eine  weitere 
Verbreitung  im  Pflanzenreiche  zuschreiben.  Aus  diesem  Grunde  sind 
die  Pentosan werte  in  der  tabellarischen  Zusammenstellung  auf  Seite  3 5 f., 
weil  aus  Furfurolbestimmungen  abgeleitet,  mit  entsprechender  Vorsicht 
aufzunehmen.  Doch  ist  festzuhalten,  daß  die  alkalischen  Ablaugen  der 
technischen  Gewinnung  von  Strohzellulose  nach  Stone  und  Test^)  ein 
besonders  geeignetes  Ausgangsmaterial  zur  Darstellung  des  Xylans  ab- 
seben. 


1)  Gross,  Bevan  u.  Beadle,  Ber.  dtsch.  ehem.  Ges.  27,  1061  ff. 

2)  Ernest,  Ber.  dtsch.  ehem.  Ges.  39,  1947  (1906). 

3)  Witz,  Bull,  de  la  soc.  industr.  de  Ronen  10,  461   (1882). 

4)  Beltzer,  Bull.  soc.  chim.  [4]  7/8,  366  (1910). 

5)  Am.  Chem.  Journ.  Soc.  15,  195  (1893). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern,  31 

Angaben  über  das  Vorkommen  von  Metliylpentosanen  in  Pflanzen- 
fasern, beziehungsweise  über  die  Entstehung  von  Methylfurfurol  aus 
diesen  liegen  nicht  vor^). 

Vom  Ligninanteile  der  verholzten  Fasern  ist  am  eingehendsten 
der  der  Jute  studiert  worden,  und  dieser  insbesondere  bezüglich  seines 
Verhaltens  gegen  Chlor  2).  Das  Ergebnis  dieser  Untersuchungen  läßt  sich 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch  auf  die  Ligninstoffe  anderer  verholzter 
Fasern  und  auch  des  Holzes  anwenden.  Nach  Behandlung  der  feuchten 
Jutefaser  mit  Chlorgas  läßt  sich  durch  Auslaugen  mit  Alkohol  und  Ver- 
setzen der  alkoholischen  Lösung  mit  Wasser  in  gelben  Flocken  das 
»Ligninchlorid«  CigHigC^O.j  abscheiden,  welches  nach  Gross  und  Bevan 
ein  dem  Mairogallol  aus  Pyrogallol  GisHvCluOio^)  vergleichbares  Produkt 

yCH  =  CHv 

und  wie  dieses  ein  Abkömmling  des  Chinonchlorids   CO  CCI2 

^cn  =  GW 
sein  soll.    Die  dem  Ligninchlorid  entsprechende  (hypothetische)  halogen- 
freie Muttersubstanz  G19H22O9,  das  »Lignon«,  soll  den  zyklischen  Komplex 

/CH  =  CHx 
CO  GH2,    den     >Keto-R- Hexenbestandteil«    enthalten,    den 

^CH  =  CH^ 
Hantsch  und  Schniter^)  dem  Mairogallol  zugrunde  legen.  Diese  Vor- 
stellung wird  gestützt  durch  die  Bildung  gechlorter  Chinone  bei  der 
trockenen  Destillation  des  Ligninchlorids,  durch  teilweise  Überführung 
des  Ligninchlorids  in  Trichlorpyrogallol  mittelst  naszierenden  Wasserstofl's 
und  durch  das  Auftreten  einer  Purpurfärbung  bei  Einwirkung  einer 
Lösung  von  neutralem  Natriumsulfit,  Na2S03,  auf  Ligninchlorid,  wie  sie 
auch  Mairogallol  unter  gleichen  Umständen  zeigt.  Da  bei  der  Chlori- 
sierung  der  feuchten  Jute  annähernd  ebensoviel  Chlor  als  Chlorwasser- 
stoff auftritt,  wie  ins  Ligninchlorid  eingeht,  so  vollzieht  sich  bei  dieser 
Ghlorisierung  nebenher  kein  Oxydationsprozeß,  sondern  die  Bildung  des 
Chlorids  und  dessen  hydrolytische  Abspaltung  vom  Zelluloseanteile  sind 
als  Hauptreaktionen  zu  betrachten. 

Der  Keto-R-Hexenbestandteil  soll  durch  Vermittlung  der  Hydroxyl- 
gruppen mit  einem  hypothetischen  Ligninbestandteile,    CiiHio(OGH3)204, 


1)  Während  des  Druckes  dieses  Werkes  hat  Mag.  pharm.  Bela  Wolf  in  meinem 
Laboratorium  an  einer  kleinen  von  Hofrat  v.  Wiesner  herrührenden  Probe  Posidonia- 
faser  neben  anderem  auch  eine  Methylpentosan-Bestimmung  ausgeführt.  Es  wurden 
4,380/0  Methylpentosan  vorgefunden.  Die  übrigen  analytischen  Werte  finden  sich  am 
Schlüsse  der  Tabelle  p.  36. 

2)  Gross  u.  Bevan,  Journ.  Chem.  Soc.  55,  213  (1889);  Zellulose  1903,  p,9G. 
Ber.  dtsch.  chem.  Ges.  26,  2528  (1893). 

3)  Hantsch  u.  Schniter,  Ber.  dtsch.  chem.  Ges.  20,  2033  (1887). 


32  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

kondensiert  sein,  welcher,  weil  mit  Salzsäure  gleichfalls  Furfurol  liefernd, 
als  >Furfurolkomplex  des  Lignins«  bezeichnet  wird.  Aus  quantitativen 
Bestimmungen  der  beiden  Zellulosen  und  des  Ligninchlorids  und  Bestim- 
mungen des  Furfurols  und  Methoxyls  in  der  Jute  und  in  ihren  einzelnen 
Bestandteilen  schließen  Gross  und  Bevan,  daß  die  Jutefaser  sich  zu- 
sammensetzt aus  60 — 65  Proz.  a-Zellulose,  15 — 20  Proz.  ß-Zellulose, 
<8— 22  Proz.  Furfurolkomplex  CigHigOe  und  7—9  Proz.  Keto-R-Hexen- 
derivat,  und  daß  diese  Anteile  nach  konstanten  Verhältnissen  chemisch 
miteinander  verbunden  sind.  Wenn  hierfür  auch  andere  Beobachtungen 
ins  Treffen  geführt  wurden,  wie  Löslichkeit  der  gesamten  Jutesubstanz 
in  Zinkchlorid  und  in  Kupferoxydammoniak  ^),  Gleichartigkeit  des  Ver- 
haltens der  aus  solchen  Lösungen  durch  Verdünnen  oder  dui;ch  Säuren 
fällbaren  und  der  15 — 25  Proz.  in  Lösung  bleibenden  Substanz  mit  dem 
der  ursprünglichen  Jutefaser  und  identisches  Verhalten  des  bei  Einwirkung 
von  Alkalien  auf  nitrierte  Jute  sich  lösenden  Anteiles  und  des  Lösungs- 
restes 2),  so  erscheint  doch  die  Existenz  von  Lignozellulosen  als  bestimmter 
chemischer  Verbindungen  von  Zellulosen  und  Lignin  und  auch  die  Homo- 
genität des  Lignins  selbst  keineswegs  über  jeden  Zweifel  sicher  festgestellt. 

Das  Verhalten  der  anderen  verholzten  Fasern  und  auch  das  des 
Holzes  im  feuchten  Zustande  gegen  Chlor  gleicht  einigermaßen  dem  der 
Jute:  Gelbfärbung  bei  der  Chlorierung,  Rotfärbung  bei  nachfolgender 
Behandlung  mit  Natriumsulfit,  Möglichkeit  der  Isolierung  von  Substanzen 
mittelst  Alkohols,  welche  in  bezug  auf  Eigenschaften  und  Zusammensetzung 
dem  Ligninchlorid  aus  Jute  ähnlich  sind.  So  enthält  das  Ligninchlorid 
aus  einem  spanischen  Mahagoniholz  30,4  Proz.  Chlor,  während  die  Formel 
C,9Hi8Cl409  26,7  Proz.  verlangt.  Ähnliches  liegt  bezüglich  der  Chlorierung 
des  Holzes  der  Kiefer,  Buche  und  Birke  vor.  '-Doch  findet  bei  Einwirkung 
des  Chlors  auf  Hölzer  im  allgemeinen  neben  der  Chlorierung  auch  im  größeren 
Umfange  Oxydationswirkung  statt^).  Das  Studium  der  Chloreinwirkung 
auf  andere  Fasern  als  Jute  ist  bis  jetzt  ein  bloß  qualitatives  geblieben. 

Bezüglich  des  Nachweises  der  Ligninsubstanzen  in  den  Fasern  be- 
dient man  sich  der  in  der  chemischen  Charakteristik  des  Holzes  (p.  336) 
angegebenen  Farbenreaktion,  insbesondere  der  Phlorogluzinreaktion.  Hier 
sei  bloß  im  allgemeinen  bemerkt,  daß  nur  wenige  Fasern  sich  als  lignin- 
frei  erwiesen  haben  (z.  B.  Baumwolle,  Flachs);  weitaus  die  meisten  zeigen 
die  Lisninreaktion  in  mehr  oder  minder  starkem  Grade  4). 


i)  Gross  u.  Bevan,  Zellulose,  <903,  p.  114. 

2)  Mühlhäuser  Dinglers  Polytechn.  Journ.  283,  88,  137  (1842),  Gross  u. 
Bevan,  Zellulose  1903,  132  u.  Researches  on  Gellulose  I,  130. 

3)  S.  auch  unter  IV  (Kennzeichen  der  Faser)  d. 

4)  Gross  u.  Bevan,  Zellulose  1903,  104  u.  195.     S.  auch  unten  Wiesner; 
und  Gräfes  einschlägige  Beobachtungen  p.  4 4  ff. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  33 

Die  in  pflanzlichen  Geweben  der  verschiedensten  Art  vorwiegend 
als  Bestandteile  der  Mittellamelle  verbreiteten  Pektinstoffe*),  welche, 
wie  bereits  am  Beginne  dieses  Abschnittes  erwähnt,  auch  als  Bestand- 
teile einer  Anzahl  von  rohen  Fasergattungen  auftreten  und  als  Inter- 
zellularsubstanzen speziell  die  Bastfasern  teils  mit  ihrem  Nachbargewebe, 
teils  auch  untereinander  verkitten,  sind  polysaccharidartig  zusammen- 
gesetzte Kolloide,  welche  ihrem  physikalischen  und  chemischen  Ver- 
halten zufolge  nur  sehr  unscharf  von  den  Hemizellulosen,  Pentosanen, 
Pflanzenschleimen  und  Gummiarten  abgegrenzt  erscheinen,  derart,  daß 
wiederholt  in  Frage  gestellt  werden  durfte,  ob  sie  eine  besondere  Stoff"- 
klasse  vorstellen.  Nur  mit  diesem  Vorbehalte  kann  hier  an  eine  kurze 
Beschreibung  dieser  Stofi'e  geschritten  werden. 

Die  Pektinstoffe  sollen  in  ihrem  ursprünglichen  Zustande  in  Wasser 
unlöslich  sein  (Fremy's  Pektose).  Sie  enthalten  in  dieser  Form  immer 
Kalzium  und  sind  daher  Kalziumsalze  von  irgendwelchen  Säuren  (Mul- 
ders Pektinsäure)  oder  enthalten  wenigstens  solche  (Beijerincks  Pektose, 
Tschirchs  Protopektin).  Pektose  hinterbleibt  als  unlösliches  Zellhaut- 
skelett (vielleicht  als  Cupripektat)  nach  Behandlung  mikroskopischer 
Schnitte  von  pektoseführenden  Geweben  mit  Kupferoxydammoniak.  Nach 
Waschen  mit  Wasser  zeigt  der  Lösungsrückstand  keine  von  den  früher ^i 
beschriebenen  Reaktionen  der  Zellulose,  wird  nicht  von  den  spezifischen 
Zellulosefarbstoft'en,  wohl  aber  von  Hämatoxylin  nach  Delafield,  ferner 
von  Fuchsin,  Hoffmanns  Violett,  Jodgrün,  Bismarckb.raun,  Malachitgrün, 
Au  ramin,  Nilblau,  Naphtylenblau  R,  Methylenblau  usw.  gefärbt.  Die  an- 
fänglich für  die  Pektose  im  natürlichen  Zustande  von  Mangin^)  für  be- 
sonders charakteristisch  gehaltene  Rotfärbung  durch  ammoniakalisches 
Rutheniumrot  Ru(OH)2Glii(NH3)7-l-3H20  hat  ihren  Wert  als  Erkennungs- 
mittel für  jene  verloren,  seitdem  festgestellt  wurde,  daß  auch  Glykogen, 
Isolichenin,  Pflanzenschleime  und  Gummiarten  durch  das  Reagens  in 
ähnlicherweise  gefärbt  werden^).    Durch  aufeinanderfolgende  Einwirkung 


i)  Bezüghch  der  umfangreichen  Literatur  der  Pektinstoffe  sei  auf  umfassende 
Zusammenstellung  in  Czapeks  Biochemie  der  Pflanzen,  1913,  p.  665  ff.  hingewiesen, 
wo  sich  auch  eine  sehr  eingehende  Beschreibung  dieser  Substanzen  findet.  Eine  ge- 
drängtere rein  chemische  Darstellung  bringt  ToUens  in  »Kurzes  Lehrbuch  der  Kohlen- 
hydrate«, 1914,  p.  491  ff. 

In  Lafars  Handbuch  der  Technischen  Mykologie,  1904  —  1906,  Band  3,  p.  269  if. 
handelt  ein  Beitrag  von  J.  Behrens  über  Pektingärung.  Diese  ist  für  die  Ver- 
edelung der  Gespinstfasern  sehr  wichtig. 

2)  Siehe  Seite  323  ff.  des  IL  Bd.  vorhegenden  Werkes. 

3)  L.  Mangin,  Compt.  rend.  de  l'Acad.  des  Sc.  107,  144  (1888);  109,  579 
(1889);  110,  295  (1890);  116,   653   (1893). 

4)  Tobler,  Zeitschr.  f.  wissensch.  Mikrosk.  23,  182  (1906). 
Wiesner,  Eoli Stoffe.     III.  Band.    3.  Anfl.  3 


34  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

von  kalter  verdünnter  Salzsäure  und  kochenden  Alkalien  entstehen  aus 
Pektose  die  im  freien  Zustande  in  kaltem  Wasser  unlösliche  Pektinsäure 
und  dann  ihr  lösliches  Alkalisalz  oder  vielleicht  auch  Alkalisalze  von 
hydrolytischen  Spaltungsprodukten  der  Pektinsäure.  Wird  auch  das 
Alkali  kalt  verwendet,  so  unterbleibt  die  Hydrolyse.  Schon  das  Kochen 
.mit  Wasser  scheint  beginnende  Hydrolyse  der  nativen  Pektose  zu  be- 
wirken. Hierbei  entstehen  in  heißem  Wasser,  besonders  bei  Gegenwart 
von  Zucker,  lösliche,  beim  Erkalten  sich  gallertig  ausscheidende  Pektine 
(Gelee  der  mit  Zucker  eingekochten  Früchte),  deren  Hydrolyse  mit  zu- 
nehmender Dauer  des  Kochens  unter  Einbuße  an  Gelatinierfähigkeit  vor- 
zuschreiten scheint.  Die  durch  kurzes  Kochen  mit  stärkeren  Basen 
entstehenden  Produkte  wurden  von  Fremy  als  Parapektin  und  Meta- 
pektin  bezeichnet.  Diese  wandeln  sich  bei  weiterer  Einwirkung  der 
kochenden  Laugen  in  Salze  der  Parapektinsäure  und  Metapektinsäure 
(Fremy  und  Ghodnew)  oder  der  Arabinsäure  (?)  (Scheibler)  um.  Die 
hydrolytische  Überführung  der  nativen  Pektose  in  lösliche  Produkte, 
darunter  reduzierende  Zuckerarten,  soll  nach  Bourquelot  und  Herissy^j 
durch  die  im  Malzextrakte  vorkommende  Pektinase  beschleunigt  werden. 
Andererseits  bilden  sich  in  neutralen  pektinhaltigen  Extrakten  auf  Zu- 
satz von  vielen  Pflanzensäften  Gallertausscheidungen,  wie  Fremy^)  an- 
nimmt, unter  dem  Einflüsse  eines  lösliche  Pektinstoffe  koagulierenden 
Enzyms,  der  Pektase.  Vielleicht  handelt  es  sich  hierbei  bloß  um  die 
Ausscheidung  von  unlöslichen  Kalziumpektaten.  In  Gegenwart  der  Pek- 
tinase bleibt  die  Pektase-Wirkung  aus.  Durch  die  >Pektosinase«,  welche 
verschiedene  bei  der  Flachsröste  wirksame  Granulobakter-Formen  pro- 
duzieren, wird  nach  Beijerinck  und  van  Delden*)  die  unlösliche  Pektose 
in  der  Mittellamelle  der  Leinpflanze  in  lösliche  Pektine  und  weiterhin 
in  Zuckerarten  übergeführt. 

Nach  älteren  Angaben  entfernt  sich  die  elementare  Zusammensetzung 
der  Pektinstofi"e  von  der  der  Kohlenhydrate  insofern,  als  das  Gewichts- 
verhältnis zwischen  Wasserstoff  und  Sauerstoff  vom  normalen  1:8 
stark  abweicht.     Es  erreicht   sogar  den  Wert  1:12,     Neuere   Analysen 


\]  Mangin,  1.  c,  Boresch,  Sitzungsber.  Akad.  d.  Wiss.  Wien  117,  I,  32  1908; 
Tumann,  Pflanzenmikrochemie,  Berhn  1913,  p.  564;  Molisch,  Mikrochemie  d. 
Pflanze,  Jena  4  913,  315. 

2)  Compt.  rend  de  l'Acad.  sc.  Paris  127,  191   (1898). 

3)  Journ.  f.  pr.  Ghem.  21,  1  (1840);  Liebigs  Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm.  07, 
257   (1848). 

4)  Arch.  Neerland.  Sei.  exact.  [2.]  9,  418  (1903),  zit.  in  Czapek,  Biochemie 
d.  Pflanzen  1913,  p.  669. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


35 


an  sorgfältiger  gereinigtem  Material  i)  führten  zum  Verhältnisse  1  :  7,9  bis 
1  :  9,0.  Die  hydrolytische  Überführbarkeit  der  Pektinstoffe  in  Pektin- 
säuren machen  die  Gegenwart  einer  unter  Umständen  intramolekular 
veresterten  Karboxylgruppe  wahrscheinlich,  die  jedoch  wegen  der  be- 
trächtlichen Molekulargrüße  der  Pektinstoffe  deren  elementare  Zusammen- 
setzung nicht  sehr  beeinflußt. 

Als  einfachste  hydrolytische  Spaltungsprodukte  der  Pektinstoffe 
wurden  Galaktose,  d-Glukose  und  1-Arabinose  aufgefunden.  Die  unzweifel- 
haft daneben  entstehende  einfachere  Karbonsäure  (vielleicht  Glukonsäure) 
wurde  bisher  nicht  isoliert. 

Aus  nachstehender  Tabelle  ist  die  Zusammensetzung  der  wichtigsten 
Fasern  zu  entnehmen. 


Fasergattnng 

3> 

1 

1 

1 
1 

Zellulose 

iil 

1 

Mi'thylziihl 

Furoide  oder 
Pontosan  i. Mittel 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz.     Pro/,.                Proz. 

Jute,  fast  farblos  2)  .    . 

0,68 

9,93 

1,03 

64,24 

24,41 

0,39 





__ 

>      rehfarbenS).    .    . 

— 

9,64 

1,63 

63,03 

23,36    0,32 

— 

— 

— 

cuttings,  braun  . 

— 

12,58 

3,94 

61,74 

21,29  |0,45 

— 

— 

— 

Winterroggenstroh  3)    . 

3,2 

4  4,3 

9,34 

49,22    • 

27,70    1,99 

1,5 

—  1      23 

Wintergerstenstroh  3)   . 

5,3 

14,3 

— 

— 

—        2,0 

2,0 

—  1      25 

Winterweizenstroh  3)    . 

5.5 

14,2 

8,32 

49,17 

30,34     1,58 

2,0 

-|      23 

Sommergerstenstroh  3; . 

7,0 

14,3 

— 

—      I'l,* 

3,0 

Haferstroh  3) 

5,0 

14,3 

— 

46,5—42,0 

—      i  2,0 

2,5 

—  ;        27 

Maisstroh  3) 

4,0 

14,0 

— 

— 

—        1,1 

3,0 

—  j über 4  0 

Bambus*) 

5,13 

9,03 

11,16 

33,84 

26,17     0,83 

— 

— 

~ 

Esparto ,     span.     fein- 

blättrig &)    

3,72 

9,75 

10,68 

50,19 

27,23 

2,13 

— 

— 

— 

Esparto,     span.     grob- 

blättrig 5)    

3,43 

10,30 

12,02 

49,52 

25,73 

2,43 

— 

—       ~ 

Esparto,   afrikan.  dick- 

t 

blättrig  5)    

3,34 

8,45 

10,05 

50,16 

28,83 

2,51 

— 

- 

1)  Tromp  de  Haas  u.  Tollens,  Ann.  d.   Chem.  286,  278    1893. 

2)  H.  Müller,  Ber.  über  die  Weltaussteilung  Wien  1873,  Abt.  Pflanzenfaser, 
p.   39. 

3)  E.  Wolff,  zitiert  bei  H.  Müller,   1.  c,  p.  67. 

4)  H.  Müller,  1.  c,  p.  113;  siehe  auch  Sindall,  Bambos  for  papermaking 
London  1910,  zitiert  in  C.  G.  Schwalbe,  Die  Chemie  der  Zellulose,  Berhn  1911, 
p.   392. 

5)  H.  Müller,  1.  c,  p.   104. 

3* 


36 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Fasergattuug 

1 

1 

1 

,1 

Zellulose 

■2 -So 

1  • 

1 

i 
II 

? 

S 

i 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Proz. 

Rohbaumwolle, 

1 

Surall) 

0,22 

■     7,50 

— 

91,33 

0,53      0,40 

— 

— 

— 

Rohbaumwolle,  Ame- 

i 

rika  1) 

0,12 

8,00 

— 

91,00 

0,53 

0,33 

— 

— 

— 

Rohbaumwolle,  Ägyp- 

\ 

ten  i)    

0,25 

7,83 

— 

90,80 

0,68 

0,42 

— 

— 

— 

Kapok,  roh  2)  .... 

3,58 

8,6—9,3 

— 

64,3—71,1 

— 

5,77 

— 

8,18 

23—23 

Chinagras  3)     .... 

2,87 

9,05 

6,47 

78,07 

6,10 

0,21 

— 

— 

— 

RheaS) 

5.65 

10,15 

10,34 

66,22 

12,70    '  0,59 

— 

— 

— 

Flachs  (Lin  bleu  de 

Lockeren)*)     .    .    . 

0,70 

8,63 

3,63 

82,57 

2,39      2,39     — 

— 

— 

Flachs  (Lin  Wallon)*) 

1,32 

10,70 

6,02 

71,50 

9,41      2,37     — 

— 

— 

Roher  Flachs  5)  .    .    . 

1,00 

— 

— 

63—70 

20—25,   —       — 

— 

— 

Hanf  6) 

0,82 

8,88 

3,48 

77,70 

9,31      0,56     — 

— 

— 

Neuseelandflachs":     . 

0,63 

11,61 

21,99 

63,00 

1,69      1,08     — 

— 

— 

Manilahanfs)  .        .    . 

1,02 

11,85 

0,97 

64,72 

21,80    !  0,63     —  ;   — 

— 

SunnhanfS)     .... 

6,61 

9,63 

2,84 

80,49 

6,46      0,56  1  —      — 

— 

Posidoniafaserio)   .    . 

3,08 

— 

— 

38,41 

— 

— 

— 

— 

11,13 

IV.  Die  Kennzeichen  der  Pasern. 

Bei  der  vielfachen  Übereinstimmung  der  Fasern  in  den  äußeren 
Eigenschaften  ist  es  begreiflich,  daß  eine  durchgreifende  Unterschei- 
dung derselben  auf  dem  bloßen  Augenschein  nicht  beruhen  könne.  Daß 
in  vereinzelten  Fällen  chemische  und  in  immerhin  nur  beschränktem 
Maße  auch  physikalische  Merkmale  zur  Unterscheidung  herangezogen 
werden  können,  wird  weiter  unten  dargelegt  werden,  ist  übrigens  oben  be- 
reits mehrfach  angedeutet  worden.  Da  aber  die  Beobachtung  gelehrt  hat, 
daß  die  Fasern  und  die  dieselben  zusammensetzenden  Elementarorgane  eine 


1)  Bowman,   The  structure  of  cotton   fibre,   London  1908,   p.  147,   zitiert   in 
G.  G.  Schwalbe,  Die  Chemie  der  Zellulose,  Berlin  1911,  p.  4  66. 

2)  C.  G.  Schwalbe,  I.e.  469. 

3)  H.  Müller,  1.  c.  49;  Wit,  Chem.  Technologie  d.  Gespinstfaser,  p.  158,  zitiert 
in  G.  G.  Schwalbe,  1.  c.  471. 

4)  Fein  gehechelt.     H.  Müller,  1.  c,  p.  38. 

3)  Tassel,  Revue    general   de   matieres    colorantes  4,  127  (1900)  zit.  in  C.  G. 
Schwalbe,  1.  c.  477. 

6)  H.  Müller,   1.  c,  p.  38. 

7)  Church,  zit.  bei  H.  Müller,  1.  c.  69. 

8)  und  9)  H.  Müller,  1.  c,  p.  71. 

10)  Methylpentosan  siehe  p.  31,  Fußnote  1. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  37 

große  Verschiedenartigkeit  und  dabei  doch  eine  große  Konstanz  in  morpho- 
logischer Beziehung  darbieten,  ja  daß  die  Eigenschaften,  um  derent- 
willen wir  die  Fasern  zu  diesem  oder  jenem  Zwecke  benutzen,  vorwiegend 
auf  für  die  Faserart  konstanten  Struktureigentümlichkeiten  be- 
ruhen, so  muß  wohl  einleuchten,  daß,  wenn  überhaupt  eine  Unter- 
scheidung der  Fasern  möglich  ist,  dieselbe  in  erster  Linie  nur  auf  die 
mittelst  des  Mikroskops  festzustellenden  morphologischen  Verhältnisse 
der  Fasern  gestützt  werden  könne. 

Die  Frage,  ob  eine  Unterscheidung  der  Fasern  auf  mikroskopischem 
Wege  mit  Sicherheit  durchführbar  ist,  muß  ich,  eine  wissenschaftliche 
Untersuchungsmethode  vorausgesetzt,  für  die  überwiegende  Mehrzahl  der 
Fälle  bejahen.  Die  Unterscheidung  gelingt  allerdings  nicht  immer  leicht 
und  auch  nicht  bloß  auf  Grund  weniger  Merkmale.  Man  darf  sich  nicht 
vorstellen,  daß  die  Auffindung  der  Art  einer  Faser  auf  so  einfache  Weise 
erfolgt,  wie  etwa  die  Nachweisung  der  bekannteren  Metalloxyde  oder 
Mineralsäuren.  Jene  analytische  Methode,  die  in  der  Chemie  so  rasch 
und  sicher  zur  Auffindung  der  in  einer  Substanz  enthaltenen  chemischen 
Individuen  führt,  kann  in  der  Untersuchung  der  Fasern  nicht  ausreichen ; 
die  morphologischen  Verhältnisse  sind  hier  oft  so  verwickelt,  daß  man 
nicht  durch  ein  einfaches  Schema  auf  die  Art  der  Fasern  geleitet  wird, 
sondern  erst  aus  einem  ganzen  Bild  von  Erscheinungen  hierauf  schließen 
kann.  Alle  Versuche,  die  Kennzeichen  der  Fasern  in  ein  Schema 
zusammenzustellen  und  hieraus  in  einem  gegebenen  Fall  die  Art  einer 
Faser  zu  bestimmen,  sind  bis  jetzt  mißglückt.  Unsere  heutigen  Kennt- 
nisse über  die  Morphologie  der  Fasern  würden  wohl  die  Aufstellung  eines 
halbwegs  ausreichenden  Schemas  gestatten;  aber  es  würde  außerordent- 
lich kompliziert  ausfallen.  Es  ist  heute  gewiß  noch  geratener,  auf  eine 
scharfe  Charakteristik  der  Fasern  zu  verzichten  und  auf  Grund  ge- 
nauer Physiographien  die  Ableitung  der  Abstammung  vorzunehmen. 
Die  nachfolgende  Zusammenstellung  der  wichtigsten  Kennzeichen  der 
Fasern  wird  zur  ersten  Orientierumg  über  die  Art  einer  zu  untersuchen- 
den Faser  insofern  dienen,  als  sie  die  Frage,  welche  Faser  vorliegt,  auf 
einen  engen  Kreis  beschränkt.  Mit  Zuhilfenahme  der  im  speziellen  Teile 
dieses  Abschnittes  gegebenen  Beschreibungen  wird  sich  die  Art  der  Faser 
wohl  fast  stets  ermitteln  lassen.  Die  Unsicherheit,  welche  noch  hier 
und  dort  in  der  Auffindung  der  Unterscheidungsmerkmale  der  Fasern 
besteht,  liegt  nicht  in  dem  Mangel  der  Untersuchungsmethode,  vielmehr 
in  dem  Umstände,  daß  die  Kennzeichen,  ja  Eigenschaften  mancher  Fasern 
bis  jetzt  noch  nicht  oder  noch  nicht  genau  studiert  wurden. 

Wie  wichtig  eine  methodische  Prüfung  der  Fasern  ist,  wird  jeder 
leicht  einsehen,  der  irgendeine  rohe  Faser  unters  Mikroskop  bringt  und 
gleich  an  diesem  Objekt,  wie  dies  in  der  Tat  noch  in  manchen  neueren 


38  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Technologien  geschieht,  die  Kennzeichen  aufzufinden  versucht.  Hanf, 
Flachs,  Sunn,  Jute  und  viele  andere  Fasern  lassen  in  diesem  Zustande 
gar  keinerlei  Unterschiede  wahrnehmen,  und  derjenige,  dem  die  histo- 
logischen Untersuchungsmethoden  fremd  sind,  möchte  nicht  glauben, 
welche  große  Mannigfaltigkeit  höchst  charakteristischer  Formbestandteile 
sich  hinter  dieser  scheinbaren  Gleichartigkeit  birgt;  der  spezielle  Teil 
dieses  Abschnittes  wird  dies  genügend  belegen. 

Unsere  bisherigen  Kenntnisse  über  die  Morphologie  der  Fasern  sind 
aber  noch  nicht  so  weit  gediehen,  um  alle  bereits  in  Verwendung  ge- 
nommenen Fasern  mit  aller  Bestimmtheit  erkennen  zu  können.  Die 
Morphologie  der  gewöhnlichen  Spinnfasern  ist  allerdings  bereits  so  gründ- 
lich erkannt,  daß  es  heute  wohl  keine  Schwierigkeiten  mehr  machen 
kann,  Baumwolle,  Hanf,  Flachs,  Jute,  Sunn  und  noch  zahlreiche  andere 
mit  aller  Bestimmtheit  im  rohen  Zustande  und  im  Gewebe  zu  ermitteln. 
Aber  über  die  echte  Äloe-^  Bromelia-  Hibiscus-^  Slda-,  Co)-dia-¥&seT, 
über  die  in  der  Papierfabrikation  benutzten  Gramineenfaser  (abgesehen 
von  Reis-,  Getreidestroh,  Espartofasern  und  weniger  anderer)  wissen  wir 
noch  zu  wenig,  um  selbe  auch  selbst  nur  im  rohen  Zustande  genau 
erkennen  zu  können.  Soweit  eben  auf  Grund  wissenschaftlicher  Methode 
nach  stichhaltigen  Kennzeichen  der  Fasern  gefahndet  wurde,  haben  sich 
solche  in  der  Regel  auch  gefunden.  Ein  weiteres  Vorgehen  auf  dem- 
selben Wege  wird  nicht  nur  die  bis  jetzt  noch  ungelösten  Fragen  klären, 
sondern  gewiß  auch  eine  Vereinfachung  in  der  mikroskopischen  Er- 
kennung der  Fasern  herbeiführen. 

Wie  die  früher  mitgeteilten  physikalischen  Eigenschaften  gelehrt 
haben ,  so  wohnt  denselben  allerdings  nicht  jene  unterscheidende  Kraft 
inne  wie  den  morphologischen,  aber  in  manchen  Fällen  leisten  sie  doch 
überraschend  gute  Dienste,  wie  oben  rücksichtlich  des  optischen  Verhaltens 
dargelegt  wurde.  Tieferes  Eindringen  in  die  physikalischen  Eigenschaften 
der  Fasern  wird  gewiß  zu  weiteren  Unterscheidungsmerkmalen  führen. 
Derzeit  liegt  aber  die  Sache  doch  so,  daß  die  physikalischen  Eigenschaften 
nur  zur  Unterscheidung  einzelner  Fasern  mit  Vorteil  anzuwenden  sind 
und  daß  heute  noch  nicht  daran  gedacht  werden  kann,  auf  diesem 
Wege  alle  Fasern  zu  unterscheiden.  Doch  lassen  die  Resultate  der  bis- 
her durchgeführten  Untersuchungen  hoffen,  daß  bei  fortgesetzten  ein- 
schlägigen Studien  weitere  brauchbare  Materialien  zur  Unterscheidung 
der  Fasern  herbeizuschaffen  sein  werden. 

Chemische  Reaktionen,  mikro-  oder  makrochemisch  angewendet, 
leisten  seit  längerer  Zeit  in  der  Unterscheidung  der  Fasern,  zumal  der 
rohen,  ungebleichten,  gute  Dienste,  wenngleich  sie  doch  mehr  den 
Charakter  von  Klassenreaktionen  an  sich  tragen.  Die  wichtigsten  dieser 
Reaktionen  sind  noch  immer  die  auf  reine  Zellulose  (mit  Jod  +  Schwefel- 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  39 

säure  oder  Chlorzinkjod)  und  auf  Verholzung  (mit  Anilinsulfat  oder  Phloro- 
gluzin +  Salzsäure). 

Den  gebleichten  Fasern  gegenüber  sind  die  chemischen  Reagentien 
fast  durchaus  ohne  Bedeutung,  da  sie  eben  nur  die  Reaktion  der  reinen 
Zellulose  liefern.  Bei  sonst  gleichen  Eigenschaften  ist  eine  Faser  desto 
besser,  je  weniger  sie  durch  Anilinsulfat  oder  durch  Phlorogluzin  -j-  Salz- 
säure gefärbt,  je  rascher  sie  durch  Kupferoxydammoniak  in  Lösung  ge- 
bracht wird;  sie  ist  besser,  wenn  sie  durch  Jod-  und  Schwefelsäure  ge- 
bläut wird,  als  wenn  sie,  mit  diesen  Reagentien  behandelt,  eine  grüne, 
braune  oder  gelbe  Farbe  annimmt. 

a)  Spezifische  Doppelbrechung^). 

Zu  einer  systematischen  Unterscheidung  der  Pflanzenfasern  kann 
deren  spezifische  Doppelbrechung  nicht  herangezogen  werden,  wohl  aber 
leistet  sie  in  der  Charakteristik  mancher  Fasern  gute  Dienste  und  kann 
atich  als  Hilfsmittel  benutzt  werden,  um  zwischen  bestimmten  Fasern  zu 
unterscheiden,  z.  B.  zwischen  Baumwolle  und  Flachs,  Flachs  und  Ramie, 
Hanf  oder  Flachs  und  Jute  und  einigen  anderen. 

Hier  folgt  eine  Zusammenstellung  der  spezifischen  Doppelbrechung 
der  wichtigsten  Pflanzenfasern  2)  von  charakteristischem  Verhalten  nach 
den  von  Remec  angestellten  Beobachtungen: 

a)  Polarisationsfarbe  bis  Weiß  I.  Baumwollenfaser,  Ramiefaser, 
ferner  Fasern  von  Yucca  gloriosa,  Sansevieria  xeylanica,  Aloe 
perfoliata,  Adansonia  digitata,  Bromelia  sp. 

b)  bis  Gelb  I.    Afrikanische  Piassave,  Manilahanf,     Cordia  latifoUa. 

c)  bis  Rot  I  oder  Indigo  H.  Jute,  Esparto,  Urena  sinuala,  Abel- 
moschus tetraphyllos. 

d)  bis  Grün  H.  Lein,  Hanf,  ferner  die  Bastfasern  von  Calotropis 
gigantea,  Crotalaria  Juncea,  Bauhinia  racemosa,  Pandanus 
odoratissimus. 

Es  sei  hier  auch  daran  erinnert,  was  bereits  oben  betont  wurde, 
daß  die  Hübe  der  spezifischen  Doppelbrechung  bei  verschiedenen  Fasern 
im  höchsten  Grade  verschieden  ist,  wie  etwa  der  Vergleich  von  Flachs- 
und Hanffaser  mit  der  Agavefaser  lehrt  (s.  oben  p.  \  4). 

b)  Verhalten  der  Fasern  gegen  Jod  und  Schwefelsäure. 
Mit  Recht  wird  dem  Verhalten  der  Pflanzenfasern  zum  Jod  bei  deren 
Unterscheidung   eine  besondere   Wichtigkeit   beigelegt.     Die  Färbungen, 
welche    die    Pflanzenfasern    bei   Einwirkung    bestimmter    Jodreagentien 


1)  Über  die  spez.  Doppelbrechung   siehe   auch   die  in  der  Fußnote  2  auf  p.  15 
angeführte  Arbeit  von  Aisslinger. 

2)  Es  wurden   stets    die  isolierten  Zellen    der  betreffenden  Faser    geprüft 
und  die  Polarisationsfarbe   am    mittleren  Teile   der  Längsansicht  der  Faser  ermittelt. 


40  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

annehmen,  sind  für  dieselben  charakteristisch  und  hängen  von  der  che- 
mischen Beschaffenheit  der  Zellwand  der  betreffenden  Fasern  ab. 

Am  häufigsten  verwendet  man  ein  Gemenge  von  gelöstem  Jod  mit 
Schwefelsäure.  Die  un verholzte  und  nicht  kutinisierte,  also  vorwie- 
gend aus  reiner  Zellulose  bestehende  Faser  wird  durch  diese  Flüssig- 
keit blau  gefärbt.  Die  verholzte  oder  kutinisierte  Faser  nimmt,  mit 
diesem  Reagens  behandelt,  eine  gelbe  oder  braune  Farbe  an.  In  besonderen 
Fällen  stellt  sich  bei  verholzter  Faser  eine  Grünfärbung  ein.  Zur  Her- 
vorbringung der  Farbenreaktion  kann  nicht  jedes  beliebige  Gemenge 
von  Jod  und  Schwefelsäure  verwendet  werden,  es  ist  vielmehr  die  Ein- 
haltung bestimmter  Mischungsverhältnisse  erforderlich. 

Nach  V. Höhnel  haben  sich  folgende  Konzentrationen  der  Reagentien 
am  besten  bewährt.  Für  die  Jodlösung:  1  Gramm  Jodkalium  wird  in 
\  00  Gramm  destilliertem  Wasser  gelöst,  worauf  Jod  bis  zur  Sättigung 
der  Lösung  zugefügt  wird.  Für  die  Schwefelsäure:  Zwei  Volumteije 
Glyzerin,  ein  Volumteil  destilliertes  Wasser  und  drei  Volumteile  konzen- 
trierte englische  Schwefelsäure.  Werden  die  Fasern  auf  dem  Objekt- 
träger hintereinander  mit  der  genannten  Jodlösung  befeuchtet  und  dann 
ein  oder  zwei  Tropfen  des  Schwefelsäuregemisches  hinzugefügt,  so  tritt 
kein  Aufquellen  der  Faser  auf  und  diese  färbt  sich,  wenn  sie  aus 
unverholzter  oder  nicht  kutinisierter  Zellulose  besteht,  tief  himmelblau. 
Bei  zu  starker  Konzentration  der  Schwefelsäure  quellen  die  Fasern 
oder  lösen  sich  auf.  Bei  zu  verdünnter  Jodlüsung  werden  die  Fasern 
nicht  blau,  sondern  violett  oder  rosa  gefärbt. 
Blau  werden  gefärbt: 

Baumwolle. 

Rohe  Bastfaser  von  Hibiscus  cannabinus. 

Rohe  Bastfaser  von  Caloto-opis  gigantea  (grünlichblau  bis  blau). 

Rohe  Flachsfaser. 

Kotonisierte  Ramiefaser  (blau)  2). 

Rohe  Hanffaser  (grünlichblau  bis  reinblau). 
Gelb  bis  braun  werden  gefärbt: 

Die  Haare  der  Bombaxwolle. 

Die  Haare    der    vegetabilischen   Seide    (selten   grünlich   oder 
grünlichblau). 

Rohe  Jute. 

Die  rohe  Bastfaser  von  Abelmoschus  tetraphyllos. 
»       >  >  »     TJrena  sinuata. 


4)  F.  V.  Höhnel,  Mikroskopie  der  techn.  verwendeten  Faserstoffe.  Wien  und 
Leipzig.    2.  Aufl.  (1905).    p.  28. 

2)  Über  das  merkwürdige  und  ganz  exzeptionelle  Verhalten  dieser  Faser  gegen 
wässerige  Jodlösung  siehe  unten  bei  Boehmeriafaser. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  41 

Die  rohe  Bastfaser  der  Bauliinien  (schwärzlichbraun). 

»  »         von  Thespesia  Lampas. 

Pandanusfaser  (lichtbräuniich). 
Die  rohe  Espartofaser  (rostrot). 
Die  rohe  Bromeliafaser  (rotbraun). 

Die  rohe  Aloefaser  (die  Mehrzahl  der  Fasern  rotbraun,  ver- 
einzelt grünlich,  sogar  blau). 
Der  neuseeländische   Flachs    (wird  je  nach   dem    Grade   der 
durch    die    Rüstung    vollzogenen    Reinigung    der   Faser 
gelb,  grün,  bis  blau  gefärbt). 
Grasgrün  durch  Jod  und  Schwefelsäure  werden  jene  Fasern,  deren 
faserige  Zellen    durch  Jod  gelb   oder  bräunlich  gefärbt  werden  und  die 
stärkeerfüllte  Bastmarkstrahlen   führen.     Die    grüne   Farbe,    welche    im 
schwächeren  Grade  auch  durch  Jodlüsung  allein  hervorgebracht  werden 
kann,    ist  hier   eine  Mischfarbe  aus  Blau   (durch  Jod  gefärbte    Stärke- 
körner) und  Gelb  (durch  Jod  gelb  gefärbte  Membranen  aller  an  der  Zu- 
sammensetzung der  Fasern  Anteil  nehmenden  Zellen.    Je  nach  der  mehr 
oder  minder  feinen  Verteilung  des  stärkeführenden  Gewebes  erscheinen 
die   Fasern    gänzlich    oder    nur   stellenweise    grün.      Diese   Reaktionen 
nehmen  an: 

die  Bastfaser  von  Sida  retiisa 
»  ^  »     Cordia  latifolia 

»  »  >     Sterculia  villosa 

»  >  »     Holoptelea  integrifolia 

y>  »  »     Kydia  calycina. 

c)  Verhalten  gegen  Kupferoxydammoniak. 

Kupferoxydammoniak  ist  eines  der  wichtigsten  Reagentien  für  die 
Erkennung  der  Pflanzenfasern.  Es  ist  das  einzige  Reagens,  welches 
Zellulose  löst.  Je  nach  dem  Gehalt  an  Zellulose  und  der  Beschaffen- 
heit der  neben  der  Zellulose  auftretenden  chemischen  Bestandteile  wird 
die  Faser  entweder  gelöst  oder  sie  quillt  bloß  auf  oder  sie  quillt  nicht. 
Die  quellende  oder  auch  die  ungequollene  Faser  nimmt  je  nach  ihrer  Art 
im  Kupferoxydammoniak  eine  bestimmte  Färbung  an. 

Es  muß  stets  darauf  geachtet  werden,  daß  das  Reagens  in  wirk- 
samem Zustande  sich  befindet,  was  am  einfachsten  durch  sein  Verhalten 
gegen  reine  Zellulose  zu  konstatieren  ist.  Nach  meinen  Erfahrungen 
ist  es  am  zweckmäßigsten,  das  Reagens  durch  Einwirkung  von  hoch- 
prozentigem Ammoniak  auf  Kupferdrehungsspähne  zu  bereiten  *). 


1)  In  seiner  Abhandlung  >Über  das  mikroskopische  Verhalten  der  Baumwolle 
im  Kupferoxydammoniak<  Zeitschrift  für  Kunststoffe,  München  4  911,  p.  2  sagt  Prof. 
Herzog   >Bei  Durchsicht  der    in   der  Literatur  enthaltenen  Angaben  über  die   Her- 


42  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Durch    Kupferoxydammoniak    werden    rasch    angegriffen   und   fast 
ganz  gelöst  1) : 

Baumwolle. 

Kolonisierte  Ramiefaser. 

Die  rohe  Bastfaser  von  Hibiscus  cannahinus. 
»       »  »  >     Calot7'opis  gigantea. 

Roher  Flachs. 

Roher   Hanf  (bloß  die  Bastzellen;   die  häufig  noch  anhaften- 
den Parenchymzellen  bleiben  ungelöst). 
Roher  Sunn. 
Kupferoxydammoniak  wirkt  bläuend  und  mehr  oder  weniger  deut- 
lich quellend  auf: 

Rohe  Jute. 

Rohe  Bastfaser  von  Abelmoschus  tetraphyllos. 
•>  »  »      Urena  sinuata. 

>  »  »      Bauhinia  racemosa  (einzelne  Stellen  der 

Bastfaser  werden  stark  aufgetrieben). 
Rohe  Bastfaser  von  Thespesia  Lampas. 
Roher  neuseeländischer  Flachs. 

Rohe  Faser  von  Aloe  pterfoUata  (schwache  Quellung). 
»  »         »      Bromelia  Karatas  (starke  Quellung). 

Rohe  Bastfaser  von  Sida  retusa  (wird  anfangs  grünlich,  dann 
blau,  und  quillt  schließlich  auf). 
Kupferoxydammoniak  wirkt  bloß  färbend  auf: 
Vegetabilische  Seide  (blau). 
Bombaxwolle  (blau). 

Rohe  Espartofaser  (lebhaft  grün).     Da  Ammoniak  die  Faser 
gelb   färbt, 
deuten. 
Rohe  Faser  von   Cordia  latifolia  (blau). 
»  »  »     Sterculia  villosa  (blau). 

Pandanusfaser. 


Stellung  des  zu  mikroskopischen  Arbeiten  bestimmten  K.upl'eroxydammoniaks  ist 
nicht  recht  einzusehen,  warum  außer  der  einfachsten  und  stets  sicheren  Methode 
von  Wiesner  (Technische  Mikroskopie  1867)  noch  andere  recht  umständliche  und 
zudem  nicht  immer  brauchbare  Verfahren  empfohlen  werden.  Die  häufige  Unwirk- 
samkeit solcher  Lösungen  ist  fast  immer  Ursache  der  auseinandergehenden  Angaben 
verschiedener  Autoren. € 

-1)  Nämlich  bis  auf  Kutikula  (bei  Baumwolle),  Reste  von  Mittellamellen  (Hanf), 
Innenschlauch  und  Protoplasmareste.  Über  die  morphologischen  Veränderungen, 
welche  die  Fasern  durch  Einwirkung  von  Kupferoxydammoniak  erfahren,  siehe  den 
folgenden  Paragraphen  dieses  Kapitels. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  43 

d)  Verhalten  gegen  Reagentien,  welche  Verholzung  anzeigen. 
(Anilinsulfat  und  Phlorogluzin  -|-  Salzsäure '). 
Ungefärbt  oder  fast  ungefärbt  bleiben: 

Baumwolle. 

Bombaxwolle  (wird  kaum  merklich  gefärbt). 

Kotonisierte  Ramiefaser.  (Auch  die  Bastzellen  der  rohen 
Ramie  bleiben  ungefärbt  oder  werden  kaum  merklich 
gefärbt). 

Roher  Flachs  (nur  die  geringsten  Sorten  werden  etwas  gefärbt). 

Rohe  Bastfaser  von  Hibiscus  cannahiniis  (wird  nur  sehr 
schwach  gefärbt). 

Rohe  Bastfaser  von  Calotropis  gigantea  (wird  nur  sehr 
schwach  gefärbt). 

Roher  Sunn. 

Roher  neuseeländischer  Flachs  (wird  nur  sehr  schwach, 
manchmal  gar  nicht  gefärbt). 

Manilahanf  (sehr  schwach  gefärbt). 

Dispopo  (Agave  cocui)  sehr  schwach  gefärbt. 

Raphiabast  (sehr  schwach  gefärbt). 
Deutlich  oder  stark  werden  gefärbt: 

Vegetabilische  Seide  (durch  Anilinsulfat  intensiv  zitrongelb, 
selten  blaßgelb). 

Rohe  Jute  (durch  Anilinsulfat  goldgelb  bis  orange). 

Sisal  und  Kantala  (beide  intensiv  goldgelb). 

Rohe  Bastfaser  von  Abelmoschus  tetraphyllos  (durch  Anilin- 
sulfat goldgelb). 

Rohe  Bastfaser  von  Urena  siruiiata  (durch  Anilinsulfat  gold- 
gelb). 

Rohe  Bastfaser  von  Sida  retusa  (durch  Anilinsulfat  gelb,  mit 
einem  Stich  ins  Zimtbraune). 

Rohe  Bastfaser  von  Thespesia  Lampas  (durch  Anilinsulfat 
goldgelb). 

Rohe  Bastfaser  von  Cordia  latifolia  (durch  Anilinsulfat  isa- 
bellgelb). 

Roher  Hanf  (durch  Anilinsulfat  schwach  gelb). 

Rohe  Espartofaser  (durch  Anilinsulfat  eigelb). 

Rohe  Faser  von  Bromelia  Karatas  (durch  Anilinsulfat  gold- 
gelb). 
Rohe  Pandanusfaser  (durch  Anilinsulfat  eigelb). 


\)  Siehe  oben  p.  31. 


44  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Zur  Charakteristik  mancher  verholzter  Fasern  trägt  es  bei,  den  Grad 
der  Verholzung  vergleichsweise  durch  Zahlen  auszudrücken.  Dabei  han- 
delt es  sich  strenge  genommen  nicht  um  den  faktischen  Gehalt  an  Lignin, 
sondern  um  die  relative  Menge  der  Leitsubstanz,  welche  durch  Phloro- 
glucin  +  Salzsäure  angezeigt  wird.  Man  bedient  sich  am  besten  des 
von  Gräfe')  angegebenen  Verfahrens,  welches  im  wesentlichen  darin 
besteht,  daß  man  durch  Zurücktitrieren  von  überschüssig  zugesetztem 
Phloroglucin  mittelst  Formaldehyds  die  Menge  von  Phloroglucin  bestimmt, 
welche  bei  der  Reaktion  auf  die  Leitsubstanz  (Vanillin  usw.)  aufgebraucht 
wurde.  Indem  man  den  auf  diese  Weise  ermittelten  Grad  der  Ver- 
holzung für  Jute  =  1  setzt,  erhält  man  folgende  Werte  für  die  an- 
geführten Fasern,  bzw.  für  Fichtenholz. 

Fichtenholz 1,5 

Posidoniafaser     .     .     .     .     1,4 

Jute 1,0 

Kantala 0,9 

Sisal 0,8 

Lecheguilla 0,1 

Baumwolle 0,0 

e)  Länge  der  rohen  Faser. 

Fasern  der  Bombaxwolle  ....  1 — 3  cm 

Fasern  der  Baumwolle 1 — 5  » 

Fasern  der  vegetabilischen  Seide  1 — 5,6  » 

Tillandsiafasern 2 — 65  » 

Baisthünde\'^)yonCalotro2)is  gigantea  20 — 30  » 

Kokosnußfasern 15 — 33  » 

Espartofasern 10 — 40  » 

Sunn 20  —  50  . 

Blattfaser  von  Aloe  perfoliata   .     .  40 — 50  » 

Blattfaser  von  Pandcmus .     .     .     .  40 — 70  » 
Bastbündel  von  Ahelmoschus  tetra- 

phyllos 60—70  * 

Bastbündel  von  i?^■ö^■sc^^sca?^/^a6m^/s  10 — 90  »3j 

»  »    Co?-dia  latifolia  .     .  50 — 90  > 

*    Sida  retusa    .     .     .  80—100  . 
Agavefasern  (Pite  und  Sisal ;  Handels- 

.  1)  V.    Gräfe,    Ernährungsphysiologisches    Praktikum    der    höheren    Pflanzen, 
P.  Parey,  Berhn  H9U,  p.  172. 

2)  NämHch  die  vorwiegend  aus  Bastzellen  bestehende  Rohfaser. 

3)  Es  wurden  angebhch  auch  Längen  von  330  cm  beobachtet  (siehe  unten  bei 
Gambohanf). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  45 

wäre  gewöhnlich  künstlich  ge- 
kürzt, entweder  einerseits  oder 

beiderseits  abgeschnitten)     .     .  50 — 1  i  0  cm 

Neuseeländischer  Flachs    ....  80 — 110  » 

Gefäßbündel  von  Bromelia  Karatas  110 — 120  » 

Bastbündel  von   ürena  sinuata.     .  100 — 120  » 

Sansevieriafaser 80  — 140  » 

Flachs 20—140  » 

^B,?>ihviXiAQ\  \o\\  Bauhinia  racemosa  50 — 150  » 

Hanfi)  . 100—225  . 

Piassave 50 — 185  » 

Jute. 150—250  >  2) 

Manilahanf  (grobe  Sorten)      ...  bis  250  » 

(feinere  Sorten)     ...  bis  200  » 

f)   Einige  auffälligere,    auf  dem   anatomischen  Bau   der  Faser 
beruhende  Kennzeichen. 

Aus  einzelnen  Zellen  bestehen. 
Baumwolle  | 

Vegetabilische  Seide  \  Haare. 
BombaxwoUe  j 

Kolonisierte  Ramiefaser:   isolierte  Bastzellen. 
Aus  Zellgruppen,  die  bloß  aus  Bastzellen  zusammengesetzt  sind,  be- 
stehen: 

Rohe  Jute  3). 

Roher  Flachs  (schlecht  gereinigter  führt  auch  Parenchym,  Holz- 
fragmente und  selbst  Oberhautzellen). 
Rohe  Bastfaser  von  Hibiscus  cannabinus. 

(kleine  Reste  von  Rinden- 
parenchym-  und  von  Kol- 
lenchymgewebe  fehlen 
fast  niemals). 
Bastzellen  und  kleine  Mengen  von  Bastmarkstrahlen  führen: 
Rohe  Bastfaser  von  Sida  retusa. 
>  »  »     Cordia  latifolia. 

»  »  Thespesia  Lampas. 


Boehmeria  nivea 


<)  Mit  Ausschluß  des  Riesenhanfs  von  Boufarik. 

2)  Selten  darüber  bis  450  cm.     (Siehe  unten  bei  Jute.) 

3)  Völlig  gebleichte  Jute,  wie  überhaupt  alle  völlig  gebleichten  Fasern  bestehen 
nur  aus  isolierten  Zellen.  Halbgebleichte  Kokosfaser  weist  fast  noch  den  ursprüng- 
lichen Gewebezusammenhang  auf. 


46  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Bastzellen  und  Bastparenchymzellen  enthalten: 
Rohe  Bastfaser  von  Abelmoschus  teiraphyllos. 
»  >  »     TJrena  sinuata. 

»  »     Crotalaria  juncea  (Sunn). 

»  »  »     Calotropis  gigantea. 

Roher  Hanf  (enthält  kleine  Mengen  von  Bastparenchym ;  sehr 
rein  ausgehechelter  Hanf  ist  manchmal  frei  von  Bast- 
parenchym). 

Aus  Bastzellen,  Bastparenchym  und  Bastmarkstrahlen  besteht: 

Die  rohe  Bastfaser  von  Bauhinia  racemosa. 
Neben  Bastzellen  treten  auch  Yiefaße  auf: 

Bei  allen  aus  Blättern  monokotyler  Pflanzen  dargestellten 
Fasern  (neuseeländischer  Flachs,  Manilahanf,  Pite,  Sisal, 
Tillandsia-,  Pandanus-,  rohe  Espartofaser,  Piassave),  ferner 
in  der  Kokosnußfaser. 


g)  Verdickung  der  Zellwände. 

Die  Wandverdickung  der  die  Fasern  zusammensetzenden  Zellen  ist 
im  allgemeinen  eine  sehr  verschiedenartige,  z.  B.  bei  der  vegetabilischen 
Seide  und  bei  der  Bombaxwolle  eine  geringe,  an  den  Bastzellen  von 
Flachs,  Hanf,  des  Espartoblattes  eine  sehr  mächtige.  So  sehr  an  den 
genannten  und  noch  einigen  anderen  weniger  bekannten  Fasern  die  Dünn- 
oder Dickwandigkeit  der  Zellen  in  die  Augen  springt,  so  möchte  ich 
aber  doch  die  Größe  der  Wandverdickung  nicht  als  ein  durchgreifendes 
Kennzeichen  benutzen,  da  die  histologischen  Elemente  vieler  Fasern  oft 
alle  Übergänge  von  schwacher  bis  starker  Verdickung  nachweisen  lassen. 
Hingegen  ist  zu  betonen,  daß  bei  manchen  Fasern  eine  höchst  merk- 
würdige, charakteristische  und  in  die  Augen  fallende  Eigentümlichkeit 
in  der  Ungleichartigkeit  der  Zellwandverdickung  besteht.  Während 
nämlich  die  Bastzellen  von  Hanf  und  Flachs  eine  gleichmäßige  Ver- 
dickung aufweisen,  sind  folgende  Fasern  dadurch  ausgezeichnet,  daß 
ihre  Bastzellen  stellenweise  wenig,  an  anderen  Stellen  mehr  oder  minder 
stark  verdickt  sind.  Eine  solche  ungleichmäßige  Verdickung  der 
Zellhaut  findet  sich  bei: 

den  Bastzellen  von   Corchorus-krien  (Jute), 
»  »    Äbelmoschus  teiraphyllos, 

»  ■       »  >    Edgeworthia  papyrifera, 

»  »  »     TJrena  sinuata, 

»  »  »     Thespesia  Lampas. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  47 

Stellenweise  vollkommen  verdickt,  also  geradezu  lokal  lumenlos ^) 
sind  die  Bastzellen  von: 

TJrena  sinuata, 
Sterculia  villosa, 

Sponia  Wightii  , 

Edgeivorthia  pa'pTjrifera. 
Es  sei  hier  auch  noch  erwähnt,  daß  die  Bastzellen  vieler  technisch 
verwendeter  Fasern  insofern  direkt  keine  Strukturverhältnisse  erkennen 
lassen,  als  die  Verdickungsschichten  gleichmäßig  ausgebildet  erscheinen, 
also  keine  Poren,  Tüpfel,  Ringe,  Schrauben  u.  dgl.  mehr  aufweisen. 
Hierher  gehören  z.  B.  Hanf-,  Flachs-,  Ramiefasern  und  Baumwolle. 
An  anderen  erkennt  man  viele  und  deutliche  Poren  in  der  Zellwand, 
nämlich : 

an  den  Bastzellen  der  Faser  von  Abelmoschus  tetrapkyllos, 
»       »  »  »        :.    ,     »     Sida  retusa, 

j>       »  »  »        ,         »     Thespesia  Lampas^ 

»  »  »     Blattgefäßbündel  von  Bromelia  Karatas, 

»  »      Kokosnuß. 

Manche  Bastzellen  zeigen,  mit  Reagentien  behandelt,  Schichtung; 
gequetscht  oder  nach  gewissen  chemischen  Einwirkungen,  Streifung, 
worauf  ich  bei  der  speziellen  Abhandlung  der  einzelnen  Fasern  aufmerk- 
sam machen  werde. 


Die  Länge  der  die  einzelnen  Fasern  zusammensetzenden  Zellen  ist 
ein  sehr  wichtiges  Kennzeichen.  Auf  die  Länge  der  Haare,  welche  die 
Baumwolle,  die  Bombaxwolle  und  vegetabilische  Seide  konstituieren, 
wurde  schon  oben  aufmerksam  gemacht.  In  der  Beschreibung  der  ein- 
zelnen Fasern  habe  ich  auf  die  Dimensionen  aller  dieselben  aufbauenden 
Formelemente  gebührend  Rücksicht  genommen.  In  der  nachfolgenden 
Zusammenstellung  begnüge  ich  mich,  die  Längen  der  integrierenden, 
oft  (z.  B.  beim  Flachs)  einzig  und  allein  auftretenden  Formbestandteile, 
nämlich  die  Längen  der  Bastzellen  anzugeben.  Die  Ermittlung  der  Länge 
dieser  histologischen  Elemente  macht  gewöhnlich  keine  Schwierigkeiten, 
da  ja  die  meisten  Bastzellen  sich  entweder  durch  Kalilauge  oder  Chrom- 
säure leicht  und  vollständig  isolieren  lassen,  worauf  ich  im  speziellen  Teile 
dieses  Abschnittes  bei  jeder  einzelnen  Faser  aufmerksam  machen  werde  2), 

1)  Auf  dieses  merkwürdige  Strukturverhältnis  der  vegetabiUschen  Zellhaut  habe 
ich  zuerst  in  meiner  Abhandlung  über  die  indischen  Pflanzenfasern  (iSVO)  aufmerk- 
sam gemacht. 

2)  Ich  möchte  nicht  unerwähnt  lassen,  daß  nach  der  Ansicht  von  Höhnel's 
(Mikroskopie  der  Faserstoffe,  2.  Aufl.  t905,  p.  27)  die  Größenverhältnisse  der  Faserele- 
mente von  der  Größe  der  betreffenden  Exemplare  der  Faserpflanze  abhängig  sein  sollen. 


48 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Bezeichnung  der  Faser  Länge  der  Bastzellen 

Tillandsiafaser 0,2—0,8  mm 

Piassave         0,3-0,9  » 

Bast  von   Cordia  latifolia    .     .     .     .  1,0 — 1,6  » 

»       »     Abelmoschus  tetraphyllos    .  1,0 — 1,6  » 

Espartofaser 0,5 — 1,9  » 

Bast  von  Sida  retusa 0,8 — 2,3  >> 

»     Urena  sinuaia     ....  1,1 — 3,2  » 

Blattgefäßbündel  von  Aloe  perfoUata  1,3 — 3,7  » 

Bast  von  Bcmhinia  racemosa  .     .     .  1 ,5 — 4,0  »  ') 

Jute 0,8—4,1  . 

Blattgefäßbündel  von  Pandanus  odo- 

ratissimus .  1,0 — 4,2  » 

Bastfaser  von  Thespesia  Lampas .     .  0,92 — 4,7  > 

Neuseeländischer  Flachs 2,5-^5,6  ■» 

Blattgefäßbündel    von    Bromelia   Ka- 

ratas 1,4 — 6,7  » 

Sunn 0,5—6,9  » 

Bastfaser  von  Hibiscus  cannabinus  .  4 — 12  »2) 

Flachs 20—50  » s) 

Ramiefaser bis  220  »     und  auch  darüber 

(s.  Ramiefaser;. 


Er  sagt:  »Je  länger  ein  Exemplar  z.  B.  von  Lein,  Jute  usw.  infolge  von  günstigen 
äußeren  Verhältnissen  wird,  desto  länger  werden  auch  die  Fasern  in  demselben«. 
Nähere  Angaben  fehlen.  Soweit  meine  Erfahrungen  reichen,  bleiben  die  Dimensionen 
der  histologischen  Elemente  bei  allen  normal  entwickelten  Individuen  einer  Pflanzen- 
form innerhalb  bestimmter  Grenzen  konstant  und  erscheinen  von  den  Dimensionen 
der  ganzen  Pflanzen  kaum  merklich  beeinflußt.  Bei  ausgesprochenen  Zwergpflanzen 
habe  ich  wohl  selbst  beträchtliche  Abweichungen  bemerkt;  aber  diese  kommen  hier 
nicht  in  Betracht.  Es  sei  hier  noch  angeführt,  daß  Amelung  in  der  »Flora« 
(1893)  eine  eingehende  Arbeit  über  das  Verhältnis  der  Zellengröße  zur  Organgröße 
veröffenthcht  hat,  aus  welcher  hervorgeht,  daß  die  mittlere  Zellengröße  von  der 
Größe  der  betreffenden  Organe  unabhängig  ist.  Über  pygmaeische  Formen  hat 
Amelung  keine  Beobachtungen  angestellt.  Hierüber  und  überhaupt  über  die  Beziehung 
der  Zellgröße  zur  Größe  der  betreflenden  Organe  oder  Individuen  liegt  aus  neuester 
Zeit  eine  Arbeit  von  Sierp  vor,  welche  zu  dem  Ergebnis  führte,  daß  für  die 
Zellgröße  eines  Gewebes  einer  Spezies  ein  Mittelwert  charakteristisch  und  erblich 
festgehalten  ist.  Sierp,  Hermann,  Jahrbücher  für  wissenschaftl.  Botanik,  Bd.  53 
(1913). 

1)  Und  wahrscheinlich  darüber  (vgl.  Beschreibung). 

2)  Und  wahrscheinUch  darüber  (vgl.  Beschreibung). 

3)  Von  der  Wurzel,  ferner  im  untersten  und  obersten  Stengelteil  kommen  auch 
viel  kleinere  Bastzellen  vor,  die  wohl  im  Werg,  aber  nicht  im  Reinflachs  zu  finden 
sind  (siehe  unten  bei  Flachs). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  49 

i)  Breite  der  die  Fasern  zusammensetzenden  Zellen. 

Ich  nehme  hier  bloß  auf  die  Breite  der  die  Fasern  zusammen- 
setzenden Haare  bzw.  Bastzellen  als  den  wesentlichsten  histologischen 
Bestandteilen  der  Fasern  Rücksicht,  werde  aber  in  dem  speziellen  Teile 
dieses  Abschnittes  nicht  verabsäumen,  auch  die  Breite  der  anderweitigen 
an  dem  Aufbaue  bestimmter  Fasern  anteilnehmenden  Zellen  anzuführen, 
da  für  einzelne  Fasern  auch  die  Dimensionen  dieser  Elementarorgane 
sehr  bezeichnend  sind. 

Ich  habe  im  vorUegenden  Abschnitte  versucht,  mich  von  der  früher 
befolgten  Art,  die  Breite  der  Baumwollenhaare,  Flachsbastzellen  usw. 
festzustellen,  nämlich  diese  Dimension  an  irgendeiner  beUebigen  Stelle 
der  Faser  auszuführen,  zu  emanzipieren,  und  habe  an  jeder  einzelnen 
zu  messenden  Zelle  die  größte  Breite  gemessen.  Daß  man  auf  diese 
allerdings  sehr  mühevolle  Bestimmungsweise  viel  verläßlichere  Resultate, 
als  nach  der  früheren,  erhalten  muß,  ist  wohl  einleuchtend.  Auch  habe 
ich  mich  nicht  begnügt,  aus  den  gefundenen  Maximalbreiten  ein  Mittel 
abzuleiten,  sondern  bestimmte  aus  einer  genügend  großen  Reihe  von 
Beobachtungen  die  häufigsten  Werte,  ähnlich  wie  ich  dies  auch  bei 
der  Grüßenbestimmung  der  Stärkekörner  getan  habe  (vgl.  Bd.  II,  p.  6). 
Ich  habe  mich  durch  viele  Versuche  überzeugt,  daß  durch  Berücksichti- 
gung der  maximalen  Breiten  und  der  hieraus  abgeleiteten  häufigsten 
Breiten  der  Zellen  Resultate  zum  Vorschein  kommen,  welche  für  die 
einzelnen  Fasern  höchst  konstant  sind  und  mit  Recht  einen  Platz  in 
der  Charakteristik  der  Fasern  beanspruchen  i). 

Art  der  Maximale  Breite 

Bezeichnung  der  Faser  gemessenen  '       Grenz-  Häufigster 

Zellen  ^erte  Wert 

Tillandsiafaser Bastzellen       6 — -15      ;j.  ? 

Espartofaser 9 — 4  5      »  ? 

Bastfaser  von  Cordia  latifolia     .  »         14,7 — -16,8  >         .     15  fi 

Neuseeländischer  Flachs      ...  »  8 — \  9      »  13» 

Bastfaser  von  Abelmoschus  tetra- 

phijllos »  8—20      »  16  » 

Bastfaser  von  Bauhinia  racemosa  »  8 — 20      •»  ? 

>         >     Corchorus  capsularis  »  10 — 21      »  16  » 

»     Thespesia  Lampas  .  >  12 — 21  16  » 

*  "     Urena  sinuata    .     .  »  9 — 24      >  15  » 

Blattgefäßbündel    von    Aloe   per- 

foliata »  15—24      .  ? 

1)  In  neuerer  Zeit  ist  diese  Art  der  Dimensionsbestimmung  von  Zellen  und 
anderen  histologischen  Bestandteilen  der  Pflanzenzelle  auch  von  anderen  Seiten  akzep- 
tiert worden. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  4 


50 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Bezeichnung  der  Faser 

Bastfaser  von  Sida  retusa  . 

>     Calotropis  gigantea 

Flachs '. 

Hanf 

Bastfaser  von  Corchorus  olitorus 
»  >  Hibiscus  cannahinus 

Baumwolle 

Vegetabilische  Seide  von  Calotropis 

gigantea 

Bombaxwolle 

Bastfaser  von    Crotalaria  juncea 
Blattgefäßbündel     von     Bromelia 

Karatas 

Ramiefaser 


Art  der 

Maximale 

Breite 

gemessenen 
Zellen 

Grenz- 
werte 

Häufigster 

Wert 

Baslzellen 

15—25 

11 

9 

18—25 

» 

? 

12—26 

:. 

15—17/«!) 

15—28 

16  —  19  » 

16—32 

20  > 

20—41 

» 

? 

Haare 

12—42 

> 

18—37  .2) 

5, 

12-42 

» 

38  » 

» 

19—42 

» 

21—29   > 

Bastzellen 

20—42 

* 

? 

, 

27—42 

» 

? 

, 

16—80 

,> 

50    ,3) 

k)   »Verschiebungen«   in  den  Membranschichten  der  Bastzellen. 

Von  F.  V.  Höhnel  ist  zuerst  auf  eine  für  manche  Pflanzenfasern  sehr 
charakteristische  morphologische  Eigentümlichkeit  hingewiesen  worden, 
für  welche  der  genannte  Forscher  das  bezeichnende  Wort  »Verschiebungen« 
(der  Verdickungsschichten)  angewendet  hat.  Unter  »Verschiebungen«  ver- 
steht V.  Hühnel  die  in  der  Längsansicht  der  Fasern  erscheinende,  stellen- 
weise plötzlich  auftretende  Richtungsänderung  der  Verdickungsschichten :  die 
der  Längsrichtung  der  Faser  folgenden  Verdickungsschichten  brechen  mit 
einem  Male  winkelig  ab,  um  eine  kurze  Strecke  weiter  wieder  in  die 
normale  Richtung  zurückzukehren  (Fig.  6). 

Der  Entdecker  dieser  Erscheinung  hält  sie  für  eine  im  normalen 
Lebenslauf  der  betrefi'enden  Pflanze  auftretende  morphologische  Verände- 
rung, welche  dadurch  zustande  kommt,  daß  die  Zonen  je  einer  Faser 
während  des  Wachstums  der  betreffenden  Organe  einem  verschieden 
starken  radialen  Druck  ausgesetzt  sind,  wodurch  gewissermaßen  eine 
mechanische  Schädigung  eintritt,  die  sich  als  »Verschiebung«  zu  erkennen 
gibt^). 

1)  Im  Reinflachs.  In  das  Werg  gehen  aucli  Bastzellen  über,  deren  Dimensionen 
von  den  oben  mitgeteilten  abweichen  und  von  den  Spitzen  und  dem  Fuße  der 
Flachsstengel  herrühren.     Siehe  unten  bei  Flachs. 

2)  Näheres  über  die  Breite  der  Baumwollenfaser  siehe  unten  bei  Baumwolle. 

3)  Infolge  mechanischer  Angrifi'e  bei  der  Gewinnung  der  Ramie  scheint  der 
Qiierschnitt  der  Faser  einen  Durchmesser  bis  126  [a  erreichen  zu  können. 

4)  F.  V.  Höhnel  in  Pringsheims  Jahrb.  f.  wiss.  Botanik.  XV  (1884),  p.  311  ff. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


51 


äi3 


Nach  den  von  Schwendener^)  ausgeführten  Untersuchungen  sind 
die  von  v.  Hühnel  aufgefundenen  »Verschiebungen«  in  der  lebenden 
Pflanze  nicht  vorhanden,  sie  entstehen  vielmehr  erst  durch  spätere  Ver- 
letzungen. Schwendener  isolierte  die  Bastfasern  verschiedener  Pflanzen 
durch  Fäulnis,  wobei  sie,  obgleich  aus  dem  gegenseitigen  Verbände 
tretend,  keinerlei  mechanische  Angriffe  erleiden.  Die  auf  solche  Weise 
isolierten  Fasern  wurden  frei  von  »Verschiebungen«  gefunden.  Dem  ge- 
nannten Autor  war  es  nur  darum  zu  tun,  zu  entscheiden,  ob  die  Pflanze 
durch  ihre  eigene  Tätigkeit  dazu  beitrage,  ihre  mechanischen  Elemente 
zu  schädigen.  Auf  Leinenfaser 
und  andere  technisch  verwen- 
deten Fasern,  welche  die  Erschei- 
nung der  »Verschiebungen«  dar- 
bieten, ist  Schwendener  nicht 
eingegangen.  Ich  habe  Leinen- 
fasern von  reifen,  aber  noch 
ungebrochenen  Flachsstengeln 
durch  Kochen  in  Wasser  isoliert 
und  habe  an  denselben  keine 
*  Verschiebungen «  wahrgenom- 
men. Auch  die  durch  Fäulnis 
isolierten  Bastzellen  von  Hanfund 
Ramie  habe  ich  vollkommen  un- 
verletzt gefunden.  Ich  muß  also 
der  Ansicht  Seh  wendeners  bei- 
pflichten, daß  die  an  Bastzellen 
zu  findenden  »Verschiebungen« 
in  der  intakten  Pflanze  noch  nicht 
vorhanden  sind,  sondern  sich  erst 
durch  mechanische  Verletzungen, 
des   »Brechens«   einstellen. 

So  wird  es  verständlich,  daß  wohl  an  Flachs  oder  Hanf,  nicht  aber 
an  der  Jute  »Verschiebungen«  vorkommen.  Die  Jute  wird  eben  nicht 
>gebrochen«,  sondern  nach  kurzer  Rüstung  in  ganzen  Streifen  vom 
Stengel  abgezogen,  wobei  sie  begreiflicherweise  keinerlei  heftigen  mecha- 
nischen Angriffen  ausgesetzt  ist.  Selbstverständlich  ist  auch  die  Baum- 
wollenfaser völlig  frei  von  »Verschiebungen«'.  So  ist  durch  v.  Höhn  eis 
Auffindung  ein  neues  Mittel  an  die  Hand  gegeben,  um  Leinfasern  von 
Baumwollfasern  zu  unterscheiden.     In  der  Diagnose  der  Fasern  ist  das 


Fig.  Ö.     Vergr.  400  tez.  (Querscknitte  q)  200.    Flachs- 
faser, e  Spitze,   vv  »Verschiebungen«,   in   der  Längs- 
ansicht l  gesehen.    Nach  v.  Höhnel. 


z.  B.  beim  Flachs  und  Hanf  während 


^)  Berichte  der  Deutschen  Botan.  Gesellschaft.  XII  (4  894),  p.  239  ff. 

4* 


52 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Auftreten   oder   das  vollständige   Fehlen   der 
willkommenes  Kennzeichen  i). 


-Verschiebungen«    ein    oft 


1)  Querschnittsformen  der  Faserelemente. 
In  manchen  Fällen  erscheint  es  zur  richtigen  Beurteilung  von  Form 
und  Struktur  der  die  Fasern  zusammensetzenden  histologischen  Elemente 
erforderlich,   deren  Querschnitte  im  Mikroskop  vor  sich  zu  haben.    Um 


Fig.  7.'    Vergr.  340.    Pflanzenseide  von  Asclepias 

Cornuti.     m  Mitte,  qu  Querschnitt   eines  Haares, 

Id   Längsleisten ,     d   dünne    Stelle   dazwischen , 

w  Wandung.     (Nach   v.  Höhnel.) 


Fig.  8.    Vergr.  340.     Pflanzenseide  yon  Strophan- 
thus  sp.  m  Mittlerer  Teil,   q  Querschnitt,  w  Wan- 
dung, J  Längsleisten  eines  Haares.   (Nach  v. Höh- 
nel.) 


<)  Über  »Verschiebungen»  s.  auch  K.  Saito  in  Journ.  of  the  College  of  Science, 
Imp.  Univ.  Tokio,  XV,  4 90-1,  p.  425.  Verfasser  pflichtet  der  Höhneischen  Ansicht 
bezüglich  des  Zustandekommens  der  »Verschiebungen«  bei.  Aisslinger  (1.  c,  p.  48) 
schließt  sich  bezüglich  der  Fasern  von  Fieus  eoronata  und  Gaesalpinia  timoriensis 
der  Anschauung  von  v.  Höhnel  u.  Saito  an.  —  J.  Weese. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


53 


die  Querschnitte  zu  gewinnen,  müssen  vor  dem  Schneiden  (aus  freier 
Hand  oder  mittelst  des  Mikrotoms)  die  Fäden  in  eine  dicke  Gummilösung 
eingelegt  und  in  derselben  bis  zur  Schneidbarkeit  des  Gummis  belassen 
werden,  worauf  die  Herstellung  von  Querschnitten  keine  Schwierigkeit 
bereitet  1).  Man  erkennt  auf  diese  Weise  die  gleichmäßige  oder  un- 
gleichmäßige Wandverdickung  (nament- 
lich im  Vergleiche  mit  den  entsprechen- 
den Längsschnitten);  häufig  wird  erst  auf 
dem  Querschnitt  die  wahre  Form  der 
Zelle  offenbar,  z.  B.  bei  Haaren  (Baum- 
wolle usw.).  In  gewissen  Fällen  finden 
sich  bei  Betrachtung  des  Querschnittes 
Strukturverhältnisse  der  Fasern,  welche 
in  der  Längsansicht  der  Faser  nicht  oder 
nur  sehr  undeutlich  zu  sehen  sind.  So 
z.  B.  die  von  v.  HühneP)  an  der  Innen- 
seite der  Zellhäute  der  Pflanzenseide 
aufgefundenen  Leisten. 


B 


o  ^ 


:^ 


<S> 


Fig.  9.  Vergr.  400.  A  Bruchstücke  iso- 
lierter Bastzellen  aus  der  Jutefaser,  a  a 
natürliche  Enden,  sä  Zellwand.  U  Lumen 
der  Zelle.  £  Querschnitt  durch  die  Jutefaser. 


Fig.  10.  Vergr.  500.  Querschnitte  durch  Baumwollen- 
fasern A  mit  gewöhnlichem,  weitem,  B  mit  linien- 
förmigetn,  C  mit  flächenförmigem  Lumen  hez.  mit 
weitlumigem,  fadenförmigem  und  handförmigem 
Innenschlauch,  c  Kutikula,  z  Zellhaut,  l  Lumen 
nach  außen  vom  Innenschlauch  begrenzt. 


m)  Über  gestaltliche  Veränderungen  der  Zellhaut  an  Pflanzen- 
fasern infolge  ungleicher  Quellung   der   Zellhautschichten. 

Als  Gharaktereigentümlichkeiten  mancher  Pflanzenfasern  werden 
häufig  Formänderungen  angeführt,  wejche  bei  Einwirkung  von  Quellungs- 
mitteln zustande  kommen  und  sichtlich  auf  ungleicher  Quellbarkeit  der 
verschiedenen  Schichten  der  Zellhaut  dieser  Fasern  beruhen. 

Es  sind  mehrere  solcher  Formänderungen  beschrieben  und  abgebildet 
worden,  aber  man  hat  bis  jetzt  nicht  den  Versuch   unternommen,   die- 


1)  V.  Höhnel  in  Dingler,  Polytechn.  Journ.  1889,  p.  573.  Wie  Höhnel  (Mi- 
kroskopie etc.,  S.A.,  1905)  p.  59  bemerkt,  ist  es  zweckmäßig,  dem  Gummi,  in  welches 
behufs  Herstellung  von  Querschnitten  die  Faser  eingebettet  wurde,  etwas  Glyzerin 
beizufügen,  um  das  Sprödewerden  der  festgewordenen  Gummimasse  zu  verhindern 
und  die  Schneidbarkeit  zu  erhalten. 


54  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

selben  übersichtlich,  eventuell  einheitlich  auf  Grund  von  Beobachtungen 
über  die  ungleiche  Quellbarkeit  der  Zellhautschichten  darzustellen.  Ich 
unternehme  hier  diesen  Versuch  in  der  Hoffnung,  zum  Verständnis  dieser 
Formänderungen  beizutragen  und  Anregungen  zu  weiteren  diesbezüglichen 
Untersuchungen,  auch  mit  Rücksicht  auf  die  Unterscheidbarkeit  der 
Fasern,  zu  geben. 

Im  hohen  Grade  quellbar  in  starken  Quellungsmitteln  sind  jene  Zell- 
hautschichten, welche  der  Hauptmasse  nach  oder  (im  gebleichten  Zu- 
stande) gänzlich  aus  Zellulose  bestehen.  Ganz  anders  verhalten  sich 
kutinisierte  oder  verholzte  Zellhautschichten,  welche  entweder  gar  nicht 
quellen  oder  sofern  sie  ein  kleines  Quantum  von  Zellulose  enthalten,  in 
geringem  Grade.  Wenn  also  an  einer  Faserzelle  kutinisierte  oder  ver- 
holzte Schichten  mit  Zelluloseschichten  abwechseln,  so  muß  es  zu  Form- 
änderungen kommen,  welche,  wenn  die  Schichten  im  Verbände  bleiben, 
sich  besonders  charakteristisch  gestalten.  Auch  der  Innenschlauch  toter 
Pilanzenfasern,  welcher  aus  einer  hautfürmigen  Schicht  von  eingetrock- 
netem Protoplasma  besteht,  quillt  im  Vergleich  zu  den  Zelluloseschichten 
nicht  oder  nur  wenig. 

Die  Pflanzenfasern  quellen  niemals  gleichmäßig,  sondern  stets  in 
der  Richtung  des  Querschnittes  am  stärksten  und  in  der  Längsrichtung 
am  geringsten.  Die  ungleichartige  Volumzunahme,  welche  sich  als  Folge 
ungleicher  Quellung  der  Fasern  nach  Länge  und  Dicke  ergibt,  tritt  am 
schärfsten  hervor,  wenn  stArk  aufquellend  wirkende  Reagentien,  am 
besten  Kupferoxydammoniak,  in  Anwendung  gebracht  werden.  Die 
quellungsfähige  Faser  nimmt  dabei  so  sehr  an  Dicke  zu,  daß  sie  in  der 
Längsrichtung,  trotz  Quellung,  sogar  eine  Verkürzung  erfahren  kann. 
Wie  V.  HühneU)  gefunden  hat,  können  sich  Pflanzenfasern  bei  starker 
Quellung  bis  auf  60  Proz.  verkürzen,  während  die  Dicke  hierbei  um 
das  sechsfache  zunehmen  kann.  Diese  Volumänderungen  betreffen  nur 
selten  die  ganze  Faser,  nämlich  nur  dann,  wenn  sie  bloß  aus  Zellulose 
besteht,  was  wohl  nur  bei  reingebleichten  Fasern  zutrifft.  Bei  den  na- 
türlichen Pflanzenfasern,  deren  Membranschichten  eine  verschiedene 
chemische  Zusammensetzung  besitzen,  nehmen  bestimmte  Schichten- 
anteile  (Kutikula,  Mittellamelle,  Innenschlauch)  an  diesen  Volumände- 
rungen keinen  oder  nur  einen  verhältnismäßig  geringen  Anteil  und 
werden,  da  sie  in  Verbindung  mit  den  stark  quellenden  Zelluloseschichten 
bleiben,  begreiflicherweise  in  ihren  Formverhältnissen  total  umgestaltet, 
was  auf  dreierlei  Weise  geschehen  kann:  durch  Faltung,  Biegung  oder 
Zerreißung,  d.  h.  die  mit  den  quellenden  und  hierbei  sich  verkürzenden 
Zelluloseschicbten   verbundenen   nicht    quellenden  Schichten   können  ihre 

H)  Mikrosi<opie  der  technisch  verwendeten  Faserstoffe  (1905),  p.  23. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


55 


totale  Länge   nur  dadurch  bewahren,  daß  sie  sich  entweder  falten  oder 
hin-  und  herbiegen  oder  aber  daß  sie  in  Stücke  zerrissen  werden  \). 

Unter  diesen  Gesichtspunkten  betrachtet,  zeigt  sich  eine  Überein- 
stimmung im  morphologischen  Verhalten  stark  quellender  Pflanzenfasern 
in  Fällen,  die  man  bisher  als  ganz  verschiedenartig  betrachtet  hat,  wie 
die  folgenden  Auseinandersetzungen  lehren  werden. 

Der  am  längsten  bekannte  einschlägige  Fall  betrifft  die  Baumwollen- 
faser, deren  Membran  nach  außen  durch  die  Kutikula,  nach  innen  durch 
den  Innenschlauch  begrenzt  ist.  Zwischen  Kutikula  und  Innenschlauch 
liegt  die  fast  gänzlich  aus  Zellulose 
bestehende  Verdickungsmasse  der 
Zellhaut.  Läßt  man  auf  diese  Faser 
Kupferoxydammoniak  einwirken,  so 
quellen  die  Zelluloseschichten,  wäh- 
rend Kutikula  und  Innenschlauch  an 
der  Quellung  nicht  teilnehmen.  Die 
sich  verdickende  und  verkürzende 
Zellulosehaut  schiebt  die  über  ihr 
liegende  Kutikula  stellenweise  zusam- 
men. Dadurch  erscheint  an  dieser  Stelle 
die  quergefaltete  Kutikula  in  Form 
später  getrennt  erscheinender  Gürtel, 
welche  der  Quellung  der  Zellulosehaut 
einen  Widerstand  entgegensetzen,  wo- 
durch die  blasenfürmigen  Auftreibun- 
gen der  Zellulosehaut  bedingt  werden 
(Fig.  11).  Es  kann  sich  auch  bei  der 
Quellung  die  Kutikula  stellenweise  in 
Form  von  schraubigverlaufenden  Fä- 
den von  der  Faser  abheben.    Beides 

habe  ich  schon  vor  langer  Zeit  beobachtet,  beschrieben  und  abgebildet 2). 
Ich  habe   aber   auch   schon  damals  sezeist,   daß  der  Innenschlauch,  den 


Fig.  II.  A  Vergr.  300.  Fragment  einer  Baum- 
wollenfaser nach  Einwirkung  von  Kupferoxyd- 
ammoniak, cc  Gürtel  der  faltig  zusammen- 
geschobenen Kutikula.  Zwischen  diesen  Gürteln 
erscheint  die  von  der  Kutikula  befreite  Zellu- 
losehaut blasenförmig  aufgetrieben.  B  weniger 
vergrößert.  Durch  Aufrollung  bei  weiterer  Ein- 
wirkung des  Reagens  ans  dem  Gürtel  erstan- 
denes Stück  der  Kutikula.  Der  an  mit  Kupfer- 
oxydamraoniak  behandelten  Baumwolle  gleich- 
zeitig auftretende  Innenschlauch  wurde  in  der 
Fig.  A  weggelassen. 


1)  Die  Faltung  oder  die  Windung  der  den  quellenden  Zelluloseschichten  lest  an- 
haltenden Kutikula,  bzw.  der  Mittellamellen  und  des  Innenschlauches  lehren  auf  das 
unzweideutigste,  daß  dieselben  an  der  bei  der  Quellung  nach  der  Dicke  stattgefundenen 
Verkürzung  der  Zellulosemasse  der  Faser  nicht  teilgenommen  haben.  Diese  Faltung 
oder  Windung  läßt  aber  noch  die  Deutung  zu,  daß  die  betreffenden  Schichten  (Kutikula, 
Mittellamelle,  Innenschlauch)  während  der  Quellung  der  Zellulosemasse  eine  Verlänge- 
rung in  der  Richtung  der  Zellachse  erfahren  haben,  was  nur  durch  genaue  Messungen 
entschieden  werden  könnte.  Die  oft  höchst  auffällig  starken  Krümmungen  des  Innen- 
schlauches machen  eine  solche  Verlängerung  sehr  wahrscheinlich.  Auf  diesen  Gegen- 
stand kann  hier  aber  nicht  eingegangen  werden. 

2)  Technische  Mikroskopie,   1867,  p.  99,  Fig.  55. 


56 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


ich  damals  als  »Innenhaut«  zur  Membran  rechnete,  bei  der  Quellung  in 
Kupferoxydammoniak  nicht  kontrahiert  wird,  sondern  innerhalb  der  bei 
der  Quellung  sich  verkürzenden  Zellulosehaut  sich  durch  Hin-  und 
Herwinden  der  Länge  der  verkürzten  Faser  akkommodiert.  Auch  dies 
habe  ich  seinerzeit  durch  Abbildung  festgehalten  i). 

In  neuester  Zeit  nahm  ich  diesen  Gegenstand  wieder  auf,  um  im 
einzelnen  die  Veränderungen  zu  studieren,  welche  der  Innenschlauch  bei 
der  durch  Kupferoxydammoniak  erfolgenden  Quellung  und  Verkürzung  dei- 
Baumwolle  erfährt.  Es  ergab  sich,  daß  der  Innenschlauch  bei  faden- 
förmiger Gestalt  sich  bei  der  Verkürzung  der  quellenden  Zellulosehaut 
wellen-  oder  schraubenförmig  biegt  (Fig.  MÄ),  hingegen  quergefaltet  er- 
scheint, wenn  er  infolge  starker  Wandverdickung  bandförmig  ist  (Fig.  1  2jB). 
Wenn  aber  der  Innenschlauch  angenähert  die  Form  eines  Hohlzylin- 
ders hat,  so  wird  er  in  der  quellenden  sich  verkürzenden  Masse  hin-  und 


ABC 

Fig.  12.  Vergr.  301).  Blasenförmige  Auftreibungen  der  Baumwolle  in  Kupferoxydammoniak.  Kntikula 
bereits  abgeschoben.     »'  Innenhaut.     A  Innensehlauch  fadenförmig,   B  bandförmig,    C  hohlzylindrisr.b. 

hergebogen  (Fig.  1 2  C).  Gerade  diesen  Zustand  habe  ich  1 867  beschrieben 
und  abgebildet.  Findet  man  an  solchen  hin-  und  hergebogenen  Schläu- 
chen stellenweise  eine  Querfältelung,  so  deutet  dieselbe  wohl  darauf  hin, 
daß  an  diesen  Stellen  eine  bandförmige  Formänderung  des  Innenschlauches 
infolge  Verengung  des  Zellenlumens  stattgefunden  hat  (Fig.  12). 

Ich  liabe  weiter  die  Beobachtung  gemacht,  daß  der  aus  der  quergefal- 
teten Kutikula  bestehende  Gürtel  sich  bei  weiterer  Einwirkung  des  Kupfer- 
oxydammoniaks in  ein  Schraubenband  auflöst  (Fig.  1 1  B).  Diese  merkwürdige 
Auflösung  der  gürtelförmig  zusammengeschobenen  Kutikula  in  ein  Schrau- 
benband deutet  wohl  darauf  hin,  daß  bei  fortschreitender  Quellung  wieder 
eine  Längenzunahme  der  Faser  stattgefunden  haben  müsse.  Bei  dem 
Versuche,  die  Auflösung  des  Gürtels  in  ein  Schraubenband  zu  erklären, 
wird  man  zu  dem  Gedanken  geleitet,  daß  eine  uns  unbekannt  gebliebene 
Struktur  der  Kutikula  diesem  Phänomen  zugrunde  liegen  dürfte.  Auf 
diesen  Gegenstand  kann  hier  aber  nicht  eingegangen  werden.  Es  sei 
nur   noch   bemerkt,    daß  eine  analoge  schraubenförmige  Auflösung  auch 


4)  Techn.  Mikroskopie,   )8()7.  p.  99,  Fig.  55. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


57 


an  durch  Quellung  quergefaltet  gewordenen  Mittellamellen  zu  beobachten 
ist,  wie  ich  weiter  unten  noch  auseinandersetzen  werde. 

Eine  dieser  Aufrollung  der  Kutikula  der  Baumwolle  ähnliche  Gestalt- 
änderung hat  V.  Höhnel  abgebildet  i) ,  welche  nach  seiner  Beschrei- 
bung 2)  darauf  beruht,  daß  die  quellende  Zellulosehaut  die  nichtquellende 
Kutikula  schief,  d.  h.  in  der  Richtung  einer  Schraubenlinie  zerreißt.  Erfolgt 
die  Rißbildung  der  gefalteten  Kutikula  quer  zur  Längsachse  der  Baum- 
wollenfaser, so  entstehen  die  oben  genannten  Kutikulargürtel,  erfolgt  sie 
schief  zur  Längsachse  der  Faser,  so  entstehen  gewissermaßen  schiefliegende 
Gürtel.  Dieselbe  Erscheinung  zeigt  sich  auch  an  der  Mittellamelle  quel- 
lender Bastzellen,  wie  weiter  unten  noch  näher  ausein- 
andergesetzt werden  soll.  Es  kann  übrigens  sowohl 
bei  der  Baumwolle  als  bei  noch  von  Mittellamellen 
umschlossenen  Bastzellen  die  Aufrollung  der  Kutikula, 
bzw.  der  bei  der  Quellung  faltig  gewordenen  Mittel- 
lamelle in  Form  von  schraubenförmig  gestalteten  Bän- 
dern erfolgen. 

Ähnlich  wie  bei  der  Baumwolle  spricht  sich  die 
Folge  der  ungleichartigen  Quellung  der  Zellhautschichten 
häufig  bei  Bastfasern  aus,  nämlich  bei  solchen,  welche 
im  natürlichen  Gewebeverbande  durch  aus  Nicht-Zellu- 
lose bestehende  Mittellamellen  getrennt  sind,  an  welche 
nach  innen  hin  sich  Zelluloseschichten  anschließen.  Wenn 
an  solchen  Fasern  infolge  unvollkommener  Röstung  noch 
Mittellamellen  oder  Reste  von  Mittellamellen  vorkommen, 
so  werden  bei  starker  Quellung  oft  sehr  charakte- 
ristische Formänderungen  der  Zellhautschichten  hervor- 
gerufen. Wird  die  Mitteliamelle  bei  der  Röste  oder  bei 
der  Bleiche  vollkommen  zerstört,  so  ist  von  all  den 
genannten  Erscheinungen  nichts  zu  bemerken. 

Ich  habe   diese  Verhältnisse  zuerst    beim   rohen 
Hanf  studiert,  wo  die  Mittellamellen  mehr  oder  min- 
der vollständig  erhalten  sind,    und  an  diese  nach  innen  hin  sich   Zellu- 
loseschichten anschließen.     Läßt  man  auf  eine  solche  Faser  Kupferoxyd- 
ammoniak  einwirken,    so   quellen   die  Zellulosemembranen   auf.     Infolge 
starker  Dickenzunahme   bei   der  Quellung   verkürzen   sich   die  Zellulose- 


Fig.  IJ.  Vergr  400 
Fragment  einer  mii 
Mitteliamelle  bekleidet 
gewesenen  Hanfbast- 
zelle nach  Behandlung 
mit  Kupferoxydamrao- 
niak.t  Schraubenförmig 
sich  ablösende  Mittel- 
lamelle, 6  blasenförmig 
aufgetriebene  Zelln- 
losehaut. 


lamellen  quergefaltet  werden.     Ich  habe  diese  Verhältnisse    rücksichtlich 


1)  1.  c,  p.  33,  Fig.  2. 

2)  1.  c,  p.  34,  Fig.  34. 


58 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


der    Hanffaser    schon    vor    längerer   Zeit  beschrieben  ^)    und  jenen   Fall 
abgebildet,  in  welchem  die  Mittellamellen  die  Bastfaser  umschließen. 

Daß  die  Mittellamelle  bei  der  Quellung  der  Hanffaser  sich  der  Quere 
nach  faltet,  hat  viel  später  F.  Reinitzer^j  auch  gefunden.  Nur  behauptet 
er,  daß  beim  Hanf  von  der  Mittellamelle  nur  Streifen  der  Bastfaser  an- 
haften, niemals  aber  die  Mittellamellen  die  Faser  rundum  umgeben.  Daß 
die  Mittellamelle  der  Bastfaser  auch  in  Form  von  Längsstreifen  anhaften 
kann,  ist  gewiß  nicht  in  Abrede  zu  stellen.  Daß  aber  auch  die  rohe 
quellende  Faser  allseitig  von  der  Mittellamelle  umgeben  sein  kann,  ist 
nicht  nur  theoretisch  vollkommen  verständlich, 
sondern  läßt  sich,  wie  folgt,  klar  beweisen.  Wenn 
die  Mittellamelle  die  Zellulosemembran  der  Hanf- 
faser allseitig  umschließt,  so  verhält  sie  sich  bei 
der  Quellung  der  Faser  so  wie  die  Kutikula  der 
quellenden  Baumwollenfaser.  Sie  faltet  sich  der 
Quere  nach,  bildet  quere  oder  seltener  schiefe 
Faltengürtel  (entsprechend  den  Kutikulagürteln  der 
Baumwolle)  durch  lokale  Rißbildungen,  zwischen 
welchen  die  quellende  Masse  in  blasenförmigen  Auf- 
treibungen liegt.  Wenn,  wie  Reinitzer  angibt, 
die  Mittellamelle  nur  in  Längsstreifen  den  Bastzellen 
aufliegen  würde,  so  könnte  dieser  Wechsel  von  Gür- 
teln und  Blasen  nicht  staltfinden.     Auch  die  falten- 


Fig.  14.  Vergr.  40.  Frag- 
ment einer  von  der  Mittel- 
lamelle rund  unigebenen 
Hanfbastzelle  nachBeliand- 
lung  mit  Kupferoxydammo- 
niak. 6  blasenförraige  Auf- 
treibung d.  Zelluloseliaut. 
(  m  Abgestreifte  zusammen- 
gezogene, gürtelförmig  an- 
geordnete Mittellamelle. 
i  Innensclilanch. 


Einwirkung  des  Kupferoxydammoniaks  stellenweise 
in  Schraubenform  ab,  was  bei  bloßer  Anwesen- 
heit von  Längsstreifen  der  Mittellamelle  —  und  nur 
von  solchen  Längsstreifen  der  Mittellamellen  ist 
bei  Reinitzer  die  Rede  —  nie  eintreten  könnte. 
Was  an  toten  Protoplasmaresten  innerhalb  der  Mem- 
bran der  Hanfbastzelle  enthalten  ist  (Innenschlauch  oder  faserfürmige  Proto- 
plasmazüge) wird  bei  der  Quellung  der  Hanffaser  in  Kupferoxydammoniak 
nicht  verkürzt,  sondern  windet  sich  bei  Kontraktion  der  Zellulosemasse  bei 
faden-  oder  schlauchförmiger  Gestalt  hin  und  her  oder  wird  bei  band- 
förmiger Gestalt  quergefaltet.  Auf  diese  Details  komme  ich  weiter  unten  bei 
der  Charakteristik  der  Hanffaser  noch  zurück.  Wenn  die  Flachsbastzelle 
von  Mittellamellen  umschlossen  ist,  was  bei  sehr  geringen  Sorten  häufig 


1)  Wiesner,  Die  mikroskopische  Untersuchung  des  Papiers  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  ältesten  orientahschen  luid  europäischen  Papiere.  Mitteilungen 
aus  der  Sammlung  der  Papyrus  Erzherzog  Rainer.     Wien  (1887). 

2)  Reinitzer,  Zur  Kenntnis  des  Baues  der  Flachs-  und  Ilanffaser.  Archiv  für 
Chemie  und  Mikroskopie.     Wien  (-1911). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


59 


vorkommt,  so  setzen  die  Mittellamellen  bei  Einwirkung  von  Kupferoxyd- 
ammoniak den  quellenden  Zelluloseschichten  einen  großen  Widerstand 
entgegen,  welcher  schließlich  überwunden  wird,  wobei  die  Mittellamelle 
in  kleine  Splitter  zersprengt  wird.  Man  sieht,  daß  das  ungleiche  Ver- 
halten der  Mittellamellen  des  Jlanfes  und  des  Flachses  bei  Behandlung 
mit  Kupferoxydammoniak  ein  Mittel  an  die  Hand  gibt,  um  diese  beiden 
Fasern  in  bestimmten 
Fällen  voneinander  zu 
unterscheiden. 

Ähnlich  wie  beim 
Flachs  verhalten  sich 
die  Mittellamellen  des  Ra- 
miebastes [Boehmeria 
tenacissima).  Doch  ist 
hier  häufig  auch  eine 
Andeutung  einer  deut- 
hchen  Faltung  derMittel- 
lamelle  wahrzunehmen 
(Fig.  15). 

Wie  man  sieht, 
geben  die  bei  ungleicher 

Quellung    der    Zellmembranschichten    der    Fasern    auftretenden    Form- 
änderungen  mancherlei  Anhaltspunkte  zur  Unterscheidung  der   Fasern 


Fig.  15.    Vergr.  900.    Mittellamellen  der  Bastzellen  von'Ramiebatt 
nach    Behandlung    mit  Kupferoxydanimoniak.    Oben   noch   unver- 
ändert, unten  teils  zerrissen  (A)  oder  z.  T.  noch   die  Querfaltuiif; 
zeigend  [B). 


w)  St(^gmata. 

In  der  Charakteristik  einiger  Fasern  spielen  die  sog.  Deckzellen 
oder  Stegmatai)  eine  wichtige  Rolle.  Es  sind  dies  Begleitzellen  der 
Grefäßbündel,  welche  zumeist  in  der  Peripherie  des  Bastes  auftreten  und 
durch  relativ  große,  nämlich  den  Zellraum  nahezu  ausfüllende  minera- 
lische Inhaltskörper  ausgezeichnet  sind.  Fast  immer  sind  diese  Inhalts- 
massen amorphe  Kieselkörper,  welche  keine  Zellulose  enthalten  und  im 
Polarisationsmikroskop  einfach  lichtbrechend  erscheinen,  während  be- 
kanntlich verkieselte  Zellmembranen  sich  doppeltbrechend  verhalten.  Unter 
den  Faserpflanzen  kommt  es  nur  bei  den  Pandaneen  vor,  daß  die  Stegmata 
als  Inhaltskörper  Oxalsäuren  Kalk  führen. 

Stegmata  sind  bis  jetzt  bloß  bei  Farnen  und  Monokotylen  gefunden 
worden.  Unter  den  Faserpflanzen  wurden  sie  bisher  nur  bei  den  Musa- 
ceen,   Pandaneen   und  Palmen  beobachtet.     Manilahanf,  Kokosfaser  und 


i)  Siehe  hierüber  Kohl,  Anatomisch-physiologische  Untersuchungen  der  Kalk- 
salze und  Kieselsäure  in  der  Pflanze.  Marburg,  4  889,  p.  267  ff.  Daselbst  auch  die 
Literatur  über  Stegnaata. 


60  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

alle  Piassaven  führen  mehr  oder  minder  reichlich  Stegmata  mit  Kiesel- 
einschlüssen.    Die   Membranen    der   kieselführenden   Stegmata   sind   ge- 
wöhnlich nicht  verkieselt.     Dies  ist   beispielsweise  bei  sämtlichen  Pias- 
saven der  Fall.  Behandelt  man 
^  -2  die  Faser  mit  Chromsäure,  so 

^  ^  bleiben  —  und  zwar  in  großen 

Mengen  —  die  Kieselkörper 
der  Stegmata  zurück  (Fig.  \  6), 
alles  andere  wird  durch  die 

Fig.  16.     Vergr.  500.     Kieselkörper   ans    dem  Innern   der  GhrOmsäure      ZCrStÖrt.        Auch 

.stegmata.,     welche    nach    Behandlung    der    Faser    mit  Tnhalts- 

Ohromsäure    zurückhleihen.      1  von  afrikanischer,    o  von  1«    Oer  ASCÜC  SmQ  Qie  innailS- 

brasilianischer  Piassave.  körpcr  der  Stegmata  Icicht   ZU 

finden. 

o)  Leitelemente. 
Die  mikroskopische  Charakteristik  der  Fasern  ist  oft  mit  außerordenl- 
lichen  Schwierigkeiten  verbunden,  namentlich  wenn  es  sich  um  jene 
zahllosen  Faserstoffe  handelt,  welche  im  wesentlichen  bloß  aus  Bastzellen 
bestehen.  Die  Bastzellen  haben  doch  im  ganzen  ein  viel  einheitlicheres 
Gepräge  als  etwa  die  Gefäße  oder  gar  die  durch  große  Mannigfaltigkeit 
ausgezeichneten  Oberhäute.  Durch  eingehende  Studien  ist  es,  wie  wir 
ja  gesehen  haben,  und  wie  es  noch  viel  deutlicher  im  speziellen  Teile 
dieses  Abschnittes  hervortreten  wird,  allerdings  gelungen,  die  Bastzelleii 
verschiedener  Pflanzen  durch  Form,  Größe,  Verdickungsweise  der  Mem- 
branen, durch  deren  spezifische  Struktur,  endlich  durch  mancherlei  spe- 
zifische chemische  oder  physikalische  Eigentümlichkeiten  auseinander- 
zuhalten. Aber  oft  genug  versagen  alle  diese  Mittel  oder  werden  doch 
so  unsicher,  daß  man  sich  auch  noch  anderer  Hilfsmittel  zu  versichern 
strebt.  Und  da  haben  sich  in  vielen  Fällen  manche  den  Fasern  an- 
haftende histologische  Elemente  der  Organe,  aus  welchen  die  Fasern 
dargestellt  werden,  außerordentlich  bewährt.  Ich  habe  schon  in  den 
sechziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  bei  der  Grundlegung  der  mikro- 
skopischen Papieruntersuchung  darauf  hingewiesen,  daß  die  Bastzellen 
der  Stroharten  nur  wenig  Anhaltspunkte  zur  Erkennung  der  Rohmaterialien 
des  Strohpapiers  geben,  daß  aber  in  den  den  Bastzellen  stets  anhaftenden 
Oberhautzellen  > Leitelemente«  gegeben  sind,  welche  mit  großer  Sicherheit 
ergeben,  ob  das  Strohpapier  aus  Mais-,  Reis-,  Weizenstroh  usw.  erzeugt 
wurde.  Ich  habe  dies  auch  für  das  Espartopapier  nachgewiesen  und 
habe  in  vielen  anderen  Fällen  durch  Ausfindigmachung  von  solchen  >  Leit- 
elementen« die  mikroskopische  Prüfung  der  Faser  zu  erleichtern  versucht. 
Diese  > Leitelemente«  spielen  nunmehr  in  der  Faseruntersuchung  eine 
immer   größere  Rolle,    z.  B.   bei  Untersuchung  von  Lein,   Hanf,    Manila- 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  61 

hanf,  Kokosfaser,  Piassave  usw.  Eine  besondere  Wichtigkeit  besitzen 
die  Leitelemente  bei  der  häufig  außerordentlich  schwierigen  Papierunter- 
suchung, wie  schon  oben  angedeutet  wurde.  Nach  der  Richtung  ver- 
danken wir  T.  F.Hanausek  wichtige  Beiträge').  Jüngsthin  hat  Herzogt) 
durch  Auffindung  von  »Leitelementen«  (Oberhaut),  die  Erkennung  der 
Sunnfaser  sehr  erleichtert. 

Die  Leitelemente  können  histologisch  einen  sehr  verschiedenen  Cha- 
rakter an  sich  tragen.  Sehi'  häufig  gehören  sie  der  Oberhaut  der  be- 
treffenden Organe  zu.  Sie  können  aber  auch  dem  Holzkörper  oder  dem 
Rindenkürper  angehören  oder  können  das  Gefäßbündel  begleitende  Ele- 
mente sein,  wie  die  früher  besonders  abgehandelten  höchst  charakteristi- 
schen Stegmata. 

p)  Morphologie  der  Asche. 

Die  Agche  der  meisten  Fasern  ist  wohl  formlos;, aber  es  existieren 
manche  Fasern,  in  deren  Asche  ganz  bestimmt  geformte  Bestandteile  auf- 
treten,  welche  für  die  betreffenden  Fasern  höchst  charakteristisch  sind. 

So  findet  man  z.  B.  in  der  Asche  der  Espartofaser  eine  Menge  von, 
der  Form  nach,  völlig  wohlerhaltenen  Oberhautzellen,  nämfich  deren 
Kieselskelelte.  In  mehreren  Faseraschen  treten  Formen  auf,  an  denen 
man  sofort  einen  kristallartigen  Charakter  erkennt.  In  der  Regel  sind 
diese  Gebilde  Scheinkristalle  von  Kalk,  welche  bei  der  Veraschung  aus 
den  in  den  betreffenden  Fasern  enthaltenen  Kristallen  von  oxalsaurem 
Kalk  entstanden  sind  und  auch  noch  nach  der  Verbrennung  die 
ursprüngliche  Gestalt  beibehielten.  Daß  diese  Scheinkristalle  aus  Kalk 
bestehen,  eikennt  man  an  ihren  Löslichkeitsverhällnissen,  ferner  an  der 
Einwirkung  von  Schwefelsäure,  welche  diese  Gebilde  in  nadeiförmige 
Kristalle  von  Gips  umformt.  Die  in  den  Pflanzenaschen  auftretenden 
Scheinkristalle  unterscheiden  sich  weder  in  der  Form  noch  in  der  Größe 
von  den  in  den  Zellen  der  Fasern  vorkommenden  Kristallen,  wohl  aber 
im  Aussehen.  Sie  sind  nämfich  von  zahlreichen,  lufterfüllten,  über- 
aus kleinen  Klüften  durchsetzt  und  erscheinen  deshalb  im  Mikroskop 
schwärzlich. 

Es  ist  sehr  naheliegend,  zu  fragen,  weshalb  ich  vorschlage,  die 
Kristalle  der  Asche  aufzusuchen,  da  sie  ja  doch  in  gewissen  Geweben 
(Bastparenchym  und  Bastmarkstrahlen)  der  betreffenden  Fasern  enthalten 
sind,  es  mithin  zweckmäßiger  erscheint,  sie  gleich  direkt  nachzuweisen. 
Es  läßt  sich  hierauf  einwenden,  daß  die  direkte  Nach  Weisung  der  Kri- 
staUe   häufig  wegen  der  geringen  Menge,    in   der   sie  auftreten,    außer- 


1)  Der  Papierfabrikant.     Berhn  1912  ff. 

2)  A.  Herzog,   Zur  Unterscheidung   der    Seilerfasern.     (Tropenpflanzer,  XVIII, 
19U,  p.  i17 — 136.) 


62  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

ordentlich  zeitraubend  ist,  der  indirekte  Nachweis,  nämlich  ihre  Auf- 
findung in  der  Asche,  stets  leicht  ist,  indem  sie  hier  durch  die  Ver- 
brennung der  ganzen  organischen  Substanz  der  Faser  auf  einen  kleinen 
Raum  zusammengedrängt  werden. 

In  den  Aschen  der  nachfolgenden  Fasern  lassen  sich  Kristalle  nach- 
weisen: 

Samenhaare  von  Ochronia  Lagopiis  (sehr  kleine  Mengen  in  der  be- 
kannten Briefkuvertform  des  Oxalsäuren  Kalks). 
Roher  Bast  von  Boehnieria  nivea  (kleine  Mengen  von  Kristallaggre- 
gaten aus  dem  subepidermoidalen  Parenchym). 
Bast,  bzw.  rohe  Bastfaser  von  Abelmoschus  tetraphyllos  (sehr  viele 
kurze,  schiefprismatische  Kristallformen;  aus  dem  Bast- 
parenchym  stammend). 
Roher  Bast  von  Ure7ia  smuata{gT oCe  Mengen  von  Scheinkristallen; 
gleicher  Form  und  Herkunft  wie  die  vorigen). 
»      von   Thespesia  Latnpas   (große  Mengen    von   Kristall- 
aggregaten,   die   durchweg    aus   den   Bastmarkstrahlen 
stammen). 
»      von  BauJiinia  racemosa  (viele  kurze,  schiefprismatische 
Formen,  aus  dem  Bastparenchym  stammend). 
Cordia  latifolia  (viele  Kristallaggregate,  von  den  Bast- 
markstrahlen herrührend). 
Alle  jene  Pflanzenfasern,   weiche  Stegmata  (s.  oben  p.  59)   führen, 
lassen  in  ihrer  Asche  die  Inhalte  dieser  Zellen  erkennen.    Diese  Inhalts- 
körper sind  entweder  Kieselsäure,   welche  in  Form  von    runden    oder 
morgensternförmigen    Körnen    in    der    Asche    zurückbleiben    (Coir,    alle 
Arten   von  Piassave,  Manilahanf),    oder   bestehen   aus   Kalkverbindungen 
(Pandanusfaser).     In  der  Asche  treten  die  Inhaltskörper  der  Stegmata  nicht 
in  so  wohlerhaltenem  Zustande  wie  nach  der  Isolierung  mit  Chromsäure 
(p.  60,  Fig.  16)  auf.     Die  kieseligen  Körper  scheinen  bei  der  Veraschung 
etwas  zu  schmelzen.     In  der  Regel  treten  diese  Inhaltskörper  unbedeckt 
in    der   Asche   auf,    da   die   umhüllenden   Membranen    gewöhnlich    weder 
verkieselt  noch  verkalkt  sind. 

V.  Übersicht  der  Faserpflanzen^). 

1.    Florideen  (Algen). 
Polysiphonia  sp.    In  Verbindung  mit  anderen  pflanzlichen  Papier- 
materialien wird    der  Thallus   dieser  Rotalgen   in  Japan   zur  Herstellung 
von  Tapeten   verwendet.     Das   rote   Algengewebe   erscheint  der  übrigen 

\)  Die  im    nachfolgenden    Verzeichnis    enthaltenen,    mit   ?  versehenen  Spezies 
fehlen  im  Index  Kewensis. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  63 

Fasermasse  aufgepreßt,  wodurch  diese  Tapeten  ein  charakteristisches 
Gepräge  erhalten.  Ein  Teil  der  von  Hilgendorf  aus  Japan  mitgebrachten 
japanischen  Pflanzen  war  in  solchem  Tapetenpapier  eingelegt.  Nach  einer 
von  Hilgendorf  herrührenden  Angabe  in  den  Schriften  des  Botan. 
Vereins  der  Provinz  Brandenburg,  1878. 

2.  Cjatheaceen. 

Cibotium  Ba7'ometx  Kz.,  C.  glauceseens  Kx.  Sumatra.  Die  am 
Grunde  der  Wedel  dieser  tropischen  Baumfarne  auftretenden  Spreuhaare, 
»Pennawar  Djambi«,  sind  als  blutstillende  Mittel  bekannt,  liefern  aber 
auch,  gleich  der  Bombaxwolle,  ein  Polstermaterial. 

C.  glaucum  Hook.  Sandwichinseln.  Liefern  Spreuhaare,  >Pulu« 
genannt. 

Dicksonia  Meiixiesü  Hook.  Mexiko,  Zentralamerika.  Liefert  >Pulu«. 
»Pulu«  wird  wie  »Pennawar  Djambi«  verwendet.  Die  langfaserigen 
Sorten  beider  sollen  auch  gemischt  mit  anderen  Fasern  versponnen 
werden.  —  Miquel,  Sumatra,  1862,  p.  74.  —  Dodge,  A  descriptive 
Gatalogue  of  useful  fiber  plants  of  the  world.   Washington,  1897,  p.  118. 

3.  Cycadaceen, 

Cycas  circinalis  L.  Ostindien.  Blattfasern.  —  Gat.  des  col.  fr. 
1867,  p.  81.  —  Nach  Dodge,  1.  c,  p.  143  liefern  C?/c«s-Arlen  auch  eine 
Art   »Pulu«. 

4.  Pinaceen. 

Picea  excelsa  Link,  Ahies  pectinata  DC.  Das  Holz  der  Fichten, 
Tannen  und  anderer  Nadelhölzer  findet  ausgedehnte  Anwendung  in  der 
Papierfabrikation;  siehe  Papierfasern.  Die  Nadeln  der  genannten  und 
auch  anderer  Koniferen,  insbesondere  aber  die  der  Föhren,  dienen  in 
verschiedenen  Ländern  (im  Thüringer  Wald,  zu  Jönköping  in  Schweden, 
zu  Wageningen  in  Holland  usw.)  zur  Darstellung  der  Wald  wolle  (Pine 
or  forest  wool,  laine  de  bois),  welche  durch  Zerfaserung  der  Nadeln 
gewonnen  wird.  Es  ist  dies  ein  Faserstoff,  welcher  aus  Oberhautstreifen, 
Sklerenchymfasern  und  Gefäßbündelteilen  der  Koniferennadeln  besteht, 
als  Stopfmaterial  und,  mit  anderen  Fasern  (Baumwolle  oder  Schafwolle) 
gemengt,  zu  Gesundheits-Kleidungsstücken  (Gesundheitsflanell)  versponnen 
und  gewebt  wird.  —  Grenish,  Pharm.  Journ.  and  Transact.  XV 
(1884—1885),  p.  381.  —  J.  Zipser,  Die  textilen  Rohmaterialien,  Wien 
und  Leipzig,  1(1899),  p.  41.  Die  bedeutendste  WaldwoUwarenfabrik  be- 
findet sich  zu  Remda  (Weimar),  wo  La  ritz  diesen  Industriezweig  be- 
gründete. Waldwolle  aus  Kiefernnadeln  findet  in  neuerer  Zeit  wieder 
mehr  Beachtung.     Tropenpflanzer  1915,  p.  720. 


64  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

5.  Gnetaceen. 

Gnetum  gnemon  L.  (=  Gnemon  domesticiim  Rumph.).  Sunda- 
inseln,  Molukken,  Neuguinea,  Philippinen,  Mariannen.  Bastfaser.  — 
Miquel,  Flora  Nederl.  Indie,  II,  p.  1067.  —  Selleger  in  Bull.  Kolon. 
Museum  Haarlem,  Nr.  31,  1904.  —  Aisslinger,  Beiträge  z.  Kenntnis 
wng.  bek.  Pflanzenfasern,  Zürich  1907,  p.  52.  Hier  auch  über  die  Fasern 
\ .   G:  latifolium  Bl.  u.  scandens  Roxb. 

G.  funiculäre  Bl.  Java,  Celebes,  Molukken.  Bastfaser.  >Waru'r, 
»Baguc  —  Miquel,  1.  c,  p.  1068.  —  Miquel,  Sumatra,  p.  96. 

6.  Typhaceen. 
Typha  angustifolia  L.  und  T.  latifolia  L.  Lieschkolben,  Rohr- 
kolben (cat  tail  [England],  mosette  [Frankreich],  Lana  de  Enea  [Italien], 
Totora  [Peru]).  Europa,  Asien,  Amerika.  Die  Fruchtwolle  wird  als  Polster- 
material und  mit  Tierhaaren  gemengt,  da  sie  gute  Filze  gibt,  in  der 
Hutfabrikation  verwendet.  Soll  auch  versponnen  werden  (Grothe).  Die 
Blätter  dienen  zu  Flechtwerk,  auch  in  der  Papierfabrikation.  —  A.  Ernst, 
La  exposicion  nacional  de  Venezuela.  Caracas  1886,  p.  414.  —  Dodge, 
1.  c,  p.  319.  —  Beschreibung  der  Fruchthaare:  Wiesner,  Mikrosk. 
Unters.  1872,  p.  8.  —  v.  Höhnet,  Mikroskopie  etc.,  2.  A.,  p.  39.  Ab- 
bildung der  Früchte  und  Fruchthaare  auf  p.  42,  p.  72  Beschreibung  der 
bastzellenreichen  Gefäßbündel  der  Stengel  von  Typha  angustifolia  und 
latifolia,  welche  eine  Faser  bilden,  die  als  Ersatz  für  Jute  in  Vorschlag 
gebracht  wurde.  S.  auch  C.  Ho  ff  me  ister,  Mitteil,  üsterr.  Flachs-  und 
Leineninteressenten  1899,  Nr.  122.  —  Herzog,  A.,  Mikrophotogr.  Atlas 
der  techn.  wichtigsten  Faserstoffe.  München  1908,  p.  77,  Fig.  146.  — 
Selleger,  1.  c.  —  Aisslinger,  1.  c,  p.  56.  Die  als  »Schilffaser«  bezeich- 
nete Ersatzfasern,  (s.  unten  bei  Phragmites)  ist  z.  T.  Typha-Faser.  Textil- 
meister,  Wien,  1915. 

7.  Pandanaceen. 
Pandanus  odoratissimus  L. ,   P.  utilis  Bo?y,   P.  furcatus 
Roxb.,  P.  Thomensis  Henr.  siehe  Pandanusfaser. 

8.  Potamogetonaceen. 

Zostera  marina  L.  Adria.  u.  andere  Meere.  Als  »Seegras«  häufig 
verwendetes  Polstermaterial.  Seit  alters  her  als  »Alga  vitrariorura«  in 
Venedig  zum  Verpacken  von  Glaswaren  verwendet. 

Posidonia  oceanica  L.  (Bei.)  (=  P.  Caulini  Kon.).  Mittelmeer  und 
atlantische  Küsten  der  iberischen  Halbinsel.  So  wie  Zostera  marina  verwen- 
det.    Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  II.  Teil,  l.  Abteil.  (1889),  p.  206. 

P.  australis  Hook.     Siehe  Posidoniafaser. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  65 

9.  HydrocharitaceeD. 

Enalus  aeoroides  Steud.  fStratioies  acoroides  L.  ßl.  =  Enhalus 
Königii  L.  C.  Rieh.)  Ind.  u.  trop.  Küsten  des  westl.  Stillen  Ozeans. 
Blattfasern.  —  Engler-Prantls  Pflanzenfamilien,  II,  1.  p.  254.  — • 
Dodge,  1.  c,  p.  157.  Liefert  auf  Gelebes  eine  geschätzte  Faser.  — 
Savorgnan,   Goltivazione  etc.  delle  Plante  Tessili.     Milano   1891. 

10.  <]!ramineen. 

Bamhusa  arundinacea  Willd.  (=  Anindo  Bambos  L.).  Die 
Faser  des  Stammes  dieser  und  anderer  Bambusa-Arten  dient  in  China 
zur  Papierbereitung.     Siehe  Papierfasern. 

Stipa  tenacissima  L.  f=  Macrochloa  tenacissima  Kunth). 
Siehe  Espartofaser. 

Lygeiim  sparfum  Löffl.  (=  L.  spathaceum  L.J.  Spanien,  Nord- 
afrika. Stengel  zu  Flechtwerk  und  Geweben.  — ■  Duchesne,  1.  c,  p.  15. 
Siehe  auch  Esparto. 

Gymnostacliys  anceps  R.  Br.  Neu-Süd-Wales.  »Trawellers  grass«. 
Die  Fasern  der  Blätter  zeichnen  sich  durch  außerordentliche  Festigkeit  aus. 

Saccharum  officmarum  L.  Das  abgepreßte  Zuckerrohr,  die  Ba- 
gasse,  dient  zur  Papierbereitung  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  79  —  H.  Müller, 
Deutscher  Ausstellungsbericht  der  Wiener  Weltausstellung  (1873),  III, 
p.  109.  —  Tropenpflanzer,  YIII  (1904).  —  Mikroskopie:  T.  F.  Hanausek, 
Der  Papierfabrikant,  Berlin    1911,   Fest-  und  Auslandsheft,  p.  34. 

S.  Mara  Roxb.  und  S.  Munja  Roxb.  Beide  in  Indien.  Beide  zu 
Flechtarbeit  und  namentlich  letztere  in  ausgedehntem  Maße  in  der 
Papierfabrikation.  —  Watt,  Econ.  Prod.  of  India.  Vol.  I,  Part.  HI,  p.  2 
in  H.  3.  Kalkutta  1883.  Über  Munj  fibre  von  S.  arundinaceuni  Retz. 
s.  Watt,    Gommerc.  Products  of  India.     London  1908,  p.  929. 

'  Eleusliie  coracana  Gärt.  Indien.  Faser  der  Stengel  zu  Seilen. 
Gat.  des  col.  fr.,  p.  79. 

Ampelodesmos  tenax  Link.  Mittelmeergebiet,  insbesondere  Algier. 
Dient  zur  Papierfabrikation.  —  H.  Müller,  1.  c,  p.  104.  —  Die  anato- 
mischen Verhältnisse  dieses  Grases  hat  T.  F.  Hanausek  insbesondere 
mit  Rücksicht  auf  die  analogen  Verhältnisse  der  Blätter  von  Stipa  tena- 
cissima und  Lygeum  spar  tum  studiert,  da  auch  Ampelodesmos  tenax 
den  Espartogräsern ,  dem  Rohmateriale  der  Espartozellulose  für  die 
Papierfabrikation  zugezählt  wird.  T.  F.  Hanausek,  Der  Papierfabrikant, 
Berlin   1912,  H.  23a,  p.  34. 

Festuca  patula  Desf.  Nordküste  Afrikas.  Dient  zur  Papierfabrika- 
tion. —  H.  Müller,  1.  c,  p.  104. 

Wiesner     Uohstoffe.     111.  Band.     3.  Aufl.  5 


66  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Phragmites  communis  Trin.  (=  Arundo  Phragmites  L.).  Schilf- 
rohr. Kosmopolit,  bis  in  die  Arktis  reichend,  selten  fehlend,  z.  B.  im 
Amazonasgebiete.  Halm  samt  Blättern  in  der  Papierfabrikation.  Dient 
auch  als  Ersatzfaser  für  Bindegarne,  aber  nur  von  geringer  Qualität. 
Die  Bindegarne  aus  Schilf  haben  (Deutsche  Kriegskommission  4  915)  nur 
eine  Tragkraft  von  9  kg,  während  die  aus  Hanf  erzeugten  Bindegarne 
eine  Tragkraft  von  55 — 60  kg  aufweisen.  Textilmeister,  Wien  1915  u. 
Mittig.  techn.  Versuchsamtes,  Wien,  VII.,   1918,   1.  Heft. 

Phragmites  Karka  Trin.  Kain'ggras,  Indisches  Monsungebiet.  (Nach 
Index  Kew.  artgleich  mit  unserem  Schilfrohr,  Phr.  communis.^  Zur 
Papierbereitung.     T.  F.  Hanausek,  Der  Papierfabrikant,   1911,  H.  46. 

Arundo  Donax  L.  Mittelmeergebiet.  Italienisches  Rohr.  Dient  zu 
Flechtarbeiten.  Die  Faser  wird  für  die  Papierfabrikation  empfohlen.  — 
Herzberg  in  den  Mitteilungen  der  Techn.  Versuchsanstalt.     Berlin  1895. 

Arundinaria  macrosperma  Desr.  Amerikanisches  Schilf.  Dient  in 
der  Papierfabrikation.  —  H.  Müller,  1.  c,  p.  106. 

Ä.  tecta  Miihl.    Maryland,    Faser  der  Stämme  zur  Papierbereitung. 

—  Ann.  Report.  U.  St.  Depart.  Agric.  1879. 

Ämmojjhüa  arenaria  Roth  (^  Arundo  arenaria  L.).  Strandhafer. 
Sehr  gemeines  Gras  der  Dünen.  Mittelmeergebiet,  auch  sonst  fast  überall  an 
den  Küsten  Europas  und  Nordamerikas.  Als  Marram-Gras  in  der  Papier- 
fabrikation in  England  und  Amerika  angewandt.    Kew  Bull.  1912,  p.  396. 

Imperata  arundinacea  Cyr.  »Lalüng«  oder  »Alang«.  Lästiges 
Unkraut  in  Ostasien,  Slam  und  Indien.  Bildet  im  malayischen  Archipel 
den  Hauptbestandteil  der  Alang-Alangfelder.  Dient  in  der  Papierfabri- 
kation und  bildet  auch  Material  zum  Dachdecken.  Kew  Bulletin  1909.  — 
Remington,  G.  St.,  Lalang  as  a  paper  making  material  Agric.  Bull. 
Straits  and  Feder.  M^lay  States  VII  (1908).  Trop.  Agric.  and  Magazin 
XXXH  (1909).  —  Hacke  1  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  II,  2,  p:  23. 

Zizania  aquatica  L.  Wasserreis,  Tuscarorareis.  Nordamerika, 
nordöstliches  Asien.  Dient  in  Nordamerika  zur  Papierfabrikation.  — 
H.  Müller,  1.  c,  p.  108. 

Hymenachne  Myurus  Bcauv.  Dieses  in  großer  Menge  in  den 
Savannen  Venezuelas  vorkommende  Gras  dient  in  der  Fabrikation  von 
ordinärem  Papier.  Es  wird  als  Halbzeug  unter  dem  Namen  Ganielote 
nach  den  Vereinigten  Staaten  zur  Bereitung  von  Packpapier  ausgeführt. 

—  A.  Ernst,  La  exposicion  nacional.     Caracas  1886,  p.  432. 

Andropogon  Ivarancusa  Roxh.  Indien.  Faser  der  Wurzel.  »Vet- 
tiver«  (Woetiwear)  zu  groben  Geweben,  Seilen,  Teppichen  usw.  —  Gat. 
des  col.  fr.,  p.  78. 

Ähnlich  so  scheinen  noch  andere  Andropogon-.\rten  Indiens,  bei 
Royle,    The   fibrous   plants   of  India,    London,    Bombay  1855,   p.  32, 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  67 

»Khuskhus«  oder  »Vettiveyr«  genannt,  z.  B.  die  in  der  Parfümerie  an- 
gewendeten Spezies  Ä.  squarrosUs  L.  f.  und  A.  muricatus  Retx.,  auf 
Fasern  ausgebeutet  zu  werden.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  78  und  79. 

Ä.  Gryllus  L.  (=  Chrysopogon  Gryllus  Trin.j.  Die  Wurzelfasern 
werden  in  Oberitalien  als  > Quadro«  oder  itälifenische  Reiswurzel  in  den 
Handel  gebracht  und  stark  in  der  Bürstenfabrikation  verwendet.  —  Bull. 
Colon.  Harlem  1897.  —  Wiesner,   Aüsstellungsbericht  (1867),   p.  353. 

Themeda  gigantea  Hacke!  (=  AntJiisüria  gigantea  Cai\).  Ullagras, 
Riesenspeergras,  giant  speargrass,  Himalaya,  hochwüchsiges  Gras  zur  Papier- 
bereitung.    T.  F.  Hanausek,  Der  Papierfabrikant,   Berlin,   1911,  H.  46. 

Ischaemum  angusUfolkmi  Hook.  Indien.  Bulous-  oder  Bhabur- 
gras.  In  Indien  zur  Papierfabrikation.—  Stapf,  in  Kew  Bullet.  1899. 
p.  367.  —  Raitt,  William,  Trop.  Agriculture  and  Magazin  XXXII  (1909,. 
T.  F.  Hanausek,  Der  Papierfabrikant,  1911,  Hft.  25,  p.  751. 

Epicampes^  sp,  Mexiko.  Die  Wurzeln  mehrerer  Spezies  (mexikan. 
Zakaton)  bilden  die  mexikanische  Reiswurzel,  welche  ähnlich  wie  die 
itahenische  Reiswurzel  besonders  in  der  Bürstenfabrikation  verwendet 
wird.  Über  Zakatqpwurzel  siehe  Tropenpflanzer,  X.,  1906,  p.  369  und 
K.  Braun,  Der  Pflanzer,   1912,  p.  8. 

Sorghum  vulgare  Pers.  und  S.  halepense  Pers.  (=  Ämlropogoii 
arundinaceus  Scop.)  sind  die  Stammpflanzen  der  in  zahllosen  Varietäten 
kultivierten  Durrha  der  warmen  Länder.  Die  steifen  Rispen  einzelner 
Varietäten  liefern  die  sogenannten  Reisbesen. 

Heieropogon  contortus  R.  et  S.  (^=  Andropogon  contortus  L.): 
Indien.     Gras   zu  Flechtarbeiten.  —  Watt,    Diction.  IV  (1890)',   ji.  228. 

Reisstroh,  Maisstroh  und  das  Stroh  unserer  gewöhnlichen  Getreide- 
arten werden  in  der  Papierfabrikation  verwendet.  Über  die  hieraus-, 
sowie  über  die  aus  Holz  dargestellte  Faser  siehe  unten  bei  >Papierfasern«. 

11.  Cyperaceeii. 

Cyperus  Papyrus  L.  Papyrusstaude.  Tropisches  Afrika,  Cala- 
brien  und  Sizilien.     Papyrus  der  Alten.    Siehe  Papierfasern. 

C.  textilis  Thunberg.  Japan.  In  europäischen  Gärten  seit  1 850 
kultiviert.  Die  Blätter  dienen  getrocknet,  in  Längsstreifen  zerschnitten  und 
dann  aufgeweicht  zum  Binden,  z.B.  des  Robstocks.  —  Caillc,  Belgique 
horticole  1878,  p.  317. 

C.  Schimperianum  Steudel.  Im  Südgebiete  der  Bahr  el  debal.  Aus 
den  > Halmen«  wird  eine  zur  Herstellung  von  Stricken  dienende  Faser 
gewonnen.  Die  Stricke  dieser  Faser  werden  für  Wasserschöpfräder  ver- 
wendet. —  Rein,  Tropenpflanzer,  XIH  (1909),  p.  534. 

Carex  bryxoides  L.  Die  Blätter  liefern  eine  Art  Seegras.  In  großen 
Mengen  im  Großherzogtum  Baden  (im  badischen  Rheintal)  und  in  Ober- 

5* 


68  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Österreich  (jährlich  2,5  Mill.  kg)  gesammelt  und  in  den  Handel  gebracht. 

—  Sehr  ausführliche  Mitteilungen  über  diese  Art  Seegras  siehe  Newald, 
Offiz.  österr.  Ausstellungsbericht  1873,  Forstwirtschaft,  p.  43  ff. 

Lepidosperma  elatius  Lahill.  L.  gladiatum  Labill.  Viktoria  und 
Tasmanien.  Die  Fasern  der  grünen  Teile  zur  Papierbereitung.  —  Thos. 
Ghristy,  New  Gommerc.  Plauts  I,  fibres.     London   1882,  p.  48. 

Eriophorum  sp.  Mitteleuropa.  Wollbüschel  des  Fruchtstandes.  Man 
versuchte  die  Wolle  unserer  europäischen  Wollgrasarten  als  Ersatz  für 
Baumwolle  zu  verwenden;  begreiflicherweise  ohne  Erfolg  (vgl.  bei  Cha- 
maeneriuTn).  —  Böhmer,  Technische  Geschichte  der  Pflanzen.  Leipzig 
1794.  Bd.  I,  p.  567.  Siehe  auch  über  die  Verwendung  von  »Cotton 
grass«   [E.  latifoUum  Hoppe  und  andere  Spezies)  Dodge,  1.  c,  p.  762. 

—  Über  die  > Wollgrashaare«  von  Eriophorum-Arten  siehe  auch  F.  v. 
Höhnet,  Mikroskopie  der  Faserstoffe,  2.  Aufl.,  Wien  und  Leipzig  1905, 
ferner.  Der  Textilmeister,  Wien  1915.  — Bei  Höhnel  auch  eine  mikro- 
skopische Gharakteristik  der  Fruchthaare  von  Eriopho7'mn  angustifolium  L. 
und  latifoUum  Hoppe.  Hanausek  im  Textilmeister,  Wien  1915.  Siehe 
auch  unten  bei  Torffaser. 

12.  Palmen. 

Chamcerops  humüis  L.  Faser  der  Blätter  zu  Seilen,  auch  als  eine 
Art  vegetabilisches  Roßhaar  (crin  vegetale  oder  crin  d'Afrique),  in  Berlin 
als  Indiafaser,  worunter  nach  Wittmack  aber  auch  andere  Ersatzmittel 
der  Roßhaare  zu  verstehen  sind,  in  Wien  Afrik  genannt.  Die  Blätter 
sind  auch  für  die  Papierfabrikation  sehr  geeignet.  —  H.  Müller,  Deutscher 
Bericht  über  die  Wiener  Weltausstellung  1873,  HI,  1,  p.  105.  Mit 
Kamelhaar  gemengt  zu  Geweben  (Zeltstoffe)  in  Algier,  in  den  Mittel- 
meerländern, am  Senegal.     Gat.  des  col.  fr.,  p.  80. 

Ch.  Ritchiana  Griff.  Indien.  Blattfaser.  »Pfees«.  —  Watson, 
Journ.  of  arts,   1860,  Mai,  p.  1 1  ff. 

Ch.  hystrix  Fräs.  Zentralamerika  und  Westindii^n.  Die  starke  und 
dauerhafte  Faser  der  Blätter  ist  Handelsware.  —  Squiei',  Tropical  fibres, 
London,  New  York  1863,  p.  50. 

Borassus  flabelliformis  L.  (^=  Lontwus  domestica  Rumph.).  Süd- 
liches Asien,  überall  in  den  Tropen  kultiviert.  Fasern  der  Blattscheiden. 
»Palmyra  nar«.  —  Royle,  1.  c,  p.  98.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  80.  — 
Squier,  1.  c,  p.  52.     Siehe  auch  Piassave  und  Papier. 

Medeyniaargun  P.  O.v.  Württemberg.  Kordofan  und  am  blauen  Nil. 
Aus  den  Blättern  wird  eine  Faser  gewonnen,  welche  sich  durch  besondere 
Festigkeit  auszeichnen  soll.  —  Rei  n ,  G.  K.,  Tropenpflanzer  XHI  (1 909),  p.  535. 

Corypha  umbraculifei'a  L.  Indien.  Die  Fasern  der  Blattstiele  für 
Taue.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  80.    Über  das  Blatt  von  C.  u.  siehe  Papier. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  69 

Arenga  saccharifera  LabiU.  (^  Gonmhis  saccharifera  Sp?'.).  Inseln 
des  indischen  Meeres  und  Cochinchina,  in  den  Tropen  häufig  kultiviert, 
z.  B.  auf  Reunion.  Fasern  der  Blattscheiden.  »Gomuti  obre«,  »crin 
vegetale^^  z.  T.,  »Ejoo«.  —  Royle,  1.  c,  p.  92.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81. 

—  Watson,  1.  c,  p.  11  ff.  —  Squier,  1.  c,  p.  48.  —  Watt,  The  com- 
mercial  proViucts  of  India.    London  1908,  p.  91. 

Caryota  mitis  Loiir.  Reunion.  Blattscheidenfaser,  »crin  vegetale« 
z.  T.  ~'Cat.  des  col.  fr.,  p.  81. 

C.  urens  L.  Indien,  Ceylon  Blattscheidenfaser,  »crin  vegetale«  z.  T., 
»Kitool«,  >Kitul«,  »black  fibre«.  —  Royle,  1.  c,  p.  99.  —  Squier, 
1.  c,  p.  52.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81.  —  Dodge,  1.  c,  p.  112.  —  Watt, 
l.  c,  p.  170.  Was  im  deutschen  Handel  unter  dem  Namen  »Siamfaser« 
vorkommt  und  als  Ersatz  für  Borsten  Verwendung  findet,  scheint  zu- 
meist von   Car?/o^a-Fasern  abzustammen.     Siehe  auch  Piassave. 

In  gleicher  Weise  werden  auch  di(j  Blattfasern  von  Raphia  vinifera 
verwendet.     Siehe  Piassave. 

Piioenix  dactylifera  L.  Tropen.  Blattfaser  zu  Matten  usw.  — 
Royle,  1.  c,  p.  96.  —  Österr.  Monatssch.  f.  d.  Orient,  IX  (1883),  p.  112. 

Ph.  silvestris  Roxb.     Indien.     Blattfaser.     Royle,  1.  c,  p.  91. 

Ph.  reclinata  Jacq.  Die  Einfuhr  der  Blätter  aus  Deutsch-Üstafrika 
wird  empfohlen.  Zu  Flechtarbeiten  und  als  vegetabilisches  Roßhaar.  — 
Tropenpfianzer,  III  (1899),  p.  125. 

Ästrocaryum  vulgare  Mart.  Südamerika.  Aus  den  unentwickelten 
Blättern  wird  die  zur  Verfertigung  von  ausgezeichneten  Tauen  dienliche 
Tuccumfaser  bereitet.  Die  Angabe,  daß  A.  Tucurna  Mart.  die  Tuceum- 
faser  liefert,  hat  sich  als  irrtümlich  erwiesen.  —  Cat.  des  col  fr.,  p.  86. 

—  Seemann,  Die  Palmen,  p.  50. 

A.  Ayri  Mart.     Brasilien.      Blattfaser   zu   Gespinsten.      >Tuccum«. 

—  Wiesner,  Bericht,  p.  354. 

Acrocomia  lasiospatha  Mart.  Brasilien,  Westindien.  Blattfaser.  Auf 
Kuba  »Pita  de  Corojo«  genannt.  —  Morris,  Cantor  Lectures  on  Com- 
mercial  Fibres.     London    1 895. 

Mauj'itia  flexuosa  L.  Brasilien.  Die  Faser  der  Blätter  ist  für  grobe 
Arbeiten  sehr  geschätzt.  —  Seemann,  Palmen,  p.  176.   Squier,  I.e.,  p.  51. 

Raphia  vinifera  P.  Beauv.  Siehe  Piassave  und  Raphiafaser 
(Raphiabast). 

R.  taedigera  Mart. 

R.  7iicaraguensis  Oerst.  Siehe     Raphiafaser 

R.  Ruffia  Mart.  (=  R.  pedunculata  P.  B.)  Raphiabast). 

R.  Momhuttorum  Drude 

Sagus  ßlaris  Rumph.  (^=  Metroxylon  filare  Mart.).  Fasern  junger 
Blätter  zu  Garnen.  —  Miquel,  Flora  von  Nederl.  Indie,    III,    p.  149. 


70  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

S.  Rumphü  Willd.  und  S.  Icpms  Rumph.  Indien.  Faser  der  Blätter. 
—  Royle,  1.  c,  p.  92. 

Dictyosperma  fibroswn    Wright  s.  Piassave. 

Bhaphis  flabeUiforniis  L.  ftl.  Reunion.  Blattfaser,  »crin  vegetale< 
z.  T.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  81. 

Co  cos  nucifera  L.     Siehe  Goir. 

C.  crispa  H.  B.  K.  Zentralamerika,  Kuba.  —  Dodge,  1.  c,  p.  120. 
Über  die  Eigenschaften  der  Blattfasern  dieser  Palme  siehe  auch  Thos. 
Christy,  1.  c,  p.  51—52. 

Attalea  fu7iife7'a  Mart.     Siehe  Piassave. 

Leopoldina  Piassaba   Wallace.     Siehe  Piassave. 

Calamus  sp.  Die  Stämme  mehrerer  Calamusarten :  Calamus  Rotany 
Willd. ,  C.  Royleanus  Griff. ,  C.  rudeyitum  Low.  usw. ,  sämtlich  in 
Indien,  werden  durch  Zerreißen  in  einen  Faserstoff  verwandelt,  der  zur 
Herstellung  verschiedener  Seilerarbeiten  und  zu  Schiffstauen,  Matten 
u.  dgl.  sehr  geeignet  sein  soll.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81.  —  Royle,  1.  c, 
p.  93.  Österr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient,  IX  (1883),  p.  112,  120  und  124. 
Über  die  anatomischen  Verhältnisse  des  Stammes  von  Calamus  Rotang 
siehe  Wiesner  in  Denkschriften  d.  kais.  Akad.  d.  Wiss.  Wien,  Bd.  72 
(1.902).  —  T.  F.  Hanausek,  Techn.  Mikroskopie  1901,  p.  234.  — 
Tropenpflanzer,   1908,  p.  95. 

Cmiudovica  pcdmata  Ruii  et  Par.  Tropisches  Amerika.  Junge 
Blätter  dienen  zur  Herstellung  feiner  Flechtarbeiten  (Panamahüte).  — 
Semler,  1.  c.  lü,  p.  728. 

13.  AraceeD. 

Caladiwn  giganteum  Blume.  Guayana.  Fasern  der  Stengel  dienen  zur 
Papierbereitung.  —  Cat.  des  col.  fr.,  1867,  p.  80.  —  Dodge,  1.  c,  p.  102. 

Typlionodoi'um  tnadagascariensis  Engl.  Faser  der  Blätter  ver- 
wendet zur  Herstellung  von  Fischernetzen  usw.  Claverie,  Pascal,.  Etüde 
morphologique  des  Typhonodoriun  madagascariensis,  textile  de  Mada- 
gascar.     Revue  general  Botahique,  XVIII  (1906).  ■ 

Ä77iorphophallus gigaiiteus Bl.  AissUnger  (l.c.,p.  59)  beschreibt javan. 
Bastfasern,  deren  Zugehörigkeit  zu  dieser  Pflanze  aber  nicht  ganz  sicher  ist: 

14.  Bromeliaceen. 

Ananassa  sativa  Lindl.  f=  Bromelia  Ananas  L.)  Siehe  Bro- 
meliafasern. 

A.  Sagenaria  Scliott.  (=  Bromelia  SagenariaL.)  Südnmerika.  Ge- 
fäßbündel der  Blätter.  Wurde  von  J.  Mo  eil  er  (Dinglers  polytechn.  Journ. 
Bd.  231  (1881)  mikroskopisch  untersucht.  »Grawata«.  —  Royle,  1.  c, 
p.  a7.  —  Semler,  Trop.  Agricultur,  HI  (1888),  p.  707. 

Bromelia  Karatas  L.     Siehe  Bromeliafasern. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  'J^ 

B.  silvestris  Tiiss.     Siehe  Bromeliafasern. 

B.  Pinguin  L.  Westindien,  besonders  Jamaika.  Gefäßbündel  der 
Blätter.  —  Squier,  1.  c,  p.  40.  —  Royle,  1.  c  ,  p.  37.  —  A.  Ernst,  La 
exposicion  nacional.  Caracas  1,886,  p.  41  4.  Siehe  auch  unter  Broraeliafasern 

B.  Pigna  Perrott.  Philippinen.  Gefäßbündel  der  Blätter.  »Pina« 
Soll  zur  Herstellung  batistartiger  Gewebe  geeignet  sein.  -^  Duchesne 
1.  c,   p.  40.  —  Royle,  1.  c,   p.  39.     Siehe   auch   unter   Bromeliafasern 

B.  argentea  Bak.  Argentinien.  Liefert  »Caraguata  fibre«.  Wird 
für  die  Papierfabrikation  empfohlen.  —  Kew  Bull.    1891. 

Bülbergia  variegata  Mart.  Brasilien,  Ebenfalls  Blattfaser. —r  Royle, 
1.  c,  p.  37.   —  Semler,  L  c,  p.  707. 

Tillandsia  usneoides  L.     Siehe  Tillandsiafaser. 

Ptiya  coarctata  Gay  (Pourretia  coarctata  Buix  et  Pav.).  An  der 
chilenischen  Küste  wird  aus  den  Blättern  eine  Faser  abgeschieden,  welche 
sich   zur    Verfertigung   von    Fiscliernetzen    ausgezeichnet    bewähren    soll. 

—  F.  Leybold,  Zeitschr.  d.  üst(>rr.   Apothrkervereins,    1879,  p.  272. 

L").  Liliaceen. 

Aloe  vulgaris  L.  (^=  A.  barbadensis  MilL).  Afrika,  fast  überall  in 
den   Tropen.  Blattfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  51. 

A.  indica  Royle.     hidicn.     Blattfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  51. 

A.  pei'foUata  Thbg.     Siehe  Aloefaser. 

A.  angustifolia  L.  Kultiv.  in  Indien.  Blattfaser.  —  Royle  ,  1.  c,  p.  53. 

Yucca  filamentosa  Lam.  Südliche  Staaten  von  Nordamerika.  Blatt- 
faser zu  Tauwerken.  In  Virginien  früher  zu  Geweben.  Seit  die  Be- 
wohner Virginiens  mit  europäischen  Geweben  bekannt  wurden,  hat  die 
Kunst,  die  Yukkiifasoi'n  (Gefäßbündel  der  Blätter)  zu  verspinnen  und 
zu  verweben,  ihr  Ende  erreicht.  —  Kahn,  Reisebeschreibungen,  I,  p.  494. 

—  Böhmer,  1.  c,  p.  543.  —  Bischof,  1.  c,  HI,  p.  2,  p.  932.  —  Cat. 
des  rol.  fr.,  p.  79.     Dient  indes  jetzt  in  der  Papierfabrikation. 

Y.  aloifolia  L.  Wärmeres  Nordamerika  imd  Westindien.  Blattfaser 
zu  Seilerarbeiten.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  79. 

Y.  gloriosa  L.  Südlich(^  Staaten  von  Nordamerika.  Blattfaser.  —  Cat. 
des  col.  fr.,  p.  79.  —  Watson,  1.  c,  p.  11  ff. 

Y.  angustifolia  Pursh.  Vereinigte  Staaten  Nordamerikas;  kultiviert 
in  Indien.  —  Blattfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  56. 

Über  Yukkafaser  (=  Adams  needle  fibre)  siehe  Royle,  l.  c,  p.  56; 
Semler,  l.  c,  III,  p.  730.  Hier  ist  auch  angegeben,  daß  das  Holz,  da- 
mit soll  wohl  gesagt  sein  die  Gefäßbündel  des  Stammes,  zur  Papier- 
fabrikation in  großem  Maßstabe  verwendet  wird.  Unter  anderen  soll  eines 
der  gelesensten  Blätter  Englands  (Daily  Telegraph)  ausschließlich  auf 
solchem  Papier  gedruckt  worden  sein.  —  Dodge,  1.  c,  p.  330,   wo  auch 


Siehe  Sansevieriafaser. 


72  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

noch  einige  andere  faserliefernde  Yuklia- Arten  genannt  .sind.  —  G.  Mohr, 
Pharm.  Rundschau,  New- York  1884 — 85.  Daselbst  über  Verwendung 
von  Yukkafasern  in  Nordamerika  in  der  Papierfabrikation. 

Phoi'mium  tenax  Forst.     Siehe  Neuseeländischer  Flachs. 

Sanseviei'ia  xeylanica  WiUd. 

S.  guineensis   Willd. 

S.  Kirim  Bak. 

S.  longiflora  Sims. 

S.  Eoxburghia7ia  Schult,  fil 

8.  cylindrica  Boj. 

8.  Ehrenhergimia  Schiueinf. 

8.  Perottü  Warb. 

8.  thyrsiflora  Thunbg.,  8.  subspicaia  Bak.,  8.  nilotica  Bak.,  8. 
senegambensis  Bak.,  8.  Volkensii  Gurke.  Die  Blätter  aller  dieser  afrika- 
nischen Sansevieriaarten  liefern  Fasern.  Die  zuletzt  am  Kongo  entdeckte 
8.  Laurentii  E.  de  Wild,  soll  eine  ebenso  gute  Faser  wie  8.  guineensis 
liefern.  —  S.  Gurke,  in  Engler,  Pflanzenwelt  Ostafrikas,  Berlin  1895, 
A,  p.  364  und  B,  Nutzpflanzen,  p.  359  ff".  —  Axel  Preyer,  Beihefte  zum 
Tropenpflanzer,  V(1900),  p.  18  fr.  Sanseviera  fibre  from  Somali  stammt 
von  8.  Ehrenbergii  Schivänf.  (Kew  Bull,  1892).  —  E.  de  Wildeman, 
Revue  des  cultures  coloniales  XIV  (1904).  Über  8.  guineensis,  cylindrica^ 
Ehrenbergiana  und  Roxburghii,  siehe  Ridley,  Agr.  Bull,  of  the  Straits 
and  Feder.   Malay  States  1909. 

Astelia  trinervia  Kirk.  Kauriegras.  Sehr  gemein  in  Neuseeland, 
desgleichen  A.  8olandri  Cunn.,  von  den  Kolonisten  »Baumflachs«  ge- 
nannt, beide  zur  Fasergewinnung  sehr  geeignet.  —  F.  Kirk,  Ausland  1875. 

A.  Banksii  Cunn.  Neuseeland.  Faser  zur  Papierbereitung.  —  D o d gc , 
1.  c,  p.  73. 

Äletris  nervosa  Roxb.  Indien.  Blattfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  53.  — 
Cat.  des  col.  fr.,  p.  79. 

A.  guineensis  L.  Westliches  Afrika.  Blattfasern  zu  Tauwerk.  — 
Adanson,  Senegal-Reise,  p.  131.  —  Böhmer,  1.  c,  p.  528. 

16.  Anitaryllidaceen. 

Agave  americana  L.  I 

A.  cantala  Roxb.^)  =  vivipara  Dabx  et  \     ^'^^'*-^  Agavetasern 
Gibs,  non  L.  =  america7ia  Blanco  =      (Sisal,Henequen,Pit.., 
Fourcraea  cantala  Haiv.  J  ■'' 

1)  In  der  Schreibweise  des  Speziesnamens  dieser  Pflanze  herrscht  keine  Über- 
einstimmung. Der  Index  Kewensis  schreibt  konstant  cantula;  "Watt,  I.e.  (1908)  kon- 
stant cantala.  Roxburgh  hat  das  Sanskritwort  Kantala  zur  Bildung  des  Speziesnamen 
benutzt  (Flora  Bengalensis  1814).  Aber  in  seiner  Flora  indica  Ed.  II  (1832)  ist  zu 
lesen    A.  cantula  Roxb.     Zweifellos   liegt   hier   ein   Druckfehler  vor,    auf   den   die   in 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


73 


Ä.  cociä  Trelease 

A.  decipieus  Baker 

A.  Deveyana  Trelease 

A.  diacantha  L. 

A.  falcata  Engel  in . 

A.  fdifera  Sahn-Dtjck 

A.  foiircroydes  Leniaire.  =  A.  rigida 
Hemsley  =  elongata  Jacohi  =  rigida 
long ifolia Eng elm.  =  rigida  elongata Bak. 

A.  Funkeana  Koch  et  BoucM  =  A.  lophanta 
Jacohi 

A.  hcteracantha  Zucc.  =  A.  Lechegnilla  Torr. 

A.  Lespinassei  Trelease 

A.  mexicana  Lam. 

A.  rigida  Mill.  =  A.  ixtli  Karivinski 

A.  rigida  Mill. 


sisalana  Per r ine    = 
var.  sisalana  Engelm. 


Siehe  Agavefasern 

(Sisal,  Henequen,Pite, 

Jxlle  usw.). 


Siehe   Mauritiushanf. 


A.  striata  Zuccar. 

A.  Tequilana  Trelease 

A.  yiiccaefolia  BC. 

A.  Zapiipe  Trelease 

Fourcroya  gigantea   Verl  =  F.  foetida. 

F.  cuhensis  Jacq.     Westindien.     Liefert  die  Faser  »Cajun«. 

Curculigo  latifolia  Bryand.  Liefert  auf  Borneo  eine  Spinnfaser. 
—  Thyselton  Dyer,  A  fibre-yielding  Curculigo.  Journ.  of  Botany  XVIII, 
p.  219.  Daselbst  siehe  auch  die  Verwendung  von  Curculigo  seychellarimi 
Baker  auf  den  Seychellen. 

17.  Musaceen. 
Musa  textilis  Luis  N^e^) 
(=    M.  mindanensis  Rumph.). 

M.  paradisiaea  L.  }  Siehe  Manilahanf. 

M.   Cavendishi  Faxt. 
M.  Sapientum  L. 

neuerer  Zeit  so  häufig  anzutreffende  Speziesbezeichnung  zurückzufüiiren  ist.  Ein 
Sanskritwort  »Kantula<  existiert  niclit.  Wie  mir  aber  Prof.  v.  Schroeder  mitteilt, 
werden  einige  mit  Dornen  versehene  Pflanzen  im  Sanskrit  Kantala  genannt;  letzteres 
wahrscheinlich  von  dem  Sanskritwort  Kanta  =  Dorn  abgeleitet.  Dewey  (zuletzt  \^\k 
schreibt  stets  korrekt  cantala.  Er  hat  auch  die  Bezeichnung  »Kantala«  für  die  Faser 
(Handelsprodukt)  eingeführt. 

1 )  Nicht  seilen  ist  Nees  oder  Nees  ab  Es.  als  Autorname  der  Müsa  textilis  an- 
geführt, was  aber  nur  auf  eine  Verwechslung  mit  dem  wahren  Autornamen  Luis 
Nee  zurückzuführen  ist. 


74  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

31.  Ensete  Gm.  Afrika.  Kultiviert  in  Neu-Süd -Wales.  Hier  zur  Ai> 
scheidung  einer  der  Plantainfibre  ähnlichen  Faser  benutzt.  Gefäßbündel 
di^s  Scheinstammes. 

M.  ulugwensis  0.  Warb.  0.  Warburg,  Beschreibung  der  ostafri- 
kanischen Bastbananen.  Tropenpflanzer,  VIII  (1904),  p.  1  1  6  ff.  —  Moritz 
Fritz,  Über  den  Anbau  der  ustafrikanischen  Bastbananen.  Tropen- 
pflanzer, YIII  (1904).  p.  109  ff.     Siehe  Manilahanf. 

M.  Holstii  K.  Schum.     Deutsch-Ostafrika,  siehe  Manilahanf. 

Heliconia  caraibcea  Lam.  Antillen.  Gefäßbündel  des  Stanunes.  — 
Cat.  des  col.  fr.,  1867,  p.  79.  Auf  Guadeloupe  »Balisier  ]>ihau.  Cat.  di's 
ed.  fr.,   1873,  P-.  14. 

18.  Zingiberaceen. 

Curcuma  longa  L.  Indien,  Fasern  des  Mittelnervs  der  Blätter.  — 
Cat.  des  col.  fr.,   1867,  p.  89.  —  Dodge,  1.  c,  p.  143. 

Älpinia  nutans  Rose.  Liukiu  u.  Formosa.  Fasern  der  Blattscheide. 
Zu  Seilen.    Saito,  Journ.  Coli.  Science  Univ.  Tokyo,  XV,  1901,  p.  407. 

19.  Marantaceeii. 

Phrynium  diclwtomum  Roxb.    Indien.    Gefäßlmndel  des  Stammes. 

—  Royle,  1.  c,  p.  60. 

20.  Salicace.en. 

Die  Samenwolle  der  Pappeln  und  A\'(^iden  (z.  B.  der  Salix  pentan- 
ara  L.,  der  man  auch  den  Namen  l>aumwollenweide  gab,  u.  a.  m.)  hat 
man  als  Gespinstfaser  statt  Baumwdlle  mid  zur  PapK'ihn'i'itiing  in  Vor- 
schlag gebracht.  Die  Versuche  haben  kein  befriedigendem  KeMiltat  ergeben. 
Vgl.  die  Noten  bei  Eriophorum  und  Chaniaeneriiim.  —  Böhmer,  1.  c,  I, 
p.  573  und  Beckmann,  Vorl)ereitung  zur  \^^•^renkunde  usw.  Göttingen 
1793,  wo  auch  die  Literatur  dieses  Gegenstamles  naeli/.ii<eben  ist.  Über 
Fasergewinnung  aus  Weidenarten  sielie  auch  Dodge,  1.  c,  p.  284.  Die 
Pappelwolle  von  PojJulus  nigra  jiesrbreibt  F.  y.  Höhnel,  Mikroskopie 
der  Faserstoffe,  2.  Aufl.  Wien  und  Leipzig  1905,  p.  40.  Die  Fasern  des 
Bastes  der  Korbweide  (Salix  viminalis  L.)  sind  verspinnbar,  aber  nicht 
fest.  Man  rechnet  sie  auch  zu  den  »Ersatzfasern«  für  Spinnfasern  (Kriegs- 
kommission für  Gewebe  und  Spinnfasern.     Bamberg  1916). 

Salix  alba  L.  Der  Bast  dieser  und  wainscheinlich  auch  anderer 
Weidenarten,  besonders  von  8.  amygdali)ia,  siehe  unten  im  speziellen 
Teile  bei  Lindenbast,  wird  in  Frankreich  wie  Lindenbast  benutzt.  — 
V6tillard,  Etudes  sur  les  fibres  vegetales,  employees  dans  l'industrie,  Paris, 
1876,  p.  174.  —  S.  tetmspe?'ma  Roxb.     Papierfabrikant  1911. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  75 

21.  Ulmaceen. 

Holoptelea  integrifolia  Planck.     Siehe    unten    bei  Bastarten. 

Celüs  orientalis  L.     Indien.     Bast.  —  Royle,  1.  c.,  p.  313  ff. 

C.  Roxburghü  Miq.  Indien.  Bast.  —  Wiesner  in  Sitzgsber.  der  kais. 
Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  Bd.  62  (1870),  p.  5.  Diese  Ahli.iiidhin-  wird  in 
der  Folge  kurz  zitiert:  Wiesner,   Indische  Faserpflanzen. 

Sponia    Wightii  Planck.     Siehe  unten  unter  B;ist,uten. 

JJlmiis  montana  Sm.  var.  laciniata.  Japan.  Wie  Lindenbast  be- 
nnlzt.     Saito,  1.  c,  p.  413. 

22.  Moraceen. 
Broassonetia  pajjyrifera  L'Hei'it.     Siehe  Papierfasern. 

B.  Kcempferi  Sieb,  et  Zucc.  Japan.  Liefert  eine  ähnliche,  in  glei- 
clier  Weise  benutzte  Faser  wie  die  vorherige  Art.  —  T.  F.  Hanausek, 
Technisehe  Mikroskopie,  Stuttgart  1901,  p.  86. 

B.  Kasinoki  Sieb.  Japan.  Liefert  daselbst  die  Faser  »Kozo<'. 
Saito,  1.  c,  p.  413,  426. 

Streblus  asper  Low.  Indien.  In  Siam  wird  der  Bast  zur  Papier- 
bereitung benutzt.  Thyselton  Dyer,  Kew  Bull.,  1888.  —  AVatt,  Com- 
merc.  products  of  India,  1908,  p.  868.  —  Wiesner  in  Denkschriften  der 
AViener  Akad.  d.  Wiss.,  Bd.  72  (1902). 

Urostigma  bengkalense  Gusp.  Indien.  Bast  und  Bastfaser.  »Wad«. 
—  Wiesner,  Ind.  Faserpflanzen,  p.  3. 

U.  retusum  Miq.    Indien.    Bast.    »Nandrukh«.  —  Wiesner,  1.  c,  p.  3. 

XJ.  religiosum Miq.   Indien.   Bast.   »Pimpal«.  —  Wiesner,  1.  c,  p.  5. 

TJ.  infectoria  Miq.     Bast.     »Kel«.  —  Wiesner,  1.  c,  p.  5. 

XJ .  pseudo-Tjela  Miq.     Bast.     »Payar«.  —  Wiesner,  1.  c,  p.  5. 

Lepuranda  saccidora  Nimmo.  Westliches  Indien.  Bast  und  Bast- 
faser (»Chandul«)  zu  groben  Geweben  (Säcke  u.  dgl.).  —  Royle,  1.  c, 
p.  343.  ^  Lindley,  The  vegetable  Kingdom,  3.  Aufl.,  p.  271. 

Ficus  indica  L. 

F.  obtusifolia  Roxb. 

F.  religiosa  L. 

F.  tomentosa  Roxb. 

F.  prolixa  Forst. 

F.  mysoj'ensis  Heyne 

F.  elastica  Roxb. 

F.  coronata  Reimv. 

MusangaSmithiiR.Br.  Kameruner  Schirmbaum.  Siehe  die  Zeitschrift 
>> Der  Papierfabrikant« ,  Berlin  1  908.  Das  Holz  scheint  zur  Papierfabrikation 
besonders  geeignet.  Spezifisches  Gewicht  des  Holzes  =  0,43.  Das  Holz 
läßt  sich  verhältnismäßig  leicht  in  »aufgeschlossenen  Zellstoff«  verwandeln. 


Indien,  Neukaledonien.  Bastfaser  zu  Seilen. 
—  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81.  Über  Ficus  sp. 
siehe  auch  Royle,  p.  343.  —  Dodge,  1.  c, 
p.  166. 

Java.  Bastfasern.  Sellcger,  L  c.  —  Aiss- 
linger,  1.  c.  p.  63—73. 


76  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Artocai-pus  incisa  L.  fil.  Bast  junger  Zweige  zur  Bekleidung  auf 
den  Südseeinseln  benutzt.  —  Böhmer,  1.  c,  p.  529.  —  Royle,  1.  c,  p.  314. 

Ä.  hirsuta  Lam.,  A.  hirsuta  Willd.  und  A.  lacoocha  Roxb.  Der 
Bast  dieser  Pflanzen  wird  in  Indien  zu  Flechtwerken  und  zur  Papier- 
bereitung benutzt.  —  Royle,  1.  c,  p.  341.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  81. 

Antiaris  saccidora  Dalx.  (A.  toxicaria  Lesck.J.  Indien.  Bast.  »Jä- 
sund«.  —  Wiesner,  Ind.  Faserpflanzen,  p.  3. 

Cannahis  sativa  L.     Siehe  Hanf. 

Humulus  Lupulus.  Die  Stengel  des  Hopfens  (»Hopfenranken«) 
dienen  zur  Herstellung  eines  flachsartigen  Faserstofl"s.  —  Nördlinger 
in  Dinglers  polytechn.  Journ.,  Bd.  230  (1878),  p.  287.  Deutsches  Reichs- 
patent Nr.  860  vom  23.  Sept.  1877.  Über  die  mikrosk.  Kennzeichen  der 
Hopfenfaser  siehe  Hanausek,  Technische  Mikroskopie  1901,  p.  83  und 
V.  Höhnel,  Mikroskopie  der  Faserstoffe,  2,  Aufl.   (1905),  p.  58. 

23.  Urticaceen. 

Urtica  dioica  L.  Gemeine  oder  zweihäusige  Nessel.  Siehe 
Nesselfaser. 

U.  urens  L.  Brennessel.  Kosmopolit:  fehlt  nur  im  hocharktischen 
und  tropischen  Gebiete.  Auch  mit  dieser  Art  der  gemeinen  Brennessel, 
wurden  Versuche  zur  Gewinnung  einer  brauchbaren  Spinnfaser,  aber  in 
viel  geringerem  Ausmaße  wie  mit  ü.  dioica  angestellt,  die  aber  nicht  zu 
den  gewünschten  Resultaten  führten.  Grothe,  Chinagras  und  Nesselfaser. 
2.  Aufl.  Berlin   1889. 

U.  cannahina  L.  Sibirien.  Bastfaser.  —  Bischof,  Lehrb.  d.  Bo- 
tanik HI  (1840),  p.  765.  —  Royle,  1.  c,  p.  344. 

U.  argentea  Forst.  Gesellschaftsinseln.  Bast.  Roa-Faser.  —  Royle, 
1.  c,  p.  344.    Siehe  auch  Semler,  1.  c,  III,  p.  726. 

U.  japonica  Thunh.  Japan.  Bastfaser.  —  Thunberg,  Flora  ja- 
ponica,  p.  71 . 

ü.  cai'ücassana  Jacq.    Tahiti.    Bastfaser.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81. 

TJ.  heteropkylla  Roxb.  (=  Girardinia  heterophylla  Dcne.)  Goncan, 
Malabar.  Bastfaser.  »Chor  Putta«.  —  Royle,  1.  c,  p.  367.  Engler  in 
Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  HI,  1  (1894),  p.  103.  Nilgiri  Nestle 
fibre  von  Kalkutta.  Tropical  Agriculturist  and  Magazine  XXY  (1905), 
p.  233  ff".  Watt,  The  commercial  products  of  India.  London  1 908,  p.  i  61 . 
Nach  dieser  Quelle  bildet  diese  Faser  eines  der  Substitute  der  Rhea-Faser 
(Ramie). 

TJ.  alineata  L.  {=  Boehmeria  alineata  W.).  In  ganz  Indien  wild- 
wachsend. Bastfaser.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81 . 

U.  baccifera  L.  Antillen,  besonders  auf  Kuba.  Bastfaser  zu  Seiler- 
waren, —  Duchesne,  1.  c,  p.  319.  —  Squier,  1.  c,  p.  56. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  77 

Z\  virulenta  Wall.  Gurliwal  in  Hindostan.  Bastfaser.  — ■  Royle, 
1.  c,  p.  372. 

U.  Thunhergiana  Sieh,  et  Zucc.  Japan.  Bast  liefert  die  Faser 
»Iraklisa«.  —  Sai'to,  1.  c,  p.  409. 

U.  gigas  Moore.  Neu-Süd-Wales.  Bast.  —  Wiesner,  Offiz.  üsterr. 
Bericht  über  die  Pariser  Ausstellung,  1867,  Bd.  V,  Fasern,  p.  555.  Diese 
Ahhandlinig  wird  in  der  Folge  kurz  zitiert:  Wiesner,  Bericht. 

U.  crenulata  Roxb.  (Laportea  crenulata  Gaud.).  Indien.  Bast- 
faser. —  Royle,  I.e.,  p.  344  und  366.  —  Watt,  Dict.  IV  (1890), 
p.  586.  —  Devil  Nettle.  Ein  Substitut  der  Ramief^ser.  —  Watt,  The 
commercial  products  of  India.     London    1908,  p.  162. 

TJ.  rubra?  Guayana.  Zouti  rouge.  Die  Bastfaser  liefert  grobe  Ge- 
webe. —  Cat.  des  col.  fr..   1873,  p.  20. 

Laportea  pustfdata  Wedd.  (Urtica  pustidata  L.).  Alleghanygebirge 
bis  1300  m  über  dem  Meere  vorkommend,  wurde  als  Faserpflanze  auch 
für  Deutschland  in  Vorschlag  gebracht.  —  Wittmack,  l.c.,p.7.  —  F.  Marc, 
Akklimatisationsversuche  mit  Laportea,  ausgeführt  in  Pest.  Wiener  Ol^st- 
und  Gartenzeitung,   1877,  p.  69. 

L.  canadensis  Wedd.  (Urtica  canadensis  L.).  Kanada,  Nordamerika. 
Bastfaser.  Oftmals  als  Faserpflanze  in  Kultur  genommen,  stets  ohne 
praktischen  Erfolg.  —  Wiesner,  Bericht,  p.  355.  —  Engler  in  Engler- 
Prantl,  1.  c,  p.  103.  Die  mikroskopischen  Kennzeichen  dieser  Faser 
hat  J.  Moeller  in  der  Deutschen  Polytechnischen  Zeitung  1883  bekannt 
gegeben.     S.  auch  Botan.  Zentralblatt  1884. 

Fleiirya  aestuans  Gaud.  var.  Limieana  Wedd.  (Ortiga).  San 
Thome.  Soll  mit  Ramiefaser  Ähnlichkeit  haben.  —  Tropenpflanzer,  III 
(1899),  p.  128. 

Villebrunea  integrifolia  Gaud.  Crylon,  Indien.  Grobe  Bastfaser. 
Risa  oder  Wild-Rhea  genannt.  —  W  alt,  George,  The  Agriculture 
Ledger.  Kalkutta  1898.  —  Dodge,  1.  c,  p.  325.  Bildet  einen  Ersatz  für 
Rhea.  (Boehmeria).  —  Watt,  Tlie  commercial  products  of  India.  London 
(1908),  p.  164. 

V.  frutescens  Blume.  Indien,  Bastfaser  zu  Seilerarbeiten.  —  Watt, 
Econ,  Prod.  of  India,  I,  III,  Nr.  294.     Kalkutta  1883. 

Boehmeria  nivea  Hook,  et  Arn.  (=  Urtica  nivea  L.).  Siehe 
Bamie  (Chinagras). 

B.  n.  Hook,  et  Arn.  forma  chinensis  Wiesn.  (=  Boehmeria 
nivea   Gaud.).     Siehe  Ramie. 

B.  n.  forma  indica  Wiesn.  (^  Urtica  n.  tenacissima  L.  =  B.  n. 
var.  candicans  Sadebeck  =  B.  tenacissima  Gaud.  =  B.  utilis  Bl.  =  B. 
candicans  Hassk.  =  Urtica  candicans  Burm.  =  Urtica  tenacissima 
Boxb.  =  Bamium  majus  Rumph.).     Siehe  Ramie. 


78  Siebzehnter  Abschnitt.       Fasern. 

B.  frutescens  Blume.     Nipal  und  Sikkim.    Bast  und  Bastfaser;    die 

feine  Faser  heißt   »Pooah  fibre«.  —  Royle,  1.  c,  p.  369. 

B.  macrostachya  Wall.  1   ,   ,.         „  .  ^      . 

^    ^     ,    T     ^rr  11  Indien.     Bast  und  Bastfaser.  —  Royle, 

B.   Gaglado   Wall.  ,^  ■'   ' 

B.  salicifolia  Bon.  j    "    "'  ^ ' 

B.  spicata  Thiinh.     Japan.  —  Saitu,  1.  c,  p.  408. 

B.  Puya  Hook.  (=  Maoutia  Pmja  Wedd.).  Indien.  Bast.  — 
Henkel,  Naturprodukte  I,  p.  334.  —  Engler,  1.  e.,  p.  103.  —  Dodge, 
1.  c,  p.  235.  Hier  wird  die  Faser  »Wild  Henip«  genannt.  —  Engler  in 
Engler-Prantl.  Pflanzenfamilien  III,  I,p.  115. —  Watt,  1.  c.  (1908),  p.  163. 

B.  clidemaides  Miq.  Sumatra,  Java.  Bast  und  Bastfaser.  —  Jung- 
huhn, Java,  deutseh  von  Hasskarl,  I,  p.  329. 

B.  diversifolia  Miq.  Sumatra,  Java.  Bast  und  Bastfaser.  —  Jdrig- 
huhn,  1.  c.,  p.  329. 

B.  sanguinea  Hassk.  Bast  und  Bastfasi-r.  —  Naeh  Junghuhn, 
I.e.,  I,  p.  1 76  wird  der  ;uit  Java  ^\  ildw  acliscndi'  Slraueh  Rame  oder 
Kepirit  als  Faserpflanze  kultivieit  und  seit  llunderti'n  von  Jahren  dii' 
äußerst  dauerhafte  Bastfaser  daselbst  zur  Herstellung  von  Geweben,  beson- 
ders aber  von  Fischernetzen  verwendet.  Dieser  Spinnstoff  dient  seit  langer 
Zeit  in  Holland  zur  Herstellung  schöner  und  feiner  Gewebe.  Durch  Teys- 
manns  Tätigkeit  hat  sich  die  Kultur  dieser  Pflanze  ausgebreitet  imd 
wurde  das  Produkt  in  die  holländische  Industrie  eingeführt. 

Debregea.sia  hypoleuca  Wedd.  Bastfaser  vdii  großer  Stärk«'  und 
Widerstandskraft  gi'gm  die  Wirkung  des  Wassers.  Himalaya.  Substitut 
für  Rhea  (Ramie)  —  Watt,  1.  c.   (1908),  p.  160. 

Leucocnide  candidissima  Miq.  Java.  Bast  und  Bastfasei'.  —  Jung- 
huhn, 1.  c,  I,  p.  174  ff. 

L.    alba   Miq.     Java.      Bast   und    Bastfaser.    —   Junghuhn,    l.  c. 

Pipiurus  veluÜJVHS  Wedd.  Neukaledonien.  »Aouin«.  Bast  zu  Seilen 
und  Netzen.  Bastfaser  von  der  Feinheit  des  Chinagrases  zu  Luxus- 
geweben. —  Cat.  des  col.  fr.,   1867,  p.  81.     Ebenda  1873,  p,  47. 

P.  propinquus  Wedd.    Inseln  des  Stillen  Ozeans.  —  Engler,  1.  <-. 

P.  argenteus  Wedd.  Java.  Flachsartige,  seidenglänzende,  aber  steife 
Bastfaser,  welche  zu  Tauen  und  zu  Flechtarbeiten  verwendet  und  sehr 
empfohlen  wird.  —  Semler,  HI,  p.  726.  —  Dodgr,  1.  r.,  p.  271.  Als 
Roafaser  beschrieben  bei  Herzog  in  dem  unten  zitiiTtcn  ANCrkc,  p.  57, 
Photogr.  Abbildungen  der  Faser  ebendaselbst  Nr.  97. 

Pouxolxia  occidentalis  Wedd.  Venezuela.  Die  Pflanze  und  die  Faser 
werden  >Yaquilla«  genannt.  Die  Bastfaser  läßt  sich  kolonisieren,  ähnlich 
wie  die  Ramiefaser  und  bildet  ein  sehr  feines  spinnbares  Produkt.  — 
A.  Ernst,  La  exposicion  nacional.  Caracas  1886,  p.  424  ff.  Über  P.  hypo- 
leuca als  Papierfaser  siehe  Papierfabrik.    Fest- u.  Aus).  Heft  1912,  p.  61. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  79 

P.  viminea  Wedd.  Nepal.  Bastfaser  zu  Seilen  und  Tauen.  —  Watt, 
Econ.  Prod.  of  India,  Vol.   I,  Part.  III,  Nr.  200. 

P.  pentandra  Benn.  Java.  Soll  nach  Aisslinger  (I.e.,  p.  6i)  die 
dickste,  technisch  verwendete  Bastfaser  sein. 

Sarcocklamys  pulcherrima  Gaud.  Assam  und  Burma.  Die  Bast- 
faser, Duggalfibre,  ist  ein  Substitut  der  Ramie.   Watt,  1.  c.  (1908),  p.  163. 

Parietaria  dehilis  G.  Forst.  Nach  Bouche  und  Grothe,  Über 
Ramie,  Eheea,  Chinagras  und  Nessel,  2.  A.,  Berlin  1884  soll  die  Bastfaser 
dieser  Pflanze  in  Portugal,  Ostindien,  Angola  und  Australien  als  Spinnfaser 
benutzt  werden,  welche  Angabe  in  den  verläßlicheren  Quellen  fehlt. 

Parietaria  officinalis  L.  Nach  Oswald  Richter  ist  die  Bastfaser 
einer  im  Wiener  Prater  und  in  den  Donauauen  massenhaft  vorkommen- 
den Parietaria- kv\  als  Ersatz  für  Spinnfasern  sehr  zu  empfehlen.  Die 
Spezies  hat  Richter  nicht  angegeben,  wohl  aber  auf  die  verwandte 
Art  P.  dehilis  hingewiesen.  Nach  Angabe  der  Fundstätte  der  von 
Richter  empfohlenen  Art  kann  es  sich  nur  um  Parietaria  officinalis  L. 
handeln.    0.  Richter,  Alte  und  neue  Textilpflanzen,  Wien  1915,  p.  5  1 . 

24.  J^ymplia^aceeu. 
Nelumbium  speciosum  Willd.  (=  Nelumbo  nucifera  Gärtn.).  Indien. 
Fasern  der  Blattstiele.    Nach  der  Meinung  der  Hinduärzte  üben  aus  diesen 
Fasern    bereitete  Bekleidungsstoffc    eine    fieberwidrige   ^^'irku^g    aus.   — 
Watt,   Dict.  E.  Prod.  Ind.,   1889.  V.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

25.  Meuispermaceen. 
Cocculus  mrdifolius  PC.  Indien.   Die  Wurzelfasern  dienen  als  grober 
Faserstoff.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

26.  Anonaceen. 

Anona  squamosa  L.  Guadeloupe.  Bast  zu  derben  Seilen.  —  Cat. 
des  col.  fr.,  p.  82.  —  Dodge,  1.  c,  p.  ß1. 

Xylopia  frutescens  PC.  Zentral-  und  Südamerika.  Bastfaser  zu 
Seilen.  —  Seemann,  Herald   Exp.,  p.  70.    —  Dodge,  1.  c,  p.  329." 

X  sericea  St.  Hil.  Brasilien.  Bastfaser  zu  Tauen  u.  dgl.  — 
St.  Hilaire,  Plantes  usuelles  de  Bresil.  33,  p.  3.  —  Dodge,  1.  c.,  p.  329. 

27.  Leguminosen. 

Crotalaria  juncea  L.     Siehe  Sunn. 

C.  intermedia  Kotschy.  Tr^pisclier  Sudan.  Liefert  starke  Fasern 
zu  Seilen.   —  Rein,  1.  c.  (1909),  p.  534. 

C.  tenuifolia  Roxb.  Indien,  daselbst  auch  kultiviert.  Bastfasern. 
»Jubulpore  Hemp«.  —  Royle,  1.  c.,  p.  290ff.  —  Cat.  des  col.  fr.,  Paris 
1867,  p.  83.  —  Semler,  1.  c,  IH,  p.  724. 


80  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

C.  Burhia  Hamüt.  Zu  Shind  (Indien)  als  Faserpflanze  gebaut.  Bast- 
faser. —  Royle,  1.  c,  p.  272. 

C.  retusa  L.  Indien.  Bastfaser,  —  Royle,  1.  c,  p.  281.  —  Watson  , 
Journ.  of  arts,   1  860,  Mai,  p.  11  fT. 

Lupmus  luteus  L.,  L.  nngusüfolius  L.,  L.  polyphyllos  Lindl.  it. 
L.  perennis  L.  Bastfasern  nach  T.  F.  Hanausek  (Arch.  f.  Chem.  u. 
Mikr.,  1917,  p.  119)  als  Juteersatz  geeignet.  Siehe  auch  B.  Heinze, 
Jahresb.  Ver.  ang.  Bot.,  XIII.,  1916,  p.  88;  Schwede  ebenda,  XV.,  1917, 
p.  80  u,  Arch,  f.  Chem.  u.  Mikr.,  1918,  p.  154. 

Melüotus  albus  Desi\,  M.  officitmlis  Lani.  u.  M.  altissimiis  TJmill. 

Bastfasern  »Melilote  blanc  de  Siberie«.  —  Vetillard,  1.  c,   Dodge,  1.  c, 

p.  240.  —  T.  F.  Hanausek  im  Arch.  f.  Chemie  u.  Mikrosk.,  X.,  1917,  p.  91. 

Trifolium  pratense  L.    Nach  T.  F.  Hanausek  (Arch.  f.  Ch:  u.  M., 

1917,  p.  141]  Bastfaser  zu  den  feinsten  Spinnfasern  gehörig. 

Bastfasern  junger  Stengel  (»Genet<  oder 
»Genet  d'Espagne«)  dienen  zu  Geweben, 
Schnüren  für  Netze  und  anderen  ähnUchen 
Produkten,  — Mantoureaux,Dingl.  pölyt. 
Journ. 42.  p.  51 .  —  Heldreicli,DieNutzptl. 
Griechenl.,p.69.  — Vetillard,  I.e.,  p.  132. 
In  Frankreich  bildet  die  Ba.stfaser  eine  Art 
Hanf.  »Flachs  und  Lein«,  Wien  und  Trau- 
tenau,  1894,  p.  27.  —  Oenista  virgata  bo- 
treffend siehe  in  Engler-Prantls  Pflan- 
zenfamilien, HI,  3  (1  894),.  p.  235.  —  Spar- 
tiumjunceum  siehe  auch  Kew  Bull.  1892 
Ahrus  p7'ecato7'ius  L.  Ost- und  Westindien.  Bast  zu  groben  Seilen. 
—  Dodge.^  1.  c,  p.  35. 

Indigofera  tinctoria  L.    Java,     Bastfaser,  Aisslinger,  1.  c,  p,  87. 
Wistariu  chinensis  S.  et  Z.    Japan.  Bastfaser,  Saito,  1.  c,  p.  414. 
.  Sesbania  acideata  Pers.    Indien.    Äquatoriales  Afrika  (Bahr  el  Gazal). 
Bastfaser.      >Dhunchee  fibre«.   —  Roxburgh,   Flora  indica,   p.  335.   — 
Royle,   1.  c,   p.  293.   —   Nach  Semler,   1.  c,   auch   in  China  kultiviert 
und   heißt   diese  Faser   in  Bengalen   >Jayunti«.     In   vielen  Teilen  Indiens 
als  Substitut  für   Hanf  verwendet,   —   Prain,    Bengal  Plauts   1903.    — 
Watt,  Sir  G.,  1.  c.  (1908),  p.  988.  —  Rein,  G,  K,  (1909),  1.  c,  p.  534, 
S.  cannabina  Retx,.   (=^  Aeschynomene  cannabina  Kön.).     Koro- 
mandelküste.    Bastfaser.  —  Cat.  des  col.  fr.,  1867,  p.  83,  —  In  den  fran- 
zösischen Kolonien  am  Senegal  kultiviert  und  dort  »Selene«  genannt,  — 
Cat,  des  col,  fr,  1873,  p.  30. 

Erythrina  suberosa  Roxb.   Indien.  Bastfaser.  —  Cat.  des  col,  fr.,  p.  83. 


Cytisus  scoparius  Lk. 
(==  Sarothamnus    scoparius 
Wimm.) 

Genista  virgata  DG. 

Spartium  jimceum  L. 

Sp.  mo7iospermum  Des  f. 

Sp.  multiflorum  Ait. 
(z=  incarnatiun  Lodd.) 


Siebzehnter  Abschnitt.     P'aseni.  Q\ 

E.  indica  L.,  u.  E.  lithosperma  Bl.  Java.    Aisslinger,  I.  c,  p.  H8. 

Acacia  procera  Willd.    Bastfaser.  —  Wiesner,  Ind.  Faserpll.,  p.  4. 

Ä.  Sing  Perrott.  Senegal.  Grobe  Bastfaser  7,11  Tauen.  —  Gat.  des 
col.  fr.,   1867,  p.  83.     Ebenda   1873,  p.  30. 

Ä.  leucophloea  Willd.  Indien.  Geylon.  Bast  lokal  zu  Fisrbcrnetzen 
u.  dgl.  —  Watt,   Dict.  of  the  Econ.  Prod.  of  India,   Kalkutta.  1889. 

Pi'osopsis  spicigera  L.    ludicu.   Bastf.    »Sarmdal«.  —  Wiesner,  1.  c. 

Parlia  africana  R.  IJr.    .fava.     Bastf.  —  Aisslinger,  1.  c,  p.  83. 

Butea  frondosa  Roxb.  (=  B.  nfonosperina  Taub.).  Indien.  Bast- 
faser. »Dhak«.  —  Royle,  1.  c.,  p.  297.  Holz  zu  Papier.  T.  F.  Hanau- 
sek,  Papierfabrikant,   1911. 

B.  superba  Roxb.    Indien.    Bastfaser'.    »Pulas  fibre«.  —  Ebendaselbst. 

B.  parviflora  Roxb.     Indien.     Bastf.     »Palsbin«.  —  Wiesner,  I.e. 

Bauhinia  tomentosa  L.  Indien.  Bast  und  grobe  Bastfaser,  zu 
starken  Seilen,  ebenso  die   ührigen    l'.auinnicn.   —  Gat.  col.  fr.,  p.  83. 

B.  pai'viflora   Vakl.     Indien.     Elx'iidascilist. 

B.  purpurea  L.  »MachaU.  Indien.  —  Wiesner,  I.e.  —  Gat.  des 
col.  fr.,  p.  83.  —  G.  K.  Rein,  1.  c. 

B.  racemosa  Lam.  —  >^'iesner,'  Indisclie  Kaserpllanzen,  p.  4.  — 
Aubert,  L.,  Some  fibre  plants  of  Upper  Burma.  Agric.  Journ.    India  1908. 

B.  scandens  L.    Indien.    Bastf.  —  Journ.  Agric.  Soc.  VI,  p.  185. 

B.  reüculata  DC.  Seneg.il.  hu  südlichen  Sudan.  Bastfaser.  —  Gat. 
des  col.  fr.,  p.  83.   —   G.  K.  Rem,  Tropenpflanzer  XIII  (1909),  p.  534. 

B.  coccinea  DC.     Gochinchina.     Bastfaser.   —  Ebenda. 

Aeschynomene  grandiflora  L.     Indien.     Bast.  —  Ebenda. 

A.  aspera  L.  Indien.  Bastfaser  zu  Fischernetzen  usw.  Sunnersatz. 
In  Bengalen   »Sola«   oder   »Shola«  genannt.  —  Watt,  Dictionary  etc.,  V. 

A.  spinulosa  Roxb.  Indien.  Bast  liefert  eine  hanfartige  Gespinst- 
faser. —  Roxburgh,  Flora  ind.  I,  p.  535.  —  Royle,  1.  c,  p.  293. 

Parkinsonia  acideata  L.  Bast  zur  Papierfabrikation.  —  Royle,  1.  c, 
p.  298.  —  Squier,  Tropica!  fibres.  London,  New -York,  1863,  p.  63. 
—   Taubert  in  Engler-Prantls  Pflanzenfamilien  III,  3,  p.  98  und  171. 

Caesalpinia  timorensis  DC.    Java.    Bastf.    Aisslinger,  1.  c,  p.  74. 

Cassia  auriculata  L.     Indien.     Bastfaser.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  83. 

Uraria  lagopodioides  DC.  Indien.  Bastf.  —  Ebenda.  —  Taubert 
in  Engler-Prantls  Pflanzenfam.  III,  p.  98.   —  Aisslinger,  1.  c,  p.  96. 

Pueraria  pthaseoloides  Be?ith.  (=  Pachyrrhixus  montanus  DC). 
Neukaledonien.     Bast  und  Bastfaser.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  84. 

Pueraria  Thunbergiatia  Benth.  Ghina,  Japan.  Gespinstpflanze.  Die 
Faser  heißt  Ko  hemp,  Ko-pou-Faser.  —  Taubert,  1.  c.  —  Dodge,  1,  c, 
p.  275.  Avetta,  Ann.  del  R.  Inst.  bot.  1885,  p.  201.  —  Salto,  1.  c, 
p.  414  u.  Aisslinger,  1.  c,  p.  93. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  Q 


82  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Vigna  sinensis  (L.)  Endl.  f.  textilis  von  Togo.  Feste  Fasern  liefernd. 
Volkens,  Notizbl.  Bot.  Gt.  Berl.,  Appd.  XXII,  2,  1909,  p.  56;  Harms, 
Der.  D.  Bot.  Ges.  XXX.,  p.  423. 

Phaseolus  vulgaris  L.  u.  Ph.  coccineus  L.  Bastfaser.  Hanausek, 
Arch.  f.  ehem.,  1918,  p.  5. 

Pachyrrhixus  angulatus  Rieh.  Fidji-Inseln,  Bastfaser  zu  Fischer- 
netzen usw.  —  Kew  Bull.,  Mai  1889.  —  Dodge,  1.  c,  p.  255. 

28.  Linaceen. 
Linum  usitatissimum  L.     Siehe  Flachs. 
L.  Levisii  Pursh.     Siehe  Flachs.  —  Dodge.  1.  c,  p.  219 

29.  Anacardiaceeu. 

Rhinocarpus  excelsa  Bert.  (==  Anacardium  Rhinocarpus  DC.J. 
Venezuela.  —  Ernst,  1.  c,  p.  414.     Liefert  die  Faser  Mijagua. 

Odina  Barteri  Oliv.  Sudan  (Bahr  el  Gazal).  Bastfaser  zu  Seilen 
und   Stricken.     Bein,  1.  c,  p.  534. 

Bouea  macrophylla  Oriff'.    Java.    Aisslinger,  1.  c,  p.  99. 

30.  Polygalaceen. 
Securidaca  longepedunculata  Pres.    'Südafrikanische  Liane.    Grobe 
starke  Bastfaser.     >Sogat«,  » Buaze-fiber « ,  »Zamhesi-Buaze«.  —  Kew  Bull. 
Sept.   1889.  —  Dodge.  1.  c,  p.  292.  —  Bein,  G  K.,  1.  c,  p.  532 

3L  Eupliorbiaceeii, 

Tragia  cannahina  L.  F.  Indien.  Bastfaser  zu  guten  Geweben.  — 
Gat.  des  col.  fr.,  p.  83. 

T.  involucrata  L.     Pondichery.     Bastfaser.  —  Ebendaselbst. 

Antidesma  alexiterium  L.  Ostindien.  Bastfaser.  —  Böhmer,  I.e., 
p.  532.  —  Dodge,  1.  c,  p.  61. 

Mallotus  conchinchinensis  Larn.  ?  Bastfaser  zu  textilen  Zwecken 
benutzt.  —  Ridley,  Fibre  plants  oftheMalay  Peninsula.  Agr.  Bull,  nf 
the  Straits  and  Federation.     Malay  States  1904. 

32.  Sapindaceen. 
Sapindus  saponaria  L.    Südamerika  und  Westindien.    Kultiviert  in 
Indien.    Bastfaser  zu  groben  Seilen.  —  Cat.  des  col.  fr.,   1867,  p.  83.  — 
Dodge,  1.  c,  p.  290. 

33.  Tiliaceen. 
Corchorus  olitorius  L. 

C.  capsularis  L.  c-  k     i  t 

C.  fuscus  Roxh.  (=  C.  acutangulus  Lam.) 
C.  decemangulatus  L. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  83 

C.  tridens  L.  und  C.  trilocularis.  Dienen  in  Indien  zur  Herstellung 
von  Tauen.  —  Watt,  Dictionary  II  (1889),  p.  544.  Beide  Pflanzen  werden 
auch  in  Senegambien  der  Fasergewinnung  halber  kultiviert.  —  Lonessan, 
Les  plantes  utiles  des  Colon,  frang.  Paris   1886,  p.  810. 

C.  süiquosus  L.  Im  tropischen  Amerika  häufig.  Sehr  grobe  Bast- 
fasern liefernd.  —  Dodge,  1.  c,  p.  133. 

C.  fascicularis  L.  Die  Bastfaser  dient  im  Sind  zur  Herstellung  von 
Tauen.  —  Watt,  1.  c,  p.  540. 

C.  astuans  L.  Äquatoriales  Amerika.  Liefert  angeblich  eine  feine 
Bastfaser.  —  Dodge,  1.,  c,  p.  125. 

Tilia  parvifolia  Erh.  \ 

T.  grandifolia  L.  S.  Lindenbast. 

T.  americana  L.  J 

T.  cor  data  Mül.  var.  jayonica  Miq.  Japan,  jap.  Shinanoki.  Bastf. 
Saito,  1.  c,  p.  418. 

Sparmannia  africana  Linn.  f.  Afrika.  In  Viktoria  wurden  Anbau- 
versuche mit  der  Pflanze  gemacht.  Liefert  eine  sehr  schöne  starke  Bast- 
faser, welche  gleich-  oder  mehrwertiger  als  Ramie  sein  soll.  —  Semler 
1.  c,  HI,  p.  723. 

Honckenya  ficifolia  Willd.  Tropisches  Westafrika.  Fibre  from 
Lagos.     KewBull.  1889,  p.  15. 

Trhwifetta  rhomboidea  Jacq.  Sehr  verbreitet  in  den  warmen  Län- 
dern beider  Erdhälften.  Bastfaser.  —  Engler-PrantI,  Pflanzenfamilien 
HI,  6,  p.  28  (1895)  Tiliaceen,  bearbeitet  von  K.  Schumann.  E.  Gowley, 
Growning  and  Separation  of  fibre.  North  Queensland.  Queensl.  Agr.  Journ. 
[11(1898).  Liefert  die  Faser  Nzonogwe  im  Nyassaland  und  bildet  nach 
M.  Einstein  ein  Substitut  der  Jute.    Tropenpflanzer,  XIH  (1909),  p.  187. 

Triumfetta  lappida  L.  Gabon.  —  Martinique,  Jamaika.  Bast,  Bast- 
fasern zu  Geweben.  —  James  Macfadyen,  The  Flora  of  Jamaica,  Lon- 
don 1837,  p.  110.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  83.     Ridley,  1.  c. 

Triumfetta  semitrüoba  L.  A.  Jäger,  Jahresbericht  der  Wiener 
Handelsakademie  1892.  Dunstan,  W.  R.  Fibres  from  The  Gold  coast. 
Bull.  Imp.  Inst.  London,  VI  (1908). 

Grewia  oppositifolia  Hamilt.  Indien.  Bast;  Ersatz  für  Linden- 
bast.    »BihuU.  —  Royle,  1.  c,  p.  235. 

G.  elastica  Royle.  Indien.  Bast.  »Dhamann«.  —  Wiesner,  Ind. 
Faserpflanzen,  p.  2. 

O.  vülosa  Roxb.     Indien.    Bast.     >Khat  Kati«.    Ebenda. 

G.  microcos  DC.  Indien.  Bast.  »HasaU«.  —  Ebenda,  p.  4.  —  Dodge, 
1.  c,  p.  187. 

6r.  didyma  Roxb,    Himalaja.    Bast.  —   Royle,  I.  c,  p.  235. 

6* 


84 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


G.  tüicefolia  Vahl.  Indien.  Bastfaser  zu  Seilen.  —  Cat.  des  col.  fr., 
p.  83.  —  Dodge,  1.  c,  p.  187.  Daselbst  noch  genannt  die  Bastfaser  von 
G.  asiatica  L.  (Indien),  G.  Icevigata  Vahl  (Indien,  Australien),  G.  oppo- 
sitifolia  Buchan.  (Nordwest!.  Himalaya),   G.  scabrophylla  Boxb.  (Indien). 

G.  occidentaiis  L.  Südafrika.  Liefert  den  »Kaffir  hemp«.  —  Spon, 
Encyel.  of  the  Industrial  Arts  etc.     London  and  New- York  1879. 

Erinocarpus  Knimonii Hassk.  (Hort.  Bomb.).  Indien.  Bast.  »Gher^. 
—  Wiesner,  Ind.  Faserpflanzen,  p.  2. 


S.  Baumwolle. 


34.  Malvaceen. 

Gossypium  herhaceum  L.^) 

G.  arhoreum  L. 

G.  barbadense  L.  (=  G.  maritirnum  Tod).  J 

G.  hirsutum  L.  (=  G.  religiosum  Cav.). 

G.  obtusifolium  Roxb.  (^=  G.  Wightianum  Tod). 

G.  acuminatuni  Roxb. 

G.  vitifolium  Lam. 

G.  religiosum  L. 

G.  flavidum  ? 

G.  conglomeratum? 

G.  neglectum  Tod. 

G.  Jumelianum? 

G.  siamense? 

G.  punctatum  Sehum. 

G.  latifoUum  Mur. 

G.  indicum  Lam. 

G.  taitense  Pari. 

G.  sandvicense  Pari.  (^=  G.  religiosum  Forst.  = 
tomentosum  Nutt.). 

G.  perurianum  Cav.  (=  G.  religiosum  Auct). 

G.  racemosum  Poir. 

G.  purpurascens  Poir. 

G.  rubrum  Forsk. 

G.  eglandulosum  Cav. 

G.  micranthum  Cav. 

G.  a?io?nalum  Ky.  Payr.  (=  Cienfuegosia  ano- 
mala  Gurke). 

G.  Stocksii  Mast. 

Hibiscus  cannabiiius  L.    S.  Gambohanf  oder  Java-Jute, 


S.  Baumwolle. 


<)  Über  die  dieser  Linn eschen  Spezies  untergeordneten,  von  anderen  Autoren 
als  selbständige  Arten  aufgefaßte  Formen  siehe  den  Artikel  Baumwolle. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  85 

.  H.  digitatus  Cav.  Wild  in  Indien,  in  Guiana  kultiviert.  Bastfaser. 
»Ghanvre  de  Mahot«.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

H.  elatus  Swartx.  Indien.  Bastfaser.  Sehr  stark,  zu  Tauen. 
»Warwe«.  —  Miquel,  Flora  von  Nederl.  Indiel,  1,  p.  154. 

H.  arboreus  Desf.  (=  Malva  arborea  St.  HU.).  Südamerika,  West- 
indien.    "Bastfaser  zu  Seilerwaren.  —  Squier,  1.  c,  p.  57. 

H.  gossypinus  Thunb.  Guadeloupe.  Bastfaser.  —  Cat.  des  col. 
fr.,  p.  82. 

H.  rosa  sinensis  L.    Indien;  China.    Bastfaser,  seidig,  bis  3  m  lang. 

—  Ebenda.  —  Wiesner,  Bericht.    Pflzf.,  p.  351.    Aisslinger,  1.  c.  103. 

H.  striatus  Cav.  Indien.  Bastfaser  zu  Seilerarbeiten.  —  Cat.  des 
col.  fr.,  p.  82. 

H.  circinatus  Willd.     Antillen,  Tahiti.     Gute,  spinnbare  Bastfaser. 

—  Cat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

H.  sijriacus  L.  Japan.  Bei  uns  häutig  in  Gärten  kultiviert.  In 
Japan  wird  die  Bastfaser  zu  textilen  Zwecken  benutzt  und  führt  den 
Namen   »Mukuge«.  —  Saito,  1.  c,  p.  420. 

H.  tiliaceus  Cav.  (=  Paritium  tiliaceum  Juss.J.  Indien^  Zentral- 
amerika, Marquises,  Mozambique.  Gute,  spinnbare  Bastfaser.  »Bola«. 
»Mololia«.  —  Rumpf,  1.  c,  III,  Kap.  28.  —  Loureiro,  1.  c,  p.  509.  — 
Forster,  Reise  um  die  Welt,  p.  388.  —  Royle,  1.  c,  p.  261.  —  Cat.  des 
col.  fr.,  p.  82.  —  Bertolini,  Pflanzen  von  Mozambique.  Flora  1857, 
p.  566.  —  Jardin,  Essai  sur  l'hist.  nat.  de  TArchipel  des  Marquises. 
Paris  1862,  p.  33.  —  Squier,  1.  c,  p.  57.  —  Watt,  1.  c,  p.  247.  Auch 
in  Venezuela  gewonnen  und  »Majagua«  genannt.  A.  Ernst,  Esp.  nac. 
Caracas  1 886,  p.  41 4.  —  Foucon  J.,  Quelques  fibres  textiles  indo-chinoises, 
L'Agriculture  pratique  des  pays  chauds  VIII  (1908). 

H.  esculentus  L.  ( AbelmoscMis  esculentiis  W.  et  A.).  Angeblich 
wild  in  Indien,  in  den  Tropen  vielfach  kultiviert.  —  Watt,  Dict.  IV  (1890), 
p.  237ff.  —  Gumbo  of  Louisiana,  Okra  libre.  —  Dodge,  1.  c,  p.  194.  Auch 
Bandakai  fibre  genannt,  angeblich  Substitut  für  Jute.  —  Tropical  Agri- 
culturist,  1897  (Bot.  Jahresber.)  1898,  II,  p.  136.  —  Nach  Semler,  1.  c, 
III,  p.  739  in  Nordamerika  zur  Papierfabrikation  verwendet.  Desgleichen, 
aber  auch  als  juteartige  Spinnfaser  H.  eculneiis  L.  —  Dunstan,  W.  R., 
Jute  and  Jute  Substitutes  from  West-Africa.  Bull.  Imp.  Inst.  London  VI 
(1908).  Der  Bast  des  unteren  Teiles  der  Okrapflanze«  zur  Papier- 
bereitung, Tropenpflanzer,  XIV  (1910). 

H.  Äbelmoschus  L.  Indien.  Bastfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  259.  — 
Nach  Abel,  Bot.  Jahresb.  1896,  II,  p.  481,  ist  die  Bastfaser  3—5  Fuß 
lang,  juteähnlich.  —  Ridley,  1.  c,   1904. 

H.  Sabdariffa  Perrott.  Bastfaser.  »Rozelle-  (Madras),  ^Red  Sorrel« 
(Westindien).     Auf  Jamaika  als  Faserpflanze  stark   kultiviert.  —  James 


86  Siebzehnter  Absclimtt.     Fasuin. 

Macfadyen,  The  Flora  of  Jamaica,  p.  101.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  82 

—  Royle,  1.  c,  p.  260. —  Watt,  1.  c,  IV  (1890),  p.  242. —Von  Semler, 
1.  c,  III,  p.  723,  Rosellahanf  (von  Madras)  genannt.  —  Ridley,  1.  c, 
1 904.  —  The  Tropic.  Agriculturist  and  Magazine  XXIX  (1 907).  —  Webster, 
P.  J.  Rosette  its  cultur  and  uses.  Ebendaselbst  XXX  (1 908).  —  G.  K.  Rein  , 
Tropenpflanzer,  XIII  (1909),  p.  533. 

H.  tortuosus  Roxb.  Indien.  Bast  zu  Seilen.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

H.  populneus  L.  {=  Thespesia  populnea  CorrJ.  Gesellschafts-  und 
Südseeinseln.  Bast  un^d  Bastfaser,  letztere  zu  Geweben. — Royle,  1.  c, 
p.  262.  —  Dodge,  1.  c,  p.  311. 

H.  Manihot  Moench.    Japan.    Bastfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  262. 

H.  hete7'ophyllus  Vent.    Neuholland.    Bastfaser.  —  Ebenda. 

H.  mutabüis  Cav.  ^=  H.  sinensis  Mill.  =  Ketmia  miäabilis  L.J. 
China,  Indien.  Bastfaser.  —  Rumph,  1.  c,  VI.,  Kap.  12.  —  Duchesne, 
1.  c,  p.  213.  —  Watt,  Dict.  IV  (1890),  p.  242.  —  Dodge,  1.  c,  p.  196. 
Bull.  Kol.  Mus.  Ilarlem,  1904  (Kegelstoffe).  —  Aisslinger,  1.  c,  p.  104. 

H.  strictus  Roxb.    Indien.    Bast.  —  Royle,  1.  c,  p.  260. 

H.  furcatus  Roxb.  (=  surattensis  L.).  Bengalen.  Bastfaser.  — 
Royle,  I.  c,  p.  261.  —  Watt,  1.  c,  p.  246.  —  Ridley,  1.  c,  1904. 

H.  erioca7pus  DC.  (=collinns  Roxb.).  Indien.  Bastfaser.  >Ganda- 
gang«.  —  Royle,  1.  c,  p.  261. 

H.  ficifolius  Roxb.    Molukken.    Bastfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  261. 

H.  clypeatus  L.  (=  H.  tomentosus  Mill.).  Westindien.  Bastfaser.  — 
Royle,  1.  c,  p.  262. 

H.  verrucosus  Quill,  et Perrott.^).   Senegambien.  Bastfaser.    Ebenda. 

Abelmoschus  tetraphyllos  Graham  (=  Ä.  t.  Wall.  =  Hibiscus 
tetraphyllos  Roxb.). 

Aus    diesen  an    der   Küste   von  Koro- 

mandel    häufigen    Pflanze     soll    nach 

dem  Gat.  des  col.  fr.,  p.  82  eine  Faser 

abgeschieden  werden. 

A.  indicum  Don.  Indien.  Bastfaser.  »Kashki«.  —  Wiesner,  Ind. 
Faserpfl.,  p.  2.  —  »Kanghi«,  Dodge,  1.  c,  p.  37.  —  Ridley,  1.  c,  1904. 

—  K.  Braun,  »Der  Pflanzer«,  V  (1909).  Liefert  mit  A.  Avicennae  die 
chinesische  Jute. 

A.  Abutilon?  {=^  A.  Avicennae  Ocertn.).  Ost-  und  Westindien.  Lie- 
fert eine  spinnbare  Bastfaser.  —  Dodge,  1.  c,  p.  35.  —  Bildet  grobe, 
bandartige  Fasern,  Bastzellen  ungleichmäßig  verdickt,  werden  durch 
Jod  und  Schwefelsäure  gelb  bis  gelbbraun.   Kommt  im  Handel  als  »Ghina- 

1)  Über  andere,  insbesondere  in  Indien  als  Faserpflanzen  verwendete  Hibiscus- 
Arten  siehe  Watt,  Dict.  IV  (<890). 


Abutilon  populifolium  Sw. 
A.  asiaticum  Don. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  87 

jute«  vor.  A.  Herzog,  Mikrophotographischer  Atlas  der  technisch  wichtig- 
sten Faserstoffe.  München  1908.  Photographische  Abbildung  der  Faser: 
H.  98/99.  Siehe  auch  Deutsche  Seilerzeitung  1905.  —  Nach  Watt,  Gom- 
mercial  Products  of  India(1908)  liefert  die  Pflanze  in  Nordwest -Indien 
eine  vorzügliche  Bastfaser,  genannt  »American  Jute».  —  Berteau  M. 
L'Agriculture  prat.  des  pays  chauds  IX  (1909).  Note  sur  le  Jute  de  Chine. 
Diese  China-Jute  soll  besser  als  indische  Jute  und  leichter  als  diese  zu 
spinnen  sein.  —  Saito,  1.  c,  p.  419, 

Ä.  Bedfordiamim  A.  St.  Hü.  Brasilien.  Bast.  In  Australien  (Viktoria) 
eingeführt,  liefert  dort  Spinn-  und  Papierfasern.  —  Ann.  Report  U.  St. 
Depart.  of  Agric.  1879. 

Wissadula  rostrata  Planck.  Liefert  auf  St.  Thome  eine  juteähnliche, 
auch  auf  dem  Londoner  Markt  erscheinende  Faser.  —  Ad.  F.  Moller, 
Tropenpflanzer,  IV  (1 900),  p.  562.  —  Rein  (1 909),  p.  223.  (Kultur  in  Sudan.) 

W.  periplocifolia  Thw.  Juteähnliche  Faser.  In  Indien  auf  Faser 
ausgenutzt.  —  Schumann  in  Engler-Prantls  Pflanzenfamilien  III,  6 
(1895),  p.  38. 

Kosteletxkya  pentacarpa  LM.  Die  Bastfaser  dieser  im  Kubirschen 
Kreise  (am  Westufer  des  Kaspi-Sees)  gebauten  Pflanze  dient  als  Spinn- 
faser unter  dem  Namen  Kanaf  oder  Kanab.  Nach  brieflichen  Mitteilungen 
von  Radde  (Tiflis)  an  K.  Mikosch. 

Sida  tüicefolia  Fisch.  In  China  kultiviert.  Bastfaser.  »King  ma«.  — 
Royle,  1.  c,  p.  262. 

Sida  retusa  L.    S.  Chikan  Kadia. 

S.  rhomboidea  Roxb.  Bengalen.  Bast.  »Sufet«.  —  Royle,  1.  c, 
p.  262.  —  Watson,  Journ.  of  arts,  1860,  Mai,  p.  1 1  ff.  —  Venezuela. 
>Escoba*.  —  A.  Ernst,  1.  c,  p.  426. 

S.  rhombifolia  L.  Bengalen.  Bast.  »Lal  bariala«.  —  Röyle,  I.  c. 
—  Dodge,  1.  c,  p.  296.  —  E.  Cowley,  1.  c,  III  (1898).  —  Auf  St.  Thome 
»Bobö-bobö«  genannt.  Zu  groben  Zeugen  und  in  der  Seilerei.  —  A.  F. 
Moller,  Tropenpflanzer,  IV  (1900),  p.  562.  Bull.  Kolon.  Mus.  Harlem 
1904.  —  Foucon  L.,  1.  c,  1908.  —  Im  (engl.)  Nyassaland  kultiviert. 
Führt  dort  den  Namen  »denje«,  Juteersatz.  The  Agricult.  Resources  of 
Nyassaland  (Bull.  Imp.  Jap.  VII,-1909).  —  Aisslinger,  1.  c,  p.  104. 

S.  periplocifolia  Willd.  Malayische  Inseln.  Bastfaser.  —  Royle,  1.  c, 
p.  263. 

S.  alba  L.  Indien.  Bastfaser.  Chikan  Kadia.  —  Wiesner,  Ind. 
Faserpfl.,  p.  3. 

S.  pulchella  Bonpl.  f=  Plagianthus  pulchellus  A.  Gray).  Viktoria, 
Neu -Süd -Wales,  Tasmanien.  »Victoria  Ilemp«.  Soll  der  Faser  von 
Ä  retusa  völlig  gleich  sein.  —  Thos.  Ghristy,  New  Commere.  Plauts,  I, 
London  1882,  p.  35. 


88  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Sida  iirens  L.  Am  weißen  Nil.  Liefert  feine  seidenartige  Bast- 
fasern. —  Rein  (1909),  1.  c,  p.  532. 

S.  asiatica  Cav.^  S.  indica  L.  u.  8.  grareolens  Roxb.  Indien.  Bast- 
faser. —  Royle,   1.  c.,  p.  2(33. 

S.  humüis  Car.  (=  8.  veronicajfolia  Lam.).  Auf  Reunion  versuchs- 
weise als  Faserpflanze  kultiviert.  —  Rev.  cult.  col.  fr.,  1  899,  Dec.  Kritische 
Bemerkungen  hierzu:  Tropenpflanzer,  IV,  1900,  p.  149. 

Älthcea  rosea  Cav.  Indien,  Reunion.  Bast  zur  Papierbereitung.  — 
Cat.  des  col.  fr.,  p.  83. 

A.  cannahina  L.     Südeuropa.     Bastfaser.  —  Royle,  1.  c,  p.  2(53. 

A.  narhonnensis  Pourr.  Südfrankreich.  Reich  an  brauchbarer 
Bastfaser.  —  F.  Marc,  Akklimatisationsversuche.  Wiener  Obst-  und 
Gartenzeitung,   1877,  p.  69. 

Media  crispa  L.  Syrien.  Bastfaser.  —  Ca  vanille,  Memoire  d'agri- 
culture  etc.  de  la  societ.  roy.  d'agric.  a  Paris  1786.  Daselbst  auch  die 
Resultate  der  Versuche  mit  Bastfasern  von  J/.  nmuritana  L.,  peruviana  L. 
und  limensis  L.  —  Bischof,  III,  1,  p.  161.  —  Royle,  1.  c,  p.  265. 

Thespesia  Lampas  Dulx.     Siehe  Thespesiafaser. 

Th.  poptdnea  Corr.  (=  Hibisciis  p)opulneus  L.).  Siehe  unten  bei 
der  Faser  von  Th.  Lampas. 

Th.  macrophiilla  Bl.    Java.    »Kapas  oetan«  Aisslinger,  1.  c,  p.  101 . 

Urena  sinuata  L.     Siehe  Urenafaser. 

U.  lobata  Cav.  Indien.  In  den  Tropen  vielfach  kultiviert.  Flachs- 
artige  Bastfaser.  »Bun-ochra«.  —  St.  Hilaire,  Plantes  usuelles  du  Br6sil, 
63,  p.  4.  —  Royle,  1.  c,  p.  263.  —  Semler,  1.  c,  III,  p.  723  hält  die 
Pflanze  für  identisch  mit  U.  sinuata.  —  Nach  Dodge,  1.  c,  p.  321  auch 
auf  Ceylon    und  in  Florida   kultiviert.    —    E.   Cowley,  1.  c,  III  (1898). 

—  Auf  St.  Thome  »Otuto  grande«  genannt.  Tropenpflanzer,  IV  (1900), 
p.  562.  —  Aubert  L.  Some  fibre  plants  of  Upper  Burma.  Agr.  Journ. 
India  1908.  —  Abbey-Yates  R.  The  use  of  Urena  lobata  as  a  fibre 
material  and  as  a  possible  Substitute  for  Jute.  The  Agricultural  Ledger 
1908.  —  Dunston  (1908),  1.  c.  —  Rein  (1909),  1.  c,  p.  533.  ~  Saito, 
1.  c,  p.  420.  —  Im  Indian  Trade  Journ.,  -XIV  (1909)  wird  die  Faser  von 
Urena  lobata  unter  den  »Jute  Substitutes«  angeführt. 

Malachra  ovata  L.  Westindien.  Hanfartige  Bastfaser.  —  Cat.  des 
col.  fr.,  1867,  p.  82.  — Auf  Martinique  »Guimauve«  genannt.  — Ebenda 
1873,  p.  8. 

31.  capitata  L.    Westindien,  in  Indien  eingeführt  (Watt)  Bastfaser. 

—  Ebenda,  p.  82.  Die  Pflanze  wird  zur  Fasergewinnung  auch  in  Venezuela 
gezogen,    wo  sie   den  Namen    Cadillo   führt.   —   A.  Ernst,  1.  c,  p.  426. 

—  Nach  Abel,  Report  on  certain  Indian  fibres  (Bot.  Jahresbericht  1896, 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


89 


II,  p.  491)  soll  die  Bastfaser  dieser  Pflanze  bis  6  Fuß  lang  sein  und  an 
Güte  die  Jute  übertreffen.  —  Auch  Watt  (1908)  hebt  die  enorme  Länge 
der  Faser  (bis  9  engl.  Fuß)  hervor  und  bezeichnet  diese  Faser  als  Sub- 
stitut für  Bengaljute. 

Pavonia  ceylonica  Gar.    Indien.    Bastfaser.  —  Ebenda.  —  Dodge, 
1.  c,  p.  259. 


Siehe  Wolle 

der 
Wollbäume. 


35.  Boinbacaceen. 

B.  quinatum  Jacq.  f=  B.  Ceiba  L.)  \  Siehe  Wolle   der 

B.  heptaphyllum  L.  (=  B.  septenatum  Jacq.)  |       Wollbäume. 

B.  pubescens.  In  Brasilien  (Sao  Paolo)  werden  aus  dem  Bast  Riemen 
und  Stricke  gearbeitet,  v.  Wettstein,  Briefliche  Mitteilungen  aus  Sao 
Paolo  (9.  JuU  1901). 

B.  malabaricum  DG.  (=  Salmalia  malahariea  Seh. 
et  End.) 

B.  carolinuni   Vellos. 

B.  cumanense  H.  B.  K. 

B.  huonopoxense  Pal.  B. 

B.  rhodognaphalon  K.  Schiim. 

Eriodendi'on  anfractuosum  DG.  ( —  Bombax 
pentandrum  L.  =  B.  Geiba  Lun.  =   Gossampinus  alba 
Harn.  =  Ceiba  pentandra  Gcertn.) 

Ochroma  lagopus  Siv. 

Ghorisia    crispifolia    Kth.      Brasilien 
Samenwolle. 

Gk.  speciosa   St.   HU.     Südamerika. 
Samenwolle. 

Gh.  Pecholiana?  Westindien.  Polstermaterial.  —  Semler,  1.  c,  111^ 
p.  735. 

Adansonia  digitata  L.  Tropisches  Afrika.  Bastfaser  zu  Seilen.  — 
Gat.  des  col.  fr.,  p.  83.  —  Welwitsch,  Synopse  expl.  das  amostras  de 
madeiras  e  drogas  de  Angola.  Lisboa  1862,  p.  40.  —  Spon,  1.  c. 
Dodge,  1.  c,  p.  41.  —  Rein,  1.  c.  (1909),  p.  531.  —  W.  Herzberg, 
Mitteilungen  aus  den  kgl.  technischen  Versuchsanstalten,  Berlin.  Bd.  VIII 
(1890).  Dalen  und  Wisbar,  ebenda  1902,  p.  51.  —  Herzberg,  Papier- 
prüfung, 2.  Aufl.  p.  81.  Die  Bastfaser  dieser  Pflanze  wurde  auch  schon 
in  Deutschland  (Niederkaufungen  bei  Kassel)  zur  Papierbereitung  benutzt. 
Der  Versuchsanstalt  zur  Prüfung  übergeben,  wurde  die  große  Festigkeit 
der  erzeugten  Papiere  konstatiert  und  wurden  die  mikroskopischen  Kenn- 
zeichen derselben  festgestellt.  Der  Bast  der  Adansonia  liefert  17,97  Proz., 
das  Papier  5,35  Proz.  Asche. 


Wiesner,  Mikrosk.  Unters. 
1.  Kap.,  p.  3. 


90  Siebzehnter  Abschnitt     Fasern. 

36.  Sterculiaceen. 

Sterculia  villosa  Roxb.     Siehe  Sterkuliabast. 

St.  guttata  Roxb.    Malabar.    Spinnb.  Bastf.  —  Royle,  1.  c,  p.  266. 

St.  colorata  Roxb.  Indien.  Bast.  >Khaus«.  —  Wiesner,  Ind. 
Faserpflanzen,  p.  2. 

St.  foetida  L.    Java,  »Dangdoer  gedeh«.    Aisslinger,  1.  c,  p.  109. 

St.  tomentosa  O.  et  P.  und  St.  cinerea.  Sudan.  Gute  Bastfaser.  — 
G.  K.  Rein,  Tropenpflanzer  XIII  (1909),  p.  533. 

Firminia  'platanifplia  L.    Japan,    Zu  Seilen,    Saito,  I.e.,  418. 

Dombeya  sp.  Reunion.  Bast.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  83.  —  Über 
den  Bast  von  Dombeya- kvien  siehe  Dodge,  1.  c,  p.  152. 

Waltheria  americana  L.  Ges.  Tropen.  Juteersatzfasern.  Tropenpfl. 
1912,  p.  429.     »Malva  blanca«:  auf  Kuba. 

Pachira  aquatica  Äubl.    Martinique.    Bast  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  83. 

P.  BaiTigon  Seem.  Zentralamerika.  Bast  zu  Fischernetzen  und 
Tauen.  —  Seemann,  Botany  of  the  voyage  of  the  Herald.  London 
1852—57,  p.  70.  —  Siehe  auch  Dodge,  1.  c,  p.  255. 

Eriolaena  spectabilis  PL  Zentralhimalaya.  Fasern  zu  Stricken. 
Engler-Prantl,  Nat.  Pflfam.  III.  VI.,  p.  75. 

E.  montana  DC.    Java.    Aisslinger,  1.  c. 

Abronia  angusta  L.  fil.  (=  A.  angulata  Lam.J.  Indien,  Philip- 
pinen. Bastfaser.  »Woolet  comul*,  »perennial  Indian  Hemp«.  —  Royle, 
1.  c,  p.  276.  —  Duchesne,  1.  c,  p.  217,  —  Dodge,  1.  c,  p.  34.  — 
Abel,  1.  c,  III  (1898).  —  Watt,  Commerc.  Products  of  India  (1908), 
p.  1.  —  Foueon,  I.  c.  (1909).  —  Aisslinger,  1.  c,  p.  107. 

Ä.  fastuosa  R.  Br.  Timor,  Neuholland.  —  Bastfaser.  —  Bischof, 
1.  c,  III,   1,  p.  179. 

A.  molle  DC.    Molukken,  Sundainseln.     Bastfaser.  —  Bischof,  I.e. 

—  Dodge,  I.  c,  p.  34. 

Theobroma  Cacao  L.  Guadeloupe.  Bastfaser.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  83. 

Guaxuma  uliriifolia  Desf.  Tropisches  Amerika,  Antillen.  Bast  zu 
Seilerarbeiten.  Auf  Guadeloupe  »Mahot«  genannt.  —  Cat.  des  col.  fr., 
1867,  p.  83.  —  Royle,  1.  c,  p.  267.  —  Cat.  des  col.  fr.,  1873,  p.  14. 

Kydia  calycina  Roxb.     Siehe  Kydiabast. 

Melochia  corchorifolia  L.  (=  Visenia  corchorifolia  Spreng.  = 
Riedlea  corchorifolia  DC).  Indien,  auch  im  Nilgebiet.  —  Watt,  Diction.  V 

—  Rein,  I.  c.  —  Ridley  H.  W.  Agr.  Bull.  Str.  a.  Fed.  Mal.  Stat.  IV  (1 905). 
Bastf.  bis  2  Fuß  lang,  fest,  seidenglänzend. 

Helicteres  Isora  L.  Indien.  Bastfaser,  genannt  Khavon.  Wiesner, 
Indische  Faserpflanzen.  —  Über  diese  Faser  unter  dem  Titel  Helictera 
fibre,  93.    The  Tropic.  Agric.  and  Magaz.  XXIX  (1907). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  91 

37.  Cochlospermaceen. 
Cochlospermum  OossypiumDC  (=  Bomhax  grandiflorum  Sonner.). 
Indien.    Samenwolle  und  Bastfaser.    Wiesner,  Ind.  Faserpflanzen,  p.  2. 

o8.  Bixaeeen. 
Bixa  orellana  L.    Tropisches  Amerika,  in  Indien  angepflanzt.    Bast- 
fasern. —  Böhmer,  1.  c,  I.,  p.  547.  —  Dodge,  1.  c,  p.  84.  —  Watt, 
Commerc.  Prod.  of  India  (1908),  p.  143. 

;)9.  Datisciiceeu. 
Datisca  cannahina  L.    Orient.    Spinnbare  Bastfaser.  —  Duchesne, 
1.  c,  p.  312. 

40.  Thymelaeaceeii. 

Lasiosiphon  speciosus  Decne.    S.  Lasiosiphon-Bast. 

L.  eriocephalus  Decne.  Indien.  Bast  zur  Papiererzeugung  emp- 
fohlen. —  Dodge,  1.  c.,  p.  214. 

Daphne  cannabina  Wall.  (==  D.  Bholua  Don.  =  D.  papyracea 
Wall.).  Himalaya.  Nepal  paper  plant.  Bast  zur  Papierbereitung.  — 
Royle,  1.  c.,  p.  311.  —  Vetillard,  Etudes,  p.  169. 

D.  pseudomexereum  Ä.   Gr.    Japan.  Papierfaser,  Salto,  1.  c,  425. 

D.  Wallichii  Meisn.  Indien.  Dient  gleichfalls  zur  Papierhereitung. — 
Watt,  Econom.  Prod.  of  India,  Galcutta  1883.    Vol.  I,  Part.  III,  Nr.  82. 

D.  pendula  8m.    Java.    Aissliiiger,  1.  c,  p.  112. 

Daphnopsis  hrasiliensis  Marl.  Nach  brieflichen  Mitteilungen  von 
Wettsteins  (1.  c.)  wird  der  Bast  (i>Embira  brenca«)  in  Streifen  ge- 
schnitten als  Riemzeug,  sonst  auch  zu  Stricken  verwendet. 

Lagetta  lintearia  Lam.  (=  Daphne  Lagetta  Siv.).  Westindien,  bes. 
Jamaika,  wo  der  Baum  Lagetta  heißt,  Brasilien.  In  Indien  (Nepal)  kultiviert. 
Bast,  AUigator-bark,  Lace-bark,  läßt  sich  schichtenweise  ablüsen  und  bildet 
ein  reinweißes  spitzenartiges  Gewebe,  das  zu  Frauenhüten,  Kragen  und 
Luxusgegenständen  verarbeitet  wird.  In  Brasilien  zu  Peitschen  verarbeitet 
(Sem  1er).  Wichtiger  ist  seine  Verwendung  zur  Papierbereitung. — Wright, 
Acc.  pl.  grow.  Jam.  —  Royle,  1.  c.  —  Lindley,  The  veget.  Kingdom, 
p.  531.  —  Semler,  1.  c,  III,  p.  725.  —  Vetillard,  1.  c,  p.  169. 

L.  funifera  Marl.  Martinique,  Guadeloupe.  »Mahot  piment«.  Es 
werden  die  vortrefflichen  Eigenschaften  mehrseitig  hervorgehoben.  Ver- 
wendung wie  bei  der  vorhergehenden  Art,  aber  in  beschränkterem  Maß- 
stabe. —  Gat.  des  col.  fr.,  1873,  p.  8.  —  Semler,  1.  c,  III,  p.  725. 

Onidia  eriocephala  Meisn.  Westl.  Ind.  Bast.  —  Royle,  1.  c,  p.  317. 

Dirca  palustris  L.  Nordamerika.  Bastfaser  zu  Tauen.  —  Du- 
chesne, 1.  c,  p.  54. 


92  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Passerina  hirsuta  L.  Wird  nach  Schweinfurth  in  Ägypten  zur 
Herstellung  feiner  Papiersorten  verwendet.  —  Jencic,  Ost.  bot.  Zeit- 
schrift 1902.     Sep.  Abd.,  p.  6. 

Edgeworthia  papyrifera  Salxm.  (E.  chrysantha  Lindl.). 
Siehe  Edgeworthiafaser. 

E.  Gardneri  Meisn.  Nepal.  Bastfaser  zur  Papierbereitung.  Lie- 
fert nach  Watt,  Econom.  Prod.,  1.  c,  III,  Nr.  93  das  feinste  Nepalpapier, 
welches  an  Weiße  und  Feinheit  das  von  Daphne  papyracea  erzeugte 
überragt.  —  Watt,  Dict.  of  the  Econ.  Prod.  of  India,  Galcutta  1889. 

Wikstroemia  canescens  (Wcdl.)  Meisn.  Bastfaser  in  Japan  zur 
Papierbereilung.  —  Dodge,  1.  c,  p.  327.  —  Im  wärmeren  Amerika  kul- 
tiviert. Der  Bast  wird  als  sehr  leicht  und  widerstandsfähig  bezeichnet  und 
dient  zur  Papierbereitung  (Usegopapier).  —  A.  Hofmann,  Amer.  Drugg. 
XX,  p.   89. 

W.  sikokianum  Fr.  etSav.  Südl.  Japan.  Zu  Papier.  Saito,  1,  c, p.  424. 
Wikstroemia  indica  C.  A.  Mey.  Indien.  Bastfaser.  —  Ridley, 
Agric.  Bull,  of  the  Straits  and  Feder.  Malay  States  1904. 

Lythraceen. 

Lagerstroemia parviflora  Roxh.  Indien.  Liefert  in  Ghota  und  Nagpar 
eine  zu  Seilen  und  Stricken  verwendete  Faser.  —  Watt,  Commercial 
prod.  (1908),  p.  701. 

4L  Lecythidaceen. 

Lecythis  (Maria  L.  Brasilien,  Guiana,  Golumbien,  Venezuela;  hier 
unter  dem  Namen  »Coco  de  mono«.  Der  Bast^)  liefert  ein  Werg  und 
dient  auch  zur  Papierbereitung.  —  Böhmer,  1.  c,  I,  p.  552.  —  Cat.  des 
col.  fr.,  1867,  p.  83.  —  A,  Ernst,  1.  c,  1886,  p.  413.  —  Über  die  Faser 
dieser  und  anderer  Spezies  von  Lecythis  siehe  Dodge,  Catal.  1897, 
p.  215—216. 

L.  grandiflora  Auhl.  Gayenne,  Brasilien.  Bastfaser  zu  Papier.  Nach 
den  französischen  Kolonien  in  Afrika  verpflanzt.  —  Gat.  des  col.  fr,,  p.  83. 
—  Duchesne,  p.  240. 

L.  longifolia  H.  B.  K.  Venezuela.  »Goco  de  mono<.  —  A.  Ernst, 
1.  c,  p.  413. 

42.  Combretaceen. 
Terminalia  glahrata  Forsk.     Indien.     Bast.     »Uin«.  —  Wiesner, 
Indische  Faserpflanze,  p.  4. 

T.  paniculata  L.    Indien.    Bast.     »Kinjal«.  —  Ebenda. 

\)  In  Brasilien  wird  der  zimtbraune  Bast  zur  Umhüllung  des  Tabaks  für  Ziga- 
retten benutzt. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  93 

43.  Myrtaceeii. 

Melaleuca  lencodendron  L.  Indien.  Tropisches  Australien.  Der 
Bast  liefert  einen  wergartigen  Faserstoff.  —  Rumph,  Herb,  amboin., 
Kap.  25.  —  Loureiro,  Flora  cochinch.,  p.  573.  —  Ferd.  v.  Mueller, 
Rep.  on  the  Veget.  Prod.  Intercol.  Exhib.  Melbourne  i  867.  Nach  letzterem 
wird  der  Bast  von  M.  armülaris  Wendl.  (Tasmanien)  ebenso  verwendet. 

Careya  arhorea  Roxh.  Indien.  Bast  zu  Kleidungsstoffen  und  Bast- 
fasern als  Gespinststoff.  —  Royle,  1.  c,  p.  301. 

Barringtonia  sp.  Fasern  der  Wurzeln  zu  Flechtwerken.  —  Miquel, 
Flora  Nederl.  Indie  I,  p.  492.  Über  i?.  spicata  Bl,  Aisslinger,  I.e.  p.  114. 

44.  Oenotlieraceeu. 

Chatnaenerium  angustifolium  Scop.  (^=  EpiloUmn  angustifolium 
L.J.  Samenwolle.  Zur  Zeit  der  Einführung  der  Baumwolle  nach  Europa 
versuchte  man  diese  und  andere  Samenwollen  (von  Weiden,  Pappeln 
usw.)  zum  Spinnen  und  Weben  zu  verwenden.  Es  gelang  dies  nur  sehr 
unvollständig.  Es  wurden  Dochte,  Garne  zu  Handschuhen  u.  dgl.  aus 
diesem  Materiale  gemacht,  selbes  auch  zu  Polsterungen  verwendet.  Bald 
mußte  man  jedoch  einsehen,  daß  diese  Faserstoffe  nach  keinerlei  Richtung 
mit  der  Baumwolle  zu  konkurrieren  vermögen.  —  Holmb erger,  Ab- 
handlungen der  Schwedischen  Akademie  der  Wissenschaften,  1774,  p.  260 
und  VII,  p.  51.  —  Beckmann,  Vorbereitung  zur  Warenkunde.  Göttingen 
1793,  I,  p.  65.  —  Vgl.  auch  Wiesner,  Mikroskopische  Untersuchungen, 
Kap. :  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis  der  Baumwolle  und  einiger  anderer 
technisch  verwendeter  Samenhaare,  und  Dodge,  1.  c,  p.  195,  wo  auch 
über  die  Verwendung  der  Bastfaser  dieser  Pflanze  nachzusehen  ist.  Nach 
T.  F.  Hanausek,  Über  einige  Ersatzfaserstoffe  und  »Die  Weidenröschen- 
faser«, Der  Textilmeister,  Wien  1915,  ist  die  Bastfaser  wohl  fest  und  un- 
verholzt,  aber  in  zu  geringer  Menge  im  Stengel  enthalten. 

45.  Gentianaceen. 

Canscora  diffusa  E.  Br.  (=^  Pladera  virgata  Roxh.).  Malabarküste. 
Faser  liefernder  Pflanzenteil  unbekannt.  —  Gat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

46.  Apocynaceeii. 

Apocynum  sihiricum  Fall.  Südliches  Rußland,  am  kaspischen  Meere, 
in  Südsibirien.  Liefert  eine  spinnbare  Bastfaser.  In  Taschkent  soll  keine 
andere  Spinnfaser  im  Gebrauche  sein.  —  Wittmack,  Nachrichten  des 
Klubs  der  Landwirte,  Berlin,  1874.  —  Seiheim,  über  die  Faser  \QwA.sih. 
Arbeiten  der  St.  Petersburger  Gesellschaft  der  Naturforscher  IV,  1 ,  p.  3  ff. 
enthält  auch  eine  mikroskopische  Charakteristik  der  Faser. —  Michotte  F., 
Kendir  der  Kirgisen.     Revue  des  cultures  coloniales  XIV  (1904). 


94  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

A.  venetum  L.  Von  den  Lagunen  Venedigs  ostwärts  bis  (Ihina, 
zerstreut.  Die  Bastfaser  stimmt  nach  Seiheim  (1.  c.)  mit  der  von 
A.  sibiricum  Fall,  überein.  —  Nach  Ledebour  ist  Ap.  sib.  mit  Ap  ven. 
identisch.  Als  Spinnpflanze  auch  für  Europa  empfohlen.  —  Über  den 
mikroskopischen  Charakter  der  Faser  von  A.  ven.  siehe  Mikosch,  Be- 
richt der  Deutsch.  Bot.  Ges.  1891,  p.  306  ff.  —  Über  A.  ven.  als  Faser- 
pflanze siehe  noch  Aitchison,  Notes  on  the  products  of  W^estern  Afgha- 
nistan, 1886.  Daselbst  ist  angegeben,  daß  die  Kazak  (ein  Turkmenen- 
stamm) aus  dieser  Faser  ein  Gewebe  bereiten,  Katan  genannt.  S.  über 
die  in  Turkestan  von  Apocynum  venetiim  gewonnene  Faser  (»Kendir«, 
»Tarka«),  Zeitschr.  ges.  Textilind.  III.,  1899—1900,  Nr.  15. 

A.  cannahinilm  L.  Nordamerika.  Liefert  eine  hanfartige  Faser. 
welche  von  verschiedenen  Indianerstämmen  zu  Seilen ,  Fischernetzen 
usw.  verarbeitet  wird  und  von  den  Ansiedlern  als  »Indian  Hemp«  oder 
Wildhanf  Verwendung  findet.  —  Böhmer,  1.  c,  p.  534.  —  Wiesner, 
Rohstoffe  I.Aun.,  p.  318.  —  Engler,  Syllabus  2.  Aufl.  (1898),  p.  U5. 

A.  indicum  Lam.  Bastfaser  von  den  östlichen  Indianern  benutzt. 
—  Indian  use  of  Apocynum.  Philadelphia  1884,  p.  38.  Bot.  Jahres- 
ber.  1884,  II,  p.  150. 

Rauivolfia  reflexa  Teysm.  et  Birm.    Java.    Aisslinger,  1.  c,  p.  1 16. 

Nerium  piscidium  Roxb.  Indien.  Bast.  - —  Roxburgh,  Flora  in- 
dica,  II,  p.  7.  —  Royle,  1.  c,  p.  303. 

Strophanthus  sp.    Siehe  vegetabilische  Seide. 

Wrightia  tinctoria  R.  Br.  Französ.  Indien.  Liefert  ein  Polster- 
material »Oualte«.  —  Cat.  des  col.  fr.,  1873,  p.  78. 

Echites  grandiflora  Hook,  et  Arn.  (=  E.  longiflora  Desf.J.  Bra- 
silien. Die  Samenhaare  liefern  vegetabilische  Seide.  —  Arnaudon,  Sur 
les  soies  vegetales.    Moniteur  scientif.  1893,  p.  693  ff. 

Funtumia  elastica  Stapf  (=  Kickxia  elastica  Preuss).  Amani. 
Die  Samenhaare  dieser  Pflanze  wurden  von  dem  biol.  landwirtschaft- 
lichen Institut  in  Amani  der  Chemnitzer  Aktienspinnerei  zur  Begutachtung 
eingesendet.  Diese  Samenhaare  sollen  ihrer  Zähigkeit  halber  zu  Spinnerei- 
zwecken sich  besser  eignen  als  Kapok.     Der  Pflanzer,   1910,  p.  301. 

Beaumontia  grandiflora  Wallich  (=^  Echites  grayidiflora 
Roxb.).  Siehe  vegetabilische  Seide.  Auch  die  Bastfaser  steht  in  Ver- 
wendung. —  Cat.  des  col.  fr.,  1867,  p.  81.  —  Spon,  1.  c.  —  Watt,  1.  c. 

47.  Asciepiadaceen. 
Calotropis   gigantea   R.   Br.    (=  Asclepias   gigantea   Noran.). 
Siehe  vegetabilische  Seide,   welche  aus  den  Samenhaaren  dieser  Pflanze 
besieht.     In  Indien  wird  aber  auch  die  hanfartige  Bastfaser   dieses  Ge- 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  95 

Wachses  gewonnen.  —  Royle,  1.  c,  p.  306 ff.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

—  Miquel,  1.  c,  II,  p.  481.    Aisslinger,  1.  c,  p.  118. 

C.  procera  R.  Br.  (=■  C.  Hamiltonii  Wight).  Madras.  Bastfaser. 
»Yerkum«.  —  Royle,  1.  c,  p.  306 ff.  —  Watson,  Indischer  Katalog. 
(Exhib.  1862.)  —  Über  die  vegetabilische  Seide  dieser  Pflanze  siehe 
G.  Watt,  Silk  cotton  of.  Calotropis  jirocera.  Agric.  Ledger  1897.  — 
Nach  L.  A.  Lincke,  Über  Kapok,  Dresden  1912,  wird  die  vegetabilische 
Seide  dieser  Pflanze  gleich  jener  von  C.  gigantea  in  Indien  als  Ak  oder 
Akon  bezeichnet. 

C.  herhacea  Roxb.  Nördliches  Vorderindien.  Seide  ähnlich  der  von 
Calotropis  gigantea  und  procera,  kommt  aber  für  die  Fasergewinnung 
nicht  in  Betracht.  —  Lincke,  1.  c,  p.  16. 

Äsclepias  curassavica  L.    Siehe  vegetabilische  Seide. 

A.  voluhiUs  L.    Siehe  vegetabilische  Seide. 

A.  syriaca  L.  (=  A.  Cornuti  Decsne.).    Siehe  vegetabilische  Seide. 

A.  asthmatica  L.  (==  Tylophora  asthmatica  W.  et  Arn.).  Indien. 
Bastfasern.    Cat.  des  col.  fr.,  p.  81. 

A.  spinosa  Arrah.    (DC,  Prodr.  VIII.,  p.  573).    Indien.    Bastfaser. 

—  Cat.  des  coL  fr.,  p.  81. 

Cynanchum  extensuni  Ait.    Indien.    Bastfaser.  —  Ebenda, 

Marsdenia  sp.    Siehe  vegetabilische  Seide. 

M.  tenacissima  W.  et  Arn.  (=  Ascl.  ten.  Roxb.).  Indien.  Bast- 
faser. »Rajemahl«,  >Getee«.  —  Roxburgh,  Corom.  PI.  III.,  p.  35.  — 
Royle,  1.  c,  p.  304.  —  Watson,  1.  c,  p.  1 1  ff .  —  Semler,  1.  c,  III, 
p.  724.  —  Semler  rühmt  die  große  Widerstandskraft  dieser  Faser  gegen 
Feuchtigkeit  und  ihre  große  Elastizität,  in  welcher  Eigenschaft  sie  den 
Hanf  übertrifft,  wenn  sie  auch  minder  fest  als  dieser  ist. 

M.   Condurango.     Amani.     Stopfmateriale.  —  K.  Brauns,  1.  c. 

Gymnema  süvestre  R.  Br.    Java.    Aisslinger,  1.  c,  p.  120. 

Stephariotis  florihunda  A.  Brongn.  Martinique.  Die  Samenhaare 
geben  vegetabilische  Seide.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  84. 

Holostemma  Rhedeanum  Sprg.  (=  Äsclepias  annularis  Roxb.). 
Indien.  (Gircars,  Mysore.)  Bastfaser.  —  Roxburgh,  Flora  indica  II, 
p.  37.  —  Royle,  1.  c,  p.  306. 

Oomphocai'pus  fruticosus  R.  Br.  Senegal,  Tunis.  Die  Samen- 
haare liefern  vegetabilische  Seide.  —  J.  J.  Arnaudon,  Sur  les  soies 
vegetales.  Moniteur  scientif.  1893,  p.  693  ff.  —  Die  Bastfaser  dieser 
Pflanze  wird  wegen  ihrer  Festigkeit  von  Herzog  (Tropenpflanzer,  XIV, 
1912)  sehr  empfohlen.  Herzog  gibt  auch  eine  mikroskopische  Charak- 
teristik dieser  Bastfaser.  Das  von  ihm  untersuchte  Material  stammt  aus 
Deutsch-Ostafrika. 


96  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

G.  semüunatus  A.  Riehter.  Die  Samenhaare  dieser  Pflanze,  Buluba 
genannt,  werden  in  Abessinien,  Kongo,  Deutsch-Ostafrika  und  Angola  ge- 
sammelt und  als  Stopfmaterial  verwendet.  Die  Bulubafaser  soll  80  Proz. 
Zellulose  enthalten.  —  K.  Braun,  Der  Pflanzer,  1911,  p.  22 fl". 

G.  physocarjJus  E.  Mey.  Natal.  Die  Samenhaare  bilden  ein  Stopf- 
material. —  K.  Braun,  1.  c.  Nach  Ind.  Keyv-  ist  diese  Art  mit  der 
vorigen  identisch. 

Orthanthera  viminea  Wight.  Indien.  Bastfaser.  —  Royle,  Hima- 
layan  Botany,  p.  274.  —  Lindley,   The   veget.    Kingd.     3.  A.,  p.  626. 

Hemidesinus  indicus  R.  Br.  (=  H.  Wallichü  Miq.  =  Periploca 
indica  Willd.).  Indien.  Bastfaser.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81.  — Watt, 
Dictionary  IV,  Kalkutta  (1890),  p.  219. 

Leptadenia  spartum  Wight.  Indien.  Bast.  —  Royle,  The  fibrous 
plants  of  India,  p.  306. 

Hoya  viridiflora  R.  Br.    Indien.    Bast.  —  Ebenda. 

Periploca  silvestris  Retx.  Indien.  Sehr  starke  Bastfasern.  — 
Ebenda. 

P.  aphylla  Dcsne.     Indien.     Bastfaser.  —  Ebenda. 

48.  Borraginaceen. 

Tournefortia  hirsutissima  Sw.  Liefert  in  Venezuela  die  Faser 
»Nigno«.  —  A.  Ernst,  1.  c,  p.  414. 

Cordia  angustifolia  Roxb.    Indien.    Bastfaser.     »Narawali   fibres«. 

C.  latifolia  Roxb.     Siehe  Cordia- Faser. 

C.  Rotthü  R.  et  Seh.  Bastfaser.  »Gundui  fibre«.  —  Wies n er, 
Indische  Faserpflanzen,  p.  4. 

C.  ohliqua   Willd.     Indien.     Bast.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  82. 

C.  cylindristachya  Kom.  Trinidad.  Bastfaser  zu  Seilen.  —  Siehe 
J.  H.  Hart,  Ann.  Report  on  the  Royal  Botan.  Gard.  of  Trinidad.  — 
Zit.  nach  Dodge,  1.  c,  p.  133. 

49.  Solanaceen. 

Nicotiana  tahacum  L.  Die  bei  der  Tabakfabrikation  abfallenden 
Blattfragmente  werden  manchmal  in  der  Erzeugung  von  Zigarettenpapier 
verwendet.  Herzog,  Mikrophot.  Atlas,  p.  76 ff.  Der  Autor  beschreibt 
die  mikroskopischen  Kennzeichen  solcher  Zigarettenpapiere  und  gibt  eine 
mikrophotographische  Abbildung  der  charakteristischen  Bestandteile  (Ober- 
haut, Sandzellen  des  Parenchyms  usw.). 

50.  Rubiaceen. 

Psychotria  Mapowia  R.   Guiana.   Siehe  Bast.  —  Cat.  des  col.  fr.,  p.  81. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  97 

Pceden'a  fcetida  L.  Die  Bastfaser  dient  in  Panama  zu  Gespinsten. 
—  Seemann,   Herald  Exped.,  p.  70. 

Uncaria   Gamhir  Roxb.    Java.    Aisslinger,  1.  c,  p.  123. 
Timonius  Rumphii  DC.    Ebenda,  p.  124. 

51.  Cucurbitaceen. 

Luffa  cylindrica  M.  Roem  (=  L.  cegijptiaca  Mill.).  Tropisches 
Afrika  und  Asien.  Das  Fasernetz  der  Frucht  bildet  die  bekannten  »Luffa- 
schwämme«.  —  Dodge,  1.  c,  p.  229. 

L.  acutangula  Roxb.  Faser  der  Frucht.  Luffaschwamm,  auf  Guade- 
loupe »trochon«  genannt.  —  Cat.  des  col.  fr.,  1873,  p.  14. 

Coccinia  indica    W.  et  Arn.    Java.    Aisslinger,  1.  c,  p.  125. 

52.  Compositen. 

Celmisia  coriacea  Hook.  fil.  Neuseeland.  Blattfasern  für  textile 
Zwecke  und  zur  Papiererzeugung  geeignet.  —  T.  Kirk,  Ausland,   1875. 

Centaurea  salmantica  L.  »Escoba«.  Une  nouvelle  fibre  textile  au 
Mexique.  L'Agric.  prat.  pays  chauds  IX  (1909).  Nach  dieser  Quelle  löst 
sich  nach  zweitägigem  Liegen  die  Rinde  dieser  Pflanze  ab,  welche  durch 
Klopfen  eine  lange,  seidenartige  Faser  liefert.  Die  Pflanze  ist  auch  im 
Mittelmeergebiete  verbreitet. 

VI.  Spezieller  Teil. 

Übersicht  der  nachfolgend  abgehandelten  technisch  verwendeten 

Pflanzenfasern. 

a)  Pflanzenhaare. 

1.  Die  Arten  der  Baumwolle  (Samenhaare  der   Oossypium- Arien). 

2.  Die  Wolle  der  Wollbäume  (Haare   aus   den  die  Samen   einhüllenden 
Früchten  mehrerer  Bombacaceen). 

3.  Die  Arten  der  vegetabilischen  Seide  (Samenhaare  mehrerer  A«clepia- 
daceen  und  Apocynaceen). 

b)  Bastfasern  aus  den  Stengeln  beziehungsweise  Stämmen 

dikotyler  Pflanzen. 

a)  Flachs  und  flachsähnliche  Fasern. 

4.  Nesselfaser  (Urtica  dioica  L.J. 

5.  Flachs  (Linian  usitatissimum) . 

6.  Hanf  (Cannabis  sativa). 

7.  Gambohanf  (Hibiscus  cannabinus) . 

8.  Sunn  (Crotalaria  juncea). 

9.  Chikankadia  (Sida  retiisa). 

1 0.  Yercumfibre  (Calotropis  gigantea). 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  7 


98  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

ß)  Boehmeriafasern. 
1  I .  Ramiefaser  oder  Chinagras  (Boehmeria  nivea). 

Y)  Jute  und  juteähnliche  Fasern. 
12.  Jute  (Corchorus  capsularis  und   C.  olitorius). 
■13.  Raibhenda  (Abelmoschiis  tetraphyllaj. 

14.  Tupkhadia  (JJrena  sinuata). 

o)  Grobe  Bastfasern. 

15.  Bastfaser  von  Bauhinia  racemosa. 

16.  Bastfaser  von  Thespesia  Latnpas. 

1 7.  Bastfaser  von   Cordia  latifolia. 

z)  Baste. 

18.  Lindenbast  (Tilia  sp.). 

1 9.  Bast  von  Sterculia  villosa. 

20.  Bast  von  Holoptelea  intecjrifolia. 

21.  Bast  von  Kydia  calycina. 

22.  Bast  von  Lasiosiphon  speciosus. 

23.  Bast  von  Sponia   Wightii. 

c)  Gefäßbündelbestandteile  oder  Gefäßbündel  monokotyler 

Pflanzen. 

et)  Blattfasern. 

24.  Musafasern    fManilahanf)    von   Musa    textüis    und    Fasern    anderer 
ifwsa- Arten, 

25.  Agavefasern  (Agave  sp.)  Sisal,  Kantala,  Henequen  usw. 

26.  Mauritiushanf  (Fourcroya  foetida). 

27.  Sansevieriafasern  (Sansevieria  sp.). 

28.  Neuseeländischer  Flachs  fPhormmm  tenax). 

29.  Aloefasern  (Aloe  sp.). 

30.  Bromeliafasern  (Bromelia  sp.). 

31.  Pandanusfasern  (Pandanus  sp.). 

32.  Raphiafasern  (Raphia  sp.). 

33.  Espartofaser  (Stipa/  tenacissima). 

34.  Piassave  (Attalea  funifera,  Leopoldinia  Piassaha  usw.j. 

35.  Posidoniafaser  (Posidonia  austraUs). 

ß)  Stengelfasern. 

36.  Tillandsiafaser  (Tülandsia  usneoides). 

y)  Fruchtfasern. 

37.  Coir  oder  Kokosnußfaser  (Cocos  nucifera). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  99 

Anhang. 
Weltproduktion  der  wichtigsten  Pflanzenfasern. 
Wie  die  vorgeführte  Zusammenstellung  lehrt,  ist  die  Zahl  der  tech- 
nisch verwendeten  Pflanzenfasern  eine  enorm  große.  Um  eine  erste, 
vorläufige  Orientierung  über  diese  Fasern  in  Rücksicht  auf  ihre  Bedeutung 
als  Gegenstand  des  Handels  und  der  Industrie  zu  geben,  lasse  ich  hier 
eine  Übersicht  der  Weltproduktion  der  allerwichtigsten  Pflanzenfasern 
folgen.  Dieselbe  umschließt  die  Daten  über  die  Weltproduktion  jener 
Fasern,  welche  entweder  zum  Spinnen  und  Weben  dienen  (Spinnfasern 
=  Weichfasern)  oder  in  der  Seilerindustrie  Verwendung  finden  (Hart- 
fasern i).  In  dieser  Übersicht  werden  die  Polstermaterialien,  die  Mate- 
rialien zur  Erzeugung  von  Besen  und  groben  Bürsten  (Piassaven,  sog. 
Reiswurzeln  usw.)^  die  zahlreichen,  in  der  Papierfabrikation  verwendeten 
Materialien  (Holz,  Stroh  usw.)  und  die  nur  eine  untergeordnete  technische 
Verwendung  findenden  Pflanzenfasern,  nicht  berücksichtigt.  Die  Produk- 
tionsmengen sind  in  Tonnen  ä  1000  kg  ausgedrückt  und  die  Daten  be- 
ziehen sich,  wenn  nichts  anderes  angegeben  ist,  auf  das  Jahr  19122). 

A)  Hartfasern. 

1.  Manilahanf.    Philippinen.    (Musa  textiUs)     .     .     .     170,500  Tonnen. 

2.  Henequen.    Yucatan  und  andere  Gebiete  von  Mexiko 

(Agave  fourcroydes) 138,900        » 

3.  Sisalhanf.  Deutsch-Ostafrika,  Java  usw.  fl4.s^sö!^a?^aj       23,950        » 

4.  Neuseeländischer  Flachs.     Neuseeland  (Phormium 

tenax) 18,000 

5.  Kokosnußfaser.    Indien    (Cocos  nucifera)      .     .     .       25,000 3)     > 

B)  weiche  Fasern. 

6.  Baumwolle.    (1910—1911)  (Gossypium  sp.)   .     .    4,500,000 

7.  Flachs.    (1909)  (Linum  usitatissimum)     .     .     .       692,200 

8.  Hanf.    (1909)  (Cannahis  sativa) 1 67,700  *)     > 

9.  Jute  (indische).    (1911 — 1912)  (Corchorus  capsu- 

laris  und   C.  olüorius) 1,920,000 

d)  Papierfasern. 
38.  Strohfaser  (Roggen,  Weizen,  Hafer,  Reis). 

h)  Über  Hartfaser  siehe  oben  p.  23. 

2)  Die  Daten  -1  —  4  und  7 — 9  nach  Lyster  H.  Dewey.  Siehe  auch  Nachrichten 
über  Handel,  Landwirtschaft  und  Industrie.  Zusammengestellt  im  Reichsamt  des 
Innern,  Berlin  3.  Mai  4  913. 

3)  Nach  nicht  übereinstimmenden  Quellen.  Der  oben  angegebene  Wert  scheint 
zu  klein  zu  sein. 

4)  Dieser  Wert  ist  nach  anderer  Quelle  zu  klein. 

7* 


100  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

39.  Esparlofaser  (Blattfaser  von  Stipa  tenacissima). 

40.  Bambusfaser  (Bambusa  sp.). 

41.  Holzfaser  (Fichte,  Tanne,  Führe,  Espe  usw.). 

42.  Bastfaser  des  Papiermaulbeerbaums  (Broussonetia  paiiyrifei'a). 

43.  Bastfaser  der  Edgeworthia  papyrifera. 

44.  Torffaser. 

Anhang.. 

Papier  aus  dem  Mark  von  Aralia  papyrifera. 
Im  geschichtlichen  Teile  des  den  Papierfasern  gewidmeten  Abschnitts 
werden  noch  abgehandelt  werden : 

1.  Palmblätter  als  Beschreibstjofl'. 

2.  der  Papyrus    der   Alten    (aus   dem   Marke    des    Schaftes   von 
Cyperus  Papyrus. 

3.  die  sog.  Baumbastpapiere. 

4.  die  Papiere   der  Bhurja-Manuskripte    (Periderm    der  Betula 
Bhojpattra). 

5.  die  Papiere  der  Maya-Codices  und  der  altmexikanischen  Bilder- 
handschriften. 

1.  Baumwolle  1). 

Es  ist  hinlänglich  bekannt,  daß  die  Baumwolle  (coton  franz.,  cotton 
engl.)  nicht  nur  die  wichtigste  aller  spinnbaren  Fasern  ist,  sondern  gerade- 
zu die  wichtigste  Ware  des  Welthandels  bildet,  womit  nicht  gesagt  sein 
soll,  daß  das  Gewicht  oder  der  Wert  der  jährlich  gewonnenen  Baumwolle 


\]  Beckmann,  Vorbereitung  zur  Warenkunde.  I.  Göttingen  \1^Z.  ßaines, 
History  of  cotton  naanufacture  in  Great  Britain,  London  1835.  Harry  Rivet-Cornac, 
Report,  on  the  cotton  dep.  etc.,  Bombay  1869.  B.  Nieß,  Die  Baumwollenspinnerei 
in  allen  ihren  Teilen,  2.  Aufl.,  Weimar  1883,  3.  Aufl.,  1902.  Oppel,  Die  Baumwolle 
nach  Geschichte,  Anbau,  Verarbeitung  und  Handel,  Leipzig  1802.  Kleine,  Die  Baum- 
wolle, ihre  Kultur,  Ernte,  Verarbeitung  und  der  internationale  Baumwollehandel. 
Leipzig  1908.  G.  Watt,  Commercial  productes  of  ludia,  London  1908.  Die  Baum- 
wollenfrage. Denkschrift  über  Produktion  und  Verbrauch  von  Baumwolle.  Maß- 
nahmen gegen  die  Baumwollennot.  Veröfi'entlicht  vom  Reichskolonialamt  Nr.  1, 
Jena  1911.  Pariatore,  Le  specie  dei  cotoni,  Firenze  1861.  Todaro,  Relatione 
sui  cotoni  coltivati  nel  R.  orto  botanico  di  Palermo,  Palermo  1876.  G.  Watt,  The 
wild  and  cult.  Cotton  plants  on  the  world,  London  1907. 

Speziell  über  Kultur  u.  Gewinnung  siehe  noch:  Semler,  Tropische  Agrikultur, 
Bd.  III,  1888  und  spätere  Auflage.  Dodge,  I.e.,  1897.  M.  Passon,  Die  Kultur 
der  Baumwolle,  Stuttgart  1910.  Speziell  über  mikroskopische  Kennzeichen:  Wiesner, 
Mikroskop.  Unters.,  Stuttgart  1872.  Weitere  Literaturangaben  folgen  im  Laufe  dieses 
Artikels. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  101 

die  höchsten  seien,  welche  eine  Handelsware  erreichen  kann.  Es  wird  bei- 
spielsweise jährlich  weitaus  mehr  Weizen  geerntet  als  Baumwolle  (0.  War- 
burg) i  und  auch  der  Wert  dieser  Feldfrucht  überragt  jenen  der  Baum- 
wolle. Aber  der  ungemein  hohe  Wertzuwachs  der  aus  Baumwolle 
erzeugten  Fabrikate  begründet  die  große  Bedeutung  der  Baumwolle  als 
Handelsware,  —  ich  erinnere  nur  an  das  bekannte  Wort:    King  cotton. 

Die  Geschichte  der  Baumwolle  wird  am  Schlüsse  dieses  Paragraphen 
in  Kürze  geschildert  werden,  dort  kommt  auch  die  steigende  Bedeutung 
dieses  Faserstoffes  zur  Besprechung.  Hier  sei  einleitend  nur  erwähnt, 
daß  man  die  Menge  der  in  den  Welthandel  kommenden  Baumwolle  auf 
ca.  4,5  Milliarden  Kilogramm  veranschlagt 2),  wovon  derzeit  beiläufig  noch 
immer,  trotz  großer  Anstrengungen  anderer  Länder,  65  Proz.  auf  die 
Vereinigten  Staaten  fallen.  Vor  etwa  zwanzig  Jahren  schätzte  man  — 
allerdings  mit  geringerer  Sicherheit  als  jetzt  —  die  jährlich  auf  der  Erde 
produzierte  Menge  an  Baumwolle  auf  die  Hälfte  und  vor  etwa  vierzig 
Jahren  auf  etwa  rund  1000  Millionen  Kilogramm,  d.  i.  auf  weniger  als 
ein  Viertel  der  jetzigen  Produktionsmenge  3).  Nähere  Daten  über  die 
jährliche  Produktionsmenge  der  Baumwolle  folgen  weiter  unten.  Die 
Kultur  der  Baumwollenpflanze  ist  dementsprechend  sehr  ausgedehnt  und 
es  sei  einstweilen  nur  hervorgehoben,  daß,  einzelne  Ausnahmen  (z.  B. 
die  kaukasische  Baumwolle)  abgerechnet,  das  Anpflanzungsgebiet  dieser 
Nutzpflanze  von  36°  S.  B.  bis  zu  41°  N.  B.  reicht. 

Das  hohe  Alter  der  Baumwollenkultur  und  die  sehr  verschieden- 
artigen Vegetationsbedingungen  der  über  einen  großen  Teil  der  Erde 
verbreiteten  Baumwollpflanzen  sind  die  Ursache  der  Entstehung  zahl- 
reicher, zum  großen  Teile  fixer  Rassen  und  vieler  Spielarten,  welche  die 
Einordnung  der  Formen  in  bestimmte  Spezies  sehr  erschweren,  so  daß 
die  Systematik  der  Gattung  Gossypium  keineswegs  als  geklärt  zu  be- 
trachten ist. 

Vor  allem  gilt  für  die  Baumwolle,  wie  für  fast  alle  alten  Kultur- 
gewächse, daß  man  die  Stammpflanze,  von  welcher  die  gezüchteten 
Formen  abstammen,  nicht  oder  nicht  mit  genügender  Sicherheit  kennt. 
Es  wurden  viele  angeblich  wildwachsende  indische  und  amerikanische 
Gossypium- jüvien  beschrieben,  die  sich  aber  fast  durchweg  als  ver- 
wilderte  Gewächse    herausgestellt    haben.      Nur   das    von   Maxwell 


H)  0.  Warburg,  Die  Baumwolle,  in  dem  Werke:  Die  Kulturpflanzen  der  Welt- 
wirtschaft von  0.  Warburg  und  J.  E.  von  Someren-Brand,  Leipzig,  Voigtländer 
190S.  Die  Zeit  der  Herausgabe  dieses  Werkes  ist  weder  dem  Titel  des  Buches,  noch 
der  Vorrede  zu  entnehmen.     Auch  die  einzelnen  Aufsätze  sind  undatiert. 

2)  Nach  den  statistischen  Angaben  aus  dem  Jahre   1910— H. 

3)  Andree,  Geographie  des  Welthandels  (1872),  p.  640.  Semler,  Tropische 
Agrikultur  III  (1888),  p.  495. 


-[Q2  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Masters  beschriebene  Gossypium  Stocksü^),  welches  in  der  Nähe  von 
Karachi  (Indien)  und  auf  den  Ühofor-Bergen  (im  südöstlichen  Arabien) 
aufgefunden  wurde,  gilt  als  Stammpflanze  des  von  Linne  aufgestellten 
Gossypium  herhaceum.  Indes  sind  auch  gegen  diese  Herleitung  Be- 
denken geäußert  "worden  2). 

Folgende  Spezies  dieser  Gattung  liefern  erwiesenermaßen  die  größte 
Menge,  beziehungsweise  überhaupt  Baumwolle: 

Gossypium  herhaceum  L.^].  Insbesondere  stark  in  Indien,  aber 
auch  in  Ägypten,  Kleinasien,  in  der  europäischen  Türkei  gebaut.  Liefert 
kurzstapelige  Baumwolle. 

G.  hirsutiwi  L.  Die  Heimat  dieser  Baumwollenart  ist  Westindien 
und  das  wärmere  Amerika.  Sie  wird  nicht  nur  in  den  genannten  Län- 
dern, sondern  auch  an  vielen  anderen  Orten  kultiviert,  insbesondere  in 
Nordamerika,  wo  sie  mit  den  weiterfolgenden  die  Hauptmasse  der  Handels- 
ware liefert.  Unter  anderm  hat  man  auch  in  Italien  Anhauversuche 
mit  dieser  Pflanze  vorgenommen  (Rivet-Cornac). 

G.  harhadense  L.^).  Heimat:  Westindien.  Diese  Spezies  liefert 
eine  ausgezeichnete,  durch  besondere  Länge  und  Güte  der  Faser  aus- 
gezeichnete Baumwolle  (Sea  Island)  und  dies  ist  wohl  der  Grund,  wes- 
halb man  in  allen  Baumwolle  liefernden  Ländern  dieselbe  anzubauen 
bestrebt  ist. 

G.  peruvianum  Cav.^).  Heimat:  Peru,  Barbados  (Maycock),  ist 
für  Südamerika  eine  wichtige  Kulturpflanze  geworden. 

1)  Flora  Brit.  Indien.  1874. 

2)  G.  Watt,  Wild  and  cult.  cotton  PI.  of  the  World  (1907)  73  f.  Siehe  auch 
Watt,  Commerc.  Products  of  India,  London  (1908),  p.  575. 

3)  Die  Linnesche  Spezies  zerfällt  in  zahlreiche  Formen,  welche  von  den  Autoren 
zumeist  als  selbständige  Arten  beschrieben  werden.  Diejenige  Form,  welche  für  die 
indische  Baumwollenkultur  die  höchste  Bedeutung  hat,  ist  das  von  Todaro  be- 
schriebene 0.  Wightianum.  Zu  6.  herhaceum  gehört  auch  Q.  obtusifolium  Roxb. 
und  das  das  Hauptquantum  an  Dhollera-Baumwolle  liefernde  O.  fuicrocarpum?  (O. 
herb.  var.  microcarpuvi  Tod.).  Nach  neuerer  Auffassung  gehören  zu  dem  Linne- 
schen  Q.  herhaceum  noch  Q.  neglectum  Tod.,  Q.  latifolium  Murr.,  O.  eglandulosum 
Cav.  und  micranthum  Gav.  Wie  unsicher  derzeit  noch  die  Systematik  von  Gossy- 
pium ist,  gehl  daraus  hervor,  daß  einige  Autoren  O.  neglectum  Tod.  als  eine  Form 
von  0.  herhaceum  L.,  andere  als  eine  Form  von  O.  arboreum  L.  (0.  arb.  var. 
neglectum  Watt)  erklären.     Siehe  hierüber  Watt,  1.  c. 

4)  Mit  Gossypium  harhadense  werden  jetzt  identifiziert  G.  acuminatum  Roxb., 
vitifolium  Lam.,  punctatum  Schum.  et  Thonn.,]  racemosum  Poir.  und  mariti- 
mum  Tod. 

5)  Wird  von  einigen  Autoren  als  eine  Form  von  G.  harhadense  betrachtet. 
G.  peruviamtm  Tod.,  als  deren  wahrscheinliche  Heimat  Zentral-  und  Südamerika 
angegeben  wird,  identifiziert  Watt  mit  G.  vitifolium  Roxb.  und  G.  hirsu- 
tum  Cook. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  X03 

O.  religiosum  Auct.  Die  Nankingbaumwolle.  In  China  zu  Hause. 
Dort  und  in  Hinterindien  stark  gebaut;  aber  auch  in  andern  Ländern, 
z.  B.  Ägypten,  Italien  i). 

O.  a?'boreum  L^).  Die  baumartige  Baumwolle  wird  seit  alter  Zeit 
in  Vorderindien  gebaut;  nach  Masters  ist  sie  aber  nicht  ostindischen, 
sondern  afrikanischen  Ursprungs.  Sie  wird  aber  auch  sonst  noch  in 
Ostindien,  in  China,  Ägypten,  in  Nordamerika  und  Westindien  (May- 
cock),  und  selbst  im  Mittelmeergebiete  kultiviert. 

Im  Vergleiche  zu  den  vorher  angeführten  Arten  (insbesondere  zu 
den  Formen  vgn  O.  hei'haceum,  hirsutum  und  bai'badense)  tritt  diese 
Art  und  ihre  Formen  schon  stark  in  den  Hintergrund  3). 

An  diese  angeblichen  Arten  der  Gattung  Oossypium  schließen  sich 
an:  Gossypium  indicum  LamJ)  in  Ostindien;  O.  viüfolium  Lam.^ 
Heimat  Ostindien  und  die  Maskarenen,  kultiviert  auf  Barbados,  in  Indien, 
Java,  Neukaledonien  und  Italien 6);  G.  punctatum  Schuni.^  Senegal; 
G.  acuminatum  Roxb.,  Indien,  daselbst  auch  kultiviert ^j;  G.  obtusi- 
foliuTn  Roxb.,  Indien,  daselbst  auch  kultiviert '^);  G.  7niera?ithu?n  Cav., 
als  »Kapas  mori«  in  Vorderindien  und  Java  gepflanzt ^j;  G.  taitense 
Parl.^  Tahiti,  und   G.  sandwicense  Pari.,  Sandwichsinseln ^j. 

Die  französischen  Kolonien  exportieren  zwei  Handelssorten  der  Baum- 
wolle, nämlich  coton  pierre,  und  c.  nankin  court  soie,  erstere  aus  Mar- 
tinique und  Guadeloupe,   letztere   aus  Indien,    welche  von    den   übrigen 


\)  Die  in  der  Nähe  indischer  Tempel  (der  Brahminen)  angepflanzte,  heiUg  ge- 
haltene Baumwollenpflanze  ist,  wie  ich  selbst  gesehen,  nicht  O.  religiosum  Auct., 
sondern  Q.  arboreum  oder  eine  Spielart  derselben.  Aus  der  Wolle  dieses  Baumes 
wird  die  heilige  Brahminenschnur  (»Upavita<  nach  gef.  Mitteilung  des  Herrn  Prof. 
L.  V.  Schröder)  angefertigt.  Nach  Watt,  Dictionary,  Artikel  Oossypium,  p.  39, 
hat  es  den  Anschein,  als  würde  die  Wolle  von  0.  kerbaeeum  zur  Verfertigung  der 
heihgen  Brahminenschnur  (>the  Brahminical  string«)  dienen.  Doch  findet  sich  bei 
Watt,  1.  c,  p.  43  bezeugt,  daß,  wenn  nicht  alle,  so  doch  zumeist  die  Schnur  (hier 
>brahminical  thread«  genannt)  aus  der  Wolle  von  O.  arboreum  verfertigt  werde. 

2)  Über  die  Varietäten  dieser  Linn eschen  Spezies  siehe  Watt  (Wild  and  cultiv. 
cotton  plants),  wo  indes  auch  0.  neglectum  Tod.,  die  von  anderen  Autoren  zu  O.  ker- 
baeeum gezogen  wird,  als  Form  von  G.  arboreum,  betrachtet  wird  (siehe  obere 
Note,  p.  806). 

3)  Siehe  Tropenpflanzer  11  (1898),  p.  68  0". 

4)  Über  die  Identifizierung  einiger  dieser  Arten  mit  Oossypium,  herbaceum,  und 
barbadense  siehe  die  Anmerkungen  p.  10  2. 

5)  Siehe  Miquel,  Flora  von  Nederl.  Indic.  I.  2.  p.  163;  Cat.  des  col.  fr.,  1867, 
p.  86.     Maycock,  Flora  Barb.,  p.  134. 

6)  Cat.  des  col.  fr.,  p.  86  und  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  1.  c,  p.  2. 

7)  Wiesner,  1.  c,  p.  2. 

8)  Miquel,  1.  c,  p.  162. 

9)  Pariatore,  1.  c. 


104  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

bekannten  Sorten  so  abweichen,  daß  sie  als  selbständige  Formen  im 
nachfolgenden  beschrieben  werden  müssen,  wenn  auch  die  angeblichen 
Stammpflanzen,  nämlich  G.  conglomeratum  und  G.  flavidum,  wohl  als 
zweifelhafte  Spezies  zu  betrachten  sind '). 

Es  werden  häufig  noch  andere  als  die  hier  angeführten  Spezies 
von  Gossypium  als  Baumwolle  liefernd  bezeichnet,  z.  ß.  G.  siamense^ 
G.  purpurascens^  G.  Jumelianum  und  viele  andere.  Es  sind  dies  ent- 
weder nur  Kulturformen,  z.  B.  die  letztgenannte,  oder  ungenau  be- 
schriebene Spezies,  welche  wahrscheinhch  mit  anderen  der  früher  auf- 
gezählten Spezies  zusammenfallen,  oder,  wie  auch  manche  der  früher 
genannten  Hybride.  —  Überhaupt  läßt  die  Systematik  des  Genus  Gos- 
sypium^ wie  schon  oben  betont,  noch  viel  zu  wünschen  übrig  und  eine 
scharfe  Abgrenzung  der  typischen  Formen  steht  wohl  noch  zu  erwarten. 
Freilich  wird  es  mit  nicht  geringen  Schwierigkeiten  verbunden  sein,  die 
so  zahlreich  gewordenen  Kulturvarietäten  und  hybriden  Formen  durch- 
wegs auf  genau  definierbare  Typen  zurückzuführen-).  — 

Die  Güte  der  Baumwolle  hängt  in  erster  Linie  von  der  Gossypium- 
Spezies  oder  der  Kulturvarietät,  welcher  die  Stammpflanze  zugehört,  ab. 
Im  allgemeinen  liefern  die  baumartigen  und  strauchigen  Formen  bessere 


1)  Cat.  des  col.  fr.,  p.  86.  O.  conglomeratum  ist  insofern  charakteristisch,  als 
die  Samen  nicht  lose  wie  bei  den  andern  Arten  in  der  Frucht  liegen,  sondern  zu 
einer  schwer  zerbrechlichen  steinartigen  Masse  zusammengefügt  erscheinen,  daher  der 
französische  Name  ^coton  pierre^.  Nach  Sadebeck,  Die  Kulturgewächse  der  deut- 
schen Kolonien,  Jena  <898,  p.  305  bilden  auch  die  in  den  Fruchtkapseln  von  Oossy- 
piuTn  peruvianimi  vorkommenden  Samen  eine  zusammenhängende  Masse. 

2)  Pariatore  (1.  c.)  hat  versucht,  alle  bekannten  Formen  auf  folgende  Typen 
zurückzuführen:  Oossypium  herbacemn  L.,  G.  arbofetim  L.,  O.  sandvieense  Pari. 
(=  0.  religiosurn  Forst.),  0.  taitense  Pari.,  O.  hirsutiwi  L.,  0.  barbadense  L.  und 
O.  religiosum  L. 

Schumann  (in  Engler-Prantls  Pflanzenfamilien  III.  6.  1895,  p.  51)  führt 
alle  kultivierten  Oossypiwn- Arten  auf  drei  Spezies  zurück:  auf  Ö.  herbacemn,  6. 
arborewn  und  0.  barbadense.  Dabei  wird  aber  selbst  Q.  herbaceum  als  eine  Kultur- 
form angesehen,  welche  möglicherweise  auf  das  wildwachsende  O.  Stocksü  Mast. 
zurückzuführen  ist  (siehe  oben  p.  102).  Mit  welcher  Vorsicht  manche  Daten  über 
Formen  der  Baumwollenpflanze  aulzunehmen  sind,  dafür  sei  hier  ein  Beispiel  an- 
geführt. Delchevalerie  gibt  (Amsterdamer  Kongreß,  Leyden  i878)  an,  daß  in 
Unterägypten  durch  Kreuzung  von  Gossypium  vitifoliian  und  Hibiscus  esculentus 
ein  Bastard  entstanden  sei,  die  Baniiah-Baumwolle,  welche  sehr  dichte  Pflanzung  ver- 
trägt und  zur  Anpflanzung  überhaupt  sehr  geeignet  sein  soll.  Nach  Asche rson 
und  Seh  wein furth  ist  aber  bei  dieser  angebhchen  Kreuzung  Hibiscus  esculentus 
nicht  beteiligt.  Siehe  Bot.  Jahresb.  1879,  IL,  p.  334.  Über  Gossypium  anomalum 
Ky  Peyr.  iCienfuegosia  anomala  Oiirl:e)  siehe  Schwein  furth,  Le  plante  utili  dell' 
Eritrea.     Soc.  Afr.  d'  ItaHa.  X  (1891). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  1Q5 

Wollen  als  die  krautarligen.  Die  von  Beckmann*)  zuerst  ausgesprochene 
und  dann  oft  wiederholte  Meinung,  daß  sich  die  Güte  der  Baumwolle 
mit  der  Höhe  der  Mutterpflanzen  steigere,  hat  mithin  einige  Berechti- 
gung, ist  aber  keineswegs  durchschlagend,  da  die  besten  Wollen  von 
strauchigen  Formen  herrühren.  Aber  auch  Klima,  Boden  und  Kultur- 
verhältnisse üben  einen  sehr  wichtigen  Einfluß  auf  die  Güte  der  Wolle  aus. 

Trotz  der  zahlreichen  kultivierten  Gossi/pium-Spezies  und  der  weitaus 
größeren  Zahl  von  Spielarten  unterscheidet  die  Praxis  bloß  zwei  Haupt- 
arten von  Baumwullenpflanzen,  nämlich  die  indische  und  die  ameri- 
kanische Pflanze,  wo  immer  dieselben  auch  gebaut  werden  mögen.  Zur 
indischen  ßaumwollenpflanze  zählen  vorwiegend  die  Formen  von 
Gossijpium  herbaceiim]  sie  liefern  stets  kurzstapelige  Baumwolle  und 
sind  dadurch  charakterisiert,  daß  ihre  Samen  stets  mit  weißlicher  oder 
schwach  gelblicher  Grundwolle  bedeckt  sind  und  deshalb  nie  schwarz  ge- 
färbt erscheinen.  Die  amerikanischen  Baumwollenpflanzen  sind  hohe 
strauchartige  Formen  von  G.  barbadense  und  hiysutum,  welche  ent- 
weder schwarz  aussehende  Samen  besitzen,  wenn  nämlich  keine  Grund- 
wolle ausgebildet  wird  oder  von  einer  eigentümlichen  grauen  oder 
grünen  Grundwolle  bedeckt  sind.  Die  Samen  von  G.  barbadense  sind  ge- 
wöhnlich kahl  und  schwarz,  die  von  G.  hirsutum  gewöhnlich  mit  stark 
gefärbter  (smaragdgrüner  bis  grauer)  Grundwolle  bedeckt.  Eine  scharfe 
Unterscheidung  zwischen  indischen  und  amerikanischen  Baumwollen- 
pflanzen läßt  sich  selbstverständlich  nicht  durchführen;  es  sollte  aber  nicht 
unerwähnt  bleiben,  daß  der  Baumwollenpflanzer  zunächst  diese  beiden 
Arten  unterscheidet^),  und  von  den  amerikanischen  Baumwollenpflanzen 
zwei  verschiedene  Typen  stets  beachtet:  Sea  Island  und  Upland.  Die 
erstere  ist  lang-,  die  letztere  kurzstapelig  (kurzfaserig)'^).  Auf  diese  Baum- 
wollensorten des  Handels  komme  ich  weiter  unten  noch  zurück. 

Die  auf  die  Güte  und  überhaupt  auf  die  Art  der  Baumwolle  Ein- 
fluß nehmenden  Faktoren  scheinen  auch  die  Menge  der  Baumwolle,  die 
der  Boden  hervorbringt,  zu  bestimmen.  Das  Baumwoflenquantum,  welches 
ein  Hektar  liefert,  schwankt  zwischen  60 — 300  kg  reiner  Wofle  im  Jahre, 


^)  1.  c,  p.  9.  Wie  sehr  die  Auffassungen  über  den  Speziesbegriff  innerhalb  der 
Gattung  Qossypiwn  voneinander  abweichen,  ist  aus  einer  Zusammenstellung  zu  er- 
sehen, welche  jüngsthin  M.  Passon  (1.  c,  p.  12)  über  die  Zahl  der  Oossypmm-Spezies 
gibt,  welche  von  verschiedenen  Autoren  angenommen  werden.  Er  sagt:  Linne 
räumt  6  Spezies  ein,  De  Gandolle  16,  Pariatore  7,  desgleichen  Masters, 
Royle  4,  Bentham  und  Höoker  3.  Es  wird  ein  Autor  genannt  (Rohr),  welcher 
34  Spezies  annimmt  und  Passon  scheint  die  Ansicht  zu  vertreten,  daß  nur  eine 
Art  bestehe. 

2)  Semler,  1.  c.  III.,  p.  483. 

3)  Semler,  1.  c.  III.,  p.  485. 


106  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

worunter  reine  entkernte  Baumwolle  zu  verstehen  ist  i).  —  Von  entschei- 
dender Wichtigkeit  für  die  Güte  und  Homogenität  der  Ware  ist  das 
Saatgut.  Es  ist  nicht  nur  notwendig,  daß  die  Sorte,  welche  man  kulti- 
viert, möglichst  rein  erhalten  und  nicht  mit  anderen  Sorten  vermengt 
wird;  es  muß  auch  in  vielen  Ländern,  ähnlich  wie  beim  Lein,  der  Samen 
aus  den  Heimatländern  der  Stammpflanzen  jährlich  oder  nach  Ablauf 
einiger  Jahre  wieder  frisch  bezogen  werden. 

Die  Baumwollenkapseln  werden  zur  Zeit  der  Reife  gesammelt  und 
aus  ihnen  die  Baumwolle  abgeschieden.  Früher  waren  die  Baumwollen- 
kapseln Gegenstand  des  Handels  und  es  wurde  aus  ihnen  in  Europa  der 
Faserstoff  von  dem  Samen  und  Fruchthüllen  befreit^).  Dieses  in  jeder 
Beziehung  irrationelle  Verfahren  hat  man  lange  aufgegeben  und  es  er- 
folgt jetzt  die  Fasergewinnung  in  den  Produktionsländern  selbst.  Zur 
rationellen  Fasergewinnung  ist  zunächst  erforderlich,  daß  die  Kapseln 
gerade  im  Stadium  der  Reife  gesammelt  werden,  weil  nur  in  diesem 
Stadium  die  Abscheidung  der  Wolle  von  den  übrigen  Fruchtbestandteilen 
gut  und  ohne  großen  Verlust  gelingt 3).  Die  Einerntung  der  reifen 
Frucht  ist  aber  mit  Kosten  verbunden,  da  auf  einem  und  demselben 
Felde  die  Früchte  nicht  zur  gleichen  Zeit  reifen.  Zuerst  erfolgt  die 
Gewinnung  der  Samenwolle,  nämlich  der  von  den  Fruchthüllen  be- 
freiten, aber  noch  die  Samen  enthaltenden  Wolle.  Diese  Prozedur  wurde 
früher  mit  der  Hand  ausgeführt.  Es  gehört  zu  den  großen  Fortschritten 
der  Baumwollenkultur,  daß  die  Enthülsung  nunmehr  maschinell,  nämlich 
unter  Anwendung  einer  Art  von  Exhaustor  geschieht  (Semler).  Nun- 
mehr wird  die  Samenwolle  von  den  Samen  befreit  und  dadurch  in 
L  int  wolle  (Lintbaum  wolle,  Lint)  umgewandelt.  Es  geschieht  dies  durch 
das  Entkörnen  (Egrenieren,  Ginen).  Das  Entkörnen  erfolgt  auf  der 
Egreniermaschine.  Einrichtung  und  Wirkungsweise  dieser  Maschine  zu 
schildern  ist  nicht  Aufgabe  dieses  Werkes  *)  und  es  sei  nur  bemerkt, 
daß  die   gewöhnliche  Egreniermaschine  (Gin)   für   kurzstapelige   Wollen 

1)  M.  Passon  (1.  c,  p.  63)  gibt  folgende  Erträge  pro  Hektar  an: 

Italien  Rohbaumwolle       ^50  kg,         Reinbaumwolle         50  kg 

Indien                >               360— 390  kg,  »                ■120— -1 30  kg 

Venezuela        »             800— H 50  kg,  »               260— 382  kg 

Pernambuco     »                 <  000  kg,  »                    335  kg 

Bahia                 »              800— 1200  kg,  »                266— 400  kg. 

Auf  den  Antillen   soll  die  Ernte    an  Rohbaumwolle  in   einzelnen   Fällen  2000  kg  pro 

Hektar  übersteigen. 

2)  Beckmann,  1.  c ,  p.  23. 

3]  Über  Einsammlung  der  Baumwollenkapseln  und  über  Gewinnung  der  Baum- 
wolle s.  Henry  Lecomte,  Le  coton,  Paris  1899,  und  TropenpDanzer,  III  (1899) 
p.  347  und  einige  der  oben  (p.  100)  zitierten  neueren  Werke. 

4)  S.  hierhei-  hauptsächlich  Sem  1er,  1.  c.  HI  (1888),  p.  593  IT. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  107 

ausreicht,  die  langstapeligen  Wollen  aber  stark  angreift  (z.  T,  zerreißt). 
Die  Egrenierung  solcher  Wollen  geschieht  rationeller  auf  einer  Walz- 
maschine (rollergin). 

Das  Egrenieren  gelingt  am  leichtesten  bei  den  Wollen  von  Gossypium 
harhadense^  am  schwierigsten  bei  jenen  Arten  (z.  B.  G.  herbaceum]^ 
welche  eine  dichte  Grundwolle  besitzen.  Bei  der  ersteren  lösen  sich  die 
Ilaare  sehr  leicht  von  den  Samen  ab,  während  bei  der  letzteren  eine 
größere  Kraftanstrengung  hierzu  erforderlich  ist.  Die  bei  der  Abschei- 
dung solcher  schwer  zu  entkörnenden  Wollen  sich  ergebenden  Wider- 
stände haben  zur  Folge,  daß  auch  Samenfragm.ente  in  die  Wolle  über- 
gehen, überhaupt  ein  unreineres  Produkt  zustande  kommt. 

Durchschnittlich  besteht  die  Samenwolle  dem  Gewichte  nach  aus 
zwei  Drittel  Samen  und  ein  Drittel  Lint.  Es  ist  gelungen,  Spielarten  zu 
erzielen,  deren  Samenwolle  aus  4  0  Proz.  Lint  und  60  Proz.  Samen  be- 
steht i).  Selbstverständlich  kann  nicht  die  ganze  Wolle  der  Kapseln  ge- 
wonnen werden;  bei  Abscheidung  der  Faser  ergeben  sich  mehr  oder 
minder  große  Verluste. 

Ausnehmen  der  Wolle  und  Egrenieren  werden  in  den  verschiedenen 
Produktionsländern  mit  größerer  oder  geringerer  Sorgfalt  vorgenommen: 
es  entstehen  auf  diese  Weise  reine,  d.  i.  fast  nur  aus  den  Samenhaaren 
bestehende,  und  unreine,  d.  i.  solche  Sorten,  welche  neben  den  Samen- 
haaren noch  Bruchstücke  der  Kapsel,  Samenfragmente,  auch  wohl  Samen, 
Stengelteile  u.  dgl.  m.  enthalten.  Sehr  unrein  ist  z.  B.  die  kolumbische, 
sehr  rein  die  Wolle  von  Reunion  und  insbesondere  die  gute  langstapelige 
nordamerikanische  Baumwolle.  Es  ist  schon  oben  angegeben  worden, 
warum  die  Wolle  von  Gossypium  harhadense  beim  Egrenieren  reiner 
ausfällt  als  die  von   G.  herbaceum. 

Da  die  Baumwolle  ein  großes  Volumen  einnimmt,  so  wird  sie  für  den 
Transport  durch  Eintreten  und  Einschlagen  in  Säcke,  häufiger  durch 
starkes  Zusammenpressen  mittelst  hydraulischer  und  anderer  mechani- 
scher Pressen  auf  ein  kleines  Volumen  gebracht.  Die  Technik  der  Pressung 
der  Baumwolle  hat  sich  in  neuerer  Zeit  sehr  gehoben  2).  Zur  Verpackung 
dienen  Säcke  aus  Hanf,  Jute  und  anderen  Bastfasern  oder  Tierhäute. 
Die  amerikanische  und  indische  Baumwolle  wird  vorwiegend  in  Gunny- 
säcken  (s.  Jute),  ein  großer  Teil  der  levantinischen  und  brasilianischen 
Baumwolle  in  Säcken  aus  Tierhäuten  verpackt 3). 


i)  Semler,  1.  c,  p.  607. 

3)  Über  Baumwollenpressen  s.  Semler,  I.e.,  p.  61911. 

3)  Letztere  in  der  Literatur  häufig  anzutreffende  Angabe  ist  wohl  nicht  mehr 
richtig  oder  ist  höchstens  so  zu  interpretieren,  daß  diese  Wollen  aus  dem  Inneren 
des  Landes-  in  Tierhäuten  verpackt  in  die  Verschiffungshäfen  gelangen,  worüber  indes 
keine  verläßlichen  Daten  vorliegen,   und   dann  erst  gepreßt  und  für  den  Handel  de- 


108 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Morphologie  der  Baumwollenhaare.  Da  die  mit  Zuhilfenahme 
des  Mikroskops  festzustellenden  morphologischen  Eigentümlichkeiten  die 
einzig  sicheren  Merkmale  der  Baumwolle,  durch  die  man  sie  von  den 
übrigen  Fasern  zu  unterscheiden  imstande  ist,  darbieten,  und  außerdem 
die  wichtigsten  Eigenschaften  der  Baumwollsorten  in  morphologischen 
Verhältnissen  fast  ausschließlich  ihren  Grund  haben,  so  ist  es  notwendig, 
diesen  Gegenstand  mit  möglichster  Gründlichkeit  abzuhandeln  ^). 

Die  Baumwollenfaser  ist,  wie  hinlänglich  bekannt,  ein  einzelliges, 
von  der  Oberhaut  des  Baumwollensamens  ausgehendes  Haar. 

Es  wird  gewöhnlich  angegeben,  daß  jede  einzelne  Baumwollenzelle 
eine  kegelförmige  Gestalt  besitzt,  also  spitz  endet,  und  ihr  größter 
Querschnitt  mit  der  Basis  der  Faser  zusammenfällt.  Die  nachstehenden 
Beobachtungen  werden  jedoch  zeigen,  daß  dies  nicht  richtig  ist. 


I .  Baumwollenhaare  von   Gossypium  herbacemn. 
Länge  des  gemessenen  Haares  =  2,5  cm 


Querschr 

Spitze  : 
litt  Nr.  1    : 

0 
4,2   u-^) 

» 

*   2  : 

5,8  \ 

,> 

»   3   : 

10,0   . 

>> 

^>   4  : 

16,8    ^ 

» 

»   5.  : 

21,0    V 

» 

»    6   : 

16,9   . 

» 

»   7   : 

21,0    . 

Basis  : 

16,8    . 

2.    Gossypium  arhoreum. 
L.  d.  g.  H.  =  2,5  cm. 

3. 

Gossypium  acuminatum. 
L.  d.  g.  H.  =  2,8  cm. 

Spitze  ;   0 

8,4   LI 

Spitze  :   0 

4,2   u 

21,0    . 

12,6    » 

29,4    * 

16,8   » 

finitiv  verpackt  werden.  Nach  den  an  den  icompetenten  Stellen  eingezogenen  Erkun- 
digungen kommt  die  brasilianische  und  levantinische  Baumwolle  in  den  europäischen 
Handel  in  kleinen  gepreßten,  mit  Jutehülle  verselienen  Ballen  im  Gewichte  von  1  50 
bis  200  engl.  Pfund. 

\]  Die  nachfolgende  Darstellung  stützt  sich  hauptsächlich  auf  die  Abhandlung: 
Beiträge  zur  näheren  Kenntnis  der  Baumwolle,  in:  Wiesner,  Mikr.  Unters.  (1872) 
p.  9ff.  Über  die  Mikroskopie  der  Baumwolle  s.  ferner:  Vetillard,  Etudes  sur  les 
fibres  vegetales  textiles.  Paris  1876.  v.  Höhnel,  Mikroskopie  der  technisch  ver- 
wendeten Faserstoffe,  2.  Aufl.  1905.  T.  F.  Hanausek,  Lehrbuch  der  technischen 
Mikroskopie,  Stuttgart  1901. 

2)  Die  Querschnitte  wurden  in  gleichen  Entfernungen  voneinander  gemessen. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  109 

e   :    0 

29,4  u 

17.0  . 

21.1  » 
21,0  . 


L.  d.  g.  H.  =  3,5cm. 
Spitze  :  0 

4,2  u 

8,4  > 

21,3  » 

25,2  > 

25,9  > 

Basis  :   21,0  » 


Spitze  :  0 
25,2 

u 

Spit 

29,4 

V 

- 

25,2 

» 

Basis  :   17,0 

- 

Basis  : 

4. 

Gossypium  flavidum. 

L.  d.  g.  H.=  1,8 

cm 

i.  b) 

L.  d.  g. 

H.=  2,0cm.  c) 

Spitze  :  0 

8,4  1.1 

Spitze 

:  0 
12,6  n 

21,0   ^ 

16,8   > 

25,2   . 

29,8   » 

37,8   » 

29,0    ^ 

37,8   >^ 

25,2   . 

33,2   . 

29,8   » 

29,4   » 

Basis 

:   21,0    > 

Basis  :  29,4   . 

5. 

Gossypium 

conglomeratum. 

Ein 

Haar  der  Grundwolle. 
L.  d.  g.  H.  =  3  cm. 

Spitze  : 

:  0 

16,8 

21,0 

21,0 

21,6 

33,2 

42,0 

25,2 
Basis  :  16,8 
Diese  Beobachtungen  lehren,  daß  die  Gestalt  der  Baumwollen- 
faser beträchtlich  von  der  Kegelform  abweicht,  indem  die 
größte  Breite  des  Haares  nicht  mit  dessen  Basis  zusammen- 
fällt, sondern,  von  der  Spitze  aus  gerechnet,  meist  hinter 
der  Mitte  zu  liegen  kommt.  Ich  habe  noch  mehrere  andere  Baum- 
wollenarten in  derselben  Richtung  durchgeprüft  und  bin  auch  bei  diesen 
zu  dem  gleichen  Resultate  gekommen. 

Das  obere  Ende,  die  Spitze  der  Baumwollenhaare  ist  allerdings 
nicht  selten  kegelig,  bildet  also  einen  Abschluß  der  Haare,  welcher  dem 
ganzen  Verlauf  der  Faser  entspricht.  Es  kommen  aber  oft  auch  sehr 
typische  Abweichungen  von  dieser  Faser  vor,  indem  sie  oben  abgerundet, 
oder   spatelfürmig    oder    kolbenförmig    verdickt    erscheint.     Zumeist   ist 


110 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


gerade  die  Spitze  besonders  stark  verdickt.  Oft  sind  die  oberen  Enden 
der  Baumwollenhaare  selbst  bei  einer  und  derselben  Sorte  sehr  ver- 
schieden gestaltet. 

Die  Basis  der  Baumwollenhaare  zeigt  in  der  Regel  keine  Besonder- 
heiten; sie  entsteht  bei  der  Gewinnung  der 
Baumwolle  durch  Abbrechen  mittelst  der 
Egreniermaschine.  Einen  merkwürdigen 
Ausnahmefall  hat  T.  F.  Hanausek^)  an  der 
in  neuerer  Zeit  oft  genannten  Caravonica- 
woUe  beobachtet.  Beim  Egrenieren  dieser 
Baumwolle  bricht  die  Faser  an  ihrem 
unteren  Ende  nicht  ab,  sondern  wird  mit 
ihrem  natürlichen  unteren  kegelförmigen 
Ende  (»Fuß«  s.  Fig.  17  6),  welches  zwischen 
der  Epidermiszelle  der  Samenschale  liegt, 
häufig  ganz  unverletzt  herausgezogen.  Es 
scheint  dies  für  große  Zugfestigkeit  dieser 
Baumwolle  zu  sprechen.  Die  Basis  dieser 
Baumwollenhaare,  der  »Fuß«  ist,  wie 
Hanausek  zeigte,  nach  Ausweis  der  Phlo- 
rogluzinprobe  verholzt,  während  die  Baum- 
wolle bekanntlich  völlig  unverholzt  ist. 

Die  Breite  der  Baumwollenfaser  ist 
häufig  Gegenstand  der  Untersuchung  ge- 
wesen ;  man  hoffte  durch  Ermittelung  dieser 
Größe  nicht  nur  die  Baumwolle  von  den 
anderen  Fasern  zu  unterscheiden,  sondern 
auch  hierdurch  ein  Maß  für   den  Feinheits- 


Fig.  17.  Caravonica  -  Baum- 
wolle. Vergr.  300.  q  Querschnitte, 
.s  Spitzen  der  Baumwollhaare,  w,  nii, 
■m>i  Mittelstücke,  6  kegelförmig  ge- 
stalteter Fuß  der  Haare. 
(Nacli  T.  F  Hanausek.) 


Schacht^)  gibt  als  Grenzwerte  für  die 
Breite  der  Baumwollenfasern  12,5 — 22,5  «, 
BolleyS)  hingegen  17 — 50  ^tt  an.  Diese 
Zahlen  sind  nicht  genau,  weil  hierbei  nicht 


Sorten  genommen  wurde,  und  weil  man  sich 
stets  damit  begnügte,  irgend  einen  Querschnitt  der  Faser  zu  messen,  ohne 
sich  durch  völlige  Durchprüfung  sämtlicher  an  jeder  einzelnen  zur  Messung 


\)  Über  die  Garavonicawolle,  Mitteilungen  des  Technologischen  Gewerbemuseums, 
Wien  4  910. 

2)  Lehrbuch  der  Anatomie  und  Physiologie  der  Gewächse   I.  p.  252,   und:  Die 
Prüfung  der  im  Handel  vorkommenden  Gewebe,  p.  24. 

3)  Chemische  Technologie  der  Spinnfasern.     Braunschweig  1867,  p.  3. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  111 

bestimmten  Zelle  vorkommenden  Breiten  darüber  Rechenschaft  zu  geben, 
ob  die  gemessene  Breite  auch  die  größte  Breite  des  betreffenden  Baum- 
wollenhaares ist.  Ich  habe  früher  denselben  Fehler  begangen  und  glaubte 
in  den  Zahlen  \i,9  bis  27,6  u  die  wahren  Grenzwerte  für  die  Breite 
gefunden  zu  haben  i). 

Erneute  und  sorgfältige  Untersuchungen  über  die  maximalen 
Breiten  der  Baumwollenhaare,  an  Wollen  angestellt,  deren  Stamm- 
pflanzen botanisch  genau  bestimmt  waren,  haben  folgende  Zahlen  ergeben: 

Baumwollenhaare  von   Oossypium  kerbaceum  .  .  11,9 — 22,0  u 

barbadense  .  .  19,2—27,9  ^ 

»  »  co7iglomeratu7n  17,0 — 27,1  • 

»  »  acuminatum  .  20,1 — 29,9  ^ 

»  »  »  arboreum    .  .  20,0 — 37,8  » 

»  »  »  religiosum  .  .  25,5 — 40,0  - 

flavidum     .  .  29,0—42,0  > 

Die  maximalen  Breiten  der  bis  jetzt  untersuchten  Baumwollenhaare 
schwanken  mithin  zwischen  11,9 — 42,0 /<.  Ich  habe  zahlreiche  käuf- 
liche Baumwollensorten  des  Handels,  deren  Stammpflanzen  aber  nicht 
genau  festgestellt  werden  konnten,  in  derselben  Richtung  untersucht 
und  bin  stets  zu  Zahlen  gekommen,  welche  innerhalb  der  angeführten 
Grenzwerte  zu  liegen  kamen,  so  daß  ich  wohl  Grund  zur  Annahme 
habe,  daß  die  mitgeteilten  Grenzwerte  nicht  nur  für  die  Wollen  der 
angeführten  Gossyjnum-SpeziQs,  sondern  für  die  Baumwolle  des  Handels 
überhaupt  Geltung  haben. 

Es  scheint  mir  bemerkenswert,  daß  die  Fasern  jeder  der  oben 
angeführten  Baumwollensorten  stets  eine  bestimmte  häufigste  maximale 
Breite  besitzen,  und  daß  diese  in  Verbindung  mit  den  angeführten 
Grenzwerten  für  die  maximale  Breite  in  der  Charakteristik  der  Baum- 
wollensorten von  Wert  sind,  weshalb  ich  die  gefundenen  Resultate  hier 
folgen  lasse. 


Baumwollenhaare  von:        Häufigste  maximale  Breite 

Gossypium 

kerbaceum     .     . 

.     18,9  fi 

barbadense     .     . 

.     25,2   » 

conglomeratum  . 

.     25,5   «  • 

acuminatum 

.     29,4   » 

arboreum .     .     . 

.     29,9   > 

religiosmn     .     . 

.     33,3   » 

flavidum  .     .     . 

.     37,8   » 

0  Technische  Mikroskopie  (4  867),  p.  99 


112  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Die  Länge  der  Baumwollenhaare  ist  nicht  nur  bei  verschiedenen 
Sorten  eine  variable;  selbst  die  Fasern  aus  einer  und  derselben  Kapsel 
variieren  beträchtlich.  Da  die  Länge  der  Baumwollenhaare  eines  der 
wichtigsten  Kennzeichen  der  Sorte  bildet  und  auf  ihren  Wert  einen 
großen  Einfluß  ausübt,  weil  ja  die  Unterscheidung  der  Baumwollen  in 
lang-,  mittel-  und  kurzstapelige  nur  auf  der  Länge  der  Haare  beruht, 
so  muß  diese  Eigenschaft  hier  eingehend  erörtert  werden. 

Es  läßt  sich  an  jeder  Samenkapsel  leicht  konstatieren,  daß  die  von 
jedem  einzelnen  Samen  ausg.ehenden  Haare  sehr  verschiedene  Längen 
besitzen.  Selbst  in  den  Kapseln,  welche  langstapelige  Wollen  liefern, 
finden  sich  kurze  Haare,  und  von  diesen  bis  zu  den  längsten,  mehrere 
Zentimeter  messenden  Fasern  herrscht  ein  kontinuierlicher  Übergang. 
Die  verschieden  langen  Haare  sind  in  gesetzmäßiger  Weise  an  jedem  Samen 
angeordnet.  Die  überwiegende  Mehrzahl  der  langen  Haare  findet  sich  am 
breiten,  die  kürzeren  Haare  am  schmalen  Ende  des  Samens  vor.  Es  macht 
infolge  dieser  Verteilung  jeder  mit  seiner  gesamten  Wolle  aus  der  Kapsel 
herausgenommene  Samen  den  Eindruck,  als  wäre  er  von  einer  eiförmig 
begrenzten  Haarhülle  umkleidet;  gegen  die  breite  Seite  des  idealen 
Konturs  strahlen  die  langen,  gegen  die  schmale  Seite  die  kurzen  Haare 
aus,  der  Same  liegt  dem  schmalen  Ende  der  Eiform  zugewendet. 

Die  Samen  der  Baumwollenpflanzen  sind  entweder  kahl  oder  mit 
einer  Grundwolle  versehen.  Im  ersteren  Falle  erscheint  der  Same 
glatt  und  schwarz  (Gossypium  harbadense)^  im  letzteren  weiß-filzig, 
ins  Gelbliche  neigend  (die  indischen  Baumwollen,  von  O.  herbaceum  und 
G.  arboreum)  oder  grau  bis  grünfilzig  [G.  hirsutum).  Die  Haare  dieser 
Grundwolle  haben  eine  Länge  von  einem  oder  wenigenMiUimetern,  die  Breite 
weicht  aber  von  jener  der  langen  Baumwollenhaare  nicht  wesentlich  ab. 

Die  Grundwolle  überzieht  entweder  als  gleichmäßiger  Haarfilz  die 
ganze  Samenoberfläche,  wie  an  Gossypium  flavidum,  arboreum  und 
hi?'sutum,  oder  sie  findet  sich  bloß  an  der  Spitze  und  der  Basis  der 
Samen  vor,  wie  bei  G.  conglomeratum  und  religiosum.  An  G.  herbaceum 
tritt  wohl  auf  der  ganzen  Oberfläche  des  Samens  eine  Grundwolle  auf; 
selbe  bildet  aber  bloß  an  der  Spitze  und  der  Basis  einen  dichten  Filz. 
Bemerkenswert  ist  die  Tatsache,  daß,  während  die  längsten  Haare  der 
eigentlichen  Wolle  am  breiten  Samenende  auftreten,  die  längsten  Härchen 
der  Grund  wolle  am.  spitzen  Ende  vorkommen,  woselbst  sie  häufig  einen 
dichten  Bart  bilden.  —  Alle  Samen  mit  gelber  Wolle  haben  eine  intensiv 
gelbe  Grundwolle.  Aber  auch  die  Grundwolle  derjenigen  Baumwollen- 
samen, die  eine  weiße  Wolle  tragen,  ist  mehr  oder  weniger  stark  gelb- 
lich gefärbt.  Je  weißer  eine  Baurawollensorte  ist,  desto  weniger  gelblich 
ist  die  Grundwolle  gefärbt.  Manche  Baumwollensorten  tragen  Samen, 
die   mit    einer   smaragdgrünen    Grundwolle    bedeckt    sind;    fast    typisch 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  113 

tritt   diese  Färbung   an   dem   kurzhaarigen    Überzuge   der    Samen    von 
Gossypium  hirsuturti  auf. 

Anschließend  an  meine  Beobachtungen  über  die  spezifischen,  also 
nicht  durch  Übergänge  verbundenen  Kategorien  der  die  Baumwollen- 
samen bedeckenden  Haare  hat  A.  Herzog  dieselben  folgendermaßen 
zusammengestellt: 

1 .  Langfaser, 

2.  Grundwolle, 

3.  Barthaare. 

Unter  Langfasern  versteht  Herzog  die  gewöhnlichen  langen  Haare, 
welche  von  der  Samenhaut  des  Baumwollensamens  ausgehen,  also  die- 
jenigen, welche  im  wesentlichen  die  »Baumwolle«  bilden.  Ich  habe  diesen 
Langfasern  die  Grundwolle  gegenübergestellt  und  wohl  die  am  spitzen 
Samenende  vorkommenden,  hier  einen  Bart  bildenden  Haare  besonders 
betont,  aber  sie  der  Grundwolle  untergeordnet. 

Herzog  hat  nun  eine  eingehende  Untersuchung  der  Grundwolle 
(in  meinem  Sinne)  durchgeführt  und  gefunden,  daß  die  Haare  der  die 
ganze  Samenhaut  überdeckenden  Grundwolle  von  denen,  welche  den 
»Bart«  zusammensetzen,  verschieden  sind.  Erstere  hat  er  als  > Grund- 
wolle«, letztere  als  > Barthaare«  bezeichnet. 

Die  Grundwolle  bildet  nach  Herzog  einen  gleichmäßigen,  filzigen 
Überzug  der  Samenhaut,  aber  die  Haare  derselben  stimmen,  abgesehen 
von  Länge  und  Färbung,  im  wesentlichen  mit  den  Langhaaren  überein. 
Wie  schon  oben  erwähnt,  kann  die  Grundwolle  (im  Sinne  Herzogs) 
fehlen;  die  Barthaare  scheinen  aber  niemals  zu  fehlen. 

Die  Barthaare  sind  häufig  gefärbt  (braun,  grün),  haben  nach  Her- 
zogs Studien  eine  nur  wenig  entwickelte  Kutikula,  sind  hingegen  reich 
an  abgestorbenen  Protoplasmaresten,  besonders  an  der  Basis  der  Haare. 
Im  Vergleiche  zu  den  Langfasern  und  den  Haaren  der  Grundwolle  sind 
sie  dem  Kupferoxydammoniak  gegenüber  relativ  resistent.  Die  unmittel- 
bar unter  der  Kutikula  gelegenen  Membranpartien  werden  von  Kupfer- 
oxydammoniak noch  am  stärksten  angegriffen,  aber  es  braucht  viel  längere 
Zeit,  um  sie  zur  Quellung  zu  bringen  als  die  Membran  der  gewöhnlichen 
Baumwollenfaser.  Auch  sind  die  Kurzhaare  reicher  an  Fett  (Rohfett) 
als  die  Langhaare  (Herzog,  Chem.  Ztg.   1914). 

Von  technischem  Interesse  ist  bloß  die  Länge  der  gewöhnlichen 
Baum  wollhaare,  derjenigen,  welche  Herzog  als  Langfasern'  bezeichnet. 
Die  Länge  dieser  Langfasern  ist,  wie  schon  bemerkt,  selbst  bei  jeder 
einzelnen  Sorte,  ja  innerhalb  jeder  Kapsel  eine  schwankende.  Dennoch 
spricht  man  von  der  Faserlänge  (Stapel)  einer  Baumwollensorte  und 
versteht  hierunter  die  Länge  eines  Faserbüschels,  welches  aus  der  Wolle 

Wie  SU  er,  Rohstoffe.     IIl.  Band.     3.  Aufl.  Q 


114  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

herausgenommen  wurde,  für  dessen  Stapel  die  längsten  Fasern  maß- 
gebend sind.  Nach  Bolleyi)  soll  die  Stapellänge  zwischen  2,5  und 
6  cm  variieren.  Nach  Benno  Nieß^)  haben  die  kürzesten  Wollen  eine 
Länge  bis  4  Lin.  (0,9  cm)  und  die  längsten,  nämlich  Sea  Island-Wolle, 
von   18  Lin.  (4  cm). 

Ich  habe  folgende  häufigste  Werte  für  die  Längen  (Stapel)  der 
nachstehenden,  botanisch  bestimmten  und  ihrer  Herkunft  nach  bekannten 
Baumwollensorten  gefunden. 

Gossypium  barbadense,  Sea  Island  .  4,05  cm  3) 

»  »  Brasilien    .  .  4,00 

Ägypten     .  .  3,89  » 

»  vitifolium^  Pernambuc  .  3,59  » 

»  co7iglomercäum,  Martinique  3,5i  > 

acuminahwi,  Indien    .  .  2,84  » 

»  arboreum,  Indien     .     .  .  2,50  - 

'  herbaceum,  Macedonien  1,82  » 

Bengal  .     .  .  1,03  »   *) 

Struktur  der  Baumwollenzelle.  Das  Baumwollenhaar  ist,  wie 
oben  dargelegt  wurde,  eine  Zelle  von  etwa  kegelförmiger  Gestalt,  welche 
gegen  die  Mitte  zu  mehr  oder  minder  stark  erweitert  ist.  Der  Quer- 
schnitt der  Baumwolle  lehrt,  daß  sie  häufig  mehr  oder  weniger  platt- 
gedrückt ist.     Manchmal  ist  die  Zelle  ziemlich  lange  Strecken  hindurch 


1)  1.  c.  p.  3. 

2;  Die  Baumwollenspinnerei  in  allen  ihren  Teilen.     Weimar  1868. 

3)  Erste  Auflage  dieses  Werkes  p.  339.  Später  beobachtete  ich  auch  an  Qossy- 
pium  barbadense  Längen  bis  5,1  cm.  Mit  obigen  Werten  stimmen  auch  die  Angaben 
von  Semler  (1.  c.  p.  508fr.)  über  Stapellängen  der  aus  verschiedenen  Ländern  stam- 
menden Sea  Island-Wolle  nahezu  überein;  nämlich  Gallini  (Ägypten)  3,8  cm,  Florida 
(Festland)  4,0,  Florida  (Küste)  4,3,  Fidschi,  Tahiti,  Laguayra,  Sea  Island  4,3  cm. 

Ich  führe  hier  auch  die  von  Sadebeck  (1.  c.  p.  308)  ausgeführten  Messungen  an: 
O.  barbadense  [^ea.  Isldind)    .     .     .     4,10 — S,20  cm  (von  den  dem  Festlande  vor- 
gelagerten Inseln  z.  B.Galveston) 

(Festland  von  Florida)  3,90—4,60   » 

(Ägypten)        .     .     .     3,80—3,9  5   :- 
G.  perurianum  .     ......     3,40 — 3,60   » 

O.  herbaceum 2,00 — 2,80   » 

S.  auch  unten  bei  Stapellängen  käuflicher  Baumwollen. 

4)  Über  Stapellängen  käuflicher  Baumwollensorten  s.  die  ausführliche  Angabe 
bei  Semler,  1.  c.  p.  508ff.,  ferner  A.  C.  True,  The  Cotton  plant.  Bull.  U.  St.  Dep. 
of  Agric.  Washington  1896.  F.  v.  Höhnel,  Die  Mikroskopie  der  technisch  verwen- 
deten Faserstoffe.     Wien  und  Leipzig,  2.  Aufl.  (1905),  p.  32. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  115 

zylindrisch  geformt,  so  daß  man  bei  Betrachtung  solcher  Stellen,  nament- 
lich wenn  sie  stark  verdickt  sind,  die  Flachsfaser  vor  sich  zu  haben 
vermeint.  An  den  Haaren  von  Gossypium  conglomeratum  tritt  dieses 
morphologische  Verhältnis  stellenweise  fast  typisch  auf. 

An  jeder  Baumwollenzelle  unterscheidet  man  die  Wand  und  das 
Lumen  oder  den  lufterfüllten  Hohlraum  der  Zelle.  Die  Zell  wand  (Zell- 
haut) erscheint  von  einem  zarten  Häutchen,  der  Kutikula,  überdeckt, 
welche  streng  genommen  nur  die  äußerste  Schicht  der  Zellwand  ist. 
An  die  Zellhaut  schließt  sich  nach  innen  der  Innenschlauch  an,  d.  i. 
der  Rest  des  Protoplasma  in  Form  eines  häutigen  Gebildes. 

Die  Wand  der  Baumwollenzelle  hat  eine  für  Pflanzenhaare  sehr  be- 
trächtliche Mächtigkeit.  Sie  kann  sich  in  bezug  auf  ihre  Dicke  nicht 
mit  der  Flachsfaser,  aber  mit  sehr  vielen  anderen  Bastfasern  messen. 
Im  Vergleich  zu  den  übrigen  tech- 
nisch verwendeten  Pflanzenhaaren 
hat  die  Baumwolle  eine  geradezu 
beispieflose  Dicke  der  Wand  und 
infolgedessen  eine  sehr  beträcht- 
liche    Festigkeit     aufzuweisen. Fig.  IS.  Vergr.SOO.   Querschnitte  durch  Baumwollen- 

Die   Dicke    der   Zellwand  beträgt      f^^«™  ^  ^i*  gewöhnlichem,  weitem,  b  mit  linien- 

.  förmigem,  C  mit   fläch enförmigem  Lumen  bez.  mit 

gewöhnlich       etwa       1/3 ^3       vom        weitlumigem,     fadenförmigem     und    bandförmigem 

Durchmesser     der    Zelle.        Seltener        lanenschlaucU.     c  Kutikula,   ^   Zellhaut,    l  Lumen 

nach  außen  vom  Inuenschlauch  begrenzt. 

ist  infolge  starker  Wandverdickung 

das  Lumen  der  Zelle  so  eng,  daß  es  in  der  Längsansicht  nur  als  dunkle 
Linie  erscheint.  Es  kann  aber,  selbst  bei  starker  Wandverdickung 
vorkommen,  daß  die  gegenüberliegenden  Wandpartien  sich  berühren, 
in  welchem  Falle  das  Lumen  im  Querschnitt  linienförmig  erscheint. 

Durch  Säuren  und  Alkalien  wird  die  Zellwand  zum  Quellen  gebracht, 
oft  unter  Annahme  einer  schraubig  verlaufenden  Streifung.  Porenkanäle 
kommen  in  der  Wand  der  Baumwollenzelle  nicht  vor.  Alle  Mittel, 
welche  die  Zellwand  des  Baumwollenhaares  zur  Quellung  bringen,  strecken 
diejenigen  Partien  der  Faser,  welche  korkzieherartig  gedreht  sind,  gerade. 
Hier  sei  bemerkt,  daß  die  oft  als  Unterscheidungsmerkmal  zwischen 
Baumwolle  und  Flachsfaser  genannte  korkzieherartige  Drehung  der 
ersteren  an  der  letzteren  allerdings  niemals  zu  bemerken,  aber  auch  an 
der  Baumwollenfaser  nicht  immer  nachweisbar  ist.  Abgesehen  davon, 
daß  die  gesponnene  Baumwollenfaser  sehr  häufig  geradegestreckt  ist, 
ist  hervorzuheben,  daß  die  Haare  von  Gossypium  conglomei'atum  oft 
ihrer  halben  Länge  nach  völlig  geradegestreckt  sind,  daß  die  oberen 
und  unteren  Enden  der  Haare  von  G.  arboreum  und  barbadense  gerade, 
die  sich  zunächst  anschließenden  Partien  schwach  und  nur  die  mittlere 
Partie  stark  gedreht  ist.     Die  unveränderten  Haare  von    G.  herbaceum 

8* 


116  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

habe  ich  allerdings  manchmal  von  der  Spitze  bis  zmii  Grunde  gedreht 
gefunden. 

Die  Kutikula  ist  an  allen  reifen  Baum  wollenhaaren  deutlich  er- 
kennbar. An  den  zarten,  seidigen  Wollen  ist  sie  weniger  scharf  aus- 
gesprochen als  an  den  groben  Sorten.  Wie  ich  schon  früher  zeigte '), 
tritt  dieses  zarte  Häutchen  am  schärfsten  in  Erscheinung,  wenn  man 
die  zu  untersuchenden  Haare  trocken  präpariert,  d.  h.  ohne  sie  in 
Wasser  oder  anderer  Flüssigkeit  einzulegen,  unter  das  Mikroskop  bringt. 
Die  Kutikula  erscheint  dann  als  zartes,  körniges  oder  streifiges  Häutchen. 
Bei  dieser  Art  der  Beobachtung  sieht  man  bei  etwa  zweihundertmaliger 
Vergrößerung  in  der  Richtung  der  Streifen  der  Kutikula  zarte  Interferenz- 
hnien  liegen.  An  gröberen  Wollen  ist  die  Kutikula  auch  scharf  ausge- 
prägt zu  erkennen,  wenn  die  Faser  in  einer  nicht  allzu  stark  licht- 
brechenden Flüssigkeit,  z.  B.   Wasser,  liegt. 

Die  Ausbildung  der  Kutikula  ist,  soviel  ich  zu  beobachten  Gelegen- 
heit hatte,  an  den  Wollen  verschiedener  Gossypium- Arien  eine  verschie- 
dene. Die  deutlichste  Ausbildung  dieses  Häutchens  habe  ich  an  den 
Haaren  von  G.flavichim,  religiosum,  arboretim  und  herhaceum  beobachtet. 
Die  Haare  der  beiden  ersteren  sind  mit  einer  ästig  gezeichneten,  die 
von  Q.  aj'horeum  und  herbacemn  mit  einer  teils  körnigen,  teils  zart 
spiralstreifigen  Kutikula  versehen.  Die  Haare  von  G.  conglomeratum 
sind  größtenteils  von  einer  zart  spiralstreifigen,  stellenweise  auch  körnigen 
oder,  und  zwar  am  oberen  Ende,  von  einer  völlig  strukturlosen  Kuti- 
kula umkleidet.  An  den  Haaren  von  G.  harbadense  fand  ich  das  obere 
Ende,  etwa  0,5 — 5  mm  lang,  und  das  unterste  Ende  mit  einer  völlig 
glatten,  die  mittleren  Partien  teils  mit  einer  zarten,  streifigen,  teils  mit 


\]  Technische  Mikroskopie  p.  99. 

2)  »Die  Kutikula  der  Baumwollfaser  kann  durch  mancherlei  mechanische  und 
chemische  Einwirkungen  mehr  oder  weniger  zerstört  werden.  Vor  allem  gilt  das 
vom  Bleichprozeß,  durch  den  die  Kutikula  meist  ziemlich  bedeutend,  nicht  seilen 
sogar  vollständig  zersetzt  wird.  Die  Ansicht  aber  (T.  F.  Hanausek,  Techn.  Mikro- 
skopie, -1901,  p.  62  und  Haller,  Zeitschr.  f.  Farbenindustrie,  -1907,  Nr.  6),  daß  die 
merzerisierte  Baumwolle,  also  jene  Baumwolle,  die  durch  kurze  ßehandlunsi 
(im  gespannten  Zustande)  mit  Alkahen  seidenartigen  Glanz  und  besseres  Färbevermögen 
erlangte,  der  Kutikula  entbehre,  hat  sich  insofern  als  nicht  ganz  richtig  erwiesen,  als 
es  A.  Herzog  (>Über  das  mikrosk.  Verhalten  d.  Baumwolle  in  Kupferoxydammoniak« 
in  Kunststoffe,  1911)  nachzuweisen  gelang,  daß  beim  Merzerisieren  roher,  ungebleichter 
Baumwolle  die  Kutikula  keine  nennenswerten  Veränderungen  erleidet,  während  durch 
den  Bleichprozeß,  gleichgültig  ob  er  vor  oder  nach  der  Merzerisation  durchgeführt 
wird,  die  Kutikula  fast  vollständig  zerstört  wird.  Bezüglich  der  Mikroskopie  der  merz. 
Baumwolle  oder  »Seidenbaumwolle«,  auf  die  hier  nicht  näher  eingegangen  werden 
kann,  siehe  die  oben  angeführten  Arbeiten  u.  v.  Höhneis,  Mikrosk.  d.  Faserst.,  1905, 
p.  35.*  —  J.  Weese. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


117 


Am  besten  läßt  sich  die  Anwesenheit  der  Kiitikula  am  Baumwollen- 
haar durch  Kupferoxydammoniak  erweisen.  Man  kann  sie  durch  dieses 
Reagens  auch  dann  noch  auffinden,  wenn  sie  strukturlos  ist  und  der 
direkten  Beobachtung  entgeht.  Wie  zuerst  von  Gramer i)  gezeigt  wurde, 
löst  das  Kupferoxydammoniak  wohl  die  fast  gänzlich  aus  Zellulose  be- 
stehende Zellwand,  aber  nicht  die  Kutikula  des  Baumwollenhaares  auf. 
Nach  vorhergehender  starker 
Aufqueliung  und  späterer  Auf- 
lösung der  Zellwand  bleibt  die 
Kutikula  in  mehr  oder  minder 
wohlerhaltenem  Zustande  zurück. 
Gramer  und  später  ich'^)  haben 
einige  morphologische  Verände- 
rungen konstatiert,  welche  das 
Kupferoxydammoniak  an  der 
Baumwolle  hervorruft  und  die 
darin  bestehen,  daß  die  Zellwand 
stellenweise  blasenfürmig  aufge- 
trieben wird,  indem  sich  die 
Kutikula  von  diesen  Stellen  los- 
löst und  entweder  fetzen  weise 
abgeworfen  oder  an  jenen  Stellen, 
die  bei  der  blasenförmigen  Auf- 
treibung des  Baumwollenhaares 
eingeschnürt  erscheinen,  ringför- 
mig zusammengeschoben  wird 
(Fig.  19).  Die  blasenförmige 
Auftreibung  des  Baumwollen- 
haares bei  Einwirkung  von 
Kupferoxydammoniak  kann  in- 
des nicht  mehr  als  Unterschei- 
dungsmerkmal der  Baumwolle 
dienen,  indem  nicht  nur  Baum- 
wollensorten existieren,  welche  diese  Erscheinung  nicht  zeigen,  sondern 
auch  viele  Bastzellen,  manchmal  in  den  äußersten  Partien  der  Zellwand 
eine  solche  Widerstandskraft  gegen  das  genannte  Reagens  zeigen,  daß 
auch  an  ihnen  bei  der  Aufquellung  der  inneren  Zellwandpartien  eine 
gleiche  blasenförmige  Auftreibung  der  Zellen  zum  Vorschein  kommt,  ins- 
besondere dann,  wenn  die  Bastzellen  noch  von  den  Mittellamellen  rund 


Fig.  19.  Baumwolle.  A  Vergi  50.  B  und  C  \eigi. 
400.  C  nach  Behandlung  mit  Kupfeioxydammoniak. 
c  faltig  zusammengeschobene,  c'  fetzenförmig  abge- 
löste Kutikula.  i  Innenhaut.  (Wiesuer,  in  Papyrus 
Erzherzog  Kainer). 


1)  Vierteljahrsschrift  der  naturforschenden  Gesellschalt  in  Zürich.  181: 

2)  Technische  Mikroskopie,  p.  iOO. 


p.  395  tf. 


118 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


umgeben  sind  (s.  oben  p.  55  Fig.  11).  Die  Baumwollen faser 
unterscheidet  sich  von  den  Bastfasern  bei  der  Behandlung 
mit  Kupferoxydammoniak  nicht  durch  die  Form,  welche  die 
Zellen  hierbei  annehmen,  wohl  aber  dadurch,  daß  nach 
längerer  Einwirkung  des  frischen  Reagens  von  der  Baum- 
wolle die  äußerste  Haut,  nämlich  die  Kutikula,  zurückbleibt, 
was  bei  den  Bastfasern  nicht  der  Fall  ist.  Dazu  ist  aber  zweier- 
lei zu  bemerken.  Erstens  gelten  die  mitgeteilten  Eigentümlichkeiten 
stets  für  die  rohe  Baumwolle,  nicht  aber  immer  für  sämtliche  Baum- 
wollerzeugnisse, namentlich  sind  es  nach  von  Höhnet)  gutgebleichte 
Baumwollenwaren  (Zwirne,  Kattune  usw.),  an  deren  Fäden  die  Kutikula 
fast  vollständig  fehlen  kann.  Zweitens  gibt  es  rohe  Bastfasern,  z.  B. 
rohen  Hanf,  bei  welchen  die  Bastzellen  noch  von  den  Mittellamellen 
umgeben   sind,    die   sich   bei    der   Behandlung   mit    Kupferoxydammonik 


ABC 

Fig.  •2U.      Vergr.  400.     Stücke   von   mit  Kupferoxydamraoniak    behandelten   Baumwollefasern.      s  ge- 
quollene Zellhaut,  i  InnenscMaueh,  A  Innensclilauch  fadenförmig,    B  bandförmig,   C  hohlzylindriscli. 


ähnlich  wie  die  Kutikula  der  Baumwolle  verhalten,  nämlich  faltige 
Gürtel  bilden,  die  zur  Entstehung  blasenfürmiger  Auftreibung  in  ähnlicher 
Weise  führen  wie  die  Kutikulargürtel  der  Baumwolle  (s.  oben  p.  57, 
Fig.  U).  - 

Außer  den  schon  angegebenen  ruft  das  Kupferoxydammoniak  an 
der  Baumwollzelle  noch  andere  Veränderungen  hervor.  Es  tritt  näm- 
lich nach  starker  Quellung  der  Faser  der  schon  oben  genannte 
Innenschlauch  mit  großer  Schärfe  hervor  und  bleibt  noch  er- 
halten, wenn  sich  die  Zellulosehaut  schon  gelöst  hat.  Der 
Innenschlauch  nimmt  innerhalb  der  in  Kupferoxydammoniak  quellenden 
Zellulosehaut  verschiedene  Formen  an:  ist  er  fadenförmig,  so  erscheint 
er  wellenförmig  oder  schraubenförmig  gewunden,  ist  er  bandförmig, 
so  ist  er  zart  und  stets  der  Quere  nach  gefältelt  i),  ist  er  endlich  hohl- 
zylindrisch, so  erscheint  er  hin-  und  hergebogen  2)  und  an  den  verengten 


\]  Zuerst  beobachtet  von  Hölinel  1.  c.  (190ü),   p.  34. 

2)  Zuerst  beobachtet  und  von  mir  abgebildet  in  Technische  Milvroskopie  (1  867), 
p.  100. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


119 


Stellen  auch   quergestreift   (Fig.  20).    Über  das  Zustandekommen  dieser 
Formänderungen  s.  oben  p.  56. 

Die  Form  der  nach  Lösung  der  Zellhaut  in  Kupferoxydammoniak 
zurückbleibenden  Kutikula  kann  eine  sehr  verschiedene  sein.  Die  Haare 
von  Gossypiiüii  arboreum,  herhaceum  und  barbadense  verhalten  sich 
gegen  Kupferoxydammoniak,  wie  es  von  Gramer  und  mir  angegeben 
und  oben  kurz  angedeutet  wurde.  Die  Haare  von  GossypÜDH  con- 
glomeratum  lassen  nach  längerer  Einwirkung  des  Reagens  die  Kutikula 
fast   immer   nur   in   Form    eines    kollabierten   Schlauches   zurück.      Nur 


a  h  '' 

Fig.  21.     Vergv.  400.     Baumwolle,     er  Mittelstüfk  von  reifen  Haaren,    &  schwächeres   Haar   mit    sehr 

regelmäßiger  Drehung,  c  sekr  stark  verdickte  Partie  eines  Haares,    d  Endstücke,    e  tote  Baumwolle 

(Nach  T.  F.  Hanausek.) 


hier    und    dort,    namentlich    an    der   Basis   der    Haare    wird    die   Faser 
blasenförmig  aufgetrieben   und    dann  erscheint  die  abgeworfene  Kutikula 


Baumwollenarten.  Die  Samenhaare  von  Oossypium  flavidum  und  reli- 
giosum  scheinen  in  Kupferoxydammoniak  nicht  blasenförmig  aufzuquellen; 
ich  habe  bei  diesen  Baumwollensorten  eine  solche  blasenförmige  Auf- 
quellung niemals  bemerkt.  Soviel  ich  gesehen  habe,  bleibt  nach  völliger 
Lösung  der  Zellulose  der  Zellwand  in  dem  Reagens  die  Kutikula  als 
zusammengefallener  Sack  zurück,  an  welchem  weder  Ring-  noch  Spiral- 
streifung  zu  bemerken  ist. 


120  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Zwischen  völlig  ausgereiften  Haaren  finden  sich  in  allen  Sorten  der 
Baumwolle  mehr  oder  minder  reichlich  unreife  Haare,  welche  sehr 
schwach  kutikularisiert  und  sehr  dünnwandig  sind  (Fig.  21  e).  Diese 
unreifen  Haare  haben  nur  eine  geringe  Festigkeit  und  besitzen  nicht 
jene  Färbbarkeit,  überhaupt  nicht  jene  technischen  Eigenschaften,  durch 
welche  die  reife  Faser  ausgezeichnet  ist.  Die  Praxis  bezeichnet  die 
unreifen  Fasern  als  tote  Baumwolle  i).  Selten  kommt  tote  Baumwolle 
in  gewebten  und  gefärbten  Stoffen  in  so  großen  Massen  vor,  daß  ihre 
Anwesenheit  schon  mit  freiem  Auge  erkannt  werden  kann  2). 

Nach  eingehenden  von  Herzog  durchgeführten  Untersuchungen 
kommen  unter  dem,  was  die  Praxis  als  tote  Baumwolle  bezeichnet, 
zwei  Kategorien  von  Baumwollhaaren  vor,  welche  sich  sehr  wohl  unter- 
scheiden lassen  und  die  er  als  tote  Baumwolle  (s.  st.)  und  unreife 
Baumwolle  bezeichnet. 

Die  tote  Baumwolle  (s.  st.)  besteht  aus  so  stark  zusammen- 
gedrückten Haaren,  daß  sich  die  gegenüberliegenden  Zell  wände  berühren, 
das  Lumen  der  Zelle  im  Querschnitt  nur  als  dunkle  Linie  erscheint. 
Die  Zellhaut  ist  außerordentlich  dünn  (0,5 — 0,6  /<),  hingegen  ist  die  Faser 
im  Vergleich  zum  normalen  Haar  auffallend  breit.  Die  Zellhaut  der  toten 
Baumwolle  ist  ebenso  färbbar  wie  die  normale;  wenn  sie  nach  dem 
Färben  in  helleren  Tönen  erscheint,  so  ist  die  Ursache  hierfür  nur  die 
außerordentliche  Dünne  der  Wand.  Sie  ist  sehr  arm  an  protoplasma- 
tischen Substanzen,  womit  die  geringe  Färbbarkeit  der  Faser  (in  toto) 
im  Einklänge  steht.  Nach  Hai  1er 3)  soll  die  tote  Baumwolle  nicht 
doppelt  lichtbrechend  sein,  was  wohl  nach  unseren  Kenntnissen  über 
die  Anisotropie  der  pflanzlichen  Gewebe  im  höchsten  Grade  unwahr- 
scheinlich ist.  Durch  sorgsame  Untersuchungen  hat  Herzog  gezeigt, 
daß  die  Zellhaut  der  toten  Baumwolle  wie  die  der  normalen  doppelt 
lichtbrechend  ist  und  der  geringe  Grad  der  spezifischen  Doppelbrechung 


1)  Nach  T.  F.  Hanausek,  Technische  Mikrosliopic  (1900)  p.  58  findet  sich 
tote  Baumwolle  häufig  in  gröberen  (levantinischen  und  indischen),  am  seltensten  in 
Sea  Island-Wollen.  Nach  dessen  Beobachtungen  ist  die  tote  Baumwolle  nie  gedreht 
und  stets,  oft  doppelt  schraubig  gestreift. 

2)  Über  einen  solchen  Fall  berichtet  das  königl.  Materialprüfungsamt  (Berlin- 
Lichterfelde)  im  Jahresberichte  für  das  .Tahr  4  9H  p.  29:  >Auf  Antrag  einer  Firma 
war  die  Ursache  kleiner  weißer  Stellen  in  einem  blaugefärbten  Stoffe  zu  ermitteln. 
Die  mikroskopische  Prüfung  ergab,  daß  die  Pünktchen  (Noppen)  aus  unreifer  (toter) 
Baumwolle  bestanden,  die  sich  nicht  mit  gefärbt,  bez.  nur  schwach  angefärbt  hatte. 
Die  Fasern  waren  im  Garn  mit  eingesponnen.«  Nach  den  im  Texte  enthaltenen, 
von  Herzog  angestellten  Beobachtungen  ist  tote  Baumwolle  mit  unreifer  nicht 
identisch.  Es  scheint  sich  in  dem  hier  genannten  Falle  um  tote  Baumwolle  (im 
Sinne  Herzogs)  gehandelt  zu  haben. 

3)  Haller,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  toten  Baumwolle,  Chemikerzeitung  1  908. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  121 

der  toten  Baumwolle  in  der  ungemeinen  Dünnheit  der  Membran  des 
Haares  zu  suchen  ist.     (S.  oben  p.  12.) 

Die  unreife  Baumwolle  besteht  nach  Herzog  aus  Fasern,  deren 
Wand  im  Vergleich  zur  toten  etwa  doppelt  so  dick  ist  (Dicke  =  i  jii 
und  darüber]  und  welche  reichliche  Protoplasmareste ,  namentlich  an 
der  Basis  der  Haare  führen.  Infolge  dieses  Reichtums  an  Protoplasma- 
resten färbt  sich  die  Faser  ziemlich  stark,  wodurch  der  Unterschied 
zwischen  »toter«  und  »unreifer«  Baumwolle  sehr  auffällig  wird.  In 
der  Breite  unterscheidet  sich  die  unreife  Baumwollenfaser  nicht  wesent- 
lich von  der  Vollreifen  i). 

Die  »tote«  und  die  »unreife«  Baumwolle  im  Sinne  Herzogs  sind 
also  leicht  und  sicher  voneinander  zu  unterscheiden  und  es  ist  ein 
Verdienst  Herzogs,  die  Unterschiede  dieser  beiden  fehlerhaften  Baum- 
wollenanteile festgestellt  zu  haben. 

Zur  Erläuterung  des  Wesens  der  »toten«  und  der  »unreifen« 
Baumwolle  im  Vergleiche  zu  der  normalen  Baumwolle  mögen  noch 
folgende  Bemerkungen  dienen.  In  der  Ware  sind  selbstverständlich  alle 
diese  drei  Arten  von  Baumwolle  tot.  Nicht  so  zur  Zeit  der  Ernte,  wo 
wohl  die  »tote«  und  die  »normale«  Wolle  tot  sind,  nicht  aber  die  un- 
reife, welche  noch  entwicklungsfähig  ist,  worauf  die  großen  in  ihr  ent- 
haltenen Protoplasmamassen  hindeuten.  Die  unreife  Baumwolle  ist 
unreif  geerntet  worden  und  starb  nach  der  Ernte  ab,  weil  die  Bedingungen 
für  ihre  Weiterentwicklung  nicht  mehr  vorhanden  waren.  Die  unreife 
Baumwolle  ist  ein  normales  Produkt.  Hingegen  ist  die  tote  Baum- 
wolle ein  pathologisches  Produkt,  welches  offenbar  infolge  eines 
krankhaften  Zustandes  frühzeitig  abstarb  und  schon  durch  die  ungemein 
geringen  in  seinen  Zellen  enthaltenen  Protoplasmamengen  darauf  hindeutet, 
daß  es  frühzeitig  entwicklungsunfähig  geworden  ist. 

Unterscheidung  der  Baumwolle  von  der  Leinenfaser  durch 
die  Form  der  Zelten.  Im  vorhergehenden  sind  eine  Reihe  von 
Eigenschaften  der  Baumwolle  aufgeführt  worden,  die  mit  Vorteil  zur 
Unterscheidung  derselben  von  der  Bastzelle  des  Flachses  verwendet 
werden  können.  Die  unterscheidenden  Merkmale  sind:  die  Zell  wanddicke, 
das  Vorhandensein  einer  Kutikula  bei  der  Baumwolle  und  der  Mangel 
dieses  Häutchens    an   der  Leinenfaser,    endlich   die  Form^).     Wie  oben 

1)  Nach  Herzog  in  Chem.  Ztg.   1914,  Nr.  1U— 116. 

2j  Über  die  Unterschiede  in  der  spezifischen  Doppelbrechung  zwischen  Baum- 
wolle und  Leinfaser  s.  oben  p.  lOff.  und  39.  Eine  Reihe  besonderer  Eigentümlich- 
keiten, welche  die  Doppelbrechung  der  Baumwolle  darbietet,  ist  vor  kurzem  durch 
A.  Herzog  festgestellt  worden.  Diese  Feststellungen  sind  um  so  beachtenswerter, 
als  die  aufgefundenen  optischen  Eigentümlichkeiten  nicht  nur  für  die  rohe,  sondern 
auch   für    die   merzerisierte   Baumwolle    Geltung   haben.     A.Herzog,   Zur   Kenntnis 


122  Siebzehnter  Abschnilt.     Fasern. 

auseinandei'gesetzt  wurde,  ist  die  Baumwollenzelle  ein  gegen  die  Mitte 
hin  etwas  erweiterter  Kegel.  Die  Flachsbastzelle  ist  hingegen  wie  jede 
Bastzelle  ein  an  beiden  Enden  konisch  zugespitzter  Zylinder.  Es  ist 
für  die  Unterscheidung  der  Leinenzelle  von  der  Baumwolle  gewöhnlich 
nicht  notwendig,  die  zu  untersuchende  Faser  ihrer  ganzen  Länge  nach 
im  Mikroskope  zu  prüfen  i),  um  aus  der  Form  schließen  zu  können,  ob 
man  es  mit  der  einen  oder  der  anderen  zu  tun  habe;  auch  an  Bruch- 
stücken, welche  nur  einige  Millimeter  lang  sind,  läßt  sich  diese  Frage 
in  der  Regel  entscheiden.  Die  Baumwollenhaare  zeigen  im  Längsverlaufe 
viele  Unregelmäßigkeiten,  während  die  Flachsbastzellen  sehr  regelmäßig 
von  dem  Ende  nach  der  Spitze  an  Breite  zunehmen,  wie  folgende 
Zahlenreihen  lehren. 

a)  Baumwollenhaar,  durch  verdünnte  Salpetersäure  gerade  ge- 
streckt,  um   an  jeder  beliebigen  Stelle  die  Breite  messen  zu  können  2). 

Spitze:  8,43);  15^0;  16,8;  20,0;  21,0;  21,8;  29,4;  29,4;  32,4; 
37,8;  25,2;  29,4;  31,0;  30,0;  31,1;  29,9;  29,4;  29,4;  29,0;  28,0; 
25,2:  Basis. 

b)  Flachsbastzelle,   4  cm  lang. 
Spitze:    0;    6,3;    8,4;   9,5;    10,5;    11,7; 

15,8:  15,9;  16,6;  15,9;  16,9;  16,8;  15,5; 
16,9;  15,8;  14,3;  12,9;  13,0;  12,5;  12,3: 
9,0;  8,4;  6,5;  0  Basis"). 

der  Doppelbrechung  der  Baumwollenfaser.  Zeitschrift  für  Chemie  und  Industrie  der 
Kolloide,  Bd.  V  (1909). 

-1)  In  schwierigen  Fällen  ist  es  doch  wichtig,  beide  Enden  der  zu  untersuchen- 
den Faser  auf  ihre  Form  zu  prüfen.  Findet  man  zwei  konische  (oder  angenähert 
konische)  Enden  vor,  so  ist  die  Gegenwart  der  Baumwolle  ausgeschlossen.  Sollte 
Karavonikawolle  vorUegen,  deren  unteres  Ende  auch  konisch  sein  kann  (s.  oben, 
p.  HO),  so  kann  keine  Jrrung  eintreten,  da  der  kegelförmige  Fuß  der  Zellen  dieser 
Baumwolle  sich  scharf  von  dem  eigentlichen  Körper  der  Haare  abhebt,  übrigens 
mit  Phlorogluzin  und  Salzsäure  die  Holzstoü'reaktion  gibt. 

2)  Die  Quellung  der  Zellwand  geht  bei  Anwendung  von  verdünnter  Salpeter- 
säure an  allen  Stellen  des  Haares  so  gleichmäßig  vor  sich,  daß  die  an  der  so  vor- 
behandelten Faser  angestellten  Messungen  ein  ganz  richtiges  Bild  Ton  der  Zu-  und 
Abnahme  der  natürlichen  Faserbreite  entwerfen,  wie  ich  durch  vergleichende,  an 
der  unveränderten  und  künstlich  gestreckten  Faser  angestellte  Messungen  konsta- 
tieren konnte. 

3)  Diese  und  die  folgenden  Zahlen  drücken  die  in  gleichen  Abständen  gemessenen 
Breiten  der  Fasern  in  Mikromillimetern  [/li)   aus. 

4)  Selbstverständlich  gibt  es  noch  zahlreiche  andere  Mittel,  um  die  Baumwolle 
von  der  Leinenfaser  zu  unterscheiden,  wie  aus  dem  Vergleiche  der  Beschreibungen 
beider  hervorgeht.  Es  sollte  aber  nur  auf  den  groben  Unterschied  hingewiesen 
werden,  welcher  in  bezug  auf  die  Form  zwischen  dem  Baumwollenhaar  und  der 
Bastzelle  besteht. 


12,0; 

12,5; 

12,9; 

13  .i; 

14,8; 

15,5; 

14,8;' 

15,5; 

12,0; 

11,7; 

10,9; 

10,0; 

Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  123 

Chemisches  Verhalten  der  Baumwolle.  Die  Baumwolle  führt 
im  lufttrockenen  Zustande  6,66  Proz.  Wasser.  Im  mit  Wasserdampf  ge- 
sättigten Räume  beträgt  die  aufgenommene  Wassermenge  20,99  Proz.i) 
Die  getrocknete  Faser  gibt  1,83  Proz.  Asche. 

Mit  Jod  und  Schwefelsäure  wird,  wie  lange  bekannt,  die  Baumwolle 
himmelblau  gefärbt.  In  Kupferoxydammoniak  quillt  die  Faser  unter 
Blaufärbung  und  wird  bis  auf  die  Kutikula  und  Reste  des  Innenschlauches 
völlig  in  Lösung  gebracht.  Schwefelsaures  Anilin,  desgleichen  Phloro- 
gluzin +  Salzsäure  bringen  keinerlei  Änderung  hervor;  die  Baumwollen- 
faser ist  somit  völlig  unverholzt^). 

Außer  Zellulose  und  dem  in  der  Kutikula  auftretenden  Kutin  (einem 
talgartigen  Fett)  sind  in  der  Baumwolle  noch  Eiweißkörper,  welche  im 
Innenschlauch  ihren  Sitz  haben,  ferner  etwas  Fett,  eine  wachsartige  Sub- 
stanz,  Farbstoffe  und  Mineralsubstanzen  nachgewiesen  worden. 

In  der  Baumwolle  treten  verschiedene  Farbstoffe  auf.  Der  Farb- 
stoff der  Nankingwolle  (von  Gossypium  religiosum  und  O.  flavidum) 
hat  seinen  Sitz  in  der  Zellmembran.  Ob  er  dort  entstanden  ist  oder 
von  der  Membran  aus  dem  Zellinhalte  aufgenommen  wurde,  konnte  ich 
nicht  entscheiden.  Der  Nankingfarbstoff  ist  in  Wasser,  Alkohol  und 
Äther,  desgleichen  in  nicht  oxydierend  wirkenden  Säuren  und  Alkalien 
unlöslich.  Durch  längere  Einwirkung  von  Salpetersäure  oder  Chrom- 
säure wird  aber  dieses  Pigment  völlig  zerstört.  —  Der  gewöhnliche 
Farbstoff  der  licht-gelblichen  —  anscheinend  weißen  —  Wollen  und  der 
zugehörigen  Grundwollen  hat  ebenfalls  seinen  Sitz  in  der  Zellmembran. 
Dieser  Farbstoff  wird  durch  Einwirkung  von  Säuren  rosenrot,  durch 
Alkahen  smaragdgrün.  Diese  Farbenänderungen  und  die  Lüslichkeit  in 
Wasser  führen  zu  der  Annahme,  daß  dieses  Pigment  mit  dem  Antho- 
kyan  —  dem  gewöhnlich  roten  oder  violetten  Pigmente  vieler  Zellsäfte  — 
identisch  ist  und  daß  dieser  Farbstoff  im  Zellsafte  gebildet  und  beim 
Eintrocknen  der  Zellen  von  der  Zellhaut  aufgenommen  wurde.  Es  kann 
wohl  kaum  einem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  grünlichen  und  schwach 
röthchen  Baumwollen  durch  dasselbe  Pigment  fingiert  sind  3).  —  Manche 
Grundwollen,    besonders   die   an   den  Samen   von   Oossypium  hirsiäum 


\)  Nach  Zipser,  Die  textilen  Rohmateriahen  und  ihre  Verarbeitung  I  (Wien, 
i899)  p.  13  beträgt  die  normal  zulässige  Wassermenge  der  Baumwolle  8  Proz.  (Siehe 
auch  oben  p.  16  IT.).  Zur  Wertbestimmung  der  Handelsware  wird  ähnlich  wie  bei 
Wolle  und  Seide  die  Konditionierung  vorgenommen.     (S.  Note  2  auf  p.  16.) 

2)  Abgesehen  von  den  kegelförmigen  Fasern  (basales  Ende)  der  Karavonikawolle 
(s.   oben  p.  110.) 

3)  Nach  Heldreich  (1.  c.  p.  52)  kommt  auf  Santorin  eine  Spielart  von  Gossy- 
pium herbaceum  mit  rötlich-gelber  Wollfarbe  vor.  S.  auch  unten  (p.  125)  über  die 
Farbe  der  Baumwollenarten. 


124  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

auftretenden,  sind  schon  an  und  für  sich  smaragdgrün  gefärbt.  Diese 
grüne  Farbe,  welche  ebenfalls  ihren  Sitz  in  der  Zellmembran  hat,  ver- 
wandelt sich  auf  Zusatz  von  Säure  sofort  in  Rosenrot  und  kann  nur 
durch  Ammoniak  wieder  in  Grün  übergeführt  werden,  wie  viele  antho- 
kyanhaltige  Blüten,  welche  neben  Anthokyan  (das  als  solches  durch 
Alkahen  blau  wird)  noch  durch  Alkalien  sich  gelbfärbende  Substanzen 
enthalten,  durch  Alkalien  grün  gefärbt  werden.  Das  Grün  ist  hier,  wie 
leicht  ersichtlich,  Mischfarbe  aus  blau  und  gelb. 

Die  wichtigeren  käuflichen  Sorten  der  Baumwolle.  Ehe 
ich  auf  die  Aufzählung  der  wichtigeren  Baumwollensorten  eingehe,  will 
ich  die  Eigenschaften,  auf  die  es  bei  der  Beurteilung  des  Wertes  der 
Baumwolle  ankommt,  kurz  berühren^).  Die  Wertbestimmung  der  Baum- 
wolle ist  Sache  der  Übung,  und  viele  Anhaltspunkte  hierfür,  wie  An- 
fühlen, Geruch  usw.  entziehen  sich  der  Erörterung.  Es  kann  hier 
nur  der  wissenschaftlich  faßbaren  Eigentümlichkeiten  der  Baumwolle 
Erwähnung  getan  werden.  Eine  der  wichtigsten  Eigenschaften  bildet 
die  Länge  der  Faser,  auf  die  schon  oben  aufmerksam  gemacht  wurde. 
Hiernach  unterscheidet  man  langstapelige  Wollen,  deren  längste  Fasern 
4  cm  und  darüber  lang  sind,  mittelstapelige  und  kurzstapelige ,  deren 
längste  Fäden  unter  2  cm  messen.  Die  Seidigkeit  hängt  von  der 
Ausbildung  der  Kutikula  ab.  Je  weniger  kenntlich  die  Strukturverhält- 
nisse der  letzteren  sind,  desto  seidiger  ist  die  Wolle;  je  grüber  sie  ist, 
d.  h.  je  deutlicher  die  körnig-streifige  oder  astförmige  Zeichnung  derselben 
hervortritt,  desto  weniger  seidig,  desto  glanzloser  ist  sie.  Die  von  Gos- 
sypium  barbadense  herrührenden  .Wollen  sind  dur€h  starken  seidigen 
Glanz  ausgezeichnet,  also  die  Sea  Island-,  viele  brasilianische  Wollen  usw. 
Die  Feinheit  der  Baumwolle  hängt  in  erster  Linie  von  der  Feinheit 
der  Faser  ab;  je  kleiner  der  Querschnitt  der  Haarzelle  ist,  desto  feiner 
ist  sie.  Aber  auch  die  Geschmeidigkeit  der  Wolle  kommt  hierbei  mit 
in  Betracht.  Die  Sea  Island  bildet  die  feinste  Sorte.  Von  nicht  geringer 
Wichtigkeit  erscheint  die  Stärke  der  Baumwollenfaser,  nämlich  deren 
absolute  Festigkeit.  Es  liegen  hierüber  mehrere  Beobachtungsreihen  vor 2), 
zur   praktischen  Wertbestimmung    wird   aber  die  Stärke  der  Baumwolle 

\)  Über  die  Bestimmung  des  Handelswertes  der  ßaumwollensorten  s.  die  aus- 
führlichen Angaben  bei  Semler,  1.  c,  p.  508ff.  und  insbesondere  das  daselbst  (p.517ff.) 
mitgeteilte,  auf  die  Wertbestimmung  der  Baumwollensorten  bezugnehmende  Regulativ 
der  Bremer  Baumwollenbörse. 

2)  S.  hierüber  Sem  1er,  1.  c,  p.  512.  Nach  den  daselbst  mitgeteilten  Daten 
soll,  auf  gleichen  Querschnitt  berechnet,  die  ägyptische  Baumwolle  durch  besondere 
Stärke  ausgezeichnet  sein.  Nach  Untersuchungen,  welche  Herr  Prof.  Ed.  Hanausek 
vornahm  und  mir  gefälligst  mitteilte,  beträgt  das  geringste  Zerreißungsgewicht  der 
einzelnen  Baumwollenhaare  bei  ostindischer  DhoUerah-Baumwolle  2,ö00,  bei  Louisiana 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  125 

noch  nicht  herangezogen.  Die  Reinheit  und  Homogenität  der  Baum- 
wolle hängt  davon  ab,  ob  sie  frei  von  fremden  Beimengungen,  nämlich 
Kapselgewebe,  Samengewebe,  Blatt-,  Stengelfragmenten,  Staub,  Erde  usw. 
ist,  und  der  Grad  der  Reinheit  davon,  ob  diese  Körper  in  größeren 
oder  kleineren  Mengen  darin  auftreten.  Unter  finnigen  Wollen  versteht 
man  diejenigen,  an  deren  Haaren  kleine,  kaum  sichtbare  Knötchen,  näm- 
lich zusammengeballte  Stücke  von  Fasern,  haften.  Die  Farbe  bildet 
ein  wichtiges  Kennzeichen  der  Baumwolle.  Obwohl  die  meisten  Baum- 
wollensorlen  weiß  erscheinen,  so  sind  sie  es  doch  nicht.  Stark  zu- 
sammengedrückt oder  versponnen  lassen  sie  doch  immer  einen  Stich  ins 
Gelbe  (die  meisten  indischen)  oder  ins  Graue  (peruanische  Wolle)  oder 
Rötliche  (ein  Teil  der  siamesischen  und  chinesischen  Baumwolle) 
erkennen.  Es  wird  sehr  häufig  angegeben,  daß  die  als  Louisianawolle 
vorkommende  Sorte  eine  bläulich-weiße  Farbe  habe,  was  ich  jedoch, 
wenigstens  für  die  mir  bekannt  gewordenen  Proben  dieser  Sorten^  nicht 
bestätigen  kann.  Die  Nankingwollen  von  Gossypium  i'eligiosum  und 
flaviduni,  ferner  manche  afrikanische  Sorten,  z.  B.  die  von  Wida^)^ 
haben  ausgesprochen  gelbbräunliche  Farbe.  Die  Farbe  der  Baumwolle 
hat,  wie  schon  oben  auseinandergesetzt  wurde,  ihren  Sitz  in  der  Zell- 
wand der  Faser.  Über  die  Farbstoffe  der  Baumwolle  s.  oben  p.  123. 
Während  die  Handelsware  nach  den  angegebenen  Eigenschaften 
klassifiziert  und  als  langstapelig,  kurzstapelig  usw.,  ferner  als  fine,  good, 
goodfair,  fair  usw.,  oder  als  Prima,  Sekunda,  Tertia,  Kaufmannsgut  usw. 
bezeichnet  wird,  pflegt  man  jetzt  die  Baumwolle  als  Spinnmaterial 
nach  technologischen  Prinzipien  zu  beurteilen.     Dabei  wird  2)    nicht  nur 


2,750,   bei   Pernambuc   3,988,   Sea  Island  4,330,   bei  Mako  3,400,   bei  kurzer  Georgia 
4,501,  endUch  bei  Martinique  4,763  g. 

Jüngsthin  hat  Dewey  (The  strength  of  textile  plant  fibers;  s.  oben  p.  25) 
die  absolute  Festigkeit  der  Faser  einiger  wichtiger  Baum wollensorten.  geprüft.  Aus 
seiner  Zusammenstellung  heben  wir  folgende  charakteristische  Zahlen  hervor: 

Zerreißgewicht  in  Gramm 
Max.        Min.      Mittel 
American  Uplord  (Gossypium  hirsutttmi 

Big-BoU  group 11,6  4,6  6,60 

Early  group 6,9  5,2  5,63 

Sea  Island  (Gossypium  barbadense) 

Amerikanisch 7,6         4,7         6,14 

Ägyptisch,  von  Arizona  und  Kahfornien       8,0         5,6         6,65 

1)  Die  Baumwolle  von  Wida  ist  schon  seit  dem  vorigen  Jahrhundert  bekannt. 
Isert,  Reise  nach  Guinea.    Kopenhagen  1788.)    Daß  sie  von  Gossypium  religiosum  L. 

stamme,  ist  sehr  zweifelhaft. 

2)  E.Müller,  Handbuch  der  Spinnerei.  Leipzig  1892;  ferner  nach  gefälligen 
Mitteilungen  des  Herrn  Prof.  Ed.  Hanausek. 


126  .  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

die  Stapellänge  genau  ermillelt,  sondern  auch  die  Reißlänge  i),  die  Zug- 
festigkeit und  der  Feinheitsgrad  zahlenmäßig  festgestellt.  Die  besten 
Baumwollen  haben  eine  Reißlänge  von  26  —  28  km  und  eine  absolute 
Zugfestigkeit  von  39  —  42,65  kg,  die  mittleren  Sorten  von  24,5  km  und 
36,5  kg,  die  geringsten  bis  hinab  zu  7,5  km  und  H,27  kg.  In  bezug 
auf  den  Feinheitsgrad  werden  drei  Klassen  unterschieden.  Erste  Klasse: 
Durchschnittsbreite  14 — 16//;  zweite  Klasse:  18 — 20 /< ;  dritte  Klasse: 
22—28  .«. 

Nach  der  Gesamtheit  dieser  Arbeitseigenschaften  werden  die 
Baumwollsorten  in  acht  Klassen  gruppiert,  von  welchen  die  ersten  zu 
feinen  Gespinsten,  die  letzten  zu  gröberen  Garnen  verarbeitet  werden. 
Typen  dieser  acht  Klassen  sind :  1 .  lange  Georgia :  2.  Jumel,  Bourbon, 
Portoriko;  3.  Pernambuk;  4.  Louisiana,  Cayenne;  5.  Karolina,  kurze 
Georgia;  6.  Virginia:  7.    Surate;  8.  Bengal. 

Als  Hauptfehler  der  Baumwollen  werden  die  unreinen  und 
finnigen  Wollen  (s.  oben  p.  125)  und  ferner  die  tote  Baumwolle  (s.  oben 
p.  121)  angesehen. 

Von  den  nordamerikanischen  Sorten  ist  vor  allem  die  von 
Gossypium  harhadense  herrührende  Sea  Island  hervorzuheben.  Die 
besten  Sorten  liefern  die  Küsten  von  Georgien,  Südkarolina  und  einige 
benachbarte  Inseln.  Sie  heißt  auch:  lange  Georgia  (Lowland-Georgia). 
Die  Sea  Islandwolle  hat  man  in  die  meisten  baumwolliefernden  Länder 
einzuführen  getrachtet,  z.  B.  in  Indien,  Ägypten,  und  hat  in  einzelnen 
in  der  Tat  sehr  gute  Sorten  erzielt,  die  aber  doch  gegen  die  originale 
Sea  Islandwolle  zurückstehen.  Die  Sea  Islandwolle  ist  nicht  nur  die 
langstapeligste  aller  bekannten  Sorten,  sie  überragt  auch  in  den  meisten 
anderen  Eigenschaften,  besonders  in  Reinheit  (s.  oben  p.  125)  und 
Feinheit,  die  übrigen  Baumwollen  und  wird  nur  in  einzelnen  Eigen- 
schaften von  anderen  Sorten  überholt.  So  sind  die  besten  brasilianischen 
Baumwollen  weißer  als  die  lange  Georgia,  welche  stets  einen  Stich  ins 
Gelbe  erkennen  läßt,  und  auch  glänzender,  seidiger.  Diese  Sorte  wird 
ihrer  Feinheit  und  Länge  wegen  nur  zu  den  feinsten  Garnen  versponnen. 
— -  An  diese  Sorte  reiht  sich  in  der  Güte  die  Baumwolle  von  Louisiana; 
sie  ist  langstapelig,  weiß  (angebUch  bläulich-weiß),  glänzend.  Ihr  ähn- 
lich ist  die  Alabama  oder  Mobile,  die  gewöhnlich  aber  unreiner  und 
kurzfaseriger  ist. 

Bemerkenswert  ist  die  kurze  Georgia  (Upland  Georgia),  eine 
weiße,  aber  kurzstapelige  Sorte.  Hierher  gehören  die  Sorten:  Virginia, 
Texas,  Arkansas  und  Florida  (letztere  häufig  von  grauer  Farbe).  Von 
Florida  kommen  indes  auch  langstapelige  (bis  42  mm  lange)  Sorten. 


1)  S.  oben  p.  20. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  127 

Von  südamerikanischen  Baumwollen  sind  besonders  einige  bra- 
silianische wegen  Feinheit,  Weiße  und  Seidigkeit  ausgezeichnete  Sorten 
hervorzuheben,  besonders  die  Baumwolle  von  Pernambuk  und  Maranhao; 
sodann  kommen  Bahia  und  Minas  novas.  Geringer  sind  Rio  Janeiro 
und  Para.  In  Brasilien  wird  vorwiegend  Gossypium  peruvianum  und 
barbadense,  in  einzelnen  Provinzen  (Pernambuk)  auch  G.  vitifoliwyi  und 
wahrscheinlich  auch  G.  racemosum  und  purpiirascens  kultiviert  i).  Die 
längste  der  brasilianischen  Wollen  (bis  34  mm)  ist  die  südbrasilianische 
Sorte  Rio  Grande.  Von  den  Baumwollen  aus  Guayana  ist  vorerst  die 
seit  alter  Zeit  in  Surinam  gewonnene  hervorzuheben,  welche  fast  der 
Wolle  von  Pernambuk  an  Güte  gleichkommt.  Einzelne  Sorten  der 
Baumwolle  von  Demerara  stellen  sich  sogar  noch  über  die  Pernambuk- 
wolle.  Die  übrigen  Sorten  von  Guayana  (Berbice,  Cayenne  usw.)  sind 
sehr  unrein,  häufig  mit  zerquetschten  Samenkörnern  untermengt.  Die 
kolumbische  Baumwolle  kommt  der  brasilianischen  im  Glänze  nahe,  ist 
aber  ungleichfarbig,  indem  zwischen  den  weißen  Flückchen  auch  gelb- 
liche vorkommen.  Die  reinste  und  beste  dieser  Baumwollen  ist  die 
Sorte  Varinas.  Die  peruanischen  Sorten  sind  geringer  als  die  kolum- 
bischen,  da  ihre  Farbe  graulich-weiß  ist.  Seit  einiger  Zeit  kommt  als  Sea 
Island  Peruvian  eine  sehr  langstapelige  Sorte  (bis  42  mm)  aus  Peru  in 
den  Handel  2). 

Die  westindischen  Wollen  (Santo  Domingo,  Kuba,  Martinique, 
Jamaika  usw.)  sind  ihrer  Natur  nach  meist  vorzüglich  und  kommen 
dann  den  besten  nordamerikanischen  gleich,  nur  sind  sie  mit  Ausnahme 
der  Baumwolle  von  Portoriko  sehr  unvollständig  gereinigt.  Als  beste 
westindische  Sorte  gilt  Guayanilla. 

Die  ostindischen  Baumwollen  3)  haben  seit  der  durch  den  ameri- 
kanischen Krieg  hervorgerufenen  Baumwollenkrise  für  Europa  eine  große 
Wichtigkeit  erhalten.  Es  hat  sich  nicht  nur  die  Produktionsmenge  ge- 
steigert, sondern  auch  die  Güte  der  Baumwolle  selbst,  sowohl  durch 
sorgsamere  Kultur  als  auch  durch  vollständigere  Reinigung  verbessert. 
Die  größten  Mengen  indischer  Baumwolle  kommen  von  Bombay*).    Nach 


\)  Martius,  Reise  in  Brasihen  II,  p.  483  ff.  und  II,  p.  SIS  ff. 

2)  Nach  der  Warenliste  der  Liverpool  Gotton  Association. 

3)  Über  indische  Baumwolle  s.  den  ausführlichen  Artikel  in  Watt,  Dictionary 
of  the  Economic  Products  of  India  IV  (Kalkutta  4890,  p.  \—Mi),  ferner  Middleton, 
T.  H.,  Description  of  certain  Indian  forms  of  cotton.  Agric.  Ledger.  Kalkutta  1896. 
—  Watt,  The  commercial  products  of  India.  London  -1908.  Tropenpflanzer,  1913, 
Beihefte  5  u.  6. 

4)  tjber  die  Beteiligung  der  einzelnen  Präsidentschaften  und  Provinzen  Indiens 
an  der  Baumwollproduktion  s.  die  Tabelle  von  Watt  and  Murray  in  Watt,  Diction. 
p.  56  und  die  ausführlichen  Daten,  welche  in  Watt,  Comm.  Prod.  p.  596 — 608  ent- 
halten sind. 


128 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


B.  Nieß  haben  die  indischen  Wollen  fast  durchgängig  einen  kurzen 
Stapel,  und  zwar  mißt  die  Länge  des  Haares 

der  Sorte  Dhollerah  11,2— 13,50  mm 
»        »      Madras  unter        13,50    » 
»        »      Bengal        »  8,90     » 

Doch  beziehen  sich  diese  Daten  auf  Wollen  aus  der  alten  Ära  der 
ostindischen  Baumwollenkultur.  Wie  sehr  sich  die  Qualität  der  indischen 
Baumwolle  namentlich  rücksichtlich  der  Stapellänge  verbessert  hat,  geht 
aus  zahlreichen  in  neuerer  Zeit  von  Watson  u.  a.  vorgenommenen 
Messungen  der  Stapellängen  hervor. 

a)  Wollen  aus  den  nördhchen  Distrikten. 

Minimum       Maximum  Durchschn.  Länge 


Surate  .     .     . 

20,3  mm   ' 

30,6  mm         S5,4  mm 

Guzerate    .     . 

.     22,8     » 

33,0     »             27,9     > 

Broach .     .     . 

.      1 5,2     » 

25,4     »             20,3     » 

D  bar  war    .     . 

.        20,3       :> 

45,7     »        .      33,0     » 

Canseish    .     . 

.     22,8     » 

27,9     »             25,4     » 

Berar    .     .     . 

.         1  7,7        :. 

25,4     »             21,5     y> 

b) 

Wollen  aus  den  südhchen  Distriicten 

Minimum 

Maximum  Durchschn.  Länge 

Madras.     .     . 

.     20,3  mm 

22,8  mm         21,5  mm 

Tinnevelly.     . 

.     -15,2     » 

30,6     »             20,3     » 

Trichmopoly . 

.     15,2     » 

25,4     »    '         22,8     » 

c) 

BengaUsche  Sorten. 

Minimum 

Maximum  Durchschn.  Länge 

Agra     .     .     . 

.     ■15,5  mm 

20,3  mm         '17,7  mm 

Delhi     .     .     . 

.     12,2     » 

20,3     »             16,4     » 

Kalkutta    .     . 

.      25,4      - 

33,0     »             28,0     » 

d) 

Wolle  von 

Tenasserim    . 

.     27,9     . 

33,0     »             30,6     » 

Die  meisten  indischen  Sorten  sind  stark  gelblich  gefärbt  und  grob,  so 
daß  sie  zumeist  nur  zur  Herstellung  niederer  Garnnummern  dienlich 
sind.  Zu  den  besten  Sorten  der  indischen  Baumwolle  gehören  »Dharwar« 
(aus  amerikanischen)  und  »HingHung  hat«  (aus  indischen  Samen)  gezogen. 
Als  geringste  indische  Baumwolle  gilt  die  aus  den  Industälern  stammende 
Sorte  Scinde.  Sie  ist  unrein,  grob,  schmutzig- weiß,  erreicht  aber  doch 
eine  Länge  von  25  mm. 

Die  persische  Baumwolle  stimmt  fast  in  allen  Eigenschaften  mit 
der  indischen,  hauptsächlich  in  Guzerate  gewonnenen  Sorte  Dhollerah 
überein. 

Die  levantinischen  Wollen  (Smyrna  oder  Subudja,  syrische, 
zyprische,  türkische  usw.)  kamen  früher  häufiger  auf  den  europäischen 
Markt  als  gegenwärtig.  Die  Ursache  hiervon  liegt  in  dem  großen 
Aufschwünge    der    indischen    Baumwollenproduktion.      Die    anatolische 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  129 

Baumwolle  ist  langstapelig  und  fast  reinweiß,  die  mazedonische  wohl  fest 
und  weiß,  aber  sehr  kurz,  so  daß  sie  sich  nur  schwierig  verspinnen  lassen 
soll.  Nach  B.  Nieß  beträgt  ihre  Länge  dennoch  15,7-^20,25  mm.  Nach 
neueren  Messungen  steigt  der  Stapel  einzelner   Sorten  bi,s   auf  32  mm. 

Von  afrikanischen  Wollen  ist  vor  allen  die  ägyptische  hervor- 
zuheben. Seit  Anfang  des  neunzehnten  Jahrhunderts  ist  die  dortige 
Baumwollenproduktion  in  fortwährender  Steigerung  begriffen  und  stellt 
gegenwärtig  beiläufig  ein  Fünfzehntel  der  Gesamtmenge  dieses  Artikels 
auf  dem  Weltmarkt').  Seit  dem  Rückgang  der  Zuckerpreise  ist  die 
Baumwollenpflanze  in  Ägypten  das  rentabelste  Kulturgewächs  geworden^). 
Schon  in  den  zwanziger  Jahren  des  neunzehnten  Jahrhunderts  führte 
der  französische  Ingenieur  Jumel  den  Anbau  der  Sea  Islandpflanze  in 
die  Niltäler  ein,  wodurch  sehr  gute,  langstapelige  Wollen  erzeugt  wurden, 
die  unter  dem  Namen  Mako  oder  Jumel  im  Handel  erscheinen.  Die 
Länge  der  Faser  dieser  Sorte  steigt  nach  meinen  Messungen  bis  auf 
38,9  mm.  Die  Makowolle  ist  zwar  nicht  rein,  auch  etwas  ungleichfarbig 
(teils  weiß  mit  einem  Stich  ins  Rötlichgelbe,  teils  gelblich),  aber  fein, 
weich  und  langstapelig,  so  daß  sie  sich  zur  Herstellung  sehr  feiner 
Gewebe  benutzen  läßt.  Als  beste  Sorte  gilt  gegenwärtig  unter  den 
ägyptischen  Baumwollen  die  Sorte  »Älitaffi«,  welche  aber  angeblich 
nicht  von  der  Sea  Islandpflanze  abstammt^).  Hingegen  wird  die  sehr 
wertvolle  Sorte  »Gallini«  als  von  Sea  Island  abstammend  von  Sem  1er 
hingestellt.  Eine  charakteristische  Sorte  ist  Egyptian  brown  aus  Zagazig 
mit  lebhaft  gelber  Farbe.  Außer  sehr  ausgezeichneten  Baumwollen, 
welche  fast  an  die  besten,  die  überhaupt  existieren,  heranreichen,  liefert 
Ägypten  auch  geringere  Sorten  (Merkantil wäre). 

Von  afrikanischen  Wollen  kamen  in  neuerer  Zeit  nicht  unbeträcht- 
liche Mengen  guter  Mittelsorten  aus  den  englischen  und  den  seinerzeitigen 
deutschen  Kolonien  in  den  Handel.  Geringer  ist  die  Produktionsmenge 
in  den  französischen  Kolonien.  Die  französische  Wolle  (von  Reunion  und 
Bourbon)  ist  schon  lange  auf  dem  Markt  und  wird  als  langstapelig  und 
glänzend  gerühmt,  hat  aber  nur  eine  geringe  Festigkeit, 


1)  Tropenpflanzer,  I  (1897),  p.  IIS.  —  Ebenda  III  (1899),  p.  505.  —  Ebenda  IV 
(•1900),  p.  266.  —  Über  ägyptische  Baumwolle  s.  auch  Bouteron,  Le  coton  d'Egypte. 
Congr.  internat.  d'agricult.  Bruxelles.  Sept.  1895.  Ferner  Tropenpflanzer,  XIII  (1909), 
p.  438ff.  und  XIV  (1910),  p.  369ff.  Über  die  Unterscheidung  echter  Makobaumwolle 
von  imitierter  s.  Herzog  in  Kunststoffe,  III,  1913,  8  S.  An  dieser  Stelle  sei  auch 
noch  eingefügt,  daß  R.  Hai  1er  in  »Mikroskopische  Diagnostik  der  Baumwollarten< 
(Wittenberg,  1919)  den  Versuch  macht,  die  Oossypium- Arien  auf  Grund  der  Roh- 
baumwolle mikroskopisch  zu  bestimmen. 

2)  Foaden,  Cotton  Culture  in  Egypte.   Bull.  U.  S.  Dep.  of  Agric.  Washington  1  897. 

3)  In  Ägypten  wird  in  jüngster  Zeit  viel  getan,  um  die  Baumwollenkultur  zu  heben. 
Zu  Zagazig  befindet  sich  eine  bloß  im  Dienste  dieser  Kultur  stehende  Versuchsstation. 

Wi es ner,  Rohstoffe.     HI.  Band.     3.  Aufl.  9 


130  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Die  europäischen  Baumwollen,  z.B.  die  spanische  (Motril),  die 
neapolitanische  (Castellamare) ,  die  sizilianische  (Biancacella)  haben  für 
den  Handel  fast  gar  keine  Bedeutung. 

Die  australischen  Wollen,  welche  auf  die  Ausstellungen  und  — 
freilich  in  geringer  Älenge  —  auch  auf  den  Markt  gebracht  wurden, 
waren  guter,  z.  T.  sogar  ausgezeichneter  Qualität  i).  Man  hat  eine  Zeit 
hindurch  auf  die  australischen  Wollen  große  Hoffnungen  gesetzt.  Neue- 
stens  ist  aber  die  ßaumwollenkultur  in  Australien  durch  die  Zuckerkultur 
in  den  Hintergrund  gedrängt  worden  2). 

Tahiti  und  die  Fidschiinseln  produzieren  vorzügliche  Sea  Island, 
aber  die  auf  den  Markt  kommende  Menge  ist  nach  neuen  Berichten 
doch  nur  eine  geringe,  da  die  dortige  auftretende  Zuckerrohrkultur  der 
Ausbreitung  der  Baumwollenpflanze  nicht  günstig  ist. 

Von  intensiv  gefärbten  Baumwollen  ist  die  in  Ostindien  und  China 
in  großer  Menge  gewonnene  Nankingwolle  (von  Gossypium  religiosuiu)^ 
die  Sorte  Egyptian  brown  und  die  auf  Martinique  produzierte  Nanking- 
wolle (cotton  nanking  a  courte  soie  von  GossypiiDii  flaridiim)  hervor- 
zuheben. Durch  die  Kultur  von  Gossypium  religiosum  sind  mehrere 
Varietäten  entstanden,  deren  Wolle  in  der  Farbe  zwischen  Rostbraun 
und  einem  nur  wenig  hervortretenden  Lichtbraun  liegt. 

Es  seien  hier  einige  Bemerkungen  über  die  in  neuester  Zeit  viel 
genannte  Garavonicawolle  angefügt.  Sie  stammt  von  einer  peren- 
nierenden Form,  über  deren  systematische  Stellung  man  noch  nicht  im 
klaren  zu  sein  scheint.  Es  wird  angegeben,  daß  sie  eine  Hybride  von 
Sea  Island-  und  Perubaumwolle  sei.  Die  Garavonicawolle  wurde  von 
Dr.  Thomatis^)  in  Garavonica  (bei  Cairn  in  Nord  Queensland)  zuerst 
empfohlen  und  wird  versuchsweise  nicht  nur  in  Australien,  sondern 
auch  in  Peru,  auf  den  neuen  Hebriden,  in  Deutsch -Ostafrika  und  in 
Ägypten  kultiviert. 

Man  unterscheidet  zwei  Hauptformen  der  Garavonicawolle,  eine 
gröbere  und  kürzere  (»Wolle«)  und  eine  feinere,  längere  (»Seide«), 
welche  man  schon  als  eine  langstapelige  bezeichnen  könnte  (Stapel  nach 
T.  F.  Haiiausek  45  mm  und  darüber).  Die  von  T.  F.  Hanausek 
ausgeführte  mikroskopische  Untersuchung  hat  gelehrt,  daß  diese  beiden 
Formen  der  Garavonicabaumwolle,  in  einer  merkwürdigen,  oben  schon 
berührten,  bei  keiner  anderen  Baumwollensorte  bis  jetzt  beobachteten 
Eigenschaft  übereinstimmen.  Es  werden  nämlich  bei  der  Abscheidung  der 
Faser  aus  der  Kapsel,  beim  Egrenieren  die  Haare  mit  ihrem  natürlichen. 


1)  J.  R.  Lorenz,  Ost.  off.  Ausstellungsbericht,   1807,  V,  p.  821  ff. 

ä)  Semler,  I.  c,  p.  506. 

3;  The  Queensland  Agr.  Journ.  1903. 


siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


131 


herausgezogen,  was  für  eine  hohe  absolute  Festigkeit  dieser  Baumwoll- 
sorte spricht.  Dieses  mehr  konische  Ende  (?uß)  der  Faser  ist  verholzt, 
da  es  sich  mit  Phlorogluzin  und  Salzsäure  violett  färbt.  So  -hat  man 
Kennzeichen,  durch  welche  sich  die  Gara- 
vonicawoUe  von  anderen  Baumwollsorten 
unterscheidet. 

Über  den  Wert  der  Caravonicawolle 
gehen  die  Ansichten  noch  sehr  weit  aus- 
einander i). 

In  der  Anrühmung  der  Caravonicawolle 
kam  manche  abenteuerliche  Anschauung  zum 
Worte.  So  wurde  von  Thomatis  behauptet, 
daß  es  durch  Hybridrisation  und  Kastration 
gelinge,  die  Menge  der  Wolle  zu  steigern 
und  die  der  Samen  zu  verringern,  und  es 
wurde  sogar  die  Hoffnung  ausgesprochen, 
man  werde  vielleicht  Pflanzen  erzielen,  welche 
nur  Wolle  und  gar  keine  Samen  enthalten 
werden.  Da  aber  die  Baumwolle  ein  Haar- 
gebilde der  Samen  darstellt,  so  muß  man 
sich  fragen,  woher  denn  die  Baumwolle 
kommen  solle,  wenn  die  Kapseln  keine 
Samen  führen. 

Verwendung.  Die  Baumwolle  bildet 
das  wichtigste  Material  zum  Spinnen  von 
Garnen  und  zur  Herstellung  von  Weberei- 
produkten. Die  Baumwollengarne  dienen 
nicht  nur  zum  Verweben  (sowohl  für  sich 
allein,  als  auch  mit  aus  anderen  Fasern  dar- 
gestellten Garnen),  sondern  auch  zur  Dar- 
stellung von  Zwirnen.  Ausgedehnte  Verwen- 
dung findet  die  Baumwolle  zur  Gewinnung 
von  entfetteter  Baumwolle  als  Verbandstoff 
(Brunssche  Watte  usw.)  und  zur  Darstellun 

Eine  große  Menge  von  Baumwolle  wird  gegenwä 
von  Kunstseide    (Chardonnet- Seide,    Glanzseide   usw 


Vergr.  300.    q   Querschnitte, 
s  Spitzen  der  Baumwollhaare,  m,  »ii, 
m-y   Mittelstiicke ,    h   kegelförmig  ge- 
stalteter Fuß  der  Haare. 
(Nach  T.  F   Hanau sek.) 


Kollodium, 
rtig  zur  Darstellung 
.)   verwendet.     Das 


-11  Über  Caravonicawolle  s.  Zimmermann,  Der  Pllanzer  III  (1907),  p.  302; 
G.  K.  Rein,  Tropenpflanzer,  XIV  (lOlO),  p.  604f.;  Derselbe,  ebendaselbst  XV  (49H), 
p.  -leel.;  St.  Paul  Illair,  ebendaselbst  XIV  (1910),  p.  90f.;  T.  F.  Hanausek,  Mit- 
teilungen d.  Technologischen  Gewerbemuseums  in  Wien  (1910). 

9* 


132  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

verbesserte  Verfahren  des  meist  als  Erfinder  der  Kunstseide  i)  genannten 
Grafen  Hilaire  de  Chardonnet  (1890),  bei  welchem  die  Gefährlichkeit 
des  Produktes  (Nitrozellulose)  durch  Anwendung  von  Nalriumsulfhydrat 
beseitigt  wurde,  hatte  einen  großen  Aufschwung  in  der  heute  schon  von 
großer  Wichtigkeit  gewordenen  Kunstseidefabrikation  zur  Folge.  Es 
gibt  heute  neben  der  Ghardonnet-Seide  noch  andere  Kunstseiden, 
welche  nach  ganz  anderen  Verfahren  erzeugt  werden,  z.  B.  die  Glanz- 
seide (Paulysche  Seide),  deren  Substanz  durch  Fällung  aus  einer  Lösung 
von  Baumwolle  in  Kupferoxydammoniak  erzeugt  wird.  Welche  Sub- 
stanz zur  Erzeugung  der  Kunstseide  auch  immer  verwendet  werden  mag, 
immer  ist  ein  Spinnapparat  erforderlich,  welcher  die  plastische  Substanz 
in  die  Form  der  Seide  bringt.  Gegenwärtig  werden  bereits  über  sieben 
Millionen  Kilogramm  Kunstseide  dargestellt  (die  Jahresproduktion  an  Seide 
in  der  ganzen  Welt  beträgt  18,5  Millionen  Kilogramm  2),  nach  ein'er  anderen 
Angabe  24,5  Millionen  Kilogramm 3))  und  die  Produktion  ist  in  fort- 
währendem Steigen  begriffen.  —  Es  werden  nunmehr  außer  Baumwolle 
noch  andere  »Zellulosen«  u.  a.  auch  Holzzellulose  zur  Darstellung  von 
Kunstseide  verwendet. 

Neuestens  versucht  man  die  den  Baumwollensamen  anhaftenden  Haare, 
welche  im  wesentlichen  dem  Samenbart  und  der  Grundwolle  angehören, 
aber  auch  Reste  der  eigentlichen  Wolle  enthalten,  in  der  Papierfabrikation 
zu  verwenden.    Diese   »Virgofasern «   haben  eine  Länge  von  4  — 6  mm*). 

Die  ungeheuer  große  Menge  von  Baumwollptlanzen,  welche  zur 
Erzeugung  der  Faser  verwendet  wird,  macht  es  begreiflich,  daß  man 
bestrebt  ist,  die  Nebenprodukte  der  Faserpflanze  möglichst  auszunutzen. 
Von  großer  Bedeutung  für  die  Ülgewinnung  sind  die  Baumwollensamen 
geworden,  über  welche  in  einem  späteren  Kapitel  abgehandelt  werden 
wird.  Neuestens  hat  man  auch  die  Stengel  der  Baumwollpflanze  mit 
Erfolg  in  der  Papierfabrikation   eingeführt  s). 

Geschichtliches.  Über  die  Anfänge  der  Baumwollenkultur  ist 
wenig  Sicheres  bekannt,    desgleichen   über  die  Benutzung   dieses  Spinn- 


1)  Über  Kunstseide  s.  C.  Süvern,  Die  künsthche  Seide,  ihre  Herstellung,  Eigen- 
schaften und  Verwendung.  3.  Aufl.  Bernn1912.  Witt,  Die  künstlichen  Seiden.  Ver- 
hardlungen  des  Vereins  zur  Beförderung  des  Gewerbfleißes  1904.  Lehner,  Entwick- 
lung der  Kunstseidedarstellung,  Vortrag,  gehalten  in  der  Hauptversammlung  der  Deut- 
schen Chemiker.  Nürnberg  1906.  Herzog,  Die  Unterscheidung  der  natürlichen  und 
künstlichen  Seiden.  Dresden,  1910.  Kunststoffe,  München,  1911  ff.  F.Becker,  Die 
Kunstseide.   Halle,  1912.     Stirm,  Chem.  Technologie  der  Gespinstfasern.    Berhn1913. 

2)  Statistische  Syndikate  der  Lyoner  Seidenhändler  1906. 

3)  Stirm,  1.  c,  p.  231. 

4)  Kränzlin,  Der  Pflanzer,  1909,  p.  44. 

5)  Tropenpnanzer  VHI  (1904)  p.  4 59 ff.;  Der  Pflanzer  1910,  p.  228. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  133 

und  WebstoCfes  in  den  ältesten  historischen  Epochen.  Behauptet  wurde 
allerdings  nach  beiderlei  Richtungen  vieles,  und  manches  davon  gilt  als 
feststehend.  Allein  strengen  wissenschaftlichen  Forschungen  konnten  die 
meisten  dieser  landläufigen  Behauptungen  nicht  standhalten. 

Die  Baumwolle  der  Alten  Welt  ist  zweifellos  indischen  Ursprungs. 
Was  an  echten  Baumwollstoffen  bei  Arabern,  Persern,  Ägyptern,  Griechen 
und  Römern  verwendet  wurde,  kam  entweder  als  Gewebe  oder  als 
Rohstoff  aus  Indien  oder  ist  das  Produkt  von  Kulturpflanzen,  welche 
von  der  indischen  Baumwollenpflanze  (Gossypium  herhaceum)  abstammen. 

Nach  Mitteilungen,  welche  ich  Herrn  Prof.  L.  v.  Schröder  verdanke, 
wird  die  indische  Baumwolle  (Kärpäsa  im  Sanskrit)  mit  Sicherheit  zuerst 
in  den  jüngsten  vedischen  Schriften,  den  sog.  Sütras,  und  zwar  schon 
in  Verbindung  mit  der  Erzeugung  von  Gewändern  (vasas)  erwähnt. 
(Agvaläyana  ^räutasütra  9,  4;  auch  Lätyäyana  2,  6,  I;  9,  2,  14;  bei- 
läufig 5 — 600  Jahre  v.  Chr.).  Die  Angabe  Watts,  Dictionary  usw.  IV 
(Kalkutta  1890)  p.  43,  daß  die  erste  Erwähnung  der  Baumwolle  wahr- 
scheinlich sich  erst  in  den  Institutionen  des  Manu  finde  (II,  Nr.  44; 
Periode  des  klassischen  Sanskrit,  indisches  Mittelalter),  ist  somit  im 
Sinne  obiger  Angabe  richtigzustellen.  Auf  Watts  Vermutung,  daß  viel- 
leicht schon  im  Rig-Veda  (also  1500 — 2000  v.  Chr.)  von  Baumwolle 
die  Rede  sei,  ist  kein  Gewicht  zu  legen.  Nach  Prof.  v,  Schröder  ist 
nämlich  die  betreffende  Stelle  bei  Watt  unrichtig  übersetzt.  —  In  Ver- 
bindung mit  upavita  (Brahmanenschnur^)  erscheint  die  Baumwolle 
zuerst  in  Manu,  II,  44.  Sichere  Nachrichten  über  indische 
Baumwolle  gehen  also  über  die  Zeit  von  500  —  600  v.  Chr. 
nicht  hinaus. 

Die  Angaben  über  Baumwollengewebe  der  alten  Kulturvölker  2) 
stützen  sich  zumeist  auf  Deutungen  der  Ausdrücke  (ivooog,  byssus  der 

1)  S.  oben  p. 103. 

2)  Von  den  am  meisten  verbreiteten  Angaben  über  alte  Baumwollengewebe 
seien  folgende  hier  hervorgehoben.  Die  von  Alexander  dem  Großen  aus  Indien  mit- 
gebrachten Stoffe  (GangesstofTe  =  yccyyrjTiy.cu  Gti'd'öi'!;^)  sollen  durchweg  Baumwollen- 
stoffe gewesen  sein.  Die  ägyptischen  Priester  trugen  Baumwollengewänder.  In 
neuerer  Zeit  ist  aber  wahrscheinlich  gemacht  worden,  daß  diese  Kleider  aus  Leinen- 
fasern gewebt  waren  (Pauly  in  dem  unten  genannten  Werke  p.  -llOSff.).  Joseph 
soll  von  Pharao  ein  baumwollenes  Gewand  erhalten  haben.  Die  Ägypter,  Römer 
und  Griechen  hätten  die  Baumwolle  nicht  nur  als  Spinn-  und  Webstoff,  sondern 
auch  zur  Füllung  von  Polstern  {Tihj  =  Pfühl)  benutzt.  Es  ist  aber  wenig  wahr- 
scheinlich, daß  ein  offenbar  kostbarer  Webstoff  wie  die  Baumwolle,  welcher  zeitweilig 
mit  Gold  aufgewogen  worden  sein  soll,  als  Füllmaterial  gedient  habe.  Es  liegt  auch 
hier  wohl  eine  Verwechslung  mit  einem  anderen  Faserstoffe  vor.  Die  aus  Malta 
nach  Rom  gebrachten  feinen  Webereien  sollen  baumwollene  gewesen  sein.  Nach 
neueren  historischen  Forschungen  ist  dies  aber  nur  eine  Vermutung  (Blümner, 
Technologie  und  Terminologie  der  Gewerbe  und  Küriste  bei  den  Griechen  und  Römern. 


134  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Griechen  bzw.  Römer,  und  des  semitischen  Wortes  keton,  auf  welches 
die  modernen  Bezeichnungen  coton,  cotton,  cottone,  Kattun  usw. 
zurückzuführen  sind.  Aber  das  Wort  byssus  ist  ebenso  vieldeutig i) 
wie  das  Wort  keton^)  und  kann  ebensogut  Baumwolle  als  Leinen  oder 
auch  einen  anderen  Spinnstoff  bezeichnen. 

Nur  genaue  materielle,  insbesondere  mikroskopische  Untersuchungen 
sind  imstande  zu  beweisen,  aus  welcher  Faser  ein  als  byssus, 
keton  usw.  bezeichnetes  Gewebe  besteht.  Solcher  Untersuchungen 
liegen  aber  bisher  nur  wenige  vor.  Ich  nenne  hier  nur  die  wichtigsten. 
Herodot  (Mitte  des  fünften  Jahrhunderts  v.  Chr.)  bezeichnete  die 
Mumienbinden  der  Ägypter  als  ßvooog.  Man  deutete  diesen  Ausdruck 
lange  als  Baumwolle,  und  fast  bis  zur  Mitte  des  neunzehnten  Jahrhunderts 
hielt  man  die  Mumienbinden  für  Baumwollengewebe 3).  Schon  vor 
längerer  Zeit  ist  aber  diese  Deutung  als  irrig  erkannt  worden  4).  Später 
mit  größerer  Sachkenntnis  ausgeführte  Untersuchungen  ^j  haben  die  An- 
gaben Thomsons  bestätigt  und  beweisen  mit  unumstößlicher  Gewiß- 
heit daß  die  Mumienbinden  durchweg  Leinengewebe  sind.  —  Die 
mikroskopischen  Untersuchungen   der  ältesten   arabischen   und  späterer 


Leipzig,  I  [1875],  p.  188.  2.  Aufl.  I  [1912],  p.  199).  —  In  China  soll  schon  unter 
Kaiser  Yao  (2300  v.  Chr.)  Baumwolle  verwendet,  ja  sogar  gebaut  worden  sein.  Nach 
neueren  Forschungen  wurde  aber  die  Baumwollenkultur  nicht,  wie  häufig  angegeben 
wird  (z.  B.  bei  Semler,  1.  c,  p.  502),  200  Jahre  v.  Chr.  in  China  eingeführt,  sondern 
erst  unter  der  Regierung  Kubitai  Chans  (1257 — 1294)  aus  Ma'bar  (im  südlichen 
Indien)  dahin  gebracht  (Ztschr.  d.  morgenländ.  Gesellsch.  I,  p.  224). 

1)  S.  z.  B.  den  Artikel  Byssus  in  Paulys  Realenzyklopädie  des  klassischen 
Altertums,  III  (1899),  p.  1108,  wo  nachgewiesen  ist,  daß  hierunter  im  einzelnen  Falle 
Seide,  Muschelseide,  Baumwolle,  Leinenlasern  usw.  zu  verstehen  ist  oder  verstanden 
werden  könne.  S.  hier  und  1.  c,  p.  167  ff.  auch  über  andere  gleichfalls  mehrdeutige 
Bezeichnungen  der  Baumwolle  bei  Griechen  und  Römern. 

2)  Nach  gefälliger  Mitteilung  des  Herrn  Dr.  Dav.  Heinr.  Müller,  Prof.  der 
semitischen  Sprachen  an  der  Wiener  Universität,  geht  seine  Ansicht  dahin,  daß  das 
altsemitische  Wort  kettan  nichts  anderes  als  Leinen  bedeutet.  Es  ist  unentschieden, 
ob  der  Stoff  »ses<  (hebräisch,  im  Ägyptischen  schens),  aus  welchem  die  Kopf- 
binde und  der  Leibrock  des  Hohenpriesters  angefertigt  wurden,  Leinen  oder  Baum- 
wolle gewesen  ist.  Nach  der  Ansicht  des  genannten  Forschers  ist  die  Deutung  des 
(Josua  2,  6)  »pistim«  genannten  Baumes  als  »Baumwolle«  irrig;  darunter  ist  vielmehr 
»Flachsstengel«  zu  verstehen. 

3)  Als  Gewährsmänner  dieser  Angabe  sind  von  hervorragenden  Forschern 
namentlich  hervorzuheben  Rouelle,  Larcher  und  J.  R.  Forster,  zitiert  in 
Thomsons  unten  genannter  Abhandlung. 

4)  Francis  Bauer  in  Thomsons  Abhandlung  über  Mumienbinden.  Lieb  ig 
und  Wohle rs  Annalen.     Bd.  69  (1849). 

5)  F.  ünger,  Botan.  Streifzüge  auf  dem  Gebiete  der  Kulturgeschichte.  IV.  Die 
Pflanzen  der  alten  Ägypter.  Sitzgsber.  der  kaiserl.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien.  Bd.  38 
(1859). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  135 

europäischer  Papiere!)  haben  gelehrt,  daß  die  bis  in  die  achtziger  Jahre 
des  neunzehnten  Jahrhunderts  behauptete  Existenz  von  aus  roher, 
nämhch  unversponnen  gebliebener  Baumwolle  erzeugtem  Papier  (charta 
bombycina)  in  das  Reich  der  Fabel  zu  verweisen  ist,  daß  vielmehr 
alle  sog.  Baumwollenpapiere  aus  Leinen-  und  Ilanfhadern  (Lumpen) 
erzeugt  wurden.  In  dem  bekannten  Werke  Karabaceks  über  das 
arabische  Papier 2)  wurde  auf  Grund  eingehender  historisch-linguistischer 
Studien  gezeigt,  daß  die  aus  arabischen  Quellen  entnommenen  Daten 
über  Papiererzeugung  mit  dem  Resultat  der  eben  genannten  mikrosko- 
pischen Untersuchung  in  vollkommenem  Einklang  stehen. 

Der  Zusammenhang  der  römischen  und  griechischen  baunnvollenen 
Gewandstoffe  mit  dem  indischen  Rohmateriale  ist  mehrfach  aus  sprach- 
lichen Gründen  abgeleitet  worden.  Worte  wie  carbasa  und  ähnliche, 
die  man  für  bestimmte  Gewebe  benutzte,  wurden  auf  den  oben  schon 
genannten  Sanskritnamen  Karpäsa^)  zurückgeführt^). 

Die  Frage  des  Allers  der  Baumwollenkultur  in  Ägypten  scheint  mir 
noch  offen  zu  sein.  Nach  Brandes s)  soll  500  Jahre  vor  unserer  Zeit- 
rechnung in  Oberägypten  Baumwolle  gebaut  worden  sein  und  sollen 
die  Griechen  und  Römer  zu  dieser  Zeit  bereits  die  daraus  bereiteten 
Gewebe  gekannt  haben.  Auch  dieser  Arbeit  fehlt  die  materielle  Grund- 
lage, weshalb  ihre  Resultate  doch  mit  Vorsicht  aufzunehmen  sind. 
Immerhin  bleibt  es  auffällig,  daß  Daten  über  die  Kultur  der  Baumwolle 
in  Ägypten  aus  der  Zeit  des  Mittelalters  fehlen  und  in  dieser  Zeit  die 
Baumwolle  nicht  unter  den  Handelsprodukten  Ägyptens  erscheint  6). 

Ebenso  sichergestellt  wie  die  alte  indische  ist  auch  die  alte  Baum- 
wollenkuUur  auf  südamerikanischem  Gebiete.    Die  mikroskopische  Unter- 

1)  Wiesner,  Die  mikroskop.  Untersuch,  des  Papiers  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  ältesten  orientalischen  und  europäischen  Papiere  (Die  Fajümer  und 
Uschmuneiner  Papiere).  II.  u.  III.  Bd.  der  Mitteil,  aus  der  Sammlung  des  Papyrus 
Erzherzog  Rainer.     Wien  1887. 

2)  Karabacei<,  Das  arab.  Papier.  11.  u.  III,  Bd.  der  Mitteii.  aus  der  Samm- 
lung des  Papyrus  Erzherzog  Rainer.     Wien  1887. 

3)  »Kärpäsa«  bedeutet  ausschließlich  Baumwolle,  nämlich  den  Faserstoff, 
hingegen  »Kärpäsi«  die  Baumwollenpflanze. 

4)  Bei  Plinius  erscheint  zuerst  ein  in  Spanien  erzeugtes  Gewebe,  »carbasa« 
genannt.  Die  Ausdrücke  xÜottccoo^  und  carbasus  bei  Griechen  und  Römern  deuten 
auf  Baumwollengewebe  hin,  welche  aus  Indien  stammten.-  Als  diese  Worte  sich  im 
Griechischen  und  Lateinischen  einbürgerten,  teilten  sie  das  Schicksal  der  Worte 
byssus  und  keton  und  wurden  mehrdeutig.  Es  ist  mit  diesen  Worten  sowohl 
Baumwolle  als  (später)  Leinen  bezeicimet  worden,  und  mehrfach  haben  sie  nur  die 
Bedeutung  von  Zeltstoff  oder  Segel.    Pauly  1.  c,  im  Artikel  Baumwolle  von  Wagler. 

5)  Über  die  antiken  Namen  und  die  geographische  Verbreitung  der  Baumwolle 
im  Altertum.     Leipzig  1866,  p.  100. 

6)  W.  Heyd,  Geschichte  des  Levantehandels  im  Mittelalter.     1879.     p.  574. 


]^36  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

suchung  von  aus  alten  peruanischen  Gräbern  stammenden  Textilstoffen 
hat  unzweideutig  gelehrt,  daß  die  alten  Peruaner  die  Baumwolle  als 
Spinn-  und  Webstoff  kannten.  Sie  verwendeten  teils  weiße,  teils  braune 
Sorten').  Zur  Zeit  der  Eroberung  Perus  durch  die  Spanier  (1532)  stand 
dort  die  Baumwollenkultur  schon  in  hoher  Blüte. 

Auch  im  alten  Mexiko  war  die  Baumwolle,  neben  der  Agavefaser, 
das  gewöhnliche  Spinn-  und  Webmaterial;  andere  Spinn-  und  Web- 
stoffe scheinen  den  Azteken  nicht  bekannt  gewesen  zu  sein. 

Die  Baumwollenindustrie  beginnt  erst  am  Ausgange  des  achtzehnten 
Jahrhunderts  sich  zu  entwickeln  2).  Bis  zu  den  siebziger  Jahren  des 
achtzehnten  Jahrhunderts  hat  man  in  erheblicher  Quantität  wohl  Baum- 
wollen ge  webe  aus  Indien  nach  Europa,  vorzugsweise  nach  England, 
gebracht;  rohe  Baumwolle  war  aber  zu  dieser  Zeit  und  auch  früher 
nicht  Gegenstand  des  Imports  nach  England.  Am  Schlüsse  des  sech- 
zehnten Jahrhunderts  brachten  die  Holländer  rohe  Baumwolle  nach  Europa, 
welche  in  Gent  und  Brügge  verwebt  wurde;  die  so  erhaltenen  Produkte 
sollen  den  indischen  Geweben  nicht  nachgestanden  haben.  Was  damals 
an  roher  Baumwolle  nach  England  gelangte,  war  für  die  Textilindustrie 
von  ganz  untergeordneter  Bedeutung.  Man  konnte  dort  aus  Baumwolle 
noch  keine  feste  Kette  machen  und  verwendete  hierzu  Leinengarne. 
Erst  im  Jahre  1772  wurden  in  England  die  ersten  Gewebe  aus  reiner 
Baumwolle  verfertigt.  Von  dieser  Zeit  an  begann  die  Einfuhr  von 
Baumwolle  nach  Europa.  Schon  im  Jahre  4  782  wurden  mehr  als 
33  000  Ballen  Baumwolle  nach  Großbritannien  allein  gebracht 3). 

Die  Länder,  welche  zur  Zeit  des  Beginns  des  europäischen  Baum- 
wollenhandels erhebliche  Quantitäten  dieser  Ware  nach  Europa  brachten, 
waren  die  Levante  und  Mazedonien^),  Cayenne,  Surinam^),  Guadeloupe 
und  Martinique*').  Länder,  welche  heute  für  den  europäischen  Baum- 
wollenhandel in  erster  Linie  genannt  werden  müssen,  wie  Nordamerika, 
Indien,  Ägypten,  kamen  damals  noch  kaum  in  Betracht.  Indien  führte 
damals  allerdings,  wie  oben  angeführt  wurde,  Baumwollengewebe  aus. 
Der  Rohstoff  blieb  aber  im  Lande,  und  nur  von  der  Küste  von  Coro- 
mandel    brachte   man    Baumwolle   nach  Europa^).     Ägypten  konnte  da- 

1)  Wittmack,  Über  die  Nutzpflanzen  der  alten  Peruaner.  Compt.  rend.  du 
Congrrs  Intern,  des  Americanistes,  Berhn  -1888,  Sept.-Abdr.  p.  22. 

2)  Beckmann,  1.  c,  I,  p.  -laff. 

3]  Andree,  Geographie  des  Welthandels,  p.  638. 

4)  Beckmann,  1.  c,  p.  20  und  25. 

5)  Fermin,  Übersicht  der  Kolonie  Surinam,  Deutsch  von  Ganz  1er.  Göt- 
tingen 1788,  p.  90. 

fii  Beckmann,  1.  c,  p.  40. 

7]  Histoire  philos.  et  polit.  des  etablissements  dans  les  Indes.  Geneve  '1780. 
I,  p.  34-1. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  137 

mals  seinen  eigenen  Bedarf  noch  nicht  decken  und  kaufte  Baumwolle 
aus  Cypern  und  Kleinasien  i).  In  Nordamerika  wurden  allerdings  schon 
im  Jahre  1770  die  ersten  Versuche  mit  der  Kultur  der  Baumwollen- 
pdanze  gemacht.  Es  dauerte  indes  doch  einige  Zeit  bis  dort  der 
Baumwollenbau  erstarkte.  Aber  schon  im  Jahre  1800  stieg  die  Pro- 
duktion auf  9  Millionen  Kilogramm 2j.  Von  da  an  ging  es  mit  der 
amerikanischen  Baumwollenkultur  rasch  aufwärts,  bis  der  amerikanische 
Bürgerkrieg  zu  einem  plötzlichen  Sturz  der  Produktion  •  führte.  Es 
folgte  die  Periode  des  »Baumwollenhungers«,  in  welcher  in  allen  tro- 
pischen und  subtropischen  Ländern,  ja  über  diese  weit  hinaus,  die  Baum- 
wollenpflanze in  Kultur  genommen  wurde.  Vielfach  mit  lohnendem 
Erfolge,  der  auch  heute  noch  manchem  Lande  erhalten  blieb,  wenngleich, 
namenthch  durch  lokal  vorteilhaftere  andere  Kulturen  (s.  bezüglich 
Australien  oben  p.  130),  ein  Rückgang  in  der  Produktion  der  Baum- 
wolle in  vielen  Gebieten  sich  einstellte.  Aber  Nordamerika  hat  seine 
Stellung  als  wichtigstes  Produktionsland  der  Baumwolle  nicht  nur  zurück- 
erobert, sondern  bringt  nunmehr  eine  noch  größere  Menge  an  dieser 
wichtigsten  Ware  des  Welthandels  (King  Cotton!)  hervor  als  vor  dem 
Kriege.  Aus  der  mit  Sorgfalt  geleiteten  Baumwollstatistik  der  Ver- 
einigten Staaten  ist  zu  ersehen,  daß  in  dem  Dezennium  vor  dem  Kriege 
13  000  Millionen  Kilogramm  Baumwolle  dort  geerntet  wurden,  gegenüber 
20  000  Millionen  Kilogramm  in  dem  dem  Bürgerkriege  gefolgten  Jahrzehnt. 

Während  des  Baumwollenhungers  hat  Indien  in  der  Kultur  der 
Baumwollenpflanze  die  größten  Fortschritte  gemacht.  Vom  Jahre  1815, 
als  die  indische  Baumwolle  zuerst  in  größerer  Menge  nach  Europa  ge- 
bracht wurde,  bis  zum  Jahre  1861  stammten  nur  9 — 25  Proz.  der  in 
Großbritannien  verarbeiteten  Baumwolle  aus  Indien,  die  Menge  der  ame- 
rikanischen Baumwolle  betrug  damals  46 — 84  Proz.  Zur  Zeit  des  ame- 
rikanischen Bürgerkrieges  stieg  die  Menge  der  aus  Indien  nach  England 
gebrachten  Baumwolle  auf  40 — 50  Proz.,  während  die  Menge  der  aus 
Nordamerika  kommenden  auf  42,  ja  zeitweise  auf  7  Proz.  sank. 

Die  nachfolgenden  Zahlen  sollen  ein  Bild  von  der  Gesamtproduktion 
der  Baumwolle  auf  der  ganzen  Erde  und  von  dem  Anteil  geben,  welcher 
derzeit  den  wichtigsten  baumwolleliefernden  Ländern  zufällt.  Die  Zahlen 
bedeuten  Ballen  a  500  Pfund  Nettogewichts). 


1904   .   . 

.  .  18,803,000  Ballen 

1905   .  . 

.  .  15,747,000   » 

1906  .   . 

.  .   19,942,000   » 

1)  Beckmann,  1.  c,  p.  19. 

2)  Semler,  1.  c,  p.  498. 

3)  Nach  Tropenpflanzer,  XIII  (1909),  p.  438 ff. 


138  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

1907  1908 

Vereinigte  Staaten  von  Amerika   10,882,(100  Ballen  13,002,000  Ballen 

Britisch  Indien 2,498,000  »  2,914,000  » 

Ägypten ■I,29(i,000  »  1,275,000  » 

Rußland 620,000  »  846,000  » 

China 426,000  »  600,000  » 

Brasilien 370,000  »  '  425,000  » 

Mexiko 70,000  »  140,000  » 

Peru  .    • 55,000  »  57,000  » 

Türkei 80,000  »  80,000  » 

Persien 50,000  »  30,000  » 

Andere  Länder 165,000  »  185,000  > 

Summe 16,512.000  Ballen  19,374,000  Ballen 

Zu  diesen  Hauptsummen  wären  noch  jene  nicht  bekannten  Zahlen  zu 
rechnen,  weiche  die  für  den  Lokalbedarf  in  kleinen  Betrieben  gewonnenen 
Baumwollenmengen  beziffern  l). 

Das  enorme  Übergewicht  der  nordamerikanischen  Baumwollen- 
produktion gegenüber  der  Erzeugungsmenge  aller  anderen  Länder  ist  vom 
wirtschaftlichen  Standpunkte  aus  oft  betont  worden  und  man  hat  die 
Frage  aufgeworfen,  was  zu  geschehen  habe,  um  zu  verhindern,  daß  Nord- 
amerika, wo  die  Ausschreitungen  der  Trusts  am  stärksten  hervortreten, 
das  Monopol  für  ein  Handelsobjekt  von  der  Bedeutung  der  Rohbaumwolle 
fast  ganz  in  die  Hand  bekomme,  M.  Schanz  spricht  sich  über  diese 
Frage  folgendermaßen  aus:  ».  .  .  Die  für  Europas  Baumwollenindustrie  so 
unerquickliche  Lage  kann  dauernd  nur  dadurch  gebessert  werden,  wenn 
es  gelingt,  eine  wesentliche  Steigerung  des  Baumwollenbaues 
in  Gebieten  außerhalb  Amerikas  zu  erreichen;  die  natürlichen 
Vorbedingungen  dazu  sind  erfreulicherweise  in  vielen  Teilen  der  Erde 
vorhanden  und  je  höher  die  Preise  der  Rohprodukte  in  Nordamerika 
steigen,  um  so  leichter  wird  die  Einführung  eines  lohnenden  Baum- 
wollenbaues auch  in  anderen  Ländern  werden«  2). 

In  vielen  warmen  Ländern  werden  große  Anstrengungen  gemacht, 
um  den  Baumwollenbau  zu  heben.  Dies  erkennt  man  u.  a.  an  der  in 
neuester  Zeit  erfolgten  Steigerung  des  Baumwollenbaus  in  Afrika.  Es 
heferten  die  englischen  Kolonien  in  Afrika  im  Jahre  1908  Baumwolle  im 
Werte  von  12,1  Mill.,  die  deutschen  Kolonien  im  Werte  von  2,8  Mill. 
und  die  französischen  im  Werte  von  0,5  Rlill.  Mark 3). 

Die  größte  Baumwollenindustrie  hat  Großbritannien  (45  Millionen 
Spindeln);  hierauf  folgen,  bez.  folgten  die  Vereinigten  Staaten  (16  Millionen 

1)  Wie  oben  angegeben  wurde,  schätzt  man  die  Baumwollenernte  von  1910/11 
auf  4,5  Milliarden  Kilogramm  (gegenüber  4,9  Milliarden  Kilogramm  lür  das  Jahr 
1908).     S.  auch  noch  Tropenpflanzer,  XIV  (1910),  p.  369ff. 

2;  M.  Schanz,  Baumwollennot.     Tropenpflanzer  XIV  (1910),  p.  63. 

3)  K.  Supf,  Tropenpflanzer,  Beiblatt  1910. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  139 

Spindeln),  sodann  das  Deutsche  Reich,  Frankreich,  Rußland,  Ostindien, 
das  ehemalige  Österreich-Ungarn,  Itahen  usw.  Einen  enormen  Aufschwung 
hat  in  neuerer  Zeit  die  japanische  Baumwollenindustrie  genommen:  ob- 
gleich die  Baumwollespinnmaschine  erst  1  875  in  Japan  eingeführt  wurde, 
arlieiteten  schon  1894  780  000  Spindeln  (gleichzeitig  in  hidien  3,5  MiUionen 
Spindeln). 

2.  Wolle  der  Wollbäiimei). 

In  der  Fruchtkapsel  der  Bombaceen  ist  eine  feine,  seidige,  die 
Samen  umhüllende  Wolle  in  reichlicher  Menge  vorhanden,  die  seit  alter 
Zeit  her  gesammelt  und  verschieden  verwendet  wird.  Diese  Wolle  geht 
nicht  wie  die  Baumwolle  von  den  Samen,  vielmehr  von  der  inneren 
Fruchtwand  aus^).  Die  Wolle  der  Wollbäume  ist  also  keine  Samenwolle 
wie  die  Baumwolle,  sondern  ist  den  Geweben  der  Frucht  zuzuzählen. 
Es  gehören  hierher  vor  allem  die  in  Brasilien  gewonnene  »Paina 
limpa«,  das  Produkt  »Kapok«  der  Sudanesen  und  die  im  europäischen 
Handel  unter  dem  Namen  »Pflanzendunen«,  »Ceibawolle«,  »Patte  de 
lievre  und  »Edrdon  vegetale«  vorkommenden  Waren.  Im  deutschen 
Handel  hat  sich  in  neuerer  Zeit  für  die  Wolle  der  Wollbäume  (ins- 
besondere für  die  Wolle  von  Eriodendron  anfractuosum)  der  Name 
Kapok  zum  Unterschiede  von  den  vegetabilischen  Seiden,  welche  man 
als  Akon  zusammenfaßt,  eingebürgert.  Der  Name  Kapok  nimmt  über- 
haupt immer  mehr  einen  internationalen  Charakter  an,  was  rücksicht- 
Uch  des  Wortes  Akon  nicht  gesagt  werden  kann. 

Die  Paina  limpa  ist  die  Wolle  von  Bomhax  heptaphyUum  und 
anderen  in  Südamerika  und  Westindien  vorkommenden  Wollbäumen. 
Auch  B.  caroUnuni^  eine  südamerikanische  Bombacee,  liefert  eine  Art 
Paina.  Sonst  wäre  von  Bombax-Arlen^  deren  Wolle  praktisch  verwendet 
wird,. noch  zu  nennen  B.  cumanense^  welche  in  Venezuela  ein  Polster- 
material liefert,  genannt  Lana  vejetale^j,  B.  rhodognaphalon^  der  wilde 
Kapok  der  ostafrikanischen  Steppen,  welcher  gutes  Stopfmaterial  für 
Kissen  liefert^),  und  B.  malabaricum,  dessen  Wolle  im  Handel  als 
indische  Pflanzendunen  erscheint,  aber  u.  a.  auch  aus  Ecuador  in  den 
Handel  kommt. 


i]  Als  Grundlage  für  die  folgende  Darstellung  diente  vornehmlich  die  Abhand- 
lung: Beiträge  zur  näheren  Kenntnis  der  Baumwolle  und  einiger  anderer  Pflanzen- 
haare.    Wiesner,  Mikroskopische  Untersuchungen  (1872),  p.  3  ff. 

2)  Schumann  in  Engl  er- Prantls  Pflanzenfamilien  III,  6  (1895),  p.  56  be- 
merkt ausdrücklich,  daß  die  Samen  von  Bomhax,  Eriodendron,  Ochroma  und  Cho- 
risia  kahl  sind. 

3)  A.  Ernst,  Die  Beteiligung  Venezuelas  an  der  Wiener  Weltausstellung  1878. 

4)  Gurke  in  Englers  Pflanzenwelt  Ostafrikas  B  (1895)  und  Warburg  in 
den  Beiheften  zum  Tropenpflanzer  I  (1900),  p.  6. 


140  Siebzehnter  Absclinitt.     Fasern. 

Was  im  Handel  unter  dem  Namen  Kapok  vorkommt,  war  ursprüng- 
lich nur  und  ist  derzeit  gewöhnlich  die  Fruchtwolle  von  Eriodendron 
anfractuosum  (der  Kapok  der  Holländer,  der  silk-cotton-tree  der  Eng- 
länder), welcher  Baum  in  Indien  und  auf  dem  Archipel  häufig  vorkommt 
und  übrigens  auch  im  tropischen  Afrika,  in  Mexiko  und  auf  den  Antillen 
zu  Hause  ist^). 

Das  edrdon  vegetale,  auch  patte  du  lievre  genannt,  stammt 
von  Ochroma  lagopiis^  einer  westindischen,  auch  im  heißesten  Süd- 
amerika vorkommenden  2)  Bombacee,  welche  auf  Guadeloupe  und  Mar- 
tinique auf  Wolle  ausgebeutet  wird.  Unter  dem  Namen  »Ouate  vege- 
tale« kommen  die  verschiedensten  Wollen  vor,  die  wahrscheinlich  nicht 
nur  von  Bombax-  und  Ochroma-^  sondern  auch  von  Chorisia- Ar\er\'^) 
herrühren. 

Die  Wolle  der  Wollbäume  hat  ein  schönes  glänzendes  Aussehen, 
aber  nur  eine  geringe  Festigkeit  und  Dauerhaftigkeit,  so  daß  sie  nicht 
den  Eindruck  einer  spinnbaren  Faser  macht.  Sie  wird  aber  dennoch 
teils  als  solche,  teils  mit  Baumwolle  gemengt  versponnen,  wie  weiter 
unten  noch  näher  dargelegt  werden  solH).  Als  Watte  und  als  Polster- 
material wird  sie  jedoch  häufig  verwendet. 

Die  Wolle  aller  Bombaxarten  hat  einen  stark  seidigen  Glanz  und 
unterscheidet  sich  in  der  Feinheit  und  leichten  Zerreißbarkeit  der  Fasern 
selbst  von  den  schwächsten  Sorten  der  Baumwolle,  schon  ohne  jede 
weitere  genaue  Untersuchung.  Ich  kann  deshalb  Grothe  nicht  beistim- 
men, wenn  er  erklärt,  die  Wolle  der  Wollbäume  sei  der  Baumwolle 
»sehr  ähnlich«. 

Die  Wolle  der  WoUbäume  ist  in  der  Regel  rein,  ziemlich  frei  von 
Beimengungen.  Die  Samen  der  Pflanzen,  besonders  unreife,  kommen 
manchmal  darin  vor.  Den  unreifen  Samen,  welche  stets  stark  zusammen- 
geschrumpft sind,  haften  oft  mechanisch  noch  Haare  an,  und  dies  ist 
wohl  der  Grund,  warum  gerade  sie  in  den  käuflichen  Bombaxwollen 
manchmal  vorkommen.  Die  reifen  Samen  haben  eine  glatte  Oberfläche 
und  lassen  sich  deshalb  leicht  von  der  Wolle  trennen.  Die  Samen  sind 
von  eiförmiger  bis  bauchig-bohnen förmiger  Gestalt,  braunschwarzer 
Farbe  und  haben  Hanfkorn-  bis  Erbsengröße. 

Die  Bombaceenwolle  ist  nur  selten  reinweiß:  fast  immer  zieht  sie 
ins  Gelbliche  oder  Bräunliche,  manchmal  ist  sie  graubräunlich  oder  tief 


1)  Schumann,  I.  c.,  p.  62.   Was  in  St.  Thome  Sumaüna  oder  Ca  de  Oca  genannt 
wird,  ist  die  Wolle  von  Eriodendron  anfractuosum. 

2)  Schumann,  1.  c,  p.  6ö. 

3)  S.  oben  p.  89. 

4)  Grothes  Artikel   über  Textilindustrie   in:    Muspratts    Chemie   2.  Auil.    V, 
p,  132.     Zipser,  Textile  Rohmaterialien  4  899,  p.  14. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  141 

!  gelbliche  bis  bräunliche  Farbe  hat  ihren  Sitz  in 
der  Zellmembran.  An  graubramien  Wollen  habe  ich  die  Beobachtung 
gemacht,  daß  die  einzelnen  Haare  von  innen  her  mit  zarten  Pilzwuche- 
rungen bedeckt  sind.  Aufbewahrung  in  feuchten  Räumen  ist  die  Ursache 
dieser  Bildungen.  Die  Paina  limpa  ist  oft  ziemlich  weiß,  ebenso  Kapok 
s.  st.  Hingegen  hat  eine  andere  brasilianische  Painasorte  eine  licht- 
bräunliche (licht  havannabraune)  und  die  Ochromawolle  eine  gelbbraune 
Farbe  (Färbung  der  Nankingwolle).  —  Die  Farbe  ist  kein  sicheres 
Unterscheidungsmerkmal  für  die  Bombaxwollen ,  da  keine  Sorte  völlig 
frei  von  Farbstoff  ist  und  an  einzelnen  Spezies  Übergänge  von  lichtgelb 
bis  fuchsbraun  auftreten. 

Die  Haare  aller  Bombaxwollen  sind  fast  immer  nur  einzelne 
Zellen.  Nur  sehr  selten  fand  ich  diese  Haare  zweizeilig,  ein  Fall,  den  ich 
an  Baumwolle  nie  beobachtet  habe.  Die  Gestalt  der  Haare  ist  fast  immer 
eine  kegelförmige.  Doch  ist  der  Grund  der  Haare  fast  immer  entweder 
etwas  eingeschnürt  oder  ausgebaucht.  Starke  Abweichung  von  der 
konischen  Gestalt  habe  ich  bei  den  Haaren  von  Ochroma  lagopus 
beobachtet  (s.  unten). 

Die  Länge  der  Haare  dieser  Wollen  schwankt  gewöhnlich  zwischen 
1 — 3  cm.  Die  Haare  von  B.  caroUnum  erreichen  nur  eine  Länge  von 
1 — 2  cm,  länger  sind  die  von  B.  heptaphyllnin.  Eingehende  Unter- 
suchungen über  den  Stapel  der  Kapok,  nämlich  der  Wolle  von  Erio- 
dendron  anfractuosuni  hat  Linckei)  angestellt.  Die  durchschnittliche 
Länge  dieses  wichtigsten  Wollhaares  beträgt  15 — 35  Millimeter. 

Der  grüßte  Durchmesser  der  einzelnen  Haare  schwankt  zwischen 
19  —  43  ;it,  meist  jedoch  zwischen  engeren  Grenzen,  nämlich  zwischen 
21 — 29;«.  Die  Wanddicke  ist  eine  sehr  geringe,  häufig  beträgt  sie  nur 
1 ,3  1.1.  Im  Mittel  verhält  sich  die  Wanddicke  dieser  Haare  zum  Durch- 
messer des  hmenraums  der  Zelle  wie  1:10  (bei  der  Baumwolle  im 
Mittel  etwa  wie  4  -.10)  und  es  lehren  schon  diese  Zahlen,  daß  Festigkeit 
und  Dauerhaftigkeit   der  Bombaceenwolle   nur  sehr  gering  sein  können. 

Die  Kutikula  ist  an  den  Haaren  der  Bombaxwolle  stets  stark  ent- 
wickelt, doch  finde  ich  sie  fast  immer  völhg  strukturlos.  Nur  an  ein- 
zelnen Haaren  schien  es  mir,  als  zeigte  die  Kutikula  eine  überaus  feine 
der  Achse  parallele  Streifung.  Sehr  deutlich  habe  ich  eine  solche  Längs- 
streifung  an  einzelnen  Wollhaaren  von  Cochlospermum  Gossypium  be- 
obachtet, deren  Wolle  so  wie  Bombaxwolle  verwendet  werden  soll. 

Die  eigentliche  Wand  der  Haarzelle  besitzt  an  einzelnen  Stellen 
eine  sehr  klar  ausgesprochene  Struktur,  welche  es  ermöglicht,  die 
Bombaxwolle  von  verwandten  Fasern  (Baumwolle,  vegetabilische  Seide) 


1 )  In   der   weiter  unten  mehrfach  zitierten  wichtigen  Abhandlung  über  Kapok. 


142  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

auf  das  bestimmteste  unterscheiden  zu  können.  Betrachtet  man  näm- 
hch  ein  Bombaxhaar,  z.  B.  eine  Kapokfaser  bei  SOOfacher  linearer  Ver- 
größerung, so  erkennt  man,  meist  an  der  Basis,  seltener  an  der  Spitze 
oder  an  irgendeiner  anderen  Stelle  eine  ringförmige  Streifung,  so  daß 
man  eine  Ringfaserzelle  vor  sich  zu  haben  meint.  Starke  Vergrößerungen 
lehren  hingegen,  daß  die  betreffenden  Stellen  eine  netzförmige  Ver- 
dickung besitzen,  worauf  ich  zuerst  die  Aufmerksamkeit  lenkte  i)  (Fig.  23). 
Die  unverletzten  Haare  der  Bombaxwollen  sind  stets  gerade  ge- 
streckt. Schraubenförmige  Windungen,  welche  an  der  Baumwolle  so 
überaus  häufig  vorkommen  und  ihr  ein  korkzieherartiges  Aussehen  geben^ 
kommen  hier  nicht  vor,  wie  die  eingehenden,  von  Lincke  angestellten 
Beobachtungen  lehrten.  Wie  die  außerordentliche  Dünne  der  Zellwand 
nicht  anders  erwarten  läßt,  sind  die  Haare  der  Bombaxwolle  häufig 
verletzt.  Fast  immer  sind  solche  beschädigte  Zellen  eingeknickt.  Die 
Bruchlinien  stehen  zumeist  in  zur  Achse  mehr  oder  wemger  senkrechter 
Richtung.  Längsspalten  kommen  an  den  Haaren  dieser  Wolle  wohl  nie 
vor.  Mit  Phlorogluzin  und  Salzsäure  behandelt,  werden  nach  einiger 
Zeit  die  Wollhaare  aller  untersuchten  Bombaceen  schwach  rotviolett 
gefärbt;  ihre  Zellwände  sind  somit  schwach  verholzt.  Durch  Jod  und 
Schwefelsäure  werden  die  Zellwände  nicht  gebläut  (wie  Baumwolle), 
sondern  gelb  oder  braun  gefärbt.-  Kupferoxydammoniak  verändert  sie 
fast  gar  nicht. 

Die  angeführten  morphologischen  und  chemischen  Kennzeichen  ge- 
nügen, um  die  Bombaxwolle  von  allen  verwandten  Faserstoffen  (Baum- 
wolle und  vegetabilischer  Seide)  auf  das  bestimmteste  zu  unterscheiden. 
Schon  durch  die  Reaktion  auf  Zellulose  mit  Jod  und  Schwefelsäure  und 
auf  die  Holzsubstanz  mit  Anilinsulfat  oder  Phlorogluzin  +  Salzsäure  ge- 
lingt es,  wie  ich  fand,  diese  drei  aus  Haaren  bestehenden  Faserstoffe 
zu  charakterisieren,  wie  folgendes  Schema  zeigt. 

Durch  Jod  und  Schwefelsäure  blau:  Baumwolle. 

durch  Anilinsulfat  gelblich,  durch 
Phlorogluzin  -f-  Salzsäure  nach  eini- 
ger Zeit  blaß  i^otviolett:  Bombax- 
wolle. 

durch  Anilinsulfat  intensiv  zitron- 
gelb, durch  Phlorogluzin  +  Salz- 
säure intensiv  rotviolett:  Vegeta- 
bilische Seide. 

So  leicht  es  ist,  die  Bombaceenwolle  von  allen  anderen  Fasern  und 
selbst  von  den  zunächst  verwandten  (Baumwolle  und  vegetabilische  Seide) 

1)  Mikroskopische  Untersuchungen,  Stuttgart  1872. 


Durch  Jod  und  Schwefelsäure 
gelbbraun 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


143 


zu  unterscheiden,  so  schwierig  ist  es,  die  Wollen  verschiedener  Bom- 
baceen  auseinanderzuhalten.  Die  Sache  hat  auch  keine  praktische  Be- 
deutung. Am  wenigsten  schwer  wird  es  sein,  die  Wolle  von  Ochroma 
lagopus  von  den  übrigen  Bombaceen wollen  zu  unterscheiden.  Die 
Haare  dieser  Wolle  sind  stets  einzellig,  verhältnismäßig  am  tiefsten  braun 
gefärbt,  relativ  am  schwächsten  verholzt:  die  Kutikula  dieser  Haare  ist 
völlig  strukturlos.  Die  Form  der  Zellen  ist  nicht  regelmäßig  konisch, 
sondern  baucht  sich  bis  etwa  zur  oder  bis  hinter  die  Mitte  aus,  um 
gegen  die  Basis  hin  sich  wieder  rasch  zu  verschmälern,  ja  oft  förmlich 
einzuschnüren.  Der  Querschnitt  der  Faser  ist  gewöhnlich  kreisrund, 
doch  kommen  nicht  selten  auch  fast  bandförmig  gestaltete  und  dann 
meist  korkzieherförmig  gewundene  Haarformen  vor.  Die  größten 
Durchmesser  der  Haare  schwanken  zwischen 
16—35  u]  die  Wanddicken  zwischen  3  und 
8  n.  Die  Wanddicke  ist  im  Verlaufe  der  Faser 
ungleich,  häufig  etwa  in  der  Mitte  der  Faser 
am  stärksten.  Nicht  selten  ist  die  Spitze  des 
Haares  und  auch  der  Grund  desselben  stark 
verdickt.  —  Es  treten  an  den  Haaren  der 
Ochroma  lagopus  ähnliche  Strukturver- 
hältnisse wie  bei  den  Wollen  der  oben 
genannten  Bombax-kvlexx,  aber  nie  mit 
jener  Deutlichkeit  wie  bei  diesen  auf. 
Viele  Haare  erscheinen  geradezu  strukturlos. 
Am  Grunde  jedes  Haares  tritt  eine  bräunlich 
gefärbte,  bei  Behandlung  des  Haares  mit  Wasser 
schaumig  werdende  Inhaltsmasse  auf.  Im  In- 
halte der  Zellen  fand  ich  oft  Oxalsäuren  Kalk 
in  sogenannten  Briefkuvertformen,  Die  Zell- 
wand ist  stets  gelblich  bis  lichtbräunlich  gefärbt,  —  Die  Haare  von 
Eriodendron  anfractuosum  sind  von  denen  der  eigentlichen  Bombax- 
Arten  {Eriod.  anfract.  ist  früher  auch  zu  Bombax  gezogen  worden) 
mit  Sicherheit  nicht  zu  unterscheiden  i). 

Der  in  der  Zellwand  der  Bombaceenhaare  auftretende  gelbe  oder 
braune  Farbstoff  zeigt  bei  allen  von  mir  untersuchten  Arien  (Bombax, 
Eriodendron,  Ochroma)  das  gleiche  Verhalten.  Weder  durch  Wasser, 
noch  durch  Säuren  oder  Alkalien,  noch  durch  die  Lösungsmittel  der 
Harze  läßt  sich  dieser  Farbstoff  in  Lösung  bringen.  Salpetersäure  ruft 
in   der  Zellwand   anfänsclich   eine   noch   dunklere   Farbe  hervor.     Auch 


Fig.  23.  lVergr.250.  ÄVergr.üOO. 
Unteres  Ende  eines  Haares  aus 
der  Samenwolle  des  Wollbaumes  : 
Eriodendron  anfractuusiim.  (Aus 
Wiesner,  Mikr.  Unters.  1872.) 


\)  Wiesner,  Mikr.  Unters,  p.  5,  und  v.  Höhnet,  Mikroskopie  der  techn.  verw. 
Faserstoffe,  1.  Aufl. 


]^44  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

durch  Ammoniak  wird  die  Farbe  der  Zellwand  noch  dunkler.  Durch 
längere  Einwirkung  kalter  Salpetersäure  entfärbt  sich  unter  Aufquellung 
der  Zellwand  die  Zelle  völlig.  —  Der  Farbstoff  der  BorabaceenwoUe 
verhält  sich  so  wie  der  Farbstoff  der  Nanking-Baumwolle  (vgl.  oben 
p.  123). 

Kapok.  Die  wichtigste  Sorte  der  BombaceenwoUe  ist  die  schon 
mehrfach  erwähnte  Fruchtwolle  von  Eriodendron  anfractuosum.  Der 
europäische  Hauptmarkt  dieser  VVaare  ist  Amsterdam,  der  australische 
Melbourne.  Die  Handelsnamen  waren  bisher  sehr  wechselnd.  Wie 
schon  bemerkt,  bürgert  sich  immer  mehr  und  mehr  der  holländische 
Name  Kapok  ein. 

Kapok  ist  in  neuerer  Zeit  ein  ziemlich  wichtiger  Handelsartikel  ge- 
worden, und  eine  reiche  Literatur  verbreitet  sich  sowohl  über  die  Kultur 
des  Kapokbaumes  wie  über  die  Eigenschaften  des  Materials  und  dessen. 
Verwendung!).  Die  größte  Menge  von  Kapok  liefert  Java;  nämlich 
80  Proz.  der  in  den  Welthandel  eintretenden  Ware;  aber  die  Produktion 
ist  dort  noch  im  Steigen  begriffen.     Java  führte  aus: 

-1906  .  .  .  5700  Tonnen  Kapok 
1909  .  .  .  8300   »      » 
\%\\    .     .     .   9900    y>  *  2) 

Der  Kapokbaum  ist  asiatischen  und  afrikanischen  Ursprungs;  auf 
Java  ist  er  nicht  wild,  aber  verwildert  (S.  H.  Ko Orders).  Auf  Java 
wird  der  Baum  mit  Kaffee  und  Kakao  zugleich  kultiviert  oder  als 
Straßenbaum,  auch  wird  er  als  Einfriedigung  von  Kulturstücken  gezogen. 
Die  Vermehrung  des  Baumes  geschieht  entweder  durch  Samen  oder 
rationeller  durch  Stecklinge.  Der  hauptsächlich  aus  Haaren  (Wolle) 
bestehende  Fruchtinhalt  wird  entkernt.  Zur  Gewinnung  guten  Kapoks 
sollen  nur  reife  Früchte  verwendet  werden  3).  Die  Samen  bilden  ein 
zur  Ölpressung  geeignetes  Nebenprodukt.  Es  erscheint  zweckmäßig,  die 
entkernte  Wolle  vor  der  Verpackung,  in  Säcke  lose  eingefüllt,  zu  trocknen. 
Für  den  Export  wird  der  Kapok  durch  Pressen  auf  ein  kleineres  Volumen 
gebracht,  doch  darf  die  Pressung  nicht  so  weit  wie  bei  Baumwolle  ge- 
trieben werden,  weil  sonst  die  Faser  durch  Brechen  leidet. 

1)  S.  hierüber  hauptsächhch  E.  Alex.  Lincke,  Über  Kapok,  Doktordissertation 
der  Dresdner  Techn.  Hochschule,  Dresden  1912.  Ferner  Brück,  Tropenpflanzer 
Bd.  XVI,  191i,  woselbst  hauptsächlich  auf  Erzeugung  und  Handel  in  dem  wichtigsten 
Produktionsland  für  Kapok  Rücksicht  genommen  wird,  und  G.  F.  J.  Bley,  Die  Kapok- 
kultur auf  Java,  Souraboja  1911. 

2)  Tropenpflanzer  XVI  (1912),  p.  400  fi". 

3)  Zu  verurteilen  ist  es,  die  Frucht  vor  der  Reife  zu  ernten  und  durch  Fermen- 
tation der  Faser  das  Aussehen  von  Reife  zu  geben,  wie  es  kürzlich  infolge  hohen 
Preises  zum  Nachteil  der  Ware  geschehen  ist.  Tropenpflanzer  XV  (1911),  p.  103. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  145 

Von  anderen  tropischen  Gebieten,  welche  Kapok  in  den  Handel 
bringen,  wären  hauptsächlich  die  folgenden  zu  nennen:  Venezuela,  dessen 
Produkt  sogar  besser  als  das  javanische  sein  solP),  Deutsch-Ostafrika 2), 
wo  Kapok  als  Nebenkultur  gute  Erträge  liefert,  ferner  Togo  und  Ada- 
maua^).  Auch  in  Australien  wird  Kapok  gewonnen,  ueuestens  auch  in 
Mauritius 4)  und  in  Oaxaca  (Mexiko^).  In  der  Literatur  wird  auch  Ekuador 
als  Produktionsland  des  Kapok  genannt,  wo  aber  nur  eine  geringe,  angeblich 
von  Bombax  malabaricum  herrührende  Kapoksorte  gewonnen  werden  soll 6). 

Eingehende  Untersuchungen  über  die  physikalischen  Eigenschaften 
des  Kapoks  wurden  von  Lincke  angestellt '^).  Das  spezifische  Gewicht 
wurde  mittels  der  Auftriebmethode  bestimmt.  Inklusive  Luft  beträgt 
dasselbe  für  Kapok  0,30—0,32  (für  Akon  0,34—0,36).  Nach  voll- 
ständiger Evakuierung  ergab  sich  als  spezifisches  Gewicht  für  Kapok 
1,32  (für  Akon  1,42).  Der  Höchstgehalt  an  hygroskopischem  Wasser 
beträgt  für  Kapok  28,5  Proz.  (für  Akon  26  Proz.). 

S.  Schwalbe  und  R.  Troeltzsch^)  haben  jüngsthin  Beiträge  zur 
chemischen  Beschaffenheit  des  Kapok  geliefert,  wobei  sie  ostafrikanische 
Ware  mit  der  indischen  (javanischen)  verglichen. 

Als  Höchstwert  des  Gehaltes  an  hygroskopischem  Wasser  wurde  bei 
afrikanischem  Kapok  im  lufttrocknen  Zustande  10,3,  bei  javanischem 
9,4  Proz.  gefunden.  Die  Asche  beider  Sorten  ist  infolge  hohen  Eisen- 
gehaltes rotbraun.  Afrikanischer  Kapok  gab  2,41 — 2,49,  javanischer 
1,27 — 1,34  Proz.  Asche.  In  ersterem  wurde  69,9 — 71,6,  in  letzterem 
66,4 — 75,4  Proz.  Zellulose  gefunden.  Rohfett  (Fett  und  Wachs)  waren 
nur  in  sehr  geringer  Menge  nachweisbar.  Der  Stickstoffgehalt,  welcher 
für  Baumwolle  =  0,2 — 0,3  gesetzt  wird,  betrug  bei  afrikanischem  Kapok 
0,30—0,33,  bei  indischem  0,34—0,35  Proz. 

Der  Kapok  ist  nach  bisherigen  Erfahrungen  das  beste  Material  für 
Schwimmgürtel  u.  dgl.     Er  übertrifft  nicht  nur  in  bezug  auf  Tragkraft 

\)  Tropenpflanzer  XV  (lOH),  p.  456. 

2)  Tropenpflanzer  IX  (1905). 

3)  Tropenpflanzer  XVI  (ISia)  Beiheft.  Daselbst  ist  angegeben,  daß  neben 
Eriodendron  anfractuosum  auch  Bombax  buonopoxense  auf  Kapok  ausgebeutet  wird. 

4)  Station  agronomique.     Mauritius  igOS  (nach  Botan.  Jahresbericht  1909). 

5)  Nach  Berichten  des  Kais,  deutsch.  Vizekonsulats  in  Oaxaca  (Mexiko)  (für  das 
Jahr  1913)  ist  Kapok  unter  dem  Namen  Pochote  ein  neuer  Exportartikel  des  Staates 
Oaxaca.  Es  beschäftigt  sich  die  Compania  Pochotera  Mexicana  in  Oaxaca  mit  der  Kultur 
von  Eriodendron  anfraetuosum  und  mit  der  Ausbeutung  derselben  auf  Faser  und  Öl.  — 
Nach  den  Berichten  des  Kais,  deutsch.  Konsulats  in  Mexiko  produzierten  die  Philippinen 
im  Jahre  1913  500  000  kg  Kapok,  der  aber  geringer  als  der  javanische  ist. 

6)  Tropenpflanzer  XV  (1911),  p.  456. 

7)  E.  Alex.  Lincke,  1.  c,  p.  32fl'. 

8)  Tropenpflanzer  XVII  (1913,  Dezember). 

Wiesner,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  10 


146  Siebzehnter  Abschnitt,     Fasern. 

die  anderen  bisher  verwendeten  Materialien  (Kork,  Renntierhaare,  Sonnen- 
blumenmark), sondern  ist  auch  dadurch  ausgezeichnet,  daß  er  nach 
Imbibition  mit  Wasser  rasch  wieder  trocknet  und  seine  früheren  Eigen- 
schaften wiedergewinnt.  Gepreßter  Kapok  vermag  das  36  bis  37  fache 
des  eigenen  Gewichtes  zu  tragen.  Nach  den  Untersuchungen  der  Deutsch. 
Physik.-techn.  Reichsanstalt  übersteigt  der  passend  gepreßte  Kapok  (1  g 
auf  40  cm3)  das  Sonnenrosenmark  an  Tragfähigkeit  noch  um  Ys — V4 
und  erleidet  dieser  Faserstoff  beim  Eintauchen  in  Wasser  und  Wieder- 
abtrocknen keine  iiach weisliche  Veränderung,  während  Sonnenblumen- 
mark viel  langsamer  trocknet  und  im  ausgetrockneten  Zustande  nicht 
mehr  die  ursprünglichen  Eigenschaften  gewinnt i). 

Als  Polstermaterial  ist  Kapok  außerordentlich  wichtig  geworden, 
hl  neuerer  Zeit  wird  er  auch  als  Ersatz  der  Baumwolle  in  der  Chirurgie 
angewendet^].  Viele  Versuche  sind  namentlich  von  der  Chemnitzer 
Aklienspinnerei  unternommen  worden,  um  Kapok  für  textile  Zwecke  zu 
verwendoi.  Es  wurden  Kapokgarne,  Kapokzwirne  und  Kapokgewebe 
erzeugt,  letztere  als  reine  und  gemischte  Gewebe  (Kapok  in  Mischung 
mit  Baumwolle  und  dem  unten  bei  vegetabihscher  Seide  erörterten 
Akon).  Nach  fachmännischem  Urteil  scheint  Kapok  als  Spinn-  und 
Webematerial  nur  eine  geringe  Zukunft  zu  haben  und  selbst  für  die 
geringsten  Baumwollensorten  keinen  wirklichen  Ersatz  zu  bieten  3). 

Nach  Schwalbe  und  Troeltzsch  (1.  c.)  besitzt  der  Kapok,  wie 
sich  der  Papiertechniker  ausdrückt,  eine  große  Räumigkeit,  d.  h.  besitzt, 
seinem  histologischen  Charakter  entsprechend,  die  Fähigkeit,  das  Volum 
des  Papiers  sehr  zu  vermehren.  Deshalb  ist  er  besonders  zur  Her- 
stellung von  Dachpappe  geeignet  und  konnte  die  bisher  als  Zusatz  zur 
Dachpappe  benutzte  teuere  Wolle  ersetzen. 

3.  Vegetabilische  Seide''). 

Die  Samen  vieler  Pflanzen  sind,  wie  bekannt,  mit  einem  Haarschopf 
versehen.  Die  Haare  dieses  Samenschopfes  sind  bei  einigen  Apocyneen 
und  Asclepiadeen  so  lang  und  glänzend,  daß  man  vielfach  versucht  hat. 


i)  Auf  Kapok  als  Füllmaterial  für  Rettungsgürtel  wurde  ein  Reichspatent 
verliehen.  In  England  soll  (Die  Deutsche  Leinen-Industr.,  1918,  Nr.  6)  während  des 
Krieges  große  Nachfrage  nach  Kapok  für  Rettungsbojen  usw.  gewesen  sein,  obwohl 
durch  das  Board  of  Trade  vorgeschrieben  ist,  daß  für  diese  Zwecke  vor  allem  Java- 
Kapok  gebraucht  werden  solle,  ist  man  doch  der  Ansicht  gewesen,  daß  Togoland- 
Kapok  dieselben  Dienste  leisten  werde.  Auch  in  Nordamerika  hat  in  den  letzten  Jahren 
der  Kapokverbrauch  sehr  zugenommen.     (Tropenpflanzer,  1919,  p.  63.) 

2)  Möller,  Tropenpflanzer  III  (1899),  p.  144. 

3)  A.  Herzog,  Textile  Erzeugnisse  aus  Kapok.  Tropenpflanzer XVI (191 2),  p.lSSff. 

4)  Wiesner,  Mikr.  Unters.  Stuttgart  1872,  p.  GS.  Arnaudon,  J.  J.,  Sur  les 
soies  veget.     Monit.  scientif.  1893,  p.  693fr.     v.  Höhnel,  Mikrosk.  usw.  1905,  p.  30 f. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


147 


sie  zu  verspinnen  und  zu  verweben.  Man  hat  diesen  Faserstoffen  den 
Namen  {»vegetabilische  Seide«  (Soie  vegetale  oder  Soyeuse)  gegeben. 
Im  Handel  erscheint  jetzt  dieser  Faserstoff  unter  dem  Namen  Akon 
(s.  oben  p.  i39). 

Sehr  häufig  hat  man  versucht,  die  sogenannte  syrische  Seidenpflanze 
(Äsdepias  syriaca),  die  eigentlich  aus  Nordamerika  stammt  und  häufig 
in  unseren  Gärten  als  Zierpflanze  gezogen  wird,  auf  vegetabilische  Seide 
auszubeuten.  Die  in  den  3 — 5  Zoll  langen  Balgkapseln  enthaltenen 
Samenhaare  wären  wohl  lang  genug,  um  versponnen  werden  zu  können, 
der  starke  Glanz  der  Haare  würde  den  Geweben  auch  ein  schönes, 
seidiges  Aussehen  geben,  auch  wäre  der  Ertrag  des  Bodens  an  dieser 
vegetabilischen  Seide  ein  genügender;  allein  genaue  und  unparteiische 
Untersuchungen,  welche  in  neuerer  Zeit  mit  diesem  Materiale  ausgeführt 
wurden,  haben  gelehrt,  daß  die 
seit  langer  Zeit  immer  wieder 
auftauchenden  Hoffnungen ,  die 
man  in  die  Verwendbarkeit  dieser 
Fasern  setzte, 
die  Festigkeil 

zu  gering,  dieBrüchigkeitsogroJß, 
daß  es  kaum  gelingt  die  Faser 
für  sich  zu  verspinnen.  Mit 
Baumwolle  gemengt  versponnen, 
fällt  diese  vegetabilische  Seide 
beim  ersten  Gebrauche  oder  beim 
Waschen  des  Gewebes  heraus. 
Auch  zur  Bereitung  von  Schieß- 
wolle läßt  sich  dieser  Faserstoff 
nicht  verwenden,   da  er  zu  viel 

Asche  hinterläßt  und  überhaupt  nicht  schnell  genug  abbrennt.  —  Die 
Versuche  mit  diesem  Spinnstoffe  ziehen  sich  bereits  mehr  als  ein  Jahr- 
hundert hindurch.  Obschon  die  Unbrauchbarkeit  dieser  Faser  schon  vor 
längerer  Zeit  erwiesen  wurde,  ist  man  wieder  auf  sie  zurückgekommen, 
und  es  hat  den  Anschein,  als  würde  die  Sache  noch  immer  nicht  abgetan 
sein,  da  man  bei  den  neuen  Experimenten  auf  die  schon  gemachten 
Erfahrungen  keine  Rücksicht  nimmt  und  diejenigen,  welche  die  neuen 
Versuche  anstellen,  sich  gewöhnlich  von  ihren  sanguinischen  Hoffnungen 
nicht  trennen  können  i). 

■I)  Eine  sehr  interessante  Schrift  über  die  Seidenhaare  der  Asclepias  syriaca 
verfaßte  H.  Meitzen  (Über  die  Fasern  von  Äsdepias  Cornuti.  —  Inauguraldisser- 
tation. Göttingen  1862).  Sie  enthält  eine  gründliche  Darlegung  der  Wertlosigkeit 
und  eine  recht   anziehende  Darstellung  der  Geschichte    dieses    sogenannten  Spinn- 

10* 


Fig.  24.     Natürl.  Größe.     Samen  von  Asckinits  cur 
savica  mit  Haarschopf  (vegetabilische  Seide). 


148 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Von  anderen  Äsclepias-Arten,  welche  vegetabilische  Seide  liefern, 
sind  zu  nennen:  Ä.  ciirassavica  und  A.  volubüis,  beide  in  Westindien 
und  Südamerika  zu  Hause.  Nach  den  zahlreichen  Proben  von  Samen- 
haaren der  erstgenannten  Pflanze,  ferner  von  daraus  angefertigten  Ge- 
spinsten und  Geweben,  welche  zu  den  Pariser  Weltausstellungen  gesandt 
wurden,  scheint  erstgenannte  Pflanze  häufiger  als  letztere  auf  vegetabilische 
Seide  ausgenutzt  zu  werden.  —  Ich  gebe  hier  bloß  die  Beschreibung 
der  Samenhaare  von  Ä.  curassavica^).  In  Massen,  dicht  beisammen- 
liegend, zeigen  diese  Haare  einen  deutlichen  Stich  ins  Gelbliche.  Der 
Glanz  der  »Seide«  ist  ein  starker,  die  Festigkeit  entschieden  größer  als 
bei  A.  syriaca.  Die  Seide  ist  nicht  völlig  rein.  Stücke  des  Kapsel- 
gewebes und  Samen  treten 
hin  und  wieder  zwischen  den 
Haaren  auf.  Die  Samen  sind 
bräunlich  gefärbt,  5 — 6  mm 
lang,  etwa  4  mm  breit.  Auf 
einer  schmalen,  scharf  ab- 
geschnitten erscheinenden 
1,5 — 2  mm  breiten  Fläche 
sitzen  die  Haare,  einen  dich- 
ten Schopf  bildend,  auf. 
Nahe  dem  Grunde  sind  die 
Haare  stärker  als  an  den 
übrigen  Stellen  fingiert.  Die 
Länge  der  Haare  beträgt 
1—3,  meist  2,5  cm.  Jedes 
Haar  ist  wie  eine  Baumwollfaser  eine  einzige  Zelle.  Die  Form  dieser  Zelle 
ist  regelmäßig  kegelförmig  und  unterscheidet  sich  schon  hierin  und  da- 
durch, daß  sie  nie  korkzieherartig  gedreht  ist,  sehr  auffällig  von  der 
Baumwolle.  Der  Maximaldurchmesser  der  Zellen  beträgt  20 — 44  //,  die 
mittlere  Wanddicke  1,5  fi.  Es  scheint  oft,  als  würde  die  Wanddicke 
zwischen  sehr  weiten  Grenzen  variieren,  häufig  sehr  ansehnlich  sein 
und  oft  mehr  als  ein  Drittel  des  Zelldurchmessers  betragen.  Es  ist  dies 
jedoch  auf  eine  eigentümliche  Verdickungs weise  der  Zellmembran 
zurückzuführen,    auf  welche  v.  Höhnet  zuerst  die  Aufmerksamkeit  ge- 


lig.  25.    Natüii.  Größe.    Samen  von  C'alotropis  pr 
Haarscliopf  (vegetabilische  Seide). 


Stoffes.  S.  ferner  hierüber:  Böhmer,  I.e.,  p.  582,  und  Kaufmann,  Über  die  Faser 
von  Asdepias  Gornuti.  Zeitschrift  der  Moskauer  landwirtschaftl.  Gesellschaft.  1865. 
■1)  Die  vegetabilische  Seide  von  Aselepias  volubüis  läßt  sich  äußerlich  von 
jener  der  A.  curassaviea  nicht  unterscheiden.  Einen  genauen  mikroskopischen  Ver- 
gleich beider  Samenhaare  habe  ich  nicht  angestellt;  doch  scheint  es  mir,  als  würde 
eine  sichere  Unterscheidung  nicht  durchführbar  sein. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


149 


lenkt  hat.  Nach  seinen  Untersuchungen  i)  unterscheidet  sich  die  vege- 
tabilische Seide  von  der  Wolle  der  Wollbäume  dadurch,  daß  jedes  Haar 
der  ersteren  durch  innere  Verdickungsleisten  der  Länge  nach  verdickt  ist 
(Fig.  26  qul  und  Id). 


Fig.  2t).    Vergr.  340.    Pflanzenseide  von  Asclepias 

Gornuti.    m  Mitte,  qu  Querschnitt   eines  Haares, 

Id    Längsleisten,    d    dünne    Stelle    dazwischen, 

w  Wandnng.    (Nach  v.  Höhnel.) 


Q.- 

Fig.  27.    Vergr.  340.   Pflanzenseide  von  Strophan- 
thus  sp.  m  Mittlerer  Teil,  q  Querschnitt,  zu  Wan- 
dung, l  Längsleisten  eines  Haares, 
(Nach  V.  Höhnel.) 


Die  vegetabilische  Seide  von  Calotropis  gigantea,  einer  in  Indien 
und  auf  den  Molukken  vorkommenden,  auch  in  Venezuela  und  anderen 
warmen  Ländern  akklimatisierten  Asclepiadee,  unterscheidet  sich  äußer- 
lich von  der  »Seide«  der  Ä.  ciirassavica  bloß  durch  eine  stärkere 
gelbliche  Färbung,   die  auch  hier  am  Grunde   der  Haare    am  meisten 


1)  1.  c,  p.  32  ff. 


150  Siebzehnter  Abschnitt.    Fasern. 

hervortritt.  Die  Samen  der  Pflanze  sind  in  einer  ähnlichen  Weise,  wie 
bei  Ä.  curassavica  ausgeführt  wurde,  geformt.  Die  Haare  sind  einzellig, 
regelmäßig  kegelförmig,  bis  auf  den  Grund  gerade  gestreckt,  2  —  3  cm, 
meist  nahezu  3  cm  lang.  Das  unterste  Ende  des  Haares,  von  der 
Basis  etwa  2 — 3  mm  aufwärts,  ist  halbbogenförmig  gekrümmt  und  nach 
dem  Grunde  zu  merklich  verschmälert.  Der  maximale  Durchmesser 
der  Haare  beträgt  12 — 42,  meist  nahezu  38  ^a.  Die  Wanddicke  schwankt 
zwischen  1,4 — 4,2  ,«.  Selbst  an  einer  und  derselben  Faser  ist  die 
Wanddicke  infolge  der  Verdickungsleisten  variabel.  In  Venezuela  heißt 
diese  Art  vegetabilischer  Seide  Algodon  de  seda^). 

Es  scheint,  daß  unter  allen  vegetabilischen  Seiden  die  von  Calo- 
tropis  gigantea  und  C.  procera  am  meisten  Aussicht  auf  praktische 
Verwendung  haben  werden.  Gerade  die  Seide  dieser  beiden  Pflanzen 
ist  es,  welche  unter  dem  Namen  Akon2)  auf  den  Markt  gebracht  wird. 
Die  Ware  kommt  über  Bombay  nach  Europa,  und  es  betrug  im  Jahre 
1910  die  Ausfuhr  10  000  Ballen.  Akon  wird  in  Indien  von  wildwachsenden 
Pflanzen  gewonnen.  Im  Jahre  1911  wurden  Anbauversuche  mit  beiden 
Pflanzen  in  Deutsch-Ostafrika  unternommen.  Hygroskopizität  und  spezi- 
fisches Gewicht  dieser  Faserstoffe  wurden  bereits  bestimmt  und  oben 
(p.  145)  mit  Kapok  verglichen  vorgeführt.  In  der  Chemnitzer  Aktien- 
spinnerei wurden  Versuche  angestellt,  um  zu  prüfen,  inwieweit  Akon 
auch  für  textile  Zwecke  verwendet  werden  könnte.  Über  diese  Versuche 
liegen  aber  noch  keine  sicheren  Resultate  vor^).  Sonst  wird  dieser 
Faserstoff"  als  Polstermaterial  und  zur  Erzeugung  künstlicher  Blumen 
verwendet,  wie  die  anderen  vegetabilischen  Seiden. 

Auch  eine  nicht  näher  bekannte  Spezies  von  Marsdenia  liefert  in 
Indien  eine  Art  vegetabilischer  Seide.  Die  Haare  stehen  am  breiten, 
gewölbten  Ende  des  Samens  dicht  gedrängt,  in  strahlenförmiger  Anord- 
nung nebeneinander.  Die  Samenhaare  sind  auch  an  dieser  Pflanze 
einzellig.  Jede  Zelle  ist  völlig  gerade  gestreckt  und  regelmäßig  kegel- 
förmig. Die  mittlere  Länge  der  1  —2,5  cm  langen  Haare  beträgt  2  cm, 
der    maximale    Durchmesser    der    einzelnen  Haare   19 — 33  {.l    und    die 

1)  A.  Ernst,  La  exposicion  nacional.  Caracas  1886,  p.  423.  Auch  die  Samen- 
haare von  Äsclepias  curassavica  werden  in  Venezuela  gewonnen.  A.  Ernst,  Die 
Produkte  Venezuelas.     Bremen  4  874. 

2)  Nach  Zimmermann,  Der  Pilanzer  VI  (ISIO),  p.  194  heißt  diese  Faser  auch 
Akunda. 

3)  E.  A.  Lincke,  Über  Kapok.  Dresden  1912.  p.  17f.  und  p.  89  wird  ange- 
geben, daß  Akon  keinen  vollwertigen  Ersatz  für  Baumwolle  bilde.  Infolge  der  im 
Vergleich  zu  Baumwolle  geringen  Rißfestigkeit  können  die  Akongewebe  voraussicht- 
lich nur  zu  Erzeugnissen  dienen,  an  welche  nur  geringe  Anforderungen  in  bezug 
auf  Festigkeit  und  Widerstandskraft  gestellt  werden. 


Siebzehnter  Abschoitt.     Fasern.  151 

mittlere  Wanddicke  2,5  ,u.     Die  vegetabilische  Seide  der  Marsdenia  ist 
stark  glänzend  und  nur  eben  merklich  gelb  gefärbt^). 

Senegal  liefert  eine  eigentümliche  vegetabilische  Seide,  welche  von 
einer  mir  nicht  bekannten  Spezies  von  Strophantliiis'^)^  einer  Pflanze 
aus  der  Familie  der  Apocyneen,  herrührt.  Die  nicht  sehr  stark  glän- 
zenden Samenhaare  sind  an  dieser  Pflanze  an  einem  fadenförmigen  I  bis 
2  cm  langen  Träger  in  der  Weise  angeordnet,  daß  sie  letzteren  rundum 


Fig.  28.    Natürliche  Größe.     Samen  von  Stropliantlnis. 

dicht  bedecken  und  unter  gleichem  Winkel  (von  etwa  45'')  abstehen 
(Fig.  28).  Die  einzelnen  Haare  sind  bis  auf  den  stets  eigentümlich 
gekrümmten  untersten  Teil  ziemlich  gerade  gestreckt  und  kegelförmig 
gestaltet.  Gegen  den  Grund  hin  baucht  sich  das  Haar  deutlich  aus,  um 
aber  am  untersten  Grunde  sich  wieder  deutlich  zu  verschmälern.     Die 

1)  über  die  vegetabilische  Seide  von  Calotropis  procera  s.  p.  149  und  Fig.  25. 

2)  Nach  Arnaudon   (1.  c.)   hefert  St.  dichotoma  P.  DC.   vegetabilische   Seide. 
Es  ist  dies  aber  eine  ostindische  Spezies. 


152 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Länge  des  Haares  steigt  bis  auf  5,6  cm.  Die  maximalen  Durchmesser 
der  einzelnen  Haare  schwanken  zwischen  49 — 92  (t.  Die  Wanddicke 
ist  stärker  als  bei  den  beiden  schon  beschriebenen  Haaren  und  steigt 
gegen  den  Grund  zu  bis  auf  5,9  /a.  Die  Haare  von  Strophanthus  zeigen 
am  Grunde  große  Poren  in  der  Zellwand  (Fig.  29).  Die  Samenhaare 
dieser  Pflanze  sind  fast  ganz  wohlerhalten,  der  Grund  dafür  liegt  in 
der  größeren  Festigkeit,  welche  durch  die  relativ  starke  Verdickung  der 
Wand  mit  bedingt  wird.  Die  Ursache,  weshalb  die  Samenhaare  von 
Strophanthus  nicht  so  häufig  als  jene  von  Äsclepias  und  Calotropis 
verwendet  werden,  scheint  wohl  hauptsächlich  darin  zu  liegen,  daß  die 
Abtrennung  der  Haare  vom  Samenträger  nicht  so  leicht  als  bei  den 
Asclepiadeen  gelingt.  Die  Strophaiithus-Seide  ist  etwas  rötlichgelb  gefärbt. 


Fig.  29.    Vergr.  300.    Untere  Enden 

der  Samenhaare  -von  Strophanfims  sp. 

im  optischen  Längsschnitt. 


Natürliche  Größe.     Häarschopf  der  Samen  von  Beim- 

montia  gramUßora  (veget.  Seide). 


Die  beste  vegetabilische  Seide,  die   bis  jetzt  bekannt  geworden  ist, 


besteht  aus  den  Samenhaaren  der  Beaumontia  grandiflora,  einer  in 
Indien  häufig  vorkommenden  Apocynee.  Die  vegetabilische  Seide  dieser 
Pflanze  glänzt  nicht  nur  stärker  als  die  der  drei  früher  besprochenen 
Gewächse,  sie  ist  nicht  nur  fast  reinweiß,  während  die  übrigen  stets 
einen  mehr  oder  weniger  starken  Stich  ins  Gelbe  haben,  sondern  sie 
hat  eine  Festigkeit,  welche  für  vegetabilische  Stoffe  geradezu  beispiellos 
ist.  Die  Festigkeit  dieser  Samenhaare  steht  gegen  Baumwollen  fasern 
mittlerer  Festigkeit  nur  wenig  zurück.  Auch  ist  zu  bemerken,  daß  die 
Samenhaare  der  Beaumontien  sich  sehr  leicht  von  den  Samen  abtrennen 
lassen.     Die   Haare    stehen    an    den    Samen    dieser   Pflanzen    auf   einer 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


153 


schwach  gewölbten,  im  Umrisse  sphärisch-dreieckigen  Fläche,  und  zwar 
am  Rande  dieser  Fläche  dichtgedrängt  nebeneinander.  Vom  Grunde 
aus  erheben  sich  die  Samenhaare  in  der  Fläche  eines  umgekehrten 
Kegelmantels,  also  ziemlich  geradlinig.  Noch  unterhalb  der  Mitte  krümmt 
sich  jedes  Haar  etwa  halbkreisförmig  nach  abwärts,  um  dann  etwa 
geradlinig  zu  enden.    Jedes  Haar  ist  also  stark  gekrümmt.   Die  einzelnen 


Fig.  31.     Vergr.  340.     Pflanzenseide  von  Beaumontia  grandiflora;   b  Basis,  s  Spitze,  q  Querschnitt, 

m  Mitte  des  Haares   w  Wandung,  l  Längsleisten  in  der  Längsansicht  (in  6)  und  im  Querschnitt  bei  //. 

(Nach  V.  Höhnel.) 

Haare  sind  3 — 4,5  cm  lang,  zeigen  33 — 50  ^.i  im  maximalen  Durchmesser 
und  besitzen  eine  mittlere  Wanddicke  von  3,9  f^i.  Jedes  Haar  ist  an 
seiner  Basis  stark  ausgebaucht,  viel  stärker  als  ein  8trophanthus-llSia.T. 
Die  Ausbauchung  an  dieser  Stelle  ist  eine  so  große,  daß  man  sie  als 
eine  blasenförmige  Auftreibung  bezeichnen  kann.  Sowohl  auf  dem 
Querschnitt  als  in  der  Längsansicht  werden  die  leistenförmigen  Ver- 
dickungen erkennbar  (Fig.  31).  —  Die  Festigkeit  der  Beaumontia-EaiSiTe 
zeigt  sich   unter  anderm    auch   darin,   daß   diese  Haare  völlig  wohler- 


154  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

halten  sind,  weder  eingeknickt,  noch  der  Länge  nach  zerdrückt,  ähnlich 
so  wie  bei  den  Samenhaaren  von  Strophanthus,  und  schon  hierdurch 
unterscheiden  sich  die  Samenhaare  der  beiden  zuletzt  genannten  Pflanzen 
auf  das  vorteilhafteste  von  jenen  der  Asclepias-  und  der  Cahtropis-Arten. 

Im  chemischen  Verhalten  lassen  sämtliche  Sorten  von  vegetabilischer 
Seide  eine  ziemliche  Übereinstimmung  erkennen.  Durch  Jod  und  Schwefel- 
säure werden  sie  nicht  gebläut,  sondern  gelb  bis  bräunlich,  selten  grün- 
lich oder  blaugrün  gefärbt.  Frisch  bereitetes  Kupferoxydammoniak, 
welches  Baumwolle  rasch  in  Lösung  bringt,  ruft  bis  auf  eine  schwache 
Bläuung  an  diesen  Fasern  keinerlei  Veränderungen  hervor.  Durch 
schwefelsaures  Anilin  werden  alle  Arten  von  vegetabilischer  Seide  intensiv 
zitrongeü),  durch  Phlorogluzin  +  Salzsäure  rotviolett  gefärbt.  Vergleicht 
man  die  mit  diesem  Reagens  behandelten  Sorten  von  vegetabilischer 
Seide  untereinander,  so  ergibt  sich,  daß  die  von  Beaumontia  herrührende 
Sorte  verhältnismäßig  am  wenigsten  stark  gefärbt  wird,  eine  jedenfalls 
zugunsten  der  Güte  dieser  Samenhaare  sprechende  Reaktion^). 

Die  vegetabilische  Seide  von  Asclepias  und  Calotropis  wird  »soie 
vegetale  de  fafetone«,  die  von  Strophanthus  »s.  v.  de  Thiock<  genannt 2). 
Die  vegetabilische  Seide  dient  zur  Herstellung  von'  Gespinsten  und 
Geweben,  sie  wird  entweder  als  solche  oder  mit  Baumwolle  gemengt 
versponnen  3).  Es  scheint,  daß  die  Verwendung  dieser  Faserstoffe  in 
der  Textilindustrie  bis  jetzt  nur  eine  sehr  beschränkte  ist.  Häufiger 
wird  jetzt  die  vegetabilische  Seide  zur  Verfertigung  künstlicher  Blumen 
und  als  Watte  und  Polstermaterial  verwendet.  Alle  Sorten  von  vege- 
tabilischer Seide  lassen  sich  gut  färben. 

4.  Flachs  4). 
Der  als  Spinnstoff  allgemein  bekannte  Flachs  [lin,  franz. ;  flax,  engl.) 
ist  die  Bastfaser  der  Lein-  oder  Flachspflanze,  welche  außerdem  die  Lein- 
samen (S.  Abschn.  Samen)  liefert. 

Die  Leinpflanze  gehört  der  artenreichen  Gattung  Linum  an^).    Aller 

ist 


^)  Über  vegetabilische  Seide  von  Oomphoearpus  frueticosa  (Asclepiadee)  und 
Eehites  grandiflora  (Apocynacee)  s.  oben  p.  94  und  95. 

2)  Über  silk  cotton  von  Calotropis  procera  s.  oben  p.  ISO. 

3)  Cat,  des  col.  fr.  (1867)  p.  94ff.  u.  Grothe,  Artikel:  Textilindustrie  in  Mus- 
pratts  Chemie.     2.  Aufl.,  V,  p.  134.     Lincke  (1912),  1.  c,  p.  17 ff.  und  89. 

4)  Über  den  Grund,  daß  die  hier  eingeschlagene  Reihenfolge  der  Faserstoff- 
besprechungen und  die  damit  im  Zusammenhange  stehende  Numerierung  der  Ab- 
schnittspunkte nicht  mit  der  auf  p.  97  festgelegten  übereinstimmt,  s.  die  Anmerkung 
des  ergänzenden  Bearbeiters  auf  p.  223.  ' 

5)  Reiche  in  Engler-Prantls  Pflanzenfamilien  III,  4  (1897),  p.  27  gibt  90 
Spezies  dieser  Gattung  an. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  155 

nur  einer  Spezies  dieser  Gattung,  nämlich  dem  Linmn  usitatissimum, 
unterzuordnen. 

Die  in  Kultur  stehenden  Rassen  des  Leins  wurden  botanisch  genau 
beschrieben,  hingegen  sind  die  bisherigen  Angaben  über  die  Abstammung 
und  das  Vorkommen  des  Leins  im  wildwachsenden  Zustande  noch  un- 
sicher 1). 


1)  Herrn  Prof.  v.  Wettstein  verdanke  ich  die  folgenden  Angaben  über  die 
•mutmaßliche  Abstammung  unserer  heutigen  Kulturformen  des  Leins.  Die  ältere 
Annahme,  daß  L.  usitatissimum  im  Altai  vorkomme,  hat  sich  schon  lange  als 
unhaltbar  erwiesen,  aber  auch  die  in  neueren  Werken  (z.  ß.  Reiche,  1.  c,  p.  32) 
vielfach  sich  findende  Angabe,  daß  L.  u.  »in  den  zwischen  dem  Persischen  Golf, 
dem  Kaspisee  und  dem  Schwarzen  Meere  gelegenen  Ländern  wild  vorkomme«,  ist 
nicht  hinlänglich  gestützt.  Boissier  [Flora  Orientahs  L  p.  860  (iSG?)  und  Supplem. 
p.  138  (1888)],  der  doch  mit  größter  Umsicht  alle  das  Gebiet  betreffenden  Daten 
sammelte,  konnte  keinen  einzigen  sicheren  Fall  »wilden«  Vorkommens  konstatieren, 
und  auch  die  seither  erschienenen,  nicht  wenigen  Arbeiten  (vgl.  nur  z.B.  Stapf, 
Die  botan.  Ergebnisse  der  Polakschen  Exped.    Denksehr.  d.  Wiener  Akad.  LI,  p.  42. 

—  Buhse,  F.,  Die  Flora  des  Alburs  u.  d.  Kasp.  Südküste.  Arb.  d.  natur f.  Vereins. 
Riga.   Neue  F.    8.  Heft,  1899,  p.  9.    -  Albow,  N.,  Prodr.  Florae  Coleb,  p.  43  [1895]. 

—  Bornmüller,  J.,  Plantae  Straussianae.  Beih.  bot.  Zentralbl.  XIX.;  Bearbeitung 
der  von  J.  A.  Knapp  im  nordwestl.  Persien  gesammelt.  Pfl.  Verh.  zool.-bot.  Ges. 
LX.  —  Handel-Mazzetti,  H.  v.,  Ergebn.  einer  bot.  Reise  in  d.  port.  Randgeb. 
Ann.  d.  naturh.  Hofmus.  in  Wien.  XXIII.;  Wissensch.  Ergebn.  d.  Exped.  nach  Mesopot. 
1.  c.     XXVII.  u.  a.)  haben  uns  mit  keinem  solchen  bekannt  gemacht. 

Wir  sind  heute  zur  Annahme  gezwungen,  daß  L.  u.  eine  Kulturpflanze  ist, 
die  in  dieser  Form  wildwachsend  überhaupt  nicht  vorkommt,  wofür  ja  auch  der 
morphologische  Bau  der  Pflanze  spricht.  Bei  Beantwortung  der  Frage,  von  welcher 
wildwachsenden  Pflanze  der  kultivierte  Lein  abstammt,  sind  wir  auf  theoretische  Er- 
wägungen angewiesen.  Von  solchen  könnte  folgende  zur  Eruierung  der  Stamm- 
pflanze führen: 

1.  Von  den  beiden  oben  erwähnten  Hauptrassen  dürfte  sicherlich  L.  humile 
der  Stammart  näher  stehen,  denn  einerseits  ist  das  Geschlossenbleiben  der  Kapsel 
von  L.  vulgare  eine  unzweckmäßige  Einrichtung,  die  sich  im  Naturzustande  kaum 
finden  dürfte,  sondern,  analog  wie  bei  Papaver  somniferum,  durch  Selektion  im 
Zustande  der  Domestikation  entstanden  sein  dürfte;  —  anderseits  ist  die  übermäßige 
Verlängerung  des  Stengels  von  L.  vulgare  gleichfalls  ein  Merkmal,  das  bei  einer 
Textilpflanze  durch  die  Kultur  erzielt  wurde.  Danach  wäre  —  da  L.  humile  heute 
insbesondere  in  den  klimatisch  günstigeren,  insbesondere  wärmeren  Gebieten  gebaut 
werden  kann  —  der  Ursprung  des  Leins  für  Europa  in  südlicher  oder  südöstlicher 
Richtung  zu  suchen. 

2.  Die  Stammpflanze  des  Leins  war  zweifellos  ausdauernd.  An  L.  usitatissimum 
sind  heute  noch  Merkmale  zu  erkennen,  die  darauf  hindeuten,  so  die  regelmäßige  An- 
lage von  Seitenachsen  in  den  Achseln  der  Kotyledonen,  die  Tendenz  der  Ausbildung  von 
Innovationssprossen  in  den  Achseln  der  unteren  Laubblätter.  Auch  durch  das  Ex- 
periment läßt  sich  diese  erblich  noch  festgehaltene  Tendenz  der  Leinpflanze,  zu 
perennieren,  noch  erweisen.  Während  bei  uns  normalerweise  die  Leinpflanze  sofort 
nach  der  Samenreife  abstirbt,  kann  sie  durch  Zurückschneiden  des  Blütenstengels 
zur  Ausbildung  zahlreicher  Innovationssprosse ,  welche  bis  spät  in  den  Herbst  hinein 


156  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Die  in  Europa  gebauten  Rassen  des  Leins,  Linuni  ttsita- 
tissimum,  werden  hier  hauptsächlich  in  zwei  Hauptformen,  als  Schließ- 
oder Dreschlein  (L.  u.  forma  vulgare  Schuh,  et  Mart.  =  L.  u.  forma 
indehiscens  NeilrJ  und  als  Spring-  oder  Klanglein  (L.  u.  humüe  Mill.  = 
L.  u.  creipitans  Böningh.)  kultiviert.  Ersterer  ist  die  gewöhnlich  als 
Faserpflanze,  letztere  die  gewöhnlich  als  Samenpflanze  kultivierte  Form. 


aushalten,  gebracht  werden.  Sie  verhält  sich  also  ganz  analog,  wie  andere  Pflanzen, 
von  denen  erwiesen  wurde,  daß  sie  von  perennen  abstammen,  aber  im  Laufe  der 
Zeit  die  Fähigkeit  des  Ausdauerns  eingebüßt  haben,  so  z.  B.  unsere  Getreidearten 
nach  den  Untersuchungen  Bat a lins j  Phaseolus  coccineus  nach  den  Untersuchungen 
Wettsteins. 

Aus  den  sub  -l.  und  2.  angeführten  Momenten  ergibt  sich,  daß  die  Stamni- 
pflanze  des  L.  u.  höchstwahrscheinlich  perenn  war,  aufspringende  Früchte  und 
niedrigere  Stengel  besaß  und  in  einem  im  Süden  oder  Südosten  Europas  liegenden 
Gebiete  vorkam.  Eine  solche  Pflanze  gibt  es  nun;  es  ist  das  jene  Pflanze,  welche 
im  ganzen  Mediterrangebiete  heimisch  ist  und  zumeist  als  L.  anfjiistifoliuvi  Huds. 
bezeichnet  wird*). 

Aus  diesem  mediterranen  L.  angustifolium  oder  einer  ihr  nahestehenden  Form 
könnten  mithin  durch  den  Einfluß  der  Kultur  die  heutigen  Formen  des  L.  usitatissimum 
entstanden  sein.  Dabei  kann  nicht  ganz  ausgeschlossen  werden,  daß  vielleicht  ver- 
schiedene Formen  des  L.  tisitatissimum  auf  verschiedene  Rassen  des  L.  atigustifnlium 
zurückzuführen  sind,  da  dieses  letztere  auch  gegenwärtig  im  Mediterrangebiet  ziem- 
lich reich  gegliedert  erscheint  (L.  ambiguum  Jord.,  L.  deciimhens  Desf.,  L.  Reutcri 
Boiss.  et  Haussk.). 

Mit  der  hier  vertretenen  Anschauung  steht  es  im  Einklang,  daß  die  altägjT)tischen 
Gräbern  entstammenden,  recht  zahbeichen  Leinreste  (vgl.  A.  Braun,  Üb.  d.  im  Kgi. 
Mus.  aufbewahrten  Pflanzenreste.  Ethnogr.  Zeitschr.  Bd.  9.  -1877.  —  Schweinfurtli, 
J..  in  Ber.  d.  deutsch,  bot.  Ges.  I  (1883),  II  (1884).  —  Koernicke,  F.,  in  Ber.  d.  deutsch, 
bot.  Ges.  VI  (1888).  usw.)  vielfach  als  dem  L.  humile  entstammend  erkannt  wurden 

Bei  der  Erörterung  der  Frage  nach  der  Herkunft  der  kultivierten  Leinpflanze 
haben  bisher  stets  die  Funde  in  prähistorischen  Fundstätten  Mitteleuropas  eine  große 
Rolle  gespielt.  Solche  Funde  sind  nicht  selten,  am  bekanntesten  sind  die  der 
Schweizer  Pfahlbauten  geworden**).  Heer  hat  zunächst  diesen  Lein  d\s  L.  angusti- 
folium bestimmt,  und  dies  würde  mit  der  eben  ausgesprochenen  Vermutung  über 
die  Abstammung  des  Kulturleins  sehr  gut  stimmen.  Doch  sind  in  neuerer  Zeit 
berechtigte  Zweifel  an  der  Richtigkeit  dieser  Bestimmung  laut  geworden.  Wettstein 
(vgl.  2.  Aufl.  dieses  Buches,  S.  278)  hat  den  Pfahlbaulein  von  Robenhausen***)  geradezu 
als  L.  vulgare  bezeichnet,  Neuweiler,  E.  (Die  prähistorischen  Pflanzenreste  Mittel- 
europas, Zürich  1903)  sieht  in  ihm  eine  ausdauernde,  dem  L.  atcstriaeum  nahe- 
stehende Form.  Bei  der  Schwierigkeit  der  genauen  Bestimmung  einer  Linum-A.rt 
aus  dem  hier  allein  in  Betracht  kommenden  Formenkreis  auf  Grund  von  subfossilen 


*)  Ich  gebianelie  diese  Fassung,  weil  es  nicht  ganz  sicher  ist,  daß  die  mediterrane  Pflanze 
wirklich  mit  der  von  Hudson  (Flora  Anglica,  Ed.  2,  1,  p.  134  |1778]l  beschriebenen  englischen 
Pflanze  identisch  ist.  Sollte  sich  heransstellen,  daß  dies  nicht  der  Fall  ist,  dann  hätte  die  mediterrane 
Pflanze  //.  cribrostim  Rchb.  zu  heißen. 

**)  Heer,  0.,  Die  Pflanzen  der  Pfahlbauten .    (Neujahrsbl.  der  naturf.  Gesellsch.  in  Zürich  1866.) 
Vgl.   über  die   Frage   auch  Engler,   A.,   in  Hehn,   Cnlturpfl.  u.  Hansthiere.    6.  Aufl.,  p.  182  (1894) : 
A.  de  Candolle,  Orig.  d.  pl.  cnlt.  p.  95;  Tammes  Tine,  Der  Plachsstengel,  1907. 
***)  MeBsikommer,  H.,  Die  Pfahlbauten  von  Robenhausen.    Zürich  1913. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  157 

Der  Schließlein  hat  höhere  Stengel,  ist  arm-  und  kleinblütig,  er- 
zeugt kleinere  und  dunklere  Samen  und  besitzt  kahle  Kapselscheidewände 
und  nicht  aufspringende  Früchte.  Der  Springlein  hat  niedrigere  Stengel, 
reich  verzweigte  Infloreszenzen,  größere  Blüten  und  Früchte, 
behaarte  Kapselscheidewände,  lichtere  Samen  und  aufspringende  Kapseln. 
Schon  aus  dieser  Charakteristik  ist  zu  ersehen,  daß  man  es  in  diesen 
beiden  Rassen  mit  Züchtungsprodukten  zu  tun  hat.  Der  Schließlein 
mit  seinen  hohen  zur  Verzweigung  wenig  geneigten  Stengeln  ist  als 
Faserpflanze,  der  Springlein  mit  seinen  reichen  Fruchtanlagen  und  großen 
Samen  als  Samenpflanze  gezüchtet  worden.  Im  Kleinbetriebe  dienen  hin 
und  wieder  beide  Rassen  sowohl  der  Faser-  als  auch  der  Samengewinnung. 
Als  Industrieflachs  wird  aber  stets  nur  Schließlein  und,  wo  der  Lein 
als  Ölpflanze  rationell  und  im  großen  Maßstabe  gezogen  wird,  der 
Springlein  gebaut.  Wo  Lein  der  Samen  halber  gebaut  wird,  um  Lein- 
saat für  Faserflachs  zu  gewinnen,  wie  namentlich  in  Rußland,  wird 
selbstverständlich  nur  Schließlein  in  Kultur  genommen  i). 

Außer  diesen  Hauptrassen  gibt  es  noch  andere  bisher  weniger 
beachtete,  so  eine  bienne  Rasse  (L.  u.  forma  hiemalis  =  L.  bienne  Mül.) 
und  den  durch  seine  Höhe  ausgezeichneten  Königslein  2)  (L.  u.  regale). 
Der  Schließlein  aus  den  mitteleuropäischen  Niederungen  ist  nach  v. 
Wettsteins  Mitteilungen  von  dem  der  alpinen  Täler  verschieden,  und 
nach  Koernicke^)  ist  es  wahrscheinlich,  daß  der  ägyptische  Lein  eine 
eigene  Rasse  repräsentiert. 

Flachsbau  und  Flachsgewinnung^).  Der  Flachs  ist  eine  der 
ältesten  und  verbreitetsten  Kulturpflanzen.  Der  heutige  Stand  des  Flachs- 


Früchten  und  Samen  kann  die  Frage  nach  der  Natm-  des  mitteleuropäischen  prä- 
historischen Leins  als  noch  nicht  definitiv  beantwortet  bezeichnet  werden.  Es  kann 
der  direkte  Zusammenhang  der  mitteleuropäischen  Leinkultur  mit  der  des  Orientes 
ebensowenig  geleugnet  werden,  wie  die  Möglichkeit,  daß  hier  selbständig  aus  einer 
ursprünglich  heimischen  Art  (etwa  L.  austriacum  oder  pereune)  eine  Kulturpflanze 
erzielt  wurde,  die  in  Anbetracht  der  großen  Ähnlichkeit  der  Stammpflanze  mit  dem 
mediterranen  L.  angustifolmm  begreiflicherweise  dem  orientalischen  L.  usitatissimum 
überaus  ähnlich  gesehen  haben  muß. 

\)  Auf  die  Bedeutung  des  Schließleins  als  Faserpflanze  ist  besonders  in  neuer 
Zeit  oft  die  Aufmerksamkeit  gelenkt  worden.  So  ist  nach  den  Beschlüssen  des  inter- 
nationalen Kongresses  der  Flachsinteressenten  in  "Wien  (1873)  der  Schließlein  die 
einzig  wahrhaft  empfehlenswerte  Kulturform  der  Flachspflanze.  Ost.  Ausstellungsber. 
1873.     Der  Intern.  Kongreß  der  Flachsinteressenten,  p.  37  ff. 

2)  Der  Königslein  erreicht  nach  Langethal  (Handb.  d.  landw.  Pflanzenkunde, 
2.  Aufl.,  p.  156)  eine  Höhe  von  125  cm  und  darüber.  Auch  die  Spielart  L.  u.  amc- 
ricanum  album  erreicht  die  Höhe  des  Königsleins. 

3)  Ber.  d.  Deutsch,  bot.  Ges.  VI  (1888),  p.  380  ff, 

4)  Über  Kultur  und  Gewinnung  des  Flachses  s.  Finaly,  Offiz.  öst.  Ausstel- 
hmgsbericht  Y,  Wien  1867.     Internationaler  Kongreß  der  Flachsinteressenten.   Wien 


158  Siebzehnter  Absclinitt.     Fasern. 

baues  fordert  zu  unterscheiden  zwischen  dem  gemeinen  Flachs,  welcher" 
als  bäuerliche  Hauspflanze  noch  weit  verbreitet  ist,  und  der  Lein- 
pflanze als  Industriegewächs.  Erstere  wird  in  primitiver  Weise 
kultiviert  und  in  altherkömmlicher,  gleichfalls  sehr  primitiver  Weise  auf 
Faser  verarbeitet.  Die  aus  diesem  Faserstoff  erzeugten  Garne  und  Ge- 
webe dienen  im  Hausgebrauche  und  waren  früher  auch  Gegenstand 
eines  nennenswerten  Handels.  Als  Handelsprodukt  treten  die  aus  der 
Hauspflanze  erzeugten  Garne  und  Gewebe  immer  mehr  und  mehr  zurück ; 
denn  trotz  der  Dauerhaftigkeit  dieser  Textilobjekte  können  dieselben  die 
Konkurrenz  mit  den  so  billig  gewordenen  Massenprodukten  Baumwolle 
und  Jute  nicht  aushalten. 

So  betrug  beispielsweise  in  Sachsen  die  mit  Flachs  bebaute  Boden- 
fläche zu  Anfang  des  neunzehnten  Jahrhunderts  über  19  000  ha  imd  ist 
unter  dem  Einflüsse  der  Baumwollen-  und  Juteeinfuhr  in  den  sechziger 
Jahren  auf  6000  und  zwanzig  Jahre  später  auf  die  Hälfte  dieses  kargen 
Areals  gesunken  ^j. 

Dem  entschiedenen  Rückgang  der  Flachskultur  trachtet  man  in 
einigen  Ländern   entgegenzuwirken.     So  in  Ungarn  2)  durch  verstärkten 


1873.  Pfuhl,  Fortschritte  in  der  Flachsgewinnung.  Riga  1886.  Derselbe,  Wei- 
tere Fortschritte  in  der  Flachsgewinnung.  Riga  1893.  L.  Langer,  Flachsbau  und  Flachs- 
bereitung. Darstellung  ihrer  gegenwärtigen  Entwicklung.  Wien  1893.  A.  Hecker. 
Beiträge  zur  i-ationellen  Kultur  des  Leines.  Inaug.-Diss.  1897.  F.  Schindler,  Flachs- 
bau und  Flachsbauverhältnisse  in  Rußland  mit  besonderer  Berücksichtigung  des  bal- 
tischen Gouvernements.  Wien  (Holder)  1899.  Littrow  und  Steglich,  Bericht  über 
den  Stand  der  Flachsbereitunc  in  Trautenau  1893.  »Flachs  und  Leinen<,  Zeitschrift. 
Red.  von  E.  v.  Stein.  Wien  und  Trautenau  1893 ff.  J.  Frost,  Flachsbau  und  Flachs- 
industrie in  Holland,  Belgien  und  Frankreich.  Berlin  1909.  Kuhnert,  Der  Flachs, 
seine  Kultur  und  Verarbeitung.  Berhn,  1913.  Herzog,  A.,  Was  muß  der  Flachs- 
käufer vom  Flachsstengel  wissen?     Sorau  1918. 

1)  Langer,  1.  c,  p.  11.  Über  den  Rückgang  der  Flachskultur  in  Österreichisch- 
Schlesien  s.  die  Zeitschrift  »Flachs  und  Leinen«,  IV  (1897)  p.  623.  In  der  genannten 
Zeitschrift  sind  zahlreiche  Daten  über  Zu-  und  Abnahme  des  Flachsbaues  in  den 
Kulturländern  enthalten.  S.  auch  J.  Frost,  1.  c;  Stein,  E.  v..  Graphische  Statistik 
der  österr.  Leinenindustrie.     Trautenau  1917. 

Generaldirektor  J.  Hildebrand  gibt  im  »Deutschen  Leinen-Industr.^  ,  1919^ 
Nr.  7  folgende  instruktive  Zahlen  bezüglich  der  Anbaufläche  des  Flachses  in  Deutsch- 
land, die  deutlich  zeigen,  auf  welche  Weise  man  im  Deutschen  Reich  während  der 
Kriegszeit  erfolgreich  dem  Faserstoffmangel  entgegentrat  und  welche  hervorragende 
Bedeutung  der  bereits  halb  vergessene  heimische  Faserstoff  für  die  Rohstoffversorgung 
binnen  wenigen  Jahren  wieder  erlangte. 

1873  —  133000  ha 

1883  —  108  000     » 

1893  —     60  000     » 

1900  —     33000     .  1918  —   55000     » 

2)  E.  Schulz,  Die  Flachskultur  in  Ungarn.  Leipziger  Monatsschrift  für  Textil- 
industrie.    XXIII  (1908). 


1913 

— 

1^000 

ha 

1916 

— 

22000 

» 

1917 

— 

35000 

:» 

Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  159 

Anbau  und  in  Frankreich  durch  materielle  Unterstützung  des  Flachs- 
baues seitens  des  Staates  i). 

Soll  der  Flachs  mit  anderen  Spinnstoffen  erfolgreich  konkurrieren, 
so  muß  er  als  ein  veredeltes  Produkt  auf  dem  Markte  erscheinen,  wel- 
ches nicht  nur  durch  seine  natürliche  Festigkeit  und  Dauerhaftigkeit, 
sondern  auch  durch  Reinheit,  Schönheit  und  Spinnbarkeit  die  anderen 
vegetabilischen  Rohmaterialien  übertrifft.  Die  Umwandlung  der  alten 
Hauspflanze  in  ein  Industriegewächs  ist  sowohl  nach  landwirtschaftlicher 
als  auch  technischer  Seite  mit  großen  Schwierigkeiten  verbunden,  welche 
nur  durch  eine  zweckmäßige  Teilung  der  Arbeit,  verbunden  mit  großen 
geschäftlichen  Assoziationen  zu  überwinden  sind  und  häufig  trotz  kräftiger 
Nachhilfe  durch  den  Staat  sich  nicht  oder  nicht  rasch  beseitigen  lassen. 
Nur  in  wenigen  Ländern  —  Belgien  voran  —  hat  dieser  Umwandlungs- 
prozeß sich  in  erfolgreichem  Maße  vollzogen;  in  den  meisten  andern 
Ländern  ist  dieser  Prozeß  mit  mehr  oder  minder  großem  Erfolge  noch 
im  Gange,  und  die  Zukunft  wird-*  lehren,  inwieweit  sich  die  Flachs- 
faser gegenüber  den.  modernen  Spinnstoffen,  insbesondere  gegenüber 
der  Baumwolle  und  der  Jute,  zu  behaupten  imstande  sein  wird. 

Der  Flachs  als  Industriepflanze  erfordert  eine  sorgsame  Pllege. 
Was  zunächst  das  Saatgut  anlangt,  so  hat  die  Erfahrung  gelehrt,  daß 
der  in  den  verschiedenen  flachsbauenden  Ländern  gewonnene  Leinsamen 
als  Saatgut  für  die  Spinnpflanze  in  der  Regel  nicht  geeignet  ist.  Der 
grüßte  Teil  der  flachsbauenden  Länder  verwendet  russischen  Leinsamen. 
Es  werden  enorme  Quantitäten  von  Leinsamen  aus  Rußland  als  Saatgut 
für  den  Flachsfaserbau  ausgeführt.  Als  beste  Sorten  gelten  Rigaer  und 
Pernauer  Leinsaat.  Es  liefert  der  Rigaer  Samen  widerstandsfähigere 
Pflanzen,  verhältnismäßig  viele  Samen,  aber  eine  sich  relativ  stark  ver- 
ästelnde Pflanze,  was  nicht  erwünscht  ist.  Aus  Pernauer  Samen  erzieht 
man  hingegen  Pflanzen,  welche  sich  weniger  verästeln,  feinere  und 
längere  Fasern,  aber  weniger  Samen  liefern.  Die  Faserausbeute  soll 
eine  größere  sein  als  bei  den  aus  Rigaer  Leinsaat  gezogenen  Pflanzen  2). 
Gute  Leinsaat  soll  ein  Hektolitergewicht  von  mindestens  68  kg  besitzen 
und  92  Proz.  keimfähigen  Samen  enthalten-^). 

In  neuerer  Zeit  versucht  man  sich  von  russischer  Leinsaat  zu 
emanzipieren,  aber  wie  es  scheint  noch  ohne  großen  Erfolg.  Gut  soll 
die  Ötztaler  (Tiroler)  Leinsaat  sein.  Als  Zeeländer  Saatgut  versteht 
man  Samen,   welche   in  Holland  als  erste  Frucht   aus  Rigaer  Leinsaat 


1)  Leipziger  Monatsschrift  für  Textilindustrie.     XXV  (19H0).     Über  Flachsbau 
Marokko  s.  die  >Deütsche  Leinen-Industr. «  1919,  Nr.  28. 

2)  Langer,  1.  c,  p.  45. 

3)  Langer,  1.  c,  p.  45.    Nach  Schindler,  Flachsbau  in  Rußland,  Wien  18« 
beträgt  das  durchschnittliche  Keimprozent  der  russischen  Leinsamen  87  Proz. 


160  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

hervorgegangen  sind  i).  Es  soll  überhaupt  die  erste  aus  russischer  Lein- 
saat hervorgegangene  Frucht  Samen  Mefern,  welche  als  Saatgut  hinter 
originalem  russischem  Samen  nicht  zurücksteht.  In  den  deutschen 
Ländern  nennt  man  ein  derartiges  selbstgezogenes  Saatgut  Rosenlein. 

Von  Wichtigkeit  ist  bei  der  Kultur  des  Industrieflachses  die  Frucht- 
folge, Wo  man  rationell  vorgeht,  sät  man  auf  einem  Felde  Flachs  nur 
nach  7 — 8  Jahren  2),  Als  Grund  der  in  Irland  häufig  vorkommenden 
MiBernten  des  Flachses  wird  angeführt,  daß  man  innerhalb  7 — 8  Jahren 
zweimal  dasselbe  Feld  mit  Flachs  bestellt.  Welche  Kulturpflanzen  dem 
Flachs  voranzugehen  haben  und  welche  Düngungsmittel  anzuwenden  sind, 
darüber  sind  viele  Angaben  in  den  Werken  über  Flachskultur  enthalten, 
auf  welche  aber  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden  kann. 

Die  Industriepflanze  wird  immer  als  einjähriges  Gewächs  kultiviert. 
Aber  je  nachdem  die  Aussaat  des  Flachses  im  März  oder  April  oder 
erst  im  Mai  oder  Juni  vorgenommen  wird,  unterscheidet  man  Frühlein 
und  Spätlein.  Frühlein  ist  stets  vorzuziehen  und  Spätlein  soll  nur 
dort  kultiviert  werden,  wo  die  frühe  Aussaat  aus  klimatischen  Ursachen 
unausführbar  ist,  also  namentlich  in  Gebirgsgegenden. 

Die  ausgezeichneten  belgischen  Flachse  stammen  durchgängig  von 
Frühlein.  In  einigen  Ländern  war  es  üblich,  die  Flachspflanzen  zu 
zwingen,  durch  Reisig,  mit  dem  man  das  Feld  belegt,  oder  zwischen 
Schnüren,  die  nach  zwei  aufeinander  senkrechten  Richtungen  über  den 
Acker  gespannt  wurden,  durchzuwachsen,  wodurch  man  hohe,  zarte  Pflan- 
zen erhielt,  die  langen,  feinen  Flachs  lieferten.  In  Frankreich  erhielt  man 
auf  diese  Weise  den  »lin  rame«,  der  sehr  gute  Flachsqualitäten  ge- 
liefert haben  soll.  In  Holland  ist  diese  Prozedur  unter  dem  Namen 
»Ländern«,  in  Deutschland  als  »Stützen«  oder  auch  »Ländern«  bekannt 
gewesen.  Die  bezüglich  des  »Länderns«  gemachten  Erfahrungen  sprachen 
aber  nicht  zugunsten  dieses  Verfahrens.  In  Belgien,  dem  klassischen 
Lande  des  Flachsbaues,  hat  man  es  daher  ganz  aufgegeben,  da  die  Kosten 
der  Arbeit  und  die  Beschädigungen  beim  Ernten  des  geländerten  Flachses 
durch  die  erzielte  Faserqualität  nicht  aufgewogen  wurden  (Langer).  Der 
internationale  Kongreß  (Bericht  p.  47)  empfahl  das  »Stützen  des  Leins« 
nur  für  die  edelsten  Qualitäten. 

Flachs  wird  als  Gespinstpflanze  vorzugsweise  in  Europa  gebaut. 
Die  Nordgrenze  des  Flachsbaues  fällt  mit  jener  der  Gerste  zusammen. 
Der  Flachs  kann  in  Mitteleuropa  bis  zu  einer  Seehöhe  von  1500  m 
kultiviert    werden.     Auch  Ägypten   liefert    viel    Flachs,    der    auch    der 


1)  Langer,  1.  c,  p.  38. 

2)  Über  den  Einfluß  des  den  Flachspflanzen  zugewiesenen  Standraumes  (Saat- 
dichte)  auf  Stroh-  und  Samenertrag  und  auf  Höhe,  Länge,  Verästelung,  Dicke,  Bast- 
gehalt, Festigkeit,  Wassergehalt  und  Reinheit  der  Stengel,  s.  Herzog,   L  c,  p.  12fl. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  161 

europäischen  Industrie  zugute  kommt.  Ferner  wird  in  Algier,  in  den 
kälteren,  höher  gelegenen  Gegenden  Ostindiens  i),  wo  die  Baumwolle 
nicht  gedeiht,  in  Nordamerika,  Brasilien  und  Australien  in  neuerer  Zeit 
Flachsbau  betrieben  2).  —  Von  europäischen  Flachs  bauenden  Ländern 
ist  in  erster  Linie  Belgien  (insbesondere  Westflandern  mit  dem  Zentrum 
Courtray,  ferner  Ostflandern  und  Namur)  zu  nennen,  woselbst  nicht 
nur  die  schönsten  Flachssorten,  sondern  auch  verhältnismäßig  die  grüßte 
Menge  dieses  Spinnstoffes  erzeugt  wird.  Nach  Finaly  nimmt  die  Lein- 
kultur in  diesem  Lande  so  viel  Bodenfläche  für  sich  in  Anspruch,  als 
alle  übrigen  Kulturgewächse  zusammengenommen  einnehmen.  Die  mit 
Lein  bepflanzte  Bodenfläche  beträgt  in  Belgien  600  000  ha,  welche  durch- 
schnittlich im  Jahre  zirka  20  Millionen  Kilogramm  Flachs  im  Werte  von 
60  Millionen  Francs  liefern.  Drei  Fünftel  des  erzeugten  Flachses  werden 
exportiert 3).  Große  Mengen  von  Flachs  liefert  das  nördliche,  europä- 
ische Rußland,  ferner  Irland,  Holland,  Preußen,  Thüringen,  preuß. 
Schlesien,  Österreich  (Böhmen,  Sudetenland,  Kärnten,  Tirol),  Frankreich 
und  Italien. 

Schädlinge  der  Flachspflanze  sind  die  Flachsseide  (Cuscuta  epilinuvi 
Weihe),  die  den  Flachsrost  (Brand)  erzeugende  Melmwpsora  Uni  (Pers.) 
Tiil.^  Engerlinge,  die  Raupe  der  Gia.mmaeu\e  (Plusia  gamma  L.)  und  die 
Made  der  Flachsfransenfliege  (Thiips  Uni  Lad.)^). 

In  manchen  Ländern  wird  die  Flachspflanze  nur  der  Samen  wegen 
gebaut  und  das  Flachsstroh  nur  als  Brennmaterial  verwendet;  so  in 
der  europäischen  und  asiatischen  Türkei  und  in  Siebenbürgen  s).     In  den 

1)  Nach  Watt,  Econom.  Prod.  of  India,  Calcutta  III  (1883),  p.  -159,  wird 
Flachs  als  Faserpflanze  nur  in  sehr  geringem  Maßstabe  gebaut.  Die  erzielten 
Fasersorten  sind  geringer  als  der  ägyptische  Flachs.  S.  auch  Watt,  Commerc. 
Products  of  India.  London  4  908.  p.  720  f.  Hier  wird  auf  eine  wünschenswerte 
Verbesserung  in  der  indischen  Flachskultur  hingewiesen,  übrigens  auch  dieVerwendung 
der  Flachspflanze  in  der  Papierfabrikation  erwogen,  was  mit  Rücksicht  auf  ein  so 
edles  Fasergewächs  doch  ein  schlechtes  Zeugnis  für  die  Qualität  des  indischen 
Flachses  bildet.  Während  des  Krieges  hat  sich  auch  das  eughsche  Handelsamt  be- 
müht, den  Flachsanbau  in  Indien  und  Kanada,  wo  die  Bedingungen  zur  Kultur  günstig 
sind,  nach  Kräften  zu  fördern  (»Flachs  und  Leinen«,  Nr.  291,  Trautenau  1918.).  Die 
Weltproduktion  von  Flachs  wird  a.  a.  0.  (zu  1000  Tonnen)  folgendermaßen  angeführt: 
Rußland  400,  Frankreich  und  Belgien  50,  Irland  10,  Holland  10,  Deutschland  und 
Österreich  30. 

2)  A.  du  Mesnil,  Manuel  du  cultivateur  du  lin  en  Algerie.     Paris  1866. 

3)  Langer,  1.  c,  p.  23. 

4)  Nach  A.  Herzog  (Was  muß  der  Flachskäufer  usw.,  Sorau  1918)  tritt  auch  Glado- 
spariiim  herbarum  Lk.  nicht  selten  als  ausgesprochener  Parasit  des  Flacbsstengcls 
auf.  Die  in  Nordamerika  häufig  beobachtete  »Welke«  wird  auf  Fusarium  Uni  Bollcy 
zurückgeführt  (Exp.  Stat.  North  Dakota,  1901,  Nr.  30). 

5)  Dasselbe  gilt  auch  von  Nordamerika,  Argentinien  u.  Holland.  Indien. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     ;i.  Aufl.  H 


162  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

leiobauenden  Distrikten  dieser  Länder  ist  die  Leibwäsche  der  Bewohner 
aus  Hanf  gewebt,  und  man  scheint  dort  oft  gar  nicht  zu  wissen,  daß 
die  Flachspflanze  auch  eine  spinnbare  Faser  Heferti). 

Die   Flachspflanze    wird    gewöhnlich   vor    der   Samenreife   geerntet, 
wenn  der  Grund  der  Stengel  gelb  zu  werden  beginnt 2).     Die  in  diesem 


Reife  des  Samens  abgewartet  werden.     In  Irland  erntet  man  die   noch 
grüne  Pflanze,  wobei  auf  den  Samenertrag  verzichtet  wird. 


i'ig.  32.  Yerar.  300.  Querschnitt  durch  den  Flaclisstengel  (Limtm  iisitatissinnim).  Ein  Stück  desselben 
mit  drei  (kollateralen)  Gefäßbündeln,  welche  am  deutlichsten  an  den  drei  ßastbündeln  (6)  zu  er- 
kennen sind.  0  Oberbaut,  r  Eindenparenchi'm ,  c  Kambium,  darüber  (gegen  die  Oberhaut  zu)  das 
Phloem  der  Gefäßbündel,  bestehend  ans  den  Bastbündeln  6  und  dem  zwischen  diesen  und  dem 
Kambium  gelegenen  Siebteil,  h  Holz  des  Stengels,  bestehend  aus  den  ins  Mark  (m)  deutlich  vor- 
springenden (drei)  Holzteilen  (Xylemen)  der  Gefäßbündel. 

Die  Ernte  der  Flachspflanze  erfolgt  in  der  Regel  nicht  durch  Schnitt, 
sondern  durch  Ausraufen;  es  wird  also  die  Pflanze  mit  der  Wurzel  aus 
dem  Boden  gezogen. 


1)  Finaly,  1.  c,  p.  333. 

2)  Herzog  empfiehlt  auf  Grund  seiner  Studien  über  die  Bastfasern  des  Flachs- 
stengels in  verschiedenen  Reifegraden  (Mitteilungen  d.  Forschungsstelle  Sorau,  Bd.  I, 
■1919,  Nr.  1—3).  die  Ernte  des  Flachses  ausschließlich  im  Zustand  der  vorgerückten 
Gelbreife  vorzunelimen,  da  der  Bast  erst  in  diesem  Entwicklungsstadium  die  günstigste 
Ausbildung  aufweist.  Hierbei  kann  auch  ein  nahezu  völhg  ausgereiftes  Saatgut  ge- 
wonnen werden. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  163 

Im  wesentlichen  besteht  die  Flachsbereitung  darin,  daß  man  die 
Bastfaser  des  Hauptstengels  von  allen  übrigen  Bestandteilen  der  Pflanze 
trennt  (s.  Fig.  32).  Seitenäste  und  Früchte,  letztere  zum  Zwecke  der 
Samengewinnung,  werden  von  dem  Hauptstengel  und  der  damit  in  Ver- 
bindung bleibenden  Hauptwurzel  nach  erfolgtem  Trocknen  der  gerauften 
Pflanze  an  der  Luft  entfernt.  Diese  Abscheidung  erfolgt  durch  die 
Prozedur  des  Riffeins  oder  Reffeins  i).  Das  nach  dem  Rifl"eln  zurück- 
bleibende Flachsslroh  .wird  durch  das  Rüsten  so  gelockert,  daß  die 
Scheidung  der  Flachsfaser  durch  mechanische  Prozesse  (Brechen'^), 
Hecheln,  Schwingen)  von  den  übrigen  Gewebsbestandteilen  des 
Stengels  (einerseits  Oberhaut-  und  Piindenparenchym,  anderseits  den 
Siebteilen  des  Phloems,  dem  Holze  und  Marke)  vollzogen  werden  kann. 
Diese  Prozeduren  werden  in  verschiedenem  Grade  der  Vollkommenheit 
vorgenommen,  und  dementsprechend  sind  auch  die  Handelssorten  des 
Flachses  im  hohen  Grade  in   bezug  auf  Reinheit  und  Güte  verschieden. 

Am  rationellsten  geht  man  in  Westflandern  zu  Werke,  wo  die 
genannten  Prozeduren  in  ganz  getrennten  Betrieben  durchgeführt  werden. 
Der  Landwirt  baut  auf  das  sorgsamste  seinen  Flachs  und  liefert  das 
Flachsstroh  an  einen  Unternehmer  ab,  welcher  nur  die  Röste  besorgt. 
Das  Rüstprodukt  übernimmt  ein  anderer  Unternehmer,  welcher  in 
Schwingereien  (Flachsfabriken)  die  Abscheidung  der  Flachsfaser  vor- 
nimmt. Der  Landwirt  rüstet  den  Flachs  also  nicht  selbst,  arbeitet  aber 
dem  Rüster  vor  durch  die  Prozedur  des  »Kapellens«,  d.i.  die  Auf- 
schichtung der  gerauften  Pflanze  in  besonderen  Formen  (»Kapellen«), 
wo  ein  Welkungsprozeß  eingeleitet  wird,  welcher  eine  Abkürzung  des 
Rüstverfahrens  ermüglicht. 

Dieser  vollständig   durchgeführten  Arbeitsteilung    steht    die    Flachs- 

1)  Über  die  Zweckmäßigkeit  des  Sortierens  des  geriffelten  Flachses  nach 
Länge  und  Dicke  der  Stengel,  Pfuhl,  1.  c,  p.  2  und  5  bzw.  in  der  2.  oben  genannten 
Abhandlung  p.  1  8  und  i  9. 

2)  Dem  »Brechen«  geht  in  manchen  kleinen  Betrieben  ein  »Dörren«  voraus. 
Nach  Langer  (1.  c,  p.  59)  ist  der  gedörrte  Flachs  wohl  leichter  zu  brechen,  aber 
die  Faser  leidet  unter  dieser  Prozedur.     Das  Dörren  ist  also  nicht  zu  empfehlen. 

Bisher  wurde  also  jede  künstliche  Trocknung  des  Flachses  als  der  Beschaffenheit 
der  Bastfasern  schädhch  angesehen.  Herzog  hat  uns  nun  auf  Grund  seiner  mehr- 
jährigen Studien  vor  kurzem  mitgeteilt  (Mittig.  d.  Forschungsstelle  Sorau,  I,  19'! 9,  Nr.  V,, 
daß  die  künstliche  Trocknung  in  Großbetrieben  nicht  zu  umgehen  und  auch  ohne 
Schädigung  der  Faserbeschaffenheit  zulässig  sei,  wenn  vor  dem  Trocknen  die  in  dem 
feuchten  Röslflachs  enthaltene  saure  Röstflüssigkeit  entfernt  wurde.  In  diesem  Falle 
sei  auch  unmittelbar  nach  der  Trocknung  die  mechanische  Ausarbeitung  des  Flachs- 
stengels möglich,  während  sonst  bei  Trocknung  ohne  vorheriges  Ausquetschen  der 
Röstflüssigkeit  die  Qualität  des  Blachses  sehr  geschädigt  wird.  Über  die  Einwirkung 
von  trockener  und  feuchter  Hitze  auf  den  Flachsstengel  siehe  auch  Herzog,  Was 
muß  der  Flachskäufer  usw.,  Sorau  1918,  p.  23 — 25. 

11* 


164  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

gewinnung  nach  der  allen  Methode  gegenüber,  bei  welcher  der  Landwirt 
selbst  alles  am  Felde  und  im  Hause  besorgt,  vom  Ernten  der  Leinpflanze 
bis  zum  Hecheln  des  Flachses,  ja  bis  zum  Spinnen  und  Weben  der 
selbstgewonnenen  Faser.  Zwischen  diesen  Extremen  bewegen  sich  in 
den  einzelnen  flachsbauenden  Ländern  die  tatsächlichen  Betriebe  des 
Flachsbaues  und  der  Leinenindustrie.  Je  mehr  man  sich  dem  belgischen 
Systeme  nähert,  desto  gewinnreicher  wird  der  Ertrag.  Wo  man  auf 
der  alten  Stufe  bleibt,  dort  geht,  wie  schon  oben  angedeutet,  der  Flachs- 
bau und  die  Flachsgewinnung  zurück.  Immer  mehr  verschwindet  der 
Handweberstuhl,  und  das  Spinnrad  hat  seine  frühere  Bedeutung  lange 
bereits  eingebüßt.  Beide  wurden  von  der  Maschinenspindel  und  dem 
mechanischen  Webstuhl  überholt. 

Das  Riffeln  geschieht  zumeist  noch  durch  Eisenkämme  (Riffel- 
oder Reffkamm ij).  In  neuerer  Zeit  versucht  man  das  Riffeln  maschinen- 
mäßig, auf  besonders  eingerichteten  Walzwerken,  durchzuführen.  Die 
besten  Riffelmaschinen  befreien  zugleich  die  Samen  von  den  Fruchthüllen; 
man  erhält  dann  zwei  Produkte:  Flachsstroh  und  Samen,  ferner  Abfall. 
Häufig  wird  die  Pflanze  schon  am  Felde  geriffelt.  Die  alte,  jetzt  viel- 
fach noch  geübte  Methode  des  Dreschens  zum  Zwecke  der  Gewinnung 
des  Flachsstrohs  ist,  wie  Langer  (1.  c,  p.  50)  sagt,  eine  verwerfliche 
Art  der  Abtrennung,  weil  dabei  der  Stengel  zerschlagen  wird,  die  Rüste 
ungleich  ausfällt  und  der  Abfall  sich  unnötig  vermehrt. 

Die  Röste  (Rotte)  des  Flachses,  ein  technologischer  Gegenstand, 
kann  hier  nicht  im  Detail  erörtert  werden.  Ich  muß  mich,  dem  Plane 
dieses  Buches  entsprechend,  damit  begnügen,  das  Prinzipielle  dieses 
Prozesses  vom  chemischen,  besonders  aber  vom  pflanzenanatomischen 
und  pflanzenphysiologischen  Standpunkt  aus  darzulegen,  namenthch  mit 
Rücksicht  auf  den  Einfluß,  welchen  die  Art  der  Röstung  auf  das  erzielte 
Produkt  ausübt. 

Man  unterscheidet  Tau-,  Kaltwasser-,  Warmwasser-,  Dampf-  und 
gemischte  Röste 2).     Bei   der  Tauröste  legt  man    das  Flachsstroh    auf 


1)  Über  RifTeln  mittels  RifTeliiamni  s.  Pfuhl,  Fortschritte  p.  2  u.  5. 

2)  Es  wurden  auch  chemische  Mittel  zur  Flachsröste  in  Anwendung  gebracht, 
bis  auf  die  neuere  Zeit  jedoch  nur  mit  geringem  Erfolg.  Erst  das  Baursche  Ver- 
fahren, in  welchem  als  chemisch  wirkender  Körper  verdünnte  Schwefelsäure  unter 
besonderen  Vorsichten  angewendet  wird,  scheint  wirklich  Vorteile  zu  gewähren. 
Über  dieses  Verfahren  s.  weiter  unten.  —  Es  sind  in  neuerer  Zeit  noch  andere 
chemische  Röstmethoden  für  Flachs  in  Vorschlag  gebracht  worden,  z.  B.  das  Ver- 
fahren von  Tresvangue  (Anwendung  von  Alkahsalzen),  Biets  (Einwirkung  von 
Harnstoff),  Bonny  undPritchard  ^Seife-  und  Kaliumbromatlösungen),  Summers 
erhielt  angeblich  gute  Resultate  durch  Einwirkung  von  Kali  auf  lufttrockenes  Flachs- 
stroh.     S.    über    diese    chemischen    Röstmethoden    Lafar,    Technische    Mvkologie. 


Siebzehnter  Abschnitt.,    Fasern.  165 

Stoppelfeldern  oder  auf  Rasenplätzen  aus  und  überläßt  es  der  Einwirkung 
des  Taues,  des  Regens  und  der  Atmosphäre.  Starke  Niederschläge  be- 
fördern die  Röste,  trockene,  sonnige  Tage  ziehen  sie  in  die  Länge,  so 
daß  sie,  je  nach  der  Witterung,  drei  bis  acht  Wochen  währt.  Diese 
Abhängigkeit  von  der  Witterung,  die  viele  Arbeit,  welche  das  häufig 
notwendig  werdende  Umlegen  der  Leinstengel  erheischt,  bilden  die 
Schattenseite  dieses  Verfahrens.  Aber  bei  förderlichem  Wetter  und  gut 
geleiteter  Arbeit  ist  das  erzielte  Produkt  ein  vorzügliches.  Auch  ist 
die  Tauröste  nicht  gesundheitsschädlich,  wie  einige  der  nachfolgenden 
Röstmethoden.  Im  allgemeinen  ist  man  bestrebt,  die  Tauröste  durch 
ein  gemischtes  Verfahren  oder  durch  Wasserröste  ganz  zu  ersetzen. 
In  Gebirgsgegenden  wird  sie  aber  wohl  auch  in  der  Folge  kaum  zu 
umgehen  sein  ^). 

Rei  der  gemischten  Röste  wird  der  ausgeraufte  Flachs  einer 
kurzen  Tauröste  unterworfen,  hierauf  bei  trockener  Witterung  geriffelt, 
gebündelt  und  einer  Nachröste  in  Wasser  unterworfen,  welche  je  nach 
der  Temperatur  des  Wassers  in  3  —  7  Tagen  vollendet  ist. 

Die  Kaltwasserröste  wird  am  rationellsten  in  Relgien  (West- 
flandern,   im   Flusse  Lys)   betrieben   (System  Courtray,    Lysröste)2).     Es 


Bd.  III  (1904—1906),  p.  273,  und  K.  Stirm,  Chemische  Technologie  der  Gespinst- 
faser.    Berhn  1913.     p.  73. 

Die  Faserabscheidung  aus  Flachsstengeln  ohne  Röste  ist,  wie  Pfuhl  (Fort- 
schritte, p.  7)  bemerkt,  fast  wohl  so  alt  wie  die  Flachsgewinnung  überhaupt.  Es  ge- 
lingt auf  rein  mechanische  Weise,  die  Bastfaser  aus  dem  Flachsstengel  zu  gewinnen, 
aber  die  Verluste  sind  groß,  die  Faser  ist  rauh,  hart  und  weniger  spinnbar  als  die 
durch  Röstung  gewonnene.  Der  Haupt  nachteil  eines  solchen  rein  mechanischen  Ver- 
fahrens besteht  aber  darin,  daß  die  Faser  wenig  haltbar  ist,  nämlich  bei  Feuchtigkeit 
oder  Nässe  (im  Garn  oder  Gewebe)  zu  faulen  oder  zu  gären  beginnt.  Die  Röstung 
hat  nämlich,  wie  weiter  unten  noch  näher  auseinandergesetzt  werden  wird,  nicht  nur 
den  Zweck,  die  Faser  von  den  übrigen  Geweben  zu  trennen  und  untereinander  auf- 
zulockern, sondern  auch  zu  reinigen,  nämlich  von  der  Nichtzellulose  zu  befreien.  Über 
die  mechanische  Bearbeitung  des  Flachsstrohes  auf  Grund  eigener  Versuche  s.  Herzog, 
1.  c,  p.  26-28. 

Am  Anfang  des  Weltkrieges  wurde  in  Deutschland  von  Dr.  Schneider  die 
Kanalröste  erfunden,  die  es  ermöglichte,  den  Flachs  rascher  zu  bearbeiten  als  bisher. 
Die  Kanalröstanlage  besteht  aus  zwei  Stockwerken;  in  dem  unteren  Stockwerke  voll- 
zieht sich  der  Röstvorgang  in  Kanälen,  die  von  warmem  Wasser  durchströmt  werden, 
und  in  dem  oberen  wird  die  künstliche  Trocknung  eingeleitet.  Für  Friedensverhält- 
nisse müßte  aber  dieses  beschleunigte  Arbeitsverfahren,  das  es  möglich  machte,  den 
geernteten  Flachs  sofort  zu  rösten  und  zu  trocknen,  nach  Gürtler  (Neue  Faserstoffe, 
I,  1919,  p.  128)  geändert  werden,  und  man  vermutet,  daß  die  ßassinröste  an  die  Stelle 
der  Kanalröste  treten  werde. 

1)  Langer,  I   c,  p.  51. 

2)  BoUey,  Technologie  der  Spinnfasern,  p.  8.  Langer,  1.  c,  p.  27  ff.  S.  auch 
Frost,  1.  c. 


]Lß6  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

kommen  zumeist  belgische,,  aber  auch  niederländische  Flachsstengel  (aus 
Zeeland  und  Nordbrabant)  zur  Rüste.  Besonders  feine  Sorten  von  Flachs 
werden  aus  gelagertem,  der  Ernte  des  Vorjahres  angehörigem  Rohmaterial 
erzeugt.  Die  Flachsstengel  werden  in  Bündel  zusammengefaßt,  welche 
mit  Strohseilen  umwickelt,  dicht  in  aus  Holzlatten  zusammengefügte 
Kästen  gestellt  werden,  die  man,  mit  Brettern  belegt  und  mit  Steinen 
beschwert,  in  langsam  fließendes  Wasser  so  hineinstellt,  daß  sich  der 
Wasserspiegel  einige  Zentimeter  über  den  Enden  der  Flachsstengel  be- 
findet. Das  Wasser  des  Flusses  Lys  ist  der  Röste  erfahrungsgemäß  be- 
sonders zuträglich.  Namentlich  bei  Menin  und  Werwick  sind  die  Rüst- 
kästen in  so  großer  Zahl  in  den  Fluß  gebaut,  daß  während  der  Rüstzeit 
(Mitte  April  bis  Mitte  Oktober*))  der  Lys  nicht  mit  Schiffen  befahren 
werden  kann.  Die  Rüstkästen  sind  so  eingerichtet,  daß  Schlamm  und 
Sand  keinen  Zutritt  zu  den  Flachsbündeln  hat.  Nachdem  die  Rüste  eine 
Woche  gedauert  hat  (Vorröste),  wird  das  Flachsstroh  herausgenommen, 
getrocknet  und  noch  ein  zweites  Mal  gerüstet  (Nachröste  2) ). 

Es  dauert  die  ganze  Rüste  gewühnlich  vierzehn  Tage,  doch  dehnt 
sie  sich  bei  kaltem  Wetter  bis  auf  zwanzig  Tage  aus.  Der  westflan- 
drische  Flachs    erscheint    im   Handel    als    Gourtray-  oder  Kortrykflachs. 


Wasser  dieses  Flusses  nicht  so  zum  Rösten,  wie  das  Lyswasser.  Häufiger 
wird  hier  die  Schlammrüste  angewendet  und  zumeist  vom  Flachs- 
bauer selbst.  Das  Flachsstroh  wird  gebündelt  in  Rüstgräben  schief 
eingestellt;  mit  Schlamm  bedeckt  und  mit  Steinen  beschwert,  steht  es 
hier  je  nach  der  Temperatur  6  —  12  Tage,  seltener,  bei  niederer  Tem- 
peratur, länger  unter  (stehendem)  Wasser.  Herausgenommen,  wird  es 
gewaschen  und  hierauf  auf  Wiesen  oder  Feldern  einer  2 — 3wüchentlichen 
Nachrüste  unterworfen.  Eine  besondere  Form  der  belgischen  Flachsrüste 
ist  die  Schwarzrüste.  Bei  derselben  w^erden  dem  Wasser  unreife 
Walnüsse  oder  Erlenblätter  zugefügt.  Der  hierbei  gewonnene  Flachs 
hat  eine  dunkle  Farbe  und  dient  nur  zur  Herstellung  dunkler  Gewebe. 
Die  Schlammrüste  ist  wegen  der  im  stagnierenden  Wasser  sich  reichlich 
entwickelnden  Fäulnisgase  ein  gesundheitsschädliches  Verfahren. 


1)  Es  wird  in  Belgien  auch  im  März  und  April  in  fließendem  Wasser  geröstet. 
Wegen  der  relativ  niederen  Temperatur  der  hierbei  wirkenden  Wasser  wird  dieses 
Verfahren  als  Winterröste- bezeichnet.  Der  hierbei  erzielte  Flachs  ist  von  gerin- 
gerer Qualität, 

2)  Ein  einwandfreies,  klares  und  automatisches  Kennzeichen  für  die  Beendigung 
des  Röstprozesses  im  allgemeinen,  also  für  die  Röstreife,  konnte  bisher  wissenschaftlich 
noch  nicht  lestgestellt  werden.  Man  ist  in  dieser  Hinsicht  lediglich  auf  das  mehr  oder 
weniger  sichere  Urleil  des  Fachmannes  angewiesen.  (Siehe  das  Preisausschreiben  des 
Verbandes  deutscher  Leinenindustrieller,  1919.) 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  167 

Bei  der  War m was ser rüste  werden  die  Stengel  in  Bündel  zu- 
sammengebunden, in  mit  kaltem  Wasser  gefüllte  Holzbottiche  eingetaucht 
und  durch  Zuströmen  von  Dampf  die  Temperatur  des  Wassers  auf 
27—35°  G  erhöht.  In  60—72  Stunden  ist  der  Prozeß  beendet.  Es 
tritt  hierbei  Gasenlwickelung  ein;  an  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit 
entsteht  eine  Schaumdecke,  es  stellt  sich  eine  stark  saure  Reaktion  der 
Flüssigkeit  ein.  Die  anfänglich  weiße  Schaumdecke  nimmt  eine  dunkle 
Farbe  an  und  verschwindet  bei  Beendigung  des  Prozesses  völlig.  In 
Sachsen  hat  man  mit  dieser  Warmwasserröste  gute  Erfahrungen  ge- 
macht i). 

Auch  eine  Dampfröste  ist  auf  das  Flachsstroh  angewendet  worden 
(Wattsche  Methode),  die  jedoch  trotz  der  Kürze  des  Verfahrens  (12  bis 
18  Stunden)  keine  Vorteile  bringt.  Mit  großen  Mitteln  hat  die  Irish- 
Flax-Supply- Association  das  Wattsche  Verfahren  einzuführen  gesucht. 
Die  Resultate  waren  so  ungünstig,  daß  das  Verfahren  in  Irland  nirgends 
Fuß  gefaßt  hat. 

Der  Zweck  des  Röstens  besteht  in  der  Auflösung  der  Bindesubstanz, 
welche  die  Bastzellen  mit  den  benachbarten  Geweben  verbindet.  Dabei 
wird  auch  die  in  dem  Bastgewebe  auftretende  Bindesubstanz  mehr  oder 
minder  stark  gelöst,  was  eine  Auflockerung  der  Baslbündel  zur  Folge 
hat.  Die  Auflösung  der  in  den  Baslbündeln  auftretenden  Bindesubstanz 
erfolgt  allerdings  rasch  durch  kochendes  Wasser,  aber  die  benachbarten 
Gewebe  werden  hierbei  nur  wenig  angegriffen,  so  daß  der  geringe  Erfolg 
der  Warmwasserröste  begreiflich  erscheint.  Bei  Tau-  und  Wasserrösten 
kommen  Fermentorganismen  zur  Wirkung2)^  welche  die  Auflösung  der 
Bindesubstanz  in  einer  der  Abscheidung  der  Faser  sehr  förderlichen 
Weise  bewirken  und  aus  der  Faser  —  mehr  oder  minder  vollständig  — 
alles  beseitigen,  was  nicht  Zellulose  ist.  Dadurch  gewinnt  die  Flachsfaser 
erst  ihre  große  Widerstandskraft. 

Die  genannte  Bindesubstanz  hat  man  früher  auf  Grund  der  Unter- 
suchungen Kolbs'')  für  Pektose  gehalten  und  den  Röstprozeß  als  Pektin- 
gärung angesehen.  Letzteres  ist  richtig,  und  Kolb  ist  das  Verdienst 
zuzuschreiben,  als  Erster  erkannt  zu  haben,  daß  die  Flachsröste  im 
wesenthchen  eine  Pektingärung  ist^).  Aber  die  Bindesubstanz  ist  nach 
den   Untersuchungen   Mangins^)    pektinsaurer    Kalk,   welcher   bei   dem 


1)  Langer,  1.  c,  p.  öl. 

2)  Erste  Auflage  dieses  Werkes,  p.  363 ff.  und  p.  367. 

3)  Compt.  rend.  66,  p.  1024   (-1868). 

4)  Behrens  in  Lafar,  Technische  Mykologie,  Bd.  III,  p.  26911,  Jena  ■1904—1906. 

5)  S.  bezüglich   der  bei    der   Flachsröste   auftretenden   Gärung:    Lafar,    Tech- 
nische Mykologie  I,  Jena  1897,  p.  179. 


168  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Rüstverfahren  unter  Intervention  von  Fermentorganisrnen  aufgelöst  wirdij. 
Auf  die  Mitwirkung  von  Fermentorganismen  beim  Rüstprozeß  habe  ich  2) 
zuerst  hingewiesen  und  einschlägige  Untersuchungen  dringend  empfohlen. 
1879  hat  van  Tieghem  den  Bacillus  amylohacter  für  den  Erreger 
der  Flachsgärung  erklärt.  Aber  dieser  Bacillus  bedingt  die  Zellulose- 
gärung, und  bei  der  Flachsrüste  kommt  es  darauf  an,  die  Zellulose  zu 
schonen.  Bacillus  amylohacter  ist  also  bei  der  Flachsrüste  nicht  der 
wirksame  Fermentorganismus.  Später  (1895)  hat  Friebes  einen  anae- 
roben Bazillus  als  Erreger  der  Pektingärung  nachgewiesen.  Bei  Gegenwart 
von  Pepton  vergärt  dieser  Bacillus  Zucker  und  Stärke;  wenn  demselben 
aber  der  Stickstoff  nur  in  Form  von  Ammoniaksalzen  geboten  wird,  so 
greift  er  Stärke  und  Zucker  nicht  an,  wohl  aber  die  Pektinsubstanzen  3). 
In  den  letzten  Jahren  wurden  eingehende  Studien  über  die  bei  der 
Rüste  wirkenden  Fermentorganismen 
durchgeführt,  welche  zu  folgenden  Er- 
gebnissen führten.  Bei  der  Rüste  sind 
Fermentorganismen  beteiligt,  denn,  wenn 
man  dieselben  im  Versuche  ausschließt, 
sei  es  durch  Sterilisation  oder  durch 
Desinfektion,  so  unterbleibt  der  Erfolg 
der  praktischen  Rüste.  Bei  der  Wasser- 
rüste des  Flachses  geht  die  Hauptwir- 
kung von  einer  Bakteriacee  aus,  welche 
„.    .,,   ,,       ,„,    ..      ,  ,    ,        ,  von  Beiierinck  und  van  Delden  als 

Flg.  :3o.    Vergr.  051.     Oruiutlohacter  iiecti>w  •> 

vornw.  Nach  B  e  i  j  e  r i  n c  k  und  van  D  e  1  d  e  n.  Graiiulohacter  pectinovorum  beschrie- 
ben wurde  (Fig.  33).  Es  ist  dies  ein 
stäbchenfürmiger  Spaltpilz  von  anaerobem  Charakter,  welcher  an 
einem  seiner  Enden  eine  Endospore  bildet.  Im  praktischen  Betriebe 
wirken  aber  noch  andere  Fermentorganismen  bei  der  Wasserrüste  mit, 
welche  zur  Peklingärung  führen^).  Es  künnen  aber,  wie  oben  bereits 
angedeutet,  manche  bei  der  Wasserrüste   auftretende  Bakterien   stürend 


-1)  Der  pektinsaure  Kalii  läßt  sich  auch  durch  verdünnte  Schwefelsäure  in 
Lösung  bringen,  worauf  das  Baursche  Verfahren  (Patent  1884  und  -1892)  der  Flachs- 
gewinnung beruht,  welches  nach  Lafar  mit  Erfolg  im  großen  ausgeführt  wird. 
Über  das  Baursche  Verfahren  s.  ferner  Pfuhl,  Weitere  Fortschritte,  p.  27 fl'. 

2)  Erste  Auflage  (1873)  p.  363,  364  und  367. 

3)  Später  ist  ein  von  Allison  und  Pennington  erfundenes  Verfahren  patentiert 
worden,  welches  darauf  beruht,  dem  Röslwasser  bestimmte,  dem  Peklingärungs- 
Baziilus  zuträgliche  Salze  beizufügen  und  dasselbe  mit  den  Bakterien  der  Lysröste 
(s.  oben)  zu  infizieren.     S.  Pfuhl,  Weitere  Fortschritte,  p.  24. 

4)  Näheres  über  die  Bedeutung  der  Pektingärung  bei  der  Gewinnung  von 
Gespinstfasern  siehe  im  Artikel  über  Pektingärung  von  .1.  Behrens  in  Lafar,  I.e., 
Bd.  III,  p.  2-27  ff. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  169 

in  den  Rüstprozeß  eingreifen,  insbesondere  solche,  welche  Zellulosegärung 
einleiten  i).  Insbesondere  kommen  solche  die  Faser  gefährdende  Störungen 
vor,  wenn  die  Kaltwasserrüste  zu  lange  währt 2).  Bei  der  Tauröste 
kommen  auch  Mycelien  von  Pilzen  zur  Wirkung.  Ich  habe  zuerst  (1872) 
auf  die  Mitwirkung  von  Cladosporium  herbarum  Link  bei  der  Tauröste 
des  Flachses  hingewiesen  3). 

Die  Art  der  Röste  übt  zweifellos  einen  sehr  merklichen  Einfluß  auf 
den  chemischen  Charakter  der  gewonnenen  Faser  aus.  Je  vollkommener 
die  Rüste  wirkte,  desto  größer  wird  die  Menge  an  Zellulose  sein, 
welche  in  der  Faser  vorkommt.  Die  relativ  kleinste  Zellulosemenge  und 
dementsprechend  die  größte  Menge  an  Nichtzellulose  wird  sich  in  jener 
Faser  vorfinden,  welche  ohne  Röstung  erzeugt  wurde  (s.  oben,  Anmer- 
kung auf  p.  165).  Leider  sind  die  bisher  vorgenommenen  chemischen 
Untersuchungen  von  Lein  fasern  zumeist  sehr  summarisch  durchgeführt 
worden,  ohne  nähere  Rücksichtnahme  auf  das  Röstverfahren,  ja  ohne 
Rücksicht  darauf,  ob  der  Flachs  überhaupt  geröstet  wurde  oder  nicht. 
Um  den  Zellulosegehalt  im  ungerösteten  Flachs  kennen  zu  lernen,  also 
jene  Zellulosemenge,  welche  zur  Zeit  der  Reife  des  Flachses  in  der 
natürlichen  Faser  vorkommt,  habe  ich  eine  Untersuchung  von  rein- 
gehecheltem, aber  ungerüstetem,  fast  ganz  aus  Bastzellen  bestehendem 
Flachs  veranlaßt,  welche  von  R.  Benedict  und  M.  Bamberger 
ausgeführt  wurde.  Dieser  Untersuchung  zufolge  beträgt  die  Zellulose- 
menge eines  ungerüsteten  Flachses  65,5 — 76,5Proz.4).  Nach  Herzogt) 
beträgt  die  mittlere  Menge  an  Zellulose  im  gei'östeten  Flachse  85,4  Proz. 
Von  vergleichenden  Analysen  verschieden  gerösteter  Flachse  ist  mir  nur 
eine  ältere  Untersuchung  von  Hodges^)  bekannt  geworden,  derzufolge 
ein  durch  belgische  Kaltwasserrüste  hergestellter  Flachs  82,5  Proz.  Zellu- 
lose, 7,6  Proz.  Zucker,  Gummi  und  Pektinsubstanzen  enthielt,  während 
ein  durch  Warmwasserröste  erzielter  Flachs  88 — 89  Proz.  Zellulose  und 
bloß  1  — 2  Proz.  Zucker  enthalten  haben  soll  ^). 

Um  aus  dem  gerüsteten  Flachsstroh  die  Faser  zu  erhalten,  muß 
eine  Reihe  von  mechanischen  Arbeiten  durchgeführt  werden,  welche  als 


1)  Über  Zellulosegärung  s.  Lafar,  1.  c,  III,  p.  243  ff. 

2)  Omelianski,  Centralblatt  für  Bakteriologie,  Bd.  XII  (1904),  p.  33. 

3)  S.  hierüber  Behrens  in  Lafar,  Techn.  Mykol.  III,  p.  28i. 

4)  Wiesner,  Elementarstruktur  und  Wachstum  der  lebenden  Substanz.  Wien 
189-2.     p.  141. 

ö    Die  Flachsfaser  in  mikrosk.  und  chemischer  Beziehung.  Trautenau  1896,  p.  21. 

(!)  Chemical  Gazette,  Dez.   1854. 

1]  Selbst  in  neuesten  Werken  über  die  chemische  Technologie  der  Gespinst- 
fasern ist  man  über  die  Resultate  der  Hodgesschen  Versuche  nicht  hinausgekommen. 
S.  z.  B.  Wit,  0.  N.  und  Lehmann,  L.,  Chemische  Technologie  der  Gespinstfasern 
(1888—1911:.     K.  Stirm,  I.e.  (1913),  p.  73  — 74. 


5^70  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Klopfen,  Brechen,  Schwingen  und  Hecheln  hezeichnet  werden,  die  im 
Kleinbetriebe  mit  ziemlich  primitiven  Vorrichtungen,  in  den  vorgeschrit- 
tenen flachserzeugenden  Ländern  im  großen  Maßstabe  mit  Maschinen 
vorgenommen  werden  (s.  auch  p.  163).  Die  Mechanik  der  hierzu  dien- 
lichen Vorrichtungen  und  die  Wirkungsweise  derselben  gehören  in  das 
Gebiet  der  mechanischen  Technologie,  passen  also  nicht  in  den  Rahmen 
dieses  Buches.  Es  sei  hierüber  nur  Folgendes  kurz  erwähnt.  Das 
Klopfen  des  Flachsstrohs  besteht  in  einer  mechanischen  Bearbeitung  des 
Flachsstrohs  durch  Schlägel,  Keulen  und  Stampfen  und  hat  den  Zweck, 
die  spröden  Teile  (Oberhaut  und  Holzteil  des  Gefäßbündels  nebst  Mark) 
des  Flachsstrohs  zu  lockern  und  die  Ablösung  des  zähen  Bastes  von  den 
Nachbargeweben,  soweit  dies  nicht  schon  durch  die  Röste  geschehen  ist, 
zu  vollenden ;  durch  das  Brechen  werden  die  spröden  Teile  des  Strohs 
vielfach  zerknittert  und  zerbrochen  und  die  holzige  Masse  vom  zähen 
Baste  größtenteils  befreit.  Das  Schwingen  entfernt  etwas  vollständiger 
die  spröden  zerbrochenen  Gewebe  und  beseitigt  auch  die  ganz  kurzen 
Flachsfasern.  Durch  das  Hecheln  endlich  wird  der  rohe  Flachs  gekämmt, 
die  langen  Fasern  werden  parallel  zueinander  gelegt  (Reinflachs),  die 
kurzen  Fasern  ausgeschieden  (Werg,  Hede).  Je  nach  der  Güte  der  Flachs- 
pflanze i),  der  Art  der  Röstmethode  und  den  mehr  oder  minder  zweck- 
mäßigen weiteren  mechanischen  Bearbeitungen  des  Flachsstrohs  erhält 
man  angeblich  8 — 20  Proz.  Reinflachs. 

Beide  Grenzwerte  erscheinen  ungenau.  Nach  Pfuhls  Angaben  be- 
trägt das  Maximum  der  Ausbeute  von  reinem  Flachs  i  5  — i  7  Proz.  (belgische 
und  holländische  Flachse),  das  Minimum  4,6 — 6,1  Proz.  (einzelne  Sorten 
von  schlesischem  und  böhmischem  Flachs^)). 

Die  weiten  Grenzen  der  faktischen  Ausbeute  haben  weniger  in  dem 


i)  Überprüfung  und  Bewertung  des  Flachsstrohs  siehe  Herzog,  A.,  Was  muß 
der  Flachskäuf'er  vom  Flachsstengel  wissen?,  Sorau  1918,  p.  43.  Nach  genanntem 
Forscher  kommen  als  wertbestimmende  Eigenschaften  des  Flachsstrohs  vor  allem  in 
Betracht:  1)  Die  Länge  und  Verästelung  des  Stengels,  2)  die  Stengeldicke  und  deren 
Gleichmäßigkeitsgrad,  3)  der  Bastgehalt,  4)  die  innere  Struktur  der  Bastfasern,  5)  die 
Festigkeit  des  im  Stengelinnern  befindlichen  Bastes,  6)  die  Reinheit  des  Strohes,  7)  die 
äußere  Beschaffenheit  der  Stengel  und  8)  der  Wassergehalt. 

2)  Der  von  Pfuhl  angegebene  Maximalwert  kommt  zweifellos  den  tatsächlichen 
Verhältnissen  näher  als  der  so  häufig  in  der  Literatur  genannte  Maximalwert  (20  Proz.). 
Da  nämlich  die  Holzmenge  des  geriffelten  Flachses  73—80  Proz.,  die  des  Bastes 
20 — 27  Proz.  beträgt;  aus  welchem  letzteren  im  günstigsten  Falle  sich  GO  Proz.  reine 
Fasern  abscheiden  lassen,  so  berechnet  sich  das  Maximum  von  aus  dem  Flachsstroh 
zu  gewinnendem  Reinflachs  mit  ^  6,2  Proz. 

3)  Über  die  sehr  vervollkommneten  Flachsbereitungsanstalten  s.  Langer,  1.  c, 
p.  30  ff.  Die  neuen  Fortschritte  in  betreff  der  Abscheidung  der  Faser  sind  in  den 
beiden  oben  mehrfach  zitierten  Abhandlungen  Pfuhls  zusammengestellt  und  kritisch 
beleuchtet.     S.  auch  Frost  (1909)  1.  c. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


171 


Eigenschaften  der  Flachsfasern.  Die  Länge  der  Flachsfasern 
beträgt  etwa  0,2  — 1,4  Meter.  Je  länger  bei  gleicher  Feinheit  die  Faser 
ist,  als  desto  besser  gilt  sie.  Es  ist  leicht  einzusehen,  daß  nicht  gerade 
die  längsten  Flachse  die  besten  sein  müssen,  da  mit  der  Zunahme  der 
Feinheit,  d.  i.  mit  der  Abnahme  der  Dicke  der  Faser,  auch  begreiflicher- 
weise die  Länge  mehr  oder  minder  abnehmen  muß.  Sehr  feine  Flachs- 
sorten, bei  deren  Rüstung  stets  eine  weitgehende  Zerlegung  der  natür- 
lichen Bastbänder  erfolgte,  sind  niemals  sehr  lang.  Auch  die  Breite 
der  Fasern  ist  eine  höchst  variable.  Sie  hängt  von  der  größeren  und 
geringeren  Vollständigkeit  der  Zerlegung  des  Bastes  in  kleinere  Bastbündel 
durch  das  Röstverfahren  ab.  Selbst  die  Fasern  der  besten,  feinsten 
belgischen  Flachse  bestehen  noch  aus  ganzen  Gruppen  von  Bastzellen  i) 
und  nur  selten  begegnet  man  darunter  gänzlich  isolierten  Bastzellen. 
Die  Breite  der  gehechelten  Flachsfasern  variiert  nach  meinen  Beobach- 
tungen meist  zwischen   45 — 620  /(. 

Ich  lasse  hier  einige  meiner  Beobachtungen  über  die  Länge  und 
Breite  der  Fasern  von  gebrochenen  und  gehechelten,  nach  verschiedenen 
Methoden  erhaltenen  Flachssorten  folgen. 


Flachssorte 


Mittlere  Länge  d. 
Faser  d.  gebroche- 
nen Flachses 


Mittlere  Länge  d.     Mittlere  Breite 
Faser  d.  Rein-  d.  Faser  des 

flachses  Reinflachses 


-1.  Ägyptischer  Flachs 

2.  Westfälischer  Flachs.  Wasser- 
röste; auf  Kaselowskyscher 
Maschine  verarbeitet 

3.  Belgischer  Flachs.  Wasser- 
röste; auf  Felhoenscher  Ma- 
schine verarbeitet 

4.  Belgischer  Flachs.  Kaltwasser- 
röste  im  Flusse  Lys,  auf  ge- 
wöhnlicher belgischer  Schwing- 
maschine verarbeitet 

5.  Belgischer  Flachs.  Nach  Lefe- 
bures  Methode  gewonnen 

6.  Belgischer  Flachs.  Wasserröste 
auf  Colyers  Maschine  gebrochen 

7.  Ostflandrischer  blaugerösteter 
Wasserliachs 

8.  Preußisch-schlesischer  Flachs. 
Tauröste.  Auf  Warnecks  Ma- 
schine verarbeitet 


4,32  m 


0,8S 


0,79 


0,96  m 


J5  II 


114 


,75    » 

0,37    » 

105 

- 

0,45    . 

108 

,68    » 

0,34   » 

90 

,58    » 

0,41    » 

202 

1)  Durch  die  Bleiche  erfolgt  gewöhnlich  erst  ein  Zerfall  der  Faserbündel  in  die 
Einzelfasern.  Siehe  H.  Schneider,  Über  die  technologischen  Veränderungen  der 
Leinengarne  durch  den  Bleichprozeß.     Diss.  1908. 


172 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Herzog  1)  erhielt  als  mittlere  Länge  von  Flachssorten  verschiedener 
Provenienz  (Belgien,  Holland,  Rußland,  Böhmen,  Mähren,  Galizien,  Tirol) 
den  Wert  0,867  m.  Der  längste  von  Herzog  untersuchte  Flachs  (Tirol, 
Handschwingerei)  maß  1,25,  der  kürzeste  (Galizien,  Kopfflachse,  auf 
Handbrechen  erhalten)  0,65  m. 

Festigkeit  der  Flachsfaser.  Über  Reißlänge  und  Bruchmodul 
der  Flachsfaser  s.  oben  p.  22.  Eingehende  Studien  über  Festigkeit  und 
Reißlänge  des  Flachses  hat  in  jüngster  Zeit  Herzog  angestellt.  Seinem 
freundlichen  Entgegenkommen  danke  ich  die  folgenden  Tabellen  über 
die  Festigkeitsverhältnisse  der  Flachsstengel,  der  Rohfaser  und  der  hier- 
aus berechneten  Festigkeit  der  einzelnen  Bastzellen 2).  Diesen  beiden 
Tabellen  ist  auch  der  Einlluß  der  Stengelhöhe  (nämlich  der  in  ver- 
schiedenen Höhen  des  Stengels  über  den  Keimblättern  liegenden  »Stengel- 
zonen«) und  Stengel  dicke  auf  die  Festigkeitsverhältnisse  des  Flachses 
zu  entnehmen.      Die   zweite  Tabelle  enthält  auch  Zahlen  über  das  Ver- 


I.  Allgemeine  Festigkeitsverhältnisse  des  Flachsstengels 
und  seiner  Bastfasern. 


Stengelzone 
über  d.  Keim- 

Stengelfestigkeit 

Ungleich- 

Reißlänge 

in  km 

Festigkeit 
einer  Bast- 

blättern in  cm 

1 

in  kg 

mäßigkeit  in 
Proz. 

des  Stengels 

der  Faser 

zelle  in  g 

0—10        ! 

9,32 

1 

23,8 

9,8          1 

55,4 

26,0 

10  —  ^20 

15,97 

6,0 

19,6 

76,8 

i0,5 

20  —  30 

15,62 

9,5 

22,2 

81,0 

18,0 

80—4  0 

13,74 

10,8 

22,0 

79,6 

14,9 

40—50 

13,16 

12,7 

24,4 

89,8 

14,2 

50 — 60 

9,69 

25,4 

20,1            1 

84,1 

13,6 

60—70 

4,6 

34,8 

13,9           j 

73,2 

13,6 

Einspannlänge  5  cm. 

In  der  Keimblattachse  und  "Wurzel  konnten  die  Festigkeitsverhältnisse  nicht 
einwandfrei  ermittelt  werden;  praktisch  ist  dies  jedoch  belanglos,  da  die  genannten 
Teile  infolge  ihrer  Sprüdigkeit  für  die  Flachsbereitung  ohnehin  nicht  in  Frage  komriien. 


1)  Herzog,  Diö  Flachsfaser  usw.     Trautenau,  1896,  p.  11. 

2)  Diese  beiden  Tabellen,  die  zu  Lebzeiten  Hofrat  v.  Wiesners  noch  nicht 
veröffentlicht  waren,  sind  neben  vielen  anderen  wertvollen  Zusammenstellungen  in 
A.Herzogs  Werke  >Was  muß  der  Flachskäufer  vom  Flachsstengel  wissen?«  (Sorau 
1918)  enthalten. 


Siebzehnter  AbachniU.     F  asern. 


173 


II.  Einfluß  der  Stenseldicke  auf  die  Festigkeit  des  Flachses. 


Stengeldicke  1) 
in  mm 

Gesamtbast 
in  Proz. 

Stengelfestigkeit 
in  kg 

Reißlänge 
des  Strohes 

in  km 

der  Faser 

0,90—1,-10 
1,11  —  1,50 
1,51-1,80 
1,81-2,20 

31,5 

28,5 
26,7 
25,4 

7,64 
11,76 
13,94 
17,55 

28,3 

22,2           ; 
20,8             : 
16,1              1 

89,8 

77,8 
77,9 
6.i,4 

Einspannlänge  5  cm. 

Vorstehende    Angaben    beziehen    sich    auf   gutes   schlesisches    Fiachsstroh    der 
Ernte  1912. 


Die  Farbe  der  besten  Flaehssorten  ist  eine  lichtblonde.  Nach 
Lefebures  Methode  erhaltener  Flachs  ist  ganz  lichtblond,  beinahe  weiß. 
Die  durch  Tauröste  gewonnenen  Sorten  sind  grau  2].  Unvollständig  ge- 
röstete Sorten  zeigen  eine  etwas  grünliche  Färbung,  indem  das  in  den 
Geweben  enthaltene  Chlorophyll  nicht  völlig  zerstört  wurde.  Eigentümlich 
ist  die  Farbe  des  unter  Mitwirkung  von  Schlamm  durch  Kaltwasserröste 
in  Belgien  erhaltenen  Flachses,  welcher  stahlgrau  gefärbt  ist.  Am 
dunkelsten  sind  die  durch  Schwarzröste  erzielten  Sorten.  Die  Farbe 
des  ägyptischen  Flachses  ist  graugelb  mit  einem  Stich  ins  Rötliche.  — 
Die  blonde  oder  weißliche  Farbe  ist  den  Bastzellen  des  Flachses  eigen- 
tümlich. Stark  gelb  gefärbte  rohe  Flachse  enthalten  noch  viel  von  den 
dem  Baste  außen  anhaftenden  Parenchymzellen.  Untersucht  man  die 
grauen,  durch  Tauröste  erhaltenen  Flachssorten  mikroskopisch,  so  findet 
man,  daß  die  Bastzellen  glasartig  durchsichtig  und  farblos  sind,  daß 
hingegen  die  anhängenden  Nachbargewebe,  vorwiegend  Parenchym,  aber 
auch  kleine  Oberhautreste,  stark  mit  Pilzsporen  durchsetzt,  von  meist 
dunkel  olivenbraun  gefärbten  Pilzmycelien  durchzogen  sind.  Diese  Pilz- 
vegetationen entstanden  bei  der  Röste,  und  es  unterliegt  wohl  kaum 
einem  Zweifel,  daß  sie  den  Prozeß  der  Isolierung  des  Bastes  sehr  be- 
förderten, indem  die  von  ihnen  durchsetzten  Gewebe  stark  demoliert 
wurden.  Ich  darf  nicht  unerwähnt  lassen,  daß  ich  in  einigen  wenigen 
Bastzellen  eines  solchen  grauen  Flachses  auch  eingedrungene  Pilzmycelien 


1)  Bezogen  auf  die  Zone  20 — 30  cm. 

2)  Über  die  Ursachen  der  natürlichen  Färbung  der  pflanzlichen  und  tierischen 
Faserstoffe  siehe  auch  A.  Herzogs  vorläufige  Mitteilung  in  den  »Mitteilungen  der 
Forschungsstelle  Sorau  des  Verb,  deutscher  Leinen-Industrieller«,  Nr.  1,  1919,  p.  2, 
wo  genannter  Forscher  die  Färbung  des  wassergerösteten  Flachses  auf  Oxydations- 
wirkungen durch  Fermente  und  die  des  taugerösteten  Flachses  auf  gefärbte,  den 
Fasern  aufgelagerte  Fremdstoffe  zurückführt. 


174  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

gesehen  habe.  Es  ist  immerhin  möglich,  daß  bei  Tauruste  ein  Teil  der 
Bastzellen  durch  Pilze  zerstört  wird.  Auch  möchte  ich  noch  betonen, 
daß  durch  Tau-  und  Wasserröste  erhaltene  Flachse  außer  den  genannten 
Pilzsporen  und  Pilzmycelien  noch  andere  Fermentorganismen,  insbe- 
sondere Bakterien,  hefenartige  Zellen  usw.  führen,  welche  beim  Rösten 
beteiligt  waren  und  nicht  immer   vollständig  bei  den  üblichen  Verfahren 


Glanz.  Die  besten,  sowohl  grauen  als  blonden  Flachse  sind  stark 
seidenglänzend.  Besonders  sind  die  italienischen  Flachssorten  durch 
hohen  Glanz  ausgezeichnet.  Starker  Glanz  wird  als  ein  Zeichen  der 
Güte  angesehen  und  mit  Recht,  denn  alle  jene  Flachssorten,  die  von 
den  anhaftenden  Geweben  befreit  sind  und  aus  möglichst  gut  isolierten 
Baslzellen  bestehen,  deren  Wände  außen  stets  glatt  sind,  zeigen  einen 
lebhaften  Glanz.  Alle  mattglänzenden  oder  gar  glanzlosen  Sorten  (z.  B.  der 
ägyptische)  enthalten  doch  noch  Reste  von  parenchymatischen  Nachbar- 
geweben, auch  sind  ihre  Bastzellen  nur  stellenweise  außen  von  glatten 
Flächen  begrenzt;  sehr  häufig  sind  sie  außen  mit  einer  feinkörnigen 
Masse  oder  mit  streifenförmig  gestalteten  Resten  der  Mittellamelle 
bedeckt. 

Lufttrocken  enthält  der  Flachs  5, 70 — 7,22Proz.  Wasser;  in  mit  Wasser- 
dampf gesättigtem  Räume  steigt  der  Wassergehalt  bis  auf  13,9 — 23,36  Proz. 
Käuflicher  Flachs  wird  in  Rußland  und  anderen  Ländern  durch  »Netzen« 
mit  Wasser  versetzt,  um  das  Gewicht  zu  vermehren  i).  Bei  der  Wert- 
ermittelung des  Flachses  muß  selbstverständlich  auf  den  Wassergehalt 
Rücksicht  genommen  werden. 

Die  Wichtigkeit  dieses  Gegenstandes  (Konditionierung  des  Flachses) 
erkennend,  hat  Prof.  Herzog  in  Sorau  durch  achtzehn  Jahre  sehr  ein- 
gehende diesbezügliche  Untersuchungen  angestellt,  welche  sich  auf  die 
Flachsstengel,  auf  gerösteten  und  ungeröstelen  Rohflachs,  endlich  auf 
ausgehechelten  Flachs  im  gerösteten  und  ungerösteten  Zustand  beziehen. 
Herr  Prof.  Herzog  hat  mir  die  Resultate  seiner  langjährigen  1840 
Konditionierungen  umfassenden  Studien  übersendet  und  mir  die  Erlaubnis 
erteilt,  dieselben  in  den  »Rohstoffen«  zu  verwerten 2). 

In  der  folgenden  kleinen  Tabelle  stelle  ich  in  aller  Kürze  jene  auf 
den  Wassergehalt  des  Flachses  bezugnehmenden  Daten  zusammen,  welche 
mir  am  wichtigsten  scheinen. 


1)  Schindler,  1.  c,  p.  48  und  44. 

2)  Diese  Tabelle  ist  z.T.  in  Herzog,  Was  muß  der  Flachskäufer  usw.  (Sorau, 
1918),  z.  T.  in  »Der  Wassergehalt  der  ausgearbeiteten  Flachslaser«  (Mittl.  Forschungs- 
stelle, Sorau,  1919)  enthalten,  welch  letztere  Abhandlung  mit  sehr  lehrreichen  und 
übersichtlichen  Schaubildern  ausgestattet  ist. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  175 


Wassergelialt  in 

Proz. 

I.  Flachspflanzeni).                               M 

inimum 

Maximum 

Mittel 

Grünrei  1 

66,3 

79,8 

72,0 

Gelbreif 

58,7 

64,9 

62,0 

Vollreif 

45,4 

53,7 

50,0 

Nach  dem  Trocknen  der  Gelbreifen 

11,2 

19,4 

13,0 

II.  Flachsstroh2). 

Nach  dem  Riffeln 

7,3 

18,3 

Rasenröste 

9,0 

17,7 

"Wasserröste 

8,2 

15,4 

III.  Ausgearbeiteter  Flachs  (Schwingllachs). 

a]  Rasenröste. 

Provenienz:                                           Minimum 

Maximum 

Häufigste  Werte 

Deutsches  Reich  u.  ehem.  Österreich 

5,4 

13,7 

9,9—11,1 

Rußland 

7,3 

15,9 

11,1—12,4 

Belgien,  Holland  und  Frankreich 

5,1 

11,9 

8  —  9 

b)  Wasserröste. 

Provenienz: 

Deutsches  Reich  u.  ehem.  Österreicli 

0,4  , 

11,8 

8—9 

Rußland 

(),6 

14,6 

9  —  10 

Belgien,  Holland  und  Frankreich 

5,0 

11,2 

7-8 

F.  Ilünig^)  ist  bei  seinen  Untersuchungen  über  den  Feuchtigkeits- 
gehalt von  Textilfasern  bezügUch  des  Flachses  bei  einem  mittleren 
relativen  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  von  43,8  Proz.,  bei  einer  mittleren 
Temperatur  von  20,25°  G  zu  folgenden  Mittelwerten  gekommen,  und  zwar 
für  gehecheltes  Material  bei  vorangegangener  Wasserröste  zu  8,52  Proz., 
bei  vorangegangener  Taurüste  zu  8,72  Proz.  und  bei  vorangegangener 
Überrüste  zu  9,57  Proz.  Wassergehalt,  bezogen  auf  Trockensubstanz. 

Bei  Berücksichtigung  der  Mittelwerte  des  relativen  Feuchtigkeits- 
gehaltes der  Luft  für  die  europäischen  Hauptproduktionsgebiete  des 
Flachses  hat  sich  für  diesen  Faserstoff  ein  Wassergehalt  von  ziemlich 
genau  1 2  Proz.  ergeben,  welcher  Gehalt  auch  dem  im  Handel  üblichen 
Zuschlag  entspricht. 

Die  völlig  getrocknete  Faser  gibt  1,18 — 5,93  Proz.  kristalli'reie  Asche. 
Die  höchsten  Werte  für  Wasser-  und  Aschenmenge  wurden  beim  ägyp- 
tischen Flachs  konstatiert. 

Die  Trockensubstanz  des  Flachses  enthält  Zellulose  (über  den  Zellu- 
losegehalt der  Bastzellen  des  Flachses  s.  oben  p.  1 69),  ein  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  festes  Fett  (Flachswachs),  dessen  Menge  1,6 — 2,1  Proz. 

1)  Unmittelbar  nach  dem  Raufen  konditioniert. 

2)  Nach  längerer  Lagerung. 

3)  F.  Honig,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  hygroskopischen  Eigenschaften  der 
Textilfasern  unter  Berücksichtigung  der  Entwicklung  der  Trocknungsapparate,  -ver- 
fahren und  -anstalten.  (Forschungsarbeiten  v.  deutsch.  Forschungsinstitut  für  Textil- 
industrie in  Dresden,  Heft  3,  4,  5.     Dresden  1918,  190  S.) 


176  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

beträgt,  Eiweißkörper  (ca.  4  Proz.),  Zucker  und  zahlreiche  stickstofffreie 
Extraktivstoffe  (Pektinkürper,  Gerbstoffe,  Farbstoffe  usw.i)). 

Handelssorten  des  Flachses.  Die  Zahl  derselben  ist  eine  große. 
Es  können  hier  nur  die  wichtigeren  Sorten  genannt  werden.  Auf  eine 
genaue  Charakteristik  muß  wohl  verzichtet  werden,  da  nur  sehr  wenige 
Sorten  durch  unverrückbare  Eigentümlichkeiten  ausgezeichnet  sind. 

Zu  den  besten  Flachssorten  gehören  die  belgischen  Produkte. 
Die  besten  belgischen  Sorten  sind  blond,  fein,  langfaserig.  Andere  sind 
stahlgrau,  und  gerade  diese  lassen  sich  leicht  vollkommen  bleichen. 
Hierher  gehören  auch  die  dunklen  durch  Schwarzröste  (s.  oben  p.  166) 
erhaltenen  Flachse.  Früher  hat  man  allen  anderen  die  irischen  Sorten 
vorangestellt.  Bei  schöner  Farbe  (lichtblond),  Feinheit  und  Weiche  im 
Anfühlen,  wird  ihnen  auch  hohe  Festigkeit  nachgerühmt.  Später 
rügte  man  die  schlechte  Zubereitung  der  irischen  Flachse  und  sprach 
viel  vom  Niedergang  des  Flachsbaues  in  Irland 2).  Die  in  neuerer  Zeit 
von  Italien  in  den  Handel  gesetzten  Flachse  zeichnen  sich  vor  allen 
anderen  durch  schönen  und  stark  seidigen  Glanz,  ferner  durch  sorgfältige 
Zubereitung  des  Reinflachses  aus.  Auch  die  besten  französischen  und 
holländischen  Flachse  werden  in  der  Reihe  der  feinsten  genannt.  — 
Die  längste  aller  im  Handel  erscheinenden  Flachssorten  ist  die  ägyp- 
tische (Ben  Said,  alexandrinische).  Ihre  Länge  beträgt  1,0 — 1,3  m, 
nach  einigen  Angaben  auch  noch  darüber.  Diese  Sorte  ist  an  den 
langen,  matten,  graugelblichen,  ins  Rötliche  fallenden  Fasern  zu  erkennen. 
Die  Faser  ist  grob,  schwierig  rein  zu  bleichen,  aber  fest  und  wird 
deshalb  nur  zu  grober,  ungebleicht  bleibender  Leinwand  verarbeitet. 
Die  ägyptischen  Flachse  sind  sehr  hygroskopisch  und  reich  an  Mineral- 
bestandteilen. Zu  den  langen,  aber  nicht  zu  den  feinen  Sorten  zählen 
der  Petersburger,  Rigaer,  Königsberger,  böhmische  und  schlesische. 
Libauer,  österreichischer,  Kärntner  und  Tiroler  Flachs  sind  stark,  aber 
häufig  nur  von  mittlerer  oder  geringer  Qualität.  Die  amerikanischen 
Sorten  (Minnesota-,  Dakotaflachs)  können  selbst  mit  den  mittleren 
europäischen  Sorten  nicht  konkurrieren.  Der  Flachsimport  nach  Amerika 
ist  gering,  da  die  Baumwolle  den  Flachs  dort  nicht  aufkommen 
läßt  3). 


1)  Über  die  chemische  Beschaffenheit  des  Flachses  s.  Näheres  bei  Herzog, 
Die  Flachsfaser  usw.  (1896),  p.  IGff. 

2)  »Flachs  und  Leinen«,  III,  p.  349,  417. 

3)  Ebenda,  IV,  p.  41.  Über  Flachskultur  in  Nordamerika  und  über  amerika- 
nische Flachsarten.  Dodge,  The  present  state  of  flax  culture  in  the  Unit.  St.  Dept. 
ofAgric.  1894,  p.  174ff.,  und  Dodge,  A  Report  on  Flax  culture  for  Seeds  and  fihre 
in  Europe  and  America.     U.  S.  Dep.  of  Agric.  1898. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  177 

Die  Haupthandelsplätze  für  Flachs  (und  Hanf)  sind  nach  Glafeyi) 
für  Rußland:  Riga,  Dünaburg  (üwinsk),  St.  Petersburg,  Moskau, 
Archangel,  Pskow;  für  Irland:  Belfast;  für  Belgien:  Gent;  für  Frankreich: 
Lille;  für  Österreich:  Trautenau;  für  Deutschland:  Landshut  (Liegnitz). 
Über  Einfuhr  und  Ausfuhr  des  Flachses  (und  Hanfes)  insbesondere  in 
bezug  auf  Deutschland  s.  Leipziger  Monatsschrift  für  Textilindustrie  und 
die  verschiedenen  Jahrgänge  von   »Der  deutsche  Leinen-Industrielle. 

Mikroskopische  Kennzeichen  der  Flachsfaser^).  Um  eine 
genaue  Kenntnis  der  morphologischen  Eigenschaften  der  Leinenfaser  zu 
gewinnen,  ist  zunächst  erforderlich,  die  unveränderte  Bastzelle  des 
Flachses  mit  der  im  gehechelten,  versponnenen  und  verwebten  Flachse 
auftretenden  zu  vergleichen. 

Die  unveränderte  Leinbastzelle  kann  man  leicht  zur  Anschau- 
ung bringen,  wenn  man  Abschnitte  des  Flachsstrohs  im  Wasser  durch 
einige  Minuten  kocht.  Zieht  man  dann  die  Rinde  vom  Stengel  ab,  so 
haften  teils  an  dieser,  teils  am  Holzkörper  die  völlig  isolierten  Bastfasern; 
man  findet  viele  freie  Enden  der  Fasern  und  kann  die  einzelnen  Zellen 
mit  der  Pinzette  leicht  fassen  und  unter  das  Mikroskop  bringen.  Diese 
Bastzellen  sind  mehrere  Zentimeter  lang  und  erscheinen  unter  dem 
Mikroskop,  abgesehen  von  einer  Andeutung  von  Schichtung,  strukturlos 
(Fig.  34  J.).  Hin  und  wieder  sieht  man  quere  oder  schiefe  Linien 
(Fig.  3iB,  C,  ss),  welche  man  früher  als  Porenkanäle  gedeutet  hat. 
Porenkanäle  kommen  aber  in  der  Wand  der  Flachsbastzellen  nicht  vor. 
Die  genannten  Linien  sind  zarte  die  Zellhaut  durchziehende  Bruchlinien  und 
haben  mit  dem  Strukturverhältnis  der  Bastzelle  nichts  zu  tun.  Querwände 
anhaftender  Parenchymzellreste  geben  auch  Veranlassung  zum  Auftreten 
von  queren  oder  etwas  schrägen  Linien  an  der  Leinenbastzelle. 

Ein   anderes  Bild  bekommt   man,   wenn   man    die  Bastzellen    des 


1)  Glafey,  Die  Rohstoffe  der  Textilindustrie,     Leipzig  IQIO. 

2)  Wiesner,  Technische  Mikroskopie,  1867,  p.  lOOff.  Rohstoffe,  I.Aufl., 
p.  369 — 372.  Wiesner,  Die  mikr.  Unters,  des  Papiers  mit  besonderer  Berücksich- 
tigung der  ältesten  orientalischen  und  europäischen  Papiere.  (Aus  Papyrus  Erzherzog 
Rainer.)  Wien  -1887.  Daselbst  auch  die  ältere  Literatur.  Vetillard,  Etudes  sur 
les  fibres  textiles.  Paris  1876.  A.  Herzog,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Flachsfaser. 
Österr.  Chemikerzeitung,  1898,  Nr.  1 0  und  11.  T.  F.  Hanausek,  Lehrbuch  der 
technischen  Mikroskopie.  Stuttgart  1900.  v.  Höhnel,  Die  Mikroskopie  der  techn. 
verwendeten  Faserstoffe.  Wien  und  Leipzig  1887.  2.  Aufl.  1903.  A.Herzog, 
Mikrophotographischer  Atlas  der  technisch  wichtigen  Faserstoffe,  München,  Ober- 
netter 1908.  Korn,  Untersuchungen  über  die  technisch-mikroskopische  Unterschei- 
dung einiger  Fasern,  insbesondere  der  Leinen-  und  Hanffaser.  Dissertation,  Techn. 
Hochschule,  Dresden  1909.  P.  Sonntag,  Torsionserscheinungen  der  Pffanzenfasem 
beim  Anfeuchten  und  die  mikroskopische  Unterscheidung  von  Hanf  und  Flachs.  (Jahres- 
ber.  f.  ang.  Botanik,  Berlin  1911,  IX,  p.  140—163.) 

Wie sner,  Rohstoffe.     III.  Baud.     3.  Aufl.  jo 


178 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


gehechelten,  versponnenen  oder  des  im  Gewebe  bereits  ausgenützten 
FJachses  betrachtet.  Die  Bruchlinien  sind  schärfer,  reichlicher,  und  stellen- 
weise sieht  man  die  Zelle  knotenförmig  aufgetrieben  (Fig.  34  5,  C,  SS). 
In  den  Knoten  erscheinen  die  Verdickungsschichten  der  Zellen  auseinander- 
gebrochen, voneinander  getrennt.  Nunmehr  wird  man  leicht  erkennen, 
daß  die  in  den  Knoten  getrennt  erscheinenden  Verdickungsschichten  der 
Zellhaut  über  und  unter  den  Knoten  sich  häufig  fortsetzen  und  als 
mehr  oder  minder  reicblich  auftretende  Längsstreifung  der  Faser  sich 
zu  erkennen  geben.     Eine  Andeutung  dieser  Längsstreifung  ist  hin  und 

wieder  auch  an  den  unveränderten 
Baslzellen  zu  finden.  Die  Knoten 
entstehen  durch  die  mechanischen 
Angriffe  bei  der  Gewinnung  und 
Verarbeitung  der  Flachsfaser  und 
sind  in  verschiedenem  Grade  aus- 
gebildet. Eine  Vorstufe  der  Knoten- 
bildungen sind  die  von  v.  Höhnel 
aufgefundenen  »Verschiebungen«  der 
Zellwandschichten  (Fig.  35,  l).  Je 
stärker  die  Bastzelle  des  Leins 
mechanisch  angegriffen  wurde,  desto 
stärker  treten  die  Zerklüftungen  in 
Form  von  »Verschiebungen  «,  Knoten 
und  Zerreißungserscheinungen  her- 
vor. In  den  besten  belgiscben  und 
auch  sonst  in  guten  Flachssorten 
finden  sich  viele  fast  noch  gar  nicht 
angegriffene  Bastzellen  vor,  die  sich 
also  der  natürlichen  unverletzten 
Faser  nähern. 

Für   die   genaue  Kenntnis  der 

morphologischen  Eigenschaften   der 

erforderlich,    die  Ausbildung   derselben   in 

Flachsstrohs  zu  verfolgen.    Es  ist  hier 

der  Flachs   stets  gerauft   wird,    also   der 

Die 


Fig.  34.  A,  Vergr.  200,  £,  C,  400.  Bruchstücke 
von  Leinenfasern.  A  in  völlig  unverändertem, 
i),  ein  mechanisch  bereits  angegriffenem  Zustande, 
s  streifen  (zumeist  Brnchlinien,  doch  auchmanch- 
raal  auf  anhaftende  Querwände  von  Parenchym- 
zellen  zurückzuführen),  ^' 6' stärker  hervortretende 
Bruclistellen  der  Faser  (»Knoten«).  Wiesuer, 
Papyrus  Erzh.  Rainer. 


Leinenfaser  ist  es  besonders 
verschiedenen  Höhen  des 
vor  allem   zu   beachten,    daß 

geriffelte  Flachs  aus  einem  Wurzel-  und  einem  Stengelteil  besteht 
Bastzelle  ist  nun  ein  mechanisches  Element,  welches  in  erster  Linie  der 
Biegungsfestigkeit  des  Stengels  dient  und  in  der  druckfest  konstruierten 
Boden  Wurzel  entweder  fehlt  oder  nur  in  geringer  Menge  vorkommt. 
Die  Wurzel  der  Leinpflanze  ist  arm  an  Bastzellen  i).     Diese  Wurzelbast- 

l)  Nach  Herzog  (h  c.  p.  lO,  österr.  Chemikerzeitg.  1898)  fallen  auf  den  Wurzel, 
querschnitt  35,   auf  den  Stengelquerschnitt  (abgesehen  von  dem   oberen  Ende)  530 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


179 


Zellen  haben  allerdings  normale  Länge,  sind  aber  sehr  weitlumig,  ver- 
hältnismäßig dünnwandig  und  besitzen  im  Vergleiche  zu  den  Bastzellen 
des  Stengels  einen  bis  doppelt  so  großen  Durchmesser. 

Im  Stengel  des  Flachsstrohs  stimmen  die  Bastfasern  im  großen 
und  ganzen  überein,  nur  im  untersten  Stengelteile  nähern  sich  die 
Bastzellen  in  Form  und  Größe  den  Wurzelbastzellen,  und  im  obersten 
sind  sie  unreif,  nämlich  verhältnismäßig  dünnwandig,  mit  noch  proto- 
plasmareichem Inhalte. 

Die  Fasern  des   obersten    und    untersten  Stengelteils    und 
der  Wurzel  gelangen   bei    der  Flachsbereitung   gewöhnlich  in 
dasWerg,  undnur  in  den  ge- 
ringsten   Flachssorten    sind 
sie  zu  finden. 

Im  Reinflachs  und  in  den 
daraus  erzeugten  Gespinsten  und 
Geweben  erscheint  nur  die  dick- 
wandige, also  die  spezifische 
Bastzelle  des  Flachsstengels;  die 
Bastzelle  der  Wurzel,  des  unter- 
sten und  obersten  Stengelteiis 
fehlt.  Es  ist  also  bei  der  Unter- 
suchung des  Flachses  und  der 
Leinenprodukte  in  erster  Linie 
auf  die  spezifische  Bastzelle,  des 
Flachses  zu  achten.  Wir  wollen 
diese  Bastzellen  als  »Rein- 
flachsfaser« bezeichnen. 

Die  Reinflachsfaser  hat 
im  unveränderten  Zustande 
eine  sehr   regelmäßige  Gestalt  i). 

Ihre  Grenzfläche  ist  abgerundet  prismatisch  bis  fast  zylindrisch, 
nach  den  Enden  zu  kegelförmig;  die  Enden  sind  in  der  Regel  lang  zuge- 
spitzt, seltener  anders  gestaltet,  nämlich  entweder  etwas  abgeflacht  oder 
kurz  vor  einem  scharf  zugespitzten  Ende  etwas  aufgetrieben.     Der  Quer- 


13m 


i 


Fig.  35.    Vergr.  200  tzw.  400.     Leinenfaser,      l  Längs- 

ansicM  mit  Verschiebungen  v ;  q  Quei  schnitte,   e  spitzes 

Ende  der  Faser.    (Nach  v.  Höhnel.) 


bis  550  Bastzellen.  In  dem  von  Herzog  herausgegebenen  Werke  »Mikrophotogra- 
phischer  Atlas  der  technisch  wichtigen  FaserstofTe«,  München  1908,  sind  neben  den 
normalen  Flachsbastzellen  die  abweichend  gebauten  ßastzellen  der  Wurzel,  der 
oberen  und  unteren  Stengelenden  und  der  hypokotylen  Stengelglieder  abgebildet, 
Bastzellformen,  welche  im  Reinflachs  nicht  oder  nur  ausnahmsweise  erscheinen. 

■1)  Über    den  Verlauf  der  Dickenzunahme    der    Flachsbastzelle    vgl.    oben    bei 
Baumwolle  p.  122. 

12* 


180 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


schnitt  weicht  oft  mehr  oder  weniger  von  der  Kreisgestalt  ab.  Der  Innenraum 
der  Zelle  ist  fast  immer  nur  sehr  klein  und  erscheint  fast  stets  nur  auf 
eine  dunkle  Linie  reduziert.  Durch  Anwendung  von  Isolierungsmitteln 
(Kalilauge  oder  Chromsäure;  auch  durch  Kochen  in  Wasser)  kann  man 
sich  überzeugen,  daß  diese  Baslzellen  stets  eine  bedeutende  Länge 
haben,  welche  fast  immer  2 — 4  cm  beträgt,  aber  auch  darüber  hinaus 

steigt  1).      Über    die    Dimensionen    des 
I  ^  "Ml  \  "l  Querschnittes    der    Flachsbastzellen    ist 

viel  geschrieben  worden.  Häufig  fin- 
det man  noch  Schachts  Angabe^) 
aufgeführt,    daß    ihr   Querdurchmesser 

4 — 6 

-^^  mm  (=10— 15,«)  beträgt.     Nach 

meinen  Untersuchungen  beträgt  die 
maximale  Breite  der  Reinflachsfaser 
12 — 26,  zumeist  15 — 17/<3). 

Strukturverhältnisse  sind,  wie  schon 
erwähnt,  an  der  unveränderten  Flachs- 
bastzelle fast  gar  nicht  zu  beobachten. 
Am  Querschnitt  tritt  zarte  Schichtung 
der  Zellhaut  auf,  welche  auch  in  der 
Längsansicht  der  unveränderten  Flachs- 
faser angedeutet  ist.  Die  auf  dem  Quer- 
schnitt der  Flachszelle  erscheinenden 
gemeinsamen  Außenhäute  (Mittellamel- 
len) sind  zart  und  färben  sich  nach 
V.  Höhnel  mit  Chlorzinkjod  blau.  (Vgl. 
bei  Hanf  und  Jute.)  — 


;•/!?     I 


Fig.  36.  Vergr.  550.  A  Fragment  einer 
Flachsbastzelle  nach  kurzer  Behandlung  mit 
1,4  proz.  Schwefelsäure  gekocht,  wobei  eine 
steile,  schiefe  Streifung  zu  erkennen  ist. 
B  F'ragment  einer  Flachshastzelle  nach  Be- 
handlung mit  50proz.  Kalilauge.  Stellen- 
weise Erweiterung  des  Lumens  mit  Proto- 
plasma erfüllt,  »Protoplasmaknötchen«. 
(Nach  F.  Keinitzer.) 


-1)  Sehr  zahlreiche  Messungen  über  die  Länge   der   Flachsbastzellen    sind  von 
Herzog  (1.  c.)  angestellt  worden.     Diese  Längen  betrugen 

in  der  Ilauplwurzel  der  Leinpflanze  im  Mittel  r),3  cm 

im  unteren  Teile  des  Flachsstrohs       »         »  5,3     » 

im  mittleren  Teile  des   Flachsstrohs  im  Mittel 
im  oberen  >^        »  »  »         » 


4,6 
4,3 

2)  Die  Prüfung  der  im  Handel  vorkommenden  Gewebe  p.  22. 

3)  4.  Aufl.  p.  369.     Diese  Werte  stimmen  genau  mit  den  später 


von  V.  Höhnel 
meist   25 — 30  fj) 


(1.  c,  p.  34)  angegebenen  überein.  Vetillards  Angaben  (15 — 37 
beziehen  sich  wohl  auf  alle  Bastzellcn  des  Flachsstrohs,  gewiß  auch  auf  verletzte, 
auseinandergebrochene,  welche  stets  breiter  als  die  unverletzten  erscheinen.  Nach 
Herzog  (1.  c.)  beträgt  die  mittlere  Breite  der  Bastzellen  des  mittleren  Stengelteiles 
"i1,1  fi;  in  der  Wurzel  ist  die  mittlere  Breite  52,5,  im  unteren  Stengelteile  30,9,  im 
oberen  Stengelteile  19,3  ,m. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


181 


;i. 


V 


F.  Reinitzeri)  hat  \9\]  mitgeteilt,  daß  die  Flachsbastzelle  auch 
durch  eine  feine  Längsstreifung  charakterisiert  sei,  welche,  im  Mikro- 
skop gesehen,  sehr  steil  in  der  Richtung  von  rechts  unten  nach  links 
oben  verläuft  und  bei  Anwendung  von  Quellungsmitteln  deutlicher  wird 
(Fig.  36^).  Auch  zeigt  nach  Reinitzer  der  Innenraum  der  Flachsbast- 
zelle hin  und  wieder  stellenweise  Erweiterungen,  welche  mit  Protoplasma 
erfüllt  sind  (»Protoplasmaknütchen«)  (Fig.  36  B^  a.).  Diese  erweiterten 
Hohlräume,  bzw.  die  »Protoplasmaknötchen«  sollen  für  die  Leinenfaser 
charakteristisch  sein,  der  Hanffaser  hingegen  fehlen,  so  daß  nach 
der  Ansicht  Reinitzers  hierin  ein 
neues  Kennzeichen  gegeben  ist,  welches 
die  Leinenfaser  von  der  Hanffaser  unter- 
scheidet. 

Durch  Kupferoxydammoniak  wird 
die  Zellwand  der  Flachsbastzelle  zuerst 
stark  aufgetrieben,  so  daß  der  Durch- 
messer der  Zelle  oft  eine  Grüße  von 
55  1.1  annimmt.  Die  Membran  erscheint 
dabei  gerade  oder  schief  parallelstreifig 
und  manchmal,  wegen  der  größeren 
Resistenz  der  äußeren  Zellwandpartien 
gegenüber  den  inneren,  sogar  blasen- 
fürmig  aufgetrieben.  Die  blasenfürmige 
Auftreibung  der  Zellwand  bei  Einwirkung 
dieses  Reagens  kann  mithin  nicht  als 
Unterschied  zwischen  Baumwollen-  und 
Leinenfaser  gelten  (vgl.  hierüber  bei 
Baumwolle  p.  121).  Die  Zellwand  ver- 
fließt nach  kurzer  Zeit  im  Reagens,  und 
nur  ein  nie  fehlender  Protoplasmarest 
bleibt  als  dünner,  etwas  gelblich  gefärb- 
ter, selten  gerade  gestreckter,  in  der  Regel  wellig 
(Innenschlauch)  in  der  blauen,  schleimigen  Masse  zurück  2).  Nach  einiger 
Zeit  wird  der  Innenschlauch  zerstückelt  und  schließlich  in  eine  fein- 
körnig-gelatinöse Masse  verwandelt  (Fig.  37).  Wenn  Reste  der  Interzellular- 
substanz (Mittellamellen)  den  Bastfasern  anhaften  (im  Werg  oder  in  ge- 
ringen Flachssorten)  und  diese  noch  rund  umgeben,  so  werden  dieselben 


S 


L 


/ 


Fig.  37.  Vergr.  400.  Fragmeut  einer  Leinen- 
bastzelle nacli  Behandlung  mit  Kupferoxyd- 
ammoniak.  i  Innenschlaucli,  i'i'  nach  Ein- 
wirkung von  Kupferoxydammoniak  zurück- 
bleibende Reste  der  Innenschläuche. 


\)  Friedrich  Reinitzer,  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Baues  der  Flachs-  und  Hanl- 
faser.     Archiv  für  Chemie  und  Mikroskopie,  IQH,  Sonderabdruck,  p.  2. 

2)  Die  wellenförmige  Krümmung  des  Innenschlauches  kommt  durch  Verkürzung 
der  quellenden  Zellulosemasse,  mit  -welcher  der  Schlauch  in  der  Regel  noch  innig 
verbunden  ist,  zustande  (s.  oben  p.  \M). 


182 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


durch  das  Kupferoxydammoniak  in  feine  Körnchen  zersprengt  oder  er- 
scheinen in  einer  Andeutung  von  Faltung  ähnlich  wie  bei  der  Ramiefaser  (s. 
unten  Fig.  54,  p.  220),  niemals  in  jener  scharf  ausgesprochenen  Faltung 
wie  beim  Hanf  (s.  unten  beim  Hanf).  —  Jod  und  Schwefelsäure  bläuen 
die  Faser,  Ghromsäure  bringt  sie  unter  starker  Abminderung  des  Licht- 
brechungsvermögens  nach  längerer  Zeit  in  Lösung.  Gute  Flachssorten 
bestehen  aus  unverholzten  Bastfasern,  welche  durch  Phlorogluzin  +  Salz- 
säure nicht  gefärbt  werden.    Die  natürliche  Bastfaser  des  Flachses  ist  nicht 

oder     nur    schwach 

tK>^]       J~"^T 1 Ti r— — r^        verholzt     (besonders 

die  Bastfaser  der 
Wurzel),  aber  bei  der 
Röste  verschwindet 
die  Holzsubstanz,  und 
nur  an  sehr  geringen 
Flachssorten  macht 
sich  stellenweise  eine 
schwache  Verholzung 
bemerkbar  ^j. 

Die  dem  ge- 
brochenen Flachse 
anhaftenden  Gewebs- 
reste des  Flachs- 
stengels ,  wie  Ober- 
haut, Parenchym  und 

Holzgewebe,  sieht 
man,  wie  schon  oben 

mitgeteilt  wurde, 
wenn  man  die  Faser 
mit  Reagenzien  be- 
handelt. Phlorogluzinsalzsäure  färbt  die  dem  Holzkürper  des  Flachs- 
stengels angehörigen  Teile  intensiv  rotviolett.  Kupferoxydammoniak 
läßt  all  die  genannten  Gewebe  ungelöst.  Jod  und  Schwefelsäure  färben 
die  Bastzellen  blau,  die  übrigen  anhaftenden  Gewebe  hingegen  gelb  bis 
braun.  Mikroskopisch  läßt  sich  das  Holzgewebe  der  unreinen  Flachs- 
faser sehr  leicht  an  den  verhältnismäßig  dünnwandigen,  etwa  12// 
breiten,  gewöhnlich  mit  einer  Reihe  kleiner  Tüpfel  versehenen  Holzzellen 
und  an  den  Gefäßen,  von  denen  besonders  scharf  die  etwa  \  8  //  breiten 
Spiralgefäße  hervortreten,  erkennen.  Schwieriger  ist  es  mit  dem  direkten 
mikroskopischen  Nachweis  des  Parenchymgewebes,  von  welchem  man  an 


.     Vergr.  300.     Oberhaut  des  Flachsstengels   (in  der  Flächen- 
ansicht)  mit    Spaltöffnungen,     s    Schließzellen,     n  Nehenzellen    der 
SpaltöiFnungen.  oo  Oberhautzellen.   (AusWiesner,  Papyrus  Erzherzog 
Eainer.) 


1)  Über  die  spezifische  Doppelbrechung  der  Flachsbastzelle  s.  oben  p.  9  ff. 


I 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  183 

manchen  Bastzellen  noch  Reste  der  Zellwand  anhaften  sieht;  sie  erscheinen 
in  Form  von  Linien,  die  die  Flachsbastzelle  meist  quer  durchsetzen. 
Gewöhnlich  ist  aber  das  Parenchymgewebe  bis  zur  Unkenntlichkeit  zer- 
drückt und  zerrissen.  Auch  das  Oberhautgewebe  ist  oft  stark  angegriffen. 
Es  erscheint  gewöhnlich  in  Form  von  dünnen,  gelblichen  Schuppen,  an 
welchen  bei  sorgfälliger  Präparation  und  genauer  Beobachtung  sowohl 
die  Oberhautzellen  als  auch  die  Spaltöffnungen  erkennbar  werden  (Fig.  37). 

Bei  Untersuchung  geringer  Flachssorten,  von  Werg  (Hede)  und  daraus 
erzeugten  Garnen  (Tow-  oder  Werggarn)  ist  zu  beachten,  daß  darifi 
Bastzellen  der  Wurzel  und  der  unteren  und  oberen  Stengelteile,  ferner 
die  eben  genannten  der  Rinde  und  dem  Holze  der  Flachsstengel  ange- 
hürigen  Bestandteile,  wenn  auch  nur  in  kleiner  Menge,  zu  finden  sind, 
was  die  Erkennung  solcher  Produkte  sehr  erleichtert  i). 

Die  Verwendung  der  rohen  Flachsfaser  zu  Gespinsten  ist  bekannt 2). 
Der  Flachs  wird  als  solcher  nicht  gebleicht,  sondern  erst  nachdem  er 
versponnen  oder  verwebt  wurde.  Die  Flachsfaser  läßt  sich  in  der  Regel 
ausgezeichnet  bleichen;  nur  grobe  Sorten  (z.  B,  ägyptischer)  setzen  dem 
Bleichverfahren  einige  Schwierigkeiten  entgegen.  Gebleichte  Leinengarne 
und  -gewebe  lassen  sich  bekanntlich  nicht  so  leicht  wie  Baumwollen- 
garne und  -gewebe  färben;  erstere  werden  deshalb  hauptsächlich  im 
ungefärbten  Zustande  verwendet.  —  In  neuerer  Zeit  wird  die  rohe 
Flachsfaser  auch  in  der  Fabrikation  von  Wertpapieren  benutzt.  Aus 
Flachswerg  und  Abfällen  der  Flachsbereitung  wird  nach  einem  bestimmten 
Verfahren  eine  Faser  abgeschieden,  welche  mit  Wolle  versponnen  wird 
und  den  Namen  Kosmosfaser  führt.  Nach  v.  Höhnet  werden  auch  die 
Abfälle  der  Hanf-  und  Juteerzeugung  zur  Erzeugung  von  Kosmosfaser 
verwendet^). 


1)  A.  Herzog  macht  darauf  aufmerksam,  daß  die  Bastzellen  des  russischen 
Steppenflachses  sich  von  denen  des  gewöhnhchen  Flachses  dadurch  unterscheiden, 
daß  sie  im  Bau  sehr  an  die  Bastzelle  des  Hanfes  erinnern,  namentlich  wegen  der 
Weite  des  Lumens  und  des  schärferen  Hervortretens  der  Schichtung.  Die  Samen  des 
russischen  Steppenflachses  sollen  zur  Verfälschung  der  russischen  Leinsaat  (aus  den 
russ.  Ostseeprovinzen)  verwendet  werden,  und  so  soll  es  kommen,  daß  die  Fasern 
dieses  Flachses  hin  und  wieder  auch  in  unseren  Leinengeweben  erscheinen.  Da  sich 
die  Bastfasern  des  russischen  Steppenflachses  aber  nur  zu  sehr  geringen  Geweben 
verwenden  lassen,  so  wird  man  wohl  in  den  Leitelementen,  welche  dem  Flachsstengel 
angehören,  Mittel  haben,  um  diese  Zellen,  trotz  ihrer  Ähnlichkeit  mit  den  Hanfbast- 
zellen, als  Flachsbast^ellen  zu  erkennen.  Übrigens  fehlen  an  den  Bastzellen  des  Steppen- 
flachses einige  der  wichtigsten  Kennzeichen  der  Hanfbastzelle  (s.  unten  bei  Hanf). 
Alois  Herzog,  Zur  Kenntnis  d.  russischen  Steppenflaches,  Textil-  u.  Färbereizeitung, 
Braunschweig  1904. 

2)  Während  des  Weltkrieges  war  es  wichtig,  daß  sich  glatte  Leinengewebe  für 
die  Herstellung  von  Aeroplanflügeln  eigneten. 

3)  F.  V.  Höhnet,  Mikrosk.  d.  Faserstoffe,  2.  Aufl.  (1905)  p.  83 ff. 


184  Siebzehnter  Abschnitt     Fasern. 

In  der  letzten  Zeit  machten  die  Bestrebungen  nach  VerbaumwoUung 
(Kontonisierung)  der  Flachs-  und  Hanffaser  viel  von  sich  reden.  Tech- 
nisch ist  es  unstreitig  möglich,  die  Faserbündel  dieser  beiden  Pflanzen 
so  zu  zerlegen,  daß  die  Einzelfasern  auf  Baumwollmaschinen  versponnen 
werden  können,  praktisch  hat  aber  vorläufig  diese  Verbesserung  keine 
sonderliche  Bedeutung  i). 

Geschichtliches.  Der  Flachs  ist  die  am  längsten  bekannte  vege- 
tabilische Gespinstfaser.  Im  alten  Ägypten  wurde  Flachs  versponnen 
und  verwoben,  wie  die  durchaus  leinenen  Mumienhinden  bezeugen 
(s.  oben  p.  134).  Die  Verwendung  des  Flachses  als  Gespinstpflanze  bei 
den  Pfahlbauern  ist  gleichfalls  sichergestellt  2).  Den  alten  Griechen  war 
Flachs  als  Xivov^  den  alten  Römern  als  l'inum  bekannt'^).  Diese  Worte  wur- 
den, wie  im  Deutschen,  sowohl  auf  die  Leinpflanze  als  auch  auf  die  Faser 
und  deren  Spinn-  und  Webeprodukte  angewendet.  Die  bei  den  Römern 
behufs  Flachsgewinnung  vorgenommenen  Prozeduren  (raufen  fvellere], 
rösten  imacerare],  brechen  [frangere],  hecheln  [digerere]*)  stimmen  schon 
mit  der  heutigen  Flachsbereitung  im  wesentlichen  überein.  Die  massen- 
hafte Einfuhr  billiger  vegetabilischer  Textilstoffe,  namentlich  der  Baum- 
wolle und  der  Jute,  führte  zu  einer  Wendung  in  der  Flachsindustrie^ 
der  Flachs  kann  sich  als  Welthandelsprodukt  nur  halten,  wenn  er  als 
veredeltes  Produkt  auf  dem  Markte  erscheint,  in  welcher  Form  er  unter 
den  übrigen  vegetabilischen  Spinnstoffen   noch  keine  Konkurrenten  hat. 

5.  Haut'. 

Der  Hanf  [chanvre^  franz.;  hemp,  engl.)  besteht  aus  den  Bastzellen 
der  Hanfpflanze,  Cannahis  sativa,  deren  Samen  auch  der  Ölgewinnung 
dienen.  Seit  Jahrhunderten  wird  dieser  Spinnstoff  allenthalben  in  Europa 
gewonnen.  Auch  Afrika  (insbesondere  Ägypten  und  Algier),  Nordamerika 
(besonders  Kentucky)  und   in  neuerer  Zeit  auch  Australien  liefern  Hanf. 

Cannahis  sativa  ist  die  einzige  Spezies  der  schon  von  Tournefort 
aufgestellten  Gattung  Cannahis.  Außer  Cannahis  sativa  wird  als 
Stammpflanze  des  Hanfes  auch  C.  indica  genannt.  Aber  diese  Pflanze 
ist  nur  eine  tropische  Kulturform  der  ersteren.  Die  unterscheidenden 
Merkmale  gegenüber  Cannahis  sativa  sind  so  geringfügig,  daß  man  sie 


4)  Schürhoff  in  Mittig.  der  Forschungsstelle  Sorau,  IQIO,  p.  7  u.  »Neue  Faser- 
stoire<,  I,  1919,  p.  7. 

2)  0.  Heer,  Ueber  den  Flachs  und  die  Flachscultur  im  Alterthume.  Eine  kultur- 
historische Skizze.     Neujahrblatt  d.  naturf.  Ges.  in  Zürich  1872. 

3)  Über  Lein  bei  den  Römern  und  Griechen  s.  die  reichlichen  Nachweise  bei 
II.  Blümner,  Technologie  und  Terminologie  der  Gewerbe  und  Künste  bei  Griechen 
und  Römern  I.     Leipzig  1875.     Zweite  AuQ.,  Bd.  I,  1912,  p.  191fP. 

4)  Plinius,  XIX,  16—18,  linuni  betreffend. 


Siebzehnter  Abschnitt,.     Fasern,  185 

als  besondere  Spezies  fallen  gelassen  hat,  wenn  auch  die  indische  Hanf- 
pflanze durch  Reichtum  an  narkotischen  Bestandteilen  sich  von  der 
gewöhnlichen  Art  unterscheidet  und  deshalb  nicht  nur  zur  Darstellung 
von  betäubenden  Genußmilteln  (Bhang,  Ghurrus,  Haschisch  usw.),  sondern 
auch  als  Medikament  (Ganja  oder  Guaza;  Summitates  Cannabis  indicae 
der  Pharmakopoen)  dient.  Cannabis  indica  gibt  nur  eine  verholzte, 
steife,  wenig  brauchbare  Faser,  welche  in  Indien  fast  gar  keine  Ver- 
wendung findet  1). 

Am  richtigsten  scheint  es  wohl,  Cannabis  indica  und  C.  sativa  als 
Produkte  verschiedener  Kultur  einer  und  derselben  Pflanze  zu  betrachten. 
Erstere  wird  als  eine  Pflanze  kultiviert,  bei  der  es  in  erster  Linie  auf 
den  Reichtum  an  narkotischer  Substanz  ankommt,  hingegen  wird  bei 
der  letzteren  auf  reichlicheren  Faserertrag  das  Hauptaugenmerk  gelenkt. 

Als  Heimat  des  Hanfes  wird  gewöhnlich  Persien  angegeben  2).  Nach 
Engler  findet  sich  der  Hanf  wild  in  den  vom  Kaspischen  Meere  südlich 
gelegenen  sumpfigen  Gebieten 3).  Die  Urheimat  des  Hanfs  scheint  aber 
Indien  zu  sein,  wo  die  Pflanze  durch  Kultur  sich  zur  Form  C.  indica 
umgebildet  hat,  während  sie  in  nördlichen  Gebieten  durch  Kultur  als 
Faser-  und  Ölpflanze  zu  unserem  Hanf  wurde  (s.  Geschichtliches). 

Sieht  man  von  dem  sehr  spärlichen  Vorkommen  männlicher  Blüten 
auf  weiblichen  Hanfpflanzen  ab,  so  ist  der  Hanf  als  zweihäusiges  Ge- 
wächs anzusehen.  Man  kann  mithin  männliche  und  weibliche 
Pflanzen  unterscheiden,  die  man  in  allen  Hanf  bauenden  Ländern  genau 
kennt  und  mit  besonderen  Namen  belegt.  Die  männliche  Pflanze  nennt 
man  Sommerhanf,  Hanfhahn  (Preußen),  Femel  oder  Fimmel,  Staubhanf, 
Geige  (Holland),  die  weibliche  Winterhanf,  Hanfhenne  (Preußen),  Bästiing 
(in  Österreich  Bösling).  Geringe  Hanfe  weiblicher  Pflanzen  heißen  in 
Niederösterreich  Sämling.  Den  männlichen  Hanf  kann  man,  da  er  keine 
Nebennutzung  gewährt,  zu  einer  Zeit  aus  dem  Boden  nehmen,  in  welcher 
er   für   die    Fasergewinnung   am   tauglichsten   ist.     Er  wird   dicht   gesät 

^)  Royle,  1.  c,  p.  252.  —  Nach  Watt,  Econ.  Prod.  of  India  IIF,  Nr.  62  (4883) 
wird  Hanf  als  Faserpflanze  in  Indien  nur  selten  gebaut.  In  Watts  neuestem  Werke 
über  ökonomische  Produkte  Indiens  (Commerc.  Products  of  India,  London  1908, 
p.  253  ff.)  wird  auf  die  Kultur  des  Hanfes  in  Nordwest-Himalaya  und  Sind  als  Faser- 
pflanze hingewiesen,  ferner  auf  die  Versuche  auch  in  anderen  Gebieten  Indiens,  den 
Hanf,  als  Faserpflanze  zu  bauen,  u.  a.  unter  Anwendung  von  europäischem  Saatgut. 
Der  Verfasser  macht  indes  selbst  aufmerksam,  daß  die  Berichte  über  indische  Hanf- 
kultur häufig  unzuverlässig  sind,  da  unter  Hanf  (hemp)  in  Indien  auch  die  Faser 
anderer  Pflanzen  verstanden  werde. 

2)  Humboldt,  Ansichten  der  Natur,  3.  Aufl.,  II,  p.  4. 

3j  Zusätze  zuHehn,  Kulturpflanzen,  6.  Aufl.  (1894),  p.  180.  Daselbst  auch  der 
Hinweis  auf  Standortsangaben  von  Bunge  nach  Gay,  Bull,  de  la  soc.  bot.  de  France, 
1860,  p.  30ff.     S.  auch  Engler,  Notizblatt  des  Berliner  Botan.  Gartens,  1904. 


18ß  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

und  liefert  eine  feinere  Hanfsorte  als  die  weibliche  Pflanze.  Von  dieser 
wünscht  man  aber  nebst  der  Faser  auch  die  Samen  zu  erhallen  und 
läßt  sie  deshalb  so  lange  auf  dem  Felde,  bis  die  Reife  der  Samen  beginnt. 
Die  Samen  solcher  Pflanzen  eignen  sich  wohl  zur  Ölpressung,  können 
aber  nicht  als  Saatgut  verwendet  werden.  Um  Hanfsamen  von  ge- 
nügender Keimkraft  zu  gewinnen,  muß  die  Pflanze  bis  zur  vollendeten 
Fruchtreife  am  Felde  stehen  bleiben;  die  Faser  solcher  Pflanzen  ist 
nicht  mehr  brauchbar.  Die  Rücksichten,  die  man  beim  rationellen 
Hanfbau  auf  die  möglichste  Ausnutzung  der  weibUchen  Pflanzen  nehmen 
muß,  bringen  es  mit  sich,  daß  diese  im  allgemeinen  geringere  Hanf- 
sorten als  die  männlichen  Pflanzen  liefern.  Aus  freistehenden  weiblichen, 
rechtzeitig  geernteten  Pflanzen  kann  indes  ein  sehr  fester  Hanfi)  abge- 
schieden werden. 

Männlicher  Hanf  wird  wie  die  Flachspflanze  aus  dem  Boden  gezogen 
(gerauft),  weiblicher  meist  (mit  der  Sichel)  geschnitten.  Wie  der  Flachs 
wird  der  Hanf  zunächst  geriffelt,  dann  geröstet  oder  aber  gedörrt, 
dann  gebrochen,  geschwungen  und  gehechelt.  Im  allgemeinen  geht  man 
bei  all  diesen  Prozeduren  weniger  sorgsam  als  bei  der  Flachsgewinnung 
vor.  Die  Röste  des  Hanfes  ist  gewöhnlich  eine  kurze  2 — 4  Wochen  in 
Anspruch  nehmende  Kaltwasserröste.  Oft  wird  eine  gemischte  Röste 
angewandt,  bei  welcher  die  geriffelten  Hanfstengel  8 — 10  Tage  im  Wasser 
liegen  und  auf  Feldern  oder  Wiesen  zu  einer  Nachröste  ausgelegt  werden. 
Auch  eine  bloße  Tauröste  wird  angewendet,  wobei  häufig  ein  sehr 
dunkles  Produkt,  der  Schwarzhanf  erhalten  wird.  Diese  dunkle  Farbe 
wird  durch  Cladosporium-diVW^e  Pilze  bedingt  2).  Die  Hanfröste  ist  wie 
die  Flachsröste 3)  eine  durch  Mikroorganismen  bedingte  Pektingärung*). 
Beim  Hecheln  erhält  man  Reinhanf  und  Werg.  Das  Werg  wird  häufig 
von  den  anhängenden  nichtfaserigen  Teilen  (Schabe)  unter  Anwendung 
von  Sieben  gereinigt.  In  neuerer  Zeit  hat  man  versucht,  Hanf  auch 
ohne  Röste  abzuscheiden,  indem  man  die  durch  einen  warmen  Luftstrom 
getrockneten   Stengel   gleich   auf  bestimmt  eingerichteten    mechanischen 

1)  Über  Kultur  und  Gewinnung  des  Hanfes  s.  F.  Camp  eil,  A  treatise  on  the 
cultivation  of  flax  and  hemp,  Sydney  1868.  Carcenac,  Du  coton,  du  chanvre  usw. 
Paris  1869.  Brinkmeier,  Der  Hanf,  2.  Aufl.,  Ilmenau  1886.  Marquart,  B.,  Der 
Hanfbau,  seine  Verbreitung,  seine  Bedeutung  und  sein  Betrieb.  Thaer-Bibl.,  Berlin, 
Parey. 

2)  Lafar,  Technische  Mykologie,  Bd.  HI  ,1904—6),  p.  269. 

•3)  In  der  Regel  wirken  bei  der  Hanfröste  spontan  auftretende  Fermentorganismen 
mit.  Versuchsweise  läßt  man  in  Italien  die  Kaltwasserröste  des  Hanfes  u  ter  Ein- 
wirkung von  reinkultivierten  Bakterien  (Baeterium  Comesii  Rossi)  vor  sich  gehen. 
Es  soll  dadurch  die  Zeit  der  Röste  auf  die  Hälfte  abgekürzt  werden.  Rossi,  Annali 
Scuola  Agricultura  Portici,  1907. 

4)  Behrens  und  Omelianski  in  Lafar,  1.  c. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  187 

Brechen  verarbeitete,  wobei  alle  Gewebe  bis  auf  den  Bast  zerbrochen 
werden  und  letzterer  sich  dann  rein  abscheiden  läßt^).  Auch  wird  der 
Hanf  in  ähnlicher  Weise  wie  die  Jute  (s.  unten)  gewonnen,  indem  man 
nach  der  Rüste  den  Bast  abzieht  und  sodann,  was  bei  Jute  nicht  ge- 
schieht, klopft,  wobei    ein   schäbefreies  Produkt   erzielt  wird  (Pellhanf). 

Die  ilanffaser  ist  im  allgemeinen  länger  als  die  Flachsfaser.  Bei 
gleicher  Feinheit  und  Festigkeit  gilt  der  längste  Hanf  als  der  beste. 
Gewöhnlich  hat  der  Hanf  eine  Länge  von  1 — 2  m.  Die  in  neuerer  Zeit 
in  den  Handel  getretenen  ausgezeichneten  italienischen  Hanfsorten  haben 
eine  Länge  von  mehr  als  2  m.  Alle  Sorten  dieser  Faser  übertrifft  der 
Riesenhanf  von  Boufarik  (Algier)  an  Länge;  er  mißt  3  m  und  darüber"-). 
—  Die  Farbe  des  Hanfs  wird  als  Zeichen  der  Güte  betrachtet.  Die 
weißlichen  und  grauen  sind  die  besten,  sodann  kommen  die  grünlichen, 
die  matten  gelblichen  und  dunkel  gefärbten  Hanfsorten  sind  die  geringsten. 
Der  Glanz  der  Sorten  ist  erwiesenermaßen  ein  Zeichen  der  Güte.  Vor 
allen  übrigen  ist  der  italienische  (besonders  die  Bologneser  Sorte)  Hanf 
durch  starken,  seidigen  Glanz  ausgezeichnet.  —  Die  Feinheit  des  Hanfes 
hängt  nicht  nur  von  der  Glätte  des  Fadens,  sondern  auch  von  der 
Größe  des  Querschnittes  der  Faser  ab.  Gebrochener  Hanf  ist  fast  immer 
aus  bandartigen,  breiten  Streifen  zusammengesetzt.  Gehechelt  zeigt  er 
verschiedene  Grade  der  Feinheit.  Im  großen  ganzen  ist  Reinhanf  viel 
gröber  als  Reinflachs  und  nur  die  schönen  Bologneser  Sorten  zeigen 
eine  flachsartige  Feinheit. 

Bei  einem  mittleren  relativen  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  von  43,86° 
und  einer  Temperatur  von  20,25°  C  zeigt  gehechelter  Hanf  italienischer 
Herkunft  9,25  Proz.  und  solcher  russischer  Herkunft  9,13  Proz.  Wasser- 
gehalt, bezogen  auf  Trockensubstanz.  Für  100  Proz.  relative  Feuchtig- 
keit der  Luft  wird  für  obengenannte  Faserstoffe  23,9  Proz.  bzw.  23,7  Proz. 
Wassergehalt  angegeben  3). 

Mit  schwefelsaurem  Anilin  behandelt,  färben  sich  selbst  die  sehr 
gut  durch  das  Hecheln  gereinigten,  mithin  fast  bloß  aus  Bastzellen  be- 
stehenden Fasern  gelblich;  die  grauen  und  weißlichen  Sorten  weniger 
als  die  grünlichen  und  gelben.  Aber  selbst  der  ausgezeichnete,  flachs- 
artige   italienische    Hanf    wird    durch    dieses   Reagens    gelblich   gefärbt. 

1)  Diese  Methode  wurde  zuerst  von  Coblenz  und  Leoni  angewendet.  S.  hier- 
über Barral  in:  Bulletin  de  la  societe  d'encouragement  1865,  p.  705.  Über  die  Eigen- 
schaften rein  mechanisch  abgeschiedener  Fasern  s.  oben  p.  165.  Der  »Schleiß- 
hanf« wird  von  der  frischen  Pflanze  durch  die  Hand  abgezogen.  Stirm,  Chem. 
Technologie  der  Gespinstfasern,  1913,  p.  83. 

2)  Eine  durch  Größe  ausgezeichnete  indische  Spielart  des  Hanfes  wird  in  Gärten 
unter  dem  Namen  »indischer  Riesenhanf«  als  Ziergewächs  gezogen. 

3)  F.  Honig,  1.  c. 


188  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Analoge  Reaktion  erzielt  man  durch  Phlorogluzin  -|-  Salzsäure.  Der 
Hanf  ist  somit  selbst  in  seinen  besten  Sorten  verholzt,  wenn  auch  nicht 
in  dem  Maße  wie  die  Jute.  Jod  und  Schwefelsäure  färben  die  Fasern 
der  besten  Sorten  rein  blau,  jene  der  minderen,  stärker  verholzten  hin- 
gegen grünlich  blau.  Alles  was  an  Oberhaut-,  Parenchym-  und  Holz- 
gewebe der  Faser  anhaftet,  wird  durch  diese  beiden  Reagenzien  gelb 
bis  braun  gefärbt  und  durch  Kupferoxydammoniak  nicht  aufgelöst, 
während  die  aus  Bastzellen  bestehende  Faser  durch  dieses  Reagens 
zerstört  wird. 

Die  größten  Hanfmengen  produziert  Rußland.  Die  russischen  Hanfe 
sind  nicht  fein,  aber  von  großer  Festigkeit  und  Resistenz,  auch  gegenüber 
dem  Einfluß  des  Wassers. 

Die  ausgezeichnetste  aller  im  Handel  erscheinenden  Hanfsorten  ist 
entschieden  der  Bologneser  Hanf,  dessen  Länge  bis  über  2  m  steigt, 
dessen  Glanz  seidig  ist  und  der  sich  durch  flachsarlige  Weichheit  und 
blonde  Farbe  von  allen  anderen  Hanfsorten  unterscheidet.  Dem  Hanfbau 
und  der  Hanffasergewinnung  wird  überhaupt  in  Italien  große  Aufmerk- 
samkeit zugewendet  i),  was  -sich  ja  in  der  guten  Qualität  der  erzielten 
Faserprodukte  ausspricht.  Aber  die  Einfuhr  anderer  Faserstoffe,  insbe- 
sondere von  Sisal  (Blattfaser  von  Agave  sisalana),  schränkt  jetzt  schon 
die  Kultur  des  Hanfes  in  Italien  ein.  Die  Anbaufläche  ist  dort  in  letzter 
Zeit  tatsächlich  klein  geworden.  Während  gröbere  italienische  Hanf- 
sorten im  Sisal  einem  gefährlichen  Konkurrenten  gegenüberstehen,  hat 
sich  die  Produktion  feinerer  Hanfsorten  gehoben,  da  dieselben,  insbe- 
sondere zu  Bindfäden,  durch  Sisal  nicht  zu  ersetzen  sind. 

Den  besten  italienischen  Sorten  (Bologna,  Ferrara)  kommt  an  Güte 
zunächst  der  Hanf  von  Grenoble.  Der  spanische  Flachs  (Hanf  von 
Orihuela)  wird  als  sehr  fest  bezeichnet.  Elsaß,  Preußen  und  das  Gebiet 
des  ehemaligen  Österreich  produzieren  große  Mengen  von  Hanf,  von  denen 
besonders  der  Straßburger  Hanf  sich  durch  Güte  auszeichnet  und  als 
Spinnmaterial  sehr  gut  verwendbar  ist.  Seit  den  vierziger  Jahren  wird 
auch  in  Nordamerika  viel  Hanf  produziert.  Die  dort  gewonnenen  Sorten 
stimmen  am  meisten  mit  dem  russischen  Hanf  überein. 

Man  unterscheidet  ferner  nach  der  Zubereitung  den  gebrochenen 
Hanf  als  Basthanf,  den  gehechelten  Hanf  oder  Reinhanf  je  nach  seiner 
Güte  als  Spinn-  und  Schusterhanf  und  den  beim  Hecheln  abfallenden, 
kurzfaserigen,  unreinen  Hanf  als  Werg,  Kodille  oder  Tors.  In  ItaUen 
gewinnt  man  als  Abfall   des  Reinhanfs    ein  relativ  langfaseriges  Werg, 


1)  W.  F.  Brück,  Studien  über  Hanfbau  in  Italien.  Tropenpflanzer,  XV  (1911), 
p.  1-29  ff. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  189 

welches,  von  Schabe  gereinigt,  als  Streppalura  in  der  Fabrikation  von 
Bindfaden  eine  ausgedehnte  Anwendung  findet. 

Die  Gesamtproduktion  an  Hanf  betrug  im  Jahre  1890  340  und  wurde 
vor  einigen  Jahren  auf  beiläufig  500  Millionen  Kilogramm  geschätzt.  Der 
stärkste  Produzent  der  Ilanffaser  ist  Rußland  (36  Proz.),  hierauf  folgt 
ItaUen  (9  Proz.),  sodann  Ungarn,  Frankreich,  das  alte  Österreich,  Deutsch- 
land. Letzteres  produziert  etwa  so  viel  Hanf  wie  Nordamerika 
(3,3  Proz.).  Infolge  der  Fasernot  während  des  Krieges  ist  man  in 
Deutschland   wieder   für   die  Steigerung   des  Hanfanbaues   eingetreten  i). 

Da  die  Hanffaser  sich  nicht  vollständig  bleichen  läßt,  so  wird  sie 
meist  in  ungebleichtem  Zustande  verwendet.  Die  vornehmlichste  Ver- 
wendung findet  jedoch  der  Hanf  wegen  seiner  Dauerhaftigkeit  und  Festig- 
keit zur  Herstellung  von  Seilerwaren,  zu  Spagat,  zu  Netzen,  Seilen, 
Schiffstauen  usw.  Die  Hanffaser  läßt  sich  teeren,  ist  mithin  zu  allen 
Sorten  von  Tauen  verwendbar.  Dadurch  unterscheidet  sie  sich  vor- 
teilhaft vom  Manilahanf  (s.  unten). 

Mikroskopisches  Verhalten.  Der  Hanf  besteht  der  Hauptmasse 
nach  aus  Bastzellen.  Aber  selbst  in  fein  gehecheltem  Hanf  treten  neben 
den  Bastzellen  2)  noch  kleine  Mengen  von  Bastparenchymzellen  auf.  Im 
gebrochenen  oder  unvollkommen  gehechelten  Hanf  findet  man  außer- 
dem noch  Oberhautfragmente,  Reste  von  Parenchym-  und  Holzgewebe 
der  Hanfstenael.     Behandelt  man  den  zu  untersuchenden  Hanf  mit  Jod 


Auch  durch  Einwirkung  von  Kupferoxydammoniak  kann  man  sehr  leicht 
die  der  reinen  Hanffaser  fremden  Gewebsbestandteile  ersichtlich  machen ; 
das   Reagens   löst   bloß   die   Bastzellen ;    die   übrieren  Gewebsbestandteile 


■))•  Siehe  auch  die  Fußnote  bei  Nessellaser  p.  237.  In  der  konstituierenden  Ver- 
sammlung der  »Deutschen  Hanfbaugesellschaft«,  G.  m.  b.  H.  am  25.  Februar  lO'IS  in 
Berlin  wurde  der  Nachweis  der  dauernden  Lebensfähigkeit  des  Hanfbaues  in  Deutsch- 
land erbracht  und  die  Einführung  desselben  in  Brandenburg,  Pommern,  Schlesien, 
Sachsen,  Westfalen  und  in  der  Rheinprovinz  in  Aussicht  genommen,  und  zwar  vor 
allem  auf  den  reichlich  vorhandenen  Moorböden,  die,  bisher  ohne  rechten  landwirt- 
schaftlichen Ertrag,  bei  Hanfkultur  durch  Unterdrückung  des  Unkrautes  die  Bedin- 
gungen für  eine  folgende  Getreidekultur  erlangen  würden.  Der  Anbau  des  Hanfes 
hat  dann  im  Deutschen  Reiche  beträchtlich  zugenommen,  aber  nicht  in  demselben  Ver- 
hältnisse wie  der  Anbau  des  Flachses  und  nicht  in  dem  Maße,  wie  es  wünschenswert 
gewesen  wäre  (Kuhnert  in  »Neue  Faserstoffe«,  I,  1919,  p.  -167).  Die  Ursache  dürfte 
darin  liegen,  daß  der  Hanf  einen  kräftigen  nährstoffreichen  Boden  braucht  und  wäh- 
rend des  Wachstums  sorgfältigster  Pflege  bedarf. 

2)  Inwieweit  den  ßastzellen  noch  Mittellamellen  anhaften,  welche  mit  Vorteil 
zur  Charakteristik  der  Hanffaser  herangezogen  werden  können,  wird  weiter  unten 
dargelegt  werden. 


190 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


bleiben  ungelöst  zurück.  Da  die  genannten  Gewebe  an  der  Hanffaser 
in  ziemlich  wohlerhaltenem  Zustande  vorhanden  sind,  so  kann  es  keine 
Schwierigkeit  machen,  sie  neben  den  integrierenden  Bestandteilen  der 
rohen  ungebleichten  Hanffaser,  nämlich  neben  den  Bastzellen  und  Bast- 
parenchymzellen,  zu  erkennen.  Die  in  geringer  Menge  vorhandenen 
Bastparenchymzellen  haben  eine  Länge  von  15 — 84  /<,  eine  Breite  von 
12 — 15  u.  Sie  treten  in  Zellreihen  auf,  welche  den  Bastzellen  parallel 
laufen.  Ihre  Wände  sind  nur  schwach  verdickt.  Gramer  hat  zuerst 
darauf  hingewiesen,  daß  viele  dieser  Parenchymzellen  mit  einem  intensiv 


Fig  3y.  Vergr.  ;i{'ü.   Oberhaut  des  Hanfstengels,  oo  Oberhautzellen. 

h    von    einem  Haare    in    der  Oberhaut    zurückgebliebene    Lücke. 

n  Nebenzellen  der  Haare.     (Wiesner,  Pap.  E.  R.) 


Fig.  40.    Vergr.  3i)U.     Haar   vom 

Stengel    des    Hanfs    mit    einem 

Oberhautfragroent.       (Wiesner, 

Papyr.  Erzherz.  Rainer.) 


rotbraunen  Inhalt  gefüllt  sind,  welcher  kochender  Kalilauge  und  konzen- 
trierter Schwefelsäure  lange  widersteht. 

Zur  Erkennung  der  Hanffaser  in  gröberen  Produkten,  namentlich 
solchen,  welche  aus  Werg  erzeugt  wurden,  leisten  die  den  Fasersträngen 
nicht  selten  anhaftenden  Oberhautfragmente  sehr  gute  Dienste,  wie  zu- 
erst  von  Gramer  1)    gezeigt    wurde.     Die    Oberhaut    des    Hanfstengels  2) 


1)  C.  Gramer,   Drei  gerichtliche  mikroskopische  Expertisen,   betreffend  Textil- 
fasern.     Programm  des  schweizerischen  Polytechnikum  für  das  Jahr  1881    auf  1882. 

2)  Es  wurde  oben  (p.  182)  erwähnt,  daß  in  manchen  Fällen  auch  die  Oberhaut 
des  Flachsstengels  zur  Erkennung  der  Flachsfaser  herangezogen  werden  kann.     Der 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  191 

(Fig.  39,  p.  190)  ist  fast  spaltüffnungsfrei  (s.  Note  2  auf  p.  190),  führt 
kegelförmige,  etwas  gekrümmte  mit  Warzen  besetzte  Haare,  welche  leicht 
abfallen  und  in  der  Oberhaut  kreisförmige  Narben  zurücklassen,  welche 
von  radial  angeordneten  Nebenzellen  umgeben  sind  (Fig.  40). 
\:^i  Die  Bastzellen  des  Hanfes  sind  gleich  jenen  des  Flachses  sehr 
lang  und  messen  ein  oder  mehrere  Zentimeter.  Auf  dem  Querschnitt 
ist  die  Hanfbastzelle  rund  oder  auch  abgeplattet;  im  [Längsverlaufe 
erscheint  sie  nicht  so  regelmäßig  wie  die  Flachsbastzelle  gestaltet.  Die 
natürlichen  Enden  dieser  Zellen  laufen  meist  stumpf  aus;  nicht  selten 
sind  sie  sogar  elliptisch  abgerundet.  Verzweigte  Zellenden  kommen  hin 
und  wieder  vor.  Obschon  ich  hierauf  schon  vor  Jahrzehnten  hingewiesen 
habe^),  wird  doch  Schachts  ältere  Angabe,  daß  solche  verzweigte 
Enden  an  den  Bastzellen  des  Hanfes  so  häufig  vorkommen,  daß  man 
hierin  ein  diese  Faser  von  der  Leinenfaser  unterscheidendes  Merkmal 
vor  sich  habe,  fast  noch  immer  als  richtig  hervorgehoben.  Nach 
V.  Höhnel  ist  die  Zahl  der  mit  verzweigten  Enden  versehenen  Bast- 
zellen bei  verschiedenen  Sorten  verschieden,  und  nach  den  bisher  von 
ihm  angestellten  Beobachtungen  nimmt  die  Zahl  solcher  Bastzellen  mit 
der  geographischen  Breite  des  Standortes  der  Pflanze  ab  2).  Es  ist  von 
Gramer  (1.  c.)  darauf  hingewiesen  worden,  daß  die  Aufsuchung  der 
Faserenden  zum  Zwecke  der  Unterscheidung  der  Hanfbastzelle  von  der 
Leinenfaser  ungemein  zeitraubend  ist  und  deshalb  nicht  praktisch  aus- 
genutzt werden  könne.  Die  Hanffaser,  welche  die  Prozesse  des  Bre- 
chens usw.  durchmachte,  erscheint  stets  parallel  gestreift  und  ist  häufig 
mit  Querbrüchen  oder  »Verschiebungen«  versehen.  Die  natürliche  Bast- 
zelle läßt,  wenn  sie  sorgsam  aus  dem  Verbände  genommen  wurde,  so 
daß  sie  keinerlei  Verletzung  hierbei  erlitt,  weder  »Verschiebungen«  noch 
Streifung  erkennen.  Porenkanäle  sind  nicht  vorhanden.  Hin  und  wieder 
sichtbar  werdende  Querlinien,  welche  man  für  Poren  erklärt  hat  (Schacht), 
sind  auf  Querbrüche  und  auf  die  bei  Flachs  genannten  »Verschiebungen« 
(p.  178)  zurückzuführen.    Nach  Schacht  mißt  der  Durchmesser  der  Zellen 

— —-  mm  (=  12,5 — 17,5  n).     Nach    meinen  Beobachtungen    betiägt  der 


Bau  der  Oberhaut  des  Flachsstengels  ist  von  jenem  des  Hanfstengels  total  verschieden, 
so  daß  die  Verwechslung  beider  Fasern  auf  Grund  der  Morphologie  der  Oberhäute 
völlig  ausgeschlossen  ist.  Ich  erwähne  nur,  daß  die  Oberhaut  des  Flachsstengels  per 
cm2  3000  Spaltöffnungen  führt,  die  Oberhaut  des  Hanfstengels  aber  auf  dieser  Fläche 
bloß  1 2 — 1  ö.  Die  Oberhäute  von  Flachs  und  Hanf  leisten  somit  bei  der  Prüfung  der 
betreffenden  Fasern  als  »Leitelemente<  oft  gute  Dienste. 

^]  Techn.  Mikr.  p.  ilO. 

2)  Zeitschrift  für  Nahrungsmitteluntersuchung,  Hygiene  und  Warenkunde, 
•1891,  p.  30. 


192 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


maximale  Durchmesser  der  Zellen  15— 28/<i),  Die  Zellen  sind  höchst 
verschieden,  meist  aber  ziemlich  stark  verdickt.  Das  Lumen  der  Zellen 
beträgt  durchschnittlich  den  dritten  Teil  der  Zelldicke. 

Höchst  charakteristisch  ist  die  Einwirkung  des  Kupferoxydammoniaks 
auf  die  Bastzellen  des  Hanfs.  Unter  Annahme  einer  blaugrünen  bis 
blauen  Farbe  quellen  ihre  Membranen  auf  und  zeigen  hierbei  oft  eine 
zarte  Streifung.  Während  die  Verdickungsschichten  sich  auflösen,  wider- 
steht die  gemeinsame  Außenhaut  (Mittellamelle) 
und  der  protoplasmatische  Innenschlauch  lange 
der  Einwirkung  des  Reagens.  Der  Innen- 
schlauch erscheint  als  ein  bis  \9  /.i  im  Durch- 
messer zeigender,  gewöhnlich  quergefalteter 
oder  schraubig  gestreift  erscheinender  Schlauch 
(Fig.  41^).  Denselben  morphologischen  Cha- 
rakter nimmt  im  Kupferoxydammoniak  die 
Außenhaut  an,  nur  hat  sie  selbstverständlich 
einen  viel  größeren  Durchmesser  (Fig.  41a).  An 
sehr  feinen,  gut  gerösteten  Hanfbastzellen  fehlen 
oft  die  Außenhäute  oder  sind,  wie  Reinitzer^) 
fand,  bloß  in  Form  von  Längsstreifen  vorhan- 
den, welche  bei  Behandlung  mit  stark  wir- 
kenden Quellungsmitteln  eine  stark  ausgeprägte 
Querfaltung  erkennen  lassen  (Fig.  42). 

Daß  bei  Einwirkung  von  Kupferoxyd- 
ammoniak auf  gröbere  Hanfsorten,  bei  welchen 
viele  Bastzellen  noch  rund  von  Mittellamellen 
umgeben  sind,  diese  letzteren  von  den'  stark 
quellenden  Zelluloseschicht^n  abgestreift  werden, 
wodurch   die  von  den  Mittellamellen  befreiten 


Fig.  41.  Vergr.  .SOO.  Hanffaser- 
fragment  aus  einem  rohen,  stark 
verholzten  Hanf  nach  Behand- 
lung mit  Kupferoxydammoniak, 
aa  äußerste  verholzte,  infolge 
der  Einwirkung  des  Reagens  fal- 
tig   gewordene    Jiellhautschichte, 

i  Innenhaut. 
(Ans   Wiesner,    Papyrus   E.  R.) 


ben    werden,    ist    schon 
örtert  worden  (s.  Fig.  43). 

Es  ist  auch  noch  zu  bemerken,,  daß  der  Innenschlauch  der  Bastzellen 
nicht  immer  in  toto  erhalten  ist,  sondern,  wie  Reinitzer^)  gezeigt  hat, 
die  Reste  des  Protoplasmas  auch  in  Form  von  Fäden  im  Lumen  der  Zelle 
zurückgeblieben  sein  können.     Werden  Bastzellen    des  Hanfes,    welche 

1)  Nach  Vetillard  (Etudes,  p.  77)  beträgt  der  maximale  Durchmesser  16 — 50  ju 
im  Mittel  22  fz.  Der  obere  Grenzwert  bezieht  sich  wohl  nicht  auf  intakte  Stengel- 
bastfasern, sondern  auf  auseinandergebrochene,  welche  selbstverständlich  viel  breiter 
als  die  unveränderte  Bastzelle  erscheinen. 

2)  F.  Reinitzer,  Archiv  für  Chemie  und  Mikroskopie.     Wien  ('Ol-I). 

3)  F.  Reinitzer,  1.  c. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


193 


solche  faserfOrmige  Protoplasmareste  enthalten;  mit  Kupferoxydammoniak 
behandelt,  so  erscheinen  in  der  quellenden  Zellulosemasse  diese  Proto- 
plasmastränge ebenso  wie  der  gänzlich  erhaltene  Innenschlauch  hin  und 
hergewunden,  da  sie  an  dem  Zusammenhang  der  der  Dicke  nach  quel- 
lenden Zellulosemasse  keinen  Anteil  haben  (Fig.  42). 

Während  die  Baumwolle  und  die  Leinenbastzelle  schon  durch  Jod 
und  Schwefelsäure  gebläut  werden,  tritt-  bei  der  Hanffaser  nur  selten 
eine  rein  blaue,  häufig  eine  mehr  oder  minder  ins  Grüne  geneigte  Fär- 
bung auf.     Vollkommen  gebleichte  oder 

mit  Ghromsäure  vorbehandelte    Hanf-  '' 

bastzellen  zeigen,  wie  leicht  begreif- 
lich, die  reine  Zellstoffreaktion.  Die 
Wirkung  der  Ghromsäure  ist  bei  der 
Hanfbastzelle  die  gleiche  wie  bei  der 
Bastzelle  des  Flachses.  Schwefelsaures 
Anilin  färbt  die  unveränderte  Bastzelle 
des  Hanfes  gelblich,  Phlorogluzin  + 
Salzsäure  schwach  rötlich  violett  i). 

Geschichtliches.  Später  als 
der  Flachs'  trat  der  Hanf  als  Faser- 
und überhaupt  als  Kulturpflanze  auf. 
Den  alten  Ägyptern  und  Pbünikern 
war  er  unbekannt,  aber  in  Indien 
tritt  Cannabis  sativa  als '  gebautes 
Gewächs   schon    800 — 900  Jahre   vor 


Fig.  42.   Vergr.  370.    Fragment  einer  Hanffaser 
.,    „.  .         1        j        o   i -u  1  nacli   Behandlung    mit    Kupferoxydammoniak. 

\]  Eine     eingehende    Schilderung     des  t,    <.    ■,         %      •      tt  t^-.^ 

I  'o  ^  p     Protoplasmare.^te     m     Form     von     Faden. 

mikroskopischen  und   mikrochemischen  Ver-       „,  streifenförmige  Beste  vou  Mittellamellen, 
hultens  der  Hanffaser  und    ihrer  Unterschei-       wellenförmig  gefaltet.    (Nach  F.  Reinitzer. 
düng  von   der   Leinenfaser  ist    enthalten   in 
Wiesner,  Die  mikroskopische  Untersuchung  des  Papiers  usw.  Wien  1887. 

Daselbst  auch  die  ältere  Literatur.  Vgl.  hierüber  auch  v.  Höhnel,  Mikro- 
skopie der  Faserstoffe,  2.  Aufl.,  1905,  p.  47  ff.  und  T.  F.  Hanaus  ek,  Technische 
Mikroskopie.  Stuttgart  1  900,  Hanffaser.  Korn,  1.  c,  Sonntag,  1.  c,  F.  Reinitzer, 
1.  c.  (1911).  Über  die  Unterscheidung  von  Hanf  und  Flachs  nach  Reinitzer  s.  auch 
oben  p.  58.  Sonntag  ist  zu  dem  Ergebnis  gekommen,  daß  die  Neigungswinkel  der 
Streifung  der  Zellwände  bei  Flachs  und  Hanf  nur  innerhalb  gewisser  Grenzen  schwanken 
und  einen  für  jede  Faser  bestimmten  Durchschnittswert  erreichen.  Streifungswinkel 
von  Flachs  :  Hanf  =  10,21  :  3,065.  Als  Minimum  wurde  bei  Flachs  5°,  bei  Hanf  0° 
gefunden;  als  Maximum  bei  Flachs  19",  bei  Hanf  8,5°.  Der  Unterschied  in  den 
Streifungswinkeln  soll  nun  so  groß  sein,  daß  mit  Hilfe  von  Messungen  oder,  bei 
entsprechender  Übung,  mit  Hilfe  von  Schätzungen  Flachs  und  Hanf,  auch  wenn  sie 
zu  Papierhalbstoff  oder  Papier  verarbeitet  sind,  mikroskopisch  unterschieden  werden 
können. 

Wiesner,  Rohstoife.     III.  Band.     3.  Aufl.  13 


194 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


unserer  Zeitrechnung  auf.  Nach  gefälligen  Mitteilungen  des  Herrn  Prof. 
L.  V.  Schröder  ist  der  Sanskritname  nana  allerdings  nicht  unzweideutig 
und  kann  sich  sowohl  auf  die  echte  Hanfpflanze  als  auch  auf  Crotalaria 
juncea  (s.  unten  bei  Sunn)  beziehen.  Aber  wenn  von  Qana  als  einer 
Pflanze,  die  ein  Heilmittel  oder  narkotisches  Genußmittel  liefert,  die  Rede 
ist,  so  kann  sich  dieser  Name  nur  auf  die  Hanfpflanze  beziehen.  Nun 
erscheint  Qana  als  Heilmittel  im  Atharvaveda,  800 — 900  Jahre  v.  Chr. 
Ein  Jahrhundert  später  werden  in   der  indischen  Literatur  Gewebe  und 

Geflechte  und  später  in  den  Siitras 
-A-  B  (etwa  600  Jahre  v.  Chr.)  Schnüre 

und  Stricke,  welche  aus  der  Pflanze 
rana  erzeugt  wurden,  erwähnt. 
Die  indische  Kultur  der  Hanf- 
pflanze zielte  auf  ein  Gewächs  hin, 
welches  in  seinen  Früchten  ein  nar- 
kotisches Genußmiltel  darbietet. 
So  hat  sich  die  Pflanze  zu  einer 
Kulturform  entwickelt,  welche  als 
Faserpflanze  geringwertig  ist  und 
deshalb  jetzt  in  hidien  zu  textilen 
Zwecken  sehr  wenig,  hingegen 
häufig  zur  Herstellung  von  be- 
rauschenden Getränken ,  narkoti- 
schen Stoffen  und  Heilmitteln 
dient  (siehe  oben).  Es  möchte 
nach  meinem  Dafürhalten  zu  er- 
wägen sein,  ob  von  der  indischen 
Hanfpflanze  nicht  unser  Hanf  ab- 
stamme, der  aber  —  unter  an- 
deren klimatischen  Verhältnissen 
und  mit  der  Absicht,  die  Faser 
zu  gewinnen,  kultiviert  —  zu 
einer  Kulturform  sich  umgewandelt  hat,  welche  wir  jetzt  als  Cannabis 
sativa  bezeichnen.  Die  Skythen  benutzten  den  Hanf  als  Faserpflanze, 
wußten  aber  auch  aus  demselben  ein  berauschendes  Getränk  zu  bereiten. 
In  China  wurde  schon  500  v.  Chr.  Hanf  gebaut i).  Herodot  erwähnt, 
daß  die  Thrakierinnen  aus  Hanfgeweben  Kleider  verfertigten.  Von  rö- 
mischen Schriftstellern  nennt  zuerst  Lucilius  (um  100  v.  Chr.)  den 
l\?iv\{  [cannahls)  als  Faserpflanze.  Plinius  (XIX,  p.  175)  spricht  von 
Hanfbau    und    hebt   hervor,    daß   um  Reate    im  Sabinerlande   die  Hanf- 


\, 


Fig.  43^.  Vergr.  40.  Fragment  einer  von  der 
Mittellamelle  rund  umgebenen  Hanfbastzelle  nach 
Behandlung  mit  Kupferoxydammoniak.  6  blasen- 
förraige  Auftreibung  der  Zellulosehaut,  cm  Abge- 
streifte zusammengezogene,  gürtelförmig  ange- 
ordnete Mittellamelle.    i  Innenschlaucb. 

Fig.  43  B.  Vergr.  400.  Fragment  einer  mit  Mittel- 
lamelle bekleidet  gewesenen  Hanfbastzelle  nach 
Behandlung  mit  Kupferoxydaramoniak.  i  Schrauben- 
förmig sich  ablösende  Mittellamelle,  6  blasenförmig 
aufgetriebene  Zellulosehaut. 


1)  Engler,  Notizblatt  des  Berliner  Botan.  Gartens,  190« 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  195 

pflanze  baumhoch  werde.  Seit  dem  Zweiten  Panischen  Kriege,  welcher 
die  Römer  mit  dem  spartum  (s.  unten  bei  Esparto)  bekannt  machte, 
scheint  eine  Einschränkung  des  Gebrauches  der  Hanffaser  bei  ihnen 
stattgefunden  zu  haben.  Frühzeitig  wurde  in  Gallien  und  in  den  sla- 
wischen Ländern  Hanf  als  Faserpflanze  gebaut.  Vom  südlichen  Frank- 
reich und  von  den  slawischen  Ländern  aus  hat  sich  verhältnismäßig 
spät  der  Hanfbau  nach  dem  übrigen  Europa  verbreitet  i). 

Die  Herleitung  der  Namen,  welche  für  Hanf  in  den  verschiedenen 
Ländern  gebraucht  wurden  [cannahis  der  Römer,  -/.avpaßig  der  Griechen) 
hanef  im  Althochdeutschen,  konoplja  im  Altslawischen),  scheint  noch 
nicht  geklärt2)  und  konnte  deshalb  keine  sicheren  Anhaltspunkte  für 
die  Herkunft  des  Hanfes  geben. 

Die  Kultur  des  Hanfes  hat  nach  und  nach  eine  große  Ausdehnung 
gewonnen,  insbesondere  in  Rußland ;  aber  in  neuerer  Zeit  weicht  diese 
durch  große  Festigkeit  und  Widerstandskraft  ausgezeichnete  Faser  zum 
Teil  billigen  tropischen  Konkurrenten.  Bezüglich  jener  aus  diesem 
Rohstoffe  dargestellten  Fabrikate,  welche  große  Festigkeit  besitzen 
(Seilerwaren,  Segeltuch  usw.)  oder  der  Wirkung  des  Wassers  wider- 
stehen sollen  (Taue),  ist  der  Hanf  nicht  leicht  zu  ersetzen,  aber  zur 
Herstellung  von  Packtuch,  Säcken  u.  dgl.  wird  er  allenthalben  durch  die 
weitaus  billigere  Jute  verdrängt;  aber  selbst  als  Rohstoff  für  Seilerwaren 
treten  in  neuerer  Zeit  Manilahanf,  Sisal  und  ähnliche  tropische  Faser- 
stoffe als  starke  Konkurrenten  des  Hanfes  erfolgreich  auf^). 

6.  Die  Bastfaser  von  Hibiscus  canuabinus  L. 
(Gambohanf,  Java-Jute.) 

Hibiscus  cannabinus  ist  eine  einjährige,  krautige  Malvacee  Indiens, 
welche    dort    ihrer    spinnbaren    Faser   wegen   seit   alter  Zeit-*)    und   im 


1)  Blümner,  Technologie  und  Terminologie  der  Gewerbe  und  Künste  bei  den 
Griechen  und  Römern,  I  (1873),  p.  188.  2.  Aufl.,  I  ('1912),  p.  308.  Hehn,  Kultur- 
pflanzen usw.     6.  Aufl.  (1894),  p.  186. 

2)  S.  hierüber  Schraders  Anmerkung  in  Hehn,  1.  c,  p.  188 — 189. 

3)  Bezüglich  Kotonisierung  des  Hanfes  siehe  Tropenpflanzer,  1919,  p.  62,  Die 
durch  diesen  Veredlungsprozeß  erhaltene  Faser  soll  schönen  Glanz  aufweisen,  voll- 
kommen weiß  und  dabei  sehr  weich  sein. 

4)  Der  Sanskritname  dieser  alten  Kulturpflanze  ist  nalita,  mit  welchem  Namen 
(wie  bei  Hanf  und  Flachs)  auch  die  Faser  dieser  Pflanze  bezeichnet  wird.  Die  bei 
"Watt  (Commerc.  prod.  of  India,  1908,  p.  630)  sich  vorfindende  mehrfach  reproduzierte 
Angabe  (z.  B.  Brück,  Tropenpflanzer,  XVI  (1912),  p.  492 ff.),  daß  Hibiscus  cannabinus 
afrikanischen  Ursprungs  sei  und  in  Indien  eingeführt  wurde,  ist  wohl  ebenso  un- 
richtig wie  die  alte  Angabe  bei  Kosteletzky  (Medizinisch-pharmazeutische  Flora, 
Bd.  V,  p.  I  855),  derzufülge  Hibiscus  cannabinus  am  Senegal  und  in  Indien  zu  Hause 

13* 


196  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

ausgedehnten  Maßstabe,  insbesondere  in  Madras  und  Bengalen,  kulti- 
viert wird. 

Die  Faser  wird  in  neuerer  Zeit  auch  exportiert  und  kommt  auf 
den  englischen  Markt  unter  dem  Namen  Gambohanf,  Brown  Hemp 
oder  Bombayhanf,  mit  welchen  beiden  letzteren  Namen  jedoch  auch 
andere  Fasern,  z.  B,  der  Sunn,  bezeichnet  werden.  Auch  fibre  of  the 
roselle  und  Jute  von  Madras  hat  man  diese  Faser  im  euFopäischen 
Handel  genannt.  Sehr  häufig  wird  dieser  Faserstoff  auch  dem  indischen 
Hanf  (Indian  Hemp)  zugezählt,  unter  welchem  Namen  man  die  Fasern 
von  Cannabis  sativa,  Crotalaria  juncea  und  Hibiscus  cannabinus 
zusammenfaßt.  —  Im  westlichen  Indien  heißt  die  Pflanze  Ambaree 
(daher  auch  der  Name  Ambaree  fibre),  in  Madras  Palungo,  in  Bombay 
Deccari  hempi).  Über  die  Bedeutung  der  »Java -Jute«  als  Kultur-  und 
Industrieobjekt  folgen  unten  die  erforderlichen  Daten. 

Die  ersten  genauen  Nachrichten  über  diese  Faser  finden  sich  bei 
Roxburgh2).  Auch  in  Royles  oft  genanntem  Werke 3)  sind  viele 
Daten  über  die  Ausdehnung  der  Kultur  der  Pflanze,  über  Gewinnung 
und  Eigenschaften  der  Faser  enthalten. 

Die  Charaktere  der  mir  zur  Untersuchung  vorliegenden  Proben  von 
Gambohanf  stimmen  mit  den  in  den  genannten  Werken  angegebenen 
Eigenschaften  überein,  so  daß  ich  keine  Ursache  habe,  die  Abstammung 
dieses  Faserstoffes  von  Hibiscus  cannabinus  zu  bezweifeln.  Indes  muß 
ich  doch  hervorheben,  daß  ich  die  unten  folgenden  mikroskopischen 
Kennzeichen  des  Gambohanfs  von  Hand  eis  proben  ableiten  mußte,  da 
ich  nicht,  wie  bei  den  meisten  anderen  hier  beschriebenen  Fasern,  in 
der  Lage  war,  mir  ganz  verläßliches  Untersuchungsmaterial,  nämlich 
die  Stammpflanze  und  genau  bestimmte  Proben  der  Fasern  zu  ver- 
schaffen. 

Die  mir  vorliegenden  Proben  des  Gambohanfs  bilden  einen  sehr 
ungleichartigen  Faserstoff,  der  teils  und  zwar  vorwiegend  aus  überaus 
feinen,  teils  aus  gröberen  Fasern  besteht.  Die  Proben  zeigen  deutUch, 
daß  es  wohl  nur  wenig  Schwierigkeiten  machen  kann,  aus  der  genannten 
Pflanze  eine  überaus   feine,    spinnbare   Faser  darzustellen  und   daß  an 


sein  soll.  Zur  Unterstützung  meiner  Aussage  beziehe  ich  mich  auf  De  Candolle,' 
Prodromus,  F,  p.  450,  wo  ausschließlich  India  Orientalis  als  Heimat  dieser  Pflanze  an- 
gegeben ist. 

-1)  Über  die  Namen  dieser  Faser  s.  Roxburgh  (s.  nächstes  Zitat)  und  Royle, 
1.  c,  p.  254  ff.  Nach  Dodge,  1.  c,  p.  492  wird  die  Faser  in  Bengalen  Mesta  pate 
genannt.  Nach  Kew  Bull.  1  891  auch  kanalT.  Über  die  indischen  Namen  dieses  Faser- 
stofies  s.  Watt,  1.  c,  p.  670. 

2)  Planls  of  the  coast  of  Coromandel,  II  (1798),  p.  480". 

3)  1.  c,  p.  254. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  197 

der  Mangelhaftigkeit  der  Handelsprobe  nur  die  Unvollkdmmenheit  der 
Abscheidungsmethode  die  Schuld  trägt.  Es  ist  auch  von  Watson'^, 
der  die  Faser  Palungor  und  Bastart -Jute  nennt,  auf  die  schlechte  Zu- 
bereitung dieses  Rohstoffes  hingewiesen  worden.  Er  sagt  auch  a.  a.  0., 
daß  diese  Faser  auf  dem  englischen  Markte  wegen  der  nachlässigen 
Bereitung  nicht  so  geschätzt  wird,  wie  sie  es  verdient. 

Neuestens  wird  der  Gewinnung  des  Gambohanfs  eine  größere 
Aufmerksamkeit  zugewendet  und  die  erzielten  Erfolge  führten  in  einigen 
Gegenden  Indiens  zur  verstärkten  Produktion  und  zur  vermehrten 
Ausfuhr. 

Eine  Hauptsorte  des  indischen  Gambohanfs,  welche  als  Bimlipatam- 
Jute  bekannt  ist,  hat  neuestens  einen  beträchtlichen  Aufschwung  ge- 
nommen. -1902/3  wurden  3200  Tonnen  dieses  Faserstoffes  exportiert 
und  vier  Jahre  später  erhöhte  sich  das  Gewicht  der  ausgeführten  Faser 
auf  das  vierfache.  Innerhalb  dieser  vier  Jahre  hat  sich  der  Preis  dieser 
Ware  infolge  Verbesserung  der  Qualität  so  sehr  erhöht,  daß  der  Wert 
des  Produktes  innerhalb  des  genannten  Zeitraums  sich  geradezu  verneun- 
fachte  2). 

Neben  Indien  gehört  Java  zu  den  größten  Produzenten  der  Faser 
von  Hibiscus  cannahinus.  Die  Pflanze  gedeiht  dort  gut  und  ist  sehr 
ertragreich  3).  Java  verbraucht  nicht  nur  einen  großen  Teil  der  Faser  als 
Packleinwand  für  Kaffee,  Zucker  usw.,  sondern  exportiert  auch  Roh- 
faser und  Säcke. 

Die  guten  Erfolge  des  Anbaues  der  Java-Jute  sind  der  Grund,  daß 
man  bestrebt  ist,  Hibiscus  cannabinus  als  Faserpflanze  in  anderen 
tropischen  Ländern  einzuführen  4). 

Die  Ansichten  über  den  Wert  des  Gambohanfs  gingen  früher  sehr 
auseinander;  in  neuester  Zeit  klären  sie  sich  immer  mehr  und  mehr. 
Während  Royle  (1855)5)  die  Feinheit  dieses  Spinnstoffes  hervorhebt, 
bezeichneten  die  meisten  gleichzeitigen  Autoren  die  Faser  als  hart  und 
grob. 


\)  1.  c,  p.  llff. 

2)  Warburg,  Tropenpflanzer,  XII  (-1908).     Watt,  1.  c,  p.  630. 

3)  Auf  Java  wird  Hibiscus  cannabinus  nach  der  Reisernte  gebaut  und  ist  nach 
3 — 4  Monaten  zur  Ernte  reif.  Es  ist  also  jährhch  eine  Doppelernle  möglich.  C  art- 
haus. Über  Gambohanf  oder  Java-Jute,  Tropenpflanzer,  XV  (iGH),  p.  223  IT.  Siehe 
auch  Tropenpflanzer,  ■19'I7,  p.  370.  Die  Anpflanzungen  sollen  allerdings  ziemhch  viel 
unter  Insekten  zu  leiden  haben.  Die  großen  Hoß'nungen,  die  man  sich  bezüglich  dieser 
Pflanze  machte,  sollen  sich  nicht  erfüllt  haben. 

4)  S.  hierüber  Dodge,  I.e.,  Schweinfurth,  Le  plante  utili  deH'Eritrea,  Soc. 
Afr.  d'Italia,  XC.  Warburg,  1.  c,  wo  die  Anpflanzung  von  Hibiscus  cannabinus  in 
Deutsch-Ostafrika  empfohlen  wird. 

5)  1.  c,  p.  257. 


198 


Siebzehnter  Absclinilt.     Fasern. 


Nunmehr  ist  aber  klar  geworden,  daß  je  nach  der  Bereitungsweise 
entweder  grobe  Sorten  zustande  kommen,  welche  wie  Jute  verwendet 
werden,  oder  feinere  Sorten,  welche  zu  feineren  Geweben  dienen.  Die 
sehr  verschiedenen  Eigenschaften  dessen,  was  im  Handel  als  Gambohanf 
oder  Java-Jute  erscheint,  gehen  aus  der  schon  gegebenen  Charakteristik 
der  käuflichen  Fasersorten  wohl  zur  Genüge  hervor.  In  Java  hat  man 
es    nur   auf   grobe    juteartige   Fasern    abgesehen.     Über   die  Java -Jute 

spricht  sich  Itersoni)  dahin 
aus,  daß  sie  in  bezug  auf 
Festigkeit  alle  von  ihm  unter- 
suchten Jutesorten  übertroffen 
habe,  sonst  aber,  namentlich 
in  betreff  der  Feinheit  und 
Elastizität  den  mittleren  Jute-. 
Sorten  gleichkomme.  Die  Ge- 
winnung der  Java-Jute  ist  auf 
Java  eine  sehr  primitive.  Die 
Stengel  werden  abgeschnitten, 
entblättert,  zu  Bündeln  ver- 
einigt und  im  Wasser  durch 
8 — 1 4  Tage  einer  Röste  unter- 
worfen. Sodann  wird  der 
Bast  abgezogen,  in  Wasser 
ausgespült  und  schließlich  ge- 
trocknet 2). 

In  Indien  unterscheidet 
man  Sorten  von  verschiedenen 
Graden  der  Feinheit.  Die 
besten  Sorten  dienen  zu  feine- 
ren Geweben,  die  geringeren 
zu  Packleinen  und  Seilen  und 
werden  überhaupt  nach  Qualität  und  Verwendung  der  Jute  gleichgestellt. 
Der  Gambohanf  ist  von  weißlicher  Farbe,  mit  einem  Stich  ins 
Graugelbe  und  glänzt  nur  wenig.  Die  Fasern  haben  eine  höchst  un- 
gleiche Länge.  Die  feinsten  messen  nur  einige  Zentimeter,  die  gröberen 
erreichen  eine  Länge  von  5 — 10  Fuß  (Watt  1.  c.)  Die  gröberen  Fasern 
haben  eine  Dicke  von  40 — 150«.  Die  feinsten  bestehen  oft  nur  aus 
einzelnen  oder  wenigen  Zellen. 

Die  lufttrockene  Faser  enthält  7,38  Proz.  Wasser,  mit  Wasserdampf 


Fig.  44.  Vergr.  250.  Bastfaser  von  Hibiscns  cannabimis. 
c  Stumpfe  Enden  der  Faser,  d  Rudiment  eines  Seiten- 
zweiges, l  Längsansicht  eines  bei  r  vollständig  verdickten 
Bastfaserstückes,  qq  Querschnitte  mit  kleinem  Lumen  L 
_  und  dicken  Mittellamellen  iii.    (Nach  v.   Höhnel.) 


1)  Brück,  Tropenpflanzer,  XVI  (1912),  p.  492  IT. 

2)  Brück,  1.  c. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  199 

gesättigt  bei  mittlerer  Temperatur  14,61  Proz.  Wasser.  Die  Aschen- 
menge der  getrockneten  Faser  beträgt  2,55  Proz.  Die  Asche  ist 
kristallfrei. 

Mit  Jodlüsung  befeuchtet,  färbt  sich  jede  Faser  goldgelb.  Auf  Zusatz 
von  Schwefelsäure  werden  die  Bastzellen  bis  auf  die  innerste  Zellwand- 
schicht unter  starker  Aufquellung  indigoblau  gefärbt.  Kupferoxyd- 
ammoniak löst  unter  starker  Bläuung  und  nach  vorhergegangener 
starker  Aufquellung  jede  Bastzelle  bis  auf  die  innerste  Zellwandschicht 
auf,  welche  als  strukturloser  gewundener  Sack  zurückbleibt,  häufig  auch 
unter  starker  Auftreibung  jene  eigentümliche  spiralige  Streifung  annimmt, 
die  an  den  Bastzellen  des  Hanfes  aufgefunden  wurde.  Schwefelsaures 
Anilin  färbt  die  Faser  nur  wenig  gelb,  Phlorogluzin  und  Salzsäure 
bringen  auch  nur  schwache  Violettfärbung  hervor,  etwa  so  wie  bei 
gutem  Hanf.  Diese  Beobachtungen  lehren,  daß  die  Bastzellen  des 
Hihiscus  cannabinus  nur  sehr  wenig  verholzt  sind,  und  hierdurch 
erklärt  sich  auch  die  selbst  bei  nur  einigermaßen  rationeller  Aufbereitung 
sich  einstellende  Weichheit  und  Geschmeidigkeit  dieses  Spinnstoffes, 
welcher  in  seiner  Güte  mehr  dem  Flachs  und  den  besseren  Sorten  von 
Hanf  als  der  Jute  an  die  Seite  zu  stellen  ist. 

Sowohl  durch  Kalilauge  als  auch  durch  Ghromsäure  lassen  sich  die 
an  der  Zusammensetzung  der  Fasern  Anteil  nehmenden  Elementarorgane 
aus  dem  Verbände  bringen.  Man  erkennt,  daß  die  feineren  Fasern  bloß 
aus  Bastzellen  bestehen.  Die  grüberen  führen  an  einer  der  Außenflächen, 
nämlich  an  jener  Seite,  die  auch  am  Stengel  nach  außen  hin  gestellt 
war,  parenchymatische  dünnwandige,  jedoch  ziemlich  stark  verholzte 
Zellen,  die  bei  der  Einwirkung  des  Kupferoxydammoniaks  auf  die  Faser 
fast  gar  nicht  angegriffen  werden  und  bei  der  Behandlung  mit  Jod 
und  Schwefelsäure  eine  braune  Farbe  annehmen,  während,  wie  schon 
oben  erwähnt  wurde,  die  Bastzellen  sich  hierbei  tief  bläuen  und  Kupfer- 
oxydammoniak diese  Zellen  auflöst.  Schwefelsaures  Anilin  färbt  die 
Bastzellen  nur  sehr  schwach  gelb,  fingiert  hingegen  die  Parenchymzellen 
stark.  In  analoger  Weise  wirkt  Phlorogluzin.  Durch  vervollkommnete 
Rüstung  wäre  es  ein  leichtes,  diese  Parenchymzellen,  die  den  grüberen 
Fasern  des  Gambohanfs  gegenüber  den  zarten  Fasern  einen  gewissen 
Grad  von  Härte  und  Sprüdigkeit  geben,  vüllig  zu  beseitigen. 

Die  Zellen  des  dieser  Faser  oft  anhaftenden  subepidermalen  Paren- 
chyms  messen  in  der  den  Bastzellen  folgenden  Richtung  12  0,  in  der 
darauf  senkrechten  Richtung  40  u. 

Es  gelang  mir  nicht,  die  langen  Bastzellen  vüllig  unverletzt  außer 
Zusammenhang  zu  bringen,  so  daß  ich  die  Länge  der  Bastzellen  nicht 
genau  ermitteln  konnte.  Bastzellen  von  4 — 6  mm  Länge  habe  ich 
häufig  beobachtet.  —  Die  Dicke  der  Bastzellen   variiert  von  20—41  j«. 


200  Siebzehnter  Abschnilt.     Fasern. 

Der  Querdurchmesser  der  Bastzellen  ist  mithin  ein  bedeutender').  Doch 
hat  es  den  Anschein,  als  würde  die  Dicke  der  Zellen  dieses  Faserstoffes 
durch  starke  Zerklüftung,  die  bei  der  Abscheidung  der  Faser  eingetreten 
sein  dürfte,  beeinflußt.  Auch  die  Verdickung  der  Zell  wände  ist  eine 
variable,  meist  jedoch  schwache,  und  hierin  und  in  der  erwähnten  Zer- 
klüftung der  Zellwände  findet  die  geringe  Festigkeit  der  niederen  Sorten 
dieser  Faser  ihre  Erklärung.  Es  ist  aber  nicht  zu  verkennen,  daß 
durch  eine  sorgsamere  Abscheidung  der  Faser  dieselbe  nicht  nur  an 
Feinheit,  sondern  auch  an  Festigkeit  gewinnen  würde.  Die  natürlichen 
Enden  der  Bastzellen  sind  entweder  kegelförmig  zugespitzt  oder  am 
Ende  wenig  verschmälert  und  abgerundet. 

7.  Bastfaser  von  Crotalaria  juncea  (Sunn). 

Von  dem  Genus  Crotalaria  kommen  in  Indien  und  den  umliegenden 
Inseln  dreiundfünfzig  Spezies  vor  (Miquel);  aber  nur  wenige  derselben 
sind  zur  Fasergewinnung  geeignet,  nämlich  Crot.  juncea,  C.  Biirhia, 
C.  7'etusa  und  tenuifolia.  Die  vier  genannten  Spezies  werden  in  Indien 
auch  auf  Faserstoffe  ausgebeutet.  Die  grüßte  Bedeutung  als  Gespinst- 
pflanze hat  unter  diesen  vier  Arten  entschieden  die  erstgenannte. 

Die  ersten  Nachrichten  über  diese  wichtige  Gespinstpflanze  finden 
sich  bei  Rheede^j.  Später  haben  Wissen  1 3)  und  in  späterer  Zeit 
Roylc*)  ausführliche  Berichte  übbr  die  Kultur  dieser  Pflanze,  über  die 
Gewinnung  und  über  die  Eigenschaften  des  abgeschiedenen  Faserstoffes 
gegeben. 

Crotalaria  juncea^  eine  uralte  indische  Faserpflanze^),  ist  eine  ein- 
jährige Papilionacee,  welche  fast  überall  im  Süden  Asiens,  besonders 
aber  in  Indien,  auf  Java  und  Borneo  kultiviert  wird.  Am  stärksten 
wird  sie  in  den  nordwestlichen  Provinzen  Indiens  angebaut,  wo  ihre 
Anpflanzungen  eine  Bodenfläche  von  50  000  Acres  bedecken 6).  Der 
durch  Röstung  und  Ilechelung  erhaltene  Gespinststoff  führt  den  hin- 
dostanischen  Namen  Sunn,  Sun  oder  San,  der  aus  dem  Sanskritnamen' 
gana  (spr.  schana)  entstanden  ist.  Die  Bezeichnung  Sunn  wird  auch 
im  europäischen  Handel  angewendet.    In  Bengalen  heißt  diese  Gespinst- 


4)  Nach  V.  Höhnel,  Mikroskopie  der  Faserstoffe,  2.  Aufl.  (igos),  p.  56,  haben 
die  Bastzellen  von  Hibiscus  cannabinus  eine  Länge  von  2—6,  meist  von  5  mm  und 
einen  Durchmesser  von  4  4 — 33^.  Sie  sind  wie  die  der  Jute  ungleichmäßig  verdickt 
und  zeigen  eine  Andeutung  einer  Verästelung  (Fig.  kkd). 

2)  Hort,  malab.  V,  IX. 

3)  Cultivation  and  preparation  of  hemp  and  sunn.     London  4  804. 

4)  1.  c,  p.  270  ff. 

5)  S.  oben  Geschichtliches  über  Hanf,  p.  4  93. 

6)  Dodge,  I.e.,  p.  4  39.  Nach  Howard  (Mem.  Dep.  Agr.  India,  4  94  0,  Nr.  3,  bot. . 
Ser.,  p.  4  77 — 189)  unterscheidet  man  zwei  gut  charakterisierte  Varietäten. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  201 

faser  Ghore  Sun  oder  Meesta  pat,  in  Kalkutta  Sunn  hemp.  Andere 
indische  Namen  hierfür  sind:  Kenna,  Janapa,  Shanapum,  Brown  hemp, 
Madras  hemp,  Konlcanee  hemp,  Bombay  hemp  und  Salsette  i).  Die 
Namen  Brown  hemp,  Bombay  hemp  und  Meesta  pat  werden  jedoch 
auch  auf  die  Faser  von  Hibiscus  cannabinus  angewendet. 

Der  Sunn  2)  besteht  aus  verschieden  feinen,  etwas  durcheinander- 
gewirrten Fäden,  die  diesem  Spinnmaterial  ein  wergartiges  Aussehen 
geben.  Die  Fasern  sind  von  verschiedener  Feinheit  und  Länge,  welche 
bis  zu  50  cm  steigt.  Die  große  Feinheit  zahlreicher  im  Sunn  ent- 
haltener Fasern  läßt  annehmen,  daß  sich  aus  dem  Baste  der  Crotalaria 
juncea  gewiß  ein  sehr  feines  Spinnmaterial  erzeugen  ließe,  wenn  das 
Verfahren  der  Röstung  und  Hechelung  mit  mehr  Sorgfalt  betrieben 
werden  würde.  Die  meisten  Fasern  sind  platt,  streifenartig.  Ihre  Breite 
schwankt  gewöhnlich  zwischen  20  und  350  (.i. 

Die  in  Indien  nach  mehr  oder  weniger  vervollkommneten  Rüst- 
methoden hergestellten  Sorten  des  Sunn  sind  in  der  Reihenfolge  ihrer 
Güte  Bombay  (beste),  Jabbalpore,  Phillibit  und  Bengal  (geringste)  3). 

Doch  sind  auch  die  besten  Sorten  nicht  fein  genug,  um  zur  Her- 
stellung feinerer  Gewebe  zu  dienen,  obwohl  oft  betont  wurde,  daß  sich 
Sunn  auch  zur  Herstellung  feiner  Gespinste  und  Gewebe  eignen  würde, 
Sunn  wird  wie  Hanf  benützt.  Besonders  geschätzt  ist  dieser  Faserstoff 
zur  Herstellung  von  Fischernetzen.  Abfälle  oder  geringe  Fasersorten 
dienen  in  der  Papierfabrikation  (Watt). 

Hüchst  bemerkenswert  erscheint  mir  die  geringe  Hygroskopizität 
dieser  Faser.  Es  ist  mir  keine  einzige  in  Verwendung  stehende  Pflanzen- 
faser bekannt  geworden,  die  in  so  geringem  Grade  Wasserdampf  auf- 
zunehmen befähigt  wäre  wie  der  Sunn.  Es  ist  das  gewiß  eine  für 
diesen  Spinnstoff  sehr  vorteilhafte  Eigentümlichkeit.  Die  lufttrockene 
Faser  enthält  5,3'l  Proz.  Wasser.  In  mit  Wasserdampf  völlig  gesättigtem 
Räume  steigt,  bei  mittlerer  Temperatur,  die  aufgenommene  Wassermenge 
bloß  bis  auf  10,87  Proz.,  während  die  übrigen  Pflanzenfasern  lufttrocken 
gewöhnlich  7 — 9,  mit  Wasserdampf  gesättigt  \  6 — 22  Proz.  Wasser,  ja  auch 
noch  weit  darüber   führen  ^.     Auch   die  Aschenmense  ist   eine   für  eine 


1)  Dodge,  1.  c,  p.  139,  führt  im  Artikel  »The  sunn  hemp  of  India«  al^  indische 
Namen  dieser  Faser  auch  noch  an:  Taag,  Chin-pat-  und  Chumese-fibre. 

2)  Wiesner,  Indische  Pflanzenfasern  (1870),  p.  24  und  25.  T.  F.  Hanausek, 
Techn.  Mikr.  (1900),  p.  80.  v.  Höhnel,  1.  c.  (1905)  p.  5i.  Aisslinger,  Beiträge  zur 
Kenntnis  wenig  bekannter  Pflanzenfasern.  Inaug.-Dissert.,  Zürich,  1907,  p.  83—86. 
Siehe  auch  den  Artikel:  Sunn  hemp  fibre,  in  the  Agric.  Ledger,  Kalkutta  (1896),  Nr.  11, 
Daselbst  aucii  ein  Artikel  von  W.R.  Dunston,  Pal,  Chander  und  Ferguson 
(1908 — 1909)  über  Wert  und  chemische  Beschaffenheit  des  Sunn. 

3)  Watt,  1.  c,  p.  435. 

4)  Größer  sind  die  Wassermengen  des  Sunn,    wenn   derselbe  jahrelang  lagerte. 


202 


Siebzehnter  Absclmitt.     Fasern. 


Bastfaser  sehr  geringe. 

Asche,  welche  völlig  kristallfrei  ist.' 

Die  Farbe  des  Sunn  ist  blaßgelblich.  Er  zeigt  einen  lebhaften, 
jedoch  nicht  so  starken  seidigen  Glanz  wie  die  Jute.  Trotz  der  sehr 
deutlich  ausgesprochenen  gelblichen  Farbe  ist  diese  Faser  doch  nur  sehr 
wenig  verholzt  1)  und  stellt  sich  in  dieser  Eigenschaft  dem  Flachs,  dem 
Gambohanf  und  der  Ramiefaser  ebenbürtig  an  die  Seite.  Schwefelsaures 
Anilin  färbt  den  Sunn  nur  sehr  schwach  gelblich,  Phlorogluzin  -|-  Salz- 
säure nur  sehr  schwach  rötlichviolett.  Jod  färbt  die  Faser  gelb  und 
auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  kupferrot.  Kupfer- 
oxydammoniak färbt  die  Faser  blau,  macht  sie 
zuerst  stark  aufquellen  und  bringt  sie  schließlich 
in  Lösung  2). 

Sowohl  durch  Ghromsäure  als  Alkalien  läßt 
sich  der  Sunn  leicht  in  seine  Elementarbestandteile 
zerlegen.  Am  besten  gelingt  die  Isolierung  der 
Zellen  durch  Natronlause.      Es   leidet   die  Festig- 


wenig, daß  man  sie  mit  den  Nadeln  leicht  aus- 
breiten und  sodann  messen  kann.  Es  stellt  sich 
bei  dieser  Prozedur  zunächst  heraus,  daß  jede 
Faser  des  Sunn  sich  aus  zweierlei  Elementar- 
organen, nämlich  aus  prosenchymatischen  und 
parenchymatischen  zusammensetzt.  Die  ersteren 
sind  Bastzellen,  deren  Länge  0,5 — 9,9  mm,  ge- 
wöhnUch  4,5 — 6,9  mm  beträgt  3j.  Die  Maxima 
der  Breiten  sind  sehr  groß,  sie  schwanken  zwi- 
schen 20  —  42  //4).  Die  Bastzellen  des  Sunn 
gehören  mithin  zu  den  breitesten,  die  man  kennt. 


Fig.  45.  Vergr.  350.  Quer- 
schnitte durch  die  Sunnfaser 
mit  ihrer  dicken  Außenhaut  »i 
und  der  zarten  Innenhaut  i. 
(Nach  V.  Höhnel.) 


1)  Hierzu  bemerkt  der  ergänzende  Bearbeiter  dieses  Abschnittes,  daß  nach 
Aisslinger,  I.e.,  p.  85,  die  >Außenhaut«  im  Sinne  Wiesners  (primäre  Membran 
und  verdickte  sekundäre  Membran)  schwach  verholzt,  während  die  »Innenhaut«  (das 
sind  die  inneren  Schichten)  unverholzt  ist.  Nach  Aisslinger  besteht  die  Sunnfaser 
nicht  aus  zwei,  sondern  aus  mehr  als  zwei  ausgeprägten  Schichten.  Bei  einzelnen 
Fasern  hat  er  zwei,  drei  und  mehr  innere  Schichten  festgestellt. 

2)  Nach  Aisslinger,  1.  c,  p.  34,  tritt  bei  Schnitten  durch  die  Sunnfaser  bei 
Behandlung  mit  Kupferoxydammoniak  die  innerste  Schicht  plötzlich  heraus  und  wird 
fast  momentan  gelöst.  Die  übrigen  Schichten  lösen  sich  je  nach  dem  Grade  der  Ver- 
holzung mehr  oder  weniger  langsam. 

3)  Nach  V.  Höhnel  steigt  die  Länge  der  Bästzelle  bis  auf  12  mm. 

4)  Nach  V.  Höhnel  zwischen  25 — 50,«,  nach  Hanausek  zwischen  13 — 30  ,w. 
Nach  ersterem  ist  der  häufigste  Querschnittsdurchmesser  30,  nach  letzterem  25—30  y. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


203 


Bemerkenswert  sind  die  Gestalten,  weiche  die  Enden  der  Bastzellen  zeigen. 
Selbe  sind  nämlich  stets  stumpf,  und  selbst  bei  deutlich  kegelförmiger 
Gestalt  haben  sie  eine  halbkugelfürmige  Abrundung.  Die  Enden  der 
Bastzellen  sind  sehr  stark  verdickt,  was  man  von  den  übrigen  Teilen 
dieser  Elementarorgane  nicht  aussagen  kann ,  da  deren  Wanddicke  ge- 
wöhnlich  stets  nur    1/3  — 1/9    des   Querdurchmessers    der   Zelle    beträgt. 


Auch  in  der  relativ 


Verdickung  der  Wand  der  Bastzellen  zeigt 


der  Sunn  viel  Ähnlichkeit   mit   dem  Gambohanf.       Die   mit  Chromsäure 
behandelten  Bastzellen  bieten  deutliche  Parallelstreifung  (Schichtung),  die 

mit  Kupferoxydammoniak  oder  mit  heißer 
Natronlauge  behandelten  Bastzellen  hin- 
gegen eine  sehr  deutUche  spiralige  Strei- 
fung dar.      Durch  Quetschune:   läßt   sich 


Fig.  461.  Vergr.  100.  Oterhaut  des  Sunn- 
stengels,  radiär  über  den  Gefäßbündeln 
gelegen.  Nach  einer  photographischen  Auf- 
nahme Herzogs  verkleinert   gezeichnet. 


Fig.  46  Ä      Vergr.  100.      Oberhaut  des  Sunnstengels,  über 

einer  gefäßbündelfreien  Partie  gelegen. 
l^ach    einer   photographischen   Aufnahme   Herzogs    ver- 
kleinert gezeichnet. 


letztere  nicht  hervorrufen.  Sehr  bemerkenswert  erscheint  mir  auch  die 
Eigentümlichkeit  der  Bastzellen,  daß  sich,  nach  längerer  Einwirkung  von 
Chromsäure,  von  denselben  die  äußeren  Verdickungsschichten  in  Form 
von  Kegelmänteln  mittels  der  Nadeln  abschieben  lassen^),  v.  Höhnet 
hat  gezeigt,  daß  die  äußeren  sich  leicht  von  den  inneren  ablösenden 
Verdickungsschichten  verholzt  sind  (Fig.  45,  p.  202).  Die  obengenannte 
im  ganzen  doch  nur  schwache  Verholzung  des  Sunn  betrifft  also  nur  die 
äußere  Verdickungsschicht  der  Bastzelle  dieser  Faser. 

Die  parenchymatischen  Elemente  des  Sunn  bestehen  aus  dünnwan- 


l)  Auf  die  Ablösung  der  äußeren  (relativ  stark  verholzten)  Verdickungsschichten 
machen  auch  v.  Höhnel  und  Hanausek  aufmerksam. 


204  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

digen  Zellen,  deren  Länge  meist  32,    deren  Breite  meist   22  fi   beträgt. 
Diese  Zellen  sind  frei  von  kristallisierten  Einschlüssen. 

In  jüngster  Zeit  hat  A.  Herzog  die  mikroskopische  Charakteristik 
der  Sunnfaser  nach  mehrfacher  Richtung  und  hauptsächlich  dadurch 
in  zweckmäßiger  Weise  vervollständigt,  daß  er  die  im  Stengel  der 
Crotalaria  juncea  auftretenden,  die  Bastzellen  begleitenden  histologischen 
Elemente  als  »Leitelemente«  beschrieb.  Es  finden  sich  im  Sunn  Ober- 
hautstücke und  Holzfragmente  neben  den  Bastzellen,  insbesondere  in 
gröberen  Sunnfasern  vor,  und  besonders  die  ersteren  bewähren  sich 
infolge  ihres  histologischen  Baues  sehr  wohl  als  Leitelemente,  da  sie 
unter  dem  Mikroskop  sehr  charakteristische,  nicht  zu  mißdeutende  Bilder 
darbieten.  Besonders  auffällig  sind  die  langen  scharf  zugespitzten  Haare, 
welche  die  radial  über  den  Ba'stbündeln  gelegene  Oberhaut  förmlich 
bedecken.  Auf  das  Quadratmillimeter  dieser  Hautpartien  kommen 
80 — 129  (im  Mittel  52)  Ilaare  zu  liegen,  welche  eine  Länge  von 
87—850  (im  Mittel  366)  /<  und  eine  maximale  Breite  von  26,0—58,8 
(im  Mittel  von  46,0)  ^«,  endlich  eine  Wandstärke  von  2 — 6  (im  Mittel 
von  4)  jtt  besitzen  i).  Diese  haarreiche,  spaltöffnungsfreie  Oberhaut  liegt 
radiär  über  den  Gefäßbündeln  des  Sunnstengels  (Fig.  46J.).  Die  radiär 
über  den  gefäßbündelfreien  Partien  des  Sunnstengels  liegende  Oberhaut 
enthält  spärliche  Haare  und  spärliche  Spaltöffnungen  (140  pro  qcm) 
(Fig.  465). 

8.  Bastfaser  von  Sida  retusa  L. 
(Chikan  Kadia;  ind.) 

Das  artenreiche  Genus  Sida  aus  der  Familie  der  Malvaceen  stellt 
ein  starkes  Kontingent  zu  den  Gespinstfasern  (vgl.  oben  p.  84  ff).  Die 
Faser  der  Sida-kvie,n  ist  je  nach  der  Gewinnungsmethode  grob  oder 
fein.  Im  ersteren  Falle  wird  sie  zu  Stricken,  Seilen,  Tauen,  im  letzteren 
zu  Gespinsten  gleich  dem  Hanf  oder  Flachs  verwendet.  Die  Sida-¥&%ev 
scheint  bis  jetzt  hauptsächlich  nur  in  den  Heimatländern  verwendet  zu 
werden.  Die  Häufigkeit  des  Vorkommens  der  faserliefernden  Sida-kvien^ 
die  lichte  Farbe  und  Festigkeit  des  Faserstoffes  lassen  indes  annehmen. 


■1)  Nach  Prof.  A.  Herzog,  Zur  Unterscheidung  der  Seilerfasern  (Tropenpflanzer, 
XVIII,  iSIA,  p.  117 — 136),  wo  außer  den  oben  angeführten  nocli  zahh^eiche  andere 
mikroskopische  und  mikrochemische  Kennzeichen  des  Sunn  zu  finden  sind,  welche  in 
hohem  Grade  dazu  geeignet  sind,  eine  genaue  Unterscheidung  dieser  Faser  von  den 
anderen  durchzuführen.  Herzog  weist  auch  hier  darauf  hin,  daß  im  Sunnstengel 
neben  primären  Bastbündeln  auch  sekundäre  vorhanden  sind,  deren  Elementarfasern 
von  denen  der  erstgenannten  sowohl  in  der  Form,  als  auch  in  der  chemischen  Zu- 
sammensetzung wesentlich  verschieden  sind. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  205 

daß  dieser  Spinnstoff  in    der   Folge    auch   in  der  europäischen  Industrie 
festen  Fuß  fassen  werde. 

Unter  den  S/da- Arien  scheint  S.  retusa  die  wichtigste  zu  sein. 
Sie  liefert  einen  Bast,  welcher  zu  Seilerarbeiten  verwendet  wird.  Diese 
Pflanze  ist  in  Indien  häufig  und  wurde  in  neuerer  Zeit  in  Queensland 
(Queensland  hemp),  in  Nord-  und  Südamerika  eingeführt.  In  Venezuela 
heißt  die  Pflanze  Escoba.  Der  Queensland -Hanf  wird  nicht  nur  zur 
Herstellung  von  Seilen,  sondern  auch  in  der  Papierfabrikation  ange- 
wendet i).  Der  von  mir  untersuchte  Bast  von  S.  retusa^)  bildet  0,8 — \  m 
lange,  teils  faserförmige,  teils  bandartige,  bis  6  mm  breite  Stücke.  Die 
breiteren  Baststreifen  sind  von  spaltenfürmigen,  schon  für  das  freie  Auge 
erkennbaren  Hohlräumen  durchsetzt  (Fig.  47  p.  206).  Dieselben  rühren  von 
Bastmarkstrahlen  her,  die  bei  der  Abscheidung  des  Bastes  zum  größten 
Teil  zerstört  wurden.  Stellenweise  sind  in  den  breiteren  Baststreifen 
diese  Bastmarkstrahlen  noch  ganz  wohl  erhalten  und  geben  den  be- 
treffenden Stücken  ein  kreidiges  Aussehen.  Die  Farbe  der  Faser  gleicht 
jener  von  frisch  angeschnittenem  Weißbuchenholz  [Carpinus  betulus). 
Der  Bast  dieser  Pflanze  ist  glanzlos  und  selbstverständhch  auch  die 
Faser 3),  Die  Festigkeit  der  Faser  ist  eine  beträchtliche,  indem  selbst 
Faserstücke,  die  nur  eine  Breite  von  0,5  mm  haben,  sich  nur  sehr 
schwer  zerreißen  lassen. 

Im  lufttrockenen  Zustande  führt  die  Faser  7,49  Proz.  Wasser.  Im 
mit  Wasserdampf  gesättigten  Räume  steigert  sich  bei  mittlerer  Tempe- 
ratur der  Wassergehalt  bis  auf  1.7,11  Proz.  Die  getrocknete  Faser  gibt 
1,90  Proz.  Asche,   welche  nur  Spuren  von  kristallartigen  Bildungen  führt. 

Jodlösung  färbt  die  Faser  bräunlich.  Stellenweise  ruft  jedoch 
außerdem  dieses  Reagens  eine  schwärzlichgrüne  Punktierung  hervor. 
Diese  dunkeln  Punkte  entsprechen,  wie  die  mikroskopische  Untersuchung 
lehrt,  den  noch  unverletzten  Bastmarkstrahlen,  deren  Zellen  reichlich 
mit  Stärkekörnchen  gefüllt  sind.  Letztere  werden  durch  die  Jodlösung 
blau,  die  umschließenden  Zellwände  hingegen  tief  gelb  bis  bräunlich 
gefärbt,  wobei  ein  dunkles,  schmutziges  Grün  als  Mischfarbe  entsteht. 
Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  wird  die  grüne  Farbe  lebhafter.  Durch 
Kupferoxydammoniak  werden  die  Bastbündel  anfangs  grünlich,  später 
unter  beträchtlicher  Quellung  bläulich  gefärbt.  Die  Wände  der  Bast- 
markstrahlenzellen  färben   sich  sofort  blau    und    quellen    merklich   auf. 

i)  Dodge,  1.  c,  p.  296.  In  Indien  führt  diese  Faserpflanze  nach  diesem  Autor 
auch  den  Namen  Swet  Bariala  oder  Sufet  Bariala,  womit  aber  wahrscheinlich  auch 
andere  Sida-Arten  gemeint  sind. 

2)  Vgl.  Wiesner,  Ind.  Faserpflanzen,  p.  2,  10  und  M. 

3)  Der  Bast  einiger  anderen  Sida-Xrtm  (z.  B.  S.  tiliaefolia)  soll  seidenglänzend 
sein  (vgl.  Royle,  I.e.,  p.  262). 


206 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Mit  schwefelsaurem  Anilin  behandelt,  nimmt  der  Bast  und  ebenso  die 
Faser  eine  intensiv  gelbe  Farbe  an,  die  stellenweise  ins  Zimtbraune 
neigt.  Phlorogluzin  -f-  Salzsäure  färben  die  Faser  intensiv  rotviolett. 
Die  den  Bast  und  die  Faser  zusammensetzenden  ßastzellenbündel 
haben  eine  Breite  von  0,06— 0,20mm  und  eine  Dicke  von  0,04 — 0,10  mm. 
Sowohl   im  Baste   als  auch   in   der  Faser   liegen  Markstrahlen,    häufiger 


C  !M1 


Fig.  47.     Vergr.  300.     A.  Quersclinitt  durch  den  Bast  von  Sida  rebiaa.     h  Bastbündel;  /;(  Marlistrahlen; 

p  Kindeiiparenchym.     B  Ein  Stück  des  Bastes  in  der  Fläclienansicht.     6  Bastbündel;  m  Markstrablen. 

6',  a,  b  Bruchstücke  isolierter  Bastzellen,    p  Poren  der  Zellwand. 


jedoch  noch  Markstrahlenräume.    Die  Länge  der  Markstrahlen  schwankt 


Sie  sind  meist  lang  zugespitzt.  Die  den  Bastzellen  zugewendeten  Grenz- 
linien der  Markstrahlen  sind  entweder  ganz  wellenios  oder  nur  sehr 
schwach  ausgebuchtet.  Die  Markstrahlenzellen,  welche  den  Bastzellen 
anhaften,  sind  dickwandig,  deutlich  porös  und  langgestreckt,  die  übrigen 
kurz  und  dünnwandig.  Die  Länge  der  ersteren  beträgt  meist  75,  die 
Breite  42  u.     Häufig  sind  vom   ganzen  Markstrahl  bloß   dessen  äußere, 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  207 

dickwandigen  Elemente  erhalten.  Die  in  den  Markstrahlenzellen  vor- 
kommenden Stärkekürnchen  haben  einen  mittleren  Durchmesser  von  4/^ 
Die  Bastbündel  bestehen  bloß  aus  Bastzellen.  Letztere  zeigen  ab- 
gerundete, in  tangentialer  Richtung  meist  abgeplattete,  häufig  unregel- 
mäßige Querschnittsformen.  Der  Umriß  der  Zelle  ist  ein  höchst  un- 
regelmäßiger, wie  sich  leicht  durch  Ghromsäure,  welche  die  Bastzellen 
rasch  isoliert,  erweisen  läßt.  Höcker,  mehr  oder  minder  tiefe  Ein-  und 
Ausbuchtungen,  Erweiterungen  und  Verengungen  sind  fast  an  jeder 
Bastzelle  wahrnehmbar.  Die  Querschnittsmaxima  betragen  15 — 25 /<. 
Die  Länge  der  Bastzellen  beträgt  0^8 — 2,29  mm.  Porenkanäle  sind 
häufig,  namentlich  in  der  Flächenansicht,  zu  beobachten.  Sie  haben 
die  Form  schmaler,  schief  verlaufender  Spalten. 

9.  Bastfaser  von  Calotropis  gigautea  K.  (Yercum  fibre). 

Jene  Asclepiadeen^  deren  Samenhaare  als  vegetabilische  Seide  ver- 
wendet werden,  geben,  wie  vielleicht  noch  andere  Pflanzen  derselben 
Familie,  sehr  beachtenswerte  Bastfasern.  Einige  dieser  Fasern,  z.  B. 
die  letee  fibre  (von  Marsdenia  ienacissima) ,  die  Yercum  fibre,  finden 
in  Indien  ihrer  Festigkeit  und  sonstigen  Eigenschaften  halber  schon  seit 
langer  Zeit  Verwendung  i). 

Besonders  berücksichtigungswert  erscheinen  die  Bastfasern  der 
Asclepiadeen  wegen  ihrer  großen  Festigkeit.  Nach  Royle  ist  die  Faser 
von  Calotropis  gigantea  fester  als  Hanffaser,  trotz  ihrer  Feinheit.  Auch 
Wight  hebt  die  große  Festigkeit  der  Yercumfaser  hervor.  Nach 
Roxburgh  soll  die  leteefaser  alle  anderen  Pflanzenfasern  an  Festigkeit, 
sowohl  im  trockenen  als  feuchten  Zustande  überragen  2).  Ich  will  deshalb 
diese  Fasergruppe  nicht  ganz  übergehen  und  wenigstens  eine  Fasersorte 
derselben  hier  als  Repräsentanten  beschreiben,  obwohl  ich  kaum  glaube, 
daß  diese  Faser  schon  Gegenstand  des  europäischen  Handels  ist. 

Calotropis  gigantea  ist  ein  in  Indien  und  im  südlichen  China  sehr 
gemeiner  Strauch.  Die  Pflanze  wird  in  den  Heimatländern  Mudar, 
Medar  oder  Ak-Muddar  genannt 3).  In  Madras  führt  sie  den  Namen 
Yercum,  daher  der  Handelsname  Yercum  fibre.  Ein  Acre  liefert  1  0  Tonnen 
grüne  Stengel  und  580  (engl.)  Pfund  reine  Faser. 

Die  Faser  der  Calotropis  gigantea  hat  eine  Länge  bis  zu  40  cm. 
Bei  gleicher  Länge  sind  die  Fasern  auch  von  ziemlich  gleicher  Dicke. 
Überhaupt  zeichnet  sich  diese  Faser  durch  große  Homogenität  aus.    Die 

\)  Vgl.  Royle,  1.  c,  p.  303  ff.  und  Miquel,  Fl.  v.  N.  I.  III,  p.  ASI.  Nach 
Dodge  (1.  c,  p.  235)  wird  die  Bastfaser  von  Marsdenia  tenacissima  in  Indien  Raj- 
mahal  hemp  genannt. 

2)  Vgl.  Royle,  1.  c,  p.  268  und  SOG  ff. 

3)  Dodge,  1.  c,  p.  104.     Nach  Watt  (1908),  p.  206,  Madar  fibre. 


208  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Dicke  der  Fäden  beträgt  etwa  0,18 — 0,24  mm.  Von  allen  Fasern  gehen 
zahlreiche  kleine,  glänzende  Fäserchen  ab;  es  sind  dies  nämlich  sich 
ablösende  Baslzellen.  Die  Faser  ist  fast  weiß,  hat  einen  eben  nur 
merklichen  Stich  ins  Gelbliche  und  ist  ziemlich  glänzend. 

Die  Holzstoffreagenzien  rufen  in  dieser  Faser  keine  Färbung  hervor, 
sie  ist  also  vollkommen  unverholzt-  Durch  Jod  und  Schwefelsäure  wird 
sie  für  das  unbewaffnete  Auge  grünlichblau  bis  blau  gefärbt.  Kupfer- 
oxydammoniak bringt  sie  in  Lösung. 

Lufttrocken  enthält  die  Faser  5,67,  mit  Wasserdampf  gesättigt 
13,48  Proz.  Wasser.  Die  völlig  getrocknete  Faser  gibt  1,30  Proz.  kristall- 
freie Asche. 

Mikroskopisch  erkennt  man  an  dieser  Faser  zweierlei  histologische 
Elemente,  nämlich  Bastzellen  und  parenchymatische  Zellen.  Die  Bast- 
zellen messen  nach  der  Länge  0,7 — 3  cm.  Die  maximale  Breite  der 
Bastzellen  beträgt  1 8 — 25  ^t,  das  Lumen  zeigt  meist  etwa  ein  Drittel  der 
Breite  der  Zellen  ').  Sehr  bemerkenswert  erscheint  mir  die  Wahrnehmung, 
daß  die  Bastzellen  schon  durch  geringe  Quetschungen  unter  Annahme 
einer  zarten  Längsstreifung  eine  außerordentliche  Breite  gewinnen,  welche 
nicht  selten  die  natürliche  Breite  um  das  drei-  bis  vierfache  überragt. 
Die  Bastzellen  werden  durch  Jod  und  Schwefelsäure  blau,  die  paren- 
chymatischen  Zellen  gelblich  oder  grünlich  gefärbt.  Gegen  Kupferoxyd- 
ammoniak zeigen  die  Bastzellen  eine  beispiellose  Widerstandslosigkeit. 
Während  die  äußeren  Zellwandschichten  selbst  der  vollständig  in  Kupfer- 
oxydammoniak löslichen  Bastzellen  stets  eine  gewisse  Resistenz  der 
ersten  Einwirkung  dieses  Reagens  entgegensetzen,  verfallen  die  Bast- 
zellen der  Calotropis  gigantea  einer  fast  momentanen  Lösung.  Nur  der 
Innenschlauch  hält  sich  etwas  länger. 

Die  parenchymatischen  Zellen,  wahrscheinlich  Reste  der  Bastmark- 
strahlen, sind  dünnwandig;  ihre  Länge  beläuft  sich  auf  36 — 45,  ihre 
Breite  auf  30—36  //. 

10.  Böhmeriafasern  (Ramie  oder  Chinagras). 

Alle  Nesseln  sind  reich  an  Bast,  die  Bastzellen  ihrer  Stengel  sind 
zudem  verhältnismäßig  lang,  fest  und  dauerhaft,  nämlich  widerstands- 
fähig an  der  Luft  und  im  Wasser.  Dies  ist  die  Ursache  der  vielen 
Bestrebungen ,  die  Bastfasern  der  Nesseln  zu  textilen  und  verwandten 
Zwecken  nutzbar  zu  machen.  In  den  verschiedenen  Ländern  (Mittel- 
europa, Sibirien,   China,  Japan,  Indien,  Australien  usw.)  ist  man,  wie  es 


-t;  Aisslinger  (1.  c,  p.  14  8)  hat  auch  locker  vereinigte,  30 — 40  cm  breite,  ge- 
schichtete Bastzcllen  festgestellt.  Für  Calotropis  gigantea  sollen  drei  verschiedene 
Arten  von  Bastzellen  charakteristisch  sein. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  209 

scheint,  durchweg  spontan  auf  die  Gewinnung  der  Nesselfaser  gekonamen. 
Über  die  ehemalige  Verwendung  unserer  gemeinen  Nessel  [Urtica  dioica) 
in  verschiedenen  Gegenden  Mitteleuropas  verweise  ich  auf  den  folgenden 
Punkt  W.  Die  Erzeugung  von  Nesselgarn  und  Nesseltuch  war  nie  be- 
deutend und  hörte  mit  der  Einführung  von  Baumwolle  nach  Europa 
gänzlich  auf,  wenn  auch  von  Zeit  zu  Zeit  immer  wieder  neue  Projekte 
auftauchen,  unsere  gemeine  Nessel  industriell  zu  verwerten.  In  den 
übrigen  der  genannten  Länder  werden  von  alters  her  mehrere  Nessel- 
arten auf  spinnbare  Bastfasern  ausgebeutet. 

Von  den  außereuropäischen  Nesselfasern  (s.  oben  p.  76)  soll  hier 
nur  diejenige  besprochen  werden,  welche  in  die  europäische  Industrie 
Eingang  gefunden  und  als  Ramie  (Chinagras  i))  in  neuerer  Zeit  in  hohem 
Grade  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gezogen  hat. 

Diese  Faser  stammt  von  einer  oder,  nach  der  Auffassung  einiger 
Botaniker,  von  zwei  Arten  aus  der  Gattung  Boehmeria.  Alle  Boehmeria- 
Arten  unterscheiden  sich  von  den  eigentlichen  Nesselarten  und  von  man- 
chen  anderen   Urticaceen   dadurch,    daß   sie   keine  Brennhaare  besitzen. 

Wenn  nun  zwei  verschiedene  Rassen  einer  und  derselben  Spezies 
oder,  nach  anderer  Auffassung,  zwei  verschiedene  Arten  die  Fasersorte, 
welche  hier  vorgeführt  werden  soll,  liefern,  so  ist  wohl  von  vornherein 
anzunehmen,  daß  dieselben  keine  absolut  identische  Faser  liefern  werden. 
Die  Unterschiede  dieser  Fasern  sind  aber  tatsächlich  so  geringe,  daß 
in  der  Praxis  darauf  keine  Rücksicht  genommen  wird.  Wir  fassen  sie 
als  Ramie2)  zusammen,  welcher  Name  in  der  europäischen  Industrie 
sich  am  meisten  eingebürgert  hat. 

Doch  ist  es  selbstverständlich  notwendig,  die  Formen  oder  Arten, 
welche  Ramie  liefern,  botanisch  zu  definieren,  und  zwar  nicht  nur  aus 


1)  Der  anfangs  in  Europa  oft  benützte  indische  Name  »Rhea«  ist  daselbst  für 
Ramie  nicht  mehr  in  Verwendung,  wird  aber  in  Indien  (besonders  in  Assam)  noch 
gebraucht.  Andere  Namen  für  Ramie  sind:  chu-ma  oder  tschu-ma  (China',  pa-ma 
(Cochinchina),  kankura  (Bengalen),  gun  (Burma),  pulas  (Sumatra)  und  Rameh  (malaiisch). 
S.  hierüber  Watt,  Comm.  Prod.  of  India  (1  908),  p.  144.     Royle,  I.e.,  Dodge(l.  c). 

Nach  Mitteilung  der  Ramiegesellschaft  in  Emmendingen  ist  im  Handel  derzeit 
der  Ausdruck  »Chinagras«  auf  das  Rohprodukt  beschränkt,  während  die  Fabrikate 
als  Ramie  bezeichnet  werden. 

2)  Über  Ramie,  hier  im  weiteren  Sinne  genommen,  liegt  eine  sehr  ausgedehnte 
Literatur  vor.  Es  seien  hier  einstweilen  die  wichtigsten  einschlägigen  Schriften  ge- 
nannt. Royle,  I.e.,  p.  E49ff.  Miquel,  Sumatra,  p.  96ff.  Wiesner  und  Un- 
gerer  in  Wiesner,  Mikr.  Untersuchungen  (1872),  p.  ISff.  P.  L.  Favier,  Nouvelle 
Industrie  de  la  ramie.  Paris  1886.  Michotte,  Traite  scientifique  et  indust,  de  la 
ramie.  Paris  1891.  Hassack,  Ramie,  ein  Rohstoff  in  der  Textilindustrie.  Jahresber. 
der  Wiener  Handelsakademie  1890.  Dodge  (1897),  I.e.,  p.  85— 91;  daselbst  auch 
die  engl.  Literatur.  Schulte  im  Hofe,  Die  Ramiefaser  und  die  wirtschaftliche 
Bedeutung  der  Ramiekultur  für  die  deutschen  Kolonien.     Berlin  1898.     Gurke,    Die 

Wiesner,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  '  \^ 


210  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

wissenschaftlichen,  sondern  auch  aus  praktischen  Gründen,  da  man  in 
der  Kultur  der  Ramie  die  Verschiedenheit  der  Rassen  oder,  wenn  man 
will,  der  Arten  wohl  berücksichtigt. 

Die  komplizierte  Synonymik  jener  Pflanzen,  welche  Ramie  liefern, 
habe  ich  oben  (p.  77)  zu  entwirren  gesucht.  Es  erscheint  mir  am 
richtigsten,  Boehmeria  nivea  in  der  von  Hooker  und  Arnott  gegebenen 
Umgrenzung  als  die  Stammpflanze  der  Ramie  zu  betrachten  und  von 
dieser  zwei  Rassen  zu  unterscheiden,  B.  n.  forma  chinensis  (die  weiße 
oder  chinesische  Nessel,  ramie  blanche  der  französischen  Kolonisten) 
und  B.  n.  forma  indica  (die  grüne  Ramie,  ramie  verte  der  französi- 
schen Kolonisten).  Wie  später  noch  näher  nachgewiesen  werden  soll, 
ist  für  die  europäische  Industrie  die  erstere  von  entschieden  größerer 
Bedeutung  und  für  die  Herstellung  feinster  Gespinste  ausschließlich  in 
Verwendung. 

Diese  beiden  Rassen  sind  habituell  und  geographisch  verschieden. 
Die  erstere  besitzt  Blätter,  welche  infolge  reichhcher  Behaarung  unter- 
seits  schneeig  weiß  sind,  die  Blätter  der  letzteren  sind  unterseits  grün- 
lich, aber  an  den  Nerven  mehr  oder  weniger  weißlich  behaart,  deshalb 
der  Art-  bzw.  Varietätname  candicans. 

Beide  Rassen  sind  im  Osten  Asiens  verbreitet;  während  aber  die 
erstere  dem  gemäßigten  bis  subtropischen  Ostasien  angehört  und  in 
China  seit  alter  Zeit  kultiviert  wird,  liegt  die  Verbreitung  der  letzleren 
hauptsächlich  im  indischen  Gebiete  (Ind.  Archipel),  wo  sie  seit  alter  Zeit 
in  Kultur  steht.  Doch  scheinen  sich  beide  Formen  im  subtropischen 
Gebiete  zu  berühren  ^). 

Auch  die  populären  Namen  der  Ramiefaser  deuten  vielfach  auf  die 
geographische  Verschiedenheit  der  beiden  Rassen  hin.  Die  Varietät 
chinensis  heißt  in  China  tschou-ma  (chou-ma),  in  Japan  mao.  Die 
Engländer  nennen  die  Ramiefaser  China  grass;  anfänglich  galt  der  Name 
für  das  chinesische  Produkt,  jetzt  wird  auch  das  indische  Produkt  in 
England  mit  diesem  Namen  bezeichnet 2).  Die  Varietät  indica  hat  in 
den  Heimatländern  die  schon  oben  angeführten  Namen.    Seit  Einführung 


Bedeutung  der  Ramieliultur  für  unsere  Kolonien,  insbesondere  für  Kamerun  in:  Tro- 
penpflanzer, IH  (1899).  Drabble,  E.  and  Scott,  D.  G.,  The  structure  and  culti- 
vation  of  the  Ramie  plants.  Quart.  Journ.  Tropical  Researches  I  (1906),  2  Tafeln 
mit  anatomischen  Figuren.  G.  W.  Rossi,  L'Agricultura  coioniale  II  (1908).  Carter, 
H.  A.,  Ramie,  China  grass.  London,  1910.  Brück,  Tropenpflanzer,  XVI  (1912). 
A.  Miethe,  Die  Technili  im  zwanzigsten  Jahrhundert,  II.  Braunschweig,  li'ia.  Auf 
einige  andere  Abhandlungen  wird  weiter  unten  noch  Bezug  genommen  werden. 

1)  Da  die  beiden  Rassen  geographisch  getrennt  entstanden  sind  und  tatsächlich 
verschiedenen  Vegetationsgebieten  angehören,  so  habe  ich  zur  Bezeichnung  derselben 
geographische  Namen  [chinensis  und  indica]  gewählt. 

2)  Vgl.  Semler,  I.e.,  III,  p.  665.     S.  auch  Anmerkung  auf  p.  209. 


Siebzehntel'  Abschnitt.     Fasern.  211 

der  Boehmeriafaser  in  die  europäische  Industrie  haben  die  Nauien  des 
Spinnstoffs  verschiedene  Wandlungen  erfahren.  Auf  dem  Kontinent 
hat  man  anfänglich  die  Faser  der  Rasse  nivea  China  grass  und  die  der 
Rasse  indica  Ramie  genannt  i).  Später  war  es  vielfach  Gebrauch,  die 
letztere  Rhea  zu  nennen.  Gegenwärtig  ist  der  Name  Ramie  für  die 
Faser  beider  Rassen,  wenigstens  auf  dem  Kontinente,  so  ziemlich  in 
allgemeinem  Gebrauche.     (S.  Anmerkung  p.  209.) 

In  ihren  Heimalländern  werden  beide  Rassen  der  Boehmeria  nivea 
seit  uralter  Zeit,  besonders  in  China  (hauptsächlich  in  der  Provinz  Kiarsi 
[Kirassi]),  ferner  in  Japan  2),  in  Indien  und  auf  dem  Archipel  kultiviert, 
und  es  wird  sowohl  der  aus  den  Stengeln  dieser  Pflanzen  abgeschiedene  Bast 
als  auch  die  feine  Bastfaser  verwendet,  erstere  zu  Seilerarbeiten,  letztere 
als  Spinnfaser.  Nachdem  die  Boehmeriafaser  in  die  europäische  Industrie 
Eingang  gefunden,  ist  man  bestrebt,  die  Ramiepflanze  in  den  Tropen, 
im  subtropischen  Gebiete,  ja  selbst  in  der  gemäßigten  Zone  zu  kultivieren. 
Ramie  wird  gebaut  in  Britisch-Indien^),  auf  Martinique  und  Guadeloupe*), 
auf  Jamaika,  Trinidad,  Mauritius,  Reunion^),  in  Australien  (Queensland), 
in  Algier«),  Ägypten').  Mit  großer  Energie  wurde  die  Anpflanzung  der 
Ramie  im  deutschen  Kolonialgebiet,  insbesondere  in  Kamerun  angebahnt s), 
desgleichen  in  den  Straits  Settlements  und  auf  Sumatra  9).  Auch  in  den 
Vereinigten  Staaten  (New-Orleans)  i»),  in  Brasilien  (Sta.  Catharina),  Mexiko 
usw.  wurden  vielfach  Anbauversuche  gemacht,  sogar  in  Europa  (Spanien, 
Itahen,  Frankreich  usw.).    Viele  dieser  Versuche  sind  mißlungen  ^i),  andere 


1)  S.  erste  Auflage  p.  389. 

2)  Über  Kultur  und  Verwendung  der  Ramie  in  Japan  s.  H.  v.  Siebold,  Österr. 
Monatsschrift  für  den  Orient,  ISSI,  p.  -179. 

3)  G.  O'ßrien,  Observations  on  fibrous  products  in  India.  Journ.  of  Science, 
VII  (1885).     G.   Watt,  The  Agric.  Ledger.     Calcutta  1898. 

4)  Cat.  des  col.  frang.,  1873,  p.  8  und  14. 

5)  Raynaud,  La  Ramie  (culture  et  expl.)  ä  l'ile  de  la  Reunion.  S.  Denis 
(Reunion)  1881.  Tropenpflanzer,  III  (1899),  p.  518.  Revue  cult.  Colon.  1900, 
No.  44. 

6)  Wiesner,  Fremdländische  Pflanzenstoffe.  Ausstellungsbericht.  Wien  1873 
(ausgegeben  1874),  11,   1,   p.  126 ff. 

7)  Foreign  Office  189  4. 

8)  A.  Schulte  im  Hofe,  Die  Ramiefaser  und  die  wirtschaftliche  Bedeutung 
der  Ramiekultur  für  die  deutschen  Kolonien.  Berlin  1898.  Ramie-Expedition  des 
kolonialwirtschaftlichen  Komitees  nach  Kamerun,  l'ropenpflanzer,  III  (1899),  p.  285  ff. 
M.  Gurke,  Die  Bedeutung  der  Ramiekultur  für  unsere  Kolonien,  insbesondere  für 
Kamerun.     Tropenpflanzer,  III  (1899),  p.  469  ff. 

9)  Tropenpflanzer,  III  (1899),  p.  388. 

10)  L.  Brückner,  Einiges  über  Ramie.     New-Orleans,  La.,  Amerika  (1870). 

11)  Über  die  geringen  Erfolge  der  Gesellschaft  »La  Ramie  frangaise«  in  Avignon 
s.  Semler,  1.  c,  lil,  p.  670. 

14* 


212  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

geben   aber   der  Hoffnung  Raum,   daß    die   Ramie  in   der   europäischen 
Industrie  eine  hervorragende  Rolle  spielen  werde  i). 

Kultur  der  Ramiepflanze^).  Von  großer  Bedeutung  für  Menge 
und  Qualität  der  Ramiepflanze  ist  die  Art  der  Kultur  des  zur  Faser- 
gewinnung verwendeten  Gewächses.  Es  wird  sowohl  die  »weiße  Ramie- 
pflanze« {Boehmeria  n.  forma  chinensis)  als  auch  die  grüne  Ramie- 
pflanze [Boehmeria  n.  f.  indica)  zur  Anpflanzung  verwendet.  Für 
die  gemäßigten  und  subtropischen  Gebiete  ist  die  erstere,  für  das 
tropische  Gebiet  die  letztere  geeignet.  Nach  Semlers  Meinung  ist  im 
allgemeinen  die  letztere  vorzuziehen,  was  für  das  tropische  und  sub- 
tropische Gebiet  gewiß  seine  Richtigkeit  hat 3),  In  trockenen  Gebieten 
gedeiht  die  Ramie  nicht  oder  liefert  keine  brauchbare  Faser.  Nur  in 
genügend  feuchten  Gegenden  und  auf  gutem  Boden  ist  auf  reichen  Er- 
trag und  gute  Faser  zu  rechnen.  Die  zur  Anpflanzung  dienenden  Samen 
und  Wurzeln  (richtiger  unterirdischen  Stammgebilde  oder  Wurzelstöcke) 
sind  nach  Semler*)  am  besten  aus  Java  oder  Indien  zu  beziehen.  Es 
können  indes  auch  Stecklinge  zur  Anpflanzung  benutzt  werden,  nur 
müssen  dieselben  von  ausgereiften  Stengeln  herrühren.  In  dieser  Weise 
erfolgt  die  Anpflanzung  der  Ramie  in  Kamerun.  Wählt  man  Wurzeln 
zur  Vermehrung,  so  hat  man  gleichfalls  auf  die  »Reife«  derselben  zu 
achten.     Sie   sollen   von  3 — 4jährigen  Pflanzen   herrühren.     Es   werden 


^)  >Das  erfolgversprechendste  neue  Unternehmen,  die  Ramiekultur  der  europäi- 
schen Industrie  dienstbar  zu  machen,  ist  die  Gesellschaft  für  Ramiebau  auf  Sumatra, 
wo  im  nordöstlichen  Teil  der  Insel  nach  und  nach  eine  Fläche  von  15  000  ha  mit 
Ramie  bepflanzt  werden  soll.  Die  Gesellschaft  hat  ihren  Sitz  in  Zürich.  <  Dieser  der 
zweiten  Auflage  der  »Rohstoffe«  entnommenen  Notiz  ist  beizufügen,  daß  die  genannte 
Sumatraner  Gesellschaft  schon  wenige  Jahre  nach  ihrer  Gründung  in  Liquidation  treten 
mußte,  da  der  Anbau  der  Ramiepflanze  sich  dort  alsbald  als  unrentabel  heraus- 
gestellt hat.  Die  fachmännischen  Gutachten  über  die  in  Kamerun  mit  Ramie  er- 
zielten Resultate  sprechen  sich  nicht  abfällig  aus.  Die  Deutsche  Ramiegesellschaft  in 
Emmendingen  lobt  das  Produkt  nicht,  spricht  aber  die  Hoffnung  aus,  daß  sich  dasselbe 
verbessern  werde,  wenn  die  Pflanze  in  Kamerun  länger  in  Kultur  gestanden  haben 
werde.     Tropenpflanzer,  V  (1901),  p.  -192  ff. 

2)  Über  die  Kultur  der  Ramie  s.  Royle,  1.  c. ,  p.  359fr.  Teysman,  Bot. 
Reise  nach  Banka.  —  Miquel,  Sumatra,  p.  96fr.  Semler,  1.  c,  111,  p.  670ff. 
Watt,  G.,  The  Agr.  Ledger.  Calcutta  1898.  A.  Schulte  im  Hofe,  1.  c,  Tropen- 
pflanzer, HI  (1899),  p.  äSSff.  Schulte  im  Hofe,  Zweiter  Bericht  der  Ramieexpe- 
dition des  kolonial wirtschaftl.  Komitees  nach  Kamerun.  Tropenpflanzer,  IV  (1900), 
p.  606  ff.     Watt,  The  commercial  products  of  India.     London  (1908). 

3)  Nach  Mitteilungen,  welche  mir  von  der  Emmendinger  Ramiegesellschaft  zu- 
gekommen sind  (1914),  wird  in  den  europäischen  Spinnereien  fast  ausschließlich  nur 
chinesisches  Rohmaterial  verarbeitet,  also  eine  Rohfaser,  welche  von  Boehmeria  nivea 
f.  chinensis  abstammt. 

4)  1.  c,  p.  671. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  213 

zur  Vermehrung  die  knolligen  Teile  der  Wurzel  gewählt,  welche  mit 
»Augen«  (Knospen)  besetzt  sind.  Die  Samenkultur  ist  weniger  vorteil- 
haft, da  man  erst  im  dritten  oder  vierten  Jahre  schnittreife  Stengel 
bekommt.  Die  Ramiepflanzen  bleiben  auf  gutem  Boden  20 — 25  Jahre 
hindurch  ertragreich,  doch  muß  mit  Düngung  nachgeholfen  werden. 
Die  Triebe  sind  gegen  das  Ende  der  Blütezeit  schnittreif.  Es  sollen 
jährlich  3 — 6  Ernten  gemacht  werden  können  (Hassack).  Nach  ver- 
läßlichen Berichten  werden  die  Ramiepflanzen  jährlich  bloß  zweimal 
behufs  Fasergewinnung  geschnitten  i). 

Gewinnung  der  Faser^).  Aus  den  Boehmeriastengeln  wird  Roh- 
faser (Bast)  und  Spinnfaser  abgeschieden.  Die  Gewinnung  des  rohen 
Bastes  erfolgt  oft  noch  nach  der  alten  chinesischen  Methode,  welche  in 
einer  mechanischen  Ablösung  des  Bastes  durch  Handarbeit  und  in  einer 
Reinigung  von  Nebenbestandteilen  durch  Absghaben  geschieht.  In  neuerer 
Zeit  sind  verschiedene  andere  Methoden  der  Rohfasergewinnung  in  Vor- 
schlag gebracht  und  mit  größerem  oder  geringerem  Erfolge  in  die  Praxis 
eingeführt  worden.  Einzelne  dieser  Verfahren  beruhen  darauf,  daß  man 
die  entblätterten  Stengel  mit  warmem  Wasser,  Dampf  oder  Aschenlauge 
vorbehandelt,  die  dünne  Rinde  mit  der  Hand  abreibt  und  die  Faser, 
wie  bei  der  Jutegewinnung,  mit  der  Hand  abzieht.  Andere  Verfahren 
ersetzen  die  Handarbeit  durch  Maschinen,  indem  die  unter  Wasser 
tauchenden  entblätterten  Stengel  zwischen  gerieften  Walzen  durchgezogen 
werden-')  oder  indem  man  die  grün  geschnittenen  Stengel  nach  Vorbe- 
handlung in  Wasser  an  der  Sonne  trocknen  läßt  und  dann  auf  der 
Maschine  die  Faser  abscheidet^). 

In  beiden  Fällen  erhält  man  nur  Rohfaser,  einen  nur  sehr  unvoll- 
ständig zerlegten  Bast  von  hoher  Festigkeit,  welcher  als  solcher  wohl 
zu  Seilerwaren,  nicht  aber  zu  textilen  Zwecken  geeignet  ist. 

Um  eine  Spinnfaser  zu  erhalten,  muß  die  Rohfaser  kotonisiert 
werden.  Über  das  Kotonisierungs verfahren  ist  wenig  bekannt  geworden; 
die  chinesische  Methode  wird  so  gut  wie  geheimgehalten  und  auch 
über  die  in  Europa  geübten  Verfahren   dringt  wenig   in   die  Öffentlich- 


1)  Semler,  1.  c,  p.  678. 

2)  Über  die  Fasergewinnung  s.  die  obengenannten  Schriften  von  Royle,  Favier, 
Michotte,  Semler,  Siebold,  A.  Schulte  im  Hofe,  Gurke  und  Watt. 

3)  Über  derartige  Maschinen  s.  Semler,  I.e.,  p.  683— 685.  Sehr  empfohlen 
wird  die  Maschine  von  P.  A.  Favier  in  Villefranche  (Hassack,  Zeitschr.  für  die 
gesamte  Textilindustrie  1898/99).  Neuestens  wird  die  Dekorlikationsmaschine  von 
Faur  als  besonders  zweckmäßig  bezeichnet.  Dieselbe  wurde  unter  anderem  mit  Er- 
folg in  Kamerun  in  Anwendung  gebracht.  Schulte  im  Hofe,  Die  Ramiefaser  und 
die  wirtschaftliche  Bedeutung  usw.,  1.  c. 

4)  G.  O'ßrien,  1.  c,  Nr.  134. 


214  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

keit  1).  Wahrscheinlich  beruht  das  Kolonisieren  auf  einer  Mazeration 
und  auf  einer  nachträglichen  Bleichung  der  Faser  oder  der  Gespinste, 
bzw.  Gewebe. 

Nach  H  Müller^)  besteht  das  von  Mallard  und  Bonneaud  er- 
fundene Kolonisierungsverfahren,  welches  dem  chinesischen  ähnlich  sein 
soll,  im  wesentlichen  darin,  daß  die  Rohfaser  in  5  cm  lange  Stücke 
geschnitten  und  mit  Öl  und  Alkali  behandelt  wird.  Die  hierbei  ent- 
stehende Seifenlüsung  isoliert  die  Baslzellen  und  bringt  sie  zu  einem 
hohen  Grad  von  Weiße  und  Reinheit.  Dabei  verliert  die  Rohfaser  25  Proz. 
an  Trockengewicht. 

Nach  anderen  Angaben ^^]  ist  man  bestrebt,  die  »Aufschließung  des 
Bastes«,  d.  i.  also  die  Isolierung  der  Bastzellen  durch  Einwirkung  von 
Fermenten  und  durch  künstlich  eingeleitete  Gärung  zu  erzielen.  Die 
Deutsche  Ramiegesellschaft  in  Emmendingen  hat  auf  ein  erfolgreiches 
Aufschließungsverfahren  ein  Reichspatent  genommen,  demzufolge  aus 
den  Ramieabfällen  ein  Gärungserreger  gezüchtet  wird,  mit  welchem  eine 
mehrtägige  Gärung  eingeleitet  wird,  worauf  durch  drei  Stunden  bei  zwei 
Atmosphären  mit  schwacher  Lauge  gekocht  und  das  Produkt  noch  durch 
Zentrifugieren  und  andere  mechanische  Prozesse  gereinigt  wird  ^). 

Es  wird  vielfach  angegeben  und  wurde  auch  oben  (nach  H.  Müller) 
bemerkt,  daß  durch  das  Kotonisieren  allein  schon  jene  Weiße  der  Ramie- 
faser erzielt  wird,  wodurch  dieses  Spinnmaterial  so  sehr  besticht.  Es 
scheint  aber,  daß  diese  Weiße  doch  erst  durch  eine  nachträgliche  Bleichung 
erzielt  wird.  Nach  einer  Mitteilung,  welche  ich  der  Direktion  der  Emmen- 
dinger  Ramiegesellschaft  verdanke,  ist  »das  vom  Pflanzenleim  befreite 
(also  aus  isolierten  Bastzellen  bestehende)  Fasergut«  braun  gefärbt  und 
erhält  seine  rein  weiße  Farbe  erst  durch  nachträgliche  Bleichung. 

Bevor  in  die  Charakteristik  der  Rohfaser  der  kolonisierten  Faser 
eingegangen  wird,  scheint  es  zweckmäßig,  die  anatomischen  Ver- 
hältnisse des  Stengels  der  Boehmeria  nivea  Hook,  et  Arn.  in  Kürze 
dazulegen. 

Man  muß  hierbei  wohl  zunächst  auf  das  primäre  Entwicklungs- 
stadium des  Stengels  achten,  wo  die  Gewebebildung  vom  Vegetations- 

i)  Siehe  hierüber  die  Angaben  bei  Roy le,  Dodge  und  Hassack.  S.  ferner 
Erbau,  Über  die  Gewinnung  eines  brauchbaren  Spinnmateriales  aus  Ramie  und 
Chinagras,  Zeitschrift  für  die  gesarate  Textilindustrie.     Leipzig,   1906—1907. 

2)  1.  c,  p.  45. 

3)  S.  hierüber  Erban,  I.e.  und  Stirm,  Chemische  Technologie  der  Gespinst- 
lasern.    Berlin,   191  3,  p.  101  ff. 

4)  Stirm,  1.  c,  p.  102.  Auf  meine  an  die  Emmendinger  Ramiegesellschaft  ge- 
richtete Anfrage  über  das  derzeitige  Fabrikationsverfahren  erhielt  ich  (S.März  1914) 
die  Nachricht,  daß  das  obengenannte  Verfahren  durch  ein  anderes  ersetzt  wurde, 
welches  aber  als  Betriebsgeheimnis  sich  der  Mitteilung  entzieht. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


215 


punkt  ausgeht  und  als  Hautgewebe  eine  unmittelbar  aus  dem  Dermatogen 
hervorgehende  Oberhaut  den  Stengel  bedeckt.  Die  Oberhaut  besteht 
aus  kleinen,  vierseitigen,  in  der  Richtung  des  Stengels  etwas  gestreckten, 
platten  Zellen,  welche  zwischen  sich  einzellige,  unabgegliederte,  aber  auch 


M—f 


C  CtTTtlt. 


Fig.  49.  Vergr.  400.  Stück  eines  Quer- 
schnittes des  schon  im  Dickenwachatum 
befindlichen  Stengels  von  Boehiiierin.  niven. 
Oberhaut  samt  Haar  schon  in  Vertrocknung 
begriiFen,  darunter  das  Phellogen  ph. 
C,  P,  s,  C'aiiib.,  wie  in  Fig.  48.  h  in  Ver- 
dickung begriffene  Bastzellen. 


Fig.  48.  Yergr.  450.  Stück  eines  Querschnittes  des 
noch  im  primären  Entwicklungsstadium  befindlichen 
Stengels  von  Boehmeria  nivea.  Oberhaut  mit  von  der 
Oberhautzelle  nicht  abgegliederten  Haaren.  (Die 
Basis  des  kleineren  Haares  ist  durch  eine  Oberhaut- 
zelle, über  welcher  dieses  Haar  zu  stehen  scheint,  ge- 
deckt.) CCollenchym.  PRindenparencbym  mit  Chloro- 
phyllkörnern und  Kalkoxalatkristallen.  h  Bastzellen 
(noch  nnausgereift).  s  Siebteil  des  Gefäßbündels, 
gleichfalls  kristallfuhrend.     Canih.  Kambium. 

gewöhnlich  kleinere,  abgegliederte  Haare  aufnehmen  (Fig.  48).  In  diesem 
Entwicklungsstadium  schließt  an  die  Oberhaut  unmittelbar  ein  Collenchym 
an  (Fig.  48,  49c).  Unter  diesem  Collenchym,  dem  Innern  des  Stammes 
zugewendet,  liegt  ein  kleinzelliges  Parenchym,  dessen  Elemente  teils 
Chlorophyllkörner,    teils  Kristallaggregate  von   oxalsaurem  Kalk    führen 


216 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


(Fig.  48 P).  Erst  hinler  diesem  Gewebe  kommt  der  Bast  zu  liegen, 
dessen  Zellen  [b)  sich  auf  dem  Querschnitt  durch  außerordentliche  Grüße 
bemerklich  machen.  Nunmehr  folgt  der  Siebteil  des  Phloeras  und  das 
Kambium.  Hieran  schließt  sich  gegen  die  Achse  des  Stammes  zu  der 
Holzkörper,  der  für  uns  aber  kein  weiteres  Interesse  hat.  Das  sekun- 
däre Entwicklungsstadium  der  Stengel  gibt  sich  dadurch  schon 
für  das  freie  Auge  zu  erkennen,  daß  an  der  Oberhaut  bereits  Lenlizellen 
in  Form  mattbrauner  Fleckchen  auftreten.    Auf  dem  Querschnitt  erkennt 

man,  daß  unter  der  Oberhaut  sich  ein 
Phellogen  (Fig.  i9  jjh)  eingeschoben 
hat,  welches  aus  den  peripheren 
Zellen  des  Collenchyms  hervorgegan- 
gen ist.  Aus  diesem  Phellogen  geht 
bald  ein  Periderm  hervor  (Fig.  ^0])). 
Nunmehr  erscheint  die  Oberhaut  ver- 
trocknet und  die  ebenfalls  eintrock- 
nenden Haare  sind  zumeist  nicht  mehr 
deutlich  erkennbar.  Die  Epidermis 
wird  endlich  ganz  abgeworfen  und 
der  Stengel  erscheint  nunmehr  bloß 
vom  Periderm    bedeckt.      Im   übrigen 


selbe  wie  im  primären  Entwicklungs- 
stadium. Der  schnittreife  Stengel  be- 
findet sich  in  seinem  oberen  Teile 
noch  im  primären  Entwicklungssta- 
dium, ist  also  noch  von  der  primären 
Oberhaut  bedeckt;  der  untere  Teil  ist 
aber  mehr  oder  minder  vollständig  in 
den  sekundären  Entwicklungszustand 
übergegangen  und  es  ist  das  sekun- 
däre Hautgewebe  entweder  durch 
Phellogen  oder  durch  dieses  und  Peri- 
derm vertreten.  Die  Bastzellen  sind  in  diesem  sekundären  Entwicklungs- 
stadium der  Stengel  im  Durchschnitt  beträchtlich  dickwandiger  als  im 
primären.  Ihre  Zellwände  sind  geschichtet,  porenlos.  Hin  und  wieder  hat 
es  bei  Betrachtung  der  technischen  Faser  den  Anschein,  als  wenn  der 
Länge  nach  oder  schräg  verlaufende  spaltenförmige  Poren  in  der  Zellwand 
der  Bastzellen  vorhanden  wären  (B'ig.  51  und  53);  es  scheinen  dies  aber 
Spalten  zu  sein,  welche  bei  den  mechanischen  Angriffen  der  Faser  erst 
entstanden  sind.  Die  Bastzellen  geben  direkt  die  Zellulosereaktionen  und 
sind  unverholzt.     Im  Inhalte  der  Bastzellen  erscheinen  nicht  selten  kleine 


Fig.  50.  Vergr.  40ü.  Stück  eines  Quer- 
schnittes durch  einen  schnittreifen  Stengel 
von  Boehmeria  nivea.  p  Periderm.  b  reife 
Bastzellen.      C,   P,    s,    Camb.   wie   in  Fig.  49. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  217 

Stärkekürnchen  (Fig.  53  st),  ein  für  Bastzellen  seltener  Fall.  Auf  das  mikro- 
skopische Verhalten  der  Bastzellen,  die  ja  den  Hauptbestandteil  der  rohen 
Ramie  bilden  und  die  die  kotonisierte  Faser  gänzlich  zusammensetzen, 
wird  weiter  unten  näher  einzugehen  sein.  Die  Vereinigung  der  Bastzellen 
zu  Bündeln  ist  im  Stengel  der  Pflanze  häufig  eine  sehr  unvollständige 
(Fig.  496),  was  zu  der  irrigen  Auffassung  geführt  hat,  daß  die  Bastzellen 
hier  isoliert  auftreten  und  gar  nicht  zu  Bündeln  vereinigt  wären. 

Ilohfaser.  Dieselbe  entspricht  im  wesentlichen  dem  mehr  oder 
weniger  stark  in  seine  faserigen  Bestandteile  zerlegten  Baste  der 
Ramiestengel.  Sie  ist  im  ganzen  mehr  bandartig  als  faserig  und  besitzt 
eine  weißliche  bis  lichtbräunliche,  nicht  selten  infolge  des  Auftreten 
von  Chlorophyliresten  eine  ins  Grünliche  ziehende  Farbe.  Der  mikro- 
skopische Charakter  der  rohen  Ramie  wird  verständlich,  wenn  man  den 
anatomischen  Bau  der  Rinde  des  Ramiestengels  beachtet.  Als  Rohfaser 
tritt  nämlich  niemals  bloß  der  Bast  [b  in  den  drei  obigen  Figuren)  auf, 
sondern  auch  Reste  vom  Rindenparenchym  (P),  manchmal  Collenchym  (c), 
parenchymatische  Bestandteile  des  Phloems  (s),  ja  sogar  hin  und  wieder 
selbst  noch  Siebröhren.  Es  wird  nunmehr  das  Auftreten  von  Chloro- 
phyll- und  von  Kalkoxalatkristallen  in  den  Rohfasern  verständlich  sein. 
In  der  Asche  finden  sich  diese  Kristallisationen,  in  Kalk  oder  kohlen- 
sauren Kalk  umgewandelt,  mehr  oder  minder  reichlich  vor.  Die  Roh- 
faser zeigt  bei  Anwendung  der  Holzstoffreagenzien  höchstens  Spuren  von 
Verholzung.  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  der  Rohfaser  findet 
man  in  den  Bastzellen  entweder  noch  unveränderte  Stärkekörnchen,  oder 
diese  sind  infolge  der  Zubereitung  halb  oder  ganz  verkleistert  und  er- 
scheinen als  ein  ungeformter  Wandbelag,  welcher  durch  wässerige  Jod- 
lösung violett  oder  blau  gefärbt  wird  (Fig.  53  c,  d,  ST).  Die  Zellmembranen 
mancher  Bastzellen  werden  gleichfalls  durch  Jod  violett  oder  blau  gefärbt 
(s.  unten  bei  kotonisierten  Ramiefasern). 

Die  rohe  Ramiefaser  ist  durch  außerordentliche  Festigkeit  und 
Zähigkeit  ausgezeichnet.  Es  scheint  außer  der  Bastfaser  von  Asclepias 
tenacissima  kaum  noch  eine  vegetabilische  Faser  zu  existieren,  welche 
in  der  absoluten  Festigkeit  der  Ramiefaser  gleichkäme i).  Nach 
Zerreißversuchen,  welche  von  G.  Ar  ton  angestellt  wurden,  ertragen 
Fäden  von  Ramiefasern,  die  aus  einer  bestimmten  Anzahl  von  Fasern 
angefertigt  wurden,  eine  doppelt  so  große  Belastung  als  Fäden  aus  reinem 
Hanf  guter  Qualität,  die  aus  derselben  Anzahl  von  Fasern  hergestellt 
wurden.  Die  Versuche,  welche  über  die  absolute  Festigkeit  der  Ramie- 
faser im  englischen  Marinearsenal  ausgeführt  wurden,  ergaben,   daß  die 


1)  Royle,  1.  c,  p.  26S. 


218 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Faser  2— 3 mal  so  fest  als  russischer  Hanf  isti).  Nach  von  Alcan^j 
herrührenden  Versuchen  verhält  sich  die  Tragfähigkeit  von  Ramie,  Flachs, 
Hanf  und  Baumwolle  wie  1  :  0,25  :  0,33  :  0,33  und  die  Elastizität  wie 
1:  0,66:  0,75:  1;  hingegen  ist  die  Torsionsfestigkeit  der  Baumwolle  vier- 


Die  Rohramie  (auch  oft  noch  rohes  Chinagras  genannt)  kommt  in 
ansehnlicher  Menge  nach  Europa,  um  entweder  hier  »kotonisiert«,  d.h. 
in    spinnbare   Faser   umgewandelt  zu  werden   oder    um  zur  Herstellung 

sehr  fester,  dauerhafter  und 
gefällig  aussehender,  feiner 
Seilerwaren  zu  dienen^).  In 
China,  Japan,  Indien  und  auf 
dem  Archipel  wird  die  rohe 
Ramie  seit  alter  Zeit  zur 
Herstellung  von  außerordent- 
lich festen  und  dauerhaften 
Seilen,  Stricken,  Netzen, 
Bindfaden  u.  dgl.  verwendet. 
Die  feine,  spinnbare 
Ramiefaser ^)  (kotonisierte 
Ramie,  kotonisiertes  China- 
gras, in  Frankreich  auch 
linosoie  genannt)  besteht  aus 
den  Bastfasern  der  Ramie- 
stengel.    Die  guten    Sorten 


Fig.  51.    Yergr. 
Innenschicht  bei  i. 


Chinagrasfaspr.      q    Querschnitte    mit 
J  Lumen   der  Zelle.      Sek  S>  hichtnng. 
Enden   der  Zellen,     v  »Verschiebungen«,     r  in    der  Figur 
links  Spalten,  in  der  Figur  rechts  (t)  Lumen  der  Zelle. 
(Nach  y.  Höhnel.) 


1 )  Osterr.  Monatsschrift  für 
den  Orient,   1881,  p.  -181. 

2)  Näheres  über  Ale  ans 
Versuche  in  betreff  der  Festigkeit 
und    Elastizität    der    Ramiefaser 

im  Vergleich   zu    anderen  Fasern    siehe  bei  A.  Schulte  im  Hofe,   Die   Ramiefaser 
und  ihre  wirtschaftliche  Bedeutung  für  die  deutschen  Kolonien.     Berlin  1898. 

3)  Die  rohe,  in  mehr  oder  minder  breiten  Rindenstreifen  abgeschiedene  Faser 
wird  nach  Europa  unter  dem  Namen  »Strippen«  oder  »lanieres«  gebracht,  um  hier 
auf  ihre  Faser  verarbeitet  zu  werden.  Häufiger  erscheint  aber  jetzt  in  Europa  eine 
feinfaserige  Rohfaser,  weiche  hier  kotonisiert  oder  roh  zu  feinen  Seilerwaren  ver- 
arbeitet wird.  In  den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  soll  man  nach  »Deutsch. 
Leineninduslr.«  1919,  p,  3^0,  Ramie  auf  gewöhnlichen  Baumwollmaschinen  ver- 
spinnen können,  wobei  sich  ein  sehr  annehmbares  weiches  und  gleichmäßiges  Garn 
ergeben  soll. 

4)  Über  die  mikroskopisclien  Kennzeichen  der  kolonisierten  Ramie  s.  Wiesner 
und  Ungerer  in  Wiesner,  Mikr.  Unters.  (1872);  Vetillard,  Etudes  sur  les  fibres 
veget.  (1876,;  Hassack,  i.e.  (1890. und  i898/1899);  v.  Höhnel,  Mikroskopie  der 
techn.  verwendeten  Faserstoffe.     2.  Aufl.  1905. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


21*9 


dieses  Spinnstoffes  haben  eine  blendend  weiße  Farbe  und  starken  seiden- 
artigen Glanz.     Minder  gute  Sorten  weisen    eine  ins  Gelbliche    ziehende 
Farbe  auf  und   sind  we- 
niger glänzend. 

Die  Fasern  der  ko- 
tonisierten  Ramie  haben 
eine  für  Pflanzenfasern 
beispiellose  Länge.  Sie 
bestehen  entweder  aus 
völlig  isolierten  Bastzellen 
oder  aus  Fragmenten  oder 
aus  kleinen  Gruppen  von 
Bastzellen.  Diese  Bast- 
zellen besitzen  Längen, 
welche  bei  Bastzellen  an- 
derer Pflanzen  noch  nicht 
beobachtet  wurden.  Ich 
habe  in  Gemeinschaft  mit 
A.  Ungerer  diese  Längen 
zuerst  gemessen.  Wir 
fanden,  daß  dieselben  bis 

auf  220  mm  steigen.     Dieser  Maximalwert  ist  aber  noch  zu  niedrig.     Die 
neuesten  Ramieprodukte,  bei  welchen  es  noch  in  höherem  Maße  als  früher 


Fig.  52.     Vergr.  660.     a  von  der  Breitseite  gesehen  mit  zahlreichen 
»Verschiebungen«  und  mit  körnigen?  Inhalt  i.     h  Drehungsstelle 
von  der  flachen  zur  aufrechten  Lage,     c  Fasern  von  der  Schmal- 
seite gesehen,     d  Enden.     (Nach  Hassack.) 


Fig.  53.     Vergr.  600.     Längsansicht   von   kotonisieitem    Chinagras,     a — d  Bruchstücke   von   Bastzellen. 
«  Faserstück  mit  kurzen  Längsspalten  •>.    st  Stärkekörnchen.     S  T  gequollene  Stärke. 


gelungen  ist,  die  Bastzellen  unverletzt  zu  isolieren,  ergaben  Längen  der 
Bastzellen  bis  zu  260  mm.     Die  Spinnfaser  kann  aber  noch  länger  aus- 


2*20 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


fallen,  da  manche  dieser  Fasern  doch  noch  aus  kleinen  Bastfasergruppen 
bestehen  1). 

Der  maximale  Querdurchmesser  der  Bastzelle  beträgt  40 — 80,  meist 
etwa  50  ^t^).  Die  Bastzellen  sind  an  den  beiden  Enden  ausgezogen, 
die  Enden  selbst  sind  aber  stets  abgerundet  (Fig.  51  und  52).  Im 
übrigen  sind  die  Zellen  zylindrisch  mit  unregelmäßigen  Leitlinien,  im 
Zellverbande  aber  von  polygonalem  Querschnitt  (s,  Fig.  48 — 51);  Ab- 
plattung der  Zellen  kommt  häufig  vor.  Auf  die  »Verschiebungen«  der 
Bastzellen  des  Chinagrases  ist  zuerst  von  v.  Hühnel  hingewiesen  worden 
(Fig.  51 1;);  gewöhnlich  gehen  die  Zerstörungserscheinungen  der  Zellhaut 
aber  weiter  (Fig.  52);  die  Bastzellen  erscheinen  stellenweise  gebrochen,  sind 

von  vielen  Längsrissen 
durchsetzt,  und  nicht  sel- 
ten haben  sich  die  Zell- 
hautschichten in  Form 
riemenförmiger  Stücke 
teilweise  von  der  übrigen 
Zellwand  abgelöst.  Die 
Querschnitte  der  Zellen 
erscheinen    geschichtet. 


/ 


Fig.  54.    Vergr.  900.    Mittellamellen  der  Bastzellen  von  Eamiebast 
nach  Behandlnng  mit  Knpferoxydammoniak.      Oben  noci  unver- 
ändert ,   unten  teils  zerrissen  {A)  oder  z.  T.  noch  die  Querfaltung 
zeigend  {B). 


weit  als  linienförmig  ver- 
schmälert (s.  Fig.  51  bis 
53).  Im  Inhalte  erscheint 


-I)  Vetillard  (1.  c,  p.  105)  beziffert  die  größten  Längen  der  Bastzellen  von 
Boehmeria  nivea  mit  250  mm.  Nach  Hassack  (1.  c,  -ISGO,  p.  13  und  1.  c,  'l  898/1  899, 
p.  4)  sollen  die  Bastzellen  eine  Länge  von  mehr  als  einem  halben  Meter  (380  ram) 
besitzen.  Ich  habe,  von  diesen  Zahlen  überrascht,  seinerzeit  eine  höchst  peinliche 
Prüfung  der  Längen  veranlaßt,  und  zwar  an  den  besten  Sorten  kotonisierten  China- 
grases, welche  damals  aus  den  Fabriken  von  Emmendingen  in  den  Handel  gebracht 
wurden. 

Diese  Messungen  wurden  von  P.  Puric  im  Wiener  pflanzonphysiologischen  In- 
stitut ausgeführt.  Es  wurde  darauf  geachtet,  daß  nur  solche  Fasern  zur  Messung 
gelangten,  welche  völlig  isoliert  waren  und  noch  beide  natürliche  Enden  besaßen. 
Die  längsten  Bastzellen  hatten  die  oben  angegebene  Länge.  Um  sichere  Werte  zu 
erhalten,  ist  es  erforderlich,  die  Faser  von  einem  zum  anderen  natürlichen  Ende  das 
Gesichtsfeld  des  Mikroskopes  passieren  zu  lassen,  eine  sehr  zeitraubende  und  mühevolle 
Arbeit.  Es  wurden  allerdings  auch  Fasern  gefunden,  welche  bis  520  mm  maßen;  es 
waren  dies  aber  Fasern,  welche,  wie  die  genaue  mikroskopische  Beobachtung  lelu-te, 
aus  mehreren  Bastzellen  zusammengesetzt  waren.  Die  häufigsten  von  Purid  beob- 
achteten Längen  beziffern  sich  auf  120 — 150  mm. 

2)  Mit  diesen  von  mir  festgestellten  Werten  stimmen  die  später  von  Vetillard 
und  v.  Höhnel  gefundenen  überein.  Hassack  (1.  c,  1890,  p.  14)  gibt  als  größten 
Querdurchmesser  der  Faser  ca.  40 — 60  ^  an. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  221 

häufig  eine  feingranulierte  durch  Jodwasser  sich  violett  färbende  Masse, 
welche  von  verkleisterten  Stärkekürnern  herrührt.  Hin  und  wieder  wird 
auch  die  Zellmembran  durch  Jodwasser  violett  oder  bläulich  gefärbt.  Ob 
diese  Färbung  mit  dem  ursprünglichen  Stärkegehalte  der  Zellen  im  Zu- 
sammenhange steht  oder  ob  nicht  Amyloid  an  der  Zusammensetzung  der 
Zellhaut  Anteil  nimmt,  müssen  spätere  Untersuchungen  erweisen. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Charakteristik  der  Ramie  ist  aber  das  Verhalten 
der  kotonisierten  Ramiefaser  gegen  Jodlösung  von  hohem  Interesse.  Ich 
habe  auf  das  Verhalten  des  Inhaltes  dieser  Bastzellen  gegen  Jod  schon 
vor  Jahren  hingewiesen  und  kann  zu  den  alten  Beobachtungen  hinzu- 
fügen, daß  alle  kotonisierten  Ramiefasern,  welche  ich  zu  untersuchen 
Gelegenheit  hatte,  schon  makroskopisch  durch  Jodwasser  sich  nach  kurzer 
Zeit  schwach,  aber  doch  deutlich  violett  färben,  eine  Eigentümlichkeit, 
welche  bisher  an  keiner  anderen  technischen  Pflanzenfaser  beobachtet 
wurde.  Es  ist  aber  auch  vom  rein  botanischen  Standpunkt  aus 
sowohl  das  Vorkommen  von  Stärke  im  Inhalte  der  Bastzellen  von 
Boehmeria  nivea^  wie  überhaupt  das  Verhalten  dieser  Fasern  zu  Jod 
der  Beachtung  wert. 

Jod  und  Schwefelsäure  färben  die  Bastzellen  und  ebenso  die  Fasern 
des  kotonisierten  Chinagrases  blau.  Kupferoxydammoniak  treibt  die 
Fasern  enorm  auf,  ohne  sie  jedoch  völlig  zu  lösen.  Bei  der  Quellung 
der  Schichten  erfolgt  eine  starke  Verkürzung  der  Faser.  Wenn  Mittel- 
lamellen den  Fasern  noch  rundum  anhaften,  so  setzen  sie  der  Quellung 
einen  großen  Widerstand  entgegen,  werden  aber  schließlich  entweder 
in  eine  körnige  Masse  zersprengt  oder  zeigen,  was  seltener  der  Fall  ist, 
noch  eine  Andeutung  einer  schraubigen  Streifung.  Schwefelsaures  Anilin 
oder  Phlorogluzin  +  Salzsäure  rufen  keinerlei  Veränderungen  hervor; 
es  ist  also  keine  Spur  von  Verholzung  an  der  kotonisierten  Chinagras- 
faser erkennbar. 

Das  lufttrockene  kotonisierte  Chinagras  enthält  6,52  Proz.  Wasser. 
Durch  24  Stunden  bei  20°  C  in  einem  mit  Wasserdampf  völlig  ge- 
sättigten Räume  aufbewahrt,  steigert  sich  der  Wassergehalt  bis  auf 
18,15  Proz.  Bei  einem  mittleren  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  von 
46,32  Proz.  und  einer  mittleren  Temperatur  von  19,83°  C  wurde  für 
rohe,  bzw.  kotonisierte  Faser,  bzw.  Garn  ein  Wassergehalt  von  7,12  Proz., 
bzw.  5,88  Proz.,  bzw.  5,48  Proz.  festgestellt i).  Die  Aschenmenge  der 
trockenen  Substanz  beträgt  1,70 — 1,91    Proz. 

Die  kotonisierte  Boehmeriafaser  wird  seit  langer  Zeit  zur  Herstellung 
von  Geweben  (Grass-cloth2),  Ardeas  usw.)  benutzt.    Diese  Gewebe  wurden 

1)  Honig,  1.  c. 

2)  In  China  nennt  man  diese  Gewebe  hsia-pu,  das  heißt  Sommerstoff,  da  ihn 
die   Eingeborenen  zur  Verfertigung  ihrer  Sommerkleidung  verwerten.     Dieser   Stoff 


222  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

früher  aus  China,  Indien  usw.  nach  Europa  gebracht.  Im  Jahre  1810 
kam  der  Rohstoff  zuerst  nach  Europa,  und  zwar  nach  England,  wo 
John  Marshall  in  Leeds  sich  um  die  Einführung  und  Verarbeitung  von 
»Chinagras«  verdient  machte.  Aber  erst  seit  der  Mitte  des  vorigen 
Jahrhunderts  wird  das  Spinnmaterial  in  Europa  fabrikmäßig  verarbeitet, 
insbesondere  in  England,  Frankreich  und  Deutschland.  Bis  zu  den 
achtziger  Jahren  stieg  die  Ramieindustrie  in  den  genannten  und  in  anderen 
europäischen  Ländern;  man  lernte  die  ausgezeichneten  Eigenschaften 
dieser  Faser  kennen  und  verarbeitete  sie  nicht  nur  zu  den  verschieden- 
artigsten glatten,  einfach  gemusterten  und  damastartigen  Stoffen,  sondern 
auch  —  gefärbt  —  zu  Möbelstoffen,  Möbelplüsch  und  Effektstoffen.  Für 
die  Wäschekonfektion  liefert  die  Ramie  kein  gutes  Rohmaterial,  weil 
die  erzeugten  Gewebe  zu  hart  und  steif  ausfallen  und  im  Gebrauch 
infolge  einseitiger  Loslüsung  vieler  Fasern  die  Oberfläche  der  Gewebe 
zu  rauh  wirdi).  Der  hohe  Preis  des  Spinnstoffes  hat  aber  die  Ver- 
wendung der  Boehmeriafaser  wieder  stark  eingeschränkt.  Derzeit  existiert 
in  Deutschland  nur  eine  große  Ramiespinnerei  (zu  Emmendingen  im 
Großherzogtum  Baden).  Die  Zahl  der  Spezialfabriken  für  Ramieverar- 
beitung in  England,  Frankreich,  der  Schweiz  und  Nordamerika  ist  eine 
geringe  geworden2).  Die  Zukunft  der  Ramieindustrie  ist  ganz 
und  gar  vom  Preise  der  Faser  abhängig.  Nur  wenn  es  gelingt, 
die  Ramiekullur  rationell  zu  gestalten  und  die  Fasergewinnung  zu  ver- 
billigen, ist  Hoffnung  zu  neuem  Aufschwung  der  europäischen  Ramie- 
industrie vorhanden.  Daß  aber  gerade  in  dieser  Richtung,  namentlich 
von  deutscher  Seite,  mächtig  vorgeschritten  worden  ist,  ist  oben  ge- 
nügend hervorgehoben  worden  3). 

Es  scheint  mir  zur  richtigen  Beurteilung  der  Bedeutung  der  Ramie 
nützlich,  noch  folgende  Bemerkungen  vorzubringen. 


wird  nicht  fabriksmäßig,  sondern  von  den  Bauern  des  mittleren  und  südlichen  China 
auf  Handwebstühlen  hergestellt.  Über  die  verschiedenen  Sorten  von  Grass-cloth 
siehe  »Chinas  Hartfasernbau  und  -handel«  (Der  Deutsche  Leinen-Industrielle,  36,  i918, 
Nr.  2  u.  3). 

1)  0.  Johannsen,  Die  Verarbeitung  der  Faserstoffe  in  A.  Miethe,  Die  Technik 
im  zwanzigsten  Jahrhundert.     Braunschweig,  Bd.  II  (1912),  p.  206  ff. 

2)  Siehe  hierüber  C.  Hassack,  Die  Ramie.  Zeitschrift  für  die  gesamte  Texlil. 
Industrie,  1898 — 1899.  Nach  brieflichen  Mitteilungen  der  Emmendinger  Ramiogesell- 
schaft  ist  die  Anzahl  der  Fabriken  gegen  früher  geringer  geworden;  es  bestehen  in 
Deutschland  drei,  in  Frankreich  vier,  in  England  zwei  Spinnereien.  Die  Jahres- 
produktion der  Emmendinger  Ramiegesellschaft  ist  ungefähr  doppelt  so  groß  wie  die 
sämtlicher  anderen  Spinnereien  zusammengenommen. 

3)  Nach  Mitteilungen,  welche  mir  jüngsthin  (Januar  1914)  von  Herrn  F.  J.  Baum- 
garten,  Direktor  der  Emmendinger  Ramiegesellschaft  zukamen,  wird  die  spinnbar 
gemachte  Ramiefaser  heute  in  großen  Mengen  zur  Herstellung  von  Glühstrumpf- 
geweben und  zur  Spitzen-  und  Litzenfabrikation  verwendet. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  228 

Die  bestechenden  Eigenschaften  der  Ramiefaser,  namentlich  der  herr- 
liche seidenartige  Glanz,  die  unübertreffliche  Weiße  und  die  exzeptionelle 
Länge  der  aufs  feinste  geteilten  Faser  sind  die  Ursache  der  intensiven 
industriellen  Bemühungen,  diese  Spinnmaleriale  in  großem  Maßstabe  zu 
gewinnen  und  die  Kultur  der  Ramiepflanze  möglichst  zu  fördern. 

Das  günstige  Vorurteil  für  diese  Faser  scheint  aber  doch  vielfach 
die  Spekulation  irregeleitet  zu  haben.  Manchen  guten  Erfolgen  in 
agrikultureller  und  industrieller  Beziehung  stehen  wieder  Mißerfolge 
gegenüber,  so  daß  die  Urteile  über  die  Bedeutung  der  Ramie  oftmals 
in  krassem  Widerspruche  stehen  und  eine  objektive  Würdigung  des  wahren 
Werts  dieser  Faser  wohl  noch  zu  gewärtigen  ist. 

Von  ungünstigen  Urteilen  über  Kultur  der  Ramiepflanze  und  über 
deren  industrielle  Verwertung  seien  den  diesbezüglich  oben  bereits  vor- 
gebrachten Andeutungen  noch  die  folgenden  von  kompetenter  Seite 
kommenden  Äußerungen  hinzugefügt. 

War  bürg  (1.  c.)  sagt,  daß  sich  die  Kultur  der  Ramiepflanze  in 
den  Tropen  nirgends  recht  bewährt  habe,  und  Bluntschli  hat  sich  auf 
dem  Faserkongreß  in  Soerabeya  (19M)  über  Ramie  folgendermaßen  ge- 
äußert: »Selbst  ernst  zu  nehmende  Unternehmungen  in  Südrußland, 
Brilisch-Indien  und  Amerika  haben  mit  Ramie  keinen  Erfolg  gehabt,  und 
auf  dem  letzten  Ramiekongreß  in  Paris  haben  wir  ausgerechnet,  daß  in 
den  Jahren  1860 — -IQOO  in  den  Untersuchungen  mit  mechanischer  Auf- 
arbeitung der  Ramie  ein  Kapital  von  100  Millionen  Franken  investiert  war, 
das  vollständig  verlorengegangen  isfi)«. 

IL  Nesselfaser 2). 

Unter  den  > Ersatzfasern«,  welche  zur  Zeit  der  durch  den  Krieg 
bedingten  Fasernot  an  Stelle  unserer  wichtigsten  überseeischen  Faser- 
stofTe   sich  Geltung  verschafften,   steht,   wenn   wir   von   der  höchst  be- 


1)  Brück,  Tropenpflanzer,  XVI  (1912),  p.  503. 

2)  Nach  der  von  Prof.  v.  Wiesner  auf  p.  97  festgelegten  Reihenfolge  hätte 
die  Nesselfaser  unmittelbar  nach  d^r  vegetabilischen  Seide  als  vierte  Pflanzenfaser 
noch  vor  dem  Flachs  und  dem  Hanf  besprochen  werden  sollen.  Warum  gerade 
diesi'r  Faser  dieser  hervorstechende  Platz  eingeräumt  wurde,  blieb  dem  ergänzenden 
Bearbeiter  des  vorliegenden  Buchabschnittes  fast  bis  zur  Beendigung  seiner  Ergän- 
zungsarbeiten vollständig  unverständlich.  Erst  die  Auffindung  eines  nicht  veröffent- 
hchten  Wi es ner sehen  Vorwortontwurfes  für  den  2.  Band  dieses  Werkes,  aus  dem 
Herbst  1916  stammend,  löste  ihm  das  bisherige  Rätsel.  Infolge  einer  Verzögerung 
und  Unterbrechung  bei  der  Drucklegung  des  Abschnittes  >Hölzer<  hätte  nämlich  ein 
bereits  gesetzter  Teil  der  »Fasern«  anstelle  der  noch  fehlenden  Hölzerbesprechungen 
den  Schluß  des  2.  Bandes  bilden  sollen,  um  den  Band  noch  im  Jahre  1916  heraus- 
geben zu  können.  Bei  der  damaligen  Aktuahtät  der  Nesselfaserfrage  und  inmitten 
der  bewegten  Diskussion  für  und  wider  diesen  Faserstoft'  erschien  es  nun  Wiesner 


224  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

deutungsvollen  Textilose,  die  weiter  unten  bei  Besprechung  der  Papier- 
fasersloffe  erörtert  werden  soll,  absehen,  die  Faser  der  gemeinen  oder 
zweihäusigen  Nessel  (Urtica  dioica)  obenan  i). 


zweckmäßiger,  schon  im  2.  Bande  die  Nesselfaser  zu  besprechen,  und,  er  schob  daher  in 
der  Hoffnung,  durch  seine  Besprechung  möglichst  rasch  zur  Klärung  des  Gegenstandes 
beitragen  zu  können,  diese  so  weit  vor,  um  sie  noch  in  den  2.  Band  hineinzubringen. 
Nach  dem  Tode  Wiesners  (9.  Oktober  \^\&)  verzögerte  sich  aber  die  Herausgabe 
des  Bandes,  die  Hölzer  wurden  inzwischen  fertig  gedruckt  und  der  von  Wiesner 
gewählte  Ausweg,  den  Abschnitt  »Fasern«  zu  teilen,  war  daher  gegenstandslos  ge- 
worden. Aus  diesem  Grunde  gebe  ich  der  Nesselfaser  wieder  den  ihr  in  der  syste- 
matischen Reihenfolge  gebührenden  natürlichen  Platz,  wenn  auch  dadurch  der  auf 
p.  97  festgelegte  (inzwischen  reingedruckte)  Plan  nicht  ganz  eingehalten  wird. 

An  dieser  Stelle  bemerkt  auch  der  ergänzende  Bearbeiter,  daß  das  Manuskript 
für  die  in  den  früheren  Auflagen  vorliegenden  Werkes  fehlende  Besprechung  der 
Nesseifaser  von  Wiesner  ziemlich  sicher  erst  im  Sommer  IQ-IG  fertiggestellt  worden 
sein  dürfte,  während  das  Manuskript  für  die  früheren  Bogen  allem  Anschein  nach 
aus  den  Jahren  -1913/1914  stammt,  zumal  es  nach  Wiesners  eigenen  Angaben  bereits 
Ende  Mai  1914  in  den  Händen  des  Verlegers  gewesen  sein  soll. 

1)  Während  des  Weltkrieges  wurde  in  Deutschland  und  Österreich  versucht, 
aus  allen  möglichen  Pflanzen  Fasern  zu  gewinnen ;  doch  sind  neben  Nesselfasern  nur 
die  einiger  weniger  Pflanzen,  wie  z.  B.  Rohrkolben  [Tijp]id\^  Besenginster  [Gytisus 
scoparius  (L.)  Lk.\  Hopfen  [Humulus  lupithis  L.],  Lupinen  und  Getreidestroh  [Stranfa], 
erwähnenswert  geworden.  Die  meiste  Aussicht  für  die  Friedenswirtschaft  scheint 
neben  der  Nesselfaser  die  Typha-Fa.ser  zu  haben,  und  zwar  vor  allem  die  Blattfaser 
von  Typha  angustifolia  L.,  weniger  die  von  Typha  latifolia  L.  Die  Ursachen  der  gün- 
stigen Verwertungsaussichten  der  T?/^/m-Faser  liegen  darin,  daß  die  faserliefernde  Pflanze 
in  ungeheuren  Beständen  in  den  großen  Niederungen  Deutschlands  (an  Uferflächen 
und  in  Sümpfen)  vorkommt,  leicht  angebaut  werden  kann  und  dadurch  auch  bisher 
landwirtschaftlich  nicht  genutzte  Flächen  volkswirtschaftlich  nutzbar  gemacht  werden 
können.  Ein  wichtiger  Umstand,  der  außerordentlich  für  diese  Faserpflanze  spricht 
ist  noch  der,  daß  der  Fasergehalt  der  Blätter  zwischen  25  und  33  Proz.  der  Trocken- 
substanz schwankt  und  daß  sich  die  Rohrkolbenfaser  vielseitig  technisch  verwerten 
läßt.  Da  nun  der  Fasergehalt  der  Nesselstengel  nur  mit  ungefähr  6 — 8  Proz.  spinn- 
barer Faser  (Krais  in  Zeitschr.  f.  angew.  Chemie  1919,  Nr.  2)  angegeben  w-ird  und 
die  Qualität  der  Typha-Faser  in  den  letzten  1 1/2  Jahren  außerordentliche  Verbesse- 
rung erfuhr,  so  ist  es  verständlich,  daß  man  derzeit  der  Ansicht  zuneigt,  daß  die 
letztgenannte  Faser  die  wichtigste  Ersatzfaser  zu  werden  verspricht  und  einzelne 
Forscher,  wie  z.  B.  Graebner  (»Der  deutsche  Leinen-Industrielle«,  37.  Bd.,  Bielefeld 
1919,  Nr.  25,  p.  280)  sogar  der  Meinung  Ausdruck  verleihen,  daß  die  Kultur  der 
Nesselpflanze  trotz  der  großen  Propaganda,  die  für  sie  gemacht  wurde,  in  der  Frie- 
denswirtschaft sicherlich  wieder  völlig  verschwinden  werde.  Eine  hervorragende 
Textilfirma  (siehe  »Der  deutsche  Leinen-Industrieile«,  1918,  Nr.  34)  hat  das  Quantum 
der  jährlich  erfaßbaren  Typlia-FdiSer  für  ganz  Deutschland  auf  etwa  10  Millionen 
Kilogramm  geschätzt,  welche  Annahme  nach  Graebner  sicherlich  nicht  zu  hoch  ge- 
griffen sein  soll.  Man  glaubt,  daß  die  Tijpha-F a.ser,  die  man  nicht  nur  als  Jute-,  sondern 
auch  als  Wollersatz  (Krais,  I.  c.)  verwertet  haben  will,  auch  gegenüber  billigen  Fasern 
aus  dem  Ausland  lange  konkurrenzfähig  bleiben  werde.  Näher  auf  die  Typhafaser 
einzugehen,  ist  dem  ergänzenden  Bearbeiter  der  »Fasern«  infolge  Raummangels  nicht 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  225 

Wie  es  gekommen,  daß  gerade  unsere  gemeine  Nessel  eine  so 
bevorzugte  Stellung  unter  den  Ersatzfasern  errang,  ist  nicht  leicht  zu 
sagen.  Die  historischen  Nachweise  früherer  Verwendung  der  Nessel  sind 
sehr  unsicher,  gehen  ins  Sagenhafte  und  Unbestimmte  über,  was  einer- 
seits auf  frühe,  aber  wenig  erfolgreiche  Benutzung  der  Nessel  als  Faser- 
pflanze hinweist,  aber  zugleich  andeutet,  daß  all  die  sich  anhäufenden 
Nachrichten  aus  vergangenen  Zeiten  die  Anregung  gaben,  die  verachtete 
Nessel  zu   großer  Nutzleistung  für  den  Menschen   heranzuziehen  i).     Die 


möglich,  und  er  sieht  sich  daher  genötigt,  ledighch  auf  die  nun  folgenden  Literatur- 
angaben zu  verweisen. 

P.  Graebner,  E.  Mediews ka  und  A.  Zinz,  Typha  als  Nutzpflanze  (Ange- 
wandte Botanik,  I,  1919,  p.  30— 48,  98—103).  Hier  ist  auch  das  Wichtigste  über 
die  Geschichte  der  Typhafaser-Verwertungsbestrebungen  zu  finden.  Leykum,  Typha 
und  seine  Verarbeitung  als  Faserstoff  (Neue  Faserstoffe,  I,  1919,  p.  87 — 89,  97 — 101). 
Hall  er,  R.,  Nachweis  der  Typhafaser  in  Gespinsten  und  Geweben  (Neue  Faserstoffe, 
I,  1919,  p.  160).  Siehe  weiter  die  p.  64  angegebene  Literatur,  wobei  aber  zu  be- 
merken ist,  daß  nur  Aisslinger  (1.  c,  p.  36)  die  Blattfaser  behandelt,  während 
V.  Höhnet  (Mikroskopie  d.  techn.  verw.  Faserstoffe,  2.  Aull.,  p.  71)  die  Stengelfaser 
bespricht  Die  Stengel  sollen  aber  für  die  Fasergewinnung  nach  Graebner  wenig 
geeignet  sein.  Die  Fruchtkolbenwolle  wird  als  Kapokersatz  verwertet  und  wäre  auch 
als  Füllstoff  in  der  Streichgarnabfallspinnerei  in  gewissen  Grenzen  anwendbar  (Mittig. 
d.  Forsch. -Inst.  f.  Text.-lnd.  in  Reutlmgen,  5.  Ausg.,  1919,  p.  14). 

Bezüglich  der  anderen  in  der  Kriegswirtschaft  verwerteten  Fasern  bzw.  zur  Ver- 
wertung vorgeschlagenen  Fasern,  wie  z.  B.  Besenginster,  Lupinen,  Binsenginster,  Hopfen, 
Bohnenfaser,  Wollgras,  Meerrettich,  Weidenröschen,  Seegras,  Huflattich,  Kartoffel- 
stengel usw.,  siehe  die  Aufsätze  in  »Neue  Faserstoffe«,  München  1919,  »Angewandte 
Botanik«,  Berlin  1919,  >Mitteilungen  der  Landesstelle  für  Spinnpflanzen«,  München  1919, 
und  in  den  Mitteilungen  der  Forschungsstellen  für  Textilindustrie  in  Sorau,  Dresden, 
Reutlingen,  Karlsruhe  usw.  Weiter  Zillig,  H.,  im  Jahresbericht  der  Vereinigung  für  an- 
gewandte Botanik,  1  91 8,  1  6.  Bd.,  p.  79—1 1  6  und  die  in  der  »tJbersicht  der  Faserpflanzen« 
bereits  gegebene  Literatur.  Die  Mikroskopie  der  während  des  Krieges  aufgetauchten 
Faserstoffe  wird  A.  Herzog  in  der  neuen  Auflage  des  Handbuches  der  biochemischen 
Arbeitsmethoden  von  Abderhalden  Kapitel  Faserstoffe)  zusammenfassend  behandeln. 

Auf  die  außerordentlich  bedeutungsvoll  gewordenen  Papiergarne  wird  an  an- 
derer Stelle  noch  hingewiesen  werden. 

1)  Die  Mangelhaltigkeit,  um  nicht  zu  sagen:  die  Leere  unserer  Kenntnisse  über 
die  Geschichte  der  Nesselfaser,  findet,  wie  ich  glaube,  ihre  Erklärung  in  der  Tat- 
sache, daß  dieses  in  neuester  Zeit  so  sehr  in  den  Vordergrund  geschobene  Textil- 
objekt  nie  eine  ernstere  Bedeutung  hatte  und  nirgends  dauernd  Wurzel  schlagen 
konnte.  In  der  ganzen  technologischen  Literatur  ist  nichts  Sicheres,  vor  allem 
nichts  Brauchbares  über  die  Geschichte  der  Nesselfaser  zu  finden.  Und  die  Geschichte 
des  Püanzenbaues  hätte,  wenn  der  Anbau  der  Nessel  mit  Erfolg  durchgeführt  worden 
wäre,  von  dieser  Tatsache  Notiz  nehmen  müssen.  Aber  in  der  ganzen  landwirt- 
schaftlichen Literatur  ist  von  der  Nesselkultur  kaum  die  Rede,  und  was  vorge- 
bracht wird,  strotzt  von  Irrtümern.  In  neuerer  Zeit  ist  fast  in  allen  Schriften,  welche 
der  Nesselkultur  das  Wort  reden,  auf  ein  Buch  von  F.  W.  Hof  mann  hingewiesen 
worden,  welches  >die  Kultur  der  Handelsgewächse«  zum  Gegenstand  hatte  und  sich 
Wie  Sil  er,  Rohstoffe.     III.  Band.    3.  Aufl.  15 


226  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

neueren  Impulse  zur  Nutzbarmachung  der  Nessel  als  Faserpflanze  in 
Mitteleuropa  haben  aber  einen  positiveren  Grund.  Die  in  der  Mitte 
des  vorigen  Jahrhunderts  erfolgreich  betriebene  Erzeugung  wunder- 
schöner, fester  Fasern  aus  den  Stengeln  ostasiatischer  Nesseln  in  England, 
Frankreich  und  Deutschland  (Chinagras,  Ramie)  haben  in  hohem  Maße 
die  Aufmerksamkeit  auf  unsere  eigene  gemeine,  massenhaft  wildwachsende 
Nessel  als  Faserpflanze  gelenkt. 

Die  mit  den  ostasiatischen  Nesseln  in  Europa  erzielten  textilen  Er- 
folge waren  offenbar  die  Veranlassung  zur  Gründung  der  Deutschen 
Nesselkommission,  welche  1876 — 77  einberufen  wurde,  in  Berlin  tagte 
und  sich  die  Aufgabe  stellte,  zu  prüfen,  ob  nicht  unsere  gemeine  Nessel 
zu  textilen  Zwecken  vorteilhaft  benutzt  werden  und  als  wahrer  Ersatz 
namentUch  der  Baumwollenfaser  verwendet  werden  könnte.  Auf 
die  Arbeiten  dieser  Kommission  setzte  man  in  nationalökonomischer  und 
überhaupt   wirtschaftlicher   Richtung    große    Hoffnungen    und    erwartete, 


sehr  eingehend  mit  der  Nutzbarmachung  der  Nessel  in  technischer  und  agrikultureller 
Beziehung  beschäftigt.  Das  Buch  erschien  4  845*)  und  behandelt  die  zweckmäßige 
Verbindung  von  Grünfuttererzeugung  und  Gewinnung  von  Spinnfaser.  Wer  dieses 
Buch  best,  gewinnt  den  Eindruck,  daß  noch  im  Jahre  1845  in  Österreich  Nessel 
als  Textilpflanze  gebaut  wurde.  Alle  Erkundigungen,  welche  ich  über  eine  etwaige 
Nesselkultur  in  Böhmen,  Mähren  und  Niederösterreich  eingezogen  habe,  lieferten  aber 
ein  negatives  Resultat.  Ich  wendete  mich  in  dieser  Frage  auch  an  Herrn  Prof.  v. 
Liebenberg,  den  Vertreter  des  Pflanzenbaues  an  der  Hochschule  für  Bodenkultur 
in  Wien,  welcher  mir  mit  aller  Bestimmtheit  mitteilte,  daß  seines  Wissens  die  Nessel 
»weder  als  Futter  noch  als  Faserpflanze«  jemals  in  einem  regelmäßigen  landwirt- 
schaftlichen Betriebe  gebaut  wurde.  Nur  die  botanische  Literatur  enthält  einige 
brauchbare  Angaben  über  die  Benutzung  von  Nesselgarn  und  Nesselgewebe.  Wir 
verdanken  diese  Angaben  der  Umsicht  und  dem  Sammeleifer  des  Botanikers  Böhmer, 
welcher  in  seiner  Technischen  Geschichte  der  Pflanze  (Leipzig  1794)  u.  a.  die  sonst 
übersehene  Frage  der  Nesse'lfasergewinnung  mit  der  ihm  eigenen  Gründlichkeit  er- 
örtert. Wir  erfahren,  daß  noch  im  Anfange  des  1 8.  Jahrhunderts  in  Leipzig  eine 
Nesselgarnmanufaktur  bestand,  daß  aber  zur  Zeit,  als  Böhmer  seine  Technische 
Geschichte  der  Pflanzen  herausgab,  also  im  Jahre  1794,  eine  auf  die  Dauer  ein- 
gerichtete Nesselfasergewinnung  nicht  mehr  bestand.  Diese  historische  Tatsache  ist 
nicht  widerlegt  worden,  und  wenn  0.  Richter  in  seiner  Schrift  >Alte  und  neue 
Textilfasern«,  p.  36  (Schriften  des  Vereines  zur  Verbreitung  naturwissenschaftlicher 
Kenntnisse,  Wien  1915,  p.  388  —  442),  angibt,  daß  die  Faser  von  Urtica  dioica  in 
Europa  am  Ende  des  1 8.  und  zu  Anfang  des  1 9.  Jahrhunderts  zu  textilen  Zwecken 
ausgewertet  wurde,  bedauerlicherweise  aber  bald  darauf  aus  dem  Verkehr  verschwand, 
so  ist  diese  Angabe  gewiß  als  unrichtig  anzusehen.  Da  sich  keine  materiellen  Zeug- 
nisse einer  bestandenen  Nesselfaserindustrie  auffinden  ließen,  so  habe  ich  zahlreiche 
deutsche  und  französische  aus  dem  1 8.  Jahrhundert  stammende  Gewebe  auf  Nessel- 
faser mikroskopisch  untersucht,  durchaus  mit  negativem  Erfolge.  Die  aus  dem  Ende 
des  1 8.  Jahrhunderts  stammenden  »Musline«,  welche  als  wollenes  Nesseltuch  ausge- 
geben wurden,  bestanden  durchweg  aus  Baurawollenfaser. 


Prag,  Calvescbe  Buchhandlung.     Das  Vorwort  hat  das  Datum  :  Wien  1843. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  227 

daß  auf  heimatlichem  Boden  dem  immer  unerträglicher  werdenden 
Drucke  der  amerikanischen  Baumwolle  ein  mächtiger  Konkurrent  ent- 
stellen werde.  Der  damalige  deutsche  Kronprinz,  der  spätere  Kaiser 
Friedrich  nahm  das  lebhafteste  Interesse  an  dem  Unternehmen.  Der 
berühmte  Techniker  Beule aux  stand  an  der  Spitze  der  Kommission, 
welcher  hervorragende Texliltechniker(Grothe  u.a.),  angesehene  Botaniker 
(Wittmack,  Bouche  u.  a.),  Landwirte,  Industrielle  und  Kaufieute  an- 
gehörten, die  sich  nach  den  verschiedensten  Seiten  um  die  wichtige 
Sache  fachlich  bemühten  und  bestrebt  waren,  die  Regierung  und  die 
Vertretungskörper  für  die  Förderang  der  Nesselfasergewinnung  zu  inter- 
essieren. 

Die  Resultate  der  umfassenden  Prüfungen  und  Untersuchungen  und 
die  daran  geknüpften  Diskussionen  über  den  Wert  der  vorgeschlagenen 
Maßnahmen  sind  in  einem  kleinen  Werke  zusammengestellt,  welches  zwei 
Mitglieder  der  Nesselkommission,  Bouche  und  G  rot  he,  herausgegeben 
haben.  In  diesem  Buche  wird  die  ganze  moderne  Nesselfrage  aufgerollt, 
auch  mit  Rücksicht  auf  die  derzeit  in  Europa  verwendeten  ostasiatischen 
Nesseln,  das  Hauptgewicht  wird  aber  auf  unsere  einheimische  Nessel 
und  deren  Faserprodukte  gelegt  i). 

Die  Kommission  behandelte  hauptsächlich  die  Frage  der  Gewinnung 
der  Nesselfaser  aus  den  Stengeln  durch  Röste,  die  Eigenschaften  der 
gewonnenen  Produkte,  ließ  aber  auch  die  Frage  nach  einer  eventuellen 
Kultur  der  Pflanze  nicht  aus  dem  Auge.  Sie  veranlaßte  auch,  daß 
außerhalb  der  Kommission  stehende  Fachmänner  des  Inlandes  sich  in 
der  Faserfrage  äußern  konnten  und  daß  die  Regierungen  des  Auslandes 
um  einschlägige  gutachtliche  Äußerungen  angegangen  wurden.  So  kamen 
manche  wichtige  Äußerungen  zustande,  u.  a.  die  vielbeachteten  durch 
die  österreichische  Regierung  vorgelegten  Gutachten  der  Wiener  Pro- 
fessoren Friedrich  Haberlandt  (Hochschule  für  Bodenkultur)  und 
Julius  Wiesner  (Universität),  die  allerdings  in  einigen  wichtigen  Punkten 
von  den  Anschauungen  der  Deutschen  Nesselkommission  abwichen. 

Überblickt  man  die  Resultate  der  Arbeiten  der  Deutschen  Nessel- 
kommission, so  gelangt  man  zu  dem  Schlüsse,  daß  sie  ihre  Hauptaufgabe, 
eine    rationelle   Methode    zur  Abscheidung    der   Fasern   zu   finden,  nicht 


1)  Das  in  zweiler  Auflage  -1884  bei  Jul.  Springer  in  ßerhn  erschienene  Werk 
führt  den  Titel  »Ramie,  Rheea,  Chinagras  und  Nesselfaser«. 

Weitere  Literatur:  Roessler-Lade,  Die  Nessel,  eine  Gespinstfaser.  Leipzig, 
ISTS,  11.  Aufl.,  1916.  Dodge,  I.  c,  p.  323.  Richter,  Brennnesselanbau,  Sammlung, 
Verwerfung,  Wien  1917,  und  >Die  ökonomische  Seite  des  Nesselproblemst  (Mittig.  aus 
d.  Intendanzwesen,  1  91 8,  1  2  S.,  t  0  Tab.).  >Über  Brennnesselfaser,  Zellonieren,  Lüstrieren 
und  Bedrucken  der  Gewebe«  s.  Barluß  in  »Neue  Faserstoffe«,  I,  1919,  p.  181 — 183 
u.  207  —  209. 

15* 


228  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

gelöst  hat.  Leider  gehört  zu  ihren  Ergebnissen  die  irreführende  Angabe, 
daß  Urtica  dioica  gar  keine  Ansprüche  an  den  Boden  stelle,  diese 
Pflanze  somit  auf  den  schlechtesten  Böden  erfolgreich  kultiviert  werden 
könne.  Diese  Angabe  hat  in  unserer  Zeit,  in  welcher  die  Nesselfrage 
so  akut  geworden  ist,  viele  Verwirrung  hervorgerufen. 

Die  Äußerungen  der  beiden  Wiener  Fachautoritäten  bestritten  keines- 
wegs die  ausgezeichneten  Eigenschaften  der  Bastfasern  der  Nessel, 
aber  es  wurde  auf  jene  morphologischen  Verhältnisse  hingewiesen,  welche 
die  Abscheidung  der  reinen  Nesselfaser  erschweren,  und  die  Boden- 
ansprüche der  Nessel  betont,  welche  ihre  Kultur  auf  Ödland  nicht  zu- 
lässig erscheinen  lassen,  und  manches  andere  noch  erwähnt,  was  nicht 
zugunsten   der  Nutzbarmachung   der  Nessel   als  Gespinstpflanze   spricht. 

Die  Enthusiasten  der  Deutschen  Nesselkommission  unterwarfen  die 
österreichischen  Gutachten  einer  scharfen  Kritik,  und  namentlich  hielt 
man  die  Bouchesche  Behauptung  aufrecht,  daß  die  Nessel  ohne  jede 
Bodenverbesserung  durch  zehn  Jahre  auf  den  schlechtesten  Kulturböden 
gezogen  werden  könne,  obgleich  schon  damals  sichergestellt  war,  daß 
die  Nessel  als  Ruderalpflanze  große  Forderungen  an  den  Bodenstickstoff 
(Nitrate,  Nitrite  und  Ammoniaksalze]  stelle. 

Wie  die  Dinge  in  der  Deutschen  Nesselkommission  sich  weiter  ge- 
stalteten, soll  hier  nicht  weiter  erwähnt  werden.  Wir  müssen  uns  mit 
der  Tatsache  begnügen,  daß  die  Deutsche  Nesselkommission  ihre  Tätig- 
keit mit  der  Erklärung  einstellte,  daß  es  nicht  gelungen  sei,  eine  rationelle 
Methode  zur  Abscheidung  der  Nesselfaser  ausfindig  zu  machen.  Wie 
Bouche-Grothes  Buch  über  die  Auflösung  der  Deutschen  Nessel- 
kommission berichtet,  braucht  man  die  Hoffnung  auf  eine  glückliche 
Lösung  der  Nesselfrage  noch  nicht  aufzugeben,  vielmehr  dürfe  man 
erwarten,  daß  mit  der  Erfindung  einer  zweckmäßigen  und  billigen  Methode 
zur  Isolierung  der  wertvollen  Nesselbaslfasern  unsere  gemeine  Nessel- 
pflanze vielleicht  doch  eine  praktische  Bedeutung  als  Faserpflanze  ge- 
winnen könne. 

So  wird  es  erklärlich,  daß  das  Streben  nach  der  Auffindung  eines 
rationellen  Degummierungsverfahrens,  überhaupt  eines  Verfahrens  zur 
Abscheidung  der  Nesselbastzellen  noch  erhalten  geblieben  ist.  Betretfs 
der  letzten,  noch  vor  dem  Weltkriege  dieses  Ziel  verfolgenden  Be- 
strebungen berichtet  Dr.  Rieh.  Schwarz  im  Niederösterreichischen 
Gewerbevereine  (nach  dem  Journal  »Textil«  vom  Januar  i910)  über  ein 
angeblich  rationelles  von  K reißt  und  Seibert  erfundenes  Degummierungs- 
verfahren  für  Urtica  dioica,  welches  bei  reichem  Ertrage  eine  sehr 
gute    Faser  geben   soll^).      Aber  auch   diese   Erfindung  hat    zu    keinem 

\)  Siehe  über  dieses  Verfahren  auch  Tropenpflanzer  XIV  (IQ-IO),  p.  104. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  229 

praktischen  Resultat  geführt  und  wird  heute  schon  als  gegenstandslos 
betrachtet. 

Die  weitaus  stärkste  Förderung  hat  aber  die  Nesselfasererzeugung 
aus  der  gleich  eingangs  dieses  Artikels  erwähnten  als  Folge  des  Welt- 
krieges hereingebrochenen  Fasernot  gezogen.  Selbstverständlich  vollzog 
sich  dieser  Prozeß  in  jenen  Ländern,  welche  unter  der  Blockade  der 
Entente  zu  leiden  halten,  also  vor  allem  in  Deutschland  und  Österreich. 

In  "Deutschland  steht  man  der  Nesselfasergewinnung  im  großen 
ganzen  mit  einer  gewissen  Skepsis  gegenüber,  während  man  in  Öster- 
reich, obgleich  gerade  von  österreichischen  Fachmännern  den  Aufstellungen 
der  Deutschen  Nesselkommission  entgegengetreten  wurde,  der  Nessel- 
fasergewinnung mit  Sympathie  gegenübersteht,  womit  aber  nicht  gesagt 
sein  soll,  daß  nicht  auch  in  Österreich  sich  kritische  Stimmen  gegen 
die  Ausschreitungen  der  Nesselfaserreklame  aussprachen  und  daß  nicht 
auch  in  Deutschland  manches  geschah,  um  die  aufkeimende  Nesselfaser- 
industrie zu  fördern  i). 

Am  meisten  hat  sich  um  die  österreichische  Nesselfasergewinnung 
Professor  Oswald  Richter  verdient  gemacht,  dem  es  gelang,  das  öster- 
reichische Kriegsministerium  während  der  Kriegszeit  für  die  Sache  zu 
gewinnen,  die  dann  von  dieser  Seite  auf  das  mächtigste  gefördert  wurde^). 
Freilich  darf  nicht  unerwähnt  bleiben,  daß  Richter  durch  zu  geringe 
Rücksichtnahme  auf  die  bereits  hochentwickelte  technisch- botanische 
Forschung  seine  Anschauungen  vielfach  ungenügend  begründete  und 
der  Nesselindustrie  eine  Zukunft  prognostizierte,  welche  der  Kritik  kaum 
standzuhalten  vermögen  dürfte.  Sein  nicht  hoch  genug  anzuschlagen- 
des Verdienst  besteht  darin,  während  des  Krieges  ein  gutes  Ersatzmittel 
für  grobe  Fasern  gefunden  zu  haben.  Seine  großen  Hoffnungen  auf  die 
Zukunft  der  Nesselfaserproduktion,  welche  durch  seine  Anhänger  ins 
Maßlose  gehoben  wurden  und  zu  der  Behauptung  führten,  daß  die 
Nesselfaser  ein  übermächtiger  Konkurrent  der  Baumwolle  und  der  Jute 
zu  werden  verspreche,  sind  von  allen  besonnenen  Fachmännern  zurück- 
gewiesen worden,  entweder  in  der  Form,  daß  der  Nesselfaser  jede  Zu- 
kunft abgesprochen  wurde,  oder  daß  ihre  Zukunft  noch  ganz  zweifelhaft 
erscheine,  eine  Ansicht,  welche  auch  ich  vertrete  und  in  diesem  Artikel 
zu  begründen  versuchen  werde  3). 


1)  Der  ergänzende  Bearbeiter  dieses  Abschnittes  muß  hier  allerdings  liinzufügen, 
daß  seit  "Wiesners  Vollendung  des  Manuskriptes  die  Nesselfaservervvertung  in  der 
reichsdeutschen  Ersatzfaserindustrie  auch  größere  Bedeutung  erlangte. 

2)  Über  einiges  zur  Geschichte  der  Nes«elfaserbestrebungen  in  Österreich  und 
Deutschland  siehe  auch  E.  0.  Rasser  in  »Neue  Faserstoffe«,  München  1919,  I.  Bd., 
p.  4  u.  5  u.  p.  18—22. 

3)  Aus  zahlreichen  mir  zugekommenen  brieflichen  Äußerungen  hervorragender 
Fachmänner  über   die  Zukunft    der  Nesselfaser  hebe  ich   die  folgende  hervor.     Herr 


230  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Herr  Generaldirektor  Weißenstein  der  üslerr.  Jutespinnereien  spricht 
sich  in  einem  an  mich  gerichteten  Briefe  sehr  skeptisch  über  die  Zukunft 
der  Nessel  aus  und  hält  es  für  ausgeschlossen,  daß,  schon  in  Anbetracht 
des  Preises,  die  Nesselfaser  als  Konkurrent  der  Jute  jemals  in  Betracht 
kommen  könnte,  hingegen  sei  Textilose  während  des  Krieges  ein  wahrer 
Ersatz  für  Jute.  Was  die  Textilose  als  Ersatzfaser  im  Vergleich  zur 
Nesselfaser  bedeute,  darüber  spricht  sich  Herr  Weißenstein  in  dem- 
selben Schreiben  folgendermaßen  aus:  »Textilose  scheint  mir  der  aus- 
sichtsreichste Ersatz  für  Jute  zu  sein.  Tatsache  ist,  daß  unsere  Heeres- 
verwaltung viele  Millionen  von  aus  Textilose  (Textilit)  erzeugten  Säcken 
verwendet  hat  und  noch  verwenden  will,  die  den  erhöhten  Anforderungen 
des  Krieges  entsprochen  haben  und  die  nach  den  Strapazen,  welche 
sie  im  Felde  ausgesetzt  waren,  seit  einiger  Zeit  im  Hinterlande  in  eigenen 
Anstalten  der  Militärverwaltung  gewaschen  und  in  brauchbarem  Zustande 
wieder  verwendet  werden.«  Da  der  Ersatz  der  Baumwolle  durch  Nessel- 
faser, wie  in  den  Tagesblättern  mit  aller  Bestimmtheit  behauptet  wird, 
einfach  in  das  Reich  der  Fabel  gehört,  wie  unten  noch  näher  zu  be- 
gründen sein  wird,  so  ist  leicht  einzusehen,  wie  sehr  die  Nesselfaser 
in  bezug  auf  ihre  Bedeutung  gegen  die  Textilose  zurücksteht.  Die 
Hauptverwendung  der  Nesselfaser  besteht,  auch  nach  den  Aussagen 
deutscher  Fachmänner,  in  dem  Ersatz  für  gröbere  Wollen.  So  lesen 
wir  im  Tropenpflanzer  (1915,  p.  702):  »Als  Ersatzfaser  für  Schafwolle 
hat  sich  die  Nesselfaser  gut  eingeführt  für  Strickstrumpf-  und  Triko- 
tagenfabrikation. 

Das  llichtersche  Verfahren  zur  Gewinnung  der  Nessel- 
faser. Schon  vor  dem  Kriege  hat  Professor  Oswald  Richter  ein 
Verfahren  ausgearbeitet,  um  aus  den  Stengeln  der  Nessel  eine  spinnbare 
Faser  abzuscheiden.  Er  hatte  schon  im  Jahre  1900  im  konzentrierten 
Ammoniak    ein   Mittel   gefunden,    um    die  Rinde  der  Nessel  in  ihre  Ele- 


Prof.  V.  Liebeuberg  (Wien)  schreibt  mir:  »Seit  ich  landwirtschaftHch  denke,  ist  die 
Nesselpflanze  schon  zu  wiederholtenmalen  als  Gespinstpflanze  erfunden  worden, 
aber  immer  wieder  verschwunden.  Trotz  der  neueren  Verfahren,  welche  für  die 
Bereitung  der  Faser  in  neuerer  Zeit  gefunden  worden  sind,  glaube  ich  nicht  an  die 
Zukunft  der  Kultur  der  Nessel;  höchstens,  daß  man  dieselbe,  durch  den  jetzigen 
Krieg  angeregt,  sammeln  und  verarbeiten  wird.«  Der  hervorragende  Forscher  auf 
dem  Gebiete  der  Faserkunde,  Herr  Prof.  A.  Herzog  in  Sorau  (Niederlausitz)  schreibt 
mir:  »Es  sind  die  bisher  gewonnenen  und  noch  zu  gewinnenden  Mengen  an  Nessel- 
fasern so  lächerHch  gering  im  Verhältnis  zu  dem  Rohstoffbedarf  der  österreichischen 
und  deutschen  Baumwoll-  und  Jutespinnereien,  daß  sie  den  erforderlichen  Aufwand 
an  Zeit,  Arbeit  und  Kosten  kaum  rechtfertigen.  Ich  bin  der  Ansicht,  daß  Deutsch- 
land in  richtiger  Würdigung  der  tatsächlichen  Verhältnisse  gut  getan  hat,  von  der 
Verwendung  von  Soldaten  zum  Einsammeln  von  Brennesselfasern  Abstand  zu  nehmen. 
Ich  bitte  von  meinen  Mitteilungen  jederzeit  nach  Belieben  Gebrauch  zu  machen.« 


J 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


231 


mentarbestandteile  zu  zerlegen.  Aber  diese  Mazeration  führt  nicht  etwa 
wie  die  Rüste  der  Jute  dazu,  die  Bastfasern  zu  isolieren,  so  daß  sie 
als  Ganzes  abgezogen  werden  können ,  sondern  dahin ,  die  Rinde  der 
Nesselstengel  in  zahllose  isolierte  Zellen  der  verschiedensten  Dimensionen 
zu  zerlegen,  deren  Natur  man  aus  der  Fig.  55  ersehen  kann:  das  sind 
Bastzellen,  Chlorophyll  führende  Rindenparenchymzellen,  Oxalsäuren  Kalk 
in  Kristallform  führende  Rindenparenchymzellen,  Collenchymzellen  usw. 
Die  gewonnene  Bastfaser  ist  aber  gemengt  mit  kleinzelligen  Elementen, 
die    entfernt    werden  müssen,  wenn  man  eine  halbwegs  gute  Bastfaser- 


Fig.  55.  Zur  Mikroskopie  der  Brennesselfaser  (Urtica  dioica).  Q  Quersclmittpartie  mit  Kalilauge 
behandelt,  o  Oberhaut  mit  Drüsenhaar  d,  ko  Collenchym,  Icy  Kristalldriise  von  Kalkoxalat,  b  Bastzelle, 
e  Bastfaserendeu,  f—p  Mittelstücke  der  Bastfaser,  q,  gi  Querschnitte  der  Bastfaser ,  o  Stück  der 
Oberhaut  an  der  schon  verarbeiteten  Faser,  A's  Rindenzellen  mit  Kalkoxalatkristallen,  tr  Borsteuhaar, 
i  Basis  eines  Borstenhaares,  c;/  C'ystolith.      (Nach  T.  F.  Hauausek.j 


masse  erhalten  will.  Richter  sagt  selbst,  daß  sein  Ammoniakverfahren 
das  Eigentümliche  habe,  alle  in  den  Zellen  enthaltenen  Stoffe  (Chlorophyll, 
Stärke,  Kalkoxalatkristalle  usw.)  intakt  zu  lassen.  Will  man  diese  ent- 
fernen, so  kann  mit  Erfolg  ein  Seifenbad  in  Anwendung  gebracht  werden. 
Aber  diese  Reinigung  kommt  ja  fast  gar  nicht  den  rein  darzustellenden 
Bastzellen  zugute,  welche  ja  nichts  oder  nur  Spuren  der  genannten 
Inhaltsstoffe  enthalten.  Das  Seifenbad  leistet  also  für  die  Reingewinnung 
der  Bastfasern  fast  nichts.  Es  ensteht  aber  die  Frage:  wie  befreie  ich 
die  Bastzellen  von  den  anhängenden  parenchymatischen,  chlorophyjl- 
führenden,    kristallführenden    Zellen   usw.,    die   ja    alle   nur   als   Verun- 


232  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

reinigungen  der  Bastzellen  anzusehen  sind?  Dies  könnte  ja  nur  durch 
Waschen  und  eine  Art  Kämmen  geschehen.  Wollte  man  also  aus  den 
Nesselstengeln  ein  nur  aus  Fasern  bestehendes  der  Baumwolle  vergleich- 
bares Produkt  darstellen,  so  wäre  das  ein  mühevolles,  kostspieliges 
Verfahren,  in  welchem  der  Mazeration  mit  Ammoniak  ein  Seifenbad, 
eine  reichliche  Waschung  und  ein  mechanisches  Verfahren  zur  Beseitigung 
der  kleinen  Begleitzellen  der  Bastfasern  folgen  müßte.  Dies  der  Grund, 
weshalb  es  praktisch  unmüglich  ist,  ein  baumwollenarliges  Produkt  aus 
der  Nessel  zu  gewinnen.  Es  ist  in  der  Tat  auch  ein  ganz  anderes 
Verfahren,  welches  Richter  in  Anwendung  bringen  läßt,  um  eine  tech- 
nisch brauchbare  Nesselfaser  zu  erhalten.  Er  spricht  sich  darüber  selbst 
folgendermaßen  aus^):  »Die  weitere  Verfolgung  des  Problems  nach  der 
Verbilligung  des  Verfahrens  durch  sukzessive  Verdünnung  des  Ammoniak 
führte  schließlich  dazu,  zu  zeigen,  daß  man  mit  Wasser  allein  bei 
der  Brennessel  zum  Ziele  kommt  und  damit  war  auch  die  Lösung  des 
Nesselproblems,  die  denkbar  billigste  Gewinnung  der  Faser,  gegeben.« 
Durch  die  Behandlung  der  Nesselstengel  mit  bloßem  Wasser,  welches 
nach  seiner  Aussage  nur  Y2 — 2  Stunden  einzuwirken  braucht  (1.  c.  p.  40), 
geschieht  nichts  anderes,  als  daß  durch  stärkere  Quellung  der  Rinde 
diese  sich  vom  Holze  löst.  Nunmehr  muß  aber  durch  mechanische 
Prozesse  die  Rinde  in  Fasern  zerlegt  werden,  was  durch  Zerreißmaschinen 
erfolgt,  wodurch  ein  sehr  rohes  Produkt  erzielt  wird,  da  dabei  nicht 
nur  viele  Bastzellen  zerrissen  werden,  sondern  auch  andere  nicht  faserige 
Bestandteile  in  der  Faser  erhalten  bleiben.  Dieses  Zerreißverfahren  ist 
sehr  alt,  wurde  u.  a.  auf  den  Flachs  von  den  ältesten  Zeiten  an  bis  auf 
die  Neuzeit  angewendet  (z.  B.  in  England,  siehe  p.  165)  und  hat  stets 
zu  minderwertigen,  wenig  haltbaren  Produkten  geführt.  Wenn  Richter 
als  Vorzug  dieses  mechanischen  Verfahrens  anführt,  daß  eine  Rüste  bei 
diesem  Verfahren  gar  nicht  nötig  ist  (1.  c.  p.  40),  so  ist  dies  der  größte 
Tadel,  den  man  über  dieses  aussprechen  kann:  denn,  wie  heute  allgemein 
anerkannt  wird,  gewinnt  erst  durch  die  Röste  (oder  ein  analoges  che- 
misches Verfahren)  die  natürliche  Faser  ihre  Teilbarkeit  und  durch 
Beseitigung  der  »Nichtzellulose«  aus  der  Zellmembran  ihre  exzeptionelle 
Dauerhaftigkeit  (siehe  p.  167).  Wie  man  sieht,  ist  dieses  Richter- 
sche  Quellungsverfahren  von  seinem  Ammoniakverfahren  gänzlich  ver- 
schieden; ersteres  ist  ein  mechanisches,  letzteres  ein  chemisches 
Verfahren,  denn  im  ersteren  Falle  erfolgt  die  »Teilung«  der  natürlichen 
Faser  durch  Zerreißung,  im  letzten  Falle  durch  chemische  Lösung  der 
äußersten  Zellhautschichte,  der  Interzellularsubstanz, 

Wenn   nun   auch    durch   das    Richter  sehe    Verfahren    ein   für   die 


1)  Alte  und  neue  Textilpflanzen  p.  40. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  233 

Kriegszeit  brauchbares  Produkt  aus  der  Nessel  erzeugt  worden  ist,  so  ist 
0.  Richter  doch  im  Irrtum,  wenn  er  (1.  c.  p.  45)  sagt:  »daß  das  Nessel- 
problem nach  der  technischen  Seite  gelöst  ist  und  die  Brennessel  in  der 
Reihe  der  neuen  Faserpflanzen  rasch  einen  hervorragenden  Platz  ein- 
zunehmen verspricht«.  Er  ist  aber  auch  in  bezug  auf  die  landwirt- 
schaftliche Seite  des  Problems  im  Irrtum,  wenn  er  sich  der  Ansicht 
Bouches  anschließt,  daß  Urtica  dioica  so  bedürfnislos  ist,  daß  das 
Nesselfeld  zehn  Jahre  nicht  gedüngt  zu  werden  braucht  und  trotzdem 
reichliche  Ernte  trägt  (1.  c.  p.  46)  und  daß  die  Vermehrung  der  Nessel 
durch  Wurzelstöcke  besonders  zu  empfehlen  sei  (1.  c.  p.  46).  Er  stimmt 
der  Auffassung  zu,  daß  Ödland  zur  Kultur  der  Nessel  bedenkenlos  zu 
empfehlen  sei,  und  schließt  sich  jenen  an,  welche  die  Eisenbahndämme 
für  die  Nesselkultur  besonders  empfehlen.  Aber  da  kommen  zu  den 
älteren  kritischen  Bedenken  (von  Friedrich  Haberlandt,  v.  Lieben- 
berg u.  a.)  die  neuesten  von  Wacker i)  in  Hohenheim  ausgeführten 
Versuche,  welche  lehren,  wie  groß  die  Ansprüche  sind,  welche  die  Nessel 
an  den  Boden  stellt,  und  daß  Ödland  als  Ackergrund  für  Nessel  gänz- 
lich unzulässig  ist 2),  ferner  der  Nachweis,  daß  die  Vermehrung  der  Nessel 
durch  Wurzelstöcke  nicht  zu  empfehlen  sei,  da  erst  im  dritten  Jahre 
nach  der  Aussaat  die  Pflanzen  so  weit  entwickelt  sind,  um  zur  Faser- 
gewinnung herangezogen  werden  zu  können.  Es  ist  auch  mehrfach, 
zuerst  von  Jos.  Moeller^)  darauf  hingewiesen  worden,   daß  der  Anbau 


\]  Wacker,  Zur  Frage  des  Anbaues  der  Brennessel  in  Nr.  46,  Jahrg.  43  der 
»Deutschen  Landwirtschaftlichen  Presse«. 

2)  Der  hervorragende  Landwirtschaftslehrer  Prof.  Dr.  K.  Fruwirth  (Wien)  be- 
zeichnet in  seinem  Vortrag  »Neue  Pflanzen  auf  dem  Acker«  (Schriften  d.  Ver.  z.  Yerbr. 
naturw.  Kenntnisse,  Wien,  1919,  p.  89 — IIB)  die  Bewegung,  die  Nessel  als  Feldfrucht 
zu  bauen,  als  eine  »verfehlte«.  Er  sagt:  »Ich  hatte  gleich  zu  Beginn  derselben  darauf 
verwiesen,  daß  die  Nessel,  wenn  sie  unter  den  Verhältnissen  des  Ackerlandes  gut  ge- 
deihen würde,  längst  gemeines  Ackerunkraut  geworden  wäre,  was  nicht  der  Fall  ist. 
Was  ich  bisher  an  Nesselanlagen  auf  Ackerland  hier  und  in  Deutschland  sah,  ent- 
sprach auch  meiner  Erwartung,  daß  ihr  der  Acker  zu  wenig  Feuchtigkeit,  keinen 
Schatten  und  —  in  der  Kriegszeit  —  unbedingt  zu  wenig  Slickstoffnahrung  bieten 
wird.  Befriedigt  haben  Anlagen  auf  neu  in  Kultur  genommenem  Niederungsmoor, 
die  in  Deutschland  von  der  Nesselanbaugesellschaft  an  vielen  Orten,  bei  nur  schwacher 
Entwässerung  des  Bodens,  geschaffen  wurden.  Als  dann  später  von  Richter  der 
Niederungswald  als  geeigneter  Standort  bezeichnet  wurde,  war  ein  weilerer  Standort 
gefunden,  auf  welchem  Erfolge  erzielt  werden  konnten.  Auf  dem  Acker  wird  die 
Nessel  eine  Stellung  nicht  behaupten  können.  Guter  Acker  kann  Besseres,  Geeigne- 
teres tragen.  Mit  Lein  kann  man  6  — 8  dz  guter  Faser  vom  Hektar  erzielen,  mit 
Nessel  2 — 4  dz  einer,  trotz  seidigem  Glanz  und  genügender  Festigkeit,  immerhin 
minderwertigen.« 

3)  Jos.  Mo  eil  er,  Polytechn.  Zeitung  1  88  3,  Nr.  34  u.  35.  Dieser  seinerzeitige  Ein- 
wand erscheint  allerdings  dem  ergänzenden  Bearbeiter  des  vorliegenden  Buchabschnittes 
nach  den  obigen  Ausführungen  von  Fruwirth  nicht  mehr  stichhaltig. 


234  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

der  Nessel  von  den  Landwirten  übel  vermerkt  werden  würde,  da  er  eine 
starke  Verunkrautung  des  Ackerbodens  mit  Nessel  zur  Folge  haben  werde. 

Entsprechend  den  Erfahrungen  über  die  Vermehrungs weisen  der 
Nessel  geht  Wackers  Ansicht  dahin,  daß  zum  Zwecke  der  Nesselfaser- 
gewinnung sich  weder  die  Stecklingsvermehrung  noch  die  Vermehrung 
durch  Samen  eigne  i),  sondern  hierzu  nur,  wie  es  ja  derzeit  geschieht, 
die  Einsammlung  der  wildwachsenden  Pflanze  dienen  könne,  wodurch 
allerdings  die  Zukunft  der  Nesselfaser  in  kein  günstiges  Licht  gestellt 
werde,  da  die  auf  den  IMarkt  zu  bringende  Ware  von  den  bei  der  Ein- 
sammlung unvermeidlichen  Zufälligkeiten  der  Preise  und  der  Grüße  der 
Ernte  abhängig  sein  wird. 

Unter  Umständen  kann  aber  dieser  primitive  Modus  der  Faserge- 
winnung zum  Vorteil  gereichen.  So  verhielt  es  sich  beispielsweise  in 
Österreich,  wenigstens  in  den  beiden  ersten  Kriegsjahren.  Die  öster- 
reichische Heeresverwaltung  beauftragte  die  dienstfreie  Mannschaft  zur 
Einsammlung  und  Erntebereitung  der  wildwachsenden  Nesseln,  wodurch 
den  Spinnereien  das  zu  verarbeitende  Rohmaterial  (entästete  und  ent- 
blätterte Stengel  oder  gar  die  Rinde  der  Nesseln)  kostenlos  zur  Verfügung 
gestellt  werden  konnte.  Die  Kosten  von  Grund  und  Boden  fielen  weg, 
desgleichen  die  Kosten  für  Aussaat,  Ernte  und  Erntebereitung.  So 
konnte  die  österreichische  Heeresverwaltung  Nesselgewebe  um  sehr  ge- 
ringe Preise  herstellen  lassen,  während  in  Deutschland,  wo  die  Nessel- 
pflanze mit  Kostenaufwand  eingesammelt  und  für  die  Spinnereien  her- 
gerichtet werden  mußte,  sie  naturgemäß  höher  zu  stehen  kamen.  Wie 
schon  oben  bemerkt,  hat  die  deutsche  Heeresverwaltung  die  Einsammlung 
der  Nessel  durch  Soldaten  prinzipiell  abgelehnt  und  sich  überhaupt  zur 
Bekämpfung  der  durch  den  Krieg  hervorgerufenen  Fasernot  ganz  anderer 
Mittel  bedient  als  das  österreichische  Kriegsministerium,  worüber  oben  bei 
Flachs  und  Hanf  die  Rede  war  (s.  oben  p.  158  u.  p.  189).  Aber  auch  die 
österreichische  Kriegsverv/altung  hat  sich  schon  im  Jahre  1916  genötigt 
gesehen,  die  Einsammlung  der  Nessel  durch  Soldaten,  wenigstens  teil- 
weise, einzustellen,  und  hat  durch  Aufrufe  die  zivile  Bevölkerung  eingeladen, 
an  der  Einsammlung  der  Nessel  Anteil  zu  nehmen.  Da  hierbei  die 
Nesselstengel  nur  durch  Ankauf  in  den  Besitz  der  Heeresverwaltung  ge- 
langen konnten,  so  mußte  sich  der  Preis  der  Nesselfaser  selbst  schon 
zur  Kriegszeit  höher  stellen. 


\)  Nach  Kalt  (Deutsche  Ldw.  Presse,  1917,  Nr.  16/17)  ist  man  mit  der  Erziehung 
von  Nesseliiulturen  aus  Samen  noch  nirgends  gut  gefahren.  Über  die  Keimungs- 
verhältnisse der  Nesselfasern  siehe  Schwede  in  »Textile  Forschung«,  1919,  1.  Bd., 
p.  72 — 75.  Nach  Schwede  erscheint  es  im  Hinblick  auf  die  den  Keimprozeß  be- 
günstigende Frostwirkung  angezeigt,  die  Nesselsamen  schon  im  Herbst,  und  zwar  nur 
wenig  tief  in  lockeren  Boden  auszusäen. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  235 

Urtica  dioica  (^=  U.  dioeca  L.  [Hegi]  =  major  KaniU)  ist  eine 
mit  dem  unterirdischen  Wurzelstocke  ausdauernde  Pflanze,  welche  krautige, 
blühende  und  fruchtende  Stengel  nach  oben  entsendet,  deren  Haupttriebe 
der  Fasergewinnung  dienen,  nachdem  Blätter  und  Seitentriebe  entfernt 
wurden.  Sie  ist  ein  ausgesprochener  Kosmopolit,  der  nur  im  Polargebiet 
und  in  einigen  tropischen  Gebieten  Afrikas  fehlt.  In  Mitteleuropa  stark 
verbreitet,  kommt  sie  im  Gebiete  des  ehemaligen  Osterreich  doch  mi 
ganzen  häufiger  vor  als  in  Deutschland,  was .  im  ersteren  Reiche  der 
Nesselfasergewinnung  auch  Vorschub  leistete. 

Es  gibt  zahlreiche  Spielarten  der  Urtica  dioica,  von  denen  einzelne 
selbst  zu  Arten  erhoben  wurden.  Für  die  Fasergewinnung  sind  diese 
Formen  bedeutungslos  i).  Hingegen  unterscheidet  der  Nesselfasererzeuger 
zwischen  der  schlanken,  wenig  verzweigten,  bis  1,3  m  hohen  und  der 
kurzen,  reichverzweigten,  unregelmäßig  gebauten  Nessel.  Aus  morpho- 
logischen, gleich  zu  erläuternden  Gründen  liefert  die  erstere  die  Faser 
leichter  als  die  letztere,  zudem  ist  die  Faser  der  ersteren  feiner,  länger 
und  gleichmäßiger.  In  der  Rinde  der  gemeinen  Nessel  verlaufen  Rinden- 
parenchymzüge,  deren  Zellen  häufig  reich  an  KristaÜaggregaten  von 
oxalsaurem  Kalk  sind.  Dieses  Rindenparenchym  verläuft  z.  T.  in  breiten 
Zügen  zwischen  den  Bastbündeln,  z.  T.  in  feinen  Zügen  zwischen  den 
Fasern  der  Bastbündel.  Da  beim  Zerreißen  der  Rinde  der  Zusammen- 
hang in  den  Partien  der  geringsten  Zerreißfestigkeit  stattfinden  muß, 
so  wird  die  Zerlegung  der  Rinde  in  Fasern  hauptsächlich  im  Rinden- 
parenchym vor  sich  gehen,  und  da  bei  der  mechanischen  Extraktion  der 
Bastfasern  die  Richtung  erhalten  bleibt,  so  ist  leicht  einzusehen,  daß  die 
gekrümmten  Stengel  infolge  von  Rißbildung  kürzere  und  erfahrungsgemäß 
auch  gröbere  Fasern  liefern  werden. 

In  meinem  vor  40  Jahren  erstatteten  Gutachten  habe  ich  schon 
die  Vorteile  der  langaufschießenden,  geradwüchsigen,  wenig  verzweigten 
Nesseln  gegenüber  den  kurzen,  reichverzweigten,  krummwüchsigen  bei 
der  Fasergewinnung  betont,  und  es  scheint  mir  bemerkenswert,  daß 
0.  Richter'-}  das  in  die  Länge  schießende  Material  »als  das  beste  für 
die  Faserbereitung  erklärt«. 

Tiefer  in  die  anatomischen  Verhältnisse  des  Nesselstengels  eingehend, 
findet  man  zahlreiche  Momente,  welche  zugunsten  oder  zuungunsten  der 


1)  Es  ist  sehr  interessant,  daß  man  wilde  Nesseln,  so  die  Tullner  und  die  Egerer 
Nessel,  fand,  die  für  die  Fasergewinnung  geeigneter  waren  als  die  andernorts  ver- 
breiteten und  die  eine  Fasergewinnung  ohne  Darren  der  Stengel  zulassen.  Dies  weist 
nach  Fruwirth  (1.  c,  p.  115)  darauf  hin,  daß  der  Grund  zur  Vielförmigkeit  unserer 
Kulturpflanzen  schon  in  Verschiedenheiten  der  wilden  Pflanze  gelegen  ist,  die  an  ver- 
schiedenen Orten  zur  Kulturpflanze  wurde. 

2)  Alte  und  neue  Textilpflanzen,  p.  4  6. 


236  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Fasergewinnung  sprechen  und  deshalb  für  die  Beurteilung  der  Nessel 
als  Gespinstpflanze  von  Bedeutung  sind. 

Was  zunächst  die  Bastzellen  des  Nesselstengels  anbelangt,  so  sind 
dieselben  fest,  von  guter  mechanischer  und  chemischer  Beschaffenheit. 
Sie  sind  in  allen  Stadien  der  Entwicklung  unverholzt,  indem  Phloro- 
gluzin und  Salzsäure  sie  ungefärbt  lassen.  Dieses  mechanische  und 
chemische  Verhalten  der  Bastzellen  spricht  für  die  Verwendbarkeit  der 
Nesselstengeln  zur  Fasergewinnung.  Aber  im  höheren  Maße  dagegen 
spricht  der  Umstand,  daß  die  Menge  der  Bastzellen  im  Nessel- 
stengel nur  eine  geringe  ist^).  Einer  aufmerksamen  Betrachtung 
der  Nesselstengelquerschnitte  kann  es  nicht  entgehen,  daß  die  Nessel 
im  Vergleich  zu  Flachs,  Hanf  und  Jute  sehr  arm  an  Bastzellen  ist. 
Prof.  Herzog  betont  dies  in  Briefen  an  mich  sehr  eindringlich  und 
belegt  seine  Anschauung  durch  Vorführung  von  Originalphotographien, 
aus  welchen  hervorgeht,  daß  gerade  das  parenchymatische,  die  Blatt- 
gefäßbündel voneinander  trennende  Zwischengewebe  (primäre  Markstrahlen) 
im  Vergleich  zu  Flachs,  Hanf  und  Jute  geradezu  mächtig  entwickelt 
ist,  was  für  die  Reindarstellung  der  Bastzelle  ein  großes  Hindernis  be- 
deutet, und  daß  die  in  den  Bastbündeln  reichlich  auftretenden  paren- 
chymalischen  Elemente,  so  sehr  sie  für  die  Teilbarkeit  der  Bastbündel 
vorteilhaft  sind,  die  Reindarstellung  der  Bastzellen  erschweren.  Schwerer 
als  dieser  letztere  Übelstand  fällt  aber  die  nicht  genug  zu  betonende 
Armut  der  Nesselstengel  an  Bastzellen  ins  Gewicht 2).  Diese  Tatsache  ist 
nicht  so  unbekannt,  als  es  den  Anschein  hat,  wenn  man  bedenkt,  daß 
dieser  wichtige  Gegenstand  von  den  Lobpreisern  der  Nesselindustrie 
entweder  mit  Stillschweigen  übergangen  wird  oder  die  Behauptung  auf- 
gestellt wird,  daß  die  Nessel  an  Fasergehalt  den  anderen  bekannten 
Faserpflanzen  nicht  nachstehe.  Ich  finde  in  der  trefflichen  Flora  von 
Hegi3),  welche  sich  durch  die  Genauigkeit  und  Verläßlichkeit  ihrer  An- 
gaben auszeichnet,  folgende,  mir  wichtig  erscheinende  Stelle:  »Da  der 
Stengel  verhältnismäßig  wenig  Bastfasern  enthält  und  die  Verarbeitung 
ziemlich  umständlich  ist,  hat  die  Nesselgarnindustrie  nie  recht  prospe- 
rieren wollen. 

Diese  Stelle  ist  auf  keine  Quelle  zurückgeführt,  aber  es  kann  nach 

1)  Krais  schätzt  den  Fasergehalt  des  Nesselstengels  auf  ungefähr  6 — 8  Proz. 
spinnbarer  Faser  (Ztschr.  angew.  Chemie,  1919,  Nr.  2),  während  E.  Collin  (Der 
Spinner  und  Weber,  1919,  Nr.  5)  behauptet,  daß  die  Ausbeute  der  Nessel  10  Proz., 
die  der  Typhafaser  hingegen  nur  17 — 20  Proz.  [nach  Gr aebner  25—33  Proz.)  betrage. 

2)  Eine  mikroskopisch-graphische  Methode  zur  Bestimmung  des  Fasergehaltes 
einer  Gespinstpflanze  gab  uns  kürzlich  A.  Herzog  in  > Angewandte  Botanik«,  Bd.  I, 
1919,  Heft  3  u.  4. 

3)  Illustrierte  Flora  von  Mitteleuropa,  Bd.  HI,  p.  140   (Wien  und  München). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  237 

meiner  Ansicht  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  tastenden  Versuche, 
die  Nessel  als  Gespinstpflanze  zu  prüfen,  manche  auf  den  richtigen 
Weg  führten,  sich  durch  direkte  Beohachlung  klar  zu  machen,  ob  die 
Menge  der  Bastfasern  der  Nessel  genüge,  um  deren  Darstellung  praktisch 
nutzbar  zu  machen.  Ich  meine,  daß  diese  mit  ungenügendem  Erfolge 
endigenden  Versuche  der  Hauptgrund  waren,  daß  man  die  Gedanken, 
die  Nessel  als  Gespinstpflanze  einzuführen,  wieder  aufgab. 

Was  sich  alles  in  der  auf  rohmechanische  Art  dargestellten  Nessel- 
faser finden  läßt,  ist  in  Fig.  55  abgebildet.  Neben  dem  eigentlichen  wert- 
vollen Bestandteil  der  Nesselstengel,  den  Bastzellen,  finden  wir  noch  die  Chlo- 
rophyll- und  kristallführenden  Parenchymzellen,  ferner  Reste  von  Collen- 
chym,  ja  bei  sehr  roher  mechanischer  Behandlung  auch  Oberhaut  mit 
Spaltöffnungen  und  Haaren.  Diese  VielgestaUigkeit  der  Bestandteile  der 
Nesselfaser  zeigt  einerseits  den  primitiven  Charakter  derselben,  auf  der 
anderen  Seite  aber  auch  die  Leichtigkeit,  mit  welcher  diese  Faser 
mikroskopisch  i)  nachgewiesen  werden  kann.  Noch  möchte  ich  mit  Rück- 
sicht auf  die  Mikroskopie  der  Nesselfaser  auf  die  von  T.  F.  Hanausek 
besonders  betonte  Vielgestaltigkeit  der  Bastzellen  des  Nesselstengels  auf- 
merksam machen,  welche  darin  besteht,  daß  die  Enden  dieser  Bastzellen 
nicht  immer,  wie  man  früher  angab,  konisch  geformt  sind,  sondern 
auch  flache  und  ebene,  aber  auch  lüffelförmige  Gestaltungen  aufweisen. 
(S.  Fig.  55.) 

Nach  ziemlich  übereinstimmendem  Urteil  leistete  die  Nesselfaser- 
industrie der  österreichischen  Kriegsverwaltung^j  während  des 
Krieges  gute  Dienste.  Es  handelte  sich  da  aber  nur  um  grobe  Ware, 
welche  nach  dem  neueren  0.  Richterschen  Verfahren  durch  bloße 
Quellung  im  Wasser  und  durch  bloße  mechanische  Bearbeitung  erzielt 
wurde,  also  um  die  Herstellung  von  Zeltstoffen,  Rucksäcken,  Binden, 
Stricken,  Trikotagen  (Strümpfen)  usw.  Die  feineren  Waren,  welche  auf 
reine  Bastfasererzeugung  abzielen  und  welche  selbst  nach  dem  kompli- 
zierten Verfahren  durch  Ammoniak,  Kochen  in  Seifenlösung  usw.  nur 
in  unvollkommener  Weise  erzielt  werden,  haben  so  wie  die  versuchten 


1)  Über  die  Mikroskopie  der  Faser  von  Urtica  dioica  s.  J,  Mo  eller,  Die  Nessel- 
faser.    Mit  6  Abbildungen.     D.  A.  Polytechnische  Zeitung,  1883,  Nr.  34/35. 

V.  Höhnel,  Mikroskopie  der  techn.  verwendeten  Faserstoffe,  2.  Aufl.,  Wien 
1905. 

T.  F.  Hanausek,  Allgemeine  Textilzeitung,  Leipzig,  Wien  19  16. 

2)  Die  deutsche  Krie  gs  Verwaltung  hat  einen  ganz  anderen  Weg  zur 
Bekämpfung  der  durch  den  Krieg  bedingten  Fasernot  eingeschlagen:  den  vermehrten 
Anbau  erprobter  Faserpflanzen  (Flachs,  Hanf),  welche,  als  Vorfrucht  bei  der 
WeizenkuUur  angewendet,  eine  Ertragssteigerung  des  Getreides  unter  bestimmten 
Umständen  ermöglichten. 


238  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Mischungen  mit  Baumwolle,  Flachsfaser  einen  untergeordneten  Wert  und 
bleiben  späteren  technischen  Fortschritten  vorbehalten  i). 

Über  die  Zukunft  der  Nesselfaserindustrie  läßt  sich,  wie  in  allen 
Dingen,  welche  von  den  Zufälligkeiten  menschlicher  Erfindungen  abhängen, 
ein  zuverlässiges  Urteil  mit  Sicherheit  nicht  fällen;  Wer  hätte  z.  B.  vor 
zehn  Jahren  geglaubt,  daß  man  aus  Holz  eine  gut  verspinnbare  Faser 
und  ausgezeichnete  Bindfäden  würde  erzeugen  können,  noch  dazu  auf 
dem  Wege  der  Papierbereitung.  Deshalb  gebietet  die  Vorsicht,  auch  in 
der  Nesselfrage  mit  einem  endgültigen  Urteil  zurückzuhalten. 

Destoweniger  kann  ich  angesichts  meiner  oben  dargelegten  Kennt- 
nisse, Erfahrungen  und  Einsichten  nur  mit  sehr  geringen  Hoffnungen 
der  aufsteigenden  Entwicklung  der  Nesselfaserindustrie  entgegensehen, 
besonders  wenn  ich  erwäge,  daß  nach  dem  Kriege  wieder  die  alten 
erprobten  Faserstoffe  in  den  allgemeinen  technischen  Dienst  getreten 
sein  werden. 

12.  Jute2). 

Die  Jute  3]  ist  die  Bastfaser  mehrerer  indischer  CorcÄorws- Arten, 
Pflanzen  aus  der  Familie  der  Tiliaceen.  In  Indien  ist  diese  Faser  von 
alters   her   im    Gebrauche.     In  Europa   steht   sie   als  Spinnmaterial   erst 


i]  Der  Spinnwert  der  Nesselfaser  steht  hinter  dem  der  Baumwolle  zm-ück,  und 
zwar  sowohl  infolge  der  geringen  Dehnung,  als  auch  der  geringen  Schmiegungsfähig- 
keit,  des  Mangels  einer  Kräuselung  und  des  Mangels  der  Spinnsporen.  S.  Johannsen 
in  Mittig.  deutsch.  Forsch.-Inst.,  Reulhngen-Stuttgart  1919,  6.-8.  Ausg.,  p.  4  und  Chr. 
F.  Walz,  Zusammenhänge  zwischen  Gespinsteigenschaften  und  Spinnstruktur  bei  Er- 
satzfaserstoffen.     Inaug.-Dissert.  (dieselbe  Mittig.,  p.  5 — 54). 

2)  Über  Jute  s.  Wiesner,  Studien  über  die  Eigenschaften  einiger  indischer 
Pflanzenfasern,  in  Mikrosk.  Unters.,  p.  ä6ff.;  ferner  Wiesner  in  »Ausland«,  1861», 
p.  830  0".  Über  Kultur  und  Gewinnung  der  Jute  s.  Semler,  Tropische  Agrikultur, 
III,  1888.  Über  technische  Eigenschaften,  Verarbeitung  und  Verwendung:  Pfuhl, 
Die  Jute  und  ihre  Verwendung.  3  Bde.,  Berlin  1888— -1891,  und  Legatt,  Theory  and 
practice  of  Jute.  Dundee  1893.  Henri  Lecomte,  La  culture  du  Jute.  Revue  des 
Cultures  coloniales  I,  1897.  Dalen  undWisber,  Über  Jute  usw.,  Mitteilungen  aus 
der  techn.  Versuchsanstalt,  Berlin  1902.  Watt,  The  Commercial  Products  of  India. 
London  1908,  p.  405 ff.  Wolff,  R.,  Die  Jute,  Berlin  1913.  Beauverie,  Les  textiles 
vegetaux.     Paris  1913. 

3)  Der  Name  Jute  ist  nunmehr  allgemein  im  Gebrauch.  In  der  älteren  tech- 
nischen Literatur  findet  man  die  früher  gebräuchlichen  Ausdrücke:  Gunny  fibre, 
Paathanf,  Indian  grass,  Calcuttahanf  n.  e.  a.  Das  Wort  Jute  wird  seit  aHers  von 
den  Bengalen  für  die  Faser  von  Corchorus  gebraucht  (Roxburgh),  während  sie 
die  Pflanze,  welche  die  Faser  liefert,  »paat«  nennen.  Die  Zahl  der  in  Indien  landes- 
üblichen Namen  für  Jute  ist,  wie  sich  Dodge  (1.  c.)  ausdrückt,  Legion.  Nach  Semler 
(1.  c,  III,  p.  644)  sind  für  Jute  in  Indien  64  Lokalnamen  im  Gebrauch.  Der 
Sanskritname  ist  Jhat,  so  viel  wie  Faser,  von  welchem  Worte  sich  der  jetzt  ge- 
bräuchliche Ausdruck  Jute  ableitet.  Nach  G.  Watt,  Econ.  Prod.  of  India  III, 
No.  146  (Calcutta,  1883)  heißt  die  Jute  im  Sanskrit  yuta.     Nach  gefälHger  Mitteilung 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  239 

seit  etwa  85  Jahren  in  Verwendung  und  hat  erst  in  der  zweiten 
Hälfte  des  neunzehnten  Jahrhunderts  Bedeutung  gewonnen  (siehe  unten, 
»Geschichtliches«).  Im  Jahre  1866  betrug  die  Einfuhr  von  Jute  nach 
England  schon  das  doppelte  der  eingeführten  Hanfmenge.  Gegenwärtig 
gehört  die  Jute  zu  den  wichtigsten  Spinnstoffen  der  europäischen  Indu- 
strie und  wird  bereits  auch  sehr  stark  auf  dem  Kontinent  (Deutschland, 
Österreich,  Frankreich,  Belgien  usw.)  verarbeitet  ^j.  Auch  für  die  Ver- 
einigten Staaten  ist  die  Jute  von  Bedeutung  geworden  und  wird  in 
großer  Menge  in  Massachusetts  und  auf  Rhode-Island,  bekanntlich  dem 
dichtbevölkertsten,  in  bezug  auf  Textilindustrie  sehr  vorgeschrittenen 
Staate  der  Union,  verarbeitet. 

Die  grüßten  Mengen  von  Jute  liefert  der  kultivierte  Corchorus  capsu- 
laris.  Aber  auch  der  in  den  wärmeren  Ländern  Asiens  häufig  als  Ge- 
müse gebaute  C.  olitorius  liefert  große  Quantitäten  von  Jute.  Wild- 
wachsende (verwilderte?)  Pflanzen  von  C.  capsularis  und  olitorius  werden 
allerdings  zu  Flechtarbeiten,  nicht  mehr  aber  wie  früher  zu  textilen 
Zwecken  benutzt.  Gering  ist  die  Fasermenge,  welche  kultivierte  Formen 
von  Coi'choi^as  fuscus  L.  und  decemangidatus  Roxh.  (wahrscheinlich  nur 
eine  Form  von  C.  olitorius)  liefern. 

Corchorus  capsularis  wird  als  Faserpflanze  stark  in  Indien  und 
den  umliegenden  Inseln,  in  Ostasien  (besonders  China,  aber  auch  auf 
Formosa2)j  in  neuerer  Zeit  auch  in  Algier  3),  in  Guayana  und  anderen 
Ländern     des    amerikanischen    Kontinents  •*]    gebaut.      C.  olitorius   wird 


des  Herrn  Prof.  L.  v.  Schröder  geht  das  Wort  Jute  wahrscheinhch  zurück  auf  Sanskr. 
vyuta  (vi-uta),  so  viel  als  geflochten,  gewebt,  bez.  (substantivisch)  Gellecht  oder 
Gewebe. 

1)  Im  Jahre  1828  betrug  die  Ausfuhr  roher  Jute  aus  Indien  346  Zentner,  im 
Jahre  1856  stieg  sie  bereits  auf  700  000,  1872  auf  6  Millionen  Zentner,  1891  auf 
12  Mill.  Zentner.  In  Indien  selbst  wurden  zu  dieser  Zeit  4  Mill.  Zent,  fabrikmäßig 
versponnen.  Nach  Semler  (1.  c,  p.  652)  wurden  im  Jahre  1882/1883  aus  Bengalen 
60  Millionen  Stück  Jutesäcke  ausgeführt.  Nach  Henri  Lecomte  führte  Britisch 
Indien  im  Jahre  1895  Jute  im  Werte  von  10575477  Pf.  St.  aus.  Nach  dem  Berichte 
des  kais.  Generalkonsulats  in  Kalkutta  für  das  Deutsche  Reich  betrug  die  indische 
Juteernte  im  Jahre  1911 — 1912  nahezu  38  Mill.  Zentner  (9  461  000  Ballen  ä  4  Zentner). 
Tropenpflanzer  XVI  (1912). 

2)  Dewey,  Princip.  commerc.  Plauts.  Yearbook  of  the  Departem.  of  Agricult.  1903. 

3)  Exp.  univ.  1867.  Aigerie.  Catal.  spec.  p.  73.  In  Algier  wird  die  Jutepflanze 
corite  textile  genannt. 

4)  In  den  Baumwollendistrikten  Nordamerikas  gedeiht  vielfach  auch  die  Jute. 
Die  Kultur  rentiert  sich  aber  nicht  wegen  des  billigen  Preises  der  asiatischen  Jute. 
Aus  dem  gleichen  Grunde  waren  die  Anbauversuche,  welche  in  vielen  tropischen  und 
subtropischen  Ländern  mit  der  Jutepflanze  unternommen  wurden,  von  geringem 
Erfolge  begleitet.  Auch  in  den  ehemaligen  deutschen  Kolonien  ist  vorläufig  wenig 
Aussicht  auf  lohnenden  Ertrag  der  JutekuUur.  S.  hierüber  Warburg,  Tropenpflanzer 
XII  (1908),  p.  16. 


240  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

in  einigen  Gegenden  Indiens  als  Faserpflanze  i),  häufiger  aber  als  Gemüse 
gezogen,  und  zwar  nicht  nur  in  Indien,  sondern  auch  in  Ägypten,  Ara- 
bien und  Palästina.  —  Außer  den  vier  genannten  Spezies  von  Corchorus^ 
die  alle  kultiviert  werden,  kommen  in  Indien,  ferner  in  Südamerika  und 
Australien,  noch  andere  Arten  (etwa  30)  dieser  Gattung  wildwachsend 
vor,  die  aber  nicht  zur  Fasergewinnung  dienen. 

Die  beiden  als  Jutepflanzen  praktisch  allein  in  Betracht  kommenden 
Spezies  der  Gattung,  nämlich  Corchorus  capsvlaris  und  C.  olitorius,  sind, 
abgesehen  von  den  Früchten,  wenig  unterschieden,  und  in  den  Heimat- 
ländern hält  man  sie  eigentlich  nicht  auseinander.  Man  macht  nur  den 
Unterschied  zwischen  »Nalita«,  welche  Gemüse,  und  »Paat«,  welche 
Fasern  liefert.  Jede  der  beiden  Spezies  bildet  mehrere  Varietäten, 
»weiße«  und  »rote«.  Erstere  haben  grüne  Blätter  und  Stengel,  letztere  rote 
Stengel  und  rote  Blattrippen.  Die  grünstämmigen  werden  den  rotstämmigen 
vorgezogen  2).  Die  beste  Julesorte  »Uttariya«  stammt  von  einer  grün- 
stämmigen (weißen)  Spielart  von  Corchorus  capsularis  ab'').  Im  allge- 
meinen stimmen  die  aus  den  Varietäten  beider  Spezies  abgeschiedenen 
Fasern  miteinander  überein,  tatsächlich  vv^ird  auch  im  Handel  kein  Unter- 
schied gemacht  zwischen  der  von  Corchorus  capsularis  und  der  von 
C.  oUtorius  abstammenden  Gespinstfaser  (Sem  1er). 

Die  Jute  gedeiht  am  besten  in  feuchten  Gebieten  der  tropischen 
und  subtropischen  Zone,  auch  noch  weiter  nordwärts  bis  zum  36"  nördl. 
Breite.     In  trockenen  Gebieten  wird  die  Faser  hart  und  steif 

Die  Kultur  der  Corchorus- Arien  macht  keinerlei  Schwierigkeit.  Die 
Aussaat  der  Samen  erfolgt  im  April  oder  Mai,  wenn  anhaltender  Regen 
den  Grund  stark  durchfeuchtet  hat.  Im  Juni  oder  Juli  tritt  die  Blüte, 
im  September  oder  Oktober  die  Fruchtreife  ein.  Wie  bei  Hanf,  Flachs, 
Chinagras  und  wahrscheinlich  allen  basthaltigen  Pflanzen  nimmt  die 
Festigkeit  und  Biegsamkeit  der  Bastfaser  zur  Zeit  der  Fruchtreife  ab. 
Es  findet  eine  Verholzung  der  Bastzellen  statt,  und  infolgedessen  stellt 
sich  eine  große  Sprüdigkeit  der  Faser  ein.  Deshalb  trachtet  man  die 
Jute,  wie  überhaupt  alle  Bastfasern,  vor  dem  Eintritt  der  Fruchtreife 
vom  Felde  zu  bringen.  Nach  Semler  ist  es  am  rationellsten,  zu  ernten, 
wenn  die  ersten  Früchte  zu  reifen  beginnen.  Vor  beginnender  Samenreife 
geerntete  Faser  ist  nach  Sem  1er  zu  schwach,  nach  beendigter  Samenreife 
gesammelte  als  Spinnfaser  werllos.    Durch  Schnitt  erhält  man  ein  besseres 


1)  In  einigen  indischen  Bezirlien  (Dinajpore,  Rungpore  und  Purneah)  wird  nach 
Royle   C.  eapsularis  als  Gemüse,  hingegen  C.  olitorius  der  Faser  wegen  gebaut. 

2)  Burhill,  J.  H.  and  Finlow,  R.  S.,  The  Races  of  Jute.  The  Agric.  Ledger 
(1907).  Die  Autoren  unterscheiden  33  Rassen  von  Corchorus  capsularis  und  G.  oli- 
torius. 

3)  Vgl.   Semler,   1.  c,  III,  p.  652. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  241 

Produkt  als  durch  Ausraufen  der  Ptlanzen,  weil  im  ersteren  Falle  der 
geringwertigste  Teil  der  Faser,  der  Fuß,  am  Felde  bleibt.  Geringe  Sorten 
(Dowrah)  werden  aus  dem  Boden  gezogen  (Semler).  Man  gewinnt  dann 
nicht  nur  den  »Fuß«,  sondern  auch  die  Wurzeln,  welche  noch  Verwendung 
in  der  Papierfabrikation  finden. 

Die  geschnittene  oder  aus  dem  Boden  gezogene  Jutepflanze  läßt 
man,  nach  Beseitigung  der  Blätter  und  Seitentriebe,  gebündelt  3 — 4  Tage 
am  Felde  stehen.  Es  tritt  hierbei  ein  »Welken«  der  Stämmchen  ein, 
wodurch  eine  Abkürzung  der  späteren  Rüste  ermöglicht  wird. 

Vom  Felde  gebracht,  werden  die  Jutestengel  einer  Röste  unter- 
worfen. Dieselbe  ist  nur  selten  eine  Tauröste,  in  der  Regel  eine 
Kaltwasserröste.  Die  Bündel  werden  in  tiefen  mit  Wasser  gefüllten 
Gruben  schief  aufgestellt,  mit  Steinen  beschwert  und  es  wird  dafür 
Sorge  getragen,  daß  das  Wasser  etwa  10  cm  über  den  Bündeln  steht. 
Um  den  schädigenden  Einfluß  der  direkten  Besonnung  hintanzuhalten, 
bedeckt  man  die  Gruben  mit  Gras,  Schilf  und  dergleichen.  Je  nach  der 
Temperatur  des  Wassers  dauert  die  Röste  3 — 30  Tagei).  Es  ist  nament- 
lich in  sehr  heißen  Gebieten  erforderlich,  Tag  für  Tag  nachzusehen, 
ob  die  Röste  vollendet  ist,  d.  h.,  ob  der  mehr  oder  weniger  stark  sich 
zerfasernde  Bast  sich  leicht  von  den  übrigen  Geweben  der  Stengel  los- 
lösen läßt.  Die  Abscheidung  der  Faser  erfolgt  durch  Handarbeit,  welche 
selbst  von  Kindern  mit  großer  Geschicklichkeit  besorgt  wird.  Mit  einem 
Stocke  stößt  der  Arbeiter  gegen  die  Stengel  oder  schlägt  diese  gegen 
die  Kante  eines  Brettes,  wobei  sich  eine  Partie  des  Bastes  loslöst.  Er 
faßt  dieses  Stück  und  löst  nun  die  Faser  ihrer  ganzen  Länge  nach  vom 
Stengel  ab.  Die  Faser  wird  im  Wasser  gewaschen,  ausgewunden  und 
auf  Seilen  zum  Trocknen  aufgehängt^). 

Trotz  dieser  höchst  elementaren  Gewinnungsweise  ist  die  Jutefaser 
doch  außerordentlich  rein  und  so  völlig  vom  Nachbargewebe  befreit 
wie  gehechelter  Hanf  oder  Flachs.  Durch  die  Röste  wird  nicht  nur  der 
Bast  vom  umliegenden  Gewebe  abgelöst,  sondern  es  vollzieht  sich  auch 
gleichzeitig  ein  Zerfall  der  Bastbündel,  so  daß  das  Produkt  nicht  einen 
bastartigen,    sondern   mehr   oder  minder  feinfaserigen  Charakter   erhält. 

Die  maschinelle  Abscheidung  der  Jutefaser  hat  bisher  zu  keinem 
praktischen   Resultate   geführt;    wohl    aber  wird   mit  Vorteil   in   Europa 


I 


i)  So   nach    Semler,   während   Pfuhl    (1.  c,  p.  61)    angibt,   daß    die   Röste   in 
8—10  Tagen  beendigt  ist. 

2)  Weitere  Angaben  über  die  Gewinnung  der  Jute  finden  sich  bei  Schulte  im 
Hofe,  Tropenpflanzer,  190^,  p.  38  ff.  u.  p.  295ff.,  und  Zimmermann,  Der  Pflanzer, 
I  (1905),  p.  105ff.     Daselbst  auch  die  Angaben  von  Dewey,  daß  sofort  von  der  ge- 
ernteten Pflanze  die  Rinde  abgezogen  und  diese  einer  Röste  unterzogen  wird. 
Wiesner,  EohstofFe.     III.  Band.     3.  Aufl.  16 


242  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

die  Abtrennung   der  Wurzelenden   (»roots«)   durch  Maschinenarbeit  vor- 
genommen (mittelst  snipping  machines,   Schnippmaschinen  i). 

Der  Ertrag  des  Bodens  an  Jute  ist  zwei  bis  fünfmal,  nach  einigen 
Angaben  zehnmal  so  groß  als  an  Flachs  oder  Hanf2j.  Zweifellos  ist 
die  Menge,  welche  der  Boden  an  Jutefaser  hervorbringt,  sehr  groß. 
Es  liegt  dies  einerseits  in  der  Höhe,  welche  die  Pflanze  in  der  Kultur 
erreicht  (bis  3  und  4  m  und  darüber),  andererseits  in  der  großen  Bast- 
menge der  Stengel. 

Eigenschaften  der  Jute.  Dimensionen.  Die  Jutefaser  hat  ge- 
wöhnlich eine  Länge  von  1,5 — 2,5  m.  Die  größte  Länge,  welche  an 
der  Handelsware  bisher  wahrgenommen  wurde,  betrug  beiläufig  4,5  m^j. 
Früher  kamen  oft  sehr  kurzfaserige  Sorten  vor,  die  man  von  wildwach- 
senden Corchorus- Arien  abgeleitet  hat.  Im  ganzen  liefert  C.  capstdaris 
längerfaserige  Jute  als  C.  olitorius.  Erstere  Pflanze  ist  auch  höher  und 
schlanker.  Der  Stengel  der  ersteren  erreicht  eine  Höhe  von  5  Meter, 
während  der  Stengel  der  letzteren  höchstens  3  Meter  hoch  wird. 

Die  Breite  der  Fasern  ist,  je  nachdem  der  Röstprozeß  eine  größere 
oder  geringere  Zerlegung  der  ursprünglichen  Baslbündel  in  Fasern 
hervorrief,  sehr  variabel.  Die  vom  oberen  Stengelteile  herrührenden 
Fasern  sind  feiner,  also  weniger  breit  als  die  vom  unteren  Stammende 
.herkommenden.  Die  im  Mikroskop  zu  sehenden  Breiten  der  Fasern 
betragen  30 — 140,  im  Mittel  etwa  80//.  Nur  an  den  feinsten  Jutesorten 
ist  die  Zerlegung  des  Bastbündels  so  weit  fortgeschritten,  daß  einzelne 
Bastzellen  zum  größten  Teil  isoliert  erscheinen. 

Farbe.  Frische  Jute  ist  stets  nur  wenig  gefärbt,  sie  zeigt  nämlich 
eine  weißliche,  ins  Flachsgelbe  geneigte  Farbe.  Die  besten  Sorten  sind 
weiß,  mit  einem  Stich  ins  Gelbliche  oder  Silbergraue.  Die  Fußenden 
selbst  der  besten  Jutesorten  sind  stets  dunkler  gefärbt.  Manche  Jutesorten 
ändern  nur  wenig  ihre  Farbe.  Andere,  und  zwar  die  Mehrzahl  der 
Sorten,  nehmen  hingegen  unter  dem  Einflüsse  der  Atmosphäre,  besonders 
bei  längerer  Einwirkung  von  Feuchtigkeit  eine  tiefere  Färbung  an,  die 
sich  bis  zu  einem  dunkeln  Braun  steigern  kann.  Diese  Farbenänderung 
zeigen  am  deutlichsten  solche  Jutegewebe,  die  lange  im  Gebrauche  standen, 
z.  B.  Kafl'ee-,  Baumwollensäcke  aus  Jute  usw.  Wenn  man  bedenkt,  daß 
die  von  den  untersten  Stengelteilen  herrührenden  Faserpartien  stets 
dunkler  gefärbt    sind   als  die  übrigen,   oft  eine  tiefbraune  Farbe  haben. 


^]  Pfuhl,  ].  c,  I,  p.  160. 

2)  Es  wechselt  indes  der  Bodenertrag  an  Jute  je  nach  Klima  und  Boden.  Um 
Kalkutta  rechnet  man  5,6  —  11,3  Met.Zent.  Faser,  in  südlicheren  Gegenden  Indiens 
22,5— 3 'i   Met.Zent.  pro  Hektar. 

3)  Oberlei  Lhner  im  offiz.  österr.  Ausstellungshericht.     Wien  1873. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  243 

während  die  von  den  oberen  Stengelteilen  stammenden  fast  farblos  sind, 
und  weiter  erwägt,  daß  der  Verholzungsprozeß,  welcher  der  Bräunung 
stets  vorangegangen  ist,  an  jeder  Pflanze  von  unten  nach  oben  zu 
vorwärtsschreitet,  so  gewinnt  die  Annahme,  daß  die  ungefärbten  und 
im  Gebrauche  sich  nur  wenig  färbenden  Jutesorten  von  jungen,  vor  oder 
im  Beginne  der  Fruchtreife  geernteten  Stengeln,  die  sich  rasch  bräunen- 
den hingegen  von  älteren  Stengeln  herrühren,  an  denen  die  Früchte  viel- 
leicht schon  zur  Reife  kamen,  gewiß  ihre  Berechtigung.  Indes  dürfte 
bei  dem  Umstände,  daß  die  Jute  des  Handels  von  verschiedenen  Spezies 
von  Corchorus  herrührt,  nicht  zu  übersehen  sein,  daß  auch  die  Art  der 
Stammpflanze  diese  Unterschiede  bedingen  könnte,  wie  ja  selbst  die 
Varietäten  von  Hanf  und  Flachs  in  ihren  Eigenschaften  sehr  auseinander- 
gehende Fasern  liefern.  Geringe  Jutesorten  haben  schon  bei  der  Ab- 
scheidung stark  ins  Gelbe,. Bräunliche  und  Rostbraune  ziehende  Farbe. 
Je  heller  die  Farbe  der  Jute  ist,  als  desto  besser  wird  sie 
angesehen. 

Glanz.  Der  Glanz  der  Jute  ist  spiegelnd,  bei  guten  Sorten  fast 
seidenartig.  Schon  dadurch  unterscheidet  sich  die  Jute  vom  Flachs,  der 
nie  so  stark  spiegelt,  und  vom  Hanf,  der  nur  in  wenigen  Spielarten 
(Sorten  von  italienischem  Hanf)  glänzend  ist,  aber  nie  so  stark  wie  gute 
Jute.  Mindere  Sorten  haben  geringeren  Glanz.  Je  glänzender  die 
Jutefaser  ist,  desto  besser  ist  sie.  Es  besteht  ein  inniger  Zu- 
sammenhang zwischen  Farbe  und  Glanz  einerseits  und  der  Festigkeit, 
worauf  später  noch  zurückzukommen  sein  wird. 

Geruch.  Die  rohe  Jute  hat  einen  eigentümlichen,  jedoch  nicht 
so  intensiven  und  unangenehmen  Geruch  wie  der  Hanf.  Jutegarne  und 
Jutegewebe  riechen  häufig  unangenehm.  Es  rührt  dieser  Geruch  aber 
nicht  von  der  Faser,  sondern  vom  Tran  (Robbentran)  her,  mit  dem  die 
Faser,  um  sie  leichter  verspinnen  zu  können,  eingefettet  wird.  Dieser 
Geruch  ist  aber  nie  so  stark,  um  Jutesäcke  zur  Verpackung  von  Mehl 
untauglich  erscheinen  zu  lassen.  Bedenklicher  ist  es  aber,  wenn  die 
Jutegarne  mit  Petroleum i)  eingefettet  werden;  dann  sind  aus  derartigen 
Garnen  gewebte  Stoffe  zur  Verpackung  von  Nahrungsmitteln  nicht  geeignet. 

Hygroskopizität,  Wasser-  und  Aschengehalt.  Die  Jute  ist 
in  nicht  geringem  Grade  hygroskopisch  und  enthält  bei  mäßig  trockener 
Luft  häufig  6  —  8  Proz.  Wasser.  Der  Wassergehalt  ist  aber  in  bestimmter 
Abhängigkeit  von  der  Luftfeuchtigkeit.  Über  diesen  in  praktischer  Be- 
ziehung wichtigen  Gegenstand  hat  Pfuhl  2)  eingehende  Untersuchungen 


\)   Pfuhl,  1.  c,  I,  p.  75. 
2)  1.  c,  I,  p.  81. 

16* 


244  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

angestellt,  welche  ergaben,  daß  bis  zu  71  Proz.  relativer  Luftfeuchtigkeit 
der  Wassergehalt  der  Jute  sich  proportional  steigert.  Bei  diesem 
Wassergehalt  der  Luft  enthält  die  Faser  1 4  Proz.  vom  Trockengewicht 
an  Wasser.  Über  die  genannte  Luftfeuchtigkeit  hinaus  steigt  der 
Wassergehalt  der  Faser  sehr  stark,  indem  bei  98  Proz.  Luftfeuchtigkeit 
von  der  Faser  32,  bei  100  Proz.  (im  wasserdampfgesältigten  Räume) 
34,25  Proz.  Wasser  aufgenommen  werden.  Nach  Pfuhls^)  Vorschlag 
wird  für  den  Handel  mit  Jute  ein  Wassergehalt  von  1 4  Proz.  zu- 
grunde gelegt. 

Die  Aschenmenge  der  völlig  getrockneten  Jute  beträgt  0,9 — 1 ,75  Proz. 
Die  Asche  ist  kristallfrei. 

Das  spezifische  Gewicht  der  Jute  beträgt  nach  Pfuhl 2)  (bei 
7  Proz.  Wassergehalt  und  bezögen  auf  4  °  C)  1,436. 

Die  Festigkeit  der  rohen  Jute  wurde  »von  Pfuhl 3)  bestimmt  und 
es  wurde  hierbei  gefunden,  daß  die  größte  Reißlänge  (für  die  Einspann- 
länge =  0)  34,5  km  beträgt  (polnischer  Hanf  ergab  52  km).  Geringe 
Sorten  von  Jute  haben  aber  oft  beträchtlich  geringere  Reißlängen.  Be- 
rechnet man  diese  für  eine  Einspannlänge  von  1 0  mm,  so'  kommt  die 
Jute  an  Festigkeit  dem  Flachs  und  der  Baumwolle  nahe,  wird  aber 
vom  Hanf  weit  übertroffen. 

Mikrochemisches  Verhalten  der  Jute.  Über  die  chemische 
Beschaffenheit  der  Jute  ist  bereits  früher  (p.  28  und  32)  das  Wichtigste 
mitgeteilt  worden.  In  bezug  auf  die  mikroskopisch -chemische  Unter- 
suchung ist  zunächst  auf  die  wichtige  Eigenschaft,  nämlich  auf  die  von 
mir  zuerst  (1869)  konstatierte  starke  Verholzung  der  Jutefaser  hinzu- 
weisen'*). Durch  die  Verholzung  erklären  sich  eine  Reihe  von  Eigen- 
schaften der  Jute.  Man  ist  durch  die  entsprechenden  Reagenzien  im- 
stande, die  Jute  (im  ungebleichten  Zustande  und  in  diesem  findet  sie 
ja  ihre  Hauptverwendung)  mit  Sicherheit  von  Baumwolle,  Flachs  und 
Hanf  zu  unterscheiden,  denn  die  Baumwollenfaser  ist  gänzlich  unver- 
holzt,  die  Flachsfaser  unverholzt  oder  —  in  den  geringsten  Sorten  — 
nur  spurenweise,  die  Hanffaser  aber  entweder  unverholzt  oder  nur  in 
geringem  Grade  verholzt.     Während  beispielsweise   selbst  ganz  geringe 


i)  1.  c,  I,  p.  83. 

2)  I.  c,  I,  p.  80. 

3)  1.  c,  I,  p.  83.  Derselbe  Autor  behandelt  auch  die  Festigkeit  der  Jutegarne 
(1.  c,  p.  85). 

h)  Ich  hatte  schon  früher  (1866  in  Karstens  Bot.  Unters.  Berlin)  das  schwefel- 
saure Anilin  als  Reagens  auf  Holzsubstanz  in  die  Pflanzenanatomie  eingeführt  und 
mit  Zuhilfenahme  dieses  Reagens  konstatierte  ich  die  starke  Verholzung  der  Jute- 
faser. Später,  als  ich  im  Phlorogluzin  ein  noch  feineres  Reagens  auf  Holzsubstanz 
auffand,  ergab  sich  neuerdings,  daß  die  Jutefaser  stark  verholzt  ist. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


245 


Sorten  von  Hanf  oder  Flachs  durch  schwefelsaures  Anilin  fast  gar  nicht 
oder  nur  schwach  gelblich  gefärbt  werden,  nehmen  alle  Jutesorten, 
selbst  die  besten,  weißesten,  mit  dem  genannten  Reagens  behandelt, 
alsbald  eine  intensiv  goldgelbe  bis  orangegelbe  Farbe  an^). 

Alle  Jutesorten  werden  durch  Jodlüsung  goldgelb  gefärbt.  Auf 
Zusatz  von  Schwefelsäure  wird  die  Färbung  dunkler  gelb,  bis  braun. 
An  einzelnen  Stellen,  besonders  an  den  Enden,  färbt  sich  die  Faser 
etwas  bläulich  grün.  Wird  die  Jute 
mit  verdünnter  ChromSäure  oder  mit 
Kalilauge  vorbehandelt,  so  nimmt  sie 
durch  Jod  und  Schwefelsäure  eine  schöne 
blaue  Farbe  an.  Kupferoxydammoniak 
färbt  die  unveränderte  Jutefaser  bläulich 
und  bringt  sie  zur  schwachen  Quellung. 
Wird  hingegen  die  Faser  so  behandelt, 
daß  sie  durch  Jod  und  Schwefelsäure 
gebläut  werden  würde,  so  wird  sie 
durch  Kupferoxydammoniak  nach  star- 
ker Aufquellung  ohne  Rückstand  in 
Lösung  gebracht. 

In  einem  Gemisch  von  Eisenchlorid 
und  Ferrizyankalium  nimmt  die  Jutefaser 
nach  Gross  und  Bevan  eine  tief  indigo- 
blaue Farbe  an  2). 

Im  gebleichten  Zustande  zeigt  die 
Jute  alle  mikrochemischen  Eigenschaften 
der  reinen  Zellulose. 

Mikroskopische  Kennzeichen. 
Nach     mehrfachen      mißglückten      von 

Schacht,  Seubert,  Grothe  u.  a.  zwischen  1853  und  1867  angestellten 
Versuchen 3),  die  Jutefaser  mikroskopisch  zu  charakterisieren,  ist  es  mir 
gelungen,  jene  morphologischen  und  mikrochemischen  Kennzeichen  dieses 
inzwischen  so  wichtig  gewordenen  Spinnstoffes  ausfindig  zu  machen, 
welche  es  ermöglichen,  die  Jutefaser  von  allen  anderen  Fasern  mit  Sicher- 
heit zu  unterscheiden  *).     Diejenigen,  welche  wie  v.  Höhnel,  Vetillard, 


Fig.  56.  Vergr.  4Ü0.  A  Bruchstücke  iso- 
lierter ßastzellen  aus  der  Jutefaser,  a  a 
natürliche  En'3en.  sz  Zellwand.  II  Lumen 
der  Zelle.  B  Querschnitt  durch  die  Jutefaaer. 


1)  Über  den  Grad  der  Verholzung  der  Jute,   nach  dem  Gräfe  sehen  Verfahren 
ermittelt,  s.  oben  p.  44. 

2)  Dieselbe  Berlinerblaureaktion   hat   R.  Haller    (Färber-Zeitung  1915,   p.  157, 
173;  1919,  p.  29)  auch  für  die  auf  Malta  gebaute  Kakhibaumwolle  konstatiert. 

3)  S.  hierüber  die  erste  Auflage  dieses  Werkes  p.  397. 

4)  »Ausland«   1869  und  Mikrosk.  Unters.  1872,  p.  27. 


246  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Pfuhl,  T.  F.  llanausek  u.  a.  die  Jute  später  mikroskopisch  charakteri- 
sierten, haben  sich  der  von  mir  angegebenen  Charakteristik  angeschlossen 
oder  sind  über  dieselbe  nicht  hinausgekommen. 

Fertigt  man  Querschnitte  durch  den  Stengel  von  Corchorus  cop- 
sularis  oder  C.  olitorius  an  oder  erzeugt  man  Querschnitte  durch  die 
Faser  selbst,  was  nach  Einbettung  eines  Faserstranges  in  Gummilösung 
leicht  gelingt,  so  erhält  man  im  Mikroskop  ein  Bild,  welches  sich  von 
den  Querschnittsansichten  fast  aller  spinnbaren  Bastfasern  sehr  auffällig 
unterscheidet.  Die  Zellen  erscheinen  in  dieser  Ansicht  polygonal,  fünf- 
bis  sechsseitig,  mit  auffällig  ungleichen  Hohlräumen  versehen 
(s.  Fig.  56).  Es  hat,  nach  diesem  Bilde  zu  urteilen,  den  Anschein,  als 
würden  einige  Zellen  sehr  dünnwandig,  andere  mäßig  verdickt  und  der 
Rest  außergewöhnlich  dickwandig  sein,  denn  manche  Zellen  haben  ein 
großes,  andere  ein  kleines  Lumen  und  in  einigen  scheint  letzleres  auf 
einen  einzigen  Punkt  reduziert  zu  sein.  Die  Bilder  der  isolierten  Bast- 
zellen der  Jute  lehren  jedoch,  daß  diese  Ungleichfürmigkeit  der  Hohl- 
räume nicht  in  einer  verschiedenen  Verdickung  der  Zellmembranen  des 
Bastgewebes,  vielmehr  in  einer  ungleichartigen  Verdickung  der 
Zellmembranen  jeder  einzelnen  Bastzelle  ihren  Grund  hat. 

Zum  genauen  Studium  der  morphologischen  Verhältnisse  der  Jute 
ist  es  notwendig,  die  Faser  in  ihre  Elementarbestandteile  zu  zerlegen, 
was  ebensowohl  durch  verdünnte  Chromsäure  als  durch  Kalilauge  gelingt. 
Die  Zellen  treten  alsbald  aus  dem  gegenseitigen  Verbände  und  lassen 
sich  mit  den  Nadeln  auseinanderlösen.  Man  erkennt  hier  zunächst, 
daß  die  Jute  bloß  aus  Bastzellen  zusammengesetzt  ist.  Es 
lassen  allerdings  sehr  viele  andere  Fasern  (z.  B.  Flachs)  die  gleiche  Ein- 
fachheit im  Bau  erkennen.  Aber  es  existieren  auch  Fasern,  die  im 
Aussehen  mit  der  Jute  eine  große  Übereinstimmung  zeigen,  z.  B.  die 
Fasern  von  Äbelmoschus  tetropkyllos  und  JJrena  sinuata,  bei  welchen 
außer  Bastzellen  noch  andere  histologische  Elemente  auftreten,  und  die 
deshalb,  wie  unten  noch  näher  auseinandergesetzt  werden  soll,  von  der 
Jute  sehr  wohl  unterschieden  werden  können. 

Die  durch  die  genannten  Reagenzien  isolierten  Bastzellen  lassen  eine 
genaue  Bestimmung  ihrer  Länge  zu.  Dieselbe  schwankt  zwischen 
0,8 — 4,1  mm  und  es  hat  den  Anschein,  als  würde  in  bezug  auf  diese 
Dimension  kein  Unterschied  zwischen  den  Bastzellen  der  vier  genannten 
Corcho?'us-Arien  bestehen.  Für  Corchorus  cajjsularis  und  C.  olitorius, 
welche  vielleicht  die  ganze  Jute,  die  auf  den  europäischen  Markt  kommt, 
liefern,  möchte  ich  mit  Bestimmtheit  aussprechen,  daß  die  Grenzwerte 
für  diese  Längen  mit  den  angeführten  Zahlen  übereinstimmen. 

So  wenig  in  den  Längen  der  Bastzellen  der  beiden  genannten 
Pflanzen    ein   Unterschied    sich    wahrnehmen   läßt,    so    bestimmt   unter- 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  247 

scheiden  sich  die  maximalen  Querschnittsdurchmesser  derBastzelien  dieser 
beiden  Gewächse.  Es  beträgt  nämlich  diese  Dimension  bei  Corchorus 
capsularis  10 — 21,  meist  16^«;  bei  Corchorus  olitorkis  16 — 32,  meist 
20  u.  Nach  Vetillard  haben  die  Bastzellen  der  Jute  (Spezies  werden 
nicht  angegeben)  eine  Länge  von  1 ,5 — 5  mm  und  einen  Durchmesser 
von  20 — 25,  meist  von  22  i.i. 

Die  Formen  der  Bastzellen  der  Jutepflanzen  variieren  sehr  wenig. 
Sie  sind  annähernd  zylindrisch,  jedoch  stets  etwas  abgeplattet  fünf-  bis 
sechsseitig  und  am  Ende  kegelförmig,  mit  etwas  abgerundeter  Endfläche. 
Im  ganzen  Verlaufe  der  Zellänge  ergeben  sich  kleine  Unregelmäßigkeiten 
in  den  Breiten,  die  man  im  Mikroskop  sehr  leicht  erkennt,  die  sich 
jedoch  schwierig  in  Zahlen  fassen  lassen,  da  die  Variation  der  einzelnen 
Zellen  in  dieser  Beziehung  eine  ganz  unbegrenzte  zu  sein  scheint. 
Querverletzungen  (»Verschiebungen«,  Querbrüche  usw.),  bei  Flachs-, 
Hanf-,  Ramiefaser  so  häufig,  kommen  an  der  Jute  nicht  vor,  da  die- 
selbe bei  der  Gewinnung  mechanisch  nicht  angegriffen  wird. 

Höchst  auffällig  ist  an  jeder  isolierten  Bastzelle  der 
Jutefaser  der  Nichtparallelismus  des  äußeren  und  inneren 
Konturs,  welcher  dadurch  hervorgerufen  wird,  daß  die  Membran 
jeder  einzelnen  Bastzelle  an  verschiedenen  Stellen  verschieden  stark  ver- 
dickt ist.  An  manchen  Punkten  ist  die  Zellwand  so  dünn  wie  an  der 
Baumwolle  oder  gar  an  der  vegetabilischen  Seide,  an  [anderen  Stellen 
ist  sie  hingegen  so  dick  wie  an  der  Leinenfaser  und  das  Lumen  der 
Zelle  erscheint  dann  nur  als  dunkle  Linie.  Da  die  Zellwandverdickung 
in  den  nebeneinander  liegenden  Bastzeflen  eine  verschiedene  und  unregel- 
mäßig wechselnde  ist,  so  müssen  jene  oben  beschriebenen  Querschnitts- 
formen der  Bastzellen  zum  Vorschein  kommen. 

Die  eben  hervorgehobene  ungleichförmige  Verdickung  der  Zellwände 
der  Bastzellen  ist  aber  nicht  ausschließlich  der  Jute  eigentümlich ;  ich 
habe  dieselbe  außerdem  noch  konstatiert  an  den  Bastzellen  von  Abel- 
moschus tetraphyllos,  Urena  sinuata,  Thespesia  Lauipas^  Holoptelea 
integrifoUa  und  Kydia  calycina.  Die  beiden  zuletzt  aufgeführten  Pflanzen 
geben  jedoch  keine  spinnbare  Faser,  sondern  bloß  ein  dem  Linden- 
baste' im  Aussehen  und  in  der  Verwendung  gleiches  Produkt.  Eine 
Verwechslung  der  Jute  mit  dem  Baste  dieser  beiden  Pflanzen  ist  deshalb 
ausgeschlossen.  Thespesia  Lampas  liefert  in  der  Regel  nur  Bast,  doch 
kann  aus  dieser  Pflanze  auch  eine  spinnbare  Faser  abgeschieden  werden. 
Aber  sowohl  die  Faser  dieser  Pflanze  als  auch  die  Faser  von  Äbel- 
ntoschus  teiraphyllos  und  Urena  sinuata  unterscheiden  sich  von  der 
Jute  auf  das  bestimmteste  dadurch,  daß  sie  alle  neben  Bastzellen  auch 
noch  Bastparenchymzellen  führen,  welche  Zellen  zudem  noch  mit 
Kristallen  von  oxalsaurem  Kalk  gefüllt   sind.     Die  drei  zuletztsenannten 


248  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Fasern  liefern  stets  eine  mit  Scheinkristalien  von  Kalk  (entstanden  durch 
Verbrennung  aus  oxalsaurem  Kalk)  durchsetzte  Asche,  während  die 
Asche  der  Jute  völlig  frei  von  derartigen  kristallähnlichen 
Bildungen,  überhaupt  völlig  kristallfrei  ist,  was  die  später  von  Pfuhl 
angestellten  ausgedehnten  Untersuchungen  vollauf  bestätigt  haben  i). 

Diese  Auseinandersetzung  macht  es  klar,  daß  sich  die  Jute  von 
allen  übrigen  bis  jetzt  bekannten  verwendeten  Fasern  unterscheiden  läßt. 
Zur  Kontrolle  für  die  Richtigkeit  der  Bestimmung  können  die  Dimensionen 
der  Länge  und  des  Querschnittes  dienen. 

Zur  Unterscheidung  der  Bastfaser  von  Corchorus  ca-psularis  und 
C.  olitorius  lassen  sich,  wie  die  oben  angeführten  betreffenden  Daten 
lehren,  die  Längen  der  Elemente  nicht  benutzen.  Hingegen  eignen  sich 
die  Maxima  der  Querschnittsdurchmesser  hierzu  ganz  gut  und  reichen 
hierfür  auch  völlig  aus,  wenn  man  es  mit  unvermengten  Fasern,  also 
mit  einem  Faserstoff  zu  tun  hat,-  der  entweder  bloß  von  Corchorus 
capsularis  oder  von  C.  olitorius  abstammt.  Eine  größere  Sicherheit 
in  der  Unterscheidung  der  beiden  Fasern  erhält  man  durch  genauere 
Prüfung  der  Zellenden.  Die  Enden  der  Bastzellen  beider  Pflanzen  sind 
langgestreckt  konisch  mit  einer  meist  abgerundeten  Endfläche  an  Stelle 
der  Kegelspitze.  Die  Enden  der  Bastzellen  von  Corchorus  capsulai'is 
sind  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  schwach,  hingegen  die  Enden  der  von 
C.  olitorius  herrührenden  Bastzellen  zumeist  stark  verdickt. 

Die  Frage  der  Unterscheidung  dieser  beiden  Fasern  wird  indes  in 
der  Praxis  wohl  kaum  auftauchen,  da  in  der  Juteindustrie  die  botanische 
Provenienz  außer  acht  gelassen  wird.  Bei  der  Kultur  wird  die  Spezies 
aber  häufig  beachtet 2).  Wahrscheinhch  wird  in  der  Kultur  der  Jute 
dieselbe  Wandlung  wie  in  der  Flachskultur  sich  einstellen,  daß  man 
nur  die  beste  Form  (Art  oder  Rasse)  kultiviert.  Und  dies  dürfte,  nach 
jetzigen  Erfahrungen  zu  urteilen,  wohl  Corchorus  capsularis  sein.  Im 
großen  ganzen  ist  auch  in  der  Qualität  beider  Fasern. kein  Unterschied, 
wenngleich  konstatiert  wurde,  daß  die  besten,  weißesten  und  haltbarsten 
Jutesorten  von  der  sog.  weißen  Varietät  von  Corchorus  capsularis  ab- 
stammen (s.  oben  p.  240). 

Die  Jutefaser  wird  in  den  Heimatländern  der  Stammpflanze  seit 
alter  Zeit  zur  Herstellung  von  Stricken,  Seilen  und  Geweben  verwendet. 
Die  besseren  Sorten  der  letzteren  führen  in  Bengalen  den  Namen  Megila; 
die  geringeren,  welche  nur  als  Packleinwand  benutzt  werden  können, 
nennt  man  dort  Tat  oder  Choti. 


i„   I.  .:.,   1,  p.  78. 

2)  In  Bengalen   versteht  man   unter  Jute  kurzweg  die   Faser    von    Corchorus 
capsularis,  unter  Nalta-Jute  die  von  Corchorus  olitorius. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  249 

Handelssorten  und  Verwendung.  In  Indien  unterscheidet  man 
folgende  Hauptsorten  von  Jute:  Uttariya  (nördliche  Jute),  die  beste  Sorte, 
von  der  »weißen«  Spielart  von  Corchorus  capsularis  abstammend,  kommt 
von  Rengpore,  Goalpora.  Bagra  und  den  von  Sirajganj  nordwärts  gele- 
genen Gebieten,  sodann  in  absteigender  Reihe:  Dacca  (Narejganje),  Daisee, 
Dowra,  Rejections  und  Cuttings  (vom  Wurzelende  des  Stengels),  die  ge- 
ringste Sorte.  In  Europa  gelten  vornehmlich  die  Bezeichnungen:  fme, 
medium,  common,  low,  rejection  (Ausschuß)  und  cuttings  (Fußenden)  i). 
Diese  Fußenden,  auch  roots  oder  runners,  womit  übrigens  auch  andere 
holzige  Teile  oder  holzige  Sorten  der  Jute  bezeichnet  werden,  dienen  in  der 
Papierfabrikation,  aber  auch  in  großem  Maßstabe  zur  Verfertigung  sehr 
grober  Säcke  und  ordinären  Packtuchs,  z.  P.  zur  Verpackung  von  indi- 
schem Indigo. 

Die  Hauptmasse  der  Jute  kommt  aus  Indien  (Bengalen,  Assam). 
Die  grüßten  Mengen  von  Jute  werden  von  Kalkutta  aus  in  den  Handel 
gesetzt.  Es  führte  deshalb  die  Jute  auch  im  europäischen  Handel  zur 
Zeit  der  Einführung  den  Namen  Kalkuttahanf,  der  aber  wohl  schon 
außer  Gebrauch  gekommen  ist.  Die  wichtigsten  anderen  Handelsplätze 
für  Jute  sind  Dundee,  London,  Hamburg  und  Bremen.  Eine  sehr  große 
Quantität  dieses  Spinnstoffes  wird  in  Indien  zur  Herstellung  der  Gunny- 
säcke  verwendet,  die  in  der  ganzen  Welt  bekannt  sind  und  vorzugsweise 
zur  Verpackung  der  amerikanischen  Baumwolle  und  des  javanischen 
Kaffees  dienen.  Die  zur  Herstellung  dieser  Säcke  dienenden  Gunnytücher 
(gunny  cloth)  werden  jedoch  nach  Royle  auch  aus  Sunn  (Faser  der 
Crotalaria  juncea)  gewoben,  der  in  Madras  Goni  genannt  wird,  von 
welchem  Worte  auch  der  Name  Gunny  hergeleitet  wird  2). 

Die  nach  Europa  und  Nordamerika  gebrachte  Jute  wird  fast  gänzlich 
im  ungebleichten  Zustande  versponnen,  und  zwar  zu  groben  Zeugen,  die 
zur  Verpackung  von  Getreide,  Mehl,  Hopfen,  Wolle,  Kohle,  Salz  3),  Chili- 
salpeter, Erzen  usw.  verwendet  werden.  Die  groben  Säcke  werden 
nach  der  Bezeichnung  der  großen  schottischen  Spinnereien  Sackings 
und  Baggings,  die  feineren  Hessians  genannt.  Die  Jute  läßt  sich  auch 
bleichen,   aber    schwerer  als   Flachs   und  Hanf.      Gebleichte  Jutegewebe 


\]  Näheres  über  die  Bezeichnung  der  Handelssorten  s.  Pfuhl,   1.  c,  I,  p.  67fr. 

2)  Früher  wurde  die  Verfertigung  der  Jutesäcke  von  den  Eingeborenen  besorgt 
und  in  primitiver  Weise  durchgeführt.  Gegenwärtig  wird  die  Erzeugung  dieser  Säcke 
in  Indien  fabrikmäßig  betrieben  und  hat  sich  hier  zu  einem  hoch  entwickelten  In- 
dustriezweig emporgeschwungen.  Daneben  besteht  aber  noch  eine  große  Zahl  von 
Handwebstühlen.  Über  die  enorme  Menge  von  roher  Jute,  welche  in  Indien  ver- 
sponnen wird,  s.  oben  Anmerkung  1    auf  p.  239. 

3)  Salzsäcke  aus  Jute  werden  in  Oberösterreich  und  Tirol  verwendet. 


250  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

werden  zu  Dundee  erzeugt.  Sie  unterscheiden  sich  von  gebleichten 
Hanfgeweben  durch  einen  starken  fast  seidenartigen  Glanz. 

Gegenüber  Flachs  und  Hanf  zeigt  Jute  ein  größeres  Aufnahmever- 
mögen für  Farbstoffe  1). 

Gefärbt  oder  ungefärbt  dienen  bessere  Jutegewebe  zur  Verfertigung 
von  Teppichen,  Läufern,  Tischdecken,  Voi^hängen  u.  dgl.  Jutegarne 
werden  heute  bereits  vielfach  wie  Baumwollengarne  benutzt  oder  als 
Kette  mit  Baumwolle,  Wolle  und  Flachs  verwebt  und  zu  Hosenstoffen, 
Möbelrips,  zu  Gurten,  Dochten  usw.  verarbeitet.  Farbig  bedruckte  Jute- 
gewebe besserer  Qualität  (Hessians)  dienen  zu  Dekorationszwecken.  Sehr 
effektvolle  Juteplüsche  mit  Baumwolle  als  Grundgewebe  wurden  in 
neuerer  Zeit  hergestellt.  Asphaltierte  und  mit  Sand  bestreute  grobe 
Jutegewebe  benutzt  man  zu  Dacheindeckungen.  —  Mit  Karbolsäure, 
Salizylsäure  und  anderen  antiseptischen  Substanzen  imprägniert,  findet 
die  Jute  als  Phenyljute,  Salizyljute  usw.  eine  ausgedehnte  Verwendung 
in  der  Heilkunde  2).  Aus  Juteabfällen  wird  in  neuerer  Zeit  eine  spinn- 
bare Faser  (Kosmosfaser)  abgeschieden,  die  mit  Wolle  gemischt  zu 
minderen  Wollstoffen  verarbeitet  wird  3). 

Geschichtliches.  Die  Jute  wird  in  Indien  seit  undenklichen 
Zeiten  versponnen  und  verwebt.  In  den  Heimatländern  tritt  sie  unter 
den  verschiedensten  Namen  auf  (s.  oben  p.  238).  Aus  diesen  Namen 
wählte  der  Botaniker  Roxburgh  (1795)  gelegentlich  der  Übersendung 
eines  Ballens  dieses  Spinnstoffs  an  die  ostindische  Handelsgesellschaft 
den  Namen  Jute,  welcher  schließlich  in  der  ganzen  Welt  Eingang  ge- 
funden hat.  Die  Jute  fand  anfangs  wenig  Beachtung.  Erst  im  Jahre 
1832  wurde  sie  in  Dundee,  wo  auch  heute  noch  der  llauptsilz  der 
Jutespinnerei  ist,  in  größerem  Maßstabe  verarbeitet.  Seit  dieser  Zeit 
steht  sie  in  steigender  Verwendung.  Aber  erst  in  den  fünfziger  Jahren 
des  neunzehnten  Jahrhunderts  hat  die  Jute  für  die  Spinnereien  Englands 
und  des  Kontinents  eine  größere  Bedeutung  gewonnen.  Namentlich 
war  der  Mangel  an  russischem  Hanf  in  England  zur  Zeit  des  Krim- 
krieges die  Veranlassung,  große  Mengen  von  Jute  aus  Indien  nach 
England  bringen  zu  lassen.  Aber  auch  die  Baumwollennot  zur  Zeit  des 
amerikanischen  Bürgerkrieges  hat  sehr  begünstigend  auf  die  englische 
Juteindustrie  eingewirkt  (Grothe).  Welche  Ausdehnung  die  Kultur  der 
Jute   und  welche   enorme  Bedeutung   die  Jute   als    Spinnstoff  gewonnen 


1)  Stirm,  1.  c,  p.  95. 

"2)  Weiteres  über  Verwendung  der  Jute  und  der  Abfälle  der  Jutespinnerei  s. 
Pfuhl,  1.  c,  I,  p.  -1311.  u.  p.  332. 

3)  V.  Höhnel,  Mikroskopie  der  techn.  verw.  Faserstoffe,  2.  Aufl.  (1905),  p.  83, 
wo  angegeben  ist,  daß  auch  aus  Lein-  und  Hanfwerg  Kosmosfaser  gewonnen  wird. 
(S.  auch  oben  p.  isa.i 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  251 

hat,  ist  schon  oben  gezeigt  worden.  Baumwolle  und  Jute  sind  derzeit 
die  beiden  wichtigsten  vegetabilischen  Faserstoffe.  —  Die  europäische 
Juteindustrie  erstarkte  in  Schottland,  überhaupt  in  Großbritannien,  hier- 
auf folgte  Deutschland  (1861),  wo  sich  Jul.  Spiegelberg  um  diese 
Industrie  große  Verdienste  erwarb,  und  10  Jahre  später  Österreich. 
Alle  andern  europäischen  Länder,  Rußland  zuletzt,  welches  zum  Schutze 
des  heimischen  Hanfes  die  Rohjute  mit  einem  relativ  hohen  Zoll  belegte, 
beteiligen  sich  gegenwärtig  an  der  Verarbeitung  dieses  so  bedeutungsvoll 
gewordenen  Spinnstoffes. 

Unter  dem  Namen  Jute  erscheinen  im  Handel  auch  Faserstoffe, 
welche  nicht  von  CorcJiorus-Arien  abstammen.  So  z.  B.  die  Java-Jute, 
welche  von  Hibiscus  cannabinus  (s.  oben  p.  195)  abstammt,  die  China- 
Jute,  die  Bastfaser  von  Äbutüon  Avicennae.  Einige  andere  Fasern, 
die  von  verschiedenen  Sida-,  Ürena-  und  Triumfetta- Arien  herrühren, 
gelten  als  Ersatz  für  Jute  i).  (S.  oben  im  Verzeichnis  der  Faserpflanzen, 
p.  83  —  88,  ferner  die  folgenden  Artikel  über  Abelmoschus-  und  ürena- 
Fasern.  In  Brasilien  wird  die  Aloefaser  als  Ersatz  für  Jute  heran- 
gezogen 2). 

13.  Bastfaser  von  Abelmoschus  tetraphyllos^). 

Diese  in  Indien  Rai  bhendä  genannte,  in  den  gebirgigen  Gegenden 
Hindostans  gemeine  Pflanze  scheint  mit  Hibiscus  [Manihot]  tetraphyllos 
RoQch.  identisch  zu  sein.  Die  aus  den  vor  der  Fruchtreife  gesammelten 
Stengeln  abgeschiedene  Faser  hat  eine  Länge  von  etwa  0,7  m.  Die 
Farbe  der  Faser  (Bastfaser)  ist  flachsgelb,  stellenweise  hellbraun.  Nament- 
lich zeigen  die  von  dem  unteren  Stengelteile  der  Pflanze  herrührenden 
Bastfasern  diese  Bräunung.  Der  Feuchtigkeit  ausgesetzt,  tritt  an  dieser 
Faser  viel  rascher  ein  allgemeineres  Braunwerden  als  bei  der  Jute  ein. 
Dieses  auf  Bildung  von  Huminkürpern  in  den  Zellwänden  der  Bastzellen 
beruhende  Braunwerden  schreitet  bei  dieser  Faser  so  weit  wie  bei  den 


1)  Über  das  Bestreöen,  von  Indien  unabhängig  zu  werden  und  für  Jute  Ersatz 
zu  finden,  siehe  Wolff,  Die  Jute,  Berlin   1913. 

2)  Neue  Faserstoffe,  I,  -1919,  p.  107.  Während  des  Krieges  hat  man  in  Deutsch- 
land hauptsächhch  Typhafaser,  die  Faser  von  Cytisus  seoparius  und  die  von 
Lupinen  als  Juteersatz  empfohlen.  Bezüglich  Typhafaser  siehe  p.  224  bei  Nessel- 
faser. Bezüglich  der  Faser  des  Besenginsters,  auf  die  auch  die  französischen  Textil- 
fabrikanten  bei  dem  zunehmenden  Mangel  an  Jute  und  den  sich  ständig  erhöhenden 
Preisen  dieses  Rohstoffes  große  Hoffnungen  setzen  (Tropenpflanzer,  -1919,  p.  63),  siehe 
Ulbrich  in  »Neue  Faserstoffe«  I,  'i9'l9,  p.  3  und  darm  ebenda,  p.  177.  Es  soll  ge- 
lungen sein,  die  Besenginsterfaser  so  zu  veredeln,  daß  ein  hochwertiges  Produkt  er- 
halten wird.  Über  die  Lupinenfaser  s.  die  p.  50  angeführte  Literatur  u.  Schwede 
in  »Texlile  Forschung«  I,  1919,  p.  28;  Leykum  in  »Neue  Faserstoffe«  I,  1919,  p.  133 
und  Ha  11  er  in  Färber-Zeitung,  1919,  Nr.  5. 

3)  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen  p.  8  ff. 


252  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

schlechtesten  Sorten  von  Jute  vor.  Auch  die  Abelmoschusfaser  nimmt 
wie  gewöhnliche  Jute  mit  der  Zeit  eine  tiefbraune  Farbe  an.  Die  Güte 
der  Faser  leidet  unter  dieser  Bräunung,  indem  sich  hierbei  nicht  nur 
die  Hygroskopizität  der  Faser  steigert,  sondern  auch  ihre  Festigkeit 
abnimmt. 

Die  Abelmoschusfaser  ist  sehr  feinfaserig.  Die  Dicke  der  Fasern 
beträgt  gewöhnlich  30 — 70  j^i.  In  dieser  Eigenschaft  stellt  sie  sich  den 
besten  Sorten  von  Jute  an  die  Seite.  Aber  sie  muß  doch  geringer  als 
die  Jute  angesehen  werden,  da  ihre  Festigkeit  wegen  der  schon  ge- 
nannten raschen  partiellen  Umsetzung  der  Zellwände  in  Huminsubstanzen 
sehr  leidet. 

Im  Handel  kommt  diese  Faser  manchmal  als  Jute  vor.  Ich  habe 
selbst  Gelegenheit  gehabt,  dieselbe  unter  der  Jute  des  europäischen 
Handels  zu  finden. 

Der  Wassergehalt  der  lufttrockenen  Faser  beträgt  6,8 — 9,7  Proz. 
In  mit  Wasserdampf  vollkommen  gesättigtem  Räume  erhebt  sich  der 
Wassergehalt  bis  auf  13,0 — 22,7  Proz.  Das  niederste  Maximum  des 
Wassergehaltes  entspricht  der  frischen,  flachsgelben,  das  höchste  der 
gebräunten  Faser.     Die  völlig  trockene  Faser  ergibt  1,05  Proz,  Asche. 

Jodlösung  färbt  die  Faser  goldgelb.  Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure 
wird  gewöhnlich  bloß  die  Intensität  dieser  Färbung  gesteigert.  Nur  sehr 
selten  habe  ich  an  dieser  Faser  nach  Einwirkung  dieser  beiden  Reagenzien 
ein  Bläulich-  oder  GrünUchwerden  beobachtet,  Kupferoxydammoniak 
bläut  die  Faser  augenblicklich  und  bringt  sie,  wenn  das  Reagens  ganz 
frisch  ist  und  Baumwolle  rasch  löst,  zu  starker  Aufquellung.  Schwefel- 
saures Anilin  färbt  die  Faser  intensiv  goldgelb,  Phlorogluzin  und  Salz- 
säure intensiv  rotviolett.  Nach  Vorbehandlung  in  Chromsäure  wird  die 
Faser  durch  Jod  und  Schwefelsäure  gebläut,  durch  Kupferoxydammoniak 
ohne  Rückstand  gelöst  und  durch  schwefelsaures  Anilin  nicht  mehr  ver- 
ändert. —  Diese  Reaktionen  zeigen  deutlich,  daß  es  auf  chemische  Weise 
nicht  gelingt,  die  Abelmoschusfaser  von  der  echten  Jute  (Corchorusfaser) 
zu  unterscheiden.  Es  gelingt  hingegen  durch  Benutzung  der  morphologischen 
Charaktere  sehr  wohl,  die  beiden  Fasern  auf  mikroskopischem  Wege  aus- 
einanderzuhalten. 

Die  Faser,  wie  sie  im  Handel  erscheint,  setzt  sich  zum  größten 
Teil  aus  isolierten  zarten  Fasersträngen  von  etwa  0,07  m  Länge  zu- 
sammen. Dazwischen  finden  sich  noch  halbzerlegte  Faserbündel  vor, 
die  ein  weitmaschig-netzartiges  Aussehen  zeigen.  Die  isolierten  Fasern 
haben  eine  Dicke  von  30 — 70  ^<.  Der  Länge  nach  unter  dem  Mikroskop 
ausgehreitet,  erscheinen  zwischen  vielen  Fasern  breite  Spalten,  welche 
von  Bastmarkstrahlen  herrühren,  deren  Zellen  aber  fast  gänzlich  aus  dem 
Gewebe  herausgefallen  sind.     Der  Querschnitt  jeder  Faser  setzt  sich  aus 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  253 

kleinen  Polygonen  mit  fünf  bis  sechs  Seiten  zusammen,  innerhalb  welcher, 
ähnlich  so  wie  bei  der  Jute,  höchst  ungleiche  Hohlräume  sichtbar  werden. 

In  jedem  Bastbündel  des  Stengels  und  fast  in  jedem  einzelnen 
Bündel  dieses  Faserstoffes  finden  sich  zweierlei  histologische  Elemente 
vor,  nämlich  Baslzellen  und  Bastparenchymzellen  (gefächerte  Bastzellen), 
welche  letztere  in  der  Jute  fehlen. 

Die  Bastzellen  sind  durch  Chromsäure  leicht  zu  isolieren.  Ihre 
Länge  mißt  bloß  1  — 1,6  mm.  Die  maximalen  Dicken  betragen  8 — 20, 
meist  16  u.  Die  häufigste  Dicke  der  Bastzelle  der  Abelmoschusfaser 
fällt  mit  dem  analogen  Werte  der  Bastzelle  der  gewöhnlichen  Jute 
[Co7xhorus  capsularis)  zusammen.  Bemerkenswert  ist  es,  daß  die  Zell- 
breite manchmal  die  Größe  von  40  /t  erreicht.  Diese  übrigens  selten 
vorkommenden  breiten  Bastzellen  unterscheiden  sich  von  den  gewöhn- 
lichen dadurch,  daß  erstere  dünn-,  letztere  dickwandig  sind.  Das  Lumen 
der  dickwandigen  Zellen  beträgt  gewöhnlich  den  dritten  Teil  des  Zellen- 
durchmessers. In  den  meisten  Zellen  verengt  sich  stellenweise  das  Lumen 
sehr  beträchtlich,  so  daß  es  dann  nur  als  dunkle  Linie  erscheint.  Es 
zeigt  sich  also  auch  an  der  Bastzelle  von  Abelmoschus  tetraphyllos  ein 
ähnlicher,  durch  ungleiche  Zellwanddicke  hervorgerufener  Nichtparalle- 
lismus  der  äußeren  und  inneren  Zellgrenzen,  wie  er  auch  in  den  Bast- 
zellen der  Jute  vorkommt.  Die  Wände  der  Bastzellen  sind  häufig  von 
spaltenförmigen  Poren  durchsetzt.  Gequetschte  Zellen  sind  häufig  spi- 
ralig gestreift. 

Das  Bastparenchym  der  Bastbündel  bildet  Zellenzüge,  welche  ent- 
weder aus  einer  einzigen  Zellenreihe  bestehen  oder  sich  aus  mehreren 
nebeneinanderliegenden  Reihen  von  Zellen  zusammensetzen.  Die  dieses 
Bastparenchym  zusammensetzenden  Zellen  sind  vierseitig  prismatisch 
und  parallel  der  Richtung  der  Bastzelleri  etwas  in  die  Länge  gestreckt. 
Wenn  mehrere  Reihen  von  Bastparenchymzellen  nebeneinander  liegen, 
so  läßt  sich  stets  deutlich  erkennen,  daß  die  seitlich  sich  berührenden 
Zellwände  stärker  als  die  übrigen  verdickt  und  außerdem  noch  mit 
deutlichen  Poren  versehen  sind.  Jede  Bastparenchynizelle  führt  einen 
Kristall  von  oxalsaurem  Kalk,  der  fast  den  ganzen  Innenraum  der  Zelle 
ausfüllt  und  genau  die  Gestalt  der  in  den  Bastparenchymzellen  von 
Urena  sinuata  vorkommenden  Kristalle  besitzt,  die  weiter  unten  (p.  255, 
Fig.  57)  abgebildet  sind.  Durch  Veraschung  wird  die  Form  dieser  Kristalle 
nicht  geändert.  Die  Asche  der  Bastbündel  ist  reichlich  von  diesen  kristall- 
ähnlichen Bildungen  durchsetzt. 

Auch  in  der  Abelmoschusfaser  lassen  sich  die  eben  beschriebenen 
Bastparenchymzellen  und  deren  kristallisierte  Einschlüsse  leicht  nach- 
weisen und  auch  in  der  Asche  der  Faser  die  zuletzt  genannten  Kristall- 
formen in  großer  Zahl  erkennen.     Es  gibt   also  genügend  viele  präzise 


254  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Kennzeichen,  durch  welche  sich  die  Abehiioschusfaser,  die  nicht  nur  im 
Aussehen  mit  der  Jute  sehr  nahe  übereinstimmt,  sondern  im  Handel 
auch  manchmal  unter  demselben  Namen  erscheint,  von  dieser  Faser 
unterscheiden  läßt. 

14.  Bastfaser  von  Ureua  siniiata  (Tup  Khadial^). 

Schon  von  Royle  ist  darauf  aufmerksam  gemacht  worden,  daß 
sowohl  die  genannte  Pflanze  als  auch  die  naheverwandte  ü.  lohata  einen 
Bast  besitzt,  dessen  feine  flachsähnliche  Faser  als  Ersatzmittel  für  Jute 
dienen  kann. 

Beide  Pflanzen  kommen  als  Unkraut  in  Indien  überaus  häufig  vor 
und  werden  vor  der  Fruchtreife  zur  Abscheidung  der  Faser  benutzt. 
Erstere  führt  in  Indien  den  Namen  »Tup  Khadia«,  letztere  »Bun-ochra«  2). 

Die  Faser  nähert  sich  in  ihren  Eigenschaften,  besonders  in  Feinheit, 
Glanz  und  Farbe  sehr  der  Abelmoschusfaser,  zeigt  somit  auch  viel  Ähn- 
lichkeit mit  der  Jute.  Im  europäischen  Handel  kommt  sie  auch  vor,  wird 
aber,  soviel  mir  bekannt  ist,  nur  der  Jute  substituiert  und  führt  hier 
keinen  eigenen  Namen  3).  Aber  auch  diese  Faser  hat  gegen  die  Atmo- 
sphärilien nicht  einmal  die  Widerstandskraft  der  Jute;  wie  die  Faser 
von  AbelmoscJins  tetraplujllos  verfällt  auch  sie  durch  Einwirkung  von 
Feuchtigkeit  einer  auf  Bildung  von  Huminkürpern  in  den  Zellwänden 
beruhenden  Bräunung,  deren  Folge  nicht  nur  gesteigerte  Hygroskopizität, 
sondern  auch  verminderte  Festigkeit  ist. 

Die  Urenafaser  hat  trotz  ihrer  Feinheit  doch  eine  Länge  bis  zu 
1,2  m.  Die  Dicke  der  Faser  stimmt  mit  jener  der  Abelmoschusfaser 
nahezu  überein. 

Der  Wassergehalt  der  lufttrockenen  Faser  beträgt  7,02  —  8,77  Proz., 
je  nach  dem  Grade  der  eingetretenen  Bräunung.  Im  mit  Wasserdampf 
vollkommen  gesättigten  Räume  erhebt  sich  der  Wassergehalt  der  blonden 
Faser  bis  auf  i5,2,  der  braunen  Faser  bis  auf  16,2  Proz.  Die  Faser 
liefert,  völlig  getrocknet,   1,47  Proz.  kristallhaltige  Asche  (s.  Fig.  57). 


\)  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  1.  c,  p.  -llff. 

2)  Nach  Sem  1er  (I.  c,  p.  7ä3;  führt  auch  die  Faser  von  Urena  lobata  letzteren 
Namen.  Diesem  Autor  zufolge  werden  die  Bastfasern  der  beiden  genannten  Urena- 
Arten  auch  in  Brasilien  gewonnen  und  führen  hier  den  Namen  Guaxima.  Während 
des  Druckes  der  zweiten  Auflage  war  ich  noch  in  der  Lage  folgendes  beizufügen. 
Prof.  V.  Wettstein  teilt  mir  (Sao  Paulo  in  Brasilien,  26.  Mai  igo-l)  mit,  daß  neuestens 
die  Faser  von  Urena  lohata  zum  Zwecke  der  Fasergewinnung  dort  kultiviert  wird. 
Die  Faser  wird  in  Sao  Paulo  »Araniina<  oder  »Carrapicho<  genannt  (siehe  unten 
bei  Pandanusfaser)  und  soll  zur  Herstellung  von  KaCfeesäcken  in  Verwendung 
kommen. 

3)  Semler  gibt  an  (1.  c,  p.  737;,  daß  die  Faser  von  Urena  sinuata  zu  starken 
Seilen  verarbeitet  werde. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


255 


Jodlösung  färbt  die  Faser  goldgelb.  Durch  Zusatz  von  Schwefel- 
säure nimmt  die  Färbung  kaum  merküch  zu.  Kupferoxydammoniak  bläut 
die  Faser  unter  Quellungserscheinungen.  Nach  Vorbehandlung  in  Chrom- 
säure oder  Kalilauge  und  hierauffolgendem  Auswaschen  färbt  sich  die 
Faser  durch  Jod  und  Schwefelsäure  blau  und  löst  sich  auch  in  Kupfer- 
oxydammoniak vollständig  auf.  Schwefelsaures  Anilin  färbt  die  Faser 
goldgelb,  Phlorogluzin  -|-  Salzsäure  rufen  rotviolette  Färbung  hervor; 
diese  Faser  ist  also  stark  verholzt.  —  Die  hier  angeführten  Reaktionen 
stimmen  mit  jenen  überein,  welche  durch  die  genannten  Rengenzien  auch 
an  der  Jute-  und  Abelmoschusfaser  hervorgerufen  werden   können.     Es 


Fig.  57.  A  Vergr.  400;  £  C  schwächer.  A  Bruchstücke  von  Bastzellen  aus  dem  Stamme  von  Urena 
sinuata.  p  Poren  der  Zellwand;  Z  Lumen;  a:  Stelle,  an  welcher  kein  Lumen  zu  erweisen  ist.  ß  Quer- 
schnitt durch  den  Bast  dieser  Pflanze,  b  Basthündel;  r  Reste  des  Rindenparencbyms;  in  Reste  der 
Markstrablen.  6' Kristalle  aus  der  Asche  der  Faser,  welche  als  oxalsaurer  Kalk  in  den  Bastparenchym- 
und  in  den  Rindenparenchymzellen  vorkommen,     c    nach  dem  Veraschen  im  Gewebeverband  verbliebene 

Kristalle. 


erhellt  mithin,  daß  sich  auf  chemischem  Wege  eine  Unterscheidung  der 
Urenafasern  von  den  beiden  anderen,  im  Aussehen  mit  diesen  so  harmo- 
nierenden nicht  durchführen  läßt.  Aber  schon  die  oben  mitgeteilte  Be- 
obachtung, daß  nämlich  die  Asche  der  Urenafaser  kristallhaltig  ist,  zeigt, 
daß  sich  dieser  Faserstoff  von  der  Jute  unterscheiden  läßt.  Um  aber 
die  Faser  der  Urena  sinuala  auch  von  der  Abelmoschusfaser  und  über- 
haupt von  allen  übrigen  bekannten  Spinnfasern  unterscheiden  zu  können, 
ist  es  notwendig,  auf  die  mikroskopischen  Kennzeichen  einzugehen. 

Die  Faser  von  Urena  sinuata  setzt  sich  aus  zweierlei  histologischen 
Elementen  zusammen,  nämlich  aus  Bastzellen  und  Bastparenchymzellen. 
Außerdem  erkennt  man  darin  noch  Spuren  einer  dritten  Art  von  Zellen, 
nämlich  Bastmarkstrahlzellen,  welche  die  Bastbündel  in  radialer  Richtung 


256  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

durchsetzen.  Die  meisten  Bastniarkstrablen  sind  bereits  aus  der  Faser 
herausgefallen  und  es  ist  in  diesen,  zwischen  den  Bastzellen,  nur  mehr 
die  Stelle  kenntlich,  an  welcher  diese  Gebilde  lagen.  Kleine  spalten- 
fürmige  Markstrahlräume  mit  wellenförmigen  Grenzen,  wie  sie  besonders 
scharf  am  Baste  der  Thespesia  Lampas  vorkommen  (vgl.  Fig.  59),  treten  an 
vielen  Fasern  auf;  sie  haben  hier  jedoch  nur  etwa  die  Breite  einer  Bastzelle. 

Die  in  den  Stengeln  der  Stammpflanze  auftretenden  Baslbündel  sind 
in  radialer  Richtung  abgeplattet  (s.  Fig.  57^). 

Die  Bastzellen  haben  eine  Länge  von  1,08 — 3,25,  meist  von  1,8  mm, 
wie  sich  nach  Isolierung  dieser  Zellen  mittels  Chromsäure  erweisen  läßt. 
Der  größte  Querschnittsdurchmesser  der  Bastzellen  variiert  von  9 — 24  ,t<; 
gewöhnlich  beträgt  er  etwa  iö/*.  Die  Dicke  der  Bastzellen  nimmt  von 
den  stumpfen  oder  gar  abgerundeten  Enden  ziemlich  regelmäßig  gegen 
die  Mitte  hin  zu.  Auch  an  den  Bastzellen  dieser  Pflanze  ist  die  Ver- 
dickung der  Wände  im  Verlaufe  einer  und  derselben  Zelle  eine  ungleich- 
mäßige, wie  bei  Jute  und  bei  der  Abelmoschusfaser;  auch  hier  läuft  der 
äußere  Kontur  der  Zellwand  dem  inneren  nicht  parallel  (s.  Fig.  57  J.,. 
Hierzu  tritt  aber  noch  die  Eigentümlichkeit,  daß  an  einzelnen  Stellen 
der  Zelle  das  Lumen  ganz  verschwindet.  Da  es  durch  Chromsäure  und 
andere  Reagenzien  nicht  in  Erscheinung  zu  bringen  ist,  so  muß  man 
annehmen,  daß  diese  Zellen  an  einzelnen  Stellen  völlig  solid  sind.  Poren 
kommen  in  der  Zellwand  nur  selten  vor.  Wo  ich  solche  bemerkte, 
hatten  sie  in  der  Flächenansicht  einen  rhombischen  Umriß  (Fig.  57). 

Die  Bastparenchymzellen  bilden  Zellreihen,  die  den  Bastzellen  parallel 
laufen,  und  zwar  ent\veder  einfache  oder  doppelte  bis  dreifache.  Die 
Breite  der  Bastparenchymzellen  stimmt  völlig  mit  der  Breite  der  Bast- 
zellen zusammen,  die  Länge  ist  eine  veränderliche,  meist  ist  jedoch  diese 
Dimension  größer  als  die  der  Breite,  so  daß  diese  Zellen  meist  die  Form 
von  Prismen  haben,  deren  längste  Achse  in  die  Richtung  der  Bastzellen 
zu  liegen  kommt.  Die  meisten  Bastparenchymzellen  enthalten  Kristalle 
von  oxalsaurem  Kalk,  von  denen  jeder  einzelne  den  Hohlraum  der  Zelle, 
die  ihn  birgt,  fast  völlig  ausfüllt.  In  der  Asche  lassen  sich,  wie  schon 
oben  erwähnt  wurde,  die  Kristalle  mit  Leichtigkeit  nachweisen.  Sie 
treten  hier  nicht  selten  in  ganzen  Ketten  auf,  w^elche  ihrer  Anordnung 
nach  einem  Stück  Bastparenchym  entsprechen.  Das  Aneinanderhaften 
der  Kristalle  in  der  Asche  deutet  darauf  hin,  daß  die  Membranen  der 
diese  Kristalle  umschließenden  Zellwände  stark  mit  mineralischer  Sub- 
stanz (wahrscheinlich  mit  Kalk,  an  Oxalsäure  gebunden)  infiltriert  sind^). 


1,  Über  die  mikrosk.  Kennzeichen  der  Bunochra-Faser  siehe  auch  v.  Höhne  1, 
Mikroskopie  der  Faserstoffe,  2.  Aufl.  OOS,  p.  58. 

Chor  die  Faser  von  Urena  sinuata  s.  auch  Bull.  Kol.  Museum,  Harlem,  Stud. 
over  Nederl.  Ind.  Vezelstoffe  1904. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  257 

15.  Bastfaser  von  Bauhiuia  racemosa  (Maloo,  Aptä). 

Der  Bast  der  Stämme  mehrerer  zu  dem  Genus  Baiihima  gehöriger 
Spezies  wird  in  Indien  seit  langer  Zeit  zur  Herstellung  von  Seilen,  Tauen, 
Fischernelzen  und  Geweben  benutzt.  Es  wurde  bereits  mehrfach  die 
Aufmerksamkeit  der  europäischen  Industriellen  auf  die  Bauhiniafaser 
gelenkt,  die  sich  durch  enorme  Festigkeit  und  besonders  durch  große 
Widerstandskraft  gegen  Wasser  auszeichnet.  Es  scheint  aber  dieser 
Faserstoff  in  die  europäischen  Gewerbe  noch  keinen  Eingang  gefunden 
zu  haben. 

Folgende  Spezies  der  genannten  Gattung  werden  als  faserliefernd 
bezeichnet :  Bauhinia  racemosa^  B.  scandens,  B.  purpurea,  B.  parvi- 
flora,  B.  reticidata  und  B.  coccinea.  Alle  sind  in  Indien  einheimisch. 
Am  häufigsten  scheint  unter  den  aufgeführten  Spezies  die  erstgenannte 
als  Faserpflanze  verwendet  zu  werden.  Zunächst  dürften  sich  an  diese 
die  Arten  scandens  L.  und  pnrpurea  L.  reihen  i). 

Der  Bast  der  Bauhinia  racemosa  ist  tief  rostbraun  gefärbt,  zeigt 
keinen  Glanz  und  setzt  sich  aus  groben  Fasern  zusammen.  Durch  längere 
Röstung  zerfällt  er  in  grobe  Fasern  von  gleichem  Aussehen  mit  dem 
Baste,  welchen  eine  Länge  von  0,5 — 1,5  m  eigen  ist.  Der  Bast  läßt  sich 
in  grobe  Fasern  zerreißen,  die  einige  Zentimeter  Länge  haben.  Sowohl 
der  Bast  als  auch  die  auä  demselben  entstandene  Faser  zeichnet  sich 
durch  Biegsamkeit  und  schwere  Zerreißbarkeit  aus. 

Lufttrocken  führt  die  Faser  7,8 i,  mit  Wasserdampf  völlig  gesättigt 
19,12  Proz.  Wasser.  Völlig  getrocknet  liefert  sie  3^32  Proz.  Asche, 
welche  reichlich  von  kristallähnlichen  Formen  durchsetzt  ist. 

Jodlösung  färbt  den  Bast  oder  die  Faser  schwärzlich;  auf  Zusatz 
von  Schwefelsäure  geht  die  Farbe  in  ein  tiefes  Braun  über,  Kupfer- 
oxydammoniak bläut  die  Zellen  und  treibt  sie  an  einzelnen  Stellen  blasen- 
förmig  auf.  Schwefelsaures  Anilin  und  Phlorogluzin  +  Salzsäure  bringen 
keinerlei  Farbenänderung  hervor. 

Im  querdurchschnittenen  Baste  treten  in  einem  reich  entwickelten, 
teils  radial,  teils  tangential  angeordneten  Parenchym  Bastzellen  auf,  meist 
in  Gruppen,  seltener  vereinzelt.  Die  Gruppen  bestehen  aus  prismatischen, 
im  Querschnitte  sechsseitig  polygonalen,  kegelförmig  zugespitzten  Zellen. 
Die  Bastbündel  messen  im  Mittel  in  radialer  Richtung  30,  in  tangentialer 
Richtung  60  ,t<.  —  Die  durch  Röslung  entstandene  Bauhiniafaser  besteht, 
soviel  ich  gesehen  habe,  niemals  aus  isolierten  Bastbündein,  sondern 
stets  aus  mehreren  der  genannten  Gruppen  und  isolierten  Bastzellen,  die 
durch  die  parenchymatischen  Gewebszüge  fest  miteinander  verbunden  sind. 


\)  Royle,  1.  c,  p.  296.     Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  p.  4  und  24ff. 
iesn er,  Rohstoffe.     IH.  Band.     ,3.  Aufl.  17 


258 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Die  Bastzellen  lassen  sich  durch  Chromsäure  nur  schwer,  leicht 
hingegen  durch  stark  alkalische  Flüssigkeilen,  am  besten  durch  Natron- 
lauge isolieren.  Hierbei  entfärben  sich  die  gelblichen  bis  bräunlichen 
Bastzellen  fast  vollständig.  Sehr  bemerkenswert  erscheint  es  mir,  daß 
sich  von  jeder  Zelle  die  äußerste  Schicht  optisch  scharf  abhebt.  Die 
Länge  der  Zellen  fällt  nicht  unter  i,5,  scheint  aber  häufig  über  3  mm 
zu  steigen.  Die  maximalen  Querschnittsdurchmesser  betragen  20  f.i.  Die 
Zellen  sind  häufig,  nämlich  an  jenen  Stellen,  wo  sie  an  das  Parenchym 
anstoßen,  höckerig.  Die  Verdickung  der  Zellwand  ist  fast  immer  eine 
sehr  starke  und  hierin  liegt  wohl  der  Hauptgrund  der  enormen  Festig- 
keit der  Bauhiniafaser.  Manche  Bastzellen  habe 
ich  völlig  solid  gefunden.  Holzsubstanz  scheint 
in  den  Zellwänden  der  Bastzellen  nicht  vor- 
handen zu  sein,  da  auch  diejenigen  Bastzellen, 
welche,  weil  sie  fast  ungefärbt  sind,  die  Gelb- 
färbung durch  schwefelsaures  Anilin  erkennen 
lassen  müßten,  durch  dieses  Reagens  keine 
Farbenänderung  erfahren.  Die  Biegsamkeit  der 
Bauhiniafaser  dürfte  wohl  auf  diesem  Mangel 
an  Holzsubstanz  beruhen. 

Die  parenchymatischen  Elemente  des  Bau- 
hiniabastes  sind  mit  braunem  Inhalte  gefüllt,  der 
zum  großen  Teil  die  Löslichkeitsverhältnisse 
der  Harze  besitzt,  aber  auch  die  Reaktion  ge- 
wisser Gerbstoffe  zeigt,  indem  er  nämlich  durch 
Eisenchlorid  dunkelgrün  gefärbt  wird. 

Durch    Kochen    mit    Natronlauge    werden 

auch   die   Parenchymzellen   isoliert,    anfänglich 

unter  Kontraktion,  später  unter  Auflösung  des 

Zellinhaltes. 

Das  Bastparenchym  führt  reichlich  Kristalle  von   oxalsaurem  Kalk, 

welche  in  der  Asche  leicht  nachgewiesen  werden  können. 


rig.  58.  Vergr.  300.  i  Bruchstücke 
von  Bastzellen  aus  dem  Baste  Ton 
Bnuhinia  racniiosa.  a  äußere, 
stärker    liclitbrecliende    SchicM. 

s  spiralige  Streitung. 
B  Bastparenchyuizellen.  t  brauner, 
körniger  Zellinbalt,  durch  Natron- 
lauge kontrahiert. 


16.  Bastfaser  von  Thespesia  Lampas^)  (Räu  bhend;  incl. 

Diese  Malvacee  wächst  in 
(Hindostan),    wo    sie    zur    Abscheidung    einer    Faser 
nächstverwandte  Thespesia  populnea  Corr.  (■■ 


ähnlich    wie    die 
Hibiscus  populneus  L.p)^ 


1)  Vgl.  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  p.  2  und  5 — 8. 

2)  Über  diese  Faser  s.  Dodge,  1.  c,  p.  Sl-I.  Sie  wird  als  sehr  resistent  be- 
zeichnet und  soll  zur  Verfertigung  von  Kaffeesäcken  und  verschiedenen  Seilerwaren 
dienen. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  259 

welche  auf  den  Südsee-  und  Gesellschaftsinseln  vorkommt,  benutzt 
wird^). 

Die  Baststreifen,  welche  sich  nach  vorausgegangener  Rüstung  leicht 
von  den  Stämmen  loslösen  lassen,  haben  eine  Länge  von  1 — 1,8  m  und 
eine  Breite  von  0,5 — 3  cm.  Der  Bast,  durch  große  Festigkeit  ausge- 
zeichnet, wird  als  solcher  etwa  so  wie  Lindenbast  benutzt.  Durch  Zer- 
reißen läßt  sich  aus  diesem  Baste  eine  feine,  5 — 12  cm  lange  Faser 
gewinnen.  Durch  stärkere  Röstung  des  losgelösten  Bastes  erhält  man 
eine  feine  Faser  von  noch  größerer  Länge.  Die  auf  die  eine  oder  andere 
Weise  dargestellte  Faser  gibt  ein  dem  Sunn  im  Aussehen  und  in  den 
sonstigen  Eigenschaften  nahekommendes  Spinnmaterial. 

Die  vom  untersten  Stammteile  herrührenden  Bastpartien  sind  bräun- 
lich, die  übrigen  Bastteile  und  die  aus  ihnen  entstandene  Faser  gelblich 
weiß  gefärbt  und  von  geringem  Glänze.  Die  innere  Partie  des  Bastes, 
welche  an  den  Stämmen  der  Pflanze  dem  Holzkürper  zugewendet  ist, 
hat  etwas  mehr  Glanz  und  eine  lichtere,  weißlichere  Farbe  als  die  äußere 
Partie.  Die  letztere  unterscheidet  sich  von  der  inneren  Partie  durch 
eine  netzartige  Struktur.  Die  Maschen  des  Netzes  sind  aus  zarten  Bast- 
bündeln gebildet,  die  zwischen  sich  am  unverletzten  Stamme  die  Bast- 
markstrahlen aufnehmen.  Im  Baste,  wie  er  nach  der  Röste  erhalten 
wurde,  und  in  der  Faser  fehlen  die  Markstrahlen  fast  gänzlich,  aber  die 
Räume,  welche  sie  ausfüllten,  sind  wohl  erhalten.  Die  Bastbündel  haben 
eine  mittlere  Breite  von  300  u.  Sie  bestehen  bloß  aus  Bastzellen.  Bast 
und  Faser  sind  von  scharf  zugespitzten  Hohlräumen  (Markstrahlenräumen) 
durchsetzt. 

Die  lufttrockene  Faser  führt  1 0,83  Proz.  Wasser.  In  mit  Wasser- 
dampf völlig  gesättigtem  Räume  steigt  die  absorbierte  Wassermenge  bei 
mittlerer  Temperatur  bis  auf  1 8,1 9  Proz.  Die  trockene  Faser  gibt  0,70  bis 
0,89  Proz.  Asche,     welche  kristallähnliche  Bildungen  einschließt. 

Jodlüsung  färbt  die  Faser  goldgelb.  Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure 
wird  die  Färbung  dunkler.  Kupferoxydammoniak  bringt  eine  schwache 
Bläuung  und  Aufquellung  der  Zellwände  hervor.  Mit  schwefelsaurem 
Anilin  behandelt,  nimmt  die  Faser  eine  intensiv  goldgelbe  Färbung  an, 
Phlorogluzin  -|-  Salzsäure  färbt  sie  intensiv  rotviolett;  diese  Faser  ist 
also  stark  verholzt. 

Die  Bastzellen,  welche  die  Markstrahlenräume  begrenzen,  sind  wellig 
konturiert.  Die  Länge  einer  Welle  entspricht  genau  der  Länge  einer  Mark- 
strahlenzelle und  beträgt  16  —  56,  meist  46  /ii.     Diese  Wellenformen  ent- 


1)  Semler  (1.  c,  III,  p.  7.^7)  stellt  diese  Faser,  in  Übereinstimmung  mit  meinen 
älteren  Angaben,  dem  Sunn  an  die  Seite;  nach  diesem  Autor  soll  sie  gleich  der  Faser 
von  Thespesia  Lampas  in  Indien  unter  dem  Namen  Porush  bekannt  sein. 

17* 


260 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


stehen  durch  Eindrücke  der  Markstrahlenzellen  in  die  Zellwand  der  Bast- 
zelle, welche  hierdurch  mit  seichten  Höhlungen  versehen  erscheint.  Diese 
Höhlen  oder  Wellen  sind  an  zahlreichen  Bastzellen  unschwer  nachweisbar 
(Fig.  59). 

Die  Bastzellen,  welche  sich  durch  Chromsäure  leicht  unverletzt  aus 
dem  Gewebsverbande -bringen  lassen,  haben  eine  Länge  von  0,92 — 4,7  mm. 

Der  Mehrzahl  der  Fälle  nach 
sind  die  von  der  Innenseite  des 
Bastes  herrührenden  Bastzellen 
kürzer  als  die  übrigen.  Der 
größte  Querdurchmesser  der  Bast- 
zellen beträgt  12 — 21,  meist 
16  u.  Die  Dickenzunahme  er- 
folgt ziemlich  regelmäßig  von  den 
Enden  nach  der  Mitte  zu.  Kleine 
Unregelmäßigkeiten  kommen  in- 
des an  jeder  Bastzelle  vor.  Die 
Enden  der  Bastzellen  sind  lang- 
gestreckt kegelförmig,  an  den 
Polen  abgerundet.  Der  Quer- 
schnitt der  Bastzellen  ist  poly- 
gonal, 4 — Gseitig.  Die  Verdickung 
der  Wände  der  Bastzellen  ist 
meist  eine  so  starke,  daß  das 
Lumen  dieser  Zellen  auf  eine 
dunkle  Linie  reduziert  erscheint. 
An  vielen  Bastzellen  ist  die  Wand- 
dicke stellenweise  so  mächtig, 
daß  gar  kein  Hohlraum  vorhan- 
den zu  sein  scheint.  In  diesem 
Falle  tritt  das  Zeil-Lumen  je- 
doch stets  nach  Einwirkung  von 
Chromsäure  hervor.  Ist  die  Zell- 
wand nur  so  weit  verdickt,  d&ß 
das  Lumen  der  Zelle  im  optischen  Durchschnitt  mit  doppeltem  Kontur 
erscheint,  dann  erkennt  man  deutlich,  daß  die  äußere  Grenze  der  Zelle 
der  inneren  nicht  parallel  läuft,  indem  diese  Zellen,  gleich  denen  der 
Jute  und  der  juteähnlichen  Fasern,  eine  ungleichmäßige  Verdickung  der 
Zellwand  aufweisen.  Porenkanäle  sind  an  den  Zellen  nicht  selten  zu 
bemerken,  an  den  Enden  der  Zellen  häufiger  als  in  der  Mitte.  Die  Poren 
der  Zellwand  erscheinen  in  der  Flächenansicht  kurz,  parallel  zur  Zellachse 
oder   schief  spalten  förmig,    im   Querschnitt   überaus   fein   und   bogig  ge- 


Fig.  59.  A  Vergr.  200.  6  Bastbündel  des  Stammes  der 
Thespefia  Lampas.  m  MarkstraWenräume.  ?p  Welle, 
entsprechend  der  Länge  ein^r  Markstralilenzelle.  r  Rest 

der  Wand  einer  Markstrahlenzelle. 

B  Vergr.  500,      Bruchstück   einer   Bastzelle   ans    dem 

Bastbündel  des   Stammes  von  Tliesp.  Lamp.    lo  Welle, 

p  Poren  der  Zellwand. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  261 

krümmt.  Eine  gabelförmige  Teilung  des  Porenkanals  gegen  die  Peri- 
pherie der  Zellwand  zu  kommt  häufig  vor.  Die  äußeren  Partien  der 
querdurchschnittenen  Bastzellen  werden  durch  Ghromsäure  in  konzen- 
trische Schichten  zerlegt.  Die  gequetschte  Bastzelle  zeigt  eine  feine 
schraubige  Streifung. 

Wie  schon  erwähnt,  ist  das  Gewebe  der  Bastmarkstrahlenzellen  in 
der  Faser  nur  in  ganz  rudimentärem  Zustande  anzutreffen  und  es  bedarf 
langen  Suchens,  bis  man  Zellen  dieses  Gewebes  in  der  Faser  auffindet. 
In  den  Markstrahlenzellen  finden  sich  Kristallgruppen  von  oxalsaurem 
Kalk.  Wie  schwer  es  fällt,  diese  Kristallaggregate  direkt  an  der  Faser 
aufzufinden,  so  leicht  ist  es,  dieselben  in  der  Asche  nachzuweisen,  wo- 
selbst sie  sich,  morphologisch  ungeändert,  aber  in  Kalk  verwandelt,  in 
Massen  vorfinden. 

17.  Faser  von  Cor.dia  latifolia  (Slielti,  Wadgundi;  lud.). 

Diese  Pflanze  wird  in  Indien  ihrer  genießbaren  Früchte  wegen  kul- 
tiviert. Junge  Individuen,  sowohl  der  wildwachsenden  als  auch  der  kulti- 
vierten Form,  dienen  zur  Abscheidung  einer  Faser^  welche  auch  den  Namen 
»Narawali  fibre«  führt.  In  den  Distrikten  Guzerate  (Hindostan)  ist  Cordia 
latifolia  besonders  häufig.  Zur  Abscheidung  der  Narawali  fibre  dient 
auch  Cordia  angustifolia^).  Die  »Gundui  fibre«,  der  Narawali  fibre  zu- 
nächst stehend,  wird  aus  dem  Baste  d^r  Cordia  Rothii  abgeschieden 
(vgl.  p.  96). 

Über  den  Bast  und  die  Faser  der  Cordia  latifolia  habe  ich  zuerst 
berichtet  2). 

Die  Länge  des  Bastes  beträgt  0,5 — 0,9  m,  die  Breite  1 — 8mm,  die 
Dicke  8 — 16^<.  Die  einzelnen  Baststreifen  erscheinen  teils  dicht,  teils 
erkennt  man  daran  schon  mit  freiem  Auge  kleine  Bastmarkstrahlenräume. 
Der  Bast  ist  blaß  bräunlich,  er  hat  etwa  die  Farbe  des  bekannten  Eisen- 
holzes und  ist  fast  gänzlich  glanzlos.  Die  Baststreifen  sind  ungemein 
fest  und  auch  die  davon  abgetrennten  feinen  Fasern  von  etwa  200  /t 
Breite  und  etwa  gleicher  Dicke  zeichnen  sich  noch  durch  hohe  Festig- 
keit aus.  Der  Bast  wird  als  solcher  angewendet  und  könnte  auch  bei 
uns  gleich  dem  Lindenbaste  benutzt  werden.  Wenn  es  sich  um  große 
Festigkeit  handelt,  wäre  der  Cordiabast  selbst  dem  Lindenbaste  vorzu- 
ziehen. Die  Abscheidung  des  Bastes  erfolgt  durch  eine  kurze  Rüstung. 
Durch  weiter  fortgesetzte  Röstung  erhält  man  die  Narawali  fibre,  welche 


1)  Über  die  Faser  von   Co7-dia  angustifolia  s.  Royle,  1.  c,  p.  311. 

2)  Indische  Faserpflanzen,  p.  3  und  22 — 24.     Über  Cordiafaser  s.  auch  Seml 
1.  c,  III  (1888),  p.  737. 


262 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


zur  Verfertigung  grober  Gewebe,  zu  Seilen,  Tauen,  Netzen  usw.  in  den 
Heimatländern  verwendet  wird. 

Die  lufttrockene  Faser  enthält  8,93  Proz.  Wasser.  Mit  Wasserdampf 
gesättigt  steigt  die  Wassermenge  bis  auf  18,22  Proz.  Die  trockene  Faser 
liefert  verhältnismäßig  viel,  nämlich  5,54  Proz.  Asche. 

Jodlüsung  färbt  die  Faser  schmutziggelb  mit  einem  Stich  ins  Grün- 
liche. Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  tritt  die  grünliche  Färbung  noch 
deutlicher  hervor.  Das  Grün  ist  hier  Mischfarbe 
aus  Gelb  und  Blau,  wie  die  mikroskopische  Unter- 
suchung lehrt.  Die  gelbe  Farbe  entsteht  durch 
Einwirkung   der  Jodlüsung    auf    die    Zellwände, 


die  Stärkekürnchen  der  Bastmarkstrahlen.  Kupfer- 
oxydammoniak färbt  die  Faser  blaß  bläulich. 
Die  freiliegenden  Zellen  werden  an  den  Enden 
durch  das  Reagens  zu  schwacher  Aufquellung 
gebracht.  Schwefelsaures  Anilin  färbt  den  Bast 
isabellgelb,  Phlorogluzin  +  Salzsäure  rufen  eine 
rotviolette  Färbung  hervor;  diese  Faser  ist  mit- 
hin stark  verholzt. 

Der  Bast  besteht  aus  dicht  gedrängt  stehen- 
den Bastbündeln,  welche  nur  durch  schmale  Züge 
von  zum  großen  Teil  wohlerhaltenen  Markstrahlen 
durchsetzt  sind. 

Die  ßastzellen  künnen  durch  Ghromsäure 
leicht  aus  dem  Verbände  gebracht  werden.  Sie 
zeigen  eine  große  Konstanz  in  der  Länge,  welche 
fast  immer  nur  zwischen  \ — ^i,6  mm  schwankt. 
Auch   die  maximale  Dicke    der    einzelnen    Bast- 


Fig.60.  Yergr.300.  Bruchstücke 
von  Bastzellen  aus  dem  Stamme 
der  Cordia  latifolia.  A  natür- 
liches Ende  einer  Bastzelle, 
p,  p'  Poren  der  Zellwand. 


Zellen  ist  im  Verlaufe  des 
nur  wenig  veränderliche. 


ranzen  Gewehes  eine 


Diese  Dimension  liegt 
gewöhnlich  zwischen  14,7  und  16,8  /«.  Die 
Enden  der  Bastzellen  sind  lang  zugespitzt.  Die  Breite  dieser  Zellen  nimmt 
regelmäßig  nach  der  Mitte  hin  zu.  Unregelmäßigkeiten  in  der  Form  der 
Bastzellen,  nämlich  keulenförmige  Enden,  Ausbuchtungen  u.  dgl.,  sind 
nur  selten  zu  beobachten.  Das  Lumen  ist  im  mittleren  Teile  der  Zelle 
weiter  als  an  den  Enden  (Fig.  60^),  die  Verdickung  der  Zellwände  ist 
im  allgemeinen  nur  eine  mäßige.  Eigentümlich  sind  die  Poren  der  Zell- 
wand. Sie  verlaufen  häufig  sehr  steil;  viele  haben  in  der  Flächenansicht 
eine  winkelige  Gestalt  (Fig.  60  C).  Eine  Slreifung  der  Zellwand  konnte 
ich  hier  weder  an  der  mit  Reagenzien  behandelten  noch  an  der  ge- 
quetschten Bastzelle  wahrnehmen. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  263 

Die  Bastmarkstrahlen  bestehen  der  Hauptmasse  nach  nur  aus  wenigen 
Zellen,  oft  gar  nur  aus  einer  einzigen  Zellenreihe.  Die  Länge  der  Mark- 
strahlenzellen beträgt  meist  42,  die  Breite  etwa  15  /«.  Diese  Zellen  führen 
teils  Stärkekürnchen,  teils  Oxalsäuren  Kalk.  Erstere  überwiegen  weitaus. 
Die  Amylumkörnchen  sind  teils  einfach,  teils  zusammengesetzt  und  be- 
stehen dann  aus  2 — 3  Teilkörnern  -  von  rundlicher,  meist  schwach 
ellipsoidischer  Gestalt,  deren  längster  Durchmesser  2,5—3,9  ^i  mißt.  Der 
Oxalsäure  Kalk  tritt  in  den  Zellen  in  Form  von  rundlichen,  den  Innen- 
raum  der   Markstrahlenzellen   fast  gänzlich   erfüllenden   Aggregaten    auf. 

In  der  Asche  sind  die  Kristallaggregate  wohl  leicht  aufzufinden;  aber 
ihre  Gestalt  erscheint  so  regellos,  daß  man  es  kaum  mit  morphologisch 
umgeänderten  Kristallaggregaten  zu  tun  zu  haben  glaubt.  Mit  Weingeist 
vorbehandelt  und  in  Kanadabalsam  eingelegt,  erkennt  man  den  kristalli- 
sierten Charakter  dieser  Aggregate  viel  genauer.  Auch  lassen  sich  diese 
etwas  klumpigen  Massen  dadurch  als  die  Abkömmlinge  des  Oxalsäuren 
Kalkes  der  Markstrahlenzellen  erkennen,  daß  sie  durch  Einwirkung  von 
Schwefelsäure  sich  in  Kristallnadeln  von  Gips  umsetzen. 

In  den  Bastbündeln  scheinen  außer  den  Bastzellen  keinerlei  andere 
histologische  Elemente  aufzutreten.  Parenchymatische  Gewebselemente, 
wie  Bastparenchymzellen  usw.,  scheinen  gänzlich  zu  fehlen. 

Baste. 

Von  vielen    dikotylen   Holzgewächsen    läßt    sich   direkt   oder    nach 

'^acher  Röstung  der  Bastteil  des  Gefäßbün 
breiten  Streifen  von  den  Stämmen  ablösen. 
rasch  und  ohne  Mühe  viel  langen,  breiten  und  festen  Bast,  wie  ein 
solcher  zur  Herstellung  von  Matten,  zum  Binden,  zur  Enveloppierung 
gewisser  Waren,  zu  Flechtarbeiten,  Baststricken  und  ähnlichen  Zwecken 
erforderlich  ist. 

Von  europäischen  Holzgewächsen  hat  sich  die  Linde  zur  Bast- 
gewinnung als  besonders  geeignet  erwiesen ^j.  Auch  die  Ulme^)  liefert 
einen  brauchbaren,  aber  in  der  Güte  dem  Lindenbast  nicht  gleich- 
kommenden Bast.  Von  den  europäischen  Holzpflanzen  wird  auch  die 
Weide  3)  als  bastliefernd  bezeichnet.  —  Von  tropischen  Holzgewächsen  hat 


4)  Über  die  Verwendung  des  Lindenbastes  in  außereuropäischen  Ländern  s. 
unten  bei  Lindenbast. 

2;  Über  die  Verwendung  des  Ulmenbastes  in  Japan  (von  Uhnus  7nontana)  s. 
oben  p.  75. 

3)  S.  oben  p.  74.  Versuche,  den  Weidenbast  für  Textilzwecke  zu  verwerten, 
hatten  keine  sonderlichen  Erfolge.  Siehe  Flögl  in  Mittig.  Techn.  Versuchsamt,  Wien 
1918,  p.  6. 


264  .  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Daten  lehren.  Die  wichtigsten  tropischen  Bastarien  stammen  von  einigen 
Oreivia- Kvi^xi  (Holzpflanzen  aus  der  Familie  der  Linden),  Sterculia- 
Arten  i),  von  Holoptelea  mtegrifolia,  Kydia  calycina^  Onidia  eriocephala 
(Lasiosiphon  speeiosus),  Trema  orie?italis  (Sponia  Wightü),  Cordia 
latifoUa  und  Thespesia  Lampas.  Der  Bast  der  G^re^^'m-Arlen  stand  mir 
für  die  Untersuchung  nicht  zu  Gebote.  Der  Bast  der  zwei  zuletzt  ge- 
nannten Pflanzen  wurde  schon  oben  (s.  p.  ibS  und  261  ff.)  abgehandelt. 
Die  übrigen  Bastarten  sollen  hier  genauer  beschrieben  werden  2). 

18.  Lindenbast. 

Der  Bast  der  europäischen  Linden,  vorzugsweise  der  Tüia  parvi- 
folia  und  T.  grandifolia,  wird  bei  uns  wohl  überall  nur  im  Kleinbetriebe 
dargestellt.  Im  großen  Maßstabe  wird  er  in  Rußland  gewonnen  und 
zur  Herstellung  von  Bastmatten  verwendet,  die  einen  wichtigen  Gegen- 
stand des  russischen  Exporthandels  bilden.  Er  findet  aber  auch  zum 
Binden,  insbesondere  in  der  Gärtnerei,  ausgedehnte  Anwendung,  ferner 
zur  Herstellung  von  Bindstricken,  Brunnenseilen,  Trockenschnüren  in  der 
Papierfabrikation  usw.  3).  Der  russische  Lindenbast  wird  u.  a.  in  großer 
Menge  nach  England  gebracht,  woselbst  diese  Ware  als  Russian  Bast 
bekannt  ist.  So  wie  man  sich  aber  dort  in  neuerer  Zeit  durch  Einfuhr 
von  Jute  vom  russischen  Hanf  zu  emanzipieren  strebte,  so  trachtet  man 
nunmehr  auch  in  indischen  Bastarten  Substitute  für  Lindenbast  zu  er- 
halten. Ausgedehnte  Anwendung  zu  Matten  und  auch  zu  groben  Seilen 
findet  der  Bast  der  amerikanischen  Linden,  insbesondere  der  weitver- 
breiteten Tüia  americana*)  (von  Virginien  bis  zum  Alleghanygebirge,  in 
Georgien,  Nebraska  und  Kansas). 

Die  zur  Bastgewinnung  dienlichen  Stämme  werden  gefällt.  Wenn 
die  Bäume  einen  Durchmesser  von  30 — 40  cm  erlangt  haben,  sind  sie 
zur  Bastabscheidung  am  geeignetsten.  Das  Schälen  der  Bäume  wird 
Mitte  Mai  vorgenommen.  Zu  dieser  Zeit  läßt  sich  die  Rinde  leicht  vom 
Holzkörper  ablösen,  was  in  der  Weise  geschieht,  daß  man  mit  dem 
Rücken  eines  Beiles  die  Stämme  gelinde  klopft,  worauf  sie  sich  leicht 
in  Streifen  von  6  —  9  cm  Breite  abziehen  läßt.  Diese  Rindenstreifen,  auch 
Röhren  genannt,  werden  in  lockere  Bündel  zusammengefaßt  und  ähnlich 


H)  Der  netzartige  Bast  einiger  Sterculia- Arten  wird  in  den  Tropen  oft  abge- 
schieden und  dient  zu  verschiedenen  [Zwecken,  u.  a.  zur  Enveloppierung  gewisser 
Zigarrensorten. 

2)  Der  oft  genannte  Bast  von  Brousso7ietia  papyrifera,  hauptsächhcli  zur  Papier- 
erzeugung verwendet,  wird  unten  bei  Betrachtung  der  Papier  hefernden  Fasern  ab- 
gehandelt werden. 

3)  Kick-Gintl,  Technisches  Wörterbuch,  VIII,  p.  -193. 

4)  Dodge,  1.  c,  p.  313. 


Siebzehnter  Abschnitt:    Fasern.  265 

dem  Hanf  einer  Kaltwasserrüste  unterworfen.  Gewöhnlich  läßt  man  die 
Hindenpäcke  in  stagnierendes  Wasser  tauchen,  indem  man  sie  entweder 
mit  Steinen  beschwert  oder  in  der  Weise  wie  bei  der  Hanfrüste  durch 
Pfähle  zum  Untertauchen  zwingt.  Ende  Oktober  ist  die  Rüste  so  weit 
vorgeschritten,  daß  sowohl  das  etwa  noch  vorhanden  gewesene  kambiale 
als  auch  das  Gewebe  der  Außen-,  Mittelrinde  und  der  Bastmarkstrahlen 
zerstört  ist.  In  dieser  Zeit  werden  die  Bündel  aus  dem  Wasser  ge- 
nommen, die  einzelnen  Streifen,  die  nunmehr  bloß  aus  den  Bastlagen 
bestehen,  in  reinem  Wasser  ausgespült  und  zum  Trocknen  aufgehängt. 
Nach  dem  Trocknen  lassen  sich  die  einzelnen  Jahreslagen  des  Bastes 
leicht  voneinander  trennen.  Diese  Spaltung  des  Bastes  in  die  Jahres- 
schichten wird  wirklich  vorgenommen  und  hierauf  die  Ware  sortiert. 
Ein  Baum  von  1 0  m  Hübe  und  30 — 40  cm  Durchmesser  liefert  eine 
Bastmenge,  aus  welcher  sich  angeblich  10  —  i2  Matten  flechten  lassen. 
Rußland  liefert  jährlich  über  14  Millionen  Stück  Matten  (Sack-,  Segel-, 
Tabakmatten  usw.),  von  denen  etwa  der  vierte  Teil  exportiert  wird. 
Die  aus  den  jüngsten  Bastschichten  bestehenden  Matten  sind  feiner  als  die 
von  den  alten  Schichten  herrührenden.  Die  Preise  der  grübsten  und 
feinsten  Matten  verhalten  sich  zueinander  etwa  wie  1  :  4. 

Der  Bast  der  Ulmen  (ülmus  effusa,  ü.  cantpestris),  von  dem 
Lindenbaste  durch  bräunliche  Farbe  und  geringere  Festigkeit  und  Dauer- 
haftigkeit unterschieden,  wird  manchmal  ähnlich  wie  der  Lindenbast 
gewonnen  und  verwendet.  Hartigi)  hält  dafür,  daß  die  Ursache  der 
geringen  Haltbarkeit  des  Ulmenbastes  gegenüber  dem  aus  Linden  abge- 
schiedenen Produkte  darin  zu  suchen  sei,  daß  die  Bastbündel  der  Rüster 
bei  weitem  nicht  so  groß  und  die  Bastfasern  in  den  Bündeln  bei  weitem 
untereinander  nicht  so  fest  verbunden  sind  wie  bei  der  Linde. 

Daß  auch  Weidenbast  in  großem  Maßstabe  abgeschieden  und  gleich 
dem  Lindenbaste  verwendet  wird,  findet  man  oft  angegeben  2).  Ich 
konnte  über  eine  etwaige  Weidenbastgewinnung  nichts  in  Erfahrung 
bringen.  Da  nun  auch  Hartig  a.  a.  0.  die  Weidenbastbenutzung  nicht 
erwähnt,  obschon  in  dem  bezeichneten  Werke  die  Verwertung  der  euro- 
päischen Holzgewächse  mit  grüßter  Gründlichkeit  und  Ausführlichkeit 
abgehandelt  wird,  so  halte  ich  dafür,  daß  die  angeführten  Angaben  auf 
einem  Irrtum  beruhen  oder  die  Abscheidung  des  Weidenbastes  nur  lokal 
und  beschränkt  betrieben  wird.  Nach  Hempel  und  Wilhelm  3)  geben 
die  bastreichen  Rinden  junger  Triebe  (Ruten  von  Salix  amygdalina  und 
anderen  Weiden)  ein  grobes  Bindematerial. 


\)  Th.  Hartig,  Naturgeschichte  der  forstlichen  Kulturgewächse,  p.  465. 

2)  Hauke,    "Warenkunde,   p.  250.      Schedel,   Warenlexikon,   H,   p.  24.      Von 
Schriften  neuesten  Datums  nenne  ich  insbesondere  Dodge,  1.  c,  p.  284  ff. 

3)  »Die  Bäume  und  Sträucher  des  Waldes«.     Wien,  p.  105. 


266  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Der  im  Handel  erscheinende  Lindenbast  hat  eine  Länge  von  \ — 2,5  m 
und  eine  sehr  wechselnde  Breite,  die  aber  häufig  zwischen  2 — 5  cm 
schwankt.  Eine  Bastlage  hat  eine  Dicke  von  40 — 80  .«.  Die  von  den 
innersten  Jahreslagen  herrührenden  Baststreifen  sind  meist  nur  schwach 
gelblich  gefärbt,  seltener  fast  rein  weiß.  Die  den  älteren,  äußeren  Bast- 
lagen entsprechenden  Streifen  sind  hingegen  stets  gelblich  bis  bräunlich 
gefärbt.  Der  Lindenbast  ist  nie  dicht  im  Gefüge,  sondern  setzt  sich  aus 
Bündeln  zusammen,  die,  netzartig  miteinander  verflochten,  Maschenräume 
zwischen  sich  freilassen,  die  am  unverletzten  Stamme  von  den  Zellen 
des  Bastmarkstrahlengewebes  dicht  erfüllt  sind.  Durch  den  Rüstprozeß 
wird  dieses  Gewebe  fast  gänzlich  zerstört.  Die  Markstrahlenräume  sind 
nicht  sehr  scharf  zugespitzt  und  seitlich  wellenförmig  konturiert.  Jede 
Welle  hat  eine  Länge  von  i8  — 21  ,«  und  entspricht  der  Einsenkung  einer 
Bastmarkstrahlzelle.  Dort,  wo  zwei  Wellen  aneinanderstoßen,  haften 
häufig  noch  Zellwandreste,  nämlich  Stücke  jener  Zellwände  der  Mark- 
strahlenzellen, die  senkrecht  auf  die  Grenze  des  Markstrahlenraumes 
zulaufen. 

Lufttrocken  führt  der  Lindenbast  6,20,  mit  Wasserdampf  gesättigt 
17,7  Proz.  Wasser.  Der  völlig  trockene  Bast  gibt  1,89  Proz.  Asche, 
welche  spärlich  von  bestimmt  geformten  großen  Kristallen  durchsetzt 
ist,  über  die  noch  weiter  unten  gesprochen  werden  wird. 

JodlöBung  färbt  den  Bast  goldgelb;  auf  Zusatz  von  Schwefelsäure 
wird  er  schmutzigbraun.  Kupferoxydammoniak  bläut  die  Faser  des 
Bastes,  ohne  sie  zum  Aufquellen  zu  bringen.  Mit  schwefelsaurem  Anilin 
behandelt,  wird  jeder  Lindenbast  deutlich  gelb,  mit  Phlorogluzin  +  Salz- 
säure rötlich  violett  gefärbt.  Die  weißen  Innenlagen  gut  gerösteter  Bast- 
sorlen  nehmen,  mit  ersterem  Reagens  behandelt,  eine  blaß  zitrongelbe 
Farbe  an,  während  alter  und  schlecht  gerösteter  Bast  sich  ganz  intensiv 
eigelb  färbt.  Desgleichen  erfolgt  durch  das  zweitgenannte  Reagens  eine 
stärkere  Rotvioleltfärbung  bei  älterem  Bast.  Älterer  Lindenbast  erscheint 
sohin  stärker  als  junger  verholzt. 

In  der  Flächenansicht  des  Bastes  macht  sich  sofort  bemerkbar,  daß 
er  sehr  reich  an  parenchymatischen  Elementen  ist.  Es  sind  nicht  nur 
die  Bastmarkslrahlenräume  durchweg  von  parenchymatischen  Zellen  be- 
grenzt, sondern  es  nehmen  auch  an  der  Zusammensetzung  der  inneren 
Bündelteile  vorwiegend  derartige  Zellen  Anteil. 

Auf  dem  Querschnitt  erkennt  man,  daß  vorwiegend  dünnwandige 
Elemente  mit  verhältnismäßig  breitem  Querschnitt  die  Zellenbündel  des 
Lindenbastes  konstituieren  und  daß  nur  schmale  Züge  von  dickwandigen 
Bastzellen  und  vereinzelte  Bastzellen  in  die  Zellverbindung  eintreten. 

Es  ist  nicht  leicht,  die  Zellen  des  Lindenbastes  unverletzt  außer 
Zusammenhang  zu    bringen,   und  weder  durch  Chromsäure    noch  durch 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  267 

stark  alkalische  Flüssigkeiten  will  dies  vollständig  gelingen ').  Wegen  der 
Schwierigkeit,  die  Eiementarbestandteile  zu  isolieren,  ist  es  fast  unmög- 
lich, genaue  Zahlen  für  die  Längen  der  faserförmigen  Elementarteile 
dieses  Bastes  zu  gewinnen.  Die  nachfolgenden  Zahlen  können  deshalb 
keinen  Anspruch  auf  Genauigkeit  machen. 

In  den  Zellenbündeln  des  Lindenbastes  kann  man  zweierlei  Elementar- 
bestandteile unterscheiden,  nämlich  Bastparenchymzellen  und  Bastzellen. 
Siebröhren  und  Phloemparenchymzellen  haften  dem  Lindenbaste  auch 
manchmal  an.  Die  Anwesenheit  der  Siebröhren  hat  schon  H artig 2) 
konstatiert.  Die  von  ihm  als  Kristallfaserzellen  des  Lindenbastes  an- 
gesprochenen histologischen  Elemente  entsprechen  den  Bastparenchymzellen. 

Die  Bastparenchymzellen  haben  meist  eine  Breite  von  18 — 27  und 
eine  Länge  von  45  —  75  i^i.  Doch  kommen  auch  kürzere  und  längere 
derartige  Zellen  nicht  selten  vor.  Die  Wände  dieser  Zellen  sind  porös, 
besonders  an  den  Querwänden.  Die  langgestreckten  Bastparenchymzellen 
besitzen  häufig  gabelförmige  Enden.  In  den  Bastparenchymzellen  finden 
sich  Kristalle  von  oxalsaurem  Kalk  vor,  deren  Länge  nicht  selten  42  i-t 
beträgt  und  die  in  der  Flächenansicht  als  stark  in  die  Länge  gezogene 
Sechsecke  erscheinen,  deren  Längsachse  durch  zwei  Ecken  hindurchgeht. 
Solche  Kristalle  lassen  sich  besonders  leicht  in  der  Asche  des  Bastes 
nachweisen,  wo  sie  jedoch  nicht  massenweise  auftreten.  —  Die  Sieb- 
röhren teilen  die  Größe  des  Querschnitts  mit  den  Bastparenchymzellen, 
die  Siebröhrenglieder  sind  jedoch  im  allgemeinen  länger  als  diese.  In 
gut  gerösteten  Basten  fehlen  die  Siebröhren  vollständig,  desgleichen  alle 
größeren  Markstrahlen. 

Die  Bastzellen  sind  sehr  dickwandig.  Im  Querschnitt  erscheint  ihr 
Lumen  meist  nur  als  Punkt.  Ihre  Länge  beträgt,  soviel  ich  gesehen 
habe,  1,11 — 2,65  mm.  Ihr  maximaler  Querschnittsdurchmesser  mißt 
gewöhnlich  nur  15  /<.  An  einzelnen  Bastzellen  verbreitert  er  sich  in  der 
Mitte  bis  etwa  auf  das  Doppelte. 

19.  Bast  von  Sterculia  villosa^)  fOodal,  Udali;  ind.). 

Der  Bast  dieses  in  den  Gebirgsgegenden  Indiens,  vornehmlich  in 
Concan  und  Canara  häufigen,  baumartigen  Gewächses  steht  schon  lange 


1)  Nach  H.  Müller  (Ausstellungsbericht,  I.e.,  p.  62)  gelingt  es  durch  abwech- 
selnde Behandlung  des  Bastes  mit  Brom\vasser  und  Ammoniak  leicht,  die  Elemente 
des  Lindenbastes  zu  isolieren. 

2)  1.  c,  p.  560. 

3)  Vgl.  Royle,  1.  c,  p.  965fr.,  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  p.  2  und  4  5 
bis  17,  Semler,  I.e.,  III  (1888),  Dodge,  I.e.  Hooper,  Rept.  Laborat.  Ind.  Mus. 
1905—1906,  p.  3öff.,  zitiert  nach  Watt,  Coram.  Prod.  of  India  (1908),  p.  1051. 


268  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Wendung  und  wird  in  neuerer  Zeit  zur  Papierbereitung  empfohlen  i). 
Die  Baststreifen  haben  eine  Länge  von  0,2 — 0,6  m,  eine  Breite  von 
-1 — 3  cm  und  eine  Dicke  von  0,4 — 2  mm.  Dieser  Bast  ist  völlig  glanzlos, 
gelblich,  mit  einem  Stich  ins  Zimtbraune  gefärbt  und  hat  einen  lockeren, 
netzartigen  Bau.  Die  netzartige  Struktur  rührt  hier,  wie  bei  allen  anderen 
Bastarten,  von  den  Bastmarkstrahlenräumen  her,  die  aber  hier  nicht  nur 
sehr  zahlreich  auftreten,  sondern  auch  nach  Länge  und  Breite  verhältnis- 
mäßig sehr  stark  entwickelt  sind.  Der  Bast  besteht  aus  mehreren 
distinkten  Schichten,  läßt  sich  aber  in  dieselben  nicht  so  leicht  wie  der 
Lindenbast  zerlegen.  Dünne  Stücke,  die  in  der  Dimension  der  Dicke 
mit  Lindenbast  übereinstimmen,  stimmen  in  der  Festigkeit  mit  diesem 
zum  mindesten  überein.  Feinere,  flachsartige  Fasern,  die  man  vom 
Sterculiabast  abtrennen  kann,  sind  hingegen  sehr  schwach. 

Lufttrocken  führt  der  Bast  8,86,  mit  Wasserdampf  gesättigt  18,69Proz. 
Wasser.  Der  völlig  getrocknete  Bast  gibt  3,i3  Proz.  Asche,  welche 
reichlich  von  Kristallen  durchsetzt  ist. 

Jodlösung  färbt  den  Bast  goldgelb,  bis  auf  einzelne  feine  Längs- 
streifen, welche  bei  Behandlung  mit  diesem  Reagens  eine  schwärzliche 
Farbe  annehmen.  Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  färbt  sich  der  ganze 
Bast  durchweg,  aber  ungleich  schmutziggrün.  Kupferoxydammoniak 
bläut  die  Bastbündel,  ohne  sie  zum  Aufquellen  zu  bringen.  Nur  die  zu- 
fällig freiliegenden  Bastzellen  werden  durch  dieses  Reagens  deutlich  auf- 
getrieben. Schwefelsaures  Anilin  ruft  eine  intensiv  eigelbe  Farbe,  Phloro- 
gluzin -|-  Salzsäure  rotviolette  Färbung  hervor.  Diese  Faser  ist  also 
stark  verholzt. 

So  dick  der  Bast  auch  erscheinen  mag,  so  haben  doch  die  ihn  zu- 
sammensetzenden Bastbündel  nur  gewöhnliche  Dimensionen.  Ihr  Quer- 
schnitt mißt  nämUch  in  der  Richtung  der  Tangente  130—290,  in  der 
Richtung  des  Radius  60 — iöO  /<.  Die  Dicke  dieses  Bastes  kommt  nur 
durch  mehrfache  Bastlagen  zustande,  indem  derselbe  von  mehrjährigen 
Stämmen  abgenommen  wurde,  die  Röslung  aber  nicht,  wie  dies  z.  B.  beim 
Lindenbaste  der  Fall  ist,  eine  Spaltung  des  ganzen  Bastkörpers  in  die 
einzelnen  Bastlagen  vollzieht.  Eine  Scheidung  des  Bastes  in  Jahres- 
lagen wie  bei  der  Linde  kommt  in  den  tropischen  Basten  wegen  der 
ununterbrochenen  Vegetation  der  Stämme  nicht  vor. 

Jede  Bastlage  besteht  aus  Bastbündeln  und  Markstrahlen.  Die  letz- 
teren sind  an  dem  künstlich  abgelösten  Baste  nur  mehr  in  Resten  vor- 
handen. Aber  auch  die  rückständigen  Markstrahlenzellen  sind  nicht  un- 
verletzt, sondern  weisen  meist  stark  demolierte  Wände  auf.     Es   haften 


1]  Vgl.  Kew  Bullet.   1879. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


269 


daran   gewöhnlich   Stärkekürnchen,    welche   einfach   und    elliptisch    sind 
und   deren  größter  Durchmesser  etwa  7  /<  mißt. 

Die  Bastzellen  des  Sterculiabastes  lassen  sich  durch  Chromsäure  leicht 
isolieren.  Die  Länge  dieser  Elementarorgane  beträgt  1,52 — 3,55  mm, 
die  maximale  Dicke  17 — 25  /<.  Es  ist  sehr  bemerkenswert,  daß  die 
größten  Querschnitte  der  einzelnen  Bastzellen '  sehr  konstant  sind  und  fast 
immer  20  /<  messen.  Auch  die  Form  der  Bastzellen  muß  als  eine  sehr 
konstante  bezeichnet  werden.  Die  Dicke  dieser  Zellen  nimmt  nämlich  von 
den  stets  abgestumpften  Enden  gleichmäßig  bis  zur  Mitte  zu.  Die 
mittlere  Partie  fast  jeder  Bastzelle  ist  etwas 
angeschwollen.  Die  Zellwand  weist  eine 
höchst  charakteristische  Verdickung  auf.  Die 
mittlere  angeschwollene  Partie  der  Zellwand 
ist  nämlich  wohl  kaum  schwächer  als  die 
anderen  Stellen  verdickt,  aber  das  Lumen 
ist  in  der  Mitte  der  Zelle  verhältnismäßig 
groß.  Abgesehen  von  diesem  breiten  Baume 
inmitten  der  Zelle,  ist  der  Innenraum  der- 
selben so  schmal,  daß  er  nur  als  dunkle 
Linie  erscheint  oder  aber  es  ist  seine  Gegen- 
wart gar  nicht  zu  erweisen.  In  der  Wand 
sind  kurze,  schief  verlaufende  Poren  häufig 
zu  sehen.  Durch  Quetschung  tritt  an  der 
isolierten  Bastzelle  stellenweise  sehr  deutlich 
eine    feine   Spiralstreifung   hervor   (Fig.  61). 

Das  Bastparenchym  bildet  ein-,  seltener 
zwei-  und  mehrreihige  Zellenzüge,  welche 
den  Bichtungen  der  Bastzellen  folgen.  Die 
Breite  der  Bastparenchymzellen  entspricht 
entweder  völlig  jener  der  Bastzellen  oder  ist 
etwas  größer.  Ihre  Wände  sind  stets  deut- 
lich porös.    Jede  Zelle  enthält  einen  Kristall  von  oxalsaurem  Kalk  (Fig.  61). 

Die  Asche   der   Faser   ist   überaus   reich   an   Kristallen,   welche    oft 
noch  in  ganzen  Zü2:en  aneinanderhaften. 


Fig.  61.  Vergr.  300.  A  Bruchstück 
einer  Bastzelle  aus  dem  Stamme  der 
StercuUa  viUofsa.  iii  Angeschwollene, 
relativ  schwach  verdickte  mittlere 
Partie  der  Faser,  p  Poren  der  ZuU- 
wand.  s  Spiralige  Streifung  der  ge- 
quetschten Wand.  B  Bastparenchym 
mit  Kristallen  von   oxalsaurem   Kalk. 


20.  Bast  von  Holoptelea  integrifoliai)  (Wawla;  ind.). 

Die  im  Westen  Indiens  und  auf  Ceylon  häufig  vorkommende,  zu  den 
Ulmaceen  gehörige  Holoptelea  integrifoUa  liefert  einen  gelblichen,  stellen- 
weise graubräunlich  gefärbten,  fast  völlig  glanzlosen  Bast.    Nach  Semler 


Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  I.e.,  p.  3  und  17,  18.     Semler,  I.e., 
p.  737. 


270  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

soll  diese  Faserpflanze  auch  in  Westindien  kultiviert,  die  Faser  aber  wenig 
benutzt  werden.  Die  durch  Rüstung  erhaltenen  Baststreifen  sind  0,7 — 1  m 
lang,  3 — 5  mm  breit  und  60 — 90  ft  dick.  Die  Außenseite  des  Bastes  ist 
glatt,  die  Innenseite  rauh,  nicht  selten  weißlich.  Diese  Bastsorte  ist 
dichter  als  Lindenbast  und  die  meisten  anderen  Bastarten.  Große  Strecken 
des  Bastes  erscheinen  dem  freien  Auge  völlig  dicht  und  homogen,  andere 
sind  von  kurzen,  beinahe  elliptischen  Spalten  durchsetzt,  an  deren  Stelle 
in  der  Rinde  die  Bastmarkstrahlen  lagen.  Trotz  dieses  dichten  Gefüges 
ist  die  Festigkeit  dieses  Bastes  doch  keine  große,  indem  selbst  breite 
Streifen  leicht  zerreißbar  sind.  Er  bildet  aber  trotzdem  noch  ein  gutes 
Ersatzmittel   für  Lindenbast. 

Der  Wassergehalt  des  lufttrockenen  Bastes  beträgt  9,73  Proz.  Im 
feuchten  Räume  steigert  sich  der  Wassergehalt  bis  auf  23,12  Proz.  Der 
Bast  gibt  4,79  Proz.  an  Krislallen  reicher,  in  Wasser  beinahe  gänzlich 
löslicher  Asche. 

Jodlösung  färbt  die  Hauptmasse  des  Bastes  gelb.  Nur  kleine  Längs- 
streifen, welche  dem  stärkereichen  Bastmarkstrahlengewebe  entsprechen, 
nehmen  hierbei  eine  für  das  freie  Auge  schwärzliehe  Farbe  an.  In 
Kupferoxydammoniak  färbt  sich  der  Bast  bläuhch.  Die  freiliegenden 
Bastzellen  quellen  hierbei  merklich  auf.  Schwefelsaures  Anilin  färbt  den 
Bast  isabellgelb,  Phlorogluzin  +  Salzsäure  rotviolett;  die  Bastfaser  ist 
sohin  stark  verholzt. 

Der  Bast  enthält  außer  Bastzellen  noch  kristallführendes  Bast- 
parenchym  und  stärkeführende  Bastmarkstrahlenzellen.  Die  Länge  der 
Bastzellen  schwankt  zwischen  0,88—2,13  mm.  Die  maximale  Dicke  be- 
trägt 9 — 14,  meist  12  //.  Die  Zellenenden  sind  meist  spitz,  seltener 
kolbig.  In  der  Regel  nehmen  die  Bastzellen  ziemlich  gleichmäßig  von 
den  Enden  gegen  die  Mitte  hin  an  Breite  zu.  Seltener  kommt  es  vor, 
daß  sie  stellenweise  plötzlich  breiter  werden.  Die  Bastzellen  sind  meist 
stark  und  ungleichmäßig  verdickt;    ihre  Querschnittsform  ist  polygonal. 

Die  Markstrahlenzellen  dieses  Bastes  sind  zumeist  schon  so  stark 
demoliert,  daß  sich  die  Konturen  der  Zellen  nicht  mehr  deutlich  er- 
kennen lassen.  Ich  beobachtete  rundliche,  mäßig  verdickte  Markstrahlen- 
zellen mit  einem  Durchmesser  von  50  a.  Die  Markstrahlen  sind  mit 
Stärke  erfüllt,  deren  Körnchen  einfach  oder  zu  zweien  oder  dreien  kom- 
poniert sind,  einen  elliptischen  Umriß  und  einen  Längendurchmesser  von 
3  1^1  aufweisen. 

Die  Bastparenchymzellen  teilen  die  Breite  mit  den  Bastzellen.  In 
der  Richtung  der  letzteren  sind  sie  etwas  in  die  Länge  gestreckt.  Jede 
Bastmarkstrahlzelle  enthält  einen  ihren  Hohlraum  fast  völlig  erfüllenden 
Kristall  von  oxalsaurem  Kalk. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  271 

21.  Bast  von  Kydia  calycimii)  (Wtiraug,  AVilia;  ind.). 

Der  Bast  dieser  auf  den  Ghats  des  westlichen  Indiens  häufigen 
Sterculiacee  hat  eine  Länge  von  0,9 — 1,3  m,  eine  Breite  von  2 — 8  mm 
und  eine  Dicke  von  70—100  a.  Die  Außenseite  ist  gelblich  gefärbt, 
etwa  in  der  Farbe  des  Zürgelbaumholzes,  glatt  und  schwach  glänzend; 
die  Innenseile  matt,  weiß,  beinahe  kreideartig.  Auf  den  ersten  Blick 
erscheint  der  Bast  ziemlich  dicht;  genauer,  besonders  im  durchfallenden 
Lichte  betrachtet,  werden  zahlreiche  feine  Längsklüfte  erkennbar,  welche 
einem  Markstrahlengewebe,  das  an  diesen  Stellen  vorhanden  war,  aber 
zerstört  wurde,  ihr  Entstehen  verdanken.  Breite  Baststreifen,  wie  sich 
solche  vom  Stamme  leicht  ablösen  lassen,  haben  eine  beträchtliche  Festig- 
keit; feine  davon  abgetrennte  Fasern,  von  der  Dicke  einer  spinnbaren 
Faser,  fallen  nur  kurz  aus  und  sind  sehr  schwach.  Zur  Herstellung 
einer  Spinnfaser  ist  der  Kydla-Bsisi  nicht  tauglich,  wohl  könnte  er  aber 
bei  uns  ein  treffliches  Ersatzmittel  für  Lindenbast  abgeben. 

Lufttrocken  führt  der  Kydia-Basi  8,63,  mit  Wasserdampf  gesättigt 
19,44  Proz.  Wasser.  Er  liefert  7,23  Proz.  Asche.  Krislalleinschlüsse 
sind  in  der  Asche  sehr  sparsam  vorhanden. 

Jod  färbt  den  Bast  schmutziggrün,  welche  Farbe  sich  auf  Zusatz 
von  Schwefelsäure  in  Grasgrün  verwandelt.  Die  grüne  Farbe  ist  Misch- 
farbe von  Blau  und  Gelb;  erstere  Farbe  rührt  von  der  durch  Jod  ge- 
färbten Stärke,  letztere  von  den  durch  dieses  Beagens  fingierten  Zell- 
wänden her.  Kupferoxydammoniak  ruft  schwache  Bläuung  und  schwache 
Quellung  hervor.  Schwefelsaures  Anilin  färbt  den  Bast  isabellgelb,  Phloro- 
gluzin +  Salzsäure  rotviolett;  er  ist  mithin  stark  verholzt.  Es  ist  höchst 
bemerkenswert,  daß  dieser  Bast  durch  Chromsäure  nur  sehr  schwer 
und  unvollständig  in  seine  Elemente  zerlegt  werden  kann,  während  doch 
diese  Säure  gewöhnlich  die  Isolierung  der  Zellen  leicht  und  vollständig 
vollzieht.  Besser,  wenn  auch  gerade  nicht  vollständig,  gelingt  die  Zer- 
legung des  Bastes  in  seine  histologischen  Bestandteile  durch  Natronlauge, 
wobei  die  Baslzellen  eiue  gelbe  Farbe  annehmen,  während  die  paren- 
chymatischen  Anteile  fast  ungefärbt  bleiben. 

Die  Bastbündel  sind  von  zahlreichen  kurzen  Markstrahlen  durchsetzt, 
welche,  von  der  Fläche  aus  betrachtet,  meist  nur  0,7 — 2,1  mm  lang, 
0,05 — 0,26  mm  breit  sind.  Nur  an  jenen  Stellen  des  Bastes,  welche  von 
den  unteren  Stammteilen  herrühren,  kommen  noch  längere  und  breitere 
Markstrahlen  vor.  Die  Kleinheit  der  Markstrablen  bedingt  das  homogene 
Aussehen  dieses  Bastes.      Das  Markstrahlengewebe   ist  meist  noch  sehr 


i)  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  p.  2  und  18  —  20.  Wird  auch  von  Sem- 
ler, 1.  c,  III,  p.  737,  als  Warangbast  genannt.  S.  auch  Watt,  Dictionary,  IV  (1890) 
p.  568.     Dodge,  1.  c,  p.  212. 


272  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

wohl  erhalten,  wie  schon  die  Lupe  erweist,  mit  welcher  betrachtet  jeder 
Markstrahl  als  kreideweißer  Strich  erscheint. 

Die  Bastbündel  setzen  sich  aus  Bastzellen  und  Baslparenchym  zu- 
sammen. Die  Länge  der  Bastzellen  ist  wegen  der  Schwierigkeit,  sie  voll- 
ständig zu  isolieren,  nicht  genau  bestimmbar.  Sie  scheint  sich  auf  1 — 2  mm 
zu  belaufen.  Die  Maximaldicke  der  Bastzellen  beträgt  16,8- — 24,2  ,«.  Die 
Enden  der  Zellen  sind  spitz,  die  Form  der  Zellen  regelmäßig,  sowohl 
in  bezug  auf  den  Querschnitt  als  auf  die  Dickenzunahme  von  der  Spitze 
nach  der  Mitte  zu.  Die  Wandverdickung  ist  mäßig  stark  und  unregel- 
mäßig.    Porenkanäle  kommen  sehr  häufig  vor. 

Das  spärlich  anhaftende  Phloemparenchym  besteht  aus  siebartig  ver- 
dickten Zellen. 

Die  Bastmarkstrahlen  sind,  wie  schon  erwähnt,  im  ganzen  sehr  wohl 
erhalten.  Von  der  Fläche  gesehen  beträgt  die  Länge  meist  nahezu  50, 
die  Breite  30  a.  Sie  sind  reichlich  von  Stärke  erfüllt,  deren  Körnchen 
einfach  und  elliptisch  sind  und  einen  mittleren  Längendurchmesser  von 
4  u  aufweisen.  Die  Zellen  des  Bastmarkstrahlengewebes  führen  auch  hin 
und  wieder  kleine  Mengen  von  oxalsaurem  Kalk,  in  Form  von  die  Zelle 
erfüllenden  Kristallaggregaten. 

Die  Aschenmenge  ist  eine  infolge  starker  Imprägnation  der  Zell- 
wände mit  mineralischen  Substanzen  verhältnismäßig  große,  was  sich 
dadurch  zu  erkennen  gibt,  daß  in  der  Asche  eine  große  Menge  gut  er- 
haltener Zellwandskelelte  auftreten.  Nebenher  finden  sich  auch  Kristall- 
aggregate, die  dem  Markstrahlengewebe  entstammen. 

22.  Bast  von  Guidia  eriocephala  (Lasiosiphou  speciosus^j) 
(Raineta;  ind.). 

Der  Bast  dieser  auf  den  Ghats  in  Dekan  häufigen  Pflanze  hat  eine 
Länge  von  1 — 1,2  m  und  eine  Breite  von  2 — 7  mm.  Die  Dicke  dieses 
Bastes  beträgt  0,5 — 1,0  mm.  Bei  der  Eintrocknung  bildet  der  Bast  ein 
dichtes  anscheinend  homogenes  Ganze,  doch  ist  er  geschichtet.  Schon 
mit  freiem  Auge  erkennt  man,  daß  zahlreiche,  einem  an  Ort  und  Stelle 
zugrunde  gegangenen  Bastmarkstrahlengewebe  ihr  Entstehen  verdankende 
Hohlräume  in  Form  feiner  Längsspalten  den  Bast  durchziehen.  Der  Bast 
hat  nur  wenig  Glanz  und  eine  rein  weiße  Farbe.  Seine  Oberfläche  ist 
mit  feinen,  bauniwollenartigen  Fasern,  den  sich  von  selbst  ablösenden 
Zellen  des  Bastgewebes,  bedeckt. 

Der  Bast    als   solcher  hat  eine   enorme  Festigkeit.      Er  läßt    sich 

mechanisch   sehr  leicht   in  lange  flachsähnliche  Fasern,   durch   weitere 

■ \ 

*!)  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  p.  3  und  13 — 15. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  273 

mechanische  Bearbeitung  selbst  in  eine  baumwollenartige,  jedoch  kurz- 
faserige Masse  zerlegen.  Über  seine  gegenwärtige  Verwendung  in  Indien 
liegen  mir  keine  Daten  vor.  Seine  Eigenschaften  deuten  jedoch  darauf 
hin,  daß  er  eine  sehr  vielseitige  Anwendung  finden  könnte;  als  Bast, 
zu  Seilerarbeiten,  zu  feinen  und  gröberen  Geweben  und  zur  Papier- 
bereitung. Die  daraus  bereiteten  Papiere  würden  in  den  Eigenschaften 
dem  aus  dem  Baste  der  Broussonetia  papyrifera  dargestellten  Papier 
gleichkommen!). 

'  Die  lufttrockene  Faser  führt  8,00  Proz.  Wasser.  Im  Maximum  der 
Sättigung  steigt  der  Wassergehalt  bis  auf  1 8,67  Proz.  Die  völlig  getrocknete 
Faser  liefert  3,31   Proz.  kristallfreie  Asche. 

Befeuchtet  man  die  Faser  mit  Jodlösung,  so  nimmt  sie  sofort  eine 
olivengrüne  Grundfarbe  an,  in  welcher  sich  eine  große  Zahl 
schwärzlicher  Flecke  bemerkbar  macht.  Schon  mit  der  Lupe 
ist  zu  erkennen,  daß  diese  dunkeln  Flecke  den  Bastmarkstrahlen,  deren 
Zellen  mit  Stärkekürnchen  reichlich  versehen  sind,  entsprechen.  Auf 
Zusatz  von  Schwefelsäure  nimmt  die  Faser  für  das  freie  Auge  eine 
ziemlich  gleichmäßige  schwarzgrüne  Farbe  an.  Die  dunkle  Farbe  rührt 
von  den  durch  Jod  tiefblau  gefärbten  Stärkekörnchen  der  Markstrahlen 
her.  Die  grüne  Farbe  verdankt  ihr  Entstehen  sowohl  den  Zellwänden 
des  Gewebes,  welche  mit  Jod  eine  gelbe,  als  auch  den  Stärkekörnchen 
der  kleinen  Markstrahlen,  welche  mit  demselben  Reagens  eine  blaue  Farbe 
annehmen.  Die  durch  Jod  hervorgerufene  Färbung,  die  dem  freien  Auge 
grün  erscheint,  ist  mithin  auch  bei  dem  Baste  und  der  Bastfaser  von 
Onidia  eriocephala  (Wall.)  Meisn.  2)  eine  Mischfarbe  aus  Gelb  und  Blau, 
wie  die  mikroskopische  Beobachtung  lehrt.  Kupferoxydammoniak  färbt  die 
Faser  sofort  unter  starker  Aufquellung  blau.  —  Trotz  der  weißen  Farbe 
dieses  Bastes,  welche  vermuten  ließe,  man  hätte  es  hier  mit  unverholzten, 
fast  nur  aus  Zellulose  bestehenden  Zellwänden  zu  tun,  wird  derselbe 
doch  durch  schwefelsaures  Anilin  isabellgelb,  durch  Phlorogluzin  und 
Salzsäure  rotviolett  gefärbt,  ist  also  verholzt. 

Der  Bast  hat,  wie  aus  den  oben  angeführten  Daten  hervorgeht,  eine 
ansehnliche  Dicke.  Er  ist  aber  auch  im  Vergleich  zum  Querschnitte  des 
Stammes  als  mächtig  entwickelt  anzusehen.    Ich  fand,  daß  ein  einjähriger. 


1)  Die  Rametafaser  wird  in  jüngster  Zeit  sehr  für  die  Papierfabriiiation  emp- 
fohlen.    Dodge,  I.e.,  p.  2U. 

2)  Lasiosiphon  speeiosus  Decn.  und  Onidia  eriocephala  Meisn.,  die  auf  p.  91 
noch  getrennt  aufgezählt  werden,  fallen  nach  dem  Index  Kewensis  zusammen.  Der 
ergänzende  Bearbeiter  hat  daher  an  dieser  Stelle  im  Gegensatz  zu  dem  bei  der  auf 
p.  98  gegebenen  Aufzählung  gewählten  Namen  der  eben  erwähnten  Feststellung 
Rechnung  getragen,  zumal  auch  die  Gattung  Onidia  L.  vor  Lasiosiphon  Fres.  die 
Priorität  genießt. 

Wiesner,  Kohstofte.    111.  Bd.    3.  Aufl.  18 


274 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


3  mm  im  Durchmesser  haltender  Stamm  der  genannten  Pflanze  eine 
Bastlage  enthielt,  welche  in  radialer  Richtung  gemessen  0,29  mm  betrug. 
Zieht  man  an  einem  trockenen  Exemplare  die  Rinde  vom  Stamme  ab, 
so  erkennt  man,  daß  der  Bast  zum  Teil  aus  losen  Fasern  besteht.  Also 
schon  an  der  Pflanze  selbst,  bei  der  Eintrocknung  des  Rindengewebes 
ist  ein  starker  Schwund  oder  ein  Zerreißen  der  sog.  Interzellularsubstanz 
der  Baslzellen  eingetreten.  Es  ist  leicht  einzusehen,  daß  dieser  partiellen 
Freilegung  der  Zellen  durch  den  Prozeß  der  Rüstung,  der  zur  Abschei- 


Fig.  62.  A,  B,  D  Vergr.  300.  C,  E  Vergr.  600.  A  Bastzellen  und  Enden  von  Bastzellen  aus  dem  Stamm* 
von  Gnidia  eriocephala.  B  Querschnitt  durch  die  Bastzellen.  C  Bruchstück  einer  gequetschten  Bast- 
zelle; p  Poren;  s  Streitung.    J?Dieselhe  im  Querschnitt.    />  Bastparenchymzellen.    p  Protoplasmareste. 


dung  des  Bastes  in  der  Tat  angewendet  wird,  noch  mehr  Vorschub 
geleistet  werden  muß.  Hierdurch  erklärt  sich  der  feinfaserige  Charakter 
dieses  Bastes  und  das  baumwollenartige  Äußere  desselben. 

Im  Baste  treten  neben  den  Bastzellen  noch  reichlich  parenchymatische 
Zellen,  teils  in  Form  von  Markstrahlen,  teils  in  Form  von  Rinden-  und 
Bastparenchym  auf. 

Die  Bastzellen  haben  eine  Länge  von  0,42 — 5,08  mm  und  eine  Dicke 
von  8 — 29  f.1.  Der  Umriß  der  Zellen  ist  ein  höchst  variabler.  Eine 
kontinuierliche  Dickenzunahme,  von  den  Enden  gegen  die  Mitte  zu,  kommt 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  275 

an  dieser  Faser  beinahe  niemals  vor.  Fast  an  jeder  Zelle  treten  plötzliche 
Erweiterungen  und  Verjüngungen  auf.  Bastzellen  mit  schmalen  Enden 
und  breiter  Mitte  überwiegen.  Aber  auch  der  umgekehrte  Fall  gehört 
bei  der  genannten  Pflanze  nicht  zu  den  Seltenheiten.  Die  Zellenenden 
sind  meist  spitz,  nicht  selten  kolbig  oder  unregelmäßig.  Die  Querschnitte 
der  Zellen  sind  meist  polygonal,  selten  rund.  Strukturverhältnisse  sind 
an  der  von  der  Fläche  aus  gesehenen  Zelle  nur  selten  wahrzunehmen. 
Hin  und  wieder  erkennt  man  zarte,  spaltenförmige  Poren  (Fig.  62  C,  p). 
Eine  Streifung  der  Zellwand  ist  direkt  nicht  kenntlich.  Wohl  aber  tritt 
sie  bei  der  Quetschung  der  Zellen  deutlich  hervor  und  erscheint  dann 
in  Form  feiner,  zur  Längsrichtung  senkrechter  Linien.  Auf  dem  Quer- 
schnitt der  Faser  ist  die  Streifung  im  Umfange  der  Membran  angedeutet. 
Es  hat  den  Anschein,  als  würde  die  Streifung  in  den  peripheren  Partien 
der  Wand  senkrecht,  in  den  inneren  schief  gegen  die  Grenzfläche  der 
Zelle  verlaufen.  Es  erscheinen  nämlich  die  inneren  Partien  der  Wand 
häufig  spiralförmig  gestreift. 

Markstrahlengewebe  und  Bastparenchym  sind  am  Baste  stark  ent- 
wickelt. Auch  Reste  des  Rindenparenchyms  sind  noch  häufig  zu  finden. 
Die  Markstrahlenzellen,  deren  Breite  42 — 63  /^i  beträgt,  desgleichen  die 
von  außen  den  Bastschichten  anhaftenden  Rindenparenchymzellen  führen 
Stärke  in  großer  Menge.  Die  Stärkekörnchen  sind  kugelförmig  oder 
elliptisch,  seltener  abgeplattet  und,  soviel  ich  gesehen  habe,  stets  ein- 
fach. Ihr  Durchmesser  (bei  symmetrisch  gebauten  Körnern  der  längste 
Durchmesser)  mißt  3,9 — 9,8  u,  meist  6  u.  Die  Stärkekörnchen  erfüllen 
häufig  das  ganze  Innere  der  genannten  Zellen. 

Das  Bastparenchym  besteht  aus  Zellen,  welche  parallel  der  Richtung 
der  Bastzellen  gestreckt  sind.  Ihre  Länge  beträgt  zumeist  70,  ihre  Breite 
20  1.1.  Diese  Zellen  sind  sehr  dünnwandig  und  führen  nichts  als  kleine, 
den  Wänden  anhaftende  Protoplasmareste  (Fig.  62  D,  p),  ihre  radialen 
Wände  sind  häufig  mit  großen  Poren  versehen. 

In  der  Asche  lassen  sich  bloß  strukturlos  erscheinende  Zellwand- 
skelette nachweisen. 

23.  Bast  von  Trema  orientalis  (Sponia  Wightii^))  (Cliitrang;  iiid.). 

Dieses  Gewächs  kommt  in  den  hügeligen  Distrikten  Concans  häufig 
vor.  Die  Länge  des  durch  Röstung  abgeschiedenen  Bastes  beträgt  0,3  bis 
0,8  m,  die  Breite  der  Stücke  0,9—5,0,  die  Dicke  0,1—0,8  mm.    Einzelne 


1)  s.  Wiesner,  Indische  Faserpflanzen,  p.  3  und  20,  21.  Spon,  Encycl.  ol" 
the  Induslrial  Arts  etc.  London  and  New  York  1879.  Dodge,  I.e.,  p.  316.  Die 
Namensänderung  gegenüber  p.  75  und  p.  98  nach  Index  Kewensis. 

18* 


276  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Stücke  sind  zimtbraun,  andere  beinahe  kreideweiß.  Die  meisten  halten 
in  der  Farbe  die  Mitte  zwischen  den  beiden  Extremen.  Sowohl  die 
Basistreifen  als  auch  die  Fasern,  welche  sich  in  beliebiger  Dicke  vom 
Baste  abtrennen  lassen,  erweisen  sich  als  sehr  fest.  Nicht  nur  der  Bast 
als  solcher  ist  verwendbar,  sondern  auch  in  Form  von  Fasern  eignet 
sich  derselbe  zur  Herstellung  von  Seilerwaren.  Die  sog.  Interzellular- 
substanz hat  bei  der  künstlichen  Abscheidung  des  Bastes  sehr  gelitten. 
Die  Folge  davon  ist  die  gleiche  wie  bei  dem  Baste  von  Gnidia  erio- 
cephala;  auch  der  Bast  von  Trema  orientalis  ist  an  seiner  Oberfläche 
fast  wollig,  so  reichlich  trennen  sich  von  ihm  einzelne  Zellen  und  Zell- 
gruppen in  Form  feiner  Fasern  ab. 

Im  lufttrockenen  Zustande  führt  die  weiße  Faser  8,66,  die  braune 
8,75  Proz.  Wasser.  Im  mit  Wasserdampf  völlig  gesättigten  Räume 
steigert  sich  die  Wassermenge  bei  dem  weißen  Baste,  bzw.  der  weißen 
Faser  bis  auf  18,86,  bei  dem  braunen  Baste  oder  der  braunen  Faser 
bis  auf  21,82  Proz.  Die  weiße  Faser  und  der  weiße  Bast  geben  im 
völlig  getrockneten  Zustande  3,69,  die  braune  Faser  oder  der  braune 
Bast  3,55  Proz.  kristallfreie  Asche. 

Die  braunen  Partien  der  Faser  und  des  Bastes  verdanken  ihre  Farbe 
dem  Auftreten  von  Huminsubstanzen.  Infolgedessen  ist  die  Hygroskopizität 
derselben  größer  als  an  den  ungefärbten  Partien  der  Faser  oder  des 
Bastes  derselben  Pflanze. 

Jodlösung  färbt  die  Faser  braun.  Einzelne  Fasern  nehmen  hierbei 
eine  kupferrote  Farbe  an.  Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  werden  Bast 
und  Faser  blau.  Kupferoxydammoniak  färbt  beide  blau  und  bringt  sie 
zur  starken  Quellung,  teilweise  zur  Auflösung.  Mit  schwefelsaurem  Anilin 
behandelt,  erscheint  die  Faser  und  der  Bast  schmutziggelb  mit  einem 
Stich  ins  Zimtbraune,  mit  Phlorogluzin  -j-  Salzsäure  schmutzigviolett; 
diese  Faser  ist  mithin  deutlich  verholzt. 

Der  Bast  führt  in  einem  reichlich  entwickelten  Parenchym  gruppen- 
weise auftretende,  hin  und  wieder  vereinzelte  Bastzellen,  ähnlich  wie  der 
Lindenbast.  Die  Zellen  dieses  Gewebes  lassen  sich  durch  Ghromsäure 
nur  sehr  unvollkommen  isolieren,  so  daß  es  auf  diese  Weise  unmöglich 
ist,  eine  Längenbeslimmung  der  Bastzellen  vorzunehmen.  Nach  langer 
Einwirkung  von  Chromsäure  wird  allerdings  die  Interzellularsubstanz 
völlig  gelüst;  dann  sind  aber  die  Zellwände  der  genannten  Zellen  bereits 
so  stark  angegriffen,  daß  sie  schon  bei  der  leisesten  Berührung  mit  der 
Nadel  zerreißen.  Hingegen  gelingt  die  Freilegung  der  den  Bast  zu- 
sammensetzenden Zellen  sehr  leicht  durch  Kochen  in  Natronlauge.  Die 
Bastzellen  haben  meist  eine  Länge  von  4,0  mm  und  eine  Dicke  von  21  f.i. 
Es  scheint  eine  außerordentliche  Konstanz  in  den  Dimensionen  der  Zellen 
des   Bastgewebes  stattzuhaben.     Die  überwiegende  Mehrzahl   der  Bast- 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  277 

Zellen  ist  bis  auf  die  meist  dünnwandigen  Enden  sehr  stark  verdickt, 
infolgedessen  erscheint  das  Lumen  der  Zelle  in  der  Flächenansicht  nur 
als  dunkle  Linie.  Einzelne  Stellen  mancher  Bastzellen  sind  völlig  solid: 
wenigstens  wollte  es  mir  weder  an  der  isolierten  noch  an  der  quer- 
durchschnittenen Bastzelle,  auch  nicht  durch  Reagenzien,  gelingen,  einen 
inneren  Hohlraum  nachzuweisen.  Die  Wände  der  Bastzellen  erscheinen 
deutlich  geschichtet.  Die  äußeren  Wandpartien  sind  senkrecht  zur  Achse, 
die  inneren  schief  gegen  diese  gestreift.  Die  äußeren  Partien  der  Zell- 
wand sind  von  den  inneren  optisch  stark  verschieden. 

Die  Markstrahlen  führen  reichlich  Stärke,  deren  Körnchen  teils  ein- 
fach, teils  zu  2 — 5  komponiert  sind.  Die  einfachen  und  die  Teilkörnchen 
haben  eine  elliptische  Form  und  zeigen  einen  grüßten  Durchmesser  von 
etwa  3,3  /<. 

In  dem  reich  entwickelten  Bastparenchym  habe  ich  trotz  emsigen 
Suchens  keine  Kristalle  aufgefunden. 

Nach  Dodge  wird  dieser  Bast  zum  Binden  und  zur  Verfertigung 
von  Seilen  in  Indien  angewendet.  Nach  Spon  soll  die  Faser  dieser 
Pflanze  auch  in  Mauritius  und  in  Venezuela  verwendet  werden. 


24.  Musafasern  (Manilahanf *)). 

Der  Manilahanf  des  Handels  stammt  fast  gänzlich  von  Musa  textüis. 
Diese  Pflanze  kommt  auf  den  Philippinen  und  Molukken  angeblich  wild- 
wachsend vor;  aber  die  wilde  (oder  verwilderte?)  Pflanze  liefert  zu  wenig 
Faserstoff",  als  daß  dessen  Gewinnung  sich  lohnen  würde  (Preyer).  Was 
auf  den  Philippinen  Layason  genannt  und  nur  lokal  gewonnen  und  be- 
nützt wird,  rührt  von  wild  wachsenden  Pflanzen  her  (Brück).  Die 
Handelsware  stammt  durchweg  nur  von  kultivierten  Pflanzen. 

Die  Hauptmasse  des  Manilahanfs  wird  auf  den  Philippinen  gewonnen, 
wo  man  die  Pflanze  seit  uralter  Zeit  kultiviert  und  wo  die  klimatischen 
und  edaphischen  Bedingungen  der  Kultur  außergewöhnlich  günstig  sind. 
Die  Faser,  welche  einen  wichtigen  Exportartikel  der  Philippinen  bildet, 
heißt  dort  Abacä. 

Musa  textüis  wird  auch  anderwärts  in  den  Tropen  gebaut  und  auf 


1)  Neuere  Literatur  über  Manilahanf:  Spon,  Encycl.  of  the  Indust.  Arts  etc. 
London  and  New  York  1873.  Blumentritt,  Ost.  Zeitsch.  1'.  d.  Orient.  Wien  1881, 
p.  161  ff.  Labhart,  Ebendas.  1882,  p.  94ff.  Semler,  I.e.,  IH,  p.  712.  Dodge. 
l.  c,  p.  245ff.  F.  W.  van  Beden,  De  Manila  hennep.  Bull.  Col.  Mus.  Harlem  1893. 
W.  B.  Preyer,  Manila  hemp  in  British  North  Borneo.  Kew  Bull.  1898.  Edwords 
and  Saleeby,  Farmers  Bullet.  Manila  1910.  W.  F.  Brück,  Manilahanf kultur.  Tropen- 
pflanzer, XVI  (1912),  Beihefte. 


278  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Faser  ausgebeutet,  so  auf  Java'),  Sumatra 2),  Celebes^)  und  ßorneo^),  auf 
Martinique 5),  Guadeloupe 6),  in  Neu-Galedonien  und  in  Queensland^),  aber 
zumeist  mit  geringem  Erfolge.  Nach  Lab  hart  dürfte  die  wenig  erfolg- 
reiche Kultur  des  Manilahanfs  außerhalb  der  Philippinen  auf  ungünstige 
Bodenverhältnisse  zurückzuführen  sein.  Nach  Semler  sind  die  relativ 
hohen  Arbeitslöhne  in  den  neuen  Anpflanzungsgebieten,  wohl  auch  das 
exzeptionelle  Gedeihen  der  Abacapflanze  auf  den  Philippinen  die  Ursache, 
weshalb  der  daselbst  erzeugte  Manilahanf  noch  ohne  Konkurrenz  dasteht. 

Nach  Lab  hart,  welcher  als  Konsul  auf  Manila  die  Abacakultur 
genau  kennen  zu  lernen  Gelegenheit  hatte,  gedeiht  auch  auf  den  Philip- 
pinen Musa  textilis  nicht  überall  gleich  gut,  sondern  nur  auf  vulkani- 
schen Böden  bestimmter  Gebiete.  Die  »Hanfprovinzen«  der  Philippinen 
liegen  im  Süden  von  Luzon  und  auf  einigen  der  Visayas-Inseln  (Cama- 
rines,  Albay  und  Leyte),  nach  Semler  auch  auf  Bohol,  Mindanao  und 
Carnequin.  Weitere  und  eingehende  Daten  über  die  Kulturgebiete  des 
Manilahanfs  sind  in  Drucks  Abhandlung  zu  finden. 

Die  Kultur  von  Musa  textilis  wird,  wie  schon  bemerkt,  auf  den 
Philippinen  seit  alter  Zeit  betrieben.  Allein  erst  im  Jahre  1818  begann 
der  Export  dieses  Faserstoffes,  welcher  in  den  letzten  Jahrzehnten  sich 
enorm  gesteigert  hat^). 


\)  Speziell  über  die  Kultur  des  Manilahanfs  auf  Java  hat  Brück  (1.  c..  p.  447£f.) 
eingehende  Mitteilungen  gemacht.  Die  Resultate  selbst  der  neuen  umfangreichen 
Versuche,  den  Manilahanf  zu  einem  Kolonialprodukt  auf  Java  zu  erheben,  sind  nichts 
weniger  als  aufmunternd.  Brück  meint,  daß  selbst  unter  den  günstigsten  Verhält- 
nissen die  Kultur  des  Manilahanfs  auf  Java  nie  den  Erfolg  haben  wird,  den  Reis, 
Kaffee  und  Zuckerrohr  erzielen.  Reine  Manilahanfkulturen  gibt  es  auf  Java  nicht. 
Die  Pflanze  wird  nur  als  Nebenkultur  von  Kautschukbäumen  (besonders  von  Hevea- 
Arten)  gehalten.  Brück  meint,  daß  sich  die  Manilahanfkultur  auf  Java  vielleicht  nur 
in  der  Hand  der  Eingeborenen,  wenn  ihnen  einfache  Entfaserungsmaschineii  zu  Gebote 
stehen  würden,  bewähren  könnte.  Für  den  Kolonisten  ist  keine  Hoffnung  vorhanden, 
aus  dieser  Kultur  den  entsprechenden  Nutzen  zu  ziehen. 

2)  Labhart,  1.  c,  p.  94. 

3)  Semler,  1.  c,  p.  713. 

4)  Preyer,  1.  c. 

5)  Cat.  des  col.  fr.  1873,  p.  8. 

6)  Cat.  des  col.  fr.  1873,  p.  34. 

7)  E.  Cowley,  Growning  and  Separation  of  fibres.  Queensland  Agr.  Journ.  III, 
1898. 

8)  Nach  Brück  (I.e.)  wurden  im  Jahre  1818  41  Tonnen  Manilahanf  von  den 
Philippinen  in  den  Handel  gebracht. 

.  Im  Jahre  1850  betrug  die  Ausfuhr    8  561   Tonnen 
»1860         »         >  >        30  000  > 

»     .   1880         >         »  >         50  000  » 

1900         »         »  »         89 000  » 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  279 

Ehe  näher  auf  den  Manilahanf  des  Handels,  nämlich  auf  die  Faser 
von  Musa  textüis  eingegangen  wird,  mögen  einige  Bemerkungen  über 
die  Fasern  anderer  iÜMsa-Arten,  welche  man  dem  Gebrauche  zuzuführen 
bestrebt  ist,  hier  Platz  finden.  Außer  Musa  textüis  dienen  noch  andere 
Musa-krien  zur  Fasergewinnung,  so  z.  B.  M.  paradisiaca  und  sapientum, 
welche  bekanntlich  die  Bananen  liefern;  die  Fasergewinnung  ist  hier 
mehr  Nebennutzung.  Auch  ilf.  Cavendishi  und  M.  Ensete  liefern  Fasern. 
Beispielsweise  wird  Musa  paradisiaca  in  Guayana i),  M.  sapientum  in 
Vorderindien  2],  die  in  Abyssinien  heimische  M.  Ensete  in  Neusüd wales 
auf  Fasern  verarbeitet.  Die  genannten  Musa-Arten  liefern  durchaus 
mindere  Produkte,  welche  mit  dem  Manilahanf  von  M.  textüis  sich  nicht 
vergleichen  lassen  und  auch  unter  anderen  Namen  (Bananenfaser,  Plan- 
tainfibre  usw.)  erscheinen,  zumeist  nur  an  Ort  und  Stelle  verwendet 
werden  oder  nur  zur  Papierfabrikation  dienen  3). 

Musa  basjoo  wird  in  Japan  auf  Faser  ausgebeutet.  Man  unter- 
scheidet eine  gröbere  Sorte,  welche  zu  Seilerwaren  dient,  und  eine  feinere, 
welche  versponnen  wird  und  einen  geschätzten  Kleiderstoff  (Bashoo  fu) 
liefert  4). 

Nach  neueren  Angaben  &)  geben  die  eßbare  Bananen  liefernden 
Mtisa^Arten  nicht  so  schlechte  Fasern  wie  die  wilden  Bananen,  sogar 
eine  gute  Sorte,  wenn  die  Ernte  unmittelbar  vor  dem  Blühen  vorgenom- 
men wird.  Die  Verwertung  der  Eßbananen  zur  Fasergewinnung  bietet 
aber,  sofern  man  auf  die  Frucht  verzichtet,  keinerlei  Vorteil  und  kommt 
für  das  Welthandelsprodukt  gar  nicht  in  Betracht. 

Von  anderen  ilfwsa-Arten,  welche  in  neuester  Zeit  versuchsweise  zur 
Gewinnung  von  Manilahanf  verwendet  werden,  seien  noch  ilf.  idugurensis 
0.  Warb,  und  M.  HolstiiK.  Schum.,  beide  in  Deutsch-Ostafrika,  genannt^). 


Nach  dem  Tropenpflanzer,  Bd.  XV  (1911),  betrug  die  Ausluhr  von  Manilahanl 
von  den  Phihppinen: 

im  Jahre   1903  132  000  Tonnen 

1909  149000 
>        »        1910   170000        » 

1)  Cat.  des  Col.  frang.  1873,  p.  20. 

2)  Miquel,  Flora  von  Nederl.  Indie  III,  p.  588. 

3)  Cat.  des  Col.  frang.  1873,  p.  20.  Über  die  beträchthcli  geringere  Festigkeit 
der  Faser  von  Musa  paradisiaca  und  M.  sapientum  s.  Dodge,  1.  c,  p.  246.  S.  hier 
auch  über  die  Faser  von  Musa  Ensete.  Vgl.  auch  Kew  Bull,  für  August  1894.  Über 
die  Faser  von  M.  paradisiaca  zur  Papierbereitung  s.  E.  Hanausek,  Mitteilgn.  aus 
dem  Laboratorium  der  Wiener  Handelsakademie  1889. 

4)  M.  Fesca,  Der  Pflanzenbau  in  den  Tropen  II,  Berlin  1907,  p.  126. 

5)  Hautefeuille,  N.,  Fibres  des  Baniers.     Journ.  d'Agric.  tropic.  VIII   (1908). 

6)  Erstere  wurde  oben  (p.  74)  bereits  kurz  erwähnt.  Die  Faser  der  letzteren  ver- 
danke ich  Herrn  Konservator  Brunnthaler,  welcher  sie  von  seiner  afrikanischen  Reise 
mitbrachte.     Das  biologisch-landwirtschaftliche  Institut  in  Amani  hat  sowohl  Anbau- 


280  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Die  Faser  von  Musa  texUlis  führt  außer  dem  Namen  Manilahanf 
(Manila  hemp)  und  Abacä  noch  die  Namen  Menado  hemp,  Cebu  hemp, 
Slam  hemp  und  white  rope. 

Musa  textüis  gedeiht  in  den  obengenannten  »Hanfprovinzen«  der 
Philippinen  überaus  üppig.  Nach  Labhart  erreicht  dort  die  Pflanze  eine 
Höhe  bis  zu  6  m  und  jener  Teil  der  Pflanze,  welchen  man  den  Stamm 
nennt,  der  aber,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  sich  aus  Blatteilen  zu- 
sammensetzt, 3,5  ra.  Dieser  sog.  Stamm  wächst  bis  auf  1 8  cm  Dicke 
heran.  Die  Pflanze  muß  am  Felde  durch  anderthalb  bis  drei  Jahre  stehen; 
dann  erst  ist  sie  schnittreif.  Es  ist  dies  die  Zeit,  in  welcher  die  Blüten 
zum  Vorschein  kommen. 

Von  Musa  textüis  existieren  zahlreiche  Varietäten,  welche  ver- 
schiedene Fasererträge  liefern,  die  sich  im  Extrem  zueinander  wie  2 :  \ 
verhalten!). 

Häufig  findet  man  die  Angabe,  daß  die  Blätter  der  genannten 
Musa-krien  den  Manilahanf  liefern  2).  Man  verstand  hierunter  die  vom 
»Stamm«  abstehenden  Blatteile,  also  die  Blattspreiten.  So  aufgefaßt,  ist 
die  Angabe  vollkommen  unrichtig.  Die  Gefäßbündel  der  freien  Blatteile 
besitzen  nur  «geringe  Festigkeit  und  Haltbarkeit,  so  daß  sie  zur  Dar- 
stellung von  Seilen,  Tauen  u.  dgl.  nicht  tauglich  sind^).  Aber  auch  die 
gewöhnliche,  auf  die  Autorität  hervorragender  Botaniker  sich  stützende 
Angabe,  daß  der  Stamm  der  Musa-kvien  den  Manilahanf  liefere^),  ist, 
vom  wissenschaftlichen  Standpunkt  aus  betrachtet,  nicht  richtig.  Das- 
jenige, was  man  an  den  Musa-kv\,e.n  als  Stamm  zu  betrachten  geneigt 
wäre,    und  wovon  tatsächlich    der  Manilahanf  abgeschieden    wird,    ist 


als  Verarbeitungsversuche  angestellt,  welche  sehr  gute  Resultate  ergeben  haben  sollen. 
Die  in  meinen  Besitz  gelangte  Faser  ist  sehr  rein  ausgearbeitet,  reicht  aber  in  bezug 
auf  die  spezifischen  Qualitäten  des  Manilahanfes  an  gute  Handelsware  nicht  heran. 
Nach  einem  Berichte,  den  A.  Zimmermann  über  die  Faser  dieser  beiden 
Musa-krien  erstattete  (Der  Pflanzer,  Bd.  II  [1906],  p.  77 ff.),  ist  die  Faser  der  Musa 
Holstii  von  besonders  guter  Qualität  und  überragt  die  der  M.  ulugurensis  in  jeder 
Beziehung.  U.  a.  wurde  konstatiert,  daß  der  Zellulosegehalt  der  ersteren  bis  auf 
78,'I  Proz.  steigt  (erste  QuaUtät  78,1,  zweite  Qualität  74,5),  während  derselbe  bei  der 
letzteren  bloß  70,7  Proz.^beträgt. 

1)  Die  ertragreichste  Sorte  ist  nach  Brück  (1.  c.)  Tangorgon,  welche  2,6,  die 
geringste  Sinaba,  welche  1,3  Proz,  Faser  hefert.  Über  die  anderen  Varietäten  siehe 
Brück,  1.  c. 

2)  Henkel,  Naturerzeugnisse,  I,  p.  443.  Grothe,  in  Muspratts  Chemie,  V, 
p.  165. 

3)  Blumentritt  (1.  c)  sagt  unter  Berufung  auf  F.  v.  Hochstetter,  daß  die 
Fasern  der  Blätter  fBlattspreiten)  zur  Papierbereitung  geeignet  seien. 

4)  S.  z.  B.  Miquel,  1.  c,  IH,  p.  588. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  281 

strenggenommen  nur  ein  falscher  Stamm  (Scheinachse  *)),  setzt  sich 
nämlich  aus  den  dicht  zusammenschließenden  Vaginalteilen  der  Blätter 
zusammen;  der  faktische  Stamm  liegt  als  Rhizom  im  Boden  und  sendet 
Laubtriebe  nach  oben,  an  welchen  die  Blutenstände  in  den  Blattachseln 
zur  Ausbildung  kommen. 

Aus  der  obengenannten  »Scheinachse«  wird,  wie  schon  bemerkt, 
der  Manilahanf  abgeschieden.  Es  geschieht  dies  zur  Zeit  der  Blüte  oder 
kurz  vorher.  In  dieser  Periode  ist  die  Faser  reif,  und  nur  in  diesem 
Lebensabschnitt  der  Pflanze  ist  ein  gutes  Produkt  zu  gewärtigen.  Unreife 
und  überreife  Fasern  sind  geringwertiger  als  reife.  Die  Reife  der  Faser 
tritt  bei  verschiedenen  Spielarten  zu  verschiedenen  Zeiten  ein.  Es  wird 
dementsprechend  die  Ernte  auf  den  Philippinen  in  den  verschiedenen 
Monaten  des  Jahres  vorgenommen 2).  Man  fällt  den  »Stamm«  und  ent- 
fernt die  vom  Scheinstamme  frei  abstehenden  Blatteile  (die  Spreiten), 
was  wegen  der  großen  Weichheit  des  Materials  durch  einen  einzigen  mit 
einem  Messer  geführten  Querschnitt  geschehen  kann. 

Was  nun  die  Abscheidung  der  Faser  aus  dieser  Scheinachse 
betrifft,  so  lauten  die  älteren  Angaben  dahin,  daß  man  die  »Stämme« 
fällte,  hierauf  durch  Fäulnis  einer  Art  Rüste  unterwarf  und  die  Masse 
durch  Eisenkämme  zog,  um  die  Fasern  von  den  Resten  der  anhaftenden 
Nachbargewebe  zu  befreien.  Neuere  Berichte  erwähnen  diese  Rüste  ent- 
weder nicht  mehr  oder  sprechen  nur  von  einem  drei  Tage  anwährenden 
Lagern  der  »Stämme«.  Dieses  Lagern  dürfte  wohl  den  Zweck  haben, 
die  sehr  wasserreichen  Blatteile,  aus  welchen  die  Faser  abgeschieden 
werden  soll,  durch  Welken  wasserärmer  und  zur  Abscheidung  der  Faser 
tauglicher  zu  machen.  Nach  Lab  hart  hat  aber  das  Lagern  den  Zweck, 
eine  Art  Gärung  einzuleiten,  wobei  der  gerbstoff haltige  Saft  aus  dem 
beiderseits  geüffneten  »Stamme«  abfließt.  Bliebe  der  an  der  Luft  sich 
dunkel  färbende  Saft  zurück,  so  würde  die  Faser  eine  bräunliche  durch 
Waschen  mit  Wasser  nicht  zu  beseitigende  Färbung  annehmen. 

Die  Fasergewinnung  erfolgt  im  Handbetrieb  mit  sehr  einfachen  Werk- 
zeugen. Der  ge welkte  »Stamm«,  genau  gesagt  jede  einzelne  Blattscheide, 
wird  in  1 0  cm  breite  Streifen  zerlegt,  mit  hülzernen  Hämmern  geklopft, 
gewaschen,  zwischen  halbstumpfen  Eisen  durchgezogen,  bis  die  Fasern 
freiliegen,  und  hierauf  an  der  Sonne  getrocknet.  So  berichten  Labhart 
und  Blumentritt.  Nach  Semler  wird  der  »Stamm«  abgehauen,  sofort, 
ohne  früheres  Lagern  in  5 — 8  cm  breite  Längsstreifen  zerlegt,  welche 
auf  einem  horizontal  liegenden  Brette  mit  dem  Rücken  eines  Messers  so 


-1)  Über  diese  Scheinachse  s.  Petersen  in  Engler-Prantls  Pflanzenfamihen 
II,  6  (1889),  p.  1    und  7. 

2)  Edwords  and  Saleeby,  1.  c. 


282 


Siebzehnter  Abscliniü.     Fasern. 


lange  geschabt  werden,  bis  die  Fasern  freiliegen.  Die  so  gewonnenen 
Fasern  werden  durch  kurzes  Liegenlassen  eines  Teils  ihres  Wassers  be- 
raubt, hierauf  erst  mit  hölzernen  Hämmern  geklopft  und  schließlich 
vollkommen  getrocknet. 

Alle  Berichte  stimmen  darin  überein,  daß  die  Faser  an  der  Sonne 
getrocknet  und  vor  Tau  und  Regen  bewahrt  werden  müsse.  Labhart 
sagt,  daß  die  an  sich  sehr  lichte  Faser  durch  Regen  rostbraun  werde 
und  dadurch  um  etwa  15  Proz.  im  Werte  sinkt. 

Die  getrocknete  Faser  wird  nunmehr  sortiert.  Die  von  der  peri- 
pheren Partie  des  »Stammes«  herrührende   grobe  Faser  gibt    die  Sorte 


Tig.  63.    Natürl.  Größe.     Querschnitt  durch  den  aus  BUttvaginalteilen  (5)  bestehenden  Scheinst  am  m 

von  Mtisa,  aus  dem  obersten,  stark  verschmälerten  Teile.     F  die  durch   den   hohlen  Scheinstamm  hin- 

durchwachsende  Blütenstandsaehse.    Die  dunkeln  Partien  von  B  entsprechen  den  großen  luftführenden 

Interzellnlarräumen  ii  der  Fig.  (i4. 


Bandala,  sodann  folgt  die  Sorte  Lupis  und  endlich  die  feinste,  von 
den  innersten  Teilen  des  »Stammes«  herrührende  Sorte  Tupoz.  Die 
durchschnittliche  Gesamtausbeute  beträgt  pro   »Stamm«   etwa  0,5  kg. 

Wahrscheinlich  wird  den  Manilahanf  dasselbe  Schicksal  wie  alle  an- 
deren wichtigen  tropischen  Faserstoffe  erreichen:  die  Gewinnung  durch 
Maschinenarbeit.  Dann  wird  vielleicht  die  außerhalb  der  Philippinen 
in  den  hierzu  geeigneten  Tropengebieten  kultivierte  Manilahanfpflanze 
mit  der  Abaca  der  Philippinen  in  Konkurrenz  treten  können.  Doch  geht 
die  maschinelle  Gewinnung  nur  langsam  vorwärts ').  Man  gebraucht, 
aber  doch  mehr  nur  versuchsweise,  die  Glarke-Maschine  und  auch  andere 
Entfaserungsmaschinen.  Auf  den  Philippinen  ist  der  primitive  Hayalon 
noch  am  meisten  im  Gebrauche. 


1)  Tropenpflanzer,   IX   (1905),    p.  69,      S.   übrigens   auch  E.  de  Kruyff,   Ver- 
öfTenÜichungen  des  »Nederl.  Ind.  Landbouw-Syndicat«.     Soerabaya  19i0. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  283 

Die  Verschiffung  des  auf  Luzon  und  den  gesamten  Visayas- Inseln 
gewonnenen  Manilahanfes  erfolgt  hauptsächlich  von  Manila  und  Cebu 
aus,  daher  denn  auch  die  Namen  Manila-  und  Cebuhanf.  Die  Faser  wird 
in  Ballen  von  MO: — 120  kg  versendet. 

Charakteristik  des  Manilahanfes.  Je  nach  dem  Grade  der 
Feinheit  hat  die  Faser  eine  verschiedene  Länge.  Die  grobe  Faser  (Ban- 
dala,  Lupis)  erreicht  eine  Länge  bis  2,5  m  und  selbst  darüber;  sie  be- 
sitzt eine  maximale  Dicke  von  100 — -280,  meist  von  220  /<.  Die  feinen 
Sorten  von  Manilahanf  haben  eine  Länge  von  1 — 2-m  und  eine  bis  auf 
1 5  n  sinkende  Dicke.  Sowohl  die  feinen  als  auch  die  groben  Fasern  sind 
im  Längsverlaufe  sehr  gleichmäßig  in  der  Dicke.  Der  Manilahanf  besitzt 
einen  mehr  oder  minder  starken  seidenartigen  Glanz,  ist  niemals  rein 
weiß,  sondern  gelblich  bis  licht  bräunlich  gefärbt.  Manilahanf  ist  sehr 
hygroskopisch.  Die  lufttrockene  Faser  enthält  bis  12,9  Proz.  Wasser. 
In  mit  Wasserdampf  gesättigtem  Räume  steigert  sich  die  Feuchtigkeits- 
menge sukzessive  bis  auf  45 — 56,1  Proz.i).  Die  Aschenmenge  der  groben 
Faser  beträgt  1,22,  die  der  feinen  Faser  0,71  Proz.  2).  Die  Asche  ist 
grau,  mit  mehr  oder  minder  starkem  Stich  ins  Grüne.  Mit  Jodlösung 
wird  der  Manilahanf  gelb,  auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  goldgelb  bis 
grünlich.  Kupferoxydammoniak  bläut  die  Faser  und  bringt  sie  zur 
schwachen  Aufquellung.  Durch  schwefelsaures  Anilin  wird  der  Manila- 
hanf nur  schwach  gelblich,  durch  Phlorogluzin  -f-  Salzsäure  nur  blaß 
violett  gefärbt;  diese  Faser  ist  also  nur  in  geringem  Grade  verholzt.  In 
anatomischer  Beziehung  entspricht  der  Manilahanf  im  wesentlichen 
den  im  Querschnitt  halbmondförmig  gestalteten  Bastbelegen  der  Gefäß- 
bündel, welche  einerseits  das  Phloem,  anderseits  das  Xylem  nach  außen 
abgrenzen  (Fig.  64  und  65).  Doch  finden  sich  nicht  nur  Reste  von 
Phloem  und  Xylem,  insbesondere  große  mit  einem  oder  mehreren 
Schraubenbändern  versehene  Gefäße,  sondern  auch  manchmal  Parenchym- 
zellen  an  den  Fasern  vor.  Auch  sehr  reduzierte  Gefäßbündel  (Fig.  64 
und  65  G),  ja  selbst  einfache  Baststränge  (Fig.  64  und  655)  sind  im 
Manilahanf  nachweisbar.  In  der  Peripherie  der  Bastbündel  und  Bast- 
belege finden  sich  Stegmata^)  vor,  welche  ganze  Reihen  bilden.  Die 
Menge  der  Stegmata  ist  im  Manilahanf  im  Vergleich  zu  den  Piassaven 
eine  geringe,  manchmal  hat  man  Mühe,  sie  aufzufinden.  Am  leichtesten 
sind  sie  noch  in  der  Asche  nachzuweisen  (Fig.  665s'). 

1)  Semler  (I.e.,  p.  715)  hat  viele  Jahre  nach  Bekanntgabe  meiner  Beobach- 
tungen über  die  große  Hygroskopizität  des  Manilahanfes  betont,  wie  notwendig  es 
gerade  beim  Ankauf  dieses  Faserstoffes  sei,  auf  den  Wassergehalt  zu  achten. 

2)  Über  die  Aschenmenge  des  Manikihanfes  und  die  chemische  Zusammensetzung 
dieser  Faser  überhaupt  s.  H.  Müller,  1.  c,  p.  71. 

3)  S.  oben  p.  59. 


284 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Fig.  64.    Tergr.  25.    Stück  eines  Querschnittes,  geführt  durch   den  Vaginalteil  des  Blattes  von  Musa. 

o'  ohere,  o  untere  Oberhaut,    ii  luftführende  im  Mesophyll  (P)  enthaltene  Interzellularräume.        isolierte 

Baststränge.     G  reduzierte  Gefäßbnndel.     h  Basthelege,  ph  Siebteil  des  Phloems,  x  Xylem  mit  großen 

Gefäßen  {q)  und  nach  außen  gekehrten  halbmondförmigen  Bastbelegen  (s.  Fig.  65). 


Fig.  65.    Vergr.  100.    Das  Stuck  i,  2,  3,  4,  5,  6  der  Fig.  64  stärker  vergrößert. 

o  untere  Oberbaut,  h  Hypoderma.    Im  Mesophyll  (m)  isolierte  Baststränge  {B,  B)  und  drei  Gefäßbünde], 

davon  GG  reduziert,   doch   noch   gefäßführend.      6,  ph,  x,  ij  wie  in  Fig.  64.      Das   große  Geßßbündel 

besitzt  zwei  halbmondförmige  Bastbelege,   von  welchen  einer  dem  Xylem  x  (in   der  Figur  oben),   der 

andere  dem  Phloem  angehört  (in  der  Figur  unten,  mit  h  bezeichnet). 


Siebzehntel'  Abschnitt.     Fasern. 


285 


Die  Hauptmasse  des  Manilahanfes  besteht  aus  Bastzellen.  Sie  lassen 
sich  sowohl  durch  Chromsäure  als  durch  Kalilauge  isolieren,  sind  lang  zu- 
gespitzt, 2,0 — 2,7  mm,  meist  2,7  mm  lang  und  12 — 46,  meist  29  {,i  dick. 
Die  Zellwände  der  Bastzellen  sind  mäßig  bis  stark  verdickt  und  bieten 
keinerlei  Strukturverhältnisse  dar. 

Die  Faser  von  Musa  paradisiaca  ist  kürzer  als  der  echte  Manila- 
hanf, erreicht  höchstens  eine  Länge  von  0,5  m.  Die  maximale  Dicke 
reicht  von  17 — 2i0  a  und  beträgt  meist  nahezu  140  u.    Im  anatomischen 


Fig.  66.    Vergr.  400.    Manilahanf,     eff  Bastzellen  in  der  Längsansicht,  qq'  im  <Ju9rschnitt,   e  Enden, 

/'  gequetschte,    äs'  Stegmata  aus  der  Asche  der  Faser,  s  in  der  Flächenansicht,  s'  im  Profil. 

(Nach  T.  F.  Hanaus ek.) 


Bau  ist  zwischen  beiden  Fasern  kein  Unterschied  zu  bemerken.  [Die 
Bastzellen  der  Faser  von  Musa parädisiaca  (Länge  2,1—2,7,  meist  2,7  mm; 
Dicke  14 — 42,  meist  24  /<)  stimmen,  wie  man  sieht,  mit  jenen  von  Mitsa 
texiüis  sehr  nahe  überein.  Die  Faser  der  ersteren  ist  gleichfalls  und 
zwar  etwas  stärker  als  die  der  letzteren  verholzt. 

Die  Verwendung  des  Manilahanfes  richtet  sich  nach  dem  Feinheits- 
grade.  Nach  Europa  kommen  fast  nur  die  gröberen  Sorten  (Bandala  und 
gröbere  Lupis),  welche  ausschließlich  zu  Seilen  und  Posamenteriegegen- 
ständen  verwendet  werden.  Sie  bilden  ein  bis  jetzt  kaum  noch  übertroffenes 
Rohmaterial  zur  Herstellung  von  SchifTstauen.     Solche  Taue  sind  wider- 


286  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

standsfähig  im  Wasser  und  zeichnen  sich  durch  große  Leichtigkeit  und 
große  Tragkraft  im  Wasser  aus.  »In  der  britischen  Marine <  —  sagt 
Semler  —  »dürfen  nur  Taue  aus  Manilahanf  gebraucht  werden  und  in 
allen  Lieferungskontrakten  wird  bestimmt,  daß  diesem  Faserstoff  keine 
anderen  beigemengt  werden.«  Eine  gewisse  Einschränkung  erfährt  indes 
der  Manilahanf  selbst  für  den  Schiffsbedarf,  da  sich  die  aus  dieser  Faser 
erzeugten  Taue  nicht  teeren  lassen.  Er  kann  deshalb  nur  für  Anker- 
ketten und  laufendes  Tauwerk,  nicht  aber  für  fixes  Tauwerk  benutzt 
werden  (Labhart).  Die  Sorte  Tupoz  und  feinere  Varietäten  von  Lupis 
dienen  zur  Herstellung  von  Geweben,  welche  aber  vorzugsweise  in  den 
Heimatländern  verwendet  werden,  wo  man  feine  Manilahanfgarne  auch 
mit  anderem  Garn  zu  Luxusstoffen  verwebt.  Sinamay-Stoffe  sind  aus 
Seide  und  feinem  Manilahanf  gewebt  und  dienen  zur  Anfertigung  von 
Hemden  und  Sacktüchern  und  sollen  höchst  dauerhaft  sein.  Sinamay  de 
Sinulit  ist  ein  als  Hemdenstoff  dienendes  Gewebe,  welches  aus  Abac.'t, 
Seide,  Baumwolle  und  Pina  (Bromeliafaser)  besteht  (Blumen tritt).  Die 
feinsten  Sorten  von  Manilahanf  werden  zu  Nipiszeugen  verarbeitet. 
Gröbere  Manilahanfsorten  werden  auf  den  Philippinen  zu  einem  Gewebe, 
Guinara  genannt,  verwoben  und  angeblich  stark  exportiert  ^j.  Feine  Sorten 
von  Manilahanf  werden  in  geringer  Menge  nach  Europa,  insbesondere 
nach  Frankreich  gebracht,  wo  sie  zu  Shawls,  Damenhüten  und  anderen 
Luxusartikeln  verarbeitet  werden.  Unbrauchbar  gewordene  aus  Manila- 
hanf erzeugte  Schiffstaue  bilden  ein  vortreffliches  Material  zur  Papier- 
erzeugung (Manilapapier)  und  auch  der  reichliche  Abfall,  welcher  bei  der 
Entfaserung  gebildet  wird,  gibt  einen  gleichfalls  sehr  guten  Rohstoff 
für  die  Papierfabrikation,  welcher  von  den  Philippinen  exportiert  wird  2). 

25.  Agavefasern  (Pite,  Sisal  und  Mauritiushanf). 

Die  Agavefasern  erfordern  in  der  Neuauflage  dieses  Werkes  aus 
mehrfachen  Gründen  eine  durchaus  neue  Bearbeitung.  Vor  allem  weist 
der  in  den  letzten  zehn  Jahren  eingetretene  Aufschwung  der  Agavekulturen 
und  Hand  in  Hand  damit  die  gesteigerte  Bedeutung  einiger  hierher  ge- 
höriger Faserstoffe  dieser  Materie  im  Vergleiche  zu  früheren  Zeiten  eine 
hervorragendere  Stellung  als  Rohstoff  zu.  Sodann  wurden  manche  tief 
eingewurzelte  Irrtümer  über  die  Abstammung  einiger  wichtigerer  Agave- 
fasern, welche  in  der  einschlägigen  Literatur  gang  und  gäbe  waren,  — 


1)  In  neuen  Werken  ist  häufig  von  Guinara  die  Rede.  Nach  Labhart  (1.  c. 
hat  dieser  Stoff  nur  in  den  fünfziger  Jahren  Bedeutung  gehabt,  wo  er  stark  zur  Er- 
zeugung von  Krinolinen  diente.  »Heute  ist  es  damit  zu  Ende,  und  man  hört  das  Wort 
Guinara  kaum  mehr.« 

2)  Philippine  Agric.  Review  I  (1908). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  287 

dank  den  von  Dewey  u.  a.  angestellten  Untersuchungen  —  in  den  letzten 
Jahren  beseitigt.  Und  endlich  hat  die  Systematik  der  Gattung  Agave 
gerade  in  der  jüngsten  Zeit  durch  die  Arbeiten  von  Trelease  u.  a.  eine 
große  Förderung  erfahren. 

Die  ausschließliche  Heimat  aller  Agave-Arien  ist  das  tropische  und 
subtropische  Amerika.  Vor  etwa  einem  Vierteljahrhundert  zählte  man 
etwa  50  Spezies  der  Gattung  Agave.  Der  Index  Kewensis  notiert  aber 
derzeit  i90  Arten.  Die  Kultur  zahlreicher  Arten  zum  Zwecke  der  Faser- 
gewinnung und  zur  Erzeugung  eines  geistigen  Getränkes  (Pulque,  Mescal) 
wird  in  mehreren  warmen  Ländern,  besonders  in  Mexiko,  seit  undenk- 
lichen Zeiten  betrieben,  und  so  wird  es  begreiflich,  daß  die  kultivierten 
^^at'e-Arten  dasselbe  Schicksal  haben,  wie  die  meisten  Kulturgewächse: 
man  kennt  die  wild  wachsenden  Pflanzen  nicht,  von  denen  sie  abstam- 
men. Dies  gilt  sogar  für  einige  Agave-Arien,  welche  sich  erst  vor 
wenigen  Jahrhunderten  ein  neues  Kulturgebiet  erobert  haben,  was  für 
zwei  Arten,  welche  auch  in  bezug  auf  Fasergewinnung  zu  beachten  sind, 
näher  dargelegt  werden  soll.  Die  bei  uns  als  Zierpflanze  bekannte, 
in  Südeuropa  vielfach  kultivierte,  aber  auch  verwilderte  Agave  ameri- 
cana  kam  im  Jahre  1561  nach  Europa  und  wurde  zuerst  von  Glusius 
(1525  geb.,  1609  gest.),  später  genauer  von  Linne  selbstverständlich 
nach  kultivierten  Exemplaren  beschrieben.  Die  besten  Kenner  der  Agaven 
können  die  Stammpflanze  nicht  angeben,  auf  welche  diese  bei  uns 
als  »hundertjährige  Aloe«  so  populär  gewordene  Pflanze,  zurückzuführen 
ist.  Ähnlich  ist  es  mit  der  in  Indien  und  in  Java  mit  großem  Erfolge 
gebauten  A.  cantala^),  welche  im  16.  Jahrhundert  in  Indien  eingeführt 
wurde.  Man  hat  es  mehrfach,  freilich  erfolglos,  unternommen,  diese 
Spezies  auf  eine  der  im  wärmeren  Amerika  wildwachsenden  Arten  zurück- 
zuführen. Unter  anderem  versuchte  man  sie  auch  von  A.  aniericana 
abzuleiten,  was,  wie  weiter  unten  gezeigt  werden  wird,  mit  Rücksicht 
auf  den  anatomischen  Bau  der  Gefäßbündel  nicht  zulässig  erscheint. 

Aus  diesen  beiden  Beispielen  ist  zu  entnehmen,  daß  Agave-Arten 
unter  dem  Einfluß  von  klimatischen  und  Kulturbedingungen  zu  Formen 
werden  können,  welche  den  Charakter  von  Spezies  zu  haben  scheinen. 
Es  gilt  dies  für  alle  jene  kultivierten  Agaven,  deren  Urheimat  nicht  be- 
kannt ist.  Ob  wir  es  nun  aber  mit  Spezies  im  Linnöschen  Sinne  oder 
mit  anderen  niederen  Kategorien  des  Systems  zu  tun  haben,  ist  für 
unsere  Betrachtungen  gleichgültig.  Es  kann  sich  für  uns  nur  darum 
handeln,  die  einzelnen  Arten  der  praktisch  verwendeten  Fasern  auf  bota- 
nisch  gut   charakterisierte   Formen    zurückzuführen.     Es   gilt  also  hier 


1)  Sehr  häufig  auch  A.  cantula  genannt.     S.  oben  p.  72,  Fußnote. 


288  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

wurde  und  wohl  auf  alle  besonders  formenreiche  Kulturpflanzen,  welche 
Rohstofle  liefern,  bezogen  werden  darf>). 

Die  Literatur  über  die  Agavefasern  ist  eine  ungemein  ausgedehnte 
und  insbesondere  in  neuester  Zeit,  in  welcher  die  technische  und  kom- 
merzielle Bedeutung  dieser  Rohstoffe  außerordentlich  gestiegen  ist,  ent- 
stand eine  wahre  Flut  von  Abhandlungen,  reich  an  Widersprüchen  in 
ihren  Ergebnissen,  so  daß  es  schwer  ist,  dieselben  wahrhaft  nutzbar  zu 
machen.  K.  Braun^j  gab  in  zwei  Abhandlungen  eine  Zusammenstellung 
über  die  der  Abstammung,  Kultur,  Gewinnung  und  Verwendung  der 
Agaven  gewidmeten  Schriften,  welche  im  ganzen  345  hauptsächlich  der 
neueren  Literatur  angehörige  Nummern  umschließt. 

Um  sichere  Anhaltspunkte  über  jene  Agave- Arten,  welche  Fasern 
für  den  Weltmarkt  liefern,  zu  gewinnen,  schien  es  mir  am  ratsamsten, 
mich  um  Auskunft  an  jene  Forscher  zu  wenden,  welche  in  diesen  Fragen 
am  kompetentesten  sind,  und  mir  auch  authentische  Faserproben,  bzw. 
die  Blätter,  aus  welchen  diese  Fasern  dargestellt  werden,  zu  verschaffen, 
um  durch  eigene  Untersuchungen  die  Charaktere  dieser  Fasern  feststellen 
zu  können 3). 

Wertvolle  einschlägige  Daten  wurden  mir  zuteil  von  Prof.  Lyster 
H.  Dewey  (Botanist  in  Charge  of  Fiber  Investigations,  Washington),  von 
Prof.  W.  Trelease  (Urbana,  Illinois) und  Prof.  v.  Iterson  (Delft).  Original- 
muster der  Fasern  erhielt  ich  von  Prof.  Dewey  und  Iterson,  von 
ersterem  hauptsächlich  amerikanische,  von  letzterem  hauptsächlich  java- 
nische Produkte.  Frisches  Pflanzenmaterial  wurde  mir  aus  dem  bota- 
nischen Garten  in  Wien  von  Prof.  v.  Wettstein,  welcher  mir  auch  gut 


1)  Über  die  Gattung  Agave  s.  hauptsächlich:  Terracciano,  Prinio  contributo 
ad  una  monografia  della  Agave.  Neapel  1885.  Jacopo  Danielli,  Nuovo  giornale 
botanico  ital.   1885.     Pax,   in  Engler -Prantls  Pflanzenfamihen  II,  3,  1888,  p.  14  8 ff. 

Wil.  Trelease,  Agave  macrocantha  and  alhed  Euagaves.  Annual  Report  ol' 
the  Missouri  Botan.  Garden,  4907.  Derselbe,  Variegation  in  the  Agaveae.  Mit 
7  Tafeln  und  11  Textfiguren.  In  Wiesner-Festschrift,  Wien  1908.  Derselbe,  The 
Mexican  Ober  agaves  known  as  Zapupe.  Transact.  of  the  Academie  of  Sciences  of 
St.  Louis  1909. 

2)  Der  Pflanzer,  Bd.  II  (1906),  p.  21  3 ff.;  ebendaselbst,  Bd.  IV  (1908),  p.  49 ff. 

3)  Zu  der  im  nachfolgenden  mitgeteilten  mikroskopischen  Charakteristik  der 
wichtigsten  Agavefasern  des  Handels  war  ein  eingehendes  Studium  des  anatomischen 
Baues  des  Blattes  der  betreffenden  Agave-Arten  erforderlicli.  Die  mühevollen  und  zeit- 
raubenden diesbezüglichen  Arbeiten  habe  ich  im  Wiener  pflanzenphysiologischen  In- 
stitute gemeinschaftlich  mit  H.  Baar  ausgeführt.  Die  betreffende  Abhandlung  wird 
in  den  Sitzungsberichten  der  Wiener  Akademie  der  Wissenschaften  unter  dem  Titel: 
»Beiträge  zur  Kenntnis  der  Anatomie  des  Agaveblattes«  erscheinen.  (Letztgenannte 
Abhandlung  ist  inzwischen  im  123.  Band  der  Sitzungsb.  d.  Akad.  d.  Wissensch.  in  Wien, 
math.-naturw.  Klasse,  Abt.  1,  p.  679,  im  Jahre  1914  erschienen.     J.  Weese.) 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  289 

bestimmte,  kräftig  ausgestaltete  Agaven  aus  La  Mortala  (Ventimiglia, 
Italien)  verschaffte,  und  aus  dem  botanischen  Garten  in  Hamburg  durch 
Vermittlung  des  Prof.  Voigt  zugestellt. 

.   Zunächst  soll  festgestellt  werden,  inwieweit  Agave  americana  noch 
als  Faserpflanze  in  Betracht  kommt. 

Bis  in  die  neueste  Zeit  ist,  wie  schon  oben  angedeutet  wurde,  diese 
bekannteste  aller  Agaven  als  diejenige  Pflanze  bezeichnet  worden,  von  deren 
Blättern  die  amerikanische  Agavefaser,  im  Handel  häufig  als  Pite  oder 
Henecpien  bezeichnet,  abstammen  soll,  eine  Angabe,  welche  in  dieser 
Fassung  irrtümlich  ist.  Man  wird,  wenn  von  Deweys  Arbeiten  und 
einigen  neuesten  Schriften,  welche  sich  diese  Arbeiten  gelegentlich  des 
Faserkongresses  in  Soerabaja  zunutze  machten,  abgesehen  wird,  kaum 
eine  über  Pflanzenfasern  handelnde  Schrift  finden,  in  welcher  dieser  Irr- 
tum nicht  vorkäme.  So  auch  in  den  bekannten  trefflichen  Werken  von 
Hühnel,  T.  F.  Hanauseki),  und  auch  ich  verfiel  in  diesen  Irrtum;  aber 
in  der  zweiten  Auflage  der  »Rohstoffe«  habe  ich  bereits  den  Sisalhanf 
in  einem  besonderen  Paragraphen  abgehandelt  und  eine  Reihe  von  Agave- 
Arten  (A.  Ixtli,  A.  Lechequilla  usw.^  namhaft  gemacht,  welche  in  Süd- 
und  Zentralamerika  Pite  liefern. 

Eine  neuerliche  mikroskopische  Untersuchung  über  die  aus  dem 
heißen  und  wärmeren  Amerika  nach  Europa  gebrachten  Agavefasern  hat 
ergeben,  daß  dieselben  nicht  von  A.  amei'icana  abstammen. 

Nichtsdestoweniger  ist  diese  Agave-kvi  als  Faserpflanze  nicht  zu 
streichen,  aber  sie  hat  als  Faserpflanze  nicht  jene  Bedeutung,  die  ihr 
früher  zugesprochen  wurde,  auch  ist  die  geographische  Provenienz  der 
von  dieser  Pflanze  gewonnenen  Faser  z.  T.  eine  andere,  als  früher  an- 
genommen wurde. 

Agave  americana  wird  hin  und  wieder  auch  in  Amerika  kultiviert, 
sie  zählt  aber  nicht  zu  jenen  Kulturgewächsen,  welche  der  Faser  halber 
dort  in  größerem  Maßstabe  gezogen  werden.  Nach  brieflichen  Mittei- 
lungen von  Dewey  an  mich  wird  diese  Art  z.  B.  in  Mexiko  gezogen, 
wo  sie  auch  zur  Gewinnung  einer  Faser  dient,  die  aber  nur  lokal  ver- 
wendet wird.  Wie  schon  erwähnt,  wird  Agave  americana  im  Süden 
Europas  häufig  kultiviert,  kommt  daselbst  auch  häufig  verwildert  vor, 
und  aus  ihr  wird    dann   oft  durch  Handarbeit  eine  Faser    dargestellt, 


1)  S.  übrigens  auch  A.  L.  Pinart  et  H.  Bourgeois,  L'Aloe  americaine  et  ses 
produits,  Paris  1896,  Semler,  I.e.,  Bd.  III,  p.  701,  wo  es  ausdrücklich  heißt,  daß 
die  Hauptmasse  der  »Pita«  in  Mexilco  von  Agave  americana  gewonnen  wird.  Lab- 
hart (Österr.  Monatsschrift  für  den  Orient,  1882,  p.  174  fr.)  hielt  die  Maguey  der 
Phihppinen  für  Agave  americana;  es  wird  aber  später  gezeigt  werden,  daß  die  dortige 
Maguey  Agave  cantala  ist. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  19 


290  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

welche  zu  Seilen,  Tauen  und  Fischernetzen  verarbeitet  wird,  so  z.  B.  in 
Spanien,  wo  die  Faser  »Pita«,  oder  auf  Sizilien,  wo  sie  »Zambara« 
iDanielli)  genannt  wird.  Aber  auch  diese  südeuropäischen  Produkte 
haben  nur  eine  lokale  Bedeutung  und  bilden  keinen  Handelsgegen- 
stand. 

Wie  Watt^j  angibt,  steht  diese  Pflanze  in  hidien  als  Ornamental- 
pflanze häufig  in  Kultur,  kommt  aber,  kultiviert  oder  verwildert,  doch 
nur  in  zu  geringen  Mengen  vor,  um  zur  Fasergewinnung  im  großen  Maß- 
stabe verwendet  werden  zu  können. 

Nach  einer  an  mich  gerichteten  brieflichen  Mitteilung  De weys  hat 
die  Faser  der  Agave  americana  manche  schätzenswerte  Eigenschaften, 
insbesondere  ist  sie  sehr  elastisch;  aber  das  Haupthindernis  für  ihre 
Darstellung  im  großen  Maßstabe  liegt  in  dem  stark  fleischigen  Charakter 


durch  Handarbeit  gewonnen,  wie  Dewey  ausdrücklich  angibt,  auch  die 
mexikanische  Faser. 

Alle  sonstigen  früher  in  der  Literatur  zu  findenden  Angaben  über 
Agave  americana  als  Faserpflanze  sind  als  unrichtig  zu  streichen.  Es 
sei  noch  erwähnt,  daß  das  Papier  der  altmexikanischen  von  Alex.  v.  Hum- 
boldt aus  Neuspanien  mitgebrachten  Bilderhandschriften  bis  in  die 
neueste  Zeit  als  aus  Agavefasern  bereitet  angesehen  wurde.  Nach  spä- 
teren Angaben  soll  das  Papier  dieser  Maya-Codices  aus  der  Faser  von 
A.  americana  bereitet  worden  sein.  Nach  in  neuester  Zeit  ausgeführten 
mikroskopischen  Untersuchungen  besteht  das  Papier  dieser  alten  Schrift- 
stücke aus  den  Fasern  von  Ficus-kvien'^). 

Aus  den  von  Dewey  ausgeführten  Untersuchungen  geht  hervor, 
daß  von  den  zahlreichen  Agave-kvi&n^  welche  in  der  ausgedehnten  Lite- 
ratur über  faserliefernde  Pflanzen  angeführt  wurden,  in  erster  Linie  nur 
die  folgenden  Spezies  namhaft  zu  machen  sind. 

Pflanze:  Faser:  Hauptproduktionsgebiet: 

Agai)e  sisalana  Perrine  Sisal  s.  st.  Bahamas,  Deutsch-Ostafrika 

A.  cantala  Roxb.  Kantala  Java,  Phihppinen,  Indien 

4..  fourcroydes  Lemaire  Henequen  Yucatan 

In  zweiter  Linie  sind  nach  Dewey  als  Faserpflanzen  folgende  Agave- 
arten zu  nennen: 


V.;     ■\]  Commerc.  Prod.  of  India  (1908),  p.  33. 

■     ■■  2)  R.Schwede,  Über  die  Papiere  der  Maya-Codices.     Dresden,  Berthng,  1912. 
Maya  ist  ein  indianisches  Wort,  welches  Agave  bedeutet. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  291 


Faser: 

Hauptproduktionsgebiet: 

Tequila 

Jalisco 

Zapupe  fina 

Vera  Cruz,  Tamaulipas 

Zapupe  fuerta 

Vera  Cruz 

Zapupe  larga 

Vera  Cruz,  Tamaulipas 

Tula  Ixlle  (Tampico) 

1 

Gusiiilla 

K  Mexiico 

Espadinin 

1 

Dispopo 

Venezuela  1) 

Pflanze: 
Agave  tequilana  Trelease 
Ä.  Zapupe  Trelease 
A.  Lespinassei  Trelease 
A.  Devpyana  Trelease 
A.  Lecheguüla  Torr. 
A.  falcata  Engelin. 
A.  striata  Zuccar. 
A.  cocui  Trelease 


Agavearten  und  deren  Fasern  zu  nennen,  die  aber  wegen  allzu  geringer 
Wichtigkeit  nicht  weiter  in   Betracht  gezogen  werden  sollen. 

Im  nachfolgenden  muß  ich  mich  darauf  beschränken,  von  den  oben- 
genannten elf  Fasern  bloß  die  drei  wichtigsten  abzuhandeln  und  übeT 
die  anderen,  soweit  verläßliches  Material  in  meiner  fland  ist,  nur  einige 
zur  beiläufigen  Charakteristik  dienende  Daten  vorzubringen.  Späteren 
Untersuchungen  muß  es  vorbehalten  bleiben,  auch  diese  einer  eingehenden 
mikroskopischen  Prüfung  zu  unterziehen. 

Sämtliche  Agavefasern  werden  nur  aus  den  Blättern  der  Agaven 
gewonnen.  Der  vegetative  Stamm  ist  gewöhnlich  ganz  verkürzt  und 
trägt  dann  bloß  grundständige  Blätter,  kann  also  für  die  Fasergewin- 
nung gar  nicht  in  Betracht  kommen.  Aber  selbst  an  jenen  Agavearten, 
welche  faktisch  einen  Stamm  ausbilden,  kommt  dessen  Fasergewinnung 
gar  nicht  in  Frage.  Auch  die  ziemlich  hohen  und  voluminösen  Blüten- 
schäfte liefern  keine  brauchbare  Faser  2). 

Zum  Verständnis  der  Ausnutzung  des  Blattes  der  Agaven  für  die 
Fasergewinnung,  aber  auch  für  die  richtige  Beurteilung  der  histologischen 
Zusammensetzung  der  Agavefaser  ist  es  erforderlich,  in  die  Anatomie 
des  Blattes  der  Agaven  einzugehen,  welche  nachfolgend  an  der  H.md 
des  so  leicht  zugänglichen  Blattes  der  Agave  americana  vorgeführt 
werden  soll  3). 


1)  Zusammengestellt  nach  brieflichen  Mitteilungen  Prof.  Deweys  an  mich 
(Washington,  14.  Jan.  1914)  und  einer  Abschrift  des  derzeit  (Jan.  1914)  noch  nicht  ver- 
öffentlichten offiziellen  Berichtes  der  Faserausstellung  in  Soerabaja  (1911)  von  Dewey, 
welche  Prof.  Iterson  in  Dclfl  mir  gütigst  zur  Verfügung  stellte. 

2)  Das  markreiche  Gewebe  der  Blütenschäfte  wird  als  ein  Korksurrogat  ver- 
wendet, u.  a.  in  Griechenland  das  Mark  der  Agave  americana.  Heldreich,  Die 
Nutzpflanzen  Griechenlands.     Athen  1862,  p.  9. 

3)  Wenn  auch  die  Faser  von  Agave  americana  kein  Handelsprodukt  bildet,  so 
wird  sie  doch,  wie  wir  gesehen  haben,  lokal  zu  textilen  Zwecken  verwendet.  Des- 
halb, aber  auch  wegen  der  so  oft  versuchten  Herleitung  vieler  Fasern  von  Agave 
americana  kann  die  Frage  auftauchen,  ob  ein  vorliegendes  Produkt  von  dieser  Pflanze 
herrührt.     Daß  solche  Fragen  faktisch  gestellt  werden,  ist  oben  (p.  290)  mit  Bezug  auf 

19* 


292 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Das  Agavenblatt  (Fig.  67) 


9-^ 


rx. 


ist  von  einer  derben  Oberhaut  (oo)  be- 
o  kleidet,  welche  ober-  und  unterseits 
tief  versenkte  Spaltöffnungen  führt. 
^'''■'  Oberseits  kommen  mehr  Spaltöffnun- 
gen vor  als  unterseits.  Die  Ober- 
haut umschließt  ein  parenchymati- 
sches  Grundgewebe  (nimm).  Dieses 
gliedert  sich  in  eine  von  jeder  Art 
von  Stranggeweben  freie  Blattrinde 
(m!m')  und  das  von  Stranggeweben 
('7,  1^,  o,  4^  ö)  reichlich  durchzogene 
eigentliche  Mesophyll  (m).  Im  letz- 
teren liegen  zweierlei  Stranggewebe: 
einfache  Baststränge  f.Jj  und  Gefäß- 
bündel (1 — 4).  Erstere  kommen  in 
der  Nähe  der  unteren  Blattrinde  ge- 
wöhnlich nur  spärlich  vor;  reichlich 
sind  sie  in  der  Nähe  des  Blattgrun- 
des zu  finden.  Die  Baststränge  sind 
im  Vergleich  zu  den  Gefäßbündeln 
in  der  Regel  kurz.  Die  Gefäßbündel 
haben  sehr  verschiedene  Länge.  Die 
längsten  Fasern  finden  sich  in  der 
Mitte  des  Blattes,  also  am  meisten 
von  den  Rändern  des  Blattes  ent- 
fernt, vor.  Die  technische  Agave- 
faser geht  also,  wie  man  sieht,  wenn 
auch  nicht  ausschließlich,  so  doch 
hauptsächlich  aus  den  Gefäßbün- 
deln des  Blattes  hervor. 


Fig.  67.  Vergr.  ,")().  Durchschnitt  durch  das  Blatt 
der  Agave  americana  (unteres  Drittel),  oo  Ober- 
haut, m'  in'  Blattrinde,  m  parenchymatieches  Grund- 
gewehe des  Blattes  (Mesophyll),  i,  2,  ä,  4,  5 
Stranggewehe(7— 4  Gefäßbündel,  5  einfache  Bast- 
Bträngei.  Die  Gefäßbündel  sind  durchwog  kollateral 
und  wenden  ihre  Phloeme  (&  Baststrang,  p  Sieb- 
teil des  Phloems:  sowohl  an  der  Ober-  als  Unter- 
seite des  Blattes  gegen  die  Oberhaut,  ihre  Xyleme  {x) 
gegen  das  Blattinnere  hin.  Im  mittleren  Blatt- 
teil ist  das  Gefäßbündel  {2,  3)  nach  außen  und 
innen  mit  Bastheleg  versehen. 


die  in  neuester  Zeit  aufgetauchten  Zweifel, 
ob  die  alten  mexikanischen  Maya-Codices 
aus  einem  aus  der  Faser  von  Agave  ame- 
ricana bereiteten  Papier  bestehen,  gezeigt 
worden.  Es  schien  deshalb  notwendig, 
oben  auf  die  Anatomie  des  Blattes  von  A. 
americana  näher  einzugehen.  Übrigens 
wird  im  Anschluß  an  die  anatomischen 
Verhältnisse  des  Blattes  von  A.  ameri- 
cana gleich  auf  anatomische  Charakter- 
eigentümlichkeiten hingewiesen  werden, 
durch  welche  sich  die  Fasern  einiger  tech- 
nisch wichtiger  Faseragaven  von  den 
Fasern  der  A.  am,ericana  unterscheiden. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


293 


Die  einfachen  Baststränge  bestehen  nur  aus  Bastzellen  (Fig.  70).  Die 
Gefäßbündel  besitzen  entweder  nur  einen  (Fig.  68)  oder  zwei  halbmond- 
förmige Bastbelege  (Fig.  69).  Die  Bastbündel  und  die  Bastbelege  der 
Gefäßbündel  dienen  der  Biegungsfestigkeit  des  Blattes,  sie  bilden  dessen' 
mechanische  Gewebe,  deren  Elemente  (Bastzellen)  durch  hohes  Tragver- 
mögen ausgezeichnet  sind.  Die  Verteilung  dieser  mechanischen  Gewebe- 
ist aus  den  Figg.  67,  68  und  69  zu  ersehen. 

Während  an  der  Blattbasis  die  Bündel  den  höchsten  Grad  von 
Festigkeit  aufweisen,  nämlich  vorwiegend  oder  bloß  aus  mechanischen 
Elementen  (Bastzellen)   bestehen,   findet    man   an   der  Spitze   des  Blattes 


Fig.  68.     Vergr.  JOO.     Querschnitt    durch   ein  Gefäßbümlel   aus   dem  oberen   Blatteil   vod  Agave  anie- 
ricana,  x  Xylem  mit  Schrauhengefäßen  s,  ph  Phloera  (Siebteil  desselben),   b  Bastzelle,   P  Parenehyra 

(Mesophj'llj. 


das  gerade  Gegenteil  ausgebildet:  hier  fehlen  die  mechanischen  Elemente 
oder  sind  stark  reduziert;  das  Gefäßbündel  ist  da  so  eingerichtet,  daß* 
es  ausschließlich  oder  fast  ganz  bloß  der  Ernährung  dient  (Fig.  70).  * 
Die  Gefäßbündel  von  Agave  americana  sind  fast  ausschließlich, 
kollateral  ausgebildet,  und  wenn  zwei  Bastbelege  vorhanden  sind,  ist 
der  eine  gegen  die  obere,  der  zweite  gegen  die  untere  Fläche  des  Blattes 
gewendet.  In  der  Nähe  des  Blattrandes,  namentlich  im  obersten  Teile 
des  Blattes,  haben  aber  die  Gefäßbündel  die  Tendenz  zur  hemikon- 
zentrischen  Ausbildung i),  indem  der  Bast  den  inneren  kollateral  ge- 
bauten Teil  des   Gefäßbündels  in   einem   mehr  oder  minder  vollständiK 


1)  S.  oben  p.  5. 


294  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

geschlossenen  Mantel  umgibt.  Ein  gleiches  gilt  auch  für  Agave  sisalana, 
auch  hier  wiegen  die  rein  koliateralen  Bündel  vor,  es  kommen  aber 
spärlich  auch  kleine  hemikonzentrische  Bündel  am  Blaltrande,  besonders 
in  der  Nähe  der  Blaltspitze  vor.  Ganz  entgegengesetzt  verhält  sich 
Agare  cantala,  bei  welcher  die  hemikonzentrischen  Bündel  das  Über- 
gewicht haben.  Das  gibt,  wie  wir  sehen  werden,  ein  wichtiges  Mittel 
an  die  Hand,  um  die  Faser  von  A.  sisalana  von  A.  cantala  zu  unter- 
scheiden 1). 

In  bezug  auf  ^4.  americana  wäre  noch  zu  bemerken,  daß  die  Bast- 
zellen verhältnismäßig  dünnwandig  sind,  im  Querschnitt  nicht  so  scharf 
polygonal  begrenzt  wie  bei  A.  sisalana  und  A.  cantala^  vielmehr  stark 
hin-  und  hergebogen  erscheinen  (Fig.  70). 

In  den  Gefäßbündeln  von  A.  americana,  haben  wir  keine  anderen 
als  Ring-  und  Schraubengefäße  gefunden.  Bei  A.  sisalana  und  cantala 
gesellen  sich  dazu  auch  Netzgefäße. 

Die  Dimensionen  der  Bastzellen  sind  in  verschiedenen  Partien  des 
Blattes  verschieden,  aber  für  jede  Partie  innerhalb  bestimmter  Grenzen 
konsiant.  In  der  Mitte  des  Blattes  haben  die  Bastzellen  von  A.  ame- 
ricana eine  Länge  von  \ — 2,3  mm,  bei  cantala  von  1,5  —  2,6,  bei  sisa- 
lana von  2,7  —  4,4  mm.  Man  kann  bei  der  Unterscheidung  der  Fasern 
diese  Eigentümlichkeit  sich  zunutze  machen,  indem  man  aus  dem  Handels- 
produkt die  längsten  Fasern  auswählt,  die  annähernd  der  Länge  des 
Blattes  entsprechen,  und  in  der  Mitte  dieser  längsten  Fasern  die  Längen- 
bestimmung der  Bastzellen  vornimmt. 

Bei  der  Fasergewinnung  kommt  es  darauf  an,  die  festen  faserigen 
Gewebe,  also  die  Bastbündel  und  -belege  von  den  übrigen  Geweben  zu 
scheiden.  Diese  Scheidung  gelingt  begreiflicherweise  nicht  vollständig. 
Bei  unvollkommener  Gewinnungsweise  haften  der  technischen  Faser  noch 
Zellen  des  Mesophylls  und  Bestandteile  des  Holzteiles,  ja  auch  des  Sieb- 
teiles des  Gefäßbündels  an,  also  Parenchymzellen,  Gefäße  und  Siebrühren. 
Die  Gefäße  fallen  besonders  auf,  die  Parenchymzellen  sind  bei  der  Maze- 
ration der  Fasern  unschwer  aufzufinden,  während  die  Siebrühren  sich 
leicht  der  Beobachtung  entziehen,  übrigens  bei  der  Abscheidung  meist 
zerstürt  werden.  Je  besser  die  Sorten  der  Agavefasern  sind,  desto  spär- 
licher treten  neben  den  Bastzellen  die  anderen  genannten  histologischen 
Elemente  auf.  Es  ist  aber  leicht  ersichtlich,  daß  selbst  in  den  geringsten 
Sorten  von  Agavefasern  Faserbündel  auftreten  werden ,  welche  nur  aus 
Bastzellen  bestehen;    es  sind  dies  jene  Fasern,   die  die  einfachen  ßast- 


1)  Der  anatomische  Bau  des  Blattes  von  A.  cantala  weicht  so  auffallend  von 
jenem  des  Blattes  von  A.  americana  ab,  daß  es  ganz  ungerechtfertigt  erscheint,  die 
erstgenannte  Art  auf  die  letztgenannte  zurückzufuhren  (s.  oben  p.  287). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


295 


/' 


stränge  zusammensetzen  (Fig.  67,  5)  oder  von  allen  Nebenbestandteilen 
befreite  Bastbelege  von  kollaleralen  Gefäßbündeln  sind,  entsprechend  den 
Partien  66  in  Fig.  69. 

Die  botanische  Provenienz  der  Agavefasern  ist  in  neuester  Zeit,  wie 
wir  gesehen  haben,  rücksichtlich  der  für  Handel  und  Industrie  wichtigsten 
Arten  sichergestellt  worden;  hin- 
gegen herrscht  in  bezug  auf  die 
Nomenklatur  der  Handelspro- 
dukte noch  immer  eine  große 
Verwirrung.  Wenn  man  die  Zu- 
fälligkeiten beachtet,  von  denen, 
häufig  genug,  die  Namengebung 
der  Handelswaren  abhängt,  so 
wird  es  begreiflich,  daß  eine 
zweckmäßige  Vereinheitlichung 
der  Nomenklatur,  welche  doch 
die  wichtigste  Voraussetzung 
einer  Stabilisierung  der  Handels- 
namen bildet,  nur  schwer  durch- 
führbar ist;  auch  greift  die  Ein- 
führung von  schon  bekannten 
Waren  aus  neuen  Produktions- 
gebieten nicht  selten  störend  in 
die  wörtliche  Bezeichnung  der 
Handelsgegenstände  ein. 

Die  ursprüngliche  Haupt- 
quelle der  Agavefasern  war  das 
wärmere  Amerika,  hauptsächlich 
Mexiko,  insbesondere  die  Halb- 
insel Yukatan.  Aus  den  alten 
Sprachen  dieser  Länder  stammen 
die  Namen  der  seit  alter  Zeit  kul- 
tivierten Agavefasern,  die  sich 
z.  T.  noch  jetzt  im  amerikani- 
schen Handel  erhalten  haben  i). 
So  vor  allem  der  Name  Hene- 
quen,  welcher,  wie  ich  nach 
Deweys  Mitteilung   an   mich    bereits  hervorhob,   in  Amerika  noch  jetzt 


LA 


1 
Jf 


■-^K:.- 


Fig.  69.  Vergr.  350.  Ein  Gefäßbändel  von  i^at«  am f- 
ricimn  ans  dem  mittleren  Teile  des  Blattes  (ent- 
sprechend 2—i  der  Fig.  ()7).  h  b  Bastbelege  des  Gefäß- 
bündels, b  +  x  =  Xylem,  b  +  p  Phlo^m  des  Gefäßbun- 
dels.  p  Siebteil  des  Phloems.  x  Gefäßgruppen  des 
Xylems.  P  Parenchymzellen  des  Mesophylls.  K  Kri- 
stall von  oxalsaurem  Kalk,  in  einer  Bastparenchymzelle 
liegend. 


1)  Die  nachfolgenden  Angaben  über  die  alten  yukatanischen  Namen  der  Agave- 
fasern verdanke  ich  Herrn  Prof.  E.  Sei  er  in  Berhn,  welcher  auf  meine  Bitte  die 
Güte  hatte,  mir  brieflich  (Berlin,  23.  April  1914)  diese  Daten  zur  Verfügung  zu  stellec. 


296  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

für  die  Faser  von  Agave  fourcroydes  üblich  ist.  Das  Wort  Henequen^ 
ist  eines  jener  zahlreichen  Worte,  welche  die  spanisch  redenden  Be- 
wohner von  Yukatan  der  Sprache  der  alten  Haiti -Indianer  verdanken. 
Die  wörtliche  Bedeutung  des  Wortes  Henequen  ist  nicht  mehr  zu 
eruieren.  Man  versteht  hierunter  eben  Agave  fourcroydes  oder  deren 
Faser.  Oft  ist  auch  von  Älaya-Fasern,  Maya-Papieren,  Maya- Codices  usw. 
die  Rede.  Maya  ist  der  Name,  mit  dem  das  alte  Volk,  welches  die  Halb- 
insel Yukatan  bewohnte,  sich  und  seine  Sprache  bezeichnete.  Man  findet 
manchmal  angegeben,  daß  der  Name  Maya  sich  auf  eine  Pflanze  (Agave) 
beziehe.  Dies  ist  aber  ganz  unrichtig.  Die  Agavefaser  wird  in  der 
Mayasprache  zoz-ci  (spr.  sosski)  oder  ci  (spr.  ki)  genannt.  Unter  den 
amerikanischen  Handelsnamen  erscheinen  noch  die  der  Mayasprache 
entstammenden  Namen  sac  ci  (spr.  ssak  ki)  und   yax  ci  (spr.  yasch  ki). 

Ersterer   bedeutet    »weiße 

Y\  ,  Agave«   und    bezieht   sich 

*^X^^  " "      "       ^^  wohl  auf  Agave  fourcroy- 

/-^x^  j^^,,  ^^^-i""-^        f/es,  deren  Blätter  hellgrün 

j  bis  weißlich  sind,  und  ihre 

Faser;  letzterer  Name  be- 
deutet  »grüne  Agave«  und 
y  bezieht  sich  wohl  auf  ^4^a?'e 

v-^  sisalana,    welche    dunkel - 

■^  ^       ,       j  ^     '  grüne  bis  blaugrüne  Blätter 

^       ^       r  hat,  und  ihre  Faser. 

Fig.  70.     Vi  rgr.  450.     Einfacher  Baststrang  aus  dem  unteren  Jjjj  eurOüäischen  Han- 

Teile   des  Blattes   von  Ar/aie  americana  (entsprechend   5    der 
Fig.  67).     P  Parenchymzellen  des  Mesophylls,     h  Bastzellen.  dcl     kommCn    dieSC    Namen 

nicht  vor;  kaum,  daß  man 
bei  uns  von  Henequen  spricht.  Für  die  amerikanischen  Agavefasern 
wird  nicht  selten  in  Europa  der  spanische  Name  »Pita«^),  in  Pite 
oder  Pit  umgewandelt,  gebraucht.  In  jedem  Warenlexikon  wird  man 
das  Wort  Pite  als  Bezeichnung  der  (amerikanischen)  Agavefasern  finden, 
während  der  Name  Henequen  häufig  darin  vergebens  gesucht  wird. 
Aber  der  Name  Pite  wird  im  europäischen  Handel  jetzt  schon  weniger 
gebraucht  und  es  tritt  nunmehr  der  Name  Sisal  für  Agavefaser  stark 
in  den  Vordergrund.  Im  Wiener  Handel  gilt  häufig  noch  der  Ausdruck 
»Fibris«  als  Bezeichnung  der  Agavefasern;  aber  in  neuester  Zeit  wird 
dieser  Name  durch  das  Wort  Sisal  ersetzt,  worunter  man,  wie  ich  mich, 
selbst  überzeugte,  nicht  nur  die  mexikanische  Faser  von  Agave  four- 
croydes, sondern  auch  die  aus  Deutsch-Ostafrika  stammende,  von  Hani- 


i)  Es  wurde  bereits  oben   erwähnt,   daß  die  aus  A.  americana  in  Spanien  er- 
zeugte Faser  Pita  genannt  wird. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  297 

bürg  nach  Österreich  gebrachte  Faser  von  A.  sisalana  versteht.  Diese 
Beziehung  des  Namens  Sisal  auf  die  beiden  genannten  Agavearten  ist 
nicht  sinnlos;  denn,  wie  mir  Prof.  Dewey  brieflich  mitteilt,  wird  die 
Faser  von  A.  fourcroydes  im  amerikanischen  Handel  nicht  nur  Henequen, 
sondern  auch  Sisal  hemp,  Mexican  Sisal  und  Yucatan  Sisal  genannt  und 
die  Faser  von  A.  sisalana  als  Bahama  Sisal,  East  Africa  Sisal  bezeichnet. 
Prof.  Dewey  macht  den  Vorschlag,  und  ich  folge  ihm  darin  in  der  unten 
folgenden  Charakteristik  der  wichtigsten  Agavefasern,  den  Namen  Hene- 
quen für  die  Faser  von  Agave  fourcroi/des  und  den  Namen  Sisal  für 
die  Faser  von  A.  sisalana  zu  gebrauchen.  Als  Sisal  erscheint  im  Handel 
auch  die  Faser  von  A.  cantala^  welche  in  den  Heimatländern  die  Namen 
Nanas  oder  Ananas  Sabrang  (Java),  Manila  Magney  (Philippinen]  und 
Bombay  aloe  (Ostindien)  führt.  Ich  schließe  mich  Prof.  Dewey  an,  diese 
vonri  Sisal  s.  st.  verschiedene  Faser  im  nachfolgenden  als  »Kantala«  zu 
bezeichnen. 

Die  von  andern  Agavearten  abstammenden,  bestimmten  Produktions- 
gebieten angehörenden  Fasern  haben  daselbst  bestimmte  Namen  (s.  oben 
p.  291),  von  denen  einige,  wie  Ixtle,  Zapupe,  im  Handel  Eingang  ge- 
funden haben. 

Manche  für  Agavefasern  benutzte  Namen,  z.  B.  Tampicohanf,  sind 
vieldeutig  oder,  wie  z.  B.  Matamoros,  außer  Gebrauch  gekommen  i). 

Die  Faser  von  Agave  sisalana  (Sisal). 

Die  Heimat  von  Agave  sisalana"^)  ist  Zentralamerika.  Anfänglich 
wurde  die  Blattfaser  der  unkultivierten  Pflanze  verwendet.  In  Yukatan 
wird  aber  diese  Pflanze  schon  seit  langer  Zeit  zum  Zwecke  der  Faser- 
gewinnung kultiviert  und  es  wurde  das  Produkt  vornehmlich  unter  dem 
Namen  Henequen,  aber  auch  als  Yaxi  (spr.  Yakschi)  und  anderen  Namen 
in  den  amerikanischen  Handel  gebracht. 

Nunmehr  hat  diese  Faser,  namentlich  durch  die  Anpflanzung  in  ganz 
anderen  als  den  ursprünglichen  Vegetationsgebieten  eine  größere  Bedeu- 
tung erlangt,  ja  gehört  jetzt  geradezu  zu  den  wichtigsten  Hartfasern  des 
Handels.  Ihren  Siegeslauf  trat  sie  unter  dem  Namen  Sisal  an;  es  ist 
dies  jener  mexikanische  Hafen  im  Staate  Yukatan,  von  wo  sie  zuerst  in 


1)  über  andere  selten  noch  verwendete  oder  schon  außer  Gebi'auch  gekommene 
Namen  von  Agavefasern  s.  Dodge,  1.  c,  Semler,  1.  c,  Watt  (-igos),  1.  c. 

2)  Gürcke,  Die  Kultur  und  Produktion  des  Sisalhanfes.  Zeitschrift  für  die  ge- 
samte TextiUndustrie,  Leipzig  -1897— ISgs.  Gürcke  leitet  den  Sisal  von  zwei  Varie- 
täten der  Agave  rigida  ab,  von  A.  r.  sisalana  und  A.  r.  longifolia.  Erstere  ist  die 
obengenannte  A.  sisalana,  letztere  die  A.  foiircroydes,  welche  die  weiter  unten  be- 
schriebene Faser  Henequen  liefert.  Aus  dieser  Ableitung  ist  zu  ersehen,  wie  nahe 
verwandt  die  Kulturpflanzen  sind,  welche  diese  beiden  Fasern. liefern. 


298  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

größerem  Maßstabe  exportiert  wurde.  Der  Hafen  Sisal  liegt  nordwest- 
lich von  Merida,  von  wo  Agave  sisalana  schon  im  Jahre  1836  von 
Perrine  nach  Florida  gebracht  wurde  i).  Im  Jahre  1845  wurde  die 
Pflanze  von  Nesbit  auf  die  Bahamas  gebracht,  wo  sie  auf  den  Inseln 
Groß-Bahama,  Abaco  und  Harbour  Island  besonders  gut  gedeiht.  Das 
reicblich  ausgeführte  Produkt  hat  den  Sisal  unter  den  Namen  Bahama- 
Sisal  oder  Bahama  Hemp  sehr  populär  gemacht.  Von  Florida  wurde 
die  Sisalpflanze  in  andere  warme  Länder  der  alten  und  der  neuen  Welt 
verpflanzt;  unter  anderem  stammen  die  seit  1893  2)  jn  Deulsch-Ostafrika 
mit  großem,  sich  noch  fortwährend  steigerndem  Erfolge  kultivierten 
Sisalagaven  aus  Florida  =5).  In  den  beiden  letzten  Dezennien  wurde  Agave 
sisalana  auch  erfolgreich  in  Ostindien,  auf  Java,  in  Britisch  Oslafrika, 
Neuguinea,  in  Indochina  auf  den  Fidschiinseln  usw.  kultiviert*). 

Die  Kultur  5)  der  Sisalpflanze  macht  keine  Schwierigkeiten ;  schwie- 
riger ist  die  Ernte  und  namentlich  die  Aufarbeitung  der  Blätter. 

Die  Vermehrung  geschieht  entweder  durch  Bulbillen,  die  sich  in 
großer  Zahl,  aber  erst  an  den  Blütenschäften  entwickeln,  oder  durch 
■W^urzelschüßlinge  (Rhizomsprosse).  Handelt  es  sich  um  Übertragung  in 
andere  Vegetationsgebiete  oder  überhaupt  um  Transportierung  auf  weitere 
Strecken,  so  ist  die  Verwendung  der  Bulbillen  kaum  zu  umgehen.  Sonst 
zieht  man  es  vor,  die  Vermehrung  durch  Schößlinge  vorzunehmen.  Die  Sisal- 
pflanze läßt  sich  leichter  als  Agave  cantala  kultivieren,  da  sie  in  bezug 
auf  klimatische  und  edaphische  Verhältnisse  weniger  wählerisch  ist  als 
letztere.  Nach  Brück  gedeiht  die  Sisalpflanze  am  besten  auf  gut  durch- 
lassenden Kalkböden  und  in  trockenem  Klima.  Sowohl  für  das  Gedeihen 
der  Pflanze  als  auch  für  bequeme  Einerntung  der  Blätter  ist  eine  große 
Pflanzweite  (auf  Java  von  5 — 8  Fuß)  zweckmäßig.     In  den  ersten  Jahren 


i)  Florida  liefert  zwei  verschiedene  Arten  von  Sisal,  den  echten  Sisal  von  Agave 
sisalana  und  den  falschen  Sisal,  eine  viel  geringere  Sorte,  welche  erwiesenermaßen 
von  einer  ganz  anderen  Pflanze,  nämlich  von  A.  decipiens  Bak.,  abstammt.  Kew 
Bull.  1892. 

2)  Bald  darauf  wurde  die  »Deutsche  Agavegesellschaft«  gegründet,  welche  sich 
die  Sisalhanfgewinnung  in  Deutsch-Ostafrika  zum  Ziele  gesetzt  hat  (Tropenpflanzer, 
III,  p.  4  48).  Anfangs  betrug  die  jährliche  Ausfuhr  von  Sisal  aus  Deutsch-Ostafrika 
nur  einige  hundert  Tonnen.  In  wenigen  Jahren  schon  stieg  die  AusfuhrziCfer  auf 
das  Fünlfache.  Vom  Jahre  1897  bis  1907  stieg  der  Wert  der  Ausfuhr  an  Sisal  von 
etwa  100  000  auf  220000  und  im  Jahre  1908  auf  2949000  Mark.  Tropenpflanzer, 
XIV  (1910),  p.  9  und  p.  439.     Vgl.  auch  1,  c,  p.  518. 

3)  Stuhlmann,  Die  Sisalagaven  und  deren  Fasern.  Der  Pflanzer,  III  (1907), 
p.  229  fi". 

4)  Watt,  Commerc.  Prod.  (1908),  p.  39fr.  Dewey,  briefliche  Mitteilungen, 
Jan.  1914. 

5)  Über  die  Kultur  der  Sisalpflanze,  insbesondere  bezüglich  des  Betriebs  auf 
Java  s.  W.  F.  Bruck^  Tropenpflanzer,  XVI  (1912),  Beihefte,  p.  414  ff. 


Siebzehnter  Abschnitt,     Fasern.  299 

der  Entwicklung  kann  dieser  weite  Raum  durch  Zwischenkulturen  (auf 
Java  z.  B.  Hibiscus  cannabinus,  welcher  die  Java-Jute  liefert)  ausgenutzt 
werden.  Später  sind  Zwischenkulturen  schädlich,  da  den  Sisalpflanzen 
durch  die  Zwischenkultur  zu  viel  Bodennahrung  entzogen  wird.  Letzteres 
kann  auch  durch  Verunkrautung  geschehen,  weshalb  es  notwendig  ist, 
reichlicher  sich  einfindendes  Unkraut  zu  beseitigen.  Auch  die  in  späteren 
Jahren  zahlreich  auftretenden  Wurzelschößlinge  müssen  entfernt  werden. 
Doch  können  dieselben,  wie  schon  bemerkt,  zur  Vermehrung  nutzbar 
sein.  Auf  den  Bahamas  verwendet  man  als  Zwischenkultur  Baumwolle 
und  Mais^j. 


Fig.  71.    Vergr.  400.     Querschnitt  durch  das  Gefäßbündel  von  Ai/nve  sisalana  aus  der  Spitzenregion  des 

Blattes.    Das   Gefäßbündel   besteht   nur  aus   ernährungsphysiologischen  Elementen,   die   mechanischen 

Zellen  (Bastzellen)  fehlen  gänzlich.     P  Parenchym  (MesopLyll),  x  Xylem,  ph  Phloöin. 

Die  Blätter  erreichen  eine  Länge  von  1—1,75  m  und  weisen  in  der 
Mitte  eine  Breite  von  8 — 1 4  cm  auf.  Die  einzelne  Pflanze  liefert  nach 
Brück  in  ihrer  ganzen  Lebenszeit  etwa  180 — 200  Blätter.  Bei  drei- 
bis  viermaliger  Ernte  im  Jahre  liefert  eine  Pflanze  in  diesem  Zeitraum 
etwa  30  Blätter.  Die  abgeschnittenen  Blätter  werden  von  den  Dornen 
befreit^)  und  zu  je  50  in  Bündel  zusammengefaßt.  Vom  Felde  werden 
die  gebündelten  Blätter  nach  den  Fabriken  gebracht,  wo  ohne  vorher- 


1)  Brück,  1.  c,  p.  422. 

2)  Soviel  ich  gesehen  habe,  besitzen  die  Blätter  von  A(jare  sisalana  wohl  einen 
starken  Enddorn,  wie  alle  Euagaven,  aber  keine  Randdornen;  an  Stelle  der  Rand- 
dornen tritt  an  den  Flanken  des  Blattes  ein  brauner  Randstreifen  auf,  welcher  histo- 
logisch mit  dem  Gewebe  der  Dornen  viel  Übereinstimmung  aufweist. 


300  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

gehende  Röste  ^)  die  Fasergewinnung  durch  Raspadore  oder  durch  größere 
Enlfaserungsmaschinen  erfolgt.  Die  so  gewonnene  Rohfaser  wird  in 
großen  Wasserbehältern  gewaschen,  hierauf  getrocknet  und  schließhch 
durch  Bürstapparate  gereinigt  und  geglättet^).  Wenn  die  Blätter  ins- 
besondere am  Grunde  zu  fleischig  geraten,  muß  der  eigentlichen  Ent- 
faserung  eine  Quetschung  der  Blätter  vorangehen,  was  durch  Quetsch- 
Walz werke  wie  bei  Sansevieria-Blättern  geschieht 3).  Ein  Welkwerden  der 
Blätter  vor  der  Entfaserung  soll  für  die  erzeugte  Faser  nicht  günstig  sein. 
Wie  alle  Agavefasern  kommt  auch  der  Sisal  in  Form  von  Strängen  oder 
Büscheln  in  den  Handel,  nachdem  er  in  Packtuch  oder  in  Kisten  ver- 
packt dem  Handel  übergeben  wurde.  Es  ist,  wie  auch  bei  den  anderen 
Agavefasern  darauf  zu  achten,  daß  bei  der  Verpackung  die  Faser  nicht 
geknickt  werde,  weil  die  entstandenen  Knickungen  sich  nicht  mehr  aus- 
gleichen. Deshalb  soll  die  Verpackung  nur  in  Kisten  vorgenommen 
werden,  deren  Länge  mit  jener  der  Stränge  oder  Büschel  übereinstimmt. 
Die  Länge  des  Sisals  steigt  bis  auf  i  70  cm,  wobei  aber  zu  be- 
merken ist,  daß  die  einzelne  Sisalfaser  diese  Länge  niemals  erreicht, 
sondern  jeder  Strang  sich  aus  Fasern  von  sehr  verschiedener  Länge  zu- 
sammensetzt. Die  maschinelle  Darstellung  bringt  es  mit  sich,  daß  Fasern 
sehr  verschiedener  Länge  nebeneinanderliegen,  die  durch  Reibung  anein- 
anderhaften,  wodurch  es  verständlich  wird,  daß  die  Länge  der  Stränge 
größer  ausfallen  kann,  als  den  längsten  Fasern  entspricht.  Ich  habe  ein 
Büschel  von  deutsch-ostafrikanischem  Sisal  von  1 70  cm  Länge  in  seine 
Fasern  zerlegt  und  gefunden,  daß  die  längsten  Fasern  bloß  eine  Länge 
von  135  cm  hatten.  Ich  fand  daneben  auch  viele  Fasern  von  90  bis 
100  cm,  50 — 60  cm  und  so  hinab  bis  auf  15 — 20  cm.  Kein  einziger 
Faden  repräsentierte  ein  intaktes  Gefäßbündel,  am  oberen  Ende  waren 
/Sie  alle  abgerissen  und  hatten  häufig  noch  eine  Breite  von  30 — 50  //. 
Viele  Fasern  sind  entweder  bloß  an  den  Enden  oder  vielfach  in   ihrem 

1)  Auf  die  Schädlichkeit  der  Röste  bei  Gewinnung  der  Agaveiasern  haben  schon 
Semler  u.  a.  aufmerksam  gemacht,  da  die  Faser,  namentlich  bei  länger  andauernder 
Röste,  leidet.  Indes,  wie  weiter  unten  noch  dargelegt  werden  wird,  ist  bei  Gewin- 
nung der  Faser  bei  manchen  Agaven  dennoch  eine  Röste  in  Übung,  und  speziall 
bei  Sisal  soll  nach  manchen  Angaben  eine  dreitägige  Röste  der  Rohfaser  gute  Resultate 
liefern. 

2)  Brück  sagt  1.  c,  p.  43.5,  daß  die  Faser  vor  der  Bearbeitung  durch  die  Bürst- 
apparate noch  gebleicht  werde,  ohne  anzugeben,  ob  es  sich  um  eine  natürliche 
Bleiche  durch  Luft  und  Sonne,  oder  ob  es  sich  um  einen  besonders  eingeleiteten 
chemischen  Prozeß  handelt.  Da  von  einem  solchen  chemischen  Prozeß  nirgends  die 
Rede  ist,  wohl  aber  von  einer  Trocknung  an  der  Sonne,  so  ist  wohl  anzunehmen, 
daß  es  sich  bloß  um  einen  durch  Luft  und  Licht  herbeigeführten  Bleichprozeß  han- 
deln dürfte. 

3)  Brück.  1.  c,  p.  429. 


Siebzehnter  Abschnitt.       Fasern. 


301 


Längsverlaufe  gespalten.  Dieser  Zustand  erklärt  sich  aus  dem  anatomi- 
schen Bau  des  Gefäßbündels:  zwischen  den  nach  außen  und  innen  ge- 
legenen Bastfasersicheln  liegen  die  schwachen  Teile  des  Xylems  und  des 
Weichbastes.  So  wird  es  begreiflich,  daß  bei  stärkeren  mechanischen 
Angriffen,  welche  notwendigerweise  beim  Prozeß  der  Entfaserung  statt- 
finden, diese  Spaltung  in  mehr  oder  minder  ausgedehntem  Maße  zustande 
kommen  muß. 

Die  Fasern  jedes  Stranges  oder  Büschels  sind  insoweit  orientiert 
angeordnet,  als  alle  oberen  Enden  der  Blattfasern  nach  einer  Seite,  alle 
unteren  Enden  nach  der  entgegengesetzten  Seite  im  Büschel  gewendet  sind. 


Fig.  72.    Vergr.  400.    Querschnitt  durch  das  Icollaterale  Gefäßbündel   des  Blattes  von  Agave  sisalana, 
X  Xylem  mit  Schrauhengefäßen  s,  j)!)  Phloem  (Siebteil  desselben),  b  Bastzellen,  PParenchym  (Mesophyll). 

In  der  Regel  nimmt  die  Dicke  einer  Faser  in  der  Richtung  von  der  Spitze 
nach  der  Basis  hin  zu.     Durch  Längsbruch  der  Fasern  kann  aber  dieses 


Wie  der  Verlauf  der  Dicke  einer  einzelnen  Faser  sich  gestaltet,  möge 
durch  folgende  Beispiele  anschaulich  gemacht  werden.  Eine  lange  Faser 
von  dem  obengenannten  deutsch-ostafrikanischen  170  cm  langen  Sisal^ 
1 32  cm  lang,  war  am  oberen  und  am  unteren  Ende  gespalten  und  besaß 
am  oberen  Ende  eine  Breite  von  96  (.i,  in  der  Mitte  von  240,  am  unteren 
Ende  von  400  fi.  Eine  gänzlich  ungespaltene  51  cm  lange  Faser  war 
oben  80,  unten  160,  in  der  Mitte  136  /.i  breit. 

Die  Gefäßbündel  von  Agave  sisalana  sind  in  der  Regel  bikollateral 
mit  sichelförmigen  Bastbelegen.     Nur  in  der  Nähe    des  Blattrandes  und 


302  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

hauptsächlich  in  der  Spitzenregion  des  Blattes  kommen  auch  hemikon- 
zentrische  Gefäßbündel  vor.  Wie  wir  später  sehen  werden,  treten  bei 
Agave  cantala  solche  hemikonzentrische  Gefäßbündel  sehr  häufig  auf, 
und  hierauf  läßt  sich  ein  Unterschied  zwischen  Sisal  und  Kantala 
gründen.  Durch  Eintrocknung  verschwindet  im  hemikonzentrischen 
Bündel  der  Weichbast  und  es  erscheint  die  technische  Faser  von  einem 
die  Faser  durchsetzenden  Kanal  durchzogen  i).  Im  Sisal  habe  ich  diese 
Kanäle  nur  sehr  selten  beobachtet,  während  sie  an  der  Kantala  häufig 
vorkommen. 

Die  Bastzellen  des  Sisal  sind  dickwandig,  so  wie  die  von  Henequen 
und  Kantala,  und  sie  lassen  sich  leicht  von  denen  der  Agave  americana 
unterscheiden  (Fig.  72),  allein  eine  Unterscheidung  von  Sisal,  Henequen 
und  Kantala  ist  weder  auf  Grund  der  Wanddicken  noch  des  Zellendurch- 
messers zu  erzielen,  und  zwar  um  so  weniger,  als  die  Dicke  der  Zellhäute 
und  der  Durchmesser  der  Bastzellen  je  nach  der  Lage  dieser  Elemente 
im  Blatte  verschieden  ist.  Eher  kann  man  die  Länge  der  Bastzellen 
heranziehen,  um  Sisal  zu  charakterisieren.  Wohl  schwanken  die  Längen 
der  Bastzellen  auch  bei  ein  und  demselben  Blatte;  allein  in  der  Mitte 
des  Blattes  erreichen  sie  eine  Länge  von  2,4 — 4,4  mm,  wodurch  sich 
ein  sehr  merklicher  Unterschied  gegenüber  Kantala  und  insbesondere 
A.  americana  ergibt  (s.  oben  p.  294).  Noch  wäre  zu  erwähnen,  daß 
die  im  Sisal  vorkommenden  Gefäße  nicht  nur  ring-  und  schraubenfürmig, 
sondern  auch  netzförmig  verdickt  sind  2). 

Die  Faser  von  Agave  cantala  (Kantala). 
Als  Roxburgh^)  die  Spezies  Agave  cantala  aufstellte,  hielt  er 
dieselbe  für  eine  Ostindien  eigentümliche  Pflanze.  Da  nach  seinen  Erkun- 
digungen diese  Agave  in  Indien  den  Sanskritnamen  Kantala  führt,  wurde 
er  in  seiner  Annahme  bestärkt.  Spätere,  oben  bereits  erwähnte  Studien 
haben  aber  gelehrt,  daß  das  ganze  Genus  Agave  dem  wärmeren  Amerika 
angehöre  und  auch  Agave  cantala  in  Indien  eingeführt  wurde,  wo  sie 
unter  den  neuen  Vegetations-  und  Kulturbedingungen  sich  spezifisch  aus- 
gestaltete wie  unsere  A.  americana.     Wie  diese  hat  auch  A.  cantala  in 


1)  Über  die  Entstehung  hohler  Fasern  durch  Eintrocknung  des  Weichbastes  s. 
oben  p.  8.  Über  den  Luftkanal  in  der  Faser  von  Agave  cantala  berichtet  Brück 
(1.  c,  p.  590)  auf  Grund  von  Beobachtungen,  welche  Saleby  {Philippine  Magney,  The 
PhiUppine  Agric.  Review  1910)  an  auf  den  Philippinen  kultivierter  Kantala,  dort 
Philippine  Magney  genannt,  angestellt  hat. 

2)  Über  Sisal  s.  noch:  Kindt,  L.,  Über  Agaven  in  Deutsch-Ostafrika,  Tropen- 
pflanzer, X  (1906).  De  Kruijff,  La  cuiture  du  Sisal  ä  Java,  Journ.  d'Agric,  tropic. 
IX  (1909).     M.  Einstein,  Deutsch-ostafrikanischer  Hanf,  Tropenpflanzer,  XIV  (1910). 

3)  Horlus  Bengalensis  1814.     S.  auch  Watt,  I.e.   (190S),  p.  31   und  33. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  303 

der  Kultur  sich  so  verändert,  daß  man  die  amerikanische  Stammpflanze, 
von  welcher  diese  beiden  Formen  abstammen,  nicht  ausfindig  zu  machen 
imstande  war.  Es  wurden  verschiedene  Versuche,  die  Stammpflanze  der 
Ä.  cantala  festzustellen,  unternommen,  die  aber  alle  mißglückt  sind. 
Unter  anderem  wollte  man  Ä.  cantala  auch  auf  A.  aniericana  zurück- 
führen i).  Aber  die  anatomischen  Verhältnisse  des  Blattes  der  letzteren, 
insbesondere  der  Gefäßbündel,  weichen  so  sehr  von  jenen  des  Blattes 
und  insbesondere  der  Gefäßbündel  der  ersteren  ab,  daß  diese  Herleitung 
aufgegeben  werden  mußte. 

Agave  cantala  wird  schon  seit  längerer  Zeit  in  Ostindien  kultiviert, 
wo  die  Faser  gewöhnlich  Bombay  Aloe  fibre  genannt  wird 2).  Das  Haupt- 
produktionsland der  Faser  ist  Java,  wo  die  Pflanze  und  ihre  Faser 
Nanas  sabrang  heißen^j.  Auch  auf  den  Philippinen  wird  Kantala  in  be- 
trächtlicher Ausdehnung  kultiviert.  Die  Pflanze  und  Faser  führen  dort 
den  Namen  Manila  Magney,  was  so  viel  als  Agave,  auf  Manila  gezogen, 
bedeutet  4). 

Kantala  ist  nach  Dewey  wertvoller  als  Henequen,  und  Bruck^) 
bemerkt,  daß  sie  häufig  bessere  Preise  als  Sisal  erziele.  Die  Prüfungen 
Deweys  haben  dargetan,  daß  Kantala  nicht  nur  ein  spezifisches  Gepräge 
an  sich  trage,  sondern  mehrfach  die  anderen  Agavefasern  an  Güte  über- 
rage. Es  sei  nur,  um  der  Kantala  größeren  Eingang  zu  verschaffen, 
wünschenswert,  daß  sie  unter  besonderem  Handelsnamen  erscheine,  um 
sich  gegenüber  Sisal  und  Henequen  zu  differenzieren.  Er  schlug  den 
Namen  Kantala  vor,  der,  wie  es  scheint,  als  Handelsbezeichnung  sich 
immer  mehr  und  mehr  durchsetzt.  Für  Java  ist  derzeit  Kantala  die 
wichtigste  Faser;  sie  wird  dort  in  weitaus  größerem  Maßstabe  als  Sisal 
gebaut. 

Die  Kultur  der  Kantala  macht  geringe  Schwierigkeit;  die  Anforde- 
rungen an  KUma  und  Boden  sind  noch  geringere  als  bei  Sisal.  Obwohl 
sie  in  trockenem  Klima  am  meisten  gedeiht,  kommt  sie  auch  in  feuchtem 
Klima  fort.  Doch  ist  zu  gedeihlicher  Entwicklung  ein  nasser  Boden  mög- 
lichst zu  vermeiden,  da  die  Wurzeln  der  Kantala  gegen  länger  andauernde 

\)  ßotan.  Jahresbericht,  1907,  III,  p.  656. 

2)  Watt,  1.  c,  p.  33.  Über  die  Pflanze,  ihre  Kultur  und  über  die  Gewinnung 
und  Verwendung  der  Faser  in  Ostindien  s.  Drummond  and  Prain,  Notes  on  Agave 
and  Furcraea  in  Bull.  Dept.  Land  Rec.  and  Agric.  Bengal.  -1905.     (Agric.  Ledger,  1906.) 

3)  Über  Agave  cantala  als  Kulturpflanze  auf  Java  s.  Brück,  1.  c. 

4)  Über  die  Kultur  und  Gewinnung  der  Kantala  auf  den  Philippinen  s.  Lab- 
hart,  I.e.  (der  aber,  wie  schon  erwähnt,  die  Pflanze  noch  für  Agave  americana 
hielt).  H.  T.  Edwards,  The  cultivatijn  of  Magney  in  the  i'hilip.  Islands.  Farmers 
Bullet.  No.  13,  Manila  1906.  Saleeby,  The  Philip.  Agric.  Rev.  111  (1910).  Brück, 
1.  c,  p.  582  f. 

5)  1.  c,   443. 


304  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Nässe  sehr  empfindlich  sind.  Auch  läßt  sie  sich  in  viel  höheren  Lagen 
noch  gut  fortbringen.  Sisal  soll  nicht  über  1200  Fuß  über  dem  Meere 
gezogen  werden;  nach  Watt^)  kommt  Kantala  noch  auf  einer  bis  6000  Fuß 
reichenden  Seehühe  fort. 

Die  Vermehrung  der  Pflanze  erfolgt  durch  Wurzelschößlinge,  welche 
sich  etwa  vom  dritten  Jahre  an  so  reichlich  entwickeln,  daß  sie  entfernt 
werden  müssen,  um  die  gute  Weiterentwicklung  der  Mutterpflanze  nicht 
zu  gefährden.  Wurzelschößlinge  von  0,5  m  Länge  werden  im  Felde 
direkt  ausgepflanzt,  kleinere,  etwa  20 — 2S  cm  lange,  werden  in  Saat- 
beeten durch  1 — 2  Jahre  kultiviert,  ehe  sie  aufs  Feld  gebracht  werden. 

Ausgewachsene  Blätter  erreichen  eine  Länge  von  1,5 — 2  m,  weshalb 
die  käufliche  Kantala  gewöhnlich  etwas  länger  als  der  käufliche  Sisal 
ist.  Die  Breite  des  Blattes  steigt  in  der  Mitte  bis  auf  14  cm.  Die 
längsten  Fasern  entsprechen,  wie  bei  allen  Agaven,  der  Mitte  des  Blattes, 
nämlich  dem  mittleren  Längsstreifen,  welcher  zwischen  der  Spitze  und 
der  Basis  des  Blattes  liegt. 

Die  Pflanzweite  entspricht  etwa  jener  des  Sisal  und  ist  geräumig 
genug,  um  wenigstens  in  den  ersten  Jahren  Zwischenkulturen  zuzulassen. 
Später  haben  die  Zwischenkulturen  zu  unterbleiben  und  ist  für  die  Ent- 
fernung von  Unkraut  und  Wurzelschößlingen  Sorge  zu  tragen.  Die 
Blätter  besitzen  nicht  nur  einen  Enddorn,  wie  die  Blätter  des  Sisal, 
sondern  sind  auch  seitlich  mit  Stacheln  besetzt.  Sowohl  der  End-  als 
die  Seitendornen  werden  bei  der  Ernte  entfernt,  hierauf  werden  die 
Blätter  gebündelt  und  in  die  Fabriken  zur  Entfaserung  gebracht.  Die 
Entfaserung  erfolgt  entweder  mittels  Raspador  oder  durch  Entfaserungs- 
maschinen,  durch  welche  das  Kantalablatt  viel  mehr  als  das  Sisalblatt 
angegriffen  werden.  Der  Entfaserung  geht  dort,  wo  maschinell  gear- 
beitet wird,  keine  Röste  voran.  Auf  den  Philippinen  ist  aber  die 
Röste  üblich,  welche  dort  so  weit  getrieben  wird,  bis  die  die  Fasern 
umgebenden  Gewebe  durch  Fäulnis  zugrunde  gegangen  sind 2).  Hier  er- 
folgt die  ganze  Fasergewinnung  häufig  noch  auf  sehr  primitive  Weise 
durch  Handarbeit.  Es  ist  begreiflich,  daß  die  hier  gewonnene  Faser 
namentlich  wegen  der  starken  Röste,  die  sonst  bei  der  Gewinnung  der 
Agavefaser  möglichst  vermieden  wird,  von  geringerer  Qualität  ist  als 
die  viel  sorgfältiger  erzeugte  Kantala  von  Java,  welche  im  wesentlichen 
nach  denselben  Verfahrungsarten  erzeugt  wird  wie  der  dort  gewonnene 
Sisal. 

Die  Kantala  kommt  in  denselben  Formen  wie  der  Sisal  in  den 
Handel,  und  es  gilt  im  allgemeinen  für  die  Zusammensetzung  der  Stränge, 


i)  1.  c,  p.  33. 

2)  Brück,  i.  c,  p.  388. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


305 


Bündel  und  Büschel  aus  Einzelfasern  dasselbe,  was  oben  beim  Sisal  an- 
geführt wurde.  Die  natürlichen  Enden  der  Fasern  sind  in  der  Regel 
nicht  mehr  erhalten,  die  Faser  nimmt  vom  oberen  zum  unteren  Ende 
an  Dicke  zu.  Im  ganzen  ist  die  Kantalafaser  besser  als  die  Sisalfaser 
erhalten,  was  im  anatomischen  Bau  dieser  beiden  Fasern  begründet  ist. 
Das  bikollaterale  Bündel,  aus  welchem  die  Sisalfaser  besteht,  neigt  zur 
Spaltung,  nicht  so  das  hemikonzentrisch  gebaute  Gefäßbündel,  aus 
welchem    die    Kantalafaser   hauptsächlich   zusammengesetzt    ist.     Dieses 


Fig.  73.    Vergr.  40U.     Hemikonzentrisches  Gefäßbündel  aus  dem  Blatte  von  Agave  cantala   mit   zentral 
gelegenem  Mestom.    x  Xylem,  mit  Schraubengefäßen  s,  pli  Phlofim  (Siebteil) ,  6  Bastzelle,  P  Parenchym 

(Mesophyll). 

Gefäßbündel  ist  durch  einen  Bastmantel  bis  zu  einer  weitgehenden  Grenze 
vor  Spaltung  und  Zerreißung  geschützt. 

Die  Büschel  der  Kantala  sind  oft  noch  länger  als  die  des  Sisal, 
was  in  der  größeren  Länge  der  Blätter  von  Agave  cantala  begründet 
ist.  Wenn  aber  die  Länge  dieser  Büschel  oder  Stränge  bis  auf  2  m 
steigt,  so  ist  damit  nicht  gesagt,  daß  die  einzelnen  Fasern  eine  solche 
Länge  erreichen.  Es  gilt  in  bezug  auf  das  Verhältnis  der  Länge  der 
Fasern  zu  dem  der  Stränge  oder  Büschel  dasselbe,  was  hierüber  bei 
Sisal  gesagt  wurde.  In  der  Dicke  und  in  der  Dickenzunahme  der  ein- 
wies n  er,  Roiistoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  20 


306 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


zelnen  Fasern    ist  gegenüber  den  Fasern  von  Sisai  kein  großer  Unter- 
'  schied    wahrzunehmen.      Die 

leichte  Spaltung  und  Zerreiß- 
barkeit  der  Sisalfasern  bringt 
es  allerdings  mit  sich,  daß  in- 
folge der  auf  diese  Art  sich 
ergebenden  Verletzungen  die 
Dickenzunahme  der  Fasern 
vom  oberen  zum  unteren  Ende 
bei  Sisal  eine  größere  Un- 
regelmäßigkeit aufweist  als  bei 
Kanlala. 

Auf  Grund  des  anatomi- 
schen Baues  der  Blätter  von 
Agave  sisalana  und  A.  can- 
tala  lassen  sich  mit  Zuhilfe- 
nahme des  Miskroskops  nach 
zwei  Richtungen  hin  durch- 
greifende Unterschiede  zwi- 
schen Sisal  und  Kantala  fest- 
stellen. Es  muß  aber  nach 
jeder  dieser  beiden  Richtungen 
mit  Vorsicht  vorgegangen  wer- 
den.    Erstens:  wie   die  anatomische    Untersuchung  lehrt,  kommen  im 


Fig.  74.  Vergr.  4U0.-  Querschnitt  durch  das  hemikonzen- 
trische  Bündel  von  Agave  cantala  mit  stark  exzentrisch 
gelegenem  Mestom.  x  Xylem  mit  Schraubengefäßen  .■>•, 
ph  Phlo6m  (Siebleil  desselben),  P  Parenchym  (Mesophyll). 


Fig.  75.   Vergr.  4U0.    Einfaches  Bastbündel  aus  dem  Blatte  von  Agave  cantala.    b  Bastzellen,  P  Parenchym 

(Mesophyll). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Pasern. 


307 


Blatte    von    A.   sisalana   vorwiegend    kollaterale    Bündel   vor   und   nur 


konzentrische  oder  Bildungen,  welche  zu  der  hemikonzentrischen 
Ausbildung  neigen.  Hingegen  herrschen  bei  A.  cantala  die  hemikonzen- 
trischen Bündel  vor.  Im  Sisal  fehlen  die  hemikonzentrischen  Bündel 
entweder  ganz  oder  sind  nur  spärlich  vorhanden,  während  sie  in  der 
Kantala  vorherrschen.  Es  ist  schon  früher  darauf  aufmerksam  gemacht 
worden,  daß  beim  Trocknen  der  Faser  die  hemikonzentrischen  Bündel 
durch  Eintrocknung  des  Weichbastes  von  einem  lufterfüllten  Kanal  durch-^ 
zogen  erscheinen.     Solche  hohle  Bündel  können  bei  Sisal  sparsam  vor- 


Fig. 


iC.     Vergr.  400.     Querschnitt  durch  die  infolge  Eintrocknens  des  Weichbastes  hohl  gewordene  Faser 
von  Agave  cantala.     x  Xylem  mit  Gefäßen,  b  Bastzelleii,  h  Hohlraum. 


auftretenden  mikroskopischen  Bestandteil.  Zweitens:  Die  Dimensionen 
der  Bastzellen  lassen  sich  bei  Beachtung  bestimmter  Vorsichtsmaßregeln 
zur  Unterscheidung  von  Sisal  und  Kantala  heranziehen,  obgleich  die  Dicke 
sowohl  als   auch  die   Länge  dieser  Zellen  je   nach   der  Lage  im  Blatte 


Es  ist  schon  oben  (p.  294)  gezeigt  worden,  wie  man  imstande  ist, 
die  Länge  der  Bastzellen,  bestimmten  Partien  der  Fasern  entnommen, 
zur  Unterscheidung  der  Kantala  von  Sisal  zu  benutzen.  Wenn  man 
nämlich  die  längsten  Fasern  eines  Büschels,  welche  etwa  der  Länge  des 

20* 


308  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Blattes  entsprechen,  aussucht  und  in  der  mittleren  Partie  dieser  Fasern 
die  Länge  der  Bastzellen  bestimmt,  so  erhält  man  bei  Kantala  eine  Länge 
von  i,5 — 2,6,  bei  Sisal  eine  Länge  von  2,4  —  4,4  mm. 

Wie  bei  allen  Agavefasern  kommen  auch  in  der  Kantala  einfache 
Baststränge  vor  (Fig.  75). 

Kantala  gilt  als  die  beste  der  Agavefasern,  sie  ist  weißer,  flexibler 
und  weicher  als  Sisal  und  Henequen.  Dewey  rühmt  insbesondere  das 
javanische  Produkt.  Die  besten  Sorten  erzielen  höhere  Preise  als  die 
besten  Sorten  von  Sisal. 

Die  Faser  von  Agave  fourcrojdes  (Henequen). 

Die  Faser  von  Agare  fourcroydes  ist  die  älteste  Agavefaser  des 
Handels,  sie  wird  seit  langer  Zeit  aus  Mexiko,  insbesondere  aus  Yukatan, 
aber  gegenwärtig  auch  aus  andern  mexikanischen  Staaten  (Campeche, 
Chiapas,   Sinaloa,   Tamaulipas)   und   aus  Kuba  in   den   Handel  gebracht. 

Die  Pflanze  kommt  auf  den  trockensten  Gründen  fort  und  gedeiht 
am  besten  auf  vulkanischen  Böden.  Die  Vermehrung  erfolgt  durch 
Wurzelschößlinge.  Die  Blätter  erreichen  eine  Länge  von  -1,5 — 2,5  m, 
werden  in  verschiedenem  Reifezustande  geernlet  und  geben  deshalb 
Fasern  von  sehr  ungleicher  Güte.  Auch  die  Gewinnuugsweise  übt  auf 
die  Qualität  des  Produkts  einen  großen  Einfluß  aus.  Die  Blätter  werden 
vor  der  Fasergewinnung  entweder,  in  Bündel  zusammengefaßt,  einer 
Kaltwasserröste  unterzogen,  sodann,  geklopft  und  auf  primitive  Weise 
durch  Handarbeit  die  Fasern  abgeschieden  oder  ohne  vorhergegangene 
Röste  durch  Maschinenarbeit  entfasert.  Die  durch  Röste  gewonnene 
Faser  ist  weniger  gut  als  die  ohne  Röste  erzeugte. 

Im  Handel  erscheint  Henequen  in  Form  von  Büscheln  und  Strängen, 
welche  ganz  in  derselben  Weise  wie  die  Stränge  und  Büschel  von  Sisal 
und  Kantala  aufgebaut  sind,  Fasern  von  sehr  verschiedener  Länge  ent- 
halten, deren  schmale  Enden  nach  einer,  deren  breite  Enden  nach  der 
andern  Seite  gewandt  sind.  Im  großen  ganzen  nimmt  die  Breite  der 
Faser  vom  oberen  (schmalen)  gegen  das  untere  (breite)  Ende  zu,  aber 
sehr  unregelmäßig.  Namentlich  an  geringen  Sorten  ist  die  Faser  nicht 
nur  an  vielen  Stellen  gespalten,  sondern  auch  zerrissen. 

Diese  Zustände  der  Faser  haben  Ähnlichkeit  mit  jenen,  die  wir 
beim  Sisal  kennen  lernten,  und  haben  auch  denselben  anatomischen 
Grund.  Die  Fasern  entsprechen  nämlich  vorwiegend  kollateral  gebauten 
Gefäßbündeln,  welche  zumeist  nach  außen  und  innen  hin  in  zwei  ge- 
trennten Partien  dichtes,  festes  Bastgewebe  führen,  zwischen  welchem 
die  mechanisch  schwächeren  Gewebe  (Weichbast  und  Xylem)  gelegen 
sind,   die   bei   der   mechanischen  Bearbeitung   stark   angegriffen   werden, 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  309 

wodurch  es  zu  Spaltungen  der  Fasern  und  andern  mechanischen  Insulten 
kommt.  In  bezug  auf  den  Durchmesser  und  die  Wandverdickung  unter- 
scheiden sich  die  Bastzellen  von  Henequen,  Sisal  und  Kantala  nicht  oder 
wenigstens  nicht  auffällig  und  in  betreff  ihrer  Länge  stimmen  sie  sehr 
nahe  mit  der  Bastzelle  des  Sisal  überein.  Man  sieht  also,  daß  im  ana- 
tomischen Bau  und  dementsprechend  auch  in  mancher  Eigenschaft  eine 
große  Ähnlichkeit  zwischen  Sisal  und  Henequen  besteht,  was  auf  die 
natürliche  Verwandtschaft  der  diese  Fasern  liefernden  Pflanzen  hinweist, 
welche  von  manchen  Botanikern  nicht  als  besondere  Spezies,  sondern 
als  Varietäten  einer  und  derselben  Art  angesehen  werden  (s.  oben  p.  287 
und  p.  297). 

Je  nach  dem  Reifezustand  des  geernteten  Blattes  und  nach  der 
Gewinnungsweise  fallen  die  Handelsprodukte  sehr  verschieden  aus.  Die 
minderen  Sorten  sind  gelblich  gefärbt,  hart  und  brüchig,  während  die 
besten  Sorten  weißlich,  weich  und  geschmeidig  sind.  Diese  Sorten  sind 
nach  den  modernen  rationellen  Methoden  der  Entfaserung  und  Reinigung 
der  Fasern  hergestellt,  und  so  hat  es  den  Anschein,  daß  sich  Sisal  von 
Henequen  weniger  durch  spezifische  Eigentümlichkeiten,  als  durch  die 
Art,  wie  die  Ernte  und  Entfaserung  vorgenommen  wurde,  unterscheidet. 
Ich  habe  noch  zu  bemerken,  daß  ich  zur  Untersuchung  der  anatomischen 
Verhältnisse  der  Fasern  von  Agave  americajia,  sisalana  und  cantala 
nicht  nur  diese,  sondern  auch  die  Blätter  der  Stammpflanze  benutzen 
konnte.  Hingegen  gelang  es  mir  nicht,  die  Blätter  von  A.  fourcroydes 
zu  erhalten,  und  alle  oben  angegebenen  histologischen  Eigentümlichkeiten 
der  Henequen-Faser  wurden  nur  an  dem  Fasermaterial  festgestellt,  welches 
mir  Prof  Dewey  zur  Verfügung  stellte.  Die  histologischen  Kennzeichen 
der  Henequen-Faser  konnten  also  nicht  mit  jener  Sicherheit  festgestellt 
werden  wie  bei  den  drei  oben  genannten  Fasern,  bei  welchen  die  Iden- 
tität des  Handelsproduktes  mit  der  Faser  der  Stammpflanze  völlig  klar- 
gelegt werden  konnte. 

Aus  den  mitgeteilten  Daten  über  die  histologischen  Eigentümlich- 
keiten der  Fasern  von  Agave  amerieana,  sisalana  und  cantala  kann 
mit  voller  Sicherheit  abgeleitet  werden,  daß  sich  diese  drei  Fasern  unter- 
scheiden lassen.  Durch  die  Form  und  Verdickungsweise  der  Bastzellen 
kann  man  sicher  unterscheiden  zwischen  Agave  amerieana  einerseits 
und  A.  sisalana  und  cantala  andererseits.  Im  Querschnitt  wird  man 
augenblicklich  zwischen  Sisal  und  Kantala  unterscheiden  können  durch 
den  Reichtum  bikollateraler  Bündel  bei  ersterem  und  durch  den  Reich- 
tum hemikonzentrischer  Bündel  bei  der  letzteren. 

Nach  den  bisherigen  Untersuchungen  scheint  sich  Henequen  nur 
sehr  wenig  von  Sisal  zu  unterscheiden,  und  es  werden  später  mit  Rück- 
sichtnahme auf  die  Anatomie  des  Blattes  der  Stammpflanze  durchgeführte 


310  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Prüfungen  lehren,  ob  sichere  Unterschiede  zwischen  Sisal  und  Henequen  — 
die  beiden  letzten  im  Sinne  unserer  Terminologie  genommen  —  bestehen. 
Insofern  ist  jetzt  schon  eine  Übereinstimmung  der  Kennzeichen  von  Sisal 
und  Henequen  anzunehmen,  als  in  beiden  die  hemikonzentrischen  Bündel 
entweder  fehlen  oder  nur  sehr  spärlich  auftreten,  was  auf  eine  Über- 
einstimmung im  anatomischen  Bau  des  Blattes  von  Agave  sisalana  und 
fourcroydes  hinzuweisen  scheint.  Bei  Agave  sisalana  wurde  sicherge- 
stellt, daß  hemikonzentrische  Bündel  nur  am  Rande,  insbesondere  in 
der  Spitzenregion  des  Blattes  auftreten.  Auf  diese  Weise  wird  es  er- 
klärlich, daß  hemikonzentrische  Bündel  auch  im  Sisal  vorkommen  können. 
Da  dieselben  spärlich  auch  im  Henequen  zu  finden  sind,  so  läßt  sich 
annehmen,  daß  die  Blätter  von  A.  fourcroydes  in  bezug  auf  den  Bau 
der  Gefäßbündel  mit  den  Blättern  von  A.  sisalana  übereinstimmen. 

Ehe  ich  darangehe,  die  Fasern  einiger  der  oben  (p.  291)  namhaft  ge- 
machten in  Amerika  gewonnenen  und  hauptsächlich  dort  verwendeten 
Fasern  auf  Grund  eines  mir  zugänglich  gemachten  Untersuchungsmaterials 
zu  charakterisieren,  sei  hier  noch  auf  zweierlei  hingewiesen:  erstlich  auf 
jene  Eigentümlichkeiten,  welche  allen  Agavefasern  zukommen,  und  so- 
dann auf  einige  unter  Umständen  zur  Charakteristik  der  Fasern  heran- 
zuziehende Besonderheiten,   welche  bisher  noch  nicht  erwähnt  wurden. 

Den  Hauptbestandteil  der  Agavefasern,  mögen  dieselben  Gefäßbündel 
oder  einfache  Basistränge  sein,  bilden  Bastzellen,  welche  in  allen  zur 
Handelsware  gewordenen  Fasern  kurz  und  mehr  oder  weniger  dickwandig 
sind.  Wenn  in  der  Faser  Gefäße  (Ring-,  Schrauben-  und  Netzgefäße) 
meist  nur  spärlich  vorkommen,  so  liegt  der  Grund  hierfür  nicht  nur 
darin,  daß  der  Gefäßteil  des  Gefäßbündels  im  Blatte  der  Agaven  gewöhn- 
lich nur  schw^ach  ausgebildet  ist,  sondern  ist  auch  auf  den  Umstand  zu- 
rückzuführen, daß  bei  der  Fasergewinnung  die  Gefäße  stark  angegriffen 
und  relativ  reichlich  entfernt  werden.  Nur  bei  starker  Ausbildung  hemi- 
konzentrischer  Gefäßbündel  (Kantala)  bleiben  die  Gefäße  verhältnismäßig 
reichlich  erhalten.  Neben  Bastzellen  und  Gefäßen  führen  die  Agavefasern 
auch  Bastparenchymzellen,  welche  nicht  selten  Kristalle  von  Kalkoxalat 
enthalten.  Durch  Jodlüsung  werden  die  Bastzellen  aller  Agavefasern  gelb, 
auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  bräunlich  gefärbt.  Anilinsulfat  ruft  an 
allen  Agavefasern  Gelbfärbung,  Phlorogluzin  -1-  Salzsäure  Rotviolettfärbung 
hervor.  Alle  Agavefasern,  selbst  die  besten,  weißesten,  sind  somit  ver- 
holzt. Auf  den  Grad  der  Verholzung  bei  verschiedenen  Agavefasern 
komme  ich  später  zurück.  Durch  Kupferoxydammoniak  nehmen  die 
Bastzellen  aller  Agavefasern  eine  bläuliche  Färbung  an,  wobei  eine  schwache 
Quellung  sich  einstellt.  Lufttrocken  führen  die  Agavefasern  9 — 1 2  Proz. 
Wasser.  Im  Maximum  der  Sättigung  steigert  sich  der  Wassergehalt  bis 
auf  30  Proz.  und    darüber.      Die  Agavefasern    sind   somit    sehr   hygro- 


I 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  311 

skopisch.  Die  Aschenmenge  beträgt  etwa  2  Proz.  ('1,8—2,5)  und  ent- 
hält fast  regelmäßig  prismatische  Pseudokristalle  von  Kalk,  die  bei  der 
Veraschung  aus  oxalsaurem  Kalk  hervorgegangen  sind.  .  Diese  Pseudo- 
kristalle verwandeln  sich  auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  in  Gipsnadeln. 
Durch  diese  geformten  Einschlüsse  der  Asche  lassen  sich  die  Agavefasern 
vom  Manilahanf  leicht  unterscheiden,  dessen  Asche  keine  Pseudokristalle 
von  Kalk,  wohl  aber  Stegmata  (s.  oben  p.  283)  enthält. 

Verholzungsgrad  der  Agavefasern.  Wie  schon  angegeben 
wurde,  sind  die  Fasern  aller  von  mir  untersuchten  Agavefasern  verholzt 
befunden  worden.  Ich  fand  mit  Ausnahme  der  unten  kurz  charakteri- 
sierten Dispopofaser,  welche  durch  Phlorogluzin  +  Salzsäure  nur  sehr 
schwach  gefärbt  wird,  alle  anderen  Agavefasern  stark  verholzt,  indem 
sie  durch  Phlorogluzin  +  Salzsäure  sehr  intensiv  rotviolett  gefärbt 
werden.  Zahlenmäßig  wurde  der  Verholzungsgrad  nach  der  Graf  eschen 
Methode  (s.  oben  p.  44)  nur  an  drei  Agavefasern  untersucht,  an  Kantala, 
an  Sisala  und  an  Dispopo.  Setzt  man  den  Ligningehalt  der  Jute  =  4, 
so  erhält  man  für  diese  drei  Fasern  die  Vergleichswerte  0,9,  0,8,  0,15. 
Ob  der  geringe  Verholzungsgrad  der  Dispopofaser  eine  angeborene 
Eigenschaft  oder  im  Röstverfahren  begründet  ist,  konnte  ich  nicht  ent- 
scheiden, da  mir  nur  die  Faser,  nicht  aber  die  Blätter,  welche  diese 
Faser  liefern,  zu  Gebote  standen.  Ob  der  Verholzungsgrad  diagnostisch, 
nämlich  zur  Unterscheidung  einiger  Agavefasern  verwendet  werden  kann, 
müssen  spätere  Untersuchungen  erweisen. 

Höhe  der  Doppelbrechung  der  Agavefasern.  Es  wurde  schon 
oben  (p.  1 4)  angegeben,  daß  die  Fasern  des  Blattes  von  Agave  ameri- 
cana  sich  durch  eine  sehr  geringe  Höhe  der  Doppelbrechung  auszeichnen. 
Die  Höhe  der  Doppelbrechung,  y — a,  ist  bei  dieser  Faser  (=  1,530  —  1,522 
=  0,008)  der  kleinste  Wert,  welcher  bezüglich  dieser  optischen  Eigen- 
schaft an  einer  Pflanzenfaser  gefunden  wurde. 

Ich  habe  mich,  um  die  Höhe  der  Doppelbrechung  bei  den  drei 
wichtigsten  Agavefasern  des  Handels,  bei  Henequen,  Sisal  und  Kantala, 
kennen  zu  lernen,  an  Herrn  Dr.  Alfred  Himmelbauer,  Assistent  an  der 
petrographischen  Lehrkanzel  der  Wiener  Universität,  mit  der  Bitte  ge- 
wendet, die  betrefl'enden  Bestimmungen  vorzunehmen.    Es  wurde  gefunden: 

y—(i  für  Henequen  (Agave  fourcroydes)  ■1,546  — -1,519  =  0,027 
»        >    '^isa\  (A.  sisalana)  1,543  —  1,521=0,022 

»        »    Kantala  (A.  cantala)  1,547  —  1,522  =  0,025 

Wie  man  sieht,  ist  die  Höhe  der  Doppelbrechung  bei  diesen  drei 
Fasern  auch  eine  geringe,  wenn  auch  nicht  so  exzeptionell  niedrig,  wie 
bei  der  Faser  von  A.  americana.  Die  gefundenen  Werte  stimmen  aber 
so  nahe  miteinander  überein,    daß   die  Höhe   der  Doppelbrechung  wohl 


312  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

kaum  zur  Unterscheidung  der  drei  genannten  Arten  von  Agavefasern 
benutzt  werden  kann. 

Zur  Charakteristik  einiger  weniger  häufig  vorkommender 
Agavefasern  des  amerikanischen  Handels.  Die  nachstehend  mit- 
geteilten Daten  beziehen  sich  auf  Agavefasern,  welche  ich  Herrn  Prof. 
Lyster  Dewey  verdanke  i). 

Tequila.  0,480  cm  lang,  beiderseits  abgeschnitten.  Faser  rund, 
glatt,  am  oberen  Ende  bis  96  /<,  am  unteren  Ende  bis  128  ^<.  Bastzelle 
sehr  dickwandig.  Fast  rein  weiß.  Gefäßbündel  kollateral,  vereinzelte 
auch  hemikonzentrlsch.     Stark  verholzt. 

Zapupe  Azul  (Z.  fina).  Länge  der  Faser  =  0,950  m,  beiderseits 
abgeschnitten.  Faser  sehr  ungleichmäßig,  häufig  bandförmig.  Bastzellen 
dickwandig.  Gelblichweiß.  In  dieser  Faser  wurden  nur  kollaterale  Gefäß- 
bündel gefunden.     Stark  verholzt. 

Tula  Ixtle.  Länge  der  Faser  0,4(50  m,  beiderseits  abgeschnitten, 
oben  bis  20  /<,  unten  bis  55  fi.  Faser  rund,  glatt,  ziemlich  gleichmäßig 
von  oben  nach  unten  zunehmend.  Bastzellen  sehr  dickwandig.  Farbe 
leicht  gelblich  bis  lichtbräunlich.  Gefäßbündel  zumeist  kollateral,  doch 
auch  vereinzelt  hemikonzentrlsch  oder  doch  mit  Neigung  zu  hemikon- 
zentrischer  Ausbildung.  Mäßig  verholzt  (stärker  als  Dispopo,  schwächer 
als  Sisal). 

Guspilla.  Länge  0,450  m,  beiderseits  abgeschnitten,  oben  bis  80  n, 
unten  bis  192 /<  dick,  sehr  fein,  gleichmäßig,  doch  im  Mikroskop  an 
den  Grenzen  rauh,  gleichmäßig  in  der  Dickenzunahme.  Es  wurden  nur 
kollaterale  Gefäßbündel  gefunden.     Stark  verholzt. 

Dispopo.  Länge  0,92  m,  beiderseits  abgeschnitten,  im  Vergleich  zu 
allen  anderen  Agavefasern  überaus  weich,  seidenglänzend,  Fasern  mehr 
wellig  als  gerade  gestreckt,  gelblich,  sehr  schwach  verholzt  (s.  oben 
p.  3'H).     Es  wurden  nur  kollaterale  Gefäßbündel  gefunden. 

Jaumave  ixtle 2)  von  Agave  Funkeana  Koch  et  Bouche,  welche 
in  den  Hochgebirgstälern  in  der  Nähe  von  Jaumave  (Mexiko)  vorkommt. 
Länge  0,852  m,  beiderseits  abgeschnitten,  oben  bis  120,  unten  bis  560  //. 
Bastzellen  nicht  stark  verdickt,  etwa  wie  bei  Agave  america7ia.,  häufig 
mit  bräunlichem  Inhalte.  Faser  hart,  steif,  glatt.  Es  wurden  bloß  kol- 
laterale Bündel  gefunden.     Stark  verholzt. 


1)  Über  die  Agavearten,   welche  diese  Fasern  liefern,   und   über  deren  Haupt- 
produktionsgebiet s.  oben  p.  29). 

2)  Fehlt  in  der  Zusammenstellung  p.  291. 


Siebzelinter  Abschnitt.     Fasern.  313 

2().  Mauntiusliaiif. 

Im  vorangegangenen  Paragraphen  wurde  darauf  hingewiesen,  wie 
viele  Spezies  der  Gattung  Agave  zur  Fasergewinnung  verwendet  werden. 

Unter  diesen  Pflanzen  befindet  sich  ein  früher  als  Agave,  später  als 
Fourcroya  beschriebenes  Gewächs,  welches  den  Mauritiushanf  liefert, 
der  immerhin  eine  gewisse  Bedeutung  erlangt  hat^). 

Sämtliche  Fouixroya- Avien  gehören  dem  tropischen  Zentralamerika 
an.  Die  Spezies,  welche  den  Mauritiushanf  liefert,  ist  als  F.  foetida 
(=  F.  gigantea)  beschrieben  worden.  Sie  bildet  wohl  einen  ober- 
irdischen Stamm  aus,  aber  es  dienen  auch  hier  wie  bei  den  mit  grund- 
ständigen Blattrosetten  versehenen  Agaven  die  Blätter  als  Rohmaterial, 
aus  welchem  die  Faser  abgeschieden  wird. 

Diese  Pflanze  hat  sich  mit  Ende  des  achtzehnten  Jahrhunderts  in 
zahlreichen  Tropengebieten  der  alten  Welt  ausgebreitet,  seit  1750  auch 
auf  Mauritius,  wo  sie  teils  verwildert  vorkommt,  teils  im  Plantagen- 
betriebe kultiviert  und  als  Faserpflanze  ausgebeutet  wird. 

Die  Pflanze  bildet,  wie  viele  Agave-Arien,  am  Blütenstande  zahlreiche 
Bulbillen,  welche  zu  ihrer  Vermehrung  dienen.  Die  Blätter  erreichen 
eine  Länge  von  i,5 — 2,5  m;  sie  werden  vom  dritten  Jahre  an  geerntet. 
Kultur  der  Pflanze  und  Fasergewinnung  stimmen  fast  genau  mit  der  Art 
und  Weise  überein,  welche  wir  beim  Sisalhanf  kennen  gelernt  haben. 
Die  Fasergewinnung  wird  auch  hier  entweder  mit  der  Hand  oder  mittels 
Maschinen  vollzogen.  Wie  bei  Sisal  ist  auch  beim  Mauritiushanf  Waschen 
und  späteres  Trocknen  erforderlich,  wenn  man  ein  gut  aussehendes  Pro- 
dukt erzielen  will. 

Mauritiushanf  wird  jetzt  noch  in  andern  Ländern  gewonnen,  unter 
anderem  auch  in  Deutsch-Ostafrika  2)  (bei  Dar-es-Salam)  und  in  West- 
afrika, wo  die  Hamburger  Pflanzungsgesellschaft  »Bibundi«  Mauritius- 
hanf baut  und  gewinnt  3). 

Die  Faser  weicht  im  Aussehen  von  Sisal  nicht  ab.  Nach  Gürcke 
ließ  sich  ein  mikroskopischer  Unterschied  zwischen  diesen  beiden  Fasern 
nicht  finden. 

Wie  Fourcroya  foetida  wird  F.  cubensis  in  Westindien  —  hier 
»Cajun«  genannt  —  auf  Faser  ausgebeutet. 


•1)  Über  Mauritiushanf  s.  Gürcke,  Zeitschrift  für  die  gesamte  Textilindustrie 
1898/1899.  Nr,  29.  S.  auch  Dodge,  1.  c,  p.  169,  wo  die  Vüa.nze  Fureraea  gigantea 
genannt  wird. 

2)  Engler,  Die  Pflanzenwelt  Ostafrikas  B.  1895.  Notizblatt  des  kgl.  bot.  Gar- 
tens und  Museums  in  Berlin  1896. 

3)  Tropenpflanzer,  XII  (1908),  p.  532,  wo  ausdrücklich  hervorgehoben  wird,  daß 
es  sich  um  die  Faser  von  Fourcroya  gigantea  handle. 


.'314  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

F.  V.  Hühnel  beschreibt  als  Mauritiushanf  die  Faser  von  Aloe  per- 
foliata  und  bildet  dieselbe  auch  ab  (Mikroskopie  der  Faserstoffe,  1 905,  p.  67). 
Seine  Beschreibung  der  Faser  stimmt  vollständig  mit  meiner  Beschrei- 
bung der  Aloefaser  (Rohstoffe,  1.  Aufl.  1873,  p.  431)  überein,  so  daß 
kein  Zweifel  besteht,  daß  das,  was  er  als  Mauritiushanf  beschreibt,  iden- 
tisch ist  mit  jener  Faser,  die  ich  als  die  Faser  von  Aloe  perfoliata  be- 
schrieben habe.  In  den  Handelsnamen  der  überseeischen  Fasern  herrscht 
vielfach  eine  starke  Verwirrung,  so  daß  es  erklärlich  wird,  wenn 
V.  Hühnel  unter  dem  Namen  »Mauritiushanf«  eine  Faser  in  die  Hand 
bekam,  die  nicht  von  Fourcroya,  sondern  von  Aloe  abstammt.  Die  Ab- 
leitung des  Mauritiushanfs  von  Aloe  ist  in  andere  neuere  Schriften  über- 
gegangen. Meine  Gewährsmänner  für  die  botanische  Provenienz  des 
Mauritiushanfs  sind  in  den  Noten  1 )  und  2)  p.  313  genannt.  Über  die 
Faser  von  Aloe  yerfoliata  s.  weiter  unten  in  dem  der  Aloefaser  gewid- 
meten Paragraphen. 

27.  Phormiumfaseri)  (Neuseeländischer  Flachs). 

Die  neuseeländische  Flachslilie,  Phormium  tenax,  wurde  in  Neu- 
seeland entdeckt,  ist  aber  später  auch  auf  der  Norfolkinsel  und  in  ver- 
schiedenen Teilen  Australiens  aufgefunden  worden.  Als  Topf-  und  Garten- 
zierpflanze ist  sie  nunmehr  allgemein  bekannt.  Die  Bastfasern  der  Blätter 
dieser  Pflanze  werden  in  Neuseeland  seit  alter  Zeit  zur  Verfertigung  von 
Bekleidungsstoffen,  Seilen  usw.  verwendet.  Die  ersten  Nachrichten  über 
diese  durch  große  Festigkeit  und  Widerstandskraft  ausgezeichneten  Fasern 
gab  Cook,  welcher  bekanntlich  im  Jahre  1769  Neuseeland  im  Namen 
Englands  in  Besitz  nahm  2).  Bald  darauf  wurde  neuseeländischer  Flachs 
in  England  Handelsgegenstand.  Seit  dieser  Zeit  hat  man  vielfache,  zum 
Teil  von  Erfolg  gekrönte  Versuche  gemacht,  die  Stammpflanze  in  den 
verschiedensten  Ländern  zu  kultivieren.  Am  besten  gelang  die  Akklima- 
tisierung von  Phorinium  tenax  in  Neusüdwales,  wo  schon  in  den  dreißiger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  der  Anbau  der  Pflanze  in  so  großem 
Maßstabe  betrieben  wurde,  daß  die  dort  dargestellte  Faser  als  Handels- 
artikel nach  England  gebracht  werden  Iconnte^).  In  Neusüdwales  gedeiht 
die  neuseeländische  Flachslilie  ausgezeichnet.  Die  neueren  Erfahrungen 
haben  gelehrt,  daß  in  diesem  Lande  der  Bodenertrag  an  Fasern  noch 
größer  als  in  Neuseeland  ist.  Ein  Acre  Landes  gibt  nach  18  Monaten 
schon  drei  Tonnen  Rohfasern,  in  den  darauffolgenden  Jahren   soll  aber 


i)  Neuere  Literatur:  Hector,  Sir  James,  Phormium  tenax  as  a  Fibrous  Plant. 
New  Zealand  i889.     Semler,  1.  c,  p.  729.     Dodge,  1.  c,  p.  261ff. 

2)  Cook,  An  account  of  the  voyages  etc.     London,  III  (-1778),  p.  39. 

3)  Bennet,  Wandering  in  New  South  Wales.     London  1834,  I;  p.  72. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  315 

die  gewonnene  Fasermenge  eine  noch  größere  sein^).  Auch  in  Britisch- 
Ostindien,  auf  Mauritius  und  in  Natal  ist  die  Akklimatisation  der  Pflanze 
gelungen  und  die  Fasergewinnung  wird  in  den  genannten  Ländern  auch 
im  großen  betrieben  2),  Die  sehr  zahlreichen  in  neuester  Zeit  mit  der 
Flachslilie  in  den  Vereinigten  Staaten  unternommenen  Versuche  scheinen 
keinen  großen  Erfolg  erzielt  zu  haben.  Auch  die  Vorschläge  Cooks, 
Phormium  tenax  als  Gespinstpflanze  in  England  einzuführen,  ergaben 
kein  praktisches  Resultat 3),  Wenn  auch  die  Anpflanzung  in  einigen 
anderen  Ländern  Europas  gelingt,  z.  B.  in  Frankreich,  Dalmatien^),  so 
sei  damit  nicht  gesagt,  man  könne  dort  mit  Vorteil  neuseeländischen 
Flachs  gewinnen. 

Die  Einfuhr  guter  und  weitaus  billigerer  anderweitiger  Faserstoffe 
hat  eine  Zeit  hindurch  schädigend  auf  den  Verbrauch  der  Faser  gewirkt. 
So  wurde  in  den  Vereinigten  Staaten  der  neuseeländische  Flachs  in 
neuester  Zeit  durch  Sisalhanf  verdrängt  (Semler).  Auch  die  geringe 
Widerstandskraft  der  Phormiumfasern  gegen  langandauernde  Wirkung 
des  Wassers,  welche  das  Verbot  der  englischen  Marine,  aus  neuseelän- 
dischem Flachs  verfertigte  Schiffstaue  zu  verwenden,  zur  Folge  hatte, 
schränkte  die  Einfuhr  beträchtlich  ein.  Die  in  mehrfacher  Beziehung 
unübertroffenen  Eigenschaften  dieser  Faser  lassen  aber  doch  hoffen,  daß 
sich  ihre  Anwendung  wieder  steigern  werde,  falls  durch  zweckmäßigen 
maschinellen  Betrieb  ihre  Herstellung  sich  verbilligen  sollte.  In  neuester 
Zeit  ist  tatsächlich  wieder  ein  Aufschwung  im  Gebrauch  und  im  Handel 
dieser  Faser  festgestellt  worden,  so  daß  der  neuseeländische  Flachs 
wieder  in  der  Reihe  der  am  stärksten  verwendeten  Hartfasern  steht  (s. 
oben  p.  24). 

In  Neuseeland  und  Australien,  der  Heimat  und  noch  immer  dem  Haupt- 
produktionsgebiet des  neuseeländischen  Flachses,  werden  einerseits  durch 
Verbilligung  der  Darstellung,  anderseits  durch  neue  Verwendungsarten 
verschiedene  Varietäten  von  Phormium  tenax  unterschieden.  Die  festeste 
Faser  liefert  die  Form  »Tihore«,  welche  aber  fruchtbaren  Boden  und  gute 
Kultur  erfordert.  Die  feinste  Gespinstfaser  liefert  die  Form  »Rataroac. 
Für  Kultur    im  flachen   Lande    eignet    sich    die    Form    »Harake*    oder 


1)  Offic.  Osten-.  Bericht  über  die  Pariser  Ausstellung  1867,  V,  p.  346  fr. 

2)  Offic.  österr.  Ausstellungsbericht,  1.  c,  p.  350.  Nach  Watt,  Econ.  Prod.  of 
India,  III,  196,  auch  auf  St.  Helena.  —  In  Deutsch- Ostafrika  (Amani)  wurden  in 
neuester  Zeit  Versuche  über  die  Kultur  von  Phormiuni  tenax  als  Faserpflanze  an- 
gestellt, welche  aber  ein  sehr  ungünstiges  Resultat  ergaben.  S.  hierüber  A.  Zimmer- 
mann, Der  Pflanzer  IV  (1908),  p.  8. 

3)  Meyen,  Pflanzengeographie.  Berlin  1836,  p.  474.  Vgl.  bezüglich  Irland 
Dodge,  1.  c. 

4)  Meyen,  1.  c.     Vgl.  rücksichtl.  des  südl.  Frankreich  auch  Dodge,  1.  c. 


316 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


»Harakake«,  für  das  Gebirge  die  Form  >Paritanewha€  (Paretaniwa)i).  Es 
werden  auch  wildwaciisende  Pflanzen  ausgebeutet,  welche  in  den  Heimal- 
ländern noch  immer  massenhaft,   besonders  an  Flußufern   vorkommen. 

Die  Blätter  des  Phormium  tenax  haben  eine  Länge  von  1 — 2  m 
und  eine  Breite  von  mehreren  Zentimetern.  Das  Gefäßbündelgewebe  ist 
im  Blatte  der  Pflanze  so  reich  entwickelt,  daß  die  Angabe,  man  könne 
aus  ihm  22  Proz.  Rohfaser  erhalten 2),  nicht  unwahrscheinlich  ist. 

Der  anatomische  Bau  des  Blattes  von  Phormium  tenax  ist 
nebenstehender  Figur  (Fig.  77)  zu  entnehmen.  Innerhalb  des  Haut- 
gewebes (o)  liegt  das  ganz  aus  Parenchym  zusammengesetzte  Grund- 
gewebe (Mesophyll)  des 
Blattes     ipp')'        Dieses 


chlorophyllos  (p' ),  zum 
Teil  chlorophyllhaltig  ^_pA 
In  diesem  parenchymati- 
schen  Grundgewebe  hat 
man  dreierlei  Strangge- 
webe zu  unterscheiden: 
erstensgroße  Gefäßbündel 
mit  je  zwei  Bastbelegen, 
zweitens  kleine  Gefäß- 
bündel mit  je  einem  Bast- 
beleg und  drittens  ein- 
fache Baststränge  f  6^.  In 
den  beiden  ersteren,  zwi- 
schen bzw.  neben  den 
Bastbelegen,  liegt  der  der 
Ernährung  dienende  Gefäßbündelanteil  (Mestom).  Die  Gefäßbündel  sind  von 
parenchymatischen  Scheiden  (Gefäßbündelscheiden)  umgeben.  Die  Bast- 
bündel  und  die  Bastbelege  dienen  der  Festigkeit  des  Blattes,  sie  bilden  deren 
mechanisches  Gewebe.  Bei  der  Darstellung  der  technischen  Faser  handelt 
es  sich  nun  darum,  diese  mechanischen  Gewebe  abzuscheiden  und  von 
den  übrigen  Geweben  zu  trennen.  Beachtet  man  die  anatomischen  Ver- 
hältnisse des  Blattes,  so  wird  es  klar,  daß  es  kaum  möglich  ist,  die 
Bastgewebe  von  den  benachbarten  Geweben  vollkommen  zu  reinigen. 
Am  leichtesten  wäre  dies  rücksichtlich  der  einfachen  Baststränge  (b)  zu 
erreichen,    denn   diese   hat   man   nur  von    dem  Parenchym    zu  befreien. 


Fig.  77.    Vergr.  35.     Schematischer  Querschnitt  durch  die  dünnere 

Partie  des  Blattes  von  Phormium  tenax. 
0  0  Hantgewebe.  B  m  B  von  Parenchymscheiden  umgebene  Ge- 
fäßbündel. BB  Bastbelege,  m  Mestom  dieser  Gefäßbündel. 
i; g  kleinere  Gefäßbündel  mit  je  einem  Baslbeleg,  mit  Mestom 
und  Parenchymscheide.  b  h  einfa,che  Baststränge,  p  +  p'  Grund- 
gewebe des  Blattes  (Mesophyll),  p  grünes,  p'  farbloses  Paren- 
chym.   (Nach  Schwendener.) 


1)  Über  diese  und  andere  Kultiulormen  von  Phormium  tenax  s.  Dodge,  1.  c 


p.  -261. 


2)  Offic.  österr.  Bericht  usw.,  1.  c.  p.  .^"lO. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  317 

Aber  diese  Stränge  bilden  nur  einen  kleinen  Bruchteil  der  Fasergewebe 
des  Phormiumblaltes.  Gerade  die  Bastbelege  der  großen  Gefäßbündel 
werden  nur  schwer  zu  reinigen  sein.  In  der  Tat  hängen  denselben  stets 
Teile  des  Xylems,  insbesondere  Gefäße,  auch  Spuren  von  Phloem  und 
von  den  Gefäßbündelscheiden  an. 

Die  Gewinnung  der  Faser  besteht  in  einer  primitiven  Kaltwasser- 
rüste. Doch  hat  man  auch  mit  einigem  Vorteil  Warmwasserrüste  in 
Anwendung  gebracht.  Es  scheint,  als  würden  die  bisherigen  Erzeugungs- 
methoden doch  sehr  unvollkommen  sein.  Es  ist  von  H.  Müller^)  darauf 
hingewiesen  worden,  daß  gerade  dieser  Faser  das  Rüstverfahren  leicht 
Schaden  bringe,  da  sie  lange  andauernde  Einwirkung  des  Wassers  nicht 
gut  verträgt.  Von  den  Eingeborenen  wird  in  Neuseeland  die  Faser- 
gewinnung ohne  vorhergegangene  Rüstung  durch  einen  einfachen  Schabe- 
prozeß betrieben.  Angeblich  wegen  ungleicher  Dicke  des  Blattes  macht 
die  maschinelle  Gewinnung  Schwierigkeiten  und  liefert  überhaupt  kein 
günstiges  Resullat2), 

Mikroskopische  Charakteristik.  Der  neuseeländische  Flachs 
besteht  der  Hauptmasse  nach  aus  Bastbündeln,  welchen  aber  noch  Ge- 
fäßbündelbestandleile  (am  auffälligsten  sind  Schraubengefäße  mit  einem 
Durchmesser  von  15 — 30  ^i)  und  Parenchymzellen  (insbesondere  der  Ge- 
fäßbündelscheide) anhaften.  An  der  Rohfaser  sollen  nach  v.  HühneP) 
sogar  häufig  Epidermisfragmente  haften  (vgl.  Fig.  77),  was  auf  eine  sehr 
unvollkommene  Darstellung  hinweisen  würde.  Die  Bastzellen  erscheinen, 
im  Querschnitt  gesehen,  polygonal  im  Umriß,  mit  einem  deutlich  aus- 
gesprochenen, oft  großen  Lumen  versehen.  —  Die  Dimensionen  der 
in  der  Rohfaser  vorkommenden  Bastzellen  stimmen  mit  jenen  der  natür- 
lichen, unveränderten  überein.  Der  Prozeß  der  Fasergewinnung  hat 
mithin  an  den  morphologischen  Verhältnissen  dieser  Zellen  nichts  ge- 
ändert. Es  beträgt  die  maximale  Breite  der  Bastzellen  8— 18,9  ^i,  meist 
nahezu  13  u.  Die  Breite  der  Faser  nimmt  sehr  regelmäßig  von  den  Enden 
nach  der  Mitte  hin  zu.  Das  Lumen  der  unveränderten  Bastzelle  mißt 
meist  1/4 — 1/2  der  Zellbreite;  nur  selten  erscheint  es  auf  eine  einfache 
Linie  reduziert.  Die  Bastzellen  sind  scharf  zugespitzt  und  lassen  keinerlei 
Strukturverhältnisse  erkennen.  Es  fehlt  jede  Streifung,  desgleichen  fehlen 
stets  die  Verschiebungen  (v.  Hühnel).  Sowohl  durch  Ghromsäure  als 
durch  Alkalien  kann  man  jede  Rohfaser  in  ihre  Elementarorgane  zer- 
legen. Da  aber  erstere  die  Faser  stärker  mechanisch  angreift  als  letztere, 
so  ist  es  für  die  Längenbestimmung  der  Bastzellen  zweckmäßiger,  letztere 


i)  Deutscher   Ausstellungsbericht  (1873).     Fasern,  p.  68. 

2)  A.  Zimmermann,  1.  c,  p.  10. 

3)  1.  c.  (1905),  p.  65. 


318  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

in  Anwendung  zu  bringen.  Die  Länge  dieser  Zellen  beträgt  gewöhhlicb 
2,7 — 5,65,  nach  Vetillards  Messungen  bis  15  mm. 

Die  Bastfaser  des  neuseeländischen  Flachses  ist  verholzt  (v.  Hühnel) 
und  wird  im  rohen  Zustande  durch  rauchende  Salpetersäure  rot  gefärbt 
(Barresville).  Diese  Reaktion  tritt  aber  manchmal  selbst  an  der  rohen 
Faser  nicht  ein.  Mit  Chlor wasser  und  hierauf  mit  Ammoniak  behandelt, 
nimmt  die  Faser  eine  rotviolette  Farbe  an  (Vincent),  aber  auch  diese 
Reaktion  bleibt  häufig  aus. 

Der  neuseeländische  Flachs  kommt  zumeist  als  Rohfaser  nach  Europa 
und  wird  gewöhnlich  erst  hier  gereinigt. 

Die  Rohfaser  ist  häufig  meterlang  und  auch  etwas  darüber,  gelblich 
oder,  wenigstens  stellenweise,  weißlich. 

Nach  Labillardiere  verhalten  sich  die  absoluten  Festigkeiten  von 
neuseeländischem  Flachs,  Hanf  und  Flachs  zueinander  wie  60  :  48  :  34,4  i), 
nach  Royle  wie  23,7  :  16,75  :  i  1,75.  Es  ist  eben  die  absolute  Festig- 
keit verschiedener  Sorten  des  neuseeländischen  Flachses  verschieden.  Bei 
Dodge2)  findet  sich  die  Angabe,  daß  nach  Hutton  die  Festigkeiten  von 
den  Sorten  Tihore,  Harakeka,  Paritanewha  und  Wharariki  sich  zuein- 
ander verhalten  wie  48  :  42:  42  :  34. 

Der  neuseeländische  Flachs  findet  Anwendung  zur  Herstellung  von. 
Tauen,  Seilen  und  anderen  Seilerwaren.  Im  gereinigten  Zustande  wird 
er  auch  zur  Herstellung  von  Gespinsten  und  Geweben  benutzt,  welche 
sich  rein  weiß  bleichen  lassen. 

28.  Aloefaser. 

Sehr  oft  wird  die  Faser  verschiedener  Agaven  mit  diesem  Namen 
belegt  3),  was  wohl  darauf  zurückzuführen  ist,  daß  häufig  die  kultivierten 
Agaven  (z.  B.  die  Agave  americana)  den  populären  Namen  Aloe  führen. 
Hier  soll  jedoch  die  Faser  aus  den  Blättern  der  echten,  dem  botanischen 
Genus  Aloe  angehörigen  Pflanzen  besprochen  werden. 

Die  echten  Aloen,  deren  Heimat  die  afrikanischen  Küstenländer  sind, 
—  die  Mehrzahl  der  Arten  gehört  dem  Kaplande  an  —  die  aber  durch 
Kultur  nach  den  meisten  übrigen  tropischen  Ländern,  namentlich  Indien, 
und  Westindien  verpflanzt  wurden,  werden  hier  und  dort  auch  zur  Faser- 
gewinnung benutzt.  Wenn  auch  in  einzelnen  Gegenden  Ostindiens  größere 
Quantitäten  dieser  Faser  gewonnen  werden,   so  hat  sie  für  den  Handel 


4)  E.  Meyer,  in   den  Schriften  der  physik.-ökon.  Gesellschalt  zu  Königsberg, 
18.  Febr.  1842. 

2)  1.  c,  p.  262. 

3)  So  erscheint  z.  B.  die  in  Indien  aus  Agave  cantala  erzeugte  Faser  im  Handel 
als  Bombay  Aloe  fibre  (s.  oben  p.  303). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  319' 

doch  keine  große  Bedeutung  und  steht  namentlich  der  Agavefaser  an 
Wichtigkeit  weit  nach  i). 

Von  den  zur  Fasergewinnung  dienenden  Äloe-Arien,  die  ich  in  der 
obigen  Zusammenstellung  namhaft  gemacht  habe,  scheint  Aloe  per foliata 
noch  am  häufigsten  benutzt  zu  werden  2),  weshalb  ich  die  Faser  gerade 
dieser  Pflanze  auswählte,  um  sie  im  nachfolgenden  als  Repräsentanten, 
der  echten  Aloefasern  zu  beschreiben  3). 

Die  genannte  Faser  ist  von  weißer  Farbe,  etwas  glänzend,  von 
spinnbarer  Feinheit,  lang,  weich  und  geschmeidig.  Die  Länge  der  rohen 
Faser  steigt  bis  50  cm,  die  der  fein  ausgehechelten  Faser  auf  20 — 38  cm. 
Die  Fasern  sind  im  Verlaufe  äußerst  gleichartig;  es  gehen  von  ihnen 
entweder  keine  oder  nur  kaum  sichtbare  kurze  Fäserchen  ab.  Die  Dicke 
der  Fasern  ist  eine  sehr  gleichmäßige;  selbst  nahe  den  Enden  sind  die 
Fäden  kaum  schmäler  als  in  der  Mitte.  Die  maximale  Dicke  beträgt 
75—105  //. 

Lufttrocken  führt  die  Faser  6,95,  mit  Wasserdampf  gesättigt 
18,03  Proz.  Wasser  und  gibt  im  völlig  getrockneten  Zustande  1,28  Proz. 
kristallfreie  Asche. 

Jodlüsung  färbt  die  Faser  goldgelb.  Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure 
nimmt  sie  eine  rotbraune  Farbe  an.  Kupferoxydammoniak  färbt  sie 
intensiv  blau  und  bringt  sie  zu  schwacher  Quellung.  Schwefelsaures 
Anilin  bringt  eine  goldgelbe,  Phlorogluzin  -f-  Salzsäure  eine  rot  violette 
Färbung  hervor;  diese  Faser  ist  somit  verholzt. 

Die  Fasern  der  Aloe  perfoliata  bestehen,  soviel  ich  gesehen  habe, 
bloß  aus  Bastzellen,  dieselben  liegen  bündelweise  beisammen  und  er- 
scheinen im  Querschnitt  polygonal.  Sowohl  durch  Chromsäure  als  durch 
Kalilauge  lassen  sie  sich  leicht  aus  dem  Zusammenhange  bringen.  Aber 
die  Chromsäure  greift  die  Substanz  der  Faser  sehr  stark  an,  so  daß  sie 
sich  mit  Nadeln  nur  unter  Zerreißung  trennen  lassen;  Kalilauge  bringt 
die  Zellwände  zur  starken  Aufquellung.  Will  man  die  Querschnitts- 
dimensionen dieser  Zellen  an  isolierten  Zellen  auffinden,  so  muß  man. 
Chromsäure,  will  man  die  Länge  der  Bastzellen  bestimmen,  so  muß  man 
zur  Isolierung  eine  alkalische  Flüssigkeit  anwenden.     Die  Länge  der  Bast- 


\)  Cat.  des  col.  fr.  (1867),  p.  79. 

2)  Royle,  1.  c,  p.  51   und  Cat.  des  col.  fr.,  p.  79. 

3)  In  seinem  hier  oft  genannten  Werke  übergeht  Semler  die  echte  Aloefaser 
gänzlich.  Dodge  (1.  c,  p.  53)  bemerkt  in  betrefi"  dieser  Faser  bloß,  daß  die  Blätter 
der  Aloearten,  welche  zur  Gewinnung  der  Aloe  des  Handels  dienen  (s.  Bd.  I  dieses 
Werkes,  p.  557  ff.),  eine  gute  Faser  liefern.  In  Watts  neuestem  Werke  (The  com- 
merc.  products  of  India,  -1908,  p.  59)  wird  im  Artikel  Aloe  gar  nicht  von  der  echten 
Aloefaser  gesprochen,  woraus  zu  entnehmen  ist,  daß  die  echte  Aloßfaser  für  Indien- 
bedeutungslos ist. 


320  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Zellen  beträgt  1,3  —  3,72  mm,  ihre  maximale  Breite  15 — 24  u.  Die  Ver- 
dickung der  Wand  ist  immerhin  eine  so  mächtige,  daß  das  Lumen  der 
Zolle  meist  bloß  den  dritten  Teil  des  Querschnittsdurchmessers  der  Zelle 
n;ich  der  Quere  mißt.  Von  Strukturverhältnissen  ist  direkt  nur  das 
Auftreten  von  schief  verlaufenden,  spaltenfürmigen  Poren,  die  indes  nur 
spärlich  vorkommen,  zu  bemerken').  Die  mit  Kalilauge  vorbehandelte 
Faser  nimmt,  wenn  sie  gequetscht  wird,  eine  schraubige  Streifung  an. 
—  Die  Zelle  nimmt  von  dem  konischen  Ende  nach  der  Mitte  hin  regel- 
mäßig an  Dicke  zu.  Nur  sehr  selten  findet  man  einzelne  Zellen  mit 
gabelförmigen  Enden. 

Diese  Faser  wird  im  fein  zubereiteten  Zustande  zu  Geweben  (Aloe- 
tüchern) verarbeitet. 

21).  Bromeliafaser  (Ananasfaser,  Silkgrass  z.  T.). 

Unter  den  zahlreichen  Bro7nelia- Arien,  welche  durchweg  den  warmen 
Gebieten  Amerikas  angehören,  befinden  sich  einzelne,  welche  Gebrauchs- 
fasern liefern,  darunter  auch  die  bekannte  Ananas,  Bromelia  Ananas 
(Ananas  sativa),  welche  vorzugsweise  ihrer  Fruchtstände  halber  fast 
in  der  ganzen  Tropenwelt  gebaut  wird. 

Stets  sind  es  die  Fasern  der  Blätter,  welche  der  Benutzung  zu- 
geführt werden;  aber  die  Fasern  der  Bromelia- Arien  stimmen  im  äußeren 
Charakter  nicht  miteinander  überein;  einzelne  Arten  geben  überaus  feine 
Fasern,  welche  zu  den  zartesten  Gespinsten  und  Geweben  Verwendung 
finden,  während  andere  nur  zu  Seilerwaren  dienen  oder  in  der  Bürsten- 
fabrikation gebraucht  werden.  Übrigens  kann  auch,  wie  wir  sehen 
werden,  die  Art  der  Kultur  einen  beträchtlichen  Einfluß  auf  die  Qualität 
der  Faser  ausüben. 

Gerade  über  die  Fasern  der  bekanntesten  Bromeliaart  (Bronielia 
Ananas)  finden  sich  in  der  Literatur  die  widersprechendsten  Angaben. 
Oft  erwähnt  wird  der  durch  seine  Feinheit  ausgezeichnete  »Ananas- 
batist«, welcher  aus  den  Blättern  der  genannten  Bromeliaart  erzeugt 
werden  soll 2).  Nach  den  Angaben  von  Watt  findet  die  Ananasfaser  Ver- 
wendung als  Ersatz  für  Seide.  Hingegen  soll  nach  Sem  1er 3)  diese  Faser 
kurz  und  zur  Darstellung  von  feinen  Geweben  nicht  benutzbar  sein, 
während  andere  sie  wieder  zur  Herstellung  gröberer  Artikel  (Seilerwaren) 

\)  V.  Höhnel,  Mikroskopie  der  Faserstoffe,  2.  Aufl.  1905.  Auf  das  Auftreten 
spärlicher,  schief  verlaufender,  spaltenförmiger  Poren  habe  ich  schon  früher  (1.  Aufl. 
dieses  Werkes  p.  431)  aufmerksam  gemacht,  v.  Höhnel  bildet  (I.e.,  p.  67)  diese 
Poren  auch  ab. 

2)  S.  z.B.  Sadebeck,  Die  Kulturpflanzen  der  deutschen  Kolonien  und  ihre  Er- 
zeugnisse.    Jena  1899,  p.  312.     Watt,  Comm.  Prod.  (1908),  p.  69. 

3)  1.  c,  p.  707. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  321 

für  geeignet  erklären  ^).  Am  beachtenswertesten  scheinen  mir  in  betrefl' 
der  Ananasfaser  die  Angaben  Labharts-)  zu  sein,  welcher  die  vegetabi- 
lischen Faserstoffe  mit  Sachkenntnis  verfolgte  und  durch  langjährigen 
Aufenthalt  auf  den  Philippinen  Gelegenheit  hatte,  die  dortigen  Textilroh- 
stoffe  genau  kennen  zu  lernen.  Labhart  berichtet,  daß  die  auf  den 
Philippinen  gewonnene  Piiiafaser  nichts  anderes  als  die  Blattfaser  der 
Ananaspflanze  sei,  deren  Früchte  dort  nur  unter  dem  Namen  Pina  be- 
kannt sind.  Die  Visayaner  der  Insel  Panay  gewinnen  die  Pinafaser  und 
erzeugen  daraus  glatte  und  broschierte  Gewebe.  Als  Broschiergarn  be- 
nutzen sie  teils  Baumwolle,  teils  Seide.  Die  Gewebe  dienen  in  der  Heimat 
als  Tücher  und  Hemdenstoffe.  Die  aus  ungefärbten  Piüafasern  und  ge- 
färbter Seide  erzeugten  Gewebe  werden  dort  Jusi  genannt.  Es  wurde 
oft  der  Versuch  gemacht,  die  Ananasfasern  in  der  europäischen  Industrie 
einzubürgern.  Nach  Lab  hart  hatten  diese  Versuche  keinen  Erfolg,  weil 
die  Faser  grau,  nicht  schön  und  nicht  färbbar  ist. 

Die  neuesten  Berichte  bestätigen  diese  Angaben.  Wenn  auch  Ver- 
suche, eine  exportfähige  Faser  herzustellen,  im  Gange  sind  (Watt),  so 
ist  die  Nachfrage  nach  dieser  Faser  noch  sehr  ungewiß  (Dewey)  und 
es  befindet  sich  die  Erzeugung  derselben  noch  immer  im  Stadium  des 
Experiments^). 

Die  Ananasfaser  hat  je  nach  der  Kultur  eine  verschiedene  Güte. 
Kultiviert  man  die  Pflanze  in  der  Weise,  daß  man  sowohl  aus  der  Frucht 
als  auch  aus  den  Blättern  Nutzen  zu  ziehen  beabsichtigt,  so  fallen  die  Blätter 
klein  aus  und  die  Faser  ist  nicht  nur  kurz,  sondern  auch  steif  und  hart. 


feucht  gehalten  werden.  Auch  muß  die  Fruchtbildung  durch  Wegschneiden 
der  Fruchtanlagen  unterdrückt  werden.  Die  Blätter  werden  dann  lang 
und  breit  und  die  Faser  ist  fein  und  weich  und  zu  Gespinsten  geeignet. 
.  Die  Menge  von  Ananasfaser,  welche  jährlich  auf  den  Philippinen 
gewonnen  wird,  beträgt  nahezu  300  000  kg4). 

Nach  V.  HöhneP)  ist  die  Faser  von  Bromelia  Ananas  folgender- 


1)  Vgl.  die  Angaben  bei  Dodge,  1.  c,  p.  57. 

2)  Österr.  Monatsschrift  für  den  Orient.  1882,  p.  174. 

3)  Daily  Consular  Tread  Rep.  Washington.  Okt.  1911,  enthaltend  den  Bericht 
übei  den  Faserkongreß  in  Soerabaja  (IQH).  Daß  die  trockene  Ananasfaser  doch  zeit- 
weilig nach  Europa  kommt,  wurde  auf  dem  genannten  Faserkongreß  mehrfach  be- 
tont, u.  a.  wurde  angeführt,  daß  das  Rohmaterial  nach  der  Schweiz  exportiert  werde, 
wo  eine  Raffinierung  der  Faser  stattfinde,  welche  diese  zur  Verspinnung  geeignet 
mache.  Die  Ananasgewebe  werden  dort  zu  Blusen  verarbeitet.  S.  auch  Brück, 
1.  c,  p.  594. 

4)  Census  of  the  Philippine  Islands  Vol.  IV  (1905).  Daselbst  sind  die  Mengen 
angegeben,  welche  die  einzelnen  Provinzen  erzeugen.  5)  1.  c.,  p.  68. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Anfl.  21 


322  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

maßen  beschaffen.  Von  anderen  Monokotylenfasern  unterscheidet  sieb 
dieselbe  durch  die  besondere  Feinheit  der  Sklerenchymelemente  (Bast- 
fasern). Dieselben  haben  eine  Länge  von  3 — 9,  meist  5  mm  und  einen 
Durchmesser  von  4 — 8,  meist  6  /<.  Ihr  Lumen  ist  sehr  schmal  bis 
linien förmig.  Die  inneren  Schichten  der  Zellhaut  sind  gänzlich  unver- 
holzt,  aber  die  äußeren  Partien  derselben,  insbesondere  die  dicken  Mittel- 
lamellen (gemeinsame  Außenhäute)  sind  stark  verholzt.  Jod  und  Schwefel- 
säure färben  die  Querschnitte  nie  blau,  sondern  grünlich,  selbst  gelb. 
Neben  diesen  sehr  spitz  endenden  Fasern  treten  kurze,  dicke,  steife, 
gänzlich  verholzte  Fasern  auf.  — 

Was  die  Fasern  der  sog.  wilden  Ananas-Arten  anlangt,  nämlich 
jener  Spezies  von  Bromelia,  welche  keine  genießbaren  Früchte  hervor- 
bringen, so  werden  einige  Arten  derselben  der  Faser  wegen  kultiviert. 
Diese  Fasern  haben  aber  je  nach  der  Art,  nach  den  Kulturbedingungen 
und  nach  dem  Entwicklungszustand,  in  welchem  die  Blätter  der  Faser- 
gewinnung zugeführt  werden,  sehr  verschiedene  Eigenschaften. 

Als  Faserpflanzen  scheinen  folgende  B7vmelia- Arien  am  wichtigsten 
zu  sein:  B.  süvestris,  B.  pigna,  B.  pinguis,  B.  Karatas. 

Nach  Semler  bringt  die  auf  felsigem  und  sonnigem  Standorte  ge- 
wachsene Pflanze  eine  grobe,  steife  und  harte  Faser  hervor,  während 
aus  der  auf  schattigem,  humusreichem  Boden  entwickelten  Pflanze  eine 
feine,  elastische  und  glänzende  Faser  abgeschieden  werden  kann. 

Es  herrscht  in  der  Benennung  der  Bromeliafaser  eine  große  Ver- 
wirrung, indem  man  dieselbe  auch  mit  Namen  belegt,  welche  auf  andern 
Ursprung  hindeuten,  z.  B.  mit  dem  Namen  Pite,  Ixtle  oder  Silkgrass, 
womit  zahlreiche  andere  Monokotylenfasern  belegt  werden.  Auch  heißt 
sie  pine  apple  fibre,  Pinnilla,  Penguin  usw. 

Ich  beschreibe  im  nachfolgenden  zunächst  die  Faser  von  Bromelia 
Karatas^  weil  ich  in  Besitz  von  verläßlichem  Untersuchungsmaterial  ge- 
langt bin. 

Bromelia  Karatas  ist  eine  in  vielen  Gegenden  Südamerikas  sehr 
häufig  vorkommende  Pflanze.  Ihre  Blätter  werden  in  Guayana,  aber 
auch  in  anderen  Ländern  Südamerikas,  ferner  in  Zentralamerika  auf 
Faser  ausgewertet.  Im  Handel  fand  ich  diese  Faser  nur  unter  dem 
vieldeutigen  Namen  Silkgrass  (Seidengras). 

Die  Faser  ist  weißlich,  ziemlich  glänzend;  sie  kommt  der  des  Manila- 
hanfs im  Aussehen  sehr  nahe,  ist  aber  etwas  gröber  und  steifer,  auch 
minder  fest.  Die  Fasern  sind  rund  und  ziemlich  glatt  und  fast  ohne 
Nebenfasern.  Ihre  Länge  steigt  bis  auf  1,2  m.  Die  Dicke  variiert  im 
ganzen  Verlaufe  der  einzelnen  Faser  nur  wenig;  aber  auch  untereinander 
zeigen  die  Fasern  in  dieser  Beziehung  nur  wenig  Unterschiede.  Die  Dicke 
schwankt  zwischen  0,15 — 1,2  mm. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  323 

Wassergehalt  der  lufttrockenen  Faser:  6,82  Proz. 

Die  mit  Wasserdampf  gesättigte  Faser  enthält  28,19  Proz. 

Völlig  getrocknet  gibt  sie  1,34  Proz.  Asche. 

Jodlösung  färbt  die  Faser  gelb.  Auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  wird 
sie  rotbraun.  Kupferoxydammoniak  färbt  sie  bläulich  und  bringt  eine 
schwache  Quellung  hervor.  Schwefelsaures  Anilin  ruft  eine  intensiv  gold- 
gelbe, Phlorogluzin  +  Salzsäure  eine  tief  rotviolette  Färbung  hervor. 
Diese  Faser  ist  also  stark  verholzt. 

Die  Faser  dieser  Bromelia  setzt  sich  zum  größten  Teil  aus  Bast- 
zellen zusammen.  In  den  dicksten  Fasern  treten  aber  zudem  noch  kleine 
Mengen  von  Spiralgefäßen  auf.  Die  Bastzellen  sind  dünnwandig.  Die 
Breite  des  Lumens  verhält  sich  zur  Zellbreite  zumeist  wie  1  :  1,4  oder 
1  :1,6.  Die  maximale  Breite  der  Zellen  beträgt  27 — 42//.  Kalilauge 
isoliert  die  Zellen  der  Fasern  ausgezeichnet  und  ohne  die  Zellwände  stark 
zur  Quellung  zu  bringen.  Die  Länge  der  Zellen  beträgt  1,4— 6,7  mm. 
Im  ganzen  ist  die  Form  der  Bastzellen  zylindrisch  mit  spitzen  Enden; 
im  Verlaufe  kommen  aber  viele  Unregelmäßigkeiten  vor.  Die  Membran 
der  mit  Kalilauge  isolierten  Zelle  läßt  sehr  viele  spalten  förmige,  schief 
verlaufende  Poren  erkennen.  Spiralstreifung  ist  jedoch  selbst  nach 
Quetschung  der  Faser  nicht  wahrzunehmen. 

Die  Bastzellen  werden  durch  Jod  gelb,  auf  Zusatz  von  Schwefel- 
säure rostrot;  sie  sind  in  allen  ihren  Schichten  verholzt.  Kupferoxyd- 
ammoniak färbt  die  Zellwand  bläulich  und  ruft  eine  schwache  Aufquellung 
hervor. 

Diese  Faser  ist  ihrer  Steifheit  und  geringen  Feinheit  wegen  wohl 
nur  zur  Herstellung  von  gröberen  Seilerwaren  und  zur  Bürstenfabrikation 
geeignet. 

30.  Sausevieria-Faser^). 

Sansevieria'^)  ist  eine  etwa  zwanzig  Arten  umfassende  Liliaceen- 
gattung.     Die  größere  Zahl  der  Arten  wächst  in  Afrika  3),  die  geringere 

1)  Dodge,  1.  c,  p.  287ff.  Sadebeck,  ].  c,  p.  283  ff.  0.  Warburg,  Tropen- 
pflanzer, III  (-1899),  p,  21.  Axel  Preyer,  Die  Sansevierafaser.  Beihefte  zum  Tropen- 
pflanzer, Bd.  I  (1900).  p,  18 — 24.  H.  Greilach,  Zur  Anatomie  des  Blattes  der  San- 
seviera  und  über  die  Sansevierafaser.  Österr.  bot.  Zeitschrift  1901,  Nr.  4.  Weitere 
Literatur  s.  oben  p.  72  und  unten  in  diesem  Artikel.  Über  neuere  Literatur,  die 
indische  Sansevieriafaser  betreffend,  s.  auch  Watt,  The  commercial  Products  of  India, 
London  (1908),  p.  973 — 976. 

2)  In  der  technischen  Literatur  wird  diese  Faser  verschieden  genannt;  bei  Preyer 
Sanseviera,  bei  Sem  1er  und  anderen  Sanseveria.  Der  ergänzende  Bearbeiter  ge- 
braucht den  nach  den  Nomenkl. -Regeln   gerechtfertigten  Namen  Sansevieria  Thunb. 

3)  Über  die  afrikanischen  Spezies  s.  Gürcke  in  Engler,  Pflanzenwelt  Ostafrikas. 
Berlin  1895,  A,  p.  364  ff".,  B,   Nutzpflanzen  p.  359 ff. 

21* 


324  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

in  Indien  wild.  An  verschiedenen  Punkten  der  Tropen  wird  die  Blatt- 
faser mehrerer  Sansevieria-Arien  von  alters  her  wegen  großer  Festigkeit 
und  ausreichender  Länge  zur  Herstellung  von  Fangstricken,  Bogensehnen 
(deshalb  Bowstring  Hemp)  usw.  verwendet.  So  in  Indien  (Ridley^)  und 
auf  Ceylon  (Dodge),  in  Deulsch-Südwestafrika  (Warburg),  in  Deutsch- 
Ostafrika  2),  am  Pangani  in  Südostafrika,  in  der  italienisch-afrikanischen 
Kolonie'),  in  Java  usw. 

Die  Kolonisten  haben  die  guten  Eigenschaften  und  die  leichte  Her- 
stellbarkeit dieser  Faser  wohl  erkannt  und  es  wurden  in  neuerer  Zeit 
viele  Versuche  unternommen,  die  Sansevieriafaser  der  Industrie  dienstbar 
zu  machen,  teils  durch  Ausnutzung  der  wildwachsenden  Pflanzen  in  »natür- 
lichen Plantagen«,  aufweichen  man  wie  im  Forstbetriebe  auf  Nachwuchs 
Bedacht  nimmt,  teils  durch  Kultur. 

Die  Abscheidung  der  Faser  gelingt  leicht  auf  rein  mechanische  Weise 
durch  Handarbeit,  noch  leichter  allerdings  durch  Anwendung  eines  Rüst- 
verfahrens. Aber  die  rein  mechanisch  abgeschiedene  Faser  ist  schöner 
und  fester  (War bürg).  Es  wird  mehrfach  angegeben,  daß  die  maschinelle 
Entfaserung  der  Sansevieriafaser  insofern  Schwierigkeiten  macht,  als  die 
Entfaserung  ohne  vorhergegangene  Quetschung  kaum  durchzuführen  ist*). 

Mehr  oder  minder  gut  hergestellte  Sansevieriafaser  gelangt  in  kleinen 
Quantitäten  auf  den  europäischen  und  amerikanischen  Markt.  So  aus 
Guinea  der  Konjehemp  oder  african  bowstring  hemp,  welcher  von  San- 
serieria  gidneensis  abstammt,  der  Pangane  hemp  von  8.  KirJdi,  der 
Florida  bowstring  hemp  von  in  Südcarolina  kultivierter  S.  lo?igißora, 
deren  Heimat  in  Südost-  und  Südafrika  gelegen  ist,  u.  a,  m. 

Nach  den  im  Wiener  pflanzenphysiologischen  Institut  von  H.  Grei- 
lach  ausgeführten  Untersuchungen  (1.  c.)  ist  der  Querschnitt  der  Faser  in 
bezug  auf  seine  histologische  Zusammensetzung  sehr  verschiedenartig,  was 
im  Bau  der  Stranggewebe  des  Sansevieriablattes  seinen  Grund  hat  (Fig.  78  bis 
8i).     Das  Sansevieriablatt  enthält  kollaterale  mit  mehr  oder  minder  mäch- 


i)  Agric.  Bull,  of  the  Straits  and  Feder.     Malay  States  i904. 

2)  Über  Kultur  der  Sansevieria-Arten  und  über  die  Gewinnung  der  Faser  in 
Deutsch-Ostafrika  berichtet  ausführhchK.  Braun,  Der  Pflanzer,  Bd.  1(1905),  p.  264fl'. 
und  Bd.  II  (1906),  p.  27.Sff.  Für  dieses  Gebiet  kommen  in  Betracht:  S.  loiigiflora, 
guineensis,  cylmdrica,  Ehrenbergii  und  Perottii.  Kultur  und  Fasergewinnung  liegen 
daselbst  noch  in  den  Händen  der  Eingeborenen.  Doch  werden  Versuche  angestellt, 
um  die  Faser  maschinell  zu  gewinnen,  namentlich  mit  Zuhilienahme  der  Molomaschine. 
Einen  weiteren  Bericht  über  den  Erfolg  der  Versuche  mit  dem  Anbau  von  Sansevieria- 
Arien  in  Deutsch-Ostafrika  und  über  die  dortige  Erntebereitung  erstattet  K.Braun, 
ebendaselbst,  Bd.  III  (1907),  p   2fT,  und  p.  9üff. 

3)  Thovez,  C,  SuU'  utilisazione  della  libra  della  Sanseveria  dell  Erithraea. 
Turin  1895.     (Att.  d.  real.  Accad.  d.  Agric.) 

4)  Brück,  1.  c,   p.  435. 


Siebzehnter  Abscliniü,     Fasern. 


325 


tigen  Bastbelegen  versehene  Gefäßbündel,  welche  aber  an  einzelnen  Stellen 
des  Blattes  zu  einfachen  Baststrängen  reduziert  sind.  Wie  die  Fig. 78 
lehrt,  geht  die  Reduktion  dieser  einfachen  Baststränge  bis  zur  einzelnen 
Bastzelle.  Alle  Bastzellen  sind  mit  einfachen,  schraubig  verlaufenden 
Tüpfeln  versehen. 


Fig.  7S.    Vergr.  IdO.     Zwei  flefäßliiindel  (/)//  Pliloni.  x  Xylem),  kleine  isolierte  Bastzellengruppen  £>,  £-' 

und  isolierte  Hastzellen  {B)  im  Mesophyll  (l')  des  Blattes  von  Sanaevitria  fftßan/ca.     Einzelne  Zellen 

des  Mesophylls  sind  mit  weiten  Poren  (!■-),  andere  ( P^)  mit  netz-  und  schrauhenförmigen  Verdickungen 

versehen,     b  Bastzellen  des  Phloems. 


Nach  Greilach  besteht  die  technische  Faser  *)  zum  Teil  aus  reinen 
Baststrängen  mit  rundlichem  oder  elliptischem  Querschnitt.  Andere  Stränge 
sind  symmetrisch,  indem  sie  dort,  wo  im  Blatte  der  Mestomstrang  an- 
setzt, eine  Einbuchtung  aufweisen.  Wenn  ganze  Gefäßbündel  in  der  Faser 
auftreten,  so  ist  das  Phloem  geschrumpft,  und  dadurch  kommt  die  von 


1)  Zur  Untersuchung  dienten  Sansevieriafasern  aus  den  deutsch -afrikanischen 
Kolonien  vom  Berhner  bot.  Museum,  welche  Herr  Prof.  Engler  freundlichst  zur  Ver- 
fügung stellte. 


326 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Preyer  gesehene,   aber  nicht  erklärte  Aushöhlung  der  Faser  zustande 
(Fig.  80). 

Nach  Greilach  schwankt  die  Länge  der  Bastzellen  von  2,8 — 6,2  mm, 
der  maximale  Durchmesser  derselben  zwischen  18 — 36  fj..  Stegmata 
fehlen.  Die  Faser  nimmt  im  absolut  feuchten  Räume  23  Proz.  Wasser 
auf,  wovon  sie  rasch  bei  100°  12  Proz.  abgibt.  Die  Tragfähigkeit  der 
Faser  geht  bis  auf  24,29  kg  per  cm^.  Merkwürdig  ist  die  netz-  und 
schraubenförmige  Verdickung  eines  Teils  der  parenchymatischen  Grund- 
gewebszellen (Fig.  78),  welche  manchmal  auch  der  technischen  Faser 
anhaften. 

Die  bis  jetzt  erziel- 
ten praktischen  Resul- 
tate  sind  noch   gering, 

doch  hofft   man   durch  y^ Of^  i  MJ^S'  N^- 

rationelle     Kultur     der  j>^SuJ^U\  w€h'y  "'^ '^J  T^' 


^-y?\7Ä 


Fig.  79.    Vergr.  300.    Einfaches 

Bastbündel  aus  der  Sansevieria- 

faser.    6  Bastzellen.    F  Paren- 

chymreste. 


Fig.  80.  Vergr.  'im.  Querschnitt  durch  eine  Sansevieriafaser,  welche 
aus  einem  ganzen  Gefäßbüiidel  besteht,  x  Xylem,  ph  Siebteil  des 
Phlo6ms  zum  größten  Teil  eingetrocknet  (wodurch  die  Aushöhlung 
der  Faser  zustande  kam),  6  Bastzelle  des  dem  Phloem  zugehörigen 
Bastbelegs.  P  Reste  vou  Parenchymzellen  aus  dem  Mesophyll  des 
Blattes. 


Pflanze  und  billige   maschinelle  Gewinnung  die  Faser  für   die  Industrie 
dauernd  nutzbar  zu  machen. 

Zu  Gespinsten  und  Geweben  ist  die  Sansevieriafaser  nicht  verwendbar, 
sondern  nur  in  der  Seilerei,  wie  etwa  Sisalhanf,  welchem  sie  in  bezug 
auf  Tragfähigkeit  und  Hygroskopizität  gleichkommt,  aber  kürzer  ist,  so 
daß  sie  also  wie  geringe  Sorten  von  Sisalhanf  zu  verwenden  ist  (War- 
burg). Doch  soll  nach  Versuchen,  welche  im  Department  of  Agriculture 
in  Washington  (1892)  mit  sorgfältig  dargestelltem  Florida  bowstring  hemp 
angestellt  wurden,  letztere  Faser  dem  Sisalhanf  in  jeder  Beziehung,  auch 
in  bezug  auf  Länge,  überlegen  sein. 


Siebzehnter  AbschniU.     F.isern,  327 

Nach  Preyer  (1.  c.)  hat  die  Faser  eine  Länge  von  0,8  (Sansevieria 
Ehrenhergii)  bis  1,4m  (S.  longiflora).  Die  Faser  von  8.  ceylanica  er- 
reicht nach  Preyer  Meterlänge.  Die  guten  Sorten  sind  weiß  bis  bräunlich- 
weiß, mindere  hellbraun. 

Im  Querschnitt  erscheint  die  Faser  nicht  selten  ausgehöhlt  (Abbildung 
bei  Preyer).  Die  Faser- 
zellen haben  eine  Länge 
von  2 — 5  mm,  sind  zylin- 
drisch, verschmälern  sich 
nach  oben  und  unten, 
€nden  aber  gewühnhch 
stumpf.  Die  Wand  der  mit 
spaltenförmigen  Poren  be- 
setzten Faserzellen  zeigt 
Zellulosereaktion,  aber  die 
Bindesubstanz  ist  nach  Aus- 
weis der  Phlorogluzinprobe  p.g  81  Vergr.3i0.  Wie  Fig.  80,  nur  ist  der  ganze  Siebteil 
verholzt.  des  Phloems  noch  erhalten. 

Es  sei  noch  bemerkt, 
daß  die  indische  seit  uralter  Zeit  im  Gebrauch  stehende  Sansevieriafaser 
im  Heimatlande  die  Namen  Murwa,  Murga,  Mazul  führt  und  im  Sanskrit 
Goni  heißt.  Diese  Faser  wird  gewöhnlich  von  S.  ceylanica  abgeleitet. 
Es  scheint  diese  Ableitung  nicht  richtig  zu  sein,  die  Faser  »Goni«  viel- 
mehr von  S.  Roxburghii  abzustammen  i). 

3L  Espartofaser2). 

Das  in  neuerer  Zeit  so  oft  genannte  und  so  vielfach  verwendete 
Espartogras,  die  Blätter  der  in  Spanien  und  Nordafrika  (Algier,  Tunis, 
Tripolis;  Marokko  liefert  wenig)  in  außerordentlich  großen  Mengen  wild- 
wachsenden Stipa  tenadssima  (=  Macrochloa  tenacissimaj^  steht  schon 
seit  alter  Zeit  in  Verwendung.  Dieses  Gras  ist  das  Spartuni  der  Römer 
(Plinius  der  ältere,  Hist.  nat.).  Schon  seit  Jahrhunderten  werden  in 
Spanien  die  zähen  Blätter  dieses  Grases  zerrissen  und  aus  den  festen 
Fäden  Gebirgsschuhe  (calcei  spart  ei)  verfertigt  3). 

Der  Name  Esparto  —  im  Spanischen  so  viel  wie  trockenes  Gras  oder 

1)  Vgl.  Watts  Diclionary  of  the  Economic  Products  of  India,  VI,  p.  460  und 
Morris,  Gantor  Lectures.     On  commercial  fibres.     London  1893. 

2)  Wiesner,  Wochenschrift  des  niederösterr.  Gewerbevereins,  1865.  Bastide, 
L'alfa;  Vegetation,  exploitation  etc.  Oranl877.  Vivarez,  L'halfa,  etude  industrielle 
-et  botanique.  Paris  1888.  T.  F.  Hanausek,  Zur  Mikrosiiopie  einiger  Papierstoffe, 
Der  Papierfabrikant,  Berlin,  1912,  p.  31  ff. 

3)  Böhmer,  Techn.  Gesch.  d.  Pflanzen,  I,  p.  530. 


328  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

getrocknetes  Gras,  Heu  —  hat  allgemeinen  Eingang  gefunden;  das 
spanische  Wort  für  Stipa  tenacissima  ist  Atocha,  welches  aber  für  die 
Handelsware  nicht  benutzt  wird.  Häufiger  hört  man  die  Ausdrücke  alfa 
oder  halfa,  womit  in  Algier  das  genannte  Gras  bezeichnet  wird.  Auch 
das  Wort  Sparto  ist  hin  und  wieder  im  Gebrauch. 

Wie  nunmehr  allgemein  bekannt  ist,  wird  das  Espartogras  in  neuerer 
Zeit  in  der  Korbflechterei  (Spanien,  Italien;  seit  1870  auch  in  Österreich], 
vmd  als  Durchzugsstroh  der  Virginier- Zigarren  (Italien,  Österreich),  die 
grobe  Faser  zu  Seilerarbeiten  (Spanien,  England,  Frankreich),  die  feine 
gebleichte  Faser  in  der  Papierfabrikation  (England,  Frankreich,  Belgien, 
Spanien)  usw.  verwendet.  Die  Ware,  welche  unter  dem  Namen  Esparto- 
stroh  in  den  Handel  kommt,  besteht  aus  ganzen  Blättern. 

Mit  dem  Namen  Esparto,  Sparto  oder  Alfa  bezeichnet  man  aber 
nicht  bloß  Stipa  tenacissima,  bzw.  deren  Blätter,  sondern  auch  das  Gras 
Lygeum  Spartum  (es  ist  dies  keine  Stipacee,  sondern  eine  Phalaridee)  ein 
spanisches,  namentlich  in  der  weiten  Umgebung  von  Barcelona  massen- 
haft auftretendes,  indes  auch  in  Nordafrika  verbreitetes  Gras,  welches 
als  »Albardine«  1)  oder  Esparto  basto^)  exportiert  wird,  aber  nur  einen 
ungenügenden  Ersatz  für  Esparto  bildet.  Auch  Ampelodesmos  tenax  (siehe 
oben  p.  65)  soll  als  Esparto  im  Handel  vorkommen. 

Diese  Ware  hat  in  neuerer  Zeit  —  etwa  seit  fast  60  Jahren  —  eine 
große  Bedeutung  erlangt.  Die  Ausfuhr  aus  Algier  (insbesondere  Oran) 
begann  im  Jahre  1862  und  betrug  30  Jahre  später  jährlich  mehr  als 
60  Millionen  Kilogramm.  Halb  so  viel  wird  aus  Tunis  3)  und  Tripolis, 
aus  Spanien  (Malaga,  Murcia,  Almeira)  werden  etwa  40  Millionen  Kilo- 
gramm jährlich  ausgeführt. 

Nach  den  Berichten  des  Kais.  Deutschen  Konsulats  in  Tripolis  be- 
trug die  Ausfuhr  von  Esparto  im  Jahre  <9i0: 
Tripolis  24  385  Tonnen 
Tunis      34285 
Algier      91300 
Spanien  44  278 

Die  spanische  Ware  ist  die  beste,  die  tripolitanische  die  geringste. 
Aus  ersterer  gewinnt  man  55,  aus  letzterer  bloß  42 — 43  Proz.  Papier- 
zellulose ^). 


1)  H.  Müller,  Deutscher  Ausslellungsber.  über  die  Wiener  Ausstellung  1S"3^ 
III,  p.  100. 

2)  T.  F.  Hanausek,  Technische  Mikroskopie.  1900,  p.  i06. 

3)  H.  Tridon,  L'alfa  tunisien.     Revue  des  Cult.  Colon.  II,  1898. 

'f)  Über  Export  von  Esparto  siehe  auch  Stuhlmann  im  Tropenpflanzer  1907, 
p.  243  ff.  Daselbst  die  Angabe,  daß  in  Algier  5  Millionen  Hektar  Landes  mit  Esparto- 
gras bedeckt  sind  und  die  Jahresausbeute  noch  einer  weiteren  Steigerung  fähig  sei. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  329 

Alles  im  Handel  erscheinende  Espartogras  ist  Sammelprodukt  wild- 
wachsender Gräser.  Doch  trachtet  man  den  Ertrag  in  neuester  Zeit 
durch  Bewässerung  zu  steigern.  Zur  Abfuhr  des  in  kolossalen  Massen 
gesammelten  Produktes  erfolgte  in  einzelnen  Gebieten  die  Anlage  eigener 
Eisenbahnen.  Der  steigende  Bedarf  nach  diesem  Handelsartikel  führte 
zu  Versuchen,  das  Espartogras  in  Amerika  einzubürgern ;  aber  weder  die 
von  Hooker  in  Vorschlag  gebrachte  Vermehrung  durch  Samen,  noch 
die  in  Kalifornien  in  Angriff  genommene  Anpflanzung  von  »Wurzeln« 
(Rhizomen)  hat  bisher  ein  praktisches  Resultat  geliefert.  »Dieser  Fehl- 
schlag«; sagt  Semleri),  »sollte  nicht  abschrecken,  die  Einführung  in 
solchen  Gegenden  der  halbtropischen  Zone  zu  versuchen,  wo  Boden  und 
Klima  das  Gelingen  wahrscheinlich  machen.  Als  unfruchtbar  betrachtetes, 
trockenes  oder  steiles  Gelände  kann  durch  die  Anpflanzung  der  Alfa  mit 
geringen  Kosten  und  Mühen  ertragreich  gemacht  werden.  An  einem 
Markte  für  Esparto  fehlt  es  nicht,  denn  dieser  Artikel  wird  in  Massen 
verbraucht  und  der  Begehr  ist  steigend.«  Es  sei  noch  bemerkt,  daß  aUe 
neueren  Versuche,  auf  wüstem  Boden  warmer  Erdgebiete  das  Esparto- 
gras anzupflanzen  und  so  neue  Bezugsquellen  dieses  Rohstoffes  zu  ge- 
winnen, gänzlich  fehlschlugen,  weil  die  Anpflanzung  zu  schwierig  und 
kostspielig  ist  und  die  Konkurrenz  mit  dem  algerischen  Produkte  aus- 
sichtslos erscheint  2). 

Die  Einerntung  wird  am  rationellsten  im  Beginn  des  Reifens  der 
Früchte  vorgenommen.  Vor  und  nach  diesem  Zeitpunkt  erhält  man 
minderwertige  Produkte.  Die  Blätter  werden  unter  möglichster  Schonung 
der  »Wurzeln«  abgepflückt.  Die  abgepflückten  Blätter  werden  gebündelt 
und  in  Haufen  zusammengeworfen,  zwei  Tage  sich  selbst  überlassen, 
hierauf  öffnet  man  die  Bündel  und  breitet  die  Blätter  aus,  um  sie  an 
der  Sonne  zu  trocknen,  worauf  sie  neuerdings  gebündelt  werden.  Nun- 
mehr kommen  sie  in  den  Handel.  An  den  Küsten  nimmt  man  auch 
eine  schwache  Röstung  vor  und  klopft  die  Blätter,  um  die  Faser  ge- 
schmeidiger zu  machen. 

In  diesem  Abschnitte  handelt  es  sich  vor  allem  um  die  aus  den  Blät- 
tern von  Stipa  tenacissima  dargestellten  Fasern  und  es  sei  nur  zum 
Verständnis  der  die  Faser  selbst  betreffenden  Auseinandersetzungen  hier 
kurz  erwähnt,  daß  die  sogenannten  Espartohalme  (Blätter)  eine  grünliche, 
nach  längerem  Liegen  gelbliche  Farbe  zeigen,  eine  Länge  von  etwa  0,3 
bis  0,5  m  und  eine  mittlere  Dicke  von  etwa  1,5  mm  haben.  Obgleich 
diese  sogenannten  Halme  Blätter  sind,  sind  sie  doch  nicht  flächenförmig, 

^)  1.  c,  III,  p.  719. 

2)  Solche  Versuche  wurden  vor  wenigen  Jahren  in  Deutsch-Ostafrika  unter- 
nommen. Es  konnte  nach  den  angestellten  Versuchen  der  Anbau  des  Espartograses 
nicht  befürwortet  werden.     Stuhlmann,  1.  c,  p.  245. 


330 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


vielmehr  zylindrisch  gestaltet,  welche  merkwürdige  Form  dadurch  zu- 
stande kommt,  daß  sich  die  im  Querschnitt  etwa  halbkreisförmigen 
Blalthälften  dicht  aneinanderlegen.  Nur  an  der  Basis  jedes  »Esparto- 
halmes«  kann  man  schon  durch  die  Form  nachweisen,  daß  er  ein 
Blatt  ist. 

Die  grobe,  zu  Seilerwaren  dienliche  Espartofaser  wird  einfach  durch 
Zerreißen  der  Blätter  auf  dem  Wolf  ohne  jede  Vorbehandlung  erhalten. 
Früher  scheint  man  sie  in  Spanien  durch  Bearbeitung  auf  den  llanf- 
brechen  und  Hanfhecheln  ähnlichen  Vorrichtungen  dargestellt  zu  haben') 
und  vielleicht  steht  auch  jetzt  noch  diese  Bereitungsweise  hier  und  dort 

in  Anwendung. 
G         "  Die    Faser    hat 

eine  Länge  von  1  0  bis 
40  cm  und  eine  Dicke 
von  90—500/1.  Die 
feinen  Fasern  sind 
kurz,  die  groben  lang. 
Von  den  einzelnen 
Fasern  gehen  noch 
überaus  zarte  Fäser- 
chen,  welche  etwa 
eine  Dicke  von  SO  f^t 
haben,  aus,  die  sich 
jedoch  nur  in  einer 
Länge  von  i — 2  cm 
abziehen  lassen.  Die 
Faser  ist  grüngelb- 
lich gefärbt,  glanz- 
los, rauh  im  Anfüh- 
len  und  im  Vergleich  mit  den  gewöhnlichen  Spinnfasern  steif. 

Lufttrocken  führt  die  Espartofaser  6,95,  mit  Wasserdampf  völlig 
gesättigt  13,32  Proz.  Wasser.  Völlig  getrocknet  liefert  sie  2,20  Proz. 
Asche.  Diese  Asche  ist  wohl  völlig  kristallfrei,  hat  aber  doch  ein  sehr 
charakteristisches  Gepräge,  indem  sie  der  Hauptmasse  nach  aus  gestaltlich 
vollkommen  wohlerhaltenen  Oberhautstücken  des  Espartohalmes  besteht, 
an  denen  man  die  durchweg  stark  verkieselten  Oberhautzellen  und 
Spaltöffnungszellen  mit  überraschender  Schärfe  erkennt.  In  diesen  Ober- 
hautstücken findet  man  zwei  Arten  von  Oberhautzellen,  gewöhnliche, 
seitlich  wellenförmig  konturierte  (siehe  die  unten  bei  Besprechung  der 
Strohpapiere  abgebildeten   Oberhautzellen   des  Espartoblattes;    vgl.  auch 


Fig.  82.  Vergr.  80.  Querschnitt  durch  einen  Teil  des  Blattes  von  Slipn 
tenncissitna  (Esparto).  o.  Oberseite,  u.  Unterseite,  G  Gefäßbundel. 
dessen  Bast  sich  bis  nahe  zur  Oberhaut  fortsetzt  (bei  6').  oo  Ober- 
hautzellen, s  Spaltöffnung  (bloß  oberseits',  7i  Haare,  b  Bastring,  nnter- 
seits  geschlossen.     P  Parenchym. 


1)  Böhmer,  1.  c,  T.  p.  530. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


331 


•Fig.  84)  und  überaus  kleine,  wegen  ihrer  starken  Verkieselung  Kiesel- 
zellen genannte  Elemente. 

Jod  und  Schwefelsäure  färben  die  Faser  rostrot.  Kupferoxyd- 
ammoniak färbt  die  Faser  grün  und  nur  die  hier  und  dort  freiliegenden 
Bastzellen  unter  Aufquellung  blau.  Schwefelsaures  Anilin  ruft  eine  eigelbe 
Farbe  hervor;  die  Espartofaser  ist  also  verholzt. 

Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  der  Espartofaser  tritt  das 
Oberhaut-  und  Gefäßbündelgewebe  so  sehr  in  den  Vordergrund,  daß  es 
genügt,  die  morphologi- 
sche Charakteristik  auf 
diese  beiden  Gewebe  zu 
stützen.  Das  Paren- 
chymgewebe  ist  in  so 
geringer  Menge  vorhan- 
den, daß  man,  auch  mit 
Rücksicht  auf  den  Um- 
stand, daß  seine  Zellen 
zerdrückt  und  zerrissen 
sind,  Mühe  hat,  es  auf- 
zufinden und  sicher  zu 
deuten.  —  Fast  an  jeder 
Espartofaser  sieht  man 
Stücke  der  Oberhaut, 
bestehendausOberhaut- 
und    hin    und    wieder 

Spaltöffnungszelien, 
reichhch    bedeckt    mit 

,  ^         c      •*  Fig.  83.    Vergr.  80.    Querschnitt  durch   einen  Teil  des  Blattes   von 

kurzen,  an  der  Spitze  lygetim  Spartnm.      o.  ober-,   u.  Unterseite   des  Blattes,      h  Haare, 

meist  hakenförmig  *  Spaltöffnungen   (oben  und   unten),      o  Oberhautzellen,    6    einfache 

,        .  ,  ,  .  Baststränge,    G    Geß,ßbündel,    P  grünes,    P   farbloses    Parenchym, 

gekrümmten     koni-  ^,  oefäßbündeischeide. 

sehen    Haaren    (Fig. 

86).  Die  Länge  der  gewöhnlichen  Oberhautzellen  beträgt  etwa  60,  ihre 
Breite  12  ^i.  Die  Haare  sind  36—60  i^i  hoch;  ihre  Basis  mißt  etwa 
9  f.1.  —  Die  Hauptmasse  der  Fasern  besteht  indes  aus  Bastzellen.  Die- 
selben sind  kurz,  nämlich  meist  unter,  selten  über  \  mm  lang,  sehr  regel- 
mäßig walzenförmig  und  lang  zugespitzt,  stark  verdickt,  fast  so  wie  die 
Flachsbastzellen,  9— 15  ,u  breit.  —  Die  Bastzellen  des  Espartohalms 
werden  durch  Kupferoxydammoniak  gebläut,  quellen  auf,  stellenweise 
blasig  und  werden  schließlich  in  Lösung  übergeführt.  Jod  und  Schwefel- 
säure rufen  an  der  unveränderten  Bastzelle  eine  grüngelbe,  schwefel- 
saures Anilin  eine  deutliche  gelbe,  Phlorogluzin  +  Salzsäure  eine  rotviolette 
Färbung  hervor.     Die  Bastzellen  des  Espartoblattes  sind  mithin  verholzt. 


332 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Wenn  es  darauf  ankommen  sollte,  zu  unterscheiden,  ob  eine  be- 
stimmte Espartosorte  von  Stipa  tenacissima  oder  Lygeum  Spartum 
herrührt,  so  wird  man  den  anatomischen  Bau  der  Blätter  dieser  Gräser 
zu  beachten  haben.  Sowohl  wenn  es  sich  um  unverletzte  Blätter  han- 
delt, als  auch  wenn  die  Espartofaser  in  fein  zerteilter  Form,  z.  B.  als 
Papierfaser  vorliegt,  wird  die  Unterscheidung  leicht  und  sicher  durch- 
zuführen sein. 

Handelt  es  sich  um  die  ganzen  Blätter  oder  um  gröbere  Fragmente 
derselben,  so  genügen  für  die  Unterscheidung  folgende  Kennzeichen.  Die 
Oberhaut  des  Blattes  von  Lygeum  Spartum  ist  mit  Haaren  und  Spalt- 


sSp'^iatl-v  .*^rir^,,,:.,^. 


Fig.  84.     Vergr.  460.     Oberhaut  von  der  Unterseite 

eines  (jungen)  Blattes  von  Stipa  tenaritiaima. 
z  z'  Paare  von  Kieselzellen,  von  denen  die  eine 
stärker  als  die  andere  verdickt  ist.  Im  reifen 
Blatte,  wie  es  als  » Esparto «  vorliegt,  sind  die 
Oberhautzellen  (e)  stärlser  verdickt,  aber  nicht 
länger  als  in  der  Figur. 


Fig.  S5.     Vergr.  460.     Oberhau'.  von  der  Unterseite 

eines  Blattes  von  Li/r/enin  Spartum. 
e    Oberhautzellen,     zz'   Kieselzellen,     s    Spalt- 
öffnung mit  Nebenzellen  n. 


Öffnungen  versehen.  Die  Haare  kommen  nur  an  der  Oberseite  des  Blattes 
vor,  sind  entweder  einzellig,  dickwandig,  weitlumig,  oben  fast  immer 
abgestumpft  (Fig.  83  und  87)  oder  zart,  dünnwandig  und  zweizeilig. 
Zwischen  den  Oberhautzellen  liegen  kleine  meist  runde  Kieselzellen.    Spalt- 


vor.  Das  Grundgewebe  besteht  vorwiegend  aus  grünem  Parenchym.  In 
dieses  ist  ein  Kreis  von  vollkommen  getrennten  einfachen  Bast- 
bündeln und  Gefäßbündeln  eingebettet,  welch  letztere  von  einer 
großzelligen  Gefäßbündelscheide  umkleidet  sind. 

Die  Haare  von  Stipa  tenacissima  sind  fast  durchweg  kegel- 
förmig, zugespitzt,  häufig  hakenförmig  gekrümmt,  sehr  englumig 
(Fig.  82  und  86).  Spaltöffnungen  finden  sich  nur  an  der  Oberseite  des 
Blattes   vor.     An    der   Unterseite    des   Blattes   befindet    sich    ein 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


333 


kontinuierlicher  Bastring,  oberseits  treten  getrennte  einfache  Bast- 
stränge auf.  Im  Grundgewebe,  welches  fast  ganz  aus  grünem  Parenchym 
besteht,  liegen  Gefäßbündel,  deren  langgestreckte  Bastbündel  bis  an  die 
Peripherie  des  Blattes  reichen.  Die 
Fasern  dieser  Bastbündel  sind  auffal- 
lend dünnwandiger  als  die  Fasern  der 
schon  genannten  einfachen  Bastbündel, 
bzw.  des  an  der  Unterseite  des  Blattes 
vorkommenden  Bastringes.  Gefäß - 
bündelscheide  fehlt. 

Die  Oberhautzellen  und  die  Spalt- 
öffnungen des  Blattes  von  Lygeuni 
Spartum  sind  auffällig  grüßer  als  die 
von  Stipa  tenacissima.  Es  stehen 
die  Zwergzellen   bei  beiden  allerdings 

paarweise,  haben  aber  bei  jeder  dieser  beiden  Spezies  eine  verschiedene 
Gestalt  (Fig.  84  und  85)  i). 

Die  Espartofaser  wird  in  Frankreich  zur  Herstellung  von  grobem 
Packtuch  und  zu  Seilerarbeiten  verwendet.    Vielseitiger  ist  die  Verwen- 


Vergr.   4(i0.       Haare    Yon    Esparto 
(Blatt  von  Stipa  tenacissima). 


in  Spanien 
fertigung  von  Seilen  für  Berg- 
werke und  von  Sandalen  Ver- 
wendung finden,  welche  im 
Lande  benutzt,  aber  auch 
stark  nach  Westindien  expor- 
tiert werden 2).  Die  Hauptver- 
wendung findet  die  Esparto- 
faser in  der  Papierfabrikation, 
insbesondere  in  England  (siehe 
unten  bei  Papierfasern).  Der 
Verwendung  des  intakten  Blat- 
tes (Espartostroh)  in  der  Korb- 
flechterei und  als  Durchzug- 
stroh der  Virginier-Zigarren 
wurde  schon  früher  (p.  328) 
Erwähnung  getan. 


wo   sie   in   großem  Maßstabe  zur  Ver- 


¥ig.  87. 


Vergr.  40i).      Charakteristische   Bestandteile   der 
Espartozellulose  von  Lijgeuin  Spurium. 
0  0   Papillus   ausgestülpte   Obeihautzelle,    h   derb  wandiges 
einzelliges  Haar,  h'  Oberhautstück  mit  zarten  zweizeiligen 
^    „.  Haaren.     (Nach  T.  F.  Hanausek.) 

\]  tiine     eingehende     Unter- 
suchung der  anatomischen  Verhält- 
nisse des  Blattes  von  Lygeuni  Spartum  und  Stipa  tenaeissima  hat  Dr.  A.  v.  Hayek 
im  Wiener  pflanrenphysiol.  Institut  ausgeführt  und  in  der  österr.  bot.  Zeitschrift  1902, 
Nr.  t,  veröfTentlicht.     Die  Abbildungen  82 — 86  sind  nach  v.  Hayeks  Präparaten  von 
J.  Fleisch  mann  für  die  »Rohstoffe«  gezeichnet  worden. 
2;  S.emler,  1.  c,  p.  720. 


334  Siebzehnter  Abschnitt..     Fasern. 

32.  Piassave. 

Unter  Piassave  verstand  man  anfänglich  bloß  die  von  selbst  an  der 
Luft  mazerierten,  am  Stamme  frei  stehenden  oder  hängenden  Gefäß- 
bündel der  Blattscheiden  der  brasilianischen  Piassabapalmen.  Diese 
charakteristische,  nämlich  dicke,  braune,  fischbeinartig  biegsame  und 
technisch  sehr  verwendbare  Faser  steht  in  Brasilien  zur  Herstellung  von 
Matten,  Seilen,  Tauen  usw.  seit  alter  Zeit  in  Verwendung.  Sie  wurde 
als  Piassave  in  Europa  im  Beginne  der  sechziger  Jahre  des  neunzehnten 
Jahrhunderts  bekannt  und  gelangte  rasch  zu  ausgedehnter  Benutzung  i). 

Seitdem  die  brasilianische  Piassave  in  Europa  zu  allgemeiner  tech- 
nischer Verwendung  kam,  wurde  die  Aufmerksamkeit  auf  ähnliche,  von 
anderen  Palmen  herrührende  Blaltscheidenfasern  gelenkt,  welche  im  Aus- 
sehen und  anscheinend  in  den  Eigenschaften  der  echten  Piassave  gleichen. 
Auch  diese  Fasern  fanden  alsbald  Verwendung  und  werden,  ganz  abge- 
sehen von  der  Abstammung  und  geographischen  Provenienz,  gleichfalls 
als  Piassave  bezeichnet. 

Gegenwärtig  kommen  als  Piassave  mehrere  im  Aussehen  ähnliche, 
aber  in  der  technischen  Verwendbarkeit  verschiedene  Fasern  vor,  näm- 
lich die  schon  genannte  in  zwei  Hauptsorten  zerfallende  brasilianische 
und  die  afrikanische  Piassave.  Letztere  stammt  von  der  im  tropi- 
schen Afrika  weit  verbreiteten,  in  einzelnen  Gebieten  massenhaft  auf- 
tretenden Bambou-  oder  Weinpalme,  Raphia  vinifera,  und  erscheint  im 
Handel  auch  unter  dem  Namen  bass  fibre-)  (Bassfaser,  Bastfaser).  Im 
europäischen  Handel  kennt  man  die  bass  fibre  seit  dem  Jahre  1890  3). 
Im  Wiener  Handel  erscheinen  beide  Fasern  als  ständige  Marktprodukte. 

Auf  einige  von  anderen  Palmenarten  herrührende,  nunmehr  häufig 
gleichfalls  zu  den  Piassaven  gerechnete  Fasern  komme  ich  später  noch 
zurück.  Vorerst  sollen  die  beiden  genannten,  welche  derzeit  die  wich- 
tigsten Sorten  der  Piassave  repräsentieren,  charakterisiert  werden. 

A.  Die  brasilianischen  Piassaven.  Die  ersten  verläßlichen  An- 
gaben über  eine  aus  Brasilien  stammende  Piassave  finden  sich  bei  Mar- 
tius*),  welcher  zeigte,  daß  diese  so  höchst  charakteristische  Faser  von 
einer  Palme   abstammt,    die   er  als  Attalea  furifera  beschrieb.     Später 

\]  Erste  Auflage  dieses  Werkes,  p.  445.  Ihren  Aufschwung  als  Handelsware 
verdankt  die  Piassave  ihrer  Verwendung  in  der  Bürstenfabrikation.  Ein  Liverpooler 
Bürstenbinder  kam  zuerst  auf  den  Gedanken,  die  Piassave  zur  Verfertigung  von 
Bürsten  zu  verwenden.     Gardeners  Chronicle  1880,  XIV,  p.  l^. 

2)  Kew  Bullet.  1891.  0.  Warburg,  Die  aus  den  deutschen  Kolonien  expor- 
tierten Produkte.     Berlin  1896. 

3)  0.  Warburg,  1.  c. 

4)  Reise  in  Brasilien  1817—1820,  II,  p.  625. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  335 

wurde  von  A.  R.  Wallace  im  Gebiete  des  Rio  negro  (Nebenfluß  des 
Amazonenstromes)  eine  von  ihm  als  Leopoldinia  Piassahe  beschriebene 
Palme  entdeckt,  welche  Piassave  liefert.  Er  hielt  diese  Pflanze  für  die 
echte  Piassavepalmei). 

So  entstand  eine  Kontroverse,  welche  manche  Unklarheit  in  die 
Frage  der  Abstammung  der  brasilianischen  Piassaven  brachte.  Von  einer 
Seite  wurde  behauptet,  daß  die  beiden  genannten  Palmen  identisch  seien. 
Dies  geschah  durch  Seemann 2)  unter  Berufung  auf  Hooker,  und  da 
die  zufällig  untersuchten  brasilianischen  Piassaven  anatomisch  unterein- 
ander übereinstimmten,  so  waren  die  an  den  betreffenden  Untersuchungen 
beteiligten  Forscher  geneigt,  die  brasilianischen  Piassaven  von  einer 
Palme  abzuleiten  3). 

Das  erneute  Studium  der  käuflichen  Piassaven  lehrte  aber,  daß  diese 
Ansicht  nicht  richtig  sein  könne,  da  die  Qualitäten  der  im  Handel  er- 
scheinenden brasilianischen  Piassaven  zum  mindesten  auf  zwei  verschie- 
dene Stammpflanzen  hinweisen.  Man  gewann  hierfür  auch  botanischer- 
seits  Anhaltspunkte,  indem  mit  voller  Sicherheit  gezeigt  werden  konnte, 
daß  nicht  nur  die  von  Martins  aufgestellte  Attalea  furifera^  sondern 
auch  die  von  Wallace  beschriebene  Leopoldinia  Piassabe  ganz  selb- 
ständige Arten  repräsentieren  und  Produkte  liefern,  welche  man  im 
Handel  als  Piassaven  zusammenfaßte,  wenngleich  sie  in  ihren  Qualitäten 
doch   so  verschieden  sind,   daß  sie  verschiedene  Handelssorten  bilden*). 

Sadebeck  leitet  in  einer  späteren  Schrift^)  die  Bahia-Piassave  von 
Attalea  furifera,  die  Para-Piassave  von  Leopoldinia  Piassabe  ab^),  was 
mit  einem  hohen  Grad  von  Wahrscheinlichkeit  bereits  früher  (-1894)  von 
T.  F.  Hanausek  ausgesprochen  wurde'').     Die  Herleitung   der  Bahia- 


1)  Palm  Trees  of  the  Amazon.  London  1853.  S.  auch  die  unten  zitierte  Ab- 
handlung von  Archer. 

2)  Die  Palmen.     Deutsch  von  Bolle.     Leipzig,  Engelmann,  1853,  p.  52  und  <60. 

3)  Wiesner,  Rohstoffe,  erste  Auflage  1873.  Sadebeck,  Kulturgewächse  der 
Deutschen  Kolonien.  Jena  1899,  p.  317.    Wiesner,  Rohstoffe,  2.  Aufl.,  II,  1903,  p.  406. 

4)  S.  hierüber  T.  C.  Archer,  Note  on  Piassabe.  Journ.  of  Botany,  Vol.  VII, 
dazu  die  Note  von  Hooker,  p.  213. 

5)  Sadebeck,  Über  die  südamerikanischen  Piassavearten.  Ber.  der  Deutschen 
Bot.  Gesellschaft,  XX  (1902),  p.  383.  Auf  diese  Arbeit  konnte  ich  in  der  2.  Aull.  der 
Rohstoffe  nicht  mehr  Rücksicht  nehmen,  da  mein  Artikel  Piassave  schon  gedruckt  war. 

6)  Sonderbarerweise  sagt  Sadebeck  (I.e.,  p.  385),  daß  diese  seine  Ableitung 
mit  der  ursprünglichen  Ableitung  von  Wallace  übereinstimmt,  was  nach  den  obigen 
Angaben  irrtümlich  ist.  Sadebeck  beruft  sich  bei  seiner  Aussage  auf  eine  angeb- 
liche Schrift  von  Wallace,  betitelt  >Reiseerinnerungen«  und  zitiert  dabei  den  Just- 
schen  Jahresbericht  v.  J.  1876,  p.  1  158,  wo  allerdings  die  genannte  Ableitung  zu  finden 
ist,  die  aber  nicht  von  A.  R.  Wallace,  sondern  von  G.  Wallis  herrührt. 

7)  T.  F.  Hanausek,  Einige  Bemerkungen  zu  R.  Sadebeck,  Über  die  südame- 
rikanischen Piassavearten.     Ber.  der  Deutsch.  Bot.  Ges.,  XX  (1902),  p.  83  ff. 


336 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Piassave  ist  gewiß  richtig,  da  Sadebeck  verläßliches,  sicher  von  Attalea 
furifera  herrührendes  Material  zur  Hand  hatte.  Hingegen  bezieht  sich 
seine  Aufstellung  rücksichtlich  der  Para-Piassave  nicht  auf  ein  botanisch  be- 
stimmtes Produkt,  son- 
dern auf  eine  Handels- 
ware, die  er  von  einer 
amerikanischen  Firma 
erhielt!).  Diese  Aufstel- 
lung ist  also,  trotz  ihrer 

Wahrscheinlichkeit, 
doch  noch  nicht  völlig 
sichergestellt  und  erfor- 
dert noch  eine  genauere 
Prüfung.  2) 

a)  Die  Para- 
Piassave.  Es  ist 
dies  die  aus  dem  Ge- 
biete des  Rio  negro 
stammende  Piassave, 
welche  Wallace  als  Ab- 
kömmling der  von  ihm 
entdeckten  Leopoldinia 
..^«^v  x^«»^^^,«!^.,^  .  V.         Picissaba  3)  erkannte.  Die 


7" 


^K 


/lA 


/ 


1)  1.  c,   p.  384. 

2)  Leider  ist  es  mir, 
trotz  vieler  Bemühungen, 
niclit  geglückt,  authentische 
ßlattscheidenfasern  von  Leo- 
poldinia Piassahe  zu  be- 
kommen, so  daß  ich  die  Her- 
leitung der  Para-Piassave 
auch  nicht  weiter  als  Sade- 
beck führen  konnte;  wie  er 
hatte  ich  zur  mikroskopi- 
schen Charakteristik  dieser 
Piassave   nur   Handelsware. 

3)  T.  F.  Hanausek 
wollte     für   Wiesner     die 

Frage  nach  der  Abstammung  der  Para-Piassave  durch  Untersuchung  authentischen 
Materials  von  Leo/)o/(^Mim  Pi'assaia  zur  Entscheidung  bringen.  Er  konnte  leider  nur 
ein  Stück  der  Blattscheide  von  Leopoldinia  pulchra  Marl,  erlangen,  deren  zusammen- 
gesetzte Faserbündel  sich  aber  als  genau  so  gebaut  ei'wiesen  wie  die  als  Para-Piassave 
bezeichnete  Ware.  Nach  Hanausek  (Berichte  d.  Deutschen  Botan.  Gesellsch.,  -1916, 
34.  Bd.,  p.  247 — 249)  stammt  zweifelsohne  der  letztgenannte  Faserstoff  von  einer 
Leopoldinia- Art  ab,  und   es   erscheint  ihm  sicher,   daß  zum  mindesten  der  weitaus 


Fig.  88.    Vergr.  1  (Jü.    Querschnitt  durch  die  Para-Piassave  (von 

Leopoldinia  Fiassabc].     Zahlreiche  l6i  kollaterale  Gefäßbünflel  {jili 

Phloem,   X   Xylem    derselben)   sind   von   Bastzellen   (b)   umgeben. 

P  parenchymatisches  Zwischengewebe. 


Siebzehnter  Absclinitt.     Fasern.  337 

Para-Piassave  erscheint  im  Handel  in  Längen  bis  zu  -1,85  m,  ist  meist 
stark  abgeplattet  und  gewöhnlich  0,8 — 2,5,  doch  auch  hin  und  wieder 
bis  3,5  mm  breit.  Sie  ist  an  einer  oder  an  zwei  Seiten  scharfkantig. 
Die  Kanten  laufen  entweder  ganz  geradlinig  oder  in  steilen  Schrauben- 
windungen. Die  Farbe  dieser  Piassave  liegt  zwischen  zimt-  und  schoko- 
ladebraun. Die  einzelnen  Fasern  sind  gewöhnlich  gleichmäßig  gefärbt 
oder  aber  mit  helleren  Streifen  versehen,  und  zwar  an  jenen  Stellen, 
wo  das  in  kleiner  Menge  noch  anhaftende  Grundparenchym  mit  dem 
zwischen  den  Gefäßbündeln  netzförmig  verteilten  Parenchym  (Fig.  88  P) 
in  Verbindung  steht.  Die  Faser  ist  sehr  elastisch,  in  höherem  Grade  als 
die  nachfolgend  beschriebene,   doch  läßt  sie  sich  in  der  Hand  brechen. 

Aus  dem  Querschnitt  erkennt  man  unter  dem  Mikroskop  (Fig.  88), 
daß  diese  Faser  aus  mehreren  Gefäßbündeln  besteht,  wodurch  sie  sich 
sofort  von  der  Bahia-Piassave,  welche  stets  nur  ein  Gefäßbündel  ent- 
hält, unterscheiden  läßt.  Die  in  jeder  einzelnen  Faser  auftretenden,  von 
mächtigen  Bastbündeln  umhüllten  Mestomstränge  (in  Fig.  88  sechs)  lassen 
deutlich  Phloem  (Siebteil)  und  Xylem  unterscheiden.  Um  die  Bastmäntel 
herum  und  stellenweise  zwischen  dieselben  hindurch,  bis  zum  Mestom 
reichend,  treten  Parenchymelemente  in  mehr  oder  minder  geschlossenen 
Zügen  auf,  den  Querschnitt  unregelmäßig  netzförmig  durchziehend.  Dieses 
netzförmige  Zwischengewebe  ist  für  die  Para-Piassave  gleichfalls  charak- 
teristisch i). 

Die  Bastzellen  haben  eine  Länge  von  0,3 — 0,9  mm,  die  Parenchym- 
zellen  messen  im  Längsschnitt  im  Mittel  75,  der  Breite  nach  25  //.  Die 
Gefäßbreite  beträgt  im  Mittel  54  u.  Nach  im  Wiener  pflanzenphysiol. 
Institute  von  P.  Hugo  Greilach  angestellten  Beobachtungen  rollen  sich 
die  Schraubenbänder  der  Gefäße  nach  Behandlung  in  heißer  Kalilauge 
ab  (vgl.  bei  afrikanischer  Piassave).  In  der  Peripherie  der  Fasern  treten 
sehr  auffällig  »Stegmata«  mit  morgensternförmigen  Kieselsäureeinschlüssen 
(Fig.  89)  auf. 

Lufttrocken  führt  diese  Piassave  9,26,  in  mit  Wasserdampf  gesät- 
tigtem Räume  1  6,98  Proz.  Wasser.  In  einzelnen  Sorten  steigt  der  maxi- 
male Wassergehalt  bis  auf  20,06  Proz.  (Greilach).  Getrocknet  liefert 
sie  0,506  Proz.  Asche,  welche  reich  an  Kieselsäureeinschlüssen  der  Steg- 
mata  ist. 

b)  Die  Bahia-Piassave  stammt  von  Ättalea  funifera;  sie  stimmt 
im  Aussehen   und  in   der  Länge   so  ziemlich  mit  der  früheren  überein. 

größte  Teil  der  im  Handel  befindlichen  Para-Piassave  von  Leopoldinia  Piassaba  ge- 
liefert wird. 

■1)  Über  die  physiologische  Bedeutung  dieser  parenchymatischen  Zwischengewebe 
vgl.  Schwendener,  Das  mechanische  Prinzip  im  anatomischen  Bau  der  Monocotyjen. 
Leipzig,  1874,  p.  65  und  107. 

Wiesner,  Rohstoffe.    III.  Band.    :5.  Aufl.  22 


338 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


abgerundet  3 — 4  eckig,  fast  isodiametrisch. 


Doch  ist  sie  merklich  dunkler,  der  Querdurchmesser  gewöhnlich  unter 
1,5  mm.  Diese  Faser  spaltet  leicht,  und  deshalb  findet  man  in  der 
Ware   auch  Fasern  von  roßhaarähnlicher  Dicke.     Sie  ist  stielrund  oder 

Jede  Faser  enthält  nur  einen 
Gefäßbündelstrang  mit  einem 
mächtigen  Bastbeleg  an  der 
Phloem-  und  einem  schwäche- 
ren Bastbeleg  an  der  Xylem- 
seite  des  Gefäßbündels.  Steg- 
mata  mit  Kieselsäureeinschlüs- 
sen wie  bei  der  früheren. 
Auch  in  betreff  der  Hygro- 
skopizität und  des  Aschen- 
zwischen    Bahia-    und   Para- 


Fig.  S9.  Vergr.  50O.  KieseleioscWüsse  der  Stegmata  von 
afrikanischer  (1)  und  brasilianischer  {S)  l'iassave,  nach 
Behandlung  dieser  Fasern  mit  Chromsänre  zurückbleibend. 


sind    keine     anderen    Sorten 


gehaltes    ist    kein  auffälliger   Unterschied 

Piassave  i). 

Außer    Para-    und    Bahia-Piassaven 

brasilianischer  Piassaven  bekannt  geworden.      Die  Piassave  der  Attalea 

funifera  kommt  indes  auch 
aus  andern  südamerikanischen 
Gebieten  in  den  Handel.  So 
aus  Venezuela.  Die  dortselbst 
seit  i882  in  nicht  unbe- 
trächtlicher Menge  gewonnene, 
Ghique-chique  genannte 
Faser  ist  nach  Ernst 2)  eine 
Piassave,  welche  von  Attalea 
funifera  abstammt,  also  mit 
der  Bahia  -  Piassave  iden- 
tisch ist. 

B.  Afrikanische  Pias- 
save. Die  Stammpflanze  dieser 
Piassave ,  Eaphia  vinifera, 
ist  im  tropischen  Afrika  sehr 
verbreitet,    wird    aber    nicht 

überall   auf  Faser  ausgebeutet.     Es   ist   derselbe  Baum,   dessen   Blätter 

den   sogenannten   westafrikanischen  »Raphiabast«    liefern  (siehe  p.  346). 

Die  grüßten  Massen   dieser  Piassave  liefert  Westafrika,    und   zwar  von 


Fig.  90.    Querschnitt  durch  die  Bahia-Piassave  (von  Attalea 

funifera).      X  Xylem    des    Gefößbündels,    J  Siebteil    des 

Phloems   des  Gefäßbündels,    R  Bast   des  Phloems,   6  Bast 

des  Xylems.    (Schematisch,  nach  Sadebeck.) 


\)  Über  Gewinnung  dieser  Piassave  s.  L'exploitation  du  piassave  dans  l'etat 
Bahia,  Journ.  Agric.  tropic.  IX  (1909).  Die  Piassave  wird  von  wild  wachsenden  Bäumen 
gewonnen.     Ein  Baum  hefert  durch  30  Jahre  jährlich  5—10  kg  Fasern. 

2)  La  exposicion  nacional  de  Venezuela  en  1883.     Caracas  1886,  p.  430. 


Siebzehnter  Abschnitl.     Fasern. 


339 


Sierra  Leone  an  bis  Benin,  besonders  Liberia.     Auch  die   deutsch-west- 


ißerem  Maße  Kamerun,  in  geringerem  Togo, 


ging  nicht  über  60  cm.    Sie  ist 


^f-ffiftCr. 


% 


b 


afrikanischen  Gebiete 
sind  am  Export  dieser  Faser  beteiligt. 
Die  Länge  der  untersuchten  Faser 
abgeplattet,  \ — 3  mm  breit,  selten  breiter.  Die  Färbung  ist  verschieden 
und  reicht  gewöhnlich  von  strohgelb  bis  zimtbraun.  Die  tieferen  Töne 
überwiegen.    Eine  Sorte  __ 

von  Sierra  Leone  (von 
der  Berliner  Kolonial- 
ausstellung 1896)  hatte 
eine  noch  tiefere  Fär- 
bung. Auch  die  einzelnen 
Fasern  sind  nicht  selten 
ungleichartig.  Häufig  er- 
scheint die  Faser  auf 
einer  flachen  Seite  dicht, 
glatt  und  dunkelfarbig, 
auf  der  entgegengesetz- 
ten rissig  bis  schwam- 
mig und  heller  gefärbt. 
Die  dichte  Seite  ist  nach 
den  Beobachtungen  H. 
Greilachs  manchmal 
noch  mit  einer  spalt- 
üfTnungsf  ührenden  Ober- 
haut bedeckt,  während 
die  schwammige  Seite 
noch  Reste  des  paren- 

chymatischen  Grund- 
gewebes enthält.  Die 
einzelne  Faser  besteht, 

abgesehen  von  den 
eben  erwähnten  Gewebs- 
resten, aus  einem  ein- 
zigen Gefäßbündel,  wodurch  sie  sich  von  der  Para-Piassave  unterscheidet. 
Das  Gefäßbündel  ist  hemikonzentrisch  gebaut  (Fig.  91),  besteht  nämlich 
aus  einem  kollateral  gebauten  Mestomstrang,  welcher  von  einem  massiven, 


i 


w 


,^i 


Fig.  91.  Vergr.  100.  Querschnitt  durch  afrikanische  Piassave  (von 
Rriphia  tinifera).  pli  Phloem,  a;  Xylem  des  Gefäßbündels,  6  Zellen 
des  Bastmantels,  welcher  das  kollaterale  Gefäßbündel  rings  umgibt 


1)  Zur  Untersuchung  dienten  einige  Sorten  afriiianischer  Piassave  aus  dem  Berliner 
bot.  Museum,  welche  ich  Herrn  Prof.  Engler  verdaniie,  ferner  die  im  Wiener  Handel 
vorkommenden  Sorten  dieser  Piassave.  Alle  diese  Sorten  stimmten  im  wesentlichen 
miteinander  überein,  insbesondere  im  anatomischen  Verhalten. 


340 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


unterhalb  der  Mitte  eingeschnürten  Bastmantel  umgeben  ist.  An  der 
Einschnürungsstelle  (Fig.  91)  ist  der  Mestomstrang  durch  Parenchym- 
zellen  mit  dem  Grundgewebe  verbunden,  was  auf  dem  Längsschnitt 
klar  hervortritt,  während  auf  dem  Querschnitt  diese  Verbindung  leicht 
übersehen  werden  kann*),  da  nicht  selten  im  Längsverlaufe  des  Bündels 
dieses  parenchymatische,  der  Stoffleitung  dienende  Gewebe  stellenweise 
fehlt.  —  Die  Bastfasern  der  Randpartien  sind  kurz  (im  Mittel  510  /< 
lang)  und  englumig,  die  inneren  Bastfasern  hingegen  lang  (im  Mittel 
2525  /.i)    und    weitlumig.     Die   Gefäße    haben   eine   mittlere  Weile   von 

77  i-i.  Die  Gefäße  sind  netzför- 
mig verdickt;  nach  Mazeration  in 
Kali  erscheinen  keine  abrollbaren 
Gefäß- Schraubenbänder  (Grei- 
lach).  Stegmata  wie  bei  der  bra- 
silianischen Piassave,  nur  etwas 
größer.  Im  Innern  der  Stegmata 
erscheinen  gleichfalls  morgenstern- 
förmige Kieselkörper  (Fig.  89). 

Nach  Greilach  enthält  diese 
Faser  im  lufttrockenen  Zustande 
15,4,  im  mit  Wasserdampf  ge- 
sättigten Zustande  bis  50,04  Proz. 
Wasser. 

Die  afrikanische  Piassave  ist 
im  Vergleich  zur  brasilianischen 
sehr  brüchig  und  hygroskopi- 
scher, deshalb  bedeutend  gering- 
wertiger 2). 

Außer    den    drei    genannten 
Piassaven  erscheinen  unter  dem- 
selben Namen  in  neuester  Zeit  auch  die  Blattfasern  einiger  anderer  Palmen 
[Borassus  flahdlifer,    Caryota  urens   und  Dictyosperma  fibrosum   im 
Handel  3). 

Die  Borassus-Piassave  (Bassine)  kommt  hauptsächlich  aus  Ceylon 


Fig.  92.  Vergr.  50.  Querschnitt  durch  Borassus- 
Piassave.  ph  Phlocm  (Siebteil),  x  Xylem  des  Me- 
stoms.  h  Bastzellen  der  an  den  Siebteil,  V  Bast- 
zellen des  an  das  Xylem  angrenzenden  Bastkörpers. 
DD  die  dünnwandigen  Dnrchlaßzellen,  welche  die 
Verbindung  mit  dem  parenchymatischen  Gmndgewebe 
des  Stammes  herstL-Uen.    (Nach  Sadebeck.) 


1)  Dieses  parenchymatische  Gewebe  entspricht  funktionell  dem  bei  der  brasiha- 
nischen  Piassave  beschriebenen,  am  Querschnitt  nelzi'örmig  erscheinenden  Zwischen- 
gewebe. 

2)  Nach  dem  Bulletin  van  hetKoloniahnuseum  te  Haarlem  betrug  1897  der  Preis  der 
Bahia-Piassave  für  50  kg  35—60,  der  von  Liberia-Piassave  hingegen  bloß  22—27  Jl. 

3)  Über  diese  Piassavesorten  s.  Dodge,  1.  c,  p.  92,  112  und  151;  ferner  Sade- 
beck,  Die  Kullurgewächse  der  deutschen  Kolonien.     Jena  1899^  p.  31 3  ff. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  341 

und  Indien  in  den  Handel  i).  Sie  scheint  in  der  Güte  der  bass  fibre 
gleichzukommen  2).  Im  anatomischen  Bau  stimmt  sie  nach  meinen  Be- 
obachtungen der  Hauptsache  nach  mit  der  Faser  von  Raphia  vinifera 
überein:  jede  Faser  repräsentiert  nämhch  ein  Gefäßbündel  mit  geringen 
Anhängen  3)  (Fig.  92). 

Die  Caryota-Piassave  ist  die  als  Kitul  (Kitool)  *)  lange  bekannte, 
in  die  Kategorie  des  vegetabilischen  Roßhaars  gestellte  Faser.  Sie  unter- 
scheidet sich  von  den  drei  genannten  Piassaven  durch  ihre  geringe,  nur 
etwa  0,5  mm  betragende  Dicke,  tiefschwarze  Färbung  und  ihr  den  Roß- 
schweifhaaren ähnliches  Aussehen ^j.  Im  anatomischen  Bau  ordnet  sie 
sich  dem  Typus  der  Raphia-Piassave  unter,  enthält  nämlich  nur  ein 
Gefäßbündel  6).     Diese  Faser  kommt  aus  Indien  und  Ceylon, 

Die  Dictyosperma-Piassave  kommt  aus  Madagaskar.  Diese 
Faser  auch  noch  zu  den  Piassaven  zu  rechnen  (Madagaskar-Piassave  nach 
S  ade  heck)  scheint  mir  noch  weniger  erlaubt  zu  sein,  als  die  altbekannte 
Kitulfaser  in  diese  Kategorie  zu  stellen.  Unter  Piassaven  verstand  man 
jahrelang  die  eigenartige  dicke,  fischbeinartige  braune  Faser  der  oben 
genannten  brasilianischen  Palmen.  Mit  dieser  Faser  hat  die  afrikanische 
Piassave  (bass  fibre)  eine  auffallende  Ähnlichkeit  und  auch  die  Bassine 
(von  Borassus  flabelHfe?']  kann  man  noch  naturgemäß  zu  den  Piassaven 
zählen.  Während  die  Kitulfaser  nach  Aussehen  und  Verwendung  der 
Tillandsiafaser  und   überhaupt    dem  vegetabilischen  Roßhaar  anzureihen 


i)  Herrn  Prof.  Engler  verdanke  ich  eine  Bassine  -  Probe  aus  den  deutschen 
Kolonien,  welche  von  der  Berliner  Kolonialausstellung  (1  896)  herrührt. 

2)  Nach  dem  oben  zitierten  Bericht  desHaailemerKolonialmuseums  erzielte  Bassine 
denselben  Preis  wie  Bass  fibre. 

3)  Über  den  anatomischen  Bau  dieser  Faser  s.  Sadebeck,  1.  c. 

4)  Ohne  Angabe  einer  verläßlichen  Quelle  verwirft  Sadebeck  (Ber.  d.  Deutsch. 
Bot.  Ges.  XX,  p.  394)  die  festbegründete  Ableitung  der  Kitoolfaser  von  Caryota  urens 
und  führte'diese  altbekannte,  ofterwähnte  Faser  auf  das  Blattgefäßbündel  von  J.reM^a 
saccharifera  zurück.  Ich  habe  während  meines  Aufenthaltes  in  Ceylon  und  in  Indien 
mich  durch  den  Augenschein  überzeugt,  daß  die  Faser  Kitool  von  Caryota  urens 
abstammt.  Ich  berufe  mich  bei  meiner,  soviel  ich  weiß,  von  keiner  Seite  noch 
angezweifelten  Herleitung  von  Kitool  auf  einen  der  genauesten  Kenner  der  indischen 
Produkte,  auf  Sir  G.  Watt,  welcher  in  seinem  neuesten  Werke  (The  commercial 
products  of  India,  London  1908)  an  vier  verschiedenen  Stellen  seines  Werkes  des 
Kitool  (Kittul)  Erwähnung  tut,  aber  diese  Faser  [stets  von  Caryota  urens  ableitete. 
Die  Faser  von  Ärenga  saccharifera  hat  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  der  Kitoolfaser, 
auch  im  anatomischen  Bau,  aber  in  Indien  ist  diese  Faser  als  Eju  oder  Gomuta  fibre 
bekannt  und  wird  dort  nirgends  mit  Kitool  identifiziert.  —  Über  Kitool  und  andere 
Produkte  der  »Kitulpalmec  s.  M.  Fesca,  Der  Pflanzenbau  in  den  Tropen  und  Sub- 
tropen, Berlin,  Bd.  \l  (1907),  p.  188. 

5)  Royle,  1.  c,  p.  99.  Squier,  1.  c,  p.  5-2.  In  den  englischen  Quellen  black 
fibre  genannt.     Im  Catal.  des  col.  frang.  1867,  p.  81,  als  crin  vegetale  bezeichnet. 

6)  Näheres  über  den  anatomischen  Bau  der  Kitulfaser  s.  Sadebeck,  1.  c. 


342  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

ist,  weicht  die  Dictyosperma-Piassave  schon  durch  ihr  (makroskopisch) 
netzartiges  Gefüge  von  dem,  was  man  bisher  unter  Piassave  verstand, 
doch  sehr  beträchtlich  ab.  Zerlegt  man  für  den  Gebrauch  das  Faser- 
netz in  einzelne  Fasern,  so  sind  diese  nicht  so  dick,  um  wie  Piassave 
verwendet  werden  zu  können.  Man  kann  sie  nur  zur  Herstellung  grober 
Seilerwaren  verwenden.  Gegen  Coir  steht  sie  in  Homogenität  und  Festig- 
keit zurück. 

Die  brasilianische,  die  afrikanische  Piassave  und  die  Bassine  finden 
ausgedehnte  Verwendung  zur  Herstellung  von  Besen  zur  Straßenreinigung 
und  in  der  Bürstenfabrikation.  Die  elastischere  brasilianische  Piassave, 
insbesondere  die  Para-Piassave,  dient  auch  zu  Matten-  und  anderen 
Flechtarbeiten  und  in  der  brasilianischen  Marine  zu  haltbaren  auf  dem 
Wasser  schwimmenden  Tauen.  Die  Kitulfaser  wird  zur  Herstellung  feinerer 
Bürsten  (statt  Borsten)  und  gröberer  Pinsel  benutzt. 

33.  Panilauusfaser. 

Die  Blätter  der  in  vielen  Tropengegenden  kultivierten  Pandanus- 
Arten  enthalten  Gefäßbündel,  welche  sich  leicht  abscheiden  lassen  und 
fest  genug  sind,  um  zu  grobem  Sacktuch  versponnen  werden  zu  können. 
Am  häufigsten  scheinen  die  Biälter  von  Pandanus  odoratissimus  und 
utilis  zur  Fasergewinnung  benutzt  zu  werden.  Beide  Arten  sind  zur 
Variation  geneigt  und  namentlich  die  erstere  bildet  in  der  Kultur  zahl- 
reiche Spielarten  1).  In  den  französischen  Kolonien  bezeichnet  man  die 
Pandanusfaser  mit  dem  Namen  Vacoa^),  in  Brasilien  als  Garapichofaser^]. 
Doch  scheinen  in  dem  letztgenannten  Lande  noch  die  Fasern  anderer 
Pflanzen,  selbst  die  Bastfasern  einiger  dikotyler  Gewächse,  mit  demselben 
Namen  bezeichnet  zu  werden^). 

Von  den  beiden  genannten  Arten  liefert  Pandanus  utilis  die  festere 
Faser,  Auf  Mauritius,  wo  diese  Pflanze  in  großem  Älaßstabe  kultiviert 
wird,  erntet  man  die  Blätter  drei  Jahre  nach  der  Anpflanzung  zum  ersten 
Male  und  schneidet  die  reifen  Blätter  behufs  Fasergewinnung  sodann 
jedes  zweite  Jahr.  Nach  Semler  wird  auf  Mauritius  das  geerntete  Blatt 
in    3  cm  breite   Streifen  geschnitten.      Aus  diesen   Streifen    wird    ohne 


\)  Nach  Gürclve  ist  der  »Pandang«  [Pandanus  odoratissimus)  auf  den  Marshall- 
Inseln  in  einer  erstaunhch  großen  Zahl  von  Varietäten  angeptlanzt.  Bericht  über  die 
Kolonialausslellung  in  Berhn  1896. 

2)  Gat.  des  col.  frani;.  1873,  p.  39,  Nach  dieser  Quelle  sollen  auf  Reunion  allein 
aus  den  Blättern  von  Pandanus  titilis  jährlich  3  Millionen  Säcke  erzeugt  werden. 
Nach  Dodgc,  1.  c,  wird  sie  auch  Bacona  genannt.  Nach  Semler  heißt  die  Faser 
auf  Mauritius  auch  Vacona. 

3)  Ofüz.  österr.  Ausstellungsber.  (1867;,  V,  p.  354. 

4)  Über  andere  Charapicho  genannte  Pflanzenfasern  s.  oben  p.  234. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  343 

vorhergehende   Mazeration,    durch  bloße  mechanische   Bearbeitung,    die 
Faser  gewonnen. 

Ich  gebe  hier  eine  kurze  Beschreibung  der  Faser  von  Pandmius 
odoratissimus. 

Die  Pandanusfaser  ist  graugelblich  gefärbt,  glanzlos,  40 — 70  cm  lang, 
höchst  ungleich  in  der  Dicke.  Die  feinsten  Fasern  sind  haarförmig,  die 
gröbsten  haben  eine  Dicke  bis  zu  1  mm.  Die  Festigkeit  ist  gegenüber 
Manilahanf,  Pite  und  neuseeländischem  Flachs  nur  eine  geringe. 

Durch  Jod  und  Schwefelsäure  wird  die  Faser  licht  bräunlich,  durch 
schwefelsaures  Anilin  eigelb,  durch  Kupferoxydammoniak,  ohne  auf- 
zuquellen, blau  gefärbt.  Unvollkommen  gereinigte,  reichlich  mit  Paren- 
chymgewebe  versehene  Pandanusfasern  werden  durch  Kalilauge  gelblich, 
durch  Kupferoxydammoniak  grünlich  blau  gefärbt. 

Sowohl  Kalilauge  als  auch  Chromsäure  isolieren  die  Zellen  der  Fasern 
sehr  gut  und  rasch.  Vorwiegend  besteht  die  Faser  aus  Bastzellen;  außer- 
dem enthält  sie  Netzgefäße  und  ein  kleinzelliges  mit  schief  prismatischen 
Kristallen  von  oxalsaurem  Kalk  erfülltes  Parenchym.  In  der  Peripherie 
der  Bündel  treten  mit  Kalkoxalat  gefüllte  Stegmata  auf^). 

Die  Bastzellen  haben  eine  Länge  von  \ — 4,2  mm  und  sind  außer- 
ordentlich, verschieden  gestaltet.  Die  maximale  Breite  dieser  Zellen  be- 
trägt etwa  20  /*.  Die  Wände  der  Bastzellen  sind  höchst  ungleichförmig 
verdickt,  so  daß  diese  Zellen  stellenweise  dünn-,  stellenweise  dickwandig 
erscheinen,  in  der  Form  an  die  Bastzellen  von  Gnidia  eriocepkala  (= 
Lasiosiphon  speciosus)  erinnernd  (s.  oben  p.  274). 

Lufttrocken  führt  die  Faser  7, 02,  mit  Wasserdampf  gesättigt  I8,35Proz_ 
Wasser  und  liefert  1,95  Proz.  kristallreiche  Asche. 

Die  Fasern  von  Pandaniis  odoratissimus  dienen  zur  Herstellung 
von  Matten  und  Seilen  2)^  während  die  von  P.  utilis  (vornehmlich  auf 
Mauritius  und  Heunion)  hauptsächlich  zur  Erzeugung  von  Säcken  benutzt 
werden. 

Die  Blätter  der  Pcmdanus-Arten  (Schraubenpalmen)  bilden  eines  der 
wichtigsten  Flechtmaterialien  des  malayischen  Archipels  von  Polynesien, 
der  Maskarenen  und  von  Madagaskar.  Pandanusmatten  sind  in  den  ge- 
nannten Gebieten  sehr  verbreitet^). 

1)  Die  Stegnfiata  der  Pandanen  wurden  zuerst  von  Kohl  (Anatomisch-physio- 
logische Untersuchung  der  Kalksalze  und  Kieselsäure  in  der  Pflanze.  Marburg  1889, 
p.  275]  beobachtet. 

2)  Watt,' Dictionary  ofthe  Economic  Products  oflndia.  Calcutta  i  889.  Semler, 
1.  c,  p.  728.  Nach  Watt,  Commerc.  Prod.  of  India  (4  908),  p.  188,  wird  die  Faser 
von  Pandanus  odoratissimus  (Keura,  Kendi)  auch  versponnen. 

3)  Warburg,  Tropenpflanzer,  I,  p.  141.  Daselbst  auch  eine  Notiz  von  Ad.  F. 
Moller,  der  zufolge  auf  St.  Thome  die  Blätter  von  Pandanus  thomensis  Henr.  stark 
zur  Erzeugung  von  Matten  dienen. 


344  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

34.  ßaphiafaser  (Raphiabast). 

Hierunter  ist  die  leicht  abziehbare  Haut  der  Blätter  bestimmter, 
der  Gattung  i^a/pÄ^'a  angehüriger  Palmen  zu  verstehen.  Diese  Faser  hat 
äußerlich  die  grüßte  Ähnlichkeit  mit  dem  Baste  der  Bäume,  z.  B.  mit 
Lindenbast,  weshalb  sie  im  Handel  den  Namen  Raphiabast  —  die 
deutsche  Handelsbezeichnung  ist  gewöhnlich  Raffiabast  —  führt. 

Was  im  deutschen  und  österreichischen  Handel  unter  dem  Namen 
Raffiabast  vorkommt  und  einen  nicht  unbeträchtlichea  Handelsartikel 
bildet,  kommt  aus  Madagaskar  und  wird  von  den  Blättern  der  Raphia 
pedunculata  (=  Raphia  Ruffia  Mart.)  und  einer  anderen  noch  nicht 
festgestellten  Raphia-Spezies  gewonnen.  Man  unterscheidet  zwei  sehr  ver- 
schiedene Handelssorten:  den  Raffiabast  von  der  Westküste  und  den  von 
der  Ostküste  von  Madagaskar.  Die  erstere  Sorte  ist  die  bessere  und 
stammt  sicher  von  Raphia  pedunculata.  Die  letztere  stammt  von -einer 
andern  noch  nicht  ermittelten  Raphia-kvi  ab.  Ich  beschreibe  diese  bei- 
den Sorten  nach  dem  im  Wiener  Handel  vorkommenden  und  nach  dem 
mir  von  der  Hamburger  Firma  Steidtmann  &  Nagel  gütigst  zuge- 
sendeten Materiale. 

Beide  Sorten  erscheinen  im  Handel  in  Form  von  mehrfach  zusammen- 
gelegten, mit  Fasern  des  gleichen  Materials  zusammengeschnürten  Bün- 
deln. Geradegestreckt  hatten  die  Bündel  eine  Länge  von  1,7 — 1,85  m. 
Viele  Fasern  weisen  dieselbe  Länge  auf,  viele  sind  allerdings  kürzer, 
aber  da  jedes  Büschel  an  seinem  unteren  Ende  abgeschnitten  ist,  so 
müssen  viele  Rohfasern  die  obengenannten  Längten  überschreiten. 

Die  Fasern  der  besseren  Sorte  (von  der  Westküste  von  Madagaskar) 
sind  am  oberen  schmäleren  Ende  zusammengerollt,  am  unteren  Ende 
haben  sie  eine  Breite  bis  zu  2,5  cm.  An  vielen  Stellen  sieht  man  die 
ganze  Breite  der  Faser;  sie  ist  flach  ausgebreitet  und  mißt  nicht  selten 
etwa  2  cm.  Die  Farbe  dieser  Sorte  ist  beinahe  weiß,  mit  einem  Stich  ins 
Gelbliche.  Der  Länge  nach  läßt  sich  die  Faser  leicht  zerreißen.  Bei 
aufmerksamer  Beobachtung  sieht  man,  daß  beim  Zerreißen  des  Bastes 
in  der  Längsrichtung  feine  Fäden  zum  Vorschein  kommen,  die  man  in 
einer  Länge  bis  zu  25  cm  aus  dem  Baste  herausziehen  kann.  Es  sind 
dies  die  später  zu  betrachtenden  Bastbündel  des  Raphiabastes.  Dieses 
Hervortreten  der  freien  Bastbündel  beim  vorsichtigen  Zer- 
reißen des  Raphiabastes  nach  der  Länge  ist  sehr  charakte- 
ristisch und  weist  mit  ziemlicher  Sicherheit  auf  Raphiabast;  jedenfalls 
kann  man  dadurch  den  Raphiabast  von  den  anderen  Bastarten  des  Han- 
dels leicht  unterscheiden.  Der  Hauptsache  nach  ist  der  Raphiabast  von 
der  Westküste  Madagaskars  fast  weiß;  aber  an  der  Basis  ist  die  gut 
konservierte  Faser  nicht  selten  grün,  was  mit  der  Erntebereitung  dieser 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


345 


Faser  zusammenhängt.  Es  werden  zur  Gewinnung  des  Raphiabastes 
junge  Blätter  genommen  und  von  der  Basis  der  Fiederblätter  gegen  die 
Spitze  zu  wird  die  »Haut«  abgezogen,  nachdem  man  vorher  einen  ober- 
flächlichen Querschnitt  durch  die  Fiederblätter  führte.  Hierbei  wird  in 
der  Nähe  der  Schnittfläche  etwas  grünes  Gewebe  (Mesophyll)  mitgenom- 
men, während  die  Hauptmasse  der  Haut  frei  von  diesem  Gewebe  ist. 
Unterm  Mikroskop  betrachtet,  erscheinen  an  der  querdurchschnittenen  Faser 
einerseits  die  Oberhaut,  andererseits  dicht  nebeneinanderliegende  Bast- 
bündel, welche  nur  durch  je  eine,  höchstens  zwei  Parenchymzellen 
voneinander  getrennt  sind  (Fig.  93,  94).  Die  Bastzellen  schließen  un- 
mittelbar an  die  Oberhaut  an.  Sie  sind  sehr  dickwandig.  Läßt  man  die 
Rohfaser  durch  län- 
gere Zeit  in  Salzsäure 
liegen,  so  nimmt  sie 
eine  intensiv  gelbe 
Farbe  an;  taucht  man 
dann  die  Rohfaser  in 
eineLösungvon  Phloro- 
gluzin, so  wird  sie 
nach  einiger  Zeit  ganz 


Fig.  93.     Yergr.  350.     »Eaphiabast«    von   Raphia  pulwiculuta,    von 

der  Westküste  von  Madagaskar,     c  Epidermis,     ö  Bastbündel,  welche 

der  Epidermis  unmittelbar  anliegen,    p p  Parenchyragewebe,  welches 

zwischen  den  Bastbündeln  auftritt. 


b  P 


r 


Fig.  !I4.     Vergr.  350.     »Raphiabast«  von  ä/;>/(m  s;*.,  von  der  Ostküste 

von  Madagaskar,    e  Epidermis,     h  h  Bastbündel,  welche  der  Epidermis 

unmittelbar  anliegen,    pp  Parenchymgewebe,  welches  zwischen  den 

ßastbündeln  auftritt. 


färbt.  Bei  mikrosko- 
pischer Untersuchung 
erkennt  man,  daß  die 
genannten  Färbungen 
nur  an  den  Bastzel- 
len auftreten,  diesel- 
ben sind  deshalb 
schwach  verholzt.    Es 

wurde  der  Grad  der  Verholzung  nach  dem  Gräfe  sehen  Verfahren  ge- 
prüft; es  stellte  sich  dabei  heraus,  daß,  wenn  man  den  Verholzungsgrad 
der  Jute  =  1  setzt,  der  des  Raphiabastes  (von  der  Westküste  Mada- 
gaskars) =  0,125  ist.  —  Der  Raphiabast  von  der  Ostküste  Madagaskars 
hat  wohl  dieselben  Längen-  und  Breitendimensionen  wie  der  von  der 
Westküste;  er  ist  aber  stets  stark  zusammengerollt,  an  keiner  Stelle  flach 
ausgebreitet.  Er  spaltet  gleichfalls  sehr  leicht  nach  der  Länge  und  läßt 
bei  vorsichtiger  Spaltung  die  Baststränge  in  Form  von  feinen  Fäden  er- 
kennen. Diese  Fäden  lassen  sich,  wenn  sie  reine  Bastbündel  sind,  ge- 
wöhnlich nicht  in  der  Längsrichtung  wie  bei  der  früher  genannten  Sorte 
herausziehen.  Haftet  an  diesen  Fäden  aber  noch  Oberhaut,  so  können 
Fasern  von  beträchtlicher  Länge  von  solchem  Baste  abgezogen  werden. 
Diese  Sorte  ist  durchgängig  leicht  bräunlich  gefärbt  und  zeigt  dieselben 


346  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Farbenänderungen,  welche  Salzsäure  +  Phlorogluzin  bei  der  besseren 
Sorte  hervorbringen,  nur  treten  begreiflicherweise  die  Farbentöne  wegen 
der  starken  Eigenfärbung  der  Faser  nicht  mit  solcher  Deutlichkeit  wie 
bei  jener  hervor.  Wie  die  mikroskopische  Untersuchung  lehrt,  so  ist 
die  von  der  Ostküste  Madagaskars  kommende  Sorte  von  jener  verschieden, 
welche  von  der  Westküste  kommt  (Fig.  93,  94).  Die  Bastbündel  der 
ersteren  sind  reicher  an  Bastzellen  und  differenzieren  sich  schärfer  gegen- 
über den  diese  Bündel  trennenden  Grundgewebszellen.  Der  Raphiabast 
von  Madagaskar  wird  im  Gartenbau  verwendet,  wo  er  sich  wegen  größerer 
Geschmeidigkeit  zum  Binden  mehr  als  Lindenbast  bewährt.  Zu  diesem 
Zwecke  können  beide  Sorten  von  Raphiabast  verwendet  werden.  Zu 
Flechtarbeit,  leichten  Hüten  läßt  sich  bloß  die  bessere,  von  der  West- 
in den  Heimatländern 
dient  der  Raphiabast  seit 
alter  Zeit  den  Eingeborenen 
als  Bekleidungsstoff. 

Gewöhnlich  findet  man 
angegeben,  da,ß  Rajjhia  vini- 
fera^)  den  Raphiabast  liefere. 
Diese  Palme  kommt  im  äqua- 

Fig.95.  Vergr.  350.  Querschnitt  durch  die  Faser  von  Än^Äj«  torialen  Teile  WestafrikaS 
vinifera.  cp  Epidermis,  bb  Bastbündel.  sh  unterhalb  der  häufiff  VOr  fKonffO  Loan^'O 
Oberhaut  und  zwischen  den  Bastbündeln  gelegenes  Parenchym. 

(Nach  T.  F.  Hanausek.)  Gabun) ;  scit  alters  her  Wird 

dort  von  den  Eingeborenen 
die  Haut  der  Blätter  abgezogen,  in  feine  Fäden  gespalten  und  zur  Her- 
stellung von  Geweben  verwendet. 

Eine  mikroskopische  Charakteristik  des  von  Raphia  vinifera  ab- 
stammenden Raphiabastes  verdanken  wir  T.  F.  Hanausek^).  Im  wesent- 
lichen ist  dieser  sogenannte  Bast  so  wie  der  von  R.  pedunculata  gebaut, 
doch  ist  das  Mesophyll  reicher  entwickelt,  was  sich  in  den  breiten, 
parenchymatischen  Zellmassen  ausspricht,  welche  sich  zwischen  den  Bast- 
bündeln ausbreiten  (Fig.  95),  und  in  dem  parenchymatischen  Gewebe, 
welches  zwischen  der  Epidermis  und  den   Bastbündeln  gelegen  ist. 

Nach  SadebeckS)  kommt  der  afrikanische  Raphiabast  im  Handel 
vor.     Hingegen   bezweifelt  Zimmermann^),   ob   der  Bast   von    Raphia 


\)  Auch  Raphia  taetigera  wird  als  Stammpflanze  des  Raphiabastes  genannt. 
Nach  Drude  ist  aber  diese  gleich  der  R.  nicaraguensis  nur  als  Varietät  von  R.  vini- 
fera aufzufassen.  Die  Heimat  der  R.  taetigera  ist  Brasilien,  woher  meines  Wissens 
kein  Raphiabast  in  den  Handel  kommt. 

2)  Die  Raphiafaser.     Ber.  der  Deutsch.  Bot.  Ges.  HI  (1885),  p.  152fl". 

3)  Die  Kulturgewächse  der  deutschen  Kolonien.     Jena  (1 899),  p.  9  ff. 

4)  A.Zimmermann,  Die  Raphiapalmen  und  ihre  Verwendung.  Der  Pflanzer, 
Bd.  III    (1907),   p.  162.      Nach   Erkundigungen,    die   ich   bei   der   Großhandlungsfirma 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  347 

mnifera  als  Rohstoff  im  europäischen  Handel  erscheine.  In  Form  von 
ordinärem  Gewebe,  insbesondere  als  Packtuch,  kommt  gespaltener  Bast 
von  Raphia  vinifera  auch  nach  Europa  i).  Gerade  an  diesem  Material 
konstatierte  E.  Hanausek2)  die  auffallend  hohe  absolute  Festigkeit  der 
Raphiafaser,  welche  auch  an  der  Ware  von  Madagaskar  sich  auffällig 
bemerkbar  macht;  so  leicht  die  Faser  in  der  Längsrichtung  spaltet,  so 
schwer  ist  sie  in  der  darauf  senkrechten  Richtung  zu  zerreißen. 

In  Deutsch-Ostafrika  hat  man  versucht,  Raphia  Monbuttorum  so- 
wohl auf  >Bast«  als  auf  Piassave  auszubeuten;  aber  beide  Produkte 
wurden  von  zu  geringer  Qualität  befunden,  als  daß  man  hoffen  könnte, 
dieselben  zu  exportieren-^). 

35.  Posidoniafaser. 

Unter  diesem  und  unter  anderen  Namen  (Marinefaser,  Meer-Jute)  er- 
scheint in  neuester  Zeit  eine  Faser,  welche  in  den  Kreisen  der  Textil-Inter- 
essenten  viel  besprochen  und  zum  Gegenstand  technischer  Untersuchungen 
gemacht  wird.  Es  ist  dies  die  natürlich  mazerierte  Bastfaser  von  Posi- 
donia  australis  Hook,  f.,  welche  an  den  südaustralischen  Küsten  (ins- 
besondere in  der  Spencerbai)  in  enormen  Quantitäten  am  Meeresgrunde 
vorkommt. 

Der  Meeresboden  ist  hier  gebildet  von  einer  Schlammschichte,  welche 
S — 2,5  m  dick  und  mit  Seegräsern  in  einer  Höhe  von  0,3  m  überdeckt 
ist.  Im  Schlamme,  der  zum  großen  Teil  aus  Schalen  von  Seetieren  be- 
steht, befindet  sich  die  Faser,  welche  nach  der  Verwesung  der  Pflanzen 
zurückgeblieben  ist. 

Diese  Faser  wurde  mir  vor  einiger  Zeit  aus  böhmischen  Spinnereien 
mit  dem  Ersuchen  um  deren  botanische  Bestimmung  und  eventuell  um 
Beurteilung  ihres  Wertes  als  Spinn-  und  Webematerial  zugesendet.  Aus 
genauen  vergleichenden  Untersuchungen  ergab  sich,  daß  diese  Fasern  aus 
den  Bastbündeln  von  Posidonia  australis  bestehen  und  es  konnten  die 
überaus  charakteristischen  Formen  der  diese  Bündel  zusammensetzenden 
Bastzellen  als  Unterscheidungsmerkmal  der  Posidoniafaser  festgestellt 
werden  (Fig.  96).  Die  Faser  hat  in  dem  Zustande,  in  welchem  ich  sie 
erhielt,  ein  wergartiges  Aussehen  und  ist  als  Polstermaterial  verwendbar; 
aber  die  zahllosen  darin  enthaltenen,  sehr  gleichartig  erscheinenden 
(3 — 1 3  cm  langen)  Fasern  lassen  die  Möglichkeit  offen,  dieses  Rohmaterial 

Steidtmann  &  Nagel  in  Hamburg  einzog  (April  1914),  kommt  westatrikanischer 
Raffiabast  im  europäischen  Handcl'nicht  vor. 

i)  Zeitschr.  des  ailg.  österr.  Apothekervereins  1879. 

2)  T.  F.  Hanausek,  1.  c,  p.  -134. 

3)  Busse,  Beihefte  zum  Tropunpllanzer,  4  902,  p.  93. 


348 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


etwa  nach  dem  Verfahren,    welches    der  Erzeugung    der   Kosmosfaser 
(s.  oben  p.  183)  zugrunde  liegt,  zu  veredeln. 

Herr  Professor  v.  Iterson  in  Delft  hat  sich  mit  eingehenden  Studien 
über  die  Faser  von  Posidonia  australis  beschäftigt;  ihm  verdanke  ich 
die  nachfolgenden  Daten  über  Vorkommen,  Gewinnung  und  Reinigung 
dieser  Faser. 

Die  mazerierte  Pflcinzenmasse,  welche  die  Posidoniafaser  bildet  und 

der  Hauptmasse  nach  aus  den  Bast- 
bündeln der  Pflanze  besteht,  findet 
sich  im  Meeresschlamme  vor  und  bildet 


Der  faserhaltige  Schlamm  wird  vom 
Meeresgrunde  mittels  Baggermaschi- 
nen emporgehoben  und  durch  Meei'- 
wasser  gewaschen,  wodurch  ein  Roh- 
material entsteht,  welches  behufs 
Raffinierung  nach  Port  Pirie  geschafft 
wird.  Diese  Raffinierung  besteht  bloß 
in  sorgfältigem  Auswaschen,  anfangs 
mit  Meer-,  schließlich  mit  süßem 
Wasser.  Nun  wird  die  Faser  ge- 
trocknet und  exportiert. 

In  diesem  Zustande  ist  die  Faser 
als  Polstermaterial  verwendbar.  Es 
erfolgt  aber  in  Europa  eine  bisher 
geheim  gehaltene  Veredlungsmethode, 
welche  teils  chemischer,  teils  mecha- 
nischer Art  ist,  die  diese  Faser  dann 
zu  textilen  Zwecken  geeignet  macht. 
Sie  soll  dann  zur  Erzeugung  von 
Säcken  und  gemischt  mit  Wolle  zur 
Herstellung     billiger    Teppiche    und 


Fig.  96. 

av^itaUs 


Veigr.  400.    Faserbündel  von  Foaidonia 
i  V    charaktenstisclie    Auszackungen 
der  Zellhaut. 


ordinärem  Tuche  verwendbar  sein  i). 
Die  mir  zugekommenen  Urteile 
über  die  Verwendbarkeit  der  Posidoniafaser  zu  textilen  Zwecken  lauten 
sehr  verschieden;  im  günstigsten  Falle  heßen  sich  —  sehr  billigen  Preis 
vorausgesetzt  —  nur  geringwertige  Gewebe  aus  diesem  Material  erzeugen. 
Das  massenhafte  Vorkommen  und  die  relativ  geringen  Kosten  der  Her- 


])  Nach  Winterbottom  (J.  Soc.  Chem.  Ind.,  36.  Bd.,  p.  542;  Neue  Faserstoffe. 
■19'I9,  p.  1  41)  soll  die  industrielle  Verwertung  der  Faser  noch  nicht  lohnend  sein.  Sehr 
geeignet  soll  die  Faser  für  Isolationszwecke  sein. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  349 

-Stellung  einer  marktgerechten  Ware  lassen  annehmen,  daß  die  Voraus- 
setzungen eines  niederen  Preises  gegeben  sind. 

Die  mir  zugekommenen  Proben  der  Rohware  hatten  eine  licht- 
bräunliche Farbe,  ein  wergartiges  Aussehen  und  enthielten  eine  große 
Menge  von  glatten  Fasern,  deren  Längen  oben  bereits  angegeben  wurden. 
Die  Fasern  bestehen  aus  Bastzellen,  welche  meist  zu  4 — 12  vereint  einen 
dichtgefügten  Strang  bilden.  Höchst  charakteristisch  sind  die  Ausbuch- 
tungen dieser  Bastzellen  (Fig.  96),  welche  ich  bisher  an  keiner  anderen 
Faser  wahrgenommen  habe.  Auch  die  analogen  Faserzellen  von  Posi- 
donia  oceanica  zeigen  diese  Ausbuchtungen  nicht,  so  daß  diese  letzteren 
zur  Unterscheidung  unserer  Fasern  von  anderen  vegetabilischen  Fasern 
benutzt  werden  können.  Die  Bastzellen  erreichen,  soviel  ich  gesehen  habe, 
nie  die  Länge  von  2  mm.  Die  Wandverdickung  ist  eine  gleichmäßige,  doch 
sind  einzelne  Zellen  verhältnismäßig  dünn-,  andere  relativ  dickwandig. 
Der  maximale  Querschnittsdurchmesser  liegt  zwischen  8  und  1 4  ii.  Die 
Posidoniafaser  ist  stark  verholzt.  Nach  dem  Grafeschen  Verfahren 
geprüft,  ist  der  Verholzungsgrad  dieser  Faser  sogar  höher  als  der  der 
Jute.  Setzt  man  den  Verholzungsgrad  der  Jute  =  1 ,  so  ist  der  der 
Posidoniafaser  =  1,4  (s.  oben  p.  44). 

Einige  Monate  nach  meiner  mikroskopischen  Untersuchung  des  mir 
aus  den  böhmischen  Fabriken  zugesendeten  Materials  teilte  mir  Prof. 
V.  Iterson  die  Resultate  seiner  mikroskopischen  Untersuchungen  der 
Posidoniafaser  mit,  welche  im  wesenthchen  mit  meinen  Beobachtungen 
übereinstimmen.  Auch  die  charakteristischen  Ausbuchtungen  der  Fasern 
waren  ihm  aufgefallen.  Es  kann  also  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß 
die  aus  Böhmen  mir  zur  Untersuchung  zugekommene  Ware  mit  der  von 
ihm  untersuchten  vollkommen  identisch  ist.  Ich  möchte  nur  bemerken, 
daß  mir  die  botanische  Provenienz  der  mir  aus  Böhmen  zugeschickten 
Ware  vollkommen  unbekannt  war,  während  Prof.  v.  Iterson  wußte, 
daß  es  sich  um  die  Faser  von  Posidonia  australis  handelte. 

Die  Faser  läßt  sich  gut  bleichen.  Prof.  v.  Iterson  übersandte  mir 
gebleichte  Fasern  von  licht  flachsblonder  Farbe.  Die  mir  gleichfalls  von 
hm  zugeschickte  veredelte  Faser  hatte  ein  sehr  gleichartiges  Aussehen 
und  erinnerte  nicht  mehr  an  das  wergartige  Aussehen  der  Rohware. 

Die  älteste  Angabe  über  die  Faser  von  Posidonia  australis,  welche 
mir  vorgekommen  ist,  stammt  aus  dem  Jahre  1909*). 


\)  A  new  fibre    [Posidonia  australis).     Journ.  Dep.  Agr.  West  Austral.  XVIII 
4  909).     Ferner:  Tropenpflanzer,  1909,  p.  193;  Neue  Faserstoffe,  München  1919,  p.  61, 


350  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

36.  Tillaudsiafasei-i). 

Unter  allen  jenen  Pflanzenfasern,  welche  im  Handel  mit  dem  Namen 
»vegetabilisches  Roßhaar«  [crin  vegetale^)]  bezeichnet  werden,  existiert 
keine,  welche  als  sogenanntes  Polstergut  so  sehr  diesen  Namen  ver- 
dient, wie  die  Faser  von  Tülandsia  tcsneoides,  da  sie  nicht  nur  im 
Aussehen  dem  gekrempelten  oder  gesponnenen  Roßhaare  sehr  nahe 
kommt,  sondern  sich  auch  durch  relativ  große  Festigkeit,  Elastizität  und 
Dauerhaftigkeit  über  die  anderen  als  Postermaterial  benutzten  Pflanzen- 
fasern erhebt. 

Tülandsia  usneoides^)  ist  eine  auf  Bäumen  als  Epiphyt  auftretende 
Bromeliacee,  welche  in  Südamerika  (Brasilien,  Guayana  usw.),  in  Nord- 
amerika (Südcarolina  und  von  Florida  bis  Louisiana)  und  in  Westindien 
gebietweise  massenhaft  vorkommt. 

Die  Zweige  dieses  Epiphyten  hängen  schlaff  von  den  Bäumen  herab. 
Man  findet  gewöhnlich  angegeben,  daß  die  Zweige  eine  Länge  bis  0,5  m 
erreichen,  v.  Hühnel  meinte,  daß  die  Länge  der  Zweige  auch  1  m  be- 
tragen kann.  Nach  den  zuverlässigen  Angaben  von  A.  F.  W.  Schimper*) 
erreichen  die  Zweige  eine  Länge  von  3  m. 

Der  Stengel  der  Tülandsia  usneoides  ist  etwa  wie  ein  Grashalm 
gegliedert,  besteht  nämlich  aus  Nodien  (Knoten)  und  Internodien,  welche 
regelmäßig  abwechseln.  Die  Knoten  sind  weniger  deutlich  als  bei  ge- 
wöhnlichen Gräsern  ausgebildet,  die  Internodien  erreichen  eine  Länge  von 
4  —  10  cm.  Von  den  Knoten  gehen  die  mit  langen  Blattscheiden  ver- 
sehenen Blätter  aus,  in  deren  Achseln  gleichfalls  hängende  Seitenzweige 


1)  Außer  der  ersten  Aullage  dieses  Werkes  p.  442—443  s.  noch:  v.  Höhne!,. 
Über  den  Bau  und  die  Abstammung  der  Tillandsiafaser,  Dinglers  polytechn.  Journal, 
Bd.  234  (1879),  p.  407— 4<0.  Derselbe,  Mikroskopie  der  technisch  verwendeten 
Faserstoffe  (1887).  Abbildung  der  Pflanze:  Wittmacks  Bearbeitung  der  Bromeliaceen 
in  Engler  und  Prantl,  Pflanzenlamilien,  II,  4  (1888),  p.  56. 

2)  Die  häufigste  Handelssorte  von  vegetabilischem  Roßhaar  ist  das  sogenannte 
>crin  d'Afrique«  —  in  Wien  kurzweg  »Afrik«  genannt  — ,  welches  aus  den  Blättern 
von  Chamaerops  humilis  erzeugt  wird.  In  Wien  und  in  allen  europäischen  Industrie- 
orten, welche  sich  mit  Möbelfabrikation  befassen,  wird  dieser  Faserstoff  sehr  stark 
benutzt.  Andere  Palmen,  deren  Blätter  bzw.  Blattgefäßbündel  vegetabilisches  Roß- 
haar liefern,  sind  Chamaerops  Tlitchiana  und  G.  hystrix,  Phoenix:  reclinata,  Ärenga 
saccharifera,  Caryota  urens  und  C.  mitis  (s.  oben  p.  68).  Während  das  vegetabi- 
lische Roßhaar  gewöhnlich  als  Polstermaterial  verwendet  wird,  dient  die  Faser  der 
beiden  letztgenannten  Palmenarten  als  Ersatz  für  mindere  Sorten  von  geradfaserigen 
Roßschweifhaaren  für  grobe  Pinsel,  für  Bürsten,  Flechtarbeiten  usw. 

3)  Nach  T.  und  G.  Peckolt  soll  Tülandsia  reeurvata  L.  in  Brasilien  wie  T. 
usneoides  verwendet  werden.  S.  hierüber:  T.  et  S.  Peckolt,  Historia  das  plantas 
medicinaes  e  uteis  do  Brazil.     Rio  de  Janeiro  1895  ff. 

4)  Epiphyten  Westindiens.     Botan.  Zentralblatt,  1884,  p,  320. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


351 


Fig.  97.    i/i  Tillandsiafaser:  Eohfaser  (d.  i.  ungeschält)  in  na- 
türlicher   Größe.      2.ä/i    Rohfaser   in    zweieinhalbfacher   Ver- 
größerung.    A'  Knoten  (Auszweigungsstellel,  i  durch  zwei  Knoten 
begrenzte  Stengelglieder  (Internodien). 


Fig.  98.  Geschälte  Tillandsia- 
faser. i/i  Dieselbe  in  natürlicher 
Größe.  A'  Knoten  lAuszweigungs- 
stelle),  li  Internodien.  3/,  Ein  Kno- 
ten der  geschäl  ten  Faser.  3fach 
vergrößert. 


352 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


zur  Ausbildung  gelangen.  An  der  Bildung  der  Faser  nehmen,  wie  später 
noch  näher  dargelegt  werden  wird,  die  Gefäßbündel  der  Zweige  und 
der  letzterwähnten  Seitenzweige  Anteil. 

Im  Handel  erscheint  die  Tillandsiafaser  in  zweierlei  Form:  ungeschält 
und  geschält.  Die  ungeschälte  Faser  entspricht  dem  gewöhnlich  zer- 
kleinerten, von  den  Blättern  befreiten  Stengel  der  Pflanze.  Sie  wird 
nach  Europa  gebracht,  um  hier  entweder  direkt  verwendet  oder  in  die 
»geschälte«  oder  »gereinigte«  Faser  umgewandelt  zu  werden.  Aus  den 
Heimatländern  kommt  aber  auch  schon  geschälte  Ware  auf  den  Markt. 
Die  ungeschälte  Faser  enthält  noch  die  sehr  charakteristisch  gebaute 
Rinde  der  Stengel,  während  die  geschälte  bloß  aus  den  zu  einem  dicht- 
gefügten Strang  vereinigten  Gefäßbündeln  besteht. 


Fig.  9't.     Schwach   vergr.  Fig.  lüO.     Querschnitt  durch  eine  Schuppe  von  TtUandsia  usneoides  (Fig.  99) 

Schuppe   von    Tülandsia  stärker  vergrößert.     Der  Zellinhalt  ist  nur  in  den  drei   axilen  Zellen  ge- 
umeoides.  zeichnet.    (Nach  Schimper.) 

(Nach  Schimper.) 

Die  Tillandsiafaser  ist  sowie  der  Stengel  der  Pflanze  ge- 
gliedert und  verzweigt,  und  zwar  sowohl  die  rohe  als  auch  die  ge- 
reinigte Faser,  und  dadurch  unterscheidet  sie  sich  sofort  und 
augenfällig  nicht  nur  vom  echten  Roßhaar,  sondern  von  allen 
übrigen  Sorten  des  vegetabilischen  Roßhaares  (s.  Fig.  97  u.  98). 

In  Europa  kennt  man  die  Tillandsiafaser  schon  seit  dem  18.  Jahr- 
hundert i).  Durch  die  ersten  Weltausstellungen  (London  1862,  Paris 
1867)  ist  sie  bekannt  geworden  und  kommt  seit  etwa  50  Jahren  als 
ständiger  Artikel  im  europäischen  und  amerikanischen  Handel  vor 2). 


i)  Böhmer,  1.  c,  I,  p.  S51. 

2)  Offiz.  österr.  Bericht  über  die  Pariser  Weltausstellung  (1867),  V,  p.  355. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  353 

Man  hat  diese  Sorte  von  vegetabilischem  Roßhaar  mit  den  ver- 
schiedensten Namen  belegt.  Im  deutschen  Handel  heißt  sie  auch  Baum- 
haar oder  Louisianamoos  1),  in  Frankreich  crin  vegetale  (z.  T.)  oder  Gara- 
gate^),  im  Handel  Englands  und  der  Vereinigten  Staaten  Spanish  moss 
New  Orleans  moss,  Old  man's  beard,  Vegetable  hair^).  In  Venezuela 
wird  die  Faser  Barba  di  Palo*),  in  Argentinien  Igan  genannt^). 

Die  Rohfaser  (ungeschälte  Faser)  besteht,  wie  schon  erwähnt,  aus 
den  Stengeln  der  Stammpflanze,  ist  in  der  schon  angegebenen  Weise 
gegliedert  und  verzweigt,  besitzt  einen  Durchmesser  von  etwa  0,3  bis 
0,5  mm,  ist  graulich  oder  grünlich  weiß  und  mit  zarten,  etwas  ab- 
stehenden, silberglänzenden  Schuppen  (Fig.  99)  bedeckt,  welche  schon 
mit  freiem  Auge  gut  zu  sehen  sind.  Mit  der  Lupe  werden  noch  zahl- 
reiche feine  braune  Punkte  kenntlich. 

Diese  charakteristischen  Schuppen  gehen  von  einer  aus  wellenförmig 
konturierten  Elementen  bestehenden  Epidermis  aus.  Mit  einem  Teile  ihres 
Körpers  (dem  Stiele)  sind  diese  Schuppen  in  die  Epidermis  eingesenkt, 
mit  einem  anderen  größeren  Teile  liegen  sie  in  Gestalt  eines  Schildes 
der  Epidermis  auf  (Fig.  100).  Von  der  Oberseite  gesehen,  besteht  der 
schildförmige  Teil  aus  radial  verlaufenden  Zellen  (Fig.  99  und  1012)); 
an  der  Unterseite  erkennt  man  jenen  Gewebekörper,  welcher  in  den  ein- 
gesenkten Stiel  übergeht^).  Nach  v.  Höhnel  sind  die  radial  angeordneten 
Zellen  des  schildförmigen  Teils  der  Schuppen  gar  nicht,  nach  Schimper 
nur  schwach,  doch  immerhin  erkennbar,  kutikularisiert.  Nach  innen  zu 
schließt  sich  an  die  Epidermis  eine  Rinde  an,  welche  aus  i— 5  Lagen 
dünnwandiger  Parenchymzellen  besteht.  Oberhaut  und  Rinde  bilden  eine 
zarte  Gewebsmasse,  welche  den  festen  Kern  der  Faser,  nämlich  die  zu 
einem  kompakten  Strang  vereinigten  Gefäßbündel,  des  Stengels  sackartig 
umhüllt.  Dieser  feste  Kern  ist  es,  welcher  die  gereinigte  oder  geschälte 
Faser  bildet. 

Nach  den  eingehenden  Untersuchungen  v.  Höhn  eis  besteht  die  ge- 
schälte Faser  aus  einem  Bastfaserstrang  (Sklerenchymstrang),  in  welchem 
acht  Gefäßbündel  eingebettet  sind.  Die  äußeren  Elemente  des  Sklerenchym-. 
Stranges  sind  dunkelbraun  gefärbt,  die  inneren  erscheinen  hell.    Die  äußeren 


1)  Wittmack  in  Engler-Prantls  Pflanzoniamilien,  II,   4,  p.  5ßff. 

2)  Cat.  des  col.  frang.  (1867),  p.  79. 

3)  Dodge,  1.  c,  p.  3U. 

4)  A.  Ernst,  Exp.  nac.  Caracas,  1886,  p.  431. 

5)  Dodge,  1.  c,  p.  314. 

6)  Schacht  hat  diese  Gebilde  als  sternlörmig  zusammengesetzte  Haare  abge- 
bildet; ich  bildete  sie,  ihrem  wahren  Charakter  entsprechend  (»Rohstoffe«,  1.  Aufl., 
p.  444)  und  später  Schimper  (1.  c,  Tafel  IV;  s.  auch  Fig.  99),  als  Schuppen  ab. 

Wiesner,  Rohstoife.    III.  Band.    3.  Aufl.  9^ 


354 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


sind  durchschnittlich  auch  merklich  dicker  als  die  inneren.  DieGefäßhündel 
ziehen  parallel  durch  die  Internodien.  Die  einzelnen  aus  deutlich  ge- 
trenntem Xylem-  und  Phloemteile  bestehenden  Gefäßbündel  sind  durch 
Sklerenchymbrücken  miteinander  verbunden.  Da  die  Xyleme  zweier  der 
genannten  acht  Gefäßbündel  miteinander  verschmolzen  sind,  so  sind  auf 
dem  Querschnitt    der  Faser    15  Stränge   zu   unterscheiden,   v^relche,   wie 


A 


Fig.  101.    Vergr.  300.    A.  Bastzellen,   B  Bruchstück  eines  Spiralgefäßes  aus  dem  Gefäßbündel  der  Til- 
landsiafaser.     C  Oberhautzellen.    D  Schuppe  vom  Hautgewebe  der  rohen  Faser. 

schon  bemerkt,  zu  einem  kompakten  Strange  (Kern  der  Rohfaser)   ver- 


Nach  Präparaten,  welche  von  F.  Hugo  Greilach  angefertigt  wurden, 
erkennt  man  auf  dem  Querschnitt  der  Tillandsiafaser  die  Xyleme  der 
Gefäßbündel  sehr  deutlich,  während  an  Stelle  der  Phloeme  sich  meist 
Lücken  vorfinden,  da  das  zarte  Siebteilgewebe  eintrocknete.  Es  treten 
also  hier  ähnliche  Aushöhlungen  der  Faser  ein,  wie  wir  sie  bei  der 
Kokosnußfaser  (s.  Fig.  105,  p.  360)  und  noch  einigen  anderen  Fasern 
(z.  B.   bei   Agaven   und    Sansevieria,  s.  p.  326)   kennen  gelernt   haben 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


355 


Spuren  von  Phloem  sind  hin  und  wieder  noch  zu  erkennen  (Fig.  103). 
Nach  diesen  Präparaten  erscheinen  auf  dem  Querschnitt  auch  mehr  (16) 
und  auch  weniger  als  1 5  Bündel.  In  der  Mitte  des  Stengels  treten  ent- 
weder zwei  einander  genäherte  oder  miteinander  verschmolzene  Gefäß- 
bündel (Fig.  103)  auf. 

Durch   Kalilauge   läßt   sich   dieser    »Kern«,    nämhch    die   geschälte 
Faser,  leicht  in   seine  Elementarbestandteile   zerlegen.     Die  Hauptmasse 
der  letzteren  bilden  Bastzellen,  welche  gewöhnlich  nicht  die  Länge  eines 
Millimeters    erreichen 


(meist  0,i — 0,8  mm). 
Doch  steigt  ihre  Länge 
nach  V.  Höhnel  bis  auf 
3  mm.  Sie  sind  von 
Porenkanälen  durchsetzt 
und  lassen  nach  Behand- 
lung mit  Schwefelsäure 
2—3  Schichtensysteme 
hervortreten.       In    den 


^T 


\ 


Fig.  1U2.  Vergr.  270.  Querschnitt  durch  eine  Rohfaser  der  Til- 
Uvndxia  mit  6  peripher  gestellten  und  zwei  einander  genäherten 
zentral  t;elegenen  Gefäßhümieln.  Es  erscheinen  hier  S  Xyleme  {xx') 
und  an  Stelle  von  8  Phlocmen  (Siebteilen)  8  Lücken  {ph,  ph')  in 
der  Faser,  b  Bastzellin  der  Bastmäntel  der  Gefäßbündel,  h'  Bast- 
zellen der  dunklen  peripheren  Bastschicht. 


ten  histologischen  Be- 
standteilen erkennt  man 
ferner  Gefäße  (Schrau- 
bengefäße, nach  V.  Höh- 
nel auch  Netz-  und 
Ringgefäße),  dünnwan- 
dige Holzparenchymzel- 
len,  endlich  —  als  Be- 
standteile des  fast  ganz 
zerstörten  Phloems  — 
Kambiformelemente  und 
nur  wenig  ausgeprägte 
Siebröhren,  welche  nach 

dem  zuletztgenannten  Autor  gänzlich  zu  fehlen  scheinen.  Die  sehr  auf- 
fälligen Schraubengefäße  haben  zumeist  nur  einen  Durchmesser  von  1 2  j«. 
Die  Gewinnung  der  reinen  Faser  ist  gewiß  eine  sehr  einfache, 
da  sich  die  sackförmig  den  »Kern«  umhüllenden  Gewebsreste  von  diesem 
leicht  trennen  lassen;  sie  soll  nach  mündlichen  Angaben,  die  ich  bei 
der  Pariser  Weltausstellung  im  Jahre  1867  erhielt,  in  einem  Röstprozesse 
bestehen,  welcher  die  peripheren  Gewebe  auflockert  und  zum  Teil  zer- 
stört, so  daß  schon  ein  einfaches  Durchziehen  der  gerösteten  Faser 
zwischen  den  Fingern  genügt,  um  die  Faser  in  genügend  reinem  Zustande 
zu  erhalten.    Dieselben  Angaben  über  die  Gewinnung  der  Reinfaser  finden 


356  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

sich  auch  bei  Semler  i).  Nach  Schimper^)  sind  die  Äste  der  Pflanze  an 
ihrem  unleren  Ende  abgestorben,  sehen  »roßhaarähnlich«  aus,  da  sich 
daselbst  die  Rinde  bereits  abgelöst  hat;  aus  diesem  Grunde  findet  man 
an  der  ungeschälten  Faser  oft  den  freiliegenden  »Kern«. 

Jede  Faser  (Reinfaser)  erscheint  geghedert,  entsprechend  den  Inter- 
nodien  des  Stengels.  Von  den  deutlich  an  der  Faser  erkennbaren  Knoten 
gehen  Seitenfasern  aus,  die  hin  und  wieder  selbst  noch  verzweigt  er- 
scheinen (Fig.  97).  Den  Fasern  haften  manchmal  noch  Reste  der  Rinde 
und  selbst  der  Epidermis  an. 


:^ 


^  z 


.^^ 


y 


Fig.  103.    Vergr.  270.     Querschnitt   durch  eine  Rohfaser   der  Tülandsia   mit  6  peripher   und  2  zentral 

gestellten  Gefäßhündeln,  deren  Xyleme  (x')  miteinander  verschmolzen  sind.     Von   den  8  Phloemen  ist 

nur  eins  erhalten,  an  Stelle  der  anderen  erscheinen  Lücken  (ph,  pli').     b  b'  wie  in  Fig.  102. 

Erwähnung  getan;  es  ist  zu  bemerken,  daß  die  Tillandsiafaser,  wie 
sie  im  Handel  erscheint,  nämlich  der  Hauptstrang  der  Faser,  niemals 
natürliche  Enden  besitzt.  Die  Dicke  der  Faser  ist  im  Gesamtverlaufe 
überhaupt,  abgesehen  von  den  Knoten,  eine  sehr  gleichmäßige,  beträgt 
120—210;«,  sehr  häufig  4  50—160.«. 

Lufttrocken  enthält  diese  Faser  9,00  Proz.  Wasser.  In  mit  Wasser- 
dampf völlig  gesättigtem  Räume  erhebt  sich  der  Wassergehalt  bis  auf 
20,5  Proz.  Die  Aschenmenge  beträgt,  auf  die  völlig  getrocknete  Substanz 
bezogen,  3,21  Proz.     Die  Asche  ist  kristallfrei. 

Jod  und  Schwefelsäure,  ferner  schwefelsaures  Anilin,  lassen  sich  auf 


1)  1.  c,  p.  726. 

2)  1.  c,    p.  320, 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  357 

diese  Faser  wegen  der  dunkeln  Färbung  nicht  anwenden.  Kupferoxyd- 
ammoniak übt  keinerlei  Wirkung  auf  diese  Faser  aus. 

Die  Faser  ist  bräunlich  bis  schwärzlich  gefärbt  und  glänzend.  Da 
man  eine  rein  schwarze  Faser  einer  heller  gefärbten  vorzieht,  so  wird 
häufig  eine  künstliche  Schwarzfärbung  der  Reinfaser  vorgenommen. 

Im  europäischen  Handel  erscheint  zumeist  die  geschälte  oder  ge- 
reinigte Faser  und  bildet  die  beste  Sorte  von  vegetabilischem  Roßhaar^), 
welches  als  Polstermaterial  für  Möbel,  Matratzen,  Sattelkissen  usw.  sehr 
gesucht  ist.  Auch  die  rohe  ungeschälte  Faser  findet  als  Packmaterial 
für  Glas  und  Porzellan  Verwendung. 

37.  Kokosfaser  (Kokosnußfaser,  Coir,  Coir^)]. 

Die  Kokospalme  (Cocos  nucifera  L.)  ist  durch  die  Kultur  wohl  über 
die  Küstengegenden  der  ganzen  Tropen  weit  verbreitet  worden.  Am 
häufigsten  findet  sie  sich  in  den  Küstenländern  Südasiens  und  auf  den 
sie  umgebenden  Inseln.  Über  die  Heimat  dieses  außerordentlich  nütz- 
fichen  Kulturgewächses  herrscht,  wie  auch  über  die  ursprüngliche  Ver- 
breitung der  meisten  von  alters  her  wichtigen. Nutzpflanzen,  keine  Gewiß- 
keit. Das  häufige  Vorkommen  in  Südasien  hat  schon  vor  langem  dahin 
geführt,  daselbst  die  Heimat  der  Kokospalme  anzunehmen.  Aber  ebenso 
berechtigt,  vielleicht  wegen  des  alleinigen  Vorkommens  der  übrigen  Cocos- 
Arten  in  Südamerika,  ist  die  Hypothese  vom  südamerikanischen  Ursprünge 
dieses  Baumes  3). 

Am   stärksten    wird   die    Kultur   der    Kokospalme    auf  Ceylon,    wo 


-1)  Das  in  neuester  Zeit  in  den  Handel  kommende  künstliche  Roßhaar  ist 
auch  vegetabilischen  Ursprungs.  Es  wird  nämlich  wie  die  Kunstseide  (s.  oben  p.  -132) 
aus  Baumwolle  oder  anderen  »Zellulosen«  (z.  B.  Holzzellulose)  dargestellt.  Dieses 
künstliche  Roßhaar,  welches  sogar  als  Ersatz  für  Menschenhaar  zu  Zöpfen,  Perücken 
u.  dgl.  verarbeitet  wird,  erscheint  im  Handel  unter  den  Namen  Sirius,  Meteor,  Pan- 
Seide. A.  Herzog,  Zur  Kenntnis  der  Eigenschaften  einiger  künstlicher  Roßhaar- 
ersatzstoffe (Kunststoffe,  I,  i9ii)  und  K.  Stirm,  Chem.  Technologie  der  Gespinst- 
faser, Berlin  (1913),  p.  257. 

2)  Über  die  in  den  verschiedenen  Heimatländern  üblichen  Namen  für  diese  Faser 
s.  Dodge,  1.  c,  p.  12.  Die  gebräuchlichsten  sind  außer  den  oben  angegebenen  koir, 
kair  und  cocos  fibre.  Sanskrit:  Kera.  Die  heute  übliche  Handelsbezeichnung  Coir 
oder  Coir  tauchte  erst  im  1 9.  Jahrhundert  auf.  Das  Wort  stammt  aus  dem  Malay- 
ischen  (käyäru),  welches  zunächst  in  das  portugiesische  Wort  cairo  umgebildet 
wurde. 

3)  Martins,  Historia  palmarum,  I,  p.  188.  Miquel,  Flora  von  Nederl.  Indie, 
HI,  p.  65.  Nach  Drude  (Engler- Prantl ,  Pflanzenfamilien,  II,  3,  p.  81)  kommt 
Coeos  nucifera  wildwachsend  an  den  Gestaden  des  tropischen  Amerika  zerstreut  vor, 
so  daß  nach  des  Autors  Auffassung  sowohl  das  tropische  Amerika  als  auch  Südasien 
als  Heimat  der  Kokospalme  zu  betrachten  sind. 


358  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

650  000  Acres  mit  diesem  Baume  bepflanzt  sind^),  ferner  in  Britisch- 
Ostindien  und  Südamerika  betrieben. 

Aber  auch  andere  tropische  Küstenstriche  liefern  Coir.  U.  a. 
wird  neuestens  an  der  Küste  von  Sansibar  Coir  in  erheblicher  Menge 
als  Nebennutzung  der  Kopra-  und  Kokosnußülgewinnung  erzeugt 2).  Die 
Deutsch-Ostafrikanische  Kokosgesellschaft  versucht  in  Daressalam  die 
Kokosfasergewinnung  im  großen  Maßstabe  zu  betreiben  3). 

Die  Früchte  der  Kokospalme  sind  von  einem  derben  Epidermoidal- 
gewebe  umschlossen,  unterhalb  welchem  in  einer  bräunhchen,  pareu- 
chymatischen  Grundmasse  in  mächtigen  Schichten  die  zahlreichen  Ge- 
fäßbündel liegen,  welche  die  Kokosnußfaser  ausmachen^).  Hieran,  nach 
innen  zu,  schließt  sich  die  Steinschale  (Kokosschale),  welche  den  öligen 
Kern  der  Nuß  umgibt. 

Die  Gefäßbündel  der  Fruchtrinde  der  Kokosnuß  kommen  nicht  bei 
allen  Formen  der  Cocos  nucifera  in  genügender  Masse  und  Festigkeit 
vor,  so  daß  nicht  die  Früchte  aller  Varietäten  dieser  Palme  zur  Ge- 
winnung der  Faser  Coir  sich  eignen.  Von  den  19  Varietäten  sind 
es  bloß  die  mit  sehr  faserreichen  Fruchtrinden  versehenen,  hauptsäch- 
lich Cocos  nucifera  var.  rutila,  C.  n.  v.  cupuliformis  und  C  n.  r. 
stupposa,  welche  zur  Darstellung  der  Kokosfaser  benutzt  werden  können. 
Die  erstgenannte  Varietät  gibt  die  beste,  die  zuletztgenannte  die  geringste, 
nämhch  eine  sehr  steife  und  starre  Faser s). 

In  Indien  wird  die  Kokosfaser  seit  undenklichen  Zeiten  verwendet, 
besonders  zu  Stricken  und  Bindematerial  im  Haushalte,  zu  Tauen  in  der 
Schiffahrt.  Das  alte  primitive  Verfahren  zur  Erzeugung  des  Coir  be- 
steht in  Folgendem.  Die  faserigen  Fruchthüllen  werden  einem  Röst- 
prozeße  unterworfen,  ähnlich  wie  bei  uns  der  Flachs.  Der  Prozeß  wird 
so  geleitet,  daß  die  Fruchthüllen  zeitweise  unter  Wasser  stehen.  Fluß- 
wasser gibt  ein  schöneres,  helleres  Produkt  als  brackiges  Wasser.  Je  grüßer 
der  Salzgehalt  des  letzteren,  desto  dunkler,  in  Rot  fallend,  ist  die  Farbe. 
Die   Angabe,  daß  die  Verwendung   von  Salzwasser   schädigend   auf  die 


1)  Die  Gesamtbodenfläche,  welche  mit  der  Kokospahne  bepflanzt  ist,  wird  auf 
2  780  000  Acres  geschätzt,  wovon  auf  Vorder-  und  Hinterindien  und  den  Archipel 
920  000  und  auf  Südamerika  500000  Acres  kommen.  Vgl.  Fergusons  Ceylon  Hand- 
book, 1893— 1896  und  Semler,  1.  c,  I,  2.  Aufl.,  p.  618. 

2)  Tropenpflanzer,  IV  (1900),  p.  232.     Deutsches  Kolonialblatt,  1900,  Nr.  1. 

3)  Tropenpflanzer,  III  (1899),  p.  117. 

4)  Die  derben  Mittelrippen  der  Blätter  dieser  Palme  geben  allerdings  auch  eine, 
freilich  sehr  grobe  Faser,  welche  nur  zur  Herstellung  von  Besen  u.  dgl.  verwendbar 
ist.     Im  europäischen  Handel  kommt  diese  Faser  nicht  vor. 

5)  Miquel,  1.  c,  p.  70  ff.  Über  die  Formen  von  Cocos  nucifera,  welche  an 
den  Küsten  Ostindiens  zur  Gewinnung  der  Kokosnußfaser  dienen,  s.  Watt,  The  com- 
merc.  prod.  of  India,  1908,  p.  332,  354  ff. 


Siebzehnter  Abschniit.     Fasern.  359 

Faser  wirke,  ist  nicht  gerechtfertigt  i).  Die  geröstete  Faser  wird  mit  Keulen 
"•eklopft  und  die  nicht  faserigen  Anteile  werden  mit  der  Hand  entfernt.  Die 
so  erhaltene  rohe  Faser  wird  verpackt  und  versendet  oder  sie  wird  vorher 
in  die  Form  langer  dünner  Seile  gebracht.  Tausend  Kokosnüsse  liefern 
45 — 60  kg  lange,   feine  und  7,5 — 12,5  kg  kurze  Fasern  (Bürstenfaser). 

Die  Produktion  des  Co'ir  ist  in  fortwährender  Steigerung  begriffen; 
vom  Jahre  1880  auf  1894  ist  die  Ausfuhr  von  Coir  in  Ceylon  auf  das 
Zwölffache  gestiegen  (68  000  Ztr.)  und  die  Ausfuhr  von  Kokosstricken  hat 
sich  innerhalb  dieses  Zeitraums  etwa  vordoppelt  (92  000  Ztr.) 2). 

Die  gesteigerte  Nachfrage  nach  Coir  hat  zu  einer  rationelleren  Er- 
zeugung geführt,  welche  in  starker  Abkürzung  des  Röstverfahrens  und 
in  maschineller  Abscheidung  der  gerösteten  Faser  besteht.  Die  letztere 
wird  auf  Rollmühlen  gebracht,  gebrochen  und.  auf  Hechelmaschinen 
gereinigt  3).  Neuestens  verwendet  man  Maschinen,  welche  zur  Abscheidung 
von  Sisal  dienen,  mit  Vorteil  auch  zur  Go'irgewinnung^).  Durch  Maschinen- 
arbeit gelingt  es,  das  Fasermaterial  in  zwei  Sorten  zu  scheiden:  in  eine 
grobe  (Madras  fibre)  und  in  eine  feine  (Bristle  fibre)^).  Um  der  Faser 
eine  hellere  Farbe  zu  geben,  wird  dieselbe  häufig  gebleicht,  was  ent- 
weder an  der  Sonne  oder  durch  Einwirkung  von  schwefliger  Säure 
erfolgt.     Die  reine  Faser  wird  in  Ballen  gepreßt  dem  Handel  übergeben. 

Nach  Europa  und  Nordamerika  kommt  nicht  nur  die  nach  dem  alten 
Verfahren  erzeugte  rohe  Kokosfaser,  sondern  auch  die  nach  dem  zuletzt 
genannten  Verfahren  hergestelte  veredelte  Ware.  .  Diese  wird  aber  auch 
in  europäischen  und  amerikanischen  Fabriken  aus  der  faserigen  Frucht- 
hülle (»Roya«)  erzeugt. 

Die  rohe  Kokosfaser  hat  eine  Länge  von  15 — 33  cm  und  eine 
maximale  Dicke  von  50—300  u.  An  den  Enden  ist  sie  dünn,  in  der 
Mitte  dick.  Der  Querschnitt  ist  rundlich  oder  elliptisch.  Sie  ist  außer- 
ordentlich fest.,  widerstandsfähig  im  Wasser  und  schwimmt,  selbst  in 
dicke  Taue  gedreht,  ähnlich  wie  die  Piassavefaser,  mit  Leichtigkeit  auf  dem. 
Wasser.  Nach  Grothe  ist  sie  unter  allen  zur  Verfertigung  von  Schiffs- 
tauen dienlichen  Fasern  die  leichteste.  Das  geringe  mittlere  spezifische 
Gewicht  dieser  Faser  wird  hauptsächlich  dadurch  bedingt,  daß  die 
Faser  hohl  ist. 


1)  Tropenpflanzer,  XIII  (i909),  p.  461. 

2)  Semler,  1.  c,  p.  620. 

3)  Näheres  über  die  Maschinen  zur  Coi'rgewinnung  und  über  die  bei  der  Rein- 
gewinnung durchzuführenden  Prozesse  s.  Semler,  1.  c,  p.  637.  Siehe  auch  Tropen- 
pflanzer, II  (1898),  p.  319.  S.  auch  M.  Fesca,  Der  Pflanzenbau  in  den  Tropen  und 
Subtropen.     Berlin,  Bd.  II  (1907)  p.  138—159. 

4)  Tropenpflanzer,  II  (1898),  p.  319. 

3)  G.  Röder  in  Tropenpflanzer,  XIII  (1909),  p.  461. 


360 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Lufttrocken  führt  die  Kokosnußfaser  11,28  Proz.,  mit  Wasserdampf 
völlig  gesättigt  1 7,99  Proz.  Wasser.    Völlig  getrocknet  liefert  sie  1 ,49  Proz. 


.^i 


Fig.  104.    Vergr.  300.     Querschnitt  durch  die  Kokosfaser  einer  eben  gereiften  Frucht,     p  Parencliy- 

matisches  Grundgewebe,   b  konzentrisch  das  Gefäßbündel  (Mestom)  umgehende  Bastzellen,     x  Xylem, 

[ih  Phloem  des  Gefäßbündels  (Mestom). 


Asche,  welche  fast  gänzlich  aus 
den  Kieselkörpern  der  Stegmata 
(siehe  unten)  besteht. 


^ 


*\ 


Fig.  105.    Vergr.  300.     Querschnitt  durch  eine 

käufliche  Kokosnußfaser. 

h  Bastzelle,  x  Xylem,  ph  Hohlraum  an  Stelle 

des  vertrockneten  Phloems. 


Fig.  106.  Vergr.  300.  Querschnitt  durch  die  Faser  einer 
käuflichen  Kokosnußfaser,  p  Reste  von  parenchyma- 
tischem  Grundgewebe,  b  Bastzellen,  x  Xylem,  nach 
innen  zu  mit  Schraubengefäßen,  deren  Schrauben  sich 
teilweise  losgelöst  haben,  ph  Hohlraum  an  Stelle  des 
eingetrockneten  Phloems. 


Die   Farbe    der   Faser   ist    braunrötlich    in   verschiedenen   Nuancen. 
Immerhin   tritt    die   Färbuns;    so    auffällis;   hervor,    daß    die   zu    Farben- 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  361 

reaktionen  auf  Fasern  dienlichen  Reagenzien  auf  sie  meist  keine  Anwen- 
dung haben  können.  Mit  Kupferoxydammonik  behandelt,  nimmt  indes 
die  Faser  unter  merklichem  Aufquellen  eine  ausgesprochen  blaue  Farbe 
an.  Infolge  künstlicher  Bleichung  erscheint  die  Faser  auch  in  helleren 
als  den  natürlichen  Farben  und  ist  dann  leichter  als  die  unveränderte 
Faser  zu  färben. 

Die  Kokosfaser  stellt  ein  verzweigtes,  hemikonzentrisch  gebautes 
Bündel  dar,  welches  aus  einem  kollateralen^  von  einem  derben  Bastmantel 
umkleideten  Mestomstrang  besteht.  Von  dem  Mestomstrang  ist  in  der 
»Faser«  nur  das  Xylem  (Holzteil  des  Gefäßbündels)  erhalten.  Das  Phloem 
(Siebteil  des  Gefäßbündels)  ist  mehr  oder  weniger  vollständig  zerstört 
und  an  seiner  Stelle  erscheint  ein  Hohlraum  (Fig.  105  und  106;  vgl. 
auch  Fig.  104).  Daß  die  Kokosfaser  hohl  ist,  wurde  zuerst  von  v.  Höhnel  i) 
betont.  Der  Autor  sagt,  daß  die  Faser  von  einem  Kanal  durchzogen 
sei,  welcher  Gefäße  enthält.  Ich  habe  die  Ursache  der  Aushöhlung  der 
Kokosfaser  ausfindig  zu  machen  gesucht.  Ich  untersuchte  die  Frucht 
von  ihrer  Entstehung  bis  zur  Fruchtreife  2).  Es  stellte  sich  hierbei  her- 
aus, daß  in  keinem  Entwicklungsstadium  jener  die  Kokosschale  umklei- 
denden Gefäßbündel,  welche  die  Faser  Goir  bilden,  sich  die  Entstehung 
eines  Kanals  im  Innern  dieses  Bündels  bemerklich  macht  (s.  Fig.  104); 
diese  Aushöhlung  kommt  also  weder  durch  Resorption  innerer  Gewebs- 
partien,  noch  durch  ungleiches  Wachstum  der  konstituierenden  Gewebe 
zustande,  sondern  vollzieht  sich  erst  nach  der  Fruchtreife  beim  Eintrocknen 
der  gerösteten  und  geklopften  Faser  und  beruht  auf  Eintrocknung  und 
Zerstörung  des  zarten,  mitten  im  derben  Gewebe  des  Gefäßbündels  ge- 
legenen Phloems.  Dadurch  erklärt  sich  auch  die  Lage  der  Gefäße  im 
Innern  der  Faser.  Die  Gefäße  und  überhaupt  das  Xylem  begrenzen 
einseitig  den  Kanal  (Fig.  \  05)  und  der  Hohlraum  bezeichnet  jene  Stelle 
im  Gefäßbündel,  an  welcher  das  Phloem  (des  Mestoms)  lag.  Der  Holz- 
teil enthält  als  charakteristische  Bestandteile  Gefäße,  welche  eine  Weite 
von  40  1.1  erreichen.  Die  Gefäße  sind  teils  abrollbare  Schrauben-,  teils 
Tüpfelgefäße,  welche  nach  dem  Typus  der  Treppengefäße  gebaut  sind. 
Der  den  Mestomstrang  umhüllende  Bastmantel  setzt  sich  aus  mäßig, 
deutlich  porös  verdickten  Bastzellen  zusammen,  welche  eine  Länge  von 
400 — 960  /<  erreichen.  Ihre  Breite  schwankt  zwischen  12 — 20  ^u  und 
beträgt  meist  16^«.  Die  Wanddicke  beträgt  gewöhnlich  1/3  des  Zell- 
durchmessers.    Die  Wandverdickung  ist  eine  ungleichmäßige.     Alle  Ele- 


i)  V.  Höhnel,  Die  Mikroskopie  der  technisch  verwendeten  Faserstoffe,  1887, 
p.  53. 

2)  Herr  Dr.  M.  Treub,  Direktor  des  botan.  Gartens  in  Buitenzorg  (Java),  hatte 
die  Güte,  mir  das  erforderliche  Untersuchungsmaterial,  in  Alkohol  konserviert,  zu 
übersenden. 


362 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern, 


mente  des  Gefäßbündels  sind  nach  Ausweis  der  Phlorogluzinprobe  verholzt. 
Über  das  merkwürdige  optische  Verhalten  der  Bastzellen  der  Kokosnuß- 
faser s.  oben  p.  1  4. 

Der  Bastmantel  ist  außen  von  papillös  gestalteten,  je  einen  Kiesel- 
körper einschließenden  Zellen  mit  dick- 
warzig  aussehendem  Ende  bedeckt. 
/  \  2  Nach  Mazeration  der  Faser  treten  diese 

-ß  ß  eigentümlichen  Deckzellen  (»Stegmata«) 

mit  großer  Schärfe  hervor  (Fig.  1  07). 
In  der  Asche  der  Faser  bleiben  die 
Kieselkörper  der  Deckzellen,  oft  in 
Reihen  angeordnet,  zurück. 

Das  Go'ir   hat    sich    in    neuester 
Ä-'    y-V  ^^^^  ^^  einer   der  wichtigsten  groben 

Pflanzenfasern,  welche  die  europäische 
Industrie  aus  den  warmen  Ländern  be- 
zieht, emporgeschwungen.    Es  wird  zu 
I     ;  w/  Schnüren,  Seilen,  Teppichen,  Bürsten, 

groben  Pinseln,  plüschartig  gewoben 
zu  Fußdecken,  in  neuerer  Zeit  auch 
zu  Maschinentreibriemen  verwendet. 
Die  Kokosfaser  wird  auch  mit  Woll- 
garnen zu  schön  gemusterten  Matten, 


M 


i 


Fig.  107.    Vergr.  400.     Bruchstücke  von  Bast- 
aellen  (B)   der  Kokosnußfaser  mit   Stegmata 
(A',  K').     In  1  sind  die  Stegmata  im  Profil,  in  2 
in  der  Fläehenansicht 


Läufern  und  dergleichen  verwoben. 
Sehr  ausgedehnt  ist  die  Verwendung  zur  Herstellung  von  Schiffstauen, 
welche  sich  nicht  nur  durch  große  Elastizität  und  Haltbarkeit,  sondern 
auch  dadurch  auszeichnen,  daß  sie  auf  dem  Wasser  schwimmen.  GoTr 
und  dessen  Abfälle  werden  neuestens  auch  in  der  Papierfabrikation  an- 
gewendet^). 

38.  Torffaser. 

In  neuester  Zeit  ist  man  vielfach  und  zum  großen  Teil  erfolgreich 
mit  der  wirtschaftlich  immer  wichtiger  werdenden  rationellen  Aus- 
wertung des  Torfes  beschäftigt.  Die  Bodenfläche  der  Erde,  welche  von 
Moorland  eingenommen  wird,  ist  von  enormer  Größe.  In  Deutschland 
beträgt  sie  etwa  500  Quadratmeilen,  d.  i.  5  Prozent  der  Gesamtfläche, 
in  manchen  andern  europäischen  Ländern  ist  sie  noch  größer  und  steigt 
in  Irland  bis  auf  10  Prozent. 


\)  Tropenpflanzer,  XV  (1911).  Daselbst  die  Notiz,  daß  nach  den  Berichten  des 
Deutschen  Generalkonsulats  in  Singapore  in  den  Straits  Settlements  (Provinz  Welles- 
ey)  eine  französische  Aktiengesellschaft  neben  Kopra  auch  Kokosfaser  zur  Papier- 
erzeugung gewinnt. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fusern.  363 

Die  Moorböden  sind  nur  zum  Teil  und  schwer  der  land-  und  forst- 
wirtschaftlichen Verwertung  (Moorkultur)  zugänglich.  In  dieser  Rich- 
tung sind,  durch  die  fast  in  allen  europäischen  Ländern  eingerichteten 
Kulturslationen,  große  Fortschritte  zu  verzeichnen.  Die  meisten  Moore 
sind  aber  der  Moorkultur  nicht  zugänglich  und  müssen  in  anderer  Weise 
dem  Volkswohle  dienstbar  gemacht  werden. 

Die  alte  Torfstecherei  behufs  Gewinnung  von  Brennmaterial  wirft 
nur  ein  geringes  Erträgnis  ab.  Auch  ist  bereits  vielfach  dieser  Zweig 
der  Torfverwendung  in  rationeller  Umgestaltung  begriffen.  Es  gelang  die 
Herstellung  von  Torfbriketts  zur  Heizung  von  Maschinen,  von  Torfkohle, 
die  Scheidung  des  getrockneten  Torfs  in  Fasermasse  und  fein  verteilten 
staubartigen  Torf  (Torfmull),  welcher  sich  als  gutes  Desinfektionsmittel 
benutzen  läßt. 

Die  rohe  Torffaser  wird  stark  als  Stallstreu  (Torfstreu)  verwendet, 
welche  sich  gegenüber  dem  Stroh  durch  größeres  Aufsaugungsvermögen 
für  Jauche  und  die  Fähigkeit,  Ammonstickstoff  zu  binden,  vorteilhaft 
auszeichnet!).  Nunmehr  wird  eine  noch  bessere  Verwertung  der  Torf- 
faser angestrebt,  nämlich  als  Rohmaterial  für  textile  Zwecke  und  zur 
Papierfabrikation. 

Wenn  von  älteren  unsicheren  Angaben  über  Erfindungen,  aus  Torf 
spinnbare  Faser  zu  erzeugen,  abgesehen  wird,  so  muß  wohl  Georges 
Henry  Beraud  (zu  Bucklersbury  bei  London)  als  derjenige  bezeichnet 
werden,  welcher  den  faserigen  Torf  zuerst  zu  textilen  Zwecken  nutzbar 
zu  machen  suchte.  Er  nahm  im  Jahre  1890  in  England  ein  Patent  auf 
eine  Art  Torfwolle,  Beraudine  genannt.  Später  wurden  rationellere  Ver- 
fahren zur  Gewinnung  von  Torfwolle  in  Deutschland  von  Geige  und 
in  Osterreich  von  Zschörner  erfunden,  wenn  auch  die  Rentabilität 
noch  keineswegs  sichergestellt  erscheint. 

Das  Geige  sehe  Verfahren  2)  besteht  darin,  die  Rohfaser,  mechanisch 
von  den  anhängenden  nichtfaserigen  Bestandteilen  befreit,  zuerst  einer 
alkoholischen  Gärung   behufs  Beseitigung   von  Stärke  und  Zucker 3)   zu 


-1)  C.  Fürst,  Torfstreu,  2.  Aufi.,  ^1892;  M.  Fleischer,  Torfstreu,  2.  Aufl.,  1S90; 
O.  Jünger,  Torfstreu,  1890. 

2)  Über  Torfwolle,  von  August  Förster.  Zeitschrift  für  die  gesamte  Textil- 
industrie, 1898/1899,  Nr.  9,  10  und  11.  Über  Torffaser  und  über  die  Technologie 
dieses  Faserstoffes  siehe  auch  Marschik  in  »Neue  Faserstoffe«,  I,  1919,  p.  61  und 
S  üvern,  ebenda,  p.  169. 

3)  Da  Stärke  und  Zucker  bei  dem  Vertorfungsprozeß  bald  zerstört  werden, 
diese  Körper  übrigens  in  den  Bastzellen,  welche  die  Hauptmasse  der  Torffaser  aus- 
machen, überhaupt  nicht  vorkommen,  so  scheint  es  wohl  zwecklos  zu  sein,  die  Torf- 
faser einer   alkoholischen  Gärung  zu  unterwerfen.     Nach   den  Untersuchungen  von 


364 


Siebzehnter  Absclinilt.     Fasern. 


unterwerfen,  sodann  mit  Entfettungsmitteln  (Benzin  usw.),  hierauf  mit 
Säuren  und  Alkalien  zu  behandeln,  endlich  mit  Wasser  zu  waschen  und 
zu  trocknen,  eventuell  auch  zu  bleichen. 

Viel  einfacher  ist  das  Zschörnersche  Verfahren i).  Der  Fasertorf 
wird  getrocknet,  mechanisch  gereinigt  und  auf  der  Zschörn ersehen 
Krempel  bearbeitet.  Es  gelingt,  die  Fasermasse  sofort  als  Faden  ab- 
zuwickeln.     Beide   Produkte    zeigen   gegenüber   der    »Beraudine«    einen 

bedeutenden  Fortschritt. 
Trotz  der  Verschie- 
denheit der  Gewinnungs- 
methoden sind  beiderlei 
Produkte  im  Aussehen 
sich  sehr  ähnlich.  Beide 
sind  braun,  die  Geige- 
sche Faser  neigtins  Grau- 
braune, die  Zschörn  er- 
sehe ist  hellbraun  ge- 
färbt. Erstere  ist  feiner, 
letztere  bedeutend  lang- 
faseriger. 

Die  Torffaser  wurde 
aus  jenen  Torfsorten  ge- 
nommen, welche  sich  für 
die  Fasergewinnung  am 
geeignetsten     erwiesen. 
Danunsowohldie  mikro- 
skopische Untersuchung 
der  deutschen^)  als  auch 
der   österreichischen  3) 
Torffaser  ergab,  daß  die- 
selbe   der    Hauptmasse 
nach  von  Eriophorum  vaginatum  herrührte,   so  scheint  wohl  das  von 
Wollgras  gebildete  Torfmoor  (das  >Eriophoretum«  der  Pflanzengeographen) 


Pig.  108.    Vergr.  36.    Querschnitt  durch  den  Vaginalteil  des  Blattes 

von  Eriophorum  vaginatvm  (schematisch).     0  Oher-,   ?7  Unterseite 

des  Blattes,   &   Bastbündel,  fbv  Fibrovasalstränge   (Gefäßbündel), 

i  Interzellularraum.     (Nach  K.  Linsbauer.) 


Schatz  enthält  die  Zschörnersche  TorlTaser  nur  Spuren  von  fettartigen  Sub- 
stanzen, so  daß  auch  die  Vorbehandlung  der  Rohfaser  mit  Entfettungsmitteln  unnötig 
erscheint. 

1)  Der  Torf  als  Spinn-  und  Webestoff,  von  Desiderius  Schatz.     Zeitschrift 
für  die  gesamte  Textilindustrie,  1899/1900,  Nr.  5  und  6. 

2)  Die  Geigesche  Torffaser  wurde  von  M.  Gürcke   mikroskopisch  untersucht. 
S.  die  Abhandlung  von  A.  Förster,  1.  c. 

3)  K.  Linsbauer,  Mikr.  Unters,  über  Torifaser  und   deren  Produkte.     Ding- 
lers polytechn.  Journal,  Bd.  315  (1900). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


365 


für  die  Fasergewinnung  am  meisten  empfehlenswert  zu  sein.  In  diesem 
Torfmoor  erhalten  sich  von  dem  oberirdischen  Pflanzenteile  die  Scheiden- 
teile der  Wollgrasblätter  am  läng- 
sten, während  die  Blattspreiten 
frühzeitig  zugrunde  gehen.  Diese 
Tatsache  findet  ihre  Erklärung  in 
der  von  K.  Linsbauer  gemachten 
Auffindung,  daß  Oberhaut  und  Ge- 
fäßbündel der  Scheidenteile  verholzt 
sind  und  aus  diesem  Grunde  bei  der 
Vertorfung  erhalten  bleiben,  wäh- 
rend die  korrespondierenden  Ge- 
webe der  Spreite  unverholzt  sind 
und  bei  der  Vertorfung  zugrunde 
gehen. 

Die  Hauptmasse  der  Torffaser 
besteht  aus  den  ßastteilen  der  Blatt- 
gefäßbündel von  Eriophorum  vaginatum,  und  zwar  jener  Gefäßbündel, 
welche   dem  Scheiden-   oder  Vaginalteil   der  Wollgrasblätter   angehören, 
was  nach  dem  über  die  Vertorfung  des  Blattes  von  Eriophoi'um  bereits 
Außer  den  Blatteilen  der  genannten  Gefäß- 


fir. 


Fig.  109.    Vergr.  36.    Querschnitt  durch  den  oberen 

Blatteil  von  Eriophorum  vaginatum.    Bezeichnung 

wie  in  Fig.  108.     (Nath  K.  Linsbauer.) 


Fig.  110.    Vergr.  860.    Querschnitt  durch  ein  größeres  subepidermales  Bastbündel  von   der  Unterseite 

des  Blattes  von  Eriophorum  vaginatum.     E E'  Epidermis,    i  Interzellnlargänge.     Das  Bastbündel   zeigt 

die  Abnahme  der  Zellenquerschnitte  gegen  die  Epidermis  zu.    (Nach  K.  Linsbauer.) 


366  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

bündel  nehmen  auch  die  reichlich  unter  der  Oberhaut  auftretenden 
einfachen,  bloß  aus  Bastzellen  bestehenden  Baststränge  an  der  Faser- 
bildung Anteil. 

In  feinen  Torffasern,  wie  sie  namentlich  in  der  Torfwatte  vorliegen, 
findet  man  fast  nur  Bastbündel  des  Wollgrases.  In  gröberer  Torffaser, 
in  gröberem  Gespinste  hat  K.  Linsbauer  auch  E)'iophorum-\Y nrzeln, 
Blattoberhautstücke  vom  Wollgrase,  Stämmchen  von  Torfmoosarten 
fSphagnmn),  ferner  dünnere  Zweige  von  Calhma  vulgaris  und  von 
Andromeda  polifolia  gefunden.  —  Die  Torffaser  hat  eine  Länge  von 
2 — 118,  meist  von  40  — 60  mm,  eine  beiläufige  Dicke  von  10 — 100  //, 
manchmal  auch  darüber  oder  darunter.  Die  > Faser«  besteht  haupt- 
sächlich aus  Bastzellen,  doch  haften  auch  Oberhautpartien  oder  Gefäß- 
reste an.  Die  Bastzellen  erscheinen  unter  dem  Mikroskop  gelbbraun  und 
sind  nach  Ausweis  der  Phlorogluzinprobe  zumeist  verholzt.  Sehr  be- 
zeichnend für  die  Torffaser  ist  es,  daß  die  fast  nie  feh- 
lenden Oberhautstüoke  gleichfalls  die  Verholzungsreaktion 
zeigen  i). 

Sehr  eingehend  wurden  die  physikalischen  und  technischen  Eigen- 
schaften der  nach  dem  Zschörn ersehen  Verfahren  gewonnenen  Torf- 
faser von  Schatz  (1.  c.)  ermittelt.  Aus  seinen  Bestimmungen  sei  Folgendes 
hervorgehoben.  Das  spezifische  Gewicht  beträgt  im  Mittel  1,334,  die 
absolute  Festigkeit  1,87  kg/mm  2),  die  Reißlänge  1,4  km,  die  Wassermenge 
im  lufttrockenen  Zustande  9,49  Proz.,  die  Aschenmenge  2,04  Proz. 

Die  Torffaser  glimmt  nur  schwer  und  verbrennt,  ohne  zu  flammen. 
Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  die  hohe  Absorptionsfähigkeit  der  Torf- 
faser, welche  nicht  in  den  natürlichen  Eigenschaften  der  Bastfaser 
begründet  ist,  sich  vielmehr  erst  infolge  des  Vertorfungsprozesses 
einstellt  und  wohl  auf  eine  partielle  Humifizierung  der  Zellhaut  zurück- 
zuführen sein  dürfte.  Die  aseptischen,  ja  sogar  antiseptischen  Eigen- 
schaften des  Torfes  gehen  auch  auf  die  Torffaser  über,  namentlich  auf 
die  nach  dem  Zschörn  ersehen  Verfahren  erzeugte,  da  dieselbe  ohne 
jede  chemische  Einwirkung,  nämlich  auf  rein  mechanischem  Wege  ab- 
geschieden wurde. 

Die  Torffaser  kann  für  sich  versponnen  und  verwebt  werden.  Sie 
wird  aber  auch  mit  anderen  Fasern  (Wolle,  Baumwolle  usw.)  gemengt 
verarbeitet.  Sie  wird  verwendet  zur  Herstellung  von  Teppichen,  Läufern, 
Decken    (Pferdedecken),    hygienischen    BekleidungsstofTen    usw.,    ferner 


\)  Da  hier  auf  die  feineren  Details  der  milirosliopischen  Charakteristik  der  Torf- 
faser und  ihre  Unterscheidung  von  anderen  Fasern  nicht  näher  eingegangen  werden 
kann,  so  sei  auf  die  betreffenden  Abhandlungen  von  Gürcke,  insbesondere  auf  die- 
ausführhchen  Untersuchungen  K.  Linsbauers  verwiesen. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  367 

zu  Torfwatte,  welche   als   solche  oder  mit  Karbolsäure  imprägniert  als 
Verbandstoff  dient. 

Über  die  Anwendung  der  Torffaser  in  der  Papierfabrikation  siehe 
unten  bei  Papierfasern. 


Papierfasern. 

An  dieser  Stelle  sollen  vor  allem  jene  Pflanzenfasern,  die  zur 
Herstellung  von  Papier  dienen,  besprochen  werden. 

Eine  erschöpfende  Darstellung  der  mikroskopischen  Untersuchung 
des  Papiers  1)  ginge  hier  weit  über  den  Rahmen  dieses  Werkes  hinaus. 
Dies  bildet  ja  eine  Aufgabe  der  technischen  Mikroskopie,  welche  nicht  nur 
auf  den  Nachweis  der  Faser,  sondern  auch  auf  den  Zustand,  in  welchem 
die  Faser  im  Papier  auftritt,  ferner  auf  die  Art  der  Leimung,  Füllung, 
'Färbung  usw.  des  Papiers  Bedacht  zu  nehmen  hat.  Noch  weniger 
können  hier  die  gewöhnUchen  (makroskopischen)  Prüfungsmelhoden  des 
Papiers  (auf  Festigkeit,  Dauerhaftigkeit,  Verhalten  gegen  natürliche  und 
künstliche  Lichtquellen  usw.)  berücksichtigt  werden;  dies  sind  ja  durch- 
aus Gegenstände,  mit  welchen  sich  die  mechanische,  bez.  chemische 
Technologie  zu  befassen  hat. 

Der  historische  Teil  dieses  Abschnitts  erfordert  es,  hier  auch  auf 
einige  Papiermaterialien  einzugehen,  welche  nicht  eigenthche  Pflanzen- 
fasern sind,  sondern,  obgleich  die  Hauptmasse  der  Substanz  des  Papiers- 
bildend  wie  gewisse  Rinden  oder  der  Papierstoff  des  Papyrus  der  Alten, 
anderweitigen  Rohstoffen  des  Pflanzenreiches  zuzuzählen  sind. 

Als  Papier  im  modernen  Sinne  sind  nur  jene  Beschreibstoffe  zu  ver- 
stehen,  welche  aus  mehr  oder  minder   feinen  Fasern   zusammengesetzt 

i)  Über  die  mikrosk.  Untersuchung  des  Papiers  s.  Wiesner,  Techn.  Mikro- 
skopie (Wien  1867).  Wiesner,  Die  mikrosk.  Untersuchung  des  Papiers  mit  beson- 
derer Berücksichtigung  der  ältesten  orientalischen  und  europäischen  Papiere.  Wien, 
k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei,  4  887.  Sonderabdruck  der  unter  dem  Titel:  Die  Fai- 
jümer  und  Uschmüneiner  Papiere  im  II.  und  III.  Bd.,  p.  179—260  der  »Mitteilungen 
aus  der  Sammlung  des  Papyrus  Erzherzog  Rainer«  (1887)  erschienenen  Abhandlung. 
V.  Höhnel,  Die  Mikroskopie  der  techn.  verwendeten  Faserstoffe,  Wien  1887.  Abschnitt: 
Mikr.  Unters,  des  Papiers,  p.  72—85.  Zweite  Auflage,  1905,  p.  99—146.  v.  Höhnel, 
Beitrag  zur  Mikroskopie  der  Holzzellulosen.  Mitteil,  des  k.  k.  tcchnol.  Gewerbemuseums, 
1891.  Herzberg  in  den  »Mitteilungen  aus  der  mech.  techn.  Versuchsanstalt  in 
Charlottenburg«,  1887  und  später;  weiters  »Papierprüfung«,  IV.  Aufl.,  Berlin  1915.  T.  F. 
Hanausek,  Lehrbuch  der  teclmischen  Mikroskopie.  Stuttgart  1901,  p.  94ff.  Über 
mikroskopische  Papieruntersuchung  erschienen  in  den  letzten  Jahren  mehrere  Aufsätze 
von  T.  F.  Hanausek  in  der  Berliner  Zeitschrift,  »Der  Papierfabrikant«,  auf  die 
später  noch  zurückzukommen  sein  wird. 


368  Siebzehnter  AbscliniK.     Fasern. 

sind  und  die  in  der  Technologie  genauer  als   »gefilzte  Papiere«  be- 
zeichnet werden. 

Papier  in  diesem  Sinne  ist  von  allen  anderen,  namentlich  in  früheren 
Zeiten  benutzten  Beschreibstoffen  (Tierhäuten,  Leder,  Rinden,  Papyrus 
usw.)  leicht  zu  unterscheiden. 

Die  Anfänge  der  Papierbereitung  sind  mehrfach  noch  in  Dunkel 
gehüllt.  Einige  sich  klärende  einschlägige  Tatsachen  werden  später,  im 
geschichtUchen  Teile  dieses  Abschnittes,  erörtert  werden. 

Der  enorme  und  sich  immer  noch  steigernde  Bedarf  i)  an  Papier  hat 
längst  dahin  geführt,  nach  Ersatzmitteln  für  das  früher  ausschließlich 
in  der  Papierfabrikation  benutzte  Rohmaterial,  die  Hadern  oder  Lumpen, 
zu  suchen,  und  so  wurden  nach  und  nach  die  verschiedensten  Pflanzen- 
fasern diesem  Zwecke  dienstbar  gemacht.  Damit  hat  man  auf  Grund 
selbständiger  Entdeckungen  dasselbe  getan,  was  zuerst  von  den  Chinesen 
und  Japanern  ausgeführt  wurde,  welche  seit  alter  Zeit  die  Bastfasern 
des  Bambushalmes,  des  Reisstrohes,  der  Papiermaulbeerbaum- Rinde' 
und  noch  andere  fibröse  Pflanzenteile  zu  Papier  verarbeiten. 

Auch  auf  diesen  Gegenstand  komme  ich  im  historischen  Teile  dieses 
Paragraphen  noch  zurück.  Hier  sollen  nur  die  in  der  modernen  Papier- 
fabrikation anzuwendenden  Pflanzenfasern  besprochen  werden.  Es  sind 
dies  in  erster  Linie  die  Fasern  von  Stroh,  Esparto  und  Holz. 

Ehe  ich  die  große  Zahl  anderer  Pflanzenfasern  hervorhebe^  welche 
in  neuerer  und  neuester  Zeit  der  Papierfabrikation  zugeführt  werden  2) 
und  in  mehr  oder  minder  großer  Menge  neben  Holz-,  Stroh-  und  Esparto- 
fasern  in  Verwendung  stehen,  seien  folgende  allgemeine  Bemerkungen 
über  die  Anforderungen,  welche  eine  praktisch  zu  benutzende  Papier- 
faser besitzen  muß,  in  den  Vordergrund  gestellt. 

Daß  aus  allen  Pflanzenfasern  Papier  erzeugt  werden  kann,  ist  nicht 
nur  von  vornherein  klar;  eine  große  Zahl  von  Versuchen,  welche  mit 
den  verschiedenartigsten  Pflanzenfasern  in  dieser  Richtung  angestellt 
wurden,  hat  dies  auch  bewiesen.  Da  die  in  der  Papierbereitung  zu  ver- 
wendenden Fasern  keine  hohe  Festigkeit  haben  müssen  und  auch  kurze, 
nur  wenige  Millimeter  lange  Fasern  ganz  brauchbare  Papiere  liefern, 
so  ist  die  Verwendbarkeit  der  faserigen  Pflanzenstoffe  als  Papierrohstofi'e 
begreiflicherweise  eine  noch  ausgedehntere  als  deren  Benutzbarkeit  zum 
Spinnen  und  Weben.  Aber  nicht  jeder  PflanzenstofT,  aus  dem  sich  Papier 
bereiten  läßt,  eignet  sich  auch  schon  zur  fabrikmäßigen  Darstellung 
desselben.     Das  Material,  aus  welchem   Papier  hergestellt  werden   soll, 


1)  Dieser  Bedarf  hat  sich  durch  die  neueste  Verwendung  des  Papieres  zu  Garnen 
(als  Ersatz  für  verschiedene  fehlende,  oder  in  ungenügenden  Mengen  vorhandene 
Faserstoffe,  wie  Jute,  Lein,  Hanf)  außerordentlich  erhöht. 

2)  S.  hierüber  das  Verzeichnis  der  faserliefernden  Pflanzen  p.  62  ff. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  369 

muß  vor  allem  anderen  in  großen  Massen  zu  Gebote  stehen  und  niedrig 
im  Preise  sein.  Es  dürfen  ferner  der  Isolierung  der  in  den  Pflanzen- 
organen mit  anderen  Geweben  innig  verbundenen  Fasern  nicht  zu  große 
Hindernisse  im  Wege  stehen.  Das  Rohmaterial  muß  auch  im  einzelnen 
besondere  Eigenschaften  haben,  auf  die  hier  im  Detail  nicht  eingegangen 
werden  kann.  Beispielsweise  muß,  wenn  es  sich  um  Herstellung  von 
weißen  Papieren  handelt,  die  Faser  ohne  energische  Bleichmittel,  welche 
die  Faser  stark  mechanisch  angreifen,  reinweiß  zu  machen  sein.  In 
manchen  Fällen  fordert  man  weiche,  geschmeidige  Fasern,  in  anderen 
sehr  lange  sich  leicht  innig  bindende  Fasern  usw. 

Durch  diese  Forderungen  wird  allerdings  das  natürliche  für  die  Papier- 
fabrikation disponible  Pflanzenmaterial  stark  eingeschränkt;  nichtsdesto- 
weniger ist  die  Zahl  der  allen  diesen  Ansprüchen  genügenden  Rohstoffe 
des  Pflanzenreiches  noch  immer  eine  enorm  große. 

Außer  den  schon  genannten  wichtigsten  Rohmaterialien  der  Papier- 
fabrikation, Stroh,  Esparto  und  Holz  wäre  hier  noch  eine  lange  Reihe 
von  Pflanzenfasern  zu  nennen,  welche  in  England  und  Nordamerika  in 
ausgedehntem  Maße  in  der  Papierfabrikation  Verwendung  finden  oder 
auf  dem  Kontinente  in  einzelnen  Fabriken  benutzt  werden  oder  in  ent- 
legenen Ländern  (Indien,  China,  Japan i)  usw.)  in  mehr  oder  minder 
großem  Maßstabe  diesem  Zwecke  dienen,  aber,  dem  großen  Weltverkehr 
entzogen,  für  uns  mehr  in  den  Hintergrund  treten.  Eine  auf  Voll- 
ständigkeit Anspruch  machende  Zusammenstellung  aller  dieser  Roh- 
materialien würde  hier  zu  weit  führen.  Um  aber  wenigstens  einiger- 
maßen anzudeuten,  welche  relativ  große  Zahl  von  Pflanzen  für  die 
Zwecke  der  Papierfabrikation  gegenwärtig  schon  herangezogen  wird,  und 
welcher  Art  diese  Pflanzen  und  ihre  faserliefernden  Teile  sind,  mögen 
folgende  Daten  dienen. 

Nicht  nur  das  Stroh  der  Getreidearten  und  des  Espartograses,  sondern 
auch  die  reifen  Halme  anderer  Gräser  werden  in  der  Papierfabrikation 
verwendet,  z.  B.  ausgepreßtes  Zuckerrohr,  ferner:  Ämpelodesmus  tenax, 
Ärundinaria  maci'optera  und  tecta,  Ischaemum  angzistifolium^),  Festuca 


■I)  Watt  (The  commerc.  prod.  of  India,  1908,  p.  868)  hat  eine  Zusammenstellung 
der  wichtigsten  derzeit  in  Indien  verwendeten  Papiermaterialien  gegeben,  welche  von 
den  folgenden  Pflanzenarten  abstammen:  Adansonia  digitata,  Agave  sp.,  Antiaris 
toxiearia,  Bambusa  sp.,  Broussonetia  papyrdfera,  Gorchorus  sp.,  Crotalaria  juncea, 
Daphne  cannabina,  Edgetoorthia  Qardiieri,  Helicteres  Isora,  Hibiscus  cannabinus, 
Ischaemum  angusfifolium,  Musa  sp.,  Opuntia  Dillenii,  Phoenix  paludosa,  Saccha- 
rum  arundinaceum,  Sansevieria  %eylanica.  Auf  chinesische  und  japanische  Papier- 
fasern wird  unten  mehrfach  näher  eingegangen  werden. 

2)  T.  F.  Hanausek,  Papierfabrikant,  \9^^.  Zur  Mikroskopie  einiger  Papier- 
stoffe.    8.  Bharburgras  (Ischaemum  angustifolium). 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  24 


370  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

patula,  Zizania  aquatica,  Panicum  müiaceutn  (in  Frankreich),  Hyme- 
nachne  Myurus^)  u.  v.  a.  Beispielsweise  werden  große  Quantitäten  von 
aus  dem  letztgenannten  Grase  bereitetem  Halbzeug  aus  Venezuela  nach 
den  Vereinigten  Staaten  gesendet. 

In  neuester  Zeit  ist  viel  die  Rede  von  zwei  Strohzellulosen,  näm- 
lich von  der  Ullagras-Zellulose  und  von  der  Kainggras-Zellulose. 
Erstere  stammt  von  mehreren  Anthistiria-  (Themeda-) Arien,  Andropo- 
goneen,  welche  in  den  wärmeren  Ländern  der  alten  Welt  weitverbreitet 
und  z.  T.  durch  Massenhaftigkeit  der  Vorkommen  ausgezeichnet  sind  2). 
Die  Kainggras-Zellulose  wird  von  Phragmites  Karka  Irin,  abgeleitet, 
dem  Schilfrohr  des  indischen  Monsungebietes.  Nach  dem  Index  Kewensis 
ist  aber  Phragmites  Karka  mit  Ph.  communis,  also  mit  unserem  ge- 
meinen Schilfrohr  identisch.  Nach  Hanausek  (1.  c.)  ist  das  Papier  mikro- 
skopisch von  dem  Schilfrohrpapier  nicht  zu  unterscheiden. 

Von  monokotylen  Spinnfasern  dienen  einige  auch  in  der  Papier- 
fabrikation, z.  B.  Sisal  (zu  Pappe  und  Papier),  Ixtle,  Musafasern  und 
Yuccafasern,  hauptsächlich,  wie  es  scheint,  Yucca  brevifolia  (Südcarolina, 
Arizona  und  nördliches  Mexiko).  Was  die  Musafaser  anlangt,  so  wird 
weniger  der  teure  Manilahanf  (von  Musa  textiUs)  als  die  Bananen- 
faser (von  Musa  paradisiaca)  in  der  Papierfabrikation  benutzt  3).  In 
betreff  der  Yucca-FaseT  ist  zu  bemerken,  daß  dieselbe  in  großen  Mengen 
zum  Zwecke  der  Papierfabrikation  nach  England  gebracht  wird*). 

Von  Bastfasern  dikotyler  Pflanzen,  welche  nach  Aussagen  ver- 
läßlicher Quellen  (Royle,  Dodge,  Semler  u.  a.)  in  der  Papierfabri- 
kation Verwendung  finden,  nenne  ich  die  folgenden:  Hibiscus  canna- 
hinus  und  andere  Hibiscus-Arien,  Äbutilon  Bedfoi-dianum  und  andere 
Äbutilon-kvien,  Althaea  rosea,  Daphne  cannabina  (Nepal  paper  plant)  ^), 
Lagetta  Lintearia,  neben  Edgeworthia  chrysantha  (s.  oben)  noch  E. 
Gardneri,.  Wickstroemia  canescens,  Lecythis  Ollaria,  L.  grandiflara. 
Cehnisia  coriaria,  Broussonetia  papyrifera^). 


i)  Über  die  Produktionsgebiete  dieser  und  nachfolgend  genannter  Fasern  siehe- 
Übersicht  der  Pflanzenfasern  (p.  62 — 97)  bzw.  die  spezielle   Betrachtung   der   Fasern. 

2)  Raitt,  Fest-  und  Auslandsheft  des  >Papierfabrikant<,  Berlin  <9H.  T.  F. 
Hanausek,  Zur  Mikroskopie  der  Papierstoffe.   14.  ÜUagras-Zellulose,  Ebenda.  Heft  46. 

3)  Über  Papier  aus  Musa  paradisiaca  s.  E.  Hanausek,  Jahresb.  der  Wiener 
Handelsakademie  1889.  Daselbst  auch  die  mikroskopische  Charakteristik  des  Bananen- 
papiers nebst  Abbildungen. 

4)  s.  oben  p.  71.  5)  Royle,  1.  c,  p.  392,  Dodge,  1.  c,  p.  146. 

6)  Die  Bastfasern  von  Flachs,  Hanf  und  Jute  werden  gewöhnlich  im  Gewebe 
ausgenutzt  und  erst  dann  auf  Papier  verarbeitet.  In  neuerer  Zeit  verwendet  man 
außerdem  Abfälle  der  genannten  Faserstofl'e,  ja  selbst  die  frischen  Fasern,  z.  B.  gute 
Hanfsorten,  zur  Herstellung  von  festen  dauerhaften  Papieren  (Wertpapieren)  und  benutzt 
die  schwer  verspinnbaren  unteren  Enden  der  Jute  mehrfach  in  der  Papierfabrikation. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  371 

Damit  ist  die  Zahl  der  Papierfaserpflanzen  nicht  erschöpft.  Man 
wird  aber  aus  der  bisher  vorgeführten  Liste  schon  entnehmen  können, 
wie  schwierig  die  mikroskopische  Papieruntersuchung  geworden  ist, 
namentHch,  wenn  man  erwägt,  welche  weitgehende  Zerstörung  die  Faser 
bei  der  Papierfabrikation  häufig  erfährt. 

Zu  der  vorgeführten  Liste  möchte  ich  nur  bemerken,  daß  in  derselben 
alle  jene  Gewächse  fehlen,  deren  Haare  praktisch  verwendet  werden,  wie 
Baumwolle,  Wolle  der  Wollbäume  und  vegetabilische  Seide.  Baumwolle  als 
solche  dient  derzeit  nicht  der  Papierbereitung,  wohl  aber  Baumwollen- 
lumpen, und  es  wird  im  historischen  Teile  dieses  Abschnittes  nachgewiesen 
werden,  daß  das  früher  allgemein  angenommene  »Baumwollenpapier« 
(Charta  bombycina)  niemals  existiert  hat.'  Mit  Kapok  und  auch  mit  den 
Fasern  »vegetabilischer  Seide <  von  Asclepias  Cornuti  wurden  allerdings 
Versuche  behufs  Papierbereitung  angestellt,  welche  aber  ein  unbefrie- 
digendes Resultat  ergeben  haben. 

Im  nachfolgenden  sollen  zunächst  die  wichtigsten  Pflanzenstoffe, 
welche  zur  Herstellung  von  Papierstoff  dienen,  abgehandelt  werden,  so- 
fern sie  nicht  schon  in  früheren  Paragraphen  (Musafajsern,  Agave- 
fasern usw.)  zur  Sprache  gekommen  sind.  Es  sind  dies:  Stroh-,  Esparto-, 
Holz-,  Bambusfaser,  die  Faser  des  Papiermaulbeerbaumes  und  die  Bast- 
faser der  Edgeivor-thia  ehrysantha.  Anschließend  daran  sollen  auch  die 
in  neuerer  Zeit  als  Papierstoff  etwas  mehr  beachtete  »Torffaser«  und 
einige  andere  charakteristische  oder  sonst  ein  größeres  Interesse  in  An- 
spruch nehmende,  zur  Erzeugung  eines  Papierstoffes  dienende  Pflanzen- 
rohstoffe, endlich  das  chinesische  Markpapier  abgehandelt  werden. 

39.  Strohfaser. 
Die  ältesten  aus  Stroh  verfertigten  Papiere  dürften  wohl  die 
chinesischen  Papiere  sein.  Es  ist  lange  bekannt  und  läßt  sich  mikro- 
skopisch erweisen,  daß  die  chinesischen  Buntpapiere  zumeist  aus  Reis- 
stroh angefertigt  wurden.  Schäffer  hat  schon  im  18.  Jahrhundert 
Papier  aus  verschiedenen  Stroharten,  u.  a.  aus  Maisstroh  dargestellt. 
Gegenwärtig  werden  sehr  zahlreiche  Papiersorten  teils  aus  Stroh  allein, 
teils  aus  einem  Gemenge  von  Hadern  und  Stroh  oder  von  Hadern,  Stroh 
und  Holzzellulose  bereitet.  Zahlreiche  Fabriken  in  England,  Frankreich, 
Belgien  und  Deutschland  verfertigen  Strohpapier,  und  zwar  vorzugs- 
weise aus  Roggenstroh.  Doch  wird,  wenn  auch  mit  geringerem  Vor- 
teil, Weizen-,  Hafer-  und  Gerstenstroh  zu  Papier  verarbeitet.  Aus  den 
Kolbenblättern  (Lieschen)  des  Mais  wurden  längere  Zeit  in  der  Nähe 
von  Wien  (Schlögelmühle)  ausgezeichnete  Schreib-,  Zeichen-  und  Pause- 
papiere bereitet,  die  aber  jetzt  schon  ganz  aus  dem  Handel  verschwunden 
sind.     Die  Fabrikation  dieser  Maispapiere,  von  Auer  v.  Welsbach  sen. 

24* 


372 


Siebzelinter  Absclinitt.     Fasern. 


ins  Leben  gerufen,  wurde  dort  wieder  aufgegeben,  angeblich  weil  der 
Rohstoff  nicht  in  jenen  Massen  zu  beschaffen  war,  als  es  eine  rationelle 
Verarbeitung  desselben  forderte.  Jetzt  werden  aber  in  den  Vereinigten 
Staaten  MaislieschenpKpiere  in  großen  Mengen  erzeugt. 


Fig.  111.     Vergr.  5Ü0.     Elemente  von  Strohstoff.     6  Bastzellen  (Fragmente),  (  Epidermiszellen  mit  Spalt- 
öffnungen ap,  g  Tüpfelgefäßstück,  r/'  Spiralgefäßfragment,  r  aus  den  Ringgefäßen  herausgefallene  Ringe, 
tr,  tr'  Tcacheiden,  />  Parenchyrazellen.     (Nach  T.  F.  Hanausek.) 


Aus  den  verschiedenen  Stroharten  verfertigt  man  teils  ganz  ordinäre, 
ungebleichte  Papiere  von  ziemlich  sprödem  Charakter,  teils  Druck-  und 
Schreibpapiere  von  großer  Festigkeit  und  genügender  Weiße. 

Die  aus  Roggen-,  Gersten-,  Weizen-  und  Haferstroh  an- 
gefertigten Papiere  bestehen  wohl  der  Hauptmasse  nach  aus  bastartigen 
Zellen;  aber  neben  diesen  kommen  doch  stets  erhebliche  Quantitäten 
von   sehr    wohlerhaltenen    Oberhautzellen    und    Bruchstücke   von    Ring-, 


Siebzehnter  AbschniU.     Fasern. 


373 


Spiral-  und  Netzgefäßen,  aus  dem  Stammgefäßbündel  der  genannten  Ge- 
treidearten herrührend,  in  den  Strohpapieren  vor.  Aus  den  Gefäßen  her- 
ausgefallene Ringe  und  Spiralfragmente  sind  in  den  Strohpapieren  keine 
Seltenheit.  Auch  große  leere  Parenchymzellen  sind  in  diesen  Papieren, 
besonders  in  ordinären  Sorten,  zu  finden  (s.  Fig.  i  1 1 ). 

Die  Bastzellen  der  genannten  Stroharten  bieten  wenig  Charakte- 
ristisches dar;  in  den  Querschnittsdimensionen  stimmen  sie  untereinander 
uud  mit  der  Bastzelle  des  Flachses,  von  welcher  sie  sich  jedoch  durch 
eine  geringere  Wandverdickung  unterscheiden,  sehr  nahe  überein.  Auf 
eine     genaue    Unterscheidung    der 


Strohbastzelle  von  der  Flachsbast- 
zelle soll  hier  nicht  näher  einge- 
gangen werden;  ich  muß  mich  hier 
mit  der  kurzen  Angabe  begnügen, 


Fig.  112.  Vergr.  250.  A  Oberhautzellen  {a,  b]  vom 
Espaa-tostroh  (Blatt),  B  vom  Roggenstroh  (Halm) 
p  Poren  der  Zellhaut;  nach  Behandlung  mit  Chrom- 
säure, wobei  die  Zellhäute  Schichtung  annehmen 
und  die  Zellen  aus  dem  Gewebeverbande  treten. 
(Aus  Wiesner,  Techn.  Mikroskopie.) 


B 


Fig.  113.    Vergr.  250.      Ä  Fragment  eines  Schrau- 
ben-,  B  eines  Ringgefäßes    aus  Roggenstroh  im 
Längsschnitte,  s  abgelöstes  Schraubenband,  r  los- 
gelöster Ring. 
(Aus  Wiesner,  Techn.  Mikroskopie.) 


daß  Kupferoxydammoniak  die  ungebleichte  Strohbastfaser  smaragdgrün 
färbt,  ohne  sie  zu  lösen,  während  die  Flachsbastzelle  auch  im  unge- 
bleichten Zustande  durch  dieses  Reagens  gebläut  und  darauf  rasch 
gelöst  wird,  und  daß  die  Erscheinungen,  mechanischer  Zerstörungen, 
wie  solche  an  der  Papierfaser  stets  vorkommen,  bei  der  Strohfaser 
gänzhch  verschieden  von  jenen  der  Flachsbastzelle  sind.  Auch  ist  die 
Strohbastzelle  bedeutend  kürzer  als  die  Flachsbastzelle.  Nach  v.  Höhnel 
kommen  an  den  Bastzellen  der  zur  Papiermasse  geformten  Strohmasse, 
bez.  des  Strohpapiers  häufig  »Verschiebungen«  vor,  welche  aber  nach 
ausdrücklichen  Angaben  des  Autors  nicht  während  der  Entwicklung  der 


374  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Zellen  sich  einstellen,  sondern  Folgen  der  mechanischen  Angriffe  sind, 
welche  bei  der  Zubereitung  des  Strohstoffes  stattfanden  i). 

Die  Bastzellen  der  vier  aufgezählten  Stroharten  stimmen  unter- 
einander so  nahe  überein,  daß  sich  auf  deren  morphologische  Charaktere 
wenigstens  keine  sichere  Unterscheidung  basieren  läßt.  Nur  wäre  viel- 
leicht hervorzuheben,  daß  die  Bastzellen  des  Haferstrohs  manchmal  ver- 
zweigte Enden  aufweisen,  was  ich  an  den  Bastzellen  der  übrigen  Stroharten 
nicht  beobachtet  habe.  Auch  die  Gefäße  und  deren  Verdickungen  stimmen  bei 
den  vier  genannten  Getreidearten  so  sehr  überein,  daß  auch  deren  morpho- 
logisches Verhalten  keine  Anhaltspunkte   zur  Unterscheidung    darbietet. 

Hingegen  zeigen  die  selbst  im  Papier  noch  in  ganz  unverletztem 
Zustande  vorhandenen  Oberhautzellen  der  vier  genannten  Stroharten, 
wie  ich  schon  früher  nachgewiesen  habe 2),  so  sichere  Unterscheidungs- 
merkmale, daß  die  Größen  und  Formen  dieser  Zellen  zur  Erkennung 
der  zur  Papierbereitung  verwendeten  Strohsorten  völlig  ausreichen.  Für 
die  mikroskopische  Papieruntersuchung  sind  die  Oberhautzellen  wahre 
»Leitelemente«   (s.  oben  p.  60). 

Die  Oberhautzellen  des  Roggen-,  Weizen-  und  Haferstrohes  zeigen 
einen  ziemlich  regelmäßig  rechteckigen  Hauptumriß.  Die  Epidermis- 
zellen  des  Roggenstrohes  haben  stark  wellenförmig  gekrümmte  Grenz- 
linien, während  denen  des  Weizenstrohes  geradlinige,  hingegen  denen 
des  Hafers  nur  ganz  seicht  ausgebogene  Grenzlinien  zukommen.  Die 
Oberhautzellen  des  Gerstenstrohes  sind  rhomboidisch  oder  trapezoidal 
konturiert.  Alle  Oberhautzellen  der  genannten  Stroharten  sind  mit  Poren- 
kanälen versehen.  In  den  Oberhautgeweben  aller  Getreidearten  kann 
man  neben  den  gewöhnlichen  langen  Oberhautzellen,  deren  Maße  unten 
folgen,  noch  auffallend  kleine  Zellen  (Zwerg-  oder  Kieselzellen),  welche, 
wie  ich  früher  schon  zeigte,  relativ  stark  verkieselt  sind,  bemerken. 
Diese  Kieselzellen  sind  in  der  Asche  der  Faser,  bez.  des  Papiers  stets 
leicht  nachzuweisen. 


Länge 

der  Oberhautzelien 

Stroh  der  Gerste 

103—224  // 

»       des  Roggens 

86—345  > 

»        >     Weizens 

152—449  » 

»        »     Hafers 

186—448  » 

Brei 

te  der  Oberhautzelien 

Stroh  der  Gerste 

12— 17}!. 

>       des  Roggens 

12—16  » 

>     Weizens 

18—24  » 

*     Hafers 

12—17  » 

1)  Mikroskopie  der  techn.  verw.  Faserstoffe,  4.  Aufl.,  p.  75. 

2)  Technische  Mikroskopie  (1867),  p.  224  fl. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


375 


Die  älteren  aus  Maisfasern  bereiteten  Papiere  wurden  aus  dem  ge- 
samten   Maisstroh    verfertigt.      Die    neuen    ausgezeichneten    Maispapiere 

werden    hingegen    bloß    aus  den 
^  Kolbenblättern  (Lieschen)  der  ge- 


Fig.  114.     Vergr.  250.     Oberhautzellen  (A,  5)  von  der 
Ujnterseite   der  Maisliesche  nach  kurzer  Einwir- 
kung von  Chromsäure,     a  Poren,  ö  Schichtung  der 
Zellhaut. 
(Aus  Wiesner,  Techn.  Mikroskopie.) 


Fig.  116.  Vergr.  250.  Oberhautzellen  des  Reis- 
halmes aus  chinesischem  Tapetenpapier,  a  von 
der  Seite,  6  von  der  Fläche  gesehen,  c  Warzen- 
förmige Erhabenheit  der  Außenflächen,  ent- 
sprechend w  der  Fig.  119. 
(Aus  Wiesner,  Techn.  Mikroskopie.) 


nannten  Pflanze  dargestellt.  Die  aus  diesem  Rohmaterial  hervorgegangenen 
Papierhalbzeuge  und  die  fertigen  Papiere  enthalten  die  Gefäßbündel  der 

Kolbenblätter  in  Form  feiner  Fa- 
sern, ferner  die  untere  Oberhaut 


Tig.  115.  Vergr.  380.  Fragmente  von  Bastzelleu  aus 
der  Maisliesche  nach  kurzer  Einwirkung  von  Chrom- 
säure, wobei  die  Oberhautzellen  abgelöst  wurden, 
und  die  Kieselzellen  (A)  an  den  Bastzellen  B  noch 
haften  bleiben,  t  spaltenförmige  Poren,  mn  Zell- 
haut im  optischen  Längsdurchschnitt. 
(Aus  Wiesner,  Techn.  Mikroskopie.) 


) 
1   0 


M 


Fig.  117.  Vergr.  570.  Oberhautstück  vom  Halm 
der  Reispflanze,  o  Oberbautzelle  mit  Höckern  w 
an  den  Außenseiten,  s  ein  Paar  von  Kieselzellen, 
von  denen  die  eine  stärker  verdickte  fast  lumenlos 
ist.  A' Kieselzelle  mit  Kieselkörper  i;.  In  der  Mitte 
eine  Spaltöffnung  mit  Nebenzellen  A'^.  «»'.Höcker 
auf  den  Außenseiten  der  Schließzellen. 


376  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

der  Blätter  in  ziemlicher  Menge.  Dieser  Teil  der  Blattoberhaut  haftet 
nämlich  dem  Gefäßbündel  so  innig  an,  daß  er  sich  davon  nur  schwer 
trennen  läßt.  Die  übrigen  histologischen  Bestandteile  der  3Iaislieschen 
(Zellen  der  oberen  Oberhaut,  Haare,  Parenchymzellen)  finden  sich  im 
Papier  und  Papierhalbzeuge  nur  in  kleiner  Menge  oder  nur  spuren- 
weise vor. 

Die  Oberhautzellen  liegen  in  der  Papiermasse  teils  vereinzelt,  teils 
in  Gruppen,  welche  eine  Größe  bis  zu  einem  Quadratmillimeter  haben. 
Die  genannten  Oberhautzellen  sind  durch  ihre  Grüße  und  ihre  charak- 
teristischen Verdickungen  sehr  leicht  von  den  Oberhautzellen  der  anderen 
Getreidearten  zu  unterscheiden.  Ihre  Länge  beträgt  108 — 252,  ihre 
Breite  36 — 90  n.  Die  Bastzellen  sind  sehr  gut  erhalten  und  bilden  wohl 
die  Hauptmasse  des  Papierstoffes.  Diese  Bastzellen  sind  durch  ihre  große 
Dicke  von  den  Bastzellen  aller  übrigen  Stroharten  und  durch  ihre 
charakteristische  Struktur  von  anderen  ähnlichen  Pflanzenfasern  zu  unter- 
scheiden. Die  Enden  der  Zellen  sind  häufig  geweihartig  gestaltet. 
Die  Dicke  dieser  Zellen  steigt  bis  82  ii.  Die  Dicke  der  Zellwand  ist  in 
der  Regel  eine  für  Bastzellen  geringe,  da  das  Lumen  gewöhnlich  2/3 
bis  ^5  "ißs  gesamten  Zellendurchmessers  mißt.  Die  Wände  dieser 
Zellen  sind  in  einfachen  oder  doppelten  Reihen  von  spaltenförmigen, 
spiralig  verlaufenden  Poren  durchzogen.  An  den  im  Papierstoff  vor- 
kommenden Bastzellen  haften  häufig  noch  Reste  der  Oberhaut,  in  welchen 
man  fast  immer  gewöhnliche  und  Kieselzellen  antrifft.  Behandelt  man 
derartige  Fasern  mit  Chromsäure,  so  lösen  sich  die  gewöhnlichen  Ober- 
hautzellen früher  von  den  Bastzellen  ab  als  die  Kieselzellen  (Fig.  liöi?). 
Außerdem  enthalten  die  Maispapiere  noch  Bruchstücke  von  Netz-,  Ring- 
und  Spiralgefäßen  1). 

Die  aus  Reisstroh  verfertigten  Papiere  und  Papierzeuge  bestehen, 
wie  die  aus  anderen  Stroharten  bereiteten,  der  Hauptmasse  nach  aus 
Bastzellen.  Außerdem  finden  sich  aber  auch  hier  nicht  unbeträchtliche 
Mengen  sehr  wohl  erhaltener  Oberhautzellen  und  gut  ausgeprägte  Bruch- 
stücke von  Gefäßen  vor.  Auch  bei  den  Reispapieren  sind  es  wieder 
die  Oberhautzellen,  welche  die  sichersten  Erkennungsmerkmale  für  das 
Rohmaterial  der  Papiermasse  abgeben,  also  wahre  Leitelemente  darstellen. 
Übrigens  lassen  die  im  Reispapierzeug  häufigen  zarten  Netzgefäße  und 
die  schmalen,  meist  nur  72  /.i  im  Querschnitt  haltenden  Bastzellen  nicht 
leicht  eine  Verwechslung  mit  dem  Papierzeuge  einer  anderen  Strohart 
zu.     Die  Oberhautzellen   sind   klein,    mit  warzenförmigen  Erhaben- 


1)  Weitere  Daten  über  die  mikroskopisciien  Kennzeichen  der  Maisfaserproduivte 
s.  Wiesner,  Mikroskopische  Untersuchung  der  Maisliesche  und  der  Maisi'aserprodukte 
in  Dinglers  polytechn.  Journal,  Bd.  175   (1865),  p.  226 ff. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern, 


377 


heilen  versehen,  viele  von  ihnen  seiüich  plattgedrückt.  Die  letzteren 
erscheinen  im  Mikroskop  im  Profil  (s.  Fig.  1 1 6a)  auf  einer  Seite  gerad- 
linig oder  nur  wenig  ausgebogen,  auf  der  anderen  wellenförmig  kon- 
turiert.  Die  flache  Seite  entspricht  dem  unteren,  die  wellenförmige 
Seite  dem  oberen  Teile  der  Oberhautzelle  i).  Auch  die  Schließzellen  der 
Spaltöffnungen  sind  mit  warzenförmigen  Erhabenheiten  versehen.  Reis- 
stroh läßt  sich  also  von  unsern  Stroharten  im  Papier  sehr  leicht  und 
sicher  unterscheiden  2). 


40.  Espartofaser. 
Über   die   aus  den 
Blättern  von  Stvpa  te- 


tiv. 


^flii- 


grobe  Faser,  welche  zur 
Verfertigung  von  Seiler- 
artikeln usw.  dient,  ist 
das  Nötige  schon  früher 

(p.  327 ff.)  mitgeteilt 
worden.  Hier  soll  nur 
von  der  aus  Esparto 
erzeugten  Papierfaser  die 
Rede  sein.  Es  wurde 
schon  erwähnt  (p.  333), 
daß  die  Hauptverwen- 
dung der  Espartofaser 
in  der  Erzeugung  von 
Papierstoff  besteht. 

Über  die  histologi- 
schen  Bestandteile    der  Baststränge 
Espartofaser    und   über 
die  hieraus  abgeleiteten 

Kennzeichen    der  Espartopapiere  habe  ich   schon   vor  vielen  Jahren  die 
erforderlichen  Daten  veröffentlicht  3).    Der  aus  Esparto  hergestellte  Papier- 

1 )  Über  die  aus  Reisstroh  verfertigten  chinesischen  Papiere  s.  Techn.  Mikroskopie, 
p.  235. 

2)  Über  die  Unterschiede  zwischen  Padi-Stroh-  und  Feldstrohzellulose  siehe 
T.  F.  Hanausek  im  Papierfabrikant,  Festheft  -igil,  p.  35.  —  Padi-Stroh  ist  der 
abgeschnittene  (Ähren  tragende)  Reishalm,  Feldstroh  sind  die  auf  den  Feldern  zurück- 
gebliebenen Stoppeln. 

a)  Wiesner,  Mikroskopische  Erkennung  der  Espartopapiere.  Wochenschrift  des 
niederösterreichischen  Gewerbevereins  1865,  Nr.  28.  Über  Espartopapier  siehe  auch 
V.  Höhnel,  Mikroskopie  der  Faserstoffe  (1887),  p.  54  und  77,  und  T.  F.  Hanausek, 
Techn.  Mikroskopie  (1900),  p.  106.  Derselbe,  Zur  Mikroskopie  einiger  Papierstoffe. 
16.  Espartozellulosen.     Der  Papierfabrikant,  Berlin,  191^2. 


Fig.  118.  Vergr.  hO.  Querschnitt  durch  einen  Teil  des  Blattes  von 
Lygetmi  Sparttim.  o.  Ober-,  u.  Unterseite  des  Blattes.  /;  Haare, 
s  Spaltöffnungen  (oben  und  unten),  o  Oberhautzellen,  b  einfache 
Gefäßbündel,  P  grünes,  P  farbloses  Parenchym, 
Gs  Gefäßbündelscheide. 


378 


Siebzennter  Abschnitt.     Fasern. 


istoff  besteht  der  Hauptmasse  nach  aus  Bastzellen,  welche,  abgesehen 
von  der  Länge,  im  Bau  und  in  den  Dimensionen  mit  den  Leinenfasern 
übereinstimmen.      Die  Bastzellen   des   Esparto   sind  aber  so    kurz,    daß 


■Fig.  119.    Vergr.  460.    Oberhaut  von  der  Unterseite 

eines  (jungen)  Blattes  von  Stipa  tenacissima. 
zi'  Paare  von  Kieselzellen,  von  denen  die  eine 
stärker  als  die  andere  verdickt  ist.  Im  reifen 
Blatte,  -wie  es  als  »Esparto«  vorliegt,  sind  die 
Oberhautzellen  ie)  stärker  verdickt,  alier  nicht 
länger  als  in  der  Figur. 


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Fig.  120.    Vergr.  460.    Oberhaut  von  der  Unterseite 

eines  Blattes  von  Lygevm  Spartum. 
e    Oberhautzellen,     sz'  Kieselzellen,    «Spalt- 
öffnung mit  Nebenzellen  n. 


man  bei  schwachen  Mikroskopvergrüßerungen  beinahe  in  jedem  Gesichts- 
felde die  natürlichen  Enden  der  Faser  sieht,  in  Form  lang  zugespitzter 
Kegel,  und  nicht  selten  die  Bastfaser  ihrer  ganzen  Länge  nach  überblickt. 


Fig.;i21.    Vergr.  460.    Haare  von  Esparto 
(Blatt  von  Stipa  tenacissima). 


Fig.  122.     Vergr.  400.     Charakteristische  Bestandteile   der 

Espartozellulose  von  Ltjgeum  Spartum. 

0  0  Papillös  ausgestülpte   Oberhautzelle,    h  derbwaadiges 

einzelliges  Haar,  h'  Oberhantstück  mit  zarten  zweizeiligen 

Haaren.     (Nach  T.  F.  Hanansek.) 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  379 

Von  Wichtigkeit  für  die  Erkennung  des  Espartopapieres  sind  die  sehr 
kurzen  Oberhautzellen  (Fig.  112^).  Auch  die  eigentümlichen  Haare  (s. 
p.  331)  dienen  zur  Erkennung,  desgleichen  die  stets  vorhandenen  Frag- 
mente von  Gefäßen  (besonders  Ring-  und  Netzgefäßen]. 

Handelt  es  sich  um  die  Entscheidung  der  Frage,  ob  ein  Esparto- 
papier  aus  den  Blättern  von  Stipa  tenacissima  oder  Lygeum  Spartum 
bereitet  wurde,  so  hat  man  auf  die  bereits  oben  (p.  332 — 333)  angegebenen 
anatomischen  Unterscheidungsmerkmale  Rücksicht  zu  nehmen,  soweit 
sich  dieselben  in  den  Papierfasern  nachweisen  lassen,  also  vor  allem  auf 
die  Bestandteile  der  Oberhaut,  und  zwar  speziell  auf  die  Haare,  die 
Spaltöffnungen,  die  Oberhautzellen  und  Kieselzellen.  Das  Auftreten  von 
abgestumpften  weitlumigen  Papillen  der  Oberhautzellen,  die  häufig  von 
den  Zellen  abgelöst  sind,  weist  auf  die  Anwesenheit  von  Lygeum  Spartum. 
Das  Auftreten  von  spitzen,  hakenförmig  gekrümmten,  englumigen  Haaren 
weist  auf  Süpa  tenacissima ;  doch  kommen  hin  und  wieder  auch  gerade, 
ja  sogar  auch  etwas  abgestumpfte  Haare  an  dieser  Grasart  vor.  Die 
analogen  Haare  von  Lygeum  besitzen  ein  viel  größeres  Lumen  und  sind 
niemals  hakenförmig  gekrümmt.  Bei  aufmerksamer  Betrachtung  wird 
die  Entscheidung,  ob  Stipa  oder  Lygeum  vorliegt,  um  so  sicherer  zu 
treffen  sein,  als  die  Oberhautzellen  bei  Stipa  auffallend  kleiner  als  bei 
Lygeum  sind  (Fig.  112,  i19  und  120).  Auch  der  in  betreff  der  Spalt- 
öffnungen und  der  Kieselzellen  bereits  angegebene  Unterschied  (p.  333) 
wird  heranzuziehen  sein. 

Die  Fasern  des  gebleichten  aus  Esparto  bereiteten  Papierzeugs 
färben  sich  begreiflicherweise  durch  Jod  und  Schwefelsäure  blau  und 
werden  durch  schwefelsaures  Anilin  nicht  gefärbt.  In  der  Asche  der 
Espartopapiermasse  findet  man  wohlerhaltene  Kieselskelette  der  Ober- 
hautzellen. 

41.   Bambuspapiere. 

In  China  werden  seit  alter  Zeit  Papiere  aus  den  Stengelgliedern  des 
Bam-busrohres  dargestellt.  Gegenwärtig  gehört  das  Bambusrohr  zu  den 
wichtigsten  in  China  benutzten  Papier-Rohmaterialien.  Es  gehen  alle  Arten 
von  histologischen  Elementen,  welche  in  den  Internodien  des  Bambusrohres 
enthalten  sind,  in  das  Papier  über.  Sie  sind  darin  in  relativ  wohlerhal- 
tenem Zustande  zu  finden,  da  sie  nach  einem  Mazerationsverfahren  und 
nicht  durch  bloße  mechanische  Zerkleinerung  abgeschieden  werden.  Selbst- 
verständlich kommen  diese  histologischen  Elemente  im  Papier  in  anderen 
Mischungsverhältnissen  als  im  natüriichen  Stamme  der  Pflanze  vor. 

Die  Internodien   des  Bambusrohres   (Bambusa  arundinacea)  ^)  sind 


\ )  Es  werden  auch  andere  Spezies  von  Batnbusa  zur  Papierbereitung  verwendet, 
deren  Internodien  aber  im  wesentlichen  histologisch  mit  denen  von  Bambusa  arundi- 


380 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


von  einer  Oberhaut  (Fig.  125)  umschlossen,  welche  ein  Grundgewebe 
umgibt,  das  teils  aus  dünnwandigen,  teils  aus  dickwandigen  porös  ver- 
dickten Elementen  besteht.  Im  Grundgewebe  liegen  in  geringer  Menge 
einfache  Bastbündel,  hingegen  zahlreiche  Gefäßbündel  mit  reich  ent- 
wickelten Bastbelegen.  Diese  Bastgewebe  sind  es,  welche  die  Haupt- 
masse des  Papierstoffes  bilden.  Nebenher  treten  Oberhautstücke,  Gefäß- 
fragmente und  derbwandige,  selten  Fragmente  von  dünnwandigen  Grund- 
gewebszellen   auf.      Alle    diese    neben    den    Bastzellen    vorkommenden 


Fig.  123.     Vergr.  160.     Porenfreie  Bastzellen    und 

Bruchstücke  solcher  Bastzellen  von  Bamhiisa  arun- 

lUnactu.     i  Innensehlauch. 


Fig.  124.     Vergr.  160.    Bastzellen  wie   in  Fig.  125, 

aher  nach  Behandlung  mit  Quellungsmltteln,  wobei 

die  Zellen  sich  veriürzen  und   der  Innensehlauch 

sich  hin  und  her  windet. 


histologischen  Bestandteile,  insbesondere  Oberhautstücke,  haben  diagno- 
stischen Wert,  dienen   nämlich  zur  Erkennung  des  Bambuspapiers. 

Von  Wichtigkeit  sind,  wie  schon  bemerkt,  bei  der  Untersuchung 
der  Bambuspapiere  die  Bastzellen,  welche  stets  die  Hauptmasse  de§ 
Fasermateriales  bilden. 

Ich  habe  zuerst  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  man  in  den 
Bambuspapieren  zunächst  zweierlei  Arten  von  Bastzellen  zu  unterscheiden 


nacea  übereinstimmen.  '  T.  F.  Har^ausek  sagt  in  dem  Artikel  »Bambus-Zellulosen«  (Zur 
Mikroskopie  einiger  Papierstoffe,  Der  Papierfabrikant,  Berlin,  Heft  46,  1912)  ausdrück- 
lich, daß  die  Bambus-Zellulosen  genau,  scharf  und  sicher  zu  determinieren  seien, 
aber  untereinander  sich  nicht  unterscheiden  lassen,  d.  h.  also,  daß  man  nicht  im- 
stande ist,  die  Ba7nbusa-Spezies  zu  erkennen,  aus  welchen  das  Papier  hergestellt 
wurde. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  381 

habe:  zylindrische  zugespitzte  und  breite,  bandfürmige,  häufig  wie 
Baumwollenfasern  gedrehte  Faserzellen  i).  Die  zylindrisch  geformten  sind 
teils  dünn-,  teils  dickwandig,  z.T.  kurz  (bis  i,6  mm),  z.T.  lang  (bis 
4,5  mm  nach  Hanausek). 

Nach   meiner  Beobachtung  haben   die   dicken  Bastzellen  die  Eigen- 
tümlichkeit, durch  Ouellungsmittel  sich  zu  verkürzen,  wobei  der  Innen- 
schlauch   sich   schlangenförmig   hin-    und    herwindet    (Fig.   124)2).      Die 
Bastzellen  sind  verholzt,   und  auch 
noch  im  Papier  läßt  sich  die  Ver- 

holzung nachweisen.  Bemerkenswert  %^^v    "''      '     '^'^  ^ 

ist,   daß   die  Bastfasern  auch  nach  '^~~' 

Behandlung  mit  Schulzescher  Ma- 
zerationsflüssigkeit   unter    Aufquel- 
lung der  Verdickungsschichten  den  ^^  _^>, 
Innenschlauch  als  einen  schlangen-                  j  ?! 
förmig  gewundenen  Schlauch   her- 
vortreten lassen  (Fig.  124). 

Zur  Erkennung   der   Bambus- 

,  -i    17-      1    -i  1       J-  Fig.  125     Vei^i       n      ol    i  h  nt      in  jugendlichen, 

papiere  kann  mit  Vorteil  auch  die     ^..^^^^^  ^^^^  waa.endeu  ^i  imme  dei  Bambusa 

Oberhaut  herangezogen  werden,  ai-unduincca.  O  Oberhautzelle,  deren  nach  außen 
,  ,  .  _,  ...  ,  gewendete  Wände  mit  Poren  (»)  versehen  sind. 
welche  in  Form  von  kleinen  SChlip-  .y  Spaltöffnung  mit  Nebenzeilen.  KR"  Zwergzellen. 
penfürmigen  Fragmenten  stets  in  Jedes  Paar  der  Zwergzelleu  besteht  aus  einer  in- 
,  „  ,  .  1  i-p  •  1  haltslosen  (A'')  und  einer  mit  einem  Kieselkörper  Ver- 
den Bambuspapieren  anzutreffen  ist.  ^^^enen  KieselzeUe  (A).  Der  Kieselkörper  ist  er.t- 
In      diesen     Fragmenten      erscheinen  wedersolidoderhesitzt  einen  schmalen  Hohlraum. 

die  histologischen  Elemente  in  sehr 

wohlerhaltenem  Zustande.    Die  Charaktere  der  Oberhaut  sind  der  Fig.  1 25 

und  der  zugehörigen  Figurenerklärung  zu  entnehmen. 

Die  dünnwandigen  Grundgewebszellen  des  Bambusstammes  finden 
sich  nur  spärlich  und  in  stark  demoliertem  Zustande  im  Papier  wieder. 
Besser  sind  die  dickwandigen  Elemente  des  Grundgewebes  erhalten  3). 

42.   Holzfaser. 

Seit  den  sechziger  Jahren  des  1 9.  Jahrhunderts  wird  die  Holzpapier- 
fabrikation   im   großen    betrieben,   und  gegenwärtig   schon    ist  Holz    für 


^ )  Ich  habe  diese  charakteristischen,  bandförmigen  Zellen  der  Banibuspapiere  i.  J. 
1866  (Technische  Mikroskopie,  p.  236)  zuerst  beschrieben,  später  (1901)  hat  sie  K.  Saito 
(Anat.  Studien  der  wichtigsten  Faserpflanzen  Japans)  angegeben  und  T.  F.  Hanausek 
(1.  c.)  eingehend  charakterisiert  und  abgebildet. 

2)  S.  oben  p.  380. 

3;  Eingehendere  Daten  über  die  Mikroskopie  des  ßambuspapiers  enthält  die  oben 
genannte  und  zitierte  Abhandlung  von  T.  F.  Hanausek,  »Bambus-Zellulosen*. 


382  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

die  meisten  Länder  Europas  eines  der  wichtigsten  Rohmaterialien  zur 
Papiererzeugung.  Es  eignen  sich  nicht  alle  Holzarten  in  gleicher  Weise 
für  diesen  Zweck.  Weiche,  faserige  Hölzer  von  lichter  Farbe  sind 
hierfür  die  tauglichsten.  Am  häufigsten  kommt  jetzt  Tannen-,  Fichten- 
und  Zitterpappelholz  zur  Anwendung.  Doch  werden  erwiesenermaßen 
in  der  europäischen  Zellulosefabrikation  —  von  der  nordamerikanischen 
soll  hier  ganz  abgesehen  werden  —  auch  noch  das  Holz  der  Legführe 
(Pimis  Pu)?iüio),  Weißführe,  Schwarzführe,  Lärche,  Erle  (Älnus  gluti- 
nosa),  Esche,  Weide,  (Salix  fragiUs  und  Caprea)^  Rotbuche,  Vogelbeere 
fSorbus  Äuciiparia),  Birke  und  Silberpappel  (Populus  alba)  verwendet  i). 
Neuestens  findet  das  zu  Zwecken  der  Gerbstoffgewinnung  extrahierte 
Edelkastanienholz  in  Frankreich  ausgedehnte  Verwendung  zur  Erzeugung 
der  Holzzellulose. 

Aus  Holz  wird  bekanntlich  in  zweierlei  Art  Papierfaser  bereitet, 
entweder  durch  bloße  mechanische  Zerkleinerung  oder  durch  chemische 
Prozesse,  indem  man  das  Holz  durch  Einwirkung  bestimmter  Stoffe  in 
seine  Elementarfasern  zerlegt.  Im  ersteren  Falle  entsteht  der  > Holz- 
schliff«, im  letzteren  Falle  die  »Holzzellulose«. 

Holzschliff  (Holzstoff)  ist  vollkommen  unverändertes  Holz,  nur 
mechanisch  in  sehr  kleine  faserige  Teilchen,  in  feine  Spänchen  zerlegt. 
Holzschliff  als  solcher  läßt  sich  nicht  auf  Papier  verarbeiten,  es  muß 
stets  noch  ein  feinfaseriger  Papierstoff  (z.  B.  Hadernzeug)  zugesetzt 
werden.     Wohl  aber  läßt  sich  aus  Holzschliff  allein  Pappe  erzeugen. 

Holzschliff  zeigt  begreiflicherweise  alle  Reaktionen  auf  Holzsubstanz,^ 
z.  B.  mit  schwefelsaurem  Anilin  und  mit  Phlorogluzin  +  Salzsäure. 
In  den  »Spänchen«  wird  man  nicht  nur  die  Holzfasern  (Libriformfasern 
und  Tracheiden  bez.  Gefäße),  sondern  auch  andere  histologische  Elemente 
des  Holzkürpers,  z.  B.  Markstrahlen  oder  Holzparenchym  auffinden.  Es 
wird  hier  besonders  leicht  zu  entscheiden  sein,  ob  ein  Nadel-  oder  ein 
Laubholz  zur  Erzeugung  des  Holzschliffes  diente.  Da  bisher  nur  eine 
kleine  Zahl  gemeiner  Laub-  und  Nadelhülzer  der  Papierfabrikation 
diente,  so  machte  es  keine  Schwierigkeiten,  auf  Grund  der  charakte- 
ristischen mikroskopischen  Eigentümlichkeiten  der  Holzarten  (s.  Kap. 
Hülzer;  s.  auch  Fig.  126)  festzustellen,  aus  welchem  Rohmaterial  der 
»Holzschliff«  bereitet  wurde.  Da  aber  die  Zahl  der  zur  Bereitung  des 
Holzschliffes  gebrauchten  Holzarten  immer  mehr  zunimmt,  steigern  sich 
begreiflicherweise  die  Schwierigkeiten,  die  betreffende  Baumart  mit 
Sicherheit  zu  ermitteln. 

Die  »Holzzellulose«  hat  einen  ganz  anderen  Charakter  als  der 
Holzschliff.     In   ihr  erscheint  die  Holzfaser  isoliert,  sie  ist  nämlich  au& 


1)  S.  hierüber  v.  Höhnel  in   der  weiter  unten  zitierten  Abhandlung. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


383 


dem  Gewebeverbande  durch  bestimmte  Mittel  herausgelöst  worden,  und 
bei  diesem  Mazerationsprozesse  wurde  aus  der  Zellhaut  der  Faser  alle& 
ausgezogen,  was  nicht  Zellulose  ist.  Es  blieb  also  nur  Zellulose  zurück, 
und  deshalb  ist  der  für  diesen  »Papierstoff«  gewählte  Ausdruck  Holz- 
zellulose oder  kurzweg  Zellulose  berechtigt  i). 

Diese  »Holzzellulose«  (nach  dem  speziellen  Mazerations verfahren  als^ 
Sulfitzellulose,  Natronzellulose  usw.  bezeichnet)  gibt  also  keine  jener 
Reaktionen,  welche  als  Holzstoffreaktionen  bekannt  sind.  Aber  auch  der 
Nachweis  der  Holzart,  aus  welcher  sie  bereitet  wurde,  ist  wegen  der 
Mazeration  erschwert 
und  noch  mehr  da- 
durch, daß  durch  die 
Waschung  der  maze- 
rierten Masse  die 
nicht  fibrösen  Ele- 
mente, z.  B.  Mark- 
strahlen, aus  dem 
Holzstoff  mehr  oder 
minder  vollständig 
entfernt  wurden  2) 
oder  zum  mindesten 
ziemlich  weitgehende 
Deformierungen  er- 
fahrenhaben. Da  die 
Nadelhölzer  gerade 
durch  die  Markstrah- 
len sich  leicht  unter- 
scheiden   lassen,    so 

ist      ersichtlich        daß        ^^^-  ^^^'    ^^^S^'-  300.     Bestandteile  von  aus  Nadelholz  bereiteten  Pa- 
'  pieren.    ab  Bruchstücke  von  Holzzellen;  c—e  Bruchstücke  von  Mark- 

in   der     Holzzellulose  strahlen;  c  von  der  Tanne,  <i  von  der  Fichte,  «  von  der  Föhre. 

diese  Unterscheidung 

schwierig,  manchmal  gar  nicht  mehr  durchführbar  ist. 

Aber  es  bleiben  ja  die  Tracheiden  mit  ihren  charakteristischen  Tüpfeln 
nach  der  Mazeration  des  Holzes  zurück,  und  so  wird  der  Nachweis,  daß 
ein  HolzschUff  aus  einem  Nadelholze  erzeugt  wurde,  stets  zu  erbringen 
sein.     Doch  wird  man  in  den  Holzzellulosen  die  Tüpfel  der  Tracheiden. 


1)  Es  ist  selbstverständUch,  daß  absolut  chemisch  reine  Zellulose  im 
Betriebe  der  Papierfabrikation  nicht  gewonnen  wird,  aber  doch  nahezu  reine  Zellu- 
lose, wie  beispielsweise  in  der  Zuckerfabrikation  nicht  chemisch,  sondern  nur  nahezu 
chemisch  reine  Saccharose  gewonnen  wird. 

2)  Wiesner  in  Dinglers  polytechn.  Journal,  ßd.  201,  p.  156. 


384  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

niemals  so  deutlich  wie  im  Holzschliff  sehen.  Nach  v.  Höhnet)  sind 
sie  leichter  zu  finden,  wenn  man  die  zu  unterscheidende  Faser  mit  Ghlor- 
zinkjod  färbt.  Da  die  Laubhülzer  von  fibrösen  Elementen  außer 
Tracheiden  noch  Libriformfasern  und  Gefäße  enthalten  und  alle  diese 
Elemente  im  Papierstoff  erscheinen,  so  wird  man  rasch  und  sicher  durch 
das  Mikroskop  konstatieren  können,  ob  eine  Holzzellulose  aus  Nadel-  oder 
Laubholz  bereitet  wurde.  Zu  entscheiden,  welcher  Art  das  Laubholz 
war,  das  zur  Gewinnung  der  Holzzellulose  diente,  wird  zumeist  einige 
Schwierigkeiten  bereiten  und  in  manchen  Fällen  kaum  durchführbar  er- 
scheinen. Man  wird  zur  Bestimmung  der  Holzart  jene  Charaktere  heran- 
zuziehen haben,  welche  im  sechzehnten  Abschnitte  dieses  Buches  (Hölzer) 
angegeben  sind.  Doch  ist  selbstverständlich  bei  der  Untersuchung  von 
Holzzellulose  und  dem  daraus  erzeugten  Papier  auch  Rücksicht  zu 
nehmen  auf  jene  Eigentümlichkeiten,  welche  die  mazerierten  Fasern 
darbieten  2). 

43.   Bastfaser  des  Papiermaulheerbaumes^). 

Der  Bast  des  Papiermaulbeerbaumes  (Broussonetia  papyi'ifera)  ^) 
zeichnet  sich  durch  ein  dichtes  Gefüge  aus  und  läßt  sich  in  großen, 
weißen,  biegsamen  Stücken  ablösen^);  er  läßt  sich  auch  leicht  in  lange, 
feine  und  feste  Fasern  zerlegen,  welche  in  großem  Maßstabe  und  seit 


\)  Mikroskopie  der  techn.  verwendeten  Fasern,  p.  82. 

2)  V.  Höhnel^  (Beitrag  zur  Mikroskopie  der  Holzzellulosen,  Mitteilungen  des 
k.  k.  technol.  Gewerbemuseums,  Wien  1«91,  Nr.  7  und  8)  unterwarf  die  aus  euro- 
päischen Holzarten  hergestellten  Holzzellulosen  einer  genauen  mikroskopischen  Unter- 
suchung und  stellte  jene  Charaktere  der  Fasern,  welche  in  der  Papieruntersuchung 
mit  Vorteil  verwendet  werden  können,  fest.  Derselbe,  Die  Mikroskopie  der  techn. 
verwendeten  Faserstoffe,  2.  Aufl.,  4  905,  p.  121  ff.  Über  die  Mikroskopie  nachstehender 
Holzzellulosen:  Butea,  Himalayapappel  [Populus  ciliata  Wall.),  indische  Weide  [Salix 
ietrasperma  Roxb.),  Edelkastanie  [Castanea  vesca),  Tulpenbaum  [Liriodendron  tulipi- 
fera),  Trewia  nudiflora,  Wollbaum  [Bombax  malabaricum),  Cottongum  {Nyssa  uni- 
flora),  Oregon-Erle  [Alnus  rubra],  Nachenbirke  [Betula  papyrifera),  Sycomore  iPla- 
tanus  [occidentalis),  amerikan.  Rotbuche  (Fagus  atropunicea),  Rotahorn  [Acer  rubrum], 
Albixxia  tnoluccana,  Himalayafichte  [Picea  tnorinda],  Tränenkiefer  [Pinus  excelsa], 
Langnadelkiefer  [Pinus  longifolia],  Virginische  Sumpfzypresse  [Taxodium  distichum], 
W eiß-Zeder  [Libocedrus  decurrens],  s.  Hanausek,  Der  Papierfabrikant,  1910 — 1914. 

3)  Erste  Aufl.  dieses  Werkes,  v.  Höhnel,  Mikroskopie  der  Fasern  (1887),  p.  46 
u.  79.     T.  F.  Hanausek,  Technische  Mikroskopie  (1901). 

4)  Es  wird  angegeben,  daß  in  untergeordnetem  Maße  auch  Broussonetia 
Kämpf eri  zur  Papiorberoilung  diene.  A.  Rudel,  Österr.  Monatsschrift  für  d.  Orient, 
1881,  p.  128. 

ä)  Von  Stummen  und  älteren  Ästen  lassen  sich  so  große,  dabei  aber  doch  weich 
und  biegsam  gebliebene  Bastschichten  ablösen,  daß  sie  wie  Gewebe  benützt  werden 
können.  In  einigen  Tropenländern  soll  dieser  Bast  tatsächlich  als  Bekleidungsstoff 
dienen.     Cat.  des  col.  fr.   1867,  p.  81. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  385 

alter  Zeit  in  Japan,  aber  auch  in  China  in  der  Papierbereitung  Anwendung 
finden.  Die  japanischen  Papiere  sind  auch  Gegenstand  des  europäischen 
Handels  und  werden  bei  uns  zu  verschiedenen  Zwecken  benutzt  i).  Sie 
zeichnen  sich  durch  ihre  exzeptionelle  Langfaserigkeit,  durch  ihr  dichtes 
und  dabei  dennoch  faseriges  Gefüge,  ferner  durch  ihre  gewebeartige  Bieg- 
samkeit aus,  weshalb  sie  in  Japan  u.  a.  bekanntlich  auch  als  Taschen- 
tücher benutzt  werden.  Diese  vorzüglichen  Eigenschaften  verdankt  das 
japanische  Papier  den  dasselbe  zusammensetzenden  außerordentlich  langen 
Fasern.  Während  in  unseren  Papieren  die  Faser  nur  eine  Länge  von 
mehreren  Millimetern  hat,  erreicht  die  Faser  des  japanischen  Papiers 
eine  Länge  von   1 — 2  cm  und  manchmal  sogar  darüber. 

Der  Bast  der  Broussoneiia  papyi'ifera  hat  eine  Dicke  bis  zu  2  mm. 
Die  Markstrahlen  sind  erst  mikroskopisch  wahrnehmbar  und  dies  gibt 
diesem  Baste  für  das  freie  Auge  sein  dichtes  und  homogenes  Gefüge. 
Der  Bast  ist  überaus  reich  an  Bastzellen,  er  führt  aber  außerdem  ein 
kleinzelliges  Markstrahlengewebe  und  ein  ebenfalls  aus  kleinen  Zellen 
bestehendes,  in  tangentialen  Reihen  angeordnetes  parenchymatisches  Ge- 
webe. Die  beiden  letzteren  Gewebearten  sind  am  trockenen  Baste  nur 
«chwer  kenntlich. 

Die  Bastzellen  erreichen  eine  Länge  von  7 — Si  mm;  v.  Hühnel 
findet  sie  meist  6 — 15,  doch  bis  25  mm  lang.  Ihre  maximale  Dicke 
steigt  bis  auf  36  i^i.  Sie  sind  häufig  stark  verdickt,  manchmal  so  stark 
wie  Leinenbastzellen,  erscheinen  auf  dem  Querschnitt  deutlich  und  reichlich 
geschichtet  und  sind  fast  stets  abgeplattet,  manchmal  sehr  stark,  so  daß 
die  Dicke  der  Zelle  sich  zur  Breite  wie  1:3,  ja  sogar  auch  darüber, 
verhält.  Die  Enden  dieser  dickwandigen  Zellen  sind  zugespitzt,  seltener 
abgerundet.  Nach  v.  Hühnel  sind  an  vielen  dieser  dickwandigen  Bast- 
zellen »Verschiebungen«  zu  sehen  und  haften  die  äußeren  Zellhaut- 
schichten dem  übrigen  Körper   der  Zelle  nur  lose  an,   so  daß  dieser  in 

Andere  Bastzellen 

1)  Über  die  Sorten  von  Japan.  Papier,  welche  nach  Europa  exportiert  werden, 
s.  A..  Rudel,  1.  c,  p.  130.  Darunter  befinden  sich  die  feinsten  Seiden-  und  Kopier- 
papiere, welche  ihrer  ausgezeichneten  Eigenschaften  halber  sehr  gesucht  sind,  obgleich 
sie  dreimal  so  hoch  als  die  entsprechenden  europäischen  Papiere  im  Preise  stehen. 
Über  die  Verwendung  von  Broussonetiabast  in  der  europäischen  Papierfabrikation 
s.  V.  Höhnel ,  1.  c,  p.  47. 

2)  Diese  Scheiden  sind  wohl  zuerst  an  den  Bastzellen  von  Broussonetia  papyri- 
fera  aufgefunden  worden;  aber  durch  mich  und  Au  er  ist  gezeigt  worden,  daß  diese 
Bildungen  den  Bastzellen  aller  Moraceen  eigentümhch  sind  und  u.  a.  auch  in  jenen 
Papieren  gefunden  werden  müssen,  die  etwa  aus  dem  Baste  von  Monis  und  Streblus 
erzeugt  wurden.  J.  Wiesner,  Mikroskopische  Untersuchung  alter  ostturkestanischer 
und  anderer  asiatischer  Papiere.  Denkschrift  der  Wiener  Akademie  der  Wiss.  1902. 
K.  Auer,   Über   die   Bastfasern  der  Moraceen;    Österr.  bot.  Zeitung,   1903.      Da  die 

Wiesner,  Rohstofife.     III.  Baud.     3.  Aufl.  25 


386 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


sind  bei  sehr  starker  Abplattung  verhältnismäßig  dünnwandig,  etwa  wie 
Baumwollenfaser,  und  dann  häufig  wie  diese  korkzieherartig  gedreht. 
Die  Enden  dieser  relativ  dünnwandigen  Bastzellen  sind  breit  und  ab-  » 
gerundet.  Solche  Zellen  wenden,  so  wie  sie  im  Mikroskop  erscheinen, 
im  starken  Wechsel  die  Schmal-  und  Breitseite  dem  Beobachter  zu.  Die 
Bastzellen  sind  gar  nicht  verholzt;  durch  Jod  und  Schwefelsäure  werden 
sie  blau  gefärbt   und  durch  Kupferoxydammoniak  in  Lösung  gebracht. 


Fig.  127.     Vergr.  340.     Papierfaserstoife   von  Broussonctüi  pnpyrifera.     q  Querschnitte   der   Bastzellen^ 

h  Hüllmembran  am  Querschnitt.    //  Bastzellenfragmente  mit  Hülle  /;,  Verschiebungen  v,   Lumen  l  und 

Drehungsstelle  rf.     m  Milchröhre  mit  koaguliertem  Inhalt  i,  pa  Bastparenchym,  7i,t  Ealkoxalatkristalle. 

(Nach  V.  Höhnel.) 


Das  Markstrahlengewebe  ist  reich  an  oxalsaurem  Kalk,  welcher 
etwa  21 — 30  ji  lange,  dicke,  schief  prismatische  Kristallformen  bildet. 
Als  Begleiter  der  Bastzellen  treten  kristallführende  Bastparenchymzellen 


>Hüllen«  der  Bastzellen  auch  a.n  Ficus-Avten  von  Aue r  nachgewiesen  wurden,  so  ist 
ersichtlich,  daß  die  »Hüllen«  kein  Mittel  bilden,  um  die  Bastzellen  der  Moraceen  (im 
engeren  Sinne)  von  jenen  der  Artpcarpeen  zu  unterscheiden.  Kommen  im  Papier  neben 
mit  »Hüllen«  versehenen  Bastzellen  noch  Milchsaftschläuche  vor,  so  spricht  dieses 
Kennzeichen  sowohl  für  ein  aus  Moraceenbast  hergestelltes  Papier,  als  auch  iür  ein 
Produkt,  welches  aus  Ficus  oder  einer  anderen  Artocarpee  erzeugte  wurde.  (Gallert- 
hüllen kommen  aber  auch  bei  Papilionaceenfasern  und    anderen  vor.  —  J.  Weese.) 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  387 

auf.  Die  japanischen  Papiere  bestehen  der  Hauptmasse  nach  aus  Bast- 
zellen, nebenher  führen  sie  auch  Parenchymzellen  (Markstrahlen-  und 
Bastparenchymzellen;  s.  Fig.  127).  In  der  Asche  finden  sich  die  in 
Kalk  umgewandelten  Metamorphosen  der  Kalkoxalatkristalle  vor.  Nach 
T.  F.  Hanausek  treten  neben  den  genannten  Elementen  auch  aus  der 
Rinde  der  Broussonetia  stammende  Milchsaftschläuche  in  den  japanischen 
Papieren  auf. 

44.  Edgeworthia-Faser. 

Die  Bastfaser  der  japanischen  Thymelaeacee  Edgeivorthia  papyri- 
fera^]^  in  Japan  Mitsumata  genannt,  wird  gegenwärtig,  wie  schon  seit 
alter  Zeit  (siehe  unten:  »Geschichtliches«)  dort  in  großem  Maßstabe 
zur  Papierfabrikation  verwendet.  Die  vorzüghchen  Qualitäten  des  Mit- 
sumatapapiers  sind  Veranlassung  gewesen,  die  Mitsumata  anderweitig  an- 
zupflanzen. So  wurde  in  Deutsch-Ostafrika  der  Versuch  gemacht,  zum 
Zwecke  der  Erlangung  eines  ausgezeichneten  Papierstoffes  diese  Pflanze 
zu  kultivieren  2).  Das  Mitsumatapapier  unterscheidet  sich  äußerhch  nur 
wenig  von  dem  japanischen  Broussonetiapapier;  es  ist  in  derselben 
Manier  wie  dieses  bereitet  und  wie  dieses  im  Vergleich  zu  unseren 
gewöhnlichen  europäischen  Papieren  sehr  langfaserig.  Mikroskopisch 
ist  es  mit  Leichtigkeit  von  dem  Broussonetiapapier  wegen  der  ganz 
eigenartig  gestalteten  und  gebauten  Bastzellen  der  Stammpflanze  zu 
unterscheiden. 

Der  Bast  der  Edgeivorthia  pajjyrifera^)  und  die  aus  demselben  be- 
reiteten Papiere  wurden  im  Wiener  pflanzenphysiologischen  Institute  von 
A.  Jencic  untersucht.  Auf  seine  Beobachtungen  stützen  sich  die  nach- 
folgenden Daten. 

Die  Bastzellen  haben  eine  Länge  von  2,9 — 4,5  mm  und  einen 
Durchmesser  von  3,75 — 18,75  /.i.  Selbst  eine  und  dieselbe  Faser  zeigt 
große  Verschiedenheit  in  der  Dicke  und  einen  oft  sehr  raschen 
Wechsel  in  diesen  Dimensionen",  was  sich  besonders  an  den  Enden  der 
Bastzellen  zu  erkennen  gibt,  welche  nur  selten  zugespitzt,  öfter  ab- 
gestutzt, meist  keulenförmig  angeschwollen  sind.  Ein-  und  Ausbuch- 
tungen, häufig  nur  nach  einer  Seite  hin  ausgebildet,  sind  etwas  Gewöhn- 
liches.    Durch  diese   Unregelmäßigkeit  des  äußeren    Konturs   gewinnen 


i)  Als  Heimat  der  Edgeworihia  papyrifera  (=  E.  chrysantha)  wird  gewöhnlich 
China  angegeben. 

2)  Zimmermann,  Der  Pflanzer,  Bd.  II  (<906),  p.  168. 

3)  Zur  Untersuchung  dienten  teils  Stengel  der  Stammpflanze  aus  dem  Wiener 
botanischen  Hofmuseum  und  dem  Berliner  botan.  Museum,  teils  Mitsumatapapiere, 
welche  ich  Herrn  Prof.  Engler  zu  verdanken  habe.  Die  Bastfaser  ist  in  den  letz- 
teren so  wohl  erhalten,  daß  man  den  mikroskopischen  Charakter  der  Faser  sofort 
zur  Erkennung  dieses  Papieres  benutzen  kann. 

25* 


388 


Siebzehnter  Abschnitt,     Fasern. 


die  Bastzellen  der  Edgeicorthia  papijrifera  ein  höchst  charakteristisches 
Aussehen,  welches  aber  noch  dadurch  gesteigert  wird,  daß  auch  ihr 
Lumen  im  Längsverlaufe  höchst  verschieden  gestaltet  ist,  häufig  un- 
gemein weit,  verschmälert  es  sich  oft  ganz  plötzlich  oder  verschwindet 
stellenweise  auch  vollständig.  Selbstverständlich  beruht  die  Form 
des  Lumens  auf  der  Ausbildungsweise  der  Verdickungsmasse  der  Zell- 
wand, welche  häufig  sehr  unregelmäßig  gestallet  ist  und  förmhch 
»innere  Vorsprungsbildungen«  darbietet.     Das  Lumen  bricht  im  Längs- 


Fig.  128.    Vergr.  350.    Enden  und  Bruchstücke  von  Bastzellen   der  Edgeworthia  papi/rifera.     l  Stellen, 
wo  das  Lumen  verschwunden  ist. 


verlaufe  der  Zelle  oft  mehrmals  plötzlich  ab,  so  daß  dieselbe  gefächert 
erscheint.  Manchmal  sind  die  Bastzellen  auch  verzweigt  (Fig.  128). 
Diese  merkwürdig  gestalteten  Bastzellen  kommen  auch  bei  Wickstroemia 
und  anderen  Thymelaeaceen  vor.  Man  muß  bei  der  genauen  mikro- 
skopischen Prüfung  des  Papiers  auch  auf  die  nebenher  auftretenden 
histologischen'  Bestandteile  und  auf  die  Dimensionen  der  Zellen  achten. 
Bei  aufmerksamer  Betrachtung  kann  es  nicht  entgehen,  daß  ein 
Teil  der  Bastzellen  durchschnittlich  dünnwandig,  ein  Teil  hingegen 
dickwandig  ist.  Nur  an  diesen  dickwandigen  Zellen  verschwindet  stellen- 
weise das  Lumen.    Die  ersteren  sind  jüngere  in  der  Nähe  des  Kambium 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


389 


gebildete,  die  letzteren  ältere  im  natürlichen  Baste  nach  außen  gekehrte 
Bastzellen. 

Ina  Querschnitt  erscheinen  die  Zellen  abgerundet-polygonal,  nicht  selten 
tiefbuchtig  oder  eingefaltet.  Die  Außenhaut  (Mittellamelle)  der  Zelle  ist 
mächtig  entwickelt,  differenziert  sich  scharf  von  den  übrigen  Zellhaut- 
schichten und  löst  sich  nicht  selten  von  diesen  ab.  Die  Mächtigkeit  der 
Außenhaut  erinnert  an  die  Sunnfaser,  welche  ja  auch  sehr  stark  ent- 
wickelte Außenhäute  besitzt.  Während  aber  diese  relativ  stark  ver- 
holzt sind,  zeigen  jene  direkt  die  Zellulosereaktion.  Die  Bastzellen  der 
Edgeivorthia  papyrifera  sind  ihrer  ganzen  Dicke  nach  unverholzt  und 
werden  durch  Jod  und  Schwefelsäure  rein  blau  gefärbt. 

Die  Membranen  sind  geschichtet.  Auf  Zusatz  von  Chromsäure  tritt 
die  Schichtung  noch  deutlicher  hervor.  Poren  sind  in  der  Zellhaut  nur 
selten  anzutreffen. 

In  den  Mitsumatapapieren  findet  man  neben  den  Bastzellen  auch 
noch  Markstrahlen-  und  Bastparenchymzellen  und  Kristalldrusen  von  oxal- 
saurem  Kalk. 

45.   Torflaser. 

Versuche,  aus  Torf  Papier  oder  Pappe  zu  erzeugen,  reichen  ins 
18.  Jahrhundert  zurück  (siehe  > Geschichtliches«  am  Ende  dieses  Para- 
graphen). Aber  erst  in  neuester  Zeit  ist  es  gelungen,  brauchbares 
Papier  aus  Fasertorf  herzustellen i).  Es  sind  dies  Fließpapiere,  also 
Papiere,  denen  jegliche  Leimung  fehlt.     Sie  sind,  wenn   nicht  aus  ge- 


Fig.  129.  Vergr.  300.  Fragment  eines  Blattes  von 
Sphagnnm  iiiibn'catum  aus  Schaf  ferschem  Torf- 
papier (XVHI.Jhdt.).  a  Zellen  (Ässimilationszellen). 
p  Pore  in   der  Zellwand.     (Nach  K.  Linsbauer.) 


Fig.  130.    Vergr.  300.    Fragment  eines  Blattes  von 

Sphagnum  sp.   aus   einem   modernen  Torfpapier. 

ap  wie  in  Fig.  132.    (Nach  K.  Linsbauer.) 


bleichten  Fasern  bereitet,  schon  makrochemisch  gut  charakterisiert  und 
von  anderen  Papieren  leicht  zu  unterscheiden.  Mit  konzentrierter  Soda- 
lösung gekocht,  geben  nämlich  diese  Papiere  eine  schwarzbraune  Lösung, 
aus  welcher  durch  Salzsäure  Huminsubstanzen  in  Form  eines  rotbraun 
flockigen    voluminösen  Niederschlags    ausfallen.      Gebleichte  Torfpapiere 


1)  Hausding,    Industrielle   Torfgewinnung   und   Torfverwertung,   Berlin  1876. 
K.  Linsbauer,  1.  c.  (s.  oben  p.  364),  p.  441. 


390  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

sind  nur  mikroskopisch  zu  erkennen.  K.  Linsbauer  hat  bei  Unter- 
suchungen der  Zschörnerschen  Torfpappen  gefunden,  daß  dieselben 
hauptsächlich  aus  den  Blättern  des  Torfmooses  (Sphagnum)  bestehen, 
welche  sich  zumeist  in  Fragmenten  in  solchen  Pappen  leicht  nachweisen 
lassen  (Fig.  130).  In  den  nach  Zschörners  Verfahren  hergestellten 
Papieren  fand  K.  Linsbauer  an  charakteristischen  Bestandteilen  Bast- 
stränge und  Oberhautfragmente  von  Eriophorwn  (siehe  oben  p.  362  bis 
367),  Fragmente  von  Sphagyium-^YkÜQvn^  Gefäßbruchstücke  verschiedener 
Pflanzen,  zarte  Stengelteilchen  von  Calluna  vulgaris  (Heidekraut)  usw. 
Die  Bastzellen  der  Eriophorum-Arien  herrschen  vor.  Für  die  Erkennung 
der  Torfpapiere  sind  die  Blattfragmente  von  Sphagnum  und  die  ver- 
holzten Oberhautzellen  \on  Er iophormn  (s.  oben  1.  c.)  besonders  wichtig. 
In  den  bis  jetzt  untersuchten  Torfpapieren  wurde  stets  noch  Sulfitzel- 
lulose (von  Fichte  usw.)  nachgewiesen. 

Anhang. 

Araliamark  (sog.  cMnesisclies  Reispapier). 

Das  sog.  chinesische  Reispapier  (papier  de  riz,  rice-paper)  ist  in 
Europa  sehr  lange  bekannt.  Es  dient  in  China  als  Malgrund  für  Gouache- 
Bilder,  bei  uns  zur  Erzeugung  künstlicher  Blumen,  auch  in  der  graphischen 
Technik  und  zum  Enveloppieren  verschiedener  Gegenstände. 

Dieses  Papier  ist  aus  dem  Marke  der  Aralia  papyrifera  Hook,  ge- 
schnitten, wie  von  Hooker  1)  zuerst  konstatiert  wurde.  Die  älteren  An- 
gaben, denen  zufolge  Äeschynomene  aspera  Willd.  (=  Ä.  lagenaria  Lour. 
=  Hedysarum  lagenarium  Roxb.),  Ä.  paludosa  und  andere  verwandte 
Leguminosen  als  Stammpflanzen  des  chinesischen  Markpapiers  zu  gelten 
haben,  sind  wohl  endgültig  widerlegt^). 

Die  genannte  Stammpflanze,  jetzt  als  Tetrapanax papyrifer  K.  Koch  3) 
(=  Fatsia  papyrifera  Miq.)  bezeichnet,  wächst  auf  Formosa  wild  und 
wird  in  China,  daselbst  Tung  tsaou  genannt,  kultiviert.  Der  anatomische 
Bau  dieses  Markpapiers  lehrt,  daß  es  der  Länge  nach  aus  dem  Marke 
geschnitten  wird.  Um  demselben  aber  eine  möglichst  große  Oberfläche 
zu  geben,  wird  aus  dem  Mark  das  Papierblatt  nahezu  tangential  ge- 
schnitten, in  der  Weise,  daß  jeder  horizontale  Durchschnitt  der  Richtung 
einer  Spirale  folgt.    Die  so  geschnittenen  Markblätter  erreichen  eine  Ober- 


{)  Journ.  of  Bot.  II,  p.  27  und  250,  IV,  p.  50  und  347. 

2)  J.  Moeller,  Bot.  Zelt.,  1879,  p.  723fr.     Miquöl,   Flora  vaa  NiJerl.  Iniiö, 

p.  749,  hat  auf  einige  andere  indische  Araliaceen  hingewiesen,  nämlich  auf  Trevisia 
sundaiea  Miq.  und  T.  moluccana  Miq.,  deren  Mark  ähnlich  wie  das  der  Aralia  pa- 
pyrifera benutzt  werden  könnte. 

3)  Engler-Prantls  Pflanzenfamilien,  III,  8,  p.  34. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


391 


fläche  von  200 — 350  cm^.  Diese  tangential  geschnittenen  Blätter  er- 
scheinen sehr  homogen.  Kleine,  ebenfalls  der  Länge  nach  oder  radial 
aus  dem  Marke  geschnittene  Papierstücke  erscheinen  breit  gestreift. 
Solche  Stücke  haben  eine  quadratische  Fläche  von  etwa  1  00  cm^,  selten 
darüber.  Nicht  nur  diese,  sondern  auch  die  großen  Papierblätter  bilden 
stets  nur  ein  zusammenhängendes  natürliches  Markstück  und  sind  niemals 
aus  mehreren  kleinen  Stücken  zusammengesetzt.  Der  streifige  Charakter 
der  radial  geschnittenen  Blätter  hat 
also  nicht,  wie  mehrfach  behauptet 
wurde,  seinen  Grund  in  einer  Zu- 
sammenfügung kleiner  Markstreifen, 
sondern  ist  im  geschichteten  Bau 
■des  Araliamarkes  begründet. 

Das  chinesische  Markpapier  hat 
eine  schneeweiße  Farbe  und  ein  zartes 
gewebeartiges  Gefüge,  welches  bei 
.Betrachtung  im  durchfallenden  Lichte 
deutlich  hervortritt.  Es  kann  in 
bezug  auf  seine  Eigenschaften  am 
besten  mit  feingeschnittenem  Hol- 
lundermark  verglichen  werden.  Die 
Dicke  der  Stücke  beträgt  250— 300  ^it. 

Mikroskopisches  Verhal- 
ten i)  (Fig.  131).  Mit  der  Lupe  er- 
kennt man  sofort  den  zelligen  Bau 
dieser  Markpapiere  (Fig.  131a).  Im 
Oewebeverbande  sind  die  Zellen  von- 
einander durch  zarte,  im  Durch- 
schnitt dreiseitige  Luftgänge  geschie- 
den (Fig.  131  ö).  Im  Mikroskop  er- 
scheinen die  Zellen  (polyedrische 
Parenchymzellen)  mit  großer  Schärfe, 
wenn    man    früher     durch    Alkohol 

die  Luft  verdrängt  hat.  Alle  Zellen  sind  dann  etwas  in  die  Länge 
gestreckt,  ein  Zeichen,  daß  diese  Sorte  chinesischer  Papiere  stets  der 
Länge  nach  durchschnittene  Markplatten  repräsentiert.  Die  Zellen  zeigen 
«inen  sechsseitigen  Umriß.  Ihre  Länge  beträgt  135 — 180,  meist  150, 
ihre  Breite  54 — 92,  meist  etwa  60  /<.  Die  Zellwand  hat  eine  Dicke  von 
etwa  1  ^2 — 2  j.i'^).     An  den  Zonengrenzen  der  aus  radial  durchschnittenem 


Fig.  131.  Flächenansicht  des  sog.  chinesischen 
Reispapiers  (Mark  von  Äralia  papyrifera).  Diese 
Flächenansicht  entspricht  dem  tangentialen 
Längsschnitt.  «  Vergr.  25;  b  Vergr.  90,  porös 
verdickte  Parenchymzellen.  Zwischen  den  Zellen 
die  im  Durchschnitt  dreiseitig  erscheinenden. 
Interzellulargänge. 


4)  Wiesner,  Technische' Mikroskopie,  p.  234.     Rohstoffe,  erste  Aufl.,  p.  461. 
2)  Die  unrichtige  Angabe  in  der  2.  Aufl.  dieses  Werkes,   die  noch   dem  Manu- 
skript dieser  Auflage  zugrunde  lag,  beruhte,  wie  ich  mich  durch  mikroskopische  Nach- 


392  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

Marke  bestehenden  Papiere  sind  die  Zellen  stark  tangential  abgeplattet 
und  nicht  stärker  als  an  anderen  Stellen  verdickt.  In  den  Zellwänden, 
besonders  deutlich  an  den  Zellen  der  Zonengrenzen,  erscheinen  kleine, 
etwa  3  j(t  breite  Poren.  Manche  Zellen  enthalten  Kristallaggregate  von 
oxalsaurem  Kalk. 

Geschichtliches. 

Das  große  Gebiet  der  Geschichte  des  Papiers^)  soll  hier  nicht  be- 
treten werden.  Dem  Zwecke  dieses  Werkes  kann  es  nur  entsprechen, 
die  im  Laufe  der  Zeiten  bei  den  Kulturvölkern  zum  Papier  bereits  in 
Gebrauch  gekommenen  rohen  Pflanzen stoffe  in  Kürze  vorzuführen, 
um  zu  zeigen,  wie  in  Rücksicht  auf  das  Rohmaterial  sich  nach  und  nach 
aus  den  ersten  Anfängen  und  durch  weitere  Fortschritte  der  heutige 
Stand  der  Papierfabrikation  herausgebildet  hat. 

Zweck  dieses  Paragraphen  ist  es  auch,  die  wichtigsten  Kennzeichen 
der  alten  Papiere,  natürlich  nur  im  Sinne  unserer  Rohstofflehre  vor- 
zuführen. 

Aber  selbst  innerhalb  der  hier  so  enge  gezogenen  Grenzen  stößt  man 
auf  große  Lücken  in  unseren  Kenntnissen,  da  die  materielle  Unter- 
suchung alter  Papiere  sich  doch  noch  in  ihren  Anfängen  befindet.  Welche 
Wichtigkeit  aber  gerade  diese  Art  der  Prüfung  alter  Papiere  für  die 
paläographische  und  kulturhistorische  Forschung  besitzt,  haben  die  über- 
raschenden Resultate  der  mikroskopischen  Untersuchung  der  ältesten 
orientalischen  Hadernpapiere  gezeigt. 

Die  Fortschritte  des  Schrifttums  forderten  den  Ersatz  der  alten  Be- 
schreibstoffe: Tierhäute,  Leder,  Pergamente,  Holztafeln  usw.  durch 
zweckmäßigere  Materialien.  Diese  gegenüber  den  alten  Wachsschreibtafeln 
auf  lange  Dauer  berechneten  BeschreibstofTe  waren  für  ausgedehnten  Ge- 
brauch zu  massig  und  zu  kostspielig.  Man  suchte  frühzeitig  nach  dünneren 
flächenartigen  (blattartigen)  Beschreibstoffen  und  hat  dieselben  zunächst 
in  den  Blättern  verschiedener,  wohl  durchweg  monokotyler  Pflanzen 
gefunden.  Dem  gefilzten  chinesischen  Papier  ist  das  Blatt  des  Bambus- 
rohres vorangegangen,  auf  welchem  mit  glühenden  Nadeln  geschrieben 
wurde.  In  Indien  sind  Palmblätter  seit  alter  Zeit  als  BeschreihstotTe 
in  Gebrauch.  Sehr  eingehende  Untersuchungen  über  die  Verwendung 
des  Palmblattes  als  Beschreibstoff"  in  Indien  wurden  vom  paläographischen 


Prüfung   des  Markpapieres   überzeugen    konnte,    auf   einem  Versehen  bei  der  seiner- 
zeitigen Korrektur.  —  J.  Weese. 

1)  Über  die  Geschichte  des  Papiers  s.  Karabaczek.  Das  arabische  Papier. 
Wien  1887  (aus  Mitt.  aus  der  Samnalung  des  Papyrus  Erzherzog  Rainer,  11  u.  III 
bes.  abgedruckt).  Wiesner,  ebendaselbst  (s.  oben  p.  367,  Anraerkg.  1).  A.  Blan- 
chet,  Essai  sur  l'histoire  du  papier.  Paris  i900.  Sehr  reich  an  einschlägigen  Lite- 
raturangaben.    S.  auch  R.  Raab,  Die  Schreibmateriahen.    Hamburg  und  Leipzig  1888. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  393 

Standpunkt  aus  von  dem  bekannten  Orientalisien  Prof.  A.  F.  R.  Hoernle 
(Oxford)  angestellt.  Die  ältesten  von  dem  genannten  Forscher  geprüften 
indischen  Palmblattmanuskripte  stammen  aus  dem  Jahre  450  n.  Chr.  und 
reichen  bis  zum  Jahre  18151).  ßig  Mitte  des  1 6.  Jahrhunderts  wurden 
nach  Hoernle  in  Indien  fast  ausschließlich  die  Blätter  der  Talipotpalme 
(Corypha  umhmeulifera)  als  Beschreibstoff  verwendet.  In  einzelnen 
Teilen  Indiens  (z.  B.  Bengalen)  wurden  von  dem  genannten  Zeitraum 
an  auch  die  Blätter  der  Palmyrapalme  (Borassus  flabelliformis)  benutzt 
und  findet  sich  dieser  Beschreibstoff  auch  in  indischen  Manuskripten 
aus  älterer  und  neuerer  Zeit  2).  Auch  derzeit  wird  das  Palmblatt  noch 
in  Indien  als  Beschreibstoff  benutzt,  aber  auch  heute,  wie  früher,  dient 
hierzu  in  erster  Linie  das  Blatt  der  Corypha'^). 

Nach  mündlichen  auf  Autopsie  beruhenden  Mitteilungen,  welche  ich 
Herrn  Prof.  Hoernle  (Oxford,  Juni  1901)  verdanke,  werden  die  Blätter 
der  beiden  genannten  Palmen  der  Länge  nach  in  Segmente  zerlegt.  Jedes 
Segment  ist  von  einem  derberen  Gefäßbündel  (Mittelrippe)  durchzogen. 
Von  jedem  Segment  wird  nur  das  Mittelstück  verwendet,  indem  man  das 
obere  und  untere  Ende  entfernt,  und  auch  dieses  Mittelstück  wird  weiter 
längs  der  Mittelrippe  in  seine  Hälften  zerlegt.  Für  den  Schul-  und 
Tagesgebrauch  wird  das  so  gespaltene  Blatt  einfach  getrocknet  und  so- 
dann zum  Schreiben  verwendet.  Für  literarische  Zwecke  wird  jeder 
Palmblattstreifen,  bevor  er  als  Beschreibmaterial  in  Verwendung  kommt, 
bestimmten  Prozeduren  unterworfen,  nämlich  zuerst  in  Wasser  oder  Milch 
leicht  gesotten  und  dann  zwischen  Walzen  gepreßt.  Es  gewinnt  da- 
durch das  Blatt  eine  demselben  im  natürlichen  Zustande  nicht  zukommende 
Glätte,  die  auch  an  den  alten  Manuskripten  zu  finden  ist,  weshalb  man 
annehmen  darf,  daß  der  Beschreibstoff  der  alten  Palmblatt-Manuskripte 
in  ähnlicher  Weise  vorbearbeitet  wurde. 


\)  An  Epigraphical  Note  on  Palm-leaf,  Paper  and  Birch-bark.  ylsiatic  Society 
of  Bengal,  Journal,  Vol.  69,  Part  I,  No.  2  (1900). 

2)  Die  ältesten  auf  5orassMS-Blätter  geschriebenen  indischen  Manuskripte,  welche 
Prof.  Hoernle  untersuchte,  stammen  aus  den  Jahren  1550  und  1587  (Hoernle,  1.  c, 
p.  9  und  10). 

3)  Ich  brachte  aus  Kandy  (Ceylon)  Palmblattmanuskripte  mit,  welche  dort  auf 
den  Straßen  feilgeboten  wurden.  Es  sind  dies  Nachahmungen  alter  singhalischer 
Schriften.  Doch  wird  jetzt  noch  auf  Ceylon  für  den  täglichen  Verkehr  auf  Palmblätter 
geschrieben.  Die  enghsche  Regierung  gestattet  dort  und  wahrscheinlich  auch  sonst  in 
Indien  die  Annahme  von  auf  Palmblättern  geschriebenen  Briefen  bei  ihren  Postämtern. 
Die  von  mir  aus  Ceylon  mitgebrachten  Palmblatt-Manuskripte  rühren  durchweg  von 
Corypha  her.  Wie  mir  Herr  Prof.  Hoernle  (Oxford,  4.  Mai  1901)  schrieb,  wird  in  den 
»Lower  Provinces«  Indiens  (Bengal,  Bihar  und  Orissa)  in  den  Elementarschulen  für 
Eingeborene  und  zum  gewöhnlichen  Tagesgebrauch  oft  noch  auf  Palmblättern  geschrie- 
ben.    In  den  Städten  nimmt  aber  der  Gebrauch  des  Papiers  zu,  besonders  in  Bengalen. 


394 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


Im  frischen  Zustande  sind  die  als  Beschreibstoffe  dienlichen  Blatt- 
stücke der  Palmen  leicht  als  solche  zu  erkennen  und  es  ist  das  Relief 
dieser  beiden  Blätter  ein  so  verschiedenes,  daß  man  unschwer  ent- 
scheiden kann,  ob  man  es  mit  dem  Blatte  der  Talipot-  oder  Palmyra- 
palme  zu  tun  habe.  Die  Fig.  135  u.  133  zeigen  diese  Unterschiede,  wie  sie 
sich  im  Lupenbilde  zu  erkennen  geben.  Sehr  charakteristisch  sind  auch 
die  braunen  Punkte,  welche  in  ganzen  Reihen  am  Blatte  der  Palmyra- 
palme  zu  finden  sind.  Es  schien  mir  aber  doch  nicht  unnütz,  schärfere 
Unterschiede  zwischen  den  Blättern  von  Corypha  und  Borassus  ausfindig 
zu  machen,  als  diejenigen  sind,  welche  mit  freiem  Auge  oder  auch  mit  der 
Lupe  konstatiert  werden  können.  Das  Kochen  und  Glätten  der  Blätter 
verwischt  doch  mehr  oder  weniger  die  Oberflächenbeschaffenheit  des 
Blattes  und  insbesondere  bei  Prüfung  alter  Manuskripte,  welche  durch 
die   Zeit   gelitten   haben,   muß   es    doch   erwünscht   erscheinen,    scharfe 


Fig.  132.     Lupeubild   des    Eeliefs    der  Unterseite  Fig.  133.      Lupenbild   des    Reliefs    der   Unterseite 

eines  Blattstückes  der  Talipotpalme  {Cortji)ha  um-  eines    Blattstückes    der   Palmyrapalme    {Borassus 

Iraculiformis).     Der  Pfeil  gibt    die  Richtung   des  flabdliformis).     Der  Pfeil   gibt   die  Kichtnng  des 

Hauptnervs  des  Blattes  an.  Hauptnervs  des  Blattes  an. 


und  zuverlässige  Kriterien  behufs  Unterscheidung  zu  besitzen.  Auch 
möchte  ich  nicht  unerwähnt  lassen,  daß  nach  einem  reichen  mir  zu  Ge- 
bote gestandenen  Vergleichsmaterial  das  Relief  des  Blattes  der  beiden 
genannten  Palmen,  insbesondere  das  von  Corypha^  insofern  variiert,  als 
die  Nervatur  in  sehr  verschiedenem  Grade  ausgeprägt  ist. 

Ein  Blick  auf  die  Fig.  134  und  135  zeigt,  daß  die  Oberhaut  der  Blätter 
von  Corypha  im  Bau  von  jener  der  Blätter  von  Borassus  auffälligst 
verschieden  ist.  Ich  lasse  hier  eine  kurze  Beschreibung  der  genannten 
Oberhäute  folgen  ij. 

Corypha  umhracidifera.      Die   Oberhaut   der  Blattoberseite  stimmt 


\)  Ich  gehe  auf  die  Charakteristik  der  Oberhäute  des  Talipot-  und  Palmyrablattes 
oben  nur  insoweit  ein,  als  es  für  die  Unterscheidung  notwendig  ist.  Eine  eingehende 
Darstellung  der  anatomischen  Verhältnisse  dieser  beiden  Palmenblätter  enthält  eine 
Abhandlung,  welche  Herr  R.  Eberwein  auf  Grund  von  im  Wiener  pflanzenphysio- 
logischen Institute  ausgeführten  Untersuchungen  in  den  Sitzungsberichten  der  Wiener 
Akademie  der  Wiss.,  Bd.  \M  (<903),  veröffentlicht  hat. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


395 


im  Bau  fast  gänzlich  mit  der  Unterseite  überein.  Oberhautzellen  zu- 
meist länglich,  wellig  konturiert.  Längste  Oberhautzelle  oberseits  im  Mittel 
24,3  ^t,  unterseits  35,1  f.i,  kürzeste  oberseits  im  Mittel  10,8 /<,  unterseils 
8,1 7^     Kieselzellen  fehlen. 

Die  Spaltöffnungen  stehen  in  Doppelreihen,  die  einzelnen  Spalt- 
öffnungen sind  aber  nicht  in 
Paaren   angeordnet,    sondern 


Fig.  134.    Vergr.  200.    Oberhaut  vom  Blatte  der  Palmyra-  Fig.  l:!5.    Vergr.  210.   Oberhaut  vom  Blatte 

palme  (Borassus  flahelUformis).     T  als  Drüsen  ausgebildete  der  Talipotpalrae  (Corypha  umbraculifera). 

Trichome.  sSpaltöifnungen  mit  zwei  Paaren  vonNebenzellen.  o   Oberhautzelle,    s    Spaltöffnungen    mit 
K  derbwandige  Oberhautzellen  mit  Kieseleinschlüssen.  Nebenzellen  n. 

zwei  Spaltöffnungen  der  einen  Reihe  eine  Spaltöffnung  der  anderen  Reihe, 
Jede  Spaltöffnung  besitzt  nur  ein  Paar  von  Nebenzellen.  Längsdurch- 
messer   der  Spaltöffnung   35  /«.      Auf   das    Quadratmillimeter   kommen 


WM 


Fig.  136.    Vergr.  400.     Oberhaut  vom  Blatte  von  Borassus  flahelUformis. 
s'Spaltöffnung  mit  zwei  Paaren  von  Nebenzellen  n.     T  als  Drüsen  ausgebildete  Trichome.     6  Bastzellen. 

oberseits  34,  unterseits  69  Spaltöffnungen.   Trichome  und  Zwergzellen 
fehlen. 

Borassus  flahelUformis.    Auch  hier  weicht  die  Oberhaut  der  Blatt- 
oberseite von  der  der  Blattunterseite  nicht  wesentlich  ab.    Oberhautzelle 


396 


Siebzehnter  Abschnitt     Fasern. 


variabel  in  der  Größe,  nicht  buchtig.  Längste  Oberhautzelle  oberseits 
im  Mittel  59  u,  unterseits  67  f.i,  kürzeste  (abgesehen  von  den  »Zwergzellen«) 
oben  und  unten  im  Mittel  13,5  ^i. 

Es  kommen   hier  eigentümliche   dickwandige  Kieselzellen 
vor,  welche  von  einem  kugeligen,  warzigen  Kieselkürper  erfüllt  sind.    Es 


Fig.  137.  Vergr.  lUO.  Querschnitt  durch  den  Schaft  von  Cyperus  Papyrus,  o  Oherhaut,  B  einfache  Bast- 
hündel,  g'  reduzierte  Gefäßbündel,  g  kleine  Gefäßbündel  mit  nach  innen  gewendeten  Bastbelegen. 
6  Gefäßbündel  mit  nach  innen  und  außen  gekehrten  Bastbelegen  bh,  x  Sylem,  s  Siebteil  des  Gefäß- 
bündels. Dieses  Gefäßbündel  liegt  im  parencliymatischen,  von  großen  luftführenden  Interzellular- 
gängen (j)  durchsetzten  Grundgewebe  (Mark).  Dieses  Grundgewebe  bildet  die  Hauptmasse  des  Papyrus, 
in  welchem  aber  auch  die  Gefäßbündel  6  erscheinen.  K  Kristalle  von  osalsaurem  Kalk  (in  den 
Parenchymzellen). 


stimmen  diese  Kieselzellen  im  Aussehen  mit  den  im  Innern  des  Blattes 
vorkommenden  Deckzellen  (»Stegmata«)  überein.  In  der  Längsrich- 
tung des  Blattes  treten  reihenweise  mehrzellige  Trichome  auf 
(Fig.  132  und  134T);  es  sind  die  schon  mit  freiem  Auge  sichtbaren 
braunen  Punkte.  Zwischen  den  Trichomreihen  stehen  die  Spaltöffnungen 
in  meist  vierfacher  Reihe.    Jede  Spaltöffnung  ist  mit  zwei  Paaren  von 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


397 


Nebenzellen  versehen  und  an  jedem  der  beiden  Pole  einer  Spalt- 
öffnung tritt  eine  Zwergzelle  auf.  Der  Längsdurchmesser  der  Spalt- 
öffnung beträgt  im  Mittel  65  ii.  Auf  dem  Quadratmillimeter  liegen  sowohl 
oben  als  unten  im  Mittel  22  Spaltöffnungen.  — 

Ein  weiteres  Stadium  der  Papiererzeugung  bildet  die  Herstellung 
flächenförmig  ausgebreiteter  Kunstprodukte  durch  künstlich  geschnittene 
Pflanzenstoffe.  Hierher  gehört  das  oben  bereits  beschriebene  Mark- 
papier der  Chinesen  (sog.  Reispapier;  s.  oben  p.  390)  und  der  Papyrus 
der  Alten. 

Die  große  Bedeutung  des  Papyrus  bei  den  alten  Ägyptern,  Griechen 
und  Römern  ist  allgemein  bekannt.  Die  ältesten  Papyrusrollen  wurden  vor 
nahezu  4000  Jahren  beschrieben.  Mit  dem  Auftreten  des  arabischen  (ge- 
filzten) Papiers  (800  n.  Chr.)  verschwand  nach  und  nach  die  Erzeugung 
des  Papyrus.  Die  berühmte  ägyptische 
Papyrusfabrikation  erlosch  in  der  zweiten 
Hälfte  des  10.  Jahrhunderts i).  Die  der 
ägyptischen  gefolgte  sizilianische  Papyrus- 
fabrikation stand  weit  gegen  die  ägyptische 
zurück  und  scheint  im  13.  Jahrhundert  ihr 
Ende  gefunden  zu  haben. 

Die  Papyrusrollen  2)  der  Alten  wurden 
bekanntUch  aus  den  krautigen  Schäften  der 
Papyrusstaude  (Cyperus  papyrus  L.)  be- 
reitet. Schon  ein  oberflächlicher  Vergleich 
der  Papyrusrollen  mit  dem  Rohstoffe  lehrt, 
daß  nicht  etwa  die  Oberhaut  und  die  daran 
haftenden  Gewebe,  welche  mit  ersterer  aller- 
dings eine  dichte  Haut  bilden,  sondern   das 

von  Gefäßbündeln  reichlich  durchsetzte  Markgewebe  zur  Darstellung 
des  Papiers  diente.  Das  die  dicken,  abgerundet  dreiseitigen  Schäfte  der 
Papyruspflanze  bis  ins  Innere  erfüllende  Mark  hat  eine  schneeweiße 
Farbe  und  ist  nahezu  so  gut  schneidbar  wie  HoUundermark.  Dieses 
Mark  ist  von  zahlreichen,  der  Achse  parallelen  Gefäßbündeln  und  weiten 
luftführenden  Interzellularräumen  (Luftgängen)  durchsetzt,  welche  be- 
sonders deutlich  auf  dem  Querschnitt  hervortreten.  Zarte  Querzüge  von 
Gefäßbündeln  verbinden  stellenweise  die  der  Länge  nach  verlaufenden 
derben  Gefäßbündel   (Fig.  138).     Die  Interzellularräume  sind  der  Länge 


Fig.  138.  Vergr.  30.  Längsschnitt 
durch  Papyrusmark,  um  die  im  Pa- 
pyrus auftretenden  seitlichen  Verbin  - 
duugen  der  Gefäßbündel  (6  0)  zu 
zeigen.    iP  wie  in  Fig.  142. 


^)  Raab,  1.  c,  p.  5. 

2)  Über  die  mikroskopischen  Kennzeichen  des  Papyrus  der  Alten  s.  Wiesner, 
Technische  Mikroskopie  (4  867),  p.  237  ff.;  ferner  Wiesner,  Die  Faijiimer  und  Usch- 
müneiner  Papiere,  1.  c,  p.  24. 


398 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


nach  gestreckt.    Die  Parenchymzellen  sind  groß,  dünnwandig;  fast  jede 
Zelle  führt  einen  oder  mehrere  Kristalle  von  oxalsaurera  Kalk. 

Die  Papyrusrollen  sind  in  der  Weise  angefertigt  worden,  daß  man 
das  Mark  der  Länge  nach  in  dünne  Blätter  zerschnitt  und  mehrere  der- 
selben —  soviel  ich  an  ägyptischen  Papyrusrollen  gesehen  habe,  drei 
—  mittels  einer  in  Wasser  löslichen  Substanz  aneinanderklebte.  Die 
Papyrusrollen  zeigen  stets  zwei  aufeinander  senkrecht  stehende  Streifen- 
systeme, welche  von  den  das  Mark  durchsetzenden  Gefdßbündeln 
herrühren.  Da  nun  die  Gefäßbündel,  wie  schon  gesagt  wurde,  im  paren- 
chymatischen  Grundgewebe,  wenn  von  den  zarten  schon  erwähnten  Quer- 


Fig.  139.     Vergr.  100.    Längsschnitt  durch  das  Mark  von  Cyperus  Papyrus. 
PP  Parenchym,  i  Interzellularräume.    G  Gefäßbündel,  zugleich  mikroskopisches  Bild  von  Papyrus. 

Zügen  abgesehen  wird,  nur  in  einer  der  Achse  parallelen  Richtung  auf- 
treten, so  folgt,  daß  man  bei  Verfertigung  der  Papyrusrollen  die  einzelnen 
Markblätter,  um  90*^  verwendet,  aufeinander  klebte.  Die  Markblätter 
haben  eine  Dicke  von  etwa  80  «. 

Es  wird  gewöhnlich  angegeben,  daß  die  Verbindung  der  einzelnen 
Blattstreifen  der  Papyrusstengel  durch  Nilwasser  und  spätere  Pressung 
oder  anderweitige  mechanische  Bearbeitung  erfolgte.    Nach  meinen  Unter- 


suchungen   wurde    aber  hierzu   ein   Kleister  benutzt. 
Stärke,  vielleicht  aus  Mehl  bereitet  wurde  i). 


der   aus   unreiner 


1)  Näheres  über  die   direkt  gewöhnlich   nicht  nachweisbare  Stärke  im  Papyrus 
s.  die  oben  genannten  Abhandlungen  aus  dem  Papyrus  Erzherzog  Rainer. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 


399 


Die  alten  Papyruszellen  sind  nicht  weiß,  wie  das  frische  Mark, 
sondern  isabellgelb  bis  tiefbraun  gefärbt.  Die  Farbe  rührt  von  einer 
partiellen  Umsetzung  der  Zellulosewände  in  Huminkörper  her.  Die  Paren- 
chymzellen  haben  mehr  oder  weniger  stark  gelitten;  sie  sind  teils  ab- 
gewittert, teils  stark  zerknittert  und  nur  hier  und  dort,  besonders  in 
den  mittleren  Blättern  der  Papiere,  sind  deren  Struklurverhältnisse  besser 
erhalten,    so    daß    man   noch   einzelne   wohlerhaltene    Zellen   mit   ihren 


Fig.  140.    Natüiliclie  Größe.     Fragment   eines   auf  Birkenperiderm    in   der   alt-kaschmirscben  yäradä- 
schrift  gescliriebenen  Bhürja-  (Birken-)  Manuskriptes.    II  Lentizellen  des  Periderms. 


kristallisierten  Einschlüssen  darin  auffinden  kann.  Die  Bestandteile  des 
Gefäßbündels,  weite,  prismatische  netz-  oder  treppenfürmig  verdickte 
Gefäße  und  Bastzellen,  sind  in  allen  Lagen  der  Papyrusrollen  noch  gut 
erhalten. 

Mehrfach  sind  im  Altertum  auch  fläch enfürmige  Rindenbestand- 
teile als  Beschreibstoff  verwendet  worden.  Was  aber  lange  Zeit  von 
den  Paläographen  als  Charta  corticea^  ^vloyäQtiov^  Baumbastpapier  be- 
zeichnet wurde,  ist  durchweg  Papyrus.  Hingegen  ist  es  jetzt  wohl  zweifellos, 
daß  Griechen  und  Römer  für  kürzere  Aufzeichnungen  sich  eines  Be- 
schreibstoffes bedienten,  der  etwa  kartenblattgroß  war  und  durch  Über- 


400  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  • 

einanderkleben  von  Baststücken  (wahrscheinlich  der  Linde  [tilia,  (pilvqa]) 
erhalten  wurde  ^). 

Bis  zur  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  wurde  in  Kashmir  Birkenrinde 
als  Beschreibstoff  benutzt.  Die  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhaltenen 
Bhiirja-Manuskripte  bezeugen  dies.  Diese  Manuskripte,  auf  welchen 
vornehmlich  die  Zeichen  der  (läradä-Schrift  erscheinen  2),  sind  zweifellos 
aus  Birkenrinde  angefertigt  worden,  und  zwar  aus  der  bekannten  feinen, 
papierähnlichen  Außenrinde  (Periderm),  welche  gerade  bei  der  Birke  so 
charakteristisch  aussieht,  daß  sie  sofort  mit  freiem  Auge  zu  erkennen 
ist.  Das  Periderm  der  Birkenrinde  ist  durch  sehr  große,  am  Stamme 
querliegende  Lentizellen  von  dunkler  Farbe  ausgezeichnet,  welche  sich 
vom  hellen  (häufig,  z.  B.  bei  Betula  verrucosa  und  B.  imbescens  kreide- 
weißen) Peridermgewebe  scharf  abheben.  Die  alten  Bhürja-Manuskripte 
sind  allerdings  stark  nachgedunkelt;  allein  auf  denselben  sind  die  Lenti- 
zellen dennoch  auffällig  dunkler  gefärbt  und  treten  mit  großer  Deutlichkeit 
hervor.  Nach  Bunges  Angaben  sind  die  kaschmirischen  Bhürja-Manu- 
skripte auf  dem  Periderm  der  in  Zentral-  und  Ostasien  verbreiteten 
Betula   Bhojpattra    Wall,  geschrieben. 

Mit  der  Erfindung  des  gefilzten  Papiers  verschwanden  nach  und 
nach  alle  anderen  Beschreibmaterialien  vegetabilischen  Ursprungs.  Die 
gefilzten  Papiere,  welche  heute  in  der  ganzen  zivilisierten  Welt  in  aus- 
schließlicher  Verwendung   stehen,    sind    eine    Erfindung   der   Chinesen  =5). 


^)  Wiesner,  Studien  über  angebUche  Baumbastpapiere.  Sitzungsberichte  der 
kaiserl.  Akademie  der  Wiss.  in  Wien,  philos.-histor.  Klasse,  Bd.  76  (-1892). 

2)  Nach  gefälhgen  Mitteilungen  meines  Kollegen,  Herrn  Prof.  Leopold  von 
Schroeder,  welchem  ich  auch  das  zur  obigen  Illustration  benutzte  Manuskript  ver- 
danke. 

3)  Die  gefilzten  Papiere  der  Maya-Codices.  Unter  den  Menschenstämmen, 
welche  anfänglich,  nämlich  noch  vor  den  Azteken,  Mittelamerika  bevölkerten,  zeich- 
neten sich  die  Maya-Indianer,  den  Inka  und  Azteken  voran,  durch  besondere  Intelli- 
genz aus.  Sie  bewohnten  weite  Strecken  des  jetzigen  Mexiko:  Yucatan,  Chiapas, 
Tabesco  usw.  Für  ihre  hohe  Intelligenz  spricht  die  Tatsache,  daß  sie  einen  später 
von  den  Azteken  übernommenen  Kalender  besaßen,  welcher  an  Genauigkeit  den  Ju- 
hanischen  übertraf.  Im  alten  Amerika  waren  die  Maya-Indianer  allein  im  Besitz 
einer  Schrift.  Es  war  dies  eine  Hicroglyphenschrift,  welche  mit  der  ägyptischen 
manche  Ähnlichkeit  hatte  und  auf  dem  Wege  war,  zu  einer  Lautschrift  zu  werden. 
Ihre  Aufzeichnungen  sind  in  vier  aus  dem  Ende  des  14.  bis  zur  Mitte  des  4  6.  Jahr- 
hunderts stammenden  Handschriften  enthalten  (Dresdner  Maya-Codex,  Codex  pere- 
sianus  in  Paris,  Codex  Troano  und  Codex  Cortesianus,  beide  in  Madrid),  welche 
Gegenstand  eingehender  Studien  geworden  sind. 

Das  Papier  dieser  Handschriften  gehört  schon  in  die  Kategorie  der  »geOlzten 
Papiere«,  als  deren  erste  Erfinder  mit  Recht  die  Chinesen  gelten.  Wie  man  aber 
sieht,  haben  die  Maya-Indianer  später,  zweifellos  ganz  unabhängig  von  den  Chinesen, 
ein  »gefilztes«  Papier  erfunden,  welches  früh  dem  Untergang  geweiht  war  und  des- 
halb für  die  menschliche  Kultur  nicht  -ene  Bedeutung   erlangte,  wie   die   chinesische 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  401 

Die  Angaben  über  die  erste  Erzeugung  des  chinesischen  Papiers  (gefilztes 
Pflanzenfaserpapier)  schwanken.  Als  erster  Erzeuger  des  chinesischen 
Papiers  wird  Ts'ai-Loun  genannt,  welcher  diese  in  kulturhistorischer 
Beziehung  so  bedeutungsvolle  Erfindung  etwa  100  Jahre  nach  Chr.  G. 
machte  i).  Auch  über  die  zur  Bereitung  des  Papiers  verwendeten  Mate- 
rialien gehen  die  Ansichten  auseinander.  Es  wurden  Baumrinden  (Baste), 
andere  Pflanzenfasern  und  Lumpen  als  Erzeugungsstoffe  genannt.  Bis 
in  die  neueste  Zeit  wurde  an  der  Ansicht  festgehalten,  daß  die  Lumpen 
(Hadern)  erst  im  Jahre  940  n.  Chr.  von  den  Chinesen  zur  Papierbereitung 
benutzt  wurden,  also  in  einer  Zeit,  in  welcher  die  arabische  Erfindung 
des  Hadernpapiers  schon  in  Europa  und  insbesondere  im  Orient  bekannt 
geworden  war2).     Aber  die  neueren  Ausgrabungen  chinesischer  Schrift- 


Erfindung,  -welche  ja  den  unbestrittenen  Ausgangspunkt  unserer  heutigen  Papier- 
bereitung bildet. 

Durch  Alexander  v.  Humboldt  wurden  die  Maya-Codices  und  die  altmexika- 
nischen Bilderhandschriften  sehr  bekannt  und  auf  seine  Autorität  hin  wurde  bis  auf 
die  jüngste  Zeit  angenommen,  daß  das  Papier  dieser  Manuskripte  aus  Agave-Fasern 
bestehe.  In  neuester  Zeit  wurden  sowohl  die  Maya-Codices  als  auch  die  altmexika- 
nischen Bilderhandschriften  durch  Dr.  R.  Schwede  an  der  Technischen  Hochschule 
in  Dresden  einer  gründlichen  mikroskopischen  Untersuchung  unterzogen,  durch  welche 
zunächst  festgestellt  wurde,  daß  die  Herleitung  all  dieser  Papiere  von  Agcwe-F asern 
irrtümlich  sei*).  Im  übrigen  wurde  auf  die  Hülle  der  Bastzellen,  auf  begleitende 
Milchsaftschläuche,  auf  Parenchymzellen  mit  charakteristischen  Stärke-  und  Kalk- 
oxalatkristallen  hingewiesen  und  hieraus  abgeleitet,  daß  diese  Papiere  aus  der  Rinde 
von  FicifS-Avtcn  erzeugt  wurden. 

Wenn  man  nun  beachtet,  daß  alle  zur  Lösung  der  Frage  herangezogenen  mikro- 
skopischen Charaktere  nicht  nur  für  Moraceen  im  engeren  Sinne,  sondern  auch  für 
Moraceen  im  weiteren  Sinne  sprechen,  zu  welchen  die  Artocarpeen  mit  allen  ihren 
Ga.ttungen  [Ficus,  usw.)  gehören,  so  scheint  es  wohl  berechtigt,  aus  den  Schwede- 
schen Befunden  nur  abzuleiten,  ^daß  in  den  genannten  Papieren  die  Bestandteile  einer 
Moraceen-Rinde  (Moraceen  im  weiten  Sinne  genommen,  nämhch  mit  Einschluß  der 
Artocarpeen,  also  auch  der  Gattung  Ficus)  vorliege.  Ob  diese  Rinde  gerade  von 
einer  Ficus-Xri  abstammt,  scheint  mir  noch  nicht  endgültig  beantwortet.  Es  könnte 
ebensogut  eine  Monis -Art  sein.  Prof.  E.  Seier  schreibt  mir  (-23.  April  igU),  daß 
die  mexikanischen  und  Maya-Papiere,  welche  nach  A.  v.  Humboldt  aus  Agave- 
Fasern  zusammengesetzt  sein  sollen,  aus  sprachhchen  Gründen  aus  dem  Baste  eines 
Maulbeerbaumes  herzuleiten  wären. 

Schwede  hat  bewiesen,  daß  die  Maya-Handschriften  nicht  von  Agaven  her- 
rühren und  daß  der  Bast  einer  Moracee  (im  weiteren  Sinne  genommen)  das  Material 
zur  Erzeugung  dieses  Papieres  gebildet  habe.  "Welcher  Gattung  und  Spezies  der  zur 
Papiererzeugung  benutzte  Bast  angehörte,  scheint  mir  noch  eine  offene  Frage  zu  sein. 

■1)  Blanchet,  1.  c,  p.  i2. 

1)  Karabaczek,  1.  c,  p.  31. 

*)  R.  Schwede,  Über  das  Papier  der  Maya-Codices  und  einiger  altmexikanischer  Bilderhand- 
schriften.   Dresden  1912.    S.  auch  oben  p.  380. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Autt.  26 


402  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

stücke  und  die  daran  geknüpften  historischen  und  naturwissenschaftlichen 
Studien  führten  zu  der  Anschauung,  daß  in  allen  Perioden  der  chine- 
sischen Erzeugung  von  Pflanzenfaserpapier  der  Gebrauch  von  schon 
benutzten  Pflanzenfasern,  also  von  Hadern  oder  Lumpen,  stets  eine  ge- 
wisse Rolle  gespielt  habe.  Nach  Chavannesi)  wurden  schon  in  der 
ersten  Zeit  der  Ts  ai-Lounschen  Erfindung  Hadern  (»de  vieux  chiffons  de 
toile«)  neben  Fasern  von  Baumrinde  als  Papiermaterialien  genannt.  Mit 
Sicherheit  wurden  in  den  ostturkestanischen  Ausgrabungen  chine- 
sischer Manuskripte  aus  dem  4. — 8.  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung 
Papiere  gefunden,  welche  neben  Hadern  durch  Mazeration  gewonnene 
Rohfasern  (insbesondere  von  Broiissonetia  papyrifera)  enthielten  2), 
In  diesen  Papieren  erschienen  die  Hadern  gewissermaßen  als  Surrogat 
neben  der  edleren  durch  Mazeration  gewonnenen  Bastfaser.  Damit  er- 
scheint erwiesen,  daß  die  Chinesen  die  Hadern  in  die  Papierfabrikation, 
einführten,  wenn  auch  nicht  als  ausschließlichen  PapierstofT.  Dieser 
große  Fortschritt  ist,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  den  Arabern  zu 
danken  3). 

Von  den  Chinesen  lernten  zuerst  die  Japaner  und  dann  die  Araber 
die  Kunst  der  Erzeugung  des  gefilzten  Papiers.  Es  entstanden  durch 
eigenartige  Umbildung  des  chinesischen  Verfahrens  zwei  wichtige,  aber 
ganz  verschiedene  Papiererzeugungen,  die  japanische  und  die  arabische, 
welche  sich  im  wesentlichen  voneinander  dadurch  unterschieden,  daß  die 
erstere  ohne  jede  Verwendung  von  Hadern  einherging,  hingegen  die 
letztere  die  Verwendung  der  Hadern  zum  Grundprinzip  erhob.  Die  für 
Europa  so  wichtig  gewordene  Erzeugung  der  Hadernpapiere  ist  un- 
mittelbar auf  die  arabische  Papiermacherkunst  zurückzuführen,  wenn 
auch  die  Erfindung  des  Hadernpapiers  den  Chinesen  zugesprochen  werden 
muß.  Der  japanische  Weise  Doncho  und  der  japanische  Prinz  Shotoku 
werden  als  diejenigen  genannt,  welche  den  Bast  des  Papiermaulbeer- 
baums  (siehe   oben  p.  384)   zur    Papierbereitung   zuerst  in   Anwendung 


1)  Les  Uvres  chinois  avant  l'invention  du  papier.     Journ.  Asiatique,  Paris  1905. 

2)  "Wiesner,  Mikrosk.  Unters,  alter  ostturkestanischer  und  anderer  asiatischer 
Papiere  nebst  histologischen  Beiträgen  zur  mikroskopischen  Papieruntersuchung.  Mit 
•18  Textfiguren.  Denkschriften  der  Wiener  Akademie  der  Wiss.,  math.-nat.  Kl,  Bd.  72 
(1902). 

3)  Eine  Ausgrabung  Sir  Aurel  Steins  aus  jüngster  Zeit  (Explorations  in  Central 
Asia,  1906—4908,  Geogr.  Journ.  for  Sept.  1909)  förderte  ein  Papier  zutage,  welches 
aus  der  ersten  Zeit  der  Ts'ai  Lounschen  Erfindung  der  chinesischen  Pflanzenfaser- 
papiere stammt  und  nach  meinen  Untersuchungen  ein  Papier  darstellt,  welches  ganz 
und  gar  aus  Hadernmasse  besteht,  in  der  die  Textur  des  ursprünglichen  Gewebes 
noch  nachweisbar  ist.  Wiesner,  Über  die  ältesten  bis  jetzt  aufgefundenen  Hadern- 
papiere. Sitzungsber.  der  Wiener  Akademie  der  Wissenschaften,  philos.-hist.  Klasse, 
Bd.  168.     S.Abhandl.  (1911). 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  403 

brachten.  Doch  wird  andererseits  angegeben,  daß  die  Chinesen  die 
Bastfaser  von  Broussoyietia  pa'pyrifera  vor  den  Japanern  zur  Erzeugung 
des  Papiers  benutzt  haben  sollen  *).  Die  mikroskopische  Untersuchung 
wies  in  altem  chinesischen  Papier  die  Bastfaser  des  Bambusrohres  und 
die  Faser  des  Reisstrohes  nach,  welche  Rohmaterialien  auch  noch  in 
dem  heutigen  chinesischen  Papier  zu  erkennen  sind 2).  Im  Anfang  des 
9.  Jahrhunderts  bereiteten  die  Japaner  Papier  aus  roher  Hanffaser  (die 
Papiersorten  »mafushi«  und  »mashishi«),  aus  Papiermaulbeerbast  (»ko- 
kushi«  und  »danshi«)  und  aus  den  Bastfasern  der  Pflanze  mitsumata 
(Edgeivorthia  papijrifera)  die  Sorte  »hishi«;  s.  oben  p.  3873),  welche 
beiden  letzteren  Fasern,  namentlich  die  Fasern  des  Papiermaulbeer- 
baums, noch  jetzt  in  Japan  in  ausgedehntem  Maße  zu  Papier  verarbeitet 
werden. 

Wann  die  Japaner  mit  dem  von  den  Chinesen  erfundenen  gefilzten 
Pflanzenfaserpapiere  bekannt  wurden,  scheint  noch  nicht  vollkommen 
sichergestellt  zu  sein.  Es  wird  angegeben,  daß  der  Beginn  der  japa- 
nischen Papiererzeugung  nach  chinesischem  Verfahren  im  Ausgange  des 
6.  Jahrhunderts  unserer  Zeitrechnung  erfolgte.  Hingegen  ist  historisch 
sichergestellt,  daß  die  arabische  Papierfabrikation  mit  dem  Jahre  751  n.  Chr. 
begann  und  Samarkand  den  Ausgangspunkt  der  islamitischen  Papier- 
erzeugung bildet^).  Durch  kriegsgefangene  Chinesen  wurden  die  Araber 
mit  dem  Ts'ai  Lounschen  Verfahren  bekannt.  Ob  die  Araber  (bzw.  Perser) 
die  Verwendung  der  Hadern  zur  Papierbereitung  erfanden  oder  von  den 
Chinesen  übernahmen,  ist  noch  nicht  sichergestellt;  aber  jedenfalls 
waren  die  Araber,  welche  die  Hadern  zum  ausschließlichen  Papier- 
Rohstofl"  erhoben,  diejenigen,  welche  die  Hadernpapierfabrikation  auf 
jene  Höhe  brachten,  auf  welcher  sie  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  er- 
halten hat.  Lange  galt  das  Hadernpapier  als  eine  deutsche,  italienische 
oder  sonstige  europäische  Erfindung;  nunmehr  ist  aber  sichergestellt, 
daß  die  arabische  Papiererzeugung  sich  nach  und  nach  über  Europa 
verbreitete^).      Durch    elf    Jahrhunderte    herrschte     das     Hadernpapier 


■1)  Siehe  z.  B.  Raab,  1.  c,  p.  155.  Nach  Karabaczek  (1.  c,  p.  29)  wurde  im 
8.  Jahrhundert  in  China  viel  Papier  aus  dieser  Faser  bereitet. 

2)  "Wiesner,  Technische  Mikroskopie  (1868),  p.  234 — 237. 

3)  Blanchet,  1.  c,  p.  21,  22. 

4)  Karabaczek,  Das  arabische  Papier.     Wien  1887,  p.  28. 

5)  Karabaczek,  1.  c,  28fr.  Wiesner,  Die  mikrosk.  Unters,  des  Papieres 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  ältesten  orientalischen  und  europäischen  Papiere, 
1.  c.  In  diesen  beiden  Schriften  erfolgte  auch  der  Nachweis,  daß  die  bis  in  die  Mitte 
der  achtziger  Jahre  aufrechterhaltene  Lehre:  dem  Hadernpapier  wäre  ein  angeblich  von 
den  Chinesen  erfundenes  Baumwollenpapier  (die  charta  bombyeina  der  Paläographen) 
vorangegangen,   auf  Irrtum  beruhe.      Die  Beseitigung  dieses  tief  eingewurzelten  Irr- 

26* 


404  Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern. 

in  allen  zivilisierten  Ländern,  fast  war  es  identisch  mit  Papier  ge- 
worden. 

Das  Hadernpapier  behauptete  sich  bis  zur  Mitte  des  19.  Jahrhunderts 
als  fast  ausschließlich  verwendeter  Beschreibstoff.  Der  sich  immer  mehr 
steigernde  Bedarf  an  Papier  drängte  aber  immer  mehr  und  mehr  zur 
Verwendung  anderer  billigerer  Papiermaterialien.  Schon  in  der  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  stellte  J.  C.  Schaff  er  sehr  ausgedehnte  Versuche 
mit  zahlreichen  verschiedenartigen  Papierstoffen  an  und  faßte  die  Resultate 
seiner  Experimente  in  ein  Werk  zusammen,  welchem  Muster  der  er- 
zeugten Papiere  beilageni).  Vergleicht  man  die  damals  in  Vorschlag 
gebrachten  Pflanzenstoffe  mit  den  heute  zur  Papierfabrikation  wirklich 
benutzten,  so  ergibt  sich,  daß  Schäffer  von  einem  durchaus  rationellen 
Gedanken  ausging,  wenngleich  seine  Versuche  nur  einen  geringen  un- 
mittelbaren praktischen  Erfolg  hatten.  Spätere  Erfolge  lehrten,  daß 
nicht  jeder  Pflanzenstoff,  aus  dem  sich  Papier  bereiten  läßt,  auch  schon 
zur  fabrikmäßigen  Erzeugung  des  Papiers  geeignet  ist  fs.  oben  p.  368). 
Erst  ein  Jahrhundert  später  gewann  die  Idee,  frische,  d.  h.  im  Gewebe 
noch  nicht  ausgenutzte  Pflanzenfasern  zur  Papierbereitung  zu  benutzen, 
praktische  Bedeutung.  Die  teuren  Hadern  treten  immer  mehr  in  den 
Hintergrund  und  der  kolossale  Papierbedarf  der  Erde  wird  heute  haupt- 
sächlich durch  Holzfasern  und  Bastfasern  (in  erster  Linie  von  Stroh  und 
Esparto,  aber,  wie  wir  gesehen  haben,  auch  von  zahlreichen  anderen 
Pflanzen)  gedeckt. 

Die  zuerst  in  Europa  angewendete  moderne  Art  der  Papiererzeugung 
hat  in  allen  Kulturländern  Eingang  gefunden  und  wird  jetzt  auch  in  Japan 
neben  der  dortigen  alten  Erzeugungs weise,  die  noch  immer  in  Blüte 
steht,  praktiziert^). 

Die  Erfindung  des  »Holzschliffs«  ist  F.  G.  Keller  in  Kühnhaida 
im  sächsischen  Erzgebirge  und  H.  Vülter  in  Heidenheim  (1852),  die  der 
»Natronzellulose«  A.  Ungerer  in  Semmering  bei  Wien  (1869 — 1871)  zu 
danken.  Die  so  bedeutungsvoll  gewordene  Erfindung  der  »Sulfitzellulose« 
wurde  von  dem  amerikanischen  Chemiker  Tilghman  (1866)  gemacht;  die 
praktische  Durchführung  dieser  Erfindung  (anfangs  der  siebziger  Jahre  des 
19.  Jahrhunderts)  ist  an  die  Namen  A.  Ekmann  (Barwik  in  Schweden), 


tums  erfolgte  um  so  rascher,  als  der  von  Karabaczek  geführte  historische  Nach- 
weis mit,  dem  von  mir  aul  naturwissenschaftlichem  Wege  gefundenen  vollkommen 
übereinstimmte  und  jeder  von  uns  beiden,  unabhängig  von  ilem  anderen,  zu  dem 
gleichen  Resultate  gelangte. 

-1)  J.  C.  Schäffer,  Neue  Versuche  und  Muster  das  Pflanzenreich  zum  Papier- 
machen und  anderen  Sachen  wirtschaftsnützlich  zu  verwerten.  Regensburg  1 766. 
2  Bde. 

2)  A.  Rudel,  1.  c,  p.  V60. 


Siebzehnter  Abschnitt.     Fasern.  405 

C,  Kellner  (Theresienstadt  in  Niederösterreich)  und  A.  Mitscherlich 
(Hannoversch  Minden)  geknüpft,  welche  unabhängig  voneinander  das 
Sulfitverfahren  erfanden  i). 

Das  erste  Verfahren  zur  Herstellung  eines  brauchbaren  Strohstoffes 
wurde  von  A.  Estler  in  Wien  (1815)2)  angegeben;  aber  erst  M.  A.  C. 
Melier  in  Paris  (1854)  gelang  die  fabrikmäßige  Verarbeitung  des  Strohs 
zur  Papierbereitung  nach  einem  im  Prinzip  dem  Estler  sehen  gleichen 
Verfahren, 


1)  Zentralbiatt  für  die  österr.-ungar.  Papierindustrie.     Wien  1900,  p.  418. 

2)  Die  Estlersche  Privilegiumbeschreibung  ist  im  9.  Bd.  p.  405ff.  der  Jahrbücher 
des  polytechn.  Institutes  in  Wien  (1826)  enthalten. 


Achtzehnter  Abschnitt. 

Unterirdische  Pflanzenteile  i), 


Dieser  Abschnitt  enthält  zunächst  eine  Übersicht  jener  Gewächse, 
deren  unterirdische  Teile  ausschließlich  oder  vorwiegend  technische 
und  ökonomisch-technische  Verwendung  finden.  Die  meisten  stehen  auch 
als  Heilmittel,  zumal  als  Volksheilmittel  im  Gebrauche.  Der  Übersicht 
der  Stammpflanzen,  geordnet  nach  Englers  Pflanzensystem 2),  folgt  die 
eingehendere  Erörterung  der  wichtigeren  Drogen. 

Bei  ihrer  Auswahl  war  der  Gesichtspunkt  maßgebend,  daß  nicht 
bloß  die  tatsächlich  bei  uns  benutzten  Drogen  in  die  Übersicht  aufzu- 
nehmen sind,  sondern  auch  solche,  die,  wenn  auch  vorläufig  nur  in 
ihren  Heimatländern  im  Gebrauche,  möglicherweise  oder  voraussichtlich 
früher  oder  später  auch  bei  uns  Beachtung  finden  könnten,  wobei  auch 
darauf  Rücksicht  genommen  wurde,  daß  es  sich  empfehle,  auch  solche 
Pflanzen  namhaft  zu  machen,  die  in  ihren  unterirdischen  Teilen  be- 
stimmte wichtige  oder  interessante  Stoff'e  enthalten,  wenn  auch  deren 
Verwertung  vorläufig  keine  hervorragende  ist. 

Die  meisten  der  hier  untergebrachten  Drogen  sind  Färbe-  und 
Gerbemittel  oder  dienen  unmittelbar  als  Parfüm  oder  zu  anderen 
kosmetischen  Zwecken,  zur  fabrikmäßigen  Gewinnung  von  ätherischen 
Ölen,  von  für  die  Heilkunde  besonders  wichtigen  chemischen  Stoffen 
(wie  Alkaloiden,  Glykosiden),  von  Zucker,  Inulin  und  anderen  indiffe- 
renten Substanzen,  von  harz-  und  extraktartigen  Substanzen. 
Ziemlich  zahlreich  sind  auch  unterirdische  Teile,  die  Sapon  in  Substanzen 
führen  und  deshalb  unmittelbar  als  Reinigungsmittel,  nach  Art  der 
Seife,  zum  Teil  auch  als  Heilmittel  Verwendung  finden.  Eine  beschränktere 
Anzahl  dient  als  Konsiste-nz-,  Binde-  und  Klebemittel,  als  Material 
zur  Fasergewinnung  und    zur  Papierfabrikation,    als   Füllungs- 

i)  Abgesehen  von  dem  Artikel  >Zuckerrübe<  (s.  d.  p.  473)  neu  bearbeitet  von 
Dr.  J.  Moeller,  o.  ö.  Professor  der  Pharmakognosie  an  der  Wiener  Universität. 
2)  A.  Engler,  Syllabus  der  Pflanzenfamilien.     7.  Aufl.     Berlin  1912. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  407 

material  für  Polster,  Betten,  Möbel  usw.,  zur  Anfertigung  von  allerlei 
kleinen  Schnitz-  oder  Drechslerarbeiten. 

Die  unterirdischen  Teile  sind  bald  echte  Wurzeln,  bald  unter- 
irdische Achsenorgane:  Rhizome,  Wurzelstöcke,  Ausläufer  (Stolonen), 
Knollen  und  Zwiebeln.  Oft  sind  sie  Kombinationen,  z.  B.  ein  Rhizom 
besetzt  mit  Wurzeln,  oder  eine  Hauptwurzel,  welche  oben  einen  mehr- 
köpfigen  Stock  trägt,  aus  dem  allenfalls  auch  Ausläufer  abgehen,  u.  dgl. 
Dann  macht  es  Schwierigkeiten,  die  vorliegende  Droge  in  einer  der  obigen 
Kategorien  unterzubringen.  Es  empfiehlt  sich  daher,  alle  unterirdischen 
Teile,  mit  Ausnahme  der  unverkennbaren  echten  Zwiebeln,  ohne  Rücksicht 
auf  ihren  morphologischen  Charakter  als  >Wurzeln«  zu  bezeichnen. 

I.  Übersicht. 

1.  Filices. 
Der  Wurzelstock,  der  Stamm  und  die  Wedelbasen  der  Baumfarne 
sind  bedeckt  mit  haarförmigen  Spreuschuppen,  die  in  Masse  ein  weiches, 
seidig-wolliges,  seiden-  bis  fast  metallisch-glänzendes  Haufwerk  von  gold- 
gelber oder  bronzebrauner  Farbe  bilden.  Als  Paleae  haemostaticae  haben 
diese  Haargebilde  in  mehrere  Pharmakopoen  Aufnahme  gefunden,  sind 
aber  gegenwärtig  gegenüber  der  allgemein  verwendeten  Baumwolle  fast 
obsolet  geworden.  Als  Füllungsmaterial  für  Polster,  Betten,  Möbel  u.  dgl. 
sind  sie  Gegenstand  eines  ausgedehnten  Handels  (in  Amerika).  Die  Stamm- 
pflanzen dieses  nach  der  Provenienz  verschieden  benannten  Materials 
sind  hauptsächlich  Cibotium-,  Älsophüa-,  Chnoophora-  und  Balatitium- 
Arten,  und  zwar  liefern  Cihotiu7n  Barometx  Kx.,  C.  glaucescens  Kz. 
u.  a.  auf  Sumatra  den  sog.  Pennawar-Djambi;  Cibotium  glaucum 
Hook.  u.  a.  Cibotium-sp.  auf  den  Sandwichs-Inseln  den  sog.  Pulu  und 
Älsophüa  lurida  Bl,  Chnoophora  tomentosa  Bl.,  Balantium  chryso- 
trichum  Hask.  u.  a.  auf  Java  den  sog.  Pakoe-Kidangi). 

2.  Typhaceae. 

Typha  latifolia  L.,  T.  Shuttleivorthii  Koch  u.  Sonder^  T.  angusti- 
folia  L.  und  T.  minima  Funk.  Rhizome  wurden  während  des  Krieges 
als  Nahrungs-  und  Futtermittel  verwendet. 

3.  (Iramineae. 

Panicum  junceum  Nees.  Das  Rhizom  wird  in  Argentinien  statt 
Seife  zum  Reinigen  von  Wollstoffen  benutzt 2). 


4)  A.  Vogl,   Über  blutstillend  wirkende  Spreuhaare  der  Farne.     Mediz.  Jahrb. 
Wien  -1864;   Pharmakognosie  1892,  413;  Atlas  z.  Pharmak.  1887,  Taf.  60. 
2)  Greshoff,  Mededeehngen  uit'slands  plantentuin,  XXIX  (1900). 


408  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Vetiveria  xizanioides  Stapf  (Andropogon  squairosus  L.  fil.,  Ä. 
muricatus  Retx.,  Änatherum  Diuricatuin  Beauv.).  —  Siehe  Veti ver- 
Wurzel p.  429. 

Auch  von  Cymbopogon  citratiis  Stapf  werden  die  unterirdischen  Teile 
auf  Java  destiUiert.  Sie  liefern  0,2  Pruz.  ätherisches  Öl,  dessen  Zitral- 
gehalt  in  den  Wurzelknollen  82  Proz.,  in  den  Rhizomen  11  Proz.  be- 
trägt i). 

Andere  Andropogonüle  stammen  von  den  oberirdischen  Teilen 
verschiedener,  nicht  immer  bekannter  Gräser 2).  —  S.  auch  p.  494. 

Chrysopogon  Gfyllus  Trin.  (Andropogon  Gryllus  L.J,  in  Italien 
wild,  wird  als  » Quadro <  auch  in  Mexiko  und  Brasilien  im  großen  ange- 
baut. Aus  den  sehr  zähen  gelblichen,  hin-  und  hergebogenen,  bis  1  m 
langen  Wurzeln  wird  eine  Faser  gewonnen  (Petri,  Bullet,  van  het  Kolon. 
Mus.  te  Harlem  1897). 

Agropyrum  repens  PB.  Die  Rhizome  liefern  die  offizinelle  Radix 
Graminis.  Während  des  Krieges  Futtermittel  und  Surrogat  für  die  Bier- 
erzeugung. 

4.  Cyperaceae. 

Cyperus  scariosus  R.  Br.  (C.  pertenuis  Roxb.),  C.  stoloniferus 
Ret;,.,  C.  hexastachys  Rotth.  und  einige  andere  Arten  in  Indien.  Ihre 
aromatischen  Rhizome  werden  dort  getrocknet  und  gepulvert,  gleich  den 
aus  ihnen  durch  Destillation  erhaltenen  Ölen  zum  Parfürmieren  der 
Kleider  usw.,  als  Zusatz  zu  Färbemitteln,  von  den  Frauen  zum  Balsa- 
mieren der  Haare,  sowie  auch  medizinisch  benutzt  (Geiger^),  Dymock^), 
Holmes^),  Watt«). 

Auch  die  früher  bei  uns  als  Radix  Gyperi  longi  und  Rad.  Cyperi 
rotundi  offizineilen  Rhizome  von  den  europäischen :  Cyperus  longus  L. 
und  C.  rotwidus  L.,  getrocknet  von  einem  angenehmen,  fast  veilchen- 
artigen Geruch,  finden  in  Indien  die  gleiche  Anwendung,  wie  die  oben  ge- 


^)  E.  Gildemeister,  Die  äther.  Öle,  2.  Aufl.,  II.  Bd.,  p.  216. 

2)  Über  die  Stammpflanzen  s.  P.  Watt,  The  commerc.  prod.  of  India,  London 
1908  und  0,  Stapf,  Kew  Bull.  1906;  über  ihre  Öle  s.  Gildemeister,  1.  c. 

3)  Geiger,  Pharmaz.  Botanik.  2.  Aufl.  Neu  bearb.  von  Nees  v.  Esenbeck 
und  Dierbach.     Heidelberg  1839.  —  Suppl.  1843. 

4)  Dymock,  The  vegetable  materia  medica  of  Western  India.  Bombay,  London, 
ohne  Jahreszahl. 

5)  Holmes,  Catalogue  of  the  collection  in  the  niuseum  of  the  Pharmac.  So- 
ciety of  Great  Britain.     London  1878. 

6)  Watt,  Diclionary  of  the  economic  products  of  India.  Vol.  I — VI.  London, 
Galcutta  1889—1893.  —  Economic  products  of  India.  Calcutta  1883.  —  The  com- 
mercial  Products  of  India.     London  1908. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  409 

nannten.  Der  Wurzelstock  von  C.  longus  wird  in  Frankreich  von  Par- 
fümeuren  und  Handschuhmachern  verwendet  i). 

Cyperus  esculentus  L.,  in  Südeuropa,  Vorderasien,  Afrika,  Uefert  in 
seinen  Knollen  die  genießbaren  Erd  man  dein,  welche  27  Proz.  Amylum, 
12  Proz.  Zucker  und  17  Proz.  fettes  Öl  enthalten.  Dieses  soll  im  Ge- 
schmack alle  gebräuchlichen  fetten  Öle  übertreffen  (F.  v.  Müll  er  2)).  Die 
Knollen  dienen  manchenorts  auch  als  Kaffeesurrogat  3). 

Kyllingia  triceps  L.  und  K.  moiiocephala  L.,  wohl  auch  noch  an- 
dere X.- Arten  in  Ostindien,  haben  aromatische  unterirdische  Teile,  welche 
medizinisch,  sowie  zu  Parfümeriez wecken  benutzt  werden  (Watt). 

5.  Palmae. 

Sabal  serrulatum  Xutt,  in  den  südöstlichen  Staaten  Nordamerikas, 
Uefert  in  seinem  Stamme  das  fälschlich  als  Palmettowurzel  bezeichnete 
GerbmateriaH). 

6.  Araceae. 

Acorus  Calamus  L.     Siehe  Kalmuswurzel,  p.  431. 

Acorus  graniineus  L.  in  China  und  Japan.  Der  Wurzelstock 
gleicht  unserem  Kalmus. 

Arum  maculatutn  L. ,  einheimisch.  Das  Rhizom,  früher  offizinell 
(Radix  Ari),  soll  Sapionin  enthalten  gleich  jenem  des  südeuropäischen 
Arum  italicum  Mill.  (Spica,  Jahrb.  f.  Pharm.   1885). 

Arisarum  vulgare  Targ.  Toxx.^  im  Mittelmeergebiete,  enthält  in 
den  Knollen  Saponin  (Ghauliaget,  Hebert  und  Heim,  1897). 

Amo7'phophallus- Arten ^  Hydronie- Arten,  Colocasia  antiquorum 
Schott,  Asien,  Afrika.  Die  stärkereichen  Knollen  werden  im  gekochten 
Zustande  gegessen. 

7.  Liliaceae. 

Asphodelus  ramosüs  L.,  A.  microcarpus  Salxm.  et  Vir.,  A.  albus  L. 
und  andere  Arten,  in  Südeuropa  und  Kleinasien  zu  Hause,  in  Griechen- 
land als  Klebemittel  von  Buchbindern,  Schuhmachern  u.  a. ,  sowie  zur 
Branntweinbereitung  benutzt.    In  Persien  macht  man  aus  den  Rhizomen 


1)  Pomet,  Hist.  generale  des  drogues.     Paris  1694. 

2)  Baron  F.  v.  Müller,  Select  plants  readily  eligible  for  Industrial  Culture  etc. 
Victoria  1876. 

3)  A.  Vogl,   Die   wichtigsten   Nahrungs-    und   Genußmittel   aus   dem   Pflanzen- 
reiche usw.     Wien  1899. 

4)  K.  Oettinger,  Neuere  Gerbmaterialien.     Leipzig  u.  Wien  1914. 


410  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

einen  Leim  (Böhmer^),  Merat  et  de  Lens2),  I,  p.  473);  auch  zur 
Papierfabrikation  wurden  sie  herangezogen 3). 

Äsphodelus-  und  Aspliodeline-kviQn  werden  vielseitig  als  Stamna- 
pflanzen  einer  Droge  angeführt^),  die  vor  etwa  50  Jahren  als  »Nourtoak« 
(von  nourrir  und  dem  türkischen  toak  =  Wurzel),  Radix  Garnioloe, 
Siris  oder  Siras  nach  Europa  kam  und  als  Ersatz  für  Salep  empfohlen 
wurdet).  Nach  T.  F.  Hanausek^)  sind  jedoch  die  ebenfalls  zu  den 
Äsphodelinen  gehörigen  und  auf  den  Gebirgen  West-  und  Zentralasiens 
verbreiteten 

E?'emt(r US- Arien,  inshesonder e  E.  spectabüis  M.  B.,  als  Mutterpflanzen 
der  Nourtoakwurzel  anzusehen.  Diese  ist  kleinfingerdick,  rotbraun, 
getrocknet  hornig  hart.  Ihr  Parenchym  enthält  Schleimkörper,  die  sich 
mil  Jod  prachtvoll  gelbrot,  später  intensiv  rot  färben  (Hanausek). 

Das  sog.  Perugummi,  das  aber  nach  v.  Höhnel  richtig  Beru- 
gummi  heißt ^),  ist  höchstwahrscheinlich  mit  Nourtoak  identisch. 

Smilax  sp.,  Süd-  und  Zentralamerika,  Mexiko,  liefern  die  offizinelle 
Rad.  Sarsaparillae.     Sie  enthält  verschiedene   Saponinsubstanzen  ^j. 

Convallaria  majalisL.,  Maiglöckchen,  in  einigen  Ländern  offizi- 
neil, enthält  glykosidische  Herzgifte. 

Asparagus  ascendens  Roxh.  und  andere  Arten  in  Indien  sollen  in 
ihren  unterirdischen  Teilen  guten  Ersatz  für  Salep  bieten. 

Yucca  filamentosa  L.,  Y.  flaccida  Haiv.  und  andere  Arten  aus 
Nordamerika  enthalten  in  ihren  unterirdischen  Teilen  Saponin^),  werden 
daher  wie  Seifenwurzeln  benutzt.  Saponinsubstanzen  sollen  auch  die 
Zwiebeln  von 

Muscari  comosum  Mill.,  M.  racemosum  Mill.  und  von  M.  mo- 
schatum  Willd.  enthalten  (Waage,  Pharmac.  Zentralhalle,  1892  u.  1893). 

Trillimn  erectum  L.,  Nordamerika.  Die  als  Heilmittel  benutzten 
unterirdischen  Teile  (Bethroot,  Wake-robin)  sollen  ein  dem  Gonvalla- 


<)  Böhmer,  Technische  Geschichte  der  Pflanzen,  welche  bei  Handwerken, 
Künsten  und  Manufakturen  bereits  im  Gebrauch  sind  oder  noch  gebraucht  werden 
können.     I  u.  II.     Leipzig  1794. 

2)  MeratetdeLens,  Dictionaire  univers.  de  matiere  medicale  etc.     Paris  1829. 

3)  Penandel  de  la  Bertache,  L'Asphodele,  Asphod.  ramosus,  sa  culture  et  ses 
applicat.  industr.     Paris  1835. 

4)  Die  Ableitung  von  Ä.  Kotschii  ist  nach  Ascherson  falsch;  diese  angeblich 
im  Libanon  heimische  Art  existiert  gar  nicht. 

5)  Vogl,  Kommentar  zur  7.  Ausg.  d.  österr.  Pharm.  II.     Wien  1892. 

6)  T.  F.  Hanausek,  Über  ein  Tragantsurrogal  nebst  Mitteilungen  über  die 
Nourtoakwurzel  und  das  Perugummi.     Arch.  f.  Chemie  u.  Mikrosk.  1 91 6,  3.  Heft. 

7)  In  Algier  wird  Äsphodelus  >berouak€  genannt.  Österr.  Chem.  Ztg.  1900. 
p.  108. 

8)  Schulz,  Arb.  d.  Dorpater  pharm.  Inst.  XIV.  (1896). 


Achtzehnter  Abschnitt,     Unterirdische  Pflanzenteile.  411 

marin    ähnliches   Glykosid    (Prendergast,  1887)  und   4,86  Proz.  Sa- 
ponin  enthalten!). 

Veratrum  albu7n  L.,  weißer  Nieswurz,  enthält  im  Wurzelstock, 
Radix  [Rhixoma]  Veratri  albi,  fünf  Alkaloide:  Protoveratrin,  Jervin, 
Pseudojervin,  Rubijervin  und  Protoveratridin^).  Die  gleichen 
Bestandteile  dürfte  die  nordamerikanische  Form:  V.  viride  Alton  [Rad. 
Veratri  viridis)  haben. 

Colchicum  aiitumnale  L.,  die  Herbstzeitlose,  früher  als  Radix 
Colchici  offizinell,  enthält  das  höchst  giftige  Alkaloid  Co  1  chicin. 

.  Chlorogalum  pomeridianmn  Ktinth,  Kalifornien.  Die  getrocknete 
Zwiebel  wird  in  Amerika  wie  die  Seifenwurzel  benutzt^). 

Chamaelirium  carolinianum  Willd.  (Ch.  luteum  A.  Gray,  Helo- 
nias  dioica  Pursli).  Das  in  Nordamerika  medizinisch  benutzte  Rhizom 
enthält  das  saponinartige  Ghamälirin  und  Helonin*). 

8.  Amarjllidaceae. 
Agave  mexicana  Lam.,   »Amole  de  raiz«^)^  im  Staate  Michoacän 
>Ehpuqua«  genannt,  und  andere  Ixtleagaven  besitzen  saponinreiche 
Wurzelköpfe,  die  deshalb  zum  Waschen  verwendet  werden  6). 

9.  Taccaceae. 

Tacca  pinnatifolia  Forst,  Ostindien,  und  andere  T.- Arten  werden 
kultiviert.     Die  Knollen  liefern  Stärke  (Arrow-root  von  Tahiti). 

10.  Dioscoreaceae. 

Dioscorea  Tokoro  Makino,  Japan,  und  D.  villosa  L. ,  Nordamerika, 
enthalten  im  Rhizom  giftige  Saponinsubstanzen^). 

Dioscorea  Batatas  Ducne.,  China,  Japan,  vielfach  kultiviert,  D.  alata 
L.,  Mittel-  und  Südamerika,  D.  villosa  L.,  N.-Amerika,  u.  a.  liefern  in 
den  Knollen  Stärke. 

11.  Iridaceae. 

Iris  germanica  L.,  I.  florentina  L.  und  I.  pallida  Lam.  — 
Siehe  Veilchenwurzel,  p.  435. 


1)  Reid,  Amer.  Journ.  of  Pharm.  1892. 

2)  Salzberger,  Archiv  d.  Pharmac.    1890. 

3)  Trimble,  Amer.  Journ.  of  Pharm.  1890. 

4)  Greene,  Amer.  Journ.  of  Pharm.  1878; 
Kruskal,  Arb.  d.  Dorpater  pharm.  Inst.  VI  (-1891). 

5)  Wurzelseife. 

6)  Rud.  Endlicher,  Der  Ixtle  und  seine  Stammpflanzen.  Beiheft  3  zum  >Tropen- 
pflanzer«  IX  (1908). 

7)  C.  W.  Kalteyer,  Amer.  Journ.  of  Pharm.  1888. 


412  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Iris  Pseud-AeortisL.,  einheimische  Sumpfpflanze  (Wa  sserschwertel). 
Der  Wurzelstock  (Radix  Acori  vulgaris  s.  palustris)  wurde  auch  als 
Gerbemateral  und  zur  Tintenbereitung  benutzt  (Böhmer,   Duchesne). 

12.  Zingiberaceae. 

Curcuma  longa  L.  —  Siehe  Gelbwurzel,  p.  443. 

.Curcuma  Zedoaria  Rose.  (C.  Zerumhet  Roxb.J,  Ostindien.  Der 
meist  in  Querscheiben  zerschnittöne  Knollstock,  Radix  (Rhixoma)  Ze- 
doariae,  wird  in  Indien  als  Heilmittel  und  in  der  Parfümerie  benutzt. 

Curcuma  aromatica  Salisb.  (Curcuma  Zedoaria  Roxb.)  Der  Wurzel- 
stock, >Wild  Turmeric«  wird  in  Indien  von  den  Eingeborenen  medi- 
zinisch und  als  Parfüm,  namentlich  zur  Bereitung  des  »Abir-Powder« 
(Holy-Powder)  gebraucht i). 

Alpinia  officinarum  Hanc,  in  China  heimisch,  in  manchen  Ländern 
als  Radix  Galangae  (minoris)  oflizinell.  Als  Stammpflanzen  des  Gal- 
gants  werden  auch  genannt:  Alpinia  calcarata  Roxb.  in  China  und 
A.  xingiberina  Hook,  in  Slam. 

Alpinia  Galanga  Willd.,  auf  Java  und  Sumatra,  kultiviert  in  Üst- 
bengalen  und  Südindien  (Watt,  I),  wird  als  Stammpflanze  des  großen 
Galgants,  Radix  Galangae  majoris.,  betrachtet 2). 

Alpinia  nutans  Roscoe  und  A.  malaccensis  Roscoe,  in  Südasien, 
liefern  ebenfalls  aromatische  Rhizome. 

Kaempferia  rotunda  L.,  in  Ostindien,  ist  die  Stammpflanze  des 
Rhixoma  Zedoariae  rotundae.  Es  gibt  0,2  Proz.  eines  hellgelben,  an- 
genehm, zuerst  kampferartig,  später  estragonähnlich  riechenden  Öles 
von  0,886—0,894  spez.  Gew. 3). 

Kaempfe7'ia  Galanga  L.,  in  Java  von  den  Eingeborenen  für  medi- 
zinische und  kulinarische  Zwecke  gebaut,  enthält  ein  flüchtiges  Öl*). 

Zingiber  officinale  Roxb.  —  Siehe  Ingwer,  p.  439. 

Hedychiwn  spicatuiu  8m.,  im  westlichen  Himalaja  und  Nepal.  Der 
aromatische  Wurzelstock  findet  in  Indien  die  gleiche  Anwendung  wie 
Curcuma  aromatica  (siehe  oben). 

Costus  speciosus  Sm.,  in  Ostindien,  galt  als  die  Stammpflanze  des 


1)  Dymock,  Tlie  vegetable  mat.  med.  of  Western  India.     Bombay. 

•■>)  Flückiger  and  Hanbury,  Pharmacographia,  edit.  II.  London  1879.  — 
Über  die  ätherischen  Öle  der  Zingiberaceen  s.  Gildemeister,  2.  Aufl.  II,  1913  u.  die 
Berichte  von  Schimmel  &  Co. 

3)  Verslag  van's  Lands  Plantentuin.  Buitenzorg  1,s93;  Gil  dem  eist  er,  Die 
äther.  Öle  IL    2.  Aufl.  1913. 

4)  P.  vanRomburgh,  On  the  crystallised  const.  of  the  essential  oil  oi' Kaem- 
pferia Oalanga  L.  Kon.  Akad.  van  Wetenschappen  te  Amsterdam  1900;  Gilde- 
meister, Die  äther.  Öle,  Aufl.  1913. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  413 

schon  im  Altertume  bekannten  Kostuswurzelüles  (s.  Saussui'ea^  p.  428]. 
Mehrere  in  den  Tropen  verbreitete  Arten  dienen  als  Heilmittel. 

13.  Cannaceae. 
Canna-kviQn  in  warmen  Ländern  liefern  in  den  Wurzelstücken  Stärke. 

14.  Marantaceae. 

Maranta  arundinacea  L.,  Westindien.     Wurzelstock  liefert  Stärke. 

15.  Orchidaceae. 

Orchis  sp.,  Ophrys  sp.,  Änacajnptis  pyramidalis  Rieh.,  Gymna- 
denia  wie  auch  Piatanthera,  Eulophia  und  Coeloglossum  liefern  in  ihren 
sehr  schleimreichen  Knollen  den  S  a  1  e  p  ,  der  medizinisch  (Radix,  Tuhera 
Salep)  und  technisch  benutzt  wird  (Watt). 

Pholidota  inibricata  Hook.,  in  Indien,  wird  als  Stammpflanze  des 
Künigs-Salep  genannt,  der  anderseits  von  Allium-kv\Qn  (Liliaceae)  oder 
TJngernia  trisphaera  Bleng.  (Amaryllidaeeae)  abgeleitet  wird. 

Paphiopedilum  javanicuni  Pfitx.  enthält  in  der  Wurzel  Saponin- 
substanzen  (Boorsma  1902). 

lö.  Piperaceae. 
Piper    methysticum    Forst,    Südseeinseln.     In    den    unterirdischen 
Organen  ein  Harz  (Resina  Kawa),  das  medizinisch  verwendet  wird. 

17.  Moraceae. 

Ärtocarpus  Lakoocha  Roxb.,  Indien.  Die  Wurzel  liefert  einen 
gelben  Farbstoff  (Watt,  Biet.,  I,  Drury,  Useful  plants). 

Maclura  aurantiaca  Nutt.,  Nordamerika.  Die  Wurzel  gibt  einen 
schönen  gelben  Farbstoff,  ebenso  jene  von  Maclura  Calcar  galli  A.  Ciin- 
ningham  im  außertropischen  Ost-Australien  (Fd.  v.  Müller,  Select  plants) 
und  noch  andere  Maclura-(Morus-) Arten. 

18.  Santalaceae. 
Santalum  album  L.  ist  die  Stammpflanze  des  ostindischen 
gelben  oder  weißen  Sandelholzes^  aus  dem  das  als  Heilmittel  ge- 
schätzte Sandelholzül  destilliert  wird  i).  Das  westindische  Sandelholz 
stammt  von  der  Rutacee  Amyris  balsamifera  L.,  deren  Öl  sich  wesent- 
lich von  dem  echten  Sandelül  unterscheidet  2]. 

19.  Aristolochiaceae. 
Asarum  europaeum  L.,  Haselwurz.    Das  Rhizom  (Radix  Asari) 
war  früher  offizinell  (Vogl,  Gomm.  zur  Ph.  [1892]  H.  p.  367),  enthält 

\)  Petersen,  Pharm.  Journ.  and  Trans.  XVI  (1886;. 
2)  Holmes,  Pharm.  Journ.  LXII  (1899),  p.  r>3  und  ä05. 


414  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

ätherisches  Öl,  aus  dem  Asaron  sich  in  Kristallen  ausscheidet 
(Schimmel  &  Co.,  April  1897). 

Asarum  canadense  L.,  Wild  Ginger.  Das  Rhizom  ist  viel 
aromatischer  als  das  unserer  Haselwurz  (Schimmel  &  Co. ,  1897  und 
1900)  und  wird  in  Nordamerika  in  der  Parfümerie  verwendet i). 

Aristolochia  Serpentaria  L.,  in  Virginia  und  Aristolochia  reticulata 
Nutt.,  in  Texas.  Das  Rhizom  ist  in  den  Vereinigten  Staaten  offizinell 
(Serpentaria).  Es  enthält  ätherisches  Öl  von  baldrianartigem  Gerüche 
(Schimmel  &  Co.,  April  1897). 

20.  Hydnoraceae. 

Rijdnora  longicollis  Weliv.,  in  Deutsch-Süd westafrika  »Ganib« 
genannt,  besitzt  unterirdische  knollige  Auswüchse,  die  bis  über  30  Proz. 
Gerbstoff  enthalten 2).  Nach  Baillon  werden  auch  die  Rhizome  anderer 
Hydnora- Arien,  die  sämtlich  afrikanische  Schmarotzerpflanzen  sind,  zum 
Gerben  verwendet.  Die  Früchte  sollen  von  den  Eingeborenen  gegessen 
werden. 

21.  Polygonaceae. 

Polygonum  Bistorta  L.  Der  Wurzelstock  dieser  einheimischen  Pflanze, 
als  Radix  Bistortae  einst  offizinell,  ist  reich  an  Gerbstoff  und  fand 
in  der  Gerberei  und  Färberei  Verwendung,  (Böhmer,  Geiger). 

Polygonum  amphibmm  L.  Die  gerbstoffreichen  (22  Proz.)  unter- 
irdischen Teile  werden  in  Nordamerika  benutzt  (Bernardin,  Classiflc. 
de  250  mat.  tannant.  Gand,  1872). 

Polygonum  cuspidatum  Sieb,  et  Zucc.  Die  Wurzelrinde  wird  in 
Ostasien  zum  Gelbfärben  verwendet.  Sie  enthält  (Perkin,  1895)  ein 
Glykosid,  welches  durch  Spaltung  Emodin  gibt. 

Als  Färbemittel  benutzt  man  auch  die  unterirdischen  Teile  ver- 
schiedener Rwyiex-Arien,  die  noch  als  Volksheilmittel  gelten,  so  von 

Rumex  acetosa  L.,  Sauerampfer  (Oseille  der  Franzosen),  R.  Pa- 
tientia  L.,  Gemüse-Ampfer,  und  R.  alpinus  L.,  als  Münchsrha- 
barber  (Radix  Rhei  Monachorum) ;  ferner  R.  ohtusifolius  L.,  R.  cris- 
pus  L.  und  R.  conglomeratus  Murr.,  die  ehemals  als  Rad.  Lapathi 
acuti,  R.  crispus,  das  als  Yellow  Dock  offizinell  war.  Die  Wurzeln 
aller  dieser  Pflanzen  enthalten  reichlich  Gerbstoff  und  gelbe  Farbstoffe, 
die  mit  AlkaUen  prachtvoll  purpurne  Lösungen  geben  3). 


1)  Maisch,  A  manual  of  organic  mater.  medic.     V.  ed.     Philadelphia  1892. 

2)  Paeßler,  Zehn  Jahre  Deutsche  Lederversuchsanstalt.  Freiberg  i.  S.  -»907. 
—  H.  Bodenstab,  Die  wichtigsten  GerbstolTpflanzen  der  deutsch-afrikanischen  Schutz- 
gebiete.    Tropenpflanzer  XVII  (1913). 

3)  Über  ihre  technische  Benutzung  siehe  Böhmer,  Techn.  Gesch.  d.  Pfl.,  II. 


Achtzehntel"  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  415 

Bumex  hymenosepalus  Torr.^  N.-Amerika,  liefert  die  in  neuester 
Zeit  als  Gerbmaterial  viel  begehrte  Ganaigrewurzel  (s.  d.  p.  447). 

Rumex  nepale?isis,  Ostindien.  Die  Wurzel  enthält  nach  0.  Hesse 
(Liebigs  Annal.,  Bd.  309  [1899]  p.  291)  drei  kristallisierbare  färbende 
Bestandteile:  Rumicin  (Ghrysophansäure),  Nepodin  und  Lapodin. 
Die  Wurzel  findet  in  Indien  medizinische  und  technische  Anwendung. 

Rheum-Arien,  aus  Asien  stammend  und  an  vielen  Orten  kultiviert, 
liefern  den  europäischen  Rhabarber,  der  als  Medikament,  aber  auch 
wegen  seines  Farbstoff-  und  meist  reichen  Gerbstoffgehaltes  technische 
Anwendung  findet.     Die  bemerkenswertesten  sind: 

Rheum  rhaponticum  L.,  Rh.  compactum  L.,  Rh.  undulatum  L. 

Rh.  Emodi  Wallich  wird  in  Indien  zum  Rotfärben  (Watt,  Econ.), 
Rh.  Moorcroftinanum  Royle,  im  westlichen  Himalaja,  zum  Gelbfärben 
von  Wollstoffen  verwendet  (Watt,  VI.). 

Als  Stammpflanzen  des  echten  chinesischen  Rhabarber,  der 
als  Rhixoma  (Radix)  Rhei  allgemein  offizinell  ist,  gelten 

Rheum  palmatum  L.  var.  tanguticum  Maxim..,  Rh.  tanguticum 
Tschirch  und  Rh.  officinale  Baill.  Alle  drei  Arten  wachsen  in  den  Ge- 
birgen des  westlichen  und  nordwestlichen  China  und  dem  angrenzenden 
Gebiete  Tibets i).  Ihre  Rhizome  enthalten  glykosidischen  Gerbstoff  und 
glykosidische  Abkömmlige  des  Anthrachinon  (Ghrysophansäure, 
Emodin  und  Rhein),  die  von  Tschirch  als  Rheoanthraglykoside 
zusammengefaßt  werden, 

22.  Chenopodiaceae. 

Chenopodium  mexicanum  Moq.  liefert  die  kalifornische  Seife n- 
wurzeP). 

Beta  vulgaris  L.  siehe  Zuckerrübe,  p.  473. 

23.  Phytolaccaceae. 

Phytolacca  decandra  L.,  Ph.  dioica  L.,  Ph.  Kaempferi  A,  Gray, 
in  Asien,  enthalten  in  den  Wurzeln  und  Samen  eine  Saponinsubstanz^). 

24.  Caryopliyllaceae. 

Saponaria  officinalis  L.  liefert  die  rote  Seifenwurzel  (s,  d. 
p.  450). 

Saponaria  Vaccaria  L.  (Vaccaria  segetalis  Garcke,  V.  parviflora 
Moench),  einheimisch.     Die  einjährige  spindelförmige  Wurzel  findet  in 


1)  Tschirch,  Studien  über  Rheum  u.  seine  Stammpfl.,  Festschr.  f.  A.  v,  Vogl, 
1904  ferner:  Schw.  Wochenschr.  f.  Ch.  u.  Ph.   1904,  1910,  Arch.  d.  Pharm.  1907. 

2)  Greshoff,  Bull,  of  misc.  information  of  the  royal  bot.  gardens  Kew,  1909. 

3)  Pharm.  Ztg.     Berlin  1886,  Nr.  16. 


416  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Indien  wie  die  Seifenwurzel  Verwendung  (Watt,  VI.).  Arth.  Meyer 
hat  darin  (1884)  das  Kohlehydrat  Laktosin  gefunden. 

Saponaria  multiflora  (?) ,  S.  ocymoides  L.  enthalten  ebenfalls  Sa- 
ponine  (Waage  1892,  Rosenthaler  1905). 

Gypsophila  Arrostii  Gussone  liefert  die  spanische  oder  ägyp- 
tische, Gypsophila  pa7iiculata  L.  die  levantische  weiße  Seifen- 
wurzel (s.  d,  p.  454). 

Gypsophila  Strutiuni  L.,  von  der  man  früher  die  weiße  Seifen- 
wurzel abgeleitet  hat,  G.  fastigiata  L. ,  G.  altissima  L.,  G.  angusti- 
folia  Fisch,  und  andere  Arten  enthalten  ebenfalls  Saponine. 

Agj'ostemma  Githago  L.  und  A.  coeli  rosa  L.  sind  einheimische 
Ackerunkräuter,  saponinhaltig  (Rosenthaler). 

Si/ene  inflata  Sm.  (Cucuhahis  Behen  L.,  Silene  Cucuhalus  WilldJ. 
Einheimisch.  Die  Wurzel  war  als  Radix  Behen  nostratis  gebräuchlich  i) 
und  wie  Seifen  wurzeln  verwendet  (Bernardin,  Classification  de  40  sa- 
vons  veget.  Gand  1 875). 

Melandrium  silvestre  Röhl.  (Lyclmis  diurna  Sibth.,  L.  dioica  a  L.J. 
M.  album  L.  und  M.  pratense  Röhl.  (Lychnis  vespertina  Sibth.,  L. 
dioica  ß  L.),  einheimische  Pflanzen,  lieferten  Radix  Saponariae  albae^). 

Lychnis  chalcedonica  L. ,  Croix  de  Malte,  aus  dem  nördlichen 
Asien  stammende  Zierpflanze.  Ihre  Wurzel  schmeckt  wie  Senega  und 
scheint  ähnliche  Heilkräfte  wie  diese  zu  besitzen.  Die  ganze  Pflanze 
wird  (nach  Pallas)  in  Rußland  als  Reinigungsmittel  für  Hände  und 
Wäsche  verwendet  (Kuckucks-  oder  Tartarenseife). 

Als  saponinhaltig  werden  auch  die  unterirdischen  Teile  von  Lyclmis 
flos  Cuculi  L.,  Arenaria  serpyüifolia  L.,  Dianthus  Carthnsianorum  L. 
und  anderen  Garyophyllaceen  angeführt. 

25.  Ranunculaceae. 

Paeonia  Moutan  Sims,  in  Japan.  Die  scharf  aromatische  Wurzel- 
rinde wird  medizinisch  gebraucht.  Das  ätherische  Öl  enthält  Päonol 
(Nagai  1891),  welches  sich  in  Kristallen  ausgeschieden  in  der  Droge 
findet.  Es  ist  p-Methoxyl-o-hydroxyphenylmethylketon  und  wurde  von 
Tahara  (1891)  auch  synthetisch  dargestellt 2). 

Helleboriis  viridis  L.,  H.  niger  L.  und  der  südeuropäische  H.  orien^ 
talis  Lam.  (H.  officinalis  Sm.)  liefern  die  sehr  giftige  schwarze 
Nieswurzel,  Radix  (Rhixoma)  He]lebo7'i  fnigri,  viridis).  Ihre  Avirk- 
samen  Bestandteile   sind    die  Glykoside  Helleborein   und  Helleborin. 


1)  0.  Berg,  Pharmakognos.  des  Pflanzen-  und  Tierreichs.     4.  Aufl.     v.  Garcki 
Berlin  iS69. 

-2)  E.  Gildemeister,  Die  äther.  Öle.     2.  Aufl. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  417 

Nach  Robert  bildet   das  Helleborein   die  Brücke  von  den  Saponinsub- 
stanzen  zu  denen  der  Digitalisgruppe  i). 

Coptis  Teeta  Wallich ^  in  Indien  und  China,  und  Coptis  trifolia 
Salisb.,  in  Nordasien  und  Nordamerika.  Der  beim  Kauen  den  Speichel 
gelb  färbende  Wurzelstock  enthält  Berberin.  Die  ganze  Pflanze  wird 
zum  Gelbfärben  benutzt  (Geiger,  IL). 

Xanthorrhiza  apUfolia  L'Herit.,  in  Nordamerika  Yellow-root, 
enthält  ebenfalls  Berberin  (Maisch). 

Aconitum?,^.,  Sturmhut,  in  Europa,  Asien  und  Nordamerika  heimisch 
und  als  Zierpflanzen  gezogen ;  bei  uns  sind  das  blaublühende  Aconitum. 
Napellus  L.  und  das  gelbblühende  A.  Lycoctonum  L.  die  verbreiletsten 
Arten,  in  Asien  A.  ferox  Wallich  im  Himalaja,  A.  Fischeri  Reich. 
und  A.  japonicum  Thunh.  in  Ostasien,  Aconitum  columhianum  Nuttall 
in  den  Rocky  Mountains  und  der  Sierra  Nevada.  Sie  enthalten  an  Aco- 
nitsäure  gebunden  Alkalo'ide,  welche  Aconitin  in  A.  Napellus^ 
Pseudaconitinin  A.  ferox,  JapaconitininJ..  Fischeri  undi japonicum, 
Lycaconitin  und  Mycoctonin  in  A.  Lycoctonum  genannt  werden. 
Sie  gehören  zu  den  giftigsten  Pflanzenstoffen.  Doch  gibt  es  auch  un- 
giftige Arten,  so  das  asiatische  A.  hetcrophyllum,  dessen  Alkaloid  Ate  sin 
nicht  giftig  ist.   Das  » Aconit  <  der  Homöopathen  ist  ein  galenisches  Präparat. 

Thalictnim  flavum  L.  und  Th.  minus  L.,  Wiesenraute,  wurde 
ehemals  wie  Rhabarber  benutzt  (Böhmer). 

Thalictrum  foliolosum  Wallich,  im  Himalaja,  in  China;  das  Rhi- 
zom  enthält  an  8  Proz.  Berber  in  und  soll  als  Substitution  für  Coptis 
Teeta  (siehe  oben)  vorkommen  (Dymock,  Watt). 

26.   Berberidaceae. 

Hydrastis  canadensis  L.,  Golden  Seal,  Nordamerika.  Der  Wurzel- 
stock (Radix  [Rhixoma]  Hydrastis)  enthält  die  Alkaloide:  Berberin, 
Hydrastin  und  Canadin. 

Berheris  vulgaris  L.,  Berberitze,  Sauerdorn,  enthält  in  der  Wurzel 
und  Rinde  Berberin,  Oxyacanthin,  Berbamin  und  ein  viertes  nicht 
näher  studiertes  Alkaloid.  Außer  medizinisch  wird  Berberil  auch  zum 
Gerben  und  Gelbfärben  verwendet-).  Dieselbe  Anwendung  finden  mehrere 
indische  Arten,  so  Berberis  aristata  DC.  (B.  tinctoria  Lesch.)  mit  \  7  Proz. 
an  Farbstoff  (Drury),  B.  asiatica  Roxb.,  B.  Lycium  Royle,  B.  nepa- 
lensis  Spreng.  (Watt,  Dymock),  ferner  die  nordamerikanischen  Arten: 
Berberis  (Mahonia)  Aquifolium  Pursh,  B.  nervosa  Pursh  und  B.  re- 
pens  Lindl.,  welche  mehr  oder  weniger  Berberin  enthalten. 

1)  E.  Sieburg,  Über  Helleborein.     Arch.  d.  Pharm.  CCLI  (1913). 

2)  Murray,  Apparatus  medicam.  tarn  simpl.  quam  praeparatar.  et  compos. 
I— VI.     Göttingen  1793. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.    3.  Aufl.  27 


418  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Nandina  domestica  Thunb.^  eine  japanische  Art,  enthält  neben 
Berberin  das  Alkaloid  Nandinin  (Eykmann  1884). 

CaulophyUum  (Leontice)  thalictroldes  Michx.  in  Nordamerika  und 
L.  Leontopetcdum  L.  in  Süd-Europa  und  im  Orient  dienen  wegen  ihres 
Saponingehaltes  (Waage)  zum  Reinigen  der  Kleider,  feinerer  Zeuge  (Cash- 
mir-Shawls)  und  dgl.,  sowie  angeblich  als  Antidot  seitens  der  Opio- 
phageni).  Power  fand  in  ersterer  das  Alkaloid  Methylcytigin  und 
zwei  kristallisierbare  Saponine^).  Nach  MartiusS)  sammelt  man  die 
knollige  Wurzel  in  Spanien  (Jabonera)  und  in  Neapel  (Lanaria). 

Podophyllum  peltatum  L. ,  May  apple,  in  Nordamerika,  liefert 
Radix  Podophylli  deren  Harz,  Podophyllin  (Podwisotzki,  1880), 
drastisch  wirkt.     Gehaltvoller  (bis  12  Proz.)  ist  das  in  P.  Emodi  Wall. 

27.  Menispermaceae. 

Menispermimt  canadense  L.,  Yellow  Parilla,  Canadian  Moon- 
seed.  Das  Rhizom  war  in  den  Vereinigten  Staaten  offizinell;  es  ent- 
hält Berberin  (Maisch). 

Fihraurea  Trotterii  Watt,  Ostindien.  Mit  der  Wurzel,  die  Berberin 
enthalten  soll,  wird  gelb  gefärbt  (Watt). 

latrori'hixa  pahnata  Miers  (I.  Calumba  Miers^  Cocculus  palma- 
tus  DC);  Schlingstrauch  des  südostafrikanischen  Küstengebietes,  ist 
die  Stammpflanze  der  Radix  Calumbae,  die  neben  dem  Bitterstoffe 
Calumbin  und  Galumbasäure  die  Alkaloide  latrorrhizin,  Galumba- 
min  und  Palmatin*),  aber  kein  Berberin  enthält. 

Cosciniuni  fenestratum  Colebr.,  Indien,  Geylon.  Das  Holz  und  die 
Wurzel  (sog.  Golomboholz)  sind  reich  an  Berberin,  werden  medi- 
zinisch und  angeblich  auch  zum  Färben  gebraucht  (Drury,  Watt). 

28.  Lauraceae. 

Sassaf?'as  ofßcinalis  Nees,  in  Nordamerika,  liefert  das  offizineile, 
an  ätherischem  Öle  reiche  (6 — 9  Proz.)  Fenchelholz  (Radix  Sassafras). 

Ocotea  caiidata  Mex,  (Licaria  guyanensis  AublJ,  Bois  de  rose 
femelle,  liefert  das  Linaloeöl  aus  Guayana,  während  das  mexikanische 
Linaloeül  von  Bursera  Delpechiana  Poisson  stammt  s). 


\)  Leonharti  Rauwolfen,  Aigenthche  Beschreib,  der  Raiss,  so  er  vor  dieser 
Zeit  gegen  Aufgang  in  die  Morgenländer  etc.  vollbracht.     1583. 

2)  F.  B.  Power   and  A.  H.  Galway   in  Wellcome,    Chem.    Res,   Labor.  1913 
(No.  147). 

3)  Grundriß  der  Pharmakognosie,  Erlangen  1832. 

4)  K.  Feist,  Arch.  d.  Pharm.,  1907. 

5)  J.  Mo  eil  er.  Pharm.  Post  1896. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzcnteile.  419 

29.  Saxifragaceae. 

Bergenia  crassifolia  (L.)  Engl.^  im  Altai  und  an  der  Nordgrenze 
der  Mongolei,  liefert  die  Boda-  oder  Bodanwurzel  (s.  d.)/ 

30.  Eosaceae. 

Riibus  sp.  Die  Wurzeln  verschiedener  Arten  enthalten  reichlich 
Gerbstoff  und  können  gleich  dem  Rhizom  unserer  Erdbeeren, 

Fragaria  vesca  L.,  als  Gerbe-  und  Färbemittel  verwendet  werden 
(Böhmer,  Duchesne). 

Potentilla  silvestris  Neck.  (P.  Tormentüla  Sehr.,  Tormeiitüla  erecta 
L.J,  Blutwurzeh  Der  Wurzelstock  ist  sehr  gerbstoffreich  (17,4  Proz.) 
und  als  Gerbe-  und  Färbematerial  (Böhmer,  Duchesne,  Murray)  sowie 
zur  Tintenbereitung  (Geiger)  verwendbar.  Er  war  als  Radix  Tormen- 
tillae  offizinell.  In  Indien  dient  die  Wurzel  von  P.  nepalensis  Hook. 
zum  Rotfärben  von  Holz  und  wird  auch  medizinisch  benutzt  (Watt). 

Acaena-kvien,  Cepa  caballo,  enthalten  in  ihrer  Rinde  viel  Gerb- 
stoff, sie  sollen  der  Ratanhia  (s.  Krameria,  p.  419)  sehr  gleichen  und  wie 
diese  benutzt  werden  (Hartwich  1896). 

Geum  urbanurn  L.,  einheimisch.  Der  Wurzelstock,  früher  als 
Radix  Caryophyllatae  offizinell,  ist  sehr  reich  an  Gerbstoff  (30  Proz.), 
daher  als  Gerbe-  und  Färbemittel  verwertbar  (Duchesne). 

Ägrimofäa  Eupatoria  L.,  Odermennig. 

Alchemilla  vulgaris  L.,  Frauenmantel. 

Sanguisorha  officinalis  L.,  Wiesenknopf,  und 

Sanguisorha  minor  Scop.  fPoteriimi  Sanguisorba L.J,  Nagelkraut, 
einheimische  Pflanzen,  sind  ebenfalls  gerbstoffreich  und  verwendbar 
(Böhmer). 

Ulmaria  palustris  Moench  (Spiraea  ülmaria  L.,  Ulmaria  penta- 
petala  Oilib.),  Spierstaude,  einheimisch.  Der  Wurzelstock  kann  zum 
Gerben  und  Schwarzfärben  dienen  (Böhmer,  Merat  et  de  Lens).  Er 
enthält  auch  ätherisches  Öl  (Gildemeister). 

31.  Leguminosae. 

Krameria  triandra  Ruiz  et  Pav.,  in  Peru  und  Bolivien.  Wurzel 
als  Radix  Ratanhiae  offizinell;  sie  enthält  an  10  Proz.  Gerbsäure  und 
wird  als  Färbe-  und  Gerbemittel  benutzt  (Duchesne,  Bernardin). 
Neben  dieser  als  Payta- Ratanhia  bezeichneten  Sorte  kommen  auch  die 
Wurzeln  anderer  Krameria- Arien  in  den  Handel  (v.  Schroff,  1869, 
Holmes,  1886). 

Rafnia  amplexicaulis  Thunb.,  Südafrika,  soll  eine  dem  Süßholz 
ähnlich  schmeckende  Wurzel  besitzen  (F.  v.  Müller). 

27* 


420  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Medicago  sativa  L.,  Luzerne.  Die  Wurzel  wird  in  Spanien  zu 
Zahnbürsten  gebraucht  (Böhmer)  und  wurde  zur  Papierfabrikation  emp- 
fohlen i). 

Olycyrrhixa  glahra  L.  —  Siehe  Süßholz,  p.  457. 

Äbrus  precatorius  L.,  in  den  Tropen.  Die  "Wurzel,  Indian  Li- 
quorice,  wird  als  schlechter  Ersatz  des  Süßholzes  gebraucht  und  soll 
in  den  Straßen  von  Kalkutta  als  Süßholz  verkauft  werden  (Merat  et 
de  Lens,  Dymock,  Watt,  Econ.  Med.).  Nach  Hooper  (Ph.  Z.,  1895) 
enthält  sie  nur  1,5  Proz.  Glycyrrhizin ;  dagegen  sind  die  Blätter  der  Pflanze 
reich  daran  (9 — 1  0  Proz.,  fast  doppelt  so  viel  als  in  Rad.  Liquiritiae). 

Butea  monosperma  Taub.  (B.  frondosa  Roxb.)  und 

B.  superba  Roxb.^  Indien.  Die  Wurzel  soll  einen  roten  und  gelben 
Farbstoff  geben  (Watt,  Econ.). 

Periandra  dulcis  Mart.,  in  Brasilien,  Paraguay.  Die  Wurzel  wird 
(»Alcassuz«)  wie  Süßholz  gebraucht  (F.  v.  Müller,  Select  plants). 

Albixxia  lophantha  Benth.  (Aeacia  lophantha  Willd.J,  Südwest- 
australien. In  der  Wurzel  wurden  neben  8  Proz.  Gerbstoff  10  Proz. 
einer  Sapon  in  Substanz  gefunden  (F.  v.  Müller,  Select  plants;  Bernardin, 
Classification  de  40  savons  veget.  Gand  1875;  Watt,  Econ.). 

32.  Geraniaceae. 
Geranium-ATien,  wie 

O.  pratense  L.,  G.  silvaticn?n  L.^  G.  phaeum,  L.,  G.  sanguineum 
L.,  G.  pijrenaicum  L.,  G.  macrorrhixon  L.,  G.  maculatum  L.  (Nord- 
amerika) besitzen  gerbstoffreiche  Wurzeln  (Duchesne,  Geiger)  2). 

Die  Wurzel  einer  Geranium-Art  im  Himalaja  (vielleicht  G.  nepa- 
lense  Siveet)  soll  einen  roten  Farbstoff  geben  (Watt,  Econ.). 

33.  Polygalaceae. 

Polygala  Sencga  L.,  Nordamerika,  liefert  Radix  Senegae.  Sie  ent- 
hält Saponinsubstanzen  und  ein  ätherisches  Öl,  das  aus  Methyl- 
sali cylat  und  einem  Ester  der  Baldriansäure  besteht  (Reuter,  Arch. 
Ph.  1 889).  Auch  andere  Polygala-Arien,  wie  die  als  Ersatz  der  Senega 
genannten,  gleichfalls  Nordamerika  angehörenden  Polygala  alba  Nutt. 
und  P.  Boykinii  Nutt.,  führen  gleichfalls  Saponinstoffe  (Maisch). 

Monnina-Avten ,  wie  M.  polystachya  R.  et  P.,  M.  salicifolia  R. 
et  P.  und  M.  ptcrocarpa  R.  et  P.,  in  Südamerika,  sollen  gleichfalls 
Saponin-(Monninin-)haltige  Wurzeln  liefern  (Bernardin). 


1)  Expose  des  avantages  financiers  de  l'apphcation  de  la  racine  de  Luzerne  ä 
la  päte  de  papier.  Orleans  1867,  u.  Applic.  de  la  racine  de  Luzerne  ä  la  pate  de 
pap.  Orleans  et  "Paris  1866. 

2)  R.  Wasicky,  Pharm.  Post  1917. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  421 

34.  Eupliorbiaceae. 

Phyllanthus  distichus  Müll.  Arg.,  im  tropischen  Asien,  enthält  in 
der  Wurzelrinde  eine  Saponinsubstanz^). 

Manihot  idiUssima  Pohl,  M.  palmata  Müll.  Arg.  und  M.  Janipha 
Kth.,   in  warmen  Ländern   kultiviert,    liefern   in   den  Rhizomen  Stärke. 

35.  Anacardiaceae. 

Rhus  oxyacanthoides  Dum.  Cours.  Die  Wurzelrinde  dieses  im 
ganzen  nördlichen  Saharagebiete  verbreiteten  Strauches  dient  in  Ägypten 
zum  Gerben  und  Färben  2). 

36.  Sapindaceae. 

Deinbollea  nyikensis  Baker.,  im  tropischen  Afrika,  enthält  in  der 
Wurzel  eine  Saponinsubstanz3). 

Serjania  ichthyoctona  Radlk.,  in  Brasilien,  enthält  in  der  Wurzel- 
rinde eine  giftige  Saponinsubstanz  (Peckolt,   1901). 

37.  Malvaceae. 

Althaea  officinalis  L.,  Eibisch.  Südeuropa,  bei  uns  kultiviert. 
Die  schleim-  und  stärkemehlreiche  Wurzel,  als  Radix  Älthaeae  offizinell, 
kann  auch  technisch,  wie  Salep,  benützt  werden  (Böhmer).  Die  Wurzeln 
mehrerer  Althaea- Arten,  so  von  A.  narhonnensis  L.  und  A.  cannabina 
L.,  wurden  zur  Papierfabrikation  herangezogen  (Duchesne,  Merat  et 
de  Lens). 

38.  Tlieaceae. 

Camellia  theifera  Griff.  (C.  Thea  lÄndl.),  China,  enthält  in  Wurzel 
und  Samen  mehrere  Saponinsubstanzen^). 

39.  Coclilospermaceae. 
Cochlospermum   tinctorium  A.  Rieh.,   Senegambien.     Die  Wurzel, 
Racine  de  Fayar,  dient  zum  Färben^). 

40.  Lythraceae. 
Lawsonia  inermis  L.  (L.  alba  La7n.J,  Orient,  Indien.    Die  Wurzel, 
Orcanette  de  Constantinople,  wurde  als  Radix  Alkannae  verae  s. 
Orientalis  bezeichnet,    als  solche   aber   meist  die  Wurzel   von  Älcanna 


^)  J.  Dekker,  Pharm.  Weekblad  XLV. 

2)  P.  Ascherson,  Sitzb,  d.  Gesellsch.  naturf.  Freunde.     Berlin  1882,  Nr.  2. 

3)  Gadel,  Pharm.  Journ.   and  Trans.,  1909. 

4)  L.  Weil,  Beitr.  z.  Kenntn.  der  Saponinsubst.     Diss.,  Straßburg,  -1901. 

5)  J.  Moeller,    Ber.  über  die  Weltausstellung,  Paris  1878,   8.  Hft.      1.  Gerbe- 
u.  Färbemat. 


422  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

tinctoria  (s.  d.  p.  463).  Geiger  hebt  hervor,  daß  die  damals  (d.  i.  vor 
\  00  Jahren)  gebräuchliche  Wurzel  gelb  färbt,  aber  in  deutschen  Apo- 
theken nicht  zu  finden  sei.  Auf  Grund  von  Reiseberichten  gibt  Böhmer 
an,  daß  aus  der  Wurzel  mit  Kalk  eine  braunrote  Farbe  verfertigt  werde, 
mit  der  man  im  Orient  Zähne,  Nägel,  Gesicht,  Schweif  der  Pferde, 
Tücher,  Leder,  Holz  und  dergleichen  anstreicht;  man  erhalte  jedoch 
selten  die  echte  Wurzel,  sondern  jene  von  Alcanna  tinctoria. 

41.  Lecylhidaceae. 

Barringtonia  insignis  Miq.^  Malasien,  enthält  in  der  Wurzelrinde 
eine  Saponinsubstanzi). 

42.  Halorrhagidaceae. 

Qunnera  chilensis  Lam.  (Q.  scabra  R.  et  P.) ,  von  Caracas  bis 
Patagonien,  bei  uns  kultiviert.  Die  Wurzel  (Palo  Pangue)  wird  in  Chile 
als  Gerbe-  und  Färbematerial  und  medizinisch  benützt,  enthält  9,34  Proz. 
Gerbstoff^). 

43.  Araliaceae. 

Aralia  spinosa  L.,  Nordamerika,  enthält  in  Rinde  und  Wurzel 
Saponinsubstanzen  3). 

Panax  fruticosum  L.,  im  tropischen  Asien,  P.  Ginseng  CA.  Mey.^) 
und  P.  repens  Max.^)  enthalten  in  ihren  Rhizomen  Saponinsubstanzen. 

44.  Umbelliferae. 

Angelica  Archangelica  L.  (Archangelica  offi-cinalis  Hoffm.),  im 
nördlichen  Europa  und  Asien,  bei  uns  als  Arzneipflanze  kultiviert.  Die 
Engelwurz,  Radix  Angelicae^  e,n\häM  0,35 — 1,0  Proz.  ätherisches 
Öl.  Dieselbe  Anwendung  findet  die  Wurzel  der  nordamerikanischen 
Angelica  atropurpurea  L.  (Maisch)  und  die  der  japanischen  Angelica 
refracta  Fr.  ScJwi.^]. 

Levisticum  officinale  Koch  (Ligusticum  Levisticum  L.),  eine 
alte  Kulturpflanze  unbekannter  Herkunft,  Radix  Levistici,  Liebstöckel- 


1)  L.  Weil,  Beitr.  z.  Kenntn.  d.  Saponinsubst.    Diss.,  Straßburg,  1901.  —  Gres- 
hoff,  Meded.  XXV  (1898). 

2)  Hartwich,  Ztschr.  des  allg.  Ost.  Ap.-V.   1896;  Bernardin,  Glassif.  de  mat. 
tannant. 

3)  Greshoff,  Mededeehngen  XXIX  (1900). 

4)  Asahina,  Yakuga   Kushi   und  Taguchi,    Journ.  of  Pharm.  Soc.  of   Ja- 
pan 1006. 

5)  F.  Wentrup,  Diss.,  Straßburg  1908. 

6)  Schimmel  &  Co.,  Berichte  April  1897  u.  1911. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  423 

würz,  liefert  ein  ätherisches  Öl  (Essence  de  Liveche)  vom  Gerüche 
des  Angelicaölesi). 

Peucedanum  officinale  L.,  einheimisch.  Die  Wurzel,  Hadix  Peu- 
cedani^  enthält  0,2  Proz,  ätherisches  Öl  von  wenig  angenehmem 
Geruch  2). 

Peucedanum  Ostruthiiim  Koch  (Imperatoria  Ostruthium  L.), 
Mittel-  und  Südeuropa,  bei  uns  kultiviert.  Der  aromatische  Wurzelstock, 
Radix  Imperatoriae,  Meister  würz,  wird  bei  Böhmer  unter  den  Loh- 
und  Gerbematerialien  angeführt^). 

Ferula  Sumbul  Hook.  f.  (Euryangium  Sumbul  Kauffm.),  in  Zentral- 
asien. Ihre  meist  in  Scheiben  zerschnittene  Wurzel  kam  als  Moschus- 
wurzel, Radix  Sumbul,  zuerst  1835  nach  Rußland,  als  Substitution  des 
Moschus  imd  als  Mittel  gegen  Cholera  asiatica.  Mit  dem  (arabischen) 
Namen  Sumbul  bezeichnet  man  übrigens  nach  Vogl  in  Indien  noch 
andere  stark  riechende  Drogen,  so  den  Wurzelstock  von  Nardostachys 
Jata?nansi  DC.  (s.  a.  p.  427),  als  Sumbul  Hindi,  jenen  von  Valeriana 
eeltica  L.  (s.  d.  p.  428),  als  Sumbul  Ekleti  und  die  als  Fälschung  der 
echten  Sumbulwurzel  genannte  Wurzel  von  Dorema  Aminoniacum  Bon, 
der  Stammpflanze  des  Ammoniak-Gummiharzes,  als  Bombay-Sumbul 
oder  Boi  (Dymock).  Watt  nennt  neben  Ferula  Sumbul  auch  Ferida 
suaveolens  Äitch.  et  Hansl.  in  Khorassan  als  Stammpflanze  der  echten 
Moschuswurzel.  Diese  gibt  0,2 — 0,4  Proz.  eines  dicken,  dunkel  gefärbten 
Öles  von  starkem  Moschusgeruch *).  J.  Hahn 5)  extrahierte  aus  der  Wurzel 
17,25  Proz.  eines  fetten  Öles. 

Meum  athamanticum  Jacq.,  einheimisch,  ein  beliebtes  Volksheil- 
mittel (Bärwurz),  gibt  0,67  Proz.  eines  dunkelgelben  an  Liebstöckel  im 
Geruch  erinnernden  ätherischen  Öles''). 

Pimpinella  Saxifraga  L.  und  P.  magna  L.,  einheimisch.  Radix 
Pimpinellae,  Biberneil wurzel,  gibt  ein  ätherisches  Öl  von  peter- 
silieartigem Geruch.  Die  Wurzel  der  als  Pimpinella  nigra  Willd.  be- 
schriebenen Form,  welche  frisch  einen  blauen  Gummiharzsaft  enthält, 
liefert  ein  bereits  von  Böhmer  erwähntes  schön  hellblaues  Öl. 

Thapsia  garganica  L. ,  mediterran,  in  Algier  >Bou  Nefa«  (pöre  de 
la  sante)  genannt.  Aus  der  Wurzelrinde  wird  in  Frankreich  das  medi- 
zinisch verwendete  Thapsia- Harz  (Resine  de  Thapsia)  fabrikmäßig 
hergestellt. 


^)  Schimmel  &  Co.,  April  -1897  u.  1909;  R.  Braun,  Arch.  de  Ph.   1897. 

2)  Schimmel  &  Co.,  1895  und  1897. 

3)  Schimmel  &  Co.,  1897. 

4)  Schimmel  &  Co.,  April  1897. 

5)  Americ.  Journ,  of  Pharmac,  1896. 
'6)  Schimmel  &  Co.,  April  1897. 


424  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

45.  Primulaceae. 

Cyclamen  europaeum  L.,  Saubrot,  Erdscheibe,  enthält  in  den 
Knollen  das  Saponin  Gyclamini). 

Primula  officinalis  L.  enthrdt  in  der  Wurzel  das  Saponin  Pri- 
mulin^j. 

46.  Plumbaginaceae. 

Plumbago  europaea  L.,  Südfrankreich.  Die  ganze  Pflanze,  beson- 
ders aber  die  Wurzel  ist  reich  an  Gerbstoff  (Bernardin,  Classif.  de  280 
mat.  tannantes,  Gand  1872). 

Statice  Limonium  L.,  im  Mediterrangebiete.  Die  Wurzel  war 
früher  als  Beben  rubrum  medizinisch  gebräuchlich 3)  (Geiger).  In 
Rußland  wird  sie  zum  Gerben  benutzt  (Bern ardin,  Böhmer). 

Statice  caroliniana  Walt,  in  Nordamerika.  Die  Wurzel  enthält 
U— 18  Proz.  Gerbstoff  (Maisch). 

Statice  hrasiliensis  Boiss.,   »Baycuru«,  in  Südbrasilien *), 

Statice  latifolia  Smith  (St.  coriaria  Hoffm.),  in  Südrußland,  Kau- 
kasus, Rumelien.  Die  Wurzel  dient  im  Kaukasus  zum  Gerben  (Duchesne, 
Bernardin). 

Statice  Omelini.,  Kermeswurzel.  Gerbmaterial  mit  17,5  Proz. 
Tanniden,  die  Gallussäure  enthalten  und  bei  der  Hydrolyse  rote  und 
braune  Phlobaphene  geben  ^). 

Ooniolimon  tataricum  Boiss.  (Statice  tatarica  L. ,  St.  trigona 
Pallas),  in  Südeuropa,  Kaukasien,  Sibirien.  Die  Wurzel  in  Sibirien  zum 
Gerben  benutzt  (Duchesne). 

47.  Asclepiadaceae. 

Asclepias  Vincetoxicum  L.  Im  Rhizom  fand  G.  Maßon^)  die  zu 
den  Saponinen  gehörige  Asklepiasäure. 

48.  Convolvulaceae. 

Exogoniiim  Purga  Benth.  (Ipomaea  Purga  WeMer.),  in  Mexiko. 
Die  Knollen  sind  als  Radix  (Tuhera)  Jalapae  offizinell,  gleichwie  das 
aus  ihnen  dargestellte  Harz  (Resina  Jalapae). 


4)  A.  Klinger,  Sitzb.  d.  med.-phys.  Soc,   Erlangen,  II;   F.  Plzak,  Ber.  d.  D. 
ehem.  Ges.  XXXVI  (1903);  Mutschier,  Ann.  d.  Chem.,  1877. 

2)  Hünefeld,  Journ.  f.  prakt.  Chemie,  VII  (1836). 

3)  Planchon  et  Collin,  Les  drogues  simples  d'origine  vegetale.     Paris  1896. 

4)  J.  Mo  eller,  Pharm.  Centralhalle,  1883. 

5)  G.  Powarnin  und  A.  Ssekretow,   Journ.    Russ.  Phys.  Chem.  Ges.,  1910, 
p.  1024. 

6)  Bull,  des  sc.  pharmacol.  XVIII. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  425 

Operculina  Turpethum  Peter  (Ipomaea  Tiirpethum  R.  Br.),  in 
Indien,  liefert  die  ehemals  offizinelle  harzreiche  Turbith-Wurzel,  Radix 
Turpethi. 

Convolvulus  Scammonia  L.,  im  Orient.  Ihre  Wurzel  liefert  das 
Scammonium  und  das  aus  ihr  dargestellte  Harz,  Resina  Scammoniae. 
Ähnliche  Harze  finden  sich  auch  in  anderen  Convolvulaceen,  so  in  Convol- 
vulus panduratus  L.,  in  Nordamerika,  deren  Wurzel,  »Wild  Rhabarber«, 
medizinisch  benutzt  wird  (Maisch). 

Convolvidus  scoparius  L.  und  C.  floridus  L. ,  auf  den  Canaren. 
Das  Wurzelholz,  Lignuni  Rhodii,  fälschlich  Rosenholz,  war  früher 
medizinisch  gebräuchlich;  es  enthält  ätherisches  Ül^). 

49.  Boraginaceae. 

Älcan?ia  tifictoria  Tausch  (Anchusa  t.  L.J.  Siehe  Alkanna- 
wurzel, p.  463. 

Roten  Farbstoff  enthalten  noch  zahlreiche  Boraginaceen  in  ihren 
unterirdischen  Teilen: 

Alcanna  sijriaca  Boiss.  et  H.  und  Ä.  cappadocica  Boiss.,  im  Orient  2). 

Asperugo  procumbens  L.,  durch  Europa  und  Asien  verbreitet. 
Wurzel  zum  Rotfärben  (Duchesne). 

Anchusa  virginica  L.,  in  Nordamerika,  wird  wie  die  echte  Orca- 
netfe  zum  Rotfärben  benutzt  (Merat  et  de  Lens,  Duchesne,  Böhmer). 

Lycopsis  nigricans  Lam.  (L.  vesicaria  L.j,  in  Südeuropa.  Ihre 
Wurzel  kann  die  Alkanna  ersetzen  (Duchesne). 

Lithospermum  arvense  L.,  Ackersteinsamen.  Die  Wurzelrinde 
dieser  und  anderer  Arten  enthält  roten  Farbstoff  und  findet  deshalb  (als 
Schminke,  zum  Färben  der  Butter  usw.)  hier  und  da  Verwendung 
(Böhmer,  Duchesne,  Geiger). 

Lithospennum  ei^ythrorrhixon  Sieb,  et  Ziicc,  Japan,  soll  eine  alkan- 
ninhaltige  Wurzel  besitzen 3). 

Macrotoniia  cephalotes  DC.  liefert  nach  Vogtherr  die  syrische 
Alkannawurzel  (s.  p.  465). 

Macrotoniia  perennis  Boiss.,  Indien.  Die  Wurzel  wird  in  Tibet 
und  Indien  medizinisch  und  zum  Färben  der  Wolle  verwendet. 

Arnebia  tinctoria  Forsk.  (Lithospermum  Arnebia  Lehm. ,  L.  tinc- 
torium  Vahl).,  in  Vorderasien,  Ägypten,.  Afghanistan.  Die  Wurzel  kommt 
aus  Afghanistan  als  Substitution  der  Alkannawurzel  auf  den  Markt  von 
Bombay  (Dymock,  Watt). 


\)  Schinamel  &  Co.,  Bericht,  April  -ISQQ. 

2)  Yogtherr,  Pharm.  Centralh.,  -1896. 

3)  Kuhara,  Pharmac.  J.  a.  Tr.,  1878. 


426  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Onosma  echioides  L.,  in  Mittel-  und  Südeuropa,  auch  in  Asien. 
Die  Wurzel  wird  nach  Decandolle  in  Südfrankreich  gesammelt  und 
statt  der  echten  >Orcanette<  zum  Rotfärben  benutzt  i). 

Onosma  Emodi  Wall.  (Maharanga  Emodi  DC),  in  Nepal.  Die 
dunkelrote  Wurzel  wird  in  Ostindien  als  Färbemittel  für  Seide  und 
Wolle  benutzt^).  0.  Hookeri  Clarke,  in  Ostindien,  0.  tinctorium  M. 
Bieb.,  in  Südrußland,  werden  auch  als  Färbemittel  erwähnt. 

Echium  sp.,  so  Echiuni  violaceuni  L.  (E.  creticum  Lam.),  E.  jpyra- 
midatum  DC.  (E.  italicum  L.,  E.  asperrinmm  Lam.),  im  Mediterran - 
gebiet,  Echium  rubrum  Jacq.  (E.  italicum  Gmel.J,  in  Ungarn,  Sieben- 
bürgen, Südrußland,  E.  tinctoriwn  Oliv.  (E.  Rauivolßi  Del.),  in  Ägypten  > 
dienen  zum  Rotfärben. 

Plagiobotrys  rufescens  Fisch,  et  M.  (Eritrichium  fulvum  DC.) 
und  andere  nordamerikanische  Arten  enthalten  nicht  nur  in  der  Wurzel, 
sondern  auch  in  Stengel  und  Blättern  Alkannin^). 

Myosotis-kvien  habe  rote,  wie  es  scheint,  alkanninhaltige  Wurzeln. 

50.  Labiatae. 
Collinsonia  canadensis  L.  enthält  im  Rhizom  eine  Saponinsubstanz*). 

51.  Solanaceae. 

Atropa  Belladoiuia  L.,  Tollkirsche,  einheimisch, 

Scopolia  carniolica  Jacq.  (Scopolina  atropoides  Schidt.),  einheimisch, 
Scopolia  japonica  Maxim. ,  eine  japanische  Art, 

Mandragora  officinarum  Vis.  (M.  acaulis  Oärtn.)  und  andere 
Jf. -Arten  im  Gebiete  des  Mittelmeeres,  M.  caulescens  Clarke,  Himalaja, 
enthalten  mydriatisch  wirkende  Alkaloide  (Atropin,  Hyoscin  [Scopo- 
lamin]  und  Hyoscyamin]  und  dienen  zu  deren  Darstellung. 

Solanum  Dulcamara  L.,  einheimisch,  8.  sodomeum  L. ,  im  Medi- 
terrangebiete, 8.  mammosum  L.,  in  Westindien,  sollen  in  den  Wurzeln 
Saponinsubstanzen  enthalten  (Waage). 

Acnistus  cauliflorus  8chott,  im  tropischen  Amerika,  enthält  in  der 
Wurzel  eine  Saponinsubstanz^). 

52.  Scrophulariaceae. 
Escobedia  scabrifolia  R.  et  P.  und  E.  linearis  Schlecht,  Palillo, 
Azafran  oder  Azafranillo,  im  tropischen  Amerika.     Die  Wurzeln  beider 


1)  Nees  u.  Ebermeyer,    Handb.  d.   mediz.-pharm.  Botanik,    Düsseldorf  1831. 

2)  ibid. 

3)  Norton,  Americ.  Journ.  of  Pharm.,  189S. 

4)  Chevalier  et  Abel,  Bull,  de  sc.  pharmacolog.  XIV,  p.  513. 

5)  Peckolt,  Ber.  d.  D.  pharm.  Ges.,  XIX  (H909). 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  427 

dienen  zum  Färben  von  Fett^).  Der  Farbstoff,  nach  Hart  wich  in  den 
Interzellularen  enthalten 2),  ist  unlöslich  in  Wasser,  Glyzerin-,  Terpentin- 
und  Vaselinül,  löslich  in  Alkohol,  Äther,  fettem  Öl.  Er  kann  wie  Alkanna 
zum  Nachweis  von  Fett  in  Samen  gebraucht  werden. 

53.  ßubiaceae. 

Oaliu7n-sp.j  Labkräuter,  enthalten  in  ihren  unterirdischen  Teilen 
roten  Farbstoff  und  finden  deshalb  technische  und  ökonomische,  meist 
auch  als  Volksheilmittel  Anwendung  (Böhmer,  Duchesne). 

Asper ida-&\).^  Waldmeister,  dienen  zu  gleichen  Zwecken. 

Rubia  tinctorum  L. ,  R.  ijeregrina  L.,  R.  coi'difoUa  L.  (R. 
cordata  Tliunb.^  R.  Mmijista  Rxb.J.     Siehe  Krapp,  p.  467. 

Rubia  sikkimensis  Kurz,  Indien.  Nach  Watt  ist  diese  Art  die 
Hauptquelle  der  schönen  roten  Farbe,  welche  von  den  Bergstämmen  der 
Naga-Hills  und  Manipur  benutzt  wird. 

Relbunium  hypocarpium  Hemsl.  (Rubia  Relbun  Cham,  et  Schi), 
von  Mexiko  bis  Chile  und  Argentina.  Unter  dem  Namen  »Relbun« 
werden  die  unterirdischen  Teile  als  Färbemittel  benutzt. 

Oldenlandia  umbellata  Roxb.,  Ostindien.  Die  fußlange  orange- 
farbige Wurzel  »Chayaver«  wird  als  Heilmittel  benutzt  und  gibt  dauer- 
haften roten  Farbstoff  für  Baumwollzeuge.  Die  berühmten  roten  Turbane 
von  Madura  werden  damit  gefärbt  (Drury,  Dymock). 

Oldenlandia  corymbosa  L.,  Ostindien,  Ceylon  und  Philippinen,  liefert 
nach  Campbell   »Chayroot«. 

Hedyotis  herbacea  TF.,  in  Ostindien,  wird  von  einigen  Autoren 
ebenfalls  als  Quelle  der  »Chayroot«  angeführt. 

Morinda  sp.  s.  d.,  p.  470. 

Danais  fragrans  Commers.^  Madagaskar,  Mauritius.  Die  Wurzel 
soll  einen  halfbaren  roten  Farbstoff  geben  (Duchesne);  sie  wird  auch 
als  Chinasurrogat  benutzt. 

Cephaelis  Ipecacuanha  A.  Rieh,  (üragoga  Ipecacuanha  Baillo7i, 
Psychotria  Ipecacuanha  Müller  Arg.)^  in  Südamerika,  ist  die  Stamm- 
pflanze der  allgemein  offizinellen  Brechwurzel,  Radix  Ipecacuanhae. 

54.  Valeriauaceae. 

Nardostachys  Jatama^isi  DC.  und  N .  grandiflora  DC.  Spikenard, 
Indian-Nard,  Nordindien.    Der  aromatische  Wurzelstock  war  ehemals 


1)  A.  Lendner,  Une  racine  tinctoriale.     Schweiz.  Wochenschr.  f.  Ch.  u.  Ph.  191-2, 
Nr.  18. 

2)  C.  Hartwich,  Ȇber  eine  Sammlung  bolivianischer  Drogen. <   12;  A.  Rueger, 
Palillo.  Schweizerische  Ap.-Ztg.  LH  (1914),  Nr.  21. 


428  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

auch  in  Europa  als  Heilmittel  geschätzt  (Martiny,  Geiger,  Merat  et 
de  Lens,  Guibourt,  Planchon)  und  wird  noch  gegenwärtig  in  Indien 
benutzt  (Watt,  Dymock). 

Valeriana  officinalis  L.,  einheimisch,  liefert  die  aromatische  Bal- 
drianwurzel, Radix  Valerianae.  Sie  liefert  etwa  \  Proz.  ätherisches 
Öl.  Die  japanische  Baldrianwurzel  liefert  6 — 6,5  Proz.,  die  mexika- 
kanische  Baldrianwurzel  kein  ätherisches  Öl,  sondern  nur  freie 
Baldriansäure  (0,91  Proz.)i). 

Valeriana  Hardivickii  Wall,  wird  in  Ostindien  als  Parfüm  und 
arzneilich  verwendet  (Dymock). 

Valeriana  celtica  L.,  Speik,  ist  noch  jetzt  ein  hochgeschätztes 
Volksheilmittel. 

55.  Compositae. 

Eupatorium  chilense  Molin. ,  Südamerika.  Die  unterirdischen  Teile 
dienen  zum  Gerben,  das  Kraut  zum  Gelbfärben  (Merat  et  de  Lens.) 

Imila  Helenium  L.,  Ost-  und  Mitteleuropa  und  Mittelasien,  auch 
kultiviert.  Radix  Enulae  (R.  Helenii)  war  als  Heilmittel  gebräuchlich. 
Sie  enthält  \ — 2  Proz.  Allantöl  und  soll  einen  blauen  Farbstoff  geben 
(Merat  et  de  Lens). 

Wedelia  calendulacea  Less. ,  im  tropischen  Asien.  Die  Wurzel 
dient  zum  Schwarzfärben  (Watt). 

Helianthus  tuberosus  L.,  Topinambur,  Nordamerika ,  1617  in 
Europa  eingeführt  und  seither  bei  uns  kultiviert.  Die  den  Kartoffeln 
ähnlichen  Knollen  (Erdbirnen)  dienen  als  Viehfutter  und  zur  Darstellung 
des  Inulin. 

Petasites  officinalis  Moench,  einheimisch,  jetzt  noch  Volksmittel 
(Pestwurz). 

Arnica  montana  L.,  Wohlverlei,  Fallkraut,  einheimisch.  Der 
aromatische  Wurzelstock  ist  ein  beliebtes  Volksheilmittel. 

Carlina  acaulis  L.,  einheimisch,  als  Eberwurzel  Volksheilmittel. 

Atractylis  acaulis  Desf.  (Ä.  gummifera  L..,  Carlina  gummifera 
Less.),  Chamaeleon  albus  der  Alten  (Geiger),  Mediterrangebiet.  Aus  den 
Blütenkürbchen  und  aus  dem  Kopfe  der  veilchenartig  riechenden  Wurzel 
(Planchon)  soll  ein  rotbraunes  klebriges  Gummiharz  heraustreten,  das 
von   den    orientalischen  Frauen    angeblich   als  Kaumittel  benutzt  wird  2). 

Saussurea  Lappa  Clarke  (Haplotaxis  oder  Aplotaxis  Lappa  DC, 
Aucklandia  Costiis  Falconer),  im  nordwestlichen  Himalaja.  Die  Wurzel 
steht  in  China  als  »Putschuk«  in  großem  Ansehen  als  Heilmittel 
(Watt,  Dymock,  D.  Hanbury).     Sie  ist  ehemals  als  Kostuswurzel, 


-1)  Ber.  V.  Schimmel  &  Co.,  April  1897. 
2)  Krämer,  Am.  J.  of  Ph.,  1895. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  429 

Radix  CosU,  auch  in  unsern  Apotheken  vorgekommen  (Guibourt, 
Geiger),  stand  bis  zum  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts  in  Europa 
in  großem  Rufe,  ist  aber  derzeit  aus  dem  europäischen  Handel  ver- 
schwunden. Sie  wird  als  Heilmittel,  in  der  Parfümerie  und  als  Motten- 
mittel gebraucht  (Watt,  Comm.,  Dymock).  Schimmel  &  Co.  erhielten 
aus  der  Wurzel  1  Proz.  ätherisches  Öl  von  kräftigem  Veilchen- 
geruchi). 

Jurinea  macrocephala  Benth. ,  im  westlichen  Himalaja.  Die  wohl- 
riechende Wurzel  scheint  ähnlich  wie  Kostuswurzel  benutzt  zu  werden 
(Watt,  Econom.) 

Centaurea  cer intime folia  Sibth.  (C.  Behen  Lani. ,  Serratula  Beken 
DC),  Vorderasien.  Die  Wurzel  soll  die  Radix  Behen  albi  der  älteren 
Pharmakognosten  sein.  Sie  wird  jetzt  noch  in  Indien,  wohin  sie  vom 
persischen  Meerbusen  auf  den  Markt  kommt  (Dymock),  als  Heil- 
mittel geschätzt. 

Chondrilla  graminea  M.  Bieberst.  (Ch.  /prenanthoides  Vill.^  Pre- 
7ianthes  chondrilloides  Ärd.),  Vorderasien.  Die  Wurzel  soll  eine  Art 
Kautschuk,   »Tschingel«  genannt,  liefern 2). 


IL  Besonderer  Teil. 

1.  Vetiverwiirzel, 

von  Andropogon  squarrosus  L.  fil.^  einer  sumpf  liebenden,  aus- 
dauernden, in  Indien  (Khus-Khus,  tamul.  Veti-ver)  massenhaft,  auch  auf 
den  Philippinen  und  Maskarenen,  wie  auf  Jamaika  (kultiviert)  vorkom- 
menden Grasart  mit  einem  lang  bewurzelten  aromatischen  Rhizom. 

Die  Handelsware  stellt  gewöhnlich  ein  Haufwerk  dar  von  dünnen, 
zum  Teil  mit  zarten  Fasern  besetzten,  glatten,  hellgelbbräunlichen  oder 
etwas  rütlichbräunlicben  Wurzeln.  Der  Geruch  ist  angenehm  balsamisch, 
etwas  kampferartig.  Mit  verdünnter  Kalilauge  erwärmt,  gibt  sie  eine 
orangegelbe  bis  orangebräunliche  Flüssigkeit.  Hin  und  wieder  findet  sich 
ein  kleines  Stück  des  harten,  holzigen,  dicken  Rhizoms  mit  einigen  daraus 
entspringenden  Wurzeln. 

Der  Wurzelquerschnitt  zeigt  eine  etwa  1/2  des  Kerndurchmessers 
betragende  Rinde  (Fig.  141),  die  von  großen  Lufträumen  durchbrochen 
ist.     Der  Kern  besteht  aus  einem  schmalen  gelben  Holzringe  mit  weiten 


^)  Berichte  April  1896  und  April  1897. 

2)  Bernardin,  Classif.  de  100  Gautchoucs  et  guttaperchas,  Gand  1872. 


430 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  PflanzenLeile. 


Gefäßöffnungen  im  Kreise  in  einem  dichten  Grundgewebe;  er  schließt  ein 
weites  weißes,  stärkemehlreiches  Mark  ein. 

Mikroskopischer  Bau.  Die  meist  zu  dünnwandigen,  einzelligen 
Haaren  (Wurzelhaaren)  ausgewachsene,  an  vielen  Stellen  abgescheuerte 
Oberhaut  (Fig.  141)  bedeckt  ein  Hypoderm  aus  2 — 3  Reihen  axil 
gestreckter,  derbwandiger  Elemente.  Darunter  folgt  ein  großzelliges 
Parenchym,  von  dem  die  meist  zwei  Zellen  breiten  Scheidewände  der 
weiten  Luftkanäle  abgehen.  Zwischen  den  größtenteils  inhaltslosen  und 
kollabierten  Zellen  dieses  Rindenparenchyms  liegen  eingeschaltet  meist 
etwas  größere  sphäroidale  Zellen  mit  einem  krümeligen  oder  ölig  har- 
zigen, in  Chloral  oder  in  Kalilauge  gelb  sich  lösenden  Inhalt.  Einen 
solchen  führt  auch  eine  geschlossene  Schicht  unmittelbar  vor  der  Endo- 
dermis  gelegener  Parenchymzellen. 


Fig.  141.     Querschnitt  durch  die  Veti verwurzel.     (Orig.  v.  J.  Moellei 


Die  Endodermis  (Kernscheide)  besteht  aus  einer  einfachen  Lage 
von  axil  gestreckten  (90  ^k),  am  Querschnitte  stark  radial  zusammen- 
gedrückten, gerundet- 4  seitigen  oder  etwas  nierenförmigen ,  seitlich  und 
besonders  an  der  Innenwand  sehr  stark  verdickten  und  von  Porenkanälen 
durchsetzten  verholzten  Elementen.  Am  Längenschnitt  erscheint  ihre 
gelbe  Innenwand  mächtig  verdickt,  lappig  in  das  Zellenlumen  vorspringend. 
Der  Holzzylinder  enthält  mäßig  dickwandige  Libriformfasern,  weite 
(54  fi),  außerordentlich  fein  und  dicht  getüpfelte,  dickwandige  Tracheen 
mit  einfach  perforierten  Gliedern,  stark  verdickte  Tracheiden,  stärke- 
mehlführende Holzparenchymzellen  (15  u).  Das  Mark  ist  mit  grobkörniger 
Stärke  dicht  gefüllt,  deren  Körner  regelmäßig  komponiert  sind. 

Die  Vetiverwurzel  soll  schon  1781  nach  Europa  gelangt  sein,  sie 
wurde  später  (1830)  von  Frankreich  aus  als  Badix  Ivarancusae  oder 
Rad.   Vetiveriae^  Racine  de  Vetiver,  Cuscus-root,  Gholerawurzel 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  431 

zu  medizinischen  Zwecken  empfohlen.  Ihr  Geruch  und  Geschmack  sind 
bedingt  durch  ein  ätherisches  Öl,  das  in  der  Parfümerie  sich  Eingang 
verschafft  hat. 

Es  findet  sich  hauptsächhch  in  einer  der  Endodermis  vorgelagerten 
und  ihr  innig  angeschmiegten  Schicht  parenchymatischer  Zellen,  sowie 
in  zerstreuten  und  gruppierten  Zellen  des  Rindenparenchyms.  Auch  in 
vielen  Gefäßen  beobachtet,  man  eine  gelbbräunliche  Masse,  die  bei  Kali- 
behandlung in  ülig-harzigen  Tropfen  sich  darstellt. 

Das  ätherische  Öl  wird  durch  Dampfdestillation  in  einer  Ausbeute 
von  0,4 — 0,9  Proz.  gewonnen.  Es  hat  ein  spez.  Gew.  von  1,02 — 1,03 
und  löst  sich  leicht  in  80  Proz.  Weingeist  (Schimmel  &  Co.,  April  1897); 
es  ist  das  dickste  und  zähflüssigste  aller  ätherischen  Öle  (Gildemeister). 

Nach  Schimmel  &  Co.  (April  1893)  ist  nur  das  in  Indien  oder  in 
Europa  aus  der  Vetiverwurzel  destillierte  Öl  zulässig,  nicht  das  weit 
billigere,  von  Reunion  in  den  Handel  gelangende  Produkt,  welches  zum 
Teil  andere  Eigenschaften  besitzt  (spez.  Gew.  0,968,  unlüslich  in  80 proz. 
Weingeist),  auch  gelegentlich  mit  fettem  Öl  verfälscht  vorkommt. 

In  der  Parfümerie  findet  das  Öl  hauptsächlich  Anwendung  wegen 
seiner  Schwerflüchtigkeit,  zum  Fixieren  des  Geruches  leicht  flüchtiger 
Öle,  um  andere  Gerüche  also  beständiger  zu  machen.  Auch  zur  Ver- 
fälschung des  Geranium-  oder  Palmarosa- Öles  (von  Aiidropogon  Schoe- 
nanthus  L.)  wird  es  benutzt. 

Aus  den  langen  Nebenwurzeln  des  Vetivergrases  verfertigt  man  in 
Indien  Körbchen  und  Matten,  Fächer  und  Schirme,  welche  befeuchtet 
einen  angenehmen  Geruch  verbreiten;  auch  bedient  man  sich  der  ganzen 
und  der  gepulverten  Droge  zum  Einlegen  in  die  Wäsche,  um  sie  zu  par- 
fümieren, zur  Konservierung  von  Kleidern,  Möbelstoffen  usw.  gegen  Motten, 
sowie  als  Heilmittel  (Drury,  Dymock,  Watt). 

Die  Ableitung  einer  zweiten  Sorte  der  Vetiverwurzel  von  Ändro- 
pogon  Ivarancusa  Blane  ist  zweifelhaft.  Eine  ähnliche  Wurzel  soll  auch 
Andropogon  Parancusa  Blane  in  Ostindien  Hefern  (Martiny).  —  Siehe 
auch  p.  407. 

2.  Kalmiiswiirzel 

ist  der  von  seinen  Nebenwurzeln  befreite  Wurzelstock  von  Acorus  Ca- 
lamus  L.,  einer  an  Fluß-  und  Teichufern,  in  Sümpfen  in  einem  großen 
Teil  von  Asien,  Nordamerika  und  in  fast  ganz  Europa  (hier  aus  Klein- 
asien in  der  2.  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  eingeführt)  wachsenden,  in 
Burma  und  auf  Ceylon  kultivierten  Pflanze. 

Der  horizontale,  bis  mehrere  Dezimeter  lange,  hin  und  her  ge- 
bogene, nur  unterseits  bewurzelte  Wurzelstock  wird  im  Spätherbste 
herausgeholt,    von  den  Wurzeln,  Stengeln  und  Schäften  befreit  und  bei 


432 


Achtzehnter  Abschnitt,     unterirdische  Pflanzenteile. 


gelinder  Wärme  getrocknet.    Im  Handel  kommt  er  sowohl  ungeschält 
wie  geschält  vor. 

Der  ungeschälte  (bei  uns  offizi- 
nelle)  bildet  verschieden  lange,  1  bis 
1 1/2  cm  dicke,  etwas  flachgedrückte  Stücke, 
welche  (Fig.  142)  oberseits  abwechselnd 
dreieckige  Blattnarben,  unterseits  kleine, 
vertiefte  Wurzelnarben,  zickzackfürmig 
angeordnet,  zeigen. 

Die  Stücke  des  geschälten  Kalmus 
haben  meist  eine  gleichförmig  blaßrütliche 
Farbe;  gewöhnlich  sind  nur  die  Wurzel- 
narben deutlich. 

Der  Kalmus  besitzt  eigenartig  aroma- 


Fig.  142.  Ungeschälter  Wurzelstock  von 
Acorus  Calanms; 

A  von  der  Oberseite  mit  abwechselnden 
keilförmigen  Blattnarhenu.Internodien; 

B  von  der  Unterseite  mit  den  Wurzel- 
narben.   Etwas  verkleinert.    (A.  Vogl.) 


Geschmack. 

Der  Querschnitt  ist  ei-  oder  kreis- 
rund, blaßrötlich  oder  rötlichweiß,  die 
Rinde  (etwa  1/4  des  Durchmessers)  gleich 
dem  durch  eine  feine  Linie  (Endodermis) 


porös    mit    zerstreuten,    an    der    Innenseite    der   Endodermis    gehäuften 
Pünktchen  (Gefäßbündeln). 

Die  Epidermis    mit  dünner  Kutikula  besteht   aus  polygonalen,  an 


r^ 


Fig.  143.    Vergr.  100/1.     Querschnitt  aus  dem  Rhizom  des  Kalmus,     k  Endodermis,  s  Stärkemehl  füh- 
rendes Grundpareiichym,  i  Lufträume,  o  Ölzellen,  (jfh  Gefäßbündel.     (Tschirch.) 


den  Seiten  knotigen  Zellen.    Das  Grundgewebe  ist  zunächst  von  kollen- 
chymatischem   Charakter.     Weiterhin  (Fig.  143)   stellt    es  in  Rinde   und 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


433 


Kern  ein  durch  viele  Luftgänge  unterbrochenes,  lockeres  Parenchym  dar 
aus  rundlich-polyedrischen  Zellen  (24 — 45  /.t)^  deren  farblose  Membran 
grob  getüpfelt  ist  und  nach  Kalibehandlung  mit  Chlorzinkjod  sich  bläut. 
Die  Luftgänge  sind  fast  durchweg  nur  durch  eine  einfache  Zellschicht 
voneinander  getrennt  (Fig.  143). 

Die  Endo  dermis  bildet  eine  einfache  Schicht  vorwiegend  tangential 
gestreckter,  in  der  Fläche  polygonaler  Zellen  mit  verkorkten  Seitenwänden. 

Das  Grundgewebe  ist  von  zerstreuten,  nur  an  der  Innenseite  der 
Endodermis  genäherten  kollateralen  (Rinde)  oder  konzentrischen  (Kern) 
Leitbündeln  (Fig.  143)  durchzogen. 


SP         = 


jpr 


I'ig.  144.    Vergr.  200/1.     Kalmus.    Längensclinitt  aus  den  inneren  Teilea  des  Wurzelstockes;  ?;>■  Stärke- 
mehl  führendes  Grundgewebe  (Parenchym)    mit   axil   gestreckten  Lufträumen  {L}   und   eingeschalteten 
Ölzellen  (0);  fv  Leitbündel  mit  Kambiform  {cbf)  und  Treppentracheiden  {sp).     (A.  Vogl.) 

In  den  äußeren  Teilen  der  Rinde  treten  zunächst  kleinere  Bündel 
auf,  der  Hauptsache  nach  aus  Bastfasern  bestehend  und  oft  ringsum 
von  Kristallkammer  fasern  umgeben^).  Weiter  einwärts  gesellen  sich 
dazu  immer  reichlicher  Gefäße  und  werden  daher  die  Bündel  umfang- 
reicher (bis  300  1.1  im  Durchmesser).  Den  Leitbündeln  im  Zentralzylinder 
fehlen  im  allgemeinen  die  Bastfasern,  doch  trifft  man  auch  hier  ab  und 
zu  ein  Bündel  aus  dickwandigen  Bastfasern  wie  in  den  äußeren  Rinden- 
teilen. Die  konzentrischen  Leitbündel  zeigen  am  Querschnitt  einen 
peripheren  Kreis  von  weiten  und  engeren  Tracheiden  um  den  zentralen 


Neben  kleinkörniger   Stärke   (Fig.  145)   mit    eirunden,  länglichen. 


i)  In  manchen  Rhizomstücken  finden  sich   nur  spärliche  Kristalle,   in   anderen 
sind  sie  fast  an  jedem  Bündel  massenhaft. 

Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.    3.  Aufl.  28 


434 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


unregelmäßig-höckerigen,  auch  zu  2 — 4  zusammengesetzten,  meist  3 — 6  /< 
großen  Körnern  führen  die  Parenchymzellen  geringe  Mengen  plasmatischer 
Masse  und  einen  auf  Gerbstoff  reagierenden  Inhalt.  Dieser  ist  nach 
Vogl  reichlicher  vorhanden  in  den  peripheren  Gewebslagen  und  in  Zell- 
gruppen des  Grundparenchyms^  meist  um  die  Sekretzellen  herum.  Zer- 
streute Elemente  enthalten  eine  klumpige  oder  krümelige,  mit  Eisenchlorid 
schmutzighraun  sich  färbende  Masse.  Kalilauge  färbt  sie  braun-  oder 
rütlichgelb,  nach  Zusatz  von  Essigsäure  orange;  beim  Erwärmen  tritt 
größtenteils  Lösung  ein.  Durch  diese  Färbung  fallen  an  mit  Kalilauge 
erwärmten  Präparaten  die  Gerbstoffzellen  zwischen  den  ungefärbten 
Parenchymzellen   auf.     Durch    Zusatz   von  Naphthylenblau    zu  dem  mit 

Essigsäure  neutralisierten  Kalipräparate 
werden  diese  Zellen  ganz  blau  gefärbt. 
Eine  schöne  Übersicht  über  die  Ver- 
teilung der  Gerbstoffzellen  an  Schnitten 
erhält  man  auch  mit  diesem  Farbstoff 
oder  mit  Methylenblau  direkt  (tief  vio- 
lette, bzw.  blaue  Färbung  des  Inhalts, 
bei  ersterem  auch  der  Membran).  Die 
Gerbstoffschläuche  in  den  Phloembün- 
deln  bilden  axile  Reihen  (A.  v.  Vogl). 
Zerstreut  kommen  zahlreiche,  die 
Stärkemehlzellen  fast  durchweg  an 
Größe  übertreffende  Sekret-(Öl-)Zellen 
(Fig.  144,  145)  vor,  mit  farblosem,  in 
älterer  Ware  gelblichem  ätherischen 
Öl  oder  mit  einem  rotbraunen  Harz- 
klumpen als  Inhalt.  Ihre  dünne,  unter 
Wasser  farblose,  in  Kalilauge  gelbliche 
Membran  ist  verkorkt  i). 
Der  frische  Wurzelstock  kommt  mundiert,  in  Zucker  gesotten  und 
in  Querscheiben  zerschnitten,  als  populäres  Magenmittel  in  den  Handel. 
Die  Droge  (Radix  oder  Rhixoma  Calami,  Radix  Acori)  spielt  als  Heil- 
mittel (als  Stomachicum  und  Carminativum ,  als  Zusatz  zu  Bädern),  in 
der  Likör-  und  Schnupftabakfabrikation  eine  Rolle.  Böhmer  (II, 
p.  415)  führt  sie  auch  unter  den  Loh-  und  Gerbmaterialien  an.  Ihr 
wichtigster  Bestandteil  ist  ein  ätherisches  Ol  (Oleum  Calami),  welches 
durch  Dampfdestillation  aus  deutscher,  frischer  Kalmuswurzel  in  einer 
Menge  von  0,8  Proz.,  aus  deutscher  getrockneter  Ware  in  einer  solchen 


Fig.  145.  Vergr.  200/1.  K  a  1  m  u  s ;  Elemente 
des  Pulvers;  pr  Fragment  des  Grnndparen- 
chyms  mit  Stärkemehl  als  Inhalt  und  mit 
einer  Ölzelle  (o);  sp  Gefäßfragment  nnd 
daneben  Bruchstücke  eines  Spiralbandes. 
a  Stärkekörner.     (A.  Vogl.) 


1)  Tschirch  u.  Oesterle,  Anatom.  Atlas  d.  Pharmakogn.  u.  Nahrungsmittel- 
kunde.    Leipzig  4900.  —  Tschirch,  Handb.  d.  Pharmakognosie,  Bd.  II. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pilanzenteile.  435 

von  1,5 — 3,5  Proz.  erhalten  wurde.  Japanischer  Kalmus,  \on  Acorus 
gramitieus  Äit.,  gab  sogar  5  Proz.  ätherisches  ÖH).  Die  ungeschälte 
Droge  gibt  mehr  Öl  als  die  geschälte.  Das  Kalmus  öl  ist  etwas  dick- 
flüssig. Sein  spez.  Gew.  0,960—0,970;  au  =  +  10«  bis  +  31°.  Ver- 
seifungszahl  16 — 20,  nach  dem  Azetylieren  40 — 50.  Siedep.  170—300 
unter  Hinterlassung  eines  Rückstandes.  Mit  90  Proz.  Alkohol  ist  es  fast 
in  jedem  Verhältnis  klar  mischbar,  in  verdünntem  ziemlich  schwer  lös- 
lich. Seine  Bestandteile  untersuchten  neuerlich  Thoms  und  Beck- 
stroem^). 

Der  Bitterstoff  der  Wurzel  (Acorin)  ist  bezüglich  seiner  Natur  noch 
zweifelhaft.  Faust  (1867)  hat  ihn  für  ein  Glykosid  angesprochen, 
F lückiger  erhielt 3)  ihn  in  sehr  geringer  Menge  in  Kristallen.  Nach 
Thoms  (1886)  ist  er  indifferent,  von  der  Zusammensetzung  CseHßoOe, 
Geuther  (1887)  fand  ihn  stickstoffhaltig.  Kunz^)  wies  die  Anwesenheit 
von  Chol  in  in  der  Wurzel  nach.  Ihr  Gerbstoff  soll  ein  ähnliches  Ver- 
halten zeigen  wie  die  Filix-,  China-  und  Ratanhiagerbsäure  und  Kal- 
musrot liefern  (Geuther). 

3.  Veilchenwiirzel 

ist  der  geschälte,  von  den  Nebenwurzeln  befreite  und  getrocknete  Wurzel- 
stock von  Iris  germanica  L.,  I.  pallida  Lam.  und  I.  florentina  L. 
aus  der  Familie  der  Iridaceaß^). 

Von  den  drei  angeführten  Arten  ist  /.  germa^iica  die  bei  weitem 
verbreitetste  (von  Nordindien  durch  Vorderäsien  und  die  Mittelmeerländer 
bis  Marokko)  und  wird  auch  bei  uns  sehr  häufig  als  Zierpflanze  angebaut. 
L  pallida  kommt  von  Istrien  und  Dalmatien  bis  nach  Vorderasien,  Iris 
florentina  in  Mazedonien  und  Kleinasien  wild  vor.  Des  Wurzelstockes 
wegen  werden  sie  hauptsächlich  bei  Florenz  und  bei  Verona  kultiviert  6). 

Sie  haben  einen  horizontalen,  etwas  flachgedrückten,  am  hinteren 
Ende  absterbenden,  vorn  meist  gabehg  verzweigten,  an  den  Jahrestrieben 
eingeschnürten  gegliederten  Wurzelstock.  Die  einzelnen  Glieder  sind  an 
beiden  Enden  etwas  verschmälert,  an  der  oberen  etwas  gewölbten  Seite 


1)  Ber.  von  Schimmel  &  Co.,  April  1897. 

2)  Ber.  d.  D.  ehem.  Ges.  1902.  —  Vgl.  auch  Gildemeister,  Die  äther.  Öle, 
2.  Aufl.  (1913),  II,  p.  263. 

3)  Pharmakognosie,  3.  Aufl.,  1891. 

4)  Beiträge  zur  Kenntnis  der  ehem.  Bestandteile  von  Acorus  Calamus.  Arch.  d. 
Pharm.,  Bd.  226  (1888), 

5)  Tschirch,  Handb.  d.  Pharmakognosie,  II,  p.  1143. 

6)  Aus  der  nordamerikanischen  Iris  versicolor  L.  haben  Power  undGalway 
(Amer.  Journ.  Pharm,  1911)  ein  übelriechendes,  furfurolhaltiges  ätherisches  Öl  dar- 
gestellt. 

28* 


436 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


durch  Blattnarben  geringelt,  an  der  unteren  Seite  mit  fleischigen  Neben- 
wurzeln besetzt,  an  der  Oberfläche  braungelb,  im  Innern  weiß,  fleischig, 
von  widrigem  Geruch  und  scharfem  kratzendem  Geschmack. 

Der  Hauptsitz  der  Produktion  von  Florentiner  Veilchenwurzel  sind 
die  Gemeinden  in  der  Provinz  Toskana.  Die  beste  Ware  soll  in  S.  Polo 
und  Castellina  in  der  Gemeinde  Greve  erhalten  werden.  Auch  in  der 
Provinz  Arezzo  wird  eine  der  florentinischen  gleichwertige  Ware  erzielt. 
Der  Gesamtertrag  dieser  Gegenden  bewegt  sich  um  6 — 700  000  kg. 
Als  minder  gute  Qualität  gilt  die  Veroneser  Sorte,  hauptsächlich  in 
den  Gemeinden   von  Tregnago ,    Cazzano,    Illasi  und  Monteforte   erzielt : 


Fig.  146.    Yeilclienwurzel.    Nat.  Gr.    (W.  Mitlach  er.) 


ihr  Gesamtertrag  wird  auf  1  50 — 200  000  kg  geschätzt  (Schimmel  &  Co., 
Bericht  Oktober  1897).  Auch  in  der  Provinz  Vicenza  und  in  Bozen  soll 
Veilchen  Wurzel  produziert  werden,  und  in  neuerer  Zeit  kommt  sie  auch 
aus  Marokko  und  Indien  in  den  Handel;  es  sind  klein  stückige,  kaum 
verwendbare  Sorten.  Eine  aus  Sta.  Catarina  in  Brasilien  angebotene  Iris- 
wurzel  soll  dagegen  vortrefflich  seini).  Die  Hauptausfuhrplätze  sind 
Livorno,  Verona  und  Triest;  aus  Livorno  wurden  i.  J.  1911  690  t  aus- 
geführt. 

Die  Kultur  soll  in  Italien  schon  seit  mehr  denn  200  Jahren  bestehen. 


h)  Bericht  v.  Schimmel  6:  Co.,  Oktober  1911   und  Oktober  1912. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


437 


Meist  findet  der  Anbau  statt  an  Abhängen,  in  sonnigen  Waldblüßen  und 
zwischen  Weingeländen,  selten  auf  ausgedehnten  Feldern,  denn  die  Pflanzen 
lieben  trockenen,  steinigen  Boden.  Ist  die  Pflanzung  erfolgt,  so  erfordert 
sie  gar  keine  Pflege;  man  überläßt  sie  2  —  3  Jahre  lang  ihrem  Schicksal. 
Gewöhnlich  nimmt  man  die  Wurzelstücke  nach  3,  selten  nach  21  Jahren 
heraus. 


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Fig.  147. 


Parenchym    der  Yeilclienwurzel   im  Längsschnitt   mit  Stärke   und    einem 
gebetteten  Kristall.    (J.  Mo  eller.) 


d.  h.  von  den  äußeren  Gewebsschichten  und  von  den  Nebenwurzeln  be- 
freit, ins  Wasser  gelegt,  um  sie  zu  reinigen  und  um  das  Schälen  zu  er- 
leichtern. Die  geschälten  Wurzelstücke  werden  dann  auf  Terrassen  in 
der  Sonne  getrocknet,  was  etwa  H  Tage  in  Anspruch  nimmt.  100  kg 
grüne  zweijährige  Wurzeln  geben  40  kg  trockene,  100  kg  grüne  drei- 
jährige Wurzeln  nur  30  —  35  kg  trockene.  Die  Aufbereitung  der  Droge 
soll  sehr  mühevoll  sein. 


438  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Die  gewöhnliche  Handelsware  (Fig.  146)  besteht  aus  daumenlangen, 
2 — 3  cm  breiten  weißen  oder  gelblichweißen,  schweren,  harten, 
ebenbrüchigen  Stücken,  welche  oberseits  wenig  deutlich  gerunzelt,  unter- 
seits  mit  kreisrunden  Wurzelnarben  versehen  sind  und  einen  lieblichen 
veilchenartigen  Geruch  besitzen. 

Der  Querschnitt  ist  elliptisch  oder  fast  kreisrund,  die  Rinde  (etwa 
Yio  des  längeren  Durchmessers)  weiß  mit  spärlichen,  zerstreuten  Leit- 
bündeln, durch  eine  feine  Endodermislinie  getrennt  von  dem  meist 
gelblich-weißen  Kern,  der  besonders  in  seinem  peripheren,  an  die  Endo- 
dermis  sich  anschließenden  Teile  zahlreiche  Leitbündel  aufweist. 

Das  Grundgewebe  besteht  aus  einem  lückigen  Parenchyra  aus  großen, 
gerundet-polyedrischen  Zellen  mit  farbloser,  grobgetüpfelter,  in  Wasser 
quellender,  daher  dickwandig  erscheinender  Membran,  die  durch  Ghlor- 
zinkjod  blau  gefärbt  wird.  Die  meisten  Zellen  sind  dicht  gefüllt  mit 
Stärkekörnern,  welche  am  häufigsten  (Fig.  147)  länglich,  an  einem 
Ende  abgestutzt,  am  andern  abgerundet  sind  und  hier  eine  meist 
mehrstrahlige  Spalte,  besonders  charakteristisch  in  Zangenform  zeigen; 
seltener  sind  eirunde  und  eiförmige,  sowie  hier  und  da  zusammengesetzte 
Körner,  Die  meisten  von  25 — 40,  allenfalls  bis  50  //  Länge.  Im  Herbst 
enthalten  die  Zellen  reichlich  Leukoplasten  als  kleine  farblose  scheiben- 
förmige Gebilde  mit  ansitzendem  Stärkekorn  (Tschirch).  Zwischen  den 
Stärkezellen  finden  sich  allenthalben  dünnwandige  Schläuche,  die  einen 
200 — 500  n  langen,  bis  über  30  u  breiten  einfachen  oder  Zwillingskristall 
von  Kalkoxalat  einschließen  i).  Diese  Kristalle  und  die  Stärkekörner  sind 
für  das  Irispulver  (Fig.  148)  charakteristisch. 

Die  Endodermis  ist  zartzellig  und  wird  dadurch  kenntlich,  daß  sie 
stärkemehlfrei  ist.  Die  Leitbündel  zeigen  zumeist  am  Querschnitt 
einen  Kreis  von  Gefäßen  in  der  Peripherie  und  einen  starken  Siebteil 
in  der  Mitte.     Die  untere  Seite  des  Wurzelstockes  ist  leitbündelreicher. 

Das  ätherische  Öl  kommt  nicht  in  besonderen  Sekretzellen  vor, 
sondern  ist  neben  Amylum  in  den  Parenchymzellen  verteilt.  Es  ist  in 
dem  lebenden  Rhizom  nicht  vorhanden,  sondern  bildet  sich  erst  beim 
Trocknen. 

Das  durch  Dampfdestillation  oder  durch  Extraktion  aus  der  Droge 
in  einer  Menge  von  0,1 — 0,2  Proz.  gewonnene  Irisöl  ist  eine  gelblich- 
weiße  oder   gelbe,    butterartige    Masse   von    intensivem   A'eilchengeruch. 


^)  Tschirch  (Anal.  Atlas)  betrachtet  diese  Kristallschläuche  als  Membran- 
säcke,  entstanden  durch  Einstülpung  einer  Menobranpartie  in  einen  Interzellularraum 
In  dem  so  entstandenen,  keinen  Plasmaschlauch  beherbergenden  Sacke  ersteht  dann, 
wie  es  scheint,  in  einer  verschleimten  Wandpartie  der  Kristall. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


439 


Sein  Hauptbeslandteil  (85  Proz.)  ist  die  ganz  geruchlose  Myristinsäurei). 
Der  den  Geruch  bedingende  Körper  ist  ein  Keton  (C,3H2oO),  das  Iron^). 
Tiemann  und  Krüger  gewannen  es  durch  Wasserdampfdestillation 
des  Iriswurzelextraktes.  Seitdem  flüssiges  Irisül  erhältlich  ist,  stellt  man 
es  aus  diesem  durch  fraktionierte  Destillation  dar 3).  Neuestens  ist  es 
von  Merling  und  Weide*)  synthetisch  dargestellt  worden. 


S'ig.US.    Pulver  der  Veilchenwurzel.    Vergr.  200/1 ;  ;jr  Gruppe  von  Stärkemehl  führenden  Zellen 

■des   Grundparenchyms ;  pr'   Fragmente   der   getüpfelten   Grundparenehymzellen;    sp   Gefäßfragmente; 

A' Kalkoxalatkristalle;  a  Stärkekörner.    (Vogl.) 

Der  Geruch  des  Irons  ist  von  dem  der  Veilchen  ganz  verschieden, 
tritt  aber  deutlich  hervor,  wenn  es  mit  viel  Alkohol  verdünnt  wird  5), 
Das  Isomere  des  Iron,  das  lonon,  von  F.  Tiemann  zuerst  synthetisch 
dargestellt,  kommt  als  künstliches  Veilchenaroma  in  den  Handel. 

Weitere  Bestandteile  des  Irisöles  sind:  Furfurol,  Benzaldehyd, 
Nonylaldehyd,  Naphthalin  u.  a,  m.ß). 

2,0  g  des  Öles  entsprechen  ungefähr  dem  Parfüm  aus  1  kg  feinster 
florentinischer  Wurzel^). 


4.  Ingwer, 

franz.  Gingembre,  engl.  Ginger,  Radix  (Rhiwma)  Zingiberis,  ist 
der  gewaschene,  von  Blattscheidenresten  und  Wurzeln  befreite,  in  der 
Sonne  getrocknete,  oder  vorher  durch  Schälen  von  den  äußeren  Gewebs- 
schichten  teilweise  oder  ganz  befreite  Wurzelstock  von  Zingiber  offid- 


1)  Flückiger,  Über  das  Öl  der  Iriswurzel.     Arch.  Pharm.  -(876. 

2)  Tiemann  u.  Krüger,  Ber.  d.  D.  ehem.  Ges.  XXVI  (4893). 

3)  E.  Gildemeister,  Die  äther.  Öle,  ä.  Aufl.,  I.  Bd.,  p.  487, 

4)  Liebigs  Ann.,  366.  Bd.  (1909),  p.  119. 

5)  E.  Gildemeister,  Die  äther.  Öle,  2.  Aufl.,  II.  Bd.,  p.  278. 

6)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  April  1907,  p.  53  und  Oktober  1908,  p.  62. 

7)  Schimmel  &  Co.,  Bericht  Oktober  1896,  p.  44. 


440  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

nale  Rose,  einer  aus  dem  tropischen  Asien  stamnnenden,  in  den  meisten 
heißen  Gegenden  der  Erde  kultivierten  Zingiberaceei). 

Im  Handel  unterscheidet  man  ungeschälten  (bedeckten),  halb- 
geschälten und  geschälten  (gekalkten  und  gebleichten)  Ingwer.  Von 
den  nach  den  Produktionsländern  bezeichneten  Sorten  des  Ingwers  sind 
bei  uns  die  gebräuchlichsten  Bengal-,  Jamaika-  und  Gochin-Ingwer. 
Ersterer  gehurt  zu  den  halb  geschälten,  die  beiden  anderen  gehören  zu 
den  ganz  geschälten  Sorten.  Als  ein  in  manchen  Ländern  beliebtes 
Magenmittel  kommt  aus  Westindien  und  China  auch  der  frisch  in 
Zucker  eingemachte  Wurzelstock  in  den  Handel. 


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■    Fig.  149.     Ingwer  in  nat.  Größe,  links  geschält,  rechts  halb  geschält.     (W.  Mitlacher.J 

Die  gewöhnliche  Handelsware  besteht  aus  bis  1  dm,  selten  darüber 
langen,  mehr  oder  weniger  flachen,  ein-  oder  zweiseitig  verzweigten 
oder  mehr  handförmig  geteilten  Stücken  (Fig.  149).  Die  Oberfläche  ist 
am  ungeschälten  Ingwer  mit  gelblichbraunem  grobrunzeligen  Kork  be- 
deckt, an  den  beim  halbgeschälten  Ingwer  davon  entblößten  Stellen 
(entsprechend  den  Breitseiten)  schiefergrau,  ziemlich  eben,  am  geschälten 
Ingwer  gelblich  bis  rötlichbraun,  längsrunzelig  und  längsstreifig,  häufig 
von  Kalk  weiß  bestäubt  und  abfärbend;  der  Querbruch  der  Stücke  ist 
bald  körnig-mehlig  (Cochin-,  Jamaika-Ingwer),  bald  fast  hornartig  (Bengal- 
ingwer) und  wenig  oder  stark  faserig  (letzteres  besonders  bei  Gochin- 
und  Jamaika-Ingwer). 


1)  Tschirch,  Handb.  d.  Pharmakognosie,  Bd.  II,  p.  1044. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  441 

Der  Querschnitt  ist  elliptisch,  gelblichweiß,  gleichmäßig  punktiert. 
Eine  bräunliche  Linie  (Kernscheide)  trennt  die  schmale  (etwa  1/2  mm) 
Rinde  von  dem  Kern. 

An  den  nicht  geschälten  Teilen  befindet  sich  eine  Epidermis  mit 
einigen  wenigen  Lagen  farblosen  Parenchyms  (Hypoderm)  und   darunter 


Fig.  150.    Querschnitt  durct  Ingwer  in  der  Gegend  der  Kernscheide.    (J.  Moeller.) 

eine  starke  Kork  schiebt,  auf  welche  eine  breite  bräunhche  Zone  aus. 
kollabierten  Parenchymzellen  mit  eingelagerten,  stellenweise  reichlichen 
Sekretzellen  und  mit  einzelnen  Leitbündeln  zu  folgen  pflegt.  An  den 
schiefergrauen  Schälflächen  liegt  dieses  zusammengefallene  Gewebe  zu 
äußerst;  an  ganz  geschälten  Stücken  fehlen  alle  diese  äußeren  Gewebs- 
schichten. 


442 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzeuteile. 


Das  parenchymatische  Grundgewebe  (Fig.  150)  ist  dicht  mit  Stärke- 
mehl gefüllt.  Zerstreut  kommen  darin  zahlreiche  Sekretzellen  vor,  von 
der  Form  und  Größe  der  Stärkezellen,  mit  dünner,  verkorkter  Membran 
und  zitronen-  oder  goldgelbem  ätherischem  Ol  oder  einem  Harzballen 
als  Inhalt. 

Die  Endodermis  ist  eine  einfache,  stärkemehlfreie,  wenig  hervor- 
tretende Gewebsschicht  aus  am  Querschnitte  vorwaltend  tangential  ge- 
streckten, dünnwandigen  Zellen.  An  ihrer  Innenseite  finden  sich  dicht 
gedrängte,  am  Querschnitt  eine  fast  geschlossene  Zone  bildende,  sonst 
ziemlich  gleichmäßig  verteilte  Leitbündel. 

Sie  enthalten  gewöhnlich  (Fig.  150)  nur  eine  kleine  Gruppe  von 
Netz-,  Treppen-,  Ring-  oder  Spiral-Netzgefäßen,  welchen  seitlich  der 
Phloemteil  angelagert  ist.  Die  zentral  gelagerten  stärkeren  Gefäßbündel 
sind  von  Bastfasern  begleitet  oder  umscheidet.  Diese  sind  weitlichtig 
bis   600  u    lang,   bis    60  f(   und  darüber   breit,   hin  und   wieder    durch 


mäm 


Fig.  151.     Stärkemehl  aus  dem  Bengal-Ingwer.     Vergr.  350  1.     (A.  v.  Vogl.) 

eine  zarte  Querwand  gefächert.  In  Begleitung  der  Leitbündel  kom- 
men Pigmentzellen  in  axilen  Reihen  vor;  sie  sind  60 — 90  n  lang,  9 — 12  n 
breit,  dünnwandig,  von  einem  orange-  bis  rotbraunen  homogenen,  auf 
Gerbstoff  reagierenden  Inhalt  erfüllt. 

Das  Stärkemehl  des  Bengal-Ingwers  besteht  aus  einfachen,  flachen, 
meist  24 — 32  //,  ausnahmsweise  bis  45  //  langen,  5 — 20  u  breiten  Kör- 
nern (Fig.  151).  Am  häufigsten  sind  sie  eiförmig,  am  schmalen  Ende 
in  eine  kurze  Spitze  vorgezogen,  daher  einem  zugebundenen  Sacke  ver- 
gleichbar. Auf  der  Kante  stehend,  erscheinen  sie  lineal,  oft  zu  mehreren 
aneinandergelagert.  Der  kleine  oft  undeutliche  Kern  liegt  stark  exzen- 
trisch, die  Schichtung  dicht,  flach,  selten  deutlich. 

Übrigens  zeigen  die  Stärkekörner  von  manchen  Ingwersorten  kleine 
Abweichungen  vom  Typus. 

Ganz  verschieden  ist  das  Stärkemehl  des  japanischen  Ingwers i), 
dessen  Bau  sonst  mit  jenem  des  gewöhnlichen  Ingwers  übereinstimmt. 
Die  Stärke  besteht  hier  in  den  weichen,  mehligen  Stücken  aus  einfachen 


■I)  T.  F.  Hanausek,  Nähr.-  u.   Genußniittel.  Wien 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  443 

und  zusammengesetzten  Kürnern,  in  den  hornig  harten,  offenbar  vor 
dem  Trocknen  abgebrühten  Stücken  i),  liegt  ein  Kleisterballen  in  den  Zellen. 
Die  einfachen  Körner  weichen  vom  Typus  wenig  ab,  die  zusammen- 
gesetzten sind  meist  Zwillinge  und  Drillinge  mit  ungleich  großen  Teil- 
körnern,  auch  solche  mit  drei  Kürnern  in  einer  Bogenreihe,  nicht  flach, 
mit  Kernspalte.  Zwischen  ihnen  mitunter  Kalkoxalatoktaeder.  Die  Menge 
der  Stärke  des  Ingwers  wird  mit  20  Proz.  angegeben. 

Der  Träger  des  scharfen  Geschmackes  ist  nach  Thresh  (Pharm. 
Journ.  1879)  eine  halbflüssige  hellrote  Substanz  (Ginge rol);  es  ist  ein 
Gemisch  von  phenolischen  Verbindungen  2).  Der  Geruch  ist  bedingt 
durch  ein  etwas  dickflüssiges  ätherisches  Ol  von  grünlichgelber  Farbe 
und  0,877 — 0,88G  spez.  Gew.,  von  dem  man  durch  Dampfdestillation 
2—3  Proz.  erhält 3). 

Der  Aschengehalt  des  Ingwers  soll  8  Proz.  nicht  überschreiten 
und  nicht  weniger  als  1,5  Proz.  betragen.  Bengal-Ingwer  gab  6,27  Proz. 
Asche  (mit  1,67  Proz.  Sand).  Zwei  Proben  von  ungeschälten  Wurzel- 
stöcken, je  eine  aus  dem  botanischen  Garten  Kalkutta  und  Viktoria, 
gaben  4,36  bzw.  6,60  Proz.  Asche  (A.  v.  Vogl). 

Die  Hauptanwendung  findet  der  Ingwer  als  Küchengewürz,  in 
der  Medizin,  zur  Darstellung  des  ätherischen  Öles  und  in  der  Likör- 
und  Kanditen fabrikation. 

5.  Oelbwurzel,       , 

Curcuma,  Turnieric,  ist  der  von  den  Wurzeln  befreite,  dann  ab- 
gebrühte und  getrocknete  Wurzelstock  von  Curcuma  longa  L.,  einer 
aus  Südasien  stammenden,  dort  sowie  in  anderen  Tropenländern  kulti- 
vierten Zingiberacee.  Die  geschätzteste  Gelbwurzsl  ist  die  chinesische, 
dann  folgt  die  Bengalsorte,  die  bei  uns  gewöhnliche,  weiter  die  Madras-, 
Gochin-  und  Java-Curcuma. 

Die  Handelsware  besteht  (Fig.  1 52)  aus  ei-  oder  birnförmigen,  nuß- 
großen, von  Blattscheidenresten  quer  geringelten  Stücken,  oft  mit  ein- 
zelnen dünnen  Wurzeln  und  großen  runden  Narben,  den  abgeschnittenen 
Seitenlrieben  (Curcuma  rotunda).  Häufiger  sind  fingerlange,  oft  walzen- 
runde, mit  wenigen  kurzen  stumpfen  Ästen  oder  deren  Narben  versehene, 
wenig  deutlich  geringelte,  längsrunzelige  Stücke  (Curcuma  longa).  Es 
sind  die  Seitentriebe  oder  Nebenwurzelstöcke,  während  die  zuerst  be- 
schriebenen Stücke  dem  Hauptwurzelstock  angehörten. 


\]  Solche,  von  verkleisterter  Stärke  harte  Stücke  finden  sich  übrigens  auch  ab 
und  zu  beim  gewöhnlichen  Bengal-Ingwer. 

-2)  Hiroshi  Namura,  Ghem.  Zeutralbl.  -1918,  I,  619. 

3)  Gildemeister,  Die  äther.  Öle.  -2.  Aufl.  (-1913),  II.  p.  -29^ 


444 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


Die  Wurzeln  sind  mit  gelblichgrauem  oder  grünlichgelbem  Kork  be- 
deckt, dicht  und  schwer,  hart,  fast  hornartig,  ebenbrüchig,  auf  der  Bruch- 
fläche wachsartig,  orange-  oder  gultigelb. 

Sie  haben  einen  ingwerartigen  Geruch,  einen  feurig-gewürzhaften, 
zugleich  etwas  bitteren  Geschmack  und  färben^  gekaut,  den  Speichel  gelb. 

Der  Querschnitt,  meist  kreisrund,  ist  wachsglänzend,    orangegelb 


messers)    ist  durch  eine  hellgelbe,   scharf  gezeichnete   Kreislinie    (Endo- 
dermis)  vom  Kern  getrennt. 

Die  selten  vorhandene  Oberhaut  aus  polygonalen  Zellen  trägt  mit- 
unter Spaltöffnungen  und  stellenweise  ziemlich  reichlich  einzellige,  120  bis 

600  ,u  lange,  dickwandige 
Haare.  An  Stelle  der 
meist  abgestoßenen  Ober- 
haut findet  sich  eine  ver- 
schieden starke,  zartzellige 
Korkschicht(Fig.  153, 154). 
Das  Grundgewebe  der 
Droge  (Fig.  153)  ist  groß- 
zellig (45—150  .«);  die 
gelbwandigen  Parenchym- 
zellen  sind  gefüllt  mit 
Stärke,  größtenteils  in  Form 
gelber  Kleisterballen, 
die  leicht  aus  den  zerris- 
senen Zellen  herausfallen. 
Sie  sind  oft  deutlich  genetzt 
von  dem  die  Stärkekörner  einhüllenden  Protoplasma.  Setzt  man  vor- 
sichtig Jodlösung  zu,  so  färbt  sich  die  Kleistermasse  schön  blau,  das  Netz 
goldgelb.  In  einzelnen  Zellen  finden  sich  noch  wohlerhaltene  Stärkekörner, 
die  daher  auch  im  Pulver  niemals  fehlen.  Sie  sind  (Fig.  1 55)  jenen  des 
Ingwers  ähnlich,  nämlich  flach,  länglich,  mit  vorgezogener  Spitze,  einem 
zugebundenen  Sacke  vergleichbar,  15 — 30,  einzelne  bis  45  /<  lang,  mit 
stark  exzentrischem  Kern,  mit  wenig  deutlicher  Schichtung. 

Hier  und  da  findet  man  in  den  Parenchymzellen  des  Grundgewebes, 
häufiger  im  Gewebe  der  Niederblätter,  hier  sogar  in  den  Schließzellen 
der  Spaltöffnungen  und  in  den  Haaren  kleine,  zum  Teil  gut  ausgebildete 
oktaedrische  Kalkoxalatkristalle  (A,  v.  Vogl). 

Zwischen  den  Stärkezellen  zerstreut  kommen  in  der  Größe  kaum 
verschiedene  Sekretzellen  vor,  deren  Membran  verkorkt  ist.  Sie  ent- 
halten orangegelbes  ätherisches  Ol  oder  einen  Harzklumpen.  Ur- 
sprünglich bilden  farbloses  Öl  und  ein  gelber  Farbstoff,  das  Curcumin, 


Fig.  152.     Typische  Formen  der  Gelbwurz« 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


445 


den  Zellinhalt.     Infolge  des  Abbrühens  diffundiert  der  Farbstoff  und  färbt 
alle  Teile  des  Rhizoms  gelb. 

Die  Endodermis  ist  zartzellig  und  tritt  auf  mikroskopischen 
Schnitten  wenig  hervor.  An  ihrer  Innenseite  sind  die  kollateralen  Gefäß- 
bündel gehäuft.  Sie  sind  wenig  umfangreich,  enthalten  eine  Gruppe 
von  engeren  und  weiten  gelbwandigen  Treppen-,  Spiral- 
begleitet von  Pigmentzellen,  Bastfasern  fehlen. 


Fig.  153.    Querschnitt  aus  der  Gelb  Wurzel.     A'Kork,  oe  Seiretzelle,  p' Leitbündel,  p  Rindenparenchym 
mit  Kleisterballen.    (J.  Mo  eller.) 

Das  Curcuma-Vn\\QV  ist  charakteristisch  gelb,  gewürzhaft.  Mit 
Alkalien  färbt  es  sich  braunrot  (Fig.  155).  Es  besteht  hauptsächlich  aus 
gelben  Kleisterklumpen,  neben  denen  die  wenig  charakteristischen  Ge- 
webereste fast  verschwinden. 

Das  aus  der  Curcuma  in  einer  Menge  von  3 — 5,5  Proz.  erhaltene 
ätherische  Öl  (Schimmel  &  Co.]  ist  orangegelb,  etwas  fluoreszierend, 
von   schwachem    Cz<rc2/wa-Geruch  und   0,942  —  0,961    spez.   Gewicht  i). 


\)  Gildemeister,  Die  äther.  Öle,  2.  Aufl.  (-1913), 


p.  11 


446 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


zuerst  von 
— ^2  Proz. 


Der  technisch  verwendete  gelbe  Farbstoff,  das  Cur  cum  in, 
Daube  (1870)  näher  untersucht,  kann  in  einer  Menge  von  1/3 

aus  der  Droge  erhalten  werden  in  gelben,  im 
reflektierten  Lichte  blau  schimmernden,  vanille- 
artig riechenden  Kriställchen.  Dieselben  lösen 
sich  kaum  selbst  in  heißem  Wasser,  leicht  in 
Alkalien  mit  schön  roter  Farbe,  etwas  auch  in 
Chloroform  und  Äther,  weniger  in  Benzol  und 
Schwefelkohlenstoff.  Die  nicht  alkalischen 
Lösungen  zeigen  schön  grüne,  die  alkalischen 
rote  Fluoreszenz.  Mit  einem  weingeistigen 
Auszug  der  Gelbwurzel  getränktes  Papier  wird 
durch  Alkalien  rot,  beim  Trocknen  violett. 
Setzt  man  der  Tinktur  statt  Alkali  Borsäure 
zu,  so  nimmt  das  Papier  beim  Trocknen  gelb- 
rote und  beim  Besprengen  mit  Ammoniak  vorübergehend  blaue  Farbe 
an  (Flückiger).  Nach  Ivanow-Gajewsky  (1873)  enthält  die  Wurzel 
1  VI 


Fig.l.'i4.  Korkder  Gelbwnrzel  in 
der  Flächenansicht.    (J.  M  o  e  1 1  e  r.) 


Fig.  155.  Curcuma.  I  Querschnittspartie  mit  einer  Gruppe  von  Gefäßen  (G),  begleitet  von  einer  Pig- 
mentzelle {p)  und  umgeben  von  Stärkezellen  (A).  II  Längsschnittspartie  des  Gmndparenchyms  [A)  mit 
einer  Sekretzelle  (0).  IV  Gefäßfragmente.  V  Drei  isolierte  Grnndparenchymzellen.  Vergr.  200/1.  — 
VI  Stärkekörner  der  Gelbwurzel,  stärker  vergrößert  als  die  übrigen  Figuren.  Alles  aus  dem  Pulver 
der  Droge.    (A.  E.  v.  Vogl.) 

auch  geringe  Mengen  eines  Alkaloids,  nach  Kachler  (1870)  Ealiumoxalat. 
Ihr  Gehalt  an  manganhaltiger  Asche  wurde  mit  7,9  (0,63  Sand)  ermittelt i). 

\)  Im  Durchschnitt  von  vier  Proben  7,71  Proz.;  die  äußeren  Gewebsschichten 
(hauptsächlich  aus  Kork  bestehend)  ergaben  U,4  Proz.,  die  davon  befreite  Wurzel 
4,64  Proz.  Asche  (A.  v.  Vogl). 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdisciie  Pflanzenteile. 


447 


Die  Ciircuma^  von  Garcia  ab  Horto  unter  dem  Namen  Crociis 
indicus  beschrieben  (Arom.  p.  löSl),  findet  in  Indien  und  China  aus- 
gedehnte Anwendung  als  Heilmittel,  Gewürz  (Curry  powder)  und  Kos- 
metikum*).  Bei  uns  wird  sie  als  Färbemittel  besonders  für  Fette,  Wachs, 
Wolle,  Seide,  Papier,  Leder,  Holz,  Metallfirnisse  usw.  und  pharmazeutisch 
benutzt,  allenfalls  auch  als  Fälschungsmittel  für  Insektenpulver,  Safran 
und  andere  Gewürze  im  gepulverten  Zustande.  Die  Empfehlung  des 
Curcu?na-P dipiers  als  Reagens  (jetzt  besonders  zum  Nachweis  der  Bor- 
säure in  Nahrungsmitteln  angewendet)  rührt  von  Tromsdorff  (1808)  her. 


6.  Canaigre. 

So  oder  Raiz  del  India  heißt  ein  Gerbmaterial,  das  in  den  neun- 
ziger Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  nach  Europa  kam  und  wegen 
seiner  vortrefflichen  Eigenschaften  2) 
bald  allgemeinen  Anklang  fand. 

Es  sind  die  Wurzelknollen  von 
Rumex  hi/menosdpalus  Torr.,  einer 
in  den  Südstaaten  der  Union  und  in 
Mexiko  namentlich  in  den  Inunda- 
tionsgebieten  der  Flüsse  in  ungeheurer 
Menge  wachsenden  Polygonacee^). 

In  einer  unter  dem  Titel  »Ca- 
naigre« von  Gh.  B.  Gollingwood 
veröffenthchten ,  von  W.  Eitner  im 
>  Gerber  «4)  ausführlich  referierten 
Monographie  finden  sich  zuverlässige 
Angaben  über  die  Geschichte  dieses 
Gerbmaterials,  über  die  Stammpflanze,  ihre  geographische  Verbreitung, 
über  die  Wurzel,  ihren  Gerbstoffgehalt  aus  verschiedenen  Provenienzen 
und  über  ihre  Kultur. 

Dieser  Quelle  zufolge  dürfte  die  Bezeichnung  Canaigre  aus  dem 
französischen  Canne  aigre  (saurer  Stock  oder  Stengel)  in  das  spanische 
Cana  agria  korrumpiert  worden  sein.  Die  Mexikaner  benutzten  die 
Pflanze  schon  lange  als  Gerb-  und  Heilmittel,  aber  erst  1882  wurde 
die  Wurzel  ein  Handelsartikel,  nachdem  1874  R.  VäIcker  aus  Galveston 
(Texas)  ihren  Gerbstoffgehalt  auf  23,16  Proz.  ermittelt  hatte. 

Die  Pflanze  wird  meterhoch  und  entwickelt  sich  aus  einem  Bündel 


Fig.156.  Canaigre  in  nat.  Gr.    (C.  Hart  wich. 


1)  G.  Watt,  Dict.  of  the  Econom  Prod.  of  India  1889,  II,  p.  652. 

■i]  W.  Eitner,  Canaigre,  ein  neues  Gerbmaterial.     Der  Gerber  ISSi,   Nr.  401. 

3)  A.scherson-Graebner,  Synopsis  d.  mitteleurop.  Flora,  IV,  p.  788. 

4)  XIX.  Jahrg.  (1893),  Nr.  451   u.  432. 


448 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


(3 — 12)  kartoffel-  oder  dahliaähnlicher,  außen  rotbrauner,  innen  zitronen- 
gelber Knollen,  die  beim  Trocknen  hart  wie  Holz  werden.  Sie  ist  schnell- 
wüchsig und  durchläuft  ihre  Entwicklung  in  5  Monaten.  Die  Vermehrung 
scheint  nur  durch  Knollen  und  deren  Ausläufer  stattzufinden.  Für  die 
Kultur  eignen  sich  verschiedene  Gegenden  und  Bodenarten,  auch  in 
außertropischen  Gebieten  i),  doch  scheint  in  diesen  der  Gerbstofigehalt 
nicht  so  groß  zu  werden  wie  in  der  Heimat. 

Der  Gehalt  an  Gerbstoff  (Rheo-Gerbsäure)  übersteigt  in  manchen 
Wurzeln    35  Proz.    und   beträgt  im  Durchschnitt  30,5  Proz.      Klinger 


Fig.  157.     Cauaigre  im  Querscknitt.  —  Orig.-Photogr.     (J.  Mo  eller.) 

und  Bujard2)   bestimmten   den  Wassergehalt  der  frischen  Knollen  mit 
61,08  Proz.,  den  Gerbstoffgehalt  der  bei  100°  getrockneten  mit  33,62  Proz. 
Oettinger!*)  erhielt  folgende  Mittelwerte: 

Wasser 10,0-1  Proz, 

Gerbende  Stoffe 21,68      > 

Nichtgerbende  Stoffe  ....  21,46      » 

Unlösliches 46,85      > 


100,00  Proz. 


1)  E.  Andreis,  »II  Canaigre«,  Raccolta  di  Studi  e  Memorie.  Torino  1897; 
D.  Sakellario,  »Über  die  Kultur  der  Canaigrewurzel.«  Publikationen  der  k.  k. 
Samenkontrollstation  in  Wien,  Nr.  280. 

2)  Zeitschr.  f.  angew.  Chemie  1891. 

3)  Karl  Oettinger,  »Neuere  Gerbmateriahen.«     Leipzig  u.  Wien  1914. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  449 

Trockensubstanz 89,99  Proz. 

Asche 3,50      » 

Org.  Extraktstoffe 40,61       »     ] 

Extraktasche 2,53      »     j    '^^'''^  ^''^^• 

Nach  Zimmermann!)  enthält  die  Conaigre  auch  ^0  Proz.  Zucker, 
darunter  8  Proz.  Saccharose.  CUfford  Richard son 2)  will  in  ihr  Derivate 
der  Ghrysophansäure  gefunden  haben. 

Der  anatomische  Bau  der  Knollen  ist  der  typische  eines  Reserve- 
stoffbehälters:  es  überwiegt  weitaus  das  Parenchym  (Fig.  157).  Ein 
brauner,  ilachzelliger  Kork  bedeckt  die  Knollen  und  dringt  auch,  flache 
Borkeschuppen  bildend, 

in  dasRindengewebeein.  ^    ^ 

Dieses     ist     ein     unge-       r  '--:■'        \     X  -^      \\'\ 

wohnlich    zartzelliges,         '•^äf>^         V^'  j  ^^'^^nuI 

lückiges,     stellenweise 
zerrissenes    Parenchym  _     (^ 

mit  vereinzelten    Stein-     x^iij!..  ^x'    ;  ('    f^  / 

Zellen.      2 — 3  mm  vom  ^i<^^  _  '^^ 

Kork  entfernt  liegen  die  /      .'^ 

Leitbündel,  in  einem  mit         ^-j-  ^'"' 

freiem  Auge  sichtbaren      v,^    ,Q  '^  /^^'^ 

Kreis    (Fig.  '157).      Die  /p"^-      ^ 

Phloemteile,  an  den  ob-  f7^..  ^ä^i^i^s^  m 

literierten  Siebrühren  /f^        '  "^ 

kenntlich,  entbehren  der     h 

Bastfasern.    Die  Xylem-     Hi^  '  C~^^^^^  \     /" 

teile  sind  auffallend  ver-  w""*^"''*«^!!^'     ^ 

schieden  an  Mächtigkeit;  ^.^^  ^,^     Canaigre-Stärke.    (J.Moeller.) 

mitunter    enthalten    sie 

nur  ein  oder  auch  kein  Gefäß,  ein  benachbartes  Bündel  kann  12  und 
mehr  Gefäße  aufweisen.  Sie  sind  kurzgliedrig,  ihr  Lumen  ist  enge,  die 
gelbe  Wand  mäßig  verdickt,  genetzt.  Spärliche  Gefäßgruppen  finden  sich 
radial  gereiht  im  Grundgewebe. 

Das  Gewebe  ist  von  Stärke  erfüllt.  Die  Körner  sind  (Fig.  158) 
von  ansehnlicher  Größe,  von  6 — 55  {.i,  vorwiegend  um  35  in  schwankend, 
zumeist  einfach  von  sehr  variabler  Form,  doch  sind  Zwillinge  und  Dril- 
linge oder  ihre  Bruchkörner  nicht  gerade  selten.  Kernspalten  ebenfalls 
verschieden  in  Form  und  Lage,  einfach  oder  strahlig,  bald  im  spitzen, 
bald  im  stumpfen  Ende,  bald  in  der  Mitte.     Schichtung  undeutlich. 


1)  Zentralblatt  f.  d.  Zuckerindustrie  1905,  Nr.  20. 

2)  Americ.  Journ.  of  Pharm.   1886,  ref.  in  Pharm.  Ztg.  1886,  Nr.  49. 
iesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  29    ' 


450  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdisclie  Pflanzenteilc. 

Reichlich  finden  sich  auch  Kristallzellen  mit  großen  Drusen. 
Einzelne  Zellen  enthalten  einen  in  Wasser  nicht  vollständig  löslichen 
Farbstoff,  der  mit  Kaliumbichromat  einen  fast  schwarzen  Nieder- 
schlag gibti). 

Die  Canaigre  wird  zumeist  in  ihrer  Heimat  an  Ort  und  Stelle 
zu  Extrakt  verarbeitet,  der  größtenteils  in  Amerika  Verwendung  findet. 
Für  die  europäische  Lederindustrie  ist  er  zu  teuer  (W.  Eitner,   1914). 

7.  Seifeiiwurzel. 

Zahlreiche  Pflanzen  2)  aus  verschiedenen  Familien  enthalten  glyko- 
sidische, in  ihrer  Konstitution  und  pharmakodynamischen  Wirkung  ver- 
schiedene Stoffe,  welche  man  als  Saponine  bezeichnet,  weil  sie  mit 
Wasser  stark  schäumende  Lösungen  geben  und  im  Wasser  unlösliche 
Stoffe  aufzunehmen  vermögen.  Dadurch  werden  diese  Pflanzenteile  be- 
fähigt, als  Reinigungsmittel  statt  Seife  benutzt  zu  werden. 

Zu  diesem  Zwecke  dienen  bei  uns  hauptsächlich  die  Seifenrinde 
(s.  d.)  und  die  Seifenwurzeln. 

In  unserem  Handel  unterscheidet  man  zwei  Arten  von  Seifenwurzeln: 
die  gemeine  oder  rote  und  die  sog.  Levantiner  (ägyptische]  oder 
weiße  Seifenwurzel. 

1.  Rote  Seifenwurzel,  Radix  Saponariae  (rubrae)  der  Apotheken, 
stammt  von  Sapoiiaria  officinalis  L.,  einer  besonders  auf  sandigen 
Örtlichkeiten,  an  Flußufern,  in  Auen  und  Hecken  durch  fast  ganz  Eu- 
ropa verbreiteten  ausdauernden   Caryophyllacee. 

Die  Handelsware  besteht  aus  zerschnittenen  Wurzeln  und  Aus- 
läufern. Hier  und  da  finden  sich  darunter  mehrköpfig-ästige ,  mit 
Knospen  und  Stengelresten  besetzte  Wurzelstöcke. 

Die  Wurzeln  sind  bis  10  mm  dick,  grob  längs-runzelig  und  furchig, 
ebenbrüchig  mit  harter,  spröder  Rinde. 

Die  knotig-gegliederten  stielrunden  oder  ver wisch t-vierkantigen  Aus- 
läufer tragen  stellenweise  noch  die  Oberhaut  oder  sind  an  der  rot- 
braunen Oberfläche  von  dem  zerrissenen  dünnen  Kork  etwas  schil- 
ferig-rauh. 

Die  beigemengten  oberirdischen  Stengel  sind  an  den  langen  Inter- 
nodien  und  der  hellen  Oberflächenfarbe  zu  erkennen. 

I)  Anonymus,  >Neue  Drogen«,  Cham.  Ztg.  1895,  Nr.  M.  Dieser  fand  auch 
Steinzellen  in  der  Rinde. 

-2)  Eine  umfassende  Übersicht  der  »Seifenpflanzen«  und  der  Saponine  gibt 
L.  Rosenthaler  in  Real-Enzyklop.  d.  ges.  Pharm.,  2.  Aull.,  von  J.  Moeller  und 
H.  Thoms,  XI.  Bd.,  und  im  Ergänzungsbd.  (lOU).  Daselbst  auch  die  neueste  Lite- 
ratur. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  451 

Der  Querschnitt  zeigt  unter  dem  papierdünnen  Kork  eine  schmale 
weiße  Rinde,  einen  zitronengelben  Holzring  und  ein  weißes  Mark.  Je 
dicker  (älter)  Wurzel  oder  Ausläufer  sind,  um  so  mächtiger  ist  der  Holz- 
ring im  Verhältnis  zur  Rindß  entwickelt.  An  kleinfmgerdicken  Stücken 
ist  die  Rinde  kaum  \  mm,  der  Holzring  2 — 3  mm,  das  Mark  4 — 5  mm 
breit.     Markstrahlen  sind  auch  unter  der  Lupe  nicht  erkennbar. 

Der  anatomische  Bau  (Fig.  159)  ist  wenig  charakteristisch.  Der 
Kork   besteht   aus   mehreren   Reihen   flacher,   in    den   äußeren   (älteren) 


. 


^^  c: 


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Fig.  15!).     Junge  Seifenwurzel  (.■-■•iiiiouiirin).  —  Orig.-Photogr.     (J.  Moellev.) 

Schichten  brauner  Zellen.  Die  primäre  Rinde  geht  ohne  scharfe  Grenze 
in  die  nur  aus  Phloemparenchym  und  Siebröhren  bestehende,  von  un- 
scharfen Markstrahlen  durchzogene  sekundäre  Rinde  über.  Im  Holzkürper 
sind  die  Gefäße  einzeln  oder  gruppenweise  regellos  oder  in  kurzen 
radialen  Reihen  angeordnet.  Junge  Wurzeln  scheinen  frei  von  Libriform 
zu  sein.  Die  Verdickung  der  Holzfasern  findet  gruppenweise  statt, 
breitet  sich  allmählich  aus  und  führt  schließlich  zur  Bildung  eines  geschlos- 
senen Holzringes  (Fig.  1 60).  Längsschnitte  durch  den  Holzring  zeigen,  daß 
die  Gefäße  (mit  Ausnahme  der  primären  Spiroiden  und  Netzgefäße)  dicht 
behüft  getüpfelt,  kurzgliedrig  und  ihre  Querwände  vollständig  perforiert 


452 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


sind.  Die  Grundmase  des  Holzes  besteht  nicht,  wie  es  auf  Querschnitten 
den  Arischein  hat,  aus  Libriform,  sondern  aus  Tracheiden  und  Ersatz- 
fasern; Parenchym  fehlt.  Im  Marke  der  Ausläufer  fehlen  natürlich  auch 
die  den  primären  Leitbündeln  angehörigen  Spiroiden. 

Im  Grundgewebe  der  primären  Rinde  und  des  Markes,  vereinzelt 
auch  im  Phloemparenchym,  finden  sich  spärliche, "  aber  durch  ihre  Größe 
auffallende  Kristallschläuche  mit  Oxalatdrusen  i). 

Unter  Glyzerin  erscheint  die  Membran  aller  nicht  verholzten  Ge- 
webselemente  der  Seifen wurzel  farblos;  in  Wasser,  noch  mehr  in  ver- 
dünnten Säuren  und  Kalilauge  quillt  sie  mehr  oder  weniger  auf;  Chlor- 
zinkjod färbt  sie  unmittelbar  blau  (Zellulose). 

Als  Inhalt  findet  sich 
(unter  Öl  oder  Alkohol  be- 
sehen) in  allen  Parenchym- 
zellen  (von  den  Kristallen 
abgesehen)  eine  weiße  ho- 
mogene Masse;  läßt  man 
Wasser  zutreten,  so  löst 
sich  die  Masse  farblos,  und 
in  den  meisten  Zellen  bleibt 
ein  von  der  Zellwand  ab- 
gehobener, mit  Koschenille 
sich  rot  färbender  Schlauch, 


zurück.  Die  mikrochemi- 
sche Reaktion  weist  darauf 
hin,  daß  dieser  formlose 
Zellinhalt  im  wesentlichen 
aus  Saponin  besteht. 


Fig. 


Alte  Seif en-\vurzel   mit   entwickeltem  lluUriug. 
Orig.-Photogr.    (J.  Mo  eller.) 


W.  V.  Schulz2)  nennt 
das  Saponin  der  roten  Seifenwurzel  Saporubrin  (GisHggOio).  Er  er- 
hielt davon  3,45  Proz.  Es  löst  sich  in  konzentrierter  Schwefelsäure 
mit  rotbrauner  Farbe,  welche  an  der  Luft  oder  bei  Zusatz  eines 
Tropfens  Wasser  und  Erwärmen  vom  Rande  aus  in  Rotviolett  und  bei 
Zusatz  von  Kaliumdichromatlösung  in  Smaragdgrün  übergeht  3).  Die 
Lafonsche    Reaktion    gibt  in    der  Rinde   beim  Erwärmen    eine   rosenrot- 


1)  Vogl  beobachtete  auch  Kristallsand. 

2)  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  roten  Seifenwurzel.     Arb.  d.  Dorpater  pharma- 
kolog.  Inst.  XIV  (1896)'. 

3)  A.  Rosoll,    Ȇber   d.  mikrochem.  Nachweis   d.  Glykoside   u.  Alkal.   in    den 
veget.  Geweben.«     2ö.  Jahresb.  Gymnas.  Stockerau  (N.  Oe.),  1890. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  PHanzenteile. 


453 


violette  Färbung,    mit  verdünntem  Eisenchlorid   einen   rötlichen  Nieder- 
schlagt). 

Eine  zweite,  praktisch  belanglose,  aber  wissenschaftlich  interessante 
Substanz  ist  das  Saponarin  G2iH240i2-  Mit  Jodjodkalium  färbt  es  sich 
wie  Stärke  blau  bis  violett  und  wurde  deshalb  von  seinem  Entdecker 
Dufour2)  lösliche  Stärke  genannt.  Es  ist  aber  kein  Kohlehydrat,  sondern 
nach  Barger 3)  ein  Glykosid.    Es  kristallisiert  in  Nadeln,  die  in  Alkalien 


Fig.  161.    Weiße  Seifenwurzel  (Gypsophila).    {J.  Moeller.) 


und  Pyridin  leicht,  in  Wasser  und  kaltem  Alkohol  schwer  löslich  sind. 
Es  findet  sich  vorzüglich  in  der  Blattoberhaut,  nicht  in  der  Wurzel, 
und  wurde  in  Pflanzen  verschiedener  Familien  nachgewiesen^). 


1)  T.  F.  Hanau  Sek,    >Zur  Kenntnis  des  Vorkommens  u.  Nachw.  d.  Saponin- 
subst.«     Chem.  Ztg.  1892. 

2)  J.  Dufour,  Rech,  sur  Tamidon  soluble  etc.     Bull.  Soc.  vaudoise  des  sc.  nat. 
XXI  (1886). 

3)  C.  Barger,  Ber.  chem.  Ges.  XXXV  (1902). 

4)  H.  Molisch,    >Mikrochemie   und  Pflanze«,   Jena  1913    und  0.  Tunmann, 
>Pflanzenmikrochemie«,  Berhn  1913. 


454  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

2.  Weiße  (Levantiner,  ägyptische,  spanische,  ungarische)  Seifen- 
wurzel  stammt  von  Gypsophüa-Arien.  Flückigeri)  hat  gezeigt,  daß 
die  in  SiziHen  und  Unteritalien  gesammelte  Seifenwurzel  von  Oypsopkila 
Arrostii  Oussone^  die  aus  dem  Orient  in  den  Handel  gelangende  von  Oyp- 
sophila  paniculata  L.  stammt.  Möglicherweise  liefern  aber  auch  noch 
andere   Gypsophila-ATien  diese  Droge. 

Sie  besteht  aus  10 — 20  cm  langen  oder  aus  quer-  und  schräg- 
geschnittenen Stücken  einer  geschälten  zylindrischen  Wurzel  von  1  — 4  cm 
Dicke.  Außen  sind  sie  weiß  oder  graulich-  bis  rötlich-weiß,  stellenweise 
bräunlich  von  Resten  des  Korkes,  an  stärker  geschälten  Stücken  schräg 
gestreift  von  graubräunlichen  Bast-  und  weißen  Markstrahlen,  im  Innern 
mit  weißer  lückiger  Rinde  und  strahlig  zerklüftetem  Holzkürper. 

Benetzt  man  die  Schälfläche  mit  konzentrierter  Schwefelsäure,  so 
tritt  gelbe,  rasch  in  Orange  oder  Orangebraun  gehende,  später  rote  und 
endlich  vom  Rande  der  benetzten  Stelle  ausgehend  eine  schön  blaue 
und  nach  einigen  Stunden  eine  lauchgrüne  Färbung  ein. 

Am  Querschnitt  der  im  Wasser  aufgeweichten  Wurzel  (Fig.  161) 
beträgt  die  Rinde  etwa  den  .halben  Radius  des  Holzkörpers  und  zeigt 
die  als  Zacken  vorspringenden  braunen  Baststrahlen.  Der  Holzkörper 
ist  bleichgelb,  von  weißen  Markstrahlen  radial  gestreift  und  durch  Jahres- 
ringe gezont. 

Die  Mittelrinde  ist  bald  ganz  erhalten,  bald  durch  die  an  einzelnen 
Stücken  bis  tief  in  die  Innenrinde  eingreifende  Schälung  vollständig 
entfernt. 

Die  mehr  als  doppelt  so  breite  Innenrinde  zeigt  meist  5 — 6  Zellen 
breite,  nach  außen  stark  erweiterte  Markstrahlen,  die  reichlich  Kalkoxalat 
teils  in  Drusen,  teils  in  Sphäriten,  teils  in  Einzelkristallen  führen. 
Die  Baststrahlen  bestehen  aus  Parenchym  und  Siebröhren;  Bast- 
fasern fehlen. 

Im  Holze  sind  die  Gefäße  mit  dicken  gelben  Membranen  und  die 
in  ihnen  hier  und  da  vorkommenden  Stopfzellen  bemerkenswert.  Im 
Holzparenchym  findet  sich  reichlich  Kalkoxalat  als  Sand,  in  Drusen  und 
Einzelkristallen. 

Die  Inhal tsstofle  der  weißen  Seifenwurzel  sind  nicht  genau  die  gleichen 
wie  in  der  roten.  Die  erstere  enthält  neben  Saporubrin  das  sog.  Levan- 
tische Sapotoxin  (G17H28O11  oder  C17H26O2  +  H20)2)  und  vielleicht  noch 
andere  Saponine^). 

Eine  persische  Seifenwurzel  von  Acanthophyllum  squarrosum 


^)  Zur  Kenntnis  der  weißen  Seifenwurzel.     Arch.  d.  Pharm.  (Bd.  228)  1i 

2)  L.  Rosenlhaler,  Arch.  d.  Pharm.  Bd.  243  (1905). 

3)  F.  Wentrup,  Diss.,  Straßburg  1908. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


455 


Boiss.,  ebenfalls  einer  Caryophyllacee,  beschreibt  A.  v.  VogU)  als  Segment 
eines  umfangreichen  Wurzelstockes ,  zum  großen  Teil  von  der  Außen- 
rinde befreit,  zum  Teil  aber  mit  wenig  umfangreichen  Fetzen  einer 
braunen  Borke  bedeckt,  sonst  schmutzig  graugelblich  oder  gelblich  weiß; 
das  Stück  ist  hart,  kompakt,  schwer,  im  Bruche  grob-körnig.  Die  ge- 
glättete Schnittfläche  erscheint  grob-  oder  fast  netzig-marmoriert  mit 
weißen  Adern  oder  Strängen  und  bleichgelben  Maschenräumen  oder  mit 
unregelmäßig  verteilten  und  gebogenen  bleichgelben  und  weißen  Adern 
und  Strängen  von  verschiedener  Breite.    Die  gelblichen  Partien  gehören 


im  wesentlichen  Gefäßsträngen,  die 
Gewebe  mit  massenhaften  Kristall- 
zellen an. 


Fig.  162.  Vergr.  300/1.  Partie  eines  Querschnitts  der 
persischen  Seifenwurzel.  Tr  Weites  Netzgefäß  mit 
Thyllen,  darunter  eine  Kristallzelle  (A').  G  Enge  Spi- 
raltracheen inmitten  des  kollenchymähnlichen  paren- 
chymatischen  Grundgewehes  (p).     (A.  Vogl.) 


weißen     dem    parenchymatischen 


Fig.  104. 


Fig.  163.     Vergr.  300/1.     Längsschnitt   eines 
weiten  Netzgefäßes  mit  zwei  eingeschlossenen 

Kristallzellen.    (A.  Vogl.) 
Fig.  164.     Vergr.  300/1.     Kristallzelle  mit  un- 
gewöhnlich langgestreckter,    fast   walzenför- 
miger Kristalldrnse.     (A.  Vogl.) 


Schnittfläche  mit  konzentrierter  Schwefelsäure,  so  tritt  sehr  rasch  eine 
lauchgrüne  Farbe  an  den  gelblichen  Partien  ein,  während  die  weißen 
Stellen  eine  gelbliche  oder  rötlich-gelbe  Farbe  annehmen.  Das  ganze 
Gewebe,  mit  Ausnahme  der  Gefäße,  hat  einen  koUenchymatischen  Cha- 
rakter (Fig.  162^);  die  derbe  hyaline  farblose  Zellmembran  quillt  in 
Wasser,  noch  mehr  in  Chloral  und  in  Kalilauge  stark  auf.  Es  ist  außer- 
ordentlich reich  an  Kalkoxalat  teils  in  Gestalt  von  Drusen  (45 — 75  (,i), 
teils  als  Kristallsand;  stellenweise  sind  die  ersteren  in  förmlichen  Nestern 
vorhanden.  Das  Markstrahlgewebe  zeigt  relativ  große,  am  Querschnitte 
radial  gestreckte,  am  Längsschnitte  rundlich-polygonale  Parenchymzellen. 
Die  überaus  zahlreichen  Gefäße  sind  größtenteils  weite  (bis  75  /.i)  Netz-, 
bzw.  Spiralgefäße.  In  den  weiten  Gefäßen  nicht  selten  Thyllenbildung, 
häufig  mit  Kalkoxalatdrusen  (Fig.  162  und  163). 


J)  2.  Aufl.  dieses  Werkes,  II,  p.  524. 


456 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


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;«^^v*^5 


X 


Ein  prächtiges  Bild  gewährt  ein  mit  Chlorzinkjod  behandelter  Schnitt. 
Alle  unverholzten  Elemente  färben  sich  in  ihrer  Membran  direkt  schön 
blau,  die  Gefäße  goldgelb. 

Der  Inhalt  der  Parenchymzellen  verhält  sich  hier  wie  in  der  roten. 
Seifen  Wurzel. 

8.  Bodawurzel. 

Ein  für  Europa  neues  Gerbmaterial  ist  die  Boda-  oder  Bodan- 
wurzel.      Sie  stammt   von  Bergenia   crassifolia  (L.)  Engl.,   einer  im 

Altai  und  in  dem  Gebirge  an  der 
'^^'''7^^!^?vr7~T::=5:=s  Nordgrenze  der  Mongolei  verbrei- 

r~"  teten  Staude  aus  der  Familie  der 

Saxifragaceae.  Sie  kommt  in 
fingergroßen  Stücken  (Fig.  166) 
in  den  Handel.  Oberflächlich 
sind  sie  braun,  längsrunzelig  oder 
quergeringelt  mit  den  Spuren  von 
Nebenwurzeln.  Sie  brechen  glatt, 
ihr  Querschnitt  innerhalb  des 
dünnen  rotbraunen  Korkes  ist 
rötlich. 

Schon  mit  unbewaffnetem 
Auge  erkennt  man  einen  Kreis 
stecknadelkopfgroßer  weißer  Ge- 
webegruppen in  dem  weichen 
Grundgewebe. 

Das  mikroskopische  Bild  des 
Querschnittes  (Fig.  165)  zeigt 
einen  dünnen,  leicht  abfallenden 
Kork,  darunter  ein  rundzellige& 
Parenchym,  das  durch  kleinzel- 
lige Markstrahlen  mit  dem  gleich- 
artigen, lückigen  und  stellenweise 
zerrissenen  Markgewebe  verbun- 
den ist.  Leitbündel  von  un- 
gleicher Mächtigkeit  bilden,  der 
Peripherie  genähert,  einen  Kreis. 
Die  in  radialen  Reihen  angeord- 
neten Gefäße  sind,  mit  Ausnahme 

der  primären  Spiroiden,  netzartig  verdickt. 

An    geformten    Inhaltsstoffen    enthält    das    Grundgewebe    reichlich 

Stärke  in   winzigen  einfachen   Körnern   und   Oxalatdrusen. 


^cP> 


Fig.  165.    Querschnitt  durch  die  Bodawurzel 
(Nach  Oettinger.) 


Vereinzelte 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  457 

Zellen    enthalten   unlöslichen    gelben    oder    braunen    Farbstoff  (Phloba- 
phen?). 

Die  Bodawurzel  ist  reich  an  Gerbstoff.    Oettinger  erhielt  folgende 
Mittelwerte  1): 

Wasser 10,66   Proz. 

Gerbende  Stoffe 24,26      . 

Nichtgerbende  Stoffe  ....     28,19      » 

Unlöshches 36,89      » 

100,00   Proz. 

Trockensubstanz SP, 34   Proz. 

Asche 5,67      » 

Extraktivstoffe 52,45      » 


odawurzeln  in  nat.  Größe.     (Nach  Oettinger.) 


In  Sibirien  benutzt  man  die  Bodawurzel  meist  mit  Weidenrinde 
vermischt  zur  Bereitung  von  Sohlenleder.  Die  Blätter  der  Pflanze  dienen 
als  adstringierendes  Heilmittel  und  werden  auch  als  »Tschagorischer 
Tee«  genossen. 

9.  Süßholz, 

Lakrizwurzel,  franz.  bois  de  reglisse,  engl.  Liquorice  root,  nennt  man 
die  Wurzeln  und  Ausläufer  von  Ghjcyrrhixa  glahra  L. ,  einer  ausdauernden 
Pflanze  aus  der  Familie  der  Leguminosen,  Unterfam.  Papilionatae,  mit 
vielen  Abarten. 

Im  europäischen  Handel  unterscheidet  man  zwei  Arten  Süßholz: 
das  spanische  und  das  russische.  Das  erstere  kommt  aber  keines- 
wegs nur  aus  Spanien,  sondern  man  bezeichnet  das  ungeschälte  Süß- 
holz ohne  Rücksicht  auf  seine  Provenienz  als  spanisches  und  im  Gegen- 
satz hierzu  alles  geschälte  Süßholz  als  russisches.  Außer  diesen  beiden 
den  europäischen  Markt  beherrschenden  Sorten  gibt  es  noch  persisches, 


1)  Karl  Oettinger,   »Neuere  Gerbmaterialien.«     Leipzig  u.  Wien  1914. 


458 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


kleinasiatisches,    syrisches,    chinesisches,    kalifornisches    und 
australisches   Süßholz  i). 

1.  Das  spanische  Süßholz  stammt  von  der  Variatät  typica  Reg. 
et   Herd.,    einer   mannshohen,    fast    kahlen    Staude,    die  im    südlichen 


Fig.  Iü7.     Ulis 


■li-iltes  lussiscbes  Süßholz  in  Originalpackung.     (A.  Tscliirch. 


Europa  und  in  Vorderasien  bis  Afghanistan  wild  wächst  und  in  großem 
Maßslabe  in  Spanien  und  Italien,  aber  auch  an  vielen  anderen  Orten 
kultiviert  wird.  Die  beste  Droge  kommt  aus  Tortosa,  Alicante  und 
Gordova  und  besteht  fast  nur  aus  Ausläufern.    Die  Wurzeln  dienen  zur 


■1)  Tschircli,  »Handb.  d.  Pharmakognosie.«    Leipzig  1912,  II. 


I.Abt.,  p.  77. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


459 


Bereitung  des  Lakritzes.    Zu  gleichem  Zwecke  dient  in  Italien  fast  alles 
im  Lande  erzielte  Süßholz. 

Das  spanische  Süßholz  kommt  gebündelt  in  den  Handel.  Die 
Stücke  sind  verschieden  lang,  einfach,  zylindrisch,  1 1/2 — 2"~cm  dick, 
schwer,  dicht,  zäh,  im  Bruche  langfaserig,  auf  der  Oberfläche  grau-  bis 
rotbraun,  glatt,  längsrunzelig  und  querrissig,  nicht  selten  von  Rinden- 
hückerchen  warzig,  im  Innern  gelb,  mit  regelmäßig  angeordneten  Knospen. 


Fig.  I6S.     RuE 


Süßholz  in  Originalpackung.     (A.  Tschirch.) 


2.  Das  russische  Süßholz  stammt  von  der  Varietät  glandulifera 
Reg.  et  Herd.,  die  niedriger  ist  und  deren  Stengel  behaart,  deren  Hülsen 
drüsig  sind.  Sie  ist  im  südöstlichen  Europa,  über  das  westliche  Asien 
bis  nach  China  hin  verbreitet  und  wird  im  großen  nicht  kultiviert. 
Für  unseren  Handel  werden  die  Wurzeln  besonders  bei  Sarepta  und 
auf  den  Inseln  der  Wolga-Mündungen  ausgepflügt,  roh  über  Astrachan 
nach  Moskau  und  Petersburg  gebracht  und  hier  oder  erst  weiterhin 
mundiert  (geschält).  Die  abfallenden  Schnitzel  bilden  einen  besonderen 
Handelsartikel  zur  Bereitung  eines  minderwertigen  Lakritz.  In  neuester 
Zeit  (seit  1908)  kommt  sehr  viel  Süßholz  aus  dem  südlichen  Ural  und 
über  Batum    aus   dem   Kaukasus   nach    Nischni-Nowgorod  und   von   da 


460 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


nach  Moskau  und  Petersburg.  Es  ist  von  vorzüglicher  Qualität  und 
stammt  vielleicht  von  Glycyirhixa  uralensis  Fisch.  -),  derselben  Art,  die 
wahrscheinlich  das  chinesische  Süßholz  liefert  (Tschirch). 

Viel  russisches  Süßholz'  wird  ungeschält  zur  Succusfabrikation  an 
Ort  und  Stelle  verwendet  oder  auch  zu  großen  Ballen  gepreßt  (Fig.  1  67) 
nach  England  ausgeführt,  wo  es  zur  Fabrikation  von  Porter  und  Ale 
gebraucht  wird.  Wir  erhalten  es  nur  geschält  in  Ballen  (Fig.  168),  die 
Wurzeln  und  Ausläufer  enthalten  und  durch  ihre  gelbe  Farbe  sich  sofort 
vom  spanischen  Süßholz  unterscheiden. 


'^^^^ 


Fig. 


ol^   (Vllsl. 


hnitt.     Orig.-Photogr.     fj.  Mo  eil  er.) 


spindelförmig  und  zylindrisch,  2 — 5  cm  und  darüber  dick,  meist  einfach, 
an  einem  Ende  ebenfalls  zu  einem  knorrigen  Kopf  verbreitert,  hellgelb, 
an  der  Oberfläche  faserig-rauh,  hier  und  da  noch  kleine  Reste  des  braunen 
Korks  tragend.  Das  russische  Süßholz  ist  leichter  und  lockerer  (im 
Wasser  zunächst  nicht  untersinkend)  als  das  spanische  (im  Wasser  so- 
fort untersinkend),  läßt  sich  daher  besser  pulvern. 

Am  Querschnitt  ist  das  Süßholz  (Fig.  169)  kreisrund;   die  Rinde 


zerklüftet.     Die  Ausläufer   besitzen  ein  Mark,  das   an   einzelnen  Stücken 
braun  (durch  Korkbildung)  ist. 


■1)  Kowalejew,  Pharm.  Journ  Ruf 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


461 


Phelloderm  gebildet  hat,  dessen  Zellen  Einzelkristalle  führen.  Der  Kork 
ist  oft  unterbrochen  durch  zartzellige  Trennungsschichten,  deren  Zer- 
reißung die  schuppige  Oberfläche  bedingt  (Tschirch),  Schuppenborke 
bildet  sich  nicht,  aber  es  kommt  (nach  A.  v.  VogU))  >an  einzelnen 
Stücken  eine  eigentümliche,  stellenweise  tief  in  das  Holz  und  selbst  bis 
in  das  Mark  eindringende  Binnenkorkbildung  vor,  oft  ansehnliche,  am 
Querschnitte  meist  keilförmige  Segmente  des  Holzes  und  nicht  selten 
auch   das   ganze  Markgewebe  umfassend,    an  Durchschnitten    durch   die 


Fig.  170.   Süßholz  im  Längsschnitt;  6  Holzfasern,  km  Kristallkammerfaser,  //^  Holzparenchym,^/ Gefäße; 
tr  Tracheiden.     (A.  Tschirch.) 

orange-  bis  dunkelbraune  Färbung  kenntlich.  Diese  Korkschichten  stimmen 
mit  jenen  des  Oberflächenkorkes  überein;  auch  hier  findet  man  in  ihrer 
Begleitung  und  zwar  an  der  Außenseite  gegen  das  Holzparenchyra  zu 
Anhäufungen  von  Kalkoxalatkristallen,  förmliche  Nester  derselben«. 

Dem  geschälten,  richtiger  mit  dem  Messer  mundierten  russischen 
Süßholz  fehlt  natürlich  der  Kork  und  ein  Teil  der  Innenrinde. 

Die  mächtige  Innenrinde  zeigt  am  Querschnitt  (Fig.  169)  breite, 
nach  außen  sich  erweiternde  Markstrahlen  und  dazwischen  die  Baststrahlen, 
in  denen  Bastfaserbündel  mit  Weichbast  (Phloemparenchym  und  Sieb- 
röhren) schichtenweise  wechseln. 


i)  2.  Aufl.  dieses  Werkes,  Bd.  I,  p.  529. 


462 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenteiie. 


Die  Siebrührengruppen  sind  mit  Ausnahme  der  jüngsten,  dem 
Kambium  zunächst  liegenden,  zu  Strängen  obliteriert  und  bilden  soge- 
nanntes  » Hornprosenchym «. 

Die  Bastfaserbündel  setzen  sich  aus  sehr  langen  und  stark  ver- 
dickten Elementen  zusammen;  ihre  primäre  Membran  ist  verholzt,  unter 
Wasser  gelblich,  der  übrige  Teil  ihrer  Wand  nicht  oder  wenig  verholzt, 
farblos.  Ghlorzinkjod  färbt  letzteren  unter  starker  Quellung  unmittelbar 
blau  oder  violett ;  am  Querschnitt  zeigt  alsdann  das  Bastbündel  ein  zier- 
liches gelbes  Netz  (die  primären  Membranen) 
mit  violetten  oder  blauen  Verdickungs- 
schichten. 

Die  Bastfaserbündel  (Fig.  1 70)  sind  rings- 
um von  Kammerfasern  umgeben,  die  große 
Einzelkristalle,  häutig  Zwillinge  des  mono- 
klinen  Systems,  führen. 

Ähnliche  Kristalle  finden  sich  vereinzelt 
auch  im  Parenchym.     Sie  stecken  in  Zellu- 
losetaschen,   die   nach   Tschirch    vor   der 
Oxalatbildung    entstehen.       Die    aus    ihren 
Taschen    herausgefallenen    Kristalle,     unter 
denen  besonders    die   beiderseits  gestutzten 
Oktaeder  häufig  sind,  bilden  einen  auffälligen 
Bestandteil    des    Süßholzpulvers    (Fig.  171); 
ihre   Grüße  schwankt  zwischen   15 — 36  u. 
Im  Ilolzkürper   wiederholt    sich    der 
Bau  der  Innenrinde,  nur  treten  an  Stelle  der 
Siebrühren  Gefäße   von   verschiedener  Weite,    einzeln   oder  in   Gruppen 
von  2 — 3  beisammenstehend  (von  20— 180  «),  dickwandig,  deutlich  ge- 
gliedert, dicht  behüft  getüpfelt,  z.  T.  netzfürmig  verdickt. 

Der  Inhalt  in  allen  Parenchymzellen  ist  eine  hellgelbe,  formlose, 
auf  Zusatz  von  Wasser  fast  spurlos  sich  lüsende  Masse,  in  welcher  kleine 
Stärkekürnchen  (Fig.  171)  eingebettet  sind.  Diese  sind  fast  durchaus 
einfach,  rundlich,  birn-,  spindel-,  stab-,  sichel-,  auch  höhnen  förmig,  die 
kleineren  1,5 — 1  f,i,  die  meisten  größeren  10 — 12«,  einzelne  bis  30« 
lang. 

Kalilauge  lüst  den  formlosen  Inhalt  mit  guttigelber,  Schwefelsäure 
mit  braunroter  Farbe,   Eisensalze  färben  ihn  schmutzig-grünlich. 

Das  Süßholz  hat  einen  schwachen  süßlichen  Geruch  und  einen  an- 
genehm süßen,  zugleich  etwas  schleimigen,  mitunter  kratzenden  Ge- 
schmack. 

Die  Süßholzwurzel  enthält  neben  Amylum,  Kalkoxalat,  vielleicht  auch 
etwas  Gerbstoff,  vier  Süßstoffe:  Glyzyrrhizin,  Saccharose,  d-Glu- 


a  sp 

Fig.  171.  Vergr.  300/1.  Elemente  des 
Süßholzpulvers;  bh  Fragmente 
von  Bastfaserbündeln,  das  eine  mit 
Kammerfaser;  sp  Gefäßfragmente; 
A'Kalkoxalat-Einzelkristall;  a  Stärke. 
(Nach  Vogl.) 


Achtzehnter  Absclinitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  463 

kose  und  Mannit^).  Der  wesentliche  Bestandteil  ist  das  Glyzyrrhizin. 
Es  findet  sich  in  der  Wurzel  an  Kalium  und  Kalzium  gebunden,  in 
Mengen  von  5  —  7  Proz.  Der  Zuckergehalt  im  spanischen  Süßholz  wird 
mit  9,57  Proz.,  im  russischen  mit  16,39  Proz.  angpgeben2),  der  Gehalt 
an  Saccharose  mit  2,13,  bzw.   1  0,38  Proz.  3). 

Es  gibt  noch  mehrere  nach  Süßholz  schmeckende  Pflanzenteile, 
so  die  Wurzel  und  Blätter  des  Paternosterbaumes  (Äbrus  precatorius  L.), 
Ästragahts  glycyphyUus  L.,  Trifolium  alpimim  L. ,  (Reglisse  des  mon- 
tagnes),  die  Monesiarinde  {Chrysophyllum  glycyphloeum  Cäsar.) ^  den 
Wurzelstock  des  »Engelsüß«  (Polypodium  vulgare  L.),  Myrrhis  odo- 
rafa  L.  u.  a.  m.  Mit  Sicherheit  ist  aber  Glyzyrrhizin  nur  nachge- 
wiesen in  der  Wurzel  von  Periandra  dulcis  und  in  der  Monesiarinde 
(Tschirch). 

Außer  diesen  Stoffen  enthält  das  Süßholz  noch  Gummi,  2 — 4  Proz. 
Asparagin,  Fett,  Harz  und  einen  gelben  Farbstoff,  ätherisches 
Öl  (0,03  Proz.)  und  Salizylmethylat  (Desmouliere).  Der  Wasser- 
gehalt beträgt  nach  Dieterich  (Helfenberger  Annal.  1890)  6,45 — 9,8, 
der  Aschengehalt  3,2—6,15  Proz. 

Das  Süßholz  ist  seit  dem  Altertum  ein  geschätztes  Heilmittel  und 
wird  noch  jetzt  viel  gebraucht  zur  fabrikmäßigen  Herstellung  des  Süß- 
holzpulvers und  Bärenzuckers  oder  Lakritz  (Succus  Liquiritiae). 
In  beschränktem  Maße  findet  das  Süßholz  Anwendung  zur  Bereitung 
englischer  und  amerikanischer  Biere,  die  für  Südamerika  bestimmten 
Zigarettenpapiere  werden  mit  einer  Süßholzlösung  bestrichen,  in  der 
Aquarellmalerei,  Tinten-  und  Tuschebereitung*). 

10.  AlkaiHiawurzel^). 

Rote  Ochsenwurzel,  Alhenna,  Orcanette,  Alcana  root,  Radix 
Älcannae  stammt  von  Älcanna  tinctoria  Tausch  (Anchusa  tinctoria 
Lam.^  Litliospermum  tinctorium  L.),  einer  auf  sandigen  Orten  in  Süd- 
europa, in  Ungarn  und  Kleinasien  vorkommenden  Boraginacee.  Die  Wurzel 


\)  Tschirch,  Handb.  d.  Pharm.,  11,   1,  Abtlg.,  p.  88. 

2)  Arnt  und  Hart,  Zeitschr.  f.  angew.  Chemie  1893. 

3)  König,  Nähr.-  und  Genußm.  IL 

4)  Merat  et  de  Lens  (III,  p.  387)  erwähnen  den  ehemals  sehr  verbreiteten 
Konsum  dieses  Artikels  in  Paris,  nach  Art  eines  in  der  heißen  Jahreszeit  auf  den 
Straßen  in  Kokosschalen  (daher  » Koko «  genannt)  dargebotenen  erfrischenden  Ge- 
tränkes. 

5)-  Der  Name  Alk  an  na  entstand  aus  dem  arabischen  Hennah,  Alhennah.  So 
heißt  jetzt  noch  Laivsonia  alba  Lam.  [Lyihraceae],  deren  Blätter  (s.  d.)  im  Orient 
allgemein  als  Färbemittel  zu  kosmetischen  Zwecken  benutzt  werden.  Man  nannte 
die  "Wurzel  dieses  Strauches,  die  aber  keine  rote  Farbe  besitzen  soll,  Radix  Älcannae 
vera,  während  man  unsere  AJkanna  als  Radix  Älcannae  sjpuria  bezeichnete.     Sehr 


464 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


ist  meist  mehrköpfig,  einfach  oder  wenigästig,  \ — 2  dm  lang,  im  oberen 
Teile  an  6  — 10  mm  dick.  Die  meist  etwas  auseinanderstrebenden  Wurzel- 
köpfe  tragen  die  Reste  rauhhaariger  Stengel  und  Blätter.  Die  eigentliche 
Wurzel  ist  meist  gedreht  und  infolge  der  Drehung  tief  zerklüftet,  häufig 
in  mehrere  Streifen  zerfallen  und  von  einer  schalig-schuppigen,  schwarz- 
violetten, brüchigen  Rindenhülle  locker  umgeben. 

Der  Querschnitt  zeigt   im  oberen  Teile   einen  weißlichen  oder  gelb- 
lichen, ein   weites   braunrülliches   Mark   einschließenden  Kern,  von    der 
geschichtet  schaligen  schwarzvioletten  Rinde  umgeben.     Weiter  abwärls 
ist  der  Kern  durch  von  der  Rinde  aus  in  das 
Mark  vordringende  rotbraune  Streifen  in  meh- 
rere Teile  gesondert. 

Die  schalig-blättrigen  Teile  der  Wurzel  ge- 
hören der  Außen-  und  der  Miltelrinde  an.  Sie 
bestehen  größtenteils  aus  abgestorbenem  Ge- 
webe, in  den  inneren  Lagen  Pigment  führend. 
Die  noch  lebenden  Teile  der  Wurzel,  am  Quer- 
schnitt als  weißer  Kern  erscheinend,  bestehen 
aus  der  Innenrinde  und  dem  Holzkörper.  Das 
Phloem  besieht  aus  durchaus  unverholzten 
Elementen.  Die  äußerste  Parenchymschicht 
enthält  rote  Pigmenttröpfchen,  ist  daher 
unter  der  Lupe  als  roter  Streifen  bemerkbar. 
Der  Holzteil  besteht  vorwiegend  aus  dünnwan- 
digem Parenchym  und  ist  längs  der  breiten 
Markstrahlen  wie  die  Rinde  zerklüftet.  Enge 
Gefäße  bilden  radiale  Reihen.  An  den  jüngsten 
Wurzeln  ist  noch  die  Oberhaut  mit  den  Wurzel- 
haaren erhalten. 

Der  rote  Farbstoff  entsteht  nach  Eriks - 
soni)  zunächst  in  der  Oberhaut.  Schon  in  den  Keimwurzeln  findet  man 
die  Oberhautzellen  und  die  Wurzelhaare  von  Farbstoff  erfüllt.  Wenn 
dann  die  Epidermis  und  ein  Teil  der  primären  Rinde  abgeworfen  wird, 
verkorken  die  Wände  der  zurückgebliebenen  äußersten  Zellenreihe,  es 
bildet  sich  Farbstoff  in  ihnen  und  dann  erst  entsteht  normaler  Kork, 
der  frei  von  Farbstoff  bleibt.     Auch  bei    fortschreitender  Borkebildung 


Fig    172.      Syrische  AI 
in  halber  Größe.     Orig.-Photogr. 
(J.  Moeller.) 


wahrscheinlich,  meint  Vogl,  war  die  einst  als  Alcanna  vera  bei  uns  eingeführte 
Droge  gar  nicht  die  Wurzel  von  Lawsonia,  sondern,  da  man  sie  doch  zum  Rotfärben 
verwendete,  die  Wurzel  einer  orientalischen  Boraginacee,  vielleicht  die  syrische 
Alkanna. 

\)  E.  Eriksson,  »Über  d.  Alkannawurzel  und  die  Entstehung  ihres  Farbstoffes«. 
Ber.  d.  Deutschen  Pharm.  Ges.  XX  (1910), 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  l'flanzenteile.  465 

soll  in  der  primären  Rinde  immer  zuerst  die  Schicht  verkorkter  Pigment- 
zellen, dann  erst  die  trennende  Korkplatte  entstehen.  In  der  sekundären 
Rinde  findet  die  zur  Abschuppung  führende  Borkebildung  in  normaler 
Weise  statt. 

Auch  die  durch  Zerreißung  des  Gewebes  entstehenden  Spalten  und 
Höhlen  werden  an  den  Rändern  pigmentiert;  es  entsteht  hier  aber  kein 
Kork,  so  daß  es  scheint,  als  würde  der  Farbstoff  die  Funktion  des 
Wundkorkes  übernehmen,  wobei  noch  weiter  auffallend  ist,  daß,  wie 
Eriksson  angibt,  die  Pigmentbildung  erst  nach  der  Verletzung  einsetzt  i). 

Das  Pigment,  in  einer  Menge  von  5 — 6  Proz.  aus  der  Alkanna- 
wurzel erhältlich  (Thomson  1886),  ist  das  amorphe  Alkannin,  C15H14O4, 
(Anchusin,  Alkannarot).  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  lüshch  in  Weingeist, 
Äther,  in  fetten  und  ätherischen  Ölen,  besser  noch  in  Chloroform, 
Chloralhydrat  und  Eisessig. 

Das  Alkannin  läßt  sich  aus  der  Wurzel  leicht  sublimieren.  Man 
erhält  tiefrote  Tropfen,  die  mit  Alkalien  blau,  bei  nachfolgendem  Säure- 
zusatz rot  werden.  Nach  einiger  Zeit  schießen  aus  den  Tropfen  lange 
Spieße  hervor^).  Nach  Gawalowski-^)  ist  das  Alkannin  kein  einheit- 
licher Körper,  sondern  besteht  aus  zwei  Pigmenten:  der  AlkaH  grün 
färbenden  Anchusasäure  und  der  Alkali,  blau  färbenden  Alkanna- 
säure. 

Man  verwendet  die  Wurzel  zum  Rotfärben  von  Fetten,  Pomaden, 
Salben,  Haarölen  usw.,  besonders  in  der  Pharmazie  und  Parfümerie 
auch   wohl   zum  Färben  von  Weingeist,  Seide,  Leinen   und   Baumwolle. 

Das  käufliche  hierzu  ebenfalls  benutzte  Alkannin  ist  eine  harz- 
oder  salbenartige,  durch  Extraktion  der  Wurzel  mit  Petroläther  und  Ab- 
destillieren  des  letzteren  erhaltene  Masse*). 

Gehaltvoller  dem  Aussehen  nach  ist  die  in  unserem  Handel  nicht  regel- 
mäßig vorkommende  syrische  oder  türkische  Alkanna,  die  Vogt- 
herr 5)  eingehend  beschreibt  und  abbildet.  Sie  stammt  von  Macrototnix 
cephalotes  DC,  einer  in  der  alpinen  Region  von  Griechenland  bis  Trans- 


1 )  Durch  die  vorstehend  skizzierten  Untersuchungen  sind  die  älteren  Angaben 
über  die  Entstehung. des  Alkannafarbstoffes  berichtigt.  Zwar'fand  Vogl  sclion,  daß 
er  »ursprünglich  in  den  äußersten  Rindenschichten  als  Desorganisationsprodukt  sich 
zu  bilden  scheint«,  aber  er  meint,  daß  die  Zellen  absterben  und  verkorken  (Komment, 
z.  österr.  Pharm.,  Wien  -1892).  Tschirch  meinte,  daß  der  Farbstoff  in  die  Inter- 
zellularräume sezerniert  werde  (Angew.  Pflanzenanatomie,  Wien  1889). 

2)  0.  Tunmann,  Pflanzenmikrochemie.     Berlin  1913. 

3)  A.  Gawalowski,  >Über  d.  Rotpigmente  der  Alkannawurzel.  Zeitschr.  d. 
AUg.  österr.  Ap.-Ver.  XL  (1902),  Nr.  37. 

4)  Schmidt,  Lehrb.  d.  pharmac.  Chemie,  4.  Auflage,  1901,  II,  p.  1737. 

3)  M.  Vogtherr,  »Über  Alkanna  und  ihre  Verwandten.«  Pharm.  Zentralh. 
XXXVII  (1896),  Nr.  11. 

Wiesner,  Rohstoife.     III.  Band.     3.  Aufl.  30 


466  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

kaukasien  verbreiteten,  unserem  Litltospermuni  nächst  verwandten  Bora- 
ginoidee. 

Es  sind  bis  50  cm  lange,  zylindrische  oder  nach  unten  allmählich 
verschmälerte,  2 — 5  cm  dicke,  gerade,  meist  aber  spiral-  oder  bogen- 
förmig gekrümmte,  oben  zum  Teil  vielköpfig  ästige  Wurzeln,  nicht  selten 
mit  gerade  abstehenden  Ästen,  an  den  meist  stark  auseinanderstrebenden 
Köpfen  dicht  bedeckt  von  Blattresten,  welche  einen  sehr  dichten  graulich- 
weißen Filz  von  angedrückten  Haaren  tragen  und  von  der  in  Wasser 
mazerierten  Wurzel  leicht  abgestreift  werden  können.  Die  Wurzeln  selbst 
erscheinen  bis  ins  Innere  zerklüftet,  förmlich  aufgelöst  in  rinnen-  oder 
schalenförmige  Stücke  von  schwärzlichroter  oder  schwarz  violetter  Farbe 
und  fast  metallischem  Glänze,  an  Rolltabak  erinnernd  (Fig.  Mi). 

An  Wasser  gibt  die  syrische  Alkanna  fast  gar  keinen  Farbstoff  ab; 
sie  quillt  darin  selbst  nach  langer  Zeit  nur  unbedeutend.  Vogtherr  (1.  c.) 
bestimmte  ihren  Alkanningehalt  mit  9,13  Proz. 

Der  Aschengehalt  der  ganzen  Wurzel  beträgt  nach  Vogl  8,9  Proz., 
jener  der  peripheren  Schalen  für  sich  10,8  Proz.,  jener  des  Wurzelrestes 
(nach  Entfernung  der  äußeren  Schalen)  8,46  Proz.  Ähnliche  Aschengehalte 
ergab  eine  Radix  Akannae  electa,  während  die  gewöhnliche  Handels- 
ware weit  größere  Werte  liefert,  nämlich  \  4,1  Proz.  für  die  ganze  Wurzel, 
17,1  Proz.  (davon  9  Proz.  unlöslich)  für  die  Schalen  und  10,5  Proz.  (da- 
von unlöslich  3,5  Proz.)  für  den  Wurzelrest. 

Als  Verfälschung  der  Alkannawurzel  wird  schon  von  älteren 
Autoren  (Murray,  Böhmer)  erwähnt  die  mit  einer  Abkochung  von 
Brasilholz  durchtränkte  Wurzel  der  Ochsenzunge  (Anclmsa  officinalis  L.) 

Gegenwärtig  dürften  bei  der  geringfügigen  Verwendung  der  Alkanna- 
wurzel Substitutionen  kaum  mehr  vorkommen,  obwohl  Alkannin  oder 
ein  ihm  ähnlicher  Farbstoff  in  der  Familie  der  Boraginaceen  sehr  ver- 
breitet ist,  Vogtherr  (1.  c.)  fand  es  auch  in  Alcatma  cappadocica 
Boiss.,  Onosma  echioides,  Megacaryon  Orientale  Boiss.  und  in  Litho- 
spermu7n-Avien.  Holmes  i)  führt  folgende  an:  Arnebia  thibetana  Krx. 
und  tinctoria  Vahl.,  Litliospermum  erytkrorhixon.,  Macrotomia  Ben- 
thami  BC.  wndi  perennis  Benth..,  Onosma  Encodi  Wall,  und  0.  Hookeri 
Clarke\  Norton 2)  fand  Alkannin  in  mehreren  Plagiobothrys-.,  Krynitxnia- 
und  Lithospermtitn- Arten,  in  Echium  vidgare  L.  und  Erytrichum  glome- 
ratum,  Hartwich«^)  ergänzt  die  Liste  durch  Alcanna  Matthioli  Tausch 
und  Arnebia  tingens  BC. 


I)  E.  M.  Holm  IS,   »Alkanet  root«,  Pharm.  Journ.  -1897,  I. 

i)  Amer.  Journ.  of  Pharm.  1898  durch  Beckurts  Jahresb.  XXXIII. 

3)  Real-Enzykl.  d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl.,  1.  Bd.,  Art.   »Alkanna«. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenleile.  467 

11.  Krapp, 

Röte,  franz.  Garance,  engl.  Madder,  eines  der  ältesten  und  bis. 
in  die  neueste  Zeit  zur  Erzielung  von  »Türkischrot«  verwendeten 
Färbemittel,  ist  die  Wurzel  von  Rubia  Unctorum  L.  und  verwandter 
Arteni).  Die  Inder,  Perser  und  Ägypter  des  Altertums  benutzten  schon 
den  Krapp,  und  in  der  Levante  wurde  er  angebaut.  Von  dort  kam  er 
als  >Lizari«  oder  »Alizari«  nach  Italien,  im  16.  Jahrhundert  fingen  die 
Holländer,  dann  die  Franzosen  an,  ihn  zu  kultivieren,  und  im  vorigen 
Jahrhundert  zählte  er  zu  den  wichtigsten  Kulturpflanzen  der  gemäßigten 
Klimate.  In  den  sechziger  Jahren  betrug  die  jährliche  Produktion 
70  000  t  im  Werte  von  60 — 70  Millionen  Mark,  zu  Ende  der  siebziger 
Jahre  waren  fast  alle  Kulturen  eingegangen  j  weil  sie  sich  nicht  mehr 
lohnten.  In  Frankreich  allein  betrug  der  Ertrag  der  Krappkullur  34  Mil- 
lionen, und  die  Ausfuhr  an  natürlichem,  aus  Krapp  dargestelltem  Alizarin, 
die  1868  noch  25  Millionen  Mark  betragen  hatte,  war  1876  auf 
3,5  Millionen  gesunken  und  hat  jetzt  ganz  aufgehört.  Nachdem  Graebe 
und  Liebermann  1869  das  Alizarin  aus  Anthrazen  dargestellt  hatten, 
war  der  natürliche  Farbstoff  des  Krapps  entbehrlich  geworden.  Jetzt 
beschränkt  sich  seine  Verwendung  auf  einige  Spezialitäten  in  der  Woll- 
färberei und  zur  Herstellung  von  Krapplacken  für  die  Kunstmalerei 2). 

Die  unterirdischen  Teile  der  Färberröte  bestehen  aus  einem 
meist  kurzen,  etwas  knorrigen  Wurzelstocke  (oder  einem  Wurzelkopfe), 
aus  dem  einige  Wurzeln  und  mehr  oder  weniger  zahlreiche  gegliederte 
Ausläufer  entspringen,  die  reichlich  oberirdische  Sprosse  treiben. 

Die  Wurzeln  werden  im  November  ausgehoben,  von  anhängender 
Erde  befreit,  an  der  Luft  oder  mit  künstlicher  Wärme  getrocknet  und 
entweder,  in  größere  Stücke  zerschnitten,  als  Krappwurzel  in  den  Handel 
gebracht  oder  zu  einem  gröblichen,  leicht  zusammenbackenden  Pulver 
gemahlen,  als  Krapp  (im  engeren  Sinne)  der  Färberei  zugeführt. 

Nach  der  Provenienz,  der  Behandlung  der  Wurzel  u.  a.  Umständen 
unterschied  man  mehrere  Sorten,  wie  Levantiner  (türkischen)  Krapp 
(Alizari,  Lizari),  Holländer  (Seeländer)  Krapp,  Elsässer,  in  zu  einem 
graulich-  oder  hellrotbraunen  Pulver  zerreiblichen  zusammengebackenen 
Massen,  die  in  mehreren  Untersorten  (0,  f.,  mf.,  ff.,  slf.)  unterschieden 
werden,  französischen  (Avignon-),  schlesischen  oder  Breslauer 
Krapp  u.  a.  m. 

1)  Als  solche  werden  genannt:  liuhia  peregrina  L.,  Rubia  eordifolia  L.  [R. 
Munjista  Roxb.)  und  Rubia  sikkimensis.  Die  beiden  letztgenannten  asiatischen  Arten 
enthalten  neben  Purpurin  und  Purpuroxanthin  das  Munj istin,  CisHgOfi,  die  Karbon- 
säure des  Purpuroxanthin. 

2)  E.  Grandmougin,  »Lehrb.  d.  Farbencheraie«,  4.  Aufl.,  1913. 

30* 


468 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


Die  im  Drogenhandel  vorkommende  Krapp  würz  ei  (Radix  Rubiae 
tinctorum)  besteht  aus  Stücken  von  3,  höchstens  5  mm  Dicke  und 
einigen  Zentimetern  Länge,  an  der  Oberfläche  grob-längsrunzelig  und 
meist  auch  fein  querrissig,  mit  weichem,  oft  schuppig-blättrigem,  leicht 
abblätterndem,  braunem  Korke  oder  mit  Borke  bedeckt,  im  Bruche  eben. 

Die  Ausläufer  (Stolonen)  sind  an  den 
Knospen  und  an  dem  Mark  von  den 
Wurzeln  zu  unterscheiden.  Der  schwache 
Geruch  ist  eigentümlich,  der  Geschmack 
zusammenziehen  dj  etwas  bitterlich. 

Der  kreisrunde  Querschnitt  zeigt 
eine  schmale  dunkelrotbraune  oder  fast 
schwarzbraune  Rinde,  die  einen  mäch- 
tigen Holzkürper  von  orange-  oder  ziegel- 
roter Farbe  umgibt.  Dieser  ist  von  sehr 
zahlreichen  Gefäßüifnungen  dicht  porös 
und  läßt  bei  Mangel  einer  radialen  Strei- 
fung an  stärkeren  Wurzeln  Jahresschichten 
erkennen  (Fig.  173).  In  Wasser  quillt  die 
Rinde  stark  auf  und  erscheint  alsdann 
braunrot,  das  Holz  gelb;  mit  Kalilauge 
benetzt,  färbt  sich  der  Schnitt  prächtig 
violettrot  oder  purpurn. 

Das  Periderm  und  der  Borke  bil- 
dende Kork  sind  zartzellig.  Die  stark 
entwickelte  Innenrinde  zeigt  am  Quer- 
schnitt eine  Zelle  breite  Markstrahlen. 
In  der  Mittelrinde  und  im  Phloemparen- 
chjm  finden  sich  Raphidenschläuche 
mitten  im  pigmentführenden ,  amylum- 
freien  Gewebe.     Bastfasern  fehlen. 

Im  Holze  treten  Markstrahlen  nicht 
hervor.  In  dem  Grundgewebe  aus  Holz- 
parenchym  und  Ersatzfasern  sind  sehr  zahlreiche,  meist  einzeln,  seltener 
zu  zwei  beisammenstehende  dickwandige,  dicht  klein  behöft  getüpfelte 
Gefäße  mit  einfach  perforierten  Gliedern  eingestreut.  Hier  und  da  finden 
sich  Gruppen  stärker  verdickter  Libriformfasern. 

Früher  unterwarf  man  die  Krappwurzel,  um  ihr  Färbungsvermögen 
zu  steigern  oder  zu  verbessern,  verschiedenen  Behandlungsweisen  und 
erzielte  dadurch  die  sog.  Krapppräparate  und  Krappextrakte. 

Mull  oder  Krappkleie  nannte  man  die  durch  Dreschen  der  trockenen 
Wurzeln  erhaltenen  und  abgesiebten  Abfälle,  wesentlich  aus  den  äußeren 


Fig.  173.      Querschnitt     eines    5jährigen 

Ausläufers     der    Krappwurzel.         Orig.- 

Photogr.    (J.  Mo  eil  er.) 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenteile.  469 

Rindenschichten  und  Wurzelfasern  bestehend.  Die  hierauf  vermahlenen 
Wurzeln  bildeten  den  höher  bewerteten  beraubten  Krapp.  Die  naturell, 
also  ungedroschen  vermahlenen  Wurzeln  ergeben  den  ordinären  oder 
unberaubten  Krapp. 

Unter  Krapp blumen  verstand  man  den  mit  angesäuertem  Wasser 
mazerierten,  durch  Zusatz  von  Hefe  (zur  Zerstörung  des  Zuckers)  ver- 
gorenen   und  schließlich   abgepreßten  und  getrockneten  Krapp. 

Azale  ist  rohes  Alizarin,  durch  Ausziehen  des  Krapp  mit  Holzgeist 
erhalten. 

Gar  an  ein  wird  folgendermaßen  dargestellt:  fein  gemahlenes  Krapp- 
pulver wird  mit  Wasser  befeuchtet,  mit  einem  halben  Teil  konzentrierter 
Schwefelsäure  und  einem  Teil  Wasser  übergössen  und  das  Gemisch  bis 
auf  100°  erhitzt.  Sodann  wird  die  Masse  durch  Auswaschen  von  der 
Säure-  befreit,  gepreßt  und  getrocknet. 

Kolorin  ist  ein  alkoholischer,  bis  zum  Trocknen  verdunsteter  Aus- 
zug des  Garancin. 

P in k offin  gewinnt  man  durch  Auslaugen  von  Krapp  oder  Garancin, 

Zur  Aufjiellung  dient  am  besten  Chloralhydrat,  zur  Isolierung  der 
Gewebselemente  Kalilauge,  welche  den  Farbstoff  mit  violettroter  oder  pur- 
purner Farbe  löst  unter  vorübergehender  Rotfärbung  der  Zellmembran 
und  tiefroter  Färbung  der  Masse,  in  welche  das  Raphidenbündel  in  den 
Raphidenschläuchen  eingebettet  ist. 

Der  wichtigste  Bestandteil  der  Krappwurzel  ist  die  glykosidische 
Ruberythrinsäure,  die  unter  Einwirkung  von  Säuren  zerfällt  in  Ali- 
zarin und  Traubenzucker. 

GoßHssOu  +  2H2O  =  C14H8O4  +  SCßHisOe. 
Sie   wurde   zuerst   von  Robiquet  und  Colin   in   reinem  Zustande   und 
von  Rochleder  kristallisiert  dargestellt. 

Außerdem  enthält  der  Krapp:  Purpurin,  Pseudopurpurin, 
(Purpurinkarbonsäure),  Munj  istin  (im  indischen  Krapp),  Xanthin,  Chlo- 
rogenin  (Schunk)  oder  Rubichlorsäure  (Rochleder),  eine  Substanz, 
die  bei  der  Zersetzung  einen  grünen  Farbstoff  liefert,  ferner  Glykoside, 
Zucker,  Gummi  u.  a.  m.  ^). 

Die  größere  Echtheit  der  Krapplacke  gegenüber  den  aus  künstlichem 
Alizarin  hergestellten  Lacken  führt  man  auf  das  Pseudopurpurin  zurück, 
das  jedoch  neuestens  ebenfalls  künstlich  hergestellt  wird. 

Der  Aschengehalt  einer  guten  Ware  soll  8 — 10  Proz.  nicht  über- 
schreiten. 

Wie  die  mikroskopische  Untersuchung  lehrt,  finden  sich  die  Pig- 
mente in  allen  Parenchymzellen.    In  der  frischen  Wurzel  sind  sie  von 


t)  E.  Schmidt,  Lehrb.  d.  pharm.  Chemie,  Bd.  II,  4.  Aufl.,  -1901. 


470  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

einer  gelben,  wässerigen  Flüssigkeit  (Zellsaft)  erfüllt,  die  eingetrocknet 
eine  formlose,  goldgelbe,  in  Wasser  rasch  und  fast  spurlos  sich  lösende 
Masse  darstellt  (Rubierythrinsäure).  In  länger  aufbewahrten  getrock- 
neten Wurzeln,  wie  in  der  Handelsware,  findet  man  in  den  Parenchym- 
zellen  der  Rinde  und  zum  Teil  auch  des  Holzes  gelbe,  orangegelbe  bis 
rote  oder  braunrote  Schollen,  Klümpchen,  körnige  Bildungen  und  Körnchen- 
haufen, Stäbchen-  oder  spindelförmige  Pigmentkörper,  die  sich  in  Wasser 
zum  Teil  lösen,  zum  Teil  aber  als  rundliche  feinkörnige  Klümpchen, 
schlauchförmige  Gebilde  u.  dgl.  zurückbleiben;  Kalilauge  löst  sie  spur- 
los oder  fast  spurlos  mit  violettroter  oder  purpurner  Farbe.  Der  Zell- 
inhalt besteht  hier  also  bereits  im  wesentlichen  aus  Alizarin.  Die 
schmutzigbraune  Färbung  der  Zellinhaltmassen  mit  Eisenchlorid  deutet 
auf  die  Anwesenheit  eines  Gerbstoffes  hin,  wenn  nicht  diese  Reaktion 
vielleicht  einem  der  Mutterglykoside  der  Pigmente  angehört. 

Der  mikroskopische  Befund  ist  geeignet,  auch  die  bei  der  Zube- 
reitung des  Krapps  geübte  Praxis  zu  erklären.  Man  wendet  nicht  frische, 
sondern  längere  Zeit  gelagerte  trockne  Wurzeln  an,  in  denen  bereits  die 
Rubierythrinsäure  zum  großen  Teil  in  Alizarin  umgewandelt  ist.  Weil 
das  Pigment  am  reichlichsten  im  Rindenparenchym,  spärlicher  im  Holze, 
am  spärlichsten  in  der  Borke  enthalten  ist,  befreit  man  in  der  Regel 
zunächst  die  Wurzeln  vom  Kork  und  den  Borkeschichten,  sowie  von 
den  etwa  vorhandenen  Wurzelfasern,  wobei  auch  diesen  anhaftende 
fremdartige  Dinge,  wie  Erde,  Sand,  Schimmelbildung  usw.  beseitigt 
werden.  So  erhält  man  den  Mull,  die  schlechteste  Sorte,  und  anderer- 
seits die  verschiedenen  Sorten  des  »beraubten«  Krapps,  indem  bei  dem 
Stampf-  und  Mahlverfahren  von  Zeit  zu  Zeit  das  zerkleinerte  Material 
abgesiebt  und  der  Rückstand  von  neuem  auf  die  Mühle  gebracht  wird. 
Auf  diesem  Wege  werden  zuerst  die  Gewebsschichten  der  Rinde,  später 
jene  des  Holzzylinders  zermalmt,  und  die  jedesmal  abgesiebten  Partien 
stellen  ebensoviele  Krappsorten  dar,  von  denen  das  zuerst  abgesiebte 
Pulver  als  das  farbstoffreichste,  wertvollste  gilt. 

Verfälschungen,  sowohl  mit  mineralischen  Substanzen  (Ocker, 
Bolus,  Sand,  Lehm,  Ziegelmehl  u.  a.)  als  auch  mit  verschiedenen  Vege- 
tabilien  (Rot-  oder  Blauholz,  Sägespäne  u.  a.)  waren  früher  lohnend, 
kommen  aber  jetzt  kaum  mehr  vor.  Durch  die  mikroskopische  Unter- 
suchung  und   Aschenbestimmung   sind   sie  übrigens   leicht   nachweisbar. 

12.  Morinda. 
Die  Rubiaceengattung  Morinda  L.  zählt   etwa  40  Arten,    die  über 
den  ganzen    Tropengürtel,    zumeist   aber    in    Ostindien    und   Polynesien 
verbreitet  sind.      In   ihrer  Heimat  benutzt   man   die  Wurzel   als  Färbe- 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenleile. 


471 


und  Heilmittel.  G.  Watt  berichtet  ausführiich  über  die  Stammpflanzen 
und  deren  Kultur,  über  die  Bereitung  des  »A'l«  genannten  Farbstoffes 
und  dessen  Verwendung').  Nach  E.  A.  Duchesne  besitzt  die  Wurzel 
der  im  tropischen  Amerika  heimischen  M.  Eoijok  L.  purgierende  Wir- 
kung und  heißt  deshalb  »Rhubarbe  des  Garaibes«2). 

Am  gebräuchlichsten  ist  Morinda  citri folia  L.,  Indian  Mulberrj-, 
Togari  wood  of  Madras,    deren    festes  Holz  von  Insekten  nicht  an- 
gegriffen wird,  deren  Blätter  ^,.  . 
eine  rote,  deren  Wurzeln  eine                                               '•  "^'    *' '  '  ^   -^' 
gelbe  Farbe  liefern 3).                 ^;'  /'  > 

Die  Wurzel  besteht  aus      ?  - 

etwa  5 — i  2  mm  dicken  stiel-      ^  ,  -  v'  - 

runden    Stücken    von    gelb-      .? 
brauner  Farbe,  zum  Teil  be- 
deckt   von    einem    dünnen, 
grauweißlichen    Kork    (Fig. 
174).  '.' 

Querscheiben  quellen  in  ^:- 
Wasser  auf  das  Doppelte  auf.  ^, 
Die  dünne  rötlichgelbe  Rinde  ^l 
wird  mit  Kalilauge  befeuchtet  I^^ 
purpurn,  der  marklose,  an  ^ 
manchen  Stücken  exzentrisch  |* 
gebaute  Holzkürper  braun- 
rot; er  ist  fein  radial  ge- 
streift und  zerstreut  punk- 
tiert. 

DasPeriderm  aus  dünn- 
wandigen Elementen  enthält 
in  stärkeren  Stücken  Schich- 
ten von  Steinkork.  Im 
Rindenparenchym  sind  viele 
Raphidenzellen  zerstreut.   In 

älteren  Rinden  finden  sich  tangential  gestreckte  Nester  von  polymorphen 
gelben  Steinzellen  (Fig.  175  u.  176).     Die  Innenrinde  ist  von  1 — 4  Zellen 


Fig.  174.     Querschnitt  der   Wurzel   von   JIo 
Orig.-Photogr.    (J.  MoeUer 


1)  Dictionary  oT  the  economic  products  of  India,  Vol.  V.  London  u.  Kalkutta 
1891. 

-i)  Repert.  des  plantes  utiles.  Paris  1836.  —  S.  auch  W.  Dymock,  The  vege- 
table  Mat.  medica  of  western  India.  Bombay  und  London  (ohne  Jahreszahl).  — 
Heber  Drury,  The  useful  plants  of  India.     Madras  1858. 

3)  Eine  auf  Kaiser  Wilhelmsland  wachsende  Form  wurde  als  M.  bracteata  Roxb. 
beschrieben. 


472 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 


breiten  Markstrahlen  durchzogen.  Auch  in  ihr  liegen  gelbe  Steinzellen- 
gruppen, deren  Elemente  jedoch  axil  gestreckt  und  oft  bis  zum  Schwinden 
des  Lumens  verdickt  sind.     Raphidenzellen  sind  spärlich. 

Der  Holzkörper  (Fig.  176)  zeigt  wie  die  Rinde  1 — 4  reihige  Mark- 
strahlen (Mk).     Die  Holzstrahlen  bestehen   aus  den  typischen  drei  Ele- 


Fig.  175.     Querschnitt   aus   der  Mitteliinde   der  Wurzel   von   Morinda   citrifoh'a;  pp  Grundparencbym 
St  Steinzellennest,  7,-  Raphidenzellen.    Vergr.  250/1.    (Nach  Vogl.) 

menten.  In  der  Grundmasse  sind  die  dickwandigen,  klein  und  dicht 
behüft  getüpfelten,  einfach  perforierten  Gefäße  von  verschiedener  Weite 
(30 — \  80  //)   in   radialen  Reihen   oder  in   mehr  weniger   umfangreichen 


Ä    rrfVdf 


i-^^-x 


"Fig.  176.  Querschnitt  aus  dem  Holzkörper  der  Wurzel  von  Jfo)i*irfo  Ci^nYo^!«;  J/fc  Markstrahl,  6' f/ Weite 
Tracheen,  Z/Lihriform  und  Tracheiden,  hp  Holzparenchyra,  k  Raphidenzellen.    Vergr.  250/1.    (Nach  Vogl.) 

Gruppen  oder  auch  einzeln  zerstreut.  In  den  weitesten  Gefäßen  fand  Vogl 
mitunter  Thyllen.  Holz-  und  Rindenparenchyra  ist  dicht  erfüllt  von  klein- 
körniger, 6  — 18//  großer,  zusammengesetzter  Stärke.  Neben  der  Stärke 
findet  sich  in  den  Zellen  eine  orangegelbe,  in  Lauge  sich  purpurn  lösende 
Masse.     Raphidenschläuche  kommen  auch  im  Holze  vor. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenteile.  473 

Die  Wurzein  von  Morinda  tinctoria  Roxb.  und  M.  macrophylla 
Desf.,  die  A.  v.  Vogl  nach  Mustern  von  der  Pariser  Weltausstellung  1878 
untersuchte,  sind  im  anatomischen  Bau  von  M.  citrifoUa  nicht  wesent- 
lich verschieden. 

Der  Farbstoff  der  Wurzelrinde  ist  das  Glykosid  Morindin  (Thorpe). 


Schwefelsäure  gekocht,  spaltet  es  sich  in  Glykose  und  Morindon: 
C17H30O15  H-  2H2O  =  SCßHiaOe  +  C15H10O5. 
Das  Morindon  scheint  ein  Trioxylmethylanthrachinon  zu  sein^),  wor- 
aus  sich  die  abführende  Wirkung  der  Morindawurzel  erklären   würde. 


Zuckerrübe  2). 

rt  angestellten  zahln 
europäischen  Pflanze  ebenso  süßen  Zucker  zu  gewinnen,  wie  er  aus  dem 
Zuckerrohr  dargestellt  wird,  führten  zur  Entdeckung  des  »süßen  Salzes« 
in  der  Wurzel  des  Mangold  durch  Andreas  Sigismund  Marggraf  im 
Jahre  1747.  Er  berichtet  u.  a.3),  daß  er  aus  einem  halben  Pfund  ge- 
trockneter weißer  Mangold wurzel  eine  halbe  Unze,  aus  einem  halben 
Pfund  roter  Mangoldwurzel  zwei  und  ein  halbes  Quentchen  gereinigten 
Zucker  erhalten  habe.  Der  praktische  Rübenbau  wurde  zwar  allerorten 
probiert,  aber  nur  die  zielbewußten  Versuche  von  Franz  Carl  Achard, 
der  schon  1786  auf  seinem  Gute  Carlsdorff  (bei  Berlin)  nebst  vielen  an- 
deren zuckerhaltigen  Pflanzen  22  Spielarten  der  Runkelrübe  auf  seinem 
Versuchsfelde  anbaute,  haben  schließlich  zur  europäischen  Zuckerindustrie 
geführt.  Achard  hat  nicht  nur  durch  vergleichende  Versuche  die  > Runkel- 
rübe mit  weißem  Fleisch  und  weißer  Schale«  (Schlesische  Rübe)  als 
die  beste  erkannt  und  gezüchtet,  sondern  auch  die  erste  betriebsfähige 
Zuckerfabrik  (1 802  in  Kunnern  in  Schlesien)  errichtet. 

Um  1902  dienten  in  Europa  fast  2  800  000  Hektar  dem  Zucker- 
rübenbau. Nach  Verlautbarung  der  Internationalen  Vereinigung  für  Zucker- 
industrie betrug  1913/14  die  gesamte  Rübenbaufläche  2  213  749  Hektar. 

Die  Zuckerrübe  bauenden  Länder  Europasj  reihen  sich  danach 
folgendermaßen : 


■1)  E.  Schmidt,  Ausführl.  Lehrb.  d.  pharm.  Chemie,  II.  Bd.    Braunschweig  -1901. 

2)  In  der  vorliegenden,  wie  in  der  2.  Auflage  bearbeitet  von  Dr.  F.  Krasser, 

o.ö.  Professor  der  deutschen  Technik  in  Prag. 

3)  Ber.  der  Berliner  Akad.  d.  Wissensch.  1747. 


474  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenteile. 

Rußland:  724  782,  Deutschland:  530  782,  Österreich- Ungarn:  431  100 
(davon  entfallen  auf  Ungarn  und  Bosnien  1  71300),  Frankreich:  216200, 
Holland:  ei700,  Italien:  60000,  Belgien:  55300,  Spanien:  50966,  Däne- 
mark: 30  900,  Schweden:  28  715,  Rumänien:  13  014,  Bulgarien:  4  820, 
Serbien:  3  000,  England:  1600,  Schweiz:  970  Hektar. 

Im  letzten  Jahrzehnt  hat  sich  die  Rübenkultur  auch  außerhalb 
Europas  eingebürgert,  und  insbesondere  Kalifornien  hat  Aussicht,  den 
Weltmarkt  zu  beeinflussen  i).  Auch  in  Ägypten  und  im  südlichen  Indien 
ist  der  Rübenbau  zu  erfolgreichem  Aufschwung  gediehen. 

Die  hohe  volkswirtschaftliche  Bedeutung  der  Zuckerrübe  macht  es 
erklärlich,  daß  diese  Kulturpflanze  in  physiologischer  und  biologischer 
Beziehung  immer  wieder  studiert  wird,  doch  ist  eine  wissenschaftliche 
Monographie  noch  heute  ausständig.  Hier  handelt  es  sich  vornehmlich 
um  eine  Betrachtung  vom  naturgeschichtlichen  Standpunkte.  Kultur, 
Aufbewahrung,  Chemie  können  nur  insoweit,  als  es  sich  um  prinzipiell 
wichtige  Fragen  handelt,  die  in  Technologien  und  zusammenfassenden 
Werken  über  die  Zuckerfabrikation  oft  vernachlässigt  werden,  erörtert 
werden  2). 


1)  18  79  waren  in  den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  erst  vier  Rüben- 
zuckerfaktoreien, 1900  bereits  37,  welche  zusammen  22  310  Tonnen  Zuckerrüben  ver- 
arbeiteten. 1894/1895  übertraf  die  Weltproduktion  von  Zucker  aus  der  Zuckerrübe 
(Rübenzucker)  beträchtlich  die  Produktion  von  Zucker  aus  dem  Zuckerrohr  (Koloniai- 
zucker).  4730000  Tonnen  gegen  3370000  Tonnen  nach  der  Schätzung  vonWillet 
und  Gray,  wovon  in  Europa  20  000  Tonnen  Kolonialzucker  in  Spanien  erzeugt 
wurden.  1912  wurde  die  Rübenzuckerproduktion  jedoch  von  der  Kolonialzucker- 
produktion wieder  überholt.  In  Java  waren  zuerst  außerordentliche  Fortschritte  in 
Anzucht  und  Auslese  der  Zuckerrohrrassen  erzielt  worden,  welche  im  Verein  mit  der 
Einführung  moderner  Maschinenanlagen  in  den  Kolonialzuckerfabriken,  planmäßiger 
Bekämpfung  der  Zuckerrohrkrankheiten  und  des  in  den  Plantagen  endemischen  gelben 
Fiebers,  welches  die  Arbeiter  dezimiert  hatte,  den  Wettkampf  zwischen  Rübe  und 
Rohr  zugunsten  des  letzteren  wendeten.  A.  L.  Hickmanns  Geogr.  Statist.  Universal- 
Taschenatlas  entnehme  ich  folgende  Daten:  1813  betrug  die  Weltproduktion  an  Rüben- 
zucker 86  Millionen  Meterzentner,  während  Kolonialzucker  für  1912  mit  96  Millionen 
Meterzentner  angegeben  wird.  Wegen  des  Vergleiches  mit  den  Anbauflächen  seien 
die  näheren  Angaben  über  die  Rübenzuckerproduktion  der  einzelnen  Länder 
hierhergesetzt,  ausgedrückt  in  MilUonen  Meterzentner: 

Deutsches  Reich:  25,6,  Rußland:  17,3,  Österreich-Ungarn:  16,9  (wovon  Ungarn : 
5,3),  Frankreich:  7,5,  Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika:  4,6,  Rallen:  3,2,  Nieder- 
lande: 2,3,  Belgien:  2,2,  Spanien:  1,8,  Schweden:  1,3,  Dänemark:  1,1,  Rumänien:  0,4. 
—  Die  Kolonialzuckerproduktion  gliedert  sich  folgendermaßen:  Britisch  Indien: 
24,9,  Kuba:  24,  Java:  13,9,  Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika  und  seine  Kolonien : 
13,6,  Japan:  8,7,  Englische  Kolonien  mit  Ausnahme  von  Britisch  Indien:  7,4,  Brasi- 
hen:  2,4,  Mexiko:  1,6,  Argentinien  u.  Peru:  1,4,  Französisclie  Kolonien:  1,1,  China:  0,6. 

2)  Die  Literatur  über  die  Zuckerrübe  ist  sehr  groß  H.  Briem  hat  in  seinem 
Werke  »Der  praktische  Rübenbau«,  Wien  1895,  p.  39  —  48  u.  527—529  auch  die  Lite- 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unlerirdischo  Pllanzenleile.  475 

Abstammuug,  Auslese  und  Rasseu. 

Die  Zuckerrübe  gehört  in  den  Formenkreis  der  Beta  ndgaris  L. 
(Ghenopodiaceae),  welche  in  der  modernen  Systematik  i)  in  drei  Varie- 
täten: 1.  Cicla  L.  (=  Beta  hortensis  3Iill.),  Mangold,  Reißkohl;  2.  Rapa 
Dum.  (=  rapacea  Hegetschw.,  =  campestris  Lange,  ==  esculenta  Salisb., 
=  sativa  Bernh.),  Runkelrübe  und  3.  altissima  DG.  {=^  saccharifera 
Lange),  Zuckerrübe 2)^  zerfällt  wird.  Als  Stammpflanze  der  Beta  vul- 
garis L.  in  allen  Kulturvarietäten  wird  die  wilde  Beta  maritima  L. 
[B.  viilg.  var.  maritima  Koch),  Seestrandsmangold,  aufgefaßt,  welche 
nach  den  experimentellen  Untersuchungen  von  F.  Schindler  und  E.  von 
Proskowetz  jun.3)  die  spezifische  Salzform  der  Beta  vulgaris  darstellt. 
Sie  kommt  außer  im  westlichen  und  östlichen  Mittelmeergebiet  nach 
Bunge^)  auch  im  Becken  des  Roten  Meeres  und  im  westkaspisch-trans- 
kaukasischen  Gebiete  vor. 

Da  die  Varietäten  Rapa  (Runkelrübe,  Runkel)  und  altissima 
(Zuckerrübe)  namentlich  in  der  populären,  kber  auch  in  der  technolo- 
gischen Literatur  vielfach  durcheinandergeworfen  werden,  seien  sie  hier 
kurz  charakterisiert. 

1.  Beta  vulgaris  v.  Gicla  (Mangold,  Beißkohl):  Wurzel  ziemlich 
hart,  zylindrisch-walzlich,  unterirdisch.  Blätter  und  fleischige  Blattstiele 
als  Gemüse  für  die  Küche  und  Futter  für  Schweine  und  Kühe. 


ratur  der  Rübe  von  ihrem  Anfang  bis  zum  Jahre  -1895  zusammengestellt.  An  dieser 
Stelle  sei  nur  auf  einige  Hauptwerke  und  auf  eine  Reihe  von  technologischen  Schriften 
hingewiesen.  Achard,  F.  C,  Die  europäische  Zuckerfabrikation  aus  Runicelrüben,  in 
Verbindung  mit  der  Bereitung  des  Branntweines,  des  Rums,  des  Essigs  und  eines 
Kaffeesurrogates  aus  ihren  Abfällen,  beschrieben  und  mit  Kupfern  erläutert  durch 
ihi'en  Urheber.  Leipzig  1809.  —  Hloubek,  F.  X.,  Die  Runkelrübe,  ihr  Anbau  und 
die  Gewinnung  des  Zuckers  aus  derselben.  Laibach  1839.  —  Fühling,  Der  prak- 
tische Rübenbauer.  Gekrönte  Preisschrift.  Bonn  1863.  —  Lippmann,  E.  v.,  Die 
beiden  Grundschriften  der  Rübenfabrikation  von  Marggraf  und  Achard.  Leipzig 
1907.  —  Osts  Lehrbuch  der  chemischen  Technologie.  8.  Aufl.  Leipzig  19U.  — 
Ciaassen,  H.,  Die  Zuckerfabrikation.  4.  Aufl.  1918.  —  Bezüglich  Rübenzucht  und 
Rübenbau  kommen  namentlich  in  Betracht:  Knauer,  F.  und  M.  HoUrung,  Rüben- 
bau. 9.  Aufl.  1906.  —  Fruwirth,  C,  Die  Züchtung  der  landw.  Kulturpflanzen. 
IV.  Bd.  (1908). 

1)  Siehe  insbesondere  Hegi,  G.,  Illustrierte  Flora  von  Mitteleuropa,  III.  Bd., 
p.  214. 

2)  Endlicher,  Enchiridion  botan.,  Wien  1841,  p.  183,  nennt  sie  »saccharina 
seu  silesiaca«.     Mangold  ist  die  deutsche  Gattungsbezeichnung  für  Beta. 

3)  F.  Schindler,  Über  die  Stammpflanze  der  Runkel-  und  Zuckerrüben.  Bot. 
Zentralbl.,  Bd.  46  (1891).  —  E.  von  Proskowetz  jun..  Über  die  Kulturversuche 
mit  Beta  im  Jahre  1900.     Österr.-ung.  Zeitschr.  f.  Zuckerindustrie  1901. 

4)  Bunge,  A.,  Pflanzengeographische  Betrachtungen  über  die  Familie  der  Cheno- 
podiaceen.     Mem.  de  l'Acad.  d.  sc.  de  St.  Petersbourg,  T.  XXVII,  Nr.  8. 


476  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

2.  V.  Rajjci  (Runkelrübe):  Wurzel  dick,  spindel-  oder  rübenförmig, 
fleischig,  saftig,  zuckerführend,  z.  T.  aus  dem  Boden  hervorragend.  In 
zahlreichen  Formen  gebaut.     Ihre  Hauptformen  sind: 

1'.  alba  DC.  (weiße  Rübe,  weiße  Runkel).  Nicht  besonders  zuckerhaltig.  Wich- 
tige Futterpflanze. 

f.  lutea  DC.  (Teller-,  ßurgunderrübe).  Wurzel  dick,  fleischig,  ungenießbar, 
gelb.     Futterpflanze. 

f.  incarnata  Meissn.  Wurzel  rot,  ungenießbar,  Blätter  grün,  zuweilen  mit 
roten  Rippen. 

f.  rubra  DC.  (rote  Rübe,  Ranne).  Wurzel  innen  rot  bis  blutrot.  Stengel 
und  Blätter  rot  überlaufen,     Wurzelgemüse. 

Runkeln,  welche  äußerlich  rot  erscheinen,  am  Querschnitt  aber  weiße  und 
rote  Ringe  zeigen,  werden  als  f.  xonata  bezeichnet. 

3.  V.  altissima  DC.  (Zuckerrübö).  Wurzel  dick,  fleischig^  innen 
weiß,  sehr  zuckerreich,  nur  wenig  aus  dem  Boden  hervorragend. 

Die  Kulturrübe  ist  eine  zweijährige  Pflanze,  deren  Gedeihen  von 
einem  gemäßigten  Klima  mit  mäßiger  Regenmenge  abhängig  ist.  Sie 
bedarf  der  sehr  tiefgehenden  Wurzeln  i)  halber  der  Tiefkultur.  Im 
schweren  Boden  ist  daher  gute  Düngung  nötig.  Im  ersten  Jahre  werden 
die  Rüben  ausgebildet.  Ihre  Reife  tritt  je  nach  der  Rasse  im  September 
oder  Oktober  ein  und  gibt  sich  durch  Gelbwerden  und  Abfallen  der 
unteren  Blätter  zu  erkennen.  Bei  der  Ernte  werden  die  Pflanzen  mög- 
lichst unbeschädigt  ausgehoben,  da  sonst  bei  der  bis  zur  Verarbeitung 
während  der  Kampagne  oder  behufs  Überwinterung  nötigen  Aufbe- 
wahrung 2)  um  so  größere  Zuckerverluste  durch  gesteigerte  Atmung 
eintreten.  Die  zur  Samenzucht  ausgelesenen  Rüben  werden  im  zweiten 
Jahr  wieder  ausgesetzt.  Selbst  auf  guten  Äckern  finden  sich  meist 
±  \  Proz.  Aufschußrüben,  d.  h.  Exemplare,  welche  bereits  im  ersten  Jahr 
einen  Stengel  treiben,  blühen  und  Samen  tragen.  Es  ist  von  Rimpau^) 
der  experimentelle  Nachweis  geführt  worden,  daß  diese  Variation  von 
den  Nachtfrösten  des  Frühjahrs  ausgelöst  wird.  Auch  »Trotzer«  kommen 
vor,  d.  h.  Exemplare,  welche  im  zweiten  Jahre  noch  nicht  blühen. 
Merkwürdig  ist  auch  die  Fähigkeit  der  Zuckerrübe,  mehrjährig  zu  werden. 
So  überwinterte  Briem 4)  Zuckerrüben  nach  dem  Samentragen  und  ließ 


\)  Kraus,  C,  Das  Wurzelsystem  der  Runkelrüben.  Wollnys  Forschungen 
a.  d.  Geb.  der  Agrikulturphysik,  -1888. 

2)  Die  Aufbewahrung  erfolgt  in  langen  mit  Erde  bedeckten  Haufen  oder  flachen 
Gruben  (Mieten  oder  Feimen). 

3)  Rimpau,  W.,  Das  Aufschießen  der  Runkelrüben.  Landw.  Jahrb.  ■1880,  p.  192. 
Siehe  auch  De  Vries-Klebahn,  Arten  und  Varietäten.     Berlin  -1906.     p.  484. 

4)  Strohmer,  F.,  Briem,  H.  und  Stift,  A.,  Über  mehrjährige  Zuckerrüben 
und  deren  Nachzucht.  Österr.  - ungar.  Zeitschr.  f.  Zuckerindust.,  1900,  4.  Hft.  mit 
Taf  XY. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  PtUmzenteile.  477 

SO  dieselbe  Pflanze  zum  zweiten,  ja  bisweilen  zum  dritten  oder  vierten 
Male  Samen  tragen.  Es  war  dazu  wesentlich  nur  erforderlich,  daß  die 
samentragende  Rübe  auch  noch  in  die  Dicke  wuchst)  und  in  ihren  neuen 
Geweberingen  die  erforderlichen  Mengen  von  Zucker  und  anderen  Nähr- 
stoffen in  sich  anhäufte. 

Am  Körper  der  Zuckerrübe  kann  man  den  »Kopf«,  den  »Hals« 
und  die  eigentliche  Wurzel  unterscheiden.  Der  Kopf  trägt  die  Blätter 
in  schraubiger  Anordnung  (^/jg  Stellung).  Unter  dem  Kopfe  befindet  sich 
der  Hals,  welcher  dem  Hypokotyl  der  Keimpflanze  entspricht.  Er  trägt 
keine  Blätter.  An  ihn  schließt  sich  die  Wurzel,  kenntlich  an  den  beiden 
einander  gegenüberliegenden,  als  ziemlich  breite  Streifen  erscheinenden 
Längsreihen  von  Nebenwurzeln.  In  diesen  Längsreihen  sitzen  die  Neben- 
wurzeln zu  Gruppen  vereinigt  in  Querreihen  von  verschiedener  Länge. 
Der  Längsstreifen  bildet  namentlich  im  unteren  Teile  der  Wurzel  häufig 
einen  halben  Schraubenumgang  oder  mehr  um  die  Achse.  Das  Wurzel- 
ende wird  von  den  Praktikern  Schwanz  genannt.  Dieser  dünne  Teil 
der  Pfahlwurzel  geht  beim  Roden  und  in  der  Wäsche  verloren.  Er 
kann  je  nach  dem  Rübentypus  1,5 — 2,5  Proz.  betragen. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Farbe,  Form  und  Grüße  der  Wurzel  hat 
schon  F.  X.  Hlubek^)  fünf  ^> Hauptvarietäten«  der  > Runkelrübe«  unter- 
schieden, von  denen  jedoch  nur  seine  ^Beta  vulgaris  alba,  schlesische 
oder  weiße  Rübe,  die  zur  Zuckerfabrikation  geeignetste,  sie  gibt  weniger 
Saft,  dagegen  ist  derselbe  zuckerreicher  als  bei  den  übrigen«  sich  auf 
die  Zuckerrübe  bezieht  und  der  gesamten  var.  altissima  DG.  (Zucker- 
rübe) entspricht. 

Wie  bereits  früher  erwähnt,  hatte  der  Begründer  der  Rübenzucker- 
industrie, Franz  Carl  Achard,  auf  Grund  vergleichender  Versuche  die 
Runkelrübe  »mit  weißem  Fleisch  und  weißer  Schale«  als  die  für  die  Zucker- 
industrie geeignetste  erkannt;  als  die  zweitbeste  bezeichnete  er  die  Spielart, 
welche  spindelförmig  wächst,  eine  hellrote  Rinde  und  weißes  Fleisch  hat.  Es 
sind  die  Rassen,  welche  später  als  »schlesische  Rübe«  bezeichnet  wurden 
und  die  erwiesenermaßen  den  Ausgangspunkt  späterer  Züchtungen  bil- 
deten^).    Vorerst  war   man   bemüht,  eine   möglichst  zuckerreiche  Rübe 


1)  Hugo  de  Vries,  Die  abnormale  Entstehung  sekundärer  Gewebe.  Pringsh. 
Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  XXII,  1890,  p.  35  u.  Taf.  III,  Fig.  4  4. 

2)  Hlubek,  F.  X.,  Die  Runkelrübe,  ihr  Anbau  und  die  Gewinnung  des  Zuckers 
aus  derselben.  Laibach  1839.  Eine  größere  Zahl  von  Abänderungen  ist  in  G.  W. 
Bischoff,  Lehrbuch  der  Botanik,  III,  1  (Stuttgart  1840),  p.  302  kurz  beschrieben. 
Ich  bemerke  an  dieser  Stelle,  daß  die  Nomenklatur  dieser  »Varietäten«,  »Rassen«, 
»Spielarten«  bei  den  verschiedenen  Autoren  nicht  einheithch  ist,  ein  Umstand,  welcher 
bei  weiteren  Literaturstudien  zu  beobachten  ist. 

3)  Breitenlohner  hat  den  Nachweis  erbracht,  daß  alle  deutschen  Rüben  ent- 
weder direkt  oder  indirekt  (durch  Kreuzung)  aus  der  schlesischen  Rübe  geworden  sind. 


478 


Aclitzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenteile. 


ZU  erzielen,  dann  erst  ging  man  daran,  mit  Berücksichtigung  der  physio- 
logischen und  morphologischen  Eigenschaften,  also  unter  Berücksichtigung 
der  Korrelationsverhältnisse,  eine  Rübe  zu  schaffen,  die  pro  Bodenfläche 
den  höchsten  Zuckerertrag  liefert.     Es  ist  hier  wohl  nicht  der  Ort,  auf 

Es  genügt 


Fig.  179.     Blattstielquerschnitte,     d  Kleinwanzlebener,  6  Vilmorin  blanche  am^liore'e, 
(■  Vilmorin  rose  hätive,  d  weiße  Futterrühe.     (Sach  Proskowetz  jun.) 


ob  die  Rüben  nun  Magdeburger,  Salzmündner,  Erfurter,  Wanzlebener,  Quedlinburger, 
Imperial,  russische  oder  österreichische  hießen.  Siehe  H.  Briem,  Der  praktische 
Rübenbau,  I.Hft.  Wien  1895,  p.  23  und  E.  v.  Proskowetz  jun.,  Zur  Charakteristik 
typischer  Zuckerrübenvarietäten.  Österr.-ungar.  Zeitschr.  f.  Zuckerindustrie,  XVIII 
(4889),  p.  382.  Vilmorin  jun.  (Journ.  des  fabricants  de  sucre,  1876)  hat  auch  die 
verbesserte  »weiße  Vilmorinc  als  eine  unmittelbar  aus  der  weißen  schlesischen  Rübe 
durch  Zuchtwahl  hervorgebrachte  Sorte  erklärt. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenfeile.  479 

hier  zu  bemerken,  daß  die  Zuckerrübenauslese ^)  Deutschlands  in  den 
überwiegend  meisten  Fällen  auf  der  physikalischen  Methode  der  Zucker- 
polarisation mit  Berücksichtigung  der  Form  von  Wurzel  und  Blättern, 
des  absoluten  Gewichtes  der  Rübe,  der  Reinheit  der  Säfte,  des  Saftge- 
haltes, der  Haltbarkeit  und  der  möglichst  geringen  Neigung  zum  Auf- 
schießen beruht,  mitunter  auch  mit  Hilfe  der  vegetativen  Vermehrung 
der  wertvollsten  Elekte  durch  bloße  Teilung  oder  durch  Herstellung 
wirklicher  Stecklinge  (Nowoczek-Knauer-Briem)^].  Zwischen  der 
Ernte  der  Samen  der  polarisierten  Rüben  und  dem  Verkauf  der  Samen 
wird  eine  oder  werden  bisweilen  zwei  Generationen  eingeschoben.  Der 
Zweck  ist,  die  Samen  so  stark  zu  vermehren,  daß  die  hohen  Kosten 
des  Polarisationsverfahrens  und  der  Auslese  den  Preis  des  Saatgutes 
nicht  übermäßig  erhöhen. 

Die  Samenträger  werden  nicht  in  den  übUchen  Entfernungen  kulti- 
viert, sondern  so  dicht  nebeneinander,  daß  ihre  Rüben  etwa  nur  finger- 
dick werden.  Sie  treiben  dann  nur  wenig  verzweigte  Stengel  und  bilden 
nur  die  besten  Samen  aus,  denn  die  Samen  der  schwächeren,  an  nor- 
malen Samenrüben  so  überaus  zahlreichen  Nebenzweige  sind  bekanntlich 
minderwertig. 

Im  großen  wird  die  Samenzucht  hauptsächlich  in  Deutschland, 
Frankreich  und  Osterreich  betrieben. 

Die  Zuckerrübe  wurde  nach  zwei  Richtungen  gezüchtet,  wie  bereits 
oben  bemerkt  wurde,  daraus  ergaben  sich  zwei  Typen: 

1.  Vilmorin-Typus.  Er  stammt  von  der  Quedlinburger  Rübe. 
Züchtung  auf  hohen  Zuckergehalt  (Fig.  178). 

2.  Kleinwanzlebener  Typus.  Er  stammt  von  der  weißen  schle- 
sischen  Rübe.  Züchtung  auf  Masse  bei  hervorragender  Berücksichtigung 
des  Zuckergehaltes.  Mehr  abgehärtet  als  der  Vilmorin-Typus  und  aus- 
gesprochen spätreif  (Fig.  177). 

Die  Sorten  der  Zückerrübe  unterscheiden  sich  oft  auch  an  den 
Blattstielquerschnitten  (Fig.  179). 

Obzwar  die  Beschreibung  verschiedener  Sorten  heutzutage,  wo  die  Zuckerrübe 
nach  streng  wissenschafthchen  Grundsätzen  unter  steter  Auslese  gezüchtet  und  auch 
nur  nach  Feststellung  des  Zuckergehaltes  verarbeitet  wird,  weniger  Wert  hat,  so 
mögen  doch  die  von  F.  Knauer^)  unterschiedenen  fünf  Formen  der  Zuckerrübe  an- 


1)  Originelle  Gesichtspunkte  entwickelt  Hugo  deVries,  Die  Mutationstheorie, 
I,  Leipzig  -1901,  §  11,  p.  72  und  an  anderen  Stellen. 

2)  K.  V.  Rümker,  Die  Rassenzüchtung  landwirtschaftlicher  Kulturpflanzen  in: 
Die  deutsche  Landwirtschaft  auf  der  Weltausstellung  in  Paris  1900  (Bonn  1900), 
p.  366/367.  —  >Die  Zuckerrübenzucht  der  Gogenwarts  Bl.  f.  Zuckerrübenbau  1894, 
p.  1  ff. 

3)  Zeitschrift  d.  Verein,  f.  Zuckerrübenindustrie,  1866. 


480  Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

geführt  werden,  weil  sie  sowohl  in   der  wissenschaftlichen  Literatur   als  in  den  Be- 
richten der  Praktiker  oft  vorkommen. 

1.  Die  französische  Rübe.  Wurzel  spindelförmig,  Rinde  weiß,  Fleisch  weiß 
und  fein.     Kopf  klein,  befindet  sich  unter  der  Erde.     Ausgezeichnete  Sorte. 

2.  Die  Quedlinburger  Rübe.  Die  Gestalt  der  Wurzel  wie  bei  der  vorigen. 
Rinde  stets  mit  rötlichem  Anflug.  Fleisch  fein,  weiß,  häufig  auch  rötlich.  Kopf  klein, 
gewöhnlich  nicht  über  der  Erde  stehend.     Früh  reifend,  sehr  zuckerreich. 

3.  Die  schlesische  Rübe.  Am  häufigsten  von  allen  Spielarten  der  Runkelrübe 
als  Zuckerrübe  gebaut.  Wurzel  birnförmig,  mit  etwa  den  halben  Durchmesser  der 
Rübe  breitem,  über  dem  Boden  stehendem  Kopfe.  Fleisch  weiß,  etwas  ins  grünliche 
fallend,  grob,  spröde.  Der  Boden  liefert  einen  hohen  Ertrag  an  dieser  Rübensorte, 
welcher  indes  zuckerärmer  als  die  beiden  vorigen  ist. 

4.  Die  sibirische  Rübe.  Wurzel  birnförmig,  Kopf  ebenfalls  über  dem  Erd- 
boden, breiter  als  bei  der  vorhergehenden.  Fleisch  grob,  spröde,  gelblich.  Die 
zuckerärmste  von  den  vier  genannten  Sorten.  Bodenertrag  an  dieser  Rübensorte 
ebenfalls  bedeutend. 

5.  Die  Imperialrübe.  Wurzel  lang,  birnförmig;  Kopf  klein,  meist  unter  der 
Erde,  Fleisch  reinweiß,  zart.  Die  Pflanze,  welche  diese  zuckerreichste  aller  Rüben 
liefert,  ist  an  den  stark  krausen  Blättern  leicht  kenntlich.  Die  von  Knauer  sehr 
empfohlene  Elektoralrübe  ist  aus  der  Imperialrübe  durch  Züchtung  entstanden 
und  unterscheidet  sich  von  ihr  durch  einen  weniger  schlanken,  mehr  gedrungenen 
Bau,  und  hat  den  Vorteil,  auch  auf  geringem  Boden  gut  fortzukommen. 

Heute  verlangt  man  möglichst  hohen  Zuckergehalt  bei  nicht  zu 
geringem  Ernteertrag,  regelmäßige  kegel-  oder  birn förmige  Gestalt  mit 
wenig  Seitenwurzeln  und  Vertiefungen  (erschweren  die  Reinigung!),  dichtes 
und  weißes  Fleisch  (zuckerreich  und  gut  zu  verarbeiten!),  möglichst 
kleinen,  nur  wenig  aus  der  Erde  hervorragenden  Kopf  (ist  arm  an  Zucker 
und  vor  der  Verarbeitung  zu  entfernen!)  Das  mittlere  Gewicht  soll 
3/4 — 1  kg  nicht  überschreiten,  da  zu  große  Rüben  zuckerarmen  Saft 
von  geringerer  Reinheit  enthalten. 

Den  Anforderungen  entsprechen  am  besten  die  »Kleinwanzlebener«, 
die  »Vilmorin  blanche  amehoree«  und  die  »Vilmorin  rose  hätive«.  Diese 
Typen  wurden  eingehend  untersucht.  Eine  vergleichende  Übersicht  ihrer 
Merkmale,  nach  den  Untersuchungen  von  E.  v.  Proskowetz  jun.  i)  als 
Beispiel  einer  wissenschaftUch  genauen  Beschreibung  entworfen,  habe 
ich  in  der  2.  Auflage  dieses  Werkes,  p.  560 — 561   geboten. 

Histologischer  Bau  der  Zuckerrübe'^). 

Zum  Verständnis  des  histologischen  Baues  der  ausgewachsenen 
Zuckerrübe  ist  die  Kenntnis  einiger  Punkte  ihrer  Entwicklungs- 
geschichte nötig. 


1)  Österr.-ungar.  Zeitschr.  f.  Zuckerrübenindustrie  1889. 

2)  Wiesner,  J.,  Untersuchung  über  das  Auftreten  von  Pektinkörpern  in  den 
Geweben  der  Runkelrübe.  Sitzgsber.  kais.  Akad.  d.  Wissensch.  Wien,  I,  1865.  —  Ein- 
leitung in  die  technische  Mikroskopie.     Wien  1867,  p.  240  fr.  —  Rohstoffe  des  Pflan- 


Achlzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  IMlanzenleile.  481 

Der  Querschnitt  durch  den  Wurzelkürper  ausgewachsener  Keim- 
pflanzen zeigt  einen  von  großzelligem  Rindengewebe  umgebenen  zentralen 
Strang.  In  der  Mitte  liegt  eine  Platte  von  porüs  verdickten  Holzgefäßen. 
Sie  wird  von  einem  großzelligen,  parenchymatischen  Füllgewebe  begrenzt, 
und  an  dieses  schließen  sich  die  Phloemgruppen  an,  welche  aus  dünn- 
wandigen, etwas  gestreckten  eiweißführenden  Zellen  bestehen.  Aus  dem 
Füllgewebe  bildet  sich  die  erste  Kambiumschicht,  aus  welcher  der  zen- 
trale sternförmige  Holzkörper  der  späteren  Rübe  hervorgeht. 

Der  Gefäß-  und  Phloemteil  des  zentralen  Stranges  wird  umgeben 
vom  Perikambium  und  dieses  umschlossen  von  der  Strang-  oder  Stärke- 
scheide, welche  anfangs  —  aber  nicht  später  —  Stärke  führt.  Das 
Perikambium  vermittelt  das  Dickenwachstum  der  Rübe.  Es  verwandelt 
sich   zunächst   durch  Teilung    seiner  Zellen   in 

das   sekundäre   Rindengewebe,    durch    dessen  ^ ^ 

Entwicklung   die   äußere   primäre    Rinde    mit-        /fv^^-'^^^M^J'' 

samt  der  Strangscheide   zersprengt  und  abge-        |h  ^^  i^>*^f  "^^ 

worfen  wird.  In  dem  sekundären  Rindengewebe 

bilden  sich  nun  nacheinander  die  konzentrischen 

Kambiumschichten  des  Rübenkörpers,  aus  ihnen 

die    konzentrischen    Gefäßbündelringe,    welche 

anfänglich  dicht  aneinandergerückt  sind,  später 

jedoch  infolge   des  Dickenwachstums   der   da-      Y^^.m.  Querschnitt  der zucker- 

zwischenliegenden     Parenchymzonen      ausein-      ^"''/  '"^^  ^l\  konzentr.  Kreisen  der 

°  "^  Gefaßbundel.      c  zentraler  stern- 

anderrücken.     Die  Zunahme   an  Masse  beruht      förmiger  Heizkörper,  yr  Gefaß- 

_  .     .  c        •  TT  n  1  liundelring,    va    Parenchymzone, 

m   erster   Lmie   auf    einer  Vergrößerung    der  „,  saugwurzein. 

Parenchymzellen. 

An  der  Keimpflanze  entstehen  bereits  die  Nebenwurzeln,  und  zwar 
im  Perikambium.     Sie  durchbrechen  die  primäre  Rinde. 

Am  Querschnitt  der  ausgebildeten  Wurzel  stehen  die  Gefäßbündel 
in  konzentrischen  Kreisen,  und  zwar  die  inneren  in  größeren,  die  äußeren 
in  kleineren  Entfernungen  voneinander.  Je  weiter  ein  Kreis  vom  Zentrum 
entfernt  ist,  um  so  zahlreicher  sind  seine  Stränge,  aber  um  so  schwächer 
sind  sie  ausgebildet.  Die  Kreise  werden  nur  an  zwei  gegenüberliegenden 
Stellen  durch  die  radial  verlaufenden  Bündel  der  Nebenwurzeln  gestört. 

Die  Stränge  verlaufen  im  Grundgewebe  in  6 — 12  Mänteln  von  mehr 

zenreiches,  ■!.  Aufl.  (ISTS),  p.  6400'.  —  De  Vries,  Hugo,  Wachstumsgeschichte  der 
Zuckerrübe,  Landw.  Jahrb.,  VIII,  p.  -13  u.  4d7.  —  Schindler,  F.,  Zur  Charakteristik 
typischer  Zuckerrübenvarietäten  aul'  anatom.  Grundlage.  Österr.-ungar.  Zeitschr.  f. 
Zuckerindustrie.  Wien  1889,  p.  351  fl".  —  Strasburger,  E.,  Das  botanische  Prak- 
tikum. Abschn.  XII.  In  allen  Auflagen!  —  Eine  Reihe  populärer  Artikel  über  den 
histologischen  Bau  von  Wurzel,  Blatt  und  Sproß  haben  insbesondere  Hermann  Erlern, 
A.  Frank,  ,1.  Schneider  verfaßt. 

Wiesner,  Eohstoft'e.     III.  Band.     3.  Aiitl.  31 


482 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenteile. 


oder  weniger  kegelfürmiger  Gestalt,  entsprechend  der  Form  des  Wurzel- 
kürpers.  Sie  sind  in  jedem  Mantel  zu  einem  gleichmäßigen  Netz  ver- 
bunden.   Die  Mäntel  selbst  anastomosieren  teils  an  ihren  oberen  Enden. 


Fig.  ISl.   Vergr.  50.   Radialsclinitt.   j)  Periderm,  sp  Korkmutterzellen,  pa  Parenthj  mzone,  c  Kamtiumzone, 
G  Gefäße,  7t  Holzzellen. 

teils  an  über  ihren  ganzen  Verlauf  zerstreuten  Stellen.  Eine  sehr  voll- 
kommene Verbindung  zwischen  den  einzelnen  Teilen  des  Gefäßbündel- 
systems wird  durch  die  Art  hergestellt,  wie  die  Mäntel  nach  unten  enden. 


Fig.  1S2.     Vergr.  250.    Parenchym  aus  den  peripheren  Schichten  mit  Kristallsandzelle. 
})  poröse  Verdickungsschicht,  A'  Kristallsand. 


Die  äußersten  enden  zuerst,  die  inneren  später,  indem  die  Maschen 
ihres  Netzes  allmählich  seltener  werden  und  die  schließlich  übrig  blei- 
benden Stränge  sich  an  den  nächst  inneren  Mantel  anlegen. 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pßanzenteile. 


483 


Im  Halse  (Hypokotyl)  ist  der  Gefäßbündelverlauf  wie  in  der  Wurzel, 
nur  fehlen  die  radialen  Stränge  wegen  Mangels  von  Seitenwurzeln.  Auch 
im  Kopfe  der  Rübe  herrscht  Gesetzmäßigkeit  im  Gefäßbündelverlauf 
Die  Blattspurstränge  verschmelzen  mit  dem  Gefäßbündelsystem  des 
Wurzelkörpers ,  bzw. 
Halses. 

Die  ausgewachsene 
Rübe^)  ist  von  einem 
Periderm  umschlossen, 
welches  sich  aus  2  bis 
6  Lagen  tangential  ab- 
geplatteter Zellen  zu- 
sammensetzt und  makro- 
skopisch entweder 
weißlich  bis  gelblich 
(weißes  Periderm)  oder 
bräunlich  (braunes  P.) 
erscheint.  Braunes  Peri- 
derm findet  sich  an  allen 
Wund  stellen,  ferner  an 
dem  den  Boden  über- 
ragenden Kopf  der  Rübe. 

Runkelrüben,  welche 
sich  völlig  im  Boden 
entwickeln,  sind  deshalb 
stets  relativ  arm  an 
braunem  Periderm.  — 
Die  Zellen  dieses  Ge- 
webes sind  plättchen- 
förmig  und  parallel  zur 
Achse  des  Organs  stark 
in  die  Länge  gestreckt. 
Ihre  mittlere  Länge  be- 
trägt 0,054,  ihre  Breite 
etwa  0,039,  ihre  Dicke  beiläufig  0,009  mm.  Im  Mikroskop  erscheinen 
ihre  Zellen  gelblich  (weißes  Periderm)  oder  bräunlich  (braunes  P.). 
Im  Inhalte  tritt  eine  größere  oder  geringere  Menge  einer  feinkörnigen 
bräunlichen  Masse  auf.     Mit  Jod  und  Schwefelsäure  behandelt,  nehmen 


Fig.  183.    Vergr.  50.     Gefäßtündel  der  Zuckerrübe  im  Querschnitt, 
s  Siebröhre,  cum  Kambium,   Q  Gefäß,  m  Markslrahlzelle. 


1)  Die  Darstellung  der  histologischen  Verhältnisse  der  ausgewachsenen  Zucker- 
rübe beruht  ganz  auf  den  Arbeiten  Wiesners,  dessen  grundlegende  Untersuchungen 
über  den  Bau  und  die  Mikrochemie  dieser  Industriepflanze  heute  noch  in  allen  wesent- 
lichen Punkten  vollgültig  sind. 

31* 


484 


Achlzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pllanzenleih 


die  Membranen  und  der  Inhalt  der  Zellen  eine  hellbraune  Farbe  an. 
—  Die  Zellen  des  braunen  Periderms  sind  reicher  an  Korksubstanz,  als 
die  des  weißen. 

Das  Grundgewebe  der  Runkelrübe  trägt  durchweg  einen  parenchy- 
matischen  Charakter.  Im  Innern  der  Rübe  bildet  es  das  Mark  und  durch- 
schneidet die  unten  zu  besprechenden  Gefäßbündelzonen  in  Form  von 
Markstrahlen ,  welche  unmittelbar  in  das  dem  Periderm  benachbarte 
Rindenparenchym  übergehen.     Ein  dem  Mark  und  den  Markstrahlen 


Fig.  184.     Vergr.  61).     Tangentiakclmitt  aus  der  Xylemzone  eines  Bündelringes. 
pa  Markstrahlparenchym,  h  Holzzellen,  (,'  Gefäße. 

analoges  Parenchymgewebe  alterniert  mit  den  Gefäßbündelzonen.  Alle 
drei  Gewebe  werden  hier  als  Parenchym  zusammengefaßt. 

Das  Rindenparenchym  besteht  stets  aus  zwei  Schichten.  Die 
äußerste  Lage  setzt  sich  aus  stark  abgeplatteten  Zellen  zusammen,  aus 
denen  zweifellos  die  Zellen  des  Periderms  hervorgehen.  Diese  Zellen 
sind  also  Korkmutterzellen.  Hieran  reihen  sich  wenig  abgeplattete 
Zellen,  welche  entweder  Chlorophyll  (Kopf  der  Rübe),  oder  statt  dessen 
einen  rötlichen  oder  ungefärbten  Zellsaft  führen.  Die  Wände  sämtlicher 
Rindenparenchymzellen  zeigen  die  Reaktion  der  Zellulose.  Die  äußersten 
Wandpartien  bestehen  aus  Pektose. 

Das  Parenchym  besteht  aus  rundlichen  bis  polyedrisch  abge- 
platteten, dünnwandigen,  mehr   oder   minder   in   die    Länge   gestreckten 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  IMlanzenleile. 


485 


Zellen,  deren  innere  Wandteile  aus  Zellulose,  deren  äußere  Wandpartien 
aus  Pektose  bestehen.  Im  Inhalte  der  Zellen  findet  sich  ein  wässeriger 
Zellsaft,  ein  feinkörniges  Protoplasma  mit  dem  Zellkern  i).  Die  im  Rüben- 
safte gelöst  vorkommenden  Substanzen  (Rohzucker,  Oxalsäure,  Zitron- 
säure usw.)  treten  im  Zellsafte  auf.  Darin  ist  auch  eine  durch  Alkalien 
sich  gelb-,  durch  Eisenchlorid  sich  schmutzig  grün  färbende  Substanz 
(Gerbstoff)  nachweisbar,  einzelne  Zellen,  besonders  in  den  peripheren 
Zonen,  enthalten  Kristallsand.  —  Über  den  Sitz  des  Gummi,  des  As- 
paragins,  des  oben  genannten  Alkaloides  und  ätherischen  Ols  in  den 
Geweben  der  Rübe  ist  noch  nichts  bekannt.  Die  kleinen  in  der  Rübe 
auftretenden  Fettmengen  haben 
merkwürdigerweise  ihren  Sitz  iu 
der  Zellwand. 

Die  das  Mark  bildenden  Par- 
enchymzellen  sind  ziemlich  gleich- 
mäßig nach  den  drei  Richtungen 
des  Raumes  hin  ausgebildet.  Die 
Zellen  der  mit  den  Gefäßbündeln 
alternierenden  Parenchymzonen  zei- 
gen aber  bereits  die  Tendenz,  sich 
parallel  zur  Achse  der  Rübe  zu 
strecken;  diese  Tendenz  tritt  desto 
mehr  hervor,  je  mehr  diese  Zellen 
dem  Kambium  des  Gefäßbündels  sich 
nähern.  Die  an  das  Kambium  an- 
gelehnten Elemente  des  Parenchyms 

sind  sehr  auffällig  in  die  Länge  gezogen.  Diese  Zellen  sind  als 
Hauptsitz  des  Zuckers  anzusehen.  De  Vries  hat  später  diese  Ent- 
deckung Wiesners  bestätigt  und  dieses  Gewebe  als  »Zuckerscheide« 
bezeichnet.  Die  Markstrahlenzellen  zeigen  hier  und  dort  sehr  stark  die 
Neigung  zur  radialen  Streckung  und  radialen  Abplattung.  —  Die  nahezu 
isodiaraetrischen  Parenchymzellen  haben  einen  Durchmesser  von  0,025  bis 
0,252,  meist  von  nahezu  0,052  mm.  Die  zuckerreichen,  dem  Kambium 
benachbarten  Parenchymzellen  weisen  eine  Länge  von  0,054 — 0,089  und 
eine  Dicke  von  0,014 — 0,022  mm  auf. 

Das  Gefäßbündelgewebe  (Prosenchymgewebe)  tritt  in  der  Runkel- 
rübe, wie  schon  erwähnt,  in  Zonen  auf,  welche  mit  Parenchymschichten 
alternieren  und  radial  von  Markstrahlen  durchsetzt  werden. 


i"ig.  185.    Vergr.  300.     Gefäßfragmente  aus  einem 
Mazeiationspräparat.    A  Porengefäß.  B  Netzgefäß. 


1)  In  besonders  zuckerreichen  Rüben  wurden  von  J.  Peklo  (Österr.-ung.  Zeit- 
schrift r.  Zuckerind,  und  Landw.  loog,  2.  Heft^  Stärkebildner  und  Stärkekörner  nach- 
gewiesen. 


486  Aclitzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile. 

Jede  Gefäßbündelzone  besteht  aus  einem  nach  außen  gekehrten 
Phloem-  und  einem  gegen  die  Achse  zugekehrten  Xylem.  Die  äußerste, 
jüngste  Prosenchymzone  besteht  häufig  bloß  aus  dem  Phloemteile. 

Die  Siebröhren  und  Geleitzellen  sind  in  die  Länge  gestreckt  (ihre 
Länge  beträgt  0,090  —  0,176,  ihre  Dicke  0,009—0,015  mm),  sehr  dünn- 
wandig, mit  feinkörnigem  Plasma  gefüllt.  Sie  sind  als  Hauptsitz  des 
Ei-weißes  der  Rübe  anzusehen.  Die  Wand  dieser  Zellen  besteht  bis  auf 
die  äußerste  aus  Pektose  zusammengesetzte  Schicht  aus  Zellulose. 

Im  Holzteil  des  Gefäßbündels  sind  Holzzellen  und  Gefäße  zu  unter- 
scheiden. —  Die  nur  schwach  verholzten,  in  ihren  Membranen  Zellulose, 
Holzsubstanz  und  Pektose  enthaltenden  Holzzellen  führen  gleich  den 
Gefäßen  Luft,  daher  die  querdurchschnittenen  Holzgewebszonen  der  Rübe 
schneeweiß  erscheinen.  Die  Länge  dieser  Zellen  beträgt  im  Mittel  0,036, 
die  Dicke  0,014 — 0,026  mm.  — Die  Gefäße  sind  porös  verdickt  (Poren- 
und  Netzgefäße);  ihre  Wände  zeigen  chemisch  das  gleiche  Verhalten 
wie  die  Holzzellenmembranen  der  Rübe.  Ihr  Querdurchmesser  beträgt 
0,025—0,075  mm. 

Chemische  Zusammensetzung. 

Wenige  Pflanzen  sind  chemisch  so  oft  untersucht  worden  wie  die 
Zuckerrübe.  Sie  besteht  aus  dem  in  Wasser  löslichen  Teil,  dem  »Saft« 
und  dem  in  Wasser  unlöslichen  Teil,  dem  »Mark«.  Die  durchschnitt- 
liche Zusammensetzung  ist*):  Mark  4  —  5  Proz.,  Saft  95  —  96  Proz.  und 
zwar  Zucker  13  — 14  Proz.,  löslicher  Nichtzucker  2 — 3  Proz.,  Wasser 
78—80  Proz. 

Der  Zuckergehalt  schwankt  bei  den  einzelnen  Individuen  derselben 
Varietät  oft  innerhalb  weiterer  Grenzen  (10 — 20  Proz.).  Berücksichtigt 
man  das  im  Mark  gebundene  Wasser,  so  hat  man  Mark  9,7  Proz., 
wovon  4,7  Proz.  auf  Marktrockensubstanz,  5  Proz.  auf  gebundenes 
Wasser  entfallen,  dazu  Saft  90,3  Proz. 

Das  »Mark«  enthält:  Zellulose,  Arabinsäure,  Pararabin  (bis  54  Proz.,  Pektin- 
stoffe, Proteide,  Fett,  Asche.  —  Der  Saft 2)  enthält  durchschnitthch:  Wasser  84  Proz., 


1)  Vgl.  z.  B,  Medicus,  Technologie  -1897,  p.  685fr. 

2)  Von  der  Beschaffenheit  des  Saftes  hängt  die  Bewertung  der  Bube  ab,  da 
aufJer  dem  Zuckergehalt  auch  der  Gehalt  an  Nichtzucker,  d.  h.  die  Reinheit  des  Saftes 
in  Betracht  kommt.  Diese  wird  ausgedrückt  durch  den  sogenannten  Reinheits- 
quotienten, d.  i.  die  Zahl,  welche  angibt,  wie  viel  Zucker  in  100  Teilen  Safttrocken- 
substanz vorhanden  ist.  —  Im  Betriebe  gelingt  es,  vermöge  der  hoch  ausgebildeten 
Saftgewinnungsmethoden  (Diffusionsverfahren)  einen  Saft  zu  gewinnen,  der  fast  die 
gleiche  Konzentration  wie  der  Zellsaft  (1  2 — 1 5  Proz.  Zucker)  besitzt.  Der  Zucker  wird 
hierbei  der  Rübe  fast  vollständig  (bis  etwa  1/4  Proz.)  ausgezogen.  Die  dann  im  Rück- 
stande verbliebenen  Rübensclmittlinge  bestehen  fast  durchaus  aus  unverletzten  Zellen, 
die  noch   im    innigsten  Verbände ,  stehen.     Wie  Wiesner   schon  1864  (Pektinkörper 


Achtzehnter  Abschnitt.     Unterirdische  Pflanzenteile.  487 

Zucker  (fast  reine  Saccharose)  U  Proz.,  Nichtzucker  organisch  -1,3  und  anorganisch 
0,3  Proz. 

Der  organische  Nichtzucker  enthält  1.  von  N-haltigen  Körpern  (0,5  bis 
4,0  Proz.):  Eiweiß,  Asparagin,  Glutamin,  Betain  (Trimethylglykokoll),  dann,  z.  T.  erst 
im  Betrieb  gebildet:  Leuzin,  Turosin,  verschiedene  Xanthine.  2.  von  N- freien  Kör- 
pern: organische  Säuren,  wie  Oxalsäure,  Weinsäure,  Zitronensäure,  Mellonsäure, 
Trikarbellylsäure,  Akonitsäure  als  Salze.  Ferner  sind  nachgewiesen:  Koniferin,  Va- 
nillin, Gerbstoff,  Saccharose,  Dextran  (Gärungsgummi),  Galaktan,  Rafflnose  (nicht 
regelmäßig  und  nach  Stohmer  und  Pellet,  Öst.-ung.  Zeitschr.  f.  Zuckerind,  und 
Ldw.  1910,  Bd.  39,  p.  649  und  942  nur  zu  0,056  Proz.),  Invertzucker  (in  frischem 
Saft  höchstens  in  Spuren,  in  größerer  Menge  in  eingemieteten  Rüben).  Hierzu  kommen 
noch  verschiedene  Enzyme,  etwas  Fetti),  Farbstoffe  und  Saponin. 

Der  Farbstoff  mancher  Zuckerrübensorten,  z.  B,  der  Quedlinburger,  scheint 
gleich  dem  der  roten  Rübe  (Ranne),  wie  schon  Reinke^)  lehrte,  ein  dem  Alkannarot 
nahestehender  Körper.  Das  Saponin  (Rübenglykuronoid)  ist  ein  sehr  stark  wirkendes 
saures  Saponin  aus  der  Gruppe  der  Galakturonoide  und  hat-  die  Bedeutung  eines 
»Genußmitt^ls  im  Sinne  der  Gewürze« 3i. 

Die  Asche  der  Zuckerrübe  ist  reich  an  Kohlensäure. 

Ihre  mittlere  Zusammensetzung  (auf  kohlensäurefreie  Asche  berechnet)  ist  nach 
E.Wolf:  KaU  55,13;  Natron  8,92;  Kalk  6,08;  Magnesia  7,86;  Eisenoxyd  1,14;  Phos- 
phorsäure 12,18;  Schwefelsäure  4,20;  Kieselsäure  2,28;  Chlor  4,81;  außerdem  wech- 
selnde, 0,09—13,9  Proz.,  Mengen  von  Salpeter,  besonders  bei  auf  Rieselfeldern  ge- 
bauten Zuckerrüben  beträchtlich. 

Im  Anschluß  an  diese  Orientierung  über  die  chemische  Zusammen- 
setzung der  Zuckerrübe  möge  mit  Rücksicht  auf  den  Umstand,  daß  es 
sich  um  die  Hauptzuckerpflanze  der  Welt  handelt,  noch  eingegangen 
werden  auf  Ursprung,  physiologische  Bedeutung  und  Verteilung 
der  Saccharose^). 

Durch  die  Arbeiten  von  Siegfried  Strakosch^)  ist  die  Entstehung 
und  physiologische  Bedeutung  der  Saccharose  für  die  Zuckerrübe  nun- 


in  den  Geweben  der  Runkelrübe,  I.e.,  p.  11)  nachgewiesen  hat,  quellen  die  Pektose- 
membranen  bei  der  im  Diffusionsverfahren  angewandten  Temperatur  noch  nicht,  und 
es  sind  die  im  Safte  vorhandenen  geringen  Mengen  Eiweißkörper  und  Pektinstoffe 
ledighch  auf  die  kleine  Zahl  von  zerrissenen  Zellen  zurückzuführen,  welche  die  Um- 
grenzung der  Rübenschnitthnge  bilden. 

1)  Neville,  A.,  Ghem.  Zentralbl.  1912,  II,  p.  843.  —  Siehe  auch  Abderhalden, 
Biochem.  Handwörterb.,  Bd.  VllI,  p.  431. 

2)  Hoppe-Seylers  Zeitschr.  f.  phys.  Ghem.,  VII,  p.  263.  Vgl.  auch  Weigert, 
L.,  Beitr.  zur  Chemie  der  roten  Pflanzenfarbstoffe.  Jahresber.  und  Programm  Kloster- 
neuburg 1893. 

3)  Kobert  in  Heil-  und  Gewürzpflanzen,  I.  Jahrg.,  Heft  8  (Februar  1918),  p.  215. 

4)  Bezüglich  aller  chemischen  Fragen  über  Saccharose  sei  auf  E.  von  Lipp- 
mann, Die  Chemie  der  Zuckerarten,  Braunschweig  1895,  verwiesen. 

5)  Strakosch,  S.,  Über  den  Einfluß  des  Sonnen-  und  des  diffusen  Lichtes  auf 
die  Entwicklung  von  Beta  vulgaris  (Zuckerrübe).  Österr.-ung.  Zeitschr.  f.  Zuckerind, 
u.  Ldw.  1900,  Heft  1.  —  Ein  Beitr.  z.  Kenntn.  des  Kohlehydratstoffwechsels  von  B.  v. 
(Zuckerr.)  Sitzungsber.  Akad.  Wissensch.  Wien,  m.-n.  Kl.,  1907,  Bd.  CXVI. 


488  Achtzehnter  Abschnitt.     Unlerirdische  Püiinzenteile. 

mehr  vollkommen  geklärt.  Im  Mesophyll  der  gesamten  Blattfläche 
bildet  sich  Dextrose  und  es  kommt  keine  andere  Zuckerart  darin  vor. 
Die  Dextrose  wandert  in  die  Blattnerven,  dort  erst  tritt  Lävulose  auf. 
Dann  erst  bildet  sich  die  Saccharose  aus  ihren  Komponenten.  Dieser 
Prozeß  ist  vom  Lichte  abhängig.  Sie  wandert  als  solche  in  die  Wurzel. 
Autochthone  Stärke  erst  nach  der  Saccharose  und  nach  Anhäufung  von 
Dextrose  im  Mesophyll.  Nach  Stoklasa')  entfallen  auf  ein  Gewicht  von 
400  g  reiner  Blattsubstanz  in  30  Tagen  aus  der  Einwirkung  der  Radiation 
der  Sonne  34  g  Saccharose.  Wie  man  schon  lange  weiß,  wandert  nachts 
ungefähr  die  Hälfte  der  am  Tage  gebildeten  Saccharose  in  die  Wurzel. 
Die  Wanderung  geht  in  der  Richtung  stets  wachsender  Konzentration 
vor  sich,  das  ist  durch  die  Blattnerven  und  Blattstiele  hindurch  in  den 
Rübenkopf  und  sodann  in  den  Rübenkürper.  Wie  Proskowetz2)  ge- 
funden hat,  ist  in  der  Rüben wurzel  schon  sehr  frühzeitig  Rohrzucker 
vorhanden;  z.  B.  schon  11  Tage  nach  dem  Aufgang  der  Samen  bereits 
bis  1  Proz.  Der  Rohrzucker  ist  in  der  Rübe  nicht  gleichmäßig  ver- 
teilt^).  In  der  normalen  Rübe  wächst  der  Zuckergehalt  vom  Kopfe  und 
vom  Schwanz  aus  gegen  die  Mitte  zu,  so  daß  sich  das  Mittel  desselben 
an  zwei  verschiedenen  Stellen  vorfindet.  Der  Zuckergehalt  wächst  auch, 
und  zwar  ringsum  gleichmäßig,  von  der  Hauptachse  aus  nach  außen 
zu,  wird  in  den  zentralen  Gefäßbündelkreisen  am  grüßten  und  nimmt 
dann  gegen  die  Rindenschichte  zu  wieder  etwas  ab^).  Eine  Rübe  ist 
um  so  zuckerreicher,  je  mehr  Gefäßbündel  und  Parenchymzonen  sie 
besitzt. 

Zwischen  den  Mengen  des  Rohrzuckers  und  den  mineralischen  Be- 
standteilen der  Rübe  besteht  ein  gewisser  Zusammenhang.  Schon  Pellet 
gibt  an,  daß  zur  Bildung  von  100  kg. Zucker  in  der  Rübe  im  Mittel 
18  kg  mineralische  Stoffe  nötig  sind,  wovon  5 — 6  kg  auf  Kohlensäure, 
1 — 1,2  kg  auf  Phosphorsäure,  3 — 4  kg  auf  Stickstoff  und  4,5  kg  auf 
Kali  kommen.  Die  Asche  zuckerreicher  Rüben  enthält  mehr  K,  Ca,  Mg, 
P2O5,  als  die  von  zuckerarmen,  hingegen  weniger  Na,  SO3  und  Gl.  Jüngst 
erst  hat  Stoklasa'')  auf  die  besondere  Bedeutung  des   K-Jons    für  die 


1)  Stoklasa,  Die  deutsche  Zuckerindustrie  1895,  Nr.  35. 

2)  Proskowetz,  E.  jun.  v.,  Zur  Charakteristik  typ.  Zuckerrüben  Varietäten. 
Österr.-ung.  Zeitschr.  f.  Zuckerind.,  XVIII  (1889),  p.  375. 

3)  Schubart,  Zentralbl.  f.  d.  Zuckerindustrie  1906,  Nr.  36. 

4)  Die  Differenz  im  Zuckergehalt  verschiedener  Teilstücke  oder  verschiedener 
konzentrischer  Schichten  der  nämhchen  Rübe  kann  erfahrungsgemäß  sogar  mehr  als 
2  Proz.  betragen.  Ein  Schema  der  Verteilung  des  Zuckergehaltes  siehe  bei  Kraf It- 
Fruwirth,  Pflanzenbaulehre,  p.  164,  E'ig.  153. 

5)  Stoklasa,  J.  und  A.  Matousek,  Beitr.  z.  Ei-nährung  der  Zuckerrübe.  .Jena 
1917. 


Achlzehnter  Abschnitt.     Unlerinlische  Plliinzenfeile.  489 

Entwicklung  der  Zuckerrübe  und  die  in  ihr  verlaufenden  Photosynthesen 
hingewiesen. 

Verwendung  der  Rübenabfälle. 

Die  entzuckerten  Schnitzel  werden  ausgepreßt  und  als  Viehfutter 
verwendet,  auch  durch  sofortiges  Trocknen  i)  unveränderlich  haltbar  ge- 
macht. Bei  der  Herstellung  von  Surrogatkaffee  werden  die  Rüben- 
schnitzel durch  Rüsten  und  Zerkleinern  zu  einem  grobkörnigen,  ungleich- 
mäßigen Pulver  verarbeitet,  welches  von  reinbrauner  Farbe  ist  und 
brenzlichen  Geruch  2)  besitzt.  Die  Blätter  der  Zuckerrübe  dienen  in  der 
Tabakindustrie  als  Surrogat,  freilich  nur  in  jenen  Ländern,  welche  kein 
Tabakmonopol  besitzen. 

Wie  jede  Kulturpflanze  wird  auch  die  Zuckerrübe  von  vielen  Krank- 
heiten befallen.    Auf  diese  kann  jedoch  hier  nicht  eingegangen  werden  3). 


1)  Müller,  M.  und  Ohlmcr,  Zeitschr.  1'.  angew.  Chem.  1893,  p.  U2. 

2)  Über  die  Mikroskopie  des  Zuckerrübenmehles  siehe  Vogl,  A.  E.  von.  Die 
wichtigsten  vegetabilischen  Nahrungs-  und  Genußmittel,  Wien  1899,  S.  399  u.  Fig.  170 
(Gewebsl'ragmnnte)  und  Moeller,  ,1.,  Mikroskopie  der  Nahrungs-  und  Genußmittel  a. 
d.  Pflanzenreiche,  2.  Auflage,  Berlin  190;i,  p.  557  u.  Fig.  372  (Kork),  Fig.  573  (Längs- 
schnitt). 

3)  Eine  für  Praktiker  berechnete,  mit  ausgezeichneten  Farbendrucken  versehene 
Darstellung  hat  A.  Stift  gegeben.  »Die  Krankheiten  und  tierischen  Feinde  der  Zucker- 
rübe.«    Wien  1900. 


Neunzehnter  Abschnitt. 

Blätter  und  Kräuter  i). 


Nur  die  technisch  verwendeten  grünen  Blätter  (Laubblätter)  und 
Kräuter  werden  im  folgenden  behandelt.  Bezüglich  der  zahlreichen  vor- 
nehmUch  zu  medizinischen  und  pharmazeutischen  Zwecken  verwendeten 
»folia«  und  »herbae«,  sowie  des  »Tee«  und  »Mate«  muß  also  auf  die 
Hand-  und  Lehrbücher  der  Pharmakognosie  und  die  Werke  über  Nah- 
rungs-  und  Genußmittelkunde  verwiesen  werden  2). 

Die  Blätter  und  Kräuter  sind  teils  in  frischem,  teils  in  getrock- 
netem Zustande  Handelsgegenstand.  Während  die  Blätter  meist  zerkleinert 
oder  gar  gepulvert  (z.  B.  die  Sumacharten)  im  Handel  erscheinen,  pflegen 
die  Kräuter  in  einem  Zustande  gehandelt  zu  werden,  in  dem  sie  ohne 
Aufwand  feinerer  Untersuchungsmethoden  bestimmbar  sind.  Gepulverte 
Ware  erfordert,  wie  oft  auch  bloß  zerkleinerte,  die  sorgsamste  mikro- 
skopische Untersuchung,  da  die  botanische  Abstammung  in  diesen  Fällen 
nur  mit  Hilfe  der  histologischen  Merkmale  festgestellt  werden  kann. 

Wiesner  hat  schon  in  der  ersten  Auflage  der  »Rohstoffe«  eine 
kurze  histologische  Charakteristik  des  Laubblattes  gegeben,  die,  als  den 
Zwecken  des  Werkes  noch  heute  entsprechend,  mit  geringfügigen  Ände- 
rungen wiedergegeben  sei. 


■1)  Auf  Grund  der  Bearbeitung  von  F.  Krasser  in  der  II,  Auflage  neu  bearbeitet 
von  Reg.-Rat  Dr.  T.  F.  Hanansek,  Wien;  nach  dessen  Tode  ergänzt  von  Professor 
Jos.  Weese,  Wien. 

2)  Vgl.  insbesondere  F.  A.  F  lückig  er,  Pharmakognosie  des  Pflanzenreieiies. 
3.  Aufl.  Berhn  1891,  p.  623— 773;  A.Meyer,  Wissenschaftl.  Drogenkunde.  2.  Teil. 
Berlin  -1892,  p.  194—241  und  467—473.  A.  v.  Vogl,  Pharmakognosie.  Wien  1892, 
p.  18 — 107.  Hirsch,  Universalpharmakopöe.  2.  Aufl.  Göttingen  (1902,  erschienen 
Nov.  1901),  p.  382 — 895  und  434—446.  —  Dragendorf,  Die  Heilpflanzen  usw. 
Stuttgart  1898.  —  J.  Moeller,  Lehrb.  d.  Pharmakognosie.  2.  Aufl.  Wien  1906.  — 
Moeller-Thoms,  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharmazie.  Berlin-Wien,  2.  Auflage, 
1904 — 1912.  —  J.  Moeller,  Mikroskopie  der  Nahrungs-  und  Genußmittel.  2.  Aufl. 
Berlin  1905.  —  A.  v.  Vogl,  Die  wichtigsten  vegetab.  Nahrungs-  und  Genußmittel. 
Wien  1899.  —  Tschirch,  Handbuch  der  Pharmakognosie.  Leipzig  1909 ff.  —  C. 
Hart  wich.  Die  menschlichen  Genußmittel.     Leipzig  1911. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  uhd  Kräuter.  491 

Die  Blätter  zeigen  trotz  großer  Mannigfaltigkeit  in  Einzelheiten  im 
allgemeinen  einen  sehr  übereinstimmenden  Baui).  An  der  Oberseite 
sind  sie  von  einer  spaltüffnungsarmen ,  manchmal  sogar  spaltüffnungs- 
freien,  an  der  Unterseite  von  einer  gewöhnlich  spaltülfnungsreichen 
Oberhaut  (Epidermis)  überdeckt.  Die  Oberhautzellen  der  Blätter  sind 
fast  stets  parallel  der  Oberiläche  des  Blattes  abgeplattet,  die  der  oberen 
Blatthälfte  angehörigen  gewöhnlich  polygonal,  die  an  der  Unterseite  des 
Blattes  stehenden  häufig  buchtig  oder  wellenförmig  konturiert.  Einzelne 
Oberhautzellen  oder  ganze  Gruppen  von  solchen  erheben  sich  zu  Papillen, 
Haaren,  Drüsen  oder  Schuppen.  Über  allen  Oberhautgebilden  lagert 
ein  zartes,  homogenes  Häutchen,  die  Kutikula,  die  gewöhnlich  an  den 
oberen  Blattseiten  stärker  als  an  den  unteren  entwickelt  ist.  Die  Außen- 
wände der  Oberhautzellen  sind  normal  stets  stärker  als  die  übrigen  Wände 
verdickt.  Die  Kutikula  unterscheidet  sich  chemisch  von  der  darunter- 
liegenden Zellwand  schon  durch  ihre  größere  Resistenz  gegen  Lösungs- 
mittel und  stark  oxydierende  Reagenzien.  Oberhäute  von  Pllanzenteilen, 
die  wie  die  Stengel  von  Equise tum- Arien  zum  Polieren,  Scheuern  usw. 
verwendet  werden,  führen  in  den  Membranen  so  viel  Kieselsäure,  daß  die 
Zellen  nach  der  Veraschung  in  morphologisch  ungeändertem  Zustande 
als  sogenannte  Kieselskelette  zurückbleiben.  Im  Inhalte  der  Oberhaut- 
zellen findet  sich  gewöhnlich  kaum  mehr  als  ein  farbloser  oder  gefärbter 
Zellsaft.  Getrocknete  Blätter  besitzen  lufthaltige,  saftfreie  Oberhautzellen, 
deren  Wände  nicht  selten  durch  einen  etwa  vorhanden  gewesenen  ge- 
färbten Zellsaft  fingiert  sind.  —  Die  Oberhaut  umschließt  an  allen 
Blättern  ein  eigenartiges,  von  Gefäßbündeln  durchzogenes  Grundgewebe, 
Älesophyll  genannt,  in  welchem  in  der  Regel  zwei  Schichten  unter- 
schieden werden  können.  Die  obere  Schicht  setzt  sich  gewöhnlich  aus 
zylindrischen,  senkrecht  zur  Oberhaut  gestreckten  Zellen  zusammen  (Pali- 
saden; die  untere  Schicht  besteht  hingegen  aus  einem  von  großen,  luft- 
führenden Interzellularräumen  durchsetzten  Parenchym  (Schwanmiparen- 
chym).  So  gebaute  Blätter  nennt  man  bifazial.  Finden  sich  unter  jeder 
Oberhautlamelle  Palisaden,  so  heißt  das  Blatt  konzentrisch.  Die  Zellen 
des  Mesophylls  führen  reichlich  Ghlorophyllkörner,  sie  sind  gewöhnlich 
dünnwandig,  nur  in  manchen  Blättern  treten,  namentlich  in  der  Nähe 
des  Gefäßbündels,  auch  Sklerenchymzellen   auf.     Manche  Blätter  führen 


1)  Die  eingehendste  Behandlung  der  Histologie  der  Blätter  findet  sich  bei  H. 
Solercder,  Systematische  Anatomie  der  Dikotyledonen.  Stuttgart  1899  und  Er- 
gänzungsband, Stuttgart  1908.  —  Zahlreiche  Pflanzen  sind  bezgl.  ihrer  Blattanatomie 
und  des  Vorkommens  von  Kristallen  von  F.  Netolitzky  (Bestiramungsschlüssel  und 
Beschreibung  von  Dikotyledonenblättern.  Kennzeichen  der  Gruppe :  Raphidenkristalle, 
Wien  1905;  Kennzeichen  der  Gruppe  II:  Drusenkristalle,  Wien  1908;  Anatomie  der 
Dikolyledonenblätter  mit  Kristallsandzellen.     Berlin  und  Wien,  1911)  bearbeitet. 


492  Neunzehnter  Abschnitt.     Bläller  und  Krauler. 

in  einem  Teile  der  Mesophyllzellen  Schleim  oder  Kristalle  von  oxal- 
saiirem  Kalk  oder  ätherische  Öle  und  erscheinen  im  letzteren  Falle,  im 
durchfallenden  Lichte  betrachtet,  häufig  schon^für  das  freie  Auge  punktiert. 
Für  die  Charakteristik  der  Rohstoffe  dieser  Kategorie  sind  derartige  Vor- 
kommnisse oft  von  hohem  Werte.  —  Die  Gefüßbündel  bieten  für 
die  Charakteristik  zerkleinerter  Blätter  weniger  Anhaltspunkte  dar  als 
die  Oberhaut  und  das  Mesophyll;  ganze  Blätter  lassen  sich  hingegen 
geradezu  am  sichersten  durch  die  Ausbildungsweise  des  Gefäßbündels 
im  Blatte  (Nervatur)  charakterisieren  i). 

Bei  der  Untersuchung  von  Blattfragmenten  haben  sich  Form-  und 
Strukturverhältnisse  der  Blattzähne  und  insbesondere  der  Verlauf  der 
Nerven  in  denselben  in  schwierigen  Fällen  als  wichtige  diagnostische  Merk- 
male bewährt  2).  Auch  die  Histologie  der  Blattstiele,  insbesondere  die  Art 
des  Vorkommens  der  Gefüßbündel  in  denselben  bietet  gute  Anhaltspunkt^ 
für  die  Definition  einer  nur  in   Fragmenten  vorliegenden  Blattdroge. 


Übersicht  der  technisch  verwendeten  Blätter 
und  Kräuter. 

1.  Pinaceen. 

a)  Abieteen. 

Pinus  Pumilio  Haenke  (Pinus  montana  Mill.p.  p.)^  P.  Mughus  Scop. 
Latschen-,  Zwergkiefer,  Legföhre  und  Bergführe.  In  den  österreichischen 
Alpen,  besonders  in  Tirol  (Pustertal,  Imst,  Fernpaß,  Kalkbachtal,  Ampezzo- 
tal,  Val  Popena),  im  südlichen  Niederösterreich  imd  angrenzenden  Steier- 
mark, ferner  auch  in  Ungarn  (in  der  Tatra)  und  Siebenbürgen  wird  aus 
den  frischen  Nadeln  und  jüngeren  Zweigspitzen  das  »Latschenkieferöl« 
oder  »Krummholzöl«  gewonnen 3),  welches  als  Oleum  Pini  Pumilionis  in 
Österreich  offizineil  ist. 

Pinus  silvestris  L.,  Gemeine  Kiefer  oder  Föhre.  Im  Handel  kommt 
ein  in    Schweden   (Distrikt   Jönköping)    aus    den    Nadeln    durch    Dampf- 

I)  Vgl.  insbesondere  C.  v.  Ettingshausen,  Die  Blattskelette  der  Dikotyledonen. 
Wien   1861. 

i.]  A.  Tschirch  und  0.  Oesterle,  Anatomischer  Atlas  der  Pharmakognosie 
und  Nahrungsmittel  künde.  Leipzig  1893 — 1900,  p.  10.  —  H.  Virchow,  Über  Bau 
und  Nervatur  der  Blattzähne  und  Blattspitzen,  mit  Rücksicht  aut  diagnostische  Zweckt' 
im  Gebiete  der  Pharmakognosie     Inaug.-Diss.     Bern   1893. 

3i  Unter  der  Brzeichnung  »Latschenöl«  werden  verschiedene  ätherische  Öle  ver- 
kauft, insbesondere  Destillate  von  Nadeln,  Zwiigspitzen  und  Zapfen  der  Edeltanne, 
Zirbel  und  anderer  Koniferen.     Vgl.  A.  v.  Vogl,  Pharmakognosie   1892,  p.  472. 


i 


Neunzehnter  Abschnitt.     Biälter  und  Krauler.  49B 

destillation  gewonnenes  Öl  »Scliwedisches  Fichtennadelül«  vor.  Auch 
aus  den  Föhren  Mitteleuropas  läßt  sich  ein  Nadelül  (»Deutsches  Kiefern- 
nadelül)  destilUeren,  welches  im  balsamischen  Dufte  wenig  dem  » Lat- 
schen ül«  nachsteht. 

Picea  excelsa  Lk.  (Picea  vulgaris  Lk.J,  Fichte,  Rottanne.  Aus  den 
frischen  Nadeln  und  jungen  Zweigspitzen  läßt  sich  durch  Dampfdestil- 
lation in  einer  Ausbeute  von  0/15  Proz.  ein  ebenso  angenehm  aroma- 
tisches ()\  wie  das  Edeltannen-Nadel-  und  Zapfenül  gewinnen.  Dieses 
eigentliche  »Fichtennadelöli)«  scheint  indes  zu  Handelszwecken  nirgends 
dargestellt  zu  werden. 

Äbies  Sibirica  Ledeb.^  [=  A.  Pichta  (Fisch.)  Forbes]  Sibirische 
Tanne,  russisch  Pichta.  Nördliches  Rußland  (Gouv.  Wjatka),  Sibirien.  Aus 
Nadeln  und  jungen  Zweigspitzen  wird  das  »sibirische  Fichtennadelül« 
in  großen  Mengen  destiUiert  und  wegen  seines  kräftigen  balsamischen 
Duftes  zur  Aromatisierung  von  Fichtennadelseifen  und  billigen  Tannen- 
duftpräparaten  verwendet.  —  Schimmel  &  Co.  Ber.  April  1886,  p.  15. 
Gildemeister  u.  Hoffmann  (s.  Fußnote  1),  p.  113. 

Älbies  alba  Mill.  (A.  pectinata  DC),  Edeltanne.  Von  dieser  Pflanze 
stammt  das  »Edeltannenül*,  das  aus  den  Nadeln  und  Zweigspitzen  be- 
sonders im  Thüringer  Walde,  in  der  Schweiz  und  Tirol  (im  Pustertale) 
destilliert  wird.  —  Gildemeister,  1.  c.  H.  p.  117. 

Tsuga  Canadensis  Carriere  (Abies  canadensis  Mckx.J  Spruce-, 
Hemlock-  oder  Schierlingstanne  (Nordamerika).  Durch  Destillation  der 
Nadeln  und  jungen  Zweige  wird  das  echte  »Hemlock-  oder  Spruceöl« 
gewonnen.  Auch  die  Nadelüle  von  Picea  alba  Lk.  und  Picea  nigra  Lk. 
gehen  unter  diesem  Namen.  Die  Destillate  sind  in  ihren  Eigenschaften 
und  Bestandteilen  qualitativ  und  quantitativ  nahezu  identisch. 

b)  Cupresseen. 

Thuja  occidentalis  L. ,  Lebensbaum,  weiße  Zeder,  Sumpfzeder. 
Davon  stammt,  aus  den  Blättern  und  Zweigen  mit  Wasserdampf  destilliert, 
das  vornehmlich  in  Nordamerika  produzierte  »Thujaöl,  Oil  of  Thuja«. 
Kommt  auch  als  »Zedernblätteröl,  Oil  of  Cedar  leaves«  im  Handel  vor. 


1)  Unter  » Fichtennadelöl «  versteht  man  im  Handel  dir  wohlriechenden, 
aus  Irischen  Blättern  und  jungen  Zweigen,  sowie  aus  den  einjährigen  Kruchtzapfen 
der  Tannen,  Fichten,  Kiefern  und  Lärchen  destillierten  Öle.  Sie  finden  wegen  ihres 
balsamischen  und  erfrischenden  Tannenduftes  zur  Herstellung  verschiedener  Tannen- 
duftessenzen,  Koniferensprit,  zum  Zwecke  der  Zerstäubung  in  "Wohn-  und  Kranken- 
zimmern, zur  Bereitung  aromatischer  Bäder,  ferner  auch  in  der  feineren  Parfümerie 
und  Seifenindustrie  stets  wachsende  Verwendung.  Vgl.  E.  Gildemeister  und  Fr. 
Hoffmann,  Die  ätherischen  Öle.  Leipzig  1913.  IL  Bd.,  p.  116.  IJber  ein  amerik 
»Fichtenöl-t  zur  Erzaufbereitung  s.  Schimmel  &  Co.,  Ber.  1919,  p.  91. 


494  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Ciqyressus  sempervirens  L.  ("=  C.  fastigiata  DC),  Zypresse  und 
C.  lusitanica  Mill.  (=  C.  glauca  Lam.^  C.  pendula  VHerit.,  C.  ühdeana 
Gord.,  C.  sinensis  Hort.)  —  C.  sempervirens  stammt  aus  dem  Orient  und 
wird  in  allen  Mittelmeerländern  kultiviert;  C.  lusitanica  wird  in  Spanien, 
Portugal,  Italien,  im  südlichen  Frankreich  in  Gärten  gezogen.  Aus  den 
Blättern  und  jungen  Zweigen  wird  das  Zypressenül  destilliert,  das  gegen 
Keuchhusten  angewendet  wird.  Die  Ole  der  beiden  Arten  sind  etwas 
verschieden,  auch  ist  C.  lusitanica  ülreicher.  (Schimmel  &  Co.,  Ber. 
Okt.  1894,  p.  70;  April  1895,  p.  22;  1912,  Oktober,  p.  48.  E.  G.  und 
A.  Camus,  Berichte  von  Roure-Bertrand  fils,  April  1912,  8. 

Juniperus  Sabina  L,,  Sadebaum.  In  den  gemäßigten  Zonen  der 
alten  Welt  einheimisch.  Durch  Dampfdestillation  der  Blätter  und  Zweig- 
enden wird  das  Sadebaumül  dargestellt,  welches  schon  in  der  Taxord- 
nung der  Stadt  Frankfurt  a.  M.  vom  Jahre  1587  erwähnt  wird.  Das 
in  Südfrankreich  destillierte  Sadebaumül  wird  mit  Terpentinöl  verfälscht. 
Zu  den  in  Deutschland  produzierten  Mengen  wird  der  Rohstoff  vor- 
nehmlich aus  Tirol  bezogen.  Zur  Verfälschung  dient  besonders  das 
Blätteröl  von  Juniperus  phoenicea  L.,  in  Südfrankreich  als  »Sabine« 
bezeichnet. 

Juniperus  virginiana  L. ,  Virginische  Zeder.  Nordamerika.  Aus  den 
Blättern  dieses  Wacholders  allein  sollte  das  »Zedernblätteröl  destilliert 
werden.  Das  »Oil  of  Cedar  leaves«  des  amerikanischen  Handels  wird 
jedoch  aus  den  Blättern  des  »red  cedar«  (J.  vii'giniana)  und  »white 
cedar«  (Thuja  occidentalis  L.J,  häufig  auch  zusammen  mit  denen  anderer 
Koniferen  gewonnen;  die  Zedernblätteröle  des  Handels  weisen  daher  be- 
trächtliche Verschiedenheiten  auf. 

2.  Gramineeu. 

Cymbopogon  Martini  Stapf  (Cymh.  Martinianus  Schult.,  Ändro- 
pogon  Martini  Roxb.,  A.  pachnodes  Trin.,  A.  Schoenanihus  Flück. 
et  Hanb.,  non  Z/.,  A.  Schoenanthus  var.  genuinus  Hack.,  A.  Schoenan- 
ihus var.  Martini  Hook.  f.)^).  Indien,  vom  Ganges  bis  Afghanistan  und 
von  der  subtropischen  Zone  des  Himalaja  bis  zum  12"n.  B.  —  >Rusa- 
gras«,  »Rosha«,  »Nimar«.  Kommt  in  zwei  Varietäten  »Motia«  (=  Perle, 
kostbar)  und  »Sofia«  [=  minderwertig)  vor,  die  sich  nur  im  Habitus 
und  in  der  Zusammensetzung  ihrer  Ole  unterscheiden.  »Motia«  hefert 
das  Palmarosaöl    (indisches  Grasül,  Rusaöl,  indisches  oder  türkisches 


<)  Hierzu  bemerkt  der  ergänzende  Bearbeiter,  daß  bei  Hackel  in  Engler- 
Prantl,  Natürl.  Ptlanzenfamilien,  II,  2(1887),  p.  28  und  in  Dalla  Torre  et  Harms, 
Genera  Syphonogarum,  1900 — -1907,  p.  12,  Cymbopogon  nur  als  Untergattung  von 
Andropogon  L.  angeführt  wird. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  495 

Geraniumülj.  Es  wird  hauptsächlich  im  Distrikt  Khandesh  destilliert, 
auch  in  Nimar  (daher  dieses  »Nimar-Ül«  genannt  wird)  und  kommt  über 
Bombay  in  den  Handel.  Es  ist  farblos,  hellgelb,  bisweilen  durch  Kupfer 
grün  gefärbt,  duftet  angenehm  nach  Rosen  und  enthält  hauptsächlich  den 
Alkohol  Geraniol  QoHisO,  etwa  75 — 95  Proz. ;  ferner  Dipenten  und  Methyl- 
heptenon;  Citronellol  ist  darin  nicht  enthalten.  Es  dient  zu  feinen 
Parfüms  und  zur  Verfälschung  des  Rosenöles.  Die  Ausfuhr  betrug  1905 
bis  1906  23  436  Gallonen  (davon  ein  Viertel  Gingergrasül).  In  Indien 
wird  es  zu  den  »Attars«  (alkoholfreie  Parfüms)  verwendet.  Die  Varietät 
»Sofia«  liefert  das  Gingergrasül.  Es  löst  sich  in  TOprozentigem 
Alkohol  klar  auf,  ist  im  Geruch  und  in  der  Zusammensetzung  von 
vorigem  verschieden.  Es  enthält  Geraniol  und  einen  Dihydrocumin- 
alkohol  (im  Geruch  an  Linalool  und  Terpineol  erinnernd),  ferner  Phel- 
landren,  Dipenten  und  Limonen.  Im  Handel  tritt  es  fast  nur  verfälscht  auf, 
und  zwar  mit  Terpentinöl,  Mineralöl,  Gurjunbalsamöl.  —  0.  Stapf,  Kew 
Bull.  1906,  p.  335.  —  Schimmel  &  Co.  Ber.  April  1907,  p.  50  und 
April— Oktober  1917,  p.  35.  —  Gildemeister,  1.  c,  IL,  p.  187—200. 

Cymhopogon  flexuosus  Stapf  [ÄfidrojJogoji  flexuosus  Nees  ex  Steud., 
A.  Nardiis  var.  flexuosus  Hack.),  Indien:  Tinnevelly-Distrikt,  Travancore; 
wild  und  kultiviert.  —  »Malabargras«,  »Kotuhingras«.  Liefert  das  ost- 
indische Lemongrasöl  (schlechtweg  Lemongrasül  des  Handels,  Mala- 
bar-,  Travancore-,  Kotuhin-Lemongrasöl,  Oleum  Andropogonis  citrati, 
Essence  de  Verveine  des  Indes,  Indisches  Verbenaül).  Es  ist  eine  rülhch- 
gelbe  bis  braunrote,  leicht  bewegliche  Flüssigkeit,  riecht  und  schmeckt 
intensiv  zitronenartig  und  enthält  als  Hauptbestandteil  den  Aldehyd  Citral 
GioHißO,  ferner  Geraniol  und  vielleicht  auch  Citronellal.  Maßgebend  für 
die  Güte  des  i>les  ist  der  Gehalt  an  Citral,  dem  es  den  Geruch  verdankt 
(70  — 85  Proz.)  Es  ist  in  1,5— 3  Vol.  70prozentigen  Alkohols  löslich. 
Die  Produktion  (im  südlichen  Vorderindien)  ist  seit  1906  enorm  gestiegen, 
aus  dem  Hauptverschiffungshafen  Kotuhin  wurden  1911/12  7500  Kisten 
(zu  7,3  kg  Inhalt)  exportiert.  —  0.  Stapf,  Kew  BulL  1906,  p.  297.  — 
Gildemeister,  1.  c. ,  IL,  S.  200.  —  In  Madras  kommen  zwei  Varietäten, 
eine  weißstengelige  C.  flex.  f.  albescens  und  eine  rotstengelige  vor,  von 
denen  erstere  ein  mehr  an  Citronellol  erinnerndes  Öl  liefert.  Schimmel  & 
Co.  Ber.  April— Oktober  1917,  p.  32.  Cymhopogon  sennaarensis  Chiov. 
Britischer  Sudan.  —  »Mahareb«.  Liefert  ein  nach  Poleiöl  riechendes 
Ol,  das  das  auch  im  japanischen  Pfefferminzöl  und  im  Kampferöl  vor- 
kommende Menthenon  enthält.  Schimmel  &  Co.  Ber.  Oktober  1916, 
p.  16. 

Cymhopogon  citratus  Stapf  (Aridmpogon  citratus  DC,  Andropogon 
Schoenanthiis  L.,  A.  citriodorum  Desf,  A.  Roxburghii  Nees,  A.  Nardus 
var.  ceriferus  Hack.).   Nur  kultiviert,  in  den  meisten  tropischen  Ländern, 


496  Neunzehnter  Abschnitt.     Bläüer  und  Kräuter. 

besonders  auf  Ceylon,  in  den  Straits  Settlements,  Nieder-Burma,  Kanton, 
auf  Java,  in  Afrika,  Mexiko,  Brasilien,  Westindien  usw. —  »Lemongras«. 
»Citronengras«,  malayisch  »Sereh  betoel«.  Liefert  ein  Lemongrasül, 
das,  solange  man  dessen  Abstammung  nicht  kannte,  westindisches 
Lemongrasül  genannt  wurde  und  diesen  Namen  behalten  hat.  Es 
unterscheidet  sich  von  dem  ostindischen  Öl  durch  seine  Schwerlüslichkeit 
in  Alkohol;  so  wurden  westindische  Lemongrasüle  untersucht,  die  sich 
selbst  in  10  Vol.  90prozentigen  Alkohols  nicht  klar  lösten.  Der  wich- 
tigste Bestandteil  ist  Gitral  (53—83  Proz.).  Ein  ähnliches  Öl  liefert 
Cymbojjogon  pendulus  Stapf  (in  Nordbengalen).  Gildemeister,  1.  c, 
II,  p.  210.  —  Schimmel  &  Co.,    Bericht  April— Oktober  1917,  p.  30. 

Cymhopogon  Nardus  Renale  (Andropogon  Nardus  L.).  Soll  auf 
Ceylon  wild  vorkommen,  sonst  nur  im  Süden  Ceylons,  auf  Malakka  und 
Java  gebaut.  —  »Citronellgras«.  Als  Mutterpflanze  aller  Citronellgräser 
auf  Ceylon  wird  Cymhopogon  Xardiis  confertiflorus  Stapf,  »Managras», 
angesehen.  Das  kultivierte  Gras  tritt  in  zwei  Varietäten  auf:  »Maha 
Pengiri«  (Maha  Pangiri,  »groß«  und  »Oldampf«)  und  »Lenabatu«  (Lana 
Batu).  Die  erste  Varietät  ist  das  »alte  Citronellgras«  oder  »Winters 
Gras«  (nach  einem  Destillateur  Winter)  und  wird  auf  Malakka  und 
besonders  auf  Java  gebaut.  Durch  Kreuzung  dieser  Varietät  mit  dem 
Managras  ist  vielleicht  die  Varietät  Lenabatu  hervorgegangen.  Beide 
sind  nur  im  Habitus  und  in  der  Beschaffenheit  ihrer  Öle  verschieden. 
Man  hat  daher  Maha  Pengiri  als  Cymhopogon  Winterianus  Jowitt 
(=  Andropogon  Nardus  Java  de  Jong),  Lenabatu  als  Cymhopogon  Nardus 
Bendle  Unahatu  (=  Andropogon  Nardus  Ceylon  de  Jong^  »neues  Citronell- 
gras«) bezeichnet.  Dieses  letztere  liefert  das  Ceylon-Citronellöl  oder 
Lenabatuül,  eine  gelbe  bis  gelbbraune,  mitunter  durch  Kupfer  grün  gefärbte 
Flüssigkeit  mit  eigenartigem,  sehr  angenehmem  anhaltendem  Geruch,  der 
von  den  wichtigsten  Bestandteilen,  dem  Geraniol,  Nerol,  Gitronellol,  Bor- 
neol  und  Citronellal  stammt;  die  genannten  Stoffe  werden  unter  dem 
Namen  Gesamtgeraniol  zusammengefaßt,  ihr  Gehalt  soll  bei  guten  Ölen 
nicht  unter  57  Proz.  sinken.  Der  an  der  Hervorbringung  des  Citronell- 
geruches  am  stärksten  beteiligte  Bestandteil  ist  das  Citronellal,  ein 
Aldehyd  von  der  Formel  CjoHisO,  zu  5,4 — 10, 5  Proz.  im  Ol  enthalten. 
Aus  Ceylon  wurden  1910  1747  934,  1911  1524  275  englische  Pfund 
exportiert. 

Das  Java-Citronellüi  (Singapore-Citronellül)  wird  von  der  Varietät 
Maha  Pengiri  gewonnen  und  besitzt  eine  ähnliche  Zusammensetzung 
wie  das  Ceylonül ;  Citronellal  und  Geraniol  sind  aber  im  Javaül  viel  reich- 
licher enthalten  (nach  Schimmel  &  Co.  1914  April  Geraniol  26  bis 
44,4  Proz.,  Citronellal  23,4—50,1  Proz.),  daher  duftet  es  vier  kräftiger 
und  auch  feiner.     Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  228fr. 


I 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  497 

Die  Citronellüle  gehören  zu  den  wichtigsten  Artikeln  der  Ülbranche, 
sie  finden  unter  anderem  zur  Parfümierung  weißer  und  hellgelber  Trans- 
parentseifen ausgebreitete  Verwendung.  Die  Ausfuhr  von  Gitronellöl  von 
Niederländisch  Indien  wurde  für  das  Jahr  1916  auf  429  000  kg,  für 
1917  auf  5  763  kg  geschätzt  (Bericht  Schimmel  &  Co.,  1918,  p.  18; 
1919,  p.  88). 

Das  oben  erwähnte  »Managras«,  das  nach  Stapf  ebenfalls  in  zwei 
Varietäten:  Cymbopogon  Nardus  var.  Li7inaei  (typicus)  und  C.  Nardus 
var.  confertiflorus  Stapf  auftritt,  gibt  ebenfalls  citronellartig  riechende 
Öle  (Managrasül). 

Cymbopogon  Schoenajithus  Spreng.  (Andropogon  Schoenanthus  L.), 
A.  laniger  Des  f..,  A.  Iivarancusa  subsp.  laniger  Hook.  f.  In  Nordafrika, 
Arabien,  sowie  Nordindien  bis  Tibet  verbreitet.  »Kamelgras«,  arabisch 
»Izkhir«.  Bildet  die  Hauptnahrung  der  Kamele  in  den  Wüsten.  Die 
Pflanze  wurde  als  Herba  Schoenanthi,  Hej-ba  SquinantJd^  Jiincus  odo- 
ratus,  Foenum  Canielorum  seit  Dioscorides  bis  zum  1 9.  Jahrhundert 
in  den  Apotheken  geführt.  Das  Kamelgrasül  riecht  wegen  seines  Phellan- 
drengehaltes  nach  Elemiül  und  ist  im  trockenen  Gras  zu  1  Proz.  ent- 
halten. 

Cymbopogon  coloratus  Stapf  (Andropogon  coloratus  Nees,  A.  Nar- 
dus var.  coloratus  Hook.  f.).  Malabardistrikt,  Fidschiinseln.  Liefert  eine 
Sorte  Lemongrasül,  enthält  23  Proz.  Geraniol  und  Citronellal.  Schimmel  & 
Co.,  Ber.  Okt.  1912  und  April  1914.  —  Gildemeister,  I.  c.  II,  p.  256. 

Cymbopogon  polyneuros  Stapf  (Andropogon  polyneuros  Steud., 
A.  versicolor  Nees,  A.  Schoenanthus  var.  versicolor  Hack.).  Nilgiris 
im  Südwesten  von  Vorderindien,  Ceylon,  Insel  Delft  in  der  Adamstraße , — 
»Delftgras«.  Riecht  nach  Anis  oder  Fenchel;  die  Destillate  eigentümhch 
süßlich,  ganz  verschieden  von  denen  der  übrigen  Cymbopogon- Arien.  Gilde- 
meister, 1.  c.  II,  p.  255. 

Andropogon  odoratus  Lisboa.  Westküste  von  Vorderindien.  Das 
Ül  besitzt  einen  Geruch  wie  das  Fichtennadelül. 

Saccharum  officinarum  L.  s.  Zuckerrohr. 

3.  Cjperaceen. 
Cyperus   Haspan  L.      Tropen.  —  In    Ostafrika   wird   durch   Aus- 
laugen der  Asche   ein  Buschsalz  (zum  Salzen  der  Speisen)    gewonnen, 
das    nach   W.  Lenz    (Ber.    d.    D.    Pharmaz.    Geseilsch.    1911,    p.    270) 
"18,48  Proz.    Kaliumsulfat   und  77,77  Proz.    Kaliumchlorid    enthält.      Er- 
scheint als  eine  vorzügliche  Quelle  für  Kalidüngesalz. 

Sorghum  sp.  Die  Spelzen  einer  Sorghum-Ari  (Sorgho  now)  dienen 
in  Indien  zum  Schwarzfärben.  Wiesner,  Rohst.  1.  Aufl.  p.  668.  Vgl. 
den  Abschnitt  > Früchte«. 

Wiesner,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  32 


498  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

4.  Araceeii. 

Äcoi'us  Calamus  L.^  Kalmus.  In  den  gemäßigten  Klimaten  der 
nördlichen  Hemisphäre  einheimisch.  Auch  die  frischen  grünen  Teile 
enthalten  ein  dem  Öle  des  Rhizoms  (s.  d.  p.  431)  sehr  ähnliches  ätherisches 
ÖL.   (Schimmel  &  Co.,  Ber.  April  1897,  Tabelle  p.  8.) 

Cyrtosperma  senegalense  (Schott)  Engl.  Am  Senegal,  >Ebangabunga«. 
Die  Asche  zu  »Buschsalz«.     W.  Lenz,  1.  c.   1910,  p.  226. 

5.  Liliaceen. 

ÄlUuni  sativum  L.  |  enthalten  in  der  ganzen  Pflanze  die  charakteri- 
>  Cepä  L.  stischen  ätherischen  Öle.  Der  Träger  des  Knob- 
»        ursinum  L.  I  lauchgeruches  im  Öl  von  Allium  sativuin  ist  ein 

Disulfid  (C6Hi(jS2);  im   Öl  von  Allium  ursinum  (Bärenlauch)  das  Vinyl- 

sulfid  (€2113)2  S. 

6.  Marantaceeu. 

Halopegia  axurea  K.  Schiim.  Zentral-  und  VVestafrika.  —  »Nkon«. 
—  (Vgl.Engler-Prantl,  Pflanzenfamilen,  Nachträge  II— III  [1908],  p.  69.) 
Die  Asche  zu  »Buschsalz«  W.  Lenz,  1.  c. 

7.  Piperaceen. 

Piper  angustifolium  R.  et  Pav.  (Artanthe  geniculata  Miqu.)^ 
P.  angustifolium  var.  cordulatum  und  var.  Oskanum  C.  DC,  P.  line- 
atum  R.  et  P.,  P.  camphorifei'iim  C.  DC.  und  noch  andere  Arten. 
Südamerika,  Aus  den  Blättern  wird  das  Matikoöl  dargestellt.  Thoms 
im  Arch.  d.  Pharm.  247,   (1909),  p.  591—612. 

Piper  Belle  L.  (Chavica  Bette  Miqu.).  In  Indien  und  im  malay- 
ischen  Gebiete  einheimisch.  Enthält  in  den  Blättern  ein  ätherisches  Öl 
von  gewürzhaft  brennendem  Geschmack,  welches  als  charakteristischer 
Bestandteil  das  Betelphenol  (Chavibetol)  Q0H12O2,  einen  dem  Eugenol 
isomeren  Körper  (Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  323)  enthält.  Im  ganzen 
malayischen  Archipel  sowie  im  südlichen  China  herrscht  der  uralte  Ge- 
brauch des  Betelkauen s*). 

8.  Salicaceen. 

Populus  nigi'a  L.  Pappelknospenöl,  wird  zu  wohlriechenden  Essenzen 
und  zu  Haarsalben  verwendet.     Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  315. 


1)  Über  die  Einzelheiten  des  Betelkauens  vgl.  A.  Tschirch,  Indische  Heil-  und 
Nutzpflanzen,  Beriin  1892,  p.  138  und  besonders  G.  Hartwich,  Die  menschlichen 
Genußmittel,  Leipzig  igil,  p.  531  ff.,  wo' auch  die  "Varietäten  des  Betelpfeffers  be- 
schrieben sind. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  499 

9.  Myricaceen. 

Myrica  Gate  L.  Gem.  nördl.  Hemisph.  Gagelöl. 

Mijrica  cerifera  L.  Üstl.  Nord. -Am.     Wachsmyrtenöl. 

M.  asplenifolia  Endl.  (Comptonia  asiilenifolia  Aiton).  Nordamerika. 
Comptoniaül  mit  zimtähnlichem  Gerüche.  Hartwich,  Die  neuen  Arznei- 
drogen, Berlin  1897,  p.  224. 

10.  Juglandaceen. 
Juglans  regia  L.     Orient  und  kultiviert.     Walnußblätterül. 

11.  Moraceen. 

Ficus  politoria  Lou7\  Cochinchina,  Die  Blätter  dienen  zum  Scheuern 
und  Polieren. 

Cannahis  sativa  L. 

Cannahis  indica  Lam.  Ostindien.  Im  zentralen  und  westlichen 
Asien  heimisch,  durch  Kultur  weit  verbreitet. 

Die  ätherischen  Öle  dieser  Pflanze  sind  noch  zu  wenig  untersucht, 
daher  weichen  die  Angaben  der  verschiedenen  Autoren  sehr  vonein- 
ander ab. 

12.  ürticaceen. 

Colpoon  compressum  Berg.  Südafrika.  >Kaysumach«.  ■—  Die  ei- 
förmigen, starren,  ziemlich  dicken  Blätter  enthalten  bis  23  Proz.  Gerbstoff 
und  werden  als  Gerbmaterial  eingeführt.  F.  Netolitzky,  Gerbeblätter 
als  typische  Fälschungsmittel,  Arch.  f.  Chemie  u.  Mikrosk.,   1913,  Heft  3. 

13.  Proteaceen. 

Leucadendron  argenteum  R.  Br.  Südafrika.  >Silverboom«,  »Witte- 
boom«. Die  prachtvoll  silbergrauen  Blätter  werden  im  Kapland  zu 
Schmuckarbeiten  verwendet  und  bilden  einen  Handelsartikel.  Engler- 
Prantl,  Pflanzenfam.  III,  i,  p.  139. 

14.  Chenopodiaceen. 

Chenopodium  amhrosioides  L.  und  Ch.  atlielminticum  L.  Nord- 
amerika.    Erstere  Pflanze  als  the  du  Mexique  in  Gebrauch. 

Aus  Ch.  anthelminticum  wird  in  der  Gegend  von  Baltimore  das 
»Goasfoot  oil<  oder  amerikanische  Wurmsamenül  destilliert.  T.  Holm  in 
Mercks  Rep.  XXI,  p.  178—181,  Juli  1912,  New  York.  (Nach  Bot.  Centralb. 
122,  [1913],  p.  334.).  Netolitzky,  Anat.  d.  Dikotyledonenblätter,  Wien 
1911,  p.  2.  —  Gildemeister,  1.  c. ,  II,  p.  373.  Halogeton  sativus 
C.  A.  Mey.  (=  Salsola  sativa  L.).     In  Südspanien,   Nordafrika  einhei- 

32* 


500  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

misch,  im  Mittelmeergebiet  als  Gemüsepflanze  und  zur  Sodagewinnung 
kultiviert.  —  »Bariila«.  —  Ascherson  u.  Graebner,  Syn.  d.  mitteleurop. 
Flora,  V,  p.  217,  (1913). 

15.  Nyctaginaceen. 

Pisonia  tomentosa  Lam.  Brasilien.  Die  Blätter  ^Pao  lepra<^ 
dienen  in  Minas  Geraes  zum  Schwarzfärben.  Wiesner,  Rohst.  1.  Aufl., 
p.  668. 

Neea  theifera  Örstedt.  Brasilien.  >Caparrosa«.  Die  Blätter  dienen 
zum  Schwarzfärben;  sie  sollen  Coffein  enthalten,  was  jetzt  bezweifelt 
wird.  —  Heimerl  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien,  III,  1b,  p.  31. 
Hartwich,  Arzneidrogen,  p.  384. 

16.  Carjophyllaceeu. 

Saponaria  ofßcinalis  L.  Die  Blätter  sind  ihres  Saponingehaltes 
wegen  zum  Waschen  verwendbar.  Wiesner,  Rohst.  1.  Aufl.,  664.  — 
Über  die  Seifenwurzel  s.  p.  450. 

Lychnis  chalcedonica  L.  Sibirien.  Das  Kraut  dieser  Pflanze  dient 
zum  Waschen.     Wiesner,  1.  c. ,  p.  664. 

17.  Ranunculaceeu. 

Delphinium  cmnptocarpujn  C.  Koch.  Nordpersien.  Die  blühenden 
Stengel  der  Pflanze,  die  in  Persien  Gul-i-zalil,  im  indischen  Handel  Sparak, 
Isparik  genannte  Farbware.     Wiesner,  1.  c,  p.  664. 

18.  Anoiiaceen. 

Popoivia  Capea  E.  G.  et  Ä.  Camus.  Elfenbeinküste,  (in  Attie  und 
Agnis).  »Gapeblätter«.  Die  Blätter  liefern  0,59  Proz.  wohlriechendes 
ätherisches  Öl.  Die  Droge  ist  sehr  teuer,  in  der  Heimat  kosten  200  g 
trockene  Blätter  20  Cents.  Ber.  von  Roure-Bertrand  Fils,  Okt.  1911, 
p.  43;  April  1912,  p.  25;  Oktober  1913,  p.  3  (zit.  nach  Ber.  von 
Schimmel  &  Co.,  April  1914,  p.  39).  —  Vgl.  auch  Tunmann  und 
Senft,  Pharmakognostische  Rundschau  in  Pharmaz.  Post  1914,  47., 
p.  906. 

19.  Monimiaceen. 

Peumus  Boldus  Mol.  (Boldoa  fragrans  Juss.).  Chile.  Die  Blätter 
dienen  in  Chile  als  Gewürz  und  enthalten  gegen  2  Proz.  ätherisches, 
nach  Pfefferminz  riechendes  Öl,  ferner  das  Alkaloid  Boldin  und  das 
Glykosid  Boldoglucin.  Das  Boldoblätteröl  wird  medizinisch  verwendet. 
Über  Anatomie  des  Blattes  s.  T.  F.  Hanausek,  Zeitschr.  d.  allg.  österr. 
Apoth.-Ver.  1880,  Nr.  10,  p.  155—159,  über  das  Öl,  derselbe,  1.  c,  1877, 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  501 

Nr.  17.  —  F.  Neger,  Über  Folia  Boldo,  Pharmaz.  Centralb.  XLII,  1901, 
Nr.  31.  Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  431.  0.  Tunmann,  Folia  Boldo, 
Südd.  Apotb.-Ztg.  1908,  p.  108. 

Siparima  (Citriosma)  oUgandra  Jul.  Brasilien.  Die  bockartig 
riechenden  Blätter  entbalten  nach  Peckolti)  ein  aromatisches  Öl  von  dem 
Bergamottöl  ähnlichem  Dufte.     Gildemeister,  1,  c,  433. 

20.  Lauraceen. 

Cinnamomum  Camphora  Fr.  Nees  et  Eberm.  (Laurus  Cam- 
phora  L.) 

Auch  die  Blätter  dieses  Baumes  enthalten  Kampferöl  mit  oft  hohem 
Kampfergehalt  (75  Proz.)2). 

Cinnamomum  xeylanicuni  Breyne.  Ceylon.  Aus  den  Blättern 
wird  das  >ZimtblätteröI«  gewonnen,  welches  auf  Ceylon  selbst  sehr 
häufig  zur  Verfälschung  des  Zimtüles  verwendet  wird.  Es  enthält  bis 
90  Proz.  Eugenol  und,  wie  es  scheint,  nur  Spuren  von  Zimtaldehyd. 
Im  Handel  ging  es  anfangs  als  »Zimtwurzelül«  3).  Echtes  Zimtwurzelöl 
aus  der  frischen  Wurzelrinde  von  C  xeylanicum  enthält  nach  A.  Pil- 
gram^)  hauptsächlich  Kampfer,  außerdem  Pinen,  Cineol  u.  a. 

Cinnamomum  Cassia  Bl.  In  den  chinesischen  Provinzen  Kwang-si 
und  Kwang-tung.  »Cassiaöl,  Chinesisches  Zimtöl,  Zimtblütenül«  wird, 
wie  durch  0.  Struckmeyer^)  in  den  Cassiadistrikten  selbst  festgestellt 
wurde,  ausschließlich  aus  Blättern,  Blattstielen  und  jungen  Zweigen 
des  Cassiastrauches  gewonnen,  welche  bei  der  Gewinnung  der  Cassia 
lignea  abfallen. 

Das  Öl  wird  in  zahlreichen  kleinen  primitiven  Destillationen  ge- 
wonnen, die  in  wasserreichen  Schluchten  errichtet  werden,  um  natürliches 
Kühlwasser  zur  Hand  zu  haben. 

Zu  alte  wie  zu  junge  Bäume  liefern  weniger  kräftige  Blätter  und 
ein  großes  Blatt  ist  besser  als  ein  kleines  junges;  daher  ergibt  das 
Material  des  Frühjahres  und  späten  Winters  weniger  gutes  Öl  als  das 
des  Hochsommers  und  Herbstes. 

Öl  aus  dem  Gemisch  von  Blättern  und  Zweigen  ist  im  allgemeinen 
weniger  gut  als  das  nur  aus  Blättern  hergestellte. 


\)  Ber.  d.  deutsch,  pharm.  Gesellsch.,  Bd.  6  (1896),  p.  93. 

2)  Hooper,  Pharm.  Journ.  (London),   Bd.  56  (1896),   p.  21,   und  Schimmel  & 
Co.,  Ber.  Okt.  194  3,  p.  29 ff. 

3)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1895,  p.  48  und  Ber.  Okt.   1902.  —  Tschirch, 
Handbuch  der  Pharmakognosie,  11,  p.  1121. 

4)  Pharm.  Weekbl.  1909,  46,  p.  51   nach  Apoth.-Ztg.   1909,  p.  229. 

5)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1896,  p.  11. 


502  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Reines  unverfälschtes  Cassiaön)  ist  ziemlich  dünnflüssig,  gelb  bis 
bräunlich  und  von  starkem  Lichtbrechungsvermügen,  von  zimtartigem 
Duft  und  brennendem  zimtartigem  Geschmack.  Der  wichtigste,  für  den 
Wert  des  Öles  ausschlaggebende  Bestandteil  ist  der  Zimtaldehyd, 
wovon  in  guten  Ölen  75 — 90  Proz.  enthalten  sind.  Das  Gassiaöl  wurde 
namentlich  früher  schon  in  den  Cassiadistiikten  vielfach  gefälscht,  be- 
sonders mit  Gurjunbalsafnöl  und  mit  Kolophonium  und  Petroleum;  es  gibt 
daher  schon  im  Erzeugungsgebiet  verschiedene  Sorten.  Jährlich  werden 
3— 4  000  000  kg  Cassiaül  erzeugt. 

Der  Hauptstapelplatz  für  alle  Produkte  des  Gassiabaumes  ist  Loting- 
Chow,  von  wo  sie  zur  Verschiffung  nach  Kanton,  bzw.  Makao  gelangen. 

Gassiaöl  gehört  zu  den  Hauptartikeln  der  Parfümeriebranche^). 

Laurus  nobilis  L.  Von  Kleinasien  aus  durch  Kultur  verbreitet. 
Lorbeerblätteröl.  Thoms  und  Molle,  Arch.  d.  Pharm.  1904,  Heft  3 
und  Arbeiten  aus  dem  Pharmaz.  Inst,  der  Univ.  Berlin  I,  Berlin  1904, 
p.  97—116;  Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  524. 

ümhellularia  califoniica  (Hook,  ei  Arn.)  Niitt.  (Oreodaphne  cali- 
fornica  Nees,  Tetmnthera  califoniica  Hook.).  Kalifornien.  Aus  den 
Blättern  2,4 — 4  Proz.  aromatisches  Öl,  an  Muskat  und  Cardamomum  er- 
innernd.    Kalifornisches  Lorbeeröl.  —  Gildemeister,  1.  c,  II,   p.  504. 

21.  Cruciferen. 

Cochlearia  officinalis  L.  Löffelkraut.  Wild  in  der  Nähe  der 
Meeresgestade  der  nördlichen  Kontinente  und  in  einzelnen  Höhengebieten 
der  mitteleuropäischen  Alpen,  auch  vielfach  kultiviert.  Von  alters  her  als 
Arzneipflanze  angesehen.  Schon  in  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  wurde 
Löffelkrautöl  destilliert.  Nach  A.  W.  Hoff  mann  3)  ist  das  Löfl'elkrautöl 
mit  dem  Isosulfocyanat  des  sekundären  Butylalkohols  identisch. 

22.  Resedaceen. 
Reseda  luteola  L.     S.  AVau. 

23.  Crassulaceeu. 

Crassula  pi)i7iata  L.  fil.  Die  Pflanze,  wird  in  China  und  Gochin- 
china  nach  Loureiro  zum  Schwarzfärben  verwendet.  Wiesner,  Rohst. 
1.  Aufl.,  p.  664. 


1)  Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  445. 

2)  Das  sog.  »künstliche  Gassiaöl«  mit  98  Proz.  Zimtaldehyd,  vom  Benzaldehyd 
als  Ausgangspunkt  dargestellt,  dient  als  Ersatz  (Schimmel  &  Go.,  Ber.  Okt.  '1896). 

3)  Berl.  Ber.  2.  Bd.   (i869),  p.  102;  7.  Bd.  (i874),  p.  508. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  503 

24.  Saxifragaceeu. 

Deutzia  scabra  Thunh.  Südliches  Japan.  Die  Blätter  dienen  zum 
Scheuern  und  Polieren. 

Hydrangea  Thunhergii  Siebold.  Japan.  »Ama-tscha«  (Süßer  Tee). 
Die  Blätter  schmecken  süß  und  dienen  als  Tee.  Der  Süßstoff  ist  d-Phyllo- 
dulcin,  ein  Metoxylderivat  des  in  der  Gartenhortensie  enthaltenen 
Hydrangenols.  Arch.  d.  Pharm.  223,  p.  823;  Apoth.-Ztg.  1917,  32, 
p.  542. 

25.  Rosaceen. 

Spiraea  idmaria  L.  Die  Blätter  dieser  europäischen  Pflanze  werden 
in  Irland  zum  Gerben  und  Schwarzfärben  benutzt.  Wiesner,  Rohst. 
\.  Aufl.,  p.  662. 

Toi'menülla  erecta  L.  Die  ganze  Pflanze  soll  in  Lappland  zum 
Gerben,  die  Wurzel  zum  Rotfärben  benutzt  werden.  Duchesne  1.  c, 
p.  256.  Nach  anderen  Angaben  dient  nicht  das  Kraut,  sondern  die 
Wurzel    (vgl.  p.  419)   zum  Gerben.     Wiesner,    Rohst.    I.  Aufl.,  p.  662. 

Prunus  persica  (L.)  Stokes.  Pfirsichbaum.  Orient,  sonst  kulti- 
viert. Die  Blätter  dienen  als  »Dagestaner  Tee«  im  Kaukasus  als  Surro- 
gat des  chinesischen  Tees.  —  Walta,  Die  Teekultur  im  Kaukasus, 
Tropenpflanzer  1906,  p.  790. 

Prunus  cerasus  L.     S.  Weichselblätter. 

Prunus  aspera  Thunb.  Japan.  Die  Blätter  dienen  zum  Scheuern 
und  Polieren. 

Prmius  Laurocerasus  L.  In  Persien  und  den  Kaukasusländern 
einheimisch,  im  südlichen  Europa  seit  dem  16.  Jahrhundert  kultiviert. 
Kirschlorbeer.  Das  aus  den  Blättern  gewonnene  >Kirschlorbeerül«  ist 
vom  Bittermandelöl  nur  durch  den  Duft  zu  unterscheiden.  Es  entsteht 
durch  Spaltung  des  Glykosides  Prulaurasin  (GuHiyNOß)  bei  Berührung, 
mit  Emulsin,  wobei  Traubenzucker,  Amygdalinsäure,  Benzaldehyd,  Blau- 
säure und  die  Verbindung  dieser  beiden  Stoffe,  das  Benzaldehydcyan- 
hydrin  gebildet  werden.  Es  wird  durch  Zusatz  von  Benzaldehyd  ver- 
fälscht. Zur  Destillation  gelangen  die  zerschnittenen  mit  Wasser  ein- 
gemaischten Blätter  1).  Das  Destillat  kam  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts in  Gebrauch,  und  auch  schon  damals  wurden  giftige  Wirkungen 
beobachtet  2). 


1)  Umnay,  Pharm.  Journ.  (London),  III,  3  (4873),  p.  76i. 

2)  Abr.  Vater,    Dissertatio  de  Laurocerasi  indole   venenata.       Wittembergae 
1737. 


Süd-Afrika. 


504  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

26.  Leguminosen. 

Caesalpinia  melanocarpa  Gr.  Südamerika  (Argentina).  Diese 
»Guajacan<  oder  Quajacan«  genannte  Pflanze  enthält  in  den  Blättern 
21  Proz.  Gerbstoff»). 

Oenista  tinctoria  L.     Siehe  Färbeginster. 

Stixolobium  (Mucuna)  pritriens  DC.  (M.  prurita  Hook.).  Juck- 
fasel. Die  Blätter  dienen  auf  Java  zum  Schwarzfärben.  Wiesner,  Bohst., 
1.  Aufl.,  p.  662. 

27.  Geraniaceen. 

Pelargoniimi  odoratissimum  Wüld. 

P.  capitatum  Ait. 

P.  roseum   Wüld. 

P.  graveolens  Ait.  (P.  terehinthinaceum  Cav.). 

Aus  den  grünen  Teilen,  namentlich  aus  den  Blättern,  wird  das 
»Geraniumül«  (Pelargoniumöl)  destilliert.  Die  Blätter  werden  vor  der 
Blüte  zu  diesem  Zwecke  geerntet.  In  Frankreich,  Algier,  Spanien  und 
auf  der  Insel  Reunion,  sowie  auf  Korsika  sind  bedeutende  Kulturen. 
Algier  und  Reunion  produzieren  das  meiste,  Spanien  das  am  hüchsten 
geschätzte  Öl. 

Das  Geraniumül  ist  eine  blaßgelbe,  grüne  oder  bräunliche  Flüssigkeit 
von  angenehmem,  rosenähnlichem  Duft 2);  seine  Hauptbestandteile  sind 
das  Geraniol  und  das  Citronellol,  die  im  afrikanischen  Öl  zu  75  Proz. 
(Yö  Geraniol,  1/5  Citronellol),  im  spanischen  Öl  zu  70  Proz.  (2/3  Geraniol, 
Y3  Citronellol)  und  im  Reunionöl  zu  80  Proz.  (je  zur  Hälfte  aus  Geraniol 
und  Citronellol)  enthalten  sind;  übrigens  sind  auch  noch  andere  Alkohole, 
wie  Linlool,  Terpineol,  Menthol  usw.  vorhanden.  Terpentinöl,  Zedern- 
holzöl  und  fettes  Öl  wurden  als  Verfälschungen  nachgewiesen  und  sind 
durch  ihre  Unlüslichkeit  in  70prozentigem  Alkohol  leicht  zu  erkennen. 
Wegen  des  rosenähnlichen  Duftes  findet  Geraniumül  in  der  Parfümerie 
große  Anwendung.  Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  637.  Über  Pelargoniuni- 
Arten  s.  E.  M.  Holmes  in  Perfum  Records  4,  1913,  p.  239ff. 

Nach  Ducellier  soll  zur  Gewinnung  des  Geraniumüls  ausschließlich 
Pelargonium  graveolens  Ait.  gebaut  werden.  Ber.  Schimmel  &  Co., 
1918,  p.  28. 

28.  Erytliroxylaceen. 

Erythroxylon  Coca  Lam.  Cordilleren.  Die  Blätter  dienten  den 
Peruanern  schon    in   uralter  Zeit  als   Genußmittel.      Sie   werden    unter 


\)  Siewert,  Tanning  materials  of  South  America.  Pharm.  Journ.  and  Transact. 
1878,  p.  548. 

2)  Analyse  der  Handelssorten:  Tiemann  und  Schmidt,  Berl.  Berichte,  Bd.  29 
(1896),  p.  924. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  505 

Zusatz  von  Asche,  Kalk  oder  Kalziumkarbonat  gekaut.  In  der  Sierra 
de  Santa  Marta  werden  die  Cocablätter  gerüstet  und  mit  gebrannten 
Muscheln  zu  einem  Pulver  gemischt.  In  der  chemischen  Industrie  dienen 
sie  zur  Darstellung  des  Cocain,  welches  wegen  seiner  Eigenschaft,  auf 
Schleimhäuten  lokale  Gefühllosigkeit  hervorzurufen,  in  der  Medizin  viel- 
fache Verwendung  findet'). 

29.  Rutaceen. 

Ruta  graveolens  L.  und  andere  Ruta-kvien.  In  den  Mittelmeer- 
ländern einheimisch,  sonst  angebaut  oder  verwildert.  Die  zur  Destillation 
dienenden  Pflanzen  stammen  vorwiegend  aus  Spanien  und  Algier.  In 
Algier  wird  »Sommerrautenöl«  von  Ruta  ynontana  L.  und  »Winter- 
rautenül«  von  Ruta  bracteosa  L.  destilliert.  W.  Brandt,  Zur  Anatomie 
u.  Chemie  der  Ruta  graveolens,  Arb.  a.  d.  Pharm.  Institute  Berlin  1914, 
11,  p.  82—95. 

Das  ätherische  Öl,  »Rautenül«,  ist  in  der  ganzen  Pflanze  vor- 
handen. Es  ist  eine  farblose  bis  gelbe  Flüssigkeit  von  sehr  intensivem, 
anhaftendem  charakteristischem  Dufte  (Rautenduft),  der  nur  in  starker 
Verdünnung  angenehm  ist.  Es  enthält  90  Proz.  Methylheptylketon 
(CHg- CO-(CH2)8  •CHg)^),  in  geringer  Menge  Methylheptylketon  und  ein 
Gemisch  freier  Fettsäuren  (darunter  Pelargonsäure  nach  Thoms.). 

Barosma  hetulinum  Bartl. 

B.  crenulatum  L.  Hook. 

B.  crenatu7n  Kunze. 

B.  serratifolium  Willd. 

Das  in  diesen  in  die  meisten  Pharmakopoen  aufgenommenen  Blättern 
vorhandene  ätherische  Öl  enthält  ein  Stearopten,  Diosphenol  CioHi602^). 

Toddalia  aculeata  Lam.  Tropisches  Asien  bis  China,  auf  Mada- 
gaskar, Comoren  und  Maskarenen.     Das  Ol  der  Blätter  enthält  Citronellal. 

Clausena  Anisum-oleus  (Bianca)  Merill.  Philippinen.  Die  stark 
anisduftenden  Blätter  dienen  zur  Herstellung  von  alkoholischen  Extrakten 
für  Liköre.     Auf  den  Philippinen  wird  Zigarettentabak  mit  den  Blättern 


Südafrika.     Buccoblätter. 


\)  Über  Coca  s.  Flückiger,  Pharmakognosie,  3.  Aufl.,  p.  634 — 638,  J.  Moeller, 
Lehrb.  d.  Pharmakognosie,  2.  Aufl.,  p.  104,  und  besonders  C.  Hartwich,  Die  mensch- 
lichen Genußmittel,  Leipzig  iGH,  p.  475 ff.  —  Über  Anatomie  s.  auch  T.  F.  Hanausek, 
Zur  Charakteristik  des  Gocablattes,  Pharmaz.  Rundschau  (New  York)  III,  1885,  p.  71 — 73. 

2)  E.  V.  Gorup-Besanez  und  Grimm,  Licbigs  Annal.,  Bd.  157  (1871),  p.  275. 
—  Thoms,  Ber.  d.  Pharmaz.  Gesellsch.,  XI,  1901,  p.  3. 

3)  Flückiger,  Pharm.  Journ.  (London),  III,  11  (1880),  p.  174  u.  219.  —  Beck- 
stroem  in  Moeller-Thoms,  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharm.,  II.  Aufl.,  Bd.  III  (1904), 
p.  216.  —  Gildemeister,  I.  c,  II,  p.  664, 


506  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter, 

parfümiert.  Sie  enthalten  1,16  Proz.  ätherisches  Öl  (mit  90 — 95  Proz. 
Methylchavicol).     Schimmel  &  Co.,  Ber.  April  1912. 

Clausena  Wampi  Blanco  (=  Cookia  punctata  Sonnerat).  China. 
Die  Blätter  riechen  ebenfalls  kräftig  nach  Anis.  Engler-Prantl,  1.  c, 
III,  4,  p.  189. 

Citrus  Bigaradia  Risso.  Bittere  Pomeranze.  Früher  vornehmlich 
in  Südfrankreich,  jetzt  in  Paraguay  wird  aus  den  Blättern,  Zweigen 
und  jungen  Früchten  das  »Petitgrainöl«  durch  Destillation  mit  Wasser 
gewonnen.  Die  charakteristischen  Bestandteile  i)  sind  1-LinalooI  und 
Geraniol. 

Citrus  Ldmonum  Risso.  Zitronenbaum.  Auf  dieselbe  Art  wie  von 
C.  Bigaradia  das  Petitgrainöl  wird  hiervon  das  »Petitgrain  citronnier« 
gewonnen. 

30.  Simarubaceeo. 

Ailanthus  glandulosa  Desf.  In  China  einheimisch,  allgemein  als 
Parkbaum  verbreitet.  —  Götterbaum.  Die  Blätter  enthalten  nach  Coli  in 
1 1  Proz.  Gerbstoff,  dienen  auch  zum  Verfälschen  der  Senna-  und  der 
Belladonnablätter.  Mitlacher,  Zeitschr.  d.  Allg.  österr.  Apoth.-Ver.  191 1, 
p.  149.  —  Netolitzky,  Arch.  f.  Chem.  u.  Mikrosk.   1913,  Heft  3. 

31.  Euphorhiaceen. 

Croxophora  tinctoria  Juss.  (==  Croton  tinctorium  L.).  Südeuropa, 
insbesondere  Südfrankreich.  Über  die  schon  seit  langer  Zeit  geübte 
Methode,  mit  dem  Saft  der  grünen  Teile  dieser  Pflanze  reine  Zeuglappen 
anfänglich  grün  und  durch  darauf  folgende  Einwirkung  von  Ammoniak- 
dämpfen rot  zu  färben,  wodurch  die  noch  jetzt  in  großer  Menge  im 
Handel  vorkommenden  Bezetten  (Tournesol)  entstehen,  s.  Nissol,  M6ra. 
de  l'Academie  ä  Paris  1712.  Nach  neueren  Angaben  wird  nur  der  Saft 
der  Früchte  und  der  Blumenblätter  verwendet  oder  einfach  durch  Brasilin 
(nach  T.  F.  Hanausek)  ersetzt.  In  Holland  wird  der  Käse  mit  Bezetten 
gefärbt. 

32.  Coriariaceen. 

Coriaria  tnyrtifolia  L.  s.  S  um  ach. 

33.  Anacardiaceen. 

Rhus  Coriaria  L.  1        _  , 

^       \  s.  Sumach. 
»      copailina  L. 


\)  Charabot-Pillet,  Bull.  soc.  chim.  III,  21  (1899),  p.  74.  —  Beckstroem 
in  Realenzyklopädie  d,  ges.  Pharm.,  t.  Aufl.,  Bd.  X  (1908),  p.  130.  —  Schimmel  & 
Co.,  Ber.  Okt.  1912,  p.  90. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  507 

Rhus  qlabra  L.  ]        o  . 

•\     ,  .        T-     .Ti  7       •     Ti^-77  ^    ;   s.  öumach. 

>      typhma  L.  (R.  canadensis  Mill.)  j 

Rhus  pentajjhylla  Desf.  Mediterrangebiet  und  tropisches  Afrika. 
Die  Blätter  dienen  in  Algier  zum  Gerben.  Wiesner,  Rohst.,  1.  Aufl., 
p.  662. 

Cotinus  coggygria  Scop.  s.  Sumach. 

Lithraea  Güiesii  Griseb.     Südamerika.     8,5  Proz.  Gerbstoff. 

Schinus  dependens  Orteg.  (Vuvaua  dependens  DC).  Südamerika. 
19—20  Proz.  Gerbstoff. 

Die  Blätter  beider  Arten  werden  von  Sie  wert  (Tanning  materials 
of  South  America,  Pharm.  Journ.  and  Transact.  1878,  p.  548)  als  Gerb- 
material empfohlen. 

Schinus  Molle  L.  Südamerika,  Mexiko.  Pfefferbaum,  Aroeira.  Die 
Blätter  zum  Gelbfärben.     Engler- Prantl,  1.  c,  III,  5,  p.  164. 

Pistacia  lentiscus  L.  s.  Schiniablätter. 

Mangifei^a  indica  L.  Als  Kulturpflanze  in  allen  Tropenländern  ver- 
breitet. —  Mangobaum.  Die  Mangoblätter  enthalten  Euxanthon  und 
Euxanthinsäure  und  dienen  zum  Gelbfärben.  Nach  Boorsma  ist  der 
Farbstoff  nicht  Euxanthon  selbst,  aber  ein  nahe  verwandter  Körper,  wohl 
das  Euxanthin.  In  Indien  werden  Kühe  mit  Mangoblättern  gefüttert 
und  aus  ihrem  Harn  stellt  man  Püree,  Piuri,  Indischgelb  her,  ein 
aus  faustgroßen,  außen  braunen  oder  schmutzig  dunkelgrünen,  im  Innern 
gelben  Kugeln  bestehendes  Farbmaterial.  Das  Euxanthin  ist  gewisser- 
maßen ein  im  Tierkörper  gebildetes  Glykosid,  dessen  Xanthonkern  die 
Pflanze,  dessen  Glykuronsäure  das  Tier  hefert.  Tschirch,  Handb.,  II, 
p.  U47.  —  W.  Wiechowski,  Über  das  Indischgelb,  Lotos  LVI,  1908, 
p.  61 — 62.  —  Derselbe,  Pharmakognosie  des  Laubblattes  von  Mangi- 
fera  indica,  I.e.,  1908,  p.  141— 150.  —  Apoth.-Ztg.  (Berlin),  1908, 
p.  439.  —  W.  G.  Boorsma,  Pharmakologische  Mitteilungen  IV.  —  Bull 
du  Depart.  de  l'Agricult.  des  Indes  Neerland.  XVI,  1908.  Nach  Just, 
Bot.  Jahresber.  36,  1908,  3.  Abt.,  p.  447. 

34.  Aquifoliaceen. 
Hex  Paraguayensis  St.  Hilaire  und   andere  Arten  liefern  »Mate«. 

35.  Celastraceen. 
Catha  edidis  Forskai.  Arabien,  Ostafrika,  Abessinien.  »Kath«, 
»Tschad«.  "  Genußmittel,  wird  gekaut  oder  auch  als  Aufguß  ange- 
wendet. Beiter,  Pharmakognostisch-chemische  Untersuchung  der  Catha 
edulis.  Straßburg  1900.  —  Hartwich,  Diemenschlichen  Genußmittel, 
p.  470. 


508  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

36.  Icacinaceen. 

ViUaresia  congonha  Miers.  Brasilien.  » Gongonha « ,  » Yapon  < ,  liefert 
eine  Sorte  Mate. 

37.  EhamnaceeD. 

Rhamnus  prinoides  L'Her.  Südafrika  und  tropisches  Ostafrika. 
»Genho«.  Die  Blätter  dienen  in  Abessinien  als  erregende  Genußniittel. 
Tropenpflanzer,  Beihefte  1913,  p.  233. 

Rhamnus  pauciflorus  Höchst  Abessinien.  »Geschaubaum«,  Die 
Blätter  finden  bei  den  aus  Honig  hergestellten  alkoholischen  Getränken 
Verwendung. 

Rh.  theezans  L.  Die  Blätter  werden  in  Japan  und  auf  Java  unter 
echten  Tee  gemengt. 

Ceanothus  americanus  L.  Nordamerika.  New-Jersey-Tee,  Ersatz- 
mittel des  echten  Tees. 

38.  Tiliaceen. 

Luehea  speciosa  Wülcl.  Von  Südbrasilien  bis  Mittelamerika.  »Azeito 
cavallo«.  Pferdepeitsche.  Die  Blätter  dienen  in  Brasilien  zum  Schwarz- 
färben baumwollener  Zeuge;  die  mit  dem  Dekokte  getränkten  Zeuge 
werden  mit  roter  eisenhaltiger  Erde  eingerieben.  Peckolt,  Heil-  und 
Nutzpflanzen  Brasiliens,  Ber.  d.  Pharm.  Gesellsch.  1898,  p.  284.  (Nach 
K,  Schumann,  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  HI,  6,  p.  22,  führt 
L.  divaricata  M.  et  Ziicc.  den  Namen  Aceito  de  cavalho  wegen  des  sehr 
zähen  Holzes.) 

39.  Malvaceen. 

TJrena  lohata  L.  var.  sinuata  Hook.  Kommt  häufig  in  Patschuli 
vor.     S.  Patschuli. 

40.  DiUeuiaceen. 

Die  rauhen  Blätter  von  Tetracera  (Delima)  sarmentosa  (L.)  Vahl 
dienen  auf  Sumatra  zum  Polieren  von  Holz  und  Elfenbein,  wie  bei  uns 
die  Schachtelhalme.  Miquel,  Sumatra,  p.  101.  Wiesner,  Rohst.,  1.  Aufl., 
p.  665. 

41.  Theaceeu. 

Thea  chinensis  L.  und  Th.  assamica  Mast,  sind  die  Stammpflanzen 
des  >Tee«.  Vgl.  hierüber  die  Lehrbücher  der  Pharmakognosie  und 
Hart  wich,  Die  menschlichen  Genußmittel,  p.  396  ff. 

42.  Fraukeniaceen. 

Frankenia  Berteroa7ia  Gay.  Chile.  Die  Blätter  scheiden  Salz  aus, 
das  von  der  Bevölkerung  gesammelt  und  als  Kochsalz  verwendet  wird. 
Niedenzu  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  HI,  6,  p.  286. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  509 

Beatsonia  portulacoides  Roxb.  St.  Helena.  Gibt  den  The  de  St. 
Helene.     Niedenzu,  1.  c,  p.  289. 

43.  Tamaricaceen. 

Tamarix  gallica  L.  Die  jungen  Zweige  werden  in  Nordafrika  als 
Gerbmaterial  in  Verwendung  gezogen.  Die  Blätter  dieser  Art  und  von 
T.  africana  Poir.  dienen  zur  Verfälschung  des  Sumachs;  sie  enthalten 
einen  gelben  Farbstoff  (Methyläther  des  Quercetins,  GigHi^O;)  und  8,4  Proz. 
Gerbstoff.     Perkin  und  Wood,  Chem.  Centralbl.  1898,  I,  p.  1300. 

Reaumuria  hypericoides  Willd.  (Vorderasien),  R.  hirteUa  Jaiib. 
(Arabien,  Ägypten),  R.  mucronata  Jaub.  et  8p.  (Nordafrika)  u.  a.  Arten 
dienen  zur  Salzgewinnung. 

44.  Cistaceen. 

Cistus  salvifolius  L.  Mittelmeerländer,  Einst  als  Herha  et  flores 
cisti  foeminae  gebräuchlich,  »Berber«  oder  »Burber«  der  Araber.  Mit 
Granatfruchtschalen  als  Gerbmittel  verwendet.  Nach  Ascherson,  1882, 
Realenzyklopädie,  2.  Aufl.,  IV,  p.  14. 

C.  albidiis  L.  Wie  voriger  als  Gerbemittel  und  zur  Verfälschung 
des  Sumachs.     Netolitzky,  Arch.  d.  Chem.  u.  Mikrosk.  1913,  Hft.  3. 

45.  Flacourtiaceeu. 

Neumannia  theiformis  A.  Rieh.  (=  Aphloia  theiformis  Benth.). 
Madagaskar,  Maskarenen,  Seychellen,  Comoren,  Minderwertiges  Gerb- 
material (8,55  Proz.  Gerbstoff).  Pharmakognostische  Rundschau  in  Pharmaz. 
Post  1912,  p.  1081. 

46.  Datiscaceen. 

Datisca  cannabina  L.  Kleinasien  und  auf  Kreta  bis  nach  Nord- 
indien. Färbt  intensiv  und  dauerhaft  gelb  und  wird  in  Labore  zum 
Färben  der  Seide  verwendet.  Das  in  der  ganzen  Pflanze  vorkommende 
Glykosid  Datiscin  (ein  Xanthonderivat)  gibt  mit  Alkalien  tiefgelbe  Lösungen, 
welche  den  Farbstofl"  darstellen.     Wiesner,   Rohst.,   1.  Aufl.,  p.  668. 

47.  Lythraceen. 

Lawsonia  alba  Lam.  (L.  inermis  L.).  Nordafrika  bis  Ostindien. 
S.  Henna. 

Lafoensia  Pacari  St.  HU.  BrasiUen.  »Pacari«,  »Pacari  do  Mato«. 
Die  Blätter  (und  Rinde)  liefern  eine  sehr  schöne  gelbe  Farbe.  Koehne 
in  Engler-Prantl,  Pflanzenfaiitiilien  HI,  7,  p.  11. 


510  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

48.  Lecythidaceen. 

Barringtonia  speciosa  Forst.  Von  den  Komoren  bis  Queensland, 
Neukaledonien  und  Gesellschaftsinseln.  Aus  den  Blättern  wird  in  Java 
eine  Art  Firnis  gepreßt;  die  zu  Brei  zerkleinerten  jungen  Sprossen  dienen 
zum  Fischfang.  —  Niedenzu  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien 
III,  7,  p.  33. 

49.  Rhizoplioraceen. 

RJiixophora  Mangle  L.  Westindien,  Südamerika.  Auf  Martinique 
und  Guadeloupe  zum  Gerben  benutzt.  Wiesner,  Offiz,  österr.  Aus- 
stellungsbericht, V,  p.  345;  Rohst.    1.  Aufl.,  p.  66i. 

50.  Comhretaceen. 

Terminalia  helerica  Roxb.  Ostindien  und  malayisches  Gebiet.  Auch 
die  Blätter  dienen  in  Indien  zum  Gerben.  Watt,  Diction.  econ.  prod. 
Ind.  VI,  4.   (1893),  p.  20.  —  Heiden,  Botan.  Zentralbl.  1893,  56,  p.  66. 

Terminalia  Chebula  Metz.  Die  Blätter  waren  auf  Ausstellungen 
(Paris  1867)  unter  den  indischen  Gerbmaterialien.  Wiesner,  Rohst. 
1.  Aufl.,  p.  663.  —  Heiden,  Bot.  Zentralbl.  1893,  56,  p.  67. 

Laguncularia  7-acemosa  Oaertn.  fConocarpus  racemosus  L. ,  Schous- 
bea  commutata  DC).  An  den  Küsten  des  tropischen  Amerika  ver- 
breitet. In  Brasilien  werden  fast  sämtliche  Teile  der  Pflanze  unter  dem 
Namen  Manga  branca  zum  Gerben  benützt.  Die  als  Mangle,  Mango, 
Mangoblätter,  neuestens  als  Mangueblätter  bezeichnete  Ware  besteht 
aus  kleineren  oder  größeren  Bruchstücken  von  Blättern,  aus  Blattstielen, 
Zweigstücken  mit  Rinde,  Holzstückchen  und  unreifen  Früchten,  die 
mit  kurzen  anliegenden  Haaren  bedeckt,  seidenartig  schimmern.  Der 
Gerbstoffgehalt  entspricht  dem  besserer  Sumachsorten  und  beträgt  nach  . 
Oettinger  im  Mittel  26,19  Proz.  Auch  das  Extrakt  mit  56,87  Proz. 
Gerbstoff  (Oettinger)  ist  Handelsgegenstand.  Mango  erteilt  jedoch  dem 
Leder  eine  sehr  unerwünschte  Färbung,  ist  also  nur  unter  Umständen 
vorteilhaft  zu  verwenden  i). 

Combretum  Bamhaultii  (?).  Senegambien.  Die  Blätter  enthalten 
1 1  Proz.  Gerbstoff. 

51.  Mjrtaceen. 

Myrtus  communis  L.,  Myrte.  Aus  den  frischen  Blättern  wird  das 
»Myrtenöl«  gewonnen.    Myrtenöl  ist  eine  gelbe  bis  grünliche  Flüssigkeit 


\)  F.  V.  Höhn el,  Dinglers  Polytechn.  Journ.,  Bd.  24  0,  p.  388  (1881);  Ö.  Heiden, 
Anat.  Char.  der  Combretaceen  im  Bot.  Zentralbl.  1893,  56,  p.  163.  —  Eine  ausführ- 
liche, die  mikroskopischen  und  chemischen  Eigenschaften  eingehend  behandelnde  Be- 
schreibung der  »Mangueblätter«  ist  in  Carl  Oettinger,  Neuere  Gerbmaterialien, 
Leipzig  U.Wien  1914  (p.  79—90),  enthalten. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  511 

von  angenehmem  und  erfrischendem  Wohlgeruch.  Die  um  160  bis 
180°  siedende  Fraktion  wird  als  »Myrtol«  bezeichnet,  sie  enthält  Gineol. 
Auf  dieses  wird  die  antizymotische  und  desodorisierende  Wirkung!)  des 
früher  vielgebrauchten  Myrtol  zurückgeführt.  Südfrankreich  und  Spanien 
liefern  die  Hauptmasse  der  Handelsware,  die  beste  kommt  von  Korsika. 

Myrtus  Cheken  Spi'.  Chili.  Das  Öl  der  Blätter  ist  dem  gewöhn- 
lichen Myrtenöl  sehr  ähnlich. 

Pimenta  acris  Wigth  (Eugenia  acris  W.  et  A.}.  Westindische  Inseln. 
Auf  Montserrat,  einer  Insel  der  Kleinen  Antillen  wird  der  Baystrauch  im 
großen  angebaut.  Aus  den  Blättern  wird  das  »Bayül«  dargestellt,  eine 
gelbe,  an  der  Luft  bald  braun  werdende  Flüssigkeit,  die  angenehmen, 
an  Nelkenöl  erinnerden  Duft  und  scharfen  würzigen  Geschmack  besitzt. 
Es  enthält  Eugenol  (CioH,202),  Myrcen  (CjoHie),  Chavicol  (CgHigO),  Methyl- 
eugenol  (C11H14O2),  Methylchavicol  (CioHijO),  Phellandren  (GioHie)  und 
Citral  (CioHi60)2).  —  Schimmel  &  Co.  Ber.  Oktober  1916,  p.  5. 

Die  Bayblätter  des  Handels  sollen  Mischungen  von  Blättern  mehrerer 
Arten  sein  3). 

Melaleuca  Leiicadendron  L.^  M.  minor  Sm.  (M.  Cajeputi  Roxb., 
M.  viridiflora  Gaertn.).  Hinterindien,  Inseln  der  indischen  Meere,  (be- 
sonders auf  den  Molukkeninseln  Buru  und  Geram),  Nordaustralien,  Queens- 
land und  Neu-Süd-Wales.  Von  den  Eingeborenen  einiger  Inseln  der 
Molukken  wird  aus  den  frischen  Blättern  und  Zweigspitzen  der  ge- 
nannten und  einiger  anderer  nicht  näher  bekannten  Arten  in  primitiver 
Weise  das  »Gajeputöl«  destilliert.  Das  Gajeputöl  ist  in  rohem  Zustande 
durch  Kupfer  grün  bis  blaugrün  gefärbt,  im  rektifizierten  aber  farblos  oder 
gelbUch;  es  duftet  angenehm  nach  Gineol  und  besitzt  einen  aromatischen, 
etwas  brennenden,  hintennach  kühlenden  Geschmack.  Seine  Hauptbe- 
standteile sind  GineoH)  und  Terpineol.  In  Ostasien  wird  es  als  ein  uni- 
verselles Heilmittel  angesehen. 

Makassar  auf  Celebes  ist  der  Hauptstapelplatz  für  Gajeputöl,  der 
größte  Teil  der  Produktion  wird  in  der  nordamerikanischen  Union,  im 
Orient  und  in  Brit.  Indien  konsumiert.  Siehe  auch  Schimmel  &  Go., 
Ber.  1919,  p.  7  u.  86. 

Backhousia  citriodora  F.  v.  Muell.  Queensland.  Das  Öl  der  Blätter 
enthält  0,703  Proz.,  nach  Gildemeister  dagegen  4  Proz.  Gitral;  seine 
Bedeutung  als  Gitralquelle  geht  sehr  zurück.  Tropenpflanzer  1906, 
p.  403;  Schimmel  &Go.,  Ber.  April  1913,  p.  23. 


1)  Bräutigam  und  Nowak,  Pharm.  Zeitg.,  Bd.  33  (1890),  p.  224. 

2)  Gildem.  und  Hoffm.     II.  Aufl.,  III.  Bd.,  p.  202. 

3)  Sawer,  Odorographia,  Vol.  II  (London  4894),  p.  56. 

4)  Wallach,  Liebigs  Annalen,  Bd.  225  (1884),  p.  315. 


512  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Eucalyptus  globulus  Lab.  Australien  und  vielfach  kultiviert;  dieses 
Öl  wurde  zuerst  in  Südfrankreich,  Algier  und  Kalifornien  im  großen 
gewonnen  und  bildet  seit  fast  40  Jahren  einen  regelmäßigen  Handels- 
artikel. Reclaire  (Tabelle  d.  äther.  Öle,  Berhn  1919)  erscheint  es  aber 
fraglich,  ob  das  Handelsöl  auch  wirklich  von  dieser  Art  abstammt. 
Eucalyptus  odorata  Behr.     Australien, 

»  oleosa  F.  v.  M.     Australien, 

»  cjieorifolia  DC.     Südaustralien, 

»  dumosa  Maiden.     Australien, 

»  amygdalina  Lab.     Australien 

sind  die  wichtigsten  Arten,  aus  deren  Blättern  die  Cineol-  (Eukalyptol-) 
haltigen  Eukalyptusöle  des  Handels  dargestellt  werden.  Die  sogenannten 
Amygdalina-Öle  sind  stark  phellandrenhaltig,  während  das  Öl  von  E.  cneori- 
folia  DC.  von  Phellandren  frei  ist  (Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1913, 
p.  51). 

Eucalyptus  citriodora  Hook.  (Eucalyptus  maculata  Hook.  var. 
citriodora).     Queensland.     Citronellalhaltiges  Öl. 

Eucalyptus  2^iperita  Sm.  Australien.  Das  Öl  der  Blätter  riecht 
pfefferminzartig.  Es  enthält  an  charakteristischen  Körpern  Phellandren, 
Cineol  und  Eudesmol.  Es  ist  das  am  längsten  bekannte  Eukalyptusöl; 
es  wurde  schon  1790  erwähnt  (Reclaire,  1.  c,  p.  16). 

Eukalyptusöl  gelangt  von  Australien,  Indien,  Algier  und  Kalifornien 
in  den  Welthandel.  Besonders  in  Australien  hat  sich  eine  blühende 
Eukalyptusöl-Industrie  entwickelt i).  Auch  in  Südfrankreich,  Spanien, 
Portugal  und  etwas  auch  in  Britisch-Indien  (Nilgiri-Gebirge)  wird  Euka- 
lyptusöl produziert.  Die  Handelsöle  stammen  teils  von  bestimmten  Euka- 
lyptusarten, teils  werden  sie  aus  einem  wechselnden  Gemisch  der  Blätter 
verschiedener  Arten  destilliert^).  In  AustraUen  wird  die  Destillation  so 
ausgeführt,  daß  man  durch  die  ohne  Wasser  in  die  Destillierblasen  ge- 
füllten Blätter  Dampf  strömen  läßt.    Das  Rohöl  ist  entweder  hellgelb  (E. 


1)  In  Australien  werden  jetzt  am  meisten  die  Blätter  von  Eucalyptus  polyhractea, 
E.  australiana  und  E.  dives  destiüiert.  (Ber.  Schimmel  &  Co.,  1919,  p.  28.)  Euca- 
lyptus australiana  Baker  et  Smith  =  E.  amygdalina  var.  Australiaila  wächst  in 
den  Gebirgen  in  Neusüdwales  und  Viktoria  und  in  erstgenanntem  Gebiet  ist  in  den 
letzten  Jahren  sehr  viel  ausgezeichnetes  Öl  destilliert  worden;  das  aus  in  tiefer  gele- 
genen Gegenden  auftretenden  Pflanzen  gewonnene  Öl  enthält  fast  kein  Phellandren 
mehr,  dafür  um  so  mehr  Cineol. 

2)  Dieses  Öl  wird  als  bulk  oil  (Durchschnittsöl)  bezeichnet.  Außer  den  in  der 
Übersicht  genannten  Arten,  deren  Öle  genauer  bekannt  sind,  seien  hier  noch  an- 
geführt E.  sideroxylon  A.  Cwin.  =  Leucoxylon  F.  v.  M.,  melliodora  A.  Cunn.,  poly- 
anthemos  Schau..,  goniocalyx  F.  v.  M.  und  inc7-assata  Labill.  Bisher  sind  die  Öle 
von  etwa  140  Eucalyptus- Arten  beschi-ieben.  (Reclaire,  Tabelle  der  bis  Januar 
i9M  beschriebenen  ätherischen  Öle,  Berhn  1919.) 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  513 

odorata)  oder  von  dunkler  Farbe.  Es  wird  mit  Natronlauge  gemischt 
rektifiziert,  wobei  die  zum  Husten  reizenden  Aldehyde  und  verseifbaren 
Körper  entfernt  werden.  Das  Rektifikat  ist  das  Eukalyptusöl  des  Han- 
dels. Der  Destillationsrückstand  (eine  Art  Seife  von  tiefdunkelbrauner 
Farbe  und  syrupartiger  Konsistenz,  Eucalyptus  tar,  Resin  oil)  wird  zum 
Teil  als  billiges  Desinfektionsmittel  oder  zum  Parfümieren  gewöhnlicher 
Seifen  verwendet. 

In  den  letzten  Jahren  sollen  die  Destillationsmethoden  für  die  Ge- 
winnung der  Eukalyptusöle  in  Australien  sehr  verbessert  worden  sein 
und  dort  jetzt  mehr  Gewicht  darauf  gelegt  werden,  das  Öl  aus  einheit- 
lichem Material  zu  gewinnen,  um  ein  gleichmäßigeres  Produkt  zu  er- 
halten. 

Die  Eukalyptusöle  zeigen  große  Unterschiede  in  der  Zusammen- 
setzung. Neben  geringen  Mengen  verschiedenartiger  Verbindungen  wurden 
Cineol,  Gitral,  Citronellal,  Guminaldehyd,  die  Kohlenwasserstoffe  Cymol, 
Pinen  und  Phellandren  und  kürzlich  zwei  Sesquiterpenalkohole,  das  Glo- 
bulol  und  das  Eudesmol,  nachgewiesen.  Die  cineolhaltigen  Öle  sind  die 
wichtigsten;  sie  enthalten  geringe  Mengen  Pinen,  kein  Phellandren, 
während  die  phellandrenhaltigen  cineolärmer  sind.  Die  Qualität  wird 
nach  dem  Gineolgehalt  beurteilt.  In  der  Medizin  finden  nur  die  cineol- 
reichen  Öle  Verwendung,  die  zugleich  phellandren  frei  sind.  Eukalyptusöl 
wird  als  Hausmittel  vertrieben,  zur  Herstellung  medizinischer  Seifen, 
Tinkturen  usw.,  das  Ol  von  E.  citriodora  speziell  vielfach  als  Seifen- 
parfüm benützt  1).  Manche  Öle  finden  auch  im  Hüttenbetrieb  bei  der 
Erz  Verarbeitung  (Verfahren  von  de  Bavay)  Verwendung,  so  vor  allem 
das  von  E.  dives,  welche  Art  früher  als  Varietät  von  E.  amygdalina 
betrachtet  wurde.     (Ber.  Schimmel  &  Co.,  1919,  p.  27.) 

52.  Melastomaceeu. 

Mememjlon  tinctorium  Willd.,  M.  capitellatum  L.  und  M.  grande 
Retz.  Die  Blätter  enthalten  einen  safrangelben  Farbstoff  und  werden 
auf  Ceylon  als  Grocus  xeylanicus  zum  Gelbfärben  benutzt.  Wiesner, 
Rohst.,  \.  Aufl.,  p.  663. 

Miconia  müleflora  Naud.  [=  Tamonea  theexans  (Bonpl.)  Krasser]. 
In  Peru  als  Tee  verwendet. 

1)  Bezüglich  der  Literatur  \ih&T  Eucalyptus  und  Eukalyptusöle  sei  hier  nur  ver- 
wiesen auf:  F.  von  Müller,  Eucalyptographia,  Melbourne  < 879— 1  883;  Select  Extra- 
tropical  plants.  9.  Aufl.,  Melbourne  1895;  Maiden,  The  useful  native  plants  of 
Australia.  London  and  Sydney  4889.  Schimmel  &  Co.,  Ber.  April  <S93,  Okt.  1886; 
Gildemeister  und  Hoffmann,  Die  ätherischen  Öle,  IL  Aufl.,  IIL  Bd.,  1916.  Re- 
claire  (I.e.,  p.  1 3 — 17),  Über  neue  tasmanische  Eukalyptusöle  s.  Schimmel  &  Co., 
Ber.  Oktober  1913,  p.  52. 

Wiesner,  EohstoiFe.    III.  Band.    3.  Aufl.  33 


514  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

53.  ümbelliferen. 

Apium  graveolens  L.     Sellerie.     Sellerieblätteröl. 

Petroselinum  hortense  Hoffm.     Petersilie.     Petersilienblätteröl. 

Levisticum  officinale  Koch.  Liebstock.  Das  Liebstocköl  wird 
neuerdings  auch  aus  dem  Kraut  dargestellt,  ist  jedoch  mit  dem  Öle  der 
Wurzeln  nicht  identisch. 

Anethum  gtriveoleiis  L.  Dill.  Dillöl.  Die  ätherischen  Öle  dieser 
Küchenkräuter  finden  Verwendung  bei  der  Fabrikation  konzentrierter 
Gewürze  und  Speisenkonserven.  Beispielsweise  sei  erwähnt,  daß  6  g 
Petersilienöl  dem  Aroma  von  1 0  kg  frischer  Petersilie  gleichkommen  und 
daß  100  g  Sellerieöl  (von  Apium  graveolens  L.)  100  kg  frischem  Sellerie- 
kraut entsprechen.  Sellerieöl  aus  Blättern  ist  zur  Herstellung  von  Suppen- 
würzen, Tunken  und  Gewürzsalzen  geradezu  unentbehrlich  geworden. 

54.  Ericäceeu. 

Die  krautartigen  Teile  der  in  England  vorkommenden  Ericaceen 
wurden  von  Bancroft  zum  Gelbfärben  als  dem  Färbeginster  gleich- 
wertiges Material  empfohlen.     Wiesner,  Rohst.,  1.  Aufl.,  p.  667. 

Ledum  palustre  LA).]     ,    ^    ,      .    .  , 

'als  Gerbmatenal  verwendbar. 


Callu7ia  vulgaris  L. 

Andromeda  jJolifolia  L.  Blätter  und  Zweige  können  zum  Gerben 
und  Schwarzfärben  benutzt  werden.  Standen  oder  stehen  noch  in  Ruß- 
land in  Verwendung.     Wiesner,  Rohst.,  1.  Aufl.,  p.  667. 

Oxydendron  arboreum  DC.  (Andromeda  arborea  L.J.  >Sorrel- 
tree«.  Die  Zweige  können  zum  Schwarzfärjaen  Verwendung  finden; 
wurden  in  Nordamerika  verwendet.     Wiesner,  1.  c. 

Arctostaphylos  uva  ursi  8pr.  Die  oberirdischen  Pflanzenteile  der 
Bärentraube  werden  nach  Pallas,  Flora  ross.,  I,  2,  p.  91,  in  Schweden 
und  Rußland  zum  Schwarzfärben  benutzt.  Arthur  Meyer,  Wissenschaft. 
Drogenkunde,  II,  p.  219.  —  Adolph  Meyer,  Anatom.  Charakt.  off. 
Blätter,  Halle,  1882. 

Vaccinium  Myrtillus  L.       \  Die  grünen   Teile  wurden   früher  als 

»  Vitis  Idaea  L.      Gerbmaterial  inVerwendunggenommen. 

»  Arctostaphylos  L.   als  Batumtee  und  kaukasischer  Tee 

zur  Verfälschung  des  echten  Tees  verwendet.     Anatomie  des  Blattes,  s. 

Niedenzu,  in  Englers  Bot.  Jahrb.,  1 889,  H,  Heft  3,  u.  T.  F.  Hanausek, 

Ghem.  Ztg.,  1897,  21,  Nr.  14. 

Gaultheria  procumhens  L.  Nordamerika.  Kanadischer  Tee,  Labra- 
dortee.   Die  Blätter  dienen  als  Ersatz  des  Tees  und  werden  auch  medi- 


al )  Enthält  ein  Öl,  in  welchem  ein  stark  auf  das  Zentralnervensystem  wirkendes 
Gift  (Ledumkampfer,  ein  tertiärer  Alkohol)  enthalten  ist. 


I 


Neunzehnter  Abschnitt.    Blätter  und  Kräuter.  515 

zinisch  verwendet.  Sie  enthalten  Arbutin,  Ericolin  und  ätherisches  Öl, 
das  Wintergrünül  (Oil  of  Wintergreen) ,  das  seit  Anfang  des  19.  Jahr- 
hunderts als  volkstümHches  Heilmittel  seit  dem  Auftauchen  des  Geheim- 
mittels »Swaim's  Panacea«  stark  begehrt  wird.  Es  ist  eine  farblose,  gelbe 
oder  rötliche  Flüssigkeit  von  charakteristischem,  stark  aromatischem 
Geruch.  Der  Hauptbestandteil  ist  Methylsalicylati).  J.  Brakeley,  Arch. 
d.  Pharm.,  216,  (1880),  p.  47. 

Oaultheria  punctata  BL,  Java,  und  andere  Gaultheria-Arien.  Das 
Öl  dieser  Pflanzen  entspricht  dem  Wintergreenöl. 

55.  Symplocaceen. 

Symplocos  spicata  Roxb.  Süd-  und  Ostasien.  Wird  in  Cochin- 
china  angebaut;  die  getrockneten  Blätter  »La  Dung«  dienen  zum  Gelb- 
färben. 

S.  tinctoria  (L.)  L'Herit.  Nordamerika,  von  Delaware  bis  Loui- 
siana und  Florida.  Die  Blätter  ebenfalls  zum  Gelbfärben.  Müller, 
Praktische  Pflanzenkunde,  p.  \  88.  Die  Blätter  anderer  Sy?nplocos- Arien 
sollen  dem  Mate  beigemischt  werden. 

56.  Apocynaceen. 

Aspidosperma  Quebracho  Schlechtd,  Die  Blätter  dieses  als  >Que- 
bracho  blanco«  oder  »White  Quebracho«  bezeichneten  in  den  westlichen 
Provinzen  Argentiniens  häufigen  Baumes,  dessen  Rinde  bekanntlich  medi- 
zinische Verwendung  findet,  enthalten  27,5  Proz.  Gerbstoff.  Der  Auszug 
der  Blätter  ist  fast  farblos  2). 

57.  Verbenaceen. 

Lippia  citriodora  Kunth  (Aloysia  citriodora  Lam.,  Verbena  fri- 
phyUa  UHerit.).  Südamerika.  In  Spanien,  Südfrankreich  und  Zentral- 
amerika als  Zierpflanze  kultiviert.  Das  aromatische,  dem  Lemongrasöl 
ähnliche  Öl  kommt  zeitweilig  in   den  Handel.     Spanisches  VerbenaöP). 

Lippia  dulcis  Thev.  (L.  mexicana).  Kuba,  Zentralamerika,  Ko- 
lumbien. Mexikanisches,  kubanisches  Süßholz.  Blätter  und  Stengelchen 
werden   während  und   nach  der  Blütezeit  gesammelt  und   an  Stelle  des 


1)  Procter,  W.,  Americ.  Journ.  Pharm.,  Vol.  14  (1842),  p.  211.  über  die  Ent- 
stehung des  Methylsalicylates  durch  Spaltung  des  Glykosids  Gaultherin  naittels  des 
Fermentes  Betulase  siehe  Schneegans  und  Gerock  (Arch.  d.  Pharm.,  Bd.  232  (1894), 
p.  439. 

2)  J.  Moeller,  Dinglers  Polyt.  Journ.,  Bd.  230,  p.  S45. 

3)  Vgl.  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Oktober  1913,  p.  103.  —  Spanisches  V.  zum 
Unterschiede  vom  Lemongrasöl,  das  auch  ostindisches  Verbenaöl  heißt. 

33* 


516  Neunzehnter  Abschnitt.     Bliitter  und  Kräuter. 

Süßholzes  verwendet.  Sie  besitzen  getrocknet  einen  sehr  angenehmen 
Geruch  und  schmecken  stark  süß.  Ein  kampferartiger  flüchtiger  Körper 
wurde  daraus  dargestellt  und  als  Lippiol  bezeichnet.  ■ —  Therapie  der 
Gegenwart  19U,  p.  334,  nach  Apoth.-Ztg.   1914,  29,  p.  687. 

Vitex  pubescens  Vahl.  Blätter  und  Rinde  werden  auf  Java  zum 
Grünfärben  verwendet.     Wiesner,  Rohst.,  I.Aufl.,  p.  667. 

Vitex  divaricatus  L.  Indochina.  Die  Blätter  enthalten  14  Proz. 
Gerbstoff  und  dienen  als  Gerbmaterial.  Bocquillon,  Nouv.  Remed.  1912. 

Avicennia  officinalis  L.  (A.  tomentosa  Jacq.).  Die  Blätter  des 
»Mangle  prieto«   dienen  in  Venezuela  als  Gerbmateriali). 

Tamonea  verhenacea  Spreng.  Tropisches  Amerika,  Westindien. 
Wird  als  Tee  gebraucht. 

Bouchea  Pseudogervao  Cham.  Tropisches  Amerika.  Dient  als 
Tee,  ebenso 

Stachytarpheta  jamaicensis  Vahl..,  ebenfalls  im  tropischen  Amerika. 

58.  Labiaten. 

Rosniarinus  officinalis  L.     Siehe  Rosmarin. 

Nepeta  Cataria  L.  Katzenminze.  Das  Ol  des  Krautes  wird  in 
Nordamerika  als  Hausmittel  angewendet. 

Salvia  officinalis  L.  Salbei.  Zur  Gewinnung  des  Salbeiöles  im 
großen  wird  die  wilde  Pflanze  dalmatinischer  Provenienz  verwendet. 
Pinen,  Cineol,  Thujon  und  Borneol  sind  darin  sicher  nachgewiesen.  Der 
charakteristische  Geruch  der  Pflanze  und  des  Öles  ist  durch  das  Thujon 
(Tanaceton,  Salviol)  GioIlieO  bedingt. 

Monarda  punctata  L.  Nordamerika.  »Horse  Mint«.  Das  Ol  dieses 
Krautes  wurde  zeitweise  zur  Thymolgewinnung  im  großen  verwendet. 
Schimmel  &  Co.,  April— Oktober  1917,  p.  104;  1919,  p.  80. 

Monarda  fistidosa  L.  Nordamerika.  »Wild  Bergamot«.  Das  Ol 
enthält  unter  anderen  Garvacrol,  Cymol,  d-  und  1  — a-Pinen,  Thymohydro- 
chinon.     Ber.  Schimmel  &  Co.,  1919,  p.  37. 

M.  citriodora  Cerv.  Nordamerika.  Das  Öl  enthält  außer  den 
obengenannten  Bestandteilen  noch  etwas  Citral2). 

Mosla  jajjonica  Maxim.  Japan.  Wegen  ihres  Reichtums  an  Thymol 
(58  Proz.)  als  Thymolpflanze  bezeichnet.  Wurde  von  Hada  (Orient. 
Drugg.  1907,  p.  15)  wieder  aufgefunden  und  soll  im  großen  angebaut 
werden. 

Melissa  officinalis  L.  In  den  nördlichen  Mittelmeerländern  von 
Spanien   bis  zum  Kaukasus  einheimisch,  als  Garten-  und  Arzneipflanze 


1)  A.  Ernst,  Die  Pflanzen  von  Los  Roques.     Botan.  Zeitg.,   1872,  p.  540. 

2)  Beckstroem  in  Realenzyklopädie  IX.  p.  554. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  517 

in  Europa  und  Nordamerika  kultiviert,  »Das  »Melissenol«  des  Handels  ist 
kein  reines  Destillat  der  Melisse  (da  die  Ülausbeute  bei  dieser  Pflanze  so 
gering  ist,  daß  das  reine  Ol  viel  zu  teuer  wäre),  sondern  teils  über 
Melissenkraut  destilliertes  Zitronenöl  oder  Gitronellöl,  teils  lediglich  frak- 
tioniertes Gitronellöl  (Gildemeister  u.  Hoffm.,  Äth.  nie,  2.  Aufl.,  III, 
1916,  p.  501).  —  Tschirsch,  Handbuch,  II,  p.  879. 

Hedeoma  pulegioides  Per s.  Nordamerika.  Insbesondere  die  blühende 
Pflanze  ist  sehr  reich  an  einem  ätherischen  Öl,  welches  mit  einfachen 
Apparaten  hauptsächlich  in  Nordkarolina  und  Ohio  gewonnen  wird  und 
unter  der  Bezeichnung  »Pennyroyal-  oder  amerikanisches  Poleiöl«  im 
Handel  vorkommt.  Das  Pennyroyalol  wird  dem  europäischen  Poleiöl 
von  Mentha  Pidegkmi  L.  oft  substituiert.  Es  ist  eine  hellgelbe  Flüssig- 
keit von  charakteristischem,  minzenartigem,  süßlichem  Duft  und  aroma- 
tischem Geschmack.  Das  Pulegon  i)  ist  der  charakteristische  Bestandteil. 
Verfälschungen:  Petroleum,  Terpentinöl,  Harzöl. 

Hyssopus  officinalis  L.  Ysop,  In  Europa  und  den  gemäßigten 
Zonen  Asiens  einheimisch.  Das  aromatische  Öl  dieser  Pflanze  scheint 
im  Handel  öfter  mit  Fenchelöl- Vorlauf  gemischt  zu  werden  2). 

Satureja  hortensis  L.  Bohnen-  oder  Pfefferkraut.  Das  ätherische 
Öl  enthält  Garvacrol  und  Gymol. 

Satureja  Thymhra  L.  wird  in  Spanien  allgemein  als  Gewürz  ver- 
wendet. Das  Kraut  steht  im  Rufe  eines  kräftigen  Stimulans  und  Des- 
inficiens.  Diese  Wirkungen  verdankt  es  einem  ätherischen  Ol,  welches 
Thymol  (etwa  19Proz.),  Pinen,  Cymol,  Dipenten,  Bornylazetat  enthält 3) 
und  so  die  größte  Änhnlichkeit  mit  Thymianöl  besitzt. 

Origanum  vulgare  L.  Dosten.  Europa,  Asien  und  Nordafrika. 
Wird  bei  uns  als  Wintermajoran  kultiviert.  Von  dieser  Pflanze  stammt 
das  echte  Dostenöl,  das  aber  ohne  praktische  Bedeutung  ist.  (Ber. 
Schimmel  &  Co.,  Okt.  1913,  p.  77). 

Origanum  vulgare  var.  alhiflorum  C.  Koch.  Subalpine  Gebiete 
Anatoliens.  Die  Blätter  werden  wie  chinesischer  Tee  zubereitet.  Das 
Infusum  in  Kleinasien  und  Konstantinopel  als  Tee  genossen.  T.  F.  Ha- 
nausek,  Z.  f.  U.  N.  G.,  1914,  28,  p.  259. 

Aus  Origanumarten  wird  auch  das  »Spanisch  Hopfenöl«  oder  »Kre- 
tisch Dostenöle  destilliert.  Von  den  Handelssorten  stammt  das  Triester 
Origanumöl  von  Origanum  hirtum  Lk.,  das  Smyrnaer  Origanumöl  aber 
von   0.  Onites  L.  (0.  smyrnaeum  L.J,   das  cyprische  Origanumöl  leitet 


i)  Habhegger,  Americ.  Journ.  Pharm.,  Bd.  65  (1893),  p.  4-17,  u.  Beckstroem, 
I.e.,  X,  p.  457.  Gildem.  u.  Hoffm.,  I.e.,  p.  498;  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt. 
4919,  p.  39. 

2)  Gildem.  und  Hoffm.,  1.  c.,  p.  508. 

3)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.   -1889,  p.  55. 


518  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Holmboe  von  0.  dubium  Boiss.  ab,  während  Holmes  als  dessen  Stamm- 
pflanze 0.  majoranoides  Wüld.  betrachtet,  welche  Art  O.  Majorana  L. 
botanisch  sehr  nahe  steht.  Die  beiden  letztgenannten  Origanumüle  sind 
carvacrolreich,  während  das  erstgenannte  nur  Thymol  als  Hauptbestand- 
teil enthalten  soll.  Die  diesbezügliche  Literatur  weist  aber  noch  ver- 
schiedene Widersprüche  auf,  die  wahrscheinlich  in  der  Schwierigkeit 
und  ungenügenden  Klärung  der  Origanum-Systemsiük  die  Ursache  hat. 
S.  Ber.  Schimmel  &  Co.,  Okt.  1913,  p.  75  u.  1918,  p.  38. 

Majorana  hortensis  Mönch.  Majoran.  Europa.  Aus  dem  frischen 
blühenden  Kraut  wird  namentlich  in  Spanien  das  Majoranöl  destilliert. 
Es  besitzt  den  angenehmen,  gleichzeitig  an  Gardamomen  erinnernden 
Majoranduft,  dessen  Träger  noch  nicht  isoliert  wurde.  An  Stelle  des 
echten  Majoranüles  kommt  vielfach  das  Ol  von  Satureja  Nepeta  Scheele 
(=  Calamintha  Nepeta  Link  et  Hoffm.  =  Melissa  Nepeta  L.)  in  den 
Händen). 

Thymus  vulgaris  L.  Thymian.  Mittelmeerländer  und  kultiviert  in 
den  meisten  Ländern  mit  gemäßigtem  KHma.  Dieses  schon  im  Alter- 
tum als  Küchengewürz  verwendete  Kraut  dient  in  frischem  Zustande 
zur  Zeit  der  Blüte  zur  Darstellung  von  Thymianöl,  welches  haupt- 
sächlich in  Südfrankreich  und  in  Deutschland  2)  produziert  wird.  Das 
sogenannte  »weiße  Thymianöl«  ist  in  den  meisten  Fällen  nichts  anderes 
als  ein  mit  wenig  Thymianöl  destilliertes  Terpentinöl  von  1 — 5  Proz. 
Phenolgehalt.  Die  rohen  echten  Thymianöle  sind  schmutzig-dunkel- 
rotbraune Flüssigkeiten  von  angenehmem,  kräftigem  Thymianduft  und 
beißend  scharfem,  lange  anhaltendem  Geschmack.  Rektifiziertes  Öl  ist 
farblos  oder  hellgelb,  das  spanische  Thymianöl  besitzt  oft  eine  tief  dunkel- 
grüne Färbung.  Thymol  und  Garvacrol  sind  die  charakteristischen  Be- 
standteile 3). 

Thymus  Serpyllum  L.  [Th.  ovatus  Mill.,  Th.  praecox  Opix  u.  a. 
Arten).  Quendel,  Feldthymian.  Europa,  Nordamerika,  Mittel-  und  Nord- 
asien, Das  farblose  Öl  dieser  Pflanze  besitzt  sehr  angenehmen,  etwas 
melissenartigen,  schwach  an  Thymian  erinnernden  Duft.  Die  Haupt- 
menge des  Öles  besteht  aus  GymoH).  Gemische  von  Spanisch-Hopfenöl, 
Poleiöl  und  Thymianöl  gehen  in  Südfrankreich  als  Quendelöl  unter  der 
Bezeichnung  »Essence  de  serpoUet«^). 

Thymus  h/emalis  Lange  (=  Thymus  sparsifolius  var.    hyemalis 


i)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1913,  p.  75. 

2)  Das  »spanische  Thymianöl«  enthält  kein  Thymol.     Die  Stammpflanze  ist  nicht 
sichergestellt! 

3)  Gildem.  und  Hoffm.,  1.  c,  p.  523. 

4)  Febre,  Gompt.  rend.,  92.  Bd.  (1881),  p.  1290. 

5)  Gildem.  und  Hoffm.,  1.  c,  p.  532. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  519 

Pourret).  Spanien.  Ist  nach  E.  M.  Holmes  die  Stammpflanze  einer 
Sorte  des  spanischen  Verbenaöles.  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1942, 
p.  113.     Vgl.  oben  Lippia  citriodora. 

■»Mentha  piperita^.  In  Europa  und  Nordamerika  werden  unter 
diesem  Namen  eine  Reihe  von  einander  sehr  nahestehenden  Arten  und 
Varietäten  kultiviert.  Aus  ihnen  wird  die  Hauptmasse  des  »Pfefferminzöl« 
dargestellt.     Siehe  Pfefferminze. 

M.  canadensis  var.  piperascens  Briq.  Japan.  Siehe  Pfeffer- 
minze. 

M.  viridis  L.  Europa,  Asien  und  Nordafrika.  In  Nordamerika 
in  ausgedehntem  Maße  kultiviert.  Liefert  das  amerikanische  Krause- 
minzöl  (Grünminzöl).     Siehe  unter  Pfefferminze. 

M.  crispa  L.     Siehe  Krauseminze. 

M.  pulegium  L.  (Pulegium  vulgare  L.).  Europa,  Asien  und  Nord- 
afrika. Aus  der  frischen  Pflanze  wird  in  Spanien,  Südfrankreich  und 
Algier  das  »Poleiül«  destilliert,  dessen  charakteristischer  Bestandteil 
(etwa  80  Proz.)  das  Pulegon  i)  (ein  Keton  von  der  Formel  CjoHieO)  ist. 
Poleiöl  besitzt  stark  aromatischen  minzenartigen  Duft  und  ist  von  gelber 
bis  rötlicher  Farbe.  Verfälschungen:  Terpentinöl,  Eukalyptusöl.  Wird 
in  der  Seifenindustrie  verwendet.  Das  Öl  wird  schon  in  der  Frankfurter 
Taxe  vom  Jahre  1582  erwähnt. 

Pogostemum  Heyneamts  Benth.  (P.  Patclioidy  Pellet.).  Ost- 
indien, Burma.     Siehe  Patchouly. 

P.  suavis  Ten.     Siehe  Patchouly. 

P.  menthoides  Bl.     Java.     Siehe  Patchouly. 

Ocimum  Basilicum  L.  Basilikumkraut.  Im  westlichen  und  tropi- 
schen Asien  einheimisch,  sonst  kultiviert.  In  Südfrankreich  und  Spanien, 
auch  in  Deutschland  wird  aus  dem  frischen  Kraut  durch  Destillation 
mit  Wasserdämpfen  das  Basilikumöl  gewonnen.  Auf  R6union  wird  ein 
Basilikumöl  von  abweichender  Beschafl"enheit  produziert.  Methylchavicol, 
Linalool  und  Cineol  sind  die  Hauptbestandteile  des  aromatischen,  durch- 
dringenden, esdragonähnlich  riechenden  Öles.  Die  Öle  aus  den  Tropen, 
teilweise  von  Varietäten  von  Ocymurn  Basilicum  abstammend,  unter- 
scheiden sich  durch  ihre  Eigenschaften  und  Zusammensetzung.  Destil- 
liertes Basilikum wasser  wurde    schon    im    15.  Jahrhundert  gebraucht 2). 

Ocimum  canum  Sims  (0.  americanum  L.).  Tropisches  Asien, 
Afrika,  auch  kultiviert.     Das  ätherische  Öl  enthält  Methylcinnamats). 


1)  Beckmann  &  Pleissner,  Liebigs  Annalen,  Bd.  262  (1891),  p.  1.     Gildem. 
u.  Hoffm.,  1.  c,  I.  Bd.,  1909,  p.  206;  III.  Bd.,  1916,  p.  535. 

2)  Hieronymus  Brunschwig,  Liber  de  arte  destillandi.  De  simpHcibus  1  500, 
fol.  27.     Gildem.  und  Hoffm.,  1.  c,  I,  1909,  p.  206;  III,  1916,  p.  614. 

3)  Gildem.  u.  Hoffm.,  III.  Bd.,  1916,  p.  618. 


520  Neunzehnter  Abschnitt.     Blatter  und  Kräuter. 

0.  gratissimum  L.  Ostindien,  Ceylon,  Java,  tropisches  Afrika  und 
Amerika.  Ätherisches  Öl  zeigt  hohen  Thymolgehalt  und  riecht  wie 
Ajowanöl  von  Ptychotis  Ajoivan.     (Ber.  Schimmel  &  Co.,   lOlO,  p.  38.) 

0.  viride  Willd.  Trop.  Westafrika,  in  Indien,  Cypern  eingeführt. 
Das  Öl  könnte  für  die  Gewinnung  von  Thymol  im  großen  in  Betracht 
kommen,  (Bull.  Imp.  Inst.,  London,  15,  1917,  p.  322;  Ber.  Schimmel 
&  Co.,  1918,  p.  37.) 

59.  Solanaceen. 

Nicotiana  Tabacu^n  L.\ 
N.  rustica  L.  \  siehe  Tabak, 

und  andere  Arten  ] 

60.  Bignoniaceen. 

Arrahidaea  Chica  Bar.  (:=  Bignonia  Chica  H.  et  B.)  Venezuela. 
Die  Blätter  liefern  einen  im  amerikanischen  Handel  vorkommenden  roten 
Farbstoff,  Chika,  Zika,  Karukru,  Kurukuru,  Karajuru  oder  Vermeilon  ameri- 
canum  genannten  Farbstoff.  Eine  nahe  verwandte  Pflanze  soll  eine  blaue 
Chika  geben  1).  Die  Chika  wird  durch  Auskochen  (nach  anderen  An- 
gaben durch  Gärung)  der  Blätter  gewonnen;  die  Fällung  des  Farb- 
stoffes aus  der  Lösung  soll  mittels  der  Rinde  eines  »Arayane«  genannten 
Baumes  bewirkt  werden.  Die  Ware  kommt  in  15 — 20  cm  im  Durch- 
messer haltenden,  7 — 10  cm  hohen  Kuchen  oder  Kugeln  von  ziegel-  bis 
zinnoberroter  Farbe,  in  Palmholzkästchen  verpackt,  in  den  Handel,  dient 
den  Indianern  Venezuelas  und  Brasiliens  zum  Bemalen  des  Körpers  (wohl 
zum  Schutze  gegen  Mückenstiche)  und  wird  bei  uns  zuweilen  zum  Rot- 
und  Gelbfärben  von  Baumwollgeweben  benutzt.  Chika  enthält  das  Chika- 
rot^)  CgHgOg,  das  mit  kochendem  Alkohol  oder  Äther  aus  der  Rohware 
extrahiert  wird;  es  ist  unlöslich  in  Wasser,-  wenig  löslich  in  Äther,  lös- 
lich in  Alkohol,  Alkalien  und  Ammoniak,  Die  alkoholische  Lösung  wird 
durch  Säuren  gelb,  durch  Eisensalze  braun,  durch  Bleizucker  fleischfarbig 
gefärbt;  mit  schwefeliger  Säure  behandelt,  entwickelt  sich  Schwefelwasser- 
stoff, —  T,  F.  Hanau sek.  Über  die  Reaktionsverhältnisse  dreier  roter 
Farbstoffe:  Malven-,  Heidelbeer-,  Chikarot,  Zeitschr.  f.  landwirtsch. 
Gewerbe,  1885,  Nr.  17. 

61.  Acantliaceen. 

Nelsonia  Pohlii  N.  ab  E.  Brasilien.  »Manacan  do  mato«,  wilder 
Manacan.      Die  Blätter  werden  zum  Blaufärben   baumwollener   Gewebe 


1)  Wiesner,  Rohstoffe.     \.  Aufl.,  p.  666. 

2)  Erdmann,  Journ.  f.  prakt.  Chemie,  Bd.  71,  p.  198. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  521 

verwendet.    Peckolt,  Heil-  und  Nutzpflanzen  Brasiliens,  Ber.  d.  Pharm. 
Gesell.,  1912,  p.  389. 

62.  Plantaginaceen. 

Plantago  squarrosa.  Ägypten,  Syrien.  Die  Pflanze  wird  in  Ägypten 
zur  Sodagewinnung  benutzt. 

63.  Rubiaceen. 

Palicourea  sulphurea  DC.  (Psychotria  sulplmrea  Ruiz  et  Pav.J. 
Die  Blätter  dienl-n  nach  Duchesne  in  Peru  zum  Gelbfärben  von  Zeugen. 
Wiesner,  Rohst.,  1.  Aufl.,  p.  665. 

Morinda  citrifoUa  L.  Tropen.  Die  Blätter  geben  eine  rote  Farbe. 
K.  Schumann  in  Engler-Prantl,  1.  c,  IV,  4a,  p.  138, 

64.  Compositen. 

Trilisa  odoratissima  (W.)   Cass.     Siehe  Trilisablätter. 

Piqueria  trinervia  (Jacq.)  Cav.  Bolivia  bis  Mexiko,  Antillen.  Auf 
Kuba  zu  aromatisierenden  Tahastunken  verwendet. 

Erigeron  canadense  L.  Nordamerika,  sonst  eingewandert.  In  den 
Pfefferminzfeldern  Nordamerikas  ist  Erigeron  cmiadense  ein  gemeines 
Unkraut.  Es  wird  zur  Darstellung  des  Erigeronöles  verwendet,  welches 
in  die  Unit.  States  Pharmakopoeia  aufgenommen  wurde.  Erigeronol 
(Oil  of  Fleabane)  besteht  zum  grüßten  Teil  aus  d-Limonen  und  Terpineol. 
Es  verharzt  schnell  an  der  Luft  und  seine  ursprünglich  hellgelbe  Färbung 
wird  dunkel.     Die  Handelsüle  sind  amerikanischer  Provenienz. 

Blumea  balsamifera  DC.  Vom  Himalaja  bis  nach  Singapore  und 
im  Malayischen  Archipel  verbreitet,  auch  in  China,  auf  Hainan  und 
Formosa.  Durch  Destillation  dieser  halbstrauchigen  Komposite  wird  der 
Ngaikampfer  (Ngai-fen)  in  beträchtlichen  Mengen  gewonnen.  Das  Roh- 
produkt wird  in  Kanton  raffiniert  und  dann  als  Ngai-p-'ien  i)  bezeichnet. 
Chemisch  ist  der  Ngaikampfer  mit  linksdrehendem  Borneol  identisch 2). 
In  China  wird  er  zu  rituellen  Zwecken,  sowie  medizinisch,  doch  auch 
technisch  als  Zusatz  zu  den  feinen  Sorten  Tusche  gebraucht 3).  Vgl. 
Bd.  I,  p.  574. 

Osmitopsis  asteriscoides  Cass.  (Osrnites  Bellidiastrum  Thbg.J.  Süd- 
afrika. Mit  Weingeist  infundiert,  wird  diese  Pflanze  im  Kaplande  als 
Heilmittel  gegen  Lähmung  angewendet.     Das  ätherische  Öl   duftet  nach 


i)  Holmes,  Pharm.  Journ.  (London),  Ser.  III,  Bd.  2-1    (1891),  p.  1130. 

2)  Flückiger,  Pharm.  Journ.,  Ser.  III,  Bd.  4  (1874),  p.  829. 

3)  Flückiger  und  Hanbury,  Pharmacographia.     London  1879,  p.  511 


522  Neunzehnter  Abschnitt.     Blütler  und  Kräuter. 

Gorup-Besanezi)  nicht  angenehm  und  erinnert  an  Kampfer  und  Caje- 
putöl  zugleich. 

Eupatorium  Rebaudianum  Bertoni.  Paraguay.  »Caa  hee«,  Azuia 
caa«,  »Eira  caa«,  süße  Yerba,  Zucker- Yerba,  Honig-Yerba.  Süßstoff- 
pflanze  von  Paraguay.  Ist  seit  1907  in  Europa  bekannt.  Wenige  Blätter 
genügen,  eine  große  Tasse  Tee  oder  Kaffee  zu  süßen.  Enthält  das  Gly- 
kosid Eupatorin  und  Rebaudin,  die  nach  Kobert  echte  Saponine  sind 
und  charakteristische  Sapogenine  liefern.  Bertoni,  Eine  Süßstoff  ent- 
haltende Pflanze  in  Paraguay,  Pharm.  Zeitung,  47,  1902,  Nr.  1.2.  — 
Rasenack,  Über  die  Süßstoffe  des  Eupatorium  Reh.,  Arb.  a.  d.  Kaiserl. 
Gesundh.,  1908,  28,  p.  420.  —  Kobert,  Über  zwei  süßschraeckende 
Drogen,  Ber.  d.  D.  Pharm.  Gesell.,  1915,  25,  p.  166. 

Achülea  moschata  L.  Alpen.  Das  Ivakraut  wird  zur  Fabrikation 
des  Ivalikürs  verwendet.  Das  ätherische  Öl,  von  dessen  Bestandteilen 
hier  nur  Gineol  und  1-Campher  erwähnt  werden  sollen,  ist  von  grün- 
blauer bis  dunkelblauer  Färbung^). 

Chriisanthemum  Parthenium  Bernh.  (Matricaria  PartJienium 
L.;  Pyrethrum  Parthenium  Sm.J.  Europa.  Als  Herba  malricariae 
Medizinalkraut.  Das  ätherische  Öl  enthält  gleich  dem  Rainfarnöl 
l-Kampfer. 

Artemisia  Dracunculus  L.  Esdragon.  Osteuropa,  Orient,  Hinia- 
lajagebiet.  Das  ätherische  Öl,  aus  dem  blühenden  Kraut  gewonnen,  ist 
eine  farblose  bis  gelbgrüne  Flüssigkeit  von  eigentümlichem,  anisartigem 
Duft  und  kräftig  aromatischem,  aber  nicht  süßem  Geschmack  und  besteht 
zum  grüßten  Teil  aus  Methylchavicol.  Siehe  Schimmel  &  Co.;  Ber. 
April  1892,  p.  17  und  Gildem.  u.  Iloffm.,  Äther.  Öle,  IL  Aufl.,  III.  Bd., 
1916,  p.  677. 

Esdragonöl  findet  in  der  Konserven-  und  Kräuteressigfabrikation 
Anwendung. 

Artemisia  tridentata  Nutt.  Westliches  Nordamerika,  Missouri.  Aus 
der  Pflanze  wird  durch  Destillation  ein  kampferähnlich  riechendes  ätheri- 
sches Öl  gewonnen,  das  im  Hüttenbetrieb  als  Flotationsül  Verwendung 
findet.     Schimmel  &  Co.,  Ber.  April-Oktober  1917,  p.  9. 

Artemisia  Absinthium  L.  Wermut.  Europa.  In  Nordamerika  ein- 
gewandert. Die  Pflanze  wird  für  Handelszwecke  vielfach  kultiviert  und 
teils  als  Hei'ba  Absinthii  medizinisch,  teils  zur  Destillation  des  Wermut- 
üles  verwendet.  Letzteres  besitzt  in  hohem  Grade  den  Duft  und  das 
Aroma  des  Krautes  und  eine  grünliche  oder  dunkelgrüne  Farbe  (manch- 


^)  Liebigs  Annalen,  Bd.  89  (-1854),  p.  214. 

2)  Gildem.  u.  Hoffm.,  I.e.,  III,  19i6,  p.  662, 


I 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  523 

mal  blau).  Der  Hauptbestandteil  ist  das  Thujon  (CioHigO)!),  ferner  sind 
nachgewiesen:  Thujylalkohol  (CioHigO)  in  freier  Form  und  als  Ester  der 
Essig-,  Isovalerian-  und  Palmitinsäure,  Phellandren  und  ?  Pinen,  Cadinen, 
sowie  blaues  Öl  noch  fraglicher  Zusammensetzung.  Das  Wermutöl  hat 
toxische  Eigenschaften,  welche  sich  auch  beim  reichlichen  Genuß  alko- 
holischer, mit  Wermutöl  gemischter  Getränke  fühlbar  machen.  Den 
Markt  beherrscht  das  amerikanische  Produkt,  die  beste  Qualität  ist  jedoch 
die  französische  Ware,  an  welche  die  spanischen,  algierischen  und  korsi- 
kanischen  Destillate  heranreichen.  Wermutöl  ist  schon  um  das  Jahr 
1570  bekannt  gewesen.  (Reclaire,  1.  c,  p.  39.)  —  Tschirch,  Hand- 
buch, n,  p.  995. 

Eclipta  erecta  L.  (Cotula  alba  L.).  Kosmopolit.  Dient  in  Cochinchina 
zum  Schwarzfärben  (der  Haare). 

Bidens  leucantha  Willd.  (Abart  von  B.  pilosa  L.)  und  B.  tetra- 
gmia  DC.  Nordamerika.  Die  Blätter  werden  in  Mexiko  wie  chinesischer 
Tee  aufgerollt  und  als  »Te  de  milpa«  verbraucht.  —  Hartwich,  Arznei- 
drogen, p.  69. 

Centipeda  (Myriogyne)  7ninuta  C.  B.  Clarke.  Neu-Südwales.  Nies- 
kraut. Die  gepulverten  Blätter  sollen  als  Schnupftabak  angewendet 
werden.  —  Hartwich,  1.  c,  p.  95. 

SantoUna  Chamaecyparissus  L.  Südwestliches  Europa,  geht  bis 
Steiermark.  Heiligenpflanze,  Zypressenkraut.  Die  stark  riechenden  Blätter 
dienen  als  Mottenmittel,  medizinisch  als  Anthelminthicum,  auch  miß- 
bräuchlich als  Abortivum.  —  J.  Hockauf,  Zeitschr.  d.  AUg.  österr. 
Apoth.-Ver.  1903,  Nr.  4. 

Zum  Gelbfärben  dienen  oder  wurden  dazu  verwendet: 

Fkiveria  Contrayerva  Pers.  (Ewpatorium  chilense  Mol.).     Chile. 

Solidago  canadensis  L.     Nordamerika. 

Serratida  tinctoria  L.  Färberscharte,  Europa.  Früher  zum  Gelb- 
färben und  zur  Darstellung  des  Schüttgelbs  verwendet.  Die  grünen  Teile 
der  frischen  (lebenden)  Pflanzen  enthalten  eine  farblose  (oder  nahezu 
farblose)  Substanz,  von  Molisch  Serratulan  genannt,  die  erst  post- 
mortal unter  der  Einwirkung  gewisser  Stoffe  (Alkalien)  einen  intensiv 
gelben  Körper,  das  Serratulin,  liefert;  die  var.  integrifolia  Pers.  (=  var. 
lancifolia  Gray  =  Serratida  austriaca  Wiesh.)  soll  reicher  an  der  Mutter- 
substanz des  Farbstoffes  sein.  Wiesner,  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  688.  — 
Molisch,  Beiträge  zur  Mikrochemie  der  Pflanze,  Nr.  7:  Über  das  Serra- 
tulin, Ber.  Deutsch.  Bot.  Gesellsch.  1916,  34,  p.  554. 


\)  Von  Beilstein  und  Kupffer  zuerst  Absinthol  benannt,  von  Semmler  als 
Thujon  erkannt.  Berlin.  Berichte,  Bd.  25  (1892),  p.  3350.  Glidern,  u.  Hoffm.,  1.  c, 
III,  igie,   p.  683. 


524  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Xanthium  Strumarium  L.  (X.  indicum  Koen.)  Kosmopolit. 
Wurde  in  Europa  verwendet  und  dient  vielleicht  noch  in  Cochinchina 
zum  Gelbfärhen. 

X.  spinosum  L.  Kosmopolit.  AVurde  schon  von  den  alten  Römern 
benutzt!). 

Anmerkung.     Die  zur  Indigogewinnung  dienenden  Pflanzen  s.  Bd.  I,  p.  573fr. 


Besonderer  Teil. 

1.  Wau. 

Der  Wau,  Reseda  Luteola  L.,  auch  Färberresede,  Gelbkraut,  roma- 
nisches Kraut  genannt,  wird  nachweisbar  seit  der  Römer  Zeiten  zum 
Gelbfärben  benützt.  Das  »Lutum«  bei  Plinius,  Virgil  und  A^itruv  ist  unser 
Wau 2).  Im  südlichen  und  mittleren  Europa  wächst  er  wild,  für  die 
Zwecke  der  Färberei  wird  er  kultiviert. 

Nach  den  Ursprungsländern  werden  die  Handelssorten  unterschieden. 

Französischer  Wau:  beste  Qualität  von  Cette,  weniger  gut  aus  der 
Umgegend  von  Paris,  Hävre,  Ronen. 

Englischer  Wau:  steht  dem  französischen  Wau  nach.  Gebaut  wird 
er  in  der  Grafschaft  Essex  und  nur  selten  exportiert. 

Deutscher  Wau:  von  wechselnder  Güte,  wird  insbesondere  in  Thü- 
ringen, Sachsen,  Bayern  und  Württemberg  gebaut. 

Die  wilde  Pflanze  wird  fast  meterhoch,  ist  dickstengelig  und  stark 
grün.  Der  kultivierte  Wau  ist  hingegen  nur  halb  so  groß  oder  kleiner 
und  stark  gelbgrün.  Kleine,  dünnstengelige,  reich  mit  Blüten  besetzte, 
stark  ins  Gelbe  fallende  Exemplare  sind  gesucht. 

Die  im  Herbste  gesäten  Samen  liefern  im  nächstkommenden  Sommer 
Wau,  den  man  während  des  Verblühens  aus  der  Erde  zieht.  Die  Wurzeln 
sind  wertlos;  wurzellose  Ware  ist  deshalb  besser. 

Die  Stengel  des  Waus  sind  gerade,  gerippt,  mit  schmalen,  kaum 
zentimeterbreiten,  langgestreckten,  lanzetthchen,  an  der  Basis  einzäh- 
nigen,  kahlen,  wechselständigen  Blättern  besetzt.  Die  Blüte  besteht  aus 
einem  vierblättrigen  Kelch,  aus  einer  gelben  Blumenkrone  mit  fünf,  durch 
Verwachsung  der  beiden  oberen  scheinbar  vier  Blumenblättern  (und  einer 


1)  Die  Angabe  von  Bischof,  Lehrb.III,  2,  p.  698  X.  macrocarpum  DC,  welches 
uacli  Ind.  Kew.  mit  X  canadense  Mill.  (Nord-  und  Südamerika)  synonym  ist,  bezieht 
sich  wohl  auf  X.  spinosum  L. 

2)  Nach  dem  Cornu  Gopiae  linguae  lat.  von  Kirsch  (Wien  1775),  p.  1695  heißt 
der  Wau  auch  Brustkraut,  Stärkkraut,  Strich  kraut,  lat.  Lutea,  Luteola,  lutum, 
auch  »unquis  milvinus«  (Geierkralle,  Weihe-Kralle). 


Neunzehnter  Abschnitt,     Blätter  und  Kräuter.  525 

schüsselfürmigen  Schuppe),  aus  zehn  und  mehr  Staubblättern  und  einem 
aus  drei  Blättern  gebildeten  Fruchtknoten  mit  drei  Griffeln.  Die  Blüten 
stehen  in  langen,  rutenfürmigen  Trauben. 

Gute  Ware  darf  nur  aus  vollkommen  reifen  bluten-  und  blätterreichen, 
gelblich-grünen  Pflanzen  bestehen. 

Der  Farbstoff  ist  in  allen  grünen  Teilen  und  in  den  Blüten  enthalten. 
Ein  Querschnitt  durch  die  Rinde  des  Stengels  zeigt  die  Epidermis,  deren 
Zellen  an  den  Außenwänden  und  an  den  tangential  verlaufenden  Innen- 
wänden mächtig  verdickt  sind,  an  allen  denjenigen  Stellen,  die  den  Stengel- 
rippen entsprechen,  durch  darunterliegende  Kollenchymsäulen  empor- 
gehoben. Im  Blatteil  liegen  Gruppen  von  auffallend  weitlichtigen  Bast- 
fasern. Mit  Kalilauge  behandelt,  erscheinen  Oberhaut  und  Mittelrinde 
goldgelb,  die  Innenrinde  dagegen  schwächer  gelb  gefärbt,  Holz  und  Mark 
bleiben  farblos. 

Das  dünne  Blatt  ist  bifazial  gebaut,  Zwischen  den  beiden  Ober- 
hautplatten, deren  Zellen  gebuchtet  sind  und  zahlreiche  rundliche  Spalt- 
öffnungen umschließen,  liegt  ein  schmales  Mesophyll,  das  in  ein  zwei- 
reihiges Palisadenparenchym  und  in  ein  Schwammparenchym  differenziert 
ist.  Einzelne  Oberhautzellen,  besonders  an  der  Unterseite,  ragen  durch 
ihre  Größe  und  kugelige  Gestalt  hervor.  Präparate  in  Wasser  oder  in 
Alkohol  erscheinen  farblos.  In  welcher  Form  der  Farbstoff,  das  Luteolin, 
in  der  Pflanze  enthalten  ist,  konnte  bisher  nicht  festgestellt  werden. 
Präparate  in  Wasser  erscheinen  deshalb  farblos,  weil  das  Luteolin  in 
Wasser  fast  nicht  löslich  ist.  Auch  Alkoholpräparate  bleiben  farblos, 
obwohl  der  Farbstoff  in  Alkohol  gelöst  wird,  freilich  ohne  Farbwirkung. 
Denn  versetzt  man  den  Alkohol  nach  Entfernung  des  Präparates  mit 
Kalilauge,  so  wird  er  sofort  tief  gelb  gefärbt.  Diese  Gelbfärbung  tritt 
auch  im  ganzen  Blattquerschnitte  mit  Kalilauge  ein,  nur  die  Gefäßbündel 
bleiben  frei  davon.  In  Eisenchlorid  werden  einzelne  Partien  des  Inhaltes 
der  Mesophyllzellen  dunkelbraun. 

Seit  Einführung  der  Querzitronrinde  hat  die  Verwendung  des  Wau 
wohl  abgenommen;  aber  zum  Färben  der  Seide  und  zur  Darstellung  von 
Schüttgelb  wird  er  immerhin  noch  angewendet.  Unter  allen  zum  Gelb- 
färben benutzten  Kräutern  steht  der  Wau  noch  am  meisten  in  Ansehen 
und  findet  noch  die  stärkste  Verwendung.  Die  Anwendung  als  Farb- 
material verdankt  der  Wau  dem  Umstände,  daß  beim  Zusammenbringen 
einer  Wauabkochung  mit  Tonerdesalzen  unter  geeigneten  Verhältnissen 
ein  lebhaft  gelb  gefärbter  Tonerdelack  entsteht.  Mit  Chrom  gibt  Luteolin 
bräunlichgelbe,  mit  Eisen  bräunlich  olivenfarbige,  mit  Zinn  rein  gelbe 
Lacke.  Die  Färbungen  sind  lichtecht  und  walkecht.  Durch  Kombination 
mit  Indigkarmin  und  Orlean  kann  die  Seide  auch  grün  (»Waugrün«) 
bzw.  orange  gefärbt  werden. 


526  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Der  gelbe  Farbstoff  des  Waus,  das  Luteolin,  wurde  von  Chevreuli) 
entdeckt  und  später  von  Moldenhauer^)^  von  Schützenberger  und 
Paraf^),  Rochleder  und  Breuer^)  genauer  untersucht.  Das  Luteolin 5) 
oder  Digitoflavon  (GisHioOg  +  2H2O)  bildet  gelbe,  seidenglänzende  Nadeln, 
welche  sich  in  kaltem  und  heißem  Wasser  nur  sehr  schwer,  leichter  in 
Äther  und  Alkohol  auflösen.  Diese  Lösungen  des  Körpers  reagieren 
schwach  sauer  und  schmecken  etwas  bitter.  Ammoniak,  ätzende  und 
kohlensaure  Alkalien  lösen  es  mit  tiefgelber  Farbe  ß). 

2.  Weichselblätter'). 

Die  Blätter  der  Weichselkirsche,  Prunus  Cerasus  L.  (=  Cerasus 
vulgaris  MilL),  die  beim  Trocknen  einen  schwachen  Kumaringeruch 
wahrnehmen  lassen,  werden  außer  als  gewürzhafte  Zutat  zu  Einmach- 
gemüse (Gurken  u.  a.)  hauptsächlich  als  aromatisierende  Beimischung  zu 
Rauchtabak  (Deutschland)  und  zu  Schnupftabak  (Österreich-Ungarn)  ver- 
wendet. Da  der  Tabak  in  diesem  Werke  behandelt  wird,  so  erscheint 
es  angezeigt,  auch  einige  der  gebräuchlichen  Zusätze  zu  berücksichtigen. 

Prunus  Cerasus  L.  zerfällt  in  zwei  Unterarten  §),  deren  Verschieden- 
heit in  den  Blättern,  schärfer  aber  in  den  Früchten  ausgeprägt  ist: 
a)  P.  eucerasus  Asch,  et  Gr.  besitzt  ein-  bis  zweidrüsige  oder  drüsen- 
lose Blattstiele  (und  große  Früchte  mit  rundlichem  Steinkern) ;  b)  P.  acida 
Koch,  Strauchweichsel,  mit  kurzen,  stets  drüsentragenden  Blattstielen  (und 
kugeligen  kleinen  Früchten  mit  eiförmigen,  schwach  gestieltem  Steinkern). 
Von  diesen  Unterarten  werden  der  Früchte  wegen  zahlreiche  Kultur- 
formen gezogen. 

Im  allgemeinen  ist  das  Weichselblatt  bis  1 2  cm  lang,  3 — 5  cm  breit, 
länglich-verkehrteifürmig  bis  breitelliptisch,  am  Grunde  verschmälert,  am 
freien  Ende  zugespitzt  oder  stumpflich,  bis  zur  Spitze  klein-  und  doppel- 
kerbsägig,  stets  gestielt.     Der  Stiel  ist  1  — 3  cm  lang  und  trägt  eine  oder 


1)  Journ.  de  Ghim.  med.  6.  p.  157. 

2)  Ann.  Ghem.  Pharm.  Bd.  100,  p,  180. 

3)  Compt.  rend.  t.  52,  p.  92. 

4)  Journ.  pract    Gh.  99.  Bd.,  p.  433. 

5)  Denselben  Namen  führt  auch  ein  gelber  AzofarbstofT. 

6)  Husemann-Hilger,  Pflanzenstoffe.  2.  Aufl.  II,  p.  809.  —  Rupe,  Die  Chemie 
der  natürhchen  Farbstoffe,  p.  76.  —  Ganswindt  in  Realenzyklop.  d.  Pharm.  2.  Aufl. 
VIII,  p.  362. 

7)  T.  F.  Hanausek,  Zur  Mikroskopie  des  Schnupftabaks  und  seiner  Bei- 
mischungen, zweite  Mitteilung:  Das  Blatt  der  Weichsel-  oder  Sauerkirsche.  Archiv 
f.  Chemie  und  Mikroskopie  (Wien)  V,  1912,  p.  188—194.  —  F.  Netolitzky,  Bestim- 
mungsschlüssel und  Anatomie  der  einheimischen  Dikotyledonenblätter.  Kennzeichen 
der  Gruppe  II:  Drusenkristalle.     Wien  1908,  p.  135. 

8)  Ascherson  und  Graebner,  Synopsis  der  mitteleurop.  Flora  VI,  2,  p.  147. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


527 


zwei  Drüsen  oder  ist  drüsenlos.  Die  Blattoberseite  ist  glatt  und  glcän- 
zend,  die  Unterseite  des  .jugendlichen  Blattes  mit  zerstreuten  Härchen 
besetzt,  die  des  völlig  ausgewachsenen  Blattes  größtenteils  glatt;  nur  der 
Hauptnerv  und  die  Nebennerven  erster  Ordnung  tragen  kurze,  kräftige 
Haare.  Die  acht  bis  zehn  Nebennerven  erster  Ordnung  zweigen  vom 
Hauptnerven  unter  Winkeln  von  40  —  50"  ab.  Auf  den  Kerbzähnen  sitzen 
kurze  konische  Spitzen,  Drüsenzotten,  zu  denen  ein  Nerv  mit  pinsel- 
förmiger Endigung  hinzieht  i). 

Das  bifazial  gebaute  Weichselblatt  besitzt  im  Mesophyll  eine  zwei- 
reihige (Fig.  iSGj^a),  in.  der  unmittelbaren  Nähe  des  Hauptnervs  sogar 
dreireihige   Palisadenschichte  und    ein   lockeres,    reichlich    durchlüftetes 


seh! 


Fig.  186.    Weichselblatt.    Qnerschnittspartie.    1- Kutikula,  f^  Epidermis  der  Oberseite,  «p' der  Unter- 
seite, schl  Schleimschicbt,  pa  erste,  pa'  zweite  Palisadenzellreihe,  schio  Schwammparenchym,  te  Kalzium- 
oxalatkristallroeetten,  g  durchschnittener  Tertiärnerv,  sp  Spaltöffnung.    Vergr.  400. 


Schwammparenchym  an  der  Blattunterseite  (Fig.  1 87^a,  pa';  Fig.  i  865c/^^^). 
Ziemlich  häufig  sind  rundliche  Zellen  mit  je  einer  großen,  wohlausge- 
bildeten Kristallrosette  von  Kalziumoxalat  eingeschaltet  (Fig.  \  86,  \  Slkr). 
Als  Begleiter  der  Gefäßbündel  treten  Kammerfaserzellen  auf,  die  zum 
größten  Teil  ebenfalls  Kristalldrüsen  führen,  mitunter  aber  auch  Einzel- 
kristalle enthalten.  Auch  in  den  Oberhautzellen  der  Blattoberseite  treten 
mitunter  Kristallrosetten  auf  (Fig.  186  rechts). 

Die  Oberhaut  der  Oberseite  setzt  sich  aus  verhältnismäßig  großen 
Zellen  zusammen  (Fig.  188,  Länge  46 — 69  u,  Breite  23 — 36,5  /<),  die 
einen  unregelmäßig  4 — 5  seifigen  Umriß,  fast  gerade  Wände  und  bezüg- 
lich  ihrer  Längsrichtung  verschiedene  Orientierung  besitzen.     An  ihrer 


i)  Vgl,  auch  Hans  Virchow,  Über  Bau  und  Nervatur  der  Blattzähne  und 
Blattspitzen  mit  Rücksicht  auf  diagnostische  Zwecke  im  Gebiete  der  Pharmakognosie. 
Arch,  d.  Pharmazie  23  4  (1896),  Heft  2  (p.  ö7  des  Sonderabdruckes). 


528 


Neunzehnter  Abschnitt. 


lütter  und  Kräuter. 


Außenseite  sind  sie  durch  starke  Kutikularfalten  gestreift  oder  gestrichelt. 
In  Kalilauge  eingelegt  zeigen  diese  Zellen  innerhalb  der  scharf  abge- 
grenzten Wände  noch  eine  zarte,  uneben  verlaufende  Wand  (Fig.  188 
bei  x),  deren  Erklärung  im  Querschnittsbilde  zu  finden  ist.  Die  über 
Blattnerven  gelagerten  Oberhautzellen  sind  langgestreckt  mit  rechteckigem 
Umriß.     Im  Querschnitt  zeigt  sich  die  Außenwand  mächtig  verdickt  und 


^0 


ej, 


ep 


fü 

Pig.  1S7.    Weichselblatt.    Querschnitt  durch  den  Hanptnerven,    g  Gefäßteil,  s,  s'  Siebteile,  h  Bast- 
fasergrnppen,   fco,  );.<>'  Kollenchym,  hf  Kristallrosetten,   hei  x  neben  einer  solchen   ein  kleiner  Einzel- 
tristall,   jü  Füllgewebe.    Vergr.  400. 

an  ihrer  Innenseite  mit  einer  starken  SchJeimschicht  (Fig.  186scÄ/)  be- 
deckt, die  sich  bei  einzelnen  Zellen  auch  an  den  übrigen  Wänden  nach- 
weisen läßt.  Durch  Erwärmen  in  Kalilauge  wird  der  größte  Teil  des 
Schleimes  gelöst  und  es  bleiben  sehr  dünne  Lamellen  ungelöst  zurück, 
die  eine  Art  Abgliederung  der  Epidermiszelle  hervorrufen  und  eine  zweite 
(äußere)  Epidermis  vortäuschen  i).     Spaltöffnungen  scheinen  nach  meinen 


1)  Nach  Solereder,  System.  Anatomie  der  Diiiotyledonen,  p.  343. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter 


529 


i         r— \ 


i         i 


Fig.  188.    Weichselblatt.    Epidermis   der  Blattoberseite,  bei  a:  innere  Schleimschichte.    Vergr.  400. 


f^f 


(  i  %vi /4; 


1_ 


^p 


Fig.  189.    Weichselblatt.    Epidermis  der  Unterseite,  sp  Spaltöffnungen.    Vergr.  400. 
1  es n er,  Rohstoffe.    III.  Band.     3.  Aufl.  34 


530 


Neunzehnter  Abschnitt. 


(tter  und  Kräuter. 


von  verhältnismäßig  kleinen, 


Beobachtungen  an  der  Oberseite  zu  fehlen;  Virchow  (1.  c.)  gibt  dagegen 
an,  daß  nur  wenige  vorhanden  seien. 

An  der  Oberhaut  der  Unterseite  lassen  sich  zwei  Formen  von  Epi- 
dermiszellen  unterscheiden.  Die  zahlreich  vorkommenden  Stomata  sind 
mit  mehr  oder  weniger  geraden  Wänden 
versehenen  Zellen  umgeben;  außerdem 
treten  große  Epidermiszellen  mit  halb- 
kreisförmig gebuchteten  AVänden  (Fig.  i  89) 
auf,  deren  Umriß  wie  rund  gekerbt  aus- 
sieht. Die  Spaltöffnungen  (Fig.  189s^) 
haben  zumeist  eine  schmal  elliptische  Ge- 
stalt und  besitzen  an  den  Polenden  kurze 
Verdickungen.  Die  über  den  Blattnerven 
liegenden  Oberhautzellen  sind  langge- 
streckt, verdickt  und  porös;  die  dazwi- 
schen eingeschalteten  Haare  (Fig.  \90tr) 
sind  einzellig,  derb-  bis  dickwandig,  spitz, 
bis  über  i  mm  lang,  über  der  Basis  bis 
über  23  u  breit;  sie  enthalten  meist  bräun- 
liche, kugelige  Inhaltskörper. 

Über  den  Bau  der  Blattnerven  orien- 
tiert Fig.  1 87,  ein  Querschnitt  durch  den 
Hauptnerven  des  Weichselblattes.  Die 
muldenartig  vertiefte  Oberseite  enthält 
unter  der  Epidermis  eine  KoUenchym- 
schicht  (Fig.  187 /iO),  die  vorgewölbte 
Unterseite  einen  koUenchymatischen  Man- 
tel (Fig.  \S1  ko')  und  ein  Füllgewebe  rund- 
licher Zellen  (Fig.  187/%).  Das  bikolla- 
terale  Leitbündel  führt  im  Gefäßteil 
(Fig.  1 87^)  Tracheiden  und  reichlich  Spi- 
roiden,  an  den  Rändern  der  Siebteile  vereinzelte  oder  zu  kleinen  Bündeln 
vereinigte  Bastfasern  (Fig.  1876).  Über  besondere  Inhaltskörper  des 
Weichsel blattes  ist  nichts  bekannt.  Der  schon  erwähnte  Geruch  nach 
Kumarin,  der  beim  Trocknen  der  Blätter  sich  bemerkbar  macht,  deutet 
auf  das  Vorkommen  der  Substanz  hin,  aus  der  sich  beim  Welken  des 
Blattes  wie  beim  Waldmeister,  bei  Ageratum  u.  a.  das  Kumarin  ent- 
wickelt. 

0.  Färberginster. 
Bevor  Gelbholz   und  Querzitron   in   unseren   Färbereien   eingeführt 
worden  waren,  wurde  häufig  mit  dem  Färberginster  gelb  gefärbt.     Heute 
wird  er  nur  mehr  lokal  verwendet. 


Fig.  190.     Weich  selblatt.     Epidermis- 
sttck  von  der  Unterseite,  das  den  Hanpt- 
nerven  überlagert,   mit   einem    Haar   fi: 
Vergr.  400. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kriiuter.  531 

Der  Färberginster,  Oenista  tinctoria  L.,  ist  eine  auf  trockenen 
Wiesen,  auf  sonnigen,  kahlen  oder  licht  bewaldeten  Hügeln  häufig  vor- 
kommende, fast  über  ganz  Europa  und  über  das  gemäßigte  Asien  ver- 
breitete, strauchartige  Pflanze.  Diese  gelbblütige  Papilionate  treibt  bei 
uns  jährlich  Stengel,  die  eine  Höhe  von  0,3  —  I  m  erreichen.  Die 
Jahrestriebe  sind  aufrecht,  rutenförmig,  die  Stengel  stielrund,  fein  gerieft, 
I — 3  mm  dick,  stachellos,  kahl,  nur  an  den  oberen  Enden  etwas  ange- 
drückt flaumig.  Die  wechselständigen  Blätter  sind  lanzettlich  oder  läng- 
lich eiförmig,  ungestielt,  mit  pfriemenförmigen,  deutlich  erst  durch  die 
Lupe  erkennbaren  Nebenblättern  versehen.  Das  nur  am  Rande  etwas 
behaarte  Blatt  läßt  außer  dem  Hauptnerv  nur  wenige  [1- — 3)  Sekundär- 
nerven erkennen,  die  am  oberen  Blattende  anastomosierend  sich  ver- 
zweigen. Die  Länge  des  Blattes  beträgt  2,5 — 4  cm,  die  Breite  4 — 7  mm. 
Beim  Trocknen  schrumpft  es  nur  wenig,  verliert  aber  seinen  lebhaften 
Glanz  und  gewöhnlich  auch  die  grüne  Farbe. 

In  einigen  Gegenden,  z.  B.  im  Banat,  wird  auch  G.  ovata  W.  et  K. 
im  kleinen  als  Färberkraut  angewendet,  in  England  auch  Q.  anglica  L. 
Außerdem  werden  noch  Genista  ynonospei'ma  Lam.  (=  Retama  mono- 
spe7'ma  Boiss.),  in  Spanien  einheimisch,  die  südfranzösische  Genista 
purgans  L.  (=^  Cytisus  purgans  Benth.)  und  Genista  sagittalis  L.  als 
Färbpflanzen  genannt. 

Der  Färberginster  kann  im  trockenen  Zustande  ebensogut  als  im 
frischen  zum  Gelbfärben  benutzt  werden.  Er  färbt  minder  stark  und 
weniger  schön  als  Scharte  und  Wau  und  wird  nur  zum  Färben  gröberer 
Garne  und  Zeuge  verwendet.  Für  die  Erzeugung  von  Schüttgelb  scheint 
der  Ginster  wohl  überall  durch  den  Wau  verdrängt  worden  zu  sein, 
welcher  wieder  durch  die  Querzitronrinde  abgelöst  wird.  Der  Farbstoff 
des  Ginsters  soll  mit  dem  Luteolin  des  Wau  identisch  sein  i), 

4.  Sumacb. 

Der  Sumach  oder  Schmack^)  ist  eines  der  wichtigsten  Materialien 
zum  Gerben  und  Schwarzfärben.  Dieses  Gerbmaterial  besteht  aus  den 
getrockneten  und  gemahlenen  Blättern  mehrerer  Sumachgewächse  und 
enthält  gewöhnlich,  mitunter  sogar  reichlich,  Blattstiele,  Bruchstücke 
junger  Zweige  und  selbst  Blüten  beigemischt. 


1)  Über  die  Farbstoffe  aus  Oenista  tinctoria  vgl.  Roscoe-Schorlemmer, 
Lehrbuch  d.  org.  Chem.,  VIII,  p.  779. 

2)  Beide  Namen  kommen  (nach  Wittstein,  Handwörterbuch  der  Pharma- 
kognosie, p.  822)  von  Schemacha,  Schamakhie  oder  Sumacha,  einem  russisch-asiati- 
schen, an  das  Kaspische  Meer  und  Daghestan  grenzenden  Distrikte,  wo  der  Gerber- 
sumach  viel  gebaut  wird. 

34* 


532 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


Es  existieren  im  wärmeren  Europa  drei  verschiedene  Holzgewächse, 
die  diese  Ware  liefern;  der  Gerbersumach,  Rhus  coriaria  L.,  ein 
in  den  Mittelmeerländern  und  in  Kleinasien  vorkommender  Baum ;  der 
Perückenbaum,  Cotinus  coggygria  Scop.  (=  Rhus  cotinus  L.J,  im  mitt- 
leren und  wärmeren  Europa  und  im  gemäßigten  Asien  vorkommend; 
endlich  der  Gerberstrauch  oder  Redoul,  Coriaria  myrtifolia  L.,  der  den 
Küstenländern  des  Mittelländischen  Meeres  angehört  und  besonders  häufig 
im  Südwesten  Europas  und  in  Nordafrika  wächst.  —  Der  amerikanische 
Sumach  stammt  von  Rlins  glabra  L.,  R.  canadensis  und  R.  typhina 
L.  und  R.  copallina  L. 


Fig.  191.    Rhus  coriaria  L.     Nach   Engler 


Fig.  192.     fi 


'iijrtifolia  L.     Nach  Englei 


Der  ausgezeichnete  sizilianische,  der  italienische,  der  spanische,  por- 
tugiesische und  griechische  Sumach  stammen  zweifelsohne  von  Rhiis 
coriaria  (Fig.  191)  ab;  ebenso  die  besseren  Sorten  des  französischen 
Sumach.  Der  norditalienische,  der  Triester,  der  Tiroler  Sumach,  sowie 
der  Sumach  von  Ungarn  stammen  von  Cotinus  coggygria.  Coriaria 
myrtifolia  (Fig.  192)  liefert  einige  Sorten  von  französischem  Sumach, 
welche  im  Handel  unter  dem  Namen  provenzalischer  Sumach  vor- 
kommen. 

Der  Wert  einer  Sumachsorte  hängt  in  erster  Linie  von  der  Art  der 
Pflanze  ab,  von  der  er  gewonnen  wurde. 


Wiesnefi)  hat  den   Wei 


,'iesen,    die    botanische    Abstammung 


einer  Sumachsorte  mit  Hilfe  des  Mikroskopes  schnell  und  sicher  festzu- 


V]  Wiesner,  Rohstoffe.     1.  AuH.,  p.  671. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


533 


Blätter  sind  die  der  Oberhaut  angehürigen  am  besten  geeignet,  eine 
Sumachsorte  zu  erkennen,  da  die  Morphologie  der  Oberhaut  an  den 
Blättern  der  drei-  genannten  Holzgewächse  eine  so  verschiedene  ist,  daß 
sich  hierauf  eine  sichere  Unterscheidung  der  Sumacharten   stützen  läßt. 


a)  Sizilianischer  Sumachi). 

Die  Blätter  von  Rhus  coriaria  L.  (Fig.  191)  liefern  diese  an  Gerb- 
stoff reichste  Sorte.  Auf  Sizilien  findet  die  Ernte  anfangs  August  statt. 
Da  man  nur  die  Schößlinge  wachsen  läßt,  so  gestaltet  sich  die  Ernte 
ziemlich  summarisch;  die  Schößlinge  werden  nahe  dem  Boden  mit  der 
Sichel  abgemäht,  an  der  Sonne  getrocknet 
und  entweder  mit  der  Hand  oder  durch 
Dreschen  entblättert.  Aus  dem  so  gewon- 
nenen Material  wird  in  eigenen  Mühlen  ein 
gröbliches  Pulver  hergestellt,  das  in  drei 
Grüßensorten  gesiebt  wird,  und  zwar  als: 
\.  feiner  Sumach,  I.  Qualität;  2.  feine  Rippen 
und  grobgemahlene  Blattstiele;  3.  grobe 
Rippen  und  Stiele.  Das  letzte  Produkt  wird 
nicht  verwendet;  das  zweite  dagegen  noch 
einmal  gemahlen  und  als  feiner  Sumach 
H.  Hualität,  in  Umlauf  gesetzt.  Nach  An- 
dreasch  wird  auch  eine  Sorte,  »Sommaco 
feminella«  genannt,  mit  weit  geringerem 
Gerbstoffgehalt  als  die  gute  Ware  besitzt, 
unterschieden.  Auch  Veitch^)  gibt  an,  daß 
man  von  Rhus  coriaria  zwei  Varietäten 
kennt,  den  »Masculino«,  mit  einem  Gerb- 
stoffgehalt  von  25—35  Proz.  und  den  »Fe- 
minella« mit  weniger  als  25  Proz.  Die  Stengel  führen  den  Namen 
»Gambazzo«. 


Fig.  193.  Rhus  coriaria.  L.   2  Blättchen 
in  natürl.  Gr.     (Krasser.) 


\)  T.  F.  Hanausek  in  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharmazie,  I.  Aull.,  IX,  p.  542; 
II.  Aufl.,  XI,  S.  699.  —  Derselbe,  Lehrbuch  der  techh.  Mikroskopie,  1901,  p.  283. 
—  Semler,  Tropische  Agrikultur,  \.  Aufl.,  Bd.  2,  p.  538.  —  F.  Andreasch,  Sizilian. 
Sumach  und  seine  Verfälschungen,  Gerber,  1898,  p.  189.  Zeitschr.  f.  angew.  Chemie, 
1898,  p.  1154.  —  CoUins,  Des  Sumacs  et  de  leurs  succedanes,  Journ.  de  Pharm,  et 
de  Chem.,  6.  ser.,  XXV,  1907,  p.  603— 610.  —  F.  Netolitzky,  Gerbeblätter  als 
typische  Fälschungsmittel,  Arch.  f.  Chem.  u.  Mikrosk.,  1913,  p.  145  u.  148.  —  Der- 
selbe, Anatomie  der  Dikotyledonenblätter,  II  (1908),  p.  171  u.  173.  (Daselbst  aus- 
führliche Literaturangaben.) 

2)  F.  P.  Veitch,  Commercial  Sicilian  Sumac  including  notes  on  the  micro- 
scopical  examination  of  Sicilian  sumac  and  its  adulterants.  Bull.  117,  ü.  S.  Dep.  of 
Agric,  Bur.  of  Chemistry,  Washington  1908. 


534 


•Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


Feiner  Sumacli  ist  ein  graugrünes,  verschieden  feines,  eigentümlich 
schwach  riechendes,  zusammenziehend  schmeckendes  Pulver,  in  dem  sich 
stets  kleine,  stielrunde,  ocker-  oder  rötlichgelbe  Stengelfragmente  befinden, 
durch  deren  Anwesenheit,  wie  es  scheint,  die  Echtheit  der  Ware  doku- 
mentiert werden  soll. 

Das  einfach  und  unpaarig  gefiederte  Blatt  von  Ritus  coriaria  (Fig.  i  93) 
trägt  an  einem  stark  behaarten  gemeinschaftlichen  Stiel  5 — 8  Paare  von 
Fiederblättchen  (meistens  5 — 6  Paare)  und  ein  unpaares  Endblättchen. 
die  2 — 4  cm  lang,  \ — 2  cm  breit,  m^ist  eiförmig,  länglich  eiförmig,  kurz 
spitz  und  gesägt  oder  kerbig -gezähnt  sind  (Fig.  193).  Die  untersten 
Fiederblättchen  sind  häufig  ganzrandig,  breit  eiförmig  oder  eirundlich 
und  abgestutzt.     Sie   sind  beiderseits,  an   der  Oberseite   wenig,   an    der 


Fig.  194.  Rhiis  coriaria  L.  Partie  eines  Blattquersclmittes.  cn  Kutikula,  (p  Epidermis  der  Oberseite, 
rp'  der  Unterseite,  pa  Palisaden-,  seh  Schwammparenehym,  Ar  Kristallrosette,  A:> '  eine  solche  an  einer  Art 
Stiel,  sp  Spaltöft'nung,  rf  Drüsenliaar,  h  Deckhaar.    Vergr.  400.    (Orig.  v.  T.  F.  Hanausek  n.  Weese.l 

Unterseite  dicht  behaart.  Das  Fiederblättchen  besitzt  einen  mäßig  starken 
Mittelnerv,  von  dem  7 — 12  dünne,  gerade  oder  nur  sehr  schwach  ge- 
bogene Sekundärnerven  abzweigen.  Diese  geben  nahe  dem  Blattrande 
einen  deutlich  hervortretenden  Ast  ab,  der  zu  dem  Innenrande  der  Zähne 
verläuft,  während  der  Sekundärnerv  selbst  in  der  Zahnspitze  endet. 


180  f.1  (je  nach  der  Entfernung  vom  Ilauptnerven,  wo  die  [angrenzende] 
Lamina  am  dicksten  ist).  Davon  entfallen  auf  das  Palisadenparenchym, 
d.  h.  auf  die  Länge  der  Palisadenzelien  bis  80  ii  (Fig.  194^«).  Diese 
sind  fast  gleich  lang,  stellenweise  unterbrochen  durch  Kristallzellen ;  häufig 
sind  letztere  gefächerte  Parenchj^mzellen  mit  je  einer  Kalziumoxalat- 
rosette  in  jedem  Zellenfache  (Fig.  1 94).  Besonders  große  Rosetten  nehmen 
einen   die  ganze   Palisadenzellänge  beanspruchenden   Raum    ein   und   es 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


535 


fand  sich  auch  eine  Rosette  (Fig.  \9ikr'j,  die  wie  ein  Zystolith  an  einem 
Stiel  hing.     Im  Schwammparenchym,  das  aus  rundhchen  oder  gestreckten 


■sp 


(Fig.  \9isch,  kr). 

Der  Hauptnerv  bildet  im  Querschnitt  an  der  Blattoberseite  eine 
kegelige,  von  Kollenchym  ausgefüllte  Hervorragung,  an  der  Blattunter- 
seite eine  weit  vorspringende  sackartige  Erweiterung.  Er  enthält  drei 
Leitbündel,  im  Siebteil  drei  Sekretgänge;  Bastfasern  sind  nicht  vorhanden. 

Die  zur  Erkennung  des  Sumachs  wichtigsten  Gewebearten  sind  die 
Epidermen  der  beiden  Blattseiten.  Die  Epidermis  der  Oberseite  (Fig.  195, 
Fig.  1 94 e^j)  ist  von  polygonalen,  ziem- 
lich scharfeckig  begrenzten  Zellen  ge- 
bildet, die  von  einer  fein,  aber  scharf 
gestreiften  Kutikula  bedeckt  sind  (Fig. 
194,  195cm).  Die  Streifen  laufen  in 
der  Richtung  der  Blattlängsachse.  Sehr 
spärlich  kommen  schmale  Spaltöffnun- 
gen (Fig.  195«/?),  ferner  mit  einer  stark 
erweiterten  Basis  versehene ,  kurze, 
40 — 70  (.1  messende,  einzellige  und 
stark  verdickte  Haare  (Fig.  195/^)  vor. 
Im  Querschnitt  (Fig.  194ej9)  erscheint 
die  dicke  Außenwand  von  der  starken, 
deuthch  abgesetzten  Kutikula  über- 
zogen, das  Lumen  gerundet  vierseitig; 
die  Innenwände  sind  dünn.  Die  Ober- 
haut der  Unterseite  (Fig.  196)  besteht 
aus  weit  kleineren,  ebenfalls  polygonal, 
aber   minder   scharfeckig    und    häufig 

mit  krummen  Seitenwänden  begrenzten  Zellen  und  führt  zahlreiche 
schmale  Spaltöffnungen  (Fig.  194  und  196sp),  große,  300  bis  400  /< 
messende,  auf  breiter  Basis  sitzende,  ein-  oder  zweizeilige,  außen 
warzigrauhe,  starkwandige  Deckhaare  (Fig.  194  und  196)  und  endlich 
mehrzellige  Drüsenhaare  (Fig.  194  u.  196cZ),  die  aus  einer  langen  Stiel- 
zelle und  aus  mehreren  zu  einem  Köpfchen  vereinigten  Sekretzellen  zu- 
sammengesetzt sind.  Die  um  die  borstenförmigen  Deckhaare  stehenden 
Zellen  erscheinen  in  der  Flächenansicht  rosettenförmig  angeordnet,  sind 
aber,  wie  sich  im  Querschnitt  erweist,  wulstartig  über  die  Epidermis 
emporgehoben  (Fig.  194  bei  h);  besonders  mächtig  sind  diese  Wülste  an 
dem  Blattstiel,  der  ebenfalls  reichlich  Haare  führt.  Die  Epidermiszellen, 
die  über  den  Hauptnerven  liegen,  sind  langgestreckt  und  zeigen,  wie 
die  der  Blattlamina,  eine  ausgezeichnete  Kutikularstreifung  (Fig.  196c?7). 


Fig.  195.    Bin 


Epidermis  der  Blatt- 


oberseite, Flächenanslclit.  Bezeichnung  wie 
in  Fig.  194,  6a  Haarbasis.  Vergr.  4(l0.  (Aus: 
Realenzyklopädie   d.  ges.  Pliarmazie,   Bd.  11.) 


536 


Neunzehnter  Abschnitt. 


itter  und  Kräuter. 


Der  sizilianische  Sumach  dürfte  von  allen  Sumachsorten  den  größten 
Gehalt  an  Gerbstoff  besitzen.  Doch  schwankt  die  Menge  desselben  sehr 
bedeutend;  kurz  vor  der  Blüte  gesammelte  Biälter  sind  am  gerbstoff- 
reichslen.  In  altem  Sumach  soll  die  größere  Menge  des  Gerbstoffes  durch 
Gärung  in  Gallussäure  und  Zucker  umgewandelt  sein').  Stenhouse^) 
hat  den  Sumachgerbstoff  mit  dem  der  Galläpfel  als  identisch  erklärt,  was 
von  Löwe3)  für  Rhus  coriaria  bestätigt  worden  ist. 


Fig.  19(1.      Rli>'s   coriaria.      Epidermis    der    Blattnnterseite, 

Flächenansicht.    Bezeichnung  wie  in  Fig.  19s.    6a  Insertions- 

stelle    eines   (abgefallenen)  Deckhaares.     Vergr.  40(1.      (Aus: 

Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharmazie,  Bd.  11.) 


Über  den  Gerbstoffgehalt 
der  Sumachsorten  von  verschie- 
denen Rkus-krlcn  orientiert  fol- 
gende Zusammenstellung: 

Prozent 
Gerbstoff 
Rhus  copallina  (Juni- 
ernte)     22,75 

Ehus  copallina   (Juli- 
ernte)     27,38 

Ehus  copallina 

(Augusternte)  .  .  16,99 
Elnis    glabra     (Virgi- 

nien,  Augusternte)  .     23,56 
Ehus  glabra  (Colum- 
bia, Augusternte)    .     16,50 
Ehus    glabra     (Java, 

Augusternte)  .  .  .  \  6,87 
Ehus   tijphina   (Java, 

Augusternte).  .  .  16,18 
Ehus  sp.  aus  Carolina  5,00 
Rhus    sp.    aus   Yirgi- 

nien 10,00 

Ehus    coriaria    (Sizi- 
lien)  16—24,374) 


In     den    Blättern     der 

Rhiis-kviQn    ist    auch    ein 

gelber  Farbstoff  enthalten,  der  mit  dem  Rindenfarbstoff  von  Myrica  Nagi 

Thunb.  (China,   Japan)  identisch  sein  soll  und  Myricetin  (CisHjoOs)^) 

genannt  worden  ist.     Auch  in  den  Stengeln  kommt  der  Farbstoff  vor. 


1)  Muspratts  Chemie,  4.  Aufl.,  III  (1891),  p.  1209. 

2)  Ann.  der  Chem.  u.  Pharm.,  Bd.  1 1,  p.  328.    Dinglers  Polytechn.  Journ.,  Bd.  165. 
p.  150. 

3)  Zeitschr.  f.  analyt.  Chemie,  Bd.  12,  p.  128. 

4)  Nach  Gintl  (Karmarsch-Heeren,  Techn.  Wörterbuch,  3.  Aufl.,  VIII,  p.  689) 
haben  schlechte  Sorten  mitunter  nur  5  Proz. 

■V]  Perkin  und  Hummel,  The  Chemical  News,  1896,  Vol.  74,  Nr.  1919,  p.  220. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


537 


Der  sizilianische  Sumach  unterliegt  mannigfachen  und  recht  aus- 
giebigen Verfälschungen,  worüber  unten  am  Schluß  dieses  Artikels  be- 
richtet wird. 


b)  Triester  (Tiroler,  ungarischer)  Sumach,  Schmack 
oder  Barosch. 

Diese  Sumachsorte  stellt  die  Blätter  des  Perückenstrauches  (Scotano 
oder  Scotanello  der  Italiener)  Cotinus  coggygria  Scop.  dar,  dessen  Holz 
ein  bekanntes  Farbmaterial,  das  Triester  Gelbholz  (jungen  Fustik),  liefert. 
Das  Blatt  ist  einfach,  viel  größer  als  ein  Fiederblatt  von  Rkus,  ganz- 
randig,  gestielt,  verkehrt  eifürmig,  ei- 
rimdlich  oder  rundlich,  vollständig 
kahl,  auf  der  Unterseite  hellgrün,  auf 
der  Oberseite  dunkler.  Von  der  kräf- 
tigen Mittelrippe  zweigen  unter  rechten 
Winkeln  oder  diesen  sich  nähernden 
Winkeln  feine,  gelbliche  Sekundär- 
nerven ab,  die  sich  gegen  den  Blatt- 
rand etwa  dreimal  in  Gabeläste  teilen. 
Sieht  man  durch  das  Blatt  auf  eine 
belichtete  Stelle ,  so  kann  man  die 
zahlreichen  kurzen,  senkrecht  von  den 
Sekundärnerven  abzweigenden  Tertiär- 
nerven wahrnehmen  (Fig.  197). 

Das  bifazial  gebaute  Blatt  i)  be- 
sitzt eine  Reihe  von  Palisadenzellen, 
deren  Länge  gegen  36,5  i^i  beträgt,  bei 
einer  Blattstärke  von  etwa  0,115  mm. 
Sowohl  im   Palisadenteil  als  auch  im 

Schwammparenchym  sind  reichlich  Kalziumoxalatrosetten  vorhanden;  diese 
begleiten  auch  die  Blattnerven  in  langen  Zügen,  ein  recht  auffälliges  Ver- 
halten. Der  Hauptnerv  zeigt  in  der  Anordnung  seiner  histologischen  Bestand- 
teile Verwandtschaft  mit  dem  von  Rhus  coriaria,  es  fehlen  auch  die  Bast- 
fasern, doch  kommen  nur  zwei  Sekretgänge  im  Phloem  vor;  in  den  Neben- 
nerven ist  nur  je  ein  Sekretgang  vorhanden.  Der  Bau  der  beiden  Epidermen 
zeigt  wenig  charakteristische  Eigenschaften.  Die  Oberhaut  der  Oberseite 
setzt  sich  aus  mit  einer  glatten  Kutikula  überzogenen,  unregelmäßig  kon- 
turierten,  gebuchteten  Zellen  zusammen.    Spaltöffnungen  und  Haare  fehlen 


"s  ioyyijfjria  Scop. 
(Krasser.) 


\]  Netolitzky,  Sumachblätter  als  Fälschungsmittel  für  Pfefferpulver.  Arch.  f. 
Chemie  u.  Mikrosk.,  I,  1908,  p.  239,  bzw.  p.  242.  —  Derselbe,  1.  c,  1913,  p.  150. 
—  T.  F.  Hanausek,  Lehrb.  d.  techn.  Mikrosk.,  p.  286. 


538 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


gänzlich  (Fig.  \  98).  Im  Querschnitt  erscheint  die  Außenwand  stark  ver- 
dickt, während  die  übrigen  Zellwände  nur  dünn  sind..  An  der  Epidermis 
der  Unterseite  fallen  die  zahlreichen  SpaltüfTnungen  auf,  denen  nicht 
selten  schmale  Epidermiszellen  angelagert  sind  (Fig.  '199a;j,  die  sich  an- 
scheinend wie  »Nebenzellen«  verhalten:  da  sie  aber  nicht  immer  vor- 
kommen, so  wird  man  wohl  von  eigentlichen  Nebenzellen  nicht  sprechen 
können.  Die  Epidermiszellen  sind  kleiner  als  die  der  Oberseite,  gerundet 
polygonal  und  etwas  vorgewölbt,  was  sich  mitunter  auch  in  der  Flächen- 
ansicht in  Form  einer  kreisförmigen  Schattierung  (Fig.  199)  beobachten 
läßt.     Auch  hier  fehlt  jede   Kutikularstreifung.      Vereinzelt  finden    sich 


sind  und  als  ein  charakteristisches  anatomisches  Merkmal  der  Anacardia- 
ceen  zu  gelten  haben. 


Fig.  198.     Cotinus  corjgijgria  Scop.     Epidermis  der 

Blattoberseite    in    Chloralhydrat,    Flächenansichfc. 

Vergr.  400.     (Original  von  We es e.) 


Fig.  199.    Cotiiivs  coggyf/ria.    Epidermis  der  Blatt- 
unterseite in  Chloralhydrat,  hei  x  Spaltöffnung  mit 
(scheinbaren?)  Nehenzellen.     Vergr.  320.    (Original 
von  T.  F.  Hanausek  und  Weese.l 


Der  Triester  Sumach  ist  nicht  sonderlich  reich  an  Gerbstoff  und 
dessen  Gehalt  scheint  bedeutenden  Schwankungen  unterworfen  zu  sein. 
Nach  Morpurgoi)  enthält  der  Sumach  des  Triester  Gebietes  oft  kaum 
3  Proz.  Gerbstoff,  der  aus  Dalmatien  stammende  7 — 10  Proz.  Wie 
C ollin 2)  berichtet,  sind  in  montenegrinischen  Sorten  28—29  Proz.  Gerb- 
stoffenthalten. Außer  zum  Gerben  und  Schwarzfärben  wird  dieser  Sumach 
auch  zur  Verfälschung  des  Pfefferpulvers  verwendet.  Neuestens  wird 
aus  den  Blättern  (und  Blüten)  ein  ätherisches  Öl,  »Essence  de  Fustet«, 
dargestellt,  dessen  Geruch  schwach  an  Neroliöl  erinnert.  Es  besteht  fast 
nur  aus  Terpenen'^). 


1)  Netolitzky,  Arch.  f.  Cheni.  u.  Mikrosk.  't9'13,  p.  töO. 

2)  Bull,  des  Guirs  et  Peaux  de  France,  9,  1907,  p.  438;  zitiert  nach  Netolitzky. 

3)  Schimmer&  Co.,  Ber.  'lölO,  April,  p.  89  und  1913,  April,  p.  84. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


539 


c)  Provenzalischer  Sumach  (Redoul). 

Coriaria  myrUfolia  L.,  der  Gerberstrauch,  die  Gerbermyrte 
oder  der  Led erbau m  ist  schon  seit  alter  Zeit  von  dem  Menschen  ver- 
wertet worden.  Als  Gerbmittel  werden  die  Blätter  schon  von  Plinius 
(Naturg.  24.  Buch,  Kap.  54]  genannt  und  als  solche,  sowie  zum  Schwarz- 
färben, sind  sie  auch  heute  noch  unter  den  Namen  provenzalischer 
Sumach,  Sumach  von  Montpellier,  ital.  Stinco,  franz.  Redoul  oder  Redoui) 
in  Gebrauch.  Auch  als  Heilmittel  haben  sie  gedient  und  neuestens  ist 
eine  besondere  Art  der  Verwendung  bekannt  geworden,  aus  der  die 
Seidenzucht  Nutzen  ziehen  kann.  Die  Raupe  des  Ailanthusspinners, 
Bombyx  Cynthia^  läßt  sich  mit  den  Coriariablättern,  trotzdem  diese  giftig 
sind,  gut  aufziehen 2).  Nicht  unerwähnt  mag  bleiben,  daß  mit  dieser 
Sumachsorte  die  Senna  und  neuestens  auch  Ma- 
joran^) verfälscht  worden  sind,  was  in  Anbe- 
tracht der  giftigen  Eigenschaften  der  Goriaria- 
blätter  nicht  unbedenklich  erscheint 4). 

Über  die  technische  Verwendung  des  Re- 
douls  haben  schon  Du  Hamel  und  Böhmer 
ausführliche  Angaben  gebracht.  Nach  Böh- 
mer 5)  liefert  Redoul  mit  Eisenvitriol  auf  Tuch 
und  Seide  violette  Farben;  wichtiger  ist  aber 
sein  Gebrauch  zum  Schwarzfärben  und  Gerben. 
Es  werden  nicht  allein  die  Blätter,  sondern  auch 
die  jungen  Zweige  und  zwar  meist  im  Gemisch 
mit  Eichenrinde  6j  verwendet,  denn  für  sich 
allein  verarbeitet,  geben  sie  kein  genügend 
weiches  Leder,  beschleunigen  aber  den  Gerbe- 
prozeß. Die  darauf  bezugnehmende  Äußerung  Böhmers 7)  lautet:  »Das 
Pulver  der   Blätter  soll   eine   viel   stärkere   Lohe    geben,    als    das    von 


Fig.  200.     Coriaria   uujrtifoUn  L. 
Nat.  Gr.    (Krasser.) 


\]  T.  F.  Hanau  Sek,  Redoul  (folia  Goriariae),  Pharmaz.  Post,  1892,  p.  1338  11'. 
und  Lehrhuch  der  techn.  Mikrosk.,  p.  286.  —  Leopold  Villeneuve,  Etüde  sur  le 
Redoul,  These,  Montpellier  1893.  —  Veitch,  I.e.  —  Martiny,  Enzyklopädie  der 
med. -pharm.  Materialien-  und  Rohwarenkunde  ('1843),  I,  p.  724. 

2)  Baillon,  Sur  un  nouvel  usage  du  Redoul.  Bull.  mens,  de  la  Societe  Linne- 
enne  de  Paris  1880,  p.  236.  —  Die  Raupe  geht  auch  auf  das  zu  den  Rutaceen  ge- 
hörige Xanthoxylum  fraxineum  L. 

3)  Nestler,  Arch.  f.  Chem.u.  Mikrosk.,  1913,  p.  91T.  und  Net  o  li  tzk  y,  ebenda, 
1913,  p.  153. 

4)  Vgl.  Pages,  Vergiftung  durch  die  Blätter  von  Cor.  niyrt.  Bull,  de  Pharm, 
de  Sud-Est,  1910,  p.  29  (Apoth.-Ztg.  1910). 

5)  Technische  Geschichte  der  Pflanzen  (1794),  II,  p.  224. 

6)  Du  Hamel,  Arbres,  I,  p.  130. 

7)  I.  c.  II.  p.  410. 


540 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blatter  und  Kräuter. 


( 


Eichenrinde.  Wenn  die  Rotgerber  in  der  Provence  und  Languedoc  ge- 
nötigt sind,  das  Leder  zu  verkaufen,  ohne  daß  sie  Zeit  haben,  dasselbe 
mit  der  Steineiche,  Quercus  Hex,  einzulegen,  so  mengen  sie  das  Pulver 

von  Redoul  darunter,  welches  dem 
Leder  eine  Festigkeit  beibringt,  so 
die  Käufer  einnimmt.«  Nach  Du  Ha- 
rn eP)  werde  das  Leder  wohl  früher 
gar,  aber  zum  Gebrauch  schlechter. 
Übrigens  dient  Redoul  auch  zum 
Gerben  der  Schaffelle  und  Ziegen- 
häute, und  dazu  wird  er  auch  heute 
noch  verwendet  2). 

Das  Coriariablatt  (Fig.  192)  ist 
einfach,  kreuzständig  und  tritt  in  einer 
breiten    und    schmalen   Form    aufS). 


/' 


Fig.  201 


iijiii/olia    l.       Epidermis 


der    Blattoberseite    in   Wasser,    Flächenansicht,       ErsterC    ist    breit-eiförmig-lanzettlich  * 
Sil    Spaltöttnuneen,    n   Nebenzellen,   cu    kürnig-        ,.  i  i      t-i  ^t-i-       ,->nrvv      -,■     ^  .. 

streifige    Kuti/ula.      Vergr.  250.      (Original    von       ^16  SChmalc  Form  (Flg.  200),    dlC  hau- 

weese.)  figcre,    ist  eiförmig-lanzettlich;    mit- 

unter sind  die  Blätter  schwach  aniso- 
phyll,  stets  ganzrandig,  spitz,  glatt,  sitzend  oder  sehr  kurz  gestielt,  ober- 
seits   dunkel-,   unterseits  lichtgrün  und  durch    eine  strahlenförmige  und 

bogenläufige  Nervatur  charakteri- 
siert, indem  außer  einem  starken 
Mittelnerv  beiderseits  noch  je  ein 
fast  gleichstarker  Nerv  in  flachem 
Bogen  bis  zur  Spitze  verläuft. 


1)  1.  C,  p,  130. 

2]  Auch  andere  Cormria- Arten  las- 
sen ähnliche  Verwendungen  zu.  Die 
Jintenpllanze  in  Neu-Granada  ist  Co- 
riaria  thymifolia  Humb.,  deren  anfäng- 
lich roter,  an  der  Luft  bald  schwarz 
werdender  Saft,  Chami  genannt,  ohne 
weitere  Zubereitung  eine  unauslöschliche 
Tinte  liefert  (Pechuel-Lösche,  Hum- 
boldt 1886,  V,  p.  37).  Die  gleiche  Ver- 
wendung ist  übrigens  von  Bhns  radicans 
und  von  Anacardium-  und  Semecarpiis- 
Früchten  längst  bekannt  Böhmer,  1.  c, 
II,  p.  299).  Von  Coriaria  ruscifolia  L. 
[C.  sarmentosa  Forst.)  wird  eine  schwarze  Farbe  gewonnen;  auf  Neuseeland  heißt 
diese  Pflanze  Toot  und  die  Blätter  sind  für  Rind  und  Schaf  ein  tödhches  Gift  (T. 
H.  Huswick,  Amer.  Apoth.-Ztg.,  1884,  Nr.  1,2). 

3)  T.  F.  Hanausek,  Pharmaz.  Post,  1892,  p.  1337. 


Fig.  202.  Coriaria  niijrtifoUa.  Epidermis  der  Blatt- 
unterseite in  Wasser,  po  Poren  in  der  Zellmembran, 
Sji  Spaltüttnnngen,  n  Nebenzellen,  mit  der  scharfen 
Kutikularstreifung ,  cu  körnigstreifige  Kutiknla. 
Vergr.  250.    [Original  von  Weese.i 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Krauter.  541 

Auch  dieses  Blatt  ist  bifazial  gebaut.  Das  Palisadenparenchyni 
setzt  sich  zumeist  aus  zwei  PalisadenzeUreihen  zusammen;  die  Zellen  der 
zweiten  (inneren)  Reihe  sind  entweder  gleich  lang  oder  kürzer  als  die 
der  äußeren  Reihe.  Sie  enthalten,  wie  die  des  Schwammparenchyms, 
gut  ausgebildete  monokline  Einzelkristalle  des  Kalziumsoxalats  oder  rund- 
liche, wie  korrodiert  aussehende  Konkretionen.  Ein  Querschnitt  durch ^ 
den  Hauptnerven  zeigt  die  von  kollenchymatischem  Füllgewebe  umlagerten 
Leitbündel,  die  von  einem  einreihigen  Kranze  von  auf  der  Innenseite 
verholzten  Zellen  —  einer  Art  Schutz-  oder  Strangscheide  —  unmittelbar 
umschlossen  sind.  Man  kann  drei  oder  vier  Gefäßbündel  mit  je  fünf 
bis  zehn  Spiroiden  unterscheiden.  An  den  beiden  Epidermen  finden  wir 
wieder  diejenigen  Merkmale,  durch  die  sich  das  Redoulpulver  vorzüglich 
erkennen  läßt.  Die  Oberhaut  der  Oberseite  (Fig.  201)  setzt  sich  aus 
polygonal -scharfkantig  begrenzten  Zellen  zusammen,  deren  Ober- 
fläche durch  den  Kutikularüberzug  eine  körnige,  mitunter  etwas  streifige 
Beschaffenheit  erhält.  Die  nicht  seltenen  Spaltöffnungen  sind  schmal 
elliptisch  und  werden  von  zwei  halbmondförmigen  Nebenzellen  (Fig.  20  \n) 
begleitet,  die  eine  deutliche,  senkrecht  zur  Spaltöffnung  verlaufende  Kuti- 
kularstreifung  besitzen.  Viel,  schärfer  sind  die  Oberhautzellen  der  Unterseite 
(Fig.  202)  charakterisiert;  sie  sind  unregelmäßig  polygonal  mit  meist 
krummen,  stark  porösen  Wänden  und  von  einer  streifigen  Kutikula 
überzogen.  Die  zahlreichen  Spaltöffnungen  sind  von  zwei  meist  etwas 
längsgezogenen  Nebenzelien  begleitet,  deren  Kutikula  sehr  scharf  hervor- 
tretende dicht  parallel  laufende  und  zur  Spaltöffnung  senkrecht  stehende 
Streifen  bildet  (Fig.  202^1). 

Durch  Eisenchlorid  wird  der  Inhalt  aller  Zellen  blauschwarz;  nur 
die  Oberhaut  der  Unterseite  scheint  gerbstoffarm  zu  sein.  Mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  behandelte  Präparate  zeigen  reichliches  Anschießen 
von  Gipsnadeln,  durch  Kalilauge,  besonders  aber  bei  vorhergehender 
Behandlung  mit  Alkohol,  färbt  sich  das  Mesophyll  braunrot,  und  es  tritt 
ein  ebenso  gefärbter  Niederschlag  auf. 

Das  im  Coriariablatt  enthaltene  giftige  Prinzip  ist  das  Glykosid 
Coriamyrtin,  das  nach  der  Jodwasserstoff-Natronprobe i)  in  allen  Teilen 
des  Mesophylls  enthalten  ist.  Das  KoUenchym  und  die  Leitbündel 
scheinen  davon  frei  zu  sein. 


■1)  Ein  in  eine  ältere,  immer  JodwasserstofTsäure  enthaltende  Jodjodkaliumlösung 
eingelegter  Querschnitt  wird  in  kurzer  Zeit  schwarz  durch  einen  dunklen  Nieder- 
schlag; nach  Entfernung  der  Jodlösung  und  Einlegen  in  Alkohol  wird  das  Präparat 
wieder  grün  und  auf  Zusatz  eines  Tropfen  konz.  Natronlauge  augenblicklich  purpur- 
violett; es  scheiden  sich  tiefrote  Körnchen  aus,  nach  10 — 15  Minuten  verschwindet 
die  auffällige  Färbung  und  es  bleibt  ein  gelber  Niederschlag  zurück.  Durch  die  purpur- 
violette Färbung  und  den  gelben  Niederschlag  ist  das  Coriamyrtin  charakterisiert 
(T.  F.  Hanausek,  Pharmaz.  Post,  1892,  p.  1343). 


542  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Handelssorten.     Verfälschungen,  Verwendung  der 
Sumachsorten. 

Wie  schon  oben  bemerkt  wurde,  wird  unter  der  Handelsware  i)  der 
sizilianische  Sumach  als  der  beste  angesehen  und  von  diesem  die  von 
Militello  kommende  Sorte  am  meisten  geschätzt.  Hieran  reiht  sich  der 
spanische  Sumach  (von  Priego,  Valladolid,  Malaga  und  Molina).  Fran- 
zösischer (von  Avignon  und  Montpeüierj,  portugiesischer,  elsässischer, 
italienischer,  Tiroler  und  ungarischer  stehen  ziemlich  gleich  im  Werte ■■^). 
Gegenwärtig  zeigt  der  Sumachhandel  keine  Steigerung,  da  die  tropi- 
schen Ersatzprodukte  ihn  verdrängen.  Die  Einfuhr  in  Deutschland  und 
Österreich-Ungarn  betrug:  1908  5,47,  1910  3,76  Mill.  Kilogramm, 
1911  für  Österreich- Ungarn  allein  1,39  Mill.  Kilogramm  im  Werte  von 
247,552  Kronen.  Die  meiste  Ware  liefert  Italien,  geringe  Mengen 
kommen   aus  Bulgarien,   Rumänien  und  Kleinasien 3). 

Der  sizilianische  Sumach  unterliegt  als  die  wertvollste  Sorte  mancher- 
lei Verfälschungen.  Eine  Zusammenstellung  der  in  der  Literatur  an- 
geführten Substitute  für  Sumach  hat  Netolitzky  (1.  c,  p.  174)  gegeben, 
von  denen  unter  anderen  genannt  werden:  Blätter  von  Ceratonia 
Süiqua  L.,  Cistus  salvifolius  L.,  Ailanthüs  glandulosa  L.,  Tamarix 
africana  Poir.,  Pistacia  Lenüscus  L.  (s.  d.),  Af'ctostajjhylos  uva  ursi 
Spreng.  (Bergsumach). 

Der  Sumach  dient  zum  Gerben  leichter,  feiner  Ledersorten,  nament- 
lich solcher,  welche  gefärbt  werden  sollen,  (z.  B.  Saffian),  und  zum 
Schwarzfärben;  auch  rote  Farben  können  erhalten,  braune  und  grüne 
mit  Sumach  nuanciert  werden.  Das  Gerben  mit  Sumach 4)  geschieht 
nach  der  französischen,  italienischen  oder  türkischen  Methode:  bei  ersterer 
werden  die  »Blößen«  in  einer  Reihe  von  »Sumachfarben«  gar  gemacht, 
bei  der  zweiten  werden  sie  in  einer  schwachen  Sumachfarbe  angegerbt 
und  mit  einer  starken  Sumachbrühe  fertig  gemacht:  bei  der  türkischen 
Methode  endlich  wird  jedes  Fell  in  einen  mit  Sumachbrühe  gefüllten 
Sack  gebracht  und  starkem  Drucke  ausgesetzt;  die  Operation  muß  mehr- 
mals wiederholt  werden.    Auch  zum  Färben  von  Chromleder 5)  und  zum 


^)  Vgl.  Jahresber.  d.  ehem.  Technologie,  1871,  p.  389  und  Muspratts  Chemie, 
III.  (iSgi),  p.  284. 

3)  Bolley,  Technologie  der  Spinnfasern,  p.  185. 

3)  Tunmann,  Apoth.-Ztg.,  ■1914,  p.  41.  Es  ist  aus  den  statistischen  Angaben 
nicht  ersichtlich,  um  welche  Sumachsorte  es  sich  handelt,  vorwiegend  ist  es  wohl 
Rhits  coriaria,  das  den  Sumachhandel  beherrscht. 

4)  Vgl.  Päßler,  Artikel  Leder  in  Luegers  Lexikon  der  ges.  Technik.  2.  Aufl., 
IM.  VI,  p.  102. 

5)  Päßler,  Artikel  Lederfärberei,  1.  c,  p.  1  II.  —  Tropenpflanzer,  1  7  (191  3), 
p.  4Gü. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blatter  und  Krauter.  543 

vegetabilischen   Nachfärben   desselben   findet  Sumach  Verwendung.     Als 
Ersatz  von  Eichen-  oder  Fichtenrinde  kommt  er  nicht  in  Betfacht. 

5.  Shiniablätter  (Lentisque). 

Die  Mastixpistazie,  Pistacia  Lentiscus  L.,  deren  auf  Chios  vor- 
kommende Varietät  bekanntlich  den  Mastix  liefert,  heißt  auf  Cypern 
Shinia^)  und  ihre  Blätter  werden  daselbst  seit  altersher  zum  Färben 
und  Gerben  verwendet.  Daselbst  kommt  auch  eine  Varietät  mit  breiteren 
Blättern  vor,  die  Mastiches  genannt  wird.  Auf  Cypern2)  werden  die 
Blätter  vom  April  bis  September  geerntet.  Man  schneidet  die  beblätterten 
Zweige  ab  und  stellt  sie  zum  Trocknen  so  auf,  daß  die  Sonnenstrahlen 
so  wenig  wie  möglich  auf  sie  fallen,  denn  die  Erfahrung  hatte  gezeigt, 
daß  die  direkte  Besonnung  auf  die  Konservierung  des  Gerbstoffes  un- 
günstig einwirkt.  Bis  zur  völligen  Trocknung  sind  4 — 5  Tage  nötig. 
Hierauf  werden  die  obersten  von  der  Sonne  getroffenen  und  dadurch 
verdorbenen  Blätter  entfernt,  die  übrigen  abgeschlagen  und,  soweit  sie 
für  den  Export  bestimmt  sind,  in  Ballen  oder  Säcke  verpackt  nach 
Palermo  gesandt,  wo  sich  der  Hauptmarkt  befindet.  (In  Italien  führt  die 
Mastixpistazie  den  Namen  Lentisco,  Lentischio,  Sondrio.)  Auch  von 
Tunis  gelangen  größere  Mengen  der  Shiniablätter  —  angeblich  jährlich 
10  000  Tonnen  —  nach  Palermo  und  nach  Südfrankreich,  wo  sie  als  »len- 
tisque«  bezeichnet  werden.  Auf  Sizilien  dienen  sie  vorzugsweise  zur 
Verfälschung  des  Sumachs,  in  Algier  und  Frankreich  zum  Gerben  und 
Färben.  In  Lyon  werden  gewisse  Seidenzeuge  mit  Shiniablättern  gefärbt. 
Übrigens  ist  auch  in  Frankreich  die  Verfälschung  des  Sumachs  mit  diesen 
Blättern  gang  und  gäbe  und  auch  unter  den  medizinisch  verwendeten 
Jaborandiblättern  (von  mehreren  Pilocarpus-Arlen]  hat  man  sie  gefunden. 

Die  nachfolgende  Beschreibung  des  Shiniablattes  ist  einer  Arbeit 
entnommen,  die  ich  in  den  Berichten  der  D.  Bot.  Gesellschafts)  veröffent- 
licht habe. 

Zum  Unterschiede  von  Pistacia  Terehi^ithus  L.,  deren  Blätter 
sommergrün  sind,  besitzt  Pistacia  Lentiscus  lederige,  wintergrüne  Blätter. 


1)  Der  Nanae  stammt  von  dem  Homer  sehen  Hyluos,  womit  im  antiken  Griechen- 
land die  Mastixpistazie  bezeichnet  wurde.  Später  wurde  so  die  Meerzwiebel  genannt. 
Die  Römer  nannten  den  Baum  Lentiscus,    das  von  lentescere,  weich,  klebrig  machen 

auf  das  Harz  oder  auf  das  zähe  Holz  hinweisend?)  abgeleitet  wird.  —  Pistacia  von 
Tiiaaa,  Pech,  Harz  und  ay.eo/.i(ci^  heilen,  also  ein  Gewächs  mit  heilsamem  Balsam. 
Nach  Wittstein,  Handwörterbuch  der  Pharmakognosie,  p,  524. 

2)  Kew  Bulletin  1897,  Nr.  132.  Vgl.  auch  Wiesner,  Offiz.  österr.  Ausstellungs- 
bericht V,  p.  345. 

3)  Über  ein  neues  Vorkommen  der  >Inklusen<  in  dem  Blatte  von  Pistacia  len- 
tiscus L.  nebst  Bemerkungen  über  den  anatomischen  Bau  dieses  Blattes.  Ber.  d.  D. 
Bot.  Gesell.  ISU,  Februar. 


544  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Sie  sind  paarig  gefiedert,  der  gemeinsame  Blattstiel  ist  geflügelt  (Fig.  203). 
Die  Zahl  der  Fiederblättchen  beträgt  6—10,  meist  8;  der  Form  nach 
sind  sie  eilanzettlich  bis  elliptisch,  stumpf  mit  aufgesetzten  Stachelspitz- 
chen,  ganzrandig,  durch  die  unterseits  hervortretende  Hauptrippe  in  zwei 
ziemlich  gleiche  Hälften  geteilt.  Die  Sekundärrippen  treten  aber  nicht 
hervor  und  sind  daher  weniger  scharf  zu  sehen,  da  sie  gänzlich  in  dem 
stark  entwickelten  Mesophyll  eingebettet  sind  (»eingebettete«  Nerven). 
Über  die  Blattanatomie  Hegen  Untersuchungen  von  Briquet\l  und 
von  .\etoIitzky2)  vor.  Auch  von  Guttenberg^)  behandelt  in  seinen 
»Anatomisch-physiologischen  Untersuchungen  über  das  immergrüne  Laub- 
blatt der  Mediterranflora«   das  Lentiscus-Blali. 

Im  allgemeinen  kann  man  den  Bau  des  Blattes  als  bifazial  bezeich- 
nen,  da   eine  zwei-  bis   dreischichtige  Palisadenschicht  und   ein  Meren- 
chym  sich  unterscheiden  lassen.     Doch   ist  zu  bemerken,  daß  an  vielen 
Stellen   die   Zellen   des   letzteren,    zumal   die  unmittelbar  an    die   Ober- 
haut der  Unterseite  stoßenden, 
Z^^"^.^.  lückenlose  Reihen  bilden  und 

zudem  noch  wie  die  Palisaden- 
zellen gestreckt  sind,   so  daß 
man    für    diese    Stellen    sehr 
x^     t        ^  wohl    von    einem    konzentri- 

""  -^  '  sehen    Bau    sprechen   könnte. 

'^  Die      beiden     Oberhaut- 

platten  sind  durch  die  mäch- 

Fig.  203.     Pistacia  Ltntiscus  L.    Ein  Paar  Fiederblättchen 

von  der  Unterseite   in  naturlicher  Größe.  tlg    entwickelten    AußcnwandC 

ihrer  Zellen  ausgezeichnet(Fig. 
204  ep  und  'ep),  dabei  ist  als  besonders  charakteristisch  hervorzuheben, 
daß  diese  Membranverdickung  über  jeder  Zelle  gewissermaßen  abgegrenzt 
ist,  daß  also  die  verdickte  Decke  jeder  Oberhautzelle  eine  bikonvexe 
Linse  bildet.  Diese  »Linse«  ist  zudem  völlig  farblos  und  durchsichtig. 
(In  Kalilauge  werden  beide  Epidermen  zitronengelb  gefärbt.)  Abgesehen 
von  der  Bedeutung  dieser  Decken  als  xerophiles  Schutzmittel,  wird  man 
unwillkürlich  an  eine  lichtbrechende  und  lichtsammelnde  Eigenschaft  der- 
selben im  Sinne  Haberlandts  erinnert.  —  Von  der  Fläche  gesehen,  er- 
scheinen die  Oberhautzellen  der  Oberseite  polygonal,  meist  mit  geraden 
Wänden  versehen,  nicht  selten  um  eine  größere  rundliche  Zelle  gruppiert 


-1)  Anatomie  comp,  de  la  louille  choz  les  Pistacia  Lentiscus  etc.     Bull,  de  THer- 
bier  Boissier.  Ser.  2,  T.  \.   ■190'),  p.  1  301 —l  305. 

2)  Bestimmungsschlüssel  und  Anatomie  der   einheimischen  Dikotyledonenblätter 
(Gruppe  II).     Wien  1908,  p.  172. 

3)  Bot.  .Jahrbücher  lür  Systematik,  Pflanzengeschichte  und  Pllanzengeographie, 
XXXVm,  1907,  p.  425. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter, 


545 


(Fig.  204)  und  auch  paarig  gestellt,  zu  zweien  gekuppelt.  Sie  enthalten 
farblose,  stark  lichtbrechende,  teils  rundliche,  teils  kantige  Körper 
(Fig.  204,  ^■),  die  in  Alkohol  unlöslich  sind,  in  Chloroform  sich  teilweise 
lösen,  in  heißer  Salzsäure  sich  in  große  farblose  Tropfen  umwandeln  und 
in  Schwefelsäure  bräunliche  gequollene  Massen  bilden.  Es  dürften  wohl 
fetthaltige  Substanzen  sein.  —  Spaltöffnungen  fehlen  der  oberseitigen 
Epidermis  völlig,  ebenso  auch  Trichome. 


Fig.  204.    Pistacia  Lentisctts  L.    Partie  eines  Querschnittes  durct  das  Blatt  (in  Chloralhydrat).     ep  Epi- 
dermis der  Oberseite,  ep'  die  der  Unterseite,  pa  Palisadenparenchym,  tu  Schwammparenchym,  i  Inhalts- 
körper der  Oberhautzellen,  in  Inklusen,  hr  Kalziumoxalat,  l  schwacher,  eingebetteter  Blattnerv,  sp  Spalt- 
öffnungen.   Vergr.  400.    (Gez.  v.  T.  F.  Hanausek  u.  Weese.) 


Die  Oberhaut  der  Blattunterseite  besteht  aus  sehr  ähnlich  gebauten 
Zellen  (Fig.  204  j/),  nur  sind  sie  häufiger  gerundet  und  kleiner,  ja  ein- 
zelne so  auffallend  klein  (Fig.  204  ejy'),  daß  man  sie  als  Insertionsstellen 
von  Trichomen  auffassen  könnte.  Doch  lassen  sich  Haare  nicht  auf- 
finden und  ganz  jugendliche  Blätter,  die  solche  vielleicht  besitzen,  standen 
mir  nicht  zur  Verfügung.  Die  reichlich  vorhandenen  Spaltöffnungen 
sind  breit- elliptisch  bis  rundlich  und  zeigen  bezüglich  ihrer  Niveauebene 
verschiedene  Lagen;  einige  liegen  mit  den  Epidermiszellen  in  der  gleichen 
Ebene,    andere  ragen  wieder  darüber  etwas  hervor   (Fig.  204  sp),    auch 

Wiesner,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  3Ö 


546  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Tieflageii  scheinen  vorzukommen.  Nebenzellen  sind  nicht  vorhanden, 
doch  ist  jede  Spaltöffnung  von  einem  deutlich  distinkten  Kranze  von 
6 — 9  Epiderraiszellen  umgeben. 

Das  Mesophyll  besitzt,  wie  oben  bemerkt,  2 — 3  Reihen  langgestreckter 
schmaler  Pahsadenzellen  (Fig.  204  ^a);  das  Merenchym  besteht  aus  eben- 
falls gestreckten,  aber  weit  kürzeren  Zellen  und  ist  nur  in  der  Quer- 
schnittsmitte stärker  lückig,  an  der  unterseitigen  Oberhaut  dagegen  größten- 
teils geschlossen. 

Das  in  der  Hauptrippe  liegende  Bündelsystem  ist  bikollateral  und 
enthält  drei  LeitbündeU).  Die  Gefäßteile  zeigen  eine  strahlenförmige 
Anordnung  der  Gefäße ;  in  den  unteren  stark  entwickelten  Siebteilen  sind 
je  i,  im  ganzen  3  Sekretgänge,  von  blaßgelblichem  Sekret  erfüllt,  ent- 
halten. Mitunter  sieht  man  an  einer  Seite  ein  viertes  kleines  Gefäß- 
bündel angeschlossen,  das  den  Beginn  eines  Sekundärnerven  andeutet. 
Ein  geschlossener  Bastbelag  umgibt  ringförmig  das  Leitbündelsystem; 
diesem  sind  als  Begleitgewebe  Parenchym  und  Kollenchym  angeschlossen. 
Wir  haben  es  daher  mit  einem  »durchgehenden«  Nerven  zu  tun;  die 
Nebennerven  dagegen  sind  allseitig  von  Assimilationsgewebe  umgeben  und 
daher  als  »eingebettet«  zu  bezeichnen. 

Mit  Ausnahme  der  Kalziumoxalat  führenden  Mesophyllzellen  ent- 
halten alle  übrigen  jene  eigentümlichen  braunen  Körper,  die  zum  ersten 
Male  Flückiger2)  in  der  Frucht  von  Geratonia  Siliqua  L.  und  von 
Rhamnus  cathartica  L.  aufgefunden  und  die  Tichomirow  Inklusionen 
oder  Inklusen  genannt  hat.  Der  Reichtum  des  Blattes  an  diesen  Zell- 
inhaltskörpern  ist  geradezu  staunenerregend  und  findet  seine  Analogie 
nur  in  den  Früchten  von  Hyphaene  und  den  Sorbus-Arten,  Da  jede 
Inkluse  das  Lumen  der  Mesophyllzelle  völlig  ausfüllt,  so  ist  ihre  Gestalt 
von  der  der  Zelle  abhängig.  Dementsprechend  bilden  die  in  der  ersten 
Palisadenzeil  reihe  enthaltenen  Inklusen  (Fig.  204  jj«,  in)  lange  wurst- 
förmige,  quer  gefaltete  und  quer  gestreifte,  dicht  aneinander  parallel 
gelagerte  Körper;  in  der  zweiten  Reihe  sind  sie  naturgemäß  kürzer,  in 
den  Zellen  des  Schwammparenchyms  weisen  sie  verschiedene  Größen 
und  Formen  auf.  Auch  in  gewissen  Zellen  der  Leitbündel  sind  sie  zu 
finden.  Zwischen  dem  Bastbelag  und  dem  Siebteil  liegt  eine  Reihe  In- 
klusenzellen ;  im  Siebteil  selbst  enthalten  die  Phloemmarkstrahlzellen  In- 
klusen, während  die  Markstrahlzellen  des  Xylems  davon  frei  sind.  Auch 
das  den  Bastbelag  außen  umgebende  Gewebe  ist  inklusenreich. 

Die  Inklusenfolge  in  der  ersten  Palisadenzellreihe  ist  stellenweise 
durch  zwei   bis   drei  kristallführende  Zellen  unterbrochen    (Fig.  204  pa), 


i]  Netolitzky,  1.  c,  -173,  gibt  zwei  Bündel  an, 
2)  Pharmakognosie,  1,  Aufl.,  1867,  p.  585—586. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  547 

außerdem  enthalten  viele  Merenchymzellen,  insbesondere  aber  die  den  Blatt- 
nerven anliegenden,  mitunter  wie  Kristallkammerfasern  entwickelten  Zellen 
das  Kalziumoxalat  in  großen  Rosetten  (häufig  durch  die  Präparation  zer- 
trümmert) und  weniger  häufig  in  rhomboederartigen  Einzelkristallen 
Fig.  204  hr).  Im  Blatte  von  Pistacia  Terebinthus  LA\  das  keine  In- 
klusen  enthält,  scheint  das  Oxalat  vorwiegend  in  Einzelkristallen  ent- 
wickelt zu  sein. 

Die  Inklusensubstanz  ist  ein  bassorinartiger  Körper,  der  mit  dem 
Gerbstoff  getränkt  ist 2).  Bezüglich  des  mikrochemischen  Verhaltens  ist 
zu  bemerken,  daß  die  Inklusen  in  Eisenchlorid  dunkelgrün  bis  schwarz 
werden  und  dadurch  ihre  gerbstoff haltige  Natur  kennzeichnen.  Der 
GerbstofTgehalt  der  Blätter  soll  übrigens  nur  bis  121  Proz.  betragen.  In 
Kalilauge  werden  sie  blaßviolett  und  lösen  sich  beim  Erwärmen  mit 
brauner  Farbe,  wobei  in  jeder  Zelle  ein  farbloser,  einem  Häutchen 
gleichender  Rückstand  übrigbleibt.  In  konz.  Schwefelsäure  sind  sie 
nur  zum  Teil  löshch,  in  Vanillin-Salzsäure  färben  sie  sich  rot.  Ein 
gutes  Reagens  auf  Phlorogluzin  (und  auf  Katechin)  ist  p-Dimethyl- 
aminobenzaldehyd,  das  die  genannten  Körper  und  die  Inklusen  intensiv 
rot  färbt  3), 

Aus  den  Shiniablättern  ist  auch  ein  gelber  Farbstoff,  das  Myricetin 
(s.  Sumach,  p.  536)  isoliert  worden.  Er  scheint  vorwiegend  in  den 
Epidermen  enthalten  zu  sein,  die  durch  Kalilauge  intpnsiv  gelb  gefärbt 
werden. 

6.  Henna. 

Die  Blätter  der  Lawsonia  inermis  L.  (L.  alba  Lam.),  eines  Strauches 
des  südlichen  Asiens  und  der  afrikanischen  Küsten,  bilden  für  viele 
Völker  des  Orients  und  Afrikas  ein  als  Kosmetikum  stark  verwendetes 
Farbmaterial,  mit  dem  die  Finger-  und  Fußnägel,  die  inneren  Handflächen 
und  Fußsohlen  und  auch  Haare  rot  gefärbt  werden-*).  Sie  sind  unter 
den  Namen  Henna,  Alhenna,  Tamr-el  Hinna  u.  a.  bekannt.  Unter  der- 
selben Bezeichnung  geht  auch  die  Wurzel.  In  Indien  wird  die  Henna 
auch   zum  Färben  von  Leder   verwendet.     In  Europa  wurde  sie  in  die 


\)  Auch  die  >Terebinthenblätterc  dienen  als  Gerbmaterial.  Vgl.  Tropenpflanzer, 
1915,   18,  p.  644. 

2)  Tunmann,  Pflanzenmikrochemie,  p.  381,  und  Apoth.-Ztg.  1913. 

3)  Marianne  Jo achimovitz,  Ein  neues  Reagens  auf  Phlorogluzin,  Katechin 
und  ihre  Derivate,  sowie  über  die  Verbreitung  derselben  im  Pflanzenreiche.  Biochem. 
Zeitschr.  1917,  82,  p.  324  fi'.  Nach  den  Untersuchungen  der  Verfasserin  ist  der  Be- 
griff der  Inklusen  insofern  zu  erweitern,  als  nicht  Phloroglukotannoide  vorhanden 
sein  müssen,  sondern  auch  Tannoide  mit  Katechinderivaten  die  gleiche  Rolle  spielen. 

4)  Vgl.  Loureiro,  Flora  Cochin.  I,  p.  229  (zitiert  nach  Wiesner,  Rohstoffe, 
1.  Aufl.,  p.  674,  Anm.  3). 

35* 


548 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


Seidenfärberei  1)  eingeführt,  wird  jedoch  kaum  mehr  in  Anwendung  ge- 
bracht. In  Indien  wird  besonders  viel  Henna  kultiviert  und  in  den 
Handel  gebracht. 

Das  Hennablatt  (Fig.  205)  ist  meist  3 — 4  cm  lang  (im  Maxim.  6  cm), 
1 ,5 — 2,5  cm  breit,  eirund,  eiförmig,  eilanzettlich  bis  fast  spatelfürmig, 
zugespitzt  oder  mit  gerundetem  Blattende,  dem  ein  Spitzchen  aufgesetzt 
ist,  am  Grunde  stielartig  verschmälert,  ganzrandig,  glatt.  Von  dem 
ziemlich  kräftigen,  gerade  verlaufenden  Hauptnerven  zweigen  (meist  4 — 5) 
Nebennerven  unter  einem  Winkel  von  beiläufig  50°  ab,  um  nahe  dem 
Blattrande  sich  mit  dem  nächst  höheren  Nerven  bogenförmig  zu  ver- 
einigen. 

Der  anatomische  Bau  des  Blattes  ist  von  Paschkis^),  Hartwich^) 
und  Netolitzky^)  beschrieben  worden.  Das  bifazial  gebaute  Blatt  be- 
sitzt eine  zwei-  oder  mehrreihige  Palisaden- 
schicht und  ein  Schwammparenchym,  dessen 
Zellen  sich  auch  mitunter  in  senkrechter  Rich- 
tung strecken.  Letzteres  enthält  auch  große 
Oxalatrosetten.  Die  »oben  eingesunkenen  Ner- 
ven besitzen  auf  der  Unterseite  des  bikoUate- 
ralen  Bündels  Gruppen  von  Sklerenchymfasern^ 
(Netolitzky).  Die Epidermiszellen  beider  Seiten 
sind  in  der  Flächenansicht  geradlinig-  oder 
schwach  bogig-polygonal;  zahlreiche  sind  ver- 
größert und  mit  verschleimten  Innenwänden 
ausgestattet.  Beide  Blattseiten  führen  reichlich 
Spaltöffnungen  mit  drei  oder  vier  Nebenzellen. 
Die  besseren  Handelssorten  bestehen  fast 
nur  aus  dem  Blätterpulver,  sind  jedoch  gewöhnUch  durch  Sand  verun- 
reinigt^).  Die  Hauptmasse  des  Farbstoffes  ist  jedoch  nicht  in  den  Blät- 
tern, sondern  in  den  Stengeln  enthalten.     Wie  bereits  Wiesner^)  fest- 


Fig.  205.    Lawsonia  inermis  L. 

Blätter  in  Ägypten  kultivierter 

Pflanzen.    (Krasser.) 


1)  In  Algier  gebaute  Henna  wurde  in  den  Lyoner  Seidenfärbereien  zur  Her- 
vorbringung tief  azurblauer  und  schwarzer  Farben  benutzt.  Wiesner,  Rohstoffe, 
\.  Aufl.,  p.  674,  Anm.  5. 

2)  Zeitschr.  d.  österr.  Apoth.-Ver.  1879,  p.  433. 

3)  Die  neuen  Arzneidrogen,  p.  193. 

4)  Anatomie  der  Dikotyledonenblätter,  U,  p.  214. 

5)  In  Indien  wird  die  Henna  vielfach  unter  dem  Namen  Mehndi  und  davon  ab- 
geleiteten Bezeichnungen  verkauft,  so  nach  Wiesner,  1.  c,  p.  674  in  den  Bazaren 
von  Bombay.  Diese  Sorten  bestanden  aus  den  beblätterten  Trieben,  abgebrochenen 
Blättern  und  Blattbruchstücken.  Mit  Katechu  zu  einem  Teig  verarbeitet,  heißt  Henna 
in  Indien  Mayndie;  der  Teig  dient  zum  Färben  von  Leder.  Semler,  Trop.  Agri- 
kultur, 1.  Aufl.,  Bd.  II,  p.  534.  —  Über  Henna  vgl.  auch  A.  Giu,  Le  Henne.  Paris 
-1909.  6)  Wiesner,  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  675. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  549 

gestellt  hat,  gibt  die  Henna  mit  Wasser  gekocht  eine  gelbrötliche  Flüs- 
sigkeit, welche  auf  Zusatz  von  Alkalien  desto  mehr  an  Rot  zunimmt,  je 
mehr  Stengel  vorhanden  sind.  Die  Stengel  geben,  für  sich  mit  Kalilauge 
gekocht,  eine  beinahe  karminrote,  die  Blcätter  in  der  gleichen  Weise  be- 
handelt, eine  bräunliche  Lösung  i).  Der  zum  Bemalen  der  Fingernägel 
dienende  Farbstoff  wird  wahrscheinlich  durch  Einwirkung  von  Kalk  auf 
die  Blätter  dargestellt.  Die  Blätter  finden  gleich  der  Wurzel  auch  medi- 
zinische Verwendung  bei  den  Hindu 2),  Arabern  und  Persern.  Gegenwärtig 
erscheinen  auf  dem  Markt  der  Kosmetika  Präparate  zum  Haarfärben,  die 
aus  Hennablättern  dargestellt  werden,  wie  die  »Feuilles  Jerusalem«,  »Tein- 
ture  vegötale  ä  base  de  Henne  d'Orient^).  Mit  »Reng«  (Indigo)  gemengt, 
färbt  Henna  die  Haare  schwarz  oder  braun. 

Der  Gebrauch  der  Henna  als  Kosmetikum  ist  uralt.  Nach  Alphonse 
de  Candolle^)  weisen  schon  die  altägyptischen  Wandgemälde  und  die 
Mumien  Belege  für  das  hohe  Alter  dieser  Verwendung  auf.  Sie  wird 
in  der  Bibel  erwähnt,  die  griechischen  Ärzte  nannten  sie  Kypros  (»Cyprus 
in  Ägypten«  bei  Plinius),  bei  den  römischen  Ärzten  führte  sie  den 
Namen  Ligustrum.  Nach  Dioskorides  war  insbesondere  die  von  As^ 
kalon  und  Kanopus  kommende  Henna  von  vortrefflicher  Güte  und  als 
Adstringens  geschätzt ^j. 

7.  Rosmarin. 

Rosmarinus  officinalis  L.,  ein  starker  bis  2  m  hoher  Strauch, 
kommt  im  Mittelmeergebiet  an  den  felsigen  Küsten  von  Griechenland  bis 
Spanien  vor.  Im  westlichen  Teile  seines  Verbreitungsbezirkes  (Spanien 
und  Italien)  ist  er  häufiger  als  im  östUchen,  auf  den  dalmatinischen 
Inseln  kommt  er  massenhaft  vor,  an  der  dalmatinischen  Küste  jedoch 
nicht;  in  Griechenland  wächst  er  nur  spärlich  wild,  wird  jedoch  nach 
Heldreichß)  dort  häufig  kultiviert. 

Die  Blätter^)  dieser  Pflanze,  im  Handel  als  Folia  Rosmarini  oder 
Folia  Anthos  bekannt,  sind  im  frischen  Zustande  lineal,  \ — 3,9  cm  lang, 
I — 5  mm  breit;  trocken  nehmen  sie  infolge  starker  seitlicher  Schrumpfung 
etwa  fast  nadeiförmige  Gestalt  an,  indem  die  Breite  des  Blattes  auf  etwa 


\]  Vgl.  auch  Paschkis,  1.  c,  p.  436. 

2)  Vgl.  Watt,  Diction.  econ.  prod.  of  India,  Vol.  IV  (ISQO),  p.  600. 

3)  Netolitzky,  1.  c.,  p.  215. 

4)  Ursprung  der  Kulturpflanzen,  übersetzt  von  E.  Götze  (1884),  p.  174. 

5)  Wittstein,  Handwörterbuch  der  Pharmakognosie,  p.  309. 

6)  Die  Nutzpflanzen  Griechenlands,  p.  33. 

7)  Vgl.  Wiesner,  Rohstoffe,  4.  Aufl.,  p.  684.  —  Tschirch,  Handbuch  der 
Pharmakognosie,  H,  2,  p.  1029  ff.  (mit  zahlreichen  Literaturangaben).  —  Delpy,  Bei- 
träge z.  Kenntnis  pharm,  verw.  Labiaten.     Diss.,  Zürich  1909. 


550  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

2  mm  gesunken  ist,  während  die  Länge  desselben  sich  kaum  geändert 
hat.  '  Die  Blätter  sind  stumpf,  ungestielt,  ganzrandig,  lederartig,  im 
trockenen  Zustande  hart  und  spröde,  am  Rande  eingerollt,  oben  kahl, 
dunkelgrün,  mit  einer  Längsfurche  versehen,  unten  netzaderig,  mit 
weißem  Filz  bedeckt.  Dieser  Filz  besteht  vornehmlich  aus  ästigen,  ge- 
weihartig verzweigten  Haaren  und  teils  mehrzelligen,  teils  einfacheren 
kurz  gestielten  Drüsenhaaren  i),  welche  der  Sitz  des  ätherischen  Öles  sind. 

Das  Rosmarinblatt  besitzt  unter  der  spaltüfTnungsfreien  Epidermis 
der  Oberseite  ein  1 — 3  schichtiges  dickwandiges  Hypoderm,  das  sich 
über  den  Nerven  verbreitert  und  das  2 — 3  schichtige  Palisadengewebe 
gewissermaßen  in  bogenförmige  Abteilungen  abgliedert 2],  Die  klein- 
zellige Oberhaut  der  Unterseite  führt  zahlreiche  kleine,  kreisrunde  Spalt- 
öffnungen 3)  mit  zwei  Nebenzellen.  Rosmarin  schmeckt  und  riecht  frisch 
kampfer-terpentinartig;  getrocknet  verliert  sich  der  spezifische  Geschmack 
und  ist  dann  aromatisch,  etwas  bitter.  Durch  Destillation  der  Blätter 
erhält  man  1,4 — 2  Proz.  ätherisches  Öl,  das  Rosmarinül.  Auch  die 
Blüten  geben  über  1  Proz.  ÖL 

Das  Rosmarinül  ist  eine  farblose  oder  schwach  grünlichgelbe  Flüssig- 
keit von  durchdringend  kampferartigem  Geruch  und  gewürzhaft  bitterem, 
kühlendem  Geschmack.  Es  enthält  Pinen,  Camphen,  Cineol,  Kampfer, 
Borneol. 

Im  Handel  wird  italienisches  (richtiger  dalmatinisches)  und  franzö- 
sisches Rosmarinül  unterschieden.  Das  letztere  ist  die  feinere  Sorte. 
Dieselbe  wird  in  Südfrankreich  destilliert 4).  Das  italienische  Rosmarinül 
wird  auf  den  ehemals  österreichischen  dalmatinischen  Inseln  gewonnen. 
Am  parfümreichsten  ist  Rosmarin  auf  der  Insel  Solta.  Hier  wird  er  jedoch 
nur  wenig  verwertet,  da  er  durch  die  Weinkultur  verdrängt  wird.  Auch 
auf  Lissa  wird  wenig  produziert.  Das  Hauptproduktionsgebiet  ist  die 
Insel  Lesina,  wo  sich  auch  der  Handel  konzentriert.  Die  Destillation 
findet  im  Juli  und  August,  früher  primitiv,  statt.  Der  Ertrag  an  reinem 
Öl  wird  für  normale  Jahre  auf  20  000  kg  beziffert.  Nach  einjähriger 
Totalausnutzung  der  sogenannten  »Rosraarinwälderc  folgen  landesgesetz- 
lich 2  Jahre  progressiver  Schonzeit^). 


1)  Mitlacher,  Anatom.  Yerh.  d.  Labiaten.  Zeitschr.  österr.  Apoth.-Ver.  1908, 
46,  p.  3,  Taf.  II  (Deckhaare  und  Drüsen). 

2)  Karsten-Oltmanns,  Lehi-buch  d.  Pharmakognosie,  Fig.  246  u.  255. 

3)  J.  Mo  eller,  Pharmakognostischer  Atlas  (1892),  p.  79,  Taf.  XX. 

4)  Die  spanische  und  englische  Ware  spielt  im  Handel  keine  Rolle. 

5)  Franz  Unger  hat  in  seinen  »Botan.  Streifzügen  a.  d,  Gebiete  der  Kultur- 
geschichte«, Sitzungsb.  d.  Wiener  Akad.  Bd.  56  (1867)  p.  586  auch  die  primitive  dal- 
matinische Verwertung  des  Rosmarin  besprochen.  —  Abbildungen  der  Rosmarinernte 
und  der  Öldestillation  auf  Lesina  siehe  in  Schimmel  &  Co.  Ber.  1905  (reproduziert 
in  Tschirchs  Handbuch). 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  551 

Im  Zwischenhandel  erfährt  das  dalmatinische  Rosmarinül  oft  arge 
Verfälschung  (70—75  Proz.  Terpentinöl  oder  Petroleum  !)i).  Es  kommt 
über  Triest  in  den  Handel.  Rosmarinül  wird  stark  zu  Denaturierungs- 
zwecken  benützt. 

8.  Pfefferminze. 

Die  natürliche  Systematik  der  Gattung  [Mentha  gehört  zu  den 
schwierigsten  Problemen.  Gerade  die  technisch  wichtigen  Minzen  lassen 
in  systematischer  Beziehung  verschiedene  Auffassungen  zu.  NachBriquet^), 
dem  Monographen  der  Gattung,  ist  Mentha  piperita  ein  Bastard  (M. 
viridis  X  aquatica),  der  durch  die  Kultur  gewissermaßen  Speziescharakter 
erhalten  hat  und  selbst  wieder  in  zahlreichen  Varietäten  auftritt.  Solche 
sind  nach  der  jüngsten  Mitteilung  von  Briquet^)  Mentha  piperita  (L> 
p.  p.)  var.  officinalis  Sole,  M.  p.  var.  inarimensis  Briq.,  M.  p.  var. 
citrata  [Ehrh.)  Briq.  u.  a.  Von  diesen  wird  in  Deutschland  und  Eng- 
land M.  p.  var,  officinalis  kultiviert,  in  England  in  den  zwei  Formen 
»white  mint«  und  »black  mint«.  Die  japanische  Pfefferminze  gehört  zu 
Mentha  canadensis  L. 

Auch  M.  gentilis  L.  (^=  M.  viridis  X  arvensis)^  M.  dalmatica 
Tausch  (=  M.  longifolia  X  arvensis),  sowie  M.  rubra  Huds.  (=  M. 
viridis  X  (aquatica  X  arvensis))^  welche  alle  ihres  Duftes  und  ätheri- 
schen Öles  wegen  kultiviert  werden,  erklärt  der  genannte  Forscher  für 
Bastarde.  Bei  dieser  Sachlage  ist  es  um  so  erfreulicher,  daß  sich  für 
die  technisch  und  medizinisch  wichtigen  Menthen  im  Bau  und  in  der 
Nervatur  der  Blattzähne  diagnostisch  wichtige  Merkmale  ergeben  haben, 
welche  vor  allem  von  Tschirch  und  Oesterle*),  dann  von  H.  Vir- 
chow^)  festgestellt  wurden. 

Die  Pfefferminze  Mentha  piperita  gehört  zu  den  ältesten  Kultur- 
pflanzen ß);  in  England  soll  sie  wild  vorkommen,  verwildert  findet  sie 
sich  vielfach.  In  großem  Maßstabe  wird  sie  in  England  (Mitcham),  in 
Nordamerika  (Michigan  und  Indiana)  und  in  Japan  gebaut,  auch  in  Deutsch- 
land (Kölleda  a.  d.  Unstrut,  Miltitz  b.  Leipzig,  in  der  Pfalz),  Frankreich, 
Italien  und  Rußland,  im  ehemaligen  Österreich-Ungarn,  hauptsächlich  be- 
hufs Destillation  des  PfefCerminzöles^). 


<)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1896,  p.  69. 

2)  Engler-Prantl,  Nat.  Pflanzenfam.  IV,  3a,  p.  317,  323. 

3)  Tschirch,  Handbuch  usw.,  II,  2,  p.  921  und  Nachtrag  (von  Briquet)  zu 
p.  921   (in  Heft  35,  August  1913). 

4)  Anatom.  Atlas  d.  Pharmakogn.  usw.     I.  Bd.,  p.  73—77,  Taf.  19. 

5)  Über  Bau  u.  Nerv.  d.  Blattzähne  usw.     Inaug.-Diss.,  Bern  1895. 

6)  Schweinfurth  (Ber.  d.  D.  botan.  Gesellsch.,  II  [1884],  p.  366)  hat  sie  in 
einem  ägyptischen  Grabe  aus  den  Zeiten  der  20.— 26.  Dynastie  (1000—600  v.  Chr.) 
konstatiert. 

7)  Eine  ausführliche  Zusammenstellung  der  Pfefferminzkulturen  in  den  einzelnen 
Ländern  nebst  Literatur  gibt  Tschirch  im  Handbuch,  II,  p.  928 — 932, 


552 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


Zur  Destillation  gelangt  das  getrocknete,  frisch  geschnittene  Kraut. 
Je  nach  der  Erntebereitung  unterscheidet  man  > Blattware«,  d.  s.  die 
durch  Abstreifen  erhaltenen  Blätter^  von  der  »Schnittware«,  die  natur- 
gemäß auch  die  (zerschnittenen)  Stengel  enthält.  Handelsgegenstand  sind 
hauptsächlich  die  Blätter  (Folia  Menlhae  piperitae). 

Mentha  piperita  besitzt  einen  am  oberen  Teile  verzweigten  Stengel 
von  0,3 — 1  m  Höhe.  An  der  Grundachse  entwickeln  sich  violette  Aus- 
läufer, die  sich,  an  die  Oberfläche  gelangt,  häufig  bewurzeln  und  zu 
beblätterten  Stengeln  auswachsen.  Nur  durch  diese  Ausläufer  vermag 
sich  die  Pfefferminze  zu  vermehren;  als  ursprünglicher  Bastard  ent- 
wickelt sie  in  der  Regel  keine  Sa- 
men. Die  Blätter  sind  an  dem 
vierkantigen  Stengel,  wie  bei  allen 
Labiaten,  gekreuzt  gegenständig. 
Die  Blüten  bilden  Scheinquirle, 
welche  einen  gipfelständigen,  ähren- 
fürmigen  Strauß  bilden.  Die  oberen 
Deckblätter  sind  lanzettförmig.  Die 
Zähne  des  rührigen  Kelches,  5  an 
Zahl,  sind  lanzettlich-pfriemlich. 

Die  Blätter  erreichen  eine  Länge 
von  7  und  eine  Breite  von  3  cm. 
Ihr  Hauptumriß  ist  eiförmig  oder 
länglich  eiförmig  zugespitzt;  es  kom- 
men aber  auch  schmal  lanzettliche 
und  elliptisch-lanzettförmige  Blätter 
vor.  Am  Rande,  besonders  gegen 
die  Spitze  hin,  sind  sie  scharf  ge- 
sägt, an  der  abgerundeten  Basis 
Der  Blattrand  ist  wenig  oder  gar  nicht  umgebogen  und 
unbehaart  —  was  für  Mentha  piperita  sehr  charakteristisch  ist.  Nur 
einige  sehr  kleine  Kegelhaare  sind  an  ihm  aufzufinden  i).«  In  ge- 
trocknetem Zustande  erscheint  die  Blattoberseite  dunkelgrün,  die  Unter- 
seite etwas  heller;  mehr  oder  weniger  auf  beiden  Seiten,  besonders  auf 
der  Unterseite  längs  der  Nerven  ist  die  Blattspreite  mit  vereinzelten 
kurzen  Haaren  besetzt,  so  daß  das  Blatt  fast  kahl  erscheint.  Beiderseits, 
vorzüglich  an  der  Unterseite,  finden  sich  die  kleinen  gelblichen,  etwas 
vertieften  Öldrüsen.  Die  Blätter  sind  deutlich  gestielt.  Der  Blattstiel 
erreicht  eine  Länge  von  1  cm.  Vom  Mittelnerv  entspringen  mehrere 
(5—7)  Sekundärnerven  unter  spitzem  Winkel,  die  sich  bogenförmig  nach 


Fig.  206.     JUentha  piperita  L.     1  Blatt,  nat.  Größe, 

2  Blattzahn.    Vergr.  10. 

(1  nach  Vogl,  2  nach  Virchow.) 


j:aDzrandii 


I)  Tschirch-Oesterle,  Anatom.  Atl.,  p.  75,  Taf.  19,  Fig.  2. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter,  553 

dem  Blattrande  hinziehen,  sich  dann  nach  oben  umkrümmen,  Schlingen 
bilden  und  so  miteinander  anastomosieren.  Besonders  charakteristisch 
ist  auch  die  zu  den  Blattzähnen  in  Beziehung  stehende  Nervatur.  Die 
Blattzähne  haben  eine  dreieckige,  kegelförmige  Gestalt,  sie  werden  von 
einem  kräftigen  Nerv  durchzogen,  welcher  sich  unter  der  Wasserspalten 
tragenden  Zahnspitze  stark  pinselförmig  verbreitert  (siehe  Fig.  206). 
Der  Zahnnerv  setzt  sich  mit  dem  nächsten  stärkeren  Bogennerven  durch 
einen  kurzen  Ast  in  Verbindung,  er  selbst  läuft  als  innerer  Randnerv 
weiter  fort  und  bildet  mit  dem  äußeren  Randnerv,  der  sich  etwas  tiefer 
an  den  Zahnnerv  ansetzt,  ein  unteres  zusammengedrücktes  Viereck  i). 

Von  den  Blättern  der  Mentha  viridis  L.  unterscheiden  sich  die 
ganzen  Blätter  der  Pfefferminze  schon  durch  den  Blattstiel,  da  M.  virir- 
dis  ungestielte  Blätter  hat.  Zudem  ist  auch  die  Blattoberfläche  der  M. 
viridis  hell  gefärbt  und  die  viridis-^VAÜQV  besitzen  nicht  den  eigentüm- 
lichen Pfefferminzölduft  der  piperita.  Überdies  ist  der  Blattrand  bei  M. 
viridis  kräftig  umgebogen  und  die  Zähne  sind  schlank,  nähern  sich  denen 
von  M.  crispa  L. 

Über  die  Anatomie 2)  des  Pfefferminzblattes  ist  folgendes  zu  be- 
merken. Das  bifazial  gebaute  Blatt  enthält  eine  Reihe  Palisadenzellen  und 
eine  schmälere  Schwammparenchymschicht.  Im  Hauptnerv  ist  ein  großes 
strahlig  gebautes  kollaterales  Leitbündel,  in  kollenchymatischem  Füllge- 
webe eingebettet,  vorhanden.  Die  Epidermiszellen  beider  Blattseiten  sind 
unregelmäßig  konturiert  mit  stark  wellig-gebuchteten  Wänden.  Spalt- 
öffnungszellen, meist  mit  zwei  Nebenzellen,  treten  auf  der  Unterseite 
reichlich  auf,  auf  der  Oberseite  sind  sie  nur  selten.  Nach  Tschirch 
besitzt  das  Blatt  vornehmlich  auf  der  Oberseite  offene  Wasserspalten. 
Mehrzellige  Deckhaare  sind  nur  an  jugendlichen  Blättern  reichlicher  vor- 
handen, an  ausgewachsenen  selten.  Am  Blattrande  findet  man  einzellige 
Kegelhaare  und  Köpfchen-  oder  Kolbenhaare  mit  ein-  oder  mehrzelligem 
Kopf.  Die  Träger  des  ätherischen  Öles  sind  »die  bis  65 /<  breiten,  reich- 
lich vorhandenen,  etwas  eingesenkten  Drüsenhaare  vom  Typus  der 
Labiatenblüten,  d.  h,  mit  acht  Sezernierungszellen«,  hauptsächlich  auf 
der  Unterseite  (Tschirch). 

Echtes  Pfefferminzöl  ist  farblos,  gelblich  oder  grüngelb  gefärbt, 
von  angenehmem,  erfrischendem  Duft  und  kühlendem,  lang  anhaltendem 
Geschmack.  Es  ist  ziemlich  dünnflüssig  und  wird  mit  zunehmendem 
Alter   dunkler  und   dicker  3].     Als  charakteristischer  Bestandteil  ist   das 


<)  Virchow,  H.,  1.  c,  p.  6  und  Abb. 

2)  Vgl.  die  Pharmakognosien  von  Yogi,  Kraemer,  Moelleru.  a.  Ferner 
Tschirch,  Handbuch,  II,  p.  933;  Hartwich  in  Realenzyklopädie  d.  gas.  Pharm., 
2.  Aufl.,  VIII,  p.  606. 

3)  Gildemeister  und  Hoffmann,  Äth.  Öle,  p.  837. 


554  Neunzehnter  Abschnitt,     Blätter  und  Kräuter. 

Menthol  anzusehen.  Die  Pfefferminzöle  verschiedener  Provenienz  weichen 
oft  bedeutend  in  ihren  physikalischen  und  chemischen  Eigenschaften  ab. 
Überdies  werden  sie  vielfach  verfälscht  und  es  wurden  namentlich  früher 
auch  die  in  den  Pfefferminzkulturen  befindlichen  Unkräuter  mit  verar- 
beitet^). In  den  Welthandel  gelangt  Pfefferminzöl  vornehmlich  aus 
Amerika,  England  (»Mitchamül«),  und  nicht  zum  geringsten  Teile,  viel- 
mehr in  einer  an  die  amerikanische  Produktion  heranreichenden  Menge, 
aus  Japan  2) j  welches  Land  die  ältesten  Kulturen  besitzt.  Französisches 
Öl  wird  in  Frankreich  selbst  verbraucht;  von  in  deutschen  Kulturen  ge- 
wonnenen Ölen  ist  die  sächsische  (Miltitzer)  Sorte  die  beste  und  teuerste. 

Die  Stammpflanze  des  japanischen  Pfefferminzöles  wird  als  Mentha 
canadensis  var.  piperascens  Briq.  bezeichnet.  Nach  den  Untersuchungen 
von  Tschirch^)  hat  die  in  Japan  gebaute  Pflanze  große  langgestielte 
Blätter  von  länglich-ovalem  Umriß,  mit  scharf  gesägtem  Rand  und  in  den 
Blattstiel  verschmälerter  Spreite,  weicht  in  der  Blattform  und  im  Bau  der 
mittelgroßen  Sägezähne  von  M.  piperita  (und  von  M.  arvensis)  ab. 
Hingegen  kommt  in  Japan  wildwachsend  eine  Mentha  vor,  die  sich 
zwar  in  den  Details  des  Leitbündelverlaufes  von  unserer  M.  arvensis 
entfernt*),  jedoch  in  der  Art  der  Behaarung  mit  ihr  übereinstimmt 5). 

Das  japanische  Pfefferminzöl^)  ist  so  reich  an  RIenthol,  daß  es  selbst 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  eine  feste  mit  Ol  getränkte  Kristallmasse 
bildet,  während  amerikanisches  Öl  zwar  im  Kältegemisch  vollständig  er- 
starrt, die  englischen,  sowie  die  ausgezeichneten  sächsischen  Öle  oft  erst 


■1)  F  lückig  er  (Pharmakognosie,  3.  Aufl.,  p.  725,  zählt  als  solche  Unkräuter  der 
großartigen  amerikanischen  Pflanzungen  auf;  Mentha  arvensis  L.,  Erigeron  cana- 
dense  L.,  Erechthites  hieraeifolia  Raf.  und  Ambrosia  trifida  L. 

2)  Nach  Gildemeister  und  Hoffmann,  I.  c,  p.  836,  beträgt  die  jährliche 
Weltproduktion  an  Pfefferminzöl  unter  normalen  Verhältnissen  etwa  175  000  kg,  wo- 
von Nordamerika  allein  etwa  90  000  kg,  Japan  70  000  kg,  England  9000  kg  erzeugen. 

3)  Tschirch-Oesterle,  1.  c,  I,  p.  76. 

4)  Virchow,  H.,  1.  c,  p.  U  und  Fig.  9;  Tschirch-Oesterle,   1.  c,  p.  77. 

5)  Von  der  kultivierten  japanischen  Pfefferminze  werden  zwei  Varietäten,  die 
Aomaru-  und  die  Akamaru-Minze,  unterschieden;  nur  letztere  wird  wegen  der  bes- 
seren Qualität  des  Öles  angepflanzt.  »Die  Ölausbeute  ist  2 — 3  Jahre  nach  der  An- 
pflanzung am  größten  und  wird  dann  allmählich  kleiner,  so  daß  die  Äcker  nach  4 
oder  5  Jahren  neu  bepflanzt  werden  müssen.  Die  Ernte  findet  an  einem  sonnigen 
Septembertage  statt,  vor  dem  Einsetzen  der  Fröste.  Das  geschnittene  Kraut  wird, 
zu  Bündeln  vereinigt,  mit  Strohhalmen  zu  kleinen  Garben  zusammengebunden  und 
auf  den  Dächern  der  Häuser  zum  Trocknen  aufgehängt,  was  3—4  Wochen  in  An- 
spruch nimmt.  \  Acre  liefert  2200 — 3300  Ibs.  trockenes  Kraut.<  Schimmel  &  Co., 
Ber.  -1913,  Oktober,  p.  83. 

6)  Über  die  japanische  Pfefferminzölindustrie  s.  Schimmel  &  Co.,  Ber.  1908 
Oktober,  p.  219  und  1913,  Oktober,  p.  83;  über  Ausfuhr,  I.e.,  April-Oktober  1917 
p.  4  3. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  555 

bei    langem   Verweilen    im   Kältegemisch   kristallinische   Ausscheidungen 
zeigen. 

Pfefferminzöl ,  namentlich  das  japanische,  wird  vielfach  zur  Dar- 
stellung des  Menthols,  eines  gesättigten  sekundären  Alkohols,  von  der 
Formel 

/CHj  -  GH(OH).  /GH, 

QoHigOH  =  CH3  •  CH<  >GH  •  GH< 

\GH2  -  GH2  -/  \GH3 

verwendet,  welches  moderne  Heilmittel  vielfache  Verwendung  findet. 

Auf  die  Ghemie  der  verschiedenen  Handelssorten  des  Pfefferminz- 
öles kann  hier  nicht  eingegangen  werden,  es  sei  deshalb  auf  die  ein- 
gehende Darstellung  dieser  Frage  von  Gildemeister  und  Hoffmann 
(1.  c,  IH,  p.  555)  verwiesen.  Nur  das  eine  sei  hervorgehoben,  daß 
die  trotz  reinen  Rohmateriales  so  differenten  physikalischen  und  chemi- 
schen Eigenschaften  der  Pfefferminzöle  wohl  kaum  anders  zu  erklären 
sind,  als  dadurch,  daß  die  in  den  verschiedenen  Produktionsländern  ge- 
bauten Pfefferminzpflanzen  verschiedene  Kulturrassen  darstellen ;  nur  die 
japanische  Pfefferminze  ist  als  artlich  verschieden  anzusehen, 

9.  Krauseminze. 

Die  Krauseminzen  des  Handels  gehören  verschiedenen  Arten  und 
Varietäten  von  Mentha  an,  deren  gemeinsames  Merkmal  die  blasig-runze- 
lige, am  Rande  krause  Beschaffenheit  der  Blätter  und  der  bekannte 
»Krauseminzgeruch«  sind.  Als  wichtigste  Arten i)  sind  Mentha  longi- 
folia  Hudson  (M.  süvestris  L.)  und  die  nahe  verwandte  Mentha  spi- 
cata  Hudson  (=^  M.  viridis  L.J,  beide  außerordentlich  formenreich,  zu 
bezeichnen.  Doch  sind  nur  zwei  Varietäten  dieser  Arten  hauptsächlich 
in  Kultur;  von  den  deutschen  Krauseminzen  stammen  nach  Tschirch 
95  Proz.  von  Mentha  spicata  Hicds.  var.  crispata  (Schrad.)  Briq. 
(==  M.  crispata  Schrad.) ;  weit  weniger  wird  Mentha  longifolia  Huds. 
var.  undulata  Briq.  kultiviert.  Mentha  crispa  L.  ist  ein  Gemisch  ver- 
schiedener Minzen  mit  krausen  Blättern.  Kulturen  finden  sich  in  Thüringen, 
in  Korneuburg  bei  Wien  und  in  Ungarn,  außerdem  in  den  Bauerngärten, 
besonders  der  Alpenländer. 

Die  russische  Krauseminze  stammt  von  Mentha  verticillata  L. 
var.  strabala  Briq.;  Varietäten  der  Mentha  spicata  Huds.  geben  die 
Spearmint  oder  Grünminze  der  Engländer  und  Amerikaner,  und 
zwar  liefert  M.  s.  var.  trichoura  Briq.  die  englische  Spearmint,  M.  s. 
var.  tenuis  (Michx.)  Briq.  die  amerikanische. 


1)  Nach  der  treffhchen  Bearbeitung  dieser  Droge  von  Tschirch  im  Handbuch 
d.  Pharm.,  II,  2,  p.  11  00  ff. 


556  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Die  Krauseminze  erscheint  entweder  als  getrocknetes,  zur  Blütezeit 
gesammeltes  Kraut  im  Handel  oder  es  werden  bloß  die  Blätter  zur 
Droge  verwendet. 

Das  Blatt  der  Mentha  spicata  Huds.  var.  crispata  Briq.  ist  beider- 
seits grün,  blasig,  am  Rande  kraus-runzelig,  kurz  gestielt,  breit-eirund, 
ungleich  gesägt,   auf  der  Unterseite  mit  zahlreichen  Öldrüsen  versehen. 

Mentha  longifolia  Huds,  var.  iindulata  Briq.  besitzt  unten  kurz- 
gestielte, oben  sitzende  und  halbumfassende  Blätter.  Diese  »besitzen 
eine  bis  1 0  cm  lange  und  fast  ebenso  breite,  beiderseits,  besonders  aber 
unterseits  auf  den  Nerven  behaarte,  rundlich-eiförmige,  am  Grunde  ab- 
gerundet bis  herzförmige,  etwas  krause  Spreite,  die  in  eine  kurze  Spitze 
ausläuft  und  am  Rande  je  8 — 10  grobe,  ungleiche,  verbogene  Sägezähne 
trägt.  Sie  ist  beiderseits  vom  Mittelnerven  von  5 — 6  am  Grunde  sehr 
genäherten  Seitennerven  durchzogen,  zwischen  den  Nervenmaschen  ist 
die  Lamina  blasig  aufgetrieben«,    (Tschirch). 

Das  Blatt  der  amerikanischen  Spearmint  wird  von  Virchow^)  nach 
authentischem  Material  folgendermaßen  beschrieben: 

»Die  Blätter  sind  klein,  länglich  lanzettlich,  kurz  gestielt  oder  sitzend, 
auf  der  Oberseite  tief  grün,  unterseits  hellgrün.  Bau  und  Nervatur  der 
Zähne  näherte  sich  sehr  unserer  viridis.  Ein  direkt  von  der  Spitze  des 
Zahnnervs  auslaufender  äußerer  Randnerv  bildet  mit  dem  inneren  Rand- 
nerv ein  herabgezogenes  Viereck.  Die  Blätter  trugen  ganz  vereinzelte, 
gekrümmte  Haare  auf  den  Nerven  und  am  Blattrande,  welcher  umge- 
bogen war.  Öldrüsen  waren  zahlreich.«  Mit  diesem  Befund  stimmen 
auch  die  Herbarexemplare. 

Aus  der  Krauseminze  wird  das  Krauseminzöl  gewonnen,  von  dem 
es  im  Handel  drei  Sorten  gibt,  das  deutsche,  das  aus  der  deutschen 
Krauseminze  dargestellt  wird,  das  englische  und  amerikanische  aus 
der  Spearmint  und  das  russische. 

Deutsches  Krauseminzöl  wird  nur  noch  in  Thüringen,  und  zwar  aus 
dem  beim  Trocknen  der  für  den  Medizinalgebrauch  daselbst  gebauten 
Pflanze  sich  ergebenden  Blätterabfall  dargestellt.  Das  amerikanische 
Krauseminzöl  oder  Grünminzöl  wird  in  den  Staaten  New  York  und 
Michigan  aus  dem  frischen  Kraut  destilliert. 

Krauseminzöl  2)  bildet  eine  farblose,  gelbliche  oder  grünlichgelbe 
Flüssigkeit  von  dem  charakteristischen,  durchdringenden  anhaftenden 
widerlichen  Geruch  der  Krauseminze.  Durch  Alter  und  durch  Stehen 
an  der  Luft  wird  das  Ol  dicker  und  dunkler.  Deutsches  Öl  enthält 
45 — 56  Proz.  1-Carvon  (der  wertvollste  Bestandteil  des  Öles),  ferner  Di- 


\)  Virchow,  1.  c,  p.  H   und  Fig.  5. 

2)  Gildemeister  und  Hoffmann,  1.  c,  II.  Aufl.,  III.  Bd.,  p.  590. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  557 

penten,  Cineol  und  Phellandren.  Das  aus  ungarischer  Minze  destillierte 
Öl  ist  reicher  an  Carvon  (bis  72  Proz.).  Spearmintöl  enthält  außer  Carvon 
(56 — 66  Proz.)  nach  Power  auch  1-Pinen  und  I-Limonen.  Das  in  Ruß- 
land produzierte  Krauseminzöl  riecht  nur  schwach  krauseminzartig,  ist 
arm  an  Carvon  (o — 1  0  Proz,),  dagegen  sehr  reich  an  I-Linalool  (50  bis 
60  Proz.)  und  an  Cineol  (20  Proz.).  Über  den  den  eigentümlichen  Geruch 
bedingenden  Körper  des  Öles  herrscht  noch  nicht  völlige  Klarheit.  Der 
Geruchsträger  des  deutschen  Krauseminzöles  (der  aber  dem  amerikani- 
schen fehlt!)  ist  ein  essigsaurer  Alkohol,  das  Dihydrokuminylazetat  (nach 
Elze). 

Krauseminzöl  wird  neuerdings  von  den  amerikanischen  Kaugummi- 
fabrikanten viel  benutzt  i). 

10.  Patschuli. 

In  Europa  wurde  der  Patschuliduft  zuerst  durch  die  damit  parfü- 
mierten ostindischen  Schals  bekannt.  Seit  den  zwanziger  Jahren  des 
vorigen  Jahrhunderts  wird  das  Patschulikraut  nach  Europa  gebracht 
und  bildet  gegenwärtig  immer  noch  einen  der  wichtigsten  Artikel  der 
Parfümeriebranche^). 

Echter  Patschuli  (Patchouli,  Patchouly)  besteht  nach  den  Unter- 
suchungen von  P eilet ier3)  aus  den  Blättern  einer  Labiate,  welche  er 
als  Pogostemon  Patchouly  neu  beschrieb.  J.  D.  Hooker*)  hat  später 
die  Identität  dieser  Art  mit  dem  Pogostemon  Hayneanus  Benth.  nach- 
gewiesen. Durch  die  Kultur  dieser  Art  sind  verschiedene  Formen  ent- 
standen. Die  Eingeborenen  Indiens  bezeichnen  im  Gegensatz  zum  wilden 
Patschulikraut  »Dhelum  Outan«  die  in  den  an  den  Küsten  gelegenen 
Ländern  Indiens  gezogenen  Kulturpflanzen  als  > Dhelum  wangi«.  J.  Mur- 
ray &)  bezeichnet  die  Kulturpflanze  als  var.  suavis.  Briquet^)  sieht 
diese  als  gute  Art,  Pogostemon  suave  Ten.^  an  und  bemerkt  hierzu, 
daß  diese  Pflanze  den  einheimischen  Namen  »Pucha-pat«  führt,  nur 
kultiviert  vorzukommen  scheint  und  einen  großen  Teil  des  im  Handel 
sich  befindlichen  Patschuliöles  liefert.  Daß  der  käufliche  Patschuli  nicht 
allein  von  P.  Patchouli  abstammt,  hat  schon  Wiesner^)  nachgewiesen. 

1)  Tschirch,  I.e.,  p.  1-104;  daselbst  auch  ausführliches  Literatur-Verzeichnis 
über  die  verschiedenen  Krauseminzöle. 

2)  Nach  Tromp  de  Haas  (Patschuly  und  Patschulykultur,  Teysmannia,  XV 
(1904),  p.  474,  zit.  nach  Just,  Bot.  Jahrb.  1905)  wurde  Patschuly  erst  1850  in  Eng- 
land eingeführt. 

3)  Mem.  Soc.  Sc.  Orleans,  V,  p.  5.     Mit  Abbildung. 

4)  Hooker,  J.  D.,  Flora  of  British  India,  IV  (1885),  p.  634. 

5)  Watt,  Diction.  econ.  prod.  of  India,  VI,  1    (1892),  p.  307. 

6)  Labiatae  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien,  IV,  3a,  p.  330. 

7)  Wiesner,  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  685. 


558 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


Die  echte  Patschulipflanze,  Pogostemon  Haijneanus,  wird  haupt- 
sächlich in  Ostindien^),  wo  sie  nach  Hooker  von  Bombay  südwärts 
auch  wild  vorkommen  soll,  in  ausgedehntem  Maße  kultiviert 2),  haupt- 
sächlich in  den  Straits  Settlements,  auf  Penang,  sowie  in  der  Provinz 
Wellesley  (Hinterindien).  Die  besten  Sorten  von  Patschuli  gelangen  von 
Singapore  in  den  Handel,  von  Calcutta  und  Bombay  kommen  schlechte, 
namentlich  stengelreiche  Qualitäten  in  den  Handel.  Wahrscheinlich  über 
Calcutta  kommt  auch  der  Patschuli  von  Assam  (im  Silhet-  und  Khasia- 
gebirge  gebaut)  in  den  Verkehr,  Er  stammt  von  JSIicrotoena  insiiavis, 
Prain  (Gomphostemyna  insuave  Hance^  M.  cymosa  Prain^).  Plectran- 
thus  Patschouli  Clarke)  ab.     Diese  Pflanze  kommt  in  China,   Tonking, 

Siam,  Birmah,  Assam  und  in  Java  vor. 
In  letztere  Gebiete  wurde  sie  wahr- 
scheinlich verschleppt. 

E.  M.  Holmes^)  unterscheidet 
5  Sorten  von  Patschuli  und  gibt  auch 
ihre  Stammpflanzen  an.  Hierbei  scheint 
er  übersehen  zu  haben,  daß  P.  Pat- 
schouli synonym  mit  P.  Hayne- 
anus  ist: 

1.  Patöchuli  des  europäischen 
Handels:   Pogoste?non Patchouli Pellet. 

2.  Patschuli  von  Bombay  (>Pat- 
cha«):  P.  Hayneanus  Benth.  Der 
einheimische  Name  Patcha  hat  mit  dem 
oben  bei  P.  suave  erwähnten  einige 
Ähnlichkeit,  so  daß  wahrscheinlich  P. 
suave  Ten.  hier  gemeint  ist. 

3.  Patschuli  von  Java  (»Dilem«): 
P.  comosiis  Jliq. 

4.  Blüten  loser  Patschuli  von 
Java:  P.  Patchouli  Pellet. 

PatschuU  von  Nordindien  und  Assam:  Microtoena  cymosa  Prain. 


Fig.  207.    A  natürliche  Größe.    Ein  Blatt  von 
I  ogostemon  Patchuli.    B  Yergr.  300.    Ein  Haar 
Ton  der  Unterseite  des  Blattes,    a  Zusammen- 
gefallene Zelle,     c  Kutiknla.     (Wiesner.) 


1  Auf  Mauritius  und  Reunion,  sowie  auf  Java  wird  ebenfalls  Patschuli  produ- 
ziert. In  Paraguay,  sowie  auf  den  westindischen  Inseln  Dominica,  Guadeloupe  und 
Martinique  werden  Anbauversuche  gemacht.  Gildemeister  und  Hoffmann,  Äth. 
Öle,  p.  855. 

2)  Über  den  Anbau  und  die  Destillation  (Patschuliöl)  von  Patschuli  auf  Malakka 
Tgl.  Kew  Bull.  1889  (Juni). 

3)  Holmes,  Pharm.  Journ.  (London),  Vol.  56  (1896;,  p.  222. 

4)  Pharm.  Journ.  LXXX  (1908),  p.  349. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


559 


) 


Was  den  Patschuli  von  Java  betrifft,  der  von  P.  comosus  MiqJ) 
abgeleitet  wird,  so  ist  hierzu  anzuführen,  daß  die  genannte  Pflanze  zu 
den  von  den  Malayen  als  »Dilem«  bezeichneten  Pflanzen  gehört,  worunter 
sie  eine  Anzahl  patschuliähnlich  riechender  Pflanzen  verstehen.  Zu 
diesen  gehört  auch  der  gleichfalls  auf  Java  vorkommende  P.  mentho- 
ides  Bl.,  dessen  ätherisches  Öl  schon  Wiesner^)  als  gleich  oder  ähnlich 
dem  von  P.  Hayneanus  be- 
zeichnet hat. 

Das  echte  Patschuliblatt 
(Fig.  207  und  208)  ist  lang- 
gestielt, eiförmig,  spitz  oder 
zugespitzt  und  zeigt  am  Blatt- 
grunde ein  verschiedenes 
Verhalten.  Es  ist  entweder 
in  den  Blattstiel  verschmä- 
lert (wie  in  Fig.  207)  oder 
es  verläuft  nur  sehr  kurz  in 
den  Blattstiel  oder  es  ist 
endlich  fast  abgerundet;  die 
mir  aus  dem  Handel  vor- 
liegende Ware  zeigt  durch- 
weg dieses  Verhalten,  das 
auch  in  Fig.  208  gezeichnet 
ist.  Der  Blattrand  ist  ge- 
kerbt, die  Kerben  sind  ge- 
zähnt, hier  und  da  auch 
gesägt.  Bei  P.  suave  wer- 
den die  Kerben  so  tief,  daß 
das  Blatt  als  gelappt  be- 
zeichnet werden  kann.  Die 
Nervatur  verhält  sich  folgen- 
dermaßen: von  dem  mäßig  starken,  auf  der  Unterseite  hervortretenden 
Mittelnerv  zweigen  beiderseits  je  5—6,  ziemhch  kräftige  Sekundärnerven 
unter  einem  Winkel  von  45°  ab;  vor  dem  Blattrande  teilen  sie  sich  in 
zwei  Äste,  von  denen  der  untere  zu  dem  nächsten  größeren  Kerbzahne 
zieht  und  sich  mit  dem  vorhergehenden  Sekundärnerv  verbindet;  der 
obere  Ast  bildet  mit  dem  nächsten  oberen  Sekundärnerv  eine  Schlinge, 


Fig.  208.    Pogostemou  Hayneanus  Benth.    Großes  Blatt  i 
indischen  Exemplares.    Natürl.  Größe.    (Krasser.) 


1)  Ein  daraus  gewonnenes  Öl  (Dilemblätteröl)  hat  nach  Schimmel  &Go.,  Ber. 
Okt.  ■ISSS,  p.  42  einen  wesentheh  feineren  und  weniger  dumpfigen  Geruch  als  echtes 
Patschuliöl. 

2)  Rohstoßfe,  \.  Aufl.,  p.  667. 


560 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


indem  er  sich  mit  dessen  unterem  Gabelast  verbindet.  —  Beide  Blatt- 
flächen sind  behaart,  die  untere  ist  gelblich  graufllzig.  Die  Handelsv/are 
besteht  aus  Knäueln  der  zusammengeballten,  zerknitterten  Blätter  und 
aus  abgebrochenen  Blattstielen;  in  den  schlechteren  Sorten  sind  auch 
zahlreiche  Stengelstücke  enthalten;  die  Ballen  sind  gelbbräunlich,  sinken 
nach  Einweichen  in  Wasser  nach  einiger  Zeit  unter  und  färben  es  in- 
tensiv gelbbräunlich,  auch  der  charakteristische  Patschuliduft  wird  dem 


S  rf^to 


'^ii4Af>/t1V¥ 


WYY  n  r 


(?(K.:.- 


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Fig.  209.  Patschnliblatt  des  Handels.  Partie  eines  Querschnittes,  tp  Oberhaut  der  Oberseite, 
is  Sockelzellen  des  Haares  Ji,  pa  Palisadenparenchym,  seh  Schwammparenchym,  g  Gefäße,  6  Bastfasern, 
kr  Kristallrosette,  cp'  Epidermis  der  Unterseite,  d  Kopfdrüsenhaar  mit  karrer,  dl  solches  mit  langer 
quergeteilter  Stielzelle,  d  7/ Köpfchendrüsenhaar  mit  zweizeiligem  Köpfchen,  d  HI  blasige  Hautdrüsen 
mit  ku  Kntikula  und  s  Sekret,  d  IV  innere  Drüsenhaare.     Vergr.  400. 


bewahrt.  Am  frischen  Blatte  kann 
man  an  der  Unterseite  schon  mit  freiem  Auge,  deutlicher  mit  der  Lupe, 
eingedrückte  Punktstellen  wahrnehmen,  die  von  den  in  Vertiefungen 
sitzenden  Hautdrüsen  herrühren.  Nach  Solereder^)  werden  bei  der 
Betrachtung  des  lebenden  Blattes  von  der  Oberseite  her  im  durchfallenden 
Licht  durchscheinende  Stellen  sichtbar,  während  sie  von  der  Unter- 
seite her  nicht  beobachtet  werden  können.  Die  Histologie  des  Blattes 
gibt  hierüber  Aufklärung. 


1)  Bemerkenswerte   anatomische  Vorkommnisse   bei   einigen  Drogen.     Arch. 
Pharmazie  245  (1907),  p.  407. 


Neunzehnter  Abschnitt. 


ätter  und  Kräuter. 


561 


Der  anatomische  Baui)  des  Patschuliblattes  bietet  einige  sehr  inter- 
essante Einzelheiten,  darunter  ein  höchst  selten  im  Pflanzenreich  auf- 
tretendes Vorkommnis. 

Das  bifazial  gebaute  Blatt  besitzt  eine  Reihe  ziemhch  kurzer  Palisadenzellen 
(Fig.  209joa)  und  ein  liickiges  Merenchym,  alle  Zellen  dicht  von  Inhaltskörpern  (vor- 
waltend Chlorophyllkörnern)  erfüllt.  In  einzelnen  Zellen  findet  sich  Kalziumoxalat  in 
Häufchen  von  Kristallnadeln,  sehr  selten  kommen  Rosetten  vor  (Fig.  209 /er).  Schon 
bei  flüchtiger  Beobachtung  fallen  im  Querschnitt  zahlreiche,  verschieden  große  lichte 
Stellen  auf,  in  denen  in  einem  mit  heißer  Kalilauge  behandelten  Präparate  blaßgelb- 
liche,  stark  lichtbrechende  Körper  aufleuchten.  Es  bedarf  einer  sehr  sorgfältigen  auf- 
hellenden Behandlung,  um  sich  über  die  Beschaffenheit  dieser  Stellen  klar  zu  werden. 
Den  eingehenden  Untersuchungen  Solered  er  s  (I.e.)  erst  verdanken  wir  eine  genaue 
Darstellung  dieser  merkwürdigen  Verhältnisse.  In  den  großen  Interzellularräumen 
befinden  sich  Sekretzellen  von 

der    Art    der   blasigen   Haut-  h  k 

drüsen,  die  mit  einigen  kurzen 
und  schmalen  Stielzellefl  ver- 
sehen sind,  also  echte  in- 
nere Drüsenhaare  bilden 
{Fig.  209  f^^*').  Als  >zusam- 
mengefallene ,  in  Kalilauge 
aufquellende  bräunliche  Drü- 
sen<  hat  sie  übrigens  schon 
W  i  e  s  n  e  r  (1.  c.)  erkannt,  wäh- 
rend sie  Paschkis  ganz 
übersehen  zu  haben  scheint, 
weil  er  sie  gar  nicht  erwähnt. 
Diese  inneren  Drüsen 
>sitzen  mit  einem  Stiel  aus 
2 — 3  verkorktwandigen  und 
zuweilen  noch  Chlorophyll 
enthaltenden  Zellen  Meso- 
phyllzellen auf  und  ragen  mit 
ihrem  kugeligen,  schlauch- 
förmigen oder  unregelmäßig  gelappten  einzelligen  Drüsenköpfchen  in  die  Interzellu- 
laren des  Mesophylls  oder  drängen  sich  mit  demselben  zwischen  die  Mesophyllzellen 

ein.     Der  Stiel   entspringt   an   der  unteren  Wand    von  Zellen  des   einschichtigen 

Palisadenparenchyms  oder  seitlich  an  Zellen  der  zweiten  Mesophyllschicht.  Die  Drüsen 
finden  sich  übrigens  noch  in  den  größeren  Nerven,  dort  in  dem  unterseitigen  paren- 
chymatischen  Begleitgewebe  und  haben  dort  gewöhnlich  ein  schlauchförmiges,  in 
Richtung  der  Nerven  gestrecktes  Köpfchen<  (Soler  eder^) ).     Sie  sind  es,  die  auf  der 


Fig.  210.    Patschuliblatt.    Epidermis  der  Blattoberseite  von 

der   Fläche,    h   Deckhaar,    i  Insertionsstellen   von    Deckhaaren, 

s  Sockelzellen,  Ic  Kappen  der  Epidermiszellen.     Vergr.  350. 


1)  Wiesner,  Rohstoffe,  i.Aufl.,  p.  686.  —  Paschkis,  Folia  Patchouli  des 
Handels,  Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.  17,  1879,  p.  415 — 420;  daselbst  auch 
Abbildungen  der  zur  Verfälschung  des  Patschuli  dienenden  Blätter.  —  Sole  reder, 
1.  c,  p.  406  ff.  —  Zornig,  Arzneidrogen  II  (1911)  p.  205. 

2)  Wie  Solered  er  (1.  c.)  bemerkt,  zeigt  sich  hier  (und  bei  den  bekannten  inneren 
Drüsenhaaren  in  den  Rhizomen  der  Polypodiaceen)  deutlich,  »daß  die  Mesophyllzellen 
zuweilen  dieselben  Gebilde  hervorzubringen  imstande  sind,  wie  die  Zellen  des  Haut- 
gewebes«. 

Wiesner,  Rohstoife.    III.  Band.     3.  Aufl.  36 


562 


Neunzehnter-Abselmilt. 


lälter  und  Krauter. 


Oberseile    des    Blattes   im   durchfallenden   Lichte    sich    als    helle    Stellen    bemerkbar 
machen. 

Über  die  Zusammensetzung  der  Blattnerven  ist  anzugeben,  daß  diese  kollaterale 
Leitbündel  enthalten  und  daß  auch  in  den  zarten  Nerven  (Fig.  209^,  b)  ein  Bastfaser- 
belag vorhanden  ist. 

Wir  wenden  uns  nun  den  Epidermen  und  den  reich  gegUederten  Epidermal- 
bildungen  zu.  Die  Oberhaut  der  Oberseite  besteht  aus  unregelmäßig  konturierten, 
mit  gebuchteten  Wänden  versehenen  Zellen,  auf  denen  beiläufig  in  der  Mitte  der 
Zellenoberfläche  ein  mehr  oder  weniger  deuthcher  Ring  oder  eine  elliptische  Falte 
aufzusitzen  scheint  (Fig.  2-1 0^).  Im  Querschnitt  (209  ep)  zeigen  sich  die  Außenwände 
der   Epidermiszellen   stark   verdickt    und   kuppenförmig   wie   Papillen   emporgewölbt, 

ein  für  das  Patschuhblatt  sehr  charakteristi- 
t-i        ^-n,..,    -»^  ^  sches  Verhalten;  die  Kuppenscheitel  sind  es, 

f  r^    ^)       "  '  '  die  in  der  Flächenansicht  als  oben  aufsitzende 

I    p.-  -  Ringe  (Fig.  209Ä;)  erscheinen. 

Die  Oberhautzellen   der  Blattunterseite 
a  sind    viel     stärker    wellenförmig    gebuchtet 

(Fig.  21 1 )  als  die  dfer  Oberseite,  im  Quer- 
schnitt kleiner,  die  nur  wenig  verdickten 
Außenwände  sind  auch  nicht  kuppenförmig 
hervorgewölbt.  An  der  Unterseite  treten  auch 
zahlreiche  kleine,  breitelliptische  Spaltöffnun. 
gen  (Fig.  209 sp)  auf,  während  an  der  Ober- 
seite nur  sehr  selten  eine  Spaltöffnung  auf- 
zufinden ist;  zumeist  sucht  man  eine  solche 
vergebens.  Die  Spaltöffnungen  entsprechen 
dem  Labiatentypus:  sie  sind  von  zwei  quer 
zum  Spalte  gestellten  Nebenzellen  begleitet. 
Auf  beiden  Epidermen  findet  man  ge- 
ghederte,  d.  h.  einzellreihige,  dickwandige 
Deckhaare.  Sie  sitzen  fast  immer  auf 
sockelartig  emporgehobenen  Epidermiszellen 
(Fig.  209 — 21-18,  h),  und  zwar  anscheinend  in 
Relation  mit  der  Größenentwicklung  des 
Haares,  auf  je  zwei,  drei  oder  mehreren  (im 
Kreise  angeordneten)  Zellen.  Die  Insertions- 
sich  als  dickwandige  Ringe  dar  (Fig.  210«'). 
die  Teilzellen  meist  in  der  Längsmitte  ver- 


n 


'^^^^j^U 


j' 


Fig.211.  Patsehuliblatt.  Epidermis  der 
Blattunterseite  von  der  Fläche,  sp  Spalt- 
öifnungen,  n  n  NeVienzellen  derselben,  /(  Deck- 
Laar,  s  Sockelzellen,  d,  d  11  Drüsenhaare. 
Vergr.  350. 


stellen   der   (abgefallenen)  Haare  stellen 

Die  Haare  sind  \ — 3-,  selten  mehrzellig, 

schmälert,  an  den  Enden  verbreitert,  in  ihrem  Verlaufe  daher  schenkelknochenförmig, 

die  Endzelle   läuft   in   eine   scharfe  Spitze   aus.     Die  Oberfläche  ist    durch  Kutikular- 

verdickungen  fein  gestrichelt. 

Weiter  trägt  die  Oberhaut  beider  Blattseiten  Köpfchendrüsenhaare,  die 
aus  einer  auf  der  Oberhautzelle  aufsitzenden  Stielzelle  und  einem  ein-  oder  zwei- 
zelhgen  Köpfchen  bestehen  (Fig.  209,  211^,  cU,  d^^);  mitunter  ist  die  Stielzelle  be- 
deutend verlängert  und  kann  auch  durch  eine  Querwand  in  zwei  Zellen  geteilt  sein 
(Fig.  äOg^Z-f).  Die  Teilungswand  des  zweizeiligen  Köpfchens  steht  immer  senkrecht 
zur  Blattoberfläche,  also  parallel  zur  Längsachse  des  Drüsenhaares.  Die  Köpfchen- 
zellen sind  dicht  von  einem  (homogenen?)  Inhaltskörper  erfüllt;  ein  Abheben  der 
Kutikula  (behufs  Deponierung  des  Sekrets)  findet  nicht  statt. 

Endhch  finden  sich  an  der  Oberhaut  beider  Blattseiten  blasige  Hautdrüsen, 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Krauter. 


563 


die  in  Vertiefungen  des  Blattes  sitzen.  An  der  Blattoberseite  sind  diese  Vertiefungen 
nur  durch  eine  geringe  Einsenkung  der  betreffenden  (kuppenfreien)  Epidermisstelle 
gebildet,  da  schon  die  Zellkuppen  der  Nachbarzellen  über  die  Drüse  hervorragen 
(Fig.  <i09d^^i  oben).  An  der  Blattunterseite  hingegen  senkt  sich  die  Oberhaut  zu  einer 
tiefen  Grube  ein  (Fig.  '209 cU^^  unten],  in  der  die  Hautdrüse  geborgen  sitzt,  und  daher 
kommt  es,  daß  man  nur  an  der  Unterseite  die  oben  erwähnten,  eingedrückten  Punkt- 
stellen wahrzunehmen  in  der  Lage  ist. 

Die  blasigen  Hautdrüsen  der  Oberhaut  sind  genau  so  gebaut  wie  die  »inneren 
Haardrüsen«.  Nur  besitzen  sie  eine  einzige  Stielzelle,  an  die  die  Kopfzelle  grenzt; 
die  auf  deren  Außenwand  ursprünghch  angelagerte  Kutikula  (Fig.  '209  d^^^  oben,  ku] 
ist  von  der  Wand  abgehoben  und  bildet  eine  Blase,  in  deren  Innenraum  sich  das 
Sekret  (Fig.  209  aS)  ansammelt.  In  der  Handelsware  ist  die  Blase  nicht  selten  ein- 
gedrückt und  flach. 


Fig.  212.      A  natürliche  Größe.      ürena   lohata  var.  sinuosa  Miqu.  aus   einem  P.itschuli  des  Handels. 
BC  Vergr.  ?.00.    Haare  von  der  Unterseite  des  Blattes.     B  Sternhaar,    C  einfaches  Haar.    (Wiesner.) 

Das  Patschuliblatt  besitzt  nach  diesen  Erörterungen  demnach  5  Arten 
von  Haargebilden,  von  denen  4  Formen  als  Sekretionsorgane  fungieren: 
\.  Köpfchendrüsenhaare  mit  einzelligem;  2.  solche  mit  zweizeiligem 
Köpfchen;  3,  blasige  Hautdrüsen i)  mit  einer  Stielzelle  (und  einer 
Kopfzelle)  auf  den  Epidermen  und  4.  innere,  mit  mehrzelligem  Stiele 
einer   Mesophyllzelle    aufsitzende    Drüsenhaare    (mit    einer    Kopfzelle); 


Patschuli    wird    sehr    stark    verfälscht.     Bisher    wurden    als    Bei- 
mengungen festgestellt : 


-1 )  Die  blasigen  Hautdrüsen  des  Patschuliblattes  weichen  von  denen  der  meisten 
Labiaten  insofern  ab,  als  der  Stielzelle  nur  eine  Sekretzelle  aufsitzt,  während  typisch 
4,  8,  16  radial  gestellte  Sekretzellen  vorhanden  sind,  die  die  Basis  des  mit  Sekret 
erfüllten,  von  der  abgehobenen  Kutikula  gedeckten  Raumes  bilden.  (Vgl.  auch  ,So- 
lereder,  System.  Anat.  d.  Dikot.,  p.  721.) 

36* 


564  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter, 

Ociinum  Basüicum  L.  var.  pilosum  (Labiate),   malayisch  »ruku«. 
TJrena  sinuata  L.  (Malvacee),  malayisch  »perpulut«   (Fig.  SiG). 
JJ.  lobata  L.  var.  sinuosa  Miqu.  (Fig.  215). 
Plectranthus  fruticosus   Wight  (Ostindien). 
Lavatera  Olbia  L.  (Malvacee)  Südeuropa. 
Pavonia   Weldenii  (Malvacee)  kommt  im  Ind.  Kew.  nicht  vor. 
Namentlich  die  Blätter  der  beiden  erstgenannten  Pflanzen  werden 
manchmal  bis  zu    80  Proc.  in    den  Patschuliballen    vorgefunden.     Auch 
bis  zu  50  Proz.  Sand  und  Erde  und  bis  35  Proz.  Feuchtigkeit  wurden  nach 
Gildemeister  und  Hoffmann  beobachtet. 

Patschuh  wird  in  großen  Mengen  zur  Darstellung  des  Patschuliöles 
verwendet.  Die  Destillation  findet  zum  geringeren  Teile  in  Indien,  der 
Hauptmasse  nach  in  Europa  statt.    Auch  in  Indien  wird  die  getrocknete 

daß  sich  der  riechende 
rungsvorgang  bildet,  ge- 
legentlich einer  in  den  Trocknungsprozeß  einge- 
schalteten Häufung  bis  zu  leichter  Erwärmung  i). 
Die  Blätter  des  frischen  Patschulikrautes  sind  ohne 
jeden  Duft. 

Das  ausschließlich  in  der  Parfümerie  ver- 
wendete Patschuliöl  ist  eine  gelblich-  oder  grün- 
lichbraune bis  dunkelbraune,  sehr  dicke  Flüssig- 
Kleines  Biat't.  "Nat.  Größe,  keit,  aus  der  sich  beim  Stehen  manchmal  Kristalle 
abscheiden.  Der  Duft  des  Öles  ist  außerordentlich 
intensiv,  anhaftend  und  aufdringlich;  durch  sehr  langes  Aufbewahren 
des  Öles  soll  er  feiner  und  angenehmer  werden 2).  Der  Duftstoff  des  Öles 
ist  noch  nicht  isoliert.  Es  enthält  PatschuUalkohol  CisHjßO  (nachMont- 
golfier,  Compt.  rend.  Vol.  84  [1877]  p.  88)  und  Gadinen3),  G,5H24, 
sowie  Azulen  (Coerulein).  Der  Patschulialkohol  bildet  bei  Einwirkung 
wasserentziehender  Mittel  (wie  Salzsäure,  Schwefelsäure  usw.)  einen  eigen- 
tümlich, nach  Zedernholz  riechenden  Kohlenwasserstoff  C15H24,  der  Pat- 
schulen genannt  wurde^). 


\)  Siehe  Sawer,  Odorographia,  I,  p.  297  (Bericht  von  Fischer  in  Singapore) 
und  Tromp  de  Haas,  1.  c.  In  Indien  werden  die  Blätter  auf  Bambushürden  aus- 
gebreitet und  von  Zeit  zu  Zeit  umgewendet,  bis  sie  nur  mehr  den  dritten  Teil  ihres 
Gewichtes  haben,  also  noch  nicht  ganz  getrocknet  sind.  Nun  werden  sie  in  Ballen 
zu  etwa  40  Pfund  verpackt  und  machen  auf  der  Reise  nach  Europa  noch  eine  Gärung 
durch,  wobei  sich  erst  der  kräftige  Patschuliduft  entwickelt. 

2)  Rodie  in  Chem.-Ztg.  -1905. 

3)  Wallach,  Liebigs  Annal.,   Bd.  238  (ISS?),  p.  81. 

4)  Über  andere  Bestandteile  des  Patschuliöles  vgl.  Schimmel  &  Co.,  Ber.  April 
1904. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

11.  Tabak. 


565 


Als  Tabak,  der  mit  den  »geistigen  Getränken«  zu  den  auf  der 
ganzen  Erde  verbreiteten  Genußmitteln  gehört  und  als  Monopol-  oder 
Steuerobjekt  eine  sehr  wertvolle  Einnahmequelle  der  Staatsverwaltungen 
darstellt,  werden  die  Blätter  verschiedener  Arten  und  Varietäten  der 
Gattung  Nicotiana  verwendet.    Die  Kulturgebiete  derselben  umfassen  die 


Fig.  214.      Nicotiana  Tabacum  L.     Typische  Blattformen,     i/s  natürl.  Größe.     1  N.  T.  Ya,i.  fniticosa 
2  var.  lancijolia.     3  var.  virginica  (Form  Ton  havanensis?).     i  var.  havanensis. 

heiße  und  die  gemäßigten  Zonen  in  Nord-  und  Südamerika,  in  Europa 
(hauptsächlich  Österreich-Ungarn,  Deutschland,  Holland  und  Rußland), 
Nordafrika  und  in  Asien.  Am  lohnendsten  erscheint  der  Anbau  des  Tabaks 
zwischen  dem  35.°  n.  B.  und  dem  32.°  s.  B.,  doch  gedeiht  er  noch  in 
Japan  bis  zum  52.°,  in  Europa  (Skandinavien)  bis  zum  62.°  n.  B.  Bei  der 
großen  Variations-  und  Hybrid ationsfähigkeit  der  Arten  und  bei  der  be- 


566 


Neunzelmter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


deutenden  Verschiedenheit  der  einzelnen  Kulturgebiete,  derzufolge  die 
Beschaffenheit  der  einzelnen  Art  bzw.  Form  Veränderungen  unterworfen 
ist,  ist  es  begreiflich,  daß  die  Eigenschaften  der  Handelsprodukte  außer- 
ordentlich mannigfaltig  sein  müssen  und  die  Zahl  der  Sorten  eine  sehr 
hohe  ist. 

Die  erste  wissenschaftlich  bedeutungsvolle  Bearbeitung  der  Gattung 
Nicotiana  rührt  von  Dunal  her,  der  sie  in  De  Gandolles  Prodromus 
i.  J.  1852  veröffentlichte.  Er  gliederte  die  Gattung  in  2  Abteilungen 
nach  der  Zahl  der  Fruchtknotenfächer,  und  zwar  in  die  Didiclya  mit 

zweifächerigem  und 
in  die  Polydiclya 
mit  vier-  oder  acht- 
fächerigem Frucht- 
knoten. 

In  neuerer  Zeit 
ist  eine  Monographie 
von  0.  Gomes^)  er- 
schienen, derim  Jahre 
1905  ein  Nachtragt) 
(betreffend  die  Ein- 
beziehung vieler  Han- 
^_)\J  /d— -.  |Jr/  delstabake  in    das 

C==^L=J   ■''  A^Cv      ^  System)  folgte.    Eine 

Abhandlung  über  die 
typischen   Varietäten 
der  Hauptart   Nico- 
tiana   Tabacum    ist 
von  Anastasia3)  veröffentlicht  worden.  Dem  österreichischen  Nicotianen- 
forscher  Dr.  Karl  Preißecker^)  verdanken  wir  nebst  zahlreichen  Einzel- 
arbeiten über  Kulturverhältnisse,  Kulturbedingungen,  'tierische  und  pflanz- 


Fig.  215.     Vs  natürl.  Größe.      1  Nicotiana  tabacum  L 
2  Nicotiana  pvrpmea. 


rar.  havanensis. 


1)  0.  Comes,  Monographie  du  genre  iWco^mwa  comprenant  le  classement  bo- 
tanique  des  tabacs  industriels.  Naples  1899.  —  Histoire,  Geographie  et  Statistique 
du  Tabac.  Naples  1900.  —  Eine  bis  ins  Jahr  1898  reichende  Übersicht  der  wichti- 
geren Literatur  über  Tabak  hat  Sadebeck,  Die  Kulturgewächse  der  deutschen 
Kolonien,  Jena  1899,  p.  223 — 225,  gegeben. 

2)  0.  Comes,  Delle  razze  dei  tabacchi  filogenesi,  qualitä  ed  uso.    Neapel  1905. 

3)  Le  varietä  tipiche  della  Nicotiana  Tabacum.  Bolletino  tecnico  della  coltiva- 
tione  dei  tabacchi  1906. 

4)  Einiges  über  die  Systematik  der  Gattung  Nicotiana.  Fachliche  Mitteilungen 
der  k.  k.  österr.  Tabakregie,  Wien  1907,  Heft  3,  p.  69  ff.  —  In  der  neuesten  Arbeit 
von  Preißecker:  Der  Tabakbau  und  die  Ausbildung  des  Tabaks  zum  industriehen 
Rohstoffe,  I.  Bd.,  allgemeiner  Teil,  Wien  1914,  ist  die  systematische  Stellung  der  Arten 
wieder  etwas  abgeändert. 


J 


Neunzehnter  Abschnitt.     Bhitter  und  Kräuter. 


567 


liehe  Schädlinge  und  über  die  systematische  Stellung  einzelner  Arten  eine 
übersichtliche  Zusammenstellung  der  Arten  und  Formen,  die  sich  im  wesent- 
lichen dem  Du nal-Co messchen  System i)  anschließt,  aber  einige  nicht 
unwichtige  Abänderungen  enthält;  er  schaltet  unter  anderem  eine  neue 
Sektion  ^Sairauthusii  ein,  die  sich  durch  eine  rachenfürmige  Blumen- 
krone und  den  einfachen,  eine  einseitswendige  Traube  darstellenden  Blüten- 
stand   auszeichnet ;     von    der    alten    L  i  n  n  e  sehen    Hauptart   Nicotiana 


.  216.    A—C  Ntcotiana  itisüca  L.    A  Habitnsbild,  B  Blute,  C  Blute  im  Längsschnitt,  D—J  A"  Ta- 
bacuni  L.    D  Habitusbild,  E  Blüte,  F  Kapsel,  G  Same,  H  derselbe  im  Längsschnitt,  J  Narbe. 
(Nach  Wettstein.) 


1)  Die  Sektionscharaklere  lauten  in  deutscher  Übersetzung  (nach  Krasser): 
Tabacum :  Blumenkrone  trichterförmig,  mit  aufgeblasen  bauchigem  Schlund  und 
abstehendem  Saume.     Blüten  in  Rispen  von  zymöser  Verzweigung. 
Rustica:  Blumenkrone  meist  gelb,    bisweilen  rötlich,   trichterförmig,    präsentier- 
tellerförmig,   bauchig    oder  röhrig,    oft   mit   eingezogenem   Schlund.      Blüten   in 
Trauben  oder  Rispen. 

Petunioides:  Blumenkrone  präsentiertellerförmig,  weiß  oder  gefärbt,  Röhre  walzen- 
förmig, Saum  mit  stumpfen  oder  spitzigen  Abschnitten.  Blüten  in  Trauben  oder 
Rispen. 

Polidiclya:  Blumenkrone  röhrig,  mit  bauchigem  oder  präsentiertellerförmigem 
Grunde,  schmutziggelb.  Kapsel  vier-  bis  vielklappig.  Blüten  achselständig  und 
außer  dem  Blattwinkel,  einzeln. 


568    •  Neunzehnter  Abschnitt.     Blatter  und  Kräuter. 

Tabaeum  wird  die  purpurrot  blühende  Form  als  Art  N.  purpurea  abge- 
gliedert. 

Da  diese  Übersicht  zugleich  auch  (meist  nachComes)  die  wichtigsten  Handels- 
sorten nach  ihrer  systematischen  Zugehörigkeit  angibt,  so  wird  sie  im  folgenden  (mit 
einigen  Abkürzungen)  zum  größten  Teil  wörtlich  wiedergegeben: 

A.  Didiclya. 
Fruchtknoten  zweifächerig. 

1.  Sektion;  Tabaeum  O.  Don. 

i.  Nicotiana  Tabaeum  L.  Gemeiner  virginischer  Tabak.  Kelchzipfel  schma!, 
dreieckig,  mehr  weniger  zugespitzt.  Kronensaum  rötlich,  hellrot  oder  hellrosa,  selten 
weiß.  Kronenzipfel  spitzwinklig  oder  breit  dreieckig  mit  deutlichen  Buchten  zwi- 
schen den  Zipfeln  (Fig.  21  6X) — J).     Zerfällt  in  vier  Varietäten: 

•  a)  var.  chinensis  [Fisch.].  Chinesischer  oder  Hun-Tabaki).  Blätter  herzförmig 
bis  eiförmig-lanzettlich,  mit  Ausnahme  der  obersten  langgestielt.  Stiele  kaum  merk- 
hch  geflügelt  und  schwach  geöhrelt.  Hierher  gehören  Tabac  d'or  in  Persien  (Tabak 
von  Schiras,  Tumbeki)  und  die  meisten  älteren  Handelssorten  im  Süden  Asiens  von 
Sokotra  bis  China,  auf  Java  und  den  Philippinen. 

b)  var.  fruticosa  (L.),  >Baumknaster«  (Fig.  21 7,  i).  Blätter  lanzettlich  bis  eiförmig,, 
in  den  schmal  oder  breit  geflügelten  Blattstiel  verschmälert.  Blüte  ähnlich  wie  di& 
vorige.  War  im  ^  7.  und  \  8.  Jahrhundert  fast  ausschließhch  in  Asien  und  Ozeanien 
in  Kultur  und  läßt  drei  Formen  unterscheiden: 

«)  f.  subpetiolata.  Blattstiele  schmal  geflügelt.  Liefert  einige  kleinasiatische 
und  mehrere  chinesische  und  japanische  Tabaksorten. 

ß)  f.  migustifolia  [Mill.].  Blattstiele  breiter  geflügelt.  Hierher  gehören  Latakia 
Syrien),  Pursitschan  (Mazedonien),  Szuloker  (Ungarn),  die  älteren  Virginy-Tabake,. 
mehrere  Formen  aus  Deli  (Sumatra)  und  einige  alte  Tabaksorten  in  Ozeanien. 

y)  f.  lancifolia  [Willd.)  (Fig.  2-17,  2).  Blätter  lanzettlich  zugespitzt,  am  Rande 
gewellt.  Man  rechnet  hierzu  Burley,  Kentucky  und  neuere  Virginy,  Brasile  beneven- 
tano  (Italien),  dann  verschiedene  deutsche  (Elsässer,  Pfälzer),  französische  und  indische 
Tabaksorten. 

c)  var.  havanensis  Lag.  [N.  brasiliensis  Lk.  et  Otto,  N.  Tabaeum  var.  brasi- 
liensis  und  va.T.  havanensis  Com.  [Fig.  217,  s,  4,  Fig.  21 8,  i]).  Brasiltabak.  Blätter  lang- 
elliptisch, kurz  zugespitzt.  Hierher  Brasil,  Havanna  aus  den  Vuelta  abajo-,  Partido- 
und  Remeiosdistrikten,  dann  die  meisten  Havanna-Seedleafs,  d,  s.  aus  Havannasamen 
in  New-England  gezogene  Tabake,  ferner  Amersfoorter,  Veluwe,  Betuwe  (Holland),. 
Gundi  (Deutschland),  Verpeleter,  Csetneker  (Ungarn),  Idzumi  (Japan),  Bezoeki  (Java), 
Aya-Soluk  (Kleinasien)  u.  a. 

d)  var.  latissima  [Mill.),  (var.  maerophylla  Sehr,  und  var.  maerophylla  f.  rosei- 
flora  Com.),  »großblättriger  Maryland-Tabak«.  Blätter  groß,  breit,  länglich-oval,  spitz» 
mit  breiter  Basis  sitzend,  breit  geöhrelt.  Blumenkrone  heller  rot  als  bei  den  anderen» 
oft  ganz  weiß  [N.  alba  Mill.).  Hierher  gehören  Kuba,  Uchaty  kuczerawy  (Galizien), 
Nostrano  del  Brenta  (Südtirol),  Theiß  und  andere  ungarische. 

2.  Nicotiana  purpurea  [Anast.),  [N.  Tabaeum' L.  var.  maerophylla  Sehr.  f.  rubri- 
flora  Com.,  N.  atropurpurea  gra?idiflora  hört.  [Fig.  218,  2]).  Blätter  breit  elliptisch 
oder  nahezu  kreisrund  mit  kurzem,  geflügeltem  Stiele,  breit  stengelumfassend  ge- 
öhrelt.    Seitennerven  erster  Ordnung  weniger  zahlreich  als  bei  der  ersten  Art,  unter 


1)  Über  var.  chinensis  s.  Preißecker  inVierhappcr,  Beiträge  zur  Kenntnis 
der  Flora  Südarabiens  usw.     Denkschriften  der  Wiener  Akademie,  71,  1907. 


J 


Neunzehnter  Abschnitt,     Blätter  und  Kräuter.  569 

weniger  spitzen  Winkeln  von  der  Mittelrippe  abzweigend.  Blumenkrone  dunkel- 
purpurrot mit  einem  weißlichen  Stern  im  Schlünde.  Heimat  wahrscheinlich  Mexiko. 
Hierher  gehören  Varinas  (Venezuela),  einige  griechische  und  mazedonische  Tabake, 
Debröer-  und  Gartenblatt-Tabak.  Bei  den  Kulturformen  ist  die  Purpurfarbe  der  Blüten 
verlorengegangen. 

H.  Sektion:  Sairanthus  Preißccker.  Blüten  in  einfacher,  endständiger,  ein- 
seitswendiger  Traube.     Blumenkrone  rötlich,  rachenförmig. 

Nicotiana  glutinosa  L.  aus  Peru  soll  ehenaals  auch  zu  Rauchtabak  verarbeitet 
worden  sein. 

HI.  Sektion:  Petunioides  O.  Bon.  Blumenkrone  meist  weiß,  selten  rot,  rosa 
oder  anders  gefärbt,  mehr  oder  weniger  deutlich  zygomorph. 

Nicotiana  alata  Lk.  et  Otto  [N.  afßnis  Moore,  N.  persica  Lind.).  Große,  weiße 
Blumenkrone  mit  weiter  Röhre.  Brasilien.  Die  verbreitete  Meinung,  daß  die 
Blätter  dieser  Pflanze  den  Tumbeki-  oder  Schirastabak  liefern,  ist 
irrig.  (Siehe  oben  N.  Tabacum  var.  chinensis.)  Preißecker  hat  eine  ausführliche 
Beschreibung  i)  dieser  Art  publiziert,  in  der  er  den  Nachweis  bringt,  daß  die  von 
Lindley  als  N.  persica  bezeichnete  Pflanze  keine  neue  Art,  sondern  N.  alata  dar- 
stellt. Diese  wird  als  Zierpflanze  (als  N.  afßnis)  allenthalben  gebaut.  Zur  Erzeu- 
gung von  Rauchtabak  ist  sie  nicht  geeignet;  der  Nikotingehalt  beträgt  0,048  bis 
0,078  Proz. 

Von  den  übrigen  dieser  Sektion  angehörenden  Arten,  die  meistenteils  nicht  zur 
Tabakgewinnung  dienen,  sollen  nur  N.  repanda  Willd.  (Heimat  Mexiko),  N.  suaveo- 
lens  Lehm.,  die  einzige  nicht  in  Amerika,  sondern  in  Australien  beheimatete  Art, 
ferner  die  argentinische  N.  silvestris  Specj.,  deren  Blätter  von  den  Eingeborenen  ge- 
raucht werden,  die  mexikanische,  gleichfalls  von  den  Eingeborenen  verwendete  N. 
trigonophylla  Dun.  [N.  ipomopsiflora  Dun.)  und  N.  Sanderiana  hört,  erwähnt  werden. 

IV.  Sektion:  Bustica  O.  Don.     Blumenkrone  meist  grünlichgelb  bis  gelb. 

\.  Nicotiana  rustica  L.  (Fig.  219,  A — G).  Veilchentabak,  fälschlich  auch  »Brasil« 
genannt.  Blätter  gestielt,  dicklich,  rundlich,  eiförmig-länglich  oder  herzförmig,  stumpf, 
oberseits  glänzend.     Diese  Art  wird  in  vier  Varietäten  geschieden. 

a)  var.  texana  (Naud.)  mit  bläulich  überlaufenen  Blumenkronen.  Hierher  nach 
Com  es  der  Kalkuttatabak  (?). 

b)  var.  senegalensis  hört.  Blätter  rundlich  oder  herzförmig,  alle  Teile  sehr  stark 
behaart. 

c)  var.  brasilia  Sehr.,  Bauemtabak,  großblättriger  Veilchentabak.  Blätter  der 
Mitte  schief  herzförmig,  obere  oval.  Hierher  gehören  Machorska  panska,  grüner  Bakun 
(Rußland)  und  Cserbel  oder  Kapa  (Ungarn). 

d)  var.  humilis  Sehr.,  kleinblättriger  Veilchentabak,  Lauskraut.  In  allen  Teilen 
kleiner.  Hierher  der  gelbe  Bakun  oder  Schwitzent  (Rußland)  und  das  Lauskraut  (Süd- 
deutschland). 

2.  Nicotiana  paniculata  L.  Blätter  herzförmig-rundlich,  Kronenröhre  6 mal 
länger  als  der  Kelch.     Peru.     Soll  den  echten  Varinas  liefern. 

3.  Nicotiana  glauca  Orah.  Eine  kahle,  ausdauernde  Art.  Blätter  graugrün, 
eiförmig-länglich.  Buenos-Aires.  Wird  nach  Sadebeck  in  Deutsch-Südwestafrika 
gebaut.     [N.  arborea  Dietr.) 


\)  Über  die  zum  freien  Anbau  erlaubten  Tabakpflanzen- Arten.  Fachl.  Mittlgn. 
d.  k.  k.  österr.  Tabakregie,  Wien  1902,  Heft  1,  p.  2.  Mit  zahlreichen  Literatur- 
angaben. 


570 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blatter  und  Kräuter. 


4.  Nicotiana  Langsdorfii  Weinm. 
Zipfel  undeutlich,   Staubbeutel   bläulich, 
raucht  worden  sein. 

Die  übrigen  Arten  dieser  Sektion  sind  für  die  Tabakgewinnung  ohne  Bedeutung. 


Kronensaum  so  breit  wie   bei  N.  rustina, 
Brasilien.     Soli  von  den  Eingeborenen   ge- 


ß.  Polydiclya. 

1.  Nicotiana  quaclrivahis  Piirsh.  Fruchtknoten  vierfächerig.  Heimat  Missouri. 
Soll  von  den  Rothäuten  im  Nordwesten  der  nordamerikanischen  Union  kultiviert 
worden  sein  und  einen  sehr  aromatischen  Tabak  (Missouritabak)  liefern. 

2.  Nicotiana  multivalis  Gray.     Fruchtknoten  achtfächerig. 

Die  Form  der  Tabakblätter  variiert,  wie  aus  dem  Vorhergebenden 
ersicbtlich,  von  der  länglich  lanzettförmigen  Gestalt  (typische  Form  von 

B 


Pig.  217.    Vergr.  250.    Oberhaut  (Epidermis)  des  Tabakblattes  {N.  rustica).    A  Oberseite.    B  Unterseite. 
Mit  Glieder-  und  Drttsenhaaren.    (Nach  Moeller.) 

N.  Tahacum)  bis  zur  eiförmigen  (N.  rustica).  Das  obere  Ende  der 
Blätter  ist  lang  zugespitzt  bis  stumpf.  Die  Länge  der  Blätter  beträgt 
15  bis  75  cm.  Die  Blätter  aller  gebauten  Tabakarten  sind  ganzrandig 
und  beiderseits  etwas  behaart.  Die  Hauptnerven  sind  an  den  Blättern 
der  N.  rustica  gewöhnlch  dick,  sonst  erheben  sie  sich  weniger  stark 
über  die  Oberfläche  des  Blattes.  Vom  Hauptnerven  zweigen  die  Sekun- 
därnerven unter  Winkeln  von  40 — 80°  ab.  Sie  kommen  an  Mächtigkeit 
dem  Hauptnerv  am  nächsten  und  sind  schlingläufig  entwickelt. 

Der  histologische  Aufbau  des  Blattes  der  verschiedenen  Arten  stimmt 
so  ziemlich  überein. 

Die  Epidermis  besteht  aus  ziemlich  großen,  namentlich  an  der  Unter- 
seite   des   Blattes    stark   wellig    konturierten    Zellen,    zwischen    welchen 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  571 

sich  in  der  oberen  wie  in  der  unteren  Epidermis  zahlreiche  Spaltöff- 
nungen einschieben.  Die  Anzahl  der  SpaltülTnungen  ist  an  der  unteren 
Fläche  eines  bestimmten  Blattes,  wie  schon  Wiesneri)  nachgewiesen 
hat,  etwas  größer  als  an  der  oberen  und  schwankt  zwischen  130  bis 
235  pro  mm2.  Bei  den  verschiedenen  Tabaken  ist  die  elliptische  Form 
der  Spaltöffnungen  und  das  Größenverhältnis  7  :  5  zwar  nach  MoeIler2) 
am  häufigsten,  doch  sind,  wie  aus  den  Untersuchungen  von  Wiesner 
(I.e.,  p,  104)  hervorgeht  und  von  Preißecker^)  bestätigt  wird,  für 
Nicotiana  Tabacum  die  Spaltöffnungen  von  elliptischem  Umriß,  für 
N.  rustica  solche  von  fast  kreisförmigem  Umriß  charakteristisch.  Einzelne 
Epidermiszellen  sind  als  Haare  entwickelt.  Man  kann  unterscheiden: 
1.  schmale,  zugespitzte  Haare,  aus  einer  Zellreihe  bestehend  (einfache 
Gliederhaare),  2.  verästelte  Gliederhaare,  3.  schmale  aus  einer  Zell- 
reihe bestehende  Haare  mit  einem  schmalen ,  ein-  bis  mehrzelligen 
Köpfchen,  4.  kurze,  auf  einem  breiten  einzelligen  Stiel  sitzende  Drüsen- 
haare mit  mehrzelligem  breitem  Köpfchen  4).  Von  diesen  Haarformen 
sind  nur  die  verästelten  Gliederhaare  selten,  während  sich  die  übrigen 
in  großer  Zahl  finden  (Fig.  217).  Bemerkenswert  ist,  daß  die  Basal- 
zellen gewöhnlich  sehr  groß  sind  und  Ausstülpungen  einer  noch  größeren 
Epidermiszelle  darstellen.  Die  kleinen  Drüsenhaare  kommen  hauptsäch- 
lich auf  der  Oberseite  und  auf  der  Unterseite  nahe  den  starken  Nerven 
vor,  während  die  langstieligen  Drüsenhaare  hauptsächlich  auf  den  Nerven 
beiderseits  auftreten  &).  An  der  Blattunterseite  ist  die  Behaarung  nach 
Moeller  entschieden  spärlicher.  Am  trockenen  Blatte  sind  namentlich 
die  Drüsenhaare  zusammengefallen. 

Die  Struktur  der  Oberhaut  des  Blattes  ist  nach  Preißecker^)  in 
zweifacher  Hinsicht  für  die  Tabakkultur  und  die  Tabakindustrie  von 
Bedeutung;  zunächst  bezüglich  der  Zugfestigkeit,  des  Aromas  und  der 
Brenn-  oder  Glimmfähigkeit  des  Blattes,  ferner,  wie  schon  vorhin  an- 
gegeben wurde,    als   diagnostisches   Mittel,   da  aus   der  Verschiedenheit 


1)  Wiesner,  Rolistoffe,  \.  Aufl.,  p.  678.  —  Preißecker  bestimmte  die  Zahl 
der  Spaltöfl'nungen  auf  der  Blattunterseite  auf  1  mm2  bei  N.  macrophylla  auf  71 , 
bei  N.  rustica  var.  humilis  auf  -ISI,  bei  Manila  auf  212,  bei  Virginy  auf  134,  bei 
Havanna  auf  159. 

2)  Moeller,  J.,  Miki-oskopie  der  Nahrungs-  und  Genußmittel  aus  dem  Pflanzen- 
reiche.    Berlin,  2.  Aufl.,  1905,  p.  78. 

3)  Bedeutung  der  Oberhaut-Struktur  des  Tabakblattes  für  Pflanzer  und  Fabri- 
kanten, 1.  c,  1908,  Heft  2,  p.  69: 

4)  Vgl.  Moeller,  I.e.,  p.  48;  Molisch,  Histochemie,  p.  34. 

5)  Ad.  Meyer,  Anatomische  Charakteristik  offizineller  Blätter  und  Kräuter.  Abb. 
Naturf.  Ges.  zu  Halle,  XV,  p.  27,  Sonderabdr. 

6)  1.  c,  1908,  Heft  2,  p.  66.  Daselbst  auch  Abbildungen  der  unterseitigen  Epi- 
dermen verschiedener  Sorten. 


572 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


der  Gestalt,  Grüße  und  relativen  Anzahl  der  einzelnen  Elemente  und 
dem  Grad  der  Verdickung  der  Oberhaut  nicht  nur  die  Art  oder  Varietät, 
sondern  auch  die  Provenienz  des  Tabaks  und  schließlich  auch  das  Alter 
und  die  Insertionshühe  des  Blattes  zu  erkennen  sei. 

Je  stärker  die  Undulierung  der  Oberhautzellen  entwickelt  ist,   bei 
annähernd  gleicher  Grüße  und  Form  derselben,  desto  geeigneter  ist  das 


Fig  218     Vergr  100     Querschnitt  durch  einen  Sekundarnerren  des  Tabakblattes 

epo  Epidermis  der  Oberseite,  p  Palisadenschicht,  ni  Schwammparenchym,  epi  Epidermis  der  Unterseite, 

t  Eiifitallsandschlänche,  dh  Drüsenhaare,  h  einfache  und  ästige  Gliederhaare,  ^r  Gefäßbündel  mit  strahlig 

angeordneten  Gefäßen,  umgeben  von  KoUenchymsträngen  c.    (Nach  Mo  eil  er.) 


Blatt  zur  Verwendung  als  Decke  der  Zigarren;  als  Beispiel  seien  Ha- 
vanna- und  Sumatrablälter  genannt,  die  zu  den  edelsten  Kulturformen 
des  Tabaks  zu  zählen  sind. 

Das  Mesophyll  des  Tabakblattes  besteht,  entsprechend  der  bifazialen 
Ausbildung,  aus  zwei  scharf  geschiedenen  Teilen.  Die  der  oberen  Blatt- 
seite zugewendete  Partie  (Palisadenschicht)  setzt  sich  aus  einer  Schicht 
zylindrischer,  auf  der  Oberhaut  senkrecht  stehender^  langgestreckter 
Zellen  zusammen  (Fig.  218/?);   die   untere   Partie  (Schwammparenchym) 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter,  573 

ist  mehrschichtig  und  besteht  aus  sternförmigen  Elementen,  welche  ziem- 
lich weite  Lufträume  zwischen  sich  frei  lassen  (Fig.  218  m).  Die  Pali- 
sadenzellen sind  chlorophyllreicher  als  die  sternförmigen.  Einzelne 
Zellen  des  Schwammparenchyms  und  des  Parenchyms  der  Blattrippen 
sind  fast  ganz  erfüllt  mit  sehr  kleinen  Kriställchen  von  oxalsaurem  Kalk 
(Kristallsand)  (Fig.  218  K).  Diese  Kristallsandzellen  gehören  neben  den 
Haaren  und  den  unten  (p.  578)  erwähnten  Malatsphäriten  zu  den  besten 
Merkmalen  echter  Tabake  i).  Die  Blattnerven  enthalten  bikollaterale  Ge- 
fäßbündel. Im  Querschnitt  (Fig.  218)  zeigt  sich,  daß  sowohl  die  Ober- 
seite als  auch  die  Unterseite  der  über  den  Nerven  liegenden  Blattpartie 
emporgewölbt  sind;  dies  wird  durch  Kollenchymstränge,  in  denen  die 
Leitbündel  eingebettet  sind,  bewirkt. 

Die  Gefäße  sind  radial  angeordnet;  in  den  kleinen  Bündeln  sind  sie 
ausschließlich  Spiroideri,  in  den  großen  kommen  auch  Treppen-  und 
Tüpfelgefäße  dazu,  deren  Weite  nicht  selten  0,1  mm  erreicht.  Ein  Bast- 
faserbelag ist  nur  in  den  stärksten  Blattnerven  entwickelt  (Moeller). 

Klima,  Boden  und  Kultur  üben  einen  sehr  tiefgreifenden  Einfluß 
auf  die  Art  des  Tabakblattes  aus,  wie  die  sowohl  in  morphologischer 
als  chemischer  Beziehung  fast  ins  Unendliche  variierenden  rohen  Tabak- 
sorten lehren.  Es  geht  daraus  hervor,  daß  es  angezeigt  ist,  auch  die 
Tabakpflanze  durch  sorgfältige  fortgesetzte  Auslese  auf  bestimmte  Eigen- 
schaften zu  züchten  2). 

Humusreicher  Boden  und  Feuchtigkeit  steigern  die  Entwicklung  des. 
Mesophylls  und  bedingen  infolgedessen  große  und  dicke  Blätter.  Die 
besten  Tabaksorten  sind  aber  nicht  reich  an  Mesophyll  und  deshalb 
dünn.  Solche  Blätter  bringt  die  Tabakpflanze  hervor,  wenn  sie  in 
sonniger  Lage,  auf  leichtem,  sandigem  Lehmboden  steht.  Im  feuchten, 
kalten  Boden,  im  schweren  Tonboden,  aber  auch  im  trockenen  Sand- 
boden kommt  der  Tabak  nicht  fort.  Die  Düngung  wirkt  auf  die  che- 
mische Beschaffenheit  des  Tabaks  sehr  mächtig  ein.  Starke,  stickstofl"- 
haltige  Düngung  steigert  den  Gehalt  an  Nikotin  und  Eiweißkörpern;  es 
werden  auf  diese  Weise  starke  Tabake  erzielt,  wie  sich  solche  zur  Er- 
zeugung von  Schnupftabaken  eignen.  Auf  einem  mit  Lauberde  gedüngten 
Boden  erhält  man  hingegen  Pflanzen,  welche  ein  leichteres,  nikotianin- 
reiches  und  wohlriechendes  Blatt  liefern,  das  sich  zur  Gewinnung  von 
Rauchtabak   eij^net^).     Einen    besonderen   Einfluß    haben    aber   auch   die 


1)  Molisch,  H.,  Histochenaie  der  pflanzlichen  Genußmittel.     Jena  1891,   p.  36. 

2)  Vgl.  hierzu  Preißecker,  Kulturrassen  des  Tabaks  in  Dalmatien  und  die 
jüngsten  Zuchtversuche  in  Imoski  und  Sinj,  I.e.,  1911,. Heft  2,  p.  63. 

3)  Über  Kultur  des  Tabaks  s.  Babo  und  Hofacker,  Der  Tabak  und  sein  Anbau. 
Karlsruhe  1832.  Sehr  wertvolle  Mitteilungen  hierüber,  ferner  über  die  chemische 
Beschaffenheit  und  Behandlung  des  Tabaksblattes  enthält  eine  ältere  Schrift  Hermb- 


574  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

4« 

Abslände  der  Pflanzen  voneinander  auf  die  Entwicklung  des  Blattes  und 
dessen  Inhaltsstoffe.  »Enge  Distanzen  liefern  hohe  Pflanzen  mit  kleineren, 
aber  aromatischeren  Blätter,  weite  jedoch  Pflanzen  von  mehr  gedrungenem 
Habitus  und  großspreitigen,  harzärmeren  Blättern«  (Preißecker).  Auch 
der  Nikotingehalt  wird  nach  Schlüßing  von  der  Pflanzendistanz  be- 
einflußt. 

Zur  gedeihlichen  Entwicklung  der  Blätter  werden  die  Pflanzen  i)  ge- 
köpft, d.  h.  ihrer  Gipfelsprosse  (mit  den  Blütenknospen)  beraubt;  auch 
die  alsbald  darauf  sich  entwickelnden  Seitentriebe  müssen  entfernt  werden 
(Geizen).  Die  Ernte  erfolgt  in  verschiedener  Weise.  In  Nordamerika 
und  in  Persien  werden  die  ganzen  Pflanzen  geernlet  und  die  Blätter  an 
den  Stämmen  einer  Nachreife  überlassen.  Zumeist  werden  die  auf  dem 
Felde  stehenden  Pflanzen  entblättert,  was  übrigens  immer  geschehen 
muß,  wenn  die  Pflanzen  bzw.  die  Blätter  sehr  verschiedene  Reifezu- 
stände zeigen.  Mit  der  Blatternte  wird  zugleich  die  erste  und  wichtigste 
Sortierung  unternommen.  Gewöhnlich  werden  drei  Qualitäten  unter- 
schieden: die  untersten  Blätter  als  Erd-,  Sandblatt  oder  Sandgut,  die 
mittleren  als  Bestgut,  die  obersten,  am  wenigsten  ausgereiften  als  Mittel- 
gut. In  Deli  (Sumatra)  heißt  das  unterste  Blatt  Sandblatt,  hierauf  folgt 
das  Fußblatt,  das  Mittelblatt  und  das  Spitzblatt.  In  der  Türkei  und 
Dalmatien  teilt  man  die  Qualitäten  ein  in  untere  und  obere  Sandblätter, 
untere,  mittlere  und  obere  Mutterblätter  und  in  untere  und  obere 
Spitzblätter  (Ableidinger  in  Fachl.  Mittlgn.  usw.  1905,  2.  H.,  p.  59). 
Auf  Kuba  kennt  man  vier  Quahtäten:  Desecho  (oberste  Blätter), 
Desechito  (die  nächst  unteren),  Libra  (die  kleinsten)  und  Injuriado 
(unser  Sandgut).  Connecticut  sortiert  in  Wrappers  (Bestgut),  Seconds 
und  Fillers  (die  untersten  zwei  Blätter).  In  Maryland  und  Virginien 
sortiert  man  long,  short  und  lugs,  in  anderen  Südstaalen  in  bright, 
yeUow  und  duU. 

Die  gesammelten  Tabakblätter   werden  vor  ihrer  Verarbeitung  2)  zu 


städts,  Gründhche  Anweisung  zur  Kultur  der  Tabakpflanzen  usw.  Berlin  1822. 
Nessler,  J.,  Über  den  Bau  und  die  Behandlung  des  Tabaks.  Landw.  Vers.  Stat. 
XL.,  1892.  —  Sadebeck,  R.,  Die  Kulturgewächse  der  deutschen  Kolonien.  Jena 
1899,  p.  206 — 225  (Tabak).  —  Koning,  C.  J.,  Der  Tabak,  Studien  über  seine  Kultur 
und  Biologie.  Leipzig  1900.  —  Rouant,  E.,  Le  Tabac,  culture  et  Industrie.  Paris 
1901.  —  Preißecker,  verschiedene  Arbeiten  in  Fachl.  Mitt.  d.  k.  k.  österr.  Tabak- 
regie 1904ff. 

1)  Dieser  Absatz  nach  T.  F.  Hanauseks  Artikel  »Tabak«  in  Moeller  und 
Thoms,  Realenzyklopädie  der  ges.  Pharmazie,  2.  Aufl.,  XII  (1909),  p.  5. 

2)  Über  »Verarbeitung«  siehe  W.  Gintl,  Tabak  in  Karmarsch-Heeren, 
Techn.  Wörterb.,  3.  Aufl.,  8.  Bd.,  p.  719ff.  —  R.  Kißling,  Handbuch  der  Tabakkunde, 
des  Tabakbaues  und  der  Tabakfabrikation.     3.  Aufl.,  Berlin  (Parey). 


Neunzehnter  Abschnitt.     lilälter  und  Kräuter.  575 

Kau-,  Schnupf-  und  Rauchtabak  zuerst  getrocknet.  Das  Trocknen^)  ge- 
schieht gewöhnlich  in  luftigen  Schuppen  oder  im  Freien  unter  einfacher 
Bedachung.  Die  von  den  Stengeln  abgelösten  Blätter  werden  mit  den 
Stengelenden,  an  Schnüre  gereiht,  zum  Trocknen  aufgehängt.  Hierbei 
verliert  sich  fast  immer  die  grüne  Farbe  des  Tabakblattes.  Die  Blätter 
von  Nicotiana  Tahacuyn  sind  im  getrockneten  Zustande  meist  schwärz- 
lich, die  von  N.  macrophijlla  gewöhnlich  gelbbraun;  die  verhältnismäßig 
parenchymreichen  Blätter  von  N.  riistica  behalten  häufig  noch  zum 
Teil  ihre  ursprüngliche  grüne  Färbung.  Die  an  der  Luft  getrockneten 
Blätter  werden  unter  bestimmten  Verhältnissen  auf  Haufen  (Stuben)  ge- 
legt, wobei  sie  eine  Art  Gärung  oder  Fermentation  durchmachen,  wo- 
durch der  Tabak  seinen  charakteristischen  Duft  und  die  dem  Raucher 
wünschenswerten  Eigenschaften  erhält.  Die  Fermentation  wird  unter- 
brochen, wenn  die  Temperatur  50°  erreicht  hat.  Von  der  Sorte  hängt 
es  ab,  ob  dann  die  Stube  umgebaut  oder  allmählich  auseinanderge- 
nommen wird.  Als  Ursache  der  Fermentation  werden  spezifische  Bak- 
terien betrachtet^).  Um  feinste  (Zigarren-)  Tabake  zu  erzeugen,  wendet 
man  auf  Kuba  nach  Semler  ein  »Petunieren« 3)  genanntes  Verfahren  an: 
Man  wählt  einige  beschädigte  Blätter  aus,  die  aber  von  untadelhaftem 
Aroma  sein  müssen,  und  legt  sie  in  reines  Wasser,  bis  sie  verfaulen, 
was  ungefähr  8  Tage  in  Anspruch  nimmt.  Wenn  die  Ernte  die  Gärung 
durchgemacht  hat  und  trocken  geworden  ist,  öffnet  man  die  Bündel  und 
besprengt  die  Blätter  nur  leicht  mit  dem  erwähnten  Wasser.  Dann 
werden  die  Bündel  noch  über  12  Stunden  in  das  Trockenhaus  gebracht. 
Das  Tabakblatt  liefert,  wie  alle  Blätter,  viel  Asche,  was  wohl  haupt- 
sächlich  in  der  relativ  großen  Menge  an  Oberhaut  gelegen  ist.     Paren- 


-1)  Vgl.  die  eingehende  Beschreibung  des  ganzen  Trocknungsprozesses  von 
Preißecker,  1.  c,  1910,  Heft  1,  p.  eff. 

2)  Den  Fermentationsprozeß  hat  namentüch  J.  Behrens  (Landw.  Vers.  Stat., 
Bd.  43  (1893)  studiert.  Die  Tabakbakterien  wurden  von  Suchsland  entdeckt,  vgl. 
insbesondere  Suchsland,  Über  das  Wesen  der  Tabakfermentation  und  über  die  sich 
daraus  ergebende  Möglichkeit,  den  Fermentationsprozeß  behufs  Veredlung  der  Tabake 
zu  beeinflussen.  Period.  Mitt.  des  Tabakvereines  Mannheim  1892.  Nach  0.  Loew, 
Curing  and  fermentation  of  cigar  leaf  tabaco,  ist  jedoch  die  Fermentation  im  wesent- 
lichen als  ein  nicht  durch  Mikroorganismen,  sondern  durch  Enzyme  (Oxydasen)  be- 
wirkter Oxydationsprozeß  aufzufassen.  (Bull.  U.  S.  Departm.  of  Agriculture  1899.)  — 
Eine  vortreffUche  Zusammenfassung  aller  einschlägigen  Untersuchungen  bietet  J.  Beh- 
rens im  Handbuch  der  technischen  Mykologie  von  Lafar,  Bd.  V,  p.  1  ff.  (Mykologie 
der  Tabakfabrikation).  Siehe  auch  F.  L  öhni  s,  Handbuch  der  Landwirtschaft!.  Bakterio- 
logie, Berlin  1910  und  A.  Kossowicz,  Einführung  in  die  Mykologie  der  Genußmittel 
und  in  die  Gärungsphysiologie,  Berlin  1911,  p.  169. 

3)  >Petun«,  »Petum<,  die  alte  brasihanische  Bezeichnung  für  Tabak.  Hartwich, 
Die  menschlichen  Genußmittel,  p.  40  und  47. 


8,5- 

-23 

Proz 

Kali 

0,0- 

-11,1 

Natron 

18- 

-36 

Kalziumoxyd 

0,7- 

-15,7 

Magnesiumoxyd 

0,0- 

-13,1 

Eisenoxyd 

1,2- 

-10,4 

Phosphorsäure 

1,8- 

-12,4 

Schwefelsäure 

0,3- 

-32,4 

Kieselsäure 

0,4- 

-17,6 

Chlor 

576  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

chymreiche,    dicke   Blätter    geben    weniger   Asche   als   parenchymarme, 
dünne  Blätter. 

Aschenbestandteile.  Die  Gesamtmenge  schwankt  zwischen  10 
bis  24  Proz.,  in  extremen  Fällen  bis  zu  30  Proz.  Es  finden  sichi)  in 
100  Teilen  reiner  Tabakasche  im  Mittel 


V    Spuren  von  Lithium,  Rubidium,  Caesium. 


Bei  Berücksichtigung  der  Kohlensäure  werden  in  nordamerikanischen 
Tabaken  (im  Mittel  von  10  Aschenanalysen)  gefunden  in  Prozenten: 
Kaliumkarbonat  21,42,  Ghlorkalium  3,1,  Natriumkarbonat  1,25,  Ghlor- 
natrium  5,11,  Schwefelsäure  4,06,  Phosphorsäure  3,26,  Eisenoxyd  4,41, 
Magnesia  12,18,  Kalziumoxyd  33,66,  Kieselsäure  9,55. 

Ein  wesentlicher  unorganischer  Bestandteil  der  Tabakblätter  ist  die 
Salpetersäure,  welche  ursprünglich  in  den  Blättern  und  in  größter  Menge 
in  den  Blattrippen  wohl  als  salpetersaures  Kali  enthalten  ist,  zum  Teil 
aber  auch  erst  während  des  Gärungsprozesses  gebildet  wird.  Der  Sal- 
petergehalt der  Tabakblätter  schwankt  zwischen  0,71 — 3,3  Proz.  Die 
Tabakpflanze  ist  in  der  Tat  zu  den  »Salpeterpflanzen«  2)  zu  zählen.  Sie 
ist  aber  zugleich  eine  ausgesprochene  Kalipflanze.  Kaliarme  Blätter  ver- 
aschen, wie  Schlösing  zuerst  nachwies,  schwer.  Durch  Beizen  solcher 
Blätter  mit  Weinstein-  oder  Pottaschelüsung  glimmen  sie  besser  und  ver- 
aschen leichter. 

Von  organischen  Körpern  wurden  im  Tabak  aufgefunden:  Nikotin 
nebst  drei  Nebenalkaloiden,  (Nikotein,  Nikotellin  und  Nikotimin),  Gummi 
(0,2 — 1"  Proz.),  Harz,  Wachs,  Zellulose,  Stärke,  Glykose,  Huminkürper, 
Eiweißstofl'e  (1,3  Proz.),  Apfelsäure,  Zitronensäure,  Oxalsäure,  Essigsäure, 
aromatische  Stofl'e  (Nikotianin?). 

Das  Nikotin  (C10H14N2)  ist  ein  äußerst  giftiges,  stark  alkalisch  re- 
agierendes Alkaloid  der  Pyridingruppe,  das  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
flüssig  ist,  bei  250°  G.  siedet,  links  dreht  (Laurent)  und  dessen  Dichte 
1,033  (Barral)  beträgt.  Die  Menge  des  Nikotins  beträgt  in  grünen 
Blättern   gewöhnlich    1 — 3  Proz.,    variiert  jedoch   sehr  nach   der  Kultur 


1)  E.  V.  Wolf,  Aschenanalysen.     2.  Teil  1880. 

2)  Über  den   mikrochemischen  Nachweis  von  Nitraten   mit  Diphenylaminlösunc 
vgl.  Molisch,  Berichte  der  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  I,  p.  150. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  577 

und  Rasse.  Nach  Schlüsing  steigt  der  Nikotingehalt  entrippter  Blätter 
bis  auf  1 0  Proz.  Im  Tabakblatte  ist  es  an  Apfelsäure  und  Zitronensäure 
gebunden^).  —  Das  Nikotianin  (C23H32N2O3)  oder  der  Tabakkampfer  soll 
ein  farbloser,  kristallisierender  Körper  sein  von  angenehmem  Gerüche, 
bitterem  Geschmacke  und  neutraler  Reaktion,  leicht  löslich  in  Äther  und 
Weingeist,  schwer  löslich  in  Wasser.  Von  ihm  soll  der  angenehme 
Geruch  des  Tabaks  2)  herrühren.  Es  kommt  jedoch  in  den  frischen 
Blättern  nicht  vor  3)  und  soll  sich  erst  beim  Rauchen  entwickeln. 
In  neuerer  Zeit  wird  es  für  ein  Gemenge  von  flüchtigen  Harzbestandteilen 
(Harzsäuren),  Fettsäuren  und  Nikotin  gehalten  (Kißling). 

Die  Tabakharze  und  die  darin  enthaltenen  ätherischen  Öle  be- 
dürfen noch  eingehender  Untersuchung;  sie  und  beim  Brennen  erst 
entstehende  Körper  der  aromatischen  Reihe  bedingen  den  Wohl- 
geschmack. 

Im  Tabakrauch  kommen  Pyridin,  Lecithin,  Blausäure  vor,  aber  kein 
Nikotin  oder  nur  eine  sehr  geringe  Menge  desselben *).  Auf  diese  Körper 
werden  die  toxischen  Wirkungen  zurückgeführt^).  Die  Reizwirkung  des 
Rauches  auf  die  Schleimhäute  (das  »Beißende«  des  Tabaks)  dürfte  dem 
Furfurol  zuzuschreiben  sein^). 

Die  Stärke  findet  sich  in  allen  chlorophyllhaltigen  Zellen  des 
frischen  Blattes,  im  fermentierten  Tabak  jedoch  in  der  Regel  nicht 
mehr,  ebenso  keine  Glykose.  Eine  organische  Verbindung  sind  auch  die 
von  Schimper  entdeckten,  in  den  Mesophyllzellen  des  käuflichen  Tabaks 
vorkommenden  größeren  und  kleineren  gelben  Klumpen.     Sie  sind  nach 


> 


1)  Über  Nikotin,  welches  von  Posselt  und  Reimann  1828  entdeckt  wurde, 
s.  Posselt  und  Reimann,  Chemische  Untersuchungen  des  Tabaks  usw.,  eine  von 
der  medizinischen  Fakultät  zu  Heidelberg  gekrönte  Preisschrift  4  828 ;  auch  im  Magazin 
für  Pharm.  24,  p.  -138.  Planta  und  Kekule,  Ann.  der  Chem.  und  Pharm.  87,  p.  i. 
Schjösing,  Ann.  de  Ghim.  et  de  Phys.  XIX,  p.  230.  Roscoe-Schorlemmer,Ausf. 
Lehrb.  d.  Chem.,  VIII  (IQOI),  p.  55.  —  H.  Thoms,  Ber.  d.  D.  Pharm.  Gesellsch,  X, 
1900  und  Anselmino,  ebenda,  XIV,  1904,  p.  139.  —  Degrazia,  Das  Nikotin  und 
seine  Eigenschaften,  Facht.  Mitt.,  XI,  1911,  p.  161   und  XII,  1912,  p.  57  u.  122. 

2)  Über  das  Nikotianin,  welches  Herrabstädt  1823  entdeckte,  siehe  Barral, 
Compt.  rend.  21,  p.  1376. 

3)  Siehe  Landerer,  Repert.  Pharm.,  Bd.  53,  p.  205. 

4)  Paschkis  in  Realenzykl.  d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl.,  XII,  p.  9.  —  Haberraann, 
Beiträge  zur  Kenntnis  des  Zigaretten-  und  des  Pfeifenrauches,  Hoppe-Seylers  Ztschr. 
f.  physiol.  Chemie  1902 — 1903.  —  Der  Blausäuregehalt  betrug  im  Rauche  ungarischer 
Zigaretten  0,00366,  egyptischer  (III.  S.)  0,00235  Proz.,  des  Knasters  0. 

5)  Der  Tabakrauch  besitzt  desinfizierende  Wirkung,  da  er  auch  für  Schizomy- 
zeten  toxisch  ist  (Tassinari,  Bakter.  Zentralbl.  IV,  Nr.  15). 

6)  The  Lancet,  1912,  I,  p.  944  und  II,  547,  zit.  nach  Preißecker,  Der  Tabak- 
bau usw.,  I,  p.  32. 

Wiesn er,  Rohstoffe.    III.  Bd.    3.  Aufl.  '  37 


578  Neunzehnter  Abschnitt.     Bhiller  und  Kräuter. 

den  Untersuchungen  von  Molischi)  im  frischen  Blatt  nicht  vorhanden, 
erweisen  sich  als  Sphärokristalle  und  stellen  wahrscheinlich  irgendein 
Malat  dar. 

Produktionsgebiete^).  In  Europa  wurde  der  meiste  Tabak  in 
Österreich-Ungarn  produziert.  Deutschland,  Rußland,  Frankreich,  Italien 
und  Holland,  sowie  die  Türkei  schlössen  sich  an.  Die  wichtigsten  außer- 
europäischen Produktionsgebiete  sind  die  Vereinigten  Staaten  von  Nord- 
amerika 3),  Kuba  und  Brasilien,  Sumatra  und  Java,  diese  besonders  für 
Deck-  und  Wickelblätter  (Zigarren).  Auch  die  Philippinen,  Persien,  Syrien 
und  Kleinasien  sind  von  Bedeutung.  Die  Menge  des  Tabaks,  welche 
gegenwärtig  jährlich  auf  der  Erde  gewonnen  wird,  veranschlagt  man 
auf  mehr  als  1000  Millionen  Kilogramm.  Von  diesen  gelangt  ein  Viertel 
in  den  Welthandel.  An  der  Gesamtproduktion  partizipieren  Europa  mit 
246,  Asien  mit  435,  Afrika  mit  50,  Amerika  mit  300,  Australien  und 
Polynesien  mit  3  Millionen  Kilogramm.  Gegenwärtig  bildet  die  Tabak- 
industrie bei  den  Kulturvölkern  einen  so  bedeutenden  national-ökonomi- 
schen Faktor,  daß  sie  in  Österreich,  Ungarn,  Tschechien,  Frankreich, 
Italien,  Spanien,  Portugal,  Rumänien,  Südslavien,  in  der  Türkei  und  in 
Japan  monopolisiert  ist,  in  England  und  Rußland  und  Türkei  staatlicher 
Kontrolle  unterliegt. 

Verwendung.  Wie  schon  bemerkt,  werden  die  Tabakblätter  zu 
Rauch-,  Schneide-  oder  Pfeifentabak,  zu  Zigarren  und  Zigaretten,  zu 
Schnupf-  und  Kautabak  und  zu  Soße  oder  Tabaklauge  verarbeitet. 
In  letzterer  Zeit  hat  insbesondere  die  Zigarren-  und  Zigarettenfabrikation 
einen  enormen  Aufschwung  erfahren.  Die  ut-sprüngliche  Zigarre  besteht 
aus  einem  oder  mehreren  zusammengerollten  Blättern,  wie  sie  noch  die 
heutige,  um  ein  Stück  Espartograsblatt  gewickelte  Virginiazigarre  dar- 
stellt. Die  Zigarre  schlechtweg  besteht  aus  der  Puppe  oder  Einlage, 
ferner  aus  dem  Wickel  oder  Umblatt  und  aus  dem  einer  viel  edleren 
Sorte  ahgehörigen  Deckblatt.  In  monopolfreien  Ländern  werden  auch 
Blätter  anderer  Pflanzen,  z.  B.  Weichselblätter,  deren  Gebrauch  übrigens 
gestattet  ist,  zur  Einlage  verwendet.  Zu  Schnupftabak  gebraucht  man 
schwere,    dicke,    dunkle   Blätter,   Rippen   und  Abfälle   der  Rauchtabak- 


1)  Molisch,  H.,  Grundriß  einer  Histochcnaie  der  pflanzHchen  Genußmittel. 
Jena  1891,  p;  34 — 38  (Chemie  des  Tabakblattes) 

2)  An  Literatur  vergleiche:  T.  F.  Hanausek,  Tabak,  Realenzyklop.  d.  ges. 
Pharm.,  2.  Aufl.,  1912,  p,  6—8.  —  W.  Gintl,  Tabak;  Karmarsch-Heeren,  Techn. 
Wörterb.,  4.  Aufl.,  VIII,  p.  696 — 746.  —  Eine  vorzügliche  sehr  ausführliche  Darstel- 
lung aller  auf  Tabakproduktion  und  Tabakverbrauch  sich  beziehenden  Verhältnisse 
enthält  C.  Hartwich,  Die  menschlichen  Genußmittel,  Leipzig  1911,  p.  27fr. 

.3)  Eine  Geschichte  der  Tabakindustrie  Amerikas  ist  im  Yearb.  of  the  Agric.  Dep. 
U.  S.  1900,  p,  429  fr.  enthalten. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  579 

blätter,  behandelt  sie  mit  verschiedenen  SoJßen  und  mischt  aromati- 
sierende Vegetabilien  usw.,  wie  Trilisablätter,  Tonkabohnen,  Gewürze 
u.  dgl.  bei.  Zur  Fertigstellung  wird  ein  Gärungsverfahren  angewendet. 
Den  Kautabak  stellt  man  besonders  aus  Kentuckytabak  in  Gestalt 
fingerdicker  gepreßter  oder  gesponnener  Rollen  (Ardouillen)  her.  Tabaks- 
laugen dienen  als  Reinigungsmittel  des  Viehes,  um  es  von  Ungeziefer 
zu  befreien,  ferner  gegen  Pflanzenschädlinge  in  Obst-  und  Hopfen- 
kulturen. —  In  Merida,  Trujillo  und  der  ganzen  West-Kordillera  Vene- 
zuelas bildet  das  mit  Urao  (Natriumsesquikarbonat)  vermischte,  zu  fester 
Konsistenz  eingekochte  Tabakextrakt  unter  dem  Namen  Chimö^),  in 
Horndosen  oder  Maisblättern  aufbewahrt,  ein  fast  unentbehrliches  Genuß- 
mittel der  Indianer  und  Mestizzen,  das  mit  dem  Zeigefinger  auf  das 
Zahnfleisch  gebracht,  durch  den  Speichel  nach  und  nach  gelöst  und  mit 
demselben  verschluckt  wird.  Das  glänzend  schwarze  Extrakt  riecht 
schwach  nach  Tabak,  hat  einen  anfangs  süßlichen,  dann  aber  bitteren 
und  ekelhaften,  kratzenden  Geschmack  und  färbt  den  Speichel  braun. 
Beim  Verbrennen  entwickelt  sich  starker  Tabakgeruch.  Die  mikroskopi- 
sche Untersuchung  weist  Stärkekörnchen,  Gewebedetritus,  Pilzschläuche 
und  Sporen  auf. 

Tabakverfälschungen  können  nur  in  Ländern  vorkommen,  in 
denen  kein  Monopol  der  Tabakindustrie  besteht.  Die  wichtigste  geschieht 
durch  Substitution  von  Blättern  anderer  Pflanzen.  Als  solche  »Surro- 
gate« werden  angeführt  2)  Runkelrübe,  Ampfer,  Kartoffel,  Zichorie,  Rha- 
barber, Huflattich,  Kirsche,  Rose  und  Weichselkirsche.  Als  »Tabak- 
ersatz« werden  auch  Waldmeister,  Steinklee  (Meliloius)^  Buchenlaub, 
das  Blatt  von  Sälvia  glutinosa  L,,  Fruchtzapfen  des  Hopfens,  Eibisch- 
und  Malvenblätter  verwendet. 

Aus  der  Geschichte  des  Tabaks^)  seien  nur  folgende  Momente 
hervorgehoben:  Kolumbus  sah  bei  seiner  Landung  an  der  Insel  Guana- 
hani  (1492)  die  Indianer  den  Tabak  aus  Maisblattrollen  (Tabaco)  rauchen. 
Auch  die  Bewohner  Ilispaniolas,  Mexikos  und  Nordamerikas  rauchten 
zur  Zeit  der  Entdeckung  dieser  Länder  durch  die  Europäer.  Das  Rauchen 
aus  Pfeifen  ist  ein  uralter  Gebrauch  der  nordamerikanischen  Indianer, 
wie  die  Auffindungen  von  Rauchgeräten  in  ihren  alten  Gräbern  belegen. 


\)  T,  F.  Hanausek,  Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.  1877,  Nr,  12,  —  Der- 
selbe, Nahrungs-  und  Genußmittel,  p.  367.  —  C.  Hartwich,  I.e.,  p.  41. 

2)  Kißling,  Tabak,  in  Damme rs  Illustr.  Lexikon  der  Verfälschungen.  Leipzig 
1887,  p.  882.  Daselbst  finden  sich  die  histologischen  Charaktere  der  genannten  Blätter 
durch  Abbildungen  veranschaulicht.     S,  auch  Diels,  Ersatzstoffe,  1918,  p.  261, 

3)  Tiedemann,  Geschichte  des  Tabaks.    Frankfurt  a.  M.  1854.  —  Hartwich 
1.  c,  p.  37  ff. 


580  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Der  Gebrauch  des  Tabaks  hat  sich  über  Europa  von  Spanien  aus 
verbreitet.  Die  Pflanze  (N.  Tab.)  wurde  dort  in  der  ersten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts  von  Gonzalo  Fernandez  de  Oviedo  (1525)  und  von 
Franzisco  Hernandez  de  Toledo  (1559)  eingeführt,  aber  anfänglich 
nur  der  schönen  roten  Blüten  wegen  in  Gärten  gezogen;  später  wurden 
dort  ihre  Blätter  zu  Heilzwecken  benutzt.  Etwa  zu  derselben  Zeit  wurde 
der  Tabak  durch  Thevet  und  J.  Nicot  in  Frankreich,  durch  Geßner 
in  Deutschland')  und  durch  den  päpstlichen  Nuntius  in  Lissabon  Pros- 
pero  Santa  Croce  in  Italien  bekannt.  Kurz  nach  der  Einführung  des 
Krautes  nach  Frankreich  wurde  dort  daraus  Schnupftabak  erzeugt. 

In  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  wurde  in  Spanien  und  Portugal 
bereits  geraucht..  Innerhalb  eines  Jahrhunderts  verbreitete  sich  die  Sitte 
des  Rauchens,  trotz  vieler  strenger  Verbote,  über  ganz  Europa;  von 
Konstantinopel  aus,  wo  der  Rauchtabak  bereits  im  Anfang  des  1 7.  Jahr- 
hunderts bekannt  war,  über  die  -asiatische  Türkei  und  später  über  den 
größten  Teil  Asiens.  In  der  zweiten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts 
war  in  den  damals  bekannten  Ländern  Afrikas  das  Tabakrauchen  ziem- 
lich allgemein.  Die  Angabe,  daß  die  Bewohner  dieses  Weltteils  den 
Tabak  vor  der  Entdeckung  Amerikas  kannten  und  das  Rauchen  desselben 
selbständig  erfanden,  hat  sich  als  unrichtig  herausgestellt.  Am  spätesten 
lernten  die  Bewohner  Australiens  den  Rauchtabak  kennen  und  erst  im 
vorigen  Jahrhundert  wurde  sein  Gebrauch  durch  amerikanische  Seefahrer 
und  europäische  Kolonisten  dort  eingeführt. 

12.  Trilisablätter. 

Trilisa  odoratissima  (W.)  Cass.  (Liatris  odoratissima  W.)  ist  eine 
zur  Tribus  der  Eupatorieae-Adenostylinae  gehörige  Komposite,  die  in 
ihrer  Heimat,  den  atlantischen  Küstenländern  der  nordamerikanischen 
Union,  in  großen  Mengen  gesammelt  wird.  Schon  im  Jahre  1860  hat 
Proeter^)  wegen  des  bedeutenden  Gehaltes  der  Blätter  dieser  Pflanze 
an  Cumarin  auf  ihre  Verwendung  als  Aromatisierungsmittel  hingewiesen, 
und  gegenwärtig  werden  sie  in  der  Tat  als  solches,  wie  die  Tonka- 
bohnen,  besonders  für  Schnupftabak  angewendet.  In  ihrer  Heimat  führt 
die  Pflanze  den  Namen  »Deers  tongue«  oder  »Dog  tongue«  (Hirschzunge, 
Hundszunge),  angeblich  auch  den  Namen  »Vanilla  plant«;  da  sie  aber 
nicht  den  spezifischen  Vanilleduft  besitzt,  so  dürfte  dieser  Name  eher 
für   eine   Liatris-Art   selten,    wie   denn  z.    B.    die   Blätter   von   Liatris 


i)  Der   Augsburger   Stadtphysikus   Adolf  Occo   erhielt   die  ihm    unbekannten 
Tabakblätter  aus  Frankreich,  die  Geßner  in  Zürich  als  solche  erkannte  (1565). 
2)  Wiggers  Jahresber.  d.  Pharm.  1860,  p.  9. 


Neunzehnter  Abschnitt,     Blätter  und  Kräuter. 


581 


scariosa  (L.)  W.  als  Ersatz  für  Vanille  in  Gebrauch  sindi).  Den 
Indianern  des  östlichen  Nordamerikas  dienten  Trilisablätter  als  Schutz- 
mittel gegen  die  Moskitos  2). 

An  der  Pflanze  kann  man  zweierlei  Blätter,  grundständige  und 
stengelständige,  unterscheiden.  Die  Handelsware  3)  enthält  beide  Formen, 
die  letzteren  häufig  noch  an  Stengelstücken  haftend.  Gestalt  und  Größe 
sind  sehr  bedeutenden  Schwankungen  unterworfen.  Die  grundständigen 
Blätter  sind  -12 — 24  cm  lang,  an  den  breitesten  Stellen  2 — 6  cm  breit, 
verkehrt-lanzettlich   bis   schmal-eiförmig,    allmählich   in   den   geflügelten 


Fig.  219.     Trilisa  odoratissima  (W.)  Cass.     Partie  eines  Blattquerschnittes.     7  Oberhaut  der  Oberseite, 
2  die  der  Unterseite,  3  Palisaden-,  i  Schwammparenchym,  d  Drüsentrichom,  sp  Spaltöffnung,  s  Sekret- 
raum,  g  Gefäßbündel,  p  Parenchymscheide.    Vergr.  400. 

Blattstiel  verlaufend,  am  freien  Ende  abgerundet  oder  mit  stumpfer 
Spitze  versehen,  ganzrandig  oder  sehr  schwach  wellig-gekerbt.  Das 
Stengelblatt    erinnert   an   das   Blatt   des   mittleren    Wegerich    (Plantago 

\)  Hoff  mann  in  Engler-Pr  antl ,  Pflanzenfamilien,  IV,  5,  p.  -142.  —  Lo- 
j  ander  gibt  als  Kumarinpflanze  noch  Liatris  spicata  Willd.  an.  Journ.  d.  Pharm. 
d'Alsace-Lorraine  nach  Ztschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.  -1887,  p.  438. 

2)  Arch.  Pharm,  1876,  V,  p.  282,  zitiert  nach  Paschkis. 

3)  Paschkis,  Zeitschr,  d,  allg.  österr.  Apoth.-Ver.  1879,  p.  481—484,  —  T.  F. 
Hanausek,  Zur  Mikroskopie  des  Schnupftabaks  und  seiner  Beimischungen  (erste 
Mitteilung).  Arch.  f.  Chemie  u.  Mikroskopie  (Wien)  'I9'12,  p.  66 — 70.  Eine  von  Hig- 
ley  in  den  New  Rem.  1883,  p.  260  veröffentlichte  Arbeit  über  Trilisa  stand  mir  nicht 
zur  Verfügung.     Ein  kurzes  Referat  von  Fl ückiger  s.  Bot.  Jahresber.  1883,  2,  p.  405. 


582 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


media  L.)^  ist  sitzend,  oval  bis  breitoval,  stumpf,  stets  viel  kürzer  als 
das  grundständige  und  bis  3,5  cm  breit.  An  der  kräftigen  Mittelrippe 
entspringen  wenige,  weit  schwächere  Sekundärrippen  unter  sehr  spitzen 
Winkeln,  die  längs  des  Blattrandes  verlaufen.  Die  Blätter  der  Handels- 
ware sind  je  nach  den  bei  der  Trocknung  einwirkenden  Faktoren  und 
wohl  auch  nach  dem  Grade  der  Reife  schmutzig-dunkelgrün,  gelblich 
oder  braun;  sie  sind  vollkommen  kahl,  auf  beiden  Oberflächen  mit 
winzigen  Grübchen  versehen  und  zeigen  im  durchfallenden  Lichte  durch- 
scheinende Pünktchen;  hier  und  da  lagern  farblose  glänzende  Blättchen  — 
Gumarinkristalle  —  auf  und  die  Blätter  riechen  kräftig  nach  Cumarin  i) ; 
der  Geruch  tritt  wahrscheinHch  erst  nach  dem  Abwelken  der  Blätter 
auf  oder  wird  erst  dann  so  kräftig,  wie  dies  von  anderen  cumarin- 
haltigen  Pflanzen  bekannt  ist. 


Fig  220.     Trilisa  odoratissima.    Oberhaut  der  Oberseite  von  der  Fläche.     Bezeichnung  wie   Fig.  219. 
Links  die  gestreckten  Epidermiszellen,  die  über  dem  Blattnerven  liegen.    Vergr.  400. 


Das  Trilisablatt  ist  nach  meinen  Untersuchungen  bifazial  gebaut, 
enthält  also  nur  an  der  Oberseite  ein  Palisadenparenchym,  während  der 
übrige  Teil  des  Mesophylls  vom  Schwammparenchym  gebildet  ist.  Da 
Paschkis  (1.  c).  die  Blätter  anscheinend  für  isolateral  hält,  so  habe  ich 
beide  Blattformen  in  dieser  Beziehung  genau  geprüft  und  gefunden,  daß 
die  Stengelblätter  ohne  Zweifel  deutlich  bifazial  gebaut  sind,  während 
diese  Eigenschaft  bei  den  grundständigen  Blättern  deshalb  nicht  so  scharf 


4)  Auch  andere  Kompositen  enthalten  Cumarin  in  ihren  (getrockneten)  Blättern, 
wie  Eupatorium  Ayapana  Vent.  [E.  triplinerve  Vahl),  die,  in  Brasilien  einheimisch, 
daselbst  und  in  Ostindien  kultiviert  und  medizinisch  benutzt  werden.  Vgl.  C.  Hart- 
wich, Die  neuen  Arzneidrogen,  p.  U8;  ferner  Ageratum  mexieanum  Sims  nach 
Molisch. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blatter  und  Ivräuter. 


583 


hervortritt,  da  manche  der  an  die  Oberhaut  der  Unterseite  anstößenden 
Zellen  die  gestreckte  Palisadenform  besitzen;  aber  der  lockere  Zusammen- 
hang, die  verschieden  großen  Lücken  und  die  in  viel  größerer  Anzahl 
auftretenden  kurzen,  häufig  auch  rundlichen  Zellen  lassen  die  Annahme 
des  bifazialen  Blattbaues  als  richtig  erscheinen. 

Die  beiden  Oberhautplatten  sehen  im  Querschnitt  (Fig.  219  1,  2) 
einander  ziemlich  ähnlich,  ihre  Zellen  sind  gerundet-quadratisch  mit  ge- 
wölbten Außen-  und  Innenwänden,  erstere  stark  verdickt  und  kutiku- 
larisiert.  Einzelne  der  Oberhautzellen  ragen  vor  den  übrigen  durch 
besondere  Größe  hervor.  In  der  Flächenansicht  erscheinen  die  der  Ober- 
seite unregelmäßig  polygonal,  meist  mit  geraden,  seltener  mit  schwach 
undulierten    Wänden 


(Fig.  220).  Dagegen 
sind  die  Oberhaut- 
zellen der  Unterseite 
meist  stark  wellen- 
förmig gebuchtet 
(Fig.  221).  Die  ellip- 
tischen Spaltöffnun- 
gen (sp)  sind  auf  bei- 
den Seiten  reichlich 
entwickelt  und  zu- 
meist von  dreiNeben- 
zellen  (n)  umgeben. 
Von  besonderem 
Interesse  sind  die  in 
Gruben  eingesenkten 

Drüsentrichome  (Fig.  219  u.  220c?].  Sie  kommen  an  beiden  Epidermen  vor, 
bestehen  aus  einer  Reihe  aufeinanderfolgender  dünnwandiger  Zellen, 
deren  unterste  sich  zwischen  die  beiden  in  die  Grube  sich  niedersenken- 
den Oberhautzellen  einkeilt.  Die  Innenwände  dieser  Epidermiszellen  bilden 
(im  Querschnitt)  einen  sehr  auffälligen,  vom  anstoßenden  Mesophyll  sich 
scharf  abhebenden  Bogen.  Die  Drüsenzellen  sind  mit  feinkörnigem  Inhalt 
erfüllt.  Von  der  Fläche  gesehen,  erscheint  die  Grube  polygonal,  von 
sternförmig  angeordneten  Zellen  umgeben  (Fig.  220c?),  das  Trichom  fast 
kreisrund,  die  eingesenkten  Oberhautzellen  schimmern  durch,  so  daß  es 
aussieht,  als  ob  das  Drüsenhaar  noch  von  einem  zweiten  Kreis  schmaler 
Zellen  umgeben  wäre;  diese  sind  aber  die  eingesenkten  Zellen,  die  unter 
den  die  Grube  oben  berandenden  Zellen  liegen  (Fig.  21 9  a?). 

Die  Hauptrippe  und  die  stärkeren  Nebenrippen  sind  bikollateral  ge- 
baut mit  zwei  äußeren  Siebteilen  und  Bastbelägen  (Fig.  222 Z?)  und  einem 
zentralen  Gefäßteil  (Fig.  222(/).     Die  umgebenden  Parenchymzellen  sind 


Fig.  221. 


Trilisa  odoratissima.     Oberhaut    der   Unterseite    von    der 
Fläche,  «t  Nehenzellen  der  Spaltöffnung  sy. 


584 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


rundlich  und  gehen  in  echte  Kollenchymzellen  über  (Fig.  'il'ikol.).  Die 
schwachen  Blattnerven  sind  nur  kollateral  entwickelt  und  stets  von  einer 
großzelligen  Parenchymscheide  umgeben  (Fig.  219jj),  deren  Zellen  nur 
spärlichen  Inhalt  führen  und  sich  daher  von  den  übrigen  reichlich 
Chlorophyll  enthaltenden  Mesophyllzellen  scharf  abheben.  Innerhalb 
dieser  Parenchymscheide  ist  jedem  Gefäßbündel  ein  von  schmalen  Epi- 
thelzellen  begrenzter  Sekretraum   (Fig.  219s)   angelagert;   mitunter  sind 


Fig.  222.      Trüisa   odoratissima.      Querschnitt    dnruii   einen   stärkeren    bikollateralen  Blattnerven,    das 

KoUenchym   ist   nicht  vollständig,   die  Oberhaut  der  Blattunterseite   gar  nicht  gezeichnet.     6  Bastteil, 

g  Gefäßteil,  s  Sekretranm,  kol  KoUenchym,  tp  Epidermis  (der  Oberseite).    Vergr.  400. 

auch  zwei  solche  Räume  vorhanden  und  auch  die  großen  Gefäßbündel 
zeigen  dieses  Verhalten  (Fig.  2195).  Es  ist  diese  Korrelation  der  Sekret- 
räume mit  den  Gefäßbündeln  als  eine  besondere  Eigentümlichkeit  zu 
beachten.  Das  Sekret  ist  ein  hellgelber,  stark  lichtbrechender  Körper, 
anscheinend  verharztes  ätherisches  Öl,  zu  dessen  Bestandteilen  das 
Cumarin  gehört. 

Der  Gehalt  der  Blätter  an  Cumarin  i)  wird  mit  1,5  Proz.  angegeben. 


-1)  Falkenhainer,  Proximate  Analysis  of  the  Leaves  oi  Liatris  odorai.   Americ. 
Journ.  of  Pharmac.  4  899,  LXXI,  p.  133. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  »  585 

Zuckerrohr  1). 

1.  Bedeutung  des  Zuckerrohres  als  Rohstoff. 

Während  in  den  Jahren  um  1900  die  Zuckerproduktion  aus  der 
Rübe  mehr  als  60  Proz.  vom  Weltertrag  an  Rohrzucker  bildete,  ist  seit 
diesem  Jahre  die  Gewinnung  von  Zucker  aus  dem  Rohre  im  Verhältnis 
viel  stärker,  und  zwar  ganz  regelmäßig,  gestiegen.  Für  1917  bis  1918 
war  die  Quantität  Rübenzucker  sogar  bis  27  Proz.  der  Welternte  zurück- 
gegangen. In  demselben  Jahre  betrug  die  Quantität  Rohrzucker  mehr 
als  12  Millionen  Tonnen,  während  sie  1900  bis  1901  noch  nicht  4  Millionen 
Tonnen  ausmachte. 

2.  Varietäten  des  Zuckerrohres. 

Die  Herkunft  dieser  Kulturpflanze,  über  welche  die  ersten  Nach- 
richten aus  der  Zeit  Alexanders  des  Großen  stammen,  ist  nicht  bekannt. 

Die  Zahl  der  Varietäten  des  Saccharwu  officinarwn  L.  ist  sehr 
groß,  obschon  wahrscheinhch  kleiner  als  man  gewöhnlich  annimmt,  weil 
viele  unter  verschiedenen  Namen  angetroffen  werden.  Eine  Form  von 
einem  Lande  nach  dem  anderen  überbracht,  erhielt  einen  neuen  Namen 
nach  der  Herkunft  oder  nach  dem  Importeur,  während  daneben  noch 
zahlreiche  Namen  der  Eingeborenen  gebraucht  werden.  Es  hat  an  Ver- 
suchen nicht  gefehlt,  Ordnung  in  diese  Verwirrung  zu  bringen.  Wir 
nennen  hier  die  alten  Arbeiten  von  Hasskarl  und  Roxburg,  die  neueren 
von  Soltwedel^),  Harrison  und  Jenman,  Moquette  und  Wakker, 
und  verweisen  besonders  auf  die  Übersicht  bei  Noel  Deerr^).  Gewiß- 
heit über  Identitätsfragen  konnte  jedoch  für  zahlreiche  wichtige  Fälle 
nicht  gegeben  werden.  Schlimmer  noch  war  es,  daß  infolge  ungenü- 
gender Unterscheidungsmerkmale  öfter  Vermischung  der  zum  Auspflanzen 
gebrauchten  Stecklinge  eintrat.     Besonders  durch  die  Einführung  der  aus 


^]  Von  Prof.  Dr.  G.  van  Itersou  jr.  in  Delft.  —  Man  betrachte  diese  Mittei- 
lungen als  eine  Einleitung  zum  Studium  dieses  wichtigen  Rohstoffes.  Als  allgemeine 
Pubhkationen  über  Zuckerrohr  seien  hier  genannt:  W.  Krüger,  Das  Zuckerrohr 
und  seine  Kultur,  Magdeburg  und  Wien,  1899;  Handboek  ten  dienste  van 
de  Suikerrietcultuur  en  de  Suikerrietfabricage  op  Java  (5  Bände  von 
W.  van  Deventer,  H.  G.  Prinsen  Geerligs  und  H.  A.  P.  M.  Tervooren),  Amster- 
dam 4906 — ig-ig;  >Archief  voor  de  Suikerindustrie  in  Ned.-Indie«,  worin 
die  für  die  angewandte  Botanik  wichtigen  Mitteilungen  der  Kulturabteilung  der  Ver- 
suchsstation für  die  Zuckerindustrie  auf  Java  (heutiger  Direktor  dieser  Abteilung  Dr. 
Ph.  van  Harreveld)  aufgenommen  sind. 

2)  Vormen  en  Kleuren  von  Saceharum  ofßcmarum,  herausgegeben  von 
Benecke,  Berlin  1892. 

3)  Sugar  and  the  Sugar  Cane,  Manchester  1905. 


586 


Neunzehnter  Abschnitt. 


ätter  und  Kräuter. 


Samen  gezogenen  Formen  nahm  die  Verwirrung  noch  zu,  während  eben 
dadurch  der  Mangel  an  kennzeichnenden  Beschreibungen  noch  stärker 
hervortrat.  Einen  wichtigen  Fortschritt  in  dieser  Hinsicht  bedeutet  die 
Arbeit  von  J.  Jeswiet^)  an  der  Versuchsstation  in  Pasoeroean  (Java). 
Jeswiet  fand  im  Bau  und  besonders  in  den  Haarbildungen  auf  den 
Stengelaugen  und  den  Blattscheiden  charakteristische  Eigenschaften  der 
Varietäten.  Er  stellte  fest ,  daß  sich  für  verschiedene  Formen  des 
edlen  Zuckerrohres  (und  auch  für  andere  Arten  der  Gattung  Saccharum) 
kennzeichnende  Haarbüschelchen  unterscheiden  lassen,  die  (zwar  nicht 
immer  gleich  stark  ausgebildet)  an  bestimmten  Stellen  der  äußeren 
Knospenschuppe  und  der  Blattscheide  angetroffen  werden.  Nach  ihrer 
Stellung  werden  sie  mit  einer  Ziffer  bezeichnet.     Für  die  Augen  beschrieb 


Fig.  223.     Haargruppen  auf  der  äußeren  Knospenschuppe  der  Zuckerrohrvarietät  P.  0.  J.  100;  links 
Vorderseite  der  Schuppe,  rechts  Unterseite.    (Nach  J.  Jeswiet.) 


Jeswiet  bereits  30  solcher  Haargruppen,  für  die  Blattscheiden  deren  7< . 
Es  genügt  nun  eine  Zahlenreihe  für  die  Beschreibung  der  Behaarungs- 
weise von  Knospe  oder  Blattscheide.  Von  Wichtigkeit  ist  dabei,  daß 
die  Bestimmung  der  Form  nach  dieser  Methode  bereits  mit  einem  Teile 
des  Stengels,  wenn  er  nur  Knospen  besitzt  (z.  B.  an  Stecklingen),  mög- 
lich ist  (Fig.  223). 

Bedenkt  man,  daß  das  Zuckerrohr  —  abgesehen  von  den  für  Ver- 
edlungszwecke aus  Samen  gewonnenen  neuen  Formen  —  ausschließlich 
vegetativ  vermehrt  wird,  so  leuchtet  ein,  daß  Jeswiet  seine  Beschrei- 
bungsweise mit  Recht  mit  dem  Bertillonsystem  vergleicht.  Schon  heute 
ist  diese  Methode  zur  Determination  von  Wichtigkeit  für  die  statistische 
Bearbeitung  der  Verbreitung  und  der  Ausbeute  an  Zucker  von  den  ver- 
schiedenen Varietäten  auf  Java.  Von  noch  allgemeinerer  Bedeutung  wird 
sie  werden,  wenn  die  kürzlich  angemeldete  Beschreibung  der  in  andern 
Ländern  gebauten  Varietäten  erscheinen  wird. 


1)  Archief  1916  und  folgende  Jahre,  im  ganzen  bis  heute  acht  Beiträge. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


587 


Der  meiste  Zucker  der  Welt  stammt  wohl  von  den  alten  Spielarten 
Crystallina  (Kuba),  anderwärts  White  Transparent  und  La  Pice 
genannt,  von  Yellow  Caledonia  (Hawaii-Inseln)  oder  Tanna  Bianca 
(Mauritius)  und  von  Lahaina  (Hawaii-Inseln),  welche  wahrscheinlich 
identisch  ist  mit  der  Bourbonvarietät  (Britisch-West-Indien)  oder  der 
Otaheite  (d.  i.  ein  alter  Name  für  die  Insel  Bourbon).  Von  den  durch 
Kreuzung  aus  Samen  gewonnenen  Formen  sind  wohl  P.  0.  J.  100,  B.  247, 
E.  K.  28  (alle  drei  für  Java),  D.  74  (für  Britisch-West-Indien  und  Louisi- 
ana) und  B.  1  47  (für  die  französischen  Antillen)  die  meist  angetroffenen. 


r^i 


3.  Morphologie  der  vegetativen  Organe. 

Der  ausgewachsene  Stengel,  dessen  Länge  für 
einige  Varietäten  6 — 7  m  erreichen  kann — meistens 
2,5 — 3,5  m  beträgt  —  und  dessen  Dicke  zwischen 
7  und  1,5  cm  variiert,  zeigt  eine  deutliche  Glie- 
derung in  Knoten  und  Internodien  (Fig.  224).  Nur 
der  obere  Teil  trägt  dann  noch  gegenständige 
Blätter,  mit  einer  langen  Scheide  den  Stengel  um- 
greifend. Der  untere  Teil  des  Stengels  befindet 
sich  im  Boden  und  ist  durch  Nebenwurzeln  be- 
festigt.    Hauptwurzel  fehlt. 

Die  allgemein  übliche  vegetative  Vermehrung 
geschieht  durch  Stecklinge,  die  man  in  oder  auf 
den  Boden  legt.  Im  letzten  Falle  muß  man,  wenn 
sich  die  junge  Pflanze  entwickelt,  Erde  zuführen; 
sie  bestockt  sich.  Lange  bleiben  die  Nebensprosse 
mit  dem  Hauptstengel  verbunden,  aber  der  Ver- 
band wird  allmählich  loser  und  geht  schließlich 
ganz  verloren. 

Wird  der  Stengel  nicht  im  ganzen  geerntet  (wie  es  meist  auf  Java 
geschieht),  sondern  oberhalb  des  Bodens  geschnitten,  so  bildet  sich  ein 
neuer  Stock,  welcher  nach  gewisser  Zeit  wieder  geschnitten  werden 
kann.  Dies  läßt  sich  oft  wiederholen.  Man  neunt  die  neuen  Stengel 
vielfach  >Ratoons«. 

Der  beblätterte  Stengel  zeigt  den  dorsiventralen  Bau  der  Gräser  i). 
Dieser  äußert  sich  auch  in  der  Asymmetrie  der  Blatthälften  und  in  der 
ungleichen  Entwicklung  der  sogenannten  Öhrchen  2).     Man  findet  immer 


Fig.  224.  Stengelabschnitt  der 
Zuckerrohrvarietät  »Schwarz 
Cheribon« ;  a  Narbe,  h  Knospe, 
c  Wachstumzone;  zwischen  a 
und  c  Wurzelring  mit  Wurzel- 
anlagen. 


1)  C.  B.  Bremekamp,    De    d  orsiventrale    bouw  van  den  rietstengel, 
Archief  1914,  p.  41. 

2)  Jeswiet,  Archief  1916. 


588  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

auch  eine  Ligula    und    am  Grunde   der  Blattspreile    zwei  meist  dunkler 
gefärbte  Gelenkdreiecke  i). 

4.  Blüte  und  Fruchtbildung. 

Das  Rohr  braucht  10  bis  1 4  Monate,  bisweilen  sogar  2  oder  mehr 
Jahre,  zum  Reifen.  Schon  vorher  kann  sich  eine  pyramidenförmige, 
zusammengesetzte  Rispe  bilden  2). 

In  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  galt  als  feststehend,  daß 
Zuckerrohr  keinen  Samen  hervorbringt,  und  es  blieb  sogar  unbeachtet, 
daß  1850  auf  Barbados  und  1861  auf  Java  Zuckerrohr  aus  Samen  ge- 
zogen wurde.  Es  konnte  denn  auch  als  eine  wichtige  Entdeckung  gelten, 
als  F.  Soltwedel  auf  Java  1887  und  unabhängig  von  ihm  Harrison 
und  Bovell  auf  Barbados  1888  die  Wahrnehmung  machten,  daß  diese 
alte  Kulturpflanze  keimungsfähigen  Samen,  hervorzubringen  vermag^). 
Fr.  Benecke-^)  (1890)  hat  den  Bau  der  Frucht  und  die^^Keimung  genau 
beschrieben,  J.  P.  Moquette  (1892)  die  Gewinnung  von  Rohrvarieläten 
aus  Samen  ausgearbeitet.  Die  Versuchsstation  Honolulu  allein  gewann 
in  den  Jahren  1906  bis  1915  sogar  15721   Varietäten  aus  Samen s). 

5.  Züchtung. 

Oft  hat  man  Veredlungszüchtung  versucht,  wie  sie  für  die  Zucker- 
rübe mit  so  großem  Erfolge  gelang.  Und  wirklich  zeigt  auch  das 
Zuckerrohr  eine  nicht  geringere  Variabilität.  Einer  Arbeit  von  J.  E.  van 
der  Stok^)  entnehmen  wir  als  Beispiel  eine  Frequenztabelle  für  den 
Gehalt  an  Rohrzucker  bei  250  Stengeln  (der  Varietät  B.  247),  welche 
unter  gleichen  Umständen  gewachsen  waren: 

Prozente 
Rohrzucker    4—5    5  —  6    6—7    7—8     8  —  9     9—10     10—11     11—12     12—13     13—14 
Frequenz       10         16         18        25  30  64  33  26  17  11 

Beachtet  man  jedoch,  daß  es  sich  bei  einer  sogenannten  Zuckerrohr- 
varietät in  WirkUchkeit  um  ein  einziges  Individuum  handelt,  so  wird  es 


1)  Abbildungen  bei  J.  M.  Geerts,  Plantkunde  van  het  suikerriet,  Pasoe- 
roean  1916. 

2)  Über  den  Bau  der  Rispe  sowie  über  den  Befruchtungsvorgang  siehe:  G.  Wil- 
brink  und  F.  Ledeboer:  De  geslachtelijke  voortplanting  bij  het  suikei- 
riet,  Archief  1911,  p.  369. 

3)  W.  J.  Frank,  Somatische  Kern-  en  Celdeeling  en  Microsporo- 
genese  bij  suikerriet,  Amsterdam  1911. 

4)  Siehe  Krüger,  Das  Zuckerrohr,  1899. 

5)  The  Cane  Sugar  Industry,  Dop.  of.  Commerce,  Washington  1917. 

6)  Zuckerrohr  in  Bd.  V  von  L.  Fruwirth:  Die  Züchtung  der  landwirt- 
schaftlichen Kulturpflanzen,  Berhn  1912. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  589 

nicht  wundernehmen,  daß  diese  Versuche  das  gewünschte  Resultat  nicht 
ergaben.  Hiermit  soll  nicht  gesagt  sein,  daß  Züchtung  keinen  günstigen 
Erfolg  bringen  kann.  Im  Gegenteil,  man  wird  öfter  eine  »Nachwirkung« 
günstiger  Lebensverhältnisse  der  elterlichen  Pflanzen  bemerken.  Für  die 
Kultur  auf  Java  ist  z.  B.  die  Verwendung  von  in  hohen,  kühlen  Gegenden 
erzogenen,  widerstandsfähigen  Stecklingen,  sowie  die  Entfernung  krank- 
hafter Stecklinge  von  der  grüßten  Bedeutung  i). 

Bei  der  Fortpflanzung  aus  Samen  ergibt  sich  in  der  Nachkommen- 
schaft eine  sehr  große,  bei  vegetativer  Vermehrung  der  Sämlinge  auch 
bleibende  Verschiedenheit  aller  Eigenschaften.  Hier  kann  also  die  Selek- 
tion' zu  wichtigen  Ergebnissen  führen.  Keineswegs  ist  bei  der  zu  tref- 
fenden Auswahl  allein  der  Zuckergehalt  maßgebend,  sondern  man  zieht 
dabei  auch  verschiedene  wichtige  Eigenschaften,  besonders  die  Wider- 
standsfähigkeit gegen  Krankheiten  in  Betracht.  Die  richtige  Beurteilung 
neuer  Varietäten  ist  nur  durch  planmäßig,  unter  verschiedenen  Um- 
ständen ausgeführte,  Versuche  möglich  2).  Dabei  dauert  es  ziemlich  lange, 
ehe  man  aus  der  ursprünglichen  Samenpflanze  eine  genügende  Anzahl 
Stecklinge  gezüchtet  hat. 

6.  Krankheiten  und  Schädlinge. 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort  zu  Betrachtungen  über  die  zahlreichen 
Krankheiten 3)  und  die  tierischen  Feinde^)  oder  die  sonstigen  Schädlinge 
des  Zuckerrohres.  Wir  können  jedoch  nicht  unterlassen,  hier  die  rätsel- 
hafte Serehkrankheit  hervorzuheben,  welche  zum  ersten  Male  i882l 
auf  Java  beobachtet  wurde,  sich  innerhalb  1 0  Jahren  über  die  ganze 
Insel  verbreitet  hatte  und  die  dortige  Zuckerrohrkultur  mit  Untergang 
bedrohte  5). 

Der  Namen  dieser  Krankheit  stammt  von  der  Gestalt  der  sehr 
kranken  Pflanzen,  welche  an  das  Riechgras  (javanisch  »Sereh«)  erinnert. 
Es  hat  besonders  diese  Krankheit  die  Einführung  von  aus  Samen  er- 
zeugten Formen  erzwungen,  und  auch  jetzt  hat  die  Kultur   einen  unab- 


1)  Siehe  R.  A.  Quintus,  Archief  1915. 

2)  Man  sehe  die  acht  Beiträge  von  J.  M.  Geerts,  Archief  1915 — 1918,  und 
die  Fortsetzung  dieser  sehr  umfangreichen  Arbeit  von  J.  Kuyper,  Archief  1919, 
p.  2245. 

3)  Eine  wichtige  Zusammenfassung  größtenteils  origineller  Arbeiten  auf  diesem 
Gebiete  gaben  Went  und  Wakker  in  De  Ziekten  van  het  Suikerriet,  Leiden 
1895.  Man  sehe  weiter:  J.  R.  Johnston,  West-Indian  Bulletin,  Vol.  CVI,  1918. 
p.  275. 

4)  Man  sehe  den  zweiten  Teil  des  oben  zitierten  Handbuches  (von  W.  vanDe- 
venter). 

5)  Es  ist  auch  über  das  Vorkommen  dieser  Krankheit  in  anderen  Ländern  be- 
richtet worden,  sicherlich  hat  sie  nirgendwo  so  stark  um  sich  gegriffen  wie  auf  Java, 


590 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


lässigen  Kampf  gegen  sie  zuführen^).  Die  sogenannte  Phloemkrank- 
heit  ist  eine  leichte  Form  und  ein  Anfangsstadium  der  Serehkrankheit. 
Nach  einer  vorläufigen  Mitteilung  der  Versuchsstation  in  Pasoeroean^) 
hat  G,  A.  H.  von  Wolzogen  Kuhr  den  bakteriellen  Ursprung  dieser 
Krankheit  sichergestellt  und  als  Erreger  dieselbe  allgemein  verbreitete 
Mikrobe  erkannt,  welche  die  Gummikrankheit  des  Zuckerrohres  ver- 
ursacht. Es  ließen  sich  durch  diese  Entdeckung  bereits  wichtige  Vor- 
schläge zur  Bekämpfung  und  Vorbeugung  der  Krankheit  machen. 

7.  Anatomie^). 

Wir  geben   hier  den  Querschnitt   eines  Blattes  (Fig.  225),    an   dem 
das    fächerförmige  Wassergewebe   der  Oberseite   auffällt.      Dieses   funk- 


Fig.  225.    Teil  eines  Blattquerschnittes  von  Saccharnm  officiuariim.    An  der  Blattoberseite  großzelliges, 
fächerförmiges  Wassergewelie ;  nm  die  Gefäßbündel  Stärkescheiden,  umgeben  von  chlorophyllführendem 
Parenchym;  Sklerenchymstränge  oberhalb  und  unterhalb  der  Qefäßbündel.     Stomata  und  Haare  reich- 
licher an  der  Unterseite  (Fig.  227). 

tioniert  als  Gelenk  beim  Einrollen  des  Blattes  nach  Eintrocknen.  Die 
Stomata  sind  zahlreicher  an  der  Unterseite,  die  Oberseite  zeigt  auch 
spärlichere  Behaarung  (vgl.  Fig.  226  und  227).     Besonders   am  Stengel 


\)  Die  kostspiehge  Verwendung  von  in  den  Bergen  gezogenen  Stecküngen  ge- 
schieht nur  aus  diesem  Grunde,  Man  vergleiche  Ph.  van  Harreveld,  Archief  i917, 
p.  557   und  p.  334. 

2)  Archief  -1918,  p.  527. 

3)  S.  die  Mikrophotographien  und  Zeichnungen  von  W.  C.  Dickhoff  (5.  Teil 
des  zitierten  Handbuches  [1915])  und  die  Zeichnungen  von  J.  M.  Geerts  (Plant- 
kunde  van  het  suikerriet,  Pasoeroean  4916),  sowie  die  Mitteilung  von  C.  E.  B. 
Bremekamp  (Archief  49U,  p.  499)  über  den  Verlauf  der  Gefäßbündel  und  die  von 
J.  Kuyper.( Archief  1914,  p.  1679)  über  Bau  und  Funktion  der  Stomata. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


591 


Fig.  226.    BlMoheiseite  Yon  Succhaiumofficiuaium.    Reihenweise  geordnete  Stomata;  zwischen  diesen 
Reihen  solche  mit  abgerundeten  Haaren  (über  den  Nerven)   und  breitere  Zellen    (über    dem  Wasser- 
gewebe). 


Fi    227.    Blattunterseite  von  Saccharum  officinarum  in  gleicher  Vergrößerung  wie  Fig.  226.    Zahlreiche 
Stomata  und  nach  oben  gerichtete  scharfe  Haare    vereinzelt  längere  zweizeilige  Haare. 


592 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 


(aber  auch  auf  den  Blättern  und  Blattscheiden)   trifft  man  Wachsüber- 
züge an,  am  reichsten  unterhalb  der  Knoten  (Fig.  228  und  229)  i). 

Der  Zucker  befindet  sich  im  Zellsaft  des  Parenchyms,  das  mit  den 
zahlreichen,  unregelmäßig  angeordneten  Gefäßbündeln  samt  ihren  Skleren- 
chymscheiden   und    dem    selbständig    vorkommenden    Sklerenchym    den 


Interzellularräume,  mit  Luft 
gefüllt,  verleihen  dem  Mark- 
gewebe die  weiße  Farbe. 
Dieses    wird    bei    der    Reife 


Fig.  228.  Queiechnitt  der  Außenrinde  eines  Stengel- 
internodiums  (12  cm  lang),  etwa  2  cm  .unterhalb  des 
Knotens  (an  der  Stelle  stärkster  Wachsbildung); 
Wachsstäbchen   stark  entwickelt  auf  der  Epidermis. 


Fig.  229.  Außenansicht  der  Stengelepidermis 
derselben  Pflanze  wie  Fig.  228  und  an  gleicher 
Stelle.  Die  Wachsschicht  entfernt.  Man  unter- 
scheidet die  Laiigzellen,  Kurzzellen  und  Kiesel- 
zellen der  Gramineenepidermis. 


durch  Infiltration  des  Zellsaftes  speckig  oder  glasig.  Bei  Überreife  tritt 
Luft  ein  und  veranlaßt  die  sogenannte  Schwammigkeit  des  Rohres 2). 
Im  >Ampas<  (auch  als  »Bagasse«  und  »Pomace«  bezeichnet),  das  sind 
die  Preßrückstände,  finden  sich  alle  Elemente  des  Stengels,  z.  T.  auch 
in  dem  bei  der  Saftreinisfuns;  auftretenden  Filterschmutz. 


8.  Kultur. 

Man  baut  das  Zuckerrohr  in  den  verschiedenen  Ländern  nicht  mit 
der  gleichen  Sorgfalt.  Der  extensiven  Kulturmethode,  nach  der  u.  m.  die 
gewaltige  Kubaernte  größtenteils  erzeugt  wird  (80  Proz.  werden  dort  von 
kleinen  Landbesitzern,  Colonos,  angebaut),  gegenüber  steht  die  höchst 
intensive  Kulturweise  auf  den  Hawaii-Inseln  und  besonders  auf  Java,  wo 
der  Anbau  fast  ganz  in  den  Händen  großer  Fabriken  liegt.  Während 
1913    bis  1914    die   mittlere  Ausbeute   für  Kuba   etwa   5500  kg   Zucker 


1)  Siehe  J.  Wiesner,  Technische  Mikroskopie,  Wien  1867,  p.  252. 

2)  Archief  19-13,  p.  592,  715  und  716. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blatter  und  Kräuter.  593 

pro  Hektar  betrug,  erzeugte  Java  1918  im  Mittel  ungefähr  11000  kg 
auf  der  gleichen  Fläche  i).  Der  Unterschied  zwischen  diesen  beiden  Ex- 
tremen geht  auch  daraus  hervor,  daß  auf  Kuba  fünf  Schnitte  auf  einer 
normal  sind  und  sogar  Fälle  von  20  Schnitten  vorkommen,  während  auf 
Java 2)  selten  mehr  als  eine  Ernte  gewonnen  wird  —  es  ist  ja  die  erste  zu- 
gleich die  reichste  —  und  ein  regelmäßiger  Fruchtwechsel  eingehalten  wird^). 

Das  Zuckerrohr  stellt  hohe  Forderungen  an  den  Boden  und  verlangt 
öfter  Düngung.  Obwohl  es  am  besten  in  tropischen  Gegenden  gedeiht, 
läßt  sich  der  Anbau  für  fabrikmäßige  Zuckergewinnung  noch  in  Spanien 
und  den  südöstlichen  Staaten  von  Nord-Amerika  ausführen  4). 

In  ausgesprochen  kühlen  Gegenden  ist  man  oft  gezwungen,  mit  der 
Ernte  anzufangen,  bevor  der  Stengel  seinen  höchsten  Zuckergehalt  er- 
reicht hat.  Wenn  man  aber  bei  gleichmäßigem,  tropischem  Klima  da- 
nach strebt,  den  Zuckerertrag  so  hoch  wie  möglich  zu  steigern,  wird  die 
richtige  Wahl  der  Erntezeit  von  großer  Bedeutung.  Tritt  Überreife  ein, 
so  geht  nicht  nur  ein  Teil  der  Saccharose  verloren,  sondern  es  wird 
auch  deren  Gewinnung  durch  Zunahme  an  Invertzucker  erschwert.  Ein 
ausgedehntes  Studium  von  F.  A.  F.  G.  Went  ergab s),  daß  die  Reifung 
unten  am  Stengel  anfängt  und  regelmäßig  nach  oben  fortschreitet.  Der 
Züchter  0.  F.  Müller  von  Czernicki  hat  darauf  eine  Methode  zur 
Beurteilung  des  Reifegrades  gegründet,  welche  darauf  hinausläuft, 
daß  Probestengel  vom  Felde  genommen  und  in  eine  bestimmte  Anzahl 
von  Teilen  zerschnitten  werden.  Die  korrespondierenden  Stücke  werden 
zusammen  analysiert.  Man  nimmt  dann  an,  daß  die  maximale  Reife 
erreicht  ist,  wenn  die  älteren  Teile  keine  Steigerung  des  Zuckergehaltes 
mehr  aufweisen  und  sich  der  Gehalt  der  jüngsten  Teile  dem  der  nächst- 
jüngeren nähert  6). 

9.  Chemische  Bestandteile. 

Während  der  unreife  Stengel  außer  Saccharose  auch  Glukose 
und  Lävulose  enthält,   verschwindet  die  letztgenannte  Zuckerart  beim 


1)  Die  Zuckerrübenkuhur  ergab  1913—1914  für  Deutschland  im  Mittel  etwa 
4900  kg  Zucker  pro  ha. 

2)  Die  Kultur  auf  Java  beschrieb  J.  Sibinga  Mulder  in  dem  kleinen  Buch 
De  Rietsuikerindustrie  op  Java,  Haarlem  1912,  während  H.  G.  Prinsen  Geer- 
ligs  darüber  eine  ausführlichere  Abhandlung  schrieb  in  Dr.  W,  K.  van  Gorkoms 
Oost-Indische  Cultures,  2.  Teil,  2.  Aull.,  Amsterdam  1918,  p.  73— 179. 

3)  Man  vergleiche  H.  C.  Prinsen  Geerligs  im  4.  Teil  des  Handbuchs  und 
auch  TheCaneSugarlndustry. 

4)  P.  A.  Yoder,  Sug-ar-Cane  Culture  for  Sirup  Production  in  the 
U.  S.,  Bulletin  Dep.  Agric.  Nr.  486,  1917. 

5)  Archief  1896,  p.  542  und  Jahrb.  wiss.  Bot.,  Bd.  31    (1898),  p.  677. 

6)  Siehe  auch  "Went  in  »De  Indische  Mercuur«   1917,  p.  677. 
Wiesner,  RohstoiFe.    III.  Band.    3.  Aufl.  38 


594  -Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

Reifungsprozesse  fast  vollständig  und  nimmt  auch  die  Glukose  stetig  ab. 
Winter  (l 890)  gelang  es  nicht,  auch  nur  Spuren  von  Lävulose  im  aus- 
gereiften Rohre  nachzuweisen. 

Die  Quantität  des  Rohrzuckers  wechselt  von  12  bis  18  Proz.,  wäh- 
rend von  Glukose  meistens  nur  1  Proz.  und  weniger,  selten  über  2  Proz. 
vorkommt.  Von  Lävulose  ist  in  unreifen  Stadien  maximal  1,6  Proz.  auf- 
gefunden i).  Andere  Zuckerarten  sind  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen, 
speziell  hat  Winter  die  Abwesenheit  von  Raffinose  (bekanntlich  in  der 
Zuckerrübe  vorhanden)  dargetan.  Ein  weiteres  Kohlehydrat  ist  die 
Stärke,  die  sich  in  den  Gefäßbündelscheiden  unreifer  Rohrstengel  vor- 
findet. Im  serehkranken  Rohre  nimmt  die  Menge  der  Stärke  nicht  un- 
beträchtlich zu. 

Von  den  sonstigen  organischen  Substanzen  seien  die  organischen 
Säuren  genannt.  Nach  Winter  werden  Apfelsäure,  Bernstein- 
säure, Glyk Ölsäure  wohl,  aber  Weinsäure,  Oxalsäure  und  Zitronen- 
säure nicht  angetroffen.  Nach  anderen  Angaben  2)  soll  Oxalsäure  in  der 
Form  von  Kalziumoxalat  anwesend  sein.  Die  von  älteren  Unter- 
suchern im  Fabrikationssaft  nachgewiesenen  Säuren,  wie  Glucin-,  Apo- 
glucin-,  Saccharum-,  Gannasäure  usw.,  werden  nach  Prinsen  Geerligs 
erst  bei  der  Einwirkung  von  Kalk  auf  Glukose  gebildet.  Schließlich 
findet  sich  in  den  jüngeren  Teilen  des  Rohres  in  geringer  Menge  eine 
noch  unbekannte  Gerbsäure^). 

Besonders  im  unreifen  Rohre  sind  reichlich  Pektinstoffe  {>gums«) 
vorhanden,  doch  werden  diese  Substanzen  auch  teilweise  bei  der  Fabri- 
kation durch  die  Einwirkung  von  Kalk  auf  die  Zellwand  neu  gebildet*). 
Merkwürdigerweise  entsteht  bei  der  Hydrolyse  dieser  Pektine  kein  Zucker 
und  konnte  bei  der  Destillation  mit  Salzsäure  kein  Furfurol  nachgewiesen 
werden,  so  daß  die  Natur  dieser  Substanzen  als  fraglich  betrachtet 
werden  muß. 

Während  man  im  Stengel  eine  geringe  Menge  Fett  (0,5  Proz.)  an- 
trifft, kommen  als  Ausscheidungsprodukt  auf  der  Oberfläche  oft  nicht 
unbeträchtliche  Quantitäten  Wachs  vor.  Nach  dem  Verfahren  von 
A.  Wijnberg^)  kann  es  als  Nebenprodukt  bei  der  Rohrzuckerfabrikation 
gewonnen  werden,  was   sich  jedoch   nur  in   kälteren  Ländern   (u.  a.  in 


i)  Über  die  Verteilung  dieser  Zuckerarten  im  Blatt  und  Stengel  verweisen  wir 
außer  der  zitierten  Abhandlung  Wen ts  auf  Z.  Kamerling  (Archief  1904),  J.  Kuyper 
(Archief  1915,  p.  1285,  und  1918,  p.  1665)  und  J.  G.  J.  A.  Maas  und  J.  van  Dijk 
De  Indische  Mercuur,  1917,  p.  2-27). 

2)  H.  C.  Prinsen  Geerligs,  3.  teil  des  Handbuches,  3.  Aufl.  1916,  p.  49. 

3)  F.  A.  F.  C.  Went,  Jahrb.  f.  wissensch.  Botanik,  Bd.  31    (1898),  p.  289. 

4)  H.  C.  Prinsen  Geerligs,  Archief  1893. 

5)Het  rietwas  en  de  mogelijkheid  zijner  technische  winning, 
Dissertation,  DeJft  1909. 


Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter.  595 

Natal),  wo  mehr  Wachs  ausgeschieden  wird,  lohnend  gemacht  zu  haben 
scheint.  Dieses  Wachs  ist  ein  Gemisch  eines  primären  Alkohols  CsoHßoO, 
eines  noch  unbekannten  Körpers  CjaHßsO  und  vielleicht  noch  anderer 
Substanzen. 

Die  festen,  nicht  zum  Saft  gehörigen  Teile  des  Rohres,  die  man  ge- 
wöhnlich als  Rohfaser  zusammenfaßt  (10 — i7Proz.,  im  Mittel  13  Proz. 
des  frischen  Rohres),  enthalten  z.  B.  bei  der  Rohrvarietät  »Schwarz 
Gheribon«  nach  Analysen  von  Geerligs  55,94  Proz.  Zellulose, 
22,33  Proz.  Pentosane,  2  Proz.  Eiweiß,  1,98  Proz.  Asche.  G.  A. 
Browne!)  schUeßt  aus  seinen  Hydrolyseversuchen  auf  die  folgende  Zu- 
sammensetzung: 55  Proz.  Zellulose  (bzw.  Oxyzellulose),  20  Proz. 
Xylan,  4  Proz.  Araban,  15  Proz.  Lignin  und  6  Proz,  Essigsäure. 

Unter  den  stickstoffhaltigen  Substanzen  sind  in  erster  Linie  ver- 
schiedene Amine  und  Aminosäuren  zu  nennen.  Winters  Angabe, 
daß  Asparagin  nicht  vorhanden  sei,  wurde  von  Maxwell  und  Beeson 
angezweifelt,  und  Zerba^)  konnte  Asparagin  neben  kleinen  Quantitäten 
Tyrosin  und  Glutamin  nachweisen.  Shorey*)  gelang  es,  GlykokoU 
und  Guanin  unter  den  im  Rohrsafte  vorkommenden  Basen  zu  identifi- 
zieren. Über  die  Eiweißkörper,  die  bis  zu  etwa  2  Proz.  im  Rohr 
vorhanden  sind,  ist  noch  nichts  Näheres  bekannt. 

Schließlich  mögen  hier  die  im  Rohre  auftretenden  Farbstoffe,  na- 
mentlich das  Ghlorophyll  und  Anthokyan  erwähnt  werden.  Beide 
finden  sich  in  der  Außenrinde  des  Stengels,  das  letztgenannte  in  sehr 
wechselnder  Menge.  Der  gelbe  Farbstoff  in  den  Zellwänden  wurde  von 
L.  G.  Languth  Steuerwald'*)  Saccharetin  genannt.  Die  Substanz 
gab  bei  der  Kalischmelzung  u.  m.  Pyrokatechin  und  Protokatechusäure, 
bei  Hydrolyse  mit  verdünnten  Säuren  Vanillin  und  Vanillinsäure.  Da 
sie  außerdem  die  Holzstoffreaktionen  zeigt,  soll  sie  identisch  sein  mit  den 
aromatischen  Bestandteilen  des  Lignins. 

Die  Analyse  der  Asche  (3—5  Proz.)  ergab  im  Mittel:  42 — 55  Proz. 
Si02,  6—9  Proz.  GaO,  2—5  Proz.  ^a^O,  13—21  Proz.  HjO,  einige 
Prozente  P2O5,  MgO  und  Gl^). 

10.  Zuckergewinnung. 

Der  zuckerhaltige  Saft  wird  in  der  Regel  nicht  —  wie  bei  der 
Zuckerrübe  —  durch  Diffusion,  sondern  durch  starke  Pressung  gewonnen, 


1)  Journal  of  the  Amer.  Cham.  Soc,  Vol.  26  (-190  4),  p.  1221. 

2)  Archief  1912,  p.  1785. 

3)  Journal   of  the   Amer.  Chem.  Soc,    Vol.  19  (1897),    p.  881  ;    Vol.  20    (1898), 
p.  133,  Vol.  21    (1899),  p.  45. 

4)  Archief  1911,  p.  1543, 

5)  C.  Wehmer,  Die  Pflanzenstoffe,  1911. 

38* 


596  Neunzehnter  Abschnitt.     Blätter  und  Kräuter. 

obwohl  in  letzter  Zeit  die  DifTusionsmethode  wieder  Beachtung  findet. 
Neben  ganz  einfachen  Kleinbetrieben  finden  sich  Fabriken,  die  zu  den 
vollkommensten  der  Welt  gehören.  Die  Klärung  des  Saftes  geschieht 
mittels  Kalk,  schwefeliger  Säure  oder  Kohle,  wobei  das  richtige  Erwärmen, 
Abfiltrieren  usw.  eine  große  Rolle  spielt.  Der  Ampas  dient  oft  als  wert- 
volles Brennmaterial. 

Der  Zucker  wird  entweder  als  rohe  Ware  geliefert  (so  aus  Kuba 
und  den  Hawaii-Inseln)  und  wird  dann  in  speziellen  Betrieben  raffi- 
niert i),  oder  unmittelbar  als  weißer  Zucker  in  den  Konsum  gebracht. 
Für  diese  Arbeitsweise  wurden  neuerlich  zahlreiche  Verfahren  aus- 
gearbeitet 2). 

Im  Jahre  19l4/i5  war  der  Weltertrag  gut  \\  Millionen  Tonnen, 
davon  kommen  auf  Kuba  2967000,  Britisch-Indien  2651  000,  Java 
1437000,  die  Hawaii-Inseln  646000,  die  Philippinen  421000, 
Portorico  346000,  Mauritius  222000  Tonnen. 


1)  Die  Methoden  sind  beschrieben  von  George  P.  Meade  in  A  Handbook 
for  Gane  Sugar  Manufactuie  by  Guilford  L.  Spencer,  5.  Aufl.,  New  York 
<916,  p.  106. 

2)  H.  G.  Prinsen  Geerligs,  Practica!  White  Sugar  Manufacture, 
London  1913,  und  W.  H.  Th.  Harloff  und  H.  Schmidt,  Handleiding' voor 
tropische  Witsuikerfabricatie,  3.  Aufl.,  Amsterdam  1917. 


Zwanzigster  Abschnitt. 

Blüten  und  Bltttenteile^). 


Die  Anzahl  der  technisch  verwendeten  Blüten,  Blütenstände  und 
Blütenteile  ist  zwar  eine  beträchtliche,  doch  haben  nur  verhältnismäßig 
wenige  dieser  Drogen  eine  größere  praktische  Bedeutung  erlangt.  Die 
hierher  gehörigen  vegetabilischen  Rohstoffe  weisen  untereinander  weit- 
gehende Verschiedenheiten  auf,  so  daß  eine  Zusammenfassung  ihrer 
Charaktere  in  Form  einer  einleitenden  Übersicht  von  keinem  erheb- 
lichen Nutzen  wäre.  Die  unten  folgenden  Beschreibungen  der  einzelnen 
technisch  verwerteten  Blüten  werden  gewiß  ausreichen,  um  sie  von- 
einander unterscheiden  und  ihre  Eigentümlichkeiten  erfassen  zu  können. 

Es  sei  hier  nur  bemerkt,  daß  kaum  bei  einer  anderen  Gruppe  vege- 
tabilischer Rohstoffe  die  gewöhnliche  systematisch-botanische  Beschrei- 
bung für  ihre  Unterscheidung  so  sehr  in  Betracht  kommt,  als  gerade 
bei  dieser.  Zur  Darlegung  ihrer  Eigenschaften  ist  es  indessen  auch  wie 
bei  allen  übrigen  vegetabilischen  Rohstoffen  notwendig,  histologische  und 
chemische  Eigentümlichkeiten  heranzuziehen  2). 

Übersicht  der  Gewächse,  deren  Blüten  technisch 
verwendet  werden^). 

1.  Pandanaceae. 

Panda7ius  odoratissimus  L.  fd.  Südliches  Asien,  Australien.  Die 
Blüten  dieses  vielfach  kultivierten  Baumes  dienen  zur  Gewinnung  äthe- 
rischen Öles  und  anderer  Parfümerien  (»Keora«).      Dymock,   Warden 


\)  Neu  bearbeitet  von  Dr.  Karl  Linsbauer,  Professor  am  pflanzenphysiol. 
Institut  der  Grazer  Universität. 

2)  Über  die  Chemie  der  ätherischen  Blütenöle  konnten  hier  dem  Plane  des  ge- 
samten Werkes  entsprechend  nur  die  wichtigsten  Daten  gebracht  werden.  Eine  er- 
schöpfende Darstellung  dieser  Seite  unseres  Gegenstandes  findet  sich  in  Gilde  meist  er 
und  Hoffmann,  Die  ätherischen  Öle,  II.  Aufl.,  I.  Bd.  1910;  II.  Bd.  1913.  (Die  Zitate 
beziehen  sich,  wo  nichts  anderes  bemerkt,  auf  die  II.  Aufl.) 

3)  In  der   Übersicht   fanden  auch  jene   Pflanzen  Aufnahme,    deren  Blüten  nur 


598  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

and  Hooper,  Pharmacographia  indica,  Part  III,  1893,  p.  535.  —  Gilde- 
meister u.  Hoffmann,  1.  c,  II,  p.  186. 

2.  Liliaceae. 
Hyacinthus  orientalis  L.  Dalmatien,  Griechenland,  Kleinasien 
(Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien,  II,  5,  p.  68).  In  Südfrankreich  als 
Parfümeriepflanze  kultiviert.  (J.  G.  Beer,  Bericht  üb.  d.  Weltausstellung. 
Paris  1867,  V.)  In  neuerer  Zeit  werden  daselbst  >wilde«i)  und  kulti- 
vierte Formen  (letztere  namentlich  aus  der  Gegend  von  Toulon)  ver- 
wendet. Ölausbeute  0,016  Proz.  Über  die  ehem.  Zusammensetzung  des 
äther.  Öles  vgl.  Euklaar,  Chem.  Weekblad,  VII,  1910;  Gildemeister 
u.  Hoffmann,  H,  p.  271. 

3.  AmarjlUdaceae. 

werden  in  Südfrankreich  zu  Parfü- 
meriezwecken  kultiviert.  D  u  c h  e  s  ne , 
Plantes  utiles,  p.  41.  Beer,  1.  c, 
p.  56.  —  Die  Jahresernte  beträgt 
in  der  Provence  etwa  50  000  kg  Nar- 
zissen u.  12 — 15  000  kg  Jonquillen. 
(Nach  den  Ber.  von  Roure- Bert- 
rand Fils  [Grasse]). 
Polyanthes  tuberosa  L.  Mittelamerika.  In  Südfrankreich  (Beer 
I.  c.)  u.  Tunis  als  Parfümeriepflanze  kultiviert.  Jahresernte  in  Südfrank- 
reich etwa  20  000  kg  Blüten  (Hannov.  Gewerbebl.  1884,  p.  244),  wobei 
1000  Pflanzen  etwa  25—30  kg  Bit.  liefern  (Schimmel,  Ber.  Apr.  1909). 
Ölausbeute  aus  frischen  Bit.  0,0066  Proz.  Das  allein  geeignete  Enfleurage- 
Verfahren  hefert  mehr  als  12  mal  soviel  äther.  Öl  als  die  Extraktion. 
Das  bei  jenem  Verfahren  gewonnene  blau  fluoreszierende  ätherische  Öl 
enthält  u.  a.  Salizylsäure-  und  Anthranilsäuremethylester.  Über  die 
weitere  Zusammensetzung  u.  die  Konstanten  des  Öls  s.  Hesse,  Berl. 
Ber.  Bd.  36,  1903,   1459. 

4.  Iridaceae  (Crocoideae). 
Crocus  sativus  Sjnith.  ^=C.  sativiis  L.  a.  autumnalis) 
C.  vernus  All.  (=  C.  sativus  L.  ß.  vernus) 
C.  Pallasii  M.  Bieh.  (=  C.  sativ.  var.  ß.  Pallasii  Maw. 
C.  speciosus  M.  Bieb. 


Narcissus  poeticus  L.     Südeuropa 
N.  Jonquüla  L. 

N.  calatkinus  L.  (=  N.  odorus  L. 
N.  Tazetta  L.{=N.  multiflorus  Lam. 


s.  Safran 


medizinische  Verwendung  finden  (z.B.  verschiedener  Kompositen),  sofern  daraus  gewisse 
Substanzen  (zumeist  ätherische  Öle)  auf  technischem  Wege  isohert  werden,  ohne 
Rücksicht  darauf,  ob  diese  wieder  im  Dienste  der  Medizin  oder  Technik  stehen. 

\)  Nach  Rouy,  Flore  de  France,  XII,  p.  431,  handelt  es  sich  um  eine  verwilderte 
Kulturform:  H.  provincialis  Jord. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  599 

5.  Iridaceae  (Ixioideae). 

Tritonia  aurea  Pappe  (=  Crocosma  aurea  Planck.).  Süd-  und 
tropisches  Afrika.  Das  Perianth  enthält  dem  Safran  ähnliche  Stoffe 
(Grocin,  ätherisches  Öl)  und  kann  als  Surrogat  verwendet  werden. 
Heim,  F.,  Journ.  de  pharm,  et  chim.  L.  nouv.  remedes,  XII  (1896), 
p.  217. 

6.  Zingiberaceae. 

Kaempferia  Hedychium  Lam.  (^=  Hed.  coronarium  Koen.).  Mo- 
lukken,  Brasilien,  daselbst  verwildert.  Die  Blüten  (»lacrima  di  moza«) 
liefern  wohlriechendes  ätherisches  Öl.  Peckolt,  Brasilianische  Nutz- 
pflanzen (Rf.  in  Pharm.  Ztg.,  XXXIX  [1894],  p.  151).  —  Schimmel 
&  Co.,  Berichte,  Apr.   1894,  p.  58. 

7.  Chlorauthaceae. 

Chloranthus  officinalis  Blume.  Malayisches  Gebiet,  Ostindien.  Die 
Blüten  (sowie  die  Blätter)  dienen  in  China  zum  Aromatisieren  des  Tees. 
Dragendorf f,  Heilpflanzen,  p.  159.  Flückiger,  Pharmakognosie, 
3.  Aufl.  (1891),  p.  644.     Die  gleiche  Verwendung  findet 

Chi.  inconspicuus  Siv.  China,  Japan.  Planchon-CoUin,  Les 
drogues  simples  d'origine  veg6t.     Paris  1896,  H,  p.  738, 

8.  Myricaceae. 

Hedyosmum  sp.  Tropisches  Amerika,  Antillen.  Parfümeriepflanze. 
Askinson,  1.  c,  p.  40. 

Myrica  Oale  L.  West-  und  Nordeuropa,  Nördliches  Asien,  Nord- 
amerika. —  Die  Blütenknospen  dienen  zum  Gelbfärben.  Engler  u. 
Prantl,  Pflanzenfamilien,  III,  1,  p.  27.  Über  den  Farbstoff  »Myricetin« 
(=;Oxyquercetin)  vgl.  Perkin,  Proc.  ehem.  Soc.  1900,  Bd.  16,  p.  45.  — 
Euklaar  gewann  aus  den  Kätzchen  ein  ätherisches  Öl.  (Chem.  Week- 
blad,  Bd.  9,  1912.) 

9.  Proteaceae. 

Persoonia  saccata  E.  Br.  Austrahen.  Die  schwefelgelben  Blüten 
finden  zur  Bereitung  einer  gelben  Farbe  Anwendung.  Engler  u.  Prantl, 
III,  1,  p.  131.  —  Dragendorff,  1.  c,  p.  181. 

10.  Caryophyllaceae. 
Dianthus  Caryophyllus  L.     Westasien,  Europa.     Aus  den  frischen 
Blüten  gewinnt  man  durch  Destillation  ätherisches  Wasser.  In  Südfrankreich 
werden  jährlich  120  000—200  000  kg  Bit.  der  Parfümeriefabrikation  zu- 
geführt.    (Ber.  von  Roure-Bertr.  Fils.)     Planchon   et  CoUin,  1.  c. 


600  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  BlQtenteiie. 

II.,  p.  769.  Zur  Darstellung  der  Essenzen  verwendet  man  die  unter  dem 
Namen  »Grenadins«  bekannte  Spielart.  Söbire,  Les  plantes  uliles  du 
Senegal.     Paris  1899,  p.  198. 

11.  Ranunculaceae. 

Delphiniuyn  Zahl  Aitch.  et  Hemsley.     Persien,  Afghanistan. 

Die  Blüten  (»Zaiil«)  werden  in  Indien  zum  Färben  benutzt.  Aitch i- 
son,  J.,  Pharm.  Journ.  and  Tr.,  XVII  ('1886),  p.  465.  —  Burkill  and 
Perkins,  Agric.  Lodger  1908  [1909],  2,  p.  27. 

12.  Magno] iaceae. 

Michelia  ckaiupaca  L.  \        ^,  ,  ,.. . 

,,    ,         ..  ,..     i.T  ;    s.  Champacabluten. 

M.  longifolia  Bl.  j 

13.  Anonaceae. 

Cafianga  o  clor  ata  [Lam.)  Hook,  fll  et  Thoms.  ^=  üvai'ia  odorata 
Lam.  =  Unona  odorata  Diui.)^).     Siehe  Vlang-Ylang. 

14.  Laiiraceae. 

Cinnamomum  Loureirii  Nees.  Burma,  China.  Die  nach  dem  Ver- 
blühen gesammelten  Blüten  dieser  (Engler-Prantl,  III,  2,  p.  114)  und 
wohl  auch  anderer  Arten,  welche  das  als  »Zimmet<-  oder  >Cassiablüten< 
bekannte  Gewürz  liefern,  kommen  bisweilen  zur  Destillation  des  >Zimmet- 
blütenüles«  in  Verwendung.  (Mausbeute  aus  Knospen  1,9  Proz.,  aus  den 
Blütenstielen  1,07  Proz.;  Aldehydgehalt  80,4  bzw.  92  Proz.  (Schim- 
mel &  Co.,  Berichte,  Apr.  1897,  p.  10).  Über  Anatomie  der  Zimmet- 
blüten  s.  Moeller,  Nahrungs- u.  Genußm.,  II.  Aufl.,  Berlin  1905,  p.  122. 
—  Vogl,  Kommentar,  p,  126. 

15.  llesedaceae. 
Reseda  odorata  L.  Nordafrika  (?),  Die  frischen  Blüten  liefern  ein 
dunkles,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  festes  ätherisches  Ül.  Jahresernte 
in  Südfrankreich  etwa  20 — 25000  kg.  Blüten-Ausbeute  durch  Destillation 
etwa  0,002  Proz,  Auch  getrocknete  und  pulverisierte  Blüten  kommen  ge- 
legentlich in  Handel.  Gildem'.  u,  Hoffm.,  1.  c,  II,  p.  556;  H.  v.  Soden, 
Journ.  prakt.  Chem.   Bd.  69,   1904,  p.  264. 

16.  Saxifragaceae. 
Fhüadelphus   coronarius   L.     Südeuropa,    Asien.      Südfranzüsische 
Parfümeriepflanze.     Beer,  1.  c,  p.  56. 

1)  Vgl.  hierzu  Anm.  1    auf  p.  6"iü. 


Siehe  Rosenblätter. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütentcile.  601 

17.  Rosaceae  (Rosoideae  —  Ulmarieae). 

ülmaria  palustris  Moench  (==  Spiraea  TJlmaria  L.).  Euroi)a, 
Nordamerika,  Nordasien.  Das  ätherische  Blütenöl  (Menow-west-oil)  ist 
schwerer  als  Wasser.  Dragendorff,  1.  c,  p.  272.  —  Gildem.  und 
Hoffm.,  1.  c.  II.,  p.  566. 

18.  Rosaceae  (Rosoideae  —  Roseae). 

Rosa  gallica  L. 

R.  damascena  Mill. 

R.  alba  L. 

R.  cenUfolia  L. 

R.  turhinata  Alt. 
R.  moschata  Mill. 
R.  semper'virens  L. 
R.  indica  L.  u.  a. 

19.  Leguminosae  (Mimosoideae). 

Acacia  Farnesiana  Willd.  Westindien ,  Westafrika  (?)  In  tro- 
pischen und  subtropischen  Gebieten  häufig  kultiviert  und  verwildernd; 
wird  in  Indien,  namentlich  aber  in  Südfrankreich  und  Tunis  i),  versuchs- 
weise auch  in  Syrien,  unter  dem  Namen  >Cassier  vrai«  (Gassier  du 
Levant,  G.  de  Farnese)  als  Parfümeriepflanze  in  großem  Maßstabe  ge- 
baut. Ein  mittlerer  Strauch  liefert  jährlich  etwa  000  g  Blüten  (fleurs  de 
Gassie,  Gassie-Blüten-),  Akazienblüten).  Über  die  äußerst  komplexe  Zu- 
sammensetzung des  Blütenüles  s.  insbesondere  Walbaum,  Journ.  f. 
prakt.  Ghem.  (2),  LXVIII  (1903),  p.  424. 

Acacia  Cavenia  Hook,  et  Arn.  In  der  Provence  als  »Gassie  Ro- 
maine« von  der  vorigen  Art  unterschieden;  die  Blüten  beider  Arten  werden 
jedoch  zumeist  gemeinschaftlich  destilliert,  doch  sind  die  Blütendestillate 
keineswegs  identisch.  Vgl.  Walbaum,  Journ.  f.  prakt.  Ghem,  (2),  LXVIII 
(1903),  p.  235. 

Acacia  pycnautlia  Bentli.  findet  gelegentlich  dieselbe  Verwendung. 

Acacia  dealhata  (Aut.?)'^).  Die  Blüten  der  in  der  Provence  kulti- 
vierten Bäume  finden  unter  dem  Namen  > Mimosenblüten«  Verwendung  zu 
Parfümeriez  wecken. 


\)  In  Tunis  soll  neben  einer  dultentlen  Rasse  eine  mit  geruchlosen  Blüten  aul- 
tretcn,     (Schimmel  &  Co.,  Ber.  Apr.  1909,  p.  108.) 

2)  Nicht  zu  verwechseln  mit  Gassienblüten  von  Cassia-Arten  und  mit  den  sog. 
Cassiablüten  (p.  600). 

3)  Andere  Mimosen,  wi(^  A.  floribunda,  A.  melanoxylo7i,  lielern  merkwürdiger- 
weise kein  brauchbares  Produkt. 


602  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

20.  Leguminosae  (Papilionatae). 

Sophora  japonica  L.  Japan,  China.  Die  getrockneten  Blütenknospen 
(»Hwaishii«)  bilden  die  chinesischen  Gelbbeeren  i)  (Waifa,  Natalkörner), 
welche  in  China  vielfach,  bei  uns  selten  zum  Gelbfärben  benutzt  werden. 
Bolley,  Ghem.  Technologie  d.  Spinnfasern.  Braunschweig  1867,  p.  70.  — 
Sie  enthalten  das  Glykosid  >Sophorin«,  das  mit  Rutin  (Phytomelin, 
Pflanzengelb)  identifiziert  wurde.    Lit.  bei  Wehmer,  Pflanzenstoffe,  p.  329. 

Genista  tinctoria  L.  Europa,  Mittelasien.  Die  Blüten  geben  wie 
die  ganze  Pflanze  einen  gelben  Farbstoff  an  Wasser  ab,  der  in  der 
Malerei  Anwendung  findet.  Planchon-Gollin,  1.  c,  II,  p.  514.  Über  den 
Farbstoff  Luteolin  und  Genistein  siehe  Perkin  u.  Newbury,  Journ. 
Ghem.  Soc.   1899,  t.  75  u.  1900,  t.  77. 

Genista  hispanica  L.  Südfrankreich,  Spanien,  Ligurien.  Die  Bit. 
der  namentlich  in  den  Alpes-Maritimes  wildwachsenden  Pflanze  werden 
neuestens  in  Südfrankreich  in  bedeutenden  Mengen  zu  Parfümeriezwecken 
verwendet.     (Nach  den  Ber.  von  Roure-Bertrand-Fils  [Grasse.]). 

Lathyrus  tuherosus  L.  Europa.  Die  Blüten  finden  Anwendung  in 
der  Parfümeriefabrikation.     Askinson,  1.  c,  p.  54, 

Clitoria  Ternatea  L.  Südasien.  Vielfach  als  Zierpflanze  kultiviert 
und  verwildert  (Tropenkosmopolit).  Die  blauen  Blüten  dienen  zum 
Färben  von  Speisen  und  Getränken.  Rosenthal,  Syn.  plant,  diaph. 
Erlangen  1862,  p.  1013.     Engler-Prantl,  1.  c,  III,  3,  p.  358. 

Butea  frondosa  Roxb.  (==  Erythrina  monosperma  Lam.).  Ost- 
indien, Burma.  Die  hellorangeroten  Blüten,  im  indischen  Handel  »tesü, 
palask6phul  oder  kesü«  genannt,  dienen  in  Indien  zum  Gelbfärben.  Miquel, 
Fl.  V.  Nederl.  Indie,  II,  p.  206.  —  Wiesner  in  Scherzer,  Fachm. 
Ber.  üb.  d.  öst.-ung.  Exped.  n.  Slam,  China  u.  Japan.  Stuttgart  1872, 
Anhang,  p.  313.  —  Watt,  Dict.  of  the  econom.  prod.  of  India  1889,1, 
p.  548.'  Der  Farbstoff  wird  durch  Auspressen  des  gelben  Saftes  der 
frischen  Blüten  oder  als  Dekokt  oder  Infusion  der  getrockneten  Blüten 
gewonnen.  Nach  neueren  Untersuchungen  enthalten  die  Blüten  gelbes 
Butein  (G15II12O5)  und  damit  isomeres  farbloses  Butin;  beide  Stoffe  treten 
im  Safte  der  lebenden  Pflanze  als  farblose  -Glykoside  auf,  Perkin, 
Proc.  Ghem.  Soc.  1904,  t.  20,  p.  169  u.  Perkin  u.  Hummel,  J.  Ghem. 
Soc.  1904,  t.  85,  p.  1459.  Burkill  u.  Perkin,  Agric.  Ledger  1908, 
Nr.  2. 

Butea  parvifiora  Roxb.  findet  nach  Wehmer  (1.  c,  p.  366)  die- 
selbe Verwendung.    Desgleichen 

B.  superba  Roxb.     Ostindien.     (Gat.  d.  col.  franc.,    1867,  p.  102.) 


i)  Nicht  zu  verwechseln  mit  den  >Gelbbeeren€  von  Oardenia   (>chines.  Gelb- 
beeren in  Schoten<)  und  der  Droge  gleichen  Namens  von  Rhamnus. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


603 


21.  Rutaceae. 

Citrus  Bigaradia  Duh.  ] 
C.  Aurantium  Risso 
C.  medica  L. 


Siehe  Oransrenblüten. 


Blighia    sapida    Kon.    Trop. 
Westafrika  und  Westindien  i). 

Lecaniodiscus  cupaiiioides 
Planch.     Tropisches  Afrika. 


22.  Sapiiulaceae. 

Aus  den  Blüten  werden  durch  De- 
stillation aromatische  Wässer  darge- 
stellt. Engl.-Prantl,  III,  5,  p.  299; 
Volkens  in  Notizbl.  d.  K.  bot.  G. 
u.  Mus.  Berlin,  App.  XXII,  i910, 
p.  70. 


23.  Tiliaceae. 


Tilia  cor  data  Mill.  {=  T.parvi- 
folia  Ehrh.  =  T.  ulmifolia  Scop.) 
Europa. 

T.  platyphylla  Scop . = (T.  gran- 
difolia  Ehrh.).     Europa. 

T.  tomentosa  Mönch  (=  T.  ar- 
gentea  Desf.).  Südeuropa,  Südost- 
ungarn. 


Aus  den  Blüten  2)  (Anat.  bei  Vogl, 
Kommentar,  p.  i  1  0)  wird  ein  äußerst 
kostbares,  farbloses  ätherisches  Öl 
destilliert.  Ausbeute  0,04  Proz. 
Winkler,  Pharm.  Zentralh.  1837, 
>  p.  781.  —  Haensel,  Berichte  1894. 
Üb.  das  äther.  Öl  siehe  Klobl, 
Garnier  u.  Ehrwein  (Bull.  Soc. 
Chim.  (IV.)  7,  1910,  p.  940  u.  Ann. 
de  Chim.  et  Phys.  (8)  t.  24,  1911, 
p.  41  0  (zit.  nach  Ghem.  Gtrbl.  191 2). 


24.  Malvaceae. 

Althaea  rosea  Cav.  (=  Älcea  rosea  L.)  s.  Malvenblüten. 
Hibiscus  Rosa-si7iensis  L.    China.     In  den  Tropen  überall  gebaut. 
Die  Blüten  dienen  zum  Färben.     Dragendorff,  1.  c,  p.  424. 

25.  Guttiferae. 

Mesua  ferrea  L.  Ostindien,  Ceylon,  Philippinen.  Die  getrockneten, 
veilchenartig  duftenden  Blüten  oder  Blütenteile  (namentlich  Antheren) 
werden  in  Ceylon  unter  dem  Namen  >Näg  Kesar«  oder  »Nag-Kassar^)  zu 
Parfümeriezwecken  benutzt.  Dymock,  Pharm.  Journ.  and  Tr.  1877  (nach 


1)  Liefert  überdies  >Akeöl«  aus   dem  Arillus.      (Nach  Wehmer,   I.e.,   p.  464.) 

2)  In  Amerika  werden  die  Arten  aus  dem  Verwandtschaftskreise  der  T.  ameri- 
cana  L.  substituierend  verwendet.     Dragendorff,  I.e.,  p.  418. 

3)  Nag  Kassar  ist  eine   allgemeine   Bezeichnung  der    aromatischen   Blütenteile 
aller  Guttiferen.     Sadebeck  in  Haensel,  Ber.  4  896,  IV. 


604  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

Just,  Bot.  J.  1878,  II,  p.  MIO).  Ascherson,  P.,  Sitzungsber.  d.  Ges. 
naturf.  Fr.  Berl.,  1888.  —  Boorsma,  Bull.  Inst.  Bot.  Buitenzorg  1904, 
t.  21,  p.  4.  Anatomie  bei  Hanausek,  Pharm.  Post  1888,  p.  293  u. 
421.  —  Siehe  auch  die  bei  der  folgenden  Art  zitierte  Literatur. 

M.  salicina  Planck,  et  Triana  (n.  Ind.  Kew.  =  M.  ferrea  L.).  Die 
Droge  (Namal-renn  der  Singhalesen)  besteht  bloß  aus  Antheren  und 
Pollen  und  unterscheidet  sich  von  der  vorhergehenden  Art  durch  das 
Fehlen  von  Harzgängen  im  Konnektiv.  Sadebeck,  Sitzgsber.  d.  Ges.  f. 
Bot.  zu  Hamburg  1887,  III.  —  Über  das  ätherische  Öl  s.  Haensel, 
Ber.  1894. 

Ochrocarpus  longifolius  Benth.  et  Hook.  (=  Calysaccion  longi- 
folium  Wight).  Ostasien.  Die  aromatischen  Blütenknospen  finden  An- 
wendung zum  Gelbfärben  von  Seide.  Dymock,  Pharm.  Journ.  1877 
(s.  oben).  Dymock,  The  veg.  mat.  med.  of  Western  India,  p.  68.  — 
Engler-Prantl,  III,  6,  p.  220. 

26.  Violaceae. 

Viola  odorata  L.  Europa.  In  Südfrankreich  (Dep.  Val  und  Alpes  Mari- 
times werden  namentlich  die  Blüten  des  Parma-  und  insbesondere  des 
Viktoriaveilchens  (Jahresernte  191 1  etwa  200  000  kg)  der  Parfümeriefabri- 
kation  zugeführt  i).  Aus  dem  Petrolätherextrakt  von  1 000  kg  Blüten  gewann 
V.  Soden  (Journ.  prakt.  Chem.  Bd.  96,  1904,  p.  256)  31  g  ätherisches 
Öl,  welches  erst  in  Verdünnungen  von  1  :  5000  bis  10  000  das  charak- 
teristische Veilchenaroma  erkennen  Heß.  Die  Blüten  enthalten  wahr- 
scheinlich das  dem  Jonon  nahestehende  Keton  »Iron«  (G13H20O2).  Zur  Her- 
stellung von  1  kg  Extraktül  sind  33  000  kg  Blüten  erforderlich.  Tiemann 
u.  König,  Ber.  D.  Chem.  Ges.  1893,  Bd.  26,  p.  2675  u.  Tiemann, 
ebendort,  1898,  Bd.  31  p.  876;  H.  v.  Soden  Journ.  f.  prakt.  Ch.  N.  F. 
LXIX,   1904,  p.  260. 

27.  Lythraceae. 

Woodfordia  floribunda  Salisb.  (=  Grislea  tomeutosa  Roxb.  =  Ly- 
thrum  fruticosum  L.J.  Ost-  und  Südasien,  Madagaskar.  Die  Blüten 
dienen  zum  Gelb-  und  Botfärben  von  Baumwollzeugen,  doch  ist  die 
Haltbarkeit  der  Farbe  gering.  Unter  dem  Namen  Dhäya-phül  (nach 
Wiesner)  oder  Dhaiphul  kommt  diese  Ware  in  den  Bazaren  Bombays 
vor.  Wiesner,  Fachm.  Ber.  üb.  d.  öst.-ung.  Exp.,  1.  c,  p.  314.  — 
Dymock,  The  veg.  mat.  med.,  1.  c,  p.  253. 

Lawsonia  alba  Lam.  ("=  L.  inermis  L.  =  L.  spinosa  L.). 
Orient,   häufig   kultiviert.      Die    Blüten    des    >Hennah< -Strauches   liefern 

Vj  Die  Hauptmenge  des  sogenannten  Veilchenparfüms  wird  jedoch  aus  der  Iris- 
(=  Veilchen-)wurzel  oder  synthetisch  (>Jonon«)  gewonnen. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  60^ 

das  Parfüm  >Mehudi<.  Dragendorff,  I.e.,  p.  462.  Das  ätherische 
Öl  duftet  nach  Teerosen.  Holmes,  Pharm.  Journ.  and  Tr.,  (III)  X 
(1880),  p.  635. 

28.  Punicaceae.  . 

Punica  Granatuni  L.  Balkan  bis  Himalaja;  im  subtropischen  und 
tropischen  Gebiet  kultiviert  (Engler-Prantl,  III,  7,  p.  25).  Die  Blüten 
(balaustia  der  Alten  nach  Blümner,  Techn.  u.  Termin,  d.  Gewerbe  u. 
Künste  b.  Griechen  u.  Uümern  I,  Leipzig  1875,  p.  247)^  werden  bisweilen 
zum  Schwarzfärben  verwendet.     Dragendorff,  1.  c,  p.  463. 

29.  Myrtaceae. 

Myrtus  communis  L.  Mittelmeergebiet.  Die  Blüten  liefern  aro- 
matisches Wasser.     Engler-Prantl,  III,  7,  p.  67. 

Eugenia  caryophyllus  Thunh.  (=  Jambosa  Caroph.  (Spreng.) 
Ndx .  =  Cai'yophyllus  aromaticus  L.)  s.  Gewürznelken. 

30.  Sapotaceae. 

Bassia  latifolia  Roxb.  Indien,  namentlich  Bengalen.  Nach  dem 
Verstäuben  der  Antheren  (März,  April)  schwellen  die  Blumenblätter  an 
und  speichern  reichlich  Zucker.  Die  Blüten  (mahu;i,  mohra)  werden 
von  den  Indern  gesammelt  und  in  der  Sonne  getrocknet,  da  sie  nicht 
bloß  ein  wichtiges  Nahrungsmittel  bilden  (ein  Baum  liefert  100 — 150  kg), 
sondern  auch  zur  Destillation  eines  j>daru«  genannten  Alkohols  dienen, 
welcher  wie  die  Blüten  bisweilen  nach  Europa  (Frankreich,  England) 
exportiert  wird.  Diese  enthalten  u.  a.  etwa  58  Proz.  Zucker  (und  zwar 
40 — 50  Proz.  Invertzucker  gegen  5 — 17  Proz.  Saccharose),  freie  Wein- 
und  Zitronensäure  (nach  Poisson  sogar  63  Proz.  Zucker.  Bull,  de  la 
soc.  bot.  France,  1881,  p.  18).  N.  N.  The  sugar-tree  or  Mahwa,  Amer. 
Journ.  of  Pharm.  4.  ser.,  XVIII.  —  Dymock,  Warden  and  Hooper, 
1.  c,  II,  p.  358.  —  Watt,  1.  c,  p.  406.  Semler,  1.  c,  II,  p.  538.  — 
Elworth,  Chem.  Soc.  Ind.   1887,  Bd.  5,  p.  21. 

B.  longifolia  Willd.  Indien.  Verwendung  wie  bei  voriger  Art. 
Jackson,  Pharm.  Journ.  and  Tr.,  (III)  VHI  (1878),  p.  638  f.  —  Watt, 
1.  c,  p.  415. 

31.  Oleaceae  (Oleoideae). 

Syringa  vulgaris  L.  Nord!.  Balkan,  Orient.  Bisweilen  in  der  Par- 
fümeriefabrikation  angewendet.     Askinson,  1.  c,  p.  131. 

Osmanthus  fragrans  Lour.  (=^  Otea  fragrans  Thunh.).  Nordindien, 
China,  Japan.     Wird  in  der  Umgebung  von  Canton  kultiviert  und  stellt 


606  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

eines  der  wichtigsten  Aromata  zum  Beduften  des  Tees  dar.  Scherz  er, 
Statist.  Commerz.  Ergebnisse  einer  Reise  um  die  Erde,  2.  Aufl.  Wien 
1867,  p.  369.  —  Rein,  1.  c,  II,  p.  146.  —  Parfüm.  Record,  IX,  1918, 
p.  272. 

32.  Oleaceae  (Jasminoideae). 

Jasniinum  grandiflorum  L.    \ 

J.  officinale  L.  \  s.  Jasminblüten. 

J.  odoratissi'mui7i  L.  j 

J.  Sambac  Ait.  (=  Nyctanthes  Sambac  L.  =  Mogorium  Sambac 
Lam.).  Ostindien,  häufig  in  den  Tropen  kultiviert.  Die  Blüten  (flores 
Manorae)  werden  abends  vor  der  Anthese  gesammelt  und  zum  Aromati- 
sieren von  Tee  verwendet.  Duchesne,  1.  c,  p.  76.  —  Rein,  1.  c,  II, 
p.  145.  —  Engler-Prantl,  IV,  2,  p.  16. 

J.  paniculatu7n  Roxb.  China.  Verwendung  wie  bei  voriger  Art. 
Rein,  1.  c. 

Nyctanthes  Arbor-tristis  L.  Indien;  tropischer  Zierstrauch.  Die 
nur  nachts  geüfl"neten  Blüten  dienen  zu  Parfümeriezwecken  und  zum 
Orangefärben.  Duchesne,  1.  c,  p.  76.  —  Bancroft,  Unters,  üb.  d. 
Natur  der  beständigen  Farben.  Nürnberg  1817—1818,  I,  p.  388.  — 
Watt,  1.  c,  V,  p.  434.  Die  Blüten  enthalten  nach  Hill  u.  Sirkar 
(J.  Chem.  Soc.  1907,  t.  91,  p.  150)  Mannit  u.  krist.  Nyctanthin  (C20H27O4), 

33.  Apocynaceae. 

Plumeria  alba  L.  i)  Westindien.  Die  Blüten  des  unter  dem  Namen 
»Frangipane«  bekannten  Strauches  dienen  zur  Herstellung  von  Parfüme- 
rien  (parfum  eternel).  Duchesne,  1.  c,  p.  111.  —  Cat.  des  col.  frang., 
p.  108.  —  Semler,  1.  c,  II,  p.  577. 

PI.  acutifolia  Poir.  Zentralamerika,  kult.  in  Indien,  auf  den 
Philippinen  gleiche  Verwendung  wie  bei  voriger  Art.  (Ber.  Roure- 
Bertrand-Fils,  Apr.  1909,  p.  33.) 

34.  Borragiiiaceae. 

HeUotropium  peruvianum  L.  Peru.  Blüten  in  der  Parfümerie- 
fabrikation  verwendet.     Askinson,  1.  c,  p.  133. 

Parfümeriepflanzen  R.  Combs, 

Tournefortia  gnaphaloides  R.  Br.    Pharm.  Review,  1897.  —  Jah- 

Tropisches  Amerika.  Iresb.  üb.   d.  Entw.  d.  deutsch. 

T.  bicolor  Sw.  Tropisches  Amerika.    Schutzgeb.  im  Jahre  1895/1896. 

(Beil.  z.  d.  Colonialbl.  1897.) 


\)  PI.  alba  Hort.  =  acutifolia  nach  Ind.  Kew. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  607 

35.  Labiatae. 

Lavandula  officinalis  Chaix.  (=  L. 
spica  L.  =  L.  Vera  DC). 

L.  la  Ufo  Ha  Vill.  ^=  L.  Spica  All.  (non 
L.)  =L.  vulgaris  Lain.)  i.s.  Lavendelblüten. 

L.  dentata  L. 

L.  Stoechas  L. 

L.  pedunculata  Cav. 

36.  Scrophulariaceae. 

Lyperia  crocea  Eckl.  =  (L.  atropiirpiirea  Benth.).  Südafrika.  Die 
Blüten  kommen  bisweilen  als  Kapsafran  (Flores  Manulaeji)  in  Handel. 
Sie  enthalten  einen  dem  Krokus  ähnlichen  Farbstoff  und  werden  wie 
dieser  benutzt.  Jackson,  Pharm.  Journ.  and  Tr.,  i872,  p.  904.  — 
Vogl,  Kommentar,  p.  134, 

37.  Rubiaceae. 

Gardenia  florida  L.  =  (G.  jasminoides  EH.).  China.  Die  Blüten 
finden  Verwendung  zum  Parfümieren  des  Tees  und  zur  Darstellung  von 
Parfümerien.  Scherzer,  1.  c.  —  Rein,  1.  c,  II,  p.  146;  Pharm.  Ztg., 
1892,  p.  44  0.  Im  äther.  Öl  hauptsächlich  Benzylazetat  u.  Styrolyl- 
azetat  (spez.  Aroma).  E.  Parone,  nach  Chem.  Gentralbl.  1902,  II, 
p.  703. 

38.  Caprifoliaceae. 

Sambucus  nigra  L.  Europa,  Vorderasien.  Die  medizinisch  viel- 
fach verwerteten  Blüten  (flores  Sambuci)  liefern  durch  Destillation  ein  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  meist  festes  ätherisches  Öl.  Ausbeute  aus 
frischen  Blüten  0,037  Proz.  Gildem.  u.  Hoffm.,  1.  c,  I.  Aufl.  p.  863.  — 
Haensel,  Ber.  1895,  III,  p.  12.  —  Flückiger,  I.  c,  p.  816.  —  Tschirch 
u.  Oesterle,  1.  c,  p.  43.  —  Vogl,  Komm.  p.  111.  Die  gleiche  Ver- 
wendung findet 

8.  canadensis  L.  Nordamerika.  Frank  Lyons,  Amer.  Journ. 
Pharm.,  Jan.  1892,  p.  1   (zit.  nach  Pharm.  Ztg.,  XXXVII,  p.  190). 

30.  Dipsaceae. 
Dipsacus  fullonum  L.     Europa.     Eine  Kulturform  von   D.  ferox 
Lois.  (Engler-Prantl,  IV,  4,  p.  188).     Die  unter  dem  Namen  Karden 
bekannten  Blütenstände  dienen  zum  Kardätschen  in  der  Tuchfabrikation. 


1)  Nach   einem   aus   dem  pharmakognostischen  Institut  der  Wiener  Universität 
stammenden  Material. 


608  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteiie. 

40.  Compositae  (Tubiflorae-Antliemideae). 

Anihejnis  nohilis  L.  Westeuropa,  Italien.  In  Frankreich,  England 
und  Deutschland  in  großem  Maßstabe  gebaut.  Die  Blütenküpfchen 
(flores  Ghamomillae  romanae)  dienen  außer  zu  medizinischen  Zwecken 
zur  Destillation  eines  ätherischen  ( )les.  Die  hellblaue  Farbe  desselben 
geht  bald  in  grün  und  braun  über.  Nach  Hart  wich  u.  Jama  (Apoth. 
Ztg.  Bd.  24.,  p.  585)  unterscheiden  sich  die  ätherischen  Öle  aus  den 
Trichomdrüsen  der  Blüten  und  den  schizogenen  Sekretbehältern  des 
Blütenbodens  beträchtlich;  nur  ersteres  (0,35  Proz.)  ist  intensiv  blau'), 
letzteres  hingegen  zunächst  grünlich,  später  gelbgrün.  Über  die  che- 
mische Zusammensetzung  des  ätherischen  Öles  vgl.  Blaise,  Bull.  soc. 
chim.  in,  29,  1903,  p.  327;  Klobb,  Garnier  u.  Ehrwein,  ebenda 
IV,  7,  1910,  p,  940;  Power  u.  Browning,  Journ.  ehem.  Soc.  1914, 
p.  2280. 

AchiUea  Millefolium  L.  Nördliche  Hemisphäre.  Die  Destillation 
frischer  Blüten  liefert  wie  die  des  Krautes  ein  dunkelblaues  aromatisches 
Öl.  Ausbeute  aus  frischen  Blüten  0,07- — 0,13  Proz.  Bley,  Tromms- 
dorf  N.  Journ.  d.  Pharm.  XVI  (II),  1828,  p.  96.  —  Schimmel  &  Co., 
Berichte,  Okt.  1894,  p.  55.  —  Weppen  u.  Lüders,  Ztschr.  d.  Deutsch. 
Apoth.-Ver.,  1884,  p.  117.  —  A.  Sievers,  Pharm.  Review.  Bd.  25, 
1907,  p.  215. 

Matricaria  Chamomilla  L.  (=  Chrysa)ithe??iiwi  Chamomiüa 
Beruh.).  Hauptsächlich  in  Mittel-  und  Südeuropa.  Die  Blütenköpfchen 
(flores  Ghamomillae  vulgaris,  deutsche  Kamille)  werden  in  Ungarn  in 
großen  Mengen  gesammelt.  Man  destilliert  daraus  ein  dunkelblaues,  bald 
in  Grün  und  Braun  übergehendes  dickflüssiges,  ätherisches  Öl.  Ausbeute 
0,13  bis  0,3  Proz.  Gildem.  u.  Hoffm.,  1.  c,  I.  Aufl.  p.  883.  —  Klobb, 
Garnier  u.  Ehrwein,  1.  c. 

Matricaria  discoidea  dürfte  gleiche  Verwendung  finden  können. 
Schimmel,  Ber.  Okt.  1911,  p.  106. 

Chrysanthemum  einer ariaefolium  (Trev.). 
Boec. 

Pyrethrum    rose  um   M.  B.   {=  Chrys.  "Mar- 
schallü  Aschers.). 

P.   carneum   M.  B.    (=  Chr.   roseum    Weh.    et 
Mohr.). 


InseJiten 
pulver- 
blüten. 


\)  Die  Blaufärbung  beruht  auf  Anwesenheit  eines  den  Sesquiterpenen  nahe- 
stehenden Kohlenwasserstoffes  »Azulen«  (A.  E.  Sherndal,  Journ.  Araeric.  ehem. 
Soc.  Bd.  37  [-tgiS],  p,  167  u.  1537).  Eine  genetische  Beziehung  zu  Karotinen  (Bot. 
Not.  1916,  p.  263)  ist  wohl  von  vornherein  wenig  wahrscheinlich. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.   •  609 

Artemisia  maritima  L.  i).  Turkestan,  namentlich  im  Bezirke  von 
Tschimkent  und  Aulicata,  wo  die  Pflanze  einen  Flächenraum  von 
etwa  500  000  ha 2)  bedeckt.  Die  noch  geschlossenen  Blütenköpfchen  bilden 
den  sogenannten  Wurm-  oder  Zitwersamen  (sem.  oder  flores  Ginae),  der 
als  Anthelminthicum  häufig  angewendet  wird.  Der  wertvolle  Bestand- 
teil, das  Santonin  (GisHjsOg)  wird  derzeit  fabrikmäßig  dargestellt. 
Jahresernte  2340000  kg  Blüten  (Naturwiss.  Rundschau  1898).  Über 
das  ätherische  Öl  s.  Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Apr.  1897,  p.  52  u. 
insbes.  Okt.   1908,   p.  143,    ferner  Klobb,   Garnier  u.  Ehrwein,  1.  c. 

41.  Compositae  (Tubiflorae-Senecioneae). 

Arnica  montana  L.  Hauptsächlich  in  den  Gebirgen  von  Mittel-  und 
Westeuropa.  Die  frisch  der  Destillation  unterworfenen  Blüten  geben 
ein  stark  aromatisches  rotbraunes  bis  braunes,  zumeist  festes  ätherisches 
Öl.  Ausbeute  0,04—0,07  Proz.  Gildem.  u.  Hoffm.,  1.  c,  I.  Aufl. 
p.  901,  —  Klobb,  Garnier  u.  Ehrwein,  1.  c. 

42.  Compositae  (Tubiflorae-Calenduleae). 
Calendula  officinalis  L.  s.  Safran  (Anhang). 

43.  Compositae  (Tubiflorae-Cynareae) . 
Carthamus  tinctorius  L.  s.  Saflor. 


Spezielle  Betrachtung  der  wichtigeren  technisch 
verwerteten  Blüten. 

1.  Safran. 

Unter  Safran  versteht  man  die  Narben  der  Safranpflanze,  Crocus 
sativus  L.  var.  autumnalis  L.  Nach  Heldreich^)  kommt  Crocus  sa- 
tivus  wild  in  Griechenland  (Attika)  und  auf  den  Inseln  Syros  und  Tenos 
vor.  Von  diesen  Inseln  soll  auch  Safran  in  Handel  kommen.  Nach 
neueren  Angaben 4)  findet  sich  die  genannte  Art  wildwachsend  auf  den 
Bergen  von  Smyrna,    auf  Kreta,  den  Zykladen  und  um  Athen,  in  einer 


1)  Die  Frage  nach  der  Stammpflanze  ist  noch  kontrovers,  doch  gehört  sie  jeden- 
falls dem  Formenkreis  der  genannten  Art  an.  Sie  wird  meist  als  Art.  maritima  L. 
var.  Stechmanniana  Bess.  oder  als  Art.  Cina  Willk.  bezeichnet.  Nach  A.  Meyer, 
1.  c,  p.  308,  handelt  es  sich  vielleicht  um  eine  von  beiden  verschiedene  Art. 

2)  Durch  unrationelles  Sammeln,  Steppenbrände  usw.  wird  sie  bereits  seltener. 

3)  Nutzpflanzen  Griechenlands.     Athen  1862,  p.  8. 

4)  Engler  in  Hehn,  Kulturpflanzen  und  Haustiere.     VI.  Aufl.,  isgi,  p.  261. 
Wiesner,  Eolistoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  39 


610  •    Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

anderen  Varietät  auch  in  Taurien,  Thrazien  und  Dalmatien.  Aus  den 
Untersuchungen  von  Chappellieri]  und  insbesondere  von  Maw^)  geht 
jedoch  hervor,  daß  keine  der  wildwachsenden  Formen  mit  dem  > Safran- 
krokus völlig  identisch  ist,  dieser  vielmehr  eine  durch  Zucht  (Bastardierung?) 
erzielte  Kulturvarietät  darstellt,  die  sich  vor  ihren  wildwachsenden  Ver- 
wandten unter  anderem  durch  große  Formbeständigkeit  und  Sterilität 
(außer  bei  Befruchtung  mit  fremdem  Pollen)  auszeichnet.  Die  Vermeh- 
rung erfolgt  daher  ausschließüch  vegetativ  durch  die  Knollen  3).  Der 
»russische«  Safran,  der  in  der  Umgebung  von  Elisabethpol,  Tiflis,  Der- 
bend,  Baku  am  Kaspischen  Meere  und  in  Nordpersien  kultiviert  und 
im  Inlande  verbraucht  wird,  stammt  nach  Tichomirow^)  teils  von  der 
obengenannten  Art,  teils  von  C.  sativus  ß.  Pallasii  Maw.  f=  C.  Pallasü 
Marsch.  Bieb.)^  der  ein  vollkommen  ebenbürtiges  Produkt  liefert,  während 
die  Narben  des  gleichfalls  im  Krim-Kaukasus-Gebiete  wildwachsenden 
C.  speciosus  Marsch.  Bieb.  als  minderwertig  zu  bezeichnen  sind.  Die 
gleichfalls  Grocin  führenden  Narben  von  C.  variegatus  Hopp,  und  C. 
reticulatus  Stev.  sollen  gelegentlich  als  Ersatz  oder  zur  Fälschung  von 
echtem  Safran  Verwendung  finden  s). 

Für  den  europäischen  Markt  ist  der  spanische  Safran  ß)  von  größter 
Bedeutung.  Das  Zentrum  des  Safranhandels  ist  Valencia.  Die  jährliche 
Ausfuhr  beträgt  nach  Semler  etwa  45000  kg^).  Besonders  geschätzt 
wird  die  in  geringer  Menge  produzierte  französische  Ware  (aus  Gätinais), 
doch  ist  im  Handel  unter  der  Bezeichnung  > französischer  Safran«  auch 
vielfach  spanische  Ware  anzutreffen.  In  beiden  Sorten  haften  den  rot- 
braunen Narben  häufig  noch  die  helleren  Griffelenden  an.  Der  italienische 
Safran  ist  durch  eine  hellere  Farbe  ausgezeichnet.  Des  besten  Rufes 
erfreute  sich  schon  seit  dem  Mittelalter  der  niederösterreichische  Safran, 
der  aber  derzeit  nur  mehr  in  verschwindender  Menge  produziert  wird 


\)  Bull,  de  la  Soc.  bot.  Fr.  XX,  1873. 

2)  A  monograph  of  the  genus  Croeus  (with  an  appendix  on  the  etymology  of 
the  words  Croeus  and  Saffron,  by  Lacaita),  London  -ISSG.  —  Vgl.  auch  Kron- 
feld, M.,  Geschichte  des  Safrans  [Croeus  sativus  L.  var.  culta  autumnalis)  und  seine 
Kultur  in  Europa.     Wien  -1892. 

3)  Nach  W.  R.  Lawrence  (Pharm.  Journ.  (IV)  11  (1896),  p.  272)  wird  in 
Kashmir  Safran  aus  Samen  gezogen.  Vielleicht  handelt  es  sich  hier  um  eine  andere 
Spezies. 

4)  Arch.  d.  Pharm.  1903,  p.  656. 

3)  Nach  Wehmer,  I.e.,  p.  108.  Vgl.  Dragendorff,  D.  Heilpfl.  der  versch, 
Völker  u.  Länder,  Stuttg.  1898,  p.  139. 

6)  Es  sei  hier  darauf  hingewiesen,  daß  die  häufig  gebrauchten  Bezeichnungen 
Croeus  hispanicus,  gallicus,  austriacus,  Orientalis  usw.  nur  das  Produktionsgebiet, 
nicht  aber  eine  Varietät  der  Pflanze  bedeuten. 

7)  Tropische  Agrikultur,  2.  Aufl.,  II,  p.  641. 


k 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  611 

und  so  gut  wie  keine  komerzielle  Bedeutung  besitzt  i).  Er  ist  einfarbig, 
rotbraun,  da  die  Griffelenden  sorgfältig  entfernt  werden.  Weniger  ge- 
schätzt wird  der  englische  (Essex,  Cambridge)  und  türkische  (orienta- 
lische) Safran,  welcher  die  geringste  und  unreinste  Sorte  darstellt.  Er 
enthält  neben  Narben  und  Griffelfragmenten  noch  Teile  von  Staubfäden 
und  Perigonblättern  und  stammt  nach  A.  VogP)  vielleicht  von  C.  ver- 
nus  All.  ab. 

Von  außereuropäischen  Produktionsländern  seien  in  erster  Linie 
Marokko  und  Tunis  genannt.  Der  in  einigen  Gebieten  Asiens  (Anatolien, 
KashmirS),  China  usw.  gewonnene  Safran  kommt  nicht  in  europäischen 
Handel.  In  Zentralamerika 4)  und  Pennsylvanien^)  wird  gleichfalls  Sa- 
franbau mit  Erfolg  betrieben. 

Die  Gewinnungsweise  des  Safrans  ist  äußerst  mühevoll.  Die  Ernte 
beginnt  im  September  oder  Oktober  und  dauert  2 — 3  Wochen.  Es 
werden  täglich  morgens  die  sich  öffnenden  Blüten  gepflückt,  hierauf  die 
Narben  entfernt  und  auf  Haarsieben  über  schwachem  Kohlenfeuer  oder 
in  der  Sonne  getrocknet,  wobei  sie  etwa  ^5  ihres  Gewichtes  verlieren. 
Die  Ausbeute  ist  dabei  sehr  gering,  indem  ein  Hektar  etwa  1,5  Millionen 
Wurzelstücke  produziert  6),  die  je  1  —  2,  selten  mehr  Blüten  treiben,  und 
70  000—80  000  (nach  anderen  Angaben  sogar  120—350  000)  [Kuräz, 
1.  c.l  Blüten  erforderlich  sind,  um  1  kg  trockenen  Safrans  zu  erhalten. 


-1)  Der  völlige  Niedergang  der  österreichischen  Safrankultur  ist  hauptsächlich 
auf  die  ausländische  Konkurrenz  zurückzuführen.  Während  nach  Kronfeld  im  Jahre 
4  776  auf  dem  Sämereimarkt  zu  Krems  etwa  4480,5  kg  Safran  zum  Verkaufe  kamen, 
wurden  1877  nur  mehr  35  kg  geerntet.  Vgl.  A.  Senoner  1847  (Ref.  Flora  1848, 
p.  221).  Im  Jahre  1873  wurde  Safranbau  noch  in  Meissau,  Oberravelsbach,  Paris- 
dorf, Münichhofen,  Dürrbach,  Wartberg  und  Kirchberg  am  Wagram  botrieben 
(Wiesner,  nach  Originalberichten  in  der  1.  Aufl.  dieses  Werkes,  p.  706,  Anm.).  Nach 
dem  Statist.  Jahrb.  des  k.  k.  Ackerbauministeriums  (1899,  Hft.  1,  p.  126)  betrug  die 
Anbaufläche  im  Jahre  1899  bloß  mehr  2  ha,  welche  einen  Gesamtertrag  von  8,4  kg 
heferten.  Siehe  ferner  Kronfeld,  1.  c.  und  Bl.  d.  Ver.  f.  Landeskunde  v.  N.-Öst_ 
XXVI  (1892),  p.  69  ff.  —  In  Ungarn,  wo  in  früheren  Jahrhunderlen  gleichfalls  Safran 
gebaut  wurde,  ist  die  Kultur  heute  gleichfalls  erloschen.  Augustin  in  Österr.  Jahresb. 
f.  Pharmazie,  XV  (1914).  —  Über  Safrankultur:  R.  Kuräz  in  Mittig.  37  d.  Komitees 
zur  staatl.  Förderg.  d.  Kultur  u.  Arzneipfl.  in  Österr. 

2)  Kommentar  zur  7.  Aufl.  d.  österr.  Pharm.     Wien  1892,  II,  p.  133. 

3)  Über  Kultur  und  Ernte  daselbst  s.  Lawrence,  1.  c,  Downes,  The  growth 
of  Croeus  sativus,  the  source  of  hay  saffron  in  Kashmir  [Pharm.  J.  and  Tr.  (III)  XII 
(1881),  p.  9]. 

4)  Oppel,  Übers,  d.  Wirtschaftsgeogr.  (Geogr.  Zeitschr.  II.  1896). 

5)  Americ.  Journ.  of  Pharmac.  1884,  p.  88.  Nach  Lemberger  (Americ.  Journ. 
of  Pharmac.  1905)  ist  hier  jedoch  die  Kultur  bereits  wieder  aufgegeben  worden. 
Weitere  Literatur  über  Safrankultur  bei  Flückiger,  Pharmakognosie,  p.  774 f. 

6)  Semler,  I.e.,  II,  p.  642.  Bedeutend  höhere  Werte  erhielt  C.  Hassack, 
siehe  Vogl,  Nahrungs-  und  Genußmittel  (1898),  p.  353,  Anm. 

39* 


612 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


Die  violette  Blüte  des  Safrans  führt  einen  bis  10  cm  langen,  unten 
weißlichen,  oben  gelblichen  Griffel,  an  welchem  drei  sehr  charakteristisch 
gestaltete  Narben  auftreten.  Die  Narben  (Fig.  230)  sind  2,5 — 3  cm 
ang,  röhrenförmig,  unten  schmal,  am  oberen  Ende  keulenförmig  er- 
weitert, daselbst  2 — 4  mm  dick  und  an  der  nach  innen  gekehrten  Seite 
aufgeschlitzt,  fettglänzend,  braunrot  und  nur  am  Grunde  blaß  orange- 
rot. Der  obere  Rand  der  Narbe  ist  gezähnt.  Im  lufttrockenen  Zustande 
sind  die  Narben  elastisch  und  nicht  pulverisierbar  i).  Ihr  Geruch  ist 
intensiv,  fast  betäubend,  der  Geschmack  bitter  gewürzhaft. 

Der  anatomische  Bau  der  Safrannarbe  ist  sehr  einfach  (Fig.  231). 
Die  Oberhaut  wird  von  einem  zarten  Epithel  gebildet,  dessen  Elemente 
parallel  zur  Längsachse  der  Narbe  gestreckt  und  auf  der  Außenseite 
derselben  papillös  vorgewölbt  sind.  Die  Oberhautzellen 
der  inneren  (morphologischen  oberen)  Seite  hingegen 
sind  in  ihren  Dimensionen  kleiner  und  entbehren  der 
Papillen.  Gegen  das  freie  Ende  der  Narbe  werden  diese 
bedeutend  größer  und  nehmen  gleichzeitig  eine  zylin- 
drische bis  keulenförmige  Gestalt  an.  Ihre  Länge  steigt 
hier  bis  150,  ihre  Breite  bis  40  /ti.  Die  Kutikula  er- 
scheint zart  granuliert  bis  gestreift.  Sie  hebt  sich  na- 
mentlich nach  Einwirkung  von  Quellungsmitteln  sehr 
leicht  ab,  da  die  darunterliegenden  Membranen  ver- 
schleimen. Unter  dem  Epithel  liegt  ein  gegen  die 
Narbenbasis  hin  an  Breite  zunehmendes  Parenchym- 
gewebe,  bestehend  aus  gleichfalls  axial  gestreckten, 
im  Querschnitt  rundlichen  Zellen.  In  jede  Narbe  tritt 
ein  Gefäßbündel  ein,  das  sich  in  zahlreiche,  sehr 
schmächtige  gabelige  Äste  teilt,  deren  Xylem  aus  eng- 
lumigen,  ring-  oder  schraubenförmig  verdickten  Elementen  besteht.  Sie 
röten  sich  auf  Zusatz  von  Phlorogluzin  und  Salzsäure  nur  schwach  und 
färben  sich  dementsprechend  mit  Ghlorzinkjod  anfangs  bräunlich,  nach 
einiger  Zeit  hingegen  violett  2). 

Epidermis-  und  Parenchymzellen  der  im  Wasser  untersuchten  Handels- 
ware erscheinen  —  die  fast  farblosen  Narbenpapillen  ausgenommen  — 
gleichmäßig  lebhaft  gelbrot.  Dabei  geht  der  Farbstoff  schnell  und  nahe- 
zu gänzlich  in  Lösung;  in  manchen  Zellen  bleiben  jedoch  nach  Molisch^) 
körnige,  rotbraune,  in  Alkohol  lösliche  Pigmentmassen  zurück.    Ich  fand 


Fig.  230.    Vergr.  2. 

Krokusnarbe  aus  der 

Handelsware. 


-l)  Sehr  altes  Material  ist  hart  und  spröde  und  daher  zerbrechlich.     Um  Safran 
pulverisieren  zu  können,  wird  er  bei  höherer  Temperatur  getrocknet. 

2)  Nach  Vogl  (Die  wichtigsten  Nahrungs-  und  Genußmittel.     Wien  1898,  p.  357) 
wird  die  Membran  der  Gefäße  durch  Chlorzinkjod  direkt  gebläut. 

3)  Grundriß  einer  Histochemie  der  pflanzlichen  Genußmittel.     Jena  -1891,  p.  37. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


613 


gleichfalls,  daß  selbst  in  durch  vielstündiges  Kochen  mazerierten  Narben 
noch  ungelöste  Klümpchen  erhalten  blieben,  welche  sich  in  Schwefel- 
säure mit  blauer  Farbe  auflösten.  Dieselbe  Färbung  tritt  überhaupt  vor 
der  Extraktion  des  Farbstoffes  in  allen  Teilen  der  Narbe  auf,  schlägt 
aber  bald  in  Violett  und  Braun  um.     Nach  Moli  seh  kommt  der  Farb- 


Fig.  231.    Querschnitt  durch  die  Safrannarbe. 
E  Epithel,  p  Parenchym,  g  Gefäßbündel.    (Nach  A.  Meyer.) 


Stoff  im  Zellsafte  gelöst  vor,  fingiert  aber  nach  dem  Absterben  des  Ge- 
webes auch  Plasma  und  Zellwand  i). 

Tschirch2)  und  A.  Meyer 3)  konnten  im  Parenchym  kleine,  schlecht 
ausgebildete  Kristalle  von  oxalsaurem  Kalk  auffinden.     R.  Müller  hält 


\)  Nach  Tschirch  und  Oesterle  lassen  sich  jedoch  bei  der  Untersuchung 
in  Olivenöl  oder  nach  Fixierung  in  Alkohol  außerdem  verhältnismäßig  große  Chro- 
matophoren  erkennen. 

2)  Tschirch  und  Oesterle,  1.  c,  p.  92. 

3)  Die  Grundlagen  und  Methoden  für  die  mikrosk.  Untersuchung  von  Pflanzen- 
pulvern.    Jena  1901,  p.  223. 


614  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

sie  gleichfalls  für  eine  Kalziumverbindung,  jedenfalls  aber  nicht  für  ein 
Oxalat!). 

Zwischen  den  Narbenpapillen  findet  man  regelmäßig  noch  die  kuge- 
ligen, bisweilen  schon  ausgekeimten  Pollenkürner,  deren  Durchmesser 
zwischen  75 — 90  «  schwankt.  Ihre  Membran  besteht  aus  einer  mächtigen, 
schön  geschichteten  Innenlamelle  (Intine)  und  einer  zarteren  Außenhaut 
(Exine)  (Fig.  232  5).  Dieselbe  wird  meist  als  glatt  angegeben.  Nach 
Behandlung  mit  Schwefelsäure,  deren  Einwirkung  sie  widersteht,  erkennt 
man,  daß  sie  anscheinend  mit  zahlreichen  kleinen  Wärzchen  bedeckt 
ist,  wie  es  Fig.  232  J.  zum  Ausdruck  bringt.  Nach  Tschirch  und 
Oesterle^)  besteht  die  Exine  aus  zwei  Lamellen,  deren  äußere  als  Stäbchen- 
schicht entwickelt  ist  und  die  »Punktierung«  der  Oberfläche  bewirkt. 
Im  Inhalt  der  Pollenkürner  läßt  sich  Stärke  nachweisen,  welche  den 
Narben  vollständig  fehlt. 


Fig.  232.    Vergr.  600.    Fragmente  des  Safranpollenkorns.    A  Exine  von  ol)en  gesehen,  nach  Behandlung 

mit  Schwefelsäure.    B  Optischer  Querschnitt  durch  das  Pollenkorn  in  Wasser  untersucht. 

ex  Exine.    i  Intine. 


In  der  Droge  findet  man  öfter  auch  die  heller  gefärbten  Griffel- 
reste, die  bisweilen  noch  mit  den  Narben  in  Verbindung  stehen.  Die 
Griffel  kamen  früher  als  solche  unter  dem  Namen  »Feminell«  in  Handel^]. 

Der  Wassergehalt  des  Safrans  beträgt  nach  J.  Bar  kl  ay  4)  im  Mittel 
12,37  Proz,  (bezogen  auf  Trockengewicht).  Den  geringsten  Wassergehalt 
gibt  Vogl^)  bei  einer  Probe  von  österreichischem  Safran  mit  4,9  Proz. 
an.  Die  Narben  liefern  beim  Glühen  eine  rein  weiße  Asche.  Der 
Aschengehalt  beträgt  nach  Flückiger  4,4 — 7  Proz.  (zulässige  Grenze 
8  Proz.)  bezogen  auf  bei  100°  getrocknete  Ware.  Die  in  Salzsäure  un- 
löslichen Rückstände  schwanken  zwischen  0,35 — 1,15  Proz.  6). 


^)  R.  Müller,  Zeitschr.  d.  österr.  Apoth.-Ver.  1903,  Nr.  29. 

2)  1.  c,  p.  92. 

3)  Eine  größere  Beimengung  derselben  gilt  als  Verfälschung  des  Safrans.  Bis- 
weilen werden  auch  Verfälschungen,  z.  B.  mit  Calendula-^\\i.iBn,  als  »Feminell«  be- 
zeichnet. 

4)  Pharm.  Journ.  and  Tr.  (III)  XXIV  (■1894),  p.  692. 
3)  1.  c,  p.  358. 

6)  Hockauf,  J.,  Zeitschr.  d.  Allg.  öst.  Apoth.-Ver.,  1898,  Nr.  1—3. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  615 

Den  wertvollsten  Bestandteil  des  Safrans  bildet  der  gelbe  Farbstoff, 
Safrangelb,  der  in  Wasser  leicht,  in  Alkohol  und  namentlich  in  Äther 
schwerer  löslich  ist.  Seine  Tinktionskraft  ist  enorm.  Nach  Flückiger^) 
ist  eine  wässerige  Lösung  von  1:200  000  noch  deutlich  gefärbt.  Der 
Abdampfungsrückstand  nimmt  auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  eine  kobalt- 
blaue (in  dickeren  Schichten  dunkelblaue)  Farbe  an,  die  sich  bald  in 
rotviolett  und  braun  verändert 2)  (daher  die  ältere  Bezeichnung  Poly- 
chroit). 

Der  wichtigste  Bestandteil  der  Safrannarbe  ist  der  zu  den  Caroti- 
noiden (im  Sinne  von  Tswett-^))  gehörige  gelbe  Farbstoff,  das  Crocetin, 
welches  das  Aglykon  des  Crocins  darstellt.  Nach  den  neuesten  Unter- 
suchungen von  F.  Decker^)  scheint  das  Crocetin  (G10H14O2)  in  naher 
Beziehung  zu  dem  in  den  Narben  auftretenden  ätherischen  Safranöl  zu 
stehen.  Hilger^)  äußerte  die  Vermutung,  daß  das  Crocetin  in  der 
Pflanze  in  glykosidischer  Bindung  mit  Zucker  (Glykose)^)  und  ätheri- 
schem Öle  auftritt.  Die  in  den  Narben  aufgefundenen  höheren  Fett- 
säuren haben  entgegen  einer  älteren  Anschauung  mit  dem  Farbstoffe 
nichts  zu  tun^).  Von  Mineralbestandteilen  sind  hervorzuheben  Kiesel- 
säure, Kalium  und  Phosphorsäure. 

Durch  Destillation  der  Narben  im  Kohlensäurestrom  erhält  man  etwa 
1  Proz.  ätherischen  Öles  von  hellgelber  Farbe,  das  sich  an  der  Luft 
bräunt  und  dabei  eine  dickliche  Konsistenz  annimmt.  Sein  Geruch  ist 
intensiv    safranartig.     Als   Träger    desselben    ist   ein   0-haltiger   Körper 


4)  1.  c,  p.  776. 

2)  Die  Blaufärbung  an  sich  ist  nicht  für  Safranfarbstoff  allein  charakteristisch. 
Sämtliche  Karotine  (Karotin,  Etiolin  usw.),  auch  synthetisch  dargestellte  Farbstoffe 
(z.  B.  Tropäolin)  geben  mit  konz.  Schwefelsäure  gleichfalls  eine  Blaufärbung.  Vgl. 
die  Zusammenstellung  der  hierdurch  auftretenden  Farbentöne  bei  Tschirch  und 
Oesterle,  1.  c,  p.  93. 

3)  M.  Tswett,  Ber.  deutsch,  bot.  Ges.,  Bd.  XXIX  (igi-l),  p.  630. 

4)  F.  Decker,  Arch.  d.  Pharm.,  Bd.  CCLII  (19U),  p.  139,  A.  Verda,  Chem. 
Ztg.  XXXVIII  (19U),  p.  325. 

5)  Hilger,  Chem.  Zentralbl.  -1900,  II,  p.  576. 

6)  E.  Fischer  (Ber.  d.  Deutschen  bot.  Ges.,  Bd.  21  [1888],  p.  988)  konstatierte 
bereits,  daß  der  » Safranzucker c,  Crocose,  wenigstens  z.  T.  aus  Glykose  besteht.  — 
Die  schon  von  Vogl  beobachteten  Kristallaggregate,  die  bisweilen  einen  schon  makro- 
skopisch sichtbaren  weißlicheu  Anflug  auf  der  Droge  bilden,  erwiesen  sich  gleichfalls 
als  eine  Zuckerart  und  sollen  einen  natürlichen  Bestandteil  der  Safrannarbe  bilden 
(A.  Nestler,  Z.  f.  Unters,  d.  N.  u.  G.  1903,  Nr.  22). 

7)  Über  die  Chemie  des  Safranfarbstoffes  seien  von  älteren  Arbeiten  nament- 
lich noch  erwähnt:  Kayser,  Ber.  d.  deutsch,  chem.  Ges.  XVII  [1884],  p.  2228; 
0.  Schüler,  Üb.  d.  Bestandtl.  d.  Safrans,  Inaug.-Diss.,  München  1899;  Psyl  und 
Scheitz,  Chem.  Ztg.  1906,  p.  299  und  Z.   f.  Unters,  d.  N.  u.  G.  XVI  (1908),  p.  337. 


616  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten,  und  Blütenteile. 

(CioHigO)  anzusehen,  was  bereits  Gildemeister  und  Hoffmann  i)  ver- 
muteten. Crocin  kommt  auch  sonst  im  Pflanzenreiche  vor.  Es  wurde 
von  Meyer  und  Rochleder2)  in  den  chinesischen  Gelbschoten  (Gardenia 
grandiflora)  aufgefunden  und  soll  auch  in  Ltjperia  crocea^)  und  Tri- 
tonia  aurea^)  enthalten  sein. 

Die  Verwendung  des  Safrans  zum  Würzen  und  Färben  der  Speisen 
ist  bekannt.  Seine  gewerbliche  Anwendung  ist  jedoch  eine  sehr  be- 
schränkte. Zum  Färben  von  Stoffen  usw.  wird  Safran  nur  bisweilen  in 
der  Hausindustrie  benutzt.  In  der  Färberei  ist  er  wegen  seiner  leichten 
Lüslichkeit,  welche  die  Haltbarkeit  beeinträchtigt,  nicht  in  Verwendung  ■*). 
Er  findet  jedoch  zur  Herstellung  von  Goldfirnissen  Anwendung. 

Die  Safrannarben,  namentlich  aber  das  Safranpulver,  sind  zahllosen 
Verfälschungen  5)  ausgesetzt.  Sie  bestehen  in  der  künstlichen  Färbung 
der  extrahierten  Narben  (mit  Dinitrokresolkali,  Martiusgelb,  Naphtholgelb, 
Tropäolin  usw.),  in  der  Beschwerung  der  Droge  (mit  Pulver  von  Baryt 6), 
Gips,  Kreide,  welches  mit  Glyzerin,  Leim  usw.  fixiert  wird)  und  endlich 
in  dem  mehr  oder  minder  vollständigen  Ersatz  durch  andere  oft  künst- 
lich fingierte  Pflanzenbestandteile.  Unter  diesen  spielen  die  Blüten  von 
Calendula'')  und  Carthamus^)  die  größte  Rolle.  Außerdem  sind  als 
Surrogate  noch  besonders  hervorzuheben  die  Narben  von  Zea,  Keimlinge 
von  FiCM-Arten,  Wurzeln  von  Allium,  Grasblätter  u.  v.  a.  Getrocknete 
Fleischfasern  wurden  als  Verfälschung  in  den  letzten  Dezennien  nicht 
beobachtet,  wohl  aber  gefärbte  Kollodiumfäden. 

Historisches*^).  Im  Altertum  war  Safran  von  viel  größerer 
Bedeutung  als  in  der  Jetztzeit,  da  er  sich  nicht  nur  als  Gewürz,  sondern 
auch  als  Parfüm  und  Farbstoff  großer  Beliebtheit  erfreute.  Der  Name 
Krokus   stammt   aus   dem   semitischen  Sprachschatze   (karköm),    woher 


■1)  1.  c,  p.  392fr.     Daselbst  ausführlicher  Literaturnachweis  über  Salranöl. 

2)  Journal  für  prakt.  Chemie,  Bd.  74  (1838),  p.  1  ff. 

3)  Siehe  Ȇbersichtt  p.  60  7  bzw.  p.  599. 

4)  Über  Versuche  mit  Safran  zu  färben  s.  Bancroft,  1.  c,  I,  p.  525. 

5)  Die  Safranverfälschungen  haben  eine  ausgedehnte  Literatur  veranlaßt,  auf 
welche  hier  einzugehen  auch  nicht  annähernd  möglich  ist.  Die  wichtigsten  Surrogate 
und  deren  Kennzeichen  finden  sich  zusammengestellt  in  T.  F.  Hanausek,  Die  Safran- 
verfälschungen (in  Kronfeld,  Geschichte  des  Safrans,  1.  c,  p.  68— ■IIO),  Vogl,  Nah- 
rungs- und  Genußmittel,  p.359£f.,  Moeller,  Nähr.- u.  Genußm.,  H.  Aufl.,  1905,  p.  1  02fr. 

6)  Ranwez  verwendet  zur  Erkennung  dieser  Verfälschungen  die  Röntgenstrahlen 
(Ann.  d.  pharm.  11,  Nr.  5,  Compt.  rend.  CXXII  [1896],  p.  4  81). 

7)  Siehe  unten  p.  617. 

8)  Vgl.  unten,  Nr.  11,  p.  636. 

9)  S.  hierüber  C.  Lacaita  in  Maws  Monographie  (I.e.),  Flückiger,  I.e., 
p.  778,  ausführlicher  in  2.  Aufl.,  1883,  p.  736  ff.  —  DeCandoUe,  Origine  des  plantes 
cultivees,  Paris  1883,  p.  132. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  617 

ihn  Griechen  und  Römer  übernahmen.  Die  modernen  europäischen 
Sprachen  haben  jedoch  allgemein  die  arabische  Bezeichnung  za'  ferän 
(=  gelb)  ihrem  Sprachschatze  eingereiht.  Von  Arabern  wurde  auch  die 
Safrankultur  nach  Spanien  gebracht').  In  Mitteleuropa  hingegen  soll 
sie  durch  die  Kreuzzüge  (1198)  bekannt  geworden  sein  2). 


Anhang. 

Calenclula-Blüten. 

Da  die  Blüten  der  Komposite  Calendula  officinalis  das  wichtigste 
Verfälschungsmittel  des  Safrans  darstellen,  so  sollen  sie  an  dieser  Stelle 
einer  kurzen  Besprechung  gewürdigt  werden. 

Die  genannte  Art  ist  in  Südeuropa  und  im  Oriente  heimisch,  wird 
aber  bei  uns  vielfach  in  Gärten  gebaut.  Die  Hülle  (Involukrum)  der  an- 
sehnlichen Blütenköpfchen  besteht  aus  zwei  bis  drei  Reihen  lanzettlicher, 
mit  kurzen  Drüsenhaaren  besetzter  Blättchen.  Auf  dem  nackten  Blüten- 
boden stehen  zwei  Arten  von  Blüten  3).  Die  äußeren  hell-  bis  orange- 
gelben weiblichen  Blüten  sind  zungenförmig  (Rand-  oder  Strahlblüten, 
die  inneren  meist  dunkelbraunen  (Scheibenblüten)  dagegen  regelmäßig 
trichterförmig,  5  zähnig  und  zwitterig,  dabei  aber  unfruchtbar.  Nur  die 
äußeren  Blüten  werden  verwertet.  Sie  sind  in  Wasser  erweicht  schon 
ihrer  Gestalt  nach  mit  Safrannarben  nicht  zu  verwechseln.  Ihre  zygo- 
morphe,  bis  2,5  cm  lange  Blumenkrone  ist  flach,  nur  an  der  Basis 
röhrenförmig  geschlossen  und  an  der  Spitze  dreizähnig.  Sie  wird  von 
vier  Hauptnerven  durchzogen,  welche  unterhalb  der  Zähne  zu  drei 
Spitzbogen  verbunden  sind.  Der  unterständige  Fruchtknoten  ist  nach 
innen  gekrümmt  und  trägt,  einen  Griffel  mit  zweischenkliger  Narbe.  Der 
Kelch  fehlt. 

Auch  der  anatomische  Bau"*)  der  Blüte  ist  so  charakteristisch,  daß 
selbst  Fragmente  derselben  mit  Sicherheit  erkannt  werden  können.  Die 
zarten  Epithelzellen  sind  im  allgemeinen  rechteckig,  in  der  Längsrichtung 
des  Blumenblattes  gestreckt;  die  Kutikula  zeigt  eine  scharf  ausgeprägte 
Längsstreifung.  Höchst  auffallend  und  von  besonderem  diagnostischen 
Werte  ist  der  schon  bei  mittlerer  Vergrößerung  leicht  erkennbare  Inhalt 


\)  Hehn,  Kulturpflanzen  und  Haustiere,  p.  260. 

2)  Endlicher,  St.,  Die  Medizinalpflanzen  der  österr.  Pharmakopoe.    Wien  1842, 
p.  65. 

3)  Bisweilen  flndet  man  Kulturvarietäten,  deren  Blütenköpfchen  nur  aus  Zungen- 
blüten zusammengesetzt  sind. 

4)  Vgl.  vor  allem  Tschirch  und  Oesterle,  1.  c,  p.  95,  Tat.  XXIII,  Moeller, 
1.  c,  u.  a. 


Q\Q  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

dieser  Zellelemente:  zahlreiche,  kugelige  oder  ellipsoidische,  gelb  tingierte 
Öltropfen.  Im  frischen  Zustande  sind  in  diesen  Zellen  nach  Tschirch 
zahlreiche  rötliche  Chromatophoren  zu  erkennen.  Der  obere  Kronen- 
abschnitt führt  unterseits  einige  wenige  Spaltöffnungen.  Gegen  die  Basis 
hin  wird  die  Krone  durch  Vermehrung  des  Parenchymgewebes  dicker  i). 
Dieser  Teil  trägt  auf  der  Außenseite  zahlreiche  mehrzellige,  ein-  bis 
zweireihige  Trichome,  welche  zum  Teil  ein  vielzelliges  Drüsenköpfchen 
tragen.  Der  Fruchtknoten,  der  von  gleichgestalteten  Haaren  bedeckt  ist, 
fehlt  zumeist  an  der  Handelsware. 

Bisweilen  findet  man  in  der  Droge  auch  die  (von  den  Scheiben- 
blüten stammenden)  35 — 40 ,«  dicken,  rundlichen  Pollenkörner.  Sie 
unterscheiden  sich  von  denen  des  Safrans  durch  zahlreiche  spitze  Stacheln 
und  drei  Poren,  welche  die  Austrittsöffnungen  für  den  Pollenschlauch 
darstellen.  Die  Anwesenheit  von  Scheibenblüten  ist  an  den  faserig  ver- 
dickten Zellen  der  Antherensäcke  zu  erkennen. 

Der  Aschengehalt  der  Flores  Calendulae  ist  höher  als  der  des 
Safrans. 

Hockauf 2)  fand  in  zwei  Proben  8,7  bzw.  9,13  Proz.  Gesamtasche 
und  1,181  bezw.  1,107  Proz.  in  Salzsäure  unlöslichen  Rückstand.  Die 
Blüten  enthalten  u.  a.  neben  einem  gelben  Farbstoff  einen  Bitterstoff 
(Calendulin),  ein  flüchtiges  und  festes  Öl,  Harz,  Zucker,  Gummi  3)  und 
etwa  8  Proz.  Asche.  Auch  dieser  gelbe  Farbstoff  ist  als  Karotin  erkannt 
geworden^). 

2.  Ohampaca-Blüteu. 

Das  ätherische  Öl  der  Ghampaca-Blüten^),  das  zwar  nur  in  geringer 
Menge,  aber  in  neuerer  Zeit  regelmäßig  auf  den  europäischen  Markt 
kommt,    stellt   eine  wertvolle  Bereicherung   des  Parfümerieschatzes  dar. 

Es  sind  vor  allem  zwei  Arten,  welche  als  Stammpflanzen  in  Betracht 
kommen:  Michelia  Champaca  L.  f=  M.  rufmervis  B.  C.  M.  =  M. 
aurantiaca   Wall.)  mit  gelben  und  M.  longifolia  L.  mit  weißen  Blüten. 


-1)  Schimper  (Anleitung  zur  mikroskopischen  Untersuchung  der  Nahrungs-  und 
Genußmittel.  Jena  -1886,  p.  -103)  gibt  irrtümlich  an,  daß  die  Krone  im  allgemeinen 
nur  zweischichtig  ist,  also  nur  aus  den  beiden  Epidermen  besteht. 

2)  1.  c,  p.  5. 

3)  Nach  Pharmac.  Journ.  Juni  -igoi,  p.  803.  Über  die  Bestandteile  der  Calen- 
dulablüten  s.  ferner  Wirth,  Inaug.-Diss.  (Erlangen),  Wesel  ^S'ä^.  Tielke,  Amer. 
Journ.  Pharm.  1891,  p.  477  (Ref.  in  Pharm.  Ztg.,  1891,  XXXVI,  p.  764). 

4)  Tine  Tammes,  Flora,  LXXXVII  (1900),  p.  226. 

5)  Das  »Champacac-Blütenöl  ist  nicht  zu  verwechseln  mit  dem  ätherischen  Öle 
aus  dem  Holze  der  Zygophyllacee  Bulnesia  Sarmienti  Lorent'X,  (Argentinien,  Paraguay), 
das  im  Handel  denselben  Namen  führt. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  619 

Brooksi)  führt  außerdem  M.  fuscata  und  31.  nigalirica  an,  die  aber 
vielleicht  nur  Standortsformen  darstellen;  jedenfalls  soll  das  ätherische 
Öl  jeder  der  genannten  Pflanzen  deutliche  Verschiedenheiten   aufweisen. 

Am  hüchsten  geschätzt  und  am  genauesten  bekannt  ist  das  Öl  aus 
»gelben  Champaca-Blüten«.  Die  oben  genannte  Stammpflanze,  ein  ziem- 
lich mächtiger,  immergrüner  Baum,  ist  in  Indien  heimisch  und  findet 
sich  namentlich  in  Nepal,  Assam  und  Bengalen,  reicht  aber  im  Norden 
bis  ins  Gebiet  des  Himalaja.  Sie  wird  hauptsächlich  im  tropischen 
Indien  und  auf  den  Philippinen  kultiviert  und  erfreut  sich  bei  den  Ein- 
geborenen eines  besonderen  Rufes  als  Heilpflanze.  Die  großen  gelben 
Blüten,  welche  an  den  Enden  der  Zweige  in  größerer  Zahl  auftreten, 
sind  durch  abgerundete  Kelchblätter  und  zugespitzte  Petalen  ausgezeichnet. 

Die  Blüten,  deren  gelber  Farbstoff  lokal  auch  zum  Färben  verwendet 
wird,  entfalten  sich  zweimal  des  Jahres.  Die  Champaca-Blüten  von  den 
Philippinen  sollen  stärker  und  angenehmer  duften  als  die  von  Singapore, 
Penang,  Colombo  oder  Peradeniya^). 

Zur  Gewinnung  des  ätherischen  Öles,  welche  auf  den  Philippinen 
geübt  wird,  müssen  die  Blüten  wegen  ihres  reichen  Oxydasegehaltes 
unmittelbar  nach  der  Pflücke  der  Destillation  unterworfen  werden.  Die 
Ölausbeute  beträgt  0,37  Proz.  Bisher  wurden  in  demselben  mit  Sicher- 
heit nachgewiesen:  Phenyläthylalkohol,  Benzylalkohol,  Benzaldehyd, 
Gineol,  Isoeugenpl,  Benzoesäure  und  Essigsäure;  die  schwache  Fluoreszenz 
des  ätherischen  Öles  ist  auf  einen  geringen  Gehalt  von  Anthranilsäure- 
Methylester  zurückzuführen  3]. 

Das  ätherische  Öl  der  weißen  Blüten  von  M.  longifolia  ist  weniger 
geschätzt,  wird  aber  gewöhnlich  mit  der  anderen  Art  destilliert.  Es 
enthält  nach  Brooks  u.  a.  Linalool,  Methyleugenol,  Methyläthylessigsäure 
und  Essigsäure.     Die  Ölausbeute  beträgt  nur  0,0125  Proz. 

3.  Ylang-Ylang. 

Cananga  odorata  Hook,  ist  die  Stammpflanze  zweier  wesentlich  ver- 
schiedener ätherischer  Öle,  des  Ylang-Ylang-  und  des  Gananga-Öls,  welche 
zu  den  wertvollsten  Parfümerieprodukten  der  Tropen  gehören.  Neben  der 
genannten  Art  sollen  auch  die  Blüten  von  C.  latifolia  (Aut.  ?)  gelegentlich 
zur  Destillation  des  Canangaöls  herangezogen  werden.    Da  die  Erzeugnisse 

1)  B.  T.  Brooks,  Journ.  Am.  Chem.  Soc,  Bd.  33,  p.  1763  u.  Philipp.  Journ.  of 
Sc.  A  VI,  -1911,  p.  33.  (Nach  Wiss.  Ber.  v.  Roure-Bertr.  Fils.  (Grasse),  Apr.  1912, 
p.  101.) 

2)  Nach  Ber.  von  Roure-Bertrand  Fils.  Abbildung  u.  Beschreibung  in  II.  Ser., 
Nr.  9  (Apr.  1909)  u.  III.  Ser.,  Nr.  5  (Apr.  1912). 

3)  Siehe  Brooks,  1.  c.  u.  R.  F.  Bacon,  Philipp.  Journ.  of  Sc.  IV,  1909,  A.  131 
u.  V,  1910,  A.  262  (Ref.  in  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1909  u.  Apr.  1911). 


620  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Bliitenteile. 

verschiedener  Provenienz  ziemlich  auffällig  voneinander  abweichen,  läßt 
sich  die  Vermutung  nicht  abweisen,  daß  noch  andere  nahestehende  Arten 
oder  Lokalrassen  für  die  Riechstoffgewinnung  in  Betracht  kommen ;  doch 
können  die  beobachteten  Differenzen  auch  auf  die  größere  oder  geringere 
Sorgfalt  beim  Einsammeln  der  Blüten  oder  auf  die  Art  der  oft  recht 
primitiven  Destillation,  vielleicht  auch  auf  Beeinflussung  durch  Klima 
und  Boden  zurückzuführen  sein. 

.  Als  Heimat  des  Ganangabaumes  gilt  der  Malaiische  Archipel.  Die 
ältesten  von  den  Holländern  angelegten  Kulturen  befinden  sich  auf  den 
Philippinen,  die  auch  heute  noch  zu  den  wichtigsten  Produktionsländern 
gehören.  Ende  des  \  8.  Jahrhunderts  wurden  die  Kulturen  auf  Reunion 
übertragen  1),  von  wo  sie  sich  auf  die  benachbarten  Inseln  ausbreiteten, 
wie  auf  Ile  de  France,  Madagaskar,  Nossi  Be,  Mayotte  u.  a.  Überdies 
wird  er  als  Zierbaum  in  vielen  tropischen  Gebieten  (Indien,  Indochina, 
Seychellen,  Jamaika)  kultiviert.  Neuestens  wurden  auch  Kulturversuche 
in  Deutsch-Ostafrika  (Amani)^)  eingeleitet.  Merkwürdig  erscheint  die 
bereits  von  Blume  berichtete  Beobachtung,  daß  der  wildwachsende 
Baum  fast  geruchlose  Blüten  besitzen  soll,  die  sich  daher  zur  Ölgewinnung 
nicht  eignen,  während  die  in  Kultur  stehenden  Bäume  gerade  wegen 
ihres  Wohlgeruches  geschätzt  sind. 

Der  bis  20  m  hohe  Canangabaum  trägt  gelbe,  zu  mehreren  auf  ver- 
zweigtem Stiel  stehende  Blüten,  deren  Perianth  aus  9  in  3  Quirlen  an- 
geordneten fleischigen  Blütenblättern  besteht,  von  denen  die  drei  äußeren 
kelchartig  und  etwa  1  cm  lang,  die  inneren  petaloid,  lineal  lanzettlich 
und  bis  7  cm  lang  sind. 

Der  anatomische  Bau  der  verschiedenen  Blütenblätter  ist  ziemlich 
different. 

StangerS)  unterscheidet  drei  Typen:  \.  Das  Mesophyll  ist  beider- 
seits gleichartig,  ebenso  die  Epidermis,  die  aus  isodiametrischen,  poly- 
gonalen Zeflen  besteht  und  1  — 2  zellige  Trichome  sowie  Stomata  führt, 
welche  beiderseits  von  einem  Paar  Nebenzellen  flankiert  sind.  2.  Meso- 
phyll aus  ungleich  großen  und  kollenchymatisch  verdickten  Zellen;  Epi- 
dermen beiderseits  gleichgestaltet.  3.  Mesophyll  mit  zahlreichen  Ölzellen, 
Kristalldrusen  und  sklerenchymatischen  Idioblasten;  Epidermis  der  Ober- 


t)  Über  Anzucht,  Kultur  u.  Destillation  der  Gananga  vgl.  Desruisseaux  (Bull, 
du  Jard.  Colonial).  Ausfuhr!.  Ref.  in  Ber.  von  Roure-Bertr.  Fils.,  Apr.  1"9i1,  p.  37 
und  Okt.  1913,  p.  92.  —  W.  Holtz,  Der  Pflanzer,  Bd.  IX,  1913,  Beih.  1,  p.  19.  Der 
Autor  betont  hier,  daß  Gananga  odorata  Hook.  fil.  et  Thoms.  und  Unona  odorata 
Dun.  nicht  synonym,  aber  nahe  verwandt  wären;  diese  finde  jedoch  dieselbe  Ver- 
wendung und  werde  z.  B.  auf  Reunion  gebaut. 

2)  M.  Mücke,  Der  Pflanzer,  IV,   1908,  p.  257. 

3)  R.  Stanger,  Pharm.  Post.,  Bd.  45,  Nr.  53,   1912,  p.  594. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  621 

Seite  palisadenartig  mit  Sekretzellen,  die  durch  den  Besitz  großer  Zell- 
kerne charakterisiert  sind.  Die  unterseitige  Epidermis  besteht  aus  iso- 
diametrischen Zellen. 

Die  Canangabäume  werden  schon  im  dritten  Jahre  blühfähig  i).  Nach 
Ozoux2)  trägt  ein  erwachsener  Baum  auf  Reunion  10 — 15  kg,  selten 
40 — 50  kg  Blüten;  pro  Hektar  kann  auf  eine  Blütenernte  von  2000  kg 
gerechnet  werden.  Die  Blütezeit  beginnt  auf  Reunion  bereits  im  Januar, 
doch  ist  die  beste  Ölausbeute  in  den  Monaten  Mai  bis  Juni  oder  noch 
später  zu  gewärtigen.  Auf  Manila  sind  zwei  Hauptperioden  der  Blüten- 
entfaltung zu  unterscheiden,   und  zwar  März — Mai  und  Juli — Oktober^). 

Die  Blüten,  welche  unmittelbar  vor  der  Anthese  gepflückt  werden, 
müssen  möglichst  frisch  der  Destillation  unterworfen  werden.  Die  ersten 
Fraktionen  liefern  das  kostbare  Ylang-Ylangöl ,  während  der  restliche 
Teil  des  Destillates  als  Ganangaül  bezeichnet  wird.  In  den  Bantamländern 
Javas  wird  ausschließlich  das  geringwertigere  Ganangaül  gewonnen,  wo- 
bei die  Blüten  vorerst  zerstampft  und  bei  unzulänglicher  Kühlung  mit 
Wasser  destilliert  werden.  Die  Ausbeute  schwankt  zwischen  1,5  und 
2,5  Proz.  Ein  erstklassiges  Destillat  liefern  nur  die  zuerst  übergehenden 
Fraktionen,  wobei  man  sich  mit  einer  Ausbeute  von  etwa  1  Proz.  be- 
gnügen muß. 

Das  hell  bernsteingelbe,  gegen  Licht  und  Sauerstoffzutritt  sehr 
empfindliche  Ylangöl  weist  eine  außerordentlich  komplizierte  Zusammen- 
setzung auf.  Bisher  wurden  folgende  Bestandteile  nachgewiesen:  Benzoe- 
und  Essigsäure  (Ameisensäure  wohl  nur  als  Verunreinigung),  1-Linalool, 
Geraniol,  Methyläther  des  Parakresols,  Kadinen,  ein  Pinen(?)  und  ein 
Phenol,  ferner  Safrol,  Isosafrol,  Nerol,  Farnesol,  Eugenol  und  Isoeugenol, 
Eugenolmethyläther,  Benzylazetat  und  -Benzoat,  Benzoesäure-,  Anthranil- 
säure  und  Salizylsäuremethylester  sowie  ein  bei  138°  schmelzender  Ses- 
quiterpenalkohol. 

Das  Ganangaül  ist  hingegen  ärmer  an  Ester  und  Alkoholen,  jedoch 
reicher  an  Sesquiterpenen.  Elze^)  isolierte  ferner  aus  einem  javanischen 
Öle  Nerol  und  Farnesol. 

-t)  In  Indien  (Bautam)  wird  der  Baum  im  5.  Jaiire  blühfähig,  blüht  jährlich  zwei- 
mal und  liefert  etwa  60  kg  Blüten.  Zur  Gewinnung  von  -1  kg  Öl  sind  wenigstens 
350  kg  Blüten  erforderlich.  (Handelsberichten  [Den  Haag),  XII,  -ig-IS,  p.  340;  nach 
Schimmel,  Ber.  igig,  p.  86.) 

2)  L.  Ozoux,  Journ.  d'Agric.  trop.  IX,  1909,  p.  131.  S.  ferner  Bacon,  R.  F., 
Philipp.  Journ.  of  sc.  III,  1908,  A,  p.  63  (zit.  nach  Schimmel  &  Co.,  Ber.). 

Nach  Bacon  ist  bei  den  »echten«  Blüten  die  Wasserdampidestillation  zur  Öl- 
gewinnung  ungeeignet,  während  Mazeration  mit  Paraffinöl  ein  sehr  gutes  Produkt 
liefere. 

3)  Gildem.  u.  Hoffm,  1.  c,  II,  p.  410. 
4    Chem,  Ztg.,  Bd.  34,  1910,  p.  837. 


622  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

Der  jährliche  Export  von  den  Philippinen  (Manila-)-Ylang  beträgt  in 
günstigen  Jahren  über  2000  kg. 

Ylangül  wurde  zum  ersten  Male  in  den  60  er  Jahren  des  vorigen 
Jahrhunderts  vom  deutschen  Apotheker  Steck  auf  der  Insel  Luzon 
destilliert  und  durch  die  Pariser  Weltausstellung  im  Jahre  1878  in 
Europa  bekannt  i). 

4.  Rosenbltätter. 

Von  den  zahlreichen  Rosen  und  ihren  Varietäten  2)  finden  nur  wenige 
eine  technische  Verwertung.  Die  zur  Verwendung  kommenden  Arten 
gehören  zunächst  dem  Formenkreis  der  Rosa  gaUica  L.  und  R.  mo- 
schata  MiU.  an.  Die  Heimat^)  der  ersteren  ist  Südeuropa  und  der 
Orient,  während  letztere  in  Nordafrika,  Nordindien  und  Abessinien  zu 
Hause  ist.  Nach  einigen  Angaben  sollen  auch  R.  sempervirens  L.  (Heimat 
im  Mittelmeergebiete)  und  R.  indiea  L.,  welche  die  Stammform  der 
ostasiatischen  Rosen  darstellt,  in  größerem  Maßstabe  Anwendung  finden. 
Die  wichtigsten  Rosen  entstammen  jedenfalls  dem  Verwandtschaftskreise 
der  erstgenannten  Art  (Gallicanae).  Hierher  gehören  in  erster  Linie: 
R.  damascena  MiU.  (Bastard  R.  gallica  X  R-  ccmiiia  mit  dominierenden 
Merkmalen  der  ersteren),  R.  alba  L.  [R.  gallica  X  R.  canina  [weiß- 
blühende Form]),  R.  centifolia  L.  und  R.  turhinata  Ait.  Diese  Rosen 
galten  früher  als  selbständige  Arten,  stellen  sich  jedoch  in  neuerer  Zeit 
als  Bastarde  oder  in  der  Kultur  entstandene  Varietäten  heraus,  die  zwar 
bisweilen  verwildert,  aber  niemals  an  natürlichen  Standorten  aufgefunden 
wurden.  In  Südfrankreich  versuchte  man  in  neuester  Zeit  die  bulgarische 
Ölrose  durch  Neuzüchtungen  zu  ersetzen.  Man  kreuzte  zu  diesem  Zwecke 
R.  rugosa  Thunb.,  die  japanische  Rose,  mit  einem  Bastard  der  R.  da- 
mascena und  der  Remontantrose,  »General  Jacqueminot».  Zwei  auf 
diesem  AVege  erzielte  Sorten  »Rose  ä  parfum  de  l'Hay«  und  »Roseraie 
de  l'Hay«  berechtigten  zu  den  besten  Erwartungen,  doch  scheint  die 
Qualität   des   Blütenöles   bisher   den  Anforderungen   nicht   zu  genügen  *). 

Das  wertvollste  Produkt  der  frischen  Rosenblätter  (Blumenblätter) 
ist  das  Rosenöl,  eins  der  wichtigsten  in  der  Parfümerie  (auch  in  der 
Pharmazie)  angewandten  ätherischen  Öle.  Es  wird  nur  in  wenigen 
Ländern  destilliert.     Bis  vor  kurzem  wurde  der  europäische  Markt  aus- 

\)  Gildemeister  u.  Hoffmann,  I.  c,  p.  131. 

2)  Auf  die  in  Betracht  kommenden  Spielarten  kann  hier  nicht  eingegangen 
werden.  Hierüber  finden  sich  Aufschlüsse  in  Waage,  Th.,  Pharm.  Ztg.,  1 893,  XXXVIII, 
p.  621fr.  und  in  den  Katalogen  des  National- Arboretums  von  G.  Di  eck. 

3)  Über  Heimat  und  systematische  Stellung  vgl.  Pocke  in  Engler  u.  Prantl, 
Pllanzenfamihen,  III,  3,  p.  4  9  f.  und  die  dort  zitierte  Literatur. 

4]  Wiss.  Ber.  von  Roure-Bertrand  Fils  ;Grasse;,  Okt.  1908,  p.  öS  und  Okt. 
I9M,  p.  74. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  623 

schließlich  mit  bulgarischem  (»türkischem«)  Rosenöle  versorgt.  Das 
vorzügliche  Öl,  welches  in  Südfrankreich  (Grasse,  Cannes)  aus  R.  damas- 
cena^)  (Rasse  »Muscadine«)  gewonnen  wird,  reicht  für  den  Bedarf  des 
eigenen  Landes  nicht  aus.  Von  außereuropäischen  Ländern  kommen 
für  die  Erzeugung  von  Rosenöl  nur  Indien  (Ghazipore  am  Ganges,  La- 
bore usw.  2),  Ägypten  (Medinet  Fayum)  und  Tunis  in  Betracht.  Doch 
kommen  auch  von  diesen  Ölen  höchstens  vorübergehend  und  dann  nur 
geringe  Quantitäten  in  europäischen '  Handel.  Das  seiner  Rosenzucht 
halber  altberühmte  Persien  (Schiras)  soll  nach  den  Berichten  Brugschs^) 
überhaupt  kein  Rosenöl  produzieren,  sondern  dasselbe  aus  Indien  ein- 
führen, was  nach  neueren  Angaben  allerdings  nicht  zutrifft.  Doch  soll 
hiernach  die  Gewinnung  von  Öl  hauptsächlich  mehr  in  Fümän  (Prov. 
Gilan)  erfolgen*).  Das  Öl  selbst  gilt  als  minderwertig &),  dagegen  ver- 
dient die  Gewinnung  von  Rosenwasser  Beachtung. 

In  neuerer  Zeit  wurde  von  mehreren  Seiten  der  Versuch  gemacht, 
die  Kultur  der  Ölrosen  in  Deutschland  einzuführen.  Hauptsächlich  war 
es  die  Firma  Schimmel  &  Co. 6),  welche  mit  Erfolg  die  Rosenkultur 
(R.  damascena)  und  Öldestillation ,  die  ein  überraschend  günstiges 
Resultat  ergab,  in  großem  Maßstabe  aufnahm.  Im  Jahre  1899  dehnten 
sich  ihre  Rosenfelder  bei  Miltitz  bereits  über  35ha  aus  und  lieferten 
über  260  000  kg  Blüten 'j.  Auch  in  Rußland  hat  man  mit  vielem  Erfolge 
Rosenpflanzungen  im  Kaukasus  (Napareuli  in  Katechien)  angelegt  (1898)8). 
In  der  Reihe  der  erst  seit  neuerer  Zeit  Rosenöl  produzierenden  Länder 
ist  endlich  noch  Kleinasien  (Anatolien)   zu  nennen,    wo  rumelische  Aus- 


\)  B.  gallica  (»Rose  de  Provins«)  u.  R.  centif.  werden  hauptsächlich  auf  Rosen- 
wasser verarbeitet;  das  als  Nebenprodukt  gewonnene  Öl  ist  für  den  Handel  ohne 
Bedeutung  (La  revue  de  Grasse  1907,  Nr.  13,  nach  Schimmel  &  Co.,  Ber.).  Die 
jährliche  Blütenernte  beträgt  in  der  Grasser  Gegend  etwa  2—500  000  kg  und  darüber; 
in  Südfrankreich  werden  in  günstigen  Jahren  etwa  3  Millionen  Kilogramm  Rosen  der 
Verarbeitung  zugeführt.     (Ber.  v.  Roure-Bertr.  Fils.,  Okt.  1907,  p.  59.) 

2)  Man  gewinnt  hier  hauptsächlich  Rosenwasser,  und  zwar  angeblich  von  R.  alba. 
Watt,  Econom.  prod.  of  India  (Calcutta  Exhib.   1883—1884),  1,  p.  62. 

3)  Reise  der  preuß.  Gesandtschaft  nach  Persien,  1863,  II,  p.  181. 

4)  Stolze,  F.  und  Andreas,  F.  C,  Die  Handelsverhältnisse  Persiens.  Peter- 
manns Mitt.     Gotha  1885,  Ergzhft.  Nr.  77. 

5)  Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Okt.  1897,  p.  54;  Apr.  1914,  p.  84. 

6)  Nach  brieflicher  Mitteilung  der  genannten  Firma  wurden  anfangs  Versuche 
mit  der  »Centifolie«  und  »Marechal  Niel«  gemacht,  während  derzeit  ausschließlich 
R.  damascena  kultiviert  wird. 

7)  Vgl.  Flückiger,  Die  Geschäfts-  und  Fabrikstätte  von  Schimmel  &  Co., 
1895,  Auszug  in  Siedler,  Ber.  d.  pharm.  Ges.,  V,  1895,  p.  227 ff.  —  Über  Ölrosen- 
kultur  in  Deutschland  s.  ferner  Dieck,  G.,  Wittmack,  Garten-Flora,  XXXVIH  (1889), 
p.  98,  Waage,  Th.,  1.  c. 

8)  Chemiker-Ztg.,  1898,  Nr.  26,   p.  262;   Chem.  and  Drugg.  LXX,   1907,  p.  813. 


624  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und.  Blütenteile. 

Wanderer  namentlich  in  der  Gegend  von  Isparta  und  Brussa  sehr  günstige 
Resultate  mit  dem  Anbau  der  Balkanrosen  erzielten  i).  Auch  in  Spanien 
hat  man  in  bescheidenem  Umfange  Ülrosenkulturen  angelegt,  die  bereits 
ein  allerdings  unbedeutendes  Erträgnis  hefern  sollen.  Kulturen  bei 
Klausenburg  in  Ungarn 2),  zu  denen  R.  damasceiia  trigintipetala^  R. 
gallica,  R.  moschata  trigintipetala^  R.  canina  und  R.  rugosa  heran- 
gezogen wurden,  befinden  sich  noch  im  Versuchsstadium. 

Da  die  bulgarische  Rosenkultur  und  Destillation  für  den  Welthandel 
die  wichtigste  ist,  sei  sie  hier  eingehender  besprochen'^),  obgleich  sie 
noch  nicht  den  modernen  Anforderungen  entsprechend  ausgestaltet  wurde. 

Die  ani  meisten  gebaute  Rose  ist  die  rote,  reich  blühende,  halb 
gefüllte  R.  damascena,  als  welche  sie  schon  H.  v.  Mo  hl  erkannte.  Die 
minderwertige  weiße  Kazanlikrose  (R.  alba)  dient  nur  zur  Abgrenzung 
der  Felder.  In  manchen  Gegenden  soll  nach  Dl  eck  die  gleichfalls  weiße 
R.  moschata  und  nach  Hochstetter  und  Kanitz  auch  R.  sempei'- 
virens  gebaut  werden,  was  jedoch  Christoff  bestreitet.  Die  Rosen- 
kultur wird  hauptsächlich  auf  den  Südabhängen  des  Balkans  und  der 
Sredna-Gora  betrieben  und  umfaßt  den  Oberlauf  der  Flüsse  Tundza  und 
Strema,  zwei  Nebenflüsse  der  Marica.  Nach  Kanitz  b'eteiligen  sich 
123  Orte  an  der  Ölgewinnung,  die  namentlich  in  den  Distrikten  Kazanlik 
(Kasanlik,  Kesanlyck),  Giopca  (Karlovo),  Cirpan,  Philippopel,  Karadza 
dagh,  Kojim  tepe,  Eski-,  Jeni-Sagra  und  Pazardzik  betrieben  wird.  Mehr 
als  die  Hälfte  des  Rosenöles  wird  im  Tale  von  Kazanlik  selbst  ge- 
wonnen^]. 

Die  Kultur  erfolgt  derart,  daß  fußlange  Reiser  in  bestimmten  Ab- 
ständen in  Ackerfurchen  gelegt  und  mit  Erde  bedeckt  werden.  Die  aus- 
treibenden Reiser  bilden  mannshohe  Hecken,  die  bereits  nach  2  Jahren 
blühen  und  nach  4 — 5  Jahren  vollen  Ertrag  liefern.  Die  Ernte  erfolgt 
je  nach  der  Höhenlage  im  Mai  bis  Juni  und  dauert  2 — 6  Wochen.  Die 
aufbrechenden  Blüten  sollen  in  den  ersten  Morgenstunden,  wo  der  (Jl- 
gehalt  am  grüßten  ist,  gepflückt  und  möglichst  frisch  destilliert  werden. 
Die   größte  Gefahr  für  die  Ernte  bilden  schöne,    sonnige  Tage,   da   sie 


1)  Dieck,  1.  c;  Bredemann  in  Schimmels  Berichten  1917,  p.  45. 

2)  K.  Irk,  Pharmaz.  Zentralh.,  Bd.  54,  19-13,  p.  591. 

3)  Vgl.  hierüber:  Baur,  N.  Jahrb.  f.  Pharm,  und  verwandte  Fächer,  XXVII, 
1867.  —  F.  V.  Hochstetter,  Reise  durch  Rumelien,  Mitt.  d.  Wiener  geogr.  Ges. 
1869.  —  Kanitz,  Donau-Bulgarien  und  der  Balkan,  2.  Aufl.  Leipzig  1882.  —  Blon- 
del,  Les  produits  odoi-ants  des  rosiers  etc.  Paris  1889.  -^  Dieck,  1.  c.  —  Christo  ff, 
Gh.,  Die  Rosenindustrie  in  Bulgarien.  Kazanlik  1889  (Ausz.  in  Pharm.  Ztg.,  XXXV, 
1890,  p.  423).  —  Petit,  J.,  La  culture  des  rosiers  en  Turquie,  Rev.  gen.  d.  sc.  pures 
et  appl.  XXXVIII,  1891  (nicht  gesehen).  —  P.  Siedler,  Ber.  d.  deutsch,  pharm.  Ges., 
Bd.  22,  1912,  p.  476.  —  Gildemeister  u.  Hoffmann,  I.  c,  II,  p.  575. 

4)  Karte  der  Oldistrikte  in  Gildemeister  u.  Hoffmann,  II,  p.  274. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  625 

eine  überreiche  Entfaltung  des  Rosenflors  zur  Folge  haben.  Ein  Hektar 
liefert  durchschnittlich  3  Millionen  Blüten  oder  3000  kg  Blätter  i).  So 
primitiv  wie  die  Kultur  ist  auch  die  Olgewinnung.  Die  Rosen  kommen 
samt  den  Kelchen 2)  in  konische,  kupferne  Destillierblasen  (alambic), 
welche  durch  ein  meist  gerades  Kühlrohr,  das  durch  ein  Holzfaß  läuft, 
mit  der  Auffangflasche  in  Verbindung  steht.  Es  werden  etwa  i  0  Oka 
frischer  Rosen  (1  Oka  =  '1283  g)  mit  der  7 — 8  fachen  Gewichtsmenge 
Wassers  übergössen  (die  Angaben  in  den  verschiedenen  Berichten  variieren 
hierin)  und  etwa  10  1  über  offenem  Feuer  abdestilliert  3).  Die  D^tillations- 
produkte  von  4-  Blasen  (40  1)  werden  einer  neuerlichen  Destillation  unter- 
worfen, bei  der  man  nur  etwa  Y^  der  eingebrachten  Gewichtsmenge  in 
Flaschen  zu  5  1  Inhalt  auffängt.  Das  zweite  Destillat  stellt  eine  trübe 
Flüssigkeit  dar,  welche  sich  nach  längerem  Stehen  klärt,  indem  sich 
das  Rosenöl  auf  der  Oberfläche  in  dünner  Schicht  ansammelt.  Es  wird 
hierauf  durch  Trichter  mit  sehr  enger  Mündung  vom  Rosenwasser  ge- 
trennt. 3000 — ^40004)  Gewichtsteile  Blüten  liefern  auf  diese  Weise  etwa 
I  Teil  Rosenöl.  Die  Anbaufläche  beträgt  in  Bulgarien  über  65  000  Dekar 
(1904),  die  Blütenernte  beläuft  sich  in  guten  Jahren  auf  etwa 
20  Millionen  Kilogramm.  Die  französische  Ernte  liefert  jährlich  2  bis 
3  Millionen  Kilogramm  Blüten.  Die  Gesamtproduktion  Bulgariens  be- 
trägt ungefähr  3700  kgS)  Rosenöl. 

Das  vom  Öle  getrennte  Wasser  kommt  als  Nebenprodukt,  Rosen- 
wasser genannt,  in  Handel.  Es  wird  auch  in  manchen  Gegenden 
namentlich  in  vielen  außereuropäischen  Gebieten)  für  sich  gewonnen, 
wenn  sich  das  Ol  nicht  für  den  Handel  eignet.  Man  verwendet  hierzu 
frische  oder  durch  Einsalzen  konservierte  Blüten  (1  kg  Salz  auf  6  kg 
Blüten).     6  kg  Blüten  liefern   11  kg  Rosenwasser 6).    Die  frischen  Blüten 


1)  In  Frankreich  rechnet  man  eineh  Ertrag  von  2 — 300  g  Blüten  per  Rosen- 
stock; gelegentlich  werden  jedoch  auch  1000  g  erzielt.  (Ber.  Roure,  Bertr.  fils.  1900, 
Okt.,  p.  49.) 

2)  Nur  bei  R.  centifolia  müssen  die  Kelche  entfernt  werden. 

3)  In  Deutschland  und  Frankreich  ist  das  Destillationsverfahren  natürlich  in 
rationeller  Weise  umgestaltet.  So  werden  die  kupfernen  Blasen,  die  4  500  kg  Rosen- 
blätter fassen,  mit  Wasserdampf,  nicht  mit  direktem  Feuer,  angeheizt. 

4)  Nach  Gildemeister  u.  Hoffmann  (1.  c,  II,  p.  582)  geben  in  Deutschland 
5000 — 6000  kg  Blüten  1  kg  Rosenöl.  —  Wird  das  Hauptgewicht  auf  die  Gewinnung 
von  Rosenwasser  gelegt,  so  ist  die  Ölausbeute  wesentlich  geringer.  In  Südfrankreich 
liefern  10  — 11000  kg  Rosen  (»Ulrich  Brunner  Rose«,  >Rose  de  Mai«)  1  kg  Öl  und 
10000  1  Rosenwasser.     (Gattefosse,  Parfüm.  Record  V  [1914],  p.  316.) 

5)  16jähriger  Durchschnitt  (1890 — 1905).  Die  Rekordernte  1903  betrug  angeb- 
lich 6250  kg. 

6)  Musspratt,  Enzyklop.  Handb.  d.  techn.  Chemie,  4.  Aufl.,  1891.  Nach 
Christoff  (1.  c.)  geben  in  Bulgarien  10  kg  Blüten  10  1  Rosen wasser. 

Wie 8 n er,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  40 


626  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

werden  auch  zur  Gewinnung  von  Rosenpomaden  i)  und  -essenzen  ver- 
wendet. 

Rosenblätter  kommen  auch  getrocknet  in  Handel,  und  zwar  in  toto 
oder  pulverisiert.  Man  verwendet  hierzu  nur  die  Blumenblätter  von 
R.  gallica,  R.  centifolia  und  R.  damascena^).  Von  der  erstgenannten 
sammelt  man  bloß  die  Blütenblätter  der  halbgefüllten,  dunkelroten  Spiel- 
art (Flores  Rosae  gallicae,  Petala  Rosarufn  rubrarum).  Die  Petala 
sind  flach,  tiefrot,  mit  gelbem  Nagel.  Rasch  im  Schatten  getrocknet, 
wird  ihre't'arbe  noch  dunkler  und  lebhafter  rot,  wobei  sie  ein  sammet- 
artiges  Aussehen  annehmen.  Die  Blätter  haben  einen  herben,  gerbstofT- 
artigen  Geschmack  und  starken  Rosengeruch.  R.  centifolia  hat  breite, 
häufig  herzförmig  gestaltete,  im  trockenen  Zustande  blaß  rosenrote  Fe- 
talen, welche  gleichfalls  einen  herben  Geschmack,  aber  schwächeren  Ge- 
ruch besitzen  (Petala  Rosarum  incarnatarum  s.  pallidarum)^).  Beide 
werden  mit  oder  ohne  Kelch  in  Handel  gebracht.  Die  Rosenblätter 
kommen  hauptsächlich  aus  'Frankreich,  wo  jährlich  etwa  V2  Million  Kilo  ^j 
geerntet  werden,  und  aus  Holland.  Besonders  hoch  werden  die  Rosen 
aus  den  Vierlanden  geschätzt^). 

Die  Fetalen  der  Rosen  zeigen  einen  sehr  einfachen  anatomischen 
Bau 6).  Das  Epithel  der  Oberseite  derselben  besteht  aus  polygonalen 
Zellen,  die  sich  papillüs  vorwölben.  Die  nur  im  basalen  Teile  fehlenden 
Papillen,  welchen  die  Rosenblüten  ihren  sammetartigen  Schimmer  ver- 
danken, sind  an  der  Spitze  frei  und  besitzen  eine,  namentlich  bei  R. 
centifolia  und  R.  darnascena  deutlich  zart  gestreifte  Kutikula.  Bei  R. 
gallica  sind  diese  Kutikularstreifen  nur  schwach  angedeutet  (Fig.  233). 
Das  Mesophyll  besteht  aus  4 — 8  Zellschichten  eines  gleichförmigen,  an 
Interzellularen  reichen  Schwammparenchyms,  dessen  Elemente  namentlich 
parallel  zur  Oberfläche  durch  astartige  Fortsätze  verbunden  sind.  Im 
Farenchym  liegen  die  zarten,  reich  verzweigten  Gefäßbündel  eingebettet. 
Die  Oberhautelemente  der  Unterseite  sind  rektangulär  bis  polygonal  mit 
geraden  oder  wenig  gebuchteten  Wänden.  Sie  sind  nach  außen  nicht 
vorgewölbt.     Die  Kutikula,  welche  sich  beim  Kochen  in  Wasser  infolge 


\)  In  Süd-Frankreich  verwundet  man  zur  Mazeration  (enfleurage  ä  chaud)  haupt- 
sächlich heißes  Fett  oder  Paraffin. 

2)  Die  pulverisierten  Blüten  habrn  eine  hellbräunliche  Farbe  und  intensiven 
Geruch. 

3)  Vgl.  auch  Vogl,  Kommentar,  p.  \^\. 

k)  Hannoveranisches  Gewerbeblatt,  1884,  p.  244. 

5)  In  Holland  geht  die  Rosenkultur  stark  zurück.  Die  Ernte  an  Rosenblättern 
betrug   1899   nur  2500  kg.     Die  Vierlande   lieferten   bloß  50  kg  (Gehe,  Handelsber.). 

ß]  Über  Anatomie  von  Ti.  cefitifolia  s.  Blondel,  1.  c.,  p.  66 ff.  und  A.  Meyer, 
Wissenschaftliche  Drogenkunde.     Berlin  1892,  II,  p,  337. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  BKitenteile.  627 

starker  Quellung  der  darunter  liegenden  Membranen  leicht  abhebt,  ist 
hier  durch  zierliche,  parallel  geschlängelte  Falten  ausgezeichnet,  die  bei 
R.  gallica  am  zartesten  ausgebildet  sind.  Auf  dieser  Blattseite  treten 
namentlich  im  unteren  Teile  auch  einzellige,  dickwandige  Haare  auf. 

Das  Epithel  der  Korolle  ist  der  Sitz  des  roten  Farbstoffes^).  Das 
ätherische  Öl  findet  sich  fast  nur  in  der  Oberhaut  von  Korolle,  Antheren  und 
Griffel,  namentlich  in  dessen  Papillen  der  Blattoberseite;  es  ist  in  Form 
feinster  Tröpfchen  im  Plasma,  speziell  in  den  Ilautschichten  (?)  suspen- 
diert^).  Außer  den  gewöhnlichen  Pflanzenbestandteilen  wurde  in  den 
Petalen  von  Rosa  gallica'^)  noch  Quercitrin  und  etwa  20  Proz.  Invert- 
zucker nachgewiesen'*).     Die  Quantität  der  adstringierenden  Substanz  soll 


aocöQtBör- 


}  ^1 


Fig.  23:;.    Vergr.  200.     Querschnitt  durch  ein  Korollenblatt  Fig.  234.      Vergr.  600.      Wellig  gestreifte 

von  Ros(t  gallica.    e,  e'  Epithel  der  Ober-  bzw.  Unterseite.  Katitula  der  Korollenunterseite  von  Rosa 
[1  Schwammparenchym,   bei   a  ein  Zellast  durchschnitten.  ceittifolia. 

i  Interzellularen,  y  Gefäßbündel. 

nach  Filhol   und  Frebault^)    17  Proz.  betragen.      Bemerkenswert   ist 
endlich  ein  beträchtlicher  Gehalt  ein  Phenyläthylalkohol^). 

Das  Rosenöl  besteht  aus  einem  wechselnden  Gemenge  eines  festen 
und  eines  flüssigen  Körpers.  Je  nach  dem  Überwiegen  des  einen  von 
beiden  ist  es  bei  normaler  Temperatur  flüssig  oder  butterförmig  weich. 
Die  Menge  des  festen,  nicht  riechenden  Bestandteiles  (Stearopten)  hängt 


\]  Nach  den  neuesten  Untersuchungen  Willstätters  stellt  das  Rosenanthozyan, 
das  Cyanin,  ein  Diglykosid  der  Cyanidingruppe  (Cyanidin  CisHioOg)  dar.  Lit.  bei 
Schröder,  Zeitschr.  f.  Bot.  IX  (1917),  p.  546. 

2)  Bull,  de  la  soc.  bot.  de  France,  II.  ser.  XI  (1889),  p.  I07ff. ;  Mesnard,  Compt. 
rend.  Paris  CXV  (1892),  Ann.  sc.  nat.  1894,  p.  257;  Mazurkiewicz,  Zeitschr.  d.  allg. 
österr.  Apoth.-Ver.  LI  (1913),  p.  271. 

3)  Die  Bestandteile  der  Zentifolien  untersuchte  Enz,  Vjschr.  f.  pr.  Pharm., 
1867,  p.  16. 

4)  Filhol,  Journ.  de  pharm.,  XLIV  (1863),  p.  134.  —  Boussingault  gewann 
aus  Rosenblättern  nur  3,4  Proz.  Zucker.     Journ.  de  pharm.  XXV  (1877),  p.  528. 

5)  Journ.  de  pharm.  XXX  (1879),  p.  204. 

6)  Siehe  Anm.  7  auf  p.  628. 

40» 


628  Zwanzigster  Absclmitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

wesentlich   von   den  klimatischen  Verhältnissen  ab.     Damit   ändert  sich, 

wenn  auch  nicht  proportional,   der  Erstarrungspunkt   (d.  h.  der   Beginn 

des  Erstarrens). 

Stearoptengehält  in  Proz.  Erstarrungspunkt 

Australisches  Rosenöl  ^)  ■  •  —  niedriger  als  5" 

Bulgarisches  -  .  .  10—15  15—22" 

Deutsches  >  .  .  26—34  27—37° 

Französisches        »  .  .  26 — 35  — 

Englisches  2)  »  .  .  68  32° 

Das  Stearopten  (fälschlich  Rosenkampfer)  ist  ein  Paraffin  {C^ßti-^i)-^]. 
Es  besteht  aus  mindestens  zwei  homologen  Kohlenwasserstoffen  mit  den 
Schmelzpunkten  22  und  40  — 41°^)  und  einem  Siedepunkt  zwischen  350 
und  380°.  Beim  Erkalten  scheidet  sich  das  Stearopten  in  Form  von 
zarten,  spießförmigen,  irisierenden  Kristallen  an  der  Oberfläche  ab.  Nach 
Tunmann ^)  ist  das  Rosenstearopten  kein  Bestandteil  des  Öles  der  leben- 
den Zellen,  entstammt  vielmehr  den  kutinisierten  Membranschichten  der 
Epidermis. 

Der  flüssige,  riechende  Anteil  (Elaeopten)  wurde  in  den  letzten  De- 
zennien zum  Gegenstand  zahlreicher  Untersuchungen  gemacht.  Er  be- 
steht der  Hauptmenge  nach  aus  zwei  Alkoholen:  Geraniol  (CioHigO)  und 
in  geringerer  Menge  1-Gitronellol  (C10H20O),  die  teils  frei,  teils  als  Ester 
vorhanden  sind.  Die  Gesamtmenge  beider  Alkohole  (Gesamtgeraniol)  be- 
trägt 66 — 74  Proz.  (ausnahmsweise  76  Proz.),  wovon  auf  Citronellol  26 
bis  37  Proz.  entfallen 6).  Außerdem  wurden  im  Ole  aufgefunden  norm. 
Phenyläthylalkohol,  der  den  Hauptbestandteil  der  Riechstoffe  darstellt, 
Nerol  (5 — 10  Proz.),  Eugenol  (etwa  1  Proz.),  Farnesol  (etwa  1  Proz.),  sowie 
verschiedene  saure  Bestandteile;  Äthylalkohol  tritt  nur  auf,  wenn  die 
Blüten  nicht  sofort  der  Destillation  unterworfen  werden.  Im  deutschen 
Destillationsöle  wurden  überdies  nachgewiesen:  n-Nonylaldehyd,  Gitral, 
1-Linalool  und  in  geringer  Menge  Phenyläthylalkohol,  der  im  Extraktöl 
einen  Hauptbestandteil  darstellt^). 


1)  Umney,  Pharm.  Journ.,  (IV)  III  (1896),  p.  256. 

2)  Hanbury  zitiert  nach  Flückiger,  1.  c,  p.  169.  —  Der  Stearoptengehält  der 
Teerose  {R.  fragrans]  steigt  bis  74  Proz. 

3)  Flückiger,  Pharm.  Journ.  and  Tr.  II  (1869),  p.  147.  —  Zeitschr.  f.  Chemie, 
Bd.  13,  1870,  p.  126. 

4)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1889.  —  Dypont.  .1.  et  Guerlain,  -J.,  Cr., 
l.  123   (1896),  p.  700. 

5)  0.  Tunmann,  Ber.  d.  deutsch,  pharm.  Ges..  Bd.  24   (1914;,  p.  262. 

6)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1904,  p.  81. 

7)  Übersichten  über  die  ausgedehnte  Literatur:  Gildemeister  u.  Hoftmannj 
1.  c,  II,  p.  öSSff.  —  Ferner  M.  v.  Waldheim,  Z.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.,  Bd.  43, 
1905,  p.  633  u.  657. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Bliilen  und  Bliitenteile.  629 

Bezüglich  des  Rosenwassers  sei  nur  hervorgehoben,  daß  es  stets 
sauer  reagiert. 

Das  Rosenöl  ist  vielfachen  Verfälschungen  unterworfen,  die  oft  kaum 
nachgewiesen  werden  können.  Das  >türkische«  Ol  soll  überhaupt  fast 
regelmäßig  mit  dem  ätherischen  Ule  von  Andropogon  Schoenanthiis 
(Geraniumgrasöl  oder  Palmarosaöl),  das  vor  oder  nach  der  Destillation 
zugesetzt  wird,  verfälscht  sein,  wogegen  allerdings  in  neuerer  Zeit  von 
Seiten  der  Regierung  energischere  Maßnahmen  ergriffen  werden.  Das 
Stearopten  wird  durch  Walrat  oder  Paraffin  ersetzt. 

Historisches^).  Die  Verwendung  der  Rosen  zur  Herstellung  von 
Rosenöl  war  schon  im  Altertum,  namentlich  im  Orient  üblich,  doch 
beschränkte  man  sich  nach  dem  Zeugnis  des  Dioscorides  darauf,  fette 
Öle  mit  Rosenblüten  zu  aromatisieren  (Oleum  rosatum).  Orientalische 
Quellen  des  8.  Jahrhunderts  sprechen  jedoch  schon  von  der  Destillation 
des  Rosenwassers,  welches  einen  wichtigen  Ausfuhrartikel  Persiens  bil- 
dete und  seine  Bedeutung  auch  das  Mittelalter  hindurch  beibehielt.  Erst 
im  16.  Jahrhundert  finden  sich  bestimmte  Angaben  über  die  Destillation 
von  Rosenöl.  Von  Persien  verbreitete  sich  die  Rosenkultur  über  Indien, 
Arabien  und  Nordafrika  einerseits  und  Kleinasien  und  Bulgarien  anderer- 
seits. Die  Anfänge  der  bulgarischen  Rosenindustrie,  welche  seit  dem 
vorigen  Jahrhundert  den  Weltmarkt  beherrscht,  scheinen  in  die  Zeit  der 
Türkenherrschaft  zu  fallen :  in  der  ersten  Hälfte  des  XVH.  Jahrhunderts 
befanden  sich  ausgedehnte  Rosenfelder  in  der  Gegend  von  Adrianopel. 
Erst  über  100  Jahre  später  werden  in  Kazanlik  Rosenkulturen  ange- 
troffen. 

5.  Orangenhlüten. 

Die  Blüten  verschiedener  Citrus- kvien'^)  werden  in  der  Regel  frisch 
gepflückt  zur  Gewinnung  von  dem  in  der  Parfümeriefabrikation  hoch- 
geschätzten Neroliöl  und  Orangenblütenwasser  verarbeitet,  das,  ähnlich  dem 
Rosenwasser,  meist  als  Nebenprodukt  gewonnen  wird.    Die  Blüten  werden 

\)  Ausführlicher  Quellennachweis  bei  Flückiger,  1.  c,  p.  -17311.  und  Gildem. 
u.  Hoifm.,  1.  c,  I,  p.  U7.  —  P.  Martell,  Seifensiederztg.,  XLIII  (1916),  p.  325 ff. 

2)  In  der  »Übersicht«  und  im  Texte  Averden  die  verschiedenen  hier  In  Betracht 
kommenden  C«<rMS-Spezies  dem  mehr  praktischen  Bedürfnis  dieses  Werkes   entspre- 
chend als  gleichwertig  aufgefaßt.     Nach  Engler   (in  Engler  u.  Prantl,   Pflanzen- 
familien, III,  4,  p.  198 ff.)  sind  sie  folgendermaßen  zu  gliedern: 
C.  Aurantium  L.  {=  C.  vulgaris  Risso) 

Subsp.  amara  L.  =  C.  Biyaradia  Duh.  ivz.  »Bigaradier«. 

>       sinensis  [Qall.)  =  C.  Aurantium  var.  dulcis  L.  =  C.  Aurantium 
Risso,  frz.  »Oranger«. 
C.  mediea  L. 

Subsp.  Limonum  [Risso]  Hook.  f.  frz.  »Limonier,  Citronnier«. 


530  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Bliitenteile. 

auch  zum  Teil  trocken  (als  Flores  naphae)  in  Handel  gebracht  und-  zum 
Aromatisieren  verwendet i).  In  Salz-  oder  Meerwasser  konserviertes 
Material  kann  noch  nach  längerer  Zeit  der  Destillation  unterworfen  wer- 
den, wobei  allerdings  ein  Öl  gewonnen  wird,  das  vom  Neroliöl  aus  fri- 
schen Blüten  einigermaßen  abweicht 2]. 

Die  besten,  wohlriechendsten  Blüten  kommen  von  Citrus  Bigaradia, 
dem  bitteren  Pomeranzenbaume.  Sie  liefern  das  eigentliche  Neroli-  oder 
Nafaöl  (Essence  de  Neroli  3)  oder  »Bigarade«)  und  Orangenblüten wasser 
(>Eau  de  Naphe«).  Die  Blüten  von  Citrus  Aurantium^  dem  echten 
Orangenbaume,  deren  Öl  selten  in  reinem  Zustande,  sondern  stets  ge- 
mischt mit  verschiedenen  Aurantieenülen  in  Handel  kommt,  sind  wenig 
geschätzt.  Sie  liefern  das  »süße  Orangenblütenül«  (»Ess.  volatil  de 
Neroli«,  Portugalöl),  das  übrigens  als  Handelsöl  nicht  in  Betracht  kommt. 
Auch  die  Blüten  von  Citrus  medica^)  und  anderen s)  finden  ab  und  zu 
Verwendung  zur  Öldestillation. 

Die  Blüten  von  Citrus  Bigaradia  sind  1 0 — 1 5  mm  lang,  der  Kelch 
ist  verwachsen,  mit  fünf  kurzen,  spitzen  Kelchzipfeln  versehen,  daher 
fünfeckig  (bei  den  Blüten  von  C.  Äurantiwn  oval).  Die  im  frischen 
Zustande  weiße,  fleischige,  fünf  blätterige  Blumenkrone  ist  im  trocknen 
Zustande  dünn  und  pergamentartig,  schmutziggelb,  an  der  oberen  Seite 
mit  bräunlichen,  punktförmigen  Drüsen  besetzt.  Die  Zahl  der  Staubfäden 
beträgt  33 — 34  (die  Blüten  von  C.  Aurantium  besitzen  bloß  20 — 22  Sta- 
mina):  sie  stehen  teils  einzeln,  teils  gruppieren  sie  sich  in  5 — 8  flache 
Bündel:  der  obere  freie  Teü  trägt  die  beiden  Antherensäcke.  Frucht- 
knoten 2 — 3  mm  dick,  1 2—1  i  fächerig  (bei  C.  Aurantium  9 — 1 1  fächerig); 
im  trocknen  Zustande  gewöhnlich  wie  der  Griffel  und  die  kopflge  Narbe 
bräunlich  bis  schwarz  gefärbt 6).  Der  in  Massen  vorhandene  Blüten- 
staub besteht  aus  länglichen,  glatt  begrenzten,  0,036  mm  dicken  Pollen- 
körnern. 

Ein  Querschnitt  durch  das  Blumenblatt^)  zeigt  ein  papillöses  Epithel 


\)  Die  Blüten  dienen  auch  zum  Bedutten  des  Tees,  Scherz  er,  1.  c. 

2)  Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Okt.  1891,  p.  26  u.  Okt.  1894,  p.  40. 

3)  Der  Name  ist  zurückzulühren  auf  eine  Prinzessin  von  Neroli  (bei  Rom),  Her- 
zogin Flavlo  Orsini,  welche  um  1680  die  Blütenessenz  zum  Lieblingsparium  erwählte. 
(Gildem.  u.  Holini.,  I.  p.  162.1 

4)  Nach  Sebire,  1.  c,  p.  65. 

ö)  Ein  aus  Messina  stammendes  Limetteblütenöl  wurde  untersucht  von  Ernest 
T.  Parry,  Chemist  and  Druggist,  LVI  (1900),  p.  933  und  Walbaum,  H..  Journ.  f. 
Chemie  (N.  F.),  LXH  (1900),  p.  135. 

6)  A.  Risse,  Memoire  sur  Thistoire  naturelle  des  Oranges  etc.  Annales  du  Mus. 
d'hist.  nat.  1  81  3,  p.  1  69. 

7)  Siehe  Tschirch  u.  Oesterle,  1.  c,  p.  3011.  und  Tat.  69.  Daselbst  auch 
Anatomie  der  übrigen  Blütenorgane. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  631 

mit  vereinzelten  Spaltöffnungen  auf  der  Oberseite;  die  Oberhaut  der  Gegen- 
seite besteht  aus  länglich  polygonalen,  nicht  vorgewölbten  Zellen.  Die 
Kutikula  ist  durchweg  gestreift.  Das  lockere  Mesophyll  erreicht  in  der 
Blattmitte  eine  Mächtigkeit  von  etwa  40  Zellschichten.  Es  enthält  ziem- 
lich knapp  unter  dem  Epithel  Ölräume,  welche  durch  Resorption  von 
Parenchymzellen  entstanden  sind. 

Das  ätherische  Öl  hat  aber  nicht  bloß  in  diesen  Sekretbehältern, 
wo  es  in  großer  Menge  auftritt,  seinen  Sitz,  sondern  kommt  auch  im 
Epithel  der  Ober-  und  Unterseite  der  Blumenblätter,  sowie  in  der  Peri- 
pherie der  Stamina  vor.  Gerade  das  ätherische  Öl  des  Kronenepithels 
soll  den  feinsten  Geruch  nach  Neroli  besitzen,  während  das  Aroma  des 
Öles  aus  den  interzellularen  Ölbehältern  dem  »Petit  grain«  (ätherisches 
Ol  aus  den  Blättern  und  jungen  Trieben)  analog  sein  soll^). 

Die  Blüten  haben  auch  im  trockenen  Zustande  einen  lieblichen  und 
kräftigen  Geruch  und  einen  bitter-aromatischen  Geschmack. 

Der  Hauptsitz  der  Orangenkultur  zum  Zwecke  der  Blütengewinnung 
ist  Algier^)  (Boufarik)  und  namentlich  Südfrankreich,  am  Fuße  der  See- 
alpen und  der  Küstenzone-').  In  Vallauris  allein  beträgt  die  Jahresernte 
etwa  1  Million  Kilo*).  Die  Pflücke  beginnt  hier  Ende  April  und  dauert 
4 — 5  Wochen.  Gelegentlich  kann  noch  eine  genügend  ausgiebige  Herbst- 
blüte zur  Destillation  herangezogen  werden.  Der  Ölgehalt  der  Blüten,  der  bei 
Beginn  der  Pflücke  am  geringsten  ist,  nimmt  mit  dem  Fortschreiten  der 
Saison  bedeutend  zu,  so  daß  die  grüßte  Ausbeute  bei  gutem  Wetter  Ende  Mai 
zu  erwarten  ist-^).  Bei  schlechtem  Wetter  nimmt  die  Olmenge  ab  (also 
umgekehrt  wie  bei  den  Rosen).  Durchschnittlich  werden  jährlich  2,5  Mil- 
lionen Kilo  Orangenblüten  verbraucht  6).  Noch  höher  im  Preise  als 
das  französische  steht  nach  Semler^)  das  nur  in  geringer  Menge  pro- 
duzierte türkische  Orangenblütenöl.  Die  spanischen  Öle  gelten  hin- 
gegen als  minderwertig  und  kommen  kaum  zum  Export.  Die  Blüten- 
ernte wird  namentlich  in  Andalusien  nur  nebenher  betrieben,  wobei  man 
sich  auf  das  Einsammeln  abgefallener  Blüten  beschränkt.  Das  Haupt- 
kontingent der  Blüten  liefert  überdies  die   >süße«   Orange,    die   in  man- 


'I)  Mesnard,  Comptes  rcndus,  CXV  (1892),  p.  894. 

2)  Gros,  P.,  1.  c,  p.  8. 

3)  Über  die  Produktionsgebiete  s.  insbes.  die  Abb.  in  Ber.  Roure,  Bertr.  fils.,  Apr. 
1908,  p.  30. 

4)  Planchon,  Drog.  simpl.  d'orig.  veg.  T.  II,  Paris  1896,  p.  eölfT. 

5)  Nach  Beobachtungen  von  Jean  Gras  in  Schimmel  «Si  Co.,  Berichte,  Ok- 
tober 1899,  p.  42  und  Jeancard  u.  Satie,  Sur  les  essences  de  neroU  et  de  pctit 
grain.     Bull.  soc.  chim.  (1900),  p.  603  und  III  (1901),  Bd.  25,  p.  934. 

6)  Nach  der  »Revue  de  statistique»  (zitiert  n.  Zeitschr.  f.  Kosm.,  Parlümerii- 
wesen  u.  verw.  Fächer.     Wien,  III  (1899),  p.  160). 

7)  1.  c,  II,  p.  388. 


632  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

chen  Gegenden  sogar  ausschließlich  kultiviert  wird.  Die  Destillation  wird 
hauptsächlich  in  Barcelona  betrieben. 

Die  Ausbeute  an  Neroliöl  beträgt  etwa  I  Proz.  Das  bitter  aromatische 
Ol  ist  farblos  bis  gelblich,  ausgezeichnet  durch  schwache  Fluoreszenz. 
Es  löst  sich  in  1 — 4^2  Volumteilen  SOproz.  Alkohols.  Die  Lösung  fluores- 
ziert stark  blauviolett.     Das  Neroliöl    explodiert   in  Berührung   mit  Jod. 

Die  chemische  Zusammensetzung  des  Neroliöls  wurde  in  neuerer 
Zeit  eingehend  untersucht  i).  Es  wurden  hauptsächlich  folgende  Bestand- 
teile mit  Sicherheit  nachgewiesen :  1-Pinen,  1-Camphen,  Dipenten,  Paraffin 
(Nerolikampfer),  ferner  die  Terpenalkohole  1-Linalool,  d-Terpineol,  Gera- 
niol,  Nerol  und  deren  Azetate,  Anthranilsäuremethylester  und  Indol,  ein 
Sesquiterpenalkohol  Neridol,  neuestens  auch  Farnesol  u.  a. 

Während  der  Blütenentwicklung  wird  das  Öl  reicher  an  Estern  der 
Terpenalkohole,  an  Anthranilsäuremethylester  und  an  Gesamtalkohol. 
Während  die  Esterifikation  langsam  fortschreitet,  nimmt  die  Menge  des 
Geraniols  zu,  während  das  Linalool  eine  Verminderung  erfährt.  Nach 
völliger  Entfaltung  ist  kaum  mehr  eine  Differenz  zwischen  dem  äthe- 
rischen,Öl  aus  den  Korollen  und  den  übrigen  Blütenteilen.  Nach  Jean- 
card u.  Satie  (1.  c.)  wird  durch  Destillation  ein  Teil  der  Ester  im  Neroliöl 
zerstört,  so  daß  ein  durch  Mazeration  mit  Vaselinöl  und  nachfolgende 
Extraktion  mit  Alkohol  erhaltenes  Öl  einen  ganz  verschiedenen  Geruch 
aufweist. 

Im  Handel  erscheint  auch  ein   »synthetisches  Neroliöl«. 

6.  Malvenblüten. 

Die  Blüten  der  in  Griechenland  und  Kleinasien  wildwachsenden, 
bei  uns  in  Gärten  häufig  gezogenen  Stock-  oder  Pappelrose,  Althaea 
rosea  Cav.,  werden  zum  Färben,  namentlich  von  Weinen  und  anderen 
Genußmitteln  verwendet.  Die  Pflanze  wird  zu  diesem  Zwecke  in 
einigen  Gegenden  Deutschlands  und  in  Ungarn  eigens  kultiviert.  Mittel- 
franken  hat  eine  jährliche  Ausfuhr  bis  50  000  kg;  der  Versand  erfolgt 
hauptsächlich  nach  Frankreich,  England  und  der  Türkei 2).     In  Griechen- 

1)  Über  die  ehem.  Zusammensetzung  des  Neroliöles  s.  insbes.:  Tiemann  u. 
Semler,  Ber.  d.  D.  ehem.  Ges.,  XXVI  (1893),  p.  2711  ff.  —  Walbaum,  Journ.  f. 
prakt.  Chemie  (N.  F.),  LIX  (1899),  p.  350  ff.  —  Erdmann,  E.  u.  H.,  Ber.  d.  D.  ehem. 
Ges.  XXXII  (1899),  p.  1213.  —  Charabot  und  Pillet,  Bull.  soc.  chim.,  III  (1898), 
Bd.  19,  p.  853  u.  (1899),  Bd.  21,  p.  73.  —  Hesse,  A.  u.  Zeitschel,  0.,  Ber.  d.  D. 
ehem.  Ges.,  XXXIV  (1901/),  p.  297  ff.  und  Journ.  f.  pr.  Chemie,  Bd.  64  (1901),  p.  245, 
Bd.  66,  p.  481.  —  Hesse,  Ber.  d.  D.  ehem.  Ges.,  Bd.  32,  p.  2612.  —  Schimmel  &  Co., 
Berichte  Apr.  1914,  p.  71. 

2)  Glan,  R.,  Über  den  Farbstolt  der  schw.  Malve,  Inaug.-Diss.  Erlangen  1892 
(Ret.  in  Beitr.  z.  B.  C.  1893,  p.  292). 


i^ 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Bliitenteile. 


633 


land  sollen  nach  Heldreichi)  auch  die  Blüten  wildwachsender  Pflanzen 
gesammelt  werden. 

Zur  Erzielung  verkäuflicher  Malvenblüten  kultiviert  man  bloß  die 
schwärzlich  blühenden,  halbgefüllten  Spielarten. 

Im  Handel  erscheinen  die  ganzen  Blüten  mit  oder  ohne  Kelch  oder 
die  abgetrennten  Kronenblätter.  Ein  konzentrierter  Blütenextrakt  kommt 
neuestens  unter  dem  Namen   »Vegetalin«   in  den  Handel. 

Die  großen  bis  handbreiten  Blüten  besitzen  einen  doppelten  Kelch. 
Der  Außenkelch  ist  6 — 9  blätterig,  der  eigentliche  (innere)  Kelch  5  blätterig. 
Die  Blätter  des  etwa  um  1/4  kleineren  Außenkelches  sind  von  der  Mitte 
an,  die  des  inneren  etwa  vom  unteren  Drittel  an  verwachsen.  Beide 
Kelche  erscheinen  oberseits  kahl,  unterseits  zottig 2).  Das  Mikroskop 
lehrt,  daß  die  obere  Ober- 
haut sämtlicher  Kelchblät- 
ter mit  einfachen  Haaren 
besetzt  ist,  welche  nur  sel- 
ten Übergänge  zu  Büschel- 
haaren zeigen,  während  die 
untere  Epidermis,  von  spär- 
lichen Drüsenhaaren  abge- 
sehen, durchweg  typische, 
kräftige  Büschel-  oder 
Sternhaare  aufweist,  die  am 
Grunde  von  einem  Kranz 
von  Nebenzellen  umgeben 
sind.  Die  Oberhautzellen 
selbst  zeigen  in  der  Flächen- 
ansicht mehr  oder  minder  grobe  Tüpfelung.  Stomata  finden  sich  in  ge- 
ringer Zahl  auf  beiden  Seiten.  Unterhalb  der  oberen  Epidermis  liegt  eine 
an  Kristalldrusen  von  oxalsaurem  Kalk  reiche  Zellschicht,  welche  durch  die 
Oberhaut  hindurch  sichtbar  ist.  —  Die  Blumenkrone  besteht  aus  5  oder 
mehr  freien,  breit  herzförmigen  oder  abgerundet  dreieckigen,  bis  5  cm 
breiten,  bis  4  cm  langen,  am  Grunde  gewöhnlich  gelben  und  daselbst  zottig 
behaarten  Blumenblättern,  welche  von  dichotom  verzweigten  Gefäßbündeln 
durchzogen  werden.  Das  untere  Ende  der  sonst  dünnen  Blumenblätter 
ist  fleischig.  An  der  Seite  sind  die  Blumenblätter  ganzrandig,  an  der 
oberen  Grenze  hingegen  stets  mehr  oder  minder  deutlich  buchtig.     Ein 


Fig.  235.     Vergr.  400.     Flächenschnitt  von   der   Oberseite   des 
Kelches,     e  getüpfelte  Oberhautzellen,  at  Spaltöffnung,  ni  Kri- 
stalle {kr)  führende  Mesophyllschicht  (durchschimmernd). 


11  1.  c,  p.  52. 

-2)  Die  Blüten  unterscheiden  sich  von  der  sehr  nahestehenden  A.  pallida  W. 
et  Kit.  dadurch,  daß  der  innere  Kelch  den  äußeren  überragt,  daß  die  Petala  breiter 
als  lang  und  weniger  ausgerandet  sind  als  bei  der  letztgenannten  Art. 


634  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

zartes,  stärkeführendes,  aus  polygonalen,  etwa  0,024  mm  breiten  Zellen 
zusammengesetztes  Epithel  bedeckt  die  Blütenblätter  beiderseits.  Die 
Zellen  des  unteren  Epithels  sind  fast  immer,  die  des  oberen  auf  der 
Basis  der  Blumenblätter  und  über  den  Nerven  gerade,  im  übrigen  mehr 
oder  weniger  deutlich  wellenförmig  konturiert.  Hier  und  da  trifft  man 
zylindrische  bis  keulenförmige  Drüsenhaare  an,  die  aus  einer  Reihe  von 
mehreren  Zellen  (meist  5 — 7)  bestehen.  Das  Mesophyll  der  Blütenblätter 
ist  sehr  schleimreich. 

Die  Basis  der  Blumenblätter  steht  im  Zusammenhang  mit  der  Antheren- 
röhre,  zu  welcher  die  Filamente  der  zahlreichen  Staubgefäße  bei  allen 
Malvaceen  verwachsen  sind.  Die  Pollenkörner,  kugelförmig  gestaltet,  mit 
stacheliger  Oberfläche  versehen,  messen  0,148  mm  im  Durchmesser.  Das 
Gynöceum  hat  im  wesentlichen  denselben  Bau  wie  bei  allen  verwandten 
Malvaceen.  Trockene  Malvenblätter  sind  zusammengeknittert  und  häufig 
eingerollt. 

Der  Malvenfarbstoff,  der  in  Alkohol  und  warmem  Wasser  sehr  leicht 
löslich  ist,  gibt  im  allgemeinen  die  Reaktionen  des  Anthozyans.  Der 
alkoholische  Extrakt  besitzt  eine  violett- rote  Farbe.  Alkalien  geben 
einen  grünen  Niederschlag  und  farbloses  Filtrat.  Wird  die  mit  Alaun 
versetzte  Lösung  mit  kohlensaurem  Kalk  geschüttelt,  so  tritt  eine  schön 
blaue  Färbung  aufi);  desgleichen  bewirkt  Kupfersulfat  eine  intensiv  blaue 
Tinktion  der  Lösung. 

Der  zu  den  Anthozyaninen  gehörige  natürliche  Malvenfarbstoff,  das 
Malvin  ist  nach  Willstätter  ein  Diglykosid  des  Malvidins,  welches 
seinerseits  als  Dimethyläther  des  Delphinidins  CisHkjO;  (aus  Delphinium 
Consolida)  aufzufassen  ist  2).  Die  spektroskopische  Untersuchung 3)  zeigt 
eine  einseitige  Endabsorption,  die  mit  zunehmender  Konzentration  von 
rechts  nach  links  bis  C  fortschreitet^). 

7.  (jewürziielken. 
Die  Gewürznelken    (clous   de  girofle)   sind   die   im  Knospenzustande 
befindlichen    Blüten    von   Jambosa    Caryophullus  (Spreng.)    Ndx.      Die 
Heimat  dieses  jetzt  in  den  Tropen  häufig  kultivierten s)  Baumes  sind  die 

1)  Siehe  Flückiger,  1.  c,  p.  794.  Rotwein  wird,  auf  gleiche  Weise  beüandelt, 
mißi'ärbig. 

2)  Vgl.  die  Ergebnisse  der  Anthozyaninl'orschung  bei  Schröder,  Zeitschr.  f.  Bot. 
IX  (1917),  p.  546. 

3)  Glan,  1.  c  ,  und  H.  W.  Vogel,  Dinglers  Polytechn.  Journ.,  p.  219. 

4)  Wenn  es  sich  um  gleichzeitige  Anwesenheit  von  Rotwein  handelt,  dann  ist 
die  optische  Untersuchung  unzuverlässig.  A.  Hasterlik,  Mitt.  aus  dem  pharm.  Inst, 
u.  Labor,  f.  angew.  Chemie  d.   Univ.  Erlangen,  1890,  Hft.  2. 

5)  Musspratt,  Enzykl.  Handb.  d.  techn.  Chemie,  4.  Aufl.,  VI,  p.  242.  —  Opel, 
A„  1.  c. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  635 

Molukken,  nach  Rumphius  speziell  die  Insel  Makiani).  Derzeit  kommen 
die  »ostindischen«  Nelken  des  Handels  zumeist  aus  Amboina,  welches 
durch  Größe  und  Olreichtum  ausgezeichnete  Ware  liefert,  während 
Penang,  Sumatra  usw.  für  den  europäischen  Handel  von  geringer  Be- 
deutung sind.  Die  überwiegende  Quantität  der  Handelsware  bilden  die 
»afrikanischen«  Nelken,  die  zumeist  von  den  Inseln  Sansibar  und  Pemba, 
zum  kleineren  Teil  auch  von  Mauritius,  Reunion  und  Madagaskar 2)  stam- 
men. Die  »amerikanischen«  oder  »Cayenne« -Nelken  kommen  daneben 
für  den  europäischen  Markt  kaum  in  Betracht.  Die  Sansibar-Nelken 
(aus  Sansibar  und  Pemba)  allein  machen  Ys  der  Gesamtproduktion  der 
Erde  aus 3).  Die  Nelkenplantagen  bilden  hier  ausgedehnte  Kulturen  auf 
der  Westseite  der  Inseln.  Die  Bäume  sind  etwa  zwischen  dem  6.  und 
15.  Jahre  ertragsfähig  und  liefern  durchschnitthch  2,5 — 4  kg  (trockene) 
Nelken.  Die  anfangs  grüne  Farbe  derselben  verfärbt  sich  allmählich 
über  Gelb  in  Rot;  in  diesem  Stadium,  in  welchem  das  Öl  in  größter 
Menge  vorkommt  und  den  feinsten  Geruch  besitzt,  schreitet  man  zur 
Pflücke,  die  mit  besonderer  Sorgfalt  vorgenommen  werden  soll.  Die 
Ernte  beginnt  je  nach  der  Örtlichkeit  im  August  bis  November  und 
währt  mit  Unterbrechungen  etwa  6  Monate.  Die  Nelken  Werden  samt 
den  Stielen  (Infloreszenzachsen)  mit  der  Hand  abgenommen  oder  auf 
wenig  rationelle  Weise  mit  Bambusstangen  abgeschlagen.  Die  Blüten- 
knospen werden  hierauf  von  den  Stielen  befreit  drei  Tage  in  der  Sonne 
oder  eine  Woche  hindurch  auf  Bambushürden  über  rauchendem  Feuer 
und  dann  erst  in  der  Sonne  getrocknet '').  Nach  Semler  werden  sie  bis- 
weilen vor  dem  Trocknungsprozeß  für  wenige  Sekunden  in  heißes  Wasser 
gebracht.  Die  Nelkenstiele,  welche  wie  alle  oberirdischen  Teile  von  Jam- 
bosa  ätherisches  Öl  in  geringer  Menge  enthalten,  kommen  als  Nelkenstengel 
oder  Nelkenholz  (Stipites  oder  Fusti  Garyophyllorum,  griffes  de  girofle) 
in  beträchtlichen  Quantitäten  in  Handel 5).  Die  Jahresernte  an  Sansibar- 
Nelken  ist  bedeutenden  Schwankungen  unterworfen.  Aus  einem  16  jäh- 
rigen Durchschnitt  ergibt  sich  eine  mittlere  Jahresernte  von  385  771  Frasi- 


1)  Niedenzu  in  Engier-Prantl,  1.  c,  III,  7,  p.  85.  —  Flückiger,  1.  c,  p.  796. 

2)  Die  Plantagen  von  Madagaskar  umfassen  heute  bereits  400  000  Bäume.  (Phar- 
maz.  Journ.,  Bd.  89,   1912,  p.  571.) 

3)  0.  ßaumann,  Wiss.  Veröllentl.  d.  Ver.  f.  Erdkunde  zu  Leipzig,  III,  Hft.  2 
u.  3.  —  Konsularber.  in  Pharm.  Journ.  and  Tr.,  1893  (Ref.  in  Pharm.  Ztg.,  XXXVII 
(1893),  p.  337).  —  Semler,  1.  c,  p.  351.  —  Caster,  Ghemist  and  Druggist,  Bd.  83 
(1913),  p.  825.  —  Eine  kartographische  Darstellung  des  Produktionsgebietes  in 
Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Okt.  1900.     Vgl.  auch  die  unten  zitierte  Literatur. 

4)  Verschiedene  in  neuerer  Zeit  zur  künstUchen  Trocknung  in  Anwendung  ge- 
brachte Apparate  haben  sich  nicht  bewährt.     Tropenpflanzer,  II  (1898),  p,  257. 

5)  Die  Zufuhr  betrug  1909  etwa  1,3  Mill.  Kilogramm  (Schimmel  &  Co.,  Ber. 
Apr.  1910,  p.  78). 


636 


Zwanzigster  Abschnitt. 


Riten  und  Blütentei 


lahi)  (über  6  Mill,  Kilogramm),  wovon  284  059  Frs.  (etwa  4,6  Mill.  Kilo- 
gramm) auf  Pemba,  101  712  Frs.,  (etwa  1,6  Mill.  Kilogramm)  auf  Sansibar 
entfallen.  Die  wichtigsten  europäischen  Handelsemporien  für  Nelken  sind 
Rotterdam,  London,  Hamburg  und  Marseille. 

Die  Blüten  von  Jambosa  stehen  in  endständigen,  fast  regelmäßig 
3-teiligen  Schirmrispen  und  besitzen  je  zwei  schuppenfürmige  Vorblätter. 
Die  Kelche  der  abgenommenen  Knospen  sind  in  frischem  Zustande  rot, 
die  Korollen  weiß.  Nach  dem  Trocknen  erscheinen  jene  dunkler,  diese 
heller  »nelkenbraun«  2).  Die  Amboina- Nelken  sind  vor  den  Sansibar- 
Nelken  durch  ihre  bisweilen  fast  doppelte 
Größe  und  ihre  hellere  Farbe  ausgezeichnet. 
An  den  käuflichen  Gewürznelken  untei- 
scheidet  man  ein  10 — 14  mm  langes,  am 
Querschnitte  etwa  rhombisches  Rezeptakulum 
(Unterkelch  oder  Hypanthium),  das  vier  dick- 
liche, dreieckige  Kelchblätter  trägt,  mit  welchen 
die  vier  zu  einer  Halbkugel  zusammenneigen- 
den, fast  kreisrunden  Korollenblätter  3)  alter- 
nieren. Diese  umschließen  zahlreiche,  ein- 
wärts gekrümmte  Antheren  und  einen  Griffel 
mit  einfacher  Narbe.  Auf  dem  Grunde  der 
Blüte  erblickt  man  einen  fast  quadratischen 
Wulst  (Diskus),  der  als  Nektarium  anzu- 
sprechen ist  (Fig.  236).  —  Das  an  seiner 
Oberseite  runzelige  Rezeptakulum  umschließt 
in  seinem  oberen  Ende  den  zweifächerigen, 
vieleiigen  Fruchtknoten.  Unterhalb  dieser 
Fruchtknotenhühle  zeigt  es  folgenden  anatomischen  Bau  (Fig.  237).  Auf 
eine  mächtig  verdickte  Epidermis  (die  Außenwand  ist  13 — 14  //  stark),  die 
in  geringer  Zahl  Spaltöffnungen  (Fig.  238  s^)  führt,  folgt  ein  dünnwandiges 
in  radialer  Richtung  etwas  gestrecktes  Parenchym  (p'J,  in  welchem  man 
schon  mit  bloßem  Auge  die  zahlreichen,  in  ein  bis  drei  Reihen  angeordneten 
schizogenen^)  Ölbehälter  (Interzellularlücken  i)  wahrnehmen  kann. 

■I)  1   Frasilah  =  16,128  kg. 

2)  Daß  die  Bräunung  nicht  auf  die  Trocknung  im  Rauche  zurückzulühren  ist, 
wurde  schon  von  Wiesner  (1.  Aufl.,  p.  697)  nachgewiesen.  Tschirch  u.  Oesterle 
(I.e.,  p.  47)  führen  sie  auf  ein  Phlobaphen  (Nelkenrot),  Gildem.  u.  Hoffm.  (1.  c, 
I.  Aufl.,  p.  676)  wenigstens  teilweise  auf  Furfurol  zurück. 

3)  Beim  Aufblühen  wird  die  Blumenkrone  durch  die  sich  streckenden  Antheren 
als  Kappe  abgehoben.  Diese  Köpfchen  kamen  im  Mittelalter  als  »Cappelletti«  in  den 
Handel.     Heyd,  Gesch.  d.  Levantehandels.     Stuttgart  -1879,  II,  p.  397. 

4)  Genauer  gesagt  oblitoschizogen  (im  Sinne  Tschirchs)  wie  bei  allen  Myr- 
taceen.  da  die  Sezernierungszellen  bald  obliterieren.  Siehe  Lutz,  G.,  Bot.  Zentralbl., 
LXIV,  1890,  p.  292  f. 


Fig.  236.  Lupenvergr.  Längsschnitt 
durch  die  Gewürznelke.  Kr  Korolle, 
K  Kelch.  A  Antheren,  g  Griffel. 
D  Diskus,  fa  Fruchtknotenfächer. 
L  Interzellnlarenreiches  Parenchym, 
PI  Fortsetzung  d.  Plazenta,  /)■  Öl- 
behälter.    (Nach  A.  Meyer.) 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Bliitenteile. 


63'i 


Diese  sind    am  Querschnitte   elliptisch   mit  radial  gestellter   Haupt- 
achse.    Ihre    größte    Länge    schwankt    zwischen    100 — '230 /<,    meistens 


v^__. 


■■?^' 


Fig.  237.     Vergr.  21.     Querschnitt  durch  das  Rezeptakulum  der  Gewürznelke. 

(  Oberhaut,    y'  Parencliym  mit  ölführenden  Interzellularlücken  (i).     p-  Parenehym   mit  Gruppen  von 

Gefäßbündeln  (g^.    p"'  lockeres  Parenehym.     C  Coluraella. 


jedoch  nur  zwischen  170 — 215  f.i  (Tschirch).     Das  ä- 

fassende  zartwandige  Sezernierungsepithel  färbt  sich  bei  Behandlung  mit 

Phlorosrluzin-Salzsäure  deutlich  rot^). 


fach  getüpfelte  Parenehym  eine  mehr 
isodiametrische  Gestalt  an  (jß).  In 
diesem  Teile  verlaufen  zahlreiche 
Gruppen  von  Gefäßbündeln,  die  von 
einem  schwach  kollenchymatischen 


^)  Es  ist  von  vornherein  nicht  zu 
entscheiden,  ob  es  sich  im  vorhegenden 
Falle  um  > Verholzung«  oder  um  Imbibi- 
tion der  Zellwand  mit  Nelkenöl  oder  einem 
ähnlichen  aldehydartigen  aromatischen 
Körper  handelt.  Ich  finde  nämlich,  daß 
mit  Nelkenöl  durchtränktes  Filterpapier 
mit  Phlorogluzin  +  Salzsäure,  sowie  mit 
Anilinsulfat  ganz  ähnliche  Farbenreak- 
tionen gibt  wie  »verholzte  Membranen« 
(s.  auch  Tschirch   u.  Oesterle,   1.  c). 


Fig.  23S  Vergr.  110.  Querschnitt  durch  den  peri- 
pheren Teil  des  Rezeptakulums. 
st  Spaltöffnung,  sc  Sezernierungszellen.  Kr  Kri- 
stalldruae.  Die  der  Epidermis  zunächst  liegende 
Interzellularlücke  ist  nur  angeschnitten.  Die  übri- 
gen Bezeichnungen  wie  in  Fig.  237. 


638  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Biiitenteile. 

Gewebe  (Fig.  239  c)  begleitet  werden.  Diese  Gefäßbündel  (Fig.  239^) 
werden  in  der  Regel  als  konzentrische  bezeichnet.  Nach  meiner  Meinung 
handelt  es  sich  hier  aber  nicht  um  einzelne,  sondern  um  eine  Anzahl 
zu  einer  Gruppe  vereinigter  Gefäßbündel.  Die  kleinen  Bündel 
wären  hiernach  ursprünglich  als  bikoliateral  aufzufassen,  zeigen  jedoch 
bisweilen  eine  weitgehende  Reduktion,  indem  der  innere  (s"j,  seltener  auch 
der  äußere  Phloemanteil  (s)  der  einzelnen  Gefäße  fehlen  kann,  wie  es 
in  Fig.  239  zum  Ausdruck  kommt.  Indem  dieselben  zu  fächerförmigen 
oder   radien-  (strahlen-)   förmigen  Gruppen    zusammentreten,   ist   es  be- 


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Fig.  239.    Vergr.  270.    Querschnitt  durch  ein  Gefäßbündel  des  Rezeptakulums. 

X  Xylem.    s  äußere,  s'  innere  Gruppe  Ton  Siehelementen.     e  Kollenchym.     h  Bastzellen.     Die  übrigen 

Bezeichnungen  wie  in  Fig.  "237. 

greiflich,  daß  die  Siebteile  in  der  Peripherie  und  im  Zentrum  einer 
jeden  Gruppe  anzutreffen  sind.  Das  Xylem  wird  aus  zarten  Schrauben- 
gefäßen gebildet.  Die  Phloemteile  werden  von  Kristallfasern  sowie  von 
vereinzelten  stark  verdickten  und  verholzten  Bastzellen  (b)  begleitet, 
welche  durch  eine  unregelmäßig  knorrige  Gestalt  ausgezeichnet  sind  und 
eine  Länge  von  0,3 — 0,4  mm  erreichen. 

Weiter  nach  innen  vorschreitend  folgt  ein  weitmaschiges  an  Inter- 
zellularen reiches  Parenchym  fp^J,  dessen  Zellen  rundlich  oder  länglich 
gestaltet  sind.  Dem  unbewaffneten  Auge  erscheint  diese  Zone  hellbraun 
gefärbt.  Die  Mitte  des  Rezeptakulums  nimmt  eine  >CoIumella«,  die  Fort- 
setzung der  Plazenta  nach  unten,  ein,    welche  in  ihrer  Peripherie  zahl- 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Bliitenteile.  639 

reiche  kleine  bikollaterale  Gefäßbündel,  selten  auch  einzelne  Bastzellen 
führt.  Der  mittlere  Teil  besteht  aus  parenchymatischen  Elementen,  die 
durch  den  massenhaften  Besitz  von  Kalkoxalatdrusen,  wie  sie  im  übrigen 
Parenchym  nur  spärlich  auftreten,  ausgezeichnet  sind. 

Eisenchlorid  färbt  sämtliche  Gewebselemente  schwarz.  Behandelt 
man  Schnitte  mit  Kalilauge,  so  treten  nach  längerer  Zeit  im  ganzen 
Präparate  zahlreiche  nadelfürmige  Kristalle  von  eugenolsaurem  Kali  auf^). 
Ölbehälter  finden  sich  auch  in  allen  übrigen  Blütenleilen ,  selbst  in 
den  Antheren,  worauf  jedoch  hier  nicht  näher  eingegangen  werden 
kann  2). 

Die  Gewürznelken  führen  außer  den  gewöhnlichen  Pflanzenbestand- 
teilen (unter  denen  Stärke  fehlt),  Tannin^),  Gummi^j  und  große  Quan- 
titäten Nelkenöl  (Sansibarnelken  enthalten  15 — 20  Proz.),  das  in  der 
Handelsware  nicht  bloß  in  den  Ölbehältern,  sondern  in  Tropfenform 
auch  im  Parenchymgewebe  auftritt.  Der  Aschengehalt  bei  100°  C.  ge- 
trockneter Nelken  schwankt  zwischen  4 — 7,5  Proz.  &). 

Das  Nelkenöl  wird  am  besten  durch  Wasserdampfdestillation  der 
ganzen  oder  zerkleinerten  Nelken  gewonnen.  Es  ist  stark  lichtbrechend, 
gelblich,  an  der  Luft  aber  braun  werdend.  Spez.  Gew.  1,07 — 1,045  (bei 
15"C)ö).  Sein  Geruch  ist  stark  gewürzhaft,  der  Geschmack  brennend. 
Ferrisalze  bewirken  eine  Grün-  oder  Blaufärbung  der  alkoholischen 
Lösung.  Den  wertvollsten  Bestandteil  des  Nelkenöls  bildet  Eugenol,  ein 
Phenol  von  der  Formel  C]oHi20,  von  dem  es  70  bis  über  90  Proz.  ent- 
hält. Außerdem  treten  in  geringerer  Menge  auf:  Azeteugenol  (Erd- 
mann), Caryophyllen  C15H24  (Church,  Wallach],  Salizylsäure  in  Form 
von  Azetsalizylsäureester  des  Eugenols  (Scheuch,  Erdmann),  Methyl- 
alkohol,   Methylamylketon,    Furfurol    (Schimmel,    Erdmann),    Benzoe- 

V,  Moli  seil,  Grundriß  einer  Histochemie  usw.     Jena  ii<Qi,  p.  44. 

2)  Näheres  bei  Tschirch  u.  Oesterle,  1.  c.,  p.  48.  —  A.  Meyyr,  ürogen- 
kunde,  \.  c,  p.  335. 

3)  Peabody,  L,,  findet  Übereinstimmung  mit  der  Galläpfelgerbsaure.  Amer. 
Journ.  Pharm.  1895,  p.  300  (Ref.  in  (Bot.  Jahresber.,  -1895,  II,  p.  376). 

4)  Wiesner,  Rohstoffe,  I,  1.  Aufl.,  p.  699. 

5)  Rau,  A.,  Zeitschr.  f.  öff.  Chemie,  1897,  p.  439. 

6)  Das  spez.  Gewicht  steigt  im  allgemeinen  mit  dem  Eugenolgehalt.  Thoms,  H., 
Pharm.  Ztg.,  XXXVI  (1891),  p.  609.  —  Über  die  physikalischen  und  chemischen  Eigen- 
schaften des  Nelkenöls  vgl.  Flückiger,  1.  c,  p.  799.  —  Gildem.  u.  Hoffm.,  1.  c, 
I.  Aufl.,  p.  674.  —  Als  wichtige  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  seien  ferner  namhaft 
gemacht:  E.  Erdmann,  Journ.  f.  pr.  Chemie  (N. F.),  Bd.  56  (1897),  p.  1  43  ff.,  Church,  J., 
Journ.  ehem.  Soc,  XXVIII  (1875),  p.  113ff.,  Wallach,  Lieb.  Ann.,  Bd.  271  (1892), 
p.  287,  Scheuch,  Ebenda,  Bd.  125  (1863),  p.  14,  Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Okt. 
1896,  p.  57,  Apr.  1897,  p.  50f.,  Apr.  1903,  p.  51.  Jorisson  u.  Hairs,  Rev.  int.  d. 
falsif.  etc.,  1891,  IV  (n.  Chem.  Zentralbl.  1890,  II,  p.  828).  Masson,  C.  r.  Paris,  t.  149, 
1909,  p.  630,   795. 


640  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

Säuremethylester  u.  a.  Neuerdings  wurden  von  Masson  noch  eine  Reihe 
bisher  unbekannter  Komponenten  angegeben. 

Die  gerbstoffreichen  Nelkenstiele  i)  liefern  nur  4 — 6  Proz.  minder- 
wertiges 01  vom  spez.  Gew.  1,040 — 1,065.  Das  Nelkenstielöl  unter- 
scheidet sich  von  dem  Nelkenöl  hauptsächlich  durch  das  Fehlen  des 
spezifisch  schweren  Azeteugenols  (Erdmann).  Daraus  erklärt  sich  auch 
der  verhältnismäßig  hohe  Eugenolgehalt  bei  geringem  spezifischen  Gewicht. 

Die  technische  Verwendung  der  Gewürznelken  besteht  in  der  Ge- 
winnung von  Nelkenöl,  Eugenol  usw.,  Produkte,  welche  in  der  Medizin 
sowie  in  der  Parfümerie-  und  Seifenfabrikation  ausgedehnte  Verwendung 
finden.  Das  Nelkenstielöl  dient  hauptsächlich  der  Vanillinfabrikation.  In 
der  mikroskopischen  Technik  wird  Nelkenöl  zur  Aufhellung  und  zum 
Einschluß  von  Präparaten  benützt. 

Verfälschungen  der  Gewürznelken  kommen  kaum  in  größerem  Maße 
vor 2),  doch  werden  sehr  häufig  ganz  oder  teilweise  extrahierte  Nelken 
in  Handel  gebracht.  Sie  sind  in  der  Regel  schon  daran  zu  erkennen, 
daß  sie  auf  Wasser  schief  oder  horizontal  schwimmen,  während  gute 
Ware  vertikal,  mit  aufwärts  gerichteten  Köpfchen  schwimmt  oder  unter- 
sinkt. Nelkenpulver  wird  nicht  selten  durch  pulverisierte  minderwertige 
Stiele  ersetzt,  die  im  Mikroskop  leicht  an  den  zahlreichen  Steinzellen 
und  leiterförmig  verdickten  Gefäßfragmenten  kenntlich  sind. 

Historisches^):  Nach  chinesischen  und  Sanskritquellen  zu  urteilen, 
gehören  die  »Nelken«  zu  den  ältesten  Gewürzen.  Genauere  Kenntnis 
über  Abstammung  und  Einsammeln  derselben  auf  den  Molukken  brachte 
Varthema  nach  Europa  (1504).  Als  die  Holländer  die  Molukken  er- 
oberten (1605),  zerstörten  sie,  um  allein  den  Handel  in  die  Hand  zu 
bekommen,  alle  Nelkenkulturen  außer  auf  Amboina.  Den  Franzosen 
gelang  es  jedoch  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  Nelken  nach  Bourbon 
und  Mauritius  zu  verpflanzen,  von  wo  sich  die  Kultur  auf  die  eingangs 
erwähnten  Inseln  verbreitete.  —  Der  Name  Karyophyllon  ist  nach 
Schumann^)  auf  das  Sanskritwort  Karipijyali,  [Kari  Nelke,  pippali 
Pfeffer)  zurückzuführen,  welches  im  Arabischen  durch  teilweise  Über- 
setzung in  Kariful(ful)   verwandelt   wurde.     Die   Bezeichnung   »Nelke« 


■1)  Gildem.  u.  Hoffm.,  I.e.,  I.  Aufl..  p.  679;  v.  Soden  u.  Rojahn,  Pharm. 
Ztg.,  Bd.  47,  p.  779. 

2)  In  Brasilien  sollen  als  Surrogat  die  Knospen  von  Galyptraiithes  aromatiea 
St.  Hü.  (»Craveiro  da  terra«)  Anwendung  finden.  Planchon,  1.  c,  II,  p.  336.  Nach 
Dragendorff  (1.  c,  p.  472)  bilden  sie  hingegen  einen  Ersatz  für  Piment. 

3)  Ausführliche  Darstellungen  in  Heyd,  W.,  1.  c,  Flückiger,  1.  c,  p.  802  ff. 
Gildem.  u.  Hoffm.,  1.  c,  p.  669fr. 

4)  Etymologie  und  Geschichte  der  Gewürznelke.  Jahrb.  d.  k.  bot.  Gart.  u.  Mus. 
Berlin,  Ilf,   1884,  p.  i19fl'. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  641 

ist  auf  das  Diminutivum  des  altd.   »Nagal«  nagelken  (=  kleiner  Nagel) 
zurückzuführen. 

8.  Jasminblüten. 

Unter  den  in  der  Übersicht  genannten  Jasminarten  werden  vorzüg- 
lich /.  odoraüssimum  L.,  J.  graridiflorum  LJ)  und  J.  officinale  L. 
der  wohlriechenden  Blüten  halber  in  großem  Maßstabe  gebaut'^).  Die 
erstgenannte  Art  kommt  wildwachsend  auf  den  Kanaren  und  auf  Madera 
vor;  die  Heimat 3)  von  J.  grandiflorum  bildet  der  nordwestliche  Hima- 
laja, J.  officinale  stammt  aus  Vorderasien,  wird  aber  oft  verwildert 
angetroffen.  Sämtliche  Arten  werden  in  der  alten  und  neuen  Welt,  wo 
es  das  Klima  zuläßt,  als  Ziersträucher  gepflanzt.  Zu  Parfümeriezwecken 
kultiviert  man  sie  im  großen,  hauptsächlich  in  Südfrankreich  (Dep.  Var 
und  Alpes-Maritimes^),  woselbst  die  Jahresernte  an  Blüten  etwa  600  000  kg 
beträgt^),  ferner  in  Tunis.  Man  rechnet  pro  Hektar  100  000  Sträucher, 
welche  eine  Jahresernte  von  4000  kg  Blüten  geben. 

Die  regelmäßigen,  unterständigen  Blüten  der  Jasminarten  stehen  in 
wenigblütigen  Trauben  und  besitzen  einen  gezähnten  oder  geteilten  Kelch 
und  eine  5 — Steilige  Korolle,  welcher  zwei  Staubgefäße  inseriert  sind. 
Der  zweifächerige  Fruchtknoten  trägt  einen  Griffel  .  mit  einer  Narbe. 
J.  odoraüssimum  ist  vor  den  beiden  anderen  weißblühenden  Arten  durch 
gelbe  Blüten  mit  5  zähnigem  Kelch  ausgezeichnet.  J.  officinale  unter- 
scheidet sich  durch  borstliche  Kelch-  und  spitz -eiförmige  Kronenzipfel 
von  J.  grandiflorimi^  dessen  Blüten  pfriemliche  Kelchblätter  und  stumpfe 
Korollenzipfel  besitzen.  In  der  Praxis  werden  die  verschiedenen  Arten 
meist  nicht  auseinandergehalten.  Die  Blütezeit  dauert  in  Frankreich  von 
Ende  Juli  bis  September. 

Aus  den  frischen  Blüten  gewinnt  man  zumeist  durch  Enfleurage^) 
eine  Pomade,  aus  welcher  der  Geruchsstoff  zumeist  durch  Alkohol, 
Azeton  usw.  extrahiert  wird.  Das  durch  Abdampfen  des  Lösungsmittels 
gewonnene  Jasminöl  enthält  jedoch  zumeist  verschiedene,  den  Blüten 
nicht  angehörise  Bestandteile,   welche  darauf  zurückzuführen  sind,   daß 


1)  Nach  Beer,  1.  c,  p.  57,  wird  J.  grandiflorum  auf  den  >gemeinen  Jasmin« 
[J.  ofßeinale?)  gepfropft. 

2)  Jedenfalls  würden  sich  auch  andere  Arten  in  gleicher  Weise  verwenden 
lassen;  so  lenkt  Volkens  die  Aufmerksamkeit  auf  das  weißblühende,  nach  Gardenien 
duftende  J.  gardeniodorum  (Notizbl.  d.  k.  bot.  Gart.  u.  Mus.  Berl.,  App.  XXII,  4  910). 

3)  Nach  Knoblauch  in  Engler-Prantl,  IV,  2,  p.  1 6. 

4)  In  Algier,  wo  Jasmin  vorzüglich  gedeiht,  kann  die  Kultur  wegen  der  allein 
in  Südfrankreich  erzielten  Überproduktion  nicht  festen  Fuß  fassen.     Vgl.  P.  Gros,  I.  c. 

5)  Nach  V^iss.  Ber.  v.  Roure-Bertr.-Fls.,  Okt.  1905,  p.  51. 

6)  Das  Enfleurageverfahren  soll  nach  A.  Hesse  (Ber.  d.  Deutsch.  Ghem.  Ges., 
XXXVII  [1904],  p.  1457)  eine  45mal  größere  Ausbeute  liefern  als  die  Extraktions- 
methode. 

Wiesn  er,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  41 


642  Zwanzigster  Abschnitt.     Bliiten  und  Blütenteile. 

das  zur  Absorption  verwendete  Fett  oft  nicht  hinreichend  gereinigt 
wirdi).  Das  ätherische  Extraktül  (Ausbeute  0,077  Proz.)  ist  von  rötlich- 
gelber  Farbe. 

Die  chemische  Untersuchung 2)  ergab  bisher  folgende  Bestandteile 
des  Jasminöles:  Jasmon  (CuHigO),  ein  hellgelbes  Öl  von  intensivem 
Jasmingeruch,  60 — 95  Proz.  Benzyl-  und  Linalylazetat,  6  Proz.  Benzyl- 
alkohol,  15,5  Proz.  Linalool,  ferner  Indol  und  Anthranylsäuremethylester; 
von  F.  Elze  wurde  neuestens  die  Anwesenheit  von  p-Kresol  und  Geraniol 
erwiesen.  Tsuchihashi  und  Tasaki  führen  überdies  Methylanthra- 
nilat  an  3). 

Anthranylsäure  und  Indol  treten  nach  Hesse  nicht  frei  in  den 
Blüten  auf,  sondern  in  Form  komplexer  Verbindungen,  die  erst  bei  der 
Wasserdampfdestillation  oder  bei  der  Enfleurage  gespalten  werden;  sie 
fehlen  daher  im  Petrolätherextrakt  aus  frischen  Blüten  4). 

9.  Lavendelblüten. 

Die  Blüten  einiger  Lavendelarten  kommen  getrocknet  in  Handel 
oder  werden  im  frischen  Zustande  der  Destillation  zur  Darstellung  äthe- 
rischer Öle  unterworfen. 

Die  hier  in  Betracht  kommenden  Lavendelarten  haben  ihre  Heimat 
in  den  westlichen  Mittelmeerländern,  Spanien  und  Frankreich. 

Der  meiste  Lavendel  ^j  kommt  aus  den  französischen  Beständen  (la- 
vandieres),  die  sich  auf  die  Dep.  Alpes  maritimes,  Basses  Alpes,  Dröme, 
Vaucluse,  Gard  und  Herault  verteilen.  Im  Ventouxgebirge  allein  be- 
decken die  Bestände  etwa  i  \  000  ha,  die  einen  jährlichen  Blütenertrag 
von  etwa  1,7  Millionen  kg  liefern  ^j. 


1)  Jeancard  u.  Satie  (Bull.  soc.  chim.  III,  t.  23  [1900],  p.  555)  fanden  in  1  kg 
Jasminpamode  0,05  g  Benzoe,  0,250  g  Orangenblütenöl  und  3  g  Jasminöl.  Siehe  auch 
Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Apr.  1900,  p.  28  und  Okt.  p.  34.  Vgl.  dagegen  Hesse 
(s.  unten). 

2)  H.  u.  M.,  Ber.  d.  Deutsch.  Chem.  Ges.,  XXXII  (1899),  p.  565  u.  765.  —  Hesse, 
Ebenda,  p.  2611,  XXXHI  (1900\  p.  1585,  XXXIV  (1901),  p.  291,  2916  u.  XXXVH  (1904), 
p.  1457.  —  Erdmann,  Ebenda,  XXXIV  (1901),  p.  2281  und  XXXV,  1902,  p.  27.  — 
H.V.Soden,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  II,  Bd.  69,  1904,  p.  267.  —  F.  Elze ,  Chem.  Ztg., 
XXXIV,  912.  —  Vgl.  auch  Verley,  Comptes  rendus,  t.  128,  p.  314  und  Bull.  soc. 
chim.  (HI),  XXI,  p.  226. 

3)  Journ.  Chem.  Ind.,  Tokjo,  Bd.  21,  1918;  Journ.  Soc.  chem.  Industry,  Bd.  38, 
1919. 

4)  Vgl.  dagegen  H.  v.  Soden,  I.  c. 

5)  Der  Name  Lavendel  hängt  zusammen  mit  dem  lat.  lavare  =  waschen,  baden. 
Die  Pflanze  (L.  Sfoechas?)  wurde  im  Altertum  zu  wohlriechenden  Bädern  verwendet. 

6)  H.  Laval,  Journ.  Pharm,  et  Chim.,  1886,  p.  593  u.  649.  —  Eine  Karte  des 
Produktionsgebietes  in  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Apr.  1902. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blülenteile.  643 

Lavendelüle  liefern  ferner  Spanien  und  die  großangelegten  Kulturen 
Englands  in  Mitcham,  Hitchin  und  Amphill,  die  aber  in  neuerer  Zeit  an 
Bedeutung  eingebüßt  haben i).  Auch  sonst  wird  gelegentlich,  wo  es 
Klima  und  Boden  zulassen,  Lavendel  kultiviert,  doch  haben  derartige 
Kulturen  nur  lokale  Bedeutung  2). 

Die  französischen  Destillateure  unterscheiden  dreierlei  Lavendel- 
sorten: petite,  moyenne  und  grosse  Lavande.  Diese  verteilen  sich  auf 
folgende  botanische  Arten: 

i.  L.  officinalis  Chaix,   Lavendel,  lavande  v^ritable  od.  femelle 
subsp.  fragrans  Jordan^  1.  moyenne 

>       Delphinensis  Jordan,  petite  od.  fme  1. 

2.  L.  latifolia   Vill.,  Spik,  grande  1.,  1.  male. 

3.  L.  latifolia  X  L.  offic,  fragrans,   Chat.,   Lava-ndin,   grosse   1., 
1.  batarde. 

1.  L.  officinalis  ist  ein  bis  \  m  hoher  Halbstrauch  mit  linealen, 
wenigstens  in  der  Jugend  weißfilzigen,  am  Rande  zurückgerollten  Blättern 
und  rutenförmigen  Zweigen.  Die  kurz  gestielten  Blüten  stehen  in  oben 
dichten,  unten  lockeren,  etwa  5 — 7  cm  langen  unterbrochenen  Ähren, 
welche  sich  gewöhnlich  aus  6 — 1 0  blutigen  Scheinquirlen  zusammen- 
setzen. Die  in  jedem  Quirl  von  zwei  spitz-ovalen,  trockenhäutigen  Deck- 
blättern gestützten  Blüten  erreichen  eine  Länge  von  10 — 13  mm.  Der 
im  oberen  Teile  bläuliche  Kelch  ist  röhrig,  oben  verengt  mit  1 0 — 1 3 
nach  außen  vorspringenden  Längsrippen  versehen  und  durch  verästelte 
Haare  filzig.  Von  den  fünf  Zähnen  sind  vier  sehr  klein,  der  fünfte  gegen 
die  Oberlippe  gewendete  hingegen  groß,  breit  und  lebhaft  blau  gefärbt. 
Blumenkrone  blauviolett  (»lavendelblau«),  im  unteren  Teile  gelblich,  zwei- 
lippig,  doppelt  so  lang  als  der  Kelch.  Oberlippe  zwei-,  Unterlippe 
dreilappig,  namentlich  außen  von  verästelten  Haaren  bedeckt.  Die  vier 
kurzen,  fast  gleich  langen  Antheren  ragen  aus  dem  Schlünde  nicht  her- 
vor.    Das  Gynözeum  zeigt  den  für  Labiaten  typischen  Bau. 

Ein  mikroskopischer  Querschnitt  durch  den  Kelch  (Fig.  240)  zeigt 
in  den  Längsrippen  verlaufende,  aus  wenigen  Xylem-  und  Phloemele- 
menten  bestehende   Gefäßbündel,   zwischen  welche  sich  ein  im  basalen 


1)  In  England  geht  die  Kultui'  in  neuerer  Zeit  stark  zurück.  The  Brit.  and  Col. 
Drugg.,  XXI  (1897),  Nr.  -16.  Über  Art  der  Kultur  und  Gewinnung  siehe  Holmes, 
Pharm.  Journ.  and  Tr.  1890,  p.  196.  Brit.  and  Col.  Drugg.,  XXXIV  (ISgS),  Nr.  12 
(n.  Jahresb.  üb.  d.  Fortschr.  d.  Pharm.,  1898,  p.  140).  —  Auch  in  Australien  (Par- 
fum-Farm  in  Donolly)  gewinnt  man  u.  a.  Lavendelöl,  das  aber  wohl  nicht  in  euro- 
päischen Handel  kommt.  Pharm.  Ztg.,  Bd.  37  (1892),  p.  541.  Die  Eigenschaften  des- 
selben untersuchte  Umney,  Pharm.  Journ.  (IV)  III  (1896),  p.  200. 

2)  So  wird  L.  vera  in  ziemlich  bedeutendem  Umfange  auf  den  Abhängen  dos 
Bisamberges  bei  "Wien  kultiviert. 

41* 


644 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


Teile  mächtiger  Baststrang,  (b)  einschiebt,  der  sich  gegen  den  oberen 
Kelchrand  hin  verliert.  Er  besteht  aus  kurz  spindelförmigen,  reichlich 
getüpfelten  Zellen.  Das  Mesophyll  wird  durch  mehrere  Lagen  kristall- 
führender Parenchymzellen  gebildet.  Die  stark  verdickte  Epidermis  der 
Außen-(Unter-)seite  ist  durch  mannigfache  Haarbildungen  ausgezeichnet. 
Die  Hauptmenge  bilden  mehrzellige,  oft  etagenförmige  Sternhaare  mit 
feinwarziger  Kutikula  (Fig.  240/?   u.  241^);    im   oberen  Kelchabschnitte 


Fig.  2)0.    Vergr.  170.    Querschnitt  durch  eine  Rippe  des  Kelches  von  Luv.  vera. 
e  Epidermis  der  Außenseite,  e'  dickwandige,  «2  dünnwandige  Epidermiszellen  der  Innenseite,    h  etagen- 
förmige Sternhaare,  K  kleines,  I)  großes  Drüsenhaar,  /  Fuß-,  s  Stielzelle,    c  Kutikula,  sp  SpaltöiFnung, 
X  Xylem,  ph  Phloem,  h  Bast. 


führen  sie  häufig  einen  hellblauen  Zellsaft.  Zwischen  den  beschriebenen 
Trichomen  treten  kleine  Küpfchenhaare  (Kleindrüsen«  Fig.  240 Z;),  in  den 
Riefen  zerstreut  große  Drüsen i)  (»Großdrüsen«  Fig.  241  i?  u.  Fig.  240Z)) 
mit  8-zelligem  Köpfchen  und  blasenförmig  abgehobener  Kutikula,  sowie 
über  das  Niveau  der  Epidermiszellen  emporgehobene  Spaltöffnungen  (sp) 
auf.     Die  Oberhaut  der  Kelchinnenseite  besteht  gleichfalls  aus  mächtig 


1)  Gleichgestellte  Drüsen  treten  auch  in  geringer  Zahl  auf  den  Deckblättern  und 
der  Korolle  auf.  Über  den  Bau  der  Labiatendrüsen  s.  Tschirch,  Angew.  Pllanzen- 
anat.,  1889,  p.  462. 


Zwanzigster  Abschnitt. 


lüten  und  Blütenteile. 


645 


verdickten  und  verholzten  (e^),  unter  den  Gefäßbündeln  jedoch  zart- 
wandigeren  und  un  verholzten  Elementen  (e^).  Von  der  Fläche  gesehen 
erscheinen  sie  schwach  gewellt  und  ausgezeichnet  durch  den  reichen 
Besitz  an  Kalkoxalatkristallen. 

Die  Korolle  ist  hinreichend  zart,  um  nach  geringer  Aufhellung  in 
toto  die  wichtigsten  anatomischen  Verhältnisse  erkennen  zu  lassen.  Auch 
hier  treten  verschiedene  Haartypen  auf.  Außen  befinden  sich  Stern- 
haare von  der  oben  beschriebenen  Gestalt,  auf  der  Innenseite  trifft  man 
im  basalen  Teile  lange,  einzellige  Haare  an,  die  mit  zahlreichen  Höckern 
(Aussackungen)  besetzt  sind;  daneben  stehen  namentlich  im  mittleren 
Teile  der  Krone  Küpfchenhaare,  deren  Fußzelle  mit  ähnlichen  Höckern 
bedeckt  (Fig.  241,  C,  /),  seltener  glatt  ist.  Die  Oberhautzellen  sind  auf 
der  Außenseite  im  oberen  Teile  der  Korolle,  auf  der  Innenseite  hingegen 


Fifj.  241.    Vergr.  200.    Trichome  von  Lav.  vera.    A  Sternhaare  v&n  obeu.    B  Großdrüse  von  oben,  c  ge- 
sprengte Kutikula.     C  Köpfchenhaar,    p  papillöse  Epithelzellen;  /  Fnßzelle,  si  Stielzelle.    A' Köpfchen 
des  Haares.    A  und  B  von  der  Außenseite  des  Kelches,  C  von  der  inneren  Seite  der  Korolle. 

durchweg  zu  kegelförmigen  Papillen  vorgewölbt.  In  dieser  Partie  treten 
überdies  häufig  kurze  innere  Vorsprungsbildungen  auf^).  Der  Sitz  des 
ätherischen  Öles  ist  vorzugsweise  in  den  Drüsenhaaren  zu  suchen. 

Die  ßlütezeit  des  Lavendels  währt  in  Frankreich  und  Italien  von 
Juli  bis  August;  in  höheren  Lagen  tritt  sie  natürlich  entsprechend 
später  ein. 

Im  Handel  unterscheidet  man  bisweilen  Fl.  Lav.  hortensis  und  Fl. 
Lav.  gallicae^).  Jene  bestehen  fast  nur  aus  den  noch  nicht  völlig  ge- 
öffneten Blüten,  während  diese  daneben  noch  Fragmente  von  Blüten, 
Stielen  und  Blättern  enthalten.  Zuweilen  sollen  auch  die  von  den  Kelchen 
befreiten  Korollen  in  den  Handel  gebracht  werden,  die  besonders  feines 


1)  Morphologie    und  Anatomie   der  Blüte   ist  sehr  ausführlich   in  Tschirch  u. 
Oesterle  (1.  c,  p.  290  ff.  ii.  Taf,  66)  und  A.  Meyer  (1.  c,  p.  318ff.)  abgehandelt. 

2)  z.  B.  Katalog  der  Firma  Fritz  (Wien). 


646  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

Ol  enthalten,  aber  nicht  zur  Darstellung  desselben,  sondern  zur  Her- 
stellung anderer  Parfüraerieartikel  verwendet  werden  i). 

Die  beiden  einleitend  genannten  Unterarten  unterscheiden  sich  von- 
einander in  mehrfacher  Hinsicht,  doch  scheint  es  nicht  an  Zwischen- 
formen zu  fehlen.  L.  flne  (L.  Delphinensis),  dessen  Blüten  das  wertvollste 
Destillat  liefern,  bewohnt  die  höheren  Lagen  des  Gebietes;  kräftige 
Stengel  mit  biegsamen  Zweigen,  länglich  lanzettliche  ausgebreitete  Blätter 
und  lockere  Ähren  charakterisieren  diese  Form.  Die  weit  verbreitete 
L.  moyenne  (L.  fragrans)  besiedelt  die  niedrigeren  dürren  Berg-  und 
Hügelketten;  sie  unterscheidet  sich  von  jener  durch  zahlreiche  sehr 
dünne  nicht  biegsame  Zweige  mit  aufgerichteten,  schmalen  stark  gerollten 
Blättern  und  dichten  Blütenähren. 

Zur  Destillation   des  Lavendelöls   werden   die  Infloreszenzen  —  am 


gewöhnlich  der  Wasserdampfdestillation  an  Stelle  der  weniger  rationellen, 
in  Frankreich  allerdings  bis  vor  kurzem  am  meisten  angewandten,  alt- 
hergebrachten Destillationsweise  mit  Wasser.  In  diesem  Falle  bringt  man 
das  frische  Blütenmaterial  in  tragbare  Destillierblasen  (distillerie  ambu- 
lante), die  möglichst  nahe  dem  Gewinnungsorte  aufgestellt  und  über 
offenem  Feuer  erhitzt  werden 2).  Man  beginnt  etwa  anfangs  August  mit 
der  Verarbeitung  des  Materials  in  den  niedriger  gelegenen  Gebieten  und 
schreitet  in  dem  Maße,  als  die  Blüten  sich  entfalten,  in  immer  höhere 
Lagen  aufwärts.  Das  in  den  höchstgelegenen  Teilen  (Alpen,  Cevennen) 
gewonnene  Öl  ist  besonders  geschätzt  und  zeichnet  sich  durch  seinen 
hohen  Estergehalt  (40,  ausnahmsweise  sogar  über  50  Proz.)  aus.  Die 
Ölausbeute  beträgt  etwa  0,5 — \  Proz.  Aus  getrockneten  französischen 
Blüten  wurden  1,2  Proz.s),  aus  frischen,  in  Deutschland  gezogenen 
'1 ,5  Proz.  gewonnen.  Blüten  englischer  Provenienz,  die  von  den  Stielen 
befreit  waren,  lieferten  1,2 — 1,6  Proz,  ätherisches  ÜH).  —  Die  Jahres- 
produktion an  Öl  schwankt  etwa  zwischen  25  und  60  000  kg.  In  An- 
betracht der  zu  erwartenden  Rentabilität  tritt  man  neuestens  namentlich 
in  Frankreich  für  die  Anlage  von  Lavendelkulturen  ein,  wobei  pro  Hektar 
etwa  14  000  Pflanzen  gerechnet  werden^). 

Lavendelöl  stellt  eine  Flüssigkeit  von  leicht  gelblicher  oder  grünlich- 
gelber Farbe   dar,   die  einen   stark  aromatischen  bitterlichen  Geschmack 


1)  "Wiesner,  \.  Aufl.,  p.  699. 

2)  Einen  ausführlichen  Bericht   über  Einsammlung  und   Destillation    lieferte  H. 
Laval  in  der  eingangs  zitierten  Arbeit. 

3)  Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Okt.  1893,  p.  24. 

4)  Flückiger,  Pharmacographia,  p.  477. 

5)  Lamothe,  Lavande  et  Spie.     2.  Aufl.     Le  Grand-Serre  (Dröme)  1908. 


Zwanzigster  Abschaitt.     Blüten  und  BlüLenteile.  647 

und  intensiven  Geruch  nach  den  Blüten  besitzt.  Spez.  Gew.  0,885 — 0,895, 
bei  Lavendelülen  englischer  Provenienz  nach  Umney  selbst  bis  0,900  ^j. 
Es  ist  in  2,5 — 3  Volumteilen  70  proz.  Alkohols  klar  löslich 2);  Jodzusatz 
bewirkt  Explosion  3). 

In  chemischer  Hinsicht  wurden  die  Lavendelüle  französischer 
Provenienz  am  eingehendsten  untersucht  ^j.  Sie  enthalten  Linalool  (frei, 
hauptsächlich  aber  als  Azetat 5),  ferner  als  Butyrat,  Valerianat-)  Geraniol 
und  d-Borneol  (frei  sowie  als  Ester  der  Essig-  und  Kapronsäure)  Gineol, 
Furfurol,  Kuraarin,  Karyophyllen^)  ein  Keton  (Äthylamylketon?)  und  in 
Spuren  noch  andere  nicht  völlig  sicher  identifizierte  Stoffe.  Den  wert- 
vollsten unter  diesen  stellt  das  Linalylazetat  dar.  In  neuerer  Zeit  erfolgt 
daher  die  Wertbestimmung  des  Lavendelöles  auf  Vorschlag  der  Firma 
Schimmel  &  Co.  außer  durch  die  Geruchsprüfung  meistens  auch  durch 
Bestimmung  des  Estergehaltes.  Er  beträgt  für  gute  französische  Öle 
30 — 45  Proz.  (Grenzwerte  26 — 60  Proz.).  Öle  englischer  Herkunft  lassen 
sich  nicht  vergleichen.  Sie  sind  wegen  ihres  Aromas  sehr  geschätzt, 
obgleich  sie  nur  einen  Estergehalt  von  5 — 1 0  Proz.  aufweisen ').  Sie 
haben  eine  abweichende  chemische  Zusammensetzung,  namentlich  einen 
hohen  Cineolgehalt,  der  auch  das  Aroma  modifiziert.  Spanische  Öle 
zeigten  gleichfalls  niedrigen  Estergehalt,  wiesen  aber  auch  sonst  völlig 
andere  physikalische  Eigenschaften  auf^). 


1)  Pharm.  Journ.,  (IV)  I  (1895),  p.  199  und  Pharm.  Ztg.,  XL  (1895),  p.  456  f. 

2)  Über  die  Abhängigkeit  der  Löslichkeit  vom  Estergehalt  s.  Schimmel  &  Co., 
Berichte,  Okt.  1901,  p.  34.  —  Das  von  H.  Haensel  in  Handel  gebrachte  »terpenlreie« 
Lavendelöl  zeichnet  sich  in  erster  Linie  durch  die  große  Löslichkeit  in  Alkohol  aus. 
Es  ist  in  90  proz.  Alkohol  in  allen  Verhältnissen  löslich.  Von  60  proz.  Alkohol  sind 
nur  3,7  Teile  zur  Lösung  von  1  Teil  Öl  nötig.  Vgl.  R.  Hefelraann,  Über  das  terpen- 
freie  Lavendelöl  von  H.  Haensel,  Pirna  (Beil.  zu  Haensels  Bericht,  1895,  Nr.  4)  u. 
E.  J.  Parrey,  Terpeneless  essential  oils,  Verl.  Haensel.     Pirna  1900. 

3)  Barenthin,  C,  Arch,  d.  Pharm.,  Bd.  224,  p.  848. 

4)  Namentlich  von  Bertram  u.  Walbaum,  Journ.  f.  pr.  Chemie  (H),  Bd.  45 
(1892),  p.  590  und  Semmler  u,  Tiemann,  Ber.  d.  Deutsch,  ehem.  Ges.,  XXV  (1892), 
p.  1187.  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1900,  p.  40,  Apr.  1903,  p.  40.  Siehe  auch 
Gildem.  u.  Hoffm.,  1.  c,  \.  Aufl.,  p.  789;  daselbst  auch  weitere  Literatur,  desgl.  bei 
Flückiger,  Pharmakognosie,  p.  811  ff. 

5)  Nach  Gharabot  wird  das  ursprünglich  vorhandene  Linalool  durch  freie 
Essigsäure  in  das  Azetat  umgewandelt,  dessen  Quantität  zur  Blütezeit  ihr  Maximum 
erreicht.     (C.  r.  Paris,  t.  103,   p.  257.) 

6)  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Apr.  1913,  p.  66. 

7)  Siehe  auch  Umney,  1.  c. ;  Ref.  in  Pharm.  Ztg.,  XL  (1895),  p.  456  f. 

8)  E.  Gharabot  fand  für  spanische  Öle:  Spez.  Gew.  0,912— 0,916,  aD=  +  13°20' 
bis  16''25',  Estergehalt  3,15—3,4  Proz.  (Bull.  Soc.  Chim.,  (HI)  XVII,  p.  378f.).  Sie 
stammten  vielleicht  von  anderen  Lavendelarten.  —  Auch  in  itahenischen  Ölen  kann 
der  Estergehalt  auf  25  Proz.  sinken. 


648  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

2.  Lav.  Spica  ist  von  der  vorigen  Art  durch  einen  meist  höheren, 
reicher  verzweigten  Stamm  unterschieden.  Die  Infloreszenzen  sind  ge- 
drängter, die  Deckblätter  schmal-lineal,  pfriemlich,  aber  krautig,  so  lang 
wie  die  weißlichen  Kelche,  die  von  dichtanliegenden  Sternhaaren  bedeckt 
sind;  Korollen  viel  kürzer  als  bei  der  vorigen  Art.  Die  Blüten  entfalten 
sich  etwa  Ende  August. 

Die  Pflanze  ist  in  Frankreich  (Dep.  Dröme,  Hautes  Alpes,  Basses 
Alpes,  Var,  Alpes  maritimes  usw.)  und  Spanien  weit  verbreitet  und  wird 
seit  kurzem  auch  in  Dalmatien  mit  Erfolg  kultiviert.  Die  Destillation 
hefert  eine  Ausbeute  von  etwa  0,4 — 0,6  Proz.  Die  Gesamtproduktion 
beträgt  in  Frankreich  etwa  25000  kg  Öl. 

Unter  Spikül  versteht  man  entweder  ein  nicht  einheitliches  Produkt 
aus  verschiedenen  Lavendelarten  (L.  officinaUs  und  L.  Spica)  oder  im 
engeren  Sinne  das  Öl,  welches  aus  den  Infloreszenzen  von  L.  Spica  durch 
Destillation  gewonnen  wird.  Das  sogenannte  »spanische  Lavendelöl«  ist 
in  der  Regel  nichts  anderes  als  ein  Spikül.  Dieses  gelbliche  ätherische 
Öl  besitzt  kampferartigen  Geruch,  der  zwischen  Lavendel  und  Rosmarin 
steht.  Spez.  Gew.  0,905 — 0,915,  Estergehalt  etwa  5  Proz.;  klar  löslich 
in  2—3  Teilen  70  proz.  Alkohols. 

Bisher  wurden  als  Bestandteile  aufgefunden  i);  d-Kampfer,  d-Pinen(?), 
Cineol,  ferner  in  der  höher  siedenden  Fraktion  (um  200°)  1-Linalool,  d- 
Borneol,  Terpineol(?),  Geraniol(?)  und  endlich  ein  Sesquiterpen. 

3.  Lavandin.  Seiner  Bastardnatur  entsprechend  nimmt  er  in  seinen 
Eigenschaften  eine  Zwischenstellung  zwischen  Lavendel  und  Spik  ein. 
Er  tritt  namentlich  in  der  Zone  der  Steineiche  auf;  hier  verdrängt  er 
den  wertvolleren  Lavendel,  dem  er  jedoch  in  höheren  Lagen  das  Feld 
räumen  muß.  Auch  in  der  Blütezeit  hält  er  sich  annähernd  zwischen 
seinen  Stammeltern,  die  er  an  Blütenmenge  und  Ölgehalt  übertrifl't 
70 — 80  kg  Blüten  liefern  bereits  \  kg  Destillat,  wozu  etwa  145  kg  La- 
vendelblüten erforderlich  sind.  Das  ätherische  Öl  ist  jedoch  wegen  seines 
kampferähnlichen  an  Spik  erinnernden  krautartigen  Geruches  weniger 
wertvoll.  Der  Estergehalt  liegt  niedrig  und  beträgt  im  Mittel  etwa 
24  Proz.-  Die  Blüten  werden  nicht  gesondert,  sondern  gemeinschaftlich 
mit  echtem  Lavendel  geerntet  und  destilliert,  worunter  natürlich  die 
Qualität  der  Öle  stark  beeinträchtigt  wird. 

4.  Von  anderen  Lavendelarten,  deren  ätherische  Öle  bisweilen  dar- 
gestellt werden,  seien  noch  erwähnt  L.  Stoechas  L.,  L.  dentata  L.^)  und 
L.  pedunculata  CavJ),  die  sowie  die  vorigen  im  Mittelmeergebiete  hei- 


1)  Nach   den   neueren  Arbeiten  von  Voiry  u.  Bouchardat,  Gomptes  rendus^ 
106  (1888),  p.  n^i.  —  Bouchardat,  Ebenda,  Bd.  11?  (1893),  p.  53  u,  1094. 

2)  Über  das  äther.  Blütenöl  s.  Gildem.  u.  Hoffm.,  1.  c,  I.  Aufl.,  p.  798. 

3)  Schimmel  &  Co.,  Berichte,  Okt.  1898,  p.  32. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  649 

misch    sind.     Sie   sind   derzeit   für   den   Handel   von   keiner  Bedeutung, 
sollen  daher  hier  nur  nehenbei  Erwähnung  finden. 

Lav.  Stoeckas  L.  besitzt  dunkelpurpurne  kleine  Blüten,  die  in  dichten 
kurzen  Scheinähren  angeordnet  sind,  an  deren  Spitze  die  violetten  Deck- 
blätter schopfig  gehäuft  stehen.  Die  Blüten  kommen  ziemlich  selten  im 
trockenen  Zustande  als  Flores  Stoechadis  arahicae^)  in  Handel.  Nach 
Burkill  werden  sie  heute  vollständig  ersetzt  durch  L.  dentata  (»Astuk- 
hudu«),  dessen  Kraut  im  Orient  als  \ Heilmittel  und  in  der  Parfümerie 
Verwendung  findet  2), 

10.  Insektenpulverhlüteu. 

Die  Blüten  einiger  Kompositen  besitzen  in  mehr  oder  minder  hohem 
Grade  die  Eigenschaft,  im  getrockneten  und  pulverisierten  Zustande  auf 
Insekten  tödfich  zu  wirken.  Die  Insektizide  Wirkung  ist  jedoch  nur  bei 
wenigen  Arten  3)  in  genügend  starkem  Maße  vorhanden,  um  praktische 
Bedeutung  zu  haben.  Der  Umstand,  daß  das  Vermählen  der  Blüten 
einen  nicht  unbedeutenden  Industriezweig  bildet,  rechtfertige  die  Auf- 
nahme derselben  in  diesem  Buche. 

Die  in  Verwendung  kommenden  Arten  sind:  Chrysanthemum  cine- 
rariaefolium  (Trev.J  Bocc,  Pyrethrum  roseum  M.  B.  und  das  davon 
kaum  verschiedene  Pyr.  carneum  M.  B.  Die  erstgenannte  Pflanze  be- 
wohnt die  felsigen  Gebiete  von  Dalmatien,  Montenegro  und  Herzegowina, 
wo  sie  bis  zur  Höhe  von  1000  m  aufsteigt;  sie  liefert  die  dalmatiner 
Insektenblüte  oder  Flores  Chrysanthemi.  Die  beiden  letztgenannten 
Arten  gedeihen  im  ganzen  Kaukasusgebiete  (bis  2000  m  Seehühe),  vor- 
züglich in  der  Gegend  von  Alexandropol  und  Elisavetpol.  Von  ihnen 
stammt  das  kaukasische  (fälschlich  persische)  Insektenpulver.  Im  Kau- 
kasus werden  nur  Köpfchen  der  wildwachsenden  Pflanzen  eingesammelt'*). 
Eine  Desjatine  (0,925ha)  liefert  etwa  10  Pud  (=163  kg)  Blüten,  die 
durch  Trocknen  und  Pulverisieren  3/4  ihres  Gewichtes  verlieren.  Die 
Ernte  betrug  im  Jahre  1878   bloß   6000  Pud  gegen   20  000  Pud  in  den 


1)  Vogl,  Kommentar,  p.  124. 

2)  Nach  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Apr.  ig-IO,  p.  66. 

3)  Außer  den  angeführten  Arten  sollen  noch  die  Blüten  folgender  Kompositen 
Insektizide  Eigenschaften  besitzen:  Chrys.  caucasicuTn  Willd,,  Chr.  corymbosum  L. 
u.  Chr.  macrophyllum  Waldst.  u.  Kitaibel  (Lit.  bei  Flückiger,  Pharmakogn.,  p.  826, 
Anm.  2),  ferner  Chr.  Parihenium  Pers.,  Chr.  inodorum  L.  u.  Tanacetum  vidgare  L. 
(Nach  Kallbruner,  Zeitschr.  d.  österr.  Apoth.-Ver.,  1874,  p.  543).  Einige  weitere 
Arten  bei  Dragendorff,  1.  c,  p.  676.  Siehe  auch  Böhmer,  Über  Chr.  corymbosum, 
Pharm.  Ztg.,  XL  (1895),  p.  523. 

4)  Semenoff,  Beobachtungen  üb.  d,  Wirkung  d.  kaukas.  roten  Camille  usw. 
Inaug.-Diss.,  Petersburg  1877. 


650  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

fünfziger  Jahren,  da  die  kaukasischen  Blüten  durch  die  dalmatiner  immer 
mehr  zurückgedrängt  werden.  Von  diesen  finden  sich  die  ausgedehntesten 
Kulturen ')  im  südUchen  Dalmatien  und  Montenegro,  zu  welchen  Gebieten 
in  neuerer  Zeit  auch  Brazza,  Lussin  u.  a.  dalmatinische  Inseln  hinzu- 
getreten sind.  Die  Anbaufläche  ist  vom  Jahre  1875  —  1896  von  0,2  Proz. 
auf  0,45  Proz.  gestiegen  ^j.  Die  Anbaufläche  beträgt  derzeit  in  Dalmatien 
etwa  700  ha,  die  eine  durchschnittliche  Jahresernte  von  7000  bis 
10  000  Zentner  trockener  Blüten  liefern 3).  Die  Blütezeit  dauert  vom  Mai 
bis  September. 

Die  Wirksamkeit  der  Blüten  ist  am  größten,  wenn  sie  zur  Zeit  des 
Aufblühens  gesammelt  werden,  tritt  aber  erst  mit  dem  Trocknen  und 
Pulverisieren  ein.  Man  unterscheidet  im  Handel  zwischen  nicht  oder 
wenig  aufgeblühten  (»geschlossenen«  und  »halbgeschlossenen«)  und  ganz 
geüff"neten  oder  abgeblühten  (»ofl"enen«)  Blüten.  Die  toxische  Wirkung 
der  letzteren  ist  nur  gering *).  Besondere  Sorgfalt  ist  auf  das  Stadium 
des  Einsammelns,  das  nur  bei  trockenem  Wetter  geschehen  soll,  und  auf 
das  Trocknen  zu  verwenden.  Dieser  Prozeß  wird  daher  im  Schatten 
oder  bei  den  kaukasischen  Blüten  erst  in  der  Sonne,  dann  im  Schatten 
vorgenommen.     Das  Kraut  ist  ganz  unwirksam^). 

Die  Dalmatiner  Blüten  kommen  hauptsächlich  über  Triest  in  toto 
oder  pulverisiert  in  Handel.  Zur  Zerkleinerung  dienen  eigene  Mühlen, 
von  denen  sich  die  grüßte  in  Sebenico,  mehrere  in  Triest  befinden.  Die 
kaukasischen  Blüten  werden  zumeist  über  P(3ti  am  Schwarzen  Meere  nach 
Europa  verschifft. 

Der  Anbau  beider  Arten,  in  neuerer  Zeit  namentlich  von  Chrys. 
ein.,  wurde  schon  wiederholt  in  verschiedenen  Gegenden  versucht.  So 
existieren  Kulturen  von  P.  roseum  und  C/w.  einer ariaefolium  in  Frank- 


1)  Die  überwiegende  Masse  des  Dalmatiner  Insektenpulvers  stammt  von  kulti- 
vierten Pflanzen,  die  sich  vor  den  wilden  durch  etwas  größere  Blüten  auszeichnen. 
Auch  die  sogenannten  >wilden«  Blüten  sind  zumeist  nichts  anderes  als  geschlossene, 
daher  kleiner  aussehende  Blüten  gebauter  Pflanzen. 

2)  V.  Beck,  Die  Vegetationsverhältnisse  der  illyrischen  Länder  (aus:  Die  Vege- 
tation der  Erde  von  Engler  u.  Drude,  IV).  Leipzig  1901.  —  Baldacci,  A.,  Re- 
lazioni  interno  al  Piretro  insetticida  di  Dalmazio  o  Pyr.  ein.  Bologna,  Soc.  agr. 
1894. 

3)  Slaus-Kantschieder  (Versuchsanst.  Spalato) ,  Pharm.  Post.  1913,   p.  463. 

4)  Nach  Vogl  (Kommentar,  p.  117)  besteht  die  beste  Sorte  aus  den  geschlos- 
senen Körbchen  wildgewachsener  Pflanzen  (Montenegriner);  mindere  Sorten  sind  die 
halb  und  ganz  geöff'neten  Köpfchen  wild  gewachsener  (Ragusaner,  Albaneser),  sowie 
jene  kultivierter  Pflanzen  (Starigrader,  Kastei  usw.). 

5)  Nach  B.  Reis  (Pharm.  Ztg.,  XXXIII,  1888,  p.  132)  dienen  die  Stiele  nicht 
allein  >ls  Fälschungsmittel,  sondern  auch  als  grobes  Pulver  für  Felle  und  Pelzwerk. 
Daß  aber  diesem  Pulver  Insektizide  Wirkung  zukommt,    muß    bezweifelt  werden. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  651 

reich,  solche  von  Dalmatiner  Insektenblüten  in  Kalifornien  i),  in  neuester 
Zeit  auch  in  Algier  2).  Auf  den  Berliner  Rieselfeldern  führte  man  seiner- 
zeit gleichfalls  versuchsweise  den  Anbau  von  Insektenpulverpflanzen  ein. 
Die  morphologischen  und  anatomischen  Verhältnisse  beider  Arten 
sollen  getrennt  behandelt  werden. 

a)  Flores  Ghrysanthemi^). 

Die  Droge  besteht  aus  den  köpfchenfürmigen  mehr  oder  minder 
entwickelten  Blütenständen,  die  zumeist  noch  mit  einem  1/9 — ^  cm  langen 
Rest  des  hohlen  gerippten  Blütenstieles  (Infloreszenzachse)  in  Verbindung 
stehen.  Der  Querschnitt  durch  denselben  zeigt  entsprechend  den  Rippen 
isolierte  Kollenchymstränge,  unter  denen  die  Gefäßbündel  verlaufen.  In 
den  Riefen  stehen  neben  einfachen  Trichomen  T- förmige  Haare  mit 
2 — 4  zelligem  Stiel  und  spindelförmiger,  dickwandiger  Endzelle.  Die  Ober- 
hautzellen besitzen  eine  deutlich  gestreifte  Kutikula.  Das  geschlossene 
Köpfchen  hat  eine  etwa  eiförmige,  das  entfaltete  eine  halbkugelige  Ge- 
stalt; sein  Durchmesser  beträgt  im  geschlossenen  trockenen  Zustande 
0,5 — 0,8  cm,  offen  bis  1,2  cm  (ohne  Zungenblüten).  Der  Durchmesser 
des  offenen  Köpfchens  mißt  im  lebenden  Zustande  (einschließUch  der 
Randblüten)  etwa  5  cm.  Die  dasselbe  einschließenden,  sich  dachziegelig 
deckenden  Hüllblätter  haben  außen  eine  gelblichbraune,  auf  ihrer  Innen- 
seite eine  gelblichweiße  Färbung.  Die  äußeren  sind  kurz,  lanzettlich, 
gekielt,  die  folgenden  dagegen  spatelig  und  nahezu  flach.  Der  Blattrand 
wird  durchweg  von  einem  trockenhäutigen,  weißlichen  Saume  gebildet. 
Die  unterseits  bedeutend  verdickte  Epidermis  ist  durch  den  Besitz  von 
Spaltöffnungen  und  T- förmigen  Haaren  von  dem  oben  erwähnten  Bau 
ausgezeichnet.  Im  »Mittelgewebe«  (Vogl)  der  Hüllblätter  liegt  zu  beiden 
Seiten  des  Gefäßbündels  je  eine  Gruppe  grob  getüpfelter  kurzer  Skleren- 
chymfasern^),    die   in   den   pulverisierten  Blüten   leicht   aufzufinden  sind. 

Die  Anzahl  der  nur  eingeschlechtlichen  und  zwar  weiblichen  Rand- 
oder Strahlblüten  beträgt  weniger  als  20.  Ihr  Pappus  (bleibender  Kelch) 
ist  trockenhäutig,  undeutlich  gezähnt.     Die  bis   16  mm  lange,   4 — 6  mm 


1)  Boisse,  Rev.  d  sc.  nat.  appl.  1894,  Nr.  25.  —  Feil,  New  Reraedies  1881, 
p.  116  (n.  Just,  Bot.  Jahresber.,  1881,  11,  p.  664).  —  Kew  Bull.  1899,  p.  297f. 

2)  Pharm.  Ztg.,  1900,  p.  81. 

3)  Flückiger,  Pharmakognosie,  p.  825ff.  —  Tschirch  und  Oesterle,  I.e., 
p. -172fr.  u.  T.  40.  —  Vogl,  Kommentar,  p.  116.  —  Ferner  Unger,  H.,  Pharm.  Ztg., 
XXXIII  (1888),  p.  81,  131,  166.  —  Kirkby,  W.,  Pharm.  Journ.  and  Tr.,  XIX,  1889. 
—  T.  F.  Hanausek,  Pharm.  Post,  1892;  dasselbe  teilweise  ergänzt  und  berichtigt 
im  Lehrb.  d.  techn.  Mikroskopie.  Stuttgart  1900,  p.  293.  —  Gollin,  E.,  Pharm.  Journ. 
(IV)  XIII,  1901,  p.  474. 

4)  Sehr  ausführlich  mitgeteilt  von  T.  F.  Hanausek,  1.  c. 


652 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


breite  weiße  Korolle  endigt  in  3  Zähnchen,  unter  denen  die  4  wenig 
verzweigten  Hauptnerven  zu  3  Spitzbogen  zusammenschließen.  Rand- 
maschen werden  von  den  Nerven  nicht  gebildet  i).  Der  3  mm  lange, 
fast  keulenförmige,  unterständige  Fruchtknoten  besitzt  5  vorspringende 
Rippen.  Der  Griffel  ist  in  zwei  mit  Papillen'  besetzte  Narbenschenkel  ge- 
teilt. Der  anatomische  Bau  der  Blüte  ist  im  wesentlichsten  folgender: 
Der  nur  wenige  Zellagen  dicke  Pappus  (Fig.  242)  besteht  aus  ziemlich 
derbwandigen  polygonalen  Zellen,  unter  denen  einzelne  eine  schraubige 
Verdickung  aufweisen.  Dazwischen  kommen  auch  grob  getüpfelte  Skie- 
reiden vor.  Die  oberseitige  Epidermis  der  Korolle  setzt  sich  aus  recht- 
eckigen bis  polygonalen  Zellen  mit  geraden  Seitenmembranen  zusammen. 

Ihre  Außenwände  sind  zu  kuppei- 
förmigen Papillen  vorgewölbt,  die 
an  ihrer  Spitze  einen  Winkel  von 
55 — 60°  einschließen  (Kirkby)  und 
eine  starke  Kutikularstreifung  auf- 
weisen. Die  Oberhaut  der  Unter- 
seite besitzt  nicht  papillöse,  gewellte 
Epidermiszellen,  die  durch  eine  ziem- 
lich derb  gestreifte  Kutikula  aus- 
gezeichnet sind.  Im  oberen  Teile 
finden  sich  elliche  Stomata'  aus- 
gebildet. 

Gegen  die  Basis  hin  treten 
Drüsenhaare  auf,  welche  aus  zwei 
Fußzellen  und  drei  übereinander 
stehenden  Zellenpaaren  gebildet 
werden  (Fig.  243).  Die  Kutikula  ist  blasig  abgehoben.  Von  oben  ge- 
sehen ist  der  Gesamtumriß  der  Drüse  oval  (Fig.  244).  Den  fünf  Rippen 
des  Fruchtknotens  entsprechen  ebensoviele  Gefäßbündel;  in  den  Kostal- 
partien, sowie  in  den  Interkostalräumen  verlaufen  Sekretgänge  2).  Die 
Außenwand  der  Oberhautzellen  ist  hier  sehr  mächtig  entwickelt,  jedoch 
nur  von  einer  zarten  Kutikula  bedeckt.  In  den  Riefen  finden  sich 
Drüsenhaare  von  der  oben  beschriebenen  Form  in  großer  Anzahl,  mit 
ihrer  größeren  Achse  (von  oben  gesehen)  immer  annähernd  parallel  zur 
Längsachse  des  Fruchtknotens  gestellt.  In  den  Epidermiszellen  und 
dem  darunterliegenden  Parenchym  treten  fast  in  jeder  Zelle  einfache 
oder  wenig  zusammengesetzte  klinorhombische  Kristalle  von  oxalsaurem 
Kalk   auf.       Im   Parenchym   findet    sich    ein    Kranz    von    interzellularen 


Fig.  242.     Vergr.  430.      Pappusrand    der    Zungen' 
bluten   von    Chr.  cineruriaefoUuin.     p   porös  ver- 
dickte, t  schraubenförmigr  verdickte  Zellen. 


1)  Vogtherr,  Deutsche  Pharm.  Ges.,  VII  (1897),  Nr.  2. 

2)  Vgl.  die  Darstellung  bei  Tschirch,  I.e.,  und  Hanausek,  1.  c. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


653 


Sekretgängen  (siehe  oben),  die  in  der  Droge  einen  gelblichen,  festen  In- 
halt führen. 

Die  in  großer  Zahl   auftretenden 
Scheibenblüten  sind  zwitterig  und  er-  ^Xoji 


Fig.  243.    Vergr.  280.     'DrnseTiha,a,T  von  Chr.  cineraiiac- 
foliuiii  am  Längsschnitt  durch  den  Fruchtknoten.  /Fuß- 
zelle, c  abgehobene  Kutikula,  e  Oberhaut-,  p  Pareni;hym- 
zelle,  Ar  Oxalatkristalle,  s  Zwillingskristall. 


Fig.  244.   Vergr.  2S0.   Drüsenhaare  (D)  von  Chr. 
cinerariaefolium  von  oben  gesehen.    Bezeich- 
nung wie  in  Fig.  24]. 


reichen  eine  Länge  von  höchstens  5  mm.     Die  fünflappige  gelbe  Korolle 
umschließt  ebensoviele  durch    ein   zartes  Parenchym    verwachsene   An- 

thereni),    deren  Pollensäcke   sich    durch 
einen  Längsspalt  öffnen.     Sie  sind  durch 
^^  einen  blattartigen  Konnektivfortsatz  aus- 

gezeichnet. 

Die  Pollensäcke  sind  in   der   Droge 


Fig.  245.  Vergr.  40.  Anthere  von  C7i;-.  c«/i«-        Fig.  246.    Vergr.  400.    Teil  der  Antherenwand  (in  Fig.  245 
rariaefolium  (halbschematisch).     /  Fila-  mit  x  bezeichnet),    p  porös  verdickte  Zellen, 

ment,  th  Pollensäcke  (thecae),  c/Eonnektiv. 


stets  geöffnet.     Die  Zellen   der  fibrösen  Schichte  der  Antherenwandung 
sind  auch  im  Drogenpulver  stets  leicht  auffindbar,    da  sie  durch  eigen- 


^)  Tschirch  u.  Oesterle,  1.  c,  p.  172  u.  Taf.  40,  Fig.  7. 


554  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

lümliche  Verdickungsleisten  ausgezeichnet  sind,  welche  zum  Teil  ring- 
förmig geschlossen,  zumeist  jedoch  nach  einer  Seite  hin  offen,  etwa 
fingerförmig  ausgebildet  sindi).  Ihre  Gestalt  geht  am  deutlichsten  aus 
der  Abbildung  hervor.  Die  runden,  etwa  28  u  dicken  Pollenkörner 
haben  eine  stachelige  Exine  und  drei  Austrittsöffnungen  für  den  Keim- 
schlauch. 

Der  Fruchtknoten  und  die  Basis  der  Korolle  führen  Drüsenhaare 
von  derselben  Ausbildung  wie  bei  den  Randblüten.  Die  Blüten  stehen 
auf  einem  flach  gewölbten  Blütenboden. 

b)  Flores  Pyrethri  rosei^). 

Die  Blütenkörbchen  von  P.  roseum  sind  leicht  von  den  dalmatini- 
schen »Blüten«  zu  unterscheiden.  Ihre  Gestalt  ist  niedergedrückt  kreisei- 
förmig (Vogl),  ihr  Durchmesser  mißt  im  frischen  Zustande  einschließ- 
lich der  Zungenblüten  bis  6  cm,  ohne  diese  getrocknet  0,8 — 1,2  cm.  Die 
Hüllblätter  sind  braungrün,  durch  einen  trockenhäutigen  schwarzbraunen 
oben  gefransten  Saum  ausgezeichnet. 

Die  Anzahl  der  Zungenblüten  beträgt  mehr  als  20.  Die  rosenrote 
Korolle  erreicht  eine  Länge  von  2,2  cm,  eine  Breite  von  7  cm.  Sie  ist 
gleichfalls  von  vier  Hauptnerven  durchzogen,  die  an  der  Spitze  mehrere 
Nebenäste  abgeben.  Aus  Ästen  1 .  und  2.  Ordnung  entstehen  sechs  spitz- 
bogenförmige Randmaschen.  Die  Spreite  erscheint  daher  vielnervig 3). 
Fruchtknoten  1 0-rippig. 

Die  übrigen  morphologischen  Verhältnisse  weichen  nicht  wesentlich 
von  denen  der  Fl.  Chr7jsantkemi  ab.  Ebenso  weist  der  anatomische  Bau 
nur  geringe  Anhaltspunkte  zur  Unterscheidung  auf.  Von  diagnostischem 
Werte  sind  hauptsächlich  die  folgenden  Eigenschaften.  Dem  Pappus 
von  P.  roseum  fehlen  sowohl  die  schraubenförmig  verdickten  Zellen  sowie 
zumeist  die  oben  erwähnten  Skiereiden.  Die  Papillen  auf  der  Oberseite 
der  Zungenblüten  sind  schlank  kegelförmig  und  schließen  an  ihrem 
Scheitel  einen  Winkel  von  20  bis  höchstens  50°  ein  (Kirkby).  Endlich 
finden  sich  im  Fruchtknotengewebe  keine  Einzelkristalle,  sondern  nur 
kleine  Drusen  von  oxalsaurem  Kalk  vor. 


^ )  Der  diagnostische  Wert  dieser  Elemente  ist  ein  geringer,  da  viele  verwandte 
Kompositen  einen  ganz  ähnlichen  Bau  der  Antherenwand  aufweisen.  Der  mikro- 
skopische Nachweis  einer  Beimengung  gewisser  wertloser  Kompositenblüten  ist  über- 
haupt in  der  pulverisierten  Ware  nur  äußerst  schwierig  durchführbar.  S.  hierüber 
J.  Slaus-Kantschieder,  Z.  f.  d.  landw.  Versuchsw.  in  Österr.,  Bd.  XVI,  1913,  p.  1. 

2)  Vgl.  außer  der  auf  p.  651,  Anm.  3  angegebenen  Literatur:  Malfatti,  Phar- 
mazeutische Post,  1893,  p.  165.  —  Planchon  et  Collin,  Les  drogues  simpl.  d'orig. 
veget.,  T.  II.     Paris  1896,  p.  45fr.  —  M.  Owen,  Brit.  and  Col.  Drugg.,  1896,  Nr.  24. 

3)  Vogtherr,  1.  c. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  655 

Eine  Unterscheidung  der  Köpfchen  von  P.  roseum  und  P.  carneum 
untereinander  ist  von  keiner  praktischen  Bedeutung  und  auch  schwie- 
rig, im  zerkleinerten  Zustande  überhaupt  kaum  durchführbar.  Es  mag 
nur  erwähnt  werden,  daß  die  Farbe  der  Zungenblüten  det  letzteren  blasser 
ist  und  die  Antheren  der  Scheibenblüten   über  die  Korolle  hinausragen. 

Die  Asche  der  dalmatinischen  und  kaukasischen  Insektenblüte  ist 
manganhaltigi).  Der  Aschengehalt  2)  schwankt  zwischen  6  Proz.  und 
höchstens  8  Proz. ;  ein  höherer  Gehalt  gilt  als  verdächtig.  Der  Wasser- 
gehalt beträgt  nach  Dieterich  8,8 — 12,7  Proz. 

Worauf  die  Insektizide  Wirkung  der  Blüten  beruht,  ist  noch  nicht 
mit  Sicherheit  ermittelt.  Daß  sie  nicht  bloß  auf  einer  mechanischen 
Verstopfung  der  Tracheen  beruht,  geht  schon  daraus  hervor,  daß  ein  auf 
Insekten  toxisch  wirkender  Körper  in  Äther,  Petroläther,  Chloroform  usw., 
nicht  aber  in  Wasser  in  Lösung  geht,  während  das  extrahierte 
Pulver  unwirksam  erscheint.  Die  chemische  Untersuchung^)  führte  zur 
Isolierung  einer  ganzen  Reihe  verschiedener  Stoffe,  die  aber  zum  Teil 
als  toxisch  nicht  in  Betracht  kommen.  Erwähnenswert  wäre  insbeson- 
dere ein  Paraffin,  ein  nicht  näher  bekanntes  Glykosid,  ein  ätherisches 
ÖH)  (Pyretbrosinsäure),  das  Alkaloid  »Chrysanthemin«  (G]4H28N203)^)  u.  a. 
Von  S.  Sato  wurde  die  toxische  Wirkung  einem  syrupösen  Harz  »Pyre- 
tol«  zugeschrieben.  Neuestens  scheint  J.  Fujitani  dem  Ziele  am  näch- 
sten gekommen  zu  sein,  indem  es  ihm  gelang,  im  Ätherextrakt  einen  schon 
beim  Liegen  an  der  Luft  sich  zersetzenden  Ester,  Pyrethron,  nachzu- 
weisen, der  sich  im  Tierexperiment  als  ein  Nervenmuskelgift  erwies,  für 
welches  speziell  Fische  und  Insekten  eine  besondere  Empfindlichkeit 
zeigten.  Die  beste  Wertbestimmung  des  Pulvers  bleibt  noch  immer  der 
Ausfall  des  physiologischen  Experiments  f*). 


1)  Die  Asche  der  »Blütenstiele«  weist  hingegen  keinen  oder  einen  nur  geringen 
Mangangehalt  auf. 

2)  Unger,  Pharm.  Ztg.,  XXXII  (ISS?),  p.  685;  XXXIV  (1889),  p.  552,  —  Thoms, 
Pharm.  Ztg.,  XXXV  (1890),  p.  242.  —  Dieterich,  Helf.  Ann.,  1889  u.  1890.  —  Vogl, 
Kommentar,  p.  117. 

3)  Von  neueren  Arbeiten  wären  insbesondere  zu  nennen:  Marino  Zuco,  Rendic. 
Lincei,  1889,  p.  527;  1890,  p.  571;  1  895,  p.  247  und  an  anderen  Orten.  —  Durrant, 
George,  Reynold,  Pharm.  Journ.,  Ser.  IV  (1  897),  Nr.  1  407.  —  Gerard,  R.,  Journ. 
de  Pharm,  et  Chim.,  VIII  (1898),  8.  —  S.  Sato,  Journ.  of  Pharm.  Soc.  of  Japan 
(1907),  Nr.  304.  —  J.  Fujitani,  Arch.  f.  exper.  Pharmakologie  u.  Pathol.  LXI  (1909), 
Hft.  1.  —  P.  Siedler,  Ber.  deutsch,  pharm.  Ges.,  XXV  (1915),  p.  297. 

4)  Die  Firma  Haensel  gewann  aus  Flores  Chrys.  0,39  Proz.  eines  ätherischen 
Öles,  das  braun  gefärbt  und  bei  gewöhnhcher  Temperatur  fest  war.  Berichte,  Herbst 
4  898, 

5)  Siehe  auch  Pictet,  Pflanzenalkaloide.     Berlin  1900,  p.  426. 

6)  Üb.  Wertbestimmung  vgl.:  Caesar  und  Loretz,  Handelsber.,  Sept.  1898 
p.  727.  —  Dietze,  F.,  Pharm.  Ztg.,  XLIV  (1899),  p.  196f.  —  Dowzard,  Chem.  and 


ß56  Zwanzigster  Abschnitt,     Blüten  und  Blütenteile. 

11.  Saflor. 

Die  Saflorpflanze,  Carthamus  tmctorius,  ist  zweifellos  neben  Indigo 
die  wichtigste  Färbepflanze,  obgleich  auch  sie  durch  die  zunehmende 
Einführung   künstlicher  Farbstoffe   immer   mehr   an   Bedeutung  verliert. 

Die  Heimat  des  Saflors  ist  nicht  sicher  ermittelt  i),  doch  kann  mit 
größter  Wahrscheinlichkeit  Ostindien  (wenn  auch  nicht  ausschließlich) 
als  Urheimat  angesehen  werden.  S emier 2j  hält  sie  möglicherweise  für 
eine  vorderasiatische  Steppenpflanze.  Die  Angabe,  daß  Saflor  aus  Ägypten 
stammt,  ist  nach  Wiesner'^)  darauf  zurückzuführen,  daß  er  dort  seit 
alters  her  gebaut^)  und  nach  Europa  exportiert  wird,  während  ostindische 
Ware  erst  Ende  des  XVIII.  Jahrhunderts  nach  Europa  (England)  gebracht 
w^urde^).  Die  Saflorkultur  ist  derzeit  weit  verbreitet,  doch  sind  für  den 
Welthandel  nur  Indien,  Bengalen,  Persien  und  Ägypten  als  Produktionsländer 
erwähnenswert.  Von  anderen  Gebieten,  welche  Saflorbau  betreiben, 
sind  noch  China,  Japan,  Süd-  und  Mittelamerika,  Columbien  und  Austra- 
lien (Neu-Südwales)  zu  nennen.  In  Europa  wird  Saflor  vorzüglich  in 
Spanien,  Italien,  Frankreich,  Ungarn  (Umgebung  von  Debrezin)^)  und  in 
einigen  Gegenden  Deutschlands^)  kultiviert.  Die  produzierte  Menge  ist 
jedoch  in  keinem  der  europäischen  Länder  eine  beträchtliche. 


Drugg.,  1899,  p.  93().   —    Grieb,   ebenda,  1908,  p.  648.    —    Slaus-Kantschieder  i 

(zit.  auf  p.  654),  p.  7. 

1)  De  Candollc,  I.e.,  p.  130.  —  0.  Hoffmann  in  Engler-Prantl,  IV,  5, 
p.  332.  —  Hehn,  Kulturpflanzen 'und  Haustiere,  p.  261. 

2)  Tropische  Agrikultur,  H,  p.  644. 

3)  Wiesner,  1 .  Aufl.  dieses  Werkes,  p.  700. 

4)  Nach  neueren  Funden  in  Pharaonengräbern  wurde  Saflor  sicher  schon  vor 
mehr  als  3500  Jahren  in  Ägypten  kultiviert.  Schwein  furth,  G..  in  Ber.  d.  Deutsch, 
bot.  Ges.  1885  und  Englers  Bot.  Jahrb.,  V. 

5)  Bancroft,  1.  c,  I,  p.  395. 

6)  Daß  auch,  wie  oft  angegeben  wird,  in  der  Umgebung  von  Wien  Saflorkultur 
betrieben  wird,  ist  nur  insofern  richtig,  als  er  hin  und  wieder  in  Gärten  gebaut  wird. 
Siehe  Beck,  G.,  Flora  von  Niederösterreich.     Wien  1893,  p.  1264. 

7)  Wiesner  sagt  hierüber  in  der  1.  Auflage  dieses  Werkes:  »In  Deutschland, 
■wo  man  im  17.  Jahrhundert,  und  zwar  namentlich  in  Elsaß  und  Thüringen,  so  viel 
Saflor  baute,  daß  damit  ein  beträchtlicher  Export  nach  England  betrieben  werden 
konnte,  wird  gegenwärtig  nur  wenig  von  diesem  Farbmaterial  produziert.  Im  1  8.  Jahr- 
hundert konnte  der  deutsche  Saflorbau  nicht  mehr  gedeihen,  da  der  levantinische 
Handel  viel  und  billigen  Saflor  nach  Europa  brachte.  Die  Verfälschungen,  denen  das 
deutsch-e  Produkt,  um  es  möglichst  billig  zu  machen,  damals  unterlag,  und  denen 
man  durch  gesetzliche  Bestimmungen  vergebens  Einhalt  zu  tun  strebte,  brachten  die 
deutsche  Ware  in  Verruf  und  beschleunigten  den  Verfall  des  deutschen  Saflorbaues 
(Beckmann,  Warenkunde,  II,  p.  289).  Den  späteren  Bemühungen  des  um  Land- 
wirtschaft und  Industrie  hochverdienten  Hermbstädt  gelang  es  allerdings,  die  Kultur 
dieser  Farbpflanze  in  Deutschland  wieder  etwas  zu  heben.  Gegenwärtig  wird  in 
Thüringen  und  in  der  Pfalz  Saflor  gebaut.« 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


657 


Der  Saflor  ist  eine  einjährige  Pflanze.  In  der  Kultur  hält  man  ihn 
manchmal  zweijährig.  Die  Pflanze  wird  1  m,  manchmal  1,3  m  hoch. 
Es  existieren  mehrere  Kulturvarietäten  des  Saflors,  wie  schon  die  Ver- 
schiedenartigkeit in  den  Dimensionen  der  Blumenblätter  ergibt;  es  ist 
bekannt,  daß  in  Ägypten  eine  schmalblätterige  Varietät  (Carth.  tinct. 
angustifolius)  kultiviert  wird.  In  Thüringen  unterschied  man  früher  eine 
großblätterige,  stachelige  Form,  der  man  den  Namen  Münch  gab,  und 
eine  kleinblätterige,    schwachbewehrte  Form,    Nonne    genannt.     Für   die 


wari).     Auch  in  Bengalen  kultiviert  man  eine  stachelige  und  eine  stachel- 
lose Form,   welch  letztere    die  ge- 
schätztere Farbe  liefert  2). 

Die  Blüten  des  Saflors  stehen 
auf  einem  fleischigen  Blütenboden 
zwischen  zahlreichen  Spreublätt- 
chen,  in  ein  etwa  2 — 3  cm  Durch- 
messer aufweisendes  Köpfchen  zu- 
sammengefügt, welches  von  einem 
Hüllkelch  (Involucrum)  aus  großen, 
dornig  bewehrten  Hochblättern  um- 
schlossen wird.  Die  frische  Blüte 
läßt  leicht  eine  genauere  Unter- 
suchung zu.  Schwerer  ist  es,  an 
zubereitetem  Saflor  des  Handels  die 
morphologischen  Verhältnisse  der 
denselben  zusammensetzenden  Blü- 
ten zu  erkennen.  Durch  Aufweichen 
einer  Probe  in  Wasser  wird  es  je- 
doch stets   gelingen,   sich   hierüber 

Klarheit  zu  verschaffen,  wenn  man  auch  oft  aus  Bruchstücken  die  ganze 
Blüte  konstruieren  muß.  —  Die  Blüte  des  Saflors  ist  zwittrig.  Fünf 
Staubfäden,  deren  gelbe  Antheren  zu  einer  Rühre  verwachsen  sind,  um- 
geben den  an  seinem  oberen  Ende  verdickten  zweinarbigen  Griffel.  An 
der  Blüte  erkennt  man  ferner  einen  unterständigen  Fruchtknoten,  eine 
dünne,  über  2  cm  lange  lichtgelbe  Blumenrohre  mit  fünf,  etwa  5 — 7  mm 
langen  und  etwa  0,5 — 0,7  mm  breiten,  anfänglich  goldgelben,  später 
safrangelben,  schließlich  roten  Blumenblättern.  Der  Kelch  ist  verküm- 
mert oder  fehlt  völlig.  Die  weißlichen,  seidenglänzenden  Spreublättchen 
sind  fast  fadenförmig,  über  \  cm  lang  und  etwa  0,20—0,25  mm  breit. 


Fig.  247.    Lupenbild.    Isolierte  Blüte  von  Cartha- 

mus  tinct.    Die  sehr  lange  KoroUenrötire  ist  nicht 

vollständig   gezeiclinet.     P  Korolle,   A  Antheren, 

N  Narbe,  fk  Fruchtknoten. 

(Nach  Tschirch  u.  Oesterle.) 


\)  Beckmann,  1.  c,  p.  290. 
2)  Watt,  Dictionary  etc.,  II,  1889,  p.  ■184. 
Hesner,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl. 


42 


658 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 


Die  Korollen  von  Carthamus  tinctorius  sind  von  einem  zarten 
Epithel  bedeckt^),  dessen  längliche,  schwach  wellenförmig  konturierte 
Zellen  eine  Breite  von  0,012 — 0,018  mm  aufweisen.  An  den  Enden  der 
Kronenzipfel  führt  die  Oberhaut  papillenförmige  oder  kegelförmige  ein- 
zellige Haare.  Das  Parenchym  der  Korolle  nimmt  gegen  den  Blattrand 
an  Mächtigkeit  etwas  zu,  wodurch  der  Rand  des  Kronenblattes  die  Mitte 
an  Dicke  übertrifft.  In  dieser  Region  der  Kronenzipfel  verlaufen  je  zwei 
aus  zarten  Spiroiden  bestehende  Randnerven,  die  sehr  charakteristisch 
von  Sekretschläuchen  begleitet  werden.  Gleiche  Schläuche  begleiten  auch 
die  Gefäßbündel  des  Griffels.  Das  braune  brüchige  Sekret  tritt  nament- 
lich in  Chloralhydrat  scharf  hervor. 

Das  Gewebe  der  Antheren  setzt  sich  hauptsächlich  aus  gleichmäßi- 
gen, annähernd  kubischen  Parenchymzellen  (Mauerparenchym)  und  porös 
verdickten,  der  Faserschicht  angehörigen  Zellen  zusammen.    Die  warzigen, 

etwa  0,05—0,07  mm  dicken  Pollen- 
körner, welche  innerhalb  der  Staub- 
fadenröhre namentlich  in  nicht  ge- 
waschenen Sorten  häufig  anzutreffen 
sind,  haben  rundliche  Gestalt  und 
drei  große  Poren  als  Austrittsöff- 
nungen für  den  Pollenschlauch.  Der 
Griffel  ist  durch  lange  Papillen  fast 
zottig. 

Die  zweischichtigen  Spreublätt- 
chen  sind  auch  in  Bruchstücken, 
welche  sich  selbst  bei  sorgfältiger  Ernte  den  Blüten  beimengen,  an  den 
mehr  oder  minder  geneigten,  netzförmig  verdickten  Querwänden  ihrer 
Zellelemente  zu  erkennen.  In  großer  Menge  vorhanden  sind  sie  schon 
makroskopisch  wahrnehmbar.  Gröbere  Beimengungen  wie  Teile  des 
Hüllkelches  usw.  geben  sich  stets  leicht  zu  erkennen. 

Das  Einsammeln  erfolgt  bei  trockenem  Wetter  bei  voller  Entfaltung 
oder  bei  beginnendem  Welken  der  Blüten.  Beginn  und  Dauer  der  Ernte 
ist  daher  natürlich  nach  den  klimatischen  Verhältnissen  verschieden.  So 
währt  die  Ernteperiode  in  Bengalen  2)  (in  günstigen  Jahren)  von  Februar 
bis  Ende  Mai,  während  sie  in  unseren  Gegenden  im  Juli  bis  September 
stattfindet. 

Die  ersten  und  die  letzten  Blüten  jeder  Ernleperiode  sind  verhält- 
nismäßig ärmer  an  Farbstoff^).     Das  Trocknen    des  Saflors   erfolgt  ent- 


Fig.  248.     Querschnitt  durch  die  Eandschicht  eines 
Korollenzipfels    von    Carth.    tinct.      e    Oberhaut, 

s  Sekretbehälter,  6  Gefäßbündel. 

(Nach  Tschirch  u.  Oesterle.) 


1)  Über  Anatomie  des  Saflors  siehe:  Mo  eller,  Nahrungs-  u.  Genußmittel, 
p.  64,  Tschirch  u.  Oesterle,  1.  c,  p.  96. 

2)  Watt,  Dictionary  of  the  econ.  prod.  of  India,  p.  183  ff. 

3)  Semler,  1.  c,  p.  646. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Bliilen  und  Blütenteile.  659 

weder  unter  leichter  Pressung  bei  schwacher  Wärme  ina  Ofen  oder  im 
Schatten,  da  Sonnenlicht  erfahrungsgemäß  einen  Teil  des  wertvollen 
roten  Farbstoffs  zerstört.  Im  ersteren  Falle  werden  durch  verstärkte 
Pressung  linsenförmige  Kuchen  von  etwa  4  cm  Durchmesser  geformt. 
Bei  der  zweiten  Methode  geht  dem  endgültigen  Trocknungsprozeß  das 
> Waschen«  voraus,  wodurch  der  gelbe  Farbstoff  der  Blüten  entfernt 
wird  (siehe  unten).  Das  Auswaschen  wird  in  verschiedener  Weise  geübt. 
In  Ägypten  werden  die  Blüten  zwischen  Mühlsteinen  zerdrückt,  so  daß 
der  Saft  abläuft,  und  hierauf  der  dadurch  gebildete  Brei  mit  Brunnen- 
wasser 1)  ausgewaschen.  Die  Masse  wird  mit  der  Hand  ausgedrückt,  auf 
Tücher,  Schilfmatten  u.  dgl.  ausgebreitet  und  im  Schatten  getrocknet 
(Wiesner).  In  anderen  Gegenden  werden  nach  Semler^)  (1.  c.)  die 
trockenen  Blüten  in  Säcke  gefüllt  und  diese  in  Tröge  gebracht,  welche 
von  fließendem  Wasser  durchströmt  werden.  Das  Auswaschen  wird 
unter  fortwährendem  Treten  mit  bloßen  Füßen  so  lange  fortgesetzt,  bis 
das  Wasser  völlig  ungefärbt  abfließt.  Die  feuchte  Masse  wird  hierauf 
im  Schatten  getrocknet,  nachdem  man  in  der  Begel  vorher  ebenfalls 
Kuchen  daraus  geknetet  hat. 

Je  nach  der  Art  der  Zubereitung  besteht  der  Saflor  des  Handels 
aus  zerrissenen  Blütenteilen  (Saflor  aus  Ägypten,  Bombay)  oder  aus 
wohlerhaltenen  Blüten  (zubereiteter,  d.  h.  gewaschener  persischer  und 
bengalischer  Saflor). 

Die  Zubereitung  des  Saflors  hat  den  Zweck,  den  gelben,  in  Wasser 
leicht  löslichen,  fast  wertlosen  Farbstoff  der  Carthamus -Blüten  zu 
beseitigen.  Unzubereiteter  Saflor  gibt,  mit  kaltem  Wasser  geschüttelt, 
eine  ziemlich  intensiv  gelb  gefärbte  Flüssigkeit,  während  zubereiteter, 
je  nach  der  Sorgfalt,  mit  welcher  das  Auswaschen  vorgenommen  wurde, 
gar  keinen  oder  nur  eine  kleine  Menge  von  gelbem  Farbstoff  an  das 
Wasser  abgibt. 

Persischer  Saflor  ist  nach  Wiesner^)  wohl  immer  gewaschen,  von 
den  übrigen  Sorten  kommen  jedoch  gewaschene  und  ungewaschene  in 
Handel.  So  ist  z.  B.  der  Saflor  aus  den  Basaren  von  Bombay,  daselbst 
Kassumbä  genannt,  ungewaschen^),  der  bengalische  hingegen  sehr  schön 
zubereitet. 

Guter   Saflor   bildet   fest   geschlossene   Kuchen    von    heller  Fleisch- 


1 )  Die  oft  reproduzierte  Angabe,  daß  das  Auswaschen  in  Ägypten  mit  Salzwasser 
erfolgt,  ist  nach  Wiesner  auf  eine  Stelle  in  Beckmanns  Werk  (1.  c,  p.  285)  zurück- 
zuführen,  worin   von  Brunnenwasser   die  Rede  ist,    »welches   dort  immer  salzig  ist<. 

2)  Daselbst  noch  andere  ähnliche  Methoden  der  Zubereitung. 

3)  Wiesner,  i.  Aufl.,  p.  703. 

4)  Wiesner,  Die  techn.  verw.  Faserstoffe  Indiens.  Fachmännische  Berichte 
üb.  d.  ostas.  Exped.     Anhang,  p.  3U. 

42* 


ß60  Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile. 

färbe  und  tabakartigem  Gerüche^).  Als  beste  Sorte  gilt  mit  Recht  der 
Saflor  von  Persien,  welchem  sich  zunächst  der  bengalische  anreiht. 
Der  gewaschene  Saflor  von  Ägypten  soll  den  gewaschenen  ungarischen 
nicht  übertrefi'en.  Die  ungewaschenen  europäischen  Saflorsorten  stehen 
den  genannten  außereuropäischen  ungewaschenen  Sorten  nach  2). 

Zur  Unterscheidung  einiger  käuflichen  Saflorsorten  können  nach 
Wiesner  folgende  Merkmale  dienen:  Ungewaschene  Saflore  erscheinen 
im  Mikroskop  braun  oder  gelbbraun,  gewaschene  rot  bis  violett.  — 
Gemahlener  Saflor  besteht  aus  zerrissenen  Blüten.  —  Die  Breite  der 
Blumenblätter  ist  bei  verschiedenen  Sorten  ungleich  und  hängt  nicht, 
wie  man  vermuten  konnte,  mit  dem  Grade  der  Feinheit  zusammen. 
Ungarischer  Saflor  gilt  als  grob,  ägyptischer  (Alexandriner)  als  fein,  und 
dennoch  stimmen  die  Werte  für  die  Breite  der  Blumenblätter  dieser 
beiden  Sorten  fast  genau  überein.  Wiesner  hat  für  diese  Größe,  die 
an  in  Wasser  gelegenen  und  dann  sorgfältig  ausgebreiteten  Blumen- 
blättern bestimmt  wurde,  folgende  Werte  gefunden: 

Sorte.  Mittlere  Breite  der  Blumenblätter. 

Bombay  0,546  mm 

Bengal  0,550    » 

Alexandrien  0,756    » 

Ungarn  0,760    » 

Chemische  Beschaffenheit  des  Saflors^).  Nach  Salvötat  hat 
ungewaschener  Saflor  beiläufig  folgende  chemische  Zusammensetzung: 

Wasser,  bei  20°  G  entweichend 4,5— 1 1,5  Proz. 

Gelber  Farbstoff,  in  Wasser  löslich,  und  lösliche  Salze  20,0 — 30,0  > 

Gelber  in  Alkalien  löslicher  Farbstoff 2,1 —  6,1  » 

Karthamin 0,3—  0,6  > 

Eiweiß 1,7—  8,0  « 

Wachsartige  Substanz 0,6 —  1,5  > 

Extraktivstoffe 3,6—  6,5  » 

Zellulose 38,4—50,4  » 

Die  im  Mittel  etwa  2  Proz.  betragende  Aschenmenge*)  besteht  vor- 
nehmlich aus  Kieselsäure,  Eisenoxyd,  Tonerde  und  Manganoxyd. 

H)  Semler,  1.  c,  p.  648. 

2)  Bolley,  Technologie  d.  Spinnfasern,  p.  80.  (Zit.  n.  Wiesner,  1.  Aufl.,  p.  703.) 

3)  A.  Schlieper,  Ann.  der  Chemie  und  Pharmazie,  Bd.  38  (1846),  p.  .S57.  — 
Salvetat,  Ann.  de  Chim.  et  Phys.  3,  T.  25,  p.  337  und  Journ.  f.  prakt.  Chemie, 
Bd.  46  (1849),  p.  473.  —  Malin,  Ann.  der  Chemie  und  Pharmazie,  Bd.  136  (1863), 
p.  115. 

4)  Ilockauf,  1.  c,  p.  3,  gibt  einen  Aschengehall  von  etwa  3,6  Proz.  an;  in 
Salzsäure  unlöslich  waren  1,022 — 1,133  Proz. 


Zwanzigster  Abschnitt.     Blüten  und  Blütenteile.  661 

Der  gelbe  in  Wasser  lösliche  Farbstoff,  Saflorgelb  (C24H30O15),  wurde 
von  Salvetat  und  Schlieper  untersucht.  Die  Lösung  dieses  Körpers 
in  Wasser  reagiert  sauer,  schmeckt  bitter,  riecht  eigentümlich  und  färbt 
stark,  aber  nicht  dauernd,  da  sich  an  der  Luft  schnell  Zersetzung  ein- 
stellt. —  Beim  Waschen  des  Saflors  wird  das  Saflorgelb  preisgegeben. 
In  neuerer  Zeit  macht  man  bisweilen  das  Saflorgelb  insofern  nutzbar, 
als  man  ungewaschenen  Saflor  zum  Gelbfärben  von  Likören  verwendet. 

Der  wertvollste  Bestandteil  des  Saflors  ist  das  Saflorrot  (rouge 
vegetale),  spanisch  Rot,  oder  das  Karthamin.  Dieser  Körper  bildet  nach 
Schlieper  ein  tief  rötlich-braunes,  amorphes  Pulver  von  grünlichem 
Schiller.  In  Wasser,  Äther  und  ätherischen  Ölen  ist  er  unlösUch,  in 
Weingeist  leicht  löslich  und  gibt  eine  schön  purpurn  gefärbte  Flüssigkeit. 
Die  Zusammensetzung  des  Karthamins  entspricht  nach  neueren  Angaben 
der  Formel  C25H240i2^). 

Das  Saflorgelb  kommt,  im  Zellsafte  aufgelöst,  in  den  Geweben  des 
Saflors  vor.  Der  in  Alkalien  lösliche,  gelbe  Farbstoff  tritt  in  Form  von 
Körnern  auf.  Das  Karthamin  fingiert  in  der  Handelsware  die  Proto- 
plasmareste der  Z-ellen  und  die  Zellwände,  wie  die  Betrachtung  von  ge- 
waschenem Saflor  lehrt. 

Saflor  und  karthaminhaltige  Farbstoffextrakte  wurden  früher,  wenn- 
gleich wenig  haltbar,  zum  Färben,  besonders  von  Seide  (Lyon),  jetzt  nur 
mehr  zur  Darstellung  von  Malerfarben  und  Schminke  benutzt. 

Durch  Zusatz  verschiedener  Substanzen  (Alaun,  Kali  usw.)  werden 
verschiedene  rote  Farbennuancen  erzielt. 


4)  Kametaka  u.  A.  G.  Perkin,  J.  Chem.  Soc,  1910,  Bd.  97,  p.  U15. 


Einundzwanzigster  Abschnitt. 

Samen  % 


Übersicht  der  Gewächse,  deren  Samen  technisch 
verwertet  werden ^j. 

1.  Conif ereil. 

Die  Samen  von  Picea  excelsa  LL,  Ahus  alba  MüL,  Pinus  sü- 
vestris  L.,  P.  cembra  L.  usw.  können  zur  Ölgewinnung  verwertet  werden. 
Siehe  I.  Bd.  dieses  Werkes,  Ol  4,  p.  630.  Weiteres  Tubeuf  in  Naturw. 
Ztschr,  f.  Forst-  und  Landw.,  XV,  1917,  p.  U— 30;  209—215;  Paul, 
1.  e.,  p.  31—33;  209—210;  239—251;  Diels,  Ersatzstoffe  aus  dem 
Pflanzenreich,  Stuttgart  1918,  p.  199. 

2.  Palmen. 

Phytelephas  sp.  s.  Vegetabilisches  Elfenbein. 

Coelococcus  sp.  s.  Vegetabilisches  Elfenbein. 

Hyphaene  thebaica  Mart.  s.   Vegetabilisches  Elfenbein. 

Hyphaene  coriacea  Oärtn.  s.  Vegetabilisches  Elfenbein. 

Cocos  nucifera  L.  s.  Kokosnußkerne. 

Elaeis  guineensis  L.  und  E.  melanococca  Oärtn.  s.  Palm- 
kerne. 

Über  andere  fettliefernde  Palmensamen  s.  I,  p.  631. 

Leopoldinia  major  Wallace.    Brasilien.    »Jarä-uassu«,  >Jarci-assu<. 

Aus  der  Asche  der  Samen  wird  durch  Auslaugen  und  Abdampfen 
ein  wie  Kochsalz  verwendeter  Rückstand  gewonnen.  Hartwich,  Arznei- 
drogen, p.  382. 

Areca  Catechu  L.  Areka-,  Pinangpalme,  im  Malaiischen  Archipel, 
in  Ostindien  und  auf  den  Philippinen  kultiviert.     Die  Samen  bilden   die 

1)  Neu  bearbeitet  von  Reg. -Rat  Dr.  T.  F.  Hanansek;  ergänzt  von  Prof. 
J.  Weese. 

2)  Auf  die  in  dem  Abschnitte  > Pflanzenfette«  angeführten  Pflanzen  -wird  hier 
nur  kurz  hingewiesen. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  663 

bekannten  Areka-  oder  Betelnüsse,  die  beim  Betelkauen  in  Süd-  und 
Ostasien,  besonders  in  China  Verwendung  finden.  Früchte  und  Samen 
werden  ihres  Färb-  und  Gerbstoffes  wegen  zum  Baumwollfärben  und  zur 
Tintenbereitung  benutzt.  Tschirch,  Indische  Heil-  und  Nutzpflanzen, 
Berlin  1892.  —  Tunmann,  Zur  Mikrochemie  der  Arekanuß,  Pharmaz. 
Post.  1911,  p.  703.  —  Hart  wich,  Die  menschlichen  Genußmittel,  Leipzig 
1911,  p.  524  fr.  —  Moeller-Thoms,  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharm. 
2.  Aufl.  I,  p.  172. 

Corypha  umbraculifera  L.  Ceylon,  Malabar.  »Talipot  Palm<. 
Die  Kerne  sollen  zu  Knöpfen  verarbeitet  werden.  Agric.  News  VIII, 
1909,  p.  39,  nach  Just,  Jahresber.   1909. 

Raphia  kmgiflora  (Wendl.).  Weinpalme,  Kamerun.  Die  Samen, 
Bamboo-  oder  Bambeonuß  genannt,  werden  auch  als  Steinnuß  von 
Kamerun  bezeichnet.  Eine  technische  Verwendung  ist  wegen  des  rumi- 
nierten  Endosperms  nicht  gut  möglich.     Chem.  74,  1887,  p.  54. 

3.  Liliaceen. 

Äsparagus  ofßcinalis  L.  Aus  den  Samen  kann  Öl  gewonnen 
werden.  Diels,  I.e.,  p.  201.  Früchte  und  Samen  werden  auch  als 
Kaffee-Ersatz  benutzt.  Anatomie:  Griebel,  Ztschr.  f.  U.  N.  u.  Genußm., 
34,  1917,  p.  187. 

4.  Juglandaceen. 

Die  Samen  von  Juglans  und  Car^/a-Arten  dienen  zur  Ölgewinnung. 
I,  p.  632. 

5.  Moraceeii. 

Treculia  africmia  Decaisne.  Senegambien;  der  Okwabaum.  Die 
Samen  werden  nach  Engler  (Nat.  Pflanzenfamilien,  3.  Tl.,  1.  Abt.,  p.  82) 
zur  Mehlgewinnung  verwendet;  nach  Möller  (Tropenpflanzer,  1900, 
p.  189)  soll  man  daraus  Öl  darstellen.  Wird  in  Kamerun  zu  dem  Nah- 
rungsmittel »Pembe«  verarbeitet.     Tropenpflanzer,  1906,  p.  574. 

6.  Santalaceen. 

Fusanus  acuminatus  R.  Br.  Australien.  Die  Samen,  >Quadang- 
Nüsse«,  werden  wie  Mandeln  benutzt.  Hieronymus  in  Engler-Prantl, 
Pflanzenfamilien  III,  1.,  p.  217. 

7.  Olacaceen. 

Ximenia  americana  L.  Espinha  de  meicha  oder  Ameixero  in 
Brasilien,  Heymassoli  in  Guayana,  Croc  auf  S.  Domingo ;  in  allen  Tropen- 


664  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

ländern.  Die  Samen  liefern  Öl.  Schröder,  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
ölhaltigen  Samen  von  Ximenia  americana.  Arb.  des  kaiserl.  Gesund- 
heitsamtes, XLIII,  p.  454—474.  —  S.  auch  Rohstoffe,  Bd.  I,  p.  633. 

8.  Chenopodiaceen. 

Chenopodium  Quinoa  L.  Reismelde,  auf  den  Hochebenen  von  Peru, 
Bolivia,  Chile  kultiviert;  die  Samen  dienen  zur  Mehlbereitung.  Über  den 
Bau  der  Frucht-  und  Samenteile  siehe  T.  F.  Hanausek  in  Zeitschr.  f. 
d.  Unters,  d.  Nahrgs.-  u.  Genußm.,  35,  1918,  p.  228—233  und  die  teil- 
weise Richtigstellung  durch  C.  Griebel,  a.  a.  0.,  36.  Bd.,  1918,  p.  177  bis 
180.  Während  des  Krieges  wurde  der  Anbau  der  Reismelde  bei  uns 
empfohlen.  Die  bei  der  Kultur  gemachten  Erfahrungen  sprechen  aber 
durchaus  nicht  dafür.  Nach  Fruwirth  (»Neue  Pflanzen  auf  dem  Acker«, 
Wien,  1919)  kann  man  »mit  Sicherheit  behaupten,  daß  die  Reismelde 
keine  Rolle  auf  dem  Acker  spielen  wird«. 

Chenopodium  cdhum  L.  Die  Samen  in  Rußland  zu  Mehl  (Russi- 
sches Hungerbrot).  —  T.  F.  Hanausek,  Über  die  Samen  von  Cheno- 
podium album.     Zeitschr.  f.  U.  d.  N.  u.  G.   1915,  29,  p.  17. 

9.  Magnoliaceen. 

Michelia  Champaca  L.  > Minjak,  Tjempaka«,  in  Java  einheimisch, 
in  den  Tropen  kultiviert.  Die  Samen  liefern  butterartiges  Fett  und 
werden  auch  medizinisch  benutzt.  J.  Sack,  Pharm.  Weekbl.  1903, 
Nr.  6,  Apoth.-Ztg.  (Berlin)  1903,  p.  135.   —  S.  I,  p.  633. 

10.  Aüonaceen. 

Monodora  Myristica  Dun.^  in  Westafrika  und  auf  den  Antillen, 
hefert  »Muscades  de  Calabash*  oder  Macisbohnen,  die  wie  Muskatnüsse 
verwendeten  Samen.  Sadebeck,  Die  Kulturgewächse  der  deutschen 
Kolonien,  1899,  p.  186.  Die  Samen  enthalten  neben  Fett  ein  äthe- 
risches Ol,  das  nach  Schimmel  &  Co.  (Ber.  April  1904,  p.  65)  haupt- 
sächlich Phellandren  enthält.  Thoms  (Ber.  d.  D.  Pharm.  Ges.  1904, 
p.  24)  fand  Limonen. 

11.  Myristicaceen. 

Myristica  fragrans  Houtt.  (=  Myristica  moschata  Thunbg.), 
Myristica  fatua  Houtt.  ^=  M.  tomentosa  Thunbg.)^  M.  argentea  Wrbg., 
M.  malabarica  Lam.  s.  Muskatnuß  und  Macis. 

Virola  venexuelensis  Warb.  Über  die  Gewinnung  von  My- 
ristinsäure  s.  Thoms  und  Mannich,  Ber.  d.  pharm.  Gesellsch.,  1901, 
p.  263. 

Über  andere  fettliefernde  Arten  siehe  I,  p.  633. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  665 

12.  Laiiraceen. 
Persea,  Tetkranthera  und  Litsea  s.  I,  p.  634. 

13.  Papaveraceen. 

Papaver  somniferum  L.  s.  Mohnsamen. 
A7'gemo?ie,   Glaucium  s.  I,  p.  635. 

14.  Cruciferen. 

Sinapis  alba  L.^  Slnapis  juncea  Hook.  fil.  et  Thojns.,  Brassica 
Besserimia  Änd/rx.  s.  Senfsamen. 

Brassica  nigra  Koch.,  Br.  lanceolata  Lange  s    Senfsamen. 

Brassica  Napus  L.,  B.  rapa  L.,  B.  glaiica  Eoxb.,  Br.  trilocu- 
cularis  Boxh.  usw.  s.  Raps-  und  Rübsensamen. 

Über  andere  Arten  siehe  I,  p.  635. 

15.  Moringaceen. 

Mori7iga  oleife7'a  Lam.  (^^  M.  pterygosperma  Gärtn.,  vgl.  Nor- 
man Rudolf,  The  Horseradish  Tree.  Bull,  of  Pharmacy,  Vol.  XI,  1894, 
Nr.  8)  und  Moringa  arahica  Fers.  (^=  M.  aptera  Gärtn.)  liefern  das  Ben- 
Öl.  Siehe  I,  p.  636.  Van  Italie  u.  Neuwland,  Über  die  Samen  von 
M. pterygospe7'7na.  Arch.  der  Pharmazie  244,  H.  2,  p.  159.  —  Th.  W^aage, 
Mori7iga  pterygosperma,  Pharmac.  Centralhalle  1892,  Nr.  36  (mit  zahl- 
reichen Literaturangaben).  Anatomie  der  Samen  s.  Hartwich,  Die  neuen 
Arzneidrogen,  p.  219. 

16.  Rosaceen. 

Cydonia  vidgaris  Pers.  Asien,  Europa.  Die  ihres  Reichtums  an 
Schleim  wegen  wohlbekannten  Quittenkerne  werden  nur  selten  zum 
Appretieren  von  Zeugen,  häufiger  medizinisch  benutzt.  Siehe  A.  v. 
Vogl,  Kommentar  zur  7.  Ausgabe  der  österr.  Pharmakopoe,  II,  1892, 
p.  184.  —  Tschirch,  Handbuch  der  Pharmakognosie  II,  1912,  p.  328, 
(daselbst  auch  ausführliche  Literaturangaben). 

Prunus  Amygdalus  Stokes  s.  Mandeln. 

Priuius  Ar7ne7iiaca  L.  Aprikose.  Die  Samen  zu  Bittermandelöl. 
Siehe  Mandeln. 

Moquila  tomentosa  Bentham.  Brasilien.  Was  bezüglich  der  Samen 
dieser  Pflanze  im  L  Bd.,  p.  637,  ausgesagt  wurde,  soll  sich  nach  Grimme 
(Ghem.  Umschau,  1919,  p.  89)  auf  Pleu7'ogyne  umbrasissima  Aaruada 
Gamara  (Guity-iba,  Oiti-iba,  Giti-cica-Harzoiti)  beziehen.  Der  große,  öl- 
reiche  Samen  soll  ein  unangenehm  riechendes,  fettes  Öl  liefern,  das  ge- 


665  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Über  andere  Arten  s.  I,  p.  636.  In  der  Kriegszeit  hat  man  die 
Obstkerne  gesammelt  und  daraus  das  Öl  gewonnen,  doch  fielen  die  er- 
zielten Mengen  für  die  Ölversorgung  nicht  viel  ins  Gewicht. 

17.  Leguminosen. 

Acacia  sp.  Die  Samen  mehrerer  Arten  dienen  als  Waschmittel. 
Wiesner,  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  708. 

Adenanthera  pavonitia  L.  Tropen.  Die  scharlachroten,  glänzenden 
Samen  (Korallenerbsen,  Condari)  werden  als  Schmuck  verwendet,  auch 
geröstet  oder  mit  Reis  gekocht  genossen. 

Parkia  africmta  R.  Br.  Tropisches  Afrika.  Die  Samen  geben  den 
Sudankaffee;  sie  werden  auch  unreif  genossen  und  sollen  schlechtem, 
fauligem  Wasser  den  unangenehmen  Geschmack  benehmen.  Anatomie: 
Moeller,  Mikroskopie  der  Nahrungs-  und  Genußmittel,  II.  Aufl.,  1905, 
p.  283. 

Ceratonia  siliqua  L.  Bockshorn,  Johannisbrot.  Mittelmeer- 
länder. Die  Samen  dienen  zur  Erzeugung  des  Tragasols,  dessen 
schleimige  Beschaffenheit  es  als  Appreturmittel  für  Gewebe  geeignet  macht. 
Cutiloid  ist  Tragasol  mit  Tannin  und  Eiweiß.  Anatomie  des  Samens: 
Moeller,  1.  c,  p.  294. 

Oymnocladus  chinensis  BaüL,  mittleres  China.  Die  Samen  ent- 
halten einen  technisch  verwendbaren  Schleim  (Dialose).  Nach  anderen 
Angaben  soll  die  Dialose  auch  von  den  Samen  von  Dialium  sp.  geliefert 
werden.  Die  Samen  von  Oymnocladus  cldnensis  Baill.  sollen  Saponin 
enthalten  und  daher  zum  Waschen  verwendet  werden.  Beschreibung 
bei  Ebert,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  chinesischen  Arzneischatzes.  Früchte 
und  Samen.     Zürich,  1907,  p.  44. 

Amhurana  Claudii  Schwacke  et  Taubert.  Brasilien  (Minas  Geraes). 
Die  geflügelten,  schwärzlichen,  runzeligen  Samen  besitzen  einen  starken 
Kumaringeruch  und  dienen  zum  Parfümieren  des  Tabaks.  Engler- 
Prantl,  Pflanzenfamilien  III,   3,  p.  387  (Taubert). 

Castanospermum  australe  Cunn.  Über  die  Stärke  der  Samen 
siehe  II,  p.  404. 

Trigonella  foenum  graecum  L.  Hornklee,  Bockshornsame.  Die 
Samen  werden  ihres  Schleimes  wegen  in  der  Tuchfabrikation  verwendet; 
hauptsächlich  dienen  sie  als  Tierarzneimittel.  Anatomie:  Tschirch  u. 
Oesterle,  Atlas  d.  Pharmakogn.,  p.  323,  Taf.  75.  Anatomische  Lite- 
ratur: Moeller,  1.  c,  p.  287. 

Robinia pseudaeacia  L.,  Robinie,  falsche  Akazie,  Nordamerika, 
in  Europa  eingebürgert.  Die  Samen  enthalten  große  Mengen  von  Ureas e; 
dieses  Enzym  vermag  den  Harnstoff  des  Harnes  in  Ammoniumkarbonat 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Sanoen.  667 

überzuführen.  (Vgl.  unten-  Oly eine.)  Die  technische  Darstellung  von 
Ammoniumsulfatdünger  aus  Harn  mittels  Robiniensamen  erscheint  öko- 
nomisch und  rationell,  da  aus  \  cbm  Harn  35  kg  Ammoniumsulfat,  als 
Nebenprodukt  noch  ein  phosphorhaltiger  Dünger  gewonnen  werden 
können.  Zemplen  G.,  Versuche  zur  techn.  Anwendung  der  Urease  aus 
Robiniensamen.  Zeitschr.  f.  angewandte  Chemie  XXV,  1912,  p.  1560. 
Die  Samen  wurden  auch  als  Kaffee-Ersatzstoff  verwertet.  Griebel,  Ztschr. 
f.  d.  Unt.  d.  Nahrungs-  u.  Genußm.,  35.,  1918,  p.  275.  Auch  zur  ÖI- 
gewinnung  wurden  sie  gesammelt.     Di  eis,  1.  c,  p.  201.{ 

Ärachis  hypogaea  L.  (=  A.  africana  Loii?:  =  Ä.  americana 
Ten.)  s.  Erdnußsamen. 

Coumarouna  odorata  Auhl.  (==  Dipteryx  odorata  Willd.  = 
Baryosma  Tongo  Oärtn.) ,  C.  oppositifolia  Taub.  C.  pteropus 
Taub.  s.  Tonkabohnen. 

Cicer  arietinum  L.,  Lens  esculenta  Mnch.,  Arten  von  Vicia^ 
Lathyrus,  Pisum  wegen  des  hohen  Gehaltes  an  Legumin  und  Stärke 
wichtige  Nahrungsmittel.  Anatomische  Literatur  außer  der  bei  Mo  eil  er, 
1.  c,  p.  262—280  angeführten:  Kondo  in  Ztschr.  f.  d.  Unters,  d.  Nahrgs.- 
u.  Genußmittel,  25.,  1913,  p.  1 — 56  und  Weese  in  Fruwirth,  Land- 
wirtschaftlich wichtige  Hülsenfrüchte,  H.  Heft,  IL  Aufl.,  Berlin  1919.  — 
Die  Lupinensamen,  die  als  Rassensurrogat  verwertet  und  wenn  entblät- 
tert auch  verfüttert  werden,  enthalten  keine  Stärke.  Über  die  Zukunft 
der  Lupine  als  Feldfrucht  siehe  Fruwirth,  Neue  Pflanzen  auf  dem 
Acker,  Wien  1919,  H,  88. 

Äbriis  precatorius  L.  Ostindien,  doch  fast  in  allen  Tropenländern 
die  roten,  giftigen  Samen  (»Jequiriti«)  werden  zu  Rosenkränzen  (daher 
Paternostererbse)  und  zu  Schmucksachen  verwertet.  Anatomie:  Ticho- 
mirow,  Bull.  Moscou,  1883,  p.  133—159,  Tab.  HI,  IV. 

Glycine  hispida  Maxim.  (Soja  hispida  Mönch ^  Soja  max.  [L.] 
Piper ^).)  Sojabohne,  Japan,  China.  Die  Samen,  deren  Gehalt  an 
Rohprotein  zwischen  27,7  und  43,4  Proz.  und  in  Fett  zwischen  15,2 
und  22,7  Proz.  der  Trockensubstanz  schwanken  soll,  enthalten  (wie  die 
Samen  von  Robinia)  reichlich  Urease  und  werden  in  Yokohama  bereits 
zur  Überführung  des  Harnstoffes  (des  Harns)  in  Ammoniumkarbonat  ver- 
wendet. In  China  und  Japan  dienen  sie  zur  Ölbereitung.  Über  die  Eigen- 
schaften und  die  Verwertung  des  Sojabohnenöls  siehe  !.,  p.  689,  die 
Preßrückstände  bei  der  Ölgewinnung  können  als  Nahrungsmittel  trefflich 
verwendet  werden.     In  Ostasien  werden  die  Samen  vor  allem  zur  Her- 


i)  Dieser  Name  soll  nach  Harms  (Notizbl.  Bot.  Gart,  und  Mus.  Berlin-Dahlem, 
VII,  1917,  p.  104)  der  Berechtigung  entbehren.  Harms  bezeichnet  Phaseolus  Tnax.  L. 
als  Synonym  .von  Phaseolus  radiatus  L. 


6ßg  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Stellung  verschiedener  Gärungsprodukte  benutzt,  so  z.  B.  zu  den  gegorenen 
Breien  Misa  und  Chiang,  zu  den  pflanzlichen  Käsen  Tolu  und  Nattos 
und  weiter  zu  Tunken  (Schoyu,  Taoyu).  Die  Schoyu-Tunke,  die  auch 
nach  Europa  gebracht  wurde,  gehurt  zu  den  wichtigsten  Genußmitteln 
Japans.  Aus  den  Sojabohnen  wird  auch  eine  Art  Milch  dargestellt.  Auch 
als  Kaffeesurrogat  wurden  die  Sojasamen  verwertet.  Die  vielfache  Ver- 
wendungsmöglichkeit der  Samen  erklärt  das  lebhafte  Bestreben,  die 
Bohne  auch  bei  uns  zu  bauen.  Doch  sind  die  bisherigen  Ergebnisse  der 
Anbauversuche  infolge  des  mäßigen  Ertrages  von  frühreifen  Sorten  nicht 
sehr  erfolgversprechend.  Siehe  Fruwirth,  1.  c,  p.  20;  Tropenpflanzer, 
1920,  p.  62.  Weiteres:  S.  F.  Honkamp,  Die  Sojabohne  und  ihre  Ver- 
wertung, Tropenpflanzer  i910,  p.  613.  Fruwirth,  Die  Sojabohne  in 
Fühlings  Landwirtsch.  Ztg.,  1915,  Heft  3,  4;  Fürstenberg,  Die  Soja, 
eine  Kulturpflanze  der  Zukunft  und  ihre  Verwertungsmöglichkeiten,  Berlin 
1917;  Heinze,  B.  in  Jahresber.  Ver.  f.  ang.  Botanik,  1915,  2.  Teil,  p.  56 
bis  76,  Mitt.  Ver.  z.  Fürd.  d.  Moorkult.  Deutsch.  Reich,  1917,  Heft  6/7. 
Josef  Weese,  Über  einige  ausländ.  Hülsenfruchtersamen.  2.  Mittig.,  Arch. 
f.  Chem.  u.  Mikr.  1917,  10,  p.  161,  (mit  anatomischen  Angaben  und 
Literaturzusammenstellung).  Über  die  Einfuhr  von  Sojaprodukten  in 
Amerika  f.  Tropenpflanzer,   1919,  p.  344. 

Phaseolus  vulgaris  L.  u.  Ph.  coccineus  L.  Bohne,  Fisole,  als 
Nahrungsmittel  bekannte  »Hülsenfrucht«.  Ph.  lunatiis  L.  Mondbohne, 
indische  Bohne  usw.  Die  Samen  enthalten  das  Glykosid  Phaseo- 
lunatin  (=  Linamarin),  das  Blausäure  gibt.  L.  Guignard^  Die  Blau- 
säurebohne. Bull.  Scienc.  Pharm.  1906,  13,  p.  193—213  und  337—352. 
—  W.  Busse,  Über  die  giftige  Mondbohne,  Zeitschr.  f.  Unters,  d.  Nahr.- 
u.  Genußm.  XIII,  1907,  p.  737.  —  C.  Hartwich,  Schweiz.  Wochenschr. 
f.  Chem.  u.  Pharm.  1907,  Nr.  6.  —  Morpurgo,  Archiv  für  Chem.  u. 
Mikr.  1912,  H.  3.  —  T.  F.  Hanausek,  ebenda,  1912,  H.  4.  —  (S.  auch 
den  Artikel  »Leinsamen«). 

Voandzeia  suhterranea  Thouars  (=^  Arachis  africana  Burm.  = 
Glycine  suhterranea  L.  :=  Cryptolobus  suhterraneus  Spreng.),  Erd- 
erbse, Angolaerbse.  Tropisches  Afrika  und  Südamerika.  Stärke- 
reiche, als  Nahrungsmittel  dienende  Samen.  Duchesne,  Plantes  utiles, 
p.  270,  Miquel,  Flor.  Neederl.,  I,  p.  175.  —  M.  Zagorodsky,  Die 
Erderbse  (Voandxeia  subt.  Th.)  und  ihre  Verwertung  als  Futtermittel. 
Tropenpflanzer  15,  1912,  p.  413 — 436  (mit  mikroskopischen  und  che- 
mischen Angaben).  Der  früher  angenommene  Ölreichtum  der  Samen  hat 
sich  als  irrig  erwiesen,  sie  enthalten  nur  4,8 — 8,39  Proz.  Fett.  —  Vgl. 
auch  Tropenpflanzer  1912,  p.  610.  —  Josef  Weese,  Über  einige  aus- 
ländische Hülsenfruchtersamen,  3.  3Iittlg.,  Archiv  f.  Chem.  u.  Mikroskopie 
1917,  10,  p.  199  (mit  sehr  ausführlicher  Anatomie). 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  669 

Kerstingiella  geocarpa  Harms  (Voandxeia  Poissoni  A.  Chev.).  Togo, 
Dahomey,  Nigerien.  »Kandela«.  3  Sorten  mit  weißlichen,  schwarzen 
und  hell-rötlichbraunen  Samen.  Harms  im  Tropenpflanzer  XV,  1911, 
p,  273  und  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien,  Ergänzungsheft  III,  1914, 
p.  149. 

Stixolohium  deeringianum  Bort.  Florida.  »Samtbohne«,  »vel- 
vet  bean«.  Die  Samen  als  menschliche  und  tierische  Nahrungsmittel 
verwendet.  Ebenso  St.  hassjoo  Piper  et  Tracy^  Japan.  »Yokohama- 
bohne«, St.  pachylohium  Piper  et  Tracy.,  Indien,  »fleischhülsige  Bohne«; 
St.  niveum  Kuntxe,  Indien.  »Lyonbohne«.  Anatomie  bei  Josef  Weese, 
1.  c,  Heft  2—4. 

Canavalia  ensiformis  DC.  Nordamerika.  »Jackbohne«.  —  C. 
gladiata  DC.  Indien,  Japan,  China,  »Schwertbohne«,  Josef  Weese, 
1.  c,  Heft.  5. 

Über  die  Stärke-Arten  verschiedener  Leguminosen  s.  Planchon  et 
Juillet,  Etüde  de  quelques  fecules  coloniales,  Marseille  1910,  p.  35 
bis  46. 

Über  fettliefernde  Arten  s.  I,  637. 

18.  Linaceen. 
Linum  usitatissimum  L.  s.  Leinsamen. 

19.  Zygophyllaceen. 

Peganum  Earmala  L.  Harmelstaude,  syrische  Raute,  Steppen- 
und  Wüstengebiete  der  alten  Welt,  von  Spanien  durch  Südrußland  bis 
Tibet.  Die  Samen  dienen  zur  Darstellung  einer  roten  Farbe,  auch  als 
Gewürz  und  zum  Abtreiben  der  Würmer,  sollen  auch  berauschend 
wirken;  sie  enthalten  zwei  Alkaloide,  das  Harmalin  und  das  Harmin. 
Von  dem  roten  Farbstoff  (Harmalarot)  wird  angenommen,  daß  er  durch 
Zersetzung  des  Harmalins,  das  sich  in  den  Zellen  der  mittleren  Samen- 
schalenschicht befindet,  entstehe.  Dymock,  Warden  and  Hooper, 
Pharmacographia  indica,  I,  p.  252;  Klein  in  Realenzyklopädie  der  ges. 
Pharmazie,  2.  Aufl.,  VI,  p.  191;  Hartwich,  Die  neuen  Arzneidrogen. 
Berlin  1897,  p.  245.     Dragendorff,  Heilpflanzen,  p.  345. 

Über  eine  fettliefernde  Art  s.  I,  p.  638. 

20.  Simarubaceen. 

Über  die  fettliefernden  Irvingia- Arten  siehe  I,  p.  638;  ferner  Na- 
tional Druggist  St.  Louis,  Vol.  27,  1897,  Nr.  12  (The  Indo-Ghinese  Wax- 
Tree). 


670  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

21.  Burseraceen. 

Canarium  polyphyllum  E.  Schum.  Neu-Guinea.  Die  Samen  liefern 
Öl.  Tropenpflanzer  i913,  p.  147.  —  Über  andere  ülliefernde  Canarium- 
Arten  s.  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  III,  4,  p.  244,  und  Rohstoffe, 
III.  Aufl.,  I,  p.  639. 

22.  Meliaceen. 

Melia  Toosendan  S.  et  Z.  China.  Die  Samen  enthalten  50 — 60  Proz. 
fettes  Öl  (Vappamfett,  Margosöl,  Nimbül,  Kohomböl,  Vippöl;  dieselben 
Namen  führt  auch  das  Öl  von  Axadirachta  indica  Juss.^  Rohstoffe  I, 
p.  639).     F.  Ebert,  1.  c.  p.  62. 

Trichüia  emetica  Vahl.  s.  I,  639. 

Trichilia  suhcordata  Gurke.  Deutsch-Ostafrika.  >Msukuliobaum«. 
Die  Samen  liefern  Fett,  das  sich  zur  Kerzen-  und  Seifen fabrikation  eignet. 
Ber.  D.  Pharm.  Ges.  1913,  23,  p.  667. 

23.  Polygalaceen. 

XanthophyUum  Imiceatum  J.  J.  8.  {=  Skophium  lanceatum  Miqu.). 
Palembang  auf  Sumatra.  >Siver«.  Das  Samenfett  als  Speisefett  und 
gegen  Mundkrankheiten  (Aphten)  in  Verwendung. 

24.  Euphorbiaceen. 

Ricinus  communis  L.  und  Varietäten  s.  Rizinussamen. 

Ricinodendro7i  Rautanenii  Schinz.  Deutsch-Südwestafrika.  Liefert 
die  Omkete-  oder  Uankettinüsse.  Der  Samen  enthält  bis  32,3  Proz. 
(der  Kern  allein  51,5  Proz.)  trocknendes,  dem  Mohnöl  nahestehendes  Öl. 

R.  Heudeloti  (Baill.)  Pierre.  Kamerun.  »Ojok«.  Die  haselnuß- 
großen Samen  dienen  als  Speise  und  zur  Ölgewinnung;  sie  enthalten 
52,24  Proz.  fettes  Öl.  —  M.  Krause,  Chem.-Ztg.  1913,  37,  p.  1254. 

Plukenetia  conophora  Müll.  Arg.  Tropisches  Westafrika.  »Ngart«. 
Die  Samen  liefern  ein  dem  Leinöl  sehr  nahe  stehendes,  trocknendes  Öl. 
Tropenpflanzer  1909,  p.  282. 

Aleuritis  cor  data  Müll.  Arg.  (^=I)ryandra  cor  data  Tkunh.)  Ostasien. 
Die  Samen  wurden  in  China  schon  2000  Jahre  vor  Chr.  zu  Rußschwarz 
verarbeitet,  aus  dem  die  chinesische  Tusche  dargestellt  wird.  Als 
Bindemittel  dienen  Hausenblase  und  Hautleim,  ferner  kommen  dazu  Ab- 
kochungen von  Aconitum  und  Anchusa  nebst  Kampfer  und  Moschus.  — 
A.  Eibner,  Farben  im  Handwörterbuch  der  Naturwissenschaften,  Bd.  III, 
(Jena  1913)  p.  860. 

Über  andere  fettliefernde  Arten  s.  I.,  p.  640. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  671 

25.  Anacardiaceen. 

Über  die  fettliefernden  Arten  s.  I,  p,  642. 

Anacardium  occidentale  L.  Die  Acajousamen  werden  als  Ersatz 
der  Mandeln,  auch  bei  der  Kakaoverarbeitung  verwendet.  W.  Theopold, 
Pharm.  Centralh.  49,  1908,  p.  1057.  —  Apoth.-Ztg.  (Berlin)  1909, 
p.  61.  (»Ostindische  Mandeln«,  vielleicht  auch  von  Semecarpus  Ana- 
cardium Lt.)  Sie  enthalten  neben  Fett  auch  Stärke,  dadurch  von 
echten  Mandeln  zu  unterscheiden.  Pharm.  Post,  47,  1914,  p.  375.  Über 
die  Verwendung,  Bezeichnung,  Morphologie  und  Anatomie  der  Früchte 
und  Samen  der  Semecarpus  Anacardium  und  Anacardium  occidentale 
siehe  Desider  Weber,  Beiträge  zur  Anatomie  einiger  pharmakognostisch 
wichtiger  Samen  und  Früchte.     Budapest,  1907,  p.  38—55,  Taf.  VI— VII. 

26.  Celastraceen. 

Evonymus  sp.  Der  Arillus  einiger  ostindischer  Arten  wird  unter 
dem  Namen  »Kunku«  von  den  Hindufrauen  zum  Putze,  zum  Bemalen 
derStirnemit  einem  roten  Fleck,  benutzt.  Loesener  in  Engler-Prantl, 
Pflanzenfamilien  III,  5,  p.  201. 

Celastrus  paniculata  Willd.  Indien.  Die  Samen  liefern  in  Indien 
viel  verwendetes  Öl.     Loesener,  1.  c,  p.  205. 

27.  Hippocastanaceen. 

Aesculus  hippocastanum  L.  (Über  die  Stärke  s.  II,  p.  93.)  Die 
Samen  enthalten  bei  1 3  Proz.  Saponin,  das  zur  Herstellung  von  Toilette- 
seifen benutzt  wird.  Die  Samen  können  zum  Waschen  benutzt  werden. 
S.  L.  Weil,  Beitr.  z.  Kenntn.  d.  Saponinsubstanzen  u.  ihrer  Verbreitung. 
Inaug.-Dissert.  Straßburg  1901.  Über  die  chemische  Zusammensetzung 
s.  E,  Laves,  Über  Untersuchung  und  Verwertung  der  Samen  der  Roß- 
kastanien, Apoth.-Ztg.  (Berlin)  1903,  p.  36.  Serger,  Ghem.  Ztg.,  XI,  1916, 
p.  221.  —  Thoms  in  Gartenflora,  1916,  p.  361.  —  Tropenpflanzer  1916, 
p.  429.  —  Bester  in  Ztschr.  f.  ges.  Getreide vers.,  1916,  p.  119.  — 
Tschirch,  Schweiz.  Apoth.-Ztg.  1917.  Die  entblätterten  Samen  wurden 
während  der  Kriegszeit  auch  zur  Erzeugung  eines  Zusatzmehles  für  die 
Brotbäckerei  verwertet.  Auch  Öl  wurde  aus  den  Samen  gewonnen. 
Diels,  1.  c,  p.  117  u.  213.  Geschabte  Samen  sind  (mit  pulverisierten 
Blüten  von  Convallaria  majalis  L.)  ein  Hauptbestandteil  des  »Schnee- 
berger  Schnupftabaks«.     Frank-Leunis,   Synopsis,    1885,   II,  p.  377. 

28.  Sapindaceen. 

Über  die  Öl  liefernden  Pflanzen  s.  I,  p.  642. 

Sapindus  saponaria  L.  —  Llagunoa  sp.    (Südamerika)  und  Koel- 


672  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

reuteria  paniculata  Laxm.  Die  Samen  sind  überaus  hart  und  fest  und 
dienen  zu  Rosenkränzen. 

PauUinia  Cupana  Kunth  (P.  sorhiUs  Mart.)  Aus  den  koffein- 
haltigen Samen  wird  die  Pasta  Guarana  bereitet. 

Cupania  americana^L.  Westindien.  »Guara«.  Aus  den  kastanien- 
artigen^Samen  (»Krabbenaugen«,  >Zieux  crabe«)  soll  ein  Likör  bereitet 
werden.    Radlkofer  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  III,  5,  p.  299. 

29.  Yitaceen. 

Vitis  vinifera  L.  S.  I,  p.  643.  Über  Ölgewinnung  aus  den  Samen 
s.  auch  Muth  in  Jahresber.  Ver.  f.  angew.  Botanik,  1917,  p.  23 — 30. 
Über  Kaffee-Ersatzmittel  aus  Weintrestern  siehe  Griebel  in  Ztschr.  f. 
d.  Unt.  d.  Nähr.-  u.  Genußm.,  38,  1919,  p.  138. 

30.  Tiliaceen. 

Über  fettliefernde  Arten  s.  I,  p.  643.  Auch  die  Samen  von  Tilia 
platyphylla  Scop.  und  T.  cordata  Mill.  enthalten  Öl,  dessen  Gewinnung 
sich  aber  beim  Preßverfahren  als  nicht  sehr  rentabel  erwies.  Siehe 
Diels,  1.  c,  p.  214. 

31.  Malvaceen. 

Qossypium  sp.  s.  Baumwollsamen. 

Ahelmoschus  moschatus  Moench  (=  Hihiscus  Abelmoschus  L).  Ein- 
heimisch in  Ostindien  und  Ägypten,  in  vielen  Tropengegenden  kultiviert. 
Bisamstrauch,  Argalie.  Die  Samen,  Bisam-,  Moschuskörner  kommen  aus 
West-  und  Ostindien  in  den  Handel  und  werden  wegen  ihres  an  Moschus 
erinnernden  Geruches  in  der  Parfümindustrie  verwendet.  Man  stellt  daraus 
einen  Sesquiterpenalkohol,  Farnesol  genannt,  dar,  der  zu  0,12  Proz. 
in  den  Samen  enthalten  ist.  Dieser  merkwürdige  Körper  (auch  in  den 
Blütenölen  von  Reseda,  Cojivallaria  majalis,  Sijringa  usw.  enthalten) 
scheint  fast  geruchlos  zu  sein;  erst  wenn  man  eine  sehr  verdünnte  alko- 
holische Lösung  an  der  Luft  verdampfen  läßt,  nimmt  man  nach  einiger 
Zeit  einen  an  Maiglöckchen  erinnernden  Geruch  wahr.  Das  ätherische 
Öl  ist  in  den  Samenschalen  enthalten.  Hartwich  in  Realenzyklopädie 
d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl.,  I,  p.  12.  —  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Okt.  1913, 
p.  139.  —  Gildemeister  u.  Hoffmann,  Die  ätherischen  Öle,  II.  Aufl., 
IIL  Bd.,  1916,  p.  170.  Über  Anatomie  der  Samen  s.  D.  Weber,  1,  c, 
p.  7—1 6,  Taf.  I. 

32.  Bombacaceen. 

Ceiba  jJentandra  (L.)  Gärtn.  (=  Eriodendron  anfractuosum  DC). 
Kapokbaum,    silk  cotton-tree,    die  Kapoksamen    dienen  zur  Gewinnung 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  673 

des  Kapoköles,  die  Rückstände  als  Tierfutter.  In  Togo  w^d  daraus 
Mehl  dargestellt,  v.  Bretfeld,  Journ.  f.  Landwirtschaft,  Berlin  1887, 
XXXV,  p.  51  (Mikroskopie  des  Samens).  —  Van  Pesh,  Kapokkuchen, 
Landw.  Vers.-Stat.  1896,  47,  p.  471.  —  S.  auch'J,  p.  644.  —  Mathes 
und  Holtz,  Über  Kapoksamen  und  Kapokül,  Arch.  d.  Pharm.  251,  1913, 
p.  376 — 396,  —  Sprinkmeyer  u.  Diedrichs,  Beitr.  z.  Kenntn.  des 
Kapoksamens  und  des  daraus  gewonnenen  Öles.  Zeitschr.  f.  Unt.  d. 
Nahrungs-  u.  Genußm.  26,  1913,  p.  86 — 102.  —  Über  Verwertung  der 
Kapoksamen  siehe  auch  Tropenpflanzer,  1919,  p.  308. 

Eriodendron  occidentalis  Kostet  und  E.  aescidifotius  DC.  Mexiko. 
»Pochate«.  Die  Samen  liefern  halbtrocknendes  Öl.  Tropenflanzer,  1913, 
p.  97. 

Bombax  aquaticum  (Äubt.)  K.  Seh.  (=  Pachira  aquatica  Aubt.) 
liefert  Stärke.     Siehe  II,  p.  23. 

Bombax  matabaricum  DC.  Ostindien.  Aus  den  Samen  wird 
Kapoköl  gewonnen.  —  H.  Sprinkmeyer  und  A.  Diedrichs,  Beiträge 
zur  Kenntnis  des  Kapoksamens  und  des  daraus  gewonnenen  Öles.  Ztschr. 
f.  U.  d.  Nähr.-  u.  Gen.  1913,  26,  p.  86. 

33.  Sterculiaceen. 

Theobroma  Cacao  L.,  Th.  bicolor  Humb.  et  Bonpt.^  Th.  an- 
gustifotium  Moq.  et  Sess.,  Th.  ovatifolium  Moq.  et  8ess.^  Th. 
guyaneiise  Äubl.^  Th.  viicrocarpum  Mart..,  Th.  speciosum  Willd.^ 
Th.  süvestris  Mart.^  s.  Kakaobohnen. 

Über  Fett  hefernde  Sterculiaceen  siehe  I,  p.  644. 

34.  Oclinaceen, 
Über  Öl  liefernde  Arten  siehe  I,  p.  644. 

35.  Theaceen. 
Über  Öl  hefernde  Arten  siehe  I,  p.  645. 

36.  Guttiferen. 
Über  Fett  Hefernde  Arten  siehe  I,  p.  645. 

37.  Dipterocarpaceen. 
Über  Fett  liefernde  Arten  siehe  I,  p.  647. 

38.  Bixaceen. 
Bixa    oreltana    L.,    Urucu,    Rocou,    Roucou,    Bixa,    Bicha, 
Achiote;  Brasilien,  Jamaika,  Guayana,  Java,  Ceylon.     Aus  der  äußeren 

Wiesner,  Eohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  43 


674  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Schicht  d^  Samenschale  (Epidermis)  erhält  man  den  roten  Farbstoff 
Annatto  (Arnatto,  Arnotto,  Orlean).  Hartwich  in  Realenzyklopädie 
d.  ges.  Pharmazie.  II.  Aufl.,  IX,  647.  —  Hart  wich.  Über  den  Orlean. 
Arch.  d.  Pharm.  1890,  228,  p.  415.  —  Peckolt,  Heil-  und  Nutzpflanzen 
Brasiliens.  Ber.  d.  pharm.  Gesellsch.,  1899,  IX,  p.  73.  Engler-Prantl, 
Pflanzenfam.,  III,  6,  p.  311.  —  Zimmermann,  Kultur  und  Gewinnung 
des  Annatto.  Der  Pflanzer  IV,  1908,  p.  231.  —  Tropenpflanzer  1909, 
p.  197.  —  Conner,  The  Annato  plant,  Tropic.  Agric.  and  Magazine 
XXXII,  1909,  p.  517— 518.  —  A.  Heiduschka  u.  H.  Riffart,  Über 
Bixin,  Arch.  d.  Pharm.  191'1,  p.  43.  —  Pharmaz.  Post  (Wien)  1912, 
p.  299.  —  Molisch,  Mikrochemie  der  Pflanze,  1913,  p.  242. 

39.  riacourtiaceen. 
Die  Samen  von  Hydnocarpus  sp.   liefern   das  giftige  Gardamom- 
oder  Marattifett  (Marottyfett),  das,  zu  einer  Margarine  verarbeitet,  tödliche 
Vergiftungsfälle  verursachte.     Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  III,  6a, 
p.  22;  Arch.  f.  Chemie  u.  Mikroskopie  (Wien)  1912,  p.  349. 

40.  Cactaceen. 
Cereus  pecten  ahorigijiuni  Engelm.     Mexiko.     Die  Samen  enthalten 
reichlich  Ol,  das  als  Speiseöl  und  zu  medizinischen  Zwecken  verwendet 
wird.     G.  Heyl,   Über  das  Vorkommen   von  Alkaloiden  und   Saponinen 
in  Kakteen.     Archiv  der  Pharmazie,  1901,  Bd.  239,  Hft.  6,  p.  460. 

41.  Lecytliidaceen. 
Über  die  Öl  liefernden  Arten  siehe  I,  p.  648. 

42.  Rhizoplioraceen. 

Poga  oleosa  Pierre.  »M'poga«.  Die  Samen  »Njore-Njole«  liefern 
Öl.  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien,  Nachträge  p.  262;  Tropenpflänzer, 
1909,  p.  184. 

43.  Sapotaceen. 

Über  die  Fett  liefernden  Arten  siehe  I,  p.  649.  Über  Illipe  lati- 
folia  Engl.  (Bassia)  s.  J.  König.  Die  Untersuchung  landw.  u.  gewerbl. 
wichtiger  Stoffe,  IV.  (1911)  p.  421 — 422.  —  Hon  camp,  Reich  und 
Zimmermann,  Über  Perillakuchen  und  Mowrahmehl,  Landwirtsch,  Ver- 
suchsstat.  Rostock  1912. 

44.  Pedaliaceen. 

Sesamum  indicum  (quadridentatum  DC,  subdentatum  DC, 
siihindivisum  DC.  =  S.  Orientale  L.),  S.  radiatum  Schum.  et  Thonn. 
(=  8.  occidentale  Heer  et  Regel)  s.  Sesam. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  675 

45.  Acanthaceen. 
Ruellia  pavale  Roxb.     Der  Samen  zu  Stärke,  siehe  II,  p.  23. 

46.  Plantaginaceen. 

Plantago  Psyllium  L.,  PL  ramosa  Äsch.,  PL  cynops  L.  und 
PL  ispaghula  Roxh.  f-=  PL  decumhens  Forsk.  ==  P.  ovata  Forsk.J  s. 
Flohsamen. 

47.  Curcubitaceen. 

Fevillea  (Feuillea)  cordifoliaL.  u.  F.  trilohataL.  Tropisches  Amerika. 
Liefern  die  Nhandirobasamen,  von  welchen  das  Secuaül  gewonnen  wird. 
Dieses  dient  als  Brennol  und  zum  Anstrich  für  Eisenwaren,  um  sie  vor 
dem  Rosten  zu  schützen.  T,  F.  Hanausek,  Zeitschr.  d.  allgem.  österr. 
Apoth.-Ver.,  1877,  Nr.  17  und  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl. 
IX,  p.  233.  A.  Ernst,  Die  Beteiligung  der  Ver.  Staaten  v.  Venezuela  usw., 
1873,  p.  36.     Hart  wich,  Die  neuen  Arzneidrogen.  1897,  p.  153. 

Über  andere  Cucurbitaceen  siehe  I,  p.  652. 


Besonderer  Teil. 

1.  Vegetabilisches  Elfenbein. 

Ursprünglich  verstand  man  darunter  die  Samen  mehrerer  Arten  der 
südamerikanischen  Palmengattung  Phytelephas,  die  in  den  Heimatländern 
seit  alter  Zeit  zu  verschiedenen  Beinarbeiten  benutzt  werden  und  der 
europäischen  Industrie  wahrscheinlich  zuerst  im  Jahre  1826  als  vorzüg- 
liches Ersatzmittel  für  Elfenbein  zugeführt  worden  sind^).  Auch  jetzt 
noch  bilden  dieselben  unter  den  Namen:  Elfenbeinnüsse,  Steinnüsse 
(Wien),  Taguanüsse,  Gorusconüsse  die  Hauptmasse  des  vegetabilischen 
Elfenbeines;  doch  werden  seit  mehr  als  40  Jahren  auch  die  Samen  einiger 
polynesischer  Arten  von  Metroxylon  (Coelococcus)  als  Tahiti-,  Fidschi-, 
Salomons-  oder  Karolinennüsse  usw.  und  gegenwärtig  auch  die  Samen 
der  ostafrikanischen  (abessinischen)  Dumpalme  in  den  Handel  gebracht, 
um  in  gleicher  oder  ähnlicher  Weise  Verwendung  zu  finden. 

Wir  können  demnach  südamerikanisches,  polynesisches  und 
abessinisches  vegetabilisches  Elfenbein  unterscheiden. 

a)   Südamerikanisches  vegetabilisches  Elfenbein. 
Im  Index  Kewensis  sind  1 5  Pkytelephas-Arien  angeführt,  von  denen 
jedoch   nur   vier   bezüglich   ihrer   Wohnorte   näher  bekannt   sind,    und 


^)  Seemann,  Die  Palmen,  deutsche  Übersetzung  von  Bolle.     2.  Aufl.     Leipzig 
-1863,  p.  224. 

43* 


676 


Einundzwanziffster  Abschnitt.     Samen. 


zwar:  Phytehphas  macrocarpa  Buix  et  Pavon,  Ph.  microcarpa  Ruix 
et  Paron,  Ph.  auj'eo-costata  Linden,  Ph.  aequatorialis  Spruce  (Ecuador). 
Hauptsächlich  sind  es  die  beiden  ersten,  die  den  wertvollen  Rohstoff 
liefern;  ferner  werden  noch  besonders  Ph.  Ruixii  Gaudich.  und  Ph.  Pa- 
vonii  Oaudich.  genannt,  deren  Samen  gesammelt  werden. 

Den  Verbreitungsbezirk  der  Ph.  macrocarpa  (und  wohl  auch  der 
meisten  übrigen  Arten)  bilden  die  Ufergebiete  des  Magdalenenstromes 
und  seiner  Neben-  und  Zuflüsse  in  Kolumbien,  zwischen  9°  nürdl.  und 
8°  südl.  Breite  und  zwischen  70°  und  79°  westl.  Länge.  Phytelcphas 
macrocarpa.,  durch  Ruiz  und  Pavon  im  Jahre  1798  in  Europa  bekannt 
geworden,    besitzt   einen    bis   2  m   hohen   Stamm   und   über  kopfgroße 


Fig.  249.    Phytelephas  microcarpa.     F  Frucht  quer  geschnitten.      G  Same    ans   der   dünnen  SteLnschale 

herausgenommen  mit  danebenliegendem,  die  Embryogrube  bedeckenden  Keimdeckel.     (Nach  Karsten 

aus  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien.) 


Frucht kolben;  Ph.  microcarpa  ist  stammlos  und  gleicht  mit  ihren  präch- 
tigen, großen,  regelmäßig  gefiederten  Blättern  einer  jungen  Weinpalme 
(Oenocarpus). 

Der  Fruchtkolben  der  Elfenbeinpalmen  stellt  ein  Synkarpium  dar, 
das  aus  sechs  oder  mehr  aneinandergepreßten  und  verwachsenen  beeren- 
artigen Einzelfrüchten  zusammengesetzt  ist.  Jede  Einzelfrucht  ist  vier- 
bis  sechsfächerig  mit  je  einem  Samen  in  jedem  Fache  (Fig.  249i^).  Das 
Perika^rp  besteht  aus  einem  trockenen,  mit  holzig-harten  Höckern  und 
Stacheln  versehenen  Epikarp,  einem  saftigen,  süß  schmeckenden,  genieß- 
baren und  zur  Bereitung  eines  Getränkes  dienlichen  Mesokarp  und  einem 
dünnen,  jedes  Fach  auskleidenden  Endokarp.  Bei  der  Fruchtreife  zer- 
fällt das  Endokarp  in  so  viele  selbständige  Schalen,  als  Fächer  vorhanden 
sind,  und  da  jede  dieser  Schalen  einen  Samen  umschließt,  so  erscheint 
es  begreiflich,  daß  man  dieselben  früher  als  Samenschalen  bezeichnet 
hat,   und   dies  um  so  mehr,    als  die  unmittelbar  den  Samenkern   um- 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  677 

gebende  Hülle  auch  mit  der  Steinschale  in  (lockerem)  Zusammenhange 
steht.  Sie  sind  aber  als  wahre  Endokarpteile  der  Frucht  anzusehen,  und 
insofern  stellt  die  Handelsware  eigentlich  die  Steinkerne  (Putamina)  dar^). 

Die  zahlreichen  Sorten  der  Steinnüsse  zeigen  in  bezug  auf  Gestalt 
und  Grüße  bedeutende  Verschiedenheiten.  Im  allgemeinen  ist  die  typi- 
sche Form  der  Steinnuß  ein  mehr  oder  weniger  regelmäßiger  Kugelaus- 
schnitt; die  Grüße  bewegt  sich  zwischen  der  einer  Walnuß  und  der 
eines  mittleren  Kartoffelknollens 2). 

Im  Großhandel  werden  insbesondere  Guayaquil  (mit  kleinem  Spalt) 
und  Savanilla  (mit  großem  Spalt)  unterschieden.  Der  Export  erfolgt 
diesen  Sorten  entsprechend  von  Ekuador  (aus  Guayaquil  und  Manta)  und 
von  Kolumbien  (aus  Colon). 

Die  Steinschale  ist  0,4 — 1  mm  dick,  steinhart,  sehr  sprüde,  schwarz- 
braun und  zumeist  mit  einer  mehr  oder  weniger  mächtigen  lehmfarbigen, 
weichen  und  abreibbaren  Deckschicht  versehen,  die  wahrscheinlich  einen 
Überrest  des  Mesokarps  darstellt,  bzw.  jene  innersten  Schichten  des- 
selben, die  durch  ihre  Obliterierung  die  Lostrennung  des  Endokarps  vom 
Mesokarp   ermüglicheo.     An   der  von  den  beiden  Planflächen  gebildeten 


1)  Vgl.  Drude  in  Engler-Prantl,  Natürliche  Pflanzeni'amilien,  2.  Teil,  3.  Ab- 
teilung, p.  89. 

2)  Einer  ausführlichen  Beschreibung  der  Sorten  von  J.  Moeller*)  ist  folgende 
Zusammenstellung  entnommen,  i.  Marcellino.  Walnußgroße,  etwa  23  g  wiegende, 
rundliche,  plankonvexe  oder  gerundet  dreikantige  Samen.  Steinschale  graugelb,  1  mm 
dick,  Endosperm  hellblaugrau.     2.  Panama.     Größer  als  vorige,    etwa  53  g  schwer. 

3.  Tumaco  von  SanLorenzo.  Samen  in  Kugelaiisschnittform ;  Nabelwarze  eiför- 
mig; die  äußere  kartoCfelbraune  Schicht  der  Steinschale  häufig  aligelöst,  so  daß  die 
glatte  schwarzbraune  Schicht  sichtbar  wird.     Endosperm  weißlichgrau.     Gewicht  70  g. 

4.  Palmyra.  Den  vorigen  sehr  ähnlich,  etwas  kleiner,  der  Kern  viel  dunkler,  grau- 
bläulich. 5.  Cartagena.  Steinschale  dunkelschwarzbraun,  ohne  braune  Deckschicht 
Samen  mit  Tumaco  gleichgroß,  aber  flacher,  50—35  g  schwer.  Endosperm  hell  gelb- 
lichweiß. 6.  Guayaquil.  Verschieden  große,  mehr  gestreckte,  45 — 25  g  wiegende 
Samen;  Oberfläche  der  Schale  lehmfarbig,  kreidig;  Kern  hellgelblichweiß.  7)  Esme- 
ralda.  Große  Nüsse  von  kaffeebrauner  Farbe  und  verschiedener,  mehr  rundlicher 
oder  mehr  gestreckter  Gestalt  mit  zwei  benachbarten,  plattgedrückten  Flächen  und 
einer  diese  überwölbenden,  stark  gekrümmten  Fläche.  Gewicht  80  g.  Kern  gelblich- 
oder  bläulichweiß.  8.  Colon.  Samen  mittelgroßen  Kartoffeln  sehr  ähnlich,  80  g 
schwer,  Kern  oberflächhch  gelb;  in  den  tieferen  Schichten  graublau.  9.  Anaazonas. 
Samen  taubeneigroß,  eiförmig,  35  g  schwer,  Kern  rein  elfenbeinweiß.  10.  Sava- 
nilla. In  vier  Sortimenten:  kleine,  mittelgroße,  Bastard-Savanilla  und  Savanilla  mit 
Ambalema-Charakter.  Kleine  Savanilla  taubeneigroß,  den  Amazonas  ähnlich.  Kern 
schiefergrau.  Mittelgroße  Savanilla,  rundlichen  Kartoffeln  gleichend,  50  g  schwer, 
Kern  ebenfalls  schiefergrau.  Bastard-Savanilla  größer  als  vorige,  sonst  dieser  gleich ; 
Gewicht  93  g.  Kern  weiß.  Savanilla  mit  Ambalema-Charakter,  kugelig,  60  g  schwer, 
Kern  gelblich,  wie  gebrauchtes  Elfeni)ein. 

*)  Mitteilungen  des  k.  k.  teclinolog.  G-ewerbemuseums.    Wien  1880,  Nr.  (i. 


678  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Kante  befindet  sich  eine  hervorragende  runde  oder  breitelliptische,  porüs- 
schwammige  Scheibe,  welche  den  Zusammenhang  mit  den  übrigen  Endo- 
karpteilen  (einer  und  derselben  .Frucht)  vermittelt. 

In  der  Steinschale  liegt,  von  einer  braunen  schuppigen  Samenhaut 
umkleidet,  lose  der  Same.  In  der  Samenhaut  verläuft  ein  Netz  von 
Gefäßbündeln  (das  »Raphenetz«),  das  auf  dem  Samenkern  sich  in  Gestalt 
eines  zarten  Furchennetzes  abdrückt.  Die  von  der  Samenhaut  abstehen- 
den Schuppen  sind  mit  den  innersten  Schichten  der  Steinschale  in  Ver- 
bindung, so  daß  eine  scharfe  Abgrenzung  der  Samenhaut  und  Steinschale 
makroskopisch  nicht  wahrzunehmen  ist.  Den  Zusammenhang  der  Schuppen 
mit  der  Steinschale  kann  man  aber  nur  an  ganz  unversehrten  Objekten 
sehen,  an  welchen  auch  der  Samenkern  beim  Eintrocknen  nicht  zu  stark 
geschwunden  ist. 

An  dem  Samen  ist  ein  breiter,  flacher  Nabel  und  seitlich  von  dem- 
selben eine  helle  konische  Warze,  der  Keimdeckel,  zu  bemerken.  Da 
bei  der  Keimung  das  Würzelchen  nicht  imstande  wäre,  die  festen  und 
harten  Gewebe  zu  durchbrechen,  so  wird  das  Keimlager  von  einem 
selbständigen,  kurzkegeligen  Stück  verschlossen,  das  den  Keimdeckel  dar- 
stellt und  bei  der  Keimung  abgeworfen  wird  (Fig.  249  G). 

Der  größte  Teil  des  außerordentlich  festen  und  harten  Samenkernes 
besteht  aus  dem  Nährgewebe  (Endosperm);  der  kleine  Keim  liegt  in  einer 
von  dem  Keimdeckel  verschlossenen  Höhlung.  Sehr  häufig  zeigt  das 
Nährgewebe  im  Innern  Risse,  Spalten  oder  einen  Hohlraum,  die  wohl 
erst  beim  Eintrocknen  des  Samens  entstanden  sind.  Von  Interesse  ist, 
daß  die  feinen  Savanilla-  und  Tumacosorten  viel  weniger  durch  diese 
Zusammenhangsstörungen  beschädigt  werden  als  die  großen  Colon-  und 
Guayaquilsteinnüsse. 

Der  anatomische  Bau  der  Steinschale  und  des  Samens  ist  zuerst 
von  Morren^)  studiert  worden.  An  der  Schale  lassen  sich  die  Kiesel- 
säureausfüllungen der  Zellen,  an  dem  Endosperm,  die  bei  zahlreichen 
Palmensamen  auftretende  Eigentümlichkeit  demonstrieren,  daß  die  Pflanze 
die  Reservenährstoffe  für  den  Keim  in  Form  enormer  Zellwandver- 
dickungen  und  zwar  als  Hydrozellulose  aufspeichert.  Dadurch  erhält 
aber  der  Same  jene  Festigkeit,  Härte  und,  was  von  ganz  besonderer 
Bedeutung  ist,  jene  Homogenität,  die  ihn  zur  technischen  Verwendbar- 
keit so  außerordentlich  gut  befähigt. 

Das  Vorkommen  von  Kieselsäurekörpern  in  der  Steinschale  hat  zu- 
erst Molisch2)  erkannt,  dem  wir  auch  eine  gute  Darstellung  der  histo- 


-1)  Dodonaea,  Recucil  d'observ.  de  Botanique,  I,  2,  p.  74  (zit.  n.  Wiesner, 
1.  Aufl.,  p.  792). 

2)  Molisch,  Die  Kieselzellen  in  der  Steinschale  derSie\nnuß{Phyielephas).  Zentral- 
organ für  Warenkunde  und  Technologie,  1891,  Hit.  3,  p.  103— 105.     Mit  Abbildungen. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  679 

logischen  Zusammensetzung  der  Schale  verdanken;  seine  Ausführungen 
sind  im  folgenden  wiedergegeben. 

Auf  der  Bruchfläche  der  Steinschale  lassen  sich  drei  scharf  geschiedene 
Zonen  beobachten :  eine  äußere,  die  von  der  lehmgrauen  Deckschicht  ge- 
bildet ist,  eine  mittlere,  durch  die  schwarze  Farbe  und  bedeutenden 
Glanz  ausgezeichnete  und  eine  innere  braune  Schicht.  Die  graue  Deck- 
schicht setzt  sich  aus  porös-netzartig  verdickten,  wie  Korkzellen  radial 
angeordneten,  aber  verholzten,  nur  Luft  enthaltenden  Parenchymzellen 
zusammen,  deren  wahrscheinliche  Aufgabe  schon  oben  angedeutet  wurde.' 
Die  schwarze  Zone  ist  die  Kieselzellenschicht.  Dieselbe  stellt  eine 
einzige  Lage  mächtiger,  senkrecht  zur  Oberfläche  gestellter  Zellen  dar, 
welche  die  Form  von  fünf-  bis  sechsseitigen,  500  /.i  hohen,  40 — 90  fi 
breiten  Prismen  besitzen;  man  kann  daher  dieses  Gewebe  als  eine  Pali- 
sadenzellenschicht  bezeichnen,  wie  sie  z.  B.  an  der  Samenschale  vieler 
Leguminosen  zu  beobachten  ist.  Die  Zellwände  sind  geschichtet,  von 
zahlreichen  feinen  Porenkanälen  durchzogen  und  in  ihrer  Mächtigkeit 
ungleich  entwickelt  —  derart,  daß  das  Lumen  nach  oben  sich  breit 
trichterförmig  öffnet,  nach  unten  sich  zu  einem  engen  Kanal  verschmälert, 
der  sich  am  untersten  Ende  wieder  ein  wenig  ausweitet.  Das  ganze 
Lumen  ist  von  einem  homogenen  Kieselsäurekörper  ausgefüllt,  der  nach 
der  Veraschung  des  Gewebes  als  ein  Abguß  des  Zellinnern  zurückbleibt; 
seine  Oberfläche  ist  mit  zahlreichen  zarten  Zäpfchen  bedeckt,  die  die 
Kieselausfüllung  der  Porenkanäle  andeuten. 

Unterhalb  der  vorspringenden  Scheibe,  die  auch  als  Nabel  ange- 
sprochen wird,  ist  die  Palisadenschicht  durch  braune,  ebenfalls  mit 
Kieselkörpern  zum  Teil  oder  ganz  erfüllte  Steinzellen  ersetzt.  An  die 
Palisadenschicht  schließt  sich  eine  hellgelbe  Linie  von  nicht  erkennbar 
zellulärer  Struktur,  an  diese  eine  Lage  von  kleinen  Steinzellen.  Die 
braune  Zone  besteht  aus  mehreren  Lagen  verschieden  langer  und  ver- 
schieden orientierter  Faserzellen,  die  auch  die  braune  dem  Samenkern 
anhaftende  Samenhaut  zusammensetzen.  Die  Faserzellen  führen  einen 
braunen  Inhalt. 

Die  keulenförmigen  Kieselkörper  der  Steinschale  haben  in  bezug  auf 
Gestalt  und  Größe  kaum  ihresgleichen  im  Pflanzenreiche,  wenn  man  ihre 
Herkunft  als  Ausgüsse  des  Zellumens  berücksichtigt.  Die  Zellwände  selbst 
sind,  wie  Moli  seh  angibt,  nur  im  geringen  Grade  verkieselt.  Die  Ver- 
kieselung  bleibt  in  der  Regel  beschränkt  auf  das  dünne,  den  Scheitel  der 
Zelle  bildende  Membranstück  und  auf  die  das  trichterförmig  erweiterte 
Lumen  umkleidende  Wandpartie.  Doch  ist  auch  noch  die  unmittelbar 
an  die  Palisadenschicht  anstoßende  Zellreihe  des  peripheren  Parenchyms 
verkieselt  und  in  der  Asche  lassen  sich  die  Membranskelette  mit  schön 
erhaltener  Skulptur  leicht  auffinden. 


680 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Die  äußersten  Zellagen  des  Endosperms  bestehen  aus  kleinen,  rund- 
lichen, verdickten  Parenchymzellen.  Nach  einwärts  nehmen  die  Zellen 
an  Grüße  bedeutend  zu  und  strecken  sich  senkrecht  zur  Peripherie  des 
Samens  beträchtlich  in  die  Länge;  ihre  mittlere  Länge  beträgt  dann 
über  250;«,  der  Querdurchmesser  60 — 80  /.t  und  kann  bis  102,«  steigen. 
(Fig.  250  B).  Wir  werden  sehen,  daß  diese  Grüßenverhältnisse  für  die 
Unterscheidung  der  Gewebe  dieser  Steinnuß  von  denen  der  polynesischen 
Steinnüsse  nicht  ohne  Bedeutung  sind.    Die  Zellwände  sind  außerordent- 


Fig.  250.     Phytelephas  inicrocatpa.      A  Stück   eines  Querschnittes  durch   den  Samen.      B  Längsschnitt 

w   Zellwand,   l  Lumen,    a   nicht   aufgelöste   Keste   von   Aleuronkörnern.     Wasserpräparat.     Vergr.  350. 

(Original  von  T.  F.  Hanausek  und  Weese.) 


lieh  verdickt^),  so  daß  das  Lumen  im  Querschnitt  nur  38 — 60,8  ^t  breit 
ist;  sie  sind  außerdem  so  innig  miteinander  verschmolzen,  daß  man  — 
bei  der  Präparation  in  Wasser  —  weder  am  Längs-  noch  am  Quer- 
schnitt die  Zellkonturen  wahrnehmen  kann  (Fig.  250^,  B).  Doch  läßt  sich 
die  Abgrenzung  jeder  Zelle  nach  den  blinden  (?)  Enden  der  eigentümlich 
verlaufenden  Porenkanäle  leicht  konstruieren.  Diese  bilden  ziemlich  breite, 
gerade  und  normal  zur  Zellenlängsachse  ziehende  Erweiterungen  des 
Lumens  und  dehnen  sich  am   Ende  kolbig  oder  keulig    aus;  da  nun  je 


1)  Die  (bei  der  Herstellung  von  Längsschnitten  entstehenden)  eigentümhchen 
Risse  und  Spalten  in  der  Zellwand  werden  unten  bei  den  polynesischen  Steinnüssen 
des  näheren  erörtert. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  681 

zwei  Kolbenenden  der  Porenkanäle  benachbarter  Zellen  einander  gegenüber 
liegen,  so  müssen  die  Zellgrenzen  zwischen  den  Kolbenenden  verlaufen. 
Dies  beweist  auch  die  Einwirkung  der  Kalilauge;  in  derselben  zeigt  das 
Präparat  die  Zellkonturen  scharf  abgegrenzt,  die  Wände  deutlich  ge- 
schichtet und  auch  die  innerste,  das  Lumen  [l]  und  die  Porenkanäle 
auskleidende  Zellwandschicht  tritt  mit  großer  Schärfe  hervor.  Jod  und 
Schwefelsäure  färben  die  Zellwand  blau.  Der  ZeUinhalt  eines  in  Öl 
liegenden  Präparates  macht  den  Eindruck,  als  ob  er  ein  farbloser  das 
Lumen  fast  ausfüllender  Körper  wäre,  der  durch  scheinbare  Querbrüche 
in  kantige  Stücke  geteilt  ist.  Nach  Tschirch^)  sind  diese  Stücke  große 
Aleuronkürner.  In  Jodjodkalium  färbt  sich  die  Zellwand  zitronengelb, 
der  Inhalt  tiefbraun  und  ein  solches  Präparat  ist  ganz  besonders  ge- 
eignet, das  Lumen  mit  seinen  die  Wand  durchsetzenden  Porenkanälen 
scharf  hervorzuheben.  In  Ghlorzinkjod  wird  die  Zellwand  violett,  der 
Inhalt  goldgelb  gefärbt;  die  Aleuronkürner  sind  zum  Teil  erhalten  (Fig.  250  a), 
zum  Teil  in  eine  feinstkornige  Masse  verwandelt.  Auch  in  Wasser  zer- 
fällt der  Inhalt  in  eine  solche  und  beim  Erwärmen  treten  Fetttropfen 
hervor.  Heiße  Kalilauge  löst  den  Inhalt  vollständig 2).  Kristallartige  Ein- 
schlüsse sind  nicht  zu  beobachten. 

Steinnüsse  lassen  sich  schwer  schneiden,  aber  trocken  sehr  leicht 
auf  der  Drehbank  bearbeiten.  Durch  Einlegen  in  Wasser  wird  das 
Schneiden  erleichtert.  Aber  selbst  nach  24 stündigem  Liegen  in  Wasser 
tritt  keine  weitere  Erweichung  des  Gewebes  ein.  Wohl  aber  erweicht 
es  beim  Keimen.  Die  Härte  der  Steinnuß  beträgt  nach  Harz  2,6  (tieri- 
sches Elfenbein  2,8). 

Das  Gewebe  der  Steinnuß  enthält  8,8  Proz.  Wasser,  4,2 — 7,31  Proz. 
Proteinkörper  und  74 — 75  Proz.  Zellulose.  Diese  ist  eine  Hemizellulose 
und  zwar  vorwiegend  ein  Fruktomannan,  das  auf  einen  Teil  d-Fruktose 
(Lävulose)  20  Teile  Mannose  liefert 3).  Der  Aschengehalt  beträgt  1,4  bis 
1,7  Proz.,  wovon  auf  die  Kieselsäure  allein  33,58  Proz.  entfallen. 

Die  Verwendung  der  Steinnüsse  ist  gegenwärtig  eine  sehr  umfang- 
reiche, insbesondere  zu  Knöpfen.  Da  sie  sich  gut  färben  lassen,  so 
können  auch  künstliche  Korallen,  Türkise  usw.  daraus  verfertigt  werden. 
Die  bei  der  Verarbeitung  sich  ergebenden  Abfälle  dienen  als  Fälschuners- 


-1)  Tschircii,  Handbucii  der  Pharmakognosie  (Leipzig  lOlä),  II,  p.  261. 

2)  Nach  F.  G.  Kohl  (Ber.  d.  deutsch.  Bot.  Ges.,  1900,  XYIII,  p.  364)  stehen  die 
Plasmainhalte  der  einzelnen  Zellen  durch  zarte  Piasmaiaden  in  Verl)indung;  diese 
Fäden  durchsetzen  einzeln  die  ungetüpl'elte  Membran  (solitäre  Verbindungen) 
und  finden  sich  gehäuft  in  der  Tüpfelmembran  (aggregierte  Verbindungen). 

3)  Vgl.  auch  Bourquelot  ctHerissey,  Sur  lo  mecanisme  du  la  saccharifica- 
tion  des  mannanes  du  corrozo  par  la  seminase  de  la  Luzerne.  Corapt.  rend.  d. 
seanc.  de  l'Acad.  d.  scienc.  d.  Paris  1903,  p.  1404 — 1406. 


682  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

mittel  gepulverter  Gewürze  und  Kaffeesurrogale ;  sie  wurden  auch  als 
Verfälschungsmittel  des  Mehles,  des  Knochenmehles  und  Palmkernmehles, 
sowie  als  Beimischung  in  gepulverten  Brechnüssen  (Semen  Strychni)  von 
L.  Planchen  beobachtet i).  Mit  Traubenzuckerlösung  getränkt  und 
geröstet  und  mit  Zichorienmehl  gemischt,  kommen  sie  als  »aromatischer 
Kaffee-Ersatz«  (Patent  Gebr.  v.  Nießen)  in  den  Handel.  Unreife  Stein- 
nüsse sind  eßbar  und  sollen  auch  wegen  ihres  Fettgehaltes,  mit  Wachs 
gemischt,  zu  tropensicheren  Kerzen  verarbeitet  werden 2).  Liebscher 
hat  1 885  den  Vorschlag  gemacht,  die  Abfälle  auch  zur  Darstellung  von 
Albumin  (zu  Färbereizwecken)  zu  verwenden,  da  der  schleimige  Zell- 
inhalt aus  87,5  Proz.  in  Wasser  leicht  löslichem  Pflanzenalbumin  besteht. 
Nach  diesem  Autor  sollen  die  Steinnüsse  ein  Alkaloid,  das  er  Phytele- 
phantin  nannte,  enthalten. 

b)  Polynesisches  vegetabilisches  Elfenbein. 
Im  Jahre  187  6  kamen  Palmensamen  unter  dem  Namen  Tahiti- 
nüsse nach  Europa,  die  zur  Knopffabrikation  sich  geeignet  zeigten,  aber 
nach  Angabe  des  Fabrikanten ,  Bure  seh  in  Linden  bei  Hannover  zur 
Bearbeitung  eines  besonders  gehärteten  Stahles  bedurften.  WendlandS) 
schlug  für  die  noch  unbekannte  Stammpflanze,  die  mit  8agus  Vitiensis 
Wendl.  verwandt  sein  mußte,  den  Namen  Sagus  amicarum  vor.  Die- 
selben oder  ähnliche  Samen  waren  auch  auf  der  Leipziger  Rohstoff'aus- 
stellung  im  Jahre  1880  unter  dem  Namen  Fidschi-  oder  Vitschinüsse 
zu  sehen.  Die  erste  Beschreibung  des  Samens  rührt  von  Wendland  her, 
die  anatomischen  Verhältnisse  sind  zuerst  von  Hanausek*)  kurz  besprochen 
worden.  Eine  später  erschienene  Abhandlung &)  stellt  die  anatomischen 
Unterschiede  zwischen  der  Stein-  und  Tahitinuß  fest.  Unterdessen  hatte 
Dingler 6)  Früchte  und  Samen  einer  Palme  beschrieben,  die  von  den 
Karolinen  stammten,  und  er  stellte  fest,  daß  dieser  Same  von  der  Tahiti- 
nuß sich  so  gut  wie  gar  nicht  unterscheide.  Dingler  bezeichnete  daher 
einstweilen   die  Palme   der  von   den   Karolinen  stammenden   Samen   als 


1)  Bull.  Pharm.  Sud-Est  1909,  14,  p.  133  nach  Apoth.-Ztg.  (Berlin)  1909,  p.  477, 
und  L.  Plane  hon  et  A.  Juillet,  A  Propos  d'une  falsification.  Le  Corozo,  Mont- 
pellier 1909. 

2)  H.  Courtot,  La  noix  de  Corozo  ou  ivoire  vegetal  et  ses  apphcations.  Bull. 
Soc.  Nation.  d'Acclim.  France,  LVI,  1909,  p.  66. 

3)  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Palmen.     Bot.  Ztg.,  1878,  Nr.  36,  p.  114. 

4)  Zeitschrift  d.  allgem.  österr.  Apotheker- Vereins,  1880,  Nr.  23,  p.  360. 

ö)  Zur  Anatomie  der  Tahitinuß.  Zeitschr.  f.  Nahrungsmittel-Untersuchung,  Hygiene 
und  Warenkunde,  1893,  VII,  p.  197. 

6)  Über  eine  von  den  Carolinen  stammende  Goelococms-¥md\i.  Botan.  Central- 
blatt,  1887,  XXXII,  p.  347. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  683 

Coelococcus  Carolinensis,  wobei  er  die  Gattung  Coeloeoccus,  die  Drudei) 
als  Subgenus  der  Gattung  Mettvxylon  (Sagus)  aufstellt,  wieder  restituierte. 

Hatte  schon  die  Mitteilung  Dinglers  von  der  Ähnlichkeit  der  von 
den  Karolinen  stammenden  Samen  mit  der  Tahitinuß  Bedenken  über  die 
Herkunft  der  letzteren  erregt,  so  wurden  durch  die  Nachforschungen 
0.  Warburgs^)  endlich  alle  Zweifel  gelöst:  die  sogenannten  Tahitinüsse 
stammen  weder  von  Tahiti,  noch  von  anderen  Freundschaftsinseln 3). 
Der  Name  ist  übrigens  gegenwärtig  im  Handel  nicht  mehr  allein  ge- 
bräuchlich, denn  die  Ware  wird  auch  »australische  Nüsse«,  »Wasser- 
nüsse«  genannt. 

Weitere  Erkundigungen  ergaben,  daß  zwei  Hauptgebiete  von  Poly- 
nesien die  Steinnüsse  liefern,  nämlich  die  Karolinen  und  die  Salo- 
monsinseln.  Und  hierbei  zeigte  sich  die  interessante  Tatsache,  daß  die 
von  den  Karolinen  stammende  Ware  von  der  »Salomons-Steinnuß«  völlig 
verschieden  war,  und  daß  letztere  von  einer  noch  unbekannten  Palmen- 
art herrühre.  Letztere  heißt  auch  im  Handel  »ivory-nuts«.  Warburg 
nennt  die  neue  Palme   Coelococcus  salomonensis. 

Beide  Steinnußarten  haben  die  Form  und  Größe  eines  Apfels,  doch 
lassen  sie  sich  auf  den  ersten  Blick  unterscheiden,  indem  die  Karolinen- 
nuß (Tahitinuß)  an  der  Oberfläche  glatt  und  glänzend  oder  fein  und 
dicht  gestreift  und  bräunlichschwarz  ist,  die  Salomonsnuß  dagegen  mit 
zehn  auffälligen,  meridional  verlaufenden  Wülsten  (Rippen)  versehen  und 
meist  dunkelrostbraun  und  matt  ist^).  Über  die  erstere,  welche  offenbar 
Wendland  unter  der  Hand  hatte,  liegt  dessen  Beschreibung  vor,  die 
folgendermaßen  lautet:  »Die  mir  in  verschiedenen  Größen  vorliegenden 
Samen  sind  schwarzbraun,  haben  eine  niedergedrückt  kugelförmige,  etwas 
schiefe  Gestalt  und  sind  namentlich  unterhalb  des  Scheitels  an  der  Stelle 
etwas  abgeflacht  oder  vertieft,  wo  die  Embryohöhlung  liegt;  sie  sind 
5 — 6  cm  hoch  und  haben  einen  Durchmesser  von  6 — 8  cm,  die  größten 
derselben   sind  im  Gewicht  220 — 240  g  schwer  und  möchten  mit  Aus- 


^)  Palmae  in  Engler-Prantl,  Die  natürlichen  Pflanzenl'aniilien,  2.  Tl.,  3.  Ab- 
teilung, p.  47. 

2)  Über  Verbreitung,  Systematik  und  Verwertung  der  polynesischen  Steinnuß- 
palmen.    Ber.  d.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  -1896,  XIV,  p.  133. 

3)  In  betreff  des  falschen  Handelsnamens  zitiert  Warburg,  1.  c,  die  Äußerung 
eines  Kenners  der  Südsee:  >Die  Kaufleute  pflegten  und  pflegen  der  Konkurrenz  halber 
die  Provenienz  eines  neuen  Handelsartikels  geheim  zu  halten  oder  absichtlich  falsch 
anzugeben.« 

4)  Der  Hauptunterschied  ist  an  dem  Schuppenpanzer  der  Früchte  festzustellen: 
Der  der  Karolinennuß  ist  braun  und  matt,  der  der  Salomonsnuß  strohgelb;  die  sicht- 
baren Schuppen  der  ersteren  sind  breiter  als  lang  und  der  ganzen  Länge  nach  ge- 
furcht, die  von  der  Salomonsnuß  ebenso  lang  wie  breit  und  nur  oben  längsgefurcht. 
Vgl.  Warburg,  1.  c,  p.  136. 


684 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


nähme  der  Cocos  nucifera  und  Lodoicea  sechellaj'wn  wohl  die  größten 
und  schwersten  Samen  aus  der  ganzen  Familie  der  Palmen  sein.  In- 
folge der  von  der  Basis  in  das  Innere  des  Samens  hineinreichenden, 
sehr  vertieften  und  im  Innern  sich  verbreitenden  Raphe  zeigt  ein  verti- 
kal durchschnittenes  Albumen  eine  Hufeisenform.  Das  außerordentlich 
harte  gelblichweiße  Albumen  hat  eine  Dicke  von  20 — 25  mm  und  die 
Raphehöhle  hat  im  Innern  einen  Durchmesser  von  20 — 35  mm  und  ist 
am  Grunde   des  Samens   um   einige  Millimeter  verengt.     Die  Mündung 

der  Raphehöhle  ist  an  der  der  Embryo- 
grube zunächst  liegenden  Seite  meistens 
etwas  mehr  erweitert.«  Diese  Beschrei- 
bung ist  noch  dahin  zu  ergänzen,  daß  in 
der  Mitte  der  Grube,  unter  welcher  der 
Keim  liegt,  ein  nabeiförmig  sich  erheben- 
der Keimdeckel  liegt. 
,    '  Die  Salomonsnuß  besitzt,   wie  schon 

/-3r-/fr  angegeben,  eine  matte,  rauhe,  dunkelrost- 
:^^       1  s  ^     [   !       braune,  mit   1 0  Rippen  versehene  Ober- 

>  V  l  ^  f  ^T'^  fläche,  einen  viel  schmäleren  Chalazamund 
m  und  eine  schmale,  tief  eingesenkte  Grube 
oberhalb  des  Keimes ;  der  Keimdeckel  fällt 
leicht  aus  und  fehlt  den  meisten  mir 
vorliegenden  Samen.  Auch  in  der  Größe 
und  im  Gewichte  stehen  die  Salomons- 
nüsse  zurück;  die  Höhe  beträgt  5 — 6  cm, 
der  Querdurchmesser  6 — 6,5  cm;  das  Ge- 
wicht im  Durchschnitt  98,5  g. 

Auch  was  von  der  größeren  Härte 
—  sie  wurde  von  Harz  mit  2,82  be- 
stimmt —  gesagt  wird,  stimmt  mit  meinen 
Beobachtungen  nicht  völlig  überein.  Beide 
Arten  lassen  sich  gut  mit  dem  Messer  schneiden,  ohne  daß  letzteres  das 
dem  Kratzen  ähnliche  Geräusch  hervorruft,  wie  dies  bei  den  Phytelephas- 
Samen  der  Fall  ist.  Freilich  kann  dies  auch  in  einem  verschiedenen 
physikalischen  (und  chemischen)  Verhalten  der  Zellwand  seinen  Grund 
haben. 

Eine  dritte  Art,  Coelococcus  vitiensis  Wendl.  von  den  Fidschiinseln, 
besitzt  zwar  nur  kleine  Samen,  die  mitunter  aber  auch  in  den  Handel 
gelangen.  L.  Planchon  und  Juillet  bringen  im  Bull,  de  Pharm,  d.  Sud- 
Est  (1910,  p.  3  des  Sonderabdruckes)  eine  Abbildung  von  dem  Samen 
dieser  Art,  der  sich  von  der  Salomonsnuß  in  Größe  nicht  wesentlich 
unterscheidet.     Der   Bau    der   Endospermzellen    gleicht  völlig    dem    der 


Fig.  251.  ,  Coelococcus  sulomonensis. 
Längsschnitt  durch  den  Samen,  l  Lumen, 
)/(  Mittellamelle,  kr  Kalziumoxalatpris- 
men,  S  Spalten  in  der  Zellwand,  in  dieser 
Reproduktion  aber  nicht  deutlich  sicht- 
bar. Wasserpräparat.  Vergr.  350.  (Ori- 
ginal von  T.  F.  Hanausek  u.  Weese.) 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  685 

anderen  Coe/ococci^s- Samen.  Von  Heim i)  ist  im  Jahre  1903  eine  vierte 
Art,  Coelococcus  Warhurgi  Heim,  beschrieben  worden,  die  auf  den  Neuen 
Hebriden  einheimisch  ist  und  deren  Samen  ebenfalls  als  » Elfenbein nuß« 
(noix  d'ivoire)  zu  uns  kommen. 

Die  allgemeine  anatomische  Struktur  der  Coe/ococcws-Samen  gleicht 
jener  der  echten  Steinnuß.  Gestreckte  Zellen  mit  enorm  verdickten  Zellu- 
losewänden und  deutlichen,  am  freien  Ende  kolbig  erweiterten  Poren- 
kanälen sind  die  Elemente  des  ganzen  Keimnährgewebes.  (Fig.  551).  Die 
Unterschiede  liegen  zunächst  in  den  Grüßenverhältnissen,  wie  aus  der 
Fig.  250,  J.  u.  ^  im  Vergleich  zu  Fig.  251  erkannt  werden  kann.  Während 
die  Phytelepkas-ZeWen  breiter  und  kürzer  sind,  erscheinen  die  von 
Coelococcus  länger  und  schmäler;  dementsprechend  sind  die  Poren  der 
ersteren  länger,  die  der  letzteren  kürzer  und  etwas  breiter;  der  Quer- 
durchmesser der  Goelococcus-ZeWen  mißt  28 — 48,  die  Lumenbreite  19  bis 
32  /<.  Eine  weitere  Verschiedenheit  bildet  die  Deutlichkeit  der  Zell- 
konturen. Bei  der  echten  Steinnuß  ist  eine  so  innige  Verschmelzung  der 
Zellmembranen  vor  sich  gegangen,  daß  weder  am  Längs-  noch  am  Quer- 
schnitt die  Zellgrenzen  gesehen  werden  können.  Hingegen  finden  wir  an  den 
polynesischen  Samen  die  Zellkonturen  im  Längsschnitt  ohne  weitere  Be- 
handlung (also  schon  im  Wasser)  an  vielen  Stellen  deutlich  hervortreten 
(Fig.  251,  m);  im  Querschnitt  werden  sie  nach  Behandlung  mit  Kalilauge 
sichtbar.  Außerdem  zeigen  die  Zellwände  noch  ein  besonderes  Ver- 
halten. Am  Längsschnitt  erscheint  die  Zellmembran  von  sehr  schmalen, 
parallelen,  ein  wenig  gewundenen  und  anscheinend  leeren  Spalten  durch- 
setzt, die  schief  zur  Längsachse  der  Zelle  gerichtet  sind.  Die  Spalten 
machen  den  Eindruck  von  Rissen,  die  aber  nicht  bis  zur  innersten,  das 
Lumen  auskleidenden  Membran  vorgedrungen  sind.  (Fig.  251,  S).  In  ähn- 
hcher  Ausbildung,  aber  minder  regelmäßig  in  der  Anordnung,  finden  sich 
diese  Spalten  auch  im  Phytelephas-  und  Hijphaene-Samen.  J.  Grüß 2) 
hat  das  gleiche  Verhalten  an  dem  Endosperm  des  Dattelsamens  ge- 
funden und  als  eine  Folge  der  Einwirkung  des  schneidenden  Messers 
erklärt.  Er  findet  parallel  laufende,  ein  scheinbares  Streifensystem  bildende 
Linien  und  die  in  derselben  Richtung  verlaufenden  Spalten.  »Die  Streifen 
sind  als  Schrammen  zu  betrachten,  die  durch  die  Unebenheiten  des 
Messers  auf  der  verdickten  Wandung  hervorgerufen  werden.  Die  Spalten 
entstehen   durch   ein    Zerbersten    oder  Zerreißen   der  Älasse  infolge   der 


1)  Heim,  Un  nouveau  Coelococcus  "Wendland  des  Nouvelles  Hebrides.  Bull. 
Soc.  bot.  de  France,  L,  1903,  p.  572 — 576. 

2)  Über  die  Einwirkung  der  Diastase-Fermente  auf  Reservezeliulose.  Ber.  d. 
Deutsch,  bot.  Gesellsch.,  1894,  p.  (60)ff.  Die  Spalten  sind  auf  Taf.  XIV,  nach  ver- 
schiedenen Schnittführungen  des  Messers  abgebildet. 


686  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

geübt  ^yird;  man  kann  den  Spalten  daher  eine  beliebige  Richtung  geben.« 
Sie  können  aber  nur  an  Schnitten  von  gut  ausgetrockneten  Samen  her- 
vorgerufen werden,  denn  an  wasserreichen  Samen  sind  die  Spalten  in 
der  Zellwand  nur  sehr  selten  zu  beobachten. 

Die  wichtigste  Differenz^  die  sich  an  beiden  Steinnußarten  kon- 
statieren läßt,  liegt  in  dem  Vorhandensein  von  Kristallen  in  den  poly- 
nesischen  Nüssen,  die  der  echten  Steinnuß  völlig  fehlen.     (Fig.  251,  kr.) 

Man  findet  in  einzelnen  Zellen  je  einen,  meist  einem  schmalen  Zell- 
ende nahe  gelagerten  kleinen  tetragonalen,  prismatischen  Kristall. 
Verdünnte  Schwefelsäure  bewirkt  langsamen  Zerfall  der  Kristalle,  aber 
keine  Bildung  von  Gipsnadeln.  Kocht  man  aber  die  Schnitte  zuvor  in 
Alkohol  und  dann  in  Wasser,  so  lösen  sich  die  Kristalle  alsbald  in 
Schwefelsäure  und  sofort  schießen  die  Gipsnadeln  in  voller  Deutlichkeit 
an.  Es  läßt  sich  das  Ausbleiben  der  Gipsnadelbildung,  wenn  das  Aus- 
kochen unterlassen  wird,  dahin  erklären,  daß  die  Kristalle  in  einer  fetten 
oder  gelatinösen  Masse  eingebettet  liegen,  welche  die  Kristallisation  des 
neugebildeten  Kalziumsulfates  verhindert.  Ist  aber  dieselbe  durch  den 
heißen  Alkohol  und  das  heiße  Wasser  gelöst  und  entfernt  worden,  so 
steht  der  Kristallbildung  kein  Hindernis  im  Wege.  Bekanntlich  sind  in 
vielen  Pflanzen  Kristalle  in  besonderen  Hüllen  beobachtet  worden.  Die 
Kristalle  bestehen  aus  Kalziumoxalat  und  das  Auftreten  derselben  in 
Samen,  deren  Reservenährstoffe  nicht  durch  Fett  oder  Stärke,  sondern 
durch  die  Zellulose  der  verdickten  Zellmembranen  repräsentiert  sind, 
zählt  wohl  zu  sehr  seltenen  Vorkommnissen  im  Pflanzenreich. 

Der  Keimdeckel  besteht  aus  langen  Palisadenzellen,  an  denen  sich 
kurze  Skiereiden  ansetzen. 

Die  Coelococcus-'^üsse  werden  wie  die  echten  Steinnüsse  hauptsäch- 
lich zu  Knöpfen  verwendet;  es  lassen  sich  daraus  besonders  große  Sorti- 
mente herstellen.  Nach  Ferd.  Kugelmanni)  sind  1893  6100  Zentner, 
1895  13  000  Zentner  polynesischer  Samen  nach  Europa  importiert 
worden;  von  Fhytelepkas-Ssimen  kamen  383  000  bzw.  369  950  Zentner 
nach  Hamburg.  Im  Jahre  1 91 1  wurden  von  Neuguinea  1  4  221  kg  polynes. 
Nüsse  exportiert.  Die  schlechte  Beschaffenheit  der  Nüsse  des  Jahres  1 895 
hatte  ihren  Grund  darin,  daß  bei  vielen  Samen  die  Keimung  begonnen 
hatte  und  das  Nährgewebe  erweicht  worden  war.  »Bei  den  meisten 
Nüssen  fehlte  der  Keimdeckel,  bei  vielen  war  die  Keimhöhlung  schon 
bedeutend  erweitert  und  die  Umgebung  derselben  durch  das  Ferment 
des  Keimlings  unregelmäßig  zackig  angefressen«  (Warburg).  Wahr- 
scheinlich waren  es  ältere  im  Schlamme  aufgelesene  Nüsse,  die  beim 
Mangel  guten  Materiales  zur  Verwendung  gelangt  sind. 


1)  "Warburg,  1.  c,  p.  142. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  687 

c)   Ostafrikanisches  (abessinisches)  vegetabilisches  Elfenbein. 

Als  abessinisches  vegetabilisches  Elfenbein,  franz.  Corozo 
d'Abyssinie,  werden  seit  einigen^ahren  die  Samenkerne  der  Daumpalme, 
Hyphaene  thehaica  Ma?'t.,  als  ein  billiger  Ersatz  der  südamerikani- 
schen Steinnüsse  in  großen  Mengen  in  den  Handel  gebracht  i). 

Die  Daumpalme  ist  in  ganz  Oberägypten  und  im  Sudan  bis  zum  Äquator 
verbreitet;  sehr  umfangreiche  Hyphaeiie-Besiände  geben  unter  anderem 
der  großen  Salzsteppe  in  Ugogo  einen  besonderen  Vegetationscharakter  2). 
Die  Palme  ist  der  verschiedenartigen  nützlichen  Produkte  halber,  die  sie 
liefert,  den  Bewohnern  dieser  Gebiete  ein  überaus  wertvolles  Natur- 
geschenk. Die  Blätter  dienen  zu  verschiedenem  Flechtwerk,  zu  Matten 
und  Hüten,  der  Stamm  zum  Kahnbau  und  als  Bauholz.  Das  genießbare,  süß 
schmeckende  Fruchtfleisch  wird  zu  einer  ArtHonigbrot^)  verwendet,  das 
nach  Seraler*)  einen  gewürzhaften,  an  Ingwer  erinnernden  Geschmack 
besitzen  soll  und  daher 'auch  von  den  Engländern  als  »Ingwerbrot«  ^) 
bezeichnet  wird.  Außer  dieser  Hyphaene-Art,  die  bis  zum  Niltal  vor- 
dringt, ist  noch  eine  zweite  ebenfalls  als  Daum-  oder  Dumpalme  (auch 
Miapalrae)  bezeichnete  Spezies,  Hyphaene  coriacea  Oaertn.^  anzuführen, 
die  in  der  Küstenregion  von  tropisch  Ostafrika  bis  zum  Sambesi  ver- 
breitet ist 6).  Die  Frucht  derselben  erfährt  die  gleiche  Anwendung  von 
den  Eingeborenen  wie  die  von  H.  thehaica.  Nach  einem  Zitat  in  War- 
burg (Die  Palmen  Ostafrikas,  p.  26)  gleicht  die  Frucht  »einer  harten, 
grobhaarigen  Flaschenbürste,  zwischen  deren  Borsten  ein  wenig  Pfeffer- 
kuchenteig eingerieben  und  deren  Oberfläche  mit  einem  bräunlichen 
Leder  überzogen  worden  ist«.  Von  Interesse  ist  der  Vergleich  des 
Geschmackes  der  Früchte  mit  Johannisbrot  (J.  Meyer).  Der 
bläulichweiße  Samenkern  dürfte  wohl  dieselbe  Verwendung  finden  wie 
der  der  H.  thehaica. 

In  der  »Erithrea«,  der  bekannten  italienischen  Kolonie,  wird  der 
Pflege  der  Dumpalme  besondere  Aufmerksamkeit  gewidmet.    Der  Export 


\)  Tropenpflanzer,  1941,  p.  392  (G.  R.  Rein). 

2)  Tropenpflanzer,  igiä,  Beihefte,  p.  109.  Es  dürfte  dies  H.  coriacea  Gaertn. 
oder  E.  erinita  Gaertn.  sein.     Warburg-,  Die  Palmen  Ostafrikas,  p.  25. 

3)  Drude  in  »Pflanzenfamihen«  II,  3,  p.  39. 

4)  Tropische  Agrikultur,  1.  Aufl.,  I,  p.  649. 

5)  An  den  trockenen  Früchten  der  Sammlungen  ist  davon  allerdings  wenig  zu 
bemerken.  Dieselbe  Bezeichnung  gilt  auch  für  das  von  H.  coriacea  gewonnene  Pro- 
dukt.    (War  bürg.) 

6)  Abbildung  eines  Fruchtstandes  in  Sadebeck,  Die  Kulturgewächse  der  deut- 
schen Kolonien  und  ihre  Erzeugnisse.  Jena  1899,  p.  24,  Fig.  14.  Daselbst  werden 
die  Dumpalmen  als  »Pfefferkuchenpalmen«  bezeichnet. 


688  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

der  Samen  1)  begann  im  Jahre  1907  mit  5403  Doppelzentner  und  hat 
sich  aUmählich  bis  1913  auf  37138  Zentner  erhöht.  »Man  unter- 
scheidet eiförmige  und  längUche  Früchte,  erstere  mit  regelmäßiger  Ober- 
fläche, letztere  von  unregelmäßiger  buckeliger  Form;  diese  werden  höher 
geschätzt.  Bei  beiden  unterscheidet  man  rote  Früchte  mit  süßem  Fleisch 
und  bittere  fast  fleischlose,  die  besseres  vegetabilisches  Elfenbein  liefern« 
(Tropenpflanzer).  100 — 120  weibliche  Palmen  geben  einen  Ertrag  von 
52—86  Zentner  auf  den  Hektar. 

Nach  Planchon  und  Juillet,  die  eine  ausführliche  Abhandlung 2) 
über  Frucht  und  Samen  der  Daumpalme  veröffentlichten,  soll  auch  ein 
»ägyptisches  Bdellium«,  seiner  diuretischen  Eigenschaft  wegen  als  Heil- 
mittel geschätzt,  von  Hyphaene  stammen. 

Die  unregelmäßig  birnförmige,  etwas  plattgedrückte,  bis  faustgroße 
Frucht  ist  außen  lederbraun,  glatt,  besitzt  ein  dünnes  Exokarp  und  ein 
grobfaseriges  Mesokarp,  das  durch  reichliche  Faserstränge  mit  dem 
Endokarp,  dem  Steinkern  oder  Putamen,  innig  verbunden  ist 3).  Nach 
Drude  (1.  c.)  ist  der  Same  »auf  breiter  Platte  am  Grunde  des  Putamens 
sitzend,  an  der  ganzen  Oberfläche  wollig-faserig,  eirund,  mit  dem  Embryo 
an  der  Spitze  des  gleichförmigen  Nährgewebes«. 

Bezüglich  des  anatomischen  Baues  des  Perikarpes  soll  hier 
bemerkt  werden,  daß  das  Mesokarp  aus  einem  großzelligen  dünnwandigen 
Parenchym  (mit  einzelnen  kleinen  Gruppen  echter  Steinzellen)  besteht, 
das  von  Fasersträngen  durchzogen  ist.  Diese  sind  entweder  reine  Faser- 
sklereidenbündel,  begleitet  von  Parenchymzellen ,  die  Kieselkörper  ein- 
schUeßen,  oder  es  sind  Gefäßbündel  mit  schmalen  Spiroiden.  Das  Paren- 
chymgewebe  ist  durch  seinen  Inhalt  besonders  bemerkenswert.  Die  meisten 
Parenchymzellen  enthalten  die  sogenarlnten  »Inklusen«,  spindelige  oder 
eiförmige  Körper,  nach  Tschirch  aus  einem  in  Wasser  unlöslichen 
Phloroglukotanoid  bestehend,  die  u.  a.  auch  im  Dattelmesokarp^), 
Johannisbrot  u.  a.  reichlich  enthalten  sind  und  die  Ähnlichkeit  im  Ge- 
schmack dieser  Früchte  bedingen. 

Die  Steinschale  setzt  sich  aus  einem  sehr  dichten  Gewebe  von 
mächtig  verdickten,  spindeligen  (im  Querschnitt  kreisrunden)  Skleren- 
chymfasern  zusammen. 


1)  Ausfuhr  und  Kultur  der  Dumpalmnüsse  in  der  Eritrea.  Tropenpflanzer, 
Dezember  1915,  p.  694. 

2)  Planchon  et  Juillet,  Corozo  d'Abyssinie.  Bull.  mens.  d.  l'Acad.  d.  scienc. 
et  lett.  d.  Montpelher,  Juin-Juillet  IG-IO,  No.  6 — 7,  p.  165—175. 

3)  So  an  den  mir  vorliegenden,  dem  k.  u.  k.  naturhistor.  Hol'museum  in  Wien 
entstammenden  Früchten. 

4;  Vgl.  hierzu  Hanausek,  Zur  Kenntnis  der  Anatomie  der  Dattel  u.  ihrer  Inklusen. 
Pharmazeut.  Post,  43,  1910,  p,  1041 — 1044.  Daselbst  eine  Zusammenstellung  der  in  den 
Blättern,  Früchten  oder  Samen  »Inklusen«  enthaltenden  damals  bekannten  Pflanzen. 


Einundzwanzigster  Absclinitt.     Samen.  689 

Die  Gestalt   des  Samens  läßt  sich  schwer  beschreiben;   er  ist  un- 
regelmäßig   birnfürmig,    in    der   Partie   des   Nabels   abgeflacht,    an   der 
Embryogrube  verschmälert  und  daselbst  durch  eine  kreisrunde,  von  einem 
Walle    umgebene    Warze    ausgezeichnet,     im   Längsschnitt   abgerundet- 
3-,  4-  bis  öseitig  (Fig.  252),  3,5  cm  hoch  und  breit.     Die  Samenschale  stellt 
eine  ziemlich  weiche,   rauhe,   zimtbraune  mit  dunkleren  Pünktchen  und 
Streifen  gesprenkelte  Decke   dar^),   —    als  »faserig-wollig«   möchte  ich 
sie  nach  den  mir  vorliegenden  Mustern  nicht  bezeichnen  — ,  die  in  den 
Außenpartien    locker-schwammig,    sich   abschuppend  in    der  inneren  an 
den   Samenkern  unmittelbar  anschließenden  Schicht  dagegen   dicht  und 
fest  zusammenhängend  erscheint  (Fig.  252,  as,  is).     Das  Endosperm  ist 
bläulichweiß,  homogen,  dicht,  äußerlich  von  dem  der  südamerikanischen 
Steinnuß  nicht  verschieden,  aber  leich- 
ter zu  schneiden  und    etwas  weicher  ^^ 
als  das  der  letzteren,  was    sich  auch              /  V 
aus  dem  anatomischen   Bau   erklären              '         ^*^ 
läßt.      Das    Endosperm    schließt    mit             ~        W:  J..^^ 

einer    etwa    7  —  8  mm    dicken   Wand  f s ^W'  --<ss 

einen   großen    Hohlraum   (Fig.  252  i?) 
ein,  der  der  Verwendbarkeit  des  Endo-  £ 

sperms  naturgemäß  enge  Grenzen  setzt.  '^^^S^***^ 

Es  kann  daher  nur  zu  kleinen  Knöpfen 

'■  Fig.  252.    Eyphaene   thebaica.     Same   durch- 

U.    dgl.    verarbeitet    werden.  schnitten,     as  äußere,    is  innere   ScliicM   der 

Das  Hyphaene-EUenhein  läßt  sich  Samenschale,  E  Endo.perm,  H  mittlerer  HoM- 

"^^  räum,  k  Keimbett  (Emhryogrube).     Natürliche 

auf  Grund  des  anatomischen  Baues  des  Größe.   (Original  von  Hanausek.) 

Samens    leicht    und    sicher    von    den 

beiden  anderen  Pflanzenelfenbeinarten  unterscheiden.  Die  Samenschale 
besteht  in  der  Außenschicht  aus  einem  lockeren  Gewebe  derbwandiger, 
teilweise  tangential  gestreckter  runder  Zellen,  deren  Rlembran  blaßgelb 
gefärbt  ist  und  grobe  Tüpfel  besitzt;  diese  sind  meist  auf  bestimmte  Stellen 
der  Wand  lokalisiert.  Als  Inhalt  führen  sie  einen  festen,  in  Wasser  un- 
löslichen, rubinrot  bis  braunrot  gefärbten,  glänzenden,  teilweise  kantigen 
Körper,  der  sich  in  heißer  Kalilauge  völlig  löst  und  diese  braun  färbt; 
er  ist  ein  Farbstoff,  ein  Phlobaphen.  Die  Innenschicht  der  Samenschale 
ist  dicht  und  kleinzellig;  die  Zellen  mit  den  verdickten  Wänden  besitzen 
sklerenchymatischen  Charakter 2). 


1)  Planclion  (1.  c,  p.  ITi)  gibt  hierüber  eine  sehr  gut  bezeichnende  Beschrei- 
bung: .  .  .  >est  de  couleur  brun  cunnelle,  finement  tachetee  de  mouchetures  plus 
foncees,  brunes,  plus  serrees  vers  le  somniet  que  vers  la  base«. 

2)  Abbildung  bei  Planchon  et  Juillet,  1.  c,  p.  172,  Fig.  3.  —  Auch  die  Be- 
schreibung der  Endospermzellen  (p.  173  und  Fig.  4  u.  5)  stimmt  mit  meinen  Beob- 
achtungen völlig  überein. 

Wiesner,  Rohstoife.    III.  Band.    3.  Aufl.  44 


690 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Der  Bau  des  Endosperms  gleicht  dem  der  Coelocoecus-Samen.  Wir 
finden  wieder  die  langgestreckten,  dickwandigen  Zellen  mit  senkrecht 
vom  Lumen  abstehenden,  an  ihren  Enden  etwas  verbreiterten  Poren- 
kanälen (Fig.  253),  mit  einem  im  Querschnitt  rundlichen,  in  der  Längs- 
ansicht spindeligen  oder  ellipsoidischen  Lumen.  Dieses  ist  häufig  an 
einem  Ende  in  einen  schmalen  langen  Schlauch  ausgezogen.  Während 
bei  Phytelepkas  die  Lumenbegrenzungen  in  der  Längsansicht  als  parallele 
Linien  erscheinen,  ist  bei  Hyphaene  von  einem  solchen  Parallelismus 
nichts  zu  sehen;  schon  dadurch  und  durch  die  viel  seltener  vorkommen- 
den und  sehr  kurzen  Porenkanäle  läßt  sich  das  iJ?/p/mewe-Endosperm 
auf  den  ersten  Blick  von  dem  der  Phytelephas  unterscheiden.     Sowohl 

im  Quer-  wie  im  Längs- 
schnitt kann  man  die  Mit- 
tellamelle (Fig.  253m), 
somit  die  Abgrenzung 
der  einzelnen  Zellen  be- 
obachten, wie  dies  bei 
Coelococcus  der  Fall  ist ; 
bei  Anwendung  von  Kali- 
lauge quillt  die  Zellwand 

(im  Querschnitt)  fast 
wulstartig  auf  und  die 
Abgrenzung  wird  da- 
durch überaus  deutlich. 
In  bezug  auf  die  Grüßen- 
verhältnisse ist  zu  be- 
merken, daß  die  Länge 
der  (ganzen)  Zellen  von 

etwa  36,8 — 57,5  ^< 
Daraus  ergibt  sich,  daß 
bei  Phytelephas  ist,    der 


pv        a 

Fig. 263.  Hyphame  thebaica.  Längsschnittspartie  durch  den  Samen. 
In  Jodkalium  und  Glyzerin,  l  Lumen,  m  Mittellamelle,  a  Aleuron- 
körner.    Vergr.  350.    (Original  von  T.  F.  Hanausek  u.  Weese.) 


schwankt,  die  Lumenbreite  23 — 24  p  beträgt, 
die  Dicke  der  Zellwand  erheblich  kleiner  als 
von  Coelococcus  gleich  kommt  oder  sie  übertrifft  und  daß  auf  ein  be- 
stimmtes Flächenstück  viel  mehr  Zellen  und  viel  mehr  Lumen  (also 
Hohlräume)  entfallen  als  bei  Phytelephas;  es  können  nach  Zählungen 
8—9  Zellen  von  letzterer  auf  i  5  Hyjjhaene-ZeWen  kommen.  Es  enthält 
daher  Hyphaene  auf  dieselbe  Raumeinheit  bezogen  weniger  Masse  als 
Phytelephas. 

Von  Coelococcus  unterscheidet  sich  diese  Art  durch  das  Fehlen 
der  Kalziumoxalatkristalle. 

Der  Inhalt  der  Endospermzellen  setzt  sich  aus  kugeligen  oder  ei- 
förmigen Aleuronkörnern  (Fig.  253«)  zusammen,  die  oft  in  großer  Anzahl 
das  Lumen  ausfüllen.    Recht  deutlich  sind  sie  zu  beobachten,  wenn  man 


Einundzwanzigster  Abschnitt,     Samen.  691 

den  Schnitt  vorübergehend  in  Jodjodkalium   —   das   die  Aleuronkörner 
goldgelb  färbt  —  legt  und  in  Glyzerin  suspendiert. 

Was  die  Verwendung  i)  der  Dumpalmsamen  anlangt,  so  ist  zu  be- 
merken, daß  sie  zuvor  gebleicht  und  entfettet  werden  müssen.  Letzteres 
geschieht  durch  Behandlung  mit  einer  0,2proz.  Lösung  von  Marseiller 
Seife,  zur  Bleichung  bedient  man  sich  einer  Natriumaluminatlüsung  von 
1/4°  B6,  worauf  eine  Nachbleichung  mit  Wasserstoffsuperoxyd  oder  mit 
warmer  1  —  3  proz.  Kaliumpermanganatlösung  zu  erfolgen  hat;  die  durch 
diese  Lösung  hervorgerufene  schwarze  Färbung  der  Samen  wird  durch 
angesäuerte  Natriumbisulfatlösung  von  1/2°  ß^  aufgehoben.  Die  nun  rein 
weißen  Samen  lassen  sich  zu  Knöpfen,  Perlen  usw.  ausgezeichnet  ver- 
arbeiten. In  10  proz.  Phosphorsäurebädern  bekommen  die  daraus  ge- 
fertigten Waren  einen  gelblichen  Stich,  erweichen  vorübergehend  und 
können  Prägeverzierungen  u.  dgl.  erhalten. 

2.  Kokosnußkerne. 

Die  Samen  der  Kokospalme  bilden  sowohl  im  ganzen,  wie  im  zer- 
kleinerten Zustande  einen  wichtigen  technischen  Rohstoff.  Die  Kopra^) 
(Coperah),  wie  die  zerschnittene  Ware  heißt,  bildet  gegenwärtig  den 
Hauptausfuhrartikel  der  Südseeinseln 3)  und  wird  in  Indien  und  in  Europa 
auf  Kokosnußfett  (und  »Kokosbutter«)  verarbeitet *).  Die  Rückstände  der 
Ölfabrikation  sind  als  Mastfutter  von  hoher  Bedeutung  s),  (Über  das 
Kokosnußfett  s.  I,  p.  659.) 

Auf  Samoa,  Neuguinea  und  dem  Bismarckarchipel  ist  die  Kokos- 
palme die  erste  und  wertvollste  Kulturpflanze.  Auch  Ceylon  und  die 
Malabarküste  (Cochin)  sind  überaus  reich  an  Kokospalmen,  auf  Ceylon 
befinden  sich  Wälder  von  Kokospalmen  (Tschirch).  Die  älte- 
sten Plantagen  im  Bismarckarchipel  sind  auf  der  Herberthöhe;  im  ganzen 
dürften  daselbst  15  000  ha  mit  Kokospalmen  bepflanzt  sein.    Die  Palme 


1)  Tropenpflanzer,  Dezember  19-15,  p.  695. 

2)  Über  die  Etymologie  dieses  Wortes  s.  Tschirch,  Handbuch  der  Pharma- 
kognosie, III,  p.  700.  Daselbst  auch  ausführliche  Beschreibungen  der  Palme  und 
Frucht. 

3)  Finsch,  Über  Naturprodukte  der  westlichen  Südsee.  Berhn  1887,  Kolonial- 
verein, p.  3ff.  —  Vgl.  auch  Warburg,  Die  Palmen  Ostafrikas,  p.  3,  und  idem,  Die 
aus  den  deutschen  Kolonien  exportierten  Produkte  und  deren  Verwertung  in  der  In- 
dustrie.. Berlin  1896,  p.  17.  —  Am  ausführlichsten  handelt  über  Kopra  Dr.  Max 
Birk,  Kopraproduktion  und  Koprahandel.  Jena  1913.  (Bd.  1  5  der  »Probleme  der 
Weltwirtschaft«.)     Hunger,  Cocos  nucifera,  Amsterdam  1916. 

4)  Die  Kokosnußölbereitung  in  den  Produktionsländern  selbst  erlangt  aber  immer 
größere  Bedeutung  (Tropenpflanzer,  1920,  p.  28). 

5)  L.  Gebek,  Über  Kokosnußkuchen  und  Kokosnußmehl.  Landw.  Versuchs- 
Stat,  1893,  XLIII,  p.  427. 

44* 


692  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

beginnt  im  7.  Jahre  ertragsfähig  zu  werden;  100  8jährige  Palmen  geben 
i/,Q  — 1/5  t,  ebensoviele  10jährige  schon  1/2  t  und  volltragende  Palmen, 
1  4 — 1 5  Jahre  alt,  geben  ^4 — Vs  ^  Kopra  per  ha  ^).  Der  Export  beträgt 
etwa  6000  t.  Samoa  exportierte  1905  8603  t  Kopra 2),  Niederländisch- 
indien (1908)  229  4913]^  die  Straits  Settlements  76  732,  Ceylon  33  994, 
Manilla  89  731  t. 

Aus  6000  bis  7000  frischen  Früchten  erhält  man  1000  kg  Kopra. 
Das  Verfahren,  die  Samen  zu  zerschneiden  und  zu  trocknen,  wurde  zu- 
erst von  den  Franzosen  in  Ostafrika  angewendet  und  von  der  Ham- 
burger Firma  G.  Godeffroy  auf  den  Südseeinseln  eingeführt.  Nach 
Finsch  (1.  c,  p.  5)  wird  die  reife  Nuß  mit  einem  Axthieb  in  zwei 
Hälften  gespalten  und  dann  der  Kern  mittels  eines  großen  Messers  in 
nicht  zu  kleinen  Stücken  herausgestochen  und  an  der  Sonne  zum  Trock- 
nen ausgebreitet;  unter  günstigen  Verhältnissen  dauert  dieses  drei  Tage. 
Größere  Stationen  besitzen  rationellere  Vorrichtungen,  um  die  Ware 
vor  plötzlichem  Regen  zu  schützen.  Gedeckte  Trockenräume  enthalten 
mehrere  übereinander  stehende,  verschiebbare  Horden,  die  bei  Sonnen- 
schein ins  Freie  gezogen  werden.  Als  Nebenprodukte  dienen  die  Husks 
(Fruchtfaserschicht,  s.  p.  358)  und  die  Steinschalen. 

Nach  Zaepernick  (Die  Kultur  der  Kokospalme,  Beiheft  z.  Tropen- 
pflanzer Nr.  10,  1911,  p.  580)  geschieht  das  Öffnen  der  Nuß  mittels 
eines  in  die  Erde  gerammten,  oben  zugespitzten  Eisenstabes,  auf  den 
die  Frucht  aufgeschlagen  wird. 

Gegenwärtig  beginnt  die  Anwendung  des  künstlichen  Trocknungs- 
verfahrens immer  mehr  Verbreitung  zu  finden.  In  Goch  in  werden  die 
Samen  an  der  Sonne,  auf  Ceylon,  das  im  Süden  ziemlich  regenreich  ist, 
nur  auf  Darren  getrocknet.  Man  erhält  drei  Sorten,  eine  weiße,  eine 
gelbe  und  eine  schwarze  Kopra;  letztere  stammt  von  aufgesprungenen 
Nüssen,  in  denen  sich  Schimmelpilze  u.  dgl.  angesiedelt  haben.  Ob 
weiße  oder  gelbe  Kopra  erhalten  wird,  hängt  von  dem  Reifezustand 
der  Nüsse  ab,  da  nur  von  Vollreifen  das  geschätzte  weiße  Kokosfett 
gewonnen  werden  kann*).  Nach  Roeder  darf  das  Feuer  zur  Darren- 
trocknung nur  mit  Kokosschalen  unterhalten  werden,  da  es  mit  diesem 


1)  P.  Preuß,  Die  wirtschaftlichen  Verhältnisse  der  deutschen  Kolonien  in  der 
Südsce.     Ber.  d.  D.  pharmaz.  Gesellsch.,  19,  1909,  p.  26. 

2)  D  e  r  s  e  1  b  e ,  Über  Kakaobau  und  andere  Plantagenkulturen  auf  Samoa.  Tropen- 
pflanzer, Beihefte,  Nr.  3,  1907,  p.  Uff. 

3)  1913  wird  die  Ausfuhr  mit  230  085  Tonnen  angegeben.  Über  die  Kokos- 
palme in  Niederländisch -Indien  siehe  Preuß   in  Tiopenpüanzer,   1919,    p.  169 — 187. 

4)  G.  Roeder,  Aus  Indiens  Kolonialtechnik.  Tropenpflanzer,  1  909,  p.  41  6.  Über 
die  Bedeutung  der  Darrentrocknung  vgl.  auch  A.  Dommes,  ebenda,  1910,  p.  288.  — 
Otto  Marr,  Kopratrocknung,     Tropenpflanzer,   1913,  17,  p.  380. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen,  693 

Brennmaterial  rauchlos  bleibt,  die  Kopra  nicht  verräuchert  und  ver- 
dirbt. Da  trotz  der  gut  durchgeführten  Trocknung  die  Kopra  häufig  von 
Schimmelpilzen  überzogen  wird,  so  suchte  man  ein  Sterilisierungs- 
verfahren  ausfindig  zu  machen,  um  die  Verschimmelung  hintan- 
zuhalten. Nach  Dybowski  erweist  sich  hierzu  das  Schwefeln  der 
Nüsse  geeignet.  Sie  werden  in  zwei  Hälften  zerschnitten  und  mittels 
des  Mar ot sehen  Apparates  der  Einwirkung  der  schwefligen  Säure  aus- 
gesetzt. 

Der  der  Steinschale  entnommene  Same*)  ist  im  allgemeinen  kugelig 
und  läuft  gegen  den  Grund,  wo  sich  das  Keimlager  befindet,  in  einen 
sehr  kurzen,  stumpfen  Kegel  aus.  Der  Durchmesser  beträgt  im  Mittel 
10 — 12  cm.  Die  Oberfläche  ist  braun  oder  röllichbraun,  mit  einem 
dichten,  vertieften  Adernetz  versehen,  in  dem  die  Gefäßbündel  oder  Teile 
desselben  liegen;  die  Abdrücke  des  Adernetzes  und  die  ergänzenden  Teile 
der  Bündel  befinden  sich  an  der  Innenseite  der  Steinschale.  Daraus  er- 
gibt sich  schon ,  daß  eine  scharfe  Abgrenzung  der  Samenschale  und 
der  Steinschale  nicht  vorhanden  ist.  Sobald  der  Same  trockenreif  wird, 
löst  sich  die  als  Samenschale  zu  bezeichnende  Deckschicht  von  dem 
Endokarp  in  der  Weise  los,  daß  noch  Teile  des  letzteren  an  der  Samen- 
schale haften  bleiben.  Diese  ist  sehr  dünn,  im  Innern  dunkelbraun  und 
so  innig  mit  dem  Samenkern  verbunden,  daß  sowohl  an  gekochten,  wie 
an  mechanisch  zerkleinerten  Präparaten  die  Partikel  der  inneren  Samen- 
hautschicht stets  im  Zusammenhang  mit  der  äußersten  Endospermzell- 
reihe  gefunden  werden.  Der  Samenkern  besteht  aus  dem  großen, 
ölig-knorpeligen,  an  Bruchflächen  radialfaserigen,  weißen,  innen  hohlen 
Keimnährgewebe,  das  am  Grunde  in  einem  kegelförmigen  Hohlräume  den 
relativ  kleinen  Kern  trägt.  Die  Mächtigkeit  der  Endospermwand  beträgt 
an  den  getrockneten  Samen  1 — 3  cm;  die  von  dieser  umschlossene  Höhle 
enthält  (im  frischen  Samen)  eine  wässerige  Flüssigkeit,  die  Kokosmilch, 
die  genießbar  ist.  Nach  König^)  hat  sie  einen  Gehalt  von  0,46  Proz. 
Stickstoffsubstanz  und  6,78  Proz.  stickstofffreien  Extraktstoffen;  das 
übrige  ist  Wasser  (91,5  Proz.),  Salze  und  Fett.  Über  die  Quantitäts- 
verhältnisse gibt  eine  Analyse  von  v.  Ollech^)  Auskunft.  Er  fand 
in  einer  lufttrockenen  Kokosnuß  von  1133  g  Totalgewicht  30,45  Proz. 
Husk  (Faser),  19,59  Proz.  Steinschale  und  46,96  Proz.  Same.  Letzterer 
ergab: 


<)  Harz,    Landw.    Samenkunde,   II,   p.  W2^ — 1124;    Sadebeck,    Die   Kultur- 
gewächse der  deutschen  Kolonien,  1899. 

2)  Die  menschlichen  Nahrungs-  und  Genußmittel. 

3)  Zitiert  nach  König,  1.  c. 


694  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


im  Mittel  zweier 

\   Exemplar  (1133  g) 

Exemplare 

Feste  Samenmasse  (Endosperm, 

Samenschale,  Keim)  .... 

428  g  =  37,78  Proz. 

417,9  g 

Flüssigkeit  im  Innern  des  Kernes 

(Kokosmilch) 

138  »  =  12,-18      > 
566  g  =  49,96  Proz. 

151,9  g 

Nach  Bachofen ^)  beträgt  das  Mesokarp  30 — 57,3  Proz.,  die  Stein- 
schale 11,6— 19,6  Proz.,  das  Endosperm  18,5— 37,8  Proz.,  die  Kokos- 
milch (bei  unreifen  Früchten)  12 — 13  Proz. 

Bei  einer  so  bedeutenden  Menge  freier  Flüssigkeit  im  Innern  des 
Samens  ist  es  erklärlich,  daß  behufs  Aufbewahrung  und  mit  Rücksicht 
auf  den  Transport  eine  sorgfältige  Trocknung  des  Samens  notwendig 
ist;  es  ist  daher  die  Zerteilung  vor  der  Trocknung  jedenfalls  ein  sehr 
rationelles  Verfahren. 

Von  der  Samenschale  lassen  sich  mit  dem  Messer  graubraune  Schüpp- 
chen sehr  leicht  ablösen;  sie  bestehen  aus  fast  farblosen,  sehr  verschieden 
gestalteten,  sklerosierten  und  reichlich  getüpfelten  Zellen,  die  auch  an 
der  Innenseite  der  Steinschale  (Endokarp)  vorkommen  und  daselbst  meist 
eine  kräftigere  Verdickung  aufweisen.  Diese  Steinzellen  dringen  auch 
noch  in  die  oberflächüchen  Schichten  der  eigenthchen  Samenschale  ein, 
darin  verschieden  große  Nester  bildend;  da  sie  farblos  sind,  eines  In- 
haltes entbehren  und  von  Phlorogluzin-Salzsäure  rot  gefärbt  werden,  wäh- 
rend die  Samenschalenzellen  sich  in  dieser  Beziehung  ganz  anders  ver- 
halten, so  können  sie  außerordentlich  scharf  von  den  letzteren  auseinander- 
gehalten werden;  ihr  lockerer  Zusammenhang  an  der  Außenseite  des 
Samens  macht  die  leichte  Lostrennung  derselben  von  der  Innenseite  der 
Steinschale  erklärlich. 

An  der  eigentlichen  Samenschale 2),  deren  Zellen  durch  ihre  braunen 
oder  gelben,  ziemlich  derben,  nicht  verholzten  Wände  sehr  gut  charakte- 
risiert sind,  lassen  sich  drei  Schichten  unterscheiden,  von  welchen  die 
beiden  ersten  nicht  scharf  geschieden  sind,  während  die  innerste  ziem- 
lich deutlich  von  den  anderen  sich  abhebt.  Die  äußeren  Samenhaut- 
zellen sind  langgestreckt,  in  der  Fläche  meist  rechteckig,  seltener  etwas 
gekrümmt,  zu  3 — 4  oder  mehreren  parallel  gestellt,  diese  Gruppen  aber 
wieder  verschieden  orientiert,  daher  ein  sehr  wechselvolles  Bild  gebend ; 


1)  Tschirch,  Handbuch  usw.,  II,  p.  702. 

2)  Abbildung  siehe  in  Realenzyklop.  d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl.,  IX,  p.  473.  —  Eine 
vorzügliche  Darstellung  der  Anatomie  der  Frucht  und  des  Samens  hat  A.  L.  "Winton 
gegeben:  Anat.  of  the  fruit  of  Coc.  nuc.  Amer.  Journ.  sc.  1  2  (1  901),  p.  538.  Am.  Journ. 
pharm.  1901,  p.  523. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  695 

weiter  nach  innen  verkürzen  sich  die  Zellen,  werden  mehr  oder  weniger 
isodiametrisch,  rundlich,  gerundet  polyedrisch,  sind  in  trockenem  Zustande 
(in  Glyzerin)  zusammengepreßt  mit  gefalteten  Wänden  und  mitunter 
schmalem,  oft  gewundenem  Lumen;  in  Wasser  quellen  sie  auf,  der  In- 
halt erscheint  als  ein  brauner,  massiver  Klumpen.  Ein  in  Kalilauge  er- 
wärmtes Präparat  zeigt  die  Zellwände  aufgequollen,  mit  Tüpfeln  versehen, 
den  Inhalt  den  Wänden  angelagert,  die  Zellmitte  gewöhnlich  leer.  Diese 
Lücken  im  Zellinnern  machen  einen  sehr  eigentümlichen  Eindruck;  sie 
sind  nicht  selten  kantig  oder  wie  große  Poren  abgerundet.  Ein  Teil  des 
Inhaltes  löst  sich  in  Kali  mit  roter  Farbe;  damit  angesaugtes  Fließpapier 
wird  rosenrot  gefärbt.  In  einzelnen  größeren  Zellen  bildet  der  Zellinhalt 
dunkelbraune,  kugelige  Tropfen  (oder  Körner?).  In  Jod  und  Schwefel- 
säure werden  die  Zellwände  rotbraun,  in  Ghlorzinkjod,  in  Phlorogluzin 
und  Salzsäure  bleiben  sie  unverändert  gelbbraun;  erst  das  zuvor  mit 
Kali  behandelte  Präparat  zeigt  eine  deutliche  Zellulosereaktion,  indem 
die  an  die  gelb  bleibende  Mittellamelle  angelagerte  Zellwandschicht  mit 
blauer  Farbe  aufquillt.  Die  auf  der  Außenseite  verlaufenden  Gefäß- 
bündel besteben  aus  Spiraltracheen. 

Die  innerste  Schicht  der  Samenhaut,  in  dickeren  Querschnitten  als 
ein  schmaler,  dunkler  Streifen  erscheinend,  setzt  sich  aus  einer,  selten 
aus  zwei  Reihen  etwas  gestreckter  Zellen  zusammen,  deren  Wände  stärker 
verdickt  sind;  im  übrigen  zeigen  die  Zellen  dieser  Schicht  dasselbe  Ver- 
halten wie  die  vorher  beschriebenen.  Welche  Substanz  das  Eintreten 
der  Zellulosereaktion  in  den  Zellwänden  der  Samenhaut  verhindert,  ist 
durch  die  angestellten  Versuche  nicht  ausfindig  zu  machen;  freies  Fett, 
das  in  winzigen  Mengen  in  den  Zellen  vorzukommen  scheint,  ist  es  nicht, 
weil  auch  nach  Behandlung  mit  entfettenden  Mitteln  die  Blaufärbung  aus- 
bleibt; vielleicht  sind  die  Zellwände  verkorkt.  Der  braune,  feste  Inhalts- 
körper gehört  in  die  Gruppe  der  Phlobaphene. 

Das  Endosperm  beginnt  mit  einer  Reihe  von  nahezu  isodiamelrischen 
Zellen,  deren  Außenseite  eine  starke,  in  Chlorzinkjod  goldgelb  gefärbte 
Kutikula  überzieht.  Im  allgemeinen  sind  die  Endospermzellen  radial  ge- 
stellte, fünf-  bis  sechsseitige,  sehr  dünnwandige  Prismen  von  enormer 
Ausdehnung;  die  Länge  derselben  beträgt  160 — 300^  die  Breite  40 — 60  /r, 
dadurch  wird  auch  die  eigentümliche  faserige  Beschaffenheit  der  Bruch- 
fläche des  Samenkernes  erklärt.  Im  trockenen  Zustande  (z.  B.  in  Öl 
eingelegt)  erscheinen  die  Zellwände  faltig,  zerknittert,  die  Zellräume  in- 
soweit zusammengezogen,  als  es  der  reiche  Zellinhalt  gestattet;  im  Quer- 
schnitt erscheinen  die  Zellen  nach  Behandlung  mit  Lauge  oder  nach 
Erwärmen  in  Wasser  mit  gerundet-polygonalen  Konturen.  Zugleich  kann 
man  an  besonders  gelungenen  Schnitten  beobachten,  daß  die  Querwände 
der  prismatischen  Zellen  sehr  zarte,  große  Tüpfel  besitzen,  während  die 


696  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Längswände  davon  frei  sindi).  Mit  Jod  und  Schwefelsäure  behandelt, 
färben  sich  die  Zellwände  blau  und  zeigen  eine  charakteristische  schief- 
spiralige  Streifung. 

Der  reiche  Zellinhalt  besitzt  folgende  eigentümliche  Beschaffenheit. 
In  einem  Glyzerinpräparat  erscheint  die  Hauptmasse  desselben  in  Ge- 
stalt großer,  unregelmäßiger  Klumpen,  die  ein  Gemisch  von  Fett  und 
Eiweiß  darstellen;  daneben  sind  rundliche  oder  länghche  Aleuronkürner, 
Bündel  von  Fetlkrislallnadeln,  sowie  größere  und  kleinere  Kristalloide 
in  der  Zelle  enthalten.  In  den  Aleuronkürnern  werden  nach  Einwirkung 
von  Jod  und  sehr  verdünnter  Schwefelsäure  prachtvolle  Kristalloidein- 
schlüsse  sichtbar:  besonders  schön  treten  letztere  in  Millons  Reagens 
hervor,  wobei  auch  zahlreiche  kleine  Globoide  zur  Wahrnehmung  ge- 
langen. 

Die  innersten  Schichten  des  Endosperms,  die  den  großen  Hohlraum 
begrenzen,  sind  ebenfalls  aus  prismatischen  Zellen  zusammengesetzt,  die 
aber  nur  einen  spärlichen  Inhalt  und  sehr  dünne,  faltige  Wände  be- 
sitzen. 

Die  Kokosnußsamen  enthalten  im  Mittel  aus  fünf  Analysen  nach 
König  (1.  c,  p.  500)  5,81  Proz.  Wasser,  8,88  Proz.  Stickstoffsubstanz, 
67  Proz.  Fett,  12,44  Proz.  stickstofffreie  Substanz,  4,06  Proz.  Rohfaser 
und  1,81  Proz.  Asche;  letztere  ist  durch  den  hohen  Gehalt  an  Kali 
(42,05  Proz.)  und  Chlor  (13,97  Proz.)  ausgezeichnet.  Nach  F.  Bachofen 2) 
enthält  die  Kopraasche  3  Proz.  Kalk,  45,86  Proz.  Kali  und  20,3  Proz. 
Phosphorsäure.  Auch  die  nach  Abscheidung  des  Fettes  zurückbleibenden 
»Kokoskuchen«  ^),  deren  Rohproteingehalt  10,4 — 37,2  Proz.  beträgt,  bilden 
eine  geschätzte  Tierfutterware  und  werden  auch  zur  Fütterung  der  Fische 
verwendet*). 

3.  Palmkerne. 

Als  Palmkerne  bezeichnet  man,  wie  schon  Bd.  I,  p.  631  und  653 
(Artikel  »Palmfett«)  angegeben  ist,  die  Samen  der  Ölpalme  (Elaeis 
guineensis  L.).  Mitunter  kommen  auch  die  schwarzen  Samen  der  ameri- 
kanischen Ölpalme  (Elaeis  melanococca  Gärtn.)  auf  den  europä- 
ischen   Markt.     Über    die  Verbreitung    der   Ölpalme,    worüber   schon    im 

\)  Vgl.  Hanausek  in  Moeller-Thoms,  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharmazie, 
2.  Aufl.,  IX,  p.  472. 

2)  Aschenanalyse  einer  Kokosnuß,  Chem.-Ztg.,  1900,  Nr.  :24,  p.  16. 

3)  Über  Zusammensetzung,  Verdaulichkeit,  mikroskopische  Charakteristik  und 
Verwendung  der  Kokoskuchen  und  -mehle  siehe  G.  Böhmer,  Die  Kraltfuttermitlel, 
Berlin  1903,  p.  373—383. 

4)  Vgl.  J.  Wittmann,  Ȇber  den  Einkauf  von  Fischfuttermitteln  mit  beson- 
derer Berücksichtigung  der  Verdaulichkeit«  in  Österr.  Fischerei-Zeitung,  p.  7  des 
Sonderabdruckes. 


Einundzwanzigster  Absclinitt.     Samen.  697 

I.Bande  einige  Mitteilungen  gebracht  worden  sind,  haben  Aschersoni) 
und  Arthur  Meyer 2)  sehr  ausführlich  berichtet. 

Das  Hauptgebiet  der  Ölpalme  in  Afrika  3),  in  welchem  dieselbe  so- 
wohl wild  wie  kultiviert  vorkommt,  ist  durch  eine  Linie  begrenzt,  »welche 
sich,  mitten  zwischen  Kap  Blanko  und  Kap  Verde  beginnend,  bis  Ben- 
guela  an  der  ganzen  Westküste  von  Afrika  hinzieht  und  die  Guinea- 
inseln einschließt;  von  Benguela  verläuft  die  Grenzlinie  etwa  nach  dem 
Njassasee,  von  da  nach  dem  Ostufer  des  Tanganjikasees*),  dann  in  etwa 
gleicher  Richtung  weiter  nach  dem  oberen  Gebiete  des  Uelleflusses,  von 
da  nach  dem  Tsadsee  und  zuletzt  von  dem-Tsadsee  nach  ihrem  Aus- 
gangspunkt zurück«  (A.  Meyer).  Den  größten  Reichtum  an  Ölpalmen 
besitzt  nach  Soyaux^)  die  Insel  Fernando-Po,  wo  sie  sogar  den  Pic 
stellenweise  bis  zu  einem  Drittel  seiner  Höhe,  also  bis  900  m  bedecken; 
in  den  dichtesten,  fortlaufenden  Beständen  kommt  die  Ölpalme  auch  in 
Loango  und  besonders  am  Kuansastrome  vor.  Sie  war  auch  die  wich- 
tigste Nutzpflanze  aller  deutschafrikanischen  Kolonien.  »Der  Wert  der 
aus  ihren  Früchten  gewonnenen  Produkte,  Palmöl  und  Palmkerne,  belief 
sich  im  Jahre  1901  für  Togo  auf  3,28  Mill.  und  für  Kamerun  auf  2,7  Mill. 
Mark  und  stellte  in  Togo  80  Proz.,  in  Kamerun  45  Proz.  des  Gesamt- 
exportes dar. « 6) 

Von  der  Goldküste  wurden  1907  Palmkerne  im  Werte  von  495  533 
Dollar  ausgeführt. 

In  Kamerun  kann  der  jährliche  Ertrag  einer  Ölpalme  mit  7  kg 
Palmöl  und  bei  1 5  kg  Kerne  bemessen  werden. 

Im  allgemeinen  gelangen  jährlich  nach  Semler')  1200  000  bis 
1  300  000  dz  Palmkerne  im  Werte  von  etwa  50  Millionen  Mark  in  den 
Welthandel. 


^).Die  Ölpalme,  Globus,  XXV,  p.  209—215. 

i)  Über  die  Ölpalme.  Beiträge  zur  Kenntnis  pharm.-wiclitiger  Gewächse.  Arch. 
d.  Pharmaz.,  1884,  Bd.  22,  Hft.  19. 

3)  Vgl.  auch  Preuß,  Ergebn.  u.  Aussichten  der  deutsch-afrikan.  Tropenkulturen. 
Ber.  d.  D.  Pharm.  Gesellsch.,  1903,  p.  108— 110;  ferner:  Derselbe,  Die  wirtschaft- 
liche Bedeutung  der  Ölpalme,  Tropenpflanzer,  1902,  p.  450 — 478.  —  Bezüglich  der 
Produktivität  der  Ölpalmen  hat  Rutgers  in  Ost-Sumatra  festgestellt,  daß  dort  die 
Hektarerträge  der  Ölpalmpflanzungen  die  der  Kokosptlanzungen  bedeutend  übertreffen. 
(Tropenpflanzer,  1920,  p.  29.)  Über  die  Rentabilität  der  Ölpalmkultur  in  Kamerun 
siehe  Picht  im  Tropenpflanzer  1919,  p.  317 — 325. 

4)  Am  Westufer  des  Tanganjikasces  soll  die  Ölpalme  wegen  des  steinigen  Bodens 
nicht  vorkommen,  wohl  aber  nach  Livingstone  am  Südzipfel  des  Sees.  Schad, 
Tropenpflanzer,  1914,  18,  p.  451. 

5)  Aus  Westafrika.     Leipzig  1879;   zitiert  nach  A.  Meyer. 

6)  Preuß,  Tropenpflanzer,  1903,  p.  108. 

7)  Tropische  Agrikultur,  2.  Aufl.,  I,  1897,  p.  667. 

* 


Einundzwanzigster  Abschnilt.     Sameu. 


Bemerkenswert  ist  auch,  daß  im  Innern  des  afrikanischen  Kontinentes 
die  Ölpalme  nur  im  kultivierten  oder  höchstens  im  verwilderten  Zustande 
angetroffen  wird;  ein  spontanes  Vorkommen  scheint  nur  für  das  west- 
liche Küstengebiet  anzunehmen  zu  sein.  0.  Drudei)  hat  die  Anschau- 
ung vertreten,  daß  die  Ölpalme  urspünglich  in  Amerika  ihre  Heimat 
gehabt,  aber,    vor  Jahrtausenden   nach  Afrika  »verschlagen«,    dort  eine 

scheinbare    Spontaneität   erlangt 
habe2). 

Das  Palmkern  öl  wird  aus- 
schließlich in  Europa  gewonnen, 
und  zwar  durch  Extraktion  oder 
Auspressen  der  Kerne,  die  bis 
50  Proz.  davon  enthalten.  Die 
in  dem  steinharten  Endokarp 
eingeschlossenen  Kerne  werden 
von  den  Negern  in  primitiver 
Weise  durch  Aufklopfen  der 
Steinkerne  mit  Steinen  oder 
Hämmern  ausgelöst.  Doch  gibt 
es  Spielarten,  wie  die  »Lisombe« 
oder  »Isombe«,  deren  Stein- 
schale von  den  Negern  mit  den 
Zähnen  aufgeknacktwerdenkann. 
In  Togo  kennt  man  vier  Varie- 
täten der  Ölpalme,  von  denen 
eine  wohl  auch  die  ausgezeich- 
nete Form  »Lisombe«  darstellen 
dürfte  3). 

Die  Samen  ^)  der  Ölpalme  sind 
eilänglich,  ei- oder  bohnenförmig, 
mitunter    abgerundet     dreiseitig 


Fig.  251.  Palmkern.  Partie  eines  Querschnittes, 
mit  Jodalkohol  und  sehr  verdünnter  Schwefelsäure  be- 
handelt, sc  SklereWen,  sa  Sameuhaut  mit  homogenem, 
hräunem  Inhalt;  6a'  die  innersten  Zellreihen  mit  hel- 
lerem, etwas  körnigem  Inhalt;  en  Endosperm,  bei  x 
auch  eine  Wand  von  der  Fläche  mit  den  großen  wie 
Löcher  erscheinenden  Tüpfeln.  Pgroße,  p  kleine  Aleu- 
ronkörner  mit  Kristalloideinschlüssen;  /  radiär  ge- 
büschelte  Kristallnadeln  der  Fettsäuren.    (Vergr.  4U0.) 


1)  Über  Trennung  der  Palmen  Amerikas  von  denen  der  alten  Welt.  Bot.  Ztg., 
1876,  Spalte  801—807  (zit.  nach  A.  Meyer). 

2)  Über  das  Vorkommen  vgl.  auch  Warburg,  Palmen,  p.  8  und  die  Produkte 
usw.,  p.  17. 

3)  G.  Pendler,  Zur  Kenntnis  der  Fruchte  von  Eladis  guineensis  und  der  daraus 
gewonnenen  Öle,  des  Palmöles  und  Palmkernöles.  Ber.  d.  D.  Pharm.  Gesellsch.,  1903, 
p.  115ff.  —  Dr.  Soskin,  Die  Ölpalme,  Tropenpflanzer,  Beiheft,  Nr.  10,  1909.  Be- 
handelt hauptsächhch  die  Varietäten  der  Ölpalme  (p.  320)  und  ihre  Kultur  (p.  325/1.). 

4)  T.  F.  Hanausek,  Über  die  Frucht  der  Ölpalme.  Zeitschr,  d.  allg.  österr. 
Apoth.-Ver.,  1882,  Nr.  24,  p.  325—328.  —  Arthur  Meyer,  1.  c,  p.  16  des  Separ.- 
Abdruckes.  —  J.  Mo  eil  er,  Mikroskopie  der  Nahrungs-  und  Genußmittel,  2.  Aufl., 
p.  483.  —  Harz,  1.  c,  p.  1125.  —  G.  Hartwich,  Chemiker-Ztg.,  1888,  p.  57.  —  T. 


Eiliundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  699 

oder  unregelmäßig,  1—1,5  cm  lang,  bis  1  cm  breit  und  dick,  an  der 
Oberfläche  graubraun  bis  schwarzbraun  mit  einem  vertieften  Adernetz 
überzogen,  das  den  Abdruck  der  vom  Nabelstrang  ausgehenden,  ver- 
zweigten Gefäßbündel  darstellt;  die  dünne,  etwa  UO— 220  ^i  im  Quer- 
schnitt messende  Samenhaut  ist  mit  dem  Samenkern  innig  verbunden; 
letzterer  besteht  aus  dem  meist  gelblichweißen,  ülig-fleischigen,  in  der 
Längsmitte  mit  einer  schmalen  Spalte  versehenen  Endosperm,  das  oben 
in  einer  kleinen  Höhlung  den  keulenförmigen  Keim  birgt. 

An  der  Samenschale  findet  man  wieder  jene  reichgetüpfelten,  in 
der  Fläche  polygonalen  Skiereiden  in  größeren  und  kleineren  Partien 
entwickelt,  auch  nestartig  oberflächlich  eingelagert,  wie  sie  bei  dem 
Kokosnußsamen  vorkommen  (Fig.  254  und  255 sc).  A.  Meyer  findet 
unter  und  neben  diesen  Gruppen  einige  Schichten  weniger  verdickter 
Zellen  mit  hellbraunen,  grobgetüpfelten  Wänden;  es  dürfte  aber  auch  hier 
der  Sachverhalt  wie  bei  Kokos  liegen:  indem  nämlich  die  Skiereiden  ihre 
Verdickungen  verringern,  je  näher  sie  zu  der  eigentlichen  Samenschale 
kommen,  so  bilden  sie  gewissermaßen  die  Übergangsschicht  von  dem 
Endokarp  (Steinschale)  zur  Samenhaut.  Die  Samenhaut  besteht  aus  einer 
Schicht  im  Querschnitt  etwas  gestreckter  (Fig.  254sa),  in  der  Flächen- 
ansicht gerundet-polygonaler  oder  längsgestreckter,  fast  stabähnlicher 
Zellen  mit  hellen  Wänden  und  dunkelbraunem,  homogenem  Inhalt.  Die 
gestreckten  Zellen  liegen  (von  der  Fläche  gesehen)  partienweise  parallel, 
die  einzelnen  Partien  dagegen  folgen'  ganz  regellos,  einander  schief 
kreuzend,  aufeinander  (Fig.  255  Jsa).  Der  braune  Inhalt  färbt  sich  in  Kali- 
lauge dunkler;  nur  die  Zellen  der  innersten  (1 — 2)  Reihen  (Fig.  254sa') 
weichen  durch  das  Aussehen  und  Verhalten  des  Inhaltes  von  den  darüber- 
stehenden ab;  der  Zellinhalt  ist  nicht  mehr  so  homogen  und  wird  durch 
Kalilauge  zitronengelb  gefärbt.  Das  Gewebe  des  Endosperms  setzt  sich 
aus  gerundet-prismatischen,  radiär  gestellten  Zellen  zusammen;  die  der 
ersten  Reihe  sind  noch  kurz,  im  Querschnitt  fast  quadratisch,  nach  innen 
zu  werden  sie  bis  80  {.i  lang  und  40  fj.  breit  (Fig.  254m  u.  255  II n.  III). 
Die  Zellwände  bestehen  aus  Zellulose,  sind  farblos,  ziemlich  derb  und 
durch  6—8  große,  kreisrunde  Tüpfel  (Fig.  254  u.  255  IZu,.  IZIo;)  aus- 
gezeichnet; letztere  erscheinen  an  den  in  der  Fläche  wahrnehmbaren  Zell- 
wänden als  runde  Lücher.  Der  überaus  reiche  Inhalt  besteht  aus  scholligen, 
Stricheligen   und  fein  strahligen   Massen   (Fett    bzw.    Fettsäure -Raphiden, 


F.  Hanausek  in  Moeller-Thoms,  Realenzyklopädie  usw.,  2.  Aufl.,  IX,  p.  477.  — 
A.  V.  Vogl,  Die  wicht.  Nahrungsm.,  p.  550.  —  Winton-Moeller,  The  Microscopy 
of  Vegetable  foods,  New  York  1906,  p.  290.  —  Tschirch,  Handbuch  usw.,  II,  p.  716 
(mit  ausfühdichen  Literaturangaben).  —  Bücher  u.  Fickenday,  Die  Schildkröten- 
ölpalme.  Tropenpflanzer  1919,  p.  246—249.  —  Bücher  u.  Fickenday,  Die  Ölpalme, 
BerHn  1920,  konnte  nicht  mehr  verwertet  werden. 


700 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Fig.  254/)  und  aus  verschieden  großen,  rundlichen  Aleuronkörnern,  die, 
mit  Zuckerlüsung  und  Schwefelsäure  behandelt,  sich  prachtvoll  rosenrot 
färben.  Die  peripherisch  gelegenen  Endospermzellen  führen  nur  kleine 
Aleuronkürner,  die  übrigen  zumeist  je  ein  großes  Korn  und  mehrere  kleine 
Körner  (Fig.  255  IVPu.  p).  In  Alkohol  liegende  Präparate  zeigen  diese 
Kürner  stark  lichtbrechend,  schwach  gelblich  gefärbt  und  an  der  Ober- 
fläche strichelig  oder  feinkörnig;  ihr  Durchmesser  beträgt  24 — 27,«;  in 
fettem  Öle   erscheinen   sie   wie  von   einem   zarten   Netz   überzogen,   die 


Fig.  255.     Vergr.  400.    Palmkern.     /  Schaleneleraente  von  der  Fläche,    sc  Skiereiden,  sa  Samenschale 
II  und  III  stücke  des  Endosperms  (aus  dem  Palmkernknchen,  //  in  der  Längsansicht,  ///  in  der  Auf- 
sicht der  Zellen;  Bezeichnung  wie  in  Fig.  251;  e  Endospermzellen).     IV.  Einzelne  Alenronkörner  P und  p 
mit  Kristalloiden. 


kleinen  Aleuronkürner  von  mehr  eckigen  Formen.  Entfernt  man  aus 
einem  Schnitte  das  Fett  mit  Benzin  und  behandelt  hierauf  mit  Jodglyzerin, 
so  werden  die  Aleuronkürner  infolge  der  Aufspeicherung  des  Jods  gelb- 
braun und  zeigen  ein  großes  rhomboederähnliches  Kristalloid  (Fig.  2557/2); 
noch  deutlicher  werden  die  Einschlüsse  in  einem  mit  Jodkalium  und  sehr 
verdünnter  Schwefelsäure  behandelten  Präparate.  Nebst  Büscheln  radiär 
gestellter  Fettsäureraphiden  (Fig.  254/")  sieht  man  die  goldgelben  Aleuron- 
kürner mit  vollkommen  transparentem  Eiweiß,  aus  dem  das  Kristalloid 
in  hellgelber  Farbe  hervorleuchtet  (P).     Auch  mit  Chloralhydrat  erhält 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  701 

man  gute  Präparate ;    nach  1 2 — 1  Sstündiger  Einwirkung   erscheinen  die 
Aleuronkörner  blaßgelb  und  an  der  Oberfläche  feingekürnelt. 

Der  Ülgehalt  des  Endosperms  beträgt  45 — 54  Proz.  Über  das  Öl 
siehe  I,  p.  653.  ■ —  Die  Preß-  oder  Extraktionsrückstände  enthalten  noch 
einige  Prozent  Fett  (die  ersteren  sogar  bis  15  Proz.)  und  15 — 17  Proz. 
Proteinstoffe ;  sie  bilden  ein  viel  verwendetes  Futter-i)  und  ein  nicht  minder 
häufig  gebrauchtes  Verfälschungsmittel  gepulverter  Gewürze,  insbesondere 
des  Pfeffers,  der,  mit  Palmkuchen  gemischt,  früher  als  »Mischpfeffer<  in 
den  Handel  gebracht  worden  ist. 

4.  Muskatnuß  und  Macis. 

Die  Muskatnuß  des  Handels  stammt  von  dem  echten  Muskatnuß- 
baum, Myristica  fragrans  Houtt.,  der  auf  den  südlichen  Molukken  ein- 
heimisch ist  und  gegenwärtig  insbesondere  auf  den  Bandainseln,  ferner 
auf  Sumatra,  der  malaiischen  Halbinsel,  auf  Minahassa  (Celebes),  auf 
Reunion  und  Sansibar  und  im  tropischen  Amerika  kultiviert  wird. 

Die  Frucht  (Fig.  256  J.)  dieses  schönen,  immergrünen,  diüzischen 
Baumes  ist  eine  überhängende,  kugelige,  ockergelbe  Springbeere  von  der 
Grüße  einer  Aprikose  und  besitzt  ein  anfänglich  fleischiges,  zur  Reifezeit 
lederartig  erhärtendes,  in  zwei  Klappen  sich  öffnendes  Perikarp,  das  einen 
einzigen  Samen  enthält.  Der  Same  (Fig.  256 £")  ist  von  einem  im  frischen 
Zustande  karminroten,  zerschlitzten  Samenmantel  (Arillus,  Fig.  256  ar) 
umgeben;  von  diesem  und  von  der  beinharten,  zerbrechlichen,  kastanien- 
braunen, glänzenden  Samenschale  befreit,  stellt  er  die  Muskatnuß  des 
Handels  vor;  der  Samenmantel  ist  die  als  Macis  oder  Muskatblüte 
bekannte  Ware.  Die  aus  dem  Perikarp  ausgelösten  Samen  werden  an 
einem  stark  rauchenden  Feuer  getrocknet,  bis  die  Samenkerne  von  der 
Samenschale  sich  abgetrennt  und  ihr  Volumen  so  verringert  haben,  daß 
sie  beim  Schütteln  der  Samen  klappern.  Hierauf  werden  die  Stein- 
schalen zerschlagen,  die  Samenkerne  in  Kalkmilch  gelegt  und  zuletzt 
endgültig  getrocknet^).  Die  dünne  Schicht  Kalk,  die  die  Oberfläche  der 
Kerne  überzieht,  schützt  dieselben  gegen  die  Angriß'e  von  Insekten. 

Die  Muskatnuß  hat  eine  eiförmige  Gestalt  (Längsachse  20 — 30, 
Querdurchmesser  15 — 20  mm),  ist  an  der  Oberfläche  schmutziggrauweiß, 
abgewaschen  leder-  bis  dunkelbraun,  unregelmäßig  netzaderig-runzelig; 
in   den  Vertiefungen,   in    denen   die  Gefäßbündel   verlaufen,   lagert  sich 


'l )  Über  Zusammensetzung,  Verdaulichkeit,  mikroskopische  Charakteristik  und 
Verfälschungen  der  Palmkernkuchen   und  -mehle  siehe  Böhmer,    1.  c,  p.  359 — 373. 

2)  Über  die  Gewinnung  enthalten  Ausführliches:  A.  Tschirch,  Indische  Heil- 
und  Nutzpflanzen.  Berlin  1892,  und  Warburg,  Die  Muskatnuß,  ihre  Geschichte, 
Botanik  usw.     Leipzig  1897. 


702 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


am  meisten  der  Kalk  ab.  An  einem  Ende  seitwärts  liegt  der  stumpf- 
kegelig hervorragende,  durch  eine  seichte  Kreisrinne  deutlich  abgesetzte 
hellbräunliche  Nabel  (Hilum,  Fig.  256  Ä),  am  anderen,  ebenfalls  seitwärts, 
aber  entgegengesetzt,  befindet  sich  eine  dunkle  Vertiefung,  die  Chalaza, 
aus  der  ein  Zäpfchen  (das  abgebrochene  Raphebündel)  heraussieht.    Von 


Fig.  256.     Myristica  fragnms.    A  fruchttragender  Zweig  (V-O,  E  Same  (i/i),  Arillus  {ar),  der  das  Hilum  (h) 

umgibt,  i^  derselbe  im  Längsschnitt,    t  Samenschale,   e  Nährgewebe,    em  Embryo.     (A  nach  Baillon, 

£  und  i^  nach  Luerssen.) 


dem  Nabel  zieht  eine  wenig  deutliche  Furche  —  die  Raphe  —  aufwärts 
zur  Qialaza.  Im  Innern  ist  der  Samenkern  gelblich  oder  gelblichgrau  und 
von  dunkelbraunen,  strahlig  von  der  Peripherie  nach  einwärts  eindringen- 
den und  verzweigten  Streifen  marmoriert  (Fig.  256  F).  Die  Hauptmasse 
des  Kernes  besteht  aus  dem  Nährgewebe  (Endosperm),  das  von  der 
braunen  Samenhülle  umschlossen  ist;  diese  ruft  auch  durch  Abgliederung 
von  Falten   oder  Zapfen  jene  braunen,    die  Marmorierung  erzeugenden 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  703 

Streifen  hervor,  eine  Erscheinung,  die  in  der  beschreibenden  Botanik 
die  Rumination  des  Nährgewebes  genannt  wird.  Dicht  unter  dem  Nabel 
liegt  eine  ziemlich  umfangreiche  Höhlung,  die  den  Keim  (Fig.  256  F^  em) 
enthält.  In  der  Handelsware  findet  man  denselben  meistens  verschrumpft 
und  klein;  im  entwickelten  Zustande  läßt  er  zwei  auseinanderstehende,  ge- 
faltete Kotyledonen  und  ein  dem  Nabel  zugewendetes  kurzes  Würzelchen 
erkennen. 

Der  histologische  Bau  des  Nährgewebesi)  ist,  seiner  Aufgabe  als 
Speicherorgan  entsprechend,  ein  sehr  einfacher.  Es  setzt  sich  aus 
polyedrischen,  dünnwandigen  Parenchymzellen  zusammen,  deren  Inhalt 
aus  Stärkekörnern,  Fett  und  Eiweißkörpern  besteht.  In  jeder  Zelle  läßt 
sich  auch  ein  Zellkern  nachweisen.  Die  Stärkekörner  sind  entweder  ein- 
fach, kugelig,  oder  zu  6  — 12  (nach  Tschirch  bis  20)  zusammengesetzt, 
messen  7 — iS  /<  und  zeigen  an  Stelle  des  Kernes  einen  Spalt  oder  eine 
rundliche,  mitunter  auch  strahlige  Kernhöhle.  Beiläufig  in  der  Mitte  jeder 
Zelle  liegt  ein  Aleuronkorn,  von  dem  in  der  Regel  nur  der  Einschluß, 
ein  Eiweißkristalloid,  in  Gestalt  eines  Rhomboeders  oder  einer  hexa- 
gonalen  Tafel  deutlich  zu  sehen  ist.  Das  Fett  bildet  eine  homogene 
Masse,  in  der  die  Stärkekörner  und  das  Kristalloid  eingebettet  hegen, 
oder  es  tritt  in  Büscheln  von  Kristallnadeln  und  Blättchen  auf.  Einige 
bemerkenswerte  Verschiedenheiten  von  dem  angegebenen  Verhalten 
zeigen  jene  Partien  des  Endosperms,  die  zwischen  den  braunen  Rumi- 
nationsstrahlen  liegen;  die  an  letztere  angrenzenden  Endospermzellen 
enthalten  Pigmente  und  sind  braun  gefärbt.  Die  in  der  Mitte  dieser 
Partien  liegenden  sind  nahezu  fettfrei  und  führen  reichlich  sehr  klein- 
körnige Stärke.  Die  Ursache  dieses  differenten  Verhaltens  liegt  in  einer 
besonderen  Aufgabe  dieser  Endospermpartien  bei  der  Keimung:  sie  sind 
die  Leitbahnen  (Tschirch),  in  die  die  stark  wuchernden  Kotyledonar- 
lappen  eindringen,  um  die  Nährstoffe  aufzusaugen  und  dem  Keime  zuzu- 
führen. —  Braune  Pigmentkörper  finden  sich  auch  sonst  in  einzelnen 
Zellen  des  Endosperms  vor. 

An  der  braunen  Samenhülle  lassen  sich  zwei  ziemlich  deutlich  ab- 
gesetzte Gewebsschichten  unterscheiden,  von  denen  die  äußere  gleich 
einer  Samenhaut  den  Samenkern  umhüllt,  die  innere  dagegen  mit  ihren 
braunen  Ruminations falten  in  das  Endospermgewebe  eindringt.  Die  äußere 
Schicht  besteht  aus  tangential  gestreckten,  Interzellularräume  freilassenden 
und  verholzten  Zellen,  die  teils  Pigment,  teils  eigentümliche  prismatische, 
tafel-    oder    schwalbenschwanzförmige    Kristalle    enthalten.      Nach    den 


1)  Vgl.  auch  Hallström,  Anatomische  Sludien  über  die  Samen  der  Myristi- 
caeeen  und  ihrer  Arillen.  Arch.  der  Pharm.,  1895,  Hft.  6  u.  7  und  Busse,  Arbeiten 
aus  dem  kais.  Gesundheitsamte  4  895,  p.  390.     Tschirch,  Handbuch,  H,  p.  678. 


704  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Lüsungsverhältnissen  können  diese  Kristalle  weder  ein  Fett  oder  eine 
Fettsäure,  noch  ein  Kalksalz  sein,  wahrscheinlich  stellen  sie  ein  Kalisalz 
(Weinstein  1))  vor. 

Die  innere  Gewebeschicht  enthält  kleine  Bündel  von  engen  Spiral- 
gefäßen und  ein  braunes  Parenchym,  das  dort,  wo  sich  die  Schicht  als 
Platte  oder  Falte  in  das  Endosperm  einschiebt,  Ölzellen  führt.  Die  Öl- 
zellen  häufen  sich  in  der  Ruminationsplatte  selbst  so  reichlich  an,  daß 
das  Parenchym  ganz  zurücktritt  und  nur  mehr  an  den  Rändern  der 
Falte  als  ein  geschlossenes  Gewebe  sichtbar  wird  2).  Die  Zell  wände  sind 
durch  Phlobaphen  tiefbraun  gefärbt. 

Wenn  auch  morphologisch  die  soeben  beschriebene  Samenhülle  als 
eine  (innere)  Samenhaut  aufgefaßt  werden  kann,  entwicklungsgeschicht- 
lich ist  sie  aber  nicht  eine  solche,  da  sie  nicht  von  den  Integumenten 
des  Ovulums  ihren  Ursprung  nimmt,  sondern  ursprünglich  dem  Nuzellar- 
gewebe  angehört,  das  sich  nach  den  Untersuchungen  von  Albert  Voigt 3), 
Arthur  Meyer^)  und  A.  Tschirch^)  an  der  Peripherie  in  ein  Dauer- 
gewebe und  in  ein  Meristem  sondert.  Somit  hat  jener  Teil  der  Hülle, 
welcher  als  äußei-e  Gewebeschicht  bezeichnet  worden  ist  und  der 
direkt  aus  dem  Nucellus  hervorgegangen  ist,  den  Charakter  eines  Peri- 
sperms  (Hüllperisperm  A.  Meyers,  Primärperisperm  Tschirchs); 
die  innere,  Falten  bildende  Schicht  entstammt  dem  Meristem  und  ist 
demnach  ein  neues,  eigenartiges  Gewebe,  dem  auch  nicht  die  Eigenschaft 
eines  Perisperms  zugeschrieben  werden  kann;  damit  erklärt  sich  auch 
das  Vorkommen  von  Prokambiumsträngen  in  demselben,  während  in 
echtem  Perisperm  Gefäßbündel  bekanntlich  nicht  vorkommen.  Tschirch 
nennt  es  ein  Sekundärperisperm. 

An  den  Geweben  der  Muskatnuß  kann  man  mit  Naphtylen-  oder 
Methylenblau  schöne  Färbungen  erzielen.  »Ersteres  bewirkt  violette 
Färbung  der  Membran  und  des  Inhaltes  der  Pigmentzellen  des  Endo- 
sperms,  des  Gewebes  der  Falten  und  der  Samenhaut.  Methylenblau  färbt 
die  ersteren  prächtig  blau,  die  Faltenzellen  grün  oder  grünblau«  (Vogl). 
Erhitzt  man  das  Pulver  der  Muskatnuß  mit  ChloraJhydrat,  so  erscheint 
das  ganze  Präparat  mit  Öltropfen  übersät,  die  beim  Erkalten  kristalli- 
nisch erstarren. 

An  Stelle  der  echten  Muskatnüsse  linden  sich  im  Handel  mitunter 
die  Samenkerne  von  Myristica  ai^gentea  Warburg  vor;  sie  sind  länglich 


1)  Tschirch-Oesterle,  Anatomischer  Atlas,  p.  250. 

2)  A.  V.  Vogl,  Die  wichtigsten  Nahrungs-  und  Genußmittel,  p.  486. 

3)  Bau   und  Entwicklung  des  Samens  und   des  Samenmantels   von  Myristica 
fragrans.     Dissertation.     Göttingen  1885. 

4)  Wissenschaftliche  Drogenkunde.     Berlin  iSOI,   1.  Tl.,  p.  168. 

5)  Tschirch-Oesterle,  1.  c,  p.  246. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  705 

eiförmig  oder  fast  zylindrisch,  27 — 35  mm  lang,  12 — 15  mm  dick,  sehr 
grobnetzig  runzelig,  lederbraun,  etwas  leichter  und  weniger  aromatisch 
als  die  echten  Nüsse.  Sie  werden  Papuanüssc  genannt.  Andere  Arten, 
wie  die  Samen  von  Mijristica  fatua  Houtt.  (=  M.  tomentosa  Thunbg.) 
u.  a.  m.  dürften  jetzt  im  Handel  nicht  vorkommen. 

Die  Muskatnuß  enthält  31 — 37,3  Proz  Fett  (siehe  Muskatbutter,  I, 
p.  663)  und  ätherisches  Öl.  Ersteres"  bildet  nebst  Stärke  den  Haupt- 
inhalt des  Endosperms,  das  ätherische  Öl  ist  nur  im  Hüilperisperm  ent- 
halten (7 — 15  Proz.)i).  Der  Aschengehalt  der  Muskatnuß  beträgt  im 
Mittel  2,41  Proz.  (nach  König  1—4  Proz.). 

Die  Macis,  Muskatblüte,  im  Handel  gegenwärtig  Bandamacis 
genannt,  wird  nach  dem  Auslösen  aus  der  Frucht  an  der  Sonne  ge- 
trocknet, wobei  die  rote  Farbe  in  ein  mattes  Orangegelb  übergeht  und 
das  ursprünglich  etwas  knorpelig-fleischige  Gewebe  einen  fast  hornartigen 
Charakter  annimmt.  Die  Macis  (Fig.  256)  ist  4  —  5  cm  lang,  an  der  Basis 
glockenförmig,  vom  ersten  Drittel  der  Höhe  an  vielfach  in  verschieden 
breite  Zipfel  zerschlitzt,  zerbrechlich  und  von  schwachem  Feltglanze.  In  der 
nicht  zerschlitzten  Basis  ist  eine  rundliche  Öffnung  vorhanden;  die  oberen, 
oft  wellenförmig  gekrümmten  linealen  Zipfel  entspringen  breiteren  Bändern, 
lassen  zwischen  sich  elliptische  oder  schmal  zweieckige  Felder  frei  und 
laufen  am  Scheitel  zu  einer  flachen  Krause  zusammen,  Geruch  und  Ge- 
schmack sind  kräftig  aromatisch,  letzterer  auch  stark  bitter. 

Die  Macis  besitzt  unter  der  von  prosenchymatischen  Zellen  gebil- 
deten Oberhaut  eine  subepidermale  Gewebeschicht  und  ein  Grundparen- 
chym,  in  dem  zahlreiche  40 — 90  ^it  im  Durchmesser  haltende  rund- 
liche Sekretzellen  eingebettet  sind.  Letztere  enthalten  ein  farbloses 
ätherisches  Öl  oder  einen  gelben  Balsam,  der  häufig  verharzt  ist  und  dann 
nur  mehr  einen  bräunlichen  VVandbelag  bildet.  Die  Parenchymzellen  des 
Grundgewebes  sind  durch  ihren  eigentümlichen  Inhalt  sehr  ausgezeich- 
net; sie  sind  nämlich  mit  unregelmäßig  gestalteten,  meist  gestreckten 
und  gelappten,  2 — \^  (.i  langen  Körnern  erfüllt,  die  einige  Ähnlichkeit 
mit  Stärkekörnern  besitzen,  aber  von  diesen  dadurch  unterschieden  sind, 
daß  sie  sich  mit  Jodlösung  weinrot  färben.  Tschirch^)  bezeichnet  sie 
als  Amylodextrinslärke,  die  wahrscheinlich  der  Formel  6  (CßtlioOs)  •  2  H2O 
entspricht  und  sich  aus  dem  Wasserauszug  durch  öfteres  Ausfällen  mit 
Alkohol  und  abermaliges  Lösen  in  Wasser  rein  darstellen  läßt  3). 

In  neuerer  Zeit  wird  die  Bandamacis  durch  die  Arilli  anderer  My- 
ristica- krien    und   zwar    durch    die    Bombay-   und    die   Papuamacis 

■1)  Gildemeister,  I.  c,  II,  p.  425. 

2)  Tageblatt  der  58.  Versammlung  deutscher  Nalurforsclicr  und  Ärzte  1885  in 
Straßburg  i.  E.,  p.  88  und  Ber.  deutsch.  Bot.  Ges.,  1888,  p.  138. 

3)  Tschirch  und  Schklowsky,  Arch.  d.  Pharm.,  1915,  253,  p.  10211. 
Wie sn er,  Rohstoffe.     LH.  Band.     3.  Aufl.  45 


706  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

substituiert.  Nur  die  letztere  kanb  als  ein  brauchbarer  Ersatz  der  echten 
Ware  angesehen  werden,  da  sie  mit  dieser  Geruch  und  Geschmack^ 
wenn  auch  nur  in  geringerem  Maße,  teilt;  sie  ist  der  Arillus  von  My~ 
ristica  argentea  Warburg.  Die  Bombaymacisi)  dagegen  ist  geruch- 
und  geschmacklos  und  gänzlich  ohne  Wert.  Sie  stammt  von  Mijristica 
nialaharica  Lam.,  ist  bis  5,5  cm  lang,  schmäler  als  die  echte  Macis  und 
purpurbraun.  Die  Epidermiszellen  sind  im  Querschnitt  schmal  und  hoch, 
die  Sekretzellen  hauptsächlich  nur  in  den  der  beiderseitigen  Epidermis 
zunächst  gelegenen  Zonen  des  Grundgewebes  in  dichtgedrängter  Anord- 
nung enthalten,  während  die  mittlere  Zone  dieses  Gewebes  hiervon  nahezu 
frei  ist.  Als  Inhalt  führen  die  Sekretzellen  eine  orangefarbige  oder  braune 
harzige  Masse,  die  in  Alkohol  safrangelb,  in  Kalilauge  oder  Ammoniak 
mit  tieforangeroter  Farbe  sich  löst.  Die  alkalische  Lösung  wird  durch 
Zusatz  einer  Säure  sofort  wieder  safrangelb  gefärbt.  Dieser  Farben- 
wechsel ist  an  einem  mit  der  alkoholischen  Lösung  getränkten  Papier 
schön  zu  demonstrieren.  Auch  Kaliiunbichromat  ruft  eine  tiefbraune 
Färbung  des  Sekretes  hervor.  W.  Busse 2)  wendet  zum  Nachweise  der 
Bombaymacis  gesättigtes  Barytwasser  an.  Taucht  man  ein  mit  der  alko- 
holischen Bombaymacislösung  getränktes  Fließpapier  in  kochendes  Baryt- 
wasser, so  wird  dasselbe  (schon  bei  5  Proz.  Macis)  ziegelrot,  die  Rand- 
gürtelstreifen erscheinen  dunkelziegelrot;  bei  echter  Macis  erhält  man 
eine  nur  blaßrötliche  Lösung. 

Tschirch  (1.  c.  p.  691)  hält  die  spektralanalytische  Untersuchung 
der  alkalischen  Auszüge  beider  Macisarten  für  das  beste  Unterscheidungs- 
mittel. Die  alkalische  Lösung  des  Sekretes  der  Bombaymacis  gibt  im 
Spektralapparat  ein  breites  Absorptionsband  in  Grün  und  Blau,  das  den 
alkalischen  Auszügen  der  Bandamacis  fehlt. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Held 3)  ist  der  gelbrote  Farbstoff 
der  Bombaymacis  das  Oxydationsprodukt  eines  mittels  Benzols  erhal- 
tenen gelblichweißen  kristallinischen  Pulvers,  das  schon  beim  Schmelzen 
in  die  harzige  Farbstoffmasse  der  Bombaymacis  übergeht;  nach  dem 
chemischen  Verhalten  zeigt  der  Farbstoff  Phenolcharakter.  Die  Mole- 
kularformel des  Farbstoffes  ist  nach  Held  (vorläufig)  CjgHa^Oy,  die  sich 


4)  Tschirch,  Pharm.  Ztg.,  1881,  p.  S56.  —  T.  F.  Hanausek,  Jahresber.  d. 
Wiener  Handelsakademie  1887;  Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apolh.-Ver.,  1887,  p.  551; 
Zeitschr,  f.  Nahrungsmittel-Untersuchung  und  Hygiene,  1890,  p.  76.  —  Tschirch- 
Oesterle,  Anatomischer  Atlas,  p.  252.  —  A.  v.  Vogl,  Die  wicht,  veget.  Nahrungs- 
und Genußmittel  usw.,  p.  481.  —  Tschirch,  Handbuch  usw.,  H,  p.  690. 

2)  Über  Gewürze.  HI.  Macis.  Arbeiten  des  kais.  Gesundheitsamtes,  1896,  XII, 
p.  628. 

3)  Zur  chemischen  Charakteristik  des  Samenmantels  >Macis«  der  Myristica- 
Arten.     Inaug.-Diss.     Erlangen  1893. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  707 

(bei  der  Oxydation  des  farblosen  Körpers)  nach  folgender  Gleichung  er- 
gibt :  C29H42O5  +  40  =  C29H38  O7  +  2  H2O. 

Sehr  bemerkenswert  ist  auch  der  verschiedene  Fettgehalt  der  bei- 
den Macissorten.  Die  Bandamacis  enthält  21,9  Proz.,  die  Bombaymacis 
56,75  Proz.  Fett.  Nach  anderen  Angaben  beträgt  der  Fettgehalt  der 
Bombaymacis  nur  29,59 — 34,2  Proz.  Nach  Tschirch  u.  Schklowsky 
(Arch.  d.  Pharm.  '19'15,  253,  p.  102)  ist  aber  in  der  Bandamacis  kein 
eigentliches  Fett  vorhanden,  dagegen  zwei  Säuren  und  reichlich  Phyto- 
sterine.  Wie  E.  Späth*)  nachgewiesen  hat,  weist  auch  die  chemische 
Zusammensetzung  der  beiden  Fette  große  Verschiedenheiten  auf;  letztere 
beziehen  sich  insbesondere  auf  die  Menge  des  gebundenen  Jods  und  auf 
das  physikalische  Verhalten.  Das  Fett  der  Bombaymacis  ist  hellgelb,  das 
der  Bandasorte  gelbbraun. 

Die  Papua-Macis2)  ist  bis  5  cm  lang,  weniger  zerschlitzt  als  die 
echte  Macis,  schmutzig  braungelb,  in  Geruch  und  Geschmack  mit  dieser 
übereinstimmend.  Nach  Griebel  läßt  sich  Papua-Macis  folgendermaßen 
nachweisen.  Das  Pulver  wird  mit  Petroläther  übergössen,  das  Filtrat 
mit  Eisessig  gemischt  und  dann  mit  Schwefelsäure  unterschichtet  bei 
sorgfältiger  Vermeidung  einer  Vermischung  der  Flüssigkeiten.  Es  ent- 
steht an  der  Berührungsgrenze  ein  deutlicher  rötlicher  Ring,  bei  Banda- 
Macis  dagegen  ein  gelber  Ring. 

Die  Muskatnuß  dient  zur  Bereitung  der  Muskatbutter  und  findet 
gleich  der  Macis  nur  eine  beschränkte  Anwendung  in  der  Parfümerie. 
Häufiger  werden  beide  als  Gewürz  und  medizinisch  benutzt. 

5.  Mohnsamen. 

Die  Mohnpflanze,  Papaver  somniferum  L.,  ist  in  den  östlichen 
Ländern  des  Mittelmeergebietes  einheimisch,  wird  aber  seit  alter  Zeit 
her  in  vielen  Gegenden  Europas,  Asiens  und  Afrikas,  in  neuerer  Zeit  auch 
in  Nordamerika  und  Australien  (Neusüdwales),  teils  der  Opiumgewinnung 
halber,  teils  der  ölreichen  Samen  wegen  im  großen  angebaut 3).  Man 
unterscheidet  drei  Varietäten  des  Mohns,  Papaver  somnif.  ct.  seti- 
gerum  (DC.J  mit  borstig  bespitzten  Blattlappen  und  borstigen  Kelch- 
blättern; P.  s.  ß.  nigrum  DC.  mit  blauschwärzlichen  oder  grauen  Samen 
und  P.  s.   y.  alhum  DC,   der  weiße  Blumen   und   weiße  Samen  trägt. 


1)  Zur  chemischen  Untersuchung  verschiedener  Macisarten.  Forschungsberichte 
über  Lebensmittel,  1895,  p.  148.  —  Vgl.  auch  Arnst  und  Hart,  Zusammensetzung 
einiger  Gewürze.     Zeitschr.  f.  angew.  Chemie,  1893,  p.  136. 

2)  Waage,   Pharm,  Zentralh.  1893.   —   Vogl,   I.e.,   p.  483.   —   C.  Griebel 
Über  den  Nachweis  der  Papua-Macis.     Z.  f.  U.  d,  N.-  u.  G.  1909,  18,  p.  202. 

3)  W.  Hartmann,  Der  Mohn,  seine  Kultur,  Geschichte  und  geographische  Ver- 
breitung, sowie  Art  und  Ausdehnung  des  Opiumgenusses.     Jena  1916. 

45* 


708  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Als  Urform  gilt  die  im  Mitlelmeergebiet  vorkommende,  von  De  Gandolle 
auch  als  Art  angesehene  Form  P.  setigerum^  die  übrigens  auch  in  Nord- 
frankreich neben  den  anderen  Formen  angebaut  wird  (Tschirch).  Als 
Kulturformen  unterscheidet  man  Schließ-  oder  Dreschmohn,  dessen 
Kapseln  geschlossen  bleiben,  und  Schutt-  oder  Schüttelmohn  mit 
sich  öffnenden  Kapseln. 

Weißer  Mohn  gibt  feineres  Öl;  seine  Samen  sind  es  auch,  die  zu 
medizinischen  Zwecken  benutzt  werden;  für  die  Ölgewinnung  wird  je- 
doch meist  schwarzer  Mohn  genommen,  da  dessen  Kultur  mehr  verlohnt. 
Im  Ölgehalte  stimmen  beide  Mohnsorten  miteinander  überein,  sie  ent- 
halten nämlich  etwa  60  Proz.  fettes  Öl. 

Die  Mohnsamen  sind  1 — 1,5  mm  lang,  nierenfärmig,  an  einer  Seite 
breit  abgerundet,  an  der  entgegengesetzten  etwas  spitz  i).  Die  Oberfläche 


Fig.  257.    Vergr.  400.    Partie  eines  Quersebnittes  der  Samenschale  des  Molinsamens. 
ep  Epidermis,    fcr  Kristallsandzellen,  /  Faserschicht,    q  einreihiges  Parenchym   (Yogis   Queizellen) 
p  PigmentscMcht  (in  zwei  Zellen   das  opake  Pigment  eingezeiclinetj,  i  innerste  Zellreihe   der  Samen- 
schale, end  Endosperm. 

ist  gelblich  weiß  (Medizinalsorte)  oder  graublau,  schwärzlichblau,  zierlich 
netzig  gerunzelt;  unter  der  Lupe  nimmt  man  zarte  Rippen  wahr,  die 
sechsseilige  Felder  oder  Maschen  bilden.  200  Mohnsamen  wiegen  im 
Mittel  0,1  g,  was  also  0,5  mg  für  das  Gewicht  eines  Mohnkornes  ergibt. 
In  der  Mitte  der  eingebuchteten  Seite  liegt  der  etwas  erhabene  Nabel, 
gegen  das  breite  Ende  hin  zeigt  sich  eine  gelbliche  Erhöhung,  die  Cha- 
laza.  Die  dünne  Samenschale  umhüllt  ein  weißes,  fettreiches  Nährgewebe, 
in  dessen  Mitte  der  im  Sinne  der  Samenachse  gekrümmte,  fast  zylin- 
drische, zur  Hälfte  aus  dem  Würzelchen,  zur  anderen  aus  den  beiden 
nicht  viel  dickeren  Kotyledonen  gebildete  Keim  liegt.  Das  Würzelchen 
sieht  nach  dem  spitzen  Samenende.  Die  Mohnsamen  sind  geruchlos  und 
besitzen  einen  angenehmen,  ölig  müden  Geschmack. 

Die  Untersuchuns:  des   anatomischen   Baues    der  Mohnsamen- 


1)  Vgl.  C.  Hartwich,  Über  Papaver  somniferum  und  spez.   dessen   in   den 
Pfahlbauten  vorkommenden  Reste.     Apoth.-Ztg.  (Berlin)  1899,  p.  278,  289,  300. 


Einundzwanziffster  Abschnitt.     Samen. 


709 


schale  bietet  nicht  unbedeutende  Schwierigkeiten,  weil  die  einzelnen 
Schichten  derselben  sehr  stark  zusammengefallen  und  -geschrumpft  sind 
und  sich  nur  schwer  in  die  Einzelelemente  zerlegen  lassen.  Daher  weisen 
auch  die  Angaben  der  einzelnen  Untersucher  des  Mohnsamens  sehr  auf- 
fällige Verschiedenheiten  auf.  Während  nach  Harzi)  die  Samenschale 
aus  vier  Schichten  zusammengesetzt  ist,  werden  von  J.  Michalowski'-^) 
deren  fünf,  von  den  neueren  Autoren,  A.  Meyer,  Tschirch,  und  Vogl', 
deren  sechs  angegeben.  Die  Epidermis  (Fig.  257  u.  258  ep)  besteht  aus 
sehr  großen,  von  der  Fläche  gesehen  polygonalen,  meist  sechsseitigen 
Tafelzellen,  deren  Seitenwände  breit  und  dick  sind  und,  da  die  Außen- 
wand beim  Eintrocknen  des  Samens  muldenförmig  einsinkt,  als  jene  er- 


•L-_^T^3^  \ 


encV 


Fig.  258.  Verer.  400.  Partie  der  Samenschale  des  Mohnsamens  von  der  Fläche,  ep  Epidermis, 
kr  Kristallsandzellen,  /  Faserschicht,  p  Pigmentechicht  (in  den  zwei  untersten  Zellen  ist  das  Pigment 
nicht  eingezeichnet),  end  Endospeim.  Es  sind  nur  jene  Zellschichten  dargestellt,  die  in  der  Flächenansicht 
ohne  weitere  Präparation  deutlich  zu  heobachten  sind;  es  fehlen  also  die  Schichten  q  und  i  (der  Fig.  257). 


habenen  Rippen  hervortreten,  die  an  dem  Mohnsamen  das  oberfläch- 
liche Maschennetz  erzeugen  (Fig.  258  ep).  Nach  dieser  Darstellung,'  die 
auch  A.  Meyer  3)  und  A.  v.  VogH)  bringen,  setzt  sich  die  Epidermis 
nur  aus  einerlei  Zellen  zusammen.  Es  hat  allerdings  den  Anschein, 
als  ob  die  Rippen  oder  Leisten  von  sehr  schmalen  und  gestreckten 
Zellen  gebildet  werden,  so  daß  also  in  der  Epidermis  zweierlei  Zellen 
vorhanden  wären;  bei  genauerer  Untersuchung  zeigt  sich  aber,  daß  die 


1)  Landwirtschaftliche  Samenkunde,  II,  p.  994. 

2)  Beiträge  zur  Anatomie  und  Entwicklungsgeschichte  von  Papaver  somniferum 
L.,  ^.  Tl.     Inaug.-Diss.     Breslau  (Grälz  1881). 

3)  "Wissenschaftliche  Drogenkunde,  I,  p.  159. 

4)  Vogl,  Die  wicht.  Nahrungs-  und  Genußmittel,  p.  .547. 


710  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Rippen  nur  Verdickungsschichten  darstellen  ^j.  Behandelt  man  Quer- und 
Längsschnitte  mit  Jav  eil  escher  Lauge,  so  zeigen  sich  in  den  kielartig 
emporgewölbten  Leisten  Lamellen,  die  allerdings  an  Zellwände  erinnern. 
Die  Epidermis  ist  von  einer  starken  Kutikula  bedeckt,  deren  Lostrennung 
mit  warmem  Kali  leicht  gelingt. 

Zu  diesen  schon  in  der  zweiten  Auflage  dieses  Werkes  zu  findenden 
Ausführungen  T.  F.  Hanauseks  (mit  denen  die  beiden  beigegebenen 
Hanausekschen  Originalzeichnungen  in  Fig.  257  und  258  übereinstim- 
men) bemerkt  der  ergänzende  Bearbeiter,  daß  Tschirch,  der  in  seinem 
> Atlas  der  Pharmakognosie«  die  Samenschale  des  Mohns  aus  sechs 
Schichten  zusammengesetzt  auffaßt,  in  einer  späteren  Berichtigung  an- 
gibt, daß  die  erste  von  ihm  unterschiedene  Zellreihe,  die  Hanausek 
hier  als  Epidermis  bezeichnete,  in  Wirklichkeit  keine  Zellreihe,  sondern 
eine  verdickte  Membran  sei,  die  nur  eine  Zellschichte  vertäusche,  die 
Testa  besteht  somit  nur  aus  fünf  Schichten.  Tschirchs  Berichtigung 
wurde  zwar  von  Karsten  (Lehrb.  d.  Pharmakognosie)  nicht  akzeptiert, 
aber  durch  neuerliche  entwicklungsgeschichthche  Studien  von  D.  Weber^) 
wurde  die  Richtigkeit  der  Tschirchschen  Revision  bestätigt. 

Was  also  Hanausek  als  Epidermis  bezeichnete  soll  nur  die  ver- 
dickte Außenwand  der  von  ihm  als  zweite  Samenschalenschicht  bezeich- 
neten Kristallzellen-  oder  Oxalatschicht  (Fig.  257A-r)  sein,  die  aus  einer 
Lage  bei  der  Flächenbetrachtung  dünnwandig  erscheinender,  mit  Kristall- 
sandzellen dicht  erfüllten,  aber  auch  größere  rhomboederähnliche  Kristalle 
enthaltender  Parenchymzellen  besteht  und  die  aus  der  ersten  Schichte 
des  äußeren  Integumentes  direkt  ohne  tangentiale  Teilung  hervorgegangen 
sein  soll.  Die  dünnen  Querwände  dieser  Sandzellen  sind  wegen  des  reich- 
lichen Kristallinhaltes  nur  selten  deutlich  sichtbar,  meist  gleicht  die  Schicht 
einem  kontinuierlichen  Streifen.  Hingegen  ist  die  nachderersten  Tschirch- 
schen Auffassung  dritte,  aber  nach  zweiter  Auffassung  zweite  Schicht^) 
(Fig.  257  und  258/")  als  die  Hartschicht  der  Samenschale,  sehr  scharf 
differenziert.     Sie  setzt  sich  aus  Faserzellen  zusammen,  die  stark  verdickt. 


-1)  Tschirch,  Kleine  Beiträge  zur  Pharmakobotanik  und  Pharmakochemie  (I), 
Schweizer  Wochenschrift  f.  Chemie  u.  Pharm.,  1897,   Nr.  17. 

2)  Desider  Weber,  Beiträge  zur  Anatomie  einiger  pharmakognostisch  wich- 
tiger Samen  und  Fruchte.     Budapest  1907,  p.  71,  Tat.  X,  Fig.  142. 

3)  In  neuerer  Zeit  scheint  allerdings  Tschirch  wieder  zu  seiner  ersten  Ansicht 
zurückgekehrt  zu  sein,  denn  er  sagt  in  seinem  >Handbuch  der  Pharmakognosie«, 
II.  Bd.,  1.  Abt.,  Leipzig  1912,  p.  566:  »Die  äußerste  Schicht,  die  die  meisten  Autoren 
für  eine  sehr  schmale  zusammengefallene  Zellreihe  halten,  was  sie  wohl  auch  ist  (und 
nicht  eine  verdickte  Wand),  erscheint  in  regelmäßigen  Abständen  kielartig  empor- 
gezogen.« Endgültig  scheint  also  die  Frage  der  ersten  Zellschicht  der  Mohnsamen- 
schale noch  nicht  entschieden  zu  sein. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  711 

nen  (Fig.  258/"),  am  Querschnitte  flachgedrückt,  schön  geschichtet  und 
mit  einem  spaltenförmigen  Lumen  versehen  sind.  In  KaUlauge  quellen  sie 
«twas,  in  Chlorzinkjod  werden  sie  schön  violett  gefärbt.  Unter  der 
Faserschicht  liegt  ein  von  A.  v.  Vogl  als  eine  Art  Querzellenschicht  be- 
zeichnetes Parenchym  (p)^  dem  dann  eine  Lage  von  Zellen  mit  ausge- 
zeichneter Netzleistenverdickung  folgt.  Diese  enthält  bei  den  dunklen 
Samen  hauptsächlich  das  Pigment  (Fig.  257  und  258jj).  Verf.  hat  aber 
auch  in  der  vorangehenden  Schicht  Pigmentkörper  gefunden,  und 
das  gleiche  geben  A.  Meyer  und  Tschirch  an.  Den  Abschluß  der 
Samenschale  bildet  eine  farblose,  zarte  Parenchymzellenschicht  (Fig.  257^). 

Das  auffallendste  Element  der  gefärbten  Mohnsamen  sind  die  Pig- 
mentzellen und  ihr  Inhalt.  Das  Pigment  erfüllt  die  ganze  Zelle  in  Ge- 
stalt eines  homogenen,  braunen,  einen  Abguß  des  Zellumens  bildenden 
Körpers,  der  auch  nach  dem  Herausfallen  seine  Gestalt  behält,  gegen 
Reagenzien  ziemlich  widerstandsfähig  ist  und  keine  Gerbstoffreaktion  gibt. 
Die  Schicht  bildet  für  die  mikroskopische  Determinierung  des  Mohnsamen- 
pulvers (z.  B.  in  Ölkuchen  1))  das  spezifische  Leitgewebe. 

Wie  kommt  nun  bei  Gegenwart  eines  einzigen  tiefbraunen  Farbstoff- 
körpers die  graublaue  Farbe  des  dunkleq  Mohnsamens  zustande?  Legt 
man  die  Samen  in  Salzsäure,  so  verschwindet  in  kurzer  Zeit  der  blaue 
Schimmer  und  die  Samen  erscheinen  rotbraun.  Auch  in  Kalilauge  ein- 
gelegte Samen  lassen  die  braune  Farbe  sofort  hervortreten.  Es  unter- 
liegt wohl  keinem  Zweifel,  daß  die  blaue  Farbe  nur  ein  Interferenz- 
phänomen ist  —  dasselbe,  was  uns  die  Iris  des  Auges  oder  den 
Himmel  (Luft)  blau  erscheinen  läßt.  Ein  farbloses,  aber  getrübtes  Me- 
dium erscheint  auf  einem  dunklen  Hintergrund  blau.  Letzterer  ist  an 
den  Mohnsamen  durch  die  Pigmentschicht  repräsentiert.  Das  getrübte 
farblose  Medium  bildet  die  Kristallsandschicht  (Kristalle  und  Luft) ;  nach 
Entfernung  der  Kristalle  (durch  die  Salzsäure)  oder  nach  Ausfüllung  der 
Lufträume  mit  Flüssigkeit  wird  die  Trübung  aufgehoben  und  die  Schale 
in  ihrer  natürlichen  braunen  Farbe  erscheinen. 

Das  Gewebe  des  Endosperms  ist  ein  typisches,  zartwandiges  Paren- 
chym, dessen  Inhalt  vornehmlich  von  Öl  und  Aleuronkörnern  gebildet 
wird.  Die  letzteren  sind  in  den  peripherischen  Zellreihen  sehr  klein,  im 
Innern  bis  7  (.i  groß  und  enthalten  zahlreiche  Globoide  und  kleine  Kri- 
stalloide.  Noch  kleiner  und  zarter  sind  die  Parenchymzellen  des  Keimes, 
dessen  Kotyledonen  noch  keine  Differenzierung  des  Gewebes  (in  Palisaden- 
zellen) aufweisen. 

Die  Mohnsamen  dienen  bekanntlich  außer  zur  Gewinnung  des  Mohn- 
öles auch   als   Gewürz   und   Zutat   zu   Backwerk.     In   neuerer   Zeit   sind 


1)  Böhmer,  1.  c,  p.  472—480. 


712  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

grobe  Verfälschungen  des  Mohnsanaens  (russischer  Herkunft)  mit  den 
giftigen  Samen  des  Bilsenkrautes  (Hyoscyamus  niger  L.)  heobachtet 
worden  ^). 

Der  Ölgehalt  der  Mohnsamen  wurde  von  Sacc^)  mit  54,61.  von 
Kuhn  mit  41,0,  von  HoffmannS)  mit  48,4,  von  Mack  (1901)  mit 
47,4— 51,4  Proz.  bestimmt.  Außerdem  enthalten  die  Mohnsamen  21  bis 
23,2  Proz.  stickstofffreie  Extraktstoffe,  12 — 13  Proz.  Protein  und  6  Proz. 
Rohfaser.  Der  Aschengehalt  beträgt  6  —  7  Proz.,  die  Asche  4)  ist  reich 
an  Kalk  (35,36  Proz.)  und  Phosphorsäure  (31,36  Proz.). 

Die  Angabe,  daß  sich  in  den  Mohnsamen  Morphin  s)  vorfindet,  hat, 
sich  als  irrig  herausgestellt.     Über  das  Mohnöl  s.  I,  p.  696. 

6,  Senfsamen. 

Die  käuflichen  Senfsamen  stammen  vorwiegend  von  Brassica  nigra 
Koch  (=  Sinapis  nigra  L.  =  Brassica  sinapioides  Both),  einer  über  den 
größten  Teil  Europas  verbreiteten,  auch  in  Kleinasien  vorkommenden, 
in  vielen  Ländern  unseres  Erdteiles,  in  Nordamerika  und  Indien  kulti- 
vierten Pflanze.  Im  Handel  kommen  ferner  die  Samen  der  im  westlichen 
und  nördlichen  Europa  gebauten  Sinapis  alba  L.  vor,  deren  Heimat 
das  wärmere  Europa  ist. 

Von  Sinapis  dissccta  Lagasca  stammt  der  »Gardalsenf«.  Die 
Pflanze  ist  in  Südeuropa  einheimisch,  wird  aber  in  Rußland  kultiviert. 
Wie  Hartwich  und  Vuillemin^)  in  ihrer  ausführlichen  Abhandlung 
über  die  Senfsamen  mitteilen,  ist  die  Herkunft  dieser  Senfsorte  unklar. 
»Gardal«  ist  die  arabische  Bezeichnung  für  Senf  und  daraus  könnte  man 
auf  Herkunft  aus  dem  Mittelmeergebiete  schließen.  Da  aber  unter  den 
zahlreichen  (in  der  Ware  enthaltenen)  Unkrautsamen  sich  charakteristische 
aus  osteuropäischen  Saaten  befinden,  wie  Aniaranthus  retroflexus  und 
Vacca?ia  segetalis,  so  wird  es  wohl  richtiger  sein,  die  Heimat  der  Sorte 
in  Rußland  zu  suchen. 

Der  ausgezeichnete  und  sehr  rationell  bearbeitete  Senf  von  Sa- 
repta  wird  von    den  Samen   einer  Pflanze   gewonnen,    die  gewöhnlich 


■1)  A.  V.  Degen,  Bilsenkrautsamen  im  Mohne.  Ztsch.  f.  Unters,  d.  N.-  u.  Genußm., 
XIX,  1910,  p.  705—720.  —  Griebel  u.  Jacobsen,  Über  Bilsenkrautsamen  enthal- 
tenden Mohn.     Ebenda,  XXV.  Bd.,  1913,  p.  552  —  554. 

2)  Ann.  de  Chim.  et  de  Phys.   3,  XXVII  (1849),  p.  473. 

3)  Zitiert  von  Harz,  1.  c.,  p.  995. 

4)  Wolff,  Aschenanalysen,  I,  p.  105. 

5)  Accarie,  Journ.  Chim.  med.  1833,  p.  431,  und  Meurein,  Journ.  de  Pharm., 
XXUI,  p.  339. 

6)  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Senfsamen.  Apolh.-Ztg.  (Berlin),  1905,  Nr.  18^ 
p.  162— 164,<.Nr.  19,  p.  175—178,  Nr,  20,  p.  188—139,  Nr.  199—202. 


Ein  undzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  713 

als  Brassica  juncea  Hook  fil.  et  Thoms.  bezeichnet  wird.  Ausgedehnte 
Kulturversuche  von  Prain  mit  den  zahlreichen  indischen  Bmssica- 
Arten  haben  aber  gezeigt,  daß  Brassica  juncea  Hook.  fd.  et  Thoms. 
unter  dem  indischen  Namen  Rai^)  nur  in  Indien  gebaut  wird  und 
daselbst  unsere  Senfarten  vertritt.  Wie  W.  KinzeP)  mitteilt,  scheint 
eine  mit  der  indischen  Br.  juncea  identische  Art  nach  der  mikro- 
skopischen Untersuchung  der  Samen  in  Europa  nicht  kultiviert  zu 
werden.  Nach  dem  Index  Kewensis  ist  die  alte  Linnesche  Sinapis 
juncea  identisch  mit  Brassica  juncea  und  mit  einer  russischen  Art,  Bras- 
sica Besseriana  Andrx.^)\  letzteres  Synonym  kommt  weder  bei  Hooker*) 
noch  bei  Boissier^),  wohl  aber  in  Schmahlhausens  Flora  von  Ruß- 
land 6)  vor.  Es  ist  nun  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  daß  die  in- 
dische Br.  juncea  und  die  bisher  als  Sareptasenf  ebenfalls  mit  dem  Namen 
Br.  juncea  bezeichnete  Senfart  zwei  verschiedene  Pflanzen  vorstellen, 
daher  es  einstweilen,  bis  zur  vollständigen  Klarlegung  dieser  Frage  an- 
gezeigt erscheint,  für  die  russische  Pflanze  den  Namen  Brassica  Besse- 
riana  anzunehmen,  wie  dies  auch  schon  von  Kinzel  (1.  c.)  tatsächlich 
geschehen  ist.  Diese  in  den  Gouvernements  Saratow,  Tamow  und  Stavro- 
pol  angebaute  Pflanze  hat  mit  einer  in  Dänemark  kultivierten  Senfart, 
Brassica  lanceolata  Lange"^)  in  betreff  der  Samenhistologie  eine  große 
Ähnlichkeit  8). 

Der  schwarze  Senf  (Brassica  nigra)  läßt  sich  schon  äußerlich 
leicht  von  den  übrigen  Senfarten  unterscheiden.  Die  Samen  der  genannten 
Pflanze  sind  kugelig  oder  ellipsoidisch,  ziemlich  gleich  in  der  Grüße;  ihr 
Durchmesser  beträgt  etwa  1  mm,  das  durchschnittliche  Gewicht  eines 
Körnchens  etwa  \  mg.  Die  Samen  sind  nicht  schwarz,  sondern  ver- 
schieden tiefbraun  gefärbt.    Mit  der  Lupe  betrachtet,  erscheint  ihre  Ober- 

\)  Agricultur  Ledger.,  1898,  Nr.  1.    A  Note  on  the  Mustards  cultivated  in  Bengal. 

2)  Über  die  Samen  einiger  Brassica-  und  Smapis-Arien,  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der  ostindischen.     Landwirtsch.  Versuchs-Stat.,  1899,  LH,  3,   p.  IGQff. 

3)  Bull.  Soc.  Nat.  Mose,  33,  ISSO,  I,  p.  134;   zitiert  nach  dem  Index  Kew. 

4)  The  Flora  of  British  India,  I,  1875,  p.  1ö7  {Brassica  juncea  H.  f.  et  Th.  = 
Br.  Willdenotvii  Boiss.  =  Sinapis  juncea  L.  =  S.  integrifolia  Willd.  =  S.  rugosa, 
ramosa,  cuneifolia  Eoxbg.). 

5)  Flora  orientalis,  1867,  I,  p.  394. 

6)  Schmahlhausens  Flora,  Kiew  1895,  p.  77  [Brassica  Besseriana  Ändrz.  = 
Sinapis  juncea  L.  =  Brassica  juncea  Czern.?). 

7)  Eine  Brassica  lanceolata  DC.  ist  nach  Index  Kew.  identisch  mit  Brassica 
juncea  H.  f.  et  Tk. 

8)  Die  russischen  und  die  indischen  Senfpflanzen  werden  auch  als  Varietäten 
der  Brassica  juncea  und  zwar  als  Brassica  juncea  var.  rossica  Hook.  fil.  et  Th.  und 
Brassica  juncea  var.  ostindica  (richtiger  wohl  »indica*)  bezeichnet.  Vgl.  A.  Oliva, 
Vergleichend-anatomische  und  entwicklungsgeschichtliche  Untersuchungen  über  die 
Cruciferensamen.     Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.,  4  3,  1905,  Nr.  41- — 52. 


714  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

fläche  durch  vorspringende,  zu  Maschen  vereinigte,  kurze  Leisten  netzig- 
grubig;  hin  und  wieder  blättert  sich  die  äußerste  Gewebeschicht  (Oberhaut 
der  Samenschale)  in  kleinen,  grauen  Schüppchen  ab. 

Der  weiße  Senf  (Smapis  alba)  besteht  aus  viel  größeren,  kuge- 
ligen, etwa  2 — 2,5  mm  im  Durchmesser  haltenden,  im  Mittel  5  mgi) 
schweren  gelben  Samen  2),  deren  Oberfläche  erst  bei  starker  Lupenver- 
größerung eine  der  Skulptur  der  Samenhaut  des  schwarzen  Senfs  ähn- 
liche Bildung  erkennen  läßt.  Eine  Ablösung  der  Oberhaut  ist  wohl  auch 
an  diesem  Samen  zu  bemerken,  doch  tritt  dieselbe  wohl  nie  mit  solcher 
Schärfe  wie  an  den  Körnern  des  schwarzen  Senfs  hervor.  Als  wichtige 
Handelssorten  gelten  der  holländische  und  der  mährische  weiße  Senf. 
Nicht  selten  sind  dieselben  mit  verschiedenen  Unkrautsamen  und  -fruch- 
ten, z.  B.  mit  Wicken,  Hirse,  Labkraut-  und  Umbelliferenfrüchten  ver- 
unreinigt. 

Der  Sa,repia,seni (Brassica  Besseriana)  besitzt  den  schwarzen  Senf- 
körnern ähnliche  Samen.  Ihr  Durchmesser  beträgt  1,2 — 1,7  mm,  ihr 
durchschnittUches  Gewicht  2,1  mg.  Sie  sind  in  der  Größe  viel  ungleich- 
artiger und  auch  merklich  heller  braun  gefärbt  als  die  Samen  von 
Brassica  nigra^  ihre  Oberfläche  ist  ebenfalls  netzig-grubig. 

Die  Rai  genannten  indischen  Senfsamen  (Indian  Mustard^), 
Brassica  juncea)  sind  kugelig,  braun,  feinnetzig-aderig  und  kommen  in 
drei  (hauptsächlich  nach  dem  verschiedenen  Eintreten  der  Reife  bzw. 
nach  der  Dauer  der  Kultur  differierenden)  Formen  auf  den  Markt. 

Die  Samen  desGardalsenfs,  Sinapis  dissecta  Lagasca*)  besitzen  eine 
schokoladen-  oder  dunkelzimtbraune  Farbe,  sind  »rund  oder  wenig  zu- 
sammengedrückt«, messen  im  Durchschnitt  1,8  mm  und  wiegen  durch- 
schnittlich 4,5  mg.  Die  Samenschale  zeigt  unter  der  Lupe  deutliche 
Maschenzeichnung. 

Der  japanische  und  chinesische  Senf  stammt  von  Sinapsis  cer- 
nua  Thunh. 

Die  Samen  aller  Senfarten  lassen  mit  der  Lupe  den  Nabel  als  deut- 
lichen Vorsprung  erkennen.  In  der  Nähe  desselben  macht  sich  eine  Aus- 
glättung  der  Samenschalen  bemerklich.  Alle  Arten  des  Senfs  schmecken 
anfangs  ölig,  später  scharf  bis  brennend.  Den  kräftigsten  Geschmack 
dürfte  wohl  der  Sareptasenf  besitzen.  Zerreibt  man  schwarze  oder 
Sareptasenfsamen  im  Wasser,  so  tritt  der  charakteristische  Geruch  nach 


\)  Nach  Harz  (Uhlworm,  Bot.  Zentralbl.  ■1887,  XXX,  p.  250)  wiegen  1000  Stück 
weißer  Senfsamen  im  Mittel  4,855  g. 

2)  Eine  Varietät  mit  braunvioletten  Samen  [S.  alba  ß.  phaeosperma)  ist  von  G. 
Beck  (Flora  von  Niederösterreich,  1893,  p.  486)  beschrieben  worden. 

3)  Kinzel,  1.  c,  p.  184. 

4)  Hartwich  und  Vuillemin,  1.  c,  p.  164. 


Einundzwanziester  Abschnitt.     Samen. 


715 


ätherischem  Senföl  auf;   die  aus  weißem  Senf  hergestellte  Emulsion  ist 
geruchlos. 

Die  Senfsamen  bestehen  bloß  aus  der  Samenschale  und  einem  mit 
deutlichem  Würzelchen  versehenen  Keim.  Die  beiden  Keimblätter 
(Fig.  259  J.)  sind  in  ihrem  Mittelnerv  der  Länge  nach  zusammengefaltet, 
so  daß  von  dem  größeren  äußeren  Kotyledon  der  innere  umfaßt  wird. 
Die  gekrümmte  Radikula  (Fig.  259 rc?)  schiebt  sich  teilweise  zwischen  die 
Ränder  des  inneren  Keimblattes  hinein.  In  Wasser  eingeweichte  Samen 
werden  an  der  Oberfläche  schleimig-schlüpfrig. 

Im   anatomischen   Bau  der   Senfsamen  herrscht    eine  große  Über- 
einstimmung.    Bemerkenswerte  Verschiedenheiten  weisen  nur  die  Samen- 
schalen') auf,  deren  histologische 
Zusammensetzung  im  Folgenden 
mitgeteilt  wird. 

Die  Samenschale  des 
schwarzen  Senfs  setzt  sich 
aus  sechs  Schichten  zusammen. 
Als  Epidermis  fungiert  eine  in 
Öl  oder  dickem  Glyzerin  fast 
strukturlos  erscheinende  farblose 
Schleimschicht;  sie  quillt  in  Was- 
ser auf,  ohne  den  Schleim  hervor- 
treten zu  lassen  (Fig.  260  C,  epd). 
Die  in  der  Flächenansicht  poly- 
gonalen, im  Querschnitt  recht- 
eckigen Epidermiszellen  sind  mit 
einer  sekundären  Schleimver- 
dickung versehen,  die  hauptsäch- 
Uch  an  der  Außenwand  und  an 
den  Seitenwänden  abgelagert  ist  und  den  Innenraum  der  Zellen  bis  auf 
ein   schmales,    der   Innenseite   (Basis)   genähertes   Lumen   ausfüllt.      Die 


Fig.  259.  Lupenbild.  A  Querschnitt  durch  einen  Sa- 
men von  Brassica  nif/ra.  tsl  Testa,  1  äußeres,  2  in- 
neres Keimblatt,  rd  Radiculi,  ß.  vs  Prokambiumstränge. 
B Keimpflanzen  vom  Sareptasenf;«;  b  von  der  Seite, 
c  von  vorn.  Bezeichnung  wie  bei  4;  hp  hypokotyles 
Stengelglied.  (Aus  W.  A.  Tichomirow,  Lehrbuch 
der  Pharmakognosie.     Russisch.) 


1)  Sempolowski,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Samenschale.  Inaug.-Diss.  Leipzig 
-1874,  p.  49.  —  V.  Höhne  1,  Bau  der  Samenschale  der  kultivierten  Brassica- Arten. 
Wissensch.-prakt.  Untersuchungen  von  Haberlandt,  1875,  I,  p.  171—202.  —  T.  F. 
Hanausek,  Nahrungs-  und  Genußmittel  aus  dem  Pflanzenreiche,  1884,  p.  334.  — 
Harz,  Landwirtsch.  Samenkunde,  1885,  H,  p.  926  und  941.  —  J.  Moeller,  Mikro- 
skopie der  Nahrungs-  und  Genußmittel,  1886,  p.  260.  —  A.  Meyer,  I.e.,  p.  1 46. 
Tschirch-Oesterle,  Atlas,  p.  17  und  Tafel  5.  —  A.  v.  Vogl,  1.  c,  p.  490.  —  Einen 
analytischen  Bestimmungsschlüssel  von  Brassica-  und  Sinapis-krten  nach  den  ana- 
tomischen Merkmalen  der  Samenschale  bietet  0.  Burchard  im  Journ.  f.  Landwirt- 
schaft, 1896,  44,  p.  337—341.  (Über  den  Bau  der  Samenschale  einiger  Brassica- 
und  Smapis-Arien,  U.)  —  Vgl.  auch  W.  Kinzel,  1.  c.  —  Hartwich  und  Vuille- 
min,  1.  c.  —  Oliva,  1.  c. 


716 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Außenwand  besitzt  spaltenfürmige  Tüpfel.  Unter  der  Epidermis  liegen 
sehr  große,  polyedrische,  inhaltsleere,  zusammengefallene  Zellen,  die  die 
sogenannte  subepidermale  Großzellenschicht  bilden  (Fig.  260  C,  par). 

Von  besonders  charakteristischer  Ausbildung  ist  die  dritte  Gewebe- 
lage., die  Skiereiden-,  Säulen-,  Palisaden-  oder  Becherzellen- 
schicht (Fig.  260  C,  sclrd).  Sie  enthält  eine  Reihe  radial  gestreckter, 
säulenartiger  Zellen,  die  ungleich  lang  sind  und  eigentümliche  lokalisierte 
Verdickungen    aufweisen.     Dort    wo    sie    an    die    Seitenwände  (Ränder) 


jicvr- 
sdrd 


ol- 


m^^uM^^ 


nn/itN 


Tnh.lmt 


tr.  jit§ 


Fig.  260.  Vergr.  400.  Schwarzer  und  Sareptasenf.  A  Partie  eines  Querschnittes  der  Samenschale  vom 
Sareptasenf.  B  Die  Sklereidenscbicht  in  der  Aufsicht.  C  Partie  eines  Querschnittes  der  Samen- 
schale vom  schwarzen  Senf.  f;;d  Epidermis,  par  Großzellenschicht,  sclrd  Sklereidenschicht,  pgm  Pig- 
mentschicht, atr.pls  Aleuronschicht  mit  Öltropfen  {ol),  mb.  Imt  hyaline  Schicht,  Im  und  cv  Lumen, 
y  Mittellamelle.     (Aus  W.  A.  Tichomirow,  Lehrbuch  der  Pharmakognosie.) 


der  Großzellen  sich  ansetzen,  besitzen  sie  die  grüßte  Länge;  innerhalb 
dieser  Ränder  der  Großzellen,  also  unter  der  Tafelfläche  derselben,  sind 
die  Sklereiden  viel  kürzer;  dadurch  wird  es  eben  möglich,  daß  die  sich 
innig  anschmiegenden  Großzellen  und  die  angelagerte  Oberhaut  die  be- 
kannten Mulden  bilden;  am  Querschnitt  erscheint  die  äußere  (obere) 
Begrenzung  der  Sklereidenschicht  wellenförmig  und  die  Wellenberge  ent- 
sprechen den  hervorragenden  Leisten  der  Samenschale,  die  Wellentäler 
den  grubigen  Vertiefungen  (Mulden).  Diese  Schicht  ist  daher  die  eigent- 
liche Ursache  der  Skulptur  der  Samenschale.  Bis  auf  die  Außenwand, 
die  an  die  Großzellen  stößt,  und  bis  auf  die  oberen  Partien  der  radialen 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  717 

Seitenwände  sind  die  Membranen  der  Skiereiden  ziemlich  stark,  aber 
ungleich  verdickt  und  mit  einem  braunen  Pigment  imprägniert;  die 
verdickten  Teile  der  Seitenwände  zweier  aneinanderstoßender  Zellen 
bilden  ein  homogenes  Ganzes.  Da  die  Verdickung  nach  aufwärts  so- 
wohl, wie  nach  abwärts  in  der  Nähe  der  Basis  wieder  abnimmt,  so 
erscheint  der  verdickte  Teil  der  gemeinsamen  Seilenwand  im  Samen- 
schalenquerschnitt als  ein  spindelförmiger  Körper.  In  der  Flächenansicht 
dagegen  bilden  die  Skiereiden  scharf  abgegrenzte  dunkle  Polygone,  die 
bei  tiefer  Einstellung  ein  sehr  enges  Lumen  zeigen;  ihr  Querdurchmesser 
beträgt  5 — 9 /<,  die  Länge  13 — 20  jt«.  Im  isolierten  Zustande^)  sind  sie 
»urnen-,  krug-  bis  flaschen förmig,  vorn  zum  Teil  schief  mit  trichter- 
förmiger Erweiterung  des  Lumens,  an  der  Innenseite  (am  Grunde)  ab- 
gerundet«. 

Unter  der  Sklereidenschicht  folgt  als  sogenannte  Pigmentschicht 
(pgm)  eine  Reihe  dünnwandiger,  meist  gestreckter,  ziemlich  unregel- 
mäßiger Zellen  mit  kurzen  Radialwänden,  deren  Inhalt  ein  braunes,  auf 
Gerbstoff  reagierendes  Pigment  ist.  Die  nächste  Abteilung  der  Samen- 
schale (Fig.  260  C)  wird  als  Aleuron-,  Kleber-  oder  Ölschicht  bezeich- 
net und  zeigt  eine  ähnliche  Ausbildung,  wie  die  analoge  Gewebelage  im 
Getreidekorn.  Die  im  Querschnitt  fast  quadratischen,  in  der  Fläche  poly- 
gonalen, dickwandigen  und  eng  zusammenschließenden  Zellen  enthalten 
in  einer  mit  fettem  Öle  reichUch  gemischten  plasmatischen  Grundsubstanz 
kleine,  in  Wasser  lösliche  Eiweißkörper  eingebettet.  Kleber  ist  darin 
ebensowenig  enthalten,  wie  in  der  Aleuronschicht  des  Gelreidekornes. 
Tschirch  (1.  c,  p.  18)  vermutet,  daß  der  Wasserlösliche  Körper  ein 
Ferment  ist.  Den  Abschluß  der  Samenschale  bildet  ein  schmaler,  stark 
lichtbrechender,  hyaliner  Streifen  (Fig.  260  C),  dessen  zelluläre  Natur  nur 
undeutlich  wahrzunehmen  ist,  da  die  obliterierten  und  zusammengepreßten 
Zellen  ihre  Lumina  nur  mehr  als  zarte  Strichelchen  zeigen.  Diese  Schicht 
ist  mit  den  Aleuronzellen  der  Rest  des  Endosperms^);  es  ist  also  nicht 
richtig,  wenn  die  Senfsamen  und  überhaupt  die  Gruciferensamen  als  endo- 
spermlos  bezeichnet  werden. 

Zwischen  der  Skiereiden-  und  Pigmentschicht  findet  sich  bisweilen 
eine  sehr  schmale  Zone  ganz  zusammengefallener  Zellen  vor;  diese  und 
die  Pigmentzellen  sind  aus  dem  inneren  (zweiten)  Inlegument  der  Samen- 
anlage hervorgegangen  und  werden  als  Nährschichl3)  der  Samenschale 
bezeichnet. 


1)  VogI,  1.  c,  p.  493. 

2)  Tschirch,  Kleine  Beiträge.     Schweizer  Wochenschr.  f.  Chemie  u.  Pharmaz. 
1897,  Nr.  17. 

3)  Tschirch,  Angewandte  Pflanzenanatomie,  p.  459.  —  Unter  Nährschicht  der 
Samenschale   werden   alle   diejenigen   parenchymatischen  Schichten  der  letzteren  be- 


718 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Die  Samenschale  des  Sareptasenfes  zeigt  im  allgemeinen  die- 
selbe Ausbildung  und  Aufeinanderfolge  der  Schichten,  wie  die  des  schwarzen 
Senfs.  Nach  Vogl  und  0.  Burchard  fehlt  die  Großzellenschicht,  nach 
Tschirch  sind  die  Skiereiden  weit  mächtiger  entwickelt,  indem  ihr 
Querdurchmesser  10 — 15^<  beträgt.  Im  Querschnitt  (der  Samenschale) 
erscheinen  sie  nicht  geradlinig,  sondern  wellig  begrenzt  (Fig.  260^).  Die 
oberflächliche  Schleimschicht  ist  glashell  und  nicht  gestreift  (geschichtet). 
M.  Wol ff  1)  findet  unter  der  Oberhaut  ein  großzelliges,  unter  der 
Aleuronschicht  ein  kleinzelliges  Parenchym.  Auch  Kinzel,  1.  c,  bildet 
eine  Großzellenschicht  ab.  Eine  vollständige  Aufklärung  über  den  Bau 
des  Sareptasenfes  hat  Tichomirow^)  gegeben,  der  auch  die  Entwick- 
lungsgeschichte  der  Samenschale   zu  verfolgen  in    der  Lage  war.     Die 


mh.  bnt 


Fig.  201.     Veigr.  400.     Sareptasenf.    Partie  eines  Querschnittes  durch  die  Samenschale  und  des  Endo- 

spernis  des  unreifen  Samens  in  Chloralhydrat.     Bezeichnung  wie  Fig.  260.     am  Stärkekömer,  nc  Zellkern» 

in  Interzellularen,  prt  protoplasmatischer  Inhalt. 

(Aus  W.  A.  Tichomirow,  Lehrbuch  der  Pharmakognosie.) 


Samenschale  besitzt  (Fig.  260^)  eine  (unter  der  Epidermis  liegende) 
Großzellenschicht,  im   unreifen    Samen   wie   die   Epidermis  mit   Stärke- 


griffen, die  anfangs  Stärke  enthalten,  später  nach  der  Ausbildung  der  derben  Samen- 
schalenschichten, für  die  sie  die  Stärke  hergeben,  zusammenfallen  oder  ganz  bzw. 
teilweise  zugrunde  gehen. 

1)  Zur  Kenntnis  der  Senfsorten  des  Handels.     Pharm.  Ztg.,  1893,  38,  p,  761. 

2)  Lehrbuch  der  Pharmakognosie.  Moskau,  1900,  I,  p.  463 ff.  (russisch).  Um 
die  durch  die  verschiedenen  Angaben  der  Autoren  entstandenen  Widersprüche  zu  be- 
seitigen, habe  ich  mich  an  Herrn  Prof.  Dr.  W.  A.  Tichomirow  in  Moskau,  den  besten 
Kenner  dieser  Ware,  gewendet  und  derselbe  hat  mir  mit  größter  Bereitwilligkeit  die 
Resultate  seiner  Untersuchungen  mitgeteilt;  sie  sind  auszüglich  oben  wiedergegeben. 
Außerdem  übermittelte  Prof.  Tichomirow  mir  freundhchst  die  Klischees  der  Ab- 
bildimgen  vom  Sarepta-  und  schwarzen  Senf  aus  seinem  Lehrbuche. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  719 

kornern  reichlich  angefüllt  (Fig.  261),  im  reifen  dagegen  leer  und  sehr 
zusammengepreßt.  Die  Sklereidenschicht  (Fig.  260i?)  ist  im  unreifen 
Samen   aus   (im  Querschnitt)   rektangulären  Zellen  gebildet,   die  bei   der 


enthalten  einen  großen  Zellkern  mit  Kernkürperchen,  die  übrigen  Zellen 
des  Endosperms  stellen  im  unreifen  Samen  Stärkebehälter  vor,  im 
reifen  bilden  sie  die  innere  Grenzlinie  der  hyalinen  Schicht  (Membrana 
limitans). 

Auch  von  Oliva  (I.  c,  p.  1198)  ist  die  Entwicklungsgeschichte  des 
Besseriana-Sa.mens  studiert  worden  und  sie  macht  die  verschiedenen  An- 
gaben der  Autoren  über  die  Großzellenschicht  erklärlich.  Die  Großzellen 
sind  ursprünglich  vorhanden,  obliterieren  aber  oft.  An  der  Sklereiden- 
schicht findet  Oliva,  daß  die  unverdickten  Teile  der  Radialwände  der 
stark  radial  gestreckten,  an  der  Grenze  der  Mulden  liegenden^Sklereiden 
zu  langen  oft  scheinbar  verflochtenen  Bündeln  vereinigt  sind.  Dadurch 
unterscheidet  sich  der  Sareptasenf  von  dem  indischen  Seni  (Bess.  juncea 
var.  indica),  an  dem  die  »unverdickten  Teile  der  Sklere'iden-Radialwände 
niemals  sehr  lang«   sind. 

Die  Samenschale  des  Gardalsenfs  zeigt  in  ihrem  Bau  eine 
große  Ähnlichkeit  mit  dem  von  Sinajns  alba  und  unterscheidet  sich 
von  dieser  durch  die  Färbung  der  Sklere'iden  und  der  Pigmentschicht 
und  durch  die  ungleiche  Höhe  der  Skiereiden. 

In  unserem  Handel  scheinen  die  Sareptasenfsamen  nur  sehr  selten 
vorzukommen,  dagegen  ist  das  daraus  bereitete  Senfmehl  als  »englischer« 
oder  »russischer«  Senf  eine  gangbare  Ware.  Nach  Waage^)  soll  der 
Sareptasenf  des  Handels  nur  gewöhnlicher  schwarzer  Senf  von  bester 
Qualität  und  russischer  Provenienz  sein. 

An  der  Samenschale  des  weißen  Senfs  können  ebenfalls  sechs 
Schichten  unterschieden  werden.  Die  Schleimepidermis  (Fig.  'i62E) 
besitzt  (in  der  Aufsicht  sehr  regelmäßig  polygonale)  Zellen,  deren  sekun- 
däre Verdickungen  aus  einer  deutlich  geschichteten  mächtigen  Schleim- 
masse bestehen,  die  ein  längliches,  in  der  Zellmitte  gelegenes  Lumen 
freiläßt.  Nach  Zusatz  von  verdünnter  Kalilauge  quillt  die  Schleimmasse 
unter  Sprengung  der  epidermalen  Außenschicht  und  der  Kutikula  kegel- 
förmig hervor.  Die  Großzellenschicht  (Fig.  262  G^r)  besteht  aus  zwei 
Reihen  dünnwandiger,  unregelmäßig-polyedrischer,  an  den  Ecken  kollen- 
chymatisch  verdickter  Zellen,  die  an  der  trockenen  Schale  zusammen- 
gefallen sind;  in  jeder  Ecke  ist  ein  kleiner  Interzellularraum  wahrzu- 
nehmen.    Die  Skiereiden   der   dritten    Schicht   (Fig.  262Ps)   sind  wie 


i)  Ber.  Pharm.  Gesellsch.  1893,  p.  168. 


720 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


beim  schwarzen  Senf  entwickelt,  nur  ziemlich  gleich  hoch;  die  Wände 
sind  frei  von  Farbstoff.  In  der  nächstfolgenden  Parenchymschicht  fehlt 
das  Pigment;  die  Aleuronschicht  und  die  hyaline  Zone  sind  nicht  von 
den  analogen  Geweben  des  schwarzen  Senfes  verschieden  (Fig.  262  p^r, 
Äl,  S). 

Der  Keim,  der  bekanntlich  allein  den  Samenkern  ausmacht,  zeigt 
bei  allen  Senfarten  den  gleichen  Bau.  Die  Keimblätter  besitzen  auf  jener 
Seite,    auf  welcher  sie  einander  zugekehrt  sind,    die  also  bei  der  Ent- 


Fig.  262.     Vergr.400.     Querschnitt  durch  die  Randpartie  des  Samens  voa  Sinapis  alba. 

E  Schlei mepiilermis,    Gr  Großzelleuschicht,  Ps  SklereiJenschicht,  pg  Pareiichyrazellenschicht  an  Stelle 

der  Pigmentschicht,  A2  Aleuronschicht,  S  hyaline  Schicht,  CKotyledonargewebe,  «;;  Epidermis,  pr  Par- 

euchym.    (A.  Vogl.) 


faltung  die  morphologische  Blattoberseite  darstellt,  ein  ein-  bis  mehr- 
reihiges Palisadenparenchym;  das  im  Querschnitt  runde  Würzelchen 
führt  in  der  Mitte  eine  Gefäßbündelanlage  und  besitzt  im  übrigen  ein 
sehr  regelmäßig-polyedrisches  Gewebe.  Die  Zellen  enthalten  Ölplasma 
und  große  Aleuronkürner,  die  zum  größeren  Teile  winzige  Globoide, 
vereinzelt  je  ein  Kristalloid  enthalten.  Oliva  weist  besonders  auf  die 
Fähigkeit  der  Aleuronkürner  hin,  zur  mikroskopischen  Differentialdiagnose 
der  Gruciferensamen  brauchbar  zu  sein;  aus  seiner  übersichtlichen  Zu- 
sammenstellung (1.  c.  p.  1343)  hebe  ich  die  auf  die  Senf-,  Raps-  und 
Rübsensamen  bezüglichen  Angaben  heraus: 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  721 

II.  Die  Aleuronkörner  bestehen  aus  Grundmasse  und  Globoiden. 

A)  Die  Zellen  enthalten  nebst    kleinen  Körnern   große  Solitäre. 

1.  Die   Solitäre   messen   meist    25  — 30  ^ti:   Brassica  Napus 
hiennis. 

2.  Die  Solitäre  messen  weniger  als  25  /<. 

a)  Solitäre,  meist  20 — 24  /t  lang:  Brassica  Rapa  hiennis, 

b)  Solitäre,  meist  i  4 — lö^tlang;         »         Besseriana. 

B)  Jn  einer  Zelle  sind  mehrere,  gleichwertige  oder  verschieden 
große  Kürner  enthalten. 

1.  Die   Mehrzahl    der  Aleuronkörner   (oder   alle)   sind  lappig 
oder  eckig,  nur   wenige  (oder  keine)  sind  rund. 

Die  größeren  Körner  messen  über  3  /.i;  wenige  Körner 
sind  rund. 
a)  Die  großen  Körner  sind  nicht  über  12  /.i  lang:  Brassica 

Napus  amiua,  Sinapis  alba. 
ß)  Die  großen  Körner  sind  über  12  fi  lang:  Sinapis  juncea 
var.  ostindica,  Brassica  Rapa  annua,  Sinapis  arven- 
sis,  Brassica  nig7'a,  Brassica  campestris. 
Im  weißen  Senf  finden  sich  das  von  Henry  und  Garat^)  entdeckte, 
von  Babo  und  Hirschbrunn^)  genauer  untersuchte  Rhodansinapin 
(GieHasNOg-HSCN)   und  das  Sinaibin,    ein   glykosidischer  Körper   von 
der  Formel  C30H44N2S2O16  3)  vor.    Das  lufttrockene  Sinaibin  enthält  aber 
fünf  Moleküle   Kristallwasser,    von    welchen   vier   sich    leicht    entfernen 
lassen,    während   das  fünfte  nach  Gadamer^)  erst  nach  sechs  wöchent- 
lichem Trocknen  über  Schwefelsäure  ausgeschieden  wird.     Für  wasser- 
loses   Sinaibin   gibt   dieser   Forscher    die   Formel   C30H42N2S2O15   an.   — 
Weißer  Senf  enthält  ferner  über  30  Proz.  fettes  Öl  und  reichliche  Mengen 
eines  als  Myrosin  bezeichneten  Eiweißkörpers,  der  die  Rolle  eines  En- 
zyms spielt.     Durch  die  Einwirkung  des  Myrosins  wird  das  (in  3,3  Teilen 
siedendem   Alkohol  lösliche)    Sinaibin   in   Gegenwart   von   Wasser   nach 
folgender  Gleichung  zerlegt: 

C3oH44N2S20,6  =  C7H7O  .  NCS     -}-  C,6H24N05  •  HSO4      +  C6H,206 

Sinaibin  =  Sinalbinsenföl  -{-  Sinapinhydrosulfat  +  Traubenzucker. 
Das  Sinalbinsenföl  ist  ein  gelbes,  in  Alkohol  und  Äther  leicht  lösliches, 
scharfes  und  blasenziehendes,  aber  geruchloses  Ol. 


1)  Journ.  de  Pharm.  2,  M,  p.  1   u.  2,  20,  p.  63. 

2)  Annal.  de  Chem.  u.  Pharm.  84,  p.  1  0. 

3)  Will  und  Laubenheimer  in  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.,  119,  p.  376  u. 
125,  p.  257.  Über  den  mikrochemischen  Nachweis  des  Sinalbins  und  Sinigrins  vgl. 
Tunmann,  Pflanzenmikrochemie  (1913),  p.  393  u.  394,  und  Molisch,  Mikrochemie 
der  Pflanze  (1913),  p.  166. 

4)  68.  Versamml.  deutscher  Naturforsch.  1896;  Apoth.-Ztg.,  1896,  p.  752. 
Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  46 


722 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Die  wesentlichen  Bestandteile  des  schwarzen  und  Sareptasenfs 
sind  das  Glykosid  Sinigrin  oder  myronsaures  Kali^),  das  nach  Ga- 
damer  bei  100°  im  Vakuum  getrocknet,  die  Formel  Q0H16NKS2O9  besitzt, 
ferner  fettes  Öl  und  kleine  Mengen  von  Myrosin.  Das  in  bestimmten 
Zellen  auftretende  Myrosin  weisen  L.  Guignard  und  A.  Tichomirow^) 
mit  Millonschem  Reagens  nach,  das  den  gesamten  Inhalt  der  »Myrosin- 
zellen«  ziegelrot  färbt  (Fig.  263 mrs).  Die  Schnitte  müssen  vorher  mit 
Äther    und    verdünnter   Essigsäure   behandelt    werden^).   —   Guignard 


an,    die  eine  Violettfärbung    des  Fermentes    hervorruft.      Das  Glykosid 
wird  von  dem  Myrosin  unter  Aufnahme  von  Wasser  in  Allylsenföl,  Kalium- 

hydrosulfat  und  Glykose 

gespalten ,  wobei  als 
Nebenprodukte  Schwefel, 
Gyanallyl  und  Schwefel- 
kohlenstoff auftreten ;  das 
Allylsenföl  oder  ätheri- 
sches Senföl  (C3H5SCN) 
ist  eine  fast  farblose  oder 
schwach  gelblich  gefärbte 
Flüssigkeit  von  durch- 
dringend scharfem  Ge- 
ruch und  brennendem 
Geschmack. 

Die  Behauptung,  daß 
die  Menge  des  Myrosins 
im  schwarzen  Senf  oft 
nur  eine  so  g  eringe  sei 
daß  nicht  das  ganze  im  Samen  enthaltene  Glykosid  gespalten  werden 
könne,  hat  sich  als  irrig  erwiesen.  Nach  Greenish  und  Bartlett^) 
kann  das  vorhandene  Myrosin  ein  Vielfaches  des  im  Samen  vorkommenden 
Sinigrins  zerlegen. 

Die  Senfsamen  dienen  zur  Bereitung  der  bekannten  Würzen  (Senf), 
zur  Darstellung  eines  fetten  Öls  un(i  zu  medizinischem  Gebrauche.  Die 
Bereitung  des  Senfs  wird  in  verschiedenen  Ländern  in  sehr  verschiedener 


Fig.  263.     Vergr.  1200.     Partie   eines   Quersclinittes    durch   ein 
Keimtlatt  des   Sareptasenfs  mit  Millons  Beagens  behan- 
delt,    e  Epidermis  der  Oberseite,  alr  polyedriscie.  Aleuronkörner, 
gtt  Globoide,  mrs  Myrosinzellen  (ziegelrot  gefärbt). 
(Original  von  A.  Ti  cbomir  o  w.| 


\)  Bussy,  Journ.  d.  Pharm.  4  839,  2,  26,  p.  39. 
2;  Nach  briefhchen"  Mitteilungen. 

3)  Hartwich  und  Vuillemin,  I.e.,  p..l89.  —  Über  andere  mikrochemische 
Myrosinnachweise,  die  wie  der  mit  dem  Millonschen  Reagens  als  Eiweißreaktionen 
bekannt  sind,  vgl.  Molisch,  Mikrochemie,  p.  289;  ferner  K.  Peche,  Mikrochemischer 
Nachweis  des  Myrosins,  Ber.  d.  D.  Bot.  Ges.  'ISIS,  31,  p.  458. 

4)  Pharmaz.  Journ.   19-12,  p.  203,  zit.  nach  Gildemeister,  1.  c,  II,  p.  340. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  723 

Weise  vorgenommen  i).  Am  rationellsten  wird  die  Fabrikation  dieses 
Artikels  in  England  betrieben,  wo  man  dem  aus  den  früher  enthülsten 
Körpern  bereiteten  Mehl  das  Öl  entzieht  und  als  Nebenprodukt  ein  vor- 
zügliches ßrennül  bekommt.  Auch  in  Sarepta  preßt  man  das  fette  Öl 
vom  Senfmehl  ab.  In  Indien  wird  der  Senf  meist  nur  der  Ülgewinnung 
wegen  kultiviert.  Früher  bezog  England  bedeutende  Quantitäten  von 
Senfsamen  aus  Ostindien.  Später  verarbeiteten  die  großen  englischen 
Senffabriken  vorwiegend  den  einheimischen  Rohstoff,  unter  dem  sich 
besonders  der  weiße  Senf  von  Cambridge  und  der  schwarze  von  York- 
shire  auszeichnete 2).  Eine  größere  Anzahl  von  Handelssorten  haben  Hart- 
wich und  Vuillemin  (1.  c.  p.  1 75)  untersucht  und  hierbei  sehr  interessante 
Feststellungen  gemacht.  So  besteht  russischer  Braunsenf  aus  den  Samen 
von  Brassica  Bapa  mit  wenig  Ackersenfsamen  oder  aus  Ackersenfsamen. 
Im  rumänischen  Braunsenf  wurden  auch  die  Samen  des  Bilsenkrautes 
(Hyoscyamus  niger  L.)  gefunden.  Persischer  Senf  besteht  ausschließ- 
lich aus  dem  Samen  der  Rucke,  Eruca  sativa  Lamk.  Diese  sind  oval, 
etwas  flachgedrückt,  rötlichgelb  bis  dunkelrotgelb,  auch  grünlich  blau- 
gefleckt.    Sie  sind  1,37 — 1,5  mm  lang  und  2,23—3,3  mg  schwer. 

Sowohl  der  schwarze  wie  der  weiße  Senf  unterhegen  im  Handel 
nicht  selten  verschiedenen  Substitutionen.  Solche  sind  für  weißen  Senf 
die  sogenannten  indischen  Gelbsaaten,  z.  B.  von  Brassica  indica  nach 
Steffeck^),  die  Guzeratsaat,  die  nach  Wittmack*)  von  Sinapis  glauca 
Roxh.  stammt  (vgl.  p.  725  »Sarson«),  ein  falscher  weißer  von  Harz^) 
beschriebener  Senf  (Br.  iherifolia  Harx)\  für  schwarzen  Senf  die  Samen 
des  Ackersenfs,  Br.  Sinapistrum  Boiss.  (==  Sinapis  arvensis  L.J,  der 
im  Westen  der  nordamerilcanischen  Union  vielfach  zu  Mostrich  Ver- 
wendung findet.  Nach  A.  L.  Winton  sollen  jähriich  gegen  100  Waggon- 
ladungen von  Ackersenf  von  Minneapolis  in  den  Handel  kommen.  Die 
Samenschale  des  letzteren  wird  von  Ghloralhydrat  blutrot  gefärbt  ß). 


1)  Hasterlik,  Der  Tafelsenf  (Mostrich),  Wien-Leipzig -191 0.  —  Eine  zusammen- 
hängende Darstellung  der  Mykologie  der  Senffabrikation  gibt  A.  Kossowicz,  Ein- 
führung in  die  Mykologie  der  Genußmittel  und  in  die  Gärungsphysiologie,  Berlin 
194'],  p.  149— te«. 

2)  Offiz,  österr.  Bericht  usw.,  III,  7,  p.  73. 

3)  Landwirtschaftliche  Versuchsstationen,  4  887,  33,  p.  41 1. 

4)  Sitzgsber.  d.  Gesellsch.  naturf.  Freunde  Berlin,  1877,  16.     Januarheft. 

3)  Bot.  Zentralbl.  1887,  XXX,  p.  249  und  Zeitschr.  d.  allg.  öst.  Apolh.-Ver.,  1887, 
XXV,  p.  435,  431,  467.  —  Vgl.  auch  Hj almar  Kiaerskou,  Sur  la  structure  du  Test 
de  quelques  sortes  de  »colza  indien«.     Botanisk  Tidsskrift,  14,  1885,  (Extrait  frangais). 

6)  Zuerst  von  Th.  Waage  (Über  neuerdings  beobachtete  Verunreinigungen, 
Verwechslungen,  Verfälschungen  und  minderwertige  Sorten  von  Drogen,  Ber.  d.  Phar- 
maz.  Gesellsch.  III,  1893,  p.  153,  bzw.  168)  beobachtet.  Der  in  den  Sklereiden  (Becher- 
zellen) befindliche  Farbstoff  reagiert  auf  Ghloralhydrat  mit   blutroter  Färbung.     Vgl. 


724  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

7.  Raps-  und  Rübsensamen. 

Brassica  Napus  L.,  der  Raps,  und  Brassica  Rapa  L.,  der  Rübsen, 
liefern  Samen,  die  schon  seit  langem  zur  Ölgewinnung  dienen  und  gegen- 
wärtig noch  sehr  wichtige  Rohstoffe  für  diesen  Fabrikationszweig  bilden. 

Von  beiden  Brassica-kvien  gibt  es  mehrere  nicht  scharf  unter- 
schiedene Varietäten,  die  wieder  nach  der  Kulturzeit  in  mehrere  Formen 
sich  gliedern.  Von  Brassica  Napus  liefert  die  Varietät  oleifera  DC. 
den  Ölraps  und  zwar  als  zweijährige  Form:  Brassica  Napus  oleifera 
hiennis  Rchb.  (=  B.  Napus  ß.  oleifera  DC.  =  B.  N  oleifera  hiemalis 
üöU),  den  Winterraps,  den  Winterkohlraps,  Setzölsamen,  Lewat,  Kohl- 
raps, Kohlsaat  oder  Colza;  als  einjährige  Form:  Brassica  Napus  oleifera 
praecox  Rchb.  (=  B.  N.  annua  Koch  =  B.  N  oleifera  annua  Metzg.j, 
den  Sommerreps,  Sommerkohlreps,  Sommerkohlsaat,  Sommercolza. 

Auch  Brassica  Rapa  L.  f=^  Brassica  asperifolia  Lam.  =  Bi'assica 
campestris  L.j,  die  Stammpflanze  der  bekannten  weißen  Rübe,  wird  als 
Winterfrucht  {Brassica  Rapa  oleifera  DC.  =  B.  R.  oleifera  biennis 
Metxg.  =  Brassica  campestris  ß.  oleifera  DC.  =  Br.  R.  oleifera  hie- 
malis Ifartens,  Winterrübsen,  Winterölrübe,  Wintersaat,  Rübsaat,  Bi- 
witz,  Awehl,  Navette)  und  als  Sommerfrucht  [Brassica  Rapa  oleifera 
annua  Metxg.  (und  Rchb.)  =  Br.  campestris  Koch  =  Br.  campestris  L. 
=  Br.  praecox  Kitaibel  =  Br.  R.  oleifera  praecox  DC,  Sommerrüben- 
reps,  Sommerrübsen,  Sommerlevat]  angebaut. 

Die  Kultur  der  genannten  Ölpflanzen  wird  fast  in  allen  europäischen 
Ländern  betrieben.  In  Frankreich  und  Belgien  ist  es  hauptsächlich  der 
Winterreps,  dessen  Anbau  noch  bedeutenden  Umfang  besitzt.  Der  un- 
geheure Verbrauch  an  Fett  von  selten  der  Seifen-  und  Schmierölindustrien 
hat  auch  den  außereuropäischen  Ölsaaten  unsere  Märkte  geöffnet  und 
gegenwärtig  beziehen  nicht  nur  die  englischen,  sondern  auch  die  kon- 
tinentalen Ölfabriken  große  Quantitäten  von  Rapssamen  aus  Ostindien, 
namentlich  von  Kalkutta,  Madras,  Bombay,  Guzerate  und  Ferozepore  i). 
Der  indische  Raps  stammt  von  verschiedenen  Brassica- Arien,  sowie 
von  besonderen  Formen  unseres  Rapses  und  Rübsens.  Eine  Zusammen- 
stellung derselben  haben  0.  Burchardi)  und  Prain2)  gegeben.     Nach 


T.  F.  Hanausek  und  A.  L.  Winton,  Über  die  Verwendung  des  Ackersenfs  [Sinapis 
arvensis  L.)  in  der  nordamerikanischen  Union,  nebst  Bemerkungen  über  die  Bestim- 
mung desselben  mit  Chloralhydrat.  Großeinkäufer  f.  Reederei  und  Industrie,  '1913/'14, 
Nr.  -13,  p.  289.  Daselbst  auch  der  Nachweis,  daß  nur  alte  Chloralhydratlösung,  die 
sauer  reagiert  (zufolge  Bildung  von  Salzsäure)  oder  frisch  bereitete  Chloralhydrat- 
lösung, die  mit  Sftlzsäure  oder  mit  Phosphorsäure  oder  Zitronensäure  angesäuert 
wird,  die  Reaktion  auf  die  Inhaltskörper  der  Ackersenf-Sklerei'den  (Blutrotfärbung)  gibt. 

1)  Journ.  f.   Landw.,  XLII,  4  894,  p.  125  und  XLIV,   1896,  p.  338. 

2)  Zitiert  von  Kinzel,   I.e.,  p.  171;   vgl.   auch  Landwirtsch.  Versuchsstat.  L., 
p.  377—380. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  725 

W.  KinzeH),  der  sich  auf  die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  und  Kultur- 
versuche von  Prain  stützt,  kommen  von  Bengalen  drei  Handelsformen 
der  Brassica  zum  Export,  und  zwar: 

\.  Rai.  Stammt  von  Brassica  juncea  JB.  f.  et  Thoms.,  wird  aucti  Asl-Rai  oder 
Indian  Mustard  (Indischer  Senf)  genannt  und  vertritt  in  Indien,  wie  schon  in  dem 
Abschnitt  > Senfsamen«   ausgeführt  worden  ist,  unsere  Brassica  nigra. 

2.  Sarson,  Indian  Colza,  gilt  als  eine  Varietät  von  Brassica  campestris  L- 
(=  Brassica  Rapa)  und  wird  als  Brassica  campestris  var.  Sarson  Prain  in  der 
Literatur  bezeichnet.  Sie  ist  die  von  Wittmack2)  für  Brassica  glauca  Roxb.  ge- 
haltene >Guzerat-Rape«,  schließt  außerdem  noch  Brassica  trüocularis  Roxb.  und  Br. 
quadrivalvis  ein  und  ist  mit  Brassica  glauca  Royle  (—  Br.  dichotoma  Roxb.)  nicht 
identisch.  Sarson  wird  in  mehreren  Rassen  gebaut,  die  sich  durch  die  Form,  Stel- 
lung und  Klappenbildung  der  Schoten  voneinander  unterscheiden. 

3.  Tori.  Indian  Rape,  brauner  indischer  Raps.  Ist  Brassica  Napus  L.  var. 
dichotoma  Prain.  Damit  ist  Brassica  dichotoma  =■  Sinapis  dichotoma  Roxb.  (Flor. 
Ind.,  III,  p.  117),  die  nach  Kiaerskou^)  einen  wesentlichen  Bestandteil  der  >Colza. 
de  Ferozepore«,  >Colza  brun  de  Calcutta«  bildet,  identisch^).  Mit  Sinapis  glauca 
Roxb.  bildet  sie  eine  Sorte  von  Cawnpure  Raps. 

Die  Samen  unserer  einheimischen  Raps-  und  Rübsenpflanzen  sind 
einander  sehr  ähnlich.  Die  Samen  des  Rapses  sind  kugelig,  schwarz- 
braun bis  rotbraun,  von  1 — 2,8  mm  Durchmesser,  erscheinen  dem  freien 
Auge  an  der  Oberfläche  glatt,  unter  der  Lupe  höchst  feinnetzig  mit 
schwach  angedeuteten  Maschen.  Der  zitronengelbe  Keim  besteht  aus 
zwei  gefalteten  Keimblättern  und  einem  kaum  1  mm  langen  Würzelchen. 
Die  Rübsensamen  sind  den  vorigen  an  Gestalt  und  Farbe  nahezu  gleich, 
doch  kommen  mehr  hellgefärbte  Samen  vor,  während  beim  Raps  die 
dunklen  überwiegen.  Zur  besseren  Unterscheidung  wurden  auch  die 
Gewichtsverhältnisse  herangezogen,  ohne  jedoch  brauchbare  Resultate 
zu  liefern.  1 000  Körner  von  verschiedenen  Rapsformen  lieferten  Gewichte, 
die  von  2,915— 7,258  g  schwankten^).  Nach  Gros s^)  beträgt  das  Mittel 
für  1000  Körner  3,693  g. 

\)  1.  C,  p.  172,   173,   178  ff. 

2)  Sitzgsber.  d.  Gesellsch.  naturf.  Fr.,  1877,  1 6.  Januarheft. 

3)  Extrait  du  Journal  de  botanique,  Kopenhagen  1858,  Vol.  14,  p.  2— 3  des 
Separatabdruckes.  Die  betreffende  Stelle  lautet:  »Les  graines  de  cette  espöce  fönt 
partie  essentielle  du  »Colza  de  Ferozepore«,  du  »Colza  brun  de  Calcutta  .  .  .€.  Aber 
auch  Brassica  ramosa  =  Sinapis  ramosa  Roxb.  wird  von  Kiaerskou  als  ein 
Hauptbestandteil  der  genannten  Colzasaaten  (»partie  principale«)  angegeben:  es 
erscheint  nicht  klar,  welcher  Unterschied  zwischen  »partie  essentielle«  und  »partie 
principale«  besteht. 

4)  Im  Herbar  des  "Wiener  Hofmuseums  ist  ein  Exemplar  dieser  Pflanze  von 
Prain  eigenhändig  signiert:  Brassica  Napus  var.  dichotoma  Prain  =  Sinapis  dicho- 
toma Roxb.,  indisch  Tori,  Maghi  oder  Lutni. 

5)  Harz,  Landwirtsch.  Samenkunde,  II,  p.  933. 

6)  Em.  Gross,  Studien  über  die  Rapspflanze.  Öst.-ung.  Zeitschr.  f.  Zucker- 
industrie und  Landwirtsch.,  XXIX,  1900,  p.  659. 


726  Einundzwanzigster  AbscliniU.     Samen. 

Wie  das  äußere  morphologische  Verhalten  der  verschiedenen  Bras- 
s^m-SalTlen  nur  sehr  geringe  Unterschiede  zeigt,  so  ist  auch  der  mikro- 
skopische Bau "  derselben  ein  gleichartiger  und  auch  von  dem  der  Senf- 
samen wenig  verschieden.  Die  Samenschale  i)  des  Rapses  besitzt  eine 
Epidermis  und  eine  Subepidermalschicht,  die  so  innig  miteinander  ver- 
schmolzen sind,  daß  sie  im  Querschnitt  sich  als  ein  farbloser,  dünner 
Streifen  zeigen  (Fig.  264).  Nur  an  noch  jugendlichen  Samen  kann 
man  bei  sorgfältiger  Präparation  unter  der  Epidermis  eine  Reihe  sehr 
verschieden  großer  Zellen  beobachten,  die  den  Großzellen  des  schwarzen 
Senfes  entsprechen.  Hier  und  da  gelingt  es  auch  an  reifen  Samen,  die 
zelluläre  Natur  dieser  Schichten  nachzuweisen.  Man  erwärmt  das  Präparat 
in  KaUlauge  und  bringt  es  nach  sorgfältigem  Auswaschen  in  Chlorzink- 
jod;   der   blaugrau  gefärbte  Streifen  läßt  dann  einzelne  Epidermis-  und 

Großzellen  erkennen.  Übri- 
gens   soll    nach    Sempo- 
lowski   die  Großzellen- 
sc         scliicht  aus  mehreren  Zell- 
reihen zusammengesetzt 
sein. 

Die  nun  folgende  Skle- 

'^i         reidenschicht    besteht   aus 

Ay        den  schon  beim  Senfsamen 

beschriebenen     Becherzel- 

Fig.  264.    Querschnitt  durch  die  Samenschale  vom  Winterraps.        len.       Dieselben  slnd   braun 

ep  Epidermis,  sp  subepidermale  Schicht,  sc  SMereidenschicht,        o-pßirht    hp<sit7Pn  Pin  wpitP« 

p  Pigmentschicht,  al  Aleuronschicht,  Inj  hyaliner  Streifen.  ot^id-l"«',  ut;i5ii/.t;u  eiu  weueb 

vergr.  400.  LumcD  und  eine  Wandver- 

dickung, die  fast  nur  die 
Außenwand  frei  läßt.  Besonders  charakteristisch  ist  die  deutliche  Er- 
haltung der  Mittel-  (Außen-)lamelle,  so  daß  jede  Skiereide  scharf  begrenzt 
ist.  Auch  ist  die  Verdickung  der  radialen  Wände  eine  viel  gleichförmigere 
als  beim  Senf,  die  Seitenwände  bilden  daher  (im  Querschnitt)  Säulen 
und  keine  Spindeln.  Nicht  selten  ragen  an  der  Oberseite  die  Verdickungen 
zweier  benachbarter  Zellen  etwas  über  die  nicht  verdickte  Zellwand  her- 
vor und  letztere  entspringt  gewissermaßen  in  einer  Vertiefung  (Fig.  264). 
In  ziemlich  gleichmäßigen  Abständen  sind  die  Skiereiden  etwas  länger 
und  bilden  dann,  von  der  Fläche  gesehen,  dunkel  gefärbte,  aber  nicht 
scharf  begrenzte  Polygone,  die  Maschen  des  zarten  Netzes.  Die  Skiereiden 
erscheinen  in  der  Fläche  sehr  verschieden  groß,   scharfkantig,  vier-  bis 


\)  J.  Schröder,  Untersuchungen  der  Samen  der  Brassica- kvi&n  und  Varie- 
täten. Landwirtsch.  Versuchsstat.,  XIV,  187i,  p.  M^.  —  Sempolowski,  1.  c,  p.  43. 
—  A.  Vogl,  ].  c,  p.  545.  —  Hartwich  u.  Vuillemin,  1.  c.  —  Oliva,  1.  c,  p.  1U2. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  727 

sechseckig  (15 — 30  /<),  mit  sehr  deutlicher  Außenlamelle  und  einem  ziem- 
lich weiten,  verschieden  gestalteten  Lumen  versehen;  Harzi)  schreibt 
der  Größe  des  Lumens  einen  wichtigen  Differentialcharakter  zu,  da  es 
beim  Rapssamen  so  breit  oder  breiter  als  die  dasselbe  umfassenden 
doppelten  Wände  ist,  während  beim  Rübsen  (Br.  i'apa  campestris)  das 
Lumen  eng,  kreisförmig  und  viel  kleiner  ist  als  die  Dicke  der  Zellwände. 
In  der  Tat  scheint  dieses  Verhalten  das  einzige  praktisch  -  brauchbare 
Unterscheidungsmerkmal  der  beiden  Ölsaaten  zu  sein  (Fig.  265). 

Unmittelbar  unter  der  Sklere'idenschicht  liegt  ein  zumeist  einreihiges 
Gewebe,  dessen  unregelmäßige,  teils  dünn-,  teils  mäßig  dickwandige  Paren- 
chymzellen  tangential  stark  komprimiert  sind,  braune  Wände  und  einen 
ebenso  gefärbten  Inhalt  führen,  der  in  Kalilauge  gelöst  wird.  Die  Zell- 
korituren  werden  nur  nach  längerer  Einwirkung  von  Kalilauge  oder 
Javellescher  Lauge  sichtbar.  Die  Zellage  ist  als  eine  Pigmentschicht 
aufzufassen,  wie  sie  der  schwarze  Senf  besitzt. 


Fig.  265.    Vergr.  400.    Fläuhenausichten  der  Sklereidenschichten  von  A  Braasica  Napus  oleifera  btennis 
(Winterraps),  B  Brassica  Rapa  (Rübsen). 

Der  Endospermrest  wird  wie  bei  allen  Cruciferen  von  der  Aleuron- 
schicht  mit  dem  hyalinen  Streifen  gebildet.  Erstere  ist  normal  ausge- 
bildet, letzterer  zeigt  sich  aus  tangential  sehr  zusammengepreßten,  in 
drei  bis  vier  Lagen  auftretenden  Zellen  zusammengesetzt,  die,  wie  bei 
der  Behandlung  mit  Chlorzinkjod  ersichtlich  wird,  in  radialer  Reihenfolge 
angeordnet  sind  und  wie  die  Aleuronzellen  Zellulosemembranen  besitzen. 

Die  Gewebe  des  Keimes  verhalten  sich  ebenso  wie  die  des  Senfes. 

Die  Samenschale  von  Brassica  Rapa  ist  ebenso  wie  die  des  Rapses 
gebaut.  Über  die  auf  die  Grüße  des  Lumens  der  Skiereiden  begründete 
Unterscheidung  der  beiden  Arten  ist  schon  oben  berichtet  worden. 

Nach  den  von  W,  Kinzel  veröffentlichten  Abbildungen 2)  ist  die  Sorte 
Sarson,   sowie  Brassica  juncea  im   Bau   der  Samenschale   nicht   von 

\)   1.  C,  II,  p.  932. 

2)  Landwirtsch.  Versuchsstat,  LH,  1899,  Taf.  VI,  Fig.  1—5. 


728  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

unseren  Ölsaaten  verschieden.  Brassica  riigosa  Prain^  die  die  indische 
Bezeichnung  Palai,  Palangi  oder  Pahari  Rai  u.  a.  führt  und  sowohl  als 
Gemüsepflanze  wie  als  Ölsaat  gebaut  wird,  unterscheidet  sich  von  den 
vorgenannten  durch  die  deutliche  Zellabgrenzung  der  Schleimepidermis, 
sowie  durch  die  engen  Lumina  der  Skiereiden.  Als  allgemeines  Kenn- 
zeichen der  indischen  Ölsaaten  wird  von  demselben  Autor  die  starke 
»Ringzeichnung«,  das  ist  die  deutliche  Entwicklung  der  polygonalen 
Maschen  infolge  der  in  regelmäßigen  Abständen  verlängerten  Skiereiden 
angegeben. 

Die  aus  den  Brassica- Arien  gewonnenen  Öle,  auch  unter  dem 
Namen  Rübüle  zusammengefaßt,  kommen  nach  Schädler  in  folgenden 
drei  Sorten  im  Handel  vor:  ].  Rüböl,  Rübsöl,  das  Öl  von  Brassica 
Rapa,  2.  Raps-  oder  Repsöl  (huile  de  navette)  von  Brassica  Napus  L. 
(welche  Form?],  3.  Colzaöl,  Kohlsaatöl  (huile  de  Colza),  angeblich 
von  Brassica  campestris  L.  Diese  Bezeichnung  gilt  aber  gegenwärtig 
für  ein  Synonym  für  Brassica  Rapa  L.  (siehe  oben  über  die  Abstammung 
der  Rübsensamen,  p.  724)  und  Colza  oder  Kohlsaat  wird  als  gleichbe- 
deutend mit  dem  Winterkohlreps ,  Br.  Napus  oleifera  biennis,  ange- 
nommen. Somit  wäre  das  Colzaöl  das  Produkt  des  zweijährigen  Rapses, 
und  es  müßte  demnach  das  im  Handel  als  Raps-  oder  Repsöl  vorkommende 
von  der  einjährigen  Repsform,  dem  Sommerraps,  Br.  Napus  oleifera 
annua^j  stammen.  Es  ist  höchst  wahrscheinlich,  daß  es  überhaupt  eine 
so  scharfe  Scheidung  der  Ölsorten  gegenwärtig  nicht  mehr  gibt  und 
daß  nur  die  Öle  von  Br.  Napus  und  Br.  Rapa  einige,  wenn  auch  un- 
bedeutende Unterschiede  zeigen. 

Der  Gehalt  des  Winterrepses  an  Öl  ist  etwa  50  Proz.;  durch  Aus- 
pressen gewinnt  man  30 — 33  Proz.,  durch  Extraktion  mit  Schwefelkohlen- 
stoff bis  50  Proz.;  durchschnittlich  geben  3000  1  Samen  bis  800  1  Fett. 

Außer  fettem  Öl  enthalten  die  Rapssamen  noch  19 — 20,36  Proz. 
Protein,  10 — 32,82  Proz.  stickstofffreie  Extraktivstoffe  und  3 — 4  Proz. 
Asche. 

Auch  ein  ätherisches  Öl,  ein  Krotonylsenföl,  ist  aus  den  Samen  von 
Brassica  Napus  dargestellt  worden,  das  vielleicht  die  Ursache  von  Ver- 
giftungsfällen  ist,  die  in  Holland  beim  Verfüttern  von  Colzakuchen  bei 
Tieren  beobachtet  worden  waren  i). 

Die  Rübsensamen  geben  durch  Auspressen  16 — 18  Proz.,  durch 
Extraktion  mit  Schwefelkohlenstoff  40—45  Proz.  Öl;  durchschnittlich  er- 
hält man  aus  1700  1  Samen  700  1  Öl.  Der  Proteingehalt  beträgt  11,5  bis 
19,4  Proz.,  der  Gehalt  an  stickstofffreien  Extraktivstoffen  nach  Kühn  und 
Marek    10—12,    nach  Hoffmann    34,9—37,02  Proz.     Im  Volksmunde 


-1)  Gildemeister,  1.  c,  11,  p.  547. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  729 

gilt  das  Rapsöl  für  fetter  als  das  Rübsenöl,  was  sich  darauf  bezieht,  daß 
das  erstere  einen  höheren  Grad  von  Dickflüssigkeit  besitzt  als  das  letztere. 
Das  aus  Ungarn  stammende  Rüböl,  von  verschiedenen  Cruciferensamen 
gewonnen,  besitzt  eine  olivenbraune  Farbe  und  dient  vornehmlich  zum 
Verschneiden  der  echten  Rüböle  i). 

Die  Rüböle  dienen  hauptsächlich  als  Brenn-  und  Schmieröle.  In 
vollständig  gereinigtem  Zustande  werden  sie  nebst  anderen  Pflanzenölen 
bei  der  Kunslbutterfabrikation  als  Zusatz  zur  Kunstbutter  verwendet,  um 
dieser  die  salbenartige,   » streichfähige <  Konsistenz  zu  verleihen  2). 

8.  Mandeln. 

Die  Heimat  des  Mandelbaumes,  Prunus  Amygdalus  Stokes  (Amyg- 
dalus communis  L.J,  ist  in  Turkestan  und  Mittelasien,  wo  er  noch  wild- 
wachsend anzutreffen  ist,  und  wahrscheinlich  auch  in  den  afrikanischen 
Mittelmeerländern  zu  suchen.  Die  Kultur  des  Baumes  in  Europa  ist  alt. 
Im  südlichen  Norwegen  kommt  er  noch  fort;  aber  schon  in  vielen 
Gegenden  Mitteleuropas  ist  sein  Ertrag  nicht  mehr  lohnend.  Die  Mittel- 
meerländer liefern  für  den  Handel  nicht  nur  die  besten,  sondern  auch 
die  bedeutendsten  Quantitäten  von  Mandeln. 

So  sehr  die  Mandeln  in  Größe,  Form,  Beschaffenheit  der  Schale 
und  im  Geschmack  variieren,  so  kann  man  an  den  Bäumen  selbst  nur 
sehr  unerhebliche  Unterschiede  wahrnehmen.  Selbst  die  Aufstellung  einer 
Form  mit  bitteren  (A7?i.  com.  L.  amara  =  A.  amara  J.  Bauh.)  und  einer 
Form  mit  süßen  Samen  (Am.  com.  L.  didcis  =  A.  dulcis  J.  Bauh.)  hat 
sich  nicht  bewährt,  indem  die  in  der  Ausbildung  der  Blüten  und  Blatt- 
stiele gelegenen,  der  einen  Form  vindizierten  Charaktere  auch  an  der 
anderen  bisweilen  auftreten 3). 

Die  Frucht  des  Mandelbaumes  (Fig.  266^)  besitzt  ein  zähes,  fast 
pergamentartiges,  außen  filziges  Epi-  und  Mesokarp,  das  sich  zur  Zeit 
der  Reife  durch  einen  seitlichen  Riß  öffnet  und  sich  von  der  die  Mandel 
umgebenden  Steinschale  (Endokarp)  ablöst.  Letztere  (Fig.  2665)  be- 
steht aus  zwei   durch    ein   Gefäßbündelnetz    getrennten    sklerenchymati- 


1)  Über  Zusammensetzung,  Verdaulichkeit,  mikroskopische  Charakteristik,  Ver- 
fälschung und  Verwendung  der  Rückstände  der  Rübölfabrikation  (Rapskuchen,  Rübsen- 
kuchen) siehe  Böhmer,  C,  Die  Kraftfultermittel,  Berlin  1903,  p.  391—434. 

2)  Vgl.  König,  Die  menschhchen  Nahrungs-  und  Genußmittel,  p.  306. 

3)  Tschirch  hat,  um  der  Tatsache,  daß  der  einzig  durchgreifende  Unterschied 
zwischen  süße  und  bittere  Mandeln  liefernden  Bäumen  ein  chemischer  ist,  gerecht 
zu  werden,  die  physiologischen  Varietäten  (im  Gegensatz  zu  den  botanischen 
Varietäten)  geschaffen  und  bezeichnet  demnach  den  süße  Mandeln  produzierenden 
Baum  als  Prunus  amygdalus  Stokes  var.  physiologica  dulcis.  Handbuch  der  Pharma- 
kognosie, II,  p.  594. 


730 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


sehen  Schichten.  Je  nach  der  Mächtigkeit  und  Dichtigkeit  der  äußeren 
Schicht  der  Steinschale  unterscheidet  man  dick-  und  dünnschalige  Mandeln. 
Letztere  nennt  man  auch  weiche  oder  Krachmandeln  (var.  y.  fragilis 
Brockhausen).  Auf  der  Innenseite  ist  die  Steinschale  durch  ein  dichtes, 
an  der  freien  Oberfläche  glänzendes  Sklerenchym  abgeschlossen.  Der 
Anlage  nach  ist  die  Frucht  der  Älandel  zweisamig;  gewöhnlich  kommt 
aber  nur  ein  Same  zur  Entwicklung,  der  beiderseits  konvex,  im  Umriß 
eiförmig  zugespitzt  und  etwas  abgeplattet  ist.  Kommen  beide  Samen 
innerhalb  der  Steinschale  zur  Entwicklung,  so  ist  jeder  einzelne  plan- 
konvex geformt  und  relativ  stärker  abgeplattet  als  eine  Mandel,  die  sich 
einzeln  entwickelte. 

Der  Same  (von  einsamigen  Früchten)  ist  plattgedrückt  eiförmig,  mit 
einem  abgerundeten  und  einem  spitzen  Ende  verseheii,  1 — 2,5  cm  lang, 


Fig.  266.    Nat.  Gr.    Prunus  Amijgdalus  Stokes.    A  Frucht,  B  Steinkern  in  der  aufgeschnittenen  Frucht; 

C,  B  Samenllängs  durchschnitten,   daran  c  Samenlappen,  v  Federchen,   w  Würzelchen;  E  Querschnitt 

durch  den  Samen.    (Nach  Focie.) 


im  Querschnitt  bikonvex  (die  beiden  Durchmesser  10 — 15  mm,  4 — 8  mm), 
von  einer  zimmetbraunen ,  schülferig-rauhen  Samenhaut  bedeckt.  Die 
Jordan-  oder  Malaga-  Mandel  weicht  in  ihrem  Aussehen  von  den 
anderen  Sorten  insofern  ab,  als  ihre  Samenhaut  etwas  dunkler,  weniger 
rauh  und  längsgestreift  erscheint.  Seitlich  vom  spitzen  Ende  befindet 
sich  eine  unbedeutende  Prominenz,  der  Nabel  (die  Stelle,  an  der  der 
Samenträger  angeheftet  war),  von  der  an  der  Schmalkante  ein  dunkler, 
kielartig  sich  erhebender  Streifen,  die  Raphe,  zu  dem  breiten  Ende  hin- 
zieht. Daselbst  liegt  die  glatte,  ebenfalls  dunkler  gefärbte  Chalaza,  die 
etwa  16  oder  mehr  Gefäßbündel  in  die  Samenschale  aussendet.  Diese 
Bündel  entstammen  dem  in  der  Raphe  verlaufenden  Strange.  Die  braune, 
trocken-lederartige  Samenschale  läßt  sich  mit  einer  inneren,  weißen, 
dicht  angefügten  Haut  an  im  Wasser  erweichten  Samen  leicht  von  dem 
Samenkern    abschälen.     Der    Samenkern    besteht    nur    aus    dem    großen 


Einundzwanzigster  Absclinitt.     Samen.  731 

Keim  (Fig.  266  C,  D,  E],  dessen  Samenlappen  (Fig.  266  C,  c)  üligfleischig, 
weiß  und  brüchig  sind,  flach  aufeinander  Hegen,  am  spitzen  Ende  das 
nach  oben  gewendete,  frei  hervorragende  Würzelchen  tragen  und  zwischen 
sich  die  Achse  mit  dem  Knöspchen  (Fig.  266  C,  J9,  w  u.  v)  einschließen. 
Der  anatomische  Bau  der  Mandel  *)  ist  folgender.  Die  Samenschale 
läßt  sich  in  ein  braunes  äußeres  und  in  ein  inneres  weißes  (farbloses) 
Blatt  spalten.  Wie  die  Entwicklungsgeschichte  2)  zeigt,  besitzt  nur  das 
äußere  Blatt  den  Charakter  der  echten,  aus  dem  (inneren)  Integument 
des  Ovulums  stammenden  Samenhaut.  Die  weiße  Lage  dagegen  ent- 
stammt dem  Ovulum  selbst.  Die  braune  Samenhaut  setzt  sich  aus  drei 
Geweben,  der  äußeren  und  inneren  Epidermis  und  dem  Parenchym 
(Mittelschicht)  zusammen.  Die  äußere  Epidermis,  für  die  Erkennung  der 
sogenannten  Mandelkleie  (das  sind  die  gepulverten  Rückstände,  die  bei 
der  Gewinnung  des  fetten  Öles  durch  Auspressen  der  Mandeln  erhalten 
werden)  von  hervorragendem  Werte,  enthält  drei  verschiedene  Zellformen 
in  einer  einfachen  Zellschicht:  dünnwandige,  verhältnismäßig  kleine  Zellen, 
dickwandige,  poröse,  in  der  Größe  wenig  verschiedene  und  endlich  auf- 
fallend große,  hut-  oder  tonnenförmige,  mäßig  verdickte,  nach  außen 
vorgewölbte,  reich  getüpfelte,  inhaltslose  Zellen,  die,  wie  der  Querschnitt 
zeigt,  weit  über  die  übrigen  Epidermiszellen  hervorragen,  in  der  Fläche 
abgerundet  polygonal  aussehen  und  wegen  ihrer  lockeren  Verbindung 
mit  den  kleinen  Oberhautzellen  sich  leicht  ablösen;  sie  verursachen  da- 
her die  schülferig-körnige,  einer  groben  Bestäubung  gleichende  Be- 
schaffenheit der  Samenschalenoberfläche.  Die  Mittelschicht  oder  das 
Samenhautparenchym ,  seinem  .  Charakter  nach  ein  Nährgewebe  der 
Samenhaut,  zeigt  unter  der  Epidermis  einige  (nach  A.  v.  Vogl  2 — 5) 
Reihen  dünnwandiger  Parenchymzellen,  deren  Inhalt  teils  aus  rotbraunen 
Massen,  teils  aus  einer  Kalkoxalatdruse  besteht;  weiterhin  folgt  ein  zu- 
sammengefallenes, undeutliches  Parenchym,  das  ursprünglich  aus  kugel- 
förmigen oder  kurzarmigen  Zellen  zusammengesetzt  ist  und  zahlreiche 
Interzellularen  besitzt.  In  dieser  Parenchymschicht  verlaufen  die  Gefaß- 
bündel, die  der  Samenhaut  das  streifige  Aussehen  verleihen,  Sie  be- 
stehen aus  sehr  zahlreichen  und  engen  Spiroiden,  die  von  Siebröhren 
und  Kristallkammerfaserzellen  begleitet  sind.     Die  innere  Epidermis,  aus 

1)  J.  Moeller,  Mikroskopie  der  Nahrungs-  und  Genußmittel,  2.  Aufl.,  1905, 
p.  429.  —  Arthur  Meyer,  Wiss.  Drogenkunde,  I,  p.  135.  —  A.  v.  Vogl,  Die  wicht, 
veget.  Nahrungs-  und  Genußmittel,  1899,  p.  542.  —  Wittmack  und  Buchwald^ 
Ber.  d.  deutsch,  bot.  Gesellsch.,  1901,  p.  584—595.  —  E.  H annig,  Unterscheidung 
der  Mandeln  von  ähnhchen  Samen.  Ztsch.  f.  U.  N.  G.  1911,  p.  577.  —  Realenzyklo- 
pädie d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl.,  I,  p.  570  (Hartwich).  —  Karsten-Oltmanns ,  Lehrb. 
der  Pharmak.,  Fig.  400  —  403,  —  Tschirch,  Handbuch  usw.,  H,  p.  598  ff". 

2)  A.  Meyer,  1.  c,  p.  134. 


732  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.     ■ 

kleinen  in  der  Fläche  polygonalen  dünnwandigen  Zellen  zusammengesetzt, 
schließt  die  Gewebe  der  Samenschale  ab. 

Die  nun  folgende  Gewebeschicht,  ein  hyaliner  Streifen  ohne  deut- 
liche zelluläre  Struktur,  stellt  den  Überrest  des  Nuzellargewebes  dar;  ihr 
folgt  das  Endosperm,  vornehmlich  eine  Zellreihe  mit  verhältnismäßig 
großen,  dickwandigen,  Ol  und  Aleuron  führenden  Zellen. 

Der  Bau  der  Kotyledonen  ist  ein  sehr  einfacher.  Eine  farblose, 
kleinzellige  Epidermis  umschließt  ein  Parenchym  von  rundlich-polyedri- 
schen,  dünnwandigen,  bis  60  /<  Durchmesser  haltenden  Zellen;  zarte  Ge- 
fäßbündelanlagen durchziehen  das  Gewebe.  Besonderes  Interesse  bietet 
der  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  zu  beobachtende  Inhalt  der 
Kotyledonarzellen.  Ein  in  Wasser  liegender  Schnitt  zeigt  die  Zellen  mit 
einer  körnig-dichten,  farblosen,  nicht  weiter  defmierbaren  Masse  erfüllt. 
Der  wesentliche  Bestandteil  des  Inhaltes  ist  Fett.  Entfernt  man  dieses 
mit  wasserfreiem  Äther  (aus  einem  frischen  Präparate),  so  werden  ver- 
schiedene in  eine  (plasmatische  Grundsubstanz  eingebettete)  Gebilde  sicht- 
bar. Auch  in  Öl  oder  dickes  Glyzerin  eingelegte  Schnitte  zeigen  die- 
selben. Es  sind  Aleuronkürner  mit  verschiedenen  Einschlüssen,  und  zwar 
mit  Kristalloiden  von  rhomboedrischen  Formen,  ferner  mit  kleinen 
rundlichen  Körnern,  den  Globoiden,  und  mit  Oxalatdrusen.  Einzelne 
besonders  große,  von  Hartig  Solitäre  genannte  Aleuronkürner  schließen 
je  eine  große  Oxalatdruse  ein.  Entfernt  man  die  Kristalloide  durch 
Kalilauge,  die  Globoide  durch  verdünnte  Essigsäure,  so  bleiben  die 
Oxalatdrusen  zurück,  die  einen  charakteristischen,  sphäritischen  Bau 
zeigen.  Um  einen  zentrisch  gelegenen  Kern  lagert  sich  eine  strahlig  ge- 
baute innere  und  um  diese  eine  weniger  regelmäßig  radiär  zusammen- 
gesetzte äußere,  rundlich  begrenzte  Schicht. 

Süße  Mandeln  —  äußerhch  von  den  bitteren  nicht  sicher  zu  unter- 
scheiden —  schmecken  süß  ölig  und  schleimig;  die  bitteren  haben  einen 
stark  bitteren  Geschmack  und  geben  im  zerkleinerten  Zustande,  in  Ver- 
bindung mit  Wasser,  den  bekannten  Geruch  nach  Bittermandelöl. 

Die  süßen  Mandeln  enthalten  45  =  53,16  Proz.  fettes  Öl,  ferner 
über  21  Proz.  Stickstoffsubstanzen,  7  Proz.  stickstofffreie  Extraktivstoffe, 
6,5  Proz.  Rohfaser  und  3  Proz.  Asche  i). 

In  bitteren  Mandeln,  deren  Gehalt  an  Fett  geringer  ist  und  bis  auf 
20  Proz.  herabsinken  kann,  finden  sich  Amygdalin  und  Emulsin  vor. 
Nach  den  Untersuchungen  Thomes^)  schmeckt  das  die  Gefäßbündel- 
anlagen führende  Parenchym  der  bitteren  Mandeln  stark  bitter,  das  von 


4)  Ausführliche  Angaben  bei  Tschirch,  Handbuch  II,  p.  602. 
2)  Thome,  Bot.  Ztg.,    1863,  p.  240. 


Einundzwanzigsier  Abschnitt..     Samen.  733 

entsprechend  sollen  nach  der  Meinung  Thomes  die  beiden  Körper  ge- 
trennt, d.  i.  in  verschiedenen  Gewebselementen,  auftreten,  nämlich  das 
Amygdalin  in  dem  Parenchym,  das  Emulsin  in  den  Gefäßbündelanlagen. 
Ähnliches  hat  auch  Johannseni)  gefunden.  Nach  diesem  Forscher  ist 
das  Amygdalin  in  allen  Teilen  der  bitteren  Mandeln,  das  Ferment  Emulsin 
nur  in  den  Gefäßhündeln  enthalten. 

Das  Amygdalin,  von  Robiquet  und  Bourton-Charlard^)  1830 
entdeckt,  ist  ein  neutraler,  etwas  bitter  schmeckender,  kristallisierter, 
glykosidischer  Körper 3)  von  der  Formel  C20H27NO11  unlöslich  in  Äther, 
löslich  in  Wasser  und  Alkohol. 

Das  von  Liebig  und  Wühler  entdeckte  Emulsin  (Synaptase)  ist 
ein  Gemisch  von  mehreren  Enzymen,  die  verschiedene  Wirkungen  aus- 
üben. Nach  Rosenthaler"*)  ist  ein  solches  die  Amygdalase,  durch  die 
das  Amygdalin  zunächst  in  Glykose  und  Mandelnitrilglukosid^)  gespalten 
wird.  Auf  letzteres  wirkt  nun  ein  anderes  Enzym,  die  Prunase  (eine 
/i^-Glukosidase)  ein,  so  daß  es  in  Glukose  und  Benzaldehydcyanhydrin 
zerfällt.  Ein  weiteres  Enzym,  eine  Oxynitrilase  (früher  (5-Emulsin  ge- 
nannt), zerlegt  das  letztgenannte  Spaltungsprodukt  in  Benzaldehyd  und 
Blausäure.  Diese  Spaltungen  treten  ein,  sofern  man  bittere  Mandeln  mit 
Wasser  zerreibt  und  einige  Stunden  sich  selbst  überläßt.  Wird  diese 
zerriebene  Masse  der  Destillation  unterworfen,  so  erhält  man  0,5  bis 
0,7  Proz.  Bittermandelöl,  das  ein  Gemisch  des  Benzaldehydcyanhydrin 
(=  Verbindung  von  Benzaldehyd  und  Blausäure)  und  Benzaldehyd  ist. 
Es  ist  daher  erklärlich,  warum  die  bitteren  Mandeln  giftige  Wirkungen 
äußern  müssen.  Nur  eine  geringe  Menge  des  im  Handel  befindlichen 
Bittermandelöles  wird  aus  bitteren  Mandeln  gewonnen;  zur  fabrikmäßigen 
Darstellung  dienen  die  Kerne  der  Aprikosen  (Prunus  ar?neniaca),  die 
früher  fast  nur  aus  Kleinasien  und  Syrien  als  »Pfirsichkerne«    zu  uns 


1)  Johannsen,  Sur  la  localisation  de  Temulsine  dans  les  amendes.  Annales 
des  Sciences  naturelles  Bot.     7.  Ser.,  T.  6,  No.  2,  p,  ilS. 

2)  Robiquet  et  Boutron-Charlard,  Annales  de  Chimie  et  Physique  (2)  44, 
p.  352.  Über  die  Nomenklatur  der  cyanhalligen  Glukoside  s.  Ber.  Schimmel  Sc  Co., 
1919,  p.  5. 

3)  Liebig  und  Wöhler,  Annalen  der  Chemie  und  Pharmazie,  22,  p.  1;  23, 
p.  175,  und  Bette,  ebenda,  31,  p.  211. 

4)  Archiv  des  Pharm.  251  (1913),  p.  36.  Wird  Amygdahn  der  Einwirkung  eines 
anderen  Enzyms,  der  Maltase  ausgesetzt,  so  wird  es  in  Mandelsäurenitrilglukosid 
und  Glukose  gespalten.  Für  die  stereochemischen  Beziehungen  der  Enzyme  zu  der 
spaltbaren  Substanz  ist  das  Mandelenzym  von  größter  Bedeutung.  Vgl.  Czapek, 
Enzyme  der  Pflanzen  im  Handwörterbuch  der  Naturwissenschaften  III,  p.  671  (Jena 
1913). 

5)  E,  Fischer  u.  M.  Bergmann  ist  es  gelungen  Mandelnitrilglukosid  künstlich 
darzustellen.    (Berliner  Berichte,  50,  1917,  p.  1047;  Ber.  Schimmel  &  Co.,  1918,  p.  9.) 


734  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

kamen,  jetzt  aber  auch  von  Marokko,  Kalifornien  und  Japan  geliefert 
werden  i). 

In  den  Mandeln  wurde  auch  in  sehr  geringer  Menge  ein  Phyto- 
vitellin,  das  globulinartige  Amandin  gefunden,  das  wohl  vorwiegend 
der  Grundsubsta,nz  der  Aleuronkürner  eigen  ist. 

Zu  gewerblichem  Gebrauche,  nämlich  zur  Erzeugung  von  Mandelöl 
und  Bittermandelöl,  dienen  bloß  die  geringeren  Sorten  von  Mandeln,  die 
in  großen  Quantitäten  aus  Nordafrika  (Tripolis,  Marokko,  Algier)  in  den 
Handel  gebracht  werden.  —  Die  bei  der  Ölpressung  aus  bitteren  Mandeln 
zurückbleibenden  Ölkuchen  werden  weiter  auf  Bittermandelöl  verarbeitet. 
In  neuerer  Zeit  wird  letzteres  jedoch,  wie  bereits  mitgeteilt  wurde,  in 
erheblicher  Menge  aus  Pfirsichkernen,  die  nach  Geisel  er  3  Proz.  Amyg- 
dalin  enthalten  2),  erzeugt. 

Das  Bittermandelöl  wird  in  der  Likörfabrikation  und  Medizin,  am 
stärksten  wohl  zum  Parfümieren  der  Kokosnußseifen  angewendet.  Zu 
letzterem  Zwecke  verwendet  man  in  neuerer  Zeit  häufig  das  dem  Bitter- 
mandelöl im  Gerüche  gleichkommende,  nicht  selten  auch  zu  dessen  Ver- 
fälschung dienende  Nitrobenzol  (Mirbanöl). 

Die  besseren  und  besten  Mandeln,  aus  Spanien  (Malaga,  Valencia, 
Alicaste,  Portugal,  Südfrankreich  (Provence),  Italien  (Puglieser,  Floren- 
tiner, Bari-sizilische  Mandeln)  usw.  in  den  Handel  gesetzt,  dienen  be- 
kanntlich zum  Genüsse. 

9.  Erdnußsamen  3). 

Arachis  hypogaea  L.  gehört  zu  den  wichtigeren  Kulturpflanzen  der 
Tropen  und  einzelner  nicht  sehr  regenarmer  subtropischer  Gebiete.    Der 


1)  0.  Tunmann,  Der  Drogenhandel  Hamburgs,  Apoth.-Ztg.  (Berhn),  i9H,  p.  579. 
Über  die  Ölgewinnung  aus  bitteren  Aprikosenkernen  in  Damaskus  s.  Ber.  Schimmel 
&  Co.,  1948,  p.  74. 

2)  Annalen  der  Chemie  und  Pharmazie,  36,  p.  334. 

3)  Flückiger,  Archiv  der  Pharmazie,  1869,  p.  70ff.,  und  Flückiger-Han- 
bury,  Pharmacographia,  p.  188.  —  Semler,  Tropische  Agrikultur,  1.  Aufl.,  II,  p.  496 
bis  512.  —  Harz,  Landwirtschaftliche  Samenkunde,  II,  p.  642.  —  F.  Kurtz,  Über 
Arachis.  Sitzgsber.  d.  bot.  Ver.  f.  d.  Prov.  Brandenburg,  1875,  XVII,  p.  42—56.  — 
Sadebeck,  Die  Kulturgewächse  der  deutschen  Kolonien  und  ihre  Erzeugnisse,  1899, 
p.  228—230.  —  A.  V.  Vogl,  Die  wicht,  veg.  Nahrungs-  und  Genußmittel,  p.  239  und 
p.  321 — 325.  —  J.  Moeller,  Mikroskopie  der  Nähr.-  und  Genußmittel,  2.  Aufl.,  1905, 
p.  288.  — •  Uhlitzsch,  Rückstände  der  Erdnußölfabrikation.  Landwirtsch.  Vers.-Stat. 
1892,  XLI,  p.  385—431  mit  2  Tafeln.  —  C.  Benson,  The  ground-nut.  Depart.  of 
Land  Records  Agric.  Madras,  Vol.  II,  1899,  Bull.  No.  137,  p.  134—145.  —  Böhmer, 
C,  Die  Kraftfuttermittel,  Berlin  1903,  p.  514—536.  —  Winton,  The  anatomy  of  the 
Peanut  with  special  reference  to  its  microscopic  Identification  in  food  products.  Conn. 
Agr.  Exp.  Stat.  Rep.  1904,  p.  191ff.  —  Beattie,  Peanuts  {Arachis  hypogaea)  Cultiv., 
Varities  etc.,  Washington  1909.  —  Jean  Adam,  Les  Plantes  Oleiferes  de  I'Afrique 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  73  5 

hohe  Ölreichtum  ihrer  Samen  kommt  allerdings  nur  in  den  Äquatorial- 
ländern allein  zur  vollen  Entwicklung,  er  sinkt  von  55  bis  auf  20  Proz. 
herab,  je  weiter  sich  das  Anbauland  von  den  Tropen  entfernt.  Doch 
sollen  nach  Pogge^)  im  Kongogebiete  zwei  Sorten  von  Erdnüssen  ge- 
baut werden,  von  denen  die  eine,  Tumbula  genannt,  ölrieich  ist  und 
gekocht,  geröstet,  getrocknet  und  roh  als  eine  Art  Fleischsurrogat  ge- 
nossen wird,  während  die  zweite,  Namens  Nimü,  kein  Öl(?),  sondern 
nur  Stärke  enthalten  soll  und  nur  gekocht  als  Nahrungsmittel  dient. 
Im  allgemeinen  gelten  auch  die  indischen  Erdnüsse  als  ülärmer  denn  die 
afrikanischen.  Im  Handel  unterscheidet  man  die  ungeschälten  Erd- 
nüsse, das  sind  die  Früchte^  von  den  geschälten,  die  nur  die  Samen 
darstellen;  zumeist  werden  nur  die  ersteren  nach  Europa  und  zwar  nach 
Marseille,  London,  Hamburg,  gegenwärtig  auch  nach  Triest  gebracht, 
welche  Städte  bekanntlich  als  die  Zentren  des  Handels  mit  den  ver- 
schiedenen ülliefernden  Vegetabilien  anzusehen  sind.  Daß  die  Früchte 
und  nicht  die  Samen  zum  Export  kommen,  obwohl  dadurch  die  Trans- 
portkosten sich  nicht  unbeträchtlich  erhöhen  müssen,  ist  sehr  wohl  in 
dem  Schutze  begründet,  den  die  trockenen,  ziemlich  widerstandsfähigen 
Fruchtschalen  den  verhältnismäßig  weichen,  dem  Verschimmeln  und  dem 
Ranzigwerden  leicht  unterhegenden  Samen  gewähren. 

Nach  M.  Dubard  (Bull.  Mus.  Hist.  nat.  XH,  1906,  p.  340,  zitiert 
nach  Harms  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien,  III.  Ergänzungsheft,  p.  i  40) 
lassen  sich  zwei  Typen  der  Erdnuß  unterscheiden,  ein  peruanischer 
mit  meist  3  sämigen,  bilateral  symmetrischen,  meist  etwas  gekrümmten 
Hülsen,  und  ein  brasilianischer  mit  vorwiegend  2samigen  Hülsen; 
ersterer  ist  bis  nach  Mexiko  und  über  die  Gestade  des  Pazifischen  Ozeans 
verbreitet.  Der  brasilianische  Typus  kam  durch  portugiesische  Neger  an 
die  Westküste  Afrikas. 

Das  wichtigste  Kultur-  und  Exportland  der  Erdnüsse  ist  Westafrika  2). 
Schon  Wiesner3)  gibt  (1873)  an,  daß  die  westafrikanisch-französischen 
Kolonien  allein  jährhch  80  Mill.  Kilogramm  Erdnüsse  nach  Europa  ver- 
senden, die  größtenteils  in  Marseille  verarbeitet  werden.  Im  Jahre  1903 
exportierten  alle  französischen  (auch  die  außerafrikanischen)  Kolonien 
103 '2  40  t,  wovon  das  Senegalgebiet  allein  101896  t  lieferte.  Daraus 
mag  die  große  Bedeutung  ersehen  werden,  die  diese  wertvolle  Ölfrucht 


occidentale  frangaise.     I.  L'  Arachide,  Culture,  Produits,  Commerce,  Amelioration  de 
la  production.     Paris  1908.  —  Tschirch,   Handbuch  usw.  II,  p.  589. 

■1)  Angeführt  nach  A.  Woldt,   Deutschlands  Interessen   im  Niger-   und  Kongo- 
gebiet.    Westermanns  Monatsh.  1885,  p.  325. 

2)  Besonders  genaue  Angaben  über  die  Vegetationsgebiete   der  Erdnuß    siehe 
Würtenberger,  Die  Erdnuß,  Beiheft  z.  Tropenpflanzer,  XX,  1917,  p.  77 — 201. 

3)  Rohstoffe,   1.  Aufl.,    1873,  p.  715. 


736  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

im  Laufe  der  letzten  Jahrzehnte  erlangt  hat.  Nach  Könige)  konomen 
die  besten  Erdnüsse  aus  dem  nördlichen  Senegambien  (Rufisque,  Kapor, 
Galam);  eine  mittlere  Qualität  liefern  die  südlichen  Gebiete  bis  zu  den 
Vissagosinseln  (Gambien,  Kapamanze,  Bulama),  die  geringste  kommt  von 
der  Sierra-Leone-Küste  (Lagos).  Doch  auch  Mittel-  und  Ostafrika  liefern 
große  Mengen,  so  insbesondere  der  Sudan  mit  dem  Becken  des  Tsadsees 
und  dem  Gebiet  des  Bahr-el-Gazal,  ferner  Darfur  und  die  südlich  da- 
von gelegenen  Niam-Niam-  und  Mombuttuländer^),  schließlich  die  Küste 
von  Sansibar  und  Mozambique.  Von  ehemals  deutschen  Schutzgebieten  sind 
vor  allem  Togo,  Kamerun  und  Deutsch-Ostafrika  hervorzuheben,  deren 
Export  von  Jahr  zu  Jahr  sich  steigerte.  Aus  dem  letztgenannten  Gebiete 
betrug  er  1909  1501  t  im  Werte  von  233  000  Mark,  1910  schon  3099  t 
im  Werte  von  595  000  Mark,  in  Togo  dagögen  nur  65  t^).  In  Ugogo 
führt  die  Erdnuß  den  Namen  »Kalango«  und  ist  die  wichtigste  Boden- 
frucht*). Wohl  die  umfangreichsten  Kulturen  der  Erdnuß  besitzen  Ost- 
indien —  die  Ernte  in  Britisch  Indien  (Madras,  Bombay,  Birma)  betrug 
1915/16  über  1  Mill.  t  — ,  ferner  China  und  Japan,  Java  und  Sumatra. 
Das  ehemals  deutsche  Schutzgebiet  Kiautschou  (China)  produziert  zwei 
Sorten,  große  und  kleine  Erdnüsse.  Auf  Java  werden  die  (in  der  Trocken- 
zeit) trocken  gelegten  Sawahs,  d.  s.  die  Reisfelder  mit  Arachis  und  anderen 
Leguminosen  bebaut  und  liefern  sehr  reiche  Erträge^).  Einzelne  Staaten 
der  nordamerikanischen  Union,  wie  Tennessee  und  Virginien,  wo  der 
Anbau  —  etwa  40"  nördl.  Br.  —  seine  Nordgrenze  erreicht  und  (schon 
1879)  einen  jährlichen  Ertrag  von  20  Mill.  Kilogramm  ergab 6),  und  Süd- 
amerika, vornehmlich  Argentinien '')  sind  wichtige  Kulturgebiete  der  Erdnuß. 
Endlich  können  noch  Ägypten,  Algier,  Spanien,  Südwestfrankreich  (am 
44°  nördl.  Br.),  Unteritalien,  Bulgarien  und  Griechenland  genannt  werden. 
In  der  Lombardei 8)  hat  man   den  Anbau,   aber  ohne  Erfolg,   versucht. 

^)  Die  menschl.  Nahrungs-  und  Genußmittel,  1893,   p.  495. 

2)  Schweinfurth,  Bot.  Ztg.,  1874,  p.  372. 

3)  Adlung  in  Tropenpflanzer,  1912,  p.  610. 

4)  Vageier,  Ugogo  in  Beiheften  zum  Tropenpflanzer,  Nr.  1/2,  1912,  p.  73. 

5)  S.  V.  Simon,  Studien  über  den  Reisbau  auf  Java,  Tropenpflanzer  1912,  p.  537. 

6)  Report  of  Commissioner  of  Agricultur-Peanuts  in  the  United  States,  nach 
New  Remedies,  1881,  p.  119.  —  Hennig,  Landbauzonen  usw.  in  Tropenpflanzer, 
Beihefte,  XVII,  Nr.  6,  p.  353. 

7)  Friderici,  Die  Landwirtschaft  in  Argentinien  mit  besonderer  Berücksichtigung 
der  Erdnuß-  und  Reiskultur,  Tropenpflanzer  1909,  p.  68.  —  Mir  vorliegende,  aus  dem 
argentinischen  Museum  in  Wien  stammende  Erdnüsse  gehören  mehreren  auch  äußer- 
lich sehr  Terschiedenen  Sorten  an.  Die  >großen  schwarzen  Mani«  aus  der  Provinz 
Corricute  besitzen  bis  5,5  cm  lange  Hülsen,  die  Samen  haben  eine  schwarzbraune 
Schale. 

8)  Wittmack,  Die  Nutzpflanzen  aller  Zonen  auf  der  Pariser  Weltausstellung 
1878.     Berlin  1879. 


Einundzwanzigster  Absclinitt.     Samen.  737 

Wie  Flückiger  (1.  c.)  berichtet,  dürfte  die  erste  Anregung  zur  Kultur 
der  Arachis  in  Italien  von  Prof.  Brioli  (1810  in  Novara)  ausgegangen 
sein. 

Als  die  Heimat  der  Erdnuß  wird  gegenwärtig  Brasilien  angesehen, 
wo  auch  die  übrigen  sechs  Arten  der  Gattung  Arachis  verbreitet  sind. 
Daselbst  existiert  auch  eine  einheimische  Bezeichnung  für  Erdnüsse,  Mani, 
die  schon  Fernandez  de  Oviedo^)  in  Westindien  am  Beginn  des 
1 6.  Jahrhunderts  gekannt  hat.  Von  Erdnußfunden  in  alten  peruanischen 
Gräbern  weiß  De  CandoUe  zu  berichten.  Früher  wurde  bekanntlich 
—  hauptsächlich  nach  Schweinfurth2)  —  die  Herkunft  der  Arachis 
in  Afrika  gesucht. 

Arachis  hypogaea  ist  eine  krautige,  niedrige  PapilionaceeS),  deren 
Blüten  in  den  Achseln  der  unteren  Blätter  auf  sehr  kurzen  Stielen  sich 
entwickeln  (Fig.  267).  Nach  dem  Abblühen  beginnt  sich  die  Blütenachse 
(Carpopodium)  unverhältnismäßig  stark  zu  verlängern,  krümmt  sich  zum 
Boden  herab  und  drückt  den  zu  einer  Hülse  heranwachsenden  Frucht- 
knoten in  die  Erde.  Dieser  erhält  nach  dem  Abfallen  des  sehr  langen, 
fadenförmigen,  eine  kleine,  endständige  Narbe  tragenden  Griffels  an  dieser 
Stelle  eine  narbenartige  Schwiele,  die  an  der  Frucht  noch  sehr  auffällig 
erscheint  und  eine  Schutz-  und  Festigungsvorrichtung  darstellt.  Die 
Hülsen  reifen  in  der  Erde  und  liegen  zur  Zeit  der  Fruchtreife  5—8  cm 
unter  der  Bodenoberfläche.  Gewühnlich  treten  in  der  Hülse  zwei,  seltener 
drei  Samen  auf  (Fig.  267  C).  In  argentinischen  Sorten  habe  ich 
Hülsen  mit  vier  Samen  gefunden.  Im  ersteren  Falle  ist  die  Frucht- 
schale einfach,  im  letzteren  doppelt  oder  dreimal  eingeschnürt.  Der  ein- 
samigen Hülse  fehlt  eine  Einschnürung.  Verteilung  und  Ausbildung  der 
Gefäßbündel  in  dem  Perikarp  ruft  an  letzterem  eine  derbe  Aderung 
hervor,  in  welcher  die  der  Länge  nach  verlaufenden  Rippen  mit  be- 
sonderer Schärfe  erkennbar  sind.  Scheidewände  fehlen  im  Innern  des 
Fruchtgehäuses.  Den  Früchten  haften  häufig  noch  kurze,  etwa  2  mm 
dicke  Stücke  des  Fruchtstieles  an.  Harz*)  führt  drei  Varietäten  an: 
1.  A.  hypogaea  var.  vulgaris;  »Frucht  mäßig  eingeschnürt,  häufig  fast 
zylindrisch,  von  blasser,  weißUchgelber  Farbe,  mit  stumpfen,  undeutlichen, 
manchmal  fast  ganz  verwischten  Rippen  und  Feldern,  so  daß  die  netz- 
aderige Struktur  der  Oberfläche  oft  nur  schwach  zum  Ausdruck  gelangt. 


\)  Schädler,  Technologie  der  Fette  und  Ole,  1883. 

2)  Im  Herzen  von  Afrika,  I,  p.  273. 

3)  Nach  Taubert  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfämihen,  III,  8,  p.  322,  zu  den 
Papilionatae  —  Hedysareae  —  Stylosanthinae  gehörend.  De  Candolle  stellt  sie  zu 
den  Caesalpiniaceen,  Harz  zu  den  Papilionaceae  —  Vicieae,  Endlicher  zu  den  Pa- 
pilionaceae  —  Hedysareae. 

4)  Landwirtsch.  Samenkunde,  II,  p.  642. 

Wie sn er,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  47 


738 


Einundzwanziffster  Abschnitt.     Samen. 


Samen  meist  kurz  eiförmig,  rot,  gelbrot  bis  bläulichrot«.  —  2.  A.  hijpo- 
gaeavar.  reticulata,  netzfrüchtige  Erdmandel,  Rochet-Erdpistacie  (Blanco, 
in   Bull,  de  l'Acad.  roy.  des  Sciences   de  Belg.,    No.  6,   1850).     »Frucht 


Fig.  2C7.    Arachis  hypogaea  in  1/2  i^*-  G^'-    ^  ganze  Pflanze,  C  Hülse,  der  Länge  nach  durchschnitten. 
(Nach  Taubert.) 


graugelblich  bis  goldgelb,  die  netzige  Beschaffenheit  der  Oberfläche  durch 
scharfe  Längs-  und  Querrippen  sehr  deutlich  ausgesprochen.  Samen 
nach  Blanco  fleischfarbig«.  —  3.  A.  hypogaea  var.  glahra  DC.  (=  A. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  739 

africana  Lour.)  ist  eine  Form  mit  kahlen  Blättern.  Nach  M.  Dubardi) 
läßt  sich  an  den  Sorten  der  Erdnuß  ein  peruvianischer  und  ein 
brasilianischer  Typus  unterscheiden.  Ersterer  ist  durch  meist 
dreisamige,  etwas  gekrümmte  Hülsen  ausgezeichnet  und  wurde  von  Peru 
aus  längs  der  pazifischen  Küste  durch  die  Spanier  bis  Mexiko  verbreitet; 
der  brasilianische  Typus  zeigt  vorwiegend  zweisamige  Hülsen ;  sein  Kultur- 
gebiet ist  jetzt  hauptsächlich  die  Westküste  Afrikas,  wohin  er  durch 
portugiesische  Neger  gebracht  wurde. 

Die  Kulturzeit  der  Erdnuß  währt  durchschnittlich  6  Monate.  In 
Kiautschou  findet  die  Aussaat  im  Mai,  die  Ernte  Ende  Oktober  statt. 
Das  Laub  wird  abgeschnitten  und  als  Viehfutter  verwendet,  das  Feld 
hierauf  bis  1  G  cm  tief  gepflügt,  die  Erde  zu  großen  Haufen  aufgeworfen 
und  dann  durch  schräg  gestellte  Erdsiebe  durchgeworfen,  wodurch  Früchte 
und  die  Erde  voneinander  getrennt  werden;  die  Früchte  müssen  —  auf 
Tennen  ausgebreitet  —  sorgfältig  getrocknet  werden  2).  In  Kamerun  er- 
folgt die  Ernte  erst,  nachdem  das  »Stroh«  vollständig  abgestorben  ist. 
3 — 4  Wochen  nach  dem  Einbringen  werden  erst  die  Hülsen  von  den  Pflan- 
zen abgepflückt.  Auf  die  richtige  Erntebereitung  ist  ein  besonderes 
Augenmerk  zu  nehmen,  sie  hängt  vielfach  von  den  klimatischen  Verhält- 
nissen des  Kulturgebietes  ab. 

sind  länglich-zylindrisch  oder  länglich-eiförmig, 
geschnäbelt,  am  anderen  gewölbt  oder 
schief  abgeflacht.  Das  verschiedene,  aber  einer  bestimmten  Regel  unter- 
liegende Verhalten  der  Samen  in  bezug  auf  ihre  Gestalt,  das  bisher  nicht 
näher  untersucht  worden  zu  sein  scheint,  ist  folgendes.  Der  Same  einer 
einsamigen  Frucht  ist  länglich,  an  der  Seite,  die  der  Fruchtbasis 
(dem  Fruchtstiel)  zunächst  liegt,  gewölbt,  an  der  gegenüberliegenden 
schief  geschnäbelt.  In  einer  zweisamigen  Frucht  verhalten  sich  die 
beiden  Samen  entgegengesetzt;  dieselben  sind  an  den  Berührungsflächen 
schief  abgeplattet,  eine  Folge  der  durch  das  Wachstum  bedingten  Druck- 
wirkung; daraus  ergibt  sich,  daß  die  Abplattung  an  jedem  der  beiden 
Samen  an  einer  anderen,  d.  h.  entgegengesetzten  Seite  vor  sich  gegangen 
sein  muß.  Der  auf  der  Seite  der  Fruchtbasis  liegende  (der  untere  oder 
erste)  Same  (Fig.  268  1.)  ist  auf  der  geschnäbelten  Seite  (Gegend  des 
Nabels  und  des  Würzelchens)  abgeplattet,  auf  der  entgegengesetzten 
(Gegend  der  Ghalaza)  dagegen  gewölbt.  Die  abgeplattete  Stelle  läuft  nach 
aufwärts  in  den  kurzen  Schnabel  aus.  Der  zweite  Same  (Fig.  265  //.) 
erscheint  auf  der  Ghalazaseite  schief  abgeflacht  und  besitzt  auf  der  anderen 


1)  De  l'origine  de  l'arachide.      Bull.  Hist.  nat.,  XII,   1906,  p.  340.      Zitiert  nach 
Harms,  Ergänzungsheft  III  zu  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien,  1914,  p.  UO. 

2)  Tropenpflanzer,  1910,  p.  261. 

47* 


740 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Seite  eine  ziemlich  scharfe  Spitze.  In  dreisam  igen  Früchten  ist 
selbstverständlich  der  mittlere  Same  an  beiden  Schmalseiten  abge- 
plattet. 

Die  dünne  kupferrote,  schwarzbraune,  bräunliche  oder  violettbraune 
Samenschale  läßt  über  der  kurzen  Spitze  einen  länglichen,  weißen  Nabel 
(Fig.  268 /?)  erkennen,  von  welchem  ein  starkes  Gefäßbündel  —  die 
Raphe  —  zum  entgegengesetzten  Ende  des  Samens  zieht  und  daselbst 
die  Ghalaza  bildet  (Fig.  268 r,  ch);  von  dieser  strahlen  sechs  dunkel- 
braune Nerven  (Äste  des  starken  Gefäßbündels)  aus,  die,  wie  v.  Vogl 
sagt,  meridianartig  die  Samentläche  entlang  zur  Spitze  zurückkehren. 
Der  Samenkern  besteht  nur  aus  dem  Keim,  dessen  Würzelchen  die  vorhin 
mehrfach  erwähnte  Spitze  bildet  und  dessen  fleischig-ülige,  dicke  Keim- 
blätter ein  zierlich  gefiedertes  Knüspchen  um- 
schließen. Das  Knüspchenlager  setzt  sich  auf 
der  Innenseite  der  Keimblätter  in  deren  Längs- 
mitte in  Form  einer  schmalen,  seichten  Furche 
bis  zum  oberen  Ende  fort. 

Um  die  einzelnen  Gewebeschichten  der 
Samenschale  am  Querschnitte  unterscheiden 
zu  können,  ist  eine  sorgfältige  Behandlung  des 
Querschnittspräparates  mit  verdünnter  Salz- 
säure und  Kalilauge  notwendig;  auch  die 
Javellesche  Lauge  eignet  sich  zur  Aufhellung. 
Die  Oberhaut  der  Samenschale  besteht  aus  kuti- 
kularisierten ,  in  der  Flächenansicht  ziemlich 
scharfkantig-polygonalen,  im  Querschnitt  vier- 
eckigen Tafelzellen  (Fig.  269  u.  270  i),  deren 
Außen-  und  Seitenwände  stark  verdickt,  wäh- 
rend der  unterste  Teil  der  Seitenwände  und 
die  Innenwände  frei  von  Verdickung  sind. 
Die  Verdickung  der  Außenmembran  besteht  aus  zapfenartig  in  das  Innere 
vorspringenden  Leisten,  die,  von  der  Fläche  gesehen,  das  Lumen  wie 
die  Zähne  eines  Kammes  umsäumen  und  ein  höchst  charakteristisches, 
für  die  Diagnose  besonders  wertvolles  Bild  geben.  In  Quellungsmitteln 
erweitern  sich  die  Leisten  an  ihrem  freien  Ende  und  werden  daselbst 
breiter,  dicker,  so  daß  die  spitze  Zahnform  verlorengeht.  Die  Seiten- 
wände erscheinen  im  Querschnitt  dreieckig,  indem  die  Verdickung  nach 
abwärts  allmählich  abnimmt  und  der  unterste  an  die  Innenwand  der 
Zelle  grenzende  Teil  davon  freibleibt.  Einzelne  kleinere  Epidermis- 
zellen  besitzen  nur  einfach  verdickte  Außen-  und  Seitenwände.  Das  unter 
der  Epidermis  liegende  Gewebe  zeigt  sich  in  seiner  äußersten  Schicht 
als  ein  dichter,  in  den  übrigen  Teilen  als  ein  lückiger,  aus  zarten,  sehr 


Fig.  26S.  Arachis  hypogaea. 
Schematisclie  Darstellung  der  bei- 
den Samenformen  einer  zweisami- 
gen  Fruclit.  /.  Der  auf  der  Seite 
der  Fruchtbasis  liegende  (untere 
oder  erste)  Same,  auf  der  Cbalaza- 
seite  (ch)  gewölbt,  am  Würzelcben 
U<')  abgeplattet.  —  //.  Der  zweite 
Same,  auf  der  Chalazaseite  abge- 
plattet, ch  Chalaza,  »■  Kaphe,  /( Na- 
bel, w  Würzelchen.     Nat.  Größe. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


741 


unregelmäßig  verlaufenden  Linien  zusammengesetzter  Streifen,  der  nach 
innen  wieder  in  eine  dichte,  gelbbraune  Schicht  übergeht  (Fig.  269  2); 
der  äußere,  dichtere  Streifen  ist  von  einer  wenigreihigen  Lage  gestreckter 
Parenchymzellen  gebildet  (Fig.  269  2a);  die  Hauptmasse  des  Gewebes 
aber  ist  ein  typisches,  reich  durchlüftetes  Schwammparenchym  (Fig.  269 
u.  270  2),  dessen  Zellabgrenzungen  an  dem  reifen  Samen  nicht  mehr 
deutlich  beobachtet  werden  können.  Den  Abschluß  bildet  eine  mit  gelb- 
braunem Inhalt  erfüllte  Zellreihe  (Fig.  269  c?  u.  270  5)  als  Innenepidermis. 


S^^^SmooQQPQQ^pQQe  -^ 


Fig.  269.  Vergr.  350.  Aracliis  hijpognea.  Partie  eines  Querschnittes  durct  die  Samenschale  und  die 
äußeren  Schichten  des  Keimblattes.  In  J  a  v  e  1 1  e  scher  Lauge.  1  Epidermis  der  Außenseite,  2  Schwamm- 
parenchym, 2a  äußere  Parenchymlage,  g  Gefäßbündel,  3  innere  Epidermis  der  Samenschale,  i  ver- 
quellende hyaline  Schicht  (Nuzellarrest,  Perisperm),  ep  Epidermis  des  Keimblattes,  ko  Keimblattzellen, 
in  Interzellulairänme,  po  Poren  in  der  Flächenansicht. 


In  dem  Schwammparenchym  liegen  die  Gefäßbündel  (Fig.  269  u.  270  O) 
mit  zahlreichen,  schmalen  Spiralgefäßen.  An  die  Innenepidermis  schließt 
ein  hyaliner  Streifen  an,  der  in  Kalilauge  stark  aufquellende,  geschichtete, 
farblose,  tangential  zusammengepreßte  Zellen  erkennen  läßt  (Fig.  269  4). 
In  der  Flächenansicht  zeigt  dieses  Gewebe  einen  fast  kollenchymatischen 
Charakter;  die  Zellen  führen  einen  spärlichen,  körnigen  Inhalt;  mitunter 
schien  derselbe  aus  korrodierten  Kriställchen  zu  bestehen.  Dieses  Ge- 
webe ist  zweifelsohne  ein  Nuzellarrest  und  kann  als  Perisperm  ange- 
sprochen werden. 


742 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


^^-A^; 


Die  Kotyledonen  besitzen  eine  Oberhaut  und  ein  großzelliges  Paren- 
chym.  Die  Oberhaut  setzt  sich  aus  gestreckten,  40 — 60  [^i  langen  und 
16 — 23  1^1  breiten,  auf  der  Außenseite  stark  verdickten  Zellen  (Fig.  269  ep) 
zusammen  und  besitzt  zahlreiche  rundliche  oder  breit  elliptische  Spalt- 
öffnungen, die  von  zwei  meist  auffallend  größeren  Zellen  —  Nebenzellen  — 
umgeben  sind.  (Länge  der  Schließzellen  30 — 40  /<,  Breite  der  beiden  zu- 
sammen 20 — 24  ^i.)  Wäh- 
»-STr"    ^^^-xrJt^T     ^tc-,,,^,  rend  alle  übrigen  Zellen  der 

Epidermis  Plasma  und  Öl 
y  führen,    enthalten    die 

^         Schließzellen  nebst  diesen 
auch  kleine  Stärkekürner, 
-^^  daher  sie  in  einem  mit  Jod 

,=^  behandelten  Präparat  sehr 

--''•«?  auffällig  hervortreten.  Das 
Parenchym  der  Keimblätter 
(Fig.  269 Zo)  ist  in  der  sub- 
epidermalen  Schicht  klein- 
zellig, in  dem  übrigen  Teil 
aus  großen,  rundlich-polye- 
drischen,  getüpfelten  Zellen 
zusammengesetzt,  zwischen 
welchen  kleine  drei-  und 
viereckig  erscheinende,  luft- 
führende Interzellularen 
eingeschaltet  sind.  In  Ter- 
pentinöl ist  von  der  Tüpfel- 


Ot)^  ^^  %=^ 


und  die  Wände  sind  ziem- 
lich dünn;   behandelt  man 
jedoch   das   Präparat    mit 
Javellescher    Lauge,    so 
treten   —  bei   mehr   oder 
weniger    umfangreicher   Zerstörung    des   Zelhnhaltes   —    die    Zellwände 
deutlich   hervor,    erscheinen   in   ihrer   Queransicht   knotig   verdickt   und 
zeigen   in    der  Fläche   runde   oder   elliptische   Tüpfel    (Fig.  269 j9o),    die 


Fig.  270.  Vergr.  400.  Arachis  hypogaea.  Die  Schichten  der 
Samenschale  mit  dem  Nuzellarrest,  in  ihrer  Aufeinanderfolge 
von  der  Fläche  gesehen,  nach  Behandlung  mit  Salzsäure  und 
Kalilauge.  1  Epidermis  der  Außenseite,  2  Schwammparen- 
chym,  3  innere  Epidermis,  4  hyaline  Schicht  (Nuzellarrest). 
G  Spiroiden. 


großen  Speicherzellen  besteht  aus  Stärke,  Aleuron  und  Öltropfen.     Nach 
teilweiser   Entfettung  mit  Äther  —  wobei  übrigens  noch  genügend  Öl- 


tropfen zurückbleiben  — 
die  Stärkekörner  blau, 
blaßgelb  gefärbt.     Die  Stärkekörner  sind 


■  und  nach  Behandlung  mit  Jodlösung  findet  man 

die   Aleuronkörner  goldgelb   und    die   Öltropfen 

lig   und  messen  3 — 12  ^r, 


Einundzwanzigster  Absclmitt.     Samen.  743 

an  größeren,  mehr  eirunden  Stärkekürnern  läßt  sich  auch  ein  zentraler 
Kern  beobachten.  Die  Aleuronkürner  haben  eine  runde,  eiförmige  oder 
ganz  unregelmäßige  Gestalt  und  treten  in  zwei  Größen  auf;  als  kleine, 
4 — 8  /<  messende  Formen  und  als  große  Körner  mit  10 — 13  /t  Durch- 
messer. Diese  letzteren  enthalten  häufig  zahlreiche  kugelige  Globoide; 
A.  V.  VogP)  beobachtete  auch  Aleuronkörner  von  knolliger,  höckeriger 
und  stäbchenförmiger  Gestalt. 

Die  Erdnußsamen  haben  einen  bohnenartigen  und  zugleich  öligen 
Geschmack;  geröstet  schmecken  sie  nach  Mandeln. 

Nach  König  enthalten  sie  im  Mittel  in  Prozenten: 

Wasser       Stickstoffsubstanz       Fett      Stickstofffreie  Extraktstoffe      Rohfaser      Asche 
6,95  27,65  45,80  16,75  2,2l'  2,64 

Der  Ölgehalt  der  Arachis-Samen  ist,  wie  schon  eingangs  bemerkt 
wurde,  von  dem  Kulturlande  in  hohem  Grade  abhängig;  aber  auch  die 
Qualität  des  Öles  scheint  von  den  klimatischen  und  Bodenverhältnissen 
stark  beeinflußt  zu  werden.     Es  enthalten  nach  Sadtler^) 

Erdnußsamen  vom  Senegal     51  Proz. 
»                 »     Kongo       49      » 
»              von   Ostafrika  49      » 

»      Bombay    44       » 

»      Madras      43 
»  »      Amerika    42      » 

In  Kamerun  geerntete  Samen  enthielten  in  der  Trockensubstanz  bis 
65,74  Proz.  Fett  und  bis  32  Proz.  Stickstoffsubstanzen^). 

Das  beste  Öl  wird  aus  den  afrikanischen,  das  schlechteste  aus  den 
ostindischen  Samen  gewonnen. 

Wie  andere  Samen  der  Leguminosae  enthält  die  Erdnuß  auch  eine 
als  Agglutinin  wirksame  Albuminose  (Phasin),  die  aber  zum  Unter- 
schiede vom  Ricin  (s.  Rizinussamen,  p.  756)  nicht  giftig  ist.  —  Die 
Erdnußkuchen  mit  33,0 — 54,6  Proz.  Rohprotein  (geschält)  dienen  als 
Futtermittel  (vgl.  Wittmann,  1.  c). 

Die  Erdnuß,  auch  Erdeichel,  Erdmandel,  Mani,  Mandubinuß,  Man- 
carra*),  Aschantinuß,  Pea-nut,  Manila-nut,  Earth-nut,  Ground-nut,  Pistaches 
de  terre  genannt,  ist  nicht  nur  ein  wegen  seines  hohen  Ölgehaltes  höchst 
wertvoller  technischer  Rohstoff,  sondern  auch  ein  stickstoffreiches  Nahrungs- 


1)  Die  wicht,  veg.  Nalirungs-  und  Genußmittel,  p.  323. 

2)  S.  P.  Sadtler,  Peanut-Oil  and  its  uses  in  Pharmacy  and  the  arts.     Americ. 
Druggist  and  Pharm.  Record,  XXXI,  1897,  No.  5. 

3)  Erdnußkultur  in  Kamerun.     Tropenpflanzer,  1911,  p,  503. 

4)  So  auf  den  Capverdischen  Inseln  und  Bolama  genannt.     Globus,  XLVI,  1884, 
Nr.  9,  p.  137. 


744  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

mittel,  das,  sowohl  roh,  wie  gerüstet,  jetzt  auch  als  eine  Art  Trocken- 
obst eine  weite  Verbreitung  erlangt  hat.  Eine  aus  den  ausgepreßten 
Samen  hergestellte  Grütze i),  die  47,26  Proz.  Stickstoffsubstanz  und  noch 
lOjSTProz.  Fett  enthält,  gilt  als  ein  wertvolles  Nahrungsmittel  (»vege- 
tabilisches Fleisch«).  Ebenso  bilden  die  Erdnußkuchen,  wie  bereits  oben 
hervorgehoben  wurde,  ein  viel  verwendetes  und  nicht  selten  verfälschtes 
Mastfutter^).  Hingegen  ist  der  Gebrauch  der  gerösteten  Erdnußsamen  als 
Kaffeesurrogat  (»Austriabohnenkaffee«)  wohl  nur  wenig  empfehlenswert. 
In  Spanien  dienen  die  Kuchen  mit  Kakao  vermischt  als  gewöhnliches 
Nahrungsmittel).     Über  das  Erdnußöl  siehe  I,  p.  683  (Arachisöl). 

10.  Tonkabohnen  (Touca-,  Touco-,  Tongabohneii). 
Die  Tonkabohnen  unseres  Handels,  früher  auch  als  holländische 
Tonkabohnen  bezeichnet,  sind  die  zufolge  ihres  großen  Kumaringehaltes 
sehr  wohlriechenden  Samen  von  Coumaruna  odorata  Äubl.  (Dipteryx 
odorata  Willd.)  und  kommen  hauptsächlich  von  Venezuela  (Angostura), 
Surinam  und  Nordbrasilien  (Para)  nach  Europa.  Eine  geringe  Menge 
liefert  auch  Martinique.  Die  Angosturabohnen  aus  dem  Flußgebiet  des  Rio 
Gaura  (Orinoko)  kommen  für  den  Weltbedarf  in  erster  Linie  in  Betracht; 
die  Durchschnittsernte  beträgt  100  000  kg  (1909  fast  das  Vierfache^)). 
Nach  Hamburg  kamen  1909  nur  3280  kg,  wovon  ein  großer  Teil  wieder 
ausgeführt  wurde,  und  zwar  vorzüglich  nach  Italien,  Frankreich  und 
England.  In  den  Preislisten  ist  die  Angosturasorte  stets  höher  als  die 
beiden  anderen  Sorten  bewertet  und  gilt  als  die  bessere s).  Die  englischen 
Tonkabohnen  werden  von  C.  oppositifolia  (Aubl.)  Taub,  abgeleitet;    in 


1)  Nördlinger,  Über  Erdnußgrütze,  ein  neues  fett-  und  stickstoffreiches  Nähr- 
mittel.    Zeitschr.  f.  angew.  Chemie,  1892,  p.  689. 

2)  Hiltner,  Über  ein  einfaches  Verfahren,  Verfälschungen  von  Erdnußkuchen 
und  Erdnußmehlen,  annähernd  zu  bestimmen.  Landwirtschaft!.  Versuchsstat.,  XL, 
1892,  p.  351 — 355;  ferner  R.  v.  Tuson,  Earthnut  or  ground-nut  cake.  The  Pharm_ 
Journ.  and  Transact.,  VII,  1876,  p.  332.  —  Uhlitzsch,  Rückstände  der  Erdnußöl- 
fabrikation. Landwirtsch.  Versuchsstat.  1892,  XLI,  p.  385.  —  Böhmer,  Kraftfutter- 
mittel, 1903,  p.  514—536. 

3)  Ascherson  u.  Graebner,  Synopsis  usw.  VI,  2,  p.  898  und  Taubert  in 
Engler-Prantl,  Paanzenfamilien  III,  3,  p.  324. 

4)  Vgl.  Tunmann  in  Apoth.-Ztg.  (Berlin)  1911,  p.  580  und  TropenpQanzer  1910, 
p.  315.  Ferner  C.  Ghalot,  La  föve  Tonka,  L'Agriculture  prat,  pays  chauds,  IX,  11, 
1909,  p.  505—508. 

5)  Nach  gütiger  Mitteilung  der  Firma  Caesar  &Loretz  in  Halle  a.  d.  S.  kostete 
1913  1  kg  Angostura  etwa  15  J(,  Surinam  14  J(  und  Para  12  .//  (fast  das  Doppelte 
des  Preises  vom  Jahre  1900).  Tonkabohnen  von  Martinique  und  wilde  Tonkabohnen 
kommen  im  deutschen  Handel  nicht  vor.  —  Vgl.  auch  Tschirch,  Handb.  d.  Pharm., 
II,  p.  1310. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  745 

neuerer  Zeit  sind  auch  sogenannte  wilde  Tonkabohneni)  aus  Brasilien 
auf  den  Markt  gekommen,  die  angeblich  auch  von  einer  Coumaruna- 
Art  herrühren,  aber  viel  kleiner  sind  als  die  echten  und  nur  einen 
schwachen  Kumaringeruch  besitzen^).  Nach  Hartwich  erscheint  es 
nicht  unmöglich,  daß  diese  auf  eine  Copaiba  zurückzuführen  sind,  welche 
Gattung  mehrere  Arten  mit  wohlriechenden  Samen  enthält  3). 

In  Venezuela  heißt  der  Tonkabohnenbaum  Sarrapia,  die  die  Ernte 
der  Früchte  besorgenden  Arbeiter  Sarrapieros.  Die  steinfruchtartige, 
einer  kleinen  Melone  gleichende  Hülse,  deren  lederigzähes  Fleisch  von 
den  Eingeborenen  genossen  wird,  wird  zwischen  zwei  Steinen,  zerschlagen, 
der  einzige  Same  dann  an  der  Sonne  getrocknet.  Die  weitere  Zuberei- 
tung (s.  unten)  erfolgt  in  Giudad-Bolivar  und  auf  Trinidad. 

Die  Samen  von  Coumaruna  odorata^)  sind,  wie  sie  in  der  Handels- 
ware vorliegen,  von  sehr  verschiedenen  Größenverhältnissen ;  man  kann 
füglich  durch  Auslese  zwei  Größen  gewinnen:  solche,  welche  3,4 — 5  cm 
in  der  Länge  und  1— '1,2  cm  in  der  Breite  messen,  und  ferner  weit 
kleinere  mit  2,6 — 3  cm  Länge  und  0,7 — 0,8  cm  Breite.  In  der  Gestalt 
dagegen  herrscht  im  allgemeinen  große  Übereinstimmung.  Die  Samen 
sind  länglich,  flachgedrückt  (der  stärkste  Dickendurchmesser  beträgt  0,5 
bis  0,7  cm),  an  den  Enden  stumpf  und  abgerundet,  an  der  Rückenseite 
scharf  kantig,  an  der  Bauchseite  stumpf  gekielt  oder  abgeflacht,  mit  einer 
die  Bauchfläche  der  Länge  nach  halbierenden  schmalen  Leiste;  nahe  dem 
einen  Ende  ist  daselbst  der  höcker-  oder  zapfenartig  hervorragende 
braune  Nabel.  Die  Oberfläche  der  Samen  ist  schwarz,  fettglänzend, 
längsrunzelig  und  meist  mit  farblosen,  sehr  kleinen  Gumarinkristallen 
mehr  oder  minder  reichlich  besetzt.  Das  Austreten  des  Cumarins 
aus  dem  Inhalt  der  Samen  erfolgt  auf  ein  besonderes,  »Kristallisation« 
genanntes  Verfahren.  Die  getrockneten  Bohnen,  werden  in  Fässer  von 
300  1  Inhalt  bis  unter  den  Rand  gefüllt;  darauf  wird  Rum  bis 
zum  Faßrande  aufgegossen  und  nach  24  Stunden  (soweit  er  nicht  ab- 
sorbiert ist)  wieder  abgezogen.  Die  an  der  Luft  getrockneten  Bohnen 
sind  nun  von  den  Kristallen  bedeckt  (Andrö,  1905)^).    Die  Samen  riechen 

1)  G.  Hartwicli,  Die  neuen  Arzneidrogen  aus  dem  Pflanzenreiche,  ^897,  p.  i17. 
—  Chem.-Ztg.  (Cöthen),  1887,  p.  693. 

2)  Der  Index  Kewensis  führt  acht  Dipteryx- Arten,  von  denen  für  folgende  vier 
Arten:  D.  pteropus  Marl,  midipes  Ttcl,  rosea  Spruce  und  tetraphylla  Benth.  Bra- 
siUen  als  Heimatsland  angegeben  ist.  Doch  wird  hauptsächlich  D.  pteropus  als  eine 
Tonkabohnen  liefernde  Sorte  bezeichnet. 

3)  Von  diesen  ist  insbesondere  Copaiba  [Copaifera]  Jacquini  Desfont.  hervor- 
zuheben; vgl.  Hanausek  in  Zeitschr.  d.  allg.  öst.  Apoth.-Ver.,  1881,  p.  332. 

4)  Über  die  Kultur  dieser  Art  s.  Preuss  im  Tropenpflanzer,  4899,  p.  574. 

5)  Siehe  auch  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Oktober  1916,  p.  68  (Auszug  aus  einer 
Abhandlung  von  Albes). 


746 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


kräftig  nach  Steinklee  oder  Heu  und  haben  einen  bitteren  und  scharfen 

Geschmack. 

Erweicht  man  einen  Samen  in  Wasser,  so  läßt  sich   die  schwarze, 

nur  0.,2 — 0,3  mm    dicke,   dem  Kerne   nur  lose   aufsitzende  Samenschale 

von  diesem  leicht  abheben.  Das  Was- 
ser wird  in  kurzer  Zeit  gelbbraun  ge- 
färbt. 

Der  von  der  Schale  befreite  Samen- 
kern besteht  nur  aus  dem  bräunlichen, 
ülig-fleischigen  Keim,  dessen  beide 
Keimblätter  an  der  Außenfläche  eben- 
falls Runzelfalten  besitzen;  es  sind 
daher  die  Runzeln  der  Samenschale 
nur  die  Abdrücke  der  Keimblätterfalten. 
Das  Würzelchen  ist  kurz  und  dick,  fast 
kugelig,  die  Plumula  zeigt  zwei  ge- 
fiederte, gelbbraune  Blättchen,  die  einer 


In  dem  anatomischen  Bau  der 
Samenschale  ist  die  Zugehörigkeit  der 
Tonkabohnen  zu  dem  Typus  der  Legu- 
i7iinosae-  Papüionatae  unverkennbar 
zum  Ausdruck  gekommen.  Von  den 
sechs  unterscheidbaren  Schichten  der 
Schale  ist  die  Oberhaut  in  Palisaden- 
form, die  subepidermale  als  einreihige 
Säulenschicht  entwickelt.  Einige  Eigen- 
tümlichkeiten der  diese  Schichten  zu- 
sammensetzenden Zellen  bieten  eine 
gute  spezifische  Charakteristik  dieser 
Ware  und  zugleich  ein  interessantes 
Thema  für  die   mikroskopische  Beob- 


Fig.271.  Vergr.  300.  Tonkaboline.  Partie 
eines  Querschnittes  durch  die  Samen- 
schale. 1  Palisadenoherhaut  mit  c  Kntikula; 
la  die  obere  Hälfte  der  Palisadenzellen  mit 
den  Yerdickungsleisten  (es  sind  der  Deutlich- 
keit halber  nur  zwei  seitliche  und  eine  mitt- 
lere gezeichnet),  Ib  der  dünnwandige  Fußteü 
der  Palisaden;  2  Spulenzellen,  3  Schwamm- 
parenehym,  bei  3a  sehr  zusammengepreßt  und 
zum  Teil  obliteriert  (Nährschicht) ;  4  Pigment- 
schicht (Innenepidermis);  5  Aleuronschicht 
(Nuzellarrest);  G  hyaline  Schicht  (Endosperm). 


achtung. 
Die  Epidermis  der  Samenschale  (Fig.  271)  besteht  aus  einer  Reihe 
Palisadensklereiden  1),  die  fünf-  oder  sechsseitige,  mit  der  Achse  senk- 
recht auf  die  Schalenoberfläche  gestellte  Prismen  bilden;  die  Länge  der 
Zellen  beträgt  40 — 43  ^Jt,  der  Querdurchmesser  20 — 22  f.i.  Besonders 
bemerkenswert  ist  die  Art  der  Zellwandverdickung;  an  der  Innenseite 
der  Zellwand  treten  parallel  zur  Prismenachse  gerichtete  Leisten  hervor,         ; 


\)  A.  V.  Vogl,  Kommentar  zur  7.  Ausgabe  usw.,  II, 
p.  601,  Fig.  -183. 


186  und  die  Abbildungen, 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


747 


(Fig.  27 1  la—lb],  die  über  die  Hälfte  der  Zelle  hinabreichen  und  sich 
daselbst  verflachen.  Es  müssen  daher  die  Palisaden  in  der  Aufsicht 
ein  je  nach  der  Tiefe  der  Einstellung  verschiedenes  Bild  zeigen,  indem 
nahe  der  Außenfläche  die  Zellwand  mit  den  Leisten  (Fig.  273  la),  hin- 
gegen in  einer  tieferen  Partie  die  glatte  Zellwand  (Fig.  273  Ib)  beobachtet 
werden  kann.  Das  Fußende  der  Palisaden  ist  nur  schwach  verdickt, 
die  Zellmembran  daselbst  etwas  gefaltet.  Alle  Membranteile  sind  von 
einem  dunkelbraunen  Farbstoff  infiltriert,  auch  der  spärliche  Zellinhalt 
besteht  aus  einer  braunen  Masse.  Dieser  Schicht  verdankt  die  Samen- 
schale hauptsächlich  ihre  schwarze  Färbung. 

Die  zweite  Schicht  entspricht  der  Säulen-  (Träger-,  Sanduhr-,  Spulen-, 
I-)zellenschicht  der  Leguminosen  und  setzt  sich  wie  diese  aus  einer  Reihe 
stark  sklerosierter  Zellen  zusammen  (Fig. 
271  u.  273  2).  Manche  derselben  lassen 
noch  recht  gut  den  typischen  Bau  der 
Spulenzelle  —  mit  einem  verbreiterten 
Scheitel-  und  ebensolchen  Fußteil  und 
einem  engeren  Mittelstück  —  erkennen; 
die  meisten  dagegen  weisen  aber  sehr 
eigentümliche,  kreisel-,  pilzförmige  oder 
ganz  unregelmäßige  Gestalten  auf,  die 
einen  breiten,  unregelmäßig  konturierten 
Fußteil  und  im  Mittelstück  eine  mäch- 
tige ,  ringförmige  Verdickungsquerleiste 
besitzen ;  letztere  kann  so  stark  entwickelt 
sein,  daß  sie  das  Lumen  in  zwei  geson- 
derte Abteilungen  scheidet  und  die  Zelle 

scheinbar  zwei  Lumina  besitzt.  Der  Durchmesser  dieser  von  oben  ge- 
sehenen rundlichen  oder  elliptischen  Elemente  beträgt  40 — 53  .t<. 

Nun  folgt  ein  reich  durchlüftetes  Schwammparenchym  (Fig.  271  u. 
273  5),  dessen  farblose,  inhaltsleere,  verhältnismäßig  dünnwandige,  quer 
zur  Zellachse  etwas  gestreckte  Zellen  zahlreiche,  verschieden  große  Inter- 
zellularen zwischen  sich  frei  lassen.  Nach  innen  zu  sind  sie  stark  zusammen- 
gepreßt und  zum  Teil  obliteriert  (Fig.  271  und  272  3a).  In  dieser  Schicht 
verlaufen  auch  die  Spiroidenbündel.   Ghlorzinkjod  färbt  dieselbe  blauviolett. 

Unmittelbar  an  das  Schwammparenchym  legt  sich  ein  schmaler, 
brauner  Streifen  an  (Fig.  271,  272,  273  4),  die  Pigmentschicht,  die  aus 
einer  Reihe  parallel  zur  Oberfläche  gestreckter,  senkrecht  auf  die  Längs- 
achse des  Samens,  also  gürtelförmig  verlaufender,  dünnwandiger  und 
mit  tief  braunem,  homogenem  Inhalte  erfüllter  Zellen  besteht,  mit  denen 
die  eigentliche  Samenschale  abschließt;  die  Pigmentschicht  stellt  daher 
die  Innenepidermis  der  Samenschale  dar. 


Fig.  272.  Vergr.  300.  T  o  n  k  a  b  o  h  n  e.  Die 
innersten  Schichten  der  Samenschale  im 
radialen  Längsschnitt,  äa  Die  innere  sehr 
zusammengepreßte  Schicht  des  Schwamm- 
parenchyms,  i  Pigmentschicht,  5  Alenron- 
schicht,  ';  hyaline  Schicht. 


748 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Die  folgenden  Schichten  lassen  sich  von  der  erweichten  Schale  leicht 
abziehen,    wobei    noch   Teile    der   Pigmentschicht   und    des    Schwamm- 


parenchyms   mit   abgehoben  werden; 


Fig.  273.  Vergr.300.  Tonkabohne.  Die  Scliichten  der 
Samenschale  in  ihrer  Aufeinanderfolge  in  der  Flächen- 
ansicht.  1  Palisadenoberhaut,  la  Die  Palisaden  von  außen 
gesehen,  Ib  innerer,  leistenfreier  Teil  derselben;  2  Spulen- 
zellen, die  Fußteile  licht  gehalten;  5  Schwammparenchym, 
■i  Pigmentschicht,  5  Aleuronschicht,  ij  hyaline  Schicht. 


im  Querschnitte  können  dieselben 
durch  Behandlung  mit  Ghlor- 
zinkjod,  das  sie  violett  färbt, 
sehr  klar  veranschaulicht 
werden.  Die  fünfte  Schicht 
ist  aus  einer  Reihe  im  Quer- 
schnitte quadratischer  (Fig. 
271,  272,  273  5),  in  der 
Flächenansicht  polygonaler, 
mäßig  verdickter  Zellen  zu- 
sammengesetzt, die  einen  an 
Plasma  und  Öl  reichen  Inhalt 
führen  und  eine  Aleuron- 
schicht darstellen.  Diese  bildet 
den  Rest  des  Nuzellus  und 
kann  daher  als  ein  Perisperm 
angesprochen  werden.  In 
stark  quellenden  Mitteln,  z.  B. 
in  heißer  Kalilauge  läßt  sich 
noch  eine  innerste  Schicht 
isolieren,  die  im  Querschnitt 
einem  hyalinen,  nahezu  struk- 
turlosen  Streifen    deicht,    in 


noch  hier  und  da  durch  zarte 
Längs-  und  Querlinien  die 
einstigen  Zellbegrenzungen  er- 
kennen läßt.  Sie  ist  der  Rest 
des  Endosperms  (Fig.  271, 
272,  273  6). 

Das  Gefäßbündel  des  Na- 
bels ist  in  einem  aus  farblosen, 
rundlichen,  dünnwandigen  Zel- 
len gebildeten  Parenchym  ein- 
gebettet und  enthält  zahlreiche 
sehr   schmale   Spiroiden    mit 


abrollbarera  Spiralbande;  längs  des  Kieles  der  Bauchseite  sind  die  Pali- 
saden- und  Säulenzellen  weit  schmäler  als  an  den  übrigen  Teilen  der 
Schale  entwickelt. 

Die    braunen    Keimblätter    setzen    sich    aus    einem    dünnwandigen, 


Einundzwanzigster  Absclinitt.     Samen.  749 

rundzelligen  Parenchym  zusammen,  in  dem  zarte  Spiroidenbündel  ein- 
gebettet sind;  die  Epidermis  der  Keimblätter  wird  von  sehr  schmalen, 
auf  der  Außenseite  verhältnismäßig  dickwandigen  Zellen  gebildet.  Eine 
Differenzierung  des  Parenchyms  in  Palisaden-  und  Rundzellen  findet  nicht 
statt.  Der  reiche  Inhalt  der  Parenchymzellen  läßt  ohne  vorhergehende 
Präparation  die  Abgrenzung  derselben  gar  nicht  wahrnehmen;  erst  wenn 
man  die  Schnitte  mit  Äther  und  Alkohol  unter  Erwärmen  entfettet  und 
mit  Jod  behandelt  hat,  treten  die  Zellmembranen  deutlich  hervor.  In 
dem  Zellinhalt  kann  man  —  selbst  schon  an  in  Wasser  liegenden  Prä- 
paraten —  drei  verschiedene  Körper  unterscheiden:  eine  farblose, 
glänzende,  fast  homogene,  nur  hier  und  da  mit  zarten  Sprüngen  oder 
Spalten  versehene  Grundmasse,  zahlreiche  rundliche  Körper  und  eine 
oder  mehrere  gelbliche  klumpenartige  Massen.  Die  Eigenschaften  dieser 
Substanzen  werden  durch  ihr  Verhalten  gegen  gewisse  Reagenzien  klar 
gelegt.  Legt  man  einen  Schnitt  in  Alkohol  und  nach  Verdunsten  des- 
selben in  Jodjodkaliumlösung,  so  werden  die  rundlichen  Körper  allmählich 
bräunlich-violett,  die  gelblichen  Klumpen  stärker  gelb.  Behandelt  man 
einen  Schnitt  hingegen  zuerst  mit  Wasser  und  dann  erst  mit  Jodlösung, 
so  wird  derselbe  schon  dem  freien  Auge  sichtbar  blauschwarz  und  das 
mikroskopische  Bild  zeigt  die  rundlichen  Körper  tiefblau;  außerdem  noch 
zahlreiche  aus  dem  Präparat  herausgetretene  Fetttropfen  und  kleine  Bläs- 
chen in  der  Grundmasse.  Die  homogene  Grundmasse  ist  ein  Gemisch 
von  fettem  Öl  und  wenig  Plasma;  die  rundlichen  oder  abgerundet-poly- 
edrischen  Körper  von  3 — 7  /<  Durchmesser  sind  Stärkekörner.  Daß  die 
Jodreaktion  in  dem  zuerst  angeführten  Falle  nur  allmählich  und  schwächer 
eintritt,  ist  dahin  zu  erklären,  daß  die  von  der  Grundmasse  gebildeten 
Überzüge  über  die  Stärkekörner  eine  intensive  Einwirkung  der  Jodlösung 
nicht  zulassen;  wird  aber  durch  Einlegen  in  Wasser  ein  teilweiser  Zer- 
fall des  Ölplasmagemisches,  wofür  ja  das  Austreten  der  Fetttropfen  und 
die  Bläschenbildung  in  der  Grundmasse  spricht,  bewirkt,  so  kann  alsbald 
die  Blaufärbung  der  Stärke  durch  Jod  herbeigeführt  werden.  Wird  ein 
entfetteter  Schnitt  mit  Millons  Reagens  erwärmt,  so  färben  sich  die 
(ursprünglich)  gelben  Massen  intensiv  ziegelrot  und  lassen  ihre  Konturen 
deutlich  wahrnehmen ;  sie  erscheinen  als  eirundliche,  längliche,  zylindrische, 
selbst  stabartige  Körper,  deren  Länge  i  6 — 27  //  beträgt.  In  Salz-  und 
Schwefelsäure  zerfallen  sie  allmählich,  in  Kalilauge  quellen  sie  und  werden 
blasser.  Die  angegebenen  Reaktionen  zeigen,  daß  wir  es  hier  mit  in 
Wasser  und  Alkalien  unlöslichen,  in  Säuren  löslichen  Aleuronkörnerni) 
zu  tun  haben,  die  — im  trockenen  Samen  wenigstens  —  eine  dauer- 
hafte, sehr  widerstandsfähige  gelbe  Färbung  besitzen. 

1)  In  Wasser  lösliche  Aleuronkörner  kommen  sehr  selten  vor.     Vgl.  Tschirch, 
Angewandte  Pflanzenanatomie,  1889,  p.  45. 


750  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Einen  ähnlichen  Inhalt  besitzt  auch  das  zartzellige  Gewebe  des 
Würzelchens;  neben  sehr  bedeutenden  Eiweiß-  und  Fettmengen  findet  man 
in  demselben  kleinkörnige  Stärke.  In  dem  zentralen  Prokambiumstrang, 
der  schon  makroskopisch  an  Längs-  und  Querschnitten  sichtbar  ist,  sind 
zahlreiche  elliptisch-konturierte  oder  rundliche  Lücken  enthalten,  an- 
scheinend lysigene  Sekreträume,  die  ein  farbloses,  scholliges  Sekret  führen. 

Von  dem  wichtigsten  Inhaltskürper  der  Tonkabohnen,  dem  Cumarin, 
ist  bei  der  mikroskopischen  und  mikrochemischen  Untersuchung  nichts 
wahrzunehmen.  Dagegen  findet  man  es  an  der  Handelsware  in  Form 
kleiner,  farbloser,  seidenglänzender  Blättchen  oder  Prismen  und  zwar  auf 
der  Samenschale,  auf  und  zwischen  den  Kotyledonen.  Wie  Wiesner i) 
angibt,  führen  völlig  gereifte,  aber  noch  nicht  getrocknete  Samen  von 
Coumaruna  noch  keine  Gumarinkristalle ;  es  scheint  in  ihnen  dieser 
Körper  im  fetten  Öle  aufgelöst  enthalten  zu  sein.  Erst  infolge  des 
»Kristallisationsverfahrens«  (s.  p.  751)  scheidet  das  Cumarin  sich  aus  und 
bedeckt  die  Samen  in  der  angegebenen  Weise.  Molisch  und  ZeiseP) 
haben  an  der  Komposite  Ageratum  mexicanum  Sims  beobachtet,  daß 
dieselbe  niemals  im  lebenden,  wohl  aber  im  toten  Zustande  nach  Cumarin 
rieche.  Von  anderen  Cumarinpflanzen,  z.  B.  vom  Waldmeister,  Ruch- 
gras u.  a.  ist  bekannt,  daß  sie  wohl  auch  im  frischen  Zustande  Cumarin- 
geruch  besitzen,  der  aber  viel  kräftiger  wird,  wenn  sie  welk  oder  trocken 
geworden  sind.  Für  den  ersten  Fall  ist  wohl  mit  den  genannten  Autoren 
anzunehmen,  daß  das  Cumarin  als  solches  nicht  in  der  lebenden  Pflanze 
präexistiert,  sondern  erst  nach  dem  Tode  aus  irgendeiner  leicht  zer- 
setzlichen  Verbindung  gebildet  wird^).  Von  schon  in  lebendem  Zustande 
riechenden  Pflanzen  weiß  man,  daß  sie,  wie  der  Steinklee,  das  Cumarin 
an  andere  chemische  Individuen  gebunden  enthalten;  im  Steinklee  kommt 
es  an  Melilotsäure  gebunden  vor.  In  bezug  auf  die  Art  des  Vorkommens 
des  Cumarins  in  den  To'nkabohnen  scheint  die  Annahme,  daß  freies 
Cumarin  im  fetten  Öle  gelöst  enthalten  sei,  bei  der  verhältnismäßig 
leichten  Darstellungsweise  desselben  aus  den  Tonkabohnen  viel  Wahr- 
scheinlichkeit für  sich  zu  haben.  Nach  E.  Senft*)  ist  dies  tatsächlich 
der  Fall;  der  Gehalt  der  einzelnen  Bohne  an  Cumarin  kann  nach  Senft 


1)  Rohstoffe,   1.  Aufl.,   1873,  p.  717. 

2)  Ein  neues  Vorkommen  von  Cumarin.  Ber.  d.  deutschen  bot.  Gesellschaft, 
1888,  VI,  p.  353. 

3)  Doch  bleibt  die  Cumarinbildung  aus  beim  Abtöten  der  Pflanze  durch  starken 
Alkohol,  durch  Abbrühen  mit  90°  warmem  Wasser,  durch  starke  Subhmat-  und 
Sodalösung,  sowie  durch  wässerige  Schwefelsäure  (1:10).  J.Behrens,  Der  Tropen- 
pflanzer,  3.  Jhg.,   1899,  p.  302. 

4)  Über  das  Vorkommen  und  den  Nachweis  des  Cumarins  in  der  Tonkabohne, 
Pharmaz.  Praxis  1904,  p.  77. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  751 

bis  10  Proz.  betragen.  Der  mikrochemische  Nachweis  des  Cumarins 
gelingt  mit  Ghlorzinkjod,  das  mit  Cumarin  eine  kristallisierte  Verbindung 
eingeht.  —  Über  den  direkten  Nachweis  des  Cumarins  in  den  Samen 
s.  Nestler,  Ber.  d.  D.  Bot.  Gesellsch.    1901,  XIX,  p.  351. 

Das  Cumarin  1),  früher  auch  cumarylige  Säure,  Cumarinsäureanhy- 
drid,  Tonkabohnenkampfer  genannt,  wurde  zuerst  von  Vogel  (1820)  in 
den  Tonkabohnen  aufgefunden  und  für  Benzoesäure  gehalten.  Guibourt^) 
hat  es  als  selbständige  Verbindung  erkannt,  Pechmann  seine  Konstitu- 
tion festgestellt. 

0  —CO 
Formel  CgHeO,  =  C6H4<  I     • 

Es  wird  in  größeren  Mengen  aus  den  Tonkabohnen  gewonnen,  kann 
aber  auch  synthetisch  (nach  Perkin)  aus  sahzyliger  Säure  aus  Natrium- 
salizylaldehyd  (durch  Erwärmen  mit  Essigsäureanhydrid)  dargestellt  werden. 
Zur  Gewinnung  aus  den  Tonkabohnen  erhitzt  man  die  fein  zerschnittenen 
Bohnen  mit  etwa  dem  gleichen  Volumen  SOprozentigem  Alkohol  längere 
Zeit  bis  nahe  zum  Sieden,  filtriert  die  Flüssigkeit  und  wiederholt  dieses 
Verfahren  nochmals  mit  dem  Rückstand.  »Von  den  vereinigten  Lösungen 
wird  dann  so  viel  Alkohol  abdestilliert,  bis  der  Rückstand  sich  zu  trüben 
beginnt.  Dann  mischt  man  ungefähr  das  vierfache  Volumen  Wasser  zu, 
wodurch  das  Cumarin  kristallinisch  gefällt  wird.  Man  erhitzt  dann  das 
Gemisch  zum  Sieden  und  läßt  die  Lösung  durch  ein  mit  Wasser  be- 
netztes Filter  laufen.  Auf  diesem  bleibt  das  Fett  zurück,  während  aus 
der  Lösung  beim  Erkalten  reines  Cumarin  auskristallisiert«  (Zärnik). 
Von  1  kg  Bohnen  erhält  man  1  4  g  Cumarin.  Das  Cumarin  kristallisiert 
in  harten,  seideglänzenden,  rhombischen  Blättchen  und  Prismen,  riecht 
angenehm  gewürzhaft,  schmeckt  bitter,  schmilzt  bei  67°,  siedet  nach 
Delalande  bei  270°,  nach  Perkin  bei  290°,  verflüchtigt  sich  aber 
schon  bei  niedrigeren  Temperaturen  mit  bittermandelartigem  Geruch  und 
ist  in  Äther,  fetten  und  flüchtigen  Ülen,  in  heißer  Kalilauge,  in  Essig- 
säure und  wässeriger  Weinsäure  löslich;  es  löst  sich  ferner  in  45  Teilen 
kochenden  und  in  400  Teilen  kalten  Wassers.     Es  ist  giftig. 

Die  Tonkabohnen  finden  eine  ausgedehnte  Anwendung  in  der  Par- 
fümerie,  als  wohlriechende  Beigabe  zum  Schnupftabak  und  werden  ferner 
zur  Bereitung  der  Maitrankessenz  und  zur  Parfümierung  von  sogenannten 
künstlichen,  aus  Kirschbaumtrieben  dargestellten  Weichselrohren  benutzt; 
auch   als   Geruchskorrigens   für  Jodoform    sind  sie   empfohlen   worden. 


1)  Husemann-Hilger,   Die  Pflanzenstoffe,   2.  Aufl.,  1884,   II,   p.  1036. 
Simonis,  Die  Kumarine,  Stuttgart  lOlö. 

2)  Histoire  des  Drogues  simples,  zit.  in  Husemann-Hilger,  1.  c. 


752  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen, 

Als  Zusatz  zu  Tabak  sollen  sie  nach  H.  Schelenz  (Pharm.  Post.  1917, 
189)  um  1600  in  England  als  »french  beans«  verwendet  worden  sein. 
Auch  das  Tonkabohnenfett  ist  besonders  in  Holland  ein  Handels- 
artikel. Über  dessen  Konstanten  vgl.  Duyk,  Rep,  de  Pharm.  XX,  1908, 
p.  193. 

11.  Leinsamen. 

Der  Lein  wird  vorwiegend  als  Gespinstpflanze  gebaut.  Nur  wenige 
Länder  kultivieren  dieses  Gewächs  seiner  ölreichen  Samen  wegen  i). 

Die  bedeutendsten  Lein  bauenden  Länder,  z.  B.  Südrußland,  die 
russischen  Ostseeprovinzen  (baltischer  Leinsamen,  die  reinste  Sorte), 
Indien,  Argentinien  (»La  Plata-Saat«),  Marokko,  Ägypten  und  Nord- 
amerika, liefern  auch  die  größten  Quantitäten  von  Leinsamen  für  den 
Handel.  Neuestens  bringt  Argentinien  sehr  schöne  Sorten  von  Lein- 
samen auf  den  Markt;  daselbst  wird  in  der  Provinz  Santa  Fe  der  Lein 
im  großen  angebaut^).  Die  käuflichen  Leinsamen  sind  entweder  für  die 
Aussaat  oder  zur  Ölpressung  bestimmt.  Die  schweren,  ausgereiften, 
frischen  und  noch  keimfähigen,  als  Saatgut  für  den  Flachsbau  bestimm- 
ten Samen  nennt  man  Leinsaat,  Unter  Schlagsaat  versteht  man  alle 
geringen,  bloß  zur  Ölgewinnung  dienlichen  Leinsamen,  mögen  sie  im 
noch  unreifen  Zustande  vom  Felde  gebracht  worden  sein  oder  infolge 
längerer  oder  schlechter  Aufbewahrung  ihr  Keimvermögen  verloren  haben. 
Vorwiegend  erscheinen  als  Schlagsaat  im  Handel  unausgereifte  Leinsamen, 
die  man  gewissermaßen  nur  als  Nebenprodukt  der  Flachsgewinnung  erhielt. 
Es  ist  nämlich  daran  zu  erinnern,  daß  die  Flachspflanzen  nur  dann  eine 
brauchbare  Faser  liefern,  wenn  ihre  Einerntung  noch  vor  der  Samenreife 
vorgenommen  wurde  3),  Die  hierbei  resultierenden  Samen  sind  wohl  zur 
Ölgewinnung,  nicht  aber  mehr  für  die  Aussaat  tauglich'*). 

In  technischer  Beziehung  kommt  wohl  nur  die  Schlagsaat  in  Betracht, 
da  frische  Leinsaat  nur  in  kleinerem  Maßstabe  und  zwar  nur  in  jenen 
Gegenden  auf  Öl  verarbeitet  wird,  wo  Leinöl  Genußmittel  ist 5).  Für  feinste 
Ölsorten  werden  nebst  der  frischen  Leinsaat  auch  die  Samen  eines  eigens 
zu  diesem  Zwecke  gebauten  Springleins  verwendet. 


1)  Vgl.  diesen  Band,  p.  154. 

2)  Im  argentinischen  Museum  in  Wien  sind  Leinsamen  ausgestellt;  die  an 
Größe  und  Egalität  mit  den  besten  baltischen  und  indischen  Sorten  wetteifern. 

3)  Siehe  hierüber  III,  p.  lea. 

4)  Es  wurde  physiologischerseits  wohl  für  viele  Samen  nachgewiesen,  daß  ihre 
Keimfähigkeit  noch  vor  der  Samenreife  eintritt.  Aber  unreif  geerntete,  wenn  auch 
völlig  keimfähige  Samen  verlieren  ihre  Keimkraft  außerordentlich  rasch. 

5)  Über  die  Sorten,  sowie  über  die  Verpackungsweisen  der  käuflichen  Lein- 
samen s.  Nobbe,  Handbuch  der  Samenkunde,  p.  439,  und  Dammers  Lexikon  der 
Verfälschungen,  p.  510. 


Einundzwanzjgster  Abschnitt.     Samen.  753 

Jede  Frucht  der  Leinpflanze  (Linum  usitatissimum)^)  beherbergt 
zehn  Leinsamen.  Die  Samen  erreichen  eine  Länge  von  3,5 — 5,5  mm, 
sind  stark  plattgedrückt,  im  Umriß  eiförmig,  äußerlich  glatt,  grünlich- 
braun bis  braun  gefärbt,  von  unangenehmem,  wenn  auch  schwachem 
Gerüche.  Am  schmalen  Ende  liegt  der  Nabel.  Mit  der  Lupe  betrachtet, 
erscheint  die  Überfläche  nicht  mehr  glatt,  sondern  mit  sehr  zarten 
Vertiefungen  versehen.  Das  mittlere  Gewicht  der  einzelnen  Samen 
beträgt  0,3 — 0,5  mg;  iOO  gut  ausgereifte  vollgewichtige  Samen  wiegen 
0,5-0,6  g. 

Die  Samen  von  guter  Leinsaat  sind  etwa  5  mm  lang  und  über  0,4  mg 
•schwer.  Ebensolang  und  schwer  sind  Samen  von  keimunfähig  ge- 
wordenen guten  Leinsamen,  und  eine  derartige  Schlagsaat  ist  als  Material 
für  die  Ölgewinnung  stets  einer  aus  unausgereiften  Samen  bestehenden 
vorzuziehen,  deren  Körnchen  kleiner,  leichter  und  meist  auch  stärker 
grünlich  gefärbt  sind. 

Die  in  neuerer  Zeit  in  größeren  Posten  auf  den  europäischen  Markt 
kommenden  indischen  Leinsamen  sind  in  der  Sorte  »white  seeds< 
hellgelb,  ziemlich  schmal  und  weichen  auch  in  dem  Bau  der  Samen- 
schale etwas  von  den  braunen  Leinsamen  ab.  Die  indischen  »red 
seeds«  sind  licht  bräunlich.  Kunz-Krause  und  G.  Brandes  (Arch.  d. 
Pharm.  254,  p.  33)  stellten  an  gelben  aus  dem  Oriente  stammenden 
Leinsamen  fest,  daß  diese  größer  als  die  braunen  sind,  einen  höheren 
Gehalt  an  ätherlöslichen  Bestandteilen  und  an  Protein  besitzen  und 
somit  sich  zum  mindesten  ebenso  gebrauchsfähig  erweisen  wie  die 
letzteren. 

Am  Leinsamen  kann  man  drei  Teile,  die  Samenschale,  das  Keim- 
nährgewebe (Endosperm)  und  den  Keim  unterscheiden.  Die  dünne,  spröde 
Samenschale  umschließt  das  eng  anliegende,  nur  spärlich  entwickelte, 
daher  einer  dünnen,  weißen  Haut  gleichende  Endosperm,  das  wieder 
den  grünlichweißen,  aus  zwei  großen,  öligfleischigen  Keimblättern  und 
«inem  kurzen  Würzelchen  gebildeten  Keim  umgibt. 

Der  anatomische  Bau  der  Samenschale^)  ist  in  Kürze  folgender. 
Die  von  einer  glashellen  Kutikula  überlagerte  Epidermis  bildet,  in  Alkohol 
betrachtet,  einen  farblosen  Streifen,  an  dem  keine  Struktur  wahrgenommen 

\)  Über  die  Abstammung  und  die  Rassen  des  kultivierten  Leins  s.  oben  Ab- 
schnitt Fasern,  p.  -15511. 

2)  A.  V.  Vogl,  1.  c,  p.  538ff.  —  Harz,  1.  c,  p.  952.  —  Tschirch-Oesterle , 
Anat.  Atlas,  p.  257  und  Tafel  58.  —  Flückiger,  Pharmakognosie,  2.  Aufl.,  p.  919. 
—  Sempolowski,  Beiträge' usw.,  p.  8.  —  Moeller  in  Realenzyklopädie  d.  ges. 
Pharm.,  2.  Aufl.,  VIII,  p.  229.  —  Tschirch,  Handbuch  usw.  II,  p,  3U.  —  Die  Mikro- 
skopie des  Pulvers  behandeln  Kraemer,  Proc.  Am.  pharm,  ass.  1898,  p.  831,  und 
Koch,  Mikroskop.  Analyse  d.  Drogenpulver  (1906),  IV,  t.  3. 

Wiesner,  Rohstoffe.    III.  Band.     3.  Aufl.  48 


754  Einundzwanzigsler  Abschnilt.     Samen. 

werden    kann.     Nach    Zusatz   von  Wasser    quellen    die    Oberhautzellen 
mächtig  auf,  erscheinen  im  Querschnitt  rechteckig,   in  der  Fläche  poly- 
gonal,  nach   einer  Richtung  ein  wenig  gestreckt  und  zeigen  die  Seiten- 
und   Außenwände   durch   eine    Schleimmembran   so   stark   verdickt,    daß 
das    Lumen    auf   einen    kleinen,    nahe   der   Innenseite    gelegenen    Raum 
reduziert  ist.     Die   Schleimmembran   erscheint   scharf  geschichtet;   nach 
längerem  Einwirken  des  Wassers  löst  sich  der  Schleim.     Mit  Bismarck- 
braun  oder  Böhmers  Ilämatoxylin  läßt  sich  der  Schleim  sehr  deutlich 
sichtbar    machen.     Der   Austritt  des    Schleimes   aus   den    Zellen    erfolgt 
nach  den  Untersuchungen  von  Koran  i)   durch  Auseinanderweichen  der 
äußeren  Zellmembran  und  der  aufliegenden  Kutikula  an  den  Stellen,  an 
welchen  die  Querwände  (die  radial  laufenden  Wände  der  Epidermiszellen) 
sich  abgliedern ;  schließlich  lösen  sich  die  Außenzellwände  mit  der  Kuti- 
kula unter  Einrollen  ab 2)  und   die  Zelle  entleert  sich  völlig;   es   bleiben 
nur  mehr  die  Querwände  und  schuppenförmige  Reste  der  Außenmembran 
zurück.     Unter  der  Epidermis  liegt  eine  ein-  bis  zweireihige  Parenchym- 
schicht  mit  gerundet-vierseitigen,  Interzellularen  zwischen  sich  freilassen- 
den Zellen;   an  den  Samenkanten   sind   zumeist   fünf  Reihen   entwickelt; 
diese    Schicht    enthält    auch    das    Spiroidenbündel.     Wie    Tunmann^)^ 
Schürhoff*)  und  Ebert^)  gefunden  haben,  enthält  diese  Schicht  Stärke- 
körner, die  einfach,  eiförmig-rundlich  und  bis  40  /t  groß  sind.    Als  dritte 
Schicht  zeigt  sich  eine  Reihe  sehr  charakteristischer  Skiereiden,  die  bis 
I5(),u  lange,   im   Sinne   der   Längsachse    des   Samens  gestreckte,    reich 
getüpfelte  und   ziemlich  stark  verdickte  Fasern    darstellen.     Die   nächst- 
folgende Schicht,  am  Querschnitt  nicht  besonders  deutlich,  hängt  innigst 
mit  der  Sklereidenlage  zusammen,  besteht  zum  mindesten  aus  zwei  Reihen, 
einer   äußeren  Querzellenreihe   mit  längsgestreckten,   senkrecht   auf  die 
Sklereiden   verlaufenden  Zellen  und  einer  inneren,   deren  Zellen  wieder 
mit  den  Sklereiden  gleichsinnig  angeordnet  sind.    Diese  Schicht,  aus  dem 
inneren  Integument  entstanden,   bildet  die   ursprüngliche  Nährschicht 
und  führt  als  solche  reichlich  transitorische  Stärke;  im  reifen  Samen  ist 
sie  stark  obliteriert  und  verschleimt.     Nun  folgt  der   für  die   Diagnose 
des  Leinsamenmehles  (Leinsamenkuchenmehles)  wichtigste  Abschnitt  der 
Samenschale,    die  Pigmentschicht,   die  sich   aus  einer  Reihe  vier-  bis 
sechseckiger,    im  Querschnitt   rechteckiger,    an    den  Seitenwänden    reich 
getüpfelter,  ziemlich  derbwandiger  Zellen  zusammensetzt.     Ihr  Inhalt  ist 


1)  Koi-an,  Der  Austritt  des  Schleimes  aus  den  Leinsamen.     Pharm.  Post.  1899 
XXXII,  Nr.  16,  p.  221. 

2)  Schon  von  Flückiger,  I.e.,  angegeben. 

3)  Pharm.  Zentralh.  1906,  p.  725. 

4)  Zur  Kenntnis  des  Leinsamens.     Pharm.  Ztg.   1906,  57,  p.  658. 

5)  Chines.  Arzneischatz.     Diss.,  Zürich  1907. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  755 

ein  homogener,  rotbrauner,  das  ganze  Lumen  ausfüllender,  in  Wasser 
und  Alkohol  unlöslicher  Körper,  der  leicht  aus  der  Zelle,  einen  Abguß 
ihres  Innenraumes  darstellend,  herausfällt  und  im  Pulver  häufig  aufzu- 
finden ist.  Er  steht  mit  Gerbstoffen  in  Zusammenhang,  da  er  von  Eisen- 
chlorid blauschwarz  gefärbt  wird,  und  bedingt  die  Färbung  der  Samen- 
schale; er  fehlt  demnach  der  Samenschale  des  indischen  Leinsamens 
und  das  die  Pigmentschicht  in  derselben  vertretende  Gewebe  ist  ob- 
literiert. 

Das  Endosperm  schließt  unmittelbar  an  die  Pigmentschicht  an, 
ist  an  den  Kanten  des  Samens  schmal,  an  den  Flächen  bis  sechs  Zellen 
breit  und  wird  an  der  Radikula  am  dicksten.  Seine  polyedrischen,  farb- 
losen, derbwandigen  Zellen  führen  Ölplasma  und  Aleuronkörner.  Die 
Aleuronkörner  werden  durch  Vanillinsalzsäure  nach  einigen  Stunden  rot- 
violett gefärbt^).  Das  Gewebe  der  Keimblätter  bildet  ein  von  einer 
kleinzelligen  Epidermis  gedecktes  Parenchym,  dessen  dünnwandige,  am 
Querschnitt  sechsseitige  Zellen  ebenfalls  Ölplasma  und  deutliche  Aleuron- 
körner mit  Kristalloiden  enthalten. 

Die  von  den  Leinsamen  gelieferte  Schleimmenge  beträgt  nachUloth  3, 
nach  Kirchner  und  Tollens^]  5,1 — 5,9  Proz.  Die  Formel  für  die 
Schleimmasse  wird  mit  C12H20O10  oder  CgHioOg  angegeben.  Mit  Jod  und 
Schwefelsäure  behandelt,  zeigt  der  Schleim  keine  Blaufärbung;  Kupfer- 
oxydammoniak bildet  mit  Leinsamenschleim  eine  feste  Gallerte,  Säuren 
führen  ihn  in  Zucker  über  (etwa  60  Proz.  c?-Glukose).  Er  enthält  ein 
Galakto-Gluko-Arabino-Xylan.  »Der  gereinigte  Schleim  hat  (nach 
Hilger)  die  Zusammensetzung  2  (C6H10O5)  •  2  (C5H8O4),  dreht  rechts,  ist 
schwach  sauer  und  gibt  bei  der  Destillation  mit  Salzsäure  Furol* 
(Tschirch).  Nebst  Schleim  enthalten  die  Leinsamen  16,83— 30,77  Proz. 
stickstoffhaltige  Körper,  22,4—40,48  Proz.  fettes  Öl  und  im  Mittel  4  Proz. 
Asche. 

Bei  längerem  Aufbewahren  wird  gepulverter  Leinsamen  sauer,  wo- 
bei sich  Blausäure  entwickelt.  Aus  keimenden  Leinsamen  isolierten 
Jorissen  und  Hairs  ein  Glykosid,  das  sie  Linamarin  nannten  und 
das  sich  als  identisch  mit  dem  aus  der  giftigen  Mondbohne  (Phaseolus 
lunatus  L.)  dargestellten  Phaseolunatin  erwiesS).     Durch  das  in  den 


\)  Tunmann,   Unters,  üb.  d.  Aleuronkörner  einiger  Samen.     Piiarm.  Zentralh. 
1909,  Nr.  26. 

2)  Untersuchungen  über  Pflanzenschleim.     Journ.  f.  Landw.,  1874,  p.  502;  Ann. 
d.  Chem.  u.  Pharm.,  1874,  Bd.  17,';,  p.  205. 

3)  Literatur  bei  Tschirch,  Handbuch  usw.,  II,  p.  323  und  Anmerkung  p.  774. 
Nach  Jonck  lautet  die  Formel  für  Linamarin  C30II50N3O7. 

48* 


756  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Leinsamen  enthaltene  Enzym  wird  das  Glykosid  in  Dextrose,  Blausäure 
und  Azeton  gespalten  nach  der  Gleichung: 

CioHnOßN  +  H2O  =  CßHiaOe  +  HCN  +  (CHglsCO 
(Phaseolunatin  =  (Dextrose)       (Blau-  (Azeton). 

Linamarin)  säure) 

Über  das  Leinöl  siehe  I,  p.  693.  Die  Rückstände  der  Leinülfabri- 
kation^),  die  Leinsamenmehle  und  -kuchen  sind  ein  ausgezeichnetes  Futter 
für  Jung-  und  Zuchtvieh.  Die  besten  Kuchen  geben  die  südrussischen 
Leinsamen.  Leinsamenschleim  dient  als  mildes  Appreturmittel,  z.  B.  für 
Satinappretur,  als  Verdickungsmittel  in  der  Zeugdruckerei  wird  er  nur 
selten  angewendet. 

12.  Eizinussamen. 

Der  Wunderbaum,  Ricinus  communis  L.,  liefert  Samen,  die  seit 
alters  her  in  vielen  Ländern  zur  Ölgewinnung  verwendet  werden. 
Gegenwärtig  wird  Afrika  als  die  Heimat  dieser  Pflanze  angesehen;  sehr 
früh  muß  ihre  Kultur  nach  Indien  verpflanzt  worden  sein,  da  daselbst, 
sowie  auch  in  anderen  Gebieten,  zahlreiche  Varietäten  unterschieden 
werden,  die  man  ehedem  als  Arten  aufgefaßt,  aber  nach  Müller- 
Argov. 2)  zu  einer  Hauptart  vereinigt  hat.  Müller  gliedert  diese  in 
\  6  Formen,  die  sich  durch  die  Form  und  Größe  der  Kapseln,  die  Form, 
Größe  und  Farbe  der  Samen  usw.  unterscheiden 3). 


\)  Haselhof  ,  Über  die  Fabrikation  und  Beschaffenheit  des  Leinkuchens  bzw. 
des  Leinmehles.  Landwirtsch.  Versuchsstat.,  1892,  XLT,  p.  55,  und  von  Pesch, 
Ebenda,  p.  73.  Weiter:  Böhmer,  Die  Kraftfuttermittel,  ihre  Rohstoffe,  Herstellung, 
Zusammensetzung,  Verdaulichkeit  und  Verwendung  mit  bes.  Berücksichtigung  der 
Verfälschungen  u.  der  mikrosk.  Untersuchung.     Berhn  1903,  p.  434 — 460. 

2)  De  Gandolle,  Prodromus,  XVI,  2,  p.  1016. 

3)  Die  in  verschiedenen  Werken  angegebenen  Rizinussamen  liefernden  Pflanzen 
gehören  nur  zum  Teil  der  Gattung  Ricinus  an  und  sind,  wie  oben  bemerkt,  fast 
nur  Formen  von  Bicinus  communis,  z.  B.  R.  tunisensis  Desf.,  armatus  Ändr.,  livi- 
dus  Jacq.,  speeiosus  Burm.,  inermis  MilL,  viridis  Willd.,  americanus  Mill.,  tri- 
lohus  Reinw.  —  Dagegen  sind  R.  sanguineus  {Hort,  ex  Oroenland),  dinicus  Roxb. 
nach  dem  Index  Kewensis  besondere  Arten;  Pax  in  Engler-Prantl,  Pflanzen- 
familien, III,  5,  p.  71,  nimmt  aber  nur  eine  Art  für  Rizinus  an.  Nach  Tschirch 
/Handbuch,  II,  p.  625 — 626)  wird  auch  R.  Zanxibaricnsis,  von  dem  er  aus  Amani  zahl- 
reiche Spielarten  mit  verschieden  gefärbten  Samen  erhalten  hatte,  als  Art  betrachtet. 

—  Die  Namen  R.  giganteus,  Bourbonensis,  lividus  Willd.,  ruber  Rumph  kommen 
im  Ind.  Kew.  nicht  vor.  Die  im  folgenden  aufgezählten  Pflanzen  werden  anderen 
Gattungen  zugezählt:  R.  Tanarius  L.  =  Macaranga  Tanarius  Müller-Arg.,  R.  Ta- 
narius  Lour.  =  Mallotus  floribundus  Müll.- Arg.,  R.  Mappa  L.  =  Macaranga 
'Mappa  Müller-Arg.,  R.  Mappa  Roxb.  =  Macaranga  Tanarius  Müll.-Arg.,  R.  Mappa 

Wall.  =  Macaranga  Roxburghii  Wight,  R.  Apelta  Lour.  =  Mallotus  Apelta  Müll.- 
Arg.,  R.  integrifolius  Willd.  =  Mallotus  integrifolius  Müll.-Arg.,  R.  inermis   Wall. 

—  Macaranga  hypoleuca  Müll.-Arg. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  757 

Die  ausgebreitetste  Kultur  der  Rizinuspflanzen  findet  in  Ostindien  und 
in  den  tropischen  Gebieten  der  nordamerikanischen  Union  statt.  Aui3er- 
dem  liefern  noch  andere  wärmere  Länder  große  Mengen  der  Samen, 
wie  das  tropische  Westafrika,  Mittel-  und  Südamerika,  (Argentinien  be- 
saß große  Rizinuskulturen,  die  aber  wegen  Überproduktion  zurückge- 
gangen sind),  Sizilien,  Süditalien  u.  a.  In  Indien  unterscheidet  man  die 
großsamige  perennierende  »Large  seeded  form«  und  die  kleinsamige  ein- 
jährige »Small  seeded  form«;   die  beste   Qualität   heißt  »Paintyseed«  i). 

Die  Rizinussamen  sind  eirund,  am  Rücken  schwach  gewölbt,  auf 
der  Bauchseite  abgeflacht,  am  breiten  Ende  etwas  abgerundet,  an  dem 
entgegengesetzten  mit  einer  kurzen  Spitze  versehen,  an  welcher  seitlich, 
zur  Bauchfläche  geneigt,  eine  lichtbräunliche,  leicht  abtrennbare,  wulstig 
hervorragende  Samenschwiele  (Garuncula)  liegt:  An  ihrer  Stelle  befinden 
sich  bei  jenen  Samen,  die  die  Garuncula  verloren  haben,  zwei  kleine  Ver- 
tiefungen, die  durch  eine  zarte  Kante  voneinander  getrennt  sind.  Mit 
dieser  Kante  steht  die  längs  der  Bauchfläche  verlaufende  Raphe  in  Ver- 
bindung, während  sie  am  breiten  Ende  in  einem  nur  wenig  angedeuteten 
Nabelfleck  endet.  Die  Oberfläche  der  Samen  ist  glatt,  glänzend,  grau, 
von  licht-  oder  dunkelbraunen  Linien,  Flecken  oder  Punkten  scheckig; 
manche  Samen  sind  fast  schwarz.  Die  Länge  schwankt  nach  den  Sorten 
und  der  Provenienz  sehr  bedeutend,  von  9 — 22  mm,  so  daß  man  im 
allgemeinen  eine  var.  major  und  var.  minor  unterscheidet.  Nach 
A.  V.  VogP)  besitzen  die  Samen  von  Angola  eine  Länge  von  8 — 10  oder 
i  6 — 1 8  mm,  solche  von  der  Levante,  Indien,  Ägypten  eine  Länge  von 
10 — 12  mm,  von  Sizilien,  Gürz  und  Gap  Verden  12 — 15  mm.  Wiesner^) 
beschreibt  Samen  von  Ricinus  americanus  aus  Martinique,  die  eine 
fast  schwarze,  nur  mit  spärlichen,  hellgrauen  Flecken  besetzte  Samen- 
haut' besitzen.  Indische  Samen  von  Ricinus  iner?nis  sind  1 2  mm  lang, 
9  mm  breit,  wenig  plattgedrückt,  mit  kaum  vorspringender  Naht  und 
kleinem  grünlichen  Nabel  versehen  und  besitzen  eine  rotbraune,  licht- 
bräunlich  gefleckte  Samenschale.  Samen  von  Ricinus  viridis  vom  Kongo 
sind  nach  Wiesner  9  mm  lang,  6  mm  breit,  durch  einen  schwärzlichen 
Nabel  und  eine  grünlichbraune  Samenschale  mit  reichlichen  lichtgrauen 
Flecken  gekennzeichnet. 

Die  pefgamentartige,  spröde  Samenschale,  von  der  sich  auf  der  Innen- 
seite eine  dünne,  weißliche  Schicht  ablösen  läßt,  umschließt  ein  mäch- 
tiges,   öligfleischiges,    weißes    Endosperm,    das    den    aus    zwei    flachen, 

1)  Tropenpflanzer,  1909,  p.  415.  —  Exportwert  ostindischer  Rizinussamen  nach 
dem  deutschen  Handelsarchiv  16  800000  J(  (1912). 

2)  Kommentar  usw.,  p.  204. 

3)  Rohstoffe,  1 .  Aufl.,  p.  722. 


758 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


eirunden  Keimblättern  und  einem  kurzen  Würzelchen  bestehenden  Keim 
enthält. 

Die  Samenschale  ^)  setzt  sich  aus  fünf  Schichten  zusammen.  Die 
stark  kutikularisierte  Epidermis  ist  von  5— 6seitigen  Zellen  gebildet, 
die  an  der  Außenwand  unregelmäßige  »gekrüseartige«  (Moeller)  Ver- 
dickungen besitzen  und  bei  den  gefärbten  Stellen  der  Schale  den  Farb- 
stoff enthalten;  letzterer  bedingt  die  Marmorierung  der  Samenschale. 
Unter  der  Epidermis  liegt  ein  Schwammparenchym,  das  stark  ob- 
literiert ist;  darauf  folgt  eine  Reihe  radial  gestreckter,  am  Querschnitt 
rechteckiger,  von  der  Fläche  gesehen  scheinbar  koUenchymatischer,  tat- 
sächlich aber  dünnwandiger  Zellen,  deren  Seitenwände  bisweilen  wellige 

Verbiegungen  zeigen.     Diese  Schichten- 
n  ^      A  folge  läßt  sich  am  eingeweichten  Samen 

')d=^,r  ziemlich  leicht  von  den  inneren  abziehen. 
1'  Die  Härte  der  Schale  bedingt  die  nächste 
Schicht,  eine  Reihe  radial  gestellter,  auch 
schief  verlaufender,  sehr  dicht  aneinan- 
der schließender,  langgestreckter,  ver- 
holzter Palisadensklereiden.  Das  nun 
folgende,  als  Innentesta  zu  bezeichnende 
weiße  Häutchen  besteht  aus  den  inner- 
sten Schichten  der  Samenschale  (der 
Gefäßbündel  führenden  »Nährschicht«) 
und  den  Resten  des  Nucellus;  die  Zellen 
sind  sehr  dünnwandig,  groß  und  ge- 
rundet-polyedrisch. 

Das  Endosperm  ist  fast  lalg weich, 

läßt  sich  leicht  zerreiben  und  enthält  in 

den  dünnwandigen,   polyedrischen  Par- 

enchymzellen  reichliches  Ülplasma   und 

charakteristische  Aleuronkörner  (Fig.  274  J.,  B).     Sie  sind  sowohl  durch 

ihre  Größe  (8—10  /<),  als  auch  durch  die  wohlausgebildeten  Kristalloide 

ausgezeichnet 2).     Die  Aleuronkörner  sind  breiteiförmig  und  besitzen  neben 


i 


Fig.  274.     Zellen  aus  dem  Nährgewebe  von 

Ricinus  communis.  (Vergr.  800;  nach 
Sachs.)  A  frisch  in  dickem  Glyzerin,  B'va. 
verdünntem  Glyzerin,  C  in  Glyzerin  erwärmt; 
D  nach  Behandlung  mit  Jodalkohol  sind 
die  Aleuronkörner  durch  Schwefelsäure  zer- 
stört, die  plasmatische  Grundsuhsta,nz  als 
Netz  zurückgehliehen. 


\)  Georg  Keyser,  Beiträge  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Samendecken  bei 
den  Euphorbiaceen,  mit  besonderer  Berücksichtigung  von  Ricinus  communis.  Ber. 
Pharmaz.  Gesellsch.,  1892,  II,  p.  5-19.  —  J.  0.  Schlotterbeck,  Beiträge  zur  Ent- 
wicklungsgesciüchte  pharmakognostisch  wichtiger  Samen.  Inaug.-Diss.  Bern  1896, 
p.  41  (mit  vorzüglichen  Abbildungen).  —  Tichomirow,  I.e.,  I,  p.  494— 501  und 
Fig.  139.  —  Moeller,  Mikroskopie,  2.  Aufl.,  p.  325.  —  Tschirch,  Handbuch  usw., 
II,  p.  631. 

2)  Ausführliches  darüber  bei  H.Kritzler,  Mikrochemische  Untersuchungen  über 
die  Aleuronkörner.     Inaug.-Diss.     Bern  1900,  p.  43 — 52. 


Einundzwanzigsler  Abschnitt.     Samen.  759 

einem  oder  mehreren  Weißkernen  ein  großes  Krystalloid.  Ihr  Verhalten 
in  Glyzerin  und  Jodalkohol  ist  aus  Fig.  274  zu  ersehen.  In  Vanillinsalz- 
«äure  werden  sie  nach  einigen  Stunden  violett  gefärbt,  wobei  die  Ein- 
schlüsse gelöst  werden  (Tun mann). 

Der  Hauptbestandteil  der  Rizinussamen  ist  das  fette  Öl,  das  so- 
wohl medizinisch  wie  technisch  eine  ausgebreitete  Verwendung  i)  findet. 
Siehe  darüber  I,  p.  685. 

Außerdem  enthalten  sie  nebst  einigen  (nicht  giftigen)  Enzymen  (Lipase, 
Chymosin)  ein  heftig  wirkendes  Gift,  das  nach  Kobert  und  Stillmark^) 
eine  a-Phytoalbuminose  ist  und  Ricin  genannt  wird.  Dasselbe  löst  sich 
leicht  in  verdünnten  Säuren,  in  wässerigen  Salzlösungen,  nicht  in  Alkohol, 
Äther,  Chloroform,  Benzol,  reagiert  neutral  und  ist  geschmack-  und  ge- 
ruchlos. Seine  Giftwirkung  äußert  sich  im  Gerinnenmachen  des  (auch 
defibrinierten)  Blutes.  Diese  Gerinnung  ist  aber  nur  scheinbar  der  Fibrin- 
gerinnung ähnlich,  tatsächlich  ist  sie  eine  Agglutination.  Daher  ist 
die  Giftwirkung  des  Ricins  der  durch  die  bakteriellen  Toxine  hervor- 
gerufenen in  hohem  Grade  nahestehend.  Nach  Robert  (1.  c.  656)  ge- 
nügten drei  Rizinussamen,  einen  erwachsenen  Menschen  an  den  Rand  des 
Grabes  zu  bringen;  die  tödliche  Dosis  des  Ricins  für  den  erwachsenen 
Menschen  bei  innerlichem  Einnehmen  dürfte  unter  30  mg  betragen.  In 
den  trocken  aufbewahrten  Samen  bleibt  das  Ricin  jahrelang  unver- 
ändert. In  das  Öl  geht  Ricin  nicht  über,  es  verbleibt  in  den  Preßkuchen. 
Diese  sind  daher  als  Viehfutter  nicht  zu  verwenden.  Sie  gelten  gleich 
denen  der  Illipe-Samen   als   eine  Verfälschung   der  Futter- Ölkuchen^). 


1)  Infolge  der  Verwendung  des  Rizinusöles  als  Schmieröl  bei  den  Flugzeug- 
motoren, wozu  es  sich  infolge  der  hohen  Viskosität,  der  großen  Kältebeständigkeit 
und  der  Unlöslichkeit  in  Benzin  sehr  eignet,  hat  dieses  während  des  Krieges  eine 
große  Bedeutung  erlangt.  Der  Anbau  der  Rizinuspflanze  hat  sich  daher  schnell  ge- 
steigert. In  Britisch-Indien  steigerte  sich  die  Ausfuhr  von  14  000  t  (l  91 4/'1915)  auf 
20  000  t  (1916)  und  1917  auf  25  000  t.  Auch  in  Indochina,  Venezuela,  Brasihen, 
Westindien  usw.  hat  der  Anbau  zugenommen  (Chemische  Umschau  auf  dem  Gebiete 
der  Fette,  Öle,  Wachse  und  Harze,  26,  1919,  p.  93  und  .Tropenpflanzer,  1919, 
p.  131). 

2)  Kobert  in  Realenzyklopädie  der  ges.  Pharmazie,  2.  Aufl.,  X,  p.  653,  woselbst 
auch  die  umfangreiche  Literatur  über  das  Rizinusgift  angeführt  ist;  ferner  Kobert, 
Beiträge  zur  Kenntnis  der  vegetabihschen  Hämagglutinine,  Landw.  Versuchsst.  79  —  80, 
1913,  p.  97—206. 

3)  A.  Schulte  im  Hofe,  Die  Fabrikation  und  Verwendung  von  Rizinusöl  in 
Indien,  Apolh.-Ztg.,  1900,  Nr.  95,  p.  824.  —  Ber.  des  nor.damerik.  Generalkonsuls  in 
Calcutta.  Siehe  Tropenpflanzer,  1900,  Novemberheft.  —  Vgl.  auch  Schaffnit,  Vor- 
trag, im  Jahresber.  d.  Vereinig,  f.  angew.  Botanik  (Berlin  1912),  IX,  p.  XXIV.  Durch 
Erhitzen  der  Kuchen  mit  strömendem  Dampf  wird  das  Gift  zerstört  und  der  Kuchen  " 
entgiftet. 


760  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

13.  Baumwollsameii  ^). 

Die  Samen  der  BauniwolIarten2)  bilden  bei  der  Gewinnung  von 
Spinnstoffen  ein  Nebenprodukt,  das  man  lange  Zeit  als  wertlosen 
Abfall  ansah,  das  aber  in  neuerer  Zeit  als  Rohstoff  zur  Ölgewinnung 
eine  um  so  größere  Wichtigkeit  erlangt  hat,  als  derselbe  in  außerordent- 
lich großer  Menge  beschafft  werden  kann.  »Die  Zeit  liegt  noch  nicht 
weit  zurück«,  sagt  Semler,  »wo  selbst  der  nordamerikanische  Pflanzer 
den  Samen  als  eine  lästige  Beigabe  der  Ernte  betrachtete,  und  sich 
ihn  vom  Halse  schaffte,  indem  er  ihn  in  den  nächsten  Fluß  warf. 
Der  Mississippi  hat  im  Laufe  der  Jahrzehnte  Millionen  Zentner  dieser 
Einschültungen  dem  atlantischen  Ozean  zugetragen.«  Heute  ist  der 
Baumwollsame  ein  so  wertvoller  Rohstoff 3)  geworden,  daß  unter  gewissen 
Umständen  die  Samenernte  nutzbringender  als  die  der  Baumwolle  werden 
kann.  Bei  einer  mustergültigen  Kultur  kann  man  ctuf  1  ha  1000  kg  Samen 
ernten.  Die  ägyptischen  und  Bombay-Samen*)  gelten  als  die  ölreichsten. 
Nebst  dem  heute  viel  verwendeten  Baumwollsamenöl,  über  dessen  Ge- 
winnung in  diesem  Werke,  I,  p.  692,  das  Nötige  bemerkt  worden  ist, 
liefern  die  Samen  aus  den  sogenannten  Harzdrüsen  einen  Farbstoff,, 
namens  Gossypin,  der  als  Nebenprodukt  bei  der  Raffination  des  Öles 
folgendermaßen  dargestellt  wird^):    »Das  aus   der  Presse  tretende  rohe 


'I)  Wiesner,  Rohstoffe,  I.Aufl.,  p.  7-26.  —  Harz,  i.e.,  p.  740.  —  Kobus,, 
Kraftfutter  und  seine  Fälschung.  Landw.  Jahrbücher,  Bd.  13,  18S4.  —  v.  Bretfeld,. 
Anatomie  der  Baumwolle-  und  Kapoksamen.  Journal  f.  Landwirtschaft,  XXXV,  '1887^ 
p.  29 — S6.  —  T.  F.  Hanausek,  Zur  mikroskopischen  Charakteristik  der  Baumwoll- 
samenprodukte. Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.,  XXVI,  -1888,  p.  569— 572  und 
p.  591—595,  und  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharm.,  VII,  -1889,  p.  404  (Ölkuchen). 
Diese  Arbeit  war  ohne  Kenntnis  der  Bretfeldschen  verfaßt  und  publiziert  worden, 
zeigt  aber  in  ihren  Hauptergebnissen  eine  erfreuliche  Übereinstimmung  mit  jener.  — 
Winton,  The  Anatomy  of  certain  oil  seeds  with  especial  reference  to  the  micro- 
scopic  examinalion  of  calUe  foods.  Conn.  Agr.  Exp.  Stat.  Rep.  -1903,  p.  175.  — 
Idem,  The  microscopic  examination  of  American  Cotton  seed  cake.  Analyst.  1904,, 
29,  p.  44.  —  Moeller,  Mikroskopie,  2.  Aufl.,  p.  315.  —  Greenish,  Note  on  the 
structure  of  cotton  seed.  Festschrift  A.  v.  Vogl  (Wien),  1904,  p.  45.  —  H.  Wagner 
und  J.  Clement,  Zur  Kenntnis  des  Baumwollsamens  und  des  daraus  gewonnenen 
Öles.     Zeitschr.  f.  U.  d.  Nähr.-  u.  Genußm.  15,  1908,  p.  326. 

2)  Siehe  HI,  p.  182. 

3)  In  den  russischen  mittelasiatischen  Besitzungen  dienen  Baumwollsamen  zu 
Heizzwecken.  Kasernen,  Garnisonsküchen,  Privathäuser  werden  fast  ausschließlich 
damit  geheizt;  jeder  gewöhnliche  Ofen  ist  für  dieses  Heizmaterial  geeignet,  nur  muß 
eine  besondere  Zugvorrichtung  angebracht  werden,  da  ohne  diese  die  Samen  langsam 
verkohlen.  1  dz  Baumwollsamen  kostete  25 — 60  S^;  7  Pfund  Samen  werden  benötigt,. 
um  einen  gewöhnlichen  Backofen  zu  erwärmen.  V.  Walta,  Der  Baumwollbau  i.  d. 
russ.  mittelas.  Besitzungen.     Tropenpflanzer,  1907,  p.  095. 

4)  Exportwert  ostindischer  Baumwollsamen  2  700  000  Jt  (1912). 

5)  Semler,  1.  c,  2.  Aufl.,  p.  492. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  761 

Öl  wird  in  einen  eisernen,  mit  einem  Agitator  ausgerüsteten  Bottich 
geleitet,  der  eine  Fassungskraft  von  1 0  Tonnen  Rohöl  und  1 Y2  Tonnen 
kaustischer  Sodalauge  von  10—12°  (Twaddel)  besitzt.  ^.Die  auf  15°  G 
erwärmte  Lauge  wird  mittels  durchlöcherter  Röhren,  welche  über  den 
Bottich  laufen,  allmählich  und  gleichmäßig  verteilt,  dem  Öl  zugeführt. 
Durch  die  Tätigkeit  des  Agitators  vermischen  sich  Lauge  und  Öl,  die 
beide  kalt  sind,  und  das  letztere  sondert  nach  und  nach  schwarze, 
seifige  Flecken  ab,  ein  Vorgang  welcher  in  einer  teilweisen  Verseifung 
des  Öles  durch  die  Sodalauge  seine  Ursache  hat.  Das  Agitieren  wird 
etwa  eine  halbe  Stunde  fortgesetzt,  nach  welcher  Zeit  eine  Probe  der 
Mischung  entnommen  und  ruhig  gestellt  wird.  Schlagen  sich  die  seifigen 
Flocken  nieder  und  zeigt  sich  das  Öl  nahezu  farblos,  so  wird  das  Ver- 
fahren unterbrochen,  andernfalls  aber,  und  zwar  unter  Zuführung 
von  frischer  Sodalauge,  fortgesetzt,  bis  die  gewünschte  Farblosigkeit  er- 
zielt ist.«  Nachdem  man  das  Öl  abgezogen  hat,  werden  die  Rückstände 
erhitzt  und  wieder  mit  starker  Sodalauge  behandelt.  Nun  tritt  eine 
Lösung  (?)  des  als  Gossypin  bezeichneten  Farbstoffes  ein.  Durchschnitt- 
lich enthält  eine  Metertonne  Rohöl  7  kg  Gossypin.  Getrocknet  bildet  der 
Farbstoff  ein  braunes,  stechend  riechendes  Pulver,  das  in  Säuren  unlös- 
lich ist,  in  Wasser  schwer,  in  Alkohol  und  Alkalien  leicht  gelöst  werden 
kann.  Die  Färbkraft  des  Gossypins  ist  wohl  recht  bedeutend,  doch  seine 
Haltbarkeit  und  Lichtechtheit  leider  nur  gering;  seine  Fixierung  auf  der 
Faser  scheint  bisher  nicht  gelungen  zu  seini). 

Endlich  sind  auch  das  Baumwollsamenmehl  und  die  Baum- 
wollsamenkuchen sehr  schätzbare  Kraftfuttermitte],  nachdem  es  ge- 
lungen ist,  diese  Produkte  frei  von  Schalen  und  Haaren  darzustellen. 
Die  amerikanischen  Provenienzen  liefern  gewöhnlich  Mehl,  die  ägyptischen 
gelangen  nach  England  und  werden  dort  mit  den  Schalen  zerkleinert 
und  ausgepreßt  2).  Mitunter  hat  man  bei  der  Verfütterung  derselben 
Vergiftungserscheinungen  beobachtet  und  der  wässerige  Auszug  aus  den 
Produkten  scheint  das  noch  nicht  näher  bekannte  Gift  zu  enthalten; 
das  Öl  ist  nicht  giftig  3). 

Die  Baumwollsamen  haben  eine  etwas  unregelmäßig-eiförmige  Ge- 
stalt, eine  Länge  von  etwa  6 — 9  und  eine  größte  Breite  von  4 — 5  mm. 
Die  derbe,  etwas  spröde  Samenhaut  ist  entweder  gänzlich  oder  am  spitzen 


i)  Vgl.  Karmarsch  und  Heeren,  Technisches  Wörterbuch,  I,  p.  320. 

2)  Vgl.  Gebek,  Über  Baumwollsaatniehl  und  Baumwollsamenkuchen.  Land- 
wirtschaftliche Versuchs-Stat.,  -1893,  XLII,  p.  279, 

3)  Gornevin,  Studie  über  das  Gift  der  Baumwollsamen  und  Baumwollsamen- 
kuchen. Annal.  agron.  22,  p.  353;  Chem.  Centralbl.,  1897,  I,  p.  515.  —  Auch  andere 
Teile  der  Baumwollpflanzen  enthalten  Gifte;  so  dient  z.  B.  die  Wurzelrinde  als  Ersatz 
des  Mutterkornes.     (Morgan,  Amer.  Journ.  of  Pharm.,  Vol.  LXX,  1898,  Nr.  9.) 


762 


Einundzwanziffster  Abschnitt.     Samen. 


Ende  mit  weißlicher,  gelblicher  oder  grüner  Grundwolle  bedeckt.  An 
einer  Seite  der  Samenschale  läuft  der  Länge  nach  eine  scharf  hervor- 
tretende, gegen  das  breite  Ende  kantig  vorspringende  Naht.  Die  Mikro- 
pyle  liegt  am  spitzen  Ende,  fast  immer  von  Grundwolle  verdeckt. 

Der  Kern  besteht,  abgesehen  von  den  Nuzellarresten,  nur  aus  dem 
Keim.  Dieser  läßt  ein  dickes,  ziemlich  langes  Würzelchen  erkennen,  das 
nach  oben  in  das  hypokotyle  Stengelglied  übergeht  und  sich  von  diesem 
durch  das  Fehlen  schwärzhcher  Pünktchen  unterscheidet.  Die  beiden 
Keimblätter  (Fig.  275)  sind  vielfach  eingerollt  und  gefaltet  und  zeigen 
aufgerollt  einen  1  cm  breiten,  breitnierenfürmigen  Umriß.  Gleich  dem 
hypokotylen  Stengelglied  sind  auch  die  Keimblätter  reichlich  schwarz 
punktiert.     Die  schwarzen  Punkte  sind  Sekreträume. 

Die  300 — 400  u  dicke  Samenschale  ist  folgendermaßen  zusammen- 
gesetzt: Die  Epidermis  (Fig. 276a)  wird 
von  ziemlich  großen,  gelb-  und  dickwan- 
digen, ausgezeichnet  geschichteten  und 
mit  einem  schwarzbraunen  Inhalt  ver- 
sehenen Zellen  gebildet,  von  welchen 
zahlreiche  zu  Haaren  ausgewachsen 
sind;  an  Samen,  denen  die  Grundwolle 
fehlt,  sind  die  haarfreien  Epidermiszellen 
um  die  Haarzellen  konzentrisch  ange- 
ordnet; an  Samen  mit  Grund  wolle  findet 
man  größtenteils  nur  Haarzellen,  deren 
Basisteile  dickwandig  und  fest  aneinander- 
gefügt sind.  Unter  der  Epidermis  hegt 
ein  aus  drei  bis  vier  Reihen  zusammen- 
gesetztes Gewebe  mit  tangential  zusammengepreßten,  dünnwandigen, 
vollständig  mit  braunem  Farbstoff  erfüllten,  daher  fast  undurchsich- 
tigen Zellen,  die  in  der  Aufsicht  unregelmäßig  gerundet- polygonal,  im 
Querschnitt  mehr  oder  weniger  rechteckig  erscheinen  (Fig.  276  6).  In 
dieser  Schicht  verlaufen^  auch  die  gut  entwickelten  Gefäßbündel.  Die 
dritte  Lage,  die  farblose  oder  Kristallschicht  genannt  (Fig.  276c), 
setzt  sich  aus  einer  bis  zwei  (höchst  selten  drei)  Reihen  kubischer  oder 
polyedrischer,  derb  wandiger,  glatter,  farbloser  oder  gelbhcher,  etwas 
verholzter  Parenchymzellen  zusammen,  die  hier  und  da  einen  rhombo- 
ederähnhchen  Kalziumoxalatkristall  oder  eine  körnige  Masse  enthalten. 
Als  vierte  und  mächtigste  Abteilung  der  Testa  ist  die  Palisaden-  oder 
Prismenschicht  (Fig.  276c?)  zu  nennen,  die  die  Festigkeit  der  Samen- 
schale bedingt.  Sie  besteht  aus  radial  gestellten,  bis  über  200  /<  langen, 
fünf-  bis  sechsseitigen  Prismen,  die  in  ihrer  Längsansicht  (im  Samen- 
schalenquerschnitt)  die   unrichtige  Auffassung   veranlassen  können,   daß 


Fig.  275.  Lupenbild  eines  querdurchsclinit- 
tenen   BaumwoUsamens.     a  Samenschale. 
bb'  Keimblätter,  dd  Sekretbehälter  (Harz- 
drüsen), r  Würzelchen.    (Wiesner.) 


lie  erste   Pigmentschicht, 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


763 


die  Palisadenschicht  doppelreihig  sei.  Jede  Prismenzelle  besitzt  nur  im 
obersten  (äußersten)  Dritteil  ihrer  Länge  ein  mit  braunem  Inhalt  ver- 
sehenes Lumen  {d  bei  *),  während  der  übrige  Teil  der  Zelle  fast  voll- 
ständig verdickt  ist.  Der  das  Lumen  umgrenzende  Wandteil  besteht  aus 
Zellulose,  der  mittlere  wird  von  Phloro- 
gluzin-Salzsäure  tiefrot,  der  unterste  Basis- 
teil gelbbraun  gefärbt.  Die  eigentliche 
Verholzung  umfaßt  also  nur  die  mittlere 
Partie  der  Zelle.  Dadurch  kommt  nun 
eine  scheinbare  Abgrenzung  zustande,  die 
den  Eindruck  von  zwei  Zellreihen  macht. 
In  der  Aufsicht  erscheint  die  Zellwand  in 
der  Gegend  des  Lumens  mit  zahlreichen 
zahnartigen  Vorsprüngen  versehen,  die 
demnach  einer  Längsleistenverdickung 
entsprechen  i).  Unter  der  Palisadenschicht 
liegt  die  zweite  Pigmentschicht,  aus 
wenigen  Reihen  dunkelbrauner,  in  der 
Flächenansicht  polygonaler  Zellen  zusam- 
mengesetzt.     In    der   Chalazagegend    ist 


die  Samenschale  wie  mit  einem  Pölster- 
chen  verdickt  und  daselbst  nimmt  die 
Pigmentschicht  den  Charakter  eines 
Schwamm-  oder  Sternparenchyms 
mit  zahlreichen  Interzellularen  an;  die 
unregelmäßig-sternförmigen  Zellen  be- 
sitzen dicke,  helle  Wände  und  tiefbraunen 
Inhalt  (Fig.  276  e).  Ein  dünner,  heller 
Streifen  bildet  den  Abschluß  der  Samen- 
schale. 

Die  folgenden  Schichten  sind  im 
reifen  Samen  mit  den  beschriebenen  nicht 
im  Verbände.  Von  dem  Samenkern  läßt 
sich  ein  dünnes  Häutchen  ablösen,  das 
aus  zwei  Gewebelagen  gebildet  wird.  Die 
äußere  besteht  aus  einer  Reihe  von  Zellen, 
die  in  der  Flächenansicht  polygonal  sind, 
im  Querschnitt  einen  viereckigen  Umriß 
besitzen  und  deren  Wände  durch  höchst  eigentümliche  Verdickungsformen 


k 


Fig.  276.  Vergr.  300.  Gossypinm  herba- 
ceunl.  Partie  eines  Querschnittes  durch 
die  Samenschale  und  das  Endosperm. 
ffl  Epidermis  mit  Haar  h,  h  (erste)  Pigment- 
schicht, c  farblose  oder  Kristallschicht, 
d  Palisadenschicht,  bei  *  das  Lumen, 
e  zweite  Pigmentschicht  (die  großen  Inter- 
zellularräume sind  nur  an  einer  bestimmten, 
inselartig  isolierten  Stelle  der  Samenschale 
vorhanden),  sa  Fransenzellen  (Nucellar- 
epithel),  ep  erste  Schicht  des  Endosperms, 
k  dünnwandige  Endospermzellen. 


d)  Über   das  Verhalten   dieser  Zellen   im   polarisierten  Lichte   und  über  die  an 
ihnen  wahrnehmbare  Lichtlinie  vgl.  v.  Bretfeld,  1.  c,  p.  46—47. 


764  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

ausgezeichnet  sind.  Die  Wände  zeigen  nämlich  fein  verästelte,  fransen- 
artige Fortsätze,  die,  insbesondere  im  Querschnitt,  an  die  von  einem 
Pilzlager  abstehenden  Hyphen  erinnern.  Das  Vorkommen  dieser  Fransen- 
zellen ist  aber  nicht  vereinzelt  und  etwa  nur  der  Gattung  Gossypkmi 
eigen;  sie  sind  auch  am  Kapoksamen  (von  Bombax  sp.)  fast  ebenso 
entwickelt  und  an  den  Samen  der  Malvacee.n  und  Bombacaceen  stets 
nachzuweisen  1).  Nach  Lohde^)  ist  diese  Schicht  ursprünglich  die  Epi- 
dermis des  Nucellus  und  stellt  somit  einen  Perispermrest  dar.  Mit 
ihr  verbunden  ist  das  Endosperm;  dort,  wo  dieses  die  Keimblätter  um- 
gibt, ist  nur  eine  Reihe  derbwandiger,  farbloser,  kubischer  oder  ge- 
rundet-polyedrischer  Zellen  entwickelt.  In  der  Gegend  der  Würzelchen 
ist  die  Schicht  vielreihig;  daselbst  enthalten  die  Zellen  nebst  Ölplasma 
noch  Häufchen  kleiner  Stärkekürnchen. 

Die  Keimblätter  besitzen  ein  bifaziales  Mesophyll,  das  von  einer 
kleinzelligen,  mit  Spaltöffnungsanlagen  und  Trichomen  versehenen  Ober- 
haut gedeckt  ist.  Die  Trichome  sind  kurze,  mehrzellige,  mit  einer 
schmalen  Fußzelle  beginnende  Gebilde,  die  den  Mitscherlichschen 
Kürperchen  des  Kakaosamens  ähnlich  sehen.  Am  reichlichsten  treten 
sie  auf  der  Achse  an  jener  Stelle  auf,  wo  die  Keimblätter  inseriert 
sind  3). 

Das  Mesophyll  hat  zwei  Palisadenzelheihen  und  im  Parenchym 
rundliche,  mit  sehr  kurzen  Fortsätzen  versehene  Zellen,  Prokambium- 
stränge und  zahlreiche  bis  400  /<  im  Durchmesser  haltende,  kugelrunde, 
lysigene  Sekretbehälter  (»Harzdrüsen« 4),  Letztere  besitzen  ein  Epi- 
thel, das  in  seiner  äußeren  Partie  aus  tangential-abgeplatteten ,  sehr 
dünnwandigen  Zellen,  in  seiner  inneren,  das  Sekret  umhüllenden  aus 
einer  verschleimten  Schicht  besteht,  in  welcher  noch  Zellwandreste  be- 
obachtet werden  können;  durch  Behandlung  mit  Salzsäure  und  Kalilauge 
läßt  sich  die  verschleimte  Schicht  als  ein  gelbliches,  faltig-geschichtetes 
Gewebe  sichtbar  machen.  Die  Sekretbehälter  sind  gänzlich  mit  einem 
grünlichschwarzen,  opaken  Inhalt  erfüllt,  der  schon  makroskopisch  als 
schwarzes  Pünktchen  wahrgenommen  wird.  Da  die  Schleimschicht  in 
Wasser  löshch  ist,  so  fließt  das  Sekret  in  Wasser  in  Gestalt  einer  dicken 
Emulsion  aus,  die  in  einer  farblosen  Masse  dunkle  Körnchen  in  lebhaf- 
tester Molekularhewegung  zeigt.     In  Chlorzinkjod  wird   das  Sekret  rot- 


-))  Hanausek  in  Moeller  u.  Thoms,  Realenzyklopädie  usw.,  2.  Aufl.,  IX,  p.  467. 

2)  Über  die  Entwicklungsgeschichte  und  den  Bau  einiger  Samenschalen.  Inaug.- 
Diss.     Leipzig,  -1874,  p.  35. 

3)  Abbildgn.  s.  in  T.  F.  Hanausek,  Techn.  Mikr.,  p.  365—366,  Fig.  201—203. 

4)  Den  lysigenen  Charakter  der  >Drüsen<  hat  auch  v.  Höhnel  nachgewiesen; 
"Vgl.  dessen  Anatomische  Untersuchungen  über  einige  Sekretionsorgane  der  Pflanzen. 
Sitzgsber.  d.  Wiener  Akademie,  1881,  I,  84,  p.  566  und  578. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  765 

braun,  in  konzentrierter  Schwefelsäure  löst  es  sich  zu  einer  dicken 
Flüssigkeit  von  trüb  blutroter  Farbe,  in  Ammoniak  und  in  Kalilauge 
wird  es  grün  oder  grünlichgelb  gefärbt. 

Die  Mesophyllzellen  sind  reich  an  Ölplasma  und  Aleuronkürnern  • 
zahlreiche  Zellen  führen  auch  je  eine  große  Kalziumoxalatdruse. 

Die  Baumwollsamen  enthalten  19 — 23  Proz.  Stickstoffsubslanz,  nach 
König  im  Mittel  20,86,  nach  Völker i)  30  Proz.  fettes  012).  Der  Gehalt 
an  Asche  beträgt  6,7 — 7,8  Proz.,  nach  Wagner-Clement  nur  3,8  Proz. 

14.  Kakaobohnen. 

Die  Hauptmasse  der  im  Handel  vorkommenden  Kakaobohnen  stammt 
von  Theohroma  Cacao  L.  ab.  Die  Heimat  dieses  Baumes,  der,  wie  es 
scheint,  bisher  allein  von  allen  Theobroma-Arien  in  Kultur  genommen 
worden  ist,  sind  die  Küstenländer  des  mexikanischen  Golfes  und  des 
nördlichen  Südamerika  bis  zum  Amazonenstrom.  Gegenwärtig  ist  die 
Kakaokultur  in  allen  Tropenländern  verbreitet,  wenngleich  auch  die  Be- 
deutung der  einzelnen  Produktionsgebiete  eine  nach  der  Menge  und  Güte 
ihrer  Erzeugnisse  höchst  verschiedene  ist.  Zu  den  ersten  Kakaokultur- 
gebieten gehört  Ecuador,  das  mehr  als  ein  Drittel  des  Gesamtexportes 
liefert  und  somit  auch  auf  die  Preisstellung  des  Kakaos  den  wesent- 
lichsten Einfluß  ausübt.  Bis  vor  dreißig  Jahren  waren  größere  Plantagen 
in  diesem  Lande  nicht  angelegt,  sondern  es  wurde  nur  ein  Anbau  in 
Gärten  getrieben,  während  größere  Bestände  von  Kakaobäumen  gewisser- 
maßen Wälder  bildeten,  die  nicht  einmal  rationell  geforstet  wurden. 
Damals  war  die  Umgebung  der  Stadt  Guayaquil,  die  die  Hauptsorte 
unseres  Marktes  liefert,  mit  Kakaowäldern  3)  bedeckt,  deren  Ertrag  aber 
wegen  des  dichten  Standes  der  Bäume  nur  ein  mittelmäßiger  war;  zehn 
Bäume  sollen  nicht  mehr  Früchte  gegeben  haben  als  ein  Baum  von 
Venezuela. 

Gegenwärtig  gibt  es  in  Ecuador  großartige  Plantagen;  die  Provinz 
Los  Rios  allein  besitzt  etwa  30  Mill.  Bäume.  Die  Ausfuhr  erfolgt  zum 
größten  Teile  aus  Guayaquil,  die  bekannten  Handelssorten  sind  Arriba- 
Balao-,  Machala-  und  Bahla-Kakao,  letzterer  nicht  mit  Bahia  in  Brasilien 
zu  verwechseln.  (Über  die  Produktionsmengen  s.  unten.)  Weitere  wich- 
tige Produzenten  des  Kakaos  sind  die  westindischen  Inseln,  vor 
allem  Trinidad  und  Grenada,  dann  noch  Jamaika,  und  San  Domingo. 
Die  feinste,  am  höchsten  geschätzte  Ware  liefert  Venezuela;  die  Sorten 
werden  nach   den  Ausfuhrhäfen    Puerto  Cabello   und  La  Guayra   (früher 


1)  Zitiert  nacli  Harz,  1.  c,  p.  472. 

2)  Diese  Zahl  dürfte  sich  auf  geschälte  Samen  beziehen.- 

3)  Globus,  1884,  XLV,  Nr.  6. 


766  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

auch  nach  der  Hauptstadt  Caracas)  benannt.  Wiewohl  man  daselbst 
das  ganze  Jahr  hindurch  Früchte  einsammelt,  so  erfolgt  die  Haupternte 
doch  nur  zweimal,  im  Juni  und  im  Dezember.  Man  unterscheidet  drei 
Varietäten,  den  Griallo,  mit  hellfarbigen  Samen,  den  Forastero,  dessen 
Samen  in  der  Farbe  variieren  und  dessen  Frucht  uneben  und  stark 
gefurcht  ist;  und  endlich  den  Calabacillo  mit  kleiner  ovaler  Frucht 
und  dunklen  Samen.  Von  den  beiden  ersten  werden  wieder  je  drei 
Untervarietäten  unterschieden  (Agric.  News,  VIH,  1909,  p.  260 ,  nach 
Just,  Bot.  Jahrb.).  Große  Quantitäten  produzieren  Brasilien,  Saö 
Thome  im  Golf  von  Guinea,  Britisch  Westafrika.  Von  Brasilien 
kommen  mehrere  nicht  besonders  geschätzte  Sorten  zu  uns,  wie  die 
Rio  negro-,  Para-  und  Bahiabohne.  Das  uralte  Stammland  der  »Scho- 
kolade«, Mexiko,  das  die  berühmte  Soconuscabohne  liefert,  hat  seine 
einstige  Bedeutung  gänzlich  eingebüßt;  sein  Anbau  deckt  nicht  einmal 
den  eigenen  Bedarf.  Die  mittelamerikanischen  Republiken  haben  gleich- 
falls für  den  Welthandel  keine  Bedeutung. 

Von  den  übrigen  Kulturgebieten  sind  Französisch  und  Holländisch 
Guayana,  Ceylon,  die  Philippinen,  die  Sundainseln  und  die  ehemals 
deutschen  Kolonialbesitze  in  Westafrika  und  auf  Samoa  (Preuß,  Bei- 
hefte Tropenpflanzer  1907)  zu  nennen.  Über  die  Kakaokultur  auf 
Ceylon  schreibt  dem  Verfasser  Herr  P,  Keutmann  folgendes.  »Ende 
der  achtziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  hat  sich  diese  Kultur, 
die  bedeutend  lohnender  als  der  Tee-Anbau  ist,  mehr  und  mehr  ent- 
wickelt. Die  Plantagen  liegen  etwa  2000  Fuß  hoch;  die  Bäume  beginnen 
mit  dem  4.  oder  5.  Jahre  zu  tragen  und  sollen  ungefähr  2 — 3,  auf  sehr 
gutem  Boden,  aber  auch  bis  5  Cwts  Ertrag  per  acre  liefern.  Die  drei 
Haupternlen  fallen  in  den  Frühling,  Herbst  und  November — Dezember. 
Es  werden  auf  Ceylon  vier  Sorten  gebaut:  I.Plumbago,  2.  Cundeamar, 
(beide  besitzen  erst  grüne,  in  der  Vollreife  gelbe  Früchte);  3.  Forestero, 
4.  Caracas;  die  Früchte  dieser  Sorten  sind  rot  und  werden  schließlich 
gelb.  Die  Sorte  Forestero  soll  am  meisten  gebaut  werden,  obwohl  sie 
an  Güte  der  Caracas-Sorte  nachsteht,  aber  die  Samen  sind  grüßer,  fester 
und  schwerer  als  die  der  vierten  Sorte  und  somit  vorteilhafter  für  den 
Verkauf.«  In  Kameruni)  sind  im  Jahre  1911  2,9  Millionen  Kilogramm 
Pflanzungskakao  und  649  000  Kilogramm  Handelskakao  geerntet  worden^). 


i)  Tropenpflanzer,  1912,  p.  437.  Demandt,  E. ,  Samoanische  Kakaokultur. 
Beihefte  d.  Tropenpflanzer,  1914,  XVIII,  p.  135—307. 

2)  Sehr  eingehende  Darstellung  der  Kulturgebiete,  Produktion  usw.  enthält 
Hartwich,  Die  menschhchen  Genußmittel,  Leipzig  1911,  p.  342ff.;  ferner  H.  Wright, 
Theobroma  Cacao  or  Cocoa,  its  botany,  cultivation,  chemistry  and  diseases.  London 
1907.  —  Über  die  Rentabilität  der  Kakaokultur  in  Kamerun  siehe  Picht  in  Tropen- 
pflanzer, 1919,  p.  356—364. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  767 

Aus  der  folgenden  Zusammenstellung  der  Ernten  der  wichtigsten 
Kakaoländer  läßt  sich  deren  Bedeutung  als  Kulturgebiete  ermessen:  Es 
produzierten  im  Jahre  lOH  in  Millionen  Kilogramm:  Goldküste  40,35, 
Ecuador  39,5,  Saö  Thome  35,0 ,  Brasilien  34,99,  Trinidad  21,2,  Do- 
mingo 19,8,  Venezuela  17,38,  Grenada  5,94,  Deutsche  Kolonien  4,4, 
Ceylon  3,0,  Fernando  Po  3,0,  Jamaika  2,78,  Holl.-Ostindien  2,46,  Franzö- 
sische Kolonien  1,36.  Die  Kakao-Welternte  1911  betrug  244,54  Mill. 
Kilogramm.  Davon  fielen  als  Verbrauch  auf  die  nordamerikanische 
Union  58,9,  auf  Deutschland  50,85,  auf  Frankreich  24,3,  auf  England 
25,39,  Holland  23,5,  Österreich-Ungarn  5,9  Millionen  Kilogramm.  Der 
Weltverbrauch  1911   belief  sich  auf  229,98  Millionen  Kilogramm i). 

Außer  der  genannten  Art  liefern  noch  andere  Spezies  der  Gattung 
Theohroma  Samen,  die  als  Kakaobohnen  verwendet  werden.  Als  solche 
werden  genannt:  Th.  bicolor  Humb.  et  BjjL,  eine  in  Kolumbien,  Ecuador 
und  am  Rio  negro  (Nord- Amazonas)  einheimische  Art,  von  der  die 
Guayaquilsorten  Arriba  und  Machala2)  hergeleitet  wurden.  Nach 
Hartwich  heißt  diese  Art  in  Zentralamerika  »Pataste«  oder  »Pataschte«, 
in  Ecuador  »Cacao  blanco«,  in  Kolumbien  »Bacao«.  Die  Samen  schmecken 
fast  rein  süß,  ihr  Fett  ist  von  dem  von  Th.  Cacao  verschieden ;  ferner  Th. 
pentagonwn  Bern.,  die  in  Zentralamerika  den  »Lagarlo-Kakao«,  Alli- 
gator-Kakao liefert,  an  Güte  dem  echten  Kakao  gleich;  Th.  angusti- 
foliuni  MoQ.  et  Sess..^  in  Mittelamerika  und  Mexiko  einheimisch,  und  Th. 
ovalifolium  Moq.  et  Sess.  von  denen  die  Soconuscobohne  herstammen 
soll,  was  aber  nach  Preuß^)  unrichtig  ist.  Neben  Th.  Cacao  hat  nur 
noch  Th.  angustifoliuin  (»Cacao  mico«)  Bedeutung,  ferner  Th.  guaya- 
nense  Äuhl.  (im  Kakao  von  Cayenne),  Th.  microcarpum  Mart.,  Th. 
specioswn  Willd.*).  Die  in  Brasilien  gesammelten  Kakaosamen  stammen 
zumeist  von  nicht  kultivierten  Bäumen  (Cacao  bravo)  und  es  ist  daher 
nicht  unwahrscheinlich,  daß  diese  nicht  der  kultivierten  Art  Th.  Cacao, 
sondern  anderen  Arten  angehören. 

Die  Kakaofrucht  ist  eine  längliche  oder  eilängliche,  mit  zehn  (aus- 
nahmsweise mit  acht)  Längsrippen  versehene,  im  frischen  Zustande  gelbe 
oder  gelblichrütliche,  trocken  braune,  gurkenähnliche,  holzige,  nicht  auf- 


1)  Über  die  Weltvorräte  an  Kakao  und  über  den  Verbrauch  während  des  Krieges 
siehe  Tropenpflanzer,  -1919,  p.  40  und  p.  126.  Warburg  beurteilt  .die  Lage  günstig 
und  glaubt  an  einen  Überfluß  an  Kakao  in  der  Welt.  —  Die  Welternte  wird  für 
-1917  mit  335  080  Tonnen  gegen  295  000,  298  000  und  277  300  Tonnen  in  den  drei 
Jahren  vorher  angegeben.     (Tropenpflanzer  1920,  p.  87.) 

2)  Bull.  Roy.  Gard.  Kew,  1899,  No.  147—148. 

3)  Preuß,  Expedition  nach  Zentral- und  Südamerika  1899— 1900.  Berlin  1901, 
p.  258. 

4)  Vgl.  Wiesner,  Rohstofl'e,  1.  Aufl.,  p.  728. 


768  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

springende  Kapsel  i)  von  10 — 15  cm  Länge  und  einem  Durchmesser  von 
€ — 7  cm  (Fig.  277  Ä^  B).  P.  Keutmann  fand  auf  Ceylon  auch  viel 
größere  Früchte,  bis  zu  26  cm  Länge  und  1 1  cm  Durchmesser.  Die  Frucht 
enthält  40 — 60,  seltener  bis  80  Samen,  die  in  fünf  Reihen  angeordnet  und 
in  ein  weiches,  schleimigsüßes  Mus  eingebettet  sind  (Fig.  Tll B).  Die 
Ernte  erfolgt  (in  Ecuador)  mit  Hilfe  langer  Stangen,  die  am  Ende  ein 
mit  der  Schneide  nach  oben  gekehrtes  Quermesser  tragen ;  mit  einem 
kurzen  Schnitte  in  den  Fruchtstiel  wird  die  Frucht  abgetrennt,  fällt  zur 
Erde  und  wird  von  Jungen  in  Säcken  gesammelt.  Das  Entkernen  geschieht 
entweder  sofort  oder  nach  3^ — 4  Tagen,  was  für  die  Güte  der  Bohne 
nicht  ohne  günstigen  Einfluß  sein  soll.  Die  Früchte  werden  mit 
Holzstücken  oder  auch  mit  dem  Messer  geöffnet,  die  Samen  heraus- 
genommen und  von  der  anhängenden  Pulpa,  mitunter  auch  mit  Hilfe 
von  Sieben  befreit  und  nun  auf  verschiedene  Weise  behandelt.  Das  süße 
Mus  wird  in  Brasilien  zu  Gelees  und  zur  Darstellung  von  Branntwein 
und  Essig  verwendet.  Die  Samen  der  geringeren  Sorten  (Brasilien, 
Cayenne)  werden  sofort  nach  der  Herausnahme  aus  der  Frucht  einem 
Trocknungsprozeß  unterworfen  und  geben  den  ungerotteten  Kakao, 
dessen  Geschmack  bitter  und  herbe  ist.  Die  feinen  Sorten  hingegen 
unterliegen  zunächst  einer  Gärung  2),  wodurch  ein  angenehmer,  milder 
Geschmack  und  ein  besseres  Aroma  erzielt  wird;  dieselbe  dauert  im 
Mittel  sechs  Tage;  in  der  einfachsten  Form  besteht  die  Behandlung  darin, 
daß  man  die  Samen  in  Bananenblätter  einhüllt  und  etwas  beschwert, 
oder  die  Samen  werden  auf  größere  Haufen  geschüttet  und  diese  durch 
mehrere  Tage  fleißig  umgeschaufelt,  um  eine  zu  starke  Selbsterhitzung 
zu  verhindern.  Rohere  Methoden,  die  Gärung  einzuleiten,  bedienen  sich 
des  Eingrabens  der  Bohnen  in  die  Erde  oder  des  EinfüUens  derselben 
in  zementierte  Gruben.  So  geschieht  es  auch  auf  Java 3).  Die  Samen 
werden  in  gemauerte  »Fermentierungskisten«   bis  auf  zwei  Drittel  Höhe 


1)  T.  Garuel  nennt  die  Frucht  ein  Peponium  (pericarpio  extus  coriaceo  etc.). 
Nuovo  Giornale  Botanico  Italiano,  1888,  XVIII,  p.  3H— 313;  nach  Bot.  Zentralbl., 
4  888,  XXXIV,  p.  11. 

2)  Nach  Fickendey  (Tropenpflanzer,  1909,  p.  87)  hat  die  Gärung,  bei  der  eine 
Oxydase  auftritt,  den  Zweck,  die  Kakaobohne  abzutöten,  aber  so,  daß  die  in  ihr  ent- 
haltenen Enzyme  nicht  vernichtet  werden.  Denn  die  Veränderungen,  die  in  der  Bohne 
hierbei  vor  sich  gehen,  die  ßraunfärbung  der  Nips  und  die  Geschmacksmilderung 
können  auch  ohne  Gärung  erreicht  werden,  z.  B.  durch  Alkohol  oder  durch  Gefrieren. 
—  Sehr  ausführlich  handelt  über  die  Fermentation  A.  Schulte  im  Hofe,  Die  Kakao- 
fermentation und  die  Verarbeitung  des  Kakaos  von  der  Ernte  bis  zum  Versand,  so- 
wie Kaffee-  und  Tabakfermentationsstudien,  Berlin  1908;  ferner  0.  Loew,  The  fer- 
mentation  of  Gacao,  Tropic.  Agric.  and  Magazine,  XXXII,  1909,  p.  35 — 37.  —  Luh- 
mann,  Kakao  und  Schokolade,  Hannover  1909. 

3)  Tschirch,  Indische  Heil-  und  Nutzpflc 


Einundzwanzigsler  Abschnitt.     Samen. 


769 


gefüllt,    mit  Bananenblättern  bedeckt  und   mit  Steinen   beschwert.     Die 
Gärung  bewirkt  im  Innern  der  Masse  eine  Temperaturzunahme  bis  zu  40°. 


Fig.  277.    Nat.  Größe.     Theohroma  Cacao.     il  Frucht,  von  der  eine  Hälfte  der  Schale  weggenommen  ist; 
B  Frucht  im  Querschnitt;  C  Same  von  der  Seite,  J)  von  vorn;  E  Keim,   i*' Keimblatt  mit  den  Rippen 
auf  der  Berührungsfläche,  G  Same  im  Querschnitt.    (Nach  K.  Schumann.) 
Wiesner,  Rohstoffe.     III.  Band.     3.  Aufl.  49 


770  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Die  gerotteten  Samen  werden  abgewaschen  und  getrocknet.  Die  mikro- 
skopische Untersuchung  hat  gelehrt,  daß  Hefepilze  und  (später  auf- 
tretende) Bakterien  bei  der  Fermentation  beteiligt  sind. 

'tenden    Fruchtresi 

hierauf  der  Alkohol  durch  die  Bak- 
terien zu  Essigsäure  oxydiert,  wobei  sich  ein  bedeutendes  Ansteigen  der 
Temperatur  einstellt;  dadurch  wird  wohl  die  Keimfähigkeit  der  Samen 
vernichtet. 

Wie  der  Autor  zuerst  angegeben  hat,  bewirkt  die  Gärung  eine  un- 
schöne Farbenveränderung  der  braunen  Samenschale;  sie  wird  schwarz 
gefleckt  und  sehr  unansehnlich.  Das  mag  auch  der  Grund  gewesen  sein, 
daß  der  gerottete  Kakao  zumeist  einer  künstlichen  Färbung  mit  roter 
Farbe  unterzogen  wird.  Gerade  die  feinsten  Sorten,  Caracas  usw.,  sind 
stets  mit  dem  Farbüberzug  versehen.  Es  hat  das  Färben  den  Zweck, 
die  unansehnliche  Ware  zu  verschönern,  eine  betrügerische  Absicht  ist 
damit  durchaus  nicht  verbunden ;  der  sachkundige  Käufer  weiß  übrigens, 
daß  er  die  Güte  der  Bohne  nur  nach  dem  Geschmack  zu  beurteilen 
hat.  Auch  mag  der  Tonüberzug  gegen  Feuchtigkeit  und  Schimmel- 
bildung, welcher  die  Ware  so  leicht  unterliegt,  einigermaßen  Schutz  ge- 
währen i).  Schließlich  müssen  die  Samen  getrocknet  werden,  was  am 
rationellsten  mit  geeigneten  Dörrapparaten  vorgenommen  wird.  Auf 
Ceylon  nimmt  nach  dreitägigem  Lagern  der  mit  Blättern  zugedeckten 
und  mit  Erde  überschütteten  Bohnen  die  Trocknung  4 — 5  Tage  in  An- 
spruch. Tagsüber  benutzt  man  die  Sonnenwärme,  indem  die  Bohnen 
unter  freiem  Himmel  ausgebreitet  werden;  in  der  Nacht  oder  bei  be- 
decktem Himmel  erfolgt  die  Trocknung  in  geschlossenen  Räumen,  in 
denen  durch  besonders  konstruierte  Öfen  und  durch  künstlich  her- 
gestellten Luftzug  eine  gleichbleibende,  höhere  Temperatur  erhalten  wird 
(P.  Keutmann). 

Die  Kakaosamen 2)  sind  ziemlich  unregelmäßige,  plattgedrückt- ei- 
förmige Körper  (Fig.  277  C — G)  von  16— 27  mm  Länge,  10 — 15  mm 
Breite  und  4 — 7  mm  Dicke.     An   dem  stumpferen   und  breiteren  Ende 


1)  Nach  G.  Hart  wich  (Die  menschl.  Genußmittel,  p.  341)  ist  das  Färben  auf 
folgenden  Umstand  zurückzuführen:  >In  früherer  Zeit  war  es  allgemein  gebräuchhch, 
die  Samen  in  der  Erde  zu  rotten,  dabei  werden  sie  von  der  eisenhaltigen,  also  roten 
Erde  überzogen  und  gefärbt  und  man  war  es  so  gewohnt,  sie  mit  diesem  färbenden 
Überzug  im  Handel  zu  haben,  daß  man  neuerdings,  wo  man  das  Rotten  nicht  mehr 
in  der  Erde  vornimmt,  ihnen  doch  diesen  dem  Käufer  gewohnten  Überzug  gibt.« 

2)  A.  Mitscherlich,  Der  Kakao  und  die  Schokolade.  Berlin  1859.  — Flückiger, 
Pharmakognosie.  —  A.  v.  Vogl,  Die  wicht.  Nahrungs-  und  Genußmittel,  p.  277.  — 
J.  Moeller,  Nähr.-  und  Genußm.,  2.  Aufl.,  1905.  —  T.  F.  Hanausek,  Nahrungs- 
und Genußmittel,  p.  437. 


I 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  771 

befindet  sich  der  glatte,  kreisförmige  und  häufig  etwas  vertiefte  Nabel, 
von  dem  aus  eine  mäßig  erhabene  Raphe  über  die  stärker  gewölbte 
Schmalfläche  zu  dem  schmäleren  Scheitelende  des  Samens  zieht;  hier 
endet  sie  in  der  Chalaza,  die  meist  paarweise  entspringende  und  etwa 
bis  zur  Hälfte  des  Samens  parallel  ziehende,  später  sich  ausbreitende 
Gefäßbündel  aussendet.  Der  Same  besteht  aus  der  Schale  und  dem 
großen  Keim.  Die  Samenschale  ist  papierdünn,  zerbrechlich,  leder-  bis 
rotbraun,  feinstreifig,  mitunter  etwas  rauh  (von  anliegendem,  trockenem 
Fruchtmus),  sonst  glatt  und  sehr  häufig  mit  schwarzbraunen,  verwaschenen 
Flecken  versehen:  an  gerotteten  Samen  fast  immer  mit  gelbrotem  oder 
rotbraunem  Ton  bedeckt;  im  feuchten  Zustande  ist  sie  schlüpfrig.  An 
ihrer  Innenseite  liegt  ein  zartes,  farbloses,  trockenes  Häutchen,  Silber- 
haut genannt,  das  mit  vielen  ziemlich  unregelmäßig  verteilten  Falten  in 
das  Gewebe  der  Keimblätter  eindringt  und  diese  dadurch  in  kantige 
Stücke  zerklüftet.  Bei  gelindem  Druck  zerfallen  daher  die  Keimblätter 
in  zahlreiche  scharfkantige  Teile,  welchen  das  Silberhäutchen  stellen- 
weise noch  anhaftet.  Der  Keim  besteht  aus  den  zwei  dunkelbraunen 
oder  dunkelrotvioletten,  kernigöligen,  ineinander  gefalteten  Keimblättern 
und  einem  von  diesen  am  Grunde  eingeschlossenen,  gegen  den  Nabel 
gerichteten,  stielrunden,  auffallend  spröden  und  harten  Würzelchen  i).  Die 
Innenflächen  der  Keimblätter  sind  durch  die  scharfkantig  vorragenden 
Rippen  —  eine  Mittel-  und  zwei  seitliche,  fast  parallele  Nebenrippen  — 
stark  gebuchtet  (Fig.  277  i^),  denn  die  Rippen  des  einen  Blattes  greifen 
in  die  entsprechenden  Vertiefungen  des  zweiten  derart  ein,  daß  der 
Rand  im  Querschnitt  dadurch  einen  wellenförmigen  Verlauf  erhält 
(Fig.  277  G). 

Gestalt,  Größe  und  Gewicht  sind  nach  den  einzelnen  Sorten  sehr 
verschieden  und  die  Erkennung  der  letzteren  daher  nicht  leicht^).  Das 
Volumgewicht  bezw,  das  Gewicht  einer  bestimmten  Stückanzahl  zeigt,  wie 
der  Autor  3)  nachgewiesen  hat,  eine  bestimmte  Korrelation  zur  Qualität 
und  zur  Preisstellung,  indem  die  schwersten  Bohnen  auch  am  höchsten 
bewertet  werden.  So  wiegen  20  Stück  von  Puerto  Cabello  35,3,  Ca- 
racas I  31,7,  Bahia  23—25,4,  Trinidad  27,  Ceylon  i8,G9— 20,9  g. 

Die  Kakaosamen  sind  vielfältig  Gegenstand  der  anatomischen  Unter- 
suchung  gewesen^).     Am   ausführlichsten   haben  A.  Tschirch   und   A. 


1)  Wegen  ihrer  Härte  müssen  daher  die  Würzelchen  bei  der  Verarbeitung  der 
Bohnen  sorgfältig  entfernt  werden. 

2)  Einzelbeschreibung  s.  in  des  Autors  »Nahrungs-  und  Genußmitteln«,  p.  44-1. 

3)  Chem.-Ztg.,  1894,  Jhg.  iS,  p.  441. 

4)  Mitscherlich,  1.  c.  —  Trojanowsky,  Beitr.  z.  pharmakogn.  u.  ehem. 
Kenntnis  des  Kakaos.  Inaug.-Diss.  Dorpat  -1875.  —  Flückiger,  Pharmakognosie, 
2.  Aufl.,  p,  914.   —  Moeller,   Mikroskopie,  2,  Aufl.,   p.  44  3    (daselbst    noch   weitere 


772  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

V.  Vogl  das  mikroskopische  Verhalten  der  Samen  beschrieben.  Da  die 
Samen  wohl  als  Genußmittel  eine  große  Rolle  im  Welthandel  spielen, 
in  bezug  auf  ihre  technische  Verwendung  als  fetthefernder  Rohstoff  da- 
gegen nur  geringe  Redeutung  besitzen,  so  erscheint  eine  nur  kurze  Mit- 
teilung über  den  anatomischen  Rau  der  Samen  wohl  gerechtfertigt. 

Die  dem  Samen  stellenweise  anhaftenden  Reste  des  Fruchtbreies 
bestehen  aus  hyphenartig  gestreckten  und  verzweigten  Zellen,  die  große 
Zwischenräume  zwischen  sich  frei  lassen.  Diese  Pulpareste  sind  vor- 
trefflich geeignet,  gerotteten  Kakao  von  ungerottetem  (mikroskopisch)  zu 
unterscheiden.  Rei  ersterem  findet  man  die  Pulpa  ganz  durchsetzt  von 
sehr  kleinen,  länglich- elliptischen  Körnchen,  die  sich  sofort  als  Zellen 
eines  Pilzes,  wahrscheinlich  einer  Saccliaromyces-Axi  erkennen  lassen; 
durch  diese  wird  die  Rottung,  i.  e.  Gärung  (s.  o.)  eingeleitet.  An  un- 
gerotteten  Sorten  sind  sie  niemals  zu  finden.  Der  innere  Abschluß  des 
Perikarps  und  daher  auch  der  Pulpa  wird  von  der  inneren  Fruchtepi- 
dermis  gebildet,  welche  eng  an  die  Epidermis  der  Samenschale  angelagert 
ist  und  auf  derselben  als  ein  schräg  laufendes  Liniensystem  erscheint; 
sie  besteht  nämlich  aus  gestreckten,  ziemlich  großen,  dünnwandigen 
Zellen,  deren  Längswände  parallel  laufen  und  die  Epidermiszellen  schief 
schneiden.  Die  Epidermis  der  Samenschale  setzt  sich  aus  großen,  derb- 
wandigen,  polyedrischen,  meist  etwas  gestreckten,  auf  der  Außenseite 
verdickten  und  kutikularisierten  Zellen  zusammen.  Unter  der  Epidermis 
liegen  die  zu  verschieden  großen  Gruppen  vereinigten  Schleimzellen, 
welche  nach  Rehandlung  mit  Wasser  zu  großen  Schleimhöhlen  ver- 
schmelzen, indem  die  zarten  Querwände  der  Zellen  jeder  Gruppe  all- 
mählich aufgelöst  werden  oder  reißen^).  Die  nun  folgende  Schicht  ist 
ein  echtes  Schwammparenchym  mit  rundlichen  Interzellularen;  in  ihr 
eingebettet  liegen  große  Gefäßbündel,  deren  überaus  zahlreiche  Spiral- 
gefäße (mit  sehr  leicht  ablösbaren  Spiralbändern)  ein  recht  charakte- 
ristisches Merkmal  für  Kakaoschalenpulver  abgeben.  Nun  folgt  eine 
einreihige  Sklereidenschicht,  deren  Zellen  in  der  Fläche  scharfkantig- 
polygonal (mit  rundem  Lumen),  im  Querschnitt  kubisch  mit  einseitiger 
Verdickung  erscheinen,  indem  die  Außenmembranen  dünnwandig  bleiben. 


Literaturangaben).  —  Tschirch,  ITber  den  anatomischen  Bau  des  Kakaosamens. 
Arch.  d.  Pharmazie,  <887,  Bd.  25,  Hft.  44.  —  Tschirch-0 esterle,  Anat.  Atlas,  Taf.  6, 
p.  21—24.  —  Vogl,  I.e.,  p.  278.  —  Tichomirow,  1.  c.,  I,  p.  314.  —  Lagerheim 
Mikrosk.  Untersuchungen  V.  Kakao  usw.  (Schwedisch),  Svensk  farmac.  Tidskrift,  igoi, 
Nr.  9. 

1 )  Über  die  große  diagnostische  Bedeutung  der  Schleimzellen  behufs  Erkennung 
einer  Verfälschung  von  gepulverten  Lebensmitteln  mit  Kakaoschalen  vgl.  T.  F.  Ha- 
nauseks  Abhandlung  >Zur  Fälschung  des  Piments«  in  Zeitschr.  f.  Untersuchung  der 
Nahrungs-  und  Genußmittel  (Berlin),  1898,  1.  Jhg.,  p.  243,  worin  auch  die  Pulver- 
partikel der  Schleimschicht  ausführlich  beschrieben  sind. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  773 

während  die  Seiten-  und  Innenwände  verdickt  und  verholzt  sind.  Unter 
dieser  Schicht  befindet  sich  eine  mehrreihige  Lage  obliterierter  Zellen, 
deren  letzte  Reihe  als  Innenepidermis  die  Samenschale  beschließt. 

Das  sogenannte  Silberhäutchen,  früher  als  innere  Samenhaut 
bezeichnet,  stellt  nach  Tschirchi)  einen  Perispermrest  dar,  dessen  Epi- 
dermis aus  dünnwandigen,  isodiametrischen  Zellen  gebildet  ist  und  zahl- 
reiche nadelfürmige  und  rundliche  Fettkristalle,  sowie  auch  Kalziumoxalat 
aufgelagert  enthält;  das  übrige  Perispermgewebe  ist  nur  in  den  Falten 
der  Silberhaut  erhalten  geblieben  und  bewirkt  die  schon  angegebene 
Zerklüftung  der  Keimblätter.  —  Die  Kotyledonen  besitzen  eine  gut  ent- 
wickelte Epidermis,  deren  Zellen  stellenweise  zu  eigentümlichen  Tri- 
chomen,  den  sogenannten  Mitscherlichschen  Körpern  (Mitscherlich, 
1.  c,  p.  51)  umgewandelt  sind  (Fig.  278  Jl^,  d).  Da  sie  leicht  von  ihrer 
Unterlage  sich  ablösen  und  dann  auf  der  Silberhaut  zerstreut  liegen, 
wurden  sie  früher  als  dieser  angehörig  angesehen.  Sie  sind  keulen- 
förmig, bis  über  100  ^i  lang  und  aus  einer  Reihe  etwas  tonnenförmig 
aufgetriebener  Zellen  zusammengesetzt;  die  Endzelle  ist  oft  zugespitzt, 
nicht  selten  auch  gepaart.  Sowohl  die  Epidermiszellen  wie  die  Drüsen- 
haare enthalten  sehr  kleine,  braune  Körner,  die  in  kaltem  Kali  und  in 
Schwefelsäure  unlöslich  sind,  in  heißem  Kali  dagegen  mit  braunroter 
Farbe  gelöst  werden. 

Das  Gewebe  der  Keimblätter  besteht  aus  zwei  Arten  von  Zellen: 
Fettstärkezellen  und  Pigmentzellen.  Erstere  bilden  die  weitaus  größte 
Mehrzahl  und  sind  durch  ihren  reichen  Inhalt  ausgezeichnet,  dessen 
einzelne  Bestandteile  nur  durch  besondere  Behandlung  mit  bestimmten 
Reagenzien  deutlich  wahrnehmbar  gemacht  werden  können.  In  Glyzerin 
gelegte  Schnitte  zeigen  die  polyedrischen  Zellen  mit  Fettkristallbüscheln 
und  Stärkekörnern  angefüllt  (Fig.  278  C).  Das  schönste  und  klarste  Bild 
erhält  man 2),  wenn  man  einen  Schnitt  in  Chloroform  legt,  anwärmt, 
hierauf  in  starken  Alkohol  bringt,  dann  in  Wasser  mit  einer  Spur  von 
Jodjodkaliumlösung  färbt,  schließlich  alle  Flüssigkeit  absaugt,  in  Glyzerin 
einlegt  und  schwach  erwärmt.  Es  ist  alles  Fett  entfernt,  die  dünnen 
Zellwände  sind  blaßgelb  gefärbt,  an  dieselben  lagert  sich  feinstkörniges 
Plasma  an,  das  auch  durch  das  ganze  Zellumen  ein  sehr  zartes  und 
zierliches  Netz  mit  meist  sechsseitigen  Maschen  bildet  (Fig.  278jB).  Ein- 
gelagert sind  in  demselben  (durch  Jod  gebläute)  größtenteils  einfache, 
selten    komponierte    Stärkekörner    und    außerdem   findet    sich   in  jeder 


\)  Tschirch-Oesterle,  Anat.  Atlas,  Schlußheft,  Zusätze  und  Berichtigungen 
sub  Kakao. 

2)  Hanausek,  Beiträge  zur  Histochemie  der  Kakaosamen.  Apoth.-Ztg.  (Berlin), 
1894,  Nr.  15,  p.  145. 


774 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


Kristalloid    einschließt.    Durch    Kali    wird    das    Aleuronkorn    bzw.    das 
Kristalloid  dunkelbraun  i)  (Fig.  278  J.,«^]. 

Die  in  weit  geringerer,  aber  nach  den  Kakaosorten  in  verschiedener 
Anzahl  im  Gewebe  vorkommenden  Pigmentzellen  haben  Veranlassung 
zu  einer  noch  nicht  gelösten  Streitfrage  gegeben.  In  der  (trockenen) 
Handelsware  sind  sie  durch  ihre  Färbung  zu  erkennen ;  sie  liegen  häufig 
einzeln  und  regellos  zerstreut  oder  in  Reihen  zu  3 — 4  Zellen  vereinigt 2) 
und  enthalten  meistens  —  aber  nicht  immer,  denn  hier  und  da  ist  eine 
Pigmentzelle  leer  —  eine  gelbbräunliche,  rotbraune  oder  violette,  teils 
körnige,  teils  homogene  Masse,  die  in  Ammoniak  blau,  in  Eisenchlorid 
fast  schwarzblau  sich  löst;  in  Ätzkali 
ist  ein  Farbenwechsel  zu  beobach- 
ten, indem  die  durch  dieses  Rea- 
gens bewirkte  Färbung  zuerst  eine 


Fig.  278.    Vergr.  3ö0.     Aus  dem  Gewebe  der  Kakaobohne.     A  Partie  eines  Quersctnittes   durch  ein 
Keimblatt  mit  Epidermis  ep  und  Trichom  d,  in  Kali  gekocht,     c  Kutiknla,  al  Kristalloid,  /  Fettsäure- 
nadeln.   £  Ein  ebensolches  Stück  entfettet  (s.  Text,  p.  773).    p  Plasmauetz.     C  Kotyledonarzellen  (Fett- 
stärkezellen)  aus  reifen,  frischen  Samen  in  Glyzerin,    am  Stärkekörner,  /  Fottsäurenadeln. 


rein  blaue  ist,  aber  rasch  durch  Grün  in  Gelb  übergeht,  so  daß  die 
Endreaktion  immer  mit  Gelb  abschließt.  Die  Pigmentreaktionen  (mit 
Schwefelsäure,  Salzsäure,  Salpetersäure,  Silbernitrat  usw.)  wurden  auch 
zur  Unterscheidung  von  Kakaostandardmustern 3)  herbeigezogen,  sind 
aber   nach  den  genauen  Untersuchungen  von  Hartwich'*)  hierzu  nicht 


1)  Die  Asche  der  Kakaobohne  erhält  durch  diese  >Globoide«  nach  Molisch 
ein  äußerst  charakteristisches  Aussehen;  sie  ist  von  zahllosen  farblosen,  grauen  und 
schwarzen  Kügelchen  durchsetzt. 

2)  Hartwich  hat  bei  Ceylon,  Bahia,  Caracas  und  Porto  Cabello  die  Pigment- 
zellen niemals  in  Reihen  auftreten  sehen. 

3)  PaulZipperer,  Untersuchungen  über  Kakao  und  dessen  Präparate.  Preis- 
gekrönte Schrift.     Hamburg  und  Leipzig  ISS?,  p.  58—61. 

4)  Über  die  Pigmentzellen  des  Kakaosamens.  Arch.  d.  Pharmazie,  1887,  25.  Bd., 
Hft.  21.  —  Beckurts  und  Hartwich,  Beitr.  zur  ehem.  und  pharmakogn.  Kenntnis 
des  Kakao.     1.  c,  1893,  p.  589. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  775 

geeignet;  ebensowenig  läßt  sich  die  Grüße  der  Stärkekürner,  die  von 
3 — 9  j(t  schwankt,  zur  Unterscheidung  sicher  anwenden.  Die  eigentliche, 
oben  berührte  Streitfrage  dreht  sich  um  das  erste  Auftreten  des  Pig- 
mentes. Nach  älteren  Angaben  von  Mitscherlich,  Berg,  Luerssen 
sind  die  frischen  Kakaosamen  im  Innern  farblos  bzw.  weiß  und  ent- 
wickeln erst  während  des  Trocknens  das  Pigment.  Tichomirow^) 
hingegen,  der  in  der  Lage  war,  auf  Ceylon  und  Java  frische,  reife 
Kakaosamen  vom  Baume  weg  zu  untersuchen,  hat  gefunden,  daß  sie 
stets  von  gelb-rot-violetter  Färbung  waren;  aber  auch  verhältnismäßig 
sehr  junge  Samen  zeigten  schon  gefärbte  Zellen.  Auch  P.  Keutmann 
bestätigt  diese  Angaben.  Nach  Öffnung  einer  frischen  Frucht  besaßen 
die  Samen  (nach  Entfernung  des  weißen  Muses)  eine  hellbräunliche  fast 
weiße  Oberfläche,  der  Kern  war  dagegen  außen  violett  bis  auf  das  weiße 
Würzelchen,  im  Innern  hellbräunlich.;  die  untersten  Samen  als  die  reifsten 
erscheinen  schon  mehr  braun.  Gegen  die  Richtigkeit  dieser  an  Ort  und 
Stelle  gemachten  Beobachtungen  läßt  sich  nichts  einwenden,  wohl  aber 
muß  bemerkt  werden,  daß  Tschirch^)  und  der  Autor^)  konservierte, 
reife  Samen  untersuchten,  die  noch  farblos  waren.  Es  scheinen  dem- 
nach Kakaosorten  vorzukommen,  die  in  bezug  auf  das  Eintreten  der 
Pigmentbildung  sich  verschieden  verhalten.  Tichomirow  hat  auch  die 
interessante  Erscheinung  beobachtet,  daß  das  Fett  in  flüssigem  Zustande 
in  den  Kotyledonarzellen  der  frischen  Samen  enthalten  ist;  vielleicht 
hängt  dies  mit  den  Temperaturverhältnissen  des  tropischen  Klimas  zu- 
sammen. 

Aus  den  Kakaobohnen  ist  das  Alkaloid  Theobromin  (C7H8N4O2) 
in  einer  wechselnden  Menge  von  0,88 — 2,34  Proz.,  ferner  etwas  Coffein 
(0,05 — 0,36  Proz.)  und  Asparagin  (0,2  Proz.)  dargestellt  worden*).  Hilger^) 
und  Wilhelm  Lazarus <*)  geben  an,  daß  Kakao  ein  Glykosid  enthält, 
das  durch  die  Einwirkung  eines  Fermentes  oder  durch  Kochen  in  Wasser 
und  Säuren  in  die  (nebst  dem  Fett)  wichtigsten  Inhaltskörper  der  Samen 
zerfällt:  in  Theobromin,  Coffein,  Dextrose  und  Kakaorot.  Das 
Theobromin   läßt   sich   nach   der  Methode  von  Molisch^)  mit  Salzsäure 


i]  Pharmazeut.  Zeitschr.  f.  Rußland,  1892,  XXXI,  Nr.  18,  p.  273—375. 

2)  Tschirch-Oesterle,  Anat.  Atlas,  p.  23. 

3)  Beiträge  zur  Histochemie  usw.,  p.  3 — 4  d.  Separat. 

4)  Über  die  quantitative  Bestimmung  der  Xanthinbasen  im  Kakao  s.  J.  Decker, 
Über  einige  Bestandteile  des  Kakao  und  ihre  Bestimmung.  Amsterdam  1902.  Da- 
selbst auch  eine  Zusammenstellung  der  Literatur  über  Kakao  von  1836  bis  1902. 

5)  Zur  ehem.  Gharakt.  der  Coffein  und  Theobromin  enthaltenden  Nahrungs-  und 
Genußmittel.  Vierteljahrsschr.  f.  öff.  Gesundheitspflege,  25,  p.  559—562;  Apoth.-Ztg., 
1892,  VII,  p.  469. 

6)  Das  Glykosid  der  Kakaosamen.     Düsseldorf  1893. 

7)  Grundriß  einer  Histochemie  der  pflanzlichen  Genußmittel,  1891,  p.  23. 


776  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

und  Goldchlorid  nachweisen,  wobei  baumartige  Kristallbildungen  ent- 
stehen. Auch  die  Schalen,  die  als  Kakaotee  und  zur  Verfälschung  von 
Gewürzpulvern  Verwendung  finden,  enthalten  bis  1  Proz,  Theobromini). 
Der  technisch  wertvollste  Inhaltskürper  ist  das  Kakao  fett  (s.  Kakao- 
butter, I,  p.  662).  Der  Gehalt  an  Stärke  beträgt  nach  Mitscherlich 
iO — H  Proz.,  nach  A.  v.  Vogl  8,9  Proz.  —  Die  Hauptverwendung  der 
Kakaosamen  ist  die  zu  den  verschiedenen  Kakaopräparaten,  insbesondere 
zu  der  Schokolade,  die  als  Genuß-  und  Nahrungsmittel  eine  hervor- 
ragende Bedeutung  erlangt  hat. 

15.  Sesam. 

Der  Sesam  des  Handels  besteht  aus  den  Samen  von  Sesamum  indi- 
cum  DC.  Die  vieltausendjährige,  im  Papyrus  Ebers  schon  erwähnte 
und  den  Völkern  des  klassischen  Altertums  wohlbekannte  Kultur 2)  dieser 
höchst  wertvollen  Ölpflanze  hat  die  Bildung  zahlloser  Abarten  und 
Rassen  zur  Folge  gehabt,  die  sich  hauptsächlich  durch  die  Farbe  der 
Samen  und  durch  die  verschiedene  Beschaffenheit  des  Blattrandes  charak- 
terisieren. Linne  hatte  ursprünglich  die  Pflanze  mit  lichten  (weißen 
oder  gelben)  Samen  als  Sesamum  indicum  von  der  mit  dunklen  (roten, 
braunen  oder  schwarzen)  Samen,  die  er  Sesamum  Orientale  nannte, 
unterschieden. 

De  Gandolle  vereinigte  die  beiden  Linn eschen  Arten  zu  seinem 
Sesamum  indicum  und  gliederte  dieses  in  drei  Hauptformen  3):  a)  grandi- 
dentatum,  =  Ses.  indicum-  L.,  ß)  suhdentatum  =  Ses.  indicum  Sitns 
und  y)  subindivisum  =  Ses.  Orientale  L.^).    Am  reichsten  an  Spielarten 

-1)  Die  Existenz  eines  Glykosids  im  Kakao  erscheint  nach  neuesten  Untersuchungen 
sehr  zweifelhaft,  da  eine  andere,  wie  es  scheint,  nicht  glykosidisclie  Muttersubstanz 
des  Theobromins  aufgefunden  wurde.  Nach  L.  Reutter  erhält  man  aus  frischen, 
mit  überhitztem  Wasserdampf  behandelten'  hierauf  entölten  und  gepulverten  Kakao- 
samen durch  Extraktion  mit  heißem,  verdünntem  Methylalkohol  eine  violettrote 
Lösung,  die  bei  freiwilliger  Kristallisation  mikroskopische  Kristalle  abscheidet.  Diese 
Kristalle  stellen  einen  neuen  Kakaobestandteil,  das  Kakaorin  (GieHoßOeNg)  dar,  das 
bei  der  Hydrolyse  Theobromin  und  einen  bräunlichroten  Niederschlag  in  einer  violett- 
roten Flüssigkeit  liefert.     Aus  letzterer  scheidet  sich  Kakaorot  (C40H611O27N)  ab*). 

2)  Stapf  in  Engler-Prantl ,  Pflanzenfamilien,  4.  Tl.,  Illb,  p.  262.  —  Wie 
Schweinfurth  {Englers  Bot.  Jahrb.,  1880,  VIII,  \,  p.  -Iff.)  berichtet,  hat  Schiapa- 
relli  in  den  Gräbern  von  Dra-Abu'n-Begga  in  Ägypten  Reste  von  40  Pflanzen  ge- 
funden, unter  welchen  auch  Kapseln  von  Sesam  ohne  Samen,  aber  mit  Stengeln,  an 
denen  Spuren  des  Dreschens  zu  sehen  waren,  sich  vorfanden.  Er  bemerkt  aber  hierzu, 
daß  diese  Pflanzen  erst  in  neuerer  Zeit  in  die  Höhlen  dieser  uralten  Gräber  gebracht 
worden  sein  dürften. 

3)  Prodromus  syst,  nat.,  pars  IX,  p.  250. 

4)  Stapf,  1.  c,  bezeichnet  die  Gesamtart  wieder  mit  Sesamum  indicum  L. 


")  Compt.  rendus  156,  p.  1842if.  nach  Apotli.-Ztg.,  (Berlin)  1913,  p.  579. 


Einundzwanzigster  Aljschnitt.     Samen.  777 

ist  wohl  das  indische  Kulturgebiet,  wo  die  weiße  indische,  in  Scinde 
gebaute  Sesamsaat,  Suffe t-til  (Safed-til)  genannt,  wegen  der  aus- 
gezeichneten Beschaffenheit  ihres  Öles  als  die  hervorragendste  gilt, 
während  die  schwarze  indische,  unter  dem  Namen  Tille e  bekannt, 
wegen  des  größten  Ölreichtums  am  meisten  der  Kultur  gewürdigt  wird. 
Auch  die  rotsamige  Saat  —  Kala-til  —  wird  viel  gebaut.  Da  die 
schwarzen  Samen  ein  dunkelfarbiges  und  daher  weniger  brauchbares  Öl 
ergeben,  so  werden  sie  vor  dem  Auspressen  in  Wasser  gekocht,  bis  der 
grüßte  Teil  des  Farbstoffes  entfernt  ist,  und  hierauf  getrocknet  i). 

Außer  den  Samen  von  Sesamum  indicum  kommt  gegenwärtig  aus 
Afrika  ein  Sesam  auf  den  Markt,  der  von  einer  daselbst  einheimischen 
Art,  von  Sesamum  radiatum  Schum.  et  Thonn.  (Sesamum  occidentale 
Heer  et  Regele  Ses.  foetidum  Afxel.)  abstammt  und  nicht  selten  auch 
unter  der  gewöhnlichen  Ware  beigemischt  gefunden  wird.  Bei  den 
Suaheli  heißt  er  »ufuta  muita«,  s.  v.  w.  »wilder  Sesam«.  Doch  ist  die 
merkantile  Bedeutung  dieser  Samensorte  einstweilen  noch  eine  geringe. 
Eine  dritte  Art,  Sesamum  angustifoUum  (OUv.J  Engl.,  ist  in  Deutsch- 
Ostafrika  und  in  Sansibar  einheimisch,  durch  kleinere  Samen  gekenn- 
zeichnet, die  aber  auch  eine  brauchbare  Ölsaat  liefern. 

Wie  von  den  meisten  Kulturpflanzen  der  alten  Welt,  so  ist  auch 
von  Sesamum  indicum  die  ursprüngliche  Heimat  nicht  sicher  ermittelt. 
Nach  A.  de  Gandolle^)  stammt  der  Sesam  von  den  Sundainseln  her 
und  ist  vor  2000  oder  3000  Jahren  nach  Indien  und  in  die  Euphrat- 
region  eingeführt  worden,  von  wo  er  nach  Ägypten  kam.  Watt  hält 
Behar  und  das  nordwestliche  Himalajagebiet  für  die  Heimat  des  Sesams, 
Aschers on  nimmt  Afrika  als  diese  an 3),  Tatsächlich  sind  von  den 
1 2  Arten  der  Gattung  Sesamum  1  0  in  Afrika  autochthon. 

Sesamum,  indicum  wird  im  ganzen  Tropengürtel,  in  China  und 
Japan  und  in  den  Mediterranländern  angebaut.  In  Indien  und  auf  Java, 
wo  die  Kultur  uralt  ist*),  muß  die  Ausdehnung  der  Kulturflächen  des 
Sesams  eine  ungeheure  sein,  denn  Vorderindien  allein  lieferte  vor  etwa 
20  Jahren  60  Mill.  Kilogramm  Samen  für  den  Export  nach  Marseille, 
und  in  der  Präsidentschaft  Madras  sind  400000  ha  diesem  Anbau  ge- 
widmet ^j.     Das  Gesamtareal  der  Sesamkultur  in   Indien  betrug  '19M/'12 


\)  Semler,  Die  tropische  Agrikultur.     II,  \.  Aufl.,  1887,  p.  482. 

2)  Der  Ursprung  der  Kulturpflanzen.  Internat,  wissensch.  Bibliothek,  64.  Bd., 
Leipzig  1884;  übersetzt  von  E.  Goeze. 

3)  Angeführt  nach  Sadebeck,  Die  Kulturgewächse  der  deutschen  Kolonien  und 
ihre  Erzeugnisse.  Jena  1899,  p.  241.  Vgl.  auch  Harms  in  Engler,  Pflanzenwelt 
Ostafrikas,  Berlin  1895,  und  Tschirch,  Handbuch  d.  Pharmakognosie,  11,  p.  574. 

4)  Miquel,  Flora  Nederl.  Indie,  II,  p.  760. 

5)  Semler,  1.  c,  p.  478. 


778  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

4,164  700  Acres  (ungefähr  1,6  Mill.  Hektar),  die  Gesamternte  311,3  Mill. 
Kilogramm  1),  Dabei  ist  aber  noch  zu  berücksichtigen,  daß  der  Sesam 
die  tägliche  Nahrung  in  Form  von  Mehl  und  Öl  und  selbst  als  Ölkuchen 
für  die  große  Mehrzahl  der  indischen  Bevölkerung  bildet  und  daß  außer- 
dem das  Öl  noch  zu  vielen  gewerblichen  Zwecken  und  zur  Beleuchtung 
daselbst  Verwendung  findet.  Ebenso  produziert  Hinterindien,  hauptsäch- 
lich Tonkin2)  und  Slam,  gewaltige  Mengen,  wovon  auch  mehrere  Millionen 
Kilogramm  zur  Ausfuhr  gelangen.  Für  China  und  Japan  ist  der  Sesam 
eine  höchst  wichtige  Kulturpflanze  und  der  Eigenbedarf  ist  so  groß,  daß 
der  Export  ganz  ohne  Belang  ist. 

Das  Mediterrangebiet,  das  Sesamkulturen  enthält,  umfaßt  Kleinasien, 
Griechenland  (Livadien,  Boeotien,  Messenien)^),  Ägypten  und  Algier.  Sehr 
bemerkenswert  ist  der  Anbau  in  Syrien  und  Palästina*),  wo  die  beste, 
das  feinste  Öl  liefernde  Sorte  gedeiht.  Nach  Ruppin^)  wird  Sesam 
in  Syrien  »bei  Homs  und  Hama,  in  der  Küstenzone  bei  Lattakie  und 
zwischen  Haifa  und  Gaza  sowie  in  der  Esdrelonebene  und  in  der  Sarona- 
ebene  als  Sommerfrucht  angebaut«.  Die  beiden  letztgenannten  Ebenen 
liefern  die  besten  Sorten.  In  Palästina  und  in  Ägypten  bildet  der 
Sesam  nicht  nur  ein  Nahrungsmittel,  sondern  auch  eine  Art  Gewürz, 
»Nur  ein  geringer  Bruchteil  der  vorderasiatischen  Produktion«,  schreibt 
Semler  (1.  c,  p.  479),  »gelangt  zur  Ausfuhr,  weil  der  laeimische  Ver- 
brauch nicht  mehr  übrig  läßt.  Verhältnismäßig  ist  hier  der  Verbrauch 
an  Sesammehl  vielleicht  am  stärksten;  dasselbe  dient  zur  Bereitung 
mancher  täglicher  Gerichte,  außerdem  zu  der  berühmten  Fastenspeise 
Chalba  [xaXßäg),  einer  Art  Kuchen,  die  aus  feinem  Sesammehl  mit  Honig, 
zuweilen  außerdem  mit  Zitronat,  bereitet  wird.  Sowohl  in  Vorderasien 
wie  in  Ägypten  würzt  man  Brot  und  Kuchen  mit  Sesamsamen  in  der 
Weise,  wie  wir  es  mit  Kümmel  und  Mohn  tun.  Aus  dem  grobgestoßenen 
Samen  wird  eine  nahrhafte  Suppe  bereitet,  die  auch  Europäern  zu  munden 
pflegt.  Für  diese  beiden  Länder  ist  der  Sesamsamen  mehr  eine  Brot- 
ais eine  Ölfrucht.« 

Die  gesamte  amerikanische  Produktion  von  Sesam  dürfte  nicht  ein- 
mal   den   ei'genen  Bedarf  decken.     In  Südamerika  produzieren  Brasilien 


i)  Tropenpflanzer  1912.  Die  Sesamausfuhr  Indiens  war  während  des  Krieges 
sehr  wechselnd :  1914/15  46700,  1915/16  13  700,  1916/17  84200,  1917/18  16200  und 
1918/19  nur  2  400  Tonnen  (Tropenpflanzer  1919,   p.  344.) 

2)  Aus  allen  Weltteilen,  XVI,  1885,  p.  274. 

3)  Heldreich,  Die  Nutzpflanzen  Griechenlands,  p.  57. 

4)  V.  Klinggräff,  Palästina  und  seine  Vegetation.     Ost.  Bot.  Ztg.,  XXX,  1880. 

5)  A.  Ruppin,  Syrien  als  Wirtschaftsgebiet.  Beihefte  zum  Tropenpflanzer  1916, 
XVI,  Nr.  3/5,  p.  217. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  779 

und  Venezuela  diese  wertvolle  Ölsaat.  In  Venezuela  i),  wo  der  Sesam 
Ajonjoli  (nach  dem  arabischen  aldjol-djolan)  heißt,  wird  aus  dem  Sesam 
das  Ül  und  ein  Getränk  bereitet,  welches  Garoto  de  Ajonjoli  genannt 
wird.  (Garoto  =  ungegorenes  Getränk).  In  den  Südstaaten  Nord- 
amerikas 2),  sowie  auf  einzelnen  westindischen  Inseln  scheint  der  Anbau 
des  Sesams  in  Aufschwung  zu  kommen. 

Sehr  wichtige  und  immer  größere  Bedeutung  erlangende  Anbau- 
gebiete des  Sesams  stellen  die  Länder  an  der  Ost-  und  Westküste  Afrikas 
dar.  Die  französischen  Kolonien  an  der  Westküste  führen  reichlich  Sesam, 
aus,  von  Lagos  kommen  750  000  kg  nach  Marseille.  Das  ehemals  deutsche 
Togogebiet  kultiviert  einen  Sesam  von  sehr  bedeutendem  Ölgehalte^) 
und  die  Kolonialregierung  machte  energische  Anstrengungen,  den  Anbau 
zu  fördern.  Nach  Warburg"*)  werden  im  Innern  von  Togo  und  bei 
Kete  kratje  beide  Sesamarten,  S.  indicum  und  radiatum,  angebaut.  In 
Ostafrika  sind  Sansibar  und  Mozambique  als  Exportländer  zu  bezeichnen. 
Die  Kulturen  auf  Sansibar  liefern  helle  und  dunkle  Samen;  die  hellen 
kommen  südlich  von  Sansibar,  Ugao  und  Kiloa,  die  dunklen  aus  den 
Küstengebieten  nördlich  von  Sansibar''). 

Im  Handel  kommen  vorwiegend  indischer  und  Levantiner  Sesam 
vor.  Der  Levantiner  Kurrachee  und  Sansibar-Sesam  ist  gelblich-weiß, 
der  ägyptische  und  Smyrna-Sesam  braun,  der  indische  meist  schwarz, 
nur  der  Bombay-Sesam  zeigt  ein  Gemisch  von  weißen  und  grauen  Samen. 
(Tschirch). 

Die  Frucht  von  Sesamum  indicum  (Fig.  279  J.)  ist  eine  oblonge, 
stumpf  vierkantige,  kurz  bespitzte,  zweiklappige,  vierfächerige,  etwa  2  cm 
lange  und  5  mm  dicke  Kapsel,  die  in  jedem  Fache  eine  Reihe  Samen 
enthält.  Die  Samen  (Fig.  2795)  sind  weißlich,  hellgelb,  bräunlich,  röt- 
lich bis  schwarz,  eiförmig,  stark  plattgedrückt,  im  Mittel  3  mm  lang, 
2  mm  breit  und  1  mm  dick,  matt,  unter  der  Lupe  sehr  feinkörnig,  auf 
einer  der  beiden  Breitflächen  mit  einer  kaum  hervorragenden,  geraden, 
die  Fläche  der  Länge  nach  halbierenden  Linie  (ähnlich  einer  Raphe),  an 
dem  Rande  einer  jeden  der  beiden  Breitflächen  mit  einer  zarten  Leiste 
versehen,  die  vom  Nabel  rund  um  die  Breitfläche  zieht  und  auf  der 
stärker  abgeplatteten  Seite  stärker  ausgeprägt  ist.  Man  findet  aber  auch 
Samen,  die  nur  eine  Randleiste  haben,  wobei  die  leistenfreie  Breitfläche 


1)  A.  Ernst,  Die  Beteiligung  der  Vereinigten  Staaten  von  Venezuela  a.  d.  Wiener 
Welt-Ausstellung  1873.     Caracas  1873,  p.  33. 

2)  Vgl.  offiz.  österr.  Ausstellungsber.,  1867,  V,  p.  341. 

3)  Thoms  in  Tropenpflanzer,  II,  1898,  Nr.  2. 

4)  Warburg,    Sesamkultur   in   unseren   Kolonien.      Tropenpflanzer,   II,    1898, 
Nr.  1,  p.  31. 

5)  Sadebeck,  Die  tropischen  Nutzpflanzen  Ostafrikas.     Hamburg  1891,  p.  20. 


780 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


nicht  eben,  sondern  gewölbt  ist.  Diese  Samen  sind  die  obersten  oder 
untersten  einer  Reihe  des  Kapselfaches,  und  daraus  ergibt  sich,  daß 
die  Abplattung  und  die  Leistenbildung  ursprünglich  das  Produkt  des 
gegenseitigen  Druckes  der  Samen  sind.  Auch  in  der  Handelsware  findet 
man  noch  häufig  zwei  oder  drei  zusammenhängende  Samen,  wie  sie  in 
dem  Kapselfache  aneinandergereiht  waren,  nebenbei  bemerkt,  für  die 
Erzeugung  von  Querschnitten  der  Samenschale  äußerst  bequeme  und 
erwünschte  Objekte.  Der  Nabel  liegt  an  dem  spitzen  Ende  und  ist  eine 
teils  heller,  teils  dunkler  gefärbte,  schwach  wulstige  Erhabenheit.  Von 
ihm  aus  zieht  die  oben  erwähnte  gerade  Linie  über  das  breite  Feld  des 
Samens.     Der   Samendurchschnitt    (Fig.  279  C)    zeigt    eine    sehr   dünne 

Schale,  darunter  ein  feines,  farbloses 
Häutchen,  das  nach  seinem  Bau  einem 
Keimnährgewebe  (Endosperm)  ent- 
spricht, und  den  großen,  geraden,  mit 
zwei  flachen  Kotyledonen  versehenen 
Keim.  Dieser  verrät  seinen  Ülreichtum 
schon  dadurch,  daß  sich  die  Schnitt- 
fläche nach  einem  leisen  Drucke  sofort 
mit  einem  Tropfen  fetten  Öles  be- 
deckt. 

Die  mikroskopische  Untersuchung') 
der  Samenschale  zeigt,  daß  dieselbe 
zwar  einen  sehr  einfachen  Bau  besitzt. 


Fig.  279.      A  Nat.  Gröne.,   B—I)  Lnpeubilder. 

A  Offene  Kapsel  von  Scsamnm  indicum,  £Sanie 

von  8.  indicttiii,  C  derselbe  im  Längssclmitt, 

D  Same  von  Sesamuiu  radiahtiu. 


Art  des  Vorkommens  von  Kalzium- 
oxalat ausgezeichnet  ist.  Diese  bietet  auch  ein  vollkommen  sicheres  und 
absolut  verläßliches  diagnostisches  Merkmal  zur  Erkennung  von  Sesam- 
mehl und  Sesamkuchen. 

Die  äußere  Schicht,  der  wesentUche  Teil  der  Samenschale,  Oberhaut  und  Kristall- 
bzw. Pigmentbehälter  zugleich,  besteht  aus  (in  allen  Teilen)  dünnwandigen  Pali- 
sadenzellen, die  im  Querschnitt  (Fig.  280  i)  eine  rechteckige  Kontur  besitzen  und 
an  der  freien  Außenfläche  fast  kugelig  gewölbt  sind.  Die  Zellen  sind  am  trockenen 
Samen  zusammengeschrumpft,    die  dünnen  Radialwände  vielfach   zerknittert  und  ge- 


1)  Flückiger,  Zur  Kenntnis  des  Sesamsamens.  Schweizerische  Wochenschrift 
für  Pharmazie,  -1865,  Nr.  37,  p.  282  ff.  —  Harz,  Landwirtschaftliche  Samenkunde, 
1885,  II,  p.  960.  —  Benecke,  Anleitung  zur  mikroskopischen  Untersuchung  der 
Kraftfuttermittel.  Berhn  1886,  p.  57.  —  Idem,  Die  verschiedenen  Sesamarten  und 
-kuchen  des  Handels.  Pharmazeut.  Zentralhalle,  VIII,  1887,  Nr.  44,  p.  545 ff.  — 
A.  Hebebrand,  Über  den  Sesam.  Die  landwirtschaftlichen  Versuchsstationen,  1899, 
51,  p.  4öff.  —  Winton,  The  Anatomy  of  certain  Oil  Seeds  etc.  Conn.  Agr,  Exp. 
Stat.  Rep.  1903,  p.  175.  —  Moeller,  Mikroskopie,  2.  Aufl.,  p.  323.  —  Tschirch, 
Handbuch,  IT,  p.  575. 


Einundzwanziffster  Abschnitt      Samen. 


781 


faltet;  nach  Einwirkung  von  Wasser,  Kali  usw.  strecken  sie  sich  auswärts,  zeigen 
aber  noch  häufig  eine  leichte,  wellenförmige  Krümmung.  Diese  Zellen  sind  in  allen 
ihi"en  Teilen  gänzlich  unverholzt.  In  der  Fläche  präsentieren  sie  sich  als  dünnwan- 
dige, scharfkantige  Polygone  mit  fünf  bis  sechs,  selten  mit  mehr  Seiten.  Als  Inhalt 
führt  jede  Zelle  eine  große,  rundhche,   13  bis  33,  höchst  selten  sogar  bis  49  fi,  im 


Fig.  280.  Vergr.  350.  Stsamnm  tndicnm,  weißer  Same.  Partie  eines  Querschnittes  in  der  Leisten- 
gegend, sa  Samenscliale:  1  Palisadenschicht,  AVKalziumoxalatdrusen,  l  Leiste,  2  einreihiges  Parenchym, 
3  obliteriertes  Gewebe  (in  Chlorzinkjod  gelb).  —  e«  Endosperm:  ve  stark  verdickte  Außenmembran  der 
ersten  Zellreihe,  der  dicke  Strich  die  gut  entwickelte  Kutikula.  —  Ko  Keimblatt:  ep  Epidermis  der 
Außen-,  ep'  solche  der  Innenseite,  pa  Palisadenparenchym,   r  typisches  Parenchym. 


Durchmesser  haltende,  an  der  Oberfläche  mit  verschieden  orientierten  Linien  gezeich- 
nete Kalziumoxalatmasse  (Fig.  ^80 Kr),  die  gewöhnlich  als  eine  Druse  bezeichnet  wird; 
von  den  bekannten,  mit  spitzen  Emergenzen  versehenen,  morgensternähnlichen  Kristall- 
drusen weicht  diese  Kristallkonkretion  sehr  auffällig  ab  und  an  geeigneten  Bruch- 
stücken läßt  sich  ein  strahliger  Bau  beobachten.  Besonders  bemerkenswert  erscheint 
nun,  daß  jede  Kristallmasse  dem  freien,  kugehg  gewölbten  Außenrande  der  Zelle  fest 


782  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

anliegt  und  somit  eine  ganz  bestimmte  Lokalisation  zeigt.  Bei  S.  radiatum  ist  die 
Kristalldruse  gerade  am  entgegengesetzten  Ende  der  Zelle  gelagert.  An  gut  gelun- 
genen, mit  Chlorzinkjod  behandelten  Schnitten  zeigt  sich  hier  und  da  eine  sehr  zarte 
Querfalte,  die  sich  an  das  Kugelkonkrement  anschließt;  es  ist  daher  wahrscheinlich, 
daß  letzteres  in  einer  Membrantasche  eingebettet  ist,  die  aber  in  den  seltensten  Fällen 
zur  Beobachtung  gelangt.  Nicht  minder  charakteristisch  erscheint  das  Flächenbild 
der  Palisadenschicht  mit  den  runden,  plastisch  hervortretenden  Oxalatmassen.  Diese 
sind  auch  die  Ursache  der  unter  der  Lupe  wahrnehmbaren  feinstkörnigen  BeschaCfen- 
heit  der  Schalenoberfläche.  In  den  dunkel  gefärbten  Schalen  sind  außerdem  noch 
schwarze  Pigmentkörper  in  so  reicher  Menge  enthalten,  daß  sie  das  Lumen  der  Zelle 
fast  gänzlich  ausfüllen.  Die  Zusammensetzung  der  Leiste,  die  zuerst  von  Beneckei) 
aufgeklärt  worden  ist,  bestätigt  die  oben  angegebene  Druckwirkung  als  Ursache  der 
Leistenbildung.  Die  die  Leiste  zusammensetzenden  Zellen  (Fig.  280  Z)  sind  empor- 
gehoben und  >  stehen  nicht  parallel  nebeneinander,  sondern  sie  sind  angeordnet,  wie 
bei  einer  Feder  die  Fahne  an  dem  Kiel«  (Benecke).  Die  Außenwände  sind  stärker 
kutikularisiert  als  an  den  übrigen  Palisaden,  die  Kristalldrusen  fehlen  fast  durchweg 
oder  sind  nur  von  einzelnen  Kristallplättchen  vertreten;  in  der  Flächenansicht  sind 
die  Zellen  schmal  rechteckig  bzw.  im  Sinne  der  Leistenrichtung  gestreckt.  Aus  der 
Fig.  280/  ist  deutlich  zu  ersehen,  daß  die  Oberhaut  in  der  Leiste  eine  Falte  bildet, 
wobei  die  Basisteile  der  Zellen  so  aneinander  zu  liegen  kommen,  daß  dadurch  der 
>Kiel  der  Feder <  erzeugt  wird. 

Die  zweite  Schicht  der  Samenhaut  (Fig.  2805)  erscheint  im  Querschnitt  so  zu- 
sammengepreßt, daß  sie  keine  deutlichen  Zellkonturen  erkennen  läßt.  Erst  nach  Be- 
handlung mit  Chlorzinkjod,  nachdem  vorher  durch  heiße  Kalilauge  Aufhellung  und 
Quellung  bewerkstelligt  worden  ist,  kann  man  eine  Reihe  dünnwandiger,  in  der  Tan- 
gente gestreckter,  radial  kurzwandiger,  durch  das  Reagens  tiefviolett  gefärbter,  also 
nur  aus  Zellulose  bestehender  Zellen  beobachten.  Noch  klarer  wird  diese  Schicht  an 
Flächenpräparaten,  die  man  von  vorher  eingeweichten  Samen  durch  vorsichtiges  Ab- 
schaben der  Innenseite  der  Samenschale  erhält.  Wir  finden  nun  ziemhch  große, 
blasenförraige,  faltige,  sehr  dünnwandige,  ziemlich  unregelmäßige  Parenchymzellen, 
deren  geringfügiger  Inhalt  nur  aus  einzelnen  Kristallplättchen  oder  Büscheln  von 
Kristallstäbchen  und  Nadeln  des  Kalziumoxalates  besteht.  Nach  Harz 2)  ist  diese 
Schicht,  wie  aus  seiner  Abbildung  zu  ersehen,  aus  mehreren  Zellreihen  zusammen- 
gesetzt. Derselbe  Autor  findet  ferner  unter  dieser  Schicht,  unmittelbar  vor  dem 
Endosperm  ein  »sehr  feines  Häutchen,  das  hin  und  wieder  selbst  % — 3  schmale,  hinter- 
einanderliegende  Spalten  erkennen  läßt,  gallertiges,  glänzendes  Aussehen  besitzt«,  welches 
Häutchen  er  als  Rest  des  Nucellus  deutet 3).  Diese  Beobachtung  ist  ganz  zutreffend.  Um 
aber  dieses  »Häutchen«  in  klarer  Weise  zur  Anschauung  bringen  zu  können,  muß  der 
Querschnitt  einer  sehr  sorgsamen  Präparation  unterworfen  werden.  Da  an  demselben 
immer  Partien  des  fettreichen  Kernes  haften,  muß  er  zuvor  mit  Äther  und  Alkohol 
entfettet  werden;  hierauf  legt  man  ihn  in  Kalilauge,  erhitzt,  wäscht  mit  Wasser  gut 
aus,  saugt  dieses  mit  Fließpapier  ab  und  bringt  nun  Chlorzinkjod  hinzu.  Nun  zeigen 
sich  die  Palisadenschicht  (Fig.  280  2)  und  die  Parenchymlage  (2)  schön  violett;  an  der 
Innenseite  der  letzteren  liegt  ein  hellgelber,  glänzender  Streifen,  das  von  Harz 
angeführte  »Häutchen«;  an  diesem  wieder  ein  auffallend  gelbbrauner  Streifen,  der 
die  Kutikula  der  äußersten  Zellreihe  des  Endosperms   darstellt.      Die  Farbenunter- 


1)  Pharmaz.  Zentralhalle,  1887,  p.548. 

2)  Landwirtsch.  Samenkunde,  II,  Fig.  82,  IX,  i. 

3)  1.  c,  p.  961. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  783 

schiede  dieser  beiden  Streifen  sind  so  auffällig,  daß  die  letzteren  aufs  schärfste  von- 
einander unterschieden  werden  können.  Da  das  Häutchen  (Fig.  280  5)  von  Chlorzinkjod 
nicht  gebläut  wird,  demnach  keine  Zellulosereaktion  zeigt,  so  ist  es  entweder  ver- 
holzt oder  verkorkt;  die  Reaktionen  auf  Lignin  sind  nicht  leicht  zu  beobachten.  "Was 
diese  Schicht  nun  darstellt,  ist  ohne  Kenntnis  der  Entwicklungsgeschichte  nicht  zu 
entscheiden.  Gegen  die  Deutung  als  Nucellusrest,  wie  Harz  vermutet,  spricht  die 
Abwesenheit  von  Zellulosemembranen,  eher  könnte  sie  mit  einer  Innenepidermis  der 
Samenschale,  die  dann  dreischichtig  wäre,  verglichen  werden.  In  der  Flächenansicht 
findet  man  nur  unregelmäßig  verlaufende  Strichelchen  und  keine  zellulären  Konturen. 
Die  auf  einer  der  Breitflächen  der  Samenschale  oberflächlich  verlaufende  gerade 
Linie  rührt  von  einem  strangartigen  Gewebezuge  her,  der  unter  der  Palisadenschicht 
in  dem  Parenchym  (2)  liegt  und  aus  ganz  undeutlichen,  sehr  schmalen,  dunkler  ge- 
färbten Zellen  besteht,  jedoch  keine  Gefäße  besitzt.  Gefäße  sind  überhaupt  in  der 
Schale  nicht  aufzufinden. 

Der  Samen  kern  besteht,  wie  schon  bemerkt,  aus  einem  schmalen, 
farblosen  Keimnährgewebe  (Endosperm)  und 
dem  Keim.  Das  erstere  setzt  sich  aus  drei 
(selten  vier)  Reihen  großer,  polyedrischer  Par- 
enchymzellen  zusammen  (Fig.  280  e;?,),  die  voll- 
ständig mit  Fett  und  Aleuron  erfüllt  sind.  Die 
äußerste  an  die  Samenschale  grenzende  Zell- 
reihe besitzt  eine  außerordentlich  mächtig  ver-  JJ 
dickte  Außenmembran  (Fig.  280  t'e),   die  einen     Fig.28i.    vergr.eoo.    Sesamnm 

,.   ,  ...  ,  n      1  1  r^,      -n         i  "1  j    i  indicum.      Eine    Zelle    aus    dem 

dicken,  glanzenden,    farblosen    Streifen   bildet,      Endosperm  in  Terpentinöl   mit 

nach  Behandlung  mit  Ghlorzinkjod  tiefviolett  er-        den   Aleuronkömem    nnd    deren 
,.,  ,.  -1.  1..         OL.-U  Einschlüssen,     k  Kristalloide, 

scheint  und  eine  ausgezeichnete,  schone  Schieb-  ^^  Gioboide. 

tung  zeigt;  eine  dicke  (in  Ghlorzinkjod  gelb- 
braune) Kutikula  überragt  dieselbe.  An  dem  Ghlorzinkjodpräparate  kann 
man  bemerken,  daß  die  Zellwände  zahlreiche  einfache,  verschieden  große 
Tüpfel  besitzen.  Die  Keimblätter  sind  nach  dem  bifazialen  Typus  ge- 
baut, besitzen  eine  kleinzellige  Epidermis  (Fig.  280 ep  und  ep%  an  den 
Innen-(Ober-)Seiten,  an  welchen  sich  die  beiden  Keimblätter  berühren, 
ein  hohes  Palisaden-,  im  übrigen  ein  typisches  Parenchym  mit  rundlich- 
polyedrischen,  sehr  dünnwandigen  Zellen.  Die  Zellwände  werden  von 
Ghlorzinkjod  ohne  weitere  Vorbehandlung  nicht  violett  gefärbt;  erst  nach 
Entfettung  und  Kochen  in  Kali  tritt  die  Zellulosereaktion  ein.  Jedes  Keim- 
blatt ist  von  drei  bis  fünf  sehr  zarten  Prokambiumsträngen  durchzogen. 
Endosperm  und  Keimblätter  bilden  ein  Reservoir  für  eine  be- 
deutende Menge  Fett  und  Aleuron.  Die  Aleuronkörner  werden  am 
besten  in  Terpentinöl  zur  Anschauung  gebracht.  Sie  sind  rundlich  oder 
eirund,  farblos,  bis  1 0  ^l  groß  und  schließen  entweder  ein  Kristalloid 
(mit  quadratischer  Grundfläche)  oder  ein  rundliches  Globoid  ein,  das  an 
einem  Pole  des  Kernes  sitzt  (Fig.  281  k  und  gl.). 


784  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

Der  Same  von  Sesamum  radiatwn  (Fig.  279  D)  gleicht  in  Gestalt 
und  Grüße  dem  von  8.  indicwn,  nur  sind  die  Leisten  in  der  Regel 
stärker  ausgeprägt  i)  und  die  Oberfläche  der  Breitseiten  zeigt  zahlreiche 
von  den  Leisten  beginnende,  radial  laufende  Runzeln  oder  Falten,  die 
entweder  wieder  verstreichen  oder  bei  besonders  guter  Ausbildung  sich 
in  der  Mitte  (der  Breitfläche)  zu  einem  Netz  vereinigen.  Nach  den  Mustern, 
die  dem  Autor  vorgelegen  haben,  sind  die  angegebenen  Kennzeichen 
nicht  immer  ausreichend,  um  die  Radiatuin-Samen  sicher  zu  diagnosti- 
zieren; denn  mitunter  sind  die  Leisten  nicht  stärker  als  bei  S.  indicum 
und  auch  die  Runzeln  nur  sehr  schwach  angedeutet.  Das  sicherste 
Merkmal  bietet,  wie  wir  sehen  werden,  die  Palisadenschicht.  Die  Samen- 
schale ist  meist  grünhchbraun  oder  schwarz,  weiße  Sorten  scheinen 
seltener  zu  sein. 

Abgesehen  von   der  Palisadenschicht,   ist  in  keinem  Teile  des  Ra- 


Fig.  282.     Vergr.  350.     Sesamum  radiaUim,  grünlichbrauner  Same. 
Partie  eines  Querschnittes  durch  die  Samenschale.    Bezeichnung  wie  in  Fig.  2S0. 

zustellen.  Die  Palisadenschicht  aber  ist  allerdings  so  charakteristisch 
ausgebildet,  daß  selbst  der  geringste  Zusatz  dieses  Samens  zum  gemeinen 
Sesammehl  oder  -kuchen  sofort  erkannt  werden  kann.  Im  allgemeinen 
ist  die  Form  der  Zellen  die  gleiche:  senkrecht  zur  Oberfläche  der  Schale 
stehende  sechsseitig-prismatische  Zellen;  aber  diese  Zellen  sind  in  ihrem 
Fußteile  etwa  bis  zu  einem  Drittel  ihrer  Hübe  stark  und  in  der  Weise 
sklerosiert,  daß  die  gemeinsame  Membran  zweier  aneinanderstoßender 
Zellen  in  diesem  Teile  breit  spindelförmig  im  Querschnitt  erscheint 
(Fig.  282)  oder,  wenn  das  verdickte  Stück  sehr  kurz  ist,  einem  stumpfen 
Kegel  gleicht.  Von  der  Spitze  dieses  gelbgefärbten  und  stark  verholzten 
Membranteiles  setzt  sich  die  Zellwand  im  unverholzten  und  nicht  ver- 
dickten Zustande  —  im  Querschnitt  der  Schale  einem  Faden  gleichend  — 
nach  aufwärts  fort;  es  ist  also  der  ganze  übrige  Teil  der  Zellmembran 
aus  Zellulose   gebaut.     Die   freie   Außenfläche  wird    von   einer  ziemHch 


1)  Daher  gehört  Ses.  radiatum  zur  2.  Sektion  [Sesamopteris]  der  Gattung  Sesa- 
mum: »Die  Samen  ringsum  oder  an  den  Enden  schmal  flügelartig  berandet  und  meist 
radial  gestreift«.     Stapf,  1.  c,  p.  262. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  785 

starken  Kutikula  gedeckt.  Diesem  Bau  der  Palisadenzelle  entsprechend, 
muß  die  Flächenansicht  je  nach  der  Höhe  der  Einstellung  verschiedene 
Bilder  ergeben:  bei  der  höchsten  Einstellung  dünnwandige  Polygone,  bei 
niederer  eine  dicke,  gelb  gefärbte,  geschichtete  Zellmembran  mit  einem 
runden,  nach  unten  sich  wieder  erweiternden  Lumen.  Die  Miltellamelle 
ist  in  dem  sklerosierten  Membranteil  gut  zu  beobachten. 

Ist  schon  durch  diese  teilweise  Sklerosierung  der  Palisadenzellen 
ein  diagnostisch  wertvolles  und  zur  Unterscheidung  der  beiden  Samen- 
arten sehr  brauchbares  Merkmal  geschaffen,  so  geschieht  dies  nicht 
minder  durch  die  entgegengesetzte  Lagerung  der  Kalziumoxalatdrusen; 
diese,  von  gleichem  Bau  und  annähernd  derselben  Grüße  wie  bei  S.  mdi- 
cum,  befinden  sich  in  dem  sklerosierten  Fußteile  der  Zelle,  das  Lumen 
daselbst  vollständig  ausfüllend.  Der  übrige  von  der  Zellulosemembran 
umkleidete  Teil  des  Zellumens  ist  bei  weißen  Samen  leer,  bei  schwarzen 
dicht  mit  dem  Pigment  erfüllt;  hier  und  da  lassen  sich  in  dem  oberen 
Zellraume  einzelne  Kristallplättchen  beobachten.  Es  wird  daher  begreif- 
lich sein  müssen,  warum  man  an  Flächenstücken  der  Schale  von 
schwarzen  RadiatmnSo.mQxv  keine  Oxalatdrusen,  sondern  eine  schwarze, 
undurchsichtige  Masse  (von  oben)  wahrnimmt  und  erst  nach  Kochen  im 
Wasser  die  Drusen  hervortreten  sieht  i).  Der  schwarze  Farbstoff  löst 
sich  in  heißem  Kali  mit  grünlichblauschwarzer  Farbe. 

Wird  ein  Querschnitt  des  Kernes  mit  Salzsäure  und  alkoholischer 
FurfuroUösung  behandelt,  so  werden  Embryo-  und  Keimblättergewebe 
schön  rosenrot;  die  (modifizierte)  Baudouinsche  Reaktion  läßt  sich  da- 
her auch  mikrochemisch  ausführen. 

Sesam  enthält  nach  den  Analysen  von  Dietrich  und  Künig2)  im 
Mittel  in  Prozenten: 

Wasser  Protein         Fett  N-freie  ExtraktivstofTe         Rohfaser         Asche 

5,50  20,30      45,60  14,98  7,15  6,47 

Der  ülgehalt  ist  je  nach  der  Sorte  verschieden;  Hebebrand  (1.  c, 
p.   52)  fand  für  weißen  ostindischen  52,75,    für  schwarzen  ostindischen 


-1)  Be necke  (Anleitung  usw.,  p.  57)  unterschied  Sesam kuchen  aus  doppel- 
hülsiger  Saat  und  gewöhnlichen  Sesamkuchen  und  meinte,  daß  beide  von 
S.  indicum  herrührten,  bei  ersteren  aber  noch  die  Hüllen  (Fruchthüllcn?)  vorhanden 
seien.  In  einer  später  erschienenen  Abhandlung  über  den  Sesam  (Pharmazeut.  Zen- 
tralhalle, 4  887,  p.  546)  gibt  der  Verfasser  an,  daß  der  erstgenannte  Kuchen  von  S.  ra- 
diatum  stamme,  und  er  bezeichnet  ihn  nun  als  dickschaligen  Sesam  kuchen. 
Zu  demselben  Resultat  kommt  auch  Hebebrand  (1899,  1.  c,  p.  63),  dem  aber  die 
(schon  1887  veröffentlichte)  Selbstkorrektur  Beneckes  entgangen  war.  —  Die  Sklerose 
der  Palisaden  hat  Benecke  (1.  c,  Fig.  10)  wohl  richtig  erkannt,  er  sah  aber  nicht, 
daß  die  Zellwand  in  nichtsklerosierlem  Zustande  sich  fortsetzt  und  daß  die  Kristall- 
drusen an  der  Zellbasis  gelagert  sind. 

2)  Die  Zusammensetzung  usw.  der  Futtermittel.     Berhn  1891. 
Wie sn er,  Rohstoffe.    III.  Band.    3.  Aufl.  50 


786 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 


51,40,  für  gelblichen  levantinischen  Sesam  56,75  Proz.  Nach  demselben 
Autor  beträgt  der  Rohfasergehalt  für  die  gleichen  Provenienzen  2,88 
bzw.  1,70  und  3,71  Proz.  Die  Proteine  des  Samens  sind  nach  Ritt- 
haus eni)  Globulide  und  Legumin.  Von  sonstigen  Bestandteilen  des 
Sesams  sind  noch  hervorzuheben:  das  Lecithin  (0,56  Proz.  nach 
Schulze  und  Frankfurt;  0,7635  Proz.  nach  Hebebrand);  das  Sesa- 
min; ein  Phytosterin  mit  der  Formel  C25H44O  -f-  H2O;  endlich  der  Träger 
der  bekannten  Baudouinschen  Reaktion,  ein  dickes,  geruchloses,  in  Al- 
kohol, Äther,  Eisessig  leicht  lösliches,  in  Wasser  und  Mineralsäuren  un- 
lösliches Öl,  das  von  Benedikt  als  ein  Harz  bezeichnet  wird. 

.  Sesam  dient  zur  Gewinnung  des  Sesamüles,  siehe  I,  p.  690;  auch  zur 
Darstellung  von  Getränken,  z.  B.  des  Takhun,  eines  süßen  Getränkes  in 
Salonich,  das  gemahlene  Sesamsamen  und  Walnüsse  enthält;  ferner  des 
Sasoir,  das  in  Abessinien  gebräuchlich  ist. 


16.  Flohsameu. 

Die  Flohsamen  (Semen  Psyllii)  werden  ihres  hohen  Schleimgehaltes 
wegen  seit  langer  Zeit^j  vorwiegend  technisch  verwendet.  Sie  stammen 
von  mehreren  Arten  der  Gattung  Plantago  ab.  Die  weitaus  größte 
Menge  der  im  Handel  erscheinenden  Ware  leitet  ihre  Herkunft  von  dem 
kleinen  Flohsamenkraut,  Plantago  Psyllium  L.  ab,  das  an  den  sandigen 
Küsten  des  wärmeren  Europa  verbreitet  ist  und  in  den  Mittelmeer- 
gebieten Frankreichs  in  größerer  Menge  angebaut  wird;  von  Südfrank- 
reich kommt  auch  die  meiste  Ware  in  den  Handel.  Aber  auch  die  im 
Aussehen  sehr  nahestehenden  Samen  von  PL  ramosa  Asch.  (=  PL  are- 
naria W.  et  K.),  dem  in  West-  und  Mitteleuropa  vorkommenden  Sand- 
flohsamenkraut, sollen  eine  Sorte  von  Flohsamen  bilden,  wie  schon 
Guibort^)  für  die  Ware  des  französischen  Handels  angegeben  hat. 
Manchen  Sorten  findet  man  auffallend  größere  Samen  beigemischt,  die 
von  PL  Cynops  L.  herrühren.  Endlich  kommen  auch  indische  Floh- 
samen auf  den  europäischen  Markt,  die  von  PL  Ispaghula  Roxb.  (=  PL 
decumbens  Forsk.  =  PL  ovata  ForskJ))  stammen  und  auch  medizinisch 
(gegen  Katarrhe  des  Darmes  und  der  Luftwege)  benutzt  werden.  Eine 
praktische  Bedeutung  dürfte  die  Unterscheidung  der  Flohsamen  nach 
ihrer  Abstammung  im  allgemeinen  wohl  nicht  haben,  weil  sie  nach  den 
Untersuchungen  Hanauseks  in  bezug  auf  die  Mengen  des  gelieferten 
Schleimes  und  auf  dessen  Eigenschaften  fast  gar  nicht  differieren. 


1)  Landwirtschaft!.  Versuchs-Stat.,  1896,  Bd.  47,  p.  394. 

2)  Böhmer,  Techn.  Geschichte,  II,  p.  334. 

3)  1.  c,  p.  448. 

4)  De  Candolle,  Prod.  XIII,  1,  p.  692. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  787 

Die  Samen  von  Plantago  Psyllium  sind  2 — 3  mm  lang,  0,9 — \  mm 
breit,  länglich,  eilänglich  bis  elliptisch,  etwas  flach,  am  Rücken  gewölbt, 
auf  der  Bauchseite  durch  Einbiegung  der  Längsränder  tief  furchig,  fast 
ausgehöhlt;  sie  besitzen  eine  dunkelbraune  Farbe  und  eine  lebhaft  glän- 
zende, glatte  Oberfläche,  einzelne  Samen  sind  dunkler,  fast  schwarz- 
braun. Das  mittlere  Gewicht  beträgt  nach  Wiesner^)  0,95  mg.  Die 
Samen  von  PL  ramosa  lassen  sich  von  den  echten  Flohsamen  kaum 
unterscheiden,  nur  sind  sie  im  allgemeinen  kleiner  und  meist  nur  2  bis 
2,5  mm  lang;  hingegen  unterscheiden  sich  die  Samen  von  PI.  Cynops 
sowohl  durch  die  Größe  —  sie  messen  durchweg  3  mm  und  darüber  — 
als  auch  durch  die  Gestalt,  indem  sie  keine  auffällige  Einbiegung  der 
Längsränder  zeigen   und   im  Querschnitt   fast  sichelförmig  erscheinen  2). 

Die  indischen  Flohsamen  (Ispaghul-Samen ,  arab.  bazre  gatunä) 
sind  nach  Hartwich 3)   »3  mm  lang,   1 — 1,5  mm  breit,  zugespitzt,  oval, 


Fig.  283.  Vergr.  20.  Querschnitt  durch  einen  im  Wasser  aufquellenden  Samen  Ton  Plantago  FsylUum 
(halbschematisch).    ss'  aufquellende  Epidermis  der  Samenschale,  t  Pigmentschicht,  i^Endosperm,  A'Keim 

(Wiesner). 

auf  der  Bauchseite  von  den  beiden  Längsseiten  her  zusammengebogen, 
in  der  Mitte  der  Rinne  findet  sich  die  kleine  Chalaza.  Die  Farbe  ist 
matt  graubraun,  auf  dem  Rücken  findet  sich  eine  länglich  ovale,  lebhaft 
rotbraune  Stelle«.  Ein  mir  vorliegendes  Muster  besteht  aus  rötlichgrauen 
(»drap« -farbigen)  matten  Samen;  der  braune  Rückenfleck  rührt  wohl  von 
dem  durchscheinenden  Keim  her. 

Die  Flohsamen  bestehen  aus  einer  dünnen  Samenschale,  einem  hor- 
nigen Nährgewebe  und  einem  kleinen,  aus  Würzelchen  und  zwei  Keim- 
blättern zusammengesetzten  Keim  (Fig.  283).  Im  Querschnitt  zeigt  das 
Nährgewebe  die  Gestalt  eines  C  und  die  Berührungsfläche  der  Keim- 
blätter ist  senkrecht  zum  Rücken  des  Samens  gestellt  (Fig.  283 *). 


\)  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  744. 

2)  Vgl.  auch  Harz,  Samenkunde,  II,  p.  985. 

3)  C.  Hartwich,  Die  neuen  Arzneidrogen,  Berlin  -1897,  p.  266. 

4)  Bei  Plantago  media  und  PI  major  verläuft  die  Berührungsfläche  parallel  zu 
dem  Rücken  des  Samens. 

60* 


788  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

An  der  Samenschale  des  reifen  Samens  von  Plantago  Psyllium 
lassen  sich  nur  zwei  Zellschichten  unterscheiden.  Die  äußere  Schicht, 
die  Epidermis  der  Samenschale,  erscheint  im  Querschnitt  —  in  Alkohol 
oder  in  sehr  dickem  Glyzerin  beobachtet  —  als  ein  dicker,  farbloser, 
strukturloser,  stark  lichtbrechender  Streifen;  bringt  man  ein  Präparat 
in  starke  Kalilauge,  so  bemerkt  man  noch  auf  der  Außenseite  des  Streifens 
eine  zarte,  gelbe  Linie,  die  alsbald  in  Körnchen  zerfällt;  diese  stellt  die 
Kutikula  dar;  eine  Quellung  tritt  nicht  ein.  Bringt  man  jedoch  zu  dem 
Alkoholpräparat  Wasser,  so  entsteht  eine  mächtige  Quellung,  die  Ulothi) 
an  Plantago  maritima  sehr  ausführlich  beschrieben  hat.  Der  früher 
strukturlos  erschienene  Streifen  differenziert  sich  in  prismatische,  von 
der  Fläche  gesehen  5 — 6seitige  Zellen,  die  sich  in  radialer  Richtung 
strecken,  an  der  Außenseite  kuppenfürmig  sich  emporwölben,  sehr  dünne, 
fadenförmige  Radialwände  zeigen  und  im  Innern  eine  Schleimmasse  be- 
sitzen, die  endlich  an  der  Außenseite  austritt,  während  die  Radialwände 
und  die  etwas  stärkeren  Basisteile  der  Schleimzellen  zurückbleiben.  Ein 
Innenschlauch,  wie  ihn  Uloth2)  für  PL  maritima  nachgewiesen  hat,  ist 
nicht  vorhanden,  auch  hebt  die  Schleimbildung  nicht  von  den  Radial- 
seiten, sondern  von  der  Außenseite  an  und  stellt  eine  sekundäre  Wand- 
verdickung vor. 

Die  zweite  Gewebeschicht  wird  von  Zellen  gebildet,  die  in  der  Fläche 
gestreckt  polygonal,  im  Querschnitt  rechteckig  und  dort,  wo  die  Radial- 
wände an  die  Außenmembran  stoßen,  emporgewölbt  erscheinen.  Diese 
Zellen  sind  starr,  gebrechlich,  vollkommen  mit  einem  braunen,  homo- 
genen, gegen  Reagenzien  äußerst  widerstandsfähigen  Pigment  erfüllt. 
Die  Pigmentschicht  ist  einreihig,  nur  auf  der  Bauchseite,  wo  der  Funi- 
kulus  entspringt,  treten  mehrere  Lagen  auf.  Das  Endosperm  ist  aus 
dickwandigen,  porösen,  aus  Zellulose ^j  bestehenden  polyedrischen  Zellen 
zusammengesetzt,  deren  äußerste  Reihe  radial  gestreckt  ist  und  einen 
palisadenartigen  Charakter  hat;  sie  sehen  im  Querschnitt  den  Endosperm- 
zellen  der  Dattel  ähnlich.     Die  das  Keimlager  umgrenzenden  Nährgewebe- 


\)  W.  Uloth,  Über  Pflanzenschleim  und  seine  Entstehung  in  der  Samenepi- 
dermis  von  PlantaffO  ma7-itima  und  Lepidiiim  sativum.  Flora,  58.  Jhg.,  1875,  Nr.  1  3 
und  U,  p.  193 — 200   und  p.  209 — 216. 

2)  I.e.,  p.  195 — 196.  Nach  Uloth  entsteht  bei  PI.  maritima  der  Schleim  an 
der  Radialseile  der  Zelle  zwischen  der  primären  und  der  schon  angelegten  sekun- 
dären Zellmembran,  so  daß  beiai  Quellen  letztere  in  das  Zellinnere  gepreßt  und  als 
ein  sanduhrähnlicher  Schlauch  abgehoben  wird.  Die  Epidermiszellen  enthalten  vor 
der  Entwicklung  des  Schleimes  Stärkekörner,  die  mit  der  Entstehung  des  letzteren 
allmählich  verschwinden.  Über  die  Schleimbildung  vgl.  auch  Zimmermann,  Die 
Morph,  u.  Phys.  d.  Pfianzenzelle,  p.  127. 

3)  Nach  Schellenberg  (Ber.  D.  Bot.  Ges.  1904,  XXII,  p.  15)  ist  die  Membran, 
aus  2/3  Hemizellulose  und  1/3  Zellulose  zusammengesetzt. 


Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen.  789 

Zellen  sind  tangential  abgeplattet  und  undeutlich  konturiert  (Sauggewebe). 
Der  Inhalt  besteht  nur  aus  kleinen,  runden  Aleuronkürnern  i),  Stärke  fehlt 
den  reifen  Samen.  Durch  Kalilauge  wird  die  Pigmentschicht  purpur- 
braun, der  Endosperminhalt  grüngelb,  der  Keim  gelb  gefärbt. 

Der  anatomische  Bau  der  Ispaghul-Samen  weist  keine  wesentlichen 
Abweichungen  auf;  die  Schleimepidermis  zeigt  das  gleiche  Verhalten. 
Die  Basisteile  der  Schleimzellen  bleiben  nach  Verquellung  des  Schleimes 
als  farblose,  stark  lichtbrechende  Membranen  zurück  und  gleichen  in 
der  Aufsicht  einem  spitzmaschigen  Flechtwerk.  Die  innere  Samenhaut- 
schichte stellt  sich  als  ein  schmaler  bräunlicher  Streifen  dar,  dessen 
Zellen  wenig  deutlich  sind  und  einen  besonderen  Farbstoffkürper  nicht 
nachweisen  lassen.  In  Chlorzinkjod  wird  die  Schleimepidermis  blaßblau, 
die  das  Keimlager  bildende  Saugschicht,  sowie  die  Membranen  der  Endo- 
spermzellen  dunkelblau.  Gibt  man  dem  Alkoholpräparat  Jodjodkalium 
hinzu,  so  beginnen  die  Zellen  zu  quellen  unter  Bildung  von  kuppenartig 
gewölbten  Schleimkappen,  von  denen  eine  mittlere  bedeutend  stärker  ist 
als  die  übrigen. 

Der  Flohsamenschleim  2)  ist  in  Alkohol  unlöslich  und  kann  mit  diesem 
aus  W^asser  in  Form  einer  weißen  Masse  niedergeschlagen  werden.  Durch 
Jod,  Ghlorzinkjod  und  Jod  und  Schwefelsäure  wird  er  nicht  gefärbt^). 
Durch  Kochen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  geht  er  in  Traubenzucker 
über.  Die  von  den  Samen  gewonnene  Schleimmenge  wird  sehr  ver- 
schieden angegeben,  was  wahrscheinlich  mit  der  Darstellungsweise  zu- 
sammenhängt. Wiegand^)  bezeichnet  den  Schleim  als  Bassorin  und  gibt 
die  Menge  mit  15  Proz.  an;  Uloth  hat  nur  0,3  Proz.  gefunden.  Die 
Elementaranalyse  führt  nach  Kirchner  zur  Formel  C36H58O29  oder 
6(C6Hio05)  — H2O,  nach  Fiehe^)  zur  Formel  (C5H804)9  •  CeH^oOs.  Nach 
Fi  ehe  (1.  c,  p.  38)  zeigt  der  Schleimkörper  neutrale  Reaktion,  enthält 
etwa  2,64  Proz.  Zellulose  und  liefert  mit  Salzsäure  erhitzt  reichliche 
Mengen  Furfurol  und  mit  Salpetersäure  geringe  Mengen  Schleimsäure. 
Bei    der  Hydrolyse    des   Schleims    entstehen   Xylose    und  Arabinose   in 


i)  Schellenberg  (1.  c,  p.  9)  gibt  als  Inhalt  der  Endospermzellen  von  Plantago- 
Arten  »reichlich  Eiweißstoffe  sowohl  in  Form  von  kleinen  Kristallen  oder  Globoiden, 
als  auch  in  Form  eines  kleinkörnigen  Niedersclilages«  an. 

2)  Kirchner  undTollens,  Untersuchungen  über  den  Pflanzenschleim.  Journ. 
f.  Landwirtsch.,  1874,  p.  502.  —  Annalen  der  Chemie  u.  Pharm.,  Bd.  175,  p.  205.  — 
Kirchner,  Untersuchungen  über  den  Pflanzenschleim.     Inaug.-Diss.     Göttingen  1  874. 

3)  Doch  tritt  nach  Kirchner  und  To Ileus  mitunter  braunviolette  Färbung 
auf,  die  wahrscheinhch  von  dem  Grade  der  Samenreife  bzw.  der  Verschleimung  ab- 
hängt. 

4)  Lehrbuch  der  Pharmakognosie,  4.  Aufl.,  1887,  p.  317. 

5)  Der  Schleimkörper  des  Samens  von  Plantago  Psyllium.  Inaug.-Diss.  München 
1904. 


790  Einundzwanzigster  Abschnitt.     Samen. 

großer,  Dextrose  und  Galaktose  in  geringerer  Menge.  Er  ist  als  eine 
Verbindung  von  Pentane  und  Hexane  aufzufassen,  gibt  bei  unvollkommener 
Hydrolyse  ein  sauer  reagierendes,  ebenfalls  aus  Pentane  und  Hexane 
bestehendes  Zwischenprodukt  zwischen  Schleim  und  Zucker,  dessen  Zu- 
sammensetzung durch  die  Formel  (G26H44022)x  ausgedrückt  werden 
kann.  —  Flohsamen  enthalten  außerdem  das  Glykosid  Aucubin  und  die 
Enzyme  Invertin  und  Emulsin. 

Der  Flohsamenschleim  dient  zum  Appretieren  von  Seidenzeugen 
und  Mousselins,  zum  Steifmachen  verschiedener  Gewebe,  zum  Glänzend- 
machen von  gefärbtem  Papier  und  als  Verdickungsmittel  im  Zeugdruck. 


Zvveiundzvvanzigster  Abschnitt. 

Früchte^). 


Übersicht  der  Gewächse,  deren  Früchte  technisch 
verwertet  werden. 

1.  Piiiaceen. 

Juniperus  communis  L.  Nördliche  gemäßigte  Zone.  Wacholder, 
Kranabitterstrauch.  Die  Beerenzapfen,  »Wacholderbeeren«  werden  medi- 
zinisch und  als  Gewürz  verwendet  und  dienen  zur  Darstellung  des 
Wacholderbeerüles,  das  zu  Branntwein  Verwendung  findet.  Vgl.  die 
Pharmakognosien;  Tschirch,  Handbuch,  11  1,  p.  44;  über  das  Öl,  Gilde- 
meister  u.  Hoffmann,  Die  ätherischen  Öle,  2.  Aufl.  von  Gildemeister, 
4  913,  I.  Bd.,  p.  166. 

2.  Gramineen. 

Über  die  Stärke  der  Getreidearten  siehe  H,  p.  63.  Aus  den 
Keimlingen  der  Getreidekörner  kann  Öl  gewonnen  werden.  Beim  Mais 
(Zea  Mays  L.)  wird  die  Entkeimung  schon  lange  durchgeführt,  da  der 
Keimling  33—36  1/2  Proz.  Öl  und  14—20  Proz.  Eiweiß  enthält.  Bei 
Roggen  (Seeale  cereale)  und  Weizen  (Trlticum  vulgare)  ist  der  Gehalt 
zwar  geringer,  aber  für  die  rentable  Gewinnung  des  Öles  in  Zeiten  des 
Fettmangels  noch  immer  genügend.  Leider  ist  aber  das  Öl  größtenteils 
chemisch  verändert,  so  daß  die  Extraktion  und  Raffination  einige 
Schwierigkeiten  bereitet.      (Fahrion   in  Ghem.  Umschau,    1919,  p.  81.) 

Ändi'opogon  cernuus  Roxh.  (=  Holcus  cernuus  Ärd.,  Sorghum 
cernuus  Host.),  wichtige  Kulturpflanze  für  Mehl  und  Brot;  die  Hüll- 
spelzen  der  reifen  Ährchen  dienen  in  Indien  zur  Gewinnung  eines  Farb- 
stoffes. Ascherson-Graebner,  Synopsis  der  mitteleurop.  Flora,  H,  p.51. 
In  Argentinien  wird  eine  rotspelzige  Sorte  unter  dem  Namen  »Guinea- 
Mais«  angebaut. 

Coix  lacryma  L.  (=  Coix  lacrimae  Johi  L.).  Die  porzellanähnlichen 
Fruchtgehäuse,  Hiobstränen,  dienen  zu  Rosenkränzen  und  in  den  Tropen 


1 )  Neu  bearbeitet  von  Reg.-Rat  Dr.  T.  F.  Hanausek,  ergänzt  von  Prof.  J.  Weese. 


792  Zweiundz wanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

als  Schmuck.  Ascherson-Graebner,  1.  c,  p.  60.  Über  die  Mikro- 
skopie derselben  siehe  Hartwich,  Chem.-Ztg.,  1886  und  Mitlacher^ 
Zeitschr.  d.  allg.  üslerr.  Apoth.-Ver.,  1901,  p.  814.  —  Hartwich,  Die 
neuen  Arzneidrogen.     Berlin  1897,  p.  104. 

3.  Palmen. 

Phoenix  dactylifera  L.,  Dattelpalme,  Sahara-Oasen,  Arabien,  Süd- 
westasien. Die  Datteln  werden  ihres  hohen  Zuckergehaltes  wegen  zur 
Branntweinbereitung  benutzt. 

Cocos  nucifera  L.     Siehe  Kokosnußschalen. 

Ättalea  funifera  Marl,  A.  Cohune  Mart.,  A.  excelsa  Mart., 
s.  Kokosnußschalen. 

Attalea  indaya  Dr.  Brasilien;  Goqueiro  indaio,  Indaia  assu.  Die 
Fruchthülle  enthält  1 0,5  Pioz.  hellbraunes  Fett  von  Talgkonsistenz.  Pharm. 
Rundschau  (New- York),  1889,  p.  112.  —  Hartwich,  1.  c,  p.  373. 

Bactris  speciosa  Drude  (=  Ouilielma  speciosa  Maj't.J,  Piritu  oder 
Pirijao  in  Venezuela,  Pupunha  am  Amazonas.  Die  einer  Aprikose  gleichen- 
den Früchte  sind  sehr  reich  an  Stärke  und  werden  gerüstet  und  gekocht 
gegessen.     Drude  in  E.-Pr.  Pflanzenfam.  H,  3,  p.  86. 

Elaeis  guineensis  L.  Die  harte  Schale  der  Steinkerne  dient  in  Ost- 
afrika zu  Ringen,  Halsbändern  und  anderen  Schmuckgegenständen. 
0,  Warburg,  Die  Palmen  Ostafrikas,  aus  Engler,  Ostafrika  V,  Pflanzen- 
welt B. 

Maximüiana  regia  Mart.  Brasilien.  Tuajapalme.  Die  Früchte  dienen 
zum  Räuchern  des  Kautschuks.     Tropenpflanzer  1911,  p.  529. 

Serenaea  serrulata  Hook  f.  (=  Sabal  serridata  Boem.  et  Schult.). 
Florida  —  Südkarolina.  Die  Früchte,  Sabalfrüchte,  »Bayas  negros«  ge- 
nannt, finden  medizinische  Verwendung  (das  Fluidextrakt  heißt  Saw 
palmetto)  und  dienen  in  Frankreich  zur  »Typage«,  d.  h.  zur  Aromatisierung 
des. Kognaks.  —  Hartwich,  Arzneidrogen,  p.  290.  —  C.  Griebel  u. 
E.  Barnes,  Über  eine  zur  Aromatisierung  des  Kognaks  dienende  Palm- 
frucht. Zeitschr.   f.  Unt.  d.  Nähr.-  u.  Genußm.   1916,  31,  282. 

Über  die  Fett  liefernden  Palmenarten  vgl.  I,  p.  631. 

4.  Musaceen. 

Musa  paradisiaca  L.  Über  die  aus  den  Früchten  gewonnene  Ba- 
nanenstärke siehe  H,  p.  80.  —  T.  F.  Hanausek,  Über  das  Bananen- 
mehl und  seine  mikroskopische  Bestimmung.  Zeitschr.  f.  Unt.  d.  Nahr.- 
u.  Genußm.  1910,  10,  p.  215.  —  G.  Baumert,  Polarimetrische  Be- 
stimmung der  Bananenstärke.  Ebenda.  1912,  2.  p.  449.  —  Planchon 
et  Juillet,  1.  c,  p.  77.  —  M.  Zagorodsky,  Die  Banane  usw.,  Beiheft 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  793 

zum  Tropenpflanzer  Nr.  7.  1911,  p.  283  ff.  (Ausführliche  Mitteilungen 
über  die  Verwendung  der  Früchte.)  —  Van  der  Laat,  Le  bananier  ä 
Costa-Rica.  Bananes  seches  et  farine  de  banane.  Journ-.  d'Agricuiture 
tropicale  VIII,  1908,  p.  267— 270. 

5.  Zingiheraceae. 

Amomum  Car'damomum  L.,  liefert  die  Slam- Cardamomen  (»Gamphor 
seeds«). 

A.  xanthioides  WaUich,  Siam,  Tenasserirn;  liefert  Bastard-Card. 

A.  aromaticum  Roxb.,  Sikkim,  Nepal;  liefert  die  Bengalischen  oder 
Nepal- Cardamomen. 

A.  maximum  Roxb.,  liefert  die  Java-Card.  —  Vgl.  die  Pharnna- 
kognosien  von  Flückiger,  v.  Vogl  u.  a.;  Moeller  in  Realenzyklopädie 
der  Pharmazie,  2.  Aufl.,  III,  p.  362. 

Aframomimi  Meleguetta  (Roscoe)  K.  Schum.,  westl.  Afrika. —Paradies- 
kürner,  Meleguettapfeffer.  —  J.  Pereira,  The  Elements  of  Mater,  med. 
and  Ther.  London  1855,  II.  —  Flückiger-Hanbury,  Pharmacographia. 
London  1879.  —  Planchon  et  Collin,  Les  Drogues  simples.  Paris 
1895.  —  T.  F.  Hanausek,  Chem.-Ztg.  (Küthen)  1893  Nr.  96.  —  A.  Schad, 
Entwicklungsgeschichtliche  Untersuchungen  über  Malabar-Card.  und  vergl.- 
anat.  Studien  über  d.  Samen  einiger  anderer  Amonum-  und  Elettaria- 
Arten.  Inaug.-Diss.  Bern  1897,  p.  52.  —  W.  Busse,  Arbeiten  aus  dem 
kais.  Gesundheitsamte.  Berlin  1897.  —  A.  v.  Vogl,  Die  wicht,  veg. 
Nahrungs-  u.  Genußmittel,  p.  454.  —  Tschirch,  Kleine  Beiträge  zur 
Pharmakobotanik  und  Pharmakochemie  (III),  Cardamomen,  Schweiz. 
Wochenschr.  f.  Chemie  u.  Pharmazie,  1897,  Nr.  43.  —  Tschirch, 
Handbuch,  II. 

Aframomum  angustifoliimi  (Sonn.)  K.  Schum.  Ostafrika  (Usam- 
bara),  Madagaskar,  Seychellen.  Die  Samen  liefern  4,5  Proz.  farbloses 
äther.  Öl,  das  wegen  seines  starken  Cineolgehaltes  nach  Cajeputöl  riecht. 

Aframomum  DanieUü  K.  Schum.  (Amomum  DanielU  Hook,  f.) 
liefert  die  Kameruncardamomen;  das  Öl  ist  dem  der  vorigen  Art  sehr 
ähnlich.     Schimmel  &  Co.,  Berichte.     April  1912. 

Aframomum  Hanburyü  K.  Seh.  liefert  ebenfalls  wie  die  vorige 
Art  das  Kamerun-Cardamomenül. 

Die  Korarima-Cardamomen,  früher  als  Cardamomum  majus  be- 
zeichnet, von  der  Größe  und  Gestalt  einer  kleinen  Feige,  kommen  aus 
den  südlich  von  Abessinien  gelegenen  Gebieten;  ihre  Stammpflanze  ist 
von  Pereira  Amomum  Kararima  genannt  wurden.  Nach  Schumann 
gehurt  sie  zu  Aframomum. 

Elettaria  Cardamo^num  White  et  Maton  (=  Alpinia  Cardani. 
Roxb.  =  Amomum   Cardamomum  DC),  Indien.    Malabar-  oder  kleine 


794  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Gardamomen.  Früher  nur  von  der  Malabarküste,  jetzt  auch  von  Ceylon, 
daher  auch  als  Ceylon-Malabar-Gardamomen  bezeichnet. 

E.  major. Smith  {=  E.  media  Link)^  nach  Petersen  in  Engler- 
Prantl,  Pflanzenfamilien,  II,  Abt.  6,  p.  28,  [eine  Varietät  der  vorigen 
Art,  in  Bergwäldern  des  südlichen  und  zentralen  Ceylons,  liefert  die 
langen  oder  Ceylon-Cardamomen. 

Elettaria  alba  Blume  (Ämomum  medium  Lour.,  Älpiiiia  alba 
Rose,  Hellenia  alba  Willd.),  in  China  gebräuchlich.  F.  Ebert,  Bei- 
träge zur  Kenntnis  des  chinesischen  Arzneischatzes.  Früchte  und  Samen. 
Dissert.     Zürich  1907,  p.  20. 

Die  Cardamomen  kommen  meist  als  Früchte  in  den  Handel  und 
enthalten  gewürzhaft  riechende  und  scharf  schmeckende  Samen;  letztere 
dienen  in  der  Medizin,  als  Gewürz  und  finden  auch  in  der  Likörfabri- 
kation und  in  der  Parfümerie  Verwendung.  Vgl.  darüber  besonders  noch 
Hanbury,  Pharmaceutical  Journal,  XIV,  p.  352.  —  Guibort,  Hist.  nat. 
d.  drog.  simpl.  VI.  edit.,  p.  251.  —  A.  Schad,  1.  c,  und  A,  v.  Vogl, 
1.  c,  p.  445.  — .Walther  Busse,  Über  eine '  neue  Cardamomum-kvi 
aus  Kamerun.  Arbeiten  a.  d.  k.  Gesundheitsamte,  1898,  p.  139. —  Über 
die  ätherischen  Öle  der  angeführten  Arten  vgl.  insbesondere  E.  Gilde- 
meister und  F.  Hoffmann,  Die  ätherischen  Öle.  2.  Auflage  von 
E.  Gildemeister.     1913,  H.  Band,  p.  295ff. 

6.  Orchidaceen. 

Vanilla  planifolia  Andrews,  V.  pompona  Schied,  u.  a.  Arten, 
siehe  Vanille. 

7.  Myricaceen. 

Über  die  Wachs  liefernden  Früchte  der  verschiedenen  Myrica-Avten 
siehe  I,  p.  702. 

8.  Juglandaceen. 

Juglans  regia  L.,  Walnußbaum.  Allgemein  kultiviert.  Die  grünen 
Schalen  der  unreifen  Früchte  (Walnußschalen)  enthalten  Juglon  (Nucin), 
das  chrom-,  eisen-  oder  tonerdegebeizte  Wolle  bräunlichgelb,  ungeheizte 
Wolle  orangegelb,  tonerdegebeizte  Baumwolle  rosarot  färbt.  Wird  syn- 
thetisch aus  Dioxynaphthalin  dargestellt.  Mylius,  Habilitationsschrift. 
Freiburg  1885.  —  Die  unreifen  Früchte  werden  auch  bei  der  Likör- 
erzeugung verwertet. 

9.  Betulaceen. 

Alnus  incana  Willd.  Grauerle.  Die  Fruchtstände  dienen  in  Ru- 
mänien als  Gerbematerial  und  enthalten  nach  W.  Eitner  17,5  Proz. 
Gerbsäure,  nach  G.  Klemp  (D.  Gerberztg.,  1895,  Nr.  108  u.  110)  aber 
nur  12,8  — 15,59  Proz.   Gerbsäure,  die  der  Sumach-Gerbsäure  nahesteht. 


Zvveiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  795 

A.  firma  Sieb,  et  Zucc.     Japan. 

A.  maritima  Nutt.  (=  A.  japonica  S.  et  Z.).  Ostasien  und  atlan- 
tisches Nordamerika.  Die  Fruchtkätzchen  als  Gerbematerial.  Beschreibung 
bei  F.  Ebert,  1.  c,  p.  24. 

10.  Fagaceen. 

Fagus  sylvatica  L.     Siehe  Buchenkerne. 

Fagus  ferruginea  Ait.     Nordamerika.     Zur  Ölgewinnung. 

Castanea  vesca  Oärtn.  Über  die  Kastanienstärke  siehe  II,  p.  85.  — 
Die  stachelige  Kupula  enthält  nach  Eitner  i1,64Proz.  Gerbstoff. 

Quercus  Valonea  Kotschy  und  Q.  macrolepis  Kotschy,  siehe 
Valonea. 

11.  Moraceen. 

Artocarpus  incisa  L.  fil.    Über  die  Stärke  siehe  II,  p.  86. 

Ficus  Carica  L.  Die  Feigen  werden  ihres  hohen  Zuckergehaltes 
wegen  technisch  zur  Branntweinbereitung  verwendet.  Gerüstet  dienen  sie 
als  Kaffeesurrogat. 

Cannabis  sativa  L.  Die  Hanffrüchte  liefern  das  Hanföl,  siehe  I, 
p.  633.  Anatomie  der  Früchte:  Briosi  e  Tognini,  Int.  alla  anat.  d. 
Canapa  I  (1894);  Tschirch-Oesterle,  Atlas,  Taf.  15,  p.  55;  Winton 
in  Ztschr.  f.  U.  d.  N.-  u.  Gen.,  1904,  7,  p.  385  u.  Gönn.  Agr.  Exp.  Sta. 
Rep.  1903,  p.  175;  Böhmer,  Kraftfuttermittel,  1903,  p.  383—391. 

Humulus  Lupulus  L.,  siehe  Hopfen. 

Humulus  Lupulus  var.  cordifolius  Miquel  und  H.  japo?iicus 
Sieb,  et  Zucc,  siehe  Hopfen. 

12.  Lorantliaceen. 

Viscum  album  L.,  Leimmistel.  Die  Viscin schiebt  der  Früchte  wird 
von  der  becherartigen  Blütenachse  (und  dem  Perikarp)  gebildet;  daher 
sind  die  Vogelleimbeeren  Schein-  oder  Halbfrüchte;  sie  wurden  früher 
zu  Vogelleim  verwendet,  wozu  jetzt  aber  vorzugsweise  die  Rinde  von 
Viscum  (mittels  Stampfen  und  Auswaschen)  verarbeitet  wird.  (Siehe 
darüber  T.  F.  Hanausek  in  Pharmaz.  Post  1918.)  Der  Schleim  be- 
steht nach  Tomann  aus  zwei  Schichten,  einer  äußeren,  die  Zellulose- 
schleim, und  einer  inneren,  die  Pektinschleim  enthält.  In  Griechenland 
wird  die  Pflanze  zum  Gelbfärben  des  Branntweines  verwendet.  Landerer, 
Flora.  1863,  p.  156.  —  Van  Tieghem,  Anatomie  des  fleurs  et  du  fruit 
du  gui.  Paris  1870(?).  —  G.  Gjokic,  Zur  Anatomie  der  Frucht  und 
des  Samens  von  Viscum.  Sitzgsber.  Wiener  Akademie,  105,  1896.  — 
Tomann,  Vergleichende  Untersuchungen  über  die  Beschaffenheit  des 
Fruchtschleimes  von  Viscum  album.    Ebenda  1906,  Nr.  5  (Februar  1906), 


796  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Struthanthus  sp.,  Phthirusa  sp.  und  PJwradendiwi  sp.  in  Venezuela, 
die  Kautschukmisteln,  enthalten  in  den  Halbfrüchten  bis  20  Proz.  des 
Trockengewichtes  guten  Kautschuk.  S.  Kautschuk,  Bd.  I,  p.  478.  — 
Iltis,  H.,  Über  das  Vorkommen  u.  d.  Entstehung  des  Kautschuks  in 
den  Kautschukmisteln.  Silzgsber.  d.  Wiener  Akademie,  Bd.  120,  Abt.  1 , 
März  19 H,  p.  217  —  264   (3  Tafeln). 

13.  Polygonaceen. 
Polygonum  Fagopyrum  L.    Über  Buchweizenstärke  siehe  II,  p.  87. 

14.  Phytolaccaceeu. 

Phytolacca  decandra  L.  (=  Ph.  vulgaris  MüL),  Alkermes,  Kermes- 
beere.  Stammt  aus  Nordamerika,  wird  im  Mittelmeergebiet,  bei  uns  in 
Gärten  kultiviert;  die  roten  Beeren  enthalten  einen  unschädlichen,  dunkel- 
roten Farbstoff,  der  zur  Färbung  von  flüssigen  Genußmitteln  und  Zucker- 
waren dient.  Über  den  Farbstoff  siehe  Americ.  Journ.  Pharm.  1  898  und 
Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.,  1898,  p.  267.  —  Hartwich,  Die 
neuen  Arzneidrogen,  p.  255. 

15.  Menispermaceen. 

Cocculus  pendidus  (==  C.  laeba  DC).  Steppen  Nordafrikas,  Arabiens 
und  Vorderindiens.  Aus  den  Früchten  bereiten  die  Araber  das  alkohol- 
haltige Getränk  »Chamr  el  Madjnüne«. 

Anamirta  Cocculus  (L.)  Wight  et  Arn.  Südostasien  und  Indien, 
liefert  die  bekannten  Kokkelskörner. 

16.  Magnoliaceen. 

Uli  dum    verum    Hook.    fil.    (I.    anisatum  j 

Laur.)  Sternanis.  •  i      o^ 

TT-  o-  X.     ^   ry  /x        "    /        ,  sieliB  Stemanis. 

i.  religiosuni   ISieb.  et  Zucc.   (1.  amsatum 

L.)  Sikkimi.  I 

17.  Lauraceen. 

Über  Fett  liefernde  Lauraceenfrüchte  siehe  I,  p.  634. 

18.  Rosaceen. 

Prunus  Mahaleb  L.  Weichselrohrkirsche.  Die  Früchte  werden 
im  Orient  zur  Bereitung  von  Parfüms  verwendet  und  bis  Zentralafrika 
versendet.  Nachtigall,  Sahara  und  Sudan.  I,  100.  —  Ascherson- 
Graebner,   Synopsis  VI,  2,  p.  155. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  797 

19.  Leguminosen. 

Pithecolohium  jparvifolium  Benth.,  Westindien  und  nördliches  Süd- 
amerika. Die  Früchte  liefern  eine  schöne,  örangegelbe  Farbe,  Algaro- 
villa genannt.  Taubert  in  Engler-Prantl,  Die  nat.  Ptlanzenfamilien, 
Tl.  III,  Abt.  3,  p.  106. 

Acacia  concinnaDC.  Vorderindien.  Die  Hülsen  enthalten  11,2  Proz. 
Saponin  und  dienen  als  Seife.  L.  Weil,  Beitr.  z.  Kenntnis  der  Saponin- 
substanzen.     Inaug.-Diss.     Straßburg  1901,  p.  37. 

Acacia  Qiraffae  Willd.  (Camelthorn).  Südafrika.  Die  Hülsen  können 
als  Gerbmaterial  verwertet  werden. 

Acacia  suhalata.  Deutsch- Westafrika.  Die  Hülsen  enthalten  28,8  Proz. 
Gerbstoff.     Tropenpflanzer,   1913  (17),  p.  628. 

Acacia  at'abica  u.  andere  Arten,  s.  Bablah. 
Prosopis,  Sect.  Algarohia  Benth.  Die  stark  traubenzuckerhaltigen 
Hülsen  der  hierher  gehörigen  Arten  dienen  als  Nahrungsmittel  im  sub- 
tropischen Amerika;  aus  den  Früchten  von  P.  alba  Hieron.  wird  in 
Argentinien  das  alkoholhaltige  Getränk  aloja  oder  chieha  de  allgor- 
roba  bereitet. 

Ceratonia  Siliqua  L.,  Mittelmeerländer.  Die  zuckerreichen  Früchte 
{Johannisbrot,  Bockshörndl)  dienen  zur  Branntweinbereitung.  Sie  enthalten 
50  Proz.  Rohrzucker  und  7,76  Proz.  Fruchtzucker.  Vgl.  Tschirch  in 
Realenzykl.   der  ges.  Pharm.    2.  Aufl.    HI,  p.  445. 

Caesalpinia  coriaria  Willd.  (—  Poinciana  coriaria  Jacq.)., 
C.  Paipae  Ruix,.  et  Pav.  und  C.  tinctoria  (H.  B.  K.)  Benth..,  siehe 
Dividivi. 

Caesalpinia  digyna  Rott,  s.  Tari,  Teri. 
Caesalpinia  brevifolia  Benth.  (^  Balsamocarpon  b7'evifolium 
Clos.),  siehe  Algarobillo. 

Gymnocladus  chinensis  Baill.,  mittleres  China.    Fei-tsao-tou,  soap 
tree;  die  Hülsen  werden  wie  Seife  verwendet.    Taubert  (nach  Baillon)» 
in  Engler-Prantl,    Die  nat.  Pflanzenfam.,  Tl.  HI,  Abt.  3,  p.  170.     Vgl. 
auch  F.  Ebert,  1.  c.  p.  44. 

Myr'ospermum  frutescens  Jacq.  Zentralamerika,  Venezuela,  Tri- 
nidad. Die  Früchte  heißen  Sereipo  und  enthalten  einen  hellen  Balsam, 
welcher  nach  Kumarin  riecht.  T.  F.  Hanausek  in  Zeitschr.  d.  allg.  öst. 
Apoth.-Ver.,  1878,  Nr.  22  u.  23.  —  Hart  wich.  Die  neuen  Arznei- 
drogen, p.  229. 

Moghania  7'hodocarpa  (Bak.)  0.  Ktze.  (=  Flemingia,  i'hodocarpa 
Bake?'),  Ostafrika.  Die  an  Kamala  (s.  Mallotus  bei  den  Euphorbiaceen, 
p.  800)  erinnernden  roten  Drüsen,  die  die  Hülsen  bedecken,  bilden  eine 
unter   den    Namen  Waras,  Wurus,  Wars,   neue  Kamala,  falscher 


798  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Safran,  seit  alter  Zeit  so  wie  die  Kamala  verwendete  Ware.  Flückiger, 
Pharmakognosie,  3.  Aufl.,  p.  SGi.  —  Flückiger,  Pharmaceutical  Journ., 
1868,  II,  p.  279. 

M.  congesta  (Roxb.)  0.  Ktxe.,  Tom  Himalaja  durch  Südasien  bis 
zu  den  Philippinen.  Soll  nach  Flückiger  (1.  c.)  ebenfalls  Waras  liefern, 
was  aber  nach  Taubert,  1.  c,  p.  377,  nicht  erwiesen  ist.  Dagegen  fand 
A,  G.  Perkins  (Proceed.  Chem.  Soc.,  1897,  p.  162),  daß  die  Drüsen  von 
M.  congesta  sich  genau  so  verhalten,  wie  die  von  31.  rkod. ;  der  rote 
Farbstoff  besteht  aus  Flemingin  (C12H12O3);  außerdem  sind  noch  ein 
gelber  Farbstoff,  das  Homoflemingin,  und  mehrere  Harze  vorhanden. 
Schon  Niebuhr  fand  1763  Waras  als  Farbstoff  verwendet  (Beschreibung 
von  Arabien.     Kopenhagen  1772,  p.  151). 

Coumarouma  odorata  Aubl.  Südamerika.  Aus  den  Früchten  wird 
ein  kopalähnliches  Harz  gewonnen.  —  Wiesner,  Rohstoffe,  3.  Aufl., 
Bd.  I,  p.  354. 

Psoralea  corylifolia  L.,  Vorderindien.  Die  aromatischen  Hülsen  finden 
in  der  Parfümerie  Verwendung.  Taubert  in  Engler-Prantl,  Pflanzen- 
fam.,  m,  3,  p.  264. 

20.  ßntaceen. 

Citrus  nohilis  Loiireiro,  echte  Mandarine,  Gochinchina,  China.  Die 
Früchte  genießbar. 

C.  Äurantiu7n  L.  (=  C.  vulgaris  RissqJ,  Orangenbaum.  Dazu 
gehören : 

a)  C.  amara  L.  (=  C.  Bigaradia  Duhamel)^  bittere  Orange,  Pome- 
ranze. Im  wärmeren  Europa  häufig  kultiviert.  Die  Blätter  und 
die  unreifen  Früchtchen  werden  zur  Darstellung  des  Petit-grain- 
Öles  verwendet;  die  reifen  Früchte  geben  ein  ausgezeichnetes 
Orangenöl,  das  dem  aus  der  Apfelsine  gewonnenen  vorgezogen 
wird.     Die  Schalen  sind  als  Cortex  Aurantiorum  offizinell. 

b)  C.  Bergamia  (Risso  et  Foiteau)  Wight  ei  Arn.  (=  C.Limetta 
var.  DC.)^  Bergamotte.  Südeuropa,  Westindien.  Die  reifen  Früchte 
geben  das  Bergamottöl. 

c)  C.  sinensis  (Gall.)  =  C.  Aurantium  sinensis  GaUesio  =  C.  Auran- 
tium  dulcis  L.  z.  T. ;  süße  Orange,  Apfelsine.  Aus  der  Frucht- 
schale wird  Orangenöl  gewonnen.  —  Dazu  die  Varietäten 

C.  s.  sanguinea  Engl,  Blutorange,  und  C.  s.  decumana  (L.) 
Bonavia,  Pompelmoes. 

C  tnedica  Zv.,  Zitrone.     Gliedert  sich  in: 

a)  C.  lÄmonum  (Risso)  Hook.  /*.,  Limone,  mit  dünnschaligen  Früch- 
ten.    Aus  den   Fruchtschalen   wird    das   Zitronenöl   (Limonenül, 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  799 

Essenza  di  limone,  Essence  de  citron,  Lemon  oil,  oil  of  Lemon; 

Berichte  von  Schimmel  &  Co.,  1901,  April),  aus  dem  Fleische 

Zitronensäure  gewonnen. 
Die  dickschalige  Varietät   der  Zitrone  (Citrus  medica  Risso) 
wird  wie  vorige  benutzt,  liefert  das  Cedro-  oder  Cedratül  (Essenza  di 
cedro  v.  cedrino,  Essence  de  cedrat,  Citron  oil).     Dieses  wird  auch  aus 
der  dünnschaligen  Cedrolimone,   C.  medica  cedro   Gcdlesio  dargestellt. 

b)  C.  medica  genuina  Eugler,  Zitronatzitrone,  besitzt  große  bis  1  kg 
schwere  Früchte,  die  mit  Zucker  eingekocht  den  Zitronat  geben. 

c)  C.  Limetta  (Risso)  Engl.^  süße  Zitrone,  Ostindien,  liefert  das 
Limettöl,  wird  auch  zur  Gewinnung  der  Zitronensäure  ver- 
wendet. 

Literatur:  Risso  et  Poiteau,  Hist.  nat.  des  orangers;  1  09  Planches 
in  folio.  Paris  1818 — 1819.  —  Bona  via,  The  cultivated  oranges  and 
lemons  etc.  London  1890.  —  Engler  in  Engler-Prahtl,  Pflanzenfam., 
III,  4,  p.  195 — 201.  —  Max  Biermann,  Beiträge  zur  Kenntnis  der 
Entwicklungsgeschichte  der  Früchte  von  Citrus  vulgaris  Risso  und  an- 
deren Zitronenarten.  Inaug.-Diss.  Bern,  Minden  1896.  —  Über  die 
Gewinnung  des  Zitronensaftes  siehe  H.  v.  Wuntsch,  Zeitschr.  f.  d.  ges. 
Kohlensäure-Industrie  (M.  Brandt,  Berlin),  1901,  Bd.  7,  p.  40 ff.  —  Über 
die  Anatomie  der  offizineilen  Früchte  (Fruchtschalen)  s.  die  pharmako- 
gnostischen  Werke  von  Fl ückiger,  v.  Vogl,  J.  Moeller,  ferner  Arthur 
Meyer,  Wissenschaftliche  Drogenkunde,  II,  p.  408  (1892).  —  Tschirch, 
Handbuch,  II,  2,  p.  841  (hier  die  Citrusdrogen  sehr  ausführlich  abge- 
handelt). —  Über  die  ätherischen  Öle  der  Agrumenfrüchte  s.  Gilde- 
meister, 1.  c,  III,  p.  7ff. 

Xantlioxylum  acanthopodium  DC.  u.  JC.  alatum  Roxb.  Indien, 
China.  Die  Früchte  heißen  in  Indien  »Wartara-seeds«,  werden  als  Ge- 
würz und  Heilmittel  angewendet;  die  der  erstgenannten  Art  enthalten 
2  Proz.  nach  Koriander  riechenden  Öles.  Die  Früchte  von  X.  alatum 
heißen  auch  >  Chinese  Wild-Pepper«,  das  daraus  destillierte  Öl  riecht 
nach  Wasserfenchel.   —  Gildemeister,  1.  c.  II,  p.  651. 

Xantlioxylum  piperatum  DC.  Japan.  —  Japanischer  Pfeffer.  Das 
äth.  Öl  der  Früchte  enthält  Dipenten,  d-Limonen,  Cuminaldehyd  u.  a.  — 
H.  Thoms,  Arb.  a.  d.  pharm.  Instit.  d.  Univ.  Berlin  1914,  XI,  p.  58.  — 
Schimmel  &  Co.,  Ber.  Oktober  1916,  p.  33. 

21.  Zygopliyllaceae. 

Balanites  aegyptiaca  Delile.  Nördliches  tropisches  Afrika  bis  Vorder- 
indien und  Birma.  Zachunbaum.  Aus  den  Früchten  (Samen)  fettes  Öl 
(Semler,  Trop.  Agricultur).  —  Weil,  1.  c,  p.  40—43. 


^00  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

22.  Burseraceen. 
Canarium  ßchweinfurthü  Engl.     Die  Früchte  zu  Öl,  I,  p.  639. 

23.  Eupliorbiaceeii. 

Phyllanthus  Emblica  L.  (Emblica  ofßcinalis  Gaertn.).  Maskarenen, 
Ostindien,  Sundainseln,  China,  Japan.  Amba-,  Myrobalanenbaum, 
liefert  die  grauen  Myrobalanen,  Myrobalani  Emblicae,  früher  offl- 
zinell. 

Mallotus  'philippinensis  (Lam.J  Müll.- Arg.  (Rottlera  tiiictoria 
Roxb.).  Von  Ostindien  bis  Australien,  Die  die  Frucht  bedeckenden  Drüsen 
heißen  Kamala  und  dienen  zum  Gelbfärben  der  Seide.  Anderson,  Ghem. 
Zentralbl.,  1855,  p.  372.  —  A.  v.  Vogl,  Kommentar  usw.,  1892,  p.  409. 
—  Husemann-Hilger,  Pflanzenstoffe,  1884,  p.  892.  —  Hartwich  in 
Moeller-Thoms,  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharm.  2.  Aufl.  VII,   p.  329. 

Chroxophora  plicata  (Vahl)  Juss.  Ostindien,  Arabien,  Ägypten, 
Sudan.  Im  englischen  Sudan  wird  aus  den  Früchten  eine  blaue  Farbe 
hergestellt.     Tropenpflanzer  1909,  p.  538. 

24.  Auacardiaceeu. 

Änaca?'dium  occidentale  L.,  Kaschou-  oder  Acajoubaum,  Tropen. 
Die  nierenfürmigen  Früchte,  westindische  Elefantenläuse,  enthalten 
im  Mesokarp  einen  brennend  scharfen,  an  der  Luft  schwarz  werdenden 
öligen  Saft,  der  auf  der  Haut  Entzündungen  hervorruft;  man  verwendet 
ihn  als  Tinte  zu  unauslöschlicher  Schrift  auf  Leinwand.  Das  Dekokt  der 
Früchte  gilt  als  Anstrichfarbe,  als  Beize  beim  Schwarzfärben  von  Stoffen 
usw.  Der  ölige  Saft  besteht  nach  E.  Schmidt  aus  90  Proz.  Anacard- 
säure (G.22H32O3)  und  10  Proz.  Gardol  (C21H30O2)  und  entwickelt,  mit  konz. 
Ammoniak  behandelt,  prachtvolle  Myelin  formen,  die  auf  das  Vorkommen 
einer  Fettsäure  schheßen  lassen.  Vgl.  E.  Kratzmann,  Zur  Anatomie 
und  Mikrochemie  der  Acajounuß  (Anacardium  occidentale  L.J.  Pharma- 
zeutische Post  (Wien)  47,  1914,  p.  375  ff.  —  Der  fleischige,  süßlichsaure, 
sehr  dicke  Fruchtstiel  dient  zur  Bereitung  von  Branntwein  und  Essig. 
Theodor  Peckolt,  Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.,  1893,  XXXI, 
Nr.  /|9 — 22.  Über  die  Morphologie  und  Anatomie  der  Frucht  s.  D.  Weber, 
Beiträge  zur  Anatomie  einiger  pharmakognostisch  wichtiger  Samen  und 
Früchte.     Budapest,   1907,  p.  40—55,  Taf.  VI,  VII. 

Schmus  Molle  L.,  Aroeira,  peruanischer  Pfefferbaum,  Molle;  Mexiko 
bis  Chile.  —  Die  Früchte  dienen  zur  Bereitung  von  Sirup  und  Essig. 

Schinus  dependens  Ortega,  Schinus  latifolius  (Oillies)  Engl.  Argen- 
tinien, Chile,  Peru.  Aus  den  Früchten  beider  Arten  wird  in  Chile  das 
berauschende  Getränk  Chicha  dargestellt. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  801 

Uhus  succedanea  L.  und  andere  Rhus-kvien.  Siehe  Japanisches 
Wachs,  I,  p.  721. 

Rhus  glabra  L.,  Nordamerika.  Die  Früchte  dienen  zur  Essig- 
bereitung.    Engler-Prantl,  Pflanzenfam.,  III,  5,  p.  M\. 

Semecarpiis  Anacardium  L.  (Oiiocarpus  Asa  Oraij),  ostindischer 
Tintenbaum,  nordwestl.  Indien.  Die  Früchte,  ostindische  Elefanten- 
läuse, geben  eine  schwarze,  unauslöschliche  Tinte  und  den  Firnis  von 
Silhet  zum  Lackieren  eiserner  und  steinerner  Gerätschaften.  Engler- 
Prantl,  1.  c,  III,  5,  p.  177.  Die  Samen,  ostindische  Mandeln,  werden 
als  Zusatz  zu  Kakao  und  Schokolade  verwendet.  Apoth.-Ztg.  (Berlin) 
1909,  p.  61.     Weber,  1.  c,  p.  28—39,  Taf.  IV,  V. 

S.  Cassuvium  Spreng.,  Hinterindien,  Molukken.  Verwendung  wie 
vorige. 

25.  Aquifoliaceen. 

Hex  sp.  In  Japan  wird  aus  den  Früchten  von  //ea:;-Arten  i)  ein 
Rohviscin  gewonnen,  das  unter  dem  Namen  >japanischer  Vogelleim< 
nach  Europa  gelangt  und  daselbst  auf  ziemlich  umständliche  Weise 
(D.  R.-P.  175383,  Dr.  W.  Loebell,  Klein-Zschachwitz  a.  E.)  gereinigt 
wird.  Das  reine  Viscin  läßt  sich  mit  fettem  Öl  mischen  und  eignet  sich 
zur  Herstellung  von  Pflaster-  und  Salbengrundlagen.  Chem.-Ztg.  Rep. 
1906,  p.  338. 

26.  Sapindaceen. 

Sapindus  saponariaL.  und  andere  Ä-Arten, siehe  Seifenbeeren. 

Paullinia  Cupana  Knuth  (P.  sorbiUs  Mart.),  Brasilien.  Aus  den 
Fruchtschalen  wird  eine  gelbe  Farbe  dargestellt.  Radlkofer  in  Engler- 
Prantl,  Pflanzenfam.  III,  5,  p.  299.  —  Die  Samen  geben  die  Guarana. 

Pseudima  frutescens  Radlk.  Brasilien.  Die  zwei-  oder  durch  Fehl- 
schlagen einlappigen  Früchte  dienen  als  Ersatz  der  Seife.  Th.  Peckolt, 
Ber.  d.  deutsch.  Pharm.  Gesellschaft,  1902,  12,  p.  111. 

27.  ßhamnaceeu. 
Rhamnus  sp.     Siehe  Gelbbeeren. 

28.  Vitaceen. 
Vitis  vinifera  L.  und   andere  Arten.     Die  Früchte   zu  Wein-   und 
Essigbereitung. 

29.  Elaeocarpaceen. 

Aristotelia  Maqui  VHerit.  Chile.  Die  Beeren,  Maqui  oder  Clou 
de  Maque  genannt,  enthalten  einen  roten  Farbstoff  und  werden  in  ihrer 


1)  Japanische  7/ex- Arten  sind  unter  anderen  I.  erenata  Thioib.,  I.  rotunda  T/mnb., 
I.  mierocarpa  Maxim.,  I.  serrata  Tlmnb.,  I.  geniculata  Maxim. 

Wiesner,  Eohstofife.     III.  Band.     3.  Aufl.  51 


802  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Heimat  zum  Färben  von  Likören,  Zuckerwaren,  in  Frankreich  zum  Färben 
des  Weines  verwendet.  G.  Ochsenius,  Über  Maqui.  Bot.  Zentralbl.^ 
1889,  Bd.  38,  N.  8  u.  9,  p.  689  u.  TSI.  (Die  anatomische  Untersuchung 
der  Früchte  von  H.  Warlich.)  —  Pharmac.  Ztg.,  1890,  p.  228  u.  493. 
—  Hart  wich,   Die  neuen  Arzneidrogen,  1897,  p.  58. 

30.  Tiliaceen. 

Tilia  ulmifolia  Scop.  Die  Früchte  (Samen)  enthalten  Fett,  siehe 
I,  p.  478. 

Äpeiba  Tiboiirbou  Auhl.  Südamerika.  Die  Früchte  (Samen)  ent- 
halten ein  rubinfarbenes,  fettes  Öl,  das  1 873  von  Venezuela  ausgestellt 
worden  war.  Es  wird  in  Brasihen  durch  Auskochen  der  Früchte  mit 
Wasser  gewonnen.  Über  die  technische  Verwendung  ist  nichts  bekannt; 
das  Volk  benutzt  es  zu  Einreibungen  gegen  Rheumatismus.  T.  F.  Ha- 
nausek,  Ztschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.,  1877,  p.  202. —  Tb.  Peckolt, 
Heil-  und  Nutzpflanzen  Brasiliens.  Her.  d.  D.  Pharm.  Gesellsch.  1898, 
p.  283. 

Orewia  flava  DC.  Südwestafrika,  Kalahariwüste.  Die  steinfrucht- 
artigen, mit  mehreren  zweizeiligen  Steinen  versehenen  Früchte  dienen 
als  Obst  und  zur  Bereitung  eines  vorzüghchen  Bieres.  Math  es,  Ber.  d. 
D.  Pharm.  Gesellsch.,  17,  1907,  p.  308. 

31.  Caryocaraceen. 
Über  die  Fett  hefernden  Arten  siehe  I,  p.  644. 

32.  Guttiferen. 

Pentadesma  hutyraceum  Dan.,  siehe  I,  p.  646. 

Garcinia  Cambogia  Desrouss.  Ostindien.  >Garaka«,  die  getrock- 
neten dunkelbraunen  Fruchtschalen  von  süßsäuerlichem  Geschmack  werden 
wie  Zitronenschale  als  Gewürz,  ferner  als  Tamarindenersatz  verwendet. 
Nachrichtenblatt  für  die  Zollstellen  (Deutsches  Reich)  1914. 

33.  Caricaceeu. 

Carica  Papaya  Z/.,  Melonenbaum,  über  die  ganze  Tropenwelt  als 
Obstbaum  verbreitet.  Die  wilde  Form  ist  nicht  bekannt.  Alle  Teile  des 
Baumes,  V^urzel,  Stamm,  Blätter  und  Früchte  führen  einen  Milchsaft, 
der  das  peptonisierende  und  Milch  zur  Gerinnung  bringende  Papayacin 
oder  Papain  enthält.  Die  an  der  Luft  aus  dem  Milchsaft  sich  ab- 
scheidende weiße,  rahmartige  Masse  heißt  Papayotin.  H.  F.  Kessler  in 
K.  Koch,  Wochenschrift  des  Vereins  zur  Beförderung  des  Gartenbaues 
(Kassel),  1863,  VI,  p.  259.  —  Wittmack  in  Bot.  Ztg.,  1878,  p.  532.— 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  803 

Griffith  Hughes,  Nat.  bist,  of  Barbados,  1750,  Book  VII,  p.  181  (zit. 
nach  Wittmack).  —  Ztschr.  d.  allg.  öst.  Apotb.-Ver.,  1874,  XII,  p.  613, 
nach  G.  Roy  in  Journ.  de  m^dec,  chir.  et  pharm,  de  Bruxelles,  1874, 
LIX,  p.  252.  —  Tb,  Peckolt  in  Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apotb.-Ver., 
1879,  p.  361.  —  Sidney,H.  G.  Martin,  Pharm.  Journ.  and  Transact., 
1885.  —  AI.  Niobey,  Papaina.  Rio  de  Janeiro  1887. —  Hartwich, 
1.  c,  p.  86.  —  Helbing,  Pharmac.  Ztg.,  1891,  p.  168.  —  F.  B.  Kilmer, 
Americ.  Journ.  Pharm.,  1901,  Bd.  73,  p.  272,  336,  383.  —  Francis 
Watt,  Gewinnung  des  Papains.  Agricult.  News  1902,  nach  Ap.-Ztg. 
(Berlin),  1903,  p.  20.  —  Über  die  gegliederten  Milchsaftröhren  s.  Theo 
Holm,  Medicinal  plants  of  North  America.  90.  —  Carica  Papaya  L. 
Mercks  Report.  XXIV,  176  (23.  Juni  1915). 

34.  Pimicaceen. 

Punica  Granatum  L.,  Granatapfelbaum.  Im  ganzen  tropischen  und 
subtropischen  Gebiete  und  in  den  Mittelmeerländern  verbreitet.  Das 
Fruchtfleisch  wird  gegessen.  Die  Schalen  enthalten  nach  W.  Eitner 
26,6  Proz.  Gerbstoff  und  werden  zum  Gerben  feiner  Ledersorten  empfohlen. 
(Von  der  ganzen  Frucht  machen  die  Schalen  nur  einige  20  Proz.  aus.) 
Trimble  (Amer.  Journ.  of  Pharm.,  1897,  Vol.  69,  No.  12)  gibt  den  Gerb- 
stoffgehalt mit  28,38  Proz.  an.  In  Nordafrika  vielfach  zum  Gerben  ver- 
wendet. —  Eitner,  Der  Gerber,  1902,  28.  Jahrg.,  p.  231. 

35.  Myrtaceen. 

Pimenta  officinalis  Berg.  Westindien  und  Zentralamerika.  Die 
Früchte  sind  als  Neugewürz,  Nelken-,  Jamaikapfeffer,  Gewürzkörner, 
Piment,  All  spiee  zu  Gewürz  und  zur  Darstellung  des  ätherischen  Öles 
in  Verwendung.  Siehe  die  Pharmakognosien  und  A.  v.  Vogl,  Nahrungs- 
mittel, 1899,  p.  426;  Moeller,  Mikroskopie  usw.,  II.  Aufl.,  1905,  p.  359. 

Jambosa  Caryophyllus  (Spreng.)  Ndz.  (Caryophyllus  aromaticus  L.). 
Die  Früchte  dienen  als  Nelken  zu  Gewürz.  Über  die  ätherischen  Öle 
s.  Gildemeister  u.  Hoffmann,  1.  c,  III,  p.  223. 

36.  Combretaceeu. 
Terminalia  sp.     Siehe  Myrobalanen. 

37.  Melastomaceen. 
Tamonea  albicans  (Sw.)  Krasser  .^  T.  ceramicarpa  (Schrank  et 
Martins)  Krasser,  T.  ciliata  (L.  C.  Rieh.)  Krasser  und  andere  Arten. 
Tropisches  Amerika.  Die  Früchte  liefern  den  schwarzen  Farbstoff  »Tinta 
de  Zapeteiro«.  Auch  Melastorna  malahathrica  Iv.,  Tococa  guianensis 
Auhl.  liefern  schwarzen  Farbstoff.  E. — P.  Pflanzenfam.  III,  7,  p.  192. 
Blakea  sp.     Die  Beeren  geben  roten  Farbstoff. 

öl* 


804 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte, 

38.  Hydrocaryaceen  (Oenotlieraceen). 

Die  steinfruchtartigen  Halbfrüchte 
enthaltenjel  stärkereichen  Samen 
und  dienen  (z.  B.  in  Serbien, 
Indien,  China)  zur  Nahrung;  auch 
wird  Mehl  daraus  dargestellt. 
Schenk,  Zur  Kenntnis  der  Struk- 
turverhältnisse fossiler  Pflanzen, 
Bot.  Ztg.  1877,  p.  393— 40i. 
Enthält  die  Anatomie  der  Früchte 
von  T.  natans  und  T.  hicornis. 
{  J.  Jäggi,  Die  Wassernuß.  Zürich 


Trapa  natans  L.,  die  Wassernuß, 
Europa. 

T.  hicornis  L.,  China.      >Ling«. 

T.  bispinosa  Roxb.^  Indien.  >Sin- 
ghara  Nut«. 


1883.  Raimann  in  Engler- 
Prantl,  Pflanzenfam.,  III,  7, 
p.  223.  —  Über  die  ehem.  Zu- 
sammensetzung s.  A.  Zega  und 
Dobr.Knez-MilojkoviCjChem.- 
Ztg.,  i901,p.45.  — W.H.  Harri- 
son,  The  Singhara  nut.  Agric. 
Journ.  of  India  IV,  1909,  p.  93 
bis  94. 


39.  Umhelliferen. 


Coriandrum  sativum  L.,  Gori- 
ander. 

Cwninum  Cyminum  L.,  Mut- 
terkümmel. 

Carum  Carvi  L.,  Kümmel. 

Pimpinella  Anisum  L.,  Anis. 

Foeniculum  vulgare  Mill. 
(=  F.  officinale  All.  und  F.  capil- 
laeum  Gilib.),  Fenchel. 

Foeniculum  vulgare  var,  dulce 
Mill,  Römischer  Fenchel. 


Über  diese  seit  altersher  als  Gewürze 
und  auch  medizinisch  verwendeten 
Früchte  vgl.  die  Pharmakognosien 
vonFlückiger,  v.Vogl,  Moeller, 
Tschirch,  sowie  die  Schriften 
über  Nahrungs-  und  Genußmittel. 
E.  Bartsch,  Zur  Anatomie  u.  Ent- 
wicklung der  Umbelliferen,  Breslau 
,|882.  —  Über  Koriander  s.  T. 
(  F.  Hanausek.  Z.  U.  N.  G.  1898, 
p.  490.  —  Über  Mutterkümmel 
und  die  persische  Sorte  von  Ca- 
rum gi'acile  Lindl.  s.  Sage  in 
Perfum.  and  Essent.  Oil  Record,  4 
(1913),  p.  46,  nach  Schimmel  & 
Co.  Ber.  April  1913,  p.  43.  Über 
die  ätherischen  Öle  s.  Gildem.  u. 
Hoffmann,  1. c,  p.  327ff. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  805 

40.  Cornaceen. 

Comus  sanguinea  L.  Roter  Hartriegel,  Europa,  Westasien.  Der 
wässerige  Auszug  aus  den  Früchten  dient  zum  Taubengraufärben  des 
Glacehandschuhleders.  Die  Früchte  enthalten  ein  fettes  Öl,  das  schon 
im  Mittelalter  als  Brennöl  verwertet  wurde.  Diels,  Ersatzstoffe,  1918, 
p.  212,  —  Über  die  Anatomie  der  Früchte  von  Comus  mas  L.  siehe 
Griebel,  Ztschr.  f.  d.  U.  d.  N.-  u.  G.,  34-,    1917,  p.  233. 

41.  Myrsinaceen. 

Jacquinia  raceinosa  DC.^  Tropisches  Südamerika.  J.  armillaris 
Jacq.^  Westindien.  J.  aurantiaca  Äit,  Sandwich-Inseln.  Die  stein- 
fruchtartigen Früchte  dienen  beim  Fischfang  zum  Betäuben  der  Fische, 
trocken  werden  sie  zu  Armbändern  verwendet,  daher  der  französische 
Name  der  Bäume  »Bois  bracelets«.  Pax  in  Pflanzenfamilien,  IV,  1, 
p.  89. 

42.  Ehenaceen. 

Diospyros  Kala  L.  fil.^  Kakibaüm.  Japan.  Die  gelben  Früchte,  von 
der  Größe  einer  Orange  (jap.  Kaki,  chin.  Shitse,  engl.  Persimon,  franz. 
Raguemine),  als  Obst  beliebt.  Der  Saft  derselben,  Kaki-Shibu  genannt, 
dient  in  Japan  zum  Dauerhaftmachen  der  Fischnetze  und  Angelschnüre, 
des  Packpapieres  und  der  Anstrichfarben ;  enthält  einen  eigentümlichen, 
in  Alkohol  und  Wasser  unlöslichen,  dagegen  in  verdünnten  Säuren  lös- 
lichen Gerbstoff,  der  angeblich  unlöslich  wird,  wenn  die  im  Fruchtsafte 
enthaltene  flüchtige  Säure  verdampft.  Es  bildet  sich  ein  Häutchen, 
das  die  genannten  Stoffe  überzieht  und  konserviert.  M.  Tsukamoto 
in  Bull.  Coli.  Agr.  Tokyo  1902,  p.  329.  —  Ghem.  Ztg.,  Rep.  1902,  p.  159. 
Vgl.  auch  Gurke  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfam.  IV,  1,  p.  164. 

Von  Diospyros  peregfina  (Gilrtn.)  Gurke  (=  D.  Embryopteris 
Pers.  =  Embryopteris  gelatinofera  Don)  wird  (liach  Don)  angegeben,  daß 
das  klebrige  Fett  der  Frucht  in  Indien  zum  Kalfatern  der  Schiffe  Ver- 
wendung findet.     Die  unreife  Frucht  ist  reich  an  Tannin. 

43.  Oleaceen. 

Olea  europaea  L.    Die  Früchte  geben  das  Olivenöl,  siehe  I,  p.  678. 

44.  Labiaten. 

Lallemantia  iberica  (Marsch.-Bieb.)  Fisch,  et  Mey.  (L.  sulphurea 
C.  Koch).  Orient.  Die  Früchte  dienen  zur  Darstellung  eines  fetten  Öles, 
das  in  Persien,  Syrien  und  Kurdistan  als  Speiseöl  und  zur  Beleuchtung 
verwendet  wird;    in   neuerer  Zeit  wird   die  Pflanze  auch  in  Südrußland 


806  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

angebaut.  —  E.  Wildt,  Landwirtsch.  Centralbl.  f.  Posen,  1878,  p.  132.  — 
Fühlings  Landwirtsch.  Ztg.,  1880,  p.  77  (nach  Just,  Bot.  Jahresb.)  — 
L.  Richter,  Über  Lallemantia  iberica.  Landwirtsch.  Versuchsanst., 
1887,  Bd.  33,  p.  455.  —  T.  F.  Hanausek,  Über  eine  neue  Ölpflanze, 
Ztschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.,  1887,  25.  Jhg.,  p.  483.  —  F.  Be- 
necke, Lallemantia  iberica^  eine  neue  Ölpflanze.  Hegers  Zeitschr. 
f.  Nahrungsmittelunters,  u.  Hyg.,  1887,  Nr.  12,  p.  237.  —  Schenk,  Zur 
Kenntnis  des  Baues  der  Früchte  der  Kompositen  und  Labiaten.  Bot. 
Ztg.,  1877,  p.  409. 

Perilla  ocymoides  L.,  Ostindien,  Japan.  Die  Nüßchen  liefern  Öl, 
das  dem  Japantalg  zugesetzt  wird.  Wittmack,  Monatsschr.  d.  Ver.  z. 
Bef.  d.  Gartenb.,  1879,  p.  51.  —  Just,  Bot.  Jahresb.  1879,  II,  p.  345 
u.  421.  —  Bredemann,  Über  Preßkuchen  der  Perillasaat.  Landw. 
Versuchsstat.  1912,  78,  p.  349.  —  Honcamp,  Reich  u.  Zimmer- 
mann,  Über  Perillakuchen  u.  Mowrahmehl,   ebenda  1912,    78,    p.  321. 

45.  Solanaceen. 

Withania  coagukms  (Stocks.)  Dun.,  Ostindien,  Beludschistan  und 
Afghanistan.  Die  Früchte  machen  die  Milch  gerinnen  und  werden  in 
der  Heimat  zur  Käsebereitung  benutzt.  Das  Ferment  scheint  in  den 
Samen  enthalten  zu  sein.  —  Pharm.  Journ.  and  Trans.  1884,  p.  606.  — 
Hartwich,  Neue  Arzneidrogen,  p.  358. 

46.  Bignoniaceen. 

Crescentia  Cujete  L.,  Westindien,  Südamerika.  Die  harte  Frucht- 
schale, Tecomates,  dieser  und  verwandter  Arten  ist  die  echte  Cala- 
basse,  zu  kleinen  Gefäßen  verwendet,  vgl.  Rohstoffe,  I.,  p.  387. 

47.  Rubiaceen. 
Gardenia  florida  L 


r,  j.n  i  siehe  chin.  Gelbschoten. 

G.  grandtflora 

Randia  dummeto7'um  (Retx.)  Lam.^  Südliches  China,  Sundainseln, 

Vorderindien    bis    Abessinien.     Die    Früchte    sind    reich    an    Saponin. 

Vogtherr,  Arch.  d.  Pharm.,  1894,  p.  489.  —  Hartwich,  1.  c,  p.  283. 

48.  Caprifoliaceen. 

Sambucus  nigra  L.,  Europa,  Kaukasus.  Schwarzer  Holunder, 
»Holler«,   Flieder.     Der  Fruchtsaft   dient   zum  Färben    des   Glaceleders. 

Sambucus  racemosa  L.  Die  Früchte  enthalten  Öl  für  die  Seifen- 
fabrikation.    Literatur  bei  Diels,  1.  c,  p.  212. 


Zweiundzwanzigster  Absclinilt.     Früchte.  807 

49.  Cucurbitaceen. 

Luffa  cijlindrica  (L.)  Rom.  (^=  L.  aegyptiaca  Mill.)  und  L.  acutan- 
gula  Roxb.  In  den  Tropen  der  alten  Welt  heimisch,  in  Ägypten,  Japan 
und  in  Amerika  kultiviert.  Das  feste  Fasernetz  der  Früchte  liefert  die 
Luffaschwämme,  die  auch  zu  Schuheinlagen,  Tropenhelmen  verwendet 
werden.  Weber  in  Zeitschr.  d.  allg.  üsterr.  Apoth.-Ver.,  1883,  p.  471.  — 
Über  Kultur  und  Präparation  der  Luffa  s.  The  Ghemist  and  Druggist 
1911,  p.  145.  Pharmazeut.  Post  (Wien)  1911,  p.  460.  —  Peckolt  in 
Ber.  d.  D.  Pharm.  Gesellsch.  1904,  p.  175. 

Lagenaria  vulgaris  8er.  (Cucurbita  Lagenaria  L.J^  Flaschenkürbis, 
Galebasse.  Tropen  und  wärmere  Striche.  Die  birn-,  zylinder-  oder 
flaschenfürmigen,  trockenen  holzigen  Früchte  werden  zu  Flaschen  und 
anderen  Gefäßen  verarbeitet. 

Äcanthosicyos  horrida  Wehv.,  Naraspflanze.  Südwestafrika.  Aus 
dem  Fruchtfleisch  wird  Sirup  und  Zuckerbier  bereitet;  Tropenpflanzer 
1910,  p.  297  u.  1912,  p.  613.  —  Durch  den  Saft  des  Fruchtfleisches 
kann  Milch  gerinnen  gemacht  werden.  Ferner  wird  aus  der  Frucht  mit 
Fett  der  nahrhafte,  süß  und  aromatisch  schmeckende  Narakuchen  bereitet. 
H.  Mathes,  Ber.  d.  D.  Pharm.  Gesellsch.  XVII,  1907,  p.  414  fi". 

50.  Kompositen. 

Helianthus  annuus  L.     Siehe  Sonnenblumenkerne. 
Ouixotia    ahyssinica    (L.)    Cars.,    siehe     Niger-,     Nigger-, 
Gingelli-,  Ramtillkörner. 

Madia  sativa  Mal.,  siehe  Madifrüchte. 
Carthamus  tinctorius  L.,  siehe  Saflorkerne. 


Besonderer  Teil. 

1.  Kokosnußsclialen. 

Das  Endokarp  der  Kokosnuß  (vgl.  p.  691)  bildet  eine  sehr  harte 
und  feste  Steinschale  und  wird  (in  den  Heimatländern  der  Kokospalme) 
zu  Gefäßen  und  zu  kleineren  Dreharbeiten  verwendet.  Die  zahlreichen 
und  höchst  verschiedenen  Drechslerwaren,  die  im  Handel  als  Kokosnuß- 
arbeiten vorkommen,  stammen  aber  zum  großen  Teil  von  den  harten 
Schalen  der  Früchte  mehrerer  Ättalea- Arien.     Nach  Wiesner *)   ist   es 


i)  Rohstoffe,  -t.  Aufl.,  p.  789. 


808  Zweiundzwanzigsler  Abschnitt.     Früchte. 

hauptsächlich  die  Piassavepalme,  Attalea  funifera  Mart.^  nach  Drude') 
aber  Attalea  Cohime  Mart.  von  Honduras,  die  die  »Gocos  lapidea«- 
hefert.  Eine  andere  Verwendung  finden  die  Früchte  von  Attalea  excelsa 
(Urucurypalme),  die  wie  die  Früchte  von  Maximüiana  regia  zum  Räuchern 
des  Kautschuks  dienen. 

Die  Steinschale  der  Kokosnuß  ist  stets  ellipsoidisch  gestaltet,  aber 
häufig  nahezu  kugelförmig,  am  oberen  Ende  etwas  zugespitzt,  am  unteren 
abgerundeten  Ende  mit  drei,  in  den  Eckpunkten  eines  gleichseitigen 
Dreieckes  stehenden  kreisförmigen  Lochern  versehen.  Von  diesem  durch- 
bohrt nur  eines  die  Schale,  die  beiden  anderen  enden  blind. 

Die  Achse  der  Schale  mißt  stets  mehrere  Dezimeter,  die  Dicke  der 
Schale  beträgt  hingegen  bloß  5 — 9  mm.  Schon  hieraus  ergibt  sich, 
daß  die  genannte  Steinschale  wegen  ibrer  Dünnheit  nur  eine  sehr  be- 
schränkte Verwendung  zu  Dreharbeiten  finden  kann.  Außen  ist  die 
Schale  uneben  faserig,  innen  glatt.  Die  Substanz  der  Schale  ist  ungemein 
fest  und  hart,  aber  in  Farbe  und  Gefüge  nicht  sehr  homogen.  In  einer 
homogenen,  bräunhchen,  häufig  schokoladebraunen  bis  fast  schwärzlichen 
Grundmasse  sind  feine,  heller  gefärbte  Fasern  (Gefäßbündel)  und  größere, 
inselförmige,  lichtbräunliche,  weichere  Gewebspartien  eingesprengt.  — 
Die  Kernschale  aus  der  Frucht  von  Attalea  spec.  —  im  Handel  Lissa- 
boner oder  kleine  Kokosnuß,  auch  Coquilla  genannt  —  ist  eiförmig  oder 
eilänglicb,  nach  dem  schmalen  (oberen)  Ende  bin  etwas  zugespitzt,  am 
breiten  Ende  dreispaltig;  die  Enden  der  aufgespalten  erscheinenden 
Schalenteile  werden  von  innen  her  mit  lockeren,  sehr  starren  und  rauh 
sich  anfühlenden  Faserbüscheln  überdeckt.  Die  Steinschale  ist  ein-,  zwei- 
oder  dreifächerig,  sehr  häufig  nur  ein-  oder  zweifächerig.  Die  zur  Auf- 
nahme der  Samen  dienlichen  Hohlräume  haben  im  Querschnitt  eine  plan- 
konvexe Form  und  sind  bloß  durch  eine  2 — 3  mm  dicke  Scheidewand  von- 
einander getrennt.  Die  lange  Achse  der  Schale  mißt  bloß  6—7,  die 
Querachse  4,5 — 5,5  cm.  Die  Dicke  der  Schale  beträgt  aber  9 — 18  mm;  an 
der  Spitze  und  in  der  Fortsetzung  der  Scheidewand  ist  die  Schale  am 
dicksten.  Außen  ist  die  Schale  von  einer  verhältnismäßig  weichen, 
leicht  schneidbaren,  kaum  papierdünnen,  von  gut  erkennbaren  Gefäß- 
bündeln durchbrochenen,  gelblichen,  außen  braunen  bis  schwärzlichen 
Schicht  bedeckt.  Die  eigentliche  beinharte  Substanz  der  Schale  ist  von 
eigentümlicher,  lichtbräunlicher  Farbe,  auf  dem  Bruche  matt,  im  Längs- 


1)  Engler-Prantl,  Pflanzenfam.,  II,  3,  p.  81.  Nacli  Tunmann  (Apoth.-Ztg., 
■1916,  31,  p.  263)  dienen  die  zerkleinerten  Früchte  bzw.  die  Steinschalen  von  Attalea 
Cohune  zur  Verfälschung  des  Jalapenpulvers.  —  Das  Pulver  der  verkohlten,  harten 
Schale  der  Gorozonuß  {Attalea  Cohune)  soll  ein  ausgezeiclmetes  Mittel  zur  Aufsaugung 
giftiger  Gase  und  somit  für  die  Anfertigung  von  Gasmasken  wichtig  sein.  (Tropen- 
pflanzer,   1920,  p.  63.) 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früciite. 


809 


schnitt  stellenweise  von  Fasern  (Gefäßbündeln)  durchsetzt,  die  auch  im 
Querschnitt  als  helle  Punkte  erkennbar  sind.  —  Die  Steinschalen  beider 
genannten  Palmenarten  sinken  im  Wasser  unter. 

Das  harte  Gewebe  der  Kokosnußschale  i)  besteht  hauptsächlich  aus 
einem  sklerenchymatischen  Grundgewebe,  das  von  teilweise  obliterierten 
Gefäßbündeln  durchsetzt  ist.  Die  Sklerenchymzellen  sind  höchst  ver- 
schieden gestaltet,  rundUch,  eiförmig,  eilänglich,  ellipsoidisch,  spindelig, 
in  der  Nähe  der  Gefäßbündel  gestreckt  bis  stabförmig  (Fig.  284);  einzelne 
zeichnen  sich  durch  besondere  Größe  aus  und  messen  in  der  Länge  bis 
80,  in  der  Breite  bis  40  /.i.  Alle  Steinzellen  sind  überaus  stark  verdickt, 
besitzen  demnach  ein  kleines  Lumen,  die 
Wände  sind  von  einfachen  und  verzweigten 
Porenkanälen  reichlich  durchsetzt.  Ihre 
Lagerung  ist  partienweise  verschieden,  auf 
eine  Gruppe  scheitelwärts  ziehender  Skle- 
re'iden  folgt  eine  Zone  quergelagerter  Zel- 
len, wodurch  dem  Prinzip  der  allseitigen 
Festigung  der  Schale  Rechnung  getragen 
wird.  Die  Gefäßbündel  enthalten  sehr 
schmale  Spiralgefäße  und  Prosenchym- 
zellen. 

Auf  der  Innenseite  der  Steinschale 
lassen  sich,  wie  schon  Wiesner  gezeigt 
hat,  zwei  Schichten  unterscheiden;  die 
eigentliche  Hartschicht  geht  nach  innen  zu 
in  eine  dunkelbraune  Zone  über,  deren  lang- 
gestreckte, mit  der  Längsachse  tangential 
angeordnete,  tiefbraunwandige  Skleren- 
chymzellen lockerer  aneinander  gereiht 
sind,  daher  diese  Schicht  weniger  hart  ist. 
die  innerste  Gewebslage,  die  aus  gelblich  weißen  grobgetüpfelten,  nur 
mehr  derbwandigen ,  mit  großen  Lumen  versehenen  Zellen  zusammen- 
gesetzt ist.  Einzelne  Züge  der  braunen  Zellschicht  führen  einen  tief- 
braunen, opaken,  homogenen,  in  Kalilauge  rotbraunen,  wahrscheinlich  den 
Phlobaphenen  angehörenden  Inhalt.  Auch  die  innerste  Schicht  zeigt 
zwischen  den  prosenchymatisch  entwickelten  gelblichweißen  Zellen  solche 
Zellen  oder  Zellkomplexe  mit  braunem  Inhalt,  der  häufig  in  verschieden 


Fig.  2S4.     Vergr.  200.     Längsschliif  aus 

der  Steinschale  der  Kokosnuß. 
Es  ist  eine  Stelle  gezeichnet,  an  wel- 
cher ein  Leitbundel  durchläuft,  und 
größere  Verschiedenheit  in  den  Formen 
der  stark  getüpfelten  Zellen  herrscht. 
(Nach  Drude.) 

An  sie   schließt   allmählich 


])  Eine  ausführliche  Darstellung  der  histologischen  Verliältnisse  des  Kokosnuß- 
perikarps  gibt  A.  L.  Win  ton  in  den  »Report  of  Ihe  Connecticut  Agricultural  Experi- 
ment Station«  for  the  Year  ending  October  31,  1901,  Part  II,  Food  products,  p.  208  bis 
216  (the  anatomy  of  the  fruit  of  Cocos  nucifera).     Mit  11   Abbildungen. 


gj^O  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

große  kugelige  Körper  differenziert  ist.  Teile  dieser  Gewebsschicht  finden 
sich  auch  auf  der  Samenschale  des  Kokosnußkernes  (vgl.  p.  693).  Die 
Länge  dieser  sehr  verschieden  orientierten  Zellen  beträgt  100 — 150  /.i, 
die  Breite  bis  20  ^i.  Die  Wände  aller  Zellen  sind  verholzt.  In  der 
Asche  findet  man  keine  geformten  Körper. 

Die  Steinschale  von  Attalea  gehört  zu  den  härtesten  Geweben  im 
Pflanzenreiche.  Die  dieselbe  zusammensetzenden  Skiereiden  (Fig.  285  sc) 
sind  so  stark  verdickt,  daß  das  Lumen  nur  auf  einen  winzigen  Raum 
reduziert   ist;    außerdem   schließen  sie  vollständig  lückenlos  aneinander. 


r-i-n 


Fig.  285.    Vergr.  135.    Aus  der  Coquilla  (Attalea  sp|.    QuerscMiff  eines  Gefäßbündels. 

6  Bastfaserbelag,  sc  Sklerenchym,  st  Stegmata  mit  den  Kieselkörpern;   G  Gefäßteil;  die  Lücke  über 

demselben  der  obliterierte  Siebteil. 

Die  Zellwände  sind  hellgelb,  in  dünnen  Schliffen  farblos,  sehr  reichlich 
von  verzweigten  Porenkanälen  durchzogen;  in  einzelnen  Zellen  ist  ein 
sehr  kleiner,  das  Licht  stärker  brechender  Körper  enthalten.  Durch  die 
Einwirkung  der  Kalilauge  werden  die  Zellen  der  eigentlichen  Hartschicht 
in  ihrer  Farbe  nur  wenig  verändert,  während  die  der  innersten  Schicht 
eine  tiefgelbe  Färbung  erfahren.  Diese  innerste  Schicht  ist  wieder,  wie 
die  analoge  der  Kokosschale,  aus  stabartigen  oder  bastfaserähnlichen,  in 
verschiedenen  Richtungen  sich  kreuzenden,  tangential  gelagerten,  grob- 
porösen und  derbwandigen  Elementen  zusammengesetzt  (Fig.  286  A). 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  das  Auftreten  und  der  Bau  der 
bündelartigen   Teile    der  Schale.     Man    kann    zweierlei   derselben    unter- 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


811 


scheiden,  einfache  Bastbündel,  die  nur  aus  Bastfasern  bestehen,  und 
vollständige  GefäJßbündel.  Beide  durchziehen,  wie  schon  oben  bemerkt, 
zumeist  parallel  zur  Längsachse  der  Schale  das  Sklerenchym  und  treten 
an  dem  aufgespalten  erscbeinenden  Ende  frei  heraus.  Die  Bastbündel 
haben  einen  geringeren  Umfang  als  die  Gefäßbündel,  stehen  einzeln  oder 
treten  nicht  selten  zu  zweien  zu  einem  Gefäßbündel  hinzu,  dieses  von 
zwei  Seiten  einschliefJend.  Die  Gefäßbündel  bestehen  aus  einem  einige 
Spiroiden  führenden  Xylem  und  dem  (meist  obliterierten)  Siebteil;  beide 
sind  von  einem  mächtigen  Bastfaserbelag  umgeben,  liegen  aber  nicht 
im  Zentrum  desselben ,  sondern  näher  der  Peripherie  (vgl.  Fig.  285  b 
und  0)\  außerdem  finden  sich  noch  Parenchymzellen  vor,  die  kleine 
abgerundete  Kieselkörper  enthalten.  Von  besonderem  Interesse  ist  nun, 
daß  jedes   Bündel  von  einer  Reihe   verhältnismäßig  großer  Zellen  um- 


Fig.  28G.     Aus  der  Coquilla  (Ättalea  sp.)     A  Partie  aus  deu  inneren  Schichten  der  Steinschale;  bei  a 

die  Skiereiden  in  der  Aufsicht,  die  übrigen  im  Längsschnitt.  —  B  Die  in  der  Asche  zurückbleibenden, 

zu  Perlen   zusammengeschmolzenen  und  rosenkranzartig   aneinandergereihten  Kieselkörper.  —  C  Teile 

von  Bastfaserzellen  aus  dem  Gefäßbündel  mit  rippenartigen  Verdickungsleisten. 

A,  B  200mal,  C  40ümal  vergrößert. 


hüllt  (vgl.  Fig.  285  s^)  wird,  die  je  einen  runden,  mit  kurzen  Zapfen 
und  Höckern  versehenen  Kieselkörper  enthalten;  es  sind  dies  die 
Stegmata^).  Am  Querschnitt  bilden  die  Stegmata  einen  Kranz  um  die 
Bündel  und  bieten  mit  ihren  mächtigen,  lebhaft  glänzenden  Kiesel- 
körpern ein  überraschendes  Bild.  Die  Zellwände  werden  nach  Behand- 
lung mit  Phlorogluzin-Salzsäure  rot;  sie  sind  demnach  verholzt  (und 
nicht  verkieselt).  Die  Kieselkörper  sind  nicht  kristallartiger  Natur,  sie 
brechen  das  Licht  einfach  und  stellen  Ausgüsse  des  Zeil-Lumens  aus 
amorpher  Kieselsäure  dar,  wobei  die  Zapfen  und  Höcker  wohl  den 
Porenkanälen  der  Zellwand  entsprechen  dürften.  Verascht  man  kleine 
Fragmente  der  Steinschale,  so  schmelzen  die  Kieselkörper  zu  runden, 
höckerlosen,  zusammenhängenden  Perlen  (Fig.  286^)  zusammen 


■1)  S.  p.  59  und  die  Fig.  16  ebendaselbst. 


812  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

und  bilden  ein  vortreffliches  Kennzeichen  der  Coquillaschale,  worauf 
schon  Wiesner  aufmerksam  gemacht  hat.  Durch  Zerquetschen  eines 
Stückes  der  frei  hervorstehenden  Bündelteile  lassen  sich  die  Kiesel- 
körper leicht  isolieren. 

Die  peripherisch  gelagerten  Fasern  der  Bastbelage  sind  durch  ihre 
äußere  Skulptur  sehr  ausgezeichnet;  neben  gebuchteten  und  zackig  kon- 
turierten  Formen  kommen  auch  solche  vor,  die  auf  der  Außenseite 
deutliche  rippenartige  Verdickungsleisten  besitzen  (Fig.  286  G). 

2.  Yanille. 

Die  Stammpflanze  der  echten  Vanille  ist  Vanilla  planifolia  An- 
drews^ eine  im  östlichen  Mexiko  einheimische  epiphytische  Orchidee. 
Wegen  des  beträchtlichen  Wertes  dieser  durch  einen  besonderen  Wohl- 
geruch ausgezeichneten  Ware  wurde  die  Pflanze  schon  in  früher  Zeit 
der  Kultur  unterworfen,  wodurch  die  Früchte  an  Größe  und  x\roma 
gegenüber  jenen  der  wilden  Form  (V.  cimarrona^  V.  süvestris)  bedeutend 
zugenommen  haben.  Gegenwärtig  wird  die  Vanille  außer  in  ihrem 
Heimatland  vornehmlich  auf  Reunion  (Bourbon),  Mauritius,  Madagaskar, 
den  Seychellen,  auf  den  westindischen  Inseln  Martinique  und  Guadeloupe, 
ferner  auf  Java  und  Ceylon  und  neuestens  auch  in  Ostafrika  mit  Erfolg 
gebaut  1). 

Das  Zentrum  der  Vanillegewinnung  in  Mexiko  liegt  in  den  nörd- 
lichen Küstenstrichen  des  Staates  Veracmz,  besonders  bei  Papantla  und 
Misantla;  außerhalb  dieser  Gebiete  scheint  die  Vanille  kaum  in  größerem 
Maßstabe  angebaut  zu  werden,  und  nur  die  Früchte  der  wildwachsenden 
Form  und  vielleicht  auch  anderer  Spezies  werden  für  den  lokalen  Bedarf 
gesammelt.  Die  beste  Sorte  soll  beim  Dorfe  Zentilla'  in  der  Nähe  der 
Stadt  Oaxaca  gezogen  werden  (Sadebeck).  Der  grüßte  Teil  der  mexi- 
kanischen Ernte  findet  seinen  Absatz  in  der  nordamerikanischen  Union. 
Im  Jahre  IQH   ergab  die  mexikanische  Ernte  '145000  kg. 

Während  die  Kultur  der  Vanille  auf  Java,  wo  diese  zuerst  außer- 
halb Mexikos  versucht  worden  war,  niemals  eine  besondere  Bedeutung 
hat  erringen  können2)  —  die  Produktion  betrug  1886  nur  83  kg,  1888 
129  kg  —  ist  sie  auf  Reunion  auf  eine  so  ansehnliche  Höhe  gediehen, 


\)  Sehr  ausführhche  Mitteilungen  über  die  Geschichte,  Kultur  und  Gewinnung 
der  Vanille  sind  in  der  trefflichen  Monographie  »Studien  über  die  Vanillec  von 
Walther  Busse  (Arbeiten  aus  dem  kais.  Gesundheitsamte,  1898,  XV,  p.  1 — 113) 
enthalten,  ferner  auch  in  Tschirch,  Handb.  d.  Pharm.,  II,  p.  1288 — 1300. 

2)  In  einer  Mitteilung  einer  amtlichen  niederländischen  Zeitung  über  die  Vanille- 
kultur auf  Java  wird  diese  allerdings  als  noch  jetzt  sehr  lohnend  bezeichnet.  Die 
Ausfuhr  aus  Java  und  Madura  soll  1913  2457  kg,  1914  3227  kg,  1915  777  kg  und 
1916  nur  748  kg  betragen  haben.     (Ber.  Schimmel  &  Co.,  1919,  p.  81.) 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  813 

daß  daselbst  Ernten  mit  94  000  kg  (1892—1893)  und  82  000  kg  (1894 
bis  1895)  zu  verzeichnen  waren,  und  »die  Vanille  schon  seit  einiger  Zeit 
unter  den  Ausfuhrprodukten  der  Insel  den  zweiten  Platz  einnimmt« 
(Busse).  In  neuerer  Zeit  ist  ein  Rückgang  wahrzunehmen;  die  Ernte  be- 
trug 1911  65  000  kg.  Die  im  mitteleuropäischen  Handel  erscheinende 
Ware  ist  fast  durchweg  diese  >Bourbon-« Vanille.  Auf  Mauritius  hat 
die  Kultur  in  den  Jahren  1870 — 1880  die  grüßte  Ausdehnung  erreicht 
und  ist  seitdem  in  einem  auffallenden  Niedergang  begriffen.  Auf  den 
Seychellen  bildet  die  Vanille  nebst  den  Produkten  der  Kokospalme  den 
wichtigsten  Ausfuhrartikel.  Diese  beiden  Sorten,  sowie  die  von  Mada- 
gaskar gehen  vorwiegend  nach  England;  Seychellen-Vanille  kommt  auch 
auf  den  deutschen  Markt.  In  Ostafrika i)  hat  die  Kultur  an  Bedeutung 
gewonnen,  zumal  die  daselbst  produzierte  Ware  von  vortrefflicher  Güte 
sein  soll. 

Einer  Zusammenstellung  der  Ernten  der  Vanilleländer  im  Jahre  1911 
von  H.  Mayer2)  entnehme  ich  folgende  Zahlen:  Bourbon  65,  Sey- 
chellen 13,  Komoren  (und  Mayotte)  70,  Madagaskar  60,  Nossi  B6  10, 
Mauritius,  Java,  Fitschi  und  Ceylon  15,  Guadeloupe  und  Martinique  16, 
Mexiko  145,  Tahiti  195  Tonnen.  Die  gesamte  Vanilleproduktion  beläuft 
sich  auf  590  Tonnen 3). 

Daß  durch  die  Verpflanzung  der  Vanille  in  fremde  Gebiete  ihre 
Eigenschaften,  insbesondere  die  Qualität  des  Geruches,  sehr  wesentliche 
Veränderungen  erfahren  können,  soll  durch  die  in  den  letzten  Jahren 
auch  zu  uns  gekommene  Tahiti-Vanille  bewiesen  worden  sein.  Die 
ersten  Zufuhren  derselben  fanden  guten  Absatz;  bald  aber  trat  an  dieser 
Sorte  die  Eigentümlichkeit  hervor,  hinsichtlich  des  Aromas  den  helio- 
tropartig riechenden  Vanillons  nahe  zu  kommen,  so  daß  sie  als  Gewürz 
nicht  mehr  verwendet  werden  konnte  und  nur  zu  Parfümeriezwecken 
sich  tauglich  erwies^).  Sie  wurde  auch  zur  Verfälschung  der  echten 
Vanille  verwendet,  indem  man  sie  zur  Verdeckung  ihres  Geruches  mit 
Vanillinkristallen  bestreute.  Gegenwärtig  werden  auf  Tahiti  vier  Vanille- 
Sorten  gebaut,  die  nach  Constantin  und  Bois^)  als  Vanille  Mexique 
(von   Vanüla  planifolia)^  Vanille  Tahiti  (von   Vanilla  planifoUa  var. 


1)  0.  Warburg,  Die  aus  den  deutschen  Kolonien  exportierten  Produkte  usw. 
Berlin  -1896,  p.  10  und  idem,  Die  Genußmittel  Ostafrikas  und  ihre  Verwertung,  in 
Englers  Ostafrika,  V,  Pflanzenwelt  B,  p.  265. 

2)  Chem.  et  Drugg,  June  1,  1912,  p.  59. 

3)  Vanille  soll  zu  den  Waren  gehören,  die  durch  den  Krieg  auf  dem  Welt- 
markt an  Bedeutung  verloren  haben.     (Ber.  Schimmel  &  Co.,   1019,  p.  82.) 

4)  W.  Busse,  1.  c,  p.  57. 

5)  Gompt.  rend.  löl  (1915),  p.  196  nach  Schimmel  &  Co.,  Ber.  Oktober  1916, 
p.  84  und  April— Oktober  1917,  p.  106. 


814  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

angusta  Constafitiii  ei  Bois),  Vanille  Tiarei,  V.  Haapape  bezeichnet 
werden.  Die  letztgenannten  Sorten  sind  erst  vor  einigen  Jahren  auf 
Tahiti  erschienen  und  erstere  soll  eine  eigene  Art  (Vanilla  Tiarei  Con- 
stantin  et  Bois)  darstellen.  Ihre  Früchte  erreichen  eine  Größe  bis  25  cm 
und  zeichnen  sich  durch  einen  angenehmen  und  milden,  aber  schwachen 
Geruch  aus.  Die  Spielart  Haapape  trägt  zweimal  im  Jahre  zahlreiche 
Blüten. 

Die  Vanillepflanzen  werden  auf  Bäumen,  vornehmlich  auf  Kakao- 
bäumen gezogen,  indem  man  die  Setzreiser  mit  Lianen  an  den  Bäumen 
befestigt.  In  neuerer  Zeit  verwendet  man  aber  auch  hohe  Spaliere,  die 
in  3  m  voneinander  entfernten  Reihen  stehen;  an  diesen  werden  die 
Pflanzen  aufgezogen,  wobei  aber  für  den  nötigen  Schatten  gesorgt 
werden  muß^).  Der  Fruchtertrag  beginnt  mit  dem  3.  Jahre  und  dauert 
höchstens  bis  zum  8.  oder  9.  Jahre.  Zur  sicheren  Gewinnung  der  Früchte 
muß  in  den  außermexikanischen  Kulturgebieten  die  künstliche  Befruch- 
tung 2)  ausgeübt  werden,  da  daselbst  die  in  Mexiko  einheimischen,  die 
Befruchtung  besorgenden  Insekten  fehlen. 

Die  frischen  reifen  Früchte  sind  nahezu  geruchlos  und  enthalten 
von  dem  aromatischen  Körper,  dem  Vanillin,  wohl  nur  höchst  geringe 
Mengen.  Erst  durch  eine  eigentümliche  Behandlung  der  Früchte  gelingt 
es,  das  Vanillin  frei  zu  machen,  und  die  Zubereitung  der  Ernte  ist 
demnach  eine  der  wichtigsten,  auf  den  Wert  der  Ware  sehr  wesent- 
lichen Einfluß  nehmenden  Operationen.  Gegenwärtig  kann  man  zwei 
Hauptarten  der  Erntezubereitung,  das  trockene  oder  mexikanische 
Verfahren  und  das  Heißwasserverfahren  unterscheiden,  zu  denen 
noch   in  neuester  Zeit   die  Chlorkalzium-Trocknung  gekommen  ist. 

Bei  dem  mexikanischen  Trocknungsverfahren  bedient  man  sich  der 
Sonnenwärme  oder  eines  in  der  richtigen  Temperatur  befindhchen  Backofens  und 
verbindet  damit  einen  sogenannten  Schwitzprozeß.  Die  geernteten  Früchte  werden 
auf  aus  Holz  bestehende  Gitterroste  ausgelegt,  um  durch  24  Stunden  zu  »welken« 
und  »auszutropfen«.  »Am  zweiten  Tage  werden  die  Früchte  der  Sonne  ausgesetzt. 
Auf  der  Sonnenseite  des  Hauses  oder  Hofes,  am  besten  an  einer  hellen,  die  Strahlen 
stark  reflektierenden  Mauer  werden  auf  einem  geneigten  Estrich  Matten  und  darüber 
dunkle  Wolldecken  ausgebreitet  und  auf  diese  »asoleaderos<  die  Kapseln  in  Reihen 
ausgelegt.  Bevor  die  Sonne  untergeht,  wird  der  Schwitzprozeß  eingeleitet.  Die 
etwa  3/4  Elle  langen  und  ebenso  hohen  Schwitzkästen  werden   vorher   in  der  Sonne 


\)  Sadebeck,  Die  wichtigeren  Nutzpflanzen  und  die  Erzeugnisse  aus  den  deut- 
schen Kolonien.  Hamburg  \&^1,  p.  61.  —  Derselbe,  Die  Kulturgewächse  der  deut- 
schen Kolonien  und  ihre  Erzeugnisse.     Jena  1899,  p.  164. 

2)  Die  künstliche  Befruchtung  der  Vanille  wurde  zuerst  von  Morren  ausgeführt. 
Ann.  Soc.  Royale  d'Horticulture  de  Paris,  XX,  1837,  p.  331  —  334  und  Bull.  Acad. 
Royale  de  sciences  etc.  de  Belgique,  T.  XVII,  P.  I  (Bruxelles  1850),  p.  108—133.  Zit. 
nach  Busse. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.     '  815 

erwärmt,  dann  mit  ebenfalls  erwärmten  Decken  ausgelegt,  deren  Enden  über  die 
Ränder  der  Kästen  heraushängen;  die  Kapseln,  die  noch  so  heiß  sein  müssen,  daß 
man  sie  kaum  in  der  Hand  halten  kann,  werden  möglichst  schnell  in  die  Kästen 
gelegt.  Man  ordnet  sie  so  an,  daß  die  Stielenden  nach  innen  zu  liegen  kommen,  — 
in  dem  Glauben,  der  untere  Teil  der  Frucht  sei  deren  wertvollster  Teil  und  müsse 
daher  am  gleichmäßigsten,  also  im  Zentrum  der  Kiste  erwärmt  werden.  Die  Enden 
der  Decken  werden  nun  über  den  Früchten  doppelt  zusammengelegt  und  noch  andere 
Decken  darauf  gepackt,  um  jeden  Wärmeverlust  zu  verhindern.« 

>Wenn  der  Schwitzprozeß  regelrecht  verläuft,  hat  die  Vanille  nach  Ablauf  von 
16 — 22  Stunden  eine  dunkelbraune  Farbe  angenommen.«  (Busse.)  Sie  wird  hierauf 
wieder  der  Sonne  ausgesetzt  und  braucht  20 — 30  Tage,  um  zu  »kristallisieren«,  d.  h. 
mit  den  ausgetretenen  Vanillinkristallen  überzogen  zu  sein.  Bei  ungünstiger  "Witte- 
rung muß  die  Behandlung  mit  dem  Backofen  durchgeführt  werden,  dessen  Tempe- 
ratur bis  auf  100"  G  und  darüber  gebracht  werden  muß. 

Bei  dieser  Zubereitung  werden  zugleich  auch  die  von  dem  Schimmel  befallenen 
Stücke  (>engarrada<)  und  die  fleckig  gewordenen,  sowie  die  aufgesprungenen  Kapseln 
entfernt.  Die  ordentlich  getrockneten  dunklen  Früchte  werden  zu  je  50  Stück  in 
Bündel  (»mazos«)  zusammengebunden;  je  60  solcher  mazos  bilden  den  Inhalt  einer 
Blechkiste,  in  der  die  Ware  zur  Versendung  kommt.  Eine  Ölung  der  Früchte  kommt 
jetzt  in  der  Regel  nicht  vor;  es  wird  nur  angegeben,  daß  man  die  allzu  reifen,  leicht 
sich  öffnenden  Früchte  [mit  Rizinusöl  einreibt,  um  die  Ware  vor  dem  Verlust  der 
Geschmeidigkeit  zu  bewahren. 

Das  zweite  Verfahren,  die  Vanille  zuzubereiten,  ist  das  Heißwasserverfahren. 
Dieses  besteht  darin,  daß  man  die  Früchte  statt  an  der  Sonne  oder  im  Ofen  zu  er- 
hitzen, in  siedendes  oder  nahezu  siedendes  Wasser  taucht,  was  einmal  geschehen 
kann  und  dann  etwa  10 — 20  Sekunden  währt,  oder  auch  mehrmals,  aber  jedesmal 
nur  von  ganz  kurzer  Dauer.  Die  so  abgebrühten  Früchte  werden  in  Haufen  auf- 
geschichtet, schwitzen  gelassen,  hierauf  ausgebreitet,  mit  Wolldecken  belegt,  der 
Sonnenwärme  ausgesetzt  und  wieder  in  Decken  gewickelt  i). 

Diese  Erntebereitung  wird  unter  anderem  auf  den  Seychellen 2)  geübt.  Die 
Früchte  werden  nach  der  Größe  und  dem  Reifezustande  in  fünf  Qualitäten  geschieden 
(zu  6,  4  und  unter  4  Zoll  Länge,  ferner  die  aufgesprungenen  und  die  zerbrochenen 
Früchte),  in  durchbrochenen  Körben  in  heißes  Wasser  von  188,6°  F  getaucht  und 
zwar  zweimal  je  1 0  Sekunden,  hierauf  nach  kurzem  Trocknen  abermals  bis  5  Minuten, 
bis  sie  schwarzgrün  geworden  sind.     Der  Trocknungsprozeß   erfordert  viel  Sorgfalt. 

Das  Chlorkalziumverfahren'')  wird  seit  neuerer  Zeit  auf  Reunion  geübt. 
Nachdem  die  in  Blechkisten  verwahrten  Früchte  durch  heißes  Wasser  welk  gemacht 
und  an  der  Sonne  getrocknet  worden  sind,  kommen  sie  in  Eisenschränke,  in  welchen 
Chlorkalzium  enthalten  ist;  je  100  Pfund  Vanille  bedürfen  40  Pfund  Chlorkalzium, 
das  das  Austrocknen  in  25 — 30  Tagen  bewirkt.  Die  Vorzüge  dieses  Verfahrens  sollen 
die  Vermeidung  schädlicher  Einflüsse  von  außen,  Ersparnis  vieler  teurer  Handarbeit 


1 )  Über  die  verschiedenen  Einzelheiten  des  Zubereitungsverfahrens  (in  Guayana, 
Peru,  Mexiko  und  auf  Reunion)  orientiert  sehr  ausführhch  J.  C.  Swarz,  Zubereitung 
der  Vanille  in  Bull,  of  the  Botan.  Dep.  Jamaica.  —  Berichte  über  die  pharmakogno- 
stische  Literatur  aller  Länder,  1900,  p.  60.  Ferner  A.  D elteil,  La  Vanille,  sa  culture 
et  sa  preparation.     4.  ed.  avec  2  planches.     Paris  1896/97. 

2)  Pharm.  Journ.  a.  Pharm.  Sept.  1912,  p.  338.  Zitiert  nach  Pharmakogn.  Rund- 
schau in  Pharm.  Post  1912,  p.  1117. 

3)  Tropenpflanzer,  II,  p.  24. 


Q\Q  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

und  bessere  Konservierung  des  Aromas  sein.  Mit  Recht  bemerkt  hierzu  Busse  (1.  c, 
p.  79),  daß  man  noch  weitere  Mitteilungen  wird  abwarten  müssen,  um  sich  ein 
sicheres  Urteil  über  den  Wert  dieser  Neuerung  bilden  zu  können. 

Die  in  den  Handel  kommende  Vanille  stellt  eine  18—22  cm  lange, 
6—8  mm  breite,  flachgedrückte,  etwa  2,5—3,5  mm  dicke,  einfächerige, 
biegsame  und  zähe  Kapsel  dar,  die  am  unteren  Ende  eine  kleine  ver- 
tiefte, am  oberen  Stielende  eine  flache,  rundliche  Narbe  trägt,  dunkel- 
rotbraun  bis  schwarzbraun  gefärbt  ist  und  eine  stark  längsfurchige 
oder  gestreifte,  fettglänzende,  mitunter  mit  farblosen  Kristallen  bedeckte 
Oberfläche  1)  besitzt.  Die  Wanddicke  beträgt  durchschnittlich  '1,5  mm. 
Der  Inhalt  der  Fruchthöhle  besteht  aus  schwarzen,  glänzenden,  schieß- 
pul verkornähnlichen,  0,25 — 0,3  mm  im  Durchmesser  haltenden  Samen, 
die  in  einer  hellgelben,  balsamartigen  Masse  eingebettet  sind.  Läßt 
man  auf  einen  dünnen  Fruchtquerschnitt  Wasser  einwirken,  so  quillt 
er  zu  einem  Dreieck  mit  gewölbten  Seiten  auf.  Jede  der  drei  Innen- 
fruchtwände  trägt  ein  Paar  gegabelter  Plazenten,  auf  welchen  mittels 
zarter  Nabelstränge  die  Samen  haften.  Mitunter  beobachtet  man  mit 
der  Lupe  zwei  dunkle  Streifen,  die  die  Trennungslinien  der  bei  der 
Vollreife  sich  voneinander  loslösenden  beiden  Klappen  andeuten.  Denn 
obwohl  die  Frucht  aus  drei  Blättern  entstanden  ist,  öffnet  sie  sich  doch 
nur  mit  einer  größeren  gewölbten  und  einer  flachen  schmäleren  Klappe. 
Zu  jedem  Fruchtblatt  gehören  zwei  Plazenten,  aber  nicht  das  auf  einer 
Fruchtwand  sitzende  Paar,  sondern  die  beiden  durch  einen  größeren 
Zwischenraum  getrennten  Samenträger. 

Über  den  anatomischen  Bau  der  Vanille  soll  hier  nur  in  Kürze 
berichtet  werden;  bezüglich  des  Details  sei  auf  die  reiche  Literatur 2)  ver- 
wiesen. Das  Perikarp  besitzt  eine  stark  kutikularisierte  äußere  Epidermis, 
die  aus,  in  der  Fläc^ie  gesehen,  polygonalen,  mitunter  etwas  längs- 
gestreckten derbwandigen  Tafelzellen  zusammengesetzt  ist  und  auch  ver- 
einzelte Spaltöffnungen  enthält.  Die  Seitenwände  der  Oberhautzellen 
sind  getüpfelt.  Als  Inhalt  findet  man  je  einen  Zellkern  und  sehr  häufig 
einen  Kalziumoxalatkristall.     Interessant  ist  das  Auftreten  von  Körnchen 


1)  Häufig  trägt  die  Oberhaut  in  Reihen  angeordnete,  kreisrunde  Marken,  welche 
nach  Tschirch  von  den  Pflanzern  auf  Reunion  durch  Nadelstiche  (in  die  noch  un- 
reifen Früchte)  hervorgerufen  werden  und  Handelszeichen  darstellen.  Siehe  auch 
Pharm.  Ztg.,  1  888,  p.  692. 

2)  J.  Moeller,  Mikroskopie,  II.  AuH.,  1905,  p.  376.  —  A.  F.  W.  Schimper, 
Anleitung  z.  mikrosk.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  und  Genußmiltel,  p.  109.  —  Arthur 
Meyer,  Wiss.  Drogenkunde.  Berlin  1892,  II,  p.  385.  —  H.  Molisch,  Histochemie, 
p.  46.  —  Tschirch-Oesterle,  Atlas,  Taf.  16,  p.  59  und  Tschirch,  Handbuch,  II, 
p.  1302.  —  Busse,  I.  c,  p.  90.  —  A.  v.  Vogl,  Nahrungsmittel,  p.  457.  —  Hartwich 
in  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl.,  Bd.  12,  p.  437. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  817 

in  den  zwischen  der  Kutikula  und  der  inneren  Membran  der  Oberhaut- 
zellen liegenden  Hautschichlen,  von  welchen  Hart  wich  i)  (bei  Vanilla 
guianensis  Splittgerber)  nachgewiesen  hat,  daß  sie  als  lokale  knötchen- 
artige Ausbildungen  von  echter  Kutikula  aufzufassen  sind.  Unter  der 
Epidermis  liegen  zwei  Reihen  von  Zellen  mit  dicken,  fast  koUenchyma- 
tischen  Wänden  und  denselben  Inhaltskürpern,  wie  sie  in  der  Oberhaut 
vorkommen.  Das  nun  folgende  Parenchym  ist  von  großen  dünnwandigen, 
unregelmäßig-gerundet-polyedrischen  Zellen  mit  gebräuntem  Plasma- 
inhalt gebildet.  Diese  enthalten  außerdem  Zucker,  Öllropfen  und  Häuf- 
chen von  Chromatophoren.  Einzelne  im  äußeren  Teile  des  Parenchyms 
liegende  Gruppen  von  Zellen  sind  durch  eine  eigentümliche  Netzleisten- 
verdickung  ausgezeichnet;  ferner  finden  sich  im  Parenchym  zahlreiche, 
oft  in  Reihen  angeordnete,  sehr  verschieden  lange,  mitunter  sogar 
röhrenförmige  Raphidenzellen,  die  je  ein  in  Schleim  gebettetes  Bündel 
bis  400  1^1  langer  Nadelkristalle  von  Kalziumoxalat 2)  enthalten.  Nach 
A.  V.  Vogl  scheinen  die  abnorm  langen  Raphidenschläuche  durch  Zell- 
fusion aus  den  axilen  Zellreihen  entstanden  zu  sein. 

Im  Mesokarpparenchym  liegen  auch  die  Gefäßbündel:  drei  Median- 
bündel und  je  zwei  unterhalb  der  ersteren  verlaufende  Begleitbündel; 
ferner  neun  Bündel  zwischen,  den  drei  medianen  und  noch  kleinere 
zwischen  und  vor  den  Plazenten;  es  können  aber  auch  Abweichungen 
von  dieser  Norm  vorkommen.  Die  Gefäßbündel  haben  einen  kollateralen 
Bau,  führen  im  Gefäßteil  Ring-,  Spiral-,  Leiter-  und  Netztracheen  und 
«ind  von  dickwandigen,  getüpfelten,  bastfaserartigen  (mechanischen)  Ele- 
menten begleitet. 

Die  innere  Epidermis,  die  Abgrenzung  des  Perikarps  zur  Frucht- 
höhle, ist  dort,  wo  sie  den  Medianbündeln  der  Fruchtblätter  entspricht, 
also  in  der  breiteren,  von  den  Plazenten  freien  Zone,  von  haarförmigen 
Papillen  zusammengesetzt,  die  ein  öliges,  gelbes,  die  Samen  ein- 
hüllendes Sekret  produzieren.  Die  übrigen  Partien  der  Innenwand  an 
und  zwischen  den  Plazenten  besitzen  eine  obliterierte  Epidermis  und 
darunter  ein  verschleimtes  Gewebe,  das  als  das  (die  Pollenschläuche) 
leitende  Gewebe  bezeichnet  wird 3).    Zahlreiche  an  Längsschnitten  deut- 


\)  Hartwich,  Über  die  Frucht  der  Vanilla  guianensis  Splitg.  Ber.  d.  pharm. 
Gesellsch.,  -1895,  p.  381. 

2)  Ob  die  Raphiden  tatsächlich  aus  Kalziumoxalat  bestehen,  ist  durchaus  nicht 
sicher;  Wehmer  (Ber.  D.  Bot.  Ges.  1892,  XI,  p.  333)  spricht  die  Vermutung  aus,  daß 
die  Raphiden  (und  Sphärokristalle!  bei  Phanerogamen  aus  Kalziumcitrat  bestehen. 
Vgl.  auch  Tunnnann,  Pflanzenmikrochemie,  p.  UO— U1. 

3)  Nach  Busse,  1.  c,  legen  sich  die  in  die  Fruchthöhlo  hineinwachsenden  Pollen- 
schläuche an  dieses  Gewebe  nur  an  (vgl.  auch'  Guignard,  Ann.  des  Sciences  nat., 
Vlleme  Serie,  Bot.,  T.  IV.     Paris  1886,  p.  205,  zit.  nach  Busse),  während  Tschirch 

Wiesner,  Rohstoffe.    IN. Band.    3.  Anfl.  52 


gl 8  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

lieh  zu  beobachtende,  Pilzhyphen  gleichende  zarte  Fäden  an  und  in 
diesem  Gewebe  sind  die  restierenden  Pollenschläuche. 

Die  eirunden  Samen  besitzen  eine  mit  einer  sklerosierten  Epidermis 
versehene  Testa  und  einen  kleinzelligen,  nicht  weiter  differenzierten  Keim; 
ein  Keimnährgewebe  fehlt. 

Der  wichtigste  Bestandteil  der  getrockneten  Vanille'  ist  das  von 
Bleyi)  entdeckte  Vanillin,  das,  wie  schon  bemerkt,  die  Oberfläche  der 
»kristallisierten«  Früchte  in  Gestalt  farbloser  Tafeln,  Prismen  und  Nadeln 
überzieht,  aber  nicht  in  den  Früchten  präexistiert.  Ein  in  denselben 
vorhandenes  Glykosid,  wahrscheinlich  das  Goniferin,  wird  durch  zwei 
ebenfalls  in  den  Früchten  (aber  auch  in  anderen  Teilen  der  Vanille- 
pflanze) vorkommende  Fermente,  ein  hydrolysierend  wirkendes  Ferment 
und  eine  Oxydase,  in  der  Weise  verändert,  daß  ersteres  das  Glykosid  in 
Coniferylalkohol  und  Glykose  spaltet,  worauf  durch  die  Wirkung  der 
Oxydase  der  Coniferylalkohol  zu  Vanillin  oxydiert  wird  2).  Nur  diesem 
Körper  verdankt  die  Vanille  ihren  charakteristischen  Geruch.  Nach 
Tiemann  und  Haarmann^)  sind  in  der  mexikanischen  Vanille  1,69  Proz., 
in  der  Bourbon-Vanille  1,91 — 2,48  und  in  der  Java-Sorte  2,75  Proz. 
enthalten.  Leutner*)  gibt  die  Menge  des  Vanillins  mit  0,965  Proz., 
Denn  er  5),  der  die  in  Marburg  gezogenen  Früchte  untersuchte,  mit 
4,3  Proz.  an.  Das  Vanillin  ist  ein  Aldehyd  ß)  und  zwar  der  3-Methyläther 
des  Protokatechualdehyds  mit  der  Formel 

H 

THO  E^^r-CHO. 

HO\/H 
OCH, 

Es  vereinigt  in  sich  die  Eigenschaften  eines  aromatischen  Aldehyds  mit 


sie  innerhalb  der  Kutiivula  bzw.  im  Leitgewebe  selbst  verlaufen  läßt.  Tschirch- 
Oesterle,  Atlas,  p.  61   und  Tschirch  in  Schweiz.  Wochenschr.  f.  Chem.  u.  Pharm., 

1898,  Nr.  52  (Fig.  i   und  2). 

1)  Arch.  f.  Pharmaz.,  Bd.  38,  p.  132.  —  Siehe  auch  die  ausführlichen  Literatur- 
angaben in  Husemann-Hilger,  Pflanzenstoffe,  p.  424. 

2)  Ber.  v.  Schimmel  &  Co.,  1902. 

3)  Ber.    d.   deutsch,   chem.    Gesellsch.,    1875,    Bd.  8 ,   p.  1115   und    1876,   Bd.  9, 
p.  1287. 

4)  Pharmaz.  Zeitschr.  f.  Rußland,  X,  p.  641  ff. 

5)  Tagebl.  der  60.  Vers,  deutscher  Naturf.  u.  Ärzte.     Wiesbaden   1887. 

6)  J.  Behrens  (Über  das  Vorkommen  des  V,.in  der  Vanille.     Tropenpflanzer, 

1899,  3,  p.  299)  nimmt  ebenfalls  eine  glykosidische  Abstammung  des  Vanillins  an, 
da  der  geruchlose  Saft  frischer  Blätter  beim  Erhitzen  mit  verdünnten  Mineralsäuren 
einen  deutlichen  Geruch  nach  Vanillin  erhält.  —  Vgl.  auch  die  Note  bei  Vanilla 
Pompona. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  819 

denen  eines  Phenols,  schmilzt  bei  80—81",  löst  sich  in  90—100  Teilen 
Wasser  von  14°  und  in  20  Teilen  von  75—80°,  ist  in  Alkohol,  Äther, 
Schwefelkohlenstoff  und  Chloroform  leicht  löslich  und  gibt  mit  den  be- 
kannten Holzstoffreagenzien  dieselben  Färbungen,  wie  das  als  Lignin  be- 
zeichnete Gemisch.  Diese  Eigenschaft  benutzt  Molischi)  zum  mikro- 
chemischen Nachweise  des  Vanillins  in  der  Frucht.  Nach  seinen  Unter- 
suchungen durchtränkt  das  Vanillin  alle  Zellen  des  Perikarps  (der 
Handelsware).  Auch  mittels  Sublimation 2)  kann  man  Vanillin,  selbst  in 
winzigen  Fruchtfragmenten,  nachweisen;  das  Sublimat  zeigt  lamellenartige 
Kristallmassen  und  Klumpen  von  faseriger  Struktur.  —  Von  den  übrigen 
in  der  Vanille  enthaltenen  Stoffen  sind  noch  die  geruchlose  Vanillinsäure, 
Fett  (5,71  Proz.),  Wachs,  Harz,  Zucker  (10  Proz.),  Gummi  und  Gerbstoff 
zu  nennen.     Der  Aschengehalt  beträgt  4,6 — 4,7  Proz. 

Obwohl  das  Vanillin  gegenwärtig  in  bedeutenden  Mengen  synthetisch 
(aus  Coniferin,  aus  Guajakol  oder  aus  Nelkenöl)  dargestellt  wird  und  als 
Ersatz  der  Vanille  dient,  hat  der  Gebrauch  der  Vanille  als  Gewürz,  als 
Zusatz  zur  Kakaomasse  bei  der  Erzeugung  der  Schokolade  und  in  der 
Parfümerie  eher  zu-  als  abgenommen.  Denn  die  Schokoladefabriken 
verwenden  Vanillin  nur  für  geringe  Ware,  für  feine  Schokolade  nur  die 
Frucht  selbst.  In  der  Frucht  finden  sich  neben  Vanillin  noch  andere 
riechende  Stoffe  vor,  die  die  physiologische  Geruchs-  und  Geschmacks- 
empfindung beeinflussen.  Tschirch  (Handb.  H,  p.  1304)  weist  auf  das 
dem  Vanillin  nahestehende  Piperonal  hin,  das  ja  auch  sonst  (in  Nigri- 
tella,  Spiraea  TJlmaria  [Füipendula  ulmaria  Maxif7i.])  das  Vanillin 
begleitet. 

Außer  der  echten  Vanille,  die  in  zwei  Handelssorten  als  »feine 
Vanille«  und  als  »Waldvanille«  (unreife  Früchte)  auftritt,  kommen  auch 
die  Früchte  anderer  Variüla- Arien  in  den  Handel.  Die  der  echten  Ware 
höchst  ähnlichen,  aber  geruchlosen  Kapseln  von  Vanilla  aromatica  8iv.^ 
welche  Art  früher  als  die  Stammpflanze  der  echten  Vanillas  angesehen 
worden  war,  sind  in  Mexiko  den  echten  Früchten  betrügerischerweise 
beigemengt  worden;  gegenwärtig  scheint  dies  nicht  mehr  der  Fall  zu 
sein.  Dagegen  bilden  die  sog.  Vanillons,  die  zum  größten  Teil  von 
Vanilla  Pompona  Schiede  (=  V.  grandiflora  Lindl.)  abstammen  und 
auch  die  La  Guayra-Vanille  des  Handels  vorstellen,  eine  in  der  Par- 
fümerie-Industrie  vielfach  verwendete  Ware,  da  sie  sich  durch  einen 
heliotropartigen,  vielleicht  von  dem  als  Inhaltskörper  allerdings  noch 
nicht    nachgewiesenen   Piperonal   (Heliotropin,    CgHeOs)    herrührenden 


\]  Histochemie,  p.  48. 

2)  Nestler  in  Ber.  D.  Bot.  Ges.  ISOI,  XIX,  p.  361   und  Tunmann,  Pflanzen- 
mikrochemie, p.  399. 

52* 


820  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Geruch  auszeichnen;  als  Gewürz  sind  sie  unbrauchbar.  Die  oben  an- 
geführte Tahiti-Vanille  enthält  nach  H.  Walbaumi)  außer  Vanillin 
hauptsächlich  Anisalkohol,  Anisaldehyd  (und  freie  Anissäure). 
Piperonal  konnte  darin  nicht  aufgefunden  werden.  Ein  von  Hanausek^) 
beschriebenes  (angeblich  von  V.  Pompona  herstammendes)  Vanillon  war 
1 4  cm  lang,  bis  auf  die  verschmälerten  Endteile,  also  in  einer  Länge 
von  1  0  cm  gleichmäßig  1  4  mm  breit,  flachgedrückt,  daher  nur  3 — 4  mm 
dick,  sehr  stark  längsfurchig,  schwarzbraun,  fettglänzend,  von  starkem 
Heliotropgeruch 3)  und  mit  den  herausgetretenen  Samen  teilweise  bedeckt. 
—  Außer  der  genannten  Art  soll  auch  Vanilla  guianensis  Splitg.  eine 
Vanillonsorte  liefern.  Die  meisten  Vanillonsorten  kommen  von  Guayana, 
Brasilien  und  Westindien;  die  von  Britisch-Guayana  zu  uns  gelangenden 
Früchte  zeigen  meist  spiralig  gewundene  Einschnürungen,  indem  sie  von 
den  Eingeborenen  mit  Baststreifen  oder  Baumwollfäden  zur  Verhinderung 
des  Aufspringens  umwunden  werden.  Auch  in  Westindien  wird  dieses 
Verfahren  geübt  (Busse,  1.  c,  p.  88). 

In  der  Vanilla  Pompona  ist  auch  etwas  Vanillin  enthalten. 
W.  Busse^)  hat  an  einer  unreifen,  frischen,  geruchlosen  Pomponafrucht 
durch  Behandlung  mit  Schwefelsäure,  ferner  mit  Salzsäure  und  auch 
mit  Emulsin  das  Auftreten  des  Vanillins  nachweisen  können.  Auch  in 
dieser  Frucht  ist  demnach  das  Vanillin  erst  durch  Einwirkung  der  ge- 
nannten Reagenzien  aus  dem  in  der  unreifen  Frucht  vorhandenen  Gly- 
koside abgespalten  worden. 

3.  Buchnüsse  (Bucheckern,  Buclielkerne). 

Wie  schon  im  ersten  Bande  p.  688  mitgeteilt  wird,  werden  die 
Früchte  der  Rotbuche,  Fagiis  süvatica,  seit  langem  zur  Gewinnung 
eines  fetten  Öles  verwendet  ^j.      Die   hierbei   sich  ergebenden  Preßrück- 


1)  Über  das  Vorkommen  von  Anisalkohol  und  Anisaldehyd  in  der  Tahiti-Vanille. 
Wallach-Festschrift,  Götlingen  IGOg,  p.  649.  Zitiert  nach  Gildemeister,  I.e.,  II, 
p.  306. 

2)  T.  F.  Hanausek,  Nahrungs-  und  Genußmittel  (1884),   p.  287. 

3)  Vgl.  hierzu  die  schönen  Abbildungen  in  Busses  Monographie,  Tafel  I.  Die 
in  Fig.  2  daselbst  abgebildete  Frucht  von  V.  Pompona  nach  dem  Originalmaterial 
von  Schiede  (Busse,  1.  c,  p.  27)  stimmt  mit  der  von  Hanausek  beschriebenen 
Sorte  fast  vollständig  überein. 

4)  W.  Busse,  Über  die  Bildung  des  Vanillins  in  der  Vanillefrucht.  Zeitschr. 
f.  Untersuch,  d.  Nähr.-  und  Genußmittel  (Berlin),   1900,  p.  21 — 25. 

5)  Während  des  Krieges  wurde  wieder  nachdrücklichst  auf  diese  Ölquelle  hin- 
gewiesen. Doch  infolge  der  Schwierigkeiten  der  Aufsammlung  sind  die  auf  diese 
Ölfrüchte  gesetzten  Hoffnungen  nicht  ganz  in  Erfüllung  gegangen.  (Siehe  Fahrion, 
Chem.  Umschau  auf  d.  Geb.  der  Fette,  Öle,  Wachse  u.  Harze,  1919,  p.  81.) 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  821 

stände  sind  als  Viehfutter  nicht  zu  empfehlen,  da  sie  nach  Bühm^)  das 
giftige  Chol  in  2]  enthalten,  das  den  Pferden  schädlich  ist,  während  Wieder- 
käuer und  Schweine  gegen  die  toxische  Wirkung  desselben  unempfindlich 
sein  sollen. 

Die  Früchte  der  Buche  treten  bekanntlich  nicht  einzeln  auf,  sondern 
werden  gruppenweise  durch  eine  aus  Blütendeckblättern  entstandene, 
sich  vierklappig  öffnende  Scheinfruchthülle  (Kupula)  zusammengehalten. 
Die  eigentlichen  Früchte  (Buchelkerne)  sind  gewöhnlich  einsamige  Nüsse. 
Im  Fruchtknoten  erscheinen  sechs  Samenknospen  angelegt,  von  denen 
jedoch  zumeist  nur  eine  zur  Entwicklung  gelangt.  Nicht  selten  tritt  in 
einer  Frucht  neben  einem  großen  noch  ein  unentwickelter  Same  auf. 
Seltener  erscheinen  zwei  gleich  große  oder  mehr  als  zwei  Samen  in 
einer  Frucht.  Die  Fruchtschale  läßt  sich  leicht  von  dem  Samen  trennen. 
'  Die  Frucht  der  Buche  hat  die  Form  einer  an  der  Basis  zugerundeten, 
dreiseitigen  Pyramide,  mit  nach  der  Spitze  hin  stark  geflügelten  Kanten. 
Die  am  Grunde  der  Nuß  befindliche  Befestigungsstelle  springt  wegen 
ihrer  Größe,  ihrer  scharf  dreiseitigen  Form  und  ihrer  dunkeln  Farbe 
halber  deutlich  ins  Auge.  Die  stark  ausgezogene  Spitze  der  Frucht  ist 
dicht  mit  bräunlichen  Wollhaaren  bedeckt.  Die  Länge  der  Frucht  be- 
trägt 1,2 — 1,8,  die  größte  Breite  der  Begrenzungsflächen  0,7 — \  cm 3). 
Die  Außenseite  der  Fruchtschale  besitzt  eine  hell-  bis  dunkelbraune  Farbe 
und  deutlichen  Glanz.  Die  Innenseite  ist  graubraun,  glanzlos,  auf  jeder 
Fläche  treten  drei  längs  und  konvergierend  verlaufende  Streifen  hervor. 
Bei  vorsichtigem  Öffnen  des  Perikarps  gewahrt  man,  daß  die  Kanten 
des  Samens  von  je  einer  Leiste  mit  gelbem  Haarfilze  bedeckt  sind.  Diese- 
Leisten,  die  sich  leicht  abheben  lassen,  sind  die  Reste  der  ehemaligen 
Scheidewände  des  dreifächerigen  Fruchtknotens.  Die  Samen  haben  die 
Gestalt  der  Frucht,  falls  diese  wie  gewöhnlich  nur  einsamig  ist,  besitzen 
eine  sehr  dünne,  spröde,  entweder  rotbraune  oder  schwarzbraune  Testa, 
die  den  gelblichweißen  Samenkern  umschließt.  Dieser  besteht  nur  aus 
dem  großen,  fettreichen  Keim,  dessen  Kotyledonen  der  Länge  nach 
mehrmals  gefaltet  sind;   die  Mittelfalte  ist  am  stärksten  ausgebildet. 

Schon  beim  Zerbrechen  der  Fruchtschale  lassen  sich  zwei  durch 
Farbe   und  Struktur   wesentlich  verschiedene  Schichten   derselben   beob- 


i)  Arch.  f.  exp.  Path.  und  Pharmaz.,  XIX,  p.  87.  Vgl.  auch  Harz,  1.  c,  II, 
p.  886. 

2)  Die  Giftigkeit  des  Cholins  wurde  nach  Ptister  zuerst  von  Gaethgens  1870 
nachgewiesen. 

3)  Bei  der  typischen  Form  der  Buche  beträgt  die  Länge  der  Fruchthülle  i  ,5  bis 
2,5  cm;  eine  seltene  kleinfrüchtige  Form,  Fagiis  silmtica  B.  microcarpa  Asch.  u. 
Graebn.  (Synopsis  IV,  iGl-l,  p.  439)  besitzt  Fruchthüllen  von  i — 1,5  cm  Länge  und 
diesem  entsprechend  auch  kleinere  Früchte. 


822 


Zvveiundzwanziffster  Absehniü.     Früchte. 


achten;  eine  äußere,  viel  härtere  braune  und  glatte  und  eine  innere, 
graubraune,  gestreifte  Schicht.  Durch  die  mikroskopische  Untersuchung 
wird  dieses  Verhalten  aufgeklärt.  Die  äußere  Schicht  besteht  aus  der 
Oberhaut  der  Außenseite  und  einer  ziemlich  mächtigen  Sklerenchym- 
platte.  Die  Oberhaut  setzt  sich  —  von  der  Fläche  gesehen  —  aus 
polygonalen,  im  Querschnitte  gerundet-quadratischen,  außen  verdickten, 
bräunlichen  Zellen  zusammen,  zwischen  denen  einzellige,  derbwandige, 
sehr  spitze  Haare  eingeschaltet  sind.  Unter  der  Epidermis  liegt  die  aus 
stark  verdickten  und  porösen,  typischen  Steinzellen  gebildete  Skleren- 
chymplatte  1).  Die  innere  Schicht  des  Perikarps  besteht  im  wesentlichen 
aus  einem  Parenchym  mit  braunen,  porösen,  meist  tangential  etwas  ge- 
streckten Zellen,  in  dem  die  Gefäßbündel  liegen;  Spiroiden,  Tracheiden, 
Bastfasern  sind  die  Elemente  derselben,  wozu  noch  Kristallkammerfaser- 
zellen   mit   ziemlich  großen  Einzelkristallen  von  Kalziumoxalat  kommen. 

Die  innere  Schicht  wird 
durch  Eisensalze  schwarz 
gefärbt  und  ist  daher  reich 
an  Gerbstoff. 

An  der  Samenschale 
lassen  sich  drei  Schichten 
unterscheiden  (Fig.  287).  Zu 
äußerst  hegt  die  Oberhaut, 
die  von  auffallend  großen, 
derbwandigen,  tiefbraunen, 
oft  wie  Blasen  aussehenden 
Zellen  zusammengesetzt 
wird;  in  der  Regel  treten  diese  eigentümlichen  Zellen  in  einer  Reihe 
auf,  doch  finden  sich  auch  zwei  und  sogar  drei  Reihen;  die  dünnen 
Scheidewände  lassen  auf  eine  nachträgliche  Entstehung,  bzw.  Zellteilung 
schließen.  Der  Inhalt  dieser  Zellen  ist  ein  tiefbrauner,  homogener,  in 
Kalilauge  löslicher  Körper,  die  Zellwände  werden  von  Jod  und  Schwefel- 
säure nicht  blau  gefärbt  und  geben  auch  keine  Reaktion  mit  Phloro- 
gluzin und  Salzsäure.  Das  nun  folgende  farblose  Gewebe  ist  reich  an 
Interzellularen  (Fig.  287,  2),  nach  Pfister^)  ein  echtes  Schwammparen- 
chym;  die  innerste  Schicht  ist  ein  bräunlicher  Streifen,  der  aus  zu- 
sammmengepreßten  obliterierten  Zellen  mit  strichligem  Lumen  *besteht 
(Fig.  287,  3).     An   die  Samenschale  legt  sich   eine  Reihe   dickwandiger, 


S^^aCHL 


Fig.  2S7.    Partie  eines  Querschnittes  durch  die  Samenschale 
der  Buchnuß.     7  Epidermis,  2  Schwammparenchym,  o  ohlite- 
riertes  Gewebe.     e;i  Endospermrest.    Vergr.  400.    Die  Inhalts- 
körper sind  in  1  nicht  gezeichnet. 


.  1)  Abbildungen  s.  in  Hanauseks  Lehrbuch  der  techn.  Mikr.,  p.  393,  sowie  bei 
Harz,  1.  c,  Fig.  64,  III.  —  Vgl.  auch  Böhmer  in  König,  Die  Untersuchung  land- 
wirtsch.  u.  gewerbl.  wicht.  Stoffe,  2.  Aufl.,  Berlin  1  898. 

2)  Rudolf   Pfister,    Buchnußkuchen.      Die    landwirtsch.  Versuchs -Stationen, 
1894,  XLIII,  Taf.  VII,  Fig.  2  und  p.  7  des  Separatabdruckes. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  823 

stark  lichtbrechender,  farbloser,  in  Kalilauge  etwas  gallertig  quellender 
Zellen  an,  die  Eiweiß  und  Öl  enthalten  und  den  Rest  des  Endosperms 
darstellen  (Fig.  287  e/z-). 

Die  Keimblätter  sind  nach  dem  bifazialen  Typus  gebaut;  unter  der 
kutikularisierten  Oberhaut  der  Innenseite  liegt  das  Palisadenparenchym; 
dieses  wie  das  übrige  polyedrische  Mesophyllgewebe  ist  durch  den  reichen, 
aus  4 — 8  /<  großen  Aleuronkürnern,  Olplasma  und  kleinkörniger  Stärke 
bestehenden  Inhalt  ausgezeichnet.  Behandelt  man  einen  Schnitt  mit 
wässeriger  Schwefelsäure,  so  schießen  reichlich  Gipsrosetten  an;  werden 
aus  dem  Präparat  durch  Kochen  in  Kali  Öl  und  Aleuron  entfernt,  so 
bleibt  in  jeder  Zelle  eine  Kalziumoxalatdruse  zurück. 

Die  Früchte  der  amerikanischen  Buche  Fagus  ferruginea  Ait. 
werden  gleich  unseren  Bucheckern  verwendet  i). 

4.  Valonea. 

Unter  diesem  und  einigen  anderen  ähnlich  gebildeten  Namen  (Wal- 
lonen, Valonia,  Velani,  Velandia^)  usw.),  wohl  auch  manchmal  als  Acker- 
doppen, türkische,  levantinische  oder  kleinasiatische  Knoppern,  kommt 
ein  Gerbematerial  in  den  Handel,  das  sich  aus  den  Fruchtbechern  mehrerer 
Eichenarten  zusammensetzt.  Beckmann^)  bezeichnete  als  Stammpflanze 
der  Valonea  Qaercus  Aegüops  L.,  welche  Spezies  später  aber  in  mehrere 
Arten  aufgelöst  worden  ist.  Kotschy^),  der  eine  eingehende  Beschreibung 
der  europäischen  und  orientalischen  Quercus-kviQxx  geliefert  hat,  vereinigt 
jene  Arten,  deren  Becher  dicke  hervorstehende  Schuppen  besitzen,  zur 
Gruppe  der  Pachylepten,    die  wieder  in   drei  Untergruppen 5)   zerfällt 


4)  Harz,  1.  c,  p.  887. 

2)  Neugriechisch  ßaXärtor  =  ßalccvifhov  =  ßa7.äi'og  =  Eichel.  Handwörter- 
buch der  neugriech.  u.  deutsch.  Sprache.  Tauchnitz  1841;  vgl.  auch  Heldreich, 
Die  Nutzpflanzen  Griechenlands,   p.  16. 

3)  Vorher,  zur  Warenkunde,  HI,  p.  294. 

4)  Die  Eichen  Europas  und  des  Orients.     Wien  1859 — 1.S62.     ^^0  Taf. 

5)  Die  Gruppierung  Kotschys  ist  folgende  (Gruppe  Pachylepten): 
I.  Aegilops  (Schuppen  flach  und  aufrecht). 

Quereus  graeea  Kotschy.     Griechenland.     Liefert  Valonea. 
Q.  Elirenhergii         »  Kleinasien. 

Q.  macrolepis  »  Griechenland.     Liefert  Valonea. 

Q.  oophora  »  Kleinasien.  >  » 

Q.  Brantii  Limll.     Kleinasien. 
H.  Aegilospidurn  (Schuppen  kantig,  nach  außen  gebogen). 
Q.    Vallonea  Kotschy.     Kleinasien.     Liefert  Valonea. 
Q.  Ithaburensis  Dcsne.     Kleinasien. 
Q.  Pyrami  Kotschy.     Kleinasien. 

Q.   Ungeri         »  »  Unreife  Früchte  als  Valonen  im  Handel 

nach  Wiesner. 
HI.  Mikroaegilops  (Schuppen  nur  an  den  Spitzen  frei,    sonst  verwachsen). 
Q.  persica  Jaub.     Siidpersien. 


824  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

wird;  von  diesen  zum  Teil  stammt  die  Valonea  des  Handels.  Eine  neuere 
Bearbeitung  der  Gattung  Quercus  von  Prantli)  unterscheidet  drei  Sek- 
tionen, deren  dritte,  Lepidohalanus  Endl,  zum  Teil  den  Pachylepten 
Kotschys  entspricht.  Die  zur  dritten  Sektion  gehörige  Gruppe  Cerris 
Spach.  enthält  u.  a.  jene  zwei  Arten,  von  welchen  zweifelsohne  der  größte 
Teil  der  Valonea  herstammt:  Quercus  Valonea  Kotschy,  die  das  östliche 
Verbreitungsgebiet  (Kleinasien)  beherrscht  und  breite,  kantige  Schuppen 
der  Kupula  besitzt;  ferner  Quercus  rnacrolepis  Kolschy^  die  dem  west- 
lichen Verbreitungsgebiet  (Griechenland,  Süditalien)  angehört  und  durch 
breite,  flache  Schuppen  gekennzeichnet'  ist.  Allerdings  ist  anzunehmen, 
daß  noch  andere  Arten,  wie  Q.  graeca  Kotschy,  Q.  oojjhora  Kotschy^ 
vielleicht  auch  Q.  TJngeri  Kotschy  Valonea  liefern;  Wiesner^)  gibt  an, 
daß  er  die  Früchte  der  lertztgenannten  Art,  sowie  die  von  Q.  coccifera  L. 
(die  aber  nach  Prantl  nicht  mehr  der  Gruppe  Cerris ,  sondern  der 
Gruppe  Silber  angehört)  als  Valoneasorten  im  Handel  gefunden  hat; 
Q.  coccifera  soll  nach  demselben  Autor  die  albanesische  Valonea 
liefern. 

Ascherson  und  Graebner  (Synopsis  IV,  p.  459)  stellen  wieder  die 
alte  Linnesche  Art  Quercus  Äegüops  auf,  zu  der  als  Abänderungen  -ge- 
hören: A.  Quere,  aeg.  var.  graeca  Kotschy  und  var.  Portugalussa  Orph.; 

B.  Quere,  aeg.  var.  rnacrolepis  Boiss..,  hierzu  die  Form  Taygetea  Orph.\. 

C.  Quere,  aeg.  var.  Cretica  Bai.  —  Die  von  Kotschy  als  Qu.  Vallonea 
bezeichnete  Form  wird  von  den  genannten  Autoren  (1.  c.  451)  als  eine 
Rasse  von  Qu.  Tournefortii  Willd.  (=  Q.  Cotis  var.  Tournefoo'tü  K 
Koch)  angegeben,  deren  Früchte  die  echten  Smyrna-Valonen  sind.  Syno- 
nym mit  Qu.  Vallonea  Kotschy  ist  Q.  pseudocerris  Boiss.  (Qu.  Cerris 
ß.  pseudocerris  Boiss.) 

Nach  der  Tabelle  von  H.  Mendel 3)  sind  60  Handelssorten  und  Unter- 
sorten der  Valonea  4)   bekannt,   die   sich  nach   der   geographischen  Ver- 


\)  Engler-Prantl,  Pflanzenfam.,  III,  1,  p.  57. 

2)  Rohstoffe,   \.  Aufl.,  p.  783. 

3)  Valonea-Typen  1877.     Triest. 

4)  Dieselben  sind:  Durazzo  (Erstlingsware),  Valona,  Murto,  Parga,  Corfu  (Erst- 
lingsware, do.  Mittel,  Secunda,  Prevesa  prima,  do.  Mittel,  St.  Quarannta,  St.  Maura 
Prima,  do.  Mittel,  Cimara,  Patrasso,  Dragomestra,  Astaco,  Aetohco-Achaja,  Misso- 
lunghi,  Caravasscra,  Arcadia,  Navarino,  Maina  Marathonissi  Githion  Prima,  do.  Mittel,, 
do.  Secunda,  Zea,  Oropo,  Candia  Erstlingsw.,  do.  Relhymo  Prima,  Candia  Mittel, 
Enos,  Dedeagh,  Rodosto,  Makri,  Dardanellen,  Troja,  Giovata,  Antifilos,  Rodi,  Adalia 
Prima,  do.  Secunda,  Caramania  Prima,  do.  Secunda,  Metelino  Hochprima,  do.  Prima, 
do.  Mittel,  do.  Secunda,  Smyrna  Hochprima,  do.  Prima  (mezzana),  do.  Barlo  .un  acqua, 
do.  Aidin,  do.  Aivah,  do.  Aivagik,  do.  Demirgik,  do.  Uschak,  do.  Mittel  (uso  inglese), 
do.  Scasto  Refus,  do.  Imitation,  Maina  canattina,  do.  Erstlingsware,  Arcadia  Erst- 
lingsware. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  825 

breitung  zu  etwa  vier  Haupttypen  zusammenfassen  lassen.  Damit  soll 
aber  nicht  gesagt  sein,  daß  dieselben  vier  systematischen  Spezies  ange- 
hören. —  Diese  vier  Typen  sind: 

I.  Typus:  Kleinasiatische  oder  Smyrna-Valonen,  umfaßt  die 
besten  Sorten  (siehe  die  Aufzählung  in  Note  4,  p.  82i). 

II.  Typus:  Griechische  Insel-  und  Griechische  Festland- 
Valonea;  dazu  gehören  Prevesa,  Patrasso,  Dragomestra,  Caravassera, 
Gorfu,  Dardanellen,  Zea  usw. ,  die  ebenfalls  hierher  gerechneten  Pro- 
venienzien  Candia,  Metilino  und  die  Morea-Sorten  weichen  von  dem 
allgemeinen  Typus  etwas  ab;  Metilino  (Mytilene)  vereinigt  den  Insel-  und 
den  Candiatypus;  die  Morea-Sorten,  wozu  Maina,  Arcadia,  Navarino  ge- 
hören, bilden  gewissermaßen  Bastard-  oder  Cbergangsformen,  indem  sie 
die  Eigenschaften  des  IL  Typus  mit  denen  des  III.  vereinigen '). 

III.  Typus:  Albanesische  oder  (zum  Teil  auch)  Golfo-Valonea, 
die  untergeordnetste  Sortengruppe;    dazu  Durazzo,  Valona,   Parga  usw. 

IV.  Typus:  Karamania-Valonea,  die  östlichste  Sortengruppe,  von 
welchen  die  Adalia-Sorte  den  Übergang  zum  Smyrna-Typus  bildet. 

Jene  Sorten,  die  noch  geschlossene  Becher  (mit  aufwärts  und  zu- 
sammengeneiglen  Schuppen)  mit  den  Früchten  enthalten,  werden  mit 
dem  Namen  Camata^)  bezeichnet;  sind  die  Früchte  zugleich  noch  un- 
reif und  klein  (haselnußgroß),  so  heißen  sie  Camattina^);  diese  kommen 
insbesondere  beim  II.  Typus  vor.  Sogenannte  unreife  Valonea  wird 
in  die  Qualitäten  Rabdista  (Schuppen  noch  nach  aufwärts  gerichtet) 
und  Chondra  (Schuppen  horizontal  oder  umgeschlagen)  geschieden. 

Bevor  wir  die  einzelnen  Typen  und  deren  wichtigste  Vertreter  näher 
charakterisieren,  soll  zuerst  eine  allgemeine  Beschreibung  der  Valonea- 
Kupula  gegeben  werden. 

An  der  Valonea  unterscheidet  man  den  Becher  (Kupula)  und  — 
wenn  vorhanden  —  die  Frucht  (Eichel).  Der  Becher  besteht  aus  dem 
eigentlichen  Becherteil  mit  der  Becherhöhle  und  den  auf  der  Außenseite 
desselben  sitzenden  Schuppen,  die  morphologisch  Blätter  darstellen  und, 
wie  wir  sehen  werden,  auch  anatomisch  ihre  Blattnatur  bekunden.  Die 
Becherhöhle,  in  welcher  die  Frucht  sitzt,  wird  von  einer  mit  dichtem, 
kurzem  und  weichem  Flaum  bekleideten  Wand  gebildet;  im  Grunde 
der  Höhle,  wo  die  Frucht  angewachsen  ist,  fehlt  der  Haarüberzug.  Der 
Rand  kann  dick  oder  dünn,  schmalkantig  sein;  es  ist  nach  W.  Eitner^) 
durchaus  kein  Kennzeichen  einer  guten  Ware,  wenn  derselbe  dick  ist; 
auch  sehr  gerbsto  ff  reiche  Sorten  haben  einen  dünnen  Rand.     Die  Höhle 


-1)  Nach  Mitteilungen  des  seinerzeitigen  Direktors  der  Versuchsstation  für  Leder- 
industrie in  Wien,  Herrn  Regierungsrat  W.  Eitner. 

2)  Es  wird  auch  Chamada,  bzw.  Chamadina  geschrieben. 

3)  Einiges  über  Valonea  im  allgemeinen.     Der  Gerber,  iS??,  Nr.  72. 


826  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

kann  flach  oder  tief,  oben  am  Rande  schmal  oder  ausgeweitet  sein;  nicht 
selten  findet  man  gelbe  abstäubende  Häufchen  von  Pilzsporen,  die 
den  grauen  Haarüberzug  fast  schwefelgelb  färben.  Entsprechend  dem 
Kontur  der  Höhle  ist  auch  der  Umriß  des  Bechers  sehr  verschieden; 
man  findet  flach-kreiselförmige,  halbkugelige,  ellipsoidische,  selbst  ei- 
förmige Becher.  Ein  wichtiges  Kennzeichen  zur  Unterscheidung  der 
Sorten,  sowie  zur  beiläufigen  Bestimmung  ihrer  Güte  bieten  die  Schuppen. 
Größe,  Gestalt,  Richtung,  Verhalten  der  freien  Enden  sind  einer  großen 
Verschiedenheit  unterworfen,  wobei  auch  der  Reifezustand,  in  dem 
die  Früchte  geerntet  worden  sind,  wohl  zu  beachten  ist.  Sind  die 
Schuppen  über  die  Höhle  geschlossen,  wobei  sie  oft  auffällig  den  Invo- 
lukralschuppen  eines  Kompositenblütenköpfchens  gleichen,  so  war  die 
Frucht  in  der  Regel  nicht  reif  oder  nicht  vollreif.  Die  Schuppen  sind 
flach,  inserieren  dann  mit  breitem  Basisteil  oder  sie  sind  dreikantig, 
wobei  eine  starke  Mittelrippe  auf  der  Oberseite  eine  scharfe  Kante  bildet; 
bei  einigen  Sorten  sind  sie  fast  zylindrisch  oder  zylindrisch-prismatisch; 
sie  sind  in  einer  sehr  flachen  Spirale  angeordnet,  stehen  sehr  dicht,  dicht 
oder  nur  locker  aneinander  und  lassen  sich  im  letzten  Falle  leicht  ab- 
lösen, wobei  die  Insertionsstellen  entweder  flache  und  schmale  gerundet 
rhombische  Vertiefungen  bilden  oder  an  flache  Zellen  einer  Honigwabe 
erinnern;  die  Schuppen  können  endlich  dem  Becherkörper  anliegen  und 
nach  aufwärts  orientiert  sein  oder  sie  sind  scharf  abgewendet,  fast 
senkrecht  zur  Becherwand  gestellt,  an  der  Spitze  gerade  oder  haken- 
förmig gekrümmt.  Es  muß  aber  hier  gleich  bemerkt  werden,  daß  nach 
den  Untersuchungen  des  Autors  diesen  Richtungsverhältnissen  viel  zu 
viel  Wert  beigelegt  worden  ist,  da  anliegende  und  abstehende  Schuppen 
in  einer  und  derselben  Warensorte  vorkommen  können;  es  hängt  näm- 
lich die  Richtung  vielfach  vom  Reifezustand  ab;  doch  kann  im  allgemeinen 
behauptet  werden,  daß  flache  Becher  zumeist  abstehende,  ovoide  Becher 
dagegen  anliegende  Schuppen  besitzen.  Auch  die  Größenverhältnisse, 
zum  Teil  von  der  Sorte,  zum  Teil  aber  auch  vom  Reifezustand  bedingt, 
sind  bedeutenden  Schwankungen  unterworfen;  man  findet  Stücke  von 
Haselnußgröße  bis  zu  der  einer  großen  Pferdenuß;  im  Handel  gilt  die 
Regel,  daß  die  gute  Ware  »im  Korn«'  (d.  h.  im  ganzen,  nicht  ver- 
kleinerten Zustande)  groß  und  egal  sein  muß.  Da  die  Schuppen,  wie 
wir  sehen  werden,  die  Hauptträger  des  Gerbstoffes  sind,  so  wird  die 
schuppenreiche  Ware  im  Werte  höher  stehen,  als  eine  solche  mit  wenigen 
oder  kleinen  »fleischarmen«  Schuppen.  Die  Schuppen  für  sich  führen 
den  Namen  Drilo^)  oder  Quillat. 


-I)  Die  Abstammung  des  Wortes  Drilo  (Drillo,  Drylo,  Dryllo,  Trillo)  ist  unklar. 
In  albanesisch-epirotischen   und  in   neugriechischen  Wörterbüchern,   die   ich  nachge- 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


827 


?fffl^ 


Der  erste  Typus,  die  kleinasiatische  oder  Smyrna-Valonea,  charakteri- 
siert sich  im  allgemeinen  durch  die  Größe  der  Becher,  die  Weife  des  Höhlenrandes 
und  durch  aufwärts  stehende  Schuppen.  Der  größte  Durchmesser  (inkl.  Schuppen) 
ist  im  Mittel  3,3  cm,  steigt  aber  bis  6,25  cm;  der  Becherrand  ist  meist  dick,  bei  3  mm, 
mitunter  auch  dünn  und  scharfkantig;  die  Schuppen  sind  2  mm  dick,  8—6  mm  breit 
und  nicht  über  10  mm  lang,  stehen  aufwärts  mit  eingebogenen  Spitzen;  sie  sind  mit 
einem  hellgrauen  Haarüberzug  versehen,  unter  welchem  sie  rötlich  durchschimmern; 
noch  deutlicher  tritt  der  rötliche  Stich  nach  Abreiben  des  HaaranQuges  hervor 
(Fig.  288  a  u.  b). 

Die  Smyrna-Prima-Sorte  besitzt  die  größten  Becher;  die  Höhlenweite 
(Durchmesser)  beträgt  am  Rande  18—23  mm,  die  Höhe  des  Bechers  23—28  mm,  die 
Dicke  der  Wand  über  1  cm.  Die  Schuppen  sind  mit  breiter  Basis  inseriert,  flach, 
breit,  gegen  die  Spitze  oft  plötzüch  abgesetzt  und  verschmälert,  aufrecht-anliegend 
oder  halbanhegend  oder  auch  abstehend  mit  haken- 
förmig zurückgekrümmten  Spitzen;  als  Merk- 
würdigkeit ist  zu  verzeichnen,  daß  hier  und  da 
auch  schmale  und  dünne  Schuppen  vom  Rande 
in  die  Becherhöhle  hinabgebogen  sind  und  der 
Innenwand  des  Bechers  anliegen.  Der  Gerbstoö"- 
gehalt  der  Smyrna-Valonea  schwankt  von  20  bis 
35  Proz.;  Primasorten,  deren  Auslesen  den  Namen 
Mezzana  führen,  sollen  nach  Mendel  30  —  35, 
niedere  Qualitäten  20 — 26.  Proz.  besitzen,  W. 
Eitneri)  gibt  dagegen  den  Prozentgehalt  mit 
22,9 — 25,18  Proz.  an;  derselbe  Autor  fand,  daß  an 
den  Bechern  nicht  selten  Zuckerausscheidungen 
(die  bekannte  Manna  quercina)  auftreten,  die  den 
Gerbstolfgehalt,  und  zwar  in  günstigem  Sinne  be- 
einflussen; die  mit  Zucker  bedeckte  Ware  hat  stets 
eine  größere  Menge  Gerbstoff,  bis  zu  23,18  Proz.; 
zuckerfreie  dagegen  nur  22 — 23  Proz.  Die  hohen, 
von  Mendel  angegebenen  Zahlen  dürften  sich  in 
der  Weise  erklären  lassen,  daß  hauptsächlich  der 
Gerbstoffgehalt  der  Schuppen  in  Rechnung  ge- 
zogen wurde,  denn  der  Unterschied  im  Gehalt  an 
Gerbstoff,  den  die  Becher  und  die  davon  isolierten 
Schuppen   aufweisen,   ist   ein  sehr   beträchtlicher. 


Fig.  2S8.  Smyrna  -V al o  n  e  a.  3/4  nat.  Gr. 

a  Primasorte  mit  nur  aufreclit  stehenden 

Scliuppen;  von  der  Seite.  —  b  Schuppen 

am  Rande  abstehend;  von  oben. 


schlagen  habe,  ist  es  nicht  angegeben.  Nach  gütigen  Mitteilungen  von  Herrn  Prof. 
Kretschmar  (Wien)  an  Prof.  Wiesner  scheint  es  mit  d()v^-  =  Eiche  oder  mit  dem 
altmazedonischen  (fccovU.oi'  =  Eiche  zusammenzuhängen.  Hr.  Prof.  Jirecek  (Wien 
weist  in  an  Prof.  Wiesner  gerichteten  Mitteilungen  auf  das  lateinische  trua,  truella, 
truUa  =  Kelle,  Pfanne,  Schöpfgefäß  und  trulleum,  trullium  =  Becken,  Waschbecken 
hin,  von  welchem  wieder  das  byzantinische  toovX'Aos-  abstammt,  das  Kuppel  heißt. 
Herrn  Prof.  Heldreich  in  Athen,  an  den  ich  mich  gewendet,  ist  das  Wort  unbekannt. 
Quillat  wohl  nach  dem  französischen  quille  (Kegel)  oder  dem  englischen  »quill«  (Kiel, 
Falte;  das  Zeitwort  »quill«  bedeutet  »abschälen«), 

1)  Zur  Valoneafrage.     Der  Gerber,  1876,  Nr.  36,  p.  430. 


828  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Nach  W.  Eitner  zeigten,  nach  H.  Jahni, 
Proz.  Gerbstoff       Proz.  Gerbstoff 
Becher,  vollständig  abgeschuppt  23;87,  22,615 

der  Drilo  davon  (die  Schuppen  allein)       34,6,  36,60 

Becher  allein,  von  Smyrna,  hoch  prima   30,3, 
der  Drilo  davon  41,09. 

Man  kann  also  feststellen,  daß  bei  Smyrna  der  Unterschied  bei  und  über  1  0  Proz. 
beträgt. 

Bei  Inselware,  welche  kleinere  und  »fleischarme«  Schuppen  besitzt,  ist  die  Diffe- 
renz weit  geringer;  es  besaßen 

von  einer  Camata-Sorte  die  Becher  allein     20,9     Proz.   Gerbstoff, 
der  Drilo  davon  21,817    »  » 

Es  darf  übrigens  nicht  außer  acht  gelassen  werden,  daß  die  Gerbstoffmenge 
nach  den  verschiedenen  Methoden,  die  bei  der  Bestimmung  des  Gerbstoffes  in  An- 
wendung kommen,  verschieden  hoch  ausfällt.  Nach  Hermann  Bodenstab2)  erhält 
man  aus  Valonea  (aus  welcher?)  nach  der  Filtermethode  32,1  Proz.,  nach,  der 
Schüttelmethode  aber  nur  29,4  Proz.  Gerbstoff,  aus  dem  Drilo  42,5,  bzw.  38,6  Proz. 
Solche  nicht  unbedeutende  Differenzen  zeigen  auch  andere  Gerbmaterialien  (vgl.  Myro- 
balanen,  Dividivi,  Sumach). 

Durch  die  Verpackung,  den  Transport,  die  Sortierung  usw.  fällt  gewöhnlich  eine 
gewisse  Menge  Drilo  ab,  die  bei  Mezzana  (Smyrna  Prima-Auslese)  bis  33  Proz.,  bei 
naturellen  Qualitäten  selbst  bis  40  Proz.  betragen  kann.  Der  sogenannte  künstliche 
Drilo3)  besteht  aus  schlechter  Valonea,  Eicheln  und  dünnen  Eichenzweigen. 

Der  Charakter  des  zweiten  Typus,  der  griechischen  Insel-  und  Fest- 
land-Valonea,  liegt  in  dem  Verhalten  der  Schuppen:  diese  sind  weniger  regelmäßig, 
lang,  dünner  und  weniger  fleischig,  die  Spitzen  häufig  hakig  gekrümmt,  das  Aussehen 
der  Becher  ein  krauses;  hierher  gehören  viele  Sorten  mit  geschlossenen  Bechern 
(Camata  und  Camattina).  Einige  Beispiele:  Candia:  mittelgroße,  ziemlich  tiefe 
Becher  mit  20  mm  "Weite  des  Höhlenrandes  und  15 — 20  mm  Höhe.  Schuppen  sehr 
lang,  aufgerichtet  und  abstehend,  schmal,  kantig,  mit  stark  vorspringender  Mittel- 
kante auf  der  Ober-  (Vorder-)Fläche,  die  Spitzen  hakenförmig  rückwärts  gekrümmt; 
Gerbstoffgehalt  bei  Erstlingsware  27,80  Proz.,  bei  reifer  Ware  32,19  Proz.  — 
Prevesa:  große  halbrunde  Becher  von  24 — 25  mm  Höhe,  die  Höhlenweite  bis  25  bis 
26  mm.  Schuppen  üach,  sehr  lang,  locker  gestellt,  abstehend,  leicht  abzu- 
brechen, die  Insertionsstellen  flachen  Bienenwabenzellen  vergleichbar;  Gerbstoffgehalt r 
25,42  Proz.  Eine  Prevesa  camattina  (die  unreifen  Früchte)  hat  sehr  verschieden 
große,  oben  von  den  Schuppen  geschlossene  Becher,  die  Schuppen  sehr  flach,  auf- 
fallend stark  grauweiß  behaart  und  daher  seidig  glänzend.  —  Patrasso:  Becher 
klein  bis  mittelgroß,  BecherhöHlenweite  1  5 — 20  mm,  Schuppen  abstehend  oder  halb 
aufrecht,  flach;  Gerbstoffgehalt:  25,8  Proz.  —  Metilino  prima:  große  und  sehr 
große  Becher,  die  Höhlenweite  meist  23 — 25  mm,  die  Becherhöhe  15 — 20  mm; 
Schuppen  abstehend,  flach,  sehr  dicht  aneinandergereiht,  aber  kurz,  meist  nur  1/2  bis 
3/4  cm,  dadurch  von  dem  Typus  etwas  abweichend ,  wahrscheinlich  eine  Übergangs- 
form; Gerbstoffgehalt:  27,57  Proz.  —  Ganz  anders  hierzu  verhält   sich  Maina  (eine 


1)  H.  Jahn,  Notiz  über  einige  griechische  Gerbmaterialien.     Ber.  Deutsch,  ehem. 
Gesellsch.,  4  878,  p.  2107. 

2)  Die  wichtigsten   Gerbstoffpflanzen    der    deutsch-afrikanischen    Schutzgebiete. 
Tropenpflanzer,  17,  4  913,  p.  465. 

3)  Der  Gerber,  1895.  p.  61. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  829 

Morea-Sorte):  kleine  bis  mittelgroße,  aber  niedere  Becher  (Becherhöhe  IS — 15  mm, 
Höhlenweite  20  mm);  die  Schuppen  fast  immer  abstehend,  auch  zurüdigekrummt, 
sehr  lang  (1  cm  und  darüber),  dreikantig;  Gerbstoffgehalt:  27,26  Proz.  Eine  zur 
Maina-Sorte  gehörige  Camata  nach  Jahn  33,48  Proz.,  eine  Camatlina  35,45,  Rhab- 
tiista  30,08,  Chondra  27.03  Proz.  Die  Sorten  Ghia  und  Achaia  sind  weit  ärmer  an 
Gerbstoff. 

Für  den  dritten  Typus,  die  albanesische  Valonea  (Golfo-Typus),  lassen 
sich  als  wesentliche  Merkmale  angeben:  die  Becher  sind  langgestreckt,  die  Becher- 
höhle ist  oft  ellipsoidisch,  der  Querdurchmesser  im  Maximum  2  cm,  die  Schuppen 
sind  lang,  fleischlos,  am  Ende  zugespitzt,  zurückgekrümmt  und  hakenförmig  umge- 
bogen. Zu  den  besseren  hierher  gehörigen  Qualitälen,  die  im  allgemeinen  nur  wenig 
geschätzt  sind,  da  die  Becherwand  zumeist  dünn  ist,  gehört  Golfo  Durazzo  ca- 
mattina.  Wie  schon  die  letzte  Bezeichnung  erkennen  läßt,  enthält  diese  Sorte  viele 
unreife  Früchte  und  ist  daher  nicht  egal.  Becher  sehr  klein-  bis  mittelgroß,  die 
Schuppen  schließen  die  Becherhöhle  zu;  an  den  offenen  beträgt  die  Höhlen  weite  10  bis 
17  mm,  die  Becherhöhe  15 — 18  mm.  Die  Schuppen  sind  mittelbreit,  dreikantig  oder 
etwas  abgeflacht,  ziemlich  lang.  Der  Gerbstoffgehalt  wird  mit  26,9  Proz.  angegeben. 
—  Dagegen  hat  die  Sorte  Valona  nur  21 — 22,  Parga  22 — 23  Proz. 

Der  vierte  oder  Caramania -Typus  ist  durch  dünnwandige  Becher  und 
schmale,  kantige,  selbst  zylindrische  Schuppen  gekennzeichnet.  Caramania  Prima 
besitzt  kleine  und  große  Becher;  Becherhöhe  12—20  mm,  Höhlenweite  22,  ausnahms- 
weise bis  25  mm;  die  Schuppen  sind  kantig,  abstehend,  zurückgekrümmt  oder  selbst 
eingerollt,  auffallend  dünn  und  schmal.  —  Caramania  camattina  besteht  aus 
haselnußgroßen  Bechern,  deren  Höhlung  nicht  durch  Schuppen  verschlossen  ist;  diese 
sind  fast  bis  zur  Hälfte  miteinander  verwachsen,  die  freien  Enden  entweder  kurz- 
hakig oder  zylindrisch,  stielrund,  aufgerichlet-anliegend.  Becherhöhe  14 — 16  mm, 
Höhlenweite  8  —  10  mm.  —  Adalia  enthält  nur  flache  und  breite  Becher  (Becherhöhe 
14  —  15  mm)  mit  ziemlich  großer  Höhlenweite  (16 — 25  mm);  die  Schuppen  sind  (aus- 
nahmsweise) flach  und  nicht  stielrund,  daher  die  Sorte  den  Übergang  zum  Smyrna- 
Typus  bildet,  was  auch  in  der  geographischen  Lage  begründet  ist.  Gerbstoffgchalt: 
23  Proz.  Wahrscheinlich  gehört  hierher  auch  die  syrische,  aus  dem  Hinterlande  von 
Alexandrette  stammende  Sorte. 

Unter  dem  Namen  kaukasische  Valonea  ist  eine  Ware  in  den  Handel  ge- 
bracht worden,  deren  Becher  schmutziggrau  aussehen,  keine  Schuppen  tragen,  son- 
dern außen  kurz  und  stumpf  höckerig  sind  und  eine  Höhe  von  10  mm  besitzen.  Sie 
stammt  von  einer  Quercus-kvl,  die  einer  ganz  anderen  Sektion  angehört,  und  ist 
gänzlich  wertlos,  da  der  Gerbstoffgehalt  nur  2,98  Proz.  beträgt. 

Da  die  Valonea  zum  grüßten  Teil  aus  den  leeren  Bechern  besteht 
und  nur  die  Camata-  und  Camattina-Sorten  Früchte  in  größerer 
Menge  enthalten,  so  ist  in  der  nun  folgenden  Besprechung  des  anato- 
mischen Baues  der  Valonea  vornehmlich  auf  die  Becher  Rücksicht  ge- 
nommen worden.  Diese  und  insbesondere  die  Schuppen  sind  es  ja,  die 
als  Träger  des  Gerbstoffes  den  Wert  der  Ware  bedingen.  Die  Schuppen 
sind  (reduzierte)  Blätter  und  besitzen  den  Bau  eines  isolateralen 
Blattes,  worunter  man  ein  solches  versteht,  dessen  Mesophyll  zwei- 
gliedrig ist,  also  aus  Palisaden-  und  Lückenparenchym  zusammengesetzt 
ist,  wobei  aber  die  Palisadenschicht  auf  beiden  Blattseiten  entwickelt 


830 


Zweiundzwanzigster  Abschnilt.     Früchte. 


ist  und  das  Lückenparenchym  umschließt.     Der  größte  Teil  der  Ober- 
haut (Fig.  289ep,h)  wird  von  den  100 — 200  f.i  langen,  selten  längeren, 


Fig.  289.     Vergr.  400.     Partie  eines  Querschnittes  durch  die  Valonea-Schuppe  an  der  Außenseite. 

rp  Epidermis,    größtenteils  zu   Haaren  {h)  umgewandelt,  pa   großzelliges   Parenchym,    dem   Pulisaden- 

parenchym  entsprechend;  seh  Schwammparenchym  mit  großen  Interzellularen  t;  sei  Sklerenchymzellen- 

gruppe,  st  weitlichtige  Steinzellen,  g  Teil  eines  Gefäßbnndels.     In  pa  zwei  Zellen  mit  der  getüpfelten 

Wand  von  der  Fläche.     Die  Inhaltskörper  (zumeist  GerbstoiF)  durch  Auswaschen  entfernt. 


walzenförmigen,  am  freien  Ende  spitzen  oder  abgestumpften  einzelligen, 
sehr   stark  verdickten,    mitunter  gewundenen,    nicht  verholzten   Haaren 


Zweiundzwanzigster  Abscimitt.     Früchte.  831 

gebildet;  das  Lumen  der  Haare  ist  mit  Ausnahme  des  Basisteiles  auf 
eine  Linie  reduziert;  häufig  stehen  mehrere  Haare  unmittelbar  neben- 
einander und  werden  in  diesem  Falle  als  »gebüschelte  Haare«  bezeichnet. 
Vereinzelt  linden  sich  auch  kurze,  dünnwandige  Haare  vor.  Nicht  zu 
Haaren  verlängerte  Oberhautzellen  sind  weit  seltener.  Das  Palisaden- 
parenchym  (Fig.  289j9«)  ist  selbstredend  nicht  so  typisch  ausgebildet, 
wie  an  einem  grünen  Laubblatt,  doch  ist  der  Palisadencharakter  noch 
hinlänglich  deutlich  ausgeprägt;  es  besteht  aus  senkrecht  zur  Oberfläche 
gestellten  und  ebenso  gestreckten  ziemlich  starkwandigen  und  verholzten 
Zellen,  die  aber  häufig  mit  kürzeren  und  mehr  oder  weniger  rundlichen 
Zellen  abwechseln.  Das  Lückenparenchym  setzt  sich  aus  auffallend 
runden  oder  abgerundeten  Zellen  zusammen  und  ist  reich  an  sehr  ver- 
schieden großen  Interzellularen  (Fig.  289 sc/?,  i).  In  diesem  Gewebe  sind 
einzelne  Sklerenchymzellen  und  Gruppen  (sc)  derselben  eingebettet:  dort, 
wo  die  Gefäßbündel  sich  vorfinden,  ist  das  Parenchym  kleinzellig  und 
fast  nicht  lückig.  Die  Gefäßbündel  führen  sehr  schmale  Spiroiden  und 
langgestreckte  poröse  Zellen  (g).  Die  nicht  reichlich  auftretenden  Skleren- 
chymzellen sind  entweder  weitlichtig,  sehr  reichlich  getüpfelt,  verschieden 
gestaltet,  aber  im  allgemeinen  isodiametrisch  oder  sie  sind  nach  der 
Längsachse  der  Schuppe  ausgedehnt,  stabfürmig,  spindelig,  am  Querschnitt 
nach  Einwirkung  von  Kalilauge  schön  geschichtet,  mit  kleinem,  unregel- 
mäßigem Lumen  versehen,  Bastfasern  im  Querschnitt  sehr  ähnlich.  Die 
Sklerenchymzellen  sind  in  Längszügen  angeordnet  und  bilden  gewisser- 
maßen Stützen  zur  Aufrechthaltung  der  Schuppe;  die  sehr  auffällige 
Verholzung  des  Palisadenparenchyms  soll  offenbar  eine  Starrheit  der 
oberflächlichen  Decke  bewirken,  damit  die  inneren  Gewebeteile  beim 
Eintrocknen  der  Schuppe  nicht  zusammengepreßt  werden.  Um  die  Ver- 
teilung dieses  mechanischen  Stützensystems  gut  zu  beobachten,  müssen 
die  Längsschnitte  der  Schuppen  zuerst  durch  Behandlung  mit  Kalilauge 
und  Auswaschen  mit  Wasser  von  dem  Gerbstoff,  der  das  mikroskopische 
Bild  sehr  undeutlich  macht,  befreit  w^erden,  worauf  man  sie  mit  Phloro- 
gluzin-Salzsäure  versetzt.  Das  rotgefärbte  Palisadenparenchym  und  die 
ebenso  gefärbten  Sklerenchymsäulen  stechen  von  dem  farblosen  Lücken- 
parenchym lebhaft  ab. 

Alle  Parenchymzellen,  die  das  »Fleisch«  der  Gerber  bilden,  führen 
eisenbläuenden  Gerbstoff,  der  sich  in  Kali  mit  tiefrotbrauner  Farbe  löst. 

Die  die  Becherwand  zusammensetzenden  Gewebe  sind  von  denen 
der  Schuppen  in  bezug  auf  Art,  Größe  und  Anordnung  der  Zellen  wesent- 
lich verschieden.  Im  allgemeinen  lassen  sich  zwei  ziemlich  scharf  differen- 
zierte Schichten  unterscheiden  (Fig.  290).  Die  innerste,  die  Becherhöhle 
umgrenzende  Schicht  bildet  einen  6  —  12  Reihen  mächtigen  Streifen, 
dessen    Zellen    tangential   zusammengepreßt   sind   und   einen   kollenchy- 


832 


Zweiundzwanzisster  Abschnitt.     Früchte. 


matischen  Charakter  haben;  sie  enthalten  Gerbstoff  und  vereinzelt  sehr 
kleine  Kristallrosetten.  Gegen  die  Becherhöhle  ist  dieser  Streifen  durch 
eine  Oberhaut  abgeschlossen,  deren  Zellen  wieder  größtenteils  zu  200  bis 
600  1.1  langen  Haaren i)  ausgewachsen  sind,  während  die  plattenförmigen 
eigentlichen  Oberhautzellen  nur  in  geringer  Zahl  vorkommen  und  schmäler 
sind  als  die  des  kollenchymatischen  Streifens.  Die  Ilaare  haben  den- 
selben Charakter   wie   die   der  Schuppen,    nur  sind    sie  viel  größer  und 

stärker.      Das    sehr 
mächtige  Mittelgewebe, 

das    »Fleisch«    des 
Bechers,    besteht    aus 

einem  kleinzelligen, 
dünnwandigen  Paren- 
chym  und  aus  sehr 
mächtigen  Steinzellen- 
komplexen, gegen  die 
das  Parenchym  oft  sehr 
zurücktritt.  So  sind 
z.  B.  die  Becher  der 
albanischen  Valonea 
fast  nur  aus  sklero- 
sierten Zellen  zusam- 
mengesetzt, daher  sehr 
spröde.  Solche  Skle- 
re'idenmassen  finden 
sich  schon  —  eine 
unterbrochene  Grenz- 
scheide bildend  — 
zwischen  Kollenchym 
und  Mittelschicht,  ja 
selbst  in  dem  Kollen- 
chym findet  man  skle- 
rosierte Zellen  in  tan- 
gentialer Aneinander- 
reihung. Diese  Steinzellen  sind  von  denen  der  Schuppen  durch  geringere 
Größe  und  viel  stärkere  Verdickung  unterschieden  (Fig.  290 s^).  Es  ist 
nun  erklärlich,  warum  das  Bechergewebe  verhältnismäßig  weniger  Gerb- 
stoff enthalten  muß  als  die  Schuppen,  da  die  Hauptmasse  des  Bechers 
aus  Steinzellen,  die  der  Schuppen  dagegen  aus  gerbstoffreichen  Paren- 
chymzellen   besteht;    ebenso  begreiflich  ist  es,    daß  eine  schuppenreiche 


Fig.  290.  Vergr.  300.  Partie  eines  Quersclinittes  vom  Innenrande  des 
Valonea-Bechers.  pn  Parencliym  mit  Steinzellgruppen  st;  ko  innerste, 
einem  zusammengepreßten  Kollenchym  gleichende  Schicht  mit  zuhl- 
reichen  Haaren  (//).  Der  KoUenchymstreifen  durch  dunklere  Färbung 
ziemlich  scharf  vom  Paienchym  abgegrenzt. 


1)  Die  Sorte  Prevesa  hat  bis  \  mm  lange,  sehr  dünne  Haare. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  833 

Valonea  (mit  dichtgestellten  breiten  Schuppen)  eine  wertvollere  Ware 
darstellt  als  die  schuppenarme,  und  daß  der  Drilo  stets  einen  höheren 
GerbstofTgehalt  aufweisen  muß  als  die  entschuppten  Becher. 

Das  Mittelgewebe  wird  von  Gefäßbündeln,  die  aus  zarten  Spiroiden 
und  sehr  stark  verdickten,  porösen,  spindeligen  Bastfasern  bestehen, 
durchzogen.  In  den  Parenchymzellen  sind  nebst  Gerbstoffmassen  Kri- 
stallrosetten von  Kalziumoxalat  enthalten,  an  denen  schon  Wiesner i) 
eine  eigentümliche  Rotfärbung  durch  Kalilauge  beobachtet  hat;  sie  sind 
nämlich  mit  Gerbstoff  imprägniert. 

Der  Gerbstoff  der  Valonea  wird  durch  Eisenchlorid  grünlichblau 
gefärbt.  Eine  von  Wiesner  untersuchte  albanesische  Valonea  gab  mit 
Wasser   gekocht   auf  Zusatz   von   Eisenchlorid   olivgrüne  Niederschläge. 

Die  Früchte  der  Valonea  gleichen  den  Eicheln  unserer  heimischen 
Quercus-Arten'^) ,  sind  aber  großer,  ziemlich  hellgefärbt  und  besitzen 
eine  dicke  Schale.  Diese  setzt  sich  im  wesentlichen  aus  Oberhaut, 
Sklerenchym  und  Parenchymschicht  zusammen.  Auf  einige  bemerkens- 
werte Eigentümlichkeiten  hat  J.  Mo  eller  3)  aufmerksam  gemacht.  »Die 
Oberhaut  besteht  aus  unregelmäßig  polygonalen  (nicht  wie  bei  unseren 
Eicheln  reihenweise  geordneten)  kleinen  (meist  12 — 15  /.i  im  Durch- 
messer) Zellen,  deren  Wände  in  der  Aufsicht  ungleichmäßig  verdickt 
sind  und  deren  Lumen  fast  vollständig  von  einem  kompakten  glänzen- 
den Körper  eingenommen  ist.  Der  Querschnitt  gibt  die  Aufklärung:  die 
Oberhaut  ist  von  einer  außerordentlich  mächtigen  Kutikula  bedeckt  und 
die  Außenwand  jeder  Oberhautzelle  ist  zu  einem  Zapfen  verdickt,  der 
das  Lumen  zu  einer  muldenförmigen  Spalte  verengt.  —  Die  Kristallzellen 
unter  der  Oberhaut  bilden  streckenweise  eine  zusammenhängende  Schicht 
und  die  folgende  Sklerenchymschicht  setzt  sich  aus  vielgestaltigen,  zum 
Teil  wellig  buchtigen  Zellen  zusammen,  die  nicht  so  stark  verdickt  sind 
wie  bei  der  heimischen  Eichel.  Innerhalb  dieser  Sklerenchymschicht, 
nur  wenige  Zellen  von  ihr  getrennt,  liegt  eine  zweite,  stellenweise  unter- 
brochene aus  schwach  verdickten  Zellen  und  weiter  nach  innen  kommen 
auch  noch  einzelne  Steinzellengruppen  vor.  Das  Parenchym  ist  farblos« 
(J.  Moeller). 

Die  Valonea  kommt  nicht  nur  in  ganzem  Zustande,  »im  Korn«, 
sondern  auch  in  verschiedener  Feinheit  gemahlen  im  Handel  vor.  Die 
Unterscheidung  des  Valoneapulvers  von  Knoppernmehl  ist  eine  sehr 
schwierige   und   J.   Moeller  hat  in    seiner    oben    zitierten   Studie   eine 


1)  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  786. 

2)  Vgl.  darüber  insbesondere  Mit  lach  er,  Die  Fruchthüllen  der  Eichel  usw. 
Zeitsch.  d.  allg.  öst.  Apoth.-Ver.,  1901  und  Österr.  Jahreshefte  f.  Pharmazie,  2.  Hft., 
1901,  p.  1—7. 

3)  Knoppern  und  Valonea.     Chera.  Ztg.,  1901,  Nr.  73. 
Wiesner,  Eolistoflfe.     III.  Band.     3.  Aufl.  53 


334  Zweiundzwanzigster  Abschnitt,     Früchte. 

Diagnostik  der  beiden  Materialien  zu  geben  versucht.  Im  Valoneamehl 
fallen  insbesondere  die  langen  einzelnen  oder  gebüschelten  Haare,  die 
Steinzellgruppen  und  das  Parenchym,  sowie  auch  der  koUenchymatische 
Innenstreifen  auf,  dagegen  fehlt  Stärke  fast  völlig;  auch  die  Verschieden- 
heit der  Oberhautzellen  der  Valoneafrucht  und  der  heimischen  Eichel 
bietet  ein  brauchbares  Unterscheidungsmerkmal. 

Seit  welcher  Zeit  die  Valonea  als  Gerbmaterial  zur  Verwendung  kam, 
ist  noch  nicht  ermittelt  worden  i);  daß  sie  schon  im  18.  Jahrhundert 
Handelsgegenstand  war,  ist  indes  sicher2).  Sie  wird  hauptsächlich  zum 
Gerben  des  Sohlenleders  (für  sich  allein  oder  im  Gemisch  mit  anderen 
Gerbmaterialien)  sowie  zum  Schwarzfärben  (z.  B.  der  Seidenhüte)  ange- 
wendet. Wie  Semler  angibt,  verhält  sich  die  Valonea  bezüglich  ihrer 
Gerbungseigenschaften  wie  die  Dividivi;  sie  macht  das  Leder  hart,  gibt 
ihm  gutes  Gewicht  und  helle  Farbe.  Der  Ernteertrag  in  Griechenland 
schwankt  von  5000 — 7400  t.  Valonea  ist  auch  ein  Bestandteil  des 
chinesischen  Arzneischatzes  3). 

5.  Hopfen. 

Die  Gattung  Humulus  enthält  nur  zwei  Arten:  die  europäische 
Hopfenpflanze  Humulus  Liqmlus  L.  und  die  in  China  und  Japan  ver- 
breitete einjährige  Art  H.  jcqjonicus  Sieb,  et  Zuec. 

Humulus  Lupulus,  eine  zweihäusige,  rechtswindende,  sehr  charak- 
teristische Schlingpflanze  unserer  Gebüsche  und  Auwälder  ist  in  ganz 
Europa,  im  nördlichen  und  mittleren  Asien  einheimisch,  scheint  aber  in 
gewissen  Gebieten  eine  besonders  starke  Verbreitung  erlangt  zu  haben. 
Als  solche  sind  einige  südliche  ehem.  Österreich,  und  ungarische  Provinzen, 
wie  Istrien,  Krain,  Dalmatien,  ferner  Kroatien  und  Slavonien,  zu  nennen, 
wo  nach  C.  0.  Czech*)  der  wilde  Hopfen  in  einer  enormen  Individuen- 
zahl auftritt.  Von  dieser  Art  stammt  der  Kulturhopfen,  dessen  Frucht- 
stände oder  Kätzchen  seit  alter  Zeit  das  zur  Würzung  des  Bieres  ver- 
wendete Rohmaterial  darstellen.  Ob  eine  in  Japan  vorkommende  Varietät, 
der  herzblättrige  Hopfen  [Humulus  Liqmlus  var,  cm-difolius  Miquely 
auch  als  Art  betrachtet),  daselbst  zu  Brauereizwecken  dient,  ist  nicht 
sicher  festgestellt,   wohl  aber  sehr  wahrscheinlich,   da  die  Fruchtzapfen 


h)  Die  Früchte  der  Valonea-Eichen  dienten  schon  im  Altertum  in  Griechenland 
als  Nahrungsmittel  {cp7jyo^]  und  werden  auch  jetzt  noch  in  den  Heimatländern  roh 
oder  geröstet  genossen.  Unger,  Bot.  Streifzüge  auf  dem  Gebiete  der  Kulturgeschichte 
(Sitzgsber.  d.  Wiener  Akademie). 

2)  Böhmer,  1.  c,  II,  p.  294. 

3)  F.  Ebert,  1.  c,  p.  24. 

4)  Allg.  Hopfen-Zeitung,  -1878,  II,  p.  497,  zit.  nach  Braungart,  s.  Note  2  auf 
p.  836. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  835 

dieselben  würzenden  Bestandteile  aufweisen  wie  unser  Hopfen.  Dagegen 
ist  der  Gebrauch  der  Zapfen  von  H.  japonicus  wegen  ihrer  großen 
Armut  an  den  spezifischen  sekretführenden  Drüsen  wohl  nahezu  aus- 
geschlossen. 

Die  Kultur  des  Hopfens  umfaßt  in  Europa  und  Nordamerika  eine 
Anbaufläche  von  118000  hai]  mit  einem  Ernteertrag  von  über  1  Million 
Meterzentner.  An  der  Anbaufläche  nehmen  das  Deutsche  Reich  mit  27,  das 
ehem.  Österreich-Ungarn  mit  8,3,  England  mit  26,  Belgien,  Holland,  Ruß- 
land und  Frankreich  zusammen  mit  12,6,  die  Union  mit  25  und  Australien 
1  Proz.  teil.  Bestimmte  Bezirke  der  hopfenbauenden  Länder  haben  sich 
infolge  der  daselbst  gewonnenen  ausgezeichneten  Produkte  zu  wahren 
Zentren  dieser  Kultur  herangebildet,  und  dies  gilt  vor  allem  von  Böhmen 
und  Bayern.  In  Böhmen  2)  sind  es  die  Gebiete  von  Saaz-Rakonitz  (Saazer 
Kreis-,  Bezirks-  und  Stadthopfen),  Auscha-Leitmeritz  (der  berühmte 
Rothopfen,  Dauba-Melnik  (Grünhopfen)  und  Auscha-Polepper  Platte;  in 
Bayern  die  Gebiete  von  Spalt  (Spalt  Land,  Spalt  Stadt),  Kinding  und 
Betzenstein,  die  den  vorzüglichsten  Hopfen  produzieren  und  deren 
Qualitäten  den  Weltmarkt  beherrschen.  Die  nicht  minder  vortreffliche 
englische  Ware  bleibt  im  Erzeugungslande,  das  für  seinen  großen  Bier- 
bedarf noch  fremden  Hopfen  importieren  muß.  Die  Mittelpunkte  des 
Hopfenhandels  sind  den  Kulturstätten  entsprechend  die  Städte  Saaz, 
Nürnberg,  London  und  New- York.  Nach  einer  von  B.  Erben 3)  auf- 
gestellten Wertschätzungsskala  rangieren  die  Hopfen quali täten  in  bezug 
auf  ihre  Güte  folgendermaßen:  altböhmischer  Rothopfen,  Spalt,  Kent, 
Auscha,  Neutomischl,  Württemberg,  Baden,  Dauba,  Aischgrund  und  Hers- 
bruck,  Sussex,  Burgund,  Elsaß,  Aloest  (Belgien),  Rußland. 

Zur  Kultur  M  werden  selbstverständlich  nur  die  weiblichen  Pflanzen 


-1)  Frant.  Chodounsky,  Über  die  "Wertschätzung  des  Hopfens  nach  dessen 
äußeren  Eigenschaften.  Verlag  des  Ver.  z.  Gründg.  u.  Erhaltg.  der  Versuchsanstalt 
f.  Brauindustrie  in  Böhmen.     Prag  1898,  p.  5. 

2)  Außer  Böhmen  sind  in  Österreich  noch  als  Hopfenproduktionsgebiete  zu  be- 
zeichnen: das  Mühlviertel  in  Oberösterreich  (Lembach,  Neufelden,  Rohrbach),  Oststeier- 
mark (Fehring,  Feldbach,  Fürstenfeld  usw.)  und  Südsteiermark-Sanntal  (Cilli,  Fraaz, 
Oberburg),  ehemals  auch  das  Gebiet  Trschitz  in  Mähren  (Leipnik,  Olmütz  und  Prerau). 
Nach  der  Min.-Verordnung  1907  (Anhang  zum  Kapitel  Hopfen  und  Malz  im  Codex 
alimentarius  austriacus,  Bd.  HI).  Daselbst  ist  die  Abgrenzung  der  böhmischen  Hopfen- 
produktionsgebiete anders  angegeben,  als  oben  im  Texte,  wo  die  wichtigsten  Stadt- 
gebiete angeführt  sind. 

3)  Nach  Chodounsky,  1.  c,  p.  7. 

4)  E.  Große,  Der  Hopfen  in  botanischer,  landwirtschaftlicher  und  technischer 
Beziehung.  Mit  78  Fig.  Wien  1899  und  1909.  H.  Myrick,  The  Hop,  its  culture, 
eure,  marketing  and  manufacture,  London  (n.  d.).  —  Günzel,  Der  Saazer  Hopfenbau, 

Saaz  ,1904.  Fr.  Wagner,   Die  bayrischen  Hopfensorten.      Mit  33  Taf.  u.  Abbild. 

Stuttgart  1905. —  Fruwirth,  Hopfenbau  und  Hopfenbehandlung,  2.  Aufl.,  Berlin  1908. 

53* 


335  Zweiundz\Yanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

genommen;  den  Gegenstand  der  Ernte  bilden  die  Fruchtstände  mit  voll- 
kommen  erwachsenen  Blättchen  i).     Die   einzelnen   Fruchtstände    (botan. 
Kätzchen,  im  Handel  Hopfenzapfen,  Hopfendolden,  Trollen,  Köpfe,  Kolben^ 
Häupter  2)  genannt),  erreichen  eine  Länge  von  2 — 5  cm  und  eine  Breite 
von  1,5 — 2,5  cm;  feine  Sorten  sollen  nicht  mehr  als  3,5  cm  lang  werden^). 
Die  Farbe    des  Hopfens   w'wd   nach  Ghodounsky  durch  die  Witterung 
zur  Zeit  der  Reife  und  der  Ernte,   durch  den  Reifegrad,  durch  die  Art 
des  Trocknens  und   der  Lagerung  bedingt.     »Ein  reifer  Edelhopfen  hat 
eine    gelbliche    Grundfarbe,    ist    rötlich-goldgelb    mit    sattgrünem   Stich. 
Reingrüne   Hopfen    mit    satterem   Stich   verraten 
eine  vorzeitige  Ernte,   worauf  auch  die  geringere 
Menge  Hopfenmehl  hinweist.     Wenn  die  Dolde  in- 
folge   schlechten  Wetters    und  Wind    durch  An- 
schlagen  an  die  Drähte  oder  Stangen  (oder  durch 
Hagelwetter)  Verletzungen  erlitten  hat,  dann  zeigt 
sie  Flecken    von    rötlicher   bis    ziegelroter  Farbe, 
wodurch  die  Qualität  des  Hopfens  wohl  nicht  be- 
einträchtigt wird,  doch  hat  ein  Hopfen  mit  vielen 
solchen  Dolden  ein  etwas  mangelhaftes  Aussehen« 
Fig.  291.  Ein  Fruchtstand       (Gho d ounsky).    Fig.  291  Zeigt  einen  Fruchtstaud 
(»Hopfendolde«)  von  Saazer      (jgj.  besten  böhmischen  Hopfeusortc  (Säazer  Stadt- 
(Chtdlunsky.)  hopfcu).       An     dem    Fruchtstand     des    Hopfens 


1)  Sowohl  in  wissenschafthchen,  wie  in  den  meisten  praktischen  Werken  wird 
das  Ernteprodukt  als  »Blütenstand«  bezeichnet.  Strenggenommen  ist  das  unrichtig, 
denn  zur  Blütezeit  sind  die  Deck-  und  Vorblätter  noch  sehr  klein  und  die  Sekretdrüsen 
nicht  entwickelt.  Nur  die  Frachtstände  mit  ausgewachsenen  Blättchen 
sind  das  Objekt  der  Ernte. 

2)  Richard  Braungart,  Der  Hopfen  aller  hopfenbauenden  Länder  der  Erde 
als  Braumaterial,  nach  seinen  geschichtlichen,  botanischen,  chemischen,  brautechnischen 
physiologisch-medizinischen  und  landwirtschaftlich-technischen  Beziehungen,  wie  nach 
seiner  Konservierung  und  Packung.  München,  Leipzig,  R.  Oldenburg,  1901.  Das  sehr 
umfangreiche  Werk  enthält  so  ziemlich,  die  Gesamtliteratur  über  den  Hopfen  und 
zahlreiche  Abbildungen  von  verschiedenen  Hopfensorten.  Aus  dem  geschichtlichen 
Teile  ist  hervorzuheben,  daß  der  Verfasser  die  Osseten,  ein  kaukasisches  Gebirgs- 
volk,  angeblich  germanischen  Ursprungs,  als  diejenigen  bezeichnet,  die  zuerst  ein 
unserem  Biere  nahe  verwandtes  Getränk  dargestellt  und  zuerst  hierzu  den  (wilden) 
Hopfen  verwendet  haben.  —  Andererseits  wird  angegeben,  daß  die  Slawen  zuerst 
Hopfen  als  Bierwürze  anwendeten,  und  nach  einer  Annahme  Linnes  die  Einführung 
des  Hopfens  von  Osten  her  in  der  Zeit  der  Völkerwanderung  erfolgte.  Gegen  Ende 
des  10.  Jahrhunderts  war  der  Gebrauch  des  Hopfens  in  Rußland  allgemein  bekannt. 
Vgl.  Hehn,  Kulturpflanzen  und  Haustiere,  7.  Aufl.  (1902). 

3)  Nach  G.  Marek  sind  die  mittelgroßen  Zapfen  stets  die  wertvollsten.  Mit- 
teilungen aus  dem  landwirtsch.-physiol.  Laboratorium  und  landwirtsch.  Garten  der 
Universität  Königsberg,  1889,  Hft.  H,  p.  166—187. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


837 


lassen  sich  folgende  Bestandteile  unterscheiden:  1.  die  Fruchtspindel 
(Zapfenspindel,  von  den  Praktikern  Kamm,  Stiel,  Rippe  genannt; 
Fig.  292sp).  Sie  stellt  einen  Zweig  (vorletzter  Ordnung)  dar  und  ist 
nach  den  Hopfensorten  sehr  verschieden  gestaltet i);  sie  verläuft  niemals 
gerade,  sondern  in  stumpfen  oder  fast  rechten  Winkeln  5 — 9  mal  knie- 
förmig  hin-  und  hergebogen,  sogenannte  Spindelglieder  bildend,  und 
ist  von  einem  dichten  Filz  weißer  Haare  bedeckt.  Unterhalb  eines  jeden 
Gliedgipfels,  also  unter  dem  Knie,  befinden  sich  zwei  Insertiotisstellen 
(Fig.  2d2sp,  i)  für  zwei  Deckschuppen;  an  jedem  Giiedgipfel,  das  ist 
also  an  dem  oberen  Ende  eines  Spindel- 
gliedes, entspringen  (auf  einem  rudi- 
mentären letzten  Zweig,  der  Priman- 
achse)  zwei  Arme  mit  je  zwei  Stielchen ; 
von  diesen  stehen  die  zwei  kürzeren 
(Fig.  292  5^,  a  u.  ß)  an  der  Spindelseile, 
die  zwei  längeren  [ß'  u.  /i,)  an  der 
Deckblattseite;  mitunter  kommen  nur 
zwei  Stielchen  oder  beim  wilden  Hopfen 
auch  sechs  vor.  An  den  Stielchen  sitzen 
die  Vorblätter  mit  den  Blüten,  bzw. 
Früchten.  2.  Deckschuppen.  An  je- 
der Insertionsstelle  des  Spindelgliedes  (i) 
haften  zwei  Blätter,  die  aber  nichts 
anderes  sind  als  die  beiden  Neben- 
blätter (stipulae,  Stipeln)  eines  in  sei- 
nem Hauptteile  nicht  entwickelten  Blat- 
tes; letzteres  kann  bei  den  sogenannten 
Verlaubungen  des  Zapfens  2)  oft  in  an- 
sehnlicher Größe  auftreten.  Diese  Deck- 
nebenblätter, kurz  als  Deckschuppen  be- 
zeichnet, sind  eiförmig,  je  nach  der 
Seite,  an  der  sie  stehen,  also  nach  rechts  oder  nach  links  stärker  ent- 
wickelt und  ausgeweitet  (Fig.  292 c?^  d')^  spitz,  seltener  abgerundet,  mit 
10 — 12  auf  der  Innenseite  hervortretenden  ziemlich  kräftigen  Nerven 
versehen,  die,  enge  aneinander  parallel  verlaufend,  dem  Blatte  ein  auf- 
fällig streifiges  Aussehen  verleihen;  gewöhnlich  sind  die  Deckschuppen 
an  einer  außerhalb  der  Längsachse  gelegenen,  ebenfalls  der  Länge  nach 
verlaufenden  Partie  etwas  faltig  verknittert,  was  in  der  Zeichnung  durch 


Fig.  292.  Hopfen.  Bestandteile  der  Hopfen- 
zapfen. /und/'Fruchtschnppen  (Vorblätter) 
mit  der  spatliaähnlichen,  die  Frucht  einhül- 
lenden Falte;  d,  d',  d"Deckscliuppen(Stipula 
oder  Nebenblätter  eines  nicht  entwickelten 
Hochblattes),  d"  ein  verwachsenes  Deck- 
schnppenpaar;  sp  Teil  einer  Zapfenspindel; 
i  Insertionsstelle  einer  Deckschuppe  (d); 
a,  ß',  jh  und  ß,  ß',  ßi  die  Zweige  letzter 
Ordnung,  aufweichen  die  Fruchtschuppen  (/) 
mit  den  Früchten  sitzen;  von  dem  inneren 
Paar  ist  immer  nur  ein  Ästclien  («  oder  ß) 
sichtbar.  Die  Bezeichnung  von  sp  nach 
dem  Eichler  sehen  Diagramm  (Blüten- 
diagramme, I,  p.  61).  —  Etwas  vergrößert. 


1)  Vgl.   die   Abbildungen   in   Chodounsky,   1.  c.,   Fig.  3    und    10 — 13;    ferner 
iraungart,  Fig.  XV — XX  nach  Holzner  u.  Lermer. 

2)  Abbildungen  bei  Braungart,  I.  c,  Fig.  XXVIII— XXXIII. 


838  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

dunkle  Schattierung  angegeben  ist,  und  mitunter  findet  man  ein  Paar 
verwachsen  (Fig.  292c?"),  wodurch  auch  der  Nebenblattcharakter  ange- 
deutet wird.  Schlägt  man  die  beiden  Deckschuppen  zurück,  so  findet 
man  3.  die  Fruchtschuppen,  die  auf  den  Stielchen  a,  /i,  ß'  u.  ßi  sitzen, 
und  von  welchen  je  ein  Paar  jeder  der  zwei  Deckschuppen  entspricht. 
Die  Fruchtschuppen  (auch  Deckblätter,  Stützblätter  genannt)  sind  Vor- 
blätter und  sind  an  einem  Längsrande  umgeschlagen,  wodurch  eine  das 
zu  unterst  befindliche  Früchtchen  einhüllende  Falte  entsteht  (Fig.  292/" 
u.  /"');  nach  diesem  Verhalten  kann  man  daher  die  Fruchtschuppen  mit 
einer  Spatha  vergleichen.  An  Größe  und  Gestalt  gleichen  sie  den  Deck- 
schuppen, lassen  sich  jedoch  von  diesen  sofort  dadurch  unterscheiden, 
daß  sie  stets,  auch  wenn  die  Frucht  nicht  entwickelt  ist,  die  spathaartige 
Randfalte  zeigen  und  ferner  nur  5 — 7  Nerven  besitzen,  die  gleichfalls 
auf  der  Innenseite  des  Blattes  stärker  hervortreten.  Je  höher  die  Stellung 
der  Blattarten  auf  der  Spindel,  desto  schmäler  und  kürzer  werden  die 
Blätter.  Endlich  ist  noch  4.  die  Frucht  zu  erwähnen,  die  ein  rundes, 
bespitztes  Nüßchen  darstellt  und  von  dem  persistierenden  glockenförmigen, 
häutigen  Perigon  umhüllt  ist.  Das  Nüßchen  ist  meist  samenlos,  oft 
nur  rudimentär  oder  fehlt  auch  gänzlich. 

Nachdem  wir  nun  die  einzelnen  Bestandteile  des  Fruchtstandes 
kennen  gelernt  haben,  wollen  wir  diesen  in  toto  und  die  Anordnung  der 
Blätter  betrachten.  Da  die  Spindelglieder  in  ihrer  Richtung  abwechseln, 
so  ist  der  Fruchtstand  aus  einer  Anzahl  zweizeilig  angeordneter  Deck- 
schuppenpaare zusammengesetzt,  in  deren  Achseln  der  rudimentäre 
Primanzweig  entspringt;  dieser  trägt  nach  der  eingehenden  Disposition 
von  Eichleri)  zwei  seitliche  Vorblätter  au.  ß,  die  zu  Deckblättern  der 
Frucht,  also  zu  Fruchtschuppen  werden  2).  Zuweilen  bleibt  es  hierbei 
und  dann  sind  nur  zweiblütige  Gruppen  vorhanden;  an  den  Kultur- 
formeh  entwickelt  sich  aber  stets  auf  der  dem  Nebenblattpaare  zuge- 
kehrten Seite  noch  je  ein  neues  Vorblatt  ß'  u.  /ij ,  von  denen  jedes 
wieder  eine  Frucht  enthält.  Diese  vierblütige,  bzw.  vierfrüchtige  Gruppe 
entspricht  sonach  einem  Doppel wickel  mit  rudimentärer  Primanachse, 
von  welchem  jeder  Arm  zweifrüchtig  ist.  Wenn  sich  der  Vorgang 
nochmals  wiederholt,  entstehen  die  sechsfrüchtigen  Gruppen  3),  die  mit- 
unter beim  Wildhopfen  auftreten. 

Sowohl  die  Nüßchen  und  die  sie  umhüllenden  Perigone,  als  auch 
die  Basalteile   der  beiden  Blattarten   sind  mehr   oder  weniger  reichUch 


4)  Eichler,  Bliitendiagramme,  II,  p.  61;  daselbst  auch  Abbildungen  der  Hopfen- 
blQten  und  eines  sechsblütigen  Wickels. 

2)  Die  Fig.  292 sjo  zeigt  links  nur  das  Stielchen  ß,  da  a  nicht  sichtbar  ist;   da- 
gegen rechts  das  Stielchen  «,  welches  das  dazugehörige  ß  verdeckt. 

3)  Eichler,  1.  c,  p.  62, 


Zweiimdzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


839 


mit  sehr  kleinen,  goldgelben,  glänzenden  Körnchen,  den  spezifischen 
Hopfendrüsen,  bestreut,  die  durch  Ausschütteln  (und  Abbürsten)  der 
Hopfenzapfen  gesammelt  werden  und  das  Hopfenmehl  oder  Lupulin 
geben. 

Im  anatomischen  Bau  verhalten  sich  Deck-  und  Fruchtschuppen 
nahezu  gleich  i).  Die  Fruchtschuppe  setzt  sich  aus  den  beiden  Epidermis- 
platten  und  dem  an  Randflächen  einschichtigen  Mesophyll  zusammen. 
Die  Epidermis  der  Innenseite  (Fig.  293 ep)  besitzt  stark  kutikularisierte, 
wellig   buchtige   Zellen,     die    im   Querschnitt   (Fig.  294  ep)    quadratisch 


Fig.  293.    Vergr.  400.    Flächenansicht  einer  Partie  der  FrncMscliuppe  des  Hopfens  von  der  Innenseite. 
ep  Oberiaut,   me  Schwamraparencliym   mit  Chlorophyllkörnclien,  h  Haare,   //  Ansatzstellen   von   (abge- 
fallenen) Haaren,  d  Drüse,  d'  Änsatzstelle  einer  solclien. 


oder  —  dort,  wo  sie  einen  Nerv  überziehen  —  radialgestreckt  er- 
scheinen; die  Außenwand  ist  konvex  emporgewölbt  und  stärker  als  die 
anderen  Wände.  Die  Zellwände  sind  verholzt.  An  zahlreichen  Stellen 
entspringen  kürzere  oder  längere,  dünn-  bis  derbwandige,  einzellige,  nicht 
verholzte  Haare  mit  breitem  Fußteil  (Fig.  293  u.  294/^),  ferner  Drüsen, 
über  welche  unten  Genaueres  mitgeteilt  wird.  Die  Epidermiszellen  der 
Außenseite  sind  ebenfalls  wellig  buchtig,  im  Querschnitt  länger  und 
schmäler,  mehr  rechteckig,  an  der  Außenwand  nicht  hervorgewölbt,  mit 


i)  Über  Anatomie  des  Perigons,  der  Decii-  und  Fruchtschuppen  vgl.  Lermer 
und  Holzner,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Hopfens.  Zeitschr.  f.  d.  ges.  Brauwesen, 
XV,  i&9^. 


840 


ZweiundzwanziKster  Abschnitt.     Früchte. 


dünneren  Wänden  versehen  (Fig.  294  ep').  Haare  und  Drüsen,  erstere 
oft  rechtwinkelig  abgebogen,  sind  ebenfalls  vorhanden.  Die  an  der  Innen- 
seite vorspringenden  Nerven  enthalten  nebst  dickwandigen,  gestreckten 
Zellen  Bastfasern  und  Spiralgefäße;  die  Anordnung  der  Strangteile  ist 
an  Fig.  294  O  ersichtlich.  Jene  (gewöhnlich  3—4)  Oberhautzellen  der 
Außenseite,  die  dem  Gefäßbündel  anliegen,  sind  durch  Verholzung  aus- 
gezeichnet, die  übrigen  geben  die  Phlorogluzin -Salzsäurereaktion  nicht. 
Spaltöffnungen  treten  nur  höch'st  selten  auf.  Das  Mesophyll  ist  ein  dünn- 
wandiges, großlückiges  Schwammparenchym,  das  Chlorophyll,  Gerb- 
stoff und  Kalziumoxalatdrusen  führt;  letztere  sind  in  den  Deckschuppen 
viel  reichlicher  enthalten.  Von  Braungart  (1.  c,  p.  191)  wird  auch 
das  Vorkommen  von  zahlreichen  Milchröhren,  bzw.  Sekretgängen  ange- 
geben; ich  finde  nur,  daß  schmälere  dünnwandige  Zellen,  die  als  Sekret- 
zellen  aufzufassen  sind,   die  Gefäßbündel  begleiten;    in  der  Spindel  sind 


{ 


Fig.  294.     Vergr.  400.    Partie  eines  Querschnittes  durch  eine  Fruclitschuppe  (VorWatt)  des  Hopfens  mit 
einem  Hauptnerven.     ep  Oberhaut  der  Innenseite,   ep'  die  Skt  Außenseite,  /;  Haare,   d  Drüsen,  6  Bast- 
fasern, s  Siebteil,  G  Gefäßteil.     In  Kalilauge  erwärmt. 


Der  Gerbstoff  kommt  in  einzelnen 
Zellen  oder  in  Zellgruppen  vor,  auch  in  der  Oberhaut  scheint  Gerbstoff 
vorhanden  zu  sein. 

Das  Perigon  besitzt  zartwandige,  buchtige  Oberhautzellen,  am  Basal- 
teile aber  gestreckte,  gerade,  derbwandige  und  reich  getüpfelte  Zellen; 
das  innere  Gewebe  ist  nur  mehr  undeutlich,  geschrumpft.  Die  Frucht- 
schale des  Niißchens  ist  von  Steinzellen  gebildet,  die  darmähnlich  ge- 
wundene Wände  (wie  die  Früchte  der  Labiaten)  besitzen.  Der  nur  selten 
entwickelte  Same  hat  ein  zartzelliges,  ölführendes  Nährgewebe  und  einen 
ebenfalls  ölführenden  Keim. 

Holzner  unterscheidet  drei  Hauptdrüsenformen  des  Hopfens:  die 
Köpfchendrüsen  auf  den  Deck-  und  Fruchtschuppen  (auch  auf  Laub- 
blättern), die  scheibenförmigen'  und  die  becherförmigen  Drüsen.  Die 
wichtigsten  derselben,  die  in  dem  Fruchtstand  des  Hopfens  vor- 
kommen, sind  die  becherförmigen  Drüsen.    Diese  großen  Hopfendrüsen 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


841 


oder  Lupulinkörner  1]  (Fig.  295)  sind  130 — 250 /<  im  Durchmesser  be- 
tragende, im  eingetrockneten  Zustande  unregelmäßige  Körper,  deren  Bau 
nach  Entfernung  des  Sekretes  durch  Einlegen  in  Alkohol  (und  Erwärmen) 
oder  in  Äther,  Chloroform  klar  wird.  Diese  Drüsen  entstehen  durch  Ver- 
größerung und  Ausstülpung  einer  Epidermiszelle,  die  durch  eine  Querwand  2) 
in  zwei  Zellen  geteilt  wird.  Daraufgliedern  sich  die  Fußzellen  ab;  in  der 
oberen  größeren  Abteilung  entsteht  durch  Längs-  und  Querteilungen  ein  aus 
Zellen  gebildeter  flacher  Becher.  Nun  erfolgt  die  Bildung  und  Aufspeiche- 
rung des  Sekretes;  die  auf  den  Becherzellen  liegende  Kutikula  wird  von  dem 
neuentstandenen  Sekret  aufgehoben,  emporgewülbt  und  auf  diese  Weise  ein 
Körper  geschaffen,  der  aus 
zwei  Halbkugeln  oder  sehr  -'*'    \ 

stumpfen    Kegeln    zusam- 
mengesetzt  erscheint;    die        /'  '"^ 
untere     Hälfte     entspricht       : 
den  Becherzellen,  die  obere, 
mitunter  noch   die  Zellab- 
drücke^)  zeigend,  stellt  die                      ^_ 
abgehobene  zarte  Kutikula 
dar,  die  durch  Einwirkung 
von   Kali    sofort    zerplatzt 
und    eine   dichte,    feinkör- 
nige   Emulsion     ausfließen 
läßt;     in     den     trockenen 
Drüsen,  deren  Inhalt  schon 
dicker  und  kleiner  gewor- 
den ist,  ist  die  KutikularhüUe  eingebogen,  eingestülpt,  ja  man  beobachtet 
sogar  anscheinend  leere  Becher.     Der  Inhalt  der  Drüsen  ist  goldgelb. 
Solche    goldgelbe    Massen    findet    man   aber    auch    auf   den   Frucht- 


P'PcM 


Fig.  2U5.     Vergr.  200.     Hopfendrüsen  (Lupulin)  in  Alkohol. 


i)  Flückiger  and  Hanbury,  Pharmacographia,  p.  554.  —  Flückiger, 
Pharmakognosie,  2.  Aull.,  p.  229.  Vog!,  Kommentar  usw.,  p.  4-10  und  Atlas  zur 
Pharmakognosie,  Taf.  59.  —  J.  Moeller,  Pharmakognoslischer  Atlas  (1892),  Taf.  X, 
p.  39  und  in  Realenzyklopädie  d.  ges.  Pharm.,  2.  Aufl.,  VI,  p.  417;  VIII,  p.  359.  — 
Homann,  Allg.  Hopfen-Ztg.,  1875,  p.  106,  zit.  nach  Braungart.  —  Braungart, 
1.  c.  —  Arthur  Meyer,  Wissensch.  Drogenkunde,  II,  p.  458 — 461.  — •  Über  die  Ent- 
wicklungsgeschichte: Trecul,  Ann.  d.  scienc.  nat.  ser.  3,  vol.  I,  p.  299.  —  Rauter, 
Denkschr.  d.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  math.-naturw.  Kl.,  XXXI.  —  Holzner  und 
Lermer,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Hopfens.  Zeitschr.  f,  d.  ges.  Brauwesen,  1893, 
XVI  (Separatabdr.,  p.  1—4).  —  De  Bary,  Vergl.  Anatomie,  p.  101. 

2)  Nach  Holzner;  nicht  durch  eine  Längswand,  wie  Rauter  angibt. 

3)  Braungart  findet  »keine  Spuren  von  Zellenlinien  darin,  wie  man  sie  immer 
in  Bildern  dargestellt  findet«  (1.  c,  p.  226).  In  den  Alkoholpräparaten  sind  sie  aber 
sehr  deutlich  zu  sehen. 


842  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

schuppen  unter  der  Oberhaut;  es  ist  daher  die  Angabe  Braungartsi), 
daß  die  Hopfenschuppen  innere  Flächendrüsen  besitzen  (deren  Sekret 
wahrscheinUch  dem  der  Lupulinkürner  gleich  ist),  vollständig  richtig. 
Ob  die  mitunter  auf  der  Oberhaut  liegenden  Sekretmassen  von  einer 
äußeren  sezernierenden  Fläche  herrühren  oder  aus  Lupulinkornern  aus- 
geflossen sind,  kann  ich  nicht  entscheiden.  Eine  über  die  gelbe  Masse 
gelagerte  (durch  sie  emporgehobene)  Kutikula  ist  nicht  zu  beobachten. 
Das  eigentümliche,'  goldgelbe  Sekret  der  Becherdrüsen  (und  wohl 
auch  der  Flächendrüsen)  ist  aus  mehreren,  noch  nicht  durchweg  genau 
bestimmten  Substanzen  zusammengesetzt.  Nach  Payen  und  Chevalier^] 
enthält  es  2,0  Proz.  ätherischen  Öls,  55  Proz.  Hopfenharz,  -10,39  Proz. 
Hopfenbitter,  5  Proz.  Gerbsäure  und  32,7  Proz.  andere  Stoffe;  Joes  hat 
noch  i  0  Proz.  Wachs  gefunden.  Durch  Destillation,  gewinnt  man  aus 
dem  Hopfen  0,5 — i  Proz.,  aus  dem  Lupulin  3  Proz.  ätherischen  Öls^); 
das  aus  dem  Lupulin  gewonnene  ist  wegen  seines  weniger  angenehmen 
Geruches  minderwertig.  Das  ätherische  Öl  ist  farblos  oder  hellgelb 
bis  rotbraun,  dünnflüssig,  verdickt  sich  nach  längerer  Zeit,  besitzt  einen 
aromatischen  Geruch  und  schmeckt  nicht  bitter,  aber  brennend.  Spez. 
Gew.  =  0,855  — 0,880,  Drehungswinkel  an,  fast  inaktiv  oder  schwach 
links-  oder  rechtsdrehend.  In  Alkohol  sehr  schwer  löslich.  Chapman^) 
bezeichnet  als  Bestandteil  des  ätherischen  Öles  das  Humuli n,  von  dem 
Semler  und  Mayer  nachwiesen,  daß  es  Myrcen  ist;  zwei  Drittel  des 
Hopfenöles  bestehen  aus  Garyophyllen  (von  Chapman  Humulen 
genannt);  daneben  sind  noch  sauerstoffhaltige  Anteile  vorhanden  und 
aus  diesen  (von  Personne  1854  Valerol  genannt)  soll  Valeriansäure^) 
entstehen,  die  dem  alten  Hopfen  den  bekannten  unangenehmen  Geruch 
verleiht.  Der  zweite  wichtige  Bestandteil  des  Hopfens  ist  das  Hopfen- 
bitter oder  die  Hopfenbittersäureß),  C2gH460io,  die  durch  Säuren  in 
Lupuliretin  (C10H16O4)  und  in  Lupulinsäure  (C48H82O19)  gespalten  wird; 
sie  ist  giftig,  doch  ist  der  daraus  durch  Oxydation  entstandene,  im  Bier 
enthaltene  Körper  ohne  giftige  Wirkung;  diesem  Körper  verdankt  das 
Bier  den  bitteren  Geschmack.  Nicht  minder  wichtig  für  das  Bier  ist 
das  Hopfenharz  (CioHieOg -{- H2O).    Hayduk,  Foth  und  Windisch^) 

>l)  I.  c,  p.  22-1   u.  Fig.  LXV.  2)  Journ.  de  Chim.  med.  2,  p.  527. 

3)  Gildemeister,  1.  c,  li,  p.  Slig,  Das  Öl  scheint  zuerst  im  Jahre  -1821  destil- 
liert worden  zu  sein. 

4)  Journ.  ehem.  Soc.  ■»903,  p.  505;  zit.  nach  Gildemeister. 

5)  Personne,  Compt.  rend.  38,  p.  309. 

6)  Lermer  in  Dinglers  polytechn.  Journal,  169,  p.  54.  Ausführliche  Mittei- 
lungen über  die  Hopfenbittersäuren  bringt  R.  Silier,  Zur  Chemie  des  Hopfens,  Zeitschr. 
f.  Unt.  d.  Nähr.  u.  Gen.  XVm,  1909,  p.  241—271. 

7)  König,  Die  menschl.  Nahrungs-  und  Genußmiltel,  p.  833;  daselbst  auch  aus- 
führliche Literaturangaben.  —  Braungart,  1.  c,  p.  290 ff.  Über  die  zahlreichen 
Hopfensurrogate  siehe  ebendaselbst  p.  308  ff. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  843 

haben  drei  Sorten  von  Harz,  ein  weiches  a-,  ein  weiches  /^-Harz  und 
ein  festes  Harz  unterschieden;  die  beiden  weichen  Harze  verhindern  die 
Entwicklung  der  Milchsäurebakterien,  die  die  Güte  des  Bieres  ungünstig 
beeinflussen.  Diese  drei  Harze  hat  W.  Wülmer^)  näher  untersucht. 
Das  a-Harz  wird  Humulon  genannt,  ist  zu  2 — 6  Proz.  enthalten  und 
hat  die  Formel  C21H30O5.  Das  /^-Harz  heißt  Lupulon,  zu  8 — 12  Proz. 
mit  der  Formel  G25H36O5.  Das  dritte  Harz  (y-Harz),  zu  2 — 4  Proz.,  dürfte 
ein  Gemenge  von  Oxydationsprodukten  und  vielleicht  auch  von  Poly- 
merisationsprodukten der  beiden  ersten  sein.  Wülmer  gibt  auch  ein- 
gehenden Aufschluß  über  das  Humulon.  Außerdem  enthält  der  Hopfen 
Gerbsäure,  Asparagin,  Lecithin  (woraus  das  Cholin  entsteht)  und  angeblich 
ein  Alkaloid  Hop  ein,  welches  narkotisch  wirkt,  aber  nur  in  sehr  geringen 
Mengen  (0,05  Proz.)  im  Hopfen  vorkommt.  Nach  neueren  Untersuchungen 
soll  das  Alkaloid  nur  in  dem  Samen  enthalten  sein  2).  Im  Jahre  i  91 3 
veröffentlichten  Fr.  B.  Power,  Fr.  Tutin  und  H.  Rogerson^)  Unter- 
suchungen über  die  Bestandteile  des  Hopfens,  deren  Ergebnisse  von 
denen  früherer  Untersucher  bedeutend  abweichen  und  auch  zur  Auf- 
stellung neuer  chemischer  Individuen  Veranlassung  gaben.  Das  alko- 
holische Extrakt  ergab  ein  dunkelgrünes  öliges  Harz  (14,1  Proz.  von 
dem  Gewicht  des  verwendeten  Hopfens),  aus  dem  folgende  Verbindungen 
isoliert  werden  konnten:  1 .  Cerylalkohol  (G07H56O),  bekanntlich  der  Haupt- 
bestandteil des  chinesischen  Wachses.  —  2.  Hentriakontan  [C^iH^i)^]. 
—  3.  Phytosterol  (C27H46O).  —  4.  Phytosterolin  (Phytosterolglykosid, 
C.;3H5g02).  —  5.  Mischung  von  flüchtigen  Fettsäuren,  wie  Ameisen-, 
Essig-,  Butter-,  Valerian säure  usw.  —  6.  Gesättigte  und  nicht  gesättigte 
nichtflüchtige  Säuren,  wie  Palmitin-,  Stearinsäure,  auch  Cluytinsäure 
(C21H42O2).  —  7.  Eine  neue  kristallisierte  Phenol  Verbindung  von  lichter 
Rehfarbe  und  bitterem  Geschmack,  die  die  Verfasser  Humulol  (C17H18O4) 
nennen,  und  aus  der  durch  Hydrolyse  eine  Säure  (C15HJ4O5)  und  p-Hydroxy- 
benzaldehyd   gewonnen  wurde.  —  8.  Eine  neue,    ebenfalls  kristallisierte 


1)  Über  die  Bitterstoffe  des  Hopfens.  Ber.  Deutsch.  chem.'Gesellsch.,  IL,  -1916, 
p.  780—794. 

2)  Handtke  und  Kremer  (»Enthält  der  Brauhopfen  ein  Alkaloid?«.  Sett  of 
Brewing,  1900,  p.  83.  —  Apoth.-Ztg.,  Berlin,  XV,  -1900,  p.  747)  haben  die  Bestand- 
teile des  Hopfens,  und  zwar  die  Samen,  die  Deck-  und  Fruchtschuppen  und  das 
Lupulin  einzeln  für  sich  untersucht  und  nur  in  den  Samen  ein  nicht  flüchtiges  Alka- 
loid in  Form  nadeiförmiger,  leicht  zerfließliclier  Kinstalle  vom  Schmelzpunkte  90 — 92" 
gefunden.     In  den  übrigen  Teilen  des  Hopfens  ließ  sich  kein  Alkaloid  nachweisen. 

3)  The  Constituents  of  Hops.  The  Wellcome  Chem.  Res.  Laborat,  London 
No.  154,  Transact.  of  the  Chem.  Soc,  Vol.  103,  1913,  p.  1267,  die  zitierte  Stelle 
p.  1291. 

4)  Vgl.  darüber  Journ.  of  the  Chem.  Soc,  London  1902,  nach  Index  Phyto- 
chemicus  1905,  p.  78. 


344  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Phenolverbindung,  Xanthohumol  (C13H14O3),  geschmacklos  und  von 
orangegelber  Farbe.  —  Der  bittere  Geschmack  des  Hopfens  rührt  nicht 
von  einer  Substanz  her,  etwa  von  der  sogenannten  Hopfenbittersäure 
oder  Lupulinsäure,  sondern  von  mehreren,  meist  amorphen  Produkten, 
von  denen  einige  im  Wasser  lüslich  sind,  während  andere  Bestandteile 
des  Harzes  sind,  wie  das  bitter  schmeckende  Humulol.  Die  Unter- 
scheidung des  gesamten  Harzmaterials  in  «-,  ß-  und  7- Harz  halten  die 
Autoren  für  irreführend,  weil  das  »Harz«  sich  aus  einem  viel  größeren 
Komplex  von  verschieden  charakterisierten  Stoffen  zusammensetzt. 

Die  größte  Verwendung  erfährt  der  Hopfen  bei  der  Bierbereitung, 
Die  Wirkungen  bei  der  Bierbereitung  bestehen  nach  König  in  folgendem: 
1 .  Die  Gerbsäure  des  Hopfens  fällt  die  Eiweißstoffe  aus  der  Würze  und 
wirkt  dadurch  konservierend  auf  das  Bier.  2.  Das  Hopfenharz  verhindert 
die  Milchsäuregärung.  3.  Das  Hopfenöl  erteilt  dem  Biere  einen  angenehmen 
Hopfengeruch,  das  Harz  und  das  Hopfenbitter  einen  angenehmen  bitteren 
Geschmack. 

Die  abgesiebten  Hopfendrüsen  (glandulae  Lupuli,  Lupulin)  werden 
medizinisch  benutzt. 

6.  Steriianis. 

Der  Sternanis  oder  Badian  i)  ist  eine  in  Europa  seit  dem  sechzehnten 
Jahrhundert  bekannte  Droge,  die  von  dem  englischen  Reisenden  Sir 
Thomas  Cavendish  um  das  Jahr  1588  von  den  Philippinen  nach 
London  gebracht  worden  war.  Anfänglich  wurde  sie  vornehmlich  nur 
medizinisch  benutzt,  von  den  Holländern  auch  bei  der  Bereitung  des 
Tees  und  »Sorbec«  verwendet.  Gegenwärtig  kommen  große  Mengen 
dieser  gewürzhaften  Frucht  in  der  Likörfabrikation  und  überhaupt  zur 
Darstellung  des  ätherischen  Öles  in  Gebrauch.  Die  Ausfuhrhäfen  sind 
Wutschan  oberhalb  Canton  für  chinesischen,  Haiphong  in  Tonkin  für 
tonkinesischen  Sternanis.  Der  Weltmarkt  dieser  Droge  ist  Hongkong,  wa 
in  den  letzten  Jahren  180  000—780  000  kg  (pro  Jahr;  1910:  12465  cwt; 
1911:  15  314  cwt  =  777  941  kg)  zur  Ausfuhr  gelangten;  noch  größere 
Quantitäten  werden  zur  Destillation  verwendet. 

Der  Sternanis  ist  die  getrocknete  Sammelfrucht  von  Illiciimi  verum 
Hook.  fil.  (I.  anisatiim  Loiir.J,  einem  in  dem  Gebiete  Lang-son  der 
französischen  Kolonie  Tonkin  und  in  den  benachbarten  südchinesischen 
Provinzen  Yünnan  und  Kuangsi^)  kultivierten  Baume.     Die  Sammelfrucht 


1 )  Als  die  Früchte  in  Europa  bekannt  geworden  waren,  wurden  sie  Anis  de  la 
Chine,  Anis  de  la  Siberie,  Badian,  lat.  Foeniculum  sinense  genannt.  Badian  ent- 
stammt der  arabischen  Bezeichnung  Badiyan  für  Fenchel;  diesen  Namen  gebrauchte 
bereits  Pomet  in  seiner  Histoire  generale  des  Drogues,  1G94,  livre  1,  fol.  34.  —  S. 
Flückiger,  Pharmakognosie,  2.  Aull.,  p.- 883.  , 

2i  R.  Blondel,  Journ.  de  Pharm,  et  Chim.,  1889,  XX,  zit.  nach  A.  v.  Vogl, 
Kommenlar  usw.,   p.  'I3G.     Daselbst  noch  weitere  Literaturangaben  über  Vorkommen 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  845 

setzt  sich  aus  6 — 12,  zumeist  aber  aus  8,  nach  oben  oft  mit  einem 
Längsspalt  geöffneten,  rosettenartig  um  ein  Mittelsäulchen  gestellten, 
steinfruchtartigen,  einsamigen  Fruchtblättern  zusammen^);  das  6  —  9  mm 
hohe  und  etwa  4  mm  dicke  Mittelsäulchen  ist  mit  vorspringenden  Kanten 
besetzt  und  hat  die  Gestalt  eines  mit  einer  konkaven  Fläche  endigenden 
achtseitigen  Prismas.  Die  Fruchtblätter  sind  kahnförmig,  seitlich  zu- 
sammengedrückt, laufen  nach  dem  freien  Ende  hin  in  eine  fast  gerade, 
kurze  Spitze  aus,  besitzen  eine  Länge  von  13 — 20  mm,  eine  Hübe  von 
6^ — 1 0  mm^  eine  holzige  Konsistenz  und  sind  rotbraun,  an  der  freien 
Außenfläche  grobrunzelig,  dort  aber,  wo  sich  die  Früchte  gegenseitig 
berühren,  fast  glatt;  die  Fruchthühle  ist  glatt,  hellbraun  und  zeigt  eine 
Vertiefung,  das  Samenlager.  Der  Same  ist  flach,  eiförmig,  rotbraun, 
seltener  gelbbraun,  an  der  Oberfläche  glatt  und  glänzend;  eine  vertiefte 
eirundliche  graue  Stelle  zeigt  den  Nabel  an,  von  dem  eine  hervorragende 
Nabelleiste  über  den  oberen  Samenrand  verläuft.  Er  besteht  aus  einer 
spröden  Samenschale  und  einem  mächtig  entwickelten  Keimnährgewebe- 
(Endosperm),  das  den  sehr  kleinen  Keim  umschließt.  Der  an  dem  Mittel- 
säulchen haftende  Fruchtstiel  ist  bis  30  mm  lang,  an  dem  oberen  keulen- 
förmigen, verdickten  Teile  hakenförmig  gekrümmt,  längsrunzelig  und 
ebenfalls  rotbraun. 

Die  Fruchtblätter,  als  die  Träger  des  ätherischen  Öles,  haben  einen 
sehr  angenehmen  aromatischen  Geruch  nach  Anis  und  einen  angenehmen 
süßlichen  Geschmack;  die  Samen  sind  geruchlos. 

Sehr  ähnlich  sehen  dem  beschriebenen  echten  oder  chinesischen 
Sternanis  die  Früchte  einer  in  Japan  vorkommenden  Art  von  Illicium, 
welche  Art  deshalb,  weil  sie  in  der  Nähe  der  buddhistischen  Tempel  häufig 
gepflanzt  wird,  I.  religlosum  Sieh,  et  Ziicc.  (I.  anisatum  L.^  I.  japo- 
nicum  Sieh.)  genannt  worden  ist.  Der  japanische  Name  lautet  Skimmi, 
Sikimmi,  Sikkimi  noki2).  Der  japanische  Sternanis  ist  giftig ^j  und  Ver- 
wechslungen des  echten  mit  der  japanischen  Frucht  sind  wiederholt  be- 
obachtet worden  4).     Solche  Verwechslungen  sind  nun  leicht  möglich,  weil 


und  Verbreitung  des  Sternanisbauines.  —  Ausführliches  über  den  Anbau  usw.  be- 
richtet A.  Chevalier  im  Journ.  d'Agricultur«  tropicale,  14,  1914,  p.  40.  (Zit.  nach 
Schimmel  &  Co.,  Der.  April  igiA,  p.  91.) 

\)  In  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien  (III,  2,  Fig.  MC)  ist  eine  Frucht  mit 
1  3  Karpellen  abgebildet. 

2)  Nach  Eykman  soviel  als   »schädliche  Frucht«. 

3)  Auch  die  übrigen  Arten  von  Illicium  sind  giftig. 

4)  Solche  Verwechslungen  sind  in  Tokio,  Leuwarden  und  Altona  vorgekommen; 
die  toxische  Wirkung  zeigt  sich  in  dem  Auftreten  tetanischer  Krämpfe.  Vgl.  darüber 
Eykman,  Illicimyi  religioswn  Sieh.,  its  poisonous  constituent,  and  essential  and 
fixed  oils.  The  Pharm.  Journ.  and  Transact.,  XI,  -1046  u.  1066.  —  Seit  1908  kommt 
wieder  Sternanis  mit  den  giftigen  Früchten  vermischt  im  Handel  vor  und  Plahl 
konnte  sogar  einen  Gehalt  von  47  Proz.  derselben  in  der  Handelsware  feststellen. 


846  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

sowohl  die  äußeren  Kennzeichen  der  beiden  Fruchtarten  nur  sehr  geringe 
Unterschiede  bieten,  als  auch  die  histologischen  Merkmale  keine  besonders 
auffälligen  Anhaltspunkte  geben,  um  die  beiden  Arten  mit  hinlänglicher 
Sicherheit  auseinanderhalten  zu  können.  Hat  man  von  beiden  Früchten 
größere  Mengen  zum  Vergleich  zur  Verfügung,  so  ist  es  allerdings  nicht 
schwierig,  den  echten  Sternanis  von  dem  japanischen  zu  unterscheiden. 
Im  allgemeinen  ist  der  letztere  kleiner,  weniger  hol.zig,  die  Karpelle  sind 
nur  12 — 13  mm  lang  und  bis  8  mm  hoch,  meist  etwas  dicker  und 
bauchig,  sie  klaffen  stärker  und  ihre  Spitze  ist  stärker  und  fast  haken- 
förmig aufwärts  gebogen;  der  Same  ist  weniger  zusammengedrückt, 
meist  hellbräunlichgelb  und  besitzt  eine  warzen-  oder  knopfförmig 
endigende  Samenleiste.  Das  beste  Unterscheidungsmittel  bieten  die 
physiologischen  Kennzeichen:  die  Sikimmifrüchte  riechen  nicht  nach 
Anis,  sondern  eigentümlich  aromatisch-balsamisch,  an  Kardamomen 
erinnernd,  und  schmecken  zuerst  sauer,  dann  bitter  i).  Aus  dem  hier 
Mitgeteilten  ergibt  sich,  daß  es  nicht  gut  möglich  ist,  einzelne  Sikimmi- 
karpelle  unter  echtem  Sternanis  an  ihren  morphologischen  Merkmalen 
zu  erkennen.  Tschirch  und  Laur6n  geben  ein  Verfahren  an,  um  aus 
dem  Vorhandensein  des  Anethöls,  aus  dem  das  ätherische  Sternanisöl 
größtenteils  besteht,  auf  echten  Sternanis  schließen  zu  können;  denn 
die  Sikimmi  enthalten  kein  Anethol.  »Man  zerbricht  die  zu  untersuchen- 
den Karpelle  in  kleine  Stückchen,  entfernt  die  Samen,  bringt  die  zer- 
kleinerten Karpelle  in  ein  Probiergläschen  und  kocht  mit  1 — 2  ccm 
Alkohol  einige  Minuten.  Dann  dekantiert  man  in  ein  anderes  Probierglas 
und  verdünnt  mit  Wasser.  Die  Sikimmifrüchte  geben  hierbei  eine  klare 
Flüssigkeit,  während  der  alkoholische  Auszug  des  echten  Sternanis  vom 
ausfallenden  Anethol  milchig  trübe  ist.  Läßt  man  die  alkoholischen 
Auszüge  auf  zwei  Uhrgläsern  verdampfen,  so  gibt  Sikkimi  schön  aus- 
gebildete Kristalle  von  Sikkiminsäure(?)  in  großer  Menge,  der  echte 
Sternanis  dagegen  nur  sehr  kleine  undeutliche  Kristalle  oder  gar  keine.  «2) 
Die  Histologie  des  Sternanis  und  seines  giftigen  Surrogats  3)  ist  viel- 
fach  studiert  worden;   die   ausführlichen  Arbeiten   von    Tschirch   und 


1 )  Von  anderen  Forschern  wird  der  Geruch  der  Sikkimi  mit  dem  des  Kampfers 
und  Lorbeeröles  verglichen.  S.  Geerts,  Jahresber.  über  Pharmakognosie  von  Wulfs- 
berg, 1880,  p.  50. 

2)  Tschirch-Oesterle,  Atlas,  Taf.  55,  p.  244.  —  Über  eine  allerdings  un- 
sichere Reaktion  des  Anethöls  mit  Schwefelsäure  vgl.  Plahl  (Note  3). 

3)  Flückiger,  Pharmakognosie,  3.  Aufl.,  1891,  p.  937.  —  A.  v.  Vogl,  Kom- 
mentar usw.,  p.  187.  —  Idem,  Nahrungsmittel,  p.  465.  —  Planchon  et  G ollin, 
Les  drogues  simples  d'origine  vegetal  II,  p.  892.  —  E.  Co  Hin,  Comptes  rendus  du 
XII  congres  international  de  medecine,  Moscou  7  (19) — 14  (26)  aoüt  1897,  publie  par  le 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  847 

Das  Perikarp  des  echten  Sternanis  besitzt  eine  faltigkutikularisierte, 
aus  großen,  in  der  Fläche  polygonalen  Tafelzellen  zusammengesetzte 
äußere  Epidermis  und  eine  parenchymatische  Mittelschicht,  deren  braun- 
wandige,  grobgetüpfelte,  ziemlich  unregelmäßige  Zellen  zusammen- 
geschrumpft und  faltig  verbogen  sind;  zwischen  ihnen  sind  sehr  zahlreiche 
Sekretzellen  mit  ätherischem  Öl  und  höchst  eigentümlich  gestaltete,  mit 
Fortsätzen  versehene  getüpfelte  Steinzellen  eingestreut;  in  dieser  Schicht 
verlaufen  auch  verschieden  starke  Gefäßbündel.  Unter  der  inneren  Epi- 
dermis der  Dehiszenzfläche  besitzt  das  Mesokarp  eine  starke  Schicht 
porös  verdickter,  aber  weitlichtiger  Faser-  und  Stabzellen  mit  schwachen 
Gefäßbündeln.  Der  Abschluß  des  Perikarps  auf  der  Innenseite  bildet 
ein  Endokarp,  das  an  der  Dehiszenzfläche  und  am  Samenlager  ein  ver- 
schiedenes Verhalten  zeigt.  Am  letzteren  besteht  es  nur  aus  einer 
Palisadenepidermis,  deren  Zellen  säulenartig,  zur  Perikarpfläche  senk- 
recht gestellt,  bis  600  /(  lang  sind  und  dünne  verholzte  Wände  besitzen. 
An  der  Dehiszenzdäche  hingegen  ist  die  innere  Epidermis  aus  einer 
Reihe  von  Sklerenchymzellen  zusammengesetzt,  die  am  Querschnitte 
fast  quadratisch  oder  wenig  radial  gestreckt-vierseitig  sind,  eine  stark 
verdickte  Außenwand  und  ebensolche  Seitenwände,  aber  auf  der  Innen- 
seite, wo  sie  an  die  Faser-  und  Stabzellen  angrenzen,  nur  eine  sehr 
dünne  Wand  besitzen.  Die  verdickten  Wände  sind  von  zahlreichen 
Tüpfelkanälen  durchsetzt.  Der  Übergang  von  den  Palisadenzellen  zu 
der  Sklerenchymepidermis  ist  ein  allmählicher  (zum  Unterschied  von  den 
Sikkimifrüchten).  Die  Wände  der  Sklerenchymzellen  werden  nach  und 
nach  dünner,  die  Zellen  werden  länger  und  schmäler  und  schließlich 
tritt  die  typische  Palisade  auf  (Lauren). 

comite  executif.  Sect.  IVc,  Matiöre  medicale  et  pharmacie  Moscou.  Societe  de  l'im- 
primerie  S.  P.  Yakovlev  Sallykowski  pereoulok,  9,  1898.  —  Waage,  Über  Verun- 
reinigungen der  Drogen.  Ber.  Pharmaz.  Gesellschaft,  i893,  p.  161.  —  R.  P fister. 
Zur  Kenntnis  des  echten  und  giftigen  Sternanis.  Vierteljahrsschr.  d.  naturforsch.  Ge- 
sellschaft in  Zürich,  XXXVII,  p.  313  (1892)  und  idem,  Zur  Unterscheidung  von  echtem 
und  giftigem  Sternanis.  Schweiz.  Wochenschr.  f.  Chemie  und  Pharmaz.,  1899.  — 
W.  Lauren,  Über  den  Unterschied  des  echten  und  giftigen  Sternanis.  Schweiz. 
Wochenschr.  f.  Chemie  und  Pharmazie,  1896,  Nr.  31.  —  R.  Bi ermann.  Über  Bau 
und  Entwicklungsgeschichte  der  Ölzellen  und  die  Ölbildung  in  ihnen.  Inaug.-Diss. 
Bern  1898,  p.  46.  —  Tschirch  u.  Oesterle,  Atlas.  —  W.  Lenz,  Über  die  Er- 
kennung der  giftigen  Sikkimifrüchte  im  Sternanis.  Schweiz.  Wochenschr.  f.  Cham, 
und  Pharm.,  1899,  Nr.  5  und  Pharm.  Ztg.,  1899,  Nr.  6.  —  Hartwich,  Über  den 
giftigen  Sternanis.  Schweiz.  Wochenschr.  f.  Chem.  u.  Pharm.,  1900,  p.  104  und  1907, 
Nr.  31.  —  Mo  eller,  Mikroskopie,  2.  Aufl.,  p.  381.  —  E.  Beuttner,  Giftiger  Stern- 
anis. Schweiz.  Wochenschr.  f.  Chem.  u.  Pharm.,  XLV,  1907,  p.  277—282.  —  Wil- 
helm Plahl,  Einiges  über  die  Früchte  von  Illicium  anisatiim  Loiir.  und  Illicium 
religiosum  Sieb.  Arch.  f.  Chemie  u.  Mikroskopie  (Wien)  1911,  IV,  p.  109— 125.  — 
Tschirch,  Handbuch  d.  Pharm.,  II,  2,  p.  1205ff. 


348  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Auch  die  Gewebe  des  gemeinsamen  Fruchtstieles  bieten  einige 
charakteristische  Merkmale.  Unter  der  großzelligen  Epidermis  liegt  ein 
braunes  Parenchym,  das  an  den  eigentümlichen  polymorphen  Steinzellen 
(Astrosklereiden  Tschirchs)  außerordentlich  reich  ist.  Hierauf  folgt 
eine  Reihe  von  Bast-  und  Stabzellen,  der  stark  geschrumpfte  Siebteil 
und  das  an  Spiralgefäßen  reiche  Xylem;  das  Zentrum  wird  von  dem 
Mark  eingenommen.  In  der  Mittelrinde  sind  auch  vereinzelte  Ölzellen 
anzutreffen. 

An  der  Samenschale  lassen  sich  drei  Schichten  unterscheiden,  eine 
äußere  Partie,  eine  braune  und  eine  farblose  Haut  (hyaline  Schicht).  Die 
äußere  Partie  besteht  aus  einer  dicken,  harten  und  sehr  spröden  Skleren- 
chymepidermis,  deren  Zellen  kurze,  radialgestellte,  sehr  stark  verdickte 
Palisaden  vorstellen.  Unter  dieser  Epidermis  liegt  eine  Reihe  tangential 
gestreckter,  an  der  Außenseite  stark  verdickter  Zellen,  darauf  folgen 
braune,  flachgedrückte,  grobgetüpfelte  Zellen  mit  wellig  buchtigen  Seiten, 
an  welchen  sie  durch  die  Vorstülpungen  und  durch  kurze,  dünne  oder 
breitere,  zapfenartige  Membranfortsätze  verbunden  (konjugiert)  sind,  so 
daß  überall  meist  kleine,  rundliche  Interzellularen  entstehen  (v.  Vogl). 
Die  dünne,  braune  Haut,  die  auf  die  äußere  Partie  folgt,  ist  ein  oblite- 
riertes Gewebe  großer,  zusammengedrückter,  von  der  Fläche  gesehen 
polygonaler  Zellen  mit  braunem  Inhalt.  Das  hyaline  Häutchen  liegt 
dem  Endosperm  unmittelbar  auf,  besteht  ebenfalls  aus  obliterierten  Zellen 
und  enthält  zahlreiche  farblose,  tetragonale  Prismen,  sehr  selten  Drusen 
von  Kalziumoxalat.  Das  Endosperm  setzt  sich  aus  polyedrischen,  sehr 
dünnwandigen,  farblosen  Zellen  zusammen,  die  mit  Fett,  Plasma  und 
Aleuronkürnern  erfüllt  sind.  Von  R.  Pfister  (1.  c.)  wurde  zuerst  auf 
die  Aleuronkörner  als  Unterscheidungsmittel  der  beiden  Fruchtarten  hin- 
gewiesen und  spätere  Untersuchungen  haben  dies  bestätigt.  Allerdings 
darf  nicht  außer  acht  gelassen  werden,  daß  die  Samen  nicht  selten 
unentwickelt,  geschrumpft  oder  verdorben  sind,  was  besonders  bei  den 
Sikkimi  recht  oft  der  Fall  ist.  Um  die  Aleuronkörner  gut  beobachten 
zu  können,  legt  man  die  Schnitte  in  absoluten  Alkohol  ein,  durch  den 
das  fette  Ül  entfernt  und  die  Aleuronkörner  gehärtet  werden,  oder  man 
extrahiert  die  Schnitte  mit  kochendem  Petroläther  und  färbt  mit  Koschenille- 
Glyzerin,  auch  mit  Jod-Glyzerin  oder  mit  Kongorot.  Dem  Alkohol- 
präparat läßt  man  bei  der  Beobachtung  allmähUch  Wasser  hinzufließen. 
Beim  echten  Sternanis  sind  die  Aleuronkörner  rundlich,  gerundet  eckig, 
seltener  in  die  Länge  gestreckt,  stets  lappig-höckerig,  mit  sehr  rauher 
Oberfläche;  jedes  Korn  hat  zahlreiche  Globoide,  einzelne  Körner  enthalten 
mitunter  je  ein  großes  Kristalloid.  Die  Größe  der  Körner  schwankt 
zwischen  G  und  22  m^  die  meisten  sind  13 — 17  u  lang;  einzelne  gestreckte 
Formen    luessen  bis  26  ,«  (Laurön).     In  bezug  auf  das  Vorkommen  in 


Zweiiindzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  849 

den  Zellen  findet  A.  v.  Vogl,  daß  entweder  nur  einzelne  relativ  große 
Aleuronkürner  in  einer  Zelle  enthalten  sind  oder  daß  die  Endosperm- 
zellen  dicht  gefüllt  sind  mit  diskreten  oder  zusammenhängenden  Aleuron- 
kürnern. 

Die  geringen  Abweichungen,  die  sich  im  anatomischen  Bau  der 
Sikkimi  gegenüber  dem  des  echten  Sternanis  ergeben,  sind  im  folgenden 
angeführt.  Die  Oberhautzellen  (und  Spaltöffnungen)  des  Perikarps  sind 
kleiner.  Das  Mesokarp  enthält  große,  weniger  unregelmäßig  konturierte 
Parenchymzellen  und  Komplexe  von  grobgetüpfelten  Sklerenchymzellen, 
die  aber  nicht  die  auffälligen,  mit  Fortsätzen  versehenen  Formen  auf- 
weisen wie  die  des  echten  Sternanis;  eine  einigermaßen  brauchbare 
Differentialdiagnose  ermöglicht  die  Innenepidermis.  Die  Säulenzellen  des 
Samenlagers  sind  bei  den  Sikkimi  kürzer,  nur  bis  400  /li,  meist  375  /< 
lang,  etwas  breiter  und  erreichen  die  größte  Länge  am  Grunde  des 
Samenlagers  (bei  /.  verum  am  Übergange  zur  Sklereidenepidermis  der 
Dehiszenzfläche).  Plahl  (I.e.,  p.  115)  fand  in  zahlreichen  Messungen, 
daß  die  Länge  der  Sklereiden  (Palisadenzellen)  bei  dem  echten  Stern- 
anis im  Maximum  616,  im  Minimum  360  und  im  Mittel  485  //  beträgt. 
»Die  meisten  Zellen  hatten  in  dem  vorliegenden  Falle  die  Länge  von 
465  «.  Nach  diesen  konnten  in  größerer  Anzahl  Zellen  in  der  Länge 
von  418,  441,  476,  488,  511  und  581  u  festgestellt  werden.«  »Bei  den 
Früchten  von  lUicium  i'eligiosum  zeigten  die  größten  Zellen  500,  die 
kleinsten  174//.  Im  Mittel  ergab  sich  die  Größe  von  365//.  Die 
Längen  von  348  und  360  //  wiesen  die  meisten  Zellen  auf.« 

Die  Skiereiden  der  inneren  Epidermis  an  der  klaffenden  Partie  sind 
schwächer  verdickt  und  der  Übergang  zu  der  Säulenepidermis  ist  ein 
unvermittelter,  plötzlicher.  Der  anatomische  Bau  des  Samens  zeigt  nur 
sehr  geringe  Verschiedenheiten,  dagegen  sind  die  Aleuronkörner  ganz 
anders  beschaffen.  Sie  sind  kugelig,  eirund,  eiförmig,  länglich,  ellipso- 
idisch,  glatt,  glänzend  und  enthalten  zwei  oder  drei  große  Kristalloide 
und  mehrere  kleine  Globoide,  die  an  dem  einen  Ende  des  Kornes  das 
Kristalloid  wie  ein  Mantel  umgeben;  außerdem  kommen  auffällig  große 
Aleuronkürner, .  sogenannte  Solitäre  mit  mehreren  großen  Kristalloiden 
und  einzelnen  kleinen  Globoiden  vor  (Lauren).  Die  Körner  messen  nur 
7,5 — 15//,  meistens  11 — 13/<;  nur  die  Solitäre  erreichen  eine  Größe 
von  26  //. 

Der  Sternanis  (Perikarp)  enthält  4—5  Proz.  ätherischen  Öles,  dessen 
Hauptbestandteil  das  Anethol  ist.     Reines  SternanisöH)  ist  eine  farblose 


\)  Bericht  von  Schimmel  &  Co.,  Leipzig,  April  1897,  p.  41  —  42.  —  Siehe  auch 
Oswald,   Tageblatt   der  60.  Naturforscher -Vers.,    -1887,   nach  Bot.  Zentralbl.,   1887, 
XXXn,  p.  96.     Die  ausführlichsten  Bestimmungen  über  das  Sternanisöl  enthält  Gilde- 
Wiesner,  RohstofFe.    III.  Band.    3.  Aufl.  54 


850  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

oder  gelbliche  Flüssigkeit,  die  einen  niedrigeren  Erstarrungspunkt  als 
+  15°  C  nicht  zeigen  darf;  sie  besitzt  das  spez.  Gew.  0,98 — 0,99 
bei  15"  und  löst  sich  in  drei  Teilen  OOprozentigem  Alkohol.  Verfälschungen 
mit  Petroleum,  die  beobachtet  worden  sind,  lassen  sich  an  der  Ver- 
minderung des  spezifischen  Gewichtes  und  Löslichkeit  in  Alkohol  erkennen. 
—  Das  Vorkommen  von  Anethol  wird,  wie  oben  angegeben  wurde,  zur 
Erkennung  des  echten  Sternanis  verwendet.  Lenz^)  hat  die  aus  dem 
alkoholischen  Auszug  erhaltenen  Rückstände  der  Sikkimi  näher  studiert 
und  gefunden,  daß  die  Kristallnadeln  tatsächlich  Sikkiminsäure^)  dar- 
stellen; die  Sikkiminsäure  ist  aber  auch  im  echten  Sternanis,  allerdings 
in  geringerer  Menge,  enthalten. 

Der  Aschengehalt  der  ganzen  Frucht  beträgt  nach  v.  Vogl  3,6  Proz. 

7.  Bablali. 

Unter  diesem  Namen,  versteht  man  die  Hülsenfrüchte  mehrerer 
^cacm-Arten,  die  ihres  trotz  der  wenig  voluminösen  Perikarpwände 
immerhin  bedeutenden  Gerbstoffgehaltes  wegen  zum  Gerben  und  Schwarz- 
färben benutzt  werden.  In  den  Nilländern  werden  sie  als  Garrat^) 
oder  Neb-Neb,   im   europäischen  Handel   nebst  Bablah   auch    Galles 


meister,  1.  c,  II,  p.  393  ff.  —  Daselbst  (p.  401,  Note  ö)  auch  die  Angabe,  daß  unter 
dem  Namen  Blumenöle  die  Destillate  der  unreifen  Früchte  (oder  der  Blätter?)  in> 
Handel  erscheinen,  die  aber  als  minderwertig  bezeichnet  werden  müssen. 

1)  Derselbe  Autor  hat  auch  die  Tschirchsche  Anetholprobe  folgendermaßen 
erweitert:  »Schüttelt  man  die  trübe  Mischung  von  einem  alkoholischen  Sternanis- 
auszuge und  Wasser  mit  Äther,  so  verschwindet  die  Trübung.  Man  trennt  den 
Äther  ab,  trocknet  24  Stunden  lang  über  Chlorkalzium  und  läßt  den  getrockneten 
Äther  im  Uhrschälchen  über  Schwefelsäure  verdunsten.  Der  trübe  Verdunstungs- 
rückstand besteht  hauptsächlich  aus  ätherischem  Öl,  welches  wenige  undeutliche 
Kristalle  abgeschieden  enthält.  Ein  Sikkimiauszug  läßt  bei  gleicher  Behandlung  kein 
ätherisches  Öl,  sondern  nur  undeutliche  Kristalle  gewinnen,  die  eigentümlich  wanzen- 
artig riechen.  Bessere  Ergebnisse  erhält  man  beim  Schütteln  unserer  durch  Wasser 
verdünnten  alkoholischen  Auszüge  mit  frisch  rektifiziertem  Petroläther,  der  keine  über 
60"  G  siedenden  Bestandteile  enthalten  darf.  Auch  dieser  löst  bei  Sternanis  die  trü- 
bende Substanz.  Beim  Verdunsten  der  Petrolälherauszüge  erhält  man,  wenn  echter 
Sternanis  vorliegt  und  man  eine  ganze  Frucht  angewendet  hatte,  das  ätherische  Öl 
von  gelblicher  Färbung  und  starkem,  reinem  Geruch  in  Tropfen.  Sikkimi  gibt  nur 
einen  kaum  sichtbaren  Rückstand  von  kennzeichnendem,  an  Wanzen  erinnerndeoi 
Geruch.« 

2)  Über  die  Sikkiminsäure  siehe  Berichte  der  Deutsch,  ehem.  Gesellsch.  Üb, 
p.  1720,  ISc,  p.  281;  20c,  p.  67;  21,  I,  p.  474;  22,  II,  p.  2748;  24,  I,  p.  1278;  zit. 
nach  Lenz. 

3)  Daß  die  zum  Gerben  dienenden  Früchte  von  Acaeia  nilotica  dort  Garrat 
(Garad)  genannt  werden,  ist  durch  Schweinfurth  (Linnaea  1867)  bekannt  ge- 
worden. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  85X 

Gallus  genannt!);  aus  Westafrika  kommen  sie 
unter  dem  Namen   »Gambia  pods«   zu  uns 2). 

In  Ägypten,  Ostindien  und  am  Senegal  scheint  die  Bablahfrucht  seit 
alter  Zeit  zum  Gerben  benutzt  zu  werden,  in  Europa  ist  dieser  Rohstoff 
jedoch  erst  seit  dem  Jahre  '1825  bekannt^).  Einen  sehr  bedeutenden 
Handelsartikel  machen  diese  Hülsen  im  englischen  Sudan  aus,  wo  sie 
auch  zum  Braunfärben  Verwendung  finden*). 

Über  die  Abstammung  der  Bablah  hat  Wiesner^)  auf  Grund  eines 
reichlichen  Handelsmateriales  ausführliche  Untersuchungen  angestellt, 
deren  Resultate  auch  heute  noch  volle  Gültigkeit  haben.  Die  Hauptmasse 
der  im  Handel  erscheinenden  Bablah  stammt  von  Acacia  arahica  Wüld., 
die  eine  Sammelspezies  darstetlt  und  mehrere  durch  Übergänge  ver- 
bundene Subspezies  in  sich  vereinigt.  Von  diesen  ist  zuvörderst  Acacia 
arahica  Wüld.  d)  indica  Benth.  (=■  Mimosa  arahica  Roxh.)  zu  nennen, 
welche  die  dicht  graubehaarten  indischen  Hülsen  liefert;  ferner  Ä.  nilotica 
Dein,  von  der  die  ägyptischen  Sorten  stammen,  was  auch  von  Kotschy 
und  Schweinfurth  bestätigt  wird;  eine  dritte  Form,  Ä.  vera  (DC.) 
Willd.  soll  nach  Guibourt«)  ebenfalls  Bablah  liefern. 

Von  anderen  Akazien,  welche  Bablahsorten  des  Handels  liefern  sollen, 
werden  genannt:  A.  Farnesiana  Willd.,  A.  Senegal  Willd.  (=  A.  Verek 
Quill,  et  Pet'ott.),  A.  Sing  Quill,  et  Perott.,  A.  Adansonii  Quill,  et 
Perott.,  A.  Seyal  Del.  und  A.  cineraria  Willd.  —  U.  Dammer')  führt 


4)  Martius,  Pharmakognosie,  p.  246. 

2)  Paeßler,  Die  Lederindustrie,  1911,  Nr.  259. 

3)  Guibourt,  Histoire  naturelle  des  drogues  simples.  ,IV.  ed.,  Tom.  III,  p.  361. 

4)  Tropenpflanzer  1909,  p.  537. 

5)  Rohstoffe,  i.  Aufl.,  p.  750—752.  Wiesner  zeigt  daselbst  auch,  daß  die  in 
den  meisten  Werken  über  Technologie  und  Warenkunde  (selbst  noch  in  dem  1891 
erschienenen  Werke:  >Les  Tannoi'des,  Introduction  critique  ä  l'histoire  physiologique 
des  tannins  et  des  principes  immediats  vegetaux  qui  leur  sont  chimiquement  allies« 
von  L.  Braemer,  Toulouse,  p.  64)  angegebene  Ableitung  der  Bablah  von  der  Spezies 
A.  Bambolak  Roxburgh  irrig  sein  muß,  weil  diese  Spezies  gar  nicht  zu  existieren 
scheint.  Sie  fehlt  sowohl  in  den  bekannten  erschöpfenden  Sammelwerken  über  die 
botanische  Literatur  von  De  CandoUe,  W alpers  und  Steudel,  als  auch  in  den 
Schriften  Roxburghs.  In  der  Flora  indica  (II,  p.  58)  führt  Roxburgh  an,  daß 
Mimosa  arabiea  {=  Acacia  arabica),  über  deren  gerbstoffreiche  Hülsen  der  Autor 
schon  in  der  Beschreibung  der  auf  der  Küste  von  Coromandel  wachsenden  Pflanzen 
berichtet,  den  indischen  Namen  Babool  oder  Babula  (im  Sanskrit:  Burbura)  führt,  von 
welchem  Worte  der  Name  Bablah  wohl  abstammt. 

6)  1.  c,  p.  361.  —  Die  Zusammenfassung  der  drei  genannten  Arten  unter  A 
arabiea  Willd.  hat  zuerst  Benth  am  (Notes  on  Mimoseae  in  Hookers  Journ.  of 
Botany,  I,  p,  494 ff.  und  Mimoseae,  p.  506)  vorgenommen.  Im  Index  Kew.  sind  A. 
nilotica,  arabica,  vera  und  Adansonii  zu  A.  arabica  Willd.  vereinigt. 

7)  Deutsch-Ostafrika  von  Engler,  V  (1895),  Gerbstoffe,  p.  407. 

54* 


852  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

außerdem  noch  Ä.  horrida  Willd.  an.  Früchte  von  A.  Farnesicma 
sollen  gleichzeitig  mit  ostindischen  Bablah,  und  zwar  aus  Mauritius  in 
den  europäischen  Handel  gebracht  worden  sein  (Guibourt)  und  in 
Bengalen,  sowie  in  Neukaledonien  zum  Gerben  Verwendung  finden  ^l. 
Im  Kongo  werden  dieselben  tatsächlich  gesammelt  und  kommen  als 
Gerbmittel  in  den  Handel.  Acacia  subalata  in  Deutsch-Ostafrika  liefert 
Hülsen  mit  einem  Gerbstoffgehalt  von  28,8  Proz.  2)  —  A.  Adansonü 
wird  in  Senegal  als  gutes  Gerbmaterial  benützt,  dagegen  scheinen  die 
Angaben  über  die  Verwendung  der  Hülsen  von  A.  Senegal^  A.  Sing  und 
A.  cineraria  wohl  auf  einem  Irrtum  oder  auf  Verwechselungen  zu  be- 
ruhea,  denn  die  Früchte  dieser  Arten  sind  sehr  arm  an  Gerbstoff. 

Die  Früchte  der  Akazien  sind  entweder  ungegliedert  (A.  Senegal) 
oder  sie  sind  Gliederhülsen  (A.  arahica).  Die  Mitte  zwischen  diesen 
Fruchtformen  hält  die  nur  unvollständig  gegliederte  Hülse  von  A.  Farne- 
siana,  deren  Samen  aber  noch  durch  Scheidewände  voneinander  ge- 
trennt sind  3),  Alle  gerbstoffreichen  Akazienfrüchte  sind  dadurch  aus- 
gezeichnet, daß  sie  hart  und  spröde  sind  und  auf  dem  Querbruch  eine 
harzartige,  rote,  gelbbraune  und  selbst  braunschwarze,  glänzende,  homo- 
gene Schicht  erkennen  lassen,  die  vorwiegend  aus  eisenbläuendem  Gerb- 
stoff besteht,  in  Wasser,  besonders  aber  in  Kali  mit  tiefrotbrauner  Farbe 
sich  auflöst  und  (in  Wasser)  einen  unlöslichen,  aus  fast  molekularen  Harz- 
kügelchen  bestehenden  Rückstand  zeigt. 

i.  Hülsen  von  A.  arahica  indica  (ostind.  Bablah).  Hülse  ge- 
gliedert, stark  eingeschnürt  bis  perlschnurartig.  Glieder  \ — 1,5  cm  lang 
und  breit,  aber  nur  3 — 4  mm  (in  der  Mitte)  dick,  im  Umriß  nahezu 
kreisrund,  meist  jedoch  etwas  schief,  scharfrandig,  fein  geädert,  mit 
dichtem,  staubgrauem  Wollüberzug  bedeckt.  Es  gibt  aber  auch  Formen, 
bei  welchen  der  Ilaarüberzug  nur  stellenweise  entwickelt  ist.  Die  Glieder 
lassen  sich  leicht  in  ihre  beiden  Teile  trennen;  die  Oberfläche  der  Innen- 
seite ist  bräunlichgelb.  Jedes  Glied  enthält  einen  Samen.  —  Samen 
breitelliptisch,  abgeplattet,  5 — 7  mm  lang,  4 — 6  mm  breit,  braun,  am 
Rande  mit  einer  hellbräunlichen,  rötlichen,  abstreifbaren,  etwas  fase- 
rigen Masse  —  einem  Samenmantel  oder  Arillus  —  bekleidet.  Die  Breit- 
flächen des  Samens  sind  in  folgender  charakteristischer  Weise  gezeichnet: 
Der  zentrale  Teil  der  Breitfläche  ist  dunkelbraun  und  von  einer  dem 
Kontur   des  Samens   parallelen    weißlichen  Linie   begrenzt;    die   periphe- 


\)  Siehe  die  Note  über  Ac.  Farnes.,  p.  838. 

2)  Auch  die  großen,  breiten,  flachen,  sichelförmig  gekrümmten,  lichten,  schwach 
samtigen  Perikarpien  von  Acacia  Oiraffae  Willd.  werden,  wie  dem  ergänzenden  Be- 
arbeiter dieses  Abschnittes  bekannt  ist,  als  Gerbmittel  praktisch  verwertet. 

3)  So  an  den  von  mir  untersuchten  Mustern.  Wiesner  (1.  c,  p.  751)  fand  da- 
gegen keine  geschlossene  Scheidewand  zwisclien  den  Samen, 


Zweiundzwanzi"ster  Abschnitt.     Früclite. 


853 


rische,  bis  zum  Schmalrand  reichende  Partie  ist  heller  braun.  An  dem 
Samen  liaftet  noch  der  sehr  kurze,  braune  Nabelstrang  und  an  demselben 
liegt  eine  länglichrunde,  erhabene,  weiße  Schwiele.  Die  Samen  besitzen 
eine  beinharte,  dicke  Schale,  die 
den  großen  Keim  umschließt.  Die 
Hülse  ist  vielgliedrig;  nach  Royles 
Zeichnung  bis  I2gliedrig,  an  Her- 
barexemplaren zählte  ich  10  und 
11  Glieder;  die  Handelsware  be- 
steht gewöhnlich  nur  aus  einzelnen 
oder  zu  2 — 3  vereinigten  Hülsen- 
gliedern. Die  histologische  Zu- 
sammensetzung desPerikarpsi)  igt 
folgende:  Die  Epidermis  der  Außen- 
seite (Fig.  296, 1)  wird  größtenteils 
von  einzelligen,  derbwandigen,  bis 
200  f.1  langen,  geraden  oder  ge- 
krümmten Haaren  gebildet;  haar- 
lose Stellen  finden  sich  fast  nur 
um  die  Spaltöffnungen,  deren  Zel- 
len im  Querschnitt  kurz  gehörnt 
erscheinen;  in  der.  trockenen 
Frucht  ist  die  unter  den  Spalt- 
öffnungen liegende  Atemhöhle  auf 
einen  sehr  kleinen  Raum  reduziert. 
Unmittelbar  darunter  liegt  eine 
Reihe  von  schmalen  Zellen,  die  je 
einen  länglichen  Kristall  (wahr- 
scheinlich einen  ZwilUng)  von 
Kalziumoxalat  führen;  die  nun 
folgenden  Zellen  haben  einen  koll- 
enchymatischen  Charakter  (Fig. 
296,  2),  gehen  aber' bald  in  große, 
dickwandige,  getüpfelte,  tangential 
gestreckte  Parenchymzellen  über 
(Fig.  296, 2'),  die  den  Hauptbestand- 
teil dieser  Perikarpabteilung  aus- 
machen; die  innersten  Zellen  dieses 
Parenchyms  nehmen  an  Größe  des  Lumens  und  an  Wanddicke  bedeutend 


Fig.  286.  Vergr.  300.  Acacia  arabica  {indica). 
Partie  eines  Quersclinittes  durch  die  Hülse,  in  Kali 
erwärmt.  1  Epidermis,  größtenteils  aus  Haaren 
bestehend,  sp  SpaltöiFnung ,  2  kollenchymatisches 
Gewebe,  2'  dickwandiges,  reich  getüpfeltes  Paren- 
chym,  3  Sklereidenzone,  1  obliteriertes  Parenchym, 
5  dünnwandiges,  gleichfalls  teilweise  obliteriertes 
Gewebe,  tf  Fasernschicht  (Endokarp),  darunter  eine 
Reihe  Kristallzellen. 


\]  Die  Anatomie  der  Bablahhülsen  entspricht  vollkommen  dem  den  Legurainosen- 
irüchten  eigentümlichen  Bauplan.  Vgl.  hierzu  Arthur  Meyer,  Wissenschaft!.  Drogen- 
kunde, II,  p.  370. 


854 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


ab  und  grenzen  unvermittelt  an  eine  Zone  echter,  verholzter  und  poröser, 
gerundeter  Steinzellen  (Fig.  296,5),  die  in  1 — 4  und  noch  mehr  Reihen 
entwickelt  sind;  bei  den  meisten  dieser  Steinzellen  ist  das  Lumen  breiter 
als  die  Wandstärke. 

Die  nun  folgende  Abteilung  stellt  die  Gerbstoffschicht  dar.  Von 
dem  ursprünglichen  Gewebe  sind  nur  mehr  einige  Reste  erhalten,  die 
nur  dort,  wo  sich  ein  Gefäßbündel  vorfindet,  noch  den  zellulären  Cha- 
rakter besitzen.  In  einer  sehr  jugendlichen  Frucht  von  Ä.  nüotica^ 
deren  Glieder  erst  2 — 3  mm  maßen,  konnte  ich  dieses  Gewebe  als  ein 
großzelliges,    sehr   dünnwandiges    Parenchym    erkennen,    das    durch   den 

daselbst  auftretenden  Gerbstoff 
allmählich  zum  Verschwinden  ge- 
bracht wird.  Der  Gerbstoff  bildet 
in  der  reifen  Frucht  eine  mäch- 
tige zusammenhängende,  harzig 
aussehende  Masse,  die  nach  innen 
zu  wieder  von  einem  Gewebe- 
rest, an  dem  sich  aber  die  Par- 
enchymzellen  mitunter  noch  gut 
erkennen  lassen,  begrenzt  wird 
(Fig.  296,  4-5).  Den  Abschluß 
des  Perikarps  bildet  eine  Faser- 
schicht, dem  alten  Endokarp- 
begriff  entsprechend,  die  aus 
mehreren,  teils  schief,  teils  senk- 

;.  297.    Vergr.  700.    Äcacia  arahica.    Die  Zellen  der        recht   sich    krCUZCUden  Fascrzell- 
Faserschicht(Endokarp)  von  der  Fläche  mit  aufliegen-        .  hp<;tpht     /Fio-    S)Qfi    „      9q7\ 

den  Kristallzellen,  Ideell     uesieilL     (ri_,.    ^yo    U.     S\)  i } 


Zellen  besitzt.  Die  Kristallzellen  zeigen  in  ihrem  Zusammenhang  den  Cha- 
rakter der  Kristallkammerfaserzellen,  jede  Zelle  führt  einen  schün  entwickel- 
ten, monoklinen  Oxalatkristall  (Fig.  296 /fr  u.  297)i).  Die  Innenepidermis 
des  Perikarps  ist  nur  sehr  schwer  zu  beobachten,  sie  scheint  mitunter 
obliteriert  zu  sein  und  nur  in  Flächenpräparaten  läßt  sie  sich  als  sehr 
dünne,  aus  rundlichen,  zarten  Zellen  gebildete  Haut  demonstrieren.  Die 
Endokarpfasern  (Fig.  297)  sind  derbwandig,  getüpfelt  und  verholzt. 

Der  Same  besitzt  eine  ziemlich  dicke  Schale,  deren  Epidermis  von 
den  für  die  Leguminosen  charakteristischen  Palisadenzellen  gebildet 
wird.  Die  Lichtlinie  ist  an  denselben  deutlich  zu  beobachten.  Unter  der 
Epidermis  liegt  eine  Reihe  der  sogenannten  Spulen-  oder  Sanduhrzellen  mit 


1)  Die  Kristalle  liegen  anscheinend  in  einer  Tasche  der  Zellwand,  was  man 
recht  deutlich  an  Querschnittspräparaten  bei  A.  Farnesiana  sieht.  Auch  bei  Pisum 
hat  A.  Meyer,  1.  c,  diese  Taschen  beobachtet. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


355 


elliptischen  Interzellularräumen.  Nun  folgt  ein  sehr  mächtiges  Parenchym, 
das  aus  dickwandigen,  porösen,  gerundetpolyedrischen  Zellen  zusammen- 
gesetzt ist  und  teils  braunen,  homogenen  Inhalt,  teils  große  Einzel- 
kristalle aufweist.  An  den  Keimblättern  beobachtet  man  ein  zwei-  bis 
dreireihiges  Palisadenparenchym;  in  dem  vorwiegend  plasmatischen 
Inhalt  fehlt  die  Stärke. 

2.  Hülsen  von  Ä.  nilotica  (ägypt.  Bablah,  Neb-Neb,  Garrat). 
Hülsen  so  geformt  wie  die  vorigen,  häufig  etwas  dicker,  die  Glieder 
teils  rund,  teils  schiefrund,  an  der 
Oberfläche  geädert,  völlig  kahl, 
grünlichbraun,  die  erhabene  Mitte 
meist  glänzend ,  dunkelbraun  bis 
grünlich-schwarz.  Gerbstoffmasse 
je  nach  der  Dicke  der  Glieder  ver- 
schieden mächtig.  Samen  ähnlich 
wie  die  vorigen,  entweder  rund- 
lich und  stark  plattgedrückt  mit 
deutlicher,  weißer  Linie  auf  der 
Breitfläche  oder  —  in  den  dicken 
Gliedern  —  weniger  plattgedrückt 
und  dicker,  mit  undeutlicher  Zeich- 
nung. Von  beiden  Arten  lassen 
sich  die  Hülsen,  bzw.  die  Glieder 
leicht  öffnen  und  zeigen  schon 
außen  deutlich  die  Dehiszenzstellen. 

Die  Oberhaut  des  Perikarps 
ist  aus  kleinen,  auf  der  Außen- 
seite sehr  stark  verdickten,  da- 
selbst farblosen  und  glänzenden, 
kutikularisierten,  in  der  Fläche 
polygonalen,  mit  dünnen  Radial- 
wänden versehenen  Zellen  zusam- 
mengesetzt (Fig.  298,  1).  Darunter  liegt  ein  Collenchym,  dessen  Zell- 
wände in  Kali  bedeutend  aufquellen  und  die  schmalen  tangential  gestreckten 
Lumina  an  Breite  weif  überragen;  es  enthält  längliche  Kristalle  (Zwil- 
linge?) von  Kalziumoxalat.  Diese  Schicht  geht  in  ein  nur  aus  wenigen 
Reihen  bestehendes  Parenchym  über,  das  wieder  von  der  2  — 4  reihigen 
Sklerenchymzone  abgeschlossen  wird;  letzterer  sind  Kristalle  führende  Zellen 
vorgelagert  (Fig.  298,  3).  Der  wesentliche  Unterschied  zwischen  den  beiden 
Bablahsorten  ist  demnach  in  der  Trichomentwicklung  (bei  der  indischen 
Bablah)  und  in  der  verschiedenen  Mächtigkeit  der  subepidermalen  Gewebe- 
schichten gelegen;  bei  A.  nilotica  finden  wir  ein  in  Kali  besonders  stark 


\)  i 


Ä^ 


Fig.  298.  Yergr.  300.  JLcacia  nilotica.  Partie  eines 
Querschnittes  durcli  die  Hülse,  in  Kali  erwärmt. 
1  Epidermis  mit  Kutikula  c,  2  kollenchyraatisches 
Gewebe  (in  Kali  stark  quelleml),  2'  derbwandiges 
Parenchym;  3  Sklereidenzone  mit  vorgelagerten  Kri- 
stallzellen; i  obliteriertes  und  zusammengepreßtes 
Gewebe  (Gerbstoifgewebe),  Qe  ein  Gerbstoffschollen. 
Die  darauf  folgende  innerste  Schicht  ist  nicht  ge- 
zeichnet. 


856  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

quellendes,  breites  Collenchym  und  nur  wenige  Reihen  dickwandiger 
Parenchymzellen,  bei  Ä.  arabica  ist  das  Verhältnis  umgekehrt.  Auch 
die  Skiereiden  sind  bei  A.  nilotica  etwas  anders  gestaltet  als  bei  A.  ara- 
bica] sie  sind  bei  ersterer  meistens  sehr  dickwandig  und  besitzen  ein 
sehr  kleines  Lumen;  freihch  finden  sich  Abänderungen  vor,  denn  die 
Grüße  und  Gestalt  der  Steinzellen,  sowie  der  Durchmesser  des  Lumens 
ist  sehr  variabel.  An  die  Steinzellenschicht  schließt  die  obliterierte  Gerb- 
stoffschicht mit  den  mächtigen  Gerbstoffschollen  an  (Fig.  298</).  Das  aus 
sich  kreuzenden  Faserlagen  zusammengesetzte  Innengewebe  des  Perikarps 
zeigt  keine  auffälligen  Differenzen  gegenüber  dem  gleichen  Gewebe  von 
A.  arabica. 

An  den  Samen  haftet,  wie  schon  oben  bemerkt  wurde,  ein  gelb- 
licher oder  hellrötlicher,  teils  pulveriger,  teils  faseriger  Überzug,  der  ins- 
besondere längs  des  Randes  stark  entwickelt  ist.  Diese  lockere  Masse 
besteht  aus  sehr  dünnwandigen,  langgestreckten,  axial  aneinandergereihten 
Zellen,  deren  äußerste  an  die  Köpfchenzellen  eines  Drüsenhaares  erinnern; 
überhaupt  machen  diese  Zellkomplexe  den  Eindruck  von  Haargebilden. 
Beigemengt  findet  man  bis  90  /<  und  darüber  lange,  sehr  schmale  Pris- 
men mit  aufgesetzter,  sehr  spitzer  Pyramide;  es  sind  Kalziumoxalatkristalle. 
In  den  Zellen  sieht  man  dichte  Haufen  sehr  kleiner,  bazillenartiger  Körper^ 
die  durch  Jod  braun  gefärbt  werden. 

Der  Bau  des  Samens  ist  dem  von  A.  arabica  gleich. 

Da  die  Glieder  der  ägyptischen  Bablah  nur  mit  einem  dünnen, 
stielchenartigen  Teil  zusammenhängen  und  daher  leicht  voneinander  sich 
trennen,  so  findet  man  die  Handeisware  gewöhnlich  nur  aus  den  einzelnen 
Gliedern  gebildet. 

3.  Hülsen  von  A.  Adansonii  (Gousses  de  Gonake).  Hülsen  nach 
Wiesner  innen  deutUch,  außen  undeutlich  gegliedert,  2 — SOgliedrig, 
16 — 20  cm  lang,  15 — 20  mm  breit,  4 — 6  mm  dick,  außen  graufilzig,  nach 
dem  Abstreifen  des  Haarüberzuges  schwarzbraun,  grob  astförmig  geädert. 
Die  Gerbstoffmasse  entsprechend  der  Hülsendicke  ziemlich  stark  ent- 
wickelt. Samen  länglich-ellipsoidisch,  dick.  Im  anatomischen  Bau  mit 
A.  arabica  übereinstimmend. 

4.  Hülsen  y on  A.  Farnesiana^).  Hülsen  fast  stielrund,  undeutlich 
und  unvollkommen  gegliedert,  6 — 1  0  cm  lang,  7 — 9  mm  dick,  auf  den 
Breitflächen  schwarzbraun,  der  Länge  nach  schief  fein  gerunzelt,  an  den 
Seiten  mit  drei  erhabenen,  je  1  mm  weit  voneinander  abstehenden, 
parafielen  Leisten   geziert,    von    welchen    die   beiden   äußeren    dunkelrot 


-t)  Sehr  ausführliche  Mitteilungen  über  Acaeia  Farnestana  enthält  e'mß  Arbeit 
von  M.  Greshoff,  Ind.  nuttige  planten,  Nr.  34.  A.  Farnesiana,  Ind.  Mercuur,  1897, 
Nr.  13.  (Dem  Verf.  nur  aus  dem  Ref.  von  Warburg  in  den  Ber.  d.  pharmakogn. 
Lit.  aller  Länder,  1897,  p.  25,  bekannt.) 


Zweiundzwanzigster  Absclinitt.     Früchte. 


857 


oder  rotbraun  sind,  während  die  mittlere  —  der  Dehiszenzstelle  ent- 
sprechend —  heller  ist  und  eine  zarte  Längsfurche  besitzt.  Die  Gerb- 
stoffmasse ist  ziemlich  dick,  braun,  die  inneren  Perikarpschichten  sind 
reinweiß,  weich,  markähnlich  und  umgrenzen  die  Fruchthühle,  ohne 
eine  distinkte  Abgrenzungshaut  beobachten  zu  lassen.  Samen  braun, 
länglich-unregelmäßig,  glänzend,  ohne  Arillus,  an  den  von  mir  unter- 
suchten Exemplaren  mit  dunklem  Mittelfleck  und  weißer  Linie. 

Im  anatomischen  Bau  weicht  die  Hülse  dieser  Bablahsorte  gänzlich 
ab  von  den  vorher  beschriebenen  Sorten,  wie  aus  Fig.  299  zu  ersehen 
ist.  Die  Oberhaut  des  Peri- 
karps  setzt  sich  aus  (auch 
an  der  Außenseite)  dünn- 
wandigen, im  Querschnitt 
tangential  gestreckten,  recht- 
eckigen, in  der  Fläche  poly- 
gonalen Zellen  zusammen, 
welchen  drei  bis  vier  Reihen 
nahezu  gleich  gebauter  Zel- 
len folgen  (Fig.  299,  i  u.  2); 
das  ganze  Gewebestück  er- 
scheint selbst  an  sehr  dünnen 
Schnitten  tief  braun ,  indem 
die  Zellumina  mit  einer 
dunkelbraunen,  homogenen 
Masse  vollständig  erfüllt  sind. 
Dieser  braunen  Schicht  liegt 
ein  farbloses  Gewebe  an,  des- 
sen peripherische  Zellen  noch 
tangential  gestreckt  sind, 
während  die  einwärts  fol- 
genden in  radialer  Richtung  ausgedehnt  sind  und  nicht  selten  einen  ge- 
krümmten Verlauf  zeigen  (Fig.  299,5).  Diese  Zellen  sind  verhältnismäßig 
groß,  dünnwandig  und  leer.  Eine  Sklereidenschicht  fehlt  vollständig; 
dafür  tritt  eine  Zone  größerer  und  kleinerer  Gefäßbündel  mit  vorgelager- 
tem, mächtigem  Bastbelag  auf  (Fig.  299  6).  Die  großen  Bastbeläge  sind 
(im  Querschnitt)  halbkreisförmig,  bestehen  aus  schmalen,  knorrigen,  mit 
kurzen  Vorsprüngen  versehenen  Bastfasern  und  werden  an  der  Außen- 
seite stets  von  einer  Kristallzellschicht  umsäumt;  die  großen  monoklinen 
Einzelkristalle  bestehen  aus  Kalziumoxalat.  Die  Bastbeläge  sind  auch 
die  Ursache  der  zarten  Längsrunzeln,  die  an  der  Oberfläche  der  Hülse 
beobachtet  werden. 

Die  Gefäßbündel  sind  teils  kollateral,  teils  bikoUateral,  enthalten  sehr 


Fig.  2!)9.  Vergr.  400.  Acacia  Farnesiana.  Partie  eines  Quer- 
sclinittes  duich  die  Hülse,  in  Kali  erwärmt.  1  Epidermis, 
2  subepidermale  (braune)  Schicht,  3  farbloses,  dünnwandiges 
Parenchym,  i  Gerbstoftschicht;  6  Bastfaserbiindel,  s  Sieb- 
teil,  G  Gefäßteil,  kr  Kristallzellen. 


g58  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

schmale  Spiroiden  und  nicht  selten  auch  Kristallzellen  mit  dünnen,  lang- 
gestreckten Kristallen,  wahrscheinlich  Zwillingskristallen  (Fig.  299  Z>'). 
Das  an  die  Gefäßbündel  sich  anlehnende  Parenchym  ist  großzellig  und 
stellt  die  Gerbstoffschicht  dar,  daher  es  nach  innen  zu  obliteriert  ist. 
Das  oben  erwähnte  weiße  markähnliche  Gewebe  bildet  an  dieser  Bablah- 
sorte  die  innerste  Perikarpschicht  und  ist  ein  an  großen,  meist  tangential 
gestreckten  Interzellularen  sehr  reiches  Schwammparenchym,  dessen 
unregelmäßig-sternförmig  verästelte  Zellen  nur  Luft  enthalten.  Eine  Ab- 
grenzung gegen  die  Fruchthöhle  in  Gestalt  einer  inneren  Epidermis  läßt 
sich  an  der  reifen  Frucht  nicht  beobachten.  Das  Schwammparenchym 
übertrifft  die  übrigen  Gewebe  um  mehr  als  das  Dreifache  an  Mächtigkeit. 

Der  Same  bietet  in  seinem  anatomischen  Bau  keine  bemerkenswerte 
Abänderung. 

Die  Gerbstoffmenge  derBablahhülsen  wird  mit  1 1  — 1 6  Proz.,  neuestens 
mit  20 — 25  Proz.  angegeben.  Sie  dienen  zum  Gerben  und  Schwarzfärben 
und  kommen  hauptsächlich  bei  Schaffellen  zur  Zubereitung  des  Glace- 
leders in  Verwendung,  wozu  sie  (gleichzeitig  zum  Gerben  und  zum  Färben) 


Anmerkung.  In  der  Sammlung  der  Wiener  Versuchsstation  für  Lederindustrie 
befindet  sich  ein  Muster  von  GerbstofTfrüchten  mit  der  Signatur  »Ruprechtia  viraru, 
Argentinienc.  Abgesehen  davon,  daß  von  der  zu  den  Polygonaceen  gehörigen  Gat- 
tung Ruprechtia  (=  Magonia  Vell.)  keine  Art  bekannt  ist,  die  eine  technische  Ver- 
wendung erfährt,  ist  auch  diese  Bestimmung  der  Früchte  gänzhch  unrichtig.  Die 
Muster  in  der  genannten  Sammlung  sind  gegliederte,  dicke,  hellisabellgelbe,  zart 
bräunlich  gefleckte  und  stark  glänzende  Hülsen  mit  fast  vierkantigen,  an  den  ßreit- 
flächen  emporgewölbten  Gliedern;  das  Perikarp  ist  sehr  mächtig  entwickelt.  Die  sehr 
dünnen,  linsenförmigen,  braunen  Samen  haben  dieselbe  Zeichnung  wie  die  der  Bablah. 
Nach  der  von  Herrn  Dr.  Harms  in  Berlin  freundlichst  angestellten  Untersuchung 
gehören  die  Hülsen  wahrscheinlich  zu  Prosopis  Algarobilla  Qriseb.  oder  einer  nahe 
verwandten  Prosopis-Art.  Daß  Prosopis-Üülsen  als  Gerbematerial  dienen  sollen,  ist 
bisher  nicht  bekannt  geworden. 

8.  Dividivi. 

Mit  diesem  Namen  bezeichnet  man  die  gerbstoffreichen  Früchte  der 
in  Venezuela,  Honduras,  Guatemala,  Mexiko  und  auf  den  westindischen 
Inseln  einheimischen  Caesalpinia  coriaria  Willd.  (Libidibia  coriaria 
Schlecht.).  Auf  Gura^ao  und  in  Venezuela  nennt  man  die  Bäume  »los 
dividivos«,  von  welchem  Worte  der  Handelsname,  der  manchmal  auch 
Libidibi  lautet,  herrührt.  In  Mexiko  und  Honduras  heißen  die  Früchte 
Gascalote,  Nanacascalote,  andere  Bezeichnungen  sind  Samak, 
Quatta    pana.     In   den   genannten   Ländern   benutzt   man   die   Hülsen 


1)  Tropenpflanzer  17,  1913,  p.  628. 


Zweiiindzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


859 


schon  seit  langem  bei  der  Lederbereitung  i],  in  Europa  dagegen  scheint 
dieser  Rohstoff  erst  seit  Anfang  des  1 9.  Jahrhunderts  zum  Gerben  und 
Schwarzfärben  benutzt  zu  werden  2).  Die  gute  Verwendbarkeit  der  Früchte 
und  die  geringen  Produktionskosten  gaben  Veranlassung,  die  Kultur  der 
C.  coriaria  auch  in  anderen  Tropengebieten  zu  versuchen.  Nach  Semler 
sind  mehrere  große  Pflanzungen  in  Vorderindien  (Madras),  in  Britisch 
Burmah  und  auf  Ceylon  angelegt  worden ;  auch  auf  Java  und  in  Austra- 
lien hat  man  den  Anbau  versucht.  Die  indische  Ware  kommt  der  ameri- 
kanischen  an  Gerbstoffgehalt  gleich   (Bull.  Imp.  Instit.    1904,   II,    p.  92). 

Im  Küstengebiet  von  Deutschostafrika  wurden  vor  einiger  Zeit  Ver- 
suchspflanzungen angelegt,   die   günstige  Erfolge  erzielten.     Die  Früchte 
wiesen   einen   Reichtum,  von   Gerbstoffen 
von  42,2  Proz.  auf^). 

Die  Dividivi  werden  im  reifen  Zu- 
stande gesammelt  und  kommen  aus  Cara- 
cas, Maracaybo,  La  Hacha,  Paraiba,  von 
mexikanischen  Häfen  und  von  der  Insel 
Curagao  in  den  Handel.  Im  Jahre  i  872  bis 
1873  betrug  der  Export  von  Venezuela 
(nach  A.  Ernst)  753  728  kg,  im  Jahre 
1873 — 74  dagegen  schon  824  815  kg.  Die 
deutsche  Einfuhr  betrug  im  Jahre  1909 
77  422,  1911    58  565  m/Ztn.4). 

Yi'iQYvwohidiQV  Caesalpinia coriaria^]  "^ 

^  Fig.  300.    Nat.  Größe.    Früchte  von  Caes- 

ist  eine  Schnecken-  oder  S-förmig  einge-     o.ipinia  coriaria  (sog.  Dividivischoten). 

rollte,    trockene    und    spröde,     an    beiden        ^  LupenbUd   eines   Querschnittes    durch 
'  ^  die  Frucht  und  den  Samen  (sj. 

Enden  stumpf  zugespitzte  Hülse  (Fig.  300).  (Wiesnen. 


-1)  In  Honduras  stellt  man  aus  ihnen  mit  einem  naturlich  vorkommenden  Eisen- 
sulfat Tinte  dar,  die  als  Nacascalo  zum  Färben  dient.  Hart  wich  in  Realenzyklo- 
pädie der  ges.  Pharm.,  HI,  p.  51  6.  —  Daß  die  Gascalote  zur  Tinlenbereitung  dienen, 
gibt  schon  Chappe  d'Autoroche  (Voyage  en  Galifornie.    Paris  1772,  IV,  p.  57)  an. 

2)  Vgl.  Jacquin,  Select.  stirp.  americ.  bist.,  p.  175.  —  Bancroft,  Unter- 
suchungen über  die  Natur  der  beständigen  Farben,  II,  p.  604  und  Duchesne,  1.  c. 
p.  261,  zit.  nach  Wiesner,  Rohstoffe,  1.  Aufl.  —  Die  älteste  Mitteilung  über  diese 
Früchte  findet  sich  in  Jakob  Breyns  Exoticarum  plantarum  centuria  I  (Danzig  1678) 
vor,  worin  auf  Tab.  56,  Fig.  5  eine  Hülse  und  Samen  unter  dem  Namen  »siliqua 
arboris  Guatapunae  ex  Goracao  insula«  abgebildet  sind.  Weitere  interessante  ge- 
schichtliche Angaben  in  Beckmanns  Vorbereitung  zur  Warenkunde.  Göttingen 
1794,  p.  383. 

3)  Tropenpflanzer  1909,  p.  444.  —  Nach  Engler,  Die  Pflanzenwelt  Ostafrikas 
und  der  Nachbarstaaten,  Teil  B,  p.  407,   kommt  der  Dividivibaum   in  Ostafrika  vor. 

4)  H.  Bodenstab,  I.e.,  Tropenpflanzer  1913,  p.  466,   630  und  631. 

5)  Wiesner,  Rohstoffe,  -1.  Aufl.,  p.  754. 


860 


Zweiundzwanzigsler  Abschnitt.     Früchte. 


Die  zusammengerollte  Frucht  ist  etwa  1 ,5  bis  3  cm  lang,  völlig  gerade 
gelegt  würde  ihre  Länge  3 — 10  cm  betragen.  Die  Breite  beläuft  sich 
auf  2  —  3  cm,  die  Dicke  auf  3 — 5  mm.  Die  beiden  Klappen  sind  bis  auf 
die  zur  Berherbergung  der  Samen  dienenden  linsenförmigen  Räume  völlig 
verwachsen.  Die  Außenfläche  der  Hülse  ist  glatt,  schwach  glänzend, 
kastanienbraun  gefärbt.  An  der  Fruchtwand  lassen  sich  mit  freiem  Auge 
drei  Schichten  unterscheiden :  die  äußere  bildet  eine  dünne,  sehr  spröde, 
braune  Haut,    die   von    den   trockenen  Hülsen   sich   leicht   ablöst,   daher 

diese  daselbst  eine  matte, 
ockergelbe  Färbung  und 
eine  rauhe,  gelb  abstäu- 
bende Oberfläche  be- 
sitzen; die  mittlere 
Schicht,  die  als  die  eigent- 
liche Gerbstoffschicht  be- 
zeichnet werden  kann, 
ist  ockergelb  und  am 
stärksten  entwickelt.  Die 
innerste  Schicht  ist  eine 
gelblichweiße,  sehr  zähe 
Haut.  In  jeder  Frucht 
sind  2 — 8,  gewöhnlich 
2 — 4  länglich-linsenför- 
mige, 6 — 8  mm  lange, 
i — 5  mm  breite,  mit 
harter,  brauner,  glän- 
zender Schale  versehene 
Samen  enthalten. 

Die  äußere  Ober- 
haut der  Hülsen  besteht 
aus  —  in  der  Fläche 
gesehen  —  polygonal  begrenzten,  stark  kutikularisierten  Zellen,  deren 
Umriß  im  Querschnitt  rechteckig  und  mitunter  fast  radial  gestreckt  er- 
scheint. Die  Wand  der  Oberhautzellen  besitzt  eine  sekundäre  Anlagerung, 
die  in  Kalilauge  und  auch  in  Salzsäure  so  stark  aufquillt,  daß  das 
ursprüngliche  Lumen  um  ein  sehr  Bedeutendes  eingeengt  wird  (Fig.  301  ep; 
301  ?;«.  und  Sil/];  von  diesen  sekundären  Verdickungen  hebt  sich  die  pri- 
märe Zell  wand  (mit  der  Mittellamelle)  deutlich  ab.  Sowohl  die  Zellwände  als 
auch  der  kleinkörnige  Inhalt  sind  braun  gefärbt  und  verursachen  (mit  der 
unter  der  Oberhaut  liegenden  Zellreihe)  die  braune  Färbung  der  Hülse.  In 
Salzsäure  erscheinen  die  Wände  gelb.  Die  Oberhaut  enthält  nicht  gerade 
spärliche,  schmal-elliptische  (mit  der  Längsachse  meist  in  der  Richtung 


^^^Ü^lj^fe^ 


Fig.  301.  Yergr.  400.  Caesalpinia  coriaria.  Partie  eines  radialen 
Längsschnittes  der  Dividivihulse.  ep  Oberhaut,  sp  eine  Spaltöff- 
nungszelle  an  der  (inneren)  Längsseite,  sep  sntepidermale,  hraun- 
gefärbte  Zellen,  ^a  dünnwandiges  Parenchym,  6  Bastbelag,  s  Sieb- 
teil, obliteriert;   6  Gefäßteil;  bezüglich  m  u.  sM  siehe  Fig.  302. 


Zweiundzwanzigster  Aloschnilt.     Früchte. 


861 


der  Fruchtachse  orientierte),  farblose,  etwas  vertiefte  Spaltöffnungen 
(Fig.  301  sp),  die  von  einem  Kranze  schmaler,  gekrümmter,  zu  zwei,  selbst 
zu  drei  konzentrischen  Kreisen  angeordneter  Oberhautzellen  (Fig.  302)  um- 
geben sind.  Unter  der  Oberhaut  liegen  eine  oder  zwei  Reihen  von  Zellen, 
deren  Wände  noch  ziemlich  derb  und  ebenfalls  braun  gefärbt  sind; 
einzelne  derselben  führen  als  Inhalt  Oxalatdrusen  (Fig.  301  sej)).  Aus 
diesen  histologischen  Elementen  setzt  sich  die  oben  angegebene  äußere 
Schicht  des  Perikarps  zusammen.  Teils  plötzlich,  teils  allmählich  gehen 
diese  Gewebe  in  ein  sehr  dünnwandiges,  farbloses,  mit  kleinen  Inter- 
zellularen ausgestattetes  Parenchym  über,  in  welchem  die  Gefäßbündel 
verlaufen;  die  Parenchymzellen  zwischen  der  äußeren  Schicht  und  der 
Gefäßbündelzone  sind  gerundetpolyedrisch ,  sehr  dünnwandig  und  viel 
kleiner  als  die  jenseits  der 
Gefäßbündel  folgenden;  diese 

letzteren  sind  bedeutend 
größer,  in  radialer  Richtung 
besonders  ausgedehnt ,  ihre 
Wände  sind  schon  zum  Teil 
in  Wasser,  fast  vollständig  in 
heißer  Kalilauge  löslich;  jede 
Zelle  enthält  einen  goldgelb 
glänzenden,  glasig  brechenden, 
strukturlosen,  das  Lumen  nahe- 
zu ausfüllenden  Körper,  der 
von  Eisenchlorid  tief  indigo- 
blau gefärbt  und  gelöst  wird; 
außer  diesen  Gerbstoffkörpern 

findet  man  in  dem  Parenchym  noch  sehr  reichlich  Oxalatkristalle, 
sowohl  Einzelgestalten  wie  Zwillingsformen  und  Drusen.  Dieses  Gerb- 
stoffparenchym  entspricht  der  mittleren  Schicht  der  Fruchtschale.  Beim 
Zerbröckeln  der  Frucht  erhält  man  die  Gerbstoffkörper  in  Gestalt  eines 
grobkörnigen,  gelbbraunen  Pulvers.  Die  Gefäßbündel  (Fig.  301  O)  besitzen 
einen  starken,  auf  der  Außenseite  liegenden  Bastbelag,  einen  (in  der 
Längsansicht  nur  zarlfaserig  erscheinenden)  Siebteil  und  ein  Xylem,  in 
welchem  Spiralgefäße  und  getüpfelte,  gefäßartige  Elemente  auftreten. 
Der  Bastbelag  ist  von  Kristalizellen  umsäumt,  die  Kristalle  sind  Einzel- 
formen und  liegen  wahrscheinlich  in  Membranfalten.  Die  Bastelemente 
sind  relativ  kurze,  an  der  Außenseite  des  Belags  buchtige  oder  knorrige, 
gabelig  oder  ästig  endigende,  sehr  stark  verdickte,  aber  schwach  ver- 
holzte Fasern;  einzelne  sehr  verkürzte  Individuen  gleichen  wahren  Stein- 
zellen. Gruppen  sklerosierter,  poröser,  aber  weitlichtiger,  polyedrischer 
Zellen   treten   vereinzelt  in   dem  Gerbstoffparenchym   nahe   der  inneren 


Fig.  302.    Vergr.  400.    Caesalpi 
Dividivihülse   von  der  Fläche,    sp  SpaltöiFnung,  m  Mittel- 
lamelle  und  Primärwand,  s.ü/ sekundäre,  in  Kali  quellende 
Anlagerung,  l  Lumen. 


862  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Haut  auf.  Die  innerste  Schicht  bildet  eine  lichtholzfarbige  Haut,  die  aus 
stark  verholzten  und  bis  auf  ein  linienfürmiges  Lumen  verdickten  Fasern 
zusammengesetzt  ist.  Der  Querschnitt  der  Fasern  ist  rund,  elliptisch, 
rhombisch,  der  Längsverlauf  teils  gerade,  teils  gewunden;  die  Fasern 
haben  mäßig  zahlreiche  Porenkanäle  und  sind  reichlich  mit  Kristallzellen 
umsponnen.  Das  Gewebe,  das  die  Häute  der  beiden  Klappen  verbindet, 
ist  eine  dünnfaserige,  farblose,  nicht  verholzte  Schicht,  in  der  auch 
Kristalle  und  Gerbstoff  auftreten. 

Die  Dividivihülsen  enthalten  30 — 50  Proz.,  im  Mittel  42  Proz.  Gerb- 
stoffe; davon  ist  besonders  die  Ellaggerbsäure  (Ellagengerbsäure  Ci4H,oO]o) 
zu  nennen,  die  neben  der  Ellagsäurei)  (C14H16O8  +  2H2O)  und  Gallus- 
säure den  Hauptbestandteil  der  Inhaltskürper  ausmacht.  Die  Ellagsäure 
verursacht  auch  das  mikrochemische  Verhalten  der  Gerbstoffschicht:  Ein 
in  Kalilauge  gelegter  Schnitt  wird  zuerst  tiefgelb  gefärbt,  die  entstehende 
gelbe  Lösung  wird  allmählich  gelbrot  bis  rotviolett.  Neuere  Unter- 
suchungen über  den  Dividivi-Gerbstoff  liegen  von  Proeter^),  Stiassny^) 
und  Philp"*)  vor. 

Über  die  Gerbungseigenschaften  der  Dividivi  berichtet  Sem  1er, 
daß  sie  das  Leder  hart  machen^  ihm  viel  Gewicht  und  helle  Farbe 
geben;  sie  stehen  daher  in  diesen  Belangen  den  Valonea  recht  nahe. 
Nach  anderen  Mitteilungen  &)  färben  sie  das  Leder  rötlich  und  eignen 
sich  in  Verbindung  mit  anderen  Gerbemitteln  mehr  zur  Gerbung  von 
Unterleder. 

In  neuerer  Zeit  sind  auch  falsche  Dividivi  auf  den  Markt  ge- 
kommen. Dieselben  sind  gerade  oder  schwach  gekrümmte,  lederbraune 
oder  bräunlichgelbe,  etwas  glänzende,  6 — 9  cm  lange,  1  —  1,8  cm  breite, 
flache,  durch  die  etwas  vorspringenden  Samenfächer  quer  gerippte  Hülsen, 
die  nach  ihrem  anatomischen  Bau  eine  nahe  Verwandtschaft  mit  den 
Dividivihülsen  zeigen  und  wahrscheinlich  auch  von  einer  Caesalpinia- Ari^) 
abstammen  dürften.     Sie  sind  ebenfalls  reich  an  Gerbstoffen. 

Die  Dividivi  von  Bogota  stellen  große,  flache  Hülsen  vor,  deren 


4)  L.  Barth  und  G.  Goldschmiedt,  Über  die  Reduktion  der  Ellagsäure  durch 
Zinkstaub.  Ber.  d.  deutsch,  ehem.  Gesellsch.,  1880,  p.  846.  —  G.  Zölffel,  Über  die 
Ellagsäure  und  Ellaggerbsäure.     Arch.  d.  Pharmaz.,  1891,  Bd.  229,  p.  123—160. 

2)  Leitfaden  f.  gerbereichemische  Untersuchungen,  1901,  p.  88. 

3)  Gerber,  1905,  p.  187. 

4)  Kollegium  1909,  p.  249.     Zitiert  nach  Oettinger,  s.  Note  1    d.  folg.  S. 

5)  Tropenpflanzer,  17,  1913,  p.  630. 

;  6)  Vielleicht  gehören  sie  zu  Caesalpinia  Paipae  Euiz.  et  Pav.,  deren  Hülsen 
in  Peru  (und  Chile?)  unter  dem  Vulgärnamen  Pi-pi  als  Gerb-  und  Farbmittel  Ver- 
wendung fmden.  Im  Ind.  Kew.  ist  für  diese  Art  »Flor.  Peruv.,  IV,  t.  375«  zitiert,  was 
aber  unrichtig  ist,  wenn  damit  Ruiz  etPavon,  Flora  Peruviana  et  chilensis  gemeint 
ist.     Denn  in  diesem  Werk  ist  die  genannte  Art  nicht  enthalten. 


Zweiundzwanzigster  Absclmitt.     Früchte. 


863 


äußere  Schicht  eine  fuchsrote  oder  hellbraunrote,  dünne,  sehr  spröde 
Haut  bildet;  die  mittlere  und  innere  Schicht  ist  wie  bei  der  echten  Ware 
gebaut.  Die  Samen  sind  plattgedrückt,  gerundet  trapezförmig  oder  un- 
regelmäßig-breiteifürmig,  kastanienbraun.  Diese  Hülsen  stammen  wahr- 
scheinlich von  Caesalpmia  tinctoria  (H.  B.  K.)  Benth.  =  Poinciana 
spinosa  Molina,  die  unter  dem  Namen  Tara  in  Chile  und  Peru  zum 
Gerben  und  Schwarzfärben  verwendet  werden  i). 


9.  Tari  (Teri). 

Die  Hülsen  der  in  Vorderindien  und  im  malayischen  Archipel  ein- 
heimischen Caesalpmia  digyna  Rottl."^)  (=  C.  oleosperma  Roxb.  =  C. 
gracilis  Miqu.)  werden  daselbst  unter  dem  Namen  Tarihülsen,  Tari-  oder 
Terischoten^)  als  Gerbmittel  verwendet  und  sind  in  den  letzten  Jahren 
auch  auf  den  europäischen  Markt  gelangt. 
Sollte  dieser  Rohstoff,  der  33,25  Proz.  Gerb- 
stoff*) liefert,  in  genügender  Menge  beschafft 
werden  können,  so  wird  seine  Verwendung 
gleich  der  der  Dividivi  eine  sehr  umfang- 
reiche werden. 

Die  Tarihülsen  5)  sind  (je  nach  der 
Samenanzahl)  3—4,8  cm  lang,  2—2,5  cm 
breit,  flach  und  an  den  Enden  infolge  der 
emporstehenden  Klappenränder  vertieft;  nur 
wo  die  \ — 3  Samen  liegen,  sind  die  Früchte 
hochbuckelig  (torulos  nach  Hook  er)  aufge- 
trieben.    Die  Basis  der  Hülse  zeigt  eine  seit- 


Fig.  303.    V'i  nat.  Gr.    Terihülsen  oder 

Tarischoten,  Früchte  von  Caesalpinia 

digyna  Rottl.    a  3  sämige,  6  1  sämige 

Frucht. 


-1)  Schon  in  Feuillee,  Beschreibung  der  Arzneipflanzen  des  mittägigen  Amerika. 
Nürnberg  1756,  p.  56,  T.  39  angegeben.  Siehe  Beckmanns  Vorbereitung  usw. 
(Göttingen  1794),  p.  390.  C.  Oettinger  (Neue  Gerbmaterialien,  1914,  p.  90)  be- 
schreibt ein  als  Cuerorinde  (Guararinde)  bezeichnetes,  aus  Mexiko  stammendes 
Pulver  mit  47  Proz.  Gerbstoff,  das  sich  nach  der  mikroskopischen  und  chemischen 
Untersuchung  als  verkleinerte  Dividivifrüchte  erwies.  Eine  früher  von  W.  Eitner 
(Gerber,  1899,  p.  116)  beschriebene  >Curerorinde«,  auch  unter  dem  Namen  »Palo 
blanco-  oder  Casea  blanca-Rinde  importiert,  besaß  nur  ca.  20  Proz.  Gerbstoff  und 
dürfte  die  Rinde  einer  Malpighiacee  [Malpighia  faginea)  sein. 

2)  Rottler,  Botan.  Bemerkgn.  a.  d.  Hin-  und  Rückreise  von  Trankenbar  nach 
Madras.  Der  Gesellsch.  naturf.  Freunde  Neue  Sehr.  Berlin  1803,  p.  200.  —  Hierzu 
auf  Tab.  HI  eine  sehr  schöne  Abbildung  mit  Früchten,  die  nur  1 ,  2  oder  3  Samen 
enthalten. 

3)  Tari  heißt  in  Indien  auch  der  aus  Phoenix  silvestris  Roxb.  bereitete  Palm- 
wein.    Drude  in  »Pflanzenfamilien«  H,  3,  p.  30. 

4)  Hartwich,  Neue  Arzneidrogen,  p.  27  (unter  Acaeia  digyna?). 

5)  Die  untersuchten  Objekte  stammen  aus  der  Sammlung  des  Herrn  Rgr.  Eitner. 


864 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


•lieh  schief  hervortretende  Ansatzstelle  des  Fruchtstieles,  der  Scheitel  ist 
spitz  oder  stumpf,  die  Ränder  der  fest  verschmolzenen  Klappen  sind 
wulstig  vergrößert  (Fig.  303).  Die  Oberfläche  ist  kastanien-,  leder-  oder 
gelbbraun,  glatt,  glänzend;  im  Inneren  findet  man  unter  der  braunen 
Außenschicht  eine  weiße,  weiche,  schwammige  Mittelschicht,  die  an  den 
Klappenrändern  mächtig  entwickelt  ist,  an  den  Breitseiten  am  Samenlager 
nur    eine    dünne  Lage   bildet.     Die   innerste    Schicht   des    einfächerigen 


ifZ-?. 


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:  "jckkt^  et 

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Fig.  304.     Caesalpuiia   digtjna   Rottl.    Partie   eines    Querschnittes   durch   das    Perikarp.     rp  Oberha 
(die  Außenwand   der   Zellen   stark   aufgequollen),   h  Sekretzellen,  seh  Schwammparencliym ;  Vergr.  6( 


Perikarps  ist  eine  gelblich  weiße,  dünne,  spröde  Haut,  der  an  der  freien 
(inneren)  Oberfläche  eine  feste  glasglänzende,  farblose,  durchsichtige 
Masse,  oft  erstarrte  Tröpfchen  bildend,  anhaftet,  oft  in  solchen  Mengen, 
daß  sie  den  Hohlraum  zwischen  den  Fruchtwänden  und  den  Samen  voll- 
ständig ausfüllt.  Dieser  Überzug  zeigt,  mikroskopisch  betrachtet,  ein 
oberflächliches  Sprungliniennetz,  ist  in  Wasser,  aber  nicht  in  Alkohol 
löslich,  wird  von  Eisensalzen  nicht  gefärbt  und  stellt  ein  Gummi  dar, 
über  dessen  Herkunft  weiter  unten  berichtet  wird. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


865 


Die  Hülsen  beherbergen  1 — 3  Samen;  mehr-  als  dreisamige  Früchte 


Fig.  305.  Citesalpinia  digyna  Rottl. 
Lücke  in  der  Oberhaut  mit  den 
umgebenden,  in  zwei  Kreisen  an- 
geordneten Oberliautzellen.  '  Der 
die  Lücke  ausfüllende  Pfropf  durch 
Kochen  in  Kali  entfernt;  darunter 
eine  (nicht  gezeichnete)  Spalt- 
öffnung.    Vergr.  GOO. 


breit  und  dick,  unregelmäßig  rundlich-eiförmig,  an  einer  Stelle  konkav, 
an  der  Oberfläche  olivbraun,  matt;  auf  die  äußere  Schicht  (Palisaden- 
epidermis)  der  Samenschale  folgt  ein  weiches, 
kastanienbraunes   Gewebe   (Parenchym) ;    der 
gelblich  weiße ,    weiche   Samenkern   liegt  lose 
in  der  Schale. 

Die  Anatomie  des  Perikarps^)  weist  einige 
sehr  bemerkenswerte  Eigentümlichkeiten  auf. 
Die  Epidermis  der  Außenseite  ist  aus  poly- 
edrischen  Tafelzellen  gebildet,  die  mit  einem 
tiefbraunen  Inhaltskörper  erfüllt  sind  und  an 
der  Außenwand  schon  in  Wasser,  besonders 
aber  in  Kali  so  mächtig  aufquellen,  daß  das 
Lumen  auf  einen  Spalt  reduziert  wird  (Fig. 
304ej9),  wobei  der  Inhalt  sich  kontrahiert  oder 
zum  Teil  löst;  auch  die  Kutikula  ist  stark  ent- 
wickelt.    An  Querschnitten  läßt  sich  folgende 

Zusammensetzung  der  Zell  wand  erkennen:  eine  stattliche  gemeinsame 
Außenwand,  die  keine  Zellulosereaktion  gibt,  sendet  ebenso  beschaffene 
Radial  wände  nach  einwärts  (Fig.  306  Z);  an  diese  Membranteile  legt  sich 
eine  sekundäre  an  der  Außenseite  viel  stärker  entwickelte  Wand  an 
(Fig.  306/'),  die  deutlich  auf  Zellu- 
lose reagiert,  schon  in  Wasser,  viel 
mehr  aber  in  Kali  aufcpillt  und  den 
dunkelbraunen  Inhalt  nach  abwärts 
drängt  (Fig.  306  w).  Diesem  Inhalt, 
sowie  dem  dunkel  gefärbten  sub- 
epidermalen  Gewebe  verdankt  das 
Perikarp  seine  braune  Farbe.  Zer- 
stört man  mit  Schwefelsäure  die 
Zelluloselamellen,  so  bleibt  die  ge- 
meinsame Außenwand  mit  den  als 
Zapfen  fim  Querschnitt)  erschei- 
nenden Radialwandieilen  zurück.  Die  zahlreichen  farblosen  Spaltöffnungen 
zeigen  häufig  einen  aus  einer  grauen,  körnigen,  in  Wasser  und  Alkohol 
nicht,    wohl   aber    in    Kali    löslichen    Masse    bestehenden    Pfropf;    nach 


&i^'^ 


Fig.  30B.  Tarifrucht  iC'acsalpinia  digyna).  Quer- 
schnitt durch  eine  Spaltöffnung,  Vergr.  600.  — 
c  Kutikula,  ep  Epidermis,  l  Außenlamelle,  M  se- 
kundäre ( Zellulose- 1  Membran,  m  Inhaltskörper, 
sp  Spaltöifnungszellen,  pf  Kutikularpfropf. 
(Original  von  Hauausek  und  Weese.) 


1)  Hooker,  Flora  of  British  India,  II  (<S79),  p.  256,  sagt  dagegen:   »Pod  oblong, 
glabrous,  O/o— 2  in.  long,  2 — 4  seedid,  turgid,  torulose«. 

2)  T.  F.  Hanausek,   Über   die   Gummizellen  der   Tarihülsen.      Ber.  d.  D.  Bot. 
Gesellsch.  1902,  Bd.  XX,  p.  (77). 

Wiesner,  Bohstoffe.    DL  Band.    3.  Aufl.  55 


866 


Zweiundzwanzigster  Absciinitt.     Früchte. 


Entfernung  desselben  findet  man  meist  eine  Lücke  (Fig.  305),  unter  der 
die  Spaltöffnung  liegt  (Fig.  30ßsp,pf).  (An  der  Oberhaut  des  Frucht- 
knotens von  C.  digyna  ist  an  den  Spaltöffnungen  kein  Pfropf  wahr- 
zunehmen.) Die  die  Spaltöffnungen  umgebenden  Epidermiszellen  sind  zu 
zwei  oder  drei  konzentrischen  Kreisen  geordnet.  In  dem  unter  der  Epi- 
dermis liegenden  parenchymatischen  Gewebe,  dessen  Zellwände  ebenfalls 
durch  bedeutende  Ouellbarkeit  ausgezeichnet  sind,  finden  sich  große, 
.  kugelige    Sekretzellen  vor, 

"         ~    ~^~      "  "  ,eß 


die  zumeist  in  einer  Reihe  an- 
geordnet sind  und  einen  blaß- 
gelben, in  Alkohol,  Äther  usw. 
löslichen  balsamartigen  Inhalt 
führen.  Die  eine  Sekretzelle 
umgebenden  Parenchymzellen 
sind  im  Sinne  der  Kugelradien 
(auf  die  Sekretzelle  bezogen) 
gestreckt  und  ebenso  auch  um 
die  Sekretzelle  orientiert  (Fig. 
304  Ä);  besonders  schön  sieht 
man  diese  (strahlenförmige) 
Anordnung  an  tangentialen 
(Flächen-)Schnitten. 

Dieses  subepidermale 
Gewebe  hat  den  Charakter 
eines  Schwell-  oder  Quellungs- 
Apparates;  die  getüpfelten 
Membranen  der  Zellen  quellen 
schon  im  Wasser  mächtig  auf 
und  kommen  in  heißem  Kali 
fast  zum  Zerfließen  (Fig. 
307 5ep).  An  den  Breitseiten 
des  Perikarps  ist  das  Schwell- 
gewebe viel  stärker  als  an  den 
Kanten  entwickelt;  es  verhält 
sich  sonach  in  dieser  Beziehung  geradezu  umgekehrt  wie  das  folgende 
Schwammparenchym.  Die  physiologische  Bedeutung  dieser  Schicht 
läßt  sich  nur  experimentell  ergründen,  wird  aber  wahrscheinlich  mit 
der  Befreiung  des  Samens  zusammenhängen;  da  die  Hülsen  nicht  auf- 
springen, so  dürfte  das  Perikarp  vielleicht  im  Wege  der  Wasserauf- 
nahme eine  Lockerung  und  Erweichung  erfahren;  damit  könnte  auch 
die  Pfropf bildung  der  Spaltöffnungen  in  Zusammenhang  stehen,  die  so 
lange  einen  Verschluß   zu   bewirken    hat,    als    eine  Wasseraufnahme   — 


Fig.  307.  Partie  eines  Quersclinittes  von  der  Breitfläche 
des  Perikarps,  in  kalter  Kalilange;  es  wurde  eine  Stelle 
gewählt,  die  keine  Sekretzelle  enthält.  cKutiknla,  ep 
Epidermis,  sep  suhepidermales  Quellgewehe,  p  Gerhstoft- 
parenchym  (nur  zum  geringsten  Teil  gezeichnet) ;  kr  Kri- 
stallzellen, h  Hartschicht,  yrnz  Gummizellen. 
(Original  von  Hanausek  und  Weese.) 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  867 

noch 
nicht  günstig  erscheint. 

Schon  in  dem  subepidermalen  Parenchym  treten  größere  und 
kleinere,  meist  rundliche  Lücken  auf  (Fig.  304  u.  307);  weiter  nach  ein- 
wärts geht  das  Gewebe  in  ein  typisches,  mit  großen,  runden  Interzellu- 
laren ausgestattetes  Schwammparenchym  über,  dessen  Zellen  in  der 
äußeren  Hälfte  breite  Lumina  und  kurze  Sternäste  besitzen,  nach  innen 
zu  aber  und  besonders  an  den  Klappenrändern,  mit  langen,  schmalen 
Sternarmen  ausgestattet  sind;  einfache  Tüpfel  kommen  häufig  vor.  Der 
Inhalt  dieser  Zellen  ist  ein  farbloser,  glasglänzender,  kantig  brechender 
Körper,  der  von  Eisensalzen  tiefgrün  gefärbt  wird;  es  ist  der  Gerbstoff. 

Mitten  durch  das  Schwammparenchym  —  meist  näher  der  Außen- 
seite —  zieht  ein  schmaler  Streifen  von  tangential  stark  zusammen- 
gepreßten, in  ihren  Konturen  wenig  deutlichen  Zellen.  In  dieser  Zone 
liegen  die  Gefäßbündel.  Dieselben  sind  zumeist  kollateral,  ein  Bast- 
fasergürtel mit  2  —  3  Baslfaserreihen  umsäumt  den  auffallend  großen  Sieb- 
teil, der  durch  weite,  schön  ausgebildete  Siebröhren,  sehr  reichliches 
kleinzelliges  Phloemparenchym  und  Kambiform  (mit  radial  angeordneten 
und  tangential  gestreckten  Zellen)  ausgezeichnet  ist.  Solche  wohlerhaltene 
Siebrühren  lassen  sich  in  ausgereiften  und  getrockneten  Früchten  anderer 
Pflanzen  wohl  nur  selten  beobachten.  Der  Gefäßteil  enthält  Tüpfel-  und 
weite  Spiralgefäße,  Tracheiden,  nicht  selten  in  radialer  Anordnung,  wo- 
bei auch  Markstrahlen  auftreten.  Das  Schwammparenchym  schließt  mit 
einer  Reihe  kleiner  polyedrischer  bzw.  kubischer  Zellen,  deren  jede  einen 
Oxalatkristall  führt  (Fig.  307  Ar).  Die  Kristallzellenreihe  lagert  unmittel- 
bar der  Hartschicht  des  Perikarps  an  (Fig.  307/^),  die  aus  schmalen, 
sehr  stark  verdickten,  verholzten  und  getüpfelten  Bastfasern  in  etwa 
4_6  Reihen  besteht.  Nun  folgt  jene  eigentümliche  Gewebeschicht, 
die  das  Perikarp  auf  der  Fruchthöhlenseite  abschließt  und  dieser  Lage 
gemäß  als  die  Innenepidermis  des  Perikarps  aufgefaßt  werden 
muß.  Um  das  ursprüngliche  Verhalten  beobachten  zu  können,  muß  man 
in  dickem  Glyzerin  oder  starkem  Alkohol  präparieren.  Ein  in  dickem 
Glyzerin  liegender  Querschnitt  (Fig.  308  J.  gmx)  zeigt  zwei  oder  drei 
Zellreihen:  eine  oder  zwei  aus  kleinen,  schmalen  Zellen  bestehende  un- 
mittelbar an  das  Endokarp  stoßende  Reihen  und  eine  darauf  folgende 
mit  weit  größeren  Zellen,  die  einen  rundlichen  Umriß,  ein  ziemlich 
großes  Lumen  und  einen  faltigen  Inhaltskörper  besitzen;  auf  der  freien 
Seite  sind  diese  Zellen  durch  eine  deutliche  doppelt  konturierte  Lamelle 
abgegrenzt;  daran  lagert  sich  nun  die  oft  mehrere  Millimeter  mächtige, 
farblose,  sprüngige  Gummischicht  (Fig.  308  A  gm).  Im  Alkoholpräparat 
dagegen  (Fig.  308  J5)  fehlt  der  rundliche  Umriß  der  Zellen,  diese  sind 
vielmehr  unregelmäßig,  die  das  Lumen  unmittelbar  umgrenzende  Lamelle 

55* 


363  Zweiundzwanzigster  Absclinitt.     Früchte. 

ist  stark  und  etwas  faltig  konturiert  und  wird  von  einer  sehr  schmalen 
Linie  (im  Querschnitt)  umsäumt;  von  der  Fläche  gesehen,  findet  man 
die  Zellen  in  normalem  Zusammenhang,  scheinbar  ein  polyedrisches, 
ziemlich  derbwandiges  Parenchym  bildend  (Fig.  308  C).  Gibt  man  nun 
Wasser  hinzu,  so  lockert  sich  dieser  Zusammenhang  alsbald,  jede  Zelle 
umgibt  sich   mit  einem  breiten  Hofe,    d.  h.    die   Zellmembranen   quellen 


ff^z 


Fig.  308.  Partie  eines  Querschnittes  durch  die  innersten  Perikarpschichten  mit  A  daranhängender 
Gummimasse,  in  dickem  Glyzerin,  h  Hartschicht,  yniz  Gummizellen,  gm  Gummischicht.  B  dieselbe  in 
Alkohol.  C  Flächenansicht  der  Gummizellen  in  Alkohol.  I>  Dieselbe  nach  Einwirkung  von  Wasser. 
E  in  Kali  gequollene  und  isolierte  Gummizellen,  a  nach  kürzerer,  6  nach  längerer  Einwirkung  des 
Kali.  F  Gnmmizellen   in   Jod   und   Schwefelsäure,  bei    x   die   farblose  Umwandlungszone. 


auf,  und  am  Querschnitte  sieht  man,  daß  diese  Quellung  nur  auf  der 
freien  Außenseite  stattfindet  (Fig.  301  gmx  und  Fig.  308 D).  Läßt  man 
Kalilauge  einwirken,  so  lösen  sich  die  Zellen  gänzlich  aus  dem  Verbände 
und  erscheinen  nun  als  eiförmige  Körper,  deren  Zellwand  an  der  Außen- 
seite mächtig  gequollen,  an  der  entgegengesetzten  dagegen  dünn  geblieben 
ist.  In  Fig.  308  E  zeigt  a  diese  Zellen  nach  kürzerer,  b  nach  längerer 
Einwirkung  des  Kali,  Ein  ganz  anderes  Verhalten  zeigen  diese  Zellen 
nach    Behandlung    mit    Jod    und    Schwefelsäure.     Da    quillt    die    ganze 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  869 

Schicht  stark  auf,  die  äußersten  Zellen  schießen  papillenartig  hervor 
und  nicht  selten  sieht  man  zwei  oder  drei  solcher  Zellen  im  Verbände, 
ähnlich  zwei-  oder  dreizelligen  Haaren  (Fig.  308  ^""j;  die  Membran  ist 
blaugrau,  zeigt  also  noch  Zellulose-Reaktion  und  besitzt  eine  fast  farb- 
lose unregelmäßig  begrenzte,  bald  breitere,  bald  schmälere  Haube 
(Fig.  308 i^  bei  x),  die  die  Grenzzone  andeutet,  in  welcher  der  Übergang, 
die  Umwandlung  der  Zellulose  in  Gummi  staltfindet.  Hierbei  ist  noch 
besonders  hervorzuheben,  daß  die  radiale  Verbindung  der  Zellen  eine 
viel  schwächere  sein  muß  als  die  tangentiale,  denn  in  radialer  Richtung 
sind  dieselben  voneinander  vollständig  geschieden,  während  die  zwei  oder 
drei  übeinanderstehenden  Zellen  im  Verband  bleiben. 

Nach  dem  Mitgeteilten  unterliegt  es  wohl  keinem  Zweifel,  daß  das- 
Gummi  von  der  Zell  wand  der  »Gummizellen«  herrührt.  Die  Gummi- 
zellen der  Tarihülsen  lassen  somit  auf  eine  sehr  deutliche  Weise  den 
Übergang  der  Zellulosemembran  in  Gummi  beobachten  und  geben 
wieder  einen  Beweis  von  der  Bildung  des  Gummis  durch  Metamorphose 
der  Zellmembran.  Von  der  Tragantbildung  unterscheidet  sich  dieser 
Entstehungsmodus  aber  doch  sehr  weseiitlich  dadurch,  daß  bei  der  Ent- 
stehung des  Tragants  die  ganze  Zellmembran  in  den  Vergummungs- 
prozeß  einbezogen  wird  und  der  zelluläre  Charakter  allmählich  verloren- 
geht, mithin  also  eine  Lysigenesis  eines  Gewebes  stattfindet,  bei  den 
Tari  aber  der  Prozeß  die  Erzeugungsstätte  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
intakt  läßt  und  hauptsächlich  nur  die  Membranen  der  freien  Außenseite 
das  Material  für  das  Gummi  abzugeben  scheinen. 

Der  Inhalt  der  Gummizellen  ist  von  eigentümlicher,  nicht  gut  zu 
definierender  Beschaffenheit.  Im  trockenen  Zustande  ist  er  hart,  in 
Wasser  erweicht  er  ohne  Formveränderung,  in  Kalilauge  bildet  er  einen 
faltigen,  teilweise  mit  Luft  gefüllten  Sack,  wie  die  darin  befindlichen 
Luftblasen  erweisen,  auf  Eiweiß  reagiert  er  nicht  und  in  Schwefelsäure 
restiert  er  als  eine  braune,  löcherige,  netz-  oder  gitterförmige  Masse. 

Von  der  Anatomie  des  Samens  sei  nur  erwäbnt,  daß  die  Keim- 
blätter reich  an  kleinkörniger  Stärke  und  an  großen  Sekretbehältern 
sind,  die  ein  in  heißem  Alkohol  leichtlösliches  Produkt,  anscheinend  ein 
ätherisches  Öl,  enthalten. 

iO.  Algarohillo  1). 

Die  unter  dem  Namen  Algarobillo  oder  Algarobito  in  den 
Handel  kommenden  Früchte  von  Caesalpinia  hrevifolia  Benth.  (=  Bal- 


1)  Diesen  Namen,  das  Diminutivum  von  Aigarobo,  vom  arab.  al  und  garub, 
Schote,  herrührend  (danach  auch  die  Johannisbrotfrüchte  von  Ceratonia  Siliqua  L. 
Carobben  heißen),  führen  auch  die  Früchte  mehrerer  anderer  Leguminosen,   wie  die 


870 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


samocarpon  h'evifolium  Glos.)  sind  in  Chile  als  Gerbe-  und  Schwarz- 
färbemittel in  Gebrauch.  Hierzu  erscheinen  sie  auch  vortrefflich  ge- 
eignet, denn  sie  reichen  mit  dem  Gehalt 
an  Gerbstoff  an  die  besten  technisch  ver- 
wendeten Gallen  heran.  Im  Geh  eschen 
Handelsbericht  vom  November  1 878  wird 
ihr  Gerbstoffgehalt  mit  67,45  Proz.  an- 
gegeben;   Godeffroyi)    fand    59,2    bis 


Fig.  309.     Caesalpinia   hrevifolia    Benth. 

Algarobillo.     Fruclit  in  nat.  Größe. 

(Original.) 


68,4   Proz.,    Dr.   Fol 2)   65   Proz.,    nach 


Hart  wich  3)   beträgt  derselbe  höchstens 
64  Proz.,  oft  weniger,   einmal    auch  nur  49,6  Proz.     Da   der  Gerbstoff 


Fig.  310.     Caesalpinia    hrevifolia  Benth.,    Algarobillo.     Längsansicht   der  Anßenepidermis  ep.  —  sp 
Spaltöffnung,   t  Inirze  Trichome  von  der  Seite,  tr  von  oben,  t'  längere  Tricbome,   D  Drüse  von  oben. 

(Original.) 

von  Inga  Marthae  Spr.,   Prosopis  juliflora  DG.,    Prosopis   alba   Hier.    (Algarrobo 
blanca),  Hymenaea  Courbaril  L.,  von  Äcacia-Arien  u.  a. 
4)  Zeitschr,  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.  1879,  p.  132. 

2)  Verb,  d.  bot.  Ver.  d.  Prov.  Brandenburg  1879,  zit.  nach  Hart  wich. 

3)  Arch,  d.  Pharm.,  1880,  Bd.  CCXVI,  p.  286. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  871 

mit  roten  oder  braunen  Farbstoffen  innig  verbunden  ist,  deren  Entfer- 
nung, wie  es  scheint,  nicht  zu  erreichen  ist,  so  ist  es  erklärlich,  daß  die 
Anwendung  der  Algarobillo  bisher  nicht  mit  dem  hohen  Gerbstoffgehalt 
entsprechend  umfangreicher  geworden  ist. 

Die  Früchte  1)  sind  walzenrunde,  3 — 5  cm  lange,  1 — 2,5  cm  dicke 
Hülsen,  die  an  der  Rücken-  und  an  der  Bauchseite  je  eine  Längsfurche 
besitzen.  Die  Oberfläche  ist  gelb,  bräunlich,  selbst  dunkelbraun,  an  einer 
Seite  mitunter  rosen-  bis  morgenrot  gefärbt,  glänzend,  längs-  und  quer- 
gerunzelt, an  den  Samenlagern  etwas  aufgetrieben  (Fig.  309).  In  den 
Früchten  sind  zwei  bis  sechs  dicken  Linsen  ähnliche,  im  Durchmesser 
8 — 9  mm  haltende,  braune,  an  der  Oberfläche  matte  Samen  enthalten, 
häufig  durch  leistenartige  Vorsprünge  der  Fruchtwand  an  den  Rändern 
voneinander  geschieden.  An  den  trockenen  Früchten  ist  nicht  selten 
an  einzelnen  Stellen  die  spröde  oberflächliche  Schicht  des  Perikarps  ab- 
gerieben und  läßt  das  dar- 
unter liegende  reich  ver-  "^ 
zweigte  Fasemetz  sichtbar 
werden.  Dieses  zeigt  einige 
in  der  Längsrichtung  der 
Frucht  verlaufende  Haupt- 
stränge, von  denen  fast 
rechtwinklig  zahlreiche 

.  Fig.  311.    Partie  eines  Querschnittes  durct  die  Oberhaut,    ep 

Nebenstränge       abzweigen,        Epidermiszellen,  t  kurze  Trichome,  p  Parenehym.    (Original.) 

die  wieder  durch  Anasto- 
mosen miteinander  verbunden  sind.  Der  größte  Teil  des  Raumes  zwi- 
schen Oberhaut  und  dem  dünnen,  zähen  Endokarp  ist  von  einer  gelben 
oder  gelbroten,  glasigen,  kantig  brechenden,  glänzenden,  harzartigen 
Masse  erfüllt,  die  zum  größten  Teil  aus  dem  Gerbstoff  besteht.  Sie  löst 
sich  in  Kalilauge  mit  prächtig  orangeroter  Farbe,  wobei  mitunter  sehr 
zarte  Netze  zurückbleiben,  die  Reste  des  ursprünglichen  Perikarp- 
Parenchyms. 

Über  die  anatomischen  Verhältnisse  2)  ist  folgendes  zu  berichten. 
Die  Außenepidermis  des  Perikarps  besteht  aus  kleinen,  stark  kutikulari- 
sierten,  an  den  Radialwänden  getüpfelten  Zellen  von  unregelmäßig-poly- 
gonalem, meist  viereckigem  Umriß  (Fig.  3106^).  Im  Querschnitt  erscheint 
die    Außenwand    viel    mächtiger    als    die  übrigen  Wände    (Fig.  3i\ep). 


i)  T.  F.  Hanausek,  Zeitschr.  d.  allg.  österr.  Apoth.-Ver.  -1879,  p.  i66.  — 
Ascherson,  Sitzgsber.  d.  bot.  Ver.  d.  Prov.  Brand.,  4879,  p.  15.  —  Hartwich, 
1.  c,  p.  281ff.  —  Georg  Zölffel,  Über  die  Gerbstoffe  der  Algarobilla  und  der  Myro- 
balanen,  Arch.  d.  Pharm.,  1891,  Bd.  CCXXIX,  p.  123— 160.  —  Arnaudon,  Monit. 
scient.,  1893,  p.  107.  —  Chem.-Ztg.  1894,  p.  1241. 

2)  Vgl.  Hartwich,  1.  c,  p.  282. 


872 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


Fig.  312.    Teil  einer  Drüse  von    der 
Seite.    (Original.) 


pq^Pfl'!l[l 


Ziemlich  reichlich  kommen  Spallüffnungen  vor,  die  zumeist  tiefer  als  die 
Epidermiszellen  liegen  und  von  einem  Kranze  schmaler  Nebenzellen  um- 
geben sind,  ein  den  Caesal'pinia-FTüth.Xen 
eigentümlicher  Typus  (Fig.  3'l  Osj?).  Außer- 
dem enthält  die  Epidermis  einzellige  Tri- 
chome,  von  denen  ich  dreierlei  Formen 
unterscheiden  konnte.  Am  verbreitetsten 
sind  sehr  kurze  (23 — 27,6  /<),  stumpf- 
kegelige Bürstchen  (Fig.  310^),  die  häufig 
in  der  Autsicht  zu  sehen  sind  und  sich  da 
als  kleine  Kreise  mit  einem  Radienstern 
(die  gestreifte  Kutikula  Fig.  SlO^r)  präsen- 
tieren. Eine  zweite  Form  sind  die  län- 
geren, bis  122  n  messenden  dickwandigen  spitzen  Haare  (^ ),  von  denen 
sich  die  dritte  Form  nur  durch  die  dünnen  Wände  unterscheidet.  Die 
Verschiedenheit  ist  daher  nur  eine  graduelle,  die  in  der  verschiedenen 
Mächtigkeit  der  Zellwand  beruht.  Besonderes 
Interesse  erregen  die  Drüsen.  Diese  stellen  viel- 
zellige Gewebehöcker  dar,  die  je  nach  ihrer  Ent- 
wicklung als  halbkugelförmige  Erhebungen  der 
Epidermis  oder  auf  dickem  Stiel  sitzende  Kopf- 
drüsen erscheinen  (Fig.  31  OD  u.  Fig.  312).  Die 
derbwandigen  Zellen  umschließen  einen  mit  einem 
gelben  Sekret  erfüllten  Hohlraum,  mitunter  sind 
sie  auch  in  spitze  Haare  verlängert. 

Unter  der  Oberhaut  lassen  sich  noch  einige 
Reihen  zartwandiger,  zusammengepreßter  Paren- 
chymzellen  beobachten  (Fig.  311  p),  deren  weitere 
Folgen  durch  das  in  gewaltigen  Massen  angehäufte 
Gerbstoffsekret  verdrängt  worden  sind  und  nur, 
wie  schon  erwähnt,  nach  Lösung  des  Sekretes 
mitunter  als  zarte  Netze  beobachtet  werden  können. 
Das  Fasernetz  besteht  aus  Bündeln  von  Bast- 
fasern (Fig.  313)  und  Gefäßteilen;  diese  enthalten 
schmale  Spiroiden;  außerdem  kommen  Kristall- 
kammerfasern mit  massigen  Einzelkristallen  von 
Kalziumoxalat  vor  (Fig.  313Zt).  Hartwich,  1.  c, 
p.  283,  beschreibt  und  bildet  sehr  große,  meist 
in  Gruppen  auftretende  Kristalle  ab,  deren  Natur 
nicht  erkannt  werden  konnte.  Ich  habe  sie  nicht 
gesehen  und  möchte  sie  nach  den  Abbildungen  als  Fettsäurekristalle  be- 
zeichnen. 


»:! 


ä^ 


Fig.  313.    Bastfasern  und  Kri- 
stallzellen kr.    Das  Präparat 
liegt   in  Kalilauge  und   zeigt 
.  die  gequollenen  Mittella- 
mellen m.    (Original.) 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  873 

Behandelt  man  Flächenschnilte  des  Bastfaserbündels  mit  Kalilauge, 
so  quillt  die  Mittellamelle  (Fig.  313  ??^)  stark  auf  und  läßt  die  Fasern  ge- 
wissermaßen isoliert  erscheinen. 

Die  dünne  Endokarpplatte  ist  aus  ziemlich  weitlumigen  Faserzellen 
zusammengesetzt,  hier  und  da  bemerkte  ich  auch  eine  Reihe  dünn- 
wandiger Parenchymzellen,  die  wahrscheinlich  der  Epidermis  der  Innen- 
seite angehören. 

Die  Samen  enthalten  in  ihren  Keimblättern  Aleuronkürner  und  Fett, 
aber  keine  Stärke.  Die  Samenschale  ist  durch  das  Vorkommen  einer 
mächtigen  Quellschicht  ausgezeichnet,  worüber  Hart  wich  und  der  Autor 
ausführlich  berichtet  haben. 

Über  den  Gerbstoff  ist  der  betreffende  Absatz  in  dem  Artikel  über 
die  Myrobalanen  nachzusehen. 

11.  Seifenheeren. 

Die  saponinreichen  Früchte  der  Sapindus- Arien  ^)  sind  seit  den 
ältesten  Zeiten  im  tropischen  Asien  als  Detergentien  in  Verwendung. 
Wie  Weil 2]  mitteilt,  sind  auch  aus  den  Gräbern  des  römischen  Alter- 
tums Seifenbeeren  ans  Tageslicht  gefördert  werden.  Unter  den  alt- 
ägyptischen Gräbern  entnommenen  Pflanzenresten  befanden  sich  auch 
Seifenbeeren  3).  Ebenso  muß  der  Gebrauch  der  Seifenbeeren  bei  den 
Indianern  Südamerikas  als  Waschmittel  ein  uralter  gewesen  sein,  weil 
die  Portugiesen  bei  ihrer  Ankunft  in  Brasilien  die  Benutzung  der  Früchte 
allgemein  verbreitet  fanden^).  Nach  Dymoek  (1878)  sind  Seifenbeeren 
auch  als  Wurmmittel  verwendet  worden,  in  Südamerika  gegen  Bleich- 
sucht und  Fieber,  unter  dem  Namen  Barbasco  als  Fischgift ^).  Auch 
der  Gebrauch  der  sehr  harten  Samen  zu  Knöpfen  ist  sehr  alt  und  hat 
in  England  Eingang  gefunden,  wie  Philipp  Miller^)  um  die  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts   mitteilt.     Die  Samen    wurden   zu  Westenknöpfen   ver- 


1)  ^Sapindtis,  quasi  Sapo  Indus  (Indus-Seife),  propter  fructus  corticem  qui 
Saponis  usum  praebet«.  Tournefort,  Institut,  rei  herb.,  1700,  p.  659.  Über  die 
schon  im  1 8.  Jahrhundert  bekannt  gewordene  Verwendung  der  Früchte  verschiedener 
Sapindus- krlen  in  den  Tropenländern  siehe  Labat.  Afrikan.  Reise,  IV,  p.  183  und 
Böhmer,  1.  c,  I,  p.  775  (Wiesner). 

2)  Ludwig  Weil,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Saponinsubstanzen  und  ihrer  Ver- 
breitung.    Inaug.-Diss.     Straßburg  1901,  p.  35. 

3)  A.  Braun,  Zeitschr.  f.  Ethnologie,  Berlin  1877,  IX,  p.  289  ff.;  zit.  nach  Just, 
Botan.  Jahresber.  1878,  p.  476. 

4)  Th.  Peckolt,  Heil-  und  Nutzpflanzen  Brasiliens.  Ber.  d.  Deutsch.  Pharmaz. 
Gesellsch.,  XII,  1902,  Hft.  2,  p.  105, 

5)  Hartwich,  Neue  Arzneidrogen,  Berlin  1897,  p.  296. 

6)  Allgem.  Gärtner-Lexikon  usw.  Nach  der  8.  Ausgabe  aus  dem  Engl,  über- 
setzt.    Nürnberg  1776,  4.  T.,  p.  73. 


874  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

wendet  und  hierzu  mit  Silber  oder  anderen  Metallen  eingefaßt,  wie  dies 
heute  noch  in  Brasilien  üblich  isti).  Auf  eine  neue  Art  der  Ver- 
wendung weist  Dr.  Gastin e2)  hin.  Die  Früchte  (es  wird  speziell  auf 
die  Früchte  des  in  Algier  seit  langer  Zeit  angepflanzten  Seifenbeerbaums, 
Sapindus  utilis  Trab.,  hingewiesen)  eignen  sich  zur  Herstellung  insekten- 
tütender  Flüssigkeiten,  und  die  Benutzung  derselben  zum  Vertilgen  der 
Pflanzenläuse  wird    angelegentlich  empfohlen. 

Der  Monograph  der  Sapindaceen,  Professor  Radlkofer,  der  die 
etwas  verworrene  Nomenklatur  und  Synonymik  des  Genus  Sapindus  auf- 
geklärt hat 3),  nimmt  elf  Arten-*)  an,  während  Weil  von  mehr  als  vierzig 
Arten  spricht,  deren  Früchte  in  den  Tropen  im  Gebrauch  sind.  In  Nord- 
indien ist  es  insbesondere  Sapindus  trifoliatus  L.  (^=  S.  emarginafus 
Vahl),  in  Südindien,  China  und  Japan  dagegen  S.  Mukkorossi  Gaertn. 
(=  S.  abruptus  Lour.  =  S.  acuminatus  Wall.  =  S.  emargitiatus 
Tenore  =  S.  detergens  Roxb.)^  deren  Früchte  (ind.  Rithä  oder  Riteh, 
arab.  fmduck-i-hindi  =  indische  Haselnüsse)  im  zerquetschten  Zustande  wie 
Seife  zur  Reinigung  des  Körpers,  der  Wäsche,  der  Schmucksachen  usw. 
dienen.  Nach  Wiesner^)  werden  die  Beeren  angeblich  in  Frankreich 
zum  Reinigen  gefärbter  Seidenwaren  verwendet,  wozu  sie  ausgezeichnet 
befähigt  sind;  denn  das  Saponin^)  besitzt  nicht  nur  die  Eigenschaft,  als 
vortreflliches  Reinigungsmittel  zu  dienen,  sondern  läßt  auch  an  den  ge- 
färbten Stoffen  die  Farbe  unverändert  und  greift  die  Appretur  der  Gewebe 
nicht  an;  es  vermag  außerdem  den  Schaum  (in  Schaumweinen,  Brause- 
limonaden) [konsistenter  zu  machen  und  eine  (bisher  nicht  bekannte) 
Klebewirkung  zu  äußern.  Mit  konzentrierten  Saponinlösungen  lassen 
sich  Papier,  Holz,  Kork,  Stanniol  und  dergleichen  so  fest  zusammen- 
kleben, daß  unter  gewühnhchen  Umständen  eine  Trennung  nicht  mehr 
möglich  ist 7).  Es  ist  eigentümlich,  daß  die  Seifenbeeren  trotz  ihres 
hohen  Gehaltes  an  Saponin  in  der  europäischen  Industrie  bisher  eine 
nur  geringfügige  Verwendung  gefunden  haben;  vielleicht  liegt  der  Grund 
darin,  daß  sie  in  den  Tropen  als  unentbehrliche  natürliche  Seife  den 
größten  Absatz  finden  und  der  Export  geringerer  Mengen  nicht  rentabel 
erscheint.     Gegenwärtig  scheint  ihr  Wert  doch  endlich  erkannt  worden 


-1)  Th.  Peckolt,  Heil-  u.  Nutzpflanzen  Brasiliens.     Ber.  d.  D.  Pharm.  Gesellsch- 
1902,  XII,  p.  105. 

2)  Tropenpflanzer,  1911,  p.  459. 

3)  Radlkofer,  Sitzgsber.  d.  k.  bayr.  Akademie,  1878,  p.  316.  —  Ferner  >Über 
die  Gliederung  der  Familie  der  Sapindaceen«,    ebenda,  1890,  Bd.  XX,   Heft  1,  p.  233. 

4)  Radlkofer  in  Engler-Prantl,  Pflanzenfam.,  III,  5.  Abt.,  p.  315. 

5)  Rohstofl'e,  1.  Ajifl.,  p.  760. 

6)  Über  die  Saponinkörper  siehe  den  Schlußabsatz  dieses  Artikels. 

7)  Weil,  1.  c,  p.  81. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  875 

ZU  sein.  Wie  im  »Tropenpflanzer«  (1916,  p.  371)  berichtet  wird,  kommen 
die  zerstampften  Früchte  in  Sacken  verpackt  in  den  Handel  (als  >Roh- 
saponin«)  oder  werden  in  viereckige  Stangen  gepreßt  und  in  seifenartige, 
etwa  1/4  Pfund  schwere  Stücke  zerschnitten;  sie  dienen  hauptsächlich  zu 
Seifenbädern  für  Appretur,  zum  Entfetten  in  der  Wollfärberei  oder  im 
Zeugdruck,  in  Verbindung  mit  Kokosfett  und  Oliven-  oder  Erdnußöl  zu 
vortrefflichem  Rasierpulver  oder  Rasierseifenextrakt. 

Außer  den  oben  angeführten  Arten  liefern  hauptsächlich  noch 
S.  Saponaria  L.^)  und  S.  Rarak  DC.  {=  S.  deterge?is  Kat.  Keiv.  [non 
Roxb.]P)  Seifenbeeren.  Die  Sapindus-Y vxxchi  ist  eine  drei-  bis  einknöpfige 
drupöse  Spaltfrucht,  deren  fast  kugelige  Knöpfe  seitlich  etwas  verbunden 
sind  und  ohne  Zurücklassung  einer  Fruchtachse  sich  trennen.  Jedes 
Karpell  enthält  einen  Samen.  Wiesner^)  beschreibt  die  Frucht  von 
8.  trifoliatus  (=  S.  emarginatus  Vahl)  folgendermaßen:  »Die  genannten 
Seifenbeeren  messen  etwa  1  cm  im  Diameter,  sind  nahezu  kugelig,  seit- 
lich etwa  in  einer  Breite  von  5 — 8  mm  keilförmig  zugeschärft.  Ein 
Ende  der  Keilkante  verbreitert  sich  zum  Fruchtstiele.  Der  kugelig  ab- 
gerundete Teil  der  Fruchthaut  hat  etwa  die  Konsistenz  einer  getrock- 
neten Pflaume,  ist  grobgerunzelt,  braunschwarz  gefärbt,  etwas  glänzend.« 
Hier  ist  noch  hinzuzufügen,  daß  die  reifen  Früchte  kurze  Borsten- 
haare besitzen,  die  jedoch  mit  freiem  Auge  nicht  sichtbar  sind;  am 
Rande  der  Berührungsstelle  der  Fruchtnopfe  findet  sich  ein  auch  mit 
freiem  Auge  sichtbarer  Anflug  von  graugelben  oder  graubräun- 
lichen Haaren  vor.  »Die  keilförmig  gestaltete  Partie  der' Fruchthaut 
(die  einem  geschlossenen  Helmvisier  gleicht  und  den  Berührungsflächen 
der  drei  Knöpfe  entspricht)  besitzt  eine  hellbraune  Farbe,  eine  holzige 
Konsistenz,  ist  senkrecht  auf  die  Keilkante  geädert  und  von  einem  innen 
grünlichen,  außen  tiefbraunen  Rand  umgeben.  Im  Inneren  der  etwa 
2 — 3  mm  dicken  Fruchthaut  liegt  je  ein  beiläufig  6  mm  dicker,  runder 
Same,  welcher  von  einer  steinharten,  1  mm  dicken,  braunschwarzen, 
außen  glatten  und  glänzenden  Samenhaut  umschlossen  ist  und  einen  öl- 
reichen  Embryo  enthält.«  100  Sapindusfrüchte  wiegen  im  Mittel  348  g, 
wovon  auf  die  Fruchtschalen  240  g  fallen.  Der  Sitz  des  Saponins  ist  der 
fleischige  Teil  des  Perikarps.  Ein  hirsekorngroßes  Stück  desselben  gibt 
(nach  Wies n er)  mit  1  0  ccm  Wasser  schon  eine  stark  schäumende  Flüssig- 
keit; der  Geschmack  des  Perikarps  ist  süßlich  und  schwach  aromatisch. 


1)  M.  Elfstrand,  Brasihanska  och  paraguayiska  droger,  medicinal-  och  hus- 
hällsväiter.  Sonderabdruck  aus  »Upsala  Läkareförenings  Förhandlingar,  XXX,  7  u.  8, 
p.  7.     Die  Frucht  von  S.  Saponaria  heißt  in  Brasihen  »Casita«,  in  Paraguay  »Ibarö«. 

2)  0.  May,  Chemisch-pharmakognostische  Untersuchung  der  Früchte  von  Sa- 
pindus Rarak  DG.     Arch.  d.  Pharm.,  Bd.  244,  1906,  Heft  \,  p.  25. 

3)  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  760, 


876 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


Sapindus  Saponaria  L.  gehört  dem  tropischen  Amerika  an.  Die 
von  Radlkofer  gegebene  eingehende  Beschreibung  der  Frucht  (Fig.  314), 
die  auch  die  anatomischen  Verhältnisse  berücksichtigt,  lautet  folgender- 
maßen: »Die  Frucht  von  Sapindus  Saponaria  geht  aus  einer  ober- 
ständigen  dreifächerigen    (ausnahmsweise  auch   vierfächerigen)    Frucht- 


Fig.  314.     Sapindus   Saponaria  L.     A  Frnchtzweig  i/i,    B  Frucht   im   Längsschnitt  Vi.    C  Samen   von 
unten,  D  im  Längsschnitt  i/i-    Nach  Kadlkofer,  ans  Engler-Prantl,  Pflanzenfamilien. 


anläge  hervor,  deren  Fächer  je  einem  Fruchtfache  entsprechen  und  je 
eine  Samenknospe  enthalten.  Reif  stellt  sie  eine  Spaltfrucht  von  drupöser 
Beschaffenheit  dar,  mit  seitlich  vorspringenden,  nahezu  ihrer  ganzen 
Höhe  nach  miteinander  verbundenen,  einsamigen  sphäroidischen  Frucht- 
knöpfen (cocci),  deren  jeder  einem  Fruchtfache  entspricht  und  auch  nach 
seiner   Ablösung    geschlossen    bleibt    (Fig.  314^).     Häufig   sind   einzelne 


Zweiundzwanzigsler  Abschnitt.     Früchte. 


877 


Cocci  verkümmert.  Das  Perikarp  läßt  dreierlei  Partien  unterscheiden: 
ein  dünnes  Epikarp,  vorzugsweise  aus  der  derbwandigen  und.  stark 
kutikularisierten  Epidermis  gebildet,  dem  ein  paar  nächst  liegende, 
stärker  als  die  inneren  koUenchymatüs  entwickelte  Zellagen  beigezählt 
werden  können;  ein  die  Hauptmasse  der  Fruchtwandung  bildendes 
Sarkokarpium,  dessen  mittlere,  allseitig  beträchtlich  vergrößerte  Paren- 
chymzellen    ganz    von    Sa- 

ponin    erfüllt    sind;    endlich  _,-..™™...-™™_-^      ;<//  i-r 

ein  dünnes,  pergamentarti- 
ges Endokarp,  aus  einigen 
Lagen  sich  schief  kreuzender, 
bandartiger,  in  Gruppen  ge- 
ordneter, mäßig  dickwan- 
diger, biegsamer  und  elasti- 
scher Sklerenchymzellen  ge- 
bildet. Das  Saponin  der 
trockenen  Frucht  erscheint 
unter  dem  Mikroskop  als 
amorphe  glasartige  Masse, 
die  in  Alkohol  langsam,  in 
Wasser  rasch,  in  Schwefel- 
säure mit  gelber,  später  gelb- 
roter Farbe  sich  löst  und 
mit  basisch  essigsaurem  Blei 
einen  in  Essigsäure  löslichen 
weißen  Niederschlag  bildet. 
Der  Same  (Fig.3'1  4i?-i>),  im 
zentralen  AVinkel  des  Faches, 
nahe  an  dessen  Basis  befe- 
stigt und  aus  einer  gekrümm- 
ten,   mit  ihrer   organischen 

Spitze     (Mikropyle)    nach 
außen  und  unten  gekehrten 
Samenknospe  hervorgehend, 

besitzt  eine  beinharte,  dicke,  aus  zahlreichen  Lagen  radiär  gestellter  sechs- 
seitig prismatischer,  dickwandiger  Zellen  bestehende,  in  ihren  inneren  Lagen 
durch  Verkürzung,  Rundung  und  endlich  selbst  Querdehnung  der  Zellen 
eine  Art  Endopleura  bildende  dunkelgefärbte  Schale,  einen  als  senkrecht  in 
der  Frucht  stehende  Furche  sich  darstellenden  Samennabel  und  im  Innern 
zwischen  Samennabel  und  Mikropyle  als  Rest  des  gekrümmten  Knospen- 
kerns eine  sackartig  vertiefte  Querfalte,  in  der  das  Würzelchen  des 
Embryo  ruht.     Der  Embryo  ist  gekrümmt,  das  Würzelchen  nach  unten 


Fig.  315.  Partie  eines  Quersclinittes  durch  die  reife  Frucht 
von  Sapindus  trifoliatus  L.,  in  Kalilauge,  c  Kutiknla,  ep 
Oberhaut,  p  Pigmentparenchym,  s«  Saponinschicht,  6  Baet- 
faserbündel,  g  Gefäßteil,  /  Endokarp  (Pergamentplatte),  ep 
Oberhaut  der  Innenseite.    Vergr.  300. 


878 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


gekehrt,  die  Kotyledonen  dick,  fast  halbkugelig,  in  senkrechter  Rich- 
tung (mit  horizontal  stehenden  Berührungsflächen)  übereinander  gelagert 
reich  an  Öl  neben  mäßigem  Gehalt  an  Stärke«  (Fig.  31 4  D). 

Das  Perikarp  der  Seifenbeeren  setzt  sich,  wie  soeben  bemerkt,  aus 
drei,  den  typischen  Fruchtwandschichten  —  Exo-,  Meso-  und  Endokarp  — 
entsprechenden  Gewebefolgen  zusammen.  Unter  der  Oberhaut  liegt  ein 
Kollenchym  (Fig.  3i5ep,  p),  darauf  folgt  die  saponinführende  Mittelschicht 


mmmm 


f 
c 


Fig.  316.     Sapindus  trifoliatus  L.     A  Borsten,  B  Epidermis  von  der  Fläche.     Vergr.  300. 


(Fig.  315sa),  in  der  auch  die  Leitbündel  (Fig.  31 5^,  g)  liegen;  das  Endo- 
karp, eine  dünne  Gewebeplatte,  ist  nach  innen  zu  durch  die  Epidermis 
der  Innenseite  (Fig.  315ep')  abgeschlossen. 

Die  Epidermis  (Fig.  31 6  i?)  besteht  aus  —  in  der  Fläche  —  poly- 
gonalen, etwas  derbwandigen  Tafelzellen,  die  von  einer  dicken^  farb- 
losen Kutikula  überdeckt  sind  und  einen  homogenen,  braunen,  weder  in 
Kali,  noch  in  Säuren  löslichen  Inhalt  führen;  außerdem  enthält  dieselbe 
vereinzelt  große,    runde   Spaltöffnungen   und   an   der   Frucht  von   Sap. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  879 

trifoliatus  zahlreiche  Borsten  (Fig.  316  J.),  die  dort,  wo  sie  abgefallen 
sind,  eine  runde,  kleine,  von  radiär  gestellten  Epidermiszellen  umgebene'' 
Insertionsstelle  zeigen.  Die  Borsten  sind  walzlich  oder  spindelig,  seltener 
kegelig,  spitz  oder  stumpf,  sehr  stark  verdickt,  schwach  verholzt,  dicht 
warzig  gestrichelt,  1 5— 3 1 3  ^tt  lang,  gerade  oder  schwach  gekrümmt;  der 
zwischen  den  Epidermiszellen  steckende  Fußteil  ist  viel  schmäler  als . 
die  freie  Borstenpartie.  Die  mit  der  Oberhaut  fest  verbundenen  kollen- 
chymatischen  Parenchymzellen  sind  tangential  abgeplattet,  ebenfalls  mit 
braunem  Inhalt  versehen,  ihre  Wände  bestehen  aus  reiner  Zellulose 
(Fig.  31 5^).     Im  Perikarp  von  8.  Rarak  bilden    diese   kollenchymatisch 


rig.  317.     Sapindtts  trifoliatvs  L.     Querschnitt  durch  eine  halhreife  Frucht,    tr  Borsten,  ep  Oberhaut 
p  suhepidermales  Parenchym,  s  Saponinschicht,  ca  Oxalatdrusen.    Vergr.  400. 

verdickten  Zellen  7 — 9  Reihen  (May).  Scharf  geschieden  von  der  Außen- 
schicht ist  die  nächste  Abteilung  des  Perikarps,  die  sich  als  ein  groß- 
maschiges, mit  wulstigen  Wänden  versehenes  Netz  präsentiert  (Fig.  2\^sa). 
In  den  Lücken  des  Netzes  ist  das  Saponin  als  ein  farbloser  oder  gelb- 
lich-rötlicher, homogener  Körper  abgelagert.  Die  die  Maschen  bildenden 
Wülste  quellen  in  Wasser  auf  und  lösen  sich  in  Kupferoxydammoniak  in 
zarteStreifen  oder  Lamellen,  von  welchen  mitunter  Fortsätze  in  die  Maschen- 
lücken hineinragen;  nebst  Saponin  finden  sich  auch  Stärkekörnchen  (einfache 
runde,  auch  Zwillingskörner)  und  stark  glänzende,  farblose  Tropfen  vor. 
Wie   die  Entwicklungsgeschichte  i)  zeigt,    sind  die  großen  Saponin 


i)  T.  F.  Hanausek,  Die  Seifenbeeren.    Pharmaz.  Post  (Wien)  1907,  p.  359—362, 
p.  375  und  Nachtrag,  p.  582. 


Zweiundzwanzigster  Absciinitt.     Früchte. 


führenden  Räume  Zellen,  die  schon  bald  —  nach  dem  Abblühen,  wenn 
die  junge  Frucht  die  Größe  eines  Weintraubenkernes  erlangt  hat  —  von 
den  übrigen  Zellen  des  Parenchyms  sich  durch  ein  überragendes  Grüßen- 
wachstum auszeichnen  (Fig.  317s),  was  nur  auf  Kosten  der  letzteren 
geschehen  kann.  Es  entstehen  so  die  großen  Räume,  die  als  Speicher 
für  das  Saponin  dienen  (Fig.  315sa).  Die  zusammengepreßten  Paren- 
chymlagen  bilden  (mit  den  Zellwänden  der  Saponinzellen)  gewissermaßen 
Brücken  für  die  kollateralen  Leitbündel  (Fig.  315  (7),    die  im  Querschnitt 

einen  ovalen  Umriß  haben,  nach 
außen  zu  aus  einem  Bastbündel 
(Fig.  3'I5Z^),  dessen  Elemente 
denen  der  Endokarpplatte  ähn- 
lich, nur  etwas  größer  und 
derber  sind,  aus  dem  Siebteil 
und  auf  der  Innenseite  aus  dem 
Gefäßteil  (mit  Spiroiden)  be- 
stehen. Die  innerste  an  das 
Endokarp  anschließende  Lage 
der  Saponinschicht  ist  frei  von 
Saponinzellen  und  bildet  eine 
Art  Decke  um  diese.  Das 
Endokarp,  eine  pergament- 
ähnliche Platte,  setzt  sich  aus 
mäßig  verdickten  Faserzellen  zu- 
sammen (Fig.  315/'),  die,  wie 
schon  Radlkofer  angibt,  ver- 
schiedene, sich  kreuzende  Züge 
bilden  und  unregelmäßig  ge- 
rundet-mehrseitige  mit  gebuch- 
teten und  gefalteten  Wänden 
versehene  Querschnitte  zeigen.  Die  Endokarpzellen  von  S.  Rarak  be- 
sitzen nach  May  (1.  c.  p.  875)  ring-  und  schraubenförmige  Verdickungen 
und  sind  teilweise  mit  quadratischen  Kristallen  von  Kalziumoxalat  erfüllt. 
Die  Epidermis  der  Innenseite  besteht  aus  langgestreckten,  schmal- 
rechteckigen,  meist  parallel  angeordneten  Tafeln  (Fig.  3l8j,  die  braunes 
Pigment  enthalten. 

Über  das  Vorkommen  und  Verhalten  des  Sapindus-Saponin 
ist  folgendes  zu  bemerken. 

In  jugendlichen  Früchten  von  der  Größe  eines  halben  Pfefferkornes 
läßt  sich  in  den  Saponinzellen  das  Saponin  schon  beobachten.  Die  reife 
Frucht  enthält  es,  wie  oben  bemerkt,  als  eine  glasige,  durchsichtige, 
glänzende  Masse,  die  mitunter  wie  gestuft  erscheint  und  bei  der  Lösung 


Figi  318.    Sapimltts  tiifoUiiiiis  L.    Epidermis  der  Innen- 
seite des  Perikarps   von   der  Fläche  ,   in   einigen  Zellen 
der  Pigmentinhalt  gezeichnet.     Vergr.  40ü. 


Zweiundzwanzigster  Absclinitt.     Früciite.  381 

in  Wasser  auch  in  stufenarligen  Umrissen  gewissermaßen  abschmilzt.  In 
absolutem  Alkohol  ist  ein  größerer  Teil  löslich;  man  sieht  nämlich  aus 
den  Zellen  eine  aus  farblosen,  runden,  stark  lichtbrechenden  Körnchen 
(oder  Tropfen?)  bestehende  Masse  ausströmen,  die  schheßlich  sich  zu 
größeren  Häufchen  zusammenballt;  auch  gelbliche  Tropfen  treten  auf, 
die  aber  wahrscheinlich  Fett  darstellen.  Die  Lösung  des  Saponins  be- 
obachtet man  am  schönsten,  wenn  man  einem  Glyzerinpräparat  Wasser 
zusetzt;  zuerst  werden  die  glasigen  Körper  an  den  Bruchrändern,  falls 
solche  vorhanden  sind,  angenagt,  dann  entstehen  auf  der  Oberfläche 
Längs-  und  Querlinien,  die  wie  ein  zartes  Zellnetz  den  Körper  über- 
ziehen, die  Ränder  werden  nun  dünner  und  zerfließen.  Ob  die  Saponin- 
körper  durchweg  amorpher  Natur  sind,  ist  nicht  sicher  ausgemacht.  Daß 
Saponin  auch  in  kristallinischer  Form  auftreten  kann,  hat  A.  VogH)  an 
einer  aus  Mexiko  stammenden,  vielleicht  einer  Polygalacee  angehörigen 
Wurzel  nachgewiesen,  deren  wesentlich  aus  Saponin  bestehender  Inhalt 
das  Aussehen  von  Sphärokristallen  zeigt.  An  dem  Sapindus-Saponin 
kann  man  folgendes  beobachten.  Ein  in  Alkohol-Schwefelsäuregemisch 
(1:1)  erwärmtes  Präparat  läßt  den  Inhalt  einzelner  Saponinzellen  als 
verschiedenartig  erkennen.  Der  mittlere  Teil  des  Inhaltes  erscheint  in 
rundlichen  oder  abgerundet  kantigen,  teils  isolierten,  teils  aneinander 
haftenden,  lebhaft  glänzenden  Bröckchen,  die  anscheinend  eine  kristal- 
linische Struktur  besitzen.  Die  periphere  Partie  dagegen  besteht  aus 
sehr  kleinen,  losen  Körnchen.  Daß  dieser  Unterschied  nicht  etwa  eine 
Folge  der  (von  außen  nach  innen  fortschreitenden)  Lösung  ist,  zeigt  sich 
klar  an  angebrochenen  Stücken,  deren  mittlere  Partie  frei  ist  und  direkt 
von  dem  Reagens  umspült  wird.  Nach  kurzer  Einwirkung  des  Ge- 
misches wird  das  in  Lösung  gegangene  Saponin  gelb,  darauf  rosenrot 
und  schließlich  violett.  Bei  darauf  folgender  Behandlung  mit  Eisen- 
chlorid (Lafonsche  Reaktion)  tritt  zuerst  ein  bräunlicher  Niederschlag 
auf,  der  sich  allmählich  mit  gelblicher  Farbe  löst 2). 

Das  Auftreten  so  bedeutender  Saponinmengen  in  einer  bestimmten 
Zone  der  Frucht  und  in  bestimmten  Zellen  eines  Gewebes,  deren  Wachs- 
tum das  ihrer  nach  der  Abstammung  gleichwertigen  Nachbarn  so  sehr 
übertrifft,  ist  eine  Tatsache  von  hohem  Interesse;  die  physiologische 
Seite  derselben  bedarf  noch  eingehender  Würdigung.  Ich  möchte  noch 
auf  eine  Erscheinung  hinweisen,  die  mir  sehr  bemerkenswert  erscheint. 
Die  schon  im  Fruchtknoten  vorhandene,  durch  das  sehr  resistente,  auf 
Gerbstoff  reagierende  Pigment  undurchsichtig  gemachte  äußere  Gewebe- 


1)  Arzneiiförper  1892,  p.  546. 

2)  T.  F.  Hanaus ek,  Zur  Kenntnis  des  Vorkommens  und  Nachweises  der  Saponin- 
substanzen  im  Pflanzenkörper.     Chem.-Ztg.  1892,  XVI,  p.  1295. 

Wies  u er,  Rohstoffe.     11 1.  Band.     3.  Anfl.  56 


882  Zweiundzwanzigsler  Abschnitt.     Früchte. 

Schicht  bildet  einen  für  Licht  nahezu  undurchdringlichen  Schirm ;  wahr- 
scheinlich ist  auch  dies  für  die  Genesis  des  Saponins  nicht  ohne  Be- 
deutung. 

Die  Unterschiede  im  anatomischen  Bau  des  Perikarps  von  S.  tri- 
foUatus  und  S.  Saponaria  sind  —  von  den  Trichomen  abgesehen  — 
nur  geringfügig.  Im  Gewebe  von  S.  trifoliaü(s  fand  ich  zahlreiche 
Kristalle  in  der  bekannten  Briefkuvertform,  aber  auch  Drusen;  bei 
8.  Sap07iaria  scheinen  Kristalle  nur  selten  aufzutreten.  Bei  S.  trifoliatus 
kommt  mitunter  zwischen  dem  Endokarp  und  der  Innenepidermis  noch 
eine  Reihe  von  Parenchymzellen  vor,  die  den  gleichen  Inhalt  wie  die 
Innenepidermiszellen  führen. 

Außer  Saponin  enthalten  die  Früchte  von  S.  Rarak,  S.  Mukorossi 
und  8.  trifoliatus  relativ  viel  saures  phosphorsaures  Salz  (wahrschein- 
lich KH2PO4),  wie  0.  May  (1.  c.)  gefunden  hat;  der  Phosphorsäuregehalt 
der  Asche  (von  8.  Barak)  beträgt  nach  diesem  Autor  22,16  Proz.  Der 
Gehalt  der  Früchte  von  8.  Barak  an  Saponin  beläuft  sich  im  Mittel  auf 
13,5  Proz. 

Die  Samen  beider  Arten  sind  schwarz  oder  schwarzbraun,  glänzend 
und  sehr  hart.  In  Brasilien  werden  die  Samen  von  8.  8aponaria  durch- 
löchert zu  Rosenkränzen,  Hals-  und  Armbändern  oder,  in  Silber  und 
Gold  gefaßt,  zu  Hemdknüpfen  usw.  verwendet  1). 

Die  überaus  harte  Samenschale  verdankt  diese  Eigenschaft  fast  nur 
der  starken  Verdickung  der  Zellwände,  die  mit  Ausnahme  der  Wände 
von  eingestreuten  echten  Steinzellen  nicht  verholzt  sind.  Dies  ist 
wieder  ein  Beweis,  daß  die  Verholzung  zum  Hartwerden  eines  Organes 
nicht  notwendig  ist,  auch  wenn  es  sich  nicht  um  Reservezellulose,  wie 
beim  vegetabilischen  Elfenbein  handelt. 

Die  Epidermis  der  Samenschale  ist  von  langen,  stark  verdickten, 
fest  aneinanderschließenden  Palisadenzellen  gebildet,  denen  auf  der 
Außenseite  eine  starke  Kutikula  vorgelagert  ist.  Die  an  der  Innenseite 
liegenden  Fußteile  der  radial  gestellten  Palisaden  sind  so  innig  mit  den 
nächstfolgenden  Zellen  verbunden,  daß  sie  nur  nach  Mazeration  mit 
Schulzeschem  Gemische  deutlich  gemacht  werden  können.  Sie  laufen 
einseitig  spitz  zu  und  zwei  benachbarte  Palisaden  ergänzen  sich  zu- 
meist derart,  daß  ihre  Fußteile  einen  Rund-  oder  Spitzbogen  bilden,  in 
dem  der  Scheitelteil  der  der  nächstfolgenden  Reihe  angehörigen  Zelle 
Platz  findet.  Längs  der  Scheitel,  nur  wenig  unterhalb  der  Außenseite 
der  Palisaden,  verläuft  eine  schwache  Lichtlinie.  Das  schmale  Lumen 
enthält  braunes  Pigment. 

Die  zweite  Schicht  ist  aus  einem  vielreihigen  Parenchym  zusammen- 


1)  Peckolt,  1.  c,  p.  105. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  883 

gesetzt,  dessen  Zellen  sehr  dickwandig  und  getüpfelt  sind,  in  den  ersten 
Reihen  noch  eine  radiale  Streckung  aufweisen,  in  den  mittleren  und 
inneren  Reihen  gleichdimensionale,  rundliche,  polyedrische  oder  unregel- 
mäßige Konturen  besitzen,  in  den  innersten  Reihen  aber  tangential  ge- 
streckt und  zusammengepreßt  sind. 

Alle  Zellen  enthalten  ein  tiefbraunes,  undurchsichtiges,  in  Säure  rot 
werdendes  Pigment.  Stellenweise  sind  Inseln  inhaltsloser,  meist  rund- 
licher, stark  verdickter,  poröser  und  verholzter  (Sklerenchym-)Zellen 
eingeschaltet. 

Ohne  Vermittlung  tritt  als  nächste  Schicht  ein  Schwammparenchym 
mit  derben  Zellwänden  und  braunem  Inhalt  auf,  das  allmählich  in  ein 
zartes,  ebenfalls  lückiges,  farbloses  und  inhaltsloses  Gewebe  übergeht; 
in  diesem  verlaufen  die  Spiroidenbündel.  Den  Samenkern  umkleidet 
noch  eine  trockene,  braune,  sehr  brüchige  Haut,  die  vermutlich  als  der 
Rest  des  Keimnährgewebes  anzusehen  ist  und  der  Hauptsache  nach  aus 
einem  mauerförmigen  Parenchym  mit  braunen,  getüpfelten  Zellwänden 
besteht.  Den  Abschluß  bildet  ein  lichter  Streifen  aus  zusammen- 
gepreßten Zellen,  deren  Lumina  nur  als  Strichelchen  wahrzunehmen 
sind;  eine  farblose,  anscheinend  homogene  Lamelle  grenzt  das  Gewebe 
nach  innen  ab. 

Der  ölig-fleischige  Samenkern  stellt  nur  den  Keim  dar.  Die  sehr 
dünnwandigen,  farblosen  Zellen  desselben  enthalten  reichlich  fettes  Öl 
und  zahlreiche  verschieden  große,  ganz  unregelmäßig  konturierte  Aleuron- 
körner.  Die  Einschlüsse  der  letzteren  sind  teils  zahlreiche  sehr  kleine 
Körnchen  (Globoide),  teils  ein  oder  zwei  größere,  stark  lichtbrechende, 
aber  nicht  regelmäßig  wie  Kristalle  ausgebildete  Körper  nebst  Glo- 
boiden;  recht  deutlich  werden  die  Einschlüsse  in  entfetteten  und  mit 
Jodlösung  behandelten  Schnitten.  Im  Samen  von  S.  Barak  fand  May 
auch  Stärke. 

Der  wichtigste  Bestandteil  der  Seifenbeeren  gehört  der  Saponin- 
gruppe  an.  Darunter  versteht  man  nach  Kobert^)  kolloide  Stoffe  gly- 
kosidischer Natur,  die  in  Wasser  starkes  Schäumen  verursachen.  Dem 
Sapindus-Saponin  kommt  nach  Weil  (1.  c,  p.  37)  die  Formel  C^HseOio 
zu,  welche  genau  in  die  von  Kobert  aufgestellte  Reihe  C^Hj^-gOio 
hineinpaßt.  Eine  eingehende  Untersuchung  der  chemischen  Eigenschaften 
des  Saponins  von  8.  Barak  haben  0.  May  (in  der  angezogenen  Arbeit), 
von  S.  Mukorosi  Gaert.  zwei  Japaner  gegeben  (Ap.  Ztg.  1917,  32, 
p.  542).  Nach  diesen  kommt  das  Saponin  an  Kalium  oder  Natrium  ge- 
bunden vor. 


i)  Lehrbuch    der   Intoxikationen,   1893.    —    Kobert    in  Realenzyklopädie   der 
Pharmazie,  2.  AuH.,  XI,  p.  4 04 ff.;  daselbst  auch  zahlreiche  Literaturnachweise. 

56* 


gg4  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

12.  GeMeereu. 

Die  Gelbbeeren  bilden  einen  schon  seit  langem  zum  Färben  und  zur 
Darstellung  von  Farben  benutzten  Rohstoff^).  Sie  stellen  die  getrockneten 
unreifen  Früchte  verschiedener  Arten  der  Gattung  Rhamnus^)  dar, 
die  hauptsächlich  in  der  nördlich  gemäßigten  Zone,  im  Mittelmeer- 
gebiet und  in  Vorderasien  verbreitet  ist  und  in  zwei  Untergattungen, 
Eurhamnus  und  Frangula  (diese  auch  als  selbständiges  Genus)  ge- 
schieden wird.  Die  Früchte  der  zur  ersteren  gehörenden  Arten,  von 
denen  die  Gelbbeeren  stammen,  sind  steinfruchtartige  Beeren  mit  2 — 4 
geschlossen  bleibenden  oder  an  der  Innenseite  mit  einer  Spalte  sich 
öffnenden,  pergamentartig-dünnschaligen,  dreiseitigen,  einsamigen  Stein- 
kernen. Der  Same  besitzt  einen  sehr  charakteristischen  Bau.  Derselbe 
ist  an  beiden  Seiten  der  Länge  nach  eingerollt  und  zeigt  daher  auf  der 
Raphenfläche  eine  Längsfurche,  nach  deren  Verhalten  die  einzelnen  Arten 
der  Untergattung  Eiirhaimius  zu  unterscheiden  sind  und  die  Abstammung 
der  Gelbbeeren  festgestellt  werden  kann.  Der  Same  setzt  sich  aus  einer 
knorpeligen  Schale,  einem  fast  ringförmig  gebogenen  (»ausgehöhlten«) 
Nährgewebe  und  einem  aufrechten  Keim  zusammen,  dessen  Keimblätter 
im  Querschnitt  eine  hufeisenförmige  Krümmung  zeigen  3). 

Nach  den  eingehenden  Untersuchungen  Wiesners*)  und  nach  eigenen 
Beobachtungen  werden  die  im  europäischen  Handel  auftretenden  Gelb- 
beeren von  folgenden  Rhamnus- Arien  geliefert: 

a)  Bhaninus  eathartieus  L.  (Kreuzdorn),  ein  Strauch,  der  an  Waldrändern  und 
als  Unterholz  in  Laubwäldern  durch  fast  ganz  Europa,  Nordafrika  und  Asien  ver- 
breitet ist.  Die  frischen,  reifen  Früchte  werden  als  Kreuzbeeren  medizinisch 
verwendet.  Die  unreifen  bilden  eine  Sorte  Gelbbeeren.  Im  reifen  Zustande  sind 
sie  nach  v.  Vogl  (1.  c,  p.  142)  kugehg,  erbsengroß,  am  Grunde  von  dem  gestielten, 
kleinen,  scheibenrunden  ünterkelch  gestützt,  glänzend  schwarz  mit  bräunlichgrünem, 
saftigem  Fleische,  das  vier  kreuzweise  gestellte  braune,  pergamentartige,  ver- 
kehrt-eiförmig-stumpfdreiseitige, an  der  äußeren  gewölbten  Seite  mit  einer  Längs- 
furche, an  der  kantigen  inneren  Seite  mit  einer  Naht  versehene  einsamige  Steinfächer 
einschließt.  Die  unreifen  Früchte  sind  in  frischem  Zustande  grün,  getrocknet 
grünlichbraun,  grobrunzelig,  deutUch  vierknöpfig.  Die  Innenseite  des  Perikarps  ist 
bräunlich-  oder  rötlich  gelb,  glänzend;  der  dreikantige  Same  ist  braun,  glatt 
und  besitzt  auf  jener  Seite,  die  der  Wölbfläche  des  Steinkernes  entspricht,  infolge 
der  Einrollung  der  Längsseiten  eine  Furche;  die  Seitenränder  schließen  eng  anein- 
ander und  lassen  nur  an  dem  spitzen  Ende  eine  Spalte   frei;   der   die  Ritze   umklei- 


1 


1)  Böhmer,  1.  c,  II,  p.  192. 

2)  Ehamjius,  gr.  qccui'os,  bei  Plinius  »weißer  Dornstrauch«,  ist  gen.  mascul. 
(daher  nicht  B.  cathartica,  sondern  eathartieus). 

3)  Vgl.  V.  Vogl,  Kommentar,  p.  142.  —  Arthur  Meyer,  Wiss.  Drogenkunde, 
II,  p.  ;J97. 

4)  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  756, 


I 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


885 


4  'Ti  (i 


w 


dende  glänzende  Wulst  tritt  am  oberen  und  unteren  Ende  der  Ritze  deutlich  hervor 
(Fig.  3i9#). 

Die  reifen  Kreuzbeeren  werden  auch  technisch  verwendet.  Sie  dienen  zur  Dar- 
stellung des  Saftgrüns  (Beerengrün,  Blasengrün,  weil  der  Farbstoff  in  einer  Tier- 
blase verwahrt  wird),  im  gereinigten  Zustande  Chemischgrün  genannt,  das  als 
Wasserfarbe  eine  beschränkte  Anwendung  findet. 

b)  Ehamnus  infectorius  L.  Gebirge  Südeuropas.  Die  unreifen  Früchte  —  wie 
sie  im  Handel  erscheinen  —  sind  sehr  verschieden  groß,  meist  zwei-,  seltener  drei- 
oder  vierknöpfig,  im  ersteren  Falle  etwas  plattgedrückt,  bräunlichgelb,  feinkörnig- 
runzelig,  stets  kurz  gestielt;  das  trockene  Fleisch  ist  sehr  spröde,  die  Innenseite  der 
Fruchtwand  rotgelb  und  lebhaft  glänzend;  der  Same  strohgelb  oder  dunkelbraun, 
die  Ritze  der  ganzen  Länge  nach  schmal-klaffend,  da  die  Seitenwände  sich  im  Ver- 
laufe der  Ritze  nirgends  berühren;  am  unteren  Ende  stehen  sie  etwas  weiter  von- 
einander ab;  ein  deutlicher,  hellbräunlicher,  erhabener  und  stark  glänzender  Wulst 
umgibt  die  Spalte,  ist  aber  am  oberen  und  unteren  Ende  stärker  als  in  der  Mitte 
entwickelt,  so  daß  es  an  manchen  Sa- 
men den  Anschein  hat,  als  wäre  er  nur 
an  den  Enden  der  Ritze  vorhanden 
(Fig.  319  2). 

c)  Ehamnus  saxcäilis  L.  Gebirge 
Mittel-  und  Südeuropas,  Vorderasien, 
China.  Früchte  in  den  Größenverhält- 
nissen nicht  wesentlich  verschieden, 
bräunlichgelb  oder  bräunlich,  dunkler 
als  vorige,  feingerunzelt,  meist  zwei- 
knöpfig,  Innenseite  des  Perikarps  pur- 
purbraun.     Die  Samen  besitzen  eine 

weit  klaffende   Spalte,   sind  im   Querschnitt  daher  halbmondförmig 
gleichfarbigem,  breitem  Wulst  (Fig.  31 9  s). 

Eine  Varietät,  die  als  Eh.  tinctorius  Wald,  et  Kit.  bezeichnet  wird,  ist  in  der 
Frucht-  und  Samenform  hiervon  nicht  verschieden. 

d)  Ehamnus  graecus  Boiss.  et  Eeut.,  Griechenland.  Früchte  klein,  bräunlich- 
grün.  Innenseite  des  Perikarps  purpurbraun,  Same  bräunlichgelb.  Ritze  wie  bei 
Eh.  infectorius,  der  ganzen  Länge  nach  klaffend,  ziemlich  schmal,  fast  ohne  wulstige 
Umrandung. 

e)  Ehamnus  öleoides  L.  Mittelmeergebiet.  Früchte  denen  von  Eh.  infectorius 
sehr  ähnlich,  aber  viel  gleichmäßiger  in  der  Größe,  zwei-  bis  vierknöpfig,  hellgelb- 
braun, oft  die  gelbe  Farbe  stärker  hervortretend,  Innenseite  des  Perikarps  hellrot- 
braun.  Same  bräunlich,  Ritze  etwas  breiter  als  bei  Eh.  infectorius,  überall  gleich 
weit,  von  einem  starken  Wulst  umrandet. 

Die  Angaben  in  der  Literatur,  daß  auch  Ehamnus  Alaternus  L.  eine  Sorte  von 
Gelbbeeren  hefere,  hat  schon  Wiesner  (1.  c,  1.  Aufl.,  p.  756)  als  unrichtig  bezeichnet. 
Die  an  den  sehr  charakteristisch  gebauten  Samen  (Fig.  319  i)  leicht  zu  erkennenden 
Früchte  wurden  auch  von  dem  Autor  in  keiner  Gelbbeerensorte  aufgefunden. 


Fig.  319.     Samen  von  1  Bliamnif.s  Alaternus,  2  K 

infectorius,  3  Rh.  saxatüis,  i  Rh.  catharticus. 

w  Wulst,  r  Ritze  des  Samens.    Lnpenbilder. 

■    (Wiesner.) 


gelbbraun ,   mit 


Die  im  Handel  erscheinenden  Sorten  sind  teils  aus  den  Früchten 
einer  Art  zusammengesetzt,  teils  bestehen  sie  aus  einem  Gemisch  der 
Früchte  mehrerer  Arten: 


886  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

I.  Die  Avignonkörner,  französische  Gelbbeeren,  bestehen  haupt- 
sächlich aus  den  Früchten  von  Rh.  infectorius\  beigemengt  finden  sich 
die  Früchte  von  Rh.  saxatilis,  meist  nur  in  geringer  Anzahl. 

II.  Persische  Gelbbeeren,  eine  ausgezeichnete  Sorte,  stammen 
von  Rh.  oleoides;  die  von  Wiesner  untersuchte  Sorte  bestand  aus  kuge- 
ligen, 4 — 5  mm  im  Durchmesser  haltenden  vierknüpfigen  Früchten,  deren 
Oberfläche  gelblich  gefärbt  und  grobnetzfürmig  gerunzelt  war;  der  Same 
war  häufig  keimlos. 

III.  Ungarische  Gelbbeeren,  ein  Gemisch  der  Früchte  von  Rh. 
catharticus  und  Rh.  saxatilis. 

IV.  Levantinische  und  türkische  Gelbberen  stammen  von 
Rh.  infectorius  und  Rh.  saxatilis.  Hierher  auch  die  syrischen  Gelb- 
beeren  (aus  dem  Hinterlande  von  Alexandrettei). 

V.  Griechische  Gelbbeeren  von  Rh.  graecus. 

VI.  Deutsche  Gelbbeeren  von  Rh.  catharticus. 

Im  anatomischen  Bau  der  verschiedenen  Gelbbeerenarten  scheinen 
nur  sehr  geringe  Verschiedenheiten  zu  bestehen,  die  —  soweit  ich  nach 
meinen  Untersuchungen  aussprechen  kann  —  durchaus  nicht  hinreichen, 
irgendwelche  Differentialdiagnosen  aufstellen  zu  können.  In  der  folgen- 
den Beschreibung  ist  hauptsächlich  die  Frucht  von  Rh.  infectorius  be- 
rücksichtigt worden  2). 

An  dem  Perikarp  lassen  sich  drei  Abteilungen,  die  Epidermis  mit 
dem  damit  fest  verbundenen  KoUenchym,  das  großzellige  Parenchym 
(»die  Fleischschicht«)  und  die  Hartschicht  oder  das  Endokarp  erkennen. 
Die  Epidermis  (Fig.  320  i)  besteht  aus  kleinen,  mehrseitigen  Tafelzellen 
und  spärlichen  größeren,  runden  Spaltöffnungen.  Die  Kutikula  ist  an 
den  (unreifen]  Früchten  durch  eine  reichliche  Faltung  sehr  ausgezeichnet, 
im  Querschnitt  bildet  sie  einen  vielfach  gewundenen  Belag  (Fig.  320c); 
sie  trennt  sich  auch  leicht  von  der  Oberhaut  los.  Das  subepidermale 
KoUenchym  enthält  mehrere  Reihen  von  tangential  gestreckten  und  ge- 
preßten Zellen,  deren  Tangentialwände  (in  Kali)  als  mächtige  Balken 
erscheinen,  während  die  radialen  Wände  nur  dünn  und  kurz  sind 
(Fig.  320  2).  Zwischen  KoUenchym  und  Großzellengewebe  verlaufen  die 
Gefäßbündel,  die  einen  peripheren  Belag  von  kurzen,  stab artigen, 
axial  aneinandergereihten,    sehr   verdickten,    getüpfelten   und   ver- 

\)  A.  Ruppin,  Syrien  als  Wirtschaftsgebiet.  Beihefte  zum  Tropenpflanzer, 
4  916,  Nr.  3/5,  p.  4  28.  —  Die  Ausfuhr  betrug  1910/41  428  255  kg  im  Werte  von  etwa 
400000  Fr., 

2)  Vgl.  die  sehr  ausfülirliche  Beschreibung  von  Rhamnus  catharticus  bei 
A.  Meyer,  1.  c,  p.  401—403.  Über  die  Entwicklungsgeschichte  s.  G.  Lindau,  Zur 
Entwicklungsgeschichte  einiger  Samen.      Ber.  d.  D.  Bot.  Gesellsch.  1891,    IX,  p.  274. 


Zweiiindzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


887 


holzten   prosenchymatischen  Zellen   besitzen   und  reichlich  sehr  schmale 
Spiroiden  führen  (Fig.  320^). 

Das  Parenchym  setzt  sich  aus  dünnwandigen,  unregelmäßigen,  ver- 
,  schieden  großen  Zellen  zusammen,  die  entweder  je  einen  Oxalatkristall 
(auch   eine  Kristalldruse) 

oder  sehr  eigentümliche,  ^^-^  r\  j^^  v^  . 

längliche,  drei-  bis  vier- 
eckige, faltigstreifige,  röt- 
lichgelbe Körper  enthal- 
ten. Es  sind  »Inklusen«, 
Körper  der  gleichen  oder 

ähnlichen  Zusammen- 
setzung, die  im  Shinia- 
blatte  (siehe  p.  545),  im 
Fruchtfleisch  von  Hy- 
phaene  thehaica  (s.  p.  688), 
im  Mesokarp  verschie- 
dener Pirus-kviQn  und  in 
Früchten  von  Prunus 
baccata  und  P.  spinosa^), 
in  der  Testa  des  Piments, 
in  der  Johannisbrotfrucht 
u.  a.  enthalten  sind;  sie 
verändern  sich  in  Wasser 
wenig  oder  gar  nicht, 
werden  in  Kalilauge  hel- 
ler und  lösen  sich  beim 
Kochen  darin  auf;  in 
Eisenchlorid  nehmen  sie 
trübgrüne  Färbung  an. 

Die  beiden  beschrie- 
benen Perikarpschichten 
geben  schon  in  Wasser, 
bedeutend  mehr  aber  in 
Kalilauge  eine  zitronen- 
gelb färbende  Substanz  ab,  die  aber,  wie  es  scheint,  nicht  von  den  in- 
dividualisierten Inhaltskörpern  herrührt,  weil  auch  Partikel  des  Perikarps, 
in  welchen  letztere  nicht  vorhanden  sind,  die  Kalilauge  intensiv  gelb 
färben. 


Fig.  320.  Vergr.  400.  Partie  eines  Querschnittes  durch  das  (un- 
reife) Perikarp  von  Bhamnus  infectorius,  in  Kalilauge,  c  Kuti- 
kula.  1  Epidermis  mit  einer  Spaltöffnung;  2  Kollenchym,  3  Par- 
enchym (Großzellengewebe),  4  Sklerenchymschicht  und  4' Faser- 
schicht des  Endokarps,  5  Innenepidermis.  Kr  Kristalldrusen, 
Kr'  Einzelkristalle,  se  faltige,  rötliche  Inhaltskörper;  6  Bast- 
fasern, s  Siehteil,  G  Gefäßteil  eines  Gefäßhündels. 


\)  G.  Griebel  und  A.  Schäfer,  Zur  Zusammensetzung  der  Inklusen,  gleich- 
zeitig ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Vorgänge  beim  Teigigwerden  der  Früchte.  (Zeitschr. 
f.  d.  Unters,  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  37.  Bd.,  1919,  p.  97—111. 


888  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

Das  Endokarp  beginnt  mit  einer  Schicht  echter  Steinzellen,  denen 
an  der  Außengrenze  eine  Kristallzellenlage  vorangeht;  auch  in  dem  Stein- 
zellengewebe sind  zahlreiche  Kristallzellen  (nur  mit  Einzelkristallen)  ein- 
geschaltet. Darauf  folgen  mehrere  Reihen  von  Bastfasern,  die  gürtel- 
förmig senkrecht  zur  Längsachse  des  Endokarps  angeordnet  sind,  so 
daß  man  sie  im  Fruchtquerschnitt  in  der  Längsansicht,  dagegen  in  einem 
Fruchtradialschnitt  in  ihrem  Querschnitt  beobachtet.  Den  Abschluß  der 
ganzen  Fruchtwand  bildet  eine  Innenepidermis,  die  aus  in  der  Fläche 
gestreckten,  vier-  bis  sechsseitigen,  verschieden  orientierten,  dünnwandigen, 
ziemhch  großen  Zellen  besteht.  Ihr  brauner  Inhalt  löst  sich  schon  in 
Wasser  mit  sehr  intensiver,  prächtiger  gelbroter,  in  Kali  mit  anfänglich 
blutroter  und  dann  verblassender  Farbe. 

Die  Samenschale  besitzt  eine  Sklereidenepidermis,  aus  großen,  grob- 
buchtigen,  sehr  stark  verdickten  und  reich  getüpfelten,  verholzten  Zellen 
zusammengesetzt;  ferner  eine  Schicht  obliterierter  Zellen  und  eine  ein- 
reihige Schicht  derbwandiger,  getüpfelter  Zellen.  Endosperm  und  Keim 
enthalten  in  den  sehr  dünnwandigen  Zellen  Fett  und  Aleuronkörner. 

In  den  Gelbbeeren  (sowie  auch  in  anderen  Teilen  der  Rhamnus- 
Arten)  sind  zwei  Glykoside  gefunden  worden,  das  Xanthorhamnin  i)  und 
das  Rhamnazinglykosid. 

Das  Xanthorhamnin  (Rhamnin  nach  Stein2),  a-Rhamnegin  nach 
Schützenberger^),  Cascarin  nach  Leprince*)  besitzt  die  Formel 
Cä4H4.202o  +  HjO  und  kristallisiert  in  goldgelben,  mikroskopische»  Nadeln, 
die  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht  aber  in  Äther,  Benzol  und  Chloro- 
form löslich  sind.  Alkalien  lösen  es  ohne  Zersetzung  mit  gelber  Farbe. 
Durch  längeres  Erhitzen  mit  Wasser  auf  50"  wird  es  in  /i?-Xantho- 
rhamnin  übergeführt;  bei  der  Spaltung  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
(bei  Erwärmen)  entsteht  Rhamninose  (die  weiter  in  die  Zuckerart 
Rhamnose  und  Galaktose  zerfällt)  und  das  Rhamnetin,  CißHijO; 
(Rhamnin  nach  Fleury  et  Lefort^),  Chrysorhamnin  nach  Kane^),  welches 
der  eigentliche  färbende  Bestandteil  der  Gelbbeeren  ist;  es  bildet  ein 
intensiv  gelbes,   in  Wasser  gänzlich  unlösliches,   sehr  wenig  in  Alkohol 


\)  Bolley,  Ann.. der  Chem.  u.  Pharm.,  115,  p.  54.  —  Liebermfinn  u.  Hör- 
mann, ibidem,  p.  196,  299.  —  Herzig,  Ber.  d.  Wiener  Akadem.  92,  p.  1046.  —  Daß 
das  Xanthorhamnin  auch  in  den  Früchten  von  Rh.  catharticus  enthalten  ist,  hat 
Tschirch  nachgewiesen  (Schweiz.  Wochenschr.  f.  Chem.  u.  Pharm.,  XXXV,  1898, 
Nr.  40). 

2)  Stein,  Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm.,   105,  p.  97, 

3)  Ann.  de  Chim.  et  Phys.  (4),  15,  p.  118. 

4)  Compt.  rend.  115,  p.  474. 

5)  Lefort,  Compt.  rend.,  63,  p.  840,  1081;   67,  p.  343. 

6)  Kane,  Journ.  f.  prakt.  Chemie,  26,  p.  226. 


Zweiundzwanzigster  Absclinitt.     Früchte.  889 

und  Äther,  dagegen  reichlich  in  heißem  Phenol  lösliches  Pulver;  Alkalien 
geben  eine  gelbe  Lösung.  Neben  Rhamnetin  ist  auch  noch  Quercetin 
(als  Glykosid)  enthalten.  Das  Rhamnetin  stellt  den  Monomethyläther  des 
Quercetins  dar.  Es  ist  ein  adjektiver  WoUfarbstoff,  der  mit  Thonerde- 
salzen  gebeizte  Wolle  gelb,  mit  Eisensalzen  gebeizte  schwarz  färbt  i). 

Das  Rhamnacinglykosid^)  ist  aus  den  Gelbbeeren  noch  nicht 
isoliert  worden,  muß  aber  als  bestehend  angenommen  werden,  weil  man 
dessen  Spaltungsprodukt,  das  Rhamnacin,  leicht  darstellen  kann.  Dieses 
scheint  durch  Fermentwirkung  aus  der  (hypothetischen)  Verbindung  ab- 
gespalten zu  werden  und  wird  durch  Extraktion  mit  Toluol  in  langen, 
gelben  Kristallnadeln  erhalten;  Formel  Q7H14O7.  Es  hat  nur  schwaches 
Färbungsvermögen. 

Aus  den  Früchten  von  Rh.  catliarücus  haben  Tschirch  und  Po- 
lacco3)  mehrere  neue  Körper,  wie  das  Rhamnocitrin  (C13H10O5),  das 
Rhamnolutin(Ci-Hio06),  dasRhamnochrysin(Ci3Hi207),  dasRhamno- 
Emodin  und  das  Rhamnonigrin  (G22H18OS)  isoliert,  von  welchen  die 
drei  erstgenannten  gelbe  Farbkörper  darstellen.  Dem  Emodin  verdanken 
die  Kreuzbeeren  ihre  therapeutische  Wirkung. 

IB.  Myrobalanen. 

Die  gegenwärtig  im  europäischen  Handel  vorkommenden,  als  Gerbe- 
material verwendeten  Myrobalanen  sind  die  reifen,  getrockneten  Stein- 
früchte*) von  Terminalia  Chehula  Retzius  {=  T.  tomentosa  Wight  et 
Arn.  =  Myrohalanus  Chebida  Gaertn.),  einem  vielgestaltigen,  besonders 
in  der  Fruchtbildung  formenreichen  Baume,  dessen  Verbreitungsgebiet 
ganz  Vorderindien  (bis    zum  Fuße   des  Himalaya),   Hinterindien,    Ceylon 


1)  In  den  Blütenblättern  des  Goldlackes,  Erysimum  Cheiri  (L.)  Cr.,  und  des  in- 
dischen (persischen)  Rittersporns,  Delpliinium  Zalil  Auch,  et  Hemsley,  ist  eine  mit 
Rhamnetin  isomere  Verbindung,  das  Isorhamnetin  enthalten;  die  Blüten  der  ge- 
nannten Delphiniumart  werden  in  Indien  zur  Seidenfärberei  verwendet. 

2)  Perkin  und  Geldard,  Journ.  of  the  Chem.  Soc,  1895,  I,  p.  496.  Siehe  auch 
van  Rijn,  Die  Glykoside.  Berlin  1900,  p.  299—304,  worin  die  Rham7ius-G\ykoside 
ausführlich  abgehandelt  sind  und  die  Literatur  angegeben  ist. 

3)  Tschirch  und  Polacco,  Über  die  Früchte  von  Rhamnus  cathartieus.  Arch. 
der  Pharmazie,  238,  1900,  p.  4 59  ff. 

4)  Auch  die  unreifen  Früchte  desselben  Baumes,  die  keinen  Samen  besitzen,  und 
deren  Steinkern  nur  sehr  wenig  entwickelt  ist,  sind  Gegenstand  des  Handels  und 
werden  als  schwarze  oder  indische  Myrobalanen  medizinisch  als  mildes  Adstrin- 
gens verwendet.  Graue  Myrobalanen  nannte  man  die  Früchte  von  Pliyllanthus  Em- 
hlica  L.  (s.  III,  p.  800),  die  übrigens  auch  jetzt  noch  im  tropischen  Asien  zum  Gerben 
dienen.  —  Ausführliches  über  die  medizinische  Verwendung  enthält  Pierre  Apery, 
Les  Myrobalans,  Remöde  heroique  etc.     Paris  1887. 


890 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


und  den  südostasiatischen  Archipel  umfaßt.  Im  indischen  Jungle  ist  der 
Baum  so  häufig,  daß  trotz  der  umfangreichen  Verwendung  der  Früöhte 
im  Ileimatlande  die  Ernte  den  Bedarf  weit  übertrifft  und  einen  be- 
deutenden Export  (1907/8  für  8  Millionen  Mark)  ermöglicht.  Abnehmer 
sind  England,  Deutschland  und  Belgien  i). 

Da  die  Fruchtschalen  aller  Tej'nmialia -Arien  mehr  oder  minder 
reich  an  Gerbstoff  sind,  so  erscheint  es  begreiflich,  daß  noch  manche 
von   ihnen  in   ihren  Heimatländern  eine  technische  Verwendung  finden. 


T.  bellerica  Bob.  ("=  T.  chebula  Wülcl.)  sind  als  bellerische  Myrobalanen 

bekannt  und  T.  catappa  L.  {=  T.  Myrobalanus  Roth.),  deren  ölreiche 

Samen  genossen  werden,  liefert  Fruchtschalen,  die  man  ihres  GerbstofF- 

gehaltes  wegen  auf  Reunion  zum  Schwarz- 

f  s^  färben  verwendet  2). 

Im  Handel  treten  die  Myrobalanen  in 
zwei  Sorten  auf:  kleine  oder  Madras- 
Myrobalanen  und  große  oder  Bombay- 
Myrobalanen.  Letztere  dürften  nach  Wies- 
ner 3)  von  einer  als  T.  citrina  Roxb. 
unterschiedenen  Varietät  der  T.  chebula  ab- 
stammen, obwohl  es  auch  Übergänge  in 
den  Größen  gibt.  Die  Bombaysorte  umfaßt 
alle  Früchte  von  4,5 — 5  cm  Länge  und 
2,5  cm  Dicke,  die  Madras-ÄIyrobalanen  mes- 
sen  nur   2,5 — 3  cm    bzw.    1,5  cm.      Auch 


Fig.  321.  Nat.  Gr.  Frucht  einer  klei- 
nen Myrobalane  im  Querschnitt. 
me  Mesokarp,  end  Endokarp,  Tr  Tren- 
nungsstreifen, se  Sekretbehälter,  sa  Sa- 
menhaut,  k  Keim  (die  umeinander  ge- 
rollten Keimblätter).  Die  fünf  lich- 
teren stelleil  in  me  entsprechen  fünf 
Gefäßbündeln. 


schied,  wie  unten  angegeben  wird.  Nach 
dem  Indian  Forester  1907  ist  auch  eine  dritte  Sortengruppe,  die  Kal- 
kutta-Myrobalanen,  im  indischen  Handel.  Die  Bombay-Myrobalanen 
werden  nach  ihrer  Provenienz  (d.  h.  nach  den  indischen  Distrikten,  denen 
sie  entstammen),  in  Bhimbes,  Jubbulpore  (Dshabbalpur),  Rajapure 
und  Vingorlas  unterschieden.  In  Indien  führen  die  Myrobalanen  den 
Namen  >hirda«  (Mahrattadialekt). 

Im    allgemeinen    sind    die   Myrobalanen*)    länglich    birnförmig    oder 
unregelmäßig    länglich    eiförmig,    meist    nach    den    beiden    Enden    ver- 


\]  Tropenpflanzer  IQOg,  p.  470.  —  Vgl.  auch  Kew  Bull.  1909,  p.  209—2^2. 

2)  Catal.  des  col.  frang.,  p.  101.  —  Die  Arbeit  von  T.  E.  C.  Turner,  Note  on 
Terminaüa  Chebula  and  its  fruit  the  Myrobalam  of  Commerce,  Indian  Forester  XXXIII, 
1907,  p.  362 — 365,  war  mir  nicht  zugänghch. 

3)  Rohstoffe,  1.  Aufl.,  p.  762. 

4]  A.  Vogl,  Kommentar  usw.,  II,  p.  .  —  Autor,  Lehrbuch  der  techn.  Mikro- 
skopie, p.  402. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  891 

schmälert,  an  der  unteren  Hälfte  häufig  stielartig  verlängert,  daselbst 
mit  dem  runden  vertieften  Fruchtstielansatz  versehen,  mehr  oder  weniger 
deutlich  fünfkantig  und  stumpf  gerippt,  grünlichgelb  oder  gelbbraun 
(gelbe  M.)  oder  rötlichbraun  bis  schwarzbraun  und  stärker  grob  ge- 
runzelt (große  schwarzbraune  M.).  Das  Perikarp  besteht  aus  zwei 
Schichten ,  die  man  an  der  quer  .  durchschnittenen  Frucht  mit  freiem 
Auge  beobachten  kann  (Fig.  32i).  Die  äußere  ist  grünUch-  bis  schwarz- 
braun, 3—5  mm  dick,  leicht  zu  schneiden  und  zu  zerbröckeln,  die  innere 
dagegen  ist  ein  bis  7  mm  dickes,  beinhartes,  gelbes,  ebenfalls  gerundet  fünf- 
kantiges, außen  höckeriges  und  gefurchtes  Endokarp,  An  der  gekochten 
Frucht  läßt  sich  der  Steinkern  leicht  aus  der  weichen  Fruchtschicht 
herausschälen.  Schon  äußerlich  nimmt  man,  besonders  am  Scheitel,  eine 
den  Steinkern  in  zwei  ungleiche  Längshälften  teilende  Furche  wahr,  die 
am  Querschnitt  als  ein  brauner,  querlaufender  Trennungsstreifen  er- 
scheint. Dieser  könnte  nach  Brandis')  auf  zwei  mit  der  Blütenachse 
verwachsene  Fruchtblätter  deuten  (Fig.  321  Tr.).  In  der  schmalen  zylin- 
drischen Höhle  des  Steinkernes  liegt  der  von  einer  dünnen,  gelbbräun- 
lichen, gefäßbündelreichen  Samenhaut  bedeckte  längliche  Keim,  der  zwei 
umeinandergerollte,  das  kurze  Würzelchen  zum  Teil  umschließende  Keim- 
blätter besitzt.  Die  Steinschale  zeigt,  nach  beliebiger  Richtung  durch- 
schnitten, hauptsächlich  an  der  Innenseite  zahlreiche,  sehr  verschieden 
große,  in  maximo  bis  über  500  u  im  Durchmesser  haltende  runde 
Lücken,  die  mit  einer  gelben,  glänzenden,  leicht  zerbröckelnden  Masse 
angefüllt  sind;  diese  Masse  sowohl,  wie  das  ganze  Mesokarp  wird  durch 
Eisensalze  dunkelblau  gefärbt  (Fig.  32156). 

Die  vollständig  haarlose,  stark  kutikularisierte  Oberhaut  des  Peri- 
karps  besteht  aus  etwas  radial  gestreckten  Zellen,  die  in  der  Aufsicht 
scharfkantig  polygonal  erscheinen  und  somit  eine  prismatische  Gestalt 
haben;  sie  sind  innig  mit  dem  darunterliegenden  vier-  bis  sechsreihigen 
KoUenchym  verbunden  (Fig.  322  i,  2),  dessen  Zellen  im  Querschnitt 
tangential  gestreckt,  von  der  Fläche  gesehen  rundlich  sind,  von  Chlor- 
zinkjod gebläut  werden  und  bräunUche  Inhaltskörper  führen.  Das 
KoUenchym  geht  in  ein  durchlüftetes,  lockeres  Parenchym  mit  rund- 
lichen Zellen  über,  das  kleine  Stärkekörner  enthält  (Fig.  322  3).  Dem 
Parenchym  ist  eine  verschieden  mächtige  Zone  quergestellter,  aber 
gürtelförmig  die  Frucht  umgebender  Sklerenchymfasern  angelagert,  von 
welchen  nach  einwärts  in  kurzen  Zwischenräumen  Züge  sowohl  radial, 
als  auch,  und  zwar  häufiger,  axial  (d.  h.  parallel  zur  Fruchtlängsachse) 
gestellter  Sklerenchymfasern  (Fig.  3226)  verlaufen,  die  entweder  nach 
Reduktion  bis  auf  eine  einzige  Reihe  plötzlich  aufhören  oder,  indem  sie 


4)  Engler-Prantl,  Pflanzenfamihen,  III,  7,  p.  112. 


892 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 


Brücken  und  Verspreizungen  des  Mesokarps  bilden,  bis  zu  den  im  Innern 
des  letzteren  befindlichen  Gefäßbündeln  vordringen;    unterstützt  werden 

sie  in  ihrer  mechanischen  Ar- 


laufende,  verdickte,  zu  schma- 
len   Reihen   geordnete   Zellen 

(ohne  prosenchymatischen 
Charakter).  Der  erst  erwähn- 
ten Gürtelzone  liegt  meistens 
noch  eine  Reihe  axial  gestell- 
ter Sklerenchymfasern  an,  so 
daß  auch  für  die  Längsrich- 
tung eine  Festigungseinrich- 
tung vorhanden  ist. 

Die  Hauptmasse  der  inne- 
ren Schicht  ist  ein  Parenchym 
großer,  radial  gestreckter,  in 
der  Aufsicht  rundlicher,  sehr 
dünnwandiger  Zellen  (mit  klei- 
nen Interzellularen),  die  als 
Speicher  des  Gerbstoffes  fun- 
gieren. In  Glyzerin  beobachtet, 
zeigen  sie  sich  gänzlich  mit 
einer  gelblichen ,  struktur- 
losen, zerklüfteten  Masse  er- 
füllt, die  sich  in  warmem 
Wasser  und  in  Kalilauge  voll- 
ständig (mit  brauner  Farbe) 
löst,  in  Salzsäure  einige  Zeit 
in  Gestalt  gelber  Schollen  er- 
halten bleibt  und  mit  Eisen- 
chlorid die  GerbstofTreaktion 
gibt. 

Außer  den  oben  beschrie- 
benen Sklerenchymfaser- 
brücken  finden  sich  im  Frucht- 
fleische Nester  sehr  verschie- 
den gestalteter,  verholzter  und 
dicht  getüpfelter  Zellen  vor, 
wie  denn  überhaupt  das  Ge- 
webe, je  mehr  es  sich  dem 
Endokarp  nähert,  die  Tendenz 


Fig.  322.  Vergr.  350.  Partie  eines  Querachnittes  durch  das 
Perikarp  von  Terminalia  C'hebtila.  1  Epidermis  mit  Euti- 
kula,  2  Kollenchym,  3  Übergangsparenchym,  i  quergela- 
gerte Sklerenchyrnfaserzoiie,  5  großzelliges  (Gerbstoif-) 
Parenchym  (nur  zum  geringsten  Teil  gezeichnet),  h  Brücke 
von  axial  gestellten  Sklerenchymfasern;  6'  innerste  Meso- 
karpschicht  mit  einem  Gefäßbündel  .•  7  die  äußersten  La- 
gen des  Steinkernes,  sc  verholzte,  reichgetüpfelte  Zellen 
sc'  Sklerenchymfasern  in  der  Läugsansicht. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  893 

besitzt,  zu  sklerosieren.  Die  innersten  Schichten  des  Mesokarps  (Fig. 
322  6]  sind  stark  tangential  zusammengepreßt  und  schließen  kleine 
Spiroidenbündel  ein.  Das  Endokarp  beginnt  mit  einer  Schicht  verdickter, 
verholzter  und  reichlichst  getüpfelter,  weitlichtiger  Zellen,  wie  solche 
schon  im  Mesokarp  gruppenweise  auftreten.  Der  grüßte  Teil  des  Stein- 
kernes besteht  aber  aus  stark  verdickten  und  getüpfelten  Sklerenchym- 
fasern,  von  welchen  man  infolge  ihrer  verschiedenen  Orientierung  im 
Querschnitte  sowohl  Längs-  als  Queransichten  wahrnehmen  kann.  In 
dieser  Faserschicht  liegen  die  rundlichen  Sekretbehälter,  von  welchen 
oben  die  Rede  war.  Brandis^)  bezeichnet  sie  als  Gummigänge,  nach 
A.  VogP)  sind  sie  Riesenzellen,  deren  schmale  Membran  mit  Chlor- 
zinkjod auf  Zellulose  reagieren  soll.  Bemerkenswert  ist,  daß  die  die 
Sekretbehälter  umgrenzenden  Sklerenchymfasern  an  ihren  Enden  sich 
mitunter  desorganisiert  zeigen.  Die  Fruchtschale  schließt  mit  einem 
Häutchen  ab,  das  aus  gestreckt-vierseitigen,  dünnwandigen,  nicht  ver- 
holzten Zellen  besteht. 

Die  Samenschale  setzt  sich  aus  vier  (oder  fünf?)  Schichten  zu- 
sammen, an  die  eine  Aleuronschicht  anschließt.  Die  Oberhautzellen 
sind  zusammengefallen,  flach,  dünnwandig,  quellen  in  Kalilauge  stark 
auf  und  erscheinen  im  Querschnitt  (nach  der  Quellung)  fast  quadratisch 
mit  etwas  vorgewölbter  Außenwand.  Darunter  liegt  eine,  wie  es  scheint, 
unterbrochene  Reihe  tangential  gestreckter,  mitunter  mit  runden  oder 
spaltenförmigen  Tüpfeln  versehener  Zellen,  denen  eine  hellgelbe  Zone 
gänzlich  kollabierter  Zellen  mit  den  tangential  sehr  ausgedehnten  Spiroiden- 
bündeln  folgt.  Die  nächste  Schicht  besteht  aus  Zellen  mit  braunem 
Pigment,  die  letzte  erscheint  als  ein  aus  kollabierten  Zellen  zusammen- 
gesetzter Streifen.  Die  Aleuronschicht  hat  die  bekannte  typische  Aus- 
bildung. Die  dünnen  Keimblätter  führen  in  ihren  gerundet-polyedrischen, 
sehr  dünnwandigen  Zellen  Ölplasma,  Aleuronkörner  und  hier  und  da  je 
eine  große  Oxalatkristalldruse. 

Der  Gehalt  der  Myrobalanen  an  Gerbstoff  wurde  von  Hennig^)  mit 
45  Proz.  bestimmt.  Bodenstab  (1.  c,  p.  465)  gibt  36,6  Proz.  (Filter- 
methode) bzw.  30,5  Proz.  (Schüttelmethode)  an.  Günther^)  identifizierte 
den  Gerbstoff  mit  dem   der  Dividivi,  Zölffel^)  mit  dem  der  AlgarobiJla, 


i)  1.  c,  p.  115. 

2)  Kommentar  usw.,  p.  160. 

3)  Pharmaz.  Zentralhalle,   1869,  p.  370. 

4)  Günther,  Dissert.     Dorpat  1871.  —  Zeitschr.  f.  analyt.  Chemie,  X,  p.  359. 

5)  G.  Zölffel,  Über  die  Gerbstoffe  der  Algarobilla  und  der  Myrobalanen.    Archiv 
der  Pharmazie,  Bd.  229,  1891,  Heft  2,  p.  123—160. 


894  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

und  Loewei)  erkannte  ihn  als  Ellagengerbsäure.  Fridolin^)  erhielt 
durch  fraktionierte  Fällung  verschiedene  Gerbsäuren  von  glykosidischem 
Charakter,  für  die  er  die  Formeln  C54H46O34  und  C54H48O35  angibt.  Bei 
der  Spaltung  mit  verdünnter  Schwefelsäure  geben  die  Gerbsäuren  neben 
Glykose  zum  grüßten  Teil  Gallussäure  und  nur  geringe  Mengen  von 
Ellagsäure. 

Zölffel  stellte  fest,  daß  der  Gerbstoff  der  Myrobalanen,  wie  der  der 
Algarobilla  ein  Gemisch  von  Gallusgerbsäureglykosid  und  Ellagen- 
gerbsäure ist,  wobei  letztere  in  weitaus  größerer  Menge  vertreten  ist. 
Es  wurde  aber  auch  ein  kristallisierter  Gerbstoff,  die  Chebulinsäure^) 
C2sH240,9  +  H2O  zu  3,5  Proz.  aufgefunden,  der  sich  mit  Wasser  erhitzt 
in  Gallussäure  und  Ellagensäure  spaltet.  Aus  den  verschieden  lautenden 
Angaben  der  Autoren  scheint  hervorzugehen,  daß  die  Ellagensäure 
(C14H6O8  -j-  2H2O)  der  wichtigste  Bestandteil  der  Myrobalanengerbstoffe  ist. 

Die  Myrobalanen  werden  zum  Gerben  und  Schwarzfärben  verwendet, 
und  zwar  im  zerkleinerten  Zustande,  v.  Schröter*)  will  auf  Grund 
praktischer  Versuche  gefunden  haben,  daß  es  rationeller  ist,  die  unzer- 
kleinerten  Früchte  in  geschlossenen  Metallapparaten  auszuziehen,  indem 
die  Myrobalanen,  die  vor  der  Extraktion  einen  Gehalt  von  \  3  Proz. 
Wasser,  32,14  Proz.  gerbender  Substanzen,  11,05  Proz.  organischer  Nicht- 
gerbstoffe,  2,27  Proz.  Extraktasche  und  41,54  Proz.  in  Wasser  unlös- 
licher Bestandteile  aufwiesen,  nach  der  Extraktion  (nach  viermaligem 
Auskochen  der  ganzen  Früchte)  nur  mehr  3,18  Proz.  gerbender  Stoffe 
und  82,5  Proz.  in  Wasser  unlöslicher  Teile  enthielten.  Da  der  Haupt- 
träger  des  Gerbstoffes  das  Mesokarp  ist,  so  hat  man  dieses  vom  Stein- 
kern abgelöst  und  als  > entkernte  Myrobalanen«  in  den  Handel  gebracht; 
dieses  Produkt  weist  einen  Gerbstoffgehalt  von  45  Proz.  im  Mittel  auf; 
es  wurden  aber  schon  55  Proz.  gefunden. 

Im  allgemeinen  kann  man  den  Gerbstoffgehalt  der  Myrobalanen  mit 
25 — 46  Proz.  angeben.  Mit  Ausnahme  des  schweren  Sohlenleders  kann 
man  mit  Myrobalanen  alle  Ledersorten  gerben;  sie  machen  das  Leder 
weich,  hellfarbig  und  sind  daher  auch  sehr  zur  Kombination  mit  rot- 
färbenden Gerbmaterialien  wie  z.  B.  mit  Mangroverinden  geeignet;  auch 
beschweren  sie  das  Leder  nicht  (Bodenstab,  1.  c,  p.  685). 


4)  Zeitschr.  f.  analyt.  Chemie,  XIV,  p.  35. 

2)  Dissertation,  Dorpat  1884.  —  Pharmaz.  Zeitschr.  f.  Rußland,  1884,  Nr.  34. 
Vgl.  auch  van  Rijn,  I.e.,  p.  329  und  L.  Braemer,  Les  Tannoides.  Toulouse  1891, 
p.  €6—67  (die  Noten  3,  4,  6,  zitiert  nach  Braemer). 

3)  Über  die  Chebulinsäure  vgl.  Thoms,  Apoth.-Ztg.  1906,  p.  354.  Der  im  Handel 
unter  dem  Namen  Eutannin  vorkommende  Gerbstoff  ist  krist.  Chebulinsäure. 

4)  Dinglers  Polvtechn.  Journ.,  1894,  75,  p.  213. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  895 

14.  Chinesisclie  Gelbschoten. 

Die  chinesischen  Gelbschoten  (chinesische  Gelbberen,  chine- 
sisch: Whongshi,  Wangihi,  japanisch:  Kutsjinasi),  Kuchinashi,  Sansisi 
oder  Sang-shih-see,  Misuktjinasi)  sind  die  getrockneten  Früchte  mehrerer 
Gar denia- Arien.  Ihre  Verwendung  in  China  und  Japan  zum  Gelbfärben 
scheint  schon  sehr  alt  zu  sein;  für  die  europäische  Industrie  sind  sie 
aber  niemals  von  Belang  gewesen  und  dürften  auch  kaum  jemals  eine 
Bedeutung  erlangen,  zumal  uns  die  Teerfarbenfabriken  mit  weit  schöneren 
und  billigeren  Farben  zu  versorgen  imstande  sind.  Immerhin  dürfen 
sie  hier  nicht  übergangen  werden,  weil  sie  sowohl  in  morphologischer 
wie  in  chemischer  Beziehung  einen  sehr  bemerkenswerten  Rohstoff 
darstellen. 

Über  die  Verwendung  der  Gelbschoten  machte  zuerst  Thunberg2)^ 
der  zwei  Arten,  Gardenia  florida  L.  und  G.  radicans  DJuped^),  beschreibt, 
die  Angabe,  daß  die  Früchte  der  erstgenannten  Art  als  gelbfärbendes 
Mittel  in  den  meisten  Kaufläden  Japans  feilgeboten  werden'*).  In  Cochin- 
china  werden  nach  Loureiro^)  die  Früchte  von  G.  grandiflora  Low. 
und  wohl  auch  die  von  G.  florida  zum  Gelbfärben  der  Seide  benützt; 
außerdem  sind  sie  aber  auch  als  Emeticum,  Stimulans  und  Diureticum 
in  der  chinesischen  und  japanischen  Heilkunde  in  Gebrauch. 

Die  in  den  europäischen  Sammlungen  enthaltenen  Gelbschoten  ge- 
hören wohl  größtenteils  G.  florida  an;  im  englischen  Drogenhandel ß) 
fand  man  im  Jahre  1898  nur  die  Früchte  dieser  Art;  es  mögen  aber 
auch  die  Früchte  von  G.  gra7idifloi'a^  die  sich  übrigens  nach  der  Diagnose 
von  Loureiro  nur  durch  die  Größe  von  denen  der  G.  florida  unter- 
scheiden —  sie  sind  doppelt  so»  groß  —  bei  uns  als  Gelbschoten  vor- 
kommen, und  in  der  Tat  trifft  man  in  einem  Posten  der  Ware  Stücke 
der  verschiedensten  Größe  an. 

Die  Heimat  dieser  beiden  Arten  ist  Südostasien,  vorzugsweise  China; 
G.  florida  wird  aber  überall  in  den  Tropen  kultiviert  und  ist  im  tropischen 
Amerika  verwildert  anzutreffen.     G.  radicans  ist  in  Japan  zu  Hause. 

Die  chinesischen  Gelbschoten  bilden  einfächerige,  trockene,  stark  in 
die  Länge  gezogene,  eiförmige,  mitunter  fast  keulenförmige,  mit  4—6, 
sehr  selten  7  vorspringenden  Kanten  (oder  schmalen  Flügeln)  versehene 
Früchte,    die    an   dem  unteren  Ende  sich  in    den  Fruchtstiel   verschmä- 


i)  Kämpfer,  Amoenitates  exoticae,  V,  p.  808, 

2)  Flora  japonica  (1784),  p.  108—109  und  dessen  Reisen,  II,  1,  p.  94. 

3)  Djuped,  Dissert.  de  Garden.     Upsala  1780,  zit.  nach  Thunberg. 

4)  Thunberg,  I.e.:    >Fructus  luteo  tingendo  adhibentur  in  plurimis  tabernis 
renales«. 

5)  Hortus  Cochinchin.  (Berolini  1793),  I,  p.  182—183. 

6)  »Unusual  Drugs«,  The  Chemist  and  Druggist,  Vol.  LH,  1898,  No.  932. 


896 


Zweiundzwanziofster  Abschnitt.     Früchte. 


lern,  an  dem  oberen  von  den  4 — 6  persistenten,  spitzen  Kelchzipfeln 
—  den  Fortsetzungen  der  Fruchtkanten  —  gekrönt  sind.  Die  Kelchzipfel 
besitzen  *  etwa  zwei  Dritteile  der  Länge  der  ganzen  Frucht,  sind  aber 
an  der  Droge  gewöhnlich  bis  auf  kurze  Reste  abgebrochen  (Fig.  323x1). 
Die  Länge  der  Früchte  beträgt  30 — 45  mm,  der  breiteste  Querdurchmesser 
8 — 1  7,5  mm.     Die  Wände  des  Perikarps  sind  dünn,  zerbrechlich,  außen 

glänzend,  rotbraun,  innen 
orangegelb;  auf  den  Außen- 
flächen zwischen  je  zwei  Kan- 
ten verläuft  ein  starker  Nerv, 
von  dem  nur  wenige  zarte 
Nebennerven  unter  sehr  spitzen 
Winkeln  abzweigen.  An  zwei 
gegenüberhegenden  Stellen  der 
Innenseite,  beiläufig  der  Lage 
des  Hauptnerves  entsprechend, 

entspringen  zwei  schmale, 
trockene,  ebenfalls  gelbe  Lei- 
sten, die  die  Samenträger  dar- 
stellen. Die  sehr  zahlreichen, 
3 — 5  mm  langen,  plattgedrück- 
ten, mit  einer  dunkelrotbrau- 
nen, grubigen  Samenhaut  ver- 
sehenen, endospermhaltigen  Sa- 
men sind  in  eine  orangegelbe, 
in  Wasser  aufquellende  Gewebs- 
masse{die  »pulpa«  der  Autoren) 
eingebettet  und  bilden  mit  dieser 
in  der  Droge  einen  kompakten, 
länglichrunden  Körper. 

Die  Frucht  schmeckt  bitter 
und  gewürzhaft  und  entwickelt 
beim  Zerkleinern  einen   kräfti- 
gen Geruch   nach    Safran,    der 
von  einem  unangenehmen,  laugenartigen  Geruch  begleitet  ist. 

Die  histologischen  Verhältnisse  der  Gelbschoten  sind  zuerst  von 
A.  VogH),  später  von  Schenk^)  gelegentlich  der  Bestimmung  fossiler 
Pflanzen  untersucht  worden.  An  der  Fruchtschale  lassen  sich  zwei  scharf 
gesonderte  Schichten  unterscheiden,  die  äußere  besteht  aus  der  Epider- 


■^^- 

Fig.  323.  A  Natürl.  Größe.  Chinesische  Gelbbeere,  stark 
geschrumpft,  die  Kelchzipfel  abgebrochen.  B  Vergr.  20U. 
Saraenoberhaut  von  der  Fläche  gesehen.  C  Vergr.  200. 
Partie  eines  Querschnittes  durch  die  Samenhaut  und 
einen  Teil  des  Endosperms.  e  Oberhaut,  s  kollabierte 
Schicht  der  Samenhaut,  £  Endosperm. 
(Nach  A.  Yogi.) 


i)  Lot  OS,  Zeitschr.  f.  Naturwissenschaften,  1871,  p.  182  ff. 
2)  Zur   Kenntnis    der    Strukturverhältnisse   fossiler   Pflanzen.      Bot.   Ztg.    1877, 
p.  393—401. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  897 

Ulis  und  dem  Parenchym,  die  zweite  aus  einer  sehr  dünnen  Steinscliale. 
Die  Epidermis  setzt  sich  aus  derbwandigen,  mit  mäßig  dicker  Kutikula 
überzogenen,  in  der  Flächenansicht  polygonalen,  im  Querschnitt  schmal- 
rechteckigen,  tangential  gestreckten  Zellen  zusammen;  das  Parenchym 
besitzt  in  den  äußeren  Partien  ebenfalls  tangential  gestreckte,  dünn- 
wandige, in  den  inneren  nur  locker  zusammenhängende,  größere  Zellen 
mit  gelblichem,  im  Wasser  zum  größeren  Teil  löslichem  Inhalt.  Die 
hier  auftretenden  (iefäßbündel  zeigen  die  bekannte,  in  den  Früchten  am 
häufigsten  vorkommende  Ausbildung;  eine  periphere,  der  Außenseite 
zugewendete  Reihe  von  kurzen,  sehr  stark  verdickten  Bastfasern  um- 
schließt den  zarten  Siebteil,  an  der  Innenseite  lagert  der  Gefäßteil  mit 
Ring-  und  Spiralgefäßen.  Den  Abschluß  des  Perikarps  bildet  eine 
aus  drei  Reihen  bestehende  Steinzellenschicht.  Die  orangerote,  die  Samen 
beherbergende  Pulpa  wird  ihrer  morphologischen  Bedeutung  nach  von 
verschiedenen  Autoren  als  das  verschleimte  Gewebe  der  Samenträger  be- 
zeichnet, was  sie  aber  nur  zum  Teil  sein  kann,  da  ja  die  beiden  inneren 
Leisten,  von  denen  oben  die  Rede  war,  ebenfalls  dazu  zu  rechnen  sind. 
Diese  Masse  ist  größtenteils  desorganisiert,  und  nur  in  Glyzerin  kann 
man  in  sehr  lockerem  Zusammenhange  stehende  dünnwandige,  rundliche 
oder  schlauchförmige  Zellen  beobachten;  die  in  Wasser  verteilte  Pulpa 
zeigt  reichliche  Fetttropfen,  gelbe  Farbstoffmassen  und  Oxalatdrusen ;  sie 
ist  vornehmlich  der  Sitz  des  gelben  Farbstoffes  der  Gelbschoten.  Die 
Oberhaut  der  Samenschale  besitzt  ziemlich  große  Zeilen,  deren  Wände 
folgenden  eigentümlichen  Bau  aufweisen:  die  Fußteile  und  die  angrenzen- 
den Radialpartien  der  Zellwand  sind  stark  und  unregelmäßig- wulstig  ver- 
dickt und  verholzt  und  besitzen  große,  lochartige  Poren;  die  an  die 
Außenwand  der  Zelle  grenzenden  Teile  der  Radialwände,  sowie  die  Außen- 
wand selbst  sind  dünn,  nicht  verholzt,  im  trockenen  Zustande  und  im 
Glyzerinpräparat  zusammengedrückt;  in  Wasser  quellen  sie  mächtig 
hervor  und  geben  dann  beiläufig  das  Bild,  das  die  Fig.  323f'  zeigt. 
Als  Inhalt  der  Epidermiszellen  finde  ich  faltige,  rotgelbe  Körper,  die  in 
Kah  dunkelbraun  werden  und  an  die  ähnlichen  Gebilde  in  den  Gelbbeeren 
erinnern.  Unter  der  Oberhaut  liegt  eine  Schicht  koUabierter  Zellen. 
In  dem  Endosperm  des  Samens,  dessen  Zellen  ziemlich  derbe,  farblose 
Wände  besitzen  (Fig.  323  6'),  sind  eirundbche  Aleuronkörner  und  sehr 
reichlich  Fett  enthalten;  auch  soll  darin  Stärke  vorkommen.  Die  zarten, 
dünnwandigen  Zellen  des  Keimes  führen  nur  Öl  und  Plasma. 

Über   den   Farbstoff   der  Gelbschoten   sind  einige  ältere  Arbeiten 
von  Steini),  von  Orth2)  und  von  Rochleder  und  Mager^)  vorhanden; 


1)  Journ.  f.  prakt.  Chemie,  48,  i^  328. 

2)  Ebenda,   64,  p.  10. 

3)  Ebenda,  74,  p.  1   und  Jahresber.  d.  Cliemie,  58,  p.  475. 
i  e  s  n  e  r  ,  Eotstofte.     III.  Band.     :i.  Auü. 


57 


898  Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früchte. 

die  beiden  letztgenannten  Autoren  bezeichneten  den  Farbstoff  identisch 
mit  dem  Grocin,  dem  Farbstoffe  des  Safrans.  Diese  Angabe  konnte 
F.  Isernhagen*)  bestätigen  und  er  fand  weiter,  daß  der  reine  Farlo- 
stoffkürper  sich  durch  Abscheidung  mittels  Baryumhydroxyd  und  Zer- 
legung des  Niederschlages  mit  Salzsäure  gewinnen-  läßt.  Der  Farbstoff 
(aus  den  Gelbschoten  oder  aus  Safran  abgeschieden)  ist  ein  sehr  be- 
ständiges, intensiv  rotes,  glänzendes  Pulver  vom  Schmelzpunkt  295"  und 
besitzt  im  Mittel  folgende  elementare  Zusammensetzung: 

C  =  72,öl  Proz.,  H  =  8,86  Proz.,  0  =  18,63  Proz. 
Durch  Einwirkung  von  verdünnter  Schwefelsäure  erhält  man  ein  Stoff- 
gemisch, das  nebst  dem  reinen  Farbstoff  ein  Phytosterinestergemenge 
der  Palmitin-  und  der  Stearinsäure  und  einen  Kohlenwasserstoff  der 
Methanreihe  vom  Schmelzpunkt  70, ö"  enthält;  außerdem  ist  Dextrose 
nachzuweisen.  Ein  weiterer  wesentlicher  Bestandteil  der  Gelbschoten  ist 
Mannit. 

15.  Sonnen  blumeiikeriie. 

Die  Sonnenblume.  Helianth?is  amiKUs  L.,  stammt  vermutlich  aus 
Mexiko  und  wird  schon  seit  langer  Zeit  als  Zierpflanze  in  den  Gärten 
Europas  gehalten.  In  der  Heimat  wird  aus  den  Kernen  ein  Ol  gewonnen 
und  schon  im  18.  Jahrhundert  hat  man  in  Deutschland  versucht,  dieses 
Gewächs  als  Ölpflanze  der  Industrie  dienstbar  zu  machen,  jedoch  keines- 
wegs mit  günstigem  Erfolge 2).  Gegenwärtig  wird  die  Sonnenblume  in 
mehr  als  hundert  Sorten  im  südlichen  und  südöstlichen  Rußland  (Gouv. 
Saratow),  in  Ungarn  und  Italien,  ferner  auch  in  Ostindien  =^)  in  großem 
Maßstabe  gebaut.  Man  unterscheidet  eßbare  Sorten  und  solche,  die  nur 
auf  Ol  ausgel)eutet  werden.  In  Rußland  werden  die  Sonnenblumen  häufig 
von  Oral  in  liehe  eumaua  befallen  und  die  Kulturen  sehr  geschädigt.  Nach 
Sazyperow^)  gibt  es  sogenannte  »Panzersonnenblumen«,  deren  Achaenien 
dicke  Schalen  {Panzerschicht)  besitzen  und  einer  Infektion  durch  Oro- 
hanche  erfolgreichen  Widerstand  leisten  können. 


\]  Friedrich  Isernliagen,  Über  den  Farbslod  der  chinesischen  Gelbschoten 
und  dessen  Beziehungen  zum  Safranfarbstoffe.     Diss..  München  (Erlangen,  1902). 

2)  Böhmer,  Technische  Geschichte  der  Pflanzen.  I.  1794.  p.  671  ff.  Während 
der  Kriegszeit  wurde  der  feldm/iljige  Anb.iu  der  Sonnenbkmien  in  Deutschland  und 
Österreich  wieder  versuclit,  der  Erfolg  war  infolge  der  vielen  > tauben«  Früchte  wenig 
zufriedenstellend.  »Die  Sonnenblume  wird  sich  bei  uns  nicht  als  Ackerpflanze  er- 
halten.«    (Fruwirlh,  Neue  Pflanzen  auf  dem  Acker,  Wien  1919.) 

3)  T.  F.  Hanausek,  Lehrb.  d.  techn.  Mikroskopie,  p.  37."). 

Vi  Die  Widerstandsfähigkeit  der  Panzerseiten  von  Heliantlms  annims  gegen 
Orobanche  cumana.  Bull,  angew.  Bot.,  VI,  p.  251— 2ßl,  Petersburg,  1913.  —  Bot. 
Zentralbl.,  1913,   123,  p.  5  49. 


Zweiundzwanzigster  Absclinilt.     Früchte.  g99 

Die  Kerne  der  ölreichen  Sorten  werden  vor  der  Pressung  geschält, 
die  Rückstände  der  Ölbereitung  sind  als  gute  Futtermittel  in  Verwendung  i). 

Die  Randblüten  der  Sonnenblume  sind  unfruchtbar,  die  Scheiben- 
blüten fruchtbar.  Die  letzteren  bilden  fast  durchgängig  Früchte,  die  den 
fleischigen  Fruchtboden  dicht  bedecken  und  in  regelmäßigen  Spirallinien 
angeordnet  sind.  Die  Früchte  (Sonnenblumenkerne)  sind  schwarz,  schwarz- 
braun, strohgelb,  grau  oder  porzellanweiß,  oft  mit  schmalen  schwarzen, 
grauen,  bzw.  weißen  Streifen  und  Bändern  versehen.  Im  trockenen  Zu- 
stande bilden  sie  verkehrt-eiförmige  oder  -eilängliche,  seitlich  zusammen- 
gedrückte, fein  längsrippige,  dicht  und  kurzflaumig  behaarte,  am  Scheitel 
abgestutzte,  an  der  Basis  zugespitzte  Kerne.  Nach  der  sehr  variablen 
Größe  unterscheidet  man  nach  Harz^):  |.  kurzfrüchtige,  deren  Früchte 
nicht  doppelt  so  lang  als  breit  sind,  z.  B.  8  mm  lang.  5  mm  breit; 
i.  gewöhnliche,  deren  Früchte  doppelt  so  lang  als  breit  sind;  Länge 
16 — 17  mm,  Breite  7 — 8,5  mm;  3.  langfrüchtige,  deren  Früchte  über 
zweimal  so  lang  als  breit  sind;  Länge  M  — 17  mm,  Breite  4,5 — 6,5  mm. 
In  der  Regel  sind  die  Früchte  nicht  symmetrisch.  Die  am  breiten  (oberen) 
Fruchtende  stets  deutlich  wahrnehmbare  Griffelnarbe  gleicht  in  der  Form 
dem  durch  die  Mitte  der  Frucht  geführten  Querschnitt.  Minder  deutlich 
ist  die  an  der  Basis  befindliche  Insertionsstelle  der  Frucht  erkennbar. 

Die  holzigharte,  spröde,  im  lufttrockenen  Zustande  zerbrechliche, 
der  Länge  nach  leicht  spaltbare,  im  Innern  weiße  Fruchtschale  hat  eine 
Dicke  von  0,5 — 0,7  mm  und  enthält  einen  einzigen  Samen.  Dieser  be- 
steht nur  aus  dem  von  einer  dünnen  Samenhaut  umhüllten  Keim,  der 
eine  plattgedrückt  eiförmige,  am  Wurzelrande  deutlich  eingeschnürte  und 
von  da  ab  zugespitzte  Form  zeigt.  Das  Gewicht  des  Fruchtgehäuses 
verhält  sich  nach  Wiesner  zu  jeneni  der  Samen,  beide  im  lufttrockenen 
Zustande  vorausgesetzt,  etwa  wie  53:  47.  —  Da  sich  aus  den  trockenen 
Kernen  15  Proz.  fettes  Öl  gewinnen  lassen,  so  müssen  die  Samen  hier- 
von etwa  32  Proz.  enthalten.  Wittstein ■')  dagegen  fand,  daß  die 
Früchte  41—60  Proz.  Fruchtschalen  und  59  —  40  Proz.  Samen  enthalten; 
er  gibt  auch  den  Ülgehalt  der  Samen  mit  40—50,5  Proz.  an  (s.  I,  p.  696). 

Die  Histologie  der  Sonnenblumenkerne  ist  schon  öfters  dargestellt 
worden,  doch  zeigen  die  Angaben  der  einzelnen  Autoren-")  manche  oft 
recht  bedeutende  Verschiedenheiten.    Die  Oberhaut  des  Perikarps  besteht 


1)  Th.  Kosutang,  Über  Sonnenblumenkuchen.  Landwirtsch.  Versuchsstat., 
XLIII,  p.  233—263. 

2)  Landwirtsch.  Samenkunde,  II,  p.  850. 

3)  Arch.  d.  Pharmaz.,  1876,  zit.  nach  Harz.  —  Vgl.  hierzu  I,  p.  696. 

4)  Wiesner,  Rohstoffe,  1.  Aull.,  p.  779.  —  Gr.  Kraus,  Über  den  Bau  trockener 
Perikarpien,  p.  6i  u.  62.  —  Harz,  1.  c,  p.  851-853  u.  Fig.  :i3,  IV— Vf.  —  J.  Moeller', 
Mikroskopie,  2.  Aufl.,  1903,  p.  329. 

57* 


900  Zweiuiidzwan/igster  Abschnitt.     Früchte. 

aus  langgestreckten,  vier-  bis  sechsseitigen,  abgeplatteten,  an  der  Außen- 
seite stark  verdickten  Zellen,  deren  Membranen  farblos  sind.  Im  Quer- 
schnitt (Fig.  324 e^j)  erscheinen  sie  fast  quadratisch  mit  dünnen  Radial- 
und  Basiswänden.  Viele  dieser  Zellen  —  bei  den  schwarzen  Früchten 
nahezu  alle  —  enthalten  ein  schwärzlichbraunes,  festes,  undurchsichtiges, 
harzartiges  Pigment.  Außerdem  sind  ziemlich  reichlich  einzeln  stehende, 
einzellige,  zugespitzte,  derbwandige,  ziemlich  starre  Haare  und  sogenannte 
Zwillingshaare  entwickelt;  letztere,  für  Helianthus  ein  sehr  charakte- 
ristisches Leitelement,  entstehen  nach  Kraus  (1.  c,  p.  61)  in  der  Weise, 
»daß    zwei   gestreckte   Zellen   (der  Oberhaut)    ihrer    ganzen   Länge   nach. 


Mrr-4-:\-^!^. 


-  i    sep 


m  m 

Fig.  324.     Helianthus   annmts   L.     Partie    eines  Querschnittes   durch   das  reife  Perikari).    c  Kutikula 

ep  Oberhaut,  sep  subepidermales  Gewebe,  hb  Phytomelanschicht,  h  Bastfaserschicht,  m  markstrahlähn- 

liche  Parenchymzellzüge.     Vergr.  400. 

miteinander  verbunden  sind  (und  an  dieser  A'erbindungsstelle  Poren  be- 
sitzen) und  nur  an  der  Spitze  gabelig  auseinander  weichen«.  Diese 
> Zwillingshaare « 1)  sind  in  Wirklichkeit  dreizellig,  denn  die  »Haar- 
zellen« sind  mit  einer  Fußzelle  in  der  Art  verbunden,  daß  der  ver- 
längerte Basisteil  der  einen  Haarzelle  an  die  Fußzelle  sich  seitlich  anlagert, 
während  die  andere  Haarzelle  auf  der  Fußzelle  aufsitzt.  Das  Lumen  der 
Fußzelle  ist  durch  eine  Verdickungsschicht  der  der  Frucht  zugekehrten 
Wand  zum  Teil  ausgefüllt;  diese  Verdickungsschicht  quillt  in  Wasser  auf 

\)  Vgl.  T.  F.  Hanausek,    Ueiträge    zur  Kenntnis    der   Trichombildungen    aiu 
Perikdi|>  der  Kompositen.     Österr.  botan.  Zeitschr.,   1910,  Nr.  4  und  5. 


Zweiundzwanzigster  Abschnitt.     Früclite.  901 

und  stellt  das  Haar,  das  im  Trocknen,  in  der  Ruheläge,  flach  an  die 
Frucht  angedrückt  ist,  fast  senkrecht  zur  Fruchtlängsachse.  Wir 
haben  es  sonach  hier  mit  einem  Quellgelenk  zu  tun.  Unter  der 
Epidermis  liegt  eine  vier-  bis  sechsreihige  Schicht,  deren  Zellen  leer 
sind,  eine  deutlich  radiale  Anordnung  zeigen,  dünne  Wände  und  sehr 
zahlreiche,  zarte  Tüpfel  besitzen;  in  der  Flächenansicht  sind  sie  recht- 
eckig. Dieses  Gewebe  erinnert  an  ein  Periderm  und  da  die  Zellwände 
weder  die  Zellulose-  noch  die  Ligninreaktion  geben,  so  scheinen  sie  in 
der  Tat  verkorkt  zu  sein.  Die  Zellen  der  ersten  Reihe  sind  etwas  stärker 
verdickt  und  schließen  nicht  überall  dicht  an  die  Epidermis  an  (Fig.  324  sej)). 
Die  Hauptmasse  des  Perikarps  bildet  die  Hartschicht,  große  Skler- 
enchymfaserbündel,  die  durch  radialziehende  Streifen  (Fig.  324  6,  m)  in 
einer  Reihe  angeordneter  radial  gestreckter,  mit  gelblichem  Inhalt  ver- 
sehener Zellen  voneinander  getrennt  sind.  Die  Sklerenchyni fasern  sind 
sehr  stark  verdickt,  porös  und  verholzt,  vergrößern  sich  nach  dem 
Innern  zu  und  erhalten  weitere  Lumina;  zwischen  ihnen  sind  kürzere, 
stabartige,  nicht  spitz  endigende  Skiereiden  eingeschlossen.  Die  Faser- 
bündel verschmälern  sich  an  der  Innenseite  das  Perikarps  und  daselbst 
sind  kleine  Gefäßbündel  mit  Spiroiden  angelagert. 

Das  nun  folgende  Parenchym  der  Fruchtinnenseite  besitzt  dünn- 
wandige, rundliche  oder  tangential  gestreckte,  leere,  locker  aneinander 
haftende  Zellen;  die  periphere  Reihe  derselben  soll  nach  Kraus  eine 
netzförmige  Verdickung  aufweisen.  Eine  Innenepidermis  des  Perikarps 
läßt  sich  an  der  reifen,  trockenen  Frucht  nicht  auffinden.  Unmittelbar 
an  das  Parenchym  grenzt  ein  größtenteils  aus  kollabierten  Zellen  be- 
stehender Streifen,  an  dem  nur  eine  peripherisch  gelegene  Reihe 
tangential  gedehnter  Zellen  deutlich  hervortritt  i).  Dieser  Streifen  ent- 
spricht der  Samenhaut,  und  die  innerste  Schicht  derselben,  die  eine 
Reihe  gut  abgegrenzter,  mit  dicken,  farblosen  Wänden  versehener  Zellen 
bildet,  ist  der  Aleuron  führende  Endospermrest.  In  Flächenansichten  ist 
ein  großlückiges  Schwammparenchym  und  darunter  eine  Schicht  poly- 
gonaler Zellen  zu  beobachten;  in  letzterer  verlaufen  die  Spiroidenbündel. 
Setzt  man  einem  zuvor  mit  Kalilauge  behandelten  und  gut  ausgewaschenen 
Querschnitt  Jodjodkalium  hinzu,  so  treten  die  Schichten  der  Samenhaut 
durch  ihre  rötlich-violette  Färbung  scharf  hervor  und  grenzen  sich 
deutlich  gegen  die  gelbgefärbten  Aleuronzellen  ab.     Die  Keimblätter  be- 

i)  Harz  (I.  c,  p.  853)  unterscheidet  an  der  Samenschale  vier  Scliichten  (vgl. 
I.  c,  Fig.  53,  V),  von  welchen  insbesondere  die  Oberhaut  durch  die  Bildung  von  Inter- 
zellularen bemerkenswert  erscheint.  Die  betreffende  Stelle  lautet:  »Ihre  äußere  Epi- 
dermis besteht  aus,  von  oben  gesehen,  weiten,  quadratischen,  rhombischen  bis  ver- 
schiedenartig anderweitig  gestalteten  Zellen  von  20 — 30  //  Durchmesser,  welche  sich 
innen  kegellörmig  verschmälern  und  so  größere  Interzellularräume  bilden.« 


902 


Zweiundzwanzis 


Abschnitt.     Früchte. 


sitzen  rlrei  Palisadenzellreihen  und  ein  zartwandiges  Parenchym  von 
isodiametrischen,  polyedrischen. Zellen;  die  Wände  derselben  werden  nach 
der  Behandlung  mit  Kali  und  Jodlüsung  ebenfalls  violett.  Der  überaus 
reiche  Zellinhalt  besteht  aus  Fett  und  rundlichen  oder  gerundet  mehr- 
seitigen, ziemlich  gleich  großen  Aleuronkörnern.  Der  Inhalt  der  Ober- 
hautzellen der  Keimblätter  ist  zwar  auch  körnig,  aber  von  dem  des 
Mesophylls  verschieden. 

Wir  kehren  wieder  zum  Perikarp  zurück.  Zwischen  dem  periderm- 
artigen  subepidermalen  Gewebe  und  der  Hartschicht  finden  wir  eine 
schwarze,  abbröckelnde  Masse  (Fig.  324  ^  6).  die  in  keinem  der  in  der 
Mikrochemie  zur  Anwendung  gelangenden  Reagenzien  irgendeine  Ver- 
änderung erfährt.  Legt  man  einen  Sonnenblumenkern  in  das  Wiesner- 
sche  Ghromsäure-Schwefelsäuregemisch.  das  alle  organisierten  Körper 
zerstört,  so  ist  derselbe  nach  etwa  eintägiger  Einwirkung  verschwunden, 

nur  die  schwarze  Masse  ist  in  Ge- 
stalt eines  Netzes,  das  aus  breiteren 
mit  schmäleren  Anastomosen  verbun- 
denen Längsstreifen  besteht  (Fig.  325) 


^\\i  m%3i}jm^^%'^  i 


Fig.  32.5.    Helianthus  annuus  L.     Phytomelan 

Schicht  von  der  Fläche. 

(Original  von  Hanausek  und  Weese.) 


ben.  hl  einer  1 1102  erschienenen  Ab- 
handlung i)  habe  ich  diese  Masse  mit 
der  Kohle  vergUchen  und  diese  über- 
aus merkwürdige  Erscheinung  gab 
Veranlassung,  das  Vorkommen  der 
in  den    Früchten    anderer    Kompositen   zu 


Masse    und    ihre   Entstehung 
untersuchen"^). 

Es  konnte  nun  festgestellt  werden,  daß  wir  es  mit  einer  neuen 
Gruppe  von  Pflanzensloffen  zu  tun  haben,  die  von  Dafert  und  Miklauz^) 
Phytomelane   genannt  worden    sind.     Sie   erkannten,    daß   die  Phyto- 


\)  T.  F.  Hauausek,  Zur  Entwicklungsgeschichte  des  Perikarps  von  Helianthus 
annuus.  Ber.  d.  D.  Bot.  Gesellsch.,  190-2,  XX,  p.  449 ff.  In  Helianthus  hat  zuerst 
R.  Pfister  (Ölliefernde  Kompositanfrüchte,  Landw.  Versuchsstat.,  XLIII,  9)  die  Masse 
gefunden. 

2)  T.  F.  Hanausek,  Die  »Kohleschicht«  im  Perikarp  der  Kompositen.  Sitzgsber 
diT  Wiener  Akademie,  Bd.  CXVI,  Abt.  1,  1907,  p.  Iff.  —  Derselbe,  Untersuchungen 
über  die  kohleähnliche  Masse  der  Kompositen  (Botanischer  Teil).  Denkschriften  der 
Wiener  Akademie,  LXXXVII.  Bd.,  1911,  p.  93fr.  Mit  3  Tafeln.  —  Derselbe,  Neue 
Mitteilungen  über  die  sogenannte  Kohleschicht  der  Kompositen  in  v.  Wiesner-Fest- 
schrift, Wien  1908,  p.  130— 150  (Taf.  III  und  IV).  —  Die  ersten  Entdecker  der 
Plni,omelane  sind  Thomas  Greenish  (1884)  und  C.  Hartwich  (1885). 

3)  Dafert  und  Miklauz,  Untersuchungen  über  die  kohleähnUche  Masse  der 
Kompositen  (Chemischer  Teil).  Denkschriften  der  Wiener  Akademie,  LXXXVII.  Bd., 
1911,   p.  143—152. 


Zweiiiriilzwanziyster  Abschnitt.     Früchte.  903 

melane  komplizierLe  stickstofffreie  organische  Verbindungen  darstellen, 
den  Wasserstoff  sehr  annähernd  in  gleichem  Atomverhältnis  wie  Kohle- 
hydrate besitzen,  aber  viel  kohlenstoffreicher  als  diese  sind.  Der  Kohlen- 
stoffgehalt beträgt  bei  Helianthus  animus  61», 76  Proz.  (bei  iJaJdia  rariabüis 
sogar  76,47  Proz.j.  Das  einzige  chemische  Reagens,  das  die  Phytomelane 
anzugreifen  vermag,  ist  die  Jodv^asserstoffsäure.  Läßt  man  auf  Phyto- 
melane im  Einschlußrohr  mehrere  Stunden  hindurch  •  in  Gegenwart  von 
rotem  Phosphor  Jodwasserstoffsäure  von  der  Dichte  1,75  einwirken,  so 
erhält  man  je  nach  der  Herkunft  der  Phytomelane  Produkte  von  grün- 
lichgelber bis  dunkelbrauner  Farbe. 

Die  Entstehung  des  Phytomelans  hat  mit  den  Entwicklungsprozessen 
der  gummi-  oder  harzartigen  Sekrete  keine  Ähnlichkeit.  Zumeist  ist  sie 
an  sklerenchyraatische  Elemente  (Bastfasern,  Skiereiden)  gebunden  ^j;  als 
die  erzeugende  (melanogene)  Stätte  ist  die  Mittellamelle  anzusehen. 
Mit  Rücksicht  auf  diese  Genesis  und  beim  Vergleiche  des  Atomverhält- 
nisses bei  den  Phytomelanen  mit  jenem  ihrer  vermutlichen  Stammsubstanz 
(Zellulose)  nehmen  Dafert  und  Miklauz  an,  »daß  der  Prozeß,  dem 
sie  Phytomelane)  ihre  Entstehung  verdanken  dürften,  allem  Anscheine 
nach  jenem  ähnelt,  den  Gross  und  Bevan  für  die  Entstehung  des 
Lignins  und  Teilens  für  die  Bildung  der  Pentosane  annehmen,  also 
einer  regressiven  Stoffmetamorphose  durch  Wasseraustritt  nach  dem 
Schema:  xiGßHjoOs)  —  yH-iO.  Es  muß  noch  hervorgehoben  werden, 
daß  nicht  alle  Sonnenblumenkerne  das  Phytomelan  enthalten.  In  den 
beinweißen  Früchten,  aber  auch  in  schwarzen  Sorten  fehlt  es  und  die 
schwarze  Farbe  der  letzteren  rührt  von  einem  in  der  Epidermis  und 
der  subepidermalen  Schicht  vorkommenden  Farbstoff  her.  Hingegen 
führen  alle  grünlich  weißen  oder  grünlichgrauen   Früchte  Phytomelan. 

Ki.  Saflorkeriie. 

Die  Saflorpilanze,  Cartlmmus  tinctorius  L. ,  der  Ssuff  (Schuf) 
der  Abessinier.  Gurdum  und  Asfar  der  Araber,  liefert  nicht  nur 
einen,  zum  Färben  benutzten  Rohstoff 2),  sondern  kann  auch  auf  fettös  Ol  3) 
ausgenutzt  werden.  In  Ägypten  wird  aus  den  Früchten  (Satlorkerne) 
ein   Öl    gepreßt,    das   sich    als    Brennöl ,    weniger   als    Speiseöl    eignet-*). 

1)  Die  neuerhche  Aut'lindung  von  Phytomelanen  in  den  Wurzeln  von  Inula- 
Arten,  angebhch  auch  in  einer  Flechte  und  im  Samen  von  Chenopodium  album  zeigt, 
daß  die  Phytomelane  weit  verbreitet  sind.  Es  dürfte  übrigens,  wie  bei  den  Harzen, 
phy.«iologische  und  pathologische  Phytomelane  geben. 

2)  Siehe  p.  656. 

3)  Siehe  I,  p.  697. 

4)  Savory,  Egypten.  1,  p.  19();  siehe  auch  Böhmer,  1.  c.  I,  p.  66811. 


904  Zweiundzwanzigster  Absdinitt.     Früchte. 

In  Abessinien  dagegen  gilt  es  als  gutes  Speiseöl i).  Nach  Harz 2)  wird 
es  auch  zur  Seifenfabrikation  verwendet:  wenn  es  auch  bis  jetzt  in  der 
europäischen  Industrie  keine  Wichtigkeit  erlangt  hat 3),  so  ist  es  immer- 
hin möghch,  daß  bei  dem  gesteigerten  Bedarf  an  Fettmitteln  auch  das 
Safloröl,  gleich  dem  Nigeröl  eine  größere  Verbreitung  erfahren  werde. 
In  Indien  wird  es  auch  beim  Kalfatern  der  Schiffe  verwendet. 

Die  Saflorfruchfi)  hat  einen  verkehrt-eiförmigen  oder  birnfürmigen 
Hauptumriß,  ist  nach  abwärts  zur  Fruchtbasis  schief  keilförmig  zugestutzt 
und  mit  hervortretenden  Längsrippen  versehen  (Fig.  326).  Dadurch  er- 
scheint das  obere,  stumpfe  Ende,  wo  sich  —  etwas  seitlich  —  die 
kreisförmig  umschriebene  Narbe  des  (iriffels  bzw.  des  Korollenansatzes 
befindet,  von  oben  gesehen  fast  vierseitig;  auf  der  Innenseite  des  unteren, 
schmäleren  und  zusammengedrückten  Endes  befindet  sich  der  Fruchtnabel, 
d.  i.  die  Insertionsstelle  der  Frucht.  Die  Obertläche 
ist  weiß,  ziemlich  glänzend  und  nur  in  der  Nähe 
der  Griffelnarbe  macht  sich  ein  hellbräunlicher  Far- 
benton bemerklich.  Die  Länge  der  Frucht  beträgt 
6 — 8,  die  größte  Breite  3 — 5,  die  größte  Dicke 
2 — 5  mm. 

Die  bis  0,5  mm  dicke  Fruchtschale  ist  hart  und 
zerbrechUch,  nur  der  Länge  nach  gut  spaltbar:  sie 
umschließt  einen  bis  7  mm  langen,  gelblichgrauen 
oder  schmutzigweißen  Samen,  der  aus  einer  dünnen, 
vig.-.m.  (jarthumustinr-  spFödcu  Sameuschalc  und  einem  verhältnismäßig 
torius  L.    Frucht  p/i),      großcu  Keime  besteht:  ein  nennenswert  entwickeltes 

n.  Hoffmann,  a.  Eng-        ^.    .  01,  i   ■      1     •  1         t-    •      1 

ler-Pranti,  Pflanzen-  Nahrgewcbc  fehlt.  Die  beiden  Keimblätter  zcigcu  an 
famiiien.  fign   Flächcu ,    an   welchen    sie    sich    berühren,    ver- 

schieden tiefe  Faltungen  und  Furchen. 

Die  Fruchtgehäuse  machen  etwa  50  Proz.  vom  Gesamtgewichte 
der  Saflorkerne  aus.  Fendler^)  erhielt  von  Früchten,  die  aus  Mombo 
(Deutschostafrika)   stammten,  46,15  Proz.  Scbalen  und  58,80  Proz.  Kerne. 

Die  Oberhaut  der  Fruchtschale  besteht  aus  parallel  zur  Frucht- 
längsachse gestreckten,  in  der  Flächenansicht  vier-  bis  sechsseitigen, 
reichlich  getüpfelten,  stark  kutikularisierten,  nur  wenig  abgeplatteten 
Zellen,  die  an  der  Außenseite  sehr  stark  verdickt  sind  (Fig.  327  u.  328  1]. 
Gleich    der   Oberhaut    sind    auch    die    übrigen    Schichten    des    Perikarps 

1)  A.  Kostlan,  Die  Landwirtschaft  in  Abessinien,  Tropenpflanzer  1913,  Beihefte 
Nr.  .3,  p.  231. 

2)  Landwirtschafthche  Samenlainde,  II,  p.  8  64. 

3)  Siehe  österr.  offiz.  Ausstellungsber.,  V,  p.  34  0  und  34:2. 

4)  Harz,  1.  c,  p.  862. 

5)  Tropenpflanzer  1904,  p.  .511. 


Zweiundzwanzigster  Absdinitt.     Früi.lite. 


905 


sklerenchymatischer  Natur.  Die  subepidermalen  Zell  reihen  setzen  sich 
aus  wellig  konturierten,  verholzten  und  porösen  Skiereiden  zusammen, 
die  verschieden  große  Interzellularen  zwischen  sich  freilassen  und  ihrer 
Gestalt  nach  sich  schon  der  nächsten  (iewebelage  anschließen  (Fig.  327 
u.  32N  2);  diese  besteht  aus  enge  aneinanderschließenden,  mächtig  ver- 
dickten, gestreckten,  im  Querschnitt  polygonalen  Zellen,  deren  Längswände 
wellenförmig  gebuchtet  verlaufen;  sie  (Fig.  327  u.  328  .v)  nehmen  an  der 
Bildung  der  Fruchtschale  den  größten  Anteil  und  enthalten  auch  Prismen 
von  Kalziumoxalat  fkj.  Ohne 


scharfe  Abgrenzung  geht 
diese  Schicht  in  die  nächste 
über,    die   aus   echten,    teils 

kurzen,  isodiametrischen, 
teils  gestreckten,  mitunter 
selbst  faserartigen  Skleren- 
chymzellen  zusammengesetzt 
ist  (Fig.  327  5).  In  dieser 
Schicht  finden  wir  in  einer 
Zone,  beiläufig  einer  Zell- 
hühe  entsprechend,  eine  dun- 
kelbraune feste  Masse  (Fig. 
327  u.  328^)  eingeschaltet, 
deren  Flächenansicht  den 
Konturen  der  Sklereiden  ent- 
spricht, an  einzelnen  Stellen, 
wo  noch  wellenförmig  ge- 
buchtete Zellen  vorhanden 
sind,  kann  man  deutlich  den 
Abguß  einer  Sklereide  in  dem 
Sekret  erkennen.     Nach  der 


->^'- 


Fig.  '.yil.  Viulliaiii/'ü  tiiictoiius  L.  l'ame  eines  Querschnitte^* 
durch  die  Frucht-  und  Samenschale.  1  Epidermis,  2  Hy- 
poderm,  .;  Mittlere  Sklereidenschicht ,  »  Sekret,  '/  Innen- 
sklerenchym,  .si  mehrschichtige  Epidermis  der  Samenschale, 
>:;  Schwammparenchym.     Vergr.  400. 


■igiual  von  Hanausek  und  Weest 


unterscheidet  sich  das  Car- 
tJfamus-Sekret  sehr  wesent- 

fich  von  den  echten  Phytomelanen,  da  es  zuerst  als  Zellinhalt  auftritt 
und  sich  auf  lysigenetischem  Wege  in  der  oben  beschriebenen  Zone  ver- 
mehrt. 

Mit  den  Skiereiden  schließt  nun  das  Perikarp  ab.  Eng  angeschmiegt 
folgt   ein    aus  drei  bis  vier  Zellreihen  gebildetes  Gewebe,   das  aus  gelb- 

1)  T.  F.  Hanausek,  Über  das  Perikarp  und  das  Perikarpsekret  der  Üaltung 
Carthamus.  ßer.  d.  D.  Bot.  Gesellsch.,  19^1,  Bd.  XXIX,  p.  13  und  Untersuchungen 
üb.  d.  kohleähnliche  Masse  usw.,  1.  c,  p.  41.  —  Auch  das  Carthamus -^eki-eX  hat 
Pfister  (I.e.,  p.  1   d.  Sep.)  zuerst  beschrieben. 


906 


Zweiundzwanzigsler  Abschnitt.     Früchte. 


lieh  gelärbten,  mit  ausgezeichnet  deutlicher  Wandschiehtung  versehenen, 
im  Querschnitt  scharfkantig-polygonalen,  längsgestreckten,  verdickten 
Zellen  besteht;  das  an  einem  Ende  verbreiterte  Lumen  enthält  einen  gelb- 
lichen krümligen  Inhalt.     Die  Zellen    sind   nicht  verholzt  (Fig.  327  und 

328 61).  Ich  kann  sie  mit 
Harz^j  wohl  nur  als  eine 
mehrreihige  Oberhaut  der 
Samenschale  ansehen,  da 
eine    andere    Bezeichnung 


C^' 


geben  ist.  Es  folgt  dies 
auch  aus  der  Beschaffen- 
heit des  darunterliegenden 
Gewebes,  das  ein  weiches 
durchlüftetes  Schwamm- 

parenchym  darstellt; 
seine  Zellwände  besitzen 
netzförmig  verdickte  Plat- 
ten. Außer  vereinzelten 
Drusen  von  Kalziumoxalat 
scheint  diese  Schicht  keinen 
Zellmhalt  zu  führen.  Als 
letzte  Schicht  findet  man 
eine  Reihe  tafelförmiger, 
mit  farblosen,  etwas  derben 
Wänden  versehener  Zellen, 
an  die  sich  die  Reste  ähn- 
licher, aber  dünnwandiger 
ansöhließen;  diese  können 
auch  fehlen.  Diese  letzte 
Schicht  ist  als  dem  Endo- 
sperm  angehörig  zu  be- 
zeichnen. Die  Keimblätter 
zeigen  in  Glyzerin  betrach- 
tet in  ihren  zarten,  polye- 
drischen  Zellen  meist  ein 
großes  Aleuronkorn  und 
zahlreiche  kleine  Aleuronkürner;  in  ersterem  ist  ein  unregelmäßig-flächiger 
Einschluß  enthalten.  In  Wasser  zerfallen  die  Aleuronkörner  gänzlich. 
Außerdem  führen  die  Zellen  noch  sehr  reichlich  Fett. 


f  ig.  32b.     C'aithaiuuii  tuictoriusX.    Frucht- und Samenschalen- 
gewebe  in  der  Flächenansiclit.    Bezeichnung  wie  Fig.  327. 


<     Ilundbiich  der  Samenkunde,  II,  p.  863. 


Zweiundzwunzigster  Abschnitt.     Früchte.  9Q7 

Der  Gehalt  der  Satlorkerne  an  ("U  wird  mit  18 — 24  Proz.,  nach 
anderien  Angaben  mit  30—50  Proz.  angenommen.  Diese  bedeutenden 
Unterschiede  in  den  Gehaltsangaben  dürften  sich  wohl  in  der  Weise  er- 
klären, daß  es  sich  in  ersterem  Falle  um  ungeschälte,  im  zweiten  um 
geschälte  Ware  handelt.  Dies  zeigt  sich  auch  aus  den  Untersuchungen 
von  Fendler,  nach  denen  ostafrikanische  Saflorfrüchte  25,82  Proz.  Fett, 
die  Kerne  allein  50,37  Proz.  enthielten.  —  S.  auch  I.  p   697. 

17.  Nigerfrüchte. 

Die  Niger-  oder  Ramtillfrüchte  (Niggersamen,  Ramtellasamen, 
Werinnuasamen ,  Gingellisamen,  abess.  Nuhk)  stammen  von  GuüoUa 
ahyssinica  (L.)  Cass.  (=  G.  oleifera  DC),  einer  einjährigen,  in  Abes- 
sinien  einheimischen,  in  ganz  Ostafrika  und  in  Ostindien  im  großen 
kultivierten  Komposite.  In  Abessinien  geht  der  Anbau  bis  auf  2600  m 
Höhe;  die  Aussaat  erfolgt  im  Juni — Juli,  die  Ernte  Oktober — November. 
Die  Früchte  liefern  43 — 45  Proz.  ÖH)  und  die  Rückstände  der  Ölpressung 
sind  als  Nigerkuchen  (mit  etwa  33  Proz.  Stickstoffsubstanzgehalt)  sehr 
geschätzte  Futtermittel  2).  Nebst  dem  Sesamöl  ist  das  Nigerül  in  Abes- 
sinien als  Speiseöl  in  ausgedehnter  Verwendung;  aus  den  Rückständen 
werden  in  manchen  Gegenden  unter  Zusatz  von  Honig  Brotkuchen 
bereitet. 

Die  Nigerfrüchte 3)  sind  4  —  5  mm  lang,  drei-  oder  vierkantig^) 
verkehrt-eilänglich,  häufig  schwach  gekrümmt,  die  dreiseitigen  am  Rücken 
gewölbt;  am  Scheitel  sind  sie  abgerundet,  mit  der  kreisrunden  GrifTel- 
narbe  versehen,  an  der  Basis  spitz  zulaufend;  der  daselbst  befindliche 
helle,  dreieckige  Fleck  deutet  die  Insertionsstelle  der  Frucht  an.  Die 
Oberfläche  ist  hellbraun  bis  schwarz,  fettglänzend,  unter  der  Lupe  fein 
gestreift  (von  den  Faserbündeln),  die  Innenseite  der  dünnen  Fruchtschale 
ist  grau.  Der  einzige  Same  besteht  aus  einer  sehr  zarten,  fast  immer 
an  der  Fruchtschale  hafteti  bleibenden  Samenhaut  und  dem  Keim,  dessen 
beide  Blätter  mit  je  einer  tiefen  Furche  auf  der  Berührungsseite  ver- 
sehen sind. 

Im  anatomischen  Bau  schließen  sich  diese  ()lfrüchte  den  beiden 
vorher  beschriebenen  an.  Die  sehr  deutlich  kutikularisierte  Oberhaut 
besteht  aus  langgestreckten,   nach  der  Fruchtachse  orientierten,  farblosen 

\)  Siehe  I,  p.  698. 

2)  Dietrich  u,  König,  Zusammensetzung  usw.  der  Futterstoffe,  1874,  p.  50. 
'—  Böhmer,  Kraftfuttermittel,  Berlin   1903,  p.  464— 467. 

3).  T.  F.  Hanausek,  Lehrb.  d.  techn.  Mikroskopie,  p.  374.  —  IMister,  1.  c, 
p.  -2  des  Separ.-Abdr.  —  Harz,  I.  c,  II,  p.  856. 

4)  Die  dreikantigen  Früchte  entstammen  den  (weibhclien)  Strahlblüten,  die  vier- 
kantiL^en  den  ^zwitteriseni  Seheibenblüten. 


908  Zweiundzwanzigster  Absrlinitt.     Früchte. 

Zellen,  deren  Außenwände  enorm  verdickt  sind;  in  Ja v ellescher  Lauge 
erscheint  die  Außenwand  schön  geschichtet.  An  Stelle  des  korkähnlichen 
Gewebes,  wie  es  Helianthus  besitzt,  findet  sich  unter  der  Oberhaut  nur 
eine  Reihe  von  Zellen  vor,  deren  eigentümlicher  Bau  von  Pfisteri) 
aufgeklärt  wurde.  Im  Querschnitt  zeigen  sie  das  gleiche  Verhalten  wie 
die  Spulenzellen  der  Papilionaten-Samenschale;  sie  sind  nämlich-  am 
Scheitel  und  an  der  Basis  erweitert,  in  der  Mitte  verengert,  wodurch 
elliptische  Interzellularen  gebildet  werden.  In  der  Flächenansicht  (tangen- 
tial) dagegen  sind  sie  rechteckig,  und  da  sie  stets  fest  an  der  Epidermis 
haften,  so  kann  irrigerweise  ihr  lichtbrauner  Inhalt  der  letzteren  zu- 
gerechnet werden.  Ihre  Gestalt  entspricht  sonach  in  der  Flächenansicht 
den  Abschnitten  eines  Doppel-T-Eisens.  Die  darunter  liegenden  Skler- 
enchymfaserbündel  sind  ziemlich  flach,  also  in  tangentialer  Richtung  etwas 
stärker  ausgedehnt  als  in  radialer,  die  Fasern  sind  sehr  schmal  und  bis 
auf  ein  linienförmiges  Lumen  verdickt.  An  der  Außenseite  der  Skler- 
enchymfaserbündel  ist  eine  starke  Schicht  von  Phytomelan  angelagert; 
den  Faserbündeln  entsprechend  bildet  das  Phytomelan  schmale  Platten 
mit  helleren  und  dunkleren  Stellen,  von  denen  letztere  mitunter  in  Ouer- 
binden  geordnet  sind'-^).  Die  markstrahlähnliche  Trennungszellrcihe  geht 
auf  der  Innenseite  in  tangential  gestreckte,  mit  einem  orangeroten  Inhalt 
erfüllte,  ziemlich  dickwandige  Zellen  über.  Den  Abschluß  der  Frucht- 
leeren Zellen.  Die  Ober- 
flachen, an  den 

Radialwänden  rosenkranzartig  verdickten,  gestrichelten  Zellen  zusammen, 
die  ein  gutes  Kennzeichen  für  den  Ölkuchen  darbieten.  Der  darunter 
liegende  gelbliche  Streifen  ist  ein  kollabiertes  Parenchym  ohne  deutliche 
Zellkonturen;  eine  farblose,  einreihige  Aleuronschicht,  deren  derbwandige, 
in  der  Fläche  rechteckige  Zellen  Fett  und  Aleuron  enthalten,  entspricht 
dem  Endosperm  und  ist  mit  der  Samenschale  fest  verbunden.  Die  Kotyle- 
donen zeigen  denselben  Bau,  wie  die  der  Sonnenblumenkerne.  Das 
Palisadenparenchym  ist  zumeist  dreireihig,  der  Inhalt  der  zartwandigen 
Zellen  besteht  aus  Fett  und  kleinen,  rundlichen,  mit  Einschlüssen  ver- 
sehenen Aleuronkörnern.    Durch  Kalilause  werden  die  Keimblätter  intensiv 


^)  Ffister,  1.  c,  p.  3.  Winton,  The  Anatomy  ol  certain  oil  seeds  with 
especial  reierence  to  the  microscopic  examination  of  cattle  foods.  Conn.  Agr.  Exp. 
Stat.  Rep.  1903,  p.  170  (mit  vorzüglichen  Abbildungen).  —  Moeller.  Mikroskopie," 
2.  Aufl.,  p.  333.  —  Abbildungen  der  Gewebe  (aus  dem  Nigerkuchen)  s.  bei  König, 
Untersuchung  landw.  u.  gewerbl.  neuer  Stoffe,  p.  309.  Fig.  81. 

2)  T.  F.  Hanausek,  Untersuchungen  über  die  kohleähnliche  Masse,  1.  c, 
p.  116. 


Zweiunilzwanzigster  Abschnitt.     Früchte.  9(j9 

18.  MacUMclite. 

Madia  sativa  Molin.,  die  Ülmadie,  Melosa,  chilenisch  Madi, 
wird  in  Chile,  wo  sie  wahrscheinlich  einheimisch  ist,  ferner  in  Kali- 
fornien und  Oregon  wegen  der  ülhaltigen  Früchte  (Madifrüchte,  Madi- 
samen)  angebaut  und  ist  eine  alte  Kulturpflanze.  Zu  wiederholten 
Malen  wurde  ihr  Anbau  in  Europa,  und  zwar  in  klimatisch  entsprechen- 
den Gebieten,  wie  in  Hessen,  Frankreich,  (")sterreich  (Baden  bei  ^^'ien) 
versucht,  da  die  geringen  Ansprüche  der  Pflanze  an  Boden  und  Kultur 
dazu  geradezu  einluden  und  auch  die  Akklimatisation  vollen  Erfolg  zu 
versprechen  schien.  Trotzdem  hat  sich  die  Madie  in  Europa  nicht  einzu- 
bürgern vermocht  und  als  die  wichtigsten  Gründe  hierfür  sind  nach 
Schenk!)  das  ungleiche  Reifen  der  Früchte  und  die  Schwierigkeit  des 
Einerntens  der  Frucht  bei  feuchtem  Wetter  anzunehmen.  Auch  der 
Ausdrusch  wird  dadurch,  daß  die  Früchte  an  dem  stark  klebrigen  Kraut 
haften  bleiben,  sehr  beeinträchtigt.  Dazu  kommt  noch,  daß  der  Geruch 
der  Pflanze  recht  widerwärtig  ist  —  daher  der  amerikanisch-englische 
Name  für  dieselbe:  »Tarweed«,  Teerunkraut  —  und  daß  auch  der  Ol- 
gehalt, der  übrigens  mit  37,3  Proz.  (in  der  Trockensubstanz  49,4  Proz.) 
angegeben  wird,  als  zu  gering  angesehen  worden  sein  mag.  Die  Angabe, 
daß  die  Madie  giftig  ist,  hat  bisher  keine  Bestätigung  gefunden. 

Die  Madifrucht  (Fig.  3i>9)  ist  5 — 7,5  mm  lang  und  mißt  im  Ouer- 
schnitt  am  oberen  Ende  2 — ^,5  mm  und  1  — 1,5  mm  in  Breite  und  Tiefe. 
Sie  ist  im  allgemeinen  unsymmetrisch  verkehrteilänglich,  zumeist  ge- 
krümmt, seitlich  flachgedrückt,  vier-  bis  fünfkantig  und  mit  vier  bis  fünf 
fadenförmigen  Rippen  (Fig.  329  r)  versehen.  Am  Scheitel  ist  die  runde 
Insertionsstelle  der  Korolle  (i),  an  der  viel  schmäleren  Basis  der  Frucht- 
nabel (n)  wahrnehmbar.  Die  Oberfläche  erscheint  gelblich-  oder  grünlich- 
grau, an  einzelnen  Kürnern  schwärzlich.  Die  helle  Farbe  ist  nicht  un- 
mittelbar von  einem  Pigriient  verursacht,  sondern  ein  Interferenzphänomen, 
wie  bei  den  blaugrauen  Mohnsamen.  Die  unreife  Frucht  ist,  wie  schon 
Harz2)  bemerkt,  bräunlich  oder  schwärzlich;  diese  Farbe  wird  durch 
die  Phytomelanschicht  bewirkt,  die  durch  die  noch  dünnwandigen  und 
mit  Zellsaft  erfüllten  Oberhautzellen  (und  durch  die  subepidermale  Zell- 
lage) durchschimmert.  Ist  die  Frucht  reif  geworden,  so  bilden  die  nun 
lufthaltigen,  an  der  Außenwand  stark  verdickten  Oberhautzellen  ein  ge- 
trübtes Medium  auf  dem  dunklen  Phytomelanhintergrund;  daher  die 
unbestimmte  graue  Färbung.     Feuchtet   man   kräftig  die  Frucht  an.    so 


1)  Akkhmatisationsversuclie   mit  Madia  sativa.      Ztschr.  f.  d.  landwirt.  Verein 
des  Großherzogtums  Hessen,  1873,  p.  231. 

2)  Landwirtsch.  Samenkunde,  II,  p.  855. 


910 


ZAveiundzwaiJziester  Absclinilt.     Früclite. 


wird  sie  fast  schwarz,  da  nun  das  getrübte  Medium  einem  durchsichtigen 
(Wasser  in  den  Zellen)  Platz  macht. 

Im  anatomischen  Bau\)  entspricht  die  Madifrucht  dem  am  häutig- 
sten bei  den  Kompositenfrüchten  vertretenen  Typus 2).  Das  Perikarp 
setzt  sich  aus  der  Oberhaut  (Fig.  330),  der  subepidermalen  Zellage,  den 
Bastfaserbündeln  mit  der  vorgelagerten  Phytomelanschicht  (Fig.  330 ph) 
und  dem  Innenparenchyni  zusammen.  Die  Oberhaut  besteht  aus  axial 
gestreckten  Zellen,  die  in  der  Flächenansicht  gleichgerichtete  Rechtecke 
bilden,  im  Querschnitte  meist  höher  als  breit,  also  in  radialer  Richtung 
gestreckt  erscheinen,  eine  kuppenfürmig  gewölbte,  stark  verdickte  Außen- 
seite ,und   schwächere,   getüpfelte  Radialwände   besitzen   und    inhaltsleer 


f 


Fig.  3-2i).      Mwlia  sativa  L.      Frucht  (Vil. 

/■  Rippen ,    i  Inseitionsstelle   der   Korolle, 

/(  Frnchtnatel.      (Original  v.  Hanau sek 

u.  Weese  ) 


t'^-^P^ 


Fig.  330.  Mddia  aathii  l.  Querschnitt  durch  die  Frucht, 
(«Vi).  »Rippen,  «  Exokarp,  /(/(Phytomelanschicht,  i  Bast- 
faserhündel,  K  Kotyledonen,  G  Gefäßbündelanlagen, 
//  Palisadenparenchym.     (Orig.  v.  Han  a  n  sek  u.  Weese. l 


sind  (Fig.  33 1  e).  Sie  zeigen  oft  auch  bedeutende  Größenunterschiede; 
neben  einer  größeren  Epidermiszelle  befinden  sich  mehrere  weit  kleinere. 
Die  subepidermale  Schicht  zeigt  meist  nur  eine  Reihe  dünnwandiger 
Zellen,  die  übrigens  auch  von  der  mächtigen  Phytomelanschicht(Fig.33'iy^) 
unterdrückt  sein  können.  Die  Bastfaserbüiidel  (Fig.  3316)  sind  wie  bei 
Helianthus  durch  markstrahlartige  Zellzüge  voneinander  geschieden,  die 
sich  an  der  Innenseite  mit  dem  Parenchym  (Fig.  331_/j)  vereinigen,  mit 
dem  das  Perikarp  abschließt.     A'on  der  Samenschale  (sa)  läßt  sich  eine 


\)  Böhmer,  Die  KrarHnUermiUel,  ihre  Rohstoffe 
464.  —  Pfister,  1.  c,  p.  441.  —  Winton,  1.  c,  p.  ^' 
p.  330. 

i:  S.  ,lic  Fußnoten  ä)  und  3)  auf  p.  902. 


ßerlir 
M  0  e  1 


1903,   p.  461    bis 
:r,  Mikroskopie, 


Zweiundzwanzigsler  Absclinitt.     Früchte. 


V)ll 


großzellige  Epidermis  und  eine  kollabierte  Schicht,  in  der  die  Gefäi;- 
bündel  mit  sehr  schmalen  Spiroiden  verlaufen,  im  Ouerschnitt  wahr- 
nehmen. In  Flächenstücken  treten  die  unmittelbar  an  die  Gefäßbündel 
angrenzenden  Parenchymzellen  recht  deutlich  hervor.  Eine  Reihe  dick- 
wandiger Zellen  mit  Aleuron  (en)  stellt  den  Rest  des  Endosperms  dar. 
Untersucht  man  die  an  der  Basis  des  Samens  liegenden  Partien  der 
Samenschale,  so  findet  man  noch  eine  dritte  Gewebeschicht,  die  aus 
derbwandigen,  rundlichen  oder  gestreckten,  sehr  dicht  getüpfelten,   fast 


Fig.  3ol.  Madia  autua  L.  Partie  eines  Querschnittes  durch  die  Fruchtsamenschale,  e  Epidermis, 
S(  subepidermale  Schicht,  ph  Phytomelanschieht,,  b  Bastfaserbündel,  sa  Samenschale  mit  Spiroideu- 
bündel  g,  (ii  Endosperm.  Es  wurde  eine  Stelle  gewählt,  an  der  zwei  Bastfaserhündel  etwas  weiter 
voneinander  abstehen,  um  das  dazwischenliegende  Parenchym  in  seinem  Übergang  zum  Innenparenchym 
p  zu  zeigen.     Yergr.  400.     (Original  von  Hanausek  und  Weese.l 

grob  porösen  Zellen  besteht.  Nach  aufwärts  gehen  diese  in  schmale 
langgestreckte,  unregelmäßig  gestaltete,  verästelte,  dünnwandige,  fein  ge- 
tüpfelte,   wie  punktiert  aussehende  Zellen   über,   die  wie  es  scheint,    im 


Der  Samenkern  besteht  nur  aus  dem  Embryo  mit  zwei  kräftigen 
Keimblättern,  die  eine  drei-  bis  vierreihige  Palisadenschicht  besitzen. 
Die  Zellen  der  Keimblätter  enthalten  reichlich  Fett  und  2—5  u  messende 
Aleuronkürner. 


Üreiundzwanzigster  Abschnitt. 

Hefe'. 


Der  Begriff  Hefe  im  wissenschaftlichen  Sinne  war  bis  vor  wenigen 
Jahrzehnten  recht  inhaltsarm;  er  bedeutete  eben  bloß  Gärerreger  über- 
haupt. So  sprach  Pasteur  von  der  Hefe  der  Milchsäuregärung  und 
Nägeli  noch  im  Jahre  1879  von  der  Hefe  des  faulenden  Harnes;  in 
beiden  Fällen  waren  aber  Spaltpilze  gemeint.  Aus  dieser  weitsinnigen 
entwickelte  sich  dann  eine  engere  Fassung  des  Begriffes,  nämlich  Er- 
reger für  Alkohol-Gärung.  Aber  auch  bei  dieser  Einschränkung  blieb  es 
noch  nicht;  man  schied,  ohne  daß  darüber  eine  genaue  Zeitangabe  ge- 
macht werden  könnte,  sowohl  die  alkoholbildenden  Spaltpilze  (Schizo- 
myzeten)  wie  auch  all  jene  Fadenpilze  aus,  welche,  wie  z.  B.  gewisse 
Mucor-Arten,  unter  ungewöhnlichen  Ernährungs-Bedingungen  nicht  ein 
normales  fädiges  Myzel,  sondern  ein  Sproßmyzel  (sogen.  Mucorhefe)  her- 
vorbringen. Auf  Grund  dieser  Abgrenzung  war  der  Begriff  Hefe  dann 
auf  jene  (einzelligen)  Sproßpilze  beschränkt,  welche  fähig  sind,  Alkohol- 
gärung zu  erregen.  Er  erfuhr  jedoch  später  wieder  eine  Erweiterung 
und  Veränderung,  als  zu  Beginn  der  neunziger  Jahre  des  letzten  Jahr- 
hunderts P.  Lindner  an  dem  Erreger  der  Alkoholgärung  des  Hirse- 
bieres (Pombe)  der  Eingeborenen  Mittel-  und  Südafrikas  bemerkt  hatte, 
daß  dessen  Individuen  so  wie  diejenigen  all  der  bis  dahin  bekannten  Hefen 
einzellig  waren,  jedoch  nicht  auch,  wie  diese,  durch  Sprossung,  sondern 
durch  Spaltung  (also  wie  die  Schizomyzeten)  sich  vegetativ  vermehrten, 
so  daß  für  diese  »Spalthefe«  eine  neue  Gattung  (Schixosacckaromyces) 
aufgestellt  werden  mußte,  welche  derzeit  im  Pilzsystem  noch  nicht  gut 
unterzubringen  ist  und  als  Bindeglied  zwischen  den  Reichen  der  Schizo- 
myzeten und  der  Ascomyzeten  steht,  mit  welch  letzteren  sie  die  Art  der 
Sporenbildung  gemein  hat.  Dieser  Gattung  gehören  bis  jetzt  außer  jener 
ersten  Spezies  (Seh.  Pombe)  noch  mehrere  andere  an,  von  denen  die 
eine  (Seh.  oetosporus)  ein  gewöhnlicher  Bestandteil  der  '  Pilzflora  der 
Rosinen    und  Korinthen    ist    und  noch  andere  (Seh.  meUacei    und  Seh. 


^    Neu  bearbeitet  von  Dr.  Franz  Lnfar. 


Dreimulzwanzigster  Abschnitt.     Heie.  9X3 

Voidermani)  bei  der  Gärung  der  Zuckerrohr-Melasse  in  der  Rum-  und 
Arrak- Bereitung  wirksam  sind.  Die  Entdeckung  dieser  (hier  nicht  weiter 
zu  betrachtenden)  Schizosaccharomyzeten  ist  nun  in  der  erweiterten, 
heute  gültigen  Bestimmung  des  Begriffes  Hefe  im  wissenschaftlichen  Sinne 
berücksichtigt:  Hefen  sind  einzellige  Eumyzeten,  welche  Alkohel- 
Gäiung  erregen.  ' 

Abgesehen  von  den  Schizosaccharomyzeten,  gehören  alle  übrigen 
Hefen  in  das  Formenreich  der  Sproßpilze.  Das  Merkmal,  welches  für 
diese  große  Gruppe  kennzeichnend  ist,  hat  ausschließlich  morphologischen 
Charakter:  es  ist  die  besondere  (als  Sprossung  bezeichnete)  Art  der 
vegetativen  Zellvermehrung,  welche  in  der  Weise  verläuft,  daß  die  Tochter- 
zelle von  der  Mutterzelle  nicht  (wie  bei  den  übrigen  Eumyzeten)  auf  dem 
Wege  der  Streckung  und  (Juerwand-Einschaltung  hervorgetrieben  und 
abgegrenzt  wird,  sondern  derart  zustande  kommt,  daß  die  (meist  kugelige 
oder  eiförmige  oder  ellipsoidische)  Älutterzelle,  wenn  sie  zur  Vermehrung 
sich  anschickt,  an  irgendeiner  Stelle  ihres  Umfanges  eine  knospige  Aus- 
stülpung (Sproß)  hervortreibt,  welche  dann  zu  Gestalt  und  Größe  der 
Mutterzelle  aus  wächst  und  schließlich  entweder  sich  abtrennt,  um  als 
selbständiges  Wesen  weiterzuleben  und  sich  seinerseits  wieder  durch 
Sprossung  zu  vermehren,  oder  aber  sowohl  mit  der  Mutterzelle  als 
auch  mit  ihren  eigenen  Tochterzellen  in  Zusammenhang  bleibt  und  also 
einen  vielgliedrigen  Sproßverband  bildet,  welcher  als  solcher,  je  nach 
der  Spezies  und  den  Züchtungsbedingungen,  recht  lange  sich  erhalten 
kann. 

Das  Reich  der  Sproßpilze  oder  Blastomyzeten  ist  recht  an- 
sehnlich. Vom  Standpunkt  der  Systematik  und  Entwicklungsgeschichte 
aus  wird  es  in  zwei  Gruppen  gegliedert.  Die  Angehörigen  der  einen 
Gruppe  sind  durch  die  Fähigkeit  ausgezeichnet,  Ascosporen  zu  bilden: 
das  ist  die  Familie  der  Saccharomycetaceen,  welche  als  die  einfachst 
gebauten  und  im  Pilzsystem  zu  unterst  stehenden  Vertreter  der  Ordnung 
der  Ascomyzeten  aufzufassen  sind.  Alle  übrigen  Sproßpilze  hingegen 
entbehren  der  Möglichkeit  der  endogenen  Vermehrung  und  werden  nach 
anderen  Merkmalen  zu  Untergruppen  gesondert,  von  denen  die  der  Myco- 
dermen  und  die  der  Torulaceen  hier  erwähnt  seien,  weil  .\ngehürige 
dieser  zwei  Familien  in  den  Gärungsbetrieben  als  Schädlinge  auftreten 
können,  so  insbesondere  die  ersteren,  die  in  der  Sprache  des  Gärungs- 
technikers seit  langem  Kahmhefen  heißen,  weil  ihre  auf  Wein,  Bier, 
Hefenmaische  u.  dgl.  m.  auftretenden  Wucherungen  gemeinhin  als  Kahm 
oder  auch  Kühnen  bezeichnet  werden.  Auch  in  der  sogen.  Lufthefe 
(s.  p.  945)  sind  Mycodermen  reichlich  vorhanden. 

Wenngleich  die  meisten  Saccharomycetaceen  imstande  sind,  Alkohol- 
gärung   zu  erregen    und    also    im  Sinne    der  zuvor  gegebenen  Begriffs- 

Wiesner.  Kohstotte.     HI.  Band.     3.  Aull.  58 


914  Dreiundzwanzigster  Ah^<linitt.     Hele. 

bestimmung  echte  Hefen  sind,  so  fehlt  doch  einer  Minderheit  diese  Fähis- 
keit,  und  es  ist  demnach  nicht  jeder  Saccharomyzet  auch  eine  Hefe 

Es  ist  aber  auch  umgekehrt  nicht  jede  Hefe  ein  Saccharomyzet. 
In  betreff  der  Spalthefen  ist  das  ja  schon  dargelegt  worden.  Hier  ist 
nun  die  weitere  Bemerkung  anzufügen,  daß  unter  jenen  Sproßpilzen, 
welche  zur  Bildung  von  Ascosporen  unfähig  sind,  es,  und  zwar  in  der 
Familie  der  Torulaceen,  nicht  wenige  Arten  gibt,  welche  kräftig  zu  gären 
vermögen  und  also  wahre  Hefen  sind.  Das  älteste  Beispiel  ist  die  auf 
Obst  und  also  auch  im  Weinmost  so  häufige  sogen,  zugespitzte  Hefe, 
welche  durch  Reess  zu  Unrecht  als  Saccliaromyces  apiculatus  bezeichnet 
worden  war,  jetzt  aber  in  die  Torulaceen-Gattung  Pscudosaccharomyces 
eingereiht  ist,  welche  durch  Klöcker  für  sie  und  ähnliche  Hefenformen 
neu  geschaffen  worden  ist. 

Die  Familie  der  Saccharomycetaceen  zerfällt  derzeit  in  elf  Gat- 
tungen. Von  diesen  ist  die  ältestbekannte,  die  ja  auch  jener  den  Namen 
gegeben  hat,  die  Gattung  Saccharoimjces.  Es  ist  fast  nur  diese  allein, 
welche  die  Arten  stellt,  die  in  der  Brauerei,  Brennerei  und  Preßhefen- 
Fabrikation  als  Hefe  in  Tätigkeit  gesetzt  und  gezüchtet  werden.  Ver- 
treter anderer  Gattungen  (Willia  und  Pichia)  dieser  Familie  kommen 
jedoch  als  verunreinigende  Eindringlinge  in  jenen  Betrieben  manchmal  vor. 

Die  Gattung  Saccliaromyces  umfaßt  heute  schon  eine  ansehnUche 
Anzahl  von  Arten.  Bis  zu  Beginn  der  siebziger  Jahre  des  neunzehnten 
Jahrhunderts  war  man  allgemein  der  Ansicht  gewesen,  daß  die  in  den 
Betrieben  der  Brauerei  (und  der  Spiritusbrennerei)  benutzte  Hefe  eine 
einheitliche  Art  sei,  für  welche  schon  im  Jahre  1837,  auf  einen  Vorschlag 
Meyens  hin,  durch  Schwann  die  Bezeichnung  Saccliaromyces  cerevisiae 
gegeben  worden  war,  desgleichen  Sacch.  vini  für  die  den  Weinmost  ver- 
gärende Hefe.  Nachdem  dann  Reess  im  Jahre  1870  einen  ersten  Ver- 
such zu  einer  Zerlegung  dieser  vermutlichen  Sammelbegriffe  unternommen 
hatte,  ohne  jedoch  zu  einer  entscheidenden  Feststellung  vorzudringen, 
zeigte  Emil  Christian  Hansen  ungefähr  zehn  Jahre  darauf,  daß  wir 
mit  einer  Vielzahl  von  Saccharomyces-kviQn  zu  rechnen  haben.  Er  gab 
auch  Verfahren  an,  mittels  deren  man  eine  Probe  von  Hefe  aus  dem  prak- 
tischen Gärungstetriebe  in  die  einzelnen  Arten  (Rassen,  Stämme),  aus  denen 
sie  zusammengesetzt  sein  kann,  zu  zerlegen,  also  Reinzuchten  her- 
zustellen vermag,  das  heißt  Zuchten,  deren  jede  zuverlässig  von  je  einer 
einzigen  Zelle  (Ein-Zell-Zucht)  abstammt.  Diese  Zuchten  (Reinkulturen 
können  unbeschadet  ihrer  Reinheit  dann  in  besonderen  Apparaten  (Pro- 
pagatoren,  Hefenreinzucht-Apparaten)  zu  solch  großen  Mengen  vermehrt 
werden,  wie  die  Praxis  der  Gärungstechnik  sie  braucht.  Weil  solche 
Hefen  also  künstlich  gezüchtet  (kultiviert)  werden,  heißt  man  sie  all- 
gemein Kulturhefen,  und  zwar  im  Gegensatz  zu  den  wilden  Hefen, 


Dreiundzwan/.igster  Abschnitt.     Hefe.  9I5 

welch  letztere  aus  der  freien  Natur  (durch  den  Staub  des  Windes,  durch 
Insekten)  in  die  Gärungsbetriebe  hineingeschleppt  werden.  Manche  von 
diesen  Eindringlingen  vermögen  daselbst  Stürungen  zu  verursachen  und 
heißen  dann  Krankheitshefen.  Studien  über  Krankheitserscheinungen 
im  Biere  (das  Bitterwerden,  das  Trübwerden)  waren  der  Ausgangspunkt 
der  Forschungen  Hansens  (s.  p.  914)  gewesen;  bis  dahin  hatte  man, 
auf  Pasteurs  Meinung  bauend,  als  Störungserreger  immer  nur  Spalt- 
pilze angenommen  und  dementsprechend  auch  nur  nach  dieser  Richtung 
hin  die  Reinigung  einer  unzuverlässig  gewordenen  ßetriebshefe  versucht. 

Ausgang  für  die  Anlegung  einer  Ein-Zell-Kultur  und  die  Ge- 
winnung einer  Reinzucht  von  Brauereihefe  oder  von  Brennereihefe  ist 
gewöhnlich  eine  Probe  von  einer  im  praktischen  Betriebe  tätigen  Hefe 
(Betriebshefe),  welche  dort  bisher  zufriedenstellend  gewirkt  hat,  jedoch 
möglicherweise  oder  wahrscheinlich  eine  derzeit  noch  gar  nicht  oder 
eben  erst  sich  kundgebende  Verunreinigung  (Infektion)  erlitten  hat.  Für 
die  Gewinnung,  der  Reinzuchten  von  Weinhefen  dient  gewöhnlich  die 
vom  Jungwein  abgezogene  Satzhefe  (Trüb).  Die  Prüfung  der  Betriebs- 
hefe der  (untergärigen)  Brauereien  auf  Verunreinigung  mit  wilden  Hefen 
geschieht  mittels  der  durch  Hansen  angegebenen  Sporenanalyse, 
welche  auf  die  allgemeine  Feststellung  gegründet  ist,  daß  die  wilden 
Hefen  binnen  kürzerer  Frist  und  bei  niedrigerer  Temperatur  zur  Bildung 
der  Ascosporen  schreiten,  als  dies  bei  den  Kultur-Bierhefen  der  Fall  ist. 

Eine  Benennung  nach  den  Regeln  der  naturhistorischen  Nomen- 
klatur hat  bei  den  Hunderten  von  Arten  und  Stämmen  von  Saccharo- 
myzeten,  die  im  Verlaufe  der  letzten  fünfunddreißig  Jahre  studiert,  be- 
schrieben und  verwendet  worden  sind,  nur  in  verhältnismäßig  wenigen 
Fällen  stattgefunden.  Die  Versuchsstationen  und  Laboratorien,  welche 
sich  mit  dem  Reinzüchten  solcher  Stämme  für  den  Bedarf  der  Technik 
befassen,  belegen  sie  kurzweg  entweder  mit  der  Bezeichnung  der  Her- 
kunft der  Probe,  also  z.  B.  bei  Bierhefen  mit  dem  Namen  des  Sitzes 
oder  des  Besitzers  der  Brauerei  (Hefe  Saaz,  Hefe  Frohberg),  oder  gar 
nur,  und  das  ist  das  Gewöhnliche,  mit  jener  Nummer,  unter  welcher  sie 
in  der  Sammlung  (also  dem  lebenden  Herbare)  des  Laboratoriums  ge- 
führt werden. 

Gegenstand  des  Handels  ist  Reinzuchthefe  derzeit  für  den  Be- 
darf der  Brauereien,  der  Brennereien  und  Preßhefenfabriken  und  der 
Weinbereitung.  Brauerei-  und  Brennereihefen  kommen  in  zweierlei  Art 
der  Zubereitung  zur  Versendung.  Wenn  sie  nur  wenige  Tage  brauchen, 
um  von  dem  Orte  ihrer  Herstellung  zum  Orte  ihrer  Verwendung  zu  ge- 
langen, werden  sie  durch  Pressen  soweit  entwässert,  daß  sie,  wenn  tun- 
lich, schon  trocken-pulvrig  sich  greifen  und  nur  noch  etwa  70  Proz. 
Wasser  enthalten ;  diese  gepreßte  Hefe  wird  in  sterile  Blechbüchsen  ein- 

58* 


<(16  Dreiundzwanzig,ster  Ab.s(lniitt.     Hefe. 

gefüllt,  welche  man  luftdicht  verlötet  und  dann  allenfalls  noch  in  ein 
Gemisch  von  Sägespänen  und  Eisbrocken  einbettet.  Untersuchungen  an 
derartigen  sogen.  Büchsenhefen  über  deren  Haltbarkeit  und  deren  Zer- 
setzung unter  dem  Einflüsse  der  Eigen-Enzyme  der  Hefe  und  durch  un- 
gewollt hineingeratene  Fremdkeime  hat  W.  Henneberg i)  angestellt.  Für 
eine  längere  Reisedauer  hingegen,  insbesondere  eine  solche  nach  heißen 
Ländern,  muß  man,  um  das  Eintreten  der  Selbstgärung  und  der  Selbst- 
verdauung zu  verhüten,  der  Hefe  das  Wasser  fast  ganz  entziehen;  man 
trocknet  sie  unter  besonderen  Vorsichtsmaßnahmen  bei  sehr  gelinder 
Wärme  auf  Holzkohle,  Holzzellulose,  Kieselgur  u.  dgl.  m.  an  und  erhält 
derart  sogen.  Hefenkonserven,  über  welche  (wie  auch  über  Büchsen- 
hefen) H.   Will 2)  in  München  eingehende  Versuche  angestellt  hat. 

Der  Begriff  Weinhefe  war  in  der  Warenkunde  bis  vor  zwei  Jahr- 
zehnten noch  eindeutig,  und  was  in  diesem  Handelsgegenstand  gesucht 
und  bewertet  wurde,  war  vornehmlich  dessen  Gehalt  an  Weinstein  (cremor 
tartari).  Dieser  letztere  stammt  aus  dem  Traubensafte  selbst,  aus  dem 
er,  weil  in  Alkohol  schwer  löslich,  in  dem  Maße,  als  die  Gärung  vor- 
schreitet, in  steigender  Menge  ausfällt  und  zum  Teil  an  der  Innenwand 
des  Fasses  in  Gestalt  grober  Kristalle  sich  ansetzt.  Zwischen  diese 
letzteren  lagern  sich  die  aus  dem  werdenden  Jungweine  bei  Nachlassen 
der  Gärung  immer  reichlicher  sich  ausscheidenden  Hefenzellen  ein,  welche 
auch  eine  beträchtliche  Menge  von  Traubenfarbstoff  durch  Flächen- 
anziehung mitreißen.  Derart  kommt  an  den  Innenwänden  des  Wein- 
fasses eine  zusammenhängende  Kruste  zustande,  welche  mehr  als  finger- 
dick werden  kann  und  je  nach  Herkunft  bräunlich  (Weißwein)  bis  rot- 
braun (Rotwein)  ist.  Beim  Reinigen  des  Fasses  wird  diese  sogen.  Wein- 
hefe herausgeschlagen  und  dient  dann  zur  Bereitung  des  Weinsteins, 
welcher  sowohl  als  solcher  (z.  B.  für  Backpulver)  wie  auch  als  (auch 
heute  noch  einziger)  Rohstoff  zur  Darstellung  der  in  der  Medizin  (Brause- 
pulver), in  der  Färberei  usw.  gebrauchten  großen  Mengen  von  Weinsäure 
verwendet  wird.  Ein  anderer  Teil  des  Weinsteins  setzt  sich  während 
der  Gärung  des  Weinmostes  nicht  an  der  Faßwand  ab,  sondern  sinkt 
in  die  gegen  Schluß  der  Gärung  auf  dem  Grunde  des  Jungweines  sich 
ansammelnde  Bodensatzhefe  (Geläger,  Trüb)  hinab,  von  der  man  den 
Wein  durch  Abstich  (Abziehen)  abtrennt.  Die  Menge  des  meist  dünn- 
breiigen Rückstandes  beträgt  in  italienischen  Weinen  20  kg  vom  Hekto- 


1)  Zeitschrill  lür  Spiritusindustrie,  1904.  Bd.  27.  p.  '.i6  und  298;  1905,  Bd.  28. 
p.  1. 

2)  Zeitschrift  f.  d.  ges.  Brauwesen,  1896,  Bd.  -19,  p.  453;  1897,  Bd.  20,  p.  91; 
<898,  Bd.  2,1,  p.  75;  1899,  Bd.  22,  p.  43;  1900,  Bd.  23,  p.  11;  1901,  Bd.  24,  p.  3; 
1902,  Bd.  25,  p.  49;   1903,  Bd.  26,  p.  57;   1904,  Bd.  27,   p.  269. 


Dreiiindzwanzigstür  Ahs.hnitl.     Hele.  »11^7 

liter  zufolge  G.  Ciapettii),  welcher  eine  Beschreibung  der  Verarbeitung 
solcher  Weinhefe  gegeben  hat.  Diese  enthält  etwa  3  Proz.  Weinstein 
und  4  Proz.  Alkohol,  welch  letzterer  abdestilliert  wird  und  den  Drusen- 
branntwein liefert,  der  seinen  eigenartigen  Geruch  einem  beigemengten 
ätherischen  Öle  verdankt,  welches  aus  ihm  auch  für  sich  abgeschieden 
und  unter  dem  Namen  Drusenöl  oder  Weinül  verkauft  wird.  Außer 
dieser  (ihren  Namen  nur  zum  geringen  Teile  rechtfertigenden)  Weinhefe 
sind  aber  jetzt  auch  wahre  Weinhefen,  und  zwar  als  Reinzuchten,  ein 
Gegenstand  handelsmäßiger  Lieferung  für  die  Zwecke  der  Weinbereitung 
und  der  Melassenbrennerei.  Die  von  der  Oberfläche  der  Traubenbeeren 
herstammende  bunte  Pilzflora  des  Mostes  vermag  man,  so  erwünscht 
dies  wegen  deren  manchmal  recht  schlimmen  Zusammensetzung  sein 
würde,  praktisch  nicht  zu  beseitigen;  durch  das  Erhitzen  würde  der 
Most  den  sogen.  Kochgeschmack  annehmen,  und  das  Filtrieren  oder  das 
Zentrifugieren  hat  sich  als  unzweckmäßig  erwiesen.  Es  bleibt  also  zur 
Bekämpfung  der  vorhandenen  Schädlinge  nur  das  Unterdrücken  durch 
eine  Übermacht  künstlich  zugefügter  Reinhefe  übrig.  Um  dieser  noch 
mehr  das  Feld  zu  sichern,  kann  man  sie  zuvor  an  größere  Mengen 
schwefliger  Säure  gewöhnen  (»akklimatisieren«),  von  der  man  dann  auch 
dem  Moste  etwas  zusetzt^  in  welchem  sie  dessen  (an  solches  Gift  von 
Natur  aus  nicht  gewöhnte)  unerwünschte  Eigentlora  unterdrückt.  Der- 
artige Hefen  werden  in  Frankreich  und  Algerien  benutzt  und  als  Sulfit- 
hefen bezeichnet.  Die  Reinzuchten  der  Weinhefen  werden,  entsprechend 
der  zuvor  angedeuteten  Sachlage,  entweder  als  Hefenbrei  in  dicht  ver- 
schlossenen und  diuckfesten  Glasgefäßen  (Champagner-Flaschen)  oder 
aber  an  steriler  Watte  angetrocknet,  und  in  beiden  Fällen  nur  in  kleinen 
Einzelmengen,  zum  Versand  gebracht. 

Unter  dem  Gesichtspunkte  ihres  äußeren  Verhaltens  während  der 
Vermehrung  und  Gärung  in  einem  flüssigen  Nährboden  kann  man  die 
Hefen  zu  zwei  Untergruppen  sondern:  Oberhefen  und  Unterhefen, 
Die  ersteren  werfen  eine  mächtige  Schaumdecke  auf,  in  welcher  ein  mehr 
oder  minder  großer  Anteil  der  aus  der  Aussaat  heranwachsenden  Nach- 
kommen eingeschlossen  ist.  Die  Unterhefen  hingegen  zeigen  solchen 
Auftrieb  nicht;  sie  bleiben  während  der  ganzen  Dauer  der  Gärung  so 
gut  wie  vollzählig  unterhalb  des  Spiegels  der  Flüssigkeit  und  liegen  zum 
großen  Teil  schon  von  Anfang  an  auf  dem  Grunde,  hier  also  frühzeitig 
Bodensatzhefe  oder  Satzhefe  bildend,  die  bei  den  Oberhefen  hingegen 
erst  etwas  später  sich  nach  und  nach  ansammelt.  Je  nach  der  Art  der 
gebrauchten  Hefe  heißt  im  Brauwesen  der  Betrieb  obergärig  oder  unter- 


i)  Atti  del  VI  Congrcsso  intern,  di  Chimica  applicatu,   Koma  19ii7,  Quarlo  Vo- 


lume,  p.  448 


918 


Dreiundzwanzigster  Abschnitt.     Hele. 


gärig.  Der  letztere  ist  heutzutage  in  Mitteleuropa  vorherrschend  (s. 
p.  910,.  Obergärig  ist  der  Betrieb  hingegen  fast  ausnahmlos  in  England 
und  zu  einem  großen  Teil  in  Nordfrankreich,  Belgien  und  Holland;  in 
Deutschland  kommt  er  nur  für  wohlfeilere  Getränke  oder  solche  von 
örlhcher  Bedeutsamkeit  (Berliner  Weißbier,  Leipziger  Gose,  Lichtenhainer 
u.  dgl.  m.)  in  Betracht.  Die  Hefen  der  Rohfrucht-Brennereien  und  der 
Preßhefenfabriken  sind  alle  obergärig;  von  solchen  sind  derzeit  in  Deutsch- 
land und  Osterreich  am  weitesten  verbreitet  die  durch  P.  Lindner  am 
Berliner  Institut  für  Gärungsgewerbe  zuerst  reingezüchteten  drei  Stämme 
Rasse  II  und  Rasse  XII,  bzw.  Rasse  M,  von 
denen  z.  B.  im  Jahre  1912  insgesamt  i  71 22  kg 
durch  jene  Anstalt  allein  abgegeben  worden 
sind.  Die  Melassenbrennereien  benutzen  jetzt 
Reinzuchten  ausgewählter  Weinhefen  und 
haben  durch  sie  ihrem  vordem  (mittels  Ab- 
fallbierhefe erzeugten)  minderwertigen  Spiritus 
ein  feineres  Aroma  und  höheren  Verkaufspreis 
gesichert. 

Über  die  Morphologie  der  Hefen  ist 
wesentliches  schon  bisher  mittelbar  angedeutet 
worden.  Die  Zellgestalt  (s.  Fig.  332)  ist  meist 
die  eines  Eies,  seltener  kugelig  oder  einer 
kurzen  Wurst  ähnlich.  Unter  den  Weinhefen 
kommt  die  Ellipsoidgestalt  oft,  jedoch  nicht 
immer,  vor;  damit  erklärt  sich  auch  der  in 
der  Winzereipraxis  gewöhnliche  Gebrauch  der 
Speziesbezeichnung  Saccliaromyces  ellipsoi- 
deus,  als  der  ältest 'bekannten  Weinhefe-Art, 
für  Weinhefe  überhaupt.  Die  Größe  der  Zellen 
ist  im  allgemeinen  bei  den  Oberhefen  ansehnlicher;  sie  erreicht  ihr  Höchst- 
maß (14  //  zu  10  //)  bei  den  Preßhefen  und  Brennereihefen,  hält  sich  bei 
den  Bierhefen  (und  Weinhefen)  meist  bei  8  —  10,«  zu  6 — 8/^  und  kann 
bei  manchen  Weinhefen  noch  stark  unter  diese  letzteren  Abmessungen 
hinuntergehen.  Alle  Hefenzellen  haben  eine  Zellhaut  und  einen  Zellkern, 
welch  letzterer  jedoch  fast  niemals  unmittelbar,  sondern  erst  nach  ge- 
eignetem Färben  zu  erkennen  ist. 

Die  chemische  Beschaffenheit  der  Zellhaut  der  Hefe  ist,  ab- 
gesehen von  den  vorgängigen  Bemühungen  J.  E.  Schi oßb erger s^)  und 
G.  Nägelis  und  0.  Loews^),  eingehender  zuerst  durch  E.  Salkowski^) 


Fig.  332.  Bild  eines  Gemisches  der 
Zellen  des  sogen.  Scicch.  itpiculatns 
mit  denen  des  Siicch.  ccrtvisiat  1 
Hansen,  einer  obergärigen  engli- 
schen Bierhefe;  jene  von  Zitronen- 
gestalt, diese  hingegen  meist  eirund 
und   viel   größer,    in   beiden  meist 

Vakuolen  (schraffiert)  zeigend. 
Vergr.  950.    (Nach  E.  Ch.  H  a  n  s  e  n.) 


\)  Liebigs  Annalen,  1844,  Bd.  51,  p.  193. 

2)  Journal   f.   prakt.   Chemie,    1878,   Bd.  125,  p.  403;    Liebigs   Annalen,    1878, 
Bd.  193,  p.  322.  3)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1889,  Bd.  13,  p.  .'iOß. 


Dreiundzwanzigstel   Aijsi'.linilt.     Hefe.  919 

geprüft  worden;  er  stellte,  in  Übereinstimmung  mit  einer  früheren  He- 
merkung  G.  J.  Mulders^),  fest,  daß  jenes  ersteren  Forschers  sogen. 
Hefenzellulose  nichts  gemein  hat  mit  echter  Zellulose,  und  unterschied 
später 2)  als  Baustoffe  der  Hefenzellhaut  zwei  Kohlenhydrate,  die  er,  nach 
deren  Verhalten  gegen  Jodlüsung,  Erythrozellulose  und  Achroozellulose 
nannte,  und  von  denen  die  letztere;  ungleich  der  anderen,  bei  Erhitzen 
unter  Druck  nicht  gelöst  wurde  und  bei  der  Hydrolyse  nicht  bloß  Glu- 
kose, sondern  auch  Mannose  lieferte.  Zu  wesentlich  den  gleichen  Er- 
gebnissen gelangten  dann  W.  Meigen  und  A.  Sprengt);  sie  benannten 
jene  zwei  Bestandteile  als  Hefendextran  bzw.  Hefenzellulose,  obwohl  auch 
sie,  wie  vordem  schon  C.  van,  Wisselingh^)  auf  mikrochemischem 
Wege,  festgestellt  hatten,  daß,  entgegen  der  Angabe  von  L.  Liebermann 
und  B.  von  Bittö^),  wahre  Zellulose  in  der  Hefe  nicht  voi-handen  ist. 
Aus  G.  Dreyers"']  neuen  Untersuchungen  scheint  als  ziemlich  gewiß 
hervorzugehen,  daß  Salkowskis  Erythrozellulose  nichts  anderes  als  Gly- 
kogen (s.  p.  921  war  und  daß  als  eigentliche  Bestandteile  der  Hefen- 
zellwand  zwei  Kohlenhydrate,  die  Achroozellulose  (ein  Mannodextran) 
und  das  Hefengummi,  in  Betracht  kommen.  Das  Hefengummi,  dessen 
Menge  nach  E.  Salkowskis^)  letzter  Untersuchung  an  Preßhefe  5,4  Proz, 
beträgt,  war  schon  durch  A.  Bechamp»)  in  einer  der  Selbstverdauung 
überlassenen  Hefenprobe  entdeckt  und  bald  darauf  durch  F.  Schützen- 
bergerO)  etwas  näher  geprüft  worden  und  ist  später  dann  eingehender 
durch  G.  Nägeli  u.  0.  Loewio),E.  SalkowskiH),  Wegneri2),  Fr.  Hessen- 
lfind'%  K.   Oshimai-i),  W.  Meigen  und  A.  Spreng^^)^  H.   von  Euler 

1!  Vcrsiicli  einer  allgein.  pliysiolog.  Chemie.  Deutsche  AusgaJje.  IS'.4— l.s.l, 
ß(l.    I,    p.  203. 

i]  Arcliiv  d.  Anatomie  u.  Pliysiologie,   Physiolog.  Alit.,   1890,  p.  5;i4. 

,r,  Zeitschrill  1.  physiolog.  Chemie,   1908,  Bd.  35,  p.  48. 

.;  Jahrbüclier  I.   wiss.  Botanik,   1898,  Bd.  Hl,  p.  Gl  9. 

5)  Zentralblatt   i'.  Physiologie,   1894.  Bd.  7,  p.  857. 

6)  Dissert.,  Leipzig  1912;  Zeit.sclirilt  ITir  das  gesamte  Bimiwcsen,  19i;(,  Bd.  ati, 
p.  201. 

7    Zeitschrilt  I.   physiulug.  Chemie,    1910,  Bd.  62,  p.   4(J(i. 

8)  Comptes  rendus  etc.,  Paris,   1872,  B.i.  74,  p.   184;   1874,  Bd.  78,  p.  645. 

9)  Bulletin  See.  chimique,  Paris.  1874,  Bd.  21,  p.  204;  Comptes  rendus,  1874, 
Bd.  78,   p.   493   u.   698. 

10'  Journal  i.  prakt.  Chemie,  1878.  B<1.  125.  p.  403;  Liebigs  Annalen,  1878, 
Itd.  l;):i,  p.  322. 

I  t  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1889,  Bd.  13,  p.  506;  Ber.  d.  D.  Chem.  Ges., 
1894,    Bd.   27,   p.   497,   925  u.  3325. 

12)  Zeitschrift  d.  Vereins  f.  d.  Rübenzuckerindustrie,  1890,  Bd.  40,  p.  789. 

i3)  Zeitschrift  d.  Vereins  f.  d.  Bübenzuckcrindustrie,  1892,  Bd.  42,  p.  671. 

14;  Zeitscinin    f.  physiolog.  Chemie,  1902,  Bd.  36,  p.  42. 

I3i   Zeitschrift   f.  physiolog.  Chemie,  1908.  Bd.  55,  p.  48. 


920  Dreiundzwanzigslcr  Abschnitt.     Hefe. 

und  A.  Fodori),  A.  Harden  und  W.  J.  Young^)  und  G.  Dreyer'^) 
untersucht  worden.  Bei  der  Hydrolyse  lieferte  es  annähernd  gleichviel 
(3:i  his  4:4)  Glukose  und  Mannose,  keine  Galaktose  und  keine  Pentose. 
In  der  Hefenzellhaut  ist  es  an  die  andere  Komponente  locker  gebunden, 
so  dali  es  von  dieser  schon  durch  Kochen  oder  bei  der  Selbstverdavmng 
zum  Teil  abgetrennt  wird  und  also  auch  in  den  Hefenextrakten  sich  vor- 
findet. Das  in  den  Zellhäuten  vieler  anderen  Pilze  so  häufige  Chitin  ist 
in  denen  der  Hefe  durch  C.  Tanret*)  und  C.  van  Wisselingh^)  ver- 
geblich gesucht  worden;  letzterer  bezeichnete  den  Hauptbestandteil  der 
Hefenzellwand  als  Fungose. 

Der  Zellkern  der  Hefen,  und  zwar  dessen  Ghromatin-Anteil,  ist  reich 
an  echtem  Nuklein,  also  auch  an  der  einem  solchen  eigentümlichen 
Nukleinsäure  und  deren  Nukleinbasen.  Das  Nuklein  der  Hefe  ist  zuerst 
durch  F.  Hoppe-Seyler*^)  bemerkt  und  durch  A.  KosseF)  aus  ihr  rein 
abgeschieden  worden;  A.  Stutzer^)  stellte  dann  an  einer  Bierhefe  fest? 
daß  von  deren  (auf  Trockenrückstand  bezogenen)  Gesamtstickstofigehalt 
von  8,65  Proz.  mehr  als  ein  Viertel  (2,26  Proz.)  auf  das  Nuklein,  0,87  Proz:. 
auf  Amide  und  5,52  Proz.  auf  Albumin  entfielen.  Die  Hefennuklein- 
säure,  als  das  auszeichnende  der  beiden  Teilstücke  des  Hefennukleins, 
ist  zuerst  durch  R.  Altmann'')  abgetrennt  und  dann  eingehend  durch 
viele  Forscher  untersucht  worden,  so  durch  A.  Kossei  lO)^  S.  Schindler^'), 
A.  Kossei  und  A.  Neumanni^),  F.  Miescher  und  0.  Schmiedebergi^), 
L.  Herlanti4),  a.  Kossei  und  H.  SteudeH^),  P.  A.  Levene^^),  Th.  B. 
Osborne   und   J.  F.  Harris i^),    R.  Buriani^)^    A.  Schittenhelm    und 

1)  Zeitschrill  r.  physiolog.  Clieuiie,    IGH,  Bd.  72,  p.  339. 

2)  Journal  Cliemical  Society,  1912,  Bd.  lOI,  p.  192S. 

3)  Dissert.,  Leipzig  1912;  Zeitschrilt  1.  d.  gi-s.  Brauwesen,   1913,  Bd.  36,  p,  2U1 

4)  Bulletin  Soc.  cliimique,  Paris,  3©  serie,  1897,  Bd.  17,  p.  921. 
li)  Jahrbücher  i'.  wiss.  Botanik,  1898,  Bd.  31,  p.  619. 

6)  Medizin.-chem.  Untersuchungen,  1871,  ilelt  4,  p.   486. 

7)  Zeitschrilt   I.  physiolog.  Chemie,   1879,   Bd.  3,  p.  284;   1880,  Bd.  4,  p.  290. 

8)  Zeitschrilt  1'.  physiolog.  Chemie,   1882,  Bd.  6,  p.  572. 

9)  Archiv  f.  Anatomie  u.  Physiologie,  Physiolog.  Abt.,  1889,  p.  524. 

10)  Archiv  1.  Anatomie  u.  Physiologie,  Physiolog.  Abt,  1891,  p.  181;  1893,  p.  157. 

11)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,   1889,   Bd.  13,  p.  432. 

12)  Ber.  d.  D.  Ghem.  Ges.,  1894,  Bd.  27,  p.  221.;. 

13)  Archiv  f.  experim.  Pathol.  u.   Pharmakol.,  1896,  Bd.  37,  p.  100. 

14)  Archiv  f.  experim.  Pathol.  u.  Pharmakol.,   1900,  Bd.  44,  p.  148. 
13)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1903,  Bd.  38,  p.  49. 

16)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1901,  Bd.  32,  p.  541;  1903,  Bd.  37,  p.  402, 
u.  Bd.  39,  p.  4;  Biocliem.  Zeitschrilt,  1909,  Bd.  17,  p.  120;  Ber.  d.  D.  Chem.  Ges. 
1909,  Bd.  42,  p,  2474  u.  2703;  1910,  Bd.  43,  p.  3150  u.  3164;  1911,  Bd.  44,  S.  1027; 
1912,  Bd.  45,  p.   608;  Journal  of  Biolog.  Chemistry,  1911,  Bd.  9,  p.  65,  375   u.   389. 

17)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1902,  Bd.  36,  p.  85. 

18)  Ber.  d.  D.  Chem.  Ges.,  1904,  Bd.  37,  p.  708. 


Dreiundzwanzigbtcr  Abschnitt.     Hefe.  921 

F.  Schrüteri),  H.  SteudeP),  W.  F.  Boos^),  W.  Jones*),  H.  Tscher- 
norutzki^),  S.  Amberg  und  W,  Jones*»)  und  Kath.  Kowalewski^). 
Diese  letztgenannte  Experimentatorin  befand  A.  Neumanns 8)  patentiertes 
Verfahren  zur  J^arstellung  der  Hefennukleinsäure  nicht  tauglich,  weil  es 
das  Hefengummi  nicht  beseitigt,  wohl  aber  Altmanns  Verfahren;  sie 
hält  C29H42N13O23P3  für  den  einfachsten  Ausdruck  für  die  Formel  der 
Hefennukleinsäure  und  für  besser  als  jene  (C3gH4<jNi.r,0-29P4),  welche  vor- 
dem (191  1)  durch  Levene  vorgeschlagen  worden  ist.  Von  den  Nuklein- 
basen  der  Hefennukleinsäure,  als  deren  auszeichnenden  Bestandteilen, 
sind  das  Hypoxanthin,  das  Xanthin  und  das  Guanin  zuerst  durch 
P.  Schützenberger^)  aus  Hefe  abgeschieden  worden,  das  Adenin  zu- 
erst durch  A.  KosseH"),  nachdem  er  zuvor  i')  schon  als  Sitz  der  erst- 
genannten zwei  Basen  die  Nukleinsäure  erkannt  hatte,  das  Uracil  zuerst 
durch  A.  Ascoli^^)  und  das  Cytosin  durch  A.  Kossei  und  H.  Steudel'-^). 
Nach  Levene  sollen  nur  die  vier  letztgenannten  Basen  primär  im  Hefen- 
nuklein  vorkommen  und  im  Verein  mit  je  vier  Phosphorsäure  und 
d-Ribose  (einer  Pentose)  das  Molekül  der  Nukleinsäure  aufbauen.  Kath. 
Kowalewski  14)  will  auch  das  Uracil  nur  als  sekundäres  Spaltpro- 
dukt ansehen.  Hingegen  scheint  das  in  tierischen  Nukleinen  so  häufige 
Thymin,  entgegen  früheren  Annahmen  von  A.  Kossei  und  A.  Neu- 
manni^),  A.  Ascoli'^)  und  H.  Steudel*^),  in  der  Hefe  tatsächlich  zu 
fehlen.  Der  andere  Paarung,  welcher  zusammen  mit  der  Nukleinsäure 
und  an  sie  gekuppelt   das  Nuklein  ausmacht,    ist   noch  wenig  erforscht; 


1)  Zeitschrift  f.  physiolog.   Chemie,    1903,    Bd.   3'J,    p.   2ö;i;    1904,    Bd.  'lO,  p.  62 
u.   70,  und  Bd.   4-1,  p.   3  u.  284. 

2)  Biochem.  Zentralblatt,    1907,  Bd.  6,  p.  iäö, 

3)  Archiv  f.  experim.  Pathol.  u.  Pharm.,  1906,  Bd.  öS,  p.  16;  Journal  of  Biolog. 
Chemistry,   1909,   Bd.  5,  p.  469. 

4)  Journal  of  Biolog.  Chemistry,  1912,  Bd.  12,  p.  31. 

5)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Ciiemie,  1912,  Bd.   80,  p.  298. 

6)  Journal  of  Biolog.   Chemistry,  1911,  Bd.  10,  p.  81;   1913,  Bd.  13,  p.  441. 

7)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1910,  Bd.  69,  p.  240. 

8)  Archiv    f.    Anatomie   u.    Physiologie,    Physiolog.    Abt.,    1898,    p.  374;    1899, 
Suppl.-Bd.,  p.  552. 

9)  Bulletin  Soc.  chimique,  Paris,  1874,  Bd.  21,  p.  204;   Coraptes  rendus,   1874, 
Bd.   78,  p.  493   u.  698. 

10)  Ber.  d.  D.  Chem.  Ges.,   1885,  Bd.  18,  p.  1928. 

11)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1879,   Bd.  3,  p.  284;  1880,  Bd.  4,  p.  290. 

12)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1900,  Bd.  31,  p.  161. 

13)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1903,  Bd.   38,  p.  49. 

14)  Zeitschrift  f.  physiolog.   Chemie,   1910,  Bd.  69,  p.  240. 

15)  Ber.  d.  D.  Chem.  Ges.,  1894,  Bd.  27,  p.  2215. 

16)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1900,  Bd.  31,  p.  161. 

17)  Biochem.  Zentralblatt,  1907,  Bd.  6,  p.  125. 


922  Dreiundzwanzigöler  Absrlmilt.     Hefe. 

er  ist  ein  Proteio,  welches  zufolge  A.  KosseP)  gegen  Proteasen  (Pepsin, 
Trypsin  noch  viel  widerstandsfähiger  ist  als  das  Nuklein  selbst.  Außer 
im  Zellkern,  als  dem  Hauptsitz,  kommt  das  Nuklein,  wie  F.  A.  Janssens 
und  A.  Leblanc2)  auf  mikrochemischem  Wege  festgestellt  haben,  in 
'iestalt  verstreuter  Körnchen  auch  im  Cytoplasma  vor. 

Über  die  insbesondere  in  diesem  letzteren  vorhandenen  anderen 
Proteine  ist  verhältnismäßig  wenig  bekannt,  obwohl  auf  sie,  wie  schon 
aus  A.  Stutzers*]  Analyse  (s.  p.  920)  hervorgeht,  die  Hauptmenge  des 
Stickstoffes  entfällt  und  die  Proteine  und  Nukleine  zusammen  nach 
C.  Nägeli  und  0.  Loew^)  ungefähr  die  Hälfte  des  Trockenrückstandes 
der  Zelle  ausmachen.  M.  Nencki  und  F.  Schaffer-^)  hatten  aus  Hefe 
ein  »Mykoprotein«;  abgeschieden.  Die  erste  eingehende  Untersuchung 
verdanken  wir  A.  Wn'iblewski'' .  Sie  ist  am  Hefenpreßsaft  an- 
gestellt worden,  also  an  dem  chemisch  unveränderten  Zellinhalt,  der 
nach  dem  Verfahren  von  Ed.  Büchner^)  derart  gewonnen  wird,  daß 
man  die  durch  Pressen  nach  Möglichkeit  entwässerte  Hefe  mit  Quarz- 
sand  und  Kieselgur  verreibt  und  dadurch  die  Zellen  aufreißt,  so  daß 
deren  Inhalt  dann  durch  starkes  Pressen  als  klare  Flüssigkeit  abgetrennt 
.werden  kann.  Aus  solchem  Preßsaft  sonderte  Wröblewski  durch  Aus- 
salzen nach  und  nach  mehrere  Proteine  (Albumin,  Globulin,  Mucin)  ab, 
weiterhin  Nuklein,  Pepton,  mehrere  Aminosäuren  (Leucin,  Tyrosin, 
Glutaminsäure),  Nukleinbäsen  u.  a.  m. 

P.  Thomas^)  hat  aus  Bierhefe  ein  dem  Kasein  und  Ovovitellin  ver- 
wandtes Paranukleoproteid  und  ein  Cerevisin  benanntes  echtes  Albumin 
abgeschieden.  G.  Dreyer^j  konnte,  wie  zuvor  schon  Th.  Sedlmayr^O) 
bemerkt  hatte,  aus  gepreßter  Bierhefe  durch  Verreiben  mit  Ammoniak, 
Soda  oder  Ammoniumkarbonat  koagulierbare  Proteine  (bis  zu  12  Proz. 
des  Trockenrückstandes)  herauslösen,  die  als  ein  Gemisch  (4  :  6)  eines 
Globulins  mit  einem  Albumin  sich  erwiesen. 

Nebst  den  bisher  genannten  chemischen  Inhaltsbestandteilen  der 
Zelle    sind    im    Preßsaft  auch    die    (den   Proteinen    chemisch    mehr  oder 

1}  ZeitschrJlt  L  physiolog.  Chemie,    1879,  Bd.   3,  p.  284;   1880,  Bd.  4,  p.  290. 
äi  La  Cellule,  1898,  Bd.   14.  p.  203. 

3)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1882.  Bd.  6,  p.  572. 

4)  Journal  f.  prakt.  Chemie,  I87S,  Bd.  125,  p.  403;  Liebig.s  Annalen,  1878, 
Hd.   193,  p.   322. 

5)  Journal  1.  prakt.  Chemie,   1879.  Bd.  128,  p.  443. 

(i)  Ber.  d.  D.  Chem.  Ges.,  1898,  Bd.  31.  p.  3218;  Journal  1.  prakt.  Chemie, 
1901.   Bd.  172,  p.   1. 

7)  Ber.  d.  D.  Chem.  Ges.,  1897,  Bd.   30,  p.   117  u.   1110. 

s  Comptes  rendus  usw.,  Paris,  1913,  Bd.  156,  p.  2024,  und  Bd.  157,  p.  243. 
9  Dissert.,  Leipzig  1912;  Zeitschrift  f.  d.  ges.  Brauwesen,  1913,  Bd.  36,  p.  201. 
10)  Zeilschrift  f.  d.  ges.  Brauwesen,  1903.  Bd.  26,  p.  381. 


hrejuiuizwanziyster  Absdinitt.      Ilcic.  iJ2o 

minder  nahe  verwandten)  Enzyme  der  Hefe  vorhanden,  von  denen  hier 
einige  erwähnt  werden  sollen.  Das  wichtigste  ist  der  Erreger  der  Alko- 
holgärung, das  von  seinem  Entdecker  Ed.  Büchner^)  als  Zymase  be- 
nannt worden  ist;  Alfr.  Koch^)  hatte  dafür  die  Bezeichnung  Alkoholase 
vorgeschlagen  und  eine  Zeitlang  gebraucht.  Diesem  Enzyme  (und  also 
der  Alkoholgärung)  sind  vier  Zuckerarten  unmittelbar  zugänglich,  näm- 
lich die  Glukose  (Dextrose),  die  Mannose.  die  Galaktose  und  die  Fruktose 
(Lävulose).  Alle  anderen  Zuckerarten  sind  der  Alkoholgärung  durch  Hefe 
nur  mittelbar  und  nur  dann  und  insoweit  fähig,  als  sie  in  eine  oder 
mehrere  jener  eben  genannten  vier  Hexosen  zuvor  umgewandelt  werden 
können.  Die  Vergärung  der  Saccharose  ist  nur  jenen  Hefen  möglich, 
welche  imstande  sind,  auch  Invertin  hervorzubringen,  also  jenes  Enzym, 
welches  dieses  Disaccharid  in  dessen  Komponenten  (Glukose  und  Fruk- 
tose) zu  spalten  vermag.  Die  Vergärung  der  Maltose  und  der  Laktose 
ist  an  die  Fähigkeit  zur  Hervorbringung  des  Enzymes  Maltase  bzw. 
Laktase  geknüpft.  Das  Trisaccharid  Raffinose  erfordert  deren  zwei: 
das  eine,  die  Raffinase,  spaltet  zunächst  in  Fruktose  und  das  Di- 
saccharid Melibiose,  welch  letzteres  dann  durch  ein  anderes  Enzym,  die 
Melibiase,  zu  Glukose  und  Galaktose  hydrolysiert  wird.  Die  Fette 
werden  durch  eine  Lipase  verarbeitet.  Der  Abbau  der  Proteine  wird 
vornehmlich  durch  ein  tryptisches  Enzym  bewirkt,  die  zuerst  durch 
L.  Geret  und  M.  Hahn  >  gekennzeichnete  Endotryptase.  Dieses 
Enzym  macht  sich  insbesondere  dann  auffällig  geltend,  wenn  die  Hefe, 
bei  Anwesenheit  der  für  die  Hydrolyse  erforderlichen  Mengen  von  Wasser, 
sich  selbst  überlassen  wird:  die  bis  dahin  dickbreiige  Hefenprobe  wird 
nach  und  nach  tlüssig,  die  Spaltprodukte  des  Abbaues  der  Proteine, 
also  liauptsächlich  die  Aminosäuren,  treten  in  steigendem  Maße  auf; 
man  bezeichnet  diesen  Vorgang,  der  zuerst  durch  A.  Bechamp*)  unter- 
sucht und  von  der  bis  dahin  mit  ihm  zusammengeworfenen  Selbst- 
gärung (s.  p.  '.)2ö)  scharf  unterschieden  worden  ist  nach  E.  Salkowskis*) 
Vorschlag  als  Selbstverdauung  (Autolyse,  Autodigestion).  Über  die 
hierbei  auftretenden  Produkte  der  Spaltung  der  Proteine  der  Hefe  haben 
in  letzter  Zeit  auch  Tb.  Bokorny»*)  und  F.  Kutscher^)  qualitative  und 


1)  Ber.  d.  Ü.  Gheni.  Ges.,  1897,  Bd.  30,  p.  H7  u.   HO). 

2;  Jahresbericht  ü.  d.  Fortscliritto  in  d.  Lelirc  v.  d.  Garungsorganismen,  -1900, 
Bd.  9,  p.  307;   1901,  Bd.  10,  p.  310. 

h;   Ber.  d.   D.  Chem.  Ges.,  1898,  Bd.  31,  p.  202  u.  2335. 

t,]  Comptes  rendus  usw.,  Paris,  1865,  Bd.  61,  p.  689. 

5,  Zeitsclirift  f.  physiolog.  Chemie,  1889,  Bd.  13,  p.  50 (i 

f.    Pliarmaz.  Zentralhalle,  1900,  Bd.  41,  p.  737. 

7)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Cliemie,  1901,  Bd.  3-2,  p.  59  u.  4i;t;  190i.  Bd.  34, 
p.  517;   1903,   Bd.    39,   p.    159   u.   313. 


924  Dreiundzwanzigster  Abschnitt.     Hefe. 

R.  Schroederi),  K.  Shiga^)  und  A.  J.  J.  Vandevelde-^)  quantitative 
Untersuchungen  angestellt.  Ein  Enzym  vom  Charakter  des  Labes  ist 
durch  R.  Rapp^)  in  verschiedenen  Bierhefen  und  Preßhefen  nach- 
gewiesen worden;  es  wird  in  den  unter  Zusatz  von  Milch  bereiteten  und 
durch  Hefe  aufzutreibenden  Teigen  für  Milchbrot  und  Kuchen  sich  be- 
tätigen können.  .  ' 

Die  Enzyme  sind  gegen  schädliche  Einflüsse  weniger  empfindlich  als 
das  Gesamtplasma;  man  vermag  durch  behutsam  durchgeführtes  Ent- 
ziehen des  Wassers  die  Zelltätigkeit  der  Hefen  und  deren  Vermehrungs- 
vermögen vollständig  und  dauernd  verschwinden  zu  machen,  ohne  daß 
dadurch  auch  die  Wirkungsfähigkeit  der  Enzyme  wesentlich  beeinträchtigt 
würde.  Man  nennt  derart  erhaltene  Präparate,  in  denen  die  Zellen  als 
Ganzes  also  abgetütet  (steril  sind,  allgemein  Dauerhefe.  Man  ^bereitet 
solche  entweder  durch  Trocknen  bei  niederer  Temperatur  und  darauf 
folgendes  Erhitzen  oder  durch  Behandeln  mit  wasserentziehenden  Stoffen. 
Von  letzteren  ist  durch  R.  Albert^)  zuerst  ein  Gemisch  von  Alkohol 
und  Äther  versucht  worden.  Später  haben  R.  Albert,  Ed.  Buchner 
und  R.  Rapp*^)  gemeinsam  das  Aceton  für  tauglicher  erkannt;  die  da- 
mit nach  patentiertem  Verfahren  hergestellte,  pulverige  Aceton-Dauer- 
hefe  ist,  unter  dem  Namen  Zymin,  ein  Gegenstand  des  Handels.  Sie 
findet  als  Heilmittel  (s.  p.  936)  Verwendung  und  kann  vermöge  ihres 
Gehaltes  an  wirkungskräftiger  Zymase  auch,  wie  Iv.  Komers  und 
E.  von  Haunalter'^j  gezeigt  haben,  als  Gärerreger  für  die  Brotberei- 
tung in  jenen  Fällen  dienen,  in  denen  frische  Hefe  nicht  zu  beschaffen 
ist,  also  auf  Schiffen,  auf  Expeditionen  oder  in  Feldzügen. 

Von  den  zwei  wichtigsten  Speicherstoffen  (Reservestoifenj  der  Hefen- 
zellen ist  der  eine,  das  Glykogen,  zuerst  durch  1^.  Errera^)  bemerkt 
und  dann  durch  M.  Cremer''),  E.  Laurenfi";,  E.  Salkowski  t'j, 
M.  Glautriaui-)  und  A.  Ilarden  und  W.  J.  Youngi^)  eingehend  unter- 

1)  Beiträge  zur  ehem.   Pliysiologie  u.  Pathologie,   1902,   Bd.   -2.  p.   389. 

2)  Zeitsclirift  1.  physiolog.  Chemie,    1904,  Bd.  42,  p.  502. 

3;  Bulletin  Soc.  chimique  de  Belgique,   1912,  Bd.  26,  p.  107. 

4)  Zentralblatt  f.  Bakteriologie,  2.  Abt.,  1902,  Bd.  9,  p.  625. 

5)  Ber.  d.  D.   Chem.  Ges.,  1900,  Bd.  33,  p.  3775. 

6)  Ber.   d.  D.  Chem.  Ges.,   1902,  Bd.  35,  p.  2376;  D.  R.  P.  135  535  v.  1901. 

7)  Zeitschrift  i.  d.  landw.  Vorsuchswesen  in  Österreich,  1902,  Bd.  5,  p.  1225. 

8)  These  d'agregation,  Brüssel  1882;  Comptes  rendus  usw.,  1883,  Bd.  101,  p.  233. 

9)  Münchener  medizin.  Wochenschrift,  1894,  Bd.  41,  p.  325. 

10)  Annales  Institut  Pasteur,   1888,   Bd.  3,  p.  113;  Annales   Soc.  beige  de  Micro- 
scopie,  1890,  Bd.  14,  p.  29. 

11)  Archiv  d.  Anatomie  u.  Physiologie,  Physiolog.  Abt.,   1890,  p.  334. 

12)  Memoires  etc.  Acad.  Roy.  des  Sciences  etc.  de  Belgique,  Coli,  in  8'',  1895 — 96, 
Bd.  53,  p.  1. 

13    Journal  Chemical  Society,   1902,  Bd.^Sl,  p.  1224;    1912,  B  1.  101,  p.  1928. 


Ureiundzwanzigster  Absclinill.     Ilule.  925 

sucht  worden.  Clautriau  hatte  dessen  Menge,  auf  Trockenrücksland 
bezogen,  zu  31  Proz..  Laurent  einmal  sogar  zu  32,6  Proz.  ermittelt. 
Dieses  Kohlenhydrat  liefert,  nach  vorausgegangener  Umwandlung  in 
Zucker  (durch  das  Enzym  GlykogCnase).  das  Material  für  die  soge- 
nannte Selbstgärung  der  Hefe,  d.  h.  die  Entstehung  von  Alkohol  und 
Kohlensäure  bei  Abwesenheit  vergärbaren  Zuckers  im  Nährboden;  sie 
tritt  in  der  sich  selbst  überlassenen  liefe,  also  z.  B.  auch  in  der  Preß- 
hefe, ein,  sofern  dafür  die  übrigen  Bedingungen  gegeben  sind.  Bei  reich- 
lichem Zutritt  von  Luft  wird  dieses  Kohlenhydrat  jedoch  bald  zu 
Kohlensäure  oxydiert;  man  macht  von  diesem  Verhalten  dann  Gebrauch, 
wenn  es  sich  um  die  Gewinnung  glykogen freier  Hefe,  z.  B.  für  medi- 
zinische Zwecke  (s.  p.  935),  handelt. 

Das  Fett,  als  der  andere  wichtige  Speicherstoff,  war  in  der  Hefe 
schon  durch  H.  Braconnot^)  bemerkt  worden.  A.  Payen^)  versuchte 
zum  ersten  Male  dessen  Menge  zu  bestimmen.  C.  Nägeli  und  0.  Loew^) 
ermittelten  sie  dann  zu  2 — 3  Proz.,  auf  Trockenrückstand  bezogen. 
Tb.  Sedlmayr')  schätzte  sie  auf  1,5 — 2  Prozent.  Die  chemische  Be- 
schaffenheit prüften  zuerst P.  Darexy'*)  und  E.  Gerard  und  P.  Darexy^) 
genauer;  ihnen  zufolge  enthält  das  Hefenfett  ungefähr  gleichviel  Pal- 
mitinsi'iure  und  Stearinsäure  neben  etwas  Buttersäure.  0.  Hinsberg 
und  E.  Roos')  hingegen  fanden  als  feste  Fettsäure  wesentlich  nur  Pal- 
mitinsäure vor,  neben  dieser  aber  auch  ungesättigte  Säuren  aus  der  01- 
säure-Reihe.  Das  Fett  kommt  im  Plasma  in  zweierlei  Gestalt  und  Ver- 
teilung vor:  einerseits  als  reine  Einschlüsse  für  sich,  als  sogenannte 
Fett-  oder  « »Itrüpfchen,  und  anderseits  in  den  Granula  (Mikrosomata),  die 
nach  H.  V^ills*)  Untersuchungen  aus  einem  die  Eiweiß-Reaktionen  zeigen- 
den maschigen  Grundgerüste  und  dem  in  dieses  eingebetteten  Fett  auf- 
gebaut sind.  Neben  Fett  ist  in  der  Hefe  auch  ein  (oder  sogar  mehrere) 
Vertreter  aus  der  Gruppe  der  Lezithin e  vorhanden,  deren  große  Lite- 
ratur man. bei  E.  Merck 'j)    gesammelt  findet.     In    der  Hefe   ist   solches 


1)  Journal  de  physique  et  de  chimie,  1811,  Bd.  73,  p.  130. 

2)  Memoires  de  lAcademie  des  Sciences  de  France,  1846,   Bd.  9,  p.  ät. 

3)  .Journal  1.  prakt.  Chemie,    1878,   Bd.  125,    p.  /.03;    Liebigs  Annalen,    1878, 
B.l.  193,  p.  322. 

4)  Zeitschrilt  f.  d.  ges.  Brauwesen,  1903,  Bd.  26,  p.  381. 

5)  Recherches  sur  la  matiere  grasse  de  la  levure  de  biere.     Toulouse  1896. 

6)  Bulletin  Soc.  mycologique  de  France,  1897,  Bd.  13,  p.  183;  Journal  de  phar- 
niacie  et  de  chimie,   1897,  6«  serie,  Bd.  5,  p.  275. 

7)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1903,  Bd.  38,  p.  1;  1904,  Bd.  42,  p.  189. 

8)  In:  Lafar,  Handbuch  der  Techn.  Mykologie,  Bd.  IV,  Kap.  2. 

9)  Jahresbericht  über  Neuerungen  aui  den  Gebieten  der  Pliarmakotherapio  und 
Pharmazie  Cur  1912,  j).  1. 


926  Dreiundzwaiizigster  Ab.>^<hnitt.     Hete. 

zuerst  durch  F.  Hoppe-S  eyleri)  nachgewiesen  worden.  Th.  Sedi- 
mayr^i  hat  es  in  der  Menge  von  etwa  2  Proz.,  auf  Trockenrüekstand 
bezogen,  vorgefunden  und  als  Dipalmitin-Chohn-Lezithin  bestimmt  und 
hat  der  Auffassung  Hoppe-Seylers'  beigepflichtet,  daß  dieses  Phospha- 
tid in  der  Hefe  nicht  frei,  sondern  in  Verbindung  mit  einem  Proteine, 
als  Lezithalbumin  im  Sinne  L.  Liebermanns  ^),  vorkommt.  Das  durch 
0.  Hinsberg  und  E.  Roos^i  dargestellte  Hefenlezithin  wies  neben 
Palmitinsäure  noch  beträchtliche  Mengen  ungesättigter  öliger  Säuren  auf. 
Nebst  Fett  und  Lezithin  enthält  die  Hefe  auch  einen  Vertreter  aus  der 
Gruppe  der  Cholesterin  e^  welcher  gleichfalls  zuerst  durch  F.  Hoppe- 
Seyler^)  bemerkt  und  später  durch  E.  Gerard ^^)  und  durch  0.  Hinsberg 
und  E.  Roos^)  genauer  untersucht  worden  ist. 

Die  Ermittlung  des  Aschengehaltes  der  Hefe  ist  eine  heikle  Auf- 
gabe, schon  aus  dem  einen  Grunde,  weil  die  zugänglichen  Proben  nicht 
immer  aus  Hefenzellen  allein  bestehen,  sondern  von  ihrer  Gewinnung 
her  allerlei  aschenhaltige  Beimengungen  einschließen.  Dieses  Bedenken 
trifft  insbesondere  für  die  Satzhefe  der  Brauereien  (s.  p.  927  u.  928)  zu. 
Das  Ergebnis  der  Analyse  ist  zudem  nicht  von  weittragender  Gültigk»„-it . 
denn  der  Aschengehalt  der  geernteten  Hefenzellen  ist  von  demjenigen 
des  Nährbodens  abhängig,  wie  insbesondere  H.  Seyffert^)  gezeigt  hat. 
Verhältnismäßig  am  wenigsten  verunreinigt  ist  stärkefreie  Brennerei- 
Preßhefe.  G.  H einzelmann 9)  hat  die  beiden  Reinzuchtstämme  der 
Berliner  Versuchsstation,  Rasse  II  und  Ba:s<<e  XII,  mit  nachfolgendem 
Ergebnis  untersucht:  Wassergehalt  76,7  und  73,3  Proz.,  Trockenrück- 
stand 23,3  und  2(1.3  Proz.,  in  hundert  Teilen  dieses  letzteren  an  Asche 
9,90  und  8,13  Proz.,  in  hundert  Teilen  der  Asche  an  Phosphorsäure  54.4 
und  52,7  Proz.,  an  Magnesia  4,86  und  4,79  Proz.,  an  Kalk  0,95  und 
(1,60  Prozent.  Im  allgemeinen  gilt  die  Regel,  daß  in  der  Hefenasche  rund 
die  Hälfte  auf  Phosphorsäure,  ein  Viertel  bis  ein  Drittel  auf  Kali  und 
der  Rest  auf  Magnesia,  Kalk,  Natron  usw.  entfallt. 

Im  Sprachgebrauch  des  deutschen  Brauers  heißt  die  Hefe  der  Zeug. 


1)  Zeitschrift   1'.   physiolog.   Chemie,    1879,    Bd.  -2,  p.  427;    IS.sO,    Bd.  3,    p.   ■^'  * 
Medizin.-chem.  Untersuchungen,  1871,  Heft  4,  p.  486. 

2)  Zeitschrift  f.  d.  ges.  Brauwesen,  1903,  Bd.  26,  p.  381. 

3)  Pflügers  Archiv.   1891.  Bd.  50,  p.  25;  1893,  Bd.  54,  p.  573. 

4)  Zeitschrift  1.  pliysiolog.  Chemie,   1903,  Bd.  38,  p.  1;  190  4,  Bd.  42,  p.  189 

5)  Zeitschrift    f.  physiolog.  Chemie,    1879,    Bd.  2,   p.  427;    1880.    Bd.  3,    p.  374; 
-Mediziq.-chem.  Untersuchungen,  1871,  Heft  4,  p.  486. 

6)  Gomptes  rendus  etc.,    Paris,    1892,    Bd.  114,  p.  15i4:    1895,  Bd.  121,  p.  723; 
1898,  Bd.  126,  p.  909. 

7)  Zeitschrift  f.  physiolog.   Chemie,   1903,  Bd.  38,  p.  1;    1904,  Bd.  42,  p.  189. 

8)  Zeitschrift  f.  d.  ges.   Brauwesen,  1896,  Bd.  19,  p.  318. 

9!  Jahrbuch  d.  Vereins  i\.  Spiritusfabrikanten  in  Deutschland,   1907,  p.  35. 


DreiunilzwanzigsfiT  ALschiiitt.     Ilelt 


\)2'i 


In  der  untergärigen  Brauerei  gibt 
vergärenden  Bierwürze  gewöhnlich  ungefähr  ein  halbes  Liter  dickbrei- 
iger Hefe.  Diese  Anstellhefe  oder  Stellhefe  wächst  in  der  ihrer  Ver- 
mehrung zu  Anfang  sehr  zuträglichen  und  nach  und  nach  in  Jungbier 
umgewandelten  Flüssigkeit  zu  einer  Hefenernte  heran,  welche  ungefähr 
das  Vierfache  (zwei  Liter,  dickbreiigj  der  Aussaat  erreicht  und  sich  ani 
Grunde  des  Jungbieres  als  Satzhefe  oder  Depot  ansammelt,  hi  diesem 
kann  man  dreierlei  Schichten  unterscheiden:  zu  unterst  die  Bodenhefe 
oder  Unterzeug,  darüber  die  Kernhefe  und  zu  oberst  den  Ober- 
zeug. Nur  die  mittlere,  ungefähr  zwei  Drittel  des  Ganzen  ausmachende 
Schicht  ist  für  die  Zwecke  der  Brauerei,  d.  h.  zum  Anstellen  eines  fol- 
genden Gebräues,  tauglich,  wird  also  sorgfältig  abgetrennt  und  durch 
wiederholtes  Schlämmen  mit  kaltem  Wasser  von  unnötigen  oder  uner- 
wünschten Beimengungen  befreit,  wodurch  ihre  Menge  zwar  auf  ungefähr- 
ein  Liter  Samenhefe  (pro  Hektoliter  Jungbier)  sich  verringert,  aber 
noch  doppelt  so  viel  ist,  als  man  zum  Anstellen  eines  folgenden  Ge- 
bräues gleicher  Größe  bedarf.  Jede  Brauerei  mit  gleichmäßigem  Betrieb 
erzielt  also  Tag  für  Tag  einen  Überschuß  an  Kernhefe,  dem  sich  noch 
die  Bodenhefe  und  der  Oberzeug  zugesellen.  Man  bezeichnet  diesen  ge- 
samten Überschuß  als  Abfallhefe;  über  deren  Verwertung  wird  weiterhin 
noch  zu  reden  sein. 

Die  Zusammensetzung  der  Satzhefe  der  untergärigen  Braue- 
reien ist  durch  H.  Willi)  eingehend  untersucht  worden.  Neben  den 
noch  zu  besprechenden  Zellen  sind  an  geformten  Bestandteilen  vorhanden: 
I .  Mikroskopisch  kleine  Kristalle  (meist  Quadratoktaeder )  von  Ivalksalzen 
(hauptsächlich  Oxalat),  die  zum  Teil  aus  der  Würze  selbst  ausgefallen, 
zum  geringeren  Teil  durch  den  Stoffwechsel  der  Hefe  erst  gebildet  worden 
sind.  2.  Ausgeschiedenes  Hopfenharz  in  kleinen  Kügelchen,  die  oft  zu 
Haufen  vereint  sind  und  durch  Alkanna-Tinktur  gerötet  werden,  i.  Die 
sogenannten  Glutinkörperchen,  das  sind  kugelige  Bläschen  (2 — 3  n  groß) 
eiweißartiger  Natur,  aus  dem  Malze  herstammend  und  entweder  einzeln 
oder  zu  traubigen  Haufen  verklebt,  in  10-prozentiger  Kalilauge  löslich, 
i.  Eiweißflöckchen.  ö.  Dunkelbraune,  manchmal  mehrere  Millimeter 
dicke  Bröckelchen  oder  Klümpchen,  das  sind  die  zusammengefallenen, 
aus  dem  kolloiden  Eiweiß  der  Würze  gebildeten  und  durch  Hopfengerb- 
stoff gebräunten  Hüllen  um  die  Bläschen  der  Gärungskohlensäure. 
6.  Flöckchen  von  Schleimstoffen.  7.  Bruchstücke  des  Zellgewebes  des 
Malzes  und  des  Hopfens,  Lupulinkörner,  Hopfenblattläuse  und  einige 
andere,  j —  Die    oben  zunächst   bloß  erwähnten,  aber  den   wesentlichen 


4)  Zeitschrilt  f.  d.  ges.  Brauwesen,   1894,  Bd.   4  7,  p.  1S7   u.  3i;i;   1897.  Ud.  :20. 
p.  77;    1900,  Bd.  -i;^,  p.  32;;;   1913,   Bd.  3G,  p.  253. 


928  Dreiiinilz wanzigster    Absilinitt.     Hefe. 

Bestandteil  der  Satzhefe  ausmachenden  Zellen  verteilen  sich  wie  folgt: 
i.  Zellen  der  Bierhefenart,  die  seinerzeit  ausgesät  worden  war;  die  ab- 
gestorbenen unter  ihnen  werden  durch  zugesetzte  wässerige  FarbstofY- 
lOsungen  gefärbt,  von  denen  durch  H.  WilP)  das  Methylenblau  (1  :  1  0  000), 
durch  E.  Schlichting  und  H.  Winther'^l  hingegen  auf  Grund  kri- 
tischer Prüfung  das  Indigokarmin  (1  :  30)  empfohlen  wird.  2.  Zellen  von 
anderen  Hefenarten  und  Sproßpilzen,  die  sich  von  außen  her  in  die 
Würze  eingeschlichen  haben,  insbesondere  Krankheitshefen  (s.  p.  915). 
Diese  werden,  zwecks  ihrer  Nachweisung  durch  das  Plattenverfahren 
(Aussaat  in  i  0-prozentiger  Würzegelatine)  und  die  Sporenanalyse  (s. 
p.  915),  zuvor  noch  dadurch  angereichert  und  also  leichter  auffindbar 
gemacht,  daß  man  nach  E.  Chr.  Hansens  Vorschlag  ein  wenig  von  der 
Hefenprobe  in  einer  mit  i  Proz.  Weinsäure  versetzten  1 0-prozentigen 
Saccharoselösung  zur  Entwicklung  bringt,  die  bei  den  gegen  jene  Säure 
weniger  empfmdHchen  wilden  Hefen  (Krankheitshefen)  in  weit  stärkerem 
Maße  vorschreitet,  so  daß  deren  (anfänglich  verschwindend  kleiner) 
Prozentsatz  in  einer  durch  solche  »Weinsäure-Methode«  erzielten  Ernte 
dann  viel  höher  ist.  3.  Kommen  von  einzelligen  Lebewesen  der  Satz- 
hefe noch  Spaltpilze  in  Betracht  und  unter  diesen  vor  allen  gewisse 
Arten  von  Pediokokken,  deren  Zellverbände  als  Tetraden  auftreten  und 
früher  von  den  mikroskopierenden  Gärungstechnikern  für  Sarcina  ge- 
halten worden  waren.  Diese  Erreger  der  sogenannten  Sarcina-Krankheit 
des  Bieres,  die  durch  Trübwerden  und  Auftreten  widerlichen  Geschmackes 
und  Geruches  sich  äußerlich  kundgibt,  werden  in  der  Betriebshefe  heute 
meist  durch  das  Verfahren  von  Bettges  und  Heller^)  nachgewiesen, 
welches  gleichfalls  eine  Anreicherung  bezweckt  und  dazu  ein  vollständig 
ausgegorenes,  jedoch  ungehopftes  und  absichtlich  kleistertrüb  gemachtes 
neutralisiertes  und  sterilisiertes  Bier  als  begünstigenden  Nährboden  bietet. 

Anders  hingegen  ist  die  Stellhefe  für  Weißbier,  eine  besondere 
Art  obergärigen  Bieres,  zusammengesetzt.  Hier  sind  gewisse  Milchsäure- 
bakterien ein  unerläßlicher  Bestandteil,  der  für  die  Bildung  der  Milch- 
säure zu  sorgen  hat,  welche  gleichlaufend  mit  der  durch  die  (obergärigen) 
Hefenzellen  bewirkten  Alkoholgärung  auftritt  und  dem  Getränke  sowohl 
den  eigenartigen  Geschmack  als  auch  Haltbarkeit  verschafft. 

Die  Mengen  an  Abfallhefe,  die,  wie  oben  (p.  927)  schon  bemerkt 
worden  ist,  im  regelmäßigen  Betriebe  der  Brauereien  sich  Tag  für  Tag 
ergeben,    sind    sehr    groß.     J.  Peeters*)    schätzte    sie   im   Jahre    1898 


4)  Anleitung   zur   biolog.  Untersuchung   u.  Begutachtung   von  Bierwürze,    Hier- 
hefe usw.     München  1909.  ^ 
2]   Wochenschrift  f.  Brauerei,  1910,  Bd.  27,  p.  227. 

3;  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1906,  Bd.  23,  p.  69;   1907,  Bd.  24,  p.  149. 
4)  Woclienschrift  f.  Brauerei,  1898,  Bd.  13,  p.  147. 


Dreiiiridzwanzigsler  Abschnitt.     Hefe.  929 

schon  auf  jährlich  172  Millionen  Kilogramm.  Die  Braui^reien  Deutschlands 
ergeben  zufolge  Fr.  Hayducki)  jährlich  ungefähr  70  Millionen  Kilo- 
gramm, diejenigen  Österreichs  zufolge  G.  Graf 2)  nach  einer  wohl  zu 
niedrigen  Berechnung  1 0  Millionen  Kilogramm  (mit  etwa  <  0  Proz. 
Trockensubstanz).  Diese  Abfallhefe  machte  den  Brauereien  durch  lange 
Zeit  viel  Sorge;  in  die  Flußgerinne  gelassen,  verunreinigte  sie  diese  in 
hohem  Maße  und  verursachte  unaufhörliche  Beanstandungen  durch 
die  Wasserpolizei.  So  war  man  denn,  zunächst  notgedrungen,  auf 
deren  Unschädlichmachung  bedacht  und  ist  nach  und  nach  zu 
allerlei  Möglichkeiten  der  Verwertung  gelangt,  so  zwar,  daß  die  Abfall- 
hefe ein  Rohstoff  für  neue  Gewerbszweige  geworden  ist.  Die  Ver- 
wendung in  der  Bäckerei  war  die  erste  Art  der  Verwertung  der  Ab- 
fallhefe der  (untergärigen  und  obergärigen)  Brauereien,  jedoch  nur  jenes 
(reinen)  Anteiles,  der  als  überschüssige  Kernhefe  (s.  p.  927)  verfügbar 
wurde.  Dieses  Absatzgebiet  ist  aber  in  demselben  Maße  immer  enger 
gew^orden ,  als  durch  Ausdehnung  und  Verbesserung  der  Preßhefen- 
fabrikation allerorts  zu  niedrigem  Preise  gute  Preßhefe  (s.  p.  940)  erreich- 
bar wurde,  welche  der  untergärigen  Bierhefe  darin  überlegen  ist,  daß 
sie  dem  Teig  außer  der  Angärung  auch  noch  den  sogenannten  Ofentrieb 
verleiht.  Infolge  des  Mangels  dieses  letzteren  fällt  ein  mit  Bierhefe  er- 
zeugtes Brot  kleiner  und  zu  wenig  locker  aus  (s.  p.  9'4'l).  Die  (ober- 
gärige)  Abfallhefe  der  englischen  Brauereien  scheint  jedoch  in  größerem 
Maße  für  Backzwecke  zubereitet  zu  werden;  zu  deren  Entbräunung  und 
Entbitterung  (s.  p.  930)  empfehlen  F.  Wrede  und  H,  Offersen'^)  das 
Durchspülen  ihrer  Aufschlämmung  mittels  eines  mit  Ammoniak  gesät- 
tigten Luftstromes.  E.  Brunt*)  hingegen  das  Waschen  mit  einer  Lösung 
von  10 — 20  Proz.  Borax  in  Wasser.  Auch  aus  der  Melassenbrennerei, 
in  der  sie  früher  der  einzige  Gärerreger  gewesen  war,  ist  die  Bierhefe 
verdrängt  worden,  seitdem  jener  Gewerbszweig  reingezüchtete  Rassen 
von  Weinhefen  (s.  p.  917)  in  Tätigkeit  setzt.  Doch  hat  die  Brauerei- 
Abfallhefe  hier  immerhin  noch  eine  Verwendungsart  sich  gewahrt, 
und  zwar  als  Nährstoff  für  die  für  jeden  zu  vergärenden  Bottich  frisch 
zu  bereitende  Anstellhefe.  Dem  für  die  Heranzüchtung  dieser  letzteren 
(Kunsthefe  oder  Hefen-Ansatz  genannt)  bereiteten  Nährboden  (Hefen- 
gut   setzt  Emil  Bau  er  5)  einen  durch   F.  von  Bandrowski^)  gelobten 

I)  Jahrbuch  d.  Versuchs-  u.  Lehranstalt  1'.  Brauerei  in  Berhn,  191  0,  Bd.  1 ;},  p.  388. 

:>)  Allgem.   Zeitschrift   f.  Bierbrauerei   u.  Malzfabriiiation ,    1910,  Bd.  38.  p.  37'» 
u.    523. 

3)  Engl.  Patent  20  365  von  1903. 

4)  Engl.  Patent  22  116  von  1903. 

5)  D.  R.  P.  130  072  v.  1900;  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1903,  Bd.  26,  p.  25. 

6)  Zeitschrift  f.  d.  landw.  Versuchswesen  in  Österreich,  1904,  Bd.  7,  p.  495. 

Wiesner,  Eohstoffe.    III.  Band.     3.  Autl.  59 


V)30  Dreiumlzwanzigster  Ab.schnitt.     Hel'e. 

teigigen  Ilefenextrakt  zu,  den  er  durch  Selbstverdauung  (s.  p.  923)  hopfen- 
harzhaltiger  Abfallhefe  gewinnt.  Gleichem  Zwecke  dient,  und  zwar  auch 
für  das  Hefengut  der  Rohfrucht-Brennereien,  das  durch  K.  Kruisi; 
erprobte,  pulvrig-trockene  Präparat  von  W.  Kues^),  welches  durch  die 
proteolysierende  Einwirkung  zugeniischter  saurer  Phosphate  (Doppelsuper- 
phosphat) auf  entwässerte  Abfallhefe  zustande  kommt. 

Die  fabrikmäßige  Bereitung  von  Nährpräparaten  ist  eine  viel  ver- 
suchte Art  der  Verwertung  der  Abfallhefe.  Die  in  den  Brauereien  sich 
ergebenden  Überschüsse  an  Kernhefe  (s.  p.  927),  die  also  von  tadelloser 
Beschaffenheit  ist,  werden  für  diesen  Zweck  herangezogen,  während 
hingegen  die  Bodenhefe  und  der  Unterzeug  wegen  ihrer  geringeren  Rein- 
heit besser  nur  zur  Bereitung  von  Viehfutter  (s.  p,  937)  dienen.  Aber 
auch  die  Kernhefe  muß,  bevor  sie  auf  Nährpräparate  verarbeitet  werden 
soll,  einer  Reinigung  unterworfen  werden,  damit  die  ihr  (s.  p.  927)  bei- 
gemengten bitter  schmeckenden  Hopfenharzkügelchen,  Eiweißflocken  usw. 
abgesondert  werden.  Letztere  beseitigt  man  durch  wiederholtes  nasses 
Sieben.  Das  Entbittern  hingegen  (s.  p.  929)  wird  durch  Waschen  mit 
verdünnten  Lösungen  von  Alkalien  (am  besten  Soda,  oder  aber  kohlen- 
saures Ammoniak  u.  dgl.  m.)  erreicht.  J.  Peeters^)  empfiehlt  Ojl-proz. 
Essigsäure.  Die  Versuchs-  und  Lehranstalt  für  Brauerei  in  Berlin  be- 
handelt nach  ihrem  D.  R.  P.  245  038  v.  '1910  bzw.  248561  v.  1912 
entweder  mit  oxydierenden  Mitteln  (Ozon  u.  a.)  oder  nacheinander  mit 
Säure,  mit  Alkali  und  wieder  mit  Säure.  Die  mit  solchem  entbittern  den 
Waschen  unvermeidlich  verbundenen  Verluste  an  Hefe  belaufen  sich  nach 
Fr.  Hayducks^)  Erfahrungen  auf  10  Proz.  bei  Verarbeitung  frischer 
und  bis  50  Proz.  bei  alter  Hefe.  Die  entbitterte  Hefe  ist  dann  erst  der 
eigentliche  Rohstoff  für  die  Bereitung  der  Nährpräparate.  Diese  kann 
nach  zweierlei  Richtungen  hin  vorgenommen  werden:  entweder  gelangen 
die  Zellen  als  solche,  allerdings  manchmal  stark  verändert,  in  das  Präparat, 
oder  man  zieht  aus  ihnen  bloß  die  löslichen  oder  durch  Abbauen  lüs- 
lich  gemachten  Zellbestandteile  heraus,  die  dann,  allenfalls  noch  einge- 
dickt oder  in  anderer  Weise  zubereitet,  als  Hefenextrakte  in  den  Handel 
kommen. 

Jene  ersteren  Verfahren  sind  roher  und  billiger.  Zu  ihnen  gehören 
dasjenige  H.  Wegeners^),  der  durch  schwaches  Rösten  der  Hefe  und 
darauffolgendes  Imprägnieren   mit  den  beim  Kaffeerösten  entweichenden 


1)  In:  Lalar,  Handbuch  der  Techn.  Mykologie,  Bd.  5,  p.  306. 

2)  D.R.P.  -158655  v.  1904;  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1904,  Bd.  27,  p.  174. 

3)  D.R.P.  -121  579  von  1897;  Chem.  Zentralbl.,  190-1,  Bd.  II,  p.  155. 

4)  .Jahrbuch  d.  Versuchs-   und   Lehranstalt  C  Brauerei  in  Berlin,    1910,  Bd.  13, 
388. 

ö)  D.R.P.   108  707   von  1S98;  Chem.  Zentralbl.,   1900,  Bd.  I,  p.  1149.       - 


Dreiundzwanzigslcr  Absclinilt.     Hole.  tjHl 

aromatischen  Dämpfen  ein  Kaffee-Surrogat  bereitet,  und  die  der  Yei- 
suchs-  und  Lehranstalt  für  Brauerei  in  Berlin  durch  die  D.  R.  P.  244285 
V.  1910,  2()4  996  v.  1912  und  266  001  v.  1913  geschützten  Verfahren  zur 
Gewinnung  einer  Hefe  mit  Röstaroma,  dasjenige  K.  Kleinschmidts i), 
der  die  Hefe  mit  Fett  und  Kochsalz  bei  150°  zu  einem  aromatischen 
Teige  zusammenschmilzt,  der  anstatt  Butler  aufs  Brot  gestrichen  werden 
kann,  dasjenige  J.  M.  W.  Müllers^),  der  ein  Gemisch  von  verflüssigter 
Hefe  und  verkleisterter  Stärke  trocknet  und  zu  einem  Speise mehl 
zur  Bereitung  von  Suppen  usw.  vermahlt,  dasjenige  J.  E.  Siebeis 3),  der 
die  gepreßte  Hefe  durch  Verreiben  mit  ein  Viertel  ihres  Gewichtes  Trauben- 
zucker und  etwas  Stärke  zu  einem  als  Hefenzucker  bezeichneten,  der 
kondensierten  Milch  ähnlichen  Sirup  verflüssigt,  welcher  durch  Trocknen 
und  Rüsten  dann  Aroma  annimmt  und  ein  der  Schokolade  oder  dem 
Kaffee  ähnlich  schmeckendes  Getränk  zu  liefern  vermag.  0.  Reinke^) 
fügte  mit  gutem  Erfolge  den  in  Büchsen  eingefüllten  Spinatkonserven 
10  Proz.  gepreßter  Brauereihefe  vor  dem  Sterilisieren  bei. 

Die  Hefenextrakte,  über  die  man  zusammenfassende  Angaben 
bei  R.  Heinzelmann^),  L.  Aubry^)  und  J.  Brand^)  findet,  werden  nach 
mannigfaltigen  Verfahren  gewonnen,  welche  sich  zu  vier  Untergruppen 
sondern  lassen.  Diejenigen  der  ersten  Untergruppe  versuchen,  durch 
verschiedene  (zum  Teil  auch  abbauende)  Lösungsmittel  den  Zellinhalt 
herauszuziehen.  Durch  Auskochen  der  Hefe  in  Wasser  (allenfalls  sogar 
unter  Druck)  bezwecken  dies  Emil  Bauer»),  R.  V^ahl  und  M.  Henius^), 
C.  Dormeyeri^)  und  D.  WatsonH).  Das  durch  Lebbini^),  K.  Micko'^), 
J.  Graf f  14)  und  C.  Arnold  und  G.  Mentzeli^)  untersuchte  Präparat 
Ovos  wird   derart  gewonnen.     Auf  bloßes  Auslaugen  in  warmem  oder 


1)  D.R.  P.  -105  573  von  1898;  Chem.  Zentralbl.,  1900,  Bd.  I,  p.  160. 

2)  D.R.P.  140  863  von  1902;  Chem.  Zentralbl.,  1903,  Bd.  I,  p.  -1012. 

3)  Allgem.  Brauer-  ii.  lioplen-Zeitg.,  1890,  Itd.  I,  p.  1109. 

4)  Woclienschrift  f.  Brauerei,   1910,  Bd.  27,  p.  581. 

5)  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p.  307. 

6)  Zeitschrift  f.  d.  ges.  Brauwesen,  1899,  Bd.  22,  p.  699. 

7)  In:  Lafar,  Handbuch  der  Techn.  Mykologie,  Bd.  5,  p.  122. 

8)  Brennerei-Ztg.,  Bonn,  1895,  p.  1614. 

9)  Amerikan.  Patent  54  0  471  von  1895;  Wochenschrift  f.  Brauerei,   1899,  Bd.  16, 

p.  307. 

10)  D.R.P.  IM  915  von  1899;  Chem.  Zentralbl.,  1900,  Bd.  II,  p.  607. 

11)  Engl.  Patent  22  846  von  1897;  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1S99,  Bd.  16,  p.  309. 

12)  Medizin.  Woche,   1901,  p.  195. 

13)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1902,  Bd.  5,  p.  193; 
1903,  Bd.  6,  p.  781;   1904,  Bd.  7,  p.  257,  u.  Bd.  8,  p.  225. 

14)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  19o4,  Bd.  7,  p.  389. 

15)  Pharmazeut.  Ztg.,  1904,  Bd.  49,  p.  176. 

59* 


932  Dreiundzwanzigster  Abschnitt.     Hele. 

heißem  Wasser  beschränken  sich  E.  Kresseli),  R.  Rückforth^;  und 
M.  Elbs).  Auf  solche  Weise  kommt  zufolge  H.  Zellner^j  (ja,s  durch 
eine  Dresdener  Firma  vertriebene  und  durch  K.  Micko^j  und  G.  Arnold 
imd  G.  Mentzel**)  untersuchte  Präparat  Wuk  zustande.  Mit  heißen 
verdünnten  Säuren  (Salzsäure,  Phosphorsäure,  Weinsäure,  Borsäure) 
arbeiten  E.  Johnson^),  J.  Peeters^),  A.  Denaeyer^)  und  van  der 
Stiechele^'').  Das  Ausfrieren  und  darauffolgende  rasche  Auftauen  emp- 
fiehlt R.  Rückforthii).  Die  zweite  Untergruppe  von  Verfahren  ruft 
Plasmolyse  und  dadurch  das  Austreten  von  Zellinhalt  hervor.  Schon 
T.  A.  Quevennei2)  hatte  im  Jahre  1838  den  Vorgang  richtig  erkannt, 
welcher  sich  beim  Verreiben  dicker  Hefe  mit  der  gleichen  Menge  Zucker 
abspielt:  die  teigige  Masse  wandelte  sich  sehr  rasch  in  eine  Flüssigkeit 
um;  die  Zellen  wurden  dabei  nicht,  wie  Dübereiner  vordem  gemeint 
hatte,  aufgelöst,  sondern  nur  etwas  schrumpfen  gemacht.  Sehr  ver- 
schiedene Substanzen  mit  dem  Vermögen  zur  Plasmolyse  sind  für  die 
Bereitung  von  Hefenextrakten  vorgeschlagen  worden:  arabisches  Gummi 
durch  E.  de  Meulemeesteris),  Kochsalz  (^urch  L.  Aubry^*),  der  so  sein 
durch  J.  Graff'^)  untersuchtes  Obron  erzeugt,  und  die  letztgenannten 
und  auch  noch  andere  Hilfsmittel  durch  G.  Marks ^6)  und  A.  Schmidt i^), 
Äther,  Chloroform,  Toluol,  Essigester  u.  dgl.  m.  durch  H.  Buch n er  und 
M.  Gruberis),    Ransfordi^),    HeßS").    L.  W.  Gans2i,.     Auch  das  Ver- 


-t)  D.  R.  P.  89819  von  iSgO:  Wochenschrift  t.  Brauerei,   1899,  ßd.  16,  p.  307. 

2)  D.  R.  P.  112  099. 

3)  D.  R.  P.  130  362  von  1902. 

4)  Zeitschrilt  f.  Hygiene,   1903,  Bd.  42,  p.  461. 

5)  Zeitschrilt  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1902.  Bd.  5,  p.  193; 
1903,  Bd.  6,  p.  781,  1904,  Bd.  7,  p.  257,  u.  Bd.  8.  p.  22:i. 

6)  Pharmazeut.  Zeilg.,  1904,  Bd.  49,  p.  176. 

7)  Engl.  Patent  29183  von  1897;  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p.  308. 

8)  Belg.  Patent  131-55Ö  von  1897,  ref.  in  Annales  de  la  Brasserie  et  de  la 
Bist.,  1898,  Nr.  5,  p.  118;  D.  R.  P.  12498.5  von  1898,  ref.  in  Chem.  Zentralbl.,  1901. 
Bd.  II,  p.  1032;  D.  R.  P.  142  302  von  1901,  ref.  in  Chem.  Zentralbl.,  1903,  Bd.  II,  p.  170/ 

9)  Engl.  Patent  13  032  von  1898;  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p   308. 

10)  Belg.  Patente  vom  3.  u.  25.  September  1898;  cit.  n.  Wiebold,  1.  c. 

11)  D.  R.  P.  107  249  von  1899;  Chem.  Zentralbl.,  1900,  Bd.  I.  p.  882. 

12)  Journal  de  Pharmacie,  1838,  Bd.  24,  p.  265  u.  271. 

13)  D.  R.  P.  10Ö629  von  1898;  Chem.  Zentralbl.,  1900,  Bd.  I,  p.  492. 

14)  D.  R.  P.  120  346. 

15)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1904,  Bd.  7,  p.  389. 

16)  Engl.  Patent  211153  von  1900. 

17)  Russ.  Privileg  6200  von  1902;  Chemiker-Ztg.,  1902,  Bd.  I,  p.  971. 

18)  D.  R.  P.  113  181   von  1899,   137  643  von  1901,  137  993  von  1901';  ref.  in  Chem. 
Zentralbl.,   1900,  Bd.  II,  p.  829;   1903,  Bd.  I,  p.  211    u.  212. 

19)  Engl.  Patent  8722  von  1901. 

20)  Amerikan.  Patent  783  733/34. 

21)  D.  R.  P.  151561   von  1902;  Chem.  Zentralbl.,  1904,  Bd.  I,  p.  1507. 


Dreiiinclzwanzigster  Absrlinitt.     liefe.  933 

fahren  von  R.  Schroederi)  zur  Gewinnung  des  Hefenalbumins  bedient 
sich  des  Äthers.  Mittels  dieses  letzteren  bereitet  man  zufolge  H.  Zellner2) 
auch  das  durch  J.  Graff^)  und  durch  G.  Arnold  und  C.  MentzeH) 
untersuchte  Präparat  Siris.  Die  dritte  Untergruppe  von  Verfahren  ist 
dadurch  gekennzeichnet,  daß  der  zuvor  abgetüteten  Hefe  proteolytische 
Enzyme  zwecks  Abbaues  und  Löslichmachung  der  Proteine  zugesetzt  werden. 
Derartige  Enzyme  (Pepin,  Trypsin)  als  solche  verwenden  die  Verfahren 
von  J.  Peeters^),  Th.  Hill-Jones^),  E.  KresseF),  A.  Denaeyer^) 
und  J.  Goodfellow^);  nach  des  letzteren  Patent  erzeugt  zufolge  A. 
Eichengrün  10)  eine  belgische  Firma  das  durch  K.  Micko'-)  und  J. 
Graffi2)  untersuchte  Präparat  Bios  und  die  ihm  ähnliche  Eurostose. 
0.  Overbecki3)  bietet  die  proteolytischen  Enzyme  in  Gestalt  von  Malz- 
keimen: derart  bereitet  man  zufolge  A.  Eichengrün i^)  das  Präparat 
Carnos  in  einer  englischen  Brauerei.  A.  Denaeyeri"»)  läßt  die  an  Pro- 
teasen sehr  ergiebigen  Schimmelpilze  Aspergillus  Oryxae  und  Asp.  Wentii 
auf  der  Hefe  wachsen.  Die  vierte  und  wichtigste  Untergruppe  schließ- 
lich erzielt  den  Abbau  der  Hefenproteine  durch  das  Wirken  des  in  der 
Hefenzelle  selbst  enthaltenen  tryptischen  Enzymes  (s.  p.  023),  das  in 
der  in  dickbreiigem  Zustande  sich  selbst  überlassenen  Hefe  bald  zur 
Geltung  kommt,  so  daß  also  Selbstverdauung  (Autodigestion:  der  Zell- 
proteine und  dadurch  Austreten  der  Verdauungsprodukte  aus  der  Zelle 
und  somit  Verflüssigung  sich  nach  und  nach  einstellen.  Diese  Umsetzung 
ist  das  Wesen  und  Ziel  der  Verfahren  von  H.  van  Laer^^)    C.  0.  Sulli- 


1)  Beiträge  z.  ehem.  Physiologie  u.  Pathologie,   I90ä,  1kl.  •>,  p.  389. 

2)  Zeitschrift  1'.  Hygiene,  4  903,  Bd.  42,  p.  461. 

3)  ZeitschriR   für  Untersuchung   der   Nahrungs-   und  Genußmittel,    1904,    IUI.  7, 
p.  389. 

4)  Pharmazeut.  Ztg.,  4  904,  Bd.  49,  p.  176. 

5)  Belg.  Patent  131  555  von  iSG?;  Annales  de  la  Brasserie  et  de  la  Dist..   1898, 
Nr.  5,  p.  118. 

6)  Engl.  Patent  15145  von  1897;  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p.  30,s. 

7)  Engl.  Patent  18  714. 

8)  Engl.  Patent  13  032  von  1898;  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p.  308. 

9)  Französ.  Patent  269  939  von  1897;  Engl.  Patent   13  722  von  1897;  Wochen- 
schrift f.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p.  308. 

10)  Zeitschrift  f.  angewandte  Chemie,  1899,  p.  1147. 

11)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1902,  Hd.  5,  p.  193; 
1903,  Bd.  6,  p.  781;   1904,  Bd.  7,  p.  257,  u.   Bd.  8,  p.  225. 

12)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  der  Nahrungs- u.  Genußmittel.  1904,  Bd.  7,  p.  389. 

13)  D.  R.  P.  107  737  von  1898;  Chem.  Zentralbl.,  1900,   Hd.  I,  p.  1008. 

14)  .Zeitschrift  f.  angewandte  Chemie,   1899,  p.  1147. 

15)  Engl.    Patent   13032    von    1898;   Wochenschrift    für   Brauerei,    1899,   Bd.  16, 
p.  308. 

16)  D.  K.  P.  117  303   von  1898;  Chom.  Zentralbl.,    1901.   IJd.  1,  p.  352. 


934  Dreiundzwnnzigster  Abschnitt.     Hefe. 

vani),  der  Aktiengesellschaft  Force2).  Nach  A.  Wiebolds'^)  vergleichen- 
den Untersuchungen  sind  die  durch  bloße  Selbstverdauung  und  ohne 
jeglichen  Zusatz  gewonnenen  Extrakte  die  am  reinsten  schmeckenden 
unter  allen.  Auf  ein  Verfahren  zur  vollkommenen  Befreiung  der  Hefen- 
extrakte von  Eiweiß  hat  L.  W.  Gans^)  ein  Patent  erhalten.  J.  Peeters^) 
will  aus  dem  Hefenextrakt  durch  Auslaugen  mit  hochgradigem  Alkohol 
übelschmeckende,  wertlose  oder  schädliche  Bestandteile  absondern,  unter 
diesen  die  reichlich  vorhandenen  Kaliumsalze,  welch  letztere  man  nach 
J.  Peeters^)  durch  Behandeln  mit  Weinsäure  als  Bitartrat  ausscheiden 
könne. 

Wohlfeile  Ersatzmittel  für  Fleischextrakt  zu  bieten,  war  von 
Anfang  an  das  Ziel  bei  der  Herstellung  der  Hefenextrakte,  über  deren 
physiologischen  Nutzwert  als  Eiweißsparer  man  M.  Wintgen^)  vergleiche. 
Tatsächlich  kommen  manche  von  ihnen  dem  Vorbilde  recht  nahe,  so- 
weit der  Geruch  und  der  Geschmack  das  Maßgebende  ist,  und  bieten 
also  den  Nahrungsmittelfälschern  einigen  Anreiz  zur  Betätigung.  Für 
die  Erkennung  der  Hefenextrakte  als  solche  und  als  betrügerischen  Zu- 
satz in  Fleischextrakt  hat  K.  Micko^)  einen  Analysengang  ausgearbeitet, 
welcher  über  die  durch  A.  SearP),  H.  E.  Davies^^),  G.  M.  W.  Griebii), 
G.  Arnold  und  C.  MentzeP^j  ^nd  M.  Wintgen^^^)  angegebenen  quali- 
tativen Reaktionen  weit  hinausgreift.  Wie  K.  Micko  festgestellt  und 
F.  C.  Cookie)  bestätigt  hat,  kennzeichnet  den  Fleischextrakt  der  nur 
ihm  zukommende  Gehalt  an  Kreatinin  und  Kreatin  (etwa  1 0  Proz.  der 
organischen  Substanz,  bzw.  50  Proz.  des  Gesaratstickstoffes  ausmachend). 
Dessen  Nukleinbasen  bestehen  hauptsächlich  aus  Hypoxanthin ;  von 
Xanthin  ist  wenig  und  von  Adenin  und  Guanin,  wie  vorher  schon  A. 
KossePsj    erkannt  hatte,    sehr  wenig   oder  gar  nichts  vorhanden.     Die 

1)  Engl.  Patent  19 161  von  1897;  Wochenschriit  1.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p.  309. 

2)  D.R.P.  122168  von  1900;   Chem.  Zentralbl.,  1901,  Bd.  II,  p.  328. 

3)  Archiv  der  Pharmazie,  1907,  Bd.  245,  p.  291. 

4)  Amerikan.  Patente  785  733  u.  785  734. 

5)  D.R.P.  142  302  von  1901;  Chem.  Zentralbl,  1903,  Bd.  II,  p.  170. 

6)  D.R.P.  124985  von  1898;  Chem.  Zentralbl.,  1901,  Bd.  II,  p.  1032. 

7)  Pharmazeut.  Ztg.,   1905,  Bd.  50,  p.  432. 

8)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1902,  Bd.  5,  p.  193  ; 
1903,  Bd.  6,  p.  781;   1904,  Bd.  7,  p.  237,  u.  Bd.  8,  p.  225. 

9)  Pharmaceutical  Journal,  1903,  Bd.  71,  p.  1737  u.   1742;   1S04,  Bd.  72,  p.  86. 

10)  Pharmaceutical  Journal,  1904,  Bd.  72,  p.  86. 

11)  Pharmaceutical  Journal,  1908,  Bd.  26,  p.  441. 

12)  Pharmazeut.  Ztg.,  1904,   M.  49,  p.  176. 

13)  Archiv  der  Pharmazie,  4  904,  Bd.  242,  p.  337. 

14)  The  Brewer  and  Mattster,  1910,  Nr.  11;  Wochenschrift  i.  Brauerei,  1911, 
Bd.  28,  p.  32. 

15)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,    1884,    Hd.  8,    p.  404;    1886,  Bd.  10,  p.  248, 


Dreiundzwanzigster  Absilinilt.     liefe.  935 

Hefenextrakte  hingegen,  deren  Gehalt  an  Mukleinbasen  (s.  p.  921)  nacii 
Chapmani)  ebenso  groß  und  nach  Micko  und  nach  Gamgee2)  sogar 
noch  grüßer  als  derjenige  des  Fleischextraktes  ist,  sind  reich  an  Adenin 
und  an  Guanin,  gegen  welche  das  Hypoxanthin  und  das  Xanthin  weit 
zurückstehen  und  das  Kreatin  und  Kreatinin  ganz  fehlen,  und  enthalten 
als  auszeichnenden  Bestandteil  das  Ilefengummi  (s.  p.  919),  durch  dessen 
Nachweisung  in  einer  Probe  angeblich  reinen  Fleischextraktes  man  die 
Verfälschung  außer  Zweifel  zu  stellen  vermag.  Auf  Grund  dieses 
letzteren  Merkmals  sind  durch  K.  Micko^)  das  Bovos  und  das  durch 
F.  Filsinger^),  A.  Beythien^),  J.  Graffß),  F.  E.  Lott  und  C.  G.  Mat- 
thews^) und  W.  Plahl»)  untersuchte  Sitogen  als  Hefenextrakte  erkannt 
worden.  Die  unter  dem  Namen  Karna  vertriebenen  Produkte  (wie 
Suppenextrakt,  Appetitwürstchen  u.  dgl.  m.)  bestehen  zufolge  M.  Älans- 
feld'J)  und  K.  Micko'")  hauptsächlich  aus  gesalzenem  und  mit  Fett  ver- 
setztem Hefenextrakt. 

0.  Gürth^i)  will  aus  Hefe  durch  weitgehende  Selbstverdauung  einen 
Färbeextrakt  herstellen,  der  als  Ersatz  für  Zuckercouleur  in  der  Braun- 
bier-Brauerei dienen  soll.  Durch  Auskochen  eines  Gemisches  von  Hefe 
und  Hopfen  unter  Druck  gewinnen  S.  Davidson  und  P.  Burra'^)  einen 
(eingedickten)  Hopfen-  und  Hefenextrakt. 

Als  Heilmittel  war  die  Hefe  schon  dem  Hippokrates  und  dem 
Dioscorides  bekannt  und  wurde  seit  zwei  Jahrzehnten  neuerdings  und 
oft  gegen  vielerlei  Krankheiten  und  in  verschiedenartiger  Zubereitung 
empfohlen;  die  darüber  vorliegende  Literatur  sowohl  therapeutischer  als 
auch  pharmakologischer  Richtung  findet  man  seit  1899  in  E.  iMercks 
Jahresberichten '3)  unter  dem  Schlagwort  Fa ex  medicinalis  (liquida  et 

1j  British  Medical  Journal,    1908,  p.  1741. 

-2)  British  Medical  Journal.  1908,  p.  449. 

3)  Zeitschrilt  1'.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußniittei,  190:2,  Bd.  j,  p.  193; 
1903,  Bd.  6,  p.  781  ;   1904,  Bd.  7,  p.  257,  u.  Bd.  8,  p.  225. 

4)  Pharmazeut.  Zentralhalle,  1901,  Bd.  42,  S.  134. 

5)  Zeitschrilt  1.  Untersuchung  d.  Nahryngs-  u.  Genußmittel,  1901,  Bd.  4.  p.  446. 

6)  Zeitschritt  1.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1904,  Bd.  7,  p.  389. 

7)  Journal  Society  Ciiemical  Industry,  1906,  Bd.  25,  p.  566. 

8)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1906,  Bd.  11,  p.  329. 

9)  Zeitschrift  d.  allgem.  österr.  Apotheker- Vereines,  1912,  Bd.  50,  p.  616. 

10)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  der  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1913.  Bd.  26,  p.  321. 

11)  D.  R.  P.  118  535  von  1901;  Der  Bierbrauer,  1901,  p.  183. 

12)  Amerikan.  Patent  883174  von  1908. 

13)  Jahresbericht  über  Neuerungen  auf  den  Gebieten  der  Pharmakognosie  u. 
Pharmazie,  für  1899,  p.  77;  für  1900,  p.  94;  für  1901,  p.  87;  für  1902,  p.  66;  für 
1903,  p.  74;  für  1904,  p.  71;  für  1905,  p.  78;  für  1906,  p.  114;  für  1908,  p.  216; 
für  1909,  p.  215;  für  1910,  p.  193;  für  19M,  p.  270;  für  1912.  p.  213;  für  1913, 
p.  -244;  für   1916,   p.  311. 


936  Dreiiindzwanzigster  Abschnitt.     Hefe. 

sicca)  gesammelt.  Die  erreichten  Erfolge  hat  man  zum  Teil  auf  die  ja 
schon  lange  bekannte  Bakterienfeindlichkeit  der  Hefe  zurückführen  zu 
sollen  gemeint  und  verwendet  diese  demnach  in  frischem  (lebendigem) 
Zustande.  Andere  Forscher  wieder  suchen  in  der  Enzymwirkung  die 
Erklärung  und  empfehlen  also  Dauerhefen,  so  insbesondere  das  Zymin 
ts.  p.  924),  wie  auch  die  (meist  durch  behutsames  Trocknen  der  Hefe 
hergestellten  und  jenem  ähnlichen)  Präparate  Furunculine,  Leviirine, 
Levuretine,  Levurinose,  Xerase,  Biozyme,  Bajuvarin,  Fer- 
mentin, Fermocyl,  Mycodermin,  Rheol,  Hefanol,  wozu  noch  be- 
merkt sei,  daß  A.  Stephan i)  derlei  Handelspräparate  von  Dauerhefen 
niemals  steril  im  strengen  Sinne  des  Wortes  befunden  hat.  Noch  andere 
Forscher  meinten,  daß  die  Heilkraft  der  Hefe  deren  hohem  Gehalt  an 
Nukleinen,  bzw.  Nukleinsäuren  (s.  p.  920)  zu  danken  sei,  zu  deren  Dar- 
stellung die  Verfahren  von  K.  Schwickerath-]  und  SchmolP)  heran- 
gezogen werden  können,  nach  denen  auch  das  Präparat  NucleoH) 
gewonnen  wird.  Und  noch  andere  Forscher  halten  für  das  eigentlich 
Wirksame  der  Hefe  deren  Fett  (s.  p.  925).  Im  wesentlichen  aus  solchem 
besteht  das  durch  0.  Hinsberg  und  E.  Roos^)  empfohlene  Cerolin, 
dessen  Literatur  bei  E.  Merck^)  zusammengestellt  ist.  Ihm  anzureihen 
ist  schließlich  noch  die  nur  zu  äußerlichem  Gebrauche  bestimmte 
Hefenseife,  über  die  man  Dreuw'^)  vergleiche.  Auch  für  die  Herstellung 
eisenhaltiger  Heilmittel  ist  die  Hefe  ein  RohstolT.  Das  durch  A.  Ascoli^) 
zuerst  bemerkte  Vorkommen  von  (maskiertem^  Eisen  im  Molekül  der 
Hefen-Nukleinsäure,  der  Reichtum  der  Hefe  an  dieser  letzteren  und 
deren  leichte  und  billige  Gewinnung  haben  zu  dem  Versuche  geführt, 
durch  Züchten  der  Hefe  auf  eisenreichen  Nährböden  dann  Nuklein- 
präparate  mit  hohem  Gehalte  an  organisch  gebundenem  und  also  resor- 
bierbarem Eisen  darzustellen;  ein  derartiges  Präparat  ist  das  von  der 
Baseler  Chemischen  Fabrik  in  den  Handel  gebrachte  und  durch  M.  Cloetta'-*) 
günstig  beurteilte  Ferra togen,  welches  ungefähr  I  Proz.  Eisen  enthält. 
Ein    anderer  Weg    ist   durch    die   Eisenschaft    des    aus   der   Hefe   abge- 


", 

p.  653. 

Bd 

.  5a,   p. 

799. 

14. 

Hd.  42, 

P- 

189 

für 

4905, 

P- 

49; 

1)  Apotheker-Zeitg.,   '19'H,  Bd.  26,  p.  754. 

2)  D.  R.  P.  1 13  464  von  1899;  Chem.  Zentralbl.,   1900,  Bd. 

3)  Zeitschrift  d.  allgem.  österr.  Apotheker-Vereines,  1903, 

4)  Pharmazeut.  Ztg.,  1900,  Bd.  45,  p.  346. 
;i)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1903,  Bd.  38,  p.  1;   19i 
6)  Jahresbericht  usw.  für  1903,   p.  75;    für  1904,   p.  71; 

1906,   p.  83. 

7;  Deutsche  medizin.  Wochenschrift,  1904.  Bd.  30,  Teil  i.  p.  991;  Seifensieder- 
Zeitg..  1903,  p.  531. 

8)  Zeitschrift  f.  physiolog.  Chemie,  1899,  Bd.  28,  p.  426. 

9;  Münchener  medizin.  Wochenschrift,  1900,  Nr.  22,  p.  760;  Pharmazeut.  Ztg., 
1900,    Bd.  45,  p.  434. 


Dreiiindzwanzigster  AbM-linilt.     Mete.  i|37 

schiedenen  Nukleines  (Nukleol)  gewiesen,  sich  mit  frisch  gefällten  Metall- 
oxyden zu  verbinden;  mit  Eisenoxyd  erhält  man  so  das  FerrinoP;, 
das  6  Proz.  Eisen  enthält,  mit  anderen  Oxyden  gewinnt  man  die  ent- 
sprechenden, gleichfalls  in  der  Medizin  verwendeten  Mittel  CuproP) 
mit  6  Proz.  Cu,  MercuroT^)  mit  10  Proz.  Hg,  Nargol')  mit  10  Proz. 
Ag,  die  alle  "durch  Parke,  Davis  &  Co.  in  Detroit  in  Nordamerika,  zum 
Teil  nach  K.  Schwickeraths^)  Patent,  hergestellt  werden.  Das  nach 
A.  Ascolis^)  Patent  bereitete  Präparat  soll  angeblich  6,6  Proz.  Eisen 
enthalten. 

Die  Verwendung  der  Abfallhefe  als  Viehfutter  verspricht  zu  einer 
ergiebigen  Einnahmequelle  zu  werden,  die  um  so  mehr  zu  schätzen  ist, 
als  nur  ein  geringer  Anteil  der  überschüssigen  Brauereihefe  auf  Extrakte 
verarbeitet  werden  kann ;  denn  die  Nachfrage  nach  diesen  letzteren  bleibt 
weit  "unterhalb  des  möglichen  Angebotes.  Wie  zuerst  gelegentlich  der 
Erforschung  der  Ursache  der  durch  hefentrübes  Bier  verschuldeten  Ver- 
dauungsstörungen beim  Menschen  durch  die  Untersuchungen  von  N.  P. 
Simanowsky ^),  R.  Schwanhaeuser*),  J.  Neumayer^)  und  später 
durch  J.  Tsuru'")  und  P.  Nobecourt^i)  festgestellt  worden  ist,  sterben 
die  Hefen  im  Magen  und  Darm  des  Menschen  nicht  ab;  T.  Kudo*-)  hat 
diese  Widerstandsfähigkeit  auch  bei  Versuchen  an  Tieren  beobachtet. 
Die  der  Verfütterung  zuzuführende  Hefe  muß  also  zuvor  abgetötet  werden. 
Die  älteren  Verfahren,  so  die  von  C.  Bruckeri^)^  E.  Pott^*),  J.  Steickeli") 
und  J.  ten  Doornkaat-Koolman^^j  bewirkten  das  Abtöten  durch  Auf- 
kochen und  waren  also  nur  für  den  Verbrauch  der  Hefe  an  Ort  und 
Stelle  berechnet.  Für  die  Aufarbeitung  großer  Mengen  von  Abfallhefe 
auf  Viehfutter  und  dessen  Versand  auf  weite  Entfernung  stellt  man 
Trockenhefe  her,  welche,  zum  Unterschied  von  der  früher  (s.  p.  924) 

1)  Pharmazeut.  Zeitung,   1900,   Hd.  45,  p.  346. 

2)  Mercks  Jahresbericht  usw.,  l'iir  igOS,  p.  47;  für  1903,  p.  56;  für  1904,  p.  127. 

3)  Mercks  Jahresbericht  usw.,  l'ür  1901,  p.  130;  für  1904,  p.  127. 

4)  Mercks  Jahresbericht  usw.,  für  1902,  p.  121;  für  1904,  p.  127;  für  1905,  p.  29. 
3)  D.R.  P.  118050  von  1899;  Chem.  Zentralbh,  1901,  Bd.  I,  p.  600. 

6)  D.  R.  P.  194  930   von  1906;  Chem.  Zentralbl.,  1908,  Bd.  I,  p.  1347. 

7)  Archiv  f.  Hygiene,  1886,  Bd.  4,  p.  1. 

8)  Dissert.,  Greifswald  1890;  Zentral!)!,  f.  Bakteriologie,  I.  Abt.,  1891,  Bd.  9, 
\>.  100. 

9)  Dissert.,  München  1890;  Zeitschrift  f.  d.  ges.  Brauwesen.  1890,  Bd.  13,  p.  297. 

10)  Wiener  klin.  Rundschau,  1909,  Nr.  50. 

11)  La  semaine  medicale,  1901,  p.  9. 

12)  Biochem.  Zeitschrift,  1909,  Bd.  16,  p.  221. 

13)  Allgem.  Brauer-  u.   Hopfen-Ztg.,  1898,  Bd.  38,  p.  1280. 
4  4)  Die  landw.  Futtermittel.     1898. 

15)  Engl.  Patent  5124  von  1895;  Wochenschrilt  f.  Brauerei,  1899,  Bd.  16,  p.  310. 

16)  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1903,  Bd.  20,  p.  596. 


938  Dreiundzwanzigster  Absi-iniitt.     Hefe. 

besprochenen  Dauerhefe  mit  ihren  noch  wirkungskräfligen  Enzymen, 
bloß  noch  als  Träger  von  Nährstoffen  in  Betracht  kommt,  für  die  also 
schärfere  mid  rohere  und  demnach  wohlfeilere  Trocknungsverfahren  zu- 
lässig sind,  bei  denen  zudem  auch  das  Entbittern  entfallen  kann.  Nach 
dem  englischen  Patent  20  060  von  1893  läßt  man  die  durch  vorgängiges" 
Pressen  auf  einen  Wassergehalt  von  75 — 80  Proz.  gebracht-e  Abfallhefe 
durch  enggestelite  heiße  Walzen  hindurchgehen  und  so  in  dünne,  trockene 
Blatt  eben  sich  umwandeln.  Die  auf  ein  im  Jahre  1910  durch  die  Ver- 
suchs- und  Lehranstalt  für  Brauerei  in  Berlin  erlassenes  Preisausschreiben 
hin  in  Berlin  ausgestellten  fünferlei  Systeme  von  Hefentrocknern  für 
den  Großbetrieb  sind  auf  p.  189  u.  f.  des  Jahrgangs  1911  der  »Wochen- 
schrift für  Brauerei«  beschrieben  und  begutachtet.  Der  Marktpreis  für 
100  kg  Trockenhefe  stellte  sich  191  I  auf  16Mk.  W.  Vültz,  J.Paechtner 
und  A.  BaudrexeH)  erklären  auf  Grund  der  durch  sie  wie  auch' vor- 
her schon  durch  W.  Yültz^),  durch  F.  Honcamp,  M.  Popp  und  J.  Vol- 
hardS)  und  durch  0.  Kellner,  E.  Weiniger  und  R.  Neumann^)  an 
verschiedenen  Haustieren  angestellten  Fütterungsversuche  die  Trocken- 
hefe für  ein  hochverdauli^es  Kraftfuttermittel,  von  dessen  organischem 
Anteil  93,8  Proz.  und  von  dessen  Rohprotein  87,7  Proz.  resorbiert 
wurden.  Eine  aus  einer  Wiener  Fabrik  stammende  Probe  von  Trocken- 
hefe enthielt  nach  einer  durch  0.  Fallada^j  ausgeführten  Analyse: 
Wasser  9,46  Proz.,  Rohprotein  43,38  Proz.,  andere  stickstoffhaltige  Ver- 
bindungen 5,37  Proz.,  Rohfett  3,12  Proz.,  stickstofflose  Extraktivstoffe 
31,77  Proz.,  Asche  6,9  Proz.;  vom  Protein  waren  90,1  Proz.  durch  salz- 
saures Pepsin  verdaubar.  Fallada  hat  auch  versucht,  den  Reichtum 
der  Trockenhefe  an  Protein  dadurch  noch  besser  auszunutzen,  daß  er 
sie  mit  der  an  letzterem  Nährstoff  armen,  dafür  aber  an  Zucker  reichen 
(etwa  50  Proz.)  Melasse  vermischte  und  so  bei  einem  Mengenverhältnis 
von  8:10  ein  Melassenfutter  bereiten  konnte,  das  sich  wochenlang 
auch  bei  Luftzutritt  tadellos  und  frei  von  Schimmelwucherung  hielt. 
Nach  dem  Verfahren  von  ^Y.  Wardle'^)  gewinnt  man  ein  haltbares  Vieh- 
futter durch  Trocknen  eines  Gemisches  gleicher  Teile  trockenen  Hopfens 
und  frischer  Hefe.  Nach  dem  Patente  der  Wissenschaftl.  Station  für 
Brauerei   in   ^lünchen'^)    wird   ein  haltbares   Trockenfutter   dadurch   her- 

1)  Landw.  Jahrbücher,  1912,  Bd.  42,  p.  193. 

2)  Pflügers  Archiv,  1905,  Bd.  107,  p.  360;  Zeitsciirift  f.  Spiritusindustrie,  1910, 
Bd.  33,  p.  579  u.  ;iS8. 

3)  Landw.  Versuchsstationen,  190Ö,  Bd.  G3,  p.  263. 

4)  Milchwirtschaft!.  Zentralbl.,  1910,  Bd.  17,  p.  317. 

5]  Österr.-Ungar.  Zeitschrift  f.  Zuckerindustrie  u.  Landwirtschaft,  1911,  l!d.  40, 
p.  709. 

6)  Engl.  Patent  6971    von  1901. 

7)  D.  R.  P.  174  864  von  1905;  Chem.  Zentralbl.,   1906,  Bd.  II,  p.  1151. 


Drekindzwanzigster  Aljsclinilt.     Hefe.  (.)39 

gestellt,  daß  man  die  gepreßte  Abfallhefe  mit  I  Proz.  Kochsalz  versetzt, 
das  man  durch  5  Minuten  einwirken  läßt,  und  dann  auf  75°  C  anwärmt, 
worauf  sie  dann  klebrig-gallertig  und  zur  Bindung  durch  aufsaugende 
trockene  Mittel,  wie  Malzkeime,  Biertrebern,  Rübenschnitzel  u.  dgl.  m., 
an  denen  sie  sich  rasch  antrocknen  läßt,  sehr  geeignet  geworden  ist. 
Wie  0.  von  Czadek^)  hervorhebt,  ist  die  Trockenhefe  als  Futterbeigabc 
für  wachsende  Tiere  oder  als  Zusatz  zu  phosphorarmen  Futtermitteln 
besonders  geeignet,  weil  sie  vermöge  ihres  Reichtums  an  Nukleinen 
(s.  p.  920)  viel  Phosphorsäure  enthält,  so  in  der  durch  ihn  untersuchten 
Probe  4,5  Proz.  P2O5,  von  denen  83,8  Proz.  verdaulich  waren.  W.  Vnltz^) 
hat  sehr  befriedigende  Ergebnisse  bei  der  Schnellmast  von  Schweinen 
erzielt,  welche  ausschließlich  mit  gekochten  Kartoffeln,  Trockenhefe  (bis 
600  g  täglich)  und  ein  wenig  Gerste,  nebst  Kochsalz  und  phosphorsaurem 
Kalk,  gefüttert  wurden. 

.\uch  als  Nahrungsmittel  für  den  Menschen,  als  teilweiser  Ersatz 
des  viel  teureren  Fleisches,  kommt  die  (entbitterte)  Trockenhefe  in  Betracht. 
Sie  wird,  wie  W.  Vültz  und  A.  Baudrexel-')  festgestellt  haben,  auch 
im  Verdauungsrohr  des  Menschen  gut  ausgenützt.  Die  Analyse  einer 
durch  sie  geprüften  Trockenhefe  ergab:  6,87  Proz.  Feuchtigkeit  und 
93,13  Proz.  Trockenrückstand,  welch  letzterer  sich  auf  7,04  Proz.  Asche 
und  86,09  organische  Substanz  aufteilte.  Von  dieser  entfielen  auf  Fett 
3,1älProz..  auf  Rohfaser  1.44  Proz.,  auf  Rohprotein  53,44  Proz.  (davon 
50,04  Proz.  Reinprotein)  und  auf  stickstofflose  Extraktstoffe  28,09  Proz. 
Als  Verdauungskoeffizient  ergab  sich  für  die  organische  Substanz  90  Proz., 
für  das  Rohfett  70  Proz.,  für  die  Rohfaser  40  Proz.,  für  das  Rohprotein 
86  Proz.,  für  die  stickstofflosen  Extraktstoffe  1 00  Prozent.  Bei  Verar- 
beitung der  Bierhefe  auf  trockene  Nahrungshefe  erzielt  man  zufolge  F. 
Hayduck-*)  eine  Verwertung  mit  32  Mark  für  100  kg  gepreßte  Hefe  (mit 
etwa  75  Proz.  Wassergehalt).  Die  Verwendung  derartiger  Trockenhefe 
in  der  Küche  ist  recht  mannigfaltig,  so  zwar,  daß  die  Versuchs-  und 
Lehranstalt  für  Brauerei  in  Berlin  auf  Grund  der  durch  sie  im  Jahr»'  1910 
ausgeschriebenen  Preisbewerbung  für  Kochrezepte  dann  ein  Hefenkoch- 
buch hat  herausgeben  können. 

Als  Düngemittel  findet  die  Hefe,  dank  ihrem  hohen  Gehalt  an 
Kali  und  leicht  assimilierbarer  Phosphorsäure,  gleichfalls  Verwertung. 
Dazu  verwendet  man  sowohl    die    für  bessere  Zwecke  nicht  tauglichen 

1)  Zeitschrift   f.  d.  landw.  Versuchswesen   in   Österreicii,    1911,    Bd.  14,   p.  214. 

2)  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1911,  Bd.  28,  p.  537;  1912,  Bd.  29,  p.  209. 

3)  Biochem.  Zeitschrift,  1911,  Bd.  30,  p.  4:i7,  und  Bd.  31,  p.  355;  Wochenschrift 
f.   Brauerei,   1911,  Bd.  28,  p.  85. 

4)  Jahrbuch  d.  Versuchs-  u.  Lehranstalt  f.  Brauerei  in  Berlin,  1910,  Bd.  13, 
p.  388. 


940  Dieiimdzwiiii/.igstei    AI)S.lmitt.     Hefe. 


"Die  Handelsmarken  Plasmit,  Protorex  und  Triterfex  stellt  man  zu- 
folge F.  E.  Lott  und  C.  G.  Matthews')  durch  Zumischen  von  Gips 
oder  Kalk  her.  Andere  A'erfahren  der  Zubereitung  sind  durch  Backer 
und  durch  G.  Valentine^]  vorgeschlagen  worden. 

H.  Blücher  und  E.  Krause^)  stellen  sowohl  aus  den  Rückständen 
von  der  Verarbeitung  der  Abfallhefe  auf  Extrakte  (s.  p.  931)  wie  auch 
aus  Abfallhefe  selbst  durch  Einwirken  gewisser  Aldehyde,  insbesondere 
des  Formaldehyds,  plastische  Massen  her,  welche  unter  dem  Namen 
Ernolith  als  Ersatz  für  Ebonit,  Galalith,  Zelluloid  u.  dgl.  m.  mannig- 
faltige Verwendung  finden.  C.  Beyer^)  stellt  Klebstoffe  und  Anstrich- 
mittel aus  Abfallhefe  her. 

Unter  Hefe  im  engsten  Sinne  des  Wortes  versteht  der  Handel  immer 
Bäckerhefe,  also  die  zur  Teiggärung  verwendete  Preßhefe,  in  Süd- 
deutschland auch  Germ  genannt.  Abgesehen  von  den  auf  rein  che- 
mischem Wege  wirkenden  Backpulvern,  die  in  England  und  Nordamerika 
unzutreffend  yeast-powder  (Hefenpulver)  heißen,  wird  das  Aufgehen  des 
Teiges  entweder  durch  den  hier  nicht  weiter  zu  betrachtenden  Sauer- 
teig, dessen  treibender  Bestandteil  Hefenzellen  sind,  oder  durch  Hefe 
selbst  erzielt.  Malouin^j  bewertete  die  Erfindung  des  Gebrauches  der 
Bierhefe  zur  Teigbereitung  als  einen  »merkw^ürdigen  Zeitpunkt«  in  der 
Geschichte  des  Bäckereiwesens.  In  Paris  geschah  dies  zu  Anfang  des 
siebzehnten  Jahrhunderts,  und  zwar  zunächst  bloß  für  Milchbrot.  Die 
medizinische  Fakultät  zu  Paris  mißbilligte  in  ihrer  Sitzung  vom 
24.  März  1668  durch  Mehrheitsbeschluß  diese  Neuerung,  und  erst  durch 
die  Verfügung  des  zur  Entscheidung  angerufenen  Parlaments  zu  Paris 
vom  21.  März  1670  wurde  sie  zugelassen,  jedoch  unter  der  Bedingung, 
daß  die  Hefe  aus  einer  Pariser  Brauerei  bezogen  werde,  daß  sie  frisch 
sei  und  gemischt  mit  Sauerteig  verwendet  werden  müsse.  In  Deutsch- 
land hingegen  reicht  der  Gebrauch  in  eine  weit  frühere  Zeit  zurück. 
Aber  sowohl  hier  wie  dort  kam  immer  nur  obergärige  Bierhefe  in  Be- 
tracht. Denn  bis  in  das  erste  Drittel  des  neunzehnten  Jahrhunderts  war 
der  Betrieb  fast  überall  obergärig,  ausgenommen  gewisse  Teile  Bayerns 
und  Böhmens,  in  denen  das  untergärige  Brau- Verfahren  einheimisch  ist. 
Dieses  letztere  griff  dann  von  jenem  Zeitpunkte    an    um  sich   und  ver- 

t)  Journal  Society  Chemical  Industry,  4  906,   Bd.  25,  p.  :iG6. 

2)  Engl.  Patent  9991    von  igoo. 

3)  D.R.P.  273857  von  1913  und  D.  R.  P.  289597  von  1915;  Chemiker-Zeitg., 
1915,  Bd.  39,  p.  934. 

4)  D.R.P.  224  443  von  1909;   Ghem.  Zentnilbl.,  1910,  Bd.  II,  p.  612. 

ö)  Descriptions  et  Details  des  Arts  du  Meunier,  du  Vermicelier  et  du  Boulenger. 
2.  Aufl.,  Paris  1779. 


Üiciundzwanzigslei   Absrhiiili.     Udo.  94]^ 

drängte  immer  weiter  und  weiter  das  obergärige  Verfahren;  eingehende 
geschichtliche  Angaben  darüber  findet  man  bei  H.  von  der  Planitz^j. 
In  demselben  Maße  schwand  den  Bäckern  die  Möglichkeit  des  Bezuges 
obergäriger  Bierhefe.  Die  Satzhefe  der  untergärigen  Brauereien  aber 
konnten  sie  nicht  gut  brauchen:  denn  diese  macht  durch  ihren  Gehalt 
an  beigemengtem  braunen  Hopfenharz  (s.  p.  927)  das  Gebäck  mißfarben 
und  entfaltet  zudem  ungenügende  Triebkraft.  Aus  dieser  Not  heraus 
entwickelte  sich  das  neue  Gewerbe  der  Preßhefen-Erzeugung,  also  die 
Gewinnung  der. Hefe  nicht  als  Abfall,  sondern  deren  Züchtung  als  Haupt- 
zweck, wobei  die  geerntete  Hefe  von  dem  anhaftenden  Wasser  durch 
Auspressen  so  stark  befreit  wird,  daß  diese  Preßhefe  dann  auch  einö 
längere  Dauer  des  Versandes  nach  einem  fernen  Orte  des  Verbrauches  . 
ohne  empfmdhche ,  Minderung  ihrer  Tauglichkeit  zu  ertragen  vermag. 

Aus  den  dreißiger  Jahren  des  neunzehnten  Jahrhunderts  liegen  die 
ersten  Berichte  über  den  Vertrieb  von  Preßhefe  in  Holland,  Preußen  und 
Sachsen  vor,  und  aus  diesen  letzteren  Ländern  kam  sie  um  das  Jahr  1840 
herum  in  einzelnen  Proben  auch  nach  Österreich  und  wurde  da  um  so 
freudiger  aufgenommen,  als  der  Weltruf  des  Wiener  Feingebäckes  gerade 
in  diesen  Jahren  durch  den  insbesondere  durch  Anton  Drehers  Be- 
mühung sich  vollziehenden  Übergang  der  Wiener  Brauereien  vom  ober- 
gärigen zum  untergärigen  Betrieb  ernstlich  bedroht  war.  Auf  Antrag 
des  Bäckermeisters  Leop.  Wimmer  beschloß  der  Niederösterreichische 
Gewerbeverein  im  Dezember  1846  eine  im  Mai  1847  dann  genauer  be- 
stimmte Preisausschreibung  auf  ein  Verfahren  zur  Erzeugung  brauch- 
barer Bäckerhefe.  Daraufhin  ließ  im  folgenden  Winter  Ign.  Mautner, 
damals  Braumeister  und  Brennerei-Besitzer  zu  St.  Marx,  einem  Vororte 
Wiens,  durch  seinen  Chemiker  Reininghaus  Versuche  im  kleinen  an- 
stellen. Auf  deren  erfolgreiches  Ergebnis  gestützt,  konnte  Mautner  (als 
der  einzige  Bewerber)  dann  im  November  1849  unter  seinem  eigenen 
Namen  ein  neues  Verfahren  vorlegen,  das  allen  Bedingungen  entsprach, 
den  ausgesetzten  Preis  erhielt  und  alsbald  als  das  Wiener  Verfahren 
der  Preßhefen-Fabrikation  seinen  Eroberungszug  antrat,  der  es  zunächst 
nach  Deutschland,  •  weiterhin  nach  Frankreich  usw.  führte.  Über  die 
Prioritätsfrage  darüber,  ob  Mautner  oder  aber  Reininghaus  als 
eigentlicher  Erfinder  zu  gelten  habe,  vergleiche  man  die  auf  Akten  aus 
den  beiderseitigen  Familien-Archiven  beruhenden  Darlegungen  durch 
A.  Schrohe^)  und  Ed.  Jalowetz^).  Später  entstand  diesem  Verfahren 
ein  Mitbewerber    in    dem    sogen.  Lüftungs-Verfahren,    das  ursprünglich 


1)  Zeitschrift  t.  d.  ges.   Brauwesen,  1879.  Bd.  2,  p.  13. 

2)  Zeitschrilt  f.  Spiritusindustrie,  1909,  Bd.  32,  p.  280   u.  602. 

3)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,   1910.  Bd.  33,  p.  287  u.  295. 


942  Dreiundzwanzigstei-  Absrimid.     Hefe. 

aus  Schweden  stammt,  seine  Ausbildung  jedoch  durch  die  Berliner  \er- 
suchsstation  erhalten  hat.  Eingehende  Darlegungen  über  beide  in  tech- 
niscJier  Hinsicht  findet  man  bei  0.  Durste)  und  W.  Kiby2);  hier  sollen 
nur  einige  kurze  Angaben  gemacht  werden. 

Das  Wiener  Verfahren  heißt  auch  Abschöpf- Verfahren,  so  be- 
nannt nach  seinem  wichtigsten  Teile,  das  ist  das  Abschöpfen  der  durch 
den  Auftrieb  (s.  p.  917)  an  die  Oberfläche  der  gärenden  Maische  ge- 
hobenen Hefenernte.  Weil  diese  Maische  viel  Hefe  liefern  soll,  muß  sie 
reich  an  den  zu  deren  Zellaufbau  erforderhchen  Proteinen  sein  und 
wird  aus  einem  Gemisch  von  (verzuckerndem)  Malze  und  Rohfrucht 
(Roggen  u.  a.)  hergestellt.  Nach  vollzogener  Verzuckerung  wird  ihr  der 
sogen.  Ansatz  zugefügt.  Dieser  letztere  ist  eine  ähnlich  bereitete,  kleinere 
Menge  von  Maische  (llefengut  genannt),  die  man  eine  Milchsäuregärung 
hat  durchmachen  lassen,  um  ein  Schutzmittel  gegen  unvermeidliche  Fremd- 
keime zu  schaffen,  worauf  sie  mit  Hefe  beimpft  wird,  um  schließlich, 
nach  deren  Reife,  in  die  Hauptmaische  eingetragen  zu  werden.  Ungefähr 
■i  bis  4  Stunden  später  beginnt  dann  in  dieser  der  sogen.  Hefenauftrieb. 
Die  Oberfläche  der  Maische  wird  durch  einen  von  unten  her  vordringenden 
weißen  Schaum  durchbrochen,  der,  unter  lebhafter  wälzender  Bewegung, 
binnen  12  Stunden  eine  Mächtigkeit  von  30 — 40  cm  erreicht.  Er  ist 
der  Träger  des  größten  Teiles  der  Nachkommenschaft  der  durch  den  An- 
satz eingebrachten  Hefenzellen  und  wird  nach  weiteren  3 — 4  Stunden, 
während  deren  die  Zellen  in  ihm  ihre  Reife  erlangen,  mittels  großer 
Löffel  abgeschöpft  und  durch  Sieben  in  Hefe  einerseits  und  die  ihr  bei- 
gemengten gröberen  Treberteilchen  (Schalenstücke  des  Maischmateriales) 
anderseits  zerlegt.  Durch  Waschen  mit  Wasser  wird  weitere  Reinigung 
der  Hefe  erzielt,  worauf  man  diese  dann  absitzen  läßt,  durch  Pressen 
sammelt  und  entwässert  und  schließlich  zu  handelsgerechten  Stücken  ge- 
staltet. Solche  wurden  früher  in  Deutschland  im  Gewichte  eines  Pfundes 
hergestellt  und  verkauft,  womit  der  hier  und  da  auch  heute  noch  ge- 
brauchte Name  Pfundhefe  für  Preßhefe  sich  erklärt.  Die  einzelnen 
Stücke  werden,  jedes  in  Pergamentpapier  gewickelt,  in  handelsüblicher 
Anzahl  in  Kisten  verpackt  und  versandt.  Für  eineii  weiteren  Weg,  so 
z.  B.  aus  Österreich  nach  der  Levante,  wird  die  gepreßte  Hefe  in  Fässer 
eingestampft.  Die  chemische  und  mykologische  Beschaffenheit  des  Per- 
gamentpapiers ist  von  Einfluß  auf  die  Haltbarkeit  der  Hefe;  man  ver- 
gleiche über  jene  die  Abhandlung  von  A.  Burr,  A.  Wolff  und 
F.  M.  BerberichS). 


Vj  Handbuch  der  Preßhefe-Fabrikation.  2.  Aufl.,  Herhn  -1896. 
i)  Handbuch  der  Preßhefen-Fabrikation.  Braunschweig  1912. 
H)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  der  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1912,  Bd.  24,  p.  197- 


Dreiuntizvvanzigstei-  Absclmilt.     Hele.  943 

Das  Würze-Verfahren  oder  Lüftungs-Verfahren  der  Preß- 
hefen-Bereitung unterscheidet  sich,  wie  schon  seine  Namen  besagen,  von 
dem  Abschüpf-Verfahren  dadurch,  daß  es  nicht,  wie  dieses  letztere,  eine 
dickliche  Maische,  sondern  eine  lautere  Würze  verwendet  und  diese  kräftig 
und  anhaltend  lüftet.  Auch  hier  wird  die  Maische  nach  erreichter  Ver- 
zuckerung, ähnlich  wie  beim  Wiener  Verfahren,  zunächst  der  Milchsäure- 
gärung überlassen.  Sobald  diese  die  erforderliche  Säuremenge  hervor- 
gebracht hat,  wird  zwecks  Abtötung  der  Säuerungserreger  die  Maische 
aufgehitzt  und  aus  ihr  auf  dem  Läuterbottich  die  lautere  Würze  ab- 
geschieden, die  man  in  das  Vermehrungs-Gefäß  (Gärbottich;  überführt 
und  mit  der  zu  vermehrenden  Hefe  zusammenbringt  (anstellt).  Nun  bläst 
man  in  die  Flüssigkeit  einen  Strom  gereinigter  Luft  ein,  durch  welche 
die  Vermehrung  der  Zellen  angeregt,  beschleunigt  und  (auf  das  mehr 
als  Zwanzigfache  der  Aussaat)  erhöht  wird.  Nach  beendeter  Entwicklung 
und  Gärung  sondert  man  den  (zuvor  noch  gekühlten)  Inhalt  des  Bottichs 
mittels  Zentrifuge  oder  Klärschiffes  in  die  dem  Destillierapparate  zu- 
zuführende alkoholische  Flüssigkeit  einerseits  und  die  Hefenernte  ander- 
seits, welch  letztere  mittels  Wasser  gewaschen  und  schließlich  in  Filter- 
pressen getrieben  und  in  versandbereiten  Zustand  gebracht  wird.  Bei 
diesem  Verfahren  wird  die  gesamte  Hefenernte  als  solche  gewonnen 
Bei  dem  Abschöpfverfahren  hingegen  ist  nur  jener  Anteil  praktisch  er- 
reichbar, welcher  in  der  Schaumdecke  über  die  dicke  Maische  hinaus- 
gehoben worden  ist;  alle  anderen  Zellen,  die  in  der  letzteren  verbleiben, 
entgehen  hier  dem  Hefenfabrikanten.  Die  Ausbeute  ist  demnach  beim 
Würzeverfahren  schon  aus  diesem  Grunde  und  zudem  auch  noch  dank 
dem  Lüften  weit  höher  als  beim  Wiener  Verfahren:  zufolge  M.  Del- 
brücki)  liefern  100  Teile  Malz  in  Form  von  (dicker)  Maische  in  der 
Praxis  10 — 11  Teile  Preßhefe,  in  Form  von  Würze  ohne  Lüftung 
21—23  Teile  und  in  Form  von  Würze  mit  Lüftung  30  Teile  Hefe. 

Die  Größe  des  Trockenrückstandes  der  Preßhefe  wird  selbst- 
verständlich auch  durch  die  Stärke  des  vorausgegangenen  Pressens  be- 
stimmt, das  sich,  infolge  mancherlei  Einflüsse,  nicht  immer  gleich  weit 
treiben  läßt.  R.  Kusserow^)  hat  acht  verschiedene,  stärkefreie  Proben 
aus  dem  Handel  daraufhin  geprüft,  wodurch  22,1  Proz.  als  Geringst- 
befund, 29,9  Proz.  als  Höchstbefund  und  25,6  Proz.  als  Durchschnitts- 
wert sich  ergaben.  In  der  Praxis  rechnet  man  gewöhnlich  mit  26  Proz. 
Trockenrückstand  und  also  74  Proz.  Wassergehalt.  Das  spezifische  Ge- 
wicht jener  acht  Proben  wurde  zu  1,082 — 1,109  und  dasjenige  des 
Trockenrückstandes    zu   1,491 — 1,580,    durchschnittlich    zu    1,509,     be- 


1)  Zeitschrift  L  Spiritusindustrie,   1890,  Ergünzungsiieft,  p.  37 

2)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,   1897,   Bd.  20,  p.  106. 


944  DieiiiMil/wanzigster  Abschnitt.     Hefe. 

funden.  Von  diesem  entfällt  ungefähr  ein  Drittel  auf  Kohlenhydrate 
(Zell wand,  Hefengummi,  Glykogen  u.  a.),  das  zweite  Drittel  auf  stick- 
stoffhaltige Stoffe  (Proteine,  Nukleine,  Amide  u.  a.),  und  in  das  dritte 
Drittel  teilen  sich  Fett,  Asche  u.  a. 

Gute  Preßhefe  muß  dreierlei  Eigenschaften  aufweisen:  schöne  Farbe, 
ausreichende  Haltbarkeit  und  hohe  Triebkraft.  Schön  heißt  die  Farbe 
dann,  wenn  sie  gelblich- weiß  bis  gelblich  ist.  Minderwertig  ist  graue 
oder  graugelbe  oder  aber  blau  gewordene  Hefe.  In  letzterem  Falle  trägt 
die  Schuld  ein  Gehalt  an  Eisensalzen,  welche  bei  Benutzung  eiserner 
Bottiche  und  unrichtig  durchgeführter  Säuerung  der  Maischen  in  über- 
großer Menge  aufgenommen  wurden.  In  den  beiden  andern  Fällen  weist 
die  Mißfarbe  auf  einen  Gehalt  entweder  von  unreifer  Hefe  oder  aber 
von  Maische-Schleimstoffen  hin,  welche  nicht  genügend  durch  das 
Waschen  aus  der  Hefenernte  fortgeschafft  worden  sind. 

Die  Haltbarkeit  der  Preßhefe  ist  nicht  bloß  für  den  Handel  nach 
fernen  Gegenden  von  Wichtigkeit,  sondern  kommt  auch  im  Binnenlande 
in  Betracht.  Die  Tageserzeugung  einer  Fabrik  muß,  wenn  der  Betrieb 
wirtschaftlich  sein  soll,  auf  ein  Mittelmaß  des  Bedarfes  eingerichtet  sein. 
Dieser  jedoch  schwillt  kurz  vor  hohen  Festtagen  rasch  und  weit  über 
jenes  Maß  hinaps  an,  so  daß  also  die  Fabriken,  um  ihm  dennoch  ent- 
sprechen zu  können,  gezwungen  sind,  schon  einige  Zeit  vorher  auf  Vorrat 
zu  arbeiten  und  der  Hefe  ihre  Tauglichkeit  dadurch  zu  wahren,  daß 
man  sie  kühl  hält  und  gelinde  austrocknen  läßt;  vor  dem  Versand  wird 
sie  dann  mit  frisch  gewonnener  Hefe  verknetet.  Einfluß  auf  die  Halt- 
barkeit nehmen  außer  der  Besonderheit  der  Rasse,  der  Bereitung  und 
der  Aufbewahrung  auch  die  Fremdkeime  in  der  Preßhefe.  Deren 
Anwesenheit  gibt  sich  schon  bei  Prüfung  unter  dem  Mikroskop  und  um- 
fassend durch  biologische  Untersuchung  (Plattenverfahren,  Tröpfchen- 
verfahren  u.  dgl.  m.)  zu  erkennen.  Das  durch  W.  Henneberg i)  und 
M.  W.  Beijerinck^)  eingehend  geprüfte  reichliche  Vorkommen  von 
Milchsäurebakterien  erklärt  sich  leicht  aus  der  Tatsache,  daß  die 
Preßhefe  in  einem  Nährboden  herangewachsen  ist,  den  man  vor  dessen 
Beimpfung  mit  Hefe  absichtlich  eine  Milchsäuregärung  hat  durchmachen 
lassen;  eine  solche  tritt  dann,  wie  W.  Ho  11  ig  er  3)  dargetan  hat,  auch 
im  Hefenteig  wieder  ein,  in  welchem  sie  neben  der  gasbildenden  Alko- 
holgärung der  Hefenzellen  einhergeht  und  diese  letzteren  vor  Schädigung 
durch  andere  Bakterien,  insbesondere  fäulniserregende,  beschützt.     Denn 


1)  Zeitschrift   f.  Spiritusindustrie,  1901,   Bd.  24,   p.  371  ;    4903,   Bd.  26,    p.  226; 
1904,  Bd.  27,  p.  85. 

2)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1902,  Bd.  25,  p.  531. 

3)  Zentralbl.  f.   Bakteriologie.  2.  Abt.,  1902,   Bd.  9,  p.  305. 


Dreiundzwanzigster  Abschnitt.     Hefe.  945 

Fäulnisbakterien  sind  nicht  bloß  im  Mehl,  sondern  auch  in  der 
Preßhefe  selbst  vorhanden,  in  die  sie  zum  Teil  aus  der  Maische  und 
von  den  Geräten  und  zu  einem  anderen  Teile  aus  dem  Waschwasser 
hineingelangt  sind;  über  deren  Vorkommen  in  Preßhefe  hat  W.  Henne - 
bergi)  eingehend  berichtet.  Mycodermen  (s.  p.  913)  sind  insbesondere 
m  Lufthefe,  durch  deren  Bereitungsweise  begünstigt,  manchmal  reichlich 
vorhanden.  Um  sie  leicht  aufzufinden,  stampft  man  nach  Hennebergs^) 
Vorschlag  die  Probe  in  eine  flache  Deckelschale  (Petri-Schale)  ein  und 
ebnet  die  Oberfläche  der  Schicht;  auf  dieser  werden  sich  dann  binnen 
wenigen  Tagen  des  Zuwartens  die  zu  oberst  liegenden  Zellen  der  (luft- 
bedüiftigen)  Mycodermen  zu  je  einer  trockenen,  weißen  Pustel  (Kolonie) 
vermehren.  ^Der  an  der  Oberfläche  der  lagernden  Hefenstücke  sich  ent- 
wickelnde sammetähnliche,  weißliche,  flaumige  Überzug  ist  meist  aus 
dem  Myzel  des  Oidium  lactis  aufgebaut.  Das  Weich  wer  den  bedeutet 
das  Ende  der  Haltbarkeit  einer  Hefenprobe  und  kommt  im  Wesen  da- 
durch zustande,  daß  viele  Hefenzellen  absterben  und  so  ihren  Zellsaft 
austreten  lassen,  der  nun  den  zerstörenden  und  schließlich  zur  Fäulnis 
führenden  Fremdkeimen  als  Nährstoff  und  Mittel  zu  reichlicher  Ver- 
mehrung dient.  Verursacht  wird  das  Weichwerden,  welches  nach  und 
nach  bis  zur  Verflüssigung  (Autolyse)  vorschreitet,  durch  das  Wirken 
der  Endotryptase  (siehe  p.^923),  das  mit  dem  Schwinden  des  Glykogen- 
Vorrates  der  Zellen  und  der  durch  ihn  ermöglichten  Selbstgärung  (s.  p.  925) 
merklich  beginnt.  Abgestorbene  Zellen  können  unter  dem  Mikroskop 
mittels  wässeriger  Farbstofflösungen  (s.  p.  928)  erkannt  und  gezählt 
werden. 

Unter  Triebkraft  versteht  der  Bäcker  das  Vermögen  der  Hefe, 
den  mit  dieser  bereiteten  Teig  innerhalb  einer  gegebenen  Zeitdauer  zu 
einem  gewünschten  Umfang  aufgehen  zu  machen  (aufzulockern),  welcher 
dann  während  des  Backens  nicht  geringer  werden  darf,  sondern  ^im 
Gegenteil  noch  durch  eine  Nachwirkung  (den  sogenannten  Ofentrieb) 
etwas  zunehmen  soll.  Dieses  Vermögen  ist  nicht  von  der  Hefe  allein, 
sondern  auch  von  der  Beschaffenheit  des  Teiges  und  Mehles  abhängig; 
das  letztere  enthält,  wie  hier  bloß  angedeutet  werden  darf,  zufolge  neuerer 
Untersuchungen  hefenfeindliche  Stoffe,  die  zuerst  durch  H.  Lange 3)  be- 
merkt und  später  durch  Fr.  Hayduck^),  W.  Henneberg^)  u.  a.  näher 
untersucht    worden    sind.     In    Unkenntnis'  dieser    Einflüsse    hatte    man 


\)  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1904,  Bd.  21,  p.  260  u.  747;  Zeitschrift  f.  Spiritus- 
industrie, 1904,   Bd.  27,  p.  96. 

2)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,   1903,  Bd.  26,  p.  51. 

3)  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1906,  Bd.  23,  p.  513;   1907,  Bd.  24,  p.  417. 

4)  Wochenschrift  f.  Brauerei,  1907,  Bd.  24,  p.  673. 

ö)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1908.  Bd.  31,  p.  77. 
Wies ner,  Rohstoffe.     IN.  Band.     3.  Aufl.  fiO 


946  Dieiundzwanzigster  Abschnitt.     Hefe.  y 

früher  bei  der  vergleichenden  Prüfung  zweier  Bäckerhefen  diejenige  als 
die  Iriebkiäfligere  bezeichnet,  welche  in  einem  künstlichen  Nährboden 
(gezuckerte  Mineralsalzlüsung)  in  der  Zeiteinheit  die  größere  Menge  an 
Kohlensäure  entwickelte;  in  Wirklichkeit  aber  hatte  man  damit  nur  die 
Gärkraft  gemessen,  zu  deren  Feststellung  die  Verfahren  von  M.  Hay- 
duck,  E.  Meißl  u.  a.  dienen,  die  eine  Sache  des  Nahrungsmiltel- 
chemikers  sind.  Heute  steht  man  auf  dem  Standpunkt,  daß  die 
Frage  zuverlässig  nur  durch  den  praktischen  Backversuch  zu  entschei- 
den ist,  bei  dem  allein  auch  der  wichtige  Ofentrieb  beurteilt  werden 
kann. 

Von  Verfälschungen  der  Preßhefe  kommen  hauptsächlich  zwei  in 
Betracht:  Zusatz  von  Stärke  oder  von  Bierhefe.  Ein  Zusatz  von 
Stärke^  und  zwar  fast  ausschließlich  Kartoffelstärke,  selten  Weizen- 
stärke, zur  Preßhefe  war  in  früherer  Zeit  erforderlich,  um  das  Pressen 
gut  durchführen  zu  können  und  angeblich  auch,  um  die  Haltbarkeit  zu 
erhöhen.  Heutzutage,  bei  den  vervollkommneten  Preßvorrichtungen  und 
der  verbesserten  Arbeitsweise,  ist  er  überflüssig  und  also,  wenn  er  dem 
Käufer  verheimlicht  wird,  als  Verfälschung  zu  beurteilen.  F.  Dafert 
und  K.  Kornauthi)  haben  dies  durch  eingehende  Untersuchung  fest- 
gestellt und  damit  die  sachliche  Berechtigung  des  sogenannten  Mischver- 
botes dargetan.  Die  qualitative  Nachweisung  der  Stärke  ist  mit  Hilfe 
des  Mikroskopes  leicht  auszuführen,  wenn  man  eine  Lösung  von  Jod 
anwendet,  welch  letzteres  vor  allem  durch  die  proteinreichen  Hefenzellen, 
die  sich  dadurch  gelb  färben,  gebunden  wird,  so  daß  man  also,  wenn- 
gleich nur  nach  und  nach,  eine  beträchtlichere  Menge  bieten  muß.  Die 
quantitative  Bestimmung  ist  Sache  des  Chemikers,  dem  dazu  eine  Reihe 
von  Verfahren  empfohlen  worden  sind,  die  jedoch  wohl  alle  ein  nur 
annähernd  richtiges  Ergebnis  liefern,  so  z.  B.  die  von  G.  Bruylants 
und  H.  Druyts^j,  von  Crispo^),  von  E.  Geißler''),  von  M.  Hayduck^), 
von  A.  Hebebrand^),  von  Ed.  Jalowetz^),  von  Neumann  Wender^), 


1)  Experimentelle  Beiträge  zur  Lösung  der  Frage  nach  der  zweckmäßigsten 
gesetzhchen  Regelung  des  Verkehrs  mit  Hefe.  Wien  1908;  Archiv  f,  Chemie  u.  Mikro- 
skopie, 1908,  Bd.  1,  p.  1. 

2)  Bulletin  Assoc.  beige  des  Chimistes,  -1899,  p.  20. 

3)  Ref.  in  Chem.  Zenlraibl.,  1899,  Bd.  H,  p.  852. 

4)  Pharmazeut.  Zentralhalle,  1880,  Bd.  1,  p.  456. 

5)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1881,  Bd.  4,  p.  18  u.  201. 

6)  Zeitschrift  für  Untersuchung  der  Nahrungs-  und  Genußmittel,  1902,  Bd.  3, 
p.  58. 

7)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1910,  Bd.  33,  p.  567  u.  615. 

8)  Verhandlungen  d.  Versammlung  Deutscher  Naturforscher  u.  Ärzte,  1902. 
Bd.  II,  1.  Hälfte,  p.  96. 


Dreiiinclzwaiizigster  Abschnitt.     Hel'c.  947 

von  S.  Rohn*),  von  A.  von  Schwarz^),  von  P.  Soltsien'^)  u.  a. 
Eine  geringe  Menge  (Spuren)  von  Stärke  wird  man  in  Preßhefe  nicht 
beanstanden  dürfen,  weil  solche  aus  der  (im  technischen  Betriebe  nicht 
bis  auf  das  letzte  Stärkekorn  verzuckerten)  Maische  herstammt.  Diese 
wird,  wie  gesagt,  gewöhnlich  aus  Getreidefrüchten  hergestellt,  deren 
Stärkekörner  von  denjenigen  zugesetzter  Kartoffelstärke  stark  verschieden 
sind,  jedoch  auch,  was  nicht  vergessen  werden  darf,  durch  den  Maisch- 
vorgang eine  Änderung  im  Aussehen  (Quellung,  Schichtenbildung)  erlitten 
haben.  Eine  nach  dem  Verfahren  von  Kruis  mittels  Kartoffelsaftes 
(als  Abfalles  von  der  .Slärkebereitung  durch  Ausschleudern)  gewonnene 
Preßhefe  kann  freilich  auch  Spuren  von  Kartoffelstärke  als  normalen 
Bestandteil  aufweisen,  so  daß  also  der  Gutachter  in  solchem  Falle  sich 
nach  dem  Betriebsverfahren  wird  erkundigen  müssen. 

Der  Zusatz  von  Bierhefe  ist  nicht  einmal  geschichtlich  durch  den 
Entwicklungsgang  der  Preßhefenerzeugung  zu  erklären,  sondern  ist  be- 
wußte Fälschung,  die,  ungleich  jenem  ersteren  Zusatz,  auch  heute  nuch 
oft  unternommen  wird.  Die  zu  verhältnismüßig  geringem  Preise  erhält- 
Uche  Abfallhefe  (s.  p.  929)  der  untergärigon  Brauereien  wandert  zum 
Teil  in  das  Magazin  manches  Preßhefenhändlers,  der  sie,  nach  zuvor 
durchgeführtem  Entbittern  (s.  p.  929  und  930),  dann  mit  der  aus  der 
Preßhefen fabrik  bezogenen  reinen  Getreidepreßhefe  mittels  Knetmaschine 
vermischt.  Insoweit  dieser  verschlechternde  Zusatz  dem  (mehr  auf  Preis- 
niedrigkeit denn  auf  Preiswertigkeit  sehenden)  Käufer  angegeben  wird, 
läßt  sich  gegen  solchen  Selbstbetrug  nichts  tun;  gegenteiligen  Falles  ist 
er  als  Verfälschung  zu  bestrafen.  Dessen  Nachweisung  ist  entweder  auf 
physiologisch-chemischem  oder  auf  morpb'ologisch-bolanischem  Wege  zu 
führen.  Jener  ist  zuerst  durch  A.  Bau^)  angegeben  worden  und  gründet 
sich  im  Wesen  darauf,  daß  die  Raffinose  durch  die  untergärigen  Hefen 
vollständig  vergoren  (beseitigt)  wird,  hingegen  durch  die  obergärigen 
Hefen,  also  auch  die  Preßhefen,  nur  zu  einem  Drittel,  und  zwar  so, 
daß  von  jenem  Trisaccharid  dann  das  Disaccharid  Melibiose  (s.  p.  923) 
zwar  auch  abgespalten,  jedoch  nicht  auch  angegriffen  wird  und  also 
übrig  bleibt;  auf  dessen  Anwesenheit  oder  Abwesenheit  wird  schließlich 
mit  Fehling-Lösung  geprüft.  Die  Ausführung  der  heiklen  Untersuchung 
ist  Sache  des  Gärungsphysiologen.    Das  durch  P.  Lindner^)  angegebene 

\)  Zeitschrift  f.  Untersuchung  d.  Nahrungs-  u.  Genußmittel,  1900,  Bd.  3,  p.  756. 

2)  Bericht  ü.  d.  5.  Internat.  Kongreß  f.  angewandte  Chemie  zu  Berlin,  1903, 
Bd.  3,  p.  586. 

3)  Pharmazeut.  Zeitung,  1902,  Bd.  47,  p.  491. 

4)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1894,  Bd.  17,  p.  374;  1895,  Bd.  18,  p.  372; 
Wochenschrift  f.  Brauerei,  1898,  Bd.  15,  p.  389. 

5)  Zeitschrift  f.  Spiritusindustrie,  1903,  Bd.  26,  p.  229;  1904,  Bd.  27,  p.  156 
u.  225. 

60* 


948  Dreiundzwanzigster  Abscbnitt.     Hefe. 

botanisch-morphologische  Verfahren  verwertet  die  Verschiedenartigkeit 
der  Sproßbildung,  die  bei  den  Preßhefen  zu,  einem  sparrigen,  monopo- 
dialen  Zell  verbände  führt,  bei  den  untergärigen  Bierhefen  hingegen  nach 
dein  Vorbilde  des  Sympodiums  verläuft  und  einen  weit  weniger  festen 
und  rascher  vergänglichen  Zusammenhang  schafft.  Preßhefe,  die  nach 
dem  Lüftungs verfahren  gewonnen  worden  ist,  kann,  ohne  absichtlichen 
Zusatz,  schon  von  Haus  aus  eine  merkliche  Menge  von  Unterhefe  als 
Verunreinigung  enthalten,  die  sich  im  Verlaufe  der  Bereitung  eingeschlichen 
und  vermehrt  hatte,  so  daß  also  auch  hier  der  Gutachter  bis  auf  die 
Erzeugungsstätte  wird  zurückgreifen  müssen. 

Hefenkonserven  für  Bäckereizwecke  sind  trockene  Gemische 
von  Hefe  mit  Zusätzen,  welche  die  Haltbarkeit  für  den  Fall  langer  Auf- 
bewahrung sichern  sollen.  0.  Reinke'j  beschrieb  eine  solche,  die  unter 
der  Bezeichnung  Wunderhefe  (niagic  yeast)  in  Gestalt  dünner  Scheiben 
in  Amerika  im  Handel  vorkommt  und  Maisschrot  als  Zusatz  enthielt. 
H.  VViH2:  l)erichtete  über  eine  .'ihnlichc  Probe  von  Dauerhefe,  die  in 
biskuitähnliche  Stücke  von  5  :  )<»  cm  Kläclie  und  t  cm  Dicke  abgeteilt 
war  und  sich  im  Gebrauche  bewälirtr.  Für  die  Versorgung  der  See- 
schiffe, insbesonders  Segelschiffe  langer  Fahrt,  für  Ileereszwecke  u.  dgl. 
kommen  derartige  Hilfsmittel  in  Betracht  und  Verwendung. 

Die  sogenannte  chinesische  Hefe  Sdll  bloli  erwähnt  werden,  um 
zu  betonen,  daß  sie  ihren  Namen  zu  Unreclil  führt.  Sie  spielt  in  Ost- 
asien eine  wichtige  Rolle  bei  der  Bereitung  des  chinesischen  Reisbrannt- 
weini  und  mittelbar  auch  des  javanischen  Ariaks  und  kommt  als  Rohstoff 
im  Handel  vor  in  Gestalt  talergroßer.  trockener,  weißlicher  Kuchen,  die, 
nebst  Reismehl  als  Träger,  die  Myzelstücke  und  Gemmen  gewisser  Mucor- 
ar'ten  und  Rhizopus-.\rten  enthalten,  welche,  anstatt  des  Malzes,  in  jenen 
Gärungsbetrieben  die  Verzuckerung  der  aus  Rei.<  hergestellten  Maischen 
zu    besorgen   haben.     Näheres  darüber  hat  ('..  W'ehmer^    berichtet. 

Ausführlichere  Angaben  über  flefe  ündet  man  in  dem  durch  den 
Verfasser  vorliegenden  Abschnittes  herausgegebenen  fünf  bändigen  »Hand- 
buch der  Technischen  Mykologie,  Jena,  G.  Fischer«,  und  zwar  über  die 
Morphologie  und  Physiologie  insbesondere  im  vierten  und  über  die  tech- 
nische Anwendung  im  fünften  Bande. 

r  Wocheiiscluift  r.  Brauerei,  1888,  Bd.  9,  p.  1009. 
■^]  Handbuch  der  Tecbn.  Mykologie.  Bd.  :>,  p.  117. 
•V  In:  Lalar.  Huiidlmcb  der  Tc<lin.  Mykologie,  Bd.  V.  p.  .319. 


Namen-  und  SachreR'ister. 


Abacä-Faser  277,.  278,  280,  282,  286. 
Abelmoschus  esculentus  W.  et  A.  85. 
Abelmoschus  moschatus  Moench  672. 
Abelmoschus     tetraphyllos    Graham     17, 

39,   40,  42,   44,   46,   47,   48,  49,   62,   86, 

98,    246,    247,   251—254. 
Abelmoschus  tetraphyllos  Wall.  86. 
Abelmoschusfaser  251 — 254,   255,   256. 
Abfallbierhefe  918. 
Abfallhefe  927,   928,  929,  930,  937,  938, 

940,  947. 
Abies  alba  Mill.  493,  662. 
Abies  canadensis  Mchx.  493. 
Abies  pectinata  DC.  63,  493. 
Abies  Pichta  (Fisch.)  Forbes  493. 
Abies  Sibirica  Ledeb.  493. 
Abieteen  492. 
Abir  Powder  412. 
Abortivum  523. 
Abroma  angulata  Lam.  90. 
Abroma  angusta  L.  fil.  23,  90. 
Abroma  fastuosa  R.  Br.  90. 
Abroma  molle  DC.  90. 
Abrus  precatorius  L.   80,   420,   463,   667. 
Abschöpfverfahren    der    Preßhefefabrika- 
tion 942. 
Absinthol  523. 
Abutilon  sp.  370. 
Abutilon  Abutilon  86. 
Abutilon  asiaticum  Don.  86. 
Abutilon  Avicennae  Gärtn.  86,  251. 
Abutilon  Bedfordianum  A.  St.  Hil.  87,  370. 
Abutilon  indicum  Don.  86. 
Abutilon  populifolium  Sw.  86. 
Acacia  sp.  666. 
Acacia  Adansonii  Guill.   et   Perott.   851, 

852,   856. 
Acacia  arabica  Willd.  797,  851,  852,  856. 
Acacia   arabica  Willd.   ö.   indica   Benth. 

851,  852,  853,  854,  855. 
Acacia  Bambolah  Roxburgh  851. 
Acacia  Gavenia  Hook,  et  Arn.   601. 
Acacia  cineraria  Willd.  851,  852. 
Acacia  concinna  DC.  797. 
Acacia  dealbata  601. 
Acacia  Farnesiana  Willd.  601,  851,  852, 

854,  856,   857. 
Acacia  floribunda  601. 


Acacia  Giraffae  Willd.  797,  852. 

Acacia  hori-ida  Willd.  852. 

Acacia  leucophloea  Willd.  81. 

Acacia  lophanta  Willd.  420. 

Acacia  melanoxylon  601. 

Acacia  nilotica  Delil.  850,  851,  854,  855, 

856. 
Acacia  procera  Willd.  81. 
Acacia  pycnantha  Benth.  601. 
Acacia  Senegal  Willd.  851,  852. 
Acacia  Seyal  Del.  851. 
Acacia  Sing  Guill.  et  Perott.  81,  851,  852. 
Acacia  subalata  797,  852. 
Acacia  vera  (DG.)  Willd.  851. 
Acacia  Verek  Guill.  et  Perott.  851. 
Acaena  sp.  419. 
Acajoubaum  800. 
Acajounuß  800. 
Acajousamen  671. 
Acanthaceen  520,  675. 
Acantophyllum    squarrosum    Boiss.    454, 

455. 
Aceito  de  cavalho  508. 
Acer  rubrum  384. 
Aceton-Dauerhefe  924. 
Achaenium   898. 
Achillea  millefolium  L.  608. 
Achillea  moschata  L.  522. 
Achiote  673. 
Achroozellulose  919. 
Achsenorgane,  unterirdische  407. 
Ackerdoppen  823. 
Ackersenfsamen  723. 
Ackersteinsame  425. 
Acnistus  cauliflorus  Schott  426. 
Aconit  417. 
Aconitin  417. 
Aconitsäure  417. 
Aconitum-Abkochung  670. 
Aconitum  columbianum  Nuttall  417. 
Aconitum  ferox  Wallich  417. 
Aconitum  Fischeri  Reich.  417. 
Aconitum  heterophyllum  417. 
Aconitum  japonicum  Thunh.  417. 
Aconitum  Lycoctonum  L.  417. 
Aconitum  Napellus  L.  417. 
Acorin  435. 
Acorus  Calamus  C-  ^09,  431,  432,  498. 


950 


Xaiiion-  und  Saclii-egister. 


Acorus  gramineus  Ait.  435. 
Acorus  gramineus  L.  .409. 
Acrocomia  lasiospatha  Mart.  69. 
Adaliavalonen  824,  825,  829. 
Adams  needle  fibre  71. 
Adansonia  digitata  39,  89,  369. 
Additionsfarben  13. 
Adenanthera  pavonina  L.   666. 
Adenin  921,  934,  935. 
Adstringens  549,  889. 
Aegilops  (Sekl.  v.  Quercus)  823. 
Aegilospidum  (Sekt.  v.  Quercus)   823. 
Aeroplanflügel  183. 
Aeschynomene  aspera  Willd.  390. 
Aeschynomene  cannabina   Kön.   23,  80. 
Aeschynomene  grandiflora  L.   81. 
Aeschynomene  lagenaria  Lour.  390. 
Aeschynomene  paludosa  390. 
Aeschynomene  spinulosa  Roxb.  81. 
Aesculus  hippocastanum  L.   671. 
Aetolico-Achaja-Valonen  824. 
Aframomum    angustifolium     (Sonn.)     K. 

Schum.  793. 
Aframomum   Daniellii   K.  Schum.   793. 
Aframomum  Hanburyii  K.  Seh.  793. 
Aframomum     Meleguetta     (Roscoe)      K. 

Schum.  793. 
African  bowstring  hemp  324. 
Afrik  68,  350. 
Agarobillo  797,  869—873. 
Agave  sp.  6,  7,  9,  287,  288,  290,  291,  312, 

313,   318,   369,   401. 
.\gave  americana  Blanco  72. 
.\gave  americana  L.  7,  8,  14,  24,  72,  287, 

289,  290,  291,  292,  293,  294,  295.  296, 
302,   303,  309,   311,   312,   318. 

Agave  cantala  Roxb.   72,   287,   289,   290, 
294,  297,  298,  302—308,  309,  311,  318. 
Agave  cantula  Roxb.   72,  287. 
Agave  cocui  Trelease  43,  73,  291. 
Agave  decipiens  Baker  73,  298. 
Agave  Deveyana  Trelease  73,  291. 
Agave  diacantha  L.   73. 
Agave  elougata  Jacobi  73. 
Agave  falc-ata  Engelm.   73,  291. 
Agave  filifera  Salm-Dyck  73. 
Agave  fourcroydes    Lemaire    25.    73,    99, 

290,  296,   297,  308—312. 

Agave  Funkeana  Koch  et  Bouche  73,  312. 
Agave  heleracantha  Zucc.   73. 
Agave  ixtli   Karwinski  73,  289. 
Agave  Lpcheguilla  Torr.  73,  289,  291. 
Agave  Lespinassei  Trelease  73,  291. 
Ag-ave  lophanta  Jacobi  73. 
Agave  macrocantha  288. 
Agave  mexicana  Lam.  73.   411. 
Agave  rigida  Hemsley  73. 
Agave  rigida  Mill.  73.  297. 
Agave  rigida  elongata  Bak.   73. 
Agave  rigida  longifolia  Engelm.  73,  297. 
Agave  rigida  Mill  v.sisalanaEnglm.  73, 297. 


Agave  sisalana  Perrine  25,  73,  99,  188, 
290,  294,  296,  297,  297—302,  306,  307. 
309,   310,   311. 

Agave  striata  Zuccar.  73,  291. 

Agave  Tequilana  Trelease  73,  291. 

Agave  vivipara  Dabz  et  Gibs,  non  L.  72. 

Agave  yuccaefolia  DC.   73. 

Agave  Zapupe  Trelease  73,  291. 

Agave,  grüne  296. 

Agave,  weiße  296. 

Agavefasern  30,  44,  72,  73,  98,  136,  286 
—312,   319,   354,   371; 

Agavefasern,  Höhed.  Doppelbrechung  311. 

Agavefasern,  Verholzungsgrad  311. 

Agavenblattanatomie  292. 

Ageratum  mexicanum  Sims  530,  582,  750. 

Agglutination  759. 

Agglutinin  743. 

Agrabaumwolle  128. 

Agrimouia  Eupatoria  L.  419. 

Agropyrum  repens  408. 

Agrostemma  coeli  rosa  L.  416. 

Agrostemma  Githago  I^.  416. 

Ailanthus  glandulosa  Desf.  506,  542. 

Ailanthusspinner  539. 

Ajonjoli  779. 

.\jowanöl  520. 

Ak  95. 

Akamaruminze  554. 

Akazie,  falsche  666. 

Akazienblüten  601. 

Akeöl   603. 

Ak-Muddar  207. 

Akon   18,   95,    139,    145,    150. 

Akonitsäure   487. 

A'l   471. 

AI  ab  a  m  abau  m  wo  lle  126. 

Alang  66. 

Albardine  328. 

Albizzia  lophantha  Benth.  420. 

Albizzia  moluccana  384. 

Albumin  920,  922,  933. 

Albuminose  743. 

Alcana  root  463. 

Alcanna  cappadocica  Boiss.  425,  466. 

Alcanna  Malthioli  Tausch   466. 

Alcanna  syriaca   Boiss.  et   H.   425. 

Alcanna  tinctona  Tausch  422,  425,  463. 

Alcassuz  420. 

Alcea  rosea  L.   603. 

Alchpinilla  vulgaris  L.   419. 

Al.ijol-djolan   779. 

Ale  460. 

Aletris  guineensis  L.  72. 

Aletris  nervosa  Roxb.  72. 

Aleuritis  cordata  Müll.  Arg.  670. 

Aleuronkörner  681,  690,  691,  696,  700. 
703,  711,  720,  721,  732,  734,  742,  743, 
749,  755,  758,  765,  773,  774,  783,  789, 
823,  848,  849,  873,  883,  893,  897,  902, 
906.908,   911. 


Namen-  und  Sachregister. 


951 


Aleuronschichte  717,  720,  748,  893,  901, 

908,   911. 
AleuronzcUenschicht  717,   720,   748,   893, 

901,  908,  911. 
Alfa  328,  329. 
Al^^a  vitrarioriim  64. 
Alsijai'ohia  Benth.  (Sekt,  von  Prosopis)  797. 
Al,<,'ai-obillo  797,  869—873,  893,  894. 
Algarobito  869. 
Alsarobo  869. 
Alo:arovilla  797. 
Altjarrobo  blanca  870. 
Als;en   62,   63. 

Alf^^en  als  Faserpflanzen  62. 
Al^odon  de  seda  150. 
Alhenna  463,  547. 
Alizari  467. 
Alizarin   467,   469,   470. 
Alkaloid  406,  411,  417,  418,  426,  446,  485, 

500,   576,   655,   669,   674,   775,   843. 
Alkanet  root  466. 
Alkanna,  syrische  465,  466. 
Alkanna,  türkische  465,  466. 
Alkannafarbstoffentstehung  465. 
Alkannarot  465,  487. 
Alkannasäure  465. 
Alkaiinawurzel  425,  427,  463—46'). 
Aikannavvurzel,  syrische  425. 
Alkannawurzel-Verfälschungsmittel   466. 
Alkannin  425,  426,  465,  466. 
Alkermes  796. 
Alkohol  317,  504,   605,   770.  925, 

Alkoholase  923. 

Alkoholgärung   912,    913,    916,    923,   928, 
999. 

Alkoholisches  Getränk  508,  796,  797. 

All  spico  803. 

Allantöl  428. 

Alligator-bark  91. 

Alligatorkakao  767. 

Allium  sp.  413. 

Allium  Cepa  L.  498. 

Allium  sativum  L.  498. 

Allium  ursinum  L.  498. 

Alliumwurzel  616. 

Allylsenföl  722^ 

Alnus  firma  Sieb,  et  Zucc.   795. 

Alnus  glutinosa  382. 

Alnus  japonica  S.  et  Z.  795. 

Alnus  incana  Willd.   794. 

Alnus  maritima  Nutt.  795. 

Alnus  rubra  384. 

Aloe,  hundertjährige  287. 

Aloe  sp.   98,   318,   319. 

Aloe  angustifolia  L.  71. 

Aloe  barbadensis  Mill.   71. 

Aloe  indica  Royle  71. 

Aloe  perfoliata  Thbg.  17,  24,  39,  42,  44, 

48,   49,   71,   314,   319. 
Aloe  vulgaris  L.  71. 
Aloefaser  1,  38,  71,  98,  251,  314,  318—320. 


Aloetücher  320. 
aloja  797. 

Aloysia  citriodora  Lam.  515. 
Alpinia  alba  Rose.   794. 
Alpinia  calcarata  Roxb.  412. 
Alpinia  cardamomum  Roxb.  793. 
Alpinia  Galanga  Willd.  412. 
Alpinia  malaccensis  Roscoe  412. 
Alpinia  nutans  Rose.  74.  412, 
Alpinia  officinarum  Hanc.  412. 
Alpinia  Zingiberina  Hook.  412. 
Alsophila  lurida  Bl.  407. 
Althaea  cannabina  L.  88.  421. 
Althaea  narbonnensis  L.   421. 
Althaea  narbonnensis   Pourr.  88. 
Althaea  officinalis  421. 
Althaea  rosea  Cav.  88,  370,  603,   632. 
Amandin  734. 

Amaranthus  retroflexus  712. 
Amaryllidaceen  72,  73,   411,  598. 

Ama-tscha  503. 

Amazonassteinnuß  671. 

Ambabaum  800. 

Ambaree  196. 

Ambaree  fibre  196. 

Amboinanelken  635,   636. 

Ambrosia  trifida  L.   554. 

Amburana  Claudii   Schwacke  et  Taubort 
666. 

Ameisensäure  621,  843. 

Ameixero  663. 

American  Jute  87. 

Amersfoorter-Tabak  568. 

Amide  944. 

Amine  595. 

Aminosäuren  595,  922,   923. 

Ammoniak  230,  232,  237,  267. 

Ammoniakgummiharz  423. 

Ammoniumsulfatdünger,  Darstellung  aus 
Harn  mittels  Robiniensamen  6G7. 

Ammophila  arenaria  Roth  66. 

Amole  de  raiz  411. 

Amomum  aromaticum  Roxb.  793. 

Amomum  Cardamomum  DC.  792. 

Amomum  Cardamomum  L.  793. 

Amomum  Danielli  Hook.  f.   793. 

Amomum    Kararima  Pereira  793. 

Amomum  maximum  Roxb.  792. 

Amomum  medium  Lour.   794. 

Amomum  xanthioides  Wallich  793. 

Amorphophallus  sp.  409. 

Amorphophallus  giganteus  Bl.  70. 

Ampas  592,  596. 

Ampelodesmos  tenax  Link  65,   328,  360. 

Ampfer  579. 
Amygdalase  733. 
Amygdalin  732,  733,  734. 
Amygdalinaöl  512. 
.•\mygdalinsaure  503. 
Amygdalus  amara  J.  Bauh.  729. 
Amygdalus  communis  L.  729. 


952 


Namen-  und  SachieRisler. 


Amygdalus  communis  L.  amara  729. 
Amygdalus  communis  L.  dulcis  729. 
Amygdalus  dulcis  J.  Bauh.  729. 
Amylodextrinstärke  705. 
Amyloid  221. 
Amylum  409. 

Amyris  balsamifera  L.  413. 
Anacamptis  pyramidalis  Rieh.  413. 
Anacardiaceen   82,    421,    506,    507.    671. 

800,  801. 
Anacardium  sp.  540. 
Anacardium  occidentale  L.  671,  800. 
Anacardium  Rhinocarpus  DC.  82. 
Anacardsäure  800. 

Anamirta  Cocculus  (L.)  Wight  et  Arn.  796. 
Ananas  320. 
Ananas  Sabrang  297. 
Ananas  sativa  320. 
Ananasbatist  320. 
Ananasfaser  1,  320—323. 
Ananassa  Sagenaria  Schott.  70. 
Ananassa  sativa  Lindl.  70. 
Anatherum  muricatum  Beauv.  408. 
Anatomie  des  Laubblattes  490 — 492. 
Anchusaabkochung  670. 
Anchusasäure  465. 
Anchusa  tinctoria  Lam.  425,  463. 
Anchusa  virginica  L.  425. 
Anchusin  465. 
Androraeda  arborea  L.  514. 
Andromeda  polifolia  L.  366,  514. 
Andropogon  arundinaceus  Scop.   67. 
Andropogon  cernuus  Roxb.  791. 
Andropogon  citratus  DC.  495. 
Andropogon  citriodorum  Desf.  495. 
Andropogon  coloratus  Nees  497. 
Andropogon  contortus  L.  67. 
Andropogon    flexuosus    Nees    ex    Steud. 

495. 
Andropogon  Gryllus  L.  67,  408. 
Andropogon  Ivarancusa  Blane  431. 
Andropogon  Ivarancusa  Roxb.  66. 
Andropogon  Ivarancusa    subsp.    laniger 

Hook.  f.  497. 
Andropogon  laniger  Desf.  497. 
Andropogon  Martini  Roxb.  494. 
Andropogon  muricatus  Retz.  67,  408. 
Andropogon  Nardus  Ceylon  de  Jong  496. 
Andropogon  Nardus   Java    de  Jong  496. 
Andropogon  Nardus  L.  496. 
Andropogon  Nardus  var.  flexuosus  Hack. 

495. 
Andropogon  Nardus  var.  ceriferus  Hack. 

495. 
Andropogon  Nardus  var.  coloratus  Hook. 

f.  497. 
Andropogon  odoratus  Lisboa  497. 
Andropogon  pachnodes  Trin.  494. 
Andropogon   Parancusa  Blane  431. 
Andropogon  polyneuros  Steud.  497. 
Andropogon  Roxburghii  Noes  495. 


Andropogon     Schoenanthus      Flück.     et 
,        Hanb.,  non  L.  494. 
]    Andropogon   Schoenanthus   L.   431,    495, 
!        497,  629. 

Andropogon  Schoenanthus  var.  genuinus 
Hack.  494. 

Andropogon    Schoenanthus   var.    Martins 
Hook.  494. 

Andropogon  Schoenanthus  var.  versicolor 
Hack.  497. 

Andropogon  sqöarrosus  L.  fil.  67,  408,  429. 

Andropogon  versicolor  Nees  497. 

Andropogonöl  408. 
'    Anethol  846,  849,  850. 

Anethum  graveolens  L.  514. 

Angelica  Archangelica  L.  422. 

Angelica  atropurpurea  L.   422. 

Angelica  refracta  Fr.  Schm.  422. 

Angelicaöl  423. 

Angelschnüre,  Dauerhaftmachen  805. 

Angolaerbse  668. 

Angusturatonkabohnen  744. 

Anilin,  schwefelsaures  244. 

Anis  497,  506,  804. 

Anisaldehyd  820. 

Anisalkohol  820. 

Anis  de  la  Chine  844. 

Anis  de  la  Siberie  844. 

Anisotropie  bei  Fasern  9. 

Anissäure  820. 

Ankerketten  286. 

Annato  673. 

Anona  squamosa  L.  79. 

Anonaceen  79,  500,  600,  664. 

Anstellhefe  927,  929. 

Anstrichmittel  940. 

Anthasicyos  horrida  Welw.  807. 

Anthelminthicum  523,  609. 

Anthemis  nobilis  L.  608. 

Anthere  618,  630,  634,  636,  639,  653,  659, 
655,  657. 

Antherenwandbau  bei  Kompositenblüteß 
653,  654. 

Anthistiria  sp.  370. 

Anthistiria  gigantea  Cav.  67. 

Anthocyan  26,  124,  •595,^634. 

Anthokyan  26,  124,  595,  634. 

Anthrachinon  415. 

Anthranilsäure  642. 

Anthranilsäuremethylester  598,  619,  621, 
632,  642. 

Anthrazen  467. 

Antiaris  saccidora  Dalz.  76. 

Antiaris  toxicaria  Lesch.  76,  369. 

Antidesma  alexiterium  L.  82. 

Antifilosvalonen  824. 

Aomaruminze  554. 

Aouin  78. 

Apeiba  Tibourbon  Aubl.  802. 

Apfelsäure  576,  577,  594. 

Apfelsine  798. 


Namen-  und  Sachre.üislci 


1)53 


Aphloia  theiformis  Beiilh.   509. 

Aphten  670. 

Apium  graveolens  L.  514. 

Aplotaxis  Lappa  DC.  428. 

Apocynaceen  93,  94,  151,  515,  606. 

Apocynaceensamenhaare  97. 

Apocynum  cannabinum  L.  94. 

Apocynum  indicum  Lam.  94. 

Apocynum  sibiricum   Fall.  93,  94. 

Apocynum  venetum  L.  94. 

Apoglucinsäure  594. 

Appreturmittel  f.  Gewebe  665.  666,  756. 

Appreturseifenbäder  875. 

Aprikose  665,  733,  792. 

Aptäfaser  257—258. 

Aquifoliaceen  507,  801. 

Araban  595. 

Arabinose  30,  789. 

I-Arabinose  35. 

Arabinsäure  34,  486. 

Araceen  70,  409,  498. 

Arachis  sp.  737. 

Arachis  africana  Burm.   668. 

Arachis  africana  Lour.  667,  739. 

Arachis  americana  Ten.  667. 

Arachis  hypogaea  L.  667,  734,  736—744. 

Arachis  hypogaea  var.  glabra  DC.  738. 

Arachis  hypogaea  var.  reticulata  738. 

Arachis  hypogaea  var.  vulgaris  737. 

Arachisöl  744. 

Aralia  papyrifera  Hook.  390,  391. 

Aralia  papyrifera,  Papier  100. 

Aralia  spinosa  L.  422. 

Araliaceen  422. 

Araliamark  390—392. 

Aramina  254. 

Arayane  520. 

Arbutin  515. 

Arcadiavalonen  824,  825. 

Archangelica  officinalis   Hoffm.  422. 

Arctostaphylos  uva  ursi  Spreng.  514,  542. 

Ardeas  221. 

Ardouille  579. 

Areca  Catechu  L.  662. 

Arekanüsse  663. 

Arekapalme  662. 

Arenaria  serpyllifolia  L.  416. 

Arenga  sp.  24. 

Arenga  saccharifera  Labill.  69,  341,  350. 

Argalie  672. 

At^emone  sp.  665. 

Arillus  603,  701,  702,  705,  852,  857. 

Arisarum  vulgare  Targ.  Tozz.  409. 

Aristolochiaceen  413,  414. 

Aristotelia  Maqui  l'H^rit.  801. 

Arkansasbaumwolle  126. 

Armbanderzeugung  805. 

Arnatto  673. 

Arnebia  thibetana  Krz.  466. 

Arnebia  tinctoria  Forsk.  425. 

Arnebia  tinctoria  Vahl  466. 


Arnebia  tingens  DC.  466. 

Arnica  montana  L.  428,  609. 

Arnotto  673. 

Aroeira  507. 

Aromatisierung  des   Kognak  792. 

Aromatisierung  des  Tee  599,  606. 

Arrabidaea  Chica  Bur.  520. 

Arrakbereitung  913. 

Arribakakao  767. 

Arrow-root  von  Tahiti  411. 

Artanthe  geniculata  Miqu.  498. 

Artemisia-  Absinthium  L.  522. 

Artemisia  Cina  Willk.  609. 

Artemisia  Dracunculus  L.  o22. 

Artemisia  maritima  L.  609. 

Artemisia  maritima  var.   Stechmanniana 

Bess.  609. 
Artemisia  tridentata  Nutt.  522. 
Artocarpeenbastzellen  386. 
Artocarpus  hirsuta  Lam.   76. 
Artocarpus  hirsuta  Willd.  76. 
Artocarpus  incisa  L.  fil.  76,  795. 
Artocarpus  lacoocha  Roxb.  76,  4l'3. 
Arum  italicum  Mill.  409. 
Arum  maculatum  L.  409. 
Arundinaria  macrosperma  Desr.  66,  369. 
Arundinaria  tecta  Muhl.  66,  369. 
Arundo  arenaria  L.  66. 
Arundo  Bambos  L.  65. 
Arundo  Donax  L.  66. 
Arundo  Phragmites  L.  66. 
Arzneipflanze  422,  502,  516. 
Asaron  414. 

Asarum  canadense  L.  414. 
Asarum  europaeum  L.  413. 
Aschantinuß  773. 
Asche,    Morphologie    derselben    bei    den 

Fasern  61. 
Asclepiadaceen  94 — 96,  424. 
Asclepiadaceensamenhaare  97. 
Asclepias  sp.  24,   152. 
Asclepias  annularis  Roxb.  95. 
Asclepias  asthmatica  L.  95. 
Asclepias  Cornuti  Decsne.  52,  95, 147, 148, 

149,  371. 
Asclepias  curassavica  L.  95,  148,  149,  150, 
Asclepias  gigantea  Noran  94. 
Asclepias  spinosa  Arrab.  95. 
Asclepias  syriaca  L.  95,  147. 
Asclepias  tenacissima  217. 
Asclepias  Vincetoxicum  L.  424. 
Asclepias  volubilis  L.  95,  148. 
Ascomyceten  912,  913. 
Ascosporen  913,  914,  915. 
Asfar  903. 
Asklepiasäure  424. 
Asl-Rai  725. 
Asoleaderos  814. 

Asparagin   463,   485,   487,  595,   775,   843. 
Asparagus  ascendens  Roxb.  410. 
Asparagus  officinalis  L.  663. 


954 


Namen-  und  Sacliregistor. 


Aspergillus  Oryzae  933. 

Aspergillus  Wentii  933. 

Asperugo  procumbens  L.   425. 

Asperula  sp.  427. 

Asphodeline  sp.  410. 

Asphodelus  sp.  410. 

Asphodelus  albus  L.  409. 

Asphodelus   Kotschii  410. 

Asphodelus    microcarpus    Salzm.    et   Viv. 

409. 
Asphodelus  ramosus  L.  409. 
Aspidosperma  Quebracho  Schlechtd.  515. 
Astacovalonen  824. 
Astelia  Banksii  Cunn.   72. 
Astelia  Solandri  Cunn.   72. 
Astelia  trinervia  Kirk.  72. 
Astragalus  glyryphyllns  L.  463. 
Astrocaryuni   Ayci   :\I;iit.   69. 
Astrocaryum    Tiiruiiia  Marl.   69. 
Astrocaryuni  vulgare  Mart.   69. 
Astrosklereiden  848. 
Astukhudu  649. 
Atemhöhle  853. 
Atesin  417. 
Äthylalkohol   628. 
Äthylamylketon  647. 
Atocha  {Espartogra.s)   328. 

Atractylis  acaulis  Desf.  428. 

Atractylis  gummifera  L.   428. 

Atropa  Belladonna  L.  426. 

Atropin  426. 

Attalea  sp.  807,  808,  810. 

Attalea  Cohune  M  irt.  792,   808. 

Attalea  excelsa  Mart.  792,  808. 

Attalea  funifera   Mart.    24,    70.    98,    334, 
335,   336,   337,   338.   792,   808. 

Attalea  indaya  Dr.   792. 

Attars  495. 

Aucklandia  Costus  Falconer  428. 

Aucubin  790. 

Aufhellungsmittel  für  mikroskopische  Prä- 
parate 640. 

Aufschließung  des  Bastes  (Ramie)  214. 

Aufschußrüben  476. 

»Augen«  (Ramie)   213. 

Aushöhlung  bei  Fasern  325,  326,  354,  360. 

Ausläufer  407,   450,   451,   467,   468. 

Außenhaut  der  Sunnfaser  202. 

Austriabohnenkaffee  744. 

Autodigestion  der  Hefen   923,   933,   934, 
935. 

Autolyse  der  Hefen  923,  945. 

Avicennia  officinalis  L.  516. 

Avicennia  tomentosa  Jacqu.  516. 

Avignonkörner  886. 

Avignon-Krapp  467. 

Awehl  724. 

Aya-8oluk  568. 

Azadirachta  indica  Juss.   670. 
Azafran  426. 
Azafranillo  426. 


Azale  469. 
Azeito  cavallo  508. 
Azeteugenol  639. 
Azeton  756. 
Azidzellulose  27. 
Azteken  400. 
Azui  caä  522. 
Azulen  564,  608. 

Bablah  797,  850—858. 

Bablah,   ägyptische  855,  856. 

Bablah,  ostindische  852 — 855. 

Bablahhülsenanatomie  852 — 858. 

Babool  851. 

Babula  851. 

Bacaokakao  767. 

Baccillus  amylobacter  168. 

Bäckerhefe  940,  941,  946. 

Backhousia  citriodora  F.  v.  Müll.  511. 

Backpulverbereitung  916,  940. 

Baconafaser  342. 

Bacterium  Comesii  Rossi  186. 

Bactris  speciosa  Drude  792. 

Bäder,  aromatische  493. 

Bäderzusatz  434. 

Badian  844. 

Badiyän  844. 

Bagasse  65,  592. 

Baggings  249. 

Bagrajute  249. 

Bahama  Hemp  298. 

Bahama  Sisal  297,   298. 

BahiabaumvvoUe  127. 

Bahiakakao  765. 

Bahiapiassave  335,  336,  337,  338. 

Bajuvarin  936. 

Balanites  aegyptiaca  Delile  799. 

Balantium  chrysotrichum  Hask.  407. 

Balaokakao  765. 

Balaustia  605. 

Baldriansäure  420. 

Bäldrianwurzel  428. 

Baldrianwurzel,  japanische  428. 

Baldrianwurzel,  mexikanische  428. 

Balisier  biha'i  74. 

Balsam  705,  797. 

Balsamierungsmittel  408. 

Balsamocarpon  brevifolium  Glos.  797,  869  , 

870. 
Bakterien  770. 
Baküntabak,  grüner  569. 
Bambeonuß  663. 
Bamboonuß  663. 
Bamboupalme  334. 
Bambus  35. 

Bambusa  sp.  369,  379,  380,  900. 
Bambusa  arundinacea  Willd.  65,  379,  380. 

381. 
Bambusfaser  100. 
Bambushalmbastfasern  368. 
Bambuspapier  379—381. 


Namen-  und  Sachreeister, 


955 


Bambusrohr  379,  380,  381. 

Bambusrolirbastfaser  403. 

Bambusrohrblatt  392. 

Bambuszellulose  380,  381. 

Bananen,  eßbare  279. 

Bananenfaser  279,  370. 

Bananenstärke  792. 

Bandakai  l'ibre  85. 

Bandala  (Manilahanfsorte)  282,  283,  285. 

Bandamacis   705,   70G. 

Barba   di   Palo  353. 

Bärenlauch  498. 

Bärentraube  514. 

Bärenzucker  463. 

BariUa   500. 

Barosch  537,  538. 

Barosma  betulinum  Bartl.  505. 

Barosnia  crenatum   Kunze  505. 

Barosma  crenulatum  L.   Hook.  505. 

Barosma  serratifolium  Willd.  505. 

Barringtonia  sp.  93. 

Barringtonia  insignis  Miq.  422. 

Barringtonia  speciosa  Forst.  510. 

Barringtonia  spicata  Bl.  93. 

Barthaare  der  Baumwolle  113. 

Bärwurz  423. 

Baryosma  Tongo  Gärtn.   667. 

Bashoo  fu  (Kleiderstoff)   279. 

Basilikumkraut  519. 

Basilikumöl  519. 

Bass  fibre  334,  341. 

Ba5sfaser  334. 

Bassia  674. 

Bassia  longifolia  Willd.   605. 

Bassia  latifolia  Roxb.  605. 

Bassinefaser  340,  341,  342. 

Ba.ssinröste  des  Flachses  165. 

Bassorin  789. 

Bast  3,  98,  263. 

Bast  von   Holoptelea  integrifolia  98,  264, 

269. 
Bast  von   Kydia  calycina  98.   264,  271. 
Bast  von  Lasiosiphon  speciosus  98,  264, 

272. 
Bast  von  Sponia  Wightii  98,  264,  275. 
Bast  von  Sterculia  villosa   98,  264,  267. 
Bastablösung,  mechanische  (Ramie)  213. 
Bastardcardamomen  793. 
Bastardsavanilla  677. 
Bastartjute  197. 
Bastbananen  74. 
Bastbelege  der  Gefäßbündel  3. 
Bastbündel  3^. 
Bastbündel,  sekundäre  204. 
Bastfasern  aus  den  Stengeln  bzw.  Stämmen 

dikotyler  Pflanzen  2,  97. 
Bastfasern,  grobe  98. 
Basthanf  188. 
Bästling  (Hanf)  185. 

Bastmarkstrahlzellen  4,  205,  208,  255.  256, 
261,   262,   270,   272. 


Bastmatten  264. 

Bastparenchymzellen    4,    189,    190,    247, 
253,  255,  256,  258,  267,  269,  310,  389. 
Baststrahlen  454. 

Baststränge,   einfache    7,    316,    325. 
Bastzellen  3,  4. 

Bastzellen,  gefächerte  253,  442. 
Bastzellen,  Verschiebungen  50,  52. 
Batumtee  514. 

Baudouinsche  Reaktion  785,  786. 
Bauerntabak  569. 
Bauhinia  coccinea  DC.  81,  257. 
Bauhinia  parviflora  Vahl.  81,  257. 
Bauhinia  purpurea  L.  81,  257. 
Bauhinia  racemosa  Lam.  17,  39,  42,  46, 

48,   49,   62,   81,   98,  257,  258. 
Bauhinia  reticulata  DC.  81,  257. 
Bauliinia  scandens  L.   81,  257. 
Bauhinia  tomentosa  L.  81. 
Bauhiniafaser  9,   41,  257,  258. 
Baumbastpapier  100,   399,  400. 
Baumfasern  407. 
Baumflachs  72. 
Baumhaar  853. 
Baumknaster  568. 
Baumrinde  401. 

Baumwolle  1,  3,  10,  12,  13,  15,  17,  20,  22, 
23,  24,  26,  32,  36,  39,  40,  41,  42,  43, 
44,  45,  47,  49.  50,  53,  55,  56,  57,  63, 
74,  84,  97,  99,  100—139,  141,  142,  146, 
152,  154,  158,  159,  161,  176,  181,  184, 
193,  209,  218,  226,  227,  229,  230,  238, 
244,  247,  250,  251,  252,  286,  287,  299, 
321,   357,   366,   371,   407. 

Baumwolle,  afrikanische  129. 

Baumwolle,  ägyptische  129. 

Baumwolle,  amerikanische  105,  137. 

Baumwolle,  australische  130. 

Baumwolle,  brasilianische  107,   1^4,   127. 

Baumwolle,  Caravonica-  110,  130. 

Baumwolle,  chinesische  125. 

Baumwolle,  europäische  130. 

Baumwolle,    »Gallini«-  129. 

Baumwolle,  indische  105,  120,  125. 

Baumwolle,  Jumel-  126. 

Baumwolle,  kaukasische  101. 

Baumwolle,  kolumbische  107. 

Baumwolle,  kurze  Georgia-  126. 

Baumwolle,  lange  Georgia-  126. 

Baumwolle,  levantinische  107,  120,  128 

Baumwolle,  Mako-  129. 

Baumwolle,  merzeriuerte  116. 

Baumwolle,    »Mitaffi-«  129. 

Baumwolle,  neapolitanische  130. 

Baumwolle,  nordamerikanische  107. 

Baumwolle,  »normale«   121. 

Baumwolle,  ostindische  127. 

Baumwolle,  persische  128. 

Baumwolle,  Pernambuk-  126,  127. 

Bau.mwolle,  peruanische  125. 

Baumwolle,  Sea  Island-  126,  130. 


956 


tarnen-  und  Sachregislci 


Baumwolle,"  siamesische  125. 

Baumwolle,  sizilianische  130. 

Baumwolle,  spanische  130. 

Baumwolle,  südamerikanische  127. 

Baumwolle,  syrische  128. 

Baumwolle,   »tote«   120,  121. 

Baumwolle,  türkische  128. 

Baumwolle,   »unreife«   120,  121. 

Baumwolle,  Upland-  105. 

Baumwolle,  Upland  Georgia-  126. 

Baumwolle,  westindische  127. 

Baumwolle,  zyprische  128. 

Baumwolle,  Arbeitseigenschaften  126. 

Baumwolle,  Bart  112,   113. 

Baumwolle,  Bestimmung  des  Handels- 
wertes 16,   124. 

Baumwolle,  Beurteilung  als  Spinnmaterini 
125. 

Baumwolle,  chemi.sches  Verhalten  26,  27, 
123. 

Baumwolle,  Egrenieren  106. 

Baumwolle,  Entwicklung  der  Industrie 
136. 

Baumwolle,   Farbstoffe  derselben  123. 

Baumwolle,  Gesamtproduktion  137. 

Baumwolle,  Geschichtliches  132. 

Baumwolle,  Ginen  106. 

Baumwolle,  Grundwolle  112,  113. 

Baumwolle,  Innenschlauch  115,  118. 

Baumwolle,  Klassifizierung  als  Handels- 
ware 125. 

Baumwolle,   Konditionierung  123. 

Baumwolle,  Kutikula  55,  115,  116,  117, 
118,  119. 

Baumwolle,  Kutikula  bei  Einwirkung 
von  Kupferoxydammoniak  55,  117,  118. 

Baumwolle,  Dimensionen  der  Faser  114, 
124. 

Baumwolle,  Langfaser  113. 

Baumwolle,  Merzerisierung  116. 

Baumwolle,  Morphologie  der  Haare  108. 

Baumwolle,   Produktionsmense  101. 

Baumwolle,  Saatgut  106. 

Baumwolle,  Seidigkeit  124. 

Baumwolle,  Sorten  wichtigere  124. 

Baumwolle,  Stapel  113,  114. 

Baumwolle,  Struktur  der  Zelle  114. 

Baumwolle,  Unterscheidung  von  der 
Leinenfaser  121. 

Baumwolle,  Verhalten  bei  der  Quellung 
54,  55. 

Baumwolle,  Verwendung  131. 

Baumwollenkapsel  106. 

Baumwollenlumpen  371. 

Baumwollenpapier  371,  403. 

Baumwollensäcke  242,  249. 

Baumwollenweide  74. 

Baumwollgewebe  520. 

Baumwollsamen  672,  760—765. 

Baumwollsamen,  ägyptische  760. 

Baumwollsamen  als  Heizmaterial  760. 


Baumwollsamenkuchen  761. 
Baumwollsamenmehl  761. 
BaumwoUsamenöl  760,  761. 
Baumwollsamenschalenanatomie  761-763. 
Baumwollwurzelrinde  761. 
Baumwollzellulose  26,  27. 
Baursches  Verfahren  der  Flachsröste  164, 

168. 
Bayas  negros  792. 
Baycuru  424. 
Bayöl  511. 
Baystrauch  511. 
Bazze  gatunä  787. 
Bdellium,  ägyptisches  688. 
Beatsonia   portulacoides  Roxb.   509. 
Beaumontia  grandiflora  Wallich  94.  152, 

153. 
Becherzellen  716.  723,  726. 
Beere  884. 
Beerengrün  885. 
Beerenzapfen  791. 
Befruchtung,  künstliche  81  i. 
Beben  rubrum  424. 
Beize  zum  Färben  800. 
Belladonnablatt  506. 
Bengalbaumwolle  126,  128. 
Bengalingwer  440,  442,  443. 
Bengaljute,  Substitut  dafür  89. 
Benöl  665. 

Benzaldehyd  439,  503,  619,   733. 
Benzaldehydcyänhydrin  503,  733. 
Benzidinfarbstoffe  15. 
Benzoe  642. 

Benzoesäure  619,  621,  751. 
Benzoesäuremethylester  621,   640. 
Benzylalkohol  619,  642. 
Benzylazetat  607,  621,  642. 
Benzylbenzoat  621. 
Berarbaumwolle  128. 
Beraudine  363,  364. 
Berbamin  417. 
Berber  509. 
Berberidaceen  417. 
Berberin  417,  418. 
Berberis  aquifolium  Pursh  417. 
Berberis  aristata  DG.  417. 
Berberis  asiatica  Roxb.  417. 
Berberis  Lycium  Royle  417. 
Berberis  nepalensis  Spreng.  417. 
Berberis  nervosa  Pursh  417. 
Berberis  repens  Lindl.  417. 
Berberis  tinctoria  Lesch.  417. 
Berberis  vulgaris  L.  417. 
Berberitze  417. 
Bergamotte  798. 
Bergamottöl  50^,  798. 
Bergenia  crassifolia  (L.)   Engl.  419,  455. 
Bergföhre  492. 
Bergsumach  542. 

Berlinerblaureaktion  der  Jute  245. 
Bernsteinsäure  594. 


Namen-  und  Saclireiiister. 


957 


Berouak  410. 

Bertillonsystem  586. 

Berugummi  410. 

Beschreibstoffe  früherer  Zeiten  368. 

Besenerzeugung  342. 

Bespnginster  224,   225. 

Besenginsterfaser  224,  225,  251. 

Beta  campestris  Lange  475. 

Beta  esculenta  Salisb.  475. 

Beta  hortensis  Miil.  475. 

Beta  maritima  L.  475. 

Beta  rapacea  Hegetschw.   475. 

Beta  saccharifera  Lange  475. 

Beta  sativa  Bernh.  475. 

Beta  vulgaris  L.  415,  475,  487. 

Beta  vulgaris  alba  477. 

Beta  vulgaris  var.  altissima  DC.  475,  476. 

Beta  vulgaris  var.  Cicla  L.  475,  476. 

Beta  vulgaris  var.  maritima  Koch  475. 

Beta  vulgaris  var.  Rapa  Dum.  475.  476 

Beta  vulgaris  var.  Rapa  Dum.  f.  alba  Dc:. 

476. 
Beta  vulgaris  var.  Rapa  Dum.  f.  incarnata 

Meißn.  476. 
Beta  vulgaris  var.  Rapa  Dum.  f.  lutea  Dd. 
476. 

Beta  vulgaris   var.   Rapa   Dum.   f.   rubra 
DG.  476. 

Beta  vulgaris  var.  Rapa  Dum.  f.  zonata  476. 

Betain  487. 

Betäubungsmittel   für    Fische   805. 

Betelkauen  498. 

Beteinuß  663. 

Betelpfeffer  498. 

Betelphenol  498. 

Bethroot  410. 

Ufliiebshefe  915,  928. 

ßetula  Bhojpattra  Wall.  100,  400. 

Betula  papyrifera  384. 

Betula  pubescens  400. 

Betula  verrucosa  400. 

Betulaceen  794,  795. 

Betulase  515. 

Betuwetabak  568. 

Bezetten  506. 

Bezoekitabak  568. 

Bhaburgras  67,  369. 

Bhang  185. 

Bharburgras  369. 

Bhimbesmyrobalanen  890. 

Bhürjamanuskript  100,  399,  400. 

Biancacellabaumwolle  130. 

Biberneilwurzel  423. 

Bicha  673. 

Bidens  leucantha  Willd.  523. 

Bidens  pilosa  L.  523. 

Bidens  tetragona  DG.  523. 

Bierbrauerei  914,  915. 

Biererzeugung  408,  463,  802,  844. 

Bierhefe  913,  918,  920,  922,  924,  928,  929, 
939,  940.  941,   946,   947,   948. 


520. 


Biertreber  939. 

Bierwürze  834,  836. 

Bigaradier  629. 

Bignoniaceen  520,  806. 

Bignonia  Ghica  H.  et  B. 

Bihul  83. 

Bilderhandschriften,  altmexikanische  100, 

290,  401. 
Billbergia  variegata  Mart.  71. 
Bilsenkrautsamen  723. 
Bimlipatamjute  197. 
Bindemittel  406. 
Binsenginsterfaser  225. 
Bios  (Hefenpräparat)   933. 
Biozyme  936. 
Birke  32,  382. 
Birkenperiderm  399,  400. 
Birkenrinde  als  Beschreibstoff  400. 
Bisamkörner  672. 
Bisamstrauch  672. 
Bittermandelöl  503,  665,  732,  734. 
Bitterstoff  618. 
Bitterwerden  des  Bieres  915. 
Biwitz  724. 
Bixa  673. 
Bixaceen  91,  673. 
Bixa  orellana  L.  91,  673. 
Black  fibre  69,  341. 
Black  mint  551. 
Blakea  sp.  803. 
Blasengrün  885. 
Blastomyzeten  913. 
Blätter  490—584. 
Blätter  der  Monokotylen  6. 
Blattfragmente,  Untersuchung  492. 
Blattgefäßbündel  492. 
Blattnervatur  492. 
Blattöhrchen  des  Zuckerrohres  587. 
Blattscheide  der  Piassabepalme  334. 
Blauholz  470. 

Blausäure  503,   577,   668,   733,   755,   756 
Blighia  sapida  Kon.  603. 
Blumea  balsamifera  DC.  521. 
Blumenblätter   630,   633;    636,    657,    660. 
Blumen,  künstliche  154,  390. 
Blüten  597—661. 
Blütenknospen  634,  635. 
Blütenköpfchenhülle  617. 
Blütenteile  59<— 611. 
Blütenstände  597. 
Blutorange  798. 
Blutwurzel  417. 
Bobö-bobo  87. 
Bockshorn  666. 
Bockshorn dl  797. 
Bockshornsame  666. 
Bodanwurzel  419,  456,  457. 
Bodawurzel  419,  456,  457. 
Bodenhefe  927,  930. 
Bodensatzhefe  917. 
Boehmeria  alineata  W.  76. 


yös 


-Nuiiien-  und  Sachregister. 


Boehmeria  candicans  Has^k.   77. 
Boehmeria  clidfin;ii(le,s   Mi((.   78. 
Boehmeria  divorsildliii   .AIi([.   78. 
Boehmeria  frute.srcn>   r.lmne  78. 
Boehmeria  Gasiadn  W  ^ll.   78. 
Boehmeria  macrosl,i(:i;,ya  Wall.  78. 
Boehmeria  nivea  Gauti.   77. 
Boehmeria  nivea   Hook,   et  Arn.   24,   45, 

62,   77,   98,   210,   214,   215,   216. 
Boehmeria  nivea  var.  candicans  Sadebeck 

77,  210. 
Boehmeria   nivea    Hook,    et   Arn.    forma 

chinensis  Wiesn.   77,  210,  212. 
Boehmeria   nivea    Hook,    et   Arn.   forma 

indica  Wiesner  77,  210,  211,  212. 
Boehmeria  Piiya  Hook.   78. 
Boehmeria  salicifolia  Don.   78. 
Boehmeria  sanguinea  Haßk.   78. 
Boehmeria  spicata  Thunb.   78. 
Boehmeria  tenacissima  Gaud.  5'J,   77. 
Boehmeria  utilis  Bl.   77. 
Boehmeriafaser  97,  208—223. 
Boehmeriafaser,  kotonisierte  221. 
Boehmeriastengel,    Anatomie     21'!,    215, 

216. 
Boehmeriastengel,  Oberhaut  215. 
Bogensehne  324. 
Bohne  668. 

Bohne,  fleischig-hülsige  669. 
Bohne,  indische  668. 
Bohnenfaser  225. 
Bohnenkraut  517. 
Boi  423. 

Bois  bracelets  805. 
Bois  de  reglisse  457. 
Bois  de  rose  femelle  418. 
Bola  85. 
Boldin  500. 

Boldoa  fragrans   Juss.  500. 
Boldoblätteröl  500. 
Boldoglucin  500. 
Bologneser  Hanf  187,  188. 
Bomiaacaceenwolle  97. 
Bombaceen  89,  139,  672,  673. 
Bombax  sp.   764. 

Bombax  aquaticum  (Aubl.)   K.  Seh.  673. 
Bombax  buonopozense   Pal.   B.  '89,   145. 
Bombax  carolinum  Vellos   89,   139,   141. 
Bombax    Ceiba  L.  89. 
Bombax    Ceiba  Lun.  89. 
Bombax  cumanense  H.  B.  K.  89,  139. 
Bombax  grandiflorum  Sonner.  91. 
Bombax  heptaphyllum  L.  89,  139,  141. 
Bombax  malabaricum   DG.  89,  139,  145, 

384,  673. 
Bombax  pentandrum  L.  89. 
Bombax  pubescens  89. 
Bombax  quinatum  Jacq.  89. 
Bombax  rhodognaphalon   K.  Schum.  89, 

139. 
Bombax  septenatum  Jacq.  89. 


Bombaxwolle  1,   26,   40.   42,    'i.i,   44,   45, 

46,  47,  50,  63,  140,   l'il,    142,   143,  144. 
Bombay  aloe  297. 
Bombay  aloe  fibre  303,   318. 
Bombay  hemp  201. 
Bombaybaumwollsamen  760. 
Bombayhanf  201. 
Bombaymacis  705,   706,   707. 
Bombaymacisfarbstoff  706,   707. 
Bombaymyrobalanen  890. 
Bombaysesam   779. 
Bombaysumbul  423. 
Bombyx  Cynthia  539. 
Borassus  flabellifer  340. 
Borassus   flabelliformis   L.    68,    393,   394, 

395. 
Borassuspiassave  340,  341. 
Borke  455,  468,  470. 
Borneol  496,  516. 
d-Borneol  647,   648. 
Bornylazetat  517. 
Borraginaceen  96,  425,  606. 
Borsäure  447. 
Borstenhaare  875,  879. 
Bösling  185. 

Bouchea    F^seudogi-rvao   Cham.    ."jIG. 
Bou  Nefa  4  23. 

Bouea  niarr.,|,|,yll;,    Criff.    82. 
Bourbonbaiiniwollr    126. 
Bourbonvanille  818. 
Bourbonzuckerrohrvarietät  587. 
Bovos  (Hefenextrakt)   935. 
I'.nwstring  hemp  324. 
r.ialiiiianenschnur  133. 
i^rahniinensfhnur  103. 
Brahminirai  stiing    103. 
Brahminical   thivad    103. 
Branntweinerzeii-niig   iii'.i.  768.  791,  792, 

795,   797,   800. 
BranntweinfärJH'iiiali'i'ial   795. 
Brasile  beneventano  (Tabak)   568. 
BrasiLholz  406. 
Brasilin  506. 
Brasiltabak  568. 
Brassica  asperifolia  Lam.   724. 
Brassica  Besseriana  Andrz.  665,  713,  714, 

719,  721. 
Brassica  campestris  Koch  724. 
Brassica    campestris    L.     721,    724,    725, 

728. 
Brassica  campestris  L.  var.  Sarson  Prain 

725. 
Brassica  cuneifolia  Roxb.  713. 
Bra.ssica  dichotoma  Roxb.   725. 
Brassica  glauca  Roxb.  665. 
Brassica  glauca  Royle  725. 
Brassica  iberifolia  Harz  721. 
Brassica  indica  723. 
Brassica  juncea  Czern.  713. 
Brassica  juncea  Hook.  fil.  et  Thoms.  713, 

725,   727. 


Namen-  und  Sachregister. 


959 


Brassica  juncea  Hook.  fil.  et  Thoms.  var. 

ostindica   713,   719. 
Brassica  juncea  var.  rossica  Hook.  fil.  el 

Th.   713. 
Brassica  lanceolata  DG.   713. 
Brassica  lanceolata  Lange  66,5,   713. 
Brassica  Napus  L.   665,   721,   728. 
Brassica  Napus  annua  Koch  721,  724. 
Brassica  Napus  oleifera  annua  Metzg.  724, 

728. 
Brassica  Napus  oleifera  biennis  Rchb.  724, 

727,  728. 
Brassica  Napus  oleifera  hienialis  724. 
Brassica    Napus    oleifera    praecox    Rchb. 

724. 
Brassica  Napus  L.  var.  dichotoma  Prain 

725. 
Brassica  Napus  var.  oleifera  DG.  724. 
Brassica  nigra  Koch  665,   712,   713,   714, 

715,   721,   725. 
Brassica  praecox   Kitaibel  724. 
Brassica  quadi'ivalvis  725. 
Brassica  ramosa  725. 
Brassica  Rapa  L.  665,  724,  725,  727,  72H. 
Brassica  Rapa  annua  721. 
Brassica  Rapa  biennis  721. 
Brassica  rapa  campestris  727. 
Brassica  Rapa  oleifera  DG.  724. 
Brassica  Rapa  oleifera  annua  Metzg.  724. 
Brassica  Rapa  oleifera  hiemalis  Martens 

724. 
Brassica  Rapa  oleifera  praecox  DG.  724. 
Brassica  rugosa  Prain   728. 
Brassica  sinapioides  Roth  712. 
Brassica  Sinapistrum  Boiss.   723. 
Brassica  trilocularis  Roxb.  665,  725. 
Brassica  Willdenowii   Boiss.    713. 
Brauereibetrieb,  obergäriger      917,      918, 

929,   940,  941. 
Brauereibetrieb,    untergäriger    917,    918, 

927,  929,  940,  941,   947. 
Brauereihefe  915,  918. 
Braunbierbrauerei  935. 
Braunsenf,  rumänischer  723. 
Braunsenf,  russischer  723. 
Brausepulverdarstellung  916. 
Brechen  des  Flachses  und   Hanfes  51. 
Brechen   des  Leines  163. 
Brechnuß  682. 
Brechwurzel  427. 
Brennereihefe  915,  918,  926. 
Brennereipreßhefe  926. 
Brennessel  76. 

Brennöl  675,  723,   729,  805,  903. 
Breslauer  Krapp  467. 
Bristle  fibre  359. 
Bromelia  sp.  39,  98. 
Bromelia  Ananas  L.  70,  320,  321. 
Bromelia  argentea  Bak.  71. 
Bromelia  Karatas  17,  42,  43,  45,  47,  48, 

50,  70,  322. 


Bromelia   Pigna  Perott.  71,  322. 

Bromclia  Pinguin  L.   71,  322. 

Bromelia  Sagenaria  L.   70. 

Bromelia  silvestris  Tuss.  71,  322. 

Bromeliaceen  70,  71. 

Bromeliafaser  38,   98,   286,  320—823. 

Bromwasser  267. 

Broschiergarn   321. 

Broterzeugung  791. 

Brotkuchen  907. 

Broussonetia  Kaenipferi  Sieb,  et  Zucc.  75. 

Broussonetia   Kasinoki  Sieb.   75. 

Broussonetia    papyrifera    100,    264,    273, 

369,   370,   384,   385,   387,   402,'  403. 
Broussonetiabastfaser  384—387. 
Brown  Hemp  196,  201. 
Brunnenseile  264. 
Brun.ssche  Watte   131. 
Brustkraut   524. 
Buazefiber  82. 
Buccoblätter  505. 
Buche  32. 

Buchecker  820—823. 
Buchenkerne  795,  820—823. 
Buchenlaub  579. 
Buchnüsse  820—823. 
Büchsenhefe  916. 
Burhweizenstärke   796. 
Bulbillen   298. 
Bulk  oil  512. 

Bulnesia  Sarniienti  Lorentz  618. 
Bulousgras  67. 
Bulubafaser  96. 
Bun-ochra  88,   254,  256. 
Buntpapier,  chinesisches  371. 
Burber  509. 
Burbura  851. 
Burgunderrübe  476. 
Burleytabak  568. 
Burseraceen  670,  800. 
Bursera  Delpechiana  Poisson  418. 
Bürslenfabrikation  320,  334,  342,  362. 
Buschsalz  497,  498. 

Butea  frondosa  Roxburgh  81,  420,  G02. 
Butea  monosperma  Taub.  81,  420. 
Butea  parviflora  Roxb.  81,  602. 
Butea  superba  Roxb.  81,  420,  602. 
Buteazellulose  384. 
Butein  602. 
Butin  602. 

Buttersäure  843,  925. 
Butylalkohol  502. 
Byssus  134. 

Caa  hee  522. 
Cacao  hlanco  767. 
Cacao  bravo  767. 
Cacao  mico  767. 
Cactaceen  674. 
Cadillo  88. 
Cadinen  523,  564. 


960 


Namen-  umJ  Saclireirister. 


Cacsalpinia    brevifolia  Benth.    707,    869, 

870. 
Caesalpinia  coriaria  Willd.  797,  858,  859, 

860,  861. 
Caesalpinia  digynaRott.   797,   863,   864, 

865,  866. 
Caesalpinia  gracilis  Miq.   863. 
Caesalpinia  melanocarpa   Gr.   504. 
Caesalpinia  oleosperma  Roxb.  863. 
Caesalpinia  Paipae  Ruiz.  et  Pav.  797,  862. 
Caesalpinia  timorensis   DC.   52,   81. 
Caesalpinia    tinctoria    (H.  B.  K.)     Benth. 

797,  863. 
Caesium  576. 
Cäiro  357. 

Cajeputöl  511,   522.   793 
Cajun  73. 

Calabacillokakao  766. 
Calabasse  806. 

Caladium  giganteum  Blume  70. 
Calamintha  Nepeta  Link  et  Hoffm.  518. 
Calamus  sp.  70. 
Calamus  Rotang  Willd.   2').   :n 
Calamus  Royleanus  Criff.   70 
Calamus  rudentum  Lour.  70. 
Calcei  spartei  327. 
Calcuttahanf  238. 
Calebasse  807. 

Calendula  officinalis  1>.  riU'.i.  illT 
Calendulablüten   614,   615.  (517,   «IS. 
Calendulin  618. 

Calluna  vulgaris  366.   390.  514. 
Calotropis  gigantea  R.   Y\v.  '.>.   17.   'A'.K  40, 

42,    43,    44,    46.    50.    ',i'i.    'r;.    r,9.    l.'.O, 

207,  208. 
Calotropis  Hamiltonii  Wight   95. 
Calotropis  herbacea  Roxi).  95. 
Calotropis  procera  R.  P>r.  17.  95,  150.  151, 

154. 
Calumbanin  418. 
Calumbasänre  418 
Calnmbin   418. 

Calyptranthes  aroniatic:i   Sl.  Hü.  ('.40. 
Calysaccion  longifolium  Wight  60'i. 
Camatavalonen   825,  828.   829. 
Camattiiiavalonen   825,  828.   829. 
Camellia  Thea   Lindl.    '.21. 
Camellia  theifei'a   CrilT.    j21. 
Camelthorn  797. 
I-Campfer  522. 
I-Camphen  632. 
Camphor  seeds  793. 
C-ana  194    200. 
Cana  agria  447. 
Canadian  Moonseed   41K. 
Canadin  417. 

Canaigrcwurzel  415.  447— 4.')(>. 
Cananga  latifolia  619. 
Cananga    odorata    (Lam.)    Hoek.    fil.    ei 

Thoms.   600,   619. 
Canangnbaum   620,  621. 


670. 


185,   499. 
99,   184,   185 


77^ 


Canangaöl  619,  621. 

Canarium-Arten  670. 

Canarium   polyphylium    K.   Schum. 

Canarium  Schweinfurthii  Engl.  800 

Caaavalia  ensiformis  DC.  669. 

Canavaüa  gladiata  DC.  669. 

Gandagang  86. 

Candiavalonea  824,  828. 

Canna  sp.  413. 

Cannabis  iiulica   Lam.   184, 

.Gannabis  sativa  L.  76,  97, 

193,  196,  499,  795, 
Cannaceen  413. 
Cannasäure  594. 
Canne  aigre  447. 
Canscora  diffusa  R.  Br.  93 
Canseish  (Baumwolle)   128. 
Caparrosa  500, 
Capeblätter  500. 
Cappelletti  636. 
Caprifoliaceen  607,  806. 
Caracaskakao  766,  770,   771 
Cäradäschrift    lOO. 
Garagate  353. 
Caraguata  fibre  71. 
Caramaniavalonen  824,   825. 
Carapichofaser  342. 
Garavasseravalonen  824,  825. 
Garavonicabaumwolle  110,  130. 
Garavonicawolle,   »Seide«  130. 
Garavonicawolle,    »Wolle»  130. 
Carbasa  135. 
Cardamomen  793,   974, 
Cardamomen,  bengalische  793. 
Cardamomfett  673. 
Gardamomum  502,  518.. 
Cardamomum   mi;ijus  793. 
Gardol  800. 

Garex  bryzoidos  L.   2,  67. 
Careya  arborea  Roxb.  93. 
Garica  Papaya  L.  802,  803. 
Garicaceen   802,  803. 
Carlina  a.juili.-^  L.   428. 
Carlina  gunimirer.t  l-ess.  428. 
Carludovica  iialinata   Ruiz  et   Pav.  70. 
Carminativum  434. 
Garnes  (Ifofenpräparat)  933. 
Garobben  869. 
Carotinoide  615. 
Garoto  de  Ajonjoli  779. 
Garpinus  betulus  205. 
Garpopodium  737. 
Garrapicho  254. 
Cartagenasteimiuß  677. 
Garthamusblüten  616. 
Garthamussekret  905. 
Carthamus   tinctorius    L.    609,   (J56,    657 

658,   659.   807.  903,  904,   905. 
Carthamus   tinctorius  angustifolius  657. 
Carum  Carvi   L.   804. 
Caruncula   756. 


-Namen-  und  Sachregisler. 


961 


tarvacrol  ol(>.   517.  018. 

Carvon  557. 

1-Gai'von  556. 

Carya  sp.  663. 

Caryocaraceen  802. 

Caryophyllaceen  415,  416,   500,  599. 

Caiyophyllen  639.  842. 

Caryophyllus  aromaticus  L.  605,  803. 

Caryota  mitis  Lour.  69,  350. 

Caryota  urens  L.   69,  340,  341,  350. 

Garyotapiassave  y,   341. 

Gascalole  858. 

Ca.scarin  888. 

Gasea  blanca-Rinde  863. 

Gaslimirshawl  418. 

Casita  875. 

Gassia  auriculata  L.  81. 

Gassia  lignea  501. 

Gassiabaum  502. 

Gassiablüten  600,   601. 

Gassiaöl  501,  502. 

Gassiaöl,  künstliches  503. 

€assieblüten  601. 

Cassie  Romaine  601. 

Cassier  de  Farnese  601. 

Cassier  du  Levant  601. 

Cassier  vrai  601. 

Castanea  Gärtn.  384,  795. 

Castanospermum  australe  Cunn.  666. 

Gastellamarebaumwolle  130. 

Cat   tail  64. 

Gatha  edulis    Forskai   507. 

Gaulophyllum  thalictroides  Michx.  418. 

Gawnpure  Raps  725. 

GayennebaumwoUe   126. 

Cayennenelken   635. 

Geanothus  americanus  L.   508. 

Cebu  hemp  280,    283. 

Gedratöl  799. 

Cedrolimone  799. 

Cedroöl  799. 

Ceiba  pentandra  (L.)   Gärtn.  89,  672. 

Geibawolle  139. 

Celastraceen  507,  671. 

Gelastrus  paniculatus  Willd.  671. 

Gelmisia  coriacea  Hook.  fil.  97,  370. 

Geltis  Roxburghii  Miq.  75. 

Gentaurea  Beben  Larn.  429. 

Gentaurea  cerinthaefolia  Sibth.  429. 

Gentaurea  salmantica  L.  97. 

Gentefolierose  623. 

Centipeda  minuta  G.  B.  Glarke  523. 

Gepa  caballo  419. 

Cephaelis  Ipecacuanha  A.  Rieh.  427. 

Gerasus  vulgaris  Mill.  526. 

Geratonia  Siliqua  L.   542,  546,  666,  797, 

869. 
Cereus  pecten  aboriginum   Engelm.   673. 
Gerevisin  922. 
Gerolin  936. 
Gerris  Spach.   824. 

Wiesner,    Rohstoffe.     III.  Bd  .    3.  Aufl. 


Gerylalkohol  843. 

Geyloncardamomen  794. 

Geyloncitronellöl  496. 

Chalaza  684,  730,  739,  740,  763,  787. 

Ghalba  778. 

Chamadavalonen  825. 

Ghamadinavalonen  825. 

Ghamaeleon  albus  428. 

Chamaelirium  carolinianum  Willd.   411. 

Ghainaelirium  luteum  A.  Gray  411. 

Ghamaenerium  sp.  68,  74. 

Chamaenerium  angustifolium  Scop.  93. 

Ghamaerops  humilis  L.  68,  350. 

Ghamaerops  hystrix  Fräs.  68,  350. 

Ghamaerops  Ritchiana  Griff.  68,  350. 

Ghamälirin  411. 

Chami  540. 

Ghampacablüten  600,  618,  619. 

Ghampacablütenöl  618,  6.19. 

Ghamr  el  Madjnüne  796. 

Ghandul  75. 

Chanvre  184. 

Chanvre  de  Mahot  85. 

Chardonnetseide  131,  132. 

Charta  bombycina  135.  371,  403. 

Charta  corticea  399. 

Ghavlbetol  498. 

Chavico  Betle  Miqu.  498. 

Chavicol  511. 

Chayaver  427. 

Chayroot  427. 

Chebulinsäure  894. 

Chemischgrün  885. 

Chenopodiaceen  415,  499,  500,  664. 

Ghenopodium  album  L.  664,  903. 

Chenopodium  ambrosioides  L.  499. 

Ghenopodium  anthelminticum  L.  499. 

Chenopodium  mexicanum  Moq.  415. 

Chenopodium  Quinoa  L.  664. 

eher  84. 

Chiang  668. 

Chica  520. 

Chican   Kadia  87,  97,  204—207. 

Chicha  800. 

Chieha  de  allgoroba  797. 

Chikan  Kadia  87,  97,  204—207. 

Chikarot  520. 

Chimö  579. 

Chinagerbsäure  435. 

Chinagras  17,  22,  S6,  77,  78,  79.  9«.  2fl!< 

—223,   226,  227,  240. 
Chinagras,  kotonisiertes  218. 
Chinagras,  Abstammung  201,  210. 
Chinagras,     Aufschließung    des     Bastes 

214. 
Chinagras,  Beurteilung  der  Eigenschaften 

der  Faser  223. 
Chinagras,  Faserdimensionen  219,  220. 
Chinagras,  Festigkeit  217. 
Chinagras,  Feuchtigkeitsgehalt  221. 
Chinagras,  Gewinnung  der  Faser  213. 

61 


962 


Namen-  und  Sachregister. 


Chinagras,   Kotonisierung  der  Faser  213, 
214,  21-8. 

Chinagras,   Kultur  211,  212. 

Chinagras,  Rohfaser  217. 

Chinagras,  Stengeloberhaut  215. 

Chinagras,  Torsionsfestigkeit  218. 

Chinagras,  Verschiebungen  der  Faser  220. 

China  grass  210,  211. 

Ghinajute  86,  87,  250. 

Chinasurrogat  427. 

Chinese  Wild-Pepper  799. 

Chinesische  Gelbschoten  896—898. 

Chinesische  Nessel  210. 

Chinesischer  Tabak  568. 

Chinonchlorid  31. 

Chique-chique  338. 

Chitin  920. 

Chitrangfaser  275—277. 

Chlor  487,  576. 

Chloranthaceen  599. 

Chloranthus  inconspicuus  Sw.  599. 

Chloranthus  officinalis  Blume  599. 

Chlorkalziumverfahren  bei  der  Vanille- 
zubereitung 814,  815,  816. 

Chlorogalum  pomeridianum  Kunth  411. 

Chlorogenin  469. 

Chlorophyll  217,  595. 

Chnoophora  tomentosa  Bl.  407. 

Cholera  asiatica  423. 

Gholerawurzel  431. 

Cholesterin  926. 

Cholin  435,  843. 

Chondravalonen  825,  829. 

Chondrilla  graminea  M.  Bieberst.  429. 

Chondrilla  prenanthoides  Vill.  429. 

Chor  Putta  76. 

Chorisia  sp.   139,  140. 

Chorisia  crispifolia  Kunth  89. 

Chorisia  Pecholiana  89. 

Chorisia  speciosa  St.  Hil.  89. 

Choti  (Jute)  248, 

Chouma  210. 

Chromatinsubstanz  des  Zellkernes  920. 

Chromatophor  618,  817. 

Chrozophora  plicata  (Vahl)   Juss.   800. 

Chrysopogon  Gryllus  Trin.  67. 

Chrysorhamnin  888. 

Chu-ma  209. 

Churrus  185. 

Chrysanthemin  655. 

Chrysanthemum  caucasicum  Willd.  649. 

Chrysanthemum  Chamomilla  Bernh.  608. 

Chrysanthemum  cinerariaefolium   (Trev.) 
Bocc.  608,  649,  650,  652,  653. 

Chrysanthemum  corymbosum  L.  649. 

Chrysanthemum  inodorum  L.  649. 

Chrysanthemum    macrophyllum    Waldst. 
et  Kitaibel  649. 

Chrysanthemum  Marschallii  Aschers.  608. 

Chrysanthemum  Parthenium  Bernh.  522. 

Chrysanthemum  Parthenium  Pers.  649. 


Chrysanthemum   roseum   Web.    et   Mohr 
608. 

Chrysophansäure  415,  449. 

Chrysophyllum  glycyphloeum  Cäsar.  463. 

Chrysopogon   Grillus   Trin.    408. 

Chrysopogonfaser  408. 

Chymosin  759. 

Ci  296. 

Cibotium  sp.  1. 

Cibotium  Barometz   Kz.  63,  407. 

Cibotium  glaucescens  Kz.  63,  407. 

Cibotium  glaucum  Hook.  63,  407. 

Cicer  arietinum  L.  667. 

Cienfuegosia  anomala  Gurke  84,  104. 

Cimaravalonen  824. 

Cineol  501,  510,  511,  512,  513,  516.  öl^-. 
522,  557,  619,  647,  648,   793. 

Cinnamomum    Camphora    Fr.     Nees    ei 
Eberm.  501. 

Cinnamomum  Cassia  Bl.  501. 

Cinnamomum  Loureirii  Nees  600. 

Cinnamomum  zeylanicum  Breyne  501. 

Cistaceen  509. 

Cistus  salvifolius  509,  542. 

Citral  408,  495,  496,  511,  513,  516.  ^ii-. 

Citriosma  oligandra  Jul.  501. 

Citron  oil  799. 

Citronellal  495,  496,  497,  505,  518. 

Citronellgras,  altes  496. 

Citronellgras,  neues  496. 

Citronellol  495,  496,  504. 
1-Citronellol  628. 

Citronellol  495,  497,  517. 

Citronengras  496. 

Citronnier  629. 
Citrus  sp.  629. 
Citrus  amara  L.  798. 
Citrus  Aurantium  L.  629,  630,  798. 
Citrus  Aurantium  Risso  603,  629. 
Citrus  Aurantium  subsp.  amara  L.  62i». 
Citrus  Aurantium  dulcis  L.  629,  798. 
Citrus  Aurantium   sinensis  Gallesio    625i, 

798. 
Citrus  Bergamia  (Risso  et  Poiteau)  Wight 

et  Arn.  798. 
Citrus  Bigaradia  Duhamel  603,  629,  630. 

798. 
Citrus  Bigaradia  Risso  506. 
Citrus  Limetta  (Risso)  Engler  799. 
Citrus  Limetta  var.  DC.   798. 
Citrus  Limonum  (Risso)  Hook.  f.  506,  978. 
Citrus  medica  L.  603,  629,  630,  798. 
Citrus  medica  cedro  Gallesio  799. 
Citrus  medica  genuina  Engler  799. 
Citrus  medica  L.  subsp.  Limonum  (RissoJ 

Hook.  f.  629. 
Citrus  medica  Risso  799. 
Citrus  nobilis  Loureiro  798. 
Citrus  sinensis  (Gall.)   798. 
Citrus  sinensis   decumana  (L.)  Bon.   798- 
Citrus  sinensis  sanguinea  Engl.  798. 


Namen-  und  Sachregister. 


963 


Citrus  vulgaris  Risso  629,  798,  799. 

Cladosporium  herbarum  Link  161,  169. 

Clarkemaschine  282. 

ClausenaAnisum-oleus  (Blanco)  MerillSOo. 

Clausena  Wampi  Blanco  506. 

Clitoria  Ternatea  L.  602. 

Clou  de  Maque  (Beeren)  801. 

Clous  de  girofle  634. 

Cluytinsäure  843. 

Cocablatt  505. 

Cocain  505. 

Cocci  876,  877. 

Coccinia  indica  W.  et  Arn.  97. 

Cocoa  766. 

Cocculus  cordifolius  DC.  79. 

Cücculus  laeba  DC.  796. 

Cocculus  palmatus  DC.  418. 

Cocculus  pendulus  796. 

Cochiningwer  440. 

Cochlearia  officinalis  L.  502. 

Cochlospermaceen  91,  421. 

Cochlospermum  Gossypitim  DC.  91,  141. 

Cochlospermum  tinctorium  A.  Rieh.  421. 

Coco  de  mono  92. 

Cocos  crispa  H.  B.  K.  70. 

Cocos  lapidea  808. 

Cocos  nucifera  L.  24,  70,  98,  99,  357,  358, 

662,  684,  691,  792,  809. 
Cocos  nucifera  var.  cupuliformis  358. 
Cocos  nucifera  var.  rutila  358. 
Cocos  nucifera  L.  var.  stupposa  358. 
Cocos  fibre  357. 
Codex  Cortesianus  400. 
Codex  peresianus  400. 
Codex  Troano  400. 
Coelococcus  sp.   662,  675,  683,  684,  686, 

690. 
Coelococcus  Carolinensis  683. 
Coelococcus  salomonensis  Warb.  683,  684. 
Coelococcus  Warbiirgi  Helm  685. 
Coelococcussamenanatomie  685. 
Coeloglossum  sp.  413. 
Coerulein  564. 
Coffein  500,  775. 

Coirfaser  8,  10,  62,  70,  98,  342,  357—362. 
Coix  lacrimae  Jobi  L.   791. 
Coix  lacryma  L.  24,  791. 
Colchicin  411. 

Colchicum  autumnale  L.  411. 
Gollinsonia  canadensis  L.  426. 
Colocasia  antiquorum  Schott  409. 
Colomboholz  418. 
Golonsteinnuß  677,  678. 
Colpoon  compressum  Berg.  499. 
Columella  637,  638. 
Colza  724,  728. 
Colza  brun  de  Calcutta  725. 
Colza  de  Ferozepore  725. 
Colzakuchen  728. 
Colzaöl  728. 
Combretaceen  92,  510,  803. 


Combretum  Bambaultii  510. 

Compositen  97,  428,  429,  521—524,  608, 
609,  807. 

Comptonia  asplenifolia  Aiton  499. 

Comptoniaöl  499. 
t     Condari  666. 
I     Coniferen  662. 
:     Coniferin  487,  818,  819. 

Coniferylalkohol  818. 

Gonocarpus  racemosus  L.  510. 
I     Gonvallaramin  410,  411. 

Convallaria  majalis  L.  410.  671,  672. 

Convolvulaceen  424,  425. 

Convolvulus  floridus  L.  425. 

Convolvulus  panduratus  L.  425. 

Convolvulus  Scammonia  L.  .425. 

Convolvulus  scoparius  L.  425. 

Cookia  punctata  Sonnerat  506. 

Copaiba  sp.  745. 
I     Copaiba  Jacquini  Desfont.   745. 
i     Copaifera  Jacquini  Desfont.  745. 

Coperah  691. 

Coptis  Teeta  Wallich  417. 

Coptis  trifolia  Salisb.  417. 

Coqueiro  indaio  792. 

Coquilla  808,  810,  811,  812. 
j     Gorchorus  sp.  369. 

Corchorus  aestuans  L.  83. 
I     Corchorus  capsularis   L.    23,   49,   82,   98, 
99,  239,  240, 242,  246,  247, 248, 249,  253. 

Corchorus  decemangulatus  L.  82. 

Corchorus  decemangulatus  Roxb.   239. 

Corchorus  fascicularis  L.  83. 
j     Corchorus  fuscus  L.  239. 
j     Corchorus  fuscus  Roxb.  82. 

Corchorus  olitorius  L.  50,  82,  98,  99,  239, 
I         240,  242,   246,   247,   248. 

Corchorus  siliquosus  L.  83. 

Corchorus  tridens  L.  83. 

Corchorus  trilocularis  83. 

Corchorusfaser  252. 

Cordia  angustifolia  Roxb.  96. 

Gordia  cylindristachya  Kom.  96. 

Cordia  latifolia  Roxb.  17,  39,  41,  42,  44, 
I  45,   48,  49,   62,   96,   98,  261—263,  264. 

,     Cordia  obliqua  Willd.  96. 
I     Cordia  Rotthii  R.  et  Seh.  96,  261. 

Cordiabast  261. 

Cordiafaser  38,  96,  261—268. 

Corfuvalonen  824,  825. 

Coriander  804. 

Coriandrum  sativum  L.  804. 

Coriamyrtin  541. 

Coriaria  myrtifolia  L.  506,  532,  539. 

Coriaria  ruscifolia  L.  540. 

Coriaria  sarmentosa  Forst.  540. 

Coriaria  thymifolia  Humb.  540. 

Coriariaceen  506. 

Corite  textile  239. 

Cornaceen  805.      • 

Gornus  mas  L.  805. 

61* 


1)04 


,\amen-  und  Sacliregister. 


Cornus  .-aiiguinea  L.  805. 

Coroscomiß  675,  808. 

Corozo  crAbyssinie  687. 

Coitex  Aiirantioruni  798. 

Coiypha  sp.   393,  394. 

Corypha  umbraculifera  L.   68,   393,   394, 

663. 
Coscinium  fenestratum  Colebr.  418. 
Costns  speciosus  Sm.  412. 
Cotinus  coggygria  Scöp.  507.  532,  537,  538. 
Colon  (franz.)   100. 
Coton  nanking  ä  courle  soie  103,  130. 
Coton  pierre  103,  104. 
Cotton   (engl.)   100. 
Cot  ton  grass  68. 
Cottongumzellulose  384. 
Cotula  alba  L.  523. 
Coumaiouna  odorata  Aubl.  667,  744,  745. 

798. 
Coumarouna  oppositifolia   (Aubl.)    Taub. 

667,   744. 
Coumarouna  pteropus  Taub.  667,   745. 
Courtrayflachs  166. 
Grassula  pinnata  L.  fil.   502. 
Crassulaceen  502. 
Craveiro  da  terra  640. 
Cremor  tartari  916. 
Crescentia  Cujete  L.  806. 
Criallokakao  766. 
Crin  d'Afrique  68,  350. 
Crin  vegetale  68,  69,  350,  353. 
Croc  663. 
Crocetin  615. 

Crocin   599,   610.   615,   898. 
Crocoideeii   .''i'.i!^, 
Croco.se  61-') 

Crocosma   üumm    rianch.   .".'.i'.i. 
Crocus  austiinrus  61(> 
Crocus  galliriis  diu 
Crocus  hispanicLiJ^  610 
Crocus  indicus  447. 
Crocus  Orient alis  61U. 
Crocus  Pallasii  M     Bidi.   .v.is.  r.li). 
Crocus  reticulaln,^  sir\     r,i(i 
Crocus    sativiis    Smiih     .",'js.     r.ii'i.     r, in, 

611. 
Crocus  salivns   i.,   \;ii     ;iul  mnnulis   L.  5'tS. 

609.    610.    lilJ. 
<:rocus  Siilivns  ji   l',ill;,sii    \l.,u     .".-.iS.   610. 
Crorus  s.-iliviis    L.   /;.    \,  riiii>   .'.'.is, 
Crocus  si.r.iiisiis   M.  liii'l,.    .-,'.)S.    610. 
Crocii.s   viinci^iihis    lliipii,    i'.io. 
Crocus  vfi-iins   All.   .".'.IS.   cl  i. 
Crocus  zeyliiiiii  ii>  :,\:;. 
Croix  de  Alallr    ',  IC 
Crotalari;!    t'.iirliin    so.   -Joo. 
Crotalariii    in  Irnnr.li;,     Kul.srhx     T'i. 
.Crotalaria   jniKr.i    -j.:;.   :;',i.    ',i\.   .Mi.   79,   97 

194.  196',  200-204.   r.'.i.   :;6',i. 
Crotalaria  juncea  Bastras.r  -20(1     204. 
Crotalaria   retusa   80.   200 


Crotalaria  tenuifolia  Roxb.  79,  200. 

Croton  tinctorium  L.  506. 

Crozophora  tinctoria  Juss.  506. 

Cruciferen  502,  665. 

Cryptolobus  subterraneus  Spreng.  668. 

Crystallina  (Zuckerrohrvarietät)   587. 

Cserbeltabak  569. 

Csetnekertabak  568. 

C.n.uhjdus  Beben  L.  416. 

Ciniirliila  Lagenaria  L.  807. 

Cucurbitaceen  97.  675,  807. 

Cuerorinde  863. 

Cumarin  526,  530,  580,  581,  582,  584,  647, 

666.   744,   745,   750,  751,   797. 
Cumarinsäureanhydrid  751. 
Cumarinsynthese  751. 
Cumarylige  Säure  751. 
Cuminaldehyd  513,  799. 
Cuminum  Cyminum  804. 
Cuminum  Cyminum  L.  804. 
Cundeamar- Kakao  766. 
Cupania  americana  L.  672. 
Cupresseen  493,  494. 
Cupressus  fastigiata  DC.  494. 
Cupressus  glauca  Lam.  494. 
Cupressus  lusitanica  Mill.  494. 
Cupressus  pendula  THerit.  494. 
Cupressus  sempervirens  L.  494. 
Cupressus  sinensis  Hort.  494. 
Cupressus  Uhdeana  Gord.  494. 
Cupripektat  33. 
Cuprol  937. 

Curculigo  latifolia  Dryand.  73. 
Curculigo  seychellarum  Baker  73. 
Curcuma  443. 

Curcuma  aromalica  Salisb.  412. 
Curcuma  longa  L.  74,  412,  443. 
Curcuma  rotunda  443. 
Curcuma  Zedoaria  Rose.  412. 
Curcuma  Zedoaria  Roxb.  412. 
Curcuma  Zerumbet  Roxb.  412. 
Curcumapapier  447. 
(jircumin  444,  446. 
Curerorinde  863. 
Curi'y  powder  447. 
tluscus-root  430. 
Cuscula  ejulinum  Weihe  161. 
Cutiloid   666. 
Cutin    11. 

Cuttings  (Jute)   249. 
Cyanidin   627. 
Cyanin  627. 
Cyatheaceen  63. 
Cycadaceen  63. 
Cycas  circinalis  L.  63. 
Cyclamen  europaeum  L.   424. 
Cyclamin  424. 
Cydonia  vulgaris  Pers.  665. 
Cymbopogon  coloratus  Stapf  497. 
Cymbopogon  citratus  Stapf  408,  495. 
Cymbopogon  flexuosus  Stapf  495. 


Namen-  und  Socli 


96; 


Cymbopogon  l'lexuosus  Stapf  f.  albescens 

,  495.    • 
Cymbopogon  Martinianii-^  Srlmll.    i94. 
Cymhopogou  Martini  Sl;i|ir   ','.i'i. 
Cym])opog-on  Nardus  Krndli-   'i'.m>. 
<:ymbopogon  Nardns  Rendlu  lunabatu  496. 
Cymbopogon    Nardns    var.    c.onfertiflorus 

Stapf  496. 
>:ymbopogon  Nardus  var.   Linnaei  (typi- 

oiis)   497. 
cymbopogon  pendulns  Staiil"   VJ*',. 
ilymbopogon  polynenins  Sl;i|.r   '.'j;. 
Cymbopogon  Schoenantluis  Spreng.  497. 
Cymbopogon  sennaarensis  Chiov.  495. 
Cymbopogon  Winterianus  Jowitt  496. 
Cymol  513,  516,  517. 
Gynanchum  extensum  Ait.  95. 
Cyperaceen  67,  68,  408,  409,  497. 
Cyperus  esculentus  L.  409. 
Cyperus  Haspan  L.  497. 
Cyperns  hexastachys  Rottb.  408. 
Cy|.ci'us  longus  L.   408,   409. 
Cyperus  Papyrus  L.  7,  67,  100,  396,  397, 

398. 
Cyperus  pertenuis  Roxb.  408. 
Cyperus  rotnndus  L.  408. 
Cypei'us  scariosns  R.  Br.  408. 
Cyperus  Schimperianus  Steud.  67. 
typerus  stoloniferus  408. 
Cyperus  textibs  Thunberg  67. 
Cyprus  549. 
Cyrtospernia  senegalense  (Schott)  Engler 

498. 
Gystolith  231.     • 

Cytisus  scoparius  Lk.  SO,  224,  251. 
Cytosin  921. 

Daccajute  249. 

Dagestaner  Tee  503. 

Dahlia  variabiHs  903. 

Daiseejute  249. 

Dakotaflachs  176. 

Dampfröste  167. 

Danais  fragans  Commers.  427. 

Dangdoer  gedeh  90. 

Danshi  403. 

Daphne  Bholua  Don.  91. 

Daphne  cannabina  Wall.  91,  369,  370. 

Daphne  Lagetta  Sw.  91. 

Daphne  papyracea  Wall.  91,  92. 

Daphne  pendula  Sm.  91. 

Daphne  pseudomezereum  A.  Gr.  91. 

Daphne  Wallichii  Meisn.  91. 

Daphnopsis  brasiliensis  Mart.  91. 

Dardanellenvalonen  824,  825. 

Daru  605. 

Datisca  cannabina  L,  90,  509. 

Datiscaceen,  94,  509. 

DatLscin   509. 

Dattel  792. 

Dattelmesokarp  688. 


Koc 


Dattelpalme   792. 
Datteisamenoudosperm  685, 
Dauerhefe  924,  936,  938. 
Daumpalme  687. 
Debregeasia  hypoleuca  Wedrl 
Debröertabak  569. 
Deccan  hemp  196. 
Deckblätter  (Zigarren)   578. 
Deckhaar  534,  535,  536,  562 
Deckzellen  59. 
Deckzellenkieselkörper  362. 
Dedeaghvalonen  824. 
Deers  tongue  580. 
Degummierungs verfahren   iNf 
Dehnungsmodul  der  Fasern  i 
Deinbollea  nyikensis  Baker  4 
Dekortikationsmaschine  213. 
Delftgras  497. 
Delhibaumwolle  128. 
Delima  sarmentosa  508. 
Delphinidin  634. 
Delphinium  camptocarpum  C 
Delphinium  Consolida'  634. 
Delphinium  Zalil  Aitch.  et  H 

889. 
Denaturierungsmittel  551. 
Denje  87. 

Depot  (Satzhefe)  927. 
Desechito  (Tabak)  573. 
Desecho  (Tabak)   574. 
Desinfektionsmittel  363,  513, 
Deter-euti;.   ,S7:;. 
Deuls,-Ie's    Kiereniii.hlelol   4y3. 
Deul/i,,   s;.!,r;,    Tliuiil..    2i.    503. 

Devil     nefUe    77. 
Dexlrai,     ^S- 

Dextrui   -7. 

Dextrose    27,    '188,    756,    775,    790, 

923. 
Dhaiphul  604. 
Dhak  81. 

Dharwar  (Baumwolle)    128. 
Dhäya-phül  604. 
Dhelum  Outan  557. 
Dhelum  wangi  557. 
Dhollerahbaumwolle   124,   128. 
Dhunchee  fibre  80. 
Diagnostische   Merkmale   für   die    \j 

suchung  von  Blattfragmenten   i9; 
Dlalium  sp.  666. 
Dialose  666. 

Dianthus  Carthusianorum  L.   4Ii'.. 
Dianthus  Caryophyllus  L.   5'.)".). 
Diastaseferment  685. 
Dicksonia  Menziesii  Hook.  63. 
Dictyosperma   filinisinu   Wrjelit 
Dictyosperm;i|ii;iss;ive  :r,  L   .{',ii, 
Didiclya  (AlileilmiL:    \"u    \!r,.ii, 

568. 
Diffusionsve]'!', ihren     |,,.i     (■■■wim 

Zuckerrübensaftes    ',^i._    ',>-     • 


h  500, 
v  600, 


.17,   577. 


340. 
566, 
des 


966 


Namen-  und  Sachregister. 


Digitoflavon  526. 
Dihydrocuminalkohol  495. 
Dihydrokuminylazetat  557. 
Dilem  (Patschuli)  558,  559. 
Dilemblätteröl  559. 
Dill  514. 
Dilleniaceen  508. 
Dillöl  514. 

p-Dimethylaminobenzaldehyd  547. 
Dinitrokresolkali  616. 
Dioscorea  alata  L.  411. 
Dioscorea  Batatas  Ducne.  411. 
Dioscorea  Tokoro  Makino  411. 
Dioscorea  villosa  L.  411. 
Dioscoreaceen  411. 
Diosphenol  505. 

Diospyros  Embryopteris  Pers.  805. 
Diospyros  Kaki  L.  fil.  805. 
Diospyros  peregrina  (Gärtn.)  Gurke  805. 
Dioxynaphthalin  794. 
Dipalmitin-Cholin-Lezithin  926. 
Dipenten  495,  517,  557,  632,   799. 
Dipsaceen  607. 
Dipsacus  ferox  Lois.  607. 
Dipsacus  fullonum  L.  607. 
Dipterocarpaceen  673. 
Dipteryx  nudipes  Tul.  745. 
Dipteryx  odorata  Willd.  667,  744. 
Dipteryx  pteropus  Mart.  745. 
Dipteryx  rosea  Spruce  745. 
Dipteryx  tetraphylla  Benth.  745. 
Dirca  palustris  L.  91. 
Dispopofaser  43,  291,  311,  312. 
Distillerie  ambulante  646. 
Diureticum  688,  895. 
Dividivi  797,  828,  834,  858—863.  893. 
Dividivi,  falsche  862. 
Dividivi  von  Bogota  862,  863. 
Dividivihülsenanatomie  860 — 862. 
Dividivischoten  859. 
Docht  250. 
Dog  tongue  580. 
Dombeya  sp.  90. 

Doppelbrechung  von  Fasern  9,  311. 
Dorema  Ammoniacum  Don  423. 
Dosten  517. 
Dostenöl  517. 
Dowrajute  241,  249. 
Dracaena  sp.  5. 
Dragomestrovalonen  824,  825. 
Dreschlein  156. 
Dreschmohn  708. 
Dresdner  Mayacodex  400. 
Drillo  826,  828. 
Drilo  826,  828,  833. 
Drogen  406. 

Drüsen  491,  797,  800,  872. 
Drüse,  innere  561. 
Drusenbranntv/ein  917. 
Drüsenhaar  534,  535,  550.  553,  560,  571, 
617,   633.   634,  654. 


'Drüsenhaar,  inneres  561,  563,  773. 
Drusenöl  917. 
Drüsentrichome  583. 
Dryandra  cordata  Thunb.  670. 
Dryllo  826. 
Drylo  826. 

Dshabbalpurmyrobalanen  890. 
Duggal  fibre  79. 
Dumpalme,  ostafrikanische  675,  687,  688, 

691. 
Düngemittel  939,  940. 
Durazzovalonen  824,  825. 
Durchzugsstroh  der  Virginierzigarren  328. 
Durrha  67. 
Duvaua  dependens  ,DC.  507. 

Earth-nut  743. 

East  Africa  Sisal  297. 

Ebangabunga  498. 

Ebenaceen  805. 

Eberwurzel  428. 

Ebonitersatz  940. 

Echites  grandiflora  Hook,  et  Arn.  94,  154. 

Echites  grandiflora  Roxb.  94. 

Echites  longiflora  Desf.  94. 

Echium  asperrimum  Lam.  426. 

Echium  creticum  Lam.  426. 

Echium  italicum  Gmel.  426. 

Echium  italicum  L.  426. 

Echium  pyramidatum  DC.  426. 

Echium  Rauwolfii  Del.  426. 

Echium  rubrum  Jacq.  426. 

Echium  tinctorium  Oliv.  426 

Echium  violaceum  L.  426. 

Echium  vulgare  L.  466. 

Eclypta  erecta  L.  523. 

Edelkastanie  382. 

Edelkastanienholzzellulose  384. 

Edeltanne  493. 

Edeltannennadelöl  493. 

Edeltannenöl  493. 

Edeltannenzapfenöl  493. 

Edgeworthia  chrysantha  Lindl.  92,   370, 

371,  387. 
Edgewrorthia  Gardneri  Meisn.  92,  369,  370. 
Edgeworthia  papyrifera  Salzm.  46.  47,  92, 

100,  387,   388,   389,  403. 
Edgeworthiafaser  92,  387—389. 
Edredon  vegötale  139,  140. 
Egerer  Nessel  235. 
Egreniermaschine  106,  107. 
Egyptian  brown  (Baumwolle)  129.. 
Ehpuqua  411. 
Eibisch  421. 
Eibischblätter  579. 
Eichel  823,  825.  833,  834. 
Eichenrinde  539,  540. 
Eichenrindenersatzmittel  543. 
Einreibungen  gegen  Rheumatismus  802. 
Eintrocknen  des  Faserweichbastes  307. 
Einzellzucht  (Hefen)  914.  915. 


>'amen-  und  Sachrosister. 


967 


Eira  caa  522. 
Eisenchlorid  245,  258. 
Eisenoxyd  487,  576,  660. 
Eiweißreaktionen  722. 
Eiweißstoffe  481,  487,  573,  576,  595,  660, 
'>66,  667,  681,  696,  700,  701,  703,  712, 
717,   721,  728,  743,  750,  753,  789,  791, 
y27,  930. 
Ejoo  69. 
Eju  341. 

Elaeis  guineensis  L.  662,  696,  698,  792. 
Elaeis  melanococca  Gärtn.  662,  696. 
Elaeocarpaceen  801. 
Elaeopten  628. 

Elastizitätsmodul  der  Fasern  21. 
Elefantenläuse,  ostindische  801. 
Elefantenläuse,  westindische  800. 
Elektorälrübe  480. 
Elemiöl  497. 

Elettaria  alba  Blume  794. 
Elettaria  Gardamomum  White  et  Maton 

793. 
Elettaria  major  Smith  794. 
Elettaria  media  Link  794. 
Eleusine  coracana  Gärt.  65. 
Elfenbein,  vegetabilisches  662,  675 — 691, 

882. 
Elfenbein,    vegetabilisches    abessinisches 

675,  687—691. 
Elfenbein,  vegetabilisches  ostafrikanisches 

675,  687—691. 
Elfenbein,    vegetabilisches    polynesisches 

675,  680,  682—686. 
Elfenbein,     vegetabilisches     südamerika- 
nisches 675—682,  687. 
Elfenbeinnuß  675,  685. 
Elfenbeinpalme  676. 
Elfenbeinpalmenfruchtkolben  676. 
Ellagengerbsäure  862,  894. 
Ellaggerbsäure  862. 
Ellagsäure  862,  894. 
Elsässer   Krapp  467. 
Elsässer  Tabak  568. 
Embira  brenca  91. 
Emblica  officinalis  Gärtn.  800. 
Embryo  (Keim)  791,  875,  877,  878,  884, 

888,  890,  898,  907,  911. 
Embryogrube  676,  684,  689. 
Embryopteris  gelatinofera  Don  805. 
Emeticum  895. 

Emmendinger  Ramiegesellschaft  212. 
Emodin  414,  415. 
Emulsin  503,  732,  733,  790. 
Enalus  acoroides  Steud.  65. 
Endodermis  430,  431,  432,  433,  438,  442, 

44 i.  445. 
Endokarp  676,   677,   678,   688,   693,  694, 
698,  699,  729,  807,  847,  853,  854,  867, 
873,  877,  878,  880,  882.  886.  888,  890, 
891,  893. 
Endopleura  877. 


Endosperm  663,  678,  680,  684,  685,  689, 
690,  693,  694,  695,  696,  698,  699,  701, 
702,  704,  711,  717,  718,  719,  732,  748. 
753,  755,  757,  758,  764,  780,  781,  782, 
783,  787,  788,  789,  818,  822,  845,  848, 
849,  883,  884,  888,   896,   897,   901.  904, 
906,  908. 
Endosperm,  ruminiertes  663. 
Endotryptase  923,  945. 
Enfleurage   ä  chaud   (bei   Rosenpomade- 

gewinnung)  626. 
Enfleurageverfahren  598,  641,  642. 
Engarrada  (Vanille)  815. 
Engelsüß  463. 
Engelwurz  422. 

Enhalus   Koenigii  L.  C.  Rieh.  65. 
Enosvalonen  824. 

Entbittern  der  Abfallhefe  929.  930.  947. 
Entfaserungsmaschine  282,  300,  304. 
Entkeimung  der  Getreidekörner  791. 
Entkörnungsmaschine  106,   107. 
Enzym  666,  733,  759,  790,  916,  922,  923, 

924,  933,  938. 
Enzym,  tryptisches  923,  933. 
Epicampes  sp.  67. 

Epidermis   61,    182,    190,    203,    205,    231, 
353,  354,  372—376,  378,  491,  535,  536, 
537,  540,  541,  544,  545,  548,  553,  561, 
726,  731,  740,  741,  746,  758,  762,  816, 
817,  839,  847,  849,  853,  855,  857,  860, 
861,  865,  866,  870,  871,  872,  877,  878, 
879,  882,  886,  888,  891,  892,  893,  897, 
900,  901,  904,  906,  907,  908,  910,  911. 
Epikarp  676,  729,  877. 
Epilobium  angustifolium  L.  93. 
Epithel  627,  630,  631,  634,   657. 
Equisetum  sp.  491. 
Equisetum  hiemale  24. 
Equisetum  pratense  23. 
Equisetum  silvaticum  23. 
Equisetum  Telmateja  24. 
Equisetum  variegatum  23. 
Erdbirne  428. 
Erdeichel  743. 
Erderbse  668. 
Erdnuß  734—744. 
Erdnuß,  brasilianische  735. 
Erdnuß,  peruanische  735. 
Erdnußgrütze  744. 
Erdnußhülse  737,  738,  739. 
Erdnußkeimblätter  740,  741,  742. 
Erdnußkuchen  743. 
Erdnußöl  875. 

Erdnußsamen  667,  734—744. 
Erdnußsamenschalen-Anatomie  740,   741, 

742,  743. 
Erdmandel  409,  743. 
Erdmandel,  netzfrüchtige  738. 
Erdscheibe  423. 

Erechthites  hieracifolia  Raf.  554. 
Eremurus  spectabilis  M.  B.  410. 


-Xaiiien-  und  Sachregister. 


Ericaceen  514,  515. 

Ericolin  515. 

Erigeron  canadense  L.  521,  554. 

Erigeronöl  521. 

Erinocarpus   Knimonii  Hassk.  84. 

Eriodendron  aesculifolius  DC.  673. 

Eriodendron  anfractuosum  DC.  89,   139, 

140,   141,   143,   144,   672. 
Eriodendron  occidentalis  Kostel  673. 
Eriolaena  montana  DC.  90. 
Eriolaena  spectabilis  PI.  90. 
Eriophoretum  364. 
Eriophorum  sp.  68,  74,  390. 
Eriophorum  angustifolium  L.  68. 
Eriophorum  latifolium  Hoppe  68. 
Eriophorum  vaginatum  364,  365. 
Eritrichium  fulvum  DC.  426. 
Erle  382. 
Ernolith  940. 

Ersatzfasern  74,  223,  468, 
Eruca  sativa  Lamk.  723. 
Erysimum  Cheiri  (L.)  Cr.  889. 
Erythrina  indica  L.  81. 
Erythrina  lithosperma  Bl.  81. 
Erythrina  monosperma  Lam.  602. 
Erythrina  suberosa  Roxb.  80. 
Erythroxylaceen  504. 
Erythroxylon  Coca  Lam.  504. 
Erythrozellulose  919. 
Erytrichum  glomeratum  466. 
Erzverarbeitungsöl  513. 
Esche  382. 
Escoba  87,  97,  205. 
Escobedia  linearis  Schlecht.  426. 
Escobedia  scabrifolia  R.  et  P.  426. 
Esdragon  522. 
Esmeraldasteinnuß  677. 
Espadinin  291. 
Esparto  basto  328. 
Espartofaser  10,  11,  17,   26,   30,  35,   38, 

39,  41,  42,  43,  44,  46,  48,  49,  61,  65,  98, 

100,  195,  327—333,  368,  369,  377—379, 

404. 
Espartogras  327,  328,  329,  369,  377. 
Espartograsblatt  578. 
Espartopapier  377,  378,  379. 
Espartostroh  373,  377. 
Espartozellulose  30. 
Espinha  de  meicha  663. 
Essence  de  Bigarade  630. 
Essence  de  cedrat  799. 
Essence  de  citron  799. 
Essence  de  Fustet  538. 
Essence  de  Livöche  423. 
Esence  de  Neroli  630. 
Essence  de  serpollet  518. 
Essence    de    Verveine    des    Indes    495. 
Essence  volatil  de  Neroli  630. 
Essenza  di  cedrino  799. 
Essenza  di  cedro  799. 
Essenza  di  limone  799. 


Essigerzeugung  800,  801. 

Essigsäure  523,  595,  619,  621,  647,  770, 
843. 

Etiolin  615. 

Eucalyptol  512. 

Eucalyptus  amygdalina  Lab.  512,  513. 

Eucalyptus  amygdalina  var.  Australiana 
512. 

Eucalyptus  australiana  Baker  et  Smith 
512. 

Eucalyptus  citriodora  Hook.  512,  513. 

Eucalyptus  cneorifolia  DC.  512. 

Eucalyptus  dives  512,  513. 

Eucalyptus  dumosa  Maiden.   512. 

Eucalyptus  globulus  Lab.  512. 

Eucalyptus  goniocalyx  F.  v.  M.  512. 

Eucalyptus  incrassata  Labill.  512. 

Eucalyptus  Leucoxylon  F.  v.  M.  512. 

Eucalyptus  maculata  Hook.  var.  citri- 
odora 512. 

Eucalyptus  melliodora  A.  Cunn.   512. 

Eucalyptus  odorata  Behr.  512,  513. 

Eucalyptus  oleosa  F.  v.  M.  512. 

Eucalyptus  piperata  Sm.  512. 

Eucalyptus  polyanthemos  Schau.   512. 

Eucalyptus  polybractea  512. 

Eucalyptus  sideroxylon  A.  Cunn.  512.  / 

Eucalyptus  tar  513. 

Eucalyptusöl  512,  513,  519. 

Eudesmol  512,  513. 

Eugenia  acris  W.  et  A.  510. 

Eugenia  caryophyllus  Thunb.   605. 

Eugenol  498,  501,  511,  621,  628,  639,  640. 

Eugenolazetsalizylsäureester  639. 

Eugenolmethyläther  621. 

Eulophia  sp.  413. 

Eumyzeten  913. 

Eupatorin  522. 

Eupatorium  Ayapana  Vent.  582. 

Eupatorium    chilense   Molin.  428,  523. 

Eupatorium   Rebaudianum   Bertoni   522. 

Eupatorium  triplinerve  Vahl  582. 

Euphorbiaceen  82,  421,  506,  670,  800. 

Eurhamnus  (Untergattung)  884. 

Eurostose  (Hefenpräparat)  933. 

Euryangium  Sumbul  Kauffm.  423. 

Eutannin  894. 

Euxanthin  507. 

Euxanthinsäure  507. 

Euxanthon  507. 

Evonymus  sp.  671. 

Exine  614. 

Exogonium  Purga  Benth.  424. 

Exokarp  688,  878,  910. 

Experiment,  physiologisches  bei  Wert- 
bestimmung von  Insektenpulver  655. 

Extraktionsmethode  641. 

Fächererzeugung  431. 
Fadenpilze  912. 
Faex  medicinalis  935. 


Namen-  und  Sacliref 


969 


Fagaceen  795. 

Fagus  atropunicea  384. 

Fagus  ferruginea  Ait.  795,  823. 

Fagus  silvatica  L.   795,  820. 

Fagus  silvatica  var.  microcarpa  Asch,  et 
Üräbn.  821. 

Fallkraut  428. 

Fangstricke  324. 

Farbe  der  Mohnsamen,  Entstehung  711. 

Färbeextrakt  aus  Hefe  935. 

Färbematerial  406,  414,  421,  422,  425, 
426,  427,  428,  465,  467,  470,  471,  500, 
502,  503,  504,  506,  507,  508,  509,  513, 
514,  515,  520,  521,  524,  525,  526,  531, 
537,  538,  539,  543,  547,  549,  599,  602, 
604,  605,  606,  616,  632,  656,  657,  661, 
663,  669,  67i;  673,  794,  795,  796.  "'is. 
800,  801,  802,  803,  805,  806,  85s,  s,,m. 
862,  870,  884,  889,  890,  894,  895.  .S',)7, 
898,  903. 

Färbemittelzusatz   408. 

Färberginster  504,  514,  530,  531. 

Färberresede  524. 

Färberröte  467—470. 

Farbstoff  413,  414,  415,  425,  450,  487, 
520,  525,  536,  547,  548,  549,  627,  657, 
659,  660,  661,  663,  669,  791,  796,  797, 
798,  800,  801,  802,  803,  805,  871,  897, 
898,   903,   909. 

Farnesol  621,  628,  632,  672. 

Farnspreuhaare  407. 

Fasergehaltbestimmungsmethode,  mikro- 
skopisch-graphische 236. 

Faserkongreß  in  Soerabeya  223. 

Fasern  1 — 405. 

Fasern,  Abhängigkeit  der  Größenverhält- 
nisse von  der  Faserpflanzengröße  47. 

Fasern,  Additionsfarben  13. 

Fasern,  anatomischer  Bau  2. 

Fasern,  auffällige,  auf  dem  anatomischen 
Bau  beruhende   Kennzeichen  45. 

Fasern,  Brechiingsexponent  14. 

Fasern,  chemische  Charakteristik  25. 

Fasern,  Deckzellen  59. 

Fasern,  Dehnungsmodul  21. 

Fasern,  Dichroismus  14. 

Fasern,  Dimensionsänderungen  nach  den 
Achsenrichtungen  infolge  des  Quellens 
18. 

Fasern,  Dimensionen  der  dieselben  zu- 
sammensetzenden Zellen  47,  49. 

Fasern,  Doppelbrechung  9.' 

Fasern,  Elastizität  20. 

Fasern,  Elastizitätsmodul  21. 

Fasern,  Farbe  9. 

Fasern,  Festigkeit  20. 

Fasern,  Formänderungen  bei  Quellung  53. 

Fasern  für  die  Papierfabrikation  367 — 
390. 

Fasern,  gebleichte  39. 

Fasern,  Gestaltsveränderungen    df^r   Zell- 


haut  infolge   ungleicher    Quellung   der 
Zellhautschichten  53. 

Fasern,  Glanz  9. 

Fasern,  Härte  2:i. 

Fasern,  Hygrosko|ii/iliil    IG. 

Fasern,   Innenhaul  bei  der   Quellung  56. 

Fasern,  Innenschlauch  und  sein  Verhalten 
bei  der  Quellung  54,   55,   öij. 

Fasern,   Kennzeichen  37. 

Fasern,  Kutikula  bei  X'crknivimu'  der 
Zellulosemasse  55. 

Fasern,  Länge  der  rohen  44. 

Fasern,  Leitelemente  60. 

Faser,  magnetisches  Verhalten  24. 

Fasern,  Maximalbreiten  49. 

Fasern,    mikrochemische    Reaktionen  38. 

fasern,  mikroskopische  Charakteristik  9, 
60. 

Fasern,  Morphologie  der  Asche  61. 

Fasern,  Nachweis  der  Kristalle  in  der 
Asche  61. 

Fasern,  optische  Hauptachse  13. 

Fasern,  physikalische  Eigenschaften  9. 

Fasern,  Polarisationsfarben  10. 

Fasern,  Poren  in  den  Zellwänden  47. 

Fasern,   Quellbarkeit  18. 

Fasern,  Quellung,  ungleiche  der  Zellhaut - 
schichten  53. 

Fasern,  Quellungsmittel  54. 

Fasern,  Querschnittformen  der  Elemente 
52. 

Fasern,  Reißlänge  22. 

Fasern,  Schichtung  der  Zellwände  47. 

Fasern,  schraubenförmige  Ablösung  dei- 
Mittellamelle  57. 

Fasern,  spezifische  Doppelbrechung  39. 

Fasern,  Stegmata  59. 

Fasern,  Streifung  der  Zellwände   47. 

Fasern,  Subtraktionsfarben   13. 

Fasern,  Tragvermögen  21. 

Fasern,  Übersicht  der  abgehandelten  tech- 
nisch verwendeten  Pflanzenfasern  97. 

Fasern,  Übersicht  der  dieselben  liefernden 
Pflanzen  62. 

Fasern,  Unterscheidung  auf  mikrosko- 
pischem Wege  37. 

Fasern,  Verdickung  der  Zellwände  46. 

Fasern,  Verhalten  der  Kutikula  bei  der 
Quellung  54. 

Fasern,  Verhalten  gegen  .Jod  und  Schwefel- 
säure 39. 

Fasern,  Verhalten  gegen  Verholzung  an- 
zeigende Reagenzien  43. 

Fasern,  Verhalten  geui^n  K  niifi'i'uxyd- 
ammoniak  41. 

Fasern,  Verholzungsgrad  narh  .Iriu  ('.rafe- 
schen  Verfahren  44. 

Fasern,  Verkürzung  bei  Quellung  19,  55. 

Fasern,  Verlängerung  der  Kutikula,Mittel- 
lamelle  und  des  Innenschlanches  bei 
Quellung  55. 


970 


>'amen-  und  Sachiegister 


Fasern,  Verlängerung  innerhalb  der  Elasti- 
zitätsgrenze 22. 

Fasern,  Verschiebungen  in  den  Membran- 
schichten 50,  52. 

Fasern,  Volumsänderungen  bei  Quellung 
54. 

Fasern,  Wärmeleitung  16. 

Fasern,  Weltproduktion  der  wichtigsten 
Pflanzenfasern  99. 

Fasern,  Zellulosen  derselben  26. 

Faserpflanzen,  Übersicht  62. 

Fäulnisbakterien  945. 

Feige  795. 

Fei-tsao-tou  797. 

Feldstrohzellulose  377. 

Feldthymian  518. 

Femel  (Hanf)  185. 

Feminellasumach  533. 

Feminellsafran  614. 

Fenchel  497,  804,  844. 

Fenchel,  römischer  804. 

Fenchelholz  418. 

Fenchelöl  517. 

Ferment  515,  775,  806,  818,  889. 

Fermentin  936. 

Fermentorganismen  168. 

Fermocyl  936. 

Ferratogen  936. 

Ferricyankalium  245. 

Ferrinol  937. 

Ferula  suaveolens  Aitch.  et  Hansl.  423. 

Ferula  Sumbul  Hook.  f.  423. 

Festuca  patula  Desf.  65,  370. 

Fett  26,  145,  447,  463,  485,  487,  594,  662, 
664,  669,  670,  671,  672,  673,  674,  686, 
696,  699,  703,  704,  707,  743,  750,  775, 
783,  785,  792,  796,  802,  819,  848,  873, 
881,  897,  902,  908,  911,  923,  925,  926, 
936,  938,  939,  944. 

Fettkristall  773. 

Fettkristallnadeln  696,  698,  699,  701,  703, 
774. 

Fettsäure  25,  505,  698,  704,  800,  843,  925. 

Fettsäurekristalle  872. 

Fettsäureraphide  696,  698,  699,  701,  703, 
774. 

Feuillea  cordifolia  L.  675. 

Feuillea  trilobata  L.  675. 

Feuilles  Jerusalem  549. 

Feve  Tonka  744. 

Fevillea  cordifolia  L.  675. 

Fevillea  trilobata  L.  675.  ' 

Fibraurea  Trotterii  Watt  418. 

Fibre  of  the  roselle  196. 

Fibres  des  baniers  279. 

Fibris  296. 

Fichte  400,  493. 

Fichtenholz  382,  383. 

Fichtennadelöl  497. 

Fichtennadelöl,  schwedisches  493. 

Fichtennadelöl,  sibirisches  493. 


Fichtennadelseife  493. 

Fichtenöl  493. 

Fichtenrindeersatzmittel  543. 

Ficus  sp.  75,  290,  386,  401. 

Ficus  Carica  L.  795. 

Ficus  coronata  Reinw.  52,  75. 

Ficus  elastica  Roxb.  75. 

Ficus  indica  L.  75. 

Ficus  mysorensis  Heyne  75. 

Ficus  obtusifolia  Roxb.  75. 

Ficus  politoria  Lour.  499. 

Ficus  prolixa  Forst.  75. 

Ficus  religiosa  L.  75. 

Ficus  tomentosa  Roxb.  75. 

Fidschinuß  675. 

Filices  407. 

Filipendula  ulmaria  Maxim.  819. 

Filixgerbsäure  435. 

Fillers  (Tabak)  574. 

Filtermethode  der  Gerbstoffgehaltsbe- 
stimmung 893. 

Fimmelhanf  185. 

Finduck-i-hindi  874. 

Firminia  -platanifolia  L.  90. 

Firnis  510,  665. 

Firnis  von  Silhet  801. 

Fiscbernetze  201,  257,  290. 

Fischernetze,  Dauerhaftmachen  80o. 

Fischfangmittel  510. 

Fisole  668. 

Flachs  2,  6,  10,  11,  14,  15,  18,  20,  22,  24, 
26,  27,  32,  36,  38,  39,  40,  42,  43,  45, 
46,  47,  48,  49,  50,  51,  59,  60,  82,  97, 
99,  122,  154—184,  190,  191,  193,  195, 
199,  202,  204,  218,  223,  234,  236,  238, 
240,  241,  242,  243,  244,  245,  246,  247, 
249,  250.  318,  358,  368,  370,  372,  373, 
378. 

Flachs,  ägyptischer  18, 171,  174, 176,  183. 

Flachs,  belgischer  17,  170,  171,  176. 

Flachs,  böhmischer  170. 

Flachs,  flandrischer  171. 

Flachs,  holländischer  170. 

Flachs,  irischer  176. 

Flachs,  neuholländischer  1. 

Flachs,  neuseeländischer  25,  26,  36,  41, 
42,  45,  46,  48,  49,  72,  98,  99,  314—318- 

Flachs,  russischer  Steppenflachs  183. 

Flachs,  schlesischer  170,  171,  173. 

Flachs,  westfälischer  171. 

Flachs,  Anbau  157. 

Flachs,  Aschengehalt  175. 

Flachs,  Bassinröste  165. 

Flachs,  Bereitungsanstalten  170. 

Flachs,  Bleiche  der  Fasern  171. 

Flachs,  Brechen  170. 

Flachs,  Dampfröste  167. 

Flachs,  Dimensionen  der  Faser  171,  180. 

Flachs,  Eigenschaften  der  Fasern  171. 

Flachs,  Einfluß  der  Stengelhöhe  und 
-dicke  auf  die  Festigkeit  172,  173.    . 


-Xaiiien-  und  Sacliie"isler. 


971 


Flachs,  Ernte  162. 

Flachs,  Farbe  173. 

Flachs,  Faserabscheidung  ohne  Röste  165. 

Flachs,  Feinheit  der  Fasern  171. 

Flachs,  Festigkeit  der  Faser  172. 

Flachs,  gemischte  Röste  165. 

Flachs,  Geschichtliches  184. 

Flachs,  Glanz  der  Faser  174. 

Flachs,  Handelssorten  176. 

Flachs,  Haupthandelsplätze  177. 

Flachs,  Hecheln  170. 

Flachs,  Holzmenge  des  geriffelten  170. 

Flachs,  Innenschlauch  der  Faser  181. 

Flachs,   Kaltwasserröste  165. 

Flachs,  Kanalröste  165. 

Flachs,   Klopfen  170. 

Flachs,  Knotenbildungen  178. 

Flachs,  Konditionierung  174,  175. 

Flachs,  Kotonisierung  184. 

Flachs,  Lysröste  165,  166. 

Flachs,  Mikroskopie  der  Faser  177. 

Flachs,  Oberhaut  des  Stengels  182. 

Flachs,  Pilzmyzelien  im  Baste  173,  174. 

Flachs,   »Protoplasmaknötchen«  181. 

Flachs,  Reinflachsfaser  179. 

Flachs,  Reißlänge  172,  173. 

Flachs,  Riffeln  163,  164. 

Flachs,  Röste  nach  System  Courtray  165. 

Flachs,  Rösten  163—169. 

Flachs,  Röstreife  166. 

Flachs,  Saatgut  159. 

Flachs,  Schädlinge  161. 

Flachs,  Schlammröste  166. 

Flachs,  Schwarzröste  166. 

Flachs,  Schwingen  170. 

Flachs,  spezif.  Doppelbrechung  der  Bast- 
zelle 9,  182. 

Flachs,  Tauröste  164,  165. 

Flachs,  Trocknung  künstliche  163. 

Flachs,  Verbaumwollung  184. 

Flachs,  Verholzung  182. 

Flachs,   «Verschiebungen«  178. 

Flachs,  Verwendung  183. 

Flachs,  Warm  wasserröste  167. 

Flachs,  Welthandelsobjekt  184. 

Flachs,  wertbestimmende  Faktoren   170. 

Flachs,  westfälischer  171. 

Flachs,  Winterröste  166. 

Flachs,  Wurzelbastzellen  178,  179. 

Flachs,  Zellulosegehalt  nach  verschiedenen 
Röstverfahren  169. 

Flachsfransenfliege  161. 

Flachsgärung  168. 

Flachslilie,  neuseeländische  314,  315. 

Flachsrost  161. 

Flachsseide  161. 

Flachsstengelquerschnitt  4. 

Flachswachs  175. 

Flachswelke  161. 

Flachszellulose  27. 

Flacourtiaceen  509,  674. 


Flaveria  Contrayerva  Pers.  523. 

Flax  154. 

Flechte  903. 

Flechtwerk  687. 

Fleisch,  vegetabilisches  744. 

Fleischersatz  735,  939. 

Fleischextrakt  934,  935. 

Fleischextraktersatzmittel  934. 

Fleischfasern  616. 

Fleischschicht  (Perikarp)  886. 

Flemingia  rhodocarpa  Baker  797. 

Flemingin  798. 

Fleurs  de  Cassie  601. 

Fleurva   aestuans    Gaud.    var.    Linneana 

Wedd.  77. 
Flieder  806. 
Fließpapier  389. 
Flohsamen  675,  786—790. 
Flohsamen,  indische  786,  787. 
Flohsamenkraut  786. 
Flohsamenschleim  786,  789,  790. 
Flores  Calendulae  618. 
Flores  Chamomillae  romanae  608. 
Flores  Chamomillae  vulgaris  608. 
Flores  Chrysanthemi  651—654,   649,  655. 
Flores  Cinae  609. 
Flores  cisti  foeminae  509. 
Flores  Lavandul.  gallicae  645. 
Flores  Lavandul.  hortensis  645. 
Flores  Manorae  606. 
Flores  Manulae  607. 
Flores  naphae  630. 
Flores  Pyrethri  rosei  654. 
Flores  Rosae  gallicae  626. 
Flores  Sambuci  607. 
Flores  Stoechadis  arabicae  649. 
Floridabaumwolle  126. 
Florida  bowstring  hemp  324,  326. 
Florideen  62,  63. 
Flotationsöl  522. 

Foeniculum  capillaeum  Gilib.  804. 
Foeniculum  officinale  All.  804. 
Foeniculum  sinense  844. 
Foeniculum  vulgare  Mill.  804. 
Foeniculum  vulgare  var.  dulce  Mill.  804. 
Foenum  Camelorum  497. 
Föhre,  gemeine  100,  492. 
Föhrenholz  383. 
Folia  490. 
Folia  Anthos  549. 
Folia  Boldo  500,  501. 
Folia  Menthae  piperitae  552. 
Folia  Rosmarini  549. 
Forasterokakao  766. 
Forest  wool  63. 
Formaldehyd  29. 
Formänderungen  der  Fasern  bei  Quellung 

53. 
Fourcraea   cantala   Haw.    72. 
Fourcraea  gigantea  313. 
Fourcroya  cubensis  Jacq.  73,  313. 


972 


Namen-  und  Sacl 


Fourcroya  foetida  73,  313. 

Fourcroya  gigantea  Vert.  73,  313. 

Fragaria  vesca  L.  419. 

Franuipane  606. 

Fi;in-ula  (Untergattung)   884. 

liaiikenia  Berteroana  Gay.  508. 

I  liinkeniaceen  508,  509. 

1  liiiikfurter  Taxe  519. 

iMaiisenzelle  763,  764. 

I'rauenmantel  419. 

French  bean  752. 

Früchte  791—911. 

Fruchtknoten  630,  634,  636,  657. 

Fruclitmittelsäulchen  845. 

I'nirhtnabel  904,  909. 

I'ruchtwechsel  593. 

Fruchtzucker  797. 

Frühleiu  160. 

Fruktomannan  6.81. 

Fruktose  923. 

d-Fruktose  681. 

Füllstoff  (Streichgarnabfallspinnerei)  225. 

Fungose  920. 

Funtumia  elastrca  Stapf.  94. 

Fnrfurol   28,   29,   32,   439,    594,   577,    630, 

639,   647,  789. 
Furoide   29. 
Furol  755. 
Furunculine  936. 
Fusanus  acuminatus  R.  Br.  663. 
Fusarium  lini  Bolley  161. 
Fusti  Caryophyllorum  635. 
Fustik,  junger  537. 
Futtermittel  407,  408,  428,  475,  489,  668, 

673,  691,  696,  701,  743,  761,  821.  898, 

908,  930. 

(jagelöl  499. 

Galaktan  487. 

Galaktose  30,  35,   790,  920,  923. 

Galakturonoid  487. 

Galalithersatz  940. 

Galgant  412. 

Galgant,  großer  412. 

Galium   sp.  427. 

Galläpfel  536. 

Galläpfelgerbsäure  639. 

Ciallerthülle  bei  Fasern  386. 

Galles  d'Indes  850,  851. 

Gallini  (Baumwolle)   129. 

Gallus,  indischer  851. 

Gallusgerbsäureglykosid  894. 

Gallussäure  424,  536,  862,  894. 

Gambazzo  (Sumach)  533. 

Gambia  pods  851. 

Gambohanf  44,  84,  97,  195—200,  202. 

Gamelote  66. 

Gammaeule  161. 

Ganja  185. 

Ganib  414. 

Garad  850. 


Garaka  802. 

Garance  467. 

Garancin  469. 

(^iaivinia  C.ambogia  Desrouss.   802. 

ilanlal    712. 

Cardalsciif   712,   714,   719. 

i'.arilfnia  sp.   602,   895. 

r.ardenia  florida  L.   607,   806,   895. 

Gardenia  grandiflora  Lour.  616,  806,  895. 

Gardenia  jasminoides  Ell.  607. 

<lardenia  radicans  Djuped  895. 

Garrat  850,  855. 

Gartenblatt-Tabak  569. 

(^iartenhortensie  503. 

Gärtnerbast  264,  346. 

Gärung  281,  564,  575,  576,  768,  772. 

Gärungsbetriebsschädlinge  913. 

Gärungsgummi  487. 

Gasmaskenverfertigung  808. 

Gaultheria  procumliens  L.  514. 

Gaultheria  punctata  Bl.   515. 

Gaultherin  515. 

Gebirgsschuhe  327. 

Gefäßbündel  1,  3,  4,  5. 

r'.ffiißbündel,  bikollaterale  301,  639. 

< '.ir;iß])ündel,   hemikonzentrische    5,    293, 

294,  302,  305,  307,  309,  310,  312,  339, 

361. 
Gefäßbündel,   kollaterale  5,   295,   312. 
Gefäßbündel,  konzentrische  5,  638. 
Gefäßbündel,  radiäre  5. 
Gefäßbündelbestandteile    monokotyler 

Pflanzen  als  Faserstoff.^    1.   08. 
Gefäßbündelscheide  :ilii.   :;17.   :',33. 
Geierkralle  524. 
Geigesches  Verfahren  zur  (  w-w  inming  der 

Torffaser  363. 
Geizen  des  Tabaks  574. 
Geläger  beim  Jungwein  916. 
Gelbbeeren  602,  soi,  884—889,  897. 
Gelbbeeren,  chnifsisclic  602,  895. 
Gelbbeeren,   rhiiicsKrli,.   in    Schoten    602. 
Gelbbeeren,  deutsche  886. 
(^lelbbeeren,  französische  886. 
Gelbbeeren,  griechische  886. 
Gelbbeeren,  levantinische  886. 
Gelbbeeren,  persische  886. 
Gelbbeeren,  syrische  886. 
Gelbbeeren,  türkische  886. 
Gelbbeeren,  ungarische  886. 
Gelbbeerenanatomie  886 — 888. 
Gelbholz  530. 
Gelbholz,  Triester  537. 
(M'lhkinnl    524.' 

<Mllisa,.l,  indische  (weißer  Senf)  723. 
Ccllisclnilen,    chinesische    806.    895—898. 
Gelbwurzel  412,  443-447. 
Gelenkdreieck  588. 
Geige  (Hanf)   185. 
Geleitzelle  486. 
Gemüse  475. 


Xaiiien-  und  Sachregister. 


973 


Gemusr 
General 


il'er  414. 
queminot-Rose  622. 


Genet   80. 

Geriet  d'Espagne  80. 

Genho  508. 

Genista  anglica  L.   .''nll. 

<Tenist;i  lii.s|ianiea  1..   602. 

Genista  monospernia  Lam.   o'A\. 

<lenista  ovata  W.  et  K.   531. 

(ienista  purgans  Benth.   531. 

Genista  sagittalis  L.   531. 

Genista  tinctoria  L.   504,  531,  602. 

Genista  virgata  DC.  80. 

Genistein  602. 

Gentianaceen  93. 

Genußmittel  487,  504,  507.  50,s.  565, 
752.   776. 

Genußmittelkunde  4'jo. 

Georgia,  kurze  (Baumwolle)    126. 

Georgia,  lange  (Baumwolle)   126. 

Geraniaceen  420,  504. 

Geraniol  495,  496,  497,  504.  506,  621. 
632,   647,   648,   692. 

Geranium  macrorrhizon  L.  420. 

Geranium  maculatum  L.  420. 

Geranium  nepalense  Sweet  420. 

Geranium  phaeum  L.  420. 

Geranium  pratense  L.  420. 

Geranium  pyrenaicum  L.  420. 

Geranium  sanguineum  L.  420. 

Geranium  silvaticum  L.  420. 

Geraniumgrasöl  629. 

Geraniumöl  431,  504. 

Geraniumöl,  indisches  494,   495. 

Geraniumöl,  türkisches  494. 

Gerhehlatl.M-  499. 

GerliniMlciial  406,  412,  414,  415, 
422,  '.2:!,  424,  428,  434,  447,  456, 
503,  507,  509,  510,  514,  516,  531, 
541,  542,  663,  794,  795,  797,  803, 
834,  851,  852,  858,  859,  862,  863, 
889,  899. 

Gerbermyrte  539. 

Gerberstrauch  532,  539. 

Gerbersumach  532. 

Gerbsäure  594,  794,  842,  843,  894. 

Gerbstoff  176,  258,  382,  414,  415, 
420,  422,  424,  434,  435,  447,  448, 
485,  487,  499,  504,  505,  507,  509, 
515,  516,  533,  536,  543,  546,  663, 
755,  795,  797,  803,  805,  819,  828, 
831,  833,  840,  852,  854,  .855,  856, 
858,  859,  860,  861,  862,  863,  870, 
8j72,  873,  881,  890,  892,  893,  894. 

Gerbstoffschicht  854,  856,  857,  858, 
862. 

Gerbstoffzelle  434. 

Germ  940. 

Gerste  939. 

Gerstenstroh  371,  372,  373,  374. 

Geruchskorrigens  für  Jodoform  751. 


419, 
499, 
539, 
823, 
870, 


419, 
470, 
510, 
711, 
830, 
857, 
871, 


Gesamtgeraniol  496,   628. 

Geschaubaum  508. 

Gesundheitsflanell  63, 

Getee  95. 

Getränk,  alkoholisches  508,  796,   797. 

Getreideartenstärke  791. 

Getreidekörnerentkeimung  791, 

Getreidestroh  28,  30,  38,  67,  224. 

Getreidestrohfaser  369. 

Geum  urbanum  L.  419. 

Gewebesteifung  790. 

Gewürz  443,  447,  487,  500,  .'.IT.  :.ls    .",79, 

600,  640,  669,  707,   711,   77s.   T'M.   794. 

802,   803,   819,   820. 
Gewürze,  konzentrierte  514. 
Gewürzfälschungsmittel  6b2. 
Gewürzkörner  803. 
Gewürznelken  634 — 641. 
Gewürznelkenverfälschung  640. 
Gewürzpulververfälschungsmittel  701  776. 
Gewürzsalze  514. 
Ghore  Sun  201. 
Giant  speargrass  67. 
Gift  503,  540. 
Gin  106. 

Gingellikörner  807. 
Gingellisamen  907. 
Gingembre  439. 
Ginger  439. 
Gingergrasöl  495. 
Gingeroi  443. 
Ginster  531. 
Giovatavalonen  824. 
Girardinia  heterophylla  Dcne.   76. 
Glacehandschuhleder,    taubengrau-färben 

805. 
Glacelederzubereitung  858. 
Glandulae  Lupuli  844. 
Glanzseide  131. 
Glaucium  sp.  665. 
Globoid  696,  721,  732,  743,  774,  783,  789, 

848,  849,  883. 
Globulide  786. 
Globulin  922. 
Globulol  513. 
Glucinsäure  594. 
Glühstrümpfe  (Ramie)   222. 
Glukose  593,  594,  733,  919,  920,  923. 
d-Glukose  27,  35,  463,  755. 
Glukosidase  733. 
Glukozellulose  25,  26,   29. 
Glutamin  487,  595. 
Glutaminsäure  922. 
Glutinkörperchen  927. 
Glycine  hispida  Maxim.  667. 
Glycine  subterranea  L.  668. 
Glycyrrhiza  glabra  L.  420,  457. 
Glycyrrhiza   glabra   L.   var.   glandulifera 

Reg.  et  Herd.  459. 
Glycyrrhiza  glabra   L.   var.   typica   Reg. 

et  Herd.  458. 


974 


A'aiuen-  iind  Sachregister. 


Glycyrrhiza  uralensis  Fisch.  460. 

Glycyrrhizin  420. 

Glykogen  33,  919,  924,  925,  944,  945. 

Glykogenase  925. 

Glykokoll  595. 

Glykolsäure  594. 

Glykose  473,  576,  577,  615,  722,  733,  818, 

894. 
Glykosid    406,    411,    414,    453,    469,    473, 

500,  503,  507,  509,  515,  522,  541,  602, 

655,  668,  722,  755,  775,  818,  820,  883, 

888,  889. 
Glykuronsäure  507. 
Glyzyrrhizin  462,  463. 
Gnemon  domesticum  Rumph.  64. 
Gnetaceen  64. 
Gnetum  funiculare  Bl.  64. 
Gnetum  gnemon  L.  64. 
Gnetum  latifolium   Bl.  64. 
Gnetum  scanden.s  Roxb.  64. 
Gnidia  L.  273. 
Gnidia  eriocephala  (Wall.)  Meisn.  91,  264, 

272—275,  276,  343. 
Goalporajute  249. 
Goasfoot  eil  499. 
Golden  Seal  417. 
Goldfirnis  616. 
Goldlack  889. 

Gomphocarpus  fruticosus  R.  Br.  95,  1.54. 
Gomphocarpus  physocarpus   E.  Mey.   96. 
Gomphocarpus  semilunatus  A.  Richter  96. 
Gomphostemma  insuave  Hance  558. 
Gomuti  fibre  69,  341. 
Gomutus  saccharifera  Spr.  69. 
Gütterbaum  506. 
Gongonha  508. 
Goni  327. 

Goniolimon  tataricum   Boiss.   424. 
Gossampinus  alba  Harn.  89. 
Gossypin  760,  761. 

Gossypium  sp.  99,  101,  104,  105,  672. 
Gos.sypium   acuminatum  Roxb.   84,   102, 

103,  108,  111,  114. 

Gossypium  anomalum  Ky.  Peyr.  84,  104. 
Gossypium  arboreum  L.  84,  102,  103,  104, 

108,  111,  112,  114,  115,  116,  119. 
Gossypium   arboreum   L.  var.  neglectum 

Watt  102. 
Gossypium  barbadense  L.   84,  102,   103, 

104,  105,  107,  111,  112,  114,  115,  116, 
119,   124,  125,   126. 

Gossypium  conglomeratum  84,  104,  109, 

111,  112,  114,  115,  116,  119. 
Gossypium  eglandulosum  Cav.  84,  102. 
Gossypium   flavidum    84,   104,    109,    111, 

112,  116,  119,  123,  125,  130. 
Gossypium  herbaceum   L.   84,   102,   103, 

104,  105,  107,  108,  111,  112,  114,  116, 
119,  123,  133. 
Gossypium    herbaceum     L.    var.    micro- 
carpum  Tod.  102. 


Gossypium  hirsutum  L.  84,  102,  103.  lni 
105,   112,  113,  123,   125. 

Gcssypium  hirsutum  Cook  102. 

Gossypium  indicum  Lam.  84,  103. 

Gossypium  Jumelianum  84,  104. 

Gossypium  latifolium   Murr.   84,   102. 

Gossypium  maritimum  Tod.  84,   102. 

Gossypium  micranthum  Cav.  84,  102,  103 

Gossypium  microcarpum  102. 

Gossypium  neglectum  Tod.  84.  102,  103 

Gossypium   obtusifolium   Roxb.    84,    102 
103. 

Gossypium  peruvianum  Cav.  84.  102.  114 
127. 

Gossypium  punctatum  Schum.  et  Thonn 
84,  102,   103. 

Gossypium   purpurascens    Poir.    84.    104 

127. 
Gossypium  racemosum  Poir.  84,  102.  127 
Gossypium  religiosum  Auct.  84,   103. 
Gossypium  religiosum  Cav.  84. 
Gossypium  religiosum  Forst.  84,  104. 
Gossypium   religiosum   L.    84,    104.    111. 

112,  116,  119,  123,  125,  130. 
Gossypium  rubrum  Forsk.  84. 
(jossypium  sandwicense  Pari.  84,  103.  104 
Gossypium  siamense  84,  104. 
Gossypium  Stocksii  Mast.   84,   102,   104. 
Gossypium  taitense  Pari.  84,  103,  104. 
Gossypium  tomentosum  Nutt.  84. 
Gossypium  vitifolium  Lfm.  84,  102,  lOS. 

104,  119,  127. 
Gossypium  Wightianum  Tod.  84.  102. 
Gouachebilder-Malgrund  390. 
Gousses  de  Gonake  856. 
Gramineen  65—67,    407,    408.    494—497. 

791. 
Granatapfelbaum  803. 
Granula  925. 

Granulobacter  pectinovorum  168. 
Grasblätter  616. 
Grasöl,  indisches  494. 
Grass-cloth  221. 
Grauerle  794. 
Grawata  70. 
Grenadins  600. 
Grewia  sp.   264. 
Grewia  asiatica  L.   84. 
Grewia  didyma  Roxb.  83. 
Grewia  elastica  Royle  83. 
Grewia  flava  DC.  802. 
Grewia  laevigata  Vahl.  84. 
Grewia  microcos  DC.  83. 
Grewia  occidentalis  L.  84. 
Grewia  oppositifolia  Buchan.  84. 
Grewia  oppositifolia  Hamilt.  83. 
Grewia  scabrophylla  Roxb.  84. 
Grewia  tiliaefolia  Vahl  84. 
Grewia  villosa  Roxb.  83. 
Griechische    Festlandsvalonen  825,    828. 
Griechische  Inselvalonen  825,  828. 


Namen-  und  Sachicffister. 


i)75 


Griffel  630,  636. 

Griffes  de  girofle  635. 

Grislea  tomentosa  Roxb.  604. 

Großdrüsen  643. 

Großzellen  726, 

Großzellenschichl,  subepidermale  716,716 
719. 

Ground-nut  743. 

Grundwolle  der  Baumwolle  113. 

Grüne  Ramie  210. 

Grünhopfen  835. 

Grünminze  555. 

Grünminzöl  519,  556. 

Guajacan  504. 

Guajakol  819. 

Guania  595,  921,  934,  935. 

Guara  672. 

Guarana  801. 

Guararinde  863. 

Guaxima  254. 

Guayanillabaumwolle  127. 

Guayaquilsteinnuß  677,  678. 

Guaza  185. 

Guazuma  ulmifolia  Desf.  23,  90. 

Guilielma  speciosa  Mart.  792. 

Guimauve  88. 

Guinara  286. 

Guineamais  791. 

Güity-iba  665. 

Guizotia  abyssinica  (L.)  Cass.  807,  907. 

Guizotia  oleifera  DC.  907. 

Gul-i-zalil  500. 

Gumbo  of  Louisiana  85. 

Gummi  25,  33,  463,  469;   618,  819,  864 

903. 
Gummigänge  893. 
Gummiharz  423,  428. 
Gummikrankheit  des  Zuckerrohres  590. 
Gummischicht  867. 
Gummizellen  868,  869. 
Gums  594. 
Gun  209. 
Gunditabak  568. 
Gundui  fibre  96,  261. 
Gunnera  chilensis  Lam.  422. 
Gunnera  scabra  R.  et  P.  422. 
Gunny  cloth  249. 
Gunny  fibre  238. 
Gunnysäcke  107,  249. 
Gunnytücher  249. 
Gurdum  903. 
Gurjunbalsamöl  495,  502. 
Gurken  526. 
Gurtenstoff  250. 
Guspillafaser  291,  312. 
Guttiferae  603,  604,  673,  802. 
Guzerat-Rape  725. 
Guzeratsaat  723. 
Gymnadenia  sp.  413. 
Gymnema  silvestre  R.  Br.  95. 
Gymnocladus  chinensis  Baill.  666,  797. 


Gymnostachys  anceps  R.  Br.  65. 
Gypsophila  altissima  L.  416. 
Gypsophila  angustifolia  Fisch.  416. 
Gypsophila  Arrostii  Gussone  416,  454. 
Gypsophila  fastigiata  L.  416. 
Gypsophila  paniculata  L.  416,  454. 
Gypsophila  Strutium  L.  416. 

Haapapevanille  814. 

Haardrüse,  innere  563. 

Haare  491,  571,  586,  591. 

Haare  des  Espartograses  331. 

Haarfärbemittel  523. 

Haarsalbe  498. 

Hadern  368,   371,   382,   401,   402. 

Hadern  als  Papierrohstoff  403. 

Hadernpapiere,  älteste  402. 

Hadernpapier,  Erfindung  desselben   403, 
404. 

Haferstroh  29,  35,  99,  371,  372,  373,  374. 

Halfagraszellulose  30. 

Halogeton  sativus  C.  A.  Moy.  499. 

Halopegia  azurea  K.  Schum.  498. 

Halorrhagidaceen  422. 

Halsbändererzeugung  792,  882. 

Hämagglutinin  759. 

Handschwingerei  (Flachs)   172. 

Handweberstuhl  164. 

Hanef  195. 

Hanf  2,  10,  11,  12,  14,  15,  20,  22,  24,  38, 
39,  40,  42,  43,  46,  47,  50,  57,  58,  59, 
60,  76,  80,  97,  99,  107,  180,  181,  183, 
184—195,  199,  204,  207,  217,  218,  223, 
234,  236,  239,  240,  241,  242,  243,  244, 
245,  247,  249,  250,  251,  265,  318,  368, 
370,  403. 
Hanf,  indischer  184,  185,  196. 
Hanf,  italienischer  187,  188,  243. 
Hanf,  männlicher  185,  186. 
Hanf,  spanischer  188. 
Hanf,  weiblicher  185,  186. 
Hanf,  Anbau  und  Ernte  186. 
Hanf,  Eigenschaften  der  Faser  187. 
Hanf,  Feuchtigkeitsgehalt  der  Faser  187. 
Hanf,  Gesamtproduktion  189. 
Hanf,  Geschichtliches  193. 
Hanf,  Heimat  185. 
Hanf,   Kotonisierung  195. 
Hanf,  Mikroskopie  der  Fasern  189. 
Hanf,    Mittellamelle    desselben    bei    der 

Quellung  58. 
Hanf,  Oberhaut  der  Stengel  190. 
Hanf,    Verhalten    bei    Einwirkung    von 

Kupferoxydammoniak  192. 
Hanfbreche  330. 
Hanffrüchte  795. 
Hanfhadern  135. 
Hanfhahn  185. 
Hanfhechel  330. 
Hanfhenne  185. 
Hanföl  795. 


976 


Namen-  und  S;xclirei;ister. 


»Hanfpruvinzen  <  der  Philippinen  278,  280. 

Hanfröste  185. 

Hanfwerg  250. 

Haplntaxis  Lapj/a  428. 

Haralcake  (neuseeländischer  Flachs)   316, 

318. 
Harake  (neuseeländischer  Flachs)   315. 
Harmalin  669. 
Harmalrot  669. 
Harmelstaude  669. 
Harmin  669. 
Härte  der  Fasern  23. 
Hartfasern  23,  24,  99,   297,   315. 
Hartriegel,  roter  805. 
Hartschicht  der  Mohnsamenschale  710. 
Hartschicht  des   Perikarps  809,  867,  886, 

901 
Harz  25.  258,  413,  418.  424.  425,  463.  576 

786.   798,   819,   843,   844,   903. 
Harzdrüse  760.  762,  764. 
Harzgan^c  604. 
Harzöl   517. 

Harzsäure  576. 

Harzoiti  665. 

Haschisch  185. 
Haselnüsse,  indische  874. 

Haselwuiz  413,  414. 

Hausenblase  670. 

Hausmittel  516. 

Hautdrüse,  blasige  562,  563. 

Hautleim   670. 

Havanna-Seedleafs  568. 

Havannatabak  568. 

Hayalon  282. 

Hay  saffron   611. 

Hechelmaschine  359. 

Hecheln  des  Leines  163. 

Hede   (Flach.s)   170. 

Hedeoma  pulegioides   Pers.  517. 

Hedychium  corouarium    Koen.  599. 

Hedychium  spicatum  Sm.  412. 

Hedyosmum  sp.  599. 

Hedyotis  herbacea  W.  427. 

Hedysarum  lagenarium  Roxb.  390. 

Hefanol  930. 

Hefe  469,  912—94». 

Hefe,  chinesische  948. 

Hefe,  gepreßte  915.  916. 

Hefe,  wilde  914.   915. 

Hefearten  915. 

Hefenalbumin  933. 

Hefenansatz  929. 

Hefenautodigestion  923,  933. 

Hefenautolyso  923. 

Hefendextran  919. 

Hefenenzymp  923. 

Hefenextrakt  930,  931,  932,  933,  934,  935, 
937,  939. 

Hefenfett  925,  926. 

Hefengummi  919,  921,  935,  944. 

Hefengut  929,  930,  942. 


:     Hefenheilmittel  935,  936,   937. 
I     Hefenkaffeesurrogat  931. 
j     Hefenkonserven  916,  948. 
'     Hefenlezithin  925,  926. 
Hefenmorphologie  918. 
Hefennährpräparate  930. 
;     Hefennukle'in  920,  921. 

Hefennukleinsäure  920,  921. 
1     Hefenpreßsaft  922. 

Hefenproteine  933. 

Hefenpulver  940. 

Hefenseife  936. 
I     Hefenspeisemehl  931. 
!     Hefentrockner  938. 

Hefenzellkern  918,  920. 

Hefenzellulose  919. 

Hefenzüchtungsnährboden  929. 

Hefenzucker  931. 

Hefepilze  770. 

Heferassen  914. 

Hefereinzuchtapparate  914. 

Hefestämme  914,  915. 

Hefezellenreservestoffe  924,  925. 

Hefezellhaut  918,  919,  920,  944. 
;     Heidekraut  390. 
i     Heidelbeerrot  520. 
i     Heiligenpflanze  523. 

I  Heilmittel  406,  412  413,  428.  429,  431, 
j  435,  447,  463,  471,  521,  539,  555,  649, 
I  688,   799,   924,   935,   936,   937. 

Heilpflanze  619,   799. 
1     Heißwasserverfahren    der  Vanillezuberei- 
tung 814,  815. 

Helianthus  annuiis  L.  807,  898,  900,  902, 
903,  910. 

Helianthus  tuberosus  L.  428. 

Heliconia  carabaea  Lam.  74. 

Helicteres  Isora  90,  369. 

Heliotropin  819. 

Heliotropium  peruvianum  L.  606. 

Helleborein  416,  417. 
I     Helleborin  416. 

Helleborus  niger  L.  416. 

Helleborus  officinalis  Sm.  416. 

Helleborus  orientalis  Lam.  416. 

Helleborus  viridis  L.  416. 

Hellenia  alba  Willd.  794. 

Helonias  dioica  Pursh  411. 

Helonin  411. 

Hemidesmus  indicus  R.  Br.  96. 

Hemidesmus  Wallichii  Miq.  96. 

Hemizellulose  30,  681,   788. 

Hemlocköl  493. 

Hemlocktanne  493. 

Hemp  184,  185.   200. 

Henequen   25,   72,   73,   98,    99,   289,    290, 
295,  296,  297,  302,  303,  308—312. 

Henna  509,  547—549. 

Hennah  463,  604. 

Henn6  548. 

Hentriäkonlan  843. 


Namen-  und  Sachregister. 


977 


Herba  Absinthii  522. 

Herba  cisti  foeminae  509. 

Herba  matricariae  522. 

Herba  Schoenanthi  497. 

Herba  Squinanthi  497. 

Herbae  490. 

Herbstzeitlose  411. 

Herstellung  von  Faserquerschnitten  53.  . 

Herzgift  410. 

Hessian  249,  250. 

Heteropogon  contortus  R.  et  S.  67. 

Hevea  sp.   278. 

Heymassoli  663. 

Hibiscus  sp.  370. 

Hibiscus  abelmoschus  L.  23,  85,  672. 

Hibiscus  arboreus  Desf.  85. 

Hibiscus  cannabinus  17,   23,  40,  42,  43, 

44,  45,  48,  50,  84.  97,  195—200,  251, 

299,   369,   370. 
Hibiscus  circinatus  Willd.  85. 
Hibiscus  clypeatus  L.  86. 
Hibiscus  collinus  Roxb.  86. 
Hibiscus  digitatus  Cav.  85. 
Hibiscus  eculneus  L.  85. 
Hibiscus  elatus  Swartz  85. 
Hibiscus  eriocarpus  DG.  86. 
Hibiscus  esculentus  23,  85,  104. 
Hibiscus  ficifolius  Roxb.  86. 
Hibiscus  furcatus  23,  86. 
Hibiscus  gossypinus  Thunb.  85. 
Hibiscus  heterophyllus  Vent.  86. 
Hibiscus  Manihot  Moench.  86. 
Hibiscus  mutabilis  Cav.  86. 
Hibiscus  populneus  L.  86,  88,  258. 
Hibiscus  rosa  sinensis  L.  85. 
Hibiscus  sabdariffa  23,  85. 
Hibiscus  sinensis  Mill.  86. 
Hibiscus  striatus  Cav.  85. 
Hibiscus  strictus  Roxb.  86. 
Hibiscus  surattensis  L.  86. 
Hibiscus  syriacus  L.  85. 
Hibiscus   tetraphyllos   Roxb.    86,    251. 
Hibiscus  tiliaceus  Cav.  85. 
Hibiscus  tomentosus  Mill.  86. 
Hibiscus  tortuosus  Roxb.  86. 
Hibiscus  verrucosus  Guill.  et  Perrot.  86. 
Hibiscusfaser  38. 
Hieroglyphenschrift      der     Mayaindianer 

400. 
Hilum  702. 

Himalayafichtenholzzellulose  384. 
Himalayapappelzellulose  384. 
Hing  Hung  hat  (Baumwolle)  128. 
Hiobstränen  791. 
Hirda  890. 
Hirschzunge  580. 
Hirse  714. 
Hirsebier  912. 
Hishi  403. 

Histologie  des  Laubblattes  490—492. 
Hohlraum  in  der  Kokosfaser  361. 
W  i  e  8  n  e  r ,  Rohstoffe.     IH.  Bd.    :i.  Aufl. 


Höhneis  Ansicht  über  die  Entstehung  der 

Verschiebungen  der  Bastzellen  50. 
Höhneis  Papierschwefelsäure  40. 
Holcus  cernuus  Ard.  791. 
Holländer  Krapp  467. 
Holler  806. 
Holoptelea  integrifolia  Planch.  41,  75,  98, 

247,  264,  269—270. 
Holostemma  Rhedeanum  Sprg.  95. 
Holunder,  schwarzer  806. 
Holy-Powder  412. 
Holz  2,  10,  67,  99,  238,  447. 
Holzfaser  5,  238,  368,  369,  381—384,  404. 
Holzkohle  916. 
Holzmarkstrahlen  383. 
Holzparenchym  468. 
Holzschliff  382,.  383,  404. 
Holzstoff  382,  383. 
Holzstoffreaktion  382.  383,  595. 
Holztafel  392. 

Holzzellulose  132,  357,  371,  382—384,  916. 
Holzzylinder  430. 
Homoflemingin  798. 
Honckenya  ficifolia  Wijld.  83. 
Honigbrot  687. 
Honigyerba  522. 
Hopein  843. 
Hopfen  76,  597.  795,  834—844,  927,  935, 

938. 
Hopfen,  herzblättriger  834. 
Hopfen,  wilder  834,  836. 
Hopfenbecherdrüsen  840,  841,  842. 
Hopfenbitter  842,  844. 
Hopfenbittersäure  842,  844. 
Hopfenblatttäuse  927. 
Hopfendeckblätter  838. 
Hopfendeckschuppen  837,  838,  839,  840, 

843. 
Hopfendolden  836. 
Hopfendrüsen  839,  840.  841,  844. 
Hopfenfaser  76,  224.  225. 
Hopfenfrucht  838,  839. 
Hopfenfruchtschuppen  838,  839,  840,  842, 

843. 
Hopfenfruchtspindel  837. 
Hopfenfruchtstaude  836,  837. 
Hopfengerbsäure  844. 
Hopfenharz  842,  843,  927,  930,  941. 
Hopfenhäupter  836. 
Hopfenkamm  837. 
Hopfenkolben  836. 
Hopfenköpfe  836. 
Hopfenkultur  835,  836. 
Hopfenmehl  836,  839. 
Hopfenöl  844. 

Hopfenöl,  spanisch  517,  518. 
Hopfenranken  76. 
Hopfenrippe  837. 
Hopfenstiel  837. 
Hopfenstützblätter  838. 
Hopfensurrogate  842. 

62 


978 


Namen-  und  Sachregist« 


Hopfentrollen   836. 

Hopfen-  lind   Hefenextrakt  935. 

Hopfenzapfen  836,  839. 

Hopfenzapfenspindel  837. 

Hornklee  666. 

Hornpro-senchym  462. 

Horse  Mint  516. 

Horseradish  tree  66.5. 

Hoya  viridiflora  R.  Br.  96. 

Huflattich  579. 

Huflattichfaser  225. 

Huile  de  Colza  728. 

Huile  de  navette  728. 

Hüllkelch  657,  658. 

Hüllmembran  bei  Bastfasern  385,  386. 

Hüllperisperm  704. 

Hülse  797,  852—858,  859—869,  871,  872. 

Humifizierung  der  Zellhaut  366. 

Hiiminkörper  18.  251,  252.  254,  276.  389. 
399,  576. 

Humulen  842. 

Humulin  842. 

Humulol  843,  844. 

Humulon  843. 

Humulus   japonicus    Sieb,    et   Zucc.    795, 
834,  835. 

Humulus  Lupulus  L.   76,  224,   795,  834. 

Humulus  Lupulus  var.  cordifolius  Miquel 
795,   834. 

Hundszunge  580. 

Hungerbrot,  russisches  664. 
Huntabak  568. 
Husks  692,  693. 
Hwaishii  602. 

Hyacinthus  Orientalis  L.  598. 
Hyacinthus   provincialis   Jord.   598. 
Hydnocarpus  sp.   673. 
Hydnora  longicollis  Wehv.   414. 
Hydnoraceen  414. 
Hydrangea  Thunbergii  Siebold  503. 
Hydrangenol  503. 
Hydrastin  417. 
Hydrastis  canadensis  L.   417. 
Hydrocaryaceen  93,  804. 
Hydrocharitaceen  65. 
Hydrolyse  920,  923. 
Hydrome  sp.  409. 
p-Hydroxybenzaldehyd  843. 
Hydrozellulose  678. 
Hygroskopizität  der  Pflanzenfasern  16. 
Hymenachne  Myurus  Beauv.  66,  370. 
Hymenaea  Courbaril  L.  870. 
Hyoscin  426. 
Hyoscyamin  426. 
Hyoscyamus  niger  L.   712,   723. 
Hypanthium  636. 

Hyphaene  sp.  546,  685,  686,  688,  690. 
Hyphaene  coriacea  Gaertn.   662,  687. 
Hyphaene  crinita  Gaertn.  687. 
Hyphaene  thebaica  Mart,  662,  687,  689, 
690.  887. 


Hyphaene-Elfenbein  689. 
Hypocastaneen  671. 
Hypoderm  430,  550. 
Hypokotyl  477,  483. 
Hypoxanthin  921,  934,  935. 
Hyssopus  officinalis  L.  517. 

latrorrhiza  Calumba  Miers  418. 

latrorrhiza  palmata  Miers  418. 

latrorrhizin   418. 

Ibarö  875. 

Icacinaceen  508. 

Idzumitabak  568. 

Igan  (Faser)   353. 

Hex  sp.  801. 

Hex  crenata  ThunD.   SOl. 

Hex  geniculata  Maxim.  801. 

Hex  microcarpa  Maxim.  801. 

Ilex  Paraguayensis  St.  Hilaiie  507. 

Hex  rotunda  Thunb.  801. 

Hex  serrata  Thunb.  801. 

Hlicium  anisatum  L.   796,  845. 

niicium  anisatum  Laur.  796,  844. 

Hlicium  japonicum  Sieb.  845. 

Hlicium  religiosum  Sieb,  et  Zucc.  796,  845, 
849. 

Hlicium  verum  Hook.  fil.  796,  844,  849. 

Hlipe  latifolia  Engl.  674. 

Hlipesamen  759. 

Imperata  arundinacea  Cyr.   66. 

Imperatori-a  Ostruthinm   L.    i23. 

Imperialrübe  480. 

Indaia  assu  792. 

Indiafaser  68. 

Indian  grass  238. 

Indian  hemp  94,   196. 

Indian  Hemp,  perennial  90. 

Indian  Liquorice  420. 

Indian  Mulberry  471. 

Indian  Mustard  725. 

Indian-Nard  427. 

Indian  Rape  725. 

Indigkarmin  525. 

Indigo   249,  524,   549. 

Indigofera  tinctoria  L.  80. 

Indigopflanzen  524. 

Indischer  Hanf  196. 

Indisches  Grasöl  494. 

Indischer  Riesenhanf  187. 

Indischgelb  507. 

Indischweidenholzzellulose  384. 

Indo-Chinese  Wax-Tree  669. 

Indol  632,  642. 

Indusseife  873. 

Inga  Marthae  Spr.  870. 

Ingwer  412,  439—443.   4','.. 

Ingwerbrot  687. 

Injuriado  (Tabak)  574. 

Inka  400. 

Inklusen  543,  545,  546,  547,  688,  887. 

Inklusionen  546. 


Namen-  und  Sachregister. 


979 


Innenhaut  der  I'asern  56. 
Innenhaut  der  Sunnfaser  202. 
Innenschlauch  der  Hanffaser  192. 
Innenschlauch   der   Fasern   bei    Quellung 

derselben  54,  55,  56. 
Insektenabtötungsmittel  874. 
Insektenpulver  447. 
Insektenpulverblüten  608,  649—655. 
Integument  704,   731. 
Interferenzerscheinung  909. 
Interzellularlücken  636,  637. 
Interzellularräume    im     Papyrusstauden- 
mark 398. 
Interzellularsubstanz  232,   276. 
Intine  614. 
Inulaarten  903. 
Inula  Helenium  L.  428. 
Inulin  428. 
Invertin  790,  923. 
Invertzucker  487,  593,  605,  627. 
Involukrum  617,  657. 
lonon  439. 

Ipomaea  Purga  Wender  424. 
Ipomaea  Turpethum  R.  Br.  425. 
Irakusa  77. 

Iridaceen  411,  412,  598,  599. 
Iris  florentina  L.  411,  435. 
Iris  germanica  L.  411,  435. 
Iris  pallida  Lam.  411,  435. 
Iris   Pseud-Acorus  L.  412. 
Irisöl  438,  439. 
Irisveilchenwurzel  604. 
Iren  439,  604. 
Irvingiaarten  669. 

Ischaemum  angustifolium  Hook.  67,  369. 
Isoeugenol  619,  621. 
Isolichenin  33. 
Isombepalmkerne  698. 
Isorhamnetin  889. 
Isosafrol  621. 
Isosulfocyanat  502. 
Isovaleriansäure  523. 
Ispaghulsamen  787,  789. 
Isparik  500. 
Ivakraut  522. 
Ivalikör  522. 
Ivoire  vegetal  682. 
Ivory-nuts  683. 
Ixioideen  599. 
Ixtle  72,  73,  297,  322,  370. 
Ixtleagave  411. 
I-Zellenschicht  747. 
Izkhir  497. 

Jabbalpore  (Sunn)  201. 
Jabonera  418. 
.laborandiblätter  543. 
Jackbohne  669. 

Jacquinia  armillaris  Jacqu.  805. 
Jacquinia  aurantiaca  Ait.  805. 
J^acquinia  racemosa  DC.  805. 


Jahreslagen  beim  Bast  268. 
Jalapenpulververfälschung  808. 
Jamaikaingwer  440. 
Jambosa  Caryophyllus  (Spreng.)  Ndz.605, 

634,  803. 
Janapa  201. 

Japaconitin  417. 

Japantalg  806. 

Jarä-assu  662. 

Jarä-uassu  662. 

Jasmin,  gemeiner  641. 

Jasminblüten  606,  641—642. 

Jasminöl  641,  642. 

Jasminpomade  641,  642. 

Jasminum  gardeniodorum  641. 

Jasminum  grandifloruih  L.  606,  641, 

Jasminum  odoratissimum  L.  606,  641. 

Jasminum  officinale  L.'606,  641. 

Jasminum  paniculatum  Roxb.  606. 

Jasminum  Sambac  Ait.  606. 

Jasmon  642. 

Jäsund  76. 

Jauwave  ixtle  312. 

Javacitronellöl  496. 

Javajute  84,  195—200,  251.    ' 

Java-Kapok  146. 

Jayunti  80. 

Jequiriti  667. 

Jervin  411. 

Jetee  fibre  207. 

Johannisbrot  666,  687,  688,  797,  869,  887. 

Jonon  604.  -  ' 

Jordanmandel  730. 

Jubaea  spectabilis  21,  22. 

Jubbulpore-Myrobalanen  890. 

Jubulpore  Hemp  79. 

Juglandaceen  499,  663,  794. 

Juglans  sp.  663. 
Juglans  regia  L.  499,  794. 
Juglon  794. 

JumelbaumwoUe  126,  129. 
Juncus  odoratus  497. 
Juniperus  communis  L.   791. 
Juniperus  phoenicea  L.  494. 
Juniperus  Sabina  L.  494. 
Juniperus  virginiana  L.  494. 
Jurinea  macrocephala  Benth.  429. 
Jusi  321. 

Jute  2,  6,  10,  12,  14,  15,  17,  18,  20,  22, 
24,   28,   30,   31,   32,   35,   38,   39,  40,  42, 
43,   44,   45,   46,   48,   51,   53,  82,   85,  98, 
99,   107,   158,   159,   180,  183.   184,   187, 
199,  202,   224,   229,   230,  231.  236,  238 
—251,  252,  253,  254,  255,  256,  260.  264, 
345,   368,  370. 
Jute,  Bimlipatam-  197. 
Jute,  chinesische  86. 
Jute,  indische  87. 
Jute,  Java-  84. 
Jute  von  Madras  196. 
Jute,  Aschengehalt  244. 

62* 


980 


Aanien-  und  Sachregister. 


Jute,  Berlinerblaureaktion  245. 

Jute,  Dimensionen  der  Faser  242. 

Jute,  Eigenschaften  derselben  242. 

Jute,  Farbe  242. 

Jute,  Festigkeit  244. 

Jute,  Geruch  243. 

Jute,  Geschichtliches  250. 

Jute,  Glanz  243. 

Jute,  Handelssorten  249. 

Jute,  Hygroskopizität  243. 

Jute,  Kultur  240. 

Jute,  mikrochemisches  Verhalten  244. 

Jute,  Mikroskopie  245. 

Jute,  Röste  241. 

Jute,  spezifisches  Gewicht  244. 

Jute,  Substitutes  88. 

Jute,  Verholzung  244,  245. 

Jute,  Verwendung  249. 

Juteersatzmittel  251,  254. 

Juteplüsche  250. 

Jutesäcke  239,  242,  243. 

Jutezellulose  28. 

Kadinen  621. 

Kaempferia  Galanga  L.  412. 

Kaempferia  Hedychium  Lam.  599. 

Kaempferia  rotunda  L.  412. 

Kaffee  144,  278. 

Kaffee-Ersatz,   »aromatischer«    (Patent 

Gebr.  v.  Nießen)  682. 
Kaffee-Ersatzmittel   409,   489,    663,    667, 

672,   682,   744,   795,   930. 
Kaffeesäcke  242,  249,  254,  258. 
Kaffeesurrogatfälschungsmittel  682. 
Kaffir  hemp  84. 
Kahm  913. 
Kahmhefen  913. 
Kahnbauholz  687. 
Kainggras  66. 
Kaingraszellulose  370. 
Kair  357. 

Kakao  144,  7(>5 — 776. 
Kakao,  ungerotteter  768. 
Kakaobohnen  673,  765 — 776. 
Kakaobutter  776. 
Kakaofermentation  768,  769,  770. 
Kakaofermentierungskisten  768. 
Kakaofett  776. 
Kakaofrucht  767,  768,   769. 
Kakaofruchtmus  768. 
Kakaokultur  765,   767. 
Kakaomassezusatz  819. 
Kakaorot  775. 

Kakaorottung  768,  769,  770,  772. 
Kakaosamenanatomie  772,  773,  774,  775. 
Kakaosamenkeimblätter  771,  773,  774. 
Kakaosamenschalen,  Silberhaut  771. 
Kakaoschalenpulver  772,  776. 
Kakaotee  776. 
Kakaoverarbeitung  671. 
Kakaozusatz  801. 


Kakhibaumwolle  245. 

Kakibaum  805. 

Kaki-Shibu  805. 

Kalango  736. 

Kala-til  775. 

Kalfatern  der  Schiffe  805,  904. 

Kalidüngesalz  497. 

Kalium  487,  488,  576,  615,  696. 

Kalium,  myronsaures  722. 

Kaliumchlorid  497. 

Kaliumhydrosulfat  722. 

Kaliumoxalat  446. 

Kaliumsulfat  497. 

Kalk  487,  505,  696,  926. 

Kalkoxalatkristalldrusen  389,  456,  633, 
639,  654,  731,  732,  780,  781,  782,  785, 
823,  840,  848,  861,  887,  893,  897,  906. 

Kalkoxalatkristallsand  573. 

Kalkpseudokristalle  61,  311. 

Kalkuttahanf  249. 

Kalkuttamyrobalanen  890. 

Kalkuttatabak  569. 

Kalmus  409,  431—435,  498. 

Kalmus,  geschält  432. 

Kalmus,  japanischer  435. 

Kalmus,  ungeschält  432. 

Kalmusöl  435. 

Kalmusrot  435. 

Kalmuswurzel  409,  431 — 435. 

Kaltwasserröste  165,  241,  265,  308,  317. 

Kalziumcitrat  817. 

Kalziumkarbonat  505. 

Kalziumoxalatkristalle  61,  62,  215,  217, 
231,  253,  256,  258,  261,  263,  269,  270, 
272,  310,  343,  386,  387,  401,  438,  439, 
443,  444,  452,  454,  455,  461,  462,  492, 
527,  534,  535.  537,  541,  545,  546,  547, 
548,  594,  613,  644,  645,  652,  684,  686, 
690,  762,  765,  773,  786,  816,  817,  822, 
853,  854.  855,  856,  857,  861,  867,  872, 
880,  886,   905,   927. 

Kalziumoxalatkristalldrusen  siehe  Kalk- 
oxalatkristalldrusen. 

Kalziumoxalatkristallnadeln  561,  817. 

Kalziumoxyd  576. 

Kalziumpektat  34. 

Kamala  797,  798,  800. 

Kamelgras  497. 

Kamelgrasöl  497. 

Kameruncardamomen  793. 

Kamille,  deutsche  608. 

Kamille,  kaukasische  rote  649. 

Kammerfaserzelle  527. 

Kampfer  501,  522,  670,  846. 

Kampferöl  495.  501. 

Kanab  87. 

Kanaf  87. 

Kanaff  196. 

Kanal  in  der  Faser  302,  307. 

Kanalröste  des  Flachses  165. 

Kandela  669. 


Naraen-  und  Sachregister. 


981 


Kanditenfabrikation  443. 

Kankura  209. 

Kantala  (Faser)  43,  44,  72,  73,  98,  290, 

297,  302—308,  309,  310,  311. 
Käpas  mori  103. 
Kapas  oetan  88. 
Kapatabak  569. 
»Kapellen«  des  Leines  163. 
Kapok  17.  18,  26,  36,  94,  139,  140,  141, 

142,  144,  145,  146,  150,  371. 
Kapok,  Methylzahl  36. 
Kapokbaum  144,  672. 
Kapokersatz  (Typhafaser)   225. 
Kapokgarne  146. 
Kapokgewebe  146. 
Kapokkuchen  673. 
Kapoköl  673. 

Kapoksamen  672,  673,  674. 
Kapokzwirne  146. 
Kapronsäure  647. 
Kapsel  768,  779,  780,  816. 
Karajuru  520. 
Karavonicawolle  122. 
Karbolsäure  250. 

Kardätschen  in  der  Tuchfabrikation  607. 
Karden  607. 
Kariful  640. 
Karipipali  640. 
Karkom  616. 
Karnaprodukte  935. 
Karnasuppenextrakt  935. 
Karolinabaumwolle  126. 
Karolinensteinnuß  675,  683. 
Karotin  26,  609,  615,  618. 
Kärpäsa  133,  135. 
Kärpäsi  135. 
Karthamin  660,  661. 
Kartoffel  579. 
Kartoffelstärke  946,  947. 
Kartoffelstengelfaser  225. 
Karukru  520. 
Karyophyllen  647. 
Karyophyllon  640. 
Kaschoubaum  800. 
Käsebereitung  806. 
Kasein  922. 
Kashki  86. 
Kassumbä  659. 
Kastanienkupula  795. 
Kastanienstärke  795. 
Katan  94. 
Katechin  547. 
Kath  .507. 
Kattun  134. 
Katzenminze  516. 
Kaugummifabrikation  557. 
Kaumittel  428. 
Kauriegras  72. 
Kautabak  575,  578. 
Kautschuk  429,  796. 
Kautschukbäume  278. 


Kautschukmistel  796. 

Kautschukräucherung  792,  808. 

Käyäru  357. 

Kaysumach  499. 

Kazanlikrose  624. 

Keimblätter  703,  708,  715,  720,  725,  732, 

740,  741,  742,  746,  748,  749,  753,  755, 

758,  762,  764,  771,  773,  775,  780,  781, 

783,  787,  821,  823,  855,  869,  873,  878. 

884,  890,  891,  902,  904,  906,  908,  910, 

911. 
Keimdeckel  676,  678,  684,  686. 
Keimling    791,    875,    877,  878,  888,  890, 

898,  907,  911. 
Keimnährgewebe  780,  783,  818,  883,  884, 

904. 
Kel  75. 
Kelch  630,  633,  636,  643,  644,  648,  657, 

896. 
Kendi  343. 
Kendir  93,  94. 
Kenna  201. 

Kentuckytabak  568,  579. 
Keora  597. 
Kepirit  78. 
Kera  357. 
Kermesbeere  796. 
Kermes Wurzel  424. 
Kern  der  Tillandsiafaser  355. 
Kern  des  Stärkekornes  703. 
Kernhefe  927,  929,  930. 
Kernhöhle  des  Stärkekornes  703. 
Kernscheide  430,  441. 
Kerstingiella  geocarpa  Harms  669. 
KerzenfabrikatioD  670 
K6su  602. 

Ketmia  mutabilis  L.  86. 
Keton  134,  439,  604. 
Kettän  134. 
Keuchhusten  494. 
Keura  343. 
Khäus  90. 
Khavon  90. 
Khuskhus  67,  429. 
Kickxia  elastica  Preuß  94. 
Kiefer,  gemeine  492. 
Kiefernholz  32. 

Kiefernnadelöl,  deutsches  493. 
Kieseleinschlüsse  der  Stegmata  337,  338, 

340,  360,  362,  810,  811. 
Kieselgur  916,  922. 
Kieselsäure  62,   343,   487,  491,   615,   660, 

678,  679. 
Kieselsäurekörper  678,  679. 
Kieselskelette  61,  371,  491. 
Kieselzellen  331,  374,  375,  376,  379,  395, 

396,  450,  455,  677,  678. 
King  ma  87. 
Kinfal  92. 
Kirsche  576. 
Kirschlorbeer  503. 


982 


-Vainen-  und  Sachregister. 


Kirschlorbeeröl  503. 

Kitoolfaser  9,   (59,  341. 

Kitulf aser  69,  341,  342. 

Kitulpalme  341. 

Klanglein  156. 

Klebemittel  406,  409,  874,  940. 

Kleberschichte  717,  748. 

Kleindrüsen  643. 

Kleinwanzlebentr  Rübe  478,  479. 

Kleisterballen  444,  445. 

Knoblauch  498. 

Knochenmehlverfälschungsmittel  682. 

Knolle  407,  448,  449. 

Knollstock  412. 

Knöpfe-Erzeugung  663,    682,    686,    691, 

873,  882. 
Knoppern,  kleinasiatische  823. 
Knoppern,  levantinische  823. 
Knoppern,  türkische  823. 
Knoppernmehl  833. 
Kochsalzgewinnung  508.   662. 
Kodille   188. 

Koelreuteria  paniculata  Laxni.   672. 
Koffein  672. 

Kognakaromatisierung  792. 
Ko  hemp  81. 
Kohlehydrat  25,  453. 
Kohlendioxyd  29,  770,  946. 
Kohlensäure  29,   770,  946. 
Kohleschicht   (Perikarp)   902,   903. 
Kohlraps  724. 
Kohlsaat  724,  728. 
Kohlsaatöl   728. 
Kohomböl  670. 
Koir  357. 

Kokkelskörner  796. 
Koko  463. 
Kokosbutter  691. 
Kokosfaser  1,   6,   10,    14,   20,  22,   24,  44, 

46,  47,  59,  60,  98,  99,  354,  357—362. 
Kokosfett  691,  692,  875. 
Kokoskuchen  696. 
Kokosmilch  693,  694. 
Kokosnuß  6,  8,  358,  359,  691—696,  808. 
Kokosnußendosperm  695,  696. 
Kokosnußfaser  1,   6,   10,   14,   20,   22,   24, 

44,  46,  47,  59,  60,  98,  99,  354,  357—362. 
Kokosnußfett  691,  692,  875. 
Kokosnußkerne  662,  691—696,   810. 
Kokosnußsamenkern  693. 
Kokosnußsamenschale  358,  693,  694,  792. 
Kokosnußsamenschalenanatomie  694, 695. 
Kokosnußschalen  807—812. 
Kokosnußseifenparfümierungsmittel    734. 
Kokosnußsteinschalen  692,  693,  694,  808, 

809,  810. 
Kokospalme  357,  358,  691,  692,  697,  807, 

813. 
Kokospalmensamen  691—696.  699. 
Kokosstricke  359. 
Kokushi  403. 


Kollenchym  878,  886,  891,  892. 

Kollodium  131,  616. 

Kolonialzucker  474. 

Kolophonium  502. 

Kolorin  469. 

Kompositenblüten  als  Beimischung  zu 
Insektenpulver  654. 

Konditionierungsanstalten   16. 

Kongorot  15. 

Koniferen  5. 

Koniferennadeln  63. 

Koniferensprit  493. 

Koniferin  487. 

Königslein  157. 

Königssalep  413. 

Konjehemp  324. 

Konkanee  hemp  201. 

Konoplja  195. 

Konservenfabrikation  522, 

Konsistenzmittel  406. 

Köpfchendrüsen  840. 

Köpfchendrüsenhaare  562,  563. 

Köpfchenhaare  644, 

Kopf  flachs  172. 

Kopierpapier  385. 

Ko-pou-Faser  81. 

Kopra  358,  362,   691,  692,  693 

Kopratrocknung  692, 

Korallenerbsen  666, 

Korallen,  künstliche  681. 

Korarima-Cardamomen  793, 

Korbweide  74, 

Kordiabast  9, 

Korinthen- Pilzflora  912, 

Kork  146,  440,  441,  444,  446,  449,  450, 
451,  454,  456,  460,  461.  465,  468,  470. 
471. 

Korkmutterzelle  482,  484. 

Korksubstanz  484. 

Korksurrogat  291. 

Korolle  645,  648,  652,  653,  654,  655,  657, 
658,  909. 

Kortrykflachs  166. 

Kosmetikum  447,  463,  547,  549. 

Kosmosfaser  183,  250. 

Kosteletzkya  pentacarpa  Led.   87, 

Kostuswurzel  428,   429. 

Kostuswurzelöl  413, 

Kotonisierung  184,  218. 

Kotonisierung  von  Ramie  213,  214. 

Kotuhingras  495. 

Kotuhin-Lemongrasöl  495. 

Kotyledonen  703,  708,  715,  720,  725,  732, 
740,  741,  742,  746,  748,  749,  753,  755, 
758,  762,  764,  773,  775,  780,  781,  7ö3, 
787,  821,  823,  855,  869,  873,  878,  884, 
890,  891,  902,  904",  906,  908.  910,  911. 

Kozo  75. 

Krabbenaugen  672. 

Krachmandeln  730. 

Kraftfuttermittel  761,  938. 


.Namen-  und  Sachregister. 


983 


Krameria  sp.  419. 

Krameria  triandra  Ruiz  et   Pav.  419. 

Kranabitterstrauch  791. 

Krankheitserscheinungen  im   Bier  915. 

Krankheitshefen  915,  928. 

Krapp  427,  467—470. 

Krapp,  beraubter  469,  470. 

Krapp,  französischer  467. 

Krapp,  schlesischer  467. 

Krapp,  türkischer  467. 

Krapp,  unberaubter  469. 

Krappblumen  469. 

Krappextrakt  468. 

Krappkleie  468. 

Krapplack  467,  469. 

Krappmull  468,  470. 

Krapp-Präparate  468. 

Krappverfälschungsmittel  470 

Krappwurzel  467,  468. 

Krauseminze  519,  555 — 557. 

Krauseminzöl  556,  557. 

Krauseminzöl,  amerikanisches  519. 

Kraut,  romanisches  524. 

Kräuter  490—596. 

Kräuteressigfabrikation  522. 

Kreatin  934,  935. 

Kreatinin  934.  935. 

p-Kresol  642. 

Kretisch  Dostenöl  517. 

Kreuzbeeren  884.  885. 

Kreuzdorn  884. 

Kristalle  231.    256.    258,    261,    263,    269, 

270,  272,  310,  343,   437,  703,  711,  741, 

789. 
Kristallisation  des  Cumarins  der  Tonka- 

bohnen  745,  750.  751. 
Kristallkammerfaserzelle    267,    433,    461, 

462,   731,   822,   854. 
Kristalloid  696,   698,   700,   703,  711,  720, 

7.32.   755,   759,   774,   783,   848,   849. 
Kristallrosette  527,  528. 
Kristallsandzelle  482,  485,  573. 
Kristallschicht  762. 
Kristallschlauch  452. 
Kristallzellen  710.  833.  857,  858,  861,  862, 

867,   872.   888. 
Krokus  607.  616. 
Krotonylsenföl  728. 
Krummholzöl  492. 
Krynitznia  sp.  466. 
Kubatabak  568. 
Kuchinashi  895. 
Kuckuckseife  416. 
Kühnen  913. 
Kulturhefen  914.  915. 
Kumarin    526,    530,   580,    581.    582,    584, 

647,  666,  744,   745,   750,  751,   797. 
Kümmel  804. 
Kunku  671. 

Kunstbuttererzeugung  729. 
Kunsthefe  929. 


Kunstseide   131,   132,  357. 
j     Kupferoxydammoniak  19.  42. 
t     Kupula  821,  825. 

■  Kürbispflanze  4. 
Kurukuru  520. 

!     Kutikula  54,  57,  113,  115,  116,  117,  118, 
i  119,    120,  491,   535,  537,  541,  562,  563, 

!         612,  617,  626,  627,  644,  651,  652,  710, 
I         753,  754,  758,  781,  782,  816,  817,  833, 
.         841,  855.  860.  865,  866,  871,  875,  876, 
882,  892,  897.   907. 

Kutikulargürtel  57.  117. 

Kutikularpfropf  865,  866. 

Kutikularstreifung    535,    538,    541.    626, 
j         627,   631,   872. 
t     Kutin  26. 
I     Kutsjinas  895. 

j     Kydia  calycina    Roxb.    41.    90.    98.    247, 
i        264,  271,  272. 

Kydiabast  90,  271,  272. 

Kyllingia  monocephala  L.  409. 

Kyllingia  triceps  409. 

Kypros  549. 

j    La  Dung  515. 

i    La  Guayrakakao  765. 

I    La  Guayravanille  819. 

La  Pice  (Zuckerrohrvarietät)   587. 
i     »La  Ramie  francaise«  211. 
I     Lab  924. 

[     Labiatae  426,   516—520,   607,   805,   806. 
!     Labiatendrüsen  644. 
I     Labkraut  427. 

Labkrautfrüchte  714. 
1     Labradortee  514. 
I     Lace-bark  91. 

Lacrima  di  moza  599. 

Lafoensia  Pacari  St.  Hil.  509. 
i     Lafonsche  Reaktion  452,  881. 
,     Lagartokakao  767. 
!     Lagenaria  vulgaris  Ser.  806. 
I     Lagerstroemia  parviflora  Roxb.  92. 

Lagetta  sp.  91. 

Lagetta  funifera  Mart.  91. 

Lagetta  lintearia  Lam.  91,  370. 
i     Laguncularia  racemosa  Gaertn.  510. 
!     Lahaina  (Zuckerrohrvarietät)   587. 

■  Laine  de  bois  63. 
Lakritz  459.  463. 
Lakrizwurzel  457. 

i     Laktase  923. 
I     Laktose  923. 

Laktosin  416. 

Lallemantia     iberica     (.Marsch. -Bieberst.) 
Fisch,  et  Mey.  805,  806. 

Lallemantia  sulphurea  C.  Koch   805. 

Lalüng  66. 

I.ana  Batu  496. 

Lana  de  Enea  64. 

Lana  vejetale  139. 

Lanaria  418. 


984 


Namen-  und  Sachrej^ister. 


»Ländern"  des  Leins  160. 

Langhaare  der  Baumwolle  1L3. 

Langnadelkiefer  384. 

Lanieres  218. 

Lapodin  415. 

Laportea  canadensis  Wedd.  77. 

Laportea  crenulata  Gaud.  77. 

Laportea  pustulata  Wedd.  77. 

Lärche  .382,  493. 

Large  seeded  form  (Rizinuspflanze)  757. 

Lasiosiphon  Fres.  sp.  273. 

Lasiosiphon  eriocephalus  Decne.  91. 

Lasiosiphon  speciosus  91,  98,  264,  272 — 

275,   343. 
Lasiösiphonbast  91,  272 — 275. 
Latakiatabak  568. 
Lathyrusarten  667. 
Lathyrus  tuberosus  L.  602. 
Latschenföhre  492. 
Latschenkieferöl  492. 
Latschenöl  492,  493. 
Laubblattanatomie  490 — 492. 
Laubholzschliff  382. 
Laubholzzellulose  384. 
Lauraceen  418,  501,  502,  600,  665,  796. 
Laurus  Camphora  L.  501. 
Laurus  nobilis  L.  502. 
Lauskraut  569. 
Lavande  bätarde  643. 
Lavande  femelle  643. 
Lavande  fine  643,  646. 
Lavande  grande  643. 
Lavande  male  643. 
Lavande  moyenne  643,  646. 
Lavande  petite  643. 
Lavande  veritable  643. 
Lavandin  643,  648. 
Lavandula  Delphinensis  646. 
Lavandula  dentata  L.  607,  648,  649. 
Lavandula  fragrans  643,  646, 
Lavandula  latifolia  Vill.  607,  643. 
Lavandula  officinalis  Chaix.  607,   643. 
Lavandula  officinalis  subsp.  fragrans  Jord. 

643. 
Lavandula  officinalis  subsp.  Delphinensis 

Jord.  643. 
Lavandula  pedunculata  Gav.  607,  648. 
Lavandula  Spica  All.  non  L.  607,  648. 
Lavandula  spica  L.  607. 
Lavandula  Stoechas  L.  607,  642,  648,  649. 
Lavandula  vera  DC.   607,  643,  644,  645. 
Lavandula  vulgaris  Lam.  607. 
Lavatera  Olbia  L.  564. 
Lavendel  642,  643. 
Lavendelblüten  607,  642—649. 
Lavendelblütenkelchanatomie  644. 
Lavendelöl  643,  646,  647. 
Lavendelöl,  spani.sches    648. 
Lävulose  488,  593,  594,  681,  923. 
Lawsonia  alba  Lam.   421,  463,  509,  547, 

604. 


Lawsonia  inermis  L.  421,  509,  547,  548, 

604. 
Lawsonia  spinosa  L.  604. 
Layasonfaser  277. 
Lebensbaum  493. 

Lecaniodiscus  cupanioides  Planch.  603. 
Lecheguilla  44. 
Lecithin  577,  786,  843,  925. 
Lecythidaceen  92,  422,  510,  674. 
Lecythis  grandiflora  Aubl.  92,  370. 
Lecythis  longifolia  H.  B.  K.  92. 
Lecythis  Ollaria  L.  92,  370. 
Leder  447. 

Leder  als  Beschreibstoff  368,  392. 
Lederbaum  539. 
Ledum  palustre  L.  514. 
Ledumkampfer  514. 
Legföhre  382,  492. 
Legumin  667,  786. 
Leguminosen  79—82,  419,  420,  504,  601, 

602,   666—669,   797,   798. 
Leguminosensamenstärke  669. 
Leim  409. 
Leinenfaser  10,  14,  20,  24,  51,  121,  122, 

133,  134,  154—184,  191,  193,  233,  378. 
Leinenhadern  135. 
Leinenwerg  250. 
Leinöl  670. 
Leinpflanze   155,  753. 
Leinsaat  752,  753. 
Leinsamen  668,  669,  752—756. 
Leinsamen,  argentinischer  752. 
Leinsamen,  baltischer  752. 
Leinsamen,  indischer  753,  755. 
Leinsamenendosperm  753,  755. 
Leinsamenkeimblätter  753. 
Leinsamenkuchenmehl  754,  756. 
Leinsamenmehl  754,  756. 
Leinsamenschlagsaat  752,  753. 
Leinsamenschleim  755,  756. 
Leitbahnen  im  Endosperm  703. 
Leitelemente  für  die  Fasernunterscheidung 

60,   183,    191,   204,   374,   376. 
Lemongrasöl  496,  515. 
Lemongrasöl,  ostindisches  495. 
Lemongrasöl,  westindisches  496. 
Lemon  oil  799. 
Lenabatu  496. 
Lenabatuöl  496. 
Lens  esculenta  Mnch.  667. 
Lentischio  543. 
Lentisco  543. 
Lentisque  543 — 547. 
Lentizellen  216,  399. 
Leontice  Leontopetalum  L.  418. 
Leontice  thalictroides  Michx.  418. 
Leopoldinia  major  Wallace  662. 
Leopoldinia     Piassaba   Wallace    70,     98, 

335,  336,  337. 
Leopoldinia  pulchra  Mart.  336. 
Lepidium  sativum   788. 


Xamen-  uinl  Sachresislei 


98Ö 


Lepidobalanus  Endl.  824. 

Lepidosperma  elatiiis  Labill.  68. 

Lepidosperma  gladiatum  Labill.   68. 

Leptadenia  spartum  Wight  96. 

Lepuranda  saccidora  Nimmo.  75. 

Leucadendron  argenteum  R.  Br.  499. 

Leucin  487,  922. 

Leucocnide  alba  Miq.  78. 

Leucocnide  candidissima  Miq.  78. 

Leukoplast  438. 

Leuzin  487,  922. 

LeVantiner  Krapp  467. 

Levantiner  Kuracheese.sam  779. 

Levantiner  Seifenwurzel  450,  454. 

Levisticum  officinale   Koch  422,  514. 

Levuretine  936. 

Levurine  936. 

Levurinose  936. 

Lewat  724. 

Lezithalbumin  926. 

Lezithin  577,  786,  843,  925. 

Liane,  südafrikanische  82. 

Liatris  odoratissima  W.  580. 

Liatris  scariosa  (L.)  W.  581. 

Liatris  spicata  Willd.  58  L 

Liberia- Piassave  340. 

Libidibia  coriaria  Schlecht.  858. 

Libidivi  858. 

Libocedrus  decurrens  384. 

Libra  (Tabak)  574. 

Libriformfasern  5,  382,  384,  430,  451,  45? 
468. 

Licaria  guyanensis  Aubl.  419. 

Lichtlinie  bei  Palisadenzellen  882. 

Liebstock  514. 

Liebstöckel  423. 

Liebstöckehvurz  422. 

Liebstocköl  514. 

Lieschkolben  64. 

Ligeum  Spartum  328,  331,  332,  333. 

Ligninchlorid  31. 

Lignin.substanz  25,  26,  31,  595. 

Ligninsubstanz,  Furfurulkomplex  dersel- 
ben 32. 

Ligninsubstanzen,  Nachweis  32. 

Lignon  31. 

Lignozellulose  26,  32. 

Lignum  Rhodii  425. 

Ligula  588. 

Ligusticum  Levisticum  L.  422. 

Ligustrum  549. 

Likörfabrikation  434,  443,  .505,  672,  734, 
794,  844. 

Likörfärbematerial  661. 

Liliaceen  71,  72,  409—411,  498,  598,  663. 

Lilium  auratum  21,  22. 

Limettöl  799. 

Limonen  495,   664,   798. 

d-Limonen  521,  799. 

1-Limonen  557. 

Limonenöl  798. 


Limonier  629. 

Lin  154. 

Lin  rame  160. 

Linaceen  82,  669. 

Linaloeöl  418. 

Linalool  495,  519,  619,  642,  647. 

1-Linalool  506,  557,  621,  628,  632,  648. 

Linaloolazetat  647. 

Linaloolbutyrat  647. 

Linaloolvalerianat  647. 

Linalylazetat  642,  647. 

Linamarin  668,  755,  756. 

Lindenbast  16,  82,  98,  247,  259,  261.  263, 
264—267,  268,   270,   271,   276,344,400. 

Ling  804. 

Linlool  504. 

Linosoie  218. 

Lint  106,  107. 

Lintbaumwolle  106. 

Lintwolle  106. 

Linum  184. 

Linum  ambiguum  Jord.  156. 

Linum  angustifolium  Huds.  156. 

Linum  austriacum  156,   157. 

Linum  bienne  Mill.  157. 

Linum  cribrosum  Reichb.   156. 

Linum  decumbens  Desf.  156. 

Linum  humile   155. 

Linum  Levisii  Pursh.  82. 

Linum  perenne  157. 

Linum  Reuteri  Boiss.  et  Haussk.  156. 

Linum  usitatissimum  L.  82,  97,  99,  155, 
156,  669. 

Linum  usitatissimum  americanum  album 

157. 
Linum  usitatissimum  crepitans  Böningh. 

156. 
Linum  usitatissimum  humile  Mill.  156. 
Linum  usitatissimum  regale  157. 
Linum  usitatissimum  forma  hiemalis  157. 
Linum.  usitatissimum   forma   indehLscens 

Neilr.  156. 
Linum  usitatissimum   forma  vulgare 

Schub,  et  Hart.  156. 
Linum  vulgare  155. 
Lipase  759,  923. 
Lipoide  25,  26. 

Lippia  citriodora  Kunth  515,  519. 
Lippia  dulcis  Theo.  515. 
Lippia  mexicana  515. 
Lippiol  516. 
Liquorice  root  457. 
Liriodendron  tulipifera  384. 
Lisombepalmkerne  698. 
Lissaboner  Kokosnuß  808. 
Lithium  576. 
Lithospermum  sp.  466. 
Lithospermum  Arnebia  Lehm.  425. 
Lithospermum  arvense  L.  425. 
Lithospermum  erythrorhizon  466. 
Lithospermum  tinctorium   L.  463. 


986 


Namen-  und  Sachregister. 


Lithospermum  tinctorium  Vahl  425. 

Lithraea  Giliesii  Gri.seb.   507. 

Litsea  sp.   665. 

Litzenfabrikation   222. 

Lizari  467. 

Llagunoa  sp.   671. 

Lodoicea  sechellarurn  684. 

Löffelkraut  502. 

Löffelkrautöl  502, 

Lohmaterial  423,  434. 

Lontarus  domestica  Rumph.  68. 

Loranthaceen  795,  796. 

Lorbeerblätteröl  502. 

Lorbeeröl  846. 

Lorbeeröl,  kalifornisches  502. 

Los  dividivos  858. 

Loiiisianabaumwolle  126. 

Louisianamoos  353. 

Lowland-Georgia  (Baumwolle)   126. 

Lückenparenchym  831. 

Luehea  divaricata  M.  et  Zucc.  508. 

Luehea  speciosa  Willd.  508. 

Luffa  acutangula  Roxb.  97,  806. 

Luffa  aegyptica  Mill.  97,  806. 

Luffa  cylindrica  (L.)  Roem.  97,  807. 

Luffafrüchte  4. 

Luffaschwämme  97,  806. 

Luftgang  397,  432. 

Luftgänge   im   Papyrusstaudenmark  397. 

Lufthefe  913,  945. 

Lüftungsverfahren    der    Preßhefefabrika- 
tion 941,   942,   943,   948. 

Lumpen  135,  368,  401.   402. 

Lunaria  biennis  24. 

Lupine  80,  225,  251,  667. 

Lupinenfaser  224,  225,  251. 

Lupinensamen  667. 

Lupinus  angustifolius  L.  80. 

Lupinus  luteus  L.  80. 

Lupinus  perennis  L.   80. 

Lupinus  polyphyllos  Lindl.  80. 

Lupis    (Manilahanfsorte)    282.    283,    285, 
286. 

Lupulin  839,  841,  842,  843,  844. 

Lupulinkörner  927. 

Lupulinsäure  842,   844. 

Lupuliretin  842. 

Lupulon  843. 

Lutea  524. 

Luteola  524. 

Luteolin  525.  526,  531.   602, 

Lutni  725. 

Lutum   524. 

Luzerne  420. 

Lycaconitin  417. 

Lychnis  chalcedonica  L.  416. 

Lychnis  dioica  a.  L.  416. 

Lychnis  dioica  ß.  L.  416. 

Lychnis  diurna  Sibth.  416. 

Lychnis  flos  Cuculi  L.  416. 

Lychnis  vespertina  Sibth.  416. 


Lycopsis  nigricans  Lam.  425. 

Lycopsis  vesicaria  L.  425. 

Lygeum  spartum  Löffl.  65,  377,  378,  379. 

Lygeum  spathaceum  L.  65. 

Lyonbohne  669. 

Lyperia  atropurpurea  Benth.  607. 

Lyperia  crocea  Eckl.  607,  616. 

Lysröste  (Flachs)   165,  166,   168. 

Lythospermum    erythrorrhizon    Sieb,    et 

Zuccar.  425. 
Lythraceen  92,  421,  422,  509,  604. 
Lythrum  fruticosum  L.  604. 

Macaranga  hypoleuca  Müll. -Arg.  756. 

Macaranga  Mappa  Müll. -Arg.  756. 

Macaranga  RoxlDurghii  Wight  756. 

Macaranga  Tanarius  Müller-Arg.  756. 

Machal  81. 

Machalakakao  765,  767. 

Machorska  panska  (Tabak)   569. 

Macis  664.  701—707,   746. 

Macisbohne  664. 

Maclura  aurantiaca  Nutt.   413. 

Maclura  Calcar  galli  A.  Cunningham   4i3. 

Macrochloa  tenacissima  Kunth.  65,  327. 

Macrotomia  Benthami  DG.  466. 

Macrotomia  cephalotes  DG.  425,  465. 

Macrotomia  perennis  Benth.  466. 

Macrotomia  perennis  Boiss.  425. 

Madagaskarpiassave  341. 

Madar  fibre  207. 

Madder  467. 

Madi  909. 

Madia  sativa  Molin.   807.   909,   910,  911. 

Madifrüchte  807,  909—911. 

Madisamen  909. 

Madragora  acaulis  Gaertn.  426. 

Madragora  caulescens  Clarke  426. 

Madragora  officinarum  Vis.   426. 

Madrasbaumwolle  128. 

Madras  fibre  359. 

Madras  goni  249. 

Madras  hemp  201. 

Madrasmyrobalanen  890. 

mafushi  403. 

Maghi  725. 

Magnesia  487,  926. 

Magnesiumoxyd  576. 

Magnoliaceen  600,  664.   796. 

Magonia  Vell.  858. 

Magueyfaser  289. 

Mahagoniholz  32. 

Maha  Pangiri  496. 

Maha  Pengiri  496. 

Maharanga  Emodi  DG.    i25. 

Mahareb  495. 

Mahonia  Aquifolium   Pursh  417 

Mahot  90. 

Mahot  piment  '.tl. 

Mahuä  605. 

Mahwa  605. 


Namen-  und  Sachregister 


987 


Maiglöckchen  410.  672. 

Maina     camattina  -  Valonen       82'i.      828, 

829. 
Maina  Marathonissi  Githon-Vaionen  82  i. 
Mairogallol  31. 
Mais  299. 
Maisblattrolle  579. 
Maische  942,  943,  944,  945,  947. 
Maischeschleimstoffe  944. 
Maiskolbenblätter  371. 
Maisliesche  371. 

Maislieschenpapier  371.   372,   375,   376. 
xMaispapier  371,  372,  375,   376. 
Mais.schrot  948. 
Maisstroh  35.  60.  67. 
Maitrankessenz  751. 
Majagua  85. 

Majorana  hortensis  Moench  518. 
Majoranöl  518. 

Majoranverfälschungsmittel  539. 
Makobaumwolle  129. 
Makrivalonen  824. 
Malabarcardamomen  794. 
Malabargras  495. 
Malabarlemongrasöl  495. 
Malachra  capitata  L.  88. 
Malachra  ovata  L.  88. 
Malagamandel  730. 
Malerfarbendarstellung  661. 
Malgrund  für  Gouachebilder  390. 
Mallotus  Apelta  Müll.-Arg.   756. 
Mallotus  cochinchinensis  Lam.  82. 
Mallotus  floribundus  Müll.-Arg.  756. 
Mallotus  integrifolius  Müll.-Arg.  756. 
Mallotus  philippinensis  (Lam.)  MüU.-ArL'. 

800. 
Maloofaser  257,  258- 
Malpighia  faginea  863. 
Maltase  733,  923. 
Maltose  923. 

Malva  arborea  St.  Hil.  85.  . 
Malva  blanca  90. 
Malva  crispa  L.  88. 
Malva  limensis  L.  88. 
Malva  mauritana  L.  88. 
Malva  peruviana  L.  88. 
Malvaceen  84—89,  421,  508,  603,  672. 
Malvenblätter  579. 
Malvenblüten  603,  632—634. 
Malvenblütenextrakt  633. 
Malvenfarbstoff  634. 
Malvenrot  520. 
Malvidin  634. 
Malvin  634. 
Malz  927,   942,   948. 
Malzkeime  939. 
Manacan  do  mato  520. 
Manacan,  wilder  520. 
Managras  496,  497. 
Managrasöl  497. 
Mancarra  743. 


Mandarine,  echte  798. 

Mandelbaum  729. 

Mandelanatomie  731.  732. 

Mandelkleie  731. 

Mandeln  663,  665,  729—734. 

Mandeln,  bittere  729,  732,  733. 

Mandeln,  ostindische  671,  801. 

Mandeln,  süße  729,  732. 

Mandelnersatzmittel  671. 

Mandelnitrilglukosid  733, 

Mandelöl  734. 

Mandelsäurenitrilglukosid  733. 

Mandelsteinschale  729,  730. 

Mandubinuß  743. 

Manga  branca  5J(i. 

Mangan  655. 

Mangaiioxyd   KCd, 

Mangifera  imiiiii   ]..   507. 

Mangle  510. 

Mangle  prieto  516. 

Mango  510. 

Mangobaum  507. 

Mangoblatt  507.  510. 

Mangold  473.   475, 

Mangrovi-i-imk'  .S',>'4. 

Manguebliittri'  .".lii. 

Mani  743. 

Mani,  große  schwarze  (Erdnüsse)    736. 

Manihot  Janipha  Kth.  421. 

Manihot  palmata  Müll.-Arg.  421. 

Manihot  utilissima  Pohl  421. 

Manilahanf  1,  7,  11,  17,  20,  22,  24,  25, 
26,  36.  39.  43,  45,  46,  59,  60,  62,  73, 
74,  98,  99,  189,  195,  277—286.  311,  370. 

Manilahanf.  Charakteristik  283. 

Manilahanfkultur  278. 

Manila-hemp  277,  280. 

Manila-Magney  297,   303. 

Manila-nut  743. 

Manilapapiei'  286. 

Manila-  Ylang  622. 

Manna  quercina  827. 

Mannit  463,  606,  898. 

Mannose  39,  681,  919,  920,  923. 

Mao  210. 

Maoutia  Puya  Wedd.  78. 

Maqui  801. 

Maranhaobaumwolle  127. 

Maranta  arundinacea  L.  413. 

Marantaceen  74,  413,  498. 

Marattifett  673. 

Marcellinosteinnuß  677. 

Marechal  Niel-Rose  623. 

Margarine  673. 

Margosöl  670. 

Marinefaser  347. 

»Mark«  der  Zuckerrübe  486. 

Markpapier,  chinesisches  371,  390—392, 
397. 

Markstrahlen  4,  206. 

Markstrahlenräume  206,  259. 


988 


Namen-  und  Sachi^eeister. 


Marotscher  Apparat  zur  Kokosnußschwe- 
felung 693. 

Marottyfett  6:3. 

Marram  grass  66. 

Marsdenia  sp.  95,  150,  151. 

Marsdenia  Condurango  95. 

Marsdenia  tenacissima  W.  et  Arn.-Roxb. 
23,  95,  207. 

Martiusgelb  616. 

Marylandtabak,  großblättriger  568. 

Maschinenspindel  164. 

Maschinentreibriemen-Material  362. 

Masculino-Sumach  533. 

-Mashishi  403. 

Mastfutter  691,  744. 

Mastiches  543. 

Mastix  543. 

Mastixpistazie  543. 

Mate  490,  507,  508,  515. 

Matikoöl  498. 

Matricaria  Ghamomilla  L.  608. 

Matricaria  dLscoidea  608. 

Matricaria  Parthenium  L.  522. 

Mattenerzeugung  334,  343,  431. 

Maulbeerbaumbast  401. 

-Mauritia  flexuosa  L.  69. 

Mauritiushanf  73,  286,   313,  314. 

Maximiliana  regia  Mart.  792,  808. 

May  apple  418. 

Maya  290. 

Maya-Codices  290,  292,  296,   400,  401. 

Mayafasern  296. 

Mayaindianer  400. 

Mayapapiere  296. 

Mayndie  548. 

Mechanisches  Verfahren  bei  der  Nessel - 
fasergewinnung  232. 

Medar  207. 

Medemia  argun  P.  G.  v.  Württemberg 
68. 

Medicago  sativa  L.  420. 

Medizinalartikel  791,  792,  794. 

Medizinalkraut  522. 

Meerjute  347. 

Meerrettichfaser  225. 

Meesta  pat  201. 

Megacaryon  Orientale  Boiss.  466. 

Megila  (Jute)  248. 

Mehlgewinnung  398,   663,  664,   791,  804 

Mehlverfälschungsmittel  682. 

Mehndi  548. 

Mehudi  605. 

Meisterwurz  423. 

Mclaleuca  armillaris  Wendl.  93. 

Melaleuca  Cajeputi  Roxb.  511. 

Melaleuca  leucodendron  L.  93.  511. 

Melaleuca  minor  Sm.  511. 

Melaleuca  viridiflora  Gaertn.  511. 

Melampsora  lini  (Pers.)  Tul.   161. 

Melandriuni  alburn  L.  416. 

Mplandriiim  pratense  Roch).   416. 


Melandrium  siivestre  Rühl.  416. 

Melanogene  Schichte  903. 

Melassenbrennerei  917,  918,  929. 

Melassenfutter  938. 

Melastoma  malabathrica  L.  803. 

Meleguettapfeffer  793. 

Melia  Toosendan  S.  et  Z.  670. 

Meliaceen  670. 

Melibiase  923. 

Melibiose  923,  947. 

Melilote  blanc  de  Siberie  80. 

Melilotsäure  750. 

Melilotus  sp.  579. 

Melilotus  albus  Desr.  80. 

Melilotus  alti.ssimus  Thuill.  80. 

Melilotus  officinalis  Lam.  80. 

Melissa  Nepeta  L.  518. 

Melissa  officinalis  L.  516,  517. 

Melisse  517. 

Melissenkraut  517. 

Melissenöl  517. 

Mellonsäure  487. 

Melochia  corchorifolia  L.  90. 

Melomastaceen  513,  803. 

Melonenbaiim  802. 

Melosa  909. 

Membrana  limitans  719. 

Memecylon  capitellatum  L.  513. 

Memecylon  grande  Retz.  513. 

Memecylon  tinctorium  Willd.  513. 

Menado  hemp  280. 

Menispermaceen  79,  418,  796. 

Menispermum  canadense  L.  418. 

Menow-west-oil  601. 

Menschenhaarersatz  357. 

Mentha  sp.  551,  555. 

Mentha  arvensis  L.  554. 

Mentha  canadensis  L.  551. 

Mentha  canadensis  var.  pipera.scens  Briq. 

519,  554. 
Mentha  crispa  L.  519,  553,  555. 
Mentha  crispata  Schrad.  555. 
Mentha  dalmatica  Tausch  551. 
Mentha  gentilis  L.  551. 
Mentha  longifolia  Hnds.  555. 
Mentha  longifolia  var.  undulata  Briq.  555, 

556. 
Mentha  longifolia  x  arvensis  551. 
Mentha  piperita  519,  551,  552,  554. 
Mentha  piperita  var.  citrata  (Ehrh.)  Briq. 

551. 
Mentha  piperita  (L.  p.  p.)  var.  inarimensis 

Briq.  551. 
Mentha  piperita  (L.  p.  p.)  var.  officinalis 

Sole  551. 
Mentha  Pulegium  L.  517,  519. 
Mentha  rubra  Huds.  551. 
Mentha  silvestris  L.  555. 
Mentha  spicata  Huds.  555. 
Mentha     spicata      Huds.     vnr.     crispata 

(Schrad.)   Briq.  555,  556. 


Namen^  und  Sachregister. 


989 


Mentha  spicala  Huds.  var.  tenuis  (Michx.) 

Briq.  555. 
Mentha  spicata  Huds.  var.  trichoura  Briq. 

555. 
Mentha  verticillata  L.  var.  strabala  Briq. 

555. 
-Mentha  viridis  L.  519,  55.3,  555,  556. 
Mentha  viridis  x  aquatica  551. 
Mentha  viridis  x  (aquatica  x  arvensis)  551. 
Mentha  viridis  x  arvensis  551. 
Menthenon  495. 
Menthol  504,  554,  555. 
Mercurol  937. 
Merenchym  561. 
Meristem  704. 

Merzerisieren  der  Baumwolle   llf3. 
Mescal  287. 
Mesokarp   676,   677,   688,   694,    729,  800, 

817,  847,  849,  878,  887,  890,  891,  892J 

894. 
Mesophyll  491,  527,  561,  572,  620. 
Mesta  pate  196. 
Mestom  3,  316. 
Mesua  ferrea  L.  603,  604. 
Mesua  salicina  Pianch.  et  Triana  604. 
Metapektin  34. 
Metapektinsäure  34. 
Metelinovalonen  824,  825,  828. 
Meteor  (künstliches  Roßhaar)  357. 
Methode   zur  Bestimmung  des   Faserge- 
haltes 236. 
p-Methoxyl-o-hydroxypheylmethylketon 

416. 
Methylalkohol  639. 
Methylamylketon  639. 
Methylanthranilat  642. 
Methyläthylessigsäure  619. 
Methylchavicol  506,  511,  519,  522. 
Methylcinnamat  519. 
Methylcytisin  418. 
Methyleugenol  511,  619. 
Methylfurfurol  31. 
Methylheptenon  495. 
Methylheptylketon  505. 
Methylpentosane  31. 
Methylsalicylat  420,  515. 
Metroxylon  sp.   675,  683. 
Metroxylon  filare  Mart.  69. 
Meum  athamanticum  Jacqu.  423. 
Mexican  Sisal  297. 
Miapalme  687. 

Michelia  aurantiaca  Wall.  618. 
Michelia  champaca  L.  600,  618,  664. 
Michelia  fuscata  619. 
Michelia  longifolia  Bl.  600,  618,  619. 
Michelia  nigalirica  619. 
Michelia  rufinervis  D.C.M.  618. 
Miconia  milleflora  Naud.  513. 
Microaegilops  (Sekt.  v.  Quercus)   823. 
Microtoena  cymosa  Prain  558. 
Microtoena  insuavis   Prain   558. 


Mikropyle  762,  877. 
Mikroskopie,  technische  367. 
Mikroskopisch-graphische     Methode     der 

Fasergehaltsbestimmung    bei    einer 

Pflanze  236. 
Mikrosomata  925. 
Milchgerinnungsmittel  806,  807. 
Milchröhren  840. 
Milchsaft  802. 

Milchsaftröhren,  gegliederte  803. 
Milchsaftschläuche  386,  387,  401. 
Milchsäurebakterien  928,  944. 
Milchsäuregärung  912,  942,  943,  944. 
Mimosa  arabica  Roxb.  851. 
Mimosenblüten  601. 
Minas  novas  (Baumwolle)   127. 
Mineralöl  495. 
Minjak  664. 
Minnesotaflaclis  176. 
Mint  551. 
Mirbanöl  73». 
Misa  668. 
Mischpfeffer  701. 
Missolunghivalonen  824. 
Misuktjinasi  895. 
Mitaffibaumwolle  1 29. 
-Mitchamöl  554. 

Mitscherlichsche  Körperchen  764,   773. 
Mitsumata  387,  403. 
Mitsumatapapier  387. 
Mittellamelle  54,  189,  192,  322,  389,  873, 

903. 
Möbelplüsche  222. 
Möbelrips  250. 
Möbelstoffe  222. 
Mobile  (Baumwolle)  126. 
Moghania  congesta  (Roxb.)  O.  Ktze.  798. 
Moghania  rhodocarpa  (Bak.)  O.  Ktze.  797, 

798. 
Mogorium  Sambac  Lam.  606. 
Mohnöl  670,  711,  712. 
Mohnpflanze  707. 
Mohnsamen  665,  707 — 712,  909. 
Mohnsamenendospcrm  711. 
Mohnsamenepidermis  709,  710. 
Mohnsamenfarbstoff  711. 
Alohnsamenkristallsandschicht  710,  711. 
Mohnsamenschalenanatomie  708 — 71 1 . 
Mohra  605. 
Molinia  coerulea  21. 
Mololia  85. 

Monarda  citriodora  Cerv.  ."ilfi. 
Monarda  fistulosa  L.  516. 
Monarda  punctata  L.  516. 
Mönch  (Saflorvarietät  657. 
Mönchsrhabarber  414. 
Mondbohne  668,  755. 
Monesiarinde  463. 
Monimiaceen  500,  501. 
Monnina  polystachya  R.  et  P.  420. 
Monnina  pterocarpa  R.  et  P.  420. 


990 


Namen-  und  Sachregister. 


Monnina  salicifolia  R.  et  P.  420. 

Monninin  420. 

Monodora  Myristica  Dun.  664. 

Moorkultur  363. 

Moorkultur-stationen  363. 

Moquila  tomentosa  Bentham  665. 

Moraceen  75,  76,  413,  499,  663,  795. 

Moraceenbastzellen  385. 

Moraceenrinde  401. 

Morinda  470—473.. 

Morinda  sp.  427,  470. 

Morinda  bracteata  Roxb.  471. 

.VIorinda  citrifolia  L.  471,  472,  473,  521. 

Morinda  macrophylla  Desf.  473. 

Morinda  Royok  L.  471. 

Morinda  tinctoria  Roxb.  473. 

Morindin  473. 

Morindon  473. 

Moringa  aptera  Gaertn.   665. 

Moringa  arabica  Pers.  665. 

Moringa  oleifera  Lam.  665. 

Moringa  pterygo-sperma  Gaertn.   665. 

Moringaceen  665. 

Morphin  712. 

Morus  sp.  385,  386,  401,    'il3. 

Moschus  423,  670,  672. 

Mo.schuskörner  672. 

Moschuswurzel  423. 

Mosette  64. 

Moskitoschutzmittel  581. 

Mosla  japonica  Maxim.  516.        / 

Mostrich  723. 

aMotia  494. 

MotrilbaumwoUe  130. 

.Mottenbekämpfungsmittel  431,  523. 

Mousselinappretur  790. 

Mowrahmehl  674. 

M'poga  674. 

Mucin  922. 

Mückenstichschutzmittel  520. 

Mucorarten  912,  948. 

Mucorhefe  912. 

Mucuna  pruriens  DC.  504. 

Mucuna  prurita  Hook.  504. 

Mudar  207. 

Mukuge  85. 

Mull  468,  470. 

-Vlumienbinden  134. 

Munjistin  467,  469. 

-Vlurtovalonen  824. 

Musa  sp.   369. 

Musa  basjoo  279. 

Musa  Cavendishi  Paxt.  73,  279. 

.Musa  Ensete  Gm.   74,  279. 

Musa  Holstii   K.  Schum.   74,   279,  280. 

Musa  mindanensis'  Rumph.  73. 

Musa   paradisiaca  L.  73,   279,    285,   370 

792,  793. 
Musa  sapientum  L.   73,  279. 
.Musa  textilis  Luis  Nee  24,  25,  73,  98,  99, 

277,   278,    279,   28T),   370. 


Musa  troglodytarum    12. 

Musa  ulugurensis  O.  Warb.  74,  279,  280. 

Musaceen   73,   74.  792,  793. 

Musafasern   98,  277—286,   370,   371. 

Musanga  Smithii  R.   Br.   75. 

Muscades  de  Calabash   664. 

Muscadine-Nose  623. 

Muscari  comosum  Mill.  410. 

Muscari  moschatum  Wild.  410. 

Muscari  racemosum  Mill.  410. 

Muschelseide   134. 
'     Muskat   502. 

Muskatblüte  701—707. 

Muskatbutter  707. 

Muskatnuß  664,  701—707. 

Muskatnußbaum  701. 

Muskatnußendosperm  702,  703,  704. 

Mutterkümmel  804. 

Mycoctonin  417. 

Mycodermen  913,  945. 

Mycodermin  936. 

Myelin  800. 

Mykoprotein  922. 

Myosotis  sp.  426. 

Myrcen  511,  842. 

Myrica  sp.   794. 

Myrica  asplenifolia  Endl.   499. 
Myrica  cerifera  L.  499. 
j     Myrica  Gale  L.  499,  599. 
j    Myrica  Nagi  Thunb.  536. 
i     Myricaceen  499,  599,  794. 
Myricetin  536,  547,  599.. 
Myristica  argentea  Warburg  664,  704,  706. 
Myristica  fatua  Houtt.  664,  705. 
Myristica  fragrans  Houtt.  664,  701,  704. 
Myristica  malabarica  Lam.  664. 
Myristica  moschata  Thunb.  664. 
Myristica  tomentosa  Thunb.  664,  705. 
i     Myristicaceen  664. 
j     Myristinsäure  439,  664. 
j     Myrobalanen  803,  828,  889—894. 
I    Myrobalanen  bellerische  890. 
i     Myrobalanen,  entkernte  894. 
Myrobalanen,  gelbe  891. 
Myrobalanen,  graue  800,  889. 
Myrobalanen,  große  890. 
Myrobalanen,  indische  889. 
Myrobalanen,  kleine  890. 
Myrobalanen,  schwarze  889. 
Myrobalanenbaum  800. 
Myrobalanengerbstoff  893.  894. 
Myrobalani  Emblicae  800. 
Myrobalanus  Chebula  Gaertn.  889,  892. 
Myrosin  721,  722. 
Myrosinzelle  722. 

Myrospermum  frutescens  Jacq.   797. 
Myrrhis  odorata  L.   463. 
Myrsinaceen  805. 

-Myrtaceen  93,  510—513,  605,  803. 
Myrte  510. 
Mvrtenöl  510,  511. 


Namen-  und  Sachregister. 


^)91 


Myrtol  511. 

Myrtus  Cheken  Spr.  510. 
Myrtus  communis  L.  510,  605. 
Myzel  912. 

Nabel  (Samen)   730,   845. 

Nabelstrang  816. 

Nacascalo  859. 

Nachenbirkenholzzellulose  384. 

Nachröste  des   Flachses   166. 

Nadelhölzer  5. 

Nadelholzschliff  382. 

Nadelholzzellulose  383,  384. 

Nafaöl  630. 

Nagal  641. 

Nagelkraut  419. 

Nag-Kassar  603. 

Näg  Kesar  603. 

Nährgewebe  678,   702,  703,  708,  840. 

Nährpräparate  aus  entbitterter  Hefe  930. 

Nährschicht  754,  758. 

Nahrungshefe  939. 

Nahrungsmittel  407,   605,  663,  667,  668, 
735,   744,   776,   778,   797,  80i,  939. 

Nahrungsmittelkunde  490. 

Nalita  (Jute)    195,   240. 

Naltajute  248. 

Namal-renn  604. 

Nanacascalote  858. 

Nanas  297. 

Nanas  sabrang  303. 

Nandina  domestica  Thuob.  418. 

Nandinin  418. 

Nandrukh  75. 

Nankingbaumwolle    103,     123,    130,    141, 

144. 
Nankingwolle  123,   125,   141,   144. 
Naphthalin  439. 
Naphtholgelb  616. 
Narakuchen  807. 
Narawalif ihres  96,  261. 
Narbe  609,  610,  611,  612,  613,  614,  615, 

630,   636,   657,   898,   904. 
Narbenpapillen  612,  613,  614. 
Narcissus  calathinus  L.  598. 
Narcissus  Jonquilla  L.  598. 
Narcissus  multiflorus  Lam.  598. 
Narcissus  odorus  L.  598. 
Narcissus  poeticus  L.  598. 
Narcissus  Tazetta  L.  598. 
Nardostachys  grandiflora  DC.  427. 
Nardostachys  .Jatamansi  DC.  423,  427. 
Narejganjejute  249. 
Nargol  937. 
Natalkörner  602. 
Natriumsesquikarbonat  579. 
Natron  576. 
Natron  Zellulose  404. 
Natto  668. 

Navarinovalonen  824,  825. 
Navette  724. 


Nebenblatt  837. 

Nebenzelle  (Spaltöffnung)   538,   546,  54* 
550,  553,   742. 

Neb-Neb  850,  855. 

Neea  theifera  Örstedt  500. 

Nelken  803. 

Nelken,  afrikanische  635. 

Nelken,  amerikanische  635. 

Nelken,  ostindische  635. 

Nelkenholz  635. 

Nelkenöl  511,  637,   639,   640,  819. 

Nelkenpfeffer  803. 

Nelkenrot  636. 

Nelkenstengel  635. 

Nelkenstiele  635,  640. 

Nelkenstielöl  640. 

Nelsonia  Pohlii  N.  ab  E.  520. 

Nelumbium  speciosum  Willd.  79. 

Nelumbo  nucifera  Gaertn.   79. 

Nepalcardamomen  793. 

Nepal  paper  plant  91,  370. 

Nepalpapier  92. 

Nepeta  Cataria   L.   516. 

Nepodin  415. 

Neridol  632. 

Nerium  piscidium   Roxb.   94. 

Nerol  496,  621,  628,  632. 

Nerolikampfer  632. 

Neroliöl  538,  629,  630,  631,   632. 

Neroliöl,  synthetisches  632. 

Nerven,  eingebettete  544,  546. 

Nessel  79,  208,  223—238. 

Nessel  als  Ruderalpflanze  228. 

Nessel,  chinesische  210. 

Nessel,  Egerer  235. 

Nessel,  gemeine  76. 

Nessel,  ostasiatische  226. 

Nessel,  TuUner  235. 

Nessel,  weiße  210. 

Nessel,  zweihäusige  76,  224. 

Nesselfaser  97,  209,  223—238,   251. 

Nesselfaser,  Geschichte  225. 

Nesselfaser,  Gewinnung  nach  dem  Richter- 

schen  Verfahren  230. 
Nesselfaser,  Mikroskopie  231,  237. 
Nesselfaser,  Spinnwert  238. 
Nesselgarn  209,  226. 
Nesselkommission,   deutsche   227,   228. 
Nesselkultur  226,   227,  230,  233. 
Nesselsamenkeimung  234. 
Nesselstengel-Fasergehalt  236. 
Nesseltuch  209. 
Neugewürz  803. 

Neumannia  theiformi^s  A.  Rieh.   509. 
Neuseeländischer  Flachs  26,  314—318. 
New-Jersey-Tee  508. 
New  Orleans  moss  353. 
Ngai-fen  521. 
Njaikampfer  521. 
Ngai-p'-ien  521. 
Ngart  670. 


992 


Namen-  und  Sachregister. 


Nhandirobasamen.  675. 
Nicotiana  affinis  Moore  569. 
Nicotiana  alata  Lk.  et  Otto  569. 
Nicotiana  arborea  Dietr.  569. 
Nicotiana  atropurpurea  grandiflora  hört. 

568. 
Nicotiana  brasiliensis  Lk.  et  Otto  568. 
Nicotiana  glauca  Grab.  569. 
Nicotiana  ipomopsiflora  Dun.  569. 
Nicotiana  Langsdorfii  Weinm.  570. 
Nicotiana  macrophylla  571,  575. 
Nicotiana  multivalvis  Gray  570. 
Nicotiana  persica  Lind.  569. 
Nicotiana  purpurea  (Anast.)  566,  568. 
Nicotiana  quadrivalvis  Pursh.  570. 
Nicotiana  repanda  Willd.  569. 
Nicotiana  rustica  L.  520,  567,  569,  570, 

571. 
Nicotiana  rustica  L.  var.  brasilia  Sehr.  569. 
Nicotiana  rustica  L.  var.  hurailis  Sehr.  569, 

571. 
Nicotiana  rustica  L.  var.  senegalensis  hört. 

569. 
Nicotiana  rustica  L.  var.  texana  (Naud.) 

569. 
Nicotiana  Sanderiana  hört.  569. 
Nicotiana  silvestris  Speg.  569. 
Nicotiana  suaveolens  Lehm.  569. 
Nicotiana  Tabacum  L.  520,     565,      566, 

567,   568,  570,  571,   575,  580. 
Nicotiana   Tabacum    L.    var.    brasiliensis 

568. 
Nicotiana    Tabacum    L.    var.    chinensis 

(Fisch.)  568. 
Nicotiana    Tabacum    var.    fruticosa   (L.) 

568. 
Nicotiana   Tabacum   L.    var.   havanensis 

Lag.  568. 
Nicotiana    Tabacum    L.     var.    latissima 

(Mill.)  568. 
Nicotiana    Tabacum     var.     macrophvUa 

Sehr.  568. 
Nicotiana  trigonophylla  Dun.  569. 
Nicotin  573,  574,  576,  577. 
Nieskraut  523. 
Nieswurz,  schwarzer  416. 
Nieswurz,  weißer  411. 
Nigerrrüchte  907—908. 
Nigerkörner  807. 
Nigeröl  904,  907,  908. 
Niggerkörner  807. 
Niggersamen  907. 
Nigno  96. 
Nigritella  sp.  819. 
Nikotein  576. 
Nikotellin  576. 
Nikotianin  573,  576. 
Nikotimin  576. 
.\imar  494. 
Nimaröl  495. 
Nimböl  670. 


Nimü-Erdnüsse  735. 

Nipiszeuge  286. 

Nitrobenzol  734. 

Nitrozellulose  132. 

Njore-Njole  674. 

Nkön  498. 

Noix  d'ivoire  685. 

Nonne  (Saflorvarietät)   657. 

Nonylaldehyd  439. 

n-Nonylaldehyd  628. 

Nostrano  del  Brenta-Tabak  568. 

Nourtoak  410. 

NuceJlus  704,  732,  741,  748,  758,  762,  763, 

782,   783. 
Nucin  794. 

Nucleol  (Hefenpraparat)   936. 
Nuhk  907. 

Nuklein  920,  921,  922,  936,  937,  939,  944. 
Nukleinbasen  920,  921,  922,  934,  985. 
Nukleinsäure  920,  921,  936. 
Nukleol  937. 
Nüßchen'  838,  839.   840. 
Nüsse,  australische.  683. 
Nuzellargewebe  704, 758,  762, 763, 782, 783. 
Nuzellargeweberest  732,  741,  748. 
Nyctaginaceen  500. 
Nyctanthes  Arbor-tristis  L.  60G. 
Nyctanthes  Sambac  L.  606. 
Nyctanthin  606. 
Nymphaeaceen  79. 
Nyssa  uniflora  384. 
Nzonogwe  83. 

Oberhaut  61,  182,  190,  203,  215,  231,  .353, 
354,  372,  373,  374,  375,  376,  378,  491, 
535,  536.  537,  540,  541,  544,  545,  548, 
553,  561,  726,  731,  740,  741,  746,  758, 
762,  816.  817,  830,  833,  839,  847,  849, 
853,  855,  857,  860,  861,  865,  866,  870, 
871,  872,  877,  878,  879,  882,  886,  888, 
891,  892,  893,  897,  900,  901.  904,  906, 
907,   908,   910,  911. 

Oberhefen  917.  918. 

Oberzeug  927. 

Obronhefenextrakt  932. 

Obst  802,  805,  914. 

Obstkerne  666. 

Ochnaceen  673. 

Ochrocarpus  longifolius  Bentli.  et  Hook. 
604. 

Ochroma  139. 

Ochromalagopus  Sw.62,  89,  140,  141,  143. 

Ochsenwurzel,  rote  463. 

Ochsenzunge  466. 

Ocimum  americanum  L.  519. 

Ocimum  Basilicum  L.  519. 

Ocimum  Basilicum  L.  var.  pilosum  564. 

Ocimum  canum  Sims  519. 

Ocimum  gratissimum  L.  519. 

Ocimum  viride  Willd.  520. 

Ocotea  caudata  Mez  418. 


JN'aiiien-  und  Sachregister. 


993 


•Ocyraum  Basilicum  519. 

Odermennig  419. 

Odina  Barteri  Oliv.  82. 

Oenocarpus  sp.  676. 

Oenotheraceen  93,  804. 

Olentrieb  der  Bäckerhefe  945:  946. 

Oidium  lactis  945. 

Oil  of  Cedar  leaves  493,  494. 

Oil  of  Fleabane  521. 

Oil  of  Lemon  799. 

Oil  of  Thuja  493. 

Oil  of  Wintergreen  514. 

Oiti-cica  665. 

oiti-iba  665. 
■l).jnk   670. 

«Jkru  fibre  85. 

Okrapflanze  85. 

Okwabaum  663. 

Öl  409,  412,  423,  431,  504,  662,  663.  664, 
665,  666,  667,  670,  671,  672,  673,  674, 
700,  701,  704,   708,   711,  712.   717,   721, 

722.  723,  728,  731,  732,  735,  742,  749, 
-52,  759,  760,  761,  765,  777,  778,  779, 
780,  786,  791,  795,  799,  800,  801,  802, 

805,  806,  817,  820,  840,  875,  878,  883, 
890,  897,  898,  899,  903,  907,  909. 

ÖL  aromatisches  501,  502,  608,  609. 

öl,  ätherisches  406,  408,  414,  416,  417, 
418,  419,  422,  423,  425,  428,  429,  431, 
434,  438,  442,  443,  444,  463,  485,  492, 
498,  499,  500,  501,  502,  505,  506,  512, 
Ö14,  515,  517,  522,  538,  550,  553,  556, 
559.  577,  584,  597,  598,  599,  600,  601, 
603,  604,  605,  607,  608,  609,  615,  618, 
619,  627,  629,  630,  631,  635,  642,  648, 
655,  664,  672,  705,  728,  793,  794,  798, 
799,  803,  842,  844,  845,  846,  847,  849, 
869,   917. 

Öl,   fettes  409,   423,   431,   504,   721,   722, 

723,  728,  731',  732,  735, '801,  802,  805, 

806,  890,  897,  898,  899,  903.  907,  909. 
Öl,  halbtrocknendes  673. 

Öl,  trocknendes  670. 

Olacaceen  663. 

Ölbehälter,  oblitoschizogene  636. 

Ölbehälter,  schizogene  636,  637,  639. 

Öldampf  496. 

Oldenlandia  corymbosa  L.  427. 

Oldenlandia  umbellata  Roxb.  427. 

OKI  man's  beard  353. 

Öldrüse  552,  556. 

Olea  europaea  L.  805. 

Olea  fragrans  Thunb.  605.    " 

Oleaceen  605,  606,  805. 

Oleum  Andropogonis  citrati  495. 

Oleum  Calami  434. 

Oleum  Pini  Pumilionis  492. 

Oleum  rosatum  629. 

Ölgewinnung  662,  663,  665,  666,  667,  670, 

671,  672,  691,  708,  722,  724,  731,  734, 

752,   756,   760,   795,   898. 
Wiesner,    Rohstoffe.     III.  Bd.     ;i.  Aufl. 


Olivenöl  805,  875. 

Ölkuchen  908. 

Ölmadie  909. 

Ölpalme  696,  697,  698. 

Ölpalme,  amerikanische  696. 

Ölpalmensame  696—701. 

Ölpalmensamenendosperm  699,  700,  701. 

Ölpalmensamenschalen-Anatomie  699. 

Ölplasma  755,  758,  765,  823. 

Ölraffination  791. 

Ölraps  724. 

Ölrose,  bulgarische  622. 

Ölrosenkultur  623,   624. 

Ölsäure  925. 

Ölschichte  717. 

Ölzellen  432,  433,  43  i,  704. 

Omketenuß  670. 

Onocarpus  Asa  Gray  801. 

Onosma  echioides  L.  426,  466. 

Onosma  Emodi  Wall.  426,  466. 

Onosma  Hookeri  Clarke  426,  466. 

Onosma  tinctorium  M.  Bieb.  426. 

Oodalfaser  267. 

Operculina  Turpethum  Peter  425. 

Ophris  sp.   413. 

Opiophage  418. 

Opium  707. 

Opuntia  Dillenii  369. 

Orange,  bittere  798. 

Orange,  süße  631,  798. 

Orangenbaum  798. 

Orangenblüten  603,  629—632. 

Orangenblütenöl  642. 

Orangenblütenöl,  süßes  630. 

Orangenblütenwasser  629. 

Oranger  629. 

Orcanette  425,  426,  463. 

Orcanette  de  Gonstantinoplc  421. 

Orchidaceen  413,  794. 

Orchis  sp.  413. 

Oregonerle  384. 

Oreodaphne  californica  Nees  502. 

Origanum  dubium  Boiss.  518. 

Origanum  hirtum  Lk.  517. 

Origanum  Majorana  L.  518. 

Origanum  majoranoides  Willd.   518. 

Origanum  Onites  L.  517. 

Origanum  smyrnaeum  L.  517. 

Origanum  vulgare  L.  517. 

Origanum    vulgare    L.     var.     albiflorum 

G.  Koch  517. 
Origanumöl,  cyprisches  517,  518. 
Origanumöl,  Smyrnaer  517. 
Origanumöl,  Triester  517. 
Orlean  525. 

Orobanche  cumana  898. 
Oropo-Valonen  824. 
Orthanthera  viminea  Wight  96. 
Ortiga  77. 
Oseille  414. 
Osmanthus  fragrans  Lour.  605. 

63 


994 


Namen-  und  Sachregister. 


Osmites  Bellidiastrum  Thbg.  521. 
Osmitopsis  asteriscoides  Cass.  521. 
Otaheite  (Zuckerrohrvarietät)  587. 
Otöto  grande  88. 
Ouate  vegetale  140. 
Ovoshefenextrakt  931. 
Ovovitellin  922. 
Ovulumintegumente  704. 
Oxalatschicht  beim  Mohnsamen  710. 
Oxalsäure  485,  487,  576,  594. 
Oxyacanthin  418. 
Oxydase  619,  768,  818. 
Oxydendron  arboreum  DC.  514- 
Oxynitrilase  733. 
Oxyquercetin  599. 
Oxyzellulose  25,  595. 

Paat  (Jute)   238,  240. 

Paathanf  238. 

Pacari  509. 

Pacari  do  Mäto  509. 

Pachira  aquatica  Aubl.  673. 

Pachira  Barrigon  Seem.  90. 

Pachyra  aquatica  Aubl.  90. 

Pachyrrhizus  angulatus  Rieh.  82. 

Pachyrrhizus  montanus  DC.  81. 

Packleinen  197,  198. 

Packmateri^l  357. 

Packtuch  249,  333,  347. 

Padang  342. 

Padistroh  377. 

Padistrohzellulose  377. 

Paederia  foetida  L.  97. 

Paeonia  Moutan  Sims  416. 

Pahari  Rai  728. 

Paina  limpa  139,  141. 

Paintyseed  (Ricinussamen)   757. 

Pakoe-Kidang  407. 

Palai  728. 

Palangi  728. 

Paläskephul  602. 

Paleae  haemostaticae  407. 

Palicourea  sulphurea  DC.  520. 

Palillo  426. 

Palisadenparenchym  525,  534,  537,  540, 
541,  544,  546,  548,  550,  553,  560,  582, 
829,  830,  831,  885. 

Palisadensklereiden  746,  747,  758. 

Palisadenzellen  491,  527,  561,  572,  679, 
686,  711,  716,  746,  747,  748,  749,  758, 
762,  763,  780,  782,  783,  784,  785,  847, 
848,   849,   854,   882,   902,   911. 

Palisadenzellenlichtlinie  882. 

Palmarosaöl  431,  494,  629. 

Palmblätter  als  Beschreibstoff  100,  SdS~ 
397. 

Palmblattmanuskripte,  indische  393. 

Palmen  68—70,  409,  662,  663,  792. 

Palmettowurzel  409. 

Palmfett  696. 

Palmholz  520. 


Palmitin  418. 

Palmitinsäure  523,  843,  898,  925. 

Palmkerne  662,  696—701. 

Palmkernkuchen  700,  701. 

Palmkernmehlverfälschungsmittel  682. 

Palmkernöl  697,  698. 

Palmwein  863. 

Palmyra  nar  68. 

Palmyrapalme  393,  394. 

Palmyrasteinnuß  677. 

Palo  blanco-  Rinde  863. 

Palo  Pangue  422. 

Palshin  81. 

Palungo  196. 

Palungor  197. 

Pa-ma  209. 

Pan-Seide  357. 

Panamahüte  70. 

Panamasteinnuß  677. 

Panax  fruticosum  L.  422. 

Panax  Ginseng  C.  A.  Mey.  422. 

Panax  repens  Max.  422. 

Pandanaceen  64,  597. 

Pandanus  sp.  98,  342,  343. 

Pandanus  furcatus  Roxb.  64. 

Pandanus  odoratissimus  39,  48,  64,  342. 
343,  597. 
I     Pandanus  Thomensis  Henr.  64,  343. 
!     Pandanus  utilis  Bory  64,  342,  343. 
j     Pandanusfaser  41,  42,  43,  44,  46,  62,  64. 
j  98,  254,   342,   343. 

I     Pangane  hemp  324. 
i     Panicum  junceum  Nees  407. 
I     Panicum  miliaceum  370. 

Panzerschicht  898. 

Panzersonnenblume  898. 

Pao  lepra  500. 

Päonol  416. 
j     Papain  802. 

Papaver  setig'erum  DC.  708. 

Papaver  somniferum   L.   155,    665,    707. 
709. 

Papaver  somniferum  L.  var.  album  DC. 
I         707. 

Papaver  somniferum  L.  var.  nigrum  DC. 
707. 

Papaver  somniferum   L.   var.  setigerum 
(DC.)  707. 
j     Papaveraceen  665. 
'     Papayacin  802. 

Papayotin  802. 
I     Paphiopedtlum  javanicum  Pfitz.  413. 

Papier  447. 

Papier,  chinesisches  371,  391,  392. 

Papier  de  riz  390. 

Papier,  gefilztes  368. 

Papier,  gefilztes,  Erfindung  desselben  400. 
401,  402. 

Papier,  Geschichte  desselben  391—405. 

Papier,  japanisches  385,  387. 

Papiererzeugung,  arabische  402. 


Namen-  und  Saclnegistei 


995 


Papiererzeugung,  japanische  402. 
Papierfabrikation  201,  205,  273,  279,  280, 

286,  328,  333,  362,  363,  367—402,  405, 

406,   420,   421. 
Papierfärbung  367. 
Papierfasern   63,   65,   67,   68,   70,   71,   81, 

85,   87,  88,  89,  91,  92,  367—390. 
Papierfasern,  chinesische  369. 
Papierfasern,  japanische  369. 
Papierfasern,   »Räumigkeit«  146. 
Papierfüllung  367. 
Papiergarn  368. 
Papierhalbzeug  376. 
Papierleimung  367. 
Papiermaterialien,  indische  369. 
Papiermaulbeerbaum  100,  402,  403. 
Papiermaulbeerbaumbastfaser  384 — 387. 
Papiermaulbeerbaumrinde  368,  371. 
Papierprüfungsmethoden  367. 
Papieruntersuchung,  mikroskopische  367. 
Papierzellulose  328. 
Papierzeug  376. 
Papilionaceenfasern  386. 
Papille  491. 
Pappe  370,  382,  389. 
Pappelknospenöl  498. 
Pappelrose  632. 
Pappelwolle  74,  93. 
Pappus  651,  652,  654. 
Papuamacis  705,  706,  707. 
Papuanuß  705. 

Papyrus  7,  100,  367,  368,  397—399. 
Papyrus  Ebers  776. 
Papyruskleister  398. 
Papyrusmark  397,  398. 
Papyrusstaude  67,  397. 
Paradieskörner  793. 
Paraffin  626,  628,  629,  632. 
Parakresol  621. 
Paranukleoprote'id  922. 
Parapektin  34. 
Parapektinsäure  34. 
Parapiassave  336,  337,  338,  339;  342. 
Pararabin  486. 

Paretaniwa  (neuseeländischer  Flachs)  316. 
Parfüm  406,  428,  429. 
Parfüm  6ternel  606. 
Parfümeriematerial   409,    412,    493,    495, 

502,  504,  513,  550,  557,  564,  597,  598, 

599,  600,  601,  602,  603,  605,  606,  607, 

616,  618,  640,  649,  672,  707,  751,  794, 

796,  798,  813,  819. 
Parfümeriepflanze  550. 
Parfümierung     von      Kirschbaumtrieben 

(Weichselrohr)   751. 
Pargavalonen  824,  825. 
Parietaria  debilis  G.  Forst.  79. 
Parietaria  officinalis  79. 
Paritanewha     (neuseeländischer     Flachs) 

316,  318. 
Paritium  tiliaceum  Juss.  85. 


Parkia  africana  R.  Br.  81,  666. 

Parkinsonia  aculeata  L.  81. 

Parmaveilchen  604. 

Passerina  hirsuta  L.  92. 

Pasta  Guarana  672. 

Pataschte  767. 

Pataste  767. 

Patcha  558. 

Patchouli  557. 

Patchouly  519,  557. 

Patent   Gebr.  v.  Nießen   »Kaffee-Ersatz, 

aromatischer«  682. 
Paternosterbaum  463. 
Paternostererbse  667. 
Patrassovalonen  824,  825,  828. 
Patschulen  564. 
Patschuli  508,  o57— 564. 
Patschulialkohol  564. 
Patschuliblatt,  Anatomie  561. 
Patschulikraut  557. 
Patschuliöl  557,  564. 
Patte  de  lievre  139,   140. 
Paullinia  Cupana  Kunth  672,  801. 
Paullinia  sorbilis  Mart.  .SOI,  672. 
Paulysche  Seide  131. 
Pavonia  ceylonica  Cav.  89. 
Pavonia  Weldenii  564. 
Päyar  75. 

Payta-Ratanhia  419. 
Peanut  734,  743. 
Pedaliaceen  674. 
Pediokokken  928. 
Peganum  Harmala  L.  669. 
Pektase  34. 
Pektin  25,  26,  30. 
Pektingärung  33,  167,   168.   186. 
Pektinsäure  33. 
Pektinschleim  795. 
Pektinstoffe  33,   169,  486,  -V.i ', 
Pektose  25,  33,  167,   is;,    'is:,.    '.sc,. 
Pektosinase  34. 
Pektozellulose  26. 
Pelargonium  capitatum  Ait.  504. 
Pelargonium  graveolens  Ait.  504. 
Pelargonium  odoratissimum  Willd.  504. 
Pelargonium  roseum  Willd.  504. 
Pelargonium  terebinthinaceum  Cav.  504. 
Pelargoniumöl  504. 
Pelargonsäure  505. 
Pellhanf  187. 
Pembe  663. 
Penguin  322. 

Pennawar  Djambi  63,  407. 
Pennyroyalöl  517. 
Pentadesma  butyraceum  Dan.  802. 
Pentosane  25,  30,  595,  903. 
Pentose  30,  920. 
Pentosemonoformal  29. 
Peponium  768. 
Pepsin  922,  933,  938. 
Pepton  168,  922. 


il<)(i 


A'aiuen-  und  Sachregister. 


Pere  de  ia  sante  423. 

Perennial  Indian  Hemp  90. 

Pergament  392. 

Pfiiandra  dulcis  Mart.  420,  463. 

Puriderm  100,  461,  468,  471.  482,  483,  901. 

Periderm  von  Betula  Bhojpattra  100. 

Perigon   838,   840.        \ 

Perikambium  481. 

Perikarp  676,  688.  701,  737,  795,  816, 
817,  819,  821,  847,  849,  850,  852,  853, 
855,  857,  858,  861,  864—868,  871,  875, 
876,  878,  879,  880,  885,  886,  887,  890, 
896,  897,  899,  900,  901,  902,  904,  905, 
910,  911. 

Peiiila  ocymoides  L.  806. 

Perillakuchen  674,  806. 

Periploca  aphylla  Decsne.  96. 

Periploca  indica  Willd.  96. 

Periploca  silvestris  Retz.  96. 

Perisperm  704,  741,  748.  764.   77:!. 

Pernambuk  (Baumwolle)  12ri. 

Perpulut  564. 

Persea  sp.   665. 

Persimon  805. 

Persoonia  saccäta  R.  Br.  599. 

Perubaumwolle  130. 

Perückenbaum  532. 

Perückenstrauch  532,  537. 

Perugummi  410. 

Pestwurz  428. 

Petala  Rosarum  incarnalum  626. 

Petala  Rosarum  pallidarum  626. 

Petala  Rosarum  rubrarum  626. 

Petasites  officinalis  Moench  428. 

Petersilie  514. 

Petersilienblätteröl  514. 

Petitgrain  citronnier  500. 

Petitgrainöl  506,  631,  798. 

Petroleum  517. 

Petroselinum  hortense  Hoffm.  514. 

Petunieren  des  Tabaks  575. 

Petunioides  G.  Don.  (Sektion  von  Nico- 
tiana)  569. 

Peucedanum  officinale  L.  423. 

Peucedanum  Ostruthium  Koch  423. 

Peumus  Boldus  Mol.  500. 

Pfahlbaulein  von  Robenhausen  156. 

Pfälzertabak  568. 

Pfees  68. 

Pfeffer,  japanischer  799. 

Pfefferbaum  507. 

Pfefferkraut  517. 

Pfefferkuchenpalme  687. 

Pfefferminze  500,  519,  551—555. 

Pfefferminzöl  495,  519,  551,  553,  554,  555. 

Pfefferminzöl,  japanisches  554. 

Pfefferpulververfälschungsmittel  538. 

Pfefferverfälschungsmittel  701. 

Pferdedecken  366. 

Pferdepeitsche  508. 

Pfirsichbaum  503. 


Pfirsichkerne  733,  734. 

Pflanzendunen  139. 

Pflanzendunen,  indische  139. 

Pflanzenfasern,  Übersicht  der  abgehandel- 
ten technisch  verwerteten  97. 

Pflanzengelb  602. 

Pflanzenhaare  1,  2,  20,  97. 

Pflanzenläusevertilgungsmittel  874. 

Pflanzenschädlingbekämpfungsmittel  579. 

Pflanzenschleime  33. 

Pflanzenseide  146 — 154. 

Pflanzenteile,  unterirdische  406 — 489. 

Pflastergrundlage  801. 

Pfundhefe  942. 

Pharmakognosie  490. 

Pharmakopoe  407,  505. 

Phaseolunatin  668,  755,  756. 

Phaseolus  coccineus  L.  82,  156,  668. 

Phaseolus  lunatus  L.  668,  775. 

Phaseolus  max  L.  667.  '  ' 

Phaseolus  radiatus  L.  667. 

Phaseolus  vulgaris  L.  82,  668. 

Phasin  743. 

Phellandren  495,  497,  511.  .^.12,  513,  523, 
557,  664. 

Phelloderm  461. 

Phellogen  216,  461. 

Phenyläthylalkohol  619,  627,  628. 

Phenyljute  250. 

Phenylosazon  28. 

Phenylxylosazon  29. 

Philadelphus  coronarius  L.  600. 

Philippine  Magney  302. 

Philippinenylang  622. 

Phlobaphene  424,  457,  636,  689,  695,  704, 
809. 

Phloem  3,  4,  216,  217,  283,  284,  361. 

Phloem,  zerstörtes  bei  Fasern  361. 

Phloemkrankheit  des  Zuckerrohres  590. 

Phloemmarkstrahlen  546. 

Phloemparenchymzellen  8,  267,  451,  452, 
461,  468. 

Phloroglukotannoide  547,  668. 

Phlorogluzin  244,  547. 

Phlorogluzinreaktion  32. 

Phoenix  dactylifera  L.  69,  792. 

Phoenix  paludosa  369. 

Phoenix  reclinata  Jacqu.  69,  350. 

Phoenix  silvestris  Roxb.  69,  863. 

Pholidota  imbricata  Hook.  413. 

Phoradendron  796. 

Phormium  tenax  Forst.  10.  21,  22,  25, 
72,   98,   99,   314,   315,   316. 

Phormiumblattanatomie  316. 

Phormiumfaser  314—318. 

Phormiumfaser.  Abstammung  314. 

Phormiumfaser,  Gewinnung  317. 

Phormiumfaser,  mikroskopische  Charakte- 
ristik 317. 

Phosphorsäure  487,  488,  576,  615,  696, 
712,   882,   926. 


Namen-  und  Sacluemstef. 


997 


Phragmites  sp.  64. 

Phragniites  communis  Trin.  66,  370. 

Phragmites  Karka  Trin.  66,  370. 

Phrynium  dichotomum  Roxb.  74. 

Phthirusa  sp.   796. 

Pliyllanthus  distichus  Müll. -Arg.  421. 

Phyllanthus  Emblica  L.  800,  889. 

■  i-Phyllodulcin  503. 

Phytelephas  sp.  662,  675,  684,  685,  686, 

690. 
Phytelephas  aequatorialis  Spruce  676. 
Phytelephas  aureo-costata  Linden  676. 
Phytelephas  macrocarpa  Ruiz  et  Pavon 

676. 
Phytelephas   microcarpa  Ruiz  et   Pavon 

676,  680. 
Phytelephas  Pavonii  Gaudich.  676. 
Phytelephas  Ruizii  Gaudich.  676. 
a-Phytoalbuminose  759. 
Phytolacca  decandra  L.  796. 
Phytolacca  vulgaris  Mill.  796. 
Phytolaccaceen  415,  796. 
Phytomelane  900,  902,  903,  905,  908,  909, 

910,  911. 
Phytomelane,  pathologische  903. 
Phytomelane,  physiologische  903. 
Phytomelin  602. 
Phytosterine  25,  786. 
Phytosterol  843. 
Phytosterolglykosid  843. 
Phytosterolin  843. 
Phytovitellin  734. 
Pia.ssabepalme  334. 
Piassave   17,   24,   25,  45,   46,  48,  60,  62, 

68,  69,  70,  98,  99. 
Piassave,  afrikanische  9,  14,  17,  39,  338 

—340,  341,  342. 
Piassave,  brasilianische  9,  14,  17,  334 — 

338,  340,  342. 
Piassavefaser  283,  334—342,  359. 
Piassavepalmblattscheiden  334. 
Piassavepalme  335,  808. 
Picea  alba  Lk.  493. 
Picea  excelsa  Link  63,  493,  662. 
Picea  morinda  384. 
Picea  nigra  Lk.  493. 
Picea  vulgaris  Lk.  492. 
Pichiaarten  914. 
Pichta  493. 
Pigmentreaktionen    zur    Unterscheidung 

von  Kakaostandardmustern  774,  775. 
Pigmentschichte  711,  717,  719,  727,  747, 

748,  754,  762,  763,  787,  788. 
Pigmentzelle  445,   774,  775. 
Pilocarpusarten  543. 
Piment  640,  803,  887- 
Pimenta  acris  Wight  511. 
Pimenta  officinalis  Berg.  803. 
Pimpal  75. 

Pimpinella  Anisum  L.  804. 
Pimpinella  magna  423. 


Pimpinella  nigra  Willd.  423. 

Pimpinella  Saxifraga  L.  423. 

Pinaceen  63,  492—494,  791. 

Pinafaser  286,  321. 

Pinangpalme  662. 

Pincenectia  recurvata  21,  liJ. 

Pine  apple  fibre  822. 

Pine  wool  63. 

Pinen  .501,  513,  516,  .H7,  .';23. 

1-a-Pinen  516. 

d-Pinen  516. 

1-Pinen  557,  632. 

Pinkoffin  469. 

Pinnilla  322. 

Pinsel  342,  362. 

Pinus  cembra  L.  662. 

Pinus  excelsa  384. 

Pinus  longifolia  384. 

Pinus  montana  Mill.  492. 

Pinus  Mughus  Scop.   492. 

Pinus  Pinea  24. 

Pinus  Pumilio  Haenke  382,  492. 

Pinus  silvestris  L.  492,  662. 

Piper  angustifolium  R.  et  Pav.  498. 

Piper  angustifolium  var.  cordulatum  498. 

Piper  angustifolium  var.  Oskanum  C.  DG. 

498. 
Piper  Betle  L.  498. 
Piper  camphoriferum  G.  DG.  498. 
Piper  lineatum  R.  et  P.  498. 
Piper  methysticum  Forst  413. 
Piperaceen  413,  498. 
Piperonal  819,  820. 
Pi-pi  862. 
Pippali  640. 

Pipturus  argenteus  Wedd.  78. 
Pipturus  hypoleuca  78. 
Pipturus  pentandra  Benn.  79. 
Pipturus  propinquus  Wedd.  78. 
Pipturus  velutinus  Wedd.  78. 
Pipturus  viminea  Wedd.  79. 
Piqueria  trinervia  (Jacq.)  Cav.  521. 
Pirijao  792. 
Piritu  792. 
Pirus  sp.  887. 

Pisonia  tomentosa  Lam.  500. 
Pistaches  de  terre  743. 
Pistacia  Lentiscus  L.  507,  542,  543,  544. 
Pistacia  Terebinthus  L.  543,  547. 
Pistim  134. 
Pisumarten  667. 
Pit  296. 

Pita  289,  290,  296. 
Pita  de  Corojo  69. 

Pitefaser  14,  17,  44,  46,  286,  289,  296,  322. 
Pithecolobium  parvifolium  Benth.  797. 
Piuri  507. 

Pladera  virgata  Roxb.  93. 
Plagianthus  pulchellus  A.  Gray  87. 
Plagiobothrys  sp.  466. 
Plagiobotrys  rufescens  Fisch,  et  M.  426. 


998 


Namen-  und  SachiegisLei 


Plantaginaceen  521,  675. 

Plantago  arenaria  W.  et  K.  786. 

Plantago  cynops  L.  675,  786,  787. 

Plantago  decumbens  Forsk.  675,  786. 

Plantago  ispaghula  Roxb.  675,  786. 

Plantago  major  787. 

Plantago  maritima  788. 

Plantago  media  L.  581,  582,  787. 

Plantago  ovata  Forsk.  675,  786. 

Plantago  Psyllium  L.  675,  786,  788. 

Plantago  ramosa  Asch.  675,  786,  787. 

Plantago  squarrosa  521. 

Plasmaverbindungen,  aggregierte  681. 

Plasmaverbindungen,  solitäre  681. 

Plasmit  (Düngemittel)   940. 

Plasmodesmen  681. 

Platainfibre  73,  279. 

Piatanthera  sp.  413. 

Platanus  occidentalis  384. 

Plattenverfahren   der  biologischen   Hefe- 
untersuchung 944. 

Plazenta  636,  638,  816,  817. 

Plectranthus  fruticosus  Wight  564. 

Plectranthus  Patschouli  Clarke  558. 

Pleurogyne    umbrasissima    Aaruada    Ca- 
mara  665. 

Plukenetia   coronophora   Müll. -Arg.   670. 

Plumbaginaceen  424.    . 

Plumbago  europaea  L.  424. 

Plumbagokakao  766. 

Plumeria  acutifolia  Poir.  606. 

Plumeria  alba  Hort.  606. 

Plumeria  alba  L.  606. 

Plusia  gamma  L.   161. 

Pochata  673. 

Podophyllin  418. 

Podophyllum  Emodi  Wall.  418. 

Podophyllum  peltatum  L.  418. 

Poga  oleosa  Pierre  674. 

Pogostemon  comosus  Miq.  559. 

Pogostemon  Hayneanus  Benth.  557,  558. 
559. 

Pogostemon  menthoides  Bl.  559. 

Pogostemon  Patchouly  Pelletier  557,  558. 

Pogostemon  suave  Ten.  557,  558,  559. 

Pogostemum  Heyneanus  Benth.  519. 

Pogostemum  menthoides  Bl.  519. 

Pogostemum  Patchouly  Pjellet.  519. 

Pogostemum  suavis  Ten.  519. 

Poinciana  spinosa  Molina  863. 

Poincina  coriaria  Jacq.  797. 

Poleiöl  495,  518,  519. 

Poleiöl,  amerikanisches  517. 

Poleiöl,  europäisches  517. 

Poliermittel  499,  503,  508. 

Pollensack  653. 
Pollenschlauch  817,   «18. 

Pollenschlauchaustrittsiillimntj   057. 
Polsterfüllungsmaten;il    i<i:. 
Polstergut  350. 
Polstermaterial  357. 


Polyanthes  tuberosa  L.  598. 

Polychroit  615. 

Polydiclya  (Abteilung  von  Nicotiana)  566, 
567,  570. 

Polygala  alba  Nutt.  420. 

Polygala  Boykinii  Nutt.  420. 

Polygala  Senega  L.  420.' 

Polygalaceen  82,  420,  670. 

Polygonaceen  414,  415,  796. 

Polygonum  amphibium  L.  414. 

Polygonum  Bistorta  L.  414. 

Polygonum  cuspidatum  Sieb,  et  Zucc.  414. 

Polygonum  Fagopyrum  L.  796. 

Polypodium  vulgare  L.  463. 

Polysiphonia  sp.   2,   62. 

Pomace  592. 

Pombe  912. 

Pomeranze  798. 

Pomeranze,  bittere  506. 
I     Pomeranzenbaum,  bitterer  630. 
i     Pompelmoes  798. 
!     Pooah  fibre  78. 

Popowia  Capea  E.  G.  et  A.  Camus  500. 

Populus  alba  382. 

Populus  ciliata  Wall.  384. 

Populus  nigra  L.  74,  498. 

Poren  bei  Fasern  47,  191,  320,  327,  376. 

Porenkanäle  bei  Fasern  207,  260,  261,  262, 
269. 

Porenkanäle    bei    Zellwänden    679,    680, 
681,   685,   690. 

Porter  460. 

PortorikobaumwoUe  126. 

Portugalöl  630. 

Porush  259. 

Posamenteriegegenstände  285. 

Posidonia   australis    Hook.    64,    98,    347, 
348,  349. 

Posidonia  Caulini  Kon.  64. 

Posidonia  oceanica  L.  64,  349. 

Posidoniafaser  20,  36,  44,  98,  347—349. 

Potamogetonaceen  64. 

Potentiila  nepalensis   Hook.  419. 

Potentilla  silvestris  Neck.  419. 

Potentiila  Tormentilla  Sehr.  419. 

Poterium  Sanguisorba  L.  419. 

Pourretia  coarctata  Ruiz.  et  Pav.  71. 

Pouzolzia  occidentalis  Wedd.  78. 

Prenanthes  chondrilloides  Ard.  429. 

Preßhefe   918,    919,    924,    925,    929,  940, 

941,  942,  943,  944,  945,  946,  947,  948. 
Preßhefeerzeugung    914,    915,    918.,    941, 

942,  943,   944. 
Preßhefenverfälschungen  946,  947. 
Primärperisperm  704. 

Primula  officinalis  L.   42'i. 
Primulaceen  424. 
Primulin  424. 
Prismenzellenschicht  762. 
Prokambiumstrang  704,  750. 
Propagatoren  (Hefereinkultui)  914. 


Namen-  und  Sachiegisler, 


999 


Prosopis  sp.  797. 

Prosopis  alba  Hieron.  797,  870. 

Prosopis  Algarobilla  Griseb.  858. 

Prosopis  juliflora  DC.  870. 

Prosopis  spicigera  L.  81. 

Proteaceen  499,  599. 

Proteasen  922,  933. 

Proteide  486. 

Protein  25,  667,  681,  696,  701,  703,  728, 

753,  785,  786,  922,  923,  926,  933,  938, 

939,   944. 
Protokatechualdehyd  818. 
Protokatechusäure  595. 
Protopektin  35. 

Protoplasma  im  Faserlumen  54. 
»Protoplasmaknötchen«  (Flachs)  181. 
Protorex  (Düngemittel)  940. 
Protoveratin  411. 
Protoveratridin  411. 
Prulaurasin  503. 
Prunase  733. 
Prunus  acida  Koch  526. 
Prunus  Amygdalus  Stokes  665,  729,  730. 
Prunus  amygdalus  Stokes  var.  y  fragilis 

Brockhausen  730. 
Prunus  Armeniaca  L.  665,  733. 
Prunus  aspera  Thunb.  503. 
Prunus  baccata  887. 
Prunus  cerasus  L.  503,  526. 
Prunus  eucerasus  Asch,  et  Gr.  526. 
Prunus  Laurocerasus  L.  503. 
Prunus  Mahaleb  796. 
Prunus  persica  (L.)  Stokes  503. 
Prunus  spinosa  887. 
Pseudaconitin  417. 
Pseudima  frutescens  Radlk.  801. 
Pseudojervin  411. 
Pseudokristalle  311. 
Pseudopurpurin  469. 
Pseudosaccharomyces  914. 
Psoralea  corylifolia  L.  798. 
Psychotria  Ipecacuanha  Müll. -Arg.  427. 
Psychotria  Mapouria  R.  96. 
Psychotria  sulphurea  Ruiz  et  Pav.  521. 
Ptychotis  Ajewan  520. 
Pucha-pat  557. 

Pueraria  phaseoloides  Benth.  81. 
Pueraria  Thunborgiana  Benth.  81. 
Puerto  Gabellokakao  765,  771,  774. 
Pulas  209. 
Pulas  fibre  81. 
Pulegium  vulgare  L.  519. 
Pulegon   517,   519. 
Pulpa  896,  897. 
Pulque  287. 
Pulu  63,  407. 

Punica  Granatum  L.  605,  803. 
Punicaceen  605,  803. 
Pupunha  792. 
Püree  507. 
Purpurin  467,  469. 


Purpurinkarbonsäure  467,  469. 

Purpuroxanthin  467. 

Pursitschan  568. 

Putamen  677,  688. 

Putschuk  428. 

Puya  coarctata  Gay  71. 

Pyretol  655. 

Pyrethron  655. 

Pyrethrosinsäure  655. 

Pyrethrum  carneum  M.  B.  608,  649,  655. 

Pyrethrum  Parthenium  Sm.  522. 

Pyrethrum  roseum  M.  B.  608,  649,   650, 

654,  655. 
Pyridin  577. 
Pyrogallol  31. 
Pyrokatechin  595. 

Quadangnüsse  663. 

Quadro  67,  408, 

Quajacan  504. 

Quatta  pana  858. 

Quatte  94. 

Quebracho  blanco  515. 

Quedlinburger  Rübe  479. 

Queensland  hemp  205. 

Quellgelenk  901. 

Quellgewebe,  subepidermales  866. 

Quellung,  ungleiche  der  Zellhautschichten 
der  Fasern  53. 

Quellungsmittel  der  Fasern  54. 

Quendel  518. 

Quercetin  509,  889. 

Quercetinmonomethyläther  889. 

Quercitrin  627. 

Quercus  sp.  «33. 

■Quercus  aegilops  L.  823. 

Quercus  aegilops  var.  Gretica  Bai.  824. 

Quercus  aegilops  var.  graeca  Kotschy  824. 

Quercus   aegilops  var.   macrolepis   Boiss. 
824. 

Quercus  aegilops  var.  Portugalussa  Orph. 
824. 

Quercus  Brantii  Lindl.  823. 
i     Quercus   Cerris   var.   pseudocerris   Boiss. 
i         824. 

Quercus  Cerris  var.  Tournefortii  K.  Koch 
,         824. 

Quercus  coccifera  L.  824. 

Quercus  Ehrenbergii  Kotschy  823. 
j     Quercus  graeca  Kotschy  823,  824. 

Quercus  Hex  L.  539. 

Quercus  Ithaburensis  Dcsne.  823. 

Quercus  macrolepis  Kotschy  795,  823,  824. 

Quercus  oophora  Kotschy  823,  824. 

Quercus  persica  Jaub.  823. 

Quercus  pseudocerris  Boiss.  824. 

Quercus  Pyrami  Kotschy  823. 

Quercus  Tournefortii  Willd.  824. 

Quercus  Ungeri  Kotschy  823. 

Quercus  Valonea  Kotschy  79*5,  823,  824. 

Querschnittsformen  der  Fasern  52. 


1000 


Namen-  und  Sachiegister. 


Querzitronrinde  525,  530,  531. 
Quillat  826. 
Quittenkerne  665. 

Racine  de  Fayar  421. 

Racine  de  Vetiver  430. 

Radikula  715,  746,  750,  755,  771. 

Radix  Acori  434. 

Radix  Acori  vulgaris  s.  palustris  412. 

Radix  Alcannae  463. 

Radix  Alcannae  electa  466. 

Radix  Alcannae  spuria  463. 

Radix  Alcannae  vera  463. 

Radix  Alcannae  verae  s.  orientalis  421. 

Radix  Althaeae  421. 

Radix  Ari  409. 

Radix  Asari  413. 

Radix  Sehen  albi  429. 

Radix  Behen  nostratis  416. 

Radix  Bistortae  414. 

Radix  Galami  434. 

Radix  Galumbae  418. 

Radix  Carniolae  410. 

Radix  Caryophyllatae  419. 

Radix  Colchici  411. 

Radix  Costi  429. 

Radix  Cyperi  longi  408. 

Radix  Cyperi  rotundi  408. 

Radix  Enulae  428. 

Radix  Galangae  majoris  412. 

Radix  Galangae  (minoris)  412. 

Radix  Graminis  408. 

Radix  Helena  428. 

Radix  Hellebori  nigri  416. 

Radix  Hellebori  viridis  416. 

Radix  Hydrastis  417. 

Radix  Imperatoriae  423. 

Radix  Ipecacuanhae  427. 

Radix  Ivarancusae  430. 

Radix  Jalapae  424. 

Radix  Lapathi  acuti  414. 

Radix  Levistici  422. 

Radix  Liquiritiae  420. 

Radix  Peucedani  423. 

Radix  Pimpinellae  423. 

Radix  Podophylli  418. 

Radix  Ratanhiae  419. 

Radix  Rhei  415. 

Radix  Rhei  Monachorum  414. 

Radix  Salep  413. 

Radix  Saponariae  albae  416. 

Radix  Saponariae  rubrae  450. 

Radix  Sarsaparillae  410. 

Radix  Sassafras  418. 

Radix  Senegae  420. 

Radix  Sumbul  423. 

Radix  Tormentillae  419. 

Radix  Turpethi  425. 

Radix  Valerianae  428. 

Radix  Veratri  albi  411. 

Radix  Veratri  viridis  411. 


Radix  Vetiveriae  430. 

Radix  Zedoariae  412. 

Radix  Zingiberis  439. 
,     Raffinase  923. 

Raffinose  487,  594,  923,  947. 

Rafnia  amplexicaulis  Thunb.  419. 

Raguemine  805. 

Rai  713,  714. 

Raibhenda  98. 

Rainfarnöl  522. 

Raiz  del  India  447. 

Rajapuremyrobalanen  890. 

Rajemahl  95. 

Rajmahal  hemp  207. 

Ramö  78. 

Rameh  209. 

Rämetafaser  272—275. 

Ramie  6,  9,  11,  14,  17,  26,  30,  39,  40, 
42,  43  45,  47,  48,  50,  77,  98,  202,  208 
—223,  226,  227,  247. 

Ramie  blanche  210. 

Ramie,  grüne  210. 

Ramie,  kotonisierte  218. 

Ramie  verte  210. 

Ramie,  Aufschließung  des  Bastes  214. 

Ramie,  Beurteilung  der  Faser  223. 

Ramie,  Dimensionen  der  Faser  219,  220. 
i     Ramie,  Festigkeit  der  Faser  217. 
j     Ramie,  Gewinnung  der  Faser  213. 
!     Ramie,  Industrie  222. 

Ramie,  Kotonisierung  213,  214. 

Ramie,  Mikroskopie  der  Faser  220. 

Ramie,  Oberhaut  des  Stengels  215. 

Ramie,  Rohfaser  217. 

Ramie,  Stärkekörner  221. 

Ramie,  Stengelanatomie  214—217. 

Ramie,  Torsionsfestigkeit  218. 

Ramie,  Verschiebungen  der  Faser  220. 

Ramie,  Wassergehalt  der  Faser  221. 

Ramiegesellschaft,  Emmendinger  212. 

Ramieh  76. 

Ramiepflanze,  grüne  212. 

Ramiepflanze,   Kultur  212. 

Ramiepflanze,  weiße  212. 

Ramiezellulose  30. 

Ramium  majus  Rumph.  77. 

Ramtellasamen  907. 

Ramtillfrüchte  907. 

Ramtillkörner  807. 

Randblüten  617,  651,  898. 

Randia   dummetorum  (Retz.)    Lam.  806. 

Ranne  476. 

Ranunculaceen  416,  417,  500,  600. 

Raphe  684,  702,  730,  740,  757,  779,  884. 

Raphenetz  678,  684. 

Raphia  sp.  98,  344,  345. 

Raphia  longiflora  (Wendl.)  663. 

Raphia  Mombuttorum  Drude  69,  347. 

Raphia  nicaraguensis  Oerst.  69,  346. 

Raphia  pedunculata  P.  B.  69,  344,  345, 
346. 


Namen-  und  Sachregister. 


1001 


Raphia  Ruffia  Mart.  69,  344.       ,< 
Raphia  taedigera  Mart.  69,  346. 
Raphia  vinifera  69,   334,   338,  339,  341, 

346,  347. 
Raphiabast  43,  69,  344—347. 
Raphiafaser  69,  98,  344—347. 
Raphiapiassave  341. 
Raphidenbündel  469. 
Raphidenschlaiich  468,  469,  472,  817. 
Raphidenzelle  471,  472,  817. 
Raps,  brauner  indischer  725. 
Raps,  indischer  724,  725. 
Rapskuchen  729. 
Rapsöl  728,  729. 
Rapssamen  665,  720,  724—729. 
Rasierpulver  875. 
Rasierseifenextrakt  875. 
Raspador  300,  304. 
Ratanhia  sp.  419. 
Ratanhiagerbsäure  435. 
Rataroa  (neuseeländischer  Flachs)  315- 
Ratoons  587. 
Räu  bhend  258—261. 
Rauchtabak  526,  575,  578,  579,  580. 
»Räumigkeit«  der  Papierrohstoffe  li6. 
Raute,  syrische  669. 
Rautenduft  505. 
Rautenöl  505. 

Rauwolfia  reflexa  Teysm.  et  Binu.  94. 
Reaumuria  hirtella  Jaub.  509. 
Reaumuria  hypericoides  Willd.  509. 
Reaumuria  mucronata  Jaub.  et  Sp.  009. 
Rebaudin  522. 
Red  cedar  494. 
Red  seeds  (Leinsamen)   753. 
•Red  Sorrel  85. 
Redou  539. 
Redoul  532,  539—541. 
Reffein  des  Leines  163. 
Reglisse  des  montagnes  463. 
Reinflachs  170,  179,   187. 
Reinhanf  186,  .187. 
Reinhefe  914,  917. 
Reinheitsquotient  des  Zuckerrübensaftes 

486. 
Reinigungsmittel  406,  416,  450. 
Reinkulturen  914. 
Reinzuchten  bei  Hefen  914,  915. 
Reis  278,  377,  666. 
Reisbesen  67. 

Reisbranntwein,  chinesischer  948. 
Reismehl  948. 
Reismelde  663. 

Reispapier,  chinesisches  390—392. 
Reisstroh   38,   60,  67,  99,  368,   371,  376, 

377,  403. 
Reiswurzel  99. 
Reiswurzel,  italienische  67. 
Reiswurzel,  mexikanische  67. 
Reißkohl  475. 
Reißlänge  22. 


Rejections  (Jute)  249. 

Relbun  427. 

Relbunium  hypocarpium  Hemsl.  427. 

Remontantrose  622. 

Reng  549. 

Rengporejute  249. 

Renntierhaare  146. 

Repsöl  728,  729. 

Reseda  luteola  L.  502,  524. 

Reseda  odorata  L.  600. 

Resedablütenöl  672. 

Resedaceen  502,  600. 

Reservezellulose  685,  882. 

Resin  oil  513. 

Resina  Jalapae  424. 

Resina  Kawa  413. 

Resina  Scammoniae  425. 

Resine  de  Thapsia  423. 

Retama  monosperma  Boiss.  531. 

Rethymovalonen  824. 

Rettungsbojen  146. 

Rezeptakulum  636,  637,  638. 

Rhabarber  417,  579. 

Rhabarber,  chinesischer  415. 

Rhabarber,  europäischer  415. 

Rhabdistavalonen  825,  829. 

Rhamnaceen  508,  801. 

Rhamnacin  889. 

Rhamnacinglykosid  888,  889. 

a-Rhamnegin  888. 

Rhamnetin  888,  889. 

Rhamnin  888. 

Rhamninose  888. 

Rhamnochrysin  889. 

Rhamnocitrin  889. 

Rhamno-Emodin  889. 

Rhamnolutin  889. 

Rhamnonigrin  889. 

Rhamnose  888. 

Rhamnus  sp.  801,  884,  888. 

Rhamnus  Alaternus  L.  885. 

Rhamnus  Cathartica  L.  547. 

Rhamnus   catharticus  L.    884,   886,  SS8, 

889. 
Rhamnus  graecus  Boiss.  et  Reut.  885,  886. 
Rhamnus  infectorius  L.  885,  886. 
Rhamnus  oleoides  L.  885,  886. 
Rhamnus  pauciflorus  Höchst.  508. 
Rhamnus  prinoides  l'Her.  508. 
Rhamnus  saxatilis  L.  885,  886. 
Rhamnus  theezans  L.  508. 
Rhamnus  tinctorius  Wald,  et  Kit.  885. 
Rhaphis  flabelliformis  L.  fil.  70. 
Rheafaser  36,  76,  209. 
Rheea  79,  227. 
Rhein  415. 

Rheoanthraglykosid  415. 
Rheogerbsäure  448. 
Rheol  936. 
Rheum  sp.  415. 
Rheum  compactum  L.  415. 


1002 


Namen-  und  Sachregister. 


Rheum  Emodi  Wallich  415. 

Rheum  Moorcroftinanum  Royle  415. 

Rheiiin  officinale  Baill.  415.  j 

Rheum  palmatum  L.  var.  tanguticum 
Maxim.  415.  j 

Rheum  rhaponticum  L.  415.  [ 

Rheum  tanguticum  Tschirch  415.  i 

Rheum  undulatum  L.  415. 

Rhinocarpus  excelsa  Bert.  82. 

Rhizom  407,  429,  437,  4.38. 

Rhizoma  Calami  434. 

Rhizoma  Hellebori  nigri  416. 

Rhizoma  Hellebori  viridis  416. 

Rhizoma  Hydrastis  417. 

Rhizoma  Rhei  415. 

Rhizoma  Veratri  albi  411.  ' 

Rhizoma  Zedoariae  412. 

Rhizoma  Zedoariae  rotundae  412.  | 

Rhizoma  Zingiberis  439.  ' 

Rhizophora  Mangle  L.  510. 

Rhizophoraceen  510,  674.     '  : 

Rhizopusarten  948. 

Rhodansinapin  721.  [ 

Rhubarbe  des  Caraibes  471. 

Rhus  canadensis  MiJl.  507,  532. 

Rhus  copallina  L.  506,  532,  536. 

Rhus  coriaria  L.  506,  532,  533,  534,  530, 
537,  538,   542. 

Rhus  cotinus  L.  532. 

Rhus  glabra  L.  507,  532,  536,  801. 

Rhus  oxyacanthoides  Dum.  Cours.  421. 

Rhus  pentaphylla  Desf.  507. 

Rhus  radicans  540. 

Rhus  succedanea  L.  801. 

Rhus  typhina  L.  507,  532,  536. 

Rice-paper  390. 

Richtersches  Verfahren  der  Nesselfaser- 
gewinnung 230,  231,  232,  233,  237. 

Ricin  743,  759. 

Ricinodendron  Heudeloti  (Baill.)  Pierre 
670. 

Ricinodendron  Rautanenii  Schinz  670. 

Ricinus  americanus  Mill.  756,  757. 

Ricinus  Apelta  Lour.  756. 

Ricinus  armatus  Andr.  756. 

Ricinus  Bourbonensis  756. 

Ricinus  communis  L.  670,  756,  758. 

Ricinus  dioicus  Roxb.  756. 

Ricinus  giganteus  756. 

Ricinus  inermis  Mill.  756,  757. 

Ricinus  inermis  Wall.  756. 

Ricinus  integrifolius  Willd.  756. 

Ricinus  lividus  Jacqu.   756. 

Ricinus  lividus  Willd.   756. 

Ricinus  Mappa  L.  756. 

Ricinus  Mappa  Roxb.  756. 

Ricinus  Mappa  Wall.  756. 

Ricinus  ruber  Rumph.  756. 

Ricinus  sanguineus  (Hort,  ex  Groeniand) 
756. 

Ricinus  speciosu?  Burm.  756. 


Ricinus  Tanarius  L.   756. 

Ricinus  Tanarius  Lour.  756. 

Ricinus  trilobus  Reinw.  756. 

Ricinus  tunisensis  Desf.  756. 

Ricinus  viridis  Willd.  756,  757. 

Ricinus  Zanzibariensis  756. 

Ricinusöl  759,  815. 

Ricinuspflanze  756,  757. 

Ricinussamen  670,  743,  756—759. 

Ricinussamenendosperm  758,  759. 

Ricinussamenpreßkuchen  759. 

Ricinusschmieröl  759. 

Riechgras  589. 

Riedlea  corchorifolia  DC.  90. 

Riesenhanf  45. 

Riesenhanf,  indischer  187. 

Riesenhanf  von  Boufarik  187. 

Ricscnspeergras  67. 

Riesenzellen  893. 

Riffeln  des  Leines  163,  164. 

Rinden  als  Beschreibstoff  367,  368. 

Rindenparenchym  217,  484. 

Ringerzeugung  792. 

Risa  77. 

Riteh  874. 

Rithä  874. 

Rittersporn,  indischer  889. 

Rittersporn,  persischer  889. 

Rizinusöl  759,  815. 

Rizinussamen  670,  743,  756 — 759. 

Roafaser  76. 

Robbentran  243. 

Robinia  pseudacacia  L.  666. 

Robinie  666. 

Rocheterdpistacie  738. 

Rocou  673. 

Rodivalonen  824. 

Rodostovalonen  824. 

Roggen  791,  942. 

Roggenstroh  30,  99,  371,  372,  373,  374. 

Roggenstrohzellulose  30. 

Rohfaser  696,   712,   785,  786,  939. 

Rohfruchtbrennerei  918,  930. 

Rohprotein  938. 

Rohr,  italienisches  66. 

Rohramie  218. 

Rohrkolben  64,  224. 

Rohrkolbenwolle  1,  3, 

Rohrzucker  488,  585,  588,  594,  797. 

Rohsaponin  875. 

Rohseide  22. 

Rohviscin  801. 

Rohzucker  485. 

Rollergin  107. 

Rollmühle  359. 

Rolltabak  466. 

Röntgenstrahlen  616. 

Roots  (Jute)   242,  249. 

Rosa  alba  L.  601,  622,  623.  624. 

Rosa  canina  622,  624. 

Rosa  centifolia  L.  601,  622,  623,  625,  626. 


Namen-  uml  Sachieüister. 


lOO.H 


Rosa  damascena  Mill.  601,  622,  623,  624. 

626. 
Rosa  damascena  trigintipetala  624. 
Rosa  fragrans  628. 

Rosa  gallica  L.  601,  622,  623,  626,  627. 
Rosa  gallica  x  Rosa  canina  622. 
Rosa  indica  L.  601,  622. 
Rosa  moschata  Mill.  601,  622,  624. 
Rosa  moschata  tringintipetala  624. 
Rosa  rugosa  Thunb.  622,  624. 
Rosa  sempervirens  L.  601,  622,  624. 
Rosa  turbinata  Ait.  601,  622. 
Rosaceen  419,  503,  601,  665,  796. 
Rose  576. 

Rose  ä  parfum  de  l'Hay  622. 
Rose  de  Mai  625. 
Rose,  japanische  622. 
Rose,  Ulrich  Brunner  625. 
Rosellahanf  86. 
Rosenanthocyan  627. 
Rosenblätter  601,  622—629. 
Rosenessenze  626. 
Rosenholz  425. 
Rosenkampfer  628. 

Rosenkranzerzeugung  667,  672,  791,  882. 
Rosenlein  160. 

Rosenöl  622,  623,  624,  625,  627,  628,  629. 
Rosenöl,  australisches  628. 
Rosenöl,  bulgarisches  628. 
Rosenöl,  deutsches  628. 
Rosenöl,  englisches  628. 
Rosenöl,  französisches  628. 
Rosenöl,  türkisches  629. 
Rosenölgewinnung  625. 
Rosenölverfälschung  495,  629. 
Rosenpomade  626. 

Rosenstearopten  627,  628. 
Rosenwasser  622,  625,  629. 

Roseraie  de  l'Hay  622. 

Rosha  494. 

Rosinenpilzflora  912. 

Rosmarin  516,  549—551,  648. 

Rosmarinöl  550,  551. 

Rosmarinus  officinalis  L,  516,  549. 

Rosmarinwälder  550. 

Roßhaar,  künstliches  357. 

Roßhaar,  vegetabilisches  24,  25,  69,  341, 
350,  352,  353. 

Roßkastanie  671. 

Roßkastanienstärke  671. 

Röste  der  Fasern  232,  281,  300. 

Röste  des  Flachses  nach  System  Courtray 
165. 

Röste  des  Leines  163—169. 

Röste,  gemischte  des  Flachses  165. 

Röstreife  des  Flachses  166. 

Rotahorn  384. 

Rotalgen  62. 

Rotbuche  382,  820. 

Rotbuche,  amerikanische  384. 

Röte  467—470. 


Rotholz  470. 

Rothopfen  835. 

Rottanne  493. 

Rotte  des  Flachses  164. 

Rottlera  tinctoria  Roxb.  800. 

Rouge  vegetale  661. 

Roya  359. 

Rozelle  85. 

Rübe  476. 

Rübe,  französische  480. 

Rübe,  Kleinwanzlebener  478,  479,  480. 

Rübe,   QuedMnburger  479,  480,  487. 

Rübe,  rote  476,  487. 

Rübe,  schlesische  477,  478,  480. 

Rübe,  sibirische  480. 

Rübe,  Vilmorin-  478,  479. 

Rübe,  weiße  476,  477,  724. 

Rübenglykuronoid  487. 

Rübenschnitzel  939. 

Rübenzucker  474. 

Rubia  cordata  Thunb.  427. 

Rubia  cordifoila  L.  427,  467. 

Rubia  Munjista  Roxb.  427,  467. 

Rubia  peregrina  L.  427,  467. 

Rubia  Relbun  Cham,  et  Schi..  427. 

Rubia  sikkimensis   Kurz  427,  467. 

Rubia  tinctorum  L.  427,  467. 

Rubiaceen  96,  97,  427,  521,  607,  806. 

Rubichlorsäure  469. 

Rubidium  576. 

Rubierythrinsäure  469,  470. 

Rubijervin  411. 

Rüböl  728,  729. 

Rübsaat  724. 

Rübsenkuchen  729. 

Rübsensamen  665,  720,  724—729. 

Rübsöl  728^  729. 

Rubus  sp.  419. 

Ruchgras  750. 

Rucke  723. 

Ruellia  pavale  Roxb.  675. 

Ruku  564. 

Rumbereitung  913. 

Rumex  acetosa  L.  414. 

Rumex  alpinus  L.  414. 

Rumex  conglomeratus  Murr.  414. 

Rumex  crispus  L.  414. 

Rumex  hymenosepalus  Torr.  415,  447. 

Rumex  nepalensis  415. 

Rumex  obtusifolius  L.  414. 

Rumex  Patientia  L.  414. 

Rumicin  415. 

Rumination  des  Nährgewebes  703. 

Ruminationsplatte  im  Nährgewebe  704. 

Runkel  475,  476 

Runkel,  weiße  476. 

Runkelrübe  473,  474,  475,  476,  477,  579. 

Runners  (Jute)  249. 
Ruprechtia  viraru  858. 
Rusagras  494. 
Rusaöl  494. 


1004 


Namen-  und  Sachregister. 


Russian  bast  264. 

Rustica  G.  Don.  (Sektion  von  Nicotiana) 

567,  569. 
Ruta  bracteosa  L.  505. 
Ruta  graveolens  505. 
Ruta  montana  L.  505. 
Rutaceen  505,  506,  603,  798,  799.. 
Rutin  602. 

Saazer  Bezirkshopfen  835. 
Saazer  Kreishopfen  835. 
Saazer  Stadthopfen  835,  836. 
Sabal  serrulata  Roem.  et  Schult.  792. 
Sabal  serrulatum  Nutt.  409. 
Sabalfrucht  792. 
Sabine  494'. 
Sac  ci  296. 
Saccharetin  595. 
Saccharina  seu  silesiaca  475. 
Saccharomycesarten  772,  914. 
Saccharomyces  apiculatus  914,  918. 
Saccharomyces  cerevisiae  914,  918. 
Saccharomyces  ellipsoideus  918. 
Saccharomyces  vini  914. 
Saccharomycetaceen  913,  914. 
Saccharose  383,  449,  462,  463,  487,  488, 

605. 
Saccharum  arundinaceum  369. 
Saccharum  Mara  Roxb.  65. 
Saccharum  Munja  Roxb.  65. 
Saccharum  officinarum  L.  65,  497,  585. 
Saccharumsäure  594. 
Sackings  249. 
Sacktucherzeugung  342. 
Sadebaum  494. 
Sadebaumöl  494. 
Safed-til  777. 
Saffron  610. 
Saflor  609,  656—661.    ■ 
Saflor,  gewaschener  659,  660. 
Saflor,  ungewaschener  659,  660. 
Saflorfrucht  904—907. 
Saf lorgelb  661. 
Saflorkerne  807,  903-907. 
Safloröl  904,  907. 
Saflorpflanze  903. 
Saflorrot  661. 

Safran  447,  609—617,   618,  896,  898. 
Safran,  englischer  611. 
Safran,  falscher  798 
Safran,  französischer  610. 
Safran,  italienischer  610. 
Safran,  niederösterreichischer  610. 
Safran,  orientalischer  611. 
Safran,  russischer  610. 
Safran,  spanischer  610. 
Safran,  türkischer  611. 
Safrangelb  615. 
Safrankrokus  610. 
Safrankultur  611. 
Safrannarbenanatomie  612,  613,  61 'i. 


Safranöl  615,  616. 

Saf  ran  Verfälschungen  616. 

Safranzucker  615. 

Safrol  621. 

»Saft«  der  Zuckerrübe  486. 

Saftgrün  885. 

Sagus  amicarum  682. 

Sagus  filaris  Rumph.  69. 

Sagus  laevis  Rumph.  70. 

Sagus  Rumphii  Willd.  70. 

Sagus  Vitiensis  Wendl.  682,  684. 

Sairanthus  Preißecker  (Sektion  von  Nico- 
tiana)  567,  569, 

Salbei  516. 

Salbeiöl  516. 

Salbengrundlage  801. 

Salep  413,  421. 

Salepersatz  410. 

Salicaceen  74,  498. 

Salix  alba  L.  74. 

Salix  amygdalina  (=  S.  triandra  L.)  7-j 
265. 

Salix  Caprea  382. 

Salix  fragilis  382. 

Salix  pentandra  L.  74. 

Salix  tetrasperma  Roxb.  74,  384. 

Salix  viminalis  L.  74. 

Salizyljute  250. 

Salizylmethylat  463. 

Salizylsäure  250. 

Salizylsäuremethylester  598,  621. 

Salmalia  malabarica  Seh.  et  End.  89. 

Salomonsnuß  675. 

Salomonssteinnuß  675,  683,  684. 

Salpeter  487. 

Salpeterpflanzen  576. 

Salpetersäure  576. 

Salsette  201. 

Salsola  sativa  L.  499. 

Salvia  glutinosa  L.  579. 

Salvia  officinalis  L.  516. 

Salviol  516. 

Salzgewinnung  509. 

Salzsäcke  249. 

Samak  858. 

Sambucus  canadensis  L.  607. 

Sambucus  nigra  L.  607,  806. 

Sambucus  racemosa  L.  806. 

Samen  421,  663—790. 

Samenhaare  1,  97. 

Samenhefe  927. 

Samenlappen  730,  731. 

Samenleiste  781,- 782,  846. 

Samenmantel  701,  706,  852. 

Samennabel  678,  679,  689,  702,  703,  708, 
714,   745,   748,   753,   757,   771,   780. 

Samenschwiele  757. 

Samenträger  816,  896. 

Samenwolle  der  Pappeln  74. 

Samenwolle  der  Weiden  74. 

Sammelfrucht  844,  845. 


Namen-  und  Sachrosister. 


1005 


.>diiitbului(.'   66y. 

San  200. 

Sandalenerzeugung  333. 

Sandelholz,  gelbes  413. 

Sandelholz,  weißes  413. 

Sandelholz,  westindisches   'il.3. 

Saudelöl  413. 

Sanduhrzellenschicht  747,  8.ji. 

Sandzelle  710. 

Sang-shih-see  895. 

Sanguisorba  minor  Scop.  4iy. 

Sanguisorba  officinalis  L.  419. 

.Sanseveria  sp.  323. 

Sanseviera  sp.  323. 

Sansevieria  sp.  7,  9,  24,  98,   323. 

Sansevieria  ceylanica  39,  72,  325,  327,  369. 

Sansevieria  cylindrica  Boj.  72,  324. 

Sansevieria  Ehrenbergiana   Schweinf.  72. 

324,  327. 
Sansevieria  guineensis  Willd.  72,  324. 
Sansevieria  Kirkii  Bak.   72,  324. 
Sansevieria  Laurentii  E.  de  Wild.  72. 
Sansevieria  longiflora  Sims.  72,  324,  327. 
Sansevieria  nilotica  Bak.  72. 
Sansevieria  Perottii  Warb.  72,  324. 
Sansevieria  Roxburghü  327. 
Sansevieria  senegambensis  Bak.  72. 
Sansevieria  subspicata  Bak.  72. 
Sansevieria  thyrsiflora  Thunb.  72. 
Sansevieria  Volkensii  Gurke  72. 
Sansevieria  zeylanica  Willd.  39,  72,  325, 

327,   369. 
Sansevieriablätter  300,  325. 
Sansevieriafaser  7,  9,  45,  72,  98,323—327, 

354. 
Sansibarnelken  635,  636,  639. 
Sansibarsesam  779. 
Sansisi  895. 
Santalaceen  413,  663. 
Santalum  album  L.  413. 
Santolina  Chamaecyparissus  L.  523. 
Santonin  609. 

Sapindaceen  82,  421,  603,  671,  672,  801. 
Sapindus  sp.  873. 
Sapindus  abruptus  Lour.  874. 
Sapindus  detergens  Kat.  Kew.  non  Roxb. 

875. 
Sapindus  detergens  Roxb.  874. 
Sapindus  emarginatus  Tenore  874. 
-Sapindus  emarginatus  Vahl  874,  875. 
Sapindus  Mukkorossi  Gaertn.  874, 882, 883. 
Sapindus  Rarak  DC.  875,  879,  880,  882, 

883. 
Sapindus  saponaria  L.  82,  671,  801,  875, 

876,  882. 
Sapindus  trifoliatus  L.  874,  875,  877,  878, 

879,  882. 
Sapindus  utilis  Trab.  874. 
Sapindusfruchtwandanatomie  876^880. 
Sapindussamenschalenanatomie  881 — 883. 
Sapindus-Saponin  880,  881,  883. 


Sapo  Indus  873. 

Sapogenine  522. 

Saponaria  multiflora  416.' 
I     Saponaria  ocymoides  L.  416. 
!     Saponaria  officinalis  L,  415,  450,  500. 

Saponaria  Vaccaria  L.  415. 
'     Saponarin  453. 

i  Saponin  406,  409,  410,  411,  413,  415,  416, 
417,  418,  420,  421,  422,  424,  426,  450, 
452,  454,  487,  500,  522,  666,  671,  797, 
806,  873,  874,  875,  877,  878,  879,  880, 
881,  882,  883. 
[  Saponinzellen  880. 
1     Saporubrin  452,  454. 

Sapotaceen  605,  674. 

Sapotoxin,   Levantisches  454. 

Sarcinakrankheit  des  Bieres  928. 

Sarcochlamys  pulcherrima  Gaud.  79. 
'     Sareptasenf  712,  713,  714,  715,  716,  718, 
719,   722,  723. 

Sareptasenfkeimpflanze  715. 

Sareptasenfsamenschalenanatomie    718, 
I         719. 

j     Sarkokarpium  877. 
I     Sarmdal  81. 

j     Särothamnus  scoparius  Wimm.  80. 
[     Sarrapia  745. 
!     Sarrapiero  745. 
!     Sarsonsenf  727. 

Sasoir  786. 

Sassafras  officinalis  Nees  418. 

Satin-Appretur  756. 

Satureja  hortensis  L.  517. 

Satureja  Nepeta  Scheele  518. 

Satureja  Thymbra  L.  517. 

Satzhefe  915*,  917,  926,  941. 

Saubrot  424. 

Sauerampfer  414. 

Sauerdorn  417. 

Sauerkirsche  526. 

Sauerteig  940. 

Sauggewebe  789. 

Säulenschichte  716,  746. 

Säure,  cumarylige  751. 

Saussurea  sp.  413. 
■     Saussurea  Lappa  Clarke  428. 

Savanillasteinnuß  677,  678. 
;     Saw  palmetto  792. 

Saxifragaceen  419,  503. 

Scammonium  425. 
,     Schabe  186. 

Schachtelhalm  508. 

Schafwolle  63. 
I     Schafwollersatz  (Nesselfaser)  230. 
I     Schamakhie  531. 
I     Scharte  531. 

I     Schaumfestigungsmittel  874. 
j     Scheibenblüten  617,   618,   653,   655,   898, 
907. 

Scheinachse  281,  282. 

Scheinkristalle  in  Fasernasche  61. 


1006 


>.'anien-  und  Sachregister. 


Scheinstamm  281,  282. 

Schemacha  531. 

Scheuermittel  503. 

Schicht,  hyaline  719,  741. 

Schierlingstanne  493. 

Schießwolle  147. 

Schiffstaue  285,  286,  314,  359,  362. 

Schildkrötenölpalme  699. 

Schilffaser  64. 

Schilfrohr  66,   370. 

Schilfrohrpapier  370. 

Schimmelpilze  933. 

Schiniablätter  507. 

Schinus  dependens  Orteg.  507,  800. 

Schinus  latifolius  (Gillies)  Engl.  800. 

Schinus  Molle  L.  507,  800. 

Schirastabak  568,  569. 

Schirmbaum,   Kameruner  75. 

Schirmerzeugung  431. 

Schizomyceten  912. 

Schizosaccharomyces  sp.  912. 

Schizosaccharomyces  mellacei  912. 

Schizosaccharomyces  octosporus  912. 

Schizosaccharomyces  Pombe  912. 

Schizosaccharomyces    Vordermanni  912, 

913. 
Schizosaccharomyzeten  913. 
Schlammröste  des  Flachses  166. 
Schleim  410,  491,  665,  666,  786,  787,  789, 

790,  927,  944. 
Schleimepidermis  715,  719,  728,  787,  788. 

789. 
Schleimkörper  410,  789. 
Schleimmembran  754. 
Schleimsäure  789. 
Schleimschicht  527,  528,  529,  715,  718, 

719. 
Schleimstoffe  927,  944. 
Schleimzelle  772,  788,  789. 
Schleißhanf  187. 
Schließlein  156,  157. 
Schließmohn  708. 
Schließzelle  (Spaltöffnung)   742. 
Schmack  531,  537,  538. 
Schmieröl  724,  728. 
Schminkeerzeugung  425,  661. 
Schmuckgegenständeerzeugung   666,   667, 

792. 
Schneeberger  Schnupftabak  671. 
Schneidetabak  578. 
Schnippmaschine  242. 
Schnupftabak  523,  526,  575,  578,  671,  751. 
Schnupftabak,  Schneeberger  671. 
Schokoladeerzeugung  766,  776,  801,  819. 
Schousbea  coramutata  DG.  510. 
Schoyu  668. 
Schraubenbänder  der  Gefäße   der   Para- 

piassave  337. 
Schuf  903. 
Schuheinlage  807. 
Schuppen  352,  353,  354,  491. 


Schuppenborke  461. 

Schusterhanf  188. 

Schüttelmethode  der  Gerbstoffgehalts- 
bestimmung 893. 

Schüttelmohn  708. 

Schüttgelb  523,   525,  531. 

Schüttmohn  708. 

Schwammparenchym  491,  525,  527,  534, 
535,  545,  549,  553,  560,  572,  582,  626, 
627,  741,  747,  748,  758,  763,  772,  822, 
840,  856,  864,  867,  883,  906. 

Schwarz  Cheribon  (Zuckerrohrvarietät) 
587,  595. 

Schwarzföhre  382. 

Schwarzhanf  186. 

Schwarzröste  (Flachs)   166,  173. 

Schwedisches  Fichtennadelöl  493. 

Schwefeln  der  Kokosnüsse  693. 

Schwefelsäure  487,  576. 

Schwellungsgewebe,  subepidermales  866. 

Schwertbohne  669. 

Schwimmgürtel  145,  146. 

Schwingen  des  Leines  163. 

Scinde  (Baumwolle)  128. 

Scopolamin  426. 

Scopolia  carniolica  Jacq.  426. 

Scopolia  japonica  Maxim.  426. 

Scopolina  atropoides  Schult.  426. 

Scotanello  537. 

Scotano  537. 

Scrophulariaceen  426,  427,  607. 

Sea  Island  (Baumwolle)  102,  105,  114, 
120,   124,   126,   127,   130. 

Sea  Island  Peruvian  (Baumwolle)  127. 

Seeale  cereale  21,  22,  791. 

Secuaöl  675. 

Securidaca  longepedunculata  Fres.   82. 

Seegras  64,  68,  225. 

Seeländer  Krapp  467. 

Seestrandsmangold  475. 

Segeltuch  195. 

Seide  134,  286,  321,  447,  509. 

»Seide«  der  Caravonicawolle  130. 

Seide,  vegetabilisch  1,  3,  9,  24,  40,  42, 
44,  46,  47,  50,  53,  94,  95,  97,  141,  142, 
146—154,  247,  371. 

Seidenbaumwolle  116. 

Seidenersatz  320. 

Seid?nfärbematerial  548. 

Seidengras  322. 

Seidenpapier  385. 

Seidenpflanze,  syrische  147. 

Seidenzeugappretur  790. 

Seidenzucht  539. 

Seife  406,  450,  513,  797. 

Seifenbad  231,  232,  875. 

Seifenbeerbaum  874. 

Seifenbeeren  801,  873—883. 

Seifenersatz  407,  801. 

Seifenerzeugung  493,  519,  640,  670,  671, 
724,  806,  904. 


Namen-  und  Sachie"islci 


1(307 


Seifenpflanzen  450. 
Seifenrinde  450. 

Seifenwiirzel  410,  411,  416,  450—456,  500. 
Seifenwurzel,  ägyptische  406,  454. 
Seifenwurzel,  gemeine  450. 
Seifenwurzel,  kalifornische  415. 
Seifenwurzel,  levantinische  weiße  416. 
Seifenwurzel,  persische  454. 
Seifenwurzel,  rote  415,  450,  452. 
Seifenwurzel,  spanische  416,  454. 
Seifenwurzel,  ungarische  454. 
Seifenwurzel,  weiße  450,  453,  454. 
Seile,  Verkürzung  derselben  nach  Wasser- 

besprengung  19. 
Seilerzeugung    207,    213,    257,    262,    267, 

276,  277,  279,  280,  285,  290,  314,  320, 

323,   328,   333,   334,   342,   362,   377. 
Sekretbehälter  608,  764,  890,  893. 
Sekretgang  535,  537,  546,  652,  653,  840. 
Sekretschlauch   657. 
Sekretzelle  434,  441,  442,  444,  446,  561, 

705,   706,   847,   864,   866. 
Sekundärperisperm  704. 
Selbstgärung  bei  Hefen  916,  923,  925. 
Selbstverdauung  bei  Hefen  916,  919,  923, 

930,  933,  934,  935. 
Selene  80. 
Sellerie  514. 
Sellerieblätteröl  514. 
Semecarpus  sp.  540. 
Semecarpus  Anacardium  L.  671,  801. 
Semecarpus  Cassuvium  Spreng.  801. 
Semen  Cinae  609. 
Semen  Psyllii  786—790. 
Semen  Strychni  682. 
Senega  416. 
Senf,  chinesischer  714. 
Senf,  englischer  719. 
Senf,  indischer  714. 
Senf,  japanischer  714. 
Senf,  persischer  723. 
Senf,  schwarzer  713,  714,  716,  718,  720, 

722,   723. 
Senf  von  Sarepta  712,  713,  714. 
Senf,  weißer  714,  715,  719,  720,  721,  723. 
Senfbereitung  722,  723. 
Senfmehl  719,  723. 
SenM  715,  722. 
Senfsamen  665,  712—723. 
Senfsamenendospermrest  717,  718,  719. 
Senfsamenkeimblätter  720. 
Sennablatt  506. 
Sennaverfälschungsmittel  539. 
Sereh  589. 
Sereh  betoel  496. 

Serehkrankheit  des  Zuckerrohrs  589. 
Sereipo  797. 

Serenaea  serrulata  Hook.  f.  792. 
Serjania  ichthyoctona  Radlk.  421. 
Serratula  austriaca  Wiesb.  523. 
Serratula  Behen  DC.  429. 


Serratula  tinctoria  L.  523. 

Serratula    tinctoria    L.    var.    integrifolia 

Pers.  523. 
Serratula  tinctoria  L.  var.  lancifolia  Gray 

523. 
Serratulan  523. 
Serratulin  523. 
Sesam  674,  776—786. 
Sesam,  wilder  777. 
Sesamin  786. 
Sesamkuchen  780,  785. 
Sesamkuchen  aus  doppelhülsiger  Saat  785. 
Sesamkuchen,  dickschaliger  785. 
Sesamkuchen,  gewöhnlicher  785. 
Sesammehl  778,  780. 

Sesamöl  777,  778,  779,  780,  785,  786,  907. 
Sesamopteris  (Sektion  von  Sesamuni)  784. 
Sesamsamenkern  783. 
Sesamsamenschalenanatomie     780,     781, 

782,  783. 
Sesamum  angustifolium  (Oliv.)  Engl.  777. 
Sesamum  foetidum  Afzel.  777. 
Sesamum  indicum  DG.  674,  776,  777,  779, 

780,   783,   784,   785. 
Sesamum   indicum   var.   grandidentatum 

776. 
Sesamum  indicum  var.  subdentatum  776. 
Sesamum  indicum  var.  subindivisum  776. 
Sesamum  indicum  L.   776. 
Sesamum  indicum  Sims  775. 
Sesamum  occidentale  Heer  et  Regel  67'j. 

775. 
Sesamum  Orientale  L.  674,  776. 
Sesamum  quadridentatum  DG.  674. 
Sesamum  radiatum  Schum.  et  Thonn.  674, 

777,   779,   780,   782,   784,   785. 
Sesamum  subdentatum  DG.  674. 
Sesamum  subindivisum  DG.  674. 
Sesbania  aculeata  Pers.  80. 
Sesbania  cannabina  Retz  80. 
Sesquiterpenalkohol  672. 
Sesquiterpene  608,  621,  648. 
^■•es  134. 

Setzölsamen  724. 
Shanapum  201. 
Shawlerzeugung  286. 
Shelti  261.   . 

Shiniablätter  543—547,  887. 
Shitse  805. 
Shola  81. 

Siam-Gardamomen.  793. 
Siamfaser  69. 
Siam  hemp  280. 
Sida  sp.  251. 
Sida  alba  L.  87. 
Sida  asiatica  Gav.  88. 
Sida  graveolens   Roxb.   88. 
Sida  humilis  Gav.  88. 
Sida  indica  L.  88. 
Sida  periplocifolia  Willd.  87. 
Sida  pulchella  Bonpl.  87. 


1C08 


Namen-  und  Sacluegister. 


Sida  retusa  L.  17,  41,  42,  43.  44,  45,  48, 

50,  87,  97,  204—207. 
Sida  ihombifolia  L.  87. 
Sida  rhomboidea  Roxb.  87. 
Sida  tiliaefolia  Fisch.  87,  205. 
Sida  urens  L.  88. 
Sida  veronicaefolia  Lam.  88. 
Sidafaser  38,  204—207. 
Siebparenchym  4. 
Siebröhren  3,  4,  8,  267,  294,  449,  451,  461, 

462,  486,  867. 
Sieb  teil  des  Gefäßbündels  4. 
Siebteil,  obliterierter  810,  811. 
Sikimmifrüchte  796,   845,   846,   847,   848, 

849,  850. 
Sikkimi  796,  845,  846,  847,  8  48,  849,  850. 
Sikkimi  noki  845. 
Sikkiminsäure  846,  850. 
Silberhaut  771,  773. 
Silberpappel  382. 
Silene  Cucubalus  Willd.  416. 
Silene  inflata  Sm.  416. 
Siliqua   arboris   Guatapunae   ex   Coracao 

insula  859. 
Silk-cotton-tree  140,  672. 
Silkgrass  320—323. 
Silverboom  499. 
Simarubaceen  506,  669. 
Sinaba  (Manilahanfsorte)  280. 
Sinaibin  721. 
Sinalbinsenföl  721. 
Sinamaystoffe  286. 
Sinapinhydrosulfat  721. 
Sinapis  alba  L.   665,  712,  714,  719,  720, 
.     721. 

Sinapis   alba  var.   phaeosperma   G.  Beck 
714. 

Sinapis  arvensis  L    721,  723. 

Sinapis  cernua  Thunb.  714. 

Sinapis  dichotoma  Roxb.  725. 

Sinapis  dissecta  Lagasca  712,  714. 

Sinapis  glauca  Roxb.  723,  725. 

Sinapis  integrifolia  Willd.  713. 

Sinapis  juncea  Hook.  fil.  et  Thoms.  665, 
713. 

Sinapis  juncea  var.  ostindica  721. 

Sinapis  nigra  L.  712. 

Sinapis  ramosa  Roxb.  713,  725. 

Sinapis  rugosa  713. 

Singaporecitronellöl  496. 

Singhara  Nut  8t)4. 

Sinigrin  721,  722. 

Siparuna  oligandra  Jul.  501. 

Sirajganj-Jute  249. 

Siras  410. 

Siris  (Hefenextrakt)  933. 

Siris  (Nourtoakwurzel)  410. 

Sirius  357. 

Sirupbereitung  800,  807. 

Sisal,  echter  298. 

Sisal,  falscher  298. 


Sisalagaven  298. 

Sisalfaser  1,  7,  25,  43,  44,  46,  72,  73,  98, 
188,  195,  286,  289,  290,  296,  297,  297 
—302,    303,    304,    305,    306,    307,    308, 
309,  310,  311,  313,  326;  359,  370. 
Sisalhanf  99,  289,  297—302,  313,  326. 
Sisal  hemp  297. 
Sitogen  (Hefenextrakt)  935. 
Siver  670. 
Skimmi  845. 

Sklereidenepiderrais  847,  849,  888. 
Sklereidenschichte    716,    717,    718,    719, 

726,  727,  754,  772,  809,  810,  811. 
Sklerenchymfasern  3,  891.  892,  893,  901, 

905,  908. 
Sklerenchymzeilen  491. 
Skophium  lanceotum  Miq.  670. 
Small  seeded  form  (Rizinuspflanze)  757. 
Smilax  sp.  410. 
Smyrna  Aidinvalonen  824. 
Smyrna  Aivagikvalonen  824. 
Smyrna  AivaJivalonen  824. 
Smyrna  Barlo  un  acqua-Valonen  824. 
Smyrnabaumwolle  128. 
Smyrna  Demirgikvalonen  824. 

Smyrna-Sesam  779. 

Smyrna  Uschakvalonen  824. 

Smyrnavalonen  824,  825,  827. 

Snipping  machines  242. 

Soap  tree  797. 

Sockelzelle  562. 

Soconuscaböhne  766,  767. 

Sodagewinnung  500,  520. 

Sofia  494. 

Sogat  82. 

vSoie  v6g6tale  94,  147. 

Soie  vegetale  de  fafetone  154. 

Soie  v6g^tale  de  Thiock  154. 

Soja  hispida  Mönch  667. 

Soja  max  (L.)   Piper  667. 

Sojabohne  667,  668. 

Sojabohnenmilch  668. 

Sojabohnenöl  667. 

Sola  81. 

Solanaceen  96,  426,  520,  806. 

Solanum  Dulcamara  L.  426. 

Solanum  mammosum  L."  426. 

Solanum  sodomeum  L.  426. 

Solidago  canadensis  L.  523. 

Solitär  721,  732,  849. 

Sommaco  feminella-Sumach  533. 

Sommercolza  724. 

Sommergerstenstroh  35. 

Sommerhanf  185. 

Sommerkohlreps  724. 

Sommerkohlsaat  724. 

Sommerlevat  724. 

Sommerrautenöl  505. 

Sommerreps  724,  728. 

Sommerrübenreps  724. 

Sommerrübsen  724. 


Namen-  und  Sachregister. 


1009 


Sondrio  543. 

Sonnenblume  898. 

Sonnenblumenkerne  817,  898—903. 

Sonnenblumenmark  14G. 

Sonnenrosenmark  146. 

Sophora  japonica  L.  602. 

Sophorin   602. 

Sorbec  844. 

Sorbus  sp.  546. 

Sorbus  Aucuparia  382. 

Sorgho  noir  497. 

Sorghum  sp.  497. 

Sorghum  cernuus  Host.   791. 

Sorghum  halepense   Pers.   67. 

Sorghum  vulgare  Pers.  67. 

Sorrel-tree  514. 

Soyeuse  147. 

Spaltfi-ucht  875,   876. 

Spalthefe  912,   914. 

Spaltöffnung  527,  528,  529,  530,  535,  537, 
541,  544,  545,  546,  548,  550,  553,  562, 
582,  583,  584,  636,  651,  652,  742,  853, 
861,   865,  866,   870,  872,  878,  886. 

Spaltpilze  912,  928. 

Spaltungen  bei  der  Henequenfaser  309. 

Spanisch  Hopfenöl  517. 

Spanischrot  661. 

Spanish  mo5s  353. 

Sparak  500. 

Sparmannia  africana  Linn.  f.  83. 

Spartium  incarnatum  Lodd.  80. 

Spartium  junceum  L.  80. 

Spartium  monospermum  Desf.  80. 

Spartium  multiflorum  Ait.  80. 

Sparto  328. 

Spartum  195,  327. 

Spätlein  160. 

Spearmint  555,  556. 

Spearmintöl  556,  557. 

Speik  428.    . 

Speisefett  670. 

Speiseöl  673,  805,  903,  904,  907. 

Sphagnum  sp.   366,  389,  390. 

Sphagnum  imbricatum  389. 

Sphärokristall  454,  578. 

Spierstaude  419. 

Spik  693. 

Spikenard  427. 

Spiköl  648. 

Spinnhanf  188. 

Spinnrad  164. 

Spinnsporen  238. 

Spinnstruktur  (Fasern)  238. 

Spinnwert  der  Nesselfaser  238. 

Spiraea  Ulmaria  L.  419,  503,  601,  819, 

Spiritusbrennerei  914,  915. 

Sponia  Wightii  47,  98,  264,  275—277. 

Sporenanalyse  bei  Hefen  915,  928. 

Spreublättchen  657,   658. 

Spreuhaare  63. 

Spreuschuppen  407. 

Wiesner,  Robstofte.     III.  Bd.     3.  Aufl. 


Springlein   156,  157,   752.' 

Sproßmyzel  912. 

Sproßpilze  913,  914,  928,  948. 

Sprossung  (Hefe)   913. 

Sproßverband  (Hefe)   913. 

Spruceöl  493. 

Sprucetanne  493. 

Spulenzellenschicht  747,  854,  908. 

Ssuff  903. 

St.  Mauravalonen  824. 

St.  Quaranntavalonen  824. 

Stabzellen  847. 

Stachytarpheta  jamaicensis  Vahl.  510. 

Stallstreu  363. 

Stamm,  falscher  281. 

Stapel  113,  114. 

Stärke  25,  205,  207,  217,  269,  277,  363, 
398,  401,  409,  411,  413,  421,  430,  432, 
433,  437,  438,  439,  442,  443,  444,  449, 
453,  462,  472,  481,  485,  576,  577,  579, 
594,  614,  639,  666,  667,  668,  669,  671, 
673,  675,  686,  703,  705,  718,  735,  742, 
743,  749,  750,  754,  764,  773,  775,  776, 
788,  791,  792,  795,  796,  823,  834,  855, 
878,  879,  883,  891,  897,  931,  946,  947. 

Stärkescheide  481,  590. 

Stärkkraut  524. 

Statice  brasiliensis  Boiss.  424. 

Statice  caroliniana  Walt.  424. 

Statice  coriaria  Hoffm.  424. 

Statice  Gmelini  424. 

Statice  latifolia  Smith  424. 

Statice  Limonium  L.  424. 

Statice  tatarica  L.  424. 

Statice  trigona  Pallas  424. 

Staubhanf  185. 

Stearinsäure  843,  898,  925. 

Stearopten.505,  627,  628,  629. 

Stecklinge  234,   479,   585,   587,  589,   596. 

Stecklingsvermehrung  234,  479. 

Stegmata  59,  62,  283,  285,  311,  326,  337, 
340,  343,  360,   362,   396,  810,  811. 

Steineiche  539. 

Steinfrucht  889. 

Steinkern  677,  688,  884,  891,  893. 

Steinklee  579,  750. 

Steinkork  471. 

Steinnuß  663,  675,  677,  679,  680,  681, 
682,   683,   685,   686,   687. 

Steinnuß  von   Kamerun  663. 

Steinschalenanatomie  beim  südamerika- 
nischen' vegetabilischen  Elfenbein  678, 
679,  689. 

Steinzelle  471,  472,  694,  809,  810,  830, 
832,  833,  847,  848,  854,  855,  856. 

Stellhefe  927,  928. 

Stengel  der  Dikotylen  6. 

Stephanotis  floribunda  A.  Brongn.   95. 

Steppenflachs  183. 

Sterculia  sp.  264. 

Sterculia  cinerea  90. 

64 


1010 


Namen-  und  Sachregistei-. 


Sterculia  colorata  Roxb.  90. 
Sterculia  foetida  L.  90. 
Sterculia  guttata  Roxb.  90. 
Sterculia  tomentosa  G.  et  P.  90. 
Sterculia  villosa  Roxb.  41,  42,  47,  90,  98, 

267—269. 
Sterculiabast  90,  267—269. 
Sterculiaceen  90,  673. 
Sterilisierungsverfahren    bei    der    Kopra- 

trocknung  693. 
Sternanis  844—850. 
Sternanis,  chinesischer  844,  845,  846. 
Sternanis,  echter  844,  845,  846,  847,  849, 

850. 
Sternanis,  japanischer  845,  846. 
Sternanisöl  846,  849,  850. 
Sternhaar  633,  644,  645. 
Sternparenchym  763. 
Stickstoffsubstanz  696,  732,  743,  744,  765. 
Stimulans  517,  895. 
Stinco  (Sumach)   539. 
Stipa  tenacissima  L.  24,  65,  98,  100,  327, 

328,  329,  330,  332,  333,  377,  378,  379. 
Stipites  Caryophyllorum  635. 
Stipulae  837. 

Stizolobium  deeringianum  Bort.  669. 
Stizolobium  hassjoo  Piper  et  Tracy  669. 
Stizolobium  niveum  Kuntze  669. 
Stizolobium  pachylobium  Piper  et  Tracy 

669. 
Stizolobium  pruriens  DC.  504. 
Stockrose  632. 
Stolonen  407. 
Stomachicum  434. 
Stomata  590,  591,  592,  620. 
Strahlblüten  617,  907. 
Strandhafer  66. 
Stranfa  224. 
Strangscheide  481,  541. 
Stratiotes  acoroides  L.  fil.  65. 
Streblus  sp.  385. 
Streblus  asper  Lour.  75. 
Streppatura  189. 
Strichkraut  524. 
Stricke  204. 

Strickstrumpferzeugung  230. 
Strippen  218. 

Stroh  10,  15,  99,  404,  405. 
Strohtaser  99,  368,  369,  371—377. 
Strohpapier  371—377. 
Strohstoff  371—377,  405. 
Strohzellulose  28,  29,  370. 
Strophantus  sp.  52,  94,  149,  151,  152,  153, 

154. 
Struthanthus  sp.  796. 
Sturmhut  417. 
»Stützen«  des  Leins  160. 
Styrolylazetat  607. 
Suberin  11. 

Substanz,  extraktartige  406. 
Substanz,  harzartige  406. 


Subtraktionsfarben  13. 

SubudjabaumwoUe  128. 

Succus  Liquiritiae  463. 

Sudankatfee  666. 

Sufet  87. 

Sufet  Bariala  205. 

Suffet-til  777. 

Sugar-tree  605. 

Sulfithefen  917. 

Sulfitzellulose  390,  404. 

Sumach    490,    506,    507,    509,    531—543, 

828. 
Sumach,  französischer  532,  542. 
Sumach,  griechischer  532. 
Sumach,  italienischer  532,  542. 
Sumach,  portugiesischer  532,  542. 
Sumach,   provenzalischer  532,  539 — 541. 
Sumach,  sizilianischer  532,  533—537,  542. 
Sumach,  spanischer  532,  542. 
Sumach,  Tiroler  532,  537—538,  542. 
Sumach,  Triester  532,  537,  538. 
Sumach,  ungarischer  532,  537,  538,  542. 
Sumach  von  Montpellier  539. 
Sumachfarben  542. 
Sumachgerbsäure  794. 
Sumachverfälschungsmittel  542. 
Sumbul  423. 
Sumbul  Ekleti  423. 
Sumbul  Hindi  423. 
Summitates  Cannabis  indicae  185. 
Sumpfzeder  493. 
Sumpfzypresse,  virginische  384. 
Sun  200. 
Sunn   (Faser)    2,   17,    18,   36,   43,   44,   48, 

61,    79,    97,    194,    196,    200—204,    249, 

259,  389. 
Sunn  hemp  201. 
Sunnstengel  203,  204. 
Suppenwürze  514. 
Surate(Baumwolle)   126,  128. 
Surrogatkaffee  489. 
»Süßes  Salz«  473. 
Süßholz  419,  420,  457—463. 
Süßholz,  australisches  458. 
Süßholz,  chinesisches  458,  460. 
Süßholz,  geschältes  457,  460. 
Süßholz,  kalifornisches  458. 
Süßholz,  kleinasiatisches  458. 
Süßholz,  kubanisches  515. 
Süßholz,  mexikanisches  515. 
Süßholz,  persisches  457. 
Süßholz,  russisches  457,  459,  460. 
Süßholz,  spanisches  457,  458,  459,  460. 
Süßholz,  syrisches  458. 
Süßholz,  ungeschältes  457. 
Süßholzersatz  420. 
Süßstoffpflanze  von  Paraguay  522. 
Swaims  Panacea  515. 
Swet  Bariala  205. 
Sycomore  384. 
Symplocaceen  515. 


Namen-  und  Sachi 


1011 


Symplocos  spicata  Roxb.  515. 
Symplocos  tinctoria  (L.)  L'Herit    515. 
Synaptase  733. 
Synkarpium  676. 
Syringa  vulgaris  L.  605. 
Syringablütenöl  672. 
Szuloker  Tabak  568. 

Taarweed  909. 

Tabac  d'or  568. 

Tabaco  579. 

Tabacum  G.  Don.  (Sektion  von  Nicotiana) 

567,  568. 
Tabak  520,  3^5—580. 
Tabak,  chinesischer  568. 
Tabak,  gemeiner  virginischer  568. 
Tabak,  griechischer  569. 
Tabak,  mazedonischer  569. 
Tabak,  Geschichte  desselben  579. 
Tabak,  Oberhautstruktur  571. 
Tabakanbau  573. 

Tabakblattanatomie  571,  572,  573. 
Tabakersatz  489,  579. 
Tabakfermentation  575. 
Tabakindustrie  578. 
Tabakkampfer  577. 
Tabaklauge  578,  579. 
Tabakmatten  265. 
Tabakpapier  96. 
Tabakparfümierungsmittel  666. 
Tabakproduktionsgebiete  578. 
Tabaksoße  578,  579. 
Tabakspfeifen  579. 
Tabaksurrogate  489,  579. 
Tabakverfälschungen  579. 
Tabakverwendung  578,  579. 
Tacca  pinnatifolia  Forst  411. 
Taccaceen  411. 
Taguanüsse  675. 
Tahastunke  521. 
Tahiti-Arrow-root  411. 
Tahitinuß  675,  682,  683. 
Tahitivanille  813,  820. 
Talipotpalmblätter  als  Beschreibstoff  393. 
Talipotpalme  393,  394,  663. 
Tamaricaeeen  509. 
Tamarindenersatz  802. 
Tamarix  africana  Poir.  509,  542. 
Tamarix  gallica  L.  509. 
Tamonea  albicans  (Sw.)   Krasser  803. 
Tamonea  ceramicarpa  (Schrank  et  Mar- 

tius)    Krasser  803. 
Tamonea  ciliata  (L.  C.  Rieh.)  Krasser  803. 
Tamonea  verbenacea  Spreng.  516. 
Tamonea  theezans  (Bonpl.)   Krasser  513, 
Tampicofaser  291. 
Tampicohanf  297. 
Tamr-el  Hinna  547. 
Tanaceton  516. 
Tanacetum  vulgare  L.  649. 
Tangofigonsorte  des  Manilahanfs  280. 


Tanna  Bianca  (Zuckerrohrvarietät)  587. 

Tanne  100. 

Tanne,  sibirische  493. 

Tannenduftpräparate  493. 

Tannenholz  382,  383. 

Tannide  424. 
j     Tannin  639,  666,  805. 
j     Tannoide  547. 
I     Taoyu  668. 

Tapetenpapier,  chinesisches  375. 

Tapetenpapier,  japanisches  63. 

Tara  863. 

Tari  797,  863—869. 

Tarihülsen  863. 

Tarischoten  863. 

Tartarenseife  416. 

Tat  (Jute)   248. 

Taubengraufärben    von    Glacehandschuh- 
leder  805. 

Taumaterial  195,  204,  257,  262,  286,  290, 
334,   342,   358. 

Tauröste  18,  164,  165,  169,  241. 

Tau  werk  286. 

Taxodium  distichum  384. 

Taxordnung  von  Frankfurt  494. 

Te  de  milpa  523. 

Technische  Mikroskopie  367. 

Technologie,  chemische  367. 

Technologie,  mechanische  367. 

Tecomates  806. 

Tee  490,  508,  513,  516,  844. 

Tee,  chinesischer  517,  523. 

Tee,  Dagestaner  503. 

Tee,  kanadischer  514. 

Tee,  kaukasischer  514. 

Tee,  süßer  503. 

Tee,  tschagorischer  457. 

Teeersatzmittel  508,  514. 

Teerose  605. 

Teesurrogat  503. 

Teerunkraut  909. 

Teinture  vegetale  ä  base  de  Henne  d'Orient 
549. 

Tellerrübe  476. 

Tenasserimbaumwolle  128. 
j     Teppicherzeugung  250,  362,  366. 

Tequilafaser  291,  312. 

Teri  797,  863—869. 

Terischoten  863. 

Terminalia  sp.  803,  890. 

Terminalia  belerica  Roxb.  510,  890. 

Terminalia  catappa  L.  890. 

Terminalia  Chebula  Retzius  510,  889. 

Terminalia  chebula  Willd.  890. 

Terminalia  citrina  Roxb.  890. 

Terminalia  glabrata  Forsk.  92. 

Terminalia  Myrobalanus  Roth.  890. 

Terminalia  paniculata  L.  92. 

Terminalia  tomentosa  Wight  et  Arn.  889. 

Terpene  538. 

Terpentineol  511,  648. 

64* 


1012 


Namen-  und  Sachregister. 


Terpentinöl  49'*,  495,  504,  517,  518,  519, 

551. 
Terpineol  495,  504,  521. 
d-Terpineol  632. 
Testa  818. 
Tesi'i  602. 

Tethranthera  sp.  665. 
Tethranthera  californica  Hook.  502. 
Tetracera  sarmentosa  (L.)  Vahl  508. 
Textilose  224,  230. 
Thalictrum  flavum  L.  417. 
Thalictrum  foliolosum  Wallich  417. 
Thalictrum  minus  L.  417. 
Thallophyten  als  Faserpflanzen  2. 
Thapsia  garganica  L.  423. 
Thapsiaharz  423. 
The  de  St.  Helene  509. 
Thea  assamica  Mast.  508. 
Thea  chinensis  L.  508. 
Theaceen  421,  508,  673. 
Theißtakab  568. 
Themeda  sp.  370. 
Themeda  gigantea  Hackel  67. 
Theobroma   angustifolium   M05.  et   Sess. 

673,  767. 
Theobroma  bicolor  Humb.  et  Bonpl.  673, 

767. 
Theobroma  Cacao  L.  90,  673,  765,  767. 
Theobroma  guyanense  Aubl.  673,  767. 
Theobroma  microcarpum  Mart.  673,  767. 
Theobroma  ovatifolium  Mog.  et  Sess.  673, 

767. 
Theobroma  pentagonum  Bern.  767. 
Theobroma  silvestris  Mart.  673. 
Theobroma  speciosum  Willd.  673,  767. 
Theobromin  775,   776. 
Thespesiafasei-  88,  258—261. 
Thespesia  Lampas  Dulz.  17,  42,  43,  45, 

46,  47,  48,  49,  62,  88,  98,  247,  256,  258 

—261,   264. 
Thespesia  macrophylla  Bl.  88. 
Thespesia  populnea  Corr.  86,  88,  258. 
Thrips  lini  Lad.  161. 
Thuja  occidentalis  L.  493. 
Thujaöl  493. 
Thujon  516,  523. 
Thujylalkohol  523. 
Thyllenbildung  455,  472. 
Thymelaeaceen  91,  92. 
Thymian   518. 
Thymianöl  517,  518. 
Thymianöl,  spanisches  518. 
Thymianöl,  weißes  518. 
Thynün  921. 
Thymobydrochinon  516. 
Thymol  516,  517,  518,  520. 
Thymolpflanze  516. 
Thymus  hiemalis  Lange  518. 
Thymus  ovatus  Mill.  518. 
Thymus  praecox  Opiz  518. 
Thymus  Serpyllum  L.  518. 


Thymus  sparsifolius  var.  hyemalis  Pourret 

519. 
Thymus  vulgaris  L.  518. 
Tierarzneimittel  666. 
Tierfuttermittel  407,  408,   428,  475,  489, 

668,   673,   691,   696,  701,  743,  761,  821, 

898.   908,   930. 
Tierhäute  als  Beschreibstoff  368,  392. 
Tihore  (neuseeländischer  Flachs)  315,  318. 
Tilia  sp.  98. 

Tilia  americana  L.  83,  264,  603. 
Tilia  argentea  Desf.  603. 
Tilia  cordata  Mill.  603,  672. 
Tilia  cordata  Mill.  var.  japifnica  Miq.  83. 
Tilia  grandifolia  Ehrh.  603. 
Tilia  grandifolia  L.  83,  264. 
Tilia  parvifolia  Ehrh.  83,  264,  603. 
Tilia  platyphylla  Scop.  603,  672. 
Tilia  tomentosa  Mönch  603. 
Tilia  ulmifoha  Scop.  603,  802. 
Tiliaceen  82—84,  508,  603,  672,  802. 
Tillandsia  recurvata  L.  350. 
Tillandsia  usneoides  L.  71,  98.  350. 
Tillandsiafaser  2,  6,  9,  13,  14,  17,  44,  46, 

48,  49,  71,  98,  341,  350—357. 
Tillee  777. 

Timonius  Rumphii  DC.   97. 
Tinnevellybaumwolle  128. 
Tinta  de  Zapeteiro  803. 
Tintenbaum,  ostindischer  801. 
Tintenbereitung  412,  419,  463,  540,  663, 

800,  801,  859. 
Tintenpflanze  540. 
Tjempaka  664. 
Toak  410. 

Tococa  guianensis  Aubl.  803. 
Toddalia  aculeata  Lam.  505. 
Tofu  668. 

Togolandkapok  146. 
Tojari  wood  of  Madras  471. 
Tollkirsche  426. 
Toncabohnen  744 — 752. 
Toncobohnen  744 — 752. 
Tonerde  660. 
Tonerdclack  525. 
Tongabohnen  744—752. 
Tonkabohnen  579,  667,  744—752. 
Tonkabohnen,  englische  744. 
Tonkabohnen,  wilde  745. 
Tonkabohnenbaum  745. 
Tonkabohnenfett  752. 
Tonkabohnenkampfer  751. 
Tonkafjohnenkeimblätter  746,  748,  749. 
Tonkabohnensamenschalenanatomie    746, 

747,   748. 
Toot  540. 
Topinambur  428. 
Torf  2,   389. 
Torfbrikett  363. 
Torffaser  2,  68,  100,  362—267,  371,  389, 


Namen-  und  Sachregister. 


1013 


Torfkohle  363. 

Torfmoos  366. 

Torfmull  363. 

Torfpapier  389,  390. 

Torfpappe  390. 

Torfstreu  363. 

Torfwatte  366,  367. 

Torfwolle  363,  364. 

Tori  725. 

Tormentilla  erecta  L.  419,  503. 

Tors  188. 

Torulaceen  913,   914. 

Totora  04. 

Tournefortia  bicolor  Sw.  606. 

Tournefortia  gnaphaloides  R.  Br.  606. 

Tournefortia  hirsutissima  Sw.  96. 

Tournesol   506. 

Towö;arn   183. 

Tracheide  5,  382.  383,  384,  430,  433,  452. 

Tragantsurrogat  410. 

Tragasol  666. 

Trägerzellenschichte  747. 

Tragia  cannabina  L.  F.  82. 

Tragia  involucrata  L.  82. 

Tragvermögen  von  Fasern  21. 

Tran  243. 

Tranenkiefer  384. 

Transparentseife  497. 

Trapa  bicornis  L.  804. 

Trapa  bispinosa  Roxb.  804. 

Trapa  natans  L.  804. 

Traubenfarbstoff  916. 

Traubenzucker  30,  469,  503,  721,  797,  930. 

Travancore-Lemongrasöl  495. 

Trawellers  grass  65. 

Treculia  africana  Decaisne  663. 

Trema  orientalis  264,  275—277. 

Tremella  fimbriata  Pers.   9. 

Treppentracheide  433. 

Trevisia  moluccana  Miq.  390. 

Trevisia  sundaica  Miq.   390. 

Trewia  nudiflora  384. 

Trichilia  emetica  Vahl.  670. 

Trichilia  subcordata  Gurke  670. 

Trichmopolybaumwolle  128. 

Trichomdrüse   608. 

Trichome  3,  395,  396,  397,  870,  871. 

Triebkraft  der  Bäckerhefe  945,  946. 

Triester  Gelbholz  537. 

Trifolium  alpinum  L.  463. 

Trifolium  pratense  L.  80. 

Trigonella  foenum  graecum  L.  666, 

Trikarbellylsäure  487. 

Trikotagenerzeugung  230,  237. 

Trilisablätter  521,  579,  580—584. 

Trilisa  odoratissima  (W.)  Cass.  521,  580. 

581,   582,   583,   584. 
Trillium  erectum  L.  410. 
Trillo  826. 

Trimpthylglykokoll  487. 
Trioxyliiiethylanthrachinon   473. 

Wifsner.   Ruhstoffe.     III.  Bd.    11. Aufl. 


Triterfex  (Düngemittel)  940. 

Triticum  vulgare  791. 

Tritonia  aurea   Pappe  599,  616. 

Triumfetta  sp.  251. 

Triumfetta  lappula  L.  83. 

Triumfetta  rhomboidea  Jacq.  83. 

Triumfetta  semitriloba  L.  83. 

Trochon  97. 

Trockenfutter  938,  939. 

Trockenhefe  937,  938,  939. 

Trockensrhnüre  in  der  Papierfabrikation 

264. 
Trocknungsverfahren,   mexikanisches   bei 

der  Vanillezubereitung  814,  815. 
Trojavalonen  824. 
Tiopäolin  615,   616. 
Tropenhelm  807. 
Tropenkosmopolit  602. 
Trotzer  (Zuckerrübe)   476. 
Trua   827. 
Trüb  916. 

Trübwerden  des  Bieres  915,  928. 
Truella  827. 
Trulleum  827. 
Trypsin  922,  933. 
Ts'ai-Loun  401. 
Tschad  507. 

Tschagorischer  Tee  457. 
Tschingel  429. 
Tschou-ma  210. 
Tschu-ma  209. 

Tsuga  Canadensis  Carriere  493. 
Tuajapalme  792. 
Tubera  Jalapae  424. 
Tubera  Salep  413. 
Tuccumfaser  69. 
Tula  Ixtle  291,   312. 
Tullner  Nessel  235. 
Tulpenbaumzellulose  384. 
Tumaco  von  San  Lorenzo-Steinauß  677, 

678. 
Tumbekitabak  568,  569. 
Tumbulaerdnüsse  735. 
Tüpfel  in  der  Zellmembran  742. 
Tupkhadia  98,  254—256. 
Tupoz  (Manilahanfsorte)   282,  286. 
Turbane  von  Madura  427. 
Turbithwurzel  425. 
Turka  94. 

Türkis,  künstlicher  681. 
Türkischrot  467. 
Turmeric  443. 
Turosin  487. 
Tuscarorareis  66. 
Tuschbereitung  463,  521,  670. 
Tusche,  chinesische,  Erzeugung  670. 
Tylophora  asthmatica  W.  et  Arn.  95. 
Typage  (des   Kognaks)   792. 
Typha  angustifolia  L.  64,  224,  407. 
Typha  latifolia  L.  64,   224,  407. 
Typha  minima    Funk.  407. 


1014 


.\amen-  und  Sachregister. 


Typha   Shuttleworthü    Koch    et   Sonder 

407. 
Typhaceen  64,  407. 
Typhafaser  224,  225,   236,  251. 
Typhafruchthalm  1,  3. 
Typhonodorum  madagascariensis  Engl.  70. 
Tyrosin   595,  922. 

Uankettinuß  670. 

Uchaty  kuczerawy  (Tabak)   568. 

Udalifaser  267. 

Ufuta  muita  777. 

Ullagras  67. 

Ullagraszellulose  370. 

Ulmaceen  75. 

Ulmaria  palustris  Moench  419,  601. 

Ulmaria  pentapetala  Gilib.  419. 

Ulmenbast  263,  265. 

Ulmus  campestris  265. 

Ulmus  effusa  265. 

Ulmus  montana  263. 

Ulmus  montana  Sm.  var.  laciniata  75. 

Ulrich  Brunner  Rose  625. 

Umbellifereae  422,  423,  514,  804. 

Umbelliferenfrüchte  714,  804. 

Umbellularia    californica    (Hook,  et  Arn.) 

Nutt.  502. 
Uncaria  Gambir  Roxb.  97. 
Ungernia  trisphaera  Bleng.  413. 
Unona  odorata  Dun.  600,  620. 
Unquis  milvinus  524. 
Unterhefen  917,  918,  948. 
Unterirdische  Pflanzenteile  406—489. 
Unterkelch  636. 
Untersuchung    gepulverter    Blätter    und 

Kräuter  490. 
Unterzeug  {Bodenhefe)  927,  930. 
Upavita  103,  133. 
Uplandbaumwolle  105. 
Upland-Georgia  (Baumwolle)  126. 
Uracil  921. 

Uragoga  Ipecacuanha  Baillon  427. 
Urao  579. 

Uraria  lagopodioides  DC.  81. 
Urease  666,  667. 
Urena  sp.  251. 
Urena  lobata  Cav.  88,  254. 
Urena  lobata  L.  var.  sinuata  Hook.  508. 
Urena  lobata  L.  var.  sinuosa  Miqu.  564. 
Urena  sinuata  L.  17,  39,  40,  42,  43,  45, 

46,  47,  48,  49,  62,  88,  98,  246,  247,  253, 

264—256,  564. 
Urenafaser  18,  88,  264—256.  , 

Urostigma  benghalense  Gusp.  75. 
Urostigma  infectoria  Miq.  75. 
Urostigma  pseudo-Tjela  Miq.  75. 
Urostigma  religiosum  Miq.  75. 
Urostigma  retusum  Miq.  75. 
Urtica  alineata  L.  76. 
Urtica  argontea  Forst.  76. 
Urtica  baccifera  L.  76. 


Urtica  canadensis  L.   77. 

Urtica  candicans  Burm.   77. 

Urtica  cannabina  L.  76. 

Urtica  .Caracassana  Jacq.   76. 

Urtica  crenulata  Roxb.   77. 

Urtica  dioeca  L.  235. 

l^rtica  dioica  L.  76,  97,  209,  224,  226,  228. 

231,  233,  235,   237. 
Urtica  gigas  Moore  77. 
Urtica  heterophylla  Roxb.   76. 
Urtica  japonica  Thunb.  76. 
Urtica  major  Kanitz  235. 
Urtica  nivea  L.  77. 
Urtica  nivea  tenacissima  L.  77. 
Urtica  pustulata  L.   77. 
Urtica  rubra  77. 

Urtica  tenacissima  Roxb.  23,  77. 
Urtica  Thunbergiana  Sieb,  et  Zucc.  77. 
Urtica  urens  L.  76. 
Urtica  virulenta  Wall.   77. 
Urticaceen  76—79,  499. 
Urucu  673. 
Urucurypalme  808. 
Usegopapier  92. 
Uttariya-Jute  240,  249. 
Uvaria  odorata  Lara.  600. 

Vaccaria  parviflora  Moench  415. 

Vaccaria  segetalis  Garcke  415,  712. 

Vaccinium  Arctostaphylos  L.  514. 

Vaccinium  Myrtillus  L.  514. 

Vaccinium  Vitis  Idaea  L.  514. 

Vacoafaser  342. 

Vaconafaser  342. 

Valeriana  celtica  L.  423,  428. 

Valeriana  Hardwickii  Wall.  428. 

Valeriana  officinalis  L.  428. 

Valerianaceen  427,  428. 

Valeriansäure  842,  843. 

Valerol  842. 

Valonea  795,  823—834,  862. 

Valoneabecheranatomie  831,   832. 

Valoneabecherfleisch  831,  832. 

Valoneapulver  833,  834. 

Valoneaschuppenanatomie  829,  830,  831. 

Valonen,  albanesische  824,  825,  829. 

Valonen,  kaukasische  829. 

Valonen,  kleinasiatische  825,  827. 

Valonen,  unreife  825. 

Valonia  823. 

Vanilla  aromatica  Sw.   819. 

Vanilla  cimarrona  812. 

Vanilla  grandiflora  Lindl.  819. 

Vanilla  guianensis  Splittgerber  817,  820. 

Vanilla  Haapape  814. 

Vanilla  planifolia  Andrews  794,  812,  813. 

Vanilla  planifolia  Andrews   var.  angusta 

Constantin  et   Bois  814. 
Vanilla  plant  580, 
Vanilla  pompona  Schied.   794,  818,819, 

820. 


Namen-  und  Sachregister. 


1015 


Vanilla  silvestris  812. 

Vanilla  Tiarei  Constantin  et  Bois  814. 

Vanille  794,  812—820. 

Vanille  Mexique  813. 

Vanille  Tahiti  813. 

Vanille  Tiarei  814. 

Vanilleerntezubereitung  814,  815,  816. 

Vanilleperikarpanatomie  816,  817. 

Vanillin  487,  .59.5,  640,  814,  815,  818,  819, 

820. 
Vanillinfabrikation   640. 
Vanillinkristalle  815. 
Vanillinsäure  595,  819. 
Vanillon  813,  820. 
Vappamfett  670. 
Varinasbaum  wolle  127. 
Varinastabak  569. 
Vegetabilische  Seide  207,  223. 
Vegetabilisches  Elfenbein  662,  676—691. 
Vegetable  hair  353. 
Vegetalin  (Malvenblütenextrakt)   633. 
Veilchengeruch- 408. 
Veilchenparfüm  604. 
Veilchentabak  569. 
Veilchentabak,  großblättriger  569. 
Veilchentabak,  kleinblättriger  569. 
Veilchen  Wurzel  411,  435—439. 
Velandia  823. 
Velani  823. 
Veluwetabak  568. 
Velvet  bean  669. 
Veratrum  album  L.  411. 
Veratrum  viride  Alton  411. 
Verbaumwollung  184. 
Verbena  triphylla  L'Hörit.  515. 
Verbenaceen  515,  516. 
Verbenaöl,  indisches  495. 

Verbenaöl,  ostindisches  515. 

Verbenaöl,  spanisches  515,  519. 

Verdickungsmittel  für  Zeugdruck  790. 

Verdickungsschichten  der  Sunnfaser  203. 

Veredlungszüchtung  588. 

Verkürzung  der  Fasern  infolge  Quellung 
54. 

Vermeilon  americanum  520. 

Veroneser  Veilchenwurzel  436. 

Verpeletertabak  568. 

Verschiebungen   bei   Fasern   50,   52,   178, 
191,   220,  247,   317,  373,  385. 

Verschiebungen  von  Flachs  178. 

Verschiebungen  von  Hanf  191. 

Verschiebungen  der  Ramiefaser  220. 

Verseif ung  761. 

Vetiver  66. 

Vetiveria  zizanioides  Stapf  408. 

Vetiverwurzel  408,  429—431. 

Vettiveyr  67. 

Viciaarten  667. 

Viciakeimling  616. 

Victoria  Hemp  87. 

Viehfuttermittel  489,  930,  937,  938,  939. 


Vieux  Chiffons  402. 

Vigna  sinensis  (L.)  End..  f.  textilis  82. 

Viktoriaveilchen  604. 

Villaresia  congonha  Miers  508. 

Villebrunea  frutescens  Blume  77. 

Villebrunia  integrifolia  Gaud.  77. 

Vilmorin  blanche  am61ior6e  (Zuckerrübe) 

478,  480. 
Vilmorin   rose   hätive    (Zuckerrübe)    478, 

480. 
Vilmoriiirübe  478,  479. 
Vingorlasmyrobalanen  890. 
Vinylsulfid''498. 
Viola  odorata  L.   604. 
Violaceen  604. 
Vippöl  670. 

Virginiabaumwolle  126. 
Virginierzigarre  578. 

Virginierzigarrendurchzugsstroh  328,  333. 
Virginytabak  568. 
Virgofasern  132. 

Virola  venezuelensis  Warb.  664. 
Viscin   795. 

Viscuni  album   L.   795. 
Visenia  corchorifolia  Spreng.  90. 
Vitaceen  672,  801. 
Vitex  divaricatus  L.  516. 
Vitex  pubescens  Vahl.  516. 
Vitis  vinifera  L.  672,  801.' 
Vi-uta  239. 

Voandzeia  Poissoni  A.  Chev.  669. 
Voandzeia  subterranea  Thouars  668. 
Vogelbeere  382. 
Vogelleim  795. 
Vogelleim,  japanischer  801. 
Vogelleimbeere  795. 
Volksheilmittel  406,  428,  513,  516. 
Vorröste  des  Flachses  166. 
Vorsprungsbildungen,   innere  bei   Fasern 

388. 
Vyuta  239. 

Wacholder  791. 

Wacholderbeere  791. 

Wacholderbeeröl  791. 

Wachs  25,  145,  447,  576,  592,  594,  595, 

794,  801,  819,  843. 
Wachs,  chinesisches  843. 
Wachs,  japanisches  801. 
Wachsalkohol  25. 
Wachsmyrtenöl  499. 
Wachsschreibtafeln  392. 
Wachsüberzug  592. 
Wad  75. 
Wadgundi  261. 
Waifa  602. 
Wake-robin  410. 
Waldmeister  427,  530,  579,  750. 
Waldvanille  819. 
Waldwolle  63. 
Wallnuß  786. 


1016 


Namen-  und  Sachregister. 


Wallnußbaum   794. 

Wallnußblätteröl  499. 

Wallnußschalen   794. 

Wallonen  823. 

Walrat  629. 

Waltheria  americana  L.  90. 

Wangihi  895. 

Wärangbast  271. 

Waras  797,  798. 

Wärmeleitung  der  Pflanzenfasern  16. 

Warm  wasserröste  167,  317. 

Wars  797. 

Wartara-seed  799. 

Warwe  85. 

Waschen  des  Saflor  659. 

Waschmittel  500,  666,   671,  873,  874. 

Wässer,  aromatische  603. 

Wasserfenchel  799. 

Wassergewebe  590. 

Wassernuß  683,  804. 

Wasserreis  66. 

Wasserröste  (Fasern)  18,  168. 

Wasserschwertel  412. 

Wasserspalten  553. 

Watte  140. 

Wau  502,  524—526,  531. 

Waugrün  525. 

Wawlafaser  269. 

Webstuhl,  mechanischer  164. 

Wedelia  calendulacea  Less.  428. 

Weichbast  8,  302,  307,  461. 

Weichselblätter  526—530,   503,  578. 

Weichselkirsche  579. 

Weichselrohrkirsche  796. 

Weide  382. 

Weidenbast  263,  265. 

Weidenrinde  457. 

Weidenröschenfaser  225. 

W^eidensamenwolle  74. 

Weidenwolle  93. 

Weihekralle  524. 

Weinbereitung  801. 

Weinfärbemittel  632. 

Weinhefe  915,  916,  917,  918,  929. 

Weinmost  914. 

Weinmostgärung  914,  916,  917. 

Weinöl  917. 

Weinpalme  334,  $63,  676. 

Weinsäure  487,  594,  916. 

Weinstein  704,  916,  917. 

Weintrester  672. 

Weißbier  928. 

Weißbuchenholz  205. 

Weißföhre  382. 

Weißzeder  384. 

Weizen  101,  791. 

Weizenstroh  60,   99,   371,   372,   373,   374. 

Werg  48,  170,  179,  181,  183,  186,  188. 

Werinnuasamen  907. 

Wermut  522. 

Wermutöl  522.  523. 


Wertpapiere  370. 

Wharariki  (neuseeländischer  Flachs)  318. 

White  cedar  494. 

White  mint  551. 

White  Quebracho  515. 

White  rope  280. 

White  seeds  (Leinsamen)   753. 

White    Transparent   (Zuckerrohrvarietät) 
587. 

Whongshi  895. 

Wicke   714. 

Wickelblätter  (Zigarren)  578. 

Wickstroemia  canescens  370. 

Wiener  Verfahren  der  Preßhefenfabrika- 
tion 941,  942. 

Wiesenknopf  419. 

Wiesenraute  417. 

Wiesners    Chromsäure-Schwefelsäurege- 
misch 902. 

Wikstroemia  canescens  (Wall.)  Meisn.  92, 
370. 

Wikstroemia  indica  C.  A.  Mey.  92. 

Wikstroemia  sikokianum  Fr.  et  Sav.  92. 

Wild  Bergamot  516. 

Wild  Ginger  414. 

Wild  Hemp  78. 

Wild  Rhabarber  425. 

Wild   Rhea  77. 

Wild  Turmeric  412. 

Wildhanf  94. 

Wiliabast  271. 

Williaarten  914. 

Wintergerstenstroh  35. 

Wintergrünöl  515. 

Winterhanf  185. 

Wintermajoran  517. 

Winterkohlraps   724,   728. 

Winterölrübe   724. 

Winterraps  724. 

Winterrautenöl  505. 

Winterreps  728. 

Winterroggenstroh  35. 

Winterröste  166. 

Winterrübsen  724. 

Winters  Gras  496. 

Wintersaat  724. 

Winterweizenstroh  35. 

Wissadula  periplocifolia  Thw.  87. 

Wissadula  rostrata  Planch.  87. 

Wistaria  chinensis  S.  et  Z.  80 

Withania  coagulans  (Stocks.)  Dun.  806. 

Witteboom   499. 

Woetiwear  66. 

Wohlverlei  428. 

Wollbäume  89,  97,  139—146. 

Wollbaumholzzellulose  384. 

Wolle   der  Wollbäume   1,   3,    24,   89,   97, 
139—146,  371. 

Wolle,  tierische  15,  366,  447. 

Wollentfettungsmittel  875. 

Wollersatz  (Typhafaser)   224. 


Namen-  und  Sachregister. 


1017 


Wollgras  68,  225,  364,  365,  366. 

Wollgrasfaser  225. 

Woodfordia  floribunda  Salisb.  604. 

Woolet  comul  90. 

Wrappers  (Tabak)  574. 

Wrightia  tinctoria  R.  Br.  94. 

Wuk  (Hefenextrakt)  932. 

Wunderbaum  756. 

Wunderhefe  948. 

Wundkork  465. 

Würmerabtreibemittel  669,  873. 

Wurmsamen  609. 

Wurus  797. 

Wurzel    2,    407,  450,  451,  453,  463,  464, 

466,   468,   469,   470,   471,  503. 
Wurzelknolle  447,  448,  449. 
Wurzelköpfe,  saponinreiche  411. 
Wurzelschößlinge  298,  304,  308. 
Wurzelstock  407,  431,  434,  435,  437,  439, 

440,  443,  450,  455,  467. 
Wurzeln  als  Fasern  2. 
Würzeverfahren  der  Preßhefenfabrikation 

943. 

Xanthin  469,  487,  921,  935. 

Xanthium  canadense  Mill.  524. 

Xanthium  indicum   Koen.  524. 

Xanthium  macrocarpum  DC.  524. 

Xanthium  spinosum  L.  524. 

Xanthium  Strumarium  L.  524. 

Xanthohumol  844. 

Xanthophyllum  lanceatum  J.  J.  S.  670. 

Xanthorhamnin  888. 

Xanthorrhiza  apiifolia  L'Herit.  417. 

Xanthoxylum  acanthopodinm  DC.  799. 

Xanthoxylum  alatum  Roxb.  799. 

Xanthoxylum  fraxineum  L.   539. 

Xanthoxylum  piperatum  DC.  799. 

Xerase  936. 

Xeranthemum  sp.  1. 

Ximenia  americana  L.  663,  664. 

Xvlan  30,  595. 

Xylem  3,  5,  283,  284. 

Xylopia  frutescens  DC.   79. 

Xylopia  sericea  St.  Hil.   79. 

Xylose  30,  789. 

Yapon  508. 

Yaquilla  78. 

Yax  ci  296. 

Yaxi  297. 

Yeast-powder  940. 

Yellow    Caledonia     (Zuckerrohrvarietät) 

587. 
Yellow  dock  414. 
Yellow  Pariila  418. 
Yellow-root  417. 
Yerba,  süße  522. 
Yercumfaser  95,  97,  207,  208. 
Yercum  fibre  97,  207,  208. 
Yerkum  95. 


Ylang-Ylang  600,  619—622. 

Ylang- Ylangöl  621,  622. 

Yokohamabohne  669. 

Ysop  51,7. 

Yucatan  Sisal  297. 

Yucca  sp.  24. 

Yucca  aloifolia  L.  71. 

Yucca  angustifolia  Pursh.  71. 

Yucca  brevifolia  370. 

Yucca  filamentosa  Lam.  71,  410. 

Yucca  flaccida  Haw.  410. 

Yucca  gloriosa  L.  39,  71. 

Yuccafaser  71,  370. 

Yuta  238. 

Zachunbaum  799. 

Za'ferän  617. 

Zahnbürsten  420. 

Zakaton  67. 

Zahl  600. 

Zambara  290. 

Zambesi-Buaze  82. 

Zapupe  297. 

Zapupe  Azul  312. 

Zapupe  fina  291,  312. 

Zapupe  fuerta  291. 

Zapupe  larga  291. 

Zeanarben  616. 

Zeavalonen  824,  825. 

Zeder,  virginische  494. 

Zeder,  weiße  493. 

Zedernblätteröl  493,  494. 

Zedernholz  564. 

Zedernholzöl  504. 

Zeeländer  Saatgut  vom  Lein  159. 

Zellen,  mechanische  3,  20. 

Zellhaut,  Härte  derselben  23. 

Zellkern  der  Hefen  918,  920,  922. 

Zellsaft  491. 

Zellstoff,  aufgeschlossener  75. 

Zellstoffreaktion  26,  193. 

Zelluloidersatz  940. 

Zellulose  25,  245,  357,  383,  452,  484,  486, 
595,  596,  660,  681,  695,  699,  763,  783, 
788,   869,   903,   919. 

a-Zellulose  25,  28,  32. 

^-Zellulose  25,  28,  32. 

Zellulose,  Umwandlung  in  Gummi  869. 

Zellulosereaktionen  26,  193. 

Zelluloseschleim  795. 

Zellulosetaschen  mit  Kalkoxalatkristallen 
462. 

Zeltstoffe  237. 

Zerreißverfahren  bei  der  Nesselfaser- 
gewinnung 232. 

Zeug  (Hefe)^  926. 

Zeugdruckerei  756. 

Zichorie  579. 

Zichorienmehl  682. 

Zierbaum  620. 

Zierpflanze  898. 


1018 


Namen-  und  Sachregister. 


Zierstrauch  606,  641. 

Zieux  crabe  672. 

Zigarettentabak  505. 

Zigarrendeckblätter  578. 

Zigarreneinlage  578. 

Zigarrenerzeugung  578,  579.  ' 

Zigarrenpuppe  578. 

Zigarrenumblatt  578. 

Zigarrenwickelblätter  578. 

Zika  520. 

Zimmetblüten  600. 

Zimmetblütenöl  600. 

Zimtaldehyd  501,  502. 

Zimtblätteröl  501. 

Zimtblütenöl  501. 

Zimtöl  501. 

Zimtöl,  chinesisches  501. 

Zimtvvurzelöl  501. 

Zingiber  officinale  Rose.  412,  440. 

Zingiberaceen  74,  412,  599,  793,  794. 

Zitronat  778,   799. 

Zitrone  798. 

Zitrone,  süße  799. 

Zitronenbaum  506. 

Zitronenöl  517,  798. 

Zitronensäure    485,    487,    576,    577,    594, 

799. 
Zitterpappelholz  382. 
Zitwersamen  609. 
Zizania  aquatica  L.  66,  370. 
Zostera  2. 

Zostera  marina  L.   64. 
Zouti  rouge  77. 
Zoz-ci  296. 

Zschörnersche  Torfpappe  390. 
Zschörnersches  Verfahren  zur  Gewinnung 

der  Torffaser  364,  366. 
Zucker  25,  363,  406,  409,  449,  463,  469, 

473,  477,  479,  480,  486,  487,  488,  536, 

605,  615,  618,  755,  790,  817,  819,  925. 
Zuckerbiererzeugung  807. 
Zuckercouleurersatz  935. 
Zuckerpolarisation  479. 
Zuckerrohr  65,  278,  369,  473,  497,  585— 

596. 
Zuckerrohr,  Bedeutung  als  Rohstoff  585. 
Zuckerrohr,  Blüte  und  Fruchtbildung  588. 
Zuckerrohr,  chemische  Bestandteile  593. 
Zuckerrohr,  Haarbildungen  auf  den  Sten-: 

gelaugen  586. 


Zuckerrohr,  Morphologie  der  vegetativen 

Organe  587. 
Zuckerrohr,  Zuckergewinnung  595,  596. 
Zuckerrohranatomie  590. 
Zuckerrohrblattquerschnitt  590. 
Zuckerrohrblattscheide    586. 
Zuckerrohrknospenscheide  586. 
Zuckerrohrkrankheiten  589. 
Zuckerrohrkultur  592,  593. 
Zuckerrohrmelassegärung  913. 
Zuckerrohrrohfaser  595. 
Zuckerrohrsamen  588,  589. 
Zuckerrohrschädlinge  589. 
Zuckerrohrstengelaugen  586. 
Zuckerrohrvariabilität  588. 
Zuckerrohrvarietäten  585. 
Zuckerrohrzüchtung  588. 
Zuckerrübe  415,  473—489,  588. 
Zuckerrübenabfälle  489. 
Zuckerrübenabstammung  475. 
Zuckerrübenauslese  479. 
Zuckerrübenchemie  486 — 489. 
Zuckerrübenhals  477,  483. 
Zuckerrübenhistologie  480 — 486. 
Zuckerrübenkultur  473,  474. 
Zuckerrübenmark  486. 
Zuckerrübenra.ssen  476 — 480. 
Zuckerrübensaft  486. 
Zuckerrübensaftgewinnungsmethoden 

486,  487. 
Zuckerrübenzüchtung  478,  479. 
Zuckerscheide  485. 
Zuckervvarenfärbematerial  796. 
Zucker- Yerba  522. 
Zungenblüte  651,  654,  655. 
Zürgelbaumholz  271. 
Zwergkiefer  492. 
Zwergzelle  374,  395,  396,  397. 
Zwiebel  407. 
Zwillingshaare  900. 
Zwillingsstärkekörner  879. 
Zwischenkultur    bei    der    Kantalapflanzc- 

304. 
Zwischenkulturen  bei  Sisalpflanzen  298. 
Zygophyllaceen  669,  799. 
Zymase  923,  924. 
Zymin  924,  936. 
Zypresse  494. 
Zypressenkraut  523. 
Zypressenöl  494. 


Druck  von  Breitkopf  .V  Härtel  in  Leipzi«. 


Berichtigungen. 

67,  Zeile     G  von  unten  lies  C.  Schiraperianus   statt   C.  Schimperianum. 

74,      »      21     >     oben  lies  Salix  pentandra  statt  Salix  pentanara. 

81,      »        7     »        >        »     Prosopis  statt  Prosopsis. 
139,      »      17     »        »         »     Edredon  statt  Edrdon. 
UO,       .        7     »         *         » 
154,      »        I   der  Fußnote  lies  Gomphocarpus  fructicosus  statt  Gompho- 

carpus  fructicosa, 
234.       •        3  der  Fußnote  lies  Nesselsamen  statt  Nesselfasern. 
286,  27  von  oben  ist  Mauritiushanf  im  Titel  zu  streichen. 

318,      »      18      »        »      hes  Harakake  statt  Harakeka. 
322,      >      18      »        »        »     Broraelia  pinguin  statt  Bromelia  pinguis. 

334,  letzte    Zeile    über    der  Fußnote    hes   Attalea    funifera  statt    Attalea 
furifera. 

335,  Zeile  18   und  Zeile   24    von   oben  lies   Attalea  funifera  statt  Attalea 
furifera. 

336,  Zeile  2  von  oben  Hes  Attalea  funifera  statt  Attalea  furifera. 

369,  letzte   Zeile  über   der  Fußnote  hes  Arundinaria  macrosperma  statt 

Arundinaria  macroptera. 
412,  Zeile  3  von  oben  lies  Gerbmaterial  statt  Gerbmateral. 
412,     »     28     >        »        »     Rose,  statt  Roxb. 
458,     »       3     »        »        »     Varietät  statt  Variatät. 

465,  »     30     »        »        »     Macrotomia  statt  Macrotomix. 

466,  »     33     »        >        »     Onosma    Emodi    Wall,    statt   Onosma    Encodi 

Wall. 
588,     »     10  der  Fußnote  lies  K.  Fruwirth  statt  L.  Fruwirth. 
G62,     »       6  von  oben  lies  Abies  alba  statt  Abus  alba. 
665,     »     1 1     >        »        »     Brassica  trilocularis  statt  Br.  trilocucularis. 
665,     »       3  von  unten  lies  Oiti-cica  =  Harzoiti  statt  Oiti-cica-Harzoiti. 
667,     »     21      >     oben  hes  KafTeesurrogat  statt  Rassensurrogat. 
667,     »     24     »        »      ist  II,  88  zu  streichen  und  bezieht  sich  auf  die  Zeile  18 

zitierte  Arbeit. 
667,     »     29      >        »      lies  Soja  max  (L.)  Piper  statt  Soja  max.  (L.) 

667,  »       2  der  Fußnote  hes  Phaseolus  max  L.  statt  Phas.  max.  L. 

668,  X,       2  von  oben  hes  Tofu  statt  Tolu. 

767,     >     23     »        »        »     Th.  ovatifolium  statt  Th.  ovalifolium. 

886,     »     11      .        »        »     Gelbbeeren  statt  Gelbberen. 

890,     >     10     >        .        >     T.  belerica  Roxb.  statt  T.  bellerica  Rob. 


VERLAG  VON  WILHELM  ENGELMANN  IN  LEIPZIG 

Friedrich  Dannemann 

Die  Naturwissenschaften 

in  ihrer  Entwicklung  und 
in  ihrem  Zusammenhange 

Zweite  vermehrte  und  verbesserte  Auflage 
In  vier  Bänden.     Gr.- Oktav 

1     Band.!    ^^^'^  ^^^  Anfängen  bis  zum  Wiederaufleben  der  Wissenschaften. 

! 1    Mit  64  Abbildungen  im  Text  und  einem  Bildnis  von  Aristoteles. 

(XII,  486  S.)  M.30.— ;  gebunden  M.  36.— . 

2.  Band:    Von  Galilei  bis  zur  Mitte  des  18.  Jahrhunderts.     (Im  Druck.) 

Q    Band*    ^^^  Emporblühen    der  modernen    Naturwissenschaften  bis  zur 
_J 1   Entdeckung  des  Energieprinzipes.     (In  Vorbereitung.) 

A-  Band'    -^^^  Emporblühen  der  modernen  Naturwissenschaften  seit  der 
_I 1   Entdeckung  des  Energieprinzipes.     (In  Vorbereitung.) 

Jeder  Band  ist  in  sich  abgeschlossen  und  einzeln  käuflich. 

Band  2,   3  und  4  werden  rasch  folgen.     Sie  sind  gleichfalls  vermehrt,  ver- 
bessert und  reichlicher  mit  Abbildungen  versehen. 

Das  Werk  gehört  fraglos  zu  den  besten,  bestgeschriebenen,  ori- 
ginellsten und  nutzbringendsten  der  neueren  naturwissenschaft- 
lichen Literatur. 

Prof.  Dr.  Edmund  0.  von  Lippmann,  Halle  a.  d.  S. 
i.  d.  Chemiker-Zeitg.,  Jahrg.  1913. 

Man  muß  darüber  staunen,  daß  es  dem  Verfasser  möglich  gewesen  ist, 
eine  so  gründliche  Darstellung  zu  liefern.  Etwas  Gleiches  ist  diesem  Werke 
nicht  an  die  Seite  zu  stellen.  Köln.  Zeitg.  v.  4.  Januar  1914. 

Ähnlich  wie  Cantors  Vorlesungen  über  Geschichte  der  Mathematik  ein 
„Standard  work"  allerersten  Ranges  bleiben  werden,  so  wird  auch  D anne- 
mann s  Werk  von  bleibendem  Wert  sein,  das  für  den  Geschichtsforscher  wie 
für  den  Mediziner,  für  den  Lehrer  wie  für  den  Techniker  großen  Nutzen  haben 
und  dessen  Lektüre  für  jeden,  der  sich  für  die  Naturwissenschaften  interessiert, 
eine  Quelle  hohen  Genusses  bilden  wird. 

Monatsschrift  für  höhere  Schulen,  1911,  6.  Heft. 


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