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NARREN, GAUKLER UND VOLKSLIEBLINGE
HERAUSGEGEBEN VON ALBERT WESSELSKI
ZWEITER BAND: ARLOTTOS SCHWÀNKE U
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Giovanni di San Giovanni: Der Pfarrer Arlotto
(Florenz, Galleria Torrigiani).
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DIE SCHWÀNKE UND
SCHNURREN DES
PFARRERS
ARLOTTO
Gcsammelt und hcrausgegebcn von
Albert Wcsselski
Mit mehrern Bildern und
Faksimiiien
IL Band
I
Alexander Duncker Verlag
Berlin MCMX Ì
"^^ 111)
Alle Rechte vorbehalten
Inhalt des IL Bandcs.
s«t«
LXXI. Wie der Pfarrer einer kecken
jungen Frau cine boshafte Be-
merkung zurtickgegeben hat . . 3
LXXII, Was fiir cine beiOende Antwort
der Pfarrer einigen unverstàn-
digen Frauen in Borgo S. Apo-
stolo gegeben hat 3
LXXIII, Wie Ser Tommaso Brogi dem
Pfarrer erzàhlt, was der Erz-
priester von Graticciuolo stati
seines Weines bekommen hat . . 4
LXXIV, Wie der Pfarrer Arlotto Scr
Tommaso Brogi mit einer lusti-
gen Geschichte von einem ge-
wissen Cucina aus Sesto erwidert 11
LXXV. Wie Arlotto erzàhlt, daB er ali
sein di fiir die Sterbenden ver-
braucht hat 14
LXXVI. Wie der Pfarrer dem Kapitàn
der Galeere Màrzkàschen stiehlt
und sie gerieben in einer Fiasche
verbirgt 15
LXXVII. Wie der Pfarrer einem Possen-
reiOer, dessen Benehmen ihn em-
port, eine tùchtige Tracht Peit-
schenhiebe verschafft , . , , 17
LXXVIII. Was fiir barsche Antworten der
Pfarrer Arlotto dem Herzog Fe-
derigo von Urbino gegeben hat .
LXXIX. Wie der Papst Nikolaus Arlotto
kennen lernen woUte und wie
ihm Arlotto die Geschichte von
dem Blinden und dem Esel er-
zàhlt
20
21
VII
Seitc
LXXX. Wie der Pfarrer zwanzig Schwen-
gel voli Gewùrz nach Brùgge
mitbringl 24
LXXXI. Wie es dem Pfarrer durch einen
schnell ersonnenen Possen ge-
lungen ist, Messer Rosello um
zwei Paar Kapaune und sieben
Rebhiihner zu bringen - . . . 28
LXXXII. Wie der Pfarrer den Bauern im
Settatale, die ihrem armen Pfar-
rer beim Opf er schlechte Quattrini
gaben, eine ordentliche Zurecht-
weisung erteilt hat 32
LXXXIII. Wie der Pfarrer, als er wàhrend
seines Aufenthaltes im Settatale
bemerkt, daB an Wochentagen
niemand zur Messe kommt, Sturm
làutet und also seinen Zweck er-
reicht 36
LXXXIV, Wie der Pfarrer einmal die
Suppe mit einem Totenschàdel
bereitet, um einige làstige Esser
loszuwerden 38
LXXXV. Wie sich der Pfarrer der Zu-
mutung eines falschen Freundes
erwehrt hat, der ihn zum Ver-
zichte auf seine Pfarre bewegen
wollte 39
LXXXVI, Was fiir eine Antwort der Pfarrer
dem erlauchten Lorenzo de' Me-
dici in Gegenwart eines Kardi-
nals gegeben hat 43
LXXXVII, Wie sich der Pfarrer mit einem
Einsiedler vergleicht, um zu schil-
dern, was er fUr eine Not mit den
Leuten hat, die seine Pfarre haben
wollen 46
Vili
Sette
LXXXVIII. Wie der Pfarrer seinen Freund
empfangen hat, der auf das Ge-
riicht von seinem Tode nach Ma-
ciuoli gekommen ist 48
LXXXIX. Was des Pfarrers xMeinung ùber
den Ausgang der Reise Lorenzos
de' Medici nach Neapel war , . 49
XC, Wie der Pfarrer die Redensart
„Einen Mònchsfrieden machen"
erlautert 51
XCI, Was fur eine Geschichte der
Pfarrer einigen vornehmen Bùr-
gern, die ihn beim Stechen mit
Rohrstòcken getroffen haben, zu
seiner Entschuldigung erzàhlt . , 54
XCII. Auf was fiir eine Weise sich der
Pfarrer an einem jungen Men-
schen ràcht, der eine Forderung
unbarmherzig eintreiben will . . 56
CXIII. Wie der Pfarrer auf dem Alten
Markte einigen Freunden die Ge-
schichte von dem Ratschlage der
Màuse erzàhlt 64
XCIV. Was der Pfarrer von den Vene-
zianern gedacht hat 65
XCV. Wie der Pfarrer einer eigensin-
nigen Frau, um sie gefùgig zu
machen, eine sonderbare Ge-
schichte erzàhlt 66
XCVI. Wie edelmùtig sich der Pfarrer
im Jubeljahre 1450 gegen einen
kranken Englànder benommen hat 69
XCVII. Wie der Pfarrer zwei arme Fami-
lien seiner Gemeinde mildtàtig
unterstùtzt hat 70
XCVIIL Wie der Pfarrer einem armen
Geistlichen sein Brevier schenkt 71
IX
sai»
XCIX. Wie der Pfarrer in der Zeit der
Teuerung eine Familie ein Jahr
lang erhalten hat 72
C. Was fùr eine Antwort der Pfarrer
einem Schelme gegeben hat . . 72
CI, Von einer àhnlichen Antwort, die
der Pfarrer einem Bettler ge-
geben hat 73
CII. Was der Pfarrer einem Galeeren-
sklaven geantwortet hat ... 73
CHI, Was der Pfarrer einer Frau ent-
gegnet hat, die ihn tadeln woUte 74
CIV. Wie der Pfarrer keine Suppe
essen woUte 74
CV. Wie der Pfarrer in der Suppe die
Erbsen sucht 75
evi, Wie der Pfarrer um seinen Teil
eines Hahns kommt, weil er eine
Geschichte erzàhlt 75
CVII, Was der Pfarrer von den Geist-
lichen hielt 76
CVIII, Wie der Pfarrer dem Kardinal
von Pavia auf cine spottische
Rede mit einer hiibschen Ge-
schichte antwortet 76
CIX, Wie reichlich der Pfarrer die
Werke der Nàchstenliebe geùbt
hat 89
ex. Wie groO nach des Pfarrers Mei-
nung das Einkommen eines Geist-
lichen sein darf 91
CXI. Was fiir eine Meinung der Pfar-
rer tiber das Glùck der Benti-
vogli gehabt hat 93
CXII, Wie der Pfarrer mit dem Bischof
von Fiesole ùbcr den Wucher
•treitet 94
X
Seite
CXIII. Wie der Pfarrer einen langwei-
ligen Prediger abgefuhrt hat . . 94
CXIV, Wie der Pfarrer fiir seine Ge-
màchlichkeit in der Kirche ge-
sorgt hat 95
CXV. Warum sein Kirchenpatron nicht
fùr den Pfarrer in die Stadt gehn
kann %
CXVI, Wie der Pfarrer einen Bauer er-
innert, daO er sein Wort nicht ge-
halten hat %
CXVII, Wie der Pfarrer die guten und
die schlechten Tage des Jahres
verzeichnet hat 98
CXVIII, Wie sich der Pfarrer mit seinem
Meier auseinandergesetzt hat . . 96
CXIX. Wie der Pfarrer von einem Bauer
um zwei Làmmer bestohlen wor-
den ist 99
CXX. Wie der Pfarrer aus Mitleid mit
einer armen Wòchnerin das Huhn,
das er essen wollte, verschenkt
hat 100
CXXI. Wie der Pfarrer gegen einen Pi-
saner Klage fùhrt, der ihm ein
bockbeiniges und schlecht gesat-
teltes Pferd vermietet hat . . . 103
CXXII. Wie der Pfarrer einen Teil der
ihm aufgetragenen Einkàufe be-
sorgt, den andern nicht .... 105
CXXIII, Wie der Pfarrer einer Frau eine
ihr unverstàndliche Antwort ge-
geben hat 107
CXXIV. Wie der Pfarrer iiber die Kùsse
der Geistlichen dachte .... 107
CXXV. Wodurch sich der Pfarrer hat be-
stimmen lassen, einen Heiligen in
seiner Kirche zu behalten ... 107
XI
CXXVI,
CXXVII.
CXXVIII.
CXXIX.
cxxx.
CXXXI.
CXXXII,
CXXXIII,
CXXXIV.
CXXXV.
CXXXVI.
CXXXVII.
CXXXVIII.
CXXXIX.
XII
Seite
Wie der Pfarrer die ehelichen
MiBbràuche abstellen wollte , . 109
Wie der Pfarrer einen Streit
wegen einer Malerei schlichtet . 109
Wie des Pfarrers Reisegeselle,
der Makler Piero, zu jeder Mahl-
zeit Pastinaken bekommt . . . Ili
Wie der Pfarrer dem allzuleicht-
glàubigen Ser Ventura eine màch-
tige Dummheit einredet , ... 113
Wie der Pfarrer demselben Ser
Ventura ein Maultier entlockt , 114
Wie der Pfarrer eine Wette mit
einem Gottesgelehrten und Philo-
sophen gewinnt 116
Wie der Pfarrer die Jagdhunde
seiner Gàste fùttert 119
Wie der Pfarrer einem geplagten
Ehemanne die Geschichte von der
Pilgerfahrt des Schusters erzàhlt 120
Wie der Pfarrer zwischen Vater,
Sohn und Stiefmutter Frieden
stiftet 126
Wie sich der Pfarrer umsonst ans
Land tragen làOt und dem Tràger
die Geschichte vom heiligen
Christophorus erzàhlt , , . . 130
Wie der Pfarrer einem lastigen
Nachbar eine scharfe Antwort
gegeben hat 131
Wie der Pfarrer einen seiner
Bauern verschneiden làOt . . . 131
Wie der Pfarrer noch einen armen
Jungen von demselben Verschnei-
der heilen làOt 132
Wie der Pfarrer einen Bauern-
hund getauft hat 133
S«it«
CXL, Was der Pfarrer im Wirtshause
tat 134
CXLI. Was der Pfarrer einem Greis
antworten lieQ, der sich am Tage
vor scinem Tode um sein Befin-
den erkundigte 135
CXLII. Was fùr Inschriften der Pfarrer
fùr sein Grabmal verfertigt hat . 135
CXLIII. Wie es der Pfarrer anstellte, um
keinen Zoll bezahlen zu mùssen . 136
CXLIV, Wie der Pfarrer eine Zeitlang
Cast des Erzbischofs Antonino
war und wie er sich dessen Gast-
freundschaft verscherzt hat - . 137
CXLV, Wie der Pfarrer fùr scine Bereit-
willigkeit, die Umlagen zu bezah-
len, einen NachlaO erhàlt . . . 140
CXLVL Wie der Pfarrer auch bei einer
zweiten Anleihe mit einem blauen
Auge davonkommt 144
CXLVII. Was fùr eine Geschichte der
Pfarrer ùber den EinfluB der
neapolitanischen Luft erzàhit hat 147
CXLVIII- Warum der Pfarrer pustete, wann
er sich das Gesicht wusch . . . 150
CXLIX. Wie der Pfarrer ein Làstermaul
mit einer hùbschen Geschichte
zum Schweigen bringt .... 151
CL. Wie der Pfarrer einem Essenzen-
hàndler eine Geschichte erzàhit,
um billiger einzukaufen . . . 153
GLI, Wie der Pfarrer einen Eierdieb
erwischt 155
CLII. Was der Pfarrer ùber die Bauem
dachte 156
CLIII. Wie sich der Pfarrer an einigen
gefràOigen Geistlichen ràcht, die
ihn nicht zu Tische geladen haben 157
XIII
Seite
CLIV. Wie der Pfarrer mit einer Frage,
die er aufwirf t, einen alten Narren
zum Schweigen bringt .... 160
CLV. Wie sich der Pfarrer beklagt, daB
ihm sein bestes Grundstùck zu
wenig getragen hat 162
CLVI. Was fiir einen Possen der Pfarrer
seinem Amtsbruder von Cercina
gespielt hat 163
CLVII. Wie der Pfarrer seine MeBkreu-
zer einfordert 165
CLVIII, Wie der Pfarrer von seinem toten
Freunde bestohlen wird .... 166
CLIX. Was der Pfarrer alles braten
lassen woUte 167
CLX. Wie der Pfarrer einen armen
Mann an einem Feiertage arbei-
ten làfit 169
CLXI. Wie der Pfarrer einem albanesi-
schen Matrosen mit der Hilfe
eines Dolmetschs Beichte hort . 169
CLXII. Wie der Pfarrer als Gesandter
zu Konig René geht 170
CLXIII. Wie der Pfarrer aus einer Ratte
eine Katze macht 173
CLXIV. Wie der Pfarrer einen, der auf
der StraOe erkrankt ist, bis zu
seiner Genesung in sein Haus
nimmt 174
CLXV. Was fùr ein Morgengebet der
Pfarrer empfiehlt 175
CLXVI. Was der Pfarrer betete .... 175
CLXVII. Was der Pfarrer ùber dasWasser
sagte 176
CLXVIII. Wie der Pfarrer einen vorlauten
Geistlichen mit einer muntern
Antwort bcschdmt 176
XIV
Scite
CLXIX, Wie der Pfarrer einen Geistlichen
tadelt, weil der einen beschàdig-
ten Dukaten zuriìckgewiesen hat 177
CLXX, Wie der Pfarrer seinem faulen
MeOhelfer ein Beispiel vorhilt . 178
CLXXI. Wie der Pfarrer einen tórichten
Streit zweier Bauern nicht zu sei-
nem Schaden schlichtet , . . , 179
CLXXII. Wàs der Pfarrer ùber Reden und
Schweigen dachte 181
CLXXIII. Was der Pfarrer einer eiteln
Frau geantwortet hat .... 181
CLXXIV. Wie der Pfarrer einen Freund
getròstet hat 181
CLXXV. Wie der Pfarrer einen schmàh-
sùchtigen Kanonikus getadelt hat 182
CLXXVI. Was der Pfarrer ùber den Zwie-
spalt zwischen Kleidung und
Rede gesagt hat 182
CLXXVII, Wie der Pfarrer einen Hohlkopf
abgefertigt hat 183
CLXXVIII. Was der Pfarrer ùber den Tod
dachte 183
CLXXIX, Was der Pfarrer zu einem Gecken
gesagt hat 183
CLXXX. Ein Rat fùr die Liederlichen . . 183
CLXXXI. Wie der Pfarrer zur Versóhnlich-
keit gemahnt hat 184
CLXXXII. Wie der Pfarrer auf Verun-
glimpfungen antwortete .... 184
CLXXXIII. Wie der Pfarrer mit Wasser be-
schùttet wird 185
CLXXXIV. Wie der Pfarrer einen Mùller
tadelt, weil er einem Nachbar ge-
raten hat, sein Weib zu schlagen 186
CLXXXV, Was der Pfarrer ùber das Ler-
nen dachte 186
XV
Sette
CLXXXVI. Wie sich der Pfarrer weigert,
einem Sàumigen zu borgen . . 187
CLXXXVII. Warum der Pfarrer nicht an
einen Frieden mit dem Papste
glauben woUte 187
CLXXXVIIL Wie sich der Pfarrer an seinen
Gàsten racht, weil sie ihn um
sein Essen gebracht haben , . , 188
CLXXXIX. Was der Pfarrer angestellt hat,
um einen Monch zur Beendigung
seiner Predigt zu veranlassen . 189
CXC. Wie der Pfarrer in Schiffsnot
gescherzt hat 190
CXCI. Wie der Pfarrer die Geschichte
von dem Bauer und der Nachti-
gall erzàhlt 191
CXCII. Wie der Pfarrer fiir sein Leichen-
begàngnis sorgt 193
CXCIII. Wie der Pfarrer stets ein lustiges
Wort in Bereitschaft batte . , 193
CXCIV. Wie der Pfarrer in kein ge-
spreiztes Haus gehn will , , . 194
CXCV. Wofùr dem Pfarrer zwei Duka-
ten zu viel sind 195
CXCVI. Wie der Pfarrer zweien einc
hùbsche Antwort gegeben hat . 195
CXCVII. Wie der Pfarrer aus Klugheit
nachgibt 195
CXCVIII, Wie der Pfarrer die Geschichte
von dem Hirten und den Wòlfen
erzàhlt hat 196
CXCIX. Warum der Pfarrer kein Geheim-
nis hòren wollte 196
ce, Wie der Pfarrer seinen Mantel
weggegeben hat, um einer armen
Familie zu helfen 197
XVI
Saite
CCI, Wie der Pfarrer in seinen jungen
Jahren gar lùstern war , , , . 197
CCII. Wie sich der Pfarrer mit einer
Nonne unterhàlt 198
CCIII. Was der Pfarrer bei einer Dime
erlebt hat 198
CCIV, Warum der Pfarrer keine Ge-
vatterschaft iibernehmen will . . 200
CCV, Wie sittenstreng der Pfarrer bei
den Tieren war 200
CCVI. Wie der Pfarrer gewissenhaft
antwortet 201
CCVII. Wo nicht gut zu leben ist . . 201
CCVIII. Wie der Pfarrer bei Unbilden
Geduld ubte 201
CCIX. Wie der Pfarrer einen Bauer
fragt, ob er noch beim Tor
hineinkommen werde .... 202
CCX. Wie der Pfarrer einem Bauer
einen guten Rat gibt .... 202
CCXI, Wie Minaccio alles verspielt hat 203
CCXII. Wie ein Einàugiger Getreide
kaufen wollte 203
CCXIII. Wie Fra Paolo gegen die Ùppig-
keit predigte 204
CCXIV. Wie sich eine junge Frau in
Bologna beklagt hat, daB sie ihr
Mann schlug 204
CCXV. Wie sich ein j unger Mann in der
Welt umtun wollte 205
CCXVI. Wie einer von einem Schatze ge-
tràumt hat 205
CCXVII. Was fùr eine Behandlung ein
Fieberkranker vriinschte . . . 206
CCXVIII. Wie einer einem Kardinal Wind
gemacht hat 206
XVII
Seite
CCXIX, Wie einer seiner Frau mehr
glaubt, als seinen Freunden . . 207
CCXX. Wie Razello von Bologna einen
Spòtter abgefertigt hat .... 208
CCXXI. Wie sein MeBhelfer dem Pfarrer
von einem Sterbenden erzàhlt . 208
CCXXII, Eine scharfsinnige Antwort des
Pfarrers 208
CCXXIII. Wie der Pfarrer eine beziehungs-
lose Antwort bekommen hat . , 209
CCXXIV. Wie der Pfarrer einen wegen
seines Weibes tròstet , , . , 209
CCXXV, Wie der Pfarrer einen ihm ge-
leisteten Dienst einschàtzt . . . 209
CCXXVI. Wie dem Pfarrer das Bier in
England geschmeckt hat . . . 210
CCXXVII, Wie der Pfarrer zwischen natiir-
licher und kùnstlicher Schónheit
unterschied 210
CCXXVIII. Wie der Pfarrer den Weinzapfer
machen muB und wie er sich
dafùr ràcht 210
Anmerkungen literatur- und stoffgeschicht-
lichen Inhalts 213
Heimkehr von der Beichte 215
Der Fromme und der Dieb 220
Monchsfriede 222
Verrùckt mit den Verrùckten 224
Die Màuse wollen der Katze eine Schelle
anhàngen 226
Die verwehten Denkzettel 234
Des Schàfers Wahrzeichen 235
Markolfs Katze 238
Gànsebrùcke 239
Ratsuchen bei einem fernen Weisen . . 240
Erkenntnis beim FluOiibergang .... 243
XVIII
Sdì*
Sohn und Stiefmutter 243
Angst vor Ansteckung 245
Kirchhof das beste Grundstùck .... 248
Der sich freuende Dritte 253
Lahmer und Blinder 254
Der falsche Schiedsrichter 256
Das Vòglein mit den drei Lehren . . . 261
Haare alter als der Bart 270
Anhang 275
1. Die Sprùche des Pfarrers Arlotto nach
den Erquickstunden und dem Demo-
critus ridens 277
2. Texte und Bearbeitungen des Stoffes
der V. Facetie 282
3. Lodovico Domenichis Facetien . . . 306
Index 345
Illustrationen.
Giovanni di San Giovanni: Der Pfarrer
Arlotto (Florenz, Galleria Torrigiani) , IV
Olgemàlde Volterranos (in den Uffizien) . 213
(Giovanni da San Giovanni?) Der Pfarrer
Arlotto (Florenz, Galleria Pitti) ... 273
XIX
Erratum.
Die Angabe in der FuBnote auf S, 3 des ersten
Bandes, daB Arlottos GroBmutter dem Geschlechte
der Torciglioni entstammt sei, ist falsch; wenn
zwischen Arlotto und dem Erzbischofe Antonino
iiberhaupt eine Verwandtschaft bestanden hat, so
rùhrte sie von der Mutter Arlottos ber. Vgl. Manni,
III, S, 74.
XX
Die Schwànke
dcs Pfarrcrs Arlotto
Zweiter Band
E Ines Tages saB ich mit dcm Pfarrer LXXI.
Arlotto und einigen Freunden von ihm .'*''*/'% ^'?"'«''
auf einer Bank gegenuber von der bcriihm- prau eine boshafte
ten Kirche St. Johannes des Tàufers. Bemerkung
Da kam eine mehr kecke als kluge junge zuriickgegeben hai.
Frau vorùber, begleitet von einer wùrdigen
Dame und einer Magd; und der Pfarrer
kehrte sich gegen diese Frauen und sagte zu
uns; „Seht nur, wie hùbsch diese junge
Frau ist."
Sie hòrte es und meinte, er mache sich
lustig iiber sie, und antwortetc ihm laut:
„Von Euch kann ich das nicht sagen."
Der Pfarrer sagte: „Ihr kònntet schon;
freilich mùI3tet Ihr lùgen, wie ich es getan
habe."
ES ist ein alter Brauch in Florenz, daB
sich unsere florentinischen Frauen im
Sommer der Hitze halber nach dem Esscn
im Hofe oder im Erdgeschosse aufhalten,
meistens um dort ihre sonstigen Beschàf-
tigungen zu trefcen, wie spinnen oder
kochen, wenn sie auch dabei gleichwohl
beinahe alle geschmiickt und geputzt sind;
und dort bleiben sie bis zur Stunde des
Abendessens.
Eines Tages kam der Pfarrer um die
Vesperzeit durch Borgo S. Apostolo und
traf einige Frauen, die unter einer Haustùr
kochten.
LXXIL
Wat fùr eine
beiBende Antwort
der Pfarrer einigen
unverstàndigen
Frauen in
Borgo S. Apostolo
gegeben hat.
LXXIII.
Wie Ser Tommaso
Brogi dem Pfarrer
erzàhlt, was der
Erzpriester von
Graticciuolo slatt
teine» Weines be-
kommen hat.
Da sagte die cine: „Gott zum GruBe,
Pfarrer! Euer Vetter Currado hat ja ein
hiibsches Sòhnchen bekommen und ist also
mehr wert als die andern, weil er mit seinen
sicbzig Jahren etwas fertig gebracht hat,
was oft einer mit fùnfundzwanzig nicht
trifft; bedanken muB er sich freilich bei
seiner schònen Frau."
Der Pfarrer merkte zweierlei: einmal
da6 sie ihn aufzogen, und dann, daB sie
seinen Vetter als Hahnrei hinstellten und
dessen Frau, die gut und ehrsam und aus
edelm Biute und sehr schòn war, als Hure.
Auf der Stelle antwortete er, ohne sich
zu besinnen: „Ja glaubt ihr denn, daB es
sonst keine Huren gibt als euch?"
Sie verstummten, und von nun an àrger-
ten sie ihn nie mehr und sprachen auch
nichts schlechtes mehr von seinem Vetter
und seiner Muhme.
ICh habe dir vorhin in diesem Buche eine
Geschichte erzàhlt, wie sich der erlauchte
Ritter und adelige Herr, Messer Niccolò de
Vitelli S Herr von Città di Castello, òfter
in Florenz aufhielt, wann er seine Stadt
* Niccolò di Giovanni Vitelli gewann sich
durch seine Liebe zu seiner Vaterstadt die Ver-
ehrung seiner Mitbiirger in so hohem MaOe, daB sie
ihn, so wie spàter die Florentiner Cosimo de' Medici,
den Vater des Vaterlands nannten. Er starb 1496
in Città di Castello.
verlieB; und mit diesem Manne vcrband
unsern Pfarrer Arlotto cine enge Freund-
schaft. Als nun eines Abends bei und nach
Tische viel hùbsche Schnurren erzàhlt
wurden, nahm mich ein gewisser Ser Tom-
maso Brogi, auch aus Città di Castello und
Kanzler des besagten Messers Niccolò, bei-
seite und sagte zu mir: „Ich habe gehòrt,
dafi der Pfarrer oft, wenn einer eine Ge-
schichte erzàhlt hat und eine andere zu
demselben Gegenstande verlangt, wirklich
eine erzàhlt; das diinkt mich wahrhaftig
sehr erstaunlich und ich kann es kaum
glauben und mòchte es jetzt versuchen."
Ich antwortete: „Das weiB ich nicht und
glaube es selber nicht recht, aber versucht
es."
Ser Tommaso wandte sich zum Pfarrer
und sagte: „Ich will Euch beute Abend ein
hiibsches Erlebnis erzàhlen, das ich vor
kurzem in Urbino gehabt habe, wo ich mich
in Geschàften, die Messer Niccolò mit dem
erlauchten Herzog batte, etliche Monate
lang aufhielt.
Eines Morgens ging ich Madonna Bat-
tista Sforza, die Gemahlin des besagten
Herzogs ^ besuchen, und wàhrend ich mit ihr
^ Battista, eine Tochter der gelehrten Costanza
Varano und Alessandro Sforzas, wurde 1459 im
Alter von 13 Jahren dem um 24 Jahre àltern Fede-
rigo IL, Herzog von Urbino (1422 — 1482) vermàhlt;
sprach, kam ein Geistlicher, der sich als
Erzpriester von Gratticiuolo bezeichnete;
nach der BegrùBung bat er die erhabene
Dame um irgendeine Gnade und sie ant-
wortete ihm lachend und sagte: „Zuerst
miiBt Ihr mir erzàhlen, wie die Geschichte
mit dem Bauer verlaufen ist , der Euch
einen Eimer Wein bàtte geben sollen fiir die
Lossprechung, die Ihr ihm in der Karwoche
erteilt habt, und wie es zugegangen ist, daB
Ihr den Wein nicht erhalten habt."
Mit einigen Zeichen des MiBbehagens
sagte der Erzpriester: ,Madonna, ich wiirde
sie nie erzàhlen, weil sie auch fùr cine Ge-
schichte so unanstàndig ist, daB ich mich
schàme, sie zu wiederholen; da Ihr mich
aber zwingt, bleibt mir nichts iibrig, als zu
gehorchen.
Am Mittwoch in der vergangenen Kar-
woche kam ein Bauer aus meiner Gemeinde
zu mir und beichtete mir neben vielen an-
dem Siinden, daB er dann und wann mit
seiner Frau die Sache auf die verkehrte
Weise gemacht habe.
In meiner Entriistung iiber eine so
schàndliche und abscheuliche Siinde machte
ich ihn tùchtig herunter und sagte ihm unter
sie galt als eine der gelehrtesten Daraen ihrer Zeit.
Eine Biographie von ihr existiert von dem Novel-
listen Sabadino degli Arienti (in der Gynevera de le
dare donne).
Schcltwortcn, davon kònne ihn nìemand los-
sprechen als der Papst; und als er mich
fragte, was ihn die Reise nach Rom kosten
wùrde, sagte ich ihm, daB er etwa vier Du-
katen brauchen diirfte, nàmlich zwei fiir
seine Notdurft auf dem Hin- und Riickwege
und zwei fiir die Lossprechung. Nun fragte
er mich: „Um wie viel wùrdet Ihr mich los-
sprechen?** Wir fingen zu handeln an und
kamen endlich ùberein, dafi er mir zwei
Eimer Wein geben solle; und Ihr mùBt
wissen, daB der Eimer in unserer Gegend
zehn Bolognini gilt.
Aber samt meinem Wohlwollen fiir ihn,
daB ich ihm die Kosten verringert und die
Miihe erspart batte, bekam ich den Wein
nicht, sondern er hat mich nur verunehrt
und seine eigene Schande und die seiner
Frau ausgeschrien, Ich wiirde doch wahrhaf-
tig nicht um alles Gold in der Welt irgend
etwas aus der Beichte erzàhlen, weil es ja,
wie Ihr wiBt, Madonna, eine schwere Sùnde
ist, wenn unser einer das Beichtgeheimnis
verletzt; wenn sie aber solche Narren sind,
daB sie die Sache selber erzàhlen und ihre
Schande selber ausschreien, dann kann ich
nicht anders. Als ich ihm also die Beichte
abgenommen batte, erteilte ich ihm die Los-
sprechung und er sagte mir, am Tage nach
Ostern solle ich den Wein holen kommen.
Voli MiBvergniigen, ich denke, des Wei-
nes halber, ging er heim; und als ihn seine
Frau so niedergeschlagen sah — ich kann
Euch nur sagen, Madonna, sic ist das nieder-
tràchtigste und schlcchteste Weib wcit und
breit — begann sie zu keifen und ihn zu
schelten und sagte: „Du machst es umge-
kchrt wie alle andern, die, wenn sie zur
Beichte gehn, traurig sind wegen der began-
genen Sùnden, aber dann, wenn sie gebeich-
tet haben und losgesprochen sind, frei und
fròhlich heimkommen, weil sie sich mit Gott
versòhnt glauben, Du machst es gerade ent-
gegengesetzt und siehst gar nicht so aus, als
ob du von der Kirche und der Beichte
kàmest, sondern als hàttest du einen Er-
mordeten gesehn. Was Teufel hast du nur?
Du muBt es mir sagen."
Und der Bauer antwortete ihr; „LaB
mich in Ruh; unsere Dummheiten werden
uns so viel schaden und kosten, daB wir fiir
heuer fertig sind. Wie du weiBt, haben wir
uns manchmal auf deinen Wunsch und auf
meinen das Vergnùgen gemacht, es auf
die verkehrte Weise zu tun, und davon
hat mich der Erzpriester nicht lossprechen
wollen."
Und er erzàhlte ihr den ganzen Vcrlauf
der Beichte und von dem versprochenen
Weine und fuhr fort: „Du weiBt, daB wir
nicht mehr als fiinf Eimcr haben, und einen
Teil wolltc ich aufheben bis zur Erntc und
8
zum Dreschen; wenn wir ihn ihm geben, so
blcibt uns nicht, was wir fiir uns brauchen,
und wir werden sclber Wein kaufen miissen.'*
Die Frau sagte: „Sonst noch etwas?"
Der Mann antwortcte: „Ich dàchte, es ist
das schon zu viel."
Sic sagte: „Wann soli er ihn holen
kommen?"
Der Mann antwortete: nAm Tage nach
Ostern nach dem Essen."
Die Frau sagte: „Mach du dir keinen
Kummer mehr; ich werde ihn schon befrie-
digen, ich schon!"
Am Tage nach Ostern gab sie am Morgen
ihrem Manne einen Korb mit Eiern und
Kàse, mit dem Auftrage, ihn nach Urbino auf
den Markt zu tragen und die Sachen zu ver-
kaufen; und in ihrer Bosheit befahl sie ihm,
nicht vor dem Abende nach Hause zu kom-
men, Und das alles tat sie nur deshalb,
damit ich ihn nicht tràfe und er mir den
Wein nicht geben kònne; denn bàtte ich ihn
getroffen, so bin ich sicher, daB er mir ihn
gegeben bàtte, weil meine Forderung billig
war und es anders unrecht gewesen wàre.
Da ich von dieser Auseinandcrsetzung
und ihrer Narrheit und Undankbarkeit nichts
wuBte, mietete ich zwei Lasttiere und ging
mit meinem MeBhelfer um den Wein; ich
pochte an die Tur und sie antwortete mir:
„Mein Mann ist nicht daheim; er hat in Ur-
bino etwas zu besorgen und kommt nicht vor
Abend nach Hause, WoUt Ihr etwas? Sagt
es mir."
Und dann woUte sie, da6 wir unten im
Keller einen ImbiB einnàhmen.
Als sie dcn Wein dazu ablieB, nahm sie
keinen Krug, sondern entschuldigte sich,
daB er zerbrochen sei, und lieB den Wein
in einen groBen Becher ab; und das tat sie
mit einem Zapfen vorne an dera Weinfasse,
neben dem wir saBen.
Wir tranken jeder einen Schluck und
nun ging sie zur hintern Seite desselben
Fasses und zog, wieder mit einem Zapfen,
von dcmselben Weine ab, und wir tranken
zum andern Male.
Ich verwunderte mich baB und konnte
mir nicht entràtseln, warum sie so tat.
Und sie fragte mich: „Sagt mir, Herr
Erzpriester, welchen von den beiden Wci-
nen haltet Ihr fiir besser?"
Ich antwortete ihr: „Mir scheint es
cinerlei und der Geschmack ist derselbe;
der Wein ist ja auch aus demselben Passe."
Nun wandte sie sich aufbrausend zu mir
und sagte: „Zum Teufel mit Euch, daB Euch
der Herrgott schànde! Wenn es bei dem
Weine in dem Passe da einerlei ist, was hat
es Euch dann zu scheren, ob ich es mit
meinem Manne von vorn oder von hinten
mache? Uns schmeckt es so und wir neh-
10
mcn vorlieb damit, wir tuns im Einvcrstànd-
nis und wir tuns mit dem unserigcn; was ist
also schicchi daran, wo ist da cine Sùnde?
Ihr solltet Euch schàmen, packt Euch."
Und statt des Weines hatte ich dicse
Niedertràchtigkeit, und ich war froh, als ich
drauDen war.* "
Als Ser Tommaso diese Geschichte be-
endet hatte, sagte er zum Pfarrer: „Wenn
Ihr mir nicht gleiches mit gleichem ver-
geltet, so blcibt Ihr mein Schuldner."
Der Pfarrer antwortete: „Ich will nicht,
daB Ihr meine Schuld erst eintragt; ich
werde sie auf der Stelle bezahlen," Und er
erzàhlte die Geschichte , die hinter dieser
, f olgt , zu der sie ein hiibsches Gegen-
Istiick ist.
NAhe bei Florenz, nur vier Meilen ent-
fernt, liegt ein Dorf, wo viele Bauem
[wohnen, aber auch viele Stàdter ihre Palaste
[haben.
Unter diesen Bauern war ein armer
[Mann, der sich Cucina da Sesto nannte; der
iwurde vor den Vikar der Scarperia ge-
[laden, der dort der Herr war. Da sich Cu-
[cina keiner Schuld bewufit war, verwunderte
er sich sehr; und er konnte sich auf keine
Weise entràtseln, warum man ihn vorfor-
[dere.
Er erschien vor dem besagten Vikar,
LXXIV.
Wie der Pfarrer
Arlotto
Ser Tommaso Brogi
mit einer lustigen
Geschichte von
einem gewissen
Cucina aas Sesto
erwidert.
11
und dcr saB eben zu Gericht und lieB sich
die Streitigkeiten vortragen und sprach
Rccht; und weil Cucina schlecht gekleidet
war und armselig aussah, fertigte der Vikar
zuerst alle andern Leute ab, bevor er sich
zu ihm wandte und sagte: „Und du, du
Bettler, was willst du?"
Cucina antwortete: „Ich komme, um zu
gehorchen"; und indem er seine Miitze ein
wenig riickte, fuhr er fort: „Ihr habt um
mich geschickt; ich weiB aber nicht, was Ihr
wollt."
Der Vikar sagte: „Woher bist du und
wie heiBt du und was ist dein Geschàft?"
Er antwortete: nlch bin der und der und
werde gemeiniglich Cucina da Sesto gc-
nannt; ich bin ein armer Teufel und lebe von
der Arbeit meiner Hànde."
Der Vikar sagte: „Da bist du also der
gute Bursche, der mir wegen dieser netten
Dinge verklagt worden ist."
Und er erhob sich und fiihrte ihn in den
Saal hinauf ; als er ihm dort dieWippe geben
lassen wollte, sagte Cucina: „Herr Vikar,
ich bitte Euch um Gottes willen, wollt doch
nicht zornig werden! Fragt mich, was Ihr
wollt, und Ihr werdet finden, daB ich Euch
die Wahrheit sage; wenn ich Euch gehorche,
warum wollt Ihr mir den Leib vcrderben?
Ich bin ein armer Mann, lebe von meiner
Hànde Arbeit, ertrage gern jede Mùhe und
12
bin liberali in Sesto und ringsum in der
Ebene bekannt. Ich weiB, daB Ihr klug und
giitig seid und mir auf keine Weise unrecht
tun werdet; ich bàtte nicht herzukommen
brauchen, wenn ich nicht gewollt bàtte,
aber weil ich wuBte, wer Ihr seid, habe ich
nicht widerspenstig sein wollen, sondem
bin bereitwillig gekommen, undichempfehle
mich Ew. Herrlichkeit."
DerVikar, der ihn schon batte entkleiden
lassen, um ihm die Wippe zu geben, besànf-
tigte sich etwas und fragte ihn, ob er ein
Weib habe und seit wann.
Cucina antwortete: „Ich habe mein Weib
seit etwa fiinfundzwanzig Jahren, lebend im
SchweiBe."
Der Vikar sagte: „Schàmst du dich denn
nicht, daB du es mit ihr, wie mir von glaub-
wiirdigen Leuten berichtet worden ist, nicht
auf ordentliche Weise machst, sondem wie
die Tiere? Ist das vielleicht nicht wahr?
Wenn du ja sagst, so weiB ich es, und wenn
du nein sagst, so weiB ich es auch."
Cucina antwortete: „Herr Vikar, ich bin
ein Feind der Liige und habe mein Lebtag
noch nicht allzu viel gelogen. Die ganze
Woche gehe ich zur Arbeit, weil ich davon
lebe, und am Abende, wann ich gegessen
habe und zu Bette gehe, bin ich mùde und
schlafe augenblicklich ein. Dann und wann
kommt nun meiner Frau die Lust und sie
13
riickt zu mir; dann gebe ich ihr ihn in
die Hand imd sage: , Steck ihn hin, wo es
dich juckt*, und wo sie ihn hinsteckt, dort
stoBe ich zu, und wohin es geht, weiB ich
nicht. Ist das ein Fehler, so begeht ihn sie
und nicht ich, und wenn Ihr mir nicht
glaubt, so schickt um sie und fragt sie aus,
und Ihr werdet sehn, daB ich die lautere
Wahrheit gesagt habe."
Ober diese einfàltige und drollige Ant-
wort Cucinas begann der Vikar zu lachen
und er ànderte seine Absicht; er hieB ihn,
sich wieder anzukleiden, und gab ihm zu
essen und entlieB ihn mit den Worten:
„Hute dich, noch einmal herzukommen, und
wenn ich hundertmal um dich schicke."
LXXV.
Wie Arlotto er-
zahlt, daB er
ali Mcin ól tur die
Sterbenden ver-
hraucht hat.
DEr Pfarrer Arlotto wurde gefragt, wie
es ihm auf der Galeere gegangen sei,
und er antwortete: „0 ganz gut: mit der
Ware, die ich mitgenommen habe, habe ich,
Gott sei Dank, vielleicht das beste Geschàft
von alien gemacht, die auf den Galeeren ge-
fahren sind. Ich habe ein Bùchschen voli
geweihten òls mitgenommen, und Gott sei
Dank, ich bin alles losgeworden und bin heil
und gesund zurùckgekommen."
Er sagte die Wahrheit, weil auf dieser
Galeere alle, ihn allein ausgenommen, krank
geworden waren und jeder dritte Mann
hatte sterben mùssen.
14
AVI einer Rcisc nach Flandern fuhr der
Pfarrer Arlotto auf einer Galcere,
deren Kapitàn ein wackerer, umgànglicher
Mann, aber ein wenig knickerig war. Der
versorgte sich, bevor sie von Florenz auf-
brachen, mit einem tiichtigen Mundvorrat;
und unter anderm nahm er auch Màrz-
kàschen * mit , und die empfahl er dcm
Tafelmeister der Galeere zur besondern
Hut, und wann sie nach dem Fleische bcim
Nachtische waren, lieB er sich, wie es unserc
Gewohnheit ist, ein Stùckchen davon brin-
gen, aber kaum so viel, daB es fùr ihn selber
reichte.
Als das der Pfarrer bemerkte, sagte er
sich, daB er auch ctwas davon haben mùsse,
und eines Nachts ging er, die Hànde als
Leuchter, auf die Suche nach den Kàschen;
dabei stieB er an eine Truhe, auf der der
Tafelmeister, der Hitze halber ganz nackt,
auf dem Rùcken ausgestreckt lag, und
1 Die Màrzkàschen [marzolini) waren kleine
pyramidenfòrmige Kàse, deren Bereitung im Monate
Màrz begann; berùhmt waren besonders die von
Cavagliano im Bisenziotale, aber auch die von Lu-
cardo, von denen ein Stùck manchmal zweiundein-
halb Pfund wog. Die Florentiner lieBen sich, wenn
sie von der Heimat fern waren, gern diese Màrz-
kàschen schicken. (Vgl. Alessandra Macinghi negli
Strozzi, Lettere di una gentildonna fiorentina del
secolo XV, pubblicate da Cesare Guasti, Firenze,
1877, S. 87 und 315.)
LXXVI.
Wie der Pfarrer
dem Kapitàn
der Galeere Marx-
ftdsclien stiefJt
and sie gerieben in
einer Flascfit
verbirgt.
15
tappte mit der Hand just auf dcssen
Zagel , und der Tafelmeister sagte im
Schlafe: „Wer ist da?"
Der Pfarrer sagte: „Verzeiht, ich dachte,
es sei der meinige."
Der Tafelmeister schlief wieder ein, ohne
ihn zu erkennen oder etwas zu hòren, und
der Pfarrer fand schlieBlich die Màrzkàs-
chen und nahm zweie weg; noch in der
Nacht rieb er sie oder schabte sie vicl-
mehr mit dem Messer und steckte sie also
in eine groBe Fiasche, die sein Eigentum
war,
Wann er nun unter der Zeit etwas aC,
nahm er immer die Fiasche her und setzte
sie bei jedem Bissen an den Mund und aQ
so von dem Kàse. Und die, die ihm zu-
sahen, sagten manchmal: ,,Ihr habt wohl
cinen Schwamm im Leibe, daB Ihr gar so
viel trinkt."
Etwa nach drei Tagen mcrkte der Tafel-
meister, daB ihm zwei Kàschen fehltcn, und
er sagte es dem Kapitàn, und der lieB alsbald
alle Truhen der Mannschaft und die ganze
Galeere durchsuchen und lieB es unter An-
drohung der hàrtesten Strafen auf der Ga-
leere ausrufen, um so die Kàschen wieder-
zubekommen; aber er gab die Nachfor-
schungen bald auf und beschied sich, und
der Pfarrer lieB sich die Kàschen in der
Fiasche vortrefflich schmecken.
16
Als sie cines Tagcs beim Nachtische
waren, sagte endlich der Pfarrer: „Kapitàn,
ich mòchte von Euch ein freies Geleite, trotz
jeglichem Verdachte."
Lachend sagte der Kapitàn: „Ich bin es
zufrieden."
Als der Pfarrer das freie Geleite batte,
lieB er ihn an der Fiasche riechcn, und nun
wuBte der Kapitàn auf einmal, in welches
Land sein Kàse gezogen war; etwas be-
schàmt und voli Verwunderung lachte er
ùber den hùbschen Schabernack, und von
nun an liefi er mittags und abends so viel
Kàse auf den Tisch bringen, daB es fiir alle
reichlich langte.
ALs der Pfarrer einmal in Siena bei
einem befreundeten Geistlichen her-
bcrgte, nahm ihn der eines Tages zu einem
Freunde von ihm mit, dessen Haus etwa
vier Meilen weit aufierhalb der Stadt lag;
dieser Edelmann gab nàmlich ein Gastmahl
und eine Abendunterhaltung. Sie trafen
dort viele vornehme Leute und unter andern
auch zwei Gesandte des unùberwindlichen
Konigs Alfonso, und die hatten einen Narren
bei sich, der, ich sage nicht fùr Peitschen-
schlàge, aber fùr Stockpriigel nicht zu
gut war,
Er war dumm, viehisch, nichtsnutzig und
unanstàndig und ùberdies boshaft; und an
LXXVII.
Wie der Pfarrer
einem PossenreiBer,
dessen Benehmen
ihn empori,
eine tiichtige Tracht
Peitschenhiebe
versehafft.
Arlotto, Schwànke II.
17
diesem Abcndc war dcr beste und an-
stàndigste Scherz, den er machte, dafi er
mittcn in den Saal und auf den Pfarrer
und andere ordentliche Mànner pi6te, wes-
halb sich denn die Frauen und Màdchen,
die dort waren, als sittsame und ehrbare
Damen so schàmten, daB sic nicht wuBten,
wo sie sicli verstecken oder wohin sie
blicken soUten.
Dem Pfarrer wurde dieses Vieh hochst
verhaBt und er brùtete allwege auf Rache.
Da sich der Narr auch noch betrunken
batte, wurde er nach dem Essen zu Bette
gebracht, und kaum lag er drinnen, so
schlief er auch schon ein; da stieg der
Pfarrer neben ihn und verrichtete seine
Notdurft, sowohl das Pissen, als auch das
andere.
Nachdem er sein Geschàft im Bette be-
sorgt batte, wickelte er, der damals ein
j unger Mensch von etwa dreiBig Jahren und
stark und behend war, den nackten Narren
in das Leintuch, und zwar so, daB er sich
nicht ein biBchen riihren konnte, trug ihn in
den Saal, wo noch die ganze Gesellschaft
von Herren und Damen beisammen war,
und lieB ihn in der Mitte fallen und sagte:
„Schaut das hiibsche Kindchen; es hat sich
im Bett beschissen und bepiBt." Und cs
war ein widcrwàrtiger Anblick und sonder-
lich fùr die Damen, als sich der Narr ùber
18
und ùber bcschmutzt aus dem Leintuche
herausarbeitete.
Bei diesem Auftritte waren auch etliche
junge Leute, die sich gerade mit einem
hùbschen Spiele unterhielten, das mit Peit-
schen gespielt wird, womit es eincr dem
andern geben soli; als die nun sahen, was
vorging, lieBen sie ihr Spici * und liefen mit
ihren Peitschen auf den Narren los und
gaben ihm so viel Streiche, wie er nur zu
tragen vermochte. Und das schlimmste war,
dafì der Pfarrer die Tiir seiner Schlaf-
kammer abgeschlossen batte und nicht zu
bewegen war, sie aufzusperren; so muBte
sich denn der Narr wohl oder ùbel die ganze
Nacht bis zum Morgen mit dem Leintuche
behelfen.
' Das Spiel heiOt sowohl im Manuskripte als
auch in den Drucken iscangie oder scangie. Das
Wort ist in keinem Wòrterbuche zu finden und
scheint auch sonst nicht belegt zu sein; nur bei
Du Gange findet man Escangia = permutatio.
Benvoglienti meint in seinen handschriftlich erhal-
tenen Bemerkungen zu der Giuntinerausgabe der
Facetien Arlottos usw, von 1565 (Biblioteca Co-
munale di Siena, Ms. C. V. 6), daB es seiner Meinung
nach aus dem Franzòsischen komme. Im ubrigen
war dieses Peitschenspiel (gioco delle scorreggie]
ganz sonderbarer Art. Zwei oder mehrere Personen
entkleideten sich und die Sache liei darauf hinaus,
den Mitspielern gewandt das Hemd rùckwàrts auf-
zuheben und ihnen einen Peitschenhieb auf den nun
entblòQten Kòrperteil zu versetzen; vgl. unten die
Facetie 168.
2* 19
A Ls die Signorìa von Venedig den Her-
LXXYIIL
Was far barsche J^ zog Ercole von Ferrara befehdete und
der PfarZ'tlotto "^^ ^rieg ùberzog beschlossen der Herzog
dem Herzog ^on Maiiand und die erlauchte Signoria von
Federigo von Urbino Florenz, die mit dem erlauchten Kònige
gegeben hat. Ferrante verbùndet waren, den besagten
Herzog Ercole mit ali ihren Streitkràften
zu unterstiitzen, nicht so sehr seiner selbst
halber, sondern um die Stadt Ferrara zu
halten, weil ihre Einnahme durch die Vene-
zianer das Verderben von ganz Italien ge-
wesen wàre; und in Voraussicht dieser
Dinge nahm die Liga einen der ausgezeich-
netsten Feldherrn, die es in Italien gab, in
ihre Dienste, nàmlich den ruhmreichen
Fùrsten und tapfern Feldherrn, den er-
lauchten Herzog von Urbino Messer Fede-
rigo da Montefeltro, und der kam alsbald
an der Spitze eines groBen Heeres von
FuBsoldaten und Reiterei.
Als er von Florenz aus, wo er durch-
gezogen war ^, auf dem Uccellato jo ankam,
stieg er dort bei dem Wirtshause vom
Pferde; und auf dem Wege zum Stalle,
wohin er vielleicht seiner Notdurft halber
ging, begegnete er dem Pfarrer. Sic kannten
aber beide einander nicht.
1 Federigo kam am 28. Aprii 1482 in Florenz an;
am 29. brach er schon wieder auf. Ein paar Menate
nachher starb er in Ferrara an einem Fieber, das
ihn bei diesem Zuge bcfallcn batte.
20
Er sagte: „Seid Ihr der Pfarrer Ar-
lotto?"
Der Pfarrer antwortete: „Ja."
Der Herzog erwiderte: „Dann will ich
Euch die Hand schiitteln,"
Der Pfarrer sagte: „Wenn Euch die
Hand nicht genùgt, so berùhrt mir auch das
Haupt und die Fiifie ^"
Der Herzog sagte: „Ich bin nicht
Christus."
Der Pfarrer antwortete: „Und ich nicht
Petrus,"
Man tadelte spàter den Pfarrer, daB er
auf die Frage des Herzogs: „Seid Ihr der
Pfarrer Arlotto?" nur „Ja" geantwortet und
nicht „Herr" und „Erlaucht" gesagt habe;
er hatte aber nur deshalb so kurz geant-
wortet, weil er ihn nicht kannte und nicht
so tun wollte wie der heilige Paulus, der
Christo geantwortet hat: „Adsum, domine."
DEr Pfarrer Arlotto war seiner Ange-
legenheiten wegen nach Rom gereist,
und der Papst Nikolaus, der ihn noch nicht
kannte, wollte ihn sehn.
Der Papst war sehr liebenswùrdig mit
ihm und sagte ihm, er liebe ihn wegen seiner
Gùte und Tugend, und er sei ihm schon von
vielen gelobt und empfohlen worden.
^ Toccare la mano hei6t sowohl die Hand be-
riihren, als auch die Hand schiitteln.
21
LXXIX.
Wie der Pap$t
Nikolaus
Arlotto kennen
lernen wollte und
wie ihm Arlotto
die Geschichte von
dem Blinden
und dem Esel
erzàhlt.
Darauf antwortetc derPfarrer: „Heiliger
Vater, seht zu, daB es Euch nicht so geht
wie einem Blinden, von dem ich Euch cine
Geschichte erzàhlen will.
Einer, der von Geburt aus blind war,
war in einer Gesellschaft von anstàndigen
Leuten, und da kam ein Mann mit einer
Melone; da die von alien als besonders
schòn erklàrt wurde, verlangte der Blinde,
man solle sie ihn befùhlen und beriechen
lassen, und dann sagte er: ,Das scheint eine
hùbsche Melone zu sein.*
Die Gesellschaft sagte, es sci in der
Tat so.
Nun sagte einer zu dem Blinden: ,Sag
einmal, wenn du dir ein einziges Ding auf
der Welt und das allerwunderbarste wàhlen
dùrftest, das du sehn wolltest, was wiirdcst
du zu sehn begehren?*
Der Blinde antwortete: ,Einen Esci.'
Nun wurde er wegen seines Unverstands
und niedrigen Sinnes von alien getadelt,
wcil sie meinten, er bàtte absonderlich be-
gierig sein mùssen, irgendein Weltwunder
zu sehn.
Er aber blieb fest dabei und sagte: ,Ich
habe nachgedacht und wieder nachgedacht,
und ich mòchte doch einen Esel sehn. Der
Grund ist aber nicht vielleicht der, daO ich
ihn deswegen, weil ich, wenn ich auf der
StraOe gehe, nichts andres bòre, als „Blin-
22
der, gib acht auf dcn Esel", fùr ein be-
sonderes Wunderding und fùr das schreck-
lichste Tier der Welt hielte; vielmehr halle
ich ihn nur deshalb, weil ich alltàglich bòre,
wie die Sehenden, von mir gar nicht zu
reden, aber auch zu einander so sagen, fiìr
das wunderbarste Tier der Welt und fùr das
fùrchterlichste, das den Menschen mehr
Schrecken und Entsetzen einjagt als alle
andern.'
Zwar versuchten ihm alle klar zu
machen, daB er sich gerade das niedrigste
und gemeinste und am meisten miCachtete
Ding einbilde und da6 er keine glùckliche
Wahl getroffen habe; aber der Blinde sagte,
er wùrde nie anders wàhlen, und lieB sich
von seiner Meinung durchaus nicht ab-
bringen,
Das woUte ich Euch, heiliger Vater, nur
deshalb sagen, damit es nicht vielleicht
Euch mit mir so geht, wie dem Blinden mit
dem Esel."
Der Papst, der sah, daB der Pfarrer Ar-
lotto ein guter, biederer Mann war, machte
ihm allerlei Anerbietungen, aber der Pfarrer
erbat sich nichts sonst, als daB er ihn in
seiner Pfarre bestàtige, die ihm von einem
màchtigen Bùrger bestritten wurde; und er
erhielt nicht vielleicht ein Breve, sondem,
wenn man so sagen darf, eine richtige Bulle,
und zwar gratis, weil es des Papstes Wille
23
LXXX.
Wie der Pfarrer
zwanzig Schwengel
voli Gewiirz
nach Briigge mit-
bringt.
war, daB sie ihn nichts kosten solite, und
wurde so mit Aufmerksamkeiten iiberhàuft,
dafì jeder glùcklich war, der ihn in seinem
Hause haben konnte. Und wàre nicht der
Papst gewesen, so bàtte er einen lang-
wierigen Rechtshandel fùhren miissen und
bàtte die Pfarre scbliefilicb docb verloren.
Nacb Rora war er auf einem Mietklepper
gekommen und mit secbs Dukaten in der
Tascbe und mit der strittigen Pfarre; und
in Rom erbielt er so viel Geschenke, daB er
secbs Ballen nacb Florenz beim bracbte und
dazu nocb einen pràcbtigen Mantel und ein
scbones Kleid, ein Pferd und etwa sieben-
unddreiBig Dukaten.
W\
le icb dir mebrmals gesagt babe,
macbte der Pfarrer etlicbe Fabrten
nacb Flandern; und wenn er mit den
Scbiffsberrn und den Reisenden nacb
Briigge kam, stieg er immer in dem Hause
des wobledeln Kaufmanns Tommaso Porti-
nari ab, der Handelsgesellscbafter der Me-
dici war.
Als er nun eines Morgens daran war,
nacb Florenz beimzureisen, sagten die jun-
gen Lente von der Bank zu ibm: „Pfarrcr,
werdet Ibr nocbmal mit den Galeeren
kommen?"
Er antwortete mit Ja.
Und sie sagten: „Da mòcbten wir, daB
24
Ihr uns eine Gefàlligkeit erwcisct; bringt
uns doch, wann Ihr wiederkommt, ctwas
hiibsches aus Florenz mit."
Der Pfarrer sagte; „Gern; was soli es
derni sein?"
Sie antworteten: „Irgend etwas auBcr-
{ewòhnliches, was man hierzulande noch
licht gesehn hat und was lachen macht und
tiesen Vlamen, die gute, lustige Leute sind,
^ergniigen bereitet."
Der Pfarrer sagte: „Bei meiner Wieder-
mft werde ich euch so etwas mitbringen."
Und er fuhr mit den Galeeren zuriick
lach Livorno, ging dort ans Land und
lehrte heim nach Florenz.
In wenigen Monaten wurde ausgerufen,
_ laB drei Galeeren nach Flandern abgehn
sollten, und der Pfarrer verstàndigte sich
sofort mit einem Kapitàn. Da er sich aber
erinnerte, was er den jungen Leuten von
der Bank der Medici in Briigge ver-
sprochen batte, ging er nach reiflichem
Nachdenken zum Glasofen und lieB zwanzig
hùbsche, naturgetreue Schwengel * machen,
die ehrlich die Hand fùllten, und lieB sic
mit den feinsten Gewiirzen fiillen und in
ein Kàstchen verpacken.
Bald waren die Galeeren wieder in
^ Im Originale battistei; so nannte man eine
Art von Flàschchen, die die Form des mit dcm Aus-
drucke Schwengel gemeinten Gliedes hatten.
25
Flandcm angelangt und kaum warcn die
Reisenden in Briigge eingetroffen, als schon
der Pfarrer von diesen jungen Leuten an-
gehalten und ins Haus der Medici gefiihrt
wurde; und nachdcm sie ihrer herzlichcn
Freude ùber das Wiedersehn Ausdruck
gegeben hatten, sagten sie: ,,Habt Ihr Euer
Versprechen gehalten?"
Er antwortete: „Freilich, und ich glaube,
ihr werdet zuf rieden sein; ich will euch das
Geschenk, das ich euch aus Florenz mit-
gebracht habe, beim Mittagessen geben."
An diesem Tage veranstaltete Tommaso
Portinari fiir etliche Barone und Ritter des
Herzogs von Burgund, der gerade in der
Stadt war, ein reiches Gastmahl; als nun
zur Essensstunde das Wasser fiir die Rande
herumgereicht war und sich alle zu Tische
gesetzt hatten, nahm der Pfarrer vier von
diesen Schwengeln aus seinem Àrmel und
legte sie der Reihe nach an Stelle der Ge-
wùrzbiichschen auf den Tisch und sagte zu
den jungen Leuten: „Das ist das Geschenk,
das ich euch versprochen habe. Seid ihr
zufrieden? Dann lòscht meinc Schuld."
Sie antworteten mit Ja.
Die edeln Herren, die bei Tische warcn,
begannen zu lachen und woUten die Gc-
schichte hòren, und nachdem sie gegessen
hatten, nahmen sic die vier Schwengel und
gingen damit an den Hof und crzàhltcn den
26
ganzen SpaB dem Herzog; der schickte so-
fort um den Pfarrer Arlotto, um die Sache
von ihm selber zu hòren, Damit und mit
andern Schnurren des Pfarrers unterhielt
er sich eine Weile und dann fragte er ihn:
„Habt Ihr ihrer noch mehr?"
Der Pfarrer antwortete: „Noch sech-
zehn."
Und er lieB alle sechzehn holen und
schenkte sie dem Herzog und seinen Hof-
leuten,
Nun fragte der Herzog: ««Sagt mir, gibts
in Florenz noch mehr?"
Der Pfarrer antwortete: nHerr, dort sind
noch so viel, dafi man damit sicherlich zwei
Galeeren beladen kònnte."
Fùr das Vergniigen, das ihm der Pfarrer
Lbereitet batte, schenkte ihm der Herzog
[nach vielen Anerbietungen so viel feines
Tuch und Bargeld, dafi es mehr als hundert
Golddukaten ausmachte. Und als der
Pfarrer in das Haus Tommasos zuriick-
gekehrt war, wurde er von den Kaufleuten
dort gefragt, was fiir ein Geschàft er mit
dem Herzog gemacht habe,
Er antwortete: „Hàttet ihr ein so gutes
gemacht, ihr sànget Jubellieder."
Und er zeigte ihnen das Geschenk, das
er von dem erlauchten, freigebigen Herzoge
erhalten batte.
27
LXXXI.
Wie es dem
Pfarrer durch einen
schnell ersonnenen
Possen gelangen
ist, Messer Rosella
um zwei Paar
Kapaune
and sieben Reb-
hiihner zu bringen.
ALs Messer Rosello ^ aus Frankreich
zuriickkehrte, hielt er sich der Pcst
halber nicht in Florenz auf, sondern machte
sich schon am nàchsten Morgen auf, um
nach Arezzo weitcrzureiscn. Und weil er
besorgte, daB die Reise seiner Gesundheit
nicht zutràglich gewesen sei, gedachte er
bei einem Freunde von ihm, einem Geist-
lichen, zu ùbernachten, der nicht weit ober
der Briicke in Levane wohnte und ein arm-
seliges Kirchlein mit jàhrlichen Einkunften
von etwa zwanzig Dukaten batte.
Als Messer Rosello ùber den Markt von
Figline ritt, kaufte er zwei Paar Kapaune
und sieben Rebhùhner; und um die vierte
Stunde des Nachmittags traf er mit viel-
leicht sechzehn Leuten, zwòlf Pfcrden, acht
Hunden und zwei Beizvògeln in Levane ein.
Sie stiegen von den Pferden und klopften
an die Tiir und der Pfarrer Arlotto ant-
wortete Messer Rosello und dieser sagte
1 Rosello di Giovanni Roselli (1399—1451),
Kanonikus von Florenz, wurde òfter mijt pàpstlichen
Gesandtschaften betraut; unter anderm ging er fùr
Martin V, als Nuntius zu Karl VII. von Frankreich
und auf die Rùckkehr von dieser Reise dùrfte sich
der folgende Schwank bezichen. Roselli war mit
Giovanni di Cosimo de' Medici eng befreundet und
als Dichter nicht unbedeutend, — Merkwiirdiger-
weise verlegt Baccini den Schwank, obwohl er durch
Rosellos Todesjahr befristet ist, in das Pestjahr
1479.
28
nach der BegrùBung: „Wo ist denn dcr
Geistliche und was macht Ihr hicr?"
Der Pfarrer antwortete: „Der Geistliche
ist in Casentino, um dort eine Versòhnung
zu stiften; es handelt sich um Todschlag.
Er ist heute friih weggegangen und wird
zwei Tage ausbleiben. Ich bin hier wegen
der Pest, die, wie Ihr gehòrt haben werdet,
in Florenz und liberali in unserer Gegend
ist, und bin jetzt der Hùter des Hauscs."
Messer Rosello sagte: „Ihr seid mir so
lieb wie er,"
Die Pferde waren rasch abgezàumt und
in den Stali gebracht, und der Pfarrer lieB
alsbald die Kapaune und die Rebhiihner,
denen sein erster Blick gegolten batte,
rupfen und in einem Topfe zustellen, um
sie zu sieden; er meinte nàmlich, dafi sie
gesotten nicht so leicht mitgenommen wer-
den kònnten, als gebraten.
Und ganz empòrt sagte er bei sich: „Es
ist wirklich nicht sehr rùcksichtsvoll von
dem vornehmen Herrn, mit dreifiig Essern,
Pferden und Menschen, zu einem armen
Geistlichen zu kommen, der kaum hundert
Lire im Jahre einnimmt."
Und schon batte er sich auch ausge-
dacht, was er tun wollte.
Er rief einen MeBhclfer, einen aufge-
weckten Burschen, und sagte ihm, wie er,
wenn man ihn fragen werde, zu antworten
29
habe, und befahl ihm, auf ein gewisses
Zeichen, das er ihm geben werde, drei-
mal starle die Totenglocke zu ziehn. Dann
nahm er Messer Rosello unter dcn Arm
und fiihrte ihn zum Zeitvertreibe durch das
Giitchen; er zeigte ihm die neu hergerichtete
und neu gedeckte Kirche und ging mit ihm
zur Besichtigung der Baumpflanzungen und
der Olivensetzlinge auf denWeinberg. Wàh-
rend er gerade den Geistlichen lobte und
zu Messer Rosello sagt: „Der Mann tut
Wunder; ich stanne nur, wie er bei einem
so kleinen Einkommen so viel hat tun
kònnen", zog der MeBhelfer gewaltig die
Glocke.
Messer Rosello sagte: „Was ist das,
Pfarrer?"
Der Pfarrer antwortete: „Es ist nichts
welter." Dabei hielt er aber Messer Rosello
fest unterm Arme,
Und kaum hatten sie ihr Gespràch wie-
der aufgenommen, als es zum zweiten Male
làutete.
Messer Rosello wurde ganz bleich und
sagte zum Pfarrer: „Was soli dieses wiedcr-
holte Glockengelàute heiBen?"
Der Pfarrer sagte: nAch, die Sache hat
nicht viel zu bedeuten; es ist ein Kind ge-
storben, das etwa sieben Jahre alt war.
Gottlob geht es jetzt schon besser: vorigc
Woche sind noch neun gestorben, aber
30
Goti sei Dank, in dieser sind es nur noch
drei,"
Messer Rosello, der noch immer mit dem
Pfarrer Arm in Arm war, wurde totenblaC;
und ohne noch um etwas zu fragen, rannte
er davon, rief augenblicklich seine Lcutc
zusammen, lieB die Pfcrde zàumen und
satteln und ritt, ohne noch ein Wort zu
sagen, auf und davon und in eincm Trabe
bis Quarata, von wo cs nicht mehr als drei
Meilen nach Arezzo sind, Er klopfte an
die Tur des dortigen Wirtshauses und der
Wirt, der vom Schlafe aufstehn muBte,
sagte, baB verwundert: „Was bedeutet das,
daB Ihr so spàt daherkommt? es fehlt ja
nur noch eine Stunde auf Mitternacht. Ist
Euch vielleicht auf dem Wege etwas zu-
gestoBen?"
Die Angst und die Anstrengung des
nàchtlichen Rittes und der Munger lieBen
Messer Rosello kaum ein Wort heraus-
bringen, wie ihm davon auch schier der
Schlaf vergangen war; immerhin erzàhlte er
dem Wirte die ganze Geschichte, und der
antwortete ihm und sagte: „Messer, das ist
bestimmt ein Aufsitzer gewesen; ich ver-
sichere Euch, auf der ganzen StraBe von
Incisa bis hieher und von da bis nach Rom
gibts nicht einmal einen mit Kopfweh."
Messer Rosello sagte: „Dann war es
also einer von den Streichen des Pfarrers
31
Arlotto; unangenehm ist mir nur, da6 wir
zwei Paar Kapaunc und sieben Rebhùhner
bei ihm gelasscn haben."
Nun sagte einer von den Knechten:
„Und wir haben bei der Hast und Angst,
die Ihr uns eingejagt habt, zwei Halfter,
cine Beschlagtasche und eine Falkenhaube
vergessen."
Messer Rosello sagte: „Das schlimmste
dabei ist, da6 nichts wiederzubekommen
sein wird; denn was man bei einem Geist-
lichen vergiBt, das ist mehr verloren, als
wenn es ins Mecr gef alien wàre."
Nichtsdestoweniger lieB es sich der
Pfarrer nicht nehmen, Messer Rosello in
einem Briefe, den er ihm nach Arezzo
schrieb, wegen der Rùcksichtslosigkeit zu
tadeln, dafi er mit einer solchen Rotte bei
einem armen Geistlichen eingekehrt sei;
und als der Geistliche von Casentino zu-
rùckgekommen war, lieBen sie sich beide die
zwei Paar Kapaune trefflich schmecken.
LXXXII.
Wie der Pfarrer
den Bauern im
Settatale, die ihrem
armen Pfarrer beim
Opfer Mcftlecfite
Quattrini gahen,
eine ordenliicfie
Zurechtweisung
erteilt fiat.
AUf der Riickkehr von Bologna, wo er
in Geschàften zu tun gehabt hatte,
nahm der Pfarer Arlotto den Weg durchs
Settatal und besuchte dabei einen befreun-
deten Geistlichen einer Dorfkirche in Creda,
das zu Bologna gehòrt und im Gebirge liegt,
und blieb etliche Tage bei ihm. Da be-
merkte er mehrerc Male mit groCer Ver-
32
wunderung, was fiir schlechte Quattrini der
Geistlichc beim Opfer und fiir die Kerzen
bekam; an dcnen, die er beim Opfer er-
hielt, lag dcm Geistlichen ja weniger, weil
sie ihn nichts kosteten, desto mehr aber
an denen fùr die Kerzen, da er diese so
aus seiner Tasche bezahlen muBte. Und der
Pfarrer sagte zu ihm: „Kùmmerst du dich
denn gar nicht, was fùr Geld du einnimmst?"
Der Geistliche antwortete: „Was soli
ich tun? Ich habe es ihnen oft und oft
einzeln und in aller Freundschaft gesagt,
und weil das nichts genùtzt hat, habe ich
es ihnen auch in der Kirche gesagt; aber
da ist Zeit und Mùhe verloren und ich
muB Geduld haben und mich mit ihnen ver-
halten, so gut ich eben kann."
Der Pfarrer sagte: „Soll ich Abhilfe
schaffen? ich habe das Herz dazu und es
soli nicht lange dauem, so will ich sic
dahinbringen , daB sie selber dir kein
schlechtes Geld mehr geben wollen."
Der Geistliche antwortete: „Ich bitte
Euch darum, und tut das nur so schnell,
wie mòglich, aber ohne Àrgernis."
Am Morgen des Sonntags lieB der
Pfarrer um einen Bolognino Schwefel kau-
fen und unterrichtete den MeBhelfer, was
er zu tun habe; und weil das ein durch-
triebener Bursche war, verstand er auch
durchaus, was ihm der Pfarrer sagte.
Arlotto, Schwànke II. 3 ^
Sie sangen eine Messe und es war viel
Volk da, und als beim Evangelium am
Aitar geràuchert wurde, geschah es mit
trefflichem Weihrauch und mit der schul-
digen Feierlichkeit und Ehrfurcht und An-
dacht, wie es in unserer Kirche, unserer
heiligen Mutter, gebràuchlich ist; dann
aber, als der MeBhelfer zum Aitar zuriick-
kehrte, nahm der Pfarrer, der an diesem
Morgen die Messe las, den Lòffel von
neuem und leerte ihn dreimal voli Schwe-
fel ins RauchfaB, und der Mefihelfer ging
die Gemeinde in der ùblichen Weise an-
ràuchern,
Als das Volk den màchtigen, entsetz-
lichen Gestank roch, der sich verbreitetc,
hielten sich einige den Mund und die Nasc
zu, die meisten aber liefen aus der Kirche,
weil sie es drinnen auf keine Weise aus-
halten konnten, und sie muBten so langc
drauBen bleiben, bis sich der Ranch und
Gestank verzogen batte. Und iiber die
MaBen crbost, gedachten sies dem Geist-
lichen heimzuzahlen und es war untcr
ihnen ein groBes Gemurmel, so daB der
Geistliche anfing, Angst zu bekommen.
Er trat an den Aitar und sagtc zum
Pfarrer: „Ihr habt zu vici getan; Ihr kennt
die Lente im Gebirge nicht: sie sind bos-
haft und aufbrausend, und mich diinkt die
Sache nicht recht geheuer, weil mehr als
34
einer da ist, der mir schon droht, sich an mir
zu ràchen."
Der Pfarrer antwortete: „Beruhige dich
nur; wann die Messe zu Ende sein wird,
werde ich alles so in Ordnung bringen, daQ
du zufricden sein wirst."
Und die Messe war schier noch nicht zu
Ende, als auch schon die Bauern dem
Geistlichen den Weg verstellten und sich
mit heftigem Kopfschiitteln und viel un-
glimpf lichen Worten iiber den Schimpf be-
schwerten, der ihnen mit dem Schwefel an-
getan worden sei.
Nachdem der Pfarrer den Aitar ver-
lassen und den Ornat abgelegt batte, ging
er mit einer Miene, als ob er von der ganzen
Sache gar nichts wiiBte, zu den làrmenden
Bauern und begann ihnen bòse Worte zu
geben; sie beschwerten sich ùber den Geist-
lichen, und der antwortete, er wisse von
nichts.
Nun rief der Pfarrer den Mefihelfer
herbei und fragte ihn, was es fiir eine Be-
wandtnis mit dem Schwefel habe.
Der antwortete: „Pfarrer, die beschwe-
ren sich ohne Grund und AnlaB, und weder
Euch, noch den Geistlichen, noch mich trifft
die Schuld daran, sondern nur sie selber.
Gestern bin ich beim Gewùrzhàndler
gewesen, um Weihrauch zu kaufen, und
habe ihm das Geld gegeben. Da hat er
3* 35
gesagt, cs sei nichts wert, und hat mich
gcfragt, woher ich es hàtte. Ich antwor-
tete ihm: ,Das sind die Kerzengroschen,
die wir von der Gemeinde bekommen.*
Nun gab er mir aufgebracht ein biBchen
Wcihrauch, so daB es kaum fiir den Aitar
langte, und hierauf den Schwefel und
sagte: ,Der ist fùr die Gemeinde; fùr ein so
schlechtes Geld gibts nichts andres als
Schwefel.'
Ich bin nach Hause gegangen und habe
getan, was er mir aufgetragen hat."
Der Pfarrer kehrte sich zu den Bauern
und sagte: „Der Geistliche hat recht und
ihr unrecht; schàmt ihr euch nicht, den
Herrgott so zu verhòhnen? Merkt euch
nur, was der MeBhelfer sagt, wie euch der
Kaufmann behandelt hat, und der hat nur
scine Schuldigkeit getan."
Beschàmt gaben die rohcn Bauern das
Versprechen , dem Geistlichen kùnftighin
zum Opfer und fiir die Kerzen nur gutes
Geld zu bringen, und sie hielten es auch.
LXXXIII. A j^ einem Montagc sah der Pfarrer Ar-
aJ» er^wàhrend "^^ lotto, wie der Geistliche zur Messe
teinet Aufenthaltes làutete, sah aber auch, daB das Glocken-
im Settatale gebimmel ebenso wenig nùtzte, wie daB er
^wZÌ'énla^en" ^^° Bauern schon òfter die Wahrheit ins
niemand'zur^Metie Gesicht gesagt batte; an Wochentagen kam
niemand von der Gemeinde in die Kirche,
36
hòchstens dann und wann ein paar alte
Weiber.
Und der Gcistliche sagte: „So machen
sie es immer, und meistens lese ich die
Messe nur fùr den Helfer und sonst nie-
mand."
Der Pfarrer sagte: „Das nimmt mich
wunder, weil hier keine Armut ist, sondern
alle vermògend sind; bei meiner Gemeinde,
die durchwegs arm ist, geschieht es nie,
daB nur wenige kàmen, vielmehr sind es
immer dreifiig oder vierzig. Morgen will ich
doch einmal sehn, was fiir Leute kommen,
und dann werde ich der Sache abhelfen."
Am nàchsten Morgen lieB ers sich nicht
nehmen, statt des MeBhelfers selber zu
làuten, und làutetc Sturm, und das mehr
als cine Stunde lang.
Als die Bauern Sturm làuten hòrten,
rannten sie allesamt, alt und Jung, zur
Kirche, auch die von den Dòrfem in der
Umgebung, und alle mit SpieBen und Arm-
brùsten und sonstigen Waffen, und fragten
den Pfarrer, warum er làute.
Er antwortete: „Damit euch Goti
schànde und der Teufel hole, ihr nieder-
tràchtige Lumpen, die ihr seid; zum guten
rùhrt sich keiner, zum schlechten aber lauft
ihr alle zusammen. Euer Geistlichcr bim-
melt den ganzen Morgen und da kommt nie-
mand; schàmt ihr euch denn nicht?"
kommt,
Sturm làutet und
alto seinen Zweek
erreicht.
37
LXXXIV.
Wie der Pfarrer
einmal die Suppe
mit einem
T otenschddel
bereitet, um einige
làstige Esser
loszuwerden.
Von nun an besuchten sie die Kirche
hàufiger.
DEr Pfarrer Arlotto hatte fiir einen
Sonntag drei Freundc von ihm zum
Essen geladen, und weil er mit ihnen keine
Umstàndc zu machen brauchte, hatte er
kein besonders groBes Mahl, sondern nur
das notwendigste vorbereitet.
Just als sie sich nach der Messe zu
Tische setzen wollten, kamen etwa ein
Dutzend Stàdter, die auf der Vogelbeize
waren, und riefen den Pfarrer und sagten,
sie seien gekommen, um bei ihm zu essen.
Er antwortete: „Seid willkommen!"
Wàhrend sie aber die Pferde anbanden,
holte er einen Totenschàdel, an dem, weil
er frisch war, noch das Fleisch battete,
versteckte das fùr die Mahlzeit bestimmte
fosche Fleisch und den Kochlòffel, nahm
einen Topf, worin eingesalzenes Fleisch in
einer Brùhe gesotten war, und sagte zu den
Jàgern: „Ihr seid willkommen; wascht
Euch die Hànde"; zugleich nahm er den
Totenschàdel und tauchte ihn in die Brùhe
und begann die Suppe zu bereiten.
Als das die Jàger sahen, bekamen sie
einen solchen Ekel, daB sie augenblicklich
weggingen.
Und der Pfarrer sagte: „Habt doch Ce-
dui d; ich mache die Suppe mit keinem
38
andern Lòffel als mit dem, womit ich selber
esse. Ihr konntet wohl ein wenig Geduld
haben."
Und so blieb er mit seinen Freunden
allein ^
ALs der Pfarrer Arlotto bei einem ein-
fluBreichen Bùrger speiste, der ihn
mit groBer Auszeichnung behandelte, vcr-
suchte es einer, der auch dort war, ihn mit
vielen Bitten und unterwiirfigen Worten
zu bewegen, daB er auf seine Pfarre ver-
zichte, und hielt eine lange Rede, indem er
sagte: „Piarrer, Ihr seid, wie Ihr wiBt, nun-
mehr alt geworden und da bilde ich mir
ein, Euch etwas gutes zu tun, wenn ich
^ Wie man sieht, ist diese .Facetie' nicht nur
scheuBlich, sondern hat auch keinen Sion; einen
Totenschàdel als Lòffel zu benutzen ist ein Ding
der Unmòglichkeit. Gleichwohl haben die altea
Ausgaben ebenso wie das von Baccini herausge-
gebene Manuskript ùbereinstimmend un teschio di
morto, was nur Totenschàdel heiOen kann; ein Aus-
weg wàre es, wenn man annàhme, daQ es z. B. un
teschio di porco lauten solite, was man dann viel-
leicht zur Not mit Hirnschale eines Schweins
wiedergeben kónnte. DaB eine àhnliche Textdeu-
tung schon làngst als notwendig empfunden wurde,
beweisen die spàtern Ausgaben, die von un teschio
d'un animale sprechen, was Ristelhuber wòrtlich
mit un cràne d'animai ùbertràgt; trotzdem hat Bac-
cini in der von ihm verfaOten Oberschrift des
Schwankes ausdrùcklich un teschio umano , „ein
Menschenschàde 1"1
LXXXV.
Wie sich der
Pfarrer der
Zumutung eines
falschen Freandes
erwehrt hat, der ihn
zum Verzichte
auf seine Pfarre
bewegen wollte.
39
Euch zurede, auf Eucre Pfarre zu verzich-
tcn, und zwar zu Gunsten eines ordent-
lichen, gutcn jungen Mannes, der anstàn-
dig, gelehrt und klug ist, so daB Ihr sie
keinem bessern ìibertragen kònntet; er wird
Euch ein Sohn sein und Euch wie einen
Vater chren und wird nichts dawider
habcn, daB Ihr die Einkiinfte selber ver-
waltet und Zeit Euers Lebens fiir Euch
verwendet. Ihr kònntet mir antworten,
daB Ihr Euch darauf nicht verlassen woUt;
aber da antworte ich Euch, daB die Ein-
kiinfte Jahr fiir Jahr auf den Heller und
eher noch etwas hòher festgestellt und
in der Bank in Florenz, die Ihr vorzieht,
eingelegt werden sollen, und das Geld soli
Jahr fiir Jahr bezahlt werden, und wir
werden Euch eine Sicherstellung geben, wie
Ihr sie wollt und nach Euerer Wahl."
Der Pfarrer, der wohl verstanden batte,
worauf diese ganze Rede hinauslief, er-
widerte auf jeden Teil besonders, indem
er viel gewichtige Griinde anfiihrte, warum
er eine solche Dummheit nicht machen
kònne, diirfe und wolle; und zwar sagtc
er: „Eigentlich solite ich Euch fiir Euere
Giite danken, daB Ihr mich beute zum
Essen eingeladen habt, aber ich tue es
nicht, weil ich sehe, daB Ihr es nicht aus
WohlwoUen getan habt, sondern um Eucr
Trachten und Euern Zweck zu errcichen.
40
Ihr sagt, ich sei alt, und das ist wahr; wenn
ich aber auf die Pfarre verzichte, wiirde
ich da j ùnger? Ihr bildet Euch ein, mir
etwas gutes zu tun, und ich antworte Euch,
daB ich ganz zufrieden bin und daB ich,
wenn ich etwas bessers suchte, das gute
verlòre und erst nichts bessers fànde. Ihr
ratet mir, zu Gunsten eines jungen Mannes,
der gut ist usw., zu verzichten; ich glaube
Euch ja, daB er gut ist, aber ich wiirde mich
weigern, zu Gunsten eines bessern zu ver-
zichten, weil ich unmòglich glauben kann,
daB er besser und, wie Ihr sagt, ordent-
licher ist als ich. Und daB er klùger und
gelehrter sein soli, darauf antworte ich
Euch, daB ich mein Lebtag manche gesehn
habe, die mit ihrem klùger und gelehrter
sein woUen als die andern schlieBlich als die
gròBern Narren dagestanden haben und es
fùr immer geblieben sind. Und das kònnte
zutreffen, wenn er an meiner statt wàre;
beginge er nicht eine groBe Narrheit, wenn
er sich einredete und meinte, daB einer
klùger und anstàndiger sei als ich? Das
kann also kein Grund fùr mich sein, es zu
tun, und ich bin der Meinung, daB sie kei-
nem bessern ùbertragen werden kann als
mir selber. Er wird mir ein Sohn sein und
mich wie einen Vater halten; daran zweifle
ich nicht, weil Ihr und ich unser Lebtag
oft genug gesehn haben und alltàglich sehn,
41
wic sich der Sohn iiber den Vater erbost,
ihn schlecht behandelt und ihn endlich
schlàgt, und wer gàbe mir die Sicherheit,
dafi das nicht auch bei mir zutreffen
kònnte? es wàre nicht besonders klug von
mir, mich in diese Gefahren zu begeben
und es darauf ankommen zu lassen: es ist
unmòglich, daB zwei Menschen dasselbe
Hemd anziehen und anhaben. Ich frage
Euch, was ist besser: dafi eine Pfarre zwei
Pfarrer liat, oder dafi ein Pfarrer zwei
Pfarren hat? Die Antwort ist nicht schwer.
Ihr bietet mir an, da6 er mir den Nutzen
der Pfarre lassen werde, solange ich lebe;
aber ist es nicht kliiger, ich bleibe, was ich
bin und habe den Nutzen ohne Verpflich-
tung, als da6 ich auf sie verzichtete und
jemand anderm verpflichtet wàre? Weiter
sagt Ihr, ich solle bei der Bank, die ich will,
sicher gestellt werden, und die Einkùnfte
sollten mir mein Lebtag verbleiben; dafiir
ist es aber unmòglich, eine Sicherheit zu
finden, die mir geniigen wiirde. Ihr kann-
tet ebenso wie ich den edeln Ritter Messer
Palla degli Strozzi ^ als den reichsten Mann
^ Eine Biographie von Palla de' Strozzi
(1372—1462) steht bei Bisticci, zit. Ausg,, III, S. 9 ff.;
Nachrichten ùber ihn findet man auch bei Voigt,
Die Wiederbelebung des classischen Alterthums,
3. Aufl., Berlin, 1893, I, S. 289, wo es heiOt: „Leicbt
h&tte der Strozza seinen Rivalen Cosimo Medici
42
von Florenz und den gròBten und ange-
sehensten Biirger, dcr mehr Kredit hatte
als irgend jemand in Italien, und wìr sahen,
wie er eines Abends mit ali diesem danze
schlafen ging und am nàchsten Tage um
die dritte Morgenstunde verbannt und aus
seiner Vaterstadt vertrieben war, ohnc Vcr-
mògen und ohne Kredit, weil er auf einmal
alles verloren hatte. Wem wollt Ihr also,
dafi ich vertrauen solite? ich traue niemand
sonst als mir selber. Ich tue es um keinen
Preis und will nicht den Herrgott so tief
beleidigen und nicht mir selber so groBc
Ungelegenheiten machen, will auch nicht
in meinem Alter fiir einen gròBem Narren
gehalten werden, als ich wirklich bin."
ALs der ehrwiirdige Herr Kardinal von
S. Pietro in Vinculis ^ auf der Rùck-
reise von Frankreich, wo er als Legat ge-
wesen war, durch Florenz kam, ging unser
auch im màcenatischen Ruhme erreicht, wàre nicht
nach dem Siege des letzteren cine ewige Ver-
bannung und Confiscation der Gùter das Loos des
Gegners gewesen. Achtundzwanzig Jahre brachte
der schon hochbetagte Palla im Exile in Padua zu.
Die Philosophie , der er sich in den Tagen der
Jugend befreundet, war jetzt sein Trost und seine
Stùtze." Vgl. auch Rossi, // Quattrocento, Milano,
S. 26 ff .
^ Baccini nennt als den hier gemeinten Kardinal
kurzweg Nikolaus von Cusa; das ist aber unmog-
LXXXVI.
Was fiir eine
Antwort der Pfarrtr
dem erlauchten
Lorenzo de' Medici
in Gegenwart eineg
Kardinals
gegeben hai.
43
Pfarrer Arlotto eines Tages zu ihm essen;
der Kardinal lieB es an Aufmcrksamkeiten
und Anerbictungen nicht fehlen, so daB
sich der Pfarrer liber so viel Giite baB ver-
wunderte,
Sie hatten sich eben vom Tische er-
hoben, als Lorenzo il Magnifico den Kar-
dinal besuchen kam; und nachdem er ihn
begrìiBt batte, wandte er sich zum Pfarrer
und sagte: „Wie gehts Euch, Pfarrer?"
Der antwortete: „Ich bin auf den Hund
gekommen."
Dann sagte Lorenzo: „Und was woUt
Ihr hier?"
Der Pfarrer antwortete: „Das Gegenteil
von dem, was die andern Geistlichen
wollen, die den gnàdigen Herrn besuchen,
um Pfrùnden zu erhalten, wàhrend ich zu
ihm gekommen bin, damit mir die meinige
nicht genommen werde,"
Weder der Kardinal, noch die andern,
die dort waren, verstanden diese beiden
Antworten, die der Pfarrer dem Magnifico
gab; der aber verstand sie.
lich: als Nikolaus von Cusa starb (1464), war
Lorenzo il Magnifico erst 16 Jahre alt, und im Jahre
1441, wo Cusa als Legat in Frankreich war, war er
noch gar nicht geboren. Hier handelt es sich um
den Neffen Sixtus IV., Giuliano della Rovere, seit
dem 16. Dezember 1471 Kardinal von S. Pietro in
Vincoli, der im Jahre 1476 als Legat in Frank-
reich war.
44
Der Pfarrer hatte einen Hund bei sich
und darum sagte er: „Ich bin auf den Hund
gekommen \" Alle andern abcr legtcn es
anders aus.
Auch die zweite Antwort verstand nie-
mand sonst als Lorenzo; dem war nàmlich
ein paar Tage vorher erzàhlt worden, cin
Geistlicher habe dem Pfarrer im Gespràche
nach vielen Worten gesagt: „Pfarrer, ich
werde Euch zum Trotze Euere Pfarre be-
kommen." Und der Pfarrer hatte lachend
geantwortet: „Ihr werdet tun, was Ihr
konnt, um sie zu bekommen, und ich werde
tun, was ich kann, damit Ihr sie nicht be-
kommt, und ich weifi, dafi der Erfolg eher
mir beschieden sein wird als Euch."
Und das war der Grund, dafi er zu Lo-
renzo sagte: „Ich will das Gegenteil von
dem, was die andern wollen."
Und der Kardinal, der in ihm einen
guten und wackern Mann fand, wunderte
sich, dafi er um gar nichts gebeten hatte.
Unter den hùbschen Geschichten, die
er dem Kardinal erzàhlte, war auch die
folgende:
* Im Originale heiBt es: Aveva in dosso il Pio-
vano un mantello di panno verde bruno e però
disse: ,Io son condotto al verde'; naturlich heiOt die
frùhere Antwort ebenso. Dieses im itbrigen wohl
recht màfiige Wortspiel ist unùbersetzbar.
45
LXXXVII.
Wie sich der
Pfarrer mìt einem
Einsiedler
vergleicht, um zn
schildern, was
er fiir cine Noi mit
dea Leuten hai,
die seine P forre
haben wollen.
DEr Pfarrer sagte: „Gnàdiger Herr, ich
habe in meinen alten Tagen wegcn
meiner Pfarre so viel Kàmpfe zu bestehn,
dafi ich nicht wei6, wie ich mich verhalten
soli, um in Frieden zu leben; den ganzen
Tag làBt man mir keine Ruhe, und wenn
es in Rom noch eine Fròmmigkeit gàbe, wie
einst, so wàre ich schon hingereist und
hàtte mich unserm Herrn zu FiiBen ge-
worfen und zu ihm gesagt: ,Heiliger Vater,
von diesem Stuhle habe ich sie erhalten,
und ihm gebe ich sie zuriick, und ich ent-
sage ihr in die Hànde Euerer Heiligkeit;
macht damit, was Ihr woUt und gebt sie
irgendeinem ordentlichen Manne und sorgt
fiir meines Lebens Notdurft, weil ich mich
in Euere Hànde befehle.' Weil aber diese
gute Zeit nicht mchr ist und weil es diese
frommen Mànner nicht mehr gibt, so werdc
ich das nicht tun; ich hàtte es auch nur
getan, um aller Schererei ledig zu sein und
wegen des Heils meiner Seele, so wie ein-
mal ein frommer Einsiedler getan hat, der
auf der Pilgerschaft war und auf der
StraBe mit einem Bòsewicht Gesellschaft
machte.
Sie unterbrachen ihren Weg eines
Trunkes halbcr und der Einsiedler bezahlte
den Wein mit ein paar Groschen, die er
als Almosen erhalten batte; sein GescU
sah, daB er sie aus einem Lappen oder
46
zerrìssenen Sacktuche zog und bildete sich
cin, der Einsiedler habe sehr viel Geld, und
faBte den Pian, ihn zu bestehlen.
Nachdem sie getrunken hatten, wander-
tcn sie welter bis zum Abende und herbcrgten
endllch in elnem Hospital, und dort wurden
ihnen, als sie schlafen gingen, zwei Betten
angewiesen. In der Nacht, so um den
crsten Schlaf, stand der Bòsewicht, in der
Meinung, der Einsiedler schlafe, leise auf,
um den Diebstahl auszufiihren; der Ein-
siedler war aber wach, und da er sich eben
ràuspern muBte, ràusperte er sich so stark,
daB der andere stehn blieb und etwa eine
Stunde wartete, bis er den zweiten Versuch
unternahm, ihn zu bestehlen.
Der Einsiedler, der das erkannt hatte,
hustete von neuem, und der andere blieb
wieder eine Weile stehn, und so auch ein
drittes Mal. Da nun aber der Einsiedler
sah, dafi er nicht schlafen durfte, sagte er
bei sich selber: ,Wenn ich so welter tue,
so kann das nicht sein, ohne daB ich in
meinem Herzen sùndigte und, wcil ich nicht
schlafen kann, an meinem Leibe Schaden
litte*; und damit stand er auf, nahm die
Lumpen mit den paar Groschen, machte
ein Biindel daraus und legte es mitten im
Hospital auf die Erde. Dann ging er
wieder zu Bette und schlief sanft bis zum
Morgen.
47
LXXXVIII.
Wie der Pfarrer
seinen Freund
empfangen hat, der
auf dai Geriicht
voti seinem Tode
nach Maciuoli
gekommen ist.
Als er erwachte, dankte er dem Hcrr-
gott und fand, daB sich der Schuft mit dem
Bùndel davongemacht hattc.
So solite eigentlich auch ich tun, um
den Unannehmlichkeiten zu entgehn, die
mir den ganzen Tag gemacht werden, damit
ich auf meine Pfarre verzichte; aber der
Einsiedler fand wieder Lente, die ihm Al-
mosen und Geld gaben, wàhrend es mir
nicht so erginge, weil ich nirgends Mitleid
fànde, und meine Pfarre wàre verloren,"
ES ging das Geredc, der Pfarrer Arlotto
sei auf seiner Pfarre gestorben, und
als man in Florenz davon sprach, machte
sich Antonio dal Ponte, der es augenblick-
lich nicht glaubte, auf den Weg, um ihn
zu besuchen und sich iiber die Wahrheit zu
vcrgewisscrn,
Als ihn der Pfarrer ganz bekìimmert
herankommen sah, sagte er: „Was gibts
denn? was soli das heiBen?"
Antonio antwortete: „In Florenz sagt
man, Ihr seiet gestorben; mir hat das sehr
leid getan, und weil ich es nicht glaubte,
so bin ich Euch besuchen gekommen, um
zu erfahren, ob es wahr ist/*
Der Pfarrer sagte: „Ich glaube, du wirst
eher gekommen sein, um etwas zu stehlen,
als um mich aus lauter Liebe zu besuchen.
Hàltst du es jetzt, wo die Ernte ist, fiir die
48
rìchtige Zeit zu sterben? Es wùrde mich
hart krànken, wenn ich sterben mùBte und
es wàre noch ein frischgelegtes Ei da; abcr --
noch hàrter kàme es mich an, wenn das Ei
schon gekocht und geschàlt wàre, und da
stùrbe ich in Verzweiflung. Mein lieber
Antonio, glaube es nicht, daB ich sterben
woUe oder daB ich es nòtig bàtte, und so
sag auch einem jeden, der sich um mich
erkundigt."
ZU der Zeit, wo unser erlauchter Lorenzo LXXXIX.
de Medici in Neapel weilte, um mit Mefnung'^e7'
den andern Gesandten wegen des Friedens jg„ Ausgang der
in Italien zu verhandeln \ sprach man in Reise
Florenz mancherlei, darunter auch, Lorenzo Lorenzos de' Medici
habe eine Unklugheit begangen, auf gut nach Neapel war.
Giiick hinzureisen; viele waren der Ansicht,
daB ihm der erhabene Kònig Unannehm-
lichkeiten bereiten werde.
Spàter solite sich freilich zeigen, daB
dieses Vertrauen auf die Hochherzigkeit
des Kònigs zum Heile Italiens war, und
man sah, wie viel Ehre er Lorenzo erwies
und mit welcher Hochherzigkeit er ihm als
weiser und ruhmreicher Fùrst entgegenkam.
Damals nun, als die Sache noch un-
geklàrt war, fragte ich eines den Pfarrer
^ Eine hùbsche Schilderung des kùhnen Unter-
nehmens Lorenzos steht im Widmungsbriefe der
52. Novelle des II. Teils von Bandellos Novelle.
Arlotto, Schwanke IL 4 49
Arlotto: „Glaubt Ihr, dafi unser erlauchter
Lorenzo heil von Neapel heimkehren wird?"
Er antwortete mir, das sei zweifellos, und
sagte: „Diese Geschichte wird geradeso aus-
gehn wie die von den zwei Leckern, die
einen fetten Kapaun mitsammen von einem
Teller verspeisten. Der , der vorschnitt,
legte sich alle bessern Stùcke vor, und
das behagte seinem Gesellen, der es be-
merkte, nicht sonderlich, weil er diesen
Teil gern selber gehabt bàtte, aber nichts-
destoweniger meinte er, einfach ùber den
FluB zu setzen und sich von der andem
Seite dranzumachen, sei nicht anstàndig;
da er sichs jedoch kcineswegs gef alien
lassen woUte, sagte er, als der Teller voli
war, zu seinem Gesellen: ,Ach die Welt ist
eitel und jede Hoffnung ist trùgerisch; alles
ist vergànglich.* Und er nahm den Teller
und sagte: ,Die Dinge dieser Welt drehn
sich so wie dieser Teller', und dabei drehte
er ihn, bis die guten Stiicke vor ihm waren,
machte sich darùber und begann zu essen.
Der andere, der vorgeschnitten batte,
verstand ihn sehr gut und sagte bei sich
selber: ,Du soUst dich getàuscht haben.' Er
nahm den Teller und drehte die gute Seite
wieder sich zu und sagte lachend: „Du
willst mein Gescll sein? Die Welt soli sich
drehn wie sie will, aber der Teller bleibt,
wo er ist.' "
50
Wle es schon bei dcr Unterhaltung der
Leute aus dem Volke geht, die die
Heimlichkeiten zwischen den Staaten und
Fursten nicht wissen kònnen, nichtsdesto-
weniger aber in ihrer Begier, alles zu er-
fahren, hin und wieder ùber die Neuig-
keiten, die in aller Munde sind, sprechen
und dabei manchmal das Wahre treffen, so
war es auch mit unserm Pfarrer Arlotto,
der auf die Frage, was er von dem Frieden
halle, der in Neapel von den Gesandten
der Màchie verhandelt wurde, zur Antwort
gab: „Friede wird ja bald werden, aber es
wird ein Mònchsfriede sein."
Nun wurde er gefragt: „Was ist das,
Mònchsfriede?" und er erzàhlte zu diesem
Gegenstande eine hiibsche Geschichte, die
folgendermaBen lautete:
„In unserer Stadt Florenz war eine Bar-
fùfierabtei und diese Abtei war nach der
alien Art gebaui, das hei6t in der Mitte der
Kirche war eine Mauer oder eine hòlzeme
Querwand, woran ein alies groBes Kruzifix
mit einer Kette oder einem Stricke befestigt
war, Wie ihr wiBt, ist es in den Barfùfier-
klòsiern Brauch, dafi die Monche siebenmal
am Tage die Horen beten und auf dem
Chore singen, wàhrend die Laienbrùder zu
jeder kanonischen Stunde etliche Pater-
noster und Avemaria sprechen, je nach dem,
wie es ihnen ihre Obern angeordnet haben.
XC.
Wie der Pfarrer
die Redensart
f.Einen Mònchs-
frieden macheti"
erlàutert.
51
In dicser Abtei war also ein gar from-
mer Laienbnider und der betete zu alien
kanonischen Stunden seine Paternoster und
Avemaria stets vor diesem Kruzifixe und
auf den Knien licgend. Als er nun eines
Tages um die Vesperstunde seine Andacht
verrichtete und vor dem Kruzifix kniete,
ri6, wie es Gottes Wille war, der Strick
oder die Kette, und das Kruzifix fiel auf
ihn und zerschlug ihm den Kopf , die Lenden
und einen Arm.
Die Monche liefen herbei und brachten
ihn zu Bette und holten den Arzt; und der
sagte, nachdem er ihn untersucht batte,
daB die Verletzungen schwer seien und daB
es schlimm um ihn stehe. Da er auch an-
ordnete, daB er beichte, kam ein Mònch zu
ihm und der erfand ihn, als er ihm die
Beichte abnahm, als einen einfàltigen und
herzensguten Menschen, dessen Einfalt aber
verderblich war, weil sich in scinem Hirn
die Meinung festgesetzt batte, das Kruzifix
habe ihm eine Unbill angetan; und der
Mònch konnte ihn nicht dazu bringen, daB
er dem Kruzifix verziehen bàtte.
Als der Mònch diese verstockte Narr-
heit sah, crzàhlte er das ganze dem Abte;
daraufhin besuchtc der den Kranken und
fragte ihn: ,Wie gehts dir?'
Er antwortctc: ,Schr schlecht.'
Und der Abt sagte: ,Ich verwundcre
52
mich, weil mir dein Beichtvatcr sagt, du
trùgest einen HaB gegen dieses Knizifix;
ist das wahr?*
Der Laienbrudcr antwortete: ,Ja, Vatcr;
wie solite ich denn keinen HaB gegen ihn
tragen, wo es fiinfzehn Jahre oder làngcr
her ist, dafi ich alle meine Stundengebete
immer vor ihm verrichte und es nicht an
einem einzigen Paternoster habe fehlen
lassen, ohne ihn bei alledem je um etwas
zu bitten, und jetzt fàngt er an, mich auf
diese Weise zu behandeln? Ich kann und
will ihm durchaus nicht verzeihen.*
Der Abt sagte: ,Ich meine, du machst
Frieden mit ihm', aber der Laienbruder
sagte: ,Ich tue es keineswegs.*
Als der Abt diese verkehrte Hartnàckig-
keit, verbunden mit einer solchen Einfalt,
sah, sagte er bei sich selber: ,Wer in Ein-
falt sùndigt, fàhrt in Einfalt zur Hòlle.*
Und er lieB das Kruzifix bringen und sagte
zu dem Laienbruder: ,Du weiBt, daB es jetzt
etwa sechzehn Jahre sind, daB ich dich ein-
gekleidet und in den Orden aufgenommen
habe; was hast du mir damals bei der Ein-
kleidung in diese Hand geschworen?'
Der Bruder antwortete: ,Armut, Keusch-
heit und Gehorsam/
Der Abt sagte: ,Du sprichst die Wahr-
heit, und nun befehle ich dir bei dem heiligen
Gelùbde des Gehorsams, daB du dieses
53
Kruzifix umarmst und kiiBt und ihm willig
verzeihst und daB ihr in jeder Weise Friede
macht miteinander.'
Und weil es ihm bei dem heiligen Ge-
horsam befohlen war, so tat ers und sagte:
,Vater, seitdem ich in diesen heiligen Orden
cingetreten bin, habe ich Euch immcr ge-
horcht und ich werde Euch auch jetzt ge-
horchcn.* Und er umarmte und kiiBte das
Kruzifix, verzieh ihm und machtc Frieden
mit ihm.
Als das Kruzifix wieder an seinen Ort
gebracht worden war, woUte sich der Abt
entfernen; aber er war kaum ein paar
Schritte gegangen, als der Bruder das Haupt
hob und sagte: ,Herr Abt, bitte, kommt noch
einmal auf ein biBchen zuriick.'
Nun sagte der Bruder zum Abte: ,Vater,
ich habe Euch gehorcht und Frieden gc-
macht und habe getan, was Ihr mir befohlen
habt; aber das eine will ich Euch sagen:
zwischen mir und ihm wird immer HaB und
Ùbelwollen sein.' "
XCI.
Was fùr eine
Geschichie
der Pfarrer einigen
vornehmen Biirgern,
die ihn beim
Stechen mit Rohr-
atócken getroffen
haben, zu teiner
Enttchuldigung
erzàhlt.
ETliche vornehme und gelehrte Biirgcr,
die sich auBerhalb von Florenz er-
gingen, trafen etwa zwei Meilen weit von
der Stadt auf einer Wiese hinter eincra
Hause einige Gesellen, unter denen auch
der Pfarrer Arlotto war, und die hicltcn
zu Pferde ein Stechen mit Rohrstòcken.
54
Der Pfarrer schàmte sich ein wenig, daB
ihn dicse vornehmen Mànner also sahen;
sie griiBten ihn und sagten: ,,Was macht
Ihr da mit dem Rohr in der Hand?"
Er antwortete: „Wir haben hier im
Hause gefruhstiickt und haben vielleicht
etwas zu viel geladen und sind von ungefàhr
alle oder zum grofien Teilc betrunken, und
so geht es mir, wie es den zchn Sterndeutern
ergangen ist, die durch ihre Wissenschaft
gesehn hatten, es werde an einem gewissen
Tage in ihrem Lande ein Regen niedergehn
und die Erde mit einem solchen Wasser
trànken, daB davon ein Gestank aufsteigen
werde, wovon alle, die ihn riechen wùrden,
Mànner und Frauen, groB und klein, den
Verstand verlieren wiirden, und das wegen
der Trockenheit und Diirre des Erdreichs,
weil es schon eine lange Zeit nicht geregnet
hatte.
Die Sterndeuter hielten Rat miteinander
und sagten: ,Wenn das Volk nàrrisch wird,
wir es aber so machen, daB wir den Ge-
stank nicht riechen, so daB er uns nicht
schaden kann, so werden wir die Herren
des Landes werden,'
Es kam der Tag, wo es rcgnen solite,
und die Sterndeuter verschlossen, ohne dem
Volke etwas gesagt zu haben, alle ihre
Tiiren und Fenster, so daB sie, als es
regnete, von dem Gestanke nichts vcr-
55
xcu.
Auf was fiir cine
Weise sich der
Pfarrer ati einem
jungen Menschen
ràcht, der cine
Forderung unbarm-
herzig eintreiben
will.
spùrtcn, wàhrend das ganze Volk davon
nàrrisch wurde und nichts mehr tat, als
lachen und tanzen; und als der Gestank
mit dem Wasser gewichen war, kamen die
Sterndeuter heraus,
Aber kaum sah sic das Volk, so liefen
alle auf sie los und sie muBten, wenn sie
weiterhin im Lande bleiben wollten, die
sàmtlichen Narrheiten mitmachen; sonst
wàren sie, wenn schon nicht erschlagen,
aber aus dem Lande gejagt worden.
So habe auch ich es mit diesen Leuten da
tun miissen; darum haltet mich fùr entschul-
digt, wenn ich mich albern betragcn habe."
IN Florenz war ein armer, aber gebildeter,
kluger und wohlanstàndiger Edelmann,
mit dem der Pfarrer innig befreundet war;
der Pfarrer batte ihm auch schon zu often
Malen ausgeholfen, einmal mit einer hùb-
schen Summe Geldes, dann wieder mit
andern Dingen, und ohne die Wohltàtigkeit
und den Beistand des Pfarrers bàtte cr
seine Familie von vierzehn Kindern, teils
Knaben und teils Màdchen, nicht ernàhrcn
kònnen.
Eines Tages mufite dieser Edelmann not-
gedrungen von einem Hàndler zwei Stùcke
Tuch auf Borg kaufen, das eine, um seine
Familie neu zu kleiden, das andere, um
damit Geld zu verdienen und sein Geschàft
56
zu betreiben; abcr es fehlte ihm noch die
Sicherstellung, die der Hàndler verlangte,
und der Edelmann wuCte nicht, an wcn
sich wenden.
Endlich nahm er scine Zuflucht wieder
zum Pfarrer Arlotto und erzàhlte ihm seine
Not; der ging mit ihm zu dem Hàndler und
verpflichtete sich, die Ware, wenn sie
binnen achtzehn Monaten nicht bezahlt sein
werde, selber zu bezahlen, Er merkte
zwar, dafi der Hàndler dem Edelmanne die
zwei Stiicke Tuch schier um die Hàlfte
teuerer angerechnet batte, als sie wert waren,
und das fiel auch noch vielen andem auf;
aber weil die Not dràngte, erkannte er Ver-
trag und Verpflichtung an.
Es dauerte nicht lange, so starb der
Edelmann und schied aus diesem Leben;
dem Pfarrer tat es herzlich leid um ihn,
sowohl weil er einen Freund verloren batte,
als auch wegen der armen Waisen, die nun
vaterlos und arm dastanden.
Nach einigen Monaten kam dann auch
die Zeit, wo das Geld fàllig war, und schon
am Tage nach dem Verfallstage kam der
Hàndler zum Pfarrer und sprach ihm von
der eingegangenen Verpflichtung, und wie
nun die Zeit da sei und daC er von der
Familie mit Rùcksicht auf ihre Armut nicht
einen Gulden verlangen werde, hingegen
von ihm bezahlt sein wolle.
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Dcr Pfarrcr sagte: „Ich bin es zufrie-
den." Und wirklich zahlte er ihm in
wenigen Tagen fast zwei Drittel der ganzen
Summe, nàmlich was er fùr den richtigen
Betrag hielt, und noch zehn Gulden dariiber
mit Rùcksicht auf die Zeit; dabei batte er
aber die Absicht, ihm nicht einen Heller
mehr zu geben,
Kaum waren jedoch zwei Monate vcr-
gangen, so begann ihn der Hàndler um den
Rest zu mahnen, und er antwortete: „Ich
habe kein Geld." Beim nàchsten Male
sagte er: „In vierzehn Tage werde ich dirs
geben," Und einmal batte er die Ausrede
und einmal eine andere, und so zog er die
Sache lànger als vier Monate hin.
Unterdessen batte der Hàndler einen
bcsonders eifrigen und geschickten jungen
Mann aufgenommen, der etwa achtzehn
Jahre alt und ein stattlicher Mensch war; als
der nun alle Schulden auszog, fand er den
Pfarrer Arlotto mit etwa achtundzwanzig
Goldgulden ohnc die Kreuzer belastet.
Binnen wenigen Tagen verlangte er sie
einmal, zweimal, hundertmal vom Pfarrer,
und dann begann er ihn noch nachdrùck-
lichcr zu belàstigen, indem er ihn auf dcm
Markte, auf dem Platze, auf der StraOe,
zu Hause und in der Kirche ohnc Rùck-
sich auf die Lcute, die zugegen waren, zu
mahnen anfing, und das tat er alltàglich, bis
58
der Pfarrer einen tòdlichen HaB gegen ihn
fafite und immer òfter erwog, wie er sich
ihn vom Halse schaffen kònnte; und cines
Tages ging der Pfarrer in die Abtei von
San Miniato a Monte, die von der Stadt
nur etwa zwei Bogenschùsse entfernt ist,
lieB sich den Abt rufen und sagte: „Ehr-
wùrdiger Vater, ich komme zu Euch wegcn
einer gar schmerzlichen Sache, die mich
seit kurzem betdriickt: einem Neffen von
mir ist eine seltsame Einbildung gekom-
men, so dafi ich glaube, er ist besessen oder
ein bòser Geist ist in ihn gefahren; es ist
noch nicht lange her, dafi er Narrheiten
treibt, und noch treibt er sie mit niemand
sonst als mit mir, und um ihn ist sehr
schade, weil er noch sehr Jung ist und viei
verspricht, Vorlàufig sagt er zu mir, aber
zu niemand anderm: ,Wann werdet Ihr
mir das Geld geben? gebt mirs doch; es
macht achtundzwanzig Gulden ohne die
Kreuzer.* Und wann immer er mich sieht,
nie hat er etwas andres im Kopfe als diese
Dummheit, so dafi er mir viel Schmerz und
Kummer bereitet. Nun weiB ich aber, daB
diese herrliche Reliquie, das Haupt des
glorreichen heiligen Miniatus, so wunder-
tàtig ist, daB ihm Gott, wenn er sie nur
einmal auf dem Kopfe gehabt hat, die
Gnade erweisen wird, ihn, um der Ver-
dienste dieses gebenedeiten Heiligen willen,
59
genesen zu lassen, Ich mochte also, daB
Ihr sie ihm, wenn es mòglich wàre und
Euch belìebte, an einem Tage in dieser
Woche auflegen lieBet,"
Der Abt antwortete: „Bringt ihn nur
her, wann es Euch beliebt."
Der Pfarrer bedankte sich und sagte:
„Ich werde ihn am Samstag bringen, aber
es wird notig sein, daB Ihr, wann ich mit
ihm dasein werde, sieben oder acht hand-
feste junge Lente an die Tùren stellt, damit
er nicht davonlaufen kann; Ihr wiBt ja, was
fùr verrùckte Dinge diese Besessenen trei-
ben, wenn sie Gebcte hòren und Reliquien
sehn, und bei ihm, der Jung und stark ist,
wird es besonders arg sein, und solite er
etwa einen Schlag oder Tritt brauchen, so
laBt ihn ihm nur unbedenklich geben, weil
ich keine gròBere Freude bàtte, als wenn
ihm diese Narrheit irgendwie ausgetrieben
wurde."
Der Abt sagte: „Bringt ihn nur her; wir
werden fùr alles sorgen."
Der Pfarrer verabschiedete sich und
ging heim nach Florenz und sagte bei sich
selber: „Ich werde dich schon so zùchtigen,
daB du mir keine Unannehmlichkeiten mehr
machen sollst."
Am Freitag ging er am Abende zu dcm
Hàndler und sagte zu ihm: „Ich komme zu
Euch, um mich endlich von dieser unwùr-
60
digen Knechtschaft, in der Ihr mich haltet,
loszumachcn. Wie Euch wohl bekannt ist,
verlangt Ihr diesen Rest unbilligerweisc,
weil es alien kund ist, daB Ihr dem armen
Manne das Tuch, das Ihr ihm verkauft habt,
um mehr als die Halite zu tener angerech-
net habt; und wollte ich es auf einen
Rechtshandel mit Euch ankommen lassen,
so bekàmet Ihr das Geld nie, und hàttet
Ihr die armen Waisen belàstigt, so bàtte ich
es fiir sie zuriickgefordert. Ich habe mich
aber entschlossen, nicht zu Gericht zu gehn,
sondern Euch das Geld zu geben; Ihr mùQt
mir jedoch einen Zahlungsaufschub gewàh-
ren, Ich habe den Brùdern von San Mi-
niato a Monte vierzig Klafter Holz ver-
kauft, die ich in meinem Busch geschlagen
habe, habe sie binnen zwanzig Monaten zu
liefern und soli die Bezahlung in zwci
Jahren erhalten. Wenn es Euch recht ist,
so will ich machen, dafi Euch der Abt das
Geld verspricht, und Ihr werdet in zwei
Jahren bezahlt werden; wollt Ihr nicht,
nun gut, einen andem Weg habe ich derzeit
nicht."
Dem Hàndler schien es eine Ewigkeit,
bis er das Versprechen in den Hànden
halten werde, um mit dem Pfarrer Arlotto
nichts mehr zu tun zu haben, und er be-
fahl dem Eintreiber, den Pfarrer am nàch-
sten Tage zeitlich friih abzuholen.
61
Am Morgen des Samstags kam also der
Eintreiber zum Pfarrer und der lag noch im
Bette. Nachdem er sich angekleidet batte,
gingen sic zu San Miniato, und als sie hin-
kamen, batten die Moncbe kaum das Hocb-
amt zu singen begonnen. Der Pfarrer
spracb mit dem Abte und der stellte so-
gleicb acbt junge starke Moncbe bin; und
der Eintreiber àrgerte sicb, weil er meinte,
man lasse ibn zu lange warten, nocb dazu
an einem Samstage, der fiir ibn cin wicb-
tiger Tag war.
Als das Amt zu Ende war, traten der
Pfarrer und der Eintreiber auf den Abt zu
und der nabm den jungen Mann bei der
Hand und begann ibm gute Lcbrcn zu
geben und sagte: ,,Mein Sobn, vertraue auf
Gott und den beiligen Miniatus, daB er dir
diesen Wabn aus dem Kopfe nebmen
wird" usw. usw.
Ba6 verwundcrt sagte der junge Mann:
„Heute ist Samstag, Herr Abt, und jetzt ist
keine Predigtzeit: icb bin bergekommen,
um zu erfahren, ob Ibr mir das Versprecben
geben wollt, fiir den Pfarrer acbtundzwan-
zig Gulden und etlicbe Kreuzer zu zablen;
wollt Ibr das tun?"
Da ibn der Abt von Versprecben und
Geld reden bòrte, war er erst recht der
Meinung, daB er vòllig verriickt sei, und
begann ibm von neuem zuzureden.
62
Nun fing der junge Mann an, ihm Grob-
heiten zu geben und ihm zu sagcn, daB cr
wohl nicht ganz bei Vernunft sei, und
woUte weggehn; der Abt wollte ihn fest-
halten, aber der Eintreiber versuchte sich
loszumachen und zerrifi ihm dabei die Kutte
und versetzte ihm einen Faustschlag,
Auf den Làrm liefen einige von den
jungen Mònchen herbei, um ihrem Abte
zu helfen, und die begannen ihm mit einem
Durcheinander von Faustschlàgen undFuB-
tritten tùchtig aufzuspielen, schleppten ihn
in die Sakristei und legten ihm, ununter-
brochen Gebete sprechend, das heilige
Haupt auf.
Und sie richteten ihn so her, daB er den
Abt um Verzeihung bat und wegging, ohne
noch etwas von Geld und Versprechen zu
erwàhnen.
Der Pfarrer war vorausgegangen und
hatte sich auf der halben Hòhe des Berges
hinter einem Hùttchen versteckt, so daB er
den Burschen, als er herankam, beobachten
konnte, wie er jammerte und, sich das Ge-
sicht trocknend, seinen Herrn, die Monche
und ihn verwùnschte; da sagte er zu ihm:
„Jetzt kannst du sehn, wie ich habe her-
richten lassen; sag deinem Herrn, daB ich
ihm, wenn er mich nicht in Ruhe làBt,
dasselbe und noch àrgeres antun werde."
Als der Bursche nach Florenz heim-
63
gckehrt war, erzàhlte er seinem Herrn dcn
ganzen Verlauf und wie dcr Pfarrcr ge-
droht hatte, ihms noch àrger zu machen.
Nun bekam auch dcr Angst, und so bc-
schlossen sic in ihrer Furcht und weil sic
ihr Unrecht einsahen, den Pfarrcr fortan un-
behelligt zu lasscn und das Geld nicht mchr
zu vcrlangcn, und so taten sic auch.
Die lustigc Gcschichte vcrbrcitctc sich
in Florcnz und wurdc etlichc Tage lang
herzlich bclacht, freilich nicht von dem
Eintrcibcr,
xeni.
Wie der Pfarrer
auf dem Alteri
Markte einigen
Freunden die Ge-
schichte von dem
Ratschlage
der Mouse erzàhlt.
ALs dcr Pfarrcr Arlotto cines Tagcs auf
dem Alten Markte mit einigen Freun-
den von ihm stand, sagte ciner von ihnen:
„Den und den Herrn solite man totschla-
gen." Und ein anderer antwortete: „Das
wàre ganz Icicht."
Da sagte der Pfarrer: „Freilich; es
wiirde sich nur darum handeln, den zu
finden, der die Schellc anhàngt."
Und zu dicsem Gegenstande erzàhlte er
cine Geschichte, die folgendermafien lau-
tete:
„Die Màuse beschlossen einmal, in Rom
cine Ratsversammlung abzuhalten , und
dazu riefen sic alle Màusefùrsten der
Welt, auch die aus Arabien und sogar aus
Indien zusammen; und als die alle gekom-
men waren, sagte ihr Herzog zu ihnen:
64
,Wir haben euch holen lassen, um euerc
Wohlmeinung zu hòren, wie wir uns gegen
die Katzen zu benehmen haben und wie wir
uns vor ihnen schùtzen sollen, damit sie
uns nicht so viel Leid zufiigen kònnen.'
Da gab es vielerlei Meinungen und zum
Schlusse sagte eine Maus: ,Ich meine, man
solite der Katze eine Schelle anhàngen; ist
das geschehn, so wird sie nicht die geringste
Bewegung machen kònnen, ohne daB wir
die Schelle hòrten.*
Einmùtig bewàhrten es alle, daB das
der beste Rat sei und daB man so tun solle.
Der Herzog antwortete ihnen und sagte,
daB diese Maus die Wahrheit gesprochen
und einen ausgezeichneten Rat gegeben
habe, aber nun gelte es, eine zu finden, die
der Katze die Schelle anhànge. Und es
fand sich keine Maus, die so verwcgen ge-
wesen wàre, die erste sein zu wollen."
ALlezeit und in jedem Volkc finden sich
viehische Lente, die vemunftlos ins
Blaue plappern, und so einer war auch ein
Schwàtzer, der, als der Pfarrer mit einer
Gesellschaft von vielen wohlanstàndigen
und klugen Mànnem iiber die Màchte Ita-
liens sprach und der eine dies sagte und der
andere das, in seinem Vorwitz alles besser
wissen wollte als die andern und viel Un-
sinn daherredete und sich zu alien andern
XCIV.
Was der Pfarrer
von den
Venezianern ge-
dacht hai.
Arlotto, Schwanke II.
65
in Gegensatz brachte und die Venezianer
schmàhte, die nach seiner Meinung das und
das usw. gewesen wàren.
Er wurde von alien getadelt; da es aber
nichts half, sagte der Pfarrcr: „Ich kann
dir nicht, wei6 Gott was sagen und will
auch nicht 1 anger mit dir streiten, weil du
ein Mensch ohne eine Spur von Vernunf t bist ;
aber das eine will ich dir sagen: „Dìe Mai-
lànder verstehn Rùstungen und Kurzwaren
zu machen, die Florentiner gutes Tuch, die
Bologneser die Schlackwiirste, die Sieneser
den Marzipan und die Zuckerplàtzchen
und so hat jedes Land seine Begabung; die
Venezianer aber verstehn sich zu Herren
der Lombardei zu machen und ihre Stadt
ist schier die Hauptstadt Italiens."
XCV. "C^^ junger Bauer kam zum Pfarrer und
Wie der Pfarrer J^, sagte ticfbekùmmert zu ihm: „Ich weiB
einer eigensinmgen .1.1 .1 1 j'-u
frati, um sie nicht mehr, was ich machen una wie icn
gefijgig zu machen, mich mit diesem Teufel von meinem Weibe
eine sonderbare verhalten soli, die von ihrer Mutter verhetzt
ist; ich habe die Hòlle im Hause."
Der Pfarrer sagte: „Das ist eine An-
gclegenheit, in der ich dir nicht raten kann,
weil ich kein Weib habe wie die andem
Geistlichen; um aber ein gutes Werk zu
tun, werde ich morgen zu dir kommen und
alles tun, was ich mit Worten vermag. Ich
weiB dir keinen andem Rat zu geben, als
66
Geschichte erzdhli.
da6 du dich als kluger Mann, fùr den ich
dich halte, in Geduld fassest."
Am nàchsten Tage ging der Pfarrer zu
ihm und hielt der jungen Frau, bei der ihre
Mutter war, eine lange Predigt mit vielen
Ermahnungen und fuhr fort: „Gib acht, daD
es dir nicht etwa so jàmmerlich ergeht, wie
einer von ihrer Mutter ùbelberatenen jungen
Frau, die ihrem Manne nicht gehorchte,
Der Mann kaufte eines Tages gegen
ihren Willen Eier, und weil er merkte, dafi
sie ihr widerwàrtig waren, beschlofi er es
einmal darauf ankommen zu lassen und
duldete es acht Tage lang nicht, daB etwas
andres auf den Tisch gekommen wàre, als
Eier, die auf verschiedene Arten zubereitet
waren; in dem Glauben, sie werde ihn zur
Nachgiebigkeit zwingen, und von ihrer
Mutter angeleitet und beraten, weigerte sie
sich, davon zu essen, und schlieBlich riet ihr
die Mutter auf ihre Klagen, sich krank zu
stellen und sich ins Bett zu legen und die
Schuld auf diese Menge von Eiem zu
schieben,
Der Mann, der tat, als verstiinde er das
nicht, lieB den Arzt kommen, bat ihn aber,
der Kranken zu sagen, sie dùrfe, wenn sie
genesen wolle, nichts sonst essen als Eier;
doch das Reden des Arztes half nichts: ihre
Narrheit und Hartnàckigkeit ging so weit,
daB sie sich weder durch Bitten, noch durch
5* 67
Drohungen bestimmen lieB, Eier zu essen,
sondern tat, als ob sich ihr Leiden ver-
schlimmerte, und sich schliefilich gar tot
stente.
Dcr Mann spielte den Dummen und tat,
als ob er es glaubte; er lieB Wachslichter
kommen und die Verwandten und den
Geistlichen holen und sie zu Grabe tragen,
beugte sich jedoch òfter iiber die Bahre
und sagte leise, so daB nieraand ctwas
davon merkte, zu ihr: ,IB die Eier oder du
wirst es bereuen,*
Aber es war umsonst, und als man
sie schon neben dem Grabe niedergesetzt
batte, glaubte sie noch immer nicht, daB es
Ernst sei; erst dann, als sie sah, daB schier
alle weggegangen waren und daB sie von
den Totengràbern gepackt wurde, da redete
das vermaledeite, niedertràchtige Weibsbild
und sagte: ,Ich will die Eier essen, werft
mich nicht hinein.'
Dariiber entsetzte sich der, der sie im
Arme batte, so màchtig, daB er sie ins Grab
warf, und er sagte: ,Mich wirst du nicht
fressen.'
Und nachdem er sie hineingeworfen
batte, verschloB er das Grab mit dem Steine.
Als ihre Mutter sah, daB es wahrhaftig
geschehn war , wollte sie es rùckgàngig
machen und sie aus dem Grabe nehmen;
aber es war zu spàt, da sie nun entweder
68
durch den Fall, oder aus Angst wirklich
gestorben war. Und so hatte sie cin gar
schlimmes Ende genommen.
Das wollte ich dir erzàhlt haben, auf
daB du dich hùtest, dafì es dir nicht mit
deiner Narrheit noch schlimmer ergehe."
ALs der Pfarrer in diesem Jahre eines
Tages von der Scarperia heimkehrte,
traf er in einem Wirtshause einen eng-
lischen Edelmann, der schwer erkrankt
war; und der Edelmann hatte einen Sohn
im Knabenalter, vier Pferde und zwei
Diener bei sich.
Der Pfarrer, der in ihm einen vor-
nehmen, reichen und edeln Londoner Bùr-
ger erkannte, wurde, weil er sah, daB der
Kranke bei einem làngem Verweilen in
dieser Herberge werde sterben mùssen, von
Mitleid bewegt und nahm ihn samt seiner
Begleitung und den Pferden aus der Her-
berge weg und fùhrte alle in sein Hans.
Er lieB ihm Àrzte und Arzneien kommen
und ihn so trefflich pflegen, daB er in drei
Wochen vòllig gesund war; und ali das tat
er aus seinem eigenen Beutel und litt es
nicht, daB der Englànder auch nur einen
Heller ausgegeben bàtte.
Bei der Abreise wollte ihm der zwei
Pferde und eine Summe Geldes schenken,
aber er nahm nicht das mindeste an und
XCVI.
Wie edelmùiig sich
der Pfarrer
im Jubeljahre 1450
iegen einen
kranken Englànder
benommen hai.
69
sagte: „Dieseii Liebesdienst habc ich Euch
zur Ehre Gottes getan und weil ich in
Euerm Lande, zu London in der Stadi, so
vici freundliches Entgegenkommen gefunden
habe, da6 ich vor Goti schuldig wàre, auch
noch mehr zu tun."
XCVII. TT'Ines Tages traf ich ihn zeitlich am
Wie der Pfarrer J^j Morgen in Florenz; ich grùBte ihn und
Fa^ifLnZLr sagtc: „Wohcr kommt Ihr beute zu so
Gemeinde mildtàtig fruher btunde?
anterstùtzt hai. Er antwortete mir: „Von der Pfarrc,
und ich habe mich nirgends aufgehalten,
und das Mittagcssen habe ich auch schon
bcstellt; denn ich habe beute schon zwei
Scheffel Getreide gewonnen.
Etwa eine Stunde vor Tag kamen nàm-
lich zwei arme Bauem aus meiner Ge-
meinde, anstàndige Lente, die beide viele
Kinder haben, zu mir und sagten: .Pfarrer,
Ihr miifit uns jedem bis zur Ernte mit vier
Scheffel Getreide aushelfcn, und wir ver-
sprechen Euch, im August alles unfehlbar
zuriickzugeben; verlaOt Euch auf unser
Wort: der August wird noch nicht vorbei
sein, und wir werden es Euch zurùck-
gebracht und ins Hans gestellt haben.
Wenn Ihr uns den Gefallen nicht tut, so
mùssen wir Hungers sterbcn, weil wir sonst
keinen Ausweg haben.'
Ich antwortete: ,Ich will euch noch
70
etwas bessers tun und cuch jedem zwei
Scheffcl schenken.*
Und so tat ich auch.
Das war ihnen liebcr, als acht Scheffel
geborgt zu bekommen, und so habe ich
einmal den Gewinn fiir die Sede, weil ich
ein gutes Werk getan habe, und dann auch
den Gewinn von vier Schef feln Getreide;
denn bàtte ich ihnen acht geborgt, so bàtte
ich, um dir die Wahrheit zu sagen, nicht
ein Kornchen wiedergesehn, weil sie gar
arme Teufel sind."
Ein andres Werk der Nàchstenliebe tat
er einem armen jungen Geistlichen, der
zu ihm kam und ihm sein Leid klagte und
ihm unter andern Unzukòmmlichkeiten auch
erzàhlte: „Es sind jetzt zehn Monate ber,
dafi ich kein andres Officium spreche als
das Unserer Frau; Ihr mùBt wissen, daB mir
mein Brevier gestohlen worden ist."
Augenblicklich ging der Pfarrer in seine
Kammer und holte sein Brevier, aus dem
er betete, und schenkte es um der Liebe
Gottes willen dem armen jungen Geist-
lichen. Der benutzte es von nun an sein
Leben lang, ohne je ein Officium zu ver-
sàumen.
XCVIll.
Wie der Pfarrer
einem armen
Geistlichen sein
Brevier schenkt.
71
XCIX.
Wie der Pfarrer
in der Zeit der
Teuerung cine
Familie ein Jahr
long erhalten hat.
ICh weiB auch noch, daB der Pfarrer
wàhrend einer Teuerung einen wackern
Mann samt seiner Familie ein Jahr lang
erhalten hat. Und hàtte er dieses fromme
Werk der Nàchstenliebe nicht getan, so
wàren die drei Tòchter des Mannes der
Schande verf alien; mit der Hilfe des Pfar-
rers und einiger guter Bùrger aber ver-
heirateten sie sich alle drei im nàchsten
Jahre und brachten sich ehrlich fort.
C.
Was fiir eine Ant-
wort der Pfarrer
einem Schelme
gegehen hat.
ES kam so ein Spitzbube von einem
Cerretaner^ und sagte: „Seid gut mit
mir um Gottes willen und gebt mir ein
Almosen."
Der Pfarrer sagte: „Siehst du denn
nicht, daB ich ein Geistlicher bin und also
dasselbe Handwerk treibe wie du? Ver-
lange die Almosen von Leuten, die nicht
vom Handwerk sind wie ich."
1 Baccini zitiert zu diesetn Worte eine Stelle
aus Leandro Alberti, Descrizione di tutta Italia,
Vinezia, 1553, wonach die Einwohner von Cerreto,
einem Burgflecken zwischen Trevi und Spoleto,
ganz Italien als fromme Bettler und Quacksalbcr
durchzogen und dabei so unverschàmt auftraten,
daO der Ausdruck un buono Cerretano sprichwòrt-
lich fùr einen dreisten Bittsteller gebraucht worden
ist; Alberti fùhrt auch an, daB die Erbauer Cerretos
vertriebcne Franzosen gewesen seien, die den Platz
fiir ihre Niederlassung vom Papst zum Gcschenke
erhalten hàtten samt dem Privilegum, bis zur VoU-
endung des Baues den Bettel zu betreibcn; die Leute
72
E In ander Mal verlangte cin ebensolchcr
Taugenichts ein Almosen und sagte:
„Schenkt mir etwas und ich werde Gott fiir
Euch bitten."
Der Pfarrer sagte: „Da hast du einen
Heller und bitte Gott fiir dich selber, du
hast es nòtiger als ich; ich will nicht auf
Wucherzins leihen, einmal um nicht zu
sùndigen, und dann habe ich es auch gar
nicht nòtig."
ZUr Zeit des Papstes Calixtus * war der
Pfarrer in Rom, um gewisse seinige
Angelegenheiten und Geschàfte am Hofe zu
betreiben.
Da kam einmal ein Galeerensklave zu
CI.
Voti einer
àhnlichen Antwort,
die der Pfarrer
einem Bettler
gegeben hai.
CU.
Was der Pfarrer
einem
Galeerensklaven
geantwortet fiat.
hàtten aber so viel Geschmack an diesem Schelmen-
leben gefunden, daB sie es spàter nicht mehr hàtten
aufgeben wollen. Es sei gestattet, hier auf eine
Stelle in Barletas Sanctuarium zu verweisen, wo es
in dem Absatze De ordinatione vite tiominis (Ausg.
Brescia, 1521, Bl. 126 a) heifit: Secundum est caven-
dum, ne cum verbis sacris contineantur aliqua
vana, ut aliquos cfiaracteres scriptos per signum
crucis, neque ponere spem in fiis, ut cum dicitur:
Qui hoc tulerit secum, mala morte non peribit, in
aqua, igne eie; et ob ftoc cum grandi reverentia
ferunt in bursis. Clama cantra ^aratanos talia ven-
dentes, quod est falsum. Barleta (Barletta) war ein
jungerer Zeitgenosse des Pfarrers,
1 Calixtus III. (1378—1458, Papst seit 1455).
vorher Alfonso Borgia, stammte aus Jativa bei
Valencia, war also Katalanier.
73
CUI.
Was der Pfarrer
einer Frau
entgegnet hat, die
ihn tadeln wollte.
av.
Wie der Pfarrer
beine Suppe esseri
wollte.
ihm und sagte: „Herr, schenkt mir etwas
um Gottes und der Jung frau willen; ich
bin eben den Hànden der Katalanier ent-
ronnen."
Der Pfarrer antwortete: „Da soUtest
eher du mir etwas schenken, weil ich ihnen
in die Hànde geraten bin."
E Ine Frau wollte den Pfarrer Arlotto
wegen eines Schiedspruchs tadeln, den
er zwischen zwei Freunden gefàllt batte,
um sie zu versòhnen,
Der Pfarrer antwortete ihr: „Schweig,
denn noch nie ist es erhòrt worden, dafi
eine Frau die Doktorwùrde oder das Amt
eines Richters oder Podestà innegehabt
bàtte; und darum bast du auch unrccbt,
micb wegen einer Sacbe zu tadeln, die du
nicbt verstebst und nicbt beurteilen kannst."
E Ines Tages war er bei einem Freunde
zu Tische, und der lieB ibm eine Suppe
vorsctzen, die ihm nicbt behagte und nicbt
nach seinem Geschmacke war; aber der
Hausberr wollte durchaus, daB er sie esse,
und sagte: „Macht es, wie Ihr wollt, aber
binunter muB sic."
Der Pfarrer antwortete: „Wenn es dir
einerlei ist, wie, so bring mir eine Klystier-
spritzc."
74
ZUr Fastcnzcit wurde der Pfarrcr cines
Tages von einem Freunde zum Essen
eingeladen.
£r nahm an und ging hin; und als sie bei
Tische safien, wurde in grofien Schiisseln
eine Erbsensuppe gebracht mit viel Brùhe,
aber wenig Ól und noch weniger Erbsen, so
daB der Pfarrer weder mit der Gabel, noch
mit der Messerspitze und nicht mit der
Hand und nicht auf eine andere Weise eine
Erbse erwischen konnte.
Nun begann er sich aufzugiirten, die
Knòpfe zu òffnen und aus den Àrmeln zu
schlùpfen.
Da sagte einer von denen, die bei Tische
waren: „Was Teufel wollt Ihr denn tun,
Pfarrer?"
Er antwortete: „Siehst dus nicht, du
Ochse? Ausziehn will ich mich und in diese
Schùssel springen und darin untertauchen;
anders kann ich diese Erbsen nicht fassen,
und essen mòchte ich ja doch etwas."
CV.
Wie der Pfarrer
in der Suppe
die Erbsen tucht.
BEi einem Priesterfeste wurde fiir den
Pfarrer ein gebratener Hahn gebracht
und zwischen ihm und einem Amtsbruder
auf den Tisch gesetzt.
Der Pfarrer war gerade dabei, eine
Schnurre zu erzàhlen, wie es sein Brauch
war; und als er damit fertig war und nun
den Hahn essen wollte, sah er, daB den
evi.
Wie der Pfarrer
um seinen Teil
eines Hafins kommU
weil er eine
Cescfiicfite erzàUt.
75
sein Amtsbruder auf eine Weise gestricgelt
batte, daB nur der Brustkorb mit etlichen
Knochen und beinahe kein Fleisch iibrig
geblieben war.
Da sagte er: „Du gàbest wirklich cinen
guten Zuchtmeister; den Hahn da hast du
so hergerichtet, dafi ihn sein Vater und
seine Mutter, wenn sie jetzt herkàmen,
nicht erkenncn wùrden."
CVII.
Was der Pfarrer
Don den Geistlichen
hielt.
CVIII.
Wie der Pfarrer
dem Kardinal
von Pavia auf eine
$pòtti8cfie Rede
mit einer fiiibsctien
Gescfiicfite anl-
wortet.
DEr Pfarrer sagte zu einem Geistlichen:
„Du fragst mich, warum die Geist-
lichen alle im Tode bestohlen werden?
Und ich antworte dir, der Grund ist, daB
sie heutzutage von nichts anderm leben als
von Diebstàhlen, weil die Kirchen mit nichts
sonst begabt werden als mit auf schlechte
Weise erworbenem Gute, und das haben
die Geistlichen, und wann sie sterben, geht
es den Weg des Bòsen."
IM Jubeljahre 1475 reiste unser Pfarrer
Arlotto seines Seelenheils halber nach
Rom, und dort stieg er zusammen mit
Messer Paolo Schiattesi in einer Herberge
ab. Als aber Messer Falcone Sinibaldi von
seiner Ankunft erfuhr, holte er ihn von dort
ab und fùhrte ihn in sein Haus untcr hef-
tigcn Vorwiirfcn, daB nicht sein erster Weg
zu ihm gewesen sci, weil er in seincm
Hause ebenso schalten kònne wie in seiner
76
eigenen Pfarrc; und das tat Mcsser Falcone
wegen der einzigen Zuneigung, die cr zu
ihm trug, und weil er ein giitiger und groB-
miitiger Herr war. Er erwies ihm auch sonst
so viele Aufmerksamkeiten, wie man sich nur
vorstellen kann, so daB sich der Pfarrer
nicht genug verwundern konnte und fast
beschàmt war iiber seine GroBmut und
Freigebigkeit; auch hatte ihm Messer Fal-
cone ein wohleingerichtetes Gemach an-
gewiesen.
Als sie eines Abends bei Tische saBen,
kam ein Diener des Kardinals von Pavia *
und sagte zu Messer Falcone: „Dcr gnàdige
Herr wiinscht, Ihr mòget morgen zu ihm
essen kommen."
Messer Falcone antwortete: „Sage dem
gnàdigen Herrn, daB ich Seiner Herrlichkeit
danke, daB ich aber nicht kommen kann,
weil ich einen Fremden hier habe, den ich
nicht allein lassen will.**
Der Diener ging zum Kardinal zuriick
und sagte, daB Messer Falcone nicht kom-
men kònne und warum; aber der Kardinal
befahl ihm, noch einmal hinzugehn, und
trug ihm auf, was er zu sagen habe.
Der Diener kam also ein zweites Mal
^ Jacopo Ammanati aus Villa Basilica bei Lucca
wurde 1460 Bischof von Pavia und 1461 Kardinal;
er starb 1479 in Siena.
77
und sagte: „Messer, der gnàdige Herr sagt,
daB Ihr morgen auf jeden Fall kommen
mùBt und Euern Gast mitbringen sollt."
Messer Falcone sagte: ,,Daruber kann
ich nicht bestimmen; er ist aber hier, frage
ihn selber, ob er gehn will."
Der Diener wandte sich zum Pfarrer
und sagte: ,,Wollt Ihr morgen zum gnàdigen
Herrn Kardinal kommen und von der Ge-
sellschaft sein? Wenn es Euch gefàllig ist,
so mòchte ich Euern Namen wissen, damit
ich ihn dem gnàdigen Herrn melden kann."
Der Pfarrer antwortete: ,,Ich kenne den
gnàdigen Herrn von Pavia nur dem Namen
nach. Hier, wo ich wohne, bin ich sehr gut
untergebracht, und als mich Messer Falcone
in sein Haus fùhrte, hat er mir ausdrùcklich
befohlen, mich sonst nirgends aufzuhalten,
und wann ich am Morgen meine Andacht
verrichtet habe, kehre ich hierher zuriick;
will mich aber Messer Falcone irgendwohin
mitnehmen, so werde ich gern gehn. Mein
Name ist Arlotto aus Florenz und ich bin
der Pfarrer von S. Cresci in Maciuoli im
Sprengel von Fiesole."
Der Diener ging heim und berichtetc
dem Kardinal, Was Messer Falcone und der
Pfarrer gesagthatten; der Kardinal schickte
ihn noch einmal hin, und sie waren noch
bei Tische, und er sagte: „Messer, der gnà-
dige Herr làGt Euch sagen, Ihr sollt, alle
78
^ì
Bedenken hintangesetzt, morgcn kommen
und den Pfarrer Arlotto mitbringcn; er er-
wartet Euch beide."
Am Morgen ging der Pfarrer zu seiner
gewohnten Andacht. Messer Falcone ging
in seinen Geschàften in den Palast, und als
er sich von dort entfernte, schloB er sich
denti Kardinal an und begleitete ihn nach
Hause, und beim Absteigen sagte er einem
Diener: „Geh zu mir und frage um den
Pfarrer Arlotto und sage ihm in meinem
Namen, daB er kommen soli, und bringe ihn
mit." Und der Diener tat so.
Als der Pfarrer gekommen war und dem
Kardinal die Hand gereicht batte, fragte
ihn der: „Pfarrer, kennt Ihr mich von
frùher? Habt Ihr mich schon sonstwo
gesehn?"
Der Pfarrer antwortete: „Ich habe Euch
bis jetzt noch nie gesehn und kenne Euch
nur dem Namen nach."
Das Wasser f ùr die Hànde wurde herum-
gereicht und sie setzten sich alle drei zu
Tische; und der Kardinal sagte: „Heute
will ich Euch mit zwei Flaschen eines kòst-
lichen Weines bewirten, die mir der Papst
zum Geschenke gemacht hat," Die Flaschen
wurden gebracht und er liefi eine einem
Diener reichen und der mischte den Wein
in den Schalen, aber nicht nach dem Ge-
schmacke des Pfarrers.
79
Und als ihn der Kardinal fragte: „Wie
schmeckt Euch der Wein, Pfarrer?" ant-
wortcte er: mWìb Schmiedewasser ^",
Der Kardinal verstand ihn und hieB den
Dicner die Fiasche neben ihn stellen. Und
der Pfarrer sagte: „Mir ist es lieber, ich
habe den Wein neben mir, als einen Ge-
harnischten; ich lebe ja in eincm Lande, wo
die Priester den Humpen neben sich stehn
haben und sich den Wein selber mischen."
Messer Falcone sagte: „Pfarrer, Ihr habt
die Fiasche neben Euch; gebt acht . . ."usw.
Aber der Pfarrer antwortete: „Wer
einen Kopf aus Glas hat, soli nicht Steine
werfen gehn."
Der Pfarrer bemerkte, daB der Diener,
der die Fiasche neben ihn gestellt batte,
dcrselbe war, der am Abende zuvor so oft
mit Botschaften batte hinundherlaufen
mùssen; und auch jetzt versàumte es der
Kardinal nicht, ihn mit dem und jenem zu
plagcn. Das miBficl dem Pfarrer sehr und
er sagte: „Als ich ein MeBhelfer vom Lande
war, batte ich bessere Zeiten als jetzt du;
auBer dem Prunke und auBer der Hoffart,
daB du sagen kannst: ,Ich bin bei einem
Kardinal*, hast du nichts sonst."
Dann begannen sie von manchcrlei Din-
gen zu sprechcn und der Pfarrer kam auf
' Im Originale; E' mi pare acqua di fabbri.
80
diesen Gegenstand und sagtc: „Gnàdiger
Herr, ich bin glùcklicher und zufriedcner
als Ihr; im Buche der Zufriedenheit seid Ihr
beim Buchstaben C, und ich bin bcim Buch-
staben P. Ihr habt viele Wiirden und jetzt
seid Ihr bei der des Kardinalats, aber Ihr
seid noch nicht zufrieden, weil Ihr auch zu
der des Papsttums emporsteigen wollt, und
ich bin iiberzeugt, daB Ihr, wenn Gott noch
eine hòhere Wiirde zugelassen bàtte, auch
die noch wolltet; ich schlichter Gcistlicher
habe nie eine andere Pfrùnde gehabt als
meine Pfarre, die ich nun lànger als fùnfzig
Jahre innehabe, und andere Pfriinden und
Wiirden habe ich nie ersehnt und gesucht:
ich bin zufrieden mit dem, was ich habe,
und Ihr werdet keinen Geistlichen meines
Alters finden, der in so langer Zeit nicht
mehr als eine Pfrùnde gehabt oder ihre Ein-
kùnfte oder ihren Wert nicht vermehrt oder
vermindert oder nicht etliche Verànde-
rungen getroffen bàtte, auBer dem Pfarrer
Arlotto,
Ich klage nicht und werde nicht geklagt,
ich streite nicht und niemand streitet mit
mir, und ich versichere Euch, gnàdiger Herr,
daB ich der zufriedenste Mensch von dieser
Welt bin und mich den gliicklichsten Geist-
lichen meiner Gegend nennen darf, weil ich
mich mit dem bescheide, was ich habe. In
Euerer Herrlichkeit ist eine solche Zufrie-
Arlotto, Schwanke II. 6 81
denheit nicht, weil Euer Sinn nach hohen
Dingen steht."
Als der Kardinal dem Pfarrer ein Weil-
chen zugehòrt batte, sagte er: „Ihr wiBt gar
nicht, warum das alles, was Ihr gesagt habt,
in Euch ist"; und indem er auf den Rock
des Pfarrers deutete, fuhr er fort: „Ihr
wendet eben die Dinge, wie es Euch
pafit."
Augenblicklich verstand der Pfarrer,
warum das der Kardinal gesagt batte, und
sagte, ohne sich seinen Àrger anmerken zu
lassen: „Gnàdiger Herr, wenn ich nicht
platzen soli, so muB ich Euch zu diesem
Gegenstande eine Geschichte erzàblen.
Ich war etwa sieben- oder achtmal mit
unsern Galeeren in Flandern und kann
sagen, daB ich mich, alles in allem, zwei
Jahre lang dort aufgehalten habe, so daB
ich viel von ihren Sitten, Gewohnheiten und
Bràuchen weiB und manch schònes Fest
gesehn habe; und unter andern Bràuchen,
die sie haben, ist auch der, daB die jungen
Mànner, wenn sie des Tanzens halber zu
einer Hochzeit eingeladen werden, alle
gleich angezogen gehn und fleischfarbige
Halbstiefel oder besser Lederstrùmpfe tra-
gen, so daB es aussieht, als ob ihre Beine
nackt wàren,
Ich war gerade in Brùgge, als ein j unger
Edelmann, der etwa drei Meilen weit auBer-
82
halb der Stadt wohnte, Hochzeit hielt, und
ich wurde dazu eingeladen. Da auch der
Herzog, der eben in Brùgge war, daran teil-
nehmen solite, richtete der Bràutigam ein
pràchtiges, groBes Fest aus und lieO viele
Einladungen ergehn; so lud er auch als
Tànzer fùnfzig junge Edelleute und unter
diesen auch einen Sohn eines reichen
Schusters, der von vàterlicher Seite ver-
waist war und es sich angelegen sein lieO,
sein Geld auszugeben und als Edelmann zu
leben, und immer mit ihnen verkehrte.
An dem Morgen, wo diese fùnfzig zur
Hochzeit reiten sollten, kamen die Schuster
zu ihnen, um ihnen die fleischfarbigen Halb-
stiefel oder Striimpfe anzuziehn. Bei
einem von den jungen Mànnern zog nun der
Schuster so stark an dem Stiefel, daB der
hinten an der Sohle einen kleinen RiB be-
kam, was auch kein Wunder war, weil sie
gar miihsam und mit dem Glàttholze hinauf-
gezogen werden muBten, damit sie wie an-
gegossen saBen; es war auch nichts sel-
tenes, daB einer platzte.
Als der junge Mann den Schaden sah,
àrgerte er sich und begann zu schreien und
dem Schuster Grobheiten zu geben; der
sagte aber sofort: ,Schreit nicht, ich werde
die Sache so in Ordnung bringen, daB kein
Mensch etwas merken wird.*
Und er schickte um eine Nadel oder
6* 83
eine Ahle und um Zwirn und nàhtc den
Stiefel gleich am FuBe wieder zusammen.
Da jcdoch der junge Mann in der Mei-
nung, man werde den RiB noch immcr be-
merken und es werde nicht gut aussehn,
allwege mit ihm weitcrschrie, sagte der
Meister: ,Herr, schweigt nun und schreit
nicht mehr; der Stiefel ist so gut ausge-
bessert, daB es kein Mensch kennen kann
auBer einem Schuster wie ich,'
Der junge Mann, der sah, daB nichts
andres zu machen war, batte Geduld und
ritt wohl oder iibel zusammen mit den
andern zur Stadt hinaus und zum Hause
des Bràutigams.
Dort erhielten sie eine Kammcr ange-
wiesen , um sich auszukleiden und die
Schuhe abzulegen; denn alle trugen ùber
den Halbstiefeln noch Ùberschuhe, damit
sie sich nicht beim Reiten mit dcm Kote
beschmutzten. Sie setzten sich und jeder
batte seinen Diener, und der mit dem zer-
rissenen Stiefel setzte sich just auf die
Bank neben der, wo der Schusterssohn saB.
Als sie sich dann beide von ihren Dienern
die Schuhe ausziehen lieBen, sah der
Schusterssohn , daB seines Nebenmanns
Stiefel ausgebessert war und sagte hoh-
nend: ,Du Bauer, schàmst du dich denn
nicht, mit geflickten Stiefeln zur Hochzeit
zu kommen?*
84 ^
Geàrgert, daB es der Schusterssohn he-
merkt hatte, schrie der junge Edelmann
voli Zorn und Wut: ,DaB dichGott schànde,
du elender Kerl! Ganz recht hat mir der
Meister, der sie mir angezogen hat, gesagt,
daB es niemand wird merken kònnen,
hòchstens so ein Flickschuster wie du; so
wahr mir Gott helfe, wenn du dich nicht
packst, so zerblàue ich dir die Schnauze.'
Als der Schusterssohn sah, wie erzumt
der Edelmann seiner hòhnischen Worte
wegen war, machte er sich davon."
Der Kardinal, der die Geschichte sehr
gut verstand, erriet, daB er sie fur ihn er-
zàhlt hatte und was der Anlafi dazu ge-
wesen war; er schàmte sich seiner hàmi-
schen Rede und begann ein andres Gc-
spràch. Sonst aber verstand sie niemand,
nicht einmal Messer Falcone. Bald darauf
erhoben sie sich und beurlaubten sich beim
Kardinal.
Auf der StraBe sagte Messer Falcone:
„Ich gàbe was drum, Pfarrer, wenn ich
wìiBte, warum Ihr diese alberne Geschichte
von den Vlamen und den Stiefeln erzàhlt
habt, die weder Kopf noch Schwanz hat;
mein Lebtag lang habe ich noch keine dùm-
mere und sinnlosere gehòrt."
Der Pfarrer antwortete: „Mein lieber
Messer Falcone, Ihr habt noch kaum den
Mund geòffnet gehabt, so habe ich auch
85
schon gewuBt, was Ihr sagen wollt. Meine
Geschichte scheint und ist, wie Ihr gesagt
habt, albern, und besonders fùr die, die sie
nicht so gut verstehn wie der gnàdige Herr
Kardinal, der allgemein als guter und ein-
ziger und wùrdiger Mann gilt; meiner Mei-
nung nach ist er allerdings klug und gelehrt,
aber ich glaube an ihm einen nicht gar so ge-
ringfùgigen Fehler bemerkt zu haben, dafi
cr nàmlich allzu rasch und rùcksichtlos
jeden Makel entdeckt, was gerade nicht
von groBer Lauterkeit und Herzensgùtc
zeugt. Als ich hinaufkam und uns das
Wasser fùr die Hànde gereicht wurde,
fragte mich der Kardinal, ob ich ihn kennte.
Ich antwortete auf der Stelle, daB ich ihn
nur dem Namen nach kennte, und sagte
diese Liige aus Rùcksicht fiir ihn und seine
Ehre: es sind mehr als sechsunddreiBig
Jahre her, daB ich ihn kenne, und ich bàtte
ihm sagen kònnen, wo und wie ich ihn
kennen gelernt habe; aber ich wollte das
nicht, weil ich ihn an sein damaliges Elend
bàtte erinnern mùssen, wie er als armer
Teufel in Holzschuhen durchs Trockene
ging ' und seine Kleider auf jeder Seitc
zweimal trug, gewendet und noch einmal
* Andare in zoccoli di maggio per l'asciutto;
den Sinn dieser Redensart entnehme man aus der
10. Novelle des V. Ta|{es dcs Dekamerons (in meiner
Ùbertra^uniJ LeipziiJ, 1909, II, S. 198).
86
gewendet. Um das nicht sagen zu miissen,
habe ich nicht sagen wollen, daB ich ihn
anders als dem Namen nach kenne. Er
aber hat das Gegenteil getan und mir einen
Hieb ùber das ganze Gesicht gezogcn, als
wir ùber meine Rede sprachen, daB ich
nàmlich der zufriedenste Mensch von der
Welt bin. Hàmisch, wie er ist, hat er
mich ins Auge gefaBt und meinen Mantel
betrachtet und mir vorgeriickt, daB er ge-
wendet ist; und weil er darin ein Sach-
verstàndiger ist, hat er die Wahrheit ge-
sprochen, als er sagte: ,Ihr wiBt gar nicht,
warum das alles, was Ihr gesagt habt, in
Euch ist' und ,Ihr wendet eben die Dingc'
— nàmlich den Mantel — ,wie es Euch
paBt.' Nunmehr wehrte ich mich, weil ich
ihn verstand, und erzàhlte die Geschichte,
wie niemand den Schaden an den Stiefeln
kennen konnte auBer einem vom Handwerk.
Ihr seid ein edler Herr und im Reichtum
geboren; drum konnt Ihr vom Handwerk
nichts verstehn und konntet auch nicht be-
merken, daB mein Mantel gewendet ist, was
er, der seiner Zeit mehr als einen ge-
wendeten gesehn und getragen hat, richtig
herausgefunden hat. Ihr, mein lieber Messer
Falcone, Ihr laBt Euch einen Mantel machen
und tragt ihn ein Jahr oder achtzehn Mo-
nate, dann verkauft oder verschenkt Ihr ihn
und laBt Euch einen neuen machen und
87
darum kònnt Ihr so etwas nicht bemerken
und auch kein Sachverstàndiger in gewen-
deten Kleidern sein, wie es der Schusters-
sohn, der bei dem Edelmanne den geflickten
Stiefel gesehn hat, in Stiefeln war: wàre er
nicht vom Handwerk gewesen, so bàtte er
es nicht bemerken kònnen, weil bei der
Hochzeit mehr als zweitausend Lente waren
und es nicht einer sonst bemerkt hat als er."
Messer Falcone gestand sich, daB der
Pfarrer ein geistreicher Mann war, und er
erwies ihm viel Ehre, solange er sich in
Rom in seinem Hause aufhielt.
Wie ich vorhin in einer Geschichte ge-
sagt habe, war der Pfarrer mit dem ruhm-
reichen und erhabenen Ritter Messer Nic-
colò Vitelli da Città di Castello befreundet,
und der lieB sich die Geschichte zweimal
von ihm erzàhlen und konnte sich nicht
genug verwundern ùber die Erfindungsgabe
und Geistesgegenwart des Pfarrers; auch er
crkannte seinen Geist an und sagte, wenn
damals beim Kardinal tausend kluge und
gescheite Mànner gewesen wàren, so glaube
er nicht, dafi auch nur einer von ihnen die
Absicht, derenthalben das der Kardinal
gesagt batte, und seinen Zweck je erraten
bàtte, wie es der Pfarrer so scharfsinnig
getan habe.
88
V?'
Vlele werden sich wundern, daB ich in
diesem Buche auch etliche Werke der
Nàchstenliebe erwàhnt habe und erwàhnen
werde, weil es unziemlich erscheint, sic
unter diese Geschichten, Schwànke und
witzige Reden zu mischen: es kònnte den
Anschein erwecken, als ob es mir an Stoff
mangelte, obwohl ich in der Einleitung ge-
sagt habe, daB sie einen starken Band fiillen
wùrden, wenn ich von alien Kenntnis bàtte,
was unmòglich ist; das ist aber nicht der
Grund, sondern mich reizt es, einige Werke
der Nàchstenliebe zu erwàhnen, die fùr
einen Bischof oder einen groBen Pràlaten
geniigt hàtten. Ich will nur einen Teil von
denen, die ich ihn selbst ausùben sah, er-
zàhlen; von den vielen andern, die ich von
Augenzeugen gehòrt habe, will ich iiber-
haupt schweigen und ebenso von denen, die
ich nur aus zweiter Hand weiB: die Zahl
der einen wie der andern ist unendlich,
Obwohl sich der Pfarrer in seiner
Jugendzeit manche Ziigellosigkeit hat zu
Schulden kommen lassen und auch in
seinem Alter viel Spott getrieben hat, iibtc
er doch stets die heiligen Werke der
Nàchstenliebe,
Was er bei den andern Teuerungen, die
zu seiner Zeit in Florenz gewesen sind,
getan hat, weiB ich nur vom Hòrensagen;
aber in den Jahren 1475 und 1476, die
CIX.
Wie reichiich der
Pfarrer die Werke
der Nàchstenliebe
geiibt hat.
89
Jahre der Teuerung waren, kann ich dir
als Augenzeugc versichern, da6 er regcl-
màBig jede Woche, ohne ein einziges Mal
damit auszusetzen, in seinem Hause auf der
Pfarre òffentlich zwòlf Scheffel Brot um
Gottes willen verschenktc, daB er also all-
jàhrlich zwòlf Mailer Korn an seine Ge-
mcinde und wer darum kam, verteilte, ohne
das zu rechnen, was er auBerdem noch gab.
Damals erntete er in seiner Pfarre ein-
undzwanzig Malter Korn und vier davon
verbrauchte er fùr sich; das ùbrige bekamcn
die Armen.
In diesen zwei Jahren langten ali seine
Einkìinfte nicht, und er machte etwa fùnf-
unddreiBig Dukaten Schulden, die Einkìinfte
des dritten Jahres gar nicht gerechnet.
Wie viel er an groBen Betràgen fùr
scine Gemeinde und fùr die ganze Gegend
bezahlt und wie viel Màdchen er dadurch,
daB er aus seiner Tasche zwòlf, zwanzig
und auch vierzig Lire zu ihrer Aussteuer
hergab, bei einem chrlichen Wandel er-
halten hat, wie viel arme Bauern aus der
Gegend und auch von weiter her er aus
dem Gefàngnis gelòst hat, indem er ihre
Schulden bezahlte, wie viel Kranke und
wie viel Pilger und Fremdlinge auf der
StraBe gestorben wàren, wenn ihn nicht die
Nàchstenliebe bewogen bàtte, sie in sein
Haus aufzunehmen und auf seine Kosten
90
so lange pflegen zu lassen, bis die Gesund-
heit in ihre Leiber zuriickgekehrt war, wie
viel armen Knaben er es durch scine Unter-
stiitzung mit Gut und Geld crmòglicht hat,
die Priesterwiirde zu erlangen, wie vici
armen Handwerkern er geholfen hat, dem
einen mit Korn, dem andern mit Wein, dem
mit Holz und dem mit Geld, ali das kònnen
mir die Florentincr bczeugen, von dencn er
ja auch mehr als einem die Tochter auf
scine Kosten verheiratet hat; und so oft er
einen Armen sah, gab er ihm cin Almosen,
und batte er kcin Geld, so sah man ihm
an, wie es ihm zu Herzen ging, dafì er ihm
nicht hclfen konnte. Um dir aber nicht
langweilig zu werden, so will ich dir einst-
weilen nicht mehr davon sagen.
M Esser Paolo Baldovinetti, der Bruder
Messer Niccolò Baldovinettis und
Prior von Sant' Ansano im Mugello, kam
ganz bckùmmert und den Kopf voli Ge-
danken von Rom zurùck.
Er ging zum Pfarrer Arlotto und sagte
zu ihm: „Ich komme von Rom, wo ich um
die Pfarre, die mein Bruder Messer Niccolò
innegehabt hat, einen Rechtsstreit gefùhrt
habe. Ich habe meine Zeit verloren und
nichts ausgerichtct, und habe mehr als
hundert Dukaten ausgegeben,"
Der Pfarrer antwortete: „Dankt dem
ex.
Wie groB nach des
Pfarrers Meinung
das Einkommen
eines Geistlichen
sein dori.
91
Hcrrgott, daB Ihr den Streit verlorcn habt;
hàttet Ihr ihn gewonnen, so wàret Ihr einer
schweren Heimsuchung entgegengegangen.
Ihr habt von der Priorei siebzig Dukaten
jàhrliche Einkìinfte; was woUt Ihr noch
mchr Beschwerden fùr Seele und Leib? Ist
es Euch nicht genug, daB Ihr das Leben
eincs geachteten Geistlichen fiihrt? In
Florenz sind genug rechtschaffene Leutc,
die jàhrlich nicht auf eine so groBe Summc
kommen und nichts desto weniger mit der
Frau und drei oder vier Kindern anstàndig
leben. Glaubt mir, glaubt mir: wenn sich
einer umtun will, um sein Einkommen bis
zu fiinfzig Gulden zu steigern oder meinet-
wegen bis zu hundert, so macht das noch
nichts; wenn aber die Grenze von hundert
ùberschritten ist, so heiBt es auf einem
gròBern FuBe leben, und die Begehrlichkeit
wàchst und die Ehrsucht. Ihr miìBt dann
einer gròBern Zahl von Leuten untertan
sein, Ihr miiBt Diener halten und seid
schlieBlich der Knecht dieser Deutschen
und Franzosen, die mehr verzehren als ihr
Herr und ohne sich darum zu kiimmern.
Hòrt auf meinen Rat: Euch geht es gut und
Ihr wiBt es nicht: ein Geistlicher, der ein
gròBers Einkommen begehrt als hundert
Gulden, der begehrt in Widerwàrtigkciten
zu leben und keine gute Stunde mehr zu
haben; wcr aber unter hundert hat, der
92
rettet dort scine Seele und in dieser Welt
frohlockt sein Leib."
ZWei Freunde eròrterten oder besprachcn
mitsammen die Verhàltnisse in Bologna
und der cine sagte, dafi die Familie Benti-
voglio sehr gliicklich sei, und nicht nur sie
allein, sondern daB auch jeder, der mit
ihnen Geschàfte gemacht und sich mit ihnen
eingelassen habe, schwerreich geworden sei,
und dafi sich wenige Familien und Hauser
eines solchen Lobes rùhmen kònnten \
Der Pfarrer, der dem Gespràche zu-
Iiòrte, sagte: „Ich bin einer gegenteiligen
Meinung als ihr und sage, daB das nicht
durch Gottes Guade so ist; denn sie ver-
gewaltigen alle, und sie kann niemand
vergcwaltigen , und darum werden sie
selber und wer sich mit ihnen einlàBt, alle
reich. Kònnten die andern sie vergewal-
tigen, wie sie es den andern tun, so ginge
die Sache ebenso und du sàhest nichts von
i Giovanni Bentivoglio (1462—1508) hat 1490,
also schon nach dem Tode des Pfarrers, neben
seinem Palaste einen Turm errichtet, der unter
andern Inschriften auch diese trug: Monimentum
hoc conditum a Ioanne Bentivolo secando patriae
Rectore, cui virtus et fortuna e une t a q u a e
apiari p o s s u n t bona, affatim praesti-
terunt. (F. Hieron. de Bursellis, Annales Bono-
nienses bei Muratori, Rerum italicarum scriptores,
XXXIII, col. 909.)
CXI.
Wa$ tur tint
Meinung der
Pfarrer iiher dat
Gliick der Benti-
vogli gefiabt hat.
93
CXII.
Wie der Pfarrer
mit dem Bischof
VOTI Fiesole
iiher den Wucher
streìtet.
CXIII.
Wie der Pfarrer
einen langweiligen
Prediger
abgefUhrt hat.
ihrem Glùcke, alles ginge umgekehrt und
jedcrmann tate scine Schuldigkeit,**
ALs der Bischof von Fiesole Messer
Guglielmo Becchi ^ eines Tages mit
dem Pfarrer dariiber stritt, ob der Wucher
ein schàndliches Laster sei oder nicht,
widerlegte der Pfarrer ali die vielen Be-
weisgrùnde, die er anfùhrte, und sagte, er
wolle es vor jeder Gelehrtenversammlung
bewàhren, daB der Wucher keine Sùnde sei,
und wenn es sich um hundert vom Hundert
handle, sondern daB die schwere Sùnde
erst im Zurùckfordern des Geldes samt den
Zinsen liege.
E Ines Morgens war der Pfarrer in der
Karmeliterkirche und hòrte dort einen
jungen Mònch predigen, der eher ein Wind-
beutel als ein Gelehrter war.
Er batte sich in dem Gegenstande, ùber
den er predigte, verwickelt, und zwar war
1 Guglielmo Becchi aus Florenz trat in jungen
Jahren in den Augustinerorden. Er studierte an
mehrern Orten, zuletzt in Paris, und begann dann
in Florenz mit groOem Zulaufe zu predigen, Visi-
tationsreisen fiihrten ihn nach Frankreich, Deutsch-
land und England. Nach seiner Rùckkehr nach
Rem wurde er (1480) auf den vakanten Bischof s-
stuhl von Fiesole berufen, wo er dem Bischof
Antonio Agli folgt, Sein Leben ist bei Vespasiano
da Bisticci, I, S. 217 ff. beschrieben.
94
es dieser Abschnitt, wo die Abgesandten der
Juden Johannes den Tàufer fragcn ^
Und der Mònch sah auf den Pfarrer hin,
als er sagte: „Wer bist du? Bist du Elias?
bist du Jeremias?"
Da er aber diese Worte unendliche Male
wiederholte, wurde es dem Pfarrer, der das
Lachen nicht mehr verhalten konnte, zu
langweilig und er antwortete dem Monche
mit lauter Stimme: „Ich bin nicht Elias und
bin nicht Jeremias, aber ich bin der Pfarrer
Arlotto; kann sein, daB du mich nicht er-
kennst."
Mit dieser Antwort machte er denn alle
lachen, die der Predigt zuhòrten.
BArtolommeo Sassetti fragte den Pfarrer
Arlotto: „Warum laBt Ihr denn das
Brett im Vorbau nicht festmachen, das
nun schon vielleicht fùnfundzwanzig Jahre
locker ist?"
Der Pfarrer antwortete: „Damit die Kin-
der am Griindonnerstag und am Karfreitag
die Pumpermette halten * kònnen, ohne mich
in der Kirche zu stòren."
CX/V.
Wie der Pfarrer
fiir seine
Cemàchlichkeit
in der Kirche
gesorgt hot.
1 Ev. Joh., I, 21.
* Im Originale: far le tenebre.
95
cxv.
Warum sein
Kirchenpatron
nicht fùr den
Pfarrer in die Stadt
gehn kann.
CXVI.
Wie der Pfarrer
einen Bauer
erinnert, daB er
$ein Wort nicht
gehallen hot.
Ls Francesco di Nerone eines Tages
auf der Pfarre war, sagte er zum
Pfarrer Arlotto: „Pfarrer, Ihr seht, was
mich die Maurerarbeit an Euerer Kirche
kostet; da ich nun nicht immerfort hier sein
kann, mòchte ich, daB Ihr mehr hier bliebet,
als es Euer Brauch ist, und es Euch an-
gelegen sein lieBet, die Meister und die
Handlanger anzutreiben."
Der Pfarrer antwortete: „Dreimal in der
Woche mu6 ich abcr mindestens nach Flo-
renz gehn,"
Messer Francesco antwortete: ,,Ich weiB
nicht, was Ihr dort zu tun habt, aber habt
Ihr etwas zu tun, so bleibt herauBen und
ich werde Euch alles mit derselben Sorg-
falt durchfùhren, die ich fùr meine Ange-
legcnheiten aufwende."
Der Pfarrer sagte: „Ich weiB, daB Ihr
es nicht tàtet: ich kann nàmlich nicht um-
hin, drei- oder viermal in der Woche zum
Candioten ^ zu gehn, und ich weiB genau,
daB Ihr nicht hinginget, weil Ihr sonst auch
nicht ins Wirtshaus zu gehn pflegt."
DEr Pfarrer Arlotto bat einen Bauer,
Niccolò di Bardoccio mit Namcn, am
nàchsten Tage zeitlich frùh zur Garten-
* Im Originai: al candiolto; es sclieint ein Wirt
aus Kreta gemeint zu sein.
96
arbeit zu ihm zu kommen, und schàrfte es
ihm wohl dreimal ein.
Niccolò antwortetc: „Pfarrcr, sagt mir
nichts mehr: um die und die Stunde bin ich
unfehlbar da, und wenn ich nicht sterbe,
so bin ich der erste bei der Arbeit; und
komme ich nicht, so nehmt an, dafi ich
tot bin,"
Am Morgen waren die andern Arbeiter
schon zwei Stunden im Garten und Niccolò
war noch immer nicht da.
Der Pfarrer ging und làutete die Totcn-
glocke; daraufhin kamen Lente in dieKirche
und fragten ihn: „Wer ist denn gestorben?"
Der Pfarrer antwortete: „Niccolò diBar-
doccio."
Sie verwunderten sich und einer und der
andere sagten: „Ich habe ihn erst gestem
auf die Nacht gesehn, und da war er noch
gesund und munter."
Sie sprachen noch davon, da kam auch
schon Niccolò daher, mit dem Grabscheit
in der Hand, und sagte voller Zom zum
Pfarrer: „Was Teufel habt Ihr getan? Alle
meine Verwandten sind mir ins Hans ge-
laufen, um meinen Tod zu beweinen."
Der Pfarrer sagte: „Hast du nicht zu mir
gesagt: ,Wenn ich nicht zeitlich komme, so
nehmt an, dafi ich tot bin'? Ich habe ge-
glaubt, du hàttest es schon gewuBt und
seiest ein Wahrsager, und dann seiest du
Arlotto, Schwanke II. 7 QT
CXVII.
Wie der Pfarrer
die guten und die
schlechten Tage
des Jahres ver-
zeichnet hat.
CXVIll.
Wie sich d^r
Pfarrer mit seinem
Meier auseinander-
gesetzt hat.
wirklich gestorben; und darum habe ich ge-
làutet, um dir einen Gefallen und eine Ehre
zu erweisen."
DEr Pfarrer Arlotto woUte einmal sehn,
wie viel gute Tage in einem Jahre seien.
Zu diesem Behufe nahm er einen trocke-
nen Kiirbis und machte ein Loch hinein; und
wenn ihm einer ein Mittagmahl oder ein
Abendessen gab, das ihm schmeckte, so er-
achtete er diesen Tag fùr gut und legte eine
Bohne in den Kiirbis,
Gewann er einmal zwanzig Scudi oder
auch nur zehn, so war auch das ein guter
Tag fùr ihn und er legte eine Bohne in den
Kiirbis.
Einmal verlor er eine Borse mit zwanzig
Soldi; da ging er zum Kiirbis und nahm eine
Bohne heraus.
Und so tat er das ganze Jahr, und
am Schlusse wuBte er, dafi er einen Ùber-
schuQ von so viel guten Tagen batte, wie
Bohnen im Kiirbis verblieben waren.
DER Pfarrer batte einen Meier, einen
Lombarden , der als nichtsnutziger
Mcnsch den ganzcn lieben Tag nichts tat
als schwatzen; dadurch war er dem Pfarrer
so widerwàrtig geworden, daB er be-
schlossen batte, ihn zu entlassen. Er hicB
Girolamo, lieB sich aber Giomino rufen.
98
Der Pfarrer sagte: „Rechnen wir mit-
cinander ab und nimm dein Geld und such
dir einen andern Herrn."
Giomino antwortete: „Warum woUt Ihr
mich entlassen? ich bin treu, diene Euch gc-
wissenhaft und bin gern bei Euch; sagt mir,
warum Ihr mich davonjagen wollt."
Der Pfarrer antwortete: „Du schwatzst
so viel, daB du mir zuwider geworden bist;
ich kann ja den ganzen Tag kaum ein Wòrt-
lein reden."
Giomino antwortete: „Wenn es nichts
andres ist, deswegen will ich nicht weggehn;
machen wir lieber einen Vertrag miteinan-
der: sagt, wann es alle Tage jeden trifft,
daB er reden darf, und ich werde nie aus
der Ordnung fallen,"
Dem Pfarrer war es recht und sie blieben
bei dieser Vereinbarung und er behielt Gio-
mino noch etliche Jahre bei sich.
E Ines Tages rechnete ^ der Pfarrer mit
einem seiner Fronbauern ab; und als
sie zumViehstand kamen, sagte der Pfarrer:
„Du hast doch sechzehn Làmmer gehabt
und davon solite ich, wie du weiBt, acht
bekommen; du gibst mir aber nur sechs."
1 Im Texte Baccinis heifit diese Stelle: Rac-
contò il Piovano Arlotto che un giorno un conta-
dino suo lavoratore . . .; besser ist entschieden die
Fassung der alten Drucke: Fa conto uno giorno el
Piovano Arlotto con
CXIX.
Wie der Pfarrer
von einem Bauer
um zwei Làmmer
bestohien
worden ist.
99
cxx.
Wie der Pfarrer
au$ Mitleid
mit einer armen
Wochnerin
dai Huhn, da» er
0$sen wollte, ver-
Bchenkt hat.
Der Bauer antwortete: nVier hat mir der
Wolf hintereinander getòtet."
Da es der Pfarrer nicht glauben wollte,
schwur der Bauer, daB es so sei, und schlieU-
lich glaubte es der Pfarrer und gab sich zu-
frieden.
Es kam die Karwoche und der Bauer
sagte dem Pfarrer bei der Beichte: „Ich
habe Euch zwei Làmmer genommen,"
Der Pfarrer antwortete: „Da hast du
zwei Todsùnden begangen: die eine, daB du
mir die Làmmer gestohlen hast, und das
ist mir die unangenehmere, und die andere,
daB du falsch geschworen hast,"
Der Bauer sagte: „Die Làmmer will ich
Euch wiedergeben; mit dem Schwur aber
habe ich nicht gesùndigt, weil ich meinem
Messer den Namen Wolf gegeben habe, und
Ihr wiBt, daB ich geschworen habe, der
Wolf habe sie getòtet."
Der Pfarrer sagte: „Darin hast du recht;
aber gib mir meine Làmmer wieder."
Der Bauer kaufte ihm zwei andere und
so wurde er losgesprochen.
ICh habe in der Einleitung gesagt, daB der
Pfarrer Arlotto voli Nàchstenliebe war,
und daB schier alles, was er tat, Zeugnis
von seiner Herzensgùte gab.
Einmal kam ich am Johannistage zeit-
lich friih in seine Pfarre; als wir nach der
100
-■)*,
Begrìifiung von unsern Angelegenheiten und
andern Bingen sprachen, sagte der Pfarrer:
„Heute will ich dir einen Kapphahn vor-
setzen, den ich jetzt ans Feuer stellen
werde. Ich habc in San Pietro an der
Sieve ein paar Kapphàhne so billig gekauft,
dafi ich weniger ausgegeben habc, als wenn
ich Kalb- oder Hammelfleisch gekauft bàtte,
und um dir die Wahrheit zu sagen, ich habe
mir diese Kosten nur gemacht, weil ich
dachte, ich kònnte Besuch bekommen; frei-
lich habe ich den, den ich vorgestem, am
Ostertage, bàtte essen wollen, einer armen
Wòchnerin geschenkt, die vor Hungcr schier
gestorben wàre, und mit dem, der mir ge-
blieben ist, will ich nun dich bewirten."
Wir nahmen unser erstes Gespràch
wieder auf, und da kam die Mutter von
dieser Wòchnerin und sagte: „Pfarrer, ich
schàme mich, Euch so zu belàstigen, aber
ich mòchte, daB Ihr mir ein wenig Speck
und ein Stùckchen fettes Pokelfleisch gàbet;
ich habe meiner Tochter seit sechs Tagcn
nichts sonst gegeben als ein wenig gesalzene
Brotsuppe und die kann sie nicht mehr
hinunterbringen."
Der Pfarrer sagte: „Was habt Ihr denn
mit dem Kapaun gemacht, den ich Euch
gegeben habe? wenn es auch nur ein Kapp-
hahn war, so wàre er doch, da Ihr ja nichts
andres hattet, gut gewesen."
101
Die Frau antwortete: „Es ist wahr und
er war ein Prachttier; aber der Hund Euers
Arbeiters Domenico ist uns ins Haus ge-
laufen und hat ihn uns weggetragen, Wenn
Ihr mir nicht glaubt, so fragt Lorenzo, Do-
menicos Brudcr, der hat vergeblich ver-
sucht, ihn ihm aus dem Maule zu nehmen."
Der Pfarrer begann aus Mitleid zu
wcinen und sagte: „Wartet hier im Hofc."
Und mit trànenfeuchten Augen kam er
in dcn Saal herauf und sagte zu mir: „Wie
lange ist es denn her, da6 du kein Almosen
gegeben hast?"
Ich antwortete: „Lànger als einen Mo-
nat; warum denn?"
Er sagte: „Ich will, daB du dich dazu
verstehst, beute zur heiligen Osterzeit eines
um Gottes willen zu geben, und es soli dich
kein Geld kosten, sondern nur ein kleines
Opfer des Schlundes."
Ich antwortete: „Ich bin mit allem ein-
vcrstanden, was Ihr tun wollt, und beson-
dcrs, wenn es mich nichts kostet."
Nun erzàhlte er mir die ganze Ge-
schichte von der armen Frau und fuhr fort:
.(Willige also ein, daB wir uns beute Abbruch
tun: wir werdcn von dem Pòkelfleisch
essen, und das Huhn geben wir der Armen,
und ich kann dir nur sagen, es ist zum
Erbarmen, das Elend der armen Frau zu
sehn; ich glaube, die ganze Familie schlàft
102
auf dem Stroh und es mangelt ihnen an
Brot, und sichcrlich gehn sie mehr als ein-
mal in der Woche ohne Abendessen zu
Bette. Ach! Wir Elenden, wie haben wir
Gott zu danken!"
Und weinend nahm er das Huhn und
ctliche Laibe Brot und cine Fiasche Wein
und trug ihr alles hinunter und brachte ihr
sich und sein Gut dar.
Ich habe geglaubt, dieses fromme Werk
erwàhnen zu mùssen, weil er darìn wohl
nicht mehr Nàchstenliebe bàtte zeigen
konnen.
AUf einem Ritte von Pisa nach Florenz
batte der Pfarrer Arlotto ein Pferd,
das ihm mit seinem schlechten Trabe die
Dàrme im Leibe durcheinander brachte; und
der elende Sattel, den es batte, richtete ihm
das GesàB so iibel zu, daB er sich, kaum daB
er in Florenz war, den After behandeln
lassen muBte.
Der Arzt war stark im Zweifel, ob das
nicht von etwas anderm komme als vom
Sattel; und als der Pfarrer geheilt war, ging
er zu den Nachtbeamten \ um vor ihnen
^ Die „Nachtbeamten" (UfHziali di notte) hatten
fùr die nàchtliche Sicherheit und Sittlichkeit in der
Stadt zu sorgen; sie wurden 1432 eingesetzt, um
dem Laster der Sodomie zu steuern, und im
nachsten Jahre wurde ihnen auch die Àufsicht ùber
CXXl.
Wie der Pfarrer
gegen einen Pisaner
Klage fiihrt, der
ihm ein bock-
beiniges und
schlecht gesatteltes
Pferd vermietet fiat.
103
Klagc zu fiihren, und sagte: „Meme Herren,
ich komme zu Euch, um einen gewissen Tal-
duccio aus Pisa zu verklagen, dcr mir eine
groBe Unbill angetan hat; ich spreche sehr
ungern davon und schàme mich sehr, daB
ich in meinen alten Tagen wegen einer so
unanstàndigen Sache zu Euch kommen
muB: ich bin nàmlich am Hinterteii vcrletzt
worden."
Die Beamten lachten und verwunderten
sich hòchlich, schickten aber sofort um Tal-
duccio nach Pisa, und als der gekommen
und vor ihnen erschienen war, fand sich
auch der Pfarrer Arlotto wieder ein und
erzàhlte die Geschichte von dem Pferdc;
er verlangte von Talduccio das Geld fìir die
Heilung des Afters samt Zinsen, einen Er-
satz fùr die verlorene Zeit, die Riickerstat-
tung des Mietgeldes und viel andre Dinge
mehr und sagte; „Ihr habt schon oft genug
harte Urteile gefàllt wegen einer geringern
Schlechtigkeit, als mir der getan hat, der
mich, einen Priester, geschàndet hat; ich
will nicht, daB Ihr ihn zum Feuertode oder
zu einer Geldstrafe verurteilt, aber laBt
ihn mir meinen Schaden ersetzen."
Und so geschah es. Der Pisaner batte
den Schaden und den Spott dazu.
die Klòster ùbertragen. 1502 wurde diese Behorde
aufgehoben und ihre Geschàfte unter die andern
Behòrden aufgeteilt.
104
DA es bekannt gewordcn war, daB sich
der Pfarrer fiir cine Fahrt nach Flan-
dern auf die Kapitànsgaleere vcrdungen
batte, wurde er von vielen Freunden von
ihm um Gefàlligkeiten angegangen.
Etliche ùbergaben ihm zugleich mit den
Zetteln, wo sic ihre Wùnsche, wie Tapeten
und andere Dinge, verzeichnet hatten, auch
zwòlf oder fùnfzehn Dukaten und sagten:
„Wenn Ihr mehr ausgebt, so werden wir es
Euch ersetzen, nicht nur was den Preis der
Sachen betrifft, sondern auch Euere son-
stigen Auslagen, und wir werden Euch
dankbar sein."
Andere wieder, unerkenntliche Leute,
gaben ihm ihre Zettel und sagten etwa:
„Kauft uns hundert Pfund Zinn und Mes-
sing", gaben ihm aber kein Geld und sagten:
„Bei Euerer Rùckkehr werden wir es Euch
bezahlen,"
Die Galeeren gingen in See, und als sie
nur noch einen halben Tag zum Hafen
hatten, sagte der Pfarrer: „Jetzt will ich
meinen Mantelsack in Ordnung bringen,"
Dabei fand er die Denkzettel, und die legte
er nun alle auf dem Borde der Galeere aus,
und wenn Geld dabei war, so legte er es
auf den betreffenden Zettel.
Als der Pfarrer seinen ganzen Kram
durchstòbert batte, erhob sich ein Lùftchen,
und da fielen ali die leichten Zettel, auf
105
CXXII.
Wie der Pfarrer
einen Teil der ihm
aufgetragenen Ein-
kàufe besorgt,
den andern nicht.
denen kein Geld lag, ins Meer, wàhrend
die andern, die mit Geld beschwert waren,
liegen blieben. Und der Pfarrer packte
seine Sachen wieder zusammen.
Dann liefen sie in den Hafen ein und
gingen ans Land und nach Brùgge und er
machte seine Besorgungen,
Nach seiner Riickkehr nach Florenz
kamen die Freunde und sagten: „Habt Ihr
uns die Tapeten gekauft?" „Ja," sagte der
Pfarrer, „und ich habe etwa fùnfzehn Du-
katen ausgegeben und Ihr habt mir nur
zwòlf gegeben," Da g^ben sie ihm seinen
Resi und bedankten sich.
Dann kamen andere und sagten: „Pfarrer,
habt Ihr uns das Zinn und Mcssing ge-
kauft?" Der Pfarrer antwortete: „Mir ist
ein MiBgeschick zugestoBen; als ich einmal
meine Siebensachen, darunter auch Euere
Zettel, auf dem Borde der Galecre durch-
sah, da sind diese Blàttchen, weil sie leicht
waren, ins Wasser gefallen, und ich cr-
innerte mich nicht mehr, was darauf ge-
schrieben stand, weil ich kein Wahrsager
bin."
Sie antworteten: „Wie kommt es denn
dann, daB Ihr denen die Tapeten mitge-
bracht habt?"
Der Pfarrer sagte: „Das kommt daher,
weil auf ihren Zetteln das Geld lag, wàh-
rend die Euerigen, die durch nichts be-
106
; schwert waren, zu leicht waren, so daB sic
) vom Winde ins Meer geweht worden sind."
' *r\Er Pfarrer ging iiber die Strafie und
.' U cine Frau sagte zu ihm: „Pfarrcr, Ihr
■) geht ein bifichen steif."
Der Pfarrer antwortete; „So nehmt mich
' mit nach Hause."
Aber die Frau verstand ihn nicht und
! blieb stehn und der Pfarrer ging weiter *.
DEr Pfarrer Arlotto sagte: „Es sind
ihrer viele, die sagen: ,Es ist eine groBe
Siinde, wenn ein Geistlicher eine Frau
kùBt'; ich aber sage das Gegenteil: ,Wenn
er schon mit dem FriedenskuB an und fùr
sich ein gutes Werk tut, so tut er noch ein
bessers, wenn er eine Frau kiiBt.' "
ALs der Pfarrer Arlotto in seiner Kirche
mit den Maurerarbeiten fertig war,
wollte er sie weiBen lassen; vorher muBten
aber ali die hàBlichen Bilder, womit die
Wànde bedeckt waren, entf ernt werden, und
er lieB nur wenige an ihrem Orte.
Wie er nun mit dem Meister durch die
Kirche ging, um sich mit ihm zu besprechen,
welche bleiben und welche abgekratzt wer-
1 Nach dem Texte der alten Ausgaben, weil
Baccinis Fassung, wie er iibrigens selbst durch ein
Fragezeichen andeutet, keinen Sinn gibt.
107
CXXIII.
Wie der Pfarrer
einer Frau eine ihr
unverstàndliche
Antwort
gegeben hai.
CXXIV.
Wie der Pfarrer
iiber die
Kiisse der Geist-
licfien daclite.
CXXV.
Wodurcfi
sich der Pfarrer hai
bestimmen lassen,
einen Heiligen
in seiner Kirche
zu behalten.
den sollten, kamen sie zu einem hciligen An-
tonius; da sagtc der Pfarrer: „Der bleibt."
Dann kamen sie zu einem heiligen Ansanus
und da sagte er: „Der muB weg; solangc ich
in der Pfarre bin, habe ich nicht ein einziges
Mal gesehn, da6 ihm jemand cine Kerze
angezìindet bàtte, und habe nie etwas von
ihm gehabt. Also weg mit ihm, Meister."
Eben wollte der Meister den ersten
Hammerschlag tun, als eine rechtschaffene
Frau an die Tur pochte. Und sie sagte:
„Pfarrer, ich habe ein Gelùbde zu erfùUen,
weil ich zur Pestzeit von dem heiligen An-
sanus, den Ihr hier in der Kirche habt, eine
herrliche Gnade empfangen habe. Ich
bringe Euch vierzig Soldi, damit Ihr ihm zu
Ehren dreiBig Messen leset, und eine Kerze,
die Ihr dabei brennen mòget; und auBer-
dem bringe ich noch ein Tùchlein, das sollt
Ihr ihm aufs Haupt legen."
Der Pfarrer sagte: „Du hast sehr wohl
getan, Frau, daB du gerade jetzt gekommen
bist; ich kann dir nur sagen, wàrest du
einen Augenblick spàter gekommen, so
hàttest du ihn nicht mehr vorgefunden."
„Ach," sagte die Frau, „zerschlagt ihn
nur nicht; binnen ein paar Tagen will ich
ihn herrichten lassen, und ich habe an-
geordnet, daB auf meine Kosten vor ihm
ìmmer eine schòne Lampe brennen soli, und
ich will der Pfarre ein Stùck Land mit eincr
108
Giilte von einem FaB 01 hinterlassen, da-
mit sie das ganze Jahr brennen kann."
Als sie weggegangen war, sagte der
Maurer: „Seht Ihr, dafi es manchmal gar
nichts schadet, wenn man ein biBchen zor-
nig wird?"
Der Pfarrer sagte: „Hàtte ich diesem
heiligen Ansanus nicht die Zàhne gezeigt,
so hàtte er mich nicht verstanden."
E Ines Jahres ersah der Pfarrer aus den
Beichten, daB es im Eheleben seiner
Gemeinde viel schmutzige Wàsche und
faule Kost gab, da es manche auf verkehrte
Art machten; deshalb tadelte er sowohl die
Mànner, als auch die Frauen und brachte
ihnen auf der Kanzel die Heiligkeit der Ehc
in Erinnerung und ermahntc sie, sich zum
Guten zu halten und das Licht nur von
vorne und nicht von hinten anzuztinden.
Und zu den Frauen sagte er: „Wenn ihr
im Bette seid und er will euch Bilder von
Hunden und Vògeln zeigen, so dreht euch
keineswegs um, um sie anzusehn."
DEm Pfarrer Arlotto war es iibertragen
worden, den Schiedsspruch in einem
Streite zu fàllen, der zwischen einem Maler
und Goro Infangati entstanden war. Der
Maler, der ein Meister der alten Schule war,
batte ein Gemach mit Papageien bemalt und
109
CXXVI.
Wie der Pfarrer
die ehelichen MiB-
bràuche ahttellen
wollte.
CXXVII.
Wie der Pfarrer
einen Streit wegen
einer Molerei
scfdiclitet.
auBerdem ein Bild des heiligen Julian ver-
fertigt, den der besagte Goro vcrehrte.
Der Pfarrer verstand den schwierigen
Fall und gab dem Maler unrecht: einmal,
weil er das Gemach mit Fùchsen, jeder mit
einem Hahne im Maule, bàtte ausmalen
sollen, wie es das Wort pappagalli verlangt
habe und wie es auch Goros Absicht ge-
wesen sei, und nicht mit Papageien S und
dann, weil er den heiligen Julian mit dem
blanken Schwcrte in der Hand und ohnc
Scheide an der Seite dargestellt batte, was
nach der Meinung des Pfarrers ùbelgetan
war, da es also scbien, er habe eben seine
Eltern umgebracht und sei nodi in der Wut
und habe die Tat noch nicht bereut und
wolle noch mehr Blut vergieBen, und wenn
ihn der Maler so bàtte darstellen wollen, so
bàtte er den Heiligenschein weglassen
sollen, da er damals noch kein Heiliger war,
sondern es erst durch die augenblickliche
Reue iiber den Elternmord und nachdem
ihm Gott verziehen batte, geworden war,
weswegen ihn denn der Maler entweder
ohne Schwert oder mit dem Schwerte in
der umgegiirteten Scheide bàtte darstellen
sollen.
^ Pappagallo heiBt sowohl Papagei, als auch
Hàhnefresser; das Wortspiel muOte im Deutschen
fallen.
110
Trotz der Schwierigkeit des Fallcs
stellte der Pfarrer die Einigkeit zwischen
ihnen wieder her.
GEgen Ende des Monats Februar bc-
schlossen der Pfarrer Arlotto und ein
Makler, Piero mit Namen, des Ablasses
halber nach Casentino zu reisen und die
ganze Karwoche in der Einsiedelei zu
bleiben.
Am ersten Abende herbergten sie in den
Falle (?) bei einem Edelmanne, Messer Gio-
vanni Boscoli genannt, der sie gern bei sich
sah, weil er mit dem Pfarrer Arlotto sehr
befreundet war.
Nun batte der Pfarrer am Abende vor-
her dem Makler Pastinaken zu essen ge-
geben und der Makler batte vor ihnen einen
solchen Ekel bekommen, daB er sich vor-
genommen batte, in diesem Jahre keine
mehr zu essen; und der Pfarrer batte
Messer Giovanni gesagt, er solle, wenn es
nur irgendwie angehe, fiir diesen Abend
nichts andres kochen lassen als Pastinaken.
Als sie sich zur Stunde des Abendessens
zu Tische setzten, sagte Messer Giovanni:
„Pfarrer, Ihr wiBt, daB beute Fasttag ist,
und darum w^erdet Ihr Enthaltsamkeit iiben;
Ihr bekommt sonst nichts als Pastinaken."
Die batte er auf mehrere Arten bereiten
CXXVIII.
Wie des Plarrert
Reisegeselle,
der Makler Piero,
zu jeder Mahlzeit
Pastinaken
bekommt.
Ili
lassen, und er legte ihnen reichlich vor und
sagte: „Wie Ihr wiBt, ist in Florenz ein
Mangel an Fischen, und darum werdet Ihr
nirgends an dieser StraBc etwas andres als
Pastinaken bekommen,"
Am Morgen brachcn sie auf und zu
Mittag aBen sie in Borsegli; und wieder
trug der Wirt auf Arlottos GeheiB nur
Pastinaken auf.
Am Abende herbergten sie in Stia und
bekamen dieselbe Speise; sie gingen in die
Einsiedelei und bekamen auch dort auf
Anordnung des Pfarrers nichts andres als
Pastinaken, und hierauf gingen sie nach
Vernia, um einen Abend bei den BarfiiBern
zu bleiben, und die setzten ihnen dieselbe
Speise vor.
Da brach denn der ganze Zorn des Mak-
lers los, und er schrie den Menschen, der
sie brachte, an und sprang voller Wut und
Grimm auf und lieB sich in Gegenwart der
armen Monche die Hosen hinunter mit den
Worten: „Ich will keine Pastinaken mehr,
zum Teufel! Steckt sie mir in den Hintern,
anders kommen sie mir nicht in den Leib,"
Die Monche, die von dem SpaBe nichts
wuBten, glaubten, er sei nàrrisch geworden;
als ihnen aber der Pfarrer den Possen er-
zàhltc, hatten sic ihre belle Freude daran '.
' Der SchluO hier nach den alten Ausgaben.
112
A N einem Samstag vor dem Palmsonntag
CXXIX.
war der Pfarrer Arlotto in Florenz JJ^^i'fJi^'!
und Ser Ventura, Priester einer San Lo- giaubigen Ser Ven-
renzokirche, etwa drei Mcilen wcit von der tura cine màchiige
Pfarre Arlottos, war bei ihm; und da es
schon zu Abend gelàutet batte und die
Stadttore geschlossen waren, sagte Ser
Ventura zum Pfarrer: „0 web, o web! da
habt Ihr mich zu etwas scbònem verleitet!
Icb kann nicbt mebr aus Florenz binaus
und morgen wird die Passion gesprocben
und werden die Olzweige verteilt, und icb
muB sie erst pfliicken, icb elender! Was
tu icb nur?"
Der Pfarrer sagte: „Du macbst es so wie
icb; icb bin ja in derselben Verlegenbeit.
Morgen stebst du in aller Friibe auf und
gebst nacb Hause und liest die Messe, und
wenn dann die ganze Gemeinde in der
Kircbe ist, gebst du mit ibnen binaus und
zu dem ersten besten Olbaume, der in der
Nàbe stebt; den weibst du und sagst den
Leuten, sie soUen sicb jeder so viel Zweig-
lein pfliicken, wie sie fiir sicb und ibre
ganze Familie woUen: und das wird ebenso
gut sein, wie wenn du sie in der Kircbe ge-
weibt bàttest."
Ser Ventura tat das genau so, und dar-
ùber lacbte man weit und breit und Ser
Ventura galt allgemein als ein ausgemacbter
Narr; und der Pfarrer bekam vom Biscbof
Dummheit
einredet.
Arlotto, Schwanke IL
113
cxxx.
Wie der Pfarrer
demselben Ser Ven-
tura ein Maultier
entlockt.
schwere Vorwùrfe.
Jugendzeit,
Und das war in sciner
E Ines Tages kam Ser Ventura zum
Pfarrer Arlotto und sagte: „Ich bin
von einem meinigen Vetter betrogen wor-
den; er hat mir ein ganz vermaledeites
Maultier um vierzig Lire und fùnfzehn Soldi
verkauft und es ist keine zwolf Lire wert.
Ich habe es auf Borg zu verkaufen versucht,
aber ich versichere Euch, mit knapper Not
bekàme ich sechzehn Lire dafiir; ich weiB
nicht, was ich tun soli: den Sattel kann ich
ihm nicht auflegen, ohne daB mir zwei Ge-
sellen hùlfen, und zum Aufsteigen branche
ich wieder zwei, und es schlàgt und beifit;
sonst allerdings ist es ausgezeichnet."
Der Pfarrer sagte: „Hundertmal habe
ichs Euch schon gesagt, Ihr soUt nichts tun
ohne mich; bei Euerer Einfalt betrùgt Euch
ein jeder aufier mir. Jetzt wùBte ich Euch
keinen andern Rat zu geben, als daB Ihr
trachten soUt, es so bald wie mòglich los-
zuwerden; sonst bringt es Euch noch um,
und das ginge mir schr nahe. Gebt es um
jeden Preis weg, und je schneller, desto
lieber, und bedenkt, daB es Euch, wenn Ihr
es zehn Jahr im Hause gehabt habt und
darum glaubt, ihr hàttet es zahm gemacht,
schlieBlich doch noch erschlagen wird.
Und damit Ihr seht, daB ich die Wahr-
114
heit sage, so war einmal ein gewisser Scr
Meo Civichi aus Volterra, der hatte ein
schònes Maulticr von klein aufgezogen und
sich immer vor ihm in acht genommen.
Endlich wurde es hin und er lieB es hàuten;
das Fell, an dem der Meister, von dera es
gehàutet wordcn war, alle vier Hufe samt
den Eisen gelassen hatte, hàngte er liber
cine Stange.
Nach etwa vierzehn Tagen kam ein
Hadernsammler und rief: ,Wer hat Lumpen
und Hadern, alte Schuhe und Haute zu
verkaufen?'
Ser Meo Civichi, der gemerkt hatte, daO
die Haut zu stinken begann, sagte zu dem
Hadernsammler: ,Willst du eine Maultier-
haut kaufen?*
Der Hadernsammler sagte: ,Ja freilich.*
Ser Meo ging hin und sagte: ,Zuerst hab
ich dir die Haut vom Leibe gezogen und jetzt
will ich auch sie mir vom Halse schaffen.*
Als er sie aber herabzog, gab ihm eins
von den Hufen einen Schlag auf den Kopf
und verletzte ihn so schwer, dafi er binnen
wenigen Tagen starb. Vorher aber machte
er noch ein Testament, das die Bestimmung
enthielt, seine Sòhne diirften nie Maultiere
oder Maulesel im Hause haben, weder
lebendig, noch tot, noch anderswie, und
wenn sie dieser Bestimmung zuwiderhan-
delten und auch nur ein Stiick Leder im
8* 115
CXXXI.
Wie der Pfarrer
eine Wette
mit eìnem Gottes-
gelehrten
nnd Philosophen
gewinnt.
Hause hàtten, so sollten sie enterbt sein
und seines ganzen Vermogens verlustig
gehn und Erbe solle das Spittel von Santa
Maria Nuova in Florenz sein.
Da seht Ihr, Ser Ventura, was man von
den Maultieren zu halten hat,"
Ser Ventura bekam eine solche Angst,
daB er das Maultier dem Pfarrer schenkte
und sagte: „Wenn Ihr es zurùckweist, so
versichere ich Euch, daB ich es umbringe."
So gewann der Pfarrer das Maultier.
AUf der Galeere, wo der Pfarrer war, war
auch ein gewisser Meister der Gottes-
gelehrtheit und Philosoph; und der wollte
bei einem Streite mit seiner Philosophie be-
wàhren, daB in den Menschen die Erziehung
mehr vermòge als ihre Natur, und sagte:
„Pfarrer, ich werde es Euch, von den Men-
schen gar nicht zu reden, aber an den ver-
nunftlosen Tieren beweisen; und zwar soUt
Ihr ein Beispiel, weil auf der Galeere
keine andern Ticre sind, an den Katzen
schn."
Der Pfarrer erriet genau, was er vor-
hatte, und sie wetteten miteinander um
scchs vollwichtigc Dukaten und einigten
sich, die Probe in zwei Tagen zu machen.
Unterdessen war der Pfarrer keineswegs
mùBig, sondern stellte zwei Fallen auf und
fing auch richtig vier Màuse; und das tat er
116
ganz im stillen, so daB nicmand etwas davon
merkte.
Auf der Galeere war cin Matrose, der
zwei Katzen, die ihm gehòrten, so gut ab-
gerichtet hatte, dafi sic mit brcnnenden Ker-
zen in dcn Pfoten drei oder vier Stunden
lang aufrecht saBen, ohne sich im mindcsten
zu rùhren, bis er ihnen ein gcwisses Zeichen
gab.
An dem festgesetzten Tage gab der
Kapitàn ein pràchtiges Abendessen, und
auBer den Offizieren, dem Pfarrer und dem
Gottesgelehrten fand sich auch das ganze
Rudervolk ein, um die Probe zu sehn.
Der Gelehrte lieB den Matrosen kommen
und setzte die eine Katze mit dem Lichte
in den Pfoten an das obere und die andere
an das untere Ende des Tisches. Als das
der Pfarrer sah, stand er auf und sagte, er
wolle eine Schachtel mit einem ausgezeich-
neten Zuckerwerk holen, um davon der Ge-
sellschaft anzubieten, weil er nicht als ein
ungeschliffener und undankbarer Mensch
gelten wolle; er nahm aber die vier Màuse,
die er Tags zuvor gefangen hatte, band sie
an dem Boden der Schachtel fest, legte iiber
sie ein Blatt Papier und fùUte dann die
Schachtel mit feinem Zuckerwerk.
Sie hatten schon das Fleisch und die
andern Hauptgerichte gegessen, und noch
immer saBen die Katzen mit den Lichtern
117
da, ohne sich gerùhrt zu haben; als aber
der Pfarrer die Schachtel mit den Màusen
mitten zwischen zwei andern auf den Tisch
legte, kannte man den Katzen, kaum daB
sie gesehn hatten, wie sich die oberste
Schicht in der mittlern Schachtel ein wenig
bewegte, auch schon ihre Unruhe an und
es bàtte wenig gefehlt, so hatten sie die
Lichter fallen lassen. Aber der Matrose
rief sie an und der Gelehrte sagte:
„Pfarrer, Ihr habt verloren; die Standhaf-
tigkeit der Katzen mu6 Euch deutlich ge-
zeigt haben, daB die Erziehung mehr ver-
mag als die Natur."
Der Pfarrer sagte: „Wenn Ihr gewonnen
habt, werdet Ihr das Geld einziehen; aber
noch sind wir nicht vom Tische aufgestan-
den."
Diese Worte batte er noch nicht aus-
gcredet, als die Katzen, die sich nicht mehr
halten konnten, die Kerzen fallen liefien,
auf die Schachtel losfuhrcn und die Màuse
packten, wobei sie auf dem Tische ein
wùstes Durcheinander anrichteten und alle
Humpen, Flaschen und Glàser mit Wein
und Wasser umwarfen; und sie schleppten
die Màuse samt der Schachtel unter die
Warenballen.
Der Philosoph gab sich besiegt und bc-
zahlte das Essen und dem Pfarrer die sechs
Dukaten.
118
ZUr Zeit der Vogelbeize kamen zum
Pfarrer Arlotto vier Jàgcr mit acht
Dienern, vier Pferden, vier Sperbern und
sechzehn Hunden und hiclten sich fiinf Tage
bei ihm auf.
Dann ritten sie nach Florenz, lieBen
aber die Hunde in der Obhut des Pfarrers,
zu dem sie sagten: „Bitte, sorgt fùr die
Hunde so, wie Ihr fiir uns sorgen wùrdet;
wir bleiben zwei Tage in Florenz, dann
kommen wir zuriick und bleiben noch vier
Tage bei Euch."
Der Pfarrer sagte: „Lafit sie nur da; ich
werde sie halten, wie wenn sie mir ge-
hòrten."
Dann dachte er bei sich nach und sagte
sich: „Wie undankbar sind doch diese Lente
gegen mich! ihrer sechsunddreiBig Màuler
sind sie mir fùnf Tage auf dem Halse ge-
wesen und sind ihrem Vergniigen nachge-
gangen; jetzt reiten sie nach Florenz, und
mir lassen sie sechzehn Hunde da und
sagen, daB sie noch auf etliche Tage wieder-
kommen wollen: und von den vierzig Reb-
hùhnern, die sie erlegt haben, haben sie mir
nicht ein einziges Paar gegònnt."
Solange sie nun abwesend waren, ging
der Pfarrer alltàglich zwei oder drei Mal zu
den Hunden, um ihnen ihr Futter auf fol-
gende Weise zu zeigen: er nahm einen Stock
und drei oder vier Laibe Brot, ging in den
CXXXIL
Wie der Pfarrer
die Jagdhunde
setner Gàste
futtert.
119
CXXXIU.
Wie der Pfarrer
einem geplagfen
Ehemanne die Ge-
Bchichte VOTI der
PilPerfahrt
de» òchuiters
erzàhlt.
Verschlag, wo sie waren, und warf ihnen
das Brot mitten hin; wenn sie es aber neh-
men wollten, gab er ihnen Priigel, Und
das tat er jeden Tag zwei oder drei Mal.
Nach Verlauf von drei Tagen kamen die
Jàger zurùck, und ihr erster Weg war zu
den Hunden; und sie sagten zum Pfarrer:
„Was bedeutet denn das, dafi die Hunde so
mager sind?"
Der Pfarrer sagte: „Ich weiB nicht, was
sie haben; sie fressen kein Brot und ich bin
baB verwundert dariiber."
Und er ging mit ihnen und warf den
Hunden etliche Laibe Brot hin.
Kaum sahen ihn aber die Hunde und
horten seine Stimme, so verkrochen sie sich
schleunigst in alle Winkel, und als sie die
Tur offen sahen, nahmen sie ReiBaus und
die Jàger muBten ihnen nachlaufen, um sie
einzufangen. In die Pfarre kamen die
Jàger nicht mehr zuriick.
IN der Gemeinde des Pfarrers war eincr
mit einer Frau verheiratet, die, von ihm
zu geschweigen, aber auch die ganze Nach-
barschaft quàlte; sie war ein niedertràch-
tiges Weibsbild voller Bosheit und tat
immer just das Gegenteil von dem, was ihr
befohlen worden war.
Der Mann, der sich nicht mehr zu helfcn
wuBte, batte dem Pfarrer schon zu often
120
Malen sein Unglìick geklagt, bis dcr end-
lich, von Mitleid erfaBt, zu ihm sagte: „Ich
will dir eine Geschichte erzàhlen, die sich
mit einem Freunde von mir, einem Schuster,
begeben hat, dessert Frau ebenso stòrrisch
wie deine und vielleicht noch stòrrischer
war.
In seiner Not ging er beichten und den
Beichtvater dauerte es, was er von seiner
Frau zu leiden batte, und er sagte: ,Wenn
du eine Reise unternehmen kònntest, so
wiirde ich dir ein Mittel geben, sic zu ziich-
tigen.'
Und wirklich redete er ihm ein, er mùsse
nach Apulien ins Gebirge Sant' Angelo
gehn: auf dem Berge Gargano werde
er nàmlich einen heiligen Einsiedler finden,
und mit dem solle er alles besprechen und
ihm eine Generalbcichte ablegen, weil der,
wie er wisse, wegen seiner unzàhligen guten
Werke und seiner Fròmmigkeit ein Freund
Gottes sei; und wenn er ihm gebeichtet habe,
werde er von ihm sicherlich irgend ein tref f-
liches Mittel gegen die Bosheit seiner Frau
erhalten.
Als der Schuster von seinem Beicht-
vater wegging, hat er schon an dessen Rat
Gefallen gefunden.
Da er aber gar arm war, ging er zu einem
seinigen Freunde, der schwerreich war, und
besprach mit ihm die ganze Sache und daB
121
er durchaus entschlossen sei, den heiligen
Einsicdler aufzusuchen; und er bat ihn,
ihm um der Liebe Gottes willen mit etwas
Geld zu helfen , auf da6 er diese Reise
unternehmen kònne,
Der reiche Herr sprang ihm giitig mit
einigen Dukaten bei und sagte: ,Du weiBt,
dafi mir mein Vater, der jetzt etwa sechs
Jahre tot ist, ein groBes, vòllig lastenfreies
Vermògen hinterlassen hat; und nun sehe
ich alle Jahre, daB mein Cut nicht wàchst,
sondern weniger wird, aber auf den Grund,
warum das geschieht, kann ich nicht kom-
men: ich spiele nicht, ich bin kein Schlem-
mcr, ich baue nicht, ich fùhre keine Rechts-
hàndel und ich bin keinem Laster untertan,
das mich zu Ausgaben verleitete, und nichts-
destoweniger geht es mit mir abwàrts.
Wenn du diesem heiligen Einsiedler zu
FiiBen liegst und ihm deinen Kummer er-
zàhlt hast, so bitte ich dich, sag ihm auch
den meinigen und ob er mir ein Mittel da-
gegen weiB/
Der Schuster versprach, diesen Auftrag
auszufùhren, und empfahl sich.
Zu Hause angelangt, wollte er seiner
Frau die Hand reichen und sich bei ihr mit
der Angabe, er gehc zu einem Ablasse, ver-
abschieden. Sie aber, die ihm stets wider-
sprach, antwortete: ,Geh meinetwegen und
hoffcntlich kommst du nimmer wieder.'
122
Und welter fiihrte sie noch eine Menge
hàmischer und gemeiner Reden.
Er machte sich auf und zog scine Strafie
und kam ins Gebirge Sant' Angelo und auf
den Berg Gargano; und er beichtete dem
heiligen Einsiedler und erzàhlte ihm die
beiden Angelegenheiten, derentwegen er
gekommen sei, und der Einsiedler antwor-
tete ihm mit den Worten: ,Deinem reichen
Freunde sage, daB er trachten soli, am
Morgen der erste im Hause aufzusein und
am Abende als letzter zu Bette zu gehn,
und dafi er damit fortfahren soli, ohne auch
nur einmal auszusetzen, Wegen der Ge-
schichte mit deiner Frau, so nimm auf der
Rùckreise den Weg iiber Manfredonia, und
da wirst du, bevor du in die Stadt kommst,
eine holzerne Briicke finden, die ùber eine
Pfùtze fùhrt und die die Gànsebriicke heiBt,
und sieh zu, daB du an einem Donnerstag
friih dort bist und bleibe bis Mittag und
dann zieh deines Weges.*
Der Schuster, den es dàuchte, daB
diese Mittel nicht viel wert seien, beurlaubte
sich bei dem Einsiedler und machte sich auf
die Heimreise; und an einem Donnerstag
kam er friih zur Gànsebriicke und er blieb
in einem Wirtshause in der Nàhe.
Um die dritte Morgenstunde kamen
etliche Herden von Kiihen mit den Kàlbern
hinter sich; die soUten am Freitag ge-
123
schlachtet und dann in Manfredonia ver-
kauft werden.
Und bei jeder solchen Herde war es mit
groBen Schwierigkeiten verbunden, sie ùber
die Brùcke zu bringen.
Die Hirten hatten scharfe Stachel, die
an etwa vier bis fùnf Ellen langen Schàften
befestigt waren, und damit schlugen sie die
Kiihe iiber die Schenkel und den Leib, bis
die Haut platzte und das Blut rann, und
so brachten sie sie mit roher Gewalt hin-
iiber; und das geht jeden Donnerstag so.
Als der Schuster so die Erfahrung
machte, daI3 die Kiihe von den Hirten mit
den Stacheln gezwungen wurden, liber die
Brùcke zu gehn, sagte er sich: ,Wahrlich,
der heilige Einsiedler hat mir gut geraten;
wenn diese Hirten ihren Kiihen so trefflich
die Widerspenstigkeit austreiben, um wie
viel leichter miiBte ich sie meiner Frau ab-
gewòhnenl* Und bevor er von diesem Orte
schied, kaufte er fiinf solche Stachel.
Als er dann nach Florenz und nach
Hause kam, glaubte er, daB ihn seine Frau
seiner langen Abwesenheit halber mit Zàrt-
lichkeit empfangen werde; aber statt dessen
sah sie ihn scheel an und erwiderte seinen
GruB mit einem Schwall von grobenWorten.
Nun ging er scincn Freund besuchen und
erzàhlte ihm des langen und breiten seine
ganzen Reiseerlebnisse und den Rat, den
124
ihm der heilige Einsiedlcr gegeben hatte.
,Und wegen deiner Angelegenheit, hat er
mir gesagt, ich soli dir sagen, du sollst am
Morgen der erste aufsein und am Abende
als letzter zu Bette gehn.*
Und sie wuBten beide nicht, was das zu
bedeuten habe.
Am Abende ging der Schuster wieder
nach Hause und fragte seine Frau: ,Hast
du das Fleisch gekocht, das ich dir gebracht
habe?*
Sie verneinte keifend.
Er afi so gut, wie er konnte; dann be-
festigte er einen Stachel an einem zwei
Ellen langen Schafte und sagte zur Frau:
,Geh zu Bett.'
Sie antwortete: ,Ich habe keinen Schlaf
und will noch nicht schlaf en gehn,'
Ohne noch etwas zu sagen, stieB er ihr
den Stachel ein paar Mal in die Schenkel,
bis sie, von Blut iiberstròmt und schreiend,
zu Bette ging.
Am Morgen sagte er zu ihr: ,Steh auf.'
Sie antwortete: ,Du hast mich umge-
bracht, ich kann nicht aufstehn.'
Als sie aber sah, dafi er um den Stachel
griff, sprang sie mit beiden FiiBen aus dem
Bette, Und von nun an war sie so liebens-
wiirdig mit ihm, da6 er den Stachel nicht
mehr anzuwenden brauchte.
Das will ich dir gesagt haben, damit du
125
CXXXIV.
Wie der Pfarrer
zwischen Valer,
Sohn und Stief-
multer Frieden
ttiftet.
von diesem Schuster lernst; zùchtige sie mit
dem Stocke oder mit so einem Stachel von
der Gànsebriicke.
Der junge Mann blieb am Abende auf
und da sah er, wie die Magd einen Scheffel
Mehl und der Knecht vier Màrzkàse, eine
Fiasche 01 und zwei Flaschen Wein weg-
nahmen und verbargen.
Am Morgen stand er zu guter Stunde
auf und da sah er, daB die Magd und der
Knecht die am Abende gestohlenen Sachen,
die mehr als einen Dukaten wert waren,
wegschafften,
Er dachte nach und sagte: ,Der heilige
Einsiedler hat mir einen gutcn Rat ge-
schickt.' Und er erwarb groBe Reich-
tiimer, freilich erst als er das Gesinde weg-
geschickt und gewechselt hatte,"
IN der Nachbarschaft des Pfarrers Arlotto
lebte ein alter Mann, der einen einzigen
Sohn hatte, einen gar stattlichen und kràf-
tigen Burschen von etwa zwanzig Jahren,
und dessen Muttcr war vor wenigen Jahren
gestorben; er hatte dann ein hùbsches
junges Màdchen zum Weibe genommen.
Wie es nun oft zutrifft, daB die Stiefkinder
den Stiefmuttern verhaBt sind, so zeigtc es
sìch auch hier, daB sich der Vater, nachdem
er die zweite Frau heimgefùhrt hatte, wenig
mehr um seinen Sohn kiimmerte, den er vcr-
126
wahrloste und in diirftigen Kleidcrn gehn
lieB.
Eines Tages sagte zu dem jungen Manne
einer seiner Gesellen: ,,Es ist cine Schande
fiir dich und deinen Vater, daB er dich so
herumlaufen làBt; ich weiB doch, daB er
reich ist und daB er dich, ohne daB es ihm
weh tate, anders kleiden kònnte."
Der Bursche sagte: „Ich glaube nicht,
daB es an meinem Vater liegt; schuld daran
ist nur diese Hùndin, meine Stiefmutter."
Da sagte sein Gesell: „Warum umarmst
du sie nicht? Du wirst sehn, wie zàrtlich
sie dann beide, sie und dein Vater, mit dir
sein werden und wie sie dich kleiden wer-
den; versuch es doch, ob es dir glùckt."
Dieser Rat gefiel ihm gar wohl, und weil
ihm der Pfarrer gut freund war, teilte er
ihm die Sache mit und das Gespràch, das
er mit seinem Gesellen gehabt batte, und
sagte: „Pfarrer, wenn ichs nicht tue, so
werde ich immer wie ein Vieh leben; was
ratet Ihr mir?"
Damals war der Pfarrer noch Jung. DaB
er sich an den Rat seines Freundes halten
solle, wollte er ihm aber doch nicht sagen,
sondern tadelte ihn heftig und sagte: „Sei
gescheit."
Der junge Mann verstand ihn und ging
heim, und am nàchsten Abende ging sein
Vater aufs Dorf, um dort liber Nacht zu
127
bleiben; und als die Frau schlafen ge-
gangen war, trat er in ihre Kammer und
legte sich zu ihr ins Bett.
Zuerst woUte sie Làrm schlagen, aber
bald warcn sie einig geworden, Und von
da an lieBen sie sichs viele andere Nàchte
und oft auch bei Tage so gut geschelin, wie
in dieser Nacht.
Nach einigen Tagen sagte die Frau eines
Morgens zu ihrem Manne: „Warum làBt du
denn dem Burschen keinen andem Mantel
machen und gibst ihm keine andern Kleider,
damit er geht wie die andern? Wie es alien
Stiefmuttern geschieht, so geschieht es auch
mir, weil die Lente meinen, ich sei schuld
daran, daB du ihn so schlecht hàltst; aber
Gott sei mein Zeuge, und damit auch du
weiBt, daB mir das gar nicht recht ist, so bitte
ich dich von Herzen, ihn wie einen Sohn zu
halten: er ist ja ein guter Junge und ich
kann keinen Dicnst von ihm verlangen, den
er mir nicht augenblicklich tate."
Die Bitten der Frau vermochten so viel,
daB der junge Mann von nun an trefflich
gekleidet und gut gehalten wurde; und er
war nicht undankbar gegen sie, sondern cr-
quickte sie gar sùB und das zu often Malen,
Als er seinen Gesellen wieder traf, sagte
der: „Du hast dich also an meinen Rat ge-
halten, eh? Wohl bekomms dir, daB du
jetzt so hùbsch in Ordnung bist."
128
Wie es aber der Teufel woUte, fand der
Vater eines Tages den Sohn auf der Frau;
es gab einen Hòllenlàrm und der dauerte
ein paar Tage lang und man hòrte ihn in
der ganzen Nachbarschaft, aber niemand
wuBte, weswegen sie stritten,
Sie schrien unaufhorlich und eines Tages
schrien sie so arg, dafi viele Nachbam zu-
sammenliefen und unter ihnen auch der
Pfarrer Arlotto,
Die Nachbam sagten: „Sie sind ihrer
nicht mehr als drei Lente und làrmen alle
Tage miteinander."
Der Pfarrer klopfte an die Tur; darauf-
hin kamen der Vater und der Sohn herunter,
und sie schmàlten mitcinander in einer
Weise, dafi es schien, als bàtte jeder recht.
Der Pfarrer sagte: „Was habt ihr denn,
daB ihr schon eine Zeitlang nichts sonst tut
als schreien?"
Der Vater anwortete: „Mein lieber
Pfarrer, wenn Ihr es wiiBtet, so wùrdet Ihr
sagen, dafi ich recht habe; aber ich kanns
Euch nicht sagen."
Aber der junge Mann sagte: „So will
ichs Euch sagen: mein Vater hat meine
Mutter, solange sie am Leben war, wohl
tausend Mal umarmt; und weil ich meine
Stiefmutter da nur ein paar Mal umarmt
habe, bringt er alle Tage die ganze Nach-
barschaft in Aufruhr."
Arlotto, Schwànke II.
129
cxxxv.
Wie sich der
Pfarrer amsonst ans
Land tragen làBt
und dem Tràger
die Geschichte vom
heiligen Christo-
phorus erzàhlt.
Der Pfarrer Arlotto sagte: „Macht
welter keinen Làrm mehr: wenn eins das
andere umarmt, so ist das doch nichts
andres als Nàchstenliebe; vertragt euch mit-
einander und streitet nicht mehr, damit es
niemand merkt, was bei euch vorgeht, und
trachtet in Zukunft gescheit zu sein."
IN Sluis, in dem Hafen von Briigge, der
pràchtigen, reichen Handelsstadt, ist das
Wasser so seicht, da6 es, von den grofien
Schiffen gar nicht zu redcn, aber auch mit
kleinen Booten nicht mòglich ist, das Ufer
zu erreichen; darum ist es notwendig, daU
immer zahllose Leute dort sind, die die
Menschen und die Waren ans Land tragen,
und man findet auch immer ihrer sehr viele
und alle haben hohe Stiefel an.
Zu einem solchen Tràger sagte nun der
Pfarrer Arlotto einmal, nachdem ihn der
vpm Lande an Bord getragen batte: „Du
darfst von mir keinen Lohn verlangen; denn
der heilige Christophorus trug die Leute
und setzte sie iiber den FluB aus Liebe zu
Jesus Christus und nahm von niemand Geld
oder sonst etwas und wurde einer solchen
Guade teilhaftig, dafi er Jesum Christum
selber tragen durfte und ihm so lieb wurde,
daB er das Himmelreich gewann. Nun bc-
denke, was du beute gewonnen hast, wo du
den Herrgott getragen hast und mich? ich
130
habe ihn ja im Lcibc, weil ich erst vor
kurzem Messe gelesen habe."
DEr Pfarrer batte in der Stadt einen
ungeschliffenen Menschen zum Nach-
bar, der keinen Tag vergehn lieB, ohne von
ihm Geld oder Kleidungsstùcke und manch-
mal auch Hausgeràt zu borgen.
Das ging so Tag und Nacht und nahm
nie ein Ende, weil der Mensch wufite, daB
der Pfarrer von einer unendlichen Giite war
und daB er ihm nie widersprach oder etwas
abschlug,
Eines Tages aber, als er zu ihm um ein
Paar Hosen schickte, wurde es dem Pfarrer
doch zu dumm und er verweigerte sie ihm
mit den Worten; „Ich glaube, daB ich ihm
nàchstens, wann er scheiBen will, auch noch
den Hintern werde borgen sollen."
AUf seiner Wanderschaft durch unsere
Flecken und Dòrfer kam ein Ver-
schneider auch in die Gemeinde des Pfarrers
Arlotto.
Da sagte der Pfarrer zu einem seinigen
Fronbauer: „Martino, ich bore, daB dieser
Arzt hiibsche Heilungen aufzuweisen hat:
warum làBt du deinen Knaben nicht ver-
schneiden ^ ?"
1 Wie aus dieser Geschichte und der folgenden
hervorzugehn scheint, dùrfte es sich um eine eigen-
9* 131
CXXXVI.
Wie der Pfarrer
einem làstigen
Nachbar eine
scharfe Antwort
gegeben hat.
CXXXVII.
Wie der Pfarrer
einen seiner
Bauern
verschneiden làBt.
CXXXVIII.
Wie der Pfarrer
noch einen
armen Jungen
von demselben
Verschneider
heilen làBt.
Martino antwortetc: „Weil es mir un-
moglich ist, den Meister ins Haus zu nehmen
und ihn zu bezahlen; Ihr wiBt, daB es mir
an Brot mangelt."
Der Pfarrer sagte; ,Jch habe unrecht:
du brauchst Hilfe und darum schicke ihn
zu mir."
Als der kranke Knabc gekommen war,
lieB er den Arzt holen; der Knabe mufite
sich in das Bett des Meiers legen und
der Arzt verschnitt ihn und nahm ihm einen
Hoden heraus und behandelte ihn sorg-
fàltig. Und der Pfarrer zahlte etwa einen
Monat lang die Kosten fiir den Arzt und
dessen Gehilfen, fìir ihre Reittiere, fiir den
Kranken und fùr die Arzneien.
Als der Arzt diese Mildtàtigkeit des
Pfarrers sah, nahm er von den vier Dukaten,
die er der getroffenen Abmachung gemàfi
bekommen solite, nur zwei und lieB die
andern zwei fùr die Armen,
DEr Pfarrer Arlotto kam nach Florenz
und sprach in der Werkstatt des Huf-
schmieds Mariano von ungefàhr von diesem
Arzte und wie er ein gar tùchtiger Meister
sei; da sagte ein j unger Mensch, den der
tQmliche Krankheit handeln, die auf diese Weise
([eheilt wurde, Vgl. dazu die Widmung und den
Anfang der 30. Novelle im III. Teile der Novella
Bandellos.
132
Hufschmied im Hausc hatte, zu ihm:
„Pfarrcr, auch ich wiirde ihn notwendig
brauchen, weil ich auf einer Seite einen
schweren Schaden habe; ich kann aber
nicht, weil mein ganzer Lohn, den ich von
Mariano bekomme, nur sechzig Lire im
Jahre ausmacht, wovon ich meinen Lebens-
unterhalt, meine Schuhe und meine Kleider
bestreiten mu6."
Von Mitleid bewegt, lieB der Pfarrer
auch ihn in sein Hans kommen und lieO ihn
wie den andern auf seine Kosten heilen.
EInem Baucr lief in Florenz ein schoncr
Hund zu; er ging zum Pfarrer, erzàhlte
es ihm und sagte: „Ihr miifit mir einen
schònen Namen fiir ihn geben."
Der Pfarrer sagte: „Was fiir einen
Namen soli ich ihm denn geben? Wenn
ihr mir die Kinder zur Taufe bringt, so sagt
ja auch ihr mir die Namen an, die ich ihnen
zu geben habe."
Trotzdem lieB ihn der Bauer mit dieser
Zumutung nicht in Ruhe, und dadurch wurde
er ihm schliefilich so widerwàrtig, daB er
zornig sagte: ,,Nenne ihn BlutschiB, und den
wiinsche ich dir; jetzt ists euch schon nicht
mehr genug, daB ich auf die Namen taufe,
die ihr wollt, nein, ihr wollt, daB ich auch
noch euern Hunden Namen geben soli."
CXXXIX.
Wie der Pfarrer
einen Bauernhand
getauft hat.
133
CXL
Was der Pfarrer
im
Wirtshanse fat.
DEr Pfarrer war mit zweien seiner Ge-
sellen im Wirtshause, um zu zechen;
der eine war der Kalfaterer Mcister An-
tonio und der andere der Gewùrzkràmer
Francesco di Manette.
Da kam ein Freund von ihnen dazu und
sagte: „Was macht Ihr denn im Wirtshause,
Pfarrer?"
Der Pfarrer antwortete: „Ich bewàhrc
die Worte Christi, die da lauten: In ore
duum vel trium stat omne verbum; du siehst
ja, es sind nicht mehr als zwei bei mir.
Und ich balte mich an das, was der heilige
Paulus durch die ganze Heilige Schrift
ruf t, und das ist nichts andres als : Liebe ^
Nimm zur Kenntnis, daB uns nicht die
Schwelgerei, sondern die Nàchstenliebe her-
gefùhrt hat, und daB ich dem Gebote meines
Vaters gehorche, der mir neben andern Vor-
schriften und Geboten auch die Ermahnung
crteilt hat, daB ich mit MaB leben soli; und
dicser Humpen hat sein MaB und dicses
Brot hat genau neun Unzen. Und darum
tue ich nichts bòses."
CXLI.
Wat der Pfarrer
einem Crei»
antworten lieO,
der $ich am Tage
vor Meinem Toae
E In vornehmer Ritter, der iiber fiinfund-
siebzig Jahre alt war, batte gehort,
daB der Pfarrer plòtzlich von einer jàhen
Krankheit bef alien worden war; da schickte
er — es war gerade der Tag vor dem Todc
*■ carità; far carità heiOt aber auch zechen.
134
des Pfarrcrs — einen Boten zu ihm, wie
ich glaube, weniger aus Teilnahme, sondem
mit irgendcinem Hintergedanken. Obwohl
sich der Pfarrer schlecht genug befand,
durchschaute er doch vòllig den Zwcck,
wozu das gcschah.
Als der Abgesandte nach dem schul-
digen GruBe die Botschaft, die viele An-
erbietungen enthielt, ausgerichtet batte, gab
ihm der Pfarrer trotz seinem Unwillen
folgende Antwort: „Sag deinem erlauchten
Herrn, daB ich ihm danken lasse und daB
ich nur wenige Worte fiir ihn habe, weil
meine Abreise dràngt; er richtet seinBùndel
her und ich habe meines schon schier zu-
geschniirt, und ich weiB, daB er mir bald
nachkommen wird."
Am nàchsten Morgen schied unser
Pfarrer aus diesem elenden Leben und ein
paar Menate spàter folgte ihm der Ritter.
V
Or seinem Tode lieB der Pfarrer zwei
um ietti
Befinden er-
kundigte.
CXUl.
Gràber bereiten, eins in der Kirche ^"////"a^'^*"'"
seiner Pfarre und eins im Priesterspittel zu
Florenz; und so wie er in seinem Leben mit
seinem Cute gar freigebig war gegen jeden,
der ihn kannte, so zeigte er sich auch im Tode
als ein Mann voli hòchster Nàchstenliebe.
Von der Inschrift, die er fiir das Grab-
mal in seiner Pfarre gemacht hat, weiB ich
nichts, weil ich nach der Zeit, wo er sie
fùr sein Grabmal
verfertigt hat.
135
CXLIII.
Wie es der Pfarrer
anstellte,
um keinen Zoll
bezahlen
zu mussen.
gemacht hat, nicht mehr dort war; aber auf
dem Grabmal in Florenz lieB er diese Worte
in italiànischer Sprache anbringcn:
QVESTA SEPVLTVRA A
FATTO FARE EL PIOVANO ARLOTTO
PER SE E PER TVTTE QVELLE
PERSONE LE QVALI VI VOLESSINO
DENTRO ENTRARE. '
U:
le florentinischen Galceren, auf deren
einer der Pfarrer war, lagen im Hafen
von Sluis und sollten die Heimfahrt nach
Florenz antreten; da kam, wie immer, ein
Wàchter oder Beamter des Herzogs von
Burgund, der nachzusehn batte, ob sich
nicht geschmuggelte Waren an Bord be-
f ànden. Da nun der Pfarrer etliche Klumpcn
Zinn und einige Ballen Leinwand und Tuch,
ohne den Zoll bezahlt zu haben, in der
Hinterkajùte liegen batte, eilte er, als er
hòrtc, dafi der ZoUwàchter bei der Unter-
suchung zu seiner Galeere kam, augenblick-
lìch hinunter, benetzte sich das Gesicht mit
etwas Safranwasscr, wickelte sich bis ùbcr
den Kopf in seinen Mantel und legte sich
nieder. Dann begann er laut zu jammem,
' Dieses Grab hat der Pfarrer Arlotto machen
lassen fiir sich und fùr alle, die darein ein^ehn
wollen.
136
bis der Wàchter kam und ihn, weil er ihn
so laut klagen hòrte, fragte: „Was habt Ihr
derni, Herr?"
Ganz traurig antwortete der Pfarrer:
„0 weh, o weh, ich habe ein schweres Fiebcr
und ich mòchte einen Barbier oder einen
Arzt, damit er mir eine Beule aufschneidet,
die ich am Oberschenkel habe,"
Da der Wàchter glaubte, er sei von der
Pest befallen, suchte er w.eder in der Ka-
jùte, noch anderswo, sondern machte, daQ
er weiterkam, und es schien ihm eine Ewig-
keit, bis er die Galeere verlassen batte;
und auf diese Weise brachte der Pfarrer
nicht nur seine Sachen, sondern auch die
vieler anderer davon, ohne dafi sie einen
ZoU dafiir gezahlt hàtten.
IN zwei Geschichten habe ich dir erzàhlt,
wie der Pfarrer Arlotto nicht nur von
Bartolommeo Sassetti, sondern auch von
jenem englischen Geiste und Spiegel der
Heiligkeit, dem ehrwiirdigen Erzbischof von
Florenz Bruder Antonino wegen seines
Wirtshausgehns getadelt worden ist; der
Erzbischof hat ihn aber noch ein andres
Mal deshalb getadelt, und davon erzàhlt
man diese Geschichte:
Eines Tages schicktc er um ihn und
einer seiner Diener suchte ihn in ganz
Florenz; er kam aber ohne ihn zuriick und
CXUV.
Wie der Pfarrer
eine Zeitlang
Gasi des Erz-
bischofs Antonino
war und wie er sich
dessen
Gastfreundschaft
verscherzt hat.
137
sagte dem Erzbischof, da6 er ihn nirgends
gefunden habe.
Als der Koch des Erzbischofs hortc, daB
der Pfarrer verlangt wurde, sagte er:
„Gnàdiger Hcrr, ich habe ihn eben mit
einigen rechtschaffenen Leuten im Wirts-
hause sitzen sehn."
Der Diener wurde noch einmal weg-
geschickt und diesmal kam der Pfarrer;
und der Erzbischof sagte zu ihm: „Ich bin
hòchlich erstaunt, daB du dein Wirtshaus-
gehn noch immer nicht aufgegeben hast."
Der Pfarrer antwortete: „Wann Euerc
Herrlichkeit das Essen und Trinken auf-
geben werden, dann werde ich das Wirts-
hausgehn aufgeben: ich habe Euch ja schon
zu mehrern Malen gesagt, daB ich nicht des
Schlcmmens halber hingehe, sondern aus
Nàchstenliebe und um meiner Kirche etwas
gutes zu tun, weil ich dabei Ersparungen
mache; ich brauche Euch auch jetzt nicht
mehr zu erwidern, weil ich es schon einmal
mit triftigen Griinden bewiesen habe, daB
ich keinen Fehler begehe. Wenn Ihr aber
durchaus wollt, daB ich nicht mehr hingehe,
so gebt den Auftrag, daB man mich in
Euerm Hause mit der gleichen Freundlich-
kcit empfange, wie es im Wirtshause ge-
schieht, und daB ich mich hier ebenso unge-
zwungen benehmen darf wie dort."
Der Erzbischof sagte: „Mir ists rccht,
138
jcdoch unter der Bedingung, dafi du nicht
mehr dorthin gehst."
Dieses Versprechen gab ihm der Pfarrer
und der Erzbischof machtc seinen Haushof-
meister und seinen Speisemeister dafiir
verantwortlich, daB der Pfarrer mit dem
groBten Entgegenkommen aufgenommen
werde.
Als der Pfarrer die Tischglocke làuten
horte, kam er mit vier Gesellen und sctzte
sich mit ihnen an den Tisch der Leute des
Erzbischof s; und als sie gegessen hatten,
gingen sie weg, Zum Abendmahle kam er
mit denselben Gesellen, und als sic gegessen
hatten, gingen sie weg.
Der Pfarrer begab sich auf seine Pfarre
und verrichtete dort vier Tage seine Ge-
schàfte.
Dann kam er wieder nach Florenz, und
um die Essensstunde ging er mit fiinf
Bauern ins Haus des Erzbischofs und setzte
sich mit ihnen zu Tische.
Als das der Haushofmeister und die
Dienerschaft sahen, begannen sie iibcr den
Pfarrer zu murren,
Am nàchsten Tage kam er wieder zum
Essen und zwar mit acht Gesellen; als sic
abcr gegessen hatten, lieB der Erzbischof
den Pfarrer rufen und sagte ihm, daB er
kein Wirtshaus balte und daB das nicht
wohl getan sei.
139
DcrPfarrer antwortete: „Gnàdiger Herr,
Ihr begeht gleich etliche Fehler auf cinmal:
mir macht Ihr Schaden, weil ich dann und
wann zwei oder drei Stunden auf Euere
Leute warten muB, sowohl mittags, als auch
abends, und also vici Zeit verliere; Ihr scha-
det aber auch Euch selber, weil Euch meine
Gesellen, die mit mir kommen, Auslagen
verursachen, wàhrend sonst sie mich ins
Wirtshaus mitnehmen und fiir mich bezah-
len wùrden: das sind sie so gewohnt und
ich wei6, daB ich damit weder den Herr-
gott, noch jemand andern krànke."
Der Erzbischof sagte: „Geh kùnftig
nach deiner Weise ins Wirtshaus , sooft
es dir beliebt, und kommc nicht mchr
her; ich will dir auch keine Vorwiirfe mehr
machen."
CXLV.
Wie der Pfarrer
fiir seine
Bereiwilligkeit, die
Umlagen zu he-
zahlen, einen Nach-
laB erhàlt.
Die Stadt Florenz brauchte Geld, um
einen gerechten Krieg zum Heile des
Vaterlands zu fuhren und auch um das
Eigentum der Geistlichen und der Biirgcr
vor Verwùstung durch Freund und Feind
zu schùtzen; und wegen der groBen Be-
tràge, die dazu nòtig waren, wàhlte man
neben den Beamten, die die Bùrger schatz-
ten, noch fùnf Mànner, die den Geistlichen
eine hùbsche Summe auflegen sollten, und
Beamte der Priesteranleihe genannt wur-
140
den*. Diese Beamten ludcn alsbald alle
Geistlichen, die einen unbewcglichen Besitz
hatten, fùr verschiedene Tage vor; aber die
Geistlichen wehrten sich, was sie nur konn-
ten, und fùhrten die vielen Verluste an, die
sie durch Unwetter, Austrocknen der Fliisse
und schlechte Ernten gehabt hatten.
Auch der Pfarrer Arlotto ging hin, und
die Beamten empfingen ihn liebenswùrdig
und fragten ihn: ..Nun, lieber, guter Pfarrer,
sagt uns, wie viel Geld Ihr habt; Ihr seht,
dafi wir Geld brauchen und nicht wenig."
Er antwortete: „Ich mòchte Euch zu die-
sem Gegenstande eine Geschichte erzàhlen.
Ich sah einmal in dieser beriihmten,
groBen Kirche von Santa Maria del Fiore
eine Gesellschaft von tuchtigen und recht-
schaffenen Mànnern. Und obwohl ich ein
grobschròtiger Mensch von langsamer Auf-
fassung bin, habe ich doch tùchtige Mànner
immer geliebt, und wenn ich einmal einen
in einer Notlage sah, so habe ich ihm stets
nach meinen schwachen Kràften geholfen.
1 Uftizìali dell'accatto de preti. Diese accatti,
die man wohl am besten mit .Zwangsanleihen'
ùbersetzen kònnte, wurden richtig zurùckgezahlt;
die Leute erhielten fùr die Summen, die sie ent-
richteten, und fùr die Zinsen Anweisungen auf
òffentliche Einkùnfte, die nach einer gewissen Zeit
honoriert werden muBten (Varchi, Storia fiorentina,
XIV, 21, zit. Ausg. S. 363).
141
Ich trai also nàher hin zu dicser Gesell-
schaft, die aus drci Domherren und etlichen
Edelleuten bestand; untcr andern war auch
der ausgezcichnete und berùhmte Rechts-
gclehrte Mcsser Paolo da Castro ^ dabei.
Wàhrend ich ihren Gespràchen zuhorte,
kam die Zeitung, daB der Pfarrer von Santa
Maria Impruneta gestorben war und sieben-
tausend Golddukaten, einen halben Scheffel
Dickgroschen und ebenso viel alte pisanische
Quattrini hinterlassen batte.
Als Messer Paolo diese Zeitung gehort
batte, tadelte er den Toten heftig und sagte:
,Ein Geistlicher kann in der Welt kein
schàndlichers, jàmmerlichers und nieder-
tràchtigers Andenken zuriicklassen , als
wenn er eine solche Summe Geldes hinter-
làBt.* Und dazu fiihrte er viele Griinde
und Gesetze an und berief sich auf viele
Stellen aus der Heiligen Schrift.
Ich merkte mir genau alle seine Wortc
und Bewàhrungen und behielt sie immcr
im Gedàchtnis; und aus diesem Grunde
* Paolo von Castro ist der berùhmte Rechts-
gelehrte und Verfasser des Statuto fiorentino (1415).
Er war Professor an den Hochschulen von Florenz,
Siena, Bologna und Perugia; schlieOlich wurde er
auch nach Padua berufen, wo er vor 1436 nach
einer gesamten Lehrtàtigkeit von 45 Jahren ge-
storben ist. Auf ihn bezieht sich der oft zitierte
Satz Si Bartolua non luisset, eius locum Paula»
tenuiaget.
142
(
habe ich es immer vermicden, Geld anzu-
hàufen.
Es sind mehr als fiinfzig Jahre ver-
gangen, seitdem ich meine Pfarre erhalten
habe, und ich versicherc Euch, dafi ich noch
nie mehr als zehn Dukaten in meincr Spar-
biichse gefunden habe; und dabei habe ich
mein Korn stets verkauft und verbraucht,
bevor es geerntet war.
Allwege aber beriicksichtigt das nicht;
denn ich bin mit der Absicht gekommen,
Euch in allem zu gehorchen und jede Auf-
lage, die Ihr mir auflegt, zu bezahlen, und
finde ich sonst kein Mittel, so werde ich
mein ganzes bewcgliches Gut verkaufen,
um meinem Vaterlande zu helfen. Darum
legt mir auf, was Euch bedùnkt."
Als die Beamten sahen, wie gùtig und
willfàhrig der Pfarrer sprach und wie frei-
miitig er sich darbot, sagten sie: „Wir
wollen, da6 Ihr selber nach Euerm Be-
dùnken die kleine Summe bestimmt, die Ihr
ohne allzu groBe Beschwerlichkeit zahlen
kònnt."
Der Pfarrer aber wollte das nicht an-
nehmen und unterwarf sich ihrer Einsicht;
und sie legten ihm acht Dukaten auf mit
der Bemerkung, dafi er diese Summe, wenn
er damit nicht zufrieden sei , verringem
solle, um wie viel ihm beliebe.
Der Pfarrer antwortete ihnen: „Wenn
143
CXLVI.
Wie der Pfarrer
auch bei einer
zweìien Anleihe
mit einem
blauen Auge
davonkommt.
ich meine Auflagc hàtte sclber bestimmen
mùssen, hàtte ich mindestens fiinfundzwan-
zig Dukaten gesagt."
Und er dankte ihnen und machte sich
noch einmal, wenn es die Not heischen
solite , zu allem erbòtig und ging seiner
Wege.
ALs sich der Staat wieder in àuBerstcr
Not befand und es galt, ihn in- seiner
gerechten Sache zu unterstùtzen, waren die
von Florenz, da die Biirgcr so hohe Steuern
nicht erschwingen und ertragen konnten,
gezwungen, den Geistlichen eine neuerlichc
Anleihe aufzuerlegen; und als die Beamten
gewàhlt waren, gingen ali die Geistlichen
und Monche hin, um sich ihnen zu empfeh-
len, und jeder sagte, ihm sei es unmòglich,
und der eine fùhrte den Grund an und der
andere jcnen.
Auch der Pfarrer Arlotto ging hin und
die Beamten empfingen ihn mit Ehrerbie-
tung und liefien ihn niedersitzen und frag-
ten ihn: „Pfarrer, was fùhrt Euch her?"
Er antwortete: „M.eine Herren Beamten,
ich komme zu Euch, um gerade das Gcgen-
teil von den andern Geistlichen zu sagen,
die zu Euch gekommen sind und noch kom-
men werden. Alle miteinander sagen sie
oder werden sagen, daB sie nichts zahien
konnten, wcil sie vor acht Jahren zu vici ge-
144
zahlt hàtten und inzwischen auch dem
Papste zwei Zehnten bezahlt hàtten; einige
werden auch sagen, sic hàtten schlechte
Ernten gehabt oder ihnen sei ihr Haus, ihrc
Kirche oder ihre Scheuer eingestùrzt, oder
dieMùhle sei ihnen weggerissenworden, oder
man habe ihnen die Ochsen gehàutet. Ich
sage just das Gegenteil: mein Haus, meine
Kirche, meine Scheuer sind in Ordnung und
ich habe weder meine Ochsen, noch etwas
andres eingebùBt; weiter habe ich eine aus-
reichende Ernte gehabt und danke dem
Herrgott, und so lebe ich alljàhrlich in Ehren
und bringe mich ehrlich fort. Ich balte
einen Mefihelfer, der zugleich Glòckner ist,
und einen Meier und bringe mich fort; ich
gehe manchmal zum Candioten und bringe
mich fort und dazu gebe ich noch in meiner
Gemeinde Almosen und ich versichere Euch,
daB es im Florentinischen keine àrmere
Gegend oder eine Gegend mit mehr Bettlern
gibt als meine Pfarre und ali die Dòrfer in
der Umgebung. Ich werde jede Summe be-
zahlen, die Ihr wollt, und wenn Ihr mir
eine billige Summe auflegt, so werde ich
auch meine Pfarrkinder in der gewohnten
Weise weiter unterstùtzen. Und legt Ihr
mir eine schwere und unbillige Summe auf,
so werde ich sie doch bezahlen und mich
bemiihen, Euch zu gehorchen; aber da wiir-
det Ihr den armen Leuten, denen ich dann
Arlotto, Schwànke II. XO 145
nicht mehr helfen konnte, das Brot aus dem
Munde nehmen: ich unterwerfe mich Euercr
Einsicht, Wohlmeinung und Klugheit."
Als die Beamten sahen, wie bescheiden
der Pfarrer sprach und wie sehr er sich von
den andern Geistlichen, die zu ihnen kamen,
unterschied, fragten sie ihn: „Wie viel Du-
katen habt Ihr den andern Beamten ge-
geben?"
Der Pfarrer antwortete: „Acht voUwich-
tige."
„Wicviel woUt Ihr jetzt zahlen?"
„Was Ihr mir auflegen werdet."
Da sagten die Beamten: „Wir miissen
dem Pfarrer die Freude machen und ihn
besser behandeln als die andern."
Und sie legten ihm vier auf und nicht
mehr,
Ist es nicht ein Wunder, wie dieser
Mensch mit seiner Gùte und sciner Liebens-
wùrdigkeit die Menschen bezauberte und sie
sich zu Brùdern und Freunden machte?
Zu meiner Zeit wurden der florentini-
schen Geistlichkeit teils vom Papste und
teils von der Stadt Florenz etwa zwolf Ab-
gaben, Steuern, Schatzungen und Zehn-
ten auferlegt, und ich glaube, daB der
Pfarrer bei alien zwòlfen zusammen nicht
auf siebzig Dukaten gekommen ist, nicht
durch Bcstechung, nicht durch Possen-
reiBerei, nicht durch die Bitten von Freun-
146
den und nicht aus eincm andern Grundc,
sondern nur durch scine Gùte und scine
Licbenswiirdigkcit, womit cr die Leutc bc-
zaubertc.
Einmal sagte cr zu mir: „Ich schàme
mich schon selbcr; ich habe mchr als hun-
dcrtsiebcnzig Dukatcn jàhrliches Einkom-
men und habe auf zwòlfmal nicht den zwan-
zigsten Tcil von dem gczahlt, was ich selbcr
gern gczahlt bàtte: dem Himmcl sei gcdankt
fiir so vici Gùte!"
Der Pfarrer erkannte aber das Cute und
verschenktc, wic ich dir gesagt habe, um
der Licbc Gottes willen alljàhrlich zwei
Drittcl scincr Einkunftc.
WEil der Pfarrer in Neapcl und auch
in viclen andern Ortcn des Kònig-
reichs gcwcscn war, wurde in scincr Gescll-
schaft oft von Apulicn gcsprochcn und son-
derlich von der Stadt Neapcl, die man,
wenn man ihr ihr gebùhrcndcs Bciwort und
ihren richtigen Namen geben wolltc, das
irdische Paradies ncnncn mùfìte, weil sic
allcs gute in eincm solchcn Obcrflussc
hervorbringt und der Mensch dort allcs
findet, was cr zum Lebcn und zum Unter-
halte braucht.
Einmal war nun ciner dabei, der sagte:
„Wohcr kommt cs und was will es bedeu-
ten, dafi Neapcl und das ganze Konigrcich
CXLVII.
Was fiir eine Ce-
schichte
der Pfarrer ùber
den EinfluB der
neapolitaniscfien
Luft erzàfilt fiat.
10*
147
dcrzeit ein so unfàhiges, schlechtes, nichts-
nutziges und verràterisches Volk hervor-
bringen? es solite doch das Gegenteil zu-
treffen."
Der eine sagte dies und der andere das,
und jeder fùhrte seine Griinde an.
SchlieBlich sagte der Pfarrer: „Meinerl
Meinung nach versteht ihr die Sache nicht.]
Gott, der alles anordnet, hat diesem Reichc
die Gabe verliehen, alles gute hervorzu-
bringen, hat aber dem Elemente der Luft
verordnet, daB es in den Menschen zu Schan-
den werde; denn wenn dieses Reich Men-
schen bàtte, die in Gùte und Geist voUkom-
men wàren, so dùrfte man es nicht ein irdi-
sches Paradies, sondern mùBte es den Auf-
enthalt der Seligen ^ nennen, Aber diese
Luft macht die Menschen nichtsnutzig und
verràterisch."
Und er erzàhlte zu diesem Gegenstande
folgende Geschichte:
„Unter den Kònigen aus dem Hause
Anjou, die iiber dieses Reich herrschtcn,
war einer — sein Name fàllt mir augen-
blicklich nicht ein — ein besonders guter
Fiirst, und der batte in Frankreich einen
sehr jungen Bruder, den er noch nie gesehn
batte, weil er noch vor seiner Geburt Kònig
^ Bei Baccini cielo del Sole; in den alten.
Drucken cielo empireo.
148
von Apulien geworden war. Diesem Her-
zog kam der Wunsch, Italien und Rom zu
sehn, um die heiligcn òrter zu besuchen;
der Hauptgrund war aber, daB er seinen
Bruder besuchen wollte, der auch sehr bc-
gierig war, ihn zu sehn, und ihm deshalb
schon etliche Male nach Frankreich ge-
schrieben batte. Der Herzog brach also mit
einem prunkvollen Geleite auf und kam
nach Italien und nach Rom und schlieBlich
nach Neapel. Der Kònig war iiber seine
Ankunft hoch erfreut und feierte ihn mit
einem Glanze, als ob er ein Kaiser gewesen
wàre, indem er ihm alle Vergniigungen bot,
die an einem solchen Orte ersonnen und
veranstaltet werden kònnen. Aber es waren
noch keine acht Tage vorbei, als der Herzog,
der froh und munter gewesen war, wie es
die Art der Franzosen ist, traurig und
schwermùtig zu werden begann, Und eines
Morgens sagte er zum Kònige: ,Ich habe
mich entschlossen, alsbald abzureisen.'
Verwundert sagte der Kònig: ,Aber Bru-
der, was soli das heiBen? Ich habe dich aus
Frankreich kommen lassen, um dich min-
destens ein Jahr bei mir zu behalten, und
ich bin Starr vor Verwunderung und kann
mir gar nicht vorstellen, was der Grund scin
mag, daB du so plòtzlich abreisen willst.*
Mit schmerzlichen Trànen antwortete der
Herzog in seiner Rechtschaffenheit: .Heilige
149
CXIVIII.
Warum
der Pfarrer pusieie,
wann «r tich da*
Cesicht wutch.
Majcstàt und glorreichcr Bruder, ich habe
jctzt drei Nàchte hintereinander getràumt,
ich hàtte dich getòtet und die Herrschaft
an mich gerissen, Dieser Traum bedriickt
meine Seele und quàlt mir den Leib, so dafi
ich nicht wieder froh werden kann.*
Der Kònig làchelte und tat als kluger
Mann, als ob er sich nicht darum kiimmerte,
und sagtc: .Verwundere dich nicht, dafi du
also getràumt hast: ich weiB ganz gut, daB
es nicht deine Schuld ist, sondern die dieser
Luft, die nur Schurken und Verràter er-
zeugt und nichts andres; sie hat eine solche
Macht ìiber den menschlichen Kòrper, daB,
von andern gar nicht zu rcden, aber selbst
Heilige, wenn welchc herkàmen, nieder-
tràchtige Schurken wùrden. Nichtsdesto-
weniger reise, wann es dir beliebt, und jc
schneller du es tust, desto lieber wird es
mir sein, damit dir nicht der Wunsch komme,
den Traum zur Tat werden zu lassen.'
Und so nahm der Herzog Abschied und
kehrte, von scinem Bruder, dem Kònige,
reich beschenkt, mit Ehren nach Frankreich
heim."
DEr Pfarrer wurdc von einem, der wenig
zu tun batte, gefragt, warum er puste,
wann er sich das Gesicht wasche.
Da antwortete er: „Damit du, wann ich
mir das Gesicht wasche, nicht glaubst, es
150
yri
sci der Arsch; ich waschc sic nàmlich jedes
auf cine andere Weise,"
Dank dieser Antwort stand denn der
vorwitzige Frager als Vieh da.
ALs der Pfarrer eines Tages mit einer
Gesellschaft von rechtschaffenen Leu-
ten beim Essen war, kam ein durch sàmt-
liche Bosheiten abscheulicher Geistlicher
daher, der zu seinen andern schlechten
Eigenschaften auch cine bòse Zunge batte
und dem Laster, jedermann zu verleumden,
so ergeben war, da6 er sich, wann er derlei
Schmàhungen redete, ordentlich daran zu
weiden schieri; er lebt noch und darum will
ich anstandshalber seinen Namen nicht
nennen.
Man lieB ihn am Tische Platz nehmen,
und er sa6 noch nicht recht, da fing er auch
schon an, wie ein Rohrspatz zu pfeifen
und von einem wackern Manne, der vor kur-
zem gestorben war, schlecht zu reden; und
das dauerte etwa eine halbe Stunde.
Da begann unser Pfarrer, der die Bos-
heit dieses giftigen Tiers nicht lànger mehr
ertragen konnte, folgende Geschichte zu er-
zàhlen:
„Es war einmal ein Jùngling, der seine
Mutter gar schlecht behandelte und ihr all-
stiindlich so viel ausgesuchte Gemeinheiten
antat, daB er von den Verwandten und den
cxux.
Wie der Pfarrer
ein Lastermaul
mit einer hùbschen
Geschichte
zum Schweigen
bringt.
151
Freunden vide Vorwurfc zu hòren bekam
und in der ganzen Nachbarschaft und weit
und breit verschrien war,
Der beschloB einmal, sich krank und
dann tot zu stellen, um so zu erfahren, ob
man von ihm nach seinem Tode ebenso viel
schlechtes sprechen werde, wie bei seinen
Lebzeiten.
Er spieltc also den Kranken, und nach
einigen Tagen tat er, als ob er gestorben
wàre. Seine Mutter und seine Verwandten,
die der Meinung waren, er sei es wirklich,
lieBen ihn auf einer Bahre zum Begràbnis
tragen; und als er so dahingetragen wurde,
fragten die Leutc: ,Wer ist der Tote?'
Die Nachbarn antworteten: ,Es ist der
und der, dieser elende Kerl, der seine
Mutter so schlecht behandelt hat.'
Und jedermann sagte: ,Mir ist nicht leid
um ihn, weil er ein solcher Schuft war, und
der Tod hat wohlgetan, dafi er ihn von der
Erde genommen hat.'
Der Bursche hòrte alles, was man von
ihm sprach, und sah, daB man von ihm im
Tode noch schlechter sprach als bei seinem
Leben.
Der Zug bewegte sich welter, und da
hòrte er, wie sich einige Frauen besonders
anstrengten, schlecht von ihm zu sprechen;
nun richtete er sich auf der Bahre auf und
sagte, weil er wuBte, mit was fùr Makeln cine
152
jede befleckt war: ,H6r einmal, Caterina,
jetzt, wo ich tot bin, da getraust du dich,
mich zu schmàhen; wenn ich aber lebendig
wàre, so sagte ich dirs schon, daB du es
mit dem und dem Monche hàltst. Und du,
Giovanna, du weifit ja, daB du den und den
Geistlichen schier drei Jahre lang gehabt
hast. Und du, Andriana, du machst die
Kupplerin deiner Tochter Maddalena. Ihr
wiBt doch, daB ich euch alle gekannt habe,
als ich noch auf der Welt war,' Und so
erinnerte er sie alle an ihre guten Eigen-
schaften, daB sie verstummen und stili blei-
ben muBten,"
Der Pfarrer beendete seine Geschichte
und der Geistliche sprach an diesem Morgen
kein Wort mehr und bàtte etwas darum ge-
geben, wenn er diese Dummheit nicht be-
gangen bàtte.
CI.
Wie der Pfarrer
einem
Essenzenhàndler
E Ines Tages ging der Pfarrer durch die
Via de' Martelli und sah dort einen
neuen Laden, der einem Katalanier gehòrte;
der war ein groBer Meister in der Herstel-
lung vieler Gattungen von wohlriechenden Geschichte^^erzàhlt,
Seifen und Essenzen, von Orangenwàssern
und Bùchschen mit zyprischem Puder, von
kòstlichen Salben und von viel andern fei-
nen Sachen, die von tausend verschiedenen
Wohlgerùchen dufteten und damit nicht nur
einen, der im Laden stand, sondem auch
um billiger
einzukaufen.
153
jeden, der auf der StraBe vorbeiging, er-
quickten.
Der Pfarrer blieb stehn und trat in den
Laden und sagte, er wolle ein Bùchschen
Moschusseife kaufen; er nahm es in die
Hand, roch daran und fragte um den Preis.
Der Meister sagte: „Zwei Groschen."
Der Pfarrer antwortete: „Das ist un-
recht von dir; denn ich wei6, du konntest
sie mir um einen lassen, besonders in An-
betracht des Genusses, den dir der Geruch
in den paar Tagen, wo du sie gemacht hast,
bereitet hat. Bedenke doch, was fiir einen
GenuB ein Lohgerber hat oder ein Schuster
oder ein Metzger, die widerwàrtige Gerùche
in ihren Laden haben, und nichtsdesto-
weniger verkaufen sie ihre Waren um das,
was sie wcrt sind; die Waren in ihrem
Laden haben einen so garstigen Geruch,
daB sie sie eigcntlich um die Hàlfte tcuerer
verkaufen dùrften, wàhrend du sie wegen
ihres Wohlgeruches um die Hàlfte billiger
geben solltest. Nimm dir ein Beispiel an
dem jungen Arzte, der einem hiibschen und
reichen jungen Màdchen ein Bein einrich-
tcte, das sie sich, da sie ùber eine Treppe
heruntergefallen war, verrenkt batte, Der
Arzt bekam sie zur Behandlung und batte
sie in wenigen Tagen vòllig gehcilt. Nun
wollte sie ihm zehn Dukaten geben, aber er
nahm sie nicht. Da sagte sie: ,Warum
154
^^:
nehmt Ihr die zehn Dukaten nicht? Ihr
habt mich doch geheilt und mcin Bein ge-
rade gemacht.*
Der Arzt antwortete: ,Ihr habt es mir
mchr als genug vergolten: habe ich Euch
ein Glied gerade gemacht, so habt Ihr mir
mehrmals eines gerade gemacht und das
hebt sich.' "
Dem Katalanier gefiel diese Schnurrc so
gut, daQ er ihm die Seife und noch andere
artige Dinge gab, ohne dafiir Geld zu
nehmen.
IMmer ofter fand der Pfarrer die Nestcr
seiner Hùhner leer und der Eier beraubt;
er nahm sich vor, den Dieb ausfindig zu
machen und befahl seinem Meier, sich auf
die Lauer zu legen. Und bald darauf sagte
ihm der: „Euer Gevatter ist es, der die Eier
nimmt, und eben jetzt hat er zwòlfe ge-
nommen und er hai sie im Busen."
Wie du weiBt, gehn die Bauern mit
blofier Brust und haben um den Leib einen
Gùrtel oder einen Strick geschniirt, so daB
das Hemd einen Bausch bildet; und dorthin
hatte er die Eier gesteckt. Und diesen
Scherz leistete er sich mindestens zweimal
wochentlich.
Als der Bauer beim Weggehn zur Tiir
kam, traf er den Pfarrer, und der lud ihn
zu einem ImbiB ein; aber er weigerte sich
CU.
Wie der Pfarrer
einen Eierdieb
erwischt.
155
CUI.
Wa$ der Pfarrer
iiher die
Bauern dachte.
und sagte: „Ich will erst noch nach Hausc
gehn; dann komme ich wieder."
Doch der Pfarrer sagte: „Aber geht, Ge-
vatter, lafit mich doch nicht allein," Und
er umarmte ihn mit gespielter Zàrtlichkeit
und preBte ihn an sich, indem er sagte:
„Gevatter, Ihr diirft mich nicht verlassen;
gehn wir trinken."
Und seine Umarmung war so kràftig,
daB alle Eier zerbrachen und ihr Inhalt dem
Bauer iiber die Schenkel und Beine hinunter-
floB, so daB er beschàmt dastand. Er tat
auch sofort dem Pfarrer teilweise Genùge,
und welter stahl er keine mehr.
EInige Stàdter sprachen iiber die Lage
der Bauern und der Pfarrer Arlotto
sagte: „Ich denke noch der Zeit, wo es
unsem Bauern viel besser ging als jetzt,
trotz der gegenteiligen Meinung vieler
Stàdter, die sich darauf berufen, daB sic
frùher gewohnt gewesen sind, den Bauern
Darlehen von fùnfzig und hundert Lire und
andere Erleichterungen zu gewàhren, wàh-
rend es jetzt umgekehrt ist und die Bauern
ihnen borgen und ihre eigenen Ochsen ein-
spannen und in manchen Gegenden auch
die Saat selber beistellen. Ich sage und
behaupte, daB die Bauern jetzt àrmer sind
als je zuvor und daB sie jetzt diese Vorteilc
den Stàdtern nur deshalb bieten, weil sie
156
sich so vermehrt haben, dafi sie dazu gc-
zwungen sind; so wie sich aber ihrc Zahl
vermehrt hat, so hat sich auch ihre Schlech-
tigkeit und Bosheit vermehrt, und daB sie
jetzt ihren Herren so viel entgegenkommen,
das tun sie nur, um es sie in kurzer Zeit
bezahlen zu lassen, und wàre ich nicht ein
glàubiger katholischer Christ, so mòchte ich
der Meinung Platos beitreten, daB wir nàm-
lich noch einmal auf die Welt zuriick-
kàmen, und das mòchte ich nur deshalb
glauben, weil ich hin und wieder in diesen
Bauern so viel Bosheit und tùckische Unbill
herrschen sehe, daB ich oft nicht recht
sicher bin, ob sie nicht schon friiher einmal
auf der Welt waren, und mir sage: wàren
sie nicht schon friiher einmal dagewesen,
so wàre es unmòglich, daB sie so tiickisch
und niedertràchtig sein kònnten."
ETliche gefràBige und neidische Geist-
liche waren bei einem Gesellen von
ìlinen, auch einem Geistlichcn, und hatten
zwei Tòpfe mit Kapaunen und Kalbfleisch
und guten Makkaroni zugestellt; und sie be-
sprachen sich unter einander und sagten,
sie wiirden niemand mitessen lassen, wer
immer es sei.
Nun kam der Pfarrer Arlotto daher und
trat, weil er die Tiir offen fand, ein und
begann mit einem von ihnen iiber gewisse
CUII.
Wie sich der
Pfarrer art einigen
gefràBigen Geist-
lichen ràcht,
die ihn
nicht zu Tische
geladen haben.
157
seinige Angelegenheiten zu sprechen; da
er aber an manchen Anzeichen merkte, daB
etwas vorging, erkundigte er sich bei einem
Altarknaben, was es gab, und diese FreB-
gier der Geistlichen miBfiel ihm so, daB er
sich vornahm, ihnen das ganze Essen zu
verderben.
Er schlich auf den Abtritt, nahm dort
zwei groBe Leinwandfetzen mit verdautera
Brote — an solchen Orten werden sie ja
zu andern Zwecken verwandt — verbarg
sie, damit sie nicht gesehn wiirden, unter
seinen Kleidern, lief in die Kiiche und warf
den einen in den Topf mit den Makkaroni,
den andern in den mit den Kapaunen, und
riihrte sie ordentlich hinein, damit man sie
nicht bemerke, wenn man die Speisen
herausnehme,
Dann kehrte er ins Haus zuriick und
sagte zu der Geistlichengesellschaft: „Mich
dùnkt, ich rieche einen kòstlichen Duft; es
ist besser, ich esse mit euch."
Mit scheelen Blicken und voli Àrger ver-
weigerten sie es ihm.
Und der Pfarrer antwortete ihnen: „Es
ist eine groBe Undankbarkeit von euch,
einen Amtsbruder wegzuschicken: ihr wiBt
ganz gut, wie oft ihr bei mir gezecht habt;
aber damit ihr es euch merkt, wer der
Pfarrer Arlotto ist, so sage ich euch, daB
ich nicht hergekommen bin, um zu essen
158
-Mi
I"
oder zu trinken, dafi ich aber, wenn ich
woUte, wohl imstande wàre, euch eucr Ver-
gniigen griindlich zu verderben."
Einer von ihnen sagte: „Tut das
schlimmste, was Ihr kònnt, und vcrgiftet
uns meinetwegen; ich teile Euch mit, daB
wir fiinf feiste Kapaune und neun Pfund
Kalbfleisch mit einem Topfe Makkaroni
haben, und wie Ihr seht, sind wir unser elf."
Der Pfarrer antwortete und sagte: „Ich
brauche nicht zu wissen und zu sehn, was
ihr habt; wenn ihr aber um ein Abendessen
nach dem Geschmacke des Siegers wetten
woUt, so sage ich euch, daB ihr diese Sachen
nicht essen werdet. Bis zum Essen kann
sich noch gar viel ereignen."
Nachdem sie die Wette festgemacht
hatten, verabschiedete sich der Pfarrer und
ging seines Weges.
Einige von den Geistlichen setzten sich
nun zu Tische und sagten: „Wir werden es
diesmal auch ohne den Pfarrer richten";
und die andern gingen in die Kùche und
sagten: „Und wenn sich der Pfarrer Arlotto
auf den Kopf stellt, so bekommt er nichts
von diesen guten Sachen, und obendrein
wird er ein Essen bezahlen."
Als die in der Kùche aber die Deckel von
den Tòpfen nahmen, verspùrten sie einen
Geruch von Unrat und Fàulnis ; verwundert,
was das sein konnte, riefen sie ihre Ge-
159
I
CUV.
Wie der Pfarrer
mit einer Froge,
die er aufwirft,
einen
alien Narren
zum Schweigen
bringt.
sellen. SchlieBlich nahmen sie die Speisen
heraus und legten sie auf Teller; da fanden
sie denn die beiden Fetzen, die ganz zer-
kocht waren, und sahen, was sie waren,
Sie warfen alles weg und aBen Brot und
Kàse und konnten sich nicht entràtseln,
wer ihnen das getan habe, und sie meinten,
es sei durch eine Beschwòrung des Pfarrers
Arlotto geschehn; der lieB sie das Essen
bezahlen und erzàhlte ihnen nachher, wie
die Geschichte zugegangen war,
IN der Halle der Tornaquinci waren um
die Vesperzeit einige edle Bùrger ver-
sammelt, und auBer ihnen war noch ein
unbedeutender und dummer, aber reicher
Mensch da, der nahe an sechzig war und
eine siebzehn j àhrige Frau batte, auf die er
sehr eifersiichtig war; ihm war eine Ge-
schichte zugestoBen, die ihr am Ende hòren
werdet.
Dieser eifcrsiichtige Kerl widersprach
bei den Gespràchen, die diese Biirger
fiihrten, jedem Worte und blieb nie bei der
Sache und wolltc alles besser wissen und
warf eine Reihe von Fragen auf, worin
weder Vcrnunft, noch Kurzweil war,
Nun kam der Pfarrer Arlotto vorùber
und sie riefen ihn hin; er blieb bei ihnen
stehn und horte eine Weile der nàrrischen
Dummheit dieses vermaledeiten Viehs zu.
160
Endlich wandte er sich zu einem von den
Bùrgern und sagte:
„In unserer Stadt war einmal cine sehr
hiibsche junge Frau, die sich einen hùbschen
jungen Liebhaber zugelegt batte, und ihr
Mann batte schon ein wenig Verdacht, wcnn
er aucb nicht glaubte, daB die Sache so weit
sei; immerhin gedachte er sicb iiber seinen
Argwohn Klarheit zu verscbaffen. Das Un-
glùck wollte es, daB die junge Frau, die
ihm stets ihre Geringscbàtzung bezeigte
und schier die war, die die Hosen anhatte,
den Jùngling in der Meinung, ibr Mann sei
weggegangen, ins Haus gebracbt batte,
wàhrend sicb der iiber der Kammer, wo sie
waren, versteckt bielt. Wie er nun leise
herumscblicb, um ùber seinen Verdacbt Ge-
wiBheit zu bekommen, bracb ein Brett des
FuBbodens, und er stùrzte mit màchtigem
Gepolter just auf das Bett binunter, in dem
sie lagen, so daB sie alle drei in Lebens-
gefahr waren und eine gewaltige Angst
hatten. Der Liebbaber nabm alsbald ReiB-
aus und Mann und Frau blieben allein; sie
wuBte aber so scbòn zu reden, daB er ibr
verzieb und sie lediglich bat, alles zu tun,
damit diese Gescbichte nicbt unter die
Leute komme. Aber es konnte nicbt so ge-
heimgebalten werden, daB es nicht einer
oder der andere erfahren bàtte."
Und als der Pfarrer so weit war, wandte
Arlotto, Schwànke II. H J^J
CLY.
Wie sich der
Pfarrer beklagt,
daS ihm sein
bestes Grundstiick
zu wenig
getragen hat.
er sich zu dem Hahnrei und sagte: ,,Du hast
jetzt schon so vide Fragen aufgeworfen,
dafì jetzt ich dich einmal um etwas fragen
mochte; klàre mich doch auf, wer von den
dreien die gròBte Angst gehabt hat und in
der gròCten Gefahr gewesen ist?"
Aber der Alte wuBte nichts zu erwidern
und sprach den ganzen Abend kein Wort
mehr; wenn jedoch der Pfarrer nicht auf
dìese Frage verfallen wàre, so glaube ich,
wiirde er noch immer reden.
Einmal war in ganz Italien, in Toskana
und besonders in der Gegend und Land-
schaft von Florenz ein Jahr des Uberflusses,
so dafì alle Lente mit Genugtuung von der
reichen Ernte sprachen, die sie gehabt
hatten.
Als sich nun einige Stàdter mit dem
Pfarrer Arlotto ùber diese Dinge untcrhiel-
tcn, antwortete er ihnen und sagte: „Bci
mir trifft das gerade Gegcnteil von dem zu,
was ihr sagt, und ich kann euch nur bc-
teuern, daB mir das beste Grundstiick, das
ich habe, am allerwenigsten getragen hat."
Alle Umstehenden wunderten sich und
fragten ihn: „Was soli das heiBen? und was
fùr ein Grundstiick ist das, das so schlecht
ist?"
Er antwortete: „Es ist mein Kirchhof,
der mir sonst jahrlich etwa fiinfzig bis sech-
162
I
$
zig Lire zu tragen pflegt, weil ich in jedem
Jahre sechs odcr acht Leute begrabe xrnd
von jedem Leichnam fùr die drei Ellen, die
er einnimmt, zehn Lire erhalte; in diesem
Jahre aber hat er mir gar nichts ein-
gebracht, weil nicht cin einziger Mensch ge-
storben ist, und das betrùbt mich und ist
mir sehr verdrieBlich."
E Ines Tages ging der Pfarrer nach Cer-
cina, um Messer Antonio, den Pfarrer
von Cercina, zu besuchen, Als er hinkam,
fand er dort drei Holzhauer, die damit be-
schàftigt waren, einige dicke Bàume zu be-
hauen; und bei jedem Schlage, den sic fiihr-
ten, nahmen sie mit der Brust und dem
Kehlkopfe einen eigentùmlichen Ruck und
stieBen ein He hervor, àhnlich wic es in
Venedig die PfefferstoBer machen, die
jedesmal, wann sie die StòBel f alien lassen,
ein Ho hervorstoBen.
Der Pfarrer Arlotto gab dem von Cer-
cina zu verstehn, daB sie mit diesem Ruck
zu viel Zeit verlòren.
Der von Cercina, der ihm Glauben
schenkte, sagte: „Aber was soli man da
tun?"
Arlotto antwortete: „Man miiBte etwas
vorkehren, damit sie das nicht selber zu tun
brauchen."
Aber der von Cercina, der ein Geizhals
CLVI.
Wa»
fiir einen Possen
der Pfarrer
seinem Amttbruder
von Cercina
gespielt hat.
IV
163
war, sagtc: „Ich will nichts neues mehr vor-
kehren."
Arlotto antwortete: „Ich habe Euch ver-
standen: Ihr wollt, daB ich mir mein Mittag-
mahl und mein Abendessen verdienen soli;
so will ich cs denn selber machen, damit
sic rascher arbeiten," Und zu den Holz-
hauern sagte er; „Das He werde jetzt ich
machen, und Ihr haut nur zu, Und wenn
ich einmal mein Wasser abschlagen gehc,
so ruht euch aus und wartct bis ich zuriick-
komme."
Messer Antonio ging seinen Geschàften
nach und kam bis zum Abende nicht wie-
der; kaum war er aber gegangen, so ging
auch der Pfarrer Arlotto und alsbald
horten die Holzhauer zu arbeiten auf.
Am Abende kam Messer Antonio, um
ihr Tagwerk zu besichtigen, und da fand
er, daB sie seit seinem Weggehn schier
nichts gemacht hatten, und sah, daB sie
mùBig waren; da begann er sie schreiend zu
schelten, daB sie nicht arbeiteten,
Aber die Holzhauer sagten: „Ihr habt
unrecht: Ihr habt uns gesagt, wir sollten den
Ruck nicht mehr machen, und der Pfarrer
Arlotto werde He rufen; kaum waret Ihr
aber weg, so ist auch er gegangen und hai
gesagt, er gehe sein Wasser abschlagen und
werde sofort zuriickkommen, und wir sind
dageblieben und haben auf ihn gewartet:
164 -i
iind so ist die Schuld bei Euch und bei ihm,
und wir haben unsere Schuldigkeit getan."
Messer Antonio sagtc: „Das ist wieder
einer von seinen Streichen; wenn er einmai
einen Tag keinen machte, wiirde er sterben."
DEr Pfarrer Arlotto ging zu einer Ge-
dàchtnisfeier, wie sie von den Bauem,
die ihn eingeladen hatten, alljàhrlich zum
Seelenheile ihresVaters veranstaltet wurde;
und nachdem er die Messe gesungen und
mit zwòlf andern Geistlichen das Amt gc-
halten batte, ging er mit diesen, wie es iib-
lich ist, zu den Bauern essen und die be-
wirteten sie trefflich. Gegen das Ende des
Mahles wurde dem Pfarrer von seinen
Amtsbrudern die Aufgabe ùbertragen, den
Bauern einige Worte des Dankes zu sagen;
bevor er aber noch seine Rede begonnen
batte, wickelten die Bauern je sechs Soldi
in Blàttchen Papier und gaben jedem
Geistlichen so ein Pàckchen, wàhrend die
Pfarrer und Obern Pàckchen mit zehn Soldi
erhielten.
So eines mit zehn Soldi bekam auch der
Pfarrer Arlotto und er legte es auf den
Tisch vor sich hin,
Er begann seine Rede und sprach ein
paar schòne und zierliche Worte, die sich
trefflich zu ihrem Zwecke schickten, nàm-
lich den Bauern fiir alles gute, was sie fùr
165
CLVIl.
Wie der Pfarrer
seine
MeBkreazer
einlordert.
die Sede ihres Vaters taten, und fiir die
Bewirtung, womit sie ihn und die andern
Geistlichen geehrt hatten, zu danken.
Wàhrend er nun sprach, langte einer
von den Geistlichen um das Pàckchen vor
ihm, nahm das Geld heraus und gab Blei
und Steine hinein; und als der Pfarrer seine
Rede beendet batte, nahm er sein Pàckchen,
und fand statt des Geldes das Blei und die
Steine.
Da rief er die Bauern und sagte: „Es ob-
liegt mir jetzt noch, einen Fehler zu ver-
bessern, den ich begangen habe; ich habe
nàmlich zu viel gutes von euch gesagt, und
jetzt muB ich alles zurùcknehmen und das
Gegenteil sagen, Schàmt ihr euch nicht,
mir statt der zehn Soldi das Blei und die
Steine da zu geben?"
Beschàmt gaben ihm die Bauern andere
zehn Soldi und sagten, das sei ein Streich
von jemand gewesen.
Der Pfarrer antwortete: „Dann soli der
Streich euch gespiclt worden sein; ich bin
kein Mensch, der sich Streiche oder Possen,
wenn ihr sie lieber so nennen wollt, spielen
liefie."
Civili.
"Wie der Pfarrer
von seinem
toten Freunde
bettohlen wird.
ALs der Pfarrer von Cercina starb — er
starb im Bade — war der Pfarrer Ar-
lotto bei ihm; deshalb wurde er beschuldigt,
aus dem Geldbcutel des Pfarrers von Cercina
166
hundertfùnfzìg Dukaten genommen zu
haben.
Der Pfarrer betcuerte scine Unschuld
und sagte, es sei nicht wahr, weil er im
Geldbeutel dcs Toten genau zwei Gulden
gefunden habe, die er jetzt zusammen mit
einem, der ihm gehòre, in seiner Borse
habe; und bei der Zuriickstellung gab er
auch den seinigen mit hin, das heifit alle
drei Gulden.
Als er dann inne wurde, was er getan
batte, sagte er: „Wenn ein Geistlicher
stirbt, so wird immer etwas gestohlen oder
verdient; ich aber habe das Gegenteil ge-
tan: nicht nur, dafi ich nichts gestohlen
habe, habe ich auch noch das meinige zu-
gesetzt. Der Pfarrer von Cercina hat ja
sein lebelang nicht andres getan, als mich
und andere zu bestehlen, und jetzt hat er
mich auch noch im Tode bestohlen."
M Esser Antonio von Cercina veranstal-
tete alljàhrlich am Tage ihrcs Schutz-
heiligen ein Fest in seiner Pfarre, und dazu
kam cine Menge achtbarer Mànner, sowohl
Geistliche, als auch Laien, aus Florenz und
von anderswo, und er bekam an diesem
Tage von verschiedenen Leuten und sonder-
lich von den Bauern viel Gaben und Ge-
schenke.
Einmal batte sich nun zu diesem Feste
cux.
Was der Pfarrer
alles braten
lassen wollte.
167
neben vielen andern achtbaren Màimern
auch der Erzbischof von Florenz mit einigen
Mònchen eingefunden; und der Pfarrer Ar-
lotto batte die Oberaufsicht ìiber das Fest
und ìiber die beiden Gastmàhler von Mittag
und Abend.
Als er nun nach dem Mittagessen bei
dem Erzbischof stand und mit ihm sprach,
kam der Koch zu ihm und sagte ihm ins
Ohr: „Da hat einer zwei Paar Kapaune
gebracht; wie soli ich sie bereiten?"
Der Pfarrer antwortete und sagte:
„Brate sie,"
Nach einer Weile kam der Koch wieder
und sagte: „Einer hat etwa fùnfzig Pfund
Fische gebracht."
Der Pfarrer antwortete: ,,Backe sie."
Und so kam der Koch, wàhrend er mit
dem Erzbischof sprach, noch etliche Male;
als er aber wieder kam und sagte: „Es hat
einer zwei Bòcklein gebracht; was soli ich
damit tun?", drehte sich der Pfarrer um,
voller Wut, weil ihn dieses Vieh von einem
Koche trotz seinem Gespràche mit dem
Erzbischofe so oft belàstigen kam, und sagte
laut: „Geh zum Teufel und komme mir nicht
wieder und sag mir nichts mehr; und wenn
dir Christus gebracht wird, so brat ihn."
168 I
r
E In einfàltiger armer Mensch kam am
Tage von St. Lukas dem Evangclisten
zum Pfarrer und sagte nach dem GruBe:
„Pfarrer, bitte, ist beute ein Feiertag?**
Der Pfarrer, der die Einfalt und das
Elend des Mannes bedacbte, fragte ihn:
„Hast du Brot im Hause?"
Der Arme antwortete: „Nein, Herr."
Und der Pfarrer sagte: „So geb arbei-
ten; fùr dich ist beute kein Feiertag be-
fohlen.**
AUf einer Reise, die die florentiniscben
Galeeren unter dem Oberbefeble des
biedern wobledeln Bùrgers Raimondo Man-
nelli ^ machten, hòrte der Pfarrer an einem
Karmittwocb einem albaniscben Matrosen
die Beicbte; da der aber weder italiànisch
sprach, noch ein Wort italiàniscb verstand,
muBte ein Dolmetscb dabei sein, der dem
Albanesen das italiànische und dem Pfarrer
das albanesiscbe erklàrte , und deshalb
knieten sie alle beide vor dem Pfarrer.
Unterdessen ging ein Gesell von ihnen
zum Kapitàn und sagte lachend zu ihm:
„Schaut nur den Pfarrer, der hòrt zweien
1 Raimondo Mannelli (1390 — 1464) ist beruhmt
durch seinen hervorragenden Anteil an dem See-
siege bei Rapallo, den die mit den Florentinern
verbundenen Venezianer im August 1431 ùber die
Genueser erfochten haben; er war mit Maria di
Piero Strozzi verheiratet.
CLX.
Wie der Pfarrer
einen
armen Mann
an einem Feiertage
arbeiten làBt.
CLXI.
Wie der Pfarrer
einem alba-
nesiscfien Matrosen
mit der Hilfe
eines Dolmetschs
Beicìite fióri.
169
CLXII.
Wie der Pfarrer
al* Gesandter
zu Kónig René
geht.
auf einmal Beichte; so eine Art zu beichten
habt Ihr noch nie gesehn."
Der Kapitàn, der wollte, da6 jedermann
in Ziichten lebe, lieB sich den Pfarrer rufen,
machte ihn tùchtig herunter und sagte zu
ihm: „Ihr macht ja gar keinen Unterschied
zwischen der Karwoche und der Fast-
nacht; beute ist ein Tag der Passion und
Ihr treibt in der Beichte Possen."
Der Pfarrer antwortete: „Hcrr Kapitàn,
Ihr habt mich ohne jeden Grund herunter-
gemacht; was woUt Ihr dcnn eigentlich
sagen?"
Der Kapitàn sagte: „Ich sage, dafi beute
keine Possen getrieben werden sollen, und
daB Ihr ùbel daran tut, einen Narren zu
machen und zweien auf einmal die Beichte
zu hòren."
Der Pfarrer antwortete: „Es ist aber ge-
rade umgekehrt: Ihr sagt, daB ich zweien
die Beichte bòre, unterdessen sind wir
unser zwei, die einem die Beichte hòren."
Die florcntinischcn Galeeren kamen in
die Nàhe der Provence und legtcn, ich
weiB nicht, in welchem Hafen an, von wo
es bis dorthin, wo die Hohcit dcs Kònigs
Rcné^ anfing, ctwa zehn Meilen waren; dort
trafen sie einigc Katalanier mit Kaufmanns-
> René von Anjou, Graf der Provence (1409 bit
1480) verlor die Kònigskrone von Neapel, auf die er
170
i
^4,
giitern, die, um in cin gewisscs Land zu
kommen, durch die provencjalischen Ge-
wàsser hàtten reisen sollen, aber nicht
konnten, wcil die Proven<;alen und deren
Herrscher, nàmlich dieser Kònig, ihre Tod-
feinde waren.
Der Kapitàn der Galeeren, Bartolommeo
Martelli, ein gar wackerer Mann, sagte dem
Pfarrer Arlotto, daB er in Begleitung des
Schiffskanzlers als Gesandter zum Kònig
René gehn miisse, um fùr diese Katalanier
einen Geleitsbrief zu bekommen, weil die
Galeeren an ihnen mehr als zweihundert
Dukaten verdienen konnten.
Arlotto ging mit dem Kanzler, der ein
von Grund aus einfàltiger Mensch war, zu
dem Schreiber, Carlo Guasconi mit Namen,
und verlangte das Geld fiir die Auslagen.
Carlo wollte es ihm aufzàhlen, aber der
Pfarrer sagte: „Schau einmal, was fiir ein
Mensch du bist! ich éehe als Gesandter zu
einem Kònige, und du willst mir das Geld
aufzàhlen.'*
Carlo, der durchaus gutmùtig und ge-
fàllig war, sagte: „Verzeiht mir, Ihr habt
recht." Und er gab ihm in einem Sàckchen
mehr als nòtig gewesen wàre, und ohne es
zu zàhlen.
wegen seiner Adoption durch die Kónigin Johanna
ein Anrecht hatte, nach vierjàhrigem, stets be-
strittenem Besitze 1442 an Alfonso von Aragonien.
171
Sie ritten weg, und als sie zehn Meilen
zuriickgelegt hatten, blieben sie in einem
Wirtshause zum Mittagmahle und zum
Abendessen und ùbernachteten auch dort;
dann ritten sie in die Stadt, wo der Kònig
war.
Nachdem sie von den Pferden gestiegen
waren, lieB es sich der Pfarrer nicht neh-
men, die Messe zu hòren und zu friih-
stùcken; der Kanzler hingegen war schon
ungcduldig und bàtte einen so langen Auf-
enthalt lieber vermieden. Als er aber den
Pfarrer tadelte, dafi er zu viel Zeit ver-
sàume, antwortete ihm der: „Wir sind Ge-
sandte und mùssen, zumai da wir zu einem
Kònige gehn, die Wiirde bewahren."
Endlich begaben sie sich zu seinem Pa-
laste und das war ein Haus, wie es in Flo-
renz jeder kleine Bùrger hat. Sie lieBen es
ihn wissen, dafì zwei Gesandte der flo-
rentinischen Galeeren mit Seiner Majestàt
sprechen woUten, und lieBen ihm das wohl
zweimal oder dreimal sagen; aber sie mu6-
ten etwa vier Stunden warten und immer
bekamen sie zur Antwort: „Wartet, er hat
etwas zu tun."
Als nun der Pfarrer, der mit seinem Bc-
gleiter in einem Hofe war, von ungefàhr den
Ropf hob, sah er den Kònig, wie er von
einem Fenstcr aus mit einem Blasrohre
Kiìgelchen auf seinen Koch schofi. Da sagte
172
cr unwillig mit ein wenig lauter Stimme:
„Ich bin gar nicht verwundert, da6 man ihm
sein Kònigreich genommen hat, und ich
wùrde mich nicht wundern, wenn er das
Paradies, wenn er es hàtte, verlòrc. Wir
sind jetzt schon seit vier Stunden hier, um
mit ihm zu sprechen, und er làBt wegen
eines Kinderspiels zwei Gesandte warten;
er muB ein armseliger Mensch sein."
Der Kònig, der das hòrte, schàmte sich
und lieB sie vor ihn kommen und hortc sic
willig an und gewàhrte ihnen einen weit-
gehenden Geleitsbrief fiir jedermann, den
der Kapitàn auf den Galeeren durch sein
Gebiet hin und zurùck mitnehmen wollc.
Und das war nur das Verdienst dcs
Pfarrers; sonst hàtten sie einen solchen Ge-
leitsbrief nie bekommen, weil die Katalanier
dem Konige gar verhafit und seine Tod-
feinde waren.
ALs der Pfarrer Arlotto einmal von einer
Seereise in seine Pfarre heimkam,
fand er, dafi ihm in seiner langen Abwesen-
heit — er war etwa dreizehn Monate nicht zu
Hause gewesen — die Ratten viele Sachen
benagt und zwei Betten und Leinwand und
Tuch verdorben hatten; das àrgerte ihn sehr
und er sagte: „Meine Rache wird nicht
vollstàndig sein, wenn nicht eine von euch
zur Katze wird und ich euch alle vertilgt
CLXIII.
Wie der Pfarrer
aus einer Ratte
eine Katze macht.
173
CLXIV.
Wie der Pfarrer
ein«n,
der auf der SiraOe
erkrankt itt,
sehe, so dafi auch nicht einc mehr ùbrig
bleibt."
Und mit Fallen und andcrn Nachstel-
lungen fing er sie schier alle lebendig und
sperrte sie in einen schlechten Bottich, den
er nicht mehr brauchte; und dort lieB er sie
einen Monat.
Und wann er hinging, um nach ihnen zu
sehn, fand er, daB eine die andere fraB,
und das taten sie so lange, bis nur noch eine
ùbrig blieb; der hàngte er ein Schellchen
an den Hals und lieB sie im Hause aus und
sagte: „Jetzt will ich sehn, was du gelcmt
hast."
Die Ratte, die sich einen guten Monat
nur von Ratten genàhrt batte, jagte nun im
Hause wie eine Katze, und so viel Ratten
sie traf, alle fraB sie, und so lebte sie eine
lange Zeit, so daB der Pfarrer etwa drei
Jahre in seinem Hause keine andere Ratte
sah als die mit dem Schellchen; denn ein-
mal schreckten sich alle vor dem Schell-
chen, und dann fraB sie alle, die sie nur er-
wischen konnte. Und so hielt sie das Haus
drei Jahre lang rein, und dann starb sie
und der Pfarrer betrauerte ihren Tod tief.
IM Jubel jahre erkrankte ein Piemonteser
auf der StraBe bei einem Wirtshausc,
und von dicsem Wirte wurde er wie ein
Hund gehalten. Als das der Pfarrer sah,
174
■i
*b
ging es ihm sehr zu Herzen und er fùhrtc 6'» '" seiner Ge-
ihn aus Mitleid in sein Haus und behielt ihn """"^J"^'^Ì" ^*^"'
dort dritthalb Menate, bis er genesen war.
Der Arzt und die Arzneien allein koste-
ten ihn etwa zwòlf Dukaten; und dazu kam
noch, was der Kranke ùberdics brauchte.
Und àhnliche Werke der Barmherzigkeit
ùbte er in demselben Jahre noch an so viel
Leuten, daB er meiner Meinung nach sein
ganzes damaliges Jahreseinkommen nur auf
derlei fromme Werke ausgab.
EIner fragte unsern Pfarrer Arlotto; CLXV.
„Was soli ich denn am Morgen, wann ... . J?" l
ìch aufstehe, beten, daB es gut ist?" " j"^ pfarrer *
Er antwortete: „Wann du aufstehst, so empfiehlt.
mach das Zeichen des heiligen Kreuzes und
sprich ein Vaterunser und ein Avemaria,
und dann fùge diese Worte hinzu: ,Mein
Herr Jesus Christus, bewahre mich vor der
Wut und den Hànden der Bauern, vor dem
Gewissen der Geistlichen, vor der Un-
einigkeit der Àrzte, vor den Etcetera der
Sachwalter, vor jedem, der des Morgens
zwei Messen hòrt, und vor denen, die bei
ihrem Gewissen schwòren.* '*
betete.
OGott, der du mein Herr warst und CLXVI.
bist, gib mir, was mir in dieser Welt ^°* ÌZS!^"'
und in der andern von Nòten ist; fùr jetzt
bitte ich dich um nichts sonst.
175
CLXVII.
Was der Pfarrer
iìher das
Wasser sagte.
CLXVIII.
Wie der Pfarrer
einen
vorlauten Geist-
lichen
mit einer
mantern Antwort
beschàmt.
E Ines Abends war der Pfarrer auf einem
Landgute mit mehrern rechtschaffenen
Leuten beim Essen, als es zu regnen anfing;
dariiber freuten sich alle und priesen das
Wasser gar sehr, weil es seit langem nicht
geregnet batte, und sie sagten: „Das wird
gut fiirs Korn und fùrs Getreide sein und
ausgezeichnet fiir den Wein."
Der Pfarrer, der sah, daB von der ganzen
Tischrunde nicht einer war, der seinen Wein
mit einem Tropfchen gewàssert bàtte, sagte:
„Ihr preist alle das Wasser, dabei ist aber
keiner unter euch, der nur ein Tropfchen
in seinem Leibe haben wollte."
«
WAr da ein etwas tòlpischer Gcist-
lichcr, der sich mit etlichen andern
Geistlichen mit einem gewissen Spiele er-
gòtzte, wobei es darauf ankommt, daB man
dem Gegner mit Peitschenhieben hier und
dort das Fleisch aufschwellen macht — es
wird nàmlich im Hemde gespielt; dabei
wollte aber dieser Geistliche dann und
wann den Gescheiten spielen,
Als er nun bald darauf mit einigcn
Geistlichen im Gespràche war, sagte er zu
dem Pfarrer, der auch anwesend war: „Sagt
mir, woher kommt es und was hat es zu
bedcuten, daB die schwarzen Bohnen cine
weiBe Suppe geben?"
Der Pfarrer antwortetc ihm und tat
176
seiner Frage Geniige; dann aber fragte er
ihn und sagte: „Wenn einer mit ciner
weiBen Peitsche auf das nackte Fleisch ge-
schlagen wird, woher kommen denn da die
schwarzen Striemen?"
Der Geistliche, der sich an die kurz
vorher erhaltenen Peitschenhiebe erinnerte,
merkte scine Dummheit, verstummte und
sprach an diesem Abende kein Wort mehr.
DEr Pfarrer hòrte, wie sich ein Geist-
lichcr, Ser Guanciale mit Namen, zu
andern Leuten heftig beklagte und sagte:
,,Da habe ich zweimal die St. Gregorsmesse
gelesen und dafìir war mir ein vollwichtiger
Dukaten versprochen; und gestem haben sie
mir einen Dukaten gebracht, der um vier
Soldi zu wenig batte. Es fiel mir nicht ein,
ihn anzunehmen, und ich habe ihn zuriick-
geschickt."
Der Pfarrer, der die Dummheit und Ein-
falt, die darin lag, erkannte, sagte: „Wàre
ich dein Beichtvater und du beichtetest mir
diese Dummheit, so wàre die BuBe, die ich
dir gàbe, die: der, der die Messen bestellt
hat, durfte dir welter keinen Heller geben,
und du mùBtest dich auf cine Bank legen
und dir von deinem MeBhelfer fùnfzig auf-
zàhlen lassen."
Nun gab ihm der Besteller wirklich
keinen Heller mehr und der Geistliche lieB
CLXIX.
Wie der Pfarrer
einen
Geistlichen tadelt,
weil der einen
beschàdigten
Dukaten zurùck-
gewiesen hat.
Arlotto, Schwanke II.
12
177
CLXX.
Wie der Pfarrer
seinem
faulen MeBheUer
ein Beispiel
vorhàlt.
sich, um kiinftig gewitzigt zu sein, von
seinem MeBhelfer fùnfzig aufmessen; es war
denn auch das letzte Mal, daB ihm etwas
derartiges zustieB.
DEr Pfarrer batte einen faulen, nichts-
nutzigen MeBhelfer und versuchte es
zu often Malen, ihn durch Beispiele zu
bessern; und eines Tages sagte er zu ihm:
„Du gàbest in Apulien keinen guten
Hund ab. Dort haben sie den Brauch, die
Hunde mit dem Home zu rufen, und welter
haben sie den Brauch, sie, wann sie acht
Menate oder ein Jahr alt sind, zu er-
proben und nur die guten zu behalten; und
diese Erprobung geschieht auf folgende
Weise:
Sie nehmen einen Kessel mit Milch und
tragen ihn an den FuB eines Berges und
fùhren die Hunde dazu; wàhrend die nun
trinken, stòBt auf dem Gipfel des Berges
ein Mann laut ins Horn. Die guten lassen
die Milch und laufen dorthin, wo ge-
blasen wird, weil sie glauben, es gelte
einen Wolf oder ein andres wildes Tier zu
stellen; die tragen und schlechten bleiben
bei der Milch und lassen es blasen. Nun
kommt der Hirt und tòtet sie, wàhrend et
die andern, die gelaufen sind, hoch im
Werte hàlt.
Darum will ich dir sagen, daB du, wenn
178
i du dort ein Hund wàrest, flugs gehàngt
' wùrdest, weil du sicherlich nicht vom Kessel
weggingest.
ZUm Pfarrer kamen zwei Bauem und
sagten zu ihm: „Wir haben auf dem
Weinberge gearbeitet und auf einmal hat
ein Kuckuck gerufen. Jetzt sagen wir nun
alle beide: ,Er hat fùr mich gerufen \* Wir
sind da in einem schweren Zweifel und
haben mit einander gewettet, der cine einen
Esel, der zwanzig Lire wert ist, der andere
das Geld, und haben uns geeinigt, dafi wir
uns Euerm Schiedsspruche unterwerfen
wollen." Der Pfarrer nahm dieses Amt an
und sie gingen weg.
Am Abende kam heimlich einer von
ihnen und brachte dem Pfarrer zwei Kàse,
um ihn damit zu bestechen, dafi er den
Spruch fiir ihn abgebe; der Pfarrer ant-
wortete ihm gùtig.
CLXXL
Wie der Pfarrer
einen
tóriehten Streit
zweier Bauem
nicht
zu seinem Schaden
schlichtet.
1 Ristelhuber zieht zur Erklàrung dieses merk-
wùrdigen Streites folgende Stelle aus Buffon heran:
Les anciens observaient le temps de l'apparition et
de la disparition du coucou en Italie. Les vignerons
qui n'avaient point achevé de tailler leurs vignes
avant son arrivée étaient regardés camme des
paresseux et devenaient l'objet de la risée publi-
que; les passants qui les voyaient en retard leur
reprochaient leur paresse en répétant le cri de cet
oiseau qui lui-méme était l'emblème de la fainé-
antise.
12^
179
Er war noch nicht lange weg, so kam
der anderc und brachte dem Pfarrer
zwanzig Eier und bat ihn und empfahl sich
ihm so wie der erste.
Am nàchsten Morgen kam der mit dem
Kàse und brachte ihm ein Paar Hiihnchen
und sagte dasselbe wie Tags zuvor.
Als er weg war, kam der mit den Eiern
und brachte unter Bitten ein Paar Kapaune.
Und so taten sie noch mehrere Male
und die Spenden wurden immer wert-
voller.
Nachdem so der Pfarrer etliche Ge-
schenke erhalten hatte, lieB er sie beide
kommen und sagte zu ihnen: „Ich will dir
den Esel retten und dir die zwanzig Lire;
denn mein Urteil geht dahin, da6 der
Kuckuck fùr mich und nicht fiir einen von
cuch gerufen hat. Und damit ihr seht, daB
mein Urteil gerecht ist, so wisset, daB mir
jeder von euch fiinf oder sechs Geschenke
gebracht hat. Ihr Narren und Dummkòpfe,
die ihr seid, ich wùrde euch ja euere Sachen
zuriickgeben, aber ich sage mir, daB ihr sie,
wenn ihr den Schiedsspruch einem andern
iibertragen hàttet, sicherlich nicht zuriick-
bekàmet. Ein andres Mal seid gescheit,
und solange euere Geschenke vorhalten,
kommt zu mir und tut euch mit mir daran
gùtlich."
180
EInmal sagte einer zum Pfarrcr: „Wanim
seid Ihr so stumm? Seid Ihr denn ein
Tor?"
Der Pfarrer antwortetc: „Die Torcn
konnen nicht schweigen; wer anderc bc-
herrschen will, muB zuerst sich selber bc-
herrschen konnen,"
Und das sagte er im Hinblickc auf die
vielen Makler, die sàmtlich Lente sind, die
alles mògliche unternommen haben, aber
sich zumeist das Geschàft verdorben haben
oder zugrunde gegangen sind.
CLXXIL
Was der Pfarrtr
iiber Reden
und Schweigen
dachte.
E Ine schòne und reich geschmùckte Frau
fragte den Pfarrer: „Habt Ihr je ein
Wesen gesehn, das reicher an Zier und
schòner gewesen wàre?"
Er antwortete: „Ja; der Hahn, der
Fasan und der Pfau sind schòner als Ihr,
weil sie von Natur aus so sind, und weil
der natiirliche Schmuck viel schòner ist als
der kùnstliche."
CLXXlll.
Was der Pfarrer
einer
eiteln Frau ge-
antwortet hai.
DEr Pfarrer antwortetc einem Freunde,
der sich bei ihm iiber sein vieles MiB-
geschick beklagte:
,,Willst du es mit Geduld tragen, so
steige auf die Kuppel von Santa Maria del
Fiore und schau hinunter und bedenke, wie
viel Elend, gròBer als das deinige, unter
181
CLXXIV.
Wie der Pfarrer
einen Freund
getrostet hai.
dieser Menge von Dàchern ist und gewesen
ist und sein wird; und dann wirst du das
deinige mit Geduld tragen. Wenn alle
Menschen der Welt alles Ungliick an einem
Orte niederlegten und wenn dann jeder das,
was bei einer Teilung auf ihn entfiele, auf-
nehmen solite, so kònnte es keiner nach
Hause tragen; so viel kàme auf einen."
CLXXV.
Wie der Pfarrer
einen
gchmàhsùchtigen
Kanonikus
getadelt hai.
E In vornehmer, aber lasterhafter und
nichtsnutziger Kanonikus batte einen
Wortwechsel mit einem guten, biedern
Landgeistlichen; er sagte ihm viele Belei-
digungen und schimpfte ihn unter anderm:
„Du Bauerntòlpel."
Der Pfarrer, der das hòrte, machte dem
Kanonikus Vorwiirfe und tadelte ihn und
fuhr fort: „Dem Geistlichen da machen
seine Heimat und seine unedle Geburt
Schande; Ihr aber, Herr Kanonikus, schàn-
det Euere Vaterstadt und Euere adelige
Geburt."
CLXXVI.
Was der Pfarrer
iiber den
Zwiespalt zwUchen
Kleidung
und Rede ge-
tagt hai.
ALs der Pfarrer einen sah, der prunk-
voll gekleidet war, aber hàfiliche und
unehrbare Reden fùhrte, sagte er zu ihm:
„Hòre du, entweder fùhre Reden, die zu
deinen Kleidern passen, oder trage Kleidcr,
die zu deinen Reden passen."
182
IM Vorbeigehn hòrte der Pfarrer cinen
sagen: „Ich habe viel lieber mit Weibern
und Knaben zu tun, als mit dcn weisen
Philosophen."
Der Pfarrer antwortete ihm: „Auch die
Schweine sind lieber im Dreck als im reinen
Wasser."
CLXXVII.
Wie der Pfarrer
einen
Hohlkopf
abgefertigi hai.
ALs der Pfarrer einmal horte, wie einer
ùber den Tod seines Sohnes laut weh-
klagte, sagte er: „Du hast unrecht, so zu
jammern; derni er war sterblich und die
Natur hat ihren Lauf vollendet."
CLXXVUl.
Was der Pfarrer
ùber
den Tod dacftte.
E In groBgcwachsencr j unger Mann, der
sich fiir besonders gescheit hielt, ging
wegen der pràchtigen Kleidung, die er am
Leibe batte, aufgeblasen iiber die StraBe.
Der Pfarrer sagte zu ihm: „DaB du groQ
bist, wird mich nicht bestimmen, dich zu
achten; wenn du aber gut sein wirst, so
werde ich dich als weise und groB achten."
CLXXIX.
Was der Pfarrer
zu einem
Gectten ge$agt
fiat.
ALs der Pfarrer einem jungen Manne
seinen schlechten Lebenswandel vor-
hielt, sagte der nach langer Verteidigung
und Entschuldigung: „Wie soli ich denn
also leben, Pfarrer?"
Und der Pfarrer antwortete ihm: „Du
hast Verstand und ich sage dir, daB be-
183
CLXXX.
Ein Rat fiir die
Liederlictten.
sonders den Jiinglingen Ehrbarkeit ziemt
im Benehmen, im Auftretcn und in der
Klcidung."
CLXXXL
Wìe der Pfarrer
zur
Versòhnlichkeit
gemahnt hat.
Wle ich dir in seiner Lebensbeschrei-
bung gesagt habe, war der Pfarrer
ein gutmùtiger Mensch und ermahnte auch
stets die andern zur Friedfertigkeit.
Einmal sah er, wie einer einem andern
einen Fufitritt versetzte.
Der getretene schlug Làrm und schrie,
er werde sich ràchen und ihn vor dem
Richter verklagen.
Der Pfarrer redete ihm aber so lange zu,
versòhnlich zu sein, bis er seinem Gegner
verzieh; und unter den Ermahnungen und
Ratschlàgen, die er ihm gab, sagte er auch:
„Wenn dir ein Esel oder ein Pferd einen
Tritt gàbe, wùrdest du es verklagen?" und
als er das verneinte: „Um wie viel mehr
muBt du Geduld haben, wenn dich ein ver-
niinftiges Geschòpf tritt!"
CLXXXII.
Wie der Pfarrer
auf
Verunglimpfungen
antwortete.
Einmal sagte ihm einer viel unglimpf-
liche Worte, und ein Freund tadclte
ihn, daB er nicht antwortc.
Und der Pfarrer sagte: „Warum solite
ich darauf etwas geben? Er sagt es ja gar
nicht zu mir, weil ich gar gut weìQ, daB
das, was er sagt, nicht in mir ist."
184
Auch pflegte er zu sagen, daB cs manch-
mal gut sei, wenn man beschimpft und ge-
tadelt werde, weil es cine von zwei guten
Folgcn zeitige: entspreche es der Wahrheit,
so werde man dadurch veranlaBt, sich zu
bessern, und sei es falsch, so solle man
trachten, nicht solche bòse Dinge zu tun,
daB der recht bekomme, der einen be-
schimpft habe.
Wegen einer Beschimpfung diirfe man
nie zornig werden, auBer wenn das gesagte
wahr sei; sei es aber eine Liige, so diirfe
man sich nicht darum kiimmern und solle
sich so benehmen, daB der andere als
Liigner dastehe.
DEr Pfarrer ging mit einem Freunde
durch eine StraBe und da hòrten sie in
einem Hause Frauen mit einander schreien;
und als sie die Kòpfe zu dem Fenster
hoben, wurde iiber sie ein groBer Kiibel voli
Wasser ausgegossen, so daB sie beide durch-
naBt wurden.
Der Pfarrer lachte dariiber, aber sein
Gesell àrgerte sich baB.
Nun sagte der Pfarrer: „Du hast un-
recht, weil du hàttest auf den Làrm achten
sollen; weiBt du denn nicht, daB auf den
Donner der Regen folgt?"
CLXXXIII.
Wie der Pfarrer
mit Wasser
beschùttet wird.
185
CLXXXIV.
Wie der Pfarrer
einen
Mailer tadelt,
weil er einem Nach-
bar geraten hai,
sein Weib zu
schlagen.
E In Miiller schalt scinen Nachbar und
sagte zu ihm: „Wie kannst du es nur
aushalten, dafi deine Frau nichts andres
tut als schreien?"
Und auf den Rat des Miillcrs wollte der
Mann seiner Frau cine tiichtige Tracht
Priigel geben.
Der Pfarrer machie alien zweien Vor-
wùrfe, und zu dem Miiller sagte er: „Warum
hàltst du es aus bei den Ràdern deincr
Miihle und bei dcinen Gansen und Hùh-
nern, die den ganzen Tag nichts tun als
Làrm machen? Von der Mùhle hast du ja
doch nichts als Mehl und von den Gansen
und Hiihnern Eier; er hat aber Kinder von
seiner Frau,"
Und welter sagte er: „Ich wiirde meinen
MeBhelfer da ziichtigen, wenn ich nicht
zornig wàre,"
CLXXXV.
Was der Pfarrer
iiber das
Lernen dachie.
ALs Greis sah er einmal einer kunst-
rcichen Arbeit zu; man tadelte ihn
deshalb im Hinblicke auf sein Alter, er
aber antwortete: „Es ist eine gròfiere
Schande, unwissend zu sein, als zu lernen."
Er sagte auch, alles kònne dem Men-
schen schaden, nur Tiichtigkeit und Wisscn
nicht: sei einer tiichtig und habe er Wisscn,
so komme er zu Ehren und Wiirden; wenn
aber ein lasterhaf ter Tiichtigkeit undWissen
habe, so verdecke er damit die Laster.
186
ES kam cin Baucr zum Pfarrer und sagte
zu ihm: „Ich bitte Euch, gebt mir einen
Sack Korn."
Der Pfarrer antwortete: „Gern; nimm
den Sack und geh hinauf in den Saal und
in den Winkel, wo du es voriges Jahr ge-
nommen hast, und nimm dir,"
Der Bauer kam zuriick und sagte: „Ich
habe liberali gesucht, auch dort, wo ich es
voriges Jahr genommen habe, aber ich
finde weder Korn, noch Getreide."
Der Pfarrer antwortete: „Ja ist denn
nicht das dort, das ich dir voriges Jahr ge-
borgt habe?"
Der Bauer sagte: „Nein, Herr."
Der Pfarrer sagte: „Du hast es mir also
damals nicht zuriickgebracht? Hàttest du
es mir zuriickgebracht, bàtte ich dir borgen
kònnen."
Der Bauer schàmte sich, weil er scine
Undankbarkeit einsah, und ging ohne Korn
weg; und bei der nàchsten Ernte brachtc
er das Korn vom Vorjahre zurùck.
EIner sagte zum Pfarrer Arlotto: „Der
Papst und wir haben Frieden ge-
schlossen *."
1 t)ber den Krieg zwischen Sixtus IV, und den
Florentinern vgl. Erich Frantz, Sixtus IV. und die
Republik Florenz. Regensburg, 1880, S. 260—350.
Die Verkiindigung des Friedens in Florenz ist am
25. Màrz 1480 geschehn.
187
CLXXXVI.
Wie $ich der
Pfarrer weigert,
einem Sàumigen zu
borgen.
CLXXXVII.
Warum der
Pfarrer nicfit an
einen Frieden
mit dem Papste
glauben wollte.
Der Pfarrer antwortete und sagte: „Das
kann nicht sein."
Weil nun sein Freund àrgerlich wurde
und sich nicht davon abbringen liefi, da6 es
wahr sei, sagte er: „Ich komme eben vom
Markte; als ich dort mit pàpstlichem Gclde
zahlen wollte, haben sie es mir nicht gè-
nommen. Ich sagte: ,Seht ihr denn nicht,
daB ihr unrecht tut, wenn ihr das Geld des
Heiligen Vaters zurùckweist?' Aber es nùtztc
mir nichts, und so sage ich, daB es nicht
wahr ist und nicht wahr sein kann, weil
sein Geld hier nichts gilt."
CLXXXVUl.
Wie sich der
Pfarrer an seinen
Gàsten ràcht,
weil sie ihn um
sein Essen
gebracht haben.
EInige angesehne Mànner aus der Stadt
kamen den Pfarrer besuchen und er
sorgte, wie es seine Gewohnheit war, fìir
eine tref fliche Bewirtung. Gegen die Mittag-
stunde muBte er aber irgendwohin in der
Nàhe gehn.
Da er etwas verzog, verloren sie die Ge-
duld; sie sperrten ihn aus dem Hause und
aBen seinen Teil und den ihrigen.
Als sie ihm endlich aufgemacht hatten,
lachte er iiber den Streich und aB Kàse und
Brot. Dann ging er in die Kirche und fìilltc
das Weihwasserbecken mit 01; und als sic
in die Kirche kamen, reichte er ihnen, nach-
dem er einen Psalm zum Preise des Herrn
gesungen batte, das Weihwasser, wobei er
188
*
ihre Kleider nach Wunsch und Gebùhr her-
richtete.
Und bei dem Gclàchter iiber den Streich,
den sic ihm gespielt hatten, merkten sic es
crst am Tage nachher, daB ihre Màntel vollcr
ólflecke waren; als sie dann den Schaden
sahen, schickten sie sich geduldig darein
und sagten sich, daB ihnen fùr die Unbill,
den Pfarrer auBerhalb seines Hauses fasten
zu lassen, ganz recht geschehn sei.
E In windiger Mònch predigte eines Tages
in einem Kirchlein, dessen Priester ein
Freund des Pfarrers Arlotto war; und er
hatte sich in ein Gewirr von Dummheit ver-
strickt, und das unangenehmste war, daB
er nicht wieder heraus konnte.
Trotz alien Zeichen, die man ihm gab,
wollte er nicht von der Kanzel herunter,
und es nùtzte weder, daB ihn die andern
Geistlichen riefen, noch daB sie die Glocken
làuteten,
Der Pfarrer sagte zu ihnen: „Ihr seid zu
ungeschickt" ; und er holte eine Schiissel
und trommelte darauf mit einem Lòffel so
nahe bei dem Monche, daB ihn der hòrcn
und sehn muBte. Kaum hatte der Mònch
diesen Klang gehòrt, so sprang er so hastig
von der Kanzel herunter, daB er vergaB, den
Segen zu geben; eine solche Angst hatte er,
er konnte um sein Essen kommen, und son-
CLXXXIX.
Was der Pfarrer
angestellt hai,
um einen Mònch
zar Beendigung
seiner Predigi zu
veranlassen.
189
cxc.
Wie der Pfarrer in
Schiffsnot
gescherzt hat.
derlich deshalb, weil er geschn hatte, daB
es gute Bissen gab.
ALs der Pfarrer auf einer Galeere nach
Spanien fuhr, ereignete sich eines
Tages folgender Vorfall:
Es wùtete ein gewaltiger Sturm und das
Meer warf hohe Wogen, so daB der Galeere
der Untergang drohtc.
Noch hatte sich die Gefahr nicht ver-
mindert und alle Leute waren in Verwirrung
und Angst, als ein neues Unheil dazukam;
denn durch den schrecklichen Sturm schlug
plòtzlich das Feuer unten im Schif fsraum in
heller Lohe auf und die Galeere wurde so
in Rauch gehùllt, daB die Leute glaubten,
sie brenne allenthalben und alle miiBten
verbrennen,
Obwohl der Pfarrer, als er diese beiden
schweren Gefahren sah, sich und die andem
mit Bitten und Gebet dem Herrgott befahl,
sagte er doch, damit sie nicht den Mut ver-
lòren, ein paar lustige Worte und unter
andern auch dieses: „Brùder, ihr seht, daB
die Galeere samt uns alien in Wassers- und
in Feucrsnot ist; wer also gesotten werden
will, der springe ins Meer, und wer gebraten
werden will, der rubre sich nicht."
190
E Ines Tagcs sprach der Pfarrer mit einem
Freunde von ihm, einem rechten Wind-
beutel, dem es bei einem Ohre hinein und
beim andern wieder herausging, und hiclt
ihm seine Laster und schlechten Sitten vor;
als es sich aber nach einer langen Predigt
herausstellte, da6 der Freund von ali den
guten Lehren, die er ihm gegeben batte,
keine verstanden oder alle schon wieder
vergessen batte, erzàhlte er ihm zum
Schlusse folgende hiibsche Geschichte:
„Es war einmal ein Bauer, der fing eine
schòne Nachtigall; und die sagte mit sùfier
Stimme zu ihm: ,Wenn du mich freilassen
willst, so verspreche ich dir, dir drei Lehren
zu geben, deren du, wenn du sie anwendest
und sie im Gedàchtnisse behàltst, zcit-
lebens froh sein soUst, so dafi du dich auf
dieser Welt wirst gliicklich preisen kònnen.*
Der Bauer antwortete: ,Ich verspreche
dir sicherlich, dich frei zu lassen, wenn du
mich sie lehrst.*
Nun begann die Nachtigall zu sprechen
und sagte: ,Die erste Lehre ist, daB du
weder suchen, noch begehren sollst, was zu
bekommen und zu finden unmòglich ist, die
zweite, dafi du trachten sollst, zu behalten,
was du brauchst, und die dritte, dafi du
nicht glauben sollst, was durchaus nicht
sein kann.*
Nachdem sie ihm diese Lehren gegeben
CXCl.
Wie der Pfarrer
die Geschichte von
dem Bauer
und der Nachtigall
erzàhlt.
191
batte, lieB sie der Bauer aus und sie flog
auf einen hohen Baum, wo sie vor ihm in
Sicherheit war; von dort redete sic auf ihn
hcrunter und sagte: ,Du hast dir schwer ge-
schadet, daB du mich ausgelassen hast:
wisse, da6 ich in meinem Schlunde einen
kostbaren Stein babe, etwas gròBer als ein
Gànseei und mebr wert als eine Stadt.'
Diese Rede der Nacbtigall batte dieWir-
kung, daB ibr der Bauer durcb Wald und
Gestriipp rastlos nacbsetzte, um sie wieder
zu fangen, bis sie endlicb nacb einer langen
Zeit zu ibm sagte: ,Du unsinniger Tor, du
meinst, die drei Lehren, die icb dir gegeben
babe, im Gedàcbtnis bebalten zu baben?
Du hast mich gebabt und bast nicbt ge-
tracbtet, micb zu bebalten; und bist du denn
ein solcher Narr, daB du glaubst, icb bàtte
im Scblunde einen Stein, der gròBer wàrc
als ein Gànseei? siebst du denn nicbt, dafi
ein Gànseei secbs oder sieben Mal so groB
ist wie icb? wie solite es denn in meinem
Scblunde sein? Und was die dritte Lehre
bctrifft, daB du nicbts unmòglicbes suchen
sollst, wie kannst du denn, wo du micb ein-
mal gefangen gebabt bast und icb dcinen
Hànden entronnen bin, glauben, daB ich
mich wieder fangen lieBe? Du verlierst
deine Zeit, pack dich.' "
192
IN der Pfarre von S. Lorenzo in Florenz
starb ein Kanonikus, Messer Domenico
Maringhi ^ mit Namen, der sehr dick war;
als es nun galt, ihn zu Grabe zu tragen, da
zuckten alle Geistlichen die Achseln und es
gab unter ihnen einen groBen Streit und sie
machten allerlei Schwierigkeiten und Um-
stànde. SchlieBlich trugen ihn etliche starke
junge Mànner mit grofier Mùhe, und die
kamen matt und miirrisch nach Hause.
Da unser Pfarrer bei diesem Streite zu-
gegen gewesen war, verordnete er als
kluger Mann, da6 bei seinem Tode acht
Geistliche achtundvierzig Dickgroschen be-
kommen sollten, damit sie ihn zu Grabc
trugen, und er sagte: „Immer habe ich auf
dieser Welt mit alien in Frieden gelebt;
ich will nicht, daB ich nach meinem Tode
einen AnlaB zu einem Àrgernis gàbc."
Und seine Vorsicht bewàhrte sich; denn
als er starb, wollte der sechs Dickgroschen
halber jeder Geistliche einer von den
achten sein, die ihn zu tragen hatten.
CXCII.
Wie der Pfarrer
fiir sein
Leichenbegangni»
sorgi.
AUf einem Spaziergange, den der Pfarrer
mit etlichen Freunden unternahm,
blieben sie alle stehn, um ihr Wasser abzu-
schlagen; aber der Pfarrer lieB noch ùber-
1 Domenico di Jacopo Maringhi ist am 17. Mai
1470 begraben worden (Manni, III, S. 114).
Arlotto, Schwanke II.
13
193
CXCIIl.
Wie der Pfarrer
siets ein
lustiges Wort
in Bereitsctiaft
fiatte.
CXCIV.
Wie der Pfarrer
in kein
gespreiztes Hans
gehn will.
dies cinen so erschrecklichen Furz, daB sich
alle vcrwunderten.
Nun sagte er: „Was wundert ihr euch
groB ùber meinen Furz? findet ihr es nicht
in der Ordnung, daB unter so viel Pfeifern
auch ein Posaunenblàser sei?"
ALs Messer Jacopo de' Pazzi mauem
lieB, wohnte er in einem Saale, der
durch einige Spreizen gestùtzt war. Und
da damals der wohledle und wiirdige Pràlat
Messer Falcone aus Rom bei ihm abge-
stiegen war, schickten sie um den Pfarrer
Arlotto; der kam und Messer Jacopo machte
ihm Vorwiirfe, daB er sich nicht schon
friiher eingefunden habe, um einen so vor-
nehmen Mann, der noch dazu ein Freund
von ihm sei, zu besuchen.
Der Pfarrer antwortete: ,, Messer Jacopo,
deswegen entschuldige ich mich nicht erst,
weil ich sehr ungern in gespreizte Hauser
gehe, und ich verwundere mich auch hòch-
lich, daB Ihr in einem solchen wohnt; noch
mehr verwundert bin ich allerdings, daB Ihr
meinen liebwerten Messer Falcone hieher-
gefùhrt habt."
1 Jacopo de' Pazzi war das Oberhaupt der be<-
kannten Verschwòrung gegen die Medici; er war
ein Gotteslàsterer und Spieler, wurde aber doch
vom Volke zum Rttter gemacht.
194
DEr Pfarrer fragte cine hiibsche Frau:
„Was wiirdc es mich kosten, dafi Ihr
mir einmal zu Willen wàret?"
Sie antwortete: „Zwci Dukaten."
Der Pfarrer antwortete: „Ich will die
Reue nicht um zwci Dukaten kaufen."
E In Reicher und ein Armer kamen zum
Pfarrer und sagten zu ihm: ««Sagt uns,
wer von uns beiden mehr wert ist."
Er antwortete: „Der tugendhaftere."
Und gelegentlich antwortete er einem:
„Ich kann nicht sagen, oh der und der glùck-
lich ist oder nicht, wenn ich nicht mit ihm
gesprochen habe; denn ich weiB nicht, ob
er gelehrt oder unwissend, nicht, ob er ge-
recht oder ungerecht ist, und nicht, worin
sein Gliick oder Unglùck besteht."
BEi einer Auseinandersetzung iiber cine
unwichtige Sache lieB sich der Pfarrer
Arlotto von einem vornehmen Biirger be-
siegen; deshalb warf man ihm vor, daB er
darauf verzichtet habe, den Sieg zu er-
langen, obwohl er es bàtte konnen.
Er antwortete: „Ein Fischer durchnàBt
sich an einem schlechten Tage am ganzen
Leibe, um einen kleinen Fisch zu fangen;
und ich mache mir nichts daraus, ihm den
Sieg zu iiberlassen, wenn ich ihn dadurch
fangen kann."
13* 195
cxcv.
Wofar dem Pfarrtr
zwei Ducaten
za oiel tind.
CXCVI.
Wie der Pfarrtr
zweien eine
hiibsche Antwori
gegeben hai.
CXCVII.
Wie der Pfarrer
aus Klugheit
nachgibt.
CXCVIII.
Wie der Pfarrer
die Geschichte voti
dem Hirien
and den Wólfen
erzahlt hat.
ALs man ùber gewisse Friedensbedin-
gungen sprach, sagte der Pfarrer:
„Gebt nur acht, daB es euch nicht so
ergeht, wie dem Hirten, der mit den Wól-
fen unter folgender Abmachung Frieden ge-
schlossen hat: die Wòlfe verlangten als
Geiseln alle Hunde, wcil die die Ursache
ihrer Zwietracht seien; und das wurde
ihnen bewilligt, Als ihnen aber die Hunde
keinen Widerstand mehr leisten konnten,
fraBen sie alle Schafe.
So kònnte es auch uns ergehn, wenn
wir zwanzig Mànner unserer Stadt als
Geiseln gàben; der Feind bàtte dann leicht
den Frieden brechen, weil wir der zwan-
zig Mànner, die gewichtiger sind als alle
ùbrìgen zusammen, beraubt wàren,"
CXCIX.
Waram der Pfarrer
kein Geheimnis
hóren wollte.
ES kam einer zum Pfarrer und sagte zu
ihm: „Ich will Euch ein groBes Ge-
heimnis erzàhlen, aber Ihr miiBt mir ver-
sprechen, mit niemand dariiber zu redcn."
Der Pfarrer antwortete: „Sag es mir
nicht; wieso kannst du denn verlangen, daB
ich mich enthalten soli, es andern zu sagen,
wenn du dich selbcr nicht zuriickhalten
kannst, es mir zu sagen?"
es mir
1%
ALs ich einmal beim Pfarrer Arlotto auf
seiner Pfarre war, sah ich von ihm
dicses Werk der Barmherzigkeit:
Eine arme Frau kam weinend zu ihm und
sagte: „Vatcr, ich empfehle mich Euch um
der Liebe Gottes willen: wegen einer Schuld
von sechzehn Dukatcn hat man Brogio,
meinem Manne, scine zwei Esel genommen;
Ihr wiBt, dafi wir samt unsern sieben Kin-
dern von dem gelebt haben, was diese Esel
einbrachten,"
Da der Pfarrer keinen andem Weg sah,
zog er — es war im Dezember — scine
pelzgefùtterte Schaube aus und sagte:
„Gch, verpfànde sic und lòse die Esel aus."
IN seiner Jugendzeit setzte der Pfarrer
eines Tages seinem Liebchen heftig zu
und forderte sic zum Liebestjost oder zur
Eselskurzweil auf ^. Sic aber woUte nicht
und sagte, da sic sich seiner nicht erwehren
konnte: „Ach, Pfarrer, ich habe meine Zeit."
Der Pfarrer antwortete: „Kummere dich
nicht; hast du Zeit, so habe ich Lust."
^ Hier bietet wahrscheinlich der Text der altea
Ausgaben eine bessere Lesart als das Manuskript,
wie es in der Bihliotechina grassoccia abgedruckt
ist: dort hei6t es: . . . fu infestata . . . et richiesta
di giostra al modo d'asini; in der Ausgabe Venetia,
1531 aber heiBt es (Bl, Eeb): .. .fu ... molto in-
festata di giostra amorosa o sia della festa dello
asino.
ce.
Wie der Pfarrer
seinen Mante! weg-
gegeben hat,
um einer armen
Familie zu helfen.
CCI.
Wie der Pfarrer
in seinen
jungen Jahren gar
liistern war.
197
CClI.
Wie sich der
Pfarrer
mit einer Nonne
unterhàlt.
ceni.
Was der Pfarrer
bei einer Dirne er-
leht hot.
IN seiner Jugcndzeit, wo er noch kein
Geistlicher, aber ein hubschcr, baum-
starker Bengel war, ging er einmal, vom
teuflischen Stachel versucht, zu einer
Nonne, die gar verliebt in ihn war. Und
als sie sich zusammentaten, war ihre un-
geziigelte Lùsternheit so màchtig in ihr, dafi
sie schier nichts verspùrte; und indem sie
den Pfarrer als verwegene Frau, die sie
war, in ihrer fleischlichen Begehrlichkeit
betastete, um sein Geschirr wieder in Ord-
nung zu bringen, traf sie auf die Hoden,
und da sagte sie zu ihm: „Was sind denn
das fiir Dinger und wie heiBen sie?"
Und er antwortete: „Das sind die
Pfeiferlein."
Da sagte die fromme Schwester: „Nur
hinein mit ihnen; wir Schwestern haben «^uf
die Eitelkeiten von draufien verzichtet."
IN der Zeit, wo er noch Jung und hitzig
war, ging der Pfarrer Arlotto eines
Abends, von der Lust gestachelt, in das
Haupthandelshaus; in der Dunkelheit trat
er, ohne die Ware zu sehn, in eine Kammer,
und dort fand er ein dickes, feistes, be-
leibtes Weib, gar wohlgestaltet von Kòrper
und Gesicht.
Nach einigen gegenseitigen Liebkosungen
sagte sic zum Pfarrer: „Sùfier Freund, du
siehst, was fiir eine Filile Fleisch an mir
198
ist; wenn ich mich ins Bett Icge, wird mich
das Àufstehen hart ankommen. £s ist
besser, ich beuge mich vor und stemme dcn
Kopf gegen die Bettwand, und du machst
es zu deinem Troste und zu meinem wie
ein Hirsch."
Der Pfarrcr antwortetc: „Ich bin mit
allem einverstanden, was dir beliebt."
Nun beugte sic sich nieder und schlug
Ròcke und Hemd iiber den Kopf: da sah
der Pfarrer den màchtigen Umfang der
Hinterbacken ^ und die ungeheuern Schen-
kel und dann die Scham, die eher einer
riesigen Kuh als einem Weibe zuzugehòren
schien, und der After ^ klaffte so weit, daQ
er in einem derartigen MiBverhàltnisse zu
dem ùbrigen zu stehn schien, daB den
Pfarrer dieses ganze Schauspiel des Hintem
ein Wunder dàuchte; und er war so er-
staunt und verdutzt, dafi er nicht wuBte,
was tun, und bekam einen solchen Ekel,
daB ihm sein Wunsch und damit auch alle
Lust verging.
Und als sie sah, daB er gar nichts tat,
verwunderte sie sich baB, weil er ihr sonst
Jung und hitzig schien; sie wandte ihr Ge-
sicht zu ihm und forderte ihn dringlich auf,
indem sie sagte: „Was iiberlegst du lange?
1 Bìbl. grass.: anche; 1531, Bl, Aga: natiche.
• l'altro sexo.
199
CCIV.
Warum der Pfarrer
keine Gevatter-
schaft ubernehmen
will
CCV.
Wie tittenstreng
der Pfarrer
bgi den Tieren
Warum bearbeitcst du nicht den Acker?
Spute dich."
Aber der Pfarrer Arlotto antwortete ihr:
„Ich tu es um keinen Preis; das da sind
Ràumlichkeiten fùr einen Kardinal, aber
nicht fùr einen armen Landgeistlichen, wie
ich einer bin, und darum entschuldige mich,
Schwesterchen, daB ich es nicht wage, dich
zu berùhren, Nichts desto weniger will ich
meine Schuldigkeit entrichten, weil ich nicht
will, daB du deine Zeit mit mir verloren
hàttest."
Und er lieB sie aufstehn und gab ihr
einen Bolognino; dann beurlaubte er sich
von ihr und ging seiner Wege, ohne eine
Siinde begangen zu haben. |f?
DEr Pfarrer Arlotto sagt, er wolle nie-
mals Gevatter sein, und das deshalb,
um nicht „abrenuntio" sagen zu mùssen,
damit es niemand so auslegen kònnte, als
wiirde er auf seine Pfarre verzichten.
ALs der Pfarrer Arlotto einmal einen
zum Essen einlud, sagte er: „Ich habc
da etliche Hàhnchen, die den ganzen Tag
einer auf den andern springen, so daB ich
sie alle miteinander zum Feuer verdammt
habe."
200
-.-..-j
E In Schwàtzer schloB sich dem Pfarrer CCVl.
Arlotto an. der nach Florenz ritt. Auf ^^^^fj^halt^nl
dem Wege fragte er den Pfarrer: „Was ^"wortet.
gcbt Ihr derni dem Maultier da zu fressen?",'"
fuhr aber, bevor noch der Pfarrer bàtte
antworten kònnen, fort und pfropfte ein
andres Gespràch darauf; als sie schlieBlich
nach Florenz kamen und sich voneinander
verabschiedeten, sagte der Pfarrer: „Stroh."
Frùher war es nàmlich unmòglich gewesen.
ALs der Pfarrer gefragt wurde, wo gut
zu leben sei, antwortete er, man solle
in keiner Stadt oder in keinem Lande
wohnen, wo die Ausgaben gròBer seien als
die Einnahmen und wo die Menschen mehr
vermòchten als die Gesetze.
CCVII.
Wo nicht gut zu
leben iti.
EIner beschimpfte den Pfarrer und der
schwieg; da sagte er zu ihm: „Du ant-
wortest mir ja nichts,"
Und der Pfarrer sagte zu ihm: „So wie
du Herr deines Mundes bist, so bin ich Herr
meiner Ohren."
Und auf die Frage, warum er schweige,
antwortete er: „Es hat mich noch nie ge-
reut, geschwiegen zu haben; aber geredet
zu haben, hat mich schon oft gereut."
CCVlll.
Wie der Pfarrer
bei Unbilden
Geduld iibte.
201
CCIX.
Wie der Pfarrer
einen Bauer fragt,
ob er noch beim
Tot hineinkommen
werde.
CCX.
Wie der Pfarrer
einem Bauer
einen guten Rat
gibt.
DEr Pfarrer ging von Settimo nach Flo-
renz, und die Stunde war schon spàt;
als er darum einem Bauer begegnete, fragte
er ihn, ob er glaube, da6 er noch beim Tore
hineinkommen werde. Dabei meinte er, ob
er noch vor TorschluB zur Stadt gelangen
werde,
Der Bauer aber, der sah, wie dick der
Pfarrer war, antwortete mit einer An-
spielung auf seine Fettleibigkeit: „Warum
denn nicht? kommt doch sogar ein Heu-
wagen hinein."
E In Bauer war von einem Baume gefallen
und batte sich bei dem Sturze die
Rippen gebrochen. Der Pfarrer, der ein gar
schwànklicher Mann war, ging zu ihm, um
ihn zu besuchen und iiber seinen schweren
Fall zu tròsten; und unter anderm ver-
sprach er ihm eine Regel anzugeben, durch
die er sich, wenn er sie befolge, nie mehr
bei einem Falle einen Schaden tun werde.
Der Bauer antwortete: „Ich woUte, Ihr
hàttet sie mir vor meinem Sturze gegeben;
immerhin bin ich es wohl zufrieden, sie zu
hòren: vielleicht kann sie mir in der Zu-
kunft niitzen."
Nun sagte der Pfarrer: „Sieh zu, dafi
du herunter nie schneller bist, als hinauf;
wenn du beides gleich langsam besorgst,
wirst du dir nie einen Schaden tun."
202
Minaccio hatte einmal alles verspiclt bis
auf die Hosen und safi gar traurig und
schier weinend vor einem Wirtshause; als
ihn nun ein Freund, der ihn so sah, fragte,'
was er habe, sagte er: „Nichts/*
„Waruin weinst du dann, wenn du nichts
hast?"
Minaccio antwortete: „Deswegen weine
ich ja gerade, weil ich nichts habe."
Der Freund verstand es, als ob er nichts
bàtte, weswegen er weinen solite, und Mi-
naccio verstand es so, dafi er weine, weil
ihm nach dem Spiele nichts verblieben sei.
CCXL
Wie Minaccio allet
verspielt hai.
ZU einer Zeit, wo in Florenz eine groBe
Teuerung des Getreides war, traf einer
auf dem Markte einen Einàugigen, der Ge-
treide kaufen wollte, und fragte ihn, was
ein Nòsel Getreide koste.
„Ein Auge," antwortete der Arme, um
also den Grad der Teuerung anzudeuten.
Ein vorlauterKnabe, der das hòrte, sagte:
„Warum hast du dann so einen groBen Sack
mitgenommen? du kannst ja doch nur ein
Nòsel kaufen,"
Und das sagte er, weil der arme Mann
nur ein Auge hatte, und weil er gesagt hatte,
das Nòsel koste ein Auge.
CCXII.
Wie ein Einaugiger
Getreide kaufen
wollte.
203
CCXIII.
Wie Fra Paolo
gegen die
Vppigkeii predigte.
CCXIV.
Wie sich cine
junge Frau
in Bologna beklagt
hai, daB sie ihr
Mann schlug.
E In gewisser Paolo, den ich selber kanntc,
wollte, als er in einer Stadt der Cam-
pagna predigte, gegen das Laster der Ùppig-
keit wettern und sagte, es gebe viele ver-
worfene Mànner, die in ihrer Zìigellosigkeit
der Frau das Kopfkissen unter den Hintem
legten, um die Lust zu steigern.
Das lieBen sich viele gesagt sein, so daB
sie durch die Lehre Fra Paolos und durch
die Erfahrung zur Einsicht kamen, das sei
wahr und ganz artig.
E Ine erst seit kurzem verheiratete junge
Frau in Bologna klagte einer Nach-
barin von mir, einer gar ehrbaren Matrone,
daB sie ihr Mann oft gar zu hart schlagc.
Und als die Matrone um den Grund fragtc,
antwortete sie, ihr Mann nehme es ihr ùbel,
daB sie beim ehelichen Werke unbeweglich
wie ein Klotz daliege.
Darauf sagte die Matrone: „Warum ge-
horchst du denn deinem Manne nicht und
bist ihm nicht in allem zu Willen?"
Die junge Frau antwortete: „Ach, Ma-
donna, ich weiB ja nicht, wie mans macht:
niemand hats mich gelehrt, als ich hei-
ratete; und wirklich, wenn ich es wùBte,
mein Mann schlùge mich nicht mehr."
Die Matrone lachte ùber das einfàltige
Kind, das allein nichts von der Sache
wuBte, die die Frauen von Natur aus
204
wissen, und erzàhlte es spàter scherzes-
halber dem Gatten.
E In j unger Mann aus unserm Florcnz,
der nicht gerade hoch angesehn war,
erzàhlte einem Frcunde, er wolle verreisen
und sich in der Welt umtun, damit er be-
kannt werde, und sagte, er wolle fùr diese
Reise tausend Gulden verwenden.
Da sagte sein Freund: „Es wàre viel
besser, du verwendetest zweitausend darauf ,
damit du nicht bekannt werdest."
E In unseriger Freund tràumte einmal, er
habe eine Menge Geld gefunden (und
diesen Traum erzàhlte er) ; da sagte einer,
der dabeistand: „Gib nur acht, daB es dir
nicht so geht wie meinem Nachbar."
Auf unsere Bitte, er solle das erzàhlen,
sagte er: „Mein Nachbar tràumte also, dafi
ihn der Teufel auf ein Feld gefiihrt habe,
damit er dort eine Menge Goldes ausgrabe,
Und als er es gefunden batte, sagte der
Teufel: ,Du darfst es jetzt nicht heben, aber
bezeichne den Ort, so daB nur du allein ihn
kennen kannst.* Er fragte: ,Wie soli ich
denn das tun?', und der Teufel sagte:
,Schei6 her; dann wird niemand hier Gold
vermuten.' Er war es zuf rieden, und als er
dann erwachte, sah er, daB er iiber und
iiber voli Kot war. Des Gestankes halber
ccxw.
Wie tieh
ein funger Mann
in der Welt umtun
wollte.
CCXVI.
Wie einer
von einem Schatzt
getràumt hot.
205
stand er auf; als er aber scine Miitze
aufsctzte, hatte die Katze in der Nacht
hineingeschissen, so daB er sich den Kopf
waschen muBte. Auf diese Weise hatte
sich ihm der goldene Traum in Kot ver-
wandelt."
ccxvn.
Was fur eine
Behandlung
ein Fìeherkranker
wunschte.
CCXVIII.
Wie einer einem
Kardinal
Wind gemacht hai.
E In màchtiger Trinker verfiel in ein Fie-
ber, und davon wurde sein Durst noch
groBer, als er friiher schon gewesen war.
Die herbeigerufenen Àrzte begannen zu be-
ratschlagen, wie sie ihm den Durst ver-
treiben konnten; aber der Kranke, der das
hòrte, sagte: „Ihr versteht nichts, meine
Herren Àrzte: trachtet mir nur das Fiebcr
zu vertreiben; die Sorge um den Durst ùber-
laBt ruhig mir,"
DEr Kardinal von Conti, ein dicker, wohl-
beleibter Herr, kehrte cinmal zur
Mittagszeit, wegen der groBen Hitze in
SchweiB gebadet, von der Jagd heim; als er
sich dann zu Tische setzte, verlangte er, daB
ihm Wind gemacht werde.
Da die Diener nicht kamen, weil sie
mit andern Dingen beschàftigt waren, befahl
er einem Geheimschreiber des Papstes, der
Everardo de' Lupi hieB, ihm Wind zu
machen.
Everardo sagte zu ihm: „Gnàdiger Herr,
auf Eucre Art verstch ich es nicht."
206
Der Kardinal sagte: „Tu es nur auf deine
Art, wie du es gewohnt bist."
„Sehr gern," sagte Everardo; und er bob
das rechte Bein und lieB einen Riesenfurz^
und sagte: „So bin ich gewohnt, Wind zu
machen."
Auf den màchtigen Krach liefen viele
Lcute herbei und die lachten alle herzlich.
E In Nachbar von mir, Dante mit Namen,
der eine wenig ehrbare Frau batte,
wurde von seinen Freunden so lange er-
mahnt, die Ehre seines Hauses zu wabren,
bis er endlich begann, es der Frau vorzu-
halten und ihr zu drohen. Wie alle Weiber
nahm auch sie ihre Zuflucht zu den Trànen
und verteidigte sich mit reichlichen Schwii-
ren, indem sie beteuerte, das sei eine Erfin-
dung von bòswilligen Leuten, die ihr ihr
ruhiges Leben neideten.
Den Mann dàuchte es, sie sage die
Wahrheit, und als ihm die Freunde wieder
einmal zuredeten und von den Seiten-
sprùngen seiner Frau berichteten, sagte er:
„Ach laBt mich doch endlich in Ruh. Kennt
ihr vielleicht ihre Angelegenheiten besser
als sie? Wer soli denn ihre Angelegen-
heiten besser kennen, sie oder ihr?"
Da die Gesellen antworteten: „Sie", sagte
er: „Nun also, und sie sagt, dafi ihr in
euern Hals lùgt."
CCXIX.
Wie einer seiner
Frau mehr
glaubt, als seinen
Freunden.
207
ccxx.
Wie Razello von
Bologna
einen Spótter ab-
gefertigt hai.
CCXXI.
Wie sein MeBheUer
dem Pfarrer
von einem Sterben-
den erzàhlt.
CCXXII.
Etne scharfsinnige
Anlwort
de$ Pfarrert.
Vlele sagen, wenn sie einem ihre Gering-
schàtzung oder Verachtung bezeigen
woUen: „Dich kann ich hundertmal im Tage
in den Wirtshàusern versetzen."
Als nun einer dies einem gewissen Ra-
zello von Bologna vorwarf, der nie um eine
Antwort verlegen war, sagte der: „Das
glaube ich dir gern, weil ein gutes und
wertvolles Pfand von jedermann gern ge-
nommen wird; du aber bist ein derart schà-
biger und wertloser Mensch, dafi man dich
in alien Schenken, so viele ihrer in Bologna
sind, herumtragen kònnte und doch keinen
Heller erhielte."
Ùber diese Antwort lachten alle und
Razello mit ihnen, weil er dem Schwàtzer
gleiches mit gleichem vergolten batte.
DEr MeBhelfer des Pfarrers Arlotto war
dabei gewesen, wie einer aus der Ge-
meinde, ein Einàugiger, gestorben war; als
er dann heimkam, fragte ihn der Pfarrer,
ob der Sterbende viel gelitten habe."
„0 nein/* sagte der MeBhelfer, „er hat
wenig ausgestanden; er batte ja nur ein
Auge zu schlieBen."
AUf die Frage, woher es komme, daB die
Haare friiher grau werden als der
Bart, antwortete der Pfarrer: „Weil die
Haare um zwanzig Jahre alter sind."
208
, . . . Dieselbe Ungeschicklichkeit trat bei CCXXIIl.
dem Bauer zu Tagc, den der Pfarrer Arlotto .^'* «'«''/'a"'"-
fragte, warum die rienne so viel krcischt Antwort
und gackert, wann sie ein Ei legt; der Tòl- bekommen hai.
pel antwortete: „Auch die Gànse schlagen
ja mit den Flùgeln, wenn es ein andres
Welter werden soli /* und lieB mit dieser
ungebùhrlichen Antwort den Pfarrer iin-
schlùssig.
DEr Pfarrer Arlotto sagte zu einem Nach-
bar, dessen Weib so ktihn und ver-
wegen war, dafi sie das Herz gehabt bàtte,
in den Krieg zu ziehn: „Krànke dich nicht
darùber; es ist besser, sie ist herzhaft als
schlàfrig."
CCXXIV.
Wie der Pfarrer
einen wegen teine»
Weibes tróstet.
ES wurde einmal ein Schauspiel aufge-
fùhrt und der Menschenzulauf war
grofi; auch der Pfarrer Arlotto ging hin und
es gelang ihm nur mit schwerer Mùhe, einen
bequemen Platz auf einer Bank zu be-
kommen. Der, der ihn ihm abgetreten batte,
batte sich zuerst lange bitten lassen, dann
aber hielt er ihm vor, was fiir einen grofien
Dienst er ihm geleistet habe, und dafùr
mùBte der Pfarrer wenigstens erkenntlich
sein.
„Ganz wie du wiinschest," antwortete
der Pfarrer Arlotto; „der ganze Dienst, den
14 209
ccxxv.
Wie der Pfarrer
einen l'Am
geleitieien Dienst
eintcìtatzt.
Arlotto, Schw&nkell,
du mir geleistct hast, besteht darin, dafi du
mich hast sitzen lassen, und das heiCt man
einen Arschdienst.**
CCXXVI.
Wie dem Pfarrer
das Bier
in England ge-
schmeckt hai.
IN England wàchst kein Wein und aller,
der getrunken wird, kommt aus dcr
Fremde; und von dem Meere, woriiber er
verfrachtet wird, nimmt er so viel Kraft an,
daB er besser wird, als er in seinem Lande
gewesen ist. Das Getrànk alles Volkes ist
das Bier.
Als das einmal der Pfarrer Arlotto
kostete, sagte er: „Ab ira tua libera nos,
Domine."
CCXXVII.
Wie der Pfarrer
zwischen
natùrlicher und
kunstlicher
Schónheit unter-
schied.
DEr Pfarrer Arlotto beobachtete zwei
schòne junge Frauen, die ùber die
Strafie gingen,
Von der einen, die nicht geschminkt war,
sagte er in venezianischer Mundart : ,, Questa
è di sua pè"; und von der andem, die
kùnstliche Farben im ÙbermaBe auf sich
batte: „Questa è di sua man." ^
CCXXVIII.
Wie der Pfarrer
den Wein-
zapfer macfien
muB
und wie er sicfi
dafiir rdcht.
E In Pfarrer lud eines Tages den Pfarrer
Arlotto und einige andere Amtsbrùder
zum Essen. Bevor sie nun zu Tische gingea,
nahm er alle seine Gàste auBer Arlotto
* Das Wortspiel ist wohl unUbersetzbar.
210
beiscite und sagte zu ihnen: „Ich halle da-
fiir, wir sollten uns heute auf Unkosten des
Pfarrers Arlotto belustigen, der immer den
lustigen Bruder spielt und jedermann zum
bestcn hat; mein Mefihelfcr ist krank, so
daB zu unscrer Bedienung niemand da ist,
und da mòchte ich vorschlagen, daB wir mit
Strohhàlmchen losen, wer den Wein ab-
ziehen und die andern beim Essen bedienen
soli: ich werde es schon so machen, daB
das Los den Pfarrer Arlotto trifft."
Die andern waren damit einverstanden,
und es wurde so ins Werk gesetzt.
Aber der Pfarrer Arlotto merkte den
Anschlag und beschloB es dem Gastgeber
heimzuzahlen. Er ging, als die andern zu
essen begannen, in den Keller, um die
Flaschen zu fùllen; als er wieder herauf-
gekommen war, sagte er: „Ihr seht, ich habe
getan, was mir nach dem Lose zugefallcn
ist; nun mùssen wir aber losen, wer in den
Keller gehn soli, um die Zapfen zuzumachen,
die ich offen gelassen habe."
Jetzt redete der Hausherr nicht mehr
vom Hàlmchenziehen: da er den Pfarrer
Arlotto als einen Mann kannte, dem das,
was er gesagt batte, wohl zuzutrauen war,
lieB er sein Essen und rannte in den Keller.
Dort fand er denn, daB die Fàsser liefen
und daB schon viel Wein verdorben war.
Darob machte er dem Pfarrer Arlotto
14* 211
heftige Vorwiirfe; aber der sagte: „Ihr habt
kcin Rccht, Euch zu beklagen, weil ich haar-
kleìn alles getan habe, was mir das Los auf-
erlegt hat; ich solite Wein abziehen und die
Flaschcn fiillen, es ist aber keine Rede da-
von gewesen, daB ich die Zapfen zuzu-
machen bàtte fiir einen Gastgeber, der
seinen Pflichten als Hausherr so schlecht
nachkommt."
4
Ende.
212
KdiH^ AUnmri
^oerranos
Anmerkungcn
literatur- und stoffgeschichtlichen
Inhalts
■^
MABC. — Facezie e motti dei secoli XV e XVI,
S, 103, Nr. 173; Domenichi, 1548, Bl, Ega = Face-
cies et motz subtilz, 1559, Bl, 18 b, 1597, S. 57. —
L'Arcadia in Brenta, S, 217, — F, Gabotto, La Epo-
pea del Buffone, Bra, 1893 (Nozze Manzone-Ricca),
S, 49.
Les Facétieuses lournées, i, V, n, 2 (siehe die
folgende Facetie), — Le Patron, Nr, 31,
Dasselbe wird von einer Reihe anderer, ge-
nannter und ungenannter Mànner erzàhlt: vgl.
Poggio, Nr, 271; Facezie e motti dei secoli XV e
XVI, S, 144, Nr, 267 (Ser Chello da Bùcine) ; Bebel,
III, Nr, 155 (Georg Weselin) ; Doni, La Zucca
(1. Ausg, 1552), Venetia, 1592, Bl, 21 b (Messer
Francesco da Prato); Domenichi, 1562, S. 6, 1581,
S. 7 etc, (Il Tosetto Padouano) ; nach Domenichi,
Democritus ridens, S, 130; Zeitvertreiher, S. 372.
Weitere Nachweisungen bei Papanti, Dante, se-
condo la tradizione e i novellatori, S, 129 ff.
LXXI.
MAB.
Les Facétieuses lournées, i, V, n. 2, Bl. 140 b
(zusammen mit der vorhergehenden Facetie): Ar-
lotto faict rougir de fionte certaines Dames Floren-
tines, lesquelles luy disoient mal d'vne sienne pa-
rente qui estoit femme de bien.
LXXII.
MA.
Der Zug, da6 der von der Beichte
traurig heimkehrende Mann von der
F r a u g e t r ò s t e t w i r d u n d d a 6 s i e s e i n e
BuBe ùbernimmt, begegnet uns in der Pre-
digtliteratur, Johannes Bromyard erzàhlt in der
Summa praedicantium, P, 7, 17 (ich benutze die
Ausg, Base!, Joh, de Amerbach, ca, 1479) folgendes
Exempel:
„. , , Tali iusticie ostensione legitur quidam ad
penitendiam faciendam motus: Ipse namque, sicut
historia illa continet, de confessione rediens tristem
215
LXXIII.
LXXIV.
LXXV.
LXXVI.
LXXVII.
vultum lacere consueuerat, nec vxoris recipere
voluit consola tionem dicens: Quomodo vultum hila-
rem facere possem, cum me per confessorem meum
tot ieiunijs oneratum cogito? Cui illa promittere
solebat, quod totum prò ilio ieiunare vellet. Qui
sic confortatus comedere et bibere et bonum vultum
facere solebat "
Dieses Predigtmàrlein war die Quelle fiir Pauli«
Schimpf und Ernst, Nr. 287.
MA.
MAB.
MABC. — Manni, III, S. 84 ff.
Le Patron. Nr. 32,
Zu dem Einschiebsel vergleiche Domenichi,
1548, Bl. Ds^: „I1 Piouano Arlotto era in galea con
alcuni giouani a dormire, e manomettendo a un di
loro il canestro, colui disse; oihmè Piouano, che fate
uoi? e egli rispose: perdonami che io credetti che
fusse il mio." Ebenso in den Facezie e motti dei
secoli XV e XVI. S. 98, Nr. 159.
MABC. — Manni, III, S. 99. — Gabotto,
S. 57 f f.
Le Patron. Nr. 33.
Ein àhnlicher unsauberer Streich wird dem
PossenreiOer Gonnella von Dante gespielt; vgl. Le
Buffounerie del Gonnella, st. 44 — 47 (Gabotto,
S. XIX ff.). Facezie, Motti. Buffonerie, Et Burle,
Del Piovano Arlotto: del Gonnella, et del Bar-
lacchia. Firenze, 1565, S. 121 und Papanti, Dante,
S. 173. Mchr stimmt mit Arlottos Schwank tìber-
ein das 6, Stuck in Lindeners Katzipori, zit. Aua|{.
S, 71: Ein sehr grobes hosentùcfi zit Niirnbergk imm
Sandbad gescfinitten.
LXXVIII.
M (fehlt sonst tìberall).
216
MABC,
Le Patron. Nr. 34.
Bouchet, Les Serées, II, S. 245: „ l'ay pour-
tant veu, adiousta-il, vn aueugle de nature, à qui on
demanda quelle chose du monde il aimeroit mieux
veoir, il respondit vn Asne: dautant, disoit-il, que ie
n'entens autre chose que dire, c'est vn Asne, et
quand ie suis par les rues, ie n'oy autre cas sinon,
Aueugle, garde l'Asne: et chacun parlant des Asnes,
il faut bien, disoit cest aueugle, que ce soit quelque
grande chose qu'vn Asne."
MAH.
MABC.
Le Patron. Nr, 35.
Die Schnurre findet sich in ihren Grundzùgen
schon in der Mensa philosophica. 1. IV, e. 38, Aus-
gabe Francofurti, 1602, S, 274:
„Cum plures minores seniores de capitulo
redeuntes in domo cuiusdam plebani ad comeden-
dum se recepissent et multa bona de diuersis carni-
bus et vinis detulissent ad mensam, plebanus occulte
cum suo campanario procurauit, vt pulsaret prò
hostibus et alte clamaret: Inimici, inimici. Quod
audientes minores et timentes perdere equos et aliam
eleemosynam, currus suos velociter ascenderunt
et foras fugerunt. Plebanus haec videns omnes cibos
coUegit et pluribus diebus valuit copiose cum suis,
et delicate."
Nahe der Version Arlottos steht auch eine im
Moyen de parvenir. LXXXI, S. 291 il:
„ .... Il ne fit pas si dextrement, que maitre
Macé, le cure de la basse Athène, qui étoit presse
de la noblesse, qui sans cesse venoit chez lui l'écor-
nifler. Un jour, qu'il y avoit sept ou huit hobereaux
chez lui, il leur fit le meilleur visage de monde.
.Messieurs, soyez les bienvenusl Qà, que l'on se
dépéche! gargon, au vin, au poulailler, au crochet,
à la fuye! serviettes blanches!' Disant cela, il
217
LXXIX.
LXXX.
LXXXI.
mouvoit et prend un surplis qui étoit à part sur une
autre robe que celle qu'il avoit rapportée de l'église;
et, prenant un bréviaire en sa main, les rendit
étonnés. ,0ù allez-vous, monsieur le cure? — Je
viens incontinent, dit-ìl, messieurs; je ne ferai qu'
aller et venir, tandis que le dìner s'apprétera: vais
réconcilier un pauvre pestifere que j'ai confesse ce
matin.' Et, ce disant, il sortit; et soudain tous ces
guillerets épouvantés sortirent; et, de treize se-
maines, n'y voulurent aller," Vgl, dazu die Mena-
giana, 3e édition, Amsterdam, 1713 ff., I, S. 200 und
III, S. 284.
Weitere Nachweise wird man bei der 143. Fa-
cetie finden, die auf dasselbe Motiv zurùckgeht.
LXXXII. MABC. — Manni, III, S. 99.
Diser Schwank scheint nichts andres zu sein,
als eine glùckliche Steigerung eines Exempels, das
allerdings ohnehin grotesk genug gewesen ware;
es wird schon von Jacques de Vitry erzàhlt (The
Exempla of J. de V., ed. by Th. F. Grane, Lon-
don, 1890, S. 82, Nr. 198), soli aber hier nach der
kuriosern Fassung bei Bromyard, Summa praedi-
cantium, D, 3, 9, mitgeteilt werden:
„. . . . Quod pulcre ostensum est in malefacto
cuiusdam viri ecclesiastici, cui quidam de suis
parochianis solito quasi, sic vt fertur, malam ob-
tulit monetam; de quo cum pluries eum notasset,
semel denarium malum, quem obtulit, seorsum vsque
ad tempus, quo cum alijs ad communionem accessit,
reseruauit, et cum oculos sursum leuaret, falsum
denarium in ore loco communionis posuit. Quem
cum in ore pluries verteret et masticare non posset,
nec deglutire, nec eijcere auderet, tristis ad saccr-
dotem venit; a quo requisitus quid haberet, respon-
dit: Durum deum mihi dedisti. Cui sacerdos:
Mastica bene. Respondit, se non posse. Vide, in-
quit sacerdos, ne forte vindicta sit; quam formam
videtur in ore tuo habere? Qui respondit formam
218
denari). Cui ille: Vide, si aliquo modo in tali
materia peccasti. Cui ille: Confiteor, quod malos
denarios de consuetudine offerre consueui. Et resti-
tutis omnibus ilio denario a sacerdote accepto et
seorsum reposito, eum bene communicauit."
Auf Bromyard beruht Pauli, Nr, 73.
Moderner klingt ein Schwank von Juan de
Arguijo (A, Paz y Mélia, Sales espanolas, II, S. 93):
„E1 licenciado Morillas, cura de la parroquia
de San Vicente, de Sevilla, lue à pedir limosna
por su colación, sàbado de Pascua, para dar otro
dia pan y carne à los pobres. Llegó à la casa de un
viejo muy rico y muy avaro, el cual le dio un
cuarto de limosna, de los falsos, que llaman del
fraile ó de Santo Domingo. No advirtió entonces
él qué era lo que recibia; pero después, no pudiendo
pasar el cuarto entre otros, ni ballando salida de
él, se acordó de quién se le habia dado. Guardóle
para restituirsele, y Domingo de Pascua, yendo el
viejo à que le comulgase, el mismo cura, disimula-
damente, le metió el cuarto en la boca en lugar
de la Forma. El hombre, sintiendo la dureza y el
{rio del metal, quedó turbado, pareciéndole milagro,
y no osaba sacarle de la boca, ni tampoco contar
el suceso, por el escàndalo del pueblo. Tomo por
expediente decirle muy bajito al cura: — Padre,
no puedo pasarlo. — El cual le respondió: — Tam-
poco lo pude yo pasar,"
Bei Bebel, III, Nr. 106 wird einem Narren statt
der Hostie ein Rettigschnitz gereicht.
MABC. — Manni, III, S, 99.
MABC, — Manni, III, S. 109.
MA.
MA.
LXXXIII.
LXXXIV.
LXXXV.
LXXXVL
219
LXXXVII. MABC.
Domenichi, 1548, Bl. D4aff, (= 1562, S, 206 =
1581, S, 255) làDt die Geschichte von dem Pilger
und dem Diebe in zwei Nàchten statt in einer vor
sich gehn:
„Detto Piouano sendo a questi di ^ solicitato da
alcuni cittadini di rinuntiare la sua chiesa, disse
questa Nouella. Fu una uolta un Romito uiandante
il quale sendo à un hosteria in una medesima ca-
mera egli, e un altro, senti cosi sul primo sonno
uenire quel tale pian piano al suo letto, per torgli
di sotto il capo certi pochi danari che haueua in
una certa sua saccoccia. E to6i, et sputò per
mostrare d'esser desto, Onde il brigante tornò a
dietro. Quindi a non molto fece il medesimo, E
cosi tutta notte conuenne al Romito, per sicurtà de
suoi danari stare desto, onde l'altra sera non pose
la saccoccia sotto '1 capezzale, ma sul mezzo della
camera dicendo fra se: meglio mi è assai perdere
la saccoccia e danari, che hauere la mala notte.
Dormi molto bene, et la detta saccoccia gli fu car-
pita. Cosi disse il Piouano che farebbe al suo
beneficio, cioè lo renderebbe al Papa, pregandolo
che gli desse le spese; ma dice che non lo fa perche
questi tempi non son da ciò; ^ e questo Papa è pur
frate."
Auf einer spàtern Domenichiausgabe beruht
die lateinische Ùbertragung im Democritus ridens,
S. 241;
„Tene quod habes.
Arlotto plebano sacerdoti (cuius multa faceta
apud Italos scriptores exstant) quidam suaserant, ut
quoddam suum beneficium alicui (sic hodie loquun-
tur) resignaret, ille vero hanc eis narravit apologum.
> Bei Domenichi, 1548 ttcht diete Geschichte unmittclbar hinter
dcr, die UDserer Faceti* 108 entipricht ; da die RcìhcnfoifJe in den
andcrn Aut^aben andcrt itt, (chlcn dort die Wortc a aut$li ai.
3 Statt dea foltfenden haben di* ipltern Auidabcn Molto mtno
lo farfbb* hoggi a* u(ueu».
220
Fuit viator quidam, qui cum alio in hospitium de-
latus post cenam eodem cum ilio cubiculo inclusus
fuit. Nondum oculis somnium ceperat, quum aite-
rum illum (qui socium viderat marsupium, in quo
viaticum habebat, pulvino subjicientem) e lecto se
molientem audit, proculdubio numis illis insidian-
tem, Quare screare et sputare occipit, ut vigilare
se adhuc ostenderet; ille vero alter tacitus se in
lectum refert. Non multo post insidiator ille idem
molitur, sed screatu rursus abigitur; dum interim
miser viator numulis suis timens, totam noctem in-
somnem exigit. Unde sequenti nocte marsupium non
pulvino subjecit, sed in medio cubiculo deposuit,
ratus melius esse, numulorum facere jacturam, quam
metu et insomnia cruciari; et sic per totam noctem
bene ac suaviter dormivit. Mane vero marsupium
evisceratum invenit. Idem, inquit Arlottus, ego de
meo faciam beneficio. Ad Pontificis pedes depo-
nam, cum conditione ut sumptus mihi restituantur;
nec mea interest, cui illud postea obventurum sit.
Quamquam, ut hodie esse tempora video, valde
dubito an et hoc sim facturus."
Die Quelle von Arlottos Geschichte ist un-
zweifelhaft in der Predigtliteratur zu suchen; so er-
zàhlt Odo von Ceritona (Hervieux, Les Fabulistes
latins. Paris, 1884 ff., IV, S. 271):
„Quidam heremita semel pecuniam sibi datam
ad capud lecti reposuit. Quadam nocte uenerunt
fures, ut pecuniam sibi aufferrent; quo cognito,
accepit pecuniam heremita et proiecit latronibus
dicens: Àccipite tremorem capitis mei." Vgl. dazu
Speculum morale in Biblioiheca Mundi, Duaci, 1624,
S, 1257 und 449; auch gehòren hieher zwei andere
Apologe Odos bei Hervieux, IV, S, 292,
Àhnlich ist die Anekdote, die die Facecies, et
motz subtilz. 1559, Bl. 56a (1597, S. 175) wahrschein-
lich nach Aeneas Sylvius von Kaiser Sigismund er-
zàhlen; sie steht auch bei (Lenfant), Foggiana,
Amsterdam, 1720, II, S. 277.
221
LXXXVIII.
LXXXIX.
XC.
MA.
M.
Domenichi erzàhlt in den Detti et Fatti, 1562,
S. 30 und in den spàtern Ausgaben, aber nicht
vorher, cine àhnliche Geschichte, in der ein Tisch-
genosse Lorenzos de' Medici eine Schùssel zu dem-
selben Zwecke umdreht und dabei sagt, ebenso
konne Lorenzo den Staat umdrehen; Lorenzo làBt
es sich aber gefallen, daQ er also die guten Bissen
i6t. Domenichi schlieGt mit der Bemerkung, daO
dasselbe auch von einem Bergamasken erzàhlt
werde, und diese Geschichte steht in den Facezie e
motti dei secoli XV e XVI, S, 27, Nr. 39; auch hier
fehlt das Zurùchdrehn der Schùssel. In der Version
Arlottos ist der Schwank noch beute lebendig, wie
mir ein Freund mitteilt, der ihn in Welsch-Metz
oder Mezzolombardo (Siidtirol) hat erzahlen hóren;
die Handelnden waren zwei Kapuziner,
MA.
Bei Domenichi, 1548, Bl. G^b wird die Ge-
schichte vom Mònchsfrieden ohne Bezug auf Arlotto
erzàhlt:
„La pace del Monaco uuol dire buona pace et
mala uolontà; perche fu un conuerso in badia, che
haueua detto circa quaranta anni i suoi paternostri
ogni di a un Crocifisso; e poi gli cadde in capo, et
ruppeglielo: Non gli uoleua perdonare, ma stretto
dal priore le in fine pace, dicendo nondimeno
esserci tutta uia la mala uolontà."
Auch hier darf wohl als Quelle ein Predigt-
màrlein angenommen werden; so finden wir die
Grundzùge des Schwankes bei Bromyard, V, 5, 10:
„. . , . Qui in aliquibus secundum fabulas peiorei
sunt quodam latrone, de quo fertur, quod cum fura-
retur pannum pendentem circa crucifixum, imago
cadens brachium eius fregit. Cui postea grauiter
infirmato, cum sacerdos paruam imaginem crucifixi
222
ad ponendum ante eum portaret, statim, vt vidit,
clamauit dicens: Asporta illum; non erit mihi bene,
quamdiu illum videro. Et sacerdoti querenti, quare,
respondit: Quia aliquando fregit mihi bracnium.
Cui sacerdos: Non fuit iste. Ergo, inquit, fuit pater
eius, et ego non possum diligere filium, cuius pater
mihi tantum damnum intulit."
Arlotto nàher steht ein Apolog Ochinos (zit.
Ausg. Bl, 219a), der sicherlich auch auf eine geist>
liche Quelle zuriickgeht:
„Darinn wirt angezeigt, was Wunder-
zeichen die Bilder stifften.
Ein Mònch bette einen lahmen Arm, derhalben
cr nicht MeQ halten mocht, wie er hertzlich be-
gerete. Weil er denn vermeinet, jhm kùndte nicht
anderst denn durch ein Wunderzeichen geholffen
Averden, so rùffet er ohn vnderlaO ein Crucifix, so
an einem fast hohen ort in der Kirchen war, an,
vnd bate dasselbig vmb gesundtheit. Nach dem er
nun ein lange zeit bette gebetten, ob er solche gnad
erlangen mòcht, begab sichs der tag eins, daO er
abermals seins anligens halb vor diesem knyet, da
entstund ein grosser Erdbidem, der das gemelt
Cricifix dermassen erschùttlet, daB es auff den
Mònch fiele; wie er sich vor dem beschùtzen wolt,
vnd den guten Arm furwarffe, ward jm der auch
abgeschlagen, deOgleichen das Haupt verletzet. Der
gecreutziget Herrgott fiel auch ein Arm ab. Wie
diB der erschrocken Mònch sahe, sprach er vn-
iviirsch zu dem Crucifix: ,Ist das die gnad, so ich
von dir begeret habe? Mein bitt ware, du soltest
mir einen Arm gerad machen, so hast du mir auch
den guten abgebrochen; aber ich verwundere mich
jetzundt nicht mehr, daB du mir nicht hast ge-
holffen, dieweil du dir selbst nicht vor schaden
seyn kanst, vnd erkenne, daB war ist, was mir erst
neulich ein guthertziger Mensch gesagt hat, daB du
nicht anders denn ein stùck holtz werest. Ich wil
mich dir nicht mehr befehlen, noch weiter gemein-
223
schafft mit dir haben, ftirnemlich darumb, daB du
im Bann bist, dieweil du einen Priester verwundet,
vnd die Kirchen mit meinem Blut beflecket hast,
Ich wil auch nimmermehr fried mit dir haben, biQ
du mich vmb verzeihung bittest, dich gegen mir
demiitigest, vnd mir gnug fùr schaden, vnkosten vnnd
interesse thust.' Lieff also vngeschlacht darvon."
Eine Parallele zu dem Exempel Bromyards
bietet folgende Schnurre aus der Apologie pour
Hérodote, die unmittelbar hinter der zur Facetie 23
zitierten steht:
„Mais vn Bourguignon vsa bien de plus grosses
paroles contr' vn ieune crucefis, fils d'vn vieil par
lequel il auoit esté blessé. L'histoire est telle. En
Bourgongne pres d'vn village nommé Chaseule, vn
paysant qui passoit par vn tempie demanda à des
sonneurs pour quel trespassé ils sonnoyent: ayant
S(;eu le nom, il se mit à dire quelqu' oraison pour
l'ame d'iceluy, deuant vn crucefis qui estoit pres
desdicts sonneurs: lequel au lieu de luy faire seule-
ment signe de la teste, tomba sur luy, et le mit en
tei estat que ceux-la laisserent leur sonnerie pour
l'emporter vistement en sa maison: ou il demeura
long temps malade, Apres laquelle maladie retour-
nant au tempie et voyant vn beau ieune crucefis,
qui auoit vne face riante (car il faut noter que le
vieil en tombant sur ce poure homme s'estoit rompu
le col) ne se put tenir de luy dire, Quelque belle
mine que tu me faces, si ne me fieray-ie iamais en
toy. Car si tu vis aage d'homme, tu seras aussi
meschant comme ton pere qui m'a cuidé tuer."
Auf dieser Stelle beruht Weidner, IV, S. 184:
Ein Biirger in Burgundien; vgl, weiter Paoli,
Schimpf und Ernst, Nr. 270 und 336 und Pitrè, III,
S. 183: Lu Paraturi.
XCI. MABC.
Eine Parallele aus Antonio Fregosos Riso di
Democrito, e pianto di Heraclito, Mediolani, 1506,
224
die Flògel bei der Besprechung dieser Facetie,
S, 486, und nach ihm Ristelhuber abdruckt, und
das 34. Stùck aus Paulis Schimpf und Ernst lassen
mit Bestimmtheit auf eine altere Quelle schlieBen;
trotz emsigen Suchens ist sie mir nicht bekannt ge-
worden, wenn man nicht folgende Stelle in den
Apophthegmata Patrum (De Abbate Antonio, XXV
bei Cotelerius , Ecclesiae graecae monumenta,
Lutetiae Parisiorum, 1677 ff., I, S. 349 A) heran-
ziehen will:
i.Dictum Abbatis Antoni! : Venit tempus, quo
homines insanient, et cum viderint aliquem non in-
sanum, insurgent adversus illum, dicentes: Tu in-
sanis; eo quod ipsis similis non sit."
Vgl. auch Guicciardini, Detti et fatti, S. 149: //
uoler dimorar sauio tra' pazzi, esser cosa total-
mente da pazzo = Federmann, Erquickstunden,
S. 212:
„Wann einer vnter andern Narren weiO will sein,
ist aller dingen ein thorheit.
Nach dem ein weiser, kluger mann gesehen,
was massen wegen eines vberfallnen regen in seiner
Statt alle menschen nàrrischer weiB auff der gassen
benetzt worden, vnd jhne fùr nàrrisch halten wol-
ten, vmb daQ er allein inn seinem hauQ auff der
trockne gebliben war, hat er sich entschlossen, auch
hinauB zu gehen, mit seinen Nachbawren nerrisch
zu sein, sagende, wie daO er vii lieber mit jederman
nàrrisch, dann allein bescheiden vnd weiB sein
wòlle,"
MAH. — Manni, III, S. 103. XCII.
Les Facétieuses lournées, i. Ili, n. 10, Bl. 107 b:
Le Cure Arlotto importune d'vn debte par le gargon
et facteur d'vn Drappier, trouue finement le moyen
de s'en desfaire, et faict bien battre et froter le
facteur, faisant croire à l'Abbé et moynes du moni
S. Miniat, quii estoit demoniaque et possedè da
diable.
Arlotto, Schwanke IL 15 ^^
Zu diesem ein auBerordentlich verbreitetes
Motiv behandelnden Schwanke vgl, meine Noten zur
13. Novelle Morlinis [Die NoveUen Girolamo Mor-
linis, Miinchen, 1908, S, 275), ferner Marchesi, Per
la storia della novella italiana, Roma, 1897, S, 89
und 173, Giamb. Pellizzaro, La commedia del secolo
XVI, Vicenza, 1901, S. 191 und Francia, Franco
Sacchetti novelliere, S. 169,
xeni. MABC.
Die Fabel von den Màusen, die der
Katze eine Schelle anhàngen wollen,
gehòrt zu dem jùngern Bestande unsers abend-
làndischen Fabelschatzes, dem sie erst zu Anfang
des 13. Jahrhunderts eingefùgt worden zu sein
scheint; vor Odo von Ceritona kennen wir keinen
europàischen Bearbeiter. Sie entstammt einem Ka-
pitel Von dem Màusekònig und seinen Ministern,
das sich in einem syrischen und mehrern arabischen
Texten des Kalilah und Dimnah findet und ein
alter persischer Zusatz des Pehlwiwerkes sein
dùrfte, der mit diesem ins Syrische und ins Ara-
bische ùbersetzt worden ist; vgl. darùber Th. Nòl-
deke. Die Erzahlung vom Màusekònig und seinen
Ministern in den Abhandlungen der kgl. Gesell-
schaft der Wissenschaften in Gòttingen, XXV. Ed.,
1879.
Dem spàten Auftauchen der Fabel entspricht
die geringe Verbreitung, die sie im Mittelalter ge-
funden hat; man sehe die in dieser Hinsicht
magern Nachweise bei Robert, Fables inédites des
Xlh, Xllh et XlVe siècles, I, S. 98, Osterley zu
Paulis Schimpf und Ernst, Nr. 634, S. 544 und zu
Kirchhofs Wendunmuth, VII, Nr. 105, V, S. 170,
Regnier in Lafontaine, Oeuvres, I, S. 133, Waas,
Die Quellen der Beispiele Boners, S. 52, Aug. Mou-
liéras, Le Fourberies de Si Djeh'a, Paris, 1892, S, 49
und Goetze - Drescher , Samtliche Fabeln und
Schwanke von Hans Sachs, IV, S. 30 und VI. An
226
diesen Stellen wàre noch, auOer auf die ganzlich
ùbersebne Arlottosche Version, auch auf Job.
Mathesius, Luthers Lehen in Predigten, Neudruck
Prag, 1906, S, 144, auf Seb, Brants Narrenschiff,
bg. V. Zarncke, Leipzig, 1854, S. 460 und auf die
Zimmerische Chronik, IV, S. 46 zu verweisen ge-
wesen; vgl, endlich Seb, Mey, Fabulario, Valencia
(1613), Fàb. 24: El consejo de los ratones (D. M.
Menéndez y Pelayo, Origenes de la Novela, II,
Madrid, 1907, S. XCIXff,).
Robert erzàhlt in der Einleitung zu den Fablet
inédites, S. XXXVIII (nach ihm auch Regnier
a, a, 0.) eine merkwùrdige Geschicbte: Arcbibald
Douglas, fiinfter Graf Angus, gebraucbt bei einer
Verschwòrung schottischer Edeln gegen die Gùnst-
linge Jakobs III. das Wort: „Ich selber will die
Schelle anhàngen." Er bemàchtigt sich auch tat-
sàchlich des Grafen von Mar und seiner Anhànger;
und nach dem erfolgreichen Ende erhàlt er den Bei-
namen „Bell the Cat",
Der englische Graf scheint es nicht notwendig
gehabt zu haben, seinen Landsleuten die Fabel, die
er meinte, zu erzàhlen; daB aber Arlotto ohne eine
nàhere Erlàuterung unverstanden geblieben ware,
wird uns nicht welter wunder nehmen diirfen,
wenn wir bedenken, daB die Fabel, vom Dialogus
creaturarum abgesehn ^, in Italien vor Arlottos
Zeit noch nicht behandelt war, Als eine italiànische
Version, die mit der Facetie Arlottos in Zusammen-
hang gebracht werden kann, kommt ùberhaupt nur
die folgende in Betracht, die bei Domenichi, 1548,
Bl, Da steht und ohne die Ichform der Erzàhlung
und ohne die Datierung in alle spàtern Ausgaben
dieser Sammlung ùbergangen ist (1562, S. 154, 1581,
1 Die beiden àhesten lateinischen Fabelbùcher des MiitelaUtn,
herausg. v. Grasse, Tùbingen, 1880, S. 225 f f. ; darùber, daB der Ver-
fasser ein Italiàner gewesen sei, vgl. die Arbeit P. Rajnas im Giornale
storico della letteratura italiana, X, S. 42 ff.
15* 227
S. 191 usw,; Facecies, et motz suhtilz, 1559, Bl. 13b,
1597, S. 41):
„Iacopo Bini mi disse à questi di, che questi
di Firenze sempre sono stati di tre ragioni nei
gouerno; perche uno ha prestata la riputatione,
l'altro e danari, e '1 terzo ha appicato un sonaglio.
Domandai questo appicare il sonaglio che uoleua
dire, contommi all'hora, che certi Topi deliberarono
una uolta insieme d'appicare un sonaglio alla coda
della Gatta per sentirla; ma poi che '1 partito fu
uinto, non si trouaua nessun di que' Topi che
uolesse essere il primo à appicarlo. Vn pari dunque
di Antonio Puccio diceua essere di quelli che appi-
cauano ^ il sonaglio."
Textlich etwas veràndert und ohne den zweiten
Teil steht diese Geschichte auch in den Facetie e
motti dei secoli XV e XVI, S. 123, Nr. 223; auch
die Ichform der Erzàhlung ist hier aufgegeben.
XCIV. MA.
Facetie et motti dei secoli XV e XVI, S. 23
Nr. 31:
„Messer Pandolpho Collenuctio oratore del
signore Gostanzo Sforza, nel 1485, a' Fiorentini;
usava dire, che alle principali potentie d'Italia si
davano gl'infrascritti epiteti et proprietà: Auctori-
tas pontificis: sapientia regis (se. Neapolis): poten-
tia venetorum: arma mediolanensium: aurum floren-
tinorum."
J. P. de Memel, Lustige Gesellschaff, S. 177»
Nr. 408:
„Nùrnberger Witz,
StraBburger Geschùtz,
Venetier Macht,
Augspurger Pracht,
Ulmer Geld,
Wer dieses bàtte, wàre reich in dieser Welt."
1 la Originale appicaua.
228
Dazu vgl. C. A. M. V. W., Zeiluertreiber, S. 184
und Wander, Sprichwòrter-Lexikon, Venedig, 1.
MABC, XCV.
Les Facétieuses lournées, i. Ili, n. 9, Bl. 104 b:
Sire Pierre ayant une mauuaise femme fori testue,
s'en va au conseil d'vn Cordelier son amy, qui allt-
gue à sa femme l'histoire et exemple d'vn autrt
femme testue, et Catfterine femme dudict Pierre,
ne deuient meilleure, sans l'fiuile de cotteret, dont
elle est oincte pour l'adoucir (ist keine eigentliche
Obersetzung, sondern eine Bearbeitung dieser Fa-
cetie; Arlotto wird gar nicht genannt ^).
Ein deutscher Auszug der Facetie Arlottos steht
bei Flogel, S. 483 = Nick, I, S. 562,
Es erscheint wohl trotz dem sicher bestehenden
Zusammenhange zwecklos, hier noch einmal auf die
verschiedenen, so oft behandelten Erzahlungen von
widerspenstigen Frauen einzugehn; bemerkt sei
nur, daQ sich nach Bédier, Les Fabliaux, S. 46S,
Gb eine Parallele zu dieser Facetie in der Revue
des Patois gallo-romans. 1888, II, S. 288 findet.
MA. XCVI.
MA, — Guicciardini, S, 121: Minor danno XCVII.
essere: donare, a certi bisognosi, vno che prestarne
due.
Nach Guicciardini steht eine deutsche Ober-
setzung in Federmanns Erquickstunden, S. 172:
„£s ist besser, den bedùrfftigen eins zu
schencken, dann zwey zu leihen,
Es hetten zwen arme vnd fromme Bawrn in
* Der ^eplag'e Ehemann wird in den Facétieatt» louméta von
seinen Freunden mit den beaux v«n tant communs geneckt :
„Ne laitte i ta femme pour rìen
Mettre son pied detsus le tien.
Le lendemain la iaulse beste
Le voudroit mettre sur la teste,"
229
einer thewren zeit jren Pfarrherrn lehens weiB jedcr
vmb zwey scheffel korn gebetten. Der Pfarrherr
antwortet: «Hc^It, ich will euch noch ein bessern
dienst thun, ich will ewer jedem ein schelfei korn
schencken', vnd thet es, in massen daB er zwey
scheffel erspart hat, dann er hett doch nimmer
mehr nichts von jhnen bekommen,"
XCVIII. MA.
XCIX. MA.
C. M (fehlt in alien alten Ausgaben).
CI, MABC.
Le Patron, Nr. 30.
Vgl, dazu Melchor de Santa Cruz, Floresta
espanola, V, 5, Nr, 6, zit, Ausg, Bl, 99 a und
Branthóme, Dìscours sur les sermens et juremens
espaignoles in den Oeuvres, ed. Merimée et Lacour,
Paris, 1858 ff,, IX, S, 202,
CII. MAB, — Guicciardini, S, 121: fili miserando,
chi viene in potestà di gente rea, che chi liberato se
n'esce.
Danach deutsch in den Erquickstunden, S. 171:
„Vil armseliger ist der, welcher in gewalt
der bosen gelangt, dann derselb, welcher
ledig entgehet.
Zu der zeit Bapsts Calisten kam ein Galeot
oder Schiffmann zum Pfarrherrn, vnd sprach: ,Herr,
gebt mir allmusen vmb Gottes willen, dann ich bin
erst auQ handen der Catelaner kommen.' Darauff
antwort der pfarherr: ,So wolt ich, daO du mir all-
musen gebest, dann ich bin den Catelanern erst
vnter die hend kommen,' Dann Bapst Calistus war
ein Catelaner,"
Jedenfalls auch nach Guicciardini erzàhlen
der Democritus ridens, S, 101 („Ad Arlottum Floren-
230
tinum Ecclesiastici quidem ordinis, sed multi ac
liberalis joci hominem, nauta quidam venit" etc, etc.)
und Der Ergòtzende Schimpf und Ernst, o. O., 16%,
S. 15, Nr. 21,
Dieselbe Schnurre wird auch von Domenico
Capranica, dem Kardinal von Fermo, erzàhlt; so be-
richtet Vespasiano da Bisticci in den Vite di
uomini illustri del secolo XV, Ausg. Bologna, 1892,
I, S, 135;
„I1 cardinale di Fermo era in ogni sua cosa
alquanto piacevole. Andando un di a palazzo, e
passando per il ponte a Sancto Agnolo uno povero
ch'era scampato dalle mani de'catelani, li chiese la
limosina, dicendo che gli dessi uno carlino per
l'amore de Dio, che era iscampato di mani de'cate-
lani. Il cardinale se gli volse, e disse: danne uno
a me, che sto peggio di te, perchè tu se' fuori, ed
io vi sono dentro. Che in vero, bene che papa Cal-
listo fussi d'assai laudabili condizioni, nientedimeno
non potè attendere a quello che s'apparteneva al
pontificato, perchè il più del tempo si stava. per la
vecchiaia nel letto,"
Vgl, Lenfant, Poggiano. II, S. 249 ff,
MA. CHI.
MA. CIV.
MABC. CV.
MABC. evi.
Die Schnurre erscheint schier wie die Parodie
eines Predigtmàrieins; Gottschalk HoUen erzàhlt
nàmlich in den Sermones dominicales super episto-
las Pauli, pars est,, sermo XXVI, F (Hagenau, 1520,
Bl. Gsb):
„ Cuius exemplum legitur in Speculo histo-
riali, li, xxvij,, quod in partibus Bononie quidam
amici et compatres in conuiuio discumbebant, qui-
231
bus allatus est gallus; quem vnus illorum accepto
cultello, vt mos est, in frusta desecuit tritumque
piper cum liquamine superfudit. Quo facto alter
ait: Profecto, compater, sic explicuisti gallum hunc,
vt ipse sanctus Petrus, etiamsi velit, reintegrare non
posset. Cui mox intulit alter "
Im 27. Buche des Speculums hìstoriale habe
ich dieses Exempel nicht finden kònnen,
CVII. MA.
CVIII, MABC. — Domenichi, 1548, Bl. Dab ff, = 1562,
S. 167 ff = 1581, 207 ff. etc. etc; Facetie e motti dei
secoli XV e XVI, S, 127, Nr. 230. — Manni, III,
S. 100 und 112,
Les Facétieuses lournées, i. III, n. 8, Bl. 103 a:
Arlotto estant alle auec vn Gentil-homme disner en
la maison du Cardinal de Pauie, fut picqué par le-
dict Sieur Cardinal: et Arlotto le luy rendit bien
verd, en le faisant taire tout coy, de honte quii
en eut. Sind schon die alten Drucke gegen das
Manuskript sehr gekiirzt, so ist diese Obertragung
noch mehr zusammengezogen.
CIX. MA.
ex. MA; Manni, III, S. 112.
CXI. M.
CXII. MABC,
Die Quelle dieses Schwankes, wenn nicht beides
aus dem Volksmunde stammt, scheint die 32. Novelle
Sacchettis zu sein, deren Argument lautet; Un Frate
predicatore in una Terra di Toscana di Quaresima,
predicando, veggendo che a lui udire non andava
persona, trova modo con dire, che mostrerà, che
l'usura non è peccato, che fa concorrere molta gente
a lui, ed abbandonare gli altri.
Letterio di Francia bedauert (Franco Sacchetti
232
novelliere, S. 161), zu dieser Novelle keine Parallele
angeben zu kònnen; auf ihren Zusammenhang mit
unserer Facetie hat aber schon Biscioni zum Mal-
mantile racquistato, e. 3, st. 74 (zit. Ausg. I, S. 299)
hingewiesen: „E Franco Sacchetti nella Nov. 32
dove pone l'adotta opinione, che seguitò poi il Pio-
vano Arlotto, che l'usura non consista nel dare, ma
nel riscquotere più che la vera sorta . . ."
MABC.
Le Patron. Nr. 44.
Flógel, S, 484 = Nick, I, S, 564,
Àhnliche Schnurren finden sich hàufig in der
Schwankliteratur; vgl. u. a. meine Nachweise zu
Bebel, II. Nr. 81, I, Band, S. 201 ff.
MA.
M.
MABC.
Le Patron. Nr. 45,
Flogel, S. 485 = Nick, I, S. 564 ff.
M,
M.
MABC.
Vgl. dazu die folgende, auch sonst merkwurdige
Stelle aus Bromyards Summa praedicantium,
J, 12, 6:
,,Caueant ergo, qui alijs seruiunt, iurantes,
dominum vel dominam vel illum, qui queritur, non
esse hic intus, claudentes manum etc, vel
quodcumque aliud sophistice intelligentes. Sicut ille,
qui quando aliquis ab eo petiuit pecuniam, iurare
solebat, quod non habuit tantum in toto mundo; per
totum mundum pixidem vnam quam habuit in-
telligens."
CXIII.
CXIV.
CXV.
CXVI.
CXVII.
CXVIII.
CXIX.
233
CXX. M.
CXXI. M.
CXXII. MABC. — Manni, III, S. 84,
Eine franzòsische gereimte Bearbeitung, Les
Commissions, hat B. de la Monnoye verfafit; sic
steht u. a. im Recueil des meilleurs contes en vers,
A Genève, 1774, S. 107 ff, Im Auszuge ist die
Facetie ins Deutsche ùbersetzt bei v, d. Hagen,
Briefe in die Heimat. II, S. 226 ff,
Auch Hans Sachs hat das Motiv von d e n
verwehten Denkzetteln bearbeitet , und
zwar in seinem letzten Schwanke, geschrieben am
10, Februar 1573: Der kawffman mit der sackpfewffen
(Goetze-Drescher, II, S, 625 ff,),
Mit der Frage nach Hans Sachsens Quelle hat
sich A, L, Stiefel mehrere Male befaDt: zuerst in
den Hans Sachs-Forschungen, S, 188, dann in der
Zeitschrift fiir vergleichende Litteraturgeschichfe,
Vili, S. 255 ff, und schlieOIich in den Studien zur
vergleichenden Litteraturgeschichfe, II, S, 161 ff.
Stiefel kommt zu dem Endergebnis, Hans Sachs habe
seinen Schwank aus der Facetie Arlottos und aus
einer Fabel von Joachim Camerarius zusammen-
gesetzt. Da die Fabel von Camerarius mit einem
Hinweise auf ein schwàbsiches Sprichwort schlieQt,
ist Stiefel zwar geneigt, anzunehmen, daB Camera-
rius eine altere Version der Schnurre ver sich ge-
habt habe, meint jedoch, daO dicse nicht viel anders
als die Fabel gelautet haben kònne.
Die àlteste Ausgabe der Sammlung von Came-
rarius hat den Titel Aesopi Phrygis Fabularum
Celeberrimi Autoris Vita. Fabellae Aesopicae
Plures Quadringentis, quaedam prius etiam, multai
nane primum editae: omnes autem orationis con-
veniente et aequabili velati filo pertextae à Ioachimo
Camerario Pabergensi. Fabulae item Livianae duae,
et Gellianae aliquot, nec non Politiani, Gerbelij et
234
Erasmi narrationes. His accessit explicatio non-
nullorum et demonstratio Graecorum autorum, de
quibus vel fabulae aliquae vel praecepta decerpta
fuerint: Cum indice capitum et locorum quorundam
doctrinae et sententiarum, ad quae narratione»
referri poBint. Tubingae Ex Officina Virici Mor-
hardi. Anno M.D.XXXVIII, Mense Septembri; 8»,
12 ungez., 179 gez. und 1 weiOes Blatt. Dort lautet
unsere Fabel — wenn man diese Bezeichnung bei-
behalten will — also:
„Pastoris memoria.
Profecturum villae cuiusdam dominum in urbem
opulentam longius, negotiorum suorum gratia, ora-
bat uxor, monile sibi ut aureolum afferret; orabat
filia, ut uestem apportaret, etiam ancillulae. ut
reticula emeret. Tum pastor accedit, numosque ia
crumenula tradit hero, et ut fistulam sibi mercetur,
rogat. Rebus perfectis, quas ob res in urbem illam
ventura erat, cum reditum iste ad suos appararet,
dum sarcinas inspicit, forte crumenulam acceptam
a pastore reperit. Ibi recordatus petitionis huius,
fistulam emit et pastori paulo post reversus domum
eam dari iubet, Uxor igitur et filia inprimis, sed
et ancillulae sperare atque poscere sua; cum vero
diceret hic, sibi excidisse, quid quaeque voluisset
curari sibi, et omnino illarum emptionum oblitum
fuisse, indignari mulieres et moleste ferre, pastoris
mandata potiora eum habuisse suis. Tum pater
familias: Nolite mirari, neque irasci, inquit: Pastoris
enim memoria me in crumenula prosecuta fuit.
Fabula docet, gratuito operam qui dent alijs
nonnullos, sed largiri qui velint, et de sua etiam
pecunia esse liberales, paucos reperiri. Itaque et
Sueuicum prouerbium est, pastoris memoria, cum
impendia recusantur."
Wie lautete denn nun eigentlich dieses schwà-
bische Sprichwort, das Camerarius mit Pastoris
memoria wiedergibt?
235
Auf diese Frage erhalten wir in derselben Àus-
gabe der Fabeln Àuskunft:
In ihr schliefit die Reihe der Fabeln mit dem
BI. 162 a, und auf Bl. 162 b steht ein Brief eines Tho-
mas Tilianus Silesius, wohl des Korrektors oder
Leiters der Offizin Morhards, an einen gewissen
Joachim Pfintzing aus Breslau; dieser Brief ^ ist
nichts als eine Einleitung zu einer nun folgenden
Erklàrung der im Texte der Fabeln vorkommenden
griechischen Stellen, und diese Explicatio wieder
schliefit auf Bl. 175a mit folgenden Worten: „Hoc
loco omissas fabellas quinque, nescio qua
negligentia, quod viderentur haud inelegantes, appo-
nere placuit, quarum una ad temeritatis, altera ad
obedientiae, ad simulationis tertia, quarta ad libe-
ralitatis, quinta ad stultorum sapientiae caput refe-
retur. Prima autem .... In tertia mentio fit
unius teutonici proverbi i. Et item alterius
in quarta. Quorum prius ita solet pronunciar!.
Laut lachen geet nit von hertzen. Alterum ita.
Des schefers wortzeiche n,"
Die vierte dieser fùnf vergessenen Fabeln steht
dann auf Bl. 177 b und ist die oben mitgeteilte mit
dem Titel Pastoris memoria ^.
1 In diesem Briefe hciOt es „Cum praeessem elaborattoni huius
libelli, et exiitimarem, lectionem illius futuram esse gratam et utilem
plurìbus , quo illa etiam etset expeditior et amoenior , placuit ad
quaedam loca annotare ea, quibus vel explicarentur, vel graecìs cx-
positis, unde esient translata, locupletarentur. In hoc si non fuit
valde magnus labor meus, quod habuerim scripti huius
autorem ad manura, ut dicitur, si quid forte requirerem . . . ."
Der Brief ist datiert „ex officina Morhardina, VII. Cai. Septem. Anno
.salutiferi parlus. M. D. XXXVIII."
' Die Fabel wird ebcnso wenig wie die andern vier im Index
tfenannt. Alle fùnf stehn schon in den zwei andern noch im
Jahre 1538 erschienenen Ausgaben der Fabeln von Camerarius, die bis
auf den der einen mangelnden SchluOholzschnitt so ziemlich idcntisch
sind, mit den Nummern 404 bis 408 auf ihrem richtigen Platze (Norìm-
bergae apud Valentinum Neuberum und ebcndort, apud Geordium
Wachterum steht unserf Fabel Bl. Vga ff.). Die Ausgabc Norlmt>«r-
ga«,1339hatdi« fOnf Fabeln zwar in der Kcihenfolge des erslen Drucket,
•ber mit richtiger Numericrung ; die unserig* stent Bl. Vj b f f.
236
Damit wissen wir nun auch schon, oboe uns mit
einetn auf Hans Sachsens Bearbeitung berubenden
Wahrscheinlichkeitsschlusse begnùgen zu mùssen,
wie das Spricbwort deutscb gelautet bat, Dafiir
haben wir aber nocb einen andern Beleg; in der
Zimmerischen Chronik, III, S, 217 beiOt es nàmlicb:
„ , , , , Es kam der apt von Fulden, war aio burg-
graf von Kùrchberg, uf ain reicbstag gen Augspurg;
der woUt aucb was durcb disen scbalksnarren (Conz
von der Rosen) beim kaiser verricbten, gab im aber
des schefers warzaicben nit darbei."
Ùbereinstimmend spricbt auch Hans Sacbs an zwei
Stellen seines Schwankes von des scbeffers
warzeichen^.
Eine spricbw5rtlich gebraucbte Redensart von
diesem Wortlaute ist aber obne eine erklàrende
Erzàhlung unverstàndlich; es muO also, mindestens
im schwàbischen Volksmunde, eine Erzàhlung dazu
gegeben haben. Derartige t)berlieferungen nehmen
jedoch an verschiedenen Orten und zu verschiedenen
Zeiten einen verschiedenen Charakter an, und diese
Erwàgung macht es wahrscbeinlich, daB Camerarius
und Hans Sachs verschiedene, allerdings von einem
gemeinsamen Anfange ausgehende Fassungen be-
nutzt haben; ob ihnen diese Fassungen schriftlich
vorgelegen haben oder nicbt, ist von sekundàrer
Bedeutung. Jedenfalls bat die Annahme, Hans
Sachsens Bearbeitung berube in letzter Instanz auf
einer im Volksmunde verbreiteten Erzàhlung, mehr
Natùrlichkeit und Wahrscheinlichkeit fiir sich, als
die Annahme, er habe die Fabel von Camerarius
mit der Facetie Arlottos verquickt.
• Auf den Unterschied zwischen Warzeichen und Wortzeichtn
braucht wohl kein Gewicht gelegt zu werden. Die Erklarung, die
Barack im Register der Zimmerischen Chronik gibt (ein Trinkgeld)
stimmt, wie wir sehn, nicht ; Lex hingegen (III, 699) ùbersetzt War-
zeichen richtig mit Intersignam.
237
CXXIII.
MAI.
CXXIV,
MA,
cxxv.
MA.
CXXVI.
MAB.
CXXVII.
MAB.
CXXVIII.
MABC.
— Manni, III, S. 102.
CXXIX.
MA.
cxxx.
MABC.
CXXXI.
MABC.
— Abgedruckt bei
Papanti, Dante,
secondo la tradizione e i novellatori, S. 198.
Le Patron, Nr. 36.
Nachweise zu der Geschichte von M a r k o 1 { s
K a t z e geben Kurz zu Waldis, II, Nr. 22, zweite
Halite, Osterley zu Kirchhof, IV, Nr. 168, Papanti,
Dante, S. 197 ff, und R. Kohler, Kleinere Schriften,
II, S. 639 ff.
CXXXII. MABC. — Manni, III, S. 110.
Le Patron, Nr. 37. — Ein deutscher Auszug bei
V. d. Hagen, Briefe in die Heimat, II, S. 227 f f.
Sehr merkwùrdig ist eine Note zum Malmantile
racquistato, e. II st. 3 (zit. Ausg. I, S. 130), in der
Paolo Minucci vorerst die Phrase Dare il pan colla
balestra mit Strapazzare, Fare in maniera, che il
beneficio sia di disgusto a chi lo riceve erklàrt und
nach einer Abschweifung auf die Geschichte vera
Schwerte des Damokles folgendermaQen fortfàhrt:
„Si dice anche, a questo proposito. Dare il pane
col bastone, che ha origine da quel che fece il Pio-
> Vgl. di* FuDaoU zum Tcztc.
238
vano Arlotto, il quale per Castigare l'indiscretezza
d'alcuni cacciatori, che gli avevano lasciato in casa
un branco di cani, quando a questi dava il pane,
l'accompagnava con una mano di bastonate; onde i
poveri cani s'erano assuefatti, quando vedevano il ' ^
pane, a fuggire; per lo che divennero cotanto magri,
che appena si reggevano in piedi. Ritornati i caccia-
tori per li loro cani, vedutigli cosi sfatti, si dole-
vano del Piovano; ma egli preso in mano il solito
bastone, tirò loro in terra alcuni pezzi di pane: ed
i cani ricordevoli di come era solito passare il ne-
gozio, in vece d'accostarsi al pane, fuggivano; onde
il Piovano si scusò co' cacciatori, dicendo: Come
volete, che ingrassino, se quando io dò loro il pane,
fuggono come vedete? E da questa facezia venne
questo proverbio Dare il pane col bastone, che
significa Mostrare di voler fare del bene a uno, e
fargli del male. Seneca ci fa vedere questo modo
di dire anche appresso a i Latini, raccontando il
detto di Fabio, per soprannome Verrucoso, che il
piacere, fatto da persona zotica e con maniera sal-
vatica, chiamava Panem lapidosum, che è appro-
priato al nostro detto Dare il pane e la sassata."
MAB. CXXXIII.
Les Facétieuses lournées, i. Ili, n. 7, Bl. 99a: Le
Cure Arlotto, pour donner conseil à vn sien pauure
parroiBien mal traité de sa femme, luy recite la
nouuelle d'vn Cordonnier qui fut au Pont aux Oyes,
par le conseil de l'Hermite de Pouille. Diese No-
velle wird von ihrem Erzàhler Philon also ein-
begleitet:
„Mes Dames ayant par cy deuant ouy parler
de quelques tours d'Arlotto, qui a esté de son temps
vn des plus facetieux hommes de Florence voire de
toute l'Italie, ie me suis aduisé de vous raconter sa
plaisante nouuelle du Pont aux oyes, de laquelle
Boccace en son Decameron, a fait recit en la neuf-
iesme nouuelle de la neufiesme lournee, où ie vous
239
renuoye potir aller la voir, à laquelle se rapporte
aucunement ceste cy de Arlotto, mais elle est de-
duite autrement,"
Tatsàchlich beruht auch die Fassung bei Arlotto
nicht auf der des Dekamerons, sondern auf der der
2. Novelle des V, Tages im Pecorone von Ser Gio-
vanni, die folgendes erzàhlt: Zwei romische Ritter,
Ciuccio und Ianni, die dieselben Sorgen haben wie
in der Facetie der Schuster und sein Freund, reisen
deshalb zu einem Weisen, Boezio mit Namen; von
diesem erhàlt Ianni den Rat: „Steh beizeiten auf"
und Ciucolo; „Geh zur Brùcke von Sant' Agnolo,"
Beide machen sich iiber diese Ratschlàge lustig; als
aber Ianni eines Morgens, wo er frùher aufgestanden
ist, einen Diener beobachtet, wie er Lebensmittel
wegtràgt, und àhnliche Erfahrungen mehrmals macht,
versucht auch Ciucolo den Rat Boezios: er begibt
sich zur Brùcke von Sant' Agnolo und sieht dort,
wie die Maultiertreiber ihre widerspenstigen Tiere
mit Stockprùgeln hiniiberbringen. Natùrlich zieht
er die Nutzanwendung.
Trotz der auOerordentlich groQen Obereinstim-
mung mit der Version bei Ser Giovanni steht die
Facetie Arlottos in manchen Punkten der Novelle
Boccaccios nàher: so geràt der heimgekehrte Gatte
sowohl bei Boccaccio, als auch bei Arlotto mit seiner
Frau des Essens halber in Streit, wàhrend im Peco-
rone der Streit schon durch das Gekeife veranlaQt
wird, womit die Frau den Heimkehrenden empfàngt;
bei Boccaccio wie bei Arlotto ergibt sich erst am
nàchsten Morgen, daO die Frau von ihrer Wider-
spenstigkeit geheilt ist, wàhrend Ser Giovanni be-
richtet, daO sie sich sofort nach den Prùgeln vor-
nimmt, ihrem Gatten fortan in allem zu Willen zu
sein. Arlotto oder der Kompilator der Facetien
hat also wohl, bewuQt oder unbewuQt, auch aus
Boccaccio geschdpft.
Zu dem Motive des Ratsuchens bei
einem fernen Weisen, das sich auch in
240
Paulis Schimpf und Ernst, Nr. 134 ^ (hier ist et
wieder Salomo, der um Rat gebeten wird) findet,
sei auf eine kuriose Geschichte verwiesen, die bei
Johann Agricola, Das Ander teyl gemeyner Deut-
scher sprichwortter, Hagenau, 1529 im 673, Sprich-
worte Es ist noch tesser, ein alter man vnd ein
iungs weib, denn ein alt weih vnd ein iunger ge-
selle, Bl, 198aff.2 steht:
„ Man sagt von dreyen kauffmennern, der
eyn was alt vnd graw, vnd sein weib wolt yhm kein
gut thun, sondern sprach:
,Ich sag es mit warheyt vnd spott,
Ich wolt, du grawbart werest bey Goti.*
Darumb was er willens gen ParyB zu reytten, einen
weisen meister zufragen vmb radt, ob er yhm werden
mochte, wie yhn sein weib mochte lieb gewinnen.
Do er auOzoge, fande er einen seiner gesellen; da
der horet, daO er vmb guten radt gen ParyB zoge,
wolt er yhm geselschafft leysten, syntemal er auch
ein weib bette, das nagte yhn nacht vnd tage, vnd
bette kein gute stunde, yhres bosen mauls halben,
ob yhm vor yhr mochte radt geschaffet werden.
Dise beyde ritten fort, vnd kamen ynn eines reychen
kauffmans hause; do diser horete, warumb die
zween gen ParyB reysen wolten, sprach er, er wolte
mit yhnen, dea meister zufragen, ob es auch mit
Gott vnd ehren mocht zugehen, daB sein weib alle
iar ein kindt bette, vnd er keme doch offt ynn
einem gantzen iar kaum eyn mal zu yhr. Sie kamen
gen ParyB vnd legten yhre fragen fur, Der meister
lachet, vnd sprach zu dem ersten, wenn er heym
keme, so solt er das kindt, das ynn seinem hauB
were, darumb fragen, das wurde yhn berichten, denn
1 Vgl. dazu meine Nachweise lur 61. Novelle Morlinis.
2 In der Ausgabe Ftinfhundert Gtmainer Newtt Teiitacher
Spriichwórler. 1548, wo sic Bl. 39b ff. «Is Nr. 65 ctcht. Ut vifelM <••
Xiidert.
Arlotto, Schwànke II. \Q 241
es were yhm schwerlich zuhelffen, Zu dem andem
sagte er:
,Ynn deinem hause ein esel stadt,
Den frage, vnd folge seinem radt,
Er kan dir sagen sonder list,
Wie dir hierynn zuradten ist.'
Zu dem dritten sprach der meister: ,Wenn du heym
kommest, so wirt dir begegnen ein hase auff einer
wisen, dem werden vii hund nachlauffen; den hasen
frage, so wirt er dich deiner frage berichten,'
Der erste wol zuhauQ kara,
Die fraw sahe yhn vbel an,
Sie sprach: ,Kompstu von PareyB?
Noch bistu graw vnd greyfi.'
Er sprach zum kinde, wie yhm der meister be-
folhen bette,
Das kind sprach: ,Du fragest mich,
Mit warheyt ich bescheyde dich:
Wenn du werest ynn meiner gestalt.
So werestu weder greyfi noch alt;
Dein weib gunnet dir kein gutes nicht,
Dieweil sie bart vnd bar ansicht.'
Der ander kam auch heym, vnd ward von seiner
frawen entpfangen mit haddern vnd mit scbelten,
mit boser wortt widdergelten. Er gehet zum Esci
nach des meisters befelch, vnd fraget yhn vmb radt.
Der esel sagt:
,Wenn du dein fraw schlugst so wol als mich,
Sie wurde demutig, erzurnte nicht dich;
So du aber das nicht bist thon,
So mustu zorn, spott, schaden hon.'
Der dritt sihet den hasen lauffen, schreyet yhn
an: ,Hore haB, bore.' Der hase sagt auff seine
frage also.
Der hase sprach: ,Das ist gut zuuerstan:
Wenn dein fraw flòhe die man,
Als ich die hunde, wenn sie mich iagen,
Sie wurde nymmer kein kindt tragen.' "
242
Eine hfìbsche, allerdings weit abstehende
Variante, die aber auch den Zug der p 1 5 1 z -
lichen Erkenntnis b e i m FluBiiber-
g a n g e hat, bietet eine Erzàhlung in dem Kom-
mentar von Jacopo della Lana zur Divina Commedia,
abgedruckt in dem von F. Zambrini herausgegebenen
Libro di Novelle antiche, tratte da diversi testi del
buon secolo della lingua, Bologna, 1868, S. 137,
nov, 55,
MAB. CXXXIV.
Am nàchsten steht dieser Facetie die 14. No-
velle Sacchettis: Come Alberto, avendo a far con
la matrigna, essendo dal padre trovato, allega con
nuove ragione piacevolmente; hier findet sich auch
das sonst in alien Bearbeitungen fehlende Moment,
daO dem Sohne geraten wird, wie er sich zu seiner
Stiefmutter verhalten solle. Ebenfalls um Stief-
mutter und Sohn handelt es sich in der 143. Facetie
Poggios, sowie bei Domenichi, 1548, Bl. Eab = 1562,
S, 245 = 1581, S, 303 usw. In der 50. der Cent nou-
velles nouvelles wird die Stiefmutter durch die
GroBmutter ersetzt; ebenso erzàhlen natùrlich der
Recueil des plaisantes et facetieuses Nouuelles,
Lyon, 1555, S, 282, n. %: D'vn filz qui voulut
monter sur sa meregrand, et du discord quii en
vint entre le pere et le filz. AuBi de la facetieuse
responce qu'en fist le filz à ses compaignons qui
depuis firent l'accord ^= Les ioyeuses Aventures,
et facetieuses Narrations, (Lyon, 1556, S. 307, n, 96
[statt 95] ) und Malespini, Ducento novelle, Venetia,
1609, II, Bl. 235 b, n. 67: Di vno che voleva caual-
care V Auola, che il Padre lo voleua uccidere, e
come poi si riconciliassero. Andere Parallelen
fùhren Noél, Poggii Fiorentini Facetiarum libellus
unicus, Londini, 1798, II, S. 143». und Dunlop-
Liebrecht, Geschichte der Prosadichtungen, Berlin,
1851, S. 296 an.
Hierher gehort auch ein Gedicht aus dem Pro-
16* 243
gymnaston lihellus von Gerardus Dicaeus (Lucca,
1523), wo die Stiefmutter die Verzeihung ihres
Gatten fùr sich und seinen Sohn auf eine nicht un-
witzige Weise zu erlangen versteht; es folge hier
nach des Jesuitenpaters Angelico Aprosio schon
zitierter Grilla ja. grillo 21, S. 271 ff.:
„Natum iam norat Lesbinus amare nouercam,
quam teneram nuper coeperat ipse senex,
Vtrumque obseruat; tandem deprendit vtrumque:
In lucta Veneris ludere vtrumque videt.
Pertimuit grauiter natus moestusque parentem
AUoquitur: Veniam da mihi, care pater;
Hoc equidem feci inuitusque minisque novercae
Compulsus: mortem saepe minata mihi est.
Ast ego sic noram quondam perijsse pudicum
Hippolytum; sed tu iam mihi parce, precor,
Dixit et obriguit nimio miser ille timore;
Ecce autem interea laeta nouerca venit.
Oscula plura viro figit: Charissime coniux.
Lux, spes, solamen, vita decusque meum,
Non est quod doleas (dixit) mihi, namque puellae
Debita tu senior soluere iura nequis;
Et nimio coitu nolo te occidere: nam si
Tu pereas, non est, quod supereOe velim,
Quare hunc elegi tibi lidum tua viscera natum,
Qui prò te subeat pondus onusque ferat,
Subdidit his dictis quam plurima basia, nec non
Quae permulcerent blandula verba virum,
Tam salsum risit Lesbinus coniugis astum
Et sic respondit: Me nimis, Vxor, amas;
Sed caue, dum retrahis vicina a morte maritum,
Ne natum perdas non bene cauta meum."
CXXXV. MA, — Manni, III, S. 89.
ì
CXXXVI. MAB.
Vgl. Antonius Panormita, De dictis et facti»
Alphonsi regia Aragonum, 1. II, e. 40 = Speculum
boni principia, Amstelodami, 1646, XXII, 18, S. 114t
244
((Johannes Calaguritanus eques regius, ut pri-
mum ab hostibus carcere dimissus est, Regem adiit,
et liberalitate illius nonnihil abusus, innumeras
prope res simul et poposcit et impetravit. A quo ^^,
Rex vix tandem divulsus; Mentior, inquit, ni inter
tam multa et varia, quae petebat, timuerim, ne
uxorem etiam ipsam a me deposceret eques meus."
M. CXXXVII.
M. CXXXVIII.
M. CXXXIX.
M. CXL.
MABC. CXLI.
M, — In den Ausgaben der Klasse A wird in der CXLII.
vornestehenden Lebensbeschreibung auf die am
Schlusse des Buches stehende Grabschrift ver-
wiesen; diese fehlt in der Ausgabe Vinegia, 1538.
In den Ausgaben der Klasse B ist sie in die Lebens-
beschreibung aufgenommen, ebenso natùrlich in den
Facétieuses lournées. Bei C fehlt sie, — Manni,
III, S, 115; // Piovano Arlotto. Ili, S. 80 = F, D.
Guerrazzi, Messere Arlotto Mainardi, S. VII; Straf-
forello, La Sapienza del Mondo. I, S. 116.
Flògel, S. 477; v. d. Hagen, Bride in die
Heimat. II, S. 228.
MABC; abgedruckt im Piovano Arlotto, 1, CXLIII.
S. 383. — Manni, III, S. 89.
Die Angst vor Ansteckung als Mittel,
um sich jemand vom Leibe zu halten, ein Motiv,
das uns auch bei der 81. Facetie begegnet ist,
findet sich schon vor Arlotto in der auf floren-
tinischem Boden spielenden und nach Francia
[op. cit., S. 139) historischen 158. Novelle Sacchettis,
245
deren Argument lautet: Soldo di M esser Ubertino
degli Strozzi, essendo Capitano di Santo Miniato,
usa certe astuzie con la malizia de' sanminiatesi;
e in fine, sanza tenere la metà de' fanti, vinse le
sette loro, ed ebbe onore. Noch vor dem Tode
Arlottos ist weiter die Abfassung der Porretane
von Giovanni Sabadino degli Arienti (1. Ausg.
1483) erfolgt, deren 42, Novelle, wie das Argu-
ment ausfùhrt, folgenden Inhalt hat: Maestro
Nicolao da Massa, medico detto Portantino, compra
uno porco Uguale gli e furato da certi scolari. Il
medico sene lamenta, il podestà manda la famiglia
a casa deli scolari a cercarlo, ilquale trouano ha
letto, et dettoli eBere uno amalato di peste, la
famiglia fugge, et il porco a danno del medico dati
scolari e goduto (Ausg. Venetia, 1531, Bl, 121 b);
hier ist es das gestohlene Schwein, das die Rolle
des Pestkranken darstellt, um die Hascher zu ver-
treiben. Vgl. weiter einen Schwank von D'Ouville:
D'un clerc trouvé dans les rues à minuit avec une
fille in der Elite des contes, I, S, 172 = Les Ré-
créations frangoises, I, S. 194.
CXLIV, M.; abgedruckt im Piovano Arlotto, I, S. 509.
CXLV. MA.
CXLVI. MA.
CXLVII, MA.
CXLVIII, MABC.
Le Patron, Nr. 41.
CXLIX. MABC.
Vgl, zu dieser Facetie meine Nachweisungen
zur 2. Novelle Morlinis, zìt, Ausg. S, 265,
246
MABC. CL.
Die Geschichte, die der Pfarrer Arlotto dem
Essenzenhàndler erzàhlt, um ihn zu einem Preis-
nachlasse zu bestimmen, scheint auf der 89. Facetie
Poggios; De Medico oder auf deren Quelle zu be- -— "^
ruhen; nach Poggio erzàhlt Guicciardini, S. 153:
L'huomo maneggiando la donna, suegliar facil-
mente la concupiscenza und wohl auch die Arcadia
in Brenta, S, 115; Noèl zitiert noch {Poggii Fioren-
tini Facetiarum libellus unicus, II, S. 95) Roger
Bontemps, S. 416: Bon trait d'un Chyrurgien à une
Damoyselle und ein Gedicht von Bernard de La
Monnoye Chou pour chou. Die Nutzanwendung des
Pfarrers Arlotto findet sich in keiner von diesen
Versionen,
MABC. — Manni, III, S. 111. CLI.
Le Patron, Nr. 42.
Die Facetie steht sicherlich in einer Beziehung
zu der 147. Novelle Sacchettis: Volendo frodare un
ricco di danari la gabella, s'empie le brache d'uova;
essendo detto a' gabellieri, quando passa il fanno
sedere, e tutte l'uova rompe, impiastrandosi tutto
di sotto; e pagando il frode, rimane vituperato.
MA. CLII.
MABC. CLIII.
Auch die Grundzùge dieser Facetie sind schon
in einer Novelle Sacchettis gegeben, und zwar in
der 98.: Benci Saccfietti trae ad una brigata un
ventre della pentola, e mandaselo a casa per il
fante, e in iscambio di quello mette nella pentola
una cappellina; hier wie dort wollen die geizigen
Veranstalter ihr Mahl mit niemand teilen und hier
wie dort wird es ihnen verekelt.
Einen àhnlichen Streich spielt Gonnella der
Herzogin von Ferrara und ihren Damen, indem er
er ihnen in den Kessel, wo sie angeblich Wàsche,
247
in Wirkiichkeit aber Makkaroni sieden, seine
Unterhosen wirft (Le Buffounerie del Gonnella,
st. 27—31 bei Gabotto, S. XIV ff.; Facezie, Motti,
Buffonerie. 1565, S, 119),
Mit der an Gonnellas Namen gekniipften Fas-
sung hat viele Àhnlichkeit das 248, Stuck von
Paulis Scfiimpf und Ernst (hg. v, òsterley S. 164):
Ein schmarotzender Priester, der stets mit den
andern aB, aber mit sich niemand essen lieB, siedet
„Kòchinbletzer und Kuttelwiirst"; einem andern
Priester aber gibt er auf die Frage, was in dem
Kessel sei, zur Antwort, seine „Kellerin" wasche
ihre „Fùrdùcher und Hemder", worauf der andere
sein „Femoral" hineinwirft, Wenn Paulis Version,
wie trotz dem grotesken Stoffe wohi vorauszusetzen
ist, auf ein Predigtmàrlein zurùckgeht, so konnte
dieses sowohl fùr die Facetie Arlottos, als auch
fiir die Gonnellas als Quelle in Betracht kommen,
Ahnliche unsaubere Geschichten stellt Bolte zu
den Nrn. 22 und 91 von Freys Gartengesellschaft,
S. 224 und 251 ff. zusammen.
CLIV. MARC.
Les Facétieuses lournées, i. V, n. 6, Bl, 149«:
Arlotto voyant vn fascfieux vieillard en la com-
paignie de certains ieunes Gentils hommes, aus-
quels il contredisoit à tous propos, trouue bien le
moyen de le faire taire par vn conte quii fait à
la compaignie du mesme vieillard, qui auoit trouue
sa lemme auec vn amant. — Le Patron, Nr, 43.
CLV. MABC.
DaO der Kirchhof das beste Grund-
sttick der Geistlichkeit ist, drùckt sich
auch in dem italiànischen Sprichworte aus: Ed or
ben piove nelV orto del prete.
Eine ahnliche Schnurre findet sich bei Melchor
de Santa Cruz, Fioretta espafiola, I, 5, 10, zit.
Ausg. S. 11 ff., deren deutsche Obertragung im
248
Exilium melancholiae, E, 96, S. 127 ff. folgender-
maOen lautet:
„Ein Priester reisete zu seinem Vicario, den
zweyjahrigen AuOstand dessen, so er, der Priester,
jàhrlich von dem Vicario erheben solte, selbsten zu-
fordern, dieweil er darumb zu vielmahlen schrifft-
lich, doch ohne Frucht sollicitirt bàtte, Der Vica-
rius gab keine andere Antwort, sondern nam den
Priester bey der Hand vnd fùhrete ihn auff einen
grossen Gottsacker, hart bey der Kirchen, welcher
gantz grùn, auch mit GraO, so einem fast biB an
die Knye gienge, vberwachsen war, vnd sprach:
.Lieber, was fùr Rent oder Zinfl kan einer von
solchem Gut reichen, welches in drey oder mehr
Jahren nicht erbawet worden,' "
Ahnlich erzàhlt auch Garibay (A, Paz y Melia,
Sales espaholas, II, S. 55).
MABC. CLVI.
MABC. CLVII.
MABC. — Manni, III, S, 97. CLVIII.
M. CLIX.
MA. CLX.
MAB. CUCI.
MABC. — Manni, III, S. 83 ff. CLXIL
Les Facétieuses lournées, i. II, n. 10, Bl. 68 a:
Le Cure Arlotto est enuoyé Ambassadeur vers le
Roy René, de la part des Galleres Florentines, poxtr
ohtenir passe pori et Saufconduit: leqael il ohtient,
en reprenant la folle du Roy, qui tiroit d'vne cer-
bacane.
249
CLXIII.
CLXIV.
CLXV.
CLXVI.
CLXVIL
MARC. — Manni, III, S. 93. Vgl, auch // Pio-
vano Arlotto, III, S, 84 = Guerrazzi, Messere Ar-
lotto Mainardi, S. XII £f.
M.
Guicciardini, S, 122: Ytile forma
MARI.
d'orare.
Jo. de Nevizanis, Sylva nuptìalis, zit. Ausg,
RI. 132b: „ , . . et plebanus Arlotus in penultimo
quinterno faceciarum, postquam dixit: ,A furore
rusticorum, conscientia sacerdotum, disputatione
medicorum, cetera notariorum libera me, domine',
subijcit: ,Et ab audiente duas missas omni mane et
a iurante per conscientiam meam . . .' "
Teilweise eine Parallele zu Arlottos Gebet bietet
Rarleta, Sermones, zit. Ausg. RI, 44 b; „Dicitur quod
tria destruunt mundum: Recipe medicorum, Cetera
notariorum, Dico vobis religiosorum,"
M.
MARC; abgedruckt im Piovano Arlotto, I, S. 254.
In den Drucken der Gattung R und C hat die
Schnurre noch eine Fortsetzung, deren Obertragung
folgendermaBen lautet:
„Es waren aber damals eine Menge Rebhùhner
und viel Wurst aufgetragen worden. Der Pfarrer
kostete die Wurst und begann sie ùber die MaQen
zu loben, indem er sagte, er habe noch nie eine
bessere gegessen; darum machten sich alle ùber die
Wurst her, wàhrend der Pfarrer die feistesten und
gròOten Rebhùhner aO, die auf dem Tische waren.
Als dann die Wurst zu Ende war, wollten sie zu
den Rebhùhnern ùbergehn, fanden aber, daB der
Pfarrer die besten gegessen batte; und so sagten sie:
* VgL dra Schiufl dtr 35. Faceti*.
250
,Da habt Ihr uns die Wurst so hochlich gelobt, und
dabei habt Ihr mit allem FleiBe die Rebhùhner ge-
gessen.*
Der Pfarrer antwortete: .Freilich habe ich ge-
sagt, daQ die Wurst gut ist, aber die Rebhùhner sind
besser; ich habe eben dasselbe getan wie ihr: das
Wasser habt ihr gepriesen und den lautern Wein
habt ihr getrunken.' "
Ein deutscher Auszug aus diesem Schwanke
steht bei Flògel, S. 478 == Nick, I, S. 555,
Eine àhnliche Geschichte, deren Held Rabelais
ist, erzàhlt Paul Lacroix in den Curiosités de l'hi-
stoire de France, S, 144 ff, Lacroix wird dann, wie
auch sonst, von Canel, Recherches historiques sur
les fous des rois de France. S. 137 ausgeschrieben;
eine andere Fassung druckt Ristelhuber aus den
Castronomiana, Paris, 1857 ab. Die Quelle wird
nirgends angegeben, Ich linde die Geschichte im
Passe-tems agreable. Rotterdam, 1709, S. 280 und,
mit einem hùbschen Anhang versehn, in Est, Ta-
bourots Bigarrures et touches du Seigneur des
Accords, Paris, s, a, (1662), S, 125:
„Rabelais, Medecin domestique d'vn Cardinal,
voyant que l'on auoit seruy au disné de son Maistre
d'vne Lamproye rostie, frappa (suiuant son ordi-
naire) d'vne baguette sur le bord du plat, en disant*
Durae digestionis. Ce qu'ayant veu et ouy le Car-
dinal, qui aymoit sa sante, fit couler le plat et la
lamproye sans y toucher, iusques au bas de la table,
où Rabelais se mettoit apres que chacun estoit assis:
lequel sans crainte que la Lamproye fut de dure
digestion, en fit si bonne chere qu'il la mangea
toute: A quoy le Cardinal ayant pris garde, luy dit:
Comment, Rabelais, vous m'auez dit que cette Lam-
proye estoit durae digestionis, et toutesfois vous
l'auez toute mangée? Pardonnez-moy, Monseigneur,
dit Rabelais, le vous ay seulement monstre, frappant
sur ce plat d'argent qu'il estoit durae digestionis:
Mais ie n'ay pas entendu parler de la Lamproye,
251
qui estoit tres-bonne. Vous pouuez respondre seul
de sa bonté, dit le Cardinal, aussi bien que le Cure
de Bourg faisoit en la recommandance pour prier
pour deffunct lean Petit, qui auoit fourny vingt-ans
durant de vin aux Messes de Parroisse; et qui
asseuroit qu'il auoit toujours baillé du meilleur de
sa caue. Car personne n'eust S9eu acertener de la
bonté du vin que ce Cure, luy seul disant la grand'
Messe, Et autre que vous aussi, Rabelais, ne peut
parler de la bonté de la Lamproye que vous seul
auez mangée,"
CLXVIII, MABC; abgedruckt im Piovano Arlotto, I, S. 319.
Le Patron. Nr. 40. — Deutsch bei Flogel, S, 485
= Nick, I, S, 566,
Die Quelle dieser Schnurre ist Plutarch, Quae-
stiones convivales, II, 1, 12:
Tòu yovy dnO.ivd^tQov zov fiaaiXiiac, viónXovxov
ovia, qjoqtiXMi óè xai ao^aqwi inmnXn^ovTa tóìs aw-
dttnpoiai quXoaófpoig, xai tìXos ègiaTiàyia, nóis Ix re
TÒiy ktvxàìf xai iciy /uelaytoy xvàuwy ófÀotuis ^ku)(jòy
yivtxai tò tryoc, nyztgtoitjaac 6 'ÀQiàixtj;, niàs ix iwv
Xtvxùiy xai jutXdytav l/udyiwy (potvixoì yiyoviai fi(óX(D7ies,
inolnaiv ayaar^yai mgiXvTioy yivófitvoy.
Petrarca erzàhlt im Rerum memorandarum 1, II,
e. 4 [Opera. S. 427) :
„Libertus Regius repentinis opibus inflatus, Philo-
sophos aliquos ad coenam inuitauerat, qui cum de
rebus uarijs ex more dissererent, et quaestiones
eorum non intelligenti, perridiculae uiderentur, allu-
dens libertus, Imo agite (inquit) o conuiuae, dicite
mihi quid causae est, quod ex albis, nigrisque fabis,
non nisi unius coloris efficitur pulmentum? Tangit
et modestos animos indignitas, igitur arridens unus
ex Philosophis, non passus has ineptias: Quin tu
nobis edissere, cur de albis, et de nigris flagris,
uniformes maculae resultant: satis mordaciter, prae-
teritae seruitutis elatum, praesentibus admonuit,"
Vgl. temer Guicciardini, S. 20: L'insolenza de
252
gl'ignoranti ribattersi dalla prudenza de' saui, da-
nach Federmann, Erquickstunden, S. 40 und Der
ergòtzende Schimpf und Ernst, 16%, S. 4, Nr. 6;
G. C. dalla Croce, Astuzie sottilissime di Bertoldo,
Bassano, s, a. Bl. 25 ^, dazu O. Guerrini, La vita
e le opere di Giulio Cesare Croce. Bologna, 1879,
S, 234 und Kòhler, Kleinere Schriften, III, S. 12.
MA.
Vgl. die 8. Novelle des III. Teils von Bandellos
Novelle: Don Bartolomeo da Bianoro rimanda in-
dietro un ducato doppio avuto d'elemosina; e non
lo riavendo, si fa dar delle staffilate; auch der
Widmungsbrief dieser Novelle erzàhlt eine ahnliche
Geschichte, «»
CLXIX.
MABC. CLXX.
Auch hier konnte ein Exempel zu Grunde liegen;
so schreibt Bromyard, B, 2, 33: „Secundo debet
esse sollicitudo ad modum canum nobilium. Quando
enim venator insonat cornu ad venationem, canes
curiales et nobiles cum maxima promptitudine sur-
gunt et letantes currunt, ad venationem se dispo-
nentes et ad laborem; sed canis ruralis iacet super
sterquilinium, piger et tepidus, vix leuat caput et
OS parum aperit, et iterum caput deponit, quia ad
laborem nihil afficitur, sed ad requiem. Sed post-
quam curiales cum magno labore predam acceperint
et redierint et cibus fuerit eis paratus, tunc canis
ille ruralis et piger erit de primis, qui os ad cibum
ponet; sed venator cum virga eum fugat: iuste qui-
dem, quia qui non laborat, non manducet."
MABC. CLXXL
Nach einer mir unbekannten, sicherlich fran-
* Dieselbe Frage, die dort an Bertoldo i^erìchtet wird, n&mlich
^Perchè causa fa la^aUina nera l'ovo bianco" beemtwortet Dante in
Sercambis Novelle De iusta respwuiont [Navette, Bologna, 1871, S. 72)
auf eine andere Weise.
253
zosischen Bearbeitung, die das schlecht gelungene
Bestreben des Verfassers zeigt, den ihm wohl un-
verstàndlich gewesenen Streit um den Kuckucksruf
zu begriinden, erzàhlt das Exilìum melancholiae,
Z, 6, S, 551 ff,:
„Zween Biirger, in dem sie mit einander, Lusts
halben, auB dem Thor gegangen, horen sie ohn-
gefehr den Guckguck singen. Da sihet einer den
andern an, vnd lachen, welchem vnter den beeden
der Vogel singe, oder welchem von den beyden er
einen ùbeln Ehestand verkùndigte; fangen deB-
halben an sich mit einander zu schànden vnd
schmàhen, gehen auch fùr den Richter, vnd verklagt
einer den andern. Es wird der ProceB angestellet,
in welchem, als sie beyde etwas Gelt angewendet
hatten, wird ihnen endlich dieser Bescheid gegeben:
Es habe der Guckuck keinem andern, sondern
ihme selbst gesungen, vnd hat sie also von sich ge-
lassen."
Nichts als eine Ùbersetzung dieser Fassung ist
Democritus ridens, S, 217: Aliena saepe aliis pro-
dest stultitia.
Von einem Lahmen und einem Blinden, die sich
unv eine gefundene Auster streiten, erzàhlt der
Jesuit H, Engelgrave in der Lux evangelica sub
velum sacrorum emblematum recondita, Coloniae,
1655 — 1659; wenigstens nennt ihn Aprosio, der diese
Form der Fabel im 34, Grillo der Grillaia, S. 401
erzàhlt, als seinen Gewàhrsmann. Der ist er wohl
auch fùr Casalicchio, L'utile col dolce, e. II,
d, V, a, 2, S, 264 gewesen. Àhnlich lautet die Fabel
im Rachgierigen Lucidar (1658) von B. Schupp
[Schrifìten, S. 303 ff.):
„Man sagt, daB einsmals ein Lahmer und ein
Blinder haben einen Bund miteinander gemacht,
daB der Blinde den Lahmen tragen solle, und was
sie unterwegs finden, das wollen sie zugleich theilen.
Einsmals seyen sie miteinander auff einen Jahr-
marckt gezogen, da habe der Lame ein Oster auff
254
dem Weg sehen liegen, hab demnach dem Blinden
geruffen: ,Stehe stili, da ligt etwas.' Der Blinde
hab so lang gesucht, biO er die Oster funden, und
hab sie wollen auffbeissen, er hab aber nicht gekont,
er hab sein Messer herauQ gezogen, und sie wollen
entzwey schneiden, er hab aber auch nicht gekont.
Der Lahme hab gesagt: ,Du spiirst ja, da6 du mit
dem Ding nit zu recht kommen kònnest, gib mir es.'
Der Blinde aber hab gesagt: ,Nein, das were wider
unsern Contract. Du weist, da6 wir also einig
worden seyn, daB alles, was wir finden, wollen wir
gleich theiien, daO einer so viel bekomme als der
ander.' Nach vielem Zanck seyn sie kommen zu
einem Advocaten, und haben ihn gebeten, daB er
ihn das Ding gleich theiien woUe. Der Advocat
hab gesagt: ,Ihr liebe Leut, das Ding nennet man
allhie eine Oster. Bringt mir ein wenig Saltz und
Pfeffer, so wil ich euch bald eine gleiche Abthei-
lung gemacht haben.' Damit hab er die Ostem
auffgemacht und gesagt: ,Sehet, da ligt ein Wurm,
den ihr doch nicht achten werdet, den behalt ich
fiir mich, fùr meine Miihe und Arbeit. Dann ein
Arbeiter ist seines Lohns wert. Darnach sind hier
zwo Schalen, deren eine ist so groB als die ander.
Davon gebe ich eine dem Blinden, die andere dem
Lahmen. Also ist es gleich getheilet, und bekomt
keiner mehr als der ander.' Waren diese beyde nit
grosse Narren, daB sie die Oster nit selbst fressen,
und sich ohne den Advocaten vertragen wolten?
Sed mundus vult decipi."
Mit Hinweglassung des Motives vom Lah-
men und Blinden 1, aber sonst konform mit
den drei Jesuiten behandelt den Stoff von dem
sich freuenden Dritten die zuerst 1671 ge-
druckte Fabel Lafontaines L'Huitre et les Plaideurs
(Robert, II, S. 217 ff.; Oeuvres, ed. Regnier, II,
* Darubervgl.meinAfó'ncAs/atein, S. 141; zuderdort angefuhrten
talmudischen Parabel ist noch auf Bromyard, C, II, 9, Mel&nder, Joco-
seria, I, Nr. 222 und Wùnsche, Wajikra rabba, S. 27 ff. zu verweisen.
255
401 ff.) ; auf Lafontaines Version beruht die Lorenzo
Pignottis, // Giudice, e i Pescatori in den Favole
e Novelle (1. Ausg. 1782), Londra, 1784, S, 192 ff,
Der Zug, daB der Schiedsrichter den
oder die strittigen Gegenstànde an
sich nimmt — meist handelt es sich um einen
Fund oder ein Erbe — findet sich in der Tradition
auQerordentlich hàufig; vgl. dazu Liebrecht, Zar
Volkskunde, Heilbronn, 1879, S. 117 ff. und die
bei Chauvin, VII, S, 38 ff, angegebene Literatur,
CLXXII. M.
CLXXIIL MA; abgedruckt im Piovano Arlotto, I, S, 254.
Diogenes Laertius, Vitae philosophorum, I, 2
(Solon), 51 : 4>aai 6é rtvt; òr* xoa/uijanc tavihv ò KqoIcos
nayiaàanóis xaì xa^iaag tìg lòv d-QOPOV >]qito atSiòy
iX TI S-én/ua xtiXXtoy xt&éatai • é ài dktxiQvóyag, ttne,
xaì cpaaiavovi xai laais' tpvaixi^ yèq àvd^H xfxóa/utiyiai
xaì /uvQÌ(p xakXioyt.
CLXXIV. MA; bei B, aber nicht in den Facétieuses lour-
nées in die Biographie einbezogen; // Piovano Ar-
lotto, I, S. 254,
Valerius Maximus, Factorum et dictorum memo-
rabilium 1, VII, e. 2, ext. 2: „Idem (Solo) cum ex
amicis quendam grauiter maerentem uideret, in
arcem perduxit hortatusque est ut per omnes
subiectorum aedificiorum partes oculos circum-
ferret. Quod ut factum animaduertit, .Cogita nunc
tecum,' inquit, ,quam multi luctus sub bis tectis et
olim fuerint hodieque uersentur et insequentibus
saeculis sint habitaturi, ac mitte mortalium in-
commoda tamquam propria deflere,' Qua consola-
tione demonstrauit urbes esse humanarum cladium
consaepta miseranda. Idem aiebat si in unum
locum cuncti mala sua contulissent, futurum ut
propria deportare domum quam ex communi mise-
rtarum aceruo portionem suam ferre mallent. Quo
256
colligebat non oportere nos quae fortuito patiamur
praecipuae et intolerabilis amaritudinis iudicare."
Vgl. weiter Petrarca, Rerum memorandarum
l III, e. 3 [Opera, S. 446).
MABC. CLXXV.
Diogenes Laertius, I, 8 (Anacharsis), 104:
^OpnSiCóf4(vos ino 'Attixov ott JSxv&tie iariy, t(fti, àXX'
èfioi) /Liiy òviidos f naigie, ai) éè tr^s natqióoi.
MABC. CLXXVI.
Deutsch bei FlSgel, S. 478 = Nick, I, S. 554.
? Diogenes Laertius, VI, 2 (Diogenes), 65:
'lótòy tvTi^tni} yéayiaxoy dnqinùs XaXovyittf ovx ala^^vrg,
f<P>l> ^S iXtcpavtlyov xoXiov /uokvfiJiyìjy {Xxtay /ua^aiQay;
MAH. CLXXVII.
Vgl. dazu eine Anzahl Exempel, z. E. von Odo
von Ceritona (Hcrvieux, IV, S. 205, 203 und 327),
von Johann von Sheppey (ebendort, S, 439) und im
Dialogus creaturarum, d. 76 (hg. v. Grasse, S. 220),
und die Nachweisungen Osterleys zu Kirchhofs
W endunmuth, V, Nr. 38, wozu vielleicht noch Do-
menichi, 1548, Bl. Eyb („A1 tempo che gl'animali
fauellano . . .") zu nennen wàre.
Weiter erzàhlt Barleta, Sermones, Bl. 130»:
„Facetia de porco. Semel omnia animalia conui-
uium fecerunt, sed deficiebat porcus; miserunt
ouem ambassiatricem ad eum vocandum, vt et ipse
veniret. Respondit: ,£stne de luto ibi?' Dixit oui»
quod non. Vnde noluit ire. Sic infamator est
porcus."
M. CLXXVIII.
M. CLXXIX.
Diogenes Laertius, VII, 1 (Zeno), 21: Kaì ngof-
(pégno xà lov Kacpioiov, of intfiaXojufyov xiyòf riày
/ua^ririoy /ueytiXa (pvaày, naia^ag einty tS: ovx tv
T(p fitydXtf rò «v xii/uivoy étt/, àXX' èv t^ (v tò fiiya.
Arlotto, Schwànke li. 17 257
CLXXX. M.
Diogenes Laertius, VII, 1 (Zeno), 22: déty »'
Af^c roùf yiovi naaì] xoaftiórtjTi j^Qtja&at kv noqBitf
xal a^ij/uaii xal ntQi^oX^.
CLXXXI. MA; in B in die Biographie Arlottos ein-
bezogen (nicht in den Facétieuses lournées).
Diogenes Laertius, II, 5 (Socrates), 21 : HoXXaxis
óè ptaióxiQov èv xaìg itjzì^aeai ótaXtyó/ueyoy xoyév-
Xl^ta&at xat naQariXXsa&ai, rò TiXéov re ytXàaiì-at
xaTatpQOvov/nivov xal Tiàyra ravia <piqHv dyt^txdxtaff.
o&fy xal XaXTiad-éyxa, èntidìj i^yto^ito, rtj'òf ^av/uaaay-
rof, tlntìy, ti Sé /ut oyos iXaxiiae, éixrjy ày avi^
èXay^ayoy ;
CLXXXII. M,
CLXXXIII. Diogenes Laertius, II, 5 ^Socra/cs^, 36 ff,: JI^òs
CLXXXI V. xòy tlnóyxa, ov col XotéoQtlxai è ótiya; o^xit f<f1'
i/uol yàg od nQÓatat, xavra. 'lEXeyt àè xots xo/Uf
xols itiy inlxrjdn iavròy óiSóvaf ti juty yag xi rdH»
TiQoaóyxwy Xf^uay, óiog&tóaoyxai ' il à^ ov, ovófy ngòff
ijiuài. JIqòs Eay&inntjy ngóxtQoy fxiv Xoióoqovaay, vaxigoy
de xal ntgixéaaav avt<^, ovx iXiyoy, eìnty, oii Say^^innfi
figovxwaa xal vdojg not^ati; Jlgò; 'AXxt^iddijy tlnóyxa tue
ovx ayixiri ij Say&tnnti Xoidogovoa, aXX' €y<ay\ tq)ij,
avvilirla /uai, xaiantgtl xal xgojriXlas àxovoìv ovyt^tt.
xal ai) /uty, tlnt, -(rjytSy fiouiyttay àyi/t], xov ài ilnóyxos,
àXXa fjioi tpà xal ytoxxovs xixxovai, xàfÀol, g^jai, Saf-
&innti Tiaiàia ytyyf.
Zur Fac. 183 findet man Nachweisungen in
òsterleys Ausgabe von Paulis Schimpf und Ernst,
S. 527 zu Nr. 471; als Ergànzung seien angefùhrt
Die sogenannte Wolfenbiittler Priamelhandschrift,
hg, V, K. Euling (= Deutsche Texte des Mittel-
alters, hg. v. d. Kgl. prcuQ. Ak. d. Wiss., XIV),
Berlin, 1908, S. 37 IL; Gastius, I, S, 273 = Dome-
nichi, 1548, Bi. Ho» r= Facecies, et motz subtilz,
1559, Bl, 22a, 1597, S. 71; J. Weidner, Teutscha
Poetische HauO Apotheck, Nurnberg, 1621. Bl. BA
258
Nr, 36; Democrìtus ridens, S. 29; C. A. M, v, W.,
NeuauBgebutzter, Kurtzweiliger Zeitvertreiber,S.4ìi
und 438 ff.
Zu Fac. 184 vgl. noch Diogenes Laertius, III
(Plato), 38 ff.; Plutarch, De educatione puerorum,
14; Valerius Maximus, IV, 1, ext, 2.
M.
MABC, — Guicciardini, S, 121: Chi non rende,
indarno chiede di nuouo in presto.
Nach Guicciardini ùbersetzt Federmann in den
Erquickstunden, S. 172:
„Welcher das alt nicht bezalt, der begert
vergebens vmb ein newes lehen.
Obgemelter Pfarrherr (Arlotus) antwortet einem
andern, der jhne vmb drey scheffel korn angelangt
bette: ,Ich bin wol zu frieden, gehe hin auff den
getreid boden, vnd nim es.' Welches geschehen,
vnnd als derselb wenig noch vii alida nicht ge-
funden, sagt er es dem Pfarrherr, wie daO nichts
daselbst vorhanden were, Antwort der Pfarrherr
wider vnd sagt: ,So wirstu das korn, so ich dir jetz
ein jar gelihen, nicht wider gebracht haben; darumb
so gib dir selbs die schuld, dann wann du es wider
gebracht hettest, so wurdest du es jetz wider ge-
funden haben.' Also blib derselb mit einer langen
nasen, vnnd zu der zeit der Erndt bracht er dem
Pfarrherr das alt gelihen korn wider."
Wohl ebenfalls auf Guicciardini geht folgende
Bearbeitung des Democrìtus ridens, S. 99 zuriick:
„Datum reddendum.
Ab Arlotto Fiorentino amicus frumenti aliquot
modios mutuo acceperat, reddere postea oblitus.
Quum vero annonae incidisset caritas, eundem adit
et rursus modios aliquot poscit. Arlottus homini
commonstrat granarium et petere inde jubet. Ille
nullo frumento reperto redit, frustra se ibi fuisse
17* 259
CLXXXV.
CLXXXVI.
indicans. Tum Arlottus: Nihilne reperisti? Credi-
derim ergo id quod ante annum tibi concreditum
fuit, non a te reportatum, Quod ergo gratificari
tibi non possum, tibi ipsi imputabis. Bonus condus
bonum pronum facit."
Unbekannt ist mir die Vorlage des Exiliums
melancholiae, L, 24, S, 289 geblieben; dort lautet der
Schwank:
„Ein Bawer wolte bey Piovano Arlotto einen
Sack voli Weitzen lehnen, welchem Arlotto gut-
willig geantwortet: ,Nimb deinen Sack vnd gehe
hinauff in den Saal, da du vor einem Jahr eben-
màssig so viel gefasset,' Der Bawr thàt dem Ar-
lotto folgen, kam aber wider herab vnd sagte, das
er droben allenthalben nachgesucht, doch weder
Korn noch Sprewer finden kònnen. Darauff Arlotto
geantwortet: ,Ist der jenige Weitzen, so ich dir
femd geliehen, nicht zugegen?' Der Bawer thàt
solches auch verneinen, DeGwegen sprach Ar-
lotto: ,So du mir solchen wider erstattet hàttest,
kondte ich diOmal mit selbigem dir wider helffen.'
DeOhalben der Bawer, wegen seines Vndancks,
schamroth vnd zumai leer fortziehen mùssen."
Ein kurzer deutscher Auszug steht bei Flogel,
S. 478 (= Nick, I, S, 554),
Ohne Bezug auf Arlotto wird die Geschichte
von J, P. de Memel, Lustige Gesellschaft, 1701,
S. 203, Nr, 468 und von C, A. M, v. W-, Zeitver-
treiber, S. 213 erzàhlt.
CLXXXVII.
M.
CLXXXVIII. MABC, — Manni, III, S, IH.
Von dieser Facetie muQ es noch eine andere
Fassung gegeben haben; dies geht aus einer Note
Biscionis zur 18. Stanze des 9. Cantare im Mal-
montile racquistato hervor: zu den Versen „Neirolio
un'altra intigne la granata, E fa l'asperges sopra i
morioni" bemerkt der Kommentator (zit. Ausg,, II,
260
S. 662) ; „Quì però il nostro Autore pare, che voglia
alludere a quella facezia, la quale si dice essere
stata fatta dal Piovano Arlotto, che una volta fece
l'asperges coll'olio sopra al suo popolo, con dire
nello stesso tempo sotto voce: Domani ce n'avved-
remo." Ferner findet sich bei Strafforello, I, S. 116
ein Sprichwort „La benedizione del piovano Arlotto:
Doman ve n'avvedrete", und die Erklàrung dazu
lautet: „Perchè una volta benedisse coH'aspersorio
intinto nell'olio."
MAB. — Manni, III, S. 94 ff.
MAB.
Melchor de Santa Cruz, Floresta espaiiola, IX,
4, 1, zit. Ausg. Bl. 169 b;
„Encendiose vn baril de poluora en vn nao que
estaua cerca del puerto de Cartagena, y por estar
rezien breada de pez, encendiose de tal manera que
no se pudo remediar. Desnudandose vno salto en
la mar, diziendo: Quien quisieren ser cocho, eche
se al agua."
MABC.
Die Verbreitung der Fabel von dem V 5 g I e i n
mit den drei Lehren ist auBerordentlich of t
untersucht wordenj man vgl. die Nachweise von
Benfey im Pantschatantra. I, S. 380 ff., òsterley zu
Wendunmuth, IV, 34 und zu Gesta Romanorum, 167,
Kòhler in den Kleinern Schriften. I, S, 575 und 580,
Gaston Paris im Lai de l'Oiselet, Paris, 1883, ab-
gedruckt in seinen Légendes du Moyen Age, 2e ed,,
Paris, 1904, S. 223 ff., Th, F. Grane zu den Exempla
von J. de Vitry, S. 144 ff., L. A. Stiefel in den Hans
Sachs-Forschungen, S. 191, Waas in den Quellen
der Beispiele Boners, S. 62 ff., Goetze-Drescher in
den Sàmtlichen Fabeln und Schwànken von Hans
Sachs, III, S. 101, Schroeder in der Zeitschrifi fUr
deutsches Alterthum, XLIV, S. 424 und Chauvin in
261
CLXXXIX.
CXC.
CXCI.
der Bibliographie des ouvrages arabes, III, S, 103,
VI, S, 110 ff. und IX, S. 30.
CXCII, MA; in B und den Facétieuses lournées in die
Biographie Arlottos eingeflochten. — Manni, III,
S. 114.
CXCIII. MAB,
CXCIV, MA.
CXCV. M.
Ursprùnglich wird diese Anekdote von Demo-
sthenes und Lais erzàhlt (Aulus Gellius, Noctes
atticae, I, 8); ebenso steht sie bei Timoneda, El
sobremesa, p, I, e, 11, zit, Ausg. S. 170 und bei
T, Costo, // Fuggilozio (1. Ausg, 1596), Venetia,
1604, S. 473, Castiglione ùbertràgt sie in seinem
Cortegiano, 1. III, e. 46 auf Perikles (meine Aus-
gabe, II, S. 58 und 205 ff,), der Plaisant Boute-hors
d'oysiveté (1, Ausg, 1553) auf Aristipp (Montaiglon,
Recueil de poésies frangoises des XVe et XVh siècles,
Paris, 1855 ff., VII, S, 166) etc, etc.
CXCVI. M.
CXCVII, MA; in B und in den Facétieuses lournées in
die Biographie aufgenommen,
Melchor de Santa Cruz, Floresta espanola, VI,
1, 4, Bl, 102b:
„Passeandose vn gentilhombre, por la puerta de
vna dama a quien seruia, escupio ella a caso, y cayo
sobre su capa. Desculpandose la dama le dixo,
Se&ora, vn pescador se moya todo por tornar vn
pecezico, pues quien espera tornar tal trucha, no
es mucho que se moje vn poco."
CXCVIII. M,
Vgl, die Nachweisungen von Robert in den
Fables inédites, I, S, 201 ff„ Kurz zu Waldis, I, 38,
262
Osterley zu Pauli, 447 und Kirchhof, VII, 39 und
Th, F, Grane zu den Exempla von J, de Vitry,
S, 152. Dazu kommen noch Bromyard, 0, 6, 71;
Barleta, Sermones de sanctis, Brixie, 1521, Bl. 123«;
Guicciardini, S, 77 fi, = Federmann, S, 113; Mathe-
sius, Luthers Leben in Predigten, Neudruck, Prag,
1906, S. 143.
MABC. CXCIX.
Aus mir unbekannter Quelle erzàhlt das Exilium
melancholiae. H, 16, S. 221 ff.:
„Einer kam zum Provano (sic!) Arlotto, so ohn-
fehr von Florentz ein MeBpriester war, vnd
sprach: ,Ich will euch ein grosse Heimlichkeit, doch
mit dem beding, daO ihr selbige einigem Menschen
nicht zu entdecken versprecht, offenbaren.' Worùber
Arlotio (sici) geantwortet: ,Wie wilt du von mir
erfordern, daO ich solche nicht auQzusagen dir ge-
lobe, so du dich selber, mir diese zu vermeldeii«
nicht kanst enthalten?' "
Merkwùrdigerweise ist die Schnurre auch auf
den Mann ùbertragen worden, der einigen Facetien
Arlottos seinen Pinsel geliehen hat, nàmlich auf
Volterrano; Baldinucci erzàhlt sie in seiner Bio-
graphie Volterranos (Delle notizie de' professori del
disegno da Cimabue in qua, Firenze, 1767 ff., XVII,
S. 141).
Eine andare Parallele steht in Schupps Salomo
oder Regenten-Spiegel (1657), Gap. 3, Schuppii
Schrifften. S. 22.
Vgl. auch die zweite Schnurre in Nr. 123 des
III. Buches von Bebels Schwànken mit meiner Note,
wo noch auf Pauli, Nr. 3%, Gerlach, Eutrapeliae,
III, Nr. 580 und folgende Stelle bei Ghr. Lehmann,
Florilegium politicum, o. 0., 1630, S. 711, Nr. 16 zu
verweisen gewesen wàre:
„Ein artiger BossenreiQer, doch Arm vnnd ver-
tunisch, hat vom Rhat ein Kleyd bekommen, daO
ers dem Rhat zu Ehren soUen tragen, vnnd nicht
263
verkauffen; gab er zur Antwort, sie weren reiche
Herm, vnnd hetten das Kleyd nicht konnen be-
halten, warumb dann er es solt behalten."
ce. M.
CCI, MA, aber ebenso wie 202 und 203 nicht in
Baccinis Ausgabe; Bibliotechina grassoccia, Nr. 4,
Firenze, 1887, S, 69, — Doni, / Marmi, Vinegia,
1552, IV, S. 48.
CGIL M; Bibliotechina grassoccia, Nr. 4, S, 70,
ceni. MA; Bibliotechina grassoccia, Nr. 4, S, 70 ff,
CCIV, Domenichi, 1548, Bl, Bjsb; Facezie e motti dei
secoli XV e XVI, S, 91, Nr. 142,
Vgl, oben die Facetien 85 und 87,
CCV. Domenichi, 1548, Bl, Fib,
CCVL Domenichi, 1548, Bl. Fib.
Àhnlich, aber von einem andern erzàhlt Doni,
La seconda Libraria, Vinegia, 1551, Bl, 24bff.:
„Caualcando da Fiorenza a Bologna M, Giero-
nimo Faua et io; s'accompagnò vn certo messer
cicalone con esso noi; bora hauendo M, Gieronimo
vn belHBimo Cauallo sotto, et graOiOimo, fu cagione
di far dire al cicalone cento volte; o che bel
Cauallo, o che grasso Cauallo, Partendoci da Scar-
peria dopo desinare, subito che noi fuOimo a cauallo
egli disse a M. Gieronimo, che date voi al vostro
cauallo da rodere che si mantien si grasso? et
seguitò il mio è sempre magro che non lo caualco
mai, et pur li do la sua biada sera et mattina, cosi
andò cicalando tanto che noi giugnemmo a l'albergo
per dormire et cenare: Il Faua che mai haueua in
sei o sette bore potuto rispondere alla domanda:
quando furono smontati che per sorte il chiacchie-
264
rone serrò pur vn poco la bocca. Rispose paglia
et orzo; tanto che tutti piangemmo delle risa."
ABC.
Exilium melancholiae, W, 108, S, 537:
„Als (man) Piovano Arlotto, ein Florentinischer
MeOpriester, fragte, in welchem Land gut zu leben
were, gab er zur Antwort, daQ man an denen Orten
nicht wohnen solte, da das auOgeben das einnehmen
vbertreffe, vnd da die Leute mehr dann die Gesetz
gelten oder vermogen."
Flògel, S, 478 = Nick, I, S. 554.
Vgl. Biagi, Le novelle antiche. S. 35 ff., n. 27.
CCVII.
A; bei B, aber nicht in den Facétieuses lournées
in die Biographie aufgenommen.
Zum ersten Teile vgl. Osterleys Nachweisungen
zu Paulis Schimpf und Ernst, Nr. 478, S, 528, ferner
Schimpff vnd Ernst, 1545, Bl. 75b = Schertz mit der
Warheyt, 1550, Bl. 70a und Fiore di virtù, Firenze,
1856, S. 83 = (Zambrini) Libro di novelle antiche,
Bologna, 1868, S. 48, zum zweiten Valerius Maxi-
mus, VII, 2, ext. 6 und Plutarch, De educatione
puerorum, 14, De sanitate praecepta, 7 und De
garrulitate, 23.
CCVIII.
A^; bei B und in den Facétieuses lournées in
die Biographie aufgenommen.
Nach Poggio, Fac. 26: De abbate Septimi. Vgl,
L. Carbone, Facezie, S. 61 ff., Nr. 86; Castiglione,
// Cortegiano, ed. Bandi di Vesme, Firenze, 1854,
S. 316; Facecies, et motz subtilz, 1559, Bl. 58 b, 1597,
CCIX.
1 Diese und die folgenden 1 1 Stiicke, die allesamt aus Po^io
entlehnt sind, haben wohl in der ersten Ausgabe der Facetien ArloUot,
wo sie sich finden, nur deau dienen sollen, den freien Platz des letztea
Bogens zu f ùllen ; es ist auch nur bei den ersten zwei Stùcken der
Versuch gemacht worden, sie auf den Pfarrer zu ubertragen. Dem-
gemaB stehn sie auch nicht in alien Ausgaben der Klasse A; manche,
wie z, B. die Venezianer von 1531, enthalten sie nicht
265
S. 183; Garon, Le Chasse-ennuy, I, 25, S, 27; Le
Tombeau de la melancolie (1. Ausg, 1625), Paris,
1639, S, 217 ff.; Le facecieux Reveilìe-matin, Nym-
egue, 1678, S. 52; D'Ouville, L'Elite des contes,
II, S. 2; L'Arcadia in Brenta, S. 218 ff,; Exilium
melancholiae, F, 24, S, 133 und M, 42, S. 312 ff,;
Zincgref, I, S. 281: Kilian Schreiner von Heydel-
berg; Democritus ridens, S, 246 ff.; Noèl, Poggii
Fiorentini Facetiarum libellus unicus, II, S, 20 ff,
CCX. ABC.
Nach Poggio, Fac, 39: Facetissimum consilium
Minacii ad rusticum. Vgl. Seb, Brant, Esopi appo-
logi, Basileae, 1501, Bl, Geb; Le Parangon des
Nouvelles honnestes et delectables (1531), ed, E.
Mabille, Paris, 1865, S, 35, n. 10: Conseil pour
descendre d'un arbre sans se blesser; Camerarius,
Aesopi . , . Vita. Fabellae Aesopicae . . . , Tubingae
Ex off, V, Morhardi, 1538, Bl, 88 b; Rusticus; Weid-
ner, IV S, 179,
CCXI, A.
Nach Poggio, Fac, 40: Eiusdem Minacii lusoris
responsio. Vgl, meine Nachweise zu Bebel, II,
Nr, 90, I, S, 206 und II, S, 183,
CCXII, A.
Nach Poggio, Fac. 41: De paupere monoculo
qui humentum empturus erat. Vgl. Domenichi, 1548,
Bl. Boa = 1562, S. 105 = 1581, S. 130 usw,; M, de
Santa Cruz, Floresta espanola, VIII, 1, 11, Bl. 151»;
Garon, Le Chasse-ennuy, V, 10, S, 439,
CCXIII. A,
Nach Poggio, Fac, 45: De Paulo qui ignoran-
tibus nonnullis luxuriam commovit. Vgl. das
9. Stiick der Addiiamenta von Philippus Hermo-
timus in Nicodemi Frischlini Balingensis Face-
tiae selectiores, Amstaelodami, 1660, S. 289: Concio
de lascivia quorundam Marilorum; Noci, II, S. 40,
266
A.
Nach Poggio, Fac. 117: De Bononiensi adolet-
centula simplici.
Nach Poggio, Fac. 120: De homine qui mille
Horenos vult expendere ut cognoscatur, et retponsio
in eum facto; vgl. Lenfant, Poggiano, II, S, 188 ff.,
Noél, II, S, 123 und Bolte zu Frey, Nr. 24, S. 225.
A,
Nach Poggio, Fac. 130: De homine qui in
somnis aurum reperiebat. Vgl. meine Noten zur
10. Novelle Morlinis, S. 272 und die von Bolte zu
Frey, Nr, 77, S. 243 ff. und zu Wickram, Nr. 37,
S. 371 gegebenen Nachweisungen; dazu kommen
noch // Brancaleone, Milano, 1610, cap. 16 (Giornale
storico della letteratura italiano, XVI, S. 332 und
333, wo auch eine poetische Bearbeitung On striozz
von C. Porta genannt wird) und ein Gedicht Le
Revenant qui découvre un Tresor von J. F. C. D. M.
in dem Recueil de pièces sérieuses, comiques et
burlesques. s. 1., 1721. S. 207 ff.
A.
Nach Poggio, Fac. 134: De Potatore = Gastius,
I, S. 227; danach Domenichi, 1562, S. 45 = 1581,
S. 54 usw, AuQer den Nachweisungen bei Noél, II,
S. 135 ff. vgl. welter Pauli, Schimpf und Ernst,
Nr. 236, Jak. Pontanus, Attica bellona, 1615, S, 516,
Garon, Le Chasse-ennuy, III, 25, S. 232, Garons Text
deutsch im Exilium melancholioe, D, 61, S. 98, eine
andere Fassung ebendort, F, 16, S. 131 ff., Demo-
critus ridens, S. 147, Baraton, Poesies diverses,
Paris, 1705, S. 247 ff. und Merkens, Was sich das
Volk erzàhlt. III, Nr. 178, S. 195 ff.
Hierher gehòren auch folgende hùbsche Verse
aus A. Firenzuolas Capitolo in lode della sete
[Opere, Milano, 1802, IV, S. 212):
267
CCXIV.
CCXV.
CCXVI.
CCXVII.
CCXVIII.
„Però tra tutti gli altri è sciagurato
E disonesto il mal della quartana,
Che to' la sete al povero ammalato.
Questo sì ben, ch'è una cosa strana,
Ed io lo so, che provai tanti mesi
La febbre presso, e la sete lontana.
Sian benedetti i medici Inghilesi,
E i Polacchi, e' Tedeschi, ch'almanco
E'sanno medicare in que' paesi.
Com' uno ha mal, gli fanno alzare il fianco
Con un gran boccalaccio pien di vino,
E 'n pochi giorni te lo rendon franco.
Io conobbi un Tedesco mio vicino.
Che per una gran febbre, ch'egli avea,
Are' bevuto Ottobre e san Martino;
Ed al maestro, che gli prometteva
Levargli quella sete immediate.
Poi della febbre curar lo voleva,
Rispose: e' basta che voi mi leviate
La febbre, ond'io ho tanta passione.
Poi della sete a me il pensier lasciate.
E se saputo avesse il compagnone,
Che levata la febbre, in quello istante
Sen' andava la sete al badalone,
Are' cacciato il medico e l'astante,
E voluto aver sete a lor dispetto:
0 Tedesco gentil, o uom galante!"
A.
Nach Poggio, Fac. 135: Facetum Everardi,
scriptoris apostolici, qui ad cardinalis conspectum
ventris crepitum dedit. Vgl. die Nachweise Boltes
zu Frey, Nr, 78, S. 245, ferner Facecies, et motz sub-
tilz, 1559, Bl. 60 a, 1597, S. 189 und Hans Sachs,
Schwànke, IV, S. 56,
CCXIX. A.
Nach Poggio, Fac. 139: Fabula Dantis qui sae-
pius uxorem increpabat; denselben Schwank erzàhlt
268
Poggio auch in einem Briefe, der hinter der Histo-
ria de varietate fortunae, Lut, Paris,, 1723, S. 164
und in den Epistolae, ed. Th, de Tonellis, I, Floren-
tiae, 1832, S. 200 steht. Lenfant [Foggiana, II,
S. 175 ff.) meint, Poggio erzàhle von dem Dichter
Dante! Vgl, auch Brant, E sopì appologi, Bl, Cjb.
A. CCXX.
Nach Poggio, Fac, 91: Dictum Caroli Bono-
niensis. Die Schnurre Poggios ist, so ursprùnglich
sie klingt, nicht ohne eine altere Parallele; diese
steht in der 37. Novelle Sacchettis, die das folgende
Argument hat; Bernardo die N crino, vacato Croce,
venuto a questione a uno con tre Fiorentini, con-
fonde ciascuno di per se con una sola parola. Dori
lauten Stichelei und Antwort: „E' ti pare essere un
gran maestro; e' mi darebbe il cuore di venderti sul
ponte a Sorgano," — „Io ne sono molto certo, ed è
segnale, quando si trovasse il compratore di me,
che vaglio qualche cosa; ma e' non mi darebbe il
cuore di vendere te in sul ponte al Rialto, tenendo-
viti suso tutto il tempo della vita mia, tanto se'
tristo e doloroso."
Poggios Facetie hat eine ziemliche Verbreitung
gefunden: Domenichi, 1562, S. 18 = 1581, S. 21 usw.,
Garon, Le Chasse-ennuy, V, 21, S, 451, Le facecieux
Reveille-matin, S. 278 = Roger Bontemps, S. 218,
Exilium melancholiae, V, 48, S. 477, J. P. de Memel,
Nr, 655, S. 302 usw.
Doni, La Zucca (1, Ausg. 1552), Venetia, 1592, CCXXI.
Bl, 136 b,
Dasselbe erzàhlen von einem andern die Fa-
cezie e motti dei secoli XV e XVI. S, 104, Nr. 174:
„I1 priore di Lucardo, vedendo uno monoculo
dixe: Costui durerà men fatica di noi a morire, che
non harà a chiudere se none uno occhio." Dasselbe
steht beinahe gleichlautend bei Domenichi, 1548,
Bl, Ega.
Von Paolo deirOttonajo und seinem Diener
269
Nanni di Meo del Fruga erzahlt die Schnurre
Manni, II, S, 66 ff, Weiter erzahlt sie Garon im
Chasse-ennuy,Y, 17, S. 446 = E xilium melancholìae,
S. 171, 418; in Deutschland ist sie noch heute
lebendig.
CCXXII. Guicciardini, S. 120: Perche prima il capo che
la barba, canuto diuenga.
Dieser Scherz hat eine auQerordentlich groBe
Verbreitung gefunden; beispielsweise seien genannt:
Recueil des plaisantes et facetieuses Nouuelles,
Lyon, 1555, S. 310, n. 108: D'vn gros Seigneur de
France, qui list conuaincre ses medecins par une
raison facetieuse d'vn homme de village = Les
ioyeuses Aventures, et facetieuses Narrations, Lyon,
1556, S. 335, n, 107 (statt 106), danach Hulsbusch,
Sylva sermonum iucundissimorum, Basileae, 1568,
S. 300: Cur pili capitis sint cani, barba aero non
item (auch die drei vorhergehenden Stùcke bei
Hulsbusch gehn auf diese franzòsische Quelle zu-
rùck), Kirchhof, Wendunmuth, II, Nr. 151 und
Nouveaux Contes à rire, I, S. 324: L' Homme à
barbe noire et à cheveux blancs; Bouchet, Les
Serées. V, S. 55 ff.; D'Ouville, I, S. 86: Plaisante
demande et subtile repartie; Roger Bontemps,
S. 113 ff.: Belle réponse faite à Henry le Grand;
(Caron) Le Fiat de Carnaval (1802) in Recueil de
Pièces rares et facetieuses anciennes et modernes
en vers et en prose, Paris, 1872 ff., IV, S. 261; Do-
menichi, 1562, S, 202 = 1581, S. 251 usw.; Croce,
Astuzie sottilissime di Bertoldo, Bassano, s. a.,
S. 28; L'Arcadia in Brenta, S, 220; Zimmerische
Chronik, II, S. 563; Pontanus, Attica bellaria,
S, 466; Zincgref, I, S, 32; Exilium melancholiae,
G, 195, S. 213; Democritus ridens. S, 133: Capilli
cur citius quam barba canescant; C. A, M, v. W,,
Zeitvertreiber, S, 78; J, P. de Memel, 242, S. 106
und 283, S, 120; Merkens, Was sich das Volk er-
zahlt, III, 93, S, 123,
270
Eine andere Frage mit anderer Begrùndung
gibt das Strassburger Ràthselbuch, S. 26, Nr, 289:
„Ein zu fragen. Ob der bart ee gewesst sey,
oder der man ee.
Antwort. Der bart ist ee gewesen, dann die
geiss vnd ander thier sein vor detn menschen ge-
schaffen worden,"
Dieselbe Entscheidung fàllt die question 18:
Quel est le premier creé, de l'homme ou de la barbe
in dem Recueil general des rencontres, questions,
demandes et autres oeuvres tabariniques, Paris, 1622
(bei Tabarin, Oeuvres complètes, Paris 1858, I, S, 57)
und das 67. Stùck der Additamenta Philippi Her-
motimi, zit. Ausg. S. 348: Barbane antiquior homina.
Tommaso Garzoni, La Sinagoga De gl'Ignoranti
(1. Ause. 1589), In Serravalle di Venetia, 1605,
S. 18,
Garzoni geht von einer Erzàhlung * in den
Scholien Acros zu Horaz aus [Scholia Horatiana
Acronis et Porphyrionis, etti. Hauthal, Berlin, 1856,
II, S. 578) und gibt dann klassische Belege von
derlei Antworten, die zum Gegenstande in keiner
Beziehung stehn.
Ginesio Gavardo Vacalerio (= Giovanni Sa-
gredo), L'Arcadia in Brenta (1. Ausg. 1667),
Bologna, 1693, S. 330.
L'Arcadia in Brenta, S. 340 ff.
L'Arcadia in Brenta, S. 371.
L'Arcadia in Brenta. S. 392,
Die Anekdote findet sich schon mehr als ein
Jahrhundert vor dem Erscheinen der Arcadia in
* Dies« Erzahlung ist auch die Quelle der 37. Historìa in Lun-
dorfs WiBbadisch WUenbrìinlein. Frankfurt. 1610, S. 91 : Von tinem
vngeschickten Mahler.
271
CCXXIII.
CCXXIV.
ccxxv.
CCXXVI.
CCXXVII.
Brenta in den Diporti von Girolamo Parabosco
(1. Ausg, ca. 1550), und zwar in den der 17, Novelle
angehàngten Motti; sie wird nicht von Arlotto, son-
dern von einem ankonitanischen Edelmanne, Rivale
mit Namen, berichtet und lautet:
„Vedendo di molte belle donne insieme, e
passandone una senza essere sbellettata, disse un
suo compagno: Questa è di suo pie; dietro la quale
giungendone una sbellettatissima, disse il Rivale:
E questa è di sua mano,"
CCXXVIII, Le Passe-tems agreable, Rotterdam, 1709,
S, 159 ff.; abgedruckt in Ristelhubers Ausgabe der
Contes et Facéties d'Arlotto, Paris, 1873, S, 109 ff,,
Nr, 80: Un dernìer trait du Cure.
Woher der Verfasser des Passetems agreable
— das Buch wird de Rochefort zugeschrieben —
seine Geschichte genomen hat, ist unbekannt; daO
sie in Italien lebendig war, ja noch ist, beweist
nicht nur das Bild von Volterrano, sondern auch
cine Note Baccinis, wonach sie sich in Cercina zu-
getragen bàtte.
272
(Giovanni da San Giovanni?) Der Pfarrer Arlotto.
(Florenz, Gallerìa Pitti)
Die Schwànkc
dcs Pfarrcrs Arlotto
Anhang
18"
L Beilage.
Die Spriichc des Pfarrers Arlotto
nach den "^
Erquickstunden und dem Democritus ridens.
Die sententzen vnd fùrnemste vnd kurtz- Daniel Federman
weiligste sprichwòrter des vorgedachten ^JcT.^nl:':
rfarrherrns, meines erachtens, sein dìese Batel, 1575,
volgende: S. 173 ff. '
Ich halt das bòB, das mir nicht schadt,
Fùr gleich souil als die wolthat,
Die mir nicht nutzt vnd bringet frucht.
Wer new weg fiir den alien sucht,
Betrogen offt er sich befindt.
Beicht Vatter, und die àrtzet sindt,
Auch Aduocaten soli man nit
Verhalten die warheit mit sitt.
In der jugendt ein Balbierer
Vnd ein gut Artzet im alter
GewiB offtermal ein lugner war.
Weib ist ein schedlich ding fiirwar.
Der schenck ist verloren vnd todt.
Ergetzligkeit leidt grosse noth \
Es ist nicht alles goldt vnd geldt,
Was glitzet hie in diser Welt.
* Den drei Versen entsprechen im Originale
(Guicciardini, S. 122) die vierWorte: Donna danno.
Damma, dammi.
Il ■" 277
Welcher nicht mùhsal Iciden will,
Dcr kom nicht in geburtcs zil.
Gelt, witz vnd sinn, glauben vnd trawcn
Vii minder ist, als man thut schawcn,
Kein tugendt ist allhie auff erd,
Die nicht verderbt armut on gferd.
In ali ding bringt der vberfluB
Vii mùhsal, arbeit, vberdruB.
Wcr sitzet wol vnd gliicklich stat,
Er allzeit bòB gedancken hat.
Die weltlich freude wert nicht lang.
So ist auch niemals von anfang
Im himmel bliben hitz, noch eyB.
Die zeit fleugt vnuersehner weiB,
Tregt vnd ertregt alles zum end,
Ehe das es scheint also behend.
Wer mir guts thut mehr, dann er soli,
GwiB steckt darhinder arglist voi;
Verrahten hat er mich mit gfahr,
Oder im sinn hat ers fùrwar.
Welcher tut, das jm nicht gebiirt,
In schaden wirt derselb gefiihrt.
Welcher zeit hat, der hat auch leben.
Wer von einer gfahr thut entschwcben,
Entwischt auch von tausend vnd mehr,
Wie mehrmals gschchen ist vngefehr.
Ali kriegsrùstung Teutsches landt
Mòcht nicht zwingen die forcht in bandtS
» Im Originale: Tulie l'armi di Brescia non
armerian la paura.
278 ^
Wer dem Bawrn reicht die fiifi vorhcr,
Als bald die hend begeret er.
Wer es schaf ft, der gwarts auch nicht faul.
Geschencktem pferd sich nicht ins maul.
Von wegen zeit, noch herrligkeit,
Betriib dich nicht zu jeder zeit S
Der jhm selbs nicht hilfft, wenig kan.
Wer sich benùgt, der gniBt fortan.
Wie mehr der mensch im vorraht hai,
Je mehr er haben will von stat.
Souiel ist mein, was ich geniefì,
Vnd gib den Armen zum ersprieB '.
Weiber, leinwat vnd edlgestein
Nimm nimmer mehr bey kertzen schcin.
Man hab gleich freundt vii auff der ban,
Welcher nichts hat, ist vbel dran.
Ein falscher mensch kan schaden vii,
Ehe daB man warnimpt seinen will.
Arlotti dieta quaedam. Demoerìtas rìdtn»,
Amstelodamt,
Tanti mihi est utilitas nihil proficiens, 1649, S. 106 ff.
Quantum malum mihi nocens.
Qui vetere relieta, novam viam prendit,
Ad locum quo non vult, saepe tendit.
Donator pridem obiit,
^ Né di tempo, né di Signoria Non ti dar
malinconia.
" Tanto è mio, quant'io godo, et dò per Dio;
das ist der in der Fac. 29 zitierte Vers von Jaco-
pone da Todi.
279
Adjutor animam agit.
Ne te possit poenitere,
Secreta tua confitere
Confessano, Advocato,
Medico: reliquos celato.
Atrox et periculosa est tempestas mala
mulier.
Non omne quod splendet, aurum est.
Qui calamitates non vult ferre,
Exeat quam primum e terra.
Vita haec nihil aliud est, quam assidua mi-
litia et malitia.
Pecunia, Sapientia, Fides
Vix hodie sunt, quacumque vides.
Non est uUa virtus, quam paupertas non
maculat,
Nec ulla sanctitas, quam peccati dulcedo
non collutulat.
Abundantia fastidium gignit.
Qui bene sedet, male cogitat.
Gaudium hujus Mundi breve est.
In coelo aestu non calebit,
Nec frigore quisquam algebit.
Abit tempus et omnia secum trahit.
Qui praeter solitum est blandus,
Proditionem molitur infandus.
Qui facit, quae facere non debet,
Fieri videbit, quae non credet.
Qui unum periculum semel evadit,
Mille evasurum se sperabit.
Contra timorem omnia arma satis non sunt.
280
là
Si rustico quis manus dct,
Simul et pedem arripiet.
Fac quod facius.
Equo donato dentes non sani inspiciendi.
Parum ist scit, qui seipsum juvare nescit.
Qui contentus est, laetus est.
Tantum crescit amor, quantum ipsa pecu-
nia crescit.
Id verum meo dixero,
Quo utor, quodque Deo dedero.
Nec feminam, nec pannum eme
Ad candelam; fraudem time.
Qui malus est, nec malus putatur,
Facit malum, ac celatur.
281
Libro di Novelle,
e di bel
Parlar Gentile,
Fiorenza, 1572,
Nov. 74, Neudruck
Milano, 1804,
S. 196.
Facezie
e motti dei secoli
XV e XVI,
Bologna, 1874,
S. 111. Nr. 190.
IL Bcilagc.
Texte iind Bearbeitungen des Stoffes
der V. Facetie.
Qui conta di certi che per cercare del
meglio, perderono il bene.
UNo s'era messo a scrivere tutte le follie,
e le scipidezze, che si facessero. Scrisse
d'uno, che s'era lassato ingannare a uno
Alchimista; perchè per uno gli avea ren-
duto il doppio di quello, che gli avea dato;
e per raddoppiare più in grosso gli diede
cinquanta fiorini d'oro, ed egli se n'andò
con essi. Andando questo ingannato a lui,
e domandando, perchè l'avea schernito così,
e dicendo: Se egli mi avesse renduto il dop-
pio come dovea, ed era usato, che avrebbe
scritto? rispose: Avérene tratto te, e mes-
sovi lui.
IL re Adovardo d'Inghilterra teneva in
corte uno messer Merlino con buona pro-
visione, il cui uficio era scrivere le simpli-
cità che si facevono nella sua corte. Occorse
che havendo il re a mandare a Roma lettere
in frecta, non si trovò (salvo uno Bichino)
corriere, che gli bastassi l'animo d'andarvi
nel tempo che '1 re voleva, quale era bre-
vissimo. Rispecto alla distantia, fecegli il
re dare mille ducati et spacciollo. Scripse
282
questa cosa mcsser Merlino al libro: il re,
saputolo, lo dimandò perchè l'avessi posto.
Rispuose, perchè era impossibile che cholui
observassi la promessa, et che per cento
ducati harebbe facto il medesimo. Il re,
dixe: Se non mi observa, m'a promesso ren-
dermi i mille ducati; et però levatemene.
Messcr Merlino replicò: Sacra maestà, io
scriverrò pure per bora la vostra; et quando
Bichino vi renderà i danari, io leverò la
vostra et scriverrò la sua.
IL Re Adoardo d'Inghilterra teneua in
corte un MeBer Merlino con buona pro-
uisione, accio attendeBe a scriuere le sim-
plicita che si faceuano nella sua corte:
Hauendo à mandare a Roma lettere in furia,
non trouando nessuno che si uantasse d'an-
darui infra il tempo; solo un Bichino caual-
laro, sene uantò. A cui il Re fé dare mille
ducati; e mandollo. Scrisse Merlino questa
del Re; Saputolo dimandò perche l'hauesse
scritta, e rispose; perche a lui non poteua
attenere la promessa, che era impoBibile, e
perche quello che farà l'harebbe fatto con
cento ducati; e il Re; se non oBeruerà, m'ha
promesso di rendermi e mille ducati, si che
caBatemi. Non; diBe Merlino, Io pure scri-
nerò per bora la uostra; quando Bichino
uè gli renderà, cancellerò la uostra; et scri-
nerò la sua.
(Domeniehi)
Fac9ti9 e motti
arguti,
Fiorenza, 1548,
Bl. Et^fi.
283
(Domenichi)
Facetie e motti
arguti,
Fiorenza, 1548,
Bl. Faa.
Mise il detto (Piouano Arlotto) al libro
degli errori il Re Alfonso, che hauea
fidati à un Tedesco danari, e mandatolo ini
Alemagna per caualli dicendo; che se tor-
naBe, metterebbe per debitore lui, e can-
cellerebbe il Re.
Codice Laurenziano
Plot. XLII, 27
= Boccini,
Le Facezie del
Piovano Arlotto,
Firenze, 1884,
S. 72
= Il Cherico del
Piovano Arlotto
(Giugno), 1878,
S. 46 ff.
Facezia fatta per il piovano dinanzi al re
Alfonso in Napoli.
LE nostre galeaze fiorentine, andando
alla volta di Cicilia, feciono poi iscala a
Napoli, dove soprastettono alcuni giorni, in,
sulle quali era il piovano Arlotto, a tempo
di quello invittissimo, libéralissimo e magni-
fico re Alfonso, el quale intese come in sulle
dette galee era il detto piovano Arlotto, del
quale aveva udito qualche piacevolezza, et
infra l'altre che al presente aveva seco uno
libro in sul quale poneva per debitori tutti
quelli che commettevano qualche grande:
errore per avere poco cervello, e fusse chi'
volessi che mai aveva rispetto né a degnità
né amicizia. Di subito mandò per lui e
fattogli buona accoglienza, et inteso qualche
piacevolezza, lo domandò se era vero te-
nesse uno libro d'errori, rispose il piovano:
Sacra Maiestà si. Disse il Re in questi
pochi giorni avete voi posto per debitore
alcuno di questi nostri neapolitani? Chi
284
iscrive non tiene a memorìa e fatto venire
il libro da Galea et apertolo, rispose:
signore io eie ne trovo qualcuno in questo
libro et in fra gli altri la vostra Maiestà,
della quale la partita dicie in questo modo:
La Maestà del gloriosissimo et invittissimo
Re Alfonso de' dare per questo grave
errore, come appresso qui in questo iscritto
si dicie, per cagione ha mandato a com-
perare cavalli nella Magnia, e ha fidato a
Teodorigo tedesco, alfonsini d'oro cinquemi-
lacinquecentocinquantacinque. Maraviglia-
tosi lo Re disse: piovano mio da bene, o
parvi questo così grave errore? io mi ho
allevato costui da piccolo ragazzo ed è istato
a'miei servigi in questa corte circa d'anni
diciotto, e sempre è istato fedelissimo: per
cierto, e'mi pare in questo caso abiate auto
non molto retto iudicio, et avetemi posto
per debitore vostro iniustamente in su
questo libro. Rispuose il piovano: sere-
nissimo Principe, io vi ho fatto il dovere, e
non credo in questo libro sia il maggiore
errore, e massimo considerato chi lo ha
commesso. Puolgli esser maggiore e più
grave ad avere fidato tanta pecunia a uno
barbaro tedesco, el quale è poverissimo et
in veruno luogo né qui in Napoli ha di mobile
o immobile che perdere, e peggio che lo
mandate a casa sua nella Magnia? Non
veggiamo noi a ogni ora per piccolissimo
285
avere el padre ingannare il figliuolo, e il
figliuolo il padre e il fratello il fratello? non
s'è egli veduto e inteso qualche volta uno
eremita essere istato lunghissimo tempo in
uno ermo con asperima penitenzia menare
una santa vita, e poi per diabolica istiga-
zione, assassinare uno per avarizia e per-
versa malignità per acquistare tesoro e da-
nari, e per insino alla morte menare ima
tristissima vita? L'uomo è il più falso ani-
male che sia, né mai si può cognioscere,
per tante ragioni, per le quali havia il pio-
vano giustificato la partita, non sapeva più
che dire lo Re, né disse altro, se none che
riautosi alquanto, dimandò il piovano: ditemi,
se Teodorigo tornassi con li cavalli o con
li danari, che diresti voi? Sanza pensare
rispuose presto il piovano e disse: Can-
cellerò la vostra Maestà, e porrò per debi-
tore lui di molto maggiore errore e pazfa.
Parve al Re che il piovano fusse uomo da
bene, facieto; e giù dicollo uomo di grande
ingiegnio, e che e fatti conrispondessino alla
fama aveva udito di lui, assai più non isti-
mava. In mentre che detto piovano dimo-
roc a Napoli gli fecie careze assai, e come
libéralissimo e magnianimo Re, alla sua
partita gli fecie per sé e per suoi amici
molte offerte, e dissegli se voleva fare
istanza con lui a Napoli, lo provederebbe di
tanti benefici) che ascienderebbono alla
286
^V,
somma di più che ducati 500 d'oro, in modo
potrebbe vivere come uno degno prelato: e
dopo molte preci, veduto lo Re non voleva
restare, gli donò Alfonsini 50 d'oro, et una
bellissima vesta d'uno bellissimo panno, e
per suo rispetto furono fatti piaceri assai a
tutti quelli delle galee.
IL Piouano Arlotto teneua registrate in vn
libro le Minchionerie de Prencipi, il Rè
Alfonso l'interrogò, se nel libro sudetto vi
fosse qualche partita per suo conto. Ve n'è
vna rispose il Piouano, cioè quella che la
Maestà Vostra habbia fidati due milla on-
gari ad vn Todesco, perche vadi in Ale-
magna a comprar Caualli per la sua stalla.
V'ingannate rispose il Rè, quest'è vn gio-
uane allenato da me, huomo d'honore, e di
pontualità, son sicuro, che ben presto ritor-
nerà con i Caualli. Se ritornerà soggiunse,
Sire, dispennerò Vostra Maestà dal libro, e
ve lo metterò lui.
Sagredo,
L'Arcadia in
Brenta,
Bologna. 1693,
S. 320.
Arlotto estant a Naples taxe le Roy Al-
phonse d'Arragon d'erreur, et le monstre
couché sur son liure comme debiteur, pour
vne fante commise d'auoir baillé 5555. escuz
d'or à vn Alemand, qui n'auoit rien, pour
acheter des cheuaux en son pays
mesme d'Alemagne.
287
(G. Chappuis
de Tour)
Les Facétieuses
lournées,
Paris, 1584.
Bl. 127 i fi.
Nouuelle VI.
.... Cclse donc commencca à dire ainsi.
Puis que Philon^ a prins la peine de
nous declarcr quel estoit le Cure Arlotto,
et que la compagnie a iusques à present
prins grand plaisir en toutes ses faceties,
et ce qui est sorty de sa boutique, ie vous
veux dire comme il reprint le Roy de Naples,
et le coucha sur son liure comme il auoit
accoustumé de faire, tous ceux là qui com-
mettoyent quelque notable erreur.
Vous deuez donc s<;auoir, que les galeres
des Florentins retournans de Sicile, s'ar-
resterent à Naples, où elles seiournerent
quelques iours, et là estoit le Cure Arlotto.
Ce qu'entendu par le Roy Alphonse d'Arra-
gon, qui en auoit desia ouy beaucoup de
plaisanteries, et entendu qu'il auoit vn
liure, sur lequel il faisoit et escriuoit Debi-
teurs, tous ceux là, qui faisoyent quelque
grande faulte. Parquoy il le manda, et fit
venir deuant luy: et luy ayant ouy de luy
quelque facetie et sornette, il luy demanda
s'il estoit vray qu'il eust Icdict liure d'er-
reurs. Le Cure respondit qu'ouy: Auez
vous, adiousta le Roy, conche sur ce liure,
pour debteur, depuis le peu de temps que
1 Philon ist das Mitglied der fròhlichen Gesell-
schaft, dem die Biographie Arlottos in den Mund
gele|{t wird.
288
vous estes icy, quelqu'vn de noz Napoli-
tains? Arlotto, qui s9auoit bien que mes-
mes il y auoit couché sa maiesté mesmes*
fit response: Sir, celuy qui escrit n'a pas la
memoire, et ne se soucie pas beaucoup de
retenir et imprimer les choses qui aduien-
nent, en icelle: et ayant faict apporter son
liure, de la galere, l'ayant ouuert, il dict de
fort bonne grace: Sir, ie trouue icy vne
partie et article de vostre Maiesté, qui dict,
le Roy Alphonse doit donner ou bailler,
pour ceste grande faulte, d'auoir enuoyé
acheter des cheuaux en Allemaigne, et fié
à Theodoric Alemand 5555. escuz d'or.
Le Roy s'esmerueillant de cela, luy dit: Ar-
lotto mon amy, trouuez vous que ce soit là
vne si grande faulte? l'ay esteué et nourry
cestuy là à mon seruice depuis son ieune
aage, et y a bien dixhuict ans qu'il me sert,
m'ayant tousiours esté tresfidele: et m'est
aduis qu'en ce cas vous auez eu peu de
iugement, et m'auez iniustement et sans
cause, faict debiteur, sur ce liure. Arlotto
fit responce à ceste heure là. Prince tres-
serenissime, ie vous ay faict le deuoir, et ne
croy point qu'en ce liure se trouue vne plus
grande erreur: et mesmes considerant celuy
qui l'a commise, en peut on voir vne plus
grande et plus notable, que de mettre tant
d'argent entre les mains d'vn barbare Ale-
mand, lequel est pauure homme, et n'a rien
Arlotto, Schwànke II. IQ 289
icy ny ailleurs qu'il puisse perdre? Et ce
qui est le pis, vostre Maiesté l'enuoye en
Allemaigne, qui est son paìs et maison.
Voyons nous pas que pour auoir trespeu, le
fils trompe le pere, et le frere, de90Ìt le
frere? A l'on pas veu vn hermite auoir
demouré treslong temps en son hermitage,
menant vne saincte vie, par vne aspre et
rude penitence, lequel en fin par inspiration
diabolique, a assassine aucun par auarice?
L'homme, pour auoir argent, est le plus
faulx animai qu'il soit, et que iamais l'on
puisse cognoistre. Apres qu' Arlotto eut
iustifié ceste partie, couchee sur son liure,
par tant de raisons, le Roy demoura vaincu,
et ne sceut que dire: mais il dit vn peu apres
à Arlotto, Et si, contre tout ce que vous
auez allegué, pour me faire tousiours dcbi-
teur, Theodoric mon seruiteur, retourne
m'ayant acheté des cheuaux, ou auec l'ar-
gent, si d'auanture il n'en achetoit, que
diriez vous? Arlotto respondit incontinent
sans y penser. Si cela aduient. Sire, i'effa-
ceray vostre Maiesté de dessus mon liure,
et feray vostre Alemand Theodoric debiteur
d'vne plus grande erreur et folle. Le Roy
à ce propos se mit à rire tant qu'il peut, et
cogneut que ce Florentin estoit homme de
grand esprit, et fort facetieux: et pourtant
ce-pendant qu'il demoura à Naples, il luy
fit beaucoup de caresses, et luy offrit et
290
dit, que s'il vouloit y demourer il le feroit
riche, et luy feroit auoir de gros benefices:
mais Arlotto, qui n'estoit point auare, le
remercia de ceste bonne volonté enuers luy,
et respondit qu'il estoit content de son petit
benefice; et le Roy voiant qu'il s'en vouloit
retourner en son pais, luy donna cinquante
cscus, et vne robe de fin drap, et fit à ceux
là des galeres beaucoup de faueurs pour
l'amour de luy, ny plus ny moins qu'auoit
faict le Roy d'Angleterre, comme il estoit
à Londres, suiuant ce qui nous a esté cy
dessus raconté, par nostre compagnon, et
amy Philon.
Faute du Roy de Naples, enregistrée sur le
liure du Cure.
LEs mesmes galeres retournant de Sicile
aborderent à Naples, où elles arreste-
rent quelques iours. Le Roy Alfonce
d'Arragon, qui auoit entendu souuent parler
des gentillesses du Cure Arlotte, et s<;achant
qu'il estoit arriué, fut curieux de le voir.
Sur tout, pource qu'il auoit ouy dire qu'il
auoit vn certain liure auquel il enregistroit
toutes les plus grandes fautes qui venoient
à sa connoissance. L'ayant fait venir pour
cet effet, apres luy auoir fait vn fort bon
accueil, et vn peu raillé auec luy, il luy
demanda s'il estoit vrai qu'il tint vn tei
Le Patron
de l'honneste
raillerie,
Paris, 1650, Nr. 3,
Neudrack
Les Contes et
Facéties d'Arlotto
de Florence
auec introduction
et notes
par P. Ristelhuber,
Paris, 1873.
S. 4 ff.
19'
291
registre dcs fautes d'autrui. Le Cure dit
quc ouy, et le Roy continua: N'auez-vous
pas enrollé quelqu'vn de ces Seigneurs de
Naples, depuis que vous y estes? Sire, fit
le Cure, qui met des choses par escrit, il ne
s'en souuient pas tousiours, s'il ne volt son
liure. L'ayant pour cet effet fait apporter
et ouuert deuant le Roy, il luy dit: Sire,
voicy vn article qui touche vostre Maiesté,
le Roy Alfonce a commis auiourd'huy vne
tres-lourde fante, pour auoir donne six mil
ducats en or à Mouchaly Ture, pour aller
achepter des cheuaux en Barbarie. Le Roy
surpris de ce discours, dit aussi-tost: Pour-
quoy me blasmez-vous? l'ay pris Mou-
chaly tout ieune d'entre les mains des Cor-
saires, ie l'ay nourry et eleué dans ma Cour,
il y a plus de dix-huit ans, l'ayant tousiours
trouué fidel et affectionné a mon seruice.
C'est pourquoy vous auez tort de m' auoir
couché dans vostre inuentaire. Pardonncz-
moy. Sire, repliqua le Cure, i'ay grande
raison, n'y ayant point de laute plus remar-
quable en tout ce liure, si on veut prendre
garde à celuy qui l'a commise. Pource quc
vostre Maiesté a donne vne somme notable
à vn Ture et de plus elle l'a renuoyé en
son paìs, où il sera grandemcnt estimé de
vous auoir trompé. C'est tout ce que pour-
roit fairc vn fidel Chrestien de retourncr
par de<;a. Le Roy se voyant condamné par
292
tant de raisons, luy dit: Mais si Mouchaly
reuient auec des cheuaux ou de l'argent, quc
direz-vous? Sire, fit le Cure, si cela arriue,
i'cffaceray vostre Maiesté de dessus mon
registre et l'y mettray comme ayant fait vne
laute beaucoup plus grande que la vostre.
Le Roy iugea par là que le Cure estoit
homme d'esprit et de belle humeur. Il lui
fit à ce suiet de grandes caresses tandis
qu'il demeura à Naples, luy promettant de
bons benefices, s'il vouloit s'y habituer: mais
voyant qu'il auoit le coeur tourné vers sa
patrie, il luy fit present de cinquante ducats
et de plusieurs riches estoffes, gratifiant
mesme à sa consideration tous ses cama-
rades.
ALfonso Re di Napoli hauea in sua corte . f*"'tVf
vn Buffone, il quale redigeua in scritto £y°^ '559' ''
dentro vn libro tutte le pazzie (al meno che Bl. éóhff!
gli pareuano tali) d'i signori, gentilhuomini,
e altri del suo tempo che pratticauano nella
corte. Advienne che il Re Alfonso hauendo
vn Moro in casa sua, mandollo al paese di
Leuante con dieci miglia ducati, per com-
perar vi canali. Il Buffone aggiunse questo
atto nel suo libro, stimandolo pazzia.
Qualche di dopo il Re Alfonso domando
al Buffone a vedere suo libro, per ciò che
v'era assai tempo che non l'haueua veduto.
Legendo dentro truouo in fine di quello
293
(Christoph Leh-
mann)
Exilium melancho-
liae,
StraBburg, 1669,
T, 22, S. 436 ff.
l'historia di lui e del Moro e d'i diece miglia
ducati. Il Re sdegnato domando a questo
pazzo, perche egli l'haueua posto dentro suo
libro? Per ciò (disse il Buffone) che tu
hai fatta vna gran pazzia, d'hauere dati i
danari tuoi a vno forestiere, che tu non
vederai giamai. E se egli ritorna (disse il
Re) e mena i caualli, che pazzia è quella
a me? Al'hora che esso sarà ritornato
(disse il Buffone) io sfacciaro tuo nome del
libro, e vi porro il suo: per che al'hora lui
sarà più pazzo di te.
ES batte Kònig Alphonsus an seinem Hof
einen Schalcksnarren, der alle nàrrischc
Bossen, wie nemlich er sie auffs wenigstc
dafùr hielt, welche die Herren vnd Edcl-
leut, so den Hof besuchten, begiengen, in
cin Buch zusammen schriebe, Es begab sich
aber, dafi der Kònig ein Morisken oder
Mauritaner, den er am Hof batte, mit zehen-
tausend Ducaten, Pferd darumb zuerhand-
len, nach Orient schickte. Der Narr schrieb
diese That in sein Buch, als die da wùrdig
were, solche vnter andere narrische Sachen
zusetzen. Etliche Tag hernach begehrte der
Kònig solches Buch zubesùchtigen, weil er
den Narren lange Zeit nicht gesehen batte,
Als er nun darinnen lase, fand er auff die
Ictzt die Histori von ihme vnd dem Mohren:
dariibcr er dann zornig ward, vnd den
294
Narren fragte, warumb er ihn in sein Buch
gcschrieben bàtte. „Darumb," antwortcte
der Narr, „daB ibr eine sebr grosse Tbor-
beit begangen babt, in dem ibr ewer Gclt
einem Frembden gegeben, dcn ibr nimmer-
mebr wider seben werdet." „Wann er aber
widerkompt," replicirte der Kònig, „vnd die
Pferd mitbringet, werde icb dann tborecbt
getban baben?" „Ey wann er wird wider
kommen," spracb der Scbalcksnarr, „so will
icb ewren Namen widerumb im Bucb au6-
lescben, vnd den seinigen darfùr binein
scbreiben; dann er so dann ein grosserer
Narr, als ibr, seyn wird." Fast ein gleicb-
formiges Exempel wird von dem Ertz-
biscbof f Alpbonso Carillo vnd seinem Diener
erzeblet.
VN Due de Milan auoit à sa suitte
vn qu'on estimoit bouffon et plaisant,
parce qu'il mettoit en escript, et faisoit re-
gistre de toutes cboses qui se faisoyent en
la Cour de son Seigneur et maistre, qu'il
pensoit dignes d'estre enregistrees en son
diaire et papier iournal. Arriua vn iour
que le Due allant visiter ce papier, comme
il faisoit souuent, se trouua bien auant
enregistré, et en grosse lettre, dans ces
memoires, parce qu'il auoit baillé trente
mille ducats à vn More, qu'il ne cognoissoit
que de buict iours, pour luy aller acbepter
295
Les Serées
de Guillaume
Bouchet Sieur
de Brocourt,
avec notes et
index
par C. E. Roybet,
Paris, 1873 ff.. V,
S. 52.
des cheuaux en Barbarie. Ce Due, tout en
cholere demande à son bouf fon, pourquoy il
l'auoit couché et enregistré en son papier
iournal. Pourquoy? luy respond son bouf-
fon, pourautant que tu as baillé trente mille
ducats à vn Negre, que tu ne cognoissois
point il n'y a pas long temps. Mais, re-
pliqua le Due, s'il m'ameine des cheuaux
pour mon argent, quelle folle auray-ie faicte,
qui merite d'estre mise en ton liure? Il n'y
aura rien de gasté, luy respond ce bouf fon:
car s'il reuient, et t'ameine des cheuaux
pour ton argent, lors i'effaceray ton nom
de mon papier, et y mettray le sien.
M. Baraton, Le Boufon.
Poesies diverses,
^°?%«^^' Près d'Alfonse Roy d'Arragon,
Pasquin sur le pied de boufon,
Plaisoit par son esprit et ses brusques
saillies.
•Il faisoit un Recueil de toutes les folies
Qu'il voyoit faire chaque jour,
Tant à la Ville qu'à la Cour,
Ce Journal contenoit mille choses jolies;
Alfonse souvent le lisoit.
Et de tout son coeur en rioit.
Des sotises d'autruy l'on aime assez à rire;
Outre qu'on y trouve à s'instruire:
Le Roy par ce motif se faisoit un regal
Aux heures de loisir de lire ce Journal.
296
S. 9ff.
A la Cour de ce Prince un Grec, pour quel-
que cause,
Etoit nouvellement: Un jour comme on
parloit
De chevaux Andalous, et qu'on les exaltoit,
Le Grec dit qu'au Levant e' étoit autre chose;
Qu'en ce pays-là les chevaux
Etoient plus vigoureux, plus beaux,
Excellens pour la chasse, ainsi que pour la
guerre,
Et qu'on n'en trouvoit point de pareils sur
la terre.
Sur son recit Alfonse cut un tres-grand desir
D'avoir de ces chevaux du moins une ving-
taine.
Il dit au Levantin qu'il luy feroit plaisir,
S'il vouloit se donner la peinc
D'aller dans le pays luy-méme les choisir,
Et qu'on luy fourniroit tout l'argent neces-
saire.
Le Grec s'offre avec joye, et dès le lende-
main
Il part avec l'argent en main.
Pasquin ayant s<;u cette affaire,
La mit dans son Recueil, méme en gros
caractere,
Et comme une folle au long il l'étala,
Alfonse à quelque jour de-là
Y lisant à l'accoutumée,
Fut bien surpris d'y voir sa conduite blàmée.
Egalément rempli de colere et d'orgeuil:
297
Que voy-je là, Maraut, dit-il? quelle impu-
dence
De me piacer dans ton Recueil?
Peut-on souffrir cette insolence?
Sire, luy dit Pasquin, vous avez trouvé bon
Dès long-temps que je fisse un Journal des
folies
Doni je m'appercevrois, sans nulle excep-
tion:
Celle là, ce me semble, est de plus accom-
plies,
Envoyer au Levant un Grec, un pied
poudreux,
Avec une fort grosse somme,
N'est-ce pas bien risquer? et s'il est habile
homme,
N'a-t-il pas en ses mains de quoy se rendrc
heureux?
Tout d'un coup sa fortune est faite.
Il n'a qu'à s'en aller dans un coin du Levant,
Avec tout cet argent comptant,
Faire gaudeamus, laisser là votre empiete:
Où diable après cela chercher notre affron-
tcur?
Qui dit Grec cn un mot, dit perfide et men-
teur.
Cet homme, dit le Roy, paroit assez sincere:
Tu veux qu'il soit un imposteur,
C'est un jugemcnt temeraire.
Mais enfin s'il revient, que diras-tu, faquin?
Ma foy, Sire, reprit Pasquin,
298
Ce n'est pas ce qui m'embarassc.
S'il étoit assez fou pour revoir l'Arragon,
Dès que je le verrois en face,
De Votre Majesté j'effacerois le nom,
Et mettrois le sien à la place.
Eines Hofgecken antwort
gegen Alphonsum,
DIeser, des Kònigs kurtzweilliger rath,
der hatte ein sonderlich buch, in wel-
ches er allerhand ding vnd sachen, so nach
geckerey rochen, anzeichnet. Nun geschah
es, daB der Kònig einmal einem Moren
10 000 Ducaten gab, das er jhm in fernen
landen solte Pferdt darvor kauffen; di6 er-
fuhr der Geck, zeichnet also des Kònigs
Nahmen auch in das Buch. Als nun der
Kònig einmal vber dieses Narren buch kam,
vnd seinen Nahmen drin fandt, setzt er
den Narren driiber zu redi. Der Narr sagt,
es wàre ja die gròste thorheit, so mòcht be-
gangen werden, daB er einem frembden ein
solch grosse Summ Gelts dòrfte vertrawen.
Der Kònig antwort: „Wann er dann wider
kam, vnd bràcht die Pferdt, solt es dann
thòricht gethan seyn?" Der Narr: „Kombt er
wider, so wil ich ewren Nahmen auBleschen,
vnd an dessen platz des Mohren Nahmen
stellen; dann so wird er ein gròsserer Narr
seyn als jhr."
299
Teuttcher Nation
Apophthegmatum
. . .Vierdter Theil..
zusammen ge-
tragen Durch
loh. Leonhardum
Weidnerum,
Amsterdam, 1655,
S. 263 ff.
(Dreux du Radier)
Récréations
historiques, criti-
ques, morales
et d'érudition;
avec Vhistoire des
fous en atre
d'office,
A la Haye,
1768, I, S. 5 ff.
Récréations
historiques, S. 7 ff.
TRiboulet, Fou de Louis XII. et de Fran-
90ÌS L, a acquis quelque célébrité sous
le regne du dernier de ces deux Princes.
Ce fut lui qui ayant dit que si Charles-
Quint étoit assez fou pour venir en France,
et se fier à un ennemi qu'il avoit si mal-
traité, il lui donneroit son bonnet, et auquel
le Roy ayant demandé ce qu'il feroit si
l'Empereur passoit, comme s'il eùt marche
dans ses propres Etats, répondit: Sire, en
ce cas-là, je lui reprends mon bonnet, et
vous en fais présent,
IL (Triboulet) avoit des tablettes où il
écrivoit en forme de journal tout ce qui
lui paroissoit digne de comparaison avec
ses propres actions. Le Roi ayant une dé-
péche à envoyer à Rome, dans un tems ex-
trémement limite, et pendant lequel il étoit
impossible de faire le voyage, fit chercher
un Courier qui se chargeàt du Paquet, et
s'engageàt de le remettre. Il s'en presenta
un, auquel on donna deux mille écus de
récompense avant qu'il montàt à cheval;
Triboulet ne manqua pas d'employer le fait
sur ses Tablettes. Le Roi qui le vit écrire,
lui en demanda la raison: Farce qu'il est
impossible, dit Triboulet, d'allcr à Rome en
si peu de tems, et parce que, quand cela
seroit possible, c'étoit toujours une folle de
donner deux mille écus, dans une occasion
300
ou le quart suffiroit. Mais, dit le Roi, si le
Courier ne peut venir à bout d'cxécuter sa
promesse, et me rend mon argent, qu'aura-tu
à dire? Il faudra que tu effaces ta rcmar-
que. Non, répondit Triboulet, elle sub-
sistera d'une fa9on ou d'une autre; parceque
si le Courier est assez sot pour vous rap-
porter votre argent, j'eff acerai le nom de
votre Majesté; et je laisserai le sien. S'il ne
revient point, je laisserai le votre.
BResquet (sic), jester to Francis the First
of France, did keep a calendar of fools,
wherewith he did use to make the king
sport; telling him ever the reason why he
put any one into his calendar. When Char-
les the Fifth, emperor, upon confidence of
the noble nature of Francis, passed through
France, for the appeasing of the rebellion
of Gaunt ^, Bresquet put him into his calen-
dar. The king asked him the cause. He
answered, „Because you have suffered at
the hands of Charles the greatest bittemes
that ever prince did from another, never-
theless he would trust his person into your
hands." „Why, Bresquet," said the king,
„what wilt thou say, if thou seest him pass
back in as great safety, as if he marched
through the midst of Spain?" Saith Bres-
Francis Bacon,
A collection
of apophthegms
new and old
in den Essayt
or counsels civil
and moral
of Francis Bacon,
London. 1902,
S. 728 tt.
^ Gaunt ist die Stadt Gent in Flandern.
301
Juan de Timoneda,
El sobremesa
y alivio de cami-
nantes,
p. II, e. 29
in der Biblioteca
de autores
espanoles,
t. Ili, 3 a ed..
Madrid, 1850,
S. 179.
Luis de Pinedo,
Libro de chistes,
bei A. Paz y Mélia,
Sales espanolas,
Madrid, 1890 ff., I.
S. 302 ff.
quet: „Why then I will put him out, and
put in you,"
Por qué se dijo. — Quìtaré a vuestra
senoria, y porne a él.
TEnia un gran senor, entre otros criados,
uno muy diligente en saber escrebir
todo lo que de nuevo acontescia, asi de
burlas corno de veras, Acontesció, que
estando el seiior sobre mesa, mandòle que
le trujese el libro de las novedades; y
trai do, vió en el principio de una hoja, que
decia ansi: ,,el duque mi seiior hizo tal dia
una necedad, en dar quinientos ducados a
un alquimista para que con ellos fuese a
Italia a traer apare jo para hacer piata y
oro." Dijo entonces el seiior: „y si vuelve,
iqué haràs tu?" „Si volviere, quitaré a
vuestra seiioria, y porne a él,"
EL Arzobispo de Toledo, D. Alonso Ca-
rrillo, procurò é hizo grandes gastos
y excesivos en hacerse alquimista, y daba
grandes sueldos a los que lo entendian. A
fama desto vino a él un hombre no cono-
cido, y asentàndole partido en su casa para
buscar ciertas hierbas y otras cosas nesce-
sarias, diòle copia de dineros y una buena
mula en que fuese à lo buscar y traer.
Habfa en su casa un paje que, por gracia
y tener que hacer y decir, asentaba en un
302
librillo que tenia las neccdades quc por ano
se hacian por el Arzobispo y sus criados,
y asentó aquélla que el Arzobispo habia
hecho, con dia, mes y ario. Lo cual, venido
a oidos del Arzobispo, di Jole que por qué
le ponia y acotaba aquélla por necedad
basta ver si venia el mensa j ero. Respon-
dió: — Cuando él venga se quitarà a vucstra
seiioria, y se pornà a él con mas razon.
DEr Ertzbischof f Alphonsus Carillus batte Exilium
einen Diener, so zu keiner andern melancholiae,
Verrichtung bestellt, dann dafi er fleissig . • ♦•
protocolliren oder auffschreiben muste, was
etwan fùr Thorheit einer oder der ander
bey der gantzen Hoffhaltung begienge. Nun
waren von eben selbigem Ertzbischoff, kurtz
hiebevor, einem Alchymisten etlich hundert
Doppelducaten zugestellt worden, darumb
allerhand Materialien vnd Werckzeug, zu
seiner Kunst nothwendig, in frembden Lan-
den einzukauffen, Als aber folgends er das
Register obgedachten seines Dieners ùber
die Tafel bringen lieD zu sehen, was in
Newlichkeit darein geschrieben, vnd alida
gleich erstlich befande, dafi sein eigner
Name derohalben daselbst eingezeichnet,
weil er einem vnbekandten so viel Gelts an-
vertrawet, vnd noch darzu ihn mit selbigen
weit iiber Feld geschickt, forderte der Herr
Ertzbischoff alsobald solchen seinen Diener
303
D. Juan de Ar-
guijo, Cuentos,
bei A. Paz y Mélia,
Sales espanolas, II,
S. 177 ff.
irOttville,
L'Elite de$ contes,
Paris, 1883, II,
S. 314 ff.
zu sich, vnd sagt, daB ihmc darmit noch zur
Zeit vnrecht geschehe, weiln verhoffentlich
der Chymist mit gutcr Verrichtung wieder-
umb zu HauB kommen werde. Worauff der
Diencr dergestalt replicirt, daB alsdann der
Alchymist zugleich in die Narren Chronic
miiste, als der solch guter Gelegenheit sich
zu gebrauchen nicht gewust bàtte,
ROgó un seiior a un su secretano que
notase por entretenimiento las nece-
dades de los de casa. Prestò ci amo 500
ducados a una maladita. Vió el libro, y
asenta da està necedad, dijo el senor:
— Veréis còrno me los paga. — Entonces
dijo el secretarlo: — Borraré la necedad
de habérselo prestado y la pondré a su
cuenta si los pagare; mas cntretanto estése
corno se està.
Repartie hardie d'un secretaire
à son maistre,
UN prince souverain avoit un secretaire
qui ne luy servoit d'autre chose que
de reraarquer toutes les sottises qui se
faisoient en ville, et en faire un livre pour
le divertir: car il étoit d'une humeur fort
joviale, et qui aimoit fort à rire. Il étoit
grandement exact dans ce recueil, et, quand
il arrivoit quelque compagnie, il prenoit
plaisir à divertir le monde par ce moyen-là.
304
Un jour il arriva dans sa cour certains
matois qui se disoient excellens chimistes, et
qui se vantoient de s<;avoir la grand' oeuvre,
et moyennant quelques drogues qu'ils
disoient leur ctre necessaires, qu'ils pour-
roient tres-facilement convertir toutes sortes
de metaux en or pur et tres-fin. Ce prìnce
ajoùtant legerement foy aux discours de ces
affronteurs, ayant siju d'cux quel argent il
leur falloit pour avoir les drogues qu'ils
disoient leur ctre necessaires, ils luy deman-
derent deux mil écus, qu'il leur fit délivrer
è l'instant, et sur l'heure ils se mettent en
chemin pour les aller acheter, luy ayant
fait accroire qu'on ne les trouvoit que bien
loin de là. Ce secretaire ne manque pas
de mettre son maitre au nombre des sots
dont il faisoit le recueil, Comme, quelques
jours après, il arriva compagnie chez luy,
la voulant divertir, il commanda à son secre-
taire de luy aporter son livre, ce qu'il fit;
l'ayant ouvert, il vid au commencement d'un
feuillet: Le due monseigneur fit un tei jour
une telle sottise. Ce que voyant ce prince,
il luy dit: „Quoy! vous m'y mettez aussi! —
Monseigneur, dit-il, personne ne merite d'y
étre mieux que vous, — Pourquoy? dit-il, —
Quoy! Monseigneur, répondit le secretaire,
y a-t-il une plus grande sottise que de don-
ner une telle somme d'argent à des marauds
que vous ne connoissez point, qui s'en iront
Arlotto, Schwanke II. 20 305
loh. Balth. Schupp,
Salomo
oder der
Regenten-Spiegel,
Cap. 10 in
Schuppii Schrifften
(Hanau, 1663),
S. 117.
avec et qui ne reviendront jamais? — Tu le
dis, luy dit son maitre, ils n'ont pas encor
trop tarde à revenir, et, s'ils reviennent
aussi, ne seras-tu pas le sot toy méme? que
diras-tu? — Ah! dit-il, Monseigneur, s'ils
reviennent, je vous effaceray et les mettray
en vòtre place, car ils seront encor plus
sots que vous; et par ce moyen il ne faudra
effacer que le nom, car pour le reste il n'y
aura rien de perdu."
MAn sagt, da6 ein vornehmer Fiirst in
Italien hab einen eigenen Secretarium
gehalten, der hab jm eine Narren-Chronic
machen, und auffzeichnen sollen alle Thor-
heiten, welche an seiner gantzen Hoffstatt
vorgiengen. Da sey einsmals ein Gold-
macher zu dem Fùrsten kommen, und hab
jm versprochen, er wolte jm Gold machen.
Der Fiirst hab jm 200 Ducaten geben, dafi
er materialia darzu in der nechsten Stadt
einkauffen solle. Da hab der Secretarius
seines Herrn Namen alsbald in die Narren-
Chronic geschrieben. Der Fiirst sey eins-
mals lustig gewesen, und hab begehrt, man
sol jm die Narren-Chronic herbringen. Als
er ein wenig darin gelesen, hab er seinen
eignen Namen drin gefunden, und hab den
Secretarium gefragt, wie er dazu komme.
Der Secretarius hab geantwortet, er halt es
vor cine Thorheit, daB seinc Altetza einem
306
frembden kerle habcn Geld anvertrauet, an
einem andern Ort materialia abzuholen, und
Gold darauB zu machen. Wann der kerle
wider komme, und die gute occasion, Geld
zu gewinnen, oder vielmehr zu stehlen, nit in
acht genommen hab, so wol er seinen Namen
auch in die Narren-Chronic schreiben.
vermehrt, 1685,
S. 143.
IN Spanien hielte ein vornehmer Fùrst C. A. M. von W.,
einen eigenen Protocollisten, dessen Ver- ^^^KurfzweUi'ir'^'
richtung anders nichts war, als dafi er alle Zeitvert'r'eiberf^'zum
nàrrische Possen und Begebenheiten, so sich Vierdtenmal
bey Hoff zutrùgen, in ein besonders Buch
auffzeichnen muste. Als nun einsmals der
Fiirst gemeldtes ProtocoU oder Journall
zu sehen begehrte, und im Auffschlagen
stracks anfangs seinen Namen fand, wie er
nemlich einem Alchymisten sechs hundert
Cronen gegeben, allerley nothwendige In-
strumenten ein zukauffen, und selbiger sey
nicht wieder kommen. Da sagte der Fùrst,
er wàre noch viel zu frùh eingeschrieben,
dann dieser Geselle noch wohl kommen
werde, wann er die Sachen wùrde gekaufft
haben, so er vonnòthen bàtte. „Das ist gut,
gnàdigster Herr," sprach der ProtocoUist,
„wann er wieder kommt, so schreib ich ihn
auch in das Buch, daB er so thòricht ge-
wesen, sich dieser guten Gelegenheit nicht
bedienet, und ihm das Geld, so er emp-
fangen, nicht selbst zu Nutz gemacht."
20^
307
Dritte Beilage.
Lodovico Domenichis Facetien.
Die erste Ausgabe der den Namen Do-
menichis tragenden Schwànkesamm-
lung ist unter folgendem Titel erschienen:
Facetie / et motti argv- / ti di alcvni ec- /
cellentissimi in- / gcgni, et no- / bilissimi /
signo I ri. I In Fiorenza / M.D.XLVIIL (In
fine: Stampate in Fiorenza a. ix. d'Ottobre /
M.D.XLVIII.)
8°; 80 Bl. mit den Signaturen A bis K.
Das Buch ist, obwohl eine darauf beziigliche
Angabe fehlt, bei Lorenzo Torrentino ge-
druckt; vgl. dazu G. Passano, / Novellieri
italiani in prosa, 2^ ed,, Torino, 1878, I,
S. 245.
Sofort hinter dem rùckwàrts weiBen
Titelblatte beginnt auf Bl. A,^ der Wid-
mungsbrief mit der Aufschrift Al molto
magnifico et nobiliBimo Signor Sebastiano
Cvrz, Lodouico Domenichi. In diesem Wid-
mungsbriefe, der auf Bl. A4'' mit dcmDatum
Alti xiij. d'Agosto MDXLVIII. Di Fiorenza
schliefit, gibt Domenichi zuerst eine allge-
meine Einleitung uber die Notwendigkeit
ciner Zerstreuung und teilt dann mit, wie
scin Buch entstanden sei: er habe von sei-
ncm hochgeehrtcn edeln Freunde, Messer
Giovanni Mazzuoli von Strada, genannt
Stradino, ein schònes Bùchlein mit sinn-
308
reichen Ausspriichen vieler ausgezeichncter
Geister und mit hiibschen Facetien erhalten,
das ihm so gefallen habe, daB er diese
Scherzreden und lustigen Geschichten habe
seinen Gònnern mitteilen woUen; da ihm
dies aber als cine zu geringfùgige Gabe er-
schienen sei, habe er, um seiner Ergebenheit
fùr seine Gònner einen bessern Ausdruck
zu verleihen, noch einige Facetien bei-
gefùgt, die er zum Teil aus verschiedenen
Autoren gesammelt, zum Teil von einigen
Freunden gehòrt habe \ Auf Bl. A» be-
^ Da die betreffende Stelle auch sonst von
Interesse ist, sei sie hier mitgeteilt: „ , , . mi diedi
a leggere un bel libretto di facetie piaceuoli et di
motti arguti di molti eccellentiB. et nobil. ingegni;
il quale io hebbi dal molto cortese et gentile et mio
honorato amico M. Giouanni Mazzuoli da Strata,
detto lo Stradino, cittadin Fiorentino. Alla cortesia
et diligenza del quale debbono infinitamente le per-
sone dotte et uirtuose: perch'egli in tutto il tempo
di sua uita, peregrinando per diuersi et lontani
paesi, non ha mai perdonato ne a fatica ne a spesa,
per ragunare da tutte le parti del mondo i più
antichi et più esquisiti libri, della lingua Thoscana
e' ha saputo trouare. Talché egli solo di cosi fatti
arnesi maggior copia ha raccolto, che non pure in
Fiorenza et in Thoscana, ma ardirò dire quasi in
tutta Italia non se ne ritroua altrettanto. Et di
questi thesori tanto liberale et amoreuole dispen-
satore si mostra, che non aspettando altrui preghi,
spesse uolte ha preuenuto il desiderio de gli huo-
mini curiosi. Hauendo io dunque riceuuto da lui
cosi piaceuole libro, et trattone per me quel piacere
309
ginnen nun die Facetien ohne einc weiterc
Ùbcrschrift und ohne da6 die einzelnen
Stùcke Titel hàtten; dieser Teil des Buches
schlieBt auf Bl. G,^. Auf Bl. Ge^ folgen
dann die Facetie raccolte par M. Lodouico
Domenichi, deren jede einen Titel tràgt.
Mit diesem zweiten Abschnitte des
Buches wollen wir uns zuerst beschàftigen:
Wic dieÙberschrift sagt, enthàlt er die Face-
tien, die Domenichi selber gesammelt hat;
ihre Zahl betràgt 85, Von diesen 85 Face-
tien sind aber nicht weniger als 77 einfache
Ùbertragungen aus dem ersten Teile der
Convivales sermones von Joh. Gast, die, wie
deren Verf asser auf dem Titelblatte bemerkt,
aus den „besten und bewàhrtesten Autoren
gesammelt" sind. Bei der ersten Facetie,
L'oratione della uecchia, die bei Gast (zit.
Ausg. S. 31) De aniculae oratìone heiBt, er-
setzt Domenichi mit einer leicht zu ver-
stehenden Anspielung den Tyrannen Diony-
sius von Syrakus durch einen Herzog von
Mailand; das ist aber auch die einzige wich-
tige Ànderung, die er sich in alien 77 Stùcken
ch'io desideraua maggiore, ho voluto anco farne
parte alla S, V ho uoluto inuiare a V, S.
queste piaceuolezze; lequali parendomi pur pie-*
ciola cosa et basso dono, per fare in un certo modo
maggior testimonianza dell' affettione mia
le ho accompagnato con alcune facetie parte per
me raccolte da diuersi auttori, et parte udite de
alcuni amici miei,"
310
erlaubt. Von dcn restlichcn acht werden
zwei, Detto dì Diogene und Dionigio Sira-
cusano, schon von Diogenes Laertius und
Plutarch erzàhlt, haben also Domenichi
sicher schon gedruckt vorgelegen; es bleiben
also nur sechs, die er von seinen Frcunden
gehort haben mag, Fiir diese sechs weiB ich
auch keine Quelle anzugeben; es sind die
folgenden: Detto del Cardinale di Porto-
gallo, Bl. H^a, Detto di Galeotto Martio da
Narni^, Bl. H7^ D'uno errore d'un Segre-
tario, Bl. Ks'', D'uno errore della stampa,
ebendort, D'una gentildonna Bolognese,
Bl. Kg» und D'un marito uecchio, Bl, K^^
Man sieht, der Anteil, den Domenichi an
diesem Abschnitte des Buches hat, ùber den
er seinen Namen setzt, ist sehr gering.
So bedeutungslos nun dieser zweite Teil
der Facetie e motti arguti ist, so wichtig ist
der erste, der aus dem „bel libretto" des
Padre Stradino entnommen ist und iiber
vierhundert Schnurren enthàlt.
Die Angaben Domenichis lassen die
Frage offen, ob dieses Bùchlein Stradino
selbst geschrieben hat, oder ob es nur in
seinem Besitze gewesen ist; sicher ist hin-
gegen wohl, daB Stradino nicht der Ver-
fasser ist. Da er damals, als die erste Aus-
1 Die Form Martio statt Marzi làBt den SchluO
zu, daB es sich auch hier um eine Ubertragung aus
dem Lateinischen handelt.
311
gabc von Domcnichis Facetien erschienen
ist, bald siebzig Jahre alt war, bleibt cin
groBer Spielraum fiir die Annahme der
Zeit, wo das Biichlein verfaBt wurde; gliick-
licherweise sind wir aber in der Lage, sic
dcnnoch mit ziemlicher Bestimmtheit fest-
zustellen. Nicht unwichtig sind dabei fùr
uns die Facezie e motti dei secoli XV e XVI,
die G. Papanti 1874 nach einer der von
Magliabecchi hinterlassenen Handschriften
herausgegeben hat.
In der Einleitung dieser Ausgabe sagt
Papanti, daB nicht alle ihre Facetien — im
ganzen sind es 280 — neu seien: eine finde
sich in Boccaccios Vita di Dante, eine ent-
spreche der 8, Novelle Sacchettis und einige
seien von Castiglione in den Cortegiano
aufgenommen worden; andere stiinden auch
bei Domenichi, und da sie dort schier mit
denselben Worten wiedergegeben seien,
diirfe man annehmen, Domenichi habe die
Handschrift der Facezie e motti dei secoli
XV e XVI in den Hànden gehabt. Augen-
scheinlich hat nun Papanti die erste Aus-
gabe von Domenichis Facetien, die auch in
seinem Catalogo dei novellieri italiani (Li-
vorno, 1871) nicht verzeichnet ist, nicht gc-
kannt; sonst bàtte er wohl in dieser Bemer-
kung den Namen Domenichis durch den dcs
Padre Stradino ersetzt. Immerhin wollen
wir untersuchen, in welchc Verbindung die
312
Vorlagcn dcr von Papanti 1874 hcrausgc-
gebcnen Facezie e motti dei secoli XV e
XVI mit dem von Domenichi 326 Jahrc
vorher herausgegebenen „bel libretto" des
Padre Stradino gebracht werden kònnen.
In dem ersten Hundert der Facetien Pa-
pantis finden wir sieben, die bei Domenichi
ein Gegenstùck haben. Davon sind zwei,
nàmlich die Nrn. 64 und 86, mit den ihnen
bei Domenichi entsprechenden Facetien
(Bl. Ce"^ und Cs^] fast identisch, und vier,
nàmlich die Nrn. 38, 61, 87 und 93', er-
scheinen bei Domenichi Bl. Cg^, Ce**, E* und
Ab» entweder gekiirzt oder es wird nur der
ihren Kern bildende Ausspruch wieder-
gegeben; eine aber wird bei Domenichi aus-
fùhrlicher erzàhlt:
Bei Papanti lautet nàmlich die 71. Fa-
cetie:
„Soleva dire ....*, huomo di non piccola
auctorità et prudentia non minore, che al
mondo erano quattro buone madre, che ha-
vevano quattro tristi figliuoli: Veritas,
odium: prosperitas, superbiam: securitas,
periculum: familiaritas contemptum."
Domenichi hingegen erzàhlt auf Bl. C^'':
„Messer Marcello raccontò da un
Matto hauer udito dire in Fran-
^ Nr, 93 ist in der FuOnote auf S. 34 unsers
I. Bandes iibersetzt.
^ Papanti bemerkt: Lùcke im Manuskripte.
313
eia questa sentenza; che sono
quattro buone madri, che hanno quattro
cattiui figliuoli, e diceuale in Latino
a questo modo. Veritas odium. Pro-
speritas superbiam. Securitas periculum.
Familiaritas contemptum, id est, parit."
In ali diesen sieben Fàllen beschrànkt
sich die tJbereinstimmung, sei sie nun groB
oder geringfùgig, stets nur auf eine Facetie;
die vorhergehenden und die nachfolgenden
haben nichts gemeinsames. Dies àndert sich
sofort mit dem Beginne des zweiten Hun-
derts von Papantis Facetien: die 101. Fa-
cetie Papantis stimmt mit der crsten Dome-
nichis, die 102. Papantis mit der zweiten
Domenichis iiberein, und so haben von den
Papantischen Facetien 101 bis 156 nur die
Nummern 111, 117, 125, 126 und 150 kein
Gegenstiick in Domenichis Sammlung, die
jedoch bis dahin (Bl. B^^) noch 71 andere,
mit Ausnahme der schon erwàhnten einen,
die einen Auszug aus Papantis Nr. 93 dar-
stellt, nicht bei Papanti vertretene Face-
tien eingeschoben hat, ohne dafi aber die
Reihenfolge der beiden Biichern gemein-
samen Stùcke geàndert worden wàre. Nach
weitern vier bei Papanti nicht vorkommen-
den Facetien folgen bei Domenichi die
Gegenstiicke zu den Papantischen Facetien
201 bis 238, mit Ausnahme von 212, 213 und
237, wieder in ungeànderter Reihenfolge,
314
"$:-:..
aber vermischt mit 77 andern Schnurren,
von denen fiinf ihre schon erwàhnten Paral-
lelen im ersten Hundert der Faceticn Pa-
pantis haben (64, 61, 71, 38 und 86) und
eine, die Bl. Cs^ff. steht, den Inhalt der
182. Facetie Papantis in sehr gekiirzter
Form wiedergibt. Nach fùnf in Papantis
Tcxt nicht enthaltenen Facetien bringt Do-
menichi die Gegenstùcke zu den friiher
ausgelassenen Nrn. 157 bis 200 mit Aus-
nahme der cben genannten Nr. 182 und der
Nrn. 168, 169, 171, 181 und 183: die Reihen-
folge wird hier dreimal unterbrochen, indem
die Parallele zu Nr. 170 zu spàt und die zu
Nr. 180 zu friih steht und die Parallelen
zu den Nrn. 191 und 192 miteinander ver-
tauscht sind; auBerdem sind 92 Face-
tien eingeschoben, von denen 17 hinter-
einander stehende (Bl. Fg» bis Bl. F**»)
nichts andres als Auszùge aus Schwànken
Arlottos sind. In gròBern Zwischenràumen
folgen nun die Gegenstùcke zu Papantis
Facetien 239 bis 243 und zu dessen friiher
ausgelassener Facetie 237; die letzte Face-
tie in diesem ersten Teile der Sammlung
Domenichis entspricht der letzten (280.) in
der Sammlung Papantis.
Sieht man also von den wenigen Stiicken
ab, die innerhalb der angegebenen Reihen
bei Domenichi fehlen, so kann man summa-
risch folgende Beziehungen aufstellen:
315
Die Facetien 101 bis 156 bei Papanti ent-
sprechen Domenichi, Bl. Ag^ bis Bl Bg'',
die Facetien 157 bis 200 bei Papanti ent-
sprechen Domenichi, BL Dg^ bis Bl. Fgb,
die Facetien 201 bis 238 bei Papanti ent-
sprechen Domenichi, Bl, C^ bis Bl. D^^ und
die Facetien 239 bis 243 bei Papanti ent- 1
sprechen Domenichi, Bl. Fj^ bis Bl. G4*'.
Bei einer so groBen Ùbereinstimmung,
die sich nicht nur in dem Inhalte der ein-
zelnen Stiicke, sondern auch in ihrer
Reihenfolge àuBert, ist es selbstverstànd-
lich, dafi zwischen den zwei Sammlungen
ein Zusammenhang besteht; welcher Art ist
aber dieser?
Vor allem sei festgestellt, dafi, von den
Stiicken abgesehn, wo beide Texte so ziem-
lich gleichmàBig, oft auch mit demselben
Wortbilde erzàhlen, die von Papanti heraus-
gegebenen Facetien meist eine ausfùhr-
lichere Fassung aufweisen als die des Padre
Stradino, auch wenn dabei auf tadelnde
oder lobende Epitheta, wie z. B, in der obenl
mitgeteilten Facetie die Worte „huomo di;
non piccola auctorità et prudentia non
minore", die vom Kopisten nach seinen
Neigungen eingefùgt worden sein kònnen*
kcin Gewicht gelegt wird. Einige Ver-
gleiche mògen das veranschaulichen.
Bei Domenichi wird auf Bl. Da ^ f f . er-
zàhlt:
316
„I1 Piouano Arlotto si trouò à cena con
Messer Iacopo Cardinale di Pania à Roma
insieme con Messer Falcone, dimandando
più uolte Pania in questo modo; Piouano
conoscestemi uoi mai à Firenze, negaua
anchor, che l'hauesse conosciuto, perche à
quel tempo detto Messer Iacopo era molto
pouero e haueua per male che gli fusse
ricordato, hora Inter cenandum gittò gli
occhi à una ueste di detto Piouano uolta
ritto rouescio . . . ."
Hingegen beginnt die 230. Facetie Pa-
pantis:
„I1 piovano Arlotto, essendo a Roma, si
trovò a cena col cardinale di Pavia, chia-
mato messer Iacopo da Lucca, il quale
già era stato in Firenze come
povero cappellano, et, tra li
altri, maestro in casa Lorenzo
di Piero Francesco de' Medici.
Dixe adunque monsignore più volte al
piovano: Cognoscestimi voi mai in Firenze?
Neghò sempre il piovano, anchora che
l'avessi cognosciuto , perchè monsignore
haveva per male gli fussi ricordato i 1
tempo et termine in che lui
s'era trovato a Firenze. Inter ce-
nando * poi, monsignore pose mente a una
^ Das Intercacenando Papantis ist wohl ein
Lese- oder ein Druckfehler.
317
vesta, che haveva il piovano, vòlta ritto
rovescio . . . ."
Bei Domenichi Bl. B^^ lautet einc kurze
Facetie ;
„Lorenzo predetto (se. de' Medici) do-^
mandato da Vgolino Martelli perche sii
leuasse la mattina tardi, ridomandò lui|
quelche hauesse fatto la mattina à buoi
hora, e contando egli alcune cose leggici
gli disse; e ual più quello che io sognai
à cotest' hora, che cloche uoi faceuate.'
Das entsprechende Stùck bei Papant
(Nr. 139) erzàhlt hingegen:
„Lorenzo de' Medici, costumandosi le-
vare la mattina molto tardi, una mattina
fra l'altre, andando fuora, si riscontrò
in Ugholino Martegli, el quale,
a queir ora tornava a desinare
(che costumava levarsi la mattina a buon'
ora) ; et riprehendendo decto Lorenzo, che
si levava troppo tardi, Lorenzo gli domandò
quello che egli haveva facto dappoi che
s'era levato. Rispostogli Ugholino, che
haveva [facte] certe sue gite per divotione,
et udito la messa de' chantori
in Sancto Giovanni; Lorenzo gli
dixe, che valeva molto più quello haveva
sognato in quello tempo, che ciò che lui
havessi facto in tutta la mattina \"
^ Vgl, dazu Castiglione, // Cortegiano, 1, II,
e, 70, in meiner Ausgabe I. Band, S. 203 und 316.
318
Bei Domcnichi Bl. Bq^ beginnt cine Fa-
cetie folgendermaBen:
„Messer Otto esponeua à Roma nel con-
cilio una ambasciata, et essendo dal Cardi-
nale in Portico huomo curioso, et strano
nella dimanda più uolte adimandato; che
cosa fusse stata quella perche esso hauesse
mozzo un Braccio, seguitaua pure la sua
ambasciata dicendo al Cardinale; Testé ui
risponderò . . .*'
Dem entspricht in der 144. Facetie
Papantis folgendes:
„Messer Octo Nicolini, cicta-
dino, doctore in J. Civili et
cavaliere fiorentino, huomo di
auctorità et prudentia non piccola, trovan-
dosi imbasciadore de' Fiorentini a p a p a
Pagholo; et a sua santità exponendo
in concestorio la 'mbasciata; essendo
scevola a nativitate, il cardinale
di Sancta Maria in Portico, curiosamente,
et più importune che opportune (come suole
nelle più delle sue actioni), lo domandò più
volte, perchè havessi chosi mozza la mano.
Continuando la sua oratione, dixe: Testé vi
risponderò . . , ."
Andererseits kommt es, wiewohl nicht
so oft, vor, daB Domenichis Version ein-
gehender ist.
So lautet bei Papanti die Facetie 203:
..Maestro Giuliano Ghostanza medicava
319
a Roma di mal di pecto, et haveva nella
scarsella di molte polize, che dicevano:
Guardalo da carne et vino, et dagli lattugha
et farferegli. Dipoi, a qualunche gli doman-
dava consiglio, gli dava di decte polize."
Dazu vergleiche man Domenichi, Bl. Cz^:
„A uuenne che un tratto la
Signoria s'azzuffò, laqual cosa
dicendo Cosmo à Puccio, e di-
mandando del rimedio, rispose
Puccio; ame pare di dare à
ognuno di loro la polliza d'un
Costanzo, ilquale medicando à Roma
di mal di petti; hauea nella scarsella di
molte pollize; lequali daua achi della in-
firmiti chiedeua consiglio: nelle quali era
scritto; Cuardalo da carne e uino; e dagli
latughe e farf creili. Monstrando per
questo, che e detti Signori fa-
ceuano questa pazzia; per hauere
troppo buone spese."
Welter erzàhlt die 103. Facetie Pa-
pantis:
„Macteo del Teghia rispose a Cosimo
de' Medici, che lo dimandò in quello stu-
diava: In libris. Cosimo, voltatosi al Teghia
suo padre, che l'haveva menato a lui, pen-
sando fusse introdocto assai, gli dixe: Fallo
studiare, che n'a bisognio."
Dcm entspricht bei Domenichi, Bl. A»":
„Cosmo predetto [se. de Medici] csscn-
320
doli menato innanzi Matteo del Tegghia
anchora garzone del Tegghia suo padre, il-
quale (benché detto Matteo in-
sino all' hora fusse sciocco,
come egli è anchora al presente)
stimaua (dall' Amor' paterno in-
gannato) che e' fusse sauiBimo, e molto
introdotto nelli studi: Hora dimandando
Cosmo, in che esso studiasse, e rispondendo
egli scioccamente, che studiaua in libris:
Voltosi al padre Cosmo disse; fallo stu-
diare; che n' ha bisogno."
Aus diesen Gegeniiberstellungen, die
leicht vermehrt werden kònnten \ ergibt
sich, dafi Papanti unrecht hat. Domenichi
oder, besser gesagt, der Verfasser des von
Domenichi herausgegebenen „bel libretto"
des Padre Stradino hat die Handschrift der
Facezie e motti dei secoli XY e XVI nicht
benutzt; ebensowenig hat aber deren Ver-
fasser das „bel libretto" benutzt: hingegen
mùssen die zwei Sammlungen eine gemein-
same, vielleicht lateinische Vorlage gehabt
haben, woraus jeder Abschreiber das ge-
wàhlt hat, was ihm zusagte, und zwar der
Verfasser des Biichleins Stradinos mehr als
der von Papantis Facetien.
Es ergibt sich nun die Frage, wann diese
1 So fehlen z. B, in der oben, S, 317 erwàhnten
Papantischen Facetie 230 die Worte Domenichis:
insieme con Messer Falcone.
Arlotto, Schwanke II. 21 'lOI
den beiden Sammlungen gemeinsame Vor-
lagc abgefaBt worden ist.
Nach den Ergebnissen der angestelltei
Textvergleichung solite man annehmen
dìirfen, daB darùber die Sammlung Pa-
pantis, die in viel mehr Fàllen ausfùhrlicher
erzàhlt als die Domenichis, eher einen Auf-
schluB gcben werde; dem ist aber nicht so.
Wie die letzte der oben in beiden Fassungen
wiedergegebenen Schnurren zeigt, fehlt dort
im Texte Papantis die persònliche Note,
die den Erzàhler als Zeitgenossen und Be-
kannten einer handelnden Person charak-
terisiert; noch deutlicher tritt dieselbe Er-
scheinung bei dem Stùcke hervor, das zum
93. Schwanke Arlottos in Domenichis Ver-
sion abgedruckt worden ist: in der ent-
sprechenden Facetie Papantis fehlt nàmlich
nicht nur die ganze Erklàrung der Redens-
art „Einem die Schelle anhàngen", sondern
auch die Ichform der Erzàhlung, Diese
persònliche Erzàhlungsweise findet sich bei
Domenichi noch mehrfach, bei Papanti hin-
gegen nie; und auch die bei Domenichi hin
und wieder vorkommende zeitliche Fest-
legung durch die Worte „a questi dì" ist in
Papantis Sammlung nirgends zu finden.
Wàre nun schon aus diesen bedeuten-
dcn Unterschieden zu schlieBen, daB die
Faceticn Domenichis trotz der geringern
Ausfùhrlichkeit wcnigstens in der Zeit-
322
i
angabe ihrer Vorlage getreuer folgen, so
steigert sich diesc Annahme zur Gewifiheit
durch die Beobachtung, daB in den Facetien
Domenichis von einer nicht unbetràchtlichen
Zahl von Personen im Pràsens berichtet
wird, wàhrend der Papantische Text, wo
er iiberhaupt cine Parallele bietet, das Er-
zàhlte in die Vergangenheit verlegt; so heifit
es bei Domenichi, Bl. C^^: „Messer Marsilio
dice; che e si uuole usare le Donne.,.",
wàhrend Papantis Version, die denselben
tatsàchlichen Inhalt hat (Fac. 220), be-
ginnt: "Messer Marsilio Ficino usava
dire, che le donne si volevano usare . . .'*,
und derlei Beispiele werden uns noch einige
begegnen. Bei dieser Sachlage ist es klar,
daB die Facetien Domenichis fiir die Datie-
rung der Vorlage viel wertvoller sind als
die Papantis.
Marsilio Ficino, der auch an zwei andern
Stellen bei Domenichi als lebend erwàhnt
wird, ist 1499 gestorben, Botticelli, dessen
persònlicher Mitteilung der Verfasser ein
Wortspiel verdankt \ gar erst 1510; wich-
tiger ist schon, daB auch Lorenzo de' Me-
^ Domenichi, BI, Fb; „Vn bisticcio piaceuole
mi disse a questi di Sandro di Botticello;
Questo uetro chi il uotrà? uo tre: e io u' atro."
Sowohl zu dieser Facetie, als auch zu den zwei
andern, die von Ficino handeln (Domenichi, Bl. Cga
und Gga) fehlen bei Rapanti die Gegenstùcke.
21* 323
dici (t 1492) als lebender Zeitgenosse des
Verfassers erscheint. Einen noch bestimm-
tern AufschluB ùber die Zeit dcr Entstehung
des Mutterwerkes gcben aber die vier Fa-
cetien Domenichis, die von Luigi Pulci als
von einem Lebenden sprechen (Bl. F^*):
„Luigi Pulci lodando un medico suol;
dire; e si porta come un Paladino, e |
Messer Pandolfo da Pesaro dice; egli
attende à trionfare; perche non si poteua
trionfare à Roma, senon quando erano statij
morti parecchi migliaia ^.
Luigi detto non siede mai a tauola|
di dentro, e dice; che ha paura a rima-
nere appicato al muro, come cessante.
Il medesimo dice; che sarà pure
meglio che'l Duca di Ferrara si tolga quella,
bestia da Vinitiani, e che se pure non la
uuole riscriua in dietro; che gncne mande-i
rebbono un' altra.
Luigi Pulci dice; che non si dourebbc
mai dare limosina a un cicco: perche dati
che tu gli l'hai, ti uorrebbe all' hora all'
hora ucdere appicato ^,"
^ Diesem Stiicke entsprechen bei Papanti dil
Nrn, 194 und 195; 194 beginnt: „Luigi Pulci, quande
lodava., .diceva..." und 195: „Messer Pan- ■
dolfo Collenuctio da Peserò (sic!) lodando .... di -
e e V a . , .". Die Erwàhnung Pandolfo Collenuccios
kommt nicht in Betracht, weil er Luigi Pulci una
zwanzig Jahre ùberlebt hat.
2 Diese letztc Facctie hat wieder ein Gegen-
324
I
Aus der drittcn dieser vier Facetien làCt
sich nun die Entstehungszeit sowohl nach
oben, als auch nach unten einschrànkcn;
da es vor 1471 keinen Herzog von Ferrara
gab — Borso von Este ist am 14, Aprii 1471
mit der Herzogswùrde bekleidet worden —
und da Luigi Pulci 1484 gestorben ist, muB
die Abfassung der urspriinglichen Samm-
lung zwischen 1471 und 1484 gesetzt
werden.
Aber innerhalb dieser Grenzen ist noch
eine genauere Bestimmung mòglich, und
zwar aus einer bei Domenichi Bl, C»^ stehen-
den Facetie folgenden Inhalts:
„Nella guerra presente che si a p -
parecchia tra Sanesi e Fiorentini di-
cendo un garzone Sanese al Padre; e ci è
buona speranza che le genti del Re [se. di
Napoli] s'accostano in qua, rispose; oihmè
Figliuol mio, ch'io ho maggiore paura
dell'utriaca, che del ueleno \**
stùck bei Papanti und zwar die Nr. 1%, die be-
ginnt: ..Luigi Pulci usava dire . , ."
^ Noch eine zweite Facetie Domenichis, die eine
Seite vorher steht, spricht von der Gefahr, die dem
senesischen Staate gegenwàrtig drohe: ,.E Sanesi
dicono (essendo in gran pericolo il loro stato,
e mettendoui quel di Firenze) che fanno come la
Puttana quando e abbracciata per amore lene gioua;
quando per forza non lene gioua." Weder diese
Facetie, noch die andere hat bei Papanti ein Gegen-
sttick.
325
Von Vorbcreitungen eines Kriegs zwi-
schen Siena und Florenz kann innerhalb
dieser Zeit nur im Jahre 1479 gesprochen
werden; in diescm Jahre haben schlieBlich
auch die Truppen des neapolitanischen
Kònigs den VorstoB gegen das florentinische
Heer von Siena aus unternommen.
Die Vorlage fùr die von Domenichi
herausgegebenen Facetien des Padre Stra-
dino ist also im Jahre 1479 niedergeschrie-
ben worden; und damit stimmt trefflich
ùberein, da6 weder in dem Buche Dome-
nichis, noch in den auf derselben Quelle
beruhenden Papantischen Facetien 101 bis
243 irgendeine Anspielung auf ein spàters
Faktum zu finden ist.
Im Jahre 1479 war nun der Pfarrer
Arlotto zwar schon ein hochbetagter Mann,
aber noch am Leben; und so wird denn,
um unsere SchluBfolgerung noch mehr zu
stiitzen, ein von ihm wohl òfter gebrauch-
ter kurzweiliger Ausspruch bei Domenichi
(Bl. B.;'') in einer Form erzàhlt, die ihn als
lebenden Zeitgenossen des Verfassers kenn-
zeichnet. Es handelt sich um die oben als
Nr. 204 deutsch wiedergegebene Facetie, in
der berichtet wird, wic sich der Pfarrer
gegen die bei seinem damaligen Alter
leicht verstàndlichen Zumutungen, auf
scine Pfarre zu vcrzichten, scherzender-
weise wehrtc:
326
„I1 Piouano Arlotto dice che non uollc
mai essere compare, per non hauere à dire
abrenuntio, accio non fusse chi interpretasse
che egli renuntiasse la Piene ^"
Auf denselben Gegenstand, nàmlich auf
die wiederholt von Arlotto geforderte Ver-
zichtleistung auf scine Pfarre, bezieht sich
auch die Facetie, die oben, S. 220 mitgeteilt
worden ist. Sie beginnt zwar im Passato
remoto, bestimmt jedoch wieder die Zeit
genauer durch den Zusatz „a questi dì";
und zum Schlusse heifit es: „Aber er (der
Pfarrer) s a g t , er tue es nicht, weil die
Zeiten nicht danach seien; dabei ist
doch d i e s e r Papst ein Monch". Six-
tus IV. war Franziskaner.
Ùber die Person seines Verfassers gibt
das „bel libretto" Stradinos, wie es in
Domenichis Ausgabe vorliegt, keinen Auf-
schluB; das einzige, was wir daraus ent-
nehmen kònnen, ist, dafi er, wie wir gesehn
haben, ein Bekannter Botticellis war und
daB er, was der Vollstàndigkeit halber er-
wàhnt sei, einen Gevatter batte, der Lagata
hieB (Bl. F''). Sicher scheint wohl zu sein,
daB er in Verhàltnissen gelebt haben muB,
die einen vertrauten Verkehr mit den an-
gesehnen Mànnern von Florenz zulieBen.
1 Papantis Text (Facetie 142) hat natùrlich
wieder: „I1 piovano Arlotto diceva , , .",
327
Wie wir schon gcsagt und durch ge-
niigend vide Beispiele bewàhrt haben, sind
in den Papantischen Facetien 101 bis 243,
die dieselbe Vorlage wie die des Padre
Stradino gehabt haben, alle relativen Zeit-
angaben ausgemerzt worden, ohne dafi sie
aber durch absolute ersetzt worden wàren;
mit einer cinzigen, hier jedoch nicht in
Betracht kommenden Ausnahme ^ hat auch
der Kopist alles, wodurch der Verfasser
als Zeitgenosse einer Person erscheint, ge-
tilgt, so da6 eine untere Grenze fùr die Zeit
der Abschrift nicht abgeleitet werden kann.
Fiir die Bestimmung der obern bietet hin-
gegcn eine Handhabe die 169. Facetie, aus
der hervorgeht, daB die Abschrift oder der
Auszug erst nach dem Tode Sixtus IV.
(1484) angefertigt sein kann ".
Im Eingange unsers Exkurses haben wir
^ Diese wird von der oben, S, 319 zum Teile ab-
gedruckten 144. Facetie gebildet, wo der Kardinal
von S. Maria in Portico noch als lebend erwàhnt
wird (come suole nelle più delle sue actioni) ; aber
der in Rede stehende Kardinal — es handelt sich
um Battista Zeno, Kardinal seit dem 21. November
1468 — hat die Jahrhundertwende ùberlebt.
^ («Bernardo da Castiglione, quello che fu pa-
drone di ghalee armate, et, tra le altre volte, a 1
tempo di Sixto,.."; leider hat diese Facetie
kein Gegenstùck bei Domenichi. Andere Angaben,
wie „al tempo di Donatello", die sich òfter findcn,
sind, weil sie in eine frùhere Zeit verweisen, wertlos.
328
■:f
festgestellt, dafi das erste Hundert der
Papantischcn Facetien, das wir dann nicht
mehr in die Eròrterung einbezogen haben«
keine systematischen Parallelen zu dcn
Facetien des Padre Stradino aufweist; liegt
schon deshalb der SchluB nahe, daQ es aus
einer andern Quelle stammt, so geht das
zweifellos daraus hervor, daO gleich die
erste Facetie von dem Jahre 1486 als einem
vergangenen spricht und daB noch in der
75. das Jahr 1484 ebenso erwàhnt wird, wie
denn auch die dazwischen liegenden Stùcke
ofter solche Zeitangaben brìngen. Eine
andere Quelle als die, nach der auch Stra-
dinos Buch erzàhlt, muB noch fiir die hinter
der Facetie 243 stehenden Stùcke ange-
nommen werden; nicht nur daB jede Be-
ziehung zur andern Sammlung aufhort, ge-
schieht auch in der Facetie 249 Michel-
angelos als treff lichen KùnstlersErwàhnung,
und Michelangelo ist erst 1475 geboren \
Wàhrend so die erste Niederschrift der
^ Selbstverstàndlich ist es mòglich, daO die ge-
meinsame Vorlage beider Sammlungen fiir ein paar
Nummern mehr gilt, die dann der Verfasser des „bel
libretto" weggelassen bàtte; die Facetie 248 aber
ist die àuBerste Grenze. Ebenso mogen auch noch
einige Facetien vor der 101. Papantis in der ge-
meinsamen Vorlage gestanden haben; hier ist die
Grenze die Facetie 77, wo von dem Prediger Ro-
berto Caracciolo da Lecce (t 1483) wie von einem
Verstorbenen gesprochen wird.
329
Facetien um Nr. 249, wenn sie, wie Papanti]
behauptet, noch im 15. Jahrhundert erfolgt
ist, nicht vor dessen allerletztcn Jahren ge-^
schehn sein kann, ergibt sich fùr die Numi
mern bis 100 die Wahrscheinlichkeit, daf
sie etwa ein Jahrzehnt frùher abgefafif
worden sind; in der Facetie 13 wird nàm-
lich Roberto da Sanseverino als noch lebend
genannt; dieser Feldherr ist aber schon
1488 gestorben. Ob aber auf diese Stelle ^
viel Gewicht gelegt werdcn kann, soli nicht
entschieden werden, weil bei dem Um-
stande, daB sich etwas àhnliches in diesem
Teile der Facetien gar nicht und in dem fol-
genden auch nur das eine schon besprochene
Mal findet, die Annahme eines Schreib-
fehlers ziemlich nahe liegt. Die Facetien
264 bis 280, die nach Papanti im Gegensatz
zu den vorhergehenden die Schrift des
16. Jahrhunderts aufweisen, brauchen nicht
in den Bereich unsrer Untersuchung ein-
bezogen zu werden.
Dadurch, daB wir nun die Abfassungs-
zeit der unter Domenichis Namen 1548 er-
schienenen Facetien des „bel libretto" Stra-
dinos um etwa 70 Jahre zurùckverlegen
kònnen, stcigt ihr Wcrt fiir die Geschichte
der volkstiimlichcn Schwankmotive erhcb-
1 „I1 signore Ruberto da san Severino usa
dire , , ,"
330
lich. Nicht nur, daC sich bei Domenichi
manche Stoffe Poggios in einer urspriing-
lichern Form finden, die ihre unmittelbare
Entnahme aus der Cberlieferung wahr-
scheinlich macht, enthàlt die Sammlung
Domenichis auch eine Reihe von Erzàh-
lungen, die auf bisher unbekannte Be-
ziehungen schlieBen lasscn. Dies mòge
durch einige Beispiele bewàhrt werden.
Auf Bl. Fo^ steht eine Facetie, die auf
ein oft behandeltes, in anderer Fassung zu-
erst in der Farce vom Maitre Pathelin vor-
kommendes Motiv zuriickgeht:
„Vn dottore promise à un contadino, che
gli uoleua insegnare a piatire, se egli do-
nasse un ducato, per modo che sempre uin-
cerebbe; colui promise, e il dottore gli disse;
niega sempre mai e uincerai; poi chiese il
ducato promesso, e'I contadino subito negò,
hauendo glielo promesso." Vgl. dazu Bol-
tcs Noten zu Wickrams RoUwagenbiichleìn,
Nr. 36, S. 371.
Eine merkwiirdige Parallele zu den in
diesem Bande, S. 257 erwàhnten Predigt-
màrlein von Odo von Ceritona usw. bietet
folgende Facetie (Bl. E^^]:
„A1 tempo che gl'animali fauellauano,
si soleuano anchora confessare; bora con-
fefiandosi l'Asino dell'arte sua, cioè del
toppa la chiane, era molto ripreso dal con-
fessore; Ilquale gli mostraua quanto fuBero
331
aspre le pene dell'inferno: e mostraua la
gloria del paradiso quanto fusse grande:
annouerando molte parti dimandò l'Asino;
se in paradiso si chiauasse. Inteso che non,
disse; et io ne uoglio inanzi ire all'inferno."
Besonders wichtig ist eine Facetie auf
Bl. Dgb, weil sie, obgleich sie nur cin verdor-
bener Auszug aus einer ausfùhrlichern Ge-
schichte zu sein scheint, mehrere Zùge auf-
weist, die sich in der Bearbeitung Sercambis
[Novelle inedite, ed. R. Renier, Torino,
1889, S. 421 ff.: De novo ludo) nicht finden:
,,San Martino per punire un suo prete
che s'impacciaua con una sua popolana,
diuentò un fanciullo, e acconcioBi col marito
a recare legne, perfinche la moglie mutasse
fauella, scaricò le legne prima sotto la
scala, poi nel forno doue '1 prete si nascon-
deua, poi pel mettere per il buco dell'uscio
la mattina al Prete, tagliossela, e mettella
in una paniera di berlingozzi che la donna
gli portaua. Il prete sotto spetie di baciarla
gli tagliò la lingua, et cosi mutò fauella \"
^ So wie sich hier der hi, Martin auf so lange
verdingt, bis das Weib des Bauern die Sprache ge-
àndert haben werde, so verdingt sich der Knecht in
der Nr. 106 der Gartengesellschaft von Montanus,
bis die Frau „weder teutsch noch welsch kan und
dannocht noch bey frischem gesundem leben sein
muss", wàhrend in Schumanns Nachtbiichlein der
Bauer dem Knechte seinen besten Ochsen geben
332
Den Stoff einer Novelle der Novelle an-
tiche (ed. Biagi, S. 109 ff., Nr. 155) behan-
delt die folgende Facetie, die den hi. Petrus
durch den Teufel ersetzt, und wiedcr einer
Inhaltsangabe àhnelt (ebenfalls Bl. D^^]:
„La moglie del Nero, monta sul Pero, e
si trastulla con lo amante; il Nero geloso
tiene abbracciato il Pedale. Passa Christo
à cauallo col dianolo in groppa che anda-
uano à una anima che era in quistione: allu-
minano il Cieco, ilquale gli domanda quello
che la su faccia, rispose la moglie; facciamo
acqua da occhi." Vgl. dazu Landau, Die
Quellen des Dekameron, 2. Aufl., Stuttgart,
1880, S. 80 und die bei Chauvin, Vili, S. 98
(IX, S. 39) angegebene Literatur.
AuBer in dem zweiten Drucke der Face-
tien Domenichis, der wohl mit dem ersten
identisch ist, wird man diese vier Erzàh-
lungen ebenso wie so viele andere in den
spàtern Ausgaben vergeblich suchen; Do-
menichi hat nàmlich fiir die dritte von ihm
soli, „wann sein weyb kùndt nymmer teùtsch reden".
In Hans Sachsens Schwank Der Schmid knecht mit
dem geschleuder (Goetze-Drescher, S. 174 ff.) ist,
ebenso wie bei Sercambi, von etwas àhnlichem nicht
die Rede, so daO wohl Montanus und Schumann
cine andere Quelle gehabt haben mùssen. Vgl.
Boltes Nachweise zu diesen zwei Schwànken (Schu-
mann, S, 386, Frey, S. 277 und Montanus, S. 629).
333
besorgte Ausgabe den Pian seines Buches
vollstàndig geàndert. Wàhrend in der von
1548 und in der 1550 in Venedig bei Bald.
Costantini herausgekommenen ^ die Face-
tien, die er aus dem „bel libretto" des Padre
Stradinos gewonnen hat, von den von ihm
selbst gesammelten, das heifit bis zu neun
Zehnteln aus Gastius ùbcrsetzten Facetien
getrennt sind, gibt seine nàchste Ausgabe
ein regelloses Durcheinander; aus beiden
Teilen ist welter eine groBe Zahl Facetien
weggelassen und dafiir eine weitaus gròBerc
Reihe neuer Facetien hinzugefiigt worden.
Diese Ausgabe hat folgenden Titel:
Detti, / et Fatti / Di diversi / signori et
persone / private, i qvali commvne- / mente si
chiamano Facetie, / Motti, & Bvrle; raccolti
per / M. Lodovico / Domeniche / Al molto
magnifico et nobi- / lissimo signore, M. Vin-
centio / Malpighi, Gentil'huomo Lucchese. /
Con Gratia & Priuilegio. / In Fiorenza, /
Appresso Lorenzo Torrentino. / MDLXII.
8°; 8 ungez. Bl, (das letzte da von weifi),
320S, undSBl. (Index).
In dem aus Rom vom 23. Jànner 1562
datierten Widmungsbriefe (Bl. a.,") sagt Do-
menichi, das Buch sei nun schon dreimal er-
schienen; zwei Ausgaben habe er selber be-
» Vgl. Passano, I, S. 245; in der Hand gehabt
habe ich das Buch nicht.
334
sorgt, die dritte abcr, „con la maschera al
viso", sei von einer Person veranstaltet wor-
den, ,,la quale volentieri, come nuoua cor-
nacchia, vsa abbellirsi con le penne del
pauone". Und voli Bitterkeit setzt er hinzu,
diese zweite Nachdrucksedition, die ebenso
wie die erste in Venedig erschienen sei, sei
eher „imbarbarescata, che imitata".
Diesen, also vernichtend charakteri-
sierten Nachdruck habe ich ebenso wie den
von Domenichi selber besorgten zweiten
Druck nicht zu Gesicht bekommen kònnen,
wohl aber eine andere, auch vor 1562 er-
schienene Ausgabe, die zugleich einen ita-
liànischen und einen franzòsischen Text
gibt; es ist die folgende:
Facecies, / et mo^ fubttl3, b'aucuns cj*
ceUcns / c[pti^ et trefnobles / [eigneurs. / Cn
grancots, et Ztalìan. [Holzschnitt, einen
Askulapstab darstellend; links v. u. n. o.
die Worte „Ex Aeqvitate, Et", rechts v. o.
n. u. „Prvdentia, Honos".] 91 2x)on, / 3nt«
ptime par 9?obert ©ranion. / Wlxl © . lt|. /
Slueq priuttege bu 9?oi).
8"; 64 gez, Bl. Auf der Ruckseite des
Titels steht ein Gìtratt bu priuilege bu
^ox); Bl, 2^» bis 3«> enthalten die Gpifttc
(dieses Wort nur als Columnentitel) 21 Xrcfs
ntagniftque et noble [etgneur, / Sebaftien Gru^
(sic!). / fiot)5 J)omtnique. Titel (mit Aus-
nahme der oben in Antiqua gedruckten
335
Worte), Privilegsauszug und Widmungs-
brief in gothischer Schrift. Bl. itiia beginneuP
die gttceties, et mo^ [ubtils, b'aucuns / ejs
ceÓcns efprt^ et trefnoBIes / Seigneurs: (£n
gxancois / et Stalicn. Die folgenden Seiten
sind bis zur letztcn bedruckten (fijinia)
alle zweispaltig; die breitere linke Spalte
in gothischer Schrift enthàlt den franzosi-
schen, die schmàlere rechts in Kursivschrift
den italiànischen Text. Auf Bl. fijì^ be-
ginnen die „Motz svbtilz" ^.
Wie sich aus der oben angefùhrten Stelle
aus dem Widmungsbriefe der Ausgabe Flo-
renz, Torrentino, 1562 ergibt, scheint Do-
menichi diese italiànisch-franzosische Aus-
gabe nicht gekannt zu haben; in seiner
Eitelkeit bàtte er sich ihrer, wenn auch mit
tadelnden Worten, sicherlich geriihmt.
Die Facecies, et motz subtilz stimmen
1 Von einer andern, bei Gamba, Delle novelle
italiane in prosa bibliografia, 2a ed., Firenze, 1835,
S, 98 und nach ihm von Passano, I, S. 249 H, an-
gefùhrten Ausgabe von Lyon, Robert Grufoy, 1556
ist es hòchst wahrscheinlich, daB sie nie existiert
hat; hat sie aber existiert, so war sie sicherlich mit
der eben beschriebenen identisch. In der Hand ge-
habt habe ich noch einen Nachdruck Lyon, Benoist
Rigaud, 1597, der mit der Ausgabe von 1559 genau
ùbereinstimmt; nach den Angaben Passanos (I,
S. 250 ff.) und Brunets (II, Sp. 801) ist sie nur cin
Abdruck der Ausgabe Lyon, 1574, so daB also auch
diese denselben Text wie die von 1559 bieten muQ.
336
nun kcineswegs mit Domenichis Facetien
von 1548 und ebensowenig mit denen von
1562 iiberein. Unter den erstcn 78 Stiick,
die den ùber 400 des Padre Stradino ent-
sprechen, sind im ganzen sechs, und zwar
9, 41, 54, 56, 58 und 61 \ die beim Padre
Stradino oder bei Domenichi kein Gegen-
stùck haben, und ebenso trifft dies bei den
Facetien 79, 80 und 81 zu; aus dem zweiten
Teile, nàmlich aus den von Domenichi an-
geblich selbst gesammelten Stùcken, die
zum groBten Teil auf Gastius beruhen, sind
nur die Facetien 82 bis 96 genommen, wàh-
rend die restlichen 97 bei Domenichi ohne
beniitzte Parallelen sind ^. Von den rund
500 Facetien Domenichis sind also in den
Facecies, et motz suhtilz nur 87 ùbernom-
men; die gròBere Hàlfte gehòrt daher gar
nicht Domenichi an, wenn bei diesem Pla-
giator iiberhaupt von einem Eigentums-
rechte gesprochen werden darf. Dazu
kommt noch, daB einige Facetien auch in
der Textierung Unterschiede aufweisen. So
erzàhlt Domenichi, 1548, Bl, F^-
„Vn Predicatore trattando della Anun-
^ Im Originale sind die Facetien nicht nume-
riert.
- Wo doch von Parallelen gesprochen werden
kònnte, handelt es sich um eine Entnahme aus einer
andern Vorlage; vgl, dazu die oben, S. 293 ff. zur
5. Facetie Arlottos mitgeteilte Erzàhlung.
Arlotto, Schwànke II. 22 337
tiatione disse tra l'altre sue sciochezze;
che credete uoi donne che facesse all'hora
la uergine Maria? ch'ella s'imbiondisse?
Madonna non: anzi si staua dinanzi à un
Crocifisso, e leggeua il libriccino della
Donna."
In den Facecies, et motz subtìlz, Bl, 19^
(Nr, 72) hingegen lautet die entsprechende
Stelle im italiànischen Texte:
„Vn predicatore parlando della Annun-
ciatione, disse fra le sue altre sciochesse:
che credete voi donne che facesse all'hora
la Virgine Maria quando l'Angelo veni a
essa apportandogli le nuoue de la salute
de gli huomini? Credete che elle se imbion-
diBe? Madonna non: anzi staua dinanzi
vn crucifisso, e diceua l'vfficio de la Ma-
donna," ^
Wesentlicher ist die Ànderung einer
Facctie, die bei Domenichi Bl, He^ff, den
Titel D'uno Scolare ignorante tràgt und fol-
gendermaCen lautet:
,,Vn certo gentilhuomo Francese ^ con-
* Vgl, zu dieser Facetie H. E^tienne, Apologie
pour Hérodote, zit, Ausg,, II, S, 84 f{.
* Domenichis Quelle — die Facetie ist eine der
von ihm gesammelten — war Gastius, S, 278: Alitid
exemplum de studente indocto (=: Luscinius, loci
ac sales, 1524, Bl. L b, Nr. 179; vgl. die Nr. 63 dcs
II. Buches von H. Bebels Schwdnken) ; da sich hier
Domenichi eine kleine Abweichung erlaubt hat,
338
sumando il tempo senza frutto in uno stu-
dio famoso, essendo richiamato a casa dal
padre, senza hauere imparato scienza ne
disciplina alcuna, uolendosi mettere in
uiaggio, prima che montasse a caualio, chia-
mato un notaio et alcuni testimoni, fece
rogare uno contratto, et giuro, che egli non
era per portare lettera alcuna fuor di
quella academia. Onde se per l'auenirc
quegli scolari hauessero perduto per negli-
genza dottrina ucruna, protestaua loro dili-
gentemente, che non douessero sospettare
che ciò per sua colpa fosse accaduto; et che
per tempo alcuno non la douessero mai cer-
care appresso di lui."
In den Facecies, et motz subtilz aber ist,
von geringfìigigen Abweichungen abgesehn,
der erste Satz folgendermaBen geàndert:
„Vn certo gentilhuomo Fiorentino, consu-
sei, um zu zeigen, wie sklavisch er sonst trotz
manchen MiOverstàndnissen nachzuschreiben bemuht
ist, die Fassung von Gastius mitgeteilt: „Eques qui-
dam Germanus, in celebri gymnasio sine fructu tem-
pora terens, quum a parentibus rudis disciplinarum,
ac penitus expers reuocaretur, equo insidens, et
iamiam abiturus, tabellionem, adhibitis aliquot testi-
bus, ad se uocabat, ac uerbis conceptis, sancte
iurauit, se nihil prorsus literarum ab illa Academia
ablaturum. Itaque si quid eruditionis posthac qua-
cunque incuria decideret, diligenter se iam con-
testari, ne sua culpa id accidisse suspicarentur,
neu penes se rem huiusmodi perpetuo quaererent."
22* 339
mando il tempo senza frutto nel studio di
Paula . . .". ^
Wàhrcnd diese Ànderung dem franzo-
sischen Herausgeber zugeschrieben werden
konntc, der ja, wenn er aus vaterlàndischem
Stolze anders iibersetzen wollte, auch den
neben der Ùbersetzung abgedruckten ita-
liànischen Text àndern muBte, kònnen die
sonstigen Verschiedenheiten, besonders der
Einschub einer so groBen Zahl neuer Facc-
tien, nur von einem Italiàner herrùhren; da
wir nun wissen, daB cine von einem Un-
bekannten 1550 in Venedig veranstaltete
Neuausgabe der Facetien Domenichis so
viel Abweichungen von der echten Ausgabe
zeigt, daB sie Domenichi entriistet als nbar-
barisiert" ablehnt, so liegt die Annahme
nahe, daB der italiànische Text der Face-
cies, et motz subtilz ein Abdruck dieser un-
rechtmàBigen Ausgabe ist.
Die in die Facecies, et motz subtilz und
also wohl vorher schon in die Ausgabe
Venedig, 1550, die keinen Drucker nennt,
neu aufgenommenen Facetien sind teils
historische Erzàhlungen, teils behandeln sic
weitverbreitete Schwankmotive; von einigen
1 Bemerkt sei noch, daO die Facetie in der
zitierten Ausgabe von 1562, S. 246 und in den spM-
tern Ausgaben also beginnt: „Vn certo gentilhuomo
Tedesco, consumando il tempo nello studio di
Padoua . , .".
340
làBt sich die Quelle miilielos in Castigliones
Cortegiano, bei Poggio, bei Panormita, bei
Aneas Sylvius usw. nachweisen \
Etwa dreimal so viel Stiicke als die Fa-
cecies, et motz suhtilz hat aus dem erstcn
Drucke die zitierte Ausgabe Fiorenza, Tor-
rentino, 1562 ùbernommen ; aber in demsel-
ben Verhàltnisse ist auch die Zahl der neuen
Einschùbe gewachsen. Woher er diese ge-
nommen hat, dariiber spricht sich Dome-
nichi in einer Mitteilung an die Leser aus,
die sich u. a. in der Ausgabe der Facetie he-
findet, die 1581 bei Domenico Farri in
Venedig erschienen ist: auBer aus dem Buche
Stradinos, das jetzt auf einmal „rozzo et
mal dettato" genannt wird, habe er einiges
wenige aus einem àhnlichen Buche eines
damals in Pisa studierenden Edelmanns aus
Brescia, Giacinto Mondelli mit Namen, gc-
nommen, andres aus einer ihm vor zwei
^ Eine habe ich im Euphorion, XV, S, 11 be-
sprochen, eine andere in meinem Mònchslatein,
S, 248 ff . mitgeteilt (was dort von der Hecaton-
graphie Corrozets steht, beruht auf einem Irrtum;
die Parallele steht in den zum ersten Male 1556 er-
schienenen Divers propos memorables Corrozets, die
mit der Hecatongraphie nichts als den Verfasser ge-
mein haben); die Facetie 41 (Bl, 11 b), zu der man
auch Bouchet, Les Serées, zit, Ausg, III, S. Ili ver-
gleiche, ist eine Variante des Stoffes von Waldis,
Esopus, IV, Nr, 41 (vgl, auch Chauvin, II, S. 196,
Nr, 26),
341
Jahren — diese Mitteilung ist nicht da-
tiert — von einem Aquilaner, Leon Casella,
gewidmeten Sammlung von zweihundert
„Motti" und vieles aus einer vorlàufig nicht
zur Veròffentlichung bestimmten Schrift
iiber den wirklichen liebenswiirdigen Welt-
mann („del uero gentil'huomo affabile, pia-
ceuole et gratioso") von einem gewissen
Gherardo Spini; viele andere Leute habe
er je nachdem bei den einzelncn Facetien
genannt oder verschwiegen. Zu den Ver-
schwiegenen gehort natùrlich wieder Ga-
stius, den er fùr die genannte Ausgabe von
1562 noch mehr als vorher geplùndert hat.
Auf Domenichis Angaben einzugehn und sie
auf ihren Wert zu priifen, wiirde uns zu
weit abseits fùhren; der Zweck dieser
langen Eròrterung war ja wohl hauptsàch-
lich, eine Grundlage herzustellen, die eine
Beurteilung ermòglicht, ob den Facetien
Domenichis ein wichtiger oder unwichtiger
Platz in der Geschichte der Arlottoschen
Facetien gebùhrt,
Ùber die Ausgaben, die mir welter vor-
gelegen haben, seien noch folgende An-
gaben gemacht. Die Drucke Vcnetia, Lo-
renzini, 1562 und 1564 sind identisch mit
der Ausgabe Fiorenza, Torrentino, 1562
und bcstehn wie diese aus sechs Biichern;
der Druck von 1564 steht daher bei Pas-
sano, II, S. 246 an einer falschen Stelle.
342
Die Ausgabe Firenze, Giunti, 1564 ist cin
um einige Stiicke gekùrzter Abdruck der
Ausgabe Fiorenza, Torrentino, 1562, ist
jedoch um ein siebentes Buch vermehrt. Den-
selben Text, aber aufierdem noch die „Motti
diversi raccolti per Tomaso Porcacchi"
bietet die Ausgabe Vinetia, Cavalli, 1565,
die wieder mit den Ausgaben Venetia,
Muschio, 1571, Venetia, Leoncini, 1574 und
Venetia, Farri, 1581 identisch ist.
Domenichi ist am 29. August 1564 im
Alter von 49 Jahren gestorben.
343
Index. Abraham a S. Clara, Judas der Erzschelm I, 205,
Àbstemius, Hecatomythia I, 201.
Acro, Scholia Horatiana II, 271.
Adelphus, Margarita facetiarum I, 214,
Agricola, Sprichwòrter I, 173; II, 241 ff,
Albert v, Stade, Annales 1, 223,
Alberus (Erasmus), Der Barfuser Manche Eulen-
spiegel vnd Alcoran I, 202 ff.
Alfonso I., Konig von Neapel I, 19 ff.; II, 17.
Ammanati (Jacopo) II, 77 ff.
Antoninus (HI.) s. Pierozzi.
Apophthegmata Patrum II, 225.
(Aprosio) La Grillaia I, 187 200; II, 244 254.
Àragonés (Juan), Doce cuentos I, 226.
Arcadia (L) in Brenta I, 174 183 190 205 221 228;
II, 215 247 266 270 271 287.
Aretino (Leonardo) s. Bruni.
Arguijo (Juan de), Cuentos 1, 185; II, 219 304,
Arienti, Gynevera II, 6,
— Porretane II, 246,
Armeno (Cristoforo), Die Reise der Sóhne Giaffers
I, 186.
Bacon, Apophthegms I, 185; II, 301 ff,
Baldinucci, Delle notizie de' professori del disegno
II, 263.
Bandello, Novelle II, 49 132 253,
Baraton, Poesies I, 184; II, 267 296 ff.
Barleta, Sanctuarium II, 73,
— Sermones quadragesimales I, 193; II, 250 257,
Bartolommeo da Pisa, Liber conformitatum I, 202,
Basilius, Hexameron I, 218.
Beaumont and Fletcher, Knight of the Burning
Pesile I 224.
Bebel, Schwànke I, 63 192 200 202 203; II, 215 219
233 263 266 338,
Becchi (Guglielmo) II, 94.
Benfey, Pantschatantra I, 201 205; II, 261,
Bentivogli von Bologna II, 93.
344
Benvenuto da Imola, Daniekommentar I, 214.
Beroalde de Verville, Le Moyen de parvenir I, 175
214; II, 217,
Bisticci (Vespasiano da). Vite 1, 3 35; II, 42 94 231.
Bobertag, Narrenbuch I, 175,
Boccaccio, Decameron I, 188 192 213; II, 240.
Boscoli (Giovanni) I, 114; II, 111.
Bouchet, Les Serées I, 184 190 205 207; II, 217 270
295 ff, 341,
Bozon, Metaphorae I, 217 ff,
Brancaleone (II) II, 267,
Brani, Esopi appologi II, 266 269.
— Narrenschiff II, 227,
Branthóme, Discours sur les sermens espaignols
II, 230,
Bromyard, Summa praedicantium I, 216; II, 215
218 222 ff, 233 253 255 263,
Brunetto, Lettere I, 226.
Bruni (Leonardo) I, 79 ff,
Brusquet I, 185; II, 301.
Calixtus III. II, 73,
Camerarius, Fabellae II, 234 ff. 266.
C, A. M. V. W. s, Zeitvertreiher.
Carbone, Facezie I, 193 213; II, 269.
(Caron) Le Fiat de Carnaval II, 270,
Casalicchio, L'utile col dolce I, 191 226; II, 254,
Castiglione, // Cortegiano I, 193; II, 262 269 318,
Cent nouvelles nouvelles II, 243,
Chappuis, Les facétieuses Journées passim,
Chauvin, Bibliographie I, 186 201 206; II, 261 333
341,
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Dati, Cicalate I, 174,
Delrius, Disquisitiones magicae I, 186.
Democritus ridens I, 182 207 221; II, 215 220 230
254 259 (bis) 266 267 270 279 ff.
Des Periers, Nouvelles récréatìons I, 195 204 222.
Dialogus creaturarum II, 227 257.
Dicaeus, Progymnaston libellus II, 244.
Dini (Francesco) I, 89 ff.
Diogenes Laertius II, 256 257 258 259.
Doni, / Marmi II, 264.
— La seconda Libraria II, 264.
— La Zucca I, 38; II, 215 269,
D'Ouville, L'Elite des contes I, 185 207; II, 246 266
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Exilium melancholiae s. Lehmann.
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Federigo II, v. Montefeltro, Herzog v. Urbino II,
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Federmann, Erquickstunden I, 202; II, 225 229 230
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Ficino (Marsilio) I, 35; II, 323.
Fiore di virtù II, 265.
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204; II, 229 233 (bis) 245 250 257 260 265,
Franceschini (Baldassarre) II, 263 272.
Fregoso, Riso di Democrito e pianto die Heraclito
II, 224,
Frey, Gartengesellschaft I, 215 225 248; II, 267 (bis)
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Garibay, Cuentos I, 220; II, 249,
Garon, Le Chasse-ennuy I, 184 226; II, 266 (bis) 267
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Garzoni, La piazza universale I, 221,
— La sinagoga I, 222; II, 271.
Gastius, Convivales sermones I, 191 226; II, 258 267
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Gellius, Noctes Attìcae II, 262,
Gerlach, Eutrapeliae I, 202 226; II, 263.
Gesta Romanorum I, 217 ff.; II, 261.
Giraldi Cinthio, Ecatommiti I, 226.
Giugni (Girolamo) I, 155 ff.
Gonnella II, 216 246 247 ff.
Gonzenbach, Sicilianische Màrchen I, 225.
Grasso (II) legnaiuolo I 43 ff. 180.
Grillaia (La) s. Aprosio,
Grimm, KHM I, 225 226.
Guicciardini, Detti et fatti I, 202 204 207; II, 225
229 230 247 252 ff . 259 ff. 263 270,
Hagen (v. d.), Briefe in die Heimat I, 175 204; II,
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— Narrenbuch I, 11 175 224,
Hermotimus, Additamenta I, 175 203; II, 266 271.
Heywood, // you know not me, you know nohody
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Histori Peter Lewen I, 11 175.
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Jacopone da Todi I, 82 ff.; II, 279, i
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Johann v, Sheppey II, 257,
Joyeuses (Les) Aventures II, 243 270,
Kalìlah und Dimnah II, 226,
Keller, Dyokletianus Leben I, 206.
— Italianischer Novellenschatz I, 43.
— Li Romans des sept Sages I, 206.
Kirchhof, Wendunmuth I, 195 208 226; II, 226 238
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Korner, Chronica novella I, 223,
Krùger, Hans Clawert I, 213,
La Fontaine, Fables I, 201; II, 226 255,
Lalenbuch I, 175 176 224,
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Landino (Cristoforo) I, 35.
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270 (bis) 294 ff. 303 ff.
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Lenfant, Foggiana II, 221 231 267 269.
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Mariano v. Siena I, 134 ff. 136 ff.
Maringhi (Domenico) II, 193,
Martelli (Francesco) I, 35,
Mathesius, Luthers Leben II, 227 263.
Mazzuoli (Giovanni) I, 182; II, 308 ff.
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— (Giovanni de') I, 34 ff, 54 115; II, 28,
— (Giuliano de') I, 116 117,
— (Lorenzo de*) I, 34 35 116 117; II, 44 ff, 49 323 ff.
— (Pietro de') I, 54 ff. 57 115 117 195.
Medrano, Silva curiosa I, 185,
Melander, Jocoseria I, 208; II, 255,
Memel (J, P, de), Lustige Gesellschaft I, 222; II,
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Mensa philosophica I, 200; II, 217,
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Mirandola (Pico della) I, 35.
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Morlini, Novellae II, 22^ 246 26?,
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Nevizanis (Joh. de), Sylva nuptialis I, 187 205 (bis);
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Nick, Hofnarren I, 201 203 204; II, 229 233 (bis) 250
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Ochino (Bernardino), Apologi I, 187 191 213 ff,; II,
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Odo V, Ceritona II, 221 257 331.
Orsini (Rinaldo 'degli) I, 61,
Panormita, De dictis et factis Alphonsi I, 186; II,
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Pantschatantra s. Benfey,
Paolo da Castro II, 142,
Parabosco, Diporti II, 272,
Parangon (Le) des Nouvelles honnestes II, 266,
Passe-tems (Le) agréable II, 251 272.
Patron (Le) de l'honneste raillerie passim.
Pauli, Schimpf und Ernst I, 193 206 208; II, 216 219
224 225 226 241 248 258 263 265 267,
Pazzi (Jacopo de') II, 194.
— (Piero de') I, 35.
Petrarca, Rerum memorandarum libri quattuor I,
207; II, 252 257,
Picchini (Antonio) I, 37 ff. 87 ff, 121 ff, 155 ff„ II,
163 ff. 166 167.
Pierozzi (Antonino) I, 3 ff, 49 ff, 93 ff, II, 137 ff. 168,
Pienotti, Favole e Novelle II, 256,
Pinedo (Luis de). Libro de chistes I, 185; II, 302 ff,
Pirke Aboth I, 178,
Pitrè, Fiabe . . . siciliani I, 191 225; II, 224.
Plaisant (Le) Boutehors d'oysiveté II, 262,
Plutarch, De educatione puerorum II, 259 265,
— De garrulitate II, 265,
— De sanitate praecepta II, 265,
— Sermones convivales II, 252.
Poggio, Facetiae I, 180 188 191 (bis); II, 215 243
247 265 266 267 268 269.
Poliziano I, 35.
Pontanus (Jak.), Attica bellaria II, 267 270,
Psalmen I, 60,
Pulci (Luigi) I, 35; II, 324 ff.
350
Raparius I, 226 228,
Récréations (Les) fratìQoises I, 190; II, 246,
Recueil de pièces sérieuses II, 267,
Recueil des plaisantes et facétieuses Nouvelles II,
243 270.
René I, v, Anjou, Konig v. Neapel II, 169 fi.
Robert, Fables inédites I, 201 ; II, 226 227 262.
Roger Bontemps I, 184; II, 247 269 270,
Roseli! (Rosello) II, 28 ff.
Rovere (Giuliano della) II, 43 f£.
Sacchetti, Novelle I, 209 211 216 227; II, 232 243
245 ff. 247 (bis) 269.
Sachs (Hans), Schwdnke I, 186 206 218 ff, 221; II,
226 234 ff. 261 268 333.
Sagredo s. Arcadia.
Sandrub, Delitiae hìstoricae I, 175 208.
Santa Cruz (Melchor de), Floresta espanola I, 185
192 ff,; II, 230 248 261 262 266,
Sassetti (Bartolommeo) I, 89 93 ff,; II, 95 137.
Schabbath I, 208,
Schertz mit der Warheyt I, 226; II, 265.
Schimpf und Ernst, 1545 II, 265.
Schumann, Nachtbùchlein I, 224 225; II, 332 ff.
Schupp (Joh. Balth.), Der rachgierige Lucidar II,
254 f f.
— Salomo I, 186; II, 263 306 ff.
Sébillot, Littérature orale de la Haute-Bretagne 1,
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Sercambi, Novelle II, 253 332.
Ser Giovanni, Pecorone II, 240.
Sermini, Novelle I, 188.
Sforza (Battista) II, 5.
Sinibaldi (Falcone) I, 5 ff. 96 ff. 115 ff.; II, 76 ff. 194.
Sixtus IV, II, 44 187 327,
Sorberiana I, 179,
Speculum boni principia II, 244 ff,
Speculum morale II, 221.
Stradino s. Mazzuoli.
351
Strafforello, La sapienza del mondo I, 175 205 221;
II, 261.
StraBburger Ràtselbuch 1, 204; II, 271,
Strozzi (Palla degli) II, 42 ff ,
Tabarin, Oeuvres I, 205; II, 271,
Tabouret, Bigarrures du Seigneur d'Accords II, 251.
Timoneda (Juan de), Sobremesa I, 185; II, 262 302.
Tombeau (Le) de la melancolie II, 266,
Tornabuoni (Lucrezia) I, 117 ff,
Triboulet I, 185; II, 300 ff,
Tyron, Recueil de . . . nouvelles I, 184.
Valerius Maximus, Factorum et dictorum memora-
bilium libri IX I, 206; II, 256 259 265,
Varchi, Storia fiorentina I, 67; II, 141.
Ventura (Ser) I, 25 ff. 27 ff, 130 ff,; II, 113 114 115.
Vespucci (Nastagio) I, 147 ff.
Villamarina (Bernardo) I, 67 ff.
Vitelli (Niccolo di) II, 4 88.
Volterrano s. Franceschini.
Wajikra rabba I, 208 227; II, 255.
Waldau, Bóhmisches Mdrchenbuch I, 225.
Waldis, Esopus I, 201; II, 238 262 341.
Weidner (Job. Jak.j, Teutsche Poetische HauB
Apotheck II, 258,
Weidner (Job. Leonb.), Apophthegmata I, 184 195
196 198 ff. 204 205; II, 224 299.
Wbittington (Sir) I, 224.
Wickram, Rollwagenbuchlein I, 175; II, 267 331,
Wolfenbuttler Priamelhandschrift II, 258,
Zeitvertreiber I, 175 186 216 226; II, 215 229 259
260 270 307,
Zimmerische Chronik I, 188; II, 227 237 270.
Zincgref, Apophthegmata I, 174; II, 266 270.
352
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