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Full text of "Die Schwänke und Schnurren"

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NARREN,  GAUKLER  UND  VOLKSLIEBLINGE 
HERAUSGEGEBEN  VON  ALBERT  WESSELSKI 
ZWEITER  BAND:  ARLOTTOS  SCHWÀNKE  U 


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Giovanni  di  San  Giovanni:  Der  Pfarrer  Arlotto 
(Florenz,  Galleria  Torrigiani). 


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DIE  SCHWÀNKE  UND 

SCHNURREN  DES 

PFARRERS 

ARLOTTO 

Gcsammelt  und  hcrausgegebcn  von 

Albert  Wcsselski 

Mit  mehrern  Bildern  und 
Faksimiiien 

IL  Band 


I 


Alexander  Duncker  Verlag 

Berlin  MCMX  Ì 


"^^     111) 


Alle  Rechte  vorbehalten 


Inhalt  des  IL  Bandcs. 


s«t« 


LXXI.  Wie  der  Pfarrer  einer  kecken 
jungen  Frau  cine  boshafte  Be- 
merkung  zurtickgegeben  hat  .  .  3 
LXXII,  Was  fiir  cine  beiOende  Antwort 
der  Pfarrer  einigen  unverstàn- 
digen  Frauen  in  Borgo  S.  Apo- 
stolo gegeben  hat 3 

LXXIII,  Wie  Ser  Tommaso  Brogi  dem 
Pfarrer  erzàhlt,  was  der  Erz- 
priester  von  Graticciuolo  stati 
seines  Weines  bekommen  hat  .     .        4 

LXXIV,  Wie  der  Pfarrer  Arlotto  Scr 
Tommaso  Brogi  mit  einer  lusti- 
gen  Geschichte  von  einem  ge- 
wissen  Cucina  aus  Sesto  erwidert  11 
LXXV.  Wie  Arlotto  erzàhlt,  daB  er  ali 
sein  di  fiir  die  Sterbenden  ver- 
braucht  hat 14 

LXXVI.  Wie  der  Pfarrer  dem  Kapitàn 
der  Galeere  Màrzkàschen  stiehlt 
und  sie  gerieben  in  einer  Fiasche 

verbirgt 15 

LXXVII.  Wie  der  Pfarrer  einem  Possen- 
reiOer,  dessen  Benehmen  ihn  em- 
port,  eine  tùchtige  Tracht  Peit- 
schenhiebe  verschafft  ,  .  ,  ,  17 
LXXVIII.  Was  fiir  barsche  Antworten  der 
Pfarrer  Arlotto  dem  Herzog  Fe- 
derigo von  Urbino  gegeben  hat    . 

LXXIX.  Wie  der  Papst  Nikolaus  Arlotto 
kennen   lernen   woUte   und   wie 
ihm  Arlotto  die  Geschichte  von 
dem  Blinden  und  dem  Esel  er- 
zàhlt        


20 


21 
VII 


Seitc 
LXXX.  Wie  der  Pfarrer  zwanzig  Schwen- 
gel    voli    Gewùrz    nach    Brùgge 
mitbringl 24 

LXXXI.  Wie  es  dem  Pfarrer  durch  einen 
schnell  ersonnenen  Possen  ge- 
lungen  ist,  Messer  Rosello  um 
zwei  Paar  Kapaune  und  sieben 
Rebhiihner  zu  bringen  -  .  .  .  28 
LXXXII.  Wie  der  Pfarrer  den  Bauern  im 
Settatale,  die  ihrem  armen  Pfar- 
rer beim  Opf  er  schlechte  Quattrini 
gaben,  eine  ordentliche  Zurecht- 
weisung  erteilt  hat 32 

LXXXIII.  Wie  der  Pfarrer,  als  er  wàhrend 
seines  Aufenthaltes  im  Settatale 
bemerkt,  daB  an  Wochentagen 
niemand  zur  Messe  kommt,  Sturm 
làutet  und  also  seinen  Zweck  er- 
reicht 36 

LXXXIV,  Wie  der  Pfarrer  einmal  die 
Suppe  mit  einem  Totenschàdel 
bereitet,  um  einige  làstige  Esser 

loszuwerden 38 

LXXXV.  Wie  sich  der  Pfarrer  der  Zu- 
mutung  eines  falschen  Freundes 
erwehrt  hat,  der  ihn  zum  Ver- 
zichte  auf  seine  Pfarre  bewegen 
wollte 39 

LXXXVI,  Was  fiir  eine  Antwort  der  Pfarrer 
dem  erlauchten  Lorenzo  de'  Me- 
dici  in  Gegenwart  eines  Kardi- 

nals  gegeben  hat 43 

LXXXVII,  Wie  sich  der  Pfarrer  mit  einem 
Einsiedler  vergleicht,  um  zu  schil- 
dern,  was  er  fUr  eine  Not  mit  den 
Leuten  hat,  die  seine  Pfarre  haben 
wollen 46 


Vili 


Sette 

LXXXVIII.  Wie  der  Pfarrer  seinen  Freund 
empfangen  hat,  der  auf  das  Ge- 
riicht  von  seinem  Tode  nach  Ma- 

ciuoli  gekommen  ist 48 

LXXXIX.  Was  des  Pfarrers  xMeinung  ùber 

den  Ausgang  der  Reise  Lorenzos 

de'  Medici  nach  Neapel  war  ,     .      49 

XC,  Wie   der   Pfarrer   die  Redensart 

„Einen    Mònchsfrieden    machen" 

erlautert 51 

XCI,  Was  fur  eine  Geschichte  der 
Pfarrer  einigen  vornehmen  Bùr- 
gern,  die  ihn  beim  Stechen  mit 
Rohrstòcken  getroffen  haben,  zu 
seiner  Entschuldigung  erzàhlt  .  ,  54 
XCII.  Auf  was  fiir  eine  Weise  sich  der 
Pfarrer  an  einem  jungen  Men- 
schen  ràcht,  der  eine  Forderung 
unbarmherzig  eintreiben  will  .  .  56 
CXIII.  Wie  der  Pfarrer  auf  dem  Alten 
Markte  einigen  Freunden  die  Ge- 
schichte von  dem  Ratschlage  der 

Màuse   erzàhlt 64 

XCIV.  Was  der  Pfarrer  von  den  Vene- 

zianern  gedacht  hat 65 

XCV.  Wie  der  Pfarrer  einer  eigensin- 
nigen  Frau,  um  sie  gefùgig  zu 
machen,  eine  sonderbare  Ge- 
schichte erzàhlt 66 

XCVI.  Wie  edelmùtig   sich  der  Pfarrer 

im   Jubeljahre   1450  gegen  einen 

kranken  Englànder  benommen  hat      69 

XCVII.  Wie  der  Pfarrer  zwei  arme  Fami- 

lien    seiner    Gemeinde    mildtàtig 

unterstùtzt  hat 70 

XCVIIL  Wie    der    Pfarrer    einem    armen 

Geistlichen  sein  Brevier  schenkt       71 

IX 


sai» 

XCIX.  Wie  der  Pfarrer  in  der  Zeit  der 
Teuerung  eine  Familie  ein  Jahr 

lang  erhalten  hat 72 

C.  Was  fùr  eine  Antwort  der  Pfarrer 

einem  Schelme  gegeben  hat     .     .       72 
CI,  Von  einer  àhnlichen  Antwort,  die 
der    Pfarrer    einem    Bettler    ge- 
geben hat 73 

CII.  Was  der  Pfarrer  einem  Galeeren- 

sklaven  geantwortet  hat  ...  73 

CHI,  Was  der  Pfarrer  einer  Frau  ent- 

gegnet  hat,  die  ihn  tadeln  woUte       74 
CIV.  Wie    der    Pfarrer    keine    Suppe 

essen  woUte 74 

CV.  Wie  der  Pfarrer  in  der  Suppe  die 

Erbsen  sucht  75 

evi,  Wie  der  Pfarrer  um  seinen  Teil 
eines  Hahns  kommt,  weil  er  eine 

Geschichte  erzàhlt 75 

CVII,  Was  der  Pfarrer  von  den  Geist- 

lichen  hielt 76 

CVIII,  Wie  der  Pfarrer  dem  Kardinal 
von  Pavia  auf  cine  spottische 
Rede  mit  einer  hiibschen  Ge- 
schichte antwortet 76 

CIX,  Wie    reichlich    der    Pfarrer    die 
Werke   der   Nàchstenliebe   geùbt 

hat 89 

ex.  Wie  groO  nach  des  Pfarrers  Mei- 
nung  das  Einkommen  eines  Geist- 

lichen   sein   darf 91 

CXI.  Was  fiir  eine  Meinung  der  Pfar- 
rer  tiber   das   Glùck   der   Benti- 

vogli  gehabt  hat 93 

CXII,  Wie  der  Pfarrer  mit  dem  Bischof 
von  Fiesole  ùbcr  den  Wucher 
•treitet 94 


X 


Seite 

CXIII.  Wie  der  Pfarrer  einen  langwei- 

ligen  Prediger  abgefuhrt  hat  .     .      94 
CXIV,  Wie   der   Pfarrer   fiir   seine   Ge- 
màchlichkeit   in   der   Kirche   ge- 

sorgt   hat 95 

CXV.  Warum  sein  Kirchenpatron  nicht 
fùr  den  Pfarrer  in  die  Stadt  gehn 

kann % 

CXVI,  Wie  der  Pfarrer  einen  Bauer  er- 
innert,  daO  er  sein  Wort  nicht  ge- 

halten  hat % 

CXVII,  Wie  der  Pfarrer  die  guten  und 
die  schlechten  Tage   des  Jahres 

verzeichnet  hat 98 

CXVIII,  Wie  sich  der  Pfarrer  mit  seinem 

Meier  auseinandergesetzt  hat  .     .      96 
CXIX.  Wie  der  Pfarrer  von  einem  Bauer 
um  zwei  Làmmer  bestohlen  wor- 

den  ist 99 

CXX.  Wie  der  Pfarrer  aus  Mitleid  mit 
einer  armen  Wòchnerin  das  Huhn, 
das  er  essen  wollte,   verschenkt 

hat 100 

CXXI.  Wie  der  Pfarrer  gegen  einen  Pi- 
saner  Klage  fùhrt,  der  ihm  ein 
bockbeiniges  und  schlecht  gesat- 
teltes  Pferd  vermietet  hat  .  .  .  103 
CXXII.  Wie  der  Pfarrer  einen  Teil  der 
ihm  aufgetragenen  Einkàufe  be- 
sorgt,  den  andern  nicht  ....  105 
CXXIII,  Wie  der  Pfarrer  einer  Frau  eine 
ihr  unverstàndliche  Antwort  ge- 

geben  hat 107 

CXXIV.  Wie  der  Pfarrer  iiber  die  Kùsse 

der  Geistlichen  dachte    ....     107 
CXXV.  Wodurch  sich  der  Pfarrer  hat  be- 
stimmen  lassen,  einen  Heiligen  in 
seiner  Kirche  zu  behalten  ...     107 

XI 


CXXVI, 

CXXVII. 

CXXVIII. 

CXXIX. 

cxxx. 

CXXXI. 

CXXXII, 
CXXXIII, 

CXXXIV. 

CXXXV. 

CXXXVI. 

CXXXVII. 
CXXXVIII. 

CXXXIX. 
XII 


Seite 
Wie    der    Pfarrer    die    ehelichen 
MiBbràuche  abstellen  wollte    ,     .     109 
Wie     der    Pfarrer    einen    Streit 
wegen  einer  Malerei  schlichtet  .     109 
Wie    des    Pfarrers    Reisegeselle, 
der  Makler  Piero,  zu  jeder  Mahl- 
zeit  Pastinaken  bekommt    .     .     .     Ili 
Wie  der  Pfarrer  dem  allzuleicht- 
glàubigen  Ser  Ventura  eine  màch- 
tige  Dummheit  einredet  ,     ...     113 
Wie   der  Pfarrer  demselben  Ser 
Ventura  ein  Maultier  entlockt     ,     114 
Wie  der  Pfarrer  eine  Wette  mit 
einem  Gottesgelehrten  und  Philo- 

sophen  gewinnt 116 

Wie  der  Pfarrer  die  Jagdhunde 

seiner   Gàste   fùttert 119 

Wie  der  Pfarrer  einem  geplagten 
Ehemanne  die  Geschichte  von  der 
Pilgerfahrt  des  Schusters  erzàhlt     120 
Wie  der  Pfarrer  zwischen  Vater, 
Sohn    und    Stiefmutter    Frieden 

stiftet 126 

Wie  sich  der  Pfarrer  umsonst  ans 
Land  tragen  làOt  und  dem  Tràger 
die  Geschichte  vom  heiligen 
Christophorus  erzàhlt  ,  ,  .  .  130 
Wie  der  Pfarrer  einem  lastigen 
Nachbar    eine    scharfe    Antwort 

gegeben   hat 131 

Wie    der    Pfarrer    einen    seiner 
Bauern  verschneiden  làOt  .     .     .     131 
Wie  der  Pfarrer  noch  einen  armen 
Jungen  von  demselben  Verschnei- 

der  heilen  làOt 132 

Wie  der  Pfarrer  einen   Bauern- 
hund  getauft  hat 133 


S«it« 
CXL,  Was  der  Pfarrer  im  Wirtshause 

tat 134 

CXLI.  Was  der  Pfarrer  einem  Greis 
antworten  lieQ,  der  sich  am  Tage 
vor  scinem  Tode  um  sein  Befin- 

den  erkundigte 135 

CXLII.  Was  fùr  Inschriften  der  Pfarrer 

fùr  sein  Grabmal  verfertigt  hat  .     135 
CXLIII.  Wie  es  der  Pfarrer  anstellte,  um 

keinen  Zoll  bezahlen  zu  mùssen  .     136 
CXLIV,  Wie    der    Pfarrer    eine    Zeitlang 
Cast    des    Erzbischofs    Antonino 
war  und  wie  er  sich  dessen  Gast- 
freundschaft  verscherzt  hat     -     .     137 
CXLV,  Wie  der  Pfarrer  fùr  scine  Bereit- 
willigkeit,  die  Umlagen  zu  bezah- 
len, einen  NachlaO  erhàlt  .     .     .     140 
CXLVL  Wie  der  Pfarrer  auch  bei  einer 
zweiten  Anleihe  mit  einem  blauen 

Auge  davonkommt 144 

CXLVII.  Was    fùr    eine    Geschichte    der 
Pfarrer    ùber    den    EinfluB    der 
neapolitanischen  Luft  erzàhit  hat     147 
CXLVIII-  Warum  der  Pfarrer  pustete,  wann 

er  sich  das  Gesicht  wusch  .     .     .     150 
CXLIX.  Wie  der  Pfarrer  ein  Làstermaul 
mit    einer    hùbschen    Geschichte 
zum  Schweigen  bringt     ....     151 
CL.  Wie  der  Pfarrer  einem  Essenzen- 
hàndler  eine  Geschichte  erzàhit, 
um  billiger  einzukaufen  .     .     .         153 
GLI,  Wie  der  Pfarrer  einen  Eierdieb 

erwischt 155 

CLII.  Was  der  Pfarrer  ùber  die  Bauem 

dachte 156 

CLIII.  Wie  sich  der  Pfarrer  an  einigen 
gefràOigen  Geistlichen  ràcht,  die 
ihn  nicht  zu  Tische  geladen  haben     157 

XIII 


Seite 

CLIV.  Wie  der  Pfarrer  mit  einer  Frage, 

die  er  aufwirf t,  einen  alten  Narren 

zum  Schweigen  bringt     ....     160 

CLV.  Wie  sich  der  Pfarrer  beklagt,  daB 

ihm    sein   bestes   Grundstùck    zu 

wenig  getragen  hat 162 

CLVI.  Was  fiir  einen  Possen  der  Pfarrer 
seinem  Amtsbruder  von  Cercina 

gespielt  hat 163 

CLVII.  Wie  der  Pfarrer  seine  MeBkreu- 

zer  einfordert 165 

CLVIII,  Wie  der  Pfarrer  von  seinem  toten 

Freunde  bestohlen  wird  ....     166 
CLIX.  Was    der    Pfarrer    alles    braten 

lassen  woUte 167 

CLX.  Wie    der    Pfarrer    einen    armen 
Mann  an  einem  Feiertage  arbei- 

ten    làfit 169 

CLXI.  Wie  der  Pfarrer  einem  albanesi- 
schen    Matrosen    mit    der    Hilfe 
eines  Dolmetschs  Beichte  hort     .     169 
CLXII.  Wie   der   Pfarrer   als   Gesandter 

zu  Konig  René  geht 170 

CLXIII.  Wie  der  Pfarrer  aus  einer  Ratte 

eine  Katze  macht 173 

CLXIV.  Wie  der  Pfarrer  einen,  der  auf 
der  StraOe  erkrankt  ist,  bis  zu 
seiner    Genesung    in    sein    Haus 

nimmt 174 

CLXV.  Was    fùr    ein    Morgengebet    der 

Pfarrer  empfiehlt 175 

CLXVI.  Was  der  Pfarrer  betete  ....     175 
CLXVII.  Was  der  Pfarrer  ùber  dasWasser 

sagte 176 

CLXVIII.  Wie  der  Pfarrer  einen  vorlauten 
Geistlichen  mit  einer  muntern 
Antwort  bcschdmt 176 


XIV 


Scite 

CLXIX,  Wie  der  Pfarrer  einen  Geistlichen 
tadelt,  weil  der  einen  beschàdig- 
ten  Dukaten  zuriìckgewiesen  hat     177 
CLXX,  Wie   der   Pfarrer   seinem   faulen 

MeOhelfer  ein  Beispiel  vorhilt    .     178 
CLXXI.  Wie  der  Pfarrer  einen  tórichten 
Streit  zweier  Bauern  nicht  zu  sei- 
nem Schaden  schlichtet  ,     .     .     ,     179 
CLXXII.  Wàs  der  Pfarrer  ùber  Reden  und 

Schweigen   dachte 181 

CLXXIII.  Was    der    Pfarrer    einer    eiteln 

Frau  geantwortet  hat      ....     181 
CLXXIV.  Wie   der   Pfarrer   einen   Freund 

getròstet  hat 181 

CLXXV.  Wie   der  Pfarrer  einen  schmàh- 

sùchtigen  Kanonikus  getadelt  hat     182 
CLXXVI.  Was  der  Pfarrer  ùber  den  Zwie- 
spalt     zwischen     Kleidung     und 

Rede  gesagt  hat 182 

CLXXVII,  Wie  der  Pfarrer  einen  Hohlkopf 

abgefertigt   hat 183 

CLXXVIII.  Was  der  Pfarrer  ùber  den  Tod 

dachte 183 

CLXXIX,  Was  der  Pfarrer  zu  einem  Gecken 

gesagt  hat 183 

CLXXX.  Ein  Rat  fùr  die  Liederlichen  .    .     183 
CLXXXI.  Wie  der  Pfarrer  zur  Versóhnlich- 

keit  gemahnt  hat 184 

CLXXXII.  Wie     der     Pfarrer     auf     Verun- 

glimpfungen  antwortete  ....     184 
CLXXXIII.  Wie  der  Pfarrer  mit  Wasser  be- 

schùttet  wird 185 

CLXXXIV.  Wie    der    Pfarrer    einen    Mùller 
tadelt,  weil  er  einem  Nachbar  ge- 
raten  hat,  sein  Weib  zu  schlagen     186 
CLXXXV,  Was  der  Pfarrer  ùber  das  Ler- 

nen   dachte 186 

XV 


Sette 
CLXXXVI.  Wie    sich    der    Pfarrer    weigert, 

einem  Sàumigen  zu  borgen     .     .     187 
CLXXXVII.  Warum     der     Pfarrer    nicht    an 
einen    Frieden    mit    dem    Papste 

glauben  woUte 187 

CLXXXVIIL  Wie  sich  der  Pfarrer  an  seinen 
Gàsten  racht,  weil  sie  ihn  um 
sein  Essen  gebracht  haben  ,  .  ,  188 
CLXXXIX.  Was  der  Pfarrer  angestellt  hat, 
um  einen  Monch  zur  Beendigung 
seiner  Predigt  zu  veranlassen  .  189 
CXC.  Wie    der    Pfarrer    in    Schiffsnot 

gescherzt    hat 190 

CXCI.  Wie  der  Pfarrer  die  Geschichte 
von  dem  Bauer  und  der  Nachti- 

gall   erzàhlt 191 

CXCII.  Wie  der  Pfarrer  fiir  sein  Leichen- 

begàngnis  sorgt 193 

CXCIII.  Wie  der  Pfarrer  stets  ein  lustiges 

Wort  in  Bereitschaft  batte      .     ,     193 
CXCIV.  Wie    der    Pfarrer    in    kein    ge- 

spreiztes  Haus  gehn  will     ,     ,     .     194 
CXCV.  Wofùr  dem  Pfarrer  zwei  Duka- 

ten  zu  viel  sind 195 

CXCVI.  Wie    der    Pfarrer    zweien    einc 

hùbsche  Antwort  gegeben  hat     .     195 
CXCVII.  Wie    der    Pfarrer    aus    Klugheit 

nachgibt 195 

CXCVIII,  Wie  der  Pfarrer  die  Geschichte 
von  dem  Hirten  und  den  Wòlfen 

erzàhlt  hat 196 

CXCIX.  Warum  der  Pfarrer  kein  Geheim- 

nis  hòren  wollte 196 

ce,  Wie  der  Pfarrer  seinen  Mantel 
weggegeben  hat,  um  einer  armen 
Familie  zu  helfen 197 

XVI 


Saite 
CCI,  Wie  der  Pfarrer  in  seinen  jungen 

Jahren  gar  lùstern  war  ,     ,     ,     .     197 
CCII.  Wie   sich   der  Pfarrer  mit  einer 

Nonne  unterhàlt 198 

CCIII.  Was  der  Pfarrer  bei  einer  Dime 

erlebt  hat 198 

CCIV,  Warum    der    Pfarrer    keine    Ge- 

vatterschaft  iibernehmen  will  .     .     200 
CCV,  Wie  sittenstreng  der  Pfarrer  bei 

den  Tieren  war 200 

CCVI.  Wie     der     Pfarrer    gewissenhaft 

antwortet 201 

CCVII.  Wo  nicht  gut  zu  leben  ist     .     .     201 
CCVIII.  Wie    der    Pfarrer    bei    Unbilden 

Geduld  ubte 201 

CCIX.  Wie    der    Pfarrer    einen    Bauer 
fragt,     ob     er     noch     beim     Tor 
hineinkommen   werde      ....     202 
CCX.  Wie    der    Pfarrer    einem    Bauer 

einen   guten  Rat  gibt     ....     202 
CCXI,  Wie  Minaccio  alles  verspielt  hat     203 
CCXII.  Wie     ein     Einàugiger     Getreide 

kaufen  wollte 203 

CCXIII.  Wie  Fra  Paolo  gegen  die  Ùppig- 

keit  predigte 204 

CCXIV.  Wie    sich    eine    junge    Frau    in 
Bologna  beklagt  hat,  daB  sie  ihr 

Mann  schlug 204 

CCXV.  Wie  sich  ein  j unger  Mann  in  der 

Welt  umtun  wollte 205 

CCXVI.  Wie  einer  von  einem  Schatze  ge- 

tràumt  hat 205 

CCXVII.  Was    fùr    eine    Behandlung    ein 

Fieberkranker  vriinschte      .     .     .     206 
CCXVIII.  Wie  einer  einem  Kardinal  Wind 

gemacht  hat 206 

XVII 


Seite 
CCXIX,  Wie     einer     seiner     Frau     mehr 

glaubt,  als  seinen  Freunden  .     .    207 
CCXX.  Wie  Razello  von  Bologna  einen 

Spòtter  abgefertigt  hat  ....     208 
CCXXI.  Wie  sein  MeBhelfer  dem  Pfarrer 

von  einem  Sterbenden  erzàhlt     .     208 
CCXXII,  Eine   scharfsinnige  Antwort   des 

Pfarrers 208 

CCXXIII.  Wie  der  Pfarrer  eine  beziehungs- 

lose  Antwort  bekommen  hat  .     ,     209 
CCXXIV.  Wie    der    Pfarrer    einen    wegen 

seines  Weibes  tròstet      ,     ,     .     ,    209 
CCXXV,  Wie  der  Pfarrer  einen  ihm  ge- 

leisteten  Dienst  einschàtzt  .     .     .    209 
CCXXVI.  Wie    dem    Pfarrer    das    Bier    in 

England  geschmeckt  hat     .     .     .    210 
CCXXVII,  Wie  der  Pfarrer  zwischen  natiir- 
licher  und  kùnstlicher  Schónheit 

unterschied 210 

CCXXVIII.  Wie  der  Pfarrer  den  Weinzapfer 
machen  muB  und  wie  er  sich 
dafùr  ràcht 210 

Anmerkungen    literatur-    und    stoffgeschicht- 

lichen  Inhalts 213 

Heimkehr  von  der  Beichte 215 

Der  Fromme  und  der  Dieb 220 

Monchsfriede 222 

Verrùckt  mit  den  Verrùckten 224 

Die  Màuse  wollen  der  Katze  eine  Schelle 

anhàngen 226 

Die  verwehten  Denkzettel 234 

Des  Schàfers  Wahrzeichen 235 

Markolfs  Katze 238 

Gànsebrùcke 239 

Ratsuchen  bei  einem  fernen  Weisen     .    .  240 

Erkenntnis  beim  FluOiibergang     ....  243 

XVIII 


Sdì* 

Sohn  und  Stiefmutter 243 

Angst  vor  Ansteckung 245 

Kirchhof  das  beste  Grundstùck    ....  248 

Der  sich  freuende  Dritte 253 

Lahmer  und  Blinder 254 

Der  falsche  Schiedsrichter 256 

Das  Vòglein  mit  den  drei  Lehren    .    .    .  261 

Haare  alter  als  der  Bart 270 

Anhang 275 

1.  Die  Sprùche  des  Pfarrers  Arlotto  nach 
den  Erquickstunden  und  dem  Demo- 
critus  ridens 277 

2.  Texte   und   Bearbeitungen    des   Stoffes 

der  V.  Facetie 282 

3.  Lodovico  Domenichis  Facetien     .    .    .  306 

Index 345 


Illustrationen. 

Giovanni   di   San   Giovanni:   Der   Pfarrer 

Arlotto  (Florenz,  Galleria  Torrigiani)     ,     IV 
Olgemàlde  Volterranos  (in  den  Uffizien)    .     213 
(Giovanni  da  San  Giovanni?)   Der  Pfarrer 
Arlotto  (Florenz,  Galleria  Pitti)    ...    273 


XIX 


Erratum. 

Die  Angabe  in  der  FuBnote  auf  S,  3  des  ersten 
Bandes,  daB  Arlottos  GroBmutter  dem  Geschlechte 
der  Torciglioni  entstammt  sei,  ist  falsch;  wenn 
zwischen  Arlotto  und  dem  Erzbischofe  Antonino 
iiberhaupt  eine  Verwandtschaft  bestanden  hat,  so 
rùhrte  sie  von  der  Mutter  Arlottos  ber.  Vgl.  Manni, 
III,  S,  74. 


XX 


Die  Schwànke 
dcs  Pfarrcrs  Arlotto 


Zweiter  Band 


E  Ines   Tages   saB   ich   mit    dcm   Pfarrer  LXXI. 

Arlotto  und  einigen  Freunden  von  ihm     .'*''*/'%  ^'?"'«'' 
auf  einer  Bank  gegenuber  von  der  bcriihm-    prau  eine  boshafte 
ten  Kirche  St.  Johannes  des  Tàufers.  Bemerkung 

Da  kam  eine  mehr  kecke  als  kluge  junge  zuriickgegeben  hai. 
Frau  vorùber,  begleitet  von  einer  wùrdigen 
Dame  und  einer  Magd;  und  der  Pfarrer 
kehrte  sich  gegen  diese  Frauen  und  sagte  zu 
uns;  „Seht  nur,  wie  hùbsch  diese  junge 
Frau  ist." 

Sie  hòrte  es  und  meinte,  er  mache  sich 
lustig  iiber  sie,  und  antwortetc  ihm  laut: 
„Von  Euch  kann  ich  das  nicht  sagen." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Ihr  kònntet  schon; 
freilich  mùI3tet  Ihr  lùgen,  wie  ich  es  getan 
habe." 


ES  ist  ein  alter  Brauch  in  Florenz,  daB 
sich  unsere  florentinischen  Frauen  im 
Sommer  der  Hitze  halber  nach  dem  Esscn 
im  Hofe  oder  im  Erdgeschosse  aufhalten, 
meistens  um  dort  ihre  sonstigen  Beschàf- 
tigungen  zu  trefcen,  wie  spinnen  oder 
kochen,  wenn  sie  auch  dabei  gleichwohl 
beinahe  alle  geschmiickt  und  geputzt  sind; 
und  dort  bleiben  sie  bis  zur  Stunde  des 
Abendessens. 

Eines  Tages  kam  der  Pfarrer  um  die 
Vesperzeit  durch  Borgo  S.  Apostolo  und 
traf  einige  Frauen,  die  unter  einer  Haustùr 
kochten. 


LXXIL 

Wat  fùr  eine 

beiBende  Antwort 

der  Pfarrer  einigen 

unverstàndigen 

Frauen  in 

Borgo  S.  Apostolo 

gegeben  hat. 


LXXIII. 

Wie  Ser  Tommaso 

Brogi  dem  Pfarrer 

erzàhlt,  was  der 

Erzpriester  von 

Graticciuolo  slatt 

teine»  Weines  be- 

kommen  hat. 


Da  sagte  die  cine:  „Gott  zum  GruBe, 
Pfarrer!  Euer  Vetter  Currado  hat  ja  ein 
hiibsches  Sòhnchen  bekommen  und  ist  also 
mehr  wert  als  die  andern,  weil  er  mit  seinen 
sicbzig  Jahren  etwas  fertig  gebracht  hat, 
was  oft  einer  mit  fùnfundzwanzig  nicht 
trifft;  bedanken  muB  er  sich  freilich  bei 
seiner  schònen  Frau." 

Der  Pfarrer  merkte  zweierlei:  einmal 
da6  sie  ihn  aufzogen,  und  dann,  daB  sie 
seinen  Vetter  als  Hahnrei  hinstellten  und 
dessen  Frau,  die  gut  und  ehrsam  und  aus 
edelm  Biute  und  sehr  schòn  war,  als  Hure. 

Auf  der  Stelle  antwortete  er,  ohne  sich 
zu  besinnen:  „Ja  glaubt  ihr  denn,  daB  es 
sonst  keine  Huren  gibt  als  euch?" 

Sie  verstummten,  und  von  nun  an  àrger- 
ten  sie  ihn  nie  mehr  und  sprachen  auch 
nichts  schlechtes  mehr  von  seinem  Vetter 
und  seiner  Muhme. 

ICh  habe  dir  vorhin  in  diesem  Buche  eine 
Geschichte  erzàhlt,  wie  sich  der  erlauchte 
Ritter  und  adelige  Herr,  Messer  Niccolò  de 
Vitelli  S  Herr  von  Città  di  Castello,  òfter 
in  Florenz   aufhielt,   wann  er  seine   Stadt 

*  Niccolò  di  Giovanni  Vitelli  gewann  sich 
durch  seine  Liebe  zu  seiner  Vaterstadt  die  Ver- 
ehrung  seiner  Mitbiirger  in  so  hohem  MaOe,  daB  sie 
ihn,  so  wie  spàter  die  Florentiner  Cosimo  de' Medici, 
den  Vater  des  Vaterlands  nannten.  Er  starb  1496 
in  Città  di  Castello. 


verlieB;  und  mit  diesem  Manne  vcrband 
unsern  Pfarrer  Arlotto  cine  enge  Freund- 
schaft.  Als  nun  eines  Abends  bei  und  nach 
Tische  viel  hùbsche  Schnurren  erzàhlt 
wurden,  nahm  mich  ein  gewisser  Ser  Tom- 
maso Brogi,  auch  aus  Città  di  Castello  und 
Kanzler  des  besagten  Messers  Niccolò,  bei- 
seite  und  sagte  zu  mir:  „Ich  habe  gehòrt, 
dafi  der  Pfarrer  oft,  wenn  einer  eine  Ge- 
schichte  erzàhlt  hat  und  eine  andere  zu 
demselben  Gegenstande  verlangt,  wirklich 
eine  erzàhlt;  das  diinkt  mich  wahrhaftig 
sehr  erstaunlich  und  ich  kann  es  kaum 
glauben  und  mòchte  es  jetzt  versuchen." 

Ich  antwortete:  „Das  weiB  ich  nicht  und 
glaube  es  selber  nicht  recht,  aber  versucht 
es." 

Ser  Tommaso  wandte  sich  zum  Pfarrer 
und  sagte:  „Ich  will  Euch  beute  Abend  ein 
hiibsches  Erlebnis  erzàhlen,  das  ich  vor 
kurzem  in  Urbino  gehabt  habe,  wo  ich  mich 
in  Geschàften,  die  Messer  Niccolò  mit  dem 
erlauchten  Herzog  batte,  etliche  Monate 
lang  aufhielt. 

Eines  Morgens  ging  ich  Madonna  Bat- 
tista Sforza,  die  Gemahlin  des  besagten 
Herzogs  ^  besuchen,  und  wàhrend  ich  mit  ihr 

^  Battista,  eine  Tochter  der  gelehrten  Costanza 
Varano  und  Alessandro  Sforzas,  wurde  1459  im 
Alter  von  13  Jahren  dem  um  24  Jahre  àltern  Fede- 
rigo IL,  Herzog  von  Urbino  (1422 — 1482)  vermàhlt; 


sprach,  kam  ein  Geistlicher,  der  sich  als 
Erzpriester  von  Gratticiuolo  bezeichnete; 
nach  der  BegrùBung  bat  er  die  erhabene 
Dame  um  irgendeine  Gnade  und  sie  ant- 
wortete  ihm  lachend  und  sagte:  „Zuerst 
miiBt  Ihr  mir  erzàhlen,  wie  die  Geschichte 
mit  dem  Bauer  verlaufen  ist ,  der  Euch 
einen  Eimer  Wein  bàtte  geben  sollen  fiir  die 
Lossprechung,  die  Ihr  ihm  in  der  Karwoche 
erteilt  habt,  und  wie  es  zugegangen  ist,  daB 
Ihr  den  Wein  nicht  erhalten  habt." 

Mit  einigen  Zeichen  des  MiBbehagens 
sagte  der  Erzpriester:  ,Madonna,  ich  wiirde 
sie  nie  erzàhlen,  weil  sie  auch  fùr  cine  Ge- 
schichte so  unanstàndig  ist,  daB  ich  mich 
schàme,  sie  zu  wiederholen;  da  Ihr  mich 
aber  zwingt,  bleibt  mir  nichts  iibrig,  als  zu 
gehorchen. 

Am  Mittwoch  in  der  vergangenen  Kar- 
woche kam  ein  Bauer  aus  meiner  Gemeinde 
zu  mir  und  beichtete  mir  neben  vielen  an- 
dem  Siinden,  daB  er  dann  und  wann  mit 
seiner  Frau  die  Sache  auf  die  verkehrte 
Weise  gemacht  habe. 

In  meiner  Entriistung  iiber  eine  so 
schàndliche  und  abscheuliche  Siinde  machte 
ich  ihn  tùchtig  herunter  und  sagte  ihm  unter 

sie  galt  als  eine  der  gelehrtesten  Daraen  ihrer  Zeit. 
Eine  Biographie  von  ihr  existiert  von  dem  Novel- 
listen  Sabadino  degli  Arienti  (in  der  Gynevera  de  le 
dare  donne). 


Schcltwortcn,  davon  kònne  ihn  nìemand  los- 
sprechen  als  der  Papst;  und  als  er  mich 
fragte,  was  ihn  die  Reise  nach  Rom  kosten 
wùrde,  sagte  ich  ihm,  daB  er  etwa  vier  Du- 
katen  brauchen  diirfte,  nàmlich  zwei  fiir 
seine  Notdurft  auf  dem  Hin-  und  Riickwege 
und  zwei  fiir  die  Lossprechung.  Nun  fragte 
er  mich:  „Um  wie  viel  wùrdet  Ihr  mich  los- 
sprechen?**  Wir  fingen  zu  handeln  an  und 
kamen  endlich  ùberein,  dafi  er  mir  zwei 
Eimer  Wein  geben  solle;  und  Ihr  mùBt 
wissen,  daB  der  Eimer  in  unserer  Gegend 
zehn  Bolognini  gilt. 

Aber  samt  meinem  Wohlwollen  fiir  ihn, 
daB  ich  ihm  die  Kosten  verringert  und  die 
Miihe  erspart  batte,  bekam  ich  den  Wein 
nicht,  sondern  er  hat  mich  nur  verunehrt 
und  seine  eigene  Schande  und  die  seiner 
Frau  ausgeschrien,  Ich  wiirde  doch  wahrhaf- 
tig  nicht  um  alles  Gold  in  der  Welt  irgend 
etwas  aus  der  Beichte  erzàhlen,  weil  es  ja, 
wie  Ihr  wiBt,  Madonna,  eine  schwere  Sùnde 
ist,  wenn  unser  einer  das  Beichtgeheimnis 
verletzt;  wenn  sie  aber  solche  Narren  sind, 
daB  sie  die  Sache  selber  erzàhlen  und  ihre 
Schande  selber  ausschreien,  dann  kann  ich 
nicht  anders.  Als  ich  ihm  also  die  Beichte 
abgenommen  batte,  erteilte  ich  ihm  die  Los- 
sprechung und  er  sagte  mir,  am  Tage  nach 
Ostern  solle  ich  den  Wein  holen  kommen. 

Voli  MiBvergniigen,  ich  denke,  des  Wei- 


nes  halber,  ging  er  heim;  und  als  ihn  seine 
Frau  so  niedergeschlagen  sah  —  ich  kann 
Euch  nur  sagen,  Madonna,  sic  ist  das  nieder- 
tràchtigste  und  schlcchteste  Weib  wcit  und 
breit  —  begann  sie  zu  keifen  und  ihn  zu 
schelten  und  sagte:  „Du  machst  es  umge- 
kchrt  wie  alle  andern,  die,  wenn  sie  zur 
Beichte  gehn,  traurig  sind  wegen  der  began- 
genen  Sùnden,  aber  dann,  wenn  sie  gebeich- 
tet  haben  und  losgesprochen  sind,  frei  und 
fròhlich  heimkommen,  weil  sie  sich  mit  Gott 
versòhnt  glauben,  Du  machst  es  gerade  ent- 
gegengesetzt  und  siehst  gar  nicht  so  aus,  als 
ob  du  von  der  Kirche  und  der  Beichte 
kàmest,  sondern  als  hàttest  du  einen  Er- 
mordeten  gesehn.  Was  Teufel  hast  du  nur? 
Du  muBt  es  mir  sagen." 

Und  der  Bauer  antwortete  ihr;  „LaB 
mich  in  Ruh;  unsere  Dummheiten  werden 
uns  so  viel  schaden  und  kosten,  daB  wir  fiir 
heuer  fertig  sind.  Wie  du  weiBt,  haben  wir 
uns  manchmal  auf  deinen  Wunsch  und  auf 
meinen  das  Vergnùgen  gemacht,  es  auf 
die  verkehrte  Weise  zu  tun,  und  davon 
hat  mich  der  Erzpriester  nicht  lossprechen 
wollen." 

Und  er  erzàhlte  ihr  den  ganzen  Vcrlauf 
der  Beichte  und  von  dem  versprochenen 
Weine  und  fuhr  fort:  „Du  weiBt,  daB  wir 
nicht  mehr  als  fiinf  Eimcr  haben,  und  einen 
Teil  wolltc  ich  aufheben  bis  zur  Erntc  und 

8 


zum  Dreschen;  wenn  wir  ihn  ihm  geben,  so 
blcibt  uns  nicht,  was  wir  fiir  uns  brauchen, 
und  wir  werden  sclber  Wein  kaufen  miissen.'* 

Die  Frau  sagte:  „Sonst  noch  etwas?" 

Der  Mann  antwortcte:  „Ich  dàchte,  es  ist 
das  schon  zu  viel." 

Sic  sagte:  „Wann  soli  er  ihn  holen 
kommen?" 

Der  Mann  antwortete:  nAm  Tage  nach 
Ostern  nach  dem  Essen." 

Die  Frau  sagte:  „Mach  du  dir  keinen 
Kummer  mehr;  ich  werde  ihn  schon  befrie- 
digen,  ich  schon!" 

Am  Tage  nach  Ostern  gab  sie  am  Morgen 
ihrem  Manne  einen  Korb  mit  Eiern  und 
Kàse,  mit  dem  Auftrage,  ihn  nach  Urbino  auf 
den  Markt  zu  tragen  und  die  Sachen  zu  ver- 
kaufen;  und  in  ihrer  Bosheit  befahl  sie  ihm, 
nicht  vor  dem  Abende  nach  Hause  zu  kom- 
men,  Und  das  alles  tat  sie  nur  deshalb, 
damit  ich  ihn  nicht  tràfe  und  er  mir  den 
Wein  nicht  geben  kònne;  denn  bàtte  ich  ihn 
getroffen,  so  bin  ich  sicher,  daB  er  mir  ihn 
gegeben  bàtte,  weil  meine  Forderung  billig 
war  und  es  anders  unrecht  gewesen  wàre. 

Da  ich  von  dieser  Auseinandcrsetzung 
und  ihrer  Narrheit  und  Undankbarkeit  nichts 
wuBte,  mietete  ich  zwei  Lasttiere  und  ging 
mit  meinem  MeBhelfer  um  den  Wein;  ich 
pochte  an  die  Tur  und  sie  antwortete  mir: 
„Mein  Mann  ist  nicht  daheim;  er  hat  in  Ur- 


bino  etwas  zu  besorgen  und  kommt  nicht  vor 
Abend  nach  Hause,  WoUt  Ihr  etwas?  Sagt 
es  mir." 

Und  dann  woUte  sie,  da6  wir  unten  im 
Keller  einen  ImbiB  einnàhmen. 

Als  sie  dcn  Wein  dazu  ablieB,  nahm  sie 
keinen  Krug,  sondern  entschuldigte  sich, 
daB  er  zerbrochen  sei,  und  lieB  den  Wein 
in  einen  groBen  Becher  ab;  und  das  tat  sie 
mit  einem  Zapfen  vorne  an  dera  Weinfasse, 
neben  dem  wir  saBen. 

Wir  tranken  jeder  einen  Schluck  und 
nun  ging  sie  zur  hintern  Seite  desselben 
Fasses  und  zog,  wieder  mit  einem  Zapfen, 
von  dcmselben  Weine  ab,  und  wir  tranken 
zum  andern  Male. 

Ich  verwunderte  mich  baB  und  konnte 
mir  nicht  entràtseln,  warum  sie  so  tat. 

Und  sie  fragte  mich:  „Sagt  mir,  Herr 
Erzpriester,  welchen  von  den  beiden  Wci- 
nen  haltet  Ihr  fiir  besser?" 

Ich  antwortete  ihr:  „Mir  scheint  es 
cinerlei  und  der  Geschmack  ist  derselbe; 
der  Wein  ist  ja  auch  aus  demselben  Passe." 

Nun  wandte  sie  sich  aufbrausend  zu  mir 
und  sagte:  „Zum  Teufel  mit  Euch,  daB  Euch 
der  Herrgott  schànde!  Wenn  es  bei  dem 
Weine  in  dem  Passe  da  einerlei  ist,  was  hat 
es  Euch  dann  zu  scheren,  ob  ich  es  mit 
meinem  Manne  von  vorn  oder  von  hinten 
mache?    Uns  schmeckt  es  so  und  wir  neh- 

10 


mcn  vorlieb  damit,  wir  tuns  im  Einvcrstànd- 
nis  und  wir  tuns  mit  dem  unserigcn;  was  ist 
also  schicchi  daran,  wo  ist  da  cine  Sùnde? 
Ihr  solltet  Euch  schàmen,  packt  Euch." 

Und  statt  des  Weines  hatte  ich  dicse 
Niedertràchtigkeit,  und  ich  war  froh,  als  ich 
drauDen  war.*  " 

Als  Ser  Tommaso  diese  Geschichte  be- 
endet  hatte,  sagte  er  zum  Pfarrer:  „Wenn 
Ihr  mir  nicht  gleiches  mit  gleichem  ver- 
geltet,  so  blcibt  Ihr  mein  Schuldner." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Ich  will  nicht, 

daB   Ihr  meine   Schuld   erst   eintragt;    ich 

werde  sie  auf  der  Stelle  bezahlen,"    Und  er 

erzàhlte  die  Geschichte  ,    die  hinter  dieser 

,  f olgt ,    zu    der    sie    ein    hiibsches    Gegen- 

Istiick  ist. 


NAhe  bei  Florenz,  nur  vier  Meilen  ent- 
fernt,  liegt  ein  Dorf,  wo  viele  Bauem 
[wohnen,  aber  auch  viele  Stàdter  ihre  Palaste 
[haben. 

Unter  diesen  Bauern  war  ein  armer 
[Mann,  der  sich  Cucina  da  Sesto  nannte;  der 
iwurde  vor  den  Vikar  der  Scarperia  ge- 
[laden,  der  dort  der  Herr  war.  Da  sich  Cu- 
[cina  keiner  Schuld  bewufit  war,  verwunderte 
er  sich  sehr;  und  er  konnte  sich  auf  keine 
Weise  entràtseln,  warum  man  ihn  vorfor- 
[dere. 

Er   erschien   vor   dem   besagten   Vikar, 


LXXIV. 

Wie  der  Pfarrer 

Arlotto 

Ser  Tommaso  Brogi 

mit  einer  lustigen 

Geschichte  von 

einem  gewissen 

Cucina  aas  Sesto 

erwidert. 


11 


und  dcr  saB  eben  zu  Gericht  und  lieB  sich 
die  Streitigkeiten  vortragen  und  sprach 
Rccht;  und  weil  Cucina  schlecht  gekleidet 
war  und  armselig  aussah,  fertigte  der  Vikar 
zuerst  alle  andern  Leute  ab,  bevor  er  sich 
zu  ihm  wandte  und  sagte:  „Und  du,  du 
Bettler,  was  willst  du?" 

Cucina  antwortete:  „Ich  komme,  um  zu 
gehorchen";  und  indem  er  seine  Miitze  ein 
wenig  riickte,  fuhr  er  fort:  „Ihr  habt  um 
mich  geschickt;  ich  weiB  aber  nicht,  was  Ihr 
wollt." 

Der  Vikar  sagte:  „Woher  bist  du  und 
wie  heiBt  du  und  was  ist  dein  Geschàft?" 

Er  antwortete:  nlch  bin  der  und  der  und 
werde  gemeiniglich  Cucina  da  Sesto  gc- 
nannt;  ich  bin  ein  armer  Teufel  und  lebe  von 
der  Arbeit  meiner  Hànde." 

Der  Vikar  sagte:  „Da  bist  du  also  der 
gute  Bursche,  der  mir  wegen  dieser  netten 
Dinge  verklagt  worden  ist." 

Und  er  erhob  sich  und  fiihrte  ihn  in  den 
Saal  hinauf  ;  als  er  ihm  dort  dieWippe  geben 
lassen  wollte,  sagte  Cucina:  „Herr  Vikar, 
ich  bitte  Euch  um  Gottes  willen,  wollt  doch 
nicht  zornig  werden!  Fragt  mich,  was  Ihr 
wollt,  und  Ihr  werdet  finden,  daB  ich  Euch 
die  Wahrheit  sage;  wenn  ich  Euch  gehorche, 
warum  wollt  Ihr  mir  den  Leib  vcrderben? 
Ich  bin  ein  armer  Mann,  lebe  von  meiner 
Hànde  Arbeit,  ertrage  gern  jede  Mùhe  und 

12 


bin  liberali  in  Sesto  und  ringsum  in  der 
Ebene  bekannt.  Ich  weiB,  daB  Ihr  klug  und 
giitig  seid  und  mir  auf  keine  Weise  unrecht 
tun  werdet;  ich  bàtte  nicht  herzukommen 
brauchen,  wenn  ich  nicht  gewollt  bàtte, 
aber  weil  ich  wuBte,  wer  Ihr  seid,  habe  ich 
nicht  widerspenstig  sein  wollen,  sondem 
bin  bereitwillig  gekommen,  undichempfehle 
mich  Ew.  Herrlichkeit." 

DerVikar,  der  ihn  schon  batte  entkleiden 
lassen,  um  ihm  die  Wippe  zu  geben,  besànf- 
tigte  sich  etwas  und  fragte  ihn,  ob  er  ein 
Weib  habe  und  seit  wann. 

Cucina  antwortete:  „Ich  habe  mein  Weib 
seit  etwa  fiinfundzwanzig  Jahren,  lebend  im 
SchweiBe." 

Der  Vikar  sagte:  „Schàmst  du  dich  denn 
nicht,  daB  du  es  mit  ihr,  wie  mir  von  glaub- 
wiirdigen  Leuten  berichtet  worden  ist,  nicht 
auf  ordentliche  Weise  machst,  sondem  wie 
die  Tiere?  Ist  das  vielleicht  nicht  wahr? 
Wenn  du  ja  sagst,  so  weiB  ich  es,  und  wenn 
du  nein  sagst,  so  weiB  ich  es  auch." 

Cucina  antwortete:  „Herr  Vikar,  ich  bin 
ein  Feind  der  Liige  und  habe  mein  Lebtag 
noch  nicht  allzu  viel  gelogen.  Die  ganze 
Woche  gehe  ich  zur  Arbeit,  weil  ich  davon 
lebe,  und  am  Abende,  wann  ich  gegessen 
habe  und  zu  Bette  gehe,  bin  ich  mùde  und 
schlafe  augenblicklich  ein.  Dann  und  wann 
kommt  nun  meiner  Frau  die  Lust  und  sie 

13 


riickt  zu  mir;  dann  gebe  ich  ihr  ihn  in 
die  Hand  imd  sage:  , Steck  ihn  hin,  wo  es 
dich  juckt*,  und  wo  sie  ihn  hinsteckt,  dort 
stoBe  ich  zu,  und  wohin  es  geht,  weiB  ich 
nicht.  Ist  das  ein  Fehler,  so  begeht  ihn  sie 
und  nicht  ich,  und  wenn  Ihr  mir  nicht 
glaubt,  so  schickt  um  sie  und  fragt  sie  aus, 
und  Ihr  werdet  sehn,  daB  ich  die  lautere 
Wahrheit  gesagt  habe." 

Ober  diese  einfàltige  und  drollige  Ant- 
wort  Cucinas  begann  der  Vikar  zu  lachen 
und  er  ànderte  seine  Absicht;  er  hieB  ihn, 
sich  wieder  anzukleiden,  und  gab  ihm  zu 
essen  und  entlieB  ihn  mit  den  Worten: 
„Hute  dich,  noch  einmal  herzukommen,  und 
wenn  ich  hundertmal  um  dich  schicke." 


LXXV. 

Wie  Arlotto  er- 

zahlt,  daB  er 

ali  Mcin  ól  tur  die 

Sterbenden  ver- 

hraucht  hat. 


DEr  Pfarrer  Arlotto  wurde  gefragt,  wie 
es  ihm  auf  der  Galeere  gegangen  sei, 
und  er  antwortete:  „0  ganz  gut:  mit  der 
Ware,  die  ich  mitgenommen  habe,  habe  ich, 
Gott  sei  Dank,  vielleicht  das  beste  Geschàft 
von  alien  gemacht,  die  auf  den  Galeeren  ge- 
fahren  sind.  Ich  habe  ein  Bùchschen  voli 
geweihten  òls  mitgenommen,  und  Gott  sei 
Dank,  ich  bin  alles  losgeworden  und  bin  heil 
und  gesund  zurùckgekommen." 

Er  sagte  die  Wahrheit,  weil  auf  dieser 
Galeere  alle,  ihn  allein  ausgenommen,  krank 
geworden  waren  und  jeder  dritte  Mann 
hatte  sterben  mùssen. 


14 


AVI  einer  Rcisc  nach  Flandern  fuhr  der 
Pfarrer  Arlotto  auf  einer  Galcere, 
deren  Kapitàn  ein  wackerer,  umgànglicher 
Mann,  aber  ein  wenig  knickerig  war.  Der 
versorgte  sich,  bevor  sie  von  Florenz  auf- 
brachen,  mit  einem  tiichtigen  Mundvorrat; 
und  unter  anderm  nahm  er  auch  Màrz- 
kàschen  *  mit ,  und  die  empfahl  er  dcm 
Tafelmeister  der  Galeere  zur  besondern 
Hut,  und  wann  sie  nach  dem  Fleische  bcim 
Nachtische  waren,  lieB  er  sich,  wie  es  unserc 
Gewohnheit  ist,  ein  Stùckchen  davon  brin- 
gen,  aber  kaum  so  viel,  daB  es  fùr  ihn  selber 
reichte. 

Als  das  der  Pfarrer  bemerkte,  sagte  er 
sich,  daB  er  auch  ctwas  davon  haben  mùsse, 
und  eines  Nachts  ging  er,  die  Hànde  als 
Leuchter,  auf  die  Suche  nach  den  Kàschen; 
dabei  stieB  er  an  eine  Truhe,  auf  der  der 
Tafelmeister,  der  Hitze  halber  ganz  nackt, 
auf    dem    Rùcken    ausgestreckt    lag,    und 


1  Die  Màrzkàschen  [marzolini)  waren  kleine 
pyramidenfòrmige  Kàse,  deren  Bereitung  im  Monate 
Màrz  begann;  berùhmt  waren  besonders  die  von 
Cavagliano  im  Bisenziotale,  aber  auch  die  von  Lu- 
cardo,  von  denen  ein  Stùck  manchmal  zweiundein- 
halb  Pfund  wog.  Die  Florentiner  lieBen  sich,  wenn 
sie  von  der  Heimat  fern  waren,  gern  diese  Màrz- 
kàschen schicken.  (Vgl.  Alessandra  Macinghi  negli 
Strozzi,  Lettere  di  una  gentildonna  fiorentina  del 
secolo  XV,  pubblicate  da  Cesare  Guasti,  Firenze, 
1877,  S.  87  und  315.) 


LXXVI. 

Wie  der  Pfarrer 

dem  Kapitàn 

der   Galeere   Marx- 

ftdsclien  stiefJt 

and  sie  gerieben  in 

einer  Flascfit 

verbirgt. 


15 


tappte  mit  der  Hand  just  auf  dcssen 
Zagel ,  und  der  Tafelmeister  sagte  im 
Schlafe:  „Wer  ist  da?" 

Der  Pfarrer  sagte:  „Verzeiht,  ich  dachte, 
es  sei  der  meinige." 

Der  Tafelmeister  schlief  wieder  ein,  ohne 
ihn  zu  erkennen  oder  etwas  zu  hòren,  und 
der  Pfarrer  fand  schlieBlich  die  Màrzkàs- 
chen  und  nahm  zweie  weg;  noch  in  der 
Nacht  rieb  er  sie  oder  schabte  sie  vicl- 
mehr  mit  dem  Messer  und  steckte  sie  also 
in  eine  groBe  Fiasche,  die  sein  Eigentum 
war, 

Wann  er  nun  unter  der  Zeit  etwas  aC, 
nahm  er  immer  die  Fiasche  her  und  setzte 
sie  bei  jedem  Bissen  an  den  Mund  und  aQ 
so  von  dem  Kàse.  Und  die,  die  ihm  zu- 
sahen,  sagten  manchmal:  ,,Ihr  habt  wohl 
cinen  Schwamm  im  Leibe,  daB  Ihr  gar  so 
viel  trinkt." 

Etwa  nach  drei  Tagen  mcrkte  der  Tafel- 
meister, daB  ihm  zwei  Kàschen  fehltcn,  und 
er  sagte  es  dem  Kapitàn,  und  der  lieB  alsbald 
alle  Truhen  der  Mannschaft  und  die  ganze 
Galeere  durchsuchen  und  lieB  es  unter  An- 
drohung  der  hàrtesten  Strafen  auf  der  Ga- 
leere ausrufen,  um  so  die  Kàschen  wieder- 
zubekommen;  aber  er  gab  die  Nachfor- 
schungen  bald  auf  und  beschied  sich,  und 
der  Pfarrer  lieB  sich  die  Kàschen  in  der 
Fiasche  vortrefflich  schmecken. 

16 


Als  sie  cines  Tagcs  beim  Nachtische 
waren,  sagte  endlich  der  Pfarrer:  „Kapitàn, 
ich  mòchte  von  Euch  ein  freies  Geleite,  trotz 
jeglichem  Verdachte." 

Lachend  sagte  der  Kapitàn:  „Ich  bin  es 
zufrieden." 

Als  der  Pfarrer  das  freie  Geleite  batte, 
lieB  er  ihn  an  der  Fiasche  riechcn,  und  nun 
wuBte  der  Kapitàn  auf  einmal,  in  welches 
Land  sein  Kàse  gezogen  war;  etwas  be- 
schàmt  und  voli  Verwunderung  lachte  er 
ùber  den  hùbschen  Schabernack,  und  von 
nun  an  liefi  er  mittags  und  abends  so  viel 
Kàse  auf  den  Tisch  bringen,  daB  es  fiir  alle 
reichlich  langte. 

ALs  der  Pfarrer  einmal  in  Siena  bei 
einem  befreundeten  Geistlichen  her- 
bcrgte,  nahm  ihn  der  eines  Tages  zu  einem 
Freunde  von  ihm  mit,  dessen  Haus  etwa 
vier  Meilen  weit  aufierhalb  der  Stadt  lag; 
dieser  Edelmann  gab  nàmlich  ein  Gastmahl 
und  eine  Abendunterhaltung.  Sie  trafen 
dort  viele  vornehme  Leute  und  unter  andern 
auch  zwei  Gesandte  des  unùberwindlichen 
Konigs  Alfonso,  und  die  hatten  einen  Narren 
bei  sich,  der,  ich  sage  nicht  fùr  Peitschen- 
schlàge,  aber  fùr  Stockpriigel  nicht  zu 
gut  war, 

Er  war  dumm,  viehisch,  nichtsnutzig  und 
unanstàndig  und  ùberdies  boshaft;  und  an 


LXXVII. 

Wie  der  Pfarrer 

einem  PossenreiBer, 

dessen  Benehmen 

ihn  empori, 

eine  tiichtige  Tracht 

Peitschenhiebe 

versehafft. 


Arlotto,  Schwànke  II. 


17 


diesem  Abcndc  war  dcr  beste  und  an- 
stàndigste  Scherz,  den  er  machte,  dafi  er 
mittcn  in  den  Saal  und  auf  den  Pfarrer 
und  andere  ordentliche  Mànner  pi6te,  wes- 
halb  sich  denn  die  Frauen  und  Màdchen, 
die  dort  waren,  als  sittsame  und  ehrbare 
Damen  so  schàmten,  daB  sic  nicht  wuBten, 
wo  sie  sicli  verstecken  oder  wohin  sie 
blicken  soUten. 

Dem  Pfarrer  wurde  dieses  Vieh  hochst 
verhaBt  und  er  brùtete  allwege  auf  Rache. 

Da  sich  der  Narr  auch  noch  betrunken 
batte,  wurde  er  nach  dem  Essen  zu  Bette 
gebracht,  und  kaum  lag  er  drinnen,  so 
schlief  er  auch  schon  ein;  da  stieg  der 
Pfarrer  neben  ihn  und  verrichtete  seine 
Notdurft,  sowohl  das  Pissen,  als  auch  das 
andere. 

Nachdem  er  sein  Geschàft  im  Bette  be- 
sorgt  batte,  wickelte  er,  der  damals  ein 
j  unger  Mensch  von  etwa  dreiBig  Jahren  und 
stark  und  behend  war,  den  nackten  Narren 
in  das  Leintuch,  und  zwar  so,  daB  er  sich 
nicht  ein  biBchen  riihren  konnte,  trug  ihn  in 
den  Saal,  wo  noch  die  ganze  Gesellschaft 
von  Herren  und  Damen  beisammen  war, 
und  lieB  ihn  in  der  Mitte  fallen  und  sagte: 
„Schaut  das  hiibsche  Kindchen;  es  hat  sich 
im  Bett  beschissen  und  bepiBt."  Und  cs 
war  ein  widcrwàrtiger  Anblick  und  sonder- 
lich  fùr  die  Damen,  als  sich  der  Narr  ùber 

18 


und  ùber  bcschmutzt   aus   dem   Leintuche 
herausarbeitete. 

Bei  diesem  Auftritte  waren  auch  etliche 
junge  Leute,  die  sich  gerade  mit  einem 
hùbschen  Spiele  unterhielten,  das  mit  Peit- 
schen  gespielt  wird,  womit  es  eincr  dem 
andern  geben  soli;  als  die  nun  sahen,  was 
vorging,  lieBen  sie  ihr  Spici  *  und  liefen  mit 
ihren  Peitschen  auf  den  Narren  los  und 
gaben  ihm  so  viel  Streiche,  wie  er  nur  zu 
tragen  vermochte.  Und  das  schlimmste  war, 
dafì  der  Pfarrer  die  Tiir  seiner  Schlaf- 
kammer  abgeschlossen  batte  und  nicht  zu 
bewegen  war,  sie  aufzusperren;  so  muBte 
sich  denn  der  Narr  wohl  oder  ùbel  die  ganze 
Nacht  bis  zum  Morgen  mit  dem  Leintuche 
behelfen. 

'  Das  Spiel  heiOt  sowohl  im  Manuskripte  als 
auch  in  den  Drucken  iscangie  oder  scangie.  Das 
Wort  ist  in  keinem  Wòrterbuche  zu  finden  und 
scheint  auch  sonst  nicht  belegt  zu  sein;  nur  bei 
Du  Gange  findet  man  Escangia  =  permutatio. 
Benvoglienti  meint  in  seinen  handschriftlich  erhal- 
tenen  Bemerkungen  zu  der  Giuntinerausgabe  der 
Facetien  Arlottos  usw,  von  1565  (Biblioteca  Co- 
munale di  Siena,  Ms.  C.  V.  6),  daB  es  seiner  Meinung 
nach  aus  dem  Franzòsischen  komme.  Im  ubrigen 
war  dieses  Peitschenspiel  (gioco  delle  scorreggie] 
ganz  sonderbarer  Art.  Zwei  oder  mehrere  Personen 
entkleideten  sich  und  die  Sache  liei  darauf  hinaus, 
den  Mitspielern  gewandt  das  Hemd  rùckwàrts  auf- 
zuheben  und  ihnen  einen  Peitschenhieb  auf  den  nun 
entblòQten  Kòrperteil  zu  versetzen;  vgl.  unten  die 
Facetie  168. 

2*  19 


A   Ls  die  Signorìa  von  Venedig  den  Her- 


LXXYIIL 
Was  far  barsche     J^  zog  Ercole  von  Ferrara  befehdete  und 

der  PfarZ'tlotto  "^^  ^rieg  ùberzog   beschlossen  der  Herzog 
dem  Herzog        ^on  Maiiand  und  die  erlauchte  Signoria  von 

Federigo  von  Urbino  Florenz,  die  mit  dem  erlauchten  Kònige 
gegeben  hat.  Ferrante  verbùndet  waren,  den  besagten 
Herzog  Ercole  mit  ali  ihren  Streitkràften 
zu  unterstiitzen,  nicht  so  sehr  seiner  selbst 
halber,  sondern  um  die  Stadt  Ferrara  zu 
halten,  weil  ihre  Einnahme  durch  die  Vene- 
zianer  das  Verderben  von  ganz  Italien  ge- 
wesen  wàre;  und  in  Voraussicht  dieser 
Dinge  nahm  die  Liga  einen  der  ausgezeich- 
netsten  Feldherrn,  die  es  in  Italien  gab,  in 
ihre  Dienste,  nàmlich  den  ruhmreichen 
Fùrsten  und  tapfern  Feldherrn,  den  er- 
lauchten Herzog  von  Urbino  Messer  Fede- 
rigo da  Montefeltro,  und  der  kam  alsbald 
an  der  Spitze  eines  groBen  Heeres  von 
FuBsoldaten  und  Reiterei. 

Als  er  von  Florenz  aus,  wo  er  durch- 
gezogen  war  ^,  auf  dem  Uccellato jo  ankam, 
stieg  er  dort  bei  dem  Wirtshause  vom 
Pferde;  und  auf  dem  Wege  zum  Stalle, 
wohin  er  vielleicht  seiner  Notdurft  halber 
ging,  begegnete  er  dem  Pfarrer.  Sic  kannten 
aber  beide  einander  nicht. 

1  Federigo  kam  am  28.  Aprii  1482  in  Florenz  an; 
am  29.  brach  er  schon  wieder  auf.  Ein  paar  Menate 
nachher  starb  er  in  Ferrara  an  einem  Fieber,  das 
ihn  bei  diesem  Zuge  bcfallcn  batte. 

20 


Er  sagte:  „Seid  Ihr  der  Pfarrer  Ar- 
lotto?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Ja." 

Der  Herzog  erwiderte:  „Dann  will  ich 
Euch  die  Hand  schiitteln," 

Der  Pfarrer  sagte:  „Wenn  Euch  die 
Hand  nicht  genùgt,  so  berùhrt  mir  auch  das 
Haupt  und  die  Fiifie  ^" 

Der  Herzog  sagte:  „Ich  bin  nicht 
Christus." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Und  ich  nicht 
Petrus," 

Man  tadelte  spàter  den  Pfarrer,  daB  er 
auf  die  Frage  des  Herzogs:  „Seid  Ihr  der 
Pfarrer  Arlotto?"  nur  „Ja"  geantwortet  und 
nicht  „Herr"  und  „Erlaucht"  gesagt  habe; 
er  hatte  aber  nur  deshalb  so  kurz  geant- 
wortet, weil  er  ihn  nicht  kannte  und  nicht 
so  tun  wollte  wie  der  heilige  Paulus,  der 
Christo  geantwortet  hat:  „Adsum,  domine." 

DEr  Pfarrer  Arlotto  war  seiner  Ange- 
legenheiten  wegen  nach  Rom  gereist, 
und  der  Papst  Nikolaus,  der  ihn  noch  nicht 
kannte,  wollte  ihn  sehn. 

Der  Papst  war  sehr  liebenswùrdig  mit 
ihm  und  sagte  ihm,  er  liebe  ihn  wegen  seiner 
Gùte  und  Tugend,  und  er  sei  ihm  schon  von 
vielen  gelobt  und  empfohlen  worden. 

^  Toccare  la  mano  hei6t  sowohl  die  Hand  be- 
riihren,  als  auch  die  Hand  schiitteln. 

21 


LXXIX. 
Wie  der  Pap$t 

Nikolaus 

Arlotto  kennen 

lernen   wollte  und 

wie  ihm  Arlotto 

die  Geschichte  von 

dem  Blinden 

und  dem  Esel 

erzàhlt. 


Darauf  antwortetc  derPfarrer:  „Heiliger 
Vater,  seht  zu,  daB  es  Euch  nicht  so  geht 
wie  einem  Blinden,  von  dem  ich  Euch  cine 
Geschichte  erzàhlen  will. 

Einer,  der  von  Geburt  aus  blind  war, 
war  in  einer  Gesellschaft  von  anstàndigen 
Leuten,  und  da  kam  ein  Mann  mit  einer 
Melone;  da  die  von  alien  als  besonders 
schòn  erklàrt  wurde,  verlangte  der  Blinde, 
man  solle  sie  ihn  befùhlen  und  beriechen 
lassen,  und  dann  sagte  er:  ,Das  scheint  eine 
hùbsche  Melone  zu  sein.* 

Die  Gesellschaft  sagte,  es  sci  in  der 
Tat  so. 

Nun  sagte  einer  zu  dem  Blinden:  ,Sag 
einmal,  wenn  du  dir  ein  einziges  Ding  auf 
der  Welt  und  das  allerwunderbarste  wàhlen 
dùrftest,  das  du  sehn  wolltest,  was  wiirdcst 
du  zu  sehn  begehren?* 

Der  Blinde  antwortete:  ,Einen  Esci.' 

Nun  wurde  er  wegen  seines  Unverstands 
und  niedrigen  Sinnes  von  alien  getadelt, 
wcil  sie  meinten,  er  bàtte  absonderlich  be- 
gierig  sein  mùssen,  irgendein  Weltwunder 
zu  sehn. 

Er  aber  blieb  fest  dabei  und  sagte:  ,Ich 
habe  nachgedacht  und  wieder  nachgedacht, 
und  ich  mòchte  doch  einen  Esel  sehn.  Der 
Grund  ist  aber  nicht  vielleicht  der,  daO  ich 
ihn  deswegen,  weil  ich,  wenn  ich  auf  der 
StraOe  gehe,  nichts  andres  bòre,  als  „Blin- 

22 


der,  gib  acht  auf  dcn  Esel",  fùr  ein  be- 
sonderes  Wunderding  und  fùr  das  schreck- 
lichste  Tier  der  Welt  hielte;  vielmehr  halle 
ich  ihn  nur  deshalb,  weil  ich  alltàglich  bòre, 
wie  die  Sehenden,  von  mir  gar  nicht  zu 
reden,  aber  auch  zu  einander  so  sagen,  fiìr 
das  wunderbarste  Tier  der  Welt  und  fùr  das 
fùrchterlichste,  das  den  Menschen  mehr 
Schrecken  und  Entsetzen  einjagt  als  alle 
andern.' 

Zwar  versuchten  ihm  alle  klar  zu 
machen,  daB  er  sich  gerade  das  niedrigste 
und  gemeinste  und  am  meisten  miCachtete 
Ding  einbilde  und  da6  er  keine  glùckliche 
Wahl  getroffen  habe;  aber  der  Blinde  sagte, 
er  wùrde  nie  anders  wàhlen,  und  lieB  sich 
von  seiner  Meinung  durchaus  nicht  ab- 
bringen, 

Das  woUte  ich  Euch,  heiliger  Vater,  nur 
deshalb  sagen,  damit  es  nicht  vielleicht 
Euch  mit  mir  so  geht,  wie  dem  Blinden  mit 
dem  Esel." 

Der  Papst,  der  sah,  daB  der  Pfarrer  Ar- 
lotto ein  guter,  biederer  Mann  war,  machte 
ihm  allerlei  Anerbietungen,  aber  der  Pfarrer 
erbat  sich  nichts  sonst,  als  daB  er  ihn  in 
seiner  Pfarre  bestàtige,  die  ihm  von  einem 
màchtigen  Bùrger  bestritten  wurde;  und  er 
erhielt  nicht  vielleicht  ein  Breve,  sondem, 
wenn  man  so  sagen  darf,  eine  richtige  Bulle, 
und  zwar  gratis,  weil  es  des  Papstes  Wille 

23 


LXXX. 

Wie  der  Pfarrer 

zwanzig  Schwengel 

voli  Gewiirz 

nach  Briigge  mit- 

bringt. 


war,  daB  sie  ihn  nichts  kosten  solite,  und 
wurde  so  mit  Aufmerksamkeiten  iiberhàuft, 
dafì  jeder  glùcklich  war,  der  ihn  in  seinem 
Hause  haben  konnte.  Und  wàre  nicht  der 
Papst  gewesen,  so  bàtte  er  einen  lang- 
wierigen  Rechtshandel  fùhren  miissen  und 
bàtte  die  Pfarre  scbliefilicb  docb  verloren. 
Nacb  Rora  war  er  auf  einem  Mietklepper 
gekommen  und  mit  secbs  Dukaten  in  der 
Tascbe  und  mit  der  strittigen  Pfarre;  und 
in  Rom  erbielt  er  so  viel  Geschenke,  daB  er 
secbs  Ballen  nacb  Florenz  beim  bracbte  und 
dazu  nocb  einen  pràcbtigen  Mantel  und  ein 
scbones  Kleid,  ein  Pferd  und  etwa  sieben- 
unddreiBig  Dukaten. 


W\ 


le  icb  dir  mebrmals  gesagt  babe, 
macbte  der  Pfarrer  etlicbe  Fabrten 
nacb  Flandern;  und  wenn  er  mit  den 
Scbiffsberrn  und  den  Reisenden  nacb 
Briigge  kam,  stieg  er  immer  in  dem  Hause 
des  wobledeln  Kaufmanns  Tommaso  Porti- 
nari  ab,  der  Handelsgesellscbafter  der  Me- 
dici war. 

Als  er  nun  eines  Morgens  daran  war, 
nacb  Florenz  beimzureisen,  sagten  die  jun- 
gen  Lente  von  der  Bank  zu  ibm:  „Pfarrcr, 
werdet  Ibr  nocbmal  mit  den  Galeeren 
kommen?" 

Er  antwortete  mit  Ja. 

Und  sie  sagten:  „Da  mòcbten  wir,  daB 

24 


Ihr  uns  eine  Gefàlligkeit  erwcisct;  bringt 
uns  doch,  wann  Ihr  wiederkommt,  ctwas 
hiibsches  aus  Florenz  mit." 

Der  Pfarrer  sagte;  „Gern;  was  soli  es 
derni  sein?" 

Sie  antworteten:  „Irgend  etwas  auBcr- 
{ewòhnliches,  was  man  hierzulande  noch 
licht  gesehn  hat  und  was  lachen  macht  und 
tiesen  Vlamen,  die  gute,  lustige  Leute  sind, 
^ergniigen  bereitet." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Bei  meiner  Wieder- 
mft  werde  ich  euch  so  etwas  mitbringen." 

Und  er  fuhr  mit  den  Galeeren  zuriick 
lach  Livorno,  ging  dort  ans  Land  und 
lehrte  heim  nach  Florenz. 

In  wenigen  Monaten  wurde  ausgerufen, 
_  laB  drei  Galeeren  nach  Flandern  abgehn 
sollten,  und  der  Pfarrer  verstàndigte  sich 
sofort  mit  einem  Kapitàn.  Da  er  sich  aber 
erinnerte,  was  er  den  jungen  Leuten  von 
der  Bank  der  Medici  in  Briigge  ver- 
sprochen  batte,  ging  er  nach  reiflichem 
Nachdenken  zum  Glasofen  und  lieB  zwanzig 
hùbsche,  naturgetreue  Schwengel  *  machen, 
die  ehrlich  die  Hand  fùllten,  und  lieB  sic 
mit  den  feinsten  Gewiirzen  fiillen  und  in 
ein  Kàstchen  verpacken. 

Bald   waren    die    Galeeren    wieder    in 


^  Im  Originale  battistei;  so  nannte  man  eine 
Art  von  Flàschchen,  die  die  Form  des  mit  dcm  Aus- 
drucke  Schwengel  gemeinten  Gliedes  hatten. 

25 


Flandcm  angelangt  und  kaum  warcn  die 
Reisenden  in  Briigge  eingetroffen,  als  schon 
der  Pfarrer  von  diesen  jungen  Leuten  an- 
gehalten  und  ins  Haus  der  Medici  gefiihrt 
wurde;  und  nachdcm  sie  ihrer  herzlichcn 
Freude  ùber  das  Wiedersehn  Ausdruck 
gegeben  hatten,  sagten  sie:  ,,Habt  Ihr  Euer 
Versprechen  gehalten?" 

Er  antwortete:  „Freilich,  und  ich  glaube, 
ihr  werdet  zuf rieden  sein;  ich  will  euch  das 
Geschenk,  das  ich  euch  aus  Florenz  mit- 
gebracht  habe,  beim  Mittagessen  geben." 

An  diesem  Tage  veranstaltete  Tommaso 
Portinari  fiir  etliche  Barone  und  Ritter  des 
Herzogs  von  Burgund,  der  gerade  in  der 
Stadt  war,  ein  reiches  Gastmahl;  als  nun 
zur  Essensstunde  das  Wasser  fiir  die  Rande 
herumgereicht  war  und  sich  alle  zu  Tische 
gesetzt  hatten,  nahm  der  Pfarrer  vier  von 
diesen  Schwengeln  aus  seinem  Àrmel  und 
legte  sie  der  Reihe  nach  an  Stelle  der  Ge- 
wùrzbiichschen  auf  den  Tisch  und  sagte  zu 
den  jungen  Leuten:  „Das  ist  das  Geschenk, 
das  ich  euch  versprochen  habe.  Seid  ihr 
zufrieden?     Dann  lòscht  meinc  Schuld." 

Sie  antworteten  mit  Ja. 

Die  edeln  Herren,  die  bei  Tische  warcn, 
begannen  zu  lachen  und  woUten  die  Gc- 
schichte  hòren,  und  nachdem  sie  gegessen 
hatten,  nahmen  sic  die  vier  Schwengel  und 
gingen  damit  an  den  Hof  und  crzàhltcn  den 

26 


ganzen  SpaB  dem  Herzog;  der  schickte  so- 
fort  um  den  Pfarrer  Arlotto,  um  die  Sache 
von  ihm  selber  zu  hòren,  Damit  und  mit 
andern  Schnurren  des  Pfarrers  unterhielt 
er  sich  eine  Weile  und  dann  fragte  er  ihn: 
„Habt  Ihr  ihrer  noch  mehr?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Noch  sech- 
zehn." 

Und  er  lieB  alle  sechzehn  holen  und 
schenkte  sie  dem  Herzog  und  seinen  Hof- 
leuten, 

Nun  fragte  der  Herzog:  ««Sagt  mir,  gibts 
in  Florenz  noch  mehr?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  nHerr,  dort  sind 
noch  so  viel,  dafi  man  damit  sicherlich  zwei 
Galeeren  beladen  kònnte." 

Fùr  das  Vergniigen,  das  ihm  der  Pfarrer 
Lbereitet  batte,  schenkte  ihm  der  Herzog 
[nach  vielen  Anerbietungen  so  viel  feines 
Tuch  und  Bargeld,  dafi  es  mehr  als  hundert 
Golddukaten  ausmachte.  Und  als  der 
Pfarrer  in  das  Haus  Tommasos  zuriick- 
gekehrt  war,  wurde  er  von  den  Kaufleuten 
dort  gefragt,  was  fiir  ein  Geschàft  er  mit 
dem  Herzog  gemacht  habe, 

Er  antwortete:  „Hàttet  ihr  ein  so  gutes 
gemacht,  ihr  sànget  Jubellieder." 

Und  er  zeigte  ihnen  das  Geschenk,  das 
er  von  dem  erlauchten,  freigebigen  Herzoge 
erhalten  batte. 


27 


LXXXI. 

Wie  es  dem 

Pfarrer  durch  einen 

schnell  ersonnenen 

Possen  gelangen 

ist,  Messer  Rosella 

um  zwei  Paar 

Kapaune 

and  sieben  Reb- 

hiihner  zu  bringen. 


ALs  Messer  Rosello  ^  aus  Frankreich 
zuriickkehrte,  hielt  er  sich  der  Pcst 
halber  nicht  in  Florenz  auf,  sondern  machte 
sich  schon  am  nàchsten  Morgen  auf,  um 
nach  Arezzo  weitcrzureiscn.  Und  weil  er 
besorgte,  daB  die  Reise  seiner  Gesundheit 
nicht  zutràglich  gewesen  sei,  gedachte  er 
bei  einem  Freunde  von  ihm,  einem  Geist- 
lichen,  zu  ùbernachten,  der  nicht  weit  ober 
der  Briicke  in  Levane  wohnte  und  ein  arm- 
seliges  Kirchlein  mit  jàhrlichen  Einkunften 
von  etwa  zwanzig  Dukaten  batte. 

Als  Messer  Rosello  ùber  den  Markt  von 
Figline  ritt,  kaufte  er  zwei  Paar  Kapaune 
und  sieben  Rebhùhner;  und  um  die  vierte 
Stunde  des  Nachmittags  traf  er  mit  viel- 
leicht  sechzehn  Leuten,  zwòlf  Pfcrden,  acht 
Hunden  und  zwei  Beizvògeln  in  Levane  ein. 

Sie  stiegen  von  den  Pferden  und  klopften 
an  die  Tiir  und  der  Pfarrer  Arlotto  ant- 
wortete  Messer  Rosello  und   dieser  sagte 


1  Rosello  di  Giovanni  Roselli  (1399—1451), 
Kanonikus  von  Florenz,  wurde  òfter  mijt  pàpstlichen 
Gesandtschaften  betraut;  unter  anderm  ging  er  fùr 
Martin  V,  als  Nuntius  zu  Karl  VII.  von  Frankreich 
und  auf  die  Rùckkehr  von  dieser  Reise  dùrfte  sich 
der  folgende  Schwank  bezichen.  Roselli  war  mit 
Giovanni  di  Cosimo  de'  Medici  eng  befreundet  und 
als  Dichter  nicht  unbedeutend,  —  Merkwiirdiger- 
weise  verlegt  Baccini  den  Schwank,  obwohl  er  durch 
Rosellos  Todesjahr  befristet  ist,  in  das  Pestjahr 
1479. 


28 


nach  der  BegrùBung:  „Wo  ist  denn  dcr 
Geistliche  und  was  macht  Ihr  hicr?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Der  Geistliche 
ist  in  Casentino,  um  dort  eine  Versòhnung 
zu  stiften;  es  handelt  sich  um  Todschlag. 
Er  ist  heute  friih  weggegangen  und  wird 
zwei  Tage  ausbleiben.  Ich  bin  hier  wegen 
der  Pest,  die,  wie  Ihr  gehòrt  haben  werdet, 
in  Florenz  und  liberali  in  unserer  Gegend 
ist,  und  bin  jetzt  der  Hùter  des  Hauscs." 

Messer  Rosello  sagte:  „Ihr  seid  mir  so 
lieb  wie  er," 

Die  Pferde  waren  rasch  abgezàumt  und 
in  den  Stali  gebracht,  und  der  Pfarrer  lieB 
alsbald  die  Kapaune  und  die  Rebhiihner, 
denen  sein  erster  Blick  gegolten  batte, 
rupfen  und  in  einem  Topfe  zustellen,  um 
sie  zu  sieden;  er  meinte  nàmlich,  dafi  sie 
gesotten  nicht  so  leicht  mitgenommen  wer- 
den  kònnten,  als  gebraten. 

Und  ganz  empòrt  sagte  er  bei  sich:  „Es 
ist  wirklich  nicht  sehr  rùcksichtsvoll  von 
dem  vornehmen  Herrn,  mit  dreifiig  Essern, 
Pferden  und  Menschen,  zu  einem  armen 
Geistlichen  zu  kommen,  der  kaum  hundert 
Lire  im  Jahre  einnimmt." 

Und  schon  batte  er  sich  auch  ausge- 
dacht,  was  er  tun  wollte. 

Er  rief  einen  MeBhclfer,  einen  aufge- 
weckten  Burschen,  und  sagte  ihm,  wie  er, 
wenn  man  ihn  fragen  werde,  zu  antworten 

29 


habe,  und  befahl  ihm,  auf  ein  gewisses 
Zeichen,  das  er  ihm  geben  werde,  drei- 
mal  starle  die  Totenglocke  zu  ziehn.  Dann 
nahm  er  Messer  Rosello  unter  dcn  Arm 
und  fiihrte  ihn  zum  Zeitvertreibe  durch  das 
Giitchen;  er  zeigte  ihm  die  neu  hergerichtete 
und  neu  gedeckte  Kirche  und  ging  mit  ihm 
zur  Besichtigung  der  Baumpflanzungen  und 
der  Olivensetzlinge  auf  denWeinberg.  Wàh- 
rend  er  gerade  den  Geistlichen  lobte  und 
zu  Messer  Rosello  sagt:  „Der  Mann  tut 
Wunder;  ich  stanne  nur,  wie  er  bei  einem 
so  kleinen  Einkommen  so  viel  hat  tun 
kònnen",  zog  der  MeBhelfer  gewaltig  die 
Glocke. 

Messer  Rosello  sagte:  „Was  ist  das, 
Pfarrer?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Es  ist  nichts 
welter."  Dabei  hielt  er  aber  Messer  Rosello 
fest  unterm  Arme, 

Und  kaum  hatten  sie  ihr  Gespràch  wie- 
der  aufgenommen,  als  es  zum  zweiten  Male 
làutete. 

Messer  Rosello  wurde  ganz  bleich  und 
sagte  zum  Pfarrer:  „Was  soli  dieses  wiedcr- 
holte  Glockengelàute  heiBen?" 

Der  Pfarrer  sagte:  nAch,  die  Sache  hat 
nicht  viel  zu  bedeuten;  es  ist  ein  Kind  ge- 
storben,  das  etwa  sieben  Jahre  alt  war. 
Gottlob  geht  es  jetzt  schon  besser:  vorigc 
Woche    sind    noch    neun    gestorben,    aber 

30 


Goti  sei  Dank,  in  dieser  sind  es  nur  noch 
drei," 

Messer  Rosello,  der  noch  immer  mit  dem 
Pfarrer  Arm  in  Arm  war,  wurde  totenblaC; 
und  ohne  noch  um  etwas  zu  fragen,  rannte 
er  davon,  rief  augenblicklich  seine  Lcutc 
zusammen,  lieB  die  Pfcrde  zàumen  und 
satteln  und  ritt,  ohne  noch  ein  Wort  zu 
sagen,  auf  und  davon  und  in  eincm  Trabe 
bis  Quarata,  von  wo  cs  nicht  mehr  als  drei 
Meilen  nach  Arezzo  sind,  Er  klopfte  an 
die  Tur  des  dortigen  Wirtshauses  und  der 
Wirt,  der  vom  Schlafe  aufstehn  muBte, 
sagte,  baB  verwundert:  „Was  bedeutet  das, 
daB  Ihr  so  spàt  daherkommt?  es  fehlt  ja 
nur  noch  eine  Stunde  auf  Mitternacht.  Ist 
Euch  vielleicht  auf  dem  Wege  etwas  zu- 
gestoBen?" 

Die  Angst  und  die  Anstrengung  des 
nàchtlichen  Rittes  und  der  Munger  lieBen 
Messer  Rosello  kaum  ein  Wort  heraus- 
bringen,  wie  ihm  davon  auch  schier  der 
Schlaf  vergangen  war;  immerhin  erzàhlte  er 
dem  Wirte  die  ganze  Geschichte,  und  der 
antwortete  ihm  und  sagte:  „Messer,  das  ist 
bestimmt  ein  Aufsitzer  gewesen;  ich  ver- 
sichere  Euch,  auf  der  ganzen  StraBe  von 
Incisa  bis  hieher  und  von  da  bis  nach  Rom 
gibts  nicht  einmal  einen  mit  Kopfweh." 

Messer  Rosello  sagte:  „Dann  war  es 
also  einer  von  den  Streichen  des  Pfarrers 

31 


Arlotto;  unangenehm  ist  mir  nur,  da6  wir 
zwei  Paar  Kapaunc  und  sieben  Rebhùhner 
bei  ihm  gelasscn  haben." 

Nun  sagte  einer  von  den  Knechten: 
„Und  wir  haben  bei  der  Hast  und  Angst, 
die  Ihr  uns  eingejagt  habt,  zwei  Halfter, 
cine  Beschlagtasche  und  eine  Falkenhaube 
vergessen." 

Messer  Rosello  sagte:  „Das  schlimmste 
dabei  ist,  da6  nichts  wiederzubekommen 
sein  wird;  denn  was  man  bei  einem  Geist- 
lichen  vergiBt,  das  ist  mehr  verloren,  als 
wenn  es  ins  Mecr  gef alien  wàre." 

Nichtsdestoweniger  lieB  es  sich  der 
Pfarrer  nicht  nehmen,  Messer  Rosello  in 
einem  Briefe,  den  er  ihm  nach  Arezzo 
schrieb,  wegen  der  Rùcksichtslosigkeit  zu 
tadeln,  dafi  er  mit  einer  solchen  Rotte  bei 
einem  armen  Geistlichen  eingekehrt  sei; 
und  als  der  Geistliche  von  Casentino  zu- 
rùckgekommen  war,  lieBen  sie  sich  beide  die 
zwei  Paar  Kapaune  trefflich  schmecken. 


LXXXII. 

Wie  der  Pfarrer 

den  Bauern  im 

Settatale,  die  ihrem 

armen  Pfarrer  beim 

Opfer  Mcftlecfite 

Quattrini  gahen, 

eine  ordenliicfie 

Zurechtweisung 

erteilt  fiat. 


AUf  der  Riickkehr  von  Bologna,  wo  er 
in  Geschàften  zu  tun  gehabt  hatte, 
nahm  der  Pfarer  Arlotto  den  Weg  durchs 
Settatal  und  besuchte  dabei  einen  befreun- 
deten  Geistlichen  einer  Dorfkirche  in  Creda, 
das  zu  Bologna  gehòrt  und  im  Gebirge  liegt, 
und  blieb  etliche  Tage  bei  ihm.  Da  be- 
merkte  er  mehrerc  Male  mit  groCer  Ver- 


32 


wunderung,  was  fiir  schlechte  Quattrini  der 
Geistlichc  beim  Opfer  und  fiir  die  Kerzen 
bekam;  an  dcnen,  die  er  beim  Opfer  er- 
hielt,  lag  dcm  Geistlichen  ja  weniger,  weil 
sie  ihn  nichts  kosteten,  desto  mehr  aber 
an  denen  fùr  die  Kerzen,  da  er  diese  so 
aus  seiner  Tasche  bezahlen  muBte.  Und  der 
Pfarrer  sagte  zu  ihm:  „Kùmmerst  du  dich 
denn  gar  nicht,  was  fùr  Geld  du  einnimmst?" 

Der  Geistliche  antwortete:  „Was  soli 
ich  tun?  Ich  habe  es  ihnen  oft  und  oft 
einzeln  und  in  aller  Freundschaft  gesagt, 
und  weil  das  nichts  genùtzt  hat,  habe  ich 
es  ihnen  auch  in  der  Kirche  gesagt;  aber 
da  ist  Zeit  und  Mùhe  verloren  und  ich 
muB  Geduld  haben  und  mich  mit  ihnen  ver- 
halten,  so  gut  ich  eben  kann." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Soll  ich  Abhilfe 
schaffen?  ich  habe  das  Herz  dazu  und  es 
soli  nicht  lange  dauem,  so  will  ich  sic 
dahinbringen ,  daB  sie  selber  dir  kein 
schlechtes  Geld  mehr  geben  wollen." 

Der  Geistliche  antwortete:  „Ich  bitte 
Euch  darum,  und  tut  das  nur  so  schnell, 
wie  mòglich,  aber  ohne  Àrgernis." 

Am  Morgen  des  Sonntags  lieB  der 
Pfarrer  um  einen  Bolognino  Schwefel  kau- 
fen  und  unterrichtete  den  MeBhelfer,  was 
er  zu  tun  habe;  und  weil  das  ein  durch- 
triebener  Bursche  war,  verstand  er  auch 
durchaus,  was  ihm  der  Pfarrer  sagte. 

Arlotto,  Schwànke  II.  3  ^ 


Sie  sangen  eine  Messe  und  es  war  viel 
Volk  da,  und  als  beim  Evangelium  am 
Aitar  geràuchert  wurde,  geschah  es  mit 
trefflichem  Weihrauch  und  mit  der  schul- 
digen  Feierlichkeit  und  Ehrfurcht  und  An- 
dacht,  wie  es  in  unserer  Kirche,  unserer 
heiligen  Mutter,  gebràuchlich  ist;  dann 
aber,  als  der  MeBhelfer  zum  Aitar  zuriick- 
kehrte,  nahm  der  Pfarrer,  der  an  diesem 
Morgen  die  Messe  las,  den  Lòffel  von 
neuem  und  leerte  ihn  dreimal  voli  Schwe- 
fel  ins  RauchfaB,  und  der  Mefihelfer  ging 
die  Gemeinde  in  der  ùblichen  Weise  an- 
ràuchern, 

Als  das  Volk  den  màchtigen,  entsetz- 
lichen  Gestank  roch,  der  sich  verbreitetc, 
hielten  sich  einige  den  Mund  und  die  Nasc 
zu,  die  meisten  aber  liefen  aus  der  Kirche, 
weil  sie  es  drinnen  auf  keine  Weise  aus- 
halten  konnten,  und  sie  muBten  so  langc 
drauBen  bleiben,  bis  sich  der  Ranch  und 
Gestank  verzogen  batte.  Und  iiber  die 
MaBen  crbost,  gedachten  sies  dem  Geist- 
lichen  heimzuzahlen  und  es  war  untcr 
ihnen  ein  groBes  Gemurmel,  so  daB  der 
Geistliche  anfing,  Angst  zu  bekommen. 

Er  trat  an  den  Aitar  und  sagtc  zum 
Pfarrer:  „Ihr  habt  zu  vici  getan;  Ihr  kennt 
die  Lente  im  Gebirge  nicht:  sie  sind  bos- 
haft  und  aufbrausend,  und  mich  diinkt  die 
Sache  nicht  recht  geheuer,  weil  mehr  als 

34 


einer  da  ist,  der  mir  schon  droht,  sich  an  mir 
zu  ràchen." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Beruhige  dich 
nur;  wann  die  Messe  zu  Ende  sein  wird, 
werde  ich  alles  so  in  Ordnung  bringen,  daQ 
du  zufricden  sein  wirst." 

Und  die  Messe  war  schier  noch  nicht  zu 
Ende,  als  auch  schon  die  Bauern  dem 
Geistlichen  den  Weg  verstellten  und  sich 
mit  heftigem  Kopfschiitteln  und  viel  un- 
glimpf lichen  Worten  iiber  den  Schimpf  be- 
schwerten,  der  ihnen  mit  dem  Schwefel  an- 
getan  worden  sei. 

Nachdem  der  Pfarrer  den  Aitar  ver- 
lassen  und  den  Ornat  abgelegt  batte,  ging 
er  mit  einer  Miene,  als  ob  er  von  der  ganzen 
Sache  gar  nichts  wiiBte,  zu  den  làrmenden 
Bauern  und  begann  ihnen  bòse  Worte  zu 
geben;  sie  beschwerten  sich  ùber  den  Geist- 
lichen, und  der  antwortete,  er  wisse  von 
nichts. 

Nun  rief  der  Pfarrer  den  Mefihelfer 
herbei  und  fragte  ihn,  was  es  fiir  eine  Be- 
wandtnis  mit   dem  Schwefel  habe. 

Der  antwortete:  „Pfarrer,  die  beschwe- 
ren  sich  ohne  Grund  und  AnlaB,  und  weder 
Euch,  noch  den  Geistlichen,  noch  mich  trifft 
die  Schuld  daran,  sondern  nur  sie  selber. 

Gestern  bin  ich  beim  Gewùrzhàndler 
gewesen,  um  Weihrauch  zu  kaufen,  und 
habe  ihm   das  Geld  gegeben.     Da  hat  er 

3*  35 


gesagt,  cs  sei  nichts  wert,  und  hat  mich 
gcfragt,  woher  ich  es  hàtte.  Ich  antwor- 
tete  ihm:  ,Das  sind  die  Kerzengroschen, 
die  wir  von  der  Gemeinde  bekommen.* 

Nun  gab  er  mir  aufgebracht  ein  biBchen 
Wcihrauch,  so  daB  es  kaum  fiir  den  Aitar 
langte,  und  hierauf  den  Schwefel  und 
sagte:  ,Der  ist  fùr  die  Gemeinde;  fùr  ein  so 
schlechtes  Geld  gibts  nichts  andres  als 
Schwefel.' 

Ich  bin  nach  Hause  gegangen  und  habe 
getan,  was  er  mir  aufgetragen  hat." 

Der  Pfarrer  kehrte  sich  zu  den  Bauern 
und  sagte:  „Der  Geistliche  hat  recht  und 
ihr  unrecht;  schàmt  ihr  euch  nicht,  den 
Herrgott  so  zu  verhòhnen?  Merkt  euch 
nur,  was  der  MeBhelfer  sagt,  wie  euch  der 
Kaufmann  behandelt  hat,  und  der  hat  nur 
scine  Schuldigkeit  getan." 

Beschàmt  gaben  die  rohcn  Bauern  das 
Versprechen ,  dem  Geistlichen  kùnftighin 
zum  Opfer  und  fiir  die  Kerzen  nur  gutes 
Geld  zu  bringen,  und  sie  hielten  es  auch. 

LXXXIII.  A    j^  einem  Montagc  sah  der  Pfarrer  Ar- 

aJ»  er^wàhrend  "^^  lotto,   wie   der  Geistliche   zur  Messe 

teinet  Aufenthaltes  làutete,  sah  aber  auch,  daB  das  Glocken- 

im  Settatale  gebimmel  ebenso  wenig  nùtzte,  wie  daB  er 

^wZÌ'énla^en"  ^^°  Bauern  schon  òfter  die  Wahrheit  ins 

niemand'zur^Metie  Gesicht  gesagt  batte;  an  Wochentagen  kam 

niemand  von  der  Gemeinde  in  die  Kirche, 

36 


hòchstens  dann  und  wann  ein  paar  alte 
Weiber. 

Und  der  Gcistliche  sagte:  „So  machen 
sie  es  immer,  und  meistens  lese  ich  die 
Messe  nur  fùr  den  Helfer  und  sonst  nie- 
mand." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Das  nimmt  mich 
wunder,  weil  hier  keine  Armut  ist,  sondern 
alle  vermògend  sind;  bei  meiner  Gemeinde, 
die  durchwegs  arm  ist,  geschieht  es  nie, 
daB  nur  wenige  kàmen,  vielmehr  sind  es 
immer  dreifiig  oder  vierzig.  Morgen  will  ich 
doch  einmal  sehn,  was  fiir  Leute  kommen, 
und  dann  werde  ich  der  Sache  abhelfen." 

Am  nàchsten  Morgen  lieB  ers  sich  nicht 
nehmen,  statt  des  MeBhelfers  selber  zu 
làuten,  und  làutetc  Sturm,  und  das  mehr 
als  cine  Stunde  lang. 

Als  die  Bauern  Sturm  làuten  hòrten, 
rannten  sie  allesamt,  alt  und  Jung,  zur 
Kirche,  auch  die  von  den  Dòrfem  in  der 
Umgebung,  und  alle  mit  SpieBen  und  Arm- 
brùsten  und  sonstigen  Waffen,  und  fragten 
den  Pfarrer,  warum  er  làute. 

Er  antwortete:  „Damit  euch  Goti 
schànde  und  der  Teufel  hole,  ihr  nieder- 
tràchtige  Lumpen,  die  ihr  seid;  zum  guten 
rùhrt  sich  keiner,  zum  schlechten  aber  lauft 
ihr  alle  zusammen.  Euer  Geistlichcr  bim- 
melt  den  ganzen  Morgen  und  da  kommt  nie- 
mand;  schàmt  ihr  euch  denn  nicht?" 


kommt, 
Sturm  làutet  und 
alto  seinen  Zweek 

erreicht. 


37 


LXXXIV. 

Wie  der  Pfarrer 

einmal  die  Suppe 

mit  einem 

T  otenschddel 

bereitet,  um  einige 

làstige  Esser 

loszuwerden. 


Von  nun  an  besuchten  sie  die  Kirche 
hàufiger. 

DEr  Pfarrer  Arlotto  hatte  fiir  einen 
Sonntag  drei  Freundc  von  ihm  zum 
Essen  geladen,  und  weil  er  mit  ihnen  keine 
Umstàndc  zu  machen  brauchte,  hatte  er 
kein  besonders  groBes  Mahl,  sondern  nur 
das   notwendigste   vorbereitet. 

Just  als  sie  sich  nach  der  Messe  zu 
Tische  setzen  wollten,  kamen  etwa  ein 
Dutzend  Stàdter,  die  auf  der  Vogelbeize 
waren,  und  riefen  den  Pfarrer  und  sagten, 
sie  seien  gekommen,  um  bei  ihm  zu  essen. 

Er  antwortete:   „Seid  willkommen!" 

Wàhrend  sie  aber  die  Pferde  anbanden, 
holte  er  einen  Totenschàdel,  an  dem,  weil 
er  frisch  war,  noch  das  Fleisch  battete, 
versteckte  das  fùr  die  Mahlzeit  bestimmte 
fosche  Fleisch  und  den  Kochlòffel,  nahm 
einen  Topf,  worin  eingesalzenes  Fleisch  in 
einer  Brùhe  gesotten  war,  und  sagte  zu  den 
Jàgern:  „Ihr  seid  willkommen;  wascht 
Euch  die  Hànde";  zugleich  nahm  er  den 
Totenschàdel  und  tauchte  ihn  in  die  Brùhe 
und  begann  die  Suppe  zu  bereiten. 

Als  das  die  Jàger  sahen,  bekamen  sie 
einen  solchen  Ekel,  daB  sie  augenblicklich 
weggingen. 

Und  der  Pfarrer  sagte:  „Habt  doch  Ce- 
dui d;    ich   mache    die    Suppe    mit   keinem 

38 


andern  Lòffel  als  mit  dem,  womit  ich  selber 
esse.  Ihr  konntet  wohl  ein  wenig  Geduld 
haben." 

Und  so  blieb  er  mit  seinen  Freunden 
allein  ^ 


ALs  der  Pfarrer  Arlotto  bei  einem  ein- 
fluBreichen  Bùrger  speiste,  der  ihn 
mit  groBer  Auszeichnung  behandelte,  vcr- 
suchte  es  einer,  der  auch  dort  war,  ihn  mit 
vielen  Bitten  und  unterwiirfigen  Worten 
zu  bewegen,  daB  er  auf  seine  Pfarre  ver- 
zichte,  und  hielt  eine  lange  Rede,  indem  er 
sagte:  „Piarrer,  Ihr  seid,  wie  Ihr  wiBt,  nun- 
mehr  alt  geworden  und  da  bilde  ich  mir 
ein,   Euch   etwas   gutes   zu   tun,   wenn   ich 

^  Wie  man  sieht,  ist  diese  .Facetie'  nicht  nur 
scheuBlich,  sondern  hat  auch  keinen  Sion;  einen 
Totenschàdel  als  Lòffel  zu  benutzen  ist  ein  Ding 
der  Unmòglichkeit.  Gleichwohl  haben  die  altea 
Ausgaben  ebenso  wie  das  von  Baccini  herausge- 
gebene  Manuskript  ùbereinstimmend  un  teschio  di 
morto,  was  nur  Totenschàdel  heiOen  kann;  ein  Aus- 
weg  wàre  es,  wenn  man  annàhme,  daQ  es  z.  B.  un 
teschio  di  porco  lauten  solite,  was  man  dann  viel- 
leicht  zur  Not  mit  Hirnschale  eines  Schweins 
wiedergeben  kónnte.  DaB  eine  àhnliche  Textdeu- 
tung  schon  làngst  als  notwendig  empfunden  wurde, 
beweisen  die  spàtern  Ausgaben,  die  von  un  teschio 
d'un  animale  sprechen,  was  Ristelhuber  wòrtlich 
mit  un  cràne  d'animai  ùbertràgt;  trotzdem  hat  Bac- 
cini in  der  von  ihm  verfaOten  Oberschrift  des 
Schwankes  ausdrùcklich  un  teschio  umano ,  „ein 
Menschenschàde  1"1 


LXXXV. 

Wie  sich  der 

Pfarrer  der 

Zumutung  eines 

falschen  Freandes 

erwehrt  hat,  der  ihn 

zum  Verzichte 

auf  seine  Pfarre 

bewegen  wollte. 


39 


Euch  zurede,  auf  Eucre  Pfarre  zu  verzich- 
tcn,  und  zwar  zu  Gunsten  eines  ordent- 
lichen,  gutcn  jungen  Mannes,  der  anstàn- 
dig,  gelehrt  und  klug  ist,  so  daB  Ihr  sie 
keinem  bessern  ìibertragen  kònntet;  er  wird 
Euch  ein  Sohn  sein  und  Euch  wie  einen 
Vater  chren  und  wird  nichts  dawider 
habcn,  daB  Ihr  die  Einkiinfte  selber  ver- 
waltet  und  Zeit  Euers  Lebens  fiir  Euch 
verwendet.  Ihr  kònntet  mir  antworten, 
daB  Ihr  Euch  darauf  nicht  verlassen  woUt; 
aber  da  antworte  ich  Euch,  daB  die  Ein- 
kiinfte Jahr  fiir  Jahr  auf  den  Heller  und 
eher  noch  etwas  hòher  festgestellt  und 
in  der  Bank  in  Florenz,  die  Ihr  vorzieht, 
eingelegt  werden  sollen,  und  das  Geld  soli 
Jahr  fiir  Jahr  bezahlt  werden,  und  wir 
werden  Euch  eine  Sicherstellung  geben,  wie 
Ihr  sie  wollt  und  nach  Euerer  Wahl." 

Der  Pfarrer,  der  wohl  verstanden  batte, 
worauf  diese  ganze  Rede  hinauslief,  er- 
widerte  auf  jeden  Teil  besonders,  indem 
er  viel  gewichtige  Griinde  anfiihrte,  warum 
er  eine  solche  Dummheit  nicht  machen 
kònne,  diirfe  und  wolle;  und  zwar  sagtc 
er:  „Eigentlich  solite  ich  Euch  fiir  Euere 
Giite  danken,  daB  Ihr  mich  beute  zum 
Essen  eingeladen  habt,  aber  ich  tue  es 
nicht,  weil  ich  sehe,  daB  Ihr  es  nicht  aus 
WohlwoUen  getan  habt,  sondern  um  Eucr 
Trachten  und  Euern  Zweck  zu  errcichen. 

40 


Ihr  sagt,  ich  sei  alt,  und  das  ist  wahr;  wenn 
ich  aber  auf  die  Pfarre  verzichte,  wiirde 
ich  da  j ùnger?  Ihr  bildet  Euch  ein,  mir 
etwas  gutes  zu  tun,  und  ich  antworte  Euch, 
daB  ich  ganz  zufrieden  bin  und  daB  ich, 
wenn  ich  etwas  bessers  suchte,  das  gute 
verlòre  und  erst  nichts  bessers  fànde.  Ihr 
ratet  mir,  zu  Gunsten  eines  jungen  Mannes, 
der  gut  ist  usw.,  zu  verzichten;  ich  glaube 
Euch  ja,  daB  er  gut  ist,  aber  ich  wiirde  mich 
weigern,  zu  Gunsten  eines  bessern  zu  ver- 
zichten, weil  ich  unmòglich  glauben  kann, 
daB  er  besser  und,  wie  Ihr  sagt,  ordent- 
licher  ist  als  ich.  Und  daB  er  klùger  und 
gelehrter  sein  soli,  darauf  antworte  ich 
Euch,  daB  ich  mein  Lebtag  manche  gesehn 
habe,  die  mit  ihrem  klùger  und  gelehrter 
sein  woUen  als  die  andern  schlieBlich  als  die 
gròBern  Narren  dagestanden  haben  und  es 
fùr  immer  geblieben  sind.  Und  das  kònnte 
zutreffen,  wenn  er  an  meiner  statt  wàre; 
beginge  er  nicht  eine  groBe  Narrheit,  wenn 
er  sich  einredete  und  meinte,  daB  einer 
klùger  und  anstàndiger  sei  als  ich?  Das 
kann  also  kein  Grund  fùr  mich  sein,  es  zu 
tun,  und  ich  bin  der  Meinung,  daB  sie  kei- 
nem  bessern  ùbertragen  werden  kann  als 
mir  selber.  Er  wird  mir  ein  Sohn  sein  und 
mich  wie  einen  Vater  halten;  daran  zweifle 
ich  nicht,  weil  Ihr  und  ich  unser  Lebtag 
oft  genug  gesehn  haben  und  alltàglich  sehn, 

41 


wic  sich  der  Sohn  iiber  den  Vater  erbost, 
ihn  schlecht  behandelt  und  ihn  endlich 
schlàgt,  und  wer  gàbe  mir  die  Sicherheit, 
dafi  das  nicht  auch  bei  mir  zutreffen 
kònnte?  es  wàre  nicht  besonders  klug  von 
mir,  mich  in  diese  Gefahren  zu  begeben 
und  es  darauf  ankommen  zu  lassen:  es  ist 
unmòglich,  daB  zwei  Menschen  dasselbe 
Hemd  anziehen  und  anhaben.  Ich  frage 
Euch,  was  ist  besser:  dafi  eine  Pfarre  zwei 
Pfarrer  liat,  oder  dafi  ein  Pfarrer  zwei 
Pfarren  hat?  Die  Antwort  ist  nicht  schwer. 
Ihr  bietet  mir  an,  da6  er  mir  den  Nutzen 
der  Pfarre  lassen  werde,  solange  ich  lebe; 
aber  ist  es  nicht  kliiger,  ich  bleibe,  was  ich 
bin  und  habe  den  Nutzen  ohne  Verpflich- 
tung,  als  da6  ich  auf  sie  verzichtete  und 
jemand  anderm  verpflichtet  wàre?  Weiter 
sagt  Ihr,  ich  solle  bei  der  Bank,  die  ich  will, 
sicher  gestellt  werden,  und  die  Einkùnfte 
sollten  mir  mein  Lebtag  verbleiben;  dafiir 
ist  es  aber  unmòglich,  eine  Sicherheit  zu 
finden,  die  mir  geniigen  wiirde.  Ihr  kann- 
tet  ebenso  wie  ich  den  edeln  Ritter  Messer 
Palla  degli  Strozzi  ^  als  den  reichsten  Mann 


^  Eine  Biographie  von  Palla  de'  Strozzi 
(1372—1462)  steht  bei  Bisticci,  zit.  Ausg,,  III,  S.  9  ff.; 
Nachrichten  ùber  ihn  findet  man  auch  bei  Voigt, 
Die  Wiederbelebung  des  classischen  Alterthums, 
3.  Aufl.,  Berlin,  1893,  I,  S.  289,  wo  es  heiOt:  „Leicbt 
h&tte   der   Strozza    seinen   Rivalen   Cosimo   Medici 

42 


von  Florenz  und  den  gròBten  und  ange- 
sehensten  Biirger,  dcr  mehr  Kredit  hatte 
als  irgend  jemand  in  Italien,  und  wìr  sahen, 
wie  er  eines  Abends  mit  ali  diesem  danze 
schlafen  ging  und  am  nàchsten  Tage  um 
die  dritte  Morgenstunde  verbannt  und  aus 
seiner  Vaterstadt  vertrieben  war,  ohnc  Vcr- 
mògen  und  ohne  Kredit,  weil  er  auf  einmal 
alles  verloren  hatte.  Wem  wollt  Ihr  also, 
dafi  ich  vertrauen  solite?  ich  traue  niemand 
sonst  als  mir  selber.  Ich  tue  es  um  keinen 
Preis  und  will  nicht  den  Herrgott  so  tief 
beleidigen  und  nicht  mir  selber  so  groBc 
Ungelegenheiten  machen,  will  auch  nicht 
in  meinem  Alter  fiir  einen  gròBem  Narren 
gehalten  werden,  als  ich  wirklich  bin." 

ALs  der  ehrwiirdige  Herr  Kardinal  von 
S.  Pietro  in  Vinculis  ^  auf  der  Rùck- 
reise  von  Frankreich,  wo  er  als  Legat  ge- 
wesen  war,  durch  Florenz  kam,  ging  unser 


auch  im  màcenatischen  Ruhme  erreicht,  wàre  nicht 
nach  dem  Siege  des  letzteren  cine  ewige  Ver- 
bannung  und  Confiscation  der  Gùter  das  Loos  des 
Gegners  gewesen.  Achtundzwanzig  Jahre  brachte 
der  schon  hochbetagte  Palla  im  Exile  in  Padua  zu. 
Die  Philosophie ,  der  er  sich  in  den  Tagen  der 
Jugend  befreundet,  war  jetzt  sein  Trost  und  seine 
Stùtze."  Vgl.  auch  Rossi,  //  Quattrocento,  Milano, 
S.  26  ff . 

^  Baccini  nennt  als  den  hier  gemeinten  Kardinal 
kurzweg  Nikolaus  von  Cusa;   das  ist  aber  unmog- 


LXXXVI. 

Was  fiir  eine 
Antwort  der  Pfarrtr 

dem  erlauchten 

Lorenzo  de'  Medici 

in  Gegenwart  eineg 

Kardinals 

gegeben  hai. 


43 


Pfarrer  Arlotto  eines  Tages  zu  ihm  essen; 
der  Kardinal  lieB  es  an  Aufmcrksamkeiten 
und  Anerbictungen  nicht  fehlen,  so  daB 
sich  der  Pfarrer  liber  so  viel  Giite  baB  ver- 
wunderte, 

Sie  hatten  sich  eben  vom  Tische  er- 
hoben,  als  Lorenzo  il  Magnifico  den  Kar- 
dinal besuchen  kam;  und  nachdem  er  ihn 
begrìiBt  batte,  wandte  er  sich  zum  Pfarrer 
und  sagte:  „Wie  gehts  Euch,  Pfarrer?" 

Der  antwortete:  „Ich  bin  auf  den  Hund 
gekommen." 

Dann  sagte  Lorenzo:  „Und  was  woUt 
Ihr  hier?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Das  Gegenteil 
von  dem,  was  die  andern  Geistlichen 
wollen,  die  den  gnàdigen  Herrn  besuchen, 
um  Pfrùnden  zu  erhalten,  wàhrend  ich  zu 
ihm  gekommen  bin,  damit  mir  die  meinige 
nicht  genommen  werde," 

Weder  der  Kardinal,  noch  die  andern, 
die  dort  waren,  verstanden  diese  beiden 
Antworten,  die  der  Pfarrer  dem  Magnifico 
gab;  der  aber  verstand  sie. 

lich:  als  Nikolaus  von  Cusa  starb  (1464),  war 
Lorenzo  il  Magnifico  erst  16  Jahre  alt,  und  im  Jahre 
1441,  wo  Cusa  als  Legat  in  Frankreich  war,  war  er 
noch  gar  nicht  geboren.  Hier  handelt  es  sich  um 
den  Neffen  Sixtus  IV.,  Giuliano  della  Rovere,  seit 
dem  16.  Dezember  1471  Kardinal  von  S.  Pietro  in 
Vincoli,  der  im  Jahre  1476  als  Legat  in  Frank- 
reich war. 

44 


Der  Pfarrer  hatte  einen  Hund  bei  sich 
und  darum  sagte  er:  „Ich  bin  auf  den  Hund 
gekommen  \"  Alle  andern  abcr  legtcn  es 
anders  aus. 

Auch  die  zweite  Antwort  verstand  nie- 
mand  sonst  als  Lorenzo;  dem  war  nàmlich 
ein  paar  Tage  vorher  erzàhlt  worden,  cin 
Geistlicher  habe  dem  Pfarrer  im  Gespràche 
nach  vielen  Worten  gesagt:  „Pfarrer,  ich 
werde  Euch  zum  Trotze  Euere  Pfarre  be- 
kommen."  Und  der  Pfarrer  hatte  lachend 
geantwortet:  „Ihr  werdet  tun,  was  Ihr 
konnt,  um  sie  zu  bekommen,  und  ich  werde 
tun,  was  ich  kann,  damit  Ihr  sie  nicht  be- 
kommt,  und  ich  weifi,  dafi  der  Erfolg  eher 
mir  beschieden  sein  wird  als  Euch." 

Und  das  war  der  Grund,  dafi  er  zu  Lo- 
renzo sagte:  „Ich  will  das  Gegenteil  von 
dem,  was  die  andern  wollen." 

Und  der  Kardinal,  der  in  ihm  einen 
guten  und  wackern  Mann  fand,  wunderte 
sich,  dafi  er  um  gar  nichts  gebeten  hatte. 

Unter  den  hùbschen  Geschichten,  die 
er  dem  Kardinal  erzàhlte,  war  auch  die 
folgende: 


*  Im  Originale  heiBt  es:  Aveva  in  dosso  il  Pio- 
vano un  mantello  di  panno  verde  bruno  e  però 
disse:  ,Io  son  condotto  al  verde';  naturlich  heiOt  die 
frùhere  Antwort  ebenso.  Dieses  im  itbrigen  wohl 
recht  màfiige  Wortspiel  ist  unùbersetzbar. 


45 


LXXXVII. 

Wie  sich  der 

Pfarrer  mìt  einem 

Einsiedler 
vergleicht,  um  zn 

schildern,  was 

er  fiir  cine  Noi  mit 

dea  Leuten  hai, 

die  seine  P forre 

haben  wollen. 


DEr  Pfarrer  sagte:  „Gnàdiger  Herr,  ich 
habe  in  meinen  alten  Tagen  wegcn 
meiner  Pfarre  so  viel  Kàmpfe  zu  bestehn, 
dafi  ich  nicht  wei6,  wie  ich  mich  verhalten 
soli,  um  in  Frieden  zu  leben;  den  ganzen 
Tag  làBt  man  mir  keine  Ruhe,  und  wenn 
es  in  Rom  noch  eine  Fròmmigkeit  gàbe,  wie 
einst,  so  wàre  ich  schon  hingereist  und 
hàtte  mich  unserm  Herrn  zu  FiiBen  ge- 
worfen  und  zu  ihm  gesagt:  ,Heiliger  Vater, 
von  diesem  Stuhle  habe  ich  sie  erhalten, 
und  ihm  gebe  ich  sie  zuriick,  und  ich  ent- 
sage  ihr  in  die  Hànde  Euerer  Heiligkeit; 
macht  damit,  was  Ihr  woUt  und  gebt  sie 
irgendeinem  ordentlichen  Manne  und  sorgt 
fiir  meines  Lebens  Notdurft,  weil  ich  mich 
in  Euere  Hànde  befehle.'  Weil  aber  diese 
gute  Zeit  nicht  mchr  ist  und  weil  es  diese 
frommen  Mànner  nicht  mehr  gibt,  so  werdc 
ich  das  nicht  tun;  ich  hàtte  es  auch  nur 
getan,  um  aller  Schererei  ledig  zu  sein  und 
wegen  des  Heils  meiner  Seele,  so  wie  ein- 
mal  ein  frommer  Einsiedler  getan  hat,  der 
auf  der  Pilgerschaft  war  und  auf  der 
StraBe  mit  einem  Bòsewicht  Gesellschaft 
machte. 

Sie  unterbrachen  ihren  Weg  eines 
Trunkes  halbcr  und  der  Einsiedler  bezahlte 
den  Wein  mit  ein  paar  Groschen,  die  er 
als  Almosen  erhalten  batte;  sein  GescU 
sah,   daB   er  sie   aus   einem   Lappen   oder 


46 


zerrìssenen  Sacktuche  zog  und  bildete  sich 
cin,  der  Einsiedler  habe  sehr  viel  Geld,  und 
faBte  den  Pian,  ihn  zu  bestehlen. 

Nachdem  sie  getrunken  hatten,  wander- 
tcn  sie  welter  bis  zum  Abende  und  herbcrgten 
endllch  in  elnem  Hospital,  und  dort  wurden 
ihnen,  als  sie  schlafen  gingen,  zwei  Betten 
angewiesen.  In  der  Nacht,  so  um  den 
crsten  Schlaf,  stand  der  Bòsewicht,  in  der 
Meinung,  der  Einsiedler  schlafe,  leise  auf, 
um  den  Diebstahl  auszufiihren;  der  Ein- 
siedler war  aber  wach,  und  da  er  sich  eben 
ràuspern  muBte,  ràusperte  er  sich  so  stark, 
daB  der  andere  stehn  blieb  und  etwa  eine 
Stunde  wartete,  bis  er  den  zweiten  Versuch 
unternahm,  ihn  zu  bestehlen. 

Der  Einsiedler,  der  das  erkannt  hatte, 
hustete  von  neuem,  und  der  andere  blieb 
wieder  eine  Weile  stehn,  und  so  auch  ein 
drittes  Mal.  Da  nun  aber  der  Einsiedler 
sah,  dafi  er  nicht  schlafen  durfte,  sagte  er 
bei  sich  selber:  ,Wenn  ich  so  welter  tue, 
so  kann  das  nicht  sein,  ohne  daB  ich  in 
meinem  Herzen  sùndigte  und,  wcil  ich  nicht 
schlafen  kann,  an  meinem  Leibe  Schaden 
litte*;  und  damit  stand  er  auf,  nahm  die 
Lumpen  mit  den  paar  Groschen,  machte 
ein  Biindel  daraus  und  legte  es  mitten  im 
Hospital  auf  die  Erde.  Dann  ging  er 
wieder  zu  Bette  und  schlief  sanft  bis  zum 
Morgen. 

47 


LXXXVIII. 

Wie  der  Pfarrer 

seinen  Freund 

empfangen  hat,  der 

auf  dai  Geriicht 

voti  seinem  Tode 

nach  Maciuoli 

gekommen  ist. 


Als  er  erwachte,  dankte  er  dem  Hcrr- 
gott  und  fand,  daB  sich  der  Schuft  mit  dem 
Bùndel  davongemacht  hattc. 

So  solite  eigentlich  auch  ich  tun,  um 
den  Unannehmlichkeiten  zu  entgehn,  die 
mir  den  ganzen  Tag  gemacht  werden,  damit 
ich  auf  meine  Pfarre  verzichte;  aber  der 
Einsiedler  fand  wieder  Lente,  die  ihm  Al- 
mosen  und  Geld  gaben,  wàhrend  es  mir 
nicht  so  erginge,  weil  ich  nirgends  Mitleid 
fànde,  und  meine  Pfarre  wàre  verloren," 

ES  ging  das  Geredc,  der  Pfarrer  Arlotto 
sei  auf  seiner  Pfarre  gestorben,  und 
als  man  in  Florenz  davon  sprach,  machte 
sich  Antonio  dal  Ponte,  der  es  augenblick- 
lich  nicht  glaubte,  auf  den  Weg,  um  ihn 
zu  besuchen  und  sich  iiber  die  Wahrheit  zu 
vcrgewisscrn, 

Als  ihn  der  Pfarrer  ganz  bekìimmert 
herankommen  sah,  sagte  er:  „Was  gibts 
denn?  was  soli  das  heiBen?" 

Antonio  antwortete:  „In  Florenz  sagt 
man,  Ihr  seiet  gestorben;  mir  hat  das  sehr 
leid  getan,  und  weil  ich  es  nicht  glaubte, 
so  bin  ich  Euch  besuchen  gekommen,  um 
zu  erfahren,  ob  es  wahr  ist/* 

Der  Pfarrer  sagte:  „Ich  glaube,  du  wirst 
eher  gekommen  sein,  um  etwas  zu  stehlen, 
als  um  mich  aus  lauter  Liebe  zu  besuchen. 
Hàltst  du  es  jetzt,  wo  die  Ernte  ist,  fiir  die 


48 


rìchtige  Zeit  zu  sterben?  Es  wùrde  mich 
hart  krànken,  wenn  ich  sterben  mùBte  und 

es  wàre  noch  ein  frischgelegtes  Ei  da;  abcr         -- 

noch  hàrter  kàme  es  mich  an,  wenn  das  Ei 
schon  gekocht  und  geschàlt  wàre,  und  da 
stùrbe  ich  in  Verzweiflung.  Mein  lieber 
Antonio,  glaube  es  nicht,  daB  ich  sterben 
woUe  oder  daB  ich  es  nòtig  bàtte,  und  so 
sag  auch  einem  jeden,  der  sich  um  mich 
erkundigt." 

ZU  der  Zeit,  wo  unser  erlauchter  Lorenzo  LXXXIX. 

de  Medici  in  Neapel  weilte,  um  mit  Mefnung'^e7' 
den  andern  Gesandten  wegen  des  Friedens  jg„  Ausgang  der 
in  Italien  zu  verhandeln  \  sprach  man  in  Reise 

Florenz  mancherlei,  darunter  auch,  Lorenzo  Lorenzos  de'  Medici 
habe   eine   Unklugheit   begangen,   auf   gut     nach  Neapel  war. 
Giiick  hinzureisen;  viele  waren  der  Ansicht, 
daB  ihm   der  erhabene  Kònig  Unannehm- 
lichkeiten  bereiten  werde. 

Spàter  solite  sich  freilich  zeigen,  daB 
dieses  Vertrauen  auf  die  Hochherzigkeit 
des  Kònigs  zum  Heile  Italiens  war,  und 
man  sah,  wie  viel  Ehre  er  Lorenzo  erwies 
und  mit  welcher  Hochherzigkeit  er  ihm  als 
weiser  und  ruhmreicher  Fùrst  entgegenkam. 

Damals  nun,  als  die  Sache  noch  un- 
geklàrt  war,  fragte  ich  eines  den  Pfarrer 

^  Eine  hùbsche  Schilderung  des  kùhnen  Unter- 
nehmens  Lorenzos  steht  im  Widmungsbriefe  der 
52.  Novelle  des  II.  Teils  von  Bandellos  Novelle. 

Arlotto,  Schwanke  IL  4  49 


Arlotto:  „Glaubt  Ihr,  dafi  unser  erlauchter 
Lorenzo  heil  von  Neapel  heimkehren  wird?" 

Er  antwortete  mir,  das  sei  zweifellos,  und 
sagte:  „Diese  Geschichte  wird  geradeso  aus- 
gehn  wie  die  von  den  zwei  Leckern,  die 
einen  fetten  Kapaun  mitsammen  von  einem 
Teller  verspeisten.  Der ,  der  vorschnitt, 
legte  sich  alle  bessern  Stùcke  vor,  und 
das  behagte  seinem  Gesellen,  der  es  be- 
merkte,  nicht  sonderlich,  weil  er  diesen 
Teil  gern  selber  gehabt  bàtte,  aber  nichts- 
destoweniger  meinte  er,  einfach  ùber  den 
FluB  zu  setzen  und  sich  von  der  andem 
Seite  dranzumachen,  sei  nicht  anstàndig; 
da  er  sichs  jedoch  kcineswegs  gef alien 
lassen  woUte,  sagte  er,  als  der  Teller  voli 
war,  zu  seinem  Gesellen:  ,Ach  die  Welt  ist 
eitel  und  jede  Hoffnung  ist  trùgerisch;  alles 
ist  vergànglich.*  Und  er  nahm  den  Teller 
und  sagte:  ,Die  Dinge  dieser  Welt  drehn 
sich  so  wie  dieser  Teller',  und  dabei  drehte 
er  ihn,  bis  die  guten  Stiicke  vor  ihm  waren, 
machte  sich  darùber  und  begann  zu  essen. 

Der  andere,  der  vorgeschnitten  batte, 
verstand  ihn  sehr  gut  und  sagte  bei  sich 
selber:  ,Du  soUst  dich  getàuscht  haben.'  Er 
nahm  den  Teller  und  drehte  die  gute  Seite 
wieder  sich  zu  und  sagte  lachend:  „Du 
willst  mein  Gescll  sein?  Die  Welt  soli  sich 
drehn  wie  sie  will,  aber  der  Teller  bleibt, 
wo  er  ist.'  " 

50 


Wle  es  schon  bei  dcr  Unterhaltung  der 
Leute  aus  dem  Volke  geht,  die  die 
Heimlichkeiten  zwischen  den  Staaten  und 
Fursten  nicht  wissen  kònnen,  nichtsdesto- 
weniger  aber  in  ihrer  Begier,  alles  zu  er- 
fahren,  hin  und  wieder  ùber  die  Neuig- 
keiten,  die  in  aller  Munde  sind,  sprechen 
und  dabei  manchmal  das  Wahre  treffen,  so 
war  es  auch  mit  unserm  Pfarrer  Arlotto, 
der  auf  die  Frage,  was  er  von  dem  Frieden 
halle,  der  in  Neapel  von  den  Gesandten 
der  Màchie  verhandelt  wurde,  zur  Antwort 
gab:  „Friede  wird  ja  bald  werden,  aber  es 
wird  ein  Mònchsfriede  sein." 

Nun  wurde  er  gefragt:  „Was  ist  das, 
Mònchsfriede?"  und  er  erzàhlte  zu  diesem 
Gegenstande  eine  hiibsche  Geschichte,  die 
folgendermaBen  lautete: 

„In  unserer  Stadt  Florenz  war  eine  Bar- 
fùfierabtei  und  diese  Abtei  war  nach  der 
alien  Art  gebaui,  das  hei6t  in  der  Mitte  der 
Kirche  war  eine  Mauer  oder  eine  hòlzeme 
Querwand,  woran  ein  alies  groBes  Kruzifix 
mit  einer  Kette  oder  einem  Stricke  befestigt 
war,  Wie  ihr  wiBt,  ist  es  in  den  Barfùfier- 
klòsiern  Brauch,  dafi  die  Monche  siebenmal 
am  Tage  die  Horen  beten  und  auf  dem 
Chore  singen,  wàhrend  die  Laienbrùder  zu 
jeder  kanonischen  Stunde  etliche  Pater- 
noster und  Avemaria  sprechen,  je  nach  dem, 
wie  es  ihnen  ihre  Obern  angeordnet  haben. 


XC. 

Wie  der  Pfarrer 

die  Redensart 

f.Einen  Mònchs- 

frieden  macheti" 

erlàutert. 


51 


In  dicser  Abtei  war  also  ein  gar  from- 
mer  Laienbnider  und  der  betete  zu  alien 
kanonischen  Stunden  seine  Paternoster  und 
Avemaria  stets  vor  diesem  Kruzifixe  und 
auf  den  Knien  licgend.  Als  er  nun  eines 
Tages  um  die  Vesperstunde  seine  Andacht 
verrichtete  und  vor  dem  Kruzifix  kniete, 
ri6,  wie  es  Gottes  Wille  war,  der  Strick 
oder  die  Kette,  und  das  Kruzifix  fiel  auf 
ihn  und  zerschlug  ihm  den  Kopf ,  die  Lenden 
und  einen  Arm. 

Die  Monche  liefen  herbei  und  brachten 
ihn  zu  Bette  und  holten  den  Arzt;  und  der 
sagte,  nachdem  er  ihn  untersucht  batte, 
daB  die  Verletzungen  schwer  seien  und  daB 
es  schlimm  um  ihn  stehe.  Da  er  auch  an- 
ordnete,  daB  er  beichte,  kam  ein  Mònch  zu 
ihm  und  der  erfand  ihn,  als  er  ihm  die 
Beichte  abnahm,  als  einen  einfàltigen  und 
herzensguten  Menschen,  dessen  Einfalt  aber 
verderblich  war,  weil  sich  in  scinem  Hirn 
die  Meinung  festgesetzt  batte,  das  Kruzifix 
habe  ihm  eine  Unbill  angetan;  und  der 
Mònch  konnte  ihn  nicht  dazu  bringen,  daB 
er  dem  Kruzifix  verziehen  bàtte. 

Als  der  Mònch  diese  verstockte  Narr- 
heit  sah,  crzàhlte  er  das  ganze  dem  Abte; 
daraufhin  besuchtc  der  den  Kranken  und 
fragte  ihn:  ,Wie  gehts  dir?' 

Er  antwortctc:  ,Schr  schlecht.' 

Und   der  Abt   sagte:    ,Ich   verwundcre 

52 


mich,  weil  mir  dein  Beichtvatcr  sagt,  du 
trùgest  einen  HaB  gegen  dieses  Knizifix; 
ist  das  wahr?* 

Der  Laienbrudcr  antwortete:  ,Ja,  Vatcr; 
wie  solite  ich  denn  keinen  HaB  gegen  ihn 
tragen,  wo  es  fiinfzehn  Jahre  oder  làngcr 
her  ist,  dafi  ich  alle  meine  Stundengebete 
immer  vor  ihm  verrichte  und  es  nicht  an 
einem  einzigen  Paternoster  habe  fehlen 
lassen,  ohne  ihn  bei  alledem  je  um  etwas 
zu  bitten,  und  jetzt  fàngt  er  an,  mich  auf 
diese  Weise  zu  behandeln?  Ich  kann  und 
will  ihm  durchaus  nicht  verzeihen.* 

Der  Abt  sagte:  ,Ich  meine,  du  machst 
Frieden  mit  ihm',  aber  der  Laienbruder 
sagte:  ,Ich  tue  es  keineswegs.* 

Als  der  Abt  diese  verkehrte  Hartnàckig- 
keit,  verbunden  mit  einer  solchen  Einfalt, 
sah,  sagte  er  bei  sich  selber:  ,Wer  in  Ein- 
falt sùndigt,  fàhrt  in  Einfalt  zur  Hòlle.* 
Und  er  lieB  das  Kruzifix  bringen  und  sagte 
zu  dem  Laienbruder:  ,Du  weiBt,  daB  es  jetzt 
etwa  sechzehn  Jahre  sind,  daB  ich  dich  ein- 
gekleidet  und  in  den  Orden  aufgenommen 
habe;  was  hast  du  mir  damals  bei  der  Ein- 
kleidung  in  diese  Hand  geschworen?' 

Der  Bruder  antwortete:  ,Armut,  Keusch- 
heit  und  Gehorsam/ 

Der  Abt  sagte:  ,Du  sprichst  die  Wahr- 
heit,  und  nun  befehle  ich  dir  bei  dem  heiligen 
Gelùbde    des    Gehorsams,    daB    du    dieses 

53 


Kruzifix  umarmst  und  kiiBt  und  ihm  willig 
verzeihst  und  daB  ihr  in  jeder  Weise  Friede 
macht  miteinander.' 

Und  weil  es  ihm  bei  dem  heiligen  Ge- 
horsam  befohlen  war,  so  tat  ers  und  sagte: 
,Vater,  seitdem  ich  in  diesen  heiligen  Orden 
cingetreten  bin,  habe  ich  Euch  immcr  ge- 
horcht  und  ich  werde  Euch  auch  jetzt  ge- 
horchcn.*  Und  er  umarmte  und  kiiBte  das 
Kruzifix,  verzieh  ihm  und  machtc  Frieden 
mit  ihm. 

Als  das  Kruzifix  wieder  an  seinen  Ort 
gebracht  worden  war,  woUte  sich  der  Abt 
entfernen;  aber  er  war  kaum  ein  paar 
Schritte  gegangen,  als  der  Bruder  das  Haupt 
hob  und  sagte:  ,Herr  Abt,  bitte,  kommt  noch 
einmal  auf  ein  biBchen  zuriick.' 

Nun  sagte  der  Bruder  zum  Abte:  ,Vater, 
ich  habe  Euch  gehorcht  und  Frieden  gc- 
macht  und  habe  getan,  was  Ihr  mir  befohlen 
habt;  aber  das  eine  will  ich  Euch  sagen: 
zwischen  mir  und  ihm  wird  immer  HaB  und 
Ùbelwollen  sein.'  " 


XCI. 

Was  fùr  eine 

Geschichie 

der  Pfarrer  einigen 

vornehmen  Biirgern, 

die  ihn  beim 

Stechen  mit  Rohr- 

atócken  getroffen 

haben,  zu  teiner 

Enttchuldigung 

erzàhlt. 


ETliche  vornehme  und  gelehrte  Biirgcr, 
die  sich  auBerhalb  von  Florenz  er- 
gingen,  trafen  etwa  zwei  Meilen  weit  von 
der  Stadt  auf  einer  Wiese  hinter  eincra 
Hause  einige  Gesellen,  unter  denen  auch 
der  Pfarrer  Arlotto  war,  und  die  hicltcn 
zu  Pferde  ein  Stechen  mit  Rohrstòcken. 

54 


Der  Pfarrer  schàmte  sich  ein  wenig,  daB 
ihn  dicse  vornehmen  Mànner  also  sahen; 
sie  griiBten  ihn  und  sagten:  ,,Was  macht 
Ihr  da  mit  dem  Rohr  in  der  Hand?" 

Er  antwortete:  „Wir  haben  hier  im 
Hause  gefruhstiickt  und  haben  vielleicht 
etwas  zu  viel  geladen  und  sind  von  ungefàhr 
alle  oder  zum  grofien  Teilc  betrunken,  und 
so  geht  es  mir,  wie  es  den  zchn  Sterndeutern 
ergangen  ist,  die  durch  ihre  Wissenschaft 
gesehn  hatten,  es  werde  an  einem  gewissen 
Tage  in  ihrem  Lande  ein  Regen  niedergehn 
und  die  Erde  mit  einem  solchen  Wasser 
trànken,  daB  davon  ein  Gestank  aufsteigen 
werde,  wovon  alle,  die  ihn  riechen  wùrden, 
Mànner  und  Frauen,  groB  und  klein,  den 
Verstand  verlieren  wiirden,  und  das  wegen 
der  Trockenheit  und  Diirre  des  Erdreichs, 
weil  es  schon  eine  lange  Zeit  nicht  geregnet 
hatte. 

Die  Sterndeuter  hielten  Rat  miteinander 
und  sagten:  ,Wenn  das  Volk  nàrrisch  wird, 
wir  es  aber  so  machen,  daB  wir  den  Ge- 
stank nicht  riechen,  so  daB  er  uns  nicht 
schaden  kann,  so  werden  wir  die  Herren 
des  Landes  werden,' 

Es  kam  der  Tag,  wo  es  rcgnen  solite, 
und  die  Sterndeuter  verschlossen,  ohne  dem 
Volke  etwas  gesagt  zu  haben,  alle  ihre 
Tiiren  und  Fenster,  so  daB  sie,  als  es 
regnete,    von    dem    Gestanke    nichts    vcr- 

55 


xcu. 

Auf  was  fiir  cine 

Weise  sich  der 

Pfarrer  ati  einem 

jungen  Menschen 

ràcht,  der  cine 

Forderung  unbarm- 

herzig  eintreiben 

will. 


spùrtcn,  wàhrend  das  ganze  Volk  davon 
nàrrisch  wurde  und  nichts  mehr  tat,  als 
lachen  und  tanzen;  und  als  der  Gestank 
mit  dem  Wasser  gewichen  war,  kamen  die 
Sterndeuter  heraus, 

Aber  kaum  sah  sic  das  Volk,  so  liefen 
alle  auf  sie  los  und  sie  muBten,  wenn  sie 
weiterhin  im  Lande  bleiben  wollten,  die 
sàmtlichen  Narrheiten  mitmachen;  sonst 
wàren  sie,  wenn  schon  nicht  erschlagen, 
aber  aus  dem  Lande  gejagt  worden. 

So  habe  auch  ich  es  mit  diesen  Leuten  da 
tun  miissen;  darum  haltet  mich  fùr  entschul- 
digt,  wenn  ich  mich  albern  betragcn  habe." 

IN  Florenz  war  ein  armer,  aber  gebildeter, 
kluger  und  wohlanstàndiger  Edelmann, 
mit  dem  der  Pfarrer  innig  befreundet  war; 
der  Pfarrer  batte  ihm  auch  schon  zu  often 
Malen  ausgeholfen,  einmal  mit  einer  hùb- 
schen  Summe  Geldes,  dann  wieder  mit 
andern  Dingen,  und  ohne  die  Wohltàtigkeit 
und  den  Beistand  des  Pfarrers  bàtte  cr 
seine  Familie  von  vierzehn  Kindern,  teils 
Knaben  und  teils  Màdchen,  nicht  ernàhrcn 
kònnen. 

Eines  Tages  mufite  dieser  Edelmann  not- 
gedrungen  von  einem  Hàndler  zwei  Stùcke 
Tuch  auf  Borg  kaufen,  das  eine,  um  seine 
Familie  neu  zu  kleiden,  das  andere,  um 
damit  Geld  zu  verdienen  und  sein  Geschàft 


56 


zu  betreiben;  abcr  es  fehlte  ihm  noch  die 
Sicherstellung,  die  der  Hàndler  verlangte, 
und  der  Edelmann  wuCte  nicht,  an  wcn 
sich  wenden. 

Endlich  nahm  er  scine  Zuflucht  wieder 
zum  Pfarrer  Arlotto  und  erzàhlte  ihm  seine 
Not;  der  ging  mit  ihm  zu  dem  Hàndler  und 
verpflichtete  sich,  die  Ware,  wenn  sie 
binnen  achtzehn  Monaten  nicht  bezahlt  sein 
werde,  selber  zu  bezahlen,  Er  merkte 
zwar,  dafi  der  Hàndler  dem  Edelmanne  die 
zwei  Stiicke  Tuch  schier  um  die  Hàlfte 
teuerer  angerechnet  batte,  als  sie  wert  waren, 
und  das  fiel  auch  noch  vielen  andem  auf; 
aber  weil  die  Not  dràngte,  erkannte  er  Ver- 
trag  und  Verpflichtung  an. 

Es  dauerte  nicht  lange,  so  starb  der 
Edelmann  und  schied  aus  diesem  Leben; 
dem  Pfarrer  tat  es  herzlich  leid  um  ihn, 
sowohl  weil  er  einen  Freund  verloren  batte, 
als  auch  wegen  der  armen  Waisen,  die  nun 
vaterlos  und  arm  dastanden. 

Nach  einigen  Monaten  kam  dann  auch 
die  Zeit,  wo  das  Geld  fàllig  war,  und  schon 
am  Tage  nach  dem  Verfallstage  kam  der 
Hàndler  zum  Pfarrer  und  sprach  ihm  von 
der  eingegangenen  Verpflichtung,  und  wie 
nun  die  Zeit  da  sei  und  daC  er  von  der 
Familie  mit  Rùcksicht  auf  ihre  Armut  nicht 
einen  Gulden  verlangen  werde,  hingegen 
von  ihm  bezahlt  sein  wolle. 

57 


Dcr  Pfarrcr  sagte:  „Ich  bin  es  zufrie- 
den."  Und  wirklich  zahlte  er  ihm  in 
wenigen  Tagen  fast  zwei  Drittel  der  ganzen 
Summe,  nàmlich  was  er  fùr  den  richtigen 
Betrag  hielt,  und  noch  zehn  Gulden  dariiber 
mit  Rùcksicht  auf  die  Zeit;  dabei  batte  er 
aber  die  Absicht,  ihm  nicht  einen  Heller 
mehr   zu    geben, 

Kaum  waren  jedoch  zwei  Monate  vcr- 
gangen,  so  begann  ihn  der  Hàndler  um  den 
Rest  zu  mahnen,  und  er  antwortete:  „Ich 
habe  kein  Geld."  Beim  nàchsten  Male 
sagte  er:  „In  vierzehn  Tage  werde  ich  dirs 
geben,"  Und  einmal  batte  er  die  Ausrede 
und  einmal  eine  andere,  und  so  zog  er  die 
Sache  lànger  als  vier  Monate  hin. 

Unterdessen  batte  der  Hàndler  einen 
bcsonders  eifrigen  und  geschickten  jungen 
Mann  aufgenommen,  der  etwa  achtzehn 
Jahre  alt  und  ein  stattlicher  Mensch  war;  als 
der  nun  alle  Schulden  auszog,  fand  er  den 
Pfarrer  Arlotto  mit  etwa  achtundzwanzig 
Goldgulden  ohnc  die  Kreuzer  belastet. 

Binnen  wenigen  Tagen  verlangte  er  sie 
einmal,  zweimal,  hundertmal  vom  Pfarrer, 
und  dann  begann  er  ihn  noch  nachdrùck- 
lichcr  zu  belàstigen,  indem  er  ihn  auf  dcm 
Markte,  auf  dem  Platze,  auf  der  StraOe, 
zu  Hause  und  in  der  Kirche  ohnc  Rùck- 
sich  auf  die  Lcute,  die  zugegen  waren,  zu 
mahnen  anfing,  und  das  tat  er  alltàglich,  bis 

58 


der  Pfarrer  einen  tòdlichen  HaB  gegen  ihn 
fafite  und  immer  òfter  erwog,  wie  er  sich 
ihn  vom  Halse  schaffen  kònnte;  und  cines 
Tages  ging  der  Pfarrer  in  die  Abtei  von 
San  Miniato  a  Monte,  die  von  der  Stadt 
nur  etwa  zwei  Bogenschùsse  entfernt  ist, 
lieB  sich  den  Abt  rufen  und  sagte:  „Ehr- 
wùrdiger  Vater,  ich  komme  zu  Euch  wegcn 
einer  gar  schmerzlichen  Sache,  die  mich 
seit  kurzem  betdriickt:  einem  Neffen  von 
mir  ist  eine  seltsame  Einbildung  gekom- 
men,  so  dafi  ich  glaube,  er  ist  besessen  oder 
ein  bòser  Geist  ist  in  ihn  gefahren;  es  ist 
noch  nicht  lange  her,  dafi  er  Narrheiten 
treibt,  und  noch  treibt  er  sie  mit  niemand 
sonst  als  mit  mir,  und  um  ihn  ist  sehr 
schade,  weil  er  noch  sehr  Jung  ist  und  viei 
verspricht,  Vorlàufig  sagt  er  zu  mir,  aber 
zu  niemand  anderm:  ,Wann  werdet  Ihr 
mir  das  Geld  geben?  gebt  mirs  doch;  es 
macht  achtundzwanzig  Gulden  ohne  die 
Kreuzer.*  Und  wann  immer  er  mich  sieht, 
nie  hat  er  etwas  andres  im  Kopfe  als  diese 
Dummheit,  so  dafi  er  mir  viel  Schmerz  und 
Kummer  bereitet.  Nun  weiB  ich  aber,  daB 
diese  herrliche  Reliquie,  das  Haupt  des 
glorreichen  heiligen  Miniatus,  so  wunder- 
tàtig  ist,  daB  ihm  Gott,  wenn  er  sie  nur 
einmal  auf  dem  Kopfe  gehabt  hat,  die 
Gnade  erweisen  wird,  ihn,  um  der  Ver- 
dienste  dieses  gebenedeiten  Heiligen  willen, 

59 


genesen  zu  lassen,  Ich  mochte  also,  daB 
Ihr  sie  ihm,  wenn  es  mòglich  wàre  und 
Euch  belìebte,  an  einem  Tage  in  dieser 
Woche  auflegen  lieBet," 

Der  Abt  antwortete:  „Bringt  ihn  nur 
her,  wann  es  Euch  beliebt." 

Der  Pfarrer  bedankte  sich  und  sagte: 
„Ich  werde  ihn  am  Samstag  bringen,  aber 
es  wird  notig  sein,  daB  Ihr,  wann  ich  mit 
ihm  dasein  werde,  sieben  oder  acht  hand- 
feste  junge  Lente  an  die  Tùren  stellt,  damit 
er  nicht  davonlaufen  kann;  Ihr  wiBt  ja,  was 
fùr  verrùckte  Dinge  diese  Besessenen  trei- 
ben,  wenn  sie  Gebcte  hòren  und  Reliquien 
sehn,  und  bei  ihm,  der  Jung  und  stark  ist, 
wird  es  besonders  arg  sein,  und  solite  er 
etwa  einen  Schlag  oder  Tritt  brauchen,  so 
laBt  ihn  ihm  nur  unbedenklich  geben,  weil 
ich  keine  gròBere  Freude  bàtte,  als  wenn 
ihm  diese  Narrheit  irgendwie  ausgetrieben 
wurde." 

Der  Abt  sagte:  „Bringt  ihn  nur  her;  wir 
werden  fùr  alles  sorgen." 

Der  Pfarrer  verabschiedete  sich  und 
ging  heim  nach  Florenz  und  sagte  bei  sich 
selber:  „Ich  werde  dich  schon  so  zùchtigen, 
daB  du  mir  keine  Unannehmlichkeiten  mehr 
machen  sollst." 

Am  Freitag  ging  er  am  Abende  zu  dcm 
Hàndler  und  sagte  zu  ihm:  „Ich  komme  zu 
Euch,  um  mich  endlich  von  dieser  unwùr- 

60 


digen  Knechtschaft,  in  der  Ihr  mich  haltet, 
loszumachcn.  Wie  Euch  wohl  bekannt  ist, 
verlangt  Ihr  diesen  Rest  unbilligerweisc, 
weil  es  alien  kund  ist,  daB  Ihr  dem  armen 
Manne  das  Tuch,  das  Ihr  ihm  verkauft  habt, 
um  mehr  als  die  Halite  zu  tener  angerech- 
net  habt;  und  wollte  ich  es  auf  einen 
Rechtshandel  mit  Euch  ankommen  lassen, 
so  bekàmet  Ihr  das  Geld  nie,  und  hàttet 
Ihr  die  armen  Waisen  belàstigt,  so  bàtte  ich 
es  fiir  sie  zuriickgefordert.  Ich  habe  mich 
aber  entschlossen,  nicht  zu  Gericht  zu  gehn, 
sondern  Euch  das  Geld  zu  geben;  Ihr  mùQt 
mir  jedoch  einen  Zahlungsaufschub  gewàh- 
ren,  Ich  habe  den  Brùdern  von  San  Mi- 
niato a  Monte  vierzig  Klafter  Holz  ver- 
kauft, die  ich  in  meinem  Busch  geschlagen 
habe,  habe  sie  binnen  zwanzig  Monaten  zu 
liefern  und  soli  die  Bezahlung  in  zwci 
Jahren  erhalten.  Wenn  es  Euch  recht  ist, 
so  will  ich  machen,  dafi  Euch  der  Abt  das 
Geld  verspricht,  und  Ihr  werdet  in  zwei 
Jahren  bezahlt  werden;  wollt  Ihr  nicht, 
nun  gut,  einen  andem  Weg  habe  ich  derzeit 
nicht." 

Dem  Hàndler  schien  es  eine  Ewigkeit, 
bis  er  das  Versprechen  in  den  Hànden 
halten  werde,  um  mit  dem  Pfarrer  Arlotto 
nichts  mehr  zu  tun  zu  haben,  und  er  be- 
fahl  dem  Eintreiber,  den  Pfarrer  am  nàch- 
sten  Tage  zeitlich  friih  abzuholen. 

61 


Am  Morgen  des  Samstags  kam  also  der 
Eintreiber  zum  Pfarrer  und  der  lag  noch  im 
Bette.  Nachdem  er  sich  angekleidet  batte, 
gingen  sic  zu  San  Miniato,  und  als  sie  hin- 
kamen,  batten  die  Moncbe  kaum  das  Hocb- 
amt  zu  singen  begonnen.  Der  Pfarrer 
spracb  mit  dem  Abte  und  der  stellte  so- 
gleicb  acbt  junge  starke  Moncbe  bin;  und 
der  Eintreiber  àrgerte  sicb,  weil  er  meinte, 
man  lasse  ibn  zu  lange  warten,  nocb  dazu 
an  einem  Samstage,  der  fiir  ibn  cin  wicb- 
tiger  Tag  war. 

Als  das  Amt  zu  Ende  war,  traten  der 
Pfarrer  und  der  Eintreiber  auf  den  Abt  zu 
und  der  nabm  den  jungen  Mann  bei  der 
Hand  und  begann  ibm  gute  Lcbrcn  zu 
geben  und  sagte:  ,,Mein  Sobn,  vertraue  auf 
Gott  und  den  beiligen  Miniatus,  daB  er  dir 
diesen  Wabn  aus  dem  Kopfe  nebmen 
wird"  usw.  usw. 

Ba6  verwundcrt  sagte  der  junge  Mann: 
„Heute  ist  Samstag,  Herr  Abt,  und  jetzt  ist 
keine  Predigtzeit:  icb  bin  bergekommen, 
um  zu  erfahren,  ob  Ibr  mir  das  Versprecben 
geben  wollt,  fiir  den  Pfarrer  acbtundzwan- 
zig  Gulden  und  etlicbe  Kreuzer  zu  zablen; 
wollt  Ibr  das  tun?" 

Da  ibn  der  Abt  von  Versprecben  und 
Geld  reden  bòrte,  war  er  erst  recht  der 
Meinung,  daB  er  vòllig  verriickt  sei,  und 
begann  ibm  von  neuem  zuzureden. 

62 


Nun  fing  der  junge  Mann  an,  ihm  Grob- 
heiten  zu  geben  und  ihm  zu  sagcn,  daB  cr 
wohl  nicht  ganz  bei  Vernunft  sei,  und 
woUte  weggehn;  der  Abt  wollte  ihn  fest- 
halten,  aber  der  Eintreiber  versuchte  sich 
loszumachen  und  zerrifi  ihm  dabei  die  Kutte 
und  versetzte  ihm  einen  Faustschlag, 

Auf  den  Làrm  liefen  einige  von  den 
jungen  Mònchen  herbei,  um  ihrem  Abte 
zu  helfen,  und  die  begannen  ihm  mit  einem 
Durcheinander  von  Faustschlàgen  undFuB- 
tritten  tùchtig  aufzuspielen,  schleppten  ihn 
in  die  Sakristei  und  legten  ihm,  ununter- 
brochen  Gebete  sprechend,  das  heilige 
Haupt  auf. 

Und  sie  richteten  ihn  so  her,  daB  er  den 
Abt  um  Verzeihung  bat  und  wegging,  ohne 
noch  etwas  von  Geld  und  Versprechen  zu 
erwàhnen. 

Der  Pfarrer  war  vorausgegangen  und 
hatte  sich  auf  der  halben  Hòhe  des  Berges 
hinter  einem  Hùttchen  versteckt,  so  daB  er 
den  Burschen,  als  er  herankam,  beobachten 
konnte,  wie  er  jammerte  und,  sich  das  Ge- 
sicht  trocknend,  seinen  Herrn,  die  Monche 
und  ihn  verwùnschte;  da  sagte  er  zu  ihm: 
„Jetzt  kannst  du  sehn,  wie  ich  habe  her- 
richten  lassen;  sag  deinem  Herrn,  daB  ich 
ihm,  wenn  er  mich  nicht  in  Ruhe  làBt, 
dasselbe  und  noch  àrgeres  antun  werde." 

Als   der   Bursche   nach    Florenz   heim- 

63 


gckehrt  war,  erzàhlte  er  seinem  Herrn  dcn 
ganzen  Verlauf  und  wie  dcr  Pfarrcr  ge- 
droht  hatte,  ihms  noch  àrger  zu  machen. 

Nun  bekam  auch  dcr  Angst,  und  so  bc- 
schlossen  sic  in  ihrer  Furcht  und  weil  sic 
ihr  Unrecht  einsahen,  den  Pfarrcr  fortan  un- 
behelligt  zu  lasscn  und  das  Geld  nicht  mchr 
zu  vcrlangcn,  und  so  taten  sic  auch. 

Die  lustigc  Gcschichte  vcrbrcitctc  sich 
in  Florcnz  und  wurdc  etlichc  Tage  lang 
herzlich  bclacht,  freilich  nicht  von  dem 
Eintrcibcr, 


xeni. 

Wie  der  Pfarrer 

auf  dem  Alteri 

Markte  einigen 

Freunden  die  Ge- 

schichte  von  dem 

Ratschlage 
der  Mouse  erzàhlt. 


ALs  dcr  Pfarrcr  Arlotto  cines  Tagcs  auf 
dem  Alten  Markte  mit  einigen  Freun- 
den von  ihm  stand,  sagte  ciner  von  ihnen: 
„Den  und  den  Herrn  solite  man  totschla- 
gen."  Und  ein  anderer  antwortete:  „Das 
wàre  ganz  Icicht." 

Da  sagte  der  Pfarrer:  „Freilich;  es 
wiirde  sich  nur  darum  handeln,  den  zu 
finden,  der  die  Schellc  anhàngt." 

Und  zu  dicsem  Gegenstande  erzàhlte  er 
cine  Geschichte,  die  folgendermafien  lau- 
tete: 

„Die  Màuse  beschlossen  einmal,  in  Rom 
cine  Ratsversammlung  abzuhalten ,  und 
dazu  riefen  sic  alle  Màusefùrsten  der 
Welt,  auch  die  aus  Arabien  und  sogar  aus 
Indien  zusammen;  und  als  die  alle  gekom- 
men   waren,    sagte   ihr   Herzog   zu   ihnen: 

64 


,Wir  haben  euch  holen  lassen,  um  euerc 
Wohlmeinung  zu  hòren,  wie  wir  uns  gegen 
die  Katzen  zu  benehmen  haben  und  wie  wir 
uns  vor  ihnen  schùtzen  sollen,  damit  sie 
uns  nicht  so  viel  Leid  zufiigen  kònnen.' 

Da  gab  es  vielerlei  Meinungen  und  zum 
Schlusse  sagte  eine  Maus:  ,Ich  meine,  man 
solite  der  Katze  eine  Schelle  anhàngen;  ist 
das  geschehn,  so  wird  sie  nicht  die  geringste 
Bewegung  machen  kònnen,  ohne  daB  wir 
die  Schelle  hòrten.* 

Einmùtig  bewàhrten  es  alle,  daB  das 
der  beste  Rat  sei  und  daB  man  so  tun  solle. 

Der  Herzog  antwortete  ihnen  und  sagte, 
daB  diese  Maus  die  Wahrheit  gesprochen 
und  einen  ausgezeichneten  Rat  gegeben 
habe,  aber  nun  gelte  es,  eine  zu  finden,  die 
der  Katze  die  Schelle  anhànge.  Und  es 
fand  sich  keine  Maus,  die  so  verwcgen  ge- 
wesen  wàre,  die  erste  sein  zu  wollen." 


ALlezeit  und  in  jedem  Volkc  finden  sich 
viehische  Lente,  die  vemunftlos  ins 
Blaue  plappern,  und  so  einer  war  auch  ein 
Schwàtzer,  der,  als  der  Pfarrer  mit  einer 
Gesellschaft  von  vielen  wohlanstàndigen 
und  klugen  Mànnem  iiber  die  Màchte  Ita- 
liens  sprach  und  der  eine  dies  sagte  und  der 
andere  das,  in  seinem  Vorwitz  alles  besser 
wissen  wollte  als  die  andern  und  viel  Un- 
sinn  daherredete  und  sich  zu  alien  andern 


XCIV. 
Was  der  Pfarrer 

von  den 

Venezianern  ge- 

dacht  hai. 


Arlotto,  Schwanke  II. 


65 


in  Gegensatz  brachte  und  die  Venezianer 
schmàhte,  die  nach  seiner  Meinung  das  und 
das  usw.  gewesen  wàren. 

Er  wurde  von  alien  getadelt;  da  es  aber 
nichts  half,  sagte  der  Pfarrcr:  „Ich  kann 
dir  nicht,  wei6  Gott  was  sagen  und  will 
auch  nicht  1  anger  mit  dir  streiten,  weil  du 
ein  Mensch  ohne  eine  Spur  von  Vernunf  t  bist  ; 
aber  das  eine  will  ich  dir  sagen:  „Dìe  Mai- 
lànder  verstehn  Rùstungen  und  Kurzwaren 
zu  machen,  die  Florentiner  gutes  Tuch,  die 
Bologneser  die  Schlackwiirste,  die  Sieneser 
den  Marzipan  und  die  Zuckerplàtzchen 
und  so  hat  jedes  Land  seine  Begabung;  die 
Venezianer  aber  verstehn  sich  zu  Herren 
der  Lombardei  zu  machen  und  ihre  Stadt 
ist  schier  die  Hauptstadt  Italiens." 

XCV.  "C^^  junger  Bauer  kam  zum  Pfarrer  und 

Wie  der  Pfarrer  J^,  sagte  ticfbekùmmert  zu  ihm:  „Ich  weiB 

einer  eigensinmgen  .1.1                   .1             1                j'-u 

frati,  um  sie  nicht  mehr,  was  ich  machen  una  wie  icn 

gefijgig  zu  machen,  mich  mit  diesem  Teufel  von  meinem  Weibe 
eine  sonderbare      verhalten  soli,  die  von  ihrer  Mutter  verhetzt 
ist;  ich  habe  die  Hòlle  im  Hause." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Das  ist  eine  An- 
gclegenheit,  in  der  ich  dir  nicht  raten  kann, 
weil  ich  kein  Weib  habe  wie  die  andem 
Geistlichen;  um  aber  ein  gutes  Werk  zu 
tun,  werde  ich  morgen  zu  dir  kommen  und 
alles  tun,  was  ich  mit  Worten  vermag.  Ich 
weiB  dir  keinen  andem  Rat  zu  geben,  als 

66 


Geschichte  erzdhli. 


da6  du  dich  als  kluger  Mann,  fùr  den  ich 
dich  halte,  in  Geduld  fassest." 

Am  nàchsten  Tage  ging  der  Pfarrer  zu 
ihm  und  hielt  der  jungen  Frau,  bei  der  ihre 
Mutter  war,  eine  lange  Predigt  mit  vielen 
Ermahnungen  und  fuhr  fort:  „Gib  acht,  daD 
es  dir  nicht  etwa  so  jàmmerlich  ergeht,  wie 
einer  von  ihrer  Mutter  ùbelberatenen  jungen 
Frau,  die  ihrem  Manne  nicht  gehorchte, 

Der  Mann  kaufte  eines  Tages  gegen 
ihren  Willen  Eier,  und  weil  er  merkte,  dafi 
sie  ihr  widerwàrtig  waren,  beschlofi  er  es 
einmal  darauf  ankommen  zu  lassen  und 
duldete  es  acht  Tage  lang  nicht,  daB  etwas 
andres  auf  den  Tisch  gekommen  wàre,  als 
Eier,  die  auf  verschiedene  Arten  zubereitet 
waren;  in  dem  Glauben,  sie  werde  ihn  zur 
Nachgiebigkeit  zwingen,  und  von  ihrer 
Mutter  angeleitet  und  beraten,  weigerte  sie 
sich,  davon  zu  essen,  und  schlieBlich  riet  ihr 
die  Mutter  auf  ihre  Klagen,  sich  krank  zu 
stellen  und  sich  ins  Bett  zu  legen  und  die 
Schuld  auf  diese  Menge  von  Eiem  zu 
schieben, 

Der  Mann,  der  tat,  als  verstiinde  er  das 
nicht,  lieB  den  Arzt  kommen,  bat  ihn  aber, 
der  Kranken  zu  sagen,  sie  dùrfe,  wenn  sie 
genesen  wolle,  nichts  sonst  essen  als  Eier; 
doch  das  Reden  des  Arztes  half  nichts:  ihre 
Narrheit  und  Hartnàckigkeit  ging  so  weit, 
daB  sie  sich  weder  durch  Bitten,  noch  durch 

5*  67 


Drohungen  bestimmen  lieB,  Eier  zu  essen, 
sondern  tat,  als  ob  sich  ihr  Leiden  ver- 
schlimmerte,  und  sich  schliefilich  gar  tot 
stente. 

Dcr  Mann  spielte  den  Dummen  und  tat, 
als  ob  er  es  glaubte;  er  lieB  Wachslichter 
kommen  und  die  Verwandten  und  den 
Geistlichen  holen  und  sie  zu  Grabe  tragen, 
beugte  sich  jedoch  òfter  iiber  die  Bahre 
und  sagte  leise,  so  daB  nieraand  ctwas 
davon  merkte,  zu  ihr:  ,IB  die  Eier  oder  du 
wirst  es  bereuen,* 

Aber  es  war  umsonst,  und  als  man 
sie  schon  neben  dem  Grabe  niedergesetzt 
batte,  glaubte  sie  noch  immer  nicht,  daB  es 
Ernst  sei;  erst  dann,  als  sie  sah,  daB  schier 
alle  weggegangen  waren  und  daB  sie  von 
den  Totengràbern  gepackt  wurde,  da  redete 
das  vermaledeite,  niedertràchtige  Weibsbild 
und  sagte:  ,Ich  will  die  Eier  essen,  werft 
mich  nicht  hinein.' 

Dariiber  entsetzte  sich  der,  der  sie  im 
Arme  batte,  so  màchtig,  daB  er  sie  ins  Grab 
warf,  und  er  sagte:  ,Mich  wirst  du  nicht 
fressen.' 

Und  nachdem  er  sie  hineingeworfen 
batte,  verschloB  er  das  Grab  mit  dem  Steine. 

Als  ihre  Mutter  sah,  daB  es  wahrhaftig 
geschehn  war ,  wollte  sie  es  rùckgàngig 
machen  und  sie  aus  dem  Grabe  nehmen; 
aber  es  war  zu  spàt,  da  sie  nun  entweder 

68 


durch  den  Fall,  oder  aus  Angst  wirklich 
gestorben  war.  Und  so  hatte  sie  cin  gar 
schlimmes  Ende  genommen. 

Das  wollte  ich  dir  erzàhlt  haben,  auf 
daB  du  dich  hùtest,  dafì  es  dir  nicht  mit 
deiner  Narrheit  noch  schlimmer  ergehe." 

ALs  der  Pfarrer  in  diesem  Jahre  eines 
Tages  von  der  Scarperia  heimkehrte, 
traf  er  in  einem  Wirtshause  einen  eng- 
lischen  Edelmann,  der  schwer  erkrankt 
war;  und  der  Edelmann  hatte  einen  Sohn 
im  Knabenalter,  vier  Pferde  und  zwei 
Diener  bei  sich. 

Der  Pfarrer,  der  in  ihm  einen  vor- 
nehmen,  reichen  und  edeln  Londoner  Bùr- 
ger  erkannte,  wurde,  weil  er  sah,  daB  der 
Kranke  bei  einem  làngem  Verweilen  in 
dieser  Herberge  werde  sterben  mùssen,  von 
Mitleid  bewegt  und  nahm  ihn  samt  seiner 
Begleitung  und  den  Pferden  aus  der  Her- 
berge weg  und  fùhrte  alle  in  sein  Hans. 

Er  lieB  ihm  Àrzte  und  Arzneien  kommen 
und  ihn  so  trefflich  pflegen,  daB  er  in  drei 
Wochen  vòllig  gesund  war;  und  ali  das  tat 
er  aus  seinem  eigenen  Beutel  und  litt  es 
nicht,  daB  der  Englànder  auch  nur  einen 
Heller  ausgegeben  bàtte. 

Bei  der  Abreise  wollte  ihm  der  zwei 
Pferde  und  eine  Summe  Geldes  schenken, 
aber  er  nahm  nicht  das  mindeste  an  und 


XCVI. 

Wie  edelmùiig  sich 

der  Pfarrer 
im  Jubeljahre  1450 

iegen  einen 

kranken  Englànder 

benommen  hai. 


69 


sagte:  „Dieseii  Liebesdienst  habc  ich  Euch 
zur  Ehre  Gottes  getan  und  weil  ich  in 
Euerm  Lande,  zu  London  in  der  Stadi,  so 
vici  freundliches  Entgegenkommen  gefunden 
habe,  da6  ich  vor  Goti  schuldig  wàre,  auch 
noch  mehr  zu  tun." 

XCVII.  TT'Ines    Tages    traf    ich    ihn    zeitlich    am 

Wie  der  Pfarrer      J^j  Morgen  in  Florenz;  ich  grùBte  ihn  und 

Fa^ifLnZLr      sagtc:    „Wohcr    kommt    Ihr    beute    zu    so 

Gemeinde  mildtàtig   fruher  btunde? 

anterstùtzt  hai.  Er   antwortete   mir:    „Von    der    Pfarrc, 

und  ich   habe  mich   nirgends   aufgehalten, 

und  das  Mittagcssen  habe  ich  auch  schon 

bcstellt;   denn  ich  habe  beute  schon  zwei 

Scheffel  Getreide  gewonnen. 

Etwa  eine  Stunde  vor  Tag  kamen  nàm- 
lich  zwei  arme  Bauem  aus  meiner  Ge- 
meinde, anstàndige  Lente,  die  beide  viele 
Kinder  haben,  zu  mir  und  sagten:  .Pfarrer, 
Ihr  miifit  uns  jedem  bis  zur  Ernte  mit  vier 
Scheffel  Getreide  aushelfcn,  und  wir  ver- 
sprechen  Euch,  im  August  alles  unfehlbar 
zuriickzugeben;  verlaOt  Euch  auf  unser 
Wort:  der  August  wird  noch  nicht  vorbei 
sein,  und  wir  werden  es  Euch  zurùck- 
gebracht  und  ins  Hans  gestellt  haben. 
Wenn  Ihr  uns  den  Gefallen  nicht  tut,  so 
mùssen  wir  Hungers  sterbcn,  weil  wir  sonst 
keinen  Ausweg  haben.' 

Ich    antwortete:    ,Ich    will    euch    noch 

70 


etwas  bessers  tun  und  cuch  jedem  zwei 
Scheffcl  schenken.* 

Und  so  tat  ich  auch. 

Das  war  ihnen  liebcr,  als  acht  Scheffel 
geborgt  zu  bekommen,  und  so  habe  ich 
einmal  den  Gewinn  fiir  die  Sede,  weil  ich 
ein  gutes  Werk  getan  habe,  und  dann  auch 
den  Gewinn  von  vier  Schef feln  Getreide; 
denn  bàtte  ich  ihnen  acht  geborgt,  so  bàtte 
ich,  um  dir  die  Wahrheit  zu  sagen,  nicht 
ein  Kornchen  wiedergesehn,  weil  sie  gar 
arme  Teufel  sind." 


Ein  andres  Werk  der  Nàchstenliebe  tat 
er  einem  armen  jungen  Geistlichen,  der 
zu  ihm  kam  und  ihm  sein  Leid  klagte  und 
ihm  unter  andern  Unzukòmmlichkeiten  auch 
erzàhlte:  „Es  sind  jetzt  zehn  Monate  ber, 
dafi  ich  kein  andres  Officium  spreche  als 
das  Unserer  Frau;  Ihr  mùBt  wissen,  daB  mir 
mein  Brevier  gestohlen  worden  ist." 

Augenblicklich  ging  der  Pfarrer  in  seine 
Kammer  und  holte  sein  Brevier,  aus  dem 
er  betete,  und  schenkte  es  um  der  Liebe 
Gottes  willen  dem  armen  jungen  Geist- 
lichen. Der  benutzte  es  von  nun  an  sein 
Leben  lang,  ohne  je  ein  Officium  zu  ver- 
sàumen. 


XCVIll. 
Wie  der  Pfarrer 

einem  armen 
Geistlichen  sein 
Brevier  schenkt. 


71 


XCIX. 

Wie  der  Pfarrer 

in  der  Zeit  der 

Teuerung  cine 

Familie  ein  Jahr 

long  erhalten  hat. 


ICh  weiB  auch  noch,  daB  der  Pfarrer 
wàhrend  einer  Teuerung  einen  wackern 
Mann  samt  seiner  Familie  ein  Jahr  lang 
erhalten  hat.  Und  hàtte  er  dieses  fromme 
Werk  der  Nàchstenliebe  nicht  getan,  so 
wàren  die  drei  Tòchter  des  Mannes  der 
Schande  verf alien;  mit  der  Hilfe  des  Pfar- 
rers  und  einiger  guter  Bùrger  aber  ver- 
heirateten  sie  sich  alle  drei  im  nàchsten 
Jahre  und  brachten  sich  ehrlich  fort. 


C. 

Was  fiir  eine  Ant- 

wort  der  Pfarrer 

einem  Schelme 

gegehen  hat. 


ES  kam  so  ein  Spitzbube  von  einem 
Cerretaner^  und  sagte:  „Seid  gut  mit 
mir  um  Gottes  willen  und  gebt  mir  ein 
Almosen." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Siehst  du  denn 
nicht,  daB  ich  ein  Geistlicher  bin  und  also 
dasselbe  Handwerk  treibe  wie  du?  Ver- 
lange  die  Almosen  von  Leuten,  die  nicht 
vom  Handwerk  sind  wie  ich." 


1  Baccini  zitiert  zu  diesetn  Worte  eine  Stelle 
aus  Leandro  Alberti,  Descrizione  di  tutta  Italia, 
Vinezia,  1553,  wonach  die  Einwohner  von  Cerreto, 
einem  Burgflecken  zwischen  Trevi  und  Spoleto, 
ganz  Italien  als  fromme  Bettler  und  Quacksalbcr 
durchzogen  und  dabei  so  unverschàmt  auftraten, 
daO  der  Ausdruck  un  buono  Cerretano  sprichwòrt- 
lich  fùr  einen  dreisten  Bittsteller  gebraucht  worden 
ist;  Alberti  fùhrt  auch  an,  daB  die  Erbauer  Cerretos 
vertriebcne  Franzosen  gewesen  seien,  die  den  Platz 
fiir  ihre  Niederlassung  vom  Papst  zum  Gcschenke 
erhalten  hàtten  samt  dem  Privilegum,  bis  zur  VoU- 
endung  des  Baues  den  Bettel  zu  betreibcn;  die  Leute 

72 


E  In  ander  Mal  verlangte  cin  ebensolchcr 
Taugenichts  ein  Almosen  und  sagte: 
„Schenkt  mir  etwas  und  ich  werde  Gott  fiir 
Euch  bitten." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Da  hast  du  einen 
Heller  und  bitte  Gott  fiir  dich  selber,  du 
hast  es  nòtiger  als  ich;  ich  will  nicht  auf 
Wucherzins  leihen,  einmal  um  nicht  zu 
sùndigen,  und  dann  habe  ich  es  auch  gar 
nicht  nòtig." 

ZUr  Zeit  des  Papstes  Calixtus  *  war  der 
Pfarrer  in  Rom,  um  gewisse  seinige 
Angelegenheiten  und  Geschàfte  am  Hofe  zu 
betreiben. 

Da  kam  einmal  ein  Galeerensklave  zu 


CI. 

Voti  einer 

àhnlichen  Antwort, 

die  der  Pfarrer 

einem  Bettler 

gegeben  hai. 


CU. 
Was  der  Pfarrer 

einem 
Galeerensklaven 
geantwortet  fiat. 


hàtten  aber  so  viel  Geschmack  an  diesem  Schelmen- 
leben  gefunden,  daB  sie  es  spàter  nicht  mehr  hàtten 
aufgeben  wollen.  Es  sei  gestattet,  hier  auf  eine 
Stelle  in  Barletas  Sanctuarium  zu  verweisen,  wo  es 
in  dem  Absatze  De  ordinatione  vite  tiominis  (Ausg. 
Brescia,  1521,  Bl.  126 a)  heifit:  Secundum  est  caven- 
dum,  ne  cum  verbis  sacris  contineantur  aliqua 
vana,  ut  aliquos  cfiaracteres  scriptos  per  signum 
crucis,  neque  ponere  spem  in  fiis,  ut  cum  dicitur: 
Qui  hoc  tulerit  secum,  mala  morte  non  peribit,  in 
aqua,  igne  eie;  et  ob  ftoc  cum  grandi  reverentia 
ferunt  in  bursis.  Clama  cantra  ^aratanos  talia  ven- 
dentes,  quod  est  falsum.  Barleta  (Barletta)  war  ein 
jungerer  Zeitgenosse  des  Pfarrers, 

1  Calixtus  III.  (1378—1458,  Papst  seit  1455). 
vorher  Alfonso  Borgia,  stammte  aus  Jativa  bei 
Valencia,  war  also  Katalanier. 


73 


CUI. 
Was  der  Pfarrer 

einer  Frau 
entgegnet  hat,  die 
ihn  tadeln  wollte. 


av. 

Wie  der  Pfarrer 

beine  Suppe  esseri 

wollte. 


ihm  und  sagte:  „Herr,  schenkt  mir  etwas 
um  Gottes  und  der  Jung  frau  willen;  ich 
bin  eben  den  Hànden  der  Katalanier  ent- 
ronnen." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Da  soUtest 
eher  du  mir  etwas  schenken,  weil  ich  ihnen 
in  die  Hànde  geraten  bin." 

E  Ine  Frau  wollte  den  Pfarrer  Arlotto 
wegen  eines  Schiedspruchs  tadeln,  den 
er  zwischen  zwei  Freunden  gefàllt  batte, 
um  sie  zu  versòhnen, 

Der  Pfarrer  antwortete  ihr:  „Schweig, 
denn  noch  nie  ist  es  erhòrt  worden,  dafi 
eine  Frau  die  Doktorwùrde  oder  das  Amt 
eines  Richters  oder  Podestà  innegehabt 
bàtte;  und  darum  bast  du  auch  unrccbt, 
micb  wegen  einer  Sacbe  zu  tadeln,  die  du 
nicbt  verstebst  und  nicbt  beurteilen  kannst." 

E  Ines  Tages  war  er  bei  einem  Freunde 
zu  Tische,  und  der  lieB  ibm  eine  Suppe 
vorsctzen,  die  ihm  nicbt  behagte  und  nicbt 
nach  seinem  Geschmacke  war;  aber  der 
Hausberr  wollte  durchaus,  daB  er  sie  esse, 
und  sagte:  „Macht  es,  wie  Ihr  wollt,  aber 
binunter  muB  sic." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Wenn  es  dir 
einerlei  ist,  wie,  so  bring  mir  eine  Klystier- 
spritzc." 


74 


ZUr  Fastcnzcit  wurde  der  Pfarrcr  cines 
Tages  von  einem  Freunde  zum  Essen 
eingeladen. 

£r  nahm  an  und  ging  hin;  und  als  sie  bei 
Tische  safien,  wurde  in  grofien  Schiisseln 
eine  Erbsensuppe  gebracht  mit  viel  Brùhe, 
aber  wenig  Ól  und  noch  weniger  Erbsen,  so 
daB  der  Pfarrer  weder  mit  der  Gabel,  noch 
mit  der  Messerspitze  und  nicht  mit  der 
Hand  und  nicht  auf  eine  andere  Weise  eine 
Erbse  erwischen  konnte. 

Nun  begann  er  sich  aufzugiirten,  die 
Knòpfe  zu  òffnen  und  aus  den  Àrmeln  zu 
schlùpfen. 

Da  sagte  einer  von  denen,  die  bei  Tische 
waren:  „Was  Teufel  wollt  Ihr  denn  tun, 
Pfarrer?" 

Er  antwortete:  „Siehst  dus  nicht,  du 
Ochse?  Ausziehn  will  ich  mich  und  in  diese 
Schùssel  springen  und  darin  untertauchen; 
anders  kann  ich  diese  Erbsen  nicht  fassen, 
und  essen  mòchte  ich  ja  doch  etwas." 


CV. 
Wie  der  Pfarrer 

in  der  Suppe 
die  Erbsen  tucht. 


BEi  einem  Priesterfeste  wurde  fiir  den 
Pfarrer  ein  gebratener  Hahn  gebracht 
und  zwischen  ihm  und  einem  Amtsbruder 
auf  den  Tisch  gesetzt. 

Der  Pfarrer  war  gerade  dabei,  eine 
Schnurre  zu  erzàhlen,  wie  es  sein  Brauch 
war;  und  als  er  damit  fertig  war  und  nun 
den  Hahn  essen  wollte,   sah  er,   daB   den 


evi. 

Wie  der  Pfarrer 
um  seinen  Teil 

eines  Hafins  kommU 
weil  er  eine 

Cescfiicfite  erzàUt. 


75 


sein  Amtsbruder  auf  eine  Weise  gestricgelt 
batte,  daB  nur  der  Brustkorb  mit  etlichen 
Knochen  und  beinahe  kein  Fleisch  iibrig 
geblieben  war. 

Da  sagte  er:  „Du  gàbest  wirklich  cinen 
guten  Zuchtmeister;  den  Hahn  da  hast  du 
so  hergerichtet,  dafi  ihn  sein  Vater  und 
seine  Mutter,  wenn  sie  jetzt  herkàmen, 
nicht  erkenncn  wùrden." 


CVII. 

Was  der  Pfarrer 

Don  den  Geistlichen 

hielt. 


CVIII. 

Wie  der  Pfarrer 

dem  Kardinal 

von  Pavia  auf  eine 

$pòtti8cfie  Rede 

mit  einer  fiiibsctien 

Gescfiicfite  anl- 

wortet. 


DEr  Pfarrer  sagte  zu  einem  Geistlichen: 
„Du  fragst  mich,  warum  die  Geist- 
lichen alle  im  Tode  bestohlen  werden? 
Und  ich  antworte  dir,  der  Grund  ist,  daB 
sie  heutzutage  von  nichts  anderm  leben  als 
von  Diebstàhlen,  weil  die  Kirchen  mit  nichts 
sonst  begabt  werden  als  mit  auf  schlechte 
Weise  erworbenem  Gute,  und  das  haben 
die  Geistlichen,  und  wann  sie  sterben,  geht 
es  den  Weg  des  Bòsen." 

IM  Jubeljahre  1475  reiste  unser  Pfarrer 
Arlotto  seines  Seelenheils  halber  nach 
Rom,  und  dort  stieg  er  zusammen  mit 
Messer  Paolo  Schiattesi  in  einer  Herberge 
ab.  Als  aber  Messer  Falcone  Sinibaldi  von 
seiner  Ankunft  erfuhr,  holte  er  ihn  von  dort 
ab  und  fùhrte  ihn  in  sein  Haus  untcr  hef- 
tigcn  Vorwiirfcn,  daB  nicht  sein  erster  Weg 
zu  ihm  gewesen  sci,  weil  er  in  seincm 
Hause  ebenso  schalten  kònne  wie  in  seiner 


76 


eigenen  Pfarrc;  und  das  tat  Mcsser  Falcone 
wegen  der  einzigen  Zuneigung,  die  cr  zu 
ihm  trug,  und  weil  er  ein  giitiger  und  groB- 
miitiger  Herr  war.  Er  erwies  ihm  auch  sonst 
so  viele  Aufmerksamkeiten,  wie  man  sich  nur 
vorstellen  kann,  so  daB  sich  der  Pfarrer 
nicht  genug  verwundern  konnte  und  fast 
beschàmt  war  iiber  seine  GroBmut  und 
Freigebigkeit;  auch  hatte  ihm  Messer  Fal- 
cone ein  wohleingerichtetes  Gemach  an- 
gewiesen. 

Als  sie  eines  Abends  bei  Tische  saBen, 
kam  ein  Diener  des  Kardinals  von  Pavia  * 
und  sagte  zu  Messer  Falcone:  „Dcr  gnàdige 
Herr  wiinscht,  Ihr  mòget  morgen  zu  ihm 
essen  kommen." 

Messer  Falcone  antwortete:  „Sage  dem 
gnàdigen  Herrn,  daB  ich  Seiner  Herrlichkeit 
danke,  daB  ich  aber  nicht  kommen  kann, 
weil  ich  einen  Fremden  hier  habe,  den  ich 
nicht  allein  lassen  will.** 

Der  Diener  ging  zum  Kardinal  zuriick 
und  sagte,  daB  Messer  Falcone  nicht  kom- 
men kònne  und  warum;  aber  der  Kardinal 
befahl  ihm,  noch  einmal  hinzugehn,  und 
trug  ihm  auf,  was  er  zu  sagen  habe. 

Der  Diener  kam  also  ein  zweites  Mal 


^  Jacopo  Ammanati  aus  Villa  Basilica  bei  Lucca 
wurde  1460  Bischof  von  Pavia  und  1461  Kardinal; 
er  starb  1479  in  Siena. 

77 


und  sagte:  „Messer,  der  gnàdige  Herr  sagt, 
daB  Ihr  morgen  auf  jeden  Fall  kommen 
mùBt  und  Euern  Gast  mitbringen  sollt." 

Messer  Falcone  sagte:  ,,Daruber  kann 
ich  nicht  bestimmen;  er  ist  aber  hier,  frage 
ihn  selber,  ob  er  gehn  will." 

Der  Diener  wandte  sich  zum  Pfarrer 
und  sagte:  ,,Wollt  Ihr  morgen  zum  gnàdigen 
Herrn  Kardinal  kommen  und  von  der  Ge- 
sellschaft  sein?  Wenn  es  Euch  gefàllig  ist, 
so  mòchte  ich  Euern  Namen  wissen,  damit 
ich  ihn  dem  gnàdigen  Herrn  melden  kann." 

Der  Pfarrer  antwortete:  ,,Ich  kenne  den 
gnàdigen  Herrn  von  Pavia  nur  dem  Namen 
nach.  Hier,  wo  ich  wohne,  bin  ich  sehr  gut 
untergebracht,  und  als  mich  Messer  Falcone 
in  sein  Haus  fùhrte,  hat  er  mir  ausdrùcklich 
befohlen,  mich  sonst  nirgends  aufzuhalten, 
und  wann  ich  am  Morgen  meine  Andacht 
verrichtet  habe,  kehre  ich  hierher  zuriick; 
will  mich  aber  Messer  Falcone  irgendwohin 
mitnehmen,  so  werde  ich  gern  gehn.  Mein 
Name  ist  Arlotto  aus  Florenz  und  ich  bin 
der  Pfarrer  von  S.  Cresci  in  Maciuoli  im 
Sprengel   von   Fiesole." 

Der  Diener  ging  heim  und  berichtetc 
dem  Kardinal,  Was  Messer  Falcone  und  der 
Pfarrer  gesagthatten;  der  Kardinal  schickte 
ihn  noch  einmal  hin,  und  sie  waren  noch 
bei  Tische,  und  er  sagte:  „Messer,  der  gnà- 
dige Herr  làGt  Euch  sagen,  Ihr  sollt,  alle 

78 


^ì 


Bedenken  hintangesetzt,  morgcn  kommen 
und  den  Pfarrer  Arlotto  mitbringcn;  er  er- 
wartet  Euch  beide." 

Am  Morgen  ging  der  Pfarrer  zu  seiner 
gewohnten  Andacht.  Messer  Falcone  ging 
in  seinen  Geschàften  in  den  Palast,  und  als 
er  sich  von  dort  entfernte,  schloB  er  sich 
denti  Kardinal  an  und  begleitete  ihn  nach 
Hause,  und  beim  Absteigen  sagte  er  einem 
Diener:  „Geh  zu  mir  und  frage  um  den 
Pfarrer  Arlotto  und  sage  ihm  in  meinem 
Namen,  daB  er  kommen  soli,  und  bringe  ihn 
mit."    Und  der  Diener  tat  so. 

Als  der  Pfarrer  gekommen  war  und  dem 
Kardinal  die  Hand  gereicht  batte,  fragte 
ihn  der:  „Pfarrer,  kennt  Ihr  mich  von 
frùher?  Habt  Ihr  mich  schon  sonstwo 
gesehn?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Ich  habe  Euch 
bis  jetzt  noch  nie  gesehn  und  kenne  Euch 
nur  dem  Namen  nach." 

Das  Wasser  f ùr  die  Hànde  wurde  herum- 
gereicht  und  sie  setzten  sich  alle  drei  zu 
Tische;  und  der  Kardinal  sagte:  „Heute 
will  ich  Euch  mit  zwei  Flaschen  eines  kòst- 
lichen  Weines  bewirten,  die  mir  der  Papst 
zum  Geschenke  gemacht  hat,"  Die  Flaschen 
wurden  gebracht  und  er  liefi  eine  einem 
Diener  reichen  und  der  mischte  den  Wein 
in  den  Schalen,  aber  nicht  nach  dem  Ge- 
schmacke  des  Pfarrers. 

79 


Und  als  ihn  der  Kardinal  fragte:  „Wie 
schmeckt  Euch  der  Wein,  Pfarrer?"  ant- 
wortcte  er:  mWìb  Schmiedewasser  ^", 

Der  Kardinal  verstand  ihn  und  hieB  den 
Dicner  die  Fiasche  neben  ihn  stellen.  Und 
der  Pfarrer  sagte:  „Mir  ist  es  lieber,  ich 
habe  den  Wein  neben  mir,  als  einen  Ge- 
harnischten;  ich  lebe  ja  in  eincm  Lande,  wo 
die  Priester  den  Humpen  neben  sich  stehn 
haben  und  sich  den  Wein  selber  mischen." 

Messer  Falcone  sagte:  „Pfarrer,  Ihr  habt 
die  Fiasche  neben  Euch;  gebt  acht . .  ."usw. 

Aber  der  Pfarrer  antwortete:  „Wer 
einen  Kopf  aus  Glas  hat,  soli  nicht  Steine 
werfen  gehn." 

Der  Pfarrer  bemerkte,  daB  der  Diener, 
der  die  Fiasche  neben  ihn  gestellt  batte, 
dcrselbe  war,  der  am  Abende  zuvor  so  oft 
mit  Botschaften  batte  hinundherlaufen 
mùssen;  und  auch  jetzt  versàumte  es  der 
Kardinal  nicht,  ihn  mit  dem  und  jenem  zu 
plagcn.  Das  miBficl  dem  Pfarrer  sehr  und 
er  sagte:  „Als  ich  ein  MeBhelfer  vom  Lande 
war,  batte  ich  bessere  Zeiten  als  jetzt  du; 
auBer  dem  Prunke  und  auBer  der  Hoffart, 
daB  du  sagen  kannst:  ,Ich  bin  bei  einem 
Kardinal*,  hast  du  nichts  sonst." 

Dann  begannen  sie  von  manchcrlei  Din- 
gen  zu  sprechcn  und  der  Pfarrer  kam  auf 


'  Im  Originale;  E'  mi  pare  acqua  di  fabbri. 

80 


diesen  Gegenstand  und  sagtc:  „Gnàdiger 
Herr,  ich  bin  glùcklicher  und  zufriedcner 
als  Ihr;  im  Buche  der  Zufriedenheit  seid  Ihr 
beim  Buchstaben  C,  und  ich  bin  bcim  Buch- 
staben  P.  Ihr  habt  viele  Wiirden  und  jetzt 
seid  Ihr  bei  der  des  Kardinalats,  aber  Ihr 
seid  noch  nicht  zufrieden,  weil  Ihr  auch  zu 
der  des  Papsttums  emporsteigen  wollt,  und 
ich  bin  iiberzeugt,  daB  Ihr,  wenn  Gott  noch 
eine  hòhere  Wiirde  zugelassen  bàtte,  auch 
die  noch  wolltet;  ich  schlichter  Gcistlicher 
habe  nie  eine  andere  Pfrùnde  gehabt  als 
meine  Pfarre,  die  ich  nun  lànger  als  fùnfzig 
Jahre  innehabe,  und  andere  Pfriinden  und 
Wiirden  habe  ich  nie  ersehnt  und  gesucht: 
ich  bin  zufrieden  mit  dem,  was  ich  habe, 
und  Ihr  werdet  keinen  Geistlichen  meines 
Alters  finden,  der  in  so  langer  Zeit  nicht 
mehr  als  eine  Pfrùnde  gehabt  oder  ihre  Ein- 
kùnfte  oder  ihren  Wert  nicht  vermehrt  oder 
vermindert  oder  nicht  etliche  Verànde- 
rungen  getroffen  bàtte,  auBer  dem  Pfarrer 
Arlotto, 

Ich  klage  nicht  und  werde  nicht  geklagt, 
ich  streite  nicht  und  niemand  streitet  mit 
mir,  und  ich  versichere  Euch,  gnàdiger  Herr, 
daB  ich  der  zufriedenste  Mensch  von  dieser 
Welt  bin  und  mich  den  gliicklichsten  Geist- 
lichen meiner  Gegend  nennen  darf,  weil  ich 
mich  mit  dem  bescheide,  was  ich  habe.  In 
Euerer  Herrlichkeit  ist  eine  solche  Zufrie- 

Arlotto,  Schwanke  II.  6  81 


denheit  nicht,  weil  Euer  Sinn  nach  hohen 
Dingen  steht." 

Als  der  Kardinal  dem  Pfarrer  ein  Weil- 
chen  zugehòrt  batte,  sagte  er:  „Ihr  wiBt  gar 
nicht,  warum  das  alles,  was  Ihr  gesagt  habt, 
in  Euch  ist";  und  indem  er  auf  den  Rock 
des  Pfarrers  deutete,  fuhr  er  fort:  „Ihr 
wendet  eben  die  Dinge,  wie  es  Euch 
pafit." 

Augenblicklich  verstand  der  Pfarrer, 
warum  das  der  Kardinal  gesagt  batte,  und 
sagte,  ohne  sich  seinen  Àrger  anmerken  zu 
lassen:  „Gnàdiger  Herr,  wenn  ich  nicht 
platzen  soli,  so  muB  ich  Euch  zu  diesem 
Gegenstande  eine  Geschichte  erzàblen. 

Ich  war  etwa  sieben-  oder  achtmal  mit 
unsern  Galeeren  in  Flandern  und  kann 
sagen,  daB  ich  mich,  alles  in  allem,  zwei 
Jahre  lang  dort  aufgehalten  habe,  so  daB 
ich  viel  von  ihren  Sitten,  Gewohnheiten  und 
Bràuchen  weiB  und  manch  schònes  Fest 
gesehn  habe;  und  unter  andern  Bràuchen, 
die  sie  haben,  ist  auch  der,  daB  die  jungen 
Mànner,  wenn  sie  des  Tanzens  halber  zu 
einer  Hochzeit  eingeladen  werden,  alle 
gleich  angezogen  gehn  und  fleischfarbige 
Halbstiefel  oder  besser  Lederstrùmpfe  tra- 
gen,  so  daB  es  aussieht,  als  ob  ihre  Beine 
nackt  wàren, 

Ich  war  gerade  in  Brùgge,  als  ein  j unger 
Edelmann,  der  etwa  drei  Meilen  weit  auBer- 

82 


halb  der  Stadt  wohnte,  Hochzeit  hielt,  und 
ich  wurde  dazu  eingeladen.  Da  auch  der 
Herzog,  der  eben  in  Brùgge  war,  daran  teil- 
nehmen  solite,  richtete  der  Bràutigam  ein 
pràchtiges,  groBes  Fest  aus  und  lieO  viele 
Einladungen  ergehn;  so  lud  er  auch  als 
Tànzer  fùnfzig  junge  Edelleute  und  unter 
diesen  auch  einen  Sohn  eines  reichen 
Schusters,  der  von  vàterlicher  Seite  ver- 
waist  war  und  es  sich  angelegen  sein  lieO, 
sein  Geld  auszugeben  und  als  Edelmann  zu 
leben,  und  immer  mit  ihnen  verkehrte. 

An  dem  Morgen,  wo  diese  fùnfzig  zur 
Hochzeit  reiten  sollten,  kamen  die  Schuster 
zu  ihnen,  um  ihnen  die  fleischfarbigen  Halb- 
stiefel  oder  Striimpfe  anzuziehn.  Bei 
einem  von  den  jungen  Mànnern  zog  nun  der 
Schuster  so  stark  an  dem  Stiefel,  daB  der 
hinten  an  der  Sohle  einen  kleinen  RiB  be- 
kam,  was  auch  kein  Wunder  war,  weil  sie 
gar  miihsam  und  mit  dem  Glàttholze  hinauf- 
gezogen  werden  muBten,  damit  sie  wie  an- 
gegossen  saBen;  es  war  auch  nichts  sel- 
tenes,  daB  einer  platzte. 

Als  der  junge  Mann  den  Schaden  sah, 
àrgerte  er  sich  und  begann  zu  schreien  und 
dem  Schuster  Grobheiten  zu  geben;  der 
sagte  aber  sofort:  ,Schreit  nicht,  ich  werde 
die  Sache  so  in  Ordnung  bringen,  daB  kein 
Mensch  etwas  merken  wird.* 

Und  er  schickte  um  eine   Nadel   oder 

6*  83 


eine  Ahle  und  um  Zwirn  und  nàhtc  den 
Stiefel  gleich  am  FuBe  wieder  zusammen. 

Da  jcdoch  der  junge  Mann  in  der  Mei- 
nung,  man  werde  den  RiB  noch  immcr  be- 
merken  und  es  werde  nicht  gut  aussehn, 
allwege  mit  ihm  weitcrschrie,  sagte  der 
Meister:  ,Herr,  schweigt  nun  und  schreit 
nicht  mehr;  der  Stiefel  ist  so  gut  ausge- 
bessert,  daB  es  kein  Mensch  kennen  kann 
auBer  einem  Schuster  wie  ich,' 

Der  junge  Mann,  der  sah,  daB  nichts 
andres  zu  machen  war,  batte  Geduld  und 
ritt  wohl  oder  iibel  zusammen  mit  den 
andern  zur  Stadt  hinaus  und  zum  Hause 
des  Bràutigams. 

Dort  erhielten  sie  eine  Kammcr  ange- 
wiesen ,  um  sich  auszukleiden  und  die 
Schuhe  abzulegen;  denn  alle  trugen  ùber 
den  Halbstiefeln  noch  Ùberschuhe,  damit 
sie  sich  nicht  beim  Reiten  mit  dcm  Kote 
beschmutzten.  Sie  setzten  sich  und  jeder 
batte  seinen  Diener,  und  der  mit  dem  zer- 
rissenen  Stiefel  setzte  sich  just  auf  die 
Bank  neben  der,  wo  der  Schusterssohn  saB. 
Als  sie  sich  dann  beide  von  ihren  Dienern 
die  Schuhe  ausziehen  lieBen,  sah  der 
Schusterssohn ,  daB  seines  Nebenmanns 
Stiefel  ausgebessert  war  und  sagte  hoh- 
nend:  ,Du  Bauer,  schàmst  du  dich  denn 
nicht,  mit  geflickten  Stiefeln  zur  Hochzeit 
zu  kommen?* 

84  ^ 


Geàrgert,  daB  es  der  Schusterssohn  he- 
merkt  hatte,  schrie  der  junge  Edelmann 
voli  Zorn  und  Wut:  ,DaB  dichGott  schànde, 
du  elender  Kerl!  Ganz  recht  hat  mir  der 
Meister,  der  sie  mir  angezogen  hat,  gesagt, 
daB  es  niemand  wird  merken  kònnen, 
hòchstens  so  ein  Flickschuster  wie  du;  so 
wahr  mir  Gott  helfe,  wenn  du  dich  nicht 
packst,  so  zerblàue  ich  dir  die  Schnauze.' 

Als  der  Schusterssohn  sah,  wie  erzumt 
der  Edelmann  seiner  hòhnischen  Worte 
wegen  war,  machte  er  sich  davon." 

Der  Kardinal,  der  die  Geschichte  sehr 
gut  verstand,  erriet,  daB  er  sie  fur  ihn  er- 
zàhlt  hatte  und  was  der  Anlafi  dazu  ge- 
wesen  war;  er  schàmte  sich  seiner  hàmi- 
schen  Rede  und  begann  ein  andres  Gc- 
spràch.  Sonst  aber  verstand  sie  niemand, 
nicht  einmal  Messer  Falcone.  Bald  darauf 
erhoben  sie  sich  und  beurlaubten  sich  beim 
Kardinal. 

Auf  der  StraBe  sagte  Messer  Falcone: 
„Ich  gàbe  was  drum,  Pfarrer,  wenn  ich 
wìiBte,  warum  Ihr  diese  alberne  Geschichte 
von  den  Vlamen  und  den  Stiefeln  erzàhlt 
habt,  die  weder  Kopf  noch  Schwanz  hat; 
mein  Lebtag  lang  habe  ich  noch  keine  dùm- 
mere  und  sinnlosere  gehòrt." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Mein  lieber 
Messer  Falcone,  Ihr  habt  noch  kaum  den 
Mund  geòffnet  gehabt,    so  habe  ich  auch 

85 


schon  gewuBt,  was  Ihr  sagen  wollt.  Meine 
Geschichte  scheint  und  ist,  wie  Ihr  gesagt 
habt,  albern,  und  besonders  fùr  die,  die  sie 
nicht  so  gut  verstehn  wie  der  gnàdige  Herr 
Kardinal,  der  allgemein  als  guter  und  ein- 
ziger  und  wùrdiger  Mann  gilt;  meiner  Mei- 
nung  nach  ist  er  allerdings  klug  und  gelehrt, 
aber  ich  glaube  an  ihm  einen  nicht  gar  so  ge- 
ringfùgigen  Fehler  bemerkt  zu  haben,  dafi 
cr  nàmlich  allzu  rasch  und  rùcksichtlos 
jeden  Makel  entdeckt,  was  gerade  nicht 
von  groBer  Lauterkeit  und  Herzensgùtc 
zeugt.  Als  ich  hinaufkam  und  uns  das 
Wasser  fùr  die  Hànde  gereicht  wurde, 
fragte  mich  der  Kardinal,  ob  ich  ihn  kennte. 
Ich  antwortete  auf  der  Stelle,  daB  ich  ihn 
nur  dem  Namen  nach  kennte,  und  sagte 
diese  Liige  aus  Rùcksicht  fiir  ihn  und  seine 
Ehre:  es  sind  mehr  als  sechsunddreiBig 
Jahre  her,  daB  ich  ihn  kenne,  und  ich  bàtte 
ihm  sagen  kònnen,  wo  und  wie  ich  ihn 
kennen  gelernt  habe;  aber  ich  wollte  das 
nicht,  weil  ich  ihn  an  sein  damaliges  Elend 
bàtte  erinnern  mùssen,  wie  er  als  armer 
Teufel  in  Holzschuhen  durchs  Trockene 
ging  '  und  seine  Kleider  auf  jeder  Seitc 
zweimal  trug,  gewendet  und  noch  einmal 

*  Andare  in  zoccoli  di  maggio  per  l'asciutto; 
den  Sinn  dieser  Redensart  entnehme  man  aus  der 
10.  Novelle  des  V.  Ta|{es  dcs  Dekamerons  (in  meiner 
Ùbertra^uniJ  LeipziiJ,  1909,  II,  S.  198). 

86 


gewendet.  Um  das  nicht  sagen  zu  miissen, 
habe  ich  nicht  sagen  wollen,  daB  ich  ihn 
anders  als  dem  Namen  nach  kenne.  Er 
aber  hat  das  Gegenteil  getan  und  mir  einen 
Hieb  ùber  das  ganze  Gesicht  gezogcn,  als 
wir  ùber  meine  Rede  sprachen,  daB  ich 
nàmlich  der  zufriedenste  Mensch  von  der 
Welt  bin.  Hàmisch,  wie  er  ist,  hat  er 
mich  ins  Auge  gefaBt  und  meinen  Mantel 
betrachtet  und  mir  vorgeriickt,  daB  er  ge- 
wendet  ist;  und  weil  er  darin  ein  Sach- 
verstàndiger  ist,  hat  er  die  Wahrheit  ge- 
sprochen,  als  er  sagte:  ,Ihr  wiBt  gar  nicht, 
warum  das  alles,  was  Ihr  gesagt  habt,  in 
Euch  ist'  und  ,Ihr  wendet  eben  die  Dingc' 
—  nàmlich  den  Mantel  —  ,wie  es  Euch 
paBt.'  Nunmehr  wehrte  ich  mich,  weil  ich 
ihn  verstand,  und  erzàhlte  die  Geschichte, 
wie  niemand  den  Schaden  an  den  Stiefeln 
kennen  konnte  auBer  einem  vom  Handwerk. 
Ihr  seid  ein  edler  Herr  und  im  Reichtum 
geboren;  drum  konnt  Ihr  vom  Handwerk 
nichts  verstehn  und  konntet  auch  nicht  be- 
merken,  daB  mein  Mantel  gewendet  ist,  was 
er,  der  seiner  Zeit  mehr  als  einen  ge- 
wendeten  gesehn  und  getragen  hat,  richtig 
herausgefunden  hat.  Ihr,  mein  lieber  Messer 
Falcone,  Ihr  laBt  Euch  einen  Mantel  machen 
und  tragt  ihn  ein  Jahr  oder  achtzehn  Mo- 
nate,  dann  verkauft  oder  verschenkt  Ihr  ihn 
und  laBt   Euch   einen   neuen   machen   und 

87 


darum  kònnt  Ihr  so  etwas  nicht  bemerken 
und  auch  kein  Sachverstàndiger  in  gewen- 
deten  Kleidern  sein,  wie  es  der  Schusters- 
sohn,  der  bei  dem  Edelmanne  den  geflickten 
Stiefel  gesehn  hat,  in  Stiefeln  war:  wàre  er 
nicht  vom  Handwerk  gewesen,  so  bàtte  er 
es  nicht  bemerken  kònnen,  weil  bei  der 
Hochzeit  mehr  als  zweitausend  Lente  waren 
und  es  nicht  einer  sonst  bemerkt  hat  als  er." 

Messer  Falcone  gestand  sich,  daB  der 
Pfarrer  ein  geistreicher  Mann  war,  und  er 
erwies  ihm  viel  Ehre,  solange  er  sich  in 
Rom  in  seinem  Hause  aufhielt. 

Wie  ich  vorhin  in  einer  Geschichte  ge- 
sagt  habe,  war  der  Pfarrer  mit  dem  ruhm- 
reichen  und  erhabenen  Ritter  Messer  Nic- 
colò Vitelli  da  Città  di  Castello  befreundet, 
und  der  lieB  sich  die  Geschichte  zweimal 
von  ihm  erzàhlen  und  konnte  sich  nicht 
genug  verwundern  ùber  die  Erfindungsgabe 
und  Geistesgegenwart  des  Pfarrers;  auch  er 
crkannte  seinen  Geist  an  und  sagte,  wenn 
damals  beim  Kardinal  tausend  kluge  und 
gescheite  Mànner  gewesen  wàren,  so  glaube 
er  nicht,  dafi  auch  nur  einer  von  ihnen  die 
Absicht,  derenthalben  das  der  Kardinal 
gesagt  batte,  und  seinen  Zweck  je  erraten 
bàtte,  wie  es  der  Pfarrer  so  scharfsinnig 
getan  habe. 


88 


V?' 


Vlele  werden  sich  wundern,  daB  ich  in 
diesem  Buche  auch  etliche  Werke  der 
Nàchstenliebe  erwàhnt  habe  und  erwàhnen 
werde,  weil  es  unziemlich  erscheint,  sic 
unter  diese  Geschichten,  Schwànke  und 
witzige  Reden  zu  mischen:  es  kònnte  den 
Anschein  erwecken,  als  ob  es  mir  an  Stoff 
mangelte,  obwohl  ich  in  der  Einleitung  ge- 
sagt  habe,  daB  sie  einen  starken  Band  fiillen 
wùrden,  wenn  ich  von  alien  Kenntnis  bàtte, 
was  unmòglich  ist;  das  ist  aber  nicht  der 
Grund,  sondern  mich  reizt  es,  einige  Werke 
der  Nàchstenliebe  zu  erwàhnen,  die  fùr 
einen  Bischof  oder  einen  groBen  Pràlaten 
geniigt  hàtten.  Ich  will  nur  einen  Teil  von 
denen,  die  ich  ihn  selbst  ausùben  sah,  er- 
zàhlen;  von  den  vielen  andern,  die  ich  von 
Augenzeugen  gehòrt  habe,  will  ich  iiber- 
haupt  schweigen  und  ebenso  von  denen,  die 
ich  nur  aus  zweiter  Hand  weiB:  die  Zahl 
der  einen  wie  der  andern  ist  unendlich, 

Obwohl  sich  der  Pfarrer  in  seiner 
Jugendzeit  manche  Ziigellosigkeit  hat  zu 
Schulden  kommen  lassen  und  auch  in 
seinem  Alter  viel  Spott  getrieben  hat,  iibtc 
er  doch  stets  die  heiligen  Werke  der 
Nàchstenliebe, 

Was  er  bei  den  andern  Teuerungen,  die 
zu  seiner  Zeit  in  Florenz  gewesen  sind, 
getan  hat,  weiB  ich  nur  vom  Hòrensagen; 
aber   in   den   Jahren    1475   und    1476,    die 


CIX. 

Wie  reichiich  der 

Pfarrer  die  Werke 

der  Nàchstenliebe 

geiibt  hat. 


89 


Jahre  der  Teuerung  waren,  kann  ich  dir 
als  Augenzeugc  versichern,  da6  er  regcl- 
màBig  jede  Woche,  ohne  ein  einziges  Mal 
damit  auszusetzen,  in  seinem  Hause  auf  der 
Pfarre  òffentlich  zwòlf  Scheffel  Brot  um 
Gottes  willen  verschenktc,  daB  er  also  all- 
jàhrlich  zwòlf  Mailer  Korn  an  seine  Ge- 
mcinde  und  wer  darum  kam,  verteilte,  ohne 
das  zu  rechnen,  was  er  auBerdem  noch  gab. 

Damals  erntete  er  in  seiner  Pfarre  ein- 
undzwanzig  Malter  Korn  und  vier  davon 
verbrauchte  er  fùr  sich;  das  ùbrige  bekamcn 
die  Armen. 

In  diesen  zwei  Jahren  langten  ali  seine 
Einkìinfte  nicht,  und  er  machte  etwa  fùnf- 
unddreiBig  Dukaten  Schulden,  die  Einkìinfte 
des  dritten  Jahres  gar  nicht  gerechnet. 

Wie  viel  er  an  groBen  Betràgen  fùr 
scine  Gemeinde  und  fùr  die  ganze  Gegend 
bezahlt  und  wie  viel  Màdchen  er  dadurch, 
daB  er  aus  seiner  Tasche  zwòlf,  zwanzig 
und  auch  vierzig  Lire  zu  ihrer  Aussteuer 
hergab,  bei  einem  chrlichen  Wandel  er- 
halten  hat,  wie  viel  arme  Bauern  aus  der 
Gegend  und  auch  von  weiter  her  er  aus 
dem  Gefàngnis  gelòst  hat,  indem  er  ihre 
Schulden  bezahlte,  wie  viel  Kranke  und 
wie  viel  Pilger  und  Fremdlinge  auf  der 
StraBe  gestorben  wàren,  wenn  ihn  nicht  die 
Nàchstenliebe  bewogen  bàtte,  sie  in  sein 
Haus  aufzunehmen  und  auf  seine  Kosten 

90 


so  lange  pflegen  zu  lassen,  bis  die  Gesund- 
heit  in  ihre  Leiber  zuriickgekehrt  war,  wie 
viel  armen  Knaben  er  es  durch  scine  Unter- 
stiitzung  mit  Gut  und  Geld  crmòglicht  hat, 
die  Priesterwiirde  zu  erlangen,  wie  vici 
armen  Handwerkern  er  geholfen  hat,  dem 
einen  mit  Korn,  dem  andern  mit  Wein,  dem 
mit  Holz  und  dem  mit  Geld,  ali  das  kònnen 
mir  die  Florentincr  bczeugen,  von  dencn  er 
ja  auch  mehr  als  einem  die  Tochter  auf 
scine  Kosten  verheiratet  hat;  und  so  oft  er 
einen  Armen  sah,  gab  er  ihm  cin  Almosen, 
und  batte  er  kcin  Geld,  so  sah  man  ihm 
an,  wie  es  ihm  zu  Herzen  ging,  dafì  er  ihm 
nicht  hclfen  konnte.  Um  dir  aber  nicht 
langweilig  zu  werden,  so  will  ich  dir  einst- 
weilen  nicht  mehr  davon  sagen. 


M  Esser  Paolo  Baldovinetti,  der  Bruder 
Messer  Niccolò  Baldovinettis  und 
Prior  von  Sant'  Ansano  im  Mugello,  kam 
ganz  bckùmmert  und  den  Kopf  voli  Ge- 
danken  von  Rom  zurùck. 

Er  ging  zum  Pfarrer  Arlotto  und  sagte 
zu  ihm:  „Ich  komme  von  Rom,  wo  ich  um 
die  Pfarre,  die  mein  Bruder  Messer  Niccolò 
innegehabt  hat,  einen  Rechtsstreit  gefùhrt 
habe.  Ich  habe  meine  Zeit  verloren  und 
nichts  ausgerichtct,  und  habe  mehr  als 
hundert  Dukaten  ausgegeben," 

Der    Pfarrer   antwortete:    „Dankt    dem 


ex. 

Wie  groB  nach  des 

Pfarrers  Meinung 

das  Einkommen 

eines  Geistlichen 

sein  dori. 


91 


Hcrrgott,  daB  Ihr  den  Streit  verlorcn  habt; 
hàttet  Ihr  ihn  gewonnen,  so  wàret  Ihr  einer 
schweren  Heimsuchung  entgegengegangen. 
Ihr  habt  von  der  Priorei  siebzig  Dukaten 
jàhrliche  Einkìinfte;  was  woUt  Ihr  noch 
mchr  Beschwerden  fùr  Seele  und  Leib?  Ist 
es  Euch  nicht  genug,  daB  Ihr  das  Leben 
eincs  geachteten  Geistlichen  fiihrt?  In 
Florenz  sind  genug  rechtschaffene  Leutc, 
die  jàhrlich  nicht  auf  eine  so  groBe  Summc 
kommen  und  nichts  desto weniger  mit  der 
Frau  und  drei  oder  vier  Kindern  anstàndig 
leben.  Glaubt  mir,  glaubt  mir:  wenn  sich 
einer  umtun  will,  um  sein  Einkommen  bis 
zu  fiinfzig  Gulden  zu  steigern  oder  meinet- 
wegen  bis  zu  hundert,  so  macht  das  noch 
nichts;  wenn  aber  die  Grenze  von  hundert 
ùberschritten  ist,  so  heiBt  es  auf  einem 
gròBern  FuBe  leben,  und  die  Begehrlichkeit 
wàchst  und  die  Ehrsucht.  Ihr  miìBt  dann 
einer  gròBern  Zahl  von  Leuten  untertan 
sein,  Ihr  miiBt  Diener  halten  und  seid 
schlieBlich  der  Knecht  dieser  Deutschen 
und  Franzosen,  die  mehr  verzehren  als  ihr 
Herr  und  ohne  sich  darum  zu  kiimmern. 
Hòrt  auf  meinen  Rat:  Euch  geht  es  gut  und 
Ihr  wiBt  es  nicht:  ein  Geistlicher,  der  ein 
gròBers  Einkommen  begehrt  als  hundert 
Gulden,  der  begehrt  in  Widerwàrtigkciten 
zu  leben  und  keine  gute  Stunde  mehr  zu 
haben;   wcr   aber   unter   hundert   hat,    der 

92 


rettet  dort  scine  Seele  und  in  dieser  Welt 
frohlockt  sein  Leib." 

ZWei  Freunde  eròrterten  oder  besprachcn 
mitsammen  die  Verhàltnisse  in  Bologna 
und  der  cine  sagte,  dafi  die  Familie  Benti- 
voglio  sehr  gliicklich  sei,  und  nicht  nur  sie 
allein,  sondern  daB  auch  jeder,  der  mit 
ihnen  Geschàfte  gemacht  und  sich  mit  ihnen 
eingelassen  habe,  schwerreich  geworden  sei, 
und  dafi  sich  wenige  Familien  und  Hauser 
eines  solchen  Lobes  rùhmen  kònnten  \ 

Der  Pfarrer,  der  dem  Gespràche  zu- 
Iiòrte,  sagte:  „Ich  bin  einer  gegenteiligen 
Meinung  als  ihr  und  sage,  daB  das  nicht 
durch  Gottes  Guade  so  ist;  denn  sie  ver- 
gewaltigen  alle,  und  sie  kann  niemand 
vergcwaltigen ,  und  darum  werden  sie 
selber  und  wer  sich  mit  ihnen  einlàBt,  alle 
reich.  Kònnten  die  andern  sie  vergewal- 
tigen,  wie  sie  es  den  andern  tun,  so  ginge 
die  Sache  ebenso  und  du  sàhest  nichts  von 


i  Giovanni  Bentivoglio  (1462—1508)  hat  1490, 
also  schon  nach  dem  Tode  des  Pfarrers,  neben 
seinem  Palaste  einen  Turm  errichtet,  der  unter 
andern  Inschriften  auch  diese  trug:  Monimentum 
hoc  conditum  a  Ioanne  Bentivolo  secando  patriae 
Rectore,  cui  virtus  et  fortuna  e  une  t  a  q  u  a  e 
apiari  p  o  s  s  u  n  t  bona,  affatim  praesti- 
terunt.  (F.  Hieron.  de  Bursellis,  Annales  Bono- 
nienses  bei  Muratori,  Rerum  italicarum  scriptores, 
XXXIII,  col.  909.) 


CXI. 

Wa$  tur  tint 

Meinung  der 

Pfarrer  iiher  dat 

Gliick  der  Benti- 

vogli  gefiabt  hat. 


93 


CXII. 

Wie  der  Pfarrer 
mit  dem  Bischof 

VOTI  Fiesole 

iiher  den  Wucher 

streìtet. 


CXIII. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  langweiligen 

Prediger 

abgefUhrt  hat. 


ihrem  Glùcke,  alles  ginge  umgekehrt  und 
jedcrmann  tate  scine  Schuldigkeit,** 

ALs  der  Bischof  von  Fiesole  Messer 
Guglielmo  Becchi  ^  eines  Tages  mit 
dem  Pfarrer  dariiber  stritt,  ob  der  Wucher 
ein  schàndliches  Laster  sei  oder  nicht, 
widerlegte  der  Pfarrer  ali  die  vielen  Be- 
weisgrùnde,  die  er  anfùhrte,  und  sagte,  er 
wolle  es  vor  jeder  Gelehrtenversammlung 
bewàhren,  daB  der  Wucher  keine  Sùnde  sei, 
und  wenn  es  sich  um  hundert  vom  Hundert 
handle,  sondern  daB  die  schwere  Sùnde 
erst  im  Zurùckfordern  des  Geldes  samt  den 
Zinsen  liege. 

E  Ines  Morgens  war  der  Pfarrer  in  der 
Karmeliterkirche  und  hòrte  dort  einen 
jungen  Mònch  predigen,  der  eher  ein  Wind- 
beutel  als  ein  Gelehrter  war. 

Er  batte  sich  in  dem  Gegenstande,  ùber 
den  er  predigte,  verwickelt,  und  zwar  war 


1  Guglielmo  Becchi  aus  Florenz  trat  in  jungen 
Jahren  in  den  Augustinerorden.  Er  studierte  an 
mehrern  Orten,  zuletzt  in  Paris,  und  begann  dann 
in  Florenz  mit  groOem  Zulaufe  zu  predigen,  Visi- 
tationsreisen  fiihrten  ihn  nach  Frankreich,  Deutsch- 
land  und  England.  Nach  seiner  Rùckkehr  nach 
Rem  wurde  er  (1480)  auf  den  vakanten  Bischof s- 
stuhl  von  Fiesole  berufen,  wo  er  dem  Bischof 
Antonio  Agli  folgt,  Sein  Leben  ist  bei  Vespasiano 
da  Bisticci,  I,  S.  217  ff.  beschrieben. 


94 


es  dieser  Abschnitt,  wo  die  Abgesandten  der 
Juden  Johannes  den  Tàufer  fragcn  ^ 

Und  der  Mònch  sah  auf  den  Pfarrer  hin, 
als  er  sagte:  „Wer  bist  du?  Bist  du  Elias? 
bist  du  Jeremias?" 

Da  er  aber  diese  Worte  unendliche  Male 
wiederholte,  wurde  es  dem  Pfarrer,  der  das 
Lachen  nicht  mehr  verhalten  konnte,  zu 
langweilig  und  er  antwortete  dem  Monche 
mit  lauter  Stimme:  „Ich  bin  nicht  Elias  und 
bin  nicht  Jeremias,  aber  ich  bin  der  Pfarrer 
Arlotto;  kann  sein,  daB  du  mich  nicht  er- 
kennst." 

Mit  dieser  Antwort  machte  er  denn  alle 
lachen,  die  der  Predigt  zuhòrten. 


BArtolommeo  Sassetti  fragte  den  Pfarrer 
Arlotto:  „Warum  laBt  Ihr  denn  das 
Brett  im  Vorbau  nicht  festmachen,  das 
nun  schon  vielleicht  fùnfundzwanzig  Jahre 
locker  ist?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Damit  die  Kin- 
der am  Griindonnerstag  und  am  Karfreitag 
die  Pumpermette  halten  *  kònnen,  ohne  mich 
in  der  Kirche  zu  stòren." 


CX/V. 
Wie  der  Pfarrer 

fiir  seine 

Cemàchlichkeit 

in  der  Kirche 

gesorgt  hot. 


1  Ev.  Joh.,  I,  21. 

*  Im  Originale:  far  le  tenebre. 


95 


cxv. 

Warum  sein 

Kirchenpatron 

nicht  fùr  den 

Pfarrer  in  die  Stadt 

gehn  kann. 


CXVI. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  Bauer 

erinnert,  daB  er 

$ein  Wort  nicht 

gehallen  hot. 


Ls  Francesco  di  Nerone  eines  Tages 
auf  der  Pfarre  war,  sagte  er  zum 
Pfarrer  Arlotto:  „Pfarrer,  Ihr  seht,  was 
mich  die  Maurerarbeit  an  Euerer  Kirche 
kostet;  da  ich  nun  nicht  immerfort  hier  sein 
kann,  mòchte  ich,  daB  Ihr  mehr  hier  bliebet, 
als  es  Euer  Brauch  ist,  und  es  Euch  an- 
gelegen  sein  lieBet,  die  Meister  und  die 
Handlanger  anzutreiben." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Dreimal  in  der 
Woche  mu6  ich  abcr  mindestens  nach  Flo- 
renz  gehn," 

Messer  Francesco  antwortete:  ,,Ich  weiB 
nicht,  was  Ihr  dort  zu  tun  habt,  aber  habt 
Ihr  etwas  zu  tun,  so  bleibt  herauBen  und 
ich  werde  Euch  alles  mit  derselben  Sorg- 
falt  durchfùhren,  die  ich  fùr  meine  Ange- 
legcnheiten  aufwende." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Ich  weiB,  daB  Ihr 
es  nicht  tàtet:  ich  kann  nàmlich  nicht  um- 
hin,  drei-  oder  viermal  in  der  Woche  zum 
Candioten  ^  zu  gehn,  und  ich  weiB  genau, 
daB  Ihr  nicht  hinginget,  weil  Ihr  sonst  auch 
nicht  ins  Wirtshaus  zu  gehn  pflegt." 

DEr   Pfarrer   Arlotto   bat   einen   Bauer, 
Niccolò  di  Bardoccio  mit  Namcn,  am 
nàchsten   Tage   zeitlich   frùh   zur   Garten- 


*  Im  Originai:  al  candiolto;  es  sclieint  ein  Wirt 
aus  Kreta  gemeint  zu  sein. 

96 


arbeit  zu  ihm  zu  kommen,  und  schàrfte  es 
ihm  wohl  dreimal  ein. 

Niccolò  antwortetc:  „Pfarrcr,  sagt  mir 
nichts  mehr:  um  die  und  die  Stunde  bin  ich 
unfehlbar  da,  und  wenn  ich  nicht  sterbe, 
so  bin  ich  der  erste  bei  der  Arbeit;  und 
komme  ich  nicht,  so  nehmt  an,  dafi  ich 
tot  bin," 

Am  Morgen  waren  die  andern  Arbeiter 
schon  zwei  Stunden  im  Garten  und  Niccolò 
war  noch  immer  nicht  da. 

Der  Pfarrer  ging  und  làutete  die  Totcn- 
glocke;  daraufhin  kamen  Lente  in  dieKirche 
und  fragten  ihn:  „Wer  ist  denn  gestorben?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Niccolò  diBar- 
doccio." 

Sie  verwunderten  sich  und  einer  und  der 
andere  sagten:  „Ich  habe  ihn  erst  gestem 
auf  die  Nacht  gesehn,  und  da  war  er  noch 
gesund  und  munter." 

Sie  sprachen  noch  davon,  da  kam  auch 
schon  Niccolò  daher,  mit  dem  Grabscheit 
in  der  Hand,  und  sagte  voller  Zom  zum 
Pfarrer:  „Was  Teufel  habt  Ihr  getan?  Alle 
meine  Verwandten  sind  mir  ins  Hans  ge- 
laufen,  um  meinen  Tod  zu  beweinen." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Hast  du  nicht  zu  mir 
gesagt:  ,Wenn  ich  nicht  zeitlich  komme,  so 
nehmt  an,  dafi  ich  tot  bin'?  Ich  habe  ge- 
glaubt,  du  hàttest  es  schon  gewuBt  und 
seiest  ein  Wahrsager,  und  dann  seiest  du 

Arlotto,  Schwanke  II.  7  QT 


CXVII. 

Wie  der  Pfarrer 

die  guten  und  die 

schlechten  Tage 

des  Jahres  ver- 

zeichnet  hat. 


CXVIll. 

Wie  sich  d^r 
Pfarrer  mit  seinem 
Meier  auseinander- 

gesetzt  hat. 


wirklich  gestorben;  und  darum  habe  ich  ge- 
làutet,  um  dir  einen  Gefallen  und  eine  Ehre 
zu  erweisen." 

DEr  Pfarrer  Arlotto  woUte  einmal  sehn, 
wie  viel  gute  Tage  in  einem  Jahre  seien. 

Zu  diesem  Behufe  nahm  er  einen  trocke- 
nen  Kiirbis  und  machte  ein  Loch  hinein;  und 
wenn  ihm  einer  ein  Mittagmahl  oder  ein 
Abendessen  gab,  das  ihm  schmeckte,  so  er- 
achtete  er  diesen  Tag  fùr  gut  und  legte  eine 
Bohne  in  den  Kiirbis, 

Gewann  er  einmal  zwanzig  Scudi  oder 
auch  nur  zehn,  so  war  auch  das  ein  guter 
Tag  fùr  ihn  und  er  legte  eine  Bohne  in  den 
Kiirbis. 

Einmal  verlor  er  eine  Borse  mit  zwanzig 
Soldi;  da  ging  er  zum  Kiirbis  und  nahm  eine 
Bohne  heraus. 

Und  so  tat  er  das  ganze  Jahr,  und 
am  Schlusse  wuBte  er,  dafi  er  einen  Ùber- 
schuQ  von  so  viel  guten  Tagen  batte,  wie 
Bohnen  im  Kiirbis  verblieben  waren. 

DER  Pfarrer  batte  einen  Meier,  einen 
Lombarden ,  der  als  nichtsnutziger 
Mcnsch  den  ganzcn  lieben  Tag  nichts  tat 
als  schwatzen;  dadurch  war  er  dem  Pfarrer 
so  widerwàrtig  geworden,  daB  er  be- 
schlossen  batte,  ihn  zu  entlassen.  Er  hicB 
Girolamo,  lieB  sich  aber  Giomino  rufen. 


98 


Der  Pfarrer  sagte:  „Rechnen  wir  mit- 
cinander  ab  und  nimm  dein  Geld  und  such 
dir  einen  andern  Herrn." 

Giomino  antwortete:  „Warum  woUt  Ihr 
mich  entlassen?  ich  bin  treu,  diene  Euch  gc- 
wissenhaft  und  bin  gern  bei  Euch;  sagt  mir, 
warum  Ihr  mich  davonjagen  wollt." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Du  schwatzst 
so  viel,  daB  du  mir  zuwider  geworden  bist; 
ich  kann  ja  den  ganzen  Tag  kaum  ein  Wòrt- 
lein  reden." 

Giomino  antwortete:  „Wenn  es  nichts 
andres  ist,  deswegen  will  ich  nicht  weggehn; 
machen  wir  lieber  einen  Vertrag  miteinan- 
der:  sagt,  wann  es  alle  Tage  jeden  trifft, 
daB  er  reden  darf,  und  ich  werde  nie  aus 
der  Ordnung  fallen," 

Dem  Pfarrer  war  es  recht  und  sie  blieben 
bei  dieser  Vereinbarung  und  er  behielt  Gio- 
mino noch  etliche  Jahre  bei  sich. 

E  Ines  Tages  rechnete  ^  der  Pfarrer  mit 
einem  seiner  Fronbauern  ab;  und  als 
sie  zumViehstand  kamen,  sagte  der  Pfarrer: 
„Du  hast  doch  sechzehn  Làmmer  gehabt 
und  davon  solite  ich,  wie  du  weiBt,  acht 
bekommen;  du  gibst  mir  aber  nur  sechs." 

1  Im  Texte  Baccinis  heifit  diese  Stelle:  Rac- 
contò il  Piovano  Arlotto  che  un  giorno  un  conta- 
dino suo  lavoratore  .  .  .;  besser  ist  entschieden  die 
Fassung  der  alten  Drucke:  Fa  conto  uno  giorno  el 
Piovano    Arlotto    con 


CXIX. 

Wie  der  Pfarrer 

von  einem  Bauer 

um   zwei   Làmmer 

bestohien 

worden  ist. 


99 


cxx. 

Wie  der  Pfarrer 

au$  Mitleid 
mit  einer  armen 

Wochnerin 

dai  Huhn,  da»  er 

0$sen  wollte,  ver- 

Bchenkt  hat. 


Der  Bauer  antwortete:  nVier  hat  mir  der 
Wolf  hintereinander  getòtet." 

Da  es  der  Pfarrer  nicht  glauben  wollte, 
schwur  der  Bauer,  daB  es  so  sei,  und  schlieU- 
lich  glaubte  es  der  Pfarrer  und  gab  sich  zu- 
frieden. 

Es  kam  die  Karwoche  und  der  Bauer 
sagte  dem  Pfarrer  bei  der  Beichte:  „Ich 
habe  Euch  zwei  Làmmer  genommen," 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Da  hast  du 
zwei  Todsùnden  begangen:  die  eine,  daB  du 
mir  die  Làmmer  gestohlen  hast,  und  das 
ist  mir  die  unangenehmere,  und  die  andere, 
daB  du  falsch  geschworen  hast," 

Der  Bauer  sagte:  „Die  Làmmer  will  ich 
Euch  wiedergeben;  mit  dem  Schwur  aber 
habe  ich  nicht  gesùndigt,  weil  ich  meinem 
Messer  den  Namen  Wolf  gegeben  habe,  und 
Ihr  wiBt,  daB  ich  geschworen  habe,  der 
Wolf  habe  sie  getòtet." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Darin  hast  du  recht; 
aber  gib  mir  meine  Làmmer  wieder." 

Der  Bauer  kaufte  ihm  zwei  andere  und 
so  wurde  er  losgesprochen. 

ICh  habe  in  der  Einleitung  gesagt,  daB  der 
Pfarrer  Arlotto  voli  Nàchstenliebe  war, 
und  daB  schier  alles,  was  er  tat,  Zeugnis 
von  seiner  Herzensgùte  gab. 

Einmal  kam  ich  am  Johannistage  zeit- 
lich  friih  in  seine  Pfarre;  als  wir  nach  der 

100 


-■)*, 


Begrìifiung  von  unsern  Angelegenheiten  und 
andern  Bingen  sprachen,  sagte  der  Pfarrer: 
„Heute  will  ich  dir  einen  Kapphahn  vor- 
setzen,  den  ich  jetzt  ans  Feuer  stellen 
werde.  Ich  habc  in  San  Pietro  an  der 
Sieve  ein  paar  Kapphàhne  so  billig  gekauft, 
dafi  ich  weniger  ausgegeben  habc,  als  wenn 
ich  Kalb-  oder  Hammelfleisch  gekauft  bàtte, 
und  um  dir  die  Wahrheit  zu  sagen,  ich  habe 
mir  diese  Kosten  nur  gemacht,  weil  ich 
dachte,  ich  kònnte  Besuch  bekommen;  frei- 
lich  habe  ich  den,  den  ich  vorgestem,  am 
Ostertage,  bàtte  essen  wollen,  einer  armen 
Wòchnerin  geschenkt,  die  vor  Hungcr  schier 
gestorben  wàre,  und  mit  dem,  der  mir  ge- 
blieben  ist,  will  ich  nun  dich  bewirten." 

Wir  nahmen  unser  erstes  Gespràch 
wieder  auf,  und  da  kam  die  Mutter  von 
dieser  Wòchnerin  und  sagte:  „Pfarrer,  ich 
schàme  mich,  Euch  so  zu  belàstigen,  aber 
ich  mòchte,  daB  Ihr  mir  ein  wenig  Speck 
und  ein  Stùckchen  fettes  Pokelfleisch  gàbet; 
ich  habe  meiner  Tochter  seit  sechs  Tagcn 
nichts  sonst  gegeben  als  ein  wenig  gesalzene 
Brotsuppe  und  die  kann  sie  nicht  mehr 
hinunterbringen." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Was  habt  Ihr  denn 
mit  dem  Kapaun  gemacht,  den  ich  Euch 
gegeben  habe?  wenn  es  auch  nur  ein  Kapp- 
hahn war,  so  wàre  er  doch,  da  Ihr  ja  nichts 
andres  hattet,  gut  gewesen." 

101 


Die  Frau  antwortete:  „Es  ist  wahr  und 
er  war  ein  Prachttier;  aber  der  Hund  Euers 
Arbeiters  Domenico  ist  uns  ins  Haus  ge- 
laufen  und  hat  ihn  uns  weggetragen,  Wenn 
Ihr  mir  nicht  glaubt,  so  fragt  Lorenzo,  Do- 
menicos  Brudcr,  der  hat  vergeblich  ver- 
sucht,  ihn  ihm  aus  dem  Maule  zu  nehmen." 

Der  Pfarrer  begann  aus  Mitleid  zu 
wcinen  und  sagte:  „Wartet  hier  im  Hofc." 

Und  mit  trànenfeuchten  Augen  kam  er 
in  dcn  Saal  herauf  und  sagte  zu  mir:  „Wie 
lange  ist  es  denn  her,  da6  du  kein  Almosen 
gegeben  hast?" 

Ich  antwortete:  „Lànger  als  einen  Mo- 
nat;   warum   denn?" 

Er  sagte:  „Ich  will,  daB  du  dich  dazu 
verstehst,  beute  zur  heiligen  Osterzeit  eines 
um  Gottes  willen  zu  geben,  und  es  soli  dich 
kein  Geld  kosten,  sondern  nur  ein  kleines 
Opfer  des  Schlundes." 

Ich  antwortete:  „Ich  bin  mit  allem  ein- 
vcrstanden,  was  Ihr  tun  wollt,  und  beson- 
dcrs,  wenn  es  mich  nichts  kostet." 

Nun  erzàhlte  er  mir  die  ganze  Ge- 
schichte  von  der  armen  Frau  und  fuhr  fort: 
.(Willige  also  ein,  daB  wir  uns  beute  Abbruch 
tun:  wir  werdcn  von  dem  Pòkelfleisch 
essen,  und  das  Huhn  geben  wir  der  Armen, 
und  ich  kann  dir  nur  sagen,  es  ist  zum 
Erbarmen,  das  Elend  der  armen  Frau  zu 
sehn;  ich  glaube,  die  ganze  Familie  schlàft 

102 


auf  dem  Stroh  und  es  mangelt  ihnen  an 
Brot,  und  sichcrlich  gehn  sie  mehr  als  ein- 
mal  in  der  Woche  ohne  Abendessen  zu 
Bette.  Ach!  Wir  Elenden,  wie  haben  wir 
Gott  zu  danken!" 

Und  weinend  nahm  er  das  Huhn  und 
ctliche  Laibe  Brot  und  cine  Fiasche  Wein 
und  trug  ihr  alles  hinunter  und  brachte  ihr 
sich  und  sein  Gut  dar. 

Ich  habe  geglaubt,  dieses  fromme  Werk 
erwàhnen  zu  mùssen,  weil  er  darìn  wohl 
nicht  mehr  Nàchstenliebe  bàtte  zeigen 
konnen. 

AUf  einem  Ritte  von  Pisa  nach  Florenz 
batte  der  Pfarrer  Arlotto  ein  Pferd, 
das  ihm  mit  seinem  schlechten  Trabe  die 
Dàrme  im  Leibe  durcheinander  brachte;  und 
der  elende  Sattel,  den  es  batte,  richtete  ihm 
das  GesàB  so  iibel  zu,  daB  er  sich,  kaum  daB 
er  in  Florenz  war,  den  After  behandeln 
lassen  muBte. 

Der  Arzt  war  stark  im  Zweifel,  ob  das 
nicht  von  etwas  anderm  komme  als  vom 
Sattel;  und  als  der  Pfarrer  geheilt  war,  ging 
er  zu  den  Nachtbeamten  \  um  vor  ihnen 


^  Die  „Nachtbeamten"  (UfHziali  di  notte)  hatten 
fùr  die  nàchtliche  Sicherheit  und  Sittlichkeit  in  der 
Stadt  zu  sorgen;  sie  wurden  1432  eingesetzt,  um 
dem  Laster  der  Sodomie  zu  steuern,  und  im 
nachsten  Jahre  wurde  ihnen  auch  die  Àufsicht  ùber 


CXXl. 

Wie  der  Pfarrer 

gegen  einen  Pisaner 

Klage  fiihrt,  der 

ihm  ein  bock- 

beiniges  und 

schlecht  gesatteltes 

Pferd  vermietet  fiat. 


103 


Klagc  zu  fiihren,  und  sagte:  „Meme  Herren, 
ich  komme  zu  Euch,  um  einen  gewissen  Tal- 
duccio  aus  Pisa  zu  verklagen,  dcr  mir  eine 
groBe  Unbill  angetan  hat;  ich  spreche  sehr 
ungern  davon  und  schàme  mich  sehr,  daB 
ich  in  meinen  alten  Tagen  wegen  einer  so 
unanstàndigen  Sache  zu  Euch  kommen 
muB:  ich  bin  nàmlich  am  Hinterteii  vcrletzt 
worden." 

Die  Beamten  lachten  und  verwunderten 
sich  hòchlich,  schickten  aber  sofort  um  Tal- 
duccio  nach  Pisa,  und  als  der  gekommen 
und  vor  ihnen  erschienen  war,  fand  sich 
auch  der  Pfarrer  Arlotto  wieder  ein  und 
erzàhlte  die  Geschichte  von  dem  Pferdc; 
er  verlangte  von  Talduccio  das  Geld  fìir  die 
Heilung  des  Afters  samt  Zinsen,  einen  Er- 
satz  fùr  die  verlorene  Zeit,  die  Riickerstat- 
tung  des  Mietgeldes  und  viel  andre  Dinge 
mehr  und  sagte;  „Ihr  habt  schon  oft  genug 
harte  Urteile  gefàllt  wegen  einer  geringern 
Schlechtigkeit,  als  mir  der  getan  hat,  der 
mich,  einen  Priester,  geschàndet  hat;  ich 
will  nicht,  daB  Ihr  ihn  zum  Feuertode  oder 
zu  einer  Geldstrafe  verurteilt,  aber  laBt 
ihn  mir  meinen  Schaden  ersetzen." 

Und  so  geschah  es.  Der  Pisaner  batte 
den  Schaden  und  den  Spott  dazu. 

die  Klòster  ùbertragen.  1502  wurde  diese  Behorde 
aufgehoben  und  ihre  Geschàfte  unter  die  andern 
Behòrden  aufgeteilt. 

104 


DA  es  bekannt  gewordcn  war,  daB  sich 
der  Pfarrer  fiir  cine  Fahrt  nach  Flan- 
dern  auf  die  Kapitànsgaleere  vcrdungen 
batte,  wurde  er  von  vielen  Freunden  von 
ihm  um  Gefàlligkeiten  angegangen. 

Etliche  ùbergaben  ihm  zugleich  mit  den 
Zetteln,  wo  sic  ihre  Wùnsche,  wie  Tapeten 
und  andere  Dinge,  verzeichnet  hatten,  auch 
zwòlf  oder  fùnfzehn  Dukaten  und  sagten: 
„Wenn  Ihr  mehr  ausgebt,  so  werden  wir  es 
Euch  ersetzen,  nicht  nur  was  den  Preis  der 
Sachen  betrifft,  sondern  auch  Euere  son- 
stigen  Auslagen,  und  wir  werden  Euch 
dankbar  sein." 

Andere  wieder,  unerkenntliche  Leute, 
gaben  ihm  ihre  Zettel  und  sagten  etwa: 
„Kauft  uns  hundert  Pfund  Zinn  und  Mes- 
sing",  gaben  ihm  aber  kein  Geld  und  sagten: 
„Bei  Euerer  Rùckkehr  werden  wir  es  Euch 
bezahlen," 

Die  Galeeren  gingen  in  See,  und  als  sie 
nur  noch  einen  halben  Tag  zum  Hafen 
hatten,  sagte  der  Pfarrer:  „Jetzt  will  ich 
meinen  Mantelsack  in  Ordnung  bringen," 
Dabei  fand  er  die  Denkzettel,  und  die  legte 
er  nun  alle  auf  dem  Borde  der  Galeere  aus, 
und  wenn  Geld  dabei  war,  so  legte  er  es 
auf  den  betreffenden  Zettel. 

Als  der  Pfarrer  seinen  ganzen  Kram 
durchstòbert  batte,  erhob  sich  ein  Lùftchen, 
und  da  fielen  ali  die  leichten  Zettel,  auf 

105 


CXXII. 

Wie  der  Pfarrer 
einen  Teil  der  ihm 
aufgetragenen  Ein- 

kàufe  besorgt, 
den  andern  nicht. 


denen  kein  Geld  lag,  ins  Meer,  wàhrend 
die  andern,  die  mit  Geld  beschwert  waren, 
liegen  blieben.  Und  der  Pfarrer  packte 
seine  Sachen  wieder  zusammen. 

Dann  liefen  sie  in  den  Hafen  ein  und 
gingen  ans  Land  und  nach  Brùgge  und  er 
machte  seine  Besorgungen, 

Nach  seiner  Riickkehr  nach  Florenz 
kamen  die  Freunde  und  sagten:  „Habt  Ihr 
uns  die  Tapeten  gekauft?"  „Ja,"  sagte  der 
Pfarrer,  „und  ich  habe  etwa  fùnfzehn  Du- 
katen  ausgegeben  und  Ihr  habt  mir  nur 
zwòlf  gegeben,"  Da  g^ben  sie  ihm  seinen 
Resi  und  bedankten  sich. 

Dann  kamen  andere  und  sagten:  „Pfarrer, 
habt  Ihr  uns  das  Zinn  und  Mcssing  ge- 
kauft?"  Der  Pfarrer  antwortete:  „Mir  ist 
ein  MiBgeschick  zugestoBen;  als  ich  einmal 
meine  Siebensachen,  darunter  auch  Euere 
Zettel,  auf  dem  Borde  der  Galecre  durch- 
sah,  da  sind  diese  Blàttchen,  weil  sie  leicht 
waren,  ins  Wasser  gefallen,  und  ich  cr- 
innerte  mich  nicht  mehr,  was  darauf  ge- 
schrieben  stand,  weil  ich  kein  Wahrsager 
bin." 

Sie  antworteten:  „Wie  kommt  es  denn 
dann,  daB  Ihr  denen  die  Tapeten  mitge- 
bracht  habt?" 

Der  Pfarrer  sagte:  „Das  kommt  daher, 
weil  auf  ihren  Zetteln  das  Geld  lag,  wàh- 
rend  die  Euerigen,   die   durch  nichts  be- 

106 


;     schwert  waren,  zu  leicht  waren,  so  daB  sic 
)    vom  Winde  ins  Meer  geweht  worden  sind." 

'    *r\Er  Pfarrer  ging  iiber  die  Strafie  und 
.'    U  cine  Frau  sagte  zu  ihm:  „Pfarrcr,  Ihr 

■)     geht  ein  bifichen  steif." 

Der  Pfarrer  antwortete;  „So  nehmt  mich 
'     mit  nach  Hause." 

Aber  die  Frau  verstand  ihn  nicht  und 
!     blieb  stehn  und  der  Pfarrer  ging  weiter  *. 

DEr  Pfarrer  Arlotto  sagte:  „Es  sind 
ihrer  viele,  die  sagen:  ,Es  ist  eine  groBe 
Siinde,  wenn  ein  Geistlicher  eine  Frau 
kùBt';  ich  aber  sage  das  Gegenteil:  ,Wenn 
er  schon  mit  dem  FriedenskuB  an  und  fùr 
sich  ein  gutes  Werk  tut,  so  tut  er  noch  ein 
bessers,  wenn  er  eine  Frau  kiiBt.'  " 

ALs  der  Pfarrer  Arlotto  in  seiner  Kirche 
mit  den  Maurerarbeiten  fertig  war, 
wollte  er  sie  weiBen  lassen;  vorher  muBten 
aber  ali  die  hàBlichen  Bilder,  womit  die 
Wànde  bedeckt  waren,  entf ernt  werden,  und 
er  lieB  nur  wenige  an  ihrem  Orte. 

Wie  er  nun  mit  dem  Meister  durch  die 
Kirche  ging,  um  sich  mit  ihm  zu  besprechen, 
welche  bleiben  und  welche  abgekratzt  wer- 

1  Nach  dem  Texte  der  alten  Ausgaben,  weil 
Baccinis  Fassung,  wie  er  iibrigens  selbst  durch  ein 
Fragezeichen  andeutet,  keinen  Sinn  gibt. 

107 


CXXIII. 

Wie  der  Pfarrer 

einer  Frau  eine  ihr 

unverstàndliche 

Antwort 

gegeben  hai. 


CXXIV. 
Wie  der  Pfarrer 

iiber  die 

Kiisse  der  Geist- 

licfien  daclite. 


CXXV. 

Wodurcfi 

sich  der  Pfarrer  hai 

bestimmen  lassen, 

einen  Heiligen 

in  seiner  Kirche 

zu  behalten. 


den  sollten,  kamen  sie  zu  einem  hciligen  An- 
tonius;  da  sagtc  der  Pfarrer:  „Der  bleibt." 
Dann  kamen  sie  zu  einem  heiligen  Ansanus 
und  da  sagte  er:  „Der  muB  weg;  solangc  ich 
in  der  Pfarre  bin,  habe  ich  nicht  ein  einziges 
Mal  gesehn,  da6  ihm  jemand  cine  Kerze 
angezìindet  bàtte,  und  habe  nie  etwas  von 
ihm  gehabt.    Also  weg  mit  ihm,  Meister." 

Eben  wollte  der  Meister  den  ersten 
Hammerschlag  tun,  als  eine  rechtschaffene 
Frau  an  die  Tur  pochte.  Und  sie  sagte: 
„Pfarrer,  ich  habe  ein  Gelùbde  zu  erfùUen, 
weil  ich  zur  Pestzeit  von  dem  heiligen  An- 
sanus, den  Ihr  hier  in  der  Kirche  habt,  eine 
herrliche  Gnade  empfangen  habe.  Ich 
bringe  Euch  vierzig  Soldi,  damit  Ihr  ihm  zu 
Ehren  dreiBig  Messen  leset,  und  eine  Kerze, 
die  Ihr  dabei  brennen  mòget;  und  auBer- 
dem  bringe  ich  noch  ein  Tùchlein,  das  sollt 
Ihr  ihm  aufs  Haupt  legen." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Du  hast  sehr  wohl 
getan,  Frau,  daB  du  gerade  jetzt  gekommen 
bist;  ich  kann  dir  nur  sagen,  wàrest  du 
einen  Augenblick  spàter  gekommen,  so 
hàttest  du  ihn  nicht  mehr  vorgefunden." 

„Ach,"  sagte  die  Frau,  „zerschlagt  ihn 
nur  nicht;  binnen  ein  paar  Tagen  will  ich 
ihn  herrichten  lassen,  und  ich  habe  an- 
geordnet,  daB  auf  meine  Kosten  vor  ihm 
ìmmer  eine  schòne  Lampe  brennen  soli,  und 
ich  will  der  Pfarre  ein  Stùck  Land  mit  eincr 

108 


Giilte  von  einem  FaB  01  hinterlassen,  da- 
mit  sie  das  ganze  Jahr  brennen  kann." 

Als  sie  weggegangen  war,  sagte  der 
Maurer:  „Seht  Ihr,  dafi  es  manchmal  gar 
nichts  schadet,  wenn  man  ein  biBchen  zor- 
nig  wird?" 

Der  Pfarrer  sagte:  „Hàtte  ich  diesem 
heiligen  Ansanus  nicht  die  Zàhne  gezeigt, 
so  hàtte  er  mich  nicht  verstanden." 


E  Ines  Jahres  ersah  der  Pfarrer  aus  den 
Beichten,  daB  es  im  Eheleben  seiner 
Gemeinde  viel  schmutzige  Wàsche  und 
faule  Kost  gab,  da  es  manche  auf  verkehrte 
Art  machten;  deshalb  tadelte  er  sowohl  die 
Mànner,  als  auch  die  Frauen  und  brachte 
ihnen  auf  der  Kanzel  die  Heiligkeit  der  Ehc 
in  Erinnerung  und  ermahntc  sie,  sich  zum 
Guten  zu  halten  und  das  Licht  nur  von 
vorne  und  nicht  von  hinten  anzuztinden. 

Und  zu  den  Frauen  sagte  er:  „Wenn  ihr 
im  Bette  seid  und  er  will  euch  Bilder  von 
Hunden  und  Vògeln  zeigen,  so  dreht  euch 
keineswegs  um,  um  sie  anzusehn." 

DEm  Pfarrer  Arlotto  war  es  iibertragen 
worden,  den  Schiedsspruch  in  einem 
Streite  zu  fàllen,  der  zwischen  einem  Maler 
und  Goro  Infangati  entstanden  war.  Der 
Maler,  der  ein  Meister  der  alten  Schule  war, 
batte  ein  Gemach  mit  Papageien  bemalt  und 

109 


CXXVI. 

Wie  der  Pfarrer 

die  ehelichen  MiB- 

bràuche  ahttellen 

wollte. 


CXXVII. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  Streit  wegen 

einer  Molerei 

scfdiclitet. 


auBerdem  ein  Bild  des  heiligen  Julian  ver- 
fertigt,  den  der  besagte  Goro  vcrehrte. 

Der  Pfarrer  verstand  den  schwierigen 
Fall  und  gab  dem  Maler  unrecht:  einmal, 
weil  er  das  Gemach  mit  Fùchsen,  jeder  mit 
einem  Hahne  im  Maule,  bàtte  ausmalen 
sollen,  wie  es  das  Wort  pappagalli  verlangt 
habe  und  wie  es  auch  Goros  Absicht  ge- 
wesen  sei,  und  nicht  mit  Papageien  S  und 
dann,  weil  er  den  heiligen  Julian  mit  dem 
blanken  Schwcrte  in  der  Hand  und  ohnc 
Scheide  an  der  Seite  dargestellt  batte,  was 
nach  der  Meinung  des  Pfarrers  ùbelgetan 
war,  da  es  also  scbien,  er  habe  eben  seine 
Eltern  umgebracht  und  sei  nodi  in  der  Wut 
und  habe  die  Tat  noch  nicht  bereut  und 
wolle  noch  mehr  Blut  vergieBen,  und  wenn 
ihn  der  Maler  so  bàtte  darstellen  wollen,  so 
bàtte  er  den  Heiligenschein  weglassen 
sollen,  da  er  damals  noch  kein  Heiliger  war, 
sondern  es  erst  durch  die  augenblickliche 
Reue  iiber  den  Elternmord  und  nachdem 
ihm  Gott  verziehen  batte,  geworden  war, 
weswegen  ihn  denn  der  Maler  entweder 
ohne  Schwert  oder  mit  dem  Schwerte  in 
der  umgegiirteten  Scheide  bàtte  darstellen 
sollen. 


^  Pappagallo  heiBt  sowohl  Papagei,  als  auch 
Hàhnefresser;  das  Wortspiel  muOte  im  Deutschen 
fallen. 

110 


Trotz  der  Schwierigkeit  des  Fallcs 
stellte  der  Pfarrer  die  Einigkeit  zwischen 
ihnen  wieder  her. 


GEgen  Ende  des  Monats  Februar  bc- 
schlossen  der  Pfarrer  Arlotto  und  ein 
Makler,  Piero  mit  Namen,  des  Ablasses 
halber  nach  Casentino  zu  reisen  und  die 
ganze  Karwoche  in  der  Einsiedelei  zu 
bleiben. 

Am  ersten  Abende  herbergten  sie  in  den 
Falle  (?)  bei  einem  Edelmanne,  Messer  Gio- 
vanni Boscoli  genannt,  der  sie  gern  bei  sich 
sah,  weil  er  mit  dem  Pfarrer  Arlotto  sehr 
befreundet  war. 

Nun  batte  der  Pfarrer  am  Abende  vor- 
her  dem  Makler  Pastinaken  zu  essen  ge- 
geben  und  der  Makler  batte  vor  ihnen  einen 
solchen  Ekel  bekommen,  daB  er  sich  vor- 
genommen  batte,  in  diesem  Jahre  keine 
mehr  zu  essen;  und  der  Pfarrer  batte 
Messer  Giovanni  gesagt,  er  solle,  wenn  es 
nur  irgendwie  angehe,  fiir  diesen  Abend 
nichts  andres  kochen  lassen  als  Pastinaken. 

Als  sie  sich  zur  Stunde  des  Abendessens 
zu  Tische  setzten,  sagte  Messer  Giovanni: 
„Pfarrer,  Ihr  wiBt,  daB  beute  Fasttag  ist, 
und  darum  w^erdet  Ihr  Enthaltsamkeit  iiben; 
Ihr  bekommt  sonst  nichts  als  Pastinaken." 
Die  batte  er  auf  mehrere  Arten  bereiten 


CXXVIII. 

Wie  des  Plarrert 

Reisegeselle, 

der  Makler  Piero, 

zu  jeder  Mahlzeit 

Pastinaken 

bekommt. 


Ili 


lassen,  und  er  legte  ihnen  reichlich  vor  und 
sagte:  „Wie  Ihr  wiBt,  ist  in  Florenz  ein 
Mangel  an  Fischen,  und  darum  werdet  Ihr 
nirgends  an  dieser  StraBc  etwas  andres  als 
Pastinaken  bekommen," 

Am  Morgen  brachcn  sie  auf  und  zu 
Mittag  aBen  sie  in  Borsegli;  und  wieder 
trug  der  Wirt  auf  Arlottos  GeheiB  nur 
Pastinaken  auf. 

Am  Abende  herbergten  sie  in  Stia  und 
bekamen  dieselbe  Speise;  sie  gingen  in  die 
Einsiedelei  und  bekamen  auch  dort  auf 
Anordnung  des  Pfarrers  nichts  andres  als 
Pastinaken,  und  hierauf  gingen  sie  nach 
Vernia,  um  einen  Abend  bei  den  BarfiiBern 
zu  bleiben,  und  die  setzten  ihnen  dieselbe 
Speise  vor. 

Da  brach  denn  der  ganze  Zorn  des  Mak- 
lers  los,  und  er  schrie  den  Menschen,  der 
sie  brachte,  an  und  sprang  voller  Wut  und 
Grimm  auf  und  lieB  sich  in  Gegenwart  der 
armen  Monche  die  Hosen  hinunter  mit  den 
Worten:  „Ich  will  keine  Pastinaken  mehr, 
zum  Teufel!  Steckt  sie  mir  in  den  Hintern, 
anders  kommen  sie  mir  nicht  in  den  Leib," 

Die  Monche,  die  von  dem  SpaBe  nichts 
wuBten,  glaubten,  er  sei  nàrrisch  geworden; 
als  ihnen  aber  der  Pfarrer  den  Possen  er- 
zàhltc,  hatten  sic  ihre  belle  Freude  daran  '. 

'  Der  SchluO  hier  nach  den  alten  Ausgaben. 
112 


A    N  einem  Samstag  vor  dem  Palmsonntag 


CXXIX. 

war  der  Pfarrer  Arlotto  in   Florenz     JJ^^i'fJi^'! 
und  Ser  Ventura,   Priester  einer  San  Lo-    giaubigen  Ser  Ven- 
renzokirche,  etwa  drei  Mcilen  wcit  von  der    tura  cine  màchiige 


Pfarre  Arlottos,  war  bei  ihm;  und  da  es 
schon  zu  Abend  gelàutet  batte  und  die 
Stadttore  geschlossen  waren,  sagte  Ser 
Ventura  zum  Pfarrer:  „0  web,  o  web!  da 
habt  Ihr  mich  zu  etwas  scbònem  verleitet! 
Icb  kann  nicbt  mebr  aus  Florenz  binaus 
und  morgen  wird  die  Passion  gesprocben 
und  werden  die  Olzweige  verteilt,  und  icb 
muB  sie  erst  pfliicken,  icb  elender!  Was 
tu  icb  nur?" 

Der  Pfarrer  sagte:  „Du  macbst  es  so  wie 
icb;  icb  bin  ja  in  derselben  Verlegenbeit. 
Morgen  stebst  du  in  aller  Friibe  auf  und 
gebst  nacb  Hause  und  liest  die  Messe,  und 
wenn  dann  die  ganze  Gemeinde  in  der 
Kircbe  ist,  gebst  du  mit  ibnen  binaus  und 
zu  dem  ersten  besten  Olbaume,  der  in  der 
Nàbe  stebt;  den  weibst  du  und  sagst  den 
Leuten,  sie  soUen  sicb  jeder  so  viel  Zweig- 
lein  pfliicken,  wie  sie  fiir  sicb  und  ibre 
ganze  Familie  woUen:  und  das  wird  ebenso 
gut  sein,  wie  wenn  du  sie  in  der  Kircbe  ge- 
weibt  bàttest." 

Ser  Ventura  tat  das  genau  so,  und  dar- 
ùber  lacbte  man  weit  und  breit  und  Ser 
Ventura  galt  allgemein  als  ein  ausgemacbter 
Narr;  und  der  Pfarrer  bekam  vom  Biscbof 


Dummheit 
einredet. 


Arlotto,  Schwanke  IL 


113 


cxxx. 

Wie  der  Pfarrer 
demselben  Ser  Ven- 
tura ein  Maultier 
entlockt. 


schwere  Vorwùrfe. 
Jugendzeit, 


Und  das  war  in  sciner 


E  Ines  Tages  kam  Ser  Ventura  zum 
Pfarrer  Arlotto  und  sagte:  „Ich  bin 
von  einem  meinigen  Vetter  betrogen  wor- 
den;  er  hat  mir  ein  ganz  vermaledeites 
Maultier  um  vierzig  Lire  und  fùnfzehn  Soldi 
verkauft  und  es  ist  keine  zwolf  Lire  wert. 
Ich  habe  es  auf  Borg  zu  verkaufen  versucht, 
aber  ich  versichere  Euch,  mit  knapper  Not 
bekàme  ich  sechzehn  Lire  dafiir;  ich  weiB 
nicht,  was  ich  tun  soli:  den  Sattel  kann  ich 
ihm  nicht  auflegen,  ohne  daB  mir  zwei  Ge- 
sellen  hùlfen,  und  zum  Aufsteigen  branche 
ich  wieder  zwei,  und  es  schlàgt  und  beifit; 
sonst  allerdings  ist  es  ausgezeichnet." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Hundertmal  habe 
ichs  Euch  schon  gesagt,  Ihr  soUt  nichts  tun 
ohne  mich;  bei  Euerer  Einfalt  betrùgt  Euch 
ein  jeder  aufier  mir.  Jetzt  wùBte  ich  Euch 
keinen  andern  Rat  zu  geben,  als  daB  Ihr 
trachten  soUt,  es  so  bald  wie  mòglich  los- 
zuwerden;  sonst  bringt  es  Euch  noch  um, 
und  das  ginge  mir  schr  nahe.  Gebt  es  um 
jeden  Preis  weg,  und  je  schneller,  desto 
lieber,  und  bedenkt,  daB  es  Euch,  wenn  Ihr 
es  zehn  Jahr  im  Hause  gehabt  habt  und 
darum  glaubt,  ihr  hàttet  es  zahm  gemacht, 
schlieBlich  doch  noch  erschlagen  wird. 

Und  damit  Ihr  seht,  daB  ich  die  Wahr- 


114 


heit  sage,  so  war  einmal  ein  gewisser  Scr 
Meo  Civichi  aus  Volterra,  der  hatte  ein 
schònes  Maulticr  von  klein  aufgezogen  und 
sich  immer  vor  ihm  in  acht  genommen. 
Endlich  wurde  es  hin  und  er  lieB  es  hàuten; 
das  Fell,  an  dem  der  Meister,  von  dera  es 
gehàutet  wordcn  war,  alle  vier  Hufe  samt 
den  Eisen  gelassen  hatte,  hàngte  er  liber 
cine  Stange. 

Nach  etwa  vierzehn  Tagen  kam  ein 
Hadernsammler  und  rief:  ,Wer  hat  Lumpen 
und  Hadern,  alte  Schuhe  und  Haute  zu 
verkaufen?' 

Ser  Meo  Civichi,  der  gemerkt  hatte,  daO 
die  Haut  zu  stinken  begann,  sagte  zu  dem 
Hadernsammler:  ,Willst  du  eine  Maultier- 
haut  kaufen?* 

Der  Hadernsammler  sagte:  ,Ja  freilich.* 

Ser  Meo  ging  hin  und  sagte:  ,Zuerst  hab 
ich  dir  die  Haut  vom  Leibe  gezogen  und  jetzt 
will  ich  auch  sie  mir  vom  Halse  schaffen.* 

Als  er  sie  aber  herabzog,  gab  ihm  eins 
von  den  Hufen  einen  Schlag  auf  den  Kopf 
und  verletzte  ihn  so  schwer,  dafi  er  binnen 
wenigen  Tagen  starb.  Vorher  aber  machte 
er  noch  ein  Testament,  das  die  Bestimmung 
enthielt,  seine  Sòhne  diirften  nie  Maultiere 
oder  Maulesel  im  Hause  haben,  weder 
lebendig,  noch  tot,  noch  anderswie,  und 
wenn  sie  dieser  Bestimmung  zuwiderhan- 
delten  und  auch  nur  ein  Stiick  Leder  im 

8*  115 


CXXXI. 

Wie  der  Pfarrer 

eine  Wette 

mit  eìnem  Gottes- 

gelehrten 

nnd  Philosophen 

gewinnt. 


Hause  hàtten,  so  sollten  sie  enterbt  sein 
und  seines  ganzen  Vermogens  verlustig 
gehn  und  Erbe  solle  das  Spittel  von  Santa 
Maria  Nuova  in  Florenz  sein. 

Da  seht  Ihr,  Ser  Ventura,  was  man  von 
den  Maultieren  zu  halten  hat," 

Ser  Ventura  bekam  eine  solche  Angst, 
daB  er  das  Maultier  dem  Pfarrer  schenkte 
und  sagte:  „Wenn  Ihr  es  zurùckweist,  so 
versichere  ich  Euch,  daB  ich  es  umbringe." 

So  gewann  der  Pfarrer  das  Maultier. 

AUf  der  Galeere,  wo  der  Pfarrer  war,  war 
auch  ein  gewisser  Meister  der  Gottes- 
gelehrtheit  und  Philosoph;  und  der  wollte 
bei  einem  Streite  mit  seiner  Philosophie  be- 
wàhren,  daB  in  den  Menschen  die  Erziehung 
mehr  vermòge  als  ihre  Natur,  und  sagte: 
„Pfarrer,  ich  werde  es  Euch,  von  den  Men- 
schen gar  nicht  zu  reden,  aber  an  den  ver- 
nunftlosen  Tieren  beweisen;  und  zwar  soUt 
Ihr  ein  Beispiel,  weil  auf  der  Galeere 
keine  andern  Ticre  sind,  an  den  Katzen 
schn." 

Der  Pfarrer  erriet  genau,  was  er  vor- 
hatte,  und  sie  wetteten  miteinander  um 
scchs  vollwichtigc  Dukaten  und  einigten 
sich,  die  Probe  in  zwei  Tagen  zu  machen. 

Unterdessen  war  der  Pfarrer  keineswegs 
mùBig,  sondern  stellte  zwei  Fallen  auf  und 
fing  auch  richtig  vier  Màuse;  und  das  tat  er 

116 


ganz  im  stillen,  so  daB  nicmand  etwas  davon 
merkte. 

Auf  der  Galeere  war  cin  Matrose,  der 
zwei  Katzen,  die  ihm  gehòrten,  so  gut  ab- 
gerichtet  hatte,  dafi  sic  mit  brcnnenden  Ker- 
zen  in  dcn  Pfoten  drei  oder  vier  Stunden 
lang  aufrecht  saBen,  ohne  sich  im  mindcsten 
zu  rùhren,  bis  er  ihnen  ein  gcwisses  Zeichen 
gab. 

An  dem  festgesetzten  Tage  gab  der 
Kapitàn  ein  pràchtiges  Abendessen,  und 
auBer  den  Offizieren,  dem  Pfarrer  und  dem 
Gottesgelehrten  fand  sich  auch  das  ganze 
Rudervolk  ein,  um  die  Probe  zu  sehn. 

Der  Gelehrte  lieB  den  Matrosen  kommen 
und  setzte  die  eine  Katze  mit  dem  Lichte 
in  den  Pfoten  an  das  obere  und  die  andere 
an  das  untere  Ende  des  Tisches.  Als  das 
der  Pfarrer  sah,  stand  er  auf  und  sagte,  er 
wolle  eine  Schachtel  mit  einem  ausgezeich- 
neten  Zuckerwerk  holen,  um  davon  der  Ge- 
sellschaft  anzubieten,  weil  er  nicht  als  ein 
ungeschliffener  und  undankbarer  Mensch 
gelten  wolle;  er  nahm  aber  die  vier  Màuse, 
die  er  Tags  zuvor  gefangen  hatte,  band  sie 
an  dem  Boden  der  Schachtel  fest,  legte  iiber 
sie  ein  Blatt  Papier  und  fùUte  dann  die 
Schachtel  mit  feinem  Zuckerwerk. 

Sie  hatten  schon  das  Fleisch  und  die 
andern  Hauptgerichte  gegessen,  und  noch 
immer  saBen  die  Katzen  mit  den  Lichtern 

117 


da,  ohne  sich  gerùhrt  zu  haben;  als  aber 
der  Pfarrer  die  Schachtel  mit  den  Màusen 
mitten  zwischen  zwei  andern  auf  den  Tisch 
legte,  kannte  man  den  Katzen,  kaum  daB 
sie  gesehn  hatten,  wie  sich  die  oberste 
Schicht  in  der  mittlern  Schachtel  ein  wenig 
bewegte,  auch  schon  ihre  Unruhe  an  und 
es  bàtte  wenig  gefehlt,  so  hatten  sie  die 
Lichter  fallen  lassen.  Aber  der  Matrose 
rief  sie  an  und  der  Gelehrte  sagte: 
„Pfarrer,  Ihr  habt  verloren;  die  Standhaf- 
tigkeit  der  Katzen  mu6  Euch  deutlich  ge- 
zeigt  haben,  daB  die  Erziehung  mehr  ver- 
mag  als  die  Natur." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Wenn  Ihr  gewonnen 
habt,  werdet  Ihr  das  Geld  einziehen;  aber 
noch  sind  wir  nicht  vom  Tische  aufgestan- 
den." 

Diese  Worte  batte  er  noch  nicht  aus- 
gcredet,  als  die  Katzen,  die  sich  nicht  mehr 
halten  konnten,  die  Kerzen  fallen  liefien, 
auf  die  Schachtel  losfuhrcn  und  die  Màuse 
packten,  wobei  sie  auf  dem  Tische  ein 
wùstes  Durcheinander  anrichteten  und  alle 
Humpen,  Flaschen  und  Glàser  mit  Wein 
und  Wasser  umwarfen;  und  sie  schleppten 
die  Màuse  samt  der  Schachtel  unter  die 
Warenballen. 

Der  Philosoph  gab  sich  besiegt  und  bc- 
zahlte  das  Essen  und  dem  Pfarrer  die  sechs 
Dukaten. 

118 


ZUr  Zeit  der  Vogelbeize  kamen  zum 
Pfarrer  Arlotto  vier  Jàgcr  mit  acht 
Dienern,  vier  Pferden,  vier  Sperbern  und 
sechzehn  Hunden  und  hiclten  sich  fiinf  Tage 
bei  ihm  auf. 

Dann  ritten  sie  nach  Florenz,  lieBen 
aber  die  Hunde  in  der  Obhut  des  Pfarrers, 
zu  dem  sie  sagten:  „Bitte,  sorgt  fùr  die 
Hunde  so,  wie  Ihr  fiir  uns  sorgen  wùrdet; 
wir  bleiben  zwei  Tage  in  Florenz,  dann 
kommen  wir  zuriick  und  bleiben  noch  vier 
Tage  bei  Euch." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Lafit  sie  nur  da;  ich 
werde  sie  halten,  wie  wenn  sie  mir  ge- 
hòrten." 

Dann  dachte  er  bei  sich  nach  und  sagte 
sich:  „Wie  undankbar  sind  doch  diese  Lente 
gegen  mich!  ihrer  sechsunddreiBig  Màuler 
sind  sie  mir  fùnf  Tage  auf  dem  Halse  ge- 
wesen  und  sind  ihrem  Vergniigen  nachge- 
gangen;  jetzt  reiten  sie  nach  Florenz,  und 
mir  lassen  sie  sechzehn  Hunde  da  und 
sagen,  daB  sie  noch  auf  etliche  Tage  wieder- 
kommen  wollen:  und  von  den  vierzig  Reb- 
hùhnern,  die  sie  erlegt  haben,  haben  sie  mir 
nicht  ein  einziges  Paar  gegònnt." 

Solange  sie  nun  abwesend  waren,  ging 
der  Pfarrer  alltàglich  zwei  oder  drei  Mal  zu 
den  Hunden,  um  ihnen  ihr  Futter  auf  fol- 
gende  Weise  zu  zeigen:  er  nahm  einen  Stock 
und  drei  oder  vier  Laibe  Brot,  ging  in  den 


CXXXIL 

Wie  der  Pfarrer 

die  Jagdhunde 

setner  Gàste 

futtert. 


119 


CXXXIU. 

Wie  der  Pfarrer 

einem  geplagfen 

Ehemanne  die  Ge- 

Bchichte  VOTI  der 

PilPerfahrt 

de»  òchuiters 

erzàhlt. 


Verschlag,  wo  sie  waren,  und  warf  ihnen 
das  Brot  mitten  hin;  wenn  sie  es  aber  neh- 
men  wollten,  gab  er  ihnen  Priigel,  Und 
das  tat  er  jeden  Tag  zwei  oder  drei  Mal. 

Nach  Verlauf  von  drei  Tagen  kamen  die 
Jàger  zurùck,  und  ihr  erster  Weg  war  zu 
den  Hunden;  und  sie  sagten  zum  Pfarrer: 
„Was  bedeutet  denn  das,  dafi  die  Hunde  so 
mager  sind?" 

Der  Pfarrer  sagte:  „Ich  weiB  nicht,  was 
sie  haben;  sie  fressen  kein  Brot  und  ich  bin 
baB  verwundert  dariiber." 

Und  er  ging  mit  ihnen  und  warf  den 
Hunden  etliche  Laibe  Brot  hin. 

Kaum  sahen  ihn  aber  die  Hunde  und 
horten  seine  Stimme,  so  verkrochen  sie  sich 
schleunigst  in  alle  Winkel,  und  als  sie  die 
Tur  offen  sahen,  nahmen  sie  ReiBaus  und 
die  Jàger  muBten  ihnen  nachlaufen,  um  sie 
einzufangen.  In  die  Pfarre  kamen  die 
Jàger  nicht  mehr  zuriick. 

IN  der  Gemeinde  des  Pfarrers  war  eincr 
mit  einer  Frau  verheiratet,  die,  von  ihm 
zu  geschweigen,  aber  auch  die  ganze  Nach- 
barschaft  quàlte;  sie  war  ein  niedertràch- 
tiges  Weibsbild  voller  Bosheit  und  tat 
immer  just  das  Gegenteil  von  dem,  was  ihr 
befohlen  worden  war. 

Der  Mann,  der  sich  nicht  mehr  zu  helfcn 
wuBte,  batte  dem  Pfarrer  schon  zu  often 

120 


Malen  sein  Unglìick  geklagt,  bis  dcr  end- 
lich,  von  Mitleid  erfaBt,  zu  ihm  sagte:  „Ich 
will  dir  eine  Geschichte  erzàhlen,  die  sich 
mit  einem  Freunde  von  mir,  einem  Schuster, 
begeben  hat,  dessert  Frau  ebenso  stòrrisch 
wie  deine  und  vielleicht  noch  stòrrischer 
war. 

In  seiner  Not  ging  er  beichten  und  den 
Beichtvater  dauerte  es,  was  er  von  seiner 
Frau  zu  leiden  batte,  und  er  sagte:  ,Wenn 
du  eine  Reise  unternehmen  kònntest,  so 
wiirde  ich  dir  ein  Mittel  geben,  sic  zu  ziich- 
tigen.' 

Und  wirklich  redete  er  ihm  ein,  er  mùsse 
nach  Apulien  ins  Gebirge  Sant'  Angelo 
gehn:  auf  dem  Berge  Gargano  werde 
er  nàmlich  einen  heiligen  Einsiedler  finden, 
und  mit  dem  solle  er  alles  besprechen  und 
ihm  eine  Generalbcichte  ablegen,  weil  der, 
wie  er  wisse,  wegen  seiner  unzàhligen  guten 
Werke  und  seiner  Fròmmigkeit  ein  Freund 
Gottes  sei;  und  wenn  er  ihm  gebeichtet  habe, 
werde  er  von  ihm  sicherlich  irgend  ein  tref f- 
liches  Mittel  gegen  die  Bosheit  seiner  Frau 
erhalten. 

Als  der  Schuster  von  seinem  Beicht- 
vater wegging,  hat  er  schon  an  dessen  Rat 
Gefallen  gefunden. 

Da  er  aber  gar  arm  war,  ging  er  zu  einem 
seinigen  Freunde,  der  schwerreich  war,  und 
besprach  mit  ihm  die  ganze  Sache  und  daB 

121 


er  durchaus  entschlossen  sei,  den  heiligen 
Einsicdler  aufzusuchen;  und  er  bat  ihn, 
ihm  um  der  Liebe  Gottes  willen  mit  etwas 
Geld  zu  helfen ,  auf  da6  er  diese  Reise 
unternehmen  kònne, 

Der  reiche  Herr  sprang  ihm  giitig  mit 
einigen  Dukaten  bei  und  sagte:  ,Du  weiBt, 
dafi  mir  mein  Vater,  der  jetzt  etwa  sechs 
Jahre  tot  ist,  ein  groBes,  vòllig  lastenfreies 
Vermògen  hinterlassen  hat;  und  nun  sehe 
ich  alle  Jahre,  daB  mein  Cut  nicht  wàchst, 
sondern  weniger  wird,  aber  auf  den  Grund, 
warum  das  geschieht,  kann  ich  nicht  kom- 
men:  ich  spiele  nicht,  ich  bin  kein  Schlem- 
mcr,  ich  baue  nicht,  ich  fùhre  keine  Rechts- 
hàndel  und  ich  bin  keinem  Laster  untertan, 
das  mich  zu  Ausgaben  verleitete,  und  nichts- 
destoweniger  geht  es  mit  mir  abwàrts. 
Wenn  du  diesem  heiligen  Einsiedler  zu 
FiiBen  liegst  und  ihm  deinen  Kummer  er- 
zàhlt  hast,  so  bitte  ich  dich,  sag  ihm  auch 
den  meinigen  und  ob  er  mir  ein  Mittel  da- 
gegen  weiB/ 

Der  Schuster  versprach,  diesen  Auftrag 
auszufùhren,  und  empfahl  sich. 

Zu  Hause  angelangt,  wollte  er  seiner 
Frau  die  Hand  reichen  und  sich  bei  ihr  mit 
der  Angabe,  er  gehc  zu  einem  Ablasse,  ver- 
abschieden.  Sie  aber,  die  ihm  stets  wider- 
sprach,  antwortete:  ,Geh  meinetwegen  und 
hoffcntlich    kommst    du    nimmer    wieder.' 

122 


Und   welter   fiihrte   sie   noch    eine   Menge 
hàmischer  und  gemeiner  Reden. 

Er  machte  sich  auf  und  zog  scine  Strafie 
und  kam  ins  Gebirge  Sant'  Angelo  und  auf 
den  Berg  Gargano;  und  er  beichtete  dem 
heiligen  Einsiedler  und  erzàhlte  ihm  die 
beiden  Angelegenheiten,  derentwegen  er 
gekommen  sei,  und  der  Einsiedler  antwor- 
tete  ihm  mit  den  Worten:  ,Deinem  reichen 
Freunde  sage,  daB  er  trachten  soli,  am 
Morgen  der  erste  im  Hause  aufzusein  und 
am  Abende  als  letzter  zu  Bette  zu  gehn, 
und  dafi  er  damit  fortfahren  soli,  ohne  auch 
nur  einmal  auszusetzen,  Wegen  der  Ge- 
schichte  mit  deiner  Frau,  so  nimm  auf  der 
Rùckreise  den  Weg  iiber  Manfredonia,  und 
da  wirst  du,  bevor  du  in  die  Stadt  kommst, 
eine  holzerne  Briicke  finden,  die  ùber  eine 
Pfùtze  fùhrt  und  die  die  Gànsebriicke  heiBt, 
und  sieh  zu,  daB  du  an  einem  Donnerstag 
friih  dort  bist  und  bleibe  bis  Mittag  und 
dann  zieh  deines  Weges.* 

Der  Schuster,  den  es  dàuchte,  daB 
diese  Mittel  nicht  viel  wert  seien,  beurlaubte 
sich  bei  dem  Einsiedler  und  machte  sich  auf 
die  Heimreise;  und  an  einem  Donnerstag 
kam  er  friih  zur  Gànsebriicke  und  er  blieb 
in  einem  Wirtshause  in  der  Nàhe. 

Um  die  dritte  Morgenstunde  kamen 
etliche  Herden  von  Kiihen  mit  den  Kàlbern 
hinter    sich;    die    soUten    am    Freitag    ge- 

123 


schlachtet  und  dann  in  Manfredonia  ver- 
kauft  werden. 

Und  bei  jeder  solchen  Herde  war  es  mit 
groBen  Schwierigkeiten  verbunden,  sie  ùber 
die  Brùcke  zu  bringen. 

Die  Hirten  hatten  scharfe  Stachel,  die 
an  etwa  vier  bis  fùnf  Ellen  langen  Schàften 
befestigt  waren,  und  damit  schlugen  sie  die 
Kiihe  iiber  die  Schenkel  und  den  Leib,  bis 
die  Haut  platzte  und  das  Blut  rann,  und 
so  brachten  sie  sie  mit  roher  Gewalt  hin- 
iiber;  und  das  geht  jeden  Donnerstag  so. 

Als  der  Schuster  so  die  Erfahrung 
machte,  daI3  die  Kiihe  von  den  Hirten  mit 
den  Stacheln  gezwungen  wurden,  liber  die 
Brùcke  zu  gehn,  sagte  er  sich:  ,Wahrlich, 
der  heilige  Einsiedler  hat  mir  gut  geraten; 
wenn  diese  Hirten  ihren  Kiihen  so  trefflich 
die  Widerspenstigkeit  austreiben,  um  wie 
viel  leichter  miiBte  ich  sie  meiner  Frau  ab- 
gewòhnenl*  Und  bevor  er  von  diesem  Orte 
schied,  kaufte  er  fiinf  solche  Stachel. 

Als  er  dann  nach  Florenz  und  nach 
Hause  kam,  glaubte  er,  daB  ihn  seine  Frau 
seiner  langen  Abwesenheit  halber  mit  Zàrt- 
lichkeit  empfangen  werde;  aber  statt  dessen 
sah  sie  ihn  scheel  an  und  erwiderte  seinen 
GruB  mit  einem  Schwall  von  grobenWorten. 

Nun  ging  er  scincn  Freund  besuchen  und 
erzàhlte  ihm  des  langen  und  breiten  seine 
ganzen  Reiseerlebnisse  und  den  Rat,  den 

124 


ihm  der  heilige  Einsiedlcr  gegeben  hatte. 
,Und  wegen  deiner  Angelegenheit,  hat  er 
mir  gesagt,  ich  soli  dir  sagen,  du  sollst  am 
Morgen  der  erste  aufsein  und  am  Abende 
als  letzter  zu  Bette  gehn.* 

Und  sie  wuBten  beide  nicht,  was  das  zu 
bedeuten  habe. 

Am  Abende  ging  der  Schuster  wieder 
nach  Hause  und  fragte  seine  Frau:  ,Hast 
du  das  Fleisch  gekocht,  das  ich  dir  gebracht 
habe?* 

Sie  verneinte  keifend. 

Er  afi  so  gut,  wie  er  konnte;  dann  be- 
festigte  er  einen  Stachel  an  einem  zwei 
Ellen  langen  Schafte  und  sagte  zur  Frau: 
,Geh  zu  Bett.' 

Sie  antwortete:  ,Ich  habe  keinen  Schlaf 
und  will  noch  nicht  schlaf en  gehn,' 

Ohne  noch  etwas  zu  sagen,  stieB  er  ihr 
den  Stachel  ein  paar  Mal  in  die  Schenkel, 
bis  sie,  von  Blut  iiberstròmt  und  schreiend, 
zu  Bette  ging. 

Am  Morgen  sagte  er  zu  ihr:  ,Steh  auf.' 

Sie  antwortete:  ,Du  hast  mich  umge- 
bracht,  ich  kann  nicht  aufstehn.' 

Als  sie  aber  sah,  dafi  er  um  den  Stachel 
griff,  sprang  sie  mit  beiden  FiiBen  aus  dem 
Bette,  Und  von  nun  an  war  sie  so  liebens- 
wiirdig  mit  ihm,  da6  er  den  Stachel  nicht 
mehr  anzuwenden  brauchte. 

Das  will  ich  dir  gesagt  haben,  damit  du 

125 


CXXXIV. 
Wie  der  Pfarrer 
zwischen  Valer, 
Sohn  und  Stief- 
multer  Frieden 
ttiftet. 


von  diesem  Schuster  lernst;  zùchtige  sie  mit 
dem  Stocke  oder  mit  so  einem  Stachel  von 
der  Gànsebriicke. 

Der  junge  Mann  blieb  am  Abende  auf 
und  da  sah  er,  wie  die  Magd  einen  Scheffel 
Mehl  und  der  Knecht  vier  Màrzkàse,  eine 
Fiasche  01  und  zwei  Flaschen  Wein  weg- 
nahmen  und  verbargen. 

Am  Morgen  stand  er  zu  guter  Stunde 
auf  und  da  sah  er,  daB  die  Magd  und  der 
Knecht  die  am  Abende  gestohlenen  Sachen, 
die  mehr  als  einen  Dukaten  wert  waren, 
wegschafften, 

Er  dachte  nach  und  sagte:  ,Der  heilige 
Einsiedler  hat  mir  einen  gutcn  Rat  ge- 
schickt.'  Und  er  erwarb  groBe  Reich- 
tiimer,  freilich  erst  als  er  das  Gesinde  weg- 
geschickt  und  gewechselt  hatte," 

IN  der  Nachbarschaft  des  Pfarrers  Arlotto 
lebte  ein  alter  Mann,  der  einen  einzigen 
Sohn  hatte,  einen  gar  stattlichen  und  kràf- 
tigen  Burschen  von  etwa  zwanzig  Jahren, 
und  dessen  Muttcr  war  vor  wenigen  Jahren 
gestorben;  er  hatte  dann  ein  hùbsches 
junges  Màdchen  zum  Weibe  genommen. 
Wie  es  nun  oft  zutrifft,  daB  die  Stiefkinder 
den  Stiefmuttern  verhaBt  sind,  so  zeigtc  es 
sìch  auch  hier,  daB  sich  der  Vater,  nachdem 
er  die  zweite  Frau  heimgefùhrt  hatte,  wenig 
mehr  um  seinen  Sohn  kiimmerte,  den  er  vcr- 


126 


wahrloste  und  in  diirftigen  Kleidcrn  gehn 
lieB. 

Eines  Tages  sagte  zu  dem  jungen  Manne 
einer  seiner  Gesellen:  ,,Es  ist  cine  Schande 
fiir  dich  und  deinen  Vater,  daB  er  dich  so 
herumlaufen  làBt;  ich  weiB  doch,  daB  er 
reich  ist  und  daB  er  dich,  ohne  daB  es  ihm 
weh  tate,  anders  kleiden  kònnte." 

Der  Bursche  sagte:  „Ich  glaube  nicht, 
daB  es  an  meinem  Vater  liegt;  schuld  daran 
ist  nur  diese  Hùndin,  meine  Stiefmutter." 

Da  sagte  sein  Gesell:  „Warum  umarmst 
du  sie  nicht?  Du  wirst  sehn,  wie  zàrtlich 
sie  dann  beide,  sie  und  dein  Vater,  mit  dir 
sein  werden  und  wie  sie  dich  kleiden  wer- 
den;  versuch  es  doch,  ob  es  dir  glùckt." 

Dieser  Rat  gefiel  ihm  gar  wohl,  und  weil 
ihm  der  Pfarrer  gut  freund  war,  teilte  er 
ihm  die  Sache  mit  und  das  Gespràch,  das 
er  mit  seinem  Gesellen  gehabt  batte,  und 
sagte:  „Pfarrer,  wenn  ichs  nicht  tue,  so 
werde  ich  immer  wie  ein  Vieh  leben;  was 
ratet  Ihr  mir?" 

Damals  war  der  Pfarrer  noch  Jung.  DaB 
er  sich  an  den  Rat  seines  Freundes  halten 
solle,  wollte  er  ihm  aber  doch  nicht  sagen, 
sondern  tadelte  ihn  heftig  und  sagte:  „Sei 
gescheit." 

Der  junge  Mann  verstand  ihn  und  ging 
heim,  und  am  nàchsten  Abende  ging  sein 
Vater  aufs  Dorf,  um  dort  liber  Nacht  zu 

127 


bleiben;  und  als  die  Frau  schlafen  ge- 
gangen  war,  trat  er  in  ihre  Kammer  und 
legte  sich  zu  ihr  ins  Bett. 

Zuerst  woUte  sie  Làrm  schlagen,  aber 
bald  warcn  sie  einig  geworden,  Und  von 
da  an  lieBen  sie  sichs  viele  andere  Nàchte 
und  oft  auch  bei  Tage  so  gut  geschelin,  wie 
in  dieser  Nacht. 

Nach  einigen  Tagen  sagte  die  Frau  eines 
Morgens  zu  ihrem  Manne:  „Warum  làBt  du 
denn  dem  Burschen  keinen  andem  Mantel 
machen  und  gibst  ihm  keine  andern  Kleider, 
damit  er  geht  wie  die  andern?  Wie  es  alien 
Stiefmuttern  geschieht,  so  geschieht  es  auch 
mir,  weil  die  Lente  meinen,  ich  sei  schuld 
daran,  daB  du  ihn  so  schlecht  hàltst;  aber 
Gott  sei  mein  Zeuge,  und  damit  auch  du 
weiBt,  daB  mir  das  gar  nicht  recht  ist,  so  bitte 
ich  dich  von  Herzen,  ihn  wie  einen  Sohn  zu 
halten:  er  ist  ja  ein  guter  Junge  und  ich 
kann  keinen  Dicnst  von  ihm  verlangen,  den 
er  mir  nicht  augenblicklich  tate." 

Die  Bitten  der  Frau  vermochten  so  viel, 
daB  der  junge  Mann  von  nun  an  trefflich 
gekleidet  und  gut  gehalten  wurde;  und  er 
war  nicht  undankbar  gegen  sie,  sondern  cr- 
quickte  sie  gar  sùB  und  das  zu  often  Malen, 

Als  er  seinen  Gesellen  wieder  traf,  sagte 
der:  „Du  hast  dich  also  an  meinen  Rat  ge- 
halten, eh?  Wohl  bekomms  dir,  daB  du 
jetzt  so  hùbsch  in  Ordnung  bist." 

128 


Wie  es  aber  der  Teufel  woUte,  fand  der 
Vater  eines  Tages  den  Sohn  auf  der  Frau; 
es  gab  einen  Hòllenlàrm  und  der  dauerte 
ein  paar  Tage  lang  und  man  hòrte  ihn  in 
der  ganzen  Nachbarschaft,  aber  niemand 
wuBte,  weswegen  sie  stritten, 

Sie  schrien  unaufhorlich  und  eines  Tages 
schrien  sie  so  arg,  dafi  viele  Nachbam  zu- 
sammenliefen  und  unter  ihnen  auch  der 
Pfarrer  Arlotto, 

Die  Nachbam  sagten:  „Sie  sind  ihrer 
nicht  mehr  als  drei  Lente  und  làrmen  alle 
Tage  miteinander." 

Der  Pfarrer  klopfte  an  die  Tur;  darauf- 
hin  kamen  der  Vater  und  der  Sohn  herunter, 
und  sie  schmàlten  mitcinander  in  einer 
Weise,  dafi  es  schien,  als  bàtte  jeder  recht. 

Der  Pfarrer  sagte:  „Was  habt  ihr  denn, 
daB  ihr  schon  eine  Zeitlang  nichts  sonst  tut 
als  schreien?" 

Der  Vater  anwortete:  „Mein  lieber 
Pfarrer,  wenn  Ihr  es  wiiBtet,  so  wùrdet  Ihr 
sagen,  dafi  ich  recht  habe;  aber  ich  kanns 
Euch  nicht  sagen." 

Aber  der  junge  Mann  sagte:  „So  will 
ichs  Euch  sagen:  mein  Vater  hat  meine 
Mutter,  solange  sie  am  Leben  war,  wohl 
tausend  Mal  umarmt;  und  weil  ich  meine 
Stiefmutter  da  nur  ein  paar  Mal  umarmt 
habe,  bringt  er  alle  Tage  die  ganze  Nach- 
barschaft in  Aufruhr." 


Arlotto,  Schwànke  II. 


129 


cxxxv. 

Wie  sich  der 

Pfarrer  amsonst  ans 

Land  tragen  làBt 

und  dem  Tràger 

die  Geschichte  vom 

heiligen  Christo- 

phorus  erzàhlt. 


Der  Pfarrer  Arlotto  sagte:  „Macht 
welter  keinen  Làrm  mehr:  wenn  eins  das 
andere  umarmt,  so  ist  das  doch  nichts 
andres  als  Nàchstenliebe;  vertragt  euch  mit- 
einander  und  streitet  nicht  mehr,  damit  es 
niemand  merkt,  was  bei  euch  vorgeht,  und 
trachtet  in  Zukunft  gescheit  zu  sein." 

IN  Sluis,  in  dem  Hafen  von  Briigge,  der 
pràchtigen,  reichen  Handelsstadt,  ist  das 
Wasser  so  seicht,  da6  es,  von  den  grofien 
Schiffen  gar  nicht  zu  redcn,  aber  auch  mit 
kleinen  Booten  nicht  mòglich  ist,  das  Ufer 
zu  erreichen;  darum  ist  es  notwendig,  daU 
immer  zahllose  Leute  dort  sind,  die  die 
Menschen  und  die  Waren  ans  Land  tragen, 
und  man  findet  auch  immer  ihrer  sehr  viele 
und  alle  haben  hohe  Stiefel  an. 

Zu  einem  solchen  Tràger  sagte  nun  der 
Pfarrer  Arlotto  einmal,  nachdem  ihn  der 
vpm  Lande  an  Bord  getragen  batte:  „Du 
darfst  von  mir  keinen  Lohn  verlangen;  denn 
der  heilige  Christophorus  trug  die  Leute 
und  setzte  sie  iiber  den  FluB  aus  Liebe  zu 
Jesus  Christus  und  nahm  von  niemand  Geld 
oder  sonst  etwas  und  wurde  einer  solchen 
Guade  teilhaftig,  dafi  er  Jesum  Christum 
selber  tragen  durfte  und  ihm  so  lieb  wurde, 
daB  er  das  Himmelreich  gewann.  Nun  bc- 
denke,  was  du  beute  gewonnen  hast,  wo  du 
den  Herrgott  getragen  hast  und  mich?  ich 

130 


habe  ihn   ja   im  Lcibc,   weil   ich   erst   vor 
kurzem  Messe  gelesen  habe." 

DEr  Pfarrer  batte  in  der  Stadt  einen 
ungeschliffenen  Menschen  zum  Nach- 
bar,  der  keinen  Tag  vergehn  lieB,  ohne  von 
ihm  Geld  oder  Kleidungsstùcke  und  manch- 
mal  auch  Hausgeràt  zu  borgen. 

Das  ging  so  Tag  und  Nacht  und  nahm 
nie  ein  Ende,  weil  der  Mensch  wufite,  daB 
der  Pfarrer  von  einer  unendlichen  Giite  war 
und  daB  er  ihm  nie  widersprach  oder  etwas 
abschlug, 

Eines  Tages  aber,  als  er  zu  ihm  um  ein 
Paar  Hosen  schickte,  wurde  es  dem  Pfarrer 
doch  zu  dumm  und  er  verweigerte  sie  ihm 
mit  den  Worten;  „Ich  glaube,  daB  ich  ihm 
nàchstens,  wann  er  scheiBen  will,  auch  noch 
den  Hintern  werde  borgen  sollen." 

AUf  seiner  Wanderschaft  durch  unsere 
Flecken  und  Dòrfer  kam  ein  Ver- 
schneider  auch  in  die  Gemeinde  des  Pfarrers 
Arlotto. 

Da  sagte  der  Pfarrer  zu  einem  seinigen 
Fronbauer:  „Martino,  ich  bore,  daB  dieser 
Arzt  hiibsche  Heilungen  aufzuweisen  hat: 
warum  làBt  du  deinen  Knaben  nicht  ver- 
schneiden  ^  ?" 

1  Wie  aus  dieser  Geschichte  und  der  folgenden 
hervorzugehn  scheint,  dùrfte  es  sich  um  eine  eigen- 

9*  131 


CXXXVI. 

Wie  der  Pfarrer 
einem  làstigen 
Nachbar  eine 

scharfe  Antwort 
gegeben  hat. 


CXXXVII. 

Wie  der  Pfarrer 

einen   seiner 

Bauern 

verschneiden    làBt. 


CXXXVIII. 

Wie  der  Pfarrer 

noch  einen 

armen  Jungen 

von  demselben 

Verschneider 

heilen  làBt. 


Martino  antwortetc:  „Weil  es  mir  un- 
moglich  ist,  den  Meister  ins  Haus  zu  nehmen 
und  ihn  zu  bezahlen;  Ihr  wiBt,  daB  es  mir 
an  Brot  mangelt." 

Der  Pfarrer  sagte;  ,Jch  habe  unrecht: 
du  brauchst  Hilfe  und  darum  schicke  ihn 
zu  mir." 

Als  der  kranke  Knabc  gekommen  war, 
lieB  er  den  Arzt  holen;  der  Knabe  mufite 
sich  in  das  Bett  des  Meiers  legen  und 
der  Arzt  verschnitt  ihn  und  nahm  ihm  einen 
Hoden  heraus  und  behandelte  ihn  sorg- 
fàltig.  Und  der  Pfarrer  zahlte  etwa  einen 
Monat  lang  die  Kosten  fiir  den  Arzt  und 
dessen  Gehilfen,  fìir  ihre  Reittiere,  fiir  den 
Kranken  und  fùr  die  Arzneien. 

Als  der  Arzt  diese  Mildtàtigkeit  des 
Pfarrers  sah,  nahm  er  von  den  vier  Dukaten, 
die  er  der  getroffenen  Abmachung  gemàfi 
bekommen  solite,  nur  zwei  und  lieB  die 
andern  zwei  fùr  die  Armen, 

DEr  Pfarrer  Arlotto  kam  nach  Florenz 
und  sprach  in  der  Werkstatt  des  Huf- 
schmieds  Mariano  von  ungefàhr  von  diesem 
Arzte  und  wie  er  ein  gar  tùchtiger  Meister 
sei;  da  sagte  ein  j unger  Mensch,  den  der 


tQmliche  Krankheit  handeln,  die  auf  diese  Weise 
([eheilt  wurde,  Vgl.  dazu  die  Widmung  und  den 
Anfang  der  30.  Novelle  im  III.  Teile  der  Novella 
Bandellos. 

132 


Hufschmied  im  Hausc  hatte,  zu  ihm: 
„Pfarrcr,  auch  ich  wiirde  ihn  notwendig 
brauchen,  weil  ich  auf  einer  Seite  einen 
schweren  Schaden  habe;  ich  kann  aber 
nicht,  weil  mein  ganzer  Lohn,  den  ich  von 
Mariano  bekomme,  nur  sechzig  Lire  im 
Jahre  ausmacht,  wovon  ich  meinen  Lebens- 
unterhalt,  meine  Schuhe  und  meine  Kleider 
bestreiten  mu6." 

Von  Mitleid  bewegt,  lieB  der  Pfarrer 
auch  ihn  in  sein  Hans  kommen  und  lieO  ihn 
wie  den  andern  auf  seine  Kosten  heilen. 


EInem  Baucr  lief  in  Florenz  ein  schoncr 
Hund  zu;  er  ging  zum  Pfarrer,  erzàhlte 
es  ihm  und  sagte:  „Ihr  miifit  mir  einen 
schònen  Namen  fiir  ihn  geben." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Was  fiir  einen 
Namen  soli  ich  ihm  denn  geben?  Wenn 
ihr  mir  die  Kinder  zur  Taufe  bringt,  so  sagt 
ja  auch  ihr  mir  die  Namen  an,  die  ich  ihnen 
zu  geben  habe." 

Trotzdem  lieB  ihn  der  Bauer  mit  dieser 
Zumutung  nicht  in  Ruhe,  und  dadurch  wurde 
er  ihm  schliefilich  so  widerwàrtig,  daB  er 
zornig  sagte:  ,,Nenne  ihn  BlutschiB,  und  den 
wiinsche  ich  dir;  jetzt  ists  euch  schon  nicht 
mehr  genug,  daB  ich  auf  die  Namen  taufe, 
die  ihr  wollt,  nein,  ihr  wollt,  daB  ich  auch 
noch  euern  Hunden  Namen  geben  soli." 


CXXXIX. 
Wie  der  Pfarrer 
einen   Bauernhand 

getauft  hat. 


133 


CXL 
Was  der  Pfarrer 

im 
Wirtshanse  fat. 


DEr  Pfarrer  war  mit  zweien  seiner  Ge- 
sellen  im  Wirtshause,  um  zu  zechen; 
der  eine  war  der  Kalfaterer  Mcister  An- 
tonio und  der  andere  der  Gewùrzkràmer 
Francesco  di  Manette. 

Da  kam  ein  Freund  von  ihnen  dazu  und 
sagte:  „Was  macht  Ihr  denn  im  Wirtshause, 
Pfarrer?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Ich  bewàhrc 
die  Worte  Christi,  die  da  lauten:  In  ore 
duum  vel  trium  stat  omne  verbum;  du  siehst 
ja,  es  sind  nicht  mehr  als  zwei  bei  mir. 
Und  ich  balte  mich  an  das,  was  der  heilige 
Paulus  durch  die  ganze  Heilige  Schrift 
ruf  t,  und  das  ist  nichts  andres  als  :  Liebe  ^ 
Nimm  zur  Kenntnis,  daB  uns  nicht  die 
Schwelgerei,  sondern  die  Nàchstenliebe  her- 
gefùhrt  hat,  und  daB  ich  dem  Gebote  meines 
Vaters  gehorche,  der  mir  neben  andern  Vor- 
schriften  und  Geboten  auch  die  Ermahnung 
crteilt  hat,  daB  ich  mit  MaB  leben  soli;  und 
dicser  Humpen  hat  sein  MaB  und  dicses 
Brot  hat  genau  neun  Unzen.  Und  darum 
tue  ich  nichts  bòses." 


CXLI. 
Wat  der  Pfarrer 

einem  Crei» 

antworten   lieO, 

der  $ich  am  Tage 

vor  Meinem  Toae 


E  In  vornehmer  Ritter,  der  iiber  fiinfund- 
siebzig  Jahre  alt  war,  batte  gehort, 
daB  der  Pfarrer  plòtzlich  von  einer  jàhen 
Krankheit  bef alien  worden  war;  da  schickte 
er  —  es  war  gerade  der  Tag  vor  dem  Todc 


*■  carità;  far  carità  heiOt  aber  auch  zechen. 


134 


des  Pfarrcrs  —  einen  Boten  zu  ihm,  wie 
ich  glaube,  weniger  aus  Teilnahme,  sondem 
mit  irgendcinem  Hintergedanken.  Obwohl 
sich  der  Pfarrer  schlecht  genug  befand, 
durchschaute  er  doch  vòllig  den  Zwcck, 
wozu  das  gcschah. 

Als  der  Abgesandte  nach  dem  schul- 
digen  GruBe  die  Botschaft,  die  viele  An- 
erbietungen  enthielt,  ausgerichtet  batte,  gab 
ihm  der  Pfarrer  trotz  seinem  Unwillen 
folgende  Antwort:  „Sag  deinem  erlauchten 
Herrn,  daB  ich  ihm  danken  lasse  und  daB 
ich  nur  wenige  Worte  fiir  ihn  habe,  weil 
meine  Abreise  dràngt;  er  richtet  seinBùndel 
her  und  ich  habe  meines  schon  schier  zu- 
geschniirt,  und  ich  weiB,  daB  er  mir  bald 
nachkommen  wird." 

Am  nàchsten  Morgen  schied  unser 
Pfarrer  aus  diesem  elenden  Leben  und  ein 
paar  Menate  spàter  folgte  ihm  der  Ritter. 


V 


Or  seinem  Tode  lieB  der  Pfarrer  zwei 


um  ietti 

Befinden  er- 

kundigte. 


CXUl. 


Gràber  bereiten,   eins   in   der   Kirche  ^"////"a^'^*"'" 


seiner  Pfarre  und  eins  im  Priesterspittel  zu 
Florenz;  und  so  wie  er  in  seinem  Leben  mit 
seinem  Cute  gar  freigebig  war  gegen  jeden, 
der  ihn  kannte,  so  zeigte  er  sich  auch  im  Tode 
als  ein  Mann  voli  hòchster  Nàchstenliebe. 

Von  der  Inschrift,  die  er  fiir  das  Grab- 
mal  in  seiner  Pfarre  gemacht  hat,  weiB  ich 
nichts,  weil  ich  nach  der  Zeit,  wo  er  sie 


fùr  sein  Grabmal 
verfertigt   hat. 


135 


CXLIII. 

Wie  es  der  Pfarrer 

anstellte, 

um  keinen  Zoll 

bezahlen 

zu  mussen. 


gemacht  hat,  nicht  mehr  dort  war;  aber  auf 
dem  Grabmal  in  Florenz  lieB  er  diese  Worte 
in  italiànischer  Sprache  anbringcn: 

QVESTA  SEPVLTVRA  A 
FATTO  FARE  EL  PIOVANO  ARLOTTO 

PER  SE  E  PER  TVTTE  QVELLE 

PERSONE  LE  QVALI  VI  VOLESSINO 

DENTRO  ENTRARE.  ' 


U: 


le  florentinischen  Galceren,  auf  deren 
einer  der  Pfarrer  war,  lagen  im  Hafen 
von  Sluis  und  sollten  die  Heimfahrt  nach 
Florenz  antreten;  da  kam,  wie  immer,  ein 
Wàchter  oder  Beamter  des  Herzogs  von 
Burgund,  der  nachzusehn  batte,  ob  sich 
nicht  geschmuggelte  Waren  an  Bord  be- 
f ànden.  Da  nun  der  Pfarrer  etliche  Klumpcn 
Zinn  und  einige  Ballen  Leinwand  und  Tuch, 
ohne  den  Zoll  bezahlt  zu  haben,  in  der 
Hinterkajùte  liegen  batte,  eilte  er,  als  er 
hòrtc,  dafi  der  ZoUwàchter  bei  der  Unter- 
suchung  zu  seiner  Galeere  kam,  augenblick- 
lìch  hinunter,  benetzte  sich  das  Gesicht  mit 
etwas  Safranwasscr,  wickelte  sich  bis  ùbcr 
den  Kopf  in  seinen  Mantel  und  legte  sich 
nieder.    Dann  begann  er  laut  zu  jammem, 


'  Dieses  Grab  hat  der  Pfarrer  Arlotto  machen 
lassen  fiir  sich  und  fùr  alle,  die  darein  ein^ehn 
wollen. 


136 


bis  der  Wàchter  kam  und  ihn,  weil  er  ihn 
so  laut  klagen  hòrte,  fragte:  „Was  habt  Ihr 
derni,  Herr?" 

Ganz  traurig  antwortete  der  Pfarrer: 
„0  weh,  o  weh,  ich  habe  ein  schweres  Fiebcr 
und  ich  mòchte  einen  Barbier  oder  einen 
Arzt,  damit  er  mir  eine  Beule  aufschneidet, 
die  ich  am  Oberschenkel  habe," 

Da  der  Wàchter  glaubte,  er  sei  von  der 
Pest  befallen,  suchte  er  w.eder  in  der  Ka- 
jùte,  noch  anderswo,  sondern  machte,  daQ 
er  weiterkam,  und  es  schien  ihm  eine  Ewig- 
keit,  bis  er  die  Galeere  verlassen  batte; 
und  auf  diese  Weise  brachte  der  Pfarrer 
nicht  nur  seine  Sachen,  sondern  auch  die 
vieler  anderer  davon,  ohne  dafi  sie  einen 
ZoU  dafiir  gezahlt  hàtten. 

IN  zwei  Geschichten  habe  ich  dir  erzàhlt, 
wie  der  Pfarrer  Arlotto  nicht  nur  von 
Bartolommeo  Sassetti,  sondern  auch  von 
jenem  englischen  Geiste  und  Spiegel  der 
Heiligkeit,  dem  ehrwiirdigen  Erzbischof  von 
Florenz  Bruder  Antonino  wegen  seines 
Wirtshausgehns  getadelt  worden  ist;  der 
Erzbischof  hat  ihn  aber  noch  ein  andres 
Mal  deshalb  getadelt,  und  davon  erzàhlt 
man  diese  Geschichte: 

Eines  Tages  schicktc  er  um  ihn  und 
einer  seiner  Diener  suchte  ihn  in  ganz 
Florenz;  er  kam  aber  ohne  ihn  zuriick  und 


CXUV. 

Wie  der  Pfarrer 

eine  Zeitlang 

Gasi  des  Erz- 

bischofs  Antonino 

war  und  wie  er  sich 

dessen 

Gastfreundschaft 

verscherzt  hat. 


137 


sagte  dem  Erzbischof,  da6  er  ihn  nirgends 
gefunden  habe. 

Als  der  Koch  des  Erzbischofs  hortc,  daB 
der  Pfarrer  verlangt  wurde,  sagte  er: 
„Gnàdiger  Hcrr,  ich  habe  ihn  eben  mit 
einigen  rechtschaffenen  Leuten  im  Wirts- 
hause  sitzen  sehn." 

Der  Diener  wurde  noch  einmal  weg- 
geschickt  und  diesmal  kam  der  Pfarrer; 
und  der  Erzbischof  sagte  zu  ihm:  „Ich  bin 
hòchlich  erstaunt,  daB  du  dein  Wirtshaus- 
gehn  noch  immer  nicht  aufgegeben  hast." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Wann  Euerc 
Herrlichkeit  das  Essen  und  Trinken  auf- 
geben  werden,  dann  werde  ich  das  Wirts- 
hausgehn  aufgeben:  ich  habe  Euch  ja  schon 
zu  mehrern  Malen  gesagt,  daB  ich  nicht  des 
Schlcmmens  halber  hingehe,  sondern  aus 
Nàchstenliebe  und  um  meiner  Kirche  etwas 
gutes  zu  tun,  weil  ich  dabei  Ersparungen 
mache;  ich  brauche  Euch  auch  jetzt  nicht 
mehr  zu  erwidern,  weil  ich  es  schon  einmal 
mit  triftigen  Griinden  bewiesen  habe,  daB 
ich  keinen  Fehler  begehe.  Wenn  Ihr  aber 
durchaus  wollt,  daB  ich  nicht  mehr  hingehe, 
so  gebt  den  Auftrag,  daB  man  mich  in 
Euerm  Hause  mit  der  gleichen  Freundlich- 
kcit  empfange,  wie  es  im  Wirtshause  ge- 
schieht,  und  daB  ich  mich  hier  ebenso  unge- 
zwungen  benehmen  darf  wie  dort." 

Der  Erzbischof  sagte:   „Mir  ists  rccht, 

138 


jcdoch  unter  der  Bedingung,  dafi  du  nicht 
mehr  dorthin  gehst." 

Dieses  Versprechen  gab  ihm  der  Pfarrer 
und  der  Erzbischof  machtc  seinen  Haushof- 
meister  und  seinen  Speisemeister  dafiir 
verantwortlich,  daB  der  Pfarrer  mit  dem 
groBten  Entgegenkommen  aufgenommen 
werde. 

Als  der  Pfarrer  die  Tischglocke  làuten 
horte,  kam  er  mit  vier  Gesellen  und  sctzte 
sich  mit  ihnen  an  den  Tisch  der  Leute  des 
Erzbischof s;  und  als  sie  gegessen  hatten, 
gingen  sie  weg,  Zum  Abendmahle  kam  er 
mit  denselben  Gesellen,  und  als  sic  gegessen 
hatten,  gingen  sie  weg. 

Der  Pfarrer  begab  sich  auf  seine  Pfarre 
und  verrichtete  dort  vier  Tage  seine  Ge- 
schàfte. 

Dann  kam  er  wieder  nach  Florenz,  und 
um  die  Essensstunde  ging  er  mit  fiinf 
Bauern  ins  Haus  des  Erzbischofs  und  setzte 
sich  mit  ihnen  zu  Tische. 

Als  das  der  Haushofmeister  und  die 
Dienerschaft  sahen,  begannen  sie  iibcr  den 
Pfarrer  zu  murren, 

Am  nàchsten  Tage  kam  er  wieder  zum 
Essen  und  zwar  mit  acht  Gesellen;  als  sic 
abcr  gegessen  hatten,  lieB  der  Erzbischof 
den  Pfarrer  rufen  und  sagte  ihm,  daB  er 
kein  Wirtshaus  balte  und  daB  das  nicht 
wohl  getan  sei. 

139 


DcrPfarrer  antwortete:  „Gnàdiger  Herr, 
Ihr  begeht  gleich  etliche  Fehler  auf  cinmal: 
mir  macht  Ihr  Schaden,  weil  ich  dann  und 
wann  zwei  oder  drei  Stunden  auf  Euere 
Leute  warten  muB,  sowohl  mittags,  als  auch 
abends,  und  also  vici  Zeit  verliere;  Ihr  scha- 
det  aber  auch  Euch  selber,  weil  Euch  meine 
Gesellen,  die  mit  mir  kommen,  Auslagen 
verursachen,  wàhrend  sonst  sie  mich  ins 
Wirtshaus  mitnehmen  und  fiir  mich  bezah- 
len  wùrden:  das  sind  sie  so  gewohnt  und 
ich  wei6,  daB  ich  damit  weder  den  Herr- 
gott,  noch  jemand  andern  krànke." 

Der  Erzbischof  sagte:  „Geh  kùnftig 
nach  deiner  Weise  ins  Wirtshaus ,  sooft 
es  dir  beliebt,  und  kommc  nicht  mchr 
her;  ich  will  dir  auch  keine  Vorwiirfe  mehr 
machen." 


CXLV. 

Wie  der  Pfarrer 

fiir  seine 

Bereiwilligkeit,    die 

Umlagen  zu  he- 

zahlen,  einen  Nach- 

laB  erhàlt. 


Die  Stadt  Florenz  brauchte  Geld,  um 
einen  gerechten  Krieg  zum  Heile  des 
Vaterlands  zu  fuhren  und  auch  um  das 
Eigentum  der  Geistlichen  und  der  Biirgcr 
vor  Verwùstung  durch  Freund  und  Feind 
zu  schùtzen;  und  wegen  der  groBen  Be- 
tràge,  die  dazu  nòtig  waren,  wàhlte  man 
neben  den  Beamten,  die  die  Bùrger  schatz- 
ten,  noch  fùnf  Mànner,  die  den  Geistlichen 
eine  hùbsche  Summe  auflegen  sollten,  und 
Beamte  der  Priesteranleihe  genannt  wur- 

140 


den*.  Diese  Beamten  ludcn  alsbald  alle 
Geistlichen,  die  einen  unbewcglichen  Besitz 
hatten,  fùr  verschiedene  Tage  vor;  aber  die 
Geistlichen  wehrten  sich,  was  sie  nur  konn- 
ten,  und  fùhrten  die  vielen  Verluste  an,  die 
sie  durch  Unwetter,  Austrocknen  der  Fliisse 
und  schlechte  Ernten  gehabt  hatten. 

Auch  der  Pfarrer  Arlotto  ging  hin,  und 
die  Beamten  empfingen  ihn  liebenswùrdig 
und  fragten  ihn:  ..Nun,  lieber,  guter  Pfarrer, 
sagt  uns,  wie  viel  Geld  Ihr  habt;  Ihr  seht, 
dafi  wir  Geld  brauchen  und  nicht  wenig." 

Er  antwortete:  „Ich  mòchte  Euch  zu  die- 
sem  Gegenstande  eine  Geschichte  erzàhlen. 

Ich  sah  einmal  in  dieser  beriihmten, 
groBen  Kirche  von  Santa  Maria  del  Fiore 
eine  Gesellschaft  von  tuchtigen  und  recht- 
schaffenen  Mànnern.  Und  obwohl  ich  ein 
grobschròtiger  Mensch  von  langsamer  Auf- 
fassung  bin,  habe  ich  doch  tùchtige  Mànner 
immer  geliebt,  und  wenn  ich  einmal  einen 
in  einer  Notlage  sah,  so  habe  ich  ihm  stets 
nach  meinen  schwachen  Kràften  geholfen. 


1  Uftizìali  dell'accatto  de  preti.  Diese  accatti, 
die  man  wohl  am  besten  mit  .Zwangsanleihen' 
ùbersetzen  kònnte,  wurden  richtig  zurùckgezahlt; 
die  Leute  erhielten  fùr  die  Summen,  die  sie  ent- 
richteten,  und  fùr  die  Zinsen  Anweisungen  auf 
òffentliche  Einkùnfte,  die  nach  einer  gewissen  Zeit 
honoriert  werden  muBten  (Varchi,  Storia  fiorentina, 
XIV,  21,  zit.  Ausg.  S.  363). 

141 


Ich  trai  also  nàher  hin  zu  dicser  Gesell- 
schaft,  die  aus  drci  Domherren  und  etlichen 
Edelleuten  bestand;  untcr  andern  war  auch 
der  ausgezcichnete  und  berùhmte  Rechts- 
gclehrte  Mcsser  Paolo  da  Castro  ^  dabei. 

Wàhrend  ich  ihren  Gespràchen  zuhorte, 
kam  die  Zeitung,  daB  der  Pfarrer  von  Santa 
Maria  Impruneta  gestorben  war  und  sieben- 
tausend  Golddukaten,  einen  halben  Scheffel 
Dickgroschen  und  ebenso  viel  alte  pisanische 
Quattrini  hinterlassen  batte. 

Als  Messer  Paolo  diese  Zeitung  gehort 
batte,  tadelte  er  den  Toten  heftig  und  sagte: 
,Ein  Geistlicher  kann  in  der  Welt  kein 
schàndlichers,  jàmmerlichers  und  nieder- 
tràchtigers  Andenken  zuriicklassen ,  als 
wenn  er  eine  solche  Summe  Geldes  hinter- 
làBt.*  Und  dazu  fiihrte  er  viele  Griinde 
und  Gesetze  an  und  berief  sich  auf  viele 
Stellen  aus  der  Heiligen  Schrift. 

Ich  merkte  mir  genau  alle  seine  Wortc 
und  Bewàhrungen  und  behielt  sie  immcr 
im   Gedàchtnis;    und   aus    diesem   Grunde 

*  Paolo  von  Castro  ist  der  berùhmte  Rechts- 
gelehrte  und  Verfasser  des  Statuto  fiorentino  (1415). 
Er  war  Professor  an  den  Hochschulen  von  Florenz, 
Siena,  Bologna  und  Perugia;  schlieOlich  wurde  er 
auch  nach  Padua  berufen,  wo  er  vor  1436  nach 
einer  gesamten  Lehrtàtigkeit  von  45  Jahren  ge- 
storben ist.  Auf  ihn  bezieht  sich  der  oft  zitierte 
Satz  Si  Bartolua  non  luisset,  eius  locum  Paula» 
tenuiaget. 

142 


( 


habe  ich  es  immer  vermicden,  Geld  anzu- 
hàufen. 

Es  sind  mehr  als  fiinfzig  Jahre  ver- 
gangen,  seitdem  ich  meine  Pfarre  erhalten 
habe,  und  ich  versicherc  Euch,  dafi  ich  noch 
nie  mehr  als  zehn  Dukaten  in  meincr  Spar- 
biichse  gefunden  habe;  und  dabei  habe  ich 
mein  Korn  stets  verkauft  und  verbraucht, 
bevor  es  geerntet  war. 

Allwege  aber  beriicksichtigt  das  nicht; 
denn  ich  bin  mit  der  Absicht  gekommen, 
Euch  in  allem  zu  gehorchen  und  jede  Auf- 
lage,  die  Ihr  mir  auflegt,  zu  bezahlen,  und 
finde  ich  sonst  kein  Mittel,  so  werde  ich 
mein  ganzes  bewcgliches  Gut  verkaufen, 
um  meinem  Vaterlande  zu  helfen.  Darum 
legt  mir  auf,  was  Euch  bedùnkt." 

Als  die  Beamten  sahen,  wie  gùtig  und 
willfàhrig  der  Pfarrer  sprach  und  wie  frei- 
miitig  er  sich  darbot,  sagten  sie:  „Wir 
wollen,  da6  Ihr  selber  nach  Euerm  Be- 
dùnken  die  kleine  Summe  bestimmt,  die  Ihr 
ohne  allzu  groBe  Beschwerlichkeit  zahlen 
kònnt." 

Der  Pfarrer  aber  wollte  das  nicht  an- 
nehmen  und  unterwarf  sich  ihrer  Einsicht; 
und  sie  legten  ihm  acht  Dukaten  auf  mit 
der  Bemerkung,  dafi  er  diese  Summe,  wenn 
er  damit  nicht  zufrieden  sei ,  verringem 
solle,  um  wie  viel  ihm  beliebe. 

Der  Pfarrer  antwortete  ihnen:   „Wenn 

143 


CXLVI. 
Wie  der  Pfarrer 

auch  bei  einer 

zweìien   Anleihe 

mit  einem 

blauen  Auge 

davonkommt. 


ich  meine  Auflagc  hàtte  sclber  bestimmen 
mùssen,  hàtte  ich  mindestens  fiinfundzwan- 
zig  Dukaten  gesagt." 

Und  er  dankte  ihnen  und  machte  sich 
noch  einmal,  wenn  es  die  Not  heischen 
solite ,  zu  allem  erbòtig  und  ging  seiner 
Wege. 

ALs  sich  der  Staat  wieder  in  àuBerstcr 
Not  befand  und  es  galt,  ihn  in-  seiner 
gerechten  Sache  zu  unterstùtzen,  waren  die 
von  Florenz,  da  die  Biirgcr  so  hohe  Steuern 
nicht  erschwingen  und  ertragen  konnten, 
gezwungen,  den  Geistlichen  eine  neuerlichc 
Anleihe  aufzuerlegen;  und  als  die  Beamten 
gewàhlt  waren,  gingen  ali  die  Geistlichen 
und  Monche  hin,  um  sich  ihnen  zu  empfeh- 
len,  und  jeder  sagte,  ihm  sei  es  unmòglich, 
und  der  eine  fùhrte  den  Grund  an  und  der 
andere  jcnen. 

Auch  der  Pfarrer  Arlotto  ging  hin  und 
die  Beamten  empfingen  ihn  mit  Ehrerbie- 
tung  und  liefien  ihn  niedersitzen  und  frag- 
ten  ihn:  „Pfarrer,  was  fùhrt  Euch  her?" 

Er  antwortete:  „M.eine  Herren  Beamten, 
ich  komme  zu  Euch,  um  gerade  das  Gcgen- 
teil  von  den  andern  Geistlichen  zu  sagen, 
die  zu  Euch  gekommen  sind  und  noch  kom- 
men  werden.  Alle  miteinander  sagen  sie 
oder  werden  sagen,  daB  sie  nichts  zahien 
konnten,  wcil  sie  vor  acht  Jahren  zu  vici  ge- 

144 


zahlt  hàtten  und  inzwischen  auch  dem 
Papste  zwei  Zehnten  bezahlt  hàtten;  einige 
werden  auch  sagen,  sic  hàtten  schlechte 
Ernten  gehabt  oder  ihnen  sei  ihr  Haus,  ihrc 
Kirche  oder  ihre  Scheuer  eingestùrzt,  oder 
dieMùhle  sei  ihnen  weggerissenworden,  oder 
man  habe  ihnen  die  Ochsen  gehàutet.  Ich 
sage  just  das  Gegenteil:  mein  Haus,  meine 
Kirche,  meine  Scheuer  sind  in  Ordnung  und 
ich  habe  weder  meine  Ochsen,  noch  etwas 
andres  eingebùBt;  weiter  habe  ich  eine  aus- 
reichende  Ernte  gehabt  und  danke  dem 
Herrgott,  und  so  lebe  ich  alljàhrlich  in  Ehren 
und  bringe  mich  ehrlich  fort.  Ich  balte 
einen  Mefihelfer,  der  zugleich  Glòckner  ist, 
und  einen  Meier  und  bringe  mich  fort;  ich 
gehe  manchmal  zum  Candioten  und  bringe 
mich  fort  und  dazu  gebe  ich  noch  in  meiner 
Gemeinde  Almosen  und  ich  versichere  Euch, 
daB  es  im  Florentinischen  keine  àrmere 
Gegend  oder  eine  Gegend  mit  mehr  Bettlern 
gibt  als  meine  Pfarre  und  ali  die  Dòrfer  in 
der  Umgebung.  Ich  werde  jede  Summe  be- 
zahlen,  die  Ihr  wollt,  und  wenn  Ihr  mir 
eine  billige  Summe  auflegt,  so  werde  ich 
auch  meine  Pfarrkinder  in  der  gewohnten 
Weise  weiter  unterstùtzen.  Und  legt  Ihr 
mir  eine  schwere  und  unbillige  Summe  auf, 
so  werde  ich  sie  doch  bezahlen  und  mich 
bemiihen,  Euch  zu  gehorchen;  aber  da  wiir- 
det  Ihr  den  armen  Leuten,  denen  ich  dann 

Arlotto,  Schwànke  II.  XO  145 


nicht  mehr  helfen  konnte,  das  Brot  aus  dem 
Munde  nehmen:  ich  unterwerfe  mich  Euercr 
Einsicht,  Wohlmeinung  und  Klugheit." 

Als  die  Beamten  sahen,  wie  bescheiden 
der  Pfarrer  sprach  und  wie  sehr  er  sich  von 
den  andern  Geistlichen,  die  zu  ihnen  kamen, 
unterschied,  fragten  sie  ihn:  „Wie  viel  Du- 
katen  habt  Ihr  den  andern  Beamten  ge- 
geben?" 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Acht  voUwich- 
tige." 

„Wicviel  woUt  Ihr  jetzt  zahlen?" 

„Was  Ihr  mir  auflegen  werdet." 

Da  sagten  die  Beamten:  „Wir  miissen 
dem  Pfarrer  die  Freude  machen  und  ihn 
besser  behandeln  als  die  andern." 

Und  sie  legten  ihm  vier  auf  und  nicht 
mehr, 

Ist  es  nicht  ein  Wunder,  wie  dieser 
Mensch  mit  seiner  Gùte  und  sciner  Liebens- 
wùrdigkeit  die  Menschen  bezauberte  und  sie 
sich  zu  Brùdern  und  Freunden  machte? 

Zu  meiner  Zeit  wurden  der  florentini- 
schen  Geistlichkeit  teils  vom  Papste  und 
teils  von  der  Stadt  Florenz  etwa  zwolf  Ab- 
gaben,  Steuern,  Schatzungen  und  Zehn- 
ten  auferlegt,  und  ich  glaube,  daB  der 
Pfarrer  bei  alien  zwòlfen  zusammen  nicht 
auf  siebzig  Dukaten  gekommen  ist,  nicht 
durch  Bcstechung,  nicht  durch  Possen- 
reiBerei,  nicht  durch  die  Bitten  von  Freun- 

146 


den  und  nicht  aus  eincm  andern  Grundc, 
sondern  nur  durch  scine  Gùte  und  scine 
Licbenswiirdigkcit,  womit  cr  die  Leutc  bc- 
zaubertc. 

Einmal  sagte  cr  zu  mir:  „Ich  schàme 
mich  schon  selbcr;  ich  habe  mchr  als  hun- 
dcrtsiebcnzig  Dukatcn  jàhrliches  Einkom- 
men  und  habe  auf  zwòlfmal  nicht  den  zwan- 
zigsten  Tcil  von  dem  gczahlt,  was  ich  selbcr 
gern  gczahlt  bàtte:  dem  Himmcl  sei  gcdankt 
fiir  so  vici  Gùte!" 

Der  Pfarrer  erkannte  aber  das  Cute  und 
verschenktc,  wic  ich  dir  gesagt  habe,  um 
der  Licbc  Gottes  willen  alljàhrlich  zwei 
Drittcl  scincr  Einkunftc. 


WEil  der  Pfarrer  in  Neapcl  und  auch 
in  viclen  andern  Ortcn  des  Kònig- 
reichs  gcwcscn  war,  wurde  in  scincr  Gescll- 
schaft  oft  von  Apulicn  gcsprochcn  und  son- 
derlich  von  der  Stadt  Neapcl,  die  man, 
wenn  man  ihr  ihr  gebùhrcndcs  Bciwort  und 
ihren  richtigen  Namen  geben  wolltc,  das 
irdische  Paradies  ncnncn  mùfìte,  weil  sic 
allcs  gute  in  eincm  solchcn  Obcrflussc 
hervorbringt  und  der  Mensch  dort  allcs 
findet,  was  cr  zum  Lebcn  und  zum  Unter- 
halte  braucht. 

Einmal  war  nun  ciner  dabei,  der  sagte: 
„Wohcr  kommt  cs  und  was  will  es  bedeu- 
ten,  dafi  Neapcl  und  das  ganze  Konigrcich 


CXLVII. 
Was  fiir  eine  Ce- 

schichte 
der  Pfarrer  ùber 
den  EinfluB  der 
neapolitaniscfien 
Luft  erzàfilt  fiat. 


10* 


147 


dcrzeit  ein  so  unfàhiges,  schlechtes,  nichts- 
nutziges  und  verràterisches  Volk  hervor- 
bringen?  es  solite  doch  das  Gegenteil  zu- 
treffen." 

Der  eine  sagte  dies  und  der  andere  das, 
und  jeder  fùhrte  seine  Griinde  an. 

SchlieBlich  sagte  der  Pfarrer:  „Meinerl 
Meinung  nach  versteht  ihr  die  Sache  nicht.] 
Gott,  der  alles  anordnet,  hat  diesem  Reichc 
die  Gabe  verliehen,  alles  gute  hervorzu- 
bringen,  hat  aber  dem  Elemente  der  Luft 
verordnet,  daB  es  in  den  Menschen  zu  Schan- 
den  werde;  denn  wenn  dieses  Reich  Men- 
schen bàtte,  die  in  Gùte  und  Geist  voUkom- 
men  wàren,  so  dùrfte  man  es  nicht  ein  irdi- 
sches  Paradies,  sondern  mùBte  es  den  Auf- 
enthalt  der  Seligen  ^  nennen,  Aber  diese 
Luft  macht  die  Menschen  nichtsnutzig  und 
verràterisch." 

Und  er  erzàhlte  zu  diesem  Gegenstande 
folgende  Geschichte: 

„Unter  den  Kònigen  aus  dem  Hause 
Anjou,  die  iiber  dieses  Reich  herrschtcn, 
war  einer  —  sein  Name  fàllt  mir  augen- 
blicklich  nicht  ein  —  ein  besonders  guter 
Fiirst,  und  der  batte  in  Frankreich  einen 
sehr  jungen  Bruder,  den  er  noch  nie  gesehn 
batte,  weil  er  noch  vor  seiner  Geburt  Kònig 


^   Bei   Baccini   cielo   del   Sole;    in   den   alten. 
Drucken  cielo  empireo. 

148 


von  Apulien  geworden  war.  Diesem  Her- 
zog  kam  der  Wunsch,  Italien  und  Rom  zu 
sehn,  um  die  heiligcn  òrter  zu  besuchen; 
der  Hauptgrund  war  aber,  daB  er  seinen 
Bruder  besuchen  wollte,  der  auch  sehr  bc- 
gierig  war,  ihn  zu  sehn,  und  ihm  deshalb 
schon  etliche  Male  nach  Frankreich  ge- 
schrieben  batte.  Der  Herzog  brach  also  mit 
einem  prunkvollen  Geleite  auf  und  kam 
nach  Italien  und  nach  Rom  und  schlieBlich 
nach  Neapel.  Der  Kònig  war  iiber  seine 
Ankunft  hoch  erfreut  und  feierte  ihn  mit 
einem  Glanze,  als  ob  er  ein  Kaiser  gewesen 
wàre,  indem  er  ihm  alle  Vergniigungen  bot, 
die  an  einem  solchen  Orte  ersonnen  und 
veranstaltet  werden  kònnen.  Aber  es  waren 
noch  keine  acht  Tage  vorbei,  als  der  Herzog, 
der  froh  und  munter  gewesen  war,  wie  es 
die  Art  der  Franzosen  ist,  traurig  und 
schwermùtig  zu  werden  begann,  Und  eines 
Morgens  sagte  er  zum  Kònige:  ,Ich  habe 
mich  entschlossen,  alsbald  abzureisen.' 

Verwundert  sagte  der  Kònig:  ,Aber  Bru- 
der, was  soli  das  heiBen?  Ich  habe  dich  aus 
Frankreich  kommen  lassen,  um  dich  min- 
destens  ein  Jahr  bei  mir  zu  behalten,  und 
ich  bin  Starr  vor  Verwunderung  und  kann 
mir  gar  nicht  vorstellen,  was  der  Grund  scin 
mag,  daB  du  so  plòtzlich  abreisen  willst.* 

Mit  schmerzlichen  Trànen  antwortete  der 
Herzog  in  seiner  Rechtschaffenheit:  .Heilige 

149 


CXIVIII. 

Warum 

der  Pfarrer  pusieie, 

wann  «r  tich  da* 

Cesicht  wutch. 


Majcstàt  und  glorreichcr  Bruder,  ich  habe 
jctzt  drei  Nàchte  hintereinander  getràumt, 
ich  hàtte  dich  getòtet  und  die  Herrschaft 
an  mich  gerissen,  Dieser  Traum  bedriickt 
meine  Seele  und  quàlt  mir  den  Leib,  so  dafi 
ich  nicht  wieder  froh  werden  kann.* 

Der  Kònig  làchelte  und  tat  als  kluger 
Mann,  als  ob  er  sich  nicht  darum  kiimmerte, 
und  sagtc:  .Verwundere  dich  nicht,  dafi  du 
also  getràumt  hast:  ich  weiB  ganz  gut,  daB 
es  nicht  deine  Schuld  ist,  sondern  die  dieser 
Luft,  die  nur  Schurken  und  Verràter  er- 
zeugt  und  nichts  andres;  sie  hat  eine  solche 
Macht  ìiber  den  menschlichen  Kòrper,  daB, 
von  andern  gar  nicht  zu  rcden,  aber  selbst 
Heilige,  wenn  welchc  herkàmen,  nieder- 
tràchtige  Schurken  wùrden.  Nichtsdesto- 
weniger  reise,  wann  es  dir  beliebt,  und  jc 
schneller  du  es  tust,  desto  lieber  wird  es 
mir  sein,  damit  dir  nicht  der  Wunsch  komme, 
den  Traum  zur  Tat  werden  zu  lassen.' 

Und  so  nahm  der  Herzog  Abschied  und 
kehrte,  von  scinem  Bruder,  dem  Kònige, 
reich  beschenkt,  mit  Ehren  nach  Frankreich 
heim." 

DEr  Pfarrer  wurdc  von  einem,  der  wenig 
zu  tun  batte,  gefragt,  warum  er  puste, 
wann  er  sich  das  Gesicht  wasche. 

Da  antwortete  er:  „Damit  du,  wann  ich 
mir  das  Gesicht  wasche,  nicht  glaubst,  es 

150 


yri 


sci  der  Arsch;  ich  waschc  sic  nàmlich  jedes 
auf  cine  andere  Weise," 

Dank  dieser  Antwort  stand  denn  der 
vorwitzige  Frager  als  Vieh  da. 

ALs  der  Pfarrer  eines  Tages  mit  einer 
Gesellschaft  von  rechtschaffenen  Leu- 
ten  beim  Essen  war,  kam  ein  durch  sàmt- 
liche  Bosheiten  abscheulicher  Geistlicher 
daher,  der  zu  seinen  andern  schlechten 
Eigenschaften  auch  cine  bòse  Zunge  batte 
und  dem  Laster,  jedermann  zu  verleumden, 
so  ergeben  war,  da6  er  sich,  wann  er  derlei 
Schmàhungen  redete,  ordentlich  daran  zu 
weiden  schieri;  er  lebt  noch  und  darum  will 
ich  anstandshalber  seinen  Namen  nicht 
nennen. 

Man  lieB  ihn  am  Tische  Platz  nehmen, 
und  er  sa6  noch  nicht  recht,  da  fing  er  auch 
schon  an,  wie  ein  Rohrspatz  zu  pfeifen 
und  von  einem  wackern  Manne,  der  vor  kur- 
zem  gestorben  war,  schlecht  zu  reden;  und 
das  dauerte  etwa  eine  halbe  Stunde. 

Da  begann  unser  Pfarrer,  der  die  Bos- 
heit  dieses  giftigen  Tiers  nicht  lànger  mehr 
ertragen  konnte,  folgende  Geschichte  zu  er- 
zàhlen: 

„Es  war  einmal  ein  Jùngling,  der  seine 
Mutter  gar  schlecht  behandelte  und  ihr  all- 
stiindlich  so  viel  ausgesuchte  Gemeinheiten 
antat,  daB  er  von  den  Verwandten  und  den 


cxux. 

Wie  der  Pfarrer 

ein  Lastermaul 

mit  einer  hùbschen 

Geschichte 

zum  Schweigen 

bringt. 


151 


Freunden  vide  Vorwurfc  zu  hòren  bekam 
und  in  der  ganzen  Nachbarschaft  und  weit 
und  breit  verschrien  war, 

Der  beschloB  einmal,  sich  krank  und 
dann  tot  zu  stellen,  um  so  zu  erfahren,  ob 
man  von  ihm  nach  seinem  Tode  ebenso  viel 
schlechtes  sprechen  werde,  wie  bei  seinen 
Lebzeiten. 

Er  spieltc  also  den  Kranken,  und  nach 
einigen  Tagen  tat  er,  als  ob  er  gestorben 
wàre.  Seine  Mutter  und  seine  Verwandten, 
die  der  Meinung  waren,  er  sei  es  wirklich, 
lieBen  ihn  auf  einer  Bahre  zum  Begràbnis 
tragen;  und  als  er  so  dahingetragen  wurde, 
fragten  die  Leutc:  ,Wer  ist  der  Tote?' 

Die  Nachbarn  antworteten:  ,Es  ist  der 
und  der,  dieser  elende  Kerl,  der  seine 
Mutter  so  schlecht  behandelt  hat.' 

Und  jedermann  sagte:  ,Mir  ist  nicht  leid 
um  ihn,  weil  er  ein  solcher  Schuft  war,  und 
der  Tod  hat  wohlgetan,  dafi  er  ihn  von  der 
Erde  genommen  hat.' 

Der  Bursche  hòrte  alles,  was  man  von 
ihm  sprach,  und  sah,  daB  man  von  ihm  im 
Tode  noch  schlechter  sprach  als  bei  seinem 
Leben. 

Der  Zug  bewegte  sich  welter,  und  da 
hòrte  er,  wie  sich  einige  Frauen  besonders 
anstrengten,  schlecht  von  ihm  zu  sprechen; 
nun  richtete  er  sich  auf  der  Bahre  auf  und 
sagte,  weil  er  wuBte,  mit  was  fùr  Makeln  cine 

152 


jede  befleckt  war:  ,H6r  einmal,  Caterina, 
jetzt,  wo  ich  tot  bin,  da  getraust  du  dich, 
mich  zu  schmàhen;  wenn  ich  aber  lebendig 
wàre,  so  sagte  ich  dirs  schon,  daB  du  es 
mit  dem  und  dem  Monche  hàltst.  Und  du, 
Giovanna,  du  weifit  ja,  daB  du  den  und  den 
Geistlichen  schier  drei  Jahre  lang  gehabt 
hast.  Und  du,  Andriana,  du  machst  die 
Kupplerin  deiner  Tochter  Maddalena.  Ihr 
wiBt  doch,  daB  ich  euch  alle  gekannt  habe, 
als  ich  noch  auf  der  Welt  war,'  Und  so 
erinnerte  er  sie  alle  an  ihre  guten  Eigen- 
schaften,  daB  sie  verstummen  und  stili  blei- 
ben  muBten," 

Der  Pfarrer  beendete  seine  Geschichte 
und  der  Geistliche  sprach  an  diesem  Morgen 
kein  Wort  mehr  und  bàtte  etwas  darum  ge- 
geben,  wenn  er  diese  Dummheit  nicht  be- 
gangen  bàtte. 


CI. 

Wie  der  Pfarrer 

einem 
Essenzenhàndler 


E  Ines  Tages  ging  der  Pfarrer  durch  die 
Via  de'  Martelli  und  sah  dort  einen 
neuen  Laden,  der  einem  Katalanier  gehòrte; 
der  war  ein  groBer  Meister  in  der  Herstel- 
lung  vieler  Gattungen  von  wohlriechenden  Geschichte^^erzàhlt, 
Seifen  und  Essenzen,  von  Orangenwàssern 
und  Bùchschen  mit  zyprischem  Puder,  von 
kòstlichen  Salben  und  von  viel  andern  fei- 
nen  Sachen,  die  von  tausend  verschiedenen 
Wohlgerùchen  dufteten  und  damit  nicht  nur 
einen,  der  im  Laden  stand,  sondem  auch 


um  billiger 
einzukaufen. 


153 


jeden,  der  auf  der  StraBe  vorbeiging,  er- 
quickten. 

Der  Pfarrer  blieb  stehn  und  trat  in  den 
Laden  und  sagte,  er  wolle  ein  Bùchschen 
Moschusseife  kaufen;  er  nahm  es  in  die 
Hand,  roch  daran  und  fragte  um  den  Preis. 
Der  Meister  sagte:  „Zwei  Groschen." 
Der  Pfarrer  antwortete:  „Das  ist  un- 
recht  von  dir;  denn  ich  wei6,  du  konntest 
sie  mir  um  einen  lassen,  besonders  in  An- 
betracht  des  Genusses,  den  dir  der  Geruch 
in  den  paar  Tagen,  wo  du  sie  gemacht  hast, 
bereitet  hat.  Bedenke  doch,  was  fiir  einen 
GenuB  ein  Lohgerber  hat  oder  ein  Schuster 
oder  ein  Metzger,  die  widerwàrtige  Gerùche 
in  ihren  Laden  haben,  und  nichtsdesto- 
weniger  verkaufen  sie  ihre  Waren  um  das, 
was  sie  wcrt  sind;  die  Waren  in  ihrem 
Laden  haben  einen  so  garstigen  Geruch, 
daB  sie  sie  eigcntlich  um  die  Hàlfte  tcuerer 
verkaufen  dùrften,  wàhrend  du  sie  wegen 
ihres  Wohlgeruches  um  die  Hàlfte  billiger 
geben  solltest.  Nimm  dir  ein  Beispiel  an 
dem  jungen  Arzte,  der  einem  hiibschen  und 
reichen  jungen  Màdchen  ein  Bein  einrich- 
tcte,  das  sie  sich,  da  sie  ùber  eine  Treppe 
heruntergefallen  war,  verrenkt  batte,  Der 
Arzt  bekam  sie  zur  Behandlung  und  batte 
sie  in  wenigen  Tagen  vòllig  gehcilt.  Nun 
wollte  sie  ihm  zehn  Dukaten  geben,  aber  er 
nahm    sie    nicht.     Da    sagte    sie:    ,Warum 

154 


^^: 


nehmt  Ihr  die  zehn  Dukaten  nicht?  Ihr 
habt  mich  doch  geheilt  und  mcin  Bein  ge- 
rade  gemacht.* 

Der  Arzt  antwortete:  ,Ihr  habt  es  mir 
mchr  als  genug  vergolten:  habe  ich  Euch 
ein  Glied  gerade  gemacht,  so  habt  Ihr  mir 
mehrmals  eines  gerade  gemacht  und  das 
hebt  sich.'  " 

Dem  Katalanier  gefiel  diese  Schnurrc  so 
gut,  daQ  er  ihm  die  Seife  und  noch  andere 
artige  Dinge  gab,  ohne  dafiir  Geld  zu 
nehmen. 


IMmer  ofter  fand  der  Pfarrer  die  Nestcr 
seiner  Hùhner  leer  und  der  Eier  beraubt; 
er  nahm  sich  vor,  den  Dieb  ausfindig  zu 
machen  und  befahl  seinem  Meier,  sich  auf 
die  Lauer  zu  legen.  Und  bald  darauf  sagte 
ihm  der:  „Euer  Gevatter  ist  es,  der  die  Eier 
nimmt,  und  eben  jetzt  hat  er  zwòlfe  ge- 
nommen  und  er  hai  sie  im  Busen." 

Wie  du  weiBt,  gehn  die  Bauern  mit 
blofier  Brust  und  haben  um  den  Leib  einen 
Gùrtel  oder  einen  Strick  geschniirt,  so  daB 
das  Hemd  einen  Bausch  bildet;  und  dorthin 
hatte  er  die  Eier  gesteckt.  Und  diesen 
Scherz  leistete  er  sich  mindestens  zweimal 
wochentlich. 

Als  der  Bauer  beim  Weggehn  zur  Tiir 
kam,  traf  er  den  Pfarrer,  und  der  lud  ihn 
zu  einem  ImbiB  ein;  aber  er  weigerte  sich 


CU. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  Eierdieb 

erwischt. 


155 


CUI. 

Wa$  der  Pfarrer 

iiher  die 

Bauern  dachte. 


und  sagte:  „Ich  will  erst  noch  nach  Hausc 
gehn;  dann  komme  ich  wieder." 

Doch  der  Pfarrer  sagte:  „Aber  geht,  Ge- 
vatter,  lafit  mich  doch  nicht  allein,"  Und 
er  umarmte  ihn  mit  gespielter  Zàrtlichkeit 
und  preBte  ihn  an  sich,  indem  er  sagte: 
„Gevatter,  Ihr  diirft  mich  nicht  verlassen; 
gehn  wir  trinken." 

Und  seine  Umarmung  war  so  kràftig, 
daB  alle  Eier  zerbrachen  und  ihr  Inhalt  dem 
Bauer  iiber  die  Schenkel  und  Beine  hinunter- 
floB,  so  daB  er  beschàmt  dastand.  Er  tat 
auch  sofort  dem  Pfarrer  teilweise  Genùge, 
und  welter  stahl  er  keine  mehr. 

EInige  Stàdter  sprachen  iiber  die  Lage 
der  Bauern  und  der  Pfarrer  Arlotto 
sagte:  „Ich  denke  noch  der  Zeit,  wo  es 
unsem  Bauern  viel  besser  ging  als  jetzt, 
trotz  der  gegenteiligen  Meinung  vieler 
Stàdter,  die  sich  darauf  berufen,  daB  sic 
frùher  gewohnt  gewesen  sind,  den  Bauern 
Darlehen  von  fùnfzig  und  hundert  Lire  und 
andere  Erleichterungen  zu  gewàhren,  wàh- 
rend  es  jetzt  umgekehrt  ist  und  die  Bauern 
ihnen  borgen  und  ihre  eigenen  Ochsen  ein- 
spannen  und  in  manchen  Gegenden  auch 
die  Saat  selber  beistellen.  Ich  sage  und 
behaupte,  daB  die  Bauern  jetzt  àrmer  sind 
als  je  zuvor  und  daB  sie  jetzt  diese  Vorteilc 
den  Stàdtern  nur  deshalb  bieten,  weil  sie 

156 


sich  so  vermehrt  haben,  dafi  sie  dazu  gc- 
zwungen  sind;  so  wie  sich  aber  ihrc  Zahl 
vermehrt  hat,  so  hat  sich  auch  ihre  Schlech- 
tigkeit  und  Bosheit  vermehrt,  und  daB  sie 
jetzt  ihren  Herren  so  viel  entgegenkommen, 
das  tun  sie  nur,  um  es  sie  in  kurzer  Zeit 
bezahlen  zu  lassen,  und  wàre  ich  nicht  ein 
glàubiger  katholischer  Christ,  so  mòchte  ich 
der  Meinung  Platos  beitreten,  daB  wir  nàm- 
lich  noch  einmal  auf  die  Welt  zuriick- 
kàmen,  und  das  mòchte  ich  nur  deshalb 
glauben,  weil  ich  hin  und  wieder  in  diesen 
Bauern  so  viel  Bosheit  und  tùckische  Unbill 
herrschen  sehe,  daB  ich  oft  nicht  recht 
sicher  bin,  ob  sie  nicht  schon  friiher  einmal 
auf  der  Welt  waren,  und  mir  sage:  wàren 
sie  nicht  schon  friiher  einmal  dagewesen, 
so  wàre  es  unmòglich,  daB  sie  so  tiickisch 
und  niedertràchtig  sein  kònnten." 

ETliche  gefràBige  und  neidische  Geist- 
liche  waren  bei  einem  Gesellen  von 
ìlinen,  auch  einem  Geistlichcn,  und  hatten 
zwei  Tòpfe  mit  Kapaunen  und  Kalbfleisch 
und  guten  Makkaroni  zugestellt;  und  sie  be- 
sprachen  sich  unter  einander  und  sagten, 
sie  wiirden  niemand  mitessen  lassen,  wer 
immer  es  sei. 

Nun  kam  der  Pfarrer  Arlotto  daher  und 
trat,  weil  er  die  Tiir  offen  fand,  ein  und 
begann  mit  einem  von  ihnen  iiber  gewisse 


CUII. 

Wie  sich  der 

Pfarrer  art  einigen 

gefràBigen   Geist- 

lichen  ràcht, 

die  ihn 

nicht  zu  Tische 

geladen  haben. 


157 


seinige  Angelegenheiten  zu  sprechen;  da 
er  aber  an  manchen  Anzeichen  merkte,  daB 
etwas  vorging,  erkundigte  er  sich  bei  einem 
Altarknaben,  was  es  gab,  und  diese  FreB- 
gier  der  Geistlichen  miBfiel  ihm  so,  daB  er 
sich  vornahm,  ihnen  das  ganze  Essen  zu 
verderben. 

Er  schlich  auf  den  Abtritt,  nahm  dort 
zwei  groBe  Leinwandfetzen  mit  verdautera 
Brote  —  an  solchen  Orten  werden  sie  ja 
zu  andern  Zwecken  verwandt  —  verbarg 
sie,  damit  sie  nicht  gesehn  wiirden,  unter 
seinen  Kleidern,  lief  in  die  Kiiche  und  warf 
den  einen  in  den  Topf  mit  den  Makkaroni, 
den  andern  in  den  mit  den  Kapaunen,  und 
riihrte  sie  ordentlich  hinein,  damit  man  sie 
nicht  bemerke,  wenn  man  die  Speisen 
herausnehme, 

Dann  kehrte  er  ins  Haus  zuriick  und 
sagte  zu  der  Geistlichengesellschaft:  „Mich 
dùnkt,  ich  rieche  einen  kòstlichen  Duft;  es 
ist  besser,  ich  esse  mit  euch." 

Mit  scheelen  Blicken  und  voli  Àrger  ver- 
weigerten  sie  es  ihm. 

Und  der  Pfarrer  antwortete  ihnen:  „Es 
ist  eine  groBe  Undankbarkeit  von  euch, 
einen  Amtsbruder  wegzuschicken:  ihr  wiBt 
ganz  gut,  wie  oft  ihr  bei  mir  gezecht  habt; 
aber  damit  ihr  es  euch  merkt,  wer  der 
Pfarrer  Arlotto  ist,  so  sage  ich  euch,  daB 
ich  nicht  hergekommen  bin,  um  zu  essen 

158 


-Mi 


I" 


oder  zu  trinken,  dafi  ich  aber,  wenn  ich 
woUte,  wohl  imstande  wàre,  euch  eucr  Ver- 
gniigen  griindlich  zu  verderben." 

Einer  von  ihnen  sagte:  „Tut  das 
schlimmste,  was  Ihr  kònnt,  und  vcrgiftet 
uns  meinetwegen;  ich  teile  Euch  mit,  daB 
wir  fiinf  feiste  Kapaune  und  neun  Pfund 
Kalbfleisch  mit  einem  Topfe  Makkaroni 
haben,  und  wie  Ihr  seht,  sind  wir  unser  elf." 

Der  Pfarrer  antwortete  und  sagte:  „Ich 
brauche  nicht  zu  wissen  und  zu  sehn,  was 
ihr  habt;  wenn  ihr  aber  um  ein  Abendessen 
nach  dem  Geschmacke  des  Siegers  wetten 
woUt,  so  sage  ich  euch,  daB  ihr  diese  Sachen 
nicht  essen  werdet.  Bis  zum  Essen  kann 
sich  noch  gar  viel  ereignen." 

Nachdem  sie  die  Wette  festgemacht 
hatten,  verabschiedete  sich  der  Pfarrer  und 
ging  seines  Weges. 

Einige  von  den  Geistlichen  setzten  sich 
nun  zu  Tische  und  sagten:  „Wir  werden  es 
diesmal  auch  ohne  den  Pfarrer  richten"; 
und  die  andern  gingen  in  die  Kùche  und 
sagten:  „Und  wenn  sich  der  Pfarrer  Arlotto 
auf  den  Kopf  stellt,  so  bekommt  er  nichts 
von  diesen  guten  Sachen,  und  obendrein 
wird  er  ein  Essen  bezahlen." 

Als  die  in  der  Kùche  aber  die  Deckel  von 
den  Tòpfen  nahmen,  verspùrten  sie  einen 
Geruch  von  Unrat  und  Fàulnis  ;  verwundert, 
was   das  sein  konnte,   riefen  sie  ihre  Ge- 

159 


I 


CUV. 

Wie  der  Pfarrer 

mit  einer  Froge, 

die  er  aufwirft, 

einen 

alien    Narren 

zum  Schweigen 

bringt. 


sellen.  SchlieBlich  nahmen  sie  die  Speisen 
heraus  und  legten  sie  auf  Teller;  da  fanden 
sie  denn  die  beiden  Fetzen,  die  ganz  zer- 
kocht  waren,  und  sahen,  was  sie  waren, 
Sie  warfen  alles  weg  und  aBen  Brot  und 
Kàse  und  konnten  sich  nicht  entràtseln, 
wer  ihnen  das  getan  habe,  und  sie  meinten, 
es  sei  durch  eine  Beschwòrung  des  Pfarrers 
Arlotto  geschehn;  der  lieB  sie  das  Essen 
bezahlen  und  erzàhlte  ihnen  nachher,  wie 
die  Geschichte  zugegangen  war, 

IN  der  Halle  der  Tornaquinci  waren  um 
die  Vesperzeit  einige  edle  Bùrger  ver- 
sammelt,  und  auBer  ihnen  war  noch  ein 
unbedeutender  und  dummer,  aber  reicher 
Mensch  da,  der  nahe  an  sechzig  war  und 
eine  siebzehn j  àhrige  Frau  batte,  auf  die  er 
sehr  eifersiichtig  war;  ihm  war  eine  Ge- 
schichte zugestoBen,  die  ihr  am  Ende  hòren 
werdet. 

Dieser  eifcrsiichtige  Kerl  widersprach 
bei  den  Gespràchen,  die  diese  Biirger 
fiihrten,  jedem  Worte  und  blieb  nie  bei  der 
Sache  und  wolltc  alles  besser  wissen  und 
warf  eine  Reihe  von  Fragen  auf,  worin 
weder  Vcrnunft,  noch  Kurzweil  war, 

Nun  kam  der  Pfarrer  Arlotto  vorùber 
und  sie  riefen  ihn  hin;  er  blieb  bei  ihnen 
stehn  und  horte  eine  Weile  der  nàrrischen 
Dummheit  dieses  vermaledeiten  Viehs  zu. 

160 


Endlich  wandte  er  sich  zu  einem  von  den 
Bùrgern  und  sagte: 

„In  unserer  Stadt  war  einmal  cine  sehr 
hiibsche  junge  Frau,  die  sich  einen  hùbschen 
jungen  Liebhaber  zugelegt  batte,  und  ihr 
Mann  batte  schon  ein  wenig  Verdacht,  wcnn 
er  aucb  nicht  glaubte,  daB  die  Sache  so  weit 
sei;  immerhin  gedachte  er  sicb  iiber  seinen 
Argwohn  Klarheit  zu  verscbaffen.  Das  Un- 
glùck  wollte  es,  daB  die  junge  Frau,  die 
ihm  stets  ihre  Geringscbàtzung  bezeigte 
und  schier  die  war,  die  die  Hosen  anhatte, 
den  Jùngling  in  der  Meinung,  ibr  Mann  sei 
weggegangen,  ins  Haus  gebracbt  batte, 
wàhrend  sicb  der  iiber  der  Kammer,  wo  sie 
waren,  versteckt  bielt.  Wie  er  nun  leise 
herumscblicb,  um  ùber  seinen  Verdacbt  Ge- 
wiBheit  zu  bekommen,  bracb  ein  Brett  des 
FuBbodens,  und  er  stùrzte  mit  màchtigem 
Gepolter  just  auf  das  Bett  binunter,  in  dem 
sie  lagen,  so  daB  sie  alle  drei  in  Lebens- 
gefahr  waren  und  eine  gewaltige  Angst 
hatten.  Der  Liebbaber  nabm  alsbald  ReiB- 
aus  und  Mann  und  Frau  blieben  allein;  sie 
wuBte  aber  so  scbòn  zu  reden,  daB  er  ibr 
verzieb  und  sie  lediglich  bat,  alles  zu  tun, 
damit  diese  Gescbichte  nicbt  unter  die 
Leute  komme.  Aber  es  konnte  nicbt  so  ge- 
heimgebalten  werden,  daB  es  nicht  einer 
oder  der  andere  erfahren  bàtte." 

Und  als  der  Pfarrer  so  weit  war,  wandte 

Arlotto,  Schwànke  II.  H  J^J 


CLY. 

Wie  sich  der 

Pfarrer    beklagt, 

daS  ihm  sein 

bestes   Grundstiick 

zu  wenig 

getragen  hat. 


er  sich  zu  dem  Hahnrei  und  sagte:  ,,Du  hast 
jetzt  schon  so  vide  Fragen  aufgeworfen, 
dafì  jetzt  ich  dich  einmal  um  etwas  fragen 
mochte;  klàre  mich  doch  auf,  wer  von  den 
dreien  die  gròBte  Angst  gehabt  hat  und  in 
der  gròCten  Gefahr  gewesen  ist?" 

Aber  der  Alte  wuBte  nichts  zu  erwidern 
und  sprach  den  ganzen  Abend  kein  Wort 
mehr;  wenn  jedoch  der  Pfarrer  nicht  auf 
dìese  Frage  verfallen  wàre,  so  glaube  ich, 
wiirde  er  noch  immer  reden. 

Einmal  war  in  ganz  Italien,  in  Toskana 
und  besonders  in  der  Gegend  und  Land- 
schaft  von  Florenz  ein  Jahr  des  Uberflusses, 
so  dafì  alle  Lente  mit  Genugtuung  von  der 
reichen  Ernte  sprachen,  die  sie  gehabt 
hatten. 

Als  sich  nun  einige  Stàdter  mit  dem 
Pfarrer  Arlotto  ùber  diese  Dinge  untcrhiel- 
tcn,  antwortete  er  ihnen  und  sagte:  „Bci 
mir  trifft  das  gerade  Gegcnteil  von  dem  zu, 
was  ihr  sagt,  und  ich  kann  euch  nur  bc- 
teuern,  daB  mir  das  beste  Grundstiick,  das 
ich  habe,  am  allerwenigsten  getragen  hat." 

Alle  Umstehenden  wunderten  sich  und 
fragten  ihn:  „Was  soli  das  heiBen?  und  was 
fùr  ein  Grundstiick  ist  das,  das  so  schlecht 
ist?" 

Er  antwortete:  „Es  ist  mein  Kirchhof, 
der  mir  sonst  jahrlich  etwa  fiinfzig  bis  sech- 

162 


I 


$ 


zig  Lire  zu  tragen  pflegt,  weil  ich  in  jedem 
Jahre  sechs  odcr  acht  Leute  begrabe  xrnd 
von  jedem  Leichnam  fùr  die  drei  Ellen,  die 
er  einnimmt,  zehn  Lire  erhalte;  in  diesem 
Jahre  aber  hat  er  mir  gar  nichts  ein- 
gebracht,  weil  nicht  cin  einziger  Mensch  ge- 
storben  ist,  und  das  betrùbt  mich  und  ist 
mir  sehr  verdrieBlich." 

E  Ines  Tages  ging  der  Pfarrer  nach  Cer- 
cina,  um  Messer  Antonio,  den  Pfarrer 
von  Cercina,  zu  besuchen,  Als  er  hinkam, 
fand  er  dort  drei  Holzhauer,  die  damit  be- 
schàftigt  waren,  einige  dicke  Bàume  zu  be- 
hauen;  und  bei  jedem  Schlage,  den  sic  fiihr- 
ten,  nahmen  sie  mit  der  Brust  und  dem 
Kehlkopfe  einen  eigentùmlichen  Ruck  und 
stieBen  ein  He  hervor,  àhnlich  wic  es  in 
Venedig  die  PfefferstoBer  machen,  die 
jedesmal,  wann  sie  die  StòBel  f alien  lassen, 
ein  Ho  hervorstoBen. 

Der  Pfarrer  Arlotto  gab  dem  von  Cer- 
cina zu  verstehn,  daB  sie  mit  diesem  Ruck 
zu  viel  Zeit  verlòren. 

Der  von  Cercina,  der  ihm  Glauben 
schenkte,  sagte:  „Aber  was  soli  man  da 
tun?" 

Arlotto  antwortete:  „Man  miiBte  etwas 
vorkehren,  damit  sie  das  nicht  selber  zu  tun 
brauchen." 

Aber  der  von  Cercina,  der  ein  Geizhals 


CLVI. 

Wa» 

fiir  einen  Possen 

der  Pfarrer 

seinem  Amttbruder 

von  Cercina 

gespielt  hat. 


IV 


163 


war,  sagtc:  „Ich  will  nichts  neues  mehr  vor- 
kehren." 

Arlotto  antwortete:  „Ich  habe  Euch  ver- 
standen:  Ihr  wollt,  daB  ich  mir  mein  Mittag- 
mahl  und  mein  Abendessen  verdienen  soli; 
so  will  ich  cs  denn  selber  machen,  damit 
sic  rascher  arbeiten,"  Und  zu  den  Holz- 
hauern  sagte  er;  „Das  He  werde  jetzt  ich 
machen,  und  Ihr  haut  nur  zu,  Und  wenn 
ich  einmal  mein  Wasser  abschlagen  gehc, 
so  ruht  euch  aus  und  wartct  bis  ich  zuriick- 
komme." 

Messer  Antonio  ging  seinen  Geschàften 
nach  und  kam  bis  zum  Abende  nicht  wie- 
der;  kaum  war  er  aber  gegangen,  so  ging 
auch  der  Pfarrer  Arlotto  und  alsbald 
horten  die  Holzhauer  zu  arbeiten  auf. 

Am  Abende  kam  Messer  Antonio,  um 
ihr  Tagwerk  zu  besichtigen,  und  da  fand 
er,  daB  sie  seit  seinem  Weggehn  schier 
nichts  gemacht  hatten,  und  sah,  daB  sie 
mùBig  waren;  da  begann  er  sie  schreiend  zu 
schelten,  daB  sie  nicht  arbeiteten, 

Aber  die  Holzhauer  sagten:  „Ihr  habt 
unrecht:  Ihr  habt  uns  gesagt,  wir  sollten  den 
Ruck  nicht  mehr  machen,  und  der  Pfarrer 
Arlotto  werde  He  rufen;  kaum  waret  Ihr 
aber  weg,  so  ist  auch  er  gegangen  und  hai 
gesagt,  er  gehe  sein  Wasser  abschlagen  und 
werde  sofort  zuriickkommen,  und  wir  sind 
dageblieben  und  haben  auf  ihn  gewartet: 

164  -i 


iind  so  ist  die  Schuld  bei  Euch  und  bei  ihm, 
und  wir  haben  unsere  Schuldigkeit  getan." 
Messer  Antonio  sagtc:  „Das  ist  wieder 
einer  von  seinen  Streichen;  wenn  er  einmai 
einen  Tag  keinen  machte,  wiirde  er  sterben." 

DEr  Pfarrer  Arlotto  ging  zu  einer  Ge- 
dàchtnisfeier,  wie  sie  von  den  Bauem, 
die  ihn  eingeladen  hatten,  alljàhrlich  zum 
Seelenheile  ihresVaters  veranstaltet  wurde; 
und  nachdem  er  die  Messe  gesungen  und 
mit  zwòlf  andern  Geistlichen  das  Amt  gc- 
halten  batte,  ging  er  mit  diesen,  wie  es  iib- 
lich  ist,  zu  den  Bauern  essen  und  die  be- 
wirteten  sie  trefflich.  Gegen  das  Ende  des 
Mahles  wurde  dem  Pfarrer  von  seinen 
Amtsbrudern  die  Aufgabe  ùbertragen,  den 
Bauern  einige  Worte  des  Dankes  zu  sagen; 
bevor  er  aber  noch  seine  Rede  begonnen 
batte,  wickelten  die  Bauern  je  sechs  Soldi 
in  Blàttchen  Papier  und  gaben  jedem 
Geistlichen  so  ein  Pàckchen,  wàhrend  die 
Pfarrer  und  Obern  Pàckchen  mit  zehn  Soldi 
erhielten. 

So  eines  mit  zehn  Soldi  bekam  auch  der 
Pfarrer  Arlotto  und  er  legte  es  auf  den 
Tisch  vor  sich  hin, 

Er  begann  seine  Rede  und  sprach  ein 
paar  schòne  und  zierliche  Worte,  die  sich 
trefflich  zu  ihrem  Zwecke  schickten,  nàm- 
lich  den  Bauern  fiir  alles  gute,  was  sie  fùr 

165 


CLVIl. 

Wie  der  Pfarrer 

seine 

MeBkreazer 
einlordert. 


die  Sede  ihres  Vaters  taten,  und  fiir  die 
Bewirtung,  womit  sie  ihn  und  die  andern 
Geistlichen  geehrt  hatten,  zu  danken. 

Wàhrend  er  nun  sprach,  langte  einer 
von  den  Geistlichen  um  das  Pàckchen  vor 
ihm,  nahm  das  Geld  heraus  und  gab  Blei 
und  Steine  hinein;  und  als  der  Pfarrer  seine 
Rede  beendet  batte,  nahm  er  sein  Pàckchen, 
und  fand  statt  des  Geldes  das  Blei  und  die 
Steine. 

Da  rief  er  die  Bauern  und  sagte:  „Es  ob- 
liegt  mir  jetzt  noch,  einen  Fehler  zu  ver- 
bessern,  den  ich  begangen  habe;  ich  habe 
nàmlich  zu  viel  gutes  von  euch  gesagt,  und 
jetzt  muB  ich  alles  zurùcknehmen  und  das 
Gegenteil  sagen,  Schàmt  ihr  euch  nicht, 
mir  statt  der  zehn  Soldi  das  Blei  und  die 
Steine  da  zu  geben?" 

Beschàmt  gaben  ihm  die  Bauern  andere 
zehn  Soldi  und  sagten,  das  sei  ein  Streich 
von  jemand  gewesen. 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Dann  soli  der 
Streich  euch  gespiclt  worden  sein;  ich  bin 
kein  Mensch,  der  sich  Streiche  oder  Possen, 
wenn  ihr  sie  lieber  so  nennen  wollt,  spielen 
liefie." 


Civili. 

"Wie  der  Pfarrer 

von  seinem 

toten  Freunde 

bettohlen  wird. 


ALs  der  Pfarrer  von  Cercina  starb  —  er 
starb  im  Bade  —  war  der  Pfarrer  Ar- 
lotto bei  ihm;  deshalb  wurde  er  beschuldigt, 
aus  dem  Geldbcutel  des  Pfarrers  von  Cercina 


166 


hundertfùnfzìg  Dukaten  genommen  zu 
haben. 

Der  Pfarrer  betcuerte  scine  Unschuld 
und  sagte,  es  sei  nicht  wahr,  weil  er  im 
Geldbeutel  dcs  Toten  genau  zwei  Gulden 
gefunden  habe,  die  er  jetzt  zusammen  mit 
einem,  der  ihm  gehòre,  in  seiner  Borse 
habe;  und  bei  der  Zuriickstellung  gab  er 
auch  den  seinigen  mit  hin,  das  heifit  alle 
drei  Gulden. 

Als  er  dann  inne  wurde,  was  er  getan 
batte,  sagte  er:  „Wenn  ein  Geistlicher 
stirbt,  so  wird  immer  etwas  gestohlen  oder 
verdient;  ich  aber  habe  das  Gegenteil  ge- 
tan: nicht  nur,  dafi  ich  nichts  gestohlen 
habe,  habe  ich  auch  noch  das  meinige  zu- 
gesetzt.  Der  Pfarrer  von  Cercina  hat  ja 
sein  lebelang  nicht  andres  getan,  als  mich 
und  andere  zu  bestehlen,  und  jetzt  hat  er 
mich  auch  noch  im  Tode  bestohlen." 


M  Esser  Antonio  von  Cercina  veranstal- 
tete  alljàhrlich  am  Tage  ihrcs  Schutz- 
heiligen  ein  Fest  in  seiner  Pfarre,  und  dazu 
kam  cine  Menge  achtbarer  Mànner,  sowohl 
Geistliche,  als  auch  Laien,  aus  Florenz  und 
von  anderswo,  und  er  bekam  an  diesem 
Tage  von  verschiedenen  Leuten  und  sonder- 
lich  von  den  Bauern  viel  Gaben  und  Ge- 
schenke. 

Einmal  batte  sich  nun  zu  diesem  Feste 


cux. 

Was  der  Pfarrer 

alles  braten 

lassen   wollte. 


167 


neben  vielen  andern  achtbaren  Màimern 
auch  der  Erzbischof  von  Florenz  mit  einigen 
Mònchen  eingefunden;  und  der  Pfarrer  Ar- 
lotto batte  die  Oberaufsicht  ìiber  das  Fest 
und  ìiber  die  beiden  Gastmàhler  von  Mittag 
und  Abend. 

Als  er  nun  nach  dem  Mittagessen  bei 
dem  Erzbischof  stand  und  mit  ihm  sprach, 
kam  der  Koch  zu  ihm  und  sagte  ihm  ins 
Ohr:  „Da  hat  einer  zwei  Paar  Kapaune 
gebracht;  wie  soli  ich  sie  bereiten?" 

Der  Pfarrer  antwortete  und  sagte: 
„Brate  sie," 

Nach  einer  Weile  kam  der  Koch  wieder 
und  sagte:  „Einer  hat  etwa  fùnfzig  Pfund 
Fische  gebracht." 

Der  Pfarrer  antwortete:  ,,Backe  sie." 

Und  so  kam  der  Koch,  wàhrend  er  mit 
dem  Erzbischof  sprach,  noch  etliche  Male; 
als  er  aber  wieder  kam  und  sagte:  „Es  hat 
einer  zwei  Bòcklein  gebracht;  was  soli  ich 
damit  tun?",  drehte  sich  der  Pfarrer  um, 
voller  Wut,  weil  ihn  dieses  Vieh  von  einem 
Koche  trotz  seinem  Gespràche  mit  dem 
Erzbischofe  so  oft  belàstigen  kam,  und  sagte 
laut:  „Geh  zum  Teufel  und  komme  mir  nicht 
wieder  und  sag  mir  nichts  mehr;  und  wenn 
dir  Christus  gebracht  wird,  so  brat  ihn." 


168  I 


r 


E  In   einfàltiger   armer   Mensch  kam  am 
Tage  von  St.  Lukas  dem  Evangclisten 

zum  Pfarrer  und  sagte  nach  dem  GruBe: 

„Pfarrer,  bitte,  ist  beute  ein  Feiertag?** 
Der  Pfarrer,   der   die  Einfalt  und   das 

Elend    des   Mannes   bedacbte,    fragte   ihn: 

„Hast  du  Brot  im  Hause?" 

Der  Arme  antwortete:  „Nein,  Herr." 
Und  der  Pfarrer  sagte:  „So  geb  arbei- 

ten;    fùr  dich  ist  beute  kein   Feiertag  be- 

fohlen.** 

AUf  einer  Reise,  die  die  florentiniscben 
Galeeren  unter  dem  Oberbefeble  des 
biedern  wobledeln  Bùrgers  Raimondo  Man- 
nelli ^  machten,  hòrte  der  Pfarrer  an  einem 
Karmittwocb  einem  albaniscben  Matrosen 
die  Beicbte;  da  der  aber  weder  italiànisch 
sprach,  noch  ein  Wort  italiàniscb  verstand, 
muBte  ein  Dolmetscb  dabei  sein,  der  dem 
Albanesen  das  italiànische  und  dem  Pfarrer 
das  albanesiscbe  erklàrte ,  und  deshalb 
knieten  sie  alle  beide  vor  dem  Pfarrer. 

Unterdessen  ging  ein  Gesell  von  ihnen 
zum  Kapitàn  und  sagte  lachend  zu  ihm: 
„Schaut  nur  den  Pfarrer,  der  hòrt  zweien 

1  Raimondo  Mannelli  (1390 — 1464)  ist  beruhmt 
durch  seinen  hervorragenden  Anteil  an  dem  See- 
siege  bei  Rapallo,  den  die  mit  den  Florentinern 
verbundenen  Venezianer  im  August  1431  ùber  die 
Genueser  erfochten  haben;  er  war  mit  Maria  di 
Piero  Strozzi  verheiratet. 


CLX. 

Wie  der  Pfarrer 

einen 

armen  Mann 

an  einem  Feiertage 

arbeiten  làBt. 


CLXI. 

Wie  der  Pfarrer 

einem  alba- 

nesiscfien   Matrosen 

mit  der  Hilfe 

eines   Dolmetschs 

Beicìite  fióri. 


169 


CLXII. 

Wie  der  Pfarrer 

al*   Gesandter 

zu  Kónig  René 

geht. 


auf  einmal  Beichte;  so  eine  Art  zu  beichten 
habt  Ihr  noch  nie  gesehn." 

Der  Kapitàn,  der  wollte,  da6  jedermann 
in  Ziichten  lebe,  lieB  sich  den  Pfarrer  rufen, 
machte  ihn  tùchtig  herunter  und  sagte  zu 
ihm:  „Ihr  macht  ja  gar  keinen  Unterschied 
zwischen  der  Karwoche  und  der  Fast- 
nacht;  beute  ist  ein  Tag  der  Passion  und 
Ihr  treibt  in  der  Beichte  Possen." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Hcrr  Kapitàn, 
Ihr  habt  mich  ohne  jeden  Grund  herunter- 
gemacht;  was  woUt  Ihr  dcnn  eigentlich 
sagen?" 

Der  Kapitàn  sagte:  „Ich  sage,  dafi  beute 
keine  Possen  getrieben  werden  sollen,  und 
daB  Ihr  ùbel  daran  tut,  einen  Narren  zu 
machen  und  zweien  auf  einmal  die  Beichte 
zu  hòren." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Es  ist  aber  ge- 
rade  umgekehrt:  Ihr  sagt,  daB  ich  zweien 
die  Beichte  bòre,  unterdessen  sind  wir 
unser  zwei,  die  einem  die  Beichte  hòren." 

Die  florcntinischcn  Galeeren  kamen  in 
die  Nàhe  der  Provence  und  legtcn,  ich 
weiB  nicht,  in  welchem  Hafen  an,  von  wo 
es  bis  dorthin,  wo  die  Hohcit  dcs  Kònigs 
Rcné^  anfing,  ctwa  zehn  Meilen  waren;  dort 
trafen  sie  einigc  Katalanier  mit  Kaufmanns- 

>  René  von  Anjou,  Graf  der  Provence  (1409  bit 
1480)  verlor  die  Kònigskrone  von  Neapel,  auf  die  er 

170 


i 

^4, 


giitern,  die,  um  in  cin  gewisscs  Land  zu 
kommen,  durch  die  provencjalischen  Ge- 
wàsser  hàtten  reisen  sollen,  aber  nicht 
konnten,  wcil  die  Proven<;alen  und  deren 
Herrscher,  nàmlich  dieser  Kònig,  ihre  Tod- 
feinde  waren. 

Der  Kapitàn  der  Galeeren,  Bartolommeo 
Martelli,  ein  gar  wackerer  Mann,  sagte  dem 
Pfarrer  Arlotto,  daB  er  in  Begleitung  des 
Schiffskanzlers  als  Gesandter  zum  Kònig 
René  gehn  miisse,  um  fùr  diese  Katalanier 
einen  Geleitsbrief  zu  bekommen,  weil  die 
Galeeren  an  ihnen  mehr  als  zweihundert 
Dukaten  verdienen  konnten. 

Arlotto  ging  mit  dem  Kanzler,  der  ein 
von  Grund  aus  einfàltiger  Mensch  war,  zu 
dem  Schreiber,  Carlo  Guasconi  mit  Namen, 
und  verlangte  das  Geld  fiir  die  Auslagen. 
Carlo  wollte  es  ihm  aufzàhlen,  aber  der 
Pfarrer  sagte:  „Schau  einmal,  was  fiir  ein 
Mensch  du  bist!  ich  éehe  als  Gesandter  zu 
einem  Kònige,  und  du  willst  mir  das  Geld 
aufzàhlen.'* 

Carlo,  der  durchaus  gutmùtig  und  ge- 
fàllig  war,  sagte:  „Verzeiht  mir,  Ihr  habt 
recht."  Und  er  gab  ihm  in  einem  Sàckchen 
mehr  als  nòtig  gewesen  wàre,  und  ohne  es 
zu  zàhlen. 

wegen  seiner  Adoption  durch  die  Kónigin  Johanna 
ein  Anrecht  hatte,  nach  vierjàhrigem,  stets  be- 
strittenem  Besitze  1442  an  Alfonso  von  Aragonien. 

171 


Sie  ritten  weg,  und  als  sie  zehn  Meilen 
zuriickgelegt  hatten,  blieben  sie  in  einem 
Wirtshause  zum  Mittagmahle  und  zum 
Abendessen  und  ùbernachteten  auch  dort; 
dann  ritten  sie  in  die  Stadt,  wo  der  Kònig 
war. 

Nachdem  sie  von  den  Pferden  gestiegen 
waren,  lieB  es  sich  der  Pfarrer  nicht  neh- 
men,  die  Messe  zu  hòren  und  zu  friih- 
stùcken;  der  Kanzler  hingegen  war  schon 
ungcduldig  und  bàtte  einen  so  langen  Auf- 
enthalt  lieber  vermieden.  Als  er  aber  den 
Pfarrer  tadelte,  dafi  er  zu  viel  Zeit  ver- 
sàume,  antwortete  ihm  der:  „Wir  sind  Ge- 
sandte  und  mùssen,  zumai  da  wir  zu  einem 
Kònige  gehn,  die  Wiirde  bewahren." 

Endlich  begaben  sie  sich  zu  seinem  Pa- 
laste und  das  war  ein  Haus,  wie  es  in  Flo- 
renz  jeder  kleine  Bùrger  hat.  Sie  lieBen  es 
ihn  wissen,  dafì  zwei  Gesandte  der  flo- 
rentinischen  Galeeren  mit  Seiner  Majestàt 
sprechen  woUten,  und  lieBen  ihm  das  wohl 
zweimal  oder  dreimal  sagen;  aber  sie  mu6- 
ten  etwa  vier  Stunden  warten  und  immer 
bekamen  sie  zur  Antwort:  „Wartet,  er  hat 
etwas  zu  tun." 

Als  nun  der  Pfarrer,  der  mit  seinem  Bc- 
gleiter  in  einem  Hofe  war,  von  ungefàhr  den 
Ropf  hob,  sah  er  den  Kònig,  wie  er  von 
einem  Fenstcr  aus  mit  einem  Blasrohre 
Kiìgelchen  auf  seinen  Koch  schofi.  Da  sagte 

172 


cr  unwillig  mit  ein  wenig  lauter  Stimme: 
„Ich  bin  gar  nicht  verwundert,  da6  man  ihm 
sein  Kònigreich  genommen  hat,  und  ich 
wùrde  mich  nicht  wundern,  wenn  er  das 
Paradies,  wenn  er  es  hàtte,  verlòrc.  Wir 
sind  jetzt  schon  seit  vier  Stunden  hier,  um 
mit  ihm  zu  sprechen,  und  er  làBt  wegen 
eines  Kinderspiels  zwei  Gesandte  warten; 
er  muB  ein  armseliger  Mensch  sein." 

Der  Kònig,  der  das  hòrte,  schàmte  sich 
und  lieB  sie  vor  ihn  kommen  und  hortc  sic 
willig  an  und  gewàhrte  ihnen  einen  weit- 
gehenden  Geleitsbrief  fiir  jedermann,  den 
der  Kapitàn  auf  den  Galeeren  durch  sein 
Gebiet  hin  und  zurùck  mitnehmen  wollc. 

Und  das  war  nur  das  Verdienst  dcs 
Pfarrers;  sonst  hàtten  sie  einen  solchen  Ge- 
leitsbrief nie  bekommen,  weil  die  Katalanier 
dem  Konige  gar  verhafit  und  seine  Tod- 
feinde  waren. 


ALs  der  Pfarrer  Arlotto  einmal  von  einer 
Seereise  in  seine  Pfarre  heimkam, 
fand  er,  dafi  ihm  in  seiner  langen  Abwesen- 
heit  —  er  war  etwa  dreizehn  Monate  nicht  zu 
Hause  gewesen  —  die  Ratten  viele  Sachen 
benagt  und  zwei  Betten  und  Leinwand  und 
Tuch  verdorben  hatten;  das  àrgerte  ihn  sehr 
und  er  sagte:  „Meine  Rache  wird  nicht 
vollstàndig  sein,  wenn  nicht  eine  von  euch 
zur  Katze  wird  und  ich  euch  alle  vertilgt 


CLXIII. 

Wie  der  Pfarrer 

aus  einer  Ratte 

eine  Katze  macht. 


173 


CLXIV. 
Wie  der  Pfarrer 

ein«n, 

der  auf  der  SiraOe 

erkrankt  itt, 


sehe,  so  dafi  auch  nicht  einc  mehr  ùbrig 
bleibt." 

Und  mit  Fallen  und  andcrn  Nachstel- 
lungen  fing  er  sie  schier  alle  lebendig  und 
sperrte  sie  in  einen  schlechten  Bottich,  den 
er  nicht  mehr  brauchte;  und  dort  lieB  er  sie 
einen  Monat. 

Und  wann  er  hinging,  um  nach  ihnen  zu 
sehn,  fand  er,  daB  eine  die  andere  fraB, 
und  das  taten  sie  so  lange,  bis  nur  noch  eine 
ùbrig  blieb;  der  hàngte  er  ein  Schellchen 
an  den  Hals  und  lieB  sie  im  Hause  aus  und 
sagte:  „Jetzt  will  ich  sehn,  was  du  gelcmt 
hast." 

Die  Ratte,  die  sich  einen  guten  Monat 
nur  von  Ratten  genàhrt  batte,  jagte  nun  im 
Hause  wie  eine  Katze,  und  so  viel  Ratten 
sie  traf,  alle  fraB  sie,  und  so  lebte  sie  eine 
lange  Zeit,  so  daB  der  Pfarrer  etwa  drei 
Jahre  in  seinem  Hause  keine  andere  Ratte 
sah  als  die  mit  dem  Schellchen;  denn  ein- 
mal  schreckten  sich  alle  vor  dem  Schell- 
chen, und  dann  fraB  sie  alle,  die  sie  nur  er- 
wischen  konnte.  Und  so  hielt  sie  das  Haus 
drei  Jahre  lang  rein,  und  dann  starb  sie 
und  der  Pfarrer  betrauerte  ihren  Tod  tief. 

IM  Jubel jahre  erkrankte  ein  Piemonteser 
auf  der  StraBe  bei  einem  Wirtshausc, 
und  von  dicsem  Wirte  wurde  er  wie  ein 
Hund  gehalten.     Als  das  der  Pfarrer  sah, 


174 


■i 


*b 


ging  es  ihm  sehr  zu  Herzen  und  er  fùhrtc     6'»  '"  seiner  Ge- 
ihn  aus  Mitleid  in  sein  Haus  und  behielt  ihn   """"^J"^'^Ì"  ^*^"' 
dort  dritthalb  Menate,  bis  er  genesen  war. 

Der  Arzt  und  die  Arzneien  allein  koste- 
ten  ihn  etwa  zwòlf  Dukaten;  und  dazu  kam 
noch,  was  der  Kranke  ùberdics  brauchte. 

Und  àhnliche  Werke  der  Barmherzigkeit 
ùbte  er  in  demselben  Jahre  noch  an  so  viel 
Leuten,  daB  er  meiner  Meinung  nach  sein 
ganzes  damaliges  Jahreseinkommen  nur  auf 
derlei  fromme  Werke  ausgab. 

EIner    fragte    unsern    Pfarrer    Arlotto;  CLXV. 

„Was  soli  ich  denn  am  Morgen,  wann   ...     .    J?"        l 
ìch  aufstehe,  beten,  daB  es  gut  ist?"  "    j"^  pfarrer    * 

Er  antwortete:  „Wann  du  aufstehst,  so  empfiehlt. 

mach  das  Zeichen  des  heiligen  Kreuzes  und 
sprich  ein  Vaterunser  und  ein  Avemaria, 
und  dann  fùge  diese  Worte  hinzu:  ,Mein 
Herr  Jesus  Christus,  bewahre  mich  vor  der 
Wut  und  den  Hànden  der  Bauern,  vor  dem 
Gewissen  der  Geistlichen,  vor  der  Un- 
einigkeit  der  Àrzte,  vor  den  Etcetera  der 
Sachwalter,  vor  jedem,  der  des  Morgens 
zwei  Messen  hòrt,  und  vor  denen,  die  bei 
ihrem  Gewissen  schwòren.*  '* 


betete. 


OGott,   der   du   mein   Herr  warst  und  CLXVI. 

bist,  gib  mir,  was  mir  in  dieser  Welt     ^°*  ÌZS!^"' 
und  in  der  andern  von  Nòten  ist;  fùr  jetzt 
bitte  ich  dich  um  nichts  sonst. 

175 


CLXVII. 

Was  der  Pfarrer 

iìher  das 

Wasser   sagte. 


CLXVIII. 
Wie  der  Pfarrer 

einen 

vorlauten  Geist- 

lichen 

mit   einer 

mantern  Antwort 

beschàmt. 


E  Ines  Abends  war  der  Pfarrer  auf  einem 
Landgute  mit  mehrern  rechtschaffenen 
Leuten  beim  Essen,  als  es  zu  regnen  anfing; 
dariiber  freuten  sich  alle  und  priesen  das 
Wasser  gar  sehr,  weil  es  seit  langem  nicht 
geregnet  batte,  und  sie  sagten:  „Das  wird 
gut  fiirs  Korn  und  fùrs  Getreide  sein  und 
ausgezeichnet  fiir  den  Wein." 

Der  Pfarrer,  der  sah,  daB  von  der  ganzen 
Tischrunde  nicht  einer  war,  der  seinen  Wein 
mit  einem  Tropfchen  gewàssert  bàtte,  sagte: 
„Ihr  preist  alle  das  Wasser,  dabei  ist  aber 
keiner  unter  euch,  der  nur  ein  Tropfchen 
in  seinem  Leibe  haben  wollte." 

« 

WAr  da  ein  etwas  tòlpischer  Gcist- 
lichcr,  der  sich  mit  etlichen  andern 
Geistlichen  mit  einem  gewissen  Spiele  er- 
gòtzte,  wobei  es  darauf  ankommt,  daB  man 
dem  Gegner  mit  Peitschenhieben  hier  und 
dort  das  Fleisch  aufschwellen  macht  —  es 
wird  nàmlich  im  Hemde  gespielt;  dabei 
wollte  aber  dieser  Geistliche  dann  und 
wann  den  Gescheiten  spielen, 

Als  er  nun  bald  darauf  mit  einigcn 
Geistlichen  im  Gespràche  war,  sagte  er  zu 
dem  Pfarrer,  der  auch  anwesend  war:  „Sagt 
mir,  woher  kommt  es  und  was  hat  es  zu 
bedcuten,  daB  die  schwarzen  Bohnen  cine 
weiBe  Suppe  geben?" 

Der    Pfarrer    antwortetc    ihm    und    tat 


176 


seiner  Frage  Geniige;  dann  aber  fragte  er 
ihn  und  sagte:  „Wenn  einer  mit  ciner 
weiBen  Peitsche  auf  das  nackte  Fleisch  ge- 
schlagen  wird,  woher  kommen  denn  da  die 
schwarzen  Striemen?" 

Der  Geistliche,  der  sich  an  die  kurz 
vorher  erhaltenen  Peitschenhiebe  erinnerte, 
merkte  scine  Dummheit,  verstummte  und 
sprach  an  diesem  Abende  kein  Wort  mehr. 

DEr  Pfarrer  hòrte,  wie  sich  ein  Geist- 
lichcr,  Ser  Guanciale  mit  Namen,  zu 
andern  Leuten  heftig  beklagte  und  sagte: 
,,Da  habe  ich  zweimal  die  St.  Gregorsmesse 
gelesen  und  dafìir  war  mir  ein  vollwichtiger 
Dukaten  versprochen;  und  gestem  haben  sie 
mir  einen  Dukaten  gebracht,  der  um  vier 
Soldi  zu  wenig  batte.  Es  fiel  mir  nicht  ein, 
ihn  anzunehmen,  und  ich  habe  ihn  zuriick- 
geschickt." 

Der  Pfarrer,  der  die  Dummheit  und  Ein- 
falt,  die  darin  lag,  erkannte,  sagte:  „Wàre 
ich  dein  Beichtvater  und  du  beichtetest  mir 
diese  Dummheit,  so  wàre  die  BuBe,  die  ich 
dir  gàbe,  die:  der,  der  die  Messen  bestellt 
hat,  durfte  dir  welter  keinen  Heller  geben, 
und  du  mùBtest  dich  auf  cine  Bank  legen 
und  dir  von  deinem  MeBhelfer  fùnfzig  auf- 
zàhlen  lassen." 

Nun  gab  ihm  der  Besteller  wirklich 
keinen  Heller  mehr  und  der  Geistliche  lieB 


CLXIX. 
Wie  der  Pfarrer 

einen 

Geistlichen   tadelt, 

weil  der  einen 

beschàdigten 

Dukaten  zurùck- 

gewiesen  hat. 


Arlotto,  Schwanke  II. 


12 


177 


CLXX. 
Wie  der  Pfarrer 

seinem 

faulen  MeBheUer 

ein   Beispiel 

vorhàlt. 


sich,  um  kiinftig  gewitzigt  zu  sein,  von 
seinem  MeBhelfer  fùnfzig  aufmessen;  es  war 
denn  auch  das  letzte  Mal,  daB  ihm  etwas 
derartiges  zustieB. 

DEr  Pfarrer  batte  einen  faulen,  nichts- 
nutzigen  MeBhelfer  und  versuchte  es 
zu  often  Malen,  ihn  durch  Beispiele  zu 
bessern;  und  eines  Tages  sagte  er  zu  ihm: 

„Du  gàbest  in  Apulien  keinen  guten 
Hund  ab.  Dort  haben  sie  den  Brauch,  die 
Hunde  mit  dem  Home  zu  rufen,  und  welter 
haben  sie  den  Brauch,  sie,  wann  sie  acht 
Menate  oder  ein  Jahr  alt  sind,  zu  er- 
proben  und  nur  die  guten  zu  behalten;  und 
diese  Erprobung  geschieht  auf  folgende 
Weise: 

Sie  nehmen  einen  Kessel  mit  Milch  und 
tragen  ihn  an  den  FuB  eines  Berges  und 
fùhren  die  Hunde  dazu;  wàhrend  die  nun 
trinken,  stòBt  auf  dem  Gipfel  des  Berges 
ein  Mann  laut  ins  Horn.  Die  guten  lassen 
die  Milch  und  laufen  dorthin,  wo  ge- 
blasen  wird,  weil  sie  glauben,  es  gelte 
einen  Wolf  oder  ein  andres  wildes  Tier  zu 
stellen;  die  tragen  und  schlechten  bleiben 
bei  der  Milch  und  lassen  es  blasen.  Nun 
kommt  der  Hirt  und  tòtet  sie,  wàhrend  et 
die  andern,  die  gelaufen  sind,  hoch  im 
Werte  hàlt. 

Darum  will  ich  dir  sagen,  daB  du,  wenn 

178 


i      du   dort   ein   Hund  wàrest,   flugs   gehàngt 
'      wùrdest,  weil  du  sicherlich  nicht  vom  Kessel 


weggingest. 


ZUm  Pfarrer  kamen  zwei  Bauem  und 
sagten  zu  ihm:  „Wir  haben  auf  dem 
Weinberge  gearbeitet  und  auf  einmal  hat 
ein  Kuckuck  gerufen.  Jetzt  sagen  wir  nun 
alle  beide:  ,Er  hat  fùr  mich  gerufen  \*  Wir 
sind  da  in  einem  schweren  Zweifel  und 
haben  mit  einander  gewettet,  der  cine  einen 
Esel,  der  zwanzig  Lire  wert  ist,  der  andere 
das  Geld,  und  haben  uns  geeinigt,  dafi  wir 
uns  Euerm  Schiedsspruche  unterwerfen 
wollen."  Der  Pfarrer  nahm  dieses  Amt  an 
und  sie  gingen  weg. 

Am  Abende  kam  heimlich  einer  von 
ihnen  und  brachte  dem  Pfarrer  zwei  Kàse, 
um  ihn  damit  zu  bestechen,  dafi  er  den 
Spruch  fiir  ihn  abgebe;  der  Pfarrer  ant- 
wortete  ihm  gùtig. 


CLXXL 
Wie  der  Pfarrer 

einen 

tóriehten  Streit 

zweier  Bauem 

nicht 

zu  seinem  Schaden 

schlichtet. 


1  Ristelhuber  zieht  zur  Erklàrung  dieses  merk- 
wùrdigen  Streites  folgende  Stelle  aus  Buffon  heran: 
Les  anciens  observaient  le  temps  de  l'apparition  et 
de  la  disparition  du  coucou  en  Italie.  Les  vignerons 
qui  n'avaient  point  achevé  de  tailler  leurs  vignes 
avant  son  arrivée  étaient  regardés  camme  des 
paresseux  et  devenaient  l'objet  de  la  risée  publi- 
que;  les  passants  qui  les  voyaient  en  retard  leur 
reprochaient  leur  paresse  en  répétant  le  cri  de  cet 
oiseau  qui  lui-méme  était  l'emblème  de  la  fainé- 
antise. 


12^ 


179 


Er  war  noch  nicht  lange  weg,  so  kam 
der  anderc  und  brachte  dem  Pfarrer 
zwanzig  Eier  und  bat  ihn  und  empfahl  sich 
ihm  so  wie  der  erste. 

Am  nàchsten  Morgen  kam  der  mit  dem 
Kàse  und  brachte  ihm  ein  Paar  Hiihnchen 
und  sagte  dasselbe  wie  Tags  zuvor. 

Als  er  weg  war,  kam  der  mit  den  Eiern 
und  brachte  unter  Bitten  ein  Paar  Kapaune. 

Und  so  taten  sie  noch  mehrere  Male 
und  die  Spenden  wurden  immer  wert- 
voller. 

Nachdem  so  der  Pfarrer  etliche  Ge- 
schenke  erhalten  hatte,  lieB  er  sie  beide 
kommen  und  sagte  zu  ihnen:  „Ich  will  dir 
den  Esel  retten  und  dir  die  zwanzig  Lire; 
denn  mein  Urteil  geht  dahin,  da6  der 
Kuckuck  fùr  mich  und  nicht  fiir  einen  von 
cuch  gerufen  hat.  Und  damit  ihr  seht,  daB 
mein  Urteil  gerecht  ist,  so  wisset,  daB  mir 
jeder  von  euch  fiinf  oder  sechs  Geschenke 
gebracht  hat.  Ihr  Narren  und  Dummkòpfe, 
die  ihr  seid,  ich  wùrde  euch  ja  euere  Sachen 
zuriickgeben,  aber  ich  sage  mir,  daB  ihr  sie, 
wenn  ihr  den  Schiedsspruch  einem  andern 
iibertragen  hàttet,  sicherlich  nicht  zuriick- 
bekàmet.  Ein  andres  Mal  seid  gescheit, 
und  solange  euere  Geschenke  vorhalten, 
kommt  zu  mir  und  tut  euch  mit  mir  daran 
gùtlich." 


180 


EInmal  sagte  einer  zum  Pfarrcr:  „Wanim 
seid  Ihr  so  stumm?  Seid  Ihr  denn  ein 
Tor?" 

Der  Pfarrer  antwortetc:  „Die  Torcn 
konnen  nicht  schweigen;  wer  anderc  bc- 
herrschen  will,  muB  zuerst  sich  selber  bc- 
herrschen  konnen," 

Und  das  sagte  er  im  Hinblickc  auf  die 
vielen  Makler,  die  sàmtlich  Lente  sind,  die 
alles  mògliche  unternommen  haben,  aber 
sich  zumeist  das  Geschàft  verdorben  haben 
oder  zugrunde  gegangen  sind. 


CLXXIL 

Was  der  Pfarrtr 

iiber  Reden 

und  Schweigen 

dachte. 


E  Ine  schòne  und  reich  geschmùckte  Frau 
fragte  den  Pfarrer:  „Habt  Ihr  je  ein 
Wesen  gesehn,  das  reicher  an  Zier  und 
schòner  gewesen  wàre?" 

Er  antwortete:  „Ja;  der  Hahn,  der 
Fasan  und  der  Pfau  sind  schòner  als  Ihr, 
weil  sie  von  Natur  aus  so  sind,  und  weil 
der  natiirliche  Schmuck  viel  schòner  ist  als 
der  kùnstliche." 


CLXXlll. 
Was  der  Pfarrer 

einer 
eiteln  Frau  ge- 
antwortet  hai. 


DEr  Pfarrer  antwortetc  einem  Freunde, 
der  sich  bei  ihm  iiber  sein  vieles  MiB- 
geschick  beklagte: 

,,Willst  du  es  mit  Geduld  tragen,  so 
steige  auf  die  Kuppel  von  Santa  Maria  del 
Fiore  und  schau  hinunter  und  bedenke,  wie 
viel  Elend,   gròBer  als   das   deinige,   unter 

181 


CLXXIV. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  Freund 

getrostet  hai. 


dieser  Menge  von  Dàchern  ist  und  gewesen 
ist  und  sein  wird;  und  dann  wirst  du  das 
deinige  mit  Geduld  tragen.  Wenn  alle 
Menschen  der  Welt  alles  Ungliick  an  einem 
Orte  niederlegten  und  wenn  dann  jeder  das, 
was  bei  einer  Teilung  auf  ihn  entfiele,  auf- 
nehmen  solite,  so  kònnte  es  keiner  nach 
Hause  tragen;  so  viel  kàme  auf  einen." 


CLXXV. 
Wie  der  Pfarrer 

einen 

gchmàhsùchtigen 

Kanonikus 

getadelt  hai. 


E  In  vornehmer,  aber  lasterhafter  und 
nichtsnutziger  Kanonikus  batte  einen 
Wortwechsel  mit  einem  guten,  biedern 
Landgeistlichen;  er  sagte  ihm  viele  Belei- 
digungen  und  schimpfte  ihn  unter  anderm: 
„Du  Bauerntòlpel." 

Der  Pfarrer,  der  das  hòrte,  machte  dem 
Kanonikus  Vorwiirfe  und  tadelte  ihn  und 
fuhr  fort:  „Dem  Geistlichen  da  machen 
seine  Heimat  und  seine  unedle  Geburt 
Schande;  Ihr  aber,  Herr  Kanonikus,  schàn- 
det  Euere  Vaterstadt  und  Euere  adelige 
Geburt." 


CLXXVI. 

Was  der  Pfarrer 

iiber   den 

Zwiespalt    zwUchen 

Kleidung 

und  Rede  ge- 

tagt  hai. 


ALs  der  Pfarrer  einen  sah,  der  prunk- 
voll  gekleidet  war,  aber  hàfiliche  und 
unehrbare  Reden  fùhrte,  sagte  er  zu  ihm: 
„Hòre  du,  entweder  fùhre  Reden,  die  zu 
deinen  Kleidern  passen,  oder  trage  Kleidcr, 
die  zu  deinen  Reden  passen." 


182 


IM  Vorbeigehn  hòrte  der  Pfarrer  cinen 
sagen:  „Ich  habe  viel  lieber  mit  Weibern 
und  Knaben  zu  tun,  als  mit  dcn  weisen 
Philosophen." 

Der  Pfarrer  antwortete  ihm:  „Auch  die 
Schweine  sind  lieber  im  Dreck  als  im  reinen 
Wasser." 


CLXXVII. 

Wie  der  Pfarrer 

einen 

Hohlkopf 

abgefertigi  hai. 


ALs  der  Pfarrer  einmal  horte,  wie  einer 
ùber  den  Tod  seines  Sohnes  laut  weh- 
klagte,  sagte  er:  „Du  hast  unrecht,  so  zu 
jammern;  derni  er  war  sterblich  und  die 
Natur  hat  ihren  Lauf  vollendet." 


CLXXVUl. 
Was  der  Pfarrer 

ùber 
den  Tod  dacftte. 


E  In  groBgcwachsencr  j  unger  Mann,  der 
sich  fiir  besonders  gescheit  hielt,  ging 
wegen  der  pràchtigen  Kleidung,  die  er  am 
Leibe  batte,  aufgeblasen  iiber  die  StraBe. 

Der  Pfarrer  sagte  zu  ihm:  „DaB  du  groQ 
bist,  wird  mich  nicht  bestimmen,  dich  zu 
achten;  wenn  du  aber  gut  sein  wirst,  so 
werde  ich  dich  als  weise  und  groB  achten." 


CLXXIX. 

Was  der  Pfarrer 

zu  einem 

Gectten  ge$agt 

fiat. 


ALs  der  Pfarrer  einem  jungen  Manne 
seinen  schlechten  Lebenswandel  vor- 
hielt,  sagte  der  nach  langer  Verteidigung 
und  Entschuldigung:  „Wie  soli  ich  denn 
also  leben,  Pfarrer?" 

Und  der  Pfarrer  antwortete  ihm:   „Du 
hast  Verstand  und  ich  sage  dir,   daB  be- 

183 


CLXXX. 

Ein  Rat  fiir  die 

Liederlictten. 


sonders  den  Jiinglingen  Ehrbarkeit  ziemt 
im  Benehmen,  im  Auftretcn  und  in  der 
Klcidung." 


CLXXXL 
Wìe  der  Pfarrer 

zur 

Versòhnlichkeit 

gemahnt  hat. 


Wle  ich  dir  in  seiner  Lebensbeschrei- 
bung  gesagt  habe,  war  der  Pfarrer 
ein  gutmùtiger  Mensch  und  ermahnte  auch 
stets  die  andern  zur  Friedfertigkeit. 

Einmal  sah  er,  wie  einer  einem  andern 
einen  Fufitritt  versetzte. 

Der  getretene  schlug  Làrm  und  schrie, 
er  werde  sich  ràchen  und  ihn  vor  dem 
Richter  verklagen. 

Der  Pfarrer  redete  ihm  aber  so  lange  zu, 
versòhnlich  zu  sein,  bis  er  seinem  Gegner 
verzieh;  und  unter  den  Ermahnungen  und 
Ratschlàgen,  die  er  ihm  gab,  sagte  er  auch: 
„Wenn  dir  ein  Esel  oder  ein  Pferd  einen 
Tritt  gàbe,  wùrdest  du  es  verklagen?"  und 
als  er  das  verneinte:  „Um  wie  viel  mehr 
muBt  du  Geduld  haben,  wenn  dich  ein  ver- 
niinftiges  Geschòpf  tritt!" 


CLXXXII. 
Wie  der  Pfarrer 

auf 
Verunglimpfungen 

antwortete. 


Einmal   sagte   ihm   einer   viel   unglimpf- 
liche  Worte,  und  ein  Freund  tadclte 
ihn,  daB  er  nicht  antwortc. 

Und  der  Pfarrer  sagte:  „Warum  solite 
ich  darauf  etwas  geben?  Er  sagt  es  ja  gar 
nicht  zu  mir,  weil  ich  gar  gut  weìQ,  daB 
das,  was  er  sagt,  nicht  in  mir  ist." 

184 


Auch  pflegte  er  zu  sagen,  daB  cs  manch- 
mal  gut  sei,  wenn  man  beschimpft  und  ge- 
tadelt  werde,  weil  es  cine  von  zwei  guten 
Folgcn  zeitige:  entspreche  es  der  Wahrheit, 
so  werde  man  dadurch  veranlaBt,  sich  zu 
bessern,  und  sei  es  falsch,  so  solle  man 
trachten,  nicht  solche  bòse  Dinge  zu  tun, 
daB  der  recht  bekomme,  der  einen  be- 
schimpft habe. 

Wegen  einer  Beschimpfung  diirfe  man 
nie  zornig  werden,  auBer  wenn  das  gesagte 
wahr  sei;  sei  es  aber  eine  Liige,  so  diirfe 
man  sich  nicht  darum  kiimmern  und  solle 
sich  so  benehmen,  daB  der  andere  als 
Liigner  dastehe. 


DEr  Pfarrer  ging  mit  einem  Freunde 
durch  eine  StraBe  und  da  hòrten  sie  in 
einem  Hause  Frauen  mit  einander  schreien; 
und  als  sie  die  Kòpfe  zu  dem  Fenster 
hoben,  wurde  iiber  sie  ein  groBer  Kiibel  voli 
Wasser  ausgegossen,  so  daB  sie  beide  durch- 
naBt  wurden. 

Der  Pfarrer  lachte  dariiber,  aber  sein 
Gesell  àrgerte  sich  baB. 

Nun  sagte  der  Pfarrer:  „Du  hast  un- 
recht,  weil  du  hàttest  auf  den  Làrm  achten 
sollen;  weiBt  du  denn  nicht,  daB  auf  den 
Donner  der  Regen  folgt?" 


CLXXXIII. 
Wie  der  Pfarrer 

mit  Wasser 
beschùttet  wird. 


185 


CLXXXIV. 

Wie  der  Pfarrer 

einen 

Mailer  tadelt, 

weil  er  einem  Nach- 

bar  geraten  hai, 

sein  Weib  zu 

schlagen. 


E  In  Miiller  schalt  scinen  Nachbar  und 
sagte  zu  ihm:  „Wie  kannst  du  es  nur 
aushalten,  dafi  deine  Frau  nichts  andres 
tut  als  schreien?" 

Und  auf  den  Rat  des  Miillcrs  wollte  der 
Mann  seiner  Frau  cine  tiichtige  Tracht 
Priigel  geben. 

Der  Pfarrer  machie  alien  zweien  Vor- 
wùrfe,  und  zu  dem  Miiller  sagte  er:  „Warum 
hàltst  du  es  aus  bei  den  Ràdern  deincr 
Miihle  und  bei  dcinen  Gansen  und  Hùh- 
nern,  die  den  ganzen  Tag  nichts  tun  als 
Làrm  machen?  Von  der  Mùhle  hast  du  ja 
doch  nichts  als  Mehl  und  von  den  Gansen 
und  Hiihnern  Eier;  er  hat  aber  Kinder  von 
seiner  Frau," 

Und  welter  sagte  er:  „Ich  wiirde  meinen 
MeBhelfer  da  ziichtigen,  wenn  ich  nicht 
zornig  wàre," 


CLXXXV. 

Was  der  Pfarrer 

iiber  das 

Lernen  dachie. 


ALs  Greis  sah  er  einmal  einer  kunst- 
rcichen  Arbeit  zu;  man  tadelte  ihn 
deshalb  im  Hinblicke  auf  sein  Alter,  er 
aber  antwortete:  „Es  ist  eine  gròfiere 
Schande,  unwissend  zu  sein,  als  zu  lernen." 
Er  sagte  auch,  alles  kònne  dem  Men- 
schen  schaden,  nur  Tiichtigkeit  und  Wisscn 
nicht:  sei  einer  tiichtig  und  habe  er  Wisscn, 
so  komme  er  zu  Ehren  und  Wiirden;  wenn 
aber  ein  lasterhaf ter  Tiichtigkeit  undWissen 
habe,  so  verdecke  er  damit  die  Laster. 


186 


ES  kam  cin  Baucr  zum  Pfarrer  und  sagte 
zu  ihm:  „Ich  bitte  Euch,  gebt  mir  einen 
Sack  Korn." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Gern;  nimm 
den  Sack  und  geh  hinauf  in  den  Saal  und 
in  den  Winkel,  wo  du  es  voriges  Jahr  ge- 
nommen  hast,  und  nimm  dir," 

Der  Bauer  kam  zuriick  und  sagte:  „Ich 
habe  liberali  gesucht,  auch  dort,  wo  ich  es 
voriges  Jahr  genommen  habe,  aber  ich 
finde  weder  Korn,  noch  Getreide." 

Der  Pfarrer  antwortete:  „Ja  ist  denn 
nicht  das  dort,  das  ich  dir  voriges  Jahr  ge- 
borgt  habe?" 

Der  Bauer  sagte:  „Nein,  Herr." 

Der  Pfarrer  sagte:  „Du  hast  es  mir  also 
damals  nicht  zuriickgebracht?  Hàttest  du 
es  mir  zuriickgebracht,  bàtte  ich  dir  borgen 
kònnen." 

Der  Bauer  schàmte  sich,  weil  er  scine 
Undankbarkeit  einsah,  und  ging  ohne  Korn 
weg;  und  bei  der  nàchsten  Ernte  brachtc 
er  das  Korn  vom  Vorjahre  zurùck. 

EIner  sagte  zum  Pfarrer  Arlotto:   „Der 
Papst    und    wir    haben    Frieden    ge- 
schlossen  *." 

1  t)ber  den  Krieg  zwischen  Sixtus  IV,  und  den 
Florentinern  vgl.  Erich  Frantz,  Sixtus  IV.  und  die 
Republik  Florenz.  Regensburg,  1880,  S.  260—350. 
Die  Verkiindigung  des  Friedens  in  Florenz  ist  am 
25.  Màrz  1480  geschehn. 

187 


CLXXXVI. 

Wie  $ich  der 

Pfarrer  weigert, 

einem  Sàumigen  zu 

borgen. 


CLXXXVII. 

Warum  der 
Pfarrer  nicfit  an 

einen  Frieden 
mit  dem  Papste 
glauben  wollte. 


Der  Pfarrer  antwortete  und  sagte:  „Das 
kann  nicht  sein." 

Weil  nun  sein  Freund  àrgerlich  wurde 
und  sich  nicht  davon  abbringen  liefi,  da6  es 
wahr  sei,  sagte  er:  „Ich  komme  eben  vom 
Markte;  als  ich  dort  mit  pàpstlichem  Gclde 
zahlen  wollte,  haben  sie  es  mir  nicht  gè- 
nommen.  Ich  sagte:  ,Seht  ihr  denn  nicht, 
daB  ihr  unrecht  tut,  wenn  ihr  das  Geld  des 
Heiligen  Vaters  zurùckweist?'  Aber  es  nùtztc 
mir  nichts,  und  so  sage  ich,  daB  es  nicht 
wahr  ist  und  nicht  wahr  sein  kann,  weil 
sein  Geld  hier  nichts  gilt." 


CLXXXVUl. 

Wie  sich  der 
Pfarrer  an  seinen 

Gàsten  ràcht, 
weil  sie  ihn  um 

sein  Essen 
gebracht  haben. 


EInige  angesehne  Mànner  aus  der  Stadt 
kamen  den  Pfarrer  besuchen  und  er 
sorgte,  wie  es  seine  Gewohnheit  war,  fìir 
eine  tref fliche  Bewirtung.  Gegen  die  Mittag- 
stunde  muBte  er  aber  irgendwohin  in  der 
Nàhe  gehn. 

Da  er  etwas  verzog,  verloren  sie  die  Ge- 
duld;  sie  sperrten  ihn  aus  dem  Hause  und 
aBen  seinen  Teil  und  den  ihrigen. 

Als  sie  ihm  endlich  aufgemacht  hatten, 
lachte  er  iiber  den  Streich  und  aB  Kàse  und 
Brot.  Dann  ging  er  in  die  Kirche  und  fìilltc 
das  Weihwasserbecken  mit  01;  und  als  sic 
in  die  Kirche  kamen,  reichte  er  ihnen,  nach- 
dem  er  einen  Psalm  zum  Preise  des  Herrn 
gesungen  batte,  das  Weihwasser,  wobei  er 

188 


* 


ihre  Kleider  nach  Wunsch  und  Gebùhr  her- 
richtete. 

Und  bei  dem  Gclàchter  iiber  den  Streich, 
den  sic  ihm  gespielt  hatten,  merkten  sic  es 
crst  am  Tage  nachher,  daB  ihre  Màntel  vollcr 
ólflecke  waren;  als  sie  dann  den  Schaden 
sahen,  schickten  sie  sich  geduldig  darein 
und  sagten  sich,  daB  ihnen  fùr  die  Unbill, 
den  Pfarrer  auBerhalb  seines  Hauses  fasten 
zu  lassen,  ganz  recht  geschehn  sei. 

E  In  windiger  Mònch  predigte  eines  Tages 
in  einem  Kirchlein,  dessen  Priester  ein 
Freund  des  Pfarrers  Arlotto  war;  und  er 
hatte  sich  in  ein  Gewirr  von  Dummheit  ver- 
strickt,  und  das  unangenehmste  war,  daB 
er  nicht  wieder  heraus  konnte. 

Trotz  alien  Zeichen,  die  man  ihm  gab, 
wollte  er  nicht  von  der  Kanzel  herunter, 
und  es  nùtzte  weder,  daB  ihn  die  andern 
Geistlichen  riefen,  noch  daB  sie  die  Glocken 
làuteten, 

Der  Pfarrer  sagte  zu  ihnen:  „Ihr  seid  zu 
ungeschickt"  ;  und  er  holte  eine  Schiissel 
und  trommelte  darauf  mit  einem  Lòffel  so 
nahe  bei  dem  Monche,  daB  ihn  der  hòrcn 
und  sehn  muBte.  Kaum  hatte  der  Mònch 
diesen  Klang  gehòrt,  so  sprang  er  so  hastig 
von  der  Kanzel  herunter,  daB  er  vergaB,  den 
Segen  zu  geben;  eine  solche  Angst  hatte  er, 
er  konnte  um  sein  Essen  kommen,  und  son- 


CLXXXIX. 
Was  der  Pfarrer 

angestellt  hai, 

um  einen   Mònch 

zar  Beendigung 

seiner  Predigi  zu 

veranlassen. 


189 


cxc. 

Wie  der  Pfarrer  in 

Schiffsnot 

gescherzt  hat. 


derlich  deshalb,  weil  er  geschn  hatte,  daB 
es  gute  Bissen  gab. 

ALs  der  Pfarrer  auf  einer  Galeere  nach 
Spanien  fuhr,  ereignete  sich  eines 
Tages  folgender  Vorfall: 

Es  wùtete  ein  gewaltiger  Sturm  und  das 
Meer  warf  hohe  Wogen,  so  daB  der  Galeere 
der  Untergang  drohtc. 

Noch  hatte  sich  die  Gefahr  nicht  ver- 
mindert  und  alle  Leute  waren  in  Verwirrung 
und  Angst,  als  ein  neues  Unheil  dazukam; 
denn  durch  den  schrecklichen  Sturm  schlug 
plòtzlich  das  Feuer  unten  im  Schif fsraum  in 
heller  Lohe  auf  und  die  Galeere  wurde  so 
in  Rauch  gehùllt,  daB  die  Leute  glaubten, 
sie  brenne  allenthalben  und  alle  miiBten 
verbrennen, 

Obwohl  der  Pfarrer,  als  er  diese  beiden 
schweren  Gefahren  sah,  sich  und  die  andem 
mit  Bitten  und  Gebet  dem  Herrgott  befahl, 
sagte  er  doch,  damit  sie  nicht  den  Mut  ver- 
lòren,  ein  paar  lustige  Worte  und  unter 
andern  auch  dieses:  „Brùder,  ihr  seht,  daB 
die  Galeere  samt  uns  alien  in  Wassers-  und 
in  Feucrsnot  ist;  wer  also  gesotten  werden 
will,  der  springe  ins  Meer,  und  wer  gebraten 
werden  will,  der  rubre  sich  nicht." 


190 


E  Ines  Tagcs  sprach  der  Pfarrer  mit  einem 
Freunde  von  ihm,  einem  rechten  Wind- 
beutel,  dem  es  bei  einem  Ohre  hinein  und 
beim  andern  wieder  herausging,  und  hiclt 
ihm  seine  Laster  und  schlechten  Sitten  vor; 
als  es  sich  aber  nach  einer  langen  Predigt 
herausstellte,  da6  der  Freund  von  ali  den 
guten  Lehren,  die  er  ihm  gegeben  batte, 
keine  verstanden  oder  alle  schon  wieder 
vergessen  batte,  erzàhlte  er  ihm  zum 
Schlusse  folgende  hiibsche  Geschichte: 

„Es  war  einmal  ein  Bauer,  der  fing  eine 
schòne  Nachtigall;  und  die  sagte  mit  sùfier 
Stimme  zu  ihm:  ,Wenn  du  mich  freilassen 
willst,  so  verspreche  ich  dir,  dir  drei  Lehren 
zu  geben,  deren  du,  wenn  du  sie  anwendest 
und  sie  im  Gedàchtnisse  behàltst,  zcit- 
lebens  froh  sein  soUst,  so  dafi  du  dich  auf 
dieser  Welt  wirst  gliicklich  preisen  kònnen.* 

Der  Bauer  antwortete:  ,Ich  verspreche 
dir  sicherlich,  dich  frei  zu  lassen,  wenn  du 
mich  sie  lehrst.* 

Nun  begann  die  Nachtigall  zu  sprechen 
und  sagte:  ,Die  erste  Lehre  ist,  daB  du 
weder  suchen,  noch  begehren  sollst,  was  zu 
bekommen  und  zu  finden  unmòglich  ist,  die 
zweite,  dafi  du  trachten  sollst,  zu  behalten, 
was  du  brauchst,  und  die  dritte,  dafi  du 
nicht  glauben  sollst,  was  durchaus  nicht 
sein  kann.* 

Nachdem  sie  ihm  diese  Lehren  gegeben 


CXCl. 

Wie  der  Pfarrer 

die  Geschichte  von 

dem  Bauer 

und  der  Nachtigall 

erzàhlt. 


191 


batte,  lieB  sie  der  Bauer  aus  und  sie  flog 
auf  einen  hohen  Baum,  wo  sie  vor  ihm  in 
Sicherheit  war;  von  dort  redete  sic  auf  ihn 
hcrunter  und  sagte:  ,Du  hast  dir  schwer  ge- 
schadet,  daB  du  mich  ausgelassen  hast: 
wisse,  da6  ich  in  meinem  Schlunde  einen 
kostbaren  Stein  babe,  etwas  gròBer  als  ein 
Gànseei  und  mebr  wert  als  eine  Stadt.' 

Diese  Rede  der  Nacbtigall  batte  dieWir- 
kung,  daB  ibr  der  Bauer  durcb  Wald  und 
Gestriipp  rastlos  nacbsetzte,  um  sie  wieder 
zu  fangen,  bis  sie  endlicb  nacb  einer  langen 
Zeit  zu  ibm  sagte:  ,Du  unsinniger  Tor,  du 
meinst,  die  drei  Lehren,  die  icb  dir  gegeben 
babe,  im  Gedàcbtnis  bebalten  zu  baben? 
Du  hast  mich  gebabt  und  bast  nicbt  ge- 
tracbtet,  micb  zu  bebalten;  und  bist  du  denn 
ein  solcher  Narr,  daB  du  glaubst,  icb  bàtte 
im  Scblunde  einen  Stein,  der  gròBer  wàrc 
als  ein  Gànseei?  siebst  du  denn  nicbt,  dafi 
ein  Gànseei  secbs  oder  sieben  Mal  so  groB 
ist  wie  icb?  wie  solite  es  denn  in  meinem 
Scblunde  sein?  Und  was  die  dritte  Lehre 
bctrifft,  daB  du  nicbts  unmòglicbes  suchen 
sollst,  wie  kannst  du  denn,  wo  du  micb  ein- 
mal  gefangen  gebabt  bast  und  icb  dcinen 
Hànden  entronnen  bin,  glauben,  daB  ich 
mich  wieder  fangen  lieBe?  Du  verlierst 
deine  Zeit,  pack  dich.'  " 


192 


IN  der  Pfarre  von  S.  Lorenzo  in  Florenz 
starb  ein  Kanonikus,  Messer  Domenico 
Maringhi  ^  mit  Namen,  der  sehr  dick  war; 
als  es  nun  galt,  ihn  zu  Grabe  zu  tragen,  da 
zuckten  alle  Geistlichen  die  Achseln  und  es 
gab  unter  ihnen  einen  groBen  Streit  und  sie 
machten  allerlei  Schwierigkeiten  und  Um- 
stànde.  SchlieBlich  trugen  ihn  etliche  starke 
junge  Mànner  mit  grofier  Mùhe,  und  die 
kamen  matt  und  miirrisch  nach  Hause. 

Da  unser  Pfarrer  bei  diesem  Streite  zu- 
gegen  gewesen  war,  verordnete  er  als 
kluger  Mann,  da6  bei  seinem  Tode  acht 
Geistliche  achtundvierzig  Dickgroschen  be- 
kommen  sollten,  damit  sie  ihn  zu  Grabc 
trugen,  und  er  sagte:  „Immer  habe  ich  auf 
dieser  Welt  mit  alien  in  Frieden  gelebt; 
ich  will  nicht,  daB  ich  nach  meinem  Tode 
einen  AnlaB  zu  einem  Àrgernis  gàbc." 

Und  seine  Vorsicht  bewàhrte  sich;  denn 
als  er  starb,  wollte  der  sechs  Dickgroschen 
halber  jeder  Geistliche  einer  von  den 
achten  sein,  die  ihn  zu  tragen  hatten. 


CXCII. 
Wie  der  Pfarrer 

fiir  sein 
Leichenbegangni» 

sorgi. 


AUf  einem  Spaziergange,  den  der  Pfarrer 
mit  etlichen  Freunden  unternahm, 
blieben  sie  alle  stehn,  um  ihr  Wasser  abzu- 
schlagen;  aber  der  Pfarrer  lieB  noch  ùber- 


1  Domenico  di  Jacopo  Maringhi  ist  am  17.  Mai 
1470  begraben  worden  (Manni,  III,  S.  114). 


Arlotto,  Schwanke  II. 


13 


193 


CXCIIl. 

Wie  der  Pfarrer 

siets  ein 

lustiges  Wort 

in  Bereitsctiaft 

fiatte. 


CXCIV. 
Wie  der  Pfarrer 

in  kein 

gespreiztes  Hans 

gehn  will. 


dies  cinen  so  erschrecklichen  Furz,  daB  sich 
alle  vcrwunderten. 

Nun  sagte  er:  „Was  wundert  ihr  euch 
groB  ùber  meinen  Furz?  findet  ihr  es  nicht 
in  der  Ordnung,  daB  unter  so  viel  Pfeifern 
auch  ein  Posaunenblàser  sei?" 

ALs  Messer  Jacopo  de'  Pazzi  mauem 
lieB,  wohnte  er  in  einem  Saale,  der 
durch  einige  Spreizen  gestùtzt  war.  Und 
da  damals  der  wohledle  und  wiirdige  Pràlat 
Messer  Falcone  aus  Rom  bei  ihm  abge- 
stiegen  war,  schickten  sie  um  den  Pfarrer 
Arlotto;  der  kam  und  Messer  Jacopo  machte 
ihm  Vorwiirfe,  daB  er  sich  nicht  schon 
friiher  eingefunden  habe,  um  einen  so  vor- 
nehmen  Mann,  der  noch  dazu  ein  Freund 
von  ihm  sei,  zu  besuchen. 

Der  Pfarrer  antwortete:  ,, Messer  Jacopo, 
deswegen  entschuldige  ich  mich  nicht  erst, 
weil  ich  sehr  ungern  in  gespreizte  Hauser 
gehe,  und  ich  verwundere  mich  auch  hòch- 
lich,  daB  Ihr  in  einem  solchen  wohnt;  noch 
mehr  verwundert  bin  ich  allerdings,  daB  Ihr 
meinen  liebwerten  Messer  Falcone  hieher- 
gefùhrt  habt." 


1  Jacopo  de'  Pazzi  war  das  Oberhaupt  der  be<- 
kannten  Verschwòrung  gegen  die  Medici;  er  war 
ein  Gotteslàsterer  und  Spieler,  wurde  aber  doch 
vom  Volke  zum  Rttter  gemacht. 


194 


DEr  Pfarrer  fragte  cine  hiibsche  Frau: 
„Was  wiirdc  es  mich  kosten,  dafi  Ihr 
mir  einmal  zu  Willen  wàret?" 
Sie  antwortete:  „Zwci  Dukaten." 
Der  Pfarrer  antwortete:   „Ich  will   die 
Reue  nicht  um  zwci  Dukaten  kaufen." 

E  In  Reicher  und  ein  Armer  kamen  zum 
Pfarrer  und  sagten  zu  ihm:  ««Sagt  uns, 
wer  von  uns  beiden  mehr  wert  ist." 
Er  antwortete:  „Der  tugendhaftere." 
Und  gelegentlich  antwortete  er  einem: 
„Ich  kann  nicht  sagen,  oh  der  und  der  glùck- 
lich  ist  oder  nicht,  wenn  ich  nicht  mit  ihm 
gesprochen  habe;  denn  ich  weiB  nicht,  ob 
er  gelehrt  oder  unwissend,  nicht,  ob  er  ge- 
recht  oder  ungerecht  ist,  und  nicht,  worin 
sein  Gliick  oder  Unglùck  besteht." 

BEi  einer  Auseinandersetzung  iiber  cine 
unwichtige  Sache  lieB  sich  der  Pfarrer 
Arlotto  von  einem  vornehmen  Biirger  be- 
siegen;  deshalb  warf  man  ihm  vor,  daB  er 
darauf  verzichtet  habe,  den  Sieg  zu  er- 
langen,  obwohl  er  es  bàtte  konnen. 

Er  antwortete:  „Ein  Fischer  durchnàBt 
sich  an  einem  schlechten  Tage  am  ganzen 
Leibe,  um  einen  kleinen  Fisch  zu  fangen; 
und  ich  mache  mir  nichts  daraus,  ihm  den 
Sieg  zu  iiberlassen,  wenn  ich  ihn  dadurch 
fangen  kann." 

13*  195 


cxcv. 

Wofar  dem  Pfarrtr 

zwei  Ducaten 

za  oiel  tind. 


CXCVI. 

Wie  der  Pfarrtr 
zweien  eine 

hiibsche  Antwori 
gegeben  hai. 


CXCVII. 

Wie  der  Pfarrer 

aus  Klugheit 

nachgibt. 


CXCVIII. 

Wie  der  Pfarrer 

die  Geschichte  voti 

dem  Hirien 

and  den  Wólfen 

erzahlt  hat. 


ALs  man  ùber  gewisse  Friedensbedin- 
gungen  sprach,  sagte  der  Pfarrer: 

„Gebt  nur  acht,  daB  es  euch  nicht  so 
ergeht,  wie  dem  Hirten,  der  mit  den  Wól- 
fen unter  folgender  Abmachung  Frieden  ge- 
schlossen  hat:  die  Wòlfe  verlangten  als 
Geiseln  alle  Hunde,  wcil  die  die  Ursache 
ihrer  Zwietracht  seien;  und  das  wurde 
ihnen  bewilligt,  Als  ihnen  aber  die  Hunde 
keinen  Widerstand  mehr  leisten  konnten, 
fraBen  sie  alle  Schafe. 

So  kònnte  es  auch  uns  ergehn,  wenn 
wir  zwanzig  Mànner  unserer  Stadt  als 
Geiseln  gàben;  der  Feind  bàtte  dann  leicht 
den  Frieden  brechen,  weil  wir  der  zwan- 
zig Mànner,  die  gewichtiger  sind  als  alle 
ùbrìgen  zusammen,  beraubt  wàren," 


CXCIX. 

Waram  der  Pfarrer 

kein  Geheimnis 

hóren  wollte. 


ES  kam  einer  zum  Pfarrer  und  sagte  zu 
ihm:  „Ich  will  Euch  ein  groBes  Ge- 
heimnis erzàhlen,  aber  Ihr  miiBt  mir  ver- 
sprechen,  mit  niemand  dariiber  zu  redcn." 
Der  Pfarrer  antwortete:  „Sag  es  mir 
nicht;  wieso  kannst  du  denn  verlangen,  daB 
ich  mich  enthalten  soli,  es  andern  zu  sagen, 
wenn  du  dich  selbcr  nicht  zuriickhalten 
kannst,  es  mir  zu  sagen?" 


es   mir 


1% 


ALs  ich  einmal  beim  Pfarrer  Arlotto  auf 
seiner  Pfarre  war,  sah  ich  von  ihm 
dicses  Werk  der  Barmherzigkeit: 

Eine  arme  Frau  kam  weinend  zu  ihm  und 
sagte:  „Vatcr,  ich  empfehle  mich  Euch  um 
der  Liebe  Gottes  willen:  wegen  einer  Schuld 
von  sechzehn  Dukatcn  hat  man  Brogio, 
meinem  Manne,  scine  zwei  Esel  genommen; 
Ihr  wiBt,  dafi  wir  samt  unsern  sieben  Kin- 
dern  von  dem  gelebt  haben,  was  diese  Esel 
einbrachten," 

Da  der  Pfarrer  keinen  andem  Weg  sah, 
zog  er  —  es  war  im  Dezember  —  scine 
pelzgefùtterte  Schaube  aus  und  sagte: 
„Gch,  verpfànde  sic  und  lòse  die  Esel  aus." 

IN  seiner  Jugendzeit  setzte  der  Pfarrer 
eines  Tages  seinem  Liebchen  heftig  zu 
und  forderte  sic  zum  Liebestjost  oder  zur 
Eselskurzweil  auf  ^.  Sic  aber  woUte  nicht 
und  sagte,  da  sic  sich  seiner  nicht  erwehren 
konnte:  „Ach,  Pfarrer,  ich  habe  meine  Zeit." 
Der  Pfarrer  antwortete:  „Kummere  dich 
nicht;  hast  du  Zeit,  so  habe  ich  Lust." 

^  Hier  bietet  wahrscheinlich  der  Text  der  altea 
Ausgaben  eine  bessere  Lesart  als  das  Manuskript, 
wie  es  in  der  Bihliotechina  grassoccia  abgedruckt 
ist:  dort  hei6t  es:  .  .  .  fu  infestata  .  .  .  et  richiesta 
di  giostra  al  modo  d'asini;  in  der  Ausgabe  Venetia, 
1531  aber  heiBt  es  (Bl,  Eeb):  ..  .fu ...  molto  in- 
festata di  giostra  amorosa  o  sia  della  festa  dello 
asino. 


ce. 

Wie  der  Pfarrer 

seinen  Mante!  weg- 

gegeben  hat, 

um  einer  armen 
Familie  zu  helfen. 


CCI. 

Wie  der  Pfarrer 

in  seinen 

jungen  Jahren  gar 

liistern  war. 


197 


CClI. 

Wie  sich  der 

Pfarrer 

mit  einer  Nonne 

unterhàlt. 


ceni. 

Was  der  Pfarrer 

bei  einer  Dirne  er- 

leht  hot. 


IN  seiner  Jugcndzeit,  wo  er  noch  kein 
Geistlicher,  aber  ein  hubschcr,  baum- 
starker  Bengel  war,  ging  er  einmal,  vom 
teuflischen  Stachel  versucht,  zu  einer 
Nonne,  die  gar  verliebt  in  ihn  war.  Und 
als  sie  sich  zusammentaten,  war  ihre  un- 
geziigelte  Lùsternheit  so  màchtig  in  ihr,  dafi 
sie  schier  nichts  verspùrte;  und  indem  sie 
den  Pfarrer  als  verwegene  Frau,  die  sie 
war,  in  ihrer  fleischlichen  Begehrlichkeit 
betastete,  um  sein  Geschirr  wieder  in  Ord- 
nung  zu  bringen,  traf  sie  auf  die  Hoden, 
und  da  sagte  sie  zu  ihm:  „Was  sind  denn 
das  fiir  Dinger  und  wie  heiBen  sie?" 

Und  er  antwortete:  „Das  sind  die 
Pfeiferlein." 

Da  sagte  die  fromme  Schwester:  „Nur 
hinein  mit  ihnen;  wir  Schwestern  haben  «^uf 
die  Eitelkeiten  von  draufien  verzichtet." 

IN  der  Zeit,  wo  er  noch  Jung  und  hitzig 
war,  ging  der  Pfarrer  Arlotto  eines 
Abends,  von  der  Lust  gestachelt,  in  das 
Haupthandelshaus;  in  der  Dunkelheit  trat 
er,  ohne  die  Ware  zu  sehn,  in  eine  Kammer, 
und  dort  fand  er  ein  dickes,  feistes,  be- 
leibtes  Weib,  gar  wohlgestaltet  von  Kòrper 
und  Gesicht. 

Nach  einigen  gegenseitigen  Liebkosungen 
sagte  sic  zum  Pfarrer:  „Sùfier  Freund,  du 
siehst,  was  fiir  eine  Filile  Fleisch  an  mir 

198 


ist;  wenn  ich  mich  ins  Bett  Icge,  wird  mich 
das  Àufstehen  hart  ankommen.  £s  ist 
besser,  ich  beuge  mich  vor  und  stemme  dcn 
Kopf  gegen  die  Bettwand,  und  du  machst 
es  zu  deinem  Troste  und  zu  meinem  wie 
ein  Hirsch." 

Der  Pfarrcr  antwortetc:  „Ich  bin  mit 
allem  einverstanden,  was  dir  beliebt." 

Nun  beugte  sic  sich  nieder  und  schlug 
Ròcke  und  Hemd  iiber  den  Kopf:  da  sah 
der  Pfarrer  den  màchtigen  Umfang  der 
Hinterbacken  ^  und  die  ungeheuern  Schen- 
kel  und  dann  die  Scham,  die  eher  einer 
riesigen  Kuh  als  einem  Weibe  zuzugehòren 
schien,  und  der  After  ^  klaffte  so  weit,  daQ 
er  in  einem  derartigen  MiBverhàltnisse  zu 
dem  ùbrigen  zu  stehn  schien,  daB  den 
Pfarrer  dieses  ganze  Schauspiel  des  Hintem 
ein  Wunder  dàuchte;  und  er  war  so  er- 
staunt  und  verdutzt,  dafi  er  nicht  wuBte, 
was  tun,  und  bekam  einen  solchen  Ekel, 
daB  ihm  sein  Wunsch  und  damit  auch  alle 
Lust  verging. 

Und  als  sie  sah,  daB  er  gar  nichts  tat, 
verwunderte  sie  sich  baB,  weil  er  ihr  sonst 
Jung  und  hitzig  schien;  sie  wandte  ihr  Ge- 
sicht  zu  ihm  und  forderte  ihn  dringlich  auf, 
indem  sie  sagte:  „Was  iiberlegst  du  lange? 


1  Bìbl.  grass.:  anche;  1531,  Bl,  Aga:  natiche. 
•  l'altro  sexo. 


199 


CCIV. 
Warum  der  Pfarrer 

keine  Gevatter- 

schaft  ubernehmen 

will 


CCV. 
Wie  tittenstreng 

der  Pfarrer 
bgi  den  Tieren 


Warum  bearbeitcst  du  nicht  den  Acker? 
Spute  dich." 

Aber  der  Pfarrer  Arlotto  antwortete  ihr: 
„Ich  tu  es  um  keinen  Preis;  das  da  sind 
Ràumlichkeiten  fùr  einen  Kardinal,  aber 
nicht  fùr  einen  armen  Landgeistlichen,  wie 
ich  einer  bin,  und  darum  entschuldige  mich, 
Schwesterchen,  daB  ich  es  nicht  wage,  dich 
zu  berùhren,  Nichts  desto weniger  will  ich 
meine  Schuldigkeit  entrichten,  weil  ich  nicht 
will,  daB  du  deine  Zeit  mit  mir  verloren 
hàttest." 

Und  er  lieB  sie  aufstehn  und  gab  ihr 
einen  Bolognino;  dann  beurlaubte  er  sich 
von  ihr  und  ging  seiner  Wege,  ohne  eine 
Siinde  begangen  zu  haben.  |f? 

DEr  Pfarrer  Arlotto  sagt,  er  wolle  nie- 
mals  Gevatter  sein,  und  das  deshalb, 
um  nicht  „abrenuntio"  sagen  zu  mùssen, 
damit  es  niemand  so  auslegen  kònnte,  als 
wiirde  er  auf  seine  Pfarre  verzichten. 


ALs  der  Pfarrer  Arlotto  einmal  einen 
zum  Essen  einlud,  sagte  er:  „Ich  habc 
da  etliche  Hàhnchen,  die  den  ganzen  Tag 
einer  auf  den  andern  springen,  so  daB  ich 
sie  alle  miteinander  zum  Feuer  verdammt 
habe." 


200 


-.-..-j 


E  In  Schwàtzer  schloB  sich  dem  Pfarrer  CCVl. 

Arlotto  an.  der  nach  Florenz  ritt.  Auf     ^^^^fj^halt^nl 
dem   Wege   fragte   er   den   Pfarrer:    „Was  ^"wortet. 

gcbt  Ihr  derni  dem  Maultier  da  zu  fressen?",'" 
fuhr  aber,  bevor  noch  der  Pfarrer  bàtte 
antworten  kònnen,  fort  und  pfropfte  ein 
andres  Gespràch  darauf;  als  sie  schlieBlich 
nach  Florenz  kamen  und  sich  voneinander 
verabschiedeten,  sagte  der  Pfarrer:  „Stroh." 
Frùher  war  es  nàmlich  unmòglich  gewesen. 


ALs  der  Pfarrer  gefragt  wurde,  wo  gut 
zu  leben  sei,  antwortete  er,  man  solle 
in  keiner  Stadt  oder  in  keinem  Lande 
wohnen,  wo  die  Ausgaben  gròBer  seien  als 
die  Einnahmen  und  wo  die  Menschen  mehr 
vermòchten  als  die  Gesetze. 


CCVII. 

Wo  nicht  gut  zu 

leben  iti. 


EIner  beschimpfte  den  Pfarrer  und  der 
schwieg;  da  sagte  er  zu  ihm:  „Du  ant- 
wortest  mir  ja  nichts," 

Und  der  Pfarrer  sagte  zu  ihm:  „So  wie 
du  Herr  deines  Mundes  bist,  so  bin  ich  Herr 
meiner  Ohren." 

Und  auf  die  Frage,  warum  er  schweige, 
antwortete  er:  „Es  hat  mich  noch  nie  ge- 
reut,  geschwiegen  zu  haben;  aber  geredet 
zu  haben,  hat  mich  schon  oft  gereut." 


CCVlll. 

Wie  der  Pfarrer 

bei  Unbilden 

Geduld  iibte. 


201 


CCIX. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  Bauer  fragt, 

ob  er  noch  beim 

Tot  hineinkommen 

werde. 


CCX. 
Wie  der  Pfarrer 

einem  Bauer 

einen  guten  Rat 

gibt. 


DEr  Pfarrer  ging  von  Settimo  nach  Flo- 
renz,  und  die  Stunde  war  schon  spàt; 
als  er  darum  einem  Bauer  begegnete,  fragte 
er  ihn,  ob  er  glaube,  da6  er  noch  beim  Tore 
hineinkommen  werde.  Dabei  meinte  er,  ob 
er  noch  vor  TorschluB  zur  Stadt  gelangen 
werde, 

Der  Bauer  aber,  der  sah,  wie  dick  der 
Pfarrer  war,  antwortete  mit  einer  An- 
spielung  auf  seine  Fettleibigkeit:  „Warum 
denn  nicht?  kommt  doch  sogar  ein  Heu- 
wagen  hinein." 

E  In  Bauer  war  von  einem  Baume  gefallen 
und  batte  sich  bei  dem  Sturze  die 
Rippen  gebrochen.  Der  Pfarrer,  der  ein  gar 
schwànklicher  Mann  war,  ging  zu  ihm,  um 
ihn  zu  besuchen  und  iiber  seinen  schweren 
Fall  zu  tròsten;  und  unter  anderm  ver- 
sprach  er  ihm  eine  Regel  anzugeben,  durch 
die  er  sich,  wenn  er  sie  befolge,  nie  mehr 
bei  einem  Falle  einen  Schaden  tun  werde. 

Der  Bauer  antwortete:  „Ich  woUte,  Ihr 
hàttet  sie  mir  vor  meinem  Sturze  gegeben; 
immerhin  bin  ich  es  wohl  zufrieden,  sie  zu 
hòren:  vielleicht  kann  sie  mir  in  der  Zu- 
kunft  niitzen." 

Nun  sagte  der  Pfarrer:  „Sieh  zu,  dafi 
du  herunter  nie  schneller  bist,  als  hinauf; 
wenn  du  beides  gleich  langsam  besorgst, 
wirst  du  dir  nie  einen  Schaden  tun." 


202 


Minaccio  hatte  einmal  alles  verspiclt  bis 
auf  die  Hosen  und  safi  gar  traurig  und 
schier  weinend  vor  einem  Wirtshause;  als 
ihn  nun  ein  Freund,  der  ihn  so  sah,  fragte,' 
was  er  habe,  sagte  er:  „Nichts/* 

„Waruin  weinst  du  dann,  wenn  du  nichts 
hast?" 

Minaccio  antwortete:  „Deswegen  weine 
ich  ja  gerade,  weil  ich  nichts  habe." 

Der  Freund  verstand  es,  als  ob  er  nichts 
bàtte,  weswegen  er  weinen  solite,  und  Mi- 
naccio verstand  es  so,  dafi  er  weine,  weil 
ihm  nach  dem  Spiele  nichts  verblieben  sei. 


CCXL 

Wie  Minaccio  allet 

verspielt  hai. 


ZU  einer  Zeit,  wo  in  Florenz  eine  groBe 
Teuerung  des  Getreides  war,  traf  einer 
auf  dem  Markte  einen  Einàugigen,  der  Ge- 
treide  kaufen  wollte,  und  fragte  ihn,  was 
ein  Nòsel  Getreide  koste. 

„Ein  Auge,"  antwortete  der  Arme,  um 
also  den  Grad  der  Teuerung  anzudeuten. 

Ein  vorlauterKnabe,  der  das  hòrte,  sagte: 
„Warum  hast  du  dann  so  einen  groBen  Sack 
mitgenommen?  du  kannst  ja  doch  nur  ein 
Nòsel  kaufen," 

Und  das  sagte  er,  weil  der  arme  Mann 
nur  ein  Auge  hatte,  und  weil  er  gesagt  hatte, 
das  Nòsel  koste  ein  Auge. 


CCXII. 

Wie  ein  Einaugiger 

Getreide  kaufen 

wollte. 


203 


CCXIII. 

Wie  Fra  Paolo 

gegen  die 

Vppigkeii  predigte. 


CCXIV. 

Wie  sich  cine 

junge  Frau 

in  Bologna  beklagt 

hai,  daB  sie  ihr 

Mann  schlug. 


E  In  gewisser  Paolo,  den  ich  selber  kanntc, 
wollte,  als  er  in  einer  Stadt  der  Cam- 
pagna predigte,  gegen  das  Laster  der  Ùppig- 
keit  wettern  und  sagte,  es  gebe  viele  ver- 
worfene  Mànner,  die  in  ihrer  Zìigellosigkeit 
der  Frau  das  Kopfkissen  unter  den  Hintem 
legten,  um  die  Lust  zu  steigern. 

Das  lieBen  sich  viele  gesagt  sein,  so  daB 
sie  durch  die  Lehre  Fra  Paolos  und  durch 
die  Erfahrung  zur  Einsicht  kamen,  das  sei 
wahr  und  ganz  artig. 

E  Ine  erst  seit  kurzem  verheiratete  junge 
Frau  in  Bologna  klagte  einer  Nach- 
barin  von  mir,  einer  gar  ehrbaren  Matrone, 
daB  sie  ihr  Mann  oft  gar  zu  hart  schlagc. 
Und  als  die  Matrone  um  den  Grund  fragtc, 
antwortete  sie,  ihr  Mann  nehme  es  ihr  ùbel, 
daB  sie  beim  ehelichen  Werke  unbeweglich 
wie  ein  Klotz  daliege. 

Darauf  sagte  die  Matrone:  „Warum  ge- 
horchst  du  denn  deinem  Manne  nicht  und 
bist  ihm  nicht  in  allem  zu  Willen?" 

Die  junge  Frau  antwortete:  „Ach,  Ma- 
donna, ich  weiB  ja  nicht,  wie  mans  macht: 
niemand  hats  mich  gelehrt,  als  ich  hei- 
ratete;  und  wirklich,  wenn  ich  es  wùBte, 
mein  Mann  schlùge  mich  nicht  mehr." 

Die  Matrone  lachte  ùber  das  einfàltige 
Kind,  das  allein  nichts  von  der  Sache 
wuBte,    die    die    Frauen    von    Natur    aus 


204 


wissen,   und   erzàhlte   es   spàter   scherzes- 
halber  dem  Gatten. 

E  In  j  unger  Mann  aus  unserm  Florcnz, 
der  nicht  gerade  hoch  angesehn  war, 
erzàhlte  einem  Frcunde,  er  wolle  verreisen 
und  sich  in  der  Welt  umtun,  damit  er  be- 
kannt  werde,  und  sagte,  er  wolle  fùr  diese 
Reise  tausend  Gulden  verwenden. 

Da  sagte  sein  Freund:  „Es  wàre  viel 
besser,  du  verwendetest  zweitausend  darauf , 
damit  du  nicht  bekannt  werdest." 

E  In  unseriger  Freund  tràumte  einmal,  er 
habe  eine  Menge  Geld  gefunden  (und 
diesen  Traum  erzàhlte  er)  ;  da  sagte  einer, 
der  dabeistand:  „Gib  nur  acht,  daB  es  dir 
nicht  so  geht  wie  meinem  Nachbar." 

Auf  unsere  Bitte,  er  solle  das  erzàhlen, 
sagte  er:  „Mein  Nachbar  tràumte  also,  dafi 
ihn  der  Teufel  auf  ein  Feld  gefiihrt  habe, 
damit  er  dort  eine  Menge  Goldes  ausgrabe, 
Und  als  er  es  gefunden  batte,  sagte  der 
Teufel:  ,Du  darfst  es  jetzt  nicht  heben,  aber 
bezeichne  den  Ort,  so  daB  nur  du  allein  ihn 
kennen  kannst.*  Er  fragte:  ,Wie  soli  ich 
denn  das  tun?',  und  der  Teufel  sagte: 
,Schei6  her;  dann  wird  niemand  hier  Gold 
vermuten.'  Er  war  es  zuf rieden,  und  als  er 
dann  erwachte,  sah  er,  daB  er  iiber  und 
iiber  voli  Kot  war.    Des  Gestankes  halber 


ccxw. 

Wie  tieh 

ein  funger  Mann 

in  der  Welt  umtun 

wollte. 


CCXVI. 

Wie  einer 

von  einem  Schatzt 

getràumt  hot. 


205 


stand  er  auf;  als  er  aber  scine  Miitze 
aufsctzte,  hatte  die  Katze  in  der  Nacht 
hineingeschissen,  so  daB  er  sich  den  Kopf 
waschen  muBte.  Auf  diese  Weise  hatte 
sich  ihm  der  goldene  Traum  in  Kot  ver- 
wandelt." 


ccxvn. 

Was  fur  eine 

Behandlung 

ein  Fìeherkranker 

wunschte. 


CCXVIII. 

Wie  einer  einem 

Kardinal 

Wind  gemacht  hai. 


E  In  màchtiger  Trinker  verfiel  in  ein  Fie- 
ber,  und  davon  wurde  sein  Durst  noch 
groBer,  als  er  friiher  schon  gewesen  war. 
Die  herbeigerufenen  Àrzte  begannen  zu  be- 
ratschlagen,  wie  sie  ihm  den  Durst  ver- 
treiben  konnten;  aber  der  Kranke,  der  das 
hòrte,  sagte:  „Ihr  versteht  nichts,  meine 
Herren  Àrzte:  trachtet  mir  nur  das  Fiebcr 
zu  vertreiben;  die  Sorge  um  den  Durst  ùber- 
laBt  ruhig  mir," 

DEr  Kardinal  von  Conti,  ein  dicker,  wohl- 
beleibter  Herr,  kehrte  cinmal  zur 
Mittagszeit,  wegen  der  groBen  Hitze  in 
SchweiB  gebadet,  von  der  Jagd  heim;  als  er 
sich  dann  zu  Tische  setzte,  verlangte  er,  daB 
ihm  Wind  gemacht  werde. 

Da  die  Diener  nicht  kamen,  weil  sie 
mit  andern  Dingen  beschàftigt  waren,  befahl 
er  einem  Geheimschreiber  des  Papstes,  der 
Everardo  de'  Lupi  hieB,  ihm  Wind  zu 
machen. 

Everardo  sagte  zu  ihm:  „Gnàdiger  Herr, 
auf  Eucre  Art  verstch  ich  es  nicht." 


206 


Der  Kardinal  sagte:  „Tu  es  nur  auf  deine 
Art,  wie  du  es  gewohnt  bist." 

„Sehr  gern,"  sagte  Everardo;  und  er  bob 
das  rechte  Bein  und  lieB  einen  Riesenfurz^ 
und  sagte:  „So  bin  ich  gewohnt,  Wind  zu 
machen." 

Auf  den  màchtigen  Krach  liefen  viele 
Lcute  herbei  und  die  lachten  alle  herzlich. 


E  In  Nachbar  von  mir,  Dante  mit  Namen, 
der  eine  wenig  ehrbare  Frau  batte, 
wurde  von  seinen  Freunden  so  lange  er- 
mahnt,  die  Ehre  seines  Hauses  zu  wabren, 
bis  er  endlich  begann,  es  der  Frau  vorzu- 
halten  und  ihr  zu  drohen.  Wie  alle  Weiber 
nahm  auch  sie  ihre  Zuflucht  zu  den  Trànen 
und  verteidigte  sich  mit  reichlichen  Schwii- 
ren,  indem  sie  beteuerte,  das  sei  eine  Erfin- 
dung  von  bòswilligen  Leuten,  die  ihr  ihr 
ruhiges  Leben  neideten. 

Den  Mann  dàuchte  es,  sie  sage  die 
Wahrheit,  und  als  ihm  die  Freunde  wieder 
einmal  zuredeten  und  von  den  Seiten- 
sprùngen  seiner  Frau  berichteten,  sagte  er: 
„Ach  laBt  mich  doch  endlich  in  Ruh.  Kennt 
ihr  vielleicht  ihre  Angelegenheiten  besser 
als  sie?  Wer  soli  denn  ihre  Angelegen- 
heiten besser  kennen,  sie  oder  ihr?" 

Da  die  Gesellen  antworteten:  „Sie",  sagte 
er:  „Nun  also,  und  sie  sagt,  dafi  ihr  in 
euern  Hals  lùgt." 


CCXIX. 

Wie  einer  seiner 
Frau  mehr 

glaubt,  als  seinen 
Freunden. 


207 


ccxx. 

Wie  Razello  von 

Bologna 

einen  Spótter  ab- 

gefertigt  hai. 


CCXXI. 

Wie  sein  MeBheUer 
dem  Pfarrer 

von  einem  Sterben- 
den  erzàhlt. 


CCXXII. 

Etne  scharfsinnige 

Anlwort 

de$  Pfarrert. 


Vlele  sagen,  wenn  sie  einem  ihre  Gering- 
schàtzung  oder  Verachtung  bezeigen 
woUen:  „Dich  kann  ich  hundertmal  im  Tage 
in  den  Wirtshàusern  versetzen." 

Als  nun  einer  dies  einem  gewissen  Ra- 
zello von  Bologna  vorwarf,  der  nie  um  eine 
Antwort  verlegen  war,  sagte  der:  „Das 
glaube  ich  dir  gern,  weil  ein  gutes  und 
wertvolles  Pfand  von  jedermann  gern  ge- 
nommen  wird;  du  aber  bist  ein  derart  schà- 
biger  und  wertloser  Mensch,  dafi  man  dich 
in  alien  Schenken,  so  viele  ihrer  in  Bologna 
sind,  herumtragen  kònnte  und  doch  keinen 
Heller  erhielte." 

Ùber  diese  Antwort  lachten  alle  und 
Razello  mit  ihnen,  weil  er  dem  Schwàtzer 
gleiches  mit  gleichem  vergolten  batte. 

DEr  MeBhelfer  des  Pfarrers  Arlotto  war 
dabei  gewesen,  wie  einer  aus  der  Ge- 
meinde,  ein  Einàugiger,  gestorben  war;  als 
er  dann  heimkam,  fragte  ihn  der  Pfarrer, 
ob  der  Sterbende  viel  gelitten  habe." 

„0  nein/*  sagte  der  MeBhelfer,  „er  hat 
wenig  ausgestanden;  er  batte  ja  nur  ein 
Auge  zu  schlieBen." 

AUf  die  Frage,  woher  es  komme,  daB  die 
Haare  friiher  grau  werden  als  der 
Bart,  antwortete  der  Pfarrer:  „Weil  die 
Haare  um  zwanzig  Jahre  alter  sind." 

208 


, . . .  Dieselbe  Ungeschicklichkeit  trat  bei  CCXXIIl. 

dem  Bauer  zu  Tagc,  den  der  Pfarrer  Arlotto     .^'*  «'«''/'a"'"- 
fragte,  warum  die  rienne  so  viel  krcischt  Antwort 

und  gackert,  wann  sie  ein  Ei  legt;  der  Tòl-  bekommen  hai. 
pel  antwortete:  „Auch  die  Gànse  schlagen 
ja  mit  den  Flùgeln,  wenn  es  ein  andres 
Welter  werden  soli  /*  und  lieB  mit  dieser 
ungebùhrlichen  Antwort  den  Pfarrer  iin- 
schlùssig. 


DEr  Pfarrer  Arlotto  sagte  zu  einem  Nach- 
bar,  dessen  Weib  so  ktihn  und  ver- 
wegen  war,  dafi  sie  das  Herz  gehabt  bàtte, 
in  den  Krieg  zu  ziehn:  „Krànke  dich  nicht 
darùber;  es  ist  besser,  sie  ist  herzhaft  als 
schlàfrig." 


CCXXIV. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  wegen  teine» 

Weibes  tróstet. 


ES  wurde  einmal  ein  Schauspiel  aufge- 
fùhrt  und  der  Menschenzulauf  war 
grofi;  auch  der  Pfarrer  Arlotto  ging  hin  und 
es  gelang  ihm  nur  mit  schwerer  Mùhe,  einen 
bequemen  Platz  auf  einer  Bank  zu  be- 
kommen. Der,  der  ihn  ihm  abgetreten  batte, 
batte  sich  zuerst  lange  bitten  lassen,  dann 
aber  hielt  er  ihm  vor,  was  fiir  einen  grofien 
Dienst  er  ihm  geleistet  habe,  und  dafùr 
mùBte  der  Pfarrer  wenigstens  erkenntlich 
sein. 

„Ganz  wie   du  wiinschest,"   antwortete 
der  Pfarrer  Arlotto;  „der  ganze  Dienst,  den 

14  209 


ccxxv. 

Wie  der  Pfarrer 

einen  l'Am 

geleitieien  Dienst 

eintcìtatzt. 


Arlotto,  Schw&nkell, 


du  mir  geleistct  hast,  besteht  darin,  dafi  du 
mich  hast  sitzen  lassen,  und  das  heiCt  man 
einen  Arschdienst.** 


CCXXVI. 

Wie  dem  Pfarrer 

das  Bier 

in  England  ge- 

schmeckt  hai. 


IN  England  wàchst  kein  Wein  und  aller, 
der  getrunken  wird,  kommt  aus  dcr 
Fremde;  und  von  dem  Meere,  woriiber  er 
verfrachtet  wird,  nimmt  er  so  viel  Kraft  an, 
daB  er  besser  wird,  als  er  in  seinem  Lande 
gewesen  ist.  Das  Getrànk  alles  Volkes  ist 
das  Bier. 

Als  das  einmal  der  Pfarrer  Arlotto 
kostete,  sagte  er:  „Ab  ira  tua  libera  nos, 
Domine." 


CCXXVII. 
Wie  der  Pfarrer 

zwischen 
natùrlicher  und 

kunstlicher 

Schónheit  unter- 

schied. 


DEr   Pfarrer   Arlotto   beobachtete   zwei 
schòne    junge    Frauen,    die    ùber    die 
Strafie  gingen, 

Von  der  einen,  die  nicht  geschminkt  war, 
sagte  er  in  venezianischer  Mundart  :  ,, Questa 
è  di  sua  pè";  und  von  der  andem,  die 
kùnstliche  Farben  im  ÙbermaBe  auf  sich 
batte:  „Questa  è  di  sua  man."  ^ 


CCXXVIII. 
Wie  der  Pfarrer 

den  Wein- 
zapfer  macfien 

muB 
und  wie  er  sicfi 

dafiir  rdcht. 


E  In  Pfarrer  lud  eines  Tages  den  Pfarrer 
Arlotto  und  einige  andere  Amtsbrùder 
zum  Essen.  Bevor  sie  nun  zu  Tische  gingea, 
nahm  er   alle   seine   Gàste   auBer   Arlotto 


*  Das  Wortspiel  ist  wohl  unUbersetzbar. 


210 


beiscite  und  sagte  zu  ihnen:  „Ich  halle  da- 
fiir,  wir  sollten  uns  heute  auf  Unkosten  des 
Pfarrers  Arlotto  belustigen,  der  immer  den 
lustigen  Bruder  spielt  und  jedermann  zum 
bestcn  hat;  mein  Mefihelfcr  ist  krank,  so 
daB  zu  unscrer  Bedienung  niemand  da  ist, 
und  da  mòchte  ich  vorschlagen,  daB  wir  mit 
Strohhàlmchen  losen,  wer  den  Wein  ab- 
ziehen  und  die  andern  beim  Essen  bedienen 
soli:  ich  werde  es  schon  so  machen,  daB 
das  Los  den  Pfarrer  Arlotto  trifft." 

Die  andern  waren  damit  einverstanden, 
und  es  wurde  so  ins  Werk  gesetzt. 

Aber  der  Pfarrer  Arlotto  merkte  den 
Anschlag  und  beschloB  es  dem  Gastgeber 
heimzuzahlen.  Er  ging,  als  die  andern  zu 
essen  begannen,  in  den  Keller,  um  die 
Flaschen  zu  fùllen;  als  er  wieder  herauf- 
gekommen  war,  sagte  er:  „Ihr  seht,  ich  habe 
getan,  was  mir  nach  dem  Lose  zugefallcn 
ist;  nun  mùssen  wir  aber  losen,  wer  in  den 
Keller  gehn  soli,  um  die  Zapfen  zuzumachen, 
die  ich  offen  gelassen  habe." 

Jetzt  redete  der  Hausherr  nicht  mehr 
vom  Hàlmchenziehen:  da  er  den  Pfarrer 
Arlotto  als  einen  Mann  kannte,  dem  das, 
was  er  gesagt  batte,  wohl  zuzutrauen  war, 
lieB  er  sein  Essen  und  rannte  in  den  Keller. 
Dort  fand  er  denn,  daB  die  Fàsser  liefen 
und  daB  schon  viel  Wein  verdorben  war. 

Darob  machte  er  dem  Pfarrer  Arlotto 

14*  211 


heftige  Vorwiirfe;  aber  der  sagte:  „Ihr  habt 
kcin  Rccht,  Euch  zu  beklagen,  weil  ich  haar- 
kleìn  alles  getan  habe,  was  mir  das  Los  auf- 
erlegt  hat;  ich  solite  Wein  abziehen  und  die 
Flaschcn  fiillen,  es  ist  aber  keine  Rede  da- 
von  gewesen,  daB  ich  die  Zapfen  zuzu- 
machen  bàtte  fiir  einen  Gastgeber,  der 
seinen  Pflichten  als  Hausherr  so  schlecht 
nachkommt." 


4 


Ende. 


212 


KdiH^  AUnmri 


^oerranos 


Anmerkungcn 

literatur-  und  stoffgeschichtlichen 
Inhalts 


■^ 


MABC.  —  Facezie  e  motti  dei  secoli  XV  e  XVI, 
S,  103,  Nr.  173;  Domenichi,  1548,  Bl,  Ega  =  Face- 
cies  et  motz  subtilz,  1559,  Bl,  18  b,  1597,  S.  57.  — 
L'Arcadia  in  Brenta,  S,  217,  —  F,  Gabotto,  La  Epo- 
pea del  Buffone,  Bra,  1893  (Nozze  Manzone-Ricca), 
S,  49. 

Les  Facétieuses  lournées,  i,  V,  n,  2  (siehe  die 
folgende  Facetie),  —  Le  Patron,  Nr,  31, 

Dasselbe  wird  von  einer  Reihe  anderer,  ge- 
nannter  und  ungenannter  Mànner  erzàhlt:  vgl. 
Poggio,  Nr,  271;  Facezie  e  motti  dei  secoli  XV  e 
XVI,  S,  144,  Nr,  267  (Ser  Chello  da  Bùcine)  ;  Bebel, 
III,  Nr,  155  (Georg  Weselin)  ;  Doni,  La  Zucca 
(1.  Ausg,  1552),  Venetia,  1592,  Bl,  21  b  (Messer 
Francesco  da  Prato);  Domenichi,  1562,  S.  6,  1581, 
S.  7  etc,  (Il  Tosetto  Padouano)  ;  nach  Domenichi, 
Democritus  ridens,  S,  130;  Zeitvertreiher,  S.  372. 
Weitere  Nachweisungen  bei  Papanti,  Dante,  se- 
condo la  tradizione  e  i  novellatori,  S,  129  ff. 


LXXI. 


MAB. 

Les  Facétieuses  lournées,  i,  V,  n.  2,  Bl.  140  b 
(zusammen  mit  der  vorhergehenden  Facetie):  Ar- 
lotto faict  rougir  de  fionte  certaines  Dames  Floren- 
tines,  lesquelles  luy  disoient  mal  d'vne  sienne  pa- 
rente qui  estoit  femme  de  bien. 


LXXII. 


MA. 

Der  Zug,  da6  der  von  der  Beichte 
traurig  heimkehrende  Mann  von  der 
F  r  a  u  g  e  t  r  ò  s  t  e  t  w  i  r  d  u  n  d  d  a  6  s  i  e  s  e  i  n  e 
BuBe  ùbernimmt,  begegnet  uns  in  der  Pre- 
digtliteratur,  Johannes  Bromyard  erzàhlt  in  der 
Summa  praedicantium,  P,  7,  17  (ich  benutze  die 
Ausg,  Base!,  Joh,  de  Amerbach,  ca,  1479)  folgendes 
Exempel: 

„. , ,  Tali  iusticie  ostensione  legitur  quidam  ad 
penitendiam  faciendam  motus:  Ipse  namque,  sicut 
historia  illa  continet,  de  confessione  rediens  tristem 

215 


LXXIII. 


LXXIV. 
LXXV. 
LXXVI. 


LXXVII. 


vultum  lacere  consueuerat,  nec  vxoris  recipere 
voluit  consola tionem  dicens:  Quomodo  vultum  hila- 
rem  facere  possem,  cum  me  per  confessorem  meum 
tot  ieiunijs  oneratum  cogito?  Cui  illa  promittere 
solebat,  quod  totum  prò  ilio  ieiunare  vellet.  Qui 
sic  confortatus  comedere  et  bibere  et  bonum  vultum 

facere    solebat " 

Dieses  Predigtmàrlein  war  die  Quelle  fiir  Pauli« 
Schimpf  und  Ernst,  Nr.  287. 

MA. 

MAB. 

MABC.  —  Manni,  III,  S.  84  ff. 

Le  Patron.  Nr.  32, 

Zu  dem  Einschiebsel  vergleiche  Domenichi, 
1548,  Bl.  Ds^:  „I1  Piouano  Arlotto  era  in  galea  con 
alcuni  giouani  a  dormire,  e  manomettendo  a  un  di 
loro  il  canestro,  colui  disse;  oihmè  Piouano,  che  fate 
uoi?  e  egli  rispose:  perdonami  che  io  credetti  che 
fusse  il  mio."  Ebenso  in  den  Facezie  e  motti  dei 
secoli  XV  e  XVI.  S.  98,  Nr.  159. 

MABC.  —  Manni,  III,  S.  99.  —  Gabotto, 
S.  57  f f. 

Le  Patron.  Nr.  33. 

Ein  àhnlicher  unsauberer  Streich  wird  dem 
PossenreiOer  Gonnella  von  Dante  gespielt;  vgl.  Le 
Buffounerie  del  Gonnella,  st.  44 — 47  (Gabotto, 
S.  XIX  ff.).  Facezie,  Motti.  Buffonerie,  Et  Burle, 
Del  Piovano  Arlotto:  del  Gonnella,  et  del  Bar- 
lacchia.  Firenze,  1565,  S.  121  und  Papanti,  Dante, 
S.  173.  Mchr  stimmt  mit  Arlottos  Schwank  tìber- 
ein  das  6,  Stuck  in  Lindeners  Katzipori,  zit.  Aua|{. 
S,  71:  Ein  sehr  grobes  hosentùcfi  zit  Niirnbergk  imm 
Sandbad  gescfinitten. 


LXXVIII. 


M   (fehlt  sonst  tìberall). 


216 


MABC, 

Le  Patron.  Nr.  34. 

Bouchet,  Les  Serées,  II,  S.  245:  „ l'ay  pour- 

tant  veu,  adiousta-il,  vn  aueugle  de  nature,  à  qui  on 
demanda  quelle  chose  du  monde  il  aimeroit  mieux 
veoir,  il  respondit  vn  Asne:  dautant,  disoit-il,  que  ie 
n'entens  autre  chose  que  dire,  c'est  vn  Asne,  et 
quand  ie  suis  par  les  rues,  ie  n'oy  autre  cas  sinon, 
Aueugle,  garde  l'Asne:  et  chacun  parlant  des  Asnes, 
il  faut  bien,  disoit  cest  aueugle,  que  ce  soit  quelque 
grande  chose  qu'vn  Asne." 

MAH. 

MABC. 

Le  Patron.  Nr,  35. 

Die  Schnurre  findet  sich  in  ihren  Grundzùgen 
schon  in  der  Mensa  philosophica.  1.  IV,  e.  38,  Aus- 
gabe  Francofurti,  1602,  S,  274: 

„Cum  plures  minores  seniores  de  capitulo 
redeuntes  in  domo  cuiusdam  plebani  ad  comeden- 
dum  se  recepissent  et  multa  bona  de  diuersis  carni- 
bus  et  vinis  detulissent  ad  mensam,  plebanus  occulte 
cum  suo  campanario  procurauit,  vt  pulsaret  prò 
hostibus  et  alte  clamaret:  Inimici,  inimici.  Quod 
audientes  minores  et  timentes  perdere  equos  et  aliam 
eleemosynam,  currus  suos  velociter  ascenderunt 
et  foras  fugerunt.  Plebanus  haec  videns  omnes  cibos 
coUegit  et  pluribus  diebus  valuit  copiose  cum  suis, 
et   delicate." 

Nahe  der  Version  Arlottos  steht  auch  eine  im 
Moyen  de  parvenir.  LXXXI,  S.  291  il: 

„  ....  Il  ne  fit  pas  si  dextrement,  que  maitre 
Macé,  le  cure  de  la  basse  Athène,  qui  étoit  presse 
de  la  noblesse,  qui  sans  cesse  venoit  chez  lui  l'écor- 
nifler.  Un  jour,  qu'il  y  avoit  sept  ou  huit  hobereaux 
chez  lui,  il  leur  fit  le  meilleur  visage  de  monde. 
.Messieurs,  soyez  les  bienvenusl  Qà,  que  l'on  se 
dépéche!  gargon,  au  vin,  au  poulailler,  au  crochet, 
à    la    fuye!    serviettes    blanches!'      Disant    cela,    il 

217 


LXXIX. 


LXXX. 
LXXXI. 


mouvoit  et  prend  un  surplis  qui  étoit  à  part  sur  une 
autre  robe  que  celle  qu'il  avoit  rapportée  de  l'église; 
et,  prenant  un  bréviaire  en  sa  main,  les  rendit 
étonnés.  ,0ù  allez-vous,  monsieur  le  cure?  —  Je 
viens  incontinent,  dit-ìl,  messieurs;  je  ne  ferai  qu' 
aller  et  venir,  tandis  que  le  dìner  s'apprétera:  vais 
réconcilier  un  pauvre  pestifere  que  j'ai  confesse  ce 
matin.'  Et,  ce  disant,  il  sortit;  et  soudain  tous  ces 
guillerets  épouvantés  sortirent;  et,  de  treize  se- 
maines,  n'y  voulurent  aller,"  Vgl,  dazu  die  Mena- 
giana,  3e  édition,  Amsterdam,  1713  ff.,  I,  S.  200  und 
III,  S.  284. 

Weitere  Nachweise  wird  man  bei  der  143.  Fa- 
cetie  finden,  die  auf  dasselbe  Motiv  zurùckgeht. 

LXXXII.  MABC.  —  Manni,  III,  S.  99. 

Diser  Schwank  scheint  nichts  andres  zu  sein, 
als  eine  glùckliche  Steigerung  eines  Exempels,  das 
allerdings  ohnehin  grotesk  genug  gewesen  ware; 
es  wird  schon  von  Jacques  de  Vitry  erzàhlt  (The 
Exempla  of  J.  de  V.,  ed.  by  Th.  F.  Grane,  Lon- 
don, 1890,  S.  82,  Nr.  198),  soli  aber  hier  nach  der 
kuriosern  Fassung  bei  Bromyard,  Summa  praedi- 
cantium,  D,  3,  9,  mitgeteilt  werden: 

„. . . .  Quod  pulcre  ostensum  est  in  malefacto 
cuiusdam  viri  ecclesiastici,  cui  quidam  de  suis 
parochianis  solito  quasi,  sic  vt  fertur,  malam  ob- 
tulit  monetam;  de  quo  cum  pluries  eum  notasset, 
semel  denarium  malum,  quem  obtulit,  seorsum  vsque 
ad  tempus,  quo  cum  alijs  ad  communionem  accessit, 
reseruauit,  et  cum  oculos  sursum  leuaret,  falsum 
denarium  in  ore  loco  communionis  posuit.  Quem 
cum  in  ore  pluries  verteret  et  masticare  non  posset, 
nec  deglutire,  nec  eijcere  auderet,  tristis  ad  saccr- 
dotem  venit;  a  quo  requisitus  quid  haberet,  respon- 
dit:  Durum  deum  mihi  dedisti.  Cui  sacerdos: 
Mastica  bene.  Respondit,  se  non  posse.  Vide,  in- 
quit  sacerdos,  ne  forte  vindicta  sit;  quam  formam 
videtur  in  ore  tuo  habere?     Qui  respondit  formam 

218 


denari).  Cui  ille:  Vide,  si  aliquo  modo  in  tali 
materia  peccasti.  Cui  ille:  Confiteor,  quod  malos 
denarios  de  consuetudine  offerre  consueui.  Et  resti- 
tutis  omnibus  ilio  denario  a  sacerdote  accepto  et 
seorsum  reposito,  eum  bene  communicauit." 

Auf  Bromyard  beruht  Pauli,  Nr,  73. 

Moderner  klingt  ein  Schwank  von  Juan  de 
Arguijo  (A,  Paz  y  Mélia,  Sales  espanolas,  II,  S.  93): 

„E1  licenciado  Morillas,  cura  de  la  parroquia 
de  San  Vicente,  de  Sevilla,  lue  à  pedir  limosna 
por  su  colación,  sàbado  de  Pascua,  para  dar  otro 
dia  pan  y  carne  à  los  pobres.  Llegó  à  la  casa  de  un 
viejo  muy  rico  y  muy  avaro,  el  cual  le  dio  un 
cuarto  de  limosna,  de  los  falsos,  que  llaman  del 
fraile  ó  de  Santo  Domingo.  No  advirtió  entonces 
él  qué  era  lo  que  recibia;  pero  después,  no  pudiendo 
pasar  el  cuarto  entre  otros,  ni  ballando  salida  de 
él,  se  acordó  de  quién  se  le  habia  dado.  Guardóle 
para  restituirsele,  y  Domingo  de  Pascua,  yendo  el 
viejo  à  que  le  comulgase,  el  mismo  cura,  disimula- 
damente,  le  metió  el  cuarto  en  la  boca  en  lugar 
de  la  Forma.  El  hombre,  sintiendo  la  dureza  y  el 
{rio  del  metal,  quedó  turbado,  pareciéndole  milagro, 
y  no  osaba  sacarle  de  la  boca,  ni  tampoco  contar 
el  suceso,  por  el  escàndalo  del  pueblo.  Tomo  por 
expediente  decirle  muy  bajito  al  cura:  —  Padre, 
no  puedo  pasarlo.  —  El  cual  le  respondió:  —  Tam- 
poco lo  pude  yo  pasar," 

Bei  Bebel,  III,  Nr.  106  wird  einem  Narren  statt 
der  Hostie  ein  Rettigschnitz  gereicht. 


MABC.  —  Manni,  III,  S,  99. 
MABC,  —  Manni,  III,  S.  109. 
MA. 
MA. 


LXXXIII. 
LXXXIV. 
LXXXV. 

LXXXVL 


219 


LXXXVII.  MABC. 

Domenichi,  1548,  Bl.  D4aff,  (=  1562,  S,  206  = 
1581,  S,  255)  làDt  die  Geschichte  von  dem  Pilger 
und  dem  Diebe  in  zwei  Nàchten  statt  in  einer  vor 
sich  gehn: 

„Detto  Piouano  sendo  a  questi  di  ^  solicitato  da 
alcuni  cittadini  di  rinuntiare  la  sua  chiesa,  disse 
questa  Nouella.  Fu  una  uolta  un  Romito  uiandante 
il  quale  sendo  à  un  hosteria  in  una  medesima  ca- 
mera egli,  e  un  altro,  senti  cosi  sul  primo  sonno 
uenire  quel  tale  pian  piano  al  suo  letto,  per  torgli 
di  sotto  il  capo  certi  pochi  danari  che  haueua  in 
una  certa  sua  saccoccia.  E  to6i,  et  sputò  per 
mostrare  d'esser  desto,  Onde  il  brigante  tornò  a 
dietro.  Quindi  a  non  molto  fece  il  medesimo,  E 
cosi  tutta  notte  conuenne  al  Romito,  per  sicurtà  de 
suoi  danari  stare  desto,  onde  l'altra  sera  non  pose 
la  saccoccia  sotto  '1  capezzale,  ma  sul  mezzo  della 
camera  dicendo  fra  se:  meglio  mi  è  assai  perdere 
la  saccoccia  e  danari,  che  hauere  la  mala  notte. 
Dormi  molto  bene,  et  la  detta  saccoccia  gli  fu  car- 
pita. Cosi  disse  il  Piouano  che  farebbe  al  suo 
beneficio,  cioè  lo  renderebbe  al  Papa,  pregandolo 
che  gli  desse  le  spese;  ma  dice  che  non  lo  fa  perche 
questi  tempi  non  son  da  ciò;  ^  e  questo  Papa  è  pur 
frate." 

Auf  einer  spàtern  Domenichiausgabe  beruht 
die  lateinische  Ùbertragung  im  Democritus  ridens, 
S.  241; 

„Tene  quod  habes. 

Arlotto  plebano  sacerdoti  (cuius  multa  faceta 
apud  Italos  scriptores  exstant)  quidam  suaserant,  ut 
quoddam  suum  beneficium  alicui  (sic  hodie  loquun- 
tur)  resignaret,  ille  vero  hanc  eis  narravit  apologum. 


>  Bei  Domenichi,  1548  ttcht  diete  Geschichte  unmittclbar  hinter 
dcr,  die  UDserer  Faceti*  108  entipricht  ;  da  die  RcìhcnfoifJe  in  den 
andcrn  Aut^aben  andcrt  itt,  (chlcn  dort  die  Wortc  a  aut$li  ai. 

3  Statt  dea  foltfenden  haben  di*  ipltern  Auidabcn  Molto  mtno 
lo  farfbb*  hoggi  a*  u(ueu». 

220 


Fuit  viator  quidam,  qui  cum  alio  in  hospitium  de- 
latus  post  cenam  eodem  cum  ilio  cubiculo  inclusus 
fuit.  Nondum  oculis  somnium  ceperat,  quum  aite- 
rum  illum  (qui  socium  viderat  marsupium,  in  quo 
viaticum  habebat,  pulvino  subjicientem)  e  lecto  se 
molientem  audit,  proculdubio  numis  illis  insidian- 
tem,  Quare  screare  et  sputare  occipit,  ut  vigilare 
se  adhuc  ostenderet;  ille  vero  alter  tacitus  se  in 
lectum  refert.  Non  multo  post  insidiator  ille  idem 
molitur,  sed  screatu  rursus  abigitur;  dum  interim 
miser  viator  numulis  suis  timens,  totam  noctem  in- 
somnem  exigit.  Unde  sequenti  nocte  marsupium  non 
pulvino  subjecit,  sed  in  medio  cubiculo  deposuit, 
ratus  melius  esse,  numulorum  facere  jacturam,  quam 
metu  et  insomnia  cruciari;  et  sic  per  totam  noctem 
bene  ac  suaviter  dormivit.  Mane  vero  marsupium 
evisceratum  invenit.  Idem,  inquit  Arlottus,  ego  de 
meo  faciam  beneficio.  Ad  Pontificis  pedes  depo- 
nam,  cum  conditione  ut  sumptus  mihi  restituantur; 
nec  mea  interest,  cui  illud  postea  obventurum  sit. 
Quamquam,  ut  hodie  esse  tempora  video,  valde 
dubito  an  et  hoc  sim  facturus." 

Die  Quelle  von  Arlottos  Geschichte  ist  un- 
zweifelhaft  in  der  Predigtliteratur  zu  suchen;  so  er- 
zàhlt  Odo  von  Ceritona  (Hervieux,  Les  Fabulistes 
latins.  Paris,  1884  ff.,  IV,  S.  271): 

„Quidam  heremita  semel  pecuniam  sibi  datam 
ad  capud  lecti  reposuit.  Quadam  nocte  uenerunt 
fures,  ut  pecuniam  sibi  aufferrent;  quo  cognito, 
accepit  pecuniam  heremita  et  proiecit  latronibus 
dicens:  Àccipite  tremorem  capitis  mei."  Vgl.  dazu 
Speculum  morale  in  Biblioiheca  Mundi,  Duaci,  1624, 
S,  1257  und  449;  auch  gehòren  hieher  zwei  andere 
Apologe  Odos  bei  Hervieux,  IV,  S,  292, 

Àhnlich  ist  die  Anekdote,  die  die  Facecies,  et 
motz  subtilz.  1559,  Bl.  56a  (1597,  S.  175)  wahrschein- 
lich  nach  Aeneas  Sylvius  von  Kaiser  Sigismund  er- 
zàhlen;  sie  steht  auch  bei  (Lenfant),  Foggiana, 
Amsterdam,  1720,  II,  S.  277. 

221 


LXXXVIII. 
LXXXIX. 


XC. 


MA. 

M. 

Domenichi  erzàhlt  in  den  Detti  et  Fatti,  1562, 
S.  30  und  in  den  spàtern  Ausgaben,  aber  nicht 
vorher,  cine  àhnliche  Geschichte,  in  der  ein  Tisch- 
genosse  Lorenzos  de'  Medici  eine  Schùssel  zu  dem- 
selben  Zwecke  umdreht  und  dabei  sagt,  ebenso 
konne  Lorenzo  den  Staat  umdrehen;  Lorenzo  làBt 
es  sich  aber  gefallen,  daQ  er  also  die  guten  Bissen 
i6t.  Domenichi  schlieGt  mit  der  Bemerkung,  daO 
dasselbe  auch  von  einem  Bergamasken  erzàhlt 
werde,  und  diese  Geschichte  steht  in  den  Facezie  e 
motti  dei  secoli  XV  e  XVI,  S,  27,  Nr.  39;  auch  hier 
fehlt  das  Zurùchdrehn  der  Schùssel.  In  der  Version 
Arlottos  ist  der  Schwank  noch  beute  lebendig,  wie 
mir  ein  Freund  mitteilt,  der  ihn  in  Welsch-Metz 
oder  Mezzolombardo  (Siidtirol)  hat  erzahlen  hóren; 
die  Handelnden  waren  zwei  Kapuziner, 

MA. 

Bei  Domenichi,  1548,  Bl.  G^b  wird  die  Ge- 
schichte vom  Mònchsfrieden  ohne  Bezug  auf  Arlotto 
erzàhlt: 

„La  pace  del  Monaco  uuol  dire  buona  pace  et 
mala  uolontà;  perche  fu  un  conuerso  in  badia,  che 
haueua  detto  circa  quaranta  anni  i  suoi  paternostri 
ogni  di  a  un  Crocifisso;  e  poi  gli  cadde  in  capo,  et 
ruppeglielo:  Non  gli  uoleua  perdonare,  ma  stretto 
dal  priore  le  in  fine  pace,  dicendo  nondimeno 
esserci  tutta  uia  la  mala  uolontà." 

Auch  hier  darf  wohl  als  Quelle  ein  Predigt- 
màrlein  angenommen  werden;  so  finden  wir  die 
Grundzùge  des  Schwankes  bei  Bromyard,  V,  5,  10: 

„. . , .  Qui  in  aliquibus  secundum  fabulas  peiorei 
sunt  quodam  latrone,  de  quo  fertur,  quod  cum  fura- 
retur  pannum  pendentem  circa  crucifixum,  imago 
cadens  brachium  eius  fregit.  Cui  postea  grauiter 
infirmato,  cum  sacerdos  paruam  imaginem  crucifixi 

222 


ad  ponendum  ante  eum  portaret,  statim,  vt  vidit, 
clamauit  dicens:  Asporta  illum;  non  erit  mihi  bene, 
quamdiu  illum  videro.  Et  sacerdoti  querenti,  quare, 
respondit:  Quia  aliquando  fregit  mihi  bracnium. 
Cui  sacerdos:  Non  fuit  iste.  Ergo,  inquit,  fuit  pater 
eius,  et  ego  non  possum  diligere  filium,  cuius  pater 
mihi  tantum  damnum  intulit." 

Arlotto  nàher  steht  ein  Apolog  Ochinos  (zit. 
Ausg.  Bl,  219a),  der  sicherlich  auch  auf  eine  geist> 
liche  Quelle  zuriickgeht: 

„Darinn  wirt  angezeigt,  was  Wunder- 
zeichen  die  Bilder  stifften. 

Ein  Mònch  bette  einen  lahmen  Arm,  derhalben 
cr  nicht  MeQ  halten  mocht,  wie  er  hertzlich  be- 
gerete.  Weil  er  denn  vermeinet,  jhm  kùndte  nicht 
anderst  denn  durch  ein  Wunderzeichen  geholffen 
Averden,  so  rùffet  er  ohn  vnderlaO  ein  Crucifix,  so 
an  einem  fast  hohen  ort  in  der  Kirchen  war,  an, 
vnd  bate  dasselbig  vmb  gesundtheit.  Nach  dem  er 
nun  ein  lange  zeit  bette  gebetten,  ob  er  solche  gnad 
erlangen  mòcht,  begab  sichs  der  tag  eins,  daO  er 
abermals  seins  anligens  halb  vor  diesem  knyet,  da 
entstund  ein  grosser  Erdbidem,  der  das  gemelt 
Cricifix  dermassen  erschùttlet,  daB  es  auff  den 
Mònch  fiele;  wie  er  sich  vor  dem  beschùtzen  wolt, 
vnd  den  guten  Arm  furwarffe,  ward  jm  der  auch 
abgeschlagen,  deOgleichen  das  Haupt  verletzet.  Der 
gecreutziget  Herrgott  fiel  auch  ein  Arm  ab.  Wie 
diB  der  erschrocken  Mònch  sahe,  sprach  er  vn- 
iviirsch  zu  dem  Crucifix:  ,Ist  das  die  gnad,  so  ich 
von  dir  begeret  habe?  Mein  bitt  ware,  du  soltest 
mir  einen  Arm  gerad  machen,  so  hast  du  mir  auch 
den  guten  abgebrochen;  aber  ich  verwundere  mich 
jetzundt  nicht  mehr,  daB  du  mir  nicht  hast  ge- 
holffen, dieweil  du  dir  selbst  nicht  vor  schaden 
seyn  kanst,  vnd  erkenne,  daB  war  ist,  was  mir  erst 
neulich  ein  guthertziger  Mensch  gesagt  hat,  daB  du 
nicht  anders  denn  ein  stùck  holtz  werest.  Ich  wil 
mich  dir  nicht  mehr  befehlen,  noch  weiter  gemein- 

223 


schafft  mit  dir  haben,  ftirnemlich  darumb,  daB  du 
im  Bann  bist,  dieweil  du  einen  Priester  verwundet, 
vnd  die  Kirchen  mit  meinem  Blut  beflecket  hast, 
Ich  wil  auch  nimmermehr  fried  mit  dir  haben,  biQ 
du  mich  vmb  verzeihung  bittest,  dich  gegen  mir 
demiitigest,  vnd  mir  gnug  fùr  schaden,  vnkosten  vnnd 
interesse  thust.'     Lieff  also  vngeschlacht  darvon." 

Eine  Parallele  zu  dem  Exempel  Bromyards 
bietet  folgende  Schnurre  aus  der  Apologie  pour 
Hérodote,  die  unmittelbar  hinter  der  zur  Facetie  23 
zitierten  steht: 

„Mais  vn  Bourguignon  vsa  bien  de  plus  grosses 
paroles  contr'  vn  ieune  crucefis,  fils  d'vn  vieil  par 
lequel  il  auoit  esté  blessé.  L'histoire  est  telle.  En 
Bourgongne  pres  d'vn  village  nommé  Chaseule,  vn 
paysant  qui  passoit  par  vn  tempie  demanda  à  des 
sonneurs  pour  quel  trespassé  ils  sonnoyent:  ayant 
S(;eu  le  nom,  il  se  mit  à  dire  quelqu'  oraison  pour 
l'ame  d'iceluy,  deuant  vn  crucefis  qui  estoit  pres 
desdicts  sonneurs:  lequel  au  lieu  de  luy  faire  seule- 
ment  signe  de  la  teste,  tomba  sur  luy,  et  le  mit  en 
tei  estat  que  ceux-la  laisserent  leur  sonnerie  pour 
l'emporter  vistement  en  sa  maison:  ou  il  demeura 
long  temps  malade,  Apres  laquelle  maladie  retour- 
nant  au  tempie  et  voyant  vn  beau  ieune  crucefis, 
qui  auoit  vne  face  riante  (car  il  faut  noter  que  le 
vieil  en  tombant  sur  ce  poure  homme  s'estoit  rompu 
le  col)  ne  se  put  tenir  de  luy  dire,  Quelque  belle 
mine  que  tu  me  faces,  si  ne  me  fieray-ie  iamais  en 
toy.  Car  si  tu  vis  aage  d'homme,  tu  seras  aussi 
meschant  comme  ton  pere  qui  m'a  cuidé  tuer." 

Auf  dieser  Stelle  beruht  Weidner,  IV,  S.  184: 
Ein  Biirger  in  Burgundien;  vgl,  weiter  Paoli, 
Schimpf  und  Ernst,  Nr.  270  und  336  und  Pitrè,  III, 
S.  183:  Lu  Paraturi. 

XCI.  MABC. 

Eine  Parallele  aus  Antonio  Fregosos  Riso  di 
Democrito,  e  pianto  di  Heraclito,  Mediolani,   1506, 

224 


die  Flògel  bei  der  Besprechung  dieser  Facetie, 
S,  486,  und  nach  ihm  Ristelhuber  abdruckt,  und 
das  34.  Stùck  aus  Paulis  Schimpf  und  Ernst  lassen 
mit  Bestimmtheit  auf  eine  altere  Quelle  schlieBen; 
trotz  emsigen  Suchens  ist  sie  mir  nicht  bekannt  ge- 
worden,  wenn  man  nicht  folgende  Stelle  in  den 
Apophthegmata  Patrum  (De  Abbate  Antonio,  XXV 
bei  Cotelerius ,  Ecclesiae  graecae  monumenta, 
Lutetiae  Parisiorum,  1677  ff.,  I,  S.  349 A)  heran- 
ziehen  will: 

i.Dictum  Abbatis  Antoni!  :  Venit  tempus,  quo 
homines  insanient,  et  cum  viderint  aliquem  non  in- 
sanum,  insurgent  adversus  illum,  dicentes:  Tu  in- 
sanis;  eo  quod  ipsis  similis  non  sit." 

Vgl.  auch  Guicciardini,  Detti  et  fatti,  S.  149:  // 
uoler  dimorar  sauio  tra'  pazzi,  esser  cosa  total- 
mente da  pazzo  =  Federmann,  Erquickstunden, 
S.  212: 

„Wann  einer  vnter  andern  Narren  weiO  will  sein, 
ist  aller  dingen  ein  thorheit. 

Nach  dem  ein  weiser,  kluger  mann  gesehen, 
was  massen  wegen  eines  vberfallnen  regen  in  seiner 
Statt  alle  menschen  nàrrischer  weiB  auff  der  gassen 
benetzt  worden,  vnd  jhne  fùr  nàrrisch  halten  wol- 
ten,  vmb  daQ  er  allein  inn  seinem  hauQ  auff  der 
trockne  gebliben  war,  hat  er  sich  entschlossen,  auch 
hinauB  zu  gehen,  mit  seinen  Nachbawren  nerrisch 
zu  sein,  sagende,  wie  daO  er  vii  lieber  mit  jederman 
nàrrisch,  dann  allein  bescheiden  vnd  weiB  sein 
wòlle," 

MAH.  —  Manni,  III,  S.  103.  XCII. 

Les  Facétieuses  lournées,  i.  Ili,  n.  10,  Bl.  107 b: 
Le  Cure  Arlotto  importune  d'vn  debte  par  le  gargon 
et  facteur  d'vn  Drappier,  trouue  finement  le  moyen 
de  s'en  desfaire,  et  faict  bien  battre  et  froter  le 
facteur,  faisant  croire  à  l'Abbé  et  moynes  du  moni 
S.  Miniat,  quii  estoit  demoniaque  et  possedè  da 
diable. 

Arlotto,  Schwanke  IL  15  ^^ 


Zu  diesem  ein  auBerordentlich  verbreitetes 
Motiv  behandelnden  Schwanke  vgl,  meine  Noten  zur 
13.  Novelle  Morlinis  [Die  NoveUen  Girolamo  Mor- 
linis,  Miinchen,  1908,  S,  275),  ferner  Marchesi,  Per 
la  storia  della  novella  italiana,  Roma,  1897,  S,  89 
und  173,  Giamb.  Pellizzaro,  La  commedia  del  secolo 
XVI,  Vicenza,  1901,  S.  191  und  Francia,  Franco 
Sacchetti  novelliere,  S.  169, 

xeni.  MABC. 

Die  Fabel  von  den  Màusen,  die  der 
Katze  eine  Schelle  anhàngen  wollen, 
gehòrt  zu  dem  jùngern  Bestande  unsers  abend- 
làndischen  Fabelschatzes,  dem  sie  erst  zu  Anfang 
des  13.  Jahrhunderts  eingefùgt  worden  zu  sein 
scheint;  vor  Odo  von  Ceritona  kennen  wir  keinen 
europàischen  Bearbeiter.  Sie  entstammt  einem  Ka- 
pitel  Von  dem  Màusekònig  und  seinen  Ministern, 
das  sich  in  einem  syrischen  und  mehrern  arabischen 
Texten  des  Kalilah  und  Dimnah  findet  und  ein 
alter  persischer  Zusatz  des  Pehlwiwerkes  sein 
dùrfte,  der  mit  diesem  ins  Syrische  und  ins  Ara- 
bische  ùbersetzt  worden  ist;  vgl.  darùber  Th.  Nòl- 
deke.  Die  Erzahlung  vom  Màusekònig  und  seinen 
Ministern  in  den  Abhandlungen  der  kgl.  Gesell- 
schaft  der  Wissenschaften  in  Gòttingen,  XXV.  Ed., 
1879. 

Dem  spàten  Auftauchen  der  Fabel  entspricht 
die  geringe  Verbreitung,  die  sie  im  Mittelalter  ge- 
funden  hat;  man  sehe  die  in  dieser  Hinsicht 
magern  Nachweise  bei  Robert,  Fables  inédites  des 
Xlh,  Xllh  et  XlVe  siècles,  I,  S.  98,  Osterley  zu 
Paulis  Schimpf  und  Ernst,  Nr.  634,  S.  544  und  zu 
Kirchhofs  Wendunmuth,  VII,  Nr.  105,  V,  S.  170, 
Regnier  in  Lafontaine,  Oeuvres,  I,  S.  133,  Waas, 
Die  Quellen  der  Beispiele  Boners,  S.  52,  Aug.  Mou- 
liéras,  Le  Fourberies  de  Si  Djeh'a,  Paris,  1892,  S,  49 
und  Goetze  -  Drescher ,  Samtliche  Fabeln  und 
Schwanke  von  Hans  Sachs,  IV,  S.  30  und  VI.    An 

226 


diesen  Stellen  wàre  noch,  auOer  auf  die  ganzlich 
ùbersebne  Arlottosche  Version,  auch  auf  Job. 
Mathesius,  Luthers  Lehen  in  Predigten,  Neudruck 
Prag,  1906,  S,  144,  auf  Seb,  Brants  Narrenschiff, 
bg.  V.  Zarncke,  Leipzig,  1854,  S.  460  und  auf  die 
Zimmerische  Chronik,  IV,  S.  46  zu  verweisen  ge- 
wesen;  vgl,  endlich  Seb,  Mey,  Fabulario,  Valencia 
(1613),  Fàb.  24:  El  consejo  de  los  ratones  (D.  M. 
Menéndez  y  Pelayo,  Origenes  de  la  Novela,  II, 
Madrid,  1907,  S.  XCIXff,). 

Robert  erzàhlt  in  der  Einleitung  zu  den  Fablet 
inédites,  S.  XXXVIII  (nach  ihm  auch  Regnier 
a,  a,  0.)  eine  merkwùrdige  Geschicbte:  Arcbibald 
Douglas,  fiinfter  Graf  Angus,  gebraucbt  bei  einer 
Verschwòrung  schottischer  Edeln  gegen  die  Gùnst- 
linge  Jakobs  III.  das  Wort:  „Ich  selber  will  die 
Schelle  anhàngen."  Er  bemàchtigt  sich  auch  tat- 
sàchlich  des  Grafen  von  Mar  und  seiner  Anhànger; 
und  nach  dem  erfolgreichen  Ende  erhàlt  er  den  Bei- 
namen  „Bell  the  Cat", 

Der  englische  Graf  scheint  es  nicht  notwendig 
gehabt  zu  haben,  seinen  Landsleuten  die  Fabel,  die 
er  meinte,  zu  erzàhlen;  daB  aber  Arlotto  ohne  eine 
nàhere  Erlàuterung  unverstanden  geblieben  ware, 
wird  uns  nicht  welter  wunder  nehmen  diirfen, 
wenn  wir  bedenken,  daB  die  Fabel,  vom  Dialogus 
creaturarum  abgesehn  ^,  in  Italien  vor  Arlottos 
Zeit  noch  nicht  behandelt  war,  Als  eine  italiànische 
Version,  die  mit  der  Facetie  Arlottos  in  Zusammen- 
hang  gebracht  werden  kann,  kommt  ùberhaupt  nur 
die  folgende  in  Betracht,  die  bei  Domenichi,  1548, 
Bl,  Da  steht  und  ohne  die  Ichform  der  Erzàhlung 
und  ohne  die  Datierung  in  alle  spàtern  Ausgaben 
dieser  Sammlung  ùbergangen  ist  (1562,  S.  154,  1581, 


1  Die  beiden  àhesten  lateinischen  Fabelbùcher  des  MiitelaUtn, 
herausg.  v.  Grasse,  Tùbingen,  1880,  S.  225  f f.  ;  darùber,  daB  der  Ver- 
fasser  ein  Italiàner  gewesen  sei,  vgl.  die  Arbeit  P.  Rajnas  im  Giornale 
storico  della  letteratura  italiana,  X,  S.  42  ff. 

15*  227 


S.  191  usw,;  Facecies,  et  motz  suhtilz,  1559,  Bl.  13b, 
1597,  S.  41): 

„Iacopo  Bini  mi  disse  à  questi  di,  che  questi 
di  Firenze  sempre  sono  stati  di  tre  ragioni  nei 
gouerno;  perche  uno  ha  prestata  la  riputatione, 
l'altro  e  danari,  e  '1  terzo  ha  appicato  un  sonaglio. 
Domandai  questo  appicare  il  sonaglio  che  uoleua 
dire,  contommi  all'hora,  che  certi  Topi  deliberarono 
una  uolta  insieme  d'appicare  un  sonaglio  alla  coda 
della  Gatta  per  sentirla;  ma  poi  che  '1  partito  fu 
uinto,  non  si  trouaua  nessun  di  que'  Topi  che 
uolesse  essere  il  primo  à  appicarlo.  Vn  pari  dunque 
di  Antonio  Puccio  diceua  essere  di  quelli  che  appi- 
cauano  ^  il  sonaglio." 

Textlich  etwas  veràndert  und  ohne  den  zweiten 
Teil  steht  diese  Geschichte  auch  in  den  Facetie  e 
motti  dei  secoli  XV  e  XVI,  S.  123,  Nr.  223;  auch 
die  Ichform  der  Erzàhlung  ist  hier  aufgegeben. 

XCIV.  MA. 

Facetie  et  motti  dei  secoli  XV  e  XVI,  S.  23 
Nr.  31: 

„Messer  Pandolpho  Collenuctio  oratore  del 
signore  Gostanzo  Sforza,  nel  1485,  a'  Fiorentini; 
usava  dire,  che  alle  principali  potentie  d'Italia  si 
davano  gl'infrascritti  epiteti  et  proprietà:  Auctori- 
tas  pontificis:  sapientia  regis  (se.  Neapolis):  poten- 
tia  venetorum:  arma  mediolanensium:  aurum  floren- 
tinorum." 

J.  P.  de  Memel,  Lustige  Gesellschaff,  S.  177» 
Nr.  408: 

„Nùrnberger  Witz, 
StraBburger  Geschùtz, 
Venetier  Macht, 
Augspurger  Pracht, 
Ulmer  Geld, 
Wer  dieses  bàtte,  wàre  reich  in  dieser  Welt." 


1  la  Originale  appicaua. 

228 


Dazu  vgl.  C.  A.  M.  V.  W.,  Zeiluertreiber,  S.  184 
und  Wander,  Sprichwòrter-Lexikon,  Venedig,  1. 

MABC,  XCV. 

Les  Facétieuses  lournées,  i.  Ili,  n.  9,  Bl.  104 b: 
Sire  Pierre  ayant  une  mauuaise  femme  fori  testue, 
s'en  va  au  conseil  d'vn  Cordelier  son  amy,  qui  allt- 
gue  à  sa  femme  l'histoire  et  exemple  d'vn  autrt 
femme  testue,  et  Catfterine  femme  dudict  Pierre, 
ne  deuient  meilleure,  sans  l'fiuile  de  cotteret,  dont 
elle  est  oincte  pour  l'adoucir  (ist  keine  eigentliche 
Obersetzung,  sondern  eine  Bearbeitung  dieser  Fa- 
cetie;  Arlotto  wird  gar  nicht  genannt  ^). 

Ein  deutscher  Auszug  der  Facetie  Arlottos  steht 
bei  Flogel,  S.  483  =  Nick,  I,  S.  562, 

Es  erscheint  wohl  trotz  dem  sicher  bestehenden 
Zusammenhange  zwecklos,  hier  noch  einmal  auf  die 
verschiedenen,  so  oft  behandelten  Erzahlungen  von 
widerspenstigen  Frauen  einzugehn;  bemerkt  sei 
nur,  daQ  sich  nach  Bédier,  Les  Fabliaux,  S.  46S, 
Gb  eine  Parallele  zu  dieser  Facetie  in  der  Revue 
des  Patois  gallo-romans.  1888,  II,  S.  288  findet. 

MA.  XCVI. 

MA,    —    Guicciardini,    S,   121:    Minor  danno  XCVII. 

essere:  donare,  a  certi  bisognosi,  vno  che  prestarne 
due. 

Nach  Guicciardini    steht    eine    deutsche  Ober- 
setzung in  Federmanns  Erquickstunden,  S.  172: 
„£s  ist  besser,  den  bedùrfftigen  eins  zu 
schencken,  dann  zwey  zu  leihen, 
Es  hetten  zwen   arme   vnd   fromme   Bawrn   in 


*  Der  ^eplag'e  Ehemann  wird  in  den  Facétieatt»  louméta  von 
seinen  Freunden  mit  den  beaux  v«n  tant  communs  geneckt  : 
„Ne  laitte  i  ta  femme  pour  rìen 
Mettre  son  pied  detsus  le  tien. 
Le  lendemain  la  iaulse  beste 
Le  voudroit  mettre  sur  la  teste," 

229 


einer  thewren  zeit  jren  Pfarrherrn  lehens  weiB  jedcr 
vmb  zwey  scheffel  korn  gebetten.  Der  Pfarrherr 
antwortet:  «Hc^It,  ich  will  euch  noch  ein  bessern 
dienst  thun,  ich  will  ewer  jedem  ein  schelfei  korn 
schencken',  vnd  thet  es,  in  massen  daB  er  zwey 
scheffel  erspart  hat,  dann  er  hett  doch  nimmer 
mehr  nichts  von  jhnen  bekommen," 

XCVIII.  MA. 

XCIX.  MA. 

C.  M  (fehlt  in  alien  alten  Ausgaben). 

CI,  MABC. 

Le  Patron,  Nr.  30. 

Vgl,  dazu  Melchor  de  Santa  Cruz,  Floresta 
espanola,  V,  5,  Nr,  6,  zit,  Ausg,  Bl,  99 a  und 
Branthóme,  Dìscours  sur  les  sermens  et  juremens 
espaignoles  in  den  Oeuvres,  ed.  Merimée  et  Lacour, 
Paris,  1858  ff,,  IX,  S,  202, 

CII.  MAB,  —  Guicciardini,  S,  121:  fili  miserando, 

chi  viene  in  potestà  di  gente  rea,  che  chi  liberato  se 
n'esce. 

Danach  deutsch  in  den  Erquickstunden,  S.  171: 
„Vil  armseliger  ist  der,  welcher  in  gewalt 
der  bosen  gelangt,  dann  derselb,  welcher 
ledig  entgehet. 
Zu   der   zeit   Bapsts   Calisten   kam   ein   Galeot 
oder  Schiffmann  zum  Pfarrherrn,  vnd  sprach:  ,Herr, 
gebt  mir  allmusen  vmb  Gottes  willen,  dann  ich  bin 
erst  auQ  handen  der  Catelaner  kommen.'     Darauff 
antwort  der  pfarherr:  ,So  wolt  ich,  daO  du  mir  all- 
musen  gebest,    dann   ich    bin   den   Catelanern   erst 
vnter  die  hend  kommen,'    Dann  Bapst  Calistus  war 
ein  Catelaner," 

Jedenfalls  auch  nach  Guicciardini  erzàhlen 
der  Democritus  ridens,  S,  101  („Ad  Arlottum  Floren- 


230 


tinum  Ecclesiastici  quidem  ordinis,  sed  multi  ac 
liberalis  joci  hominem,  nauta  quidam  venit"  etc,  etc.) 
und  Der  Ergòtzende  Schimpf  und  Ernst,  o.  O.,  16%, 
S.  15,  Nr.  21, 

Dieselbe  Schnurre  wird  auch  von  Domenico 
Capranica,  dem  Kardinal  von  Fermo,  erzàhlt;  so  be- 
richtet  Vespasiano  da  Bisticci  in  den  Vite  di 
uomini  illustri  del  secolo  XV,  Ausg.  Bologna,  1892, 
I,  S,  135; 

„I1  cardinale  di  Fermo  era  in  ogni  sua  cosa 
alquanto  piacevole.  Andando  un  di  a  palazzo,  e 
passando  per  il  ponte  a  Sancto  Agnolo  uno  povero 
ch'era  scampato  dalle  mani  de'catelani,  li  chiese  la 
limosina,  dicendo  che  gli  dessi  uno  carlino  per 
l'amore  de  Dio,  che  era  iscampato  di  mani  de'cate- 
lani. Il  cardinale  se  gli  volse,  e  disse:  danne  uno 
a  me,  che  sto  peggio  di  te,  perchè  tu  se'  fuori,  ed 
io  vi  sono  dentro.  Che  in  vero,  bene  che  papa  Cal- 
listo fussi  d'assai  laudabili  condizioni,  nientedimeno 
non  potè  attendere  a  quello  che  s'apparteneva  al 
pontificato,  perchè  il  più  del  tempo  si  stava. per  la 
vecchiaia  nel  letto," 

Vgl,  Lenfant,  Poggiano.  II,  S.  249  ff, 

MA.  CHI. 

MA.  CIV. 

MABC.  CV. 

MABC.  evi. 

Die  Schnurre  erscheint  schier  wie  die  Parodie 
eines  Predigtmàrieins;  Gottschalk  HoUen  erzàhlt 
nàmlich  in  den  Sermones  dominicales  super  episto- 
las  Pauli,  pars  est,,  sermo  XXVI,  F  (Hagenau,  1520, 
Bl.  Gsb): 

„ Cuius  exemplum  legitur  in  Speculo  histo- 

riali,  li,  xxvij,,  quod  in  partibus  Bononie  quidam 
amici  et  compatres  in  conuiuio  discumbebant,  qui- 

231 


bus  allatus  est  gallus;  quem  vnus  illorum  accepto 
cultello,  vt  mos  est,  in  frusta  desecuit  tritumque 
piper  cum  liquamine  superfudit.  Quo  facto  alter 
ait:  Profecto,  compater,  sic  explicuisti  gallum  hunc, 
vt  ipse  sanctus  Petrus,  etiamsi  velit,  reintegrare  non 

posset.     Cui  mox  intulit  alter " 

Im  27.  Buche  des  Speculums  hìstoriale  habe 
ich  dieses  Exempel  nicht  finden  kònnen, 

CVII.  MA. 

CVIII,  MABC.  —  Domenichi,  1548,  Bl.  Dab  ff,  =  1562, 

S.  167  ff  =  1581,  207  ff.  etc.  etc;  Facetie  e  motti  dei 
secoli  XV  e  XVI,  S,  127,  Nr.  230.  —  Manni,  III, 
S.  100  und  112, 

Les  Facétieuses  lournées,  i.  III,  n.  8,  Bl.  103 a: 
Arlotto  estant  alle  auec  vn  Gentil-homme  disner  en 
la  maison  du  Cardinal  de  Pauie,  fut  picqué  par  le- 
dict  Sieur  Cardinal:  et  Arlotto  le  luy  rendit  bien 
verd,  en  le  faisant  taire  tout  coy,  de  honte  quii 
en  eut.  Sind  schon  die  alten  Drucke  gegen  das 
Manuskript  sehr  gekiirzt,  so  ist  diese  Obertragung 
noch  mehr  zusammengezogen. 

CIX.  MA. 

ex.  MA;  Manni,  III,  S.  112. 

CXI.  M. 

CXII.  MABC, 

Die  Quelle  dieses  Schwankes,  wenn  nicht  beides 
aus  dem  Volksmunde  stammt,  scheint  die  32.  Novelle 
Sacchettis  zu  sein,  deren  Argument  lautet;  Un  Frate 
predicatore  in  una  Terra  di  Toscana  di  Quaresima, 
predicando,  veggendo  che  a  lui  udire  non  andava 
persona,  trova  modo  con  dire,  che  mostrerà,  che 
l'usura  non  è  peccato,  che  fa  concorrere  molta  gente 
a  lui,  ed  abbandonare  gli  altri. 

Letterio  di  Francia  bedauert  (Franco  Sacchetti 

232 


novelliere,  S.  161),  zu  dieser  Novelle  keine  Parallele 
angeben  zu  kònnen;  auf  ihren  Zusammenhang  mit 
unserer  Facetie  hat  aber  schon  Biscioni  zum  Mal- 
mantile  racquistato,  e.  3,  st.  74  (zit.  Ausg.  I,  S.  299) 
hingewiesen:  „E  Franco  Sacchetti  nella  Nov.  32 
dove  pone  l'adotta  opinione,  che  seguitò  poi  il  Pio- 
vano Arlotto,  che  l'usura  non  consista  nel  dare,  ma 
nel  riscquotere  più  che  la  vera  sorta  . . ." 

MABC. 

Le  Patron.  Nr.  44. 

Flógel,  S,  484  =  Nick,  I,  S,  564, 

Àhnliche  Schnurren  finden  sich  hàufig  in  der 
Schwankliteratur;  vgl.  u.  a.  meine  Nachweise  zu 
Bebel,  II.  Nr.  81,  I,  Band,  S.  201  ff. 

MA. 

M. 

MABC. 

Le  Patron.  Nr.  45, 

Flogel,  S.  485  =  Nick,  I,  S.  564  ff. 

M, 

M. 

MABC. 

Vgl.  dazu  die  folgende,  auch  sonst  merkwurdige 
Stelle  aus  Bromyards  Summa  praedicantium, 
J,  12,  6: 

,,Caueant  ergo,  qui  alijs  seruiunt,  iurantes, 
dominum  vel  dominam  vel  illum,  qui  queritur,  non 
esse  hic  intus,  claudentes  manum  etc,  vel 
quodcumque  aliud  sophistice  intelligentes.  Sicut  ille, 
qui  quando  aliquis  ab  eo  petiuit  pecuniam,  iurare 
solebat,  quod  non  habuit  tantum  in  toto  mundo;  per 
totum  mundum  pixidem  vnam  quam  habuit  in- 
telligens." 


CXIII. 


CXIV. 
CXV. 
CXVI. 

CXVII. 

CXVIII. 

CXIX. 


233 


CXX.  M. 

CXXI.  M. 

CXXII.  MABC.  —  Manni,  III,  S.  84, 

Eine  franzòsische  gereimte  Bearbeitung,  Les 
Commissions,  hat  B.  de  la  Monnoye  verfafit;  sic 
steht  u.  a.  im  Recueil  des  meilleurs  contes  en  vers, 
A  Genève,  1774,  S.  107  ff,  Im  Auszuge  ist  die 
Facetie  ins  Deutsche  ùbersetzt  bei  v,  d.  Hagen, 
Briefe  in  die  Heimat.  II,  S.  226  ff, 

Auch  Hans  Sachs  hat  das  Motiv  von  d  e  n 
verwehten  Denkzetteln  bearbeitet ,  und 
zwar  in  seinem  letzten  Schwanke,  geschrieben  am 
10,  Februar  1573:  Der  kawffman  mit  der  sackpfewffen 
(Goetze-Drescher,  II,  S,  625  ff,), 

Mit  der  Frage  nach  Hans  Sachsens  Quelle  hat 
sich  A,  L,  Stiefel  mehrere  Male  befaDt:  zuerst  in 
den  Hans  Sachs-Forschungen,  S,  188,  dann  in  der 
Zeitschrift  fiir  vergleichende  Litteraturgeschichfe, 
Vili,  S.  255  ff,  und  schlieOIich  in  den  Studien  zur 
vergleichenden  Litteraturgeschichfe,  II,  S,  161  ff. 
Stiefel  kommt  zu  dem  Endergebnis,  Hans  Sachs  habe 
seinen  Schwank  aus  der  Facetie  Arlottos  und  aus 
einer  Fabel  von  Joachim  Camerarius  zusammen- 
gesetzt.  Da  die  Fabel  von  Camerarius  mit  einem 
Hinweise  auf  ein  schwàbsiches  Sprichwort  schlieQt, 
ist  Stiefel  zwar  geneigt,  anzunehmen,  daB  Camera- 
rius eine  altere  Version  der  Schnurre  ver  sich  ge- 
habt  habe,  meint  jedoch,  daO  dicse  nicht  viel  anders 
als  die  Fabel  gelautet  haben  kònne. 

Die  àlteste  Ausgabe  der  Sammlung  von  Came- 
rarius hat  den  Titel  Aesopi  Phrygis  Fabularum 
Celeberrimi  Autoris  Vita.  Fabellae  Aesopicae 
Plures  Quadringentis,  quaedam  prius  etiam,  multai 
nane  primum  editae:  omnes  autem  orationis  con- 
veniente et  aequabili  velati  filo  pertextae  à  Ioachimo 
Camerario  Pabergensi.  Fabulae  item  Livianae  duae, 
et  Gellianae  aliquot,  nec  non  Politiani,  Gerbelij  et 

234 


Erasmi  narrationes.  His  accessit  explicatio  non- 
nullorum  et  demonstratio  Graecorum  autorum,  de 
quibus  vel  fabulae  aliquae  vel  praecepta  decerpta 
fuerint:  Cum  indice  capitum  et  locorum  quorundam 
doctrinae  et  sententiarum,  ad  quae  narratione» 
referri  poBint.  Tubingae  Ex  Officina  Virici  Mor- 
hardi.  Anno  M.D.XXXVIII,  Mense  Septembri;  8», 
12  ungez.,  179  gez.  und  1  weiOes  Blatt.  Dort  lautet 
unsere  Fabel  —  wenn  man  diese  Bezeichnung  bei- 
behalten  will  —  also: 

„Pastoris  memoria. 

Profecturum  villae  cuiusdam  dominum  in  urbem 
opulentam  longius,  negotiorum  suorum  gratia,  ora- 
bat  uxor,  monile  sibi  ut  aureolum  afferret;  orabat 
filia,  ut  uestem  apportaret,  etiam  ancillulae.  ut 
reticula  emeret.  Tum  pastor  accedit,  numosque  ia 
crumenula  tradit  hero,  et  ut  fistulam  sibi  mercetur, 
rogat.  Rebus  perfectis,  quas  ob  res  in  urbem  illam 
ventura  erat,  cum  reditum  iste  ad  suos  appararet, 
dum  sarcinas  inspicit,  forte  crumenulam  acceptam 
a  pastore  reperit.  Ibi  recordatus  petitionis  huius, 
fistulam  emit  et  pastori  paulo  post  reversus  domum 
eam  dari  iubet,  Uxor  igitur  et  filia  inprimis,  sed 
et  ancillulae  sperare  atque  poscere  sua;  cum  vero 
diceret  hic,  sibi  excidisse,  quid  quaeque  voluisset 
curari  sibi,  et  omnino  illarum  emptionum  oblitum 
fuisse,  indignari  mulieres  et  moleste  ferre,  pastoris 
mandata  potiora  eum  habuisse  suis.  Tum  pater 
familias:  Nolite  mirari,  neque  irasci,  inquit:  Pastoris 
enim  memoria  me  in  crumenula  prosecuta  fuit. 

Fabula  docet,  gratuito  operam  qui  dent  alijs 
nonnullos,  sed  largiri  qui  velint,  et  de  sua  etiam 
pecunia  esse  liberales,  paucos  reperiri.  Itaque  et 
Sueuicum  prouerbium  est,  pastoris  memoria,  cum 
impendia  recusantur." 

Wie  lautete  denn  nun  eigentlich  dieses  schwà- 
bische  Sprichwort,  das  Camerarius  mit  Pastoris 
memoria  wiedergibt? 

235 


Auf  diese  Frage  erhalten  wir  in  derselben  Àus- 
gabe  der  Fabeln  Àuskunft: 

In  ihr  schliefit  die  Reihe  der  Fabeln  mit  dem 
BI.  162  a,  und  auf  Bl.  162  b  steht  ein  Brief  eines  Tho- 
mas Tilianus  Silesius,  wohl  des  Korrektors  oder 
Leiters  der  Offizin  Morhards,  an  einen  gewissen 
Joachim  Pfintzing  aus  Breslau;  dieser  Brief  ^  ist 
nichts  als  eine  Einleitung  zu  einer  nun  folgenden 
Erklàrung  der  im  Texte  der  Fabeln  vorkommenden 
griechischen  Stellen,  und  diese  Explicatio  wieder 
schliefit  auf  Bl.  175a  mit  folgenden  Worten:  „Hoc 
loco  omissas  fabellas  quinque,  nescio  qua 
negligentia,  quod  viderentur  haud  inelegantes,  appo- 
nere  placuit,  quarum  una  ad  temeritatis,  altera  ad 
obedientiae,  ad  simulationis  tertia,  quarta  ad  libe- 
ralitatis,  quinta  ad  stultorum  sapientiae  caput  refe- 
retur.  Prima  autem ....  In  tertia  mentio  fit 
unius  teutonici  proverbi  i.  Et  item  alterius 
in  quarta.  Quorum  prius  ita  solet  pronunciar!. 
Laut  lachen  geet  nit  von  hertzen.  Alterum  ita. 
Des  schefers  wortzeiche  n," 

Die  vierte  dieser  fùnf  vergessenen  Fabeln  steht 
dann  auf  Bl.  177  b  und  ist  die  oben  mitgeteilte  mit 
dem  Titel  Pastoris  memoria  ^. 


1  In  diesem  Briefe  hciOt  es  „Cum  praeessem  elaborattoni  huius 
libelli,  et  exiitimarem,  lectionem  illius  futuram  esse  gratam  et  utilem 
plurìbus ,  quo  illa  etiam  etset  expeditior  et  amoenior ,  placuit  ad 
quaedam  loca  annotare  ea,  quibus  vel  explicarentur,  vel  graecìs  cx- 
positis,  unde  esient  translata,  locupletarentur.  In  hoc  si  non  fuit 
valde  magnus  labor  meus,  quod  habuerim  scripti  huius 
autorem  ad  manura,  ut  dicitur,  si  quid  forte  requirerem  . .  .  ." 
Der  Brief  ist  datiert  „ex  officina  Morhardina,  VII.  Cai.  Septem.  Anno 
.salutiferi  parlus.  M.  D.  XXXVIII." 

'  Die  Fabel  wird  ebcnso  wenig  wie  die  andern  vier  im  Index 
tfenannt.  Alle  fùnf  stehn  schon  in  den  zwei  andern  noch  im 
Jahre  1538  erschienenen  Ausgaben  der  Fabeln  von  Camerarius,  die  bis 
auf  den  der  einen  mangelnden  SchluOholzschnitt  so  ziemlich  idcntisch 
sind,  mit  den  Nummern  404  bis  408  auf  ihrem  richtigen  Platze  (Norìm- 
bergae  apud  Valentinum  Neuberum  und  ebcndort,  apud  Geordium 
Wachterum  steht  unserf  Fabel  Bl.  Vga  ff.).  Die  Ausgabc  Norlmt>«r- 
ga«,1339hatdi«  fOnf  Fabeln  zwar  in  der  Kcihenfolge des  erslen  Drucket, 
•ber  mit  richtiger  Numericrung  ;  die  unserig*  stent  Bl.  Vj  b  f f. 

236 


Damit  wissen  wir  nun  auch  schon,  oboe  uns  mit 
einetn  auf  Hans  Sachsens  Bearbeitung  berubenden 
Wahrscheinlichkeitsschlusse  begnùgen  zu  mùssen, 
wie  das  Spricbwort  deutscb  gelautet  bat,  Dafiir 
haben  wir  aber  nocb  einen  andern  Beleg;  in  der 
Zimmerischen  Chronik,  III,  S,  217  beiOt  es  nàmlicb: 
„ ,  ,  ,  ,  Es  kam  der  apt  von  Fulden,  war  aio  burg- 
graf  von  Kùrchberg,  uf  ain  reicbstag  gen  Augspurg; 
der  woUt  aucb  was  durcb  disen  scbalksnarren  (Conz 
von  der  Rosen)  beim  kaiser  verricbten,  gab  im  aber 
des  schefers  warzaicben  nit  darbei." 
Ùbereinstimmend  spricbt  auch  Hans  Sacbs  an  zwei 
Stellen  seines  Schwankes  von  des  scbeffers 
warzeichen^. 

Eine  spricbw5rtlich  gebraucbte  Redensart  von 
diesem  Wortlaute  ist  aber  obne  eine  erklàrende 
Erzàhlung  unverstàndlich;  es  muO  also,  mindestens 
im  schwàbischen  Volksmunde,  eine  Erzàhlung  dazu 
gegeben  haben.  Derartige  t)berlieferungen  nehmen 
jedoch  an  verschiedenen  Orten  und  zu  verschiedenen 
Zeiten  einen  verschiedenen  Charakter  an,  und  diese 
Erwàgung  macht  es  wahrscbeinlich,  daB  Camerarius 
und  Hans  Sachs  verschiedene,  allerdings  von  einem 
gemeinsamen  Anfange  ausgehende  Fassungen  be- 
nutzt  haben;  ob  ihnen  diese  Fassungen  schriftlich 
vorgelegen  haben  oder  nicbt,  ist  von  sekundàrer 
Bedeutung.  Jedenfalls  bat  die  Annahme,  Hans 
Sachsens  Bearbeitung  berube  in  letzter  Instanz  auf 
einer  im  Volksmunde  verbreiteten  Erzàhlung,  mehr 
Natùrlichkeit  und  Wahrscheinlichkeit  fiir  sich,  als 
die  Annahme,  er  habe  die  Fabel  von  Camerarius 
mit  der  Facetie  Arlottos  verquickt. 


•  Auf  den  Unterschied  zwischen  Warzeichen  und  Wortzeichtn 
braucht  wohl  kein  Gewicht  gelegt  zu  werden.  Die  Erklarung,  die 
Barack  im  Register  der  Zimmerischen  Chronik  gibt  (ein  Trinkgeld) 
stimmt,  wie  wir  sehn,  nicht  ;  Lex  hingegen  (III,  699)  ùbersetzt  War- 
zeichen richtig  mit  Intersignam. 


237 


CXXIII. 

MAI. 

CXXIV, 

MA, 

cxxv. 

MA. 

CXXVI. 

MAB. 

CXXVII. 

MAB. 

CXXVIII. 

MABC. 

—  Manni,  III,  S.  102. 

CXXIX. 

MA. 

cxxx. 

MABC. 

CXXXI. 

MABC. 

—    Abgedruckt    bei 

Papanti,  Dante, 
secondo  la  tradizione  e  i  novellatori,  S.  198. 

Le  Patron,  Nr.  36. 

Nachweise  zu  der  Geschichte  von  M  a  r  k  o  1  {  s 
K  a  t  z  e  geben  Kurz  zu  Waldis,  II,  Nr.  22,  zweite 
Halite,  Osterley  zu  Kirchhof,  IV,  Nr.  168,  Papanti, 
Dante,  S.  197  ff,  und  R.  Kohler,  Kleinere  Schriften, 
II,  S.  639  ff. 

CXXXII.  MABC.  —  Manni,  III,  S.  110. 

Le  Patron,  Nr.  37.  —  Ein  deutscher  Auszug  bei 
V.  d.  Hagen,  Briefe  in  die  Heimat,  II,  S.  227  f f. 

Sehr  merkwùrdig  ist  eine  Note  zum  Malmantile 
racquistato,  e.  II  st.  3  (zit.  Ausg.  I,  S.  130),  in  der 
Paolo  Minucci  vorerst  die  Phrase  Dare  il  pan  colla 
balestra  mit  Strapazzare,  Fare  in  maniera,  che  il 
beneficio  sia  di  disgusto  a  chi  lo  riceve  erklàrt  und 
nach  einer  Abschweifung  auf  die  Geschichte  vera 
Schwerte  des  Damokles  folgendermaQen  fortfàhrt: 

„Si  dice  anche,  a  questo  proposito.  Dare  il  pane 
col  bastone,  che  ha  origine  da  quel  che  fece  il  Pio- 


>  Vgl.  di*  FuDaoU  zum  Tcztc. 


238 


vano  Arlotto,  il  quale  per  Castigare  l'indiscretezza 
d'alcuni  cacciatori,  che  gli  avevano  lasciato  in  casa 
un  branco  di  cani,  quando  a  questi  dava  il  pane, 
l'accompagnava  con  una  mano  di  bastonate;  onde  i 
poveri  cani  s'erano  assuefatti,  quando  vedevano  il  '  ^ 
pane,  a  fuggire;  per  lo  che  divennero  cotanto  magri, 
che  appena  si  reggevano  in  piedi.  Ritornati  i  caccia- 
tori per  li  loro  cani,  vedutigli  cosi  sfatti,  si  dole- 
vano del  Piovano;  ma  egli  preso  in  mano  il  solito 
bastone,  tirò  loro  in  terra  alcuni  pezzi  di  pane:  ed 
i  cani  ricordevoli  di  come  era  solito  passare  il  ne- 
gozio, in  vece  d'accostarsi  al  pane,  fuggivano;  onde 
il  Piovano  si  scusò  co'  cacciatori,  dicendo:  Come 
volete,  che  ingrassino,  se  quando  io  dò  loro  il  pane, 
fuggono  come  vedete?  E  da  questa  facezia  venne 
questo  proverbio  Dare  il  pane  col  bastone,  che 
significa  Mostrare  di  voler  fare  del  bene  a  uno,  e 
fargli  del  male.  Seneca  ci  fa  vedere  questo  modo 
di  dire  anche  appresso  a  i  Latini,  raccontando  il 
detto  di  Fabio,  per  soprannome  Verrucoso,  che  il 
piacere,  fatto  da  persona  zotica  e  con  maniera  sal- 
vatica,  chiamava  Panem  lapidosum,  che  è  appro- 
priato al  nostro  detto  Dare  il  pane  e  la  sassata." 

MAB.  CXXXIII. 

Les  Facétieuses  lournées,  i.  Ili,  n.  7,  Bl.  99a:  Le 
Cure  Arlotto,  pour  donner  conseil  à  vn  sien  pauure 
parroiBien  mal  traité  de  sa  femme,  luy  recite  la 
nouuelle  d'vn  Cordonnier  qui  fut  au  Pont  aux  Oyes, 
par  le  conseil  de  l'Hermite  de  Pouille.  Diese  No- 
velle wird  von  ihrem  Erzàhler  Philon  also  ein- 
begleitet: 

„Mes  Dames  ayant  par  cy  deuant  ouy  parler 
de  quelques  tours  d'Arlotto,  qui  a  esté  de  son  temps 
vn  des  plus  facetieux  hommes  de  Florence  voire  de 
toute  l'Italie,  ie  me  suis  aduisé  de  vous  raconter  sa 
plaisante  nouuelle  du  Pont  aux  oyes,  de  laquelle 
Boccace  en  son  Decameron,  a  fait  recit  en  la  neuf- 
iesme  nouuelle  de  la  neufiesme  lournee,  où  ie  vous 

239 


renuoye  potir  aller  la  voir,  à  laquelle  se  rapporte 
aucunement  ceste  cy  de  Arlotto,  mais  elle  est  de- 
duite  autrement," 

Tatsàchlich  beruht  auch  die  Fassung  bei  Arlotto 
nicht  auf  der  des  Dekamerons,  sondern  auf  der  der 
2.  Novelle  des  V,  Tages  im  Pecorone  von  Ser  Gio- 
vanni, die  folgendes  erzàhlt:  Zwei  romische  Ritter, 
Ciuccio  und  Ianni,  die  dieselben  Sorgen  haben  wie 
in  der  Facetie  der  Schuster  und  sein  Freund,  reisen 
deshalb  zu  einem  Weisen,  Boezio  mit  Namen;  von 
diesem  erhàlt  Ianni  den  Rat:  „Steh  beizeiten  auf" 
und  Ciucolo;  „Geh  zur  Brùcke  von  Sant'  Agnolo," 
Beide  machen  sich  iiber  diese  Ratschlàge  lustig;  als 
aber  Ianni  eines  Morgens,  wo  er  frùher  aufgestanden 
ist,  einen  Diener  beobachtet,  wie  er  Lebensmittel 
wegtràgt,  und  àhnliche  Erfahrungen  mehrmals  macht, 
versucht  auch  Ciucolo  den  Rat  Boezios:  er  begibt 
sich  zur  Brùcke  von  Sant'  Agnolo  und  sieht  dort, 
wie  die  Maultiertreiber  ihre  widerspenstigen  Tiere 
mit  Stockprùgeln  hiniiberbringen.  Natùrlich  zieht 
er  die  Nutzanwendung. 

Trotz  der  auOerordentlich  groQen  Obereinstim- 
mung  mit  der  Version  bei  Ser  Giovanni  steht  die 
Facetie  Arlottos  in  manchen  Punkten  der  Novelle 
Boccaccios  nàher:  so  geràt  der  heimgekehrte  Gatte 
sowohl  bei  Boccaccio,  als  auch  bei  Arlotto  mit  seiner 
Frau  des  Essens  halber  in  Streit,  wàhrend  im  Peco- 
rone der  Streit  schon  durch  das  Gekeife  veranlaQt 
wird,  womit  die  Frau  den  Heimkehrenden  empfàngt; 
bei  Boccaccio  wie  bei  Arlotto  ergibt  sich  erst  am 
nàchsten  Morgen,  daO  die  Frau  von  ihrer  Wider- 
spenstigkeit  geheilt  ist,  wàhrend  Ser  Giovanni  be- 
richtet,  daO  sie  sich  sofort  nach  den  Prùgeln  vor- 
nimmt,  ihrem  Gatten  fortan  in  allem  zu  Willen  zu 
sein.  Arlotto  oder  der  Kompilator  der  Facetien 
hat  also  wohl,  bewuQt  oder  unbewuQt,  auch  aus 
Boccaccio  geschdpft. 

Zu  dem  Motive  des  Ratsuchens  bei 
einem    fernen    Weisen,    das    sich    auch    in 

240 


Paulis  Schimpf  und  Ernst,  Nr.  134  ^  (hier  ist  et 
wieder  Salomo,  der  um  Rat  gebeten  wird)  findet, 
sei  auf  eine  kuriose  Geschichte  verwiesen,  die  bei 
Johann  Agricola,  Das  Ander  teyl  gemeyner  Deut- 
scher  sprichwortter,  Hagenau,  1529  im  673,  Sprich- 
worte  Es  ist  noch  tesser,  ein  alter  man  vnd  ein 
iungs  weib,  denn  ein  alt  weih  vnd  ein  iunger  ge- 
selle,  Bl,  198aff.2  steht: 

„ Man  sagt  von  dreyen  kauffmennern,  der 

eyn  was  alt  vnd  graw,  vnd  sein  weib  wolt  yhm  kein 
gut  thun,  sondern  sprach: 

,Ich  sag  es  mit  warheyt  vnd  spott, 
Ich  wolt,  du  grawbart  werest  bey  Goti.* 

Darumb  was  er  willens  gen  ParyB  zu  reytten,  einen 
weisen  meister  zufragen  vmb  radt,  ob  er  yhm  werden 
mochte,  wie  yhn  sein  weib  mochte  lieb  gewinnen. 
Do  er  auOzoge,  fande  er  einen  seiner  gesellen;  da 
der  horet,  daO  er  vmb  guten  radt  gen  ParyB  zoge, 
wolt  er  yhm  geselschafft  leysten,  syntemal  er  auch 
ein  weib  bette,  das  nagte  yhn  nacht  vnd  tage,  vnd 
bette  kein  gute  stunde,  yhres  bosen  mauls  halben, 
ob  yhm  vor  yhr  mochte  radt  geschaffet  werden. 
Dise  beyde  ritten  fort,  vnd  kamen  ynn  eines  reychen 
kauffmans  hause;  do  diser  horete,  warumb  die 
zween  gen  ParyB  reysen  wolten,  sprach  er,  er  wolte 
mit  yhnen,  dea  meister  zufragen,  ob  es  auch  mit 
Gott  vnd  ehren  mocht  zugehen,  daB  sein  weib  alle 
iar  ein  kindt  bette,  vnd  er  keme  doch  offt  ynn 
einem  gantzen  iar  kaum  eyn  mal  zu  yhr.  Sie  kamen 
gen  ParyB  vnd  legten  yhre  fragen  fur,  Der  meister 
lachet,  vnd  sprach  zu  dem  ersten,  wenn  er  heym 
keme,  so  solt  er  das  kindt,  das  ynn  seinem  hauB 
were,  darumb  fragen,  das  wurde  yhn  berichten,  denn 


1  Vgl.  dazu  meine  Nachweise  lur  61.  Novelle  Morlinis. 

2  In  der  Ausgabe  Ftinfhundert  Gtmainer  Newtt  Teiitacher 
Spriichwórler.  1548,  wo  sic  Bl.  39b  ff.  «Is  Nr.  65  ctcht.  Ut  vifelM  <•• 
Xiidert. 

Arlotto,  Schwànke  II.  \Q  241 


es  were  yhm  schwerlich  zuhelffen,    Zu  dem  andem 
sagte  er: 

,Ynn  deinem  hause  ein  esel  stadt, 
Den  frage,  vnd  folge  seinem  radt, 
Er  kan  dir  sagen  sonder  list, 
Wie  dir  hierynn  zuradten  ist.' 
Zu  dem  dritten  sprach  der  meister:  ,Wenn  du  heym 
kommest,  so  wirt  dir  begegnen  ein  hase  auff  einer 
wisen,  dem  werden  vii  hund  nachlauffen;  den  hasen 
frage,  so  wirt  er  dich  deiner  frage  berichten,' 
Der  erste  wol  zuhauQ  kara, 
Die  fraw  sahe  yhn  vbel  an, 
Sie  sprach:  ,Kompstu  von  PareyB? 
Noch  bistu  graw  vnd  greyfi.' 

Er  sprach  zum  kinde,  wie  yhm  der  meister  be- 
folhen  bette, 

Das  kind  sprach:  ,Du  fragest  mich, 
Mit  warheyt  ich  bescheyde  dich: 
Wenn  du  werest  ynn  meiner  gestalt. 
So  werestu  weder  greyfi  noch  alt; 
Dein  weib  gunnet  dir  kein  gutes  nicht, 
Dieweil  sie  bart  vnd  bar  ansicht.' 
Der  ander  kam  auch  heym,  vnd  ward  von  seiner 
frawen   entpfangen  mit  haddern  vnd  mit   scbelten, 
mit  boser  wortt  widdergelten.     Er  gehet  zum  Esci 
nach  des  meisters  befelch,  vnd  fraget  yhn  vmb  radt. 
Der  esel  sagt: 

,Wenn  du  dein  fraw  schlugst  so  wol  als  mich, 
Sie  wurde  demutig,  erzurnte  nicht  dich; 
So  du  aber  das  nicht  bist  thon, 
So  mustu  zorn,  spott,  schaden  hon.' 
Der  dritt  sihet  den  hasen  lauffen,  schreyet  yhn 
an:    ,Hore   haB,    bore.'     Der   hase   sagt    auff   seine 
frage  also. 

Der  hase  sprach:  ,Das  ist  gut  zuuerstan: 
Wenn  dein  fraw  flòhe  die  man, 
Als  ich  die  hunde,  wenn  sie  mich  iagen, 
Sie  wurde  nymmer  kein  kindt  tragen.'  " 

242 


Eine  hfìbsche,  allerdings  weit  abstehende 
Variante,  die  aber  auch  den  Zug  der  p  1 5 1  z  - 
lichen  Erkenntnis  b  e  i  m  FluBiiber- 
g  a  n  g  e  hat,  bietet  eine  Erzàhlung  in  dem  Kom- 
mentar  von  Jacopo  della  Lana  zur  Divina  Commedia, 
abgedruckt  in  dem  von  F.  Zambrini  herausgegebenen 
Libro  di  Novelle  antiche,  tratte  da  diversi  testi  del 
buon  secolo  della  lingua,  Bologna,  1868,  S.  137, 
nov,  55, 

MAB.  CXXXIV. 

Am  nàchsten  steht  dieser  Facetie  die  14.  No- 
velle Sacchettis:  Come  Alberto,  avendo  a  far  con 
la  matrigna,  essendo  dal  padre  trovato,  allega  con 
nuove  ragione  piacevolmente;  hier  findet  sich  auch 
das  sonst  in  alien  Bearbeitungen  fehlende  Moment, 
daO  dem  Sohne  geraten  wird,  wie  er  sich  zu  seiner 
Stiefmutter  verhalten  solle.  Ebenfalls  um  Stief- 
mutter  und  Sohn  handelt  es  sich  in  der  143.  Facetie 
Poggios,  sowie  bei  Domenichi,  1548,  Bl.  Eab  =  1562, 
S,  245  =  1581,  S,  303  usw.  In  der  50.  der  Cent  nou- 
velles  nouvelles  wird  die  Stiefmutter  durch  die 
GroBmutter  ersetzt;  ebenso  erzàhlen  natùrlich  der 
Recueil  des  plaisantes  et  facetieuses  Nouuelles, 
Lyon,  1555,  S,  282,  n.  %:  D'vn  filz  qui  voulut 
monter  sur  sa  meregrand,  et  du  discord  quii  en 
vint  entre  le  pere  et  le  filz.  AuBi  de  la  facetieuse 
responce  qu'en  fist  le  filz  à  ses  compaignons  qui 
depuis  firent  l'accord  ^=  Les  ioyeuses  Aventures, 
et  facetieuses  Narrations,  (Lyon,  1556,  S.  307,  n,  96 
[statt  95]  )  und  Malespini,  Ducento  novelle,  Venetia, 
1609,  II,  Bl.  235 b,  n.  67:  Di  vno  che  voleva  caual- 
care  V  Auola,  che  il  Padre  lo  voleua  uccidere,  e 
come  poi  si  riconciliassero.  Andere  Parallelen 
fùhren  Noél,  Poggii  Fiorentini  Facetiarum  libellus 
unicus,  Londini,  1798,  II,  S.  143».  und  Dunlop- 
Liebrecht,  Geschichte  der  Prosadichtungen,  Berlin, 
1851,  S.  296  an. 

Hierher  gehort  auch  ein  Gedicht  aus  dem  Pro- 

16*  243 


gymnaston  lihellus  von  Gerardus  Dicaeus  (Lucca, 
1523),  wo  die  Stiefmutter  die  Verzeihung  ihres 
Gatten  fùr  sich  und  seinen  Sohn  auf  eine  nicht  un- 
witzige  Weise  zu  erlangen  versteht;  es  folge  hier 
nach  des  Jesuitenpaters  Angelico  Aprosio  schon 
zitierter  Grilla ja.  grillo  21,  S.  271  ff.: 

„Natum  iam  norat  Lesbinus  amare  nouercam, 

quam  teneram  nuper  coeperat  ipse  senex, 
Vtrumque  obseruat;  tandem  deprendit  vtrumque: 

In  lucta  Veneris  ludere  vtrumque  videt. 
Pertimuit  grauiter  natus  moestusque  parentem 

AUoquitur:  Veniam  da  mihi,  care  pater; 
Hoc  equidem  feci  inuitusque  minisque  novercae 

Compulsus:  mortem  saepe  minata  mihi  est. 
Ast  ego  sic  noram  quondam  perijsse  pudicum 

Hippolytum;  sed  tu  iam  mihi  parce,  precor, 
Dixit  et  obriguit  nimio  miser  ille  timore; 

Ecce  autem  interea  laeta  nouerca  venit. 
Oscula  plura  viro  figit:  Charissime  coniux. 

Lux,  spes,  solamen,  vita  decusque  meum, 
Non  est  quod  doleas  (dixit)  mihi,  namque  puellae 

Debita  tu  senior  soluere  iura  nequis; 
Et  nimio  coitu  nolo  te  occidere:  nam  si 

Tu  pereas,  non  est,  quod  supereOe  velim, 
Quare  hunc  elegi  tibi  lidum  tua  viscera  natum, 

Qui  prò  te  subeat  pondus  onusque  ferat, 
Subdidit  his  dictis  quam  plurima  basia,  nec  non 

Quae  permulcerent  blandula  verba  virum, 
Tam  salsum  risit  Lesbinus  coniugis  astum 

Et  sic  respondit:  Me  nimis,  Vxor,  amas; 
Sed  caue,  dum  retrahis  vicina  a  morte  maritum, 

Ne  natum  perdas  non  bene  cauta  meum." 


CXXXV.  MA,  —  Manni,  III,  S.  89. 

ì 
CXXXVI.  MAB. 

Vgl.  Antonius  Panormita,  De  dictis  et  facti» 
Alphonsi  regia  Aragonum,  1.  II,  e.  40  =  Speculum 
boni  principia,  Amstelodami,  1646,  XXII,  18,  S.  114t 

244 


((Johannes  Calaguritanus  eques  regius,  ut  pri- 
mum  ab  hostibus  carcere  dimissus  est,  Regem  adiit, 
et    liberalitate    illius    nonnihil    abusus,    innumeras 

prope  res  simul  et  poposcit  et  impetravit.     A  quo         ^^, 

Rex  vix  tandem  divulsus;  Mentior,  inquit,  ni  inter 
tam  multa  et  varia,  quae  petebat,  timuerim,  ne 
uxorem  etiam  ipsam  a  me  deposceret  eques  meus." 

M.  CXXXVII. 

M.  CXXXVIII. 

M.  CXXXIX. 

M.  CXL. 

MABC.  CXLI. 

M,  —  In  den  Ausgaben  der  Klasse  A  wird  in  der  CXLII. 

vornestehenden  Lebensbeschreibung  auf  die  am 
Schlusse  des  Buches  stehende  Grabschrift  ver- 
wiesen;  diese  fehlt  in  der  Ausgabe  Vinegia,  1538. 
In  den  Ausgaben  der  Klasse  B  ist  sie  in  die  Lebens- 
beschreibung  aufgenommen,  ebenso  natùrlich  in  den 
Facétieuses  lournées.  Bei  C  fehlt  sie,  —  Manni, 
III,  S,  115;  //  Piovano  Arlotto.  Ili,  S.  80  =  F,  D. 
Guerrazzi,  Messere  Arlotto  Mainardi,  S.  VII;  Straf- 
forello,  La  Sapienza  del  Mondo.  I,  S.  116. 

Flògel,  S.  477;  v.  d.  Hagen,  Bride  in  die 
Heimat.  II,  S.  228. 

MABC;    abgedruckt    im    Piovano    Arlotto,    1,  CXLIII. 

S.  383.  —  Manni,  III,  S.  89. 

Die  Angst  vor  Ansteckung  als  Mittel, 
um  sich  jemand  vom  Leibe  zu  halten,  ein  Motiv, 
das  uns  auch  bei  der  81.  Facetie  begegnet  ist, 
findet  sich  schon  vor  Arlotto  in  der  auf  floren- 
tinischem  Boden  spielenden  und  nach  Francia 
[op.  cit.,  S.  139)  historischen  158.  Novelle  Sacchettis, 

245 


deren  Argument  lautet:  Soldo  di  M esser  Ubertino 
degli  Strozzi,  essendo  Capitano  di  Santo  Miniato, 
usa  certe  astuzie  con  la  malizia  de'  sanminiatesi; 
e  in  fine,  sanza  tenere  la  metà  de'  fanti,  vinse  le 
sette  loro,  ed  ebbe  onore.  Noch  vor  dem  Tode 
Arlottos  ist  weiter  die  Abfassung  der  Porretane 
von  Giovanni  Sabadino  degli  Arienti  (1.  Ausg. 
1483)  erfolgt,  deren  42,  Novelle,  wie  das  Argu- 
ment ausfùhrt,  folgenden  Inhalt  hat:  Maestro 
Nicolao  da  Massa,  medico  detto  Portantino,  compra 
uno  porco  Uguale  gli  e  furato  da  certi  scolari.  Il 
medico  sene  lamenta,  il  podestà  manda  la  famiglia 
a  casa  deli  scolari  a  cercarlo,  ilquale  trouano  ha 
letto,  et  dettoli  eBere  uno  amalato  di  peste,  la 
famiglia  fugge,  et  il  porco  a  danno  del  medico  dati 
scolari  e  goduto  (Ausg.  Venetia,  1531,  Bl,  121  b); 
hier  ist  es  das  gestohlene  Schwein,  das  die  Rolle 
des  Pestkranken  darstellt,  um  die  Hascher  zu  ver- 
treiben.  Vgl.  weiter  einen  Schwank  von  D'Ouville: 
D'un  clerc  trouvé  dans  les  rues  à  minuit  avec  une 
fille  in  der  Elite  des  contes,  I,  S,  172  =  Les  Ré- 
créations  frangoises,  I,  S.  194. 


CXLIV,  M.;  abgedruckt  im  Piovano  Arlotto,  I,  S.  509. 

CXLV.  MA. 

CXLVI.  MA. 

CXLVII,  MA. 

CXLVIII,  MABC. 

Le  Patron,  Nr.  41. 


CXLIX.  MABC. 

Vgl,   zu    dieser   Facetie   meine    Nachweisungen 
zur  2.  Novelle  Morlinis,  zìt,  Ausg.  S,  265, 

246 


MABC.  CL. 

Die  Geschichte,  die  der  Pfarrer  Arlotto  dem 
Essenzenhàndler  erzàhlt,  um  ihn  zu  einem  Preis- 
nachlasse  zu  bestimmen,  scheint  auf  der  89.  Facetie 
Poggios;  De  Medico  oder  auf  deren  Quelle  zu  be-  -— "^ 

ruhen;  nach  Poggio  erzàhlt  Guicciardini,  S.  153: 
L'huomo  maneggiando  la  donna,  suegliar  facil- 
mente la  concupiscenza  und  wohl  auch  die  Arcadia 
in  Brenta,  S,  115;  Noèl  zitiert  noch  {Poggii  Fioren- 
tini Facetiarum  libellus  unicus,  II,  S.  95)  Roger 
Bontemps,  S.  416:  Bon  trait  d'un  Chyrurgien  à  une 
Damoyselle  und  ein  Gedicht  von  Bernard  de  La 
Monnoye  Chou  pour  chou.  Die  Nutzanwendung  des 
Pfarrers  Arlotto  findet  sich  in  keiner  von  diesen 
Versionen, 

MABC.  —  Manni,  III,  S.  111.  CLI. 

Le  Patron,  Nr.  42. 

Die  Facetie  steht  sicherlich  in  einer  Beziehung 
zu  der  147.  Novelle  Sacchettis:  Volendo  frodare  un 
ricco  di  danari  la  gabella,  s'empie  le  brache  d'uova; 
essendo  detto  a'  gabellieri,  quando  passa  il  fanno 
sedere,  e  tutte  l'uova  rompe,  impiastrandosi  tutto 
di  sotto;  e  pagando  il  frode,  rimane  vituperato. 

MA.  CLII. 

MABC.  CLIII. 

Auch  die  Grundzùge  dieser  Facetie  sind  schon 
in  einer  Novelle  Sacchettis  gegeben,  und  zwar  in 
der  98.:  Benci  Saccfietti  trae  ad  una  brigata  un 
ventre  della  pentola,  e  mandaselo  a  casa  per  il 
fante,  e  in  iscambio  di  quello  mette  nella  pentola 
una  cappellina;  hier  wie  dort  wollen  die  geizigen 
Veranstalter  ihr  Mahl  mit  niemand  teilen  und  hier 
wie  dort  wird  es  ihnen  verekelt. 

Einen  àhnlichen  Streich  spielt  Gonnella  der 
Herzogin  von  Ferrara  und  ihren  Damen,  indem  er 
er  ihnen  in  den  Kessel,  wo  sie  angeblich  Wàsche, 

247 


in  Wirkiichkeit  aber  Makkaroni  sieden,  seine 
Unterhosen  wirft  (Le  Buffounerie  del  Gonnella, 
st.  27—31  bei  Gabotto,  S.  XIV  ff.;  Facezie,  Motti, 
Buffonerie.   1565,   S,   119), 

Mit  der  an  Gonnellas  Namen  gekniipften  Fas- 
sung  hat  viele  Àhnlichkeit  das  248,  Stuck  von 
Paulis  Scfiimpf  und  Ernst  (hg.  v,  òsterley  S.  164): 
Ein  schmarotzender  Priester,  der  stets  mit  den 
andern  aB,  aber  mit  sich  niemand  essen  lieB,  siedet 
„Kòchinbletzer  und  Kuttelwiirst";  einem  andern 
Priester  aber  gibt  er  auf  die  Frage,  was  in  dem 
Kessel  sei,  zur  Antwort,  seine  „Kellerin"  wasche 
ihre  „Fùrdùcher  und  Hemder",  worauf  der  andere 
sein  „Femoral"  hineinwirft,  Wenn  Paulis  Version, 
wie  trotz  dem  grotesken  Stoffe  wohi  vorauszusetzen 
ist,  auf  ein  Predigtmàrlein  zurùckgeht,  so  konnte 
dieses  sowohl  fùr  die  Facetie  Arlottos,  als  auch 
fiir  die  Gonnellas  als  Quelle  in  Betracht  kommen, 
Ahnliche  unsaubere  Geschichten  stellt  Bolte  zu 
den  Nrn.  22  und  91  von  Freys  Gartengesellschaft, 
S.  224  und  251  ff.  zusammen. 

CLIV.  MARC. 

Les  Facétieuses  lournées,  i.  V,  n.  6,  Bl,  149«: 
Arlotto  voyant  vn  fascfieux  vieillard  en  la  com- 
paignie  de  certains  ieunes  Gentils  hommes,  aus- 
quels  il  contredisoit  à  tous  propos,  trouue  bien  le 
moyen  de  le  faire  taire  par  vn  conte  quii  fait  à 
la  compaignie  du  mesme  vieillard,  qui  auoit  trouue 
sa  lemme  auec  vn  amant.  —  Le  Patron,  Nr,  43. 

CLV.  MABC. 

DaO  der  Kirchhof  das  beste  Grund- 
sttick  der  Geistlichkeit  ist,  drùckt  sich 
auch  in  dem  italiànischen  Sprichworte  aus:  Ed  or 
ben  piove  nelV  orto  del  prete. 

Eine  ahnliche  Schnurre  findet  sich  bei  Melchor 
de  Santa  Cruz,  Fioretta  espafiola,  I,  5,  10,  zit. 
Ausg.    S.  11  ff.,    deren    deutsche    Obertragung    im 

248 


Exilium  melancholiae,  E,  96,  S.  127  ff.  folgender- 
maOen  lautet: 

„Ein  Priester  reisete  zu  seinem  Vicario,  den 
zweyjahrigen  AuOstand  dessen,  so  er,  der  Priester, 
jàhrlich  von  dem  Vicario  erheben  solte,  selbsten  zu- 
fordern,  dieweil  er  darumb  zu  vielmahlen  schrifft- 
lich,  doch  ohne  Frucht  sollicitirt  bàtte,  Der  Vica- 
rius  gab  keine  andere  Antwort,  sondern  nam  den 
Priester  bey  der  Hand  vnd  fùhrete  ihn  auff  einen 
grossen  Gottsacker,  hart  bey  der  Kirchen,  welcher 
gantz  grùn,  auch  mit  GraO,  so  einem  fast  biB  an 
die  Knye  gienge,  vberwachsen  war,  vnd  sprach: 
.Lieber,  was  fùr  Rent  oder  Zinfl  kan  einer  von 
solchem  Gut  reichen,  welches  in  drey  oder  mehr 
Jahren  nicht  erbawet  worden,'  " 

Ahnlich  erzàhlt  auch  Garibay  (A,  Paz  y  Melia, 
Sales  espaholas,  II,  S.  55). 


MABC.  CLVI. 

MABC.  CLVII. 

MABC.  —  Manni,  III,  S,  97.  CLVIII. 

M.  CLIX. 

MA.  CLX. 

MAB.  CUCI. 

MABC.  —  Manni,  III,  S.  83  ff.  CLXIL 

Les  Facétieuses  lournées,  i.  II,  n.  10,  Bl.  68  a: 
Le  Cure  Arlotto  est  enuoyé  Ambassadeur  vers  le 
Roy  René,  de  la  part  des  Galleres  Florentines,  poxtr 
ohtenir  passe  pori  et  Saufconduit:  leqael  il  ohtient, 
en  reprenant  la  folle  du  Roy,  qui  tiroit  d'vne  cer- 
bacane. 

249 


CLXIII. 

CLXIV. 
CLXV. 


CLXVI. 
CLXVIL 


MARC.  —  Manni,  III,  S.  93.  Vgl,  auch  //  Pio- 
vano Arlotto,  III,  S,  84  =  Guerrazzi,  Messere  Ar- 
lotto Mainardi,  S.  XII  £f. 


M. 


Guicciardini,    S,  122:    Ytile    forma 


MARI. 
d'orare. 

Jo.  de  Nevizanis,  Sylva  nuptìalis,  zit.  Ausg, 
RI.  132b:  „  ,  .  .  et  plebanus  Arlotus  in  penultimo 
quinterno  faceciarum,  postquam  dixit:  ,A  furore 
rusticorum,  conscientia  sacerdotum,  disputatione 
medicorum,  cetera  notariorum  libera  me,  domine', 
subijcit:  ,Et  ab  audiente  duas  missas  omni  mane  et 
a  iurante  per  conscientiam  meam  .  .  .'  " 

Teilweise  eine  Parallele  zu  Arlottos  Gebet  bietet 
Rarleta,  Sermones,  zit.  Ausg.  RI,  44  b;  „Dicitur  quod 
tria  destruunt  mundum:  Recipe  medicorum,  Cetera 
notariorum,  Dico  vobis  religiosorum," 


M. 


MARC;  abgedruckt  im  Piovano  Arlotto,  I,  S.  254. 

In  den  Drucken  der  Gattung  R  und  C  hat  die 
Schnurre  noch  eine  Fortsetzung,  deren  Obertragung 
folgendermaBen  lautet: 

„Es  waren  aber  damals  eine  Menge  Rebhùhner 
und  viel  Wurst  aufgetragen  worden.  Der  Pfarrer 
kostete  die  Wurst  und  begann  sie  ùber  die  MaQen 
zu  loben,  indem  er  sagte,  er  habe  noch  nie  eine 
bessere  gegessen;  darum  machten  sich  alle  ùber  die 
Wurst  her,  wàhrend  der  Pfarrer  die  feistesten  und 
gròOten  Rebhùhner  aO,  die  auf  dem  Tische  waren. 
Als  dann  die  Wurst  zu  Ende  war,  wollten  sie  zu 
den  Rebhùhnern  ùbergehn,  fanden  aber,  daB  der 
Pfarrer  die  besten  gegessen  batte;  und  so  sagten  sie: 


*  VgL  dra  Schiufl  dtr  35.  Faceti*. 


250 


,Da  habt  Ihr  uns  die  Wurst  so  hochlich  gelobt,  und 
dabei  habt  Ihr  mit  allem  FleiBe  die  Rebhùhner  ge- 
gessen.* 

Der  Pfarrer  antwortete:  .Freilich  habe  ich  ge- 
sagt,  daQ  die  Wurst  gut  ist,  aber  die  Rebhùhner  sind 
besser;  ich  habe  eben  dasselbe  getan  wie  ihr:  das 
Wasser  habt  ihr  gepriesen  und  den  lautern  Wein 
habt  ihr  getrunken.'  " 

Ein  deutscher  Auszug  aus  diesem  Schwanke 
steht  bei  Flògel,  S.  478  ==  Nick,  I,  S.  555, 

Eine  àhnliche  Geschichte,  deren  Held  Rabelais 
ist,  erzàhlt  Paul  Lacroix  in  den  Curiosités  de  l'hi- 
stoire  de  France,  S,  144  ff,  Lacroix  wird  dann,  wie 
auch  sonst,  von  Canel,  Recherches  historiques  sur 
les  fous  des  rois  de  France.  S.  137  ausgeschrieben; 
eine  andere  Fassung  druckt  Ristelhuber  aus  den 
Castronomiana,  Paris,  1857  ab.  Die  Quelle  wird 
nirgends  angegeben,  Ich  linde  die  Geschichte  im 
Passe-tems  agreable.  Rotterdam,  1709,  S.  280  und, 
mit  einem  hùbschen  Anhang  versehn,  in  Est,  Ta- 
bourots  Bigarrures  et  touches  du  Seigneur  des 
Accords,  Paris,  s,  a,    (1662),  S,  125: 

„Rabelais,  Medecin  domestique  d'vn  Cardinal, 
voyant  que  l'on  auoit  seruy  au  disné  de  son  Maistre 
d'vne  Lamproye  rostie,  frappa  (suiuant  son  ordi- 
naire)  d'vne  baguette  sur  le  bord  du  plat,  en  disant* 
Durae  digestionis.  Ce  qu'ayant  veu  et  ouy  le  Car- 
dinal, qui  aymoit  sa  sante,  fit  couler  le  plat  et  la 
lamproye  sans  y  toucher,  iusques  au  bas  de  la  table, 
où  Rabelais  se  mettoit  apres  que  chacun  estoit  assis: 
lequel  sans  crainte  que  la  Lamproye  fut  de  dure 
digestion,  en  fit  si  bonne  chere  qu'il  la  mangea 
toute:  A  quoy  le  Cardinal  ayant  pris  garde,  luy  dit: 
Comment,  Rabelais,  vous  m'auez  dit  que  cette  Lam- 
proye estoit  durae  digestionis,  et  toutesfois  vous 
l'auez  toute  mangée?  Pardonnez-moy,  Monseigneur, 
dit  Rabelais,  le  vous  ay  seulement  monstre,  frappant 
sur  ce  plat  d'argent  qu'il  estoit  durae  digestionis: 
Mais  ie  n'ay  pas  entendu  parler  de  la  Lamproye, 

251 


qui  estoit  tres-bonne.  Vous  pouuez  respondre  seul 
de  sa  bonté,  dit  le  Cardinal,  aussi  bien  que  le  Cure 
de  Bourg  faisoit  en  la  recommandance  pour  prier 
pour  deffunct  lean  Petit,  qui  auoit  fourny  vingt-ans 
durant  de  vin  aux  Messes  de  Parroisse;  et  qui 
asseuroit  qu'il  auoit  toujours  baillé  du  meilleur  de 
sa  caue.  Car  personne  n'eust  S9eu  acertener  de  la 
bonté  du  vin  que  ce  Cure,  luy  seul  disant  la  grand' 
Messe,  Et  autre  que  vous  aussi,  Rabelais,  ne  peut 
parler  de  la  bonté  de  la  Lamproye  que  vous  seul 
auez  mangée," 

CLXVIII,  MABC;  abgedruckt  im  Piovano  Arlotto,  I,  S.  319. 

Le  Patron.  Nr.  40.  —  Deutsch  bei  Flogel,  S,  485 
=  Nick,  I,  S,  566, 

Die  Quelle  dieser  Schnurre  ist  Plutarch,  Quae- 
stiones  convivales,  II,  1,  12: 

Tòu  yovy  dnO.ivd^tQov  zov  fiaaiXiiac,  viónXovxov 
ovia,  qjoqtiXMi  óè  xai  ao^aqwi  inmnXn^ovTa  tóìs  aw- 
dttnpoiai  quXoaófpoig,  xai  tìXos  ègiaTiàyia,  nóis  Ix  re 
TÒiy  ktvxàìf  xai  iciy  /uelaytoy  xvàuwy  ófÀotuis  ^ku)(jòy 
yivtxai  tò  tryoc,  nyztgtoitjaac  6  'ÀQiàixtj;,  niàs  ix  iwv 
Xtvxùiy  xai  jutXdytav  l/udyiwy  (potvixoì  yiyoviai  fi(óX(D7ies, 
inolnaiv  ayaar^yai  mgiXvTioy  yivófitvoy. 

Petrarca  erzàhlt  im  Rerum  memorandarum  1,  II, 
e.  4  [Opera.  S.  427)  : 

„Libertus  Regius  repentinis  opibus  inflatus,  Philo- 
sophos  aliquos  ad  coenam  inuitauerat,  qui  cum  de 
rebus  uarijs  ex  more  dissererent,  et  quaestiones 
eorum  non  intelligenti,  perridiculae  uiderentur,  allu- 
dens  libertus,  Imo  agite  (inquit)  o  conuiuae,  dicite 
mihi  quid  causae  est,  quod  ex  albis,  nigrisque  fabis, 
non  nisi  unius  coloris  efficitur  pulmentum?  Tangit 
et  modestos  animos  indignitas,  igitur  arridens  unus 
ex  Philosophis,  non  passus  has  ineptias:  Quin  tu 
nobis  edissere,  cur  de  albis,  et  de  nigris  flagris, 
uniformes  maculae  resultant:  satis  mordaciter,  prae- 
teritae  seruitutis  elatum,  praesentibus  admonuit," 

Vgl.   temer  Guicciardini,   S.  20:   L'insolenza  de 

252 


gl'ignoranti  ribattersi  dalla  prudenza  de'  saui,  da- 
nach  Federmann,  Erquickstunden,  S.  40  und  Der 
ergòtzende  Schimpf  und  Ernst,  16%,  S.  4,  Nr.  6; 
G.  C.  dalla  Croce,  Astuzie  sottilissime  di  Bertoldo, 
Bassano,  s,  a.  Bl.  25  ^,  dazu  O.  Guerrini,  La  vita 
e  le  opere  di  Giulio  Cesare  Croce.  Bologna,  1879, 
S,  234  und  Kòhler,  Kleinere  Schriften,  III,  S.  12. 

MA. 

Vgl.  die  8.  Novelle  des  III.  Teils  von  Bandellos 
Novelle:  Don  Bartolomeo  da  Bianoro  rimanda  in- 
dietro un  ducato  doppio  avuto  d'elemosina;  e  non 
lo  riavendo,  si  fa  dar  delle  staffilate;  auch  der 
Widmungsbrief  dieser  Novelle  erzàhlt  eine  ahnliche 
Geschichte,  «» 


CLXIX. 


MABC.  CLXX. 

Auch  hier  konnte  ein  Exempel  zu  Grunde  liegen; 
so  schreibt  Bromyard,  B,  2,  33:  „Secundo  debet 
esse  sollicitudo  ad  modum  canum  nobilium.  Quando 
enim  venator  insonat  cornu  ad  venationem,  canes 
curiales  et  nobiles  cum  maxima  promptitudine  sur- 
gunt  et  letantes  currunt,  ad  venationem  se  dispo- 
nentes  et  ad  laborem;  sed  canis  ruralis  iacet  super 
sterquilinium,  piger  et  tepidus,  vix  leuat  caput  et 
OS  parum  aperit,  et  iterum  caput  deponit,  quia  ad 
laborem  nihil  afficitur,  sed  ad  requiem.  Sed  post- 
quam  curiales  cum  magno  labore  predam  acceperint 
et  redierint  et  cibus  fuerit  eis  paratus,  tunc  canis 
ille  ruralis  et  piger  erit  de  primis,  qui  os  ad  cibum 
ponet;  sed  venator  cum  virga  eum  fugat:  iuste  qui- 
dem,  quia  qui  non  laborat,  non  manducet." 

MABC.  CLXXL 

Nach    einer    mir    unbekannten,    sicherlich    fran- 


*  Dieselbe  Frage,  die  dort  an  Bertoldo  i^erìchtet  wird,  n&mlich 
^Perchè  causa  fa  la^aUina  nera  l'ovo  bianco"  beemtwortet  Dante  in 
Sercambis  Novelle  De  iusta  respwuiont  [Navette,  Bologna,  1871,  S.  72) 
auf  eine  andere  Weise. 

253 


zosischen  Bearbeitung,  die  das  schlecht  gelungene 
Bestreben  des  Verfassers  zeigt,  den  ihm  wohl  un- 
verstàndlich  gewesenen  Streit  um  den  Kuckucksruf 
zu  begriinden,  erzàhlt  das  Exilìum  melancholiae, 
Z,  6,  S,  551  ff,: 

„Zween  Biirger,  in  dem  sie  mit  einander,  Lusts 
halben,  auB  dem  Thor  gegangen,  horen  sie  ohn- 
gefehr  den  Guckguck  singen.  Da  sihet  einer  den 
andern  an,  vnd  lachen,  welchem  vnter  den  beeden 
der  Vogel  singe,  oder  welchem  von  den  beyden  er 
einen  ùbeln  Ehestand  verkùndigte;  fangen  deB- 
halben  an  sich  mit  einander  zu  schànden  vnd 
schmàhen,  gehen  auch  fùr  den  Richter,  vnd  verklagt 
einer  den  andern.  Es  wird  der  ProceB  angestellet, 
in  welchem,  als  sie  beyde  etwas  Gelt  angewendet 
hatten,  wird  ihnen  endlich  dieser  Bescheid  gegeben: 
Es  habe  der  Guckuck  keinem  andern,  sondern 
ihme  selbst  gesungen,  vnd  hat  sie  also  von  sich  ge- 
lassen." 

Nichts  als  eine  Ùbersetzung  dieser  Fassung  ist 
Democritus  ridens,  S,  217:  Aliena  saepe  aliis  pro- 
dest  stultitia. 

Von  einem  Lahmen  und  einem  Blinden,  die  sich 
unv  eine  gefundene  Auster  streiten,  erzàhlt  der 
Jesuit  H,  Engelgrave  in  der  Lux  evangelica  sub 
velum  sacrorum  emblematum  recondita,  Coloniae, 
1655 — 1659;  wenigstens  nennt  ihn  Aprosio,  der  diese 
Form  der  Fabel  im  34,  Grillo  der  Grillaia,  S.  401 
erzàhlt,  als  seinen  Gewàhrsmann.  Der  ist  er  wohl 
auch  fùr  Casalicchio,  L'utile  col  dolce,  e.  II, 
d,  V,  a,  2,  S,  264  gewesen.  Àhnlich  lautet  die  Fabel 
im  Rachgierigen  Lucidar  (1658)  von  B.  Schupp 
[Schrifìten,  S.  303  ff.): 

„Man  sagt,  daB  einsmals  ein  Lahmer  und  ein 
Blinder  haben  einen  Bund  miteinander  gemacht, 
daB  der  Blinde  den  Lahmen  tragen  solle,  und  was 
sie  unterwegs  finden,  das  wollen  sie  zugleich  theilen. 
Einsmals  seyen  sie  miteinander  auff  einen  Jahr- 
marckt  gezogen,  da  habe  der  Lame  ein  Oster  auff 

254 


dem  Weg  sehen  liegen,  hab  demnach  dem  Blinden 
geruffen:  ,Stehe  stili,  da  ligt  etwas.'  Der  Blinde 
hab  so  lang  gesucht,  biO  er  die  Oster  funden,  und 
hab  sie  wollen  auffbeissen,  er  hab  aber  nicht  gekont, 
er  hab  sein  Messer  herauQ  gezogen,  und  sie  wollen 
entzwey  schneiden,  er  hab  aber  auch  nicht  gekont. 
Der  Lahme  hab  gesagt:  ,Du  spiirst  ja,  da6  du  mit 
dem  Ding  nit  zu  recht  kommen  kònnest,  gib  mir  es.' 
Der  Blinde  aber  hab  gesagt:  ,Nein,  das  were  wider 
unsern  Contract.  Du  weist,  da6  wir  also  einig 
worden  seyn,  daB  alles,  was  wir  finden,  wollen  wir 
gleich  theiien,  daO  einer  so  viel  bekomme  als  der 
ander.'  Nach  vielem  Zanck  seyn  sie  kommen  zu 
einem  Advocaten,  und  haben  ihn  gebeten,  daB  er 
ihn  das  Ding  gleich  theiien  woUe.  Der  Advocat 
hab  gesagt:  ,Ihr  liebe  Leut,  das  Ding  nennet  man 
allhie  eine  Oster.  Bringt  mir  ein  wenig  Saltz  und 
Pfeffer,  so  wil  ich  euch  bald  eine  gleiche  Abthei- 
lung  gemacht  haben.'  Damit  hab  er  die  Ostem 
auffgemacht  und  gesagt:  ,Sehet,  da  ligt  ein  Wurm, 
den  ihr  doch  nicht  achten  werdet,  den  behalt  ich 
fiir  mich,  fùr  meine  Miihe  und  Arbeit.  Dann  ein 
Arbeiter  ist  seines  Lohns  wert.  Darnach  sind  hier 
zwo  Schalen,  deren  eine  ist  so  groB  als  die  ander. 
Davon  gebe  ich  eine  dem  Blinden,  die  andere  dem 
Lahmen.  Also  ist  es  gleich  getheilet,  und  bekomt 
keiner  mehr  als  der  ander.'  Waren  diese  beyde  nit 
grosse  Narren,  daB  sie  die  Oster  nit  selbst  fressen, 
und  sich  ohne  den  Advocaten  vertragen  wolten? 
Sed  mundus  vult  decipi." 

Mit  Hinweglassung  des  Motives  vom  Lah- 
men und  Blinden  1,  aber  sonst  konform  mit 
den  drei  Jesuiten  behandelt  den  Stoff  von  dem 
sich  freuenden  Dritten  die  zuerst  1671  ge- 
druckte  Fabel  Lafontaines  L'Huitre  et  les  Plaideurs 
(Robert,    II,    S.    217  ff.;    Oeuvres,    ed.    Regnier,    II, 

*  Darubervgl.meinAfó'ncAs/atein,  S.  141;  zuderdort  angefuhrten 
talmudischen  Parabel  ist  noch  auf  Bromyard,  C,  II,  9,  Mel&nder,  Joco- 
seria,  I,  Nr.  222  und  Wùnsche,  Wajikra  rabba,  S.  27  ff.  zu  verweisen. 

255 


401  ff.)  ;  auf  Lafontaines  Version  beruht  die  Lorenzo 
Pignottis,  //  Giudice,  e  i  Pescatori  in  den  Favole 
e  Novelle  (1.  Ausg.  1782),  Londra,  1784,  S,  192  ff, 

Der  Zug,  daB  der  Schiedsrichter  den 
oder  die  strittigen  Gegenstànde  an 
sich  nimmt  —  meist  handelt  es  sich  um  einen 
Fund  oder  ein  Erbe  —  findet  sich  in  der  Tradition 
auQerordentlich  hàufig;  vgl.  dazu  Liebrecht,  Zar 
Volkskunde,  Heilbronn,  1879,  S.  117  ff.  und  die 
bei  Chauvin,  VII,  S,  38  ff,  angegebene  Literatur, 

CLXXII.  M. 

CLXXIIL  MA;  abgedruckt  im  Piovano  Arlotto,  I,  S,  254. 

Diogenes  Laertius,  Vitae  philosophorum,  I,  2 
(Solon),  51  :  4>aai  6é  rtvt;  òr*  xoa/uijanc  tavihv  ò  KqoIcos 
nayiaàanóis  xaì  xa^iaag  tìg  lòv  d-QOPOV  >]qito  atSiòy 
iX  TI  S-én/ua  xtiXXtoy  xt&éatai  •  é  ài  dktxiQvóyag,  ttne, 
xaì  cpaaiavovi  xai  laais'  tpvaixi^  yèq  àvd^H  xfxóa/utiyiai 
xaì  /uvQÌ(p  xakXioyt. 

CLXXIV.  MA;  bei  B,  aber  nicht  in  den  Facétieuses  lour- 

nées  in  die  Biographie  einbezogen;  //  Piovano  Ar- 
lotto, I,  S.  254, 

Valerius  Maximus,  Factorum  et  dictorum  memo- 
rabilium  1,  VII,  e.  2,  ext.  2:  „Idem  (Solo)  cum  ex 
amicis  quendam  grauiter  maerentem  uideret,  in 
arcem  perduxit  hortatusque  est  ut  per  omnes 
subiectorum  aedificiorum  partes  oculos  circum- 
ferret.  Quod  ut  factum  animaduertit,  .Cogita  nunc 
tecum,'  inquit,  ,quam  multi  luctus  sub  bis  tectis  et 
olim  fuerint  hodieque  uersentur  et  insequentibus 
saeculis  sint  habitaturi,  ac  mitte  mortalium  in- 
commoda  tamquam  propria  deflere,'  Qua  consola- 
tione  demonstrauit  urbes  esse  humanarum  cladium 
consaepta  miseranda.  Idem  aiebat  si  in  unum 
locum  cuncti  mala  sua  contulissent,  futurum  ut 
propria  deportare  domum  quam  ex  communi  mise- 
rtarum  aceruo  portionem  suam  ferre  mallent.     Quo 

256 


colligebat  non  oportere  nos  quae  fortuito  patiamur 
praecipuae  et  intolerabilis  amaritudinis  iudicare." 

Vgl.  weiter  Petrarca,  Rerum  memorandarum 
l  III,  e.  3  [Opera,  S.  446). 

MABC.  CLXXV. 

Diogenes  Laertius,  I,  8  (Anacharsis),  104: 
^OpnSiCóf4(vos  ino  'Attixov  ott  JSxv&tie  iariy,  t(fti,  àXX' 
èfioi)  /Liiy  òviidos  f  naigie,  ai)  éè  tr^s  natqióoi. 

MABC.  CLXXVI. 

Deutsch  bei  FlSgel,  S.  478  =  Nick,  I,  S.  554. 

?  Diogenes  Laertius,  VI,  2  (Diogenes),  65: 
'lótòy  tvTi^tni}  yéayiaxoy  dnqinùs  XaXovyittf  ovx  ala^^vrg, 
f<P>l>  ^S  iXtcpavtlyov  xoXiov  /uokvfiJiyìjy  {Xxtay  /ua^aiQay; 

MAH.  CLXXVII. 

Vgl.  dazu  eine  Anzahl  Exempel,  z.  E.  von  Odo 
von  Ceritona  (Hcrvieux,  IV,  S.  205,  203  und  327), 
von  Johann  von  Sheppey  (ebendort,  S,  439)  und  im 
Dialogus  creaturarum,  d.  76  (hg.  v.  Grasse,  S.  220), 
und  die  Nachweisungen  Osterleys  zu  Kirchhofs 
W endunmuth,  V,  Nr.  38,  wozu  vielleicht  noch  Do- 
menichi,  1548,  Bl.  Eyb  („A1  tempo  che  gl'animali 
fauellano  . . .")    zu  nennen  wàre. 

Weiter  erzàhlt  Barleta,  Sermones,  Bl.  130»: 
„Facetia  de  porco.  Semel  omnia  animalia  conui- 
uium  fecerunt,  sed  deficiebat  porcus;  miserunt 
ouem  ambassiatricem  ad  eum  vocandum,  vt  et  ipse 
veniret.  Respondit:  ,£stne  de  luto  ibi?'  Dixit  oui» 
quod  non.  Vnde  noluit  ire.  Sic  infamator  est 
porcus." 

M.  CLXXVIII. 

M.  CLXXIX. 

Diogenes  Laertius,  VII,  1  (Zeno),  21:  Kaì  ngof- 
(pégno  xà  lov  Kacpioiov,  of  intfiaXojufyov  xiyòf  riày 
/ua^ririoy  /ueytiXa  (pvaày,  naia^ag  einty  tS:  ovx  tv 
T(p  fitydXtf  rò  «v  xii/uivoy  étt/,  àXX'  èv  t^  (v  tò  fiiya. 
Arlotto,  Schwànke  li.  17  257 


CLXXX.  M. 

Diogenes  Laertius,  VII,  1  (Zeno),  22:  déty  »' 
Af^c  roùf  yiovi  naaì]  xoaftiórtjTi  j^Qtja&at  kv  noqBitf 
xal  a^ij/uaii  xal  ntQi^oX^. 

CLXXXI.  MA;    in    B    in    die    Biographie    Arlottos    ein- 

bezogen  (nicht  in  den  Facétieuses  lournées). 

Diogenes  Laertius,  II,  5  (Socrates),  21  :  HoXXaxis 
óè  ptaióxiQov  èv  xaìg  itjzì^aeai  ótaXtyó/ueyoy  xoyév- 
Xl^ta&at  xat  naQariXXsa&ai,  rò  TiXéov  re  ytXàaiì-at 
xaTatpQOvov/nivov  xal  Tiàyra  ravia  <piqHv  dyt^txdxtaff. 
o&fy  xal  XaXTiad-éyxa,  èntidìj  i^yto^ito,  rtj'òf  ^av/uaaay- 
rof,  tlntìy,  ti  Sé  /ut  oyos  iXaxiiae,  éixrjy  ày  avi^ 
èXay^ayoy  ; 

CLXXXII.  M, 

CLXXXIII.  Diogenes  Laertius,  II,  5  ^Socra/cs^,  36  ff,:     JI^òs 

CLXXXI V.  xòy   tlnóyxa,    ov    col  XotéoQtlxai    è    ótiya;    o^xit    f<f1' 

i/uol  yàg  od  nQÓatat,  xavra.  'lEXeyt  àè  xots  xo/Uf 
xols  itiy  inlxrjdn  iavròy  óiSóvaf  ti  juty  yag  xi  rdH» 
TiQoaóyxwy  Xf^uay,  óiog&tóaoyxai  '  il  à^  ov,  ovófy  ngòff 
ijiuài.  JIqòs  Eay&inntjy  ngóxtQoy  fxiv  Xoióoqovaay,  vaxigoy 
de  xal  ntgixéaaav  avt<^,  ovx  iXiyoy,  eìnty,  oii  Say^^innfi 
figovxwaa  xal  vdojg  not^ati;  Jlgò;  'AXxt^iddijy  tlnóyxa  tue 
ovx  ayixiri  ij  Say&tnnti  Xoidogovoa,  aXX'  €y<ay\  tq)ij, 
avvilirla /uai,  xaiantgtl  xal  xgojriXlas  àxovoìv  ovyt^tt. 
xal  ai)  /uty,  tlnt,  -(rjytSy  fiouiyttay  àyi/t],  xov  ài  ilnóyxos, 
àXXa  fjioi  tpà  xal  ytoxxovs  xixxovai,  xàfÀol,  g^jai,  Saf- 
&innti  Tiaiàia  ytyyf. 

Zur  Fac.  183  findet  man  Nachweisungen  in 
òsterleys  Ausgabe  von  Paulis  Schimpf  und  Ernst, 
S.  527  zu  Nr.  471;  als  Ergànzung  seien  angefùhrt 
Die  sogenannte  Wolfenbiittler  Priamelhandschrift, 
hg,  V,  K.  Euling  (=  Deutsche  Texte  des  Mittel- 
alters,  hg.  v.  d.  Kgl.  prcuQ.  Ak.  d.  Wiss.,  XIV), 
Berlin,  1908,  S.  37  IL;  Gastius,  I,  S,  273  =  Dome- 
nichi,  1548,  Bi.  Ho»  r=  Facecies,  et  motz  subtilz, 
1559,  Bl,  22a,  1597,  S.  71;  J.  Weidner,  Teutscha 
Poetische  HauO  Apotheck,  Nurnberg,  1621.  Bl.  BA 

258 


Nr,  36;  Democrìtus  ridens,  S.  29;  C.  A.  M,  v,  W., 
NeuauBgebutzter,  Kurtzweiliger  Zeitvertreiber,S.4ìi 
und  438  ff. 

Zu  Fac.  184  vgl.  noch  Diogenes  Laertius,  III 
(Plato),  38  ff.;  Plutarch,  De  educatione  puerorum, 
14;  Valerius  Maximus,  IV,  1,  ext,  2. 

M. 

MABC,  —  Guicciardini,  S,  121:  Chi  non  rende, 
indarno  chiede  di  nuouo  in  presto. 

Nach  Guicciardini  ùbersetzt  Federmann  in  den 
Erquickstunden,  S.  172: 

„Welcher  das  alt  nicht  bezalt,  der  begert 
vergebens  vmb  ein  newes  lehen. 

Obgemelter  Pfarrherr  (Arlotus)  antwortet  einem 
andern,  der  jhne  vmb  drey  scheffel  korn  angelangt 
bette:  ,Ich  bin  wol  zu  frieden,  gehe  hin  auff  den 
getreid  boden,  vnd  nim  es.'  Welches  geschehen, 
vnnd  als  derselb  wenig  noch  vii  alida  nicht  ge- 
funden,  sagt  er  es  dem  Pfarrherr,  wie  daO  nichts 
daselbst  vorhanden  were,  Antwort  der  Pfarrherr 
wider  vnd  sagt:  ,So  wirstu  das  korn,  so  ich  dir  jetz 
ein  jar  gelihen,  nicht  wider  gebracht  haben;  darumb 
so  gib  dir  selbs  die  schuld,  dann  wann  du  es  wider 
gebracht  hettest,  so  wurdest  du  es  jetz  wider  ge- 
funden  haben.'  Also  blib  derselb  mit  einer  langen 
nasen,  vnnd  zu  der  zeit  der  Erndt  bracht  er  dem 
Pfarrherr  das  alt  gelihen  korn  wider." 

Wohl  ebenfalls  auf  Guicciardini  geht  folgende 
Bearbeitung  des  Democrìtus  ridens,  S.  99  zuriick: 
„Datum  reddendum. 

Ab  Arlotto  Fiorentino  amicus  frumenti  aliquot 
modios  mutuo  acceperat,  reddere  postea  oblitus. 
Quum  vero  annonae  incidisset  caritas,  eundem  adit 
et  rursus  modios  aliquot  poscit.  Arlottus  homini 
commonstrat  granarium  et  petere  inde  jubet.  Ille 
nullo  frumento  reperto  redit,   frustra  se  ibi  fuisse 

17*  259 


CLXXXV. 
CLXXXVI. 


indicans.  Tum  Arlottus:  Nihilne  reperisti?  Credi- 
derim  ergo  id  quod  ante  annum  tibi  concreditum 
fuit,  non  a  te  reportatum,  Quod  ergo  gratificari 
tibi  non  possum,  tibi  ipsi  imputabis.  Bonus  condus 
bonum  pronum  facit." 

Unbekannt  ist  mir  die  Vorlage  des  Exiliums 
melancholiae,  L,  24,  S,  289  geblieben;  dort  lautet  der 
Schwank: 

„Ein  Bawer  wolte  bey  Piovano  Arlotto  einen 
Sack  voli  Weitzen  lehnen,  welchem  Arlotto  gut- 
willig  geantwortet:  ,Nimb  deinen  Sack  vnd  gehe 
hinauff  in  den  Saal,  da  du  vor  einem  Jahr  eben- 
màssig  so  viel  gefasset,'  Der  Bawr  thàt  dem  Ar- 
lotto folgen,  kam  aber  wider  herab  vnd  sagte,  das 
er  droben  allenthalben  nachgesucht,  doch  weder 
Korn  noch  Sprewer  finden  kònnen.  Darauff  Arlotto 
geantwortet:  ,Ist  der  jenige  Weitzen,  so  ich  dir 
femd  geliehen,  nicht  zugegen?'  Der  Bawer  thàt 
solches  auch  verneinen,  DeGwegen  sprach  Ar- 
lotto: ,So  du  mir  solchen  wider  erstattet  hàttest, 
kondte  ich  diOmal  mit  selbigem  dir  wider  helffen.' 
DeOhalben  der  Bawer,  wegen  seines  Vndancks, 
schamroth  vnd  zumai  leer  fortziehen  mùssen." 

Ein  kurzer  deutscher  Auszug  steht  bei  Flogel, 
S.  478  (=  Nick,  I,  S,  554), 

Ohne  Bezug  auf  Arlotto  wird  die  Geschichte 
von  J,  P.  de  Memel,  Lustige  Gesellschaft,  1701, 
S.  203,  Nr,  468  und  von  C,  A.  M,  v.  W-,  Zeitver- 
treiber,  S.  213  erzàhlt. 


CLXXXVII. 


M. 


CLXXXVIII.  MABC,  —  Manni,  III,  S,  IH. 

Von  dieser  Facetie  muQ  es  noch  eine  andere 
Fassung  gegeben  haben;  dies  geht  aus  einer  Note 
Biscionis  zur  18.  Stanze  des  9.  Cantare  im  Mal- 
montile  racquistato  hervor:  zu  den  Versen  „Neirolio 
un'altra  intigne  la  granata,  E  fa  l'asperges  sopra  i 
morioni"  bemerkt  der  Kommentator  (zit.  Ausg,,  II, 

260 


S.  662)  ;  „Quì  però  il  nostro  Autore  pare,  che  voglia 
alludere  a  quella  facezia,  la  quale  si  dice  essere 
stata  fatta  dal  Piovano  Arlotto,  che  una  volta  fece 
l'asperges  coll'olio  sopra  al  suo  popolo,  con  dire 
nello  stesso  tempo  sotto  voce:  Domani  ce  n'avved- 
remo." Ferner  findet  sich  bei  Strafforello,  I,  S.  116 
ein  Sprichwort  „La  benedizione  del  piovano  Arlotto: 
Doman  ve  n'avvedrete",  und  die  Erklàrung  dazu 
lautet:  „Perchè  una  volta  benedisse  coH'aspersorio 
intinto  nell'olio." 

MAB.  —  Manni,  III,  S.  94  ff. 

MAB. 

Melchor  de  Santa  Cruz,  Floresta  espaiiola,  IX, 
4,  1,  zit.  Ausg.  Bl.  169 b; 

„Encendiose  vn  baril  de  poluora  en  vn  nao  que 
estaua  cerca  del  puerto  de  Cartagena,  y  por  estar 
rezien  breada  de  pez,  encendiose  de  tal  manera  que 
no  se  pudo  remediar.  Desnudandose  vno  salto  en 
la  mar,  diziendo:  Quien  quisieren  ser  cocho,  eche 
se  al  agua." 

MABC. 
Die  Verbreitung  der  Fabel  von  dem  V  5  g  I  e  i  n 
mit  den  drei  Lehren  ist  auBerordentlich  of t 
untersucht  wordenj  man  vgl.  die  Nachweise  von 
Benfey  im  Pantschatantra.  I,  S.  380  ff.,  òsterley  zu 
Wendunmuth,  IV,  34  und  zu  Gesta  Romanorum,  167, 
Kòhler  in  den  Kleinern  Schriften.  I,  S,  575  und  580, 
Gaston  Paris  im  Lai  de  l'Oiselet,  Paris,  1883,  ab- 
gedruckt  in  seinen  Légendes  du  Moyen  Age,  2e  ed,, 
Paris,  1904,  S.  223  ff.,  Th,  F.  Grane  zu  den  Exempla 
von  J.  de  Vitry,  S.  144  ff.,  L.  A.  Stiefel  in  den  Hans 
Sachs-Forschungen,  S.  191,  Waas  in  den  Quellen 
der  Beispiele  Boners,  S.  62  ff.,  Goetze-Drescher  in 
den  Sàmtlichen  Fabeln  und  Schwànken  von  Hans 
Sachs,  III,  S.  101,  Schroeder  in  der  Zeitschrifi  fUr 
deutsches  Alterthum,  XLIV,  S.  424  und  Chauvin  in 

261 


CLXXXIX. 
CXC. 


CXCI. 


der  Bibliographie  des  ouvrages  arabes,  III,  S,  103, 
VI,  S,  110  ff.  und  IX,  S.  30. 

CXCII,  MA;  in  B  und  den  Facétieuses  lournées  in  die 

Biographie  Arlottos   eingeflochten.  —  Manni,   III, 
S.  114. 

CXCIII.  MAB, 

CXCIV,  MA. 

CXCV.  M. 

Ursprùnglich  wird  diese  Anekdote  von  Demo- 
sthenes  und  Lais  erzàhlt  (Aulus  Gellius,  Noctes 
atticae,  I,  8);  ebenso  steht  sie  bei  Timoneda,  El 
sobremesa,  p,  I,  e,  11,  zit,  Ausg.  S.  170  und  bei 
T,  Costo,  //  Fuggilozio  (1.  Ausg,  1596),  Venetia, 
1604,  S.  473,  Castiglione  ùbertràgt  sie  in  seinem 
Cortegiano,  1.  III,  e.  46  auf  Perikles  (meine  Aus- 
gabe,  II,  S.  58  und  205  ff,),  der  Plaisant  Boute-hors 
d'oysiveté  (1,  Ausg,  1553)  auf  Aristipp  (Montaiglon, 
Recueil  de  poésies  frangoises  des  XVe  et  XVh  siècles, 
Paris,  1855  ff.,  VII,  S,  166)  etc,  etc. 

CXCVI.  M. 

CXCVII,  MA;  in  B  und  in  den  Facétieuses  lournées  in 

die  Biographie  aufgenommen, 

Melchor  de  Santa  Cruz,  Floresta  espanola,  VI, 
1,  4,  Bl,   102b: 

„Passeandose  vn  gentilhombre,  por  la  puerta  de 
vna  dama  a  quien  seruia,  escupio  ella  a  caso,  y  cayo 
sobre  su  capa.  Desculpandose  la  dama  le  dixo, 
Se&ora,  vn  pescador  se  moya  todo  por  tornar  vn 
pecezico,  pues  quien  espera  tornar  tal  trucha,  no 
es  mucho  que  se  moje  vn  poco." 

CXCVIII.  M, 

Vgl,  die  Nachweisungen  von  Robert  in  den 
Fables  inédites,  I,  S,  201  ff„  Kurz  zu  Waldis,  I,  38, 

262 


Osterley  zu  Pauli,  447  und  Kirchhof,  VII,  39  und 
Th,  F,  Grane  zu  den  Exempla  von  J,  de  Vitry, 
S,  152.  Dazu  kommen  noch  Bromyard,  0,  6,  71; 
Barleta,  Sermones  de  sanctis,  Brixie,  1521,  Bl.  123«; 
Guicciardini,  S,  77  fi,  =  Federmann,  S,  113;  Mathe- 
sius,  Luthers  Leben  in  Predigten,  Neudruck,  Prag, 
1906,  S.  143. 

MABC.  CXCIX. 

Aus  mir  unbekannter  Quelle  erzàhlt  das  Exilium 
melancholiae.  H,  16,  S.  221  ff.: 

„Einer  kam  zum  Provano  (sic!)  Arlotto,  so  ohn- 
fehr  von  Florentz  ein  MeBpriester  war,  vnd 
sprach:  ,Ich  will  euch  ein  grosse  Heimlichkeit,  doch 
mit  dem  beding,  daO  ihr  selbige  einigem  Menschen 
nicht  zu  entdecken  versprecht,  offenbaren.'  Worùber 
Arlotio  (sici)  geantwortet:  ,Wie  wilt  du  von  mir 
erfordern,  daO  ich  solche  nicht  auQzusagen  dir  ge- 
lobe,  so  du  dich  selber,  mir  diese  zu  vermeldeii« 
nicht  kanst  enthalten?'  " 

Merkwùrdigerweise  ist  die  Schnurre  auch  auf 
den  Mann  ùbertragen  worden,  der  einigen  Facetien 
Arlottos  seinen  Pinsel  geliehen  hat,  nàmlich  auf 
Volterrano;  Baldinucci  erzàhlt  sie  in  seiner  Bio- 
graphie  Volterranos  (Delle  notizie  de'  professori  del 
disegno  da  Cimabue  in  qua,  Firenze,  1767  ff.,  XVII, 
S.  141). 

Eine  andare  Parallele  steht  in  Schupps  Salomo 
oder  Regenten-Spiegel  (1657),  Gap.  3,  Schuppii 
Schrifften.  S.  22. 

Vgl.  auch  die  zweite  Schnurre  in  Nr.  123  des 
III.  Buches  von  Bebels  Schwànken  mit  meiner  Note, 
wo  noch  auf  Pauli,  Nr.  3%,  Gerlach,  Eutrapeliae, 
III,  Nr.  580  und  folgende  Stelle  bei  Ghr.  Lehmann, 
Florilegium  politicum,  o.  0.,  1630,  S.  711,  Nr.  16  zu 
verweisen  gewesen  wàre: 

„Ein  artiger  BossenreiQer,  doch  Arm  vnnd  ver- 
tunisch,  hat  vom  Rhat  ein  Kleyd  bekommen,  daO 
ers  dem  Rhat  zu  Ehren  soUen  tragen,  vnnd  nicht 

263 


verkauffen;  gab  er  zur  Antwort,  sie  weren  reiche 
Herm,  vnnd  hetten  das  Kleyd  nicht  konnen  be- 
halten,  warumb  dann  er  es  solt  behalten." 

ce.  M. 

CCI,  MA,    aber    ebenso    wie    202    und    203    nicht    in 

Baccinis  Ausgabe;  Bibliotechina  grassoccia,  Nr.  4, 
Firenze,  1887,  S,  69,  —  Doni,  /  Marmi,  Vinegia, 
1552,  IV,  S.  48. 

CGIL  M;  Bibliotechina  grassoccia,  Nr.  4,  S,  70, 

ceni.  MA;  Bibliotechina  grassoccia,  Nr.  4,  S,  70  ff, 

CCIV,  Domenichi,  1548,  Bl,  Bjsb;  Facezie  e  motti  dei 

secoli  XV  e  XVI,  S,  91,  Nr.   142, 
Vgl,  oben  die  Facetien  85  und  87, 

CCV.  Domenichi,  1548,  Bl,  Fib, 

CCVL  Domenichi,  1548,  Bl.  Fib. 

Àhnlich,  aber  von  einem  andern  erzàhlt  Doni, 
La  seconda  Libraria,  Vinegia,   1551,  Bl,  24bff.: 

„Caualcando  da  Fiorenza  a  Bologna  M,  Giero- 
nimo  Faua  et  io;  s'accompagnò  vn  certo  messer 
cicalone  con  esso  noi;  bora  hauendo  M,  Gieronimo 
vn  belHBimo  Cauallo  sotto,  et  graOiOimo,  fu  cagione 
di  far  dire  al  cicalone  cento  volte;  o  che  bel 
Cauallo,  o  che  grasso  Cauallo,  Partendoci  da  Scar- 
peria  dopo  desinare,  subito  che  noi  fuOimo  a  cauallo 
egli  disse  a  M.  Gieronimo,  che  date  voi  al  vostro 
cauallo  da  rodere  che  si  mantien  si  grasso?  et 
seguitò  il  mio  è  sempre  magro  che  non  lo  caualco 
mai,  et  pur  li  do  la  sua  biada  sera  et  mattina,  cosi 
andò  cicalando  tanto  che  noi  giugnemmo  a  l'albergo 
per  dormire  et  cenare:  Il  Faua  che  mai  haueua  in 
sei  o  sette  bore  potuto  rispondere  alla  domanda: 
quando  furono  smontati  che  per  sorte  il  chiacchie- 

264 


rone  serrò  pur  vn  poco  la  bocca.     Rispose  paglia 
et  orzo;  tanto  che  tutti  piangemmo  delle  risa." 

ABC. 

Exilium  melancholiae,  W,  108,  S,  537: 

„Als  (man)  Piovano  Arlotto,  ein  Florentinischer 
MeOpriester,  fragte,  in  welchem  Land  gut  zu  leben 
were,  gab  er  zur  Antwort,  daQ  man  an  denen  Orten 
nicht  wohnen  solte,  da  das  auOgeben  das  einnehmen 
vbertreffe,  vnd  da  die  Leute  mehr  dann  die  Gesetz 
gelten  oder  vermogen." 

Flògel,  S,  478  =  Nick,  I,  S.  554. 

Vgl.  Biagi,  Le  novelle  antiche.  S.  35  ff.,  n.  27. 


CCVII. 


A;  bei  B,  aber  nicht  in  den  Facétieuses  lournées 
in  die  Biographie  aufgenommen. 

Zum  ersten  Teile  vgl.  Osterleys  Nachweisungen 
zu  Paulis  Schimpf  und  Ernst,  Nr.  478,  S,  528,  ferner 
Schimpff  vnd  Ernst,  1545,  Bl.  75b  =  Schertz  mit  der 
Warheyt,  1550,  Bl.  70a  und  Fiore  di  virtù,  Firenze, 
1856,  S.  83  =  (Zambrini)  Libro  di  novelle  antiche, 
Bologna,  1868,  S.  48,  zum  zweiten  Valerius  Maxi- 
mus,  VII,  2,  ext.  6  und  Plutarch,  De  educatione 
puerorum,  14,  De  sanitate  praecepta,  7  und  De 
garrulitate,  23. 


CCVIII. 


A^;  bei  B  und  in  den  Facétieuses  lournées  in 
die  Biographie  aufgenommen. 

Nach  Poggio,  Fac.  26:  De  abbate  Septimi.  Vgl, 
L.  Carbone,  Facezie,  S.  61  ff.,  Nr.  86;  Castiglione, 
//  Cortegiano,  ed.  Bandi  di  Vesme,  Firenze,  1854, 
S.  316;  Facecies,  et  motz  subtilz,  1559,  Bl.  58 b,  1597, 


CCIX. 


1  Diese  und  die  folgenden  1 1  Stiicke,  die  allesamt  aus  Po^io 
entlehnt  sind,  haben  wohl  in  der  ersten  Ausgabe  der  Facetien  ArloUot, 
wo  sie  sich  finden,  nur  deau  dienen  sollen,  den  freien  Platz  des  letztea 
Bogens  zu  f ùllen  ;  es  ist  auch  nur  bei  den  ersten  zwei  Stùcken  der 
Versuch  gemacht  worden,  sie  auf  den  Pfarrer  zu  ubertragen.  Dem- 
gemaB  stehn  sie  auch  nicht  in  alien  Ausgaben  der  Klasse  A;  manche, 
wie  z,  B.  die  Venezianer  von  1531,  enthalten  sie  nicht 

265 


S.  183;  Garon,  Le  Chasse-ennuy,  I,  25,  S,  27;  Le 
Tombeau  de  la  melancolie  (1.  Ausg,  1625),  Paris, 
1639,  S,  217  ff.;  Le  facecieux  Reveilìe-matin,  Nym- 
egue,  1678,  S.  52;  D'Ouville,  L'Elite  des  contes, 
II,  S.  2;  L'Arcadia  in  Brenta,  S.  218  ff,;  Exilium 
melancholiae,  F,  24,  S,  133  und  M,  42,  S.  312  ff,; 
Zincgref,  I,  S.  281:  Kilian  Schreiner  von  Heydel- 
berg;  Democritus  ridens,  S,  246  ff.;  Noèl,  Poggii 
Fiorentini  Facetiarum  libellus  unicus,  II,  S,  20  ff, 

CCX.  ABC. 

Nach  Poggio,  Fac,  39:  Facetissimum  consilium 
Minacii  ad  rusticum.  Vgl.  Seb,  Brant,  Esopi  appo- 
logi,  Basileae,  1501,  Bl,  Geb;  Le  Parangon  des 
Nouvelles  honnestes  et  delectables  (1531),  ed,  E. 
Mabille,  Paris,  1865,  S,  35,  n.  10:  Conseil  pour 
descendre  d'un  arbre  sans  se  blesser;  Camerarius, 
Aesopi  .  ,  .  Vita.  Fabellae  Aesopicae  .  .  . ,  Tubingae 
Ex  off,  V,  Morhardi,  1538,  Bl,  88 b;  Rusticus;  Weid- 
ner,  IV  S,  179, 

CCXI,  A. 

Nach  Poggio,  Fac,  40:  Eiusdem  Minacii  lusoris 
responsio.  Vgl,  meine  Nachweise  zu  Bebel,  II, 
Nr,  90,  I,  S,  206  und  II,  S,  183, 

CCXII,  A. 

Nach  Poggio,  Fac.  41:  De  paupere  monoculo 
qui  humentum  empturus  erat.  Vgl.  Domenichi,  1548, 
Bl.  Boa  =  1562,  S.  105  =  1581,  S.  130  usw,;  M,  de 
Santa  Cruz,  Floresta  espanola,  VIII,  1,  11,  Bl.  151»; 
Garon,  Le  Chasse-ennuy,  V,   10,  S,  439, 

CCXIII.  A, 

Nach  Poggio,  Fac,  45:  De  Paulo  qui  ignoran- 
tibus  nonnullis  luxuriam  commovit.  Vgl.  das 
9.  Stiick  der  Addiiamenta  von  Philippus  Hermo- 
timus  in  Nicodemi  Frischlini  Balingensis  Face- 
tiae  selectiores,  Amstaelodami,  1660,  S.  289:  Concio 
de  lascivia  quorundam  Marilorum;  Noci,  II,  S.  40, 

266 


A. 

Nach  Poggio,  Fac.  117:  De  Bononiensi  adolet- 
centula  simplici. 


Nach  Poggio,  Fac.  120:  De  homine  qui  mille 
Horenos  vult  expendere  ut  cognoscatur,  et  retponsio 
in  eum  facto;  vgl.  Lenfant,  Poggiano,  II,  S,  188  ff., 
Noél,  II,  S,  123  und  Bolte  zu  Frey,  Nr.  24,  S.  225. 

A, 

Nach  Poggio,  Fac.  130:  De  homine  qui  in 
somnis  aurum  reperiebat.  Vgl.  meine  Noten  zur 
10.  Novelle  Morlinis,  S.  272  und  die  von  Bolte  zu 
Frey,  Nr,  77,  S.  243  ff.  und  zu  Wickram,  Nr.  37, 
S.  371  gegebenen  Nachweisungen;  dazu  kommen 
noch  //  Brancaleone,  Milano,  1610,  cap.  16  (Giornale 
storico  della  letteratura  italiano,  XVI,  S.  332  und 
333,  wo  auch  eine  poetische  Bearbeitung  On  striozz 
von  C.  Porta  genannt  wird)  und  ein  Gedicht  Le 
Revenant  qui  découvre  un  Tresor  von  J.  F.  C.  D.  M. 
in  dem  Recueil  de  pièces  sérieuses,  comiques  et 
burlesques.  s.  1.,  1721.  S.  207  ff. 

A. 

Nach  Poggio,  Fac.  134:  De  Potatore  =  Gastius, 
I,  S.  227;  danach  Domenichi,  1562,  S.  45  =  1581, 
S.  54  usw,  AuQer  den  Nachweisungen  bei  Noél,  II, 
S.  135  ff.  vgl.  welter  Pauli,  Schimpf  und  Ernst, 
Nr.  236,  Jak.  Pontanus,  Attica  bellona,  1615,  S,  516, 
Garon,  Le  Chasse-ennuy,  III,  25,  S.  232,  Garons  Text 
deutsch  im  Exilium  melancholioe,  D,  61,  S.  98,  eine 
andere  Fassung  ebendort,  F,  16,  S.  131  ff.,  Demo- 
critus  ridens,  S.  147,  Baraton,  Poesies  diverses, 
Paris,  1705,  S.  247  ff.  und  Merkens,  Was  sich  das 
Volk  erzàhlt.  III,  Nr.  178,  S.  195  ff. 

Hierher  gehòren  auch  folgende  hùbsche  Verse 
aus  A.  Firenzuolas  Capitolo  in  lode  della  sete 
[Opere,  Milano,  1802,  IV,  S.  212): 

267 


CCXIV. 


CCXV. 


CCXVI. 


CCXVII. 


CCXVIII. 


„Però  tra  tutti  gli  altri  è  sciagurato 
E  disonesto  il  mal  della  quartana, 
Che  to'  la  sete  al  povero  ammalato. 

Questo  sì  ben,  ch'è  una  cosa  strana, 
Ed  io  lo  so,  che  provai  tanti  mesi 
La  febbre  presso,  e  la  sete  lontana. 

Sian  benedetti  i  medici  Inghilesi, 
E  i  Polacchi,  e'  Tedeschi,  ch'almanco 
E'sanno  medicare  in  que'  paesi. 

Com'  uno  ha  mal,  gli  fanno  alzare  il  fianco 
Con  un  gran  boccalaccio  pien  di  vino, 
E  'n  pochi  giorni  te  lo  rendon  franco. 

Io  conobbi  un  Tedesco  mio  vicino. 

Che  per  una  gran  febbre,  ch'egli  avea, 
Are'  bevuto  Ottobre  e  san  Martino; 

Ed  al  maestro,  che  gli  prometteva 
Levargli  quella  sete  immediate. 
Poi  della  febbre  curar  lo  voleva, 

Rispose:  e'  basta  che  voi  mi  leviate 
La  febbre,  ond'io  ho  tanta  passione. 
Poi  della  sete  a  me  il  pensier  lasciate. 

E  se  saputo  avesse  il  compagnone, 
Che  levata  la  febbre,  in  quello  istante 
Sen'  andava  la  sete  al  badalone, 

Are'  cacciato  il  medico  e  l'astante, 
E  voluto  aver  sete  a  lor  dispetto: 
0  Tedesco  gentil,  o  uom  galante!" 

A. 

Nach  Poggio,  Fac.  135:  Facetum  Everardi, 
scriptoris  apostolici,  qui  ad  cardinalis  conspectum 
ventris  crepitum  dedit.  Vgl.  die  Nachweise  Boltes 
zu  Frey,  Nr,  78,  S.  245,  ferner  Facecies,  et  motz  sub- 
tilz,  1559,  Bl.  60  a,  1597,  S.  189  und  Hans  Sachs, 
Schwànke,  IV,  S.  56, 


CCXIX.  A. 

Nach  Poggio,  Fac.  139:  Fabula  Dantis  qui  sae- 
pius  uxorem  increpabat;  denselben  Schwank  erzàhlt 

268 


Poggio  auch  in  einem  Briefe,  der  hinter  der  Histo- 
ria  de  varietate  fortunae,  Lut,  Paris,,  1723,  S.  164 
und  in  den  Epistolae,  ed.  Th,  de  Tonellis,  I,  Floren- 
tiae,  1832,  S.  200  steht.  Lenfant  [Foggiana,  II, 
S.  175  ff.)  meint,  Poggio  erzàhle  von  dem  Dichter 
Dante!     Vgl,  auch  Brant,  E  sopì  appologi,  Bl,  Cjb. 

A.  CCXX. 

Nach   Poggio,   Fac,   91:   Dictum   Caroli   Bono- 

niensis.  Die  Schnurre  Poggios  ist,  so  ursprùnglich 
sie  klingt,  nicht  ohne  eine  altere  Parallele;  diese 
steht  in  der  37.  Novelle  Sacchettis,  die  das  folgende 
Argument  hat;  Bernardo  die  N crino,  vacato  Croce, 
venuto  a  questione  a  uno  con  tre  Fiorentini,  con- 
fonde ciascuno  di  per  se  con  una  sola  parola.  Dori 
lauten  Stichelei  und  Antwort:  „E'  ti  pare  essere  un 
gran  maestro;  e'  mi  darebbe  il  cuore  di  venderti  sul 
ponte  a  Sorgano,"  —  „Io  ne  sono  molto  certo,  ed  è 
segnale,  quando  si  trovasse  il  compratore  di  me, 
che  vaglio  qualche  cosa;  ma  e'  non  mi  darebbe  il 
cuore  di  vendere  te  in  sul  ponte  al  Rialto,  tenendo- 
viti  suso  tutto  il  tempo  della  vita  mia,  tanto  se' 
tristo  e  doloroso." 

Poggios  Facetie  hat  eine  ziemliche  Verbreitung 
gefunden:  Domenichi,  1562,  S.  18  =  1581,  S.  21  usw., 
Garon,  Le  Chasse-ennuy,  V,  21,  S,  451,  Le  facecieux 
Reveille-matin,  S.  278  =  Roger  Bontemps,  S.  218, 
Exilium  melancholiae,  V,  48,  S.  477,  J.  P.  de  Memel, 
Nr,  655,  S.  302  usw. 

Doni,  La  Zucca  (1,  Ausg.  1552),  Venetia,  1592,  CCXXI. 

Bl,  136  b, 

Dasselbe  erzàhlen  von  einem  andern  die  Fa- 
cezie e  motti  dei  secoli  XV  e  XVI.  S,  104,  Nr.  174: 

„I1  priore  di  Lucardo,  vedendo  uno  monoculo 
dixe:  Costui  durerà  men  fatica  di  noi  a  morire,  che 
non  harà  a  chiudere  se  none  uno  occhio."  Dasselbe 
steht  beinahe  gleichlautend  bei  Domenichi,  1548, 
Bl,  Ega. 

Von    Paolo    deirOttonajo    und    seinem    Diener 

269 


Nanni  di  Meo  del  Fruga  erzahlt  die  Schnurre 
Manni,  II,  S,  66  ff,  Weiter  erzahlt  sie  Garon  im 
Chasse-ennuy,Y,  17,  S.  446  =  E xilium  melancholìae, 
S.  171,  418;  in  Deutschland  ist  sie  noch  heute 
lebendig. 

CCXXII.  Guicciardini,  S.  120:  Perche  prima  il  capo  che 

la  barba,  canuto  diuenga. 

Dieser  Scherz  hat  eine  auQerordentlich  groBe 
Verbreitung  gefunden;  beispielsweise  seien  genannt: 
Recueil  des  plaisantes  et  facetieuses  Nouuelles, 
Lyon,  1555,  S.  310,  n.  108:  D'vn  gros  Seigneur  de 
France,  qui  list  conuaincre  ses  medecins  par  une 
raison  facetieuse  d'vn  homme  de  village  =  Les 
ioyeuses  Aventures,  et  facetieuses  Narrations,  Lyon, 
1556,  S.  335,  n,  107  (statt  106),  danach  Hulsbusch, 
Sylva  sermonum  iucundissimorum,  Basileae,  1568, 
S.  300:  Cur  pili  capitis  sint  cani,  barba  aero  non 
item  (auch  die  drei  vorhergehenden  Stùcke  bei 
Hulsbusch  gehn  auf  diese  franzòsische  Quelle  zu- 
rùck),  Kirchhof,  Wendunmuth,  II,  Nr.  151  und 
Nouveaux  Contes  à  rire,  I,  S.  324:  L' Homme  à 
barbe  noire  et  à  cheveux  blancs;  Bouchet,  Les 
Serées.  V,  S.  55  ff.;  D'Ouville,  I,  S.  86:  Plaisante 
demande  et  subtile  repartie;  Roger  Bontemps, 
S.  113  ff.:  Belle  réponse  faite  à  Henry  le  Grand; 
(Caron)  Le  Fiat  de  Carnaval  (1802)  in  Recueil  de 
Pièces  rares  et  facetieuses  anciennes  et  modernes 
en  vers  et  en  prose,  Paris,  1872  ff.,  IV,  S.  261;  Do- 
menichi,  1562,  S,  202  =  1581,  S.  251  usw.;  Croce, 
Astuzie  sottilissime  di  Bertoldo,  Bassano,  s.  a., 
S.  28;  L'Arcadia  in  Brenta,  S,  220;  Zimmerische 
Chronik,  II,  S.  563;  Pontanus,  Attica  bellaria, 
S,  466;  Zincgref,  I,  S,  32;  Exilium  melancholiae, 
G,  195,  S.  213;  Democritus  ridens.  S,  133:  Capilli 
cur  citius  quam  barba  canescant;  C.  A,  M,  v.  W,, 
Zeitvertreiber,  S,  78;  J,  P.  de  Memel,  242,  S.  106 
und  283,  S,  120;  Merkens,  Was  sich  das  Volk  er- 
zahlt, III,  93,  S,  123, 

270 


Eine  andere  Frage  mit  anderer  Begrùndung 
gibt  das  Strassburger  Ràthselbuch,  S.  26,  Nr,  289: 

„Ein  zu  fragen.  Ob  der  bart  ee  gewesst  sey, 
oder  der  man  ee. 

Antwort.  Der  bart  ist  ee  gewesen,  dann  die 
geiss  vnd  ander  thier  sein  vor  detn  menschen  ge- 
schaffen  worden," 

Dieselbe  Entscheidung  fàllt  die  question  18: 
Quel  est  le  premier  creé,  de  l'homme  ou  de  la  barbe 
in  dem  Recueil  general  des  rencontres,  questions, 
demandes  et  autres  oeuvres  tabariniques,  Paris,  1622 
(bei  Tabarin,  Oeuvres  complètes,  Paris  1858,  I,  S,  57) 
und  das  67.  Stùck  der  Additamenta  Philippi  Her- 
motimi,  zit.  Ausg.  S.  348:  Barbane  antiquior  homina. 

Tommaso  Garzoni,  La  Sinagoga  De  gl'Ignoranti 
(1.  Ause.  1589),  In  Serravalle  di  Venetia,  1605, 
S.  18, 

Garzoni  geht  von  einer  Erzàhlung  *  in  den 
Scholien  Acros  zu  Horaz  aus  [Scholia  Horatiana 
Acronis  et  Porphyrionis,  etti.  Hauthal,  Berlin,  1856, 
II,  S.  578)  und  gibt  dann  klassische  Belege  von 
derlei  Antworten,  die  zum  Gegenstande  in  keiner 
Beziehung  stehn. 

Ginesio  Gavardo  Vacalerio  (=  Giovanni  Sa- 
gredo),  L'Arcadia  in  Brenta  (1.  Ausg.  1667), 
Bologna,  1693,  S.  330. 

L'Arcadia  in  Brenta,  S.  340  ff. 

L'Arcadia  in  Brenta,  S.  371. 

L'Arcadia  in  Brenta.  S.  392, 
Die  Anekdote  findet  sich  schon  mehr  als  ein 
Jahrhundert   vor    dem   Erscheinen   der  Arcadia   in 

*  Dies«  Erzahlung  ist  auch  die  Quelle  der  37.  Historìa  in  Lun- 
dorfs  WiBbadisch  WUenbrìinlein.  Frankfurt.  1610,  S.  91  :  Von  tinem 
vngeschickten  Mahler. 

271 


CCXXIII. 


CCXXIV. 

ccxxv. 

CCXXVI. 
CCXXVII. 


Brenta  in  den  Diporti  von  Girolamo  Parabosco 
(1.  Ausg,  ca.  1550),  und  zwar  in  den  der  17,  Novelle 
angehàngten  Motti;  sie  wird  nicht  von  Arlotto,  son- 
dern  von  einem  ankonitanischen  Edelmanne,  Rivale 
mit  Namen,  berichtet  und  lautet: 

„Vedendo  di  molte  belle  donne  insieme,  e 
passandone  una  senza  essere  sbellettata,  disse  un 
suo  compagno:  Questa  è  di  suo  pie;  dietro  la  quale 
giungendone  una  sbellettatissima,  disse  il  Rivale: 
E  questa  è  di  sua  mano," 

CCXXVIII,  Le     Passe-tems     agreable,     Rotterdam,     1709, 

S,  159  ff.;  abgedruckt  in  Ristelhubers  Ausgabe  der 
Contes  et  Facéties  d'Arlotto,  Paris,  1873,  S,  109  ff,, 
Nr,  80:  Un  dernìer  trait  du  Cure. 

Woher  der  Verfasser  des  Passetems  agreable 
—  das  Buch  wird  de  Rochefort  zugeschrieben  — 
seine  Geschichte  genomen  hat,  ist  unbekannt;  daO 
sie  in  Italien  lebendig  war,  ja  noch  ist,  beweist 
nicht  nur  das  Bild  von  Volterrano,  sondern  auch 
cine  Note  Baccinis,  wonach  sie  sich  in  Cercina  zu- 
getragen  bàtte. 


272 


(Giovanni  da  San  Giovanni?)  Der  Pfarrer  Arlotto. 
(Florenz,  Gallerìa  Pitti) 


Die  Schwànkc 
dcs  Pfarrcrs  Arlotto 

Anhang 


18" 


L  Beilage. 

Die  Spriichc  des  Pfarrers  Arlotto 

nach  den  "^ 

Erquickstunden  und  dem  Democritus  ridens. 

Die  sententzen  vnd  fùrnemste  vnd  kurtz-  Daniel  Federman 

weiligste    sprichwòrter    des    vorgedachten  ^JcT.^nl:': 
rfarrherrns,   meines   erachtens,   sein   dìese         Batel,  1575, 
volgende:  S.  173  ff.  ' 

Ich  halt  das  bòB,  das  mir  nicht  schadt, 
Fùr  gleich  souil  als  die  wolthat, 
Die  mir  nicht  nutzt  vnd  bringet  frucht. 
Wer  new  weg  fiir  den  alien  sucht, 
Betrogen  offt  er  sich  befindt. 
Beicht  Vatter,  und  die  àrtzet  sindt, 
Auch  Aduocaten  soli  man  nit 
Verhalten  die  warheit  mit  sitt. 
In  der  jugendt  ein  Balbierer 
Vnd  ein  gut  Artzet  im  alter 
GewiB  offtermal  ein  lugner  war. 
Weib  ist  ein  schedlich  ding  fiirwar. 
Der  schenck  ist  verloren  vnd  todt. 
Ergetzligkeit  leidt  grosse  noth  \ 
Es  ist  nicht  alles  goldt  vnd  geldt, 
Was  glitzet  hie  in  diser  Welt. 

*  Den  drei  Versen  entsprechen  im  Originale 
(Guicciardini,  S.  122)  die  vierWorte:  Donna  danno. 
Damma,  dammi. 

Il   ■"  277 


Welcher  nicht  mùhsal  Iciden  will, 
Dcr  kom  nicht  in  geburtcs  zil. 
Gelt,  witz  vnd  sinn,  glauben  vnd  trawcn 
Vii  minder  ist,  als  man  thut  schawcn, 
Kein  tugendt  ist  allhie  auff  erd, 
Die  nicht  verderbt  armut  on  gferd. 
In  ali  ding  bringt  der  vberfluB 
Vii  mùhsal,  arbeit,  vberdruB. 
Wcr  sitzet  wol  vnd  gliicklich  stat, 
Er  allzeit  bòB  gedancken  hat. 
Die  weltlich  freude  wert  nicht  lang. 
So  ist  auch  niemals  von  anfang 
Im  himmel  bliben  hitz,  noch  eyB. 
Die  zeit  fleugt  vnuersehner  weiB, 
Tregt  vnd  ertregt  alles  zum  end, 
Ehe  das  es  scheint  also  behend. 
Wer  mir  guts  thut  mehr,  dann  er  soli, 
GwiB  steckt  darhinder  arglist  voi; 
Verrahten  hat  er  mich  mit  gfahr, 
Oder  im  sinn  hat  ers  fùrwar. 
Welcher  tut,  das  jm  nicht  gebiirt, 
In  schaden  wirt  derselb  gefiihrt. 
Welcher  zeit  hat,  der  hat  auch  leben. 
Wer  von  einer  gfahr  thut  entschwcben, 
Entwischt  auch  von  tausend  vnd  mehr, 
Wie  mehrmals  gschchen  ist  vngefehr. 
Ali  kriegsrùstung  Teutsches  landt 
Mòcht  nicht  zwingen  die  forcht  in  bandtS 


»   Im   Originale:   Tulie  l'armi  di  Brescia  non 
armerian  la  paura. 

278  ^ 


Wer  dem  Bawrn  reicht  die  fiifi  vorhcr, 
Als  bald  die  hend  begeret  er. 
Wer  es  schaf ft,  der  gwarts  auch  nicht  faul. 
Geschencktem  pferd  sich  nicht  ins  maul. 
Von  wegen  zeit,  noch  herrligkeit, 
Betriib  dich  nicht  zu  jeder  zeit  S 
Der  jhm  selbs  nicht  hilfft,  wenig  kan. 
Wer  sich  benùgt,  der  gniBt  fortan. 
Wie  mehr  der  mensch  im  vorraht  hai, 
Je  mehr  er  haben  will  von  stat. 
Souiel  ist  mein,  was  ich  geniefì, 
Vnd  gib  den  Armen  zum  ersprieB  '. 
Weiber,  leinwat  vnd  edlgestein 
Nimm  nimmer  mehr  bey  kertzen  schcin. 
Man  hab  gleich  freundt  vii  auff  der  ban, 
Welcher  nichts  hat,  ist  vbel  dran. 
Ein  falscher  mensch  kan  schaden  vii, 
Ehe  daB  man  warnimpt  seinen  will. 

Arlotti  dieta  quaedam.  Demoerìtas  rìdtn», 

Amstelodamt, 
Tanti  mihi  est  utilitas  nihil  proficiens,  1649,  S.  106  ff. 

Quantum  malum  mihi  nocens. 
Qui  vetere  relieta,  novam  viam  prendit, 
Ad  locum  quo  non  vult,  saepe  tendit. 
Donator  pridem  obiit, 


^  Né  di  tempo,  né  di  Signoria  Non  ti  dar 
malinconia. 

"  Tanto  è  mio,  quant'io  godo,  et  dò  per  Dio; 
das  ist  der  in  der  Fac.  29  zitierte  Vers  von  Jaco- 
pone  da  Todi. 

279 


Adjutor  animam  agit. 
Ne  te  possit  poenitere, 

Secreta  tua  confitere 

Confessano,  Advocato, 

Medico:  reliquos  celato. 
Atrox  et  periculosa  est  tempestas  mala 

mulier. 
Non  omne  quod  splendet,  aurum  est. 
Qui  calamitates  non  vult  ferre, 

Exeat  quam  primum  e  terra. 
Vita  haec  nihil  aliud  est,  quam  assidua  mi- 

litia  et  malitia. 
Pecunia,  Sapientia,  Fides 

Vix  hodie  sunt,  quacumque  vides. 
Non  est  uUa  virtus,  quam  paupertas  non 

maculat, 
Nec  ulla  sanctitas,  quam  peccati  dulcedo 

non  collutulat. 
Abundantia  fastidium  gignit. 
Qui  bene  sedet,  male  cogitat. 
Gaudium  hujus  Mundi  breve  est. 
In  coelo  aestu  non  calebit, 

Nec  frigore  quisquam  algebit. 
Abit  tempus  et  omnia  secum  trahit. 
Qui  praeter  solitum  est  blandus, 

Proditionem  molitur  infandus. 
Qui  facit,  quae  facere  non  debet, 

Fieri  videbit,  quae  non  credet. 
Qui  unum  periculum  semel  evadit, 

Mille  evasurum  se  sperabit. 
Contra  timorem  omnia  arma  satis  non  sunt. 


280 


là 


Si  rustico  quis  manus  dct, 

Simul  et  pedem  arripiet. 
Fac  quod  facius. 

Equo  donato  dentes  non  sani  inspiciendi. 
Parum  ist  scit,  qui  seipsum  juvare  nescit. 
Qui  contentus  est,  laetus  est. 
Tantum  crescit  amor,  quantum  ipsa  pecu- 
nia crescit. 
Id  verum  meo  dixero, 

Quo  utor,  quodque  Deo  dedero. 
Nec  feminam,  nec  pannum  eme 

Ad  candelam;  fraudem  time. 
Qui  malus  est,  nec  malus  putatur, 

Facit  malum,  ac  celatur. 


281 


Libro  di  Novelle, 

e  di  bel 

Parlar  Gentile, 

Fiorenza,  1572, 

Nov.  74,  Neudruck 

Milano,  1804, 

S.  196. 


Facezie 

e  motti  dei  secoli 

XV  e  XVI, 

Bologna,  1874, 

S.  111.  Nr.  190. 


IL  Bcilagc. 

Texte  iind  Bearbeitungen  des  Stoffes 

der  V.  Facetie. 

Qui  conta  di  certi  che  per  cercare  del 
meglio,  perderono  il  bene. 

UNo  s'era  messo  a  scrivere  tutte  le  follie, 
e  le  scipidezze,  che  si  facessero.  Scrisse 
d'uno,  che  s'era  lassato  ingannare  a  uno 
Alchimista;  perchè  per  uno  gli  avea  ren- 
duto  il  doppio  di  quello,  che  gli  avea  dato; 
e  per  raddoppiare  più  in  grosso  gli  diede 
cinquanta  fiorini  d'oro,  ed  egli  se  n'andò 
con  essi.  Andando  questo  ingannato  a  lui, 
e  domandando,  perchè  l'avea  schernito  così, 
e  dicendo:  Se  egli  mi  avesse  renduto  il  dop- 
pio come  dovea,  ed  era  usato,  che  avrebbe 
scritto?  rispose:  Avérene  tratto  te,  e  mes- 
sovi lui. 

IL  re  Adovardo  d'Inghilterra  teneva  in 
corte  uno  messer  Merlino  con  buona  pro- 
visione, il  cui  uficio  era  scrivere  le  simpli- 
cità  che  si  facevono  nella  sua  corte.  Occorse 
che  havendo  il  re  a  mandare  a  Roma  lettere 
in  frecta,  non  si  trovò  (salvo  uno  Bichino) 
corriere,  che  gli  bastassi  l'animo  d'andarvi 
nel  tempo  che  '1  re  voleva,  quale  era  bre- 
vissimo. Rispecto  alla  distantia,  fecegli  il 
re  dare  mille  ducati  et  spacciollo.    Scripse 

282 


questa  cosa  mcsser  Merlino  al  libro:  il  re, 
saputolo,  lo  dimandò  perchè  l'avessi  posto. 
Rispuose,  perchè  era  impossibile  che  cholui 
observassi  la  promessa,  et  che  per  cento 
ducati  harebbe  facto  il  medesimo.  Il  re, 
dixe:  Se  non  mi  observa,  m'a  promesso  ren- 
dermi i  mille  ducati;  et  però  levatemene. 
Messcr  Merlino  replicò:  Sacra  maestà,  io 
scriverrò  pure  per  bora  la  vostra;  et  quando 
Bichino  vi  renderà  i  danari,  io  leverò  la 
vostra  et  scriverrò  la  sua. 

IL  Re  Adoardo  d'Inghilterra  teneua  in 
corte  un  MeBer  Merlino  con  buona  pro- 
uisione,  accio  attendeBe  a  scriuere  le  sim- 
plicita che  si  faceuano  nella  sua  corte: 
Hauendo  à  mandare  a  Roma  lettere  in  furia, 
non  trouando  nessuno  che  si  uantasse  d'an- 
darui  infra  il  tempo;  solo  un  Bichino  caual- 
laro,  sene  uantò.  A  cui  il  Re  fé  dare  mille 
ducati;  e  mandollo.  Scrisse  Merlino  questa 
del  Re;  Saputolo  dimandò  perche  l'hauesse 
scritta,  e  rispose;  perche  a  lui  non  poteua 
attenere  la  promessa,  che  era  impoBibile,  e 
perche  quello  che  farà  l'harebbe  fatto  con 
cento  ducati;  e  il  Re;  se  non  oBeruerà,  m'ha 
promesso  di  rendermi  e  mille  ducati,  si  che 
caBatemi.  Non;  diBe  Merlino,  Io  pure  scri- 
nerò per  bora  la  uostra;  quando  Bichino 
uè  gli  renderà,  cancellerò  la  uostra;  et  scri- 
nerò la  sua. 


(Domeniehi) 
Fac9ti9  e  motti 

arguti, 
Fiorenza,  1548, 

Bl.  Et^fi. 


283 


(Domenichi) 
Facetie  e  motti 

arguti, 

Fiorenza,  1548, 

Bl.  Faa. 


Mise  il  detto  (Piouano  Arlotto)  al  libro 
degli  errori  il  Re  Alfonso,  che  hauea 
fidati  à  un  Tedesco  danari,  e  mandatolo  ini 
Alemagna  per  caualli  dicendo;  che  se  tor- 
naBe,  metterebbe  per  debitore  lui,  e  can- 
cellerebbe il  Re. 


Codice  Laurenziano 
Plot.  XLII,  27 

=  Boccini, 

Le  Facezie  del 

Piovano  Arlotto, 

Firenze,  1884, 

S.  72 

=  Il  Cherico  del 

Piovano  Arlotto 

(Giugno),  1878, 

S.  46  ff. 


Facezia  fatta  per  il  piovano  dinanzi  al  re 
Alfonso  in  Napoli. 

LE  nostre  galeaze  fiorentine,  andando 
alla  volta  di  Cicilia,  feciono  poi  iscala  a 
Napoli,  dove  soprastettono  alcuni  giorni,  in, 
sulle  quali  era  il  piovano  Arlotto,  a  tempo 
di  quello  invittissimo,  libéralissimo  e  magni- 
fico re  Alfonso,  el  quale  intese  come  in  sulle 
dette  galee  era  il  detto  piovano  Arlotto,  del 
quale  aveva  udito  qualche  piacevolezza,  et 
infra  l'altre  che  al  presente  aveva  seco  uno 
libro  in  sul  quale  poneva  per  debitori  tutti 
quelli  che  commettevano  qualche  grande: 
errore  per  avere  poco  cervello,  e  fusse  chi' 
volessi  che  mai  aveva  rispetto  né  a  degnità 
né  amicizia.  Di  subito  mandò  per  lui  e 
fattogli  buona  accoglienza,  et  inteso  qualche 
piacevolezza,  lo  domandò  se  era  vero  te- 
nesse uno  libro  d'errori,  rispose  il  piovano: 
Sacra  Maiestà  si.  Disse  il  Re  in  questi 
pochi  giorni  avete  voi  posto  per  debitore 
alcuno  di  questi  nostri  neapolitani?     Chi 

284 


iscrive  non  tiene  a  memorìa  e  fatto  venire 
il  libro  da  Galea  et  apertolo,  rispose: 
signore  io  eie  ne  trovo  qualcuno  in  questo 
libro  et  in  fra  gli  altri  la  vostra  Maiestà, 
della  quale  la  partita  dicie  in  questo  modo: 
La  Maestà  del  gloriosissimo  et  invittissimo 
Re  Alfonso  de'  dare  per  questo  grave 
errore,  come  appresso  qui  in  questo  iscritto 
si  dicie,  per  cagione  ha  mandato  a  com- 
perare cavalli  nella  Magnia,  e  ha  fidato  a 
Teodorigo  tedesco,  alfonsini  d'oro  cinquemi- 
lacinquecentocinquantacinque.  Maraviglia- 
tosi lo  Re  disse:  piovano  mio  da  bene,  o 
parvi  questo  così  grave  errore?  io  mi  ho 
allevato  costui  da  piccolo  ragazzo  ed  è  istato 
a'miei  servigi  in  questa  corte  circa  d'anni 
diciotto,  e  sempre  è  istato  fedelissimo:  per 
cierto,  e'mi  pare  in  questo  caso  abiate  auto 
non  molto  retto  iudicio,  et  avetemi  posto 
per  debitore  vostro  iniustamente  in  su 
questo  libro.  Rispuose  il  piovano:  sere- 
nissimo Principe,  io  vi  ho  fatto  il  dovere,  e 
non  credo  in  questo  libro  sia  il  maggiore 
errore,  e  massimo  considerato  chi  lo  ha 
commesso.  Puolgli  esser  maggiore  e  più 
grave  ad  avere  fidato  tanta  pecunia  a  uno 
barbaro  tedesco,  el  quale  è  poverissimo  et 
in  veruno  luogo  né  qui  in  Napoli  ha  di  mobile 
o  immobile  che  perdere,  e  peggio  che  lo 
mandate  a  casa  sua  nella  Magnia?  Non 
veggiamo  noi  a  ogni  ora  per  piccolissimo 

285 


avere  el  padre  ingannare  il  figliuolo,  e  il 
figliuolo  il  padre  e  il  fratello  il  fratello?  non 
s'è  egli  veduto  e  inteso  qualche  volta  uno 
eremita  essere  istato  lunghissimo  tempo  in 
uno  ermo  con  asperima  penitenzia  menare 
una  santa  vita,  e  poi  per  diabolica  istiga- 
zione, assassinare  uno  per  avarizia  e  per- 
versa malignità  per  acquistare  tesoro  e  da- 
nari, e  per  insino  alla  morte  menare  ima 
tristissima  vita?  L'uomo  è  il  più  falso  ani- 
male che  sia,  né  mai  si  può  cognioscere, 
per  tante  ragioni,  per  le  quali  havia  il  pio- 
vano giustificato  la  partita,  non  sapeva  più 
che  dire  lo  Re,  né  disse  altro,  se  none  che 
riautosi  alquanto,  dimandò  il  piovano:  ditemi, 
se  Teodorigo  tornassi  con  li  cavalli  o  con 
li  danari,  che  diresti  voi?  Sanza  pensare 
rispuose  presto  il  piovano  e  disse:  Can- 
cellerò la  vostra  Maestà,  e  porrò  per  debi- 
tore lui  di  molto  maggiore  errore  e  pazfa. 
Parve  al  Re  che  il  piovano  fusse  uomo  da 
bene,  facieto;  e  giù  dicollo  uomo  di  grande 
ingiegnio,  e  che  e  fatti  conrispondessino  alla 
fama  aveva  udito  di  lui,  assai  più  non  isti- 
mava.  In  mentre  che  detto  piovano  dimo- 
roc  a  Napoli  gli  fecie  careze  assai,  e  come 
libéralissimo  e  magnianimo  Re,  alla  sua 
partita  gli  fecie  per  sé  e  per  suoi  amici 
molte  offerte,  e  dissegli  se  voleva  fare 
istanza  con  lui  a  Napoli,  lo  provederebbe  di 
tanti    benefici)    che    ascienderebbono    alla 

286 


^V, 


somma  di  più  che  ducati  500  d'oro,  in  modo 
potrebbe  vivere  come  uno  degno  prelato:  e 
dopo  molte  preci,  veduto  lo  Re  non  voleva 
restare,  gli  donò  Alfonsini  50  d'oro,  et  una 
bellissima  vesta  d'uno  bellissimo  panno,  e 
per  suo  rispetto  furono  fatti  piaceri  assai  a 
tutti  quelli  delle  galee. 


IL  Piouano  Arlotto  teneua  registrate  in  vn 
libro  le  Minchionerie  de  Prencipi,  il  Rè 
Alfonso  l'interrogò,  se  nel  libro  sudetto  vi 
fosse  qualche  partita  per  suo  conto.  Ve  n'è 
vna  rispose  il  Piouano,  cioè  quella  che  la 
Maestà  Vostra  habbia  fidati  due  milla  on- 
gari  ad  vn  Todesco,  perche  vadi  in  Ale- 
magna  a  comprar  Caualli  per  la  sua  stalla. 
V'ingannate  rispose  il  Rè,  quest'è  vn  gio- 
uane  allenato  da  me,  huomo  d'honore,  e  di 
pontualità,  son  sicuro,  che  ben  presto  ritor- 
nerà con  i  Caualli.  Se  ritornerà  soggiunse, 
Sire,  dispennerò  Vostra  Maestà  dal  libro,  e 
ve  lo  metterò  lui. 


Sagredo, 
L'Arcadia  in 

Brenta, 
Bologna.  1693, 

S.  320. 


Arlotto  estant  a  Naples  taxe  le  Roy  Al- 
phonse  d'Arragon  d'erreur,  et  le  monstre 
couché  sur  son  liure  comme  debiteur,  pour 
vne  fante  commise  d'auoir  baillé  5555.  escuz 
d'or  à  vn  Alemand,  qui  n'auoit  rien,  pour 
acheter  des  cheuaux  en  son  pays 
mesme  d'Alemagne. 

287 


(G.  Chappuis 

de    Tour) 

Les    Facétieuses 

lournées, 

Paris,  1584. 

Bl.  127  i  fi. 


Nouuelle  VI. 

....  Cclse  donc  commencca  à  dire  ainsi. 

Puis  que  Philon^  a  prins  la  peine  de 
nous  declarcr  quel  estoit  le  Cure  Arlotto, 
et  que  la  compagnie  a  iusques  à  present 
prins  grand  plaisir  en  toutes  ses  faceties, 
et  ce  qui  est  sorty  de  sa  boutique,  ie  vous 
veux  dire  comme  il  reprint  le  Roy  de  Naples, 
et  le  coucha  sur  son  liure  comme  il  auoit 
accoustumé  de  faire,  tous  ceux  là  qui  com- 
mettoyent  quelque  notable  erreur. 

Vous  deuez  donc  s<;auoir,  que  les  galeres 
des  Florentins  retournans  de  Sicile,  s'ar- 
resterent  à  Naples,  où  elles  seiournerent 
quelques  iours,  et  là  estoit  le  Cure  Arlotto. 
Ce  qu'entendu  par  le  Roy  Alphonse  d'Arra- 
gon,  qui  en  auoit  desia  ouy  beaucoup  de 
plaisanteries,  et  entendu  qu'il  auoit  vn 
liure,  sur  lequel  il  faisoit  et  escriuoit  Debi- 
teurs,  tous  ceux  là,  qui  faisoyent  quelque 
grande  faulte.  Parquoy  il  le  manda,  et  fit 
venir  deuant  luy:  et  luy  ayant  ouy  de  luy 
quelque  facetie  et  sornette,  il  luy  demanda 
s'il  estoit  vray  qu'il  eust  Icdict  liure  d'er- 
reurs.  Le  Cure  respondit  qu'ouy:  Auez 
vous,  adiousta  le  Roy,  conche  sur  ce  liure, 
pour  debteur,  depuis  le  peu  de  temps  que 

1  Philon  ist  das  Mitglied  der  fròhlichen  Gesell- 
schaft,  dem  die  Biographie  Arlottos  in  den  Mund 
gele|{t  wird. 

288 


vous  estes  icy,  quelqu'vn  de  noz  Napoli- 
tains?  Arlotto,  qui  s9auoit  bien  que  mes- 
mes  il  y  auoit  couché  sa  maiesté  mesmes* 
fit  response:  Sir,  celuy  qui  escrit  n'a  pas  la 
memoire,  et  ne  se  soucie  pas  beaucoup  de 
retenir  et  imprimer  les  choses  qui  aduien- 
nent,  en  icelle:  et  ayant  faict  apporter  son 
liure,  de  la  galere,  l'ayant  ouuert,  il  dict  de 
fort  bonne  grace:  Sir,  ie  trouue  icy  vne 
partie  et  article  de  vostre  Maiesté,  qui  dict, 
le  Roy  Alphonse  doit  donner  ou  bailler, 
pour  ceste  grande  faulte,  d'auoir  enuoyé 
acheter  des  cheuaux  en  Allemaigne,  et  fié 
à  Theodoric  Alemand  5555.  escuz  d'or. 
Le  Roy  s'esmerueillant  de  cela,  luy  dit:  Ar- 
lotto mon  amy,  trouuez  vous  que  ce  soit  là 
vne  si  grande  faulte?  l'ay  esteué  et  nourry 
cestuy  là  à  mon  seruice  depuis  son  ieune 
aage,  et  y  a  bien  dixhuict  ans  qu'il  me  sert, 
m'ayant  tousiours  esté  tresfidele:  et  m'est 
aduis  qu'en  ce  cas  vous  auez  eu  peu  de 
iugement,  et  m'auez  iniustement  et  sans 
cause,  faict  debiteur,  sur  ce  liure.  Arlotto 
fit  responce  à  ceste  heure  là.  Prince  tres- 
serenissime,  ie  vous  ay  faict  le  deuoir,  et  ne 
croy  point  qu'en  ce  liure  se  trouue  vne  plus 
grande  erreur:  et  mesmes  considerant  celuy 
qui  l'a  commise,  en  peut  on  voir  vne  plus 
grande  et  plus  notable,  que  de  mettre  tant 
d'argent  entre  les  mains  d'vn  barbare  Ale- 
mand, lequel  est  pauure  homme,  et  n'a  rien 

Arlotto,  Schwànke  II.  IQ  289 


icy  ny  ailleurs  qu'il  puisse  perdre?  Et  ce 
qui  est  le  pis,  vostre  Maiesté  l'enuoye  en 
Allemaigne,  qui  est  son  paìs  et  maison. 
Voyons  nous  pas  que  pour  auoir  trespeu,  le 
fils  trompe  le  pere,  et  le  frere,  de90Ìt  le 
frere?  A  l'on  pas  veu  vn  hermite  auoir 
demouré  treslong  temps  en  son  hermitage, 
menant  vne  saincte  vie,  par  vne  aspre  et 
rude  penitence,  lequel  en  fin  par  inspiration 
diabolique,  a  assassine  aucun  par  auarice? 
L'homme,  pour  auoir  argent,  est  le  plus 
faulx  animai  qu'il  soit,  et  que  iamais  l'on 
puisse  cognoistre.  Apres  qu' Arlotto  eut 
iustifié  ceste  partie,  couchee  sur  son  liure, 
par  tant  de  raisons,  le  Roy  demoura  vaincu, 
et  ne  sceut  que  dire:  mais  il  dit  vn  peu  apres 
à  Arlotto,  Et  si,  contre  tout  ce  que  vous 
auez  allegué,  pour  me  faire  tousiours  dcbi- 
teur,  Theodoric  mon  seruiteur,  retourne 
m'ayant  acheté  des  cheuaux,  ou  auec  l'ar- 
gent,  si  d'auanture  il  n'en  achetoit,  que 
diriez  vous?  Arlotto  respondit  incontinent 
sans  y  penser.  Si  cela  aduient.  Sire,  i'effa- 
ceray  vostre  Maiesté  de  dessus  mon  liure, 
et  feray  vostre  Alemand  Theodoric  debiteur 
d'vne  plus  grande  erreur  et  folle.  Le  Roy 
à  ce  propos  se  mit  à  rire  tant  qu'il  peut,  et 
cogneut  que  ce  Florentin  estoit  homme  de 
grand  esprit,  et  fort  facetieux:  et  pourtant 
ce-pendant  qu'il  demoura  à  Naples,  il  luy 
fit  beaucoup  de  caresses,  et  luy  offrit  et 

290 


dit,  que  s'il  vouloit  y  demourer  il  le  feroit 
riche,  et  luy  feroit  auoir  de  gros  benefices: 
mais  Arlotto,  qui  n'estoit  point  auare,  le 
remercia  de  ceste  bonne  volonté  enuers  luy, 
et  respondit  qu'il  estoit  content  de  son  petit 
benefice;  et  le  Roy  voiant  qu'il  s'en  vouloit 
retourner  en  son  pais,  luy  donna  cinquante 
cscus,  et  vne  robe  de  fin  drap,  et  fit  à  ceux 
là  des  galeres  beaucoup  de  faueurs  pour 
l'amour  de  luy,  ny  plus  ny  moins  qu'auoit 
faict  le  Roy  d'Angleterre,  comme  il  estoit 
à  Londres,  suiuant  ce  qui  nous  a  esté  cy 
dessus  raconté,  par  nostre  compagnon,  et 
amy  Philon. 


Faute  du  Roy  de  Naples,  enregistrée  sur  le 
liure  du  Cure. 

LEs  mesmes  galeres  retournant  de  Sicile 
aborderent  à  Naples,  où  elles  arreste- 
rent  quelques  iours.  Le  Roy  Alfonce 
d'Arragon,  qui  auoit  entendu  souuent  parler 
des  gentillesses  du  Cure  Arlotte,  et  s<;achant 
qu'il  estoit  arriué,  fut  curieux  de  le  voir. 
Sur  tout,  pource  qu'il  auoit  ouy  dire  qu'il 
auoit  vn  certain  liure  auquel  il  enregistroit 
toutes  les  plus  grandes  fautes  qui  venoient 
à  sa  connoissance.  L'ayant  fait  venir  pour 
cet  effet,  apres  luy  auoir  fait  vn  fort  bon 
accueil,  et  vn  peu  raillé  auec  luy,  il  luy 
demanda   s'il   estoit  vrai  qu'il   tint   vn  tei 


Le  Patron 

de  l'honneste 

raillerie, 

Paris,  1650,  Nr.  3, 

Neudrack 

Les  Contes  et 

Facéties    d'Arlotto 

de  Florence 

auec  introduction 

et   notes 

par  P.  Ristelhuber, 

Paris,  1873. 

S.  4  ff. 


19' 


291 


registre  dcs  fautes  d'autrui.  Le  Cure  dit 
quc  ouy,  et  le  Roy  continua:  N'auez-vous 
pas  enrollé  quelqu'vn  de  ces  Seigneurs  de 
Naples,  depuis  que  vous  y  estes?  Sire,  fit 
le  Cure,  qui  met  des  choses  par  escrit,  il  ne 
s'en  souuient  pas  tousiours,  s'il  ne  volt  son 
liure.  L'ayant  pour  cet  effet  fait  apporter 
et  ouuert  deuant  le  Roy,  il  luy  dit:  Sire, 
voicy  vn  article  qui  touche  vostre  Maiesté, 
le  Roy  Alfonce  a  commis  auiourd'huy  vne 
tres-lourde  fante,  pour  auoir  donne  six  mil 
ducats  en  or  à  Mouchaly  Ture,  pour  aller 
achepter  des  cheuaux  en  Barbarie.  Le  Roy 
surpris  de  ce  discours,  dit  aussi-tost:  Pour- 
quoy  me  blasmez-vous?  l'ay  pris  Mou- 
chaly tout  ieune  d'entre  les  mains  des  Cor- 
saires,  ie  l'ay  nourry  et  eleué  dans  ma  Cour, 
il  y  a  plus  de  dix-huit  ans,  l'ayant  tousiours 
trouué  fidel  et  affectionné  a  mon  seruice. 
C'est  pourquoy  vous  auez  tort  de  m' auoir 
couché  dans  vostre  inuentaire.  Pardonncz- 
moy.  Sire,  repliqua  le  Cure,  i'ay  grande 
raison,  n'y  ayant  point  de  laute  plus  remar- 
quable  en  tout  ce  liure,  si  on  veut  prendre 
garde  à  celuy  qui  l'a  commise.  Pource  quc 
vostre  Maiesté  a  donne  vne  somme  notable 
à  vn  Ture  et  de  plus  elle  l'a  renuoyé  en 
son  paìs,  où  il  sera  grandemcnt  estimé  de 
vous  auoir  trompé.  C'est  tout  ce  que  pour- 
roit  fairc  vn  fidel  Chrestien  de  retourncr 
par  de<;a.    Le  Roy  se  voyant  condamné  par 

292 


tant  de  raisons,  luy  dit:  Mais  si  Mouchaly 
reuient  auec  des  cheuaux  ou  de  l'argent,  quc 
direz-vous?  Sire,  fit  le  Cure,  si  cela  arriue, 
i'cffaceray  vostre  Maiesté  de  dessus  mon 
registre  et  l'y  mettray  comme  ayant  fait  vne 
laute  beaucoup  plus  grande  que  la  vostre. 
Le  Roy  iugea  par  là  que  le  Cure  estoit 
homme  d'esprit  et  de  belle  humeur.  Il  lui 
fit  à  ce  suiet  de  grandes  caresses  tandis 
qu'il  demeura  à  Naples,  luy  promettant  de 
bons  benefices,  s'il  vouloit  s'y  habituer:  mais 
voyant  qu'il  auoit  le  coeur  tourné  vers  sa 
patrie,  il  luy  fit  present  de  cinquante  ducats 
et  de  plusieurs  riches  estoffes,  gratifiant 
mesme  à  sa  consideration  tous  ses  cama- 
rades. 

ALfonso  Re  di  Napoli  hauea  in  sua  corte        .       f*"'tVf 
vn  Buffone,  il  quale  redigeua  in  scritto         £y°^  '559'  '' 
dentro  vn  libro  tutte  le  pazzie  (al  meno  che  Bl.  éóhff! 

gli  pareuano  tali)  d'i  signori,  gentilhuomini, 
e  altri  del  suo  tempo  che  pratticauano  nella 
corte.  Advienne  che  il  Re  Alfonso  hauendo 
vn  Moro  in  casa  sua,  mandollo  al  paese  di 
Leuante  con  dieci  miglia  ducati,  per  com- 
perar vi  canali.  Il  Buffone  aggiunse  questo 
atto  nel  suo  libro,  stimandolo  pazzia. 
Qualche  di  dopo  il  Re  Alfonso  domando 
al  Buffone  a  vedere  suo  libro,  per  ciò  che 
v'era  assai  tempo  che  non  l'haueua  veduto. 
Legendo   dentro   truouo   in   fine   di   quello 

293 


(Christoph  Leh- 

mann) 

Exilium  melancho- 

liae, 

StraBburg,  1669, 

T,  22,  S.  436  ff. 


l'historia  di  lui  e  del  Moro  e  d'i  diece  miglia 
ducati.  Il  Re  sdegnato  domando  a  questo 
pazzo,  perche  egli  l'haueua  posto  dentro  suo 
libro?  Per  ciò  (disse  il  Buffone)  che  tu 
hai  fatta  vna  gran  pazzia,  d'hauere  dati  i 
danari  tuoi  a  vno  forestiere,  che  tu  non 
vederai  giamai.  E  se  egli  ritorna  (disse  il 
Re)  e  mena  i  caualli,  che  pazzia  è  quella 
a  me?  Al'hora  che  esso  sarà  ritornato 
(disse  il  Buffone)  io  sfacciaro  tuo  nome  del 
libro,  e  vi  porro  il  suo:  per  che  al'hora  lui 
sarà  più  pazzo  di  te. 

ES  batte  Kònig  Alphonsus  an  seinem  Hof 
einen  Schalcksnarren,  der  alle  nàrrischc 
Bossen,  wie  nemlich  er  sie  auffs  wenigstc 
dafùr  hielt,  welche  die  Herren  vnd  Edcl- 
leut,  so  den  Hof  besuchten,  begiengen,  in 
cin  Buch  zusammen  schriebe,  Es  begab  sich 
aber,  dafi  der  Kònig  ein  Morisken  oder 
Mauritaner,  den  er  am  Hof  batte,  mit  zehen- 
tausend  Ducaten,  Pferd  darumb  zuerhand- 
len,  nach  Orient  schickte.  Der  Narr  schrieb 
diese  That  in  sein  Buch,  als  die  da  wùrdig 
were,  solche  vnter  andere  narrische  Sachen 
zusetzen.  Etliche  Tag  hernach  begehrte  der 
Kònig  solches  Buch  zubesùchtigen,  weil  er 
den  Narren  lange  Zeit  nicht  gesehen  batte, 
Als  er  nun  darinnen  lase,  fand  er  auff  die 
Ictzt  die  Histori  von  ihme  vnd  dem  Mohren: 
dariibcr    er    dann    zornig    ward,    vnd    den 

294 


Narren  fragte,  warumb  er  ihn  in  sein  Buch 
gcschrieben  bàtte.  „Darumb,"  antwortcte 
der  Narr,  „daB  ibr  eine  sebr  grosse  Tbor- 
beit  begangen  babt,  in  dem  ibr  ewer  Gclt 
einem  Frembden  gegeben,  dcn  ibr  nimmer- 
mebr  wider  seben  werdet."  „Wann  er  aber 
widerkompt,"  replicirte  der  Kònig,  „vnd  die 
Pferd  mitbringet,  werde  icb  dann  tborecbt 
getban  baben?"  „Ey  wann  er  wird  wider 
kommen,"  spracb  der  Scbalcksnarr,  „so  will 
icb  ewren  Namen  widerumb  im  Bucb  au6- 
lescben,  vnd  den  seinigen  darfùr  binein 
scbreiben;  dann  er  so  dann  ein  grosserer 
Narr,  als  ibr,  seyn  wird."  Fast  ein  gleicb- 
formiges  Exempel  wird  von  dem  Ertz- 
biscbof f  Alpbonso  Carillo  vnd  seinem  Diener 
erzeblet. 


VN  Due  de  Milan auoit  à  sa  suitte 
vn  qu'on  estimoit  bouffon  et  plaisant, 
parce  qu'il  mettoit  en  escript,  et  faisoit  re- 
gistre  de  toutes  cboses  qui  se  faisoyent  en 
la  Cour  de  son  Seigneur  et  maistre,  qu'il 
pensoit  dignes  d'estre  enregistrees  en  son 
diaire  et  papier  iournal.  Arriua  vn  iour 
que  le  Due  allant  visiter  ce  papier,  comme 
il  faisoit  souuent,  se  trouua  bien  auant 
enregistré,  et  en  grosse  lettre,  dans  ces 
memoires,  parce  qu'il  auoit  baillé  trente 
mille  ducats  à  vn  More,  qu'il  ne  cognoissoit 
que  de  buict  iours,  pour  luy  aller  acbepter 

295 


Les  Serées 

de  Guillaume 

Bouchet   Sieur 

de  Brocourt, 

avec  notes  et 

index 

par  C.  E.  Roybet, 

Paris,  1873  ff..  V, 

S.  52. 


des  cheuaux  en  Barbarie.  Ce  Due,  tout  en 
cholere  demande  à  son  bouf fon,  pourquoy  il 
l'auoit  couché  et  enregistré  en  son  papier 
iournal.  Pourquoy?  luy  respond  son  bouf- 
fon,  pourautant  que  tu  as  baillé  trente  mille 
ducats  à  vn  Negre,  que  tu  ne  cognoissois 
point  il  n'y  a  pas  long  temps.  Mais,  re- 
pliqua  le  Due,  s'il  m'ameine  des  cheuaux 
pour  mon  argent,  quelle  folle  auray-ie  faicte, 
qui  merite  d'estre  mise  en  ton  liure?  Il  n'y 
aura  rien  de  gasté,  luy  respond  ce  bouf  fon: 
car  s'il  reuient,  et  t'ameine  des  cheuaux 
pour  ton  argent,  lors  i'effaceray  ton  nom 
de  mon  papier,  et  y  mettray  le  sien. 

M.  Baraton,  Le  Boufon. 

Poesies  diverses, 

^°?%«^^'  Près  d'Alfonse  Roy  d'Arragon, 

Pasquin  sur  le  pied  de  boufon, 

Plaisoit  par  son  esprit  et  ses  brusques 
saillies. 

•Il  faisoit  un  Recueil  de  toutes  les  folies 
Qu'il  voyoit  faire  chaque  jour, 
Tant  à  la  Ville  qu'à  la  Cour, 

Ce  Journal  contenoit  mille  choses  jolies; 
Alfonse  souvent  le  lisoit. 
Et  de  tout  son  coeur  en  rioit. 

Des  sotises  d'autruy  l'on  aime  assez  à  rire; 
Outre  qu'on  y  trouve  à  s'instruire: 

Le  Roy  par  ce  motif  se  faisoit  un  regal 

Aux  heures  de  loisir  de  lire  ce  Journal. 

296 


S.  9ff. 


A  la  Cour  de  ce  Prince  un  Grec,  pour  quel- 

que  cause, 
Etoit  nouvellement:  Un  jour  comme  on 

parloit 

De  chevaux  Andalous,  et  qu'on  les  exaltoit, 

Le  Grec  dit  qu'au  Levant  e'  étoit  autre  chose; 

Qu'en  ce  pays-là  les  chevaux 

Etoient  plus  vigoureux,  plus  beaux, 

Excellens  pour  la  chasse,  ainsi  que  pour  la 

guerre, 
Et  qu'on  n'en  trouvoit  point  de  pareils  sur 

la  terre. 
Sur  son  recit  Alfonse  cut  un  tres-grand  desir 
D'avoir  de  ces  chevaux  du  moins  une  ving- 

taine. 
Il  dit  au  Levantin  qu'il  luy  feroit  plaisir, 

S'il  vouloit  se  donner  la  peinc 
D'aller  dans  le  pays  luy-méme  les  choisir, 
Et  qu'on  luy  fourniroit  tout  l'argent  neces- 
saire. 
Le  Grec  s'offre  avec  joye,  et  dès  le  lende- 
main 
Il  part  avec  l'argent  en  main. 
Pasquin  ayant  s<;u  cette  affaire, 
La  mit   dans   son  Recueil,   méme   en  gros 

caractere, 
Et  comme  une  folle  au  long  il  l'étala, 
Alfonse  à  quelque  jour  de-là 
Y  lisant  à  l'accoutumée, 
Fut  bien  surpris  d'y  voir  sa  conduite  blàmée. 
Egalément  rempli  de  colere  et  d'orgeuil: 

297 


Que  voy-je  là,  Maraut,  dit-il?  quelle  impu- 

dence 

De  me  piacer  dans  ton  Recueil? 

Peut-on  souffrir  cette  insolence? 

Sire,  luy  dit  Pasquin,  vous  avez  trouvé  bon 

Dès  long-temps  que  je  fisse  un  Journal  des 

folies 
Doni  je  m'appercevrois,  sans  nulle  excep- 

tion: 
Celle  là,  ce  me  semble,  est  de  plus  accom- 

plies, 
Envoyer  au  Levant  un  Grec,  un  pied 
poudreux, 
Avec  une  fort  grosse  somme, 
N'est-ce  pas  bien  risquer?  et  s'il  est  habile 

homme, 
N'a-t-il  pas  en  ses  mains  de  quoy  se  rendrc 
heureux? 
Tout  d'un  coup  sa  fortune  est  faite. 
Il  n'a  qu'à  s'en  aller  dans  un  coin  du  Levant, 

Avec  tout  cet  argent  comptant, 
Faire  gaudeamus,  laisser  là  votre  empiete: 
Où  diable  après  cela  chercher  notre  affron- 

tcur? 
Qui  dit  Grec  cn  un  mot,  dit  perfide  et  men- 

teur. 
Cet  homme,  dit  le  Roy,  paroit  assez  sincere: 
Tu  veux  qu'il  soit  un  imposteur, 
C'est  un  jugemcnt  temeraire. 
Mais  enfin  s'il  revient,  que  diras-tu,  faquin? 
Ma  foy,  Sire,  reprit  Pasquin, 

298 


Ce  n'est  pas  ce  qui  m'embarassc. 
S'il  étoit  assez  fou  pour  revoir  l'Arragon, 

Dès  que  je  le  verrois  en  face, 
De  Votre  Majesté  j'effacerois  le  nom, 

Et  mettrois  le  sien  à  la  place. 


Eines  Hofgecken  antwort 
gegen  Alphonsum, 

DIeser,  des  Kònigs  kurtzweilliger  rath, 
der  hatte  ein  sonderlich  buch,  in  wel- 
ches  er  allerhand  ding  vnd  sachen,  so  nach 
geckerey  rochen,  anzeichnet.  Nun  geschah 
es,  daB  der  Kònig  einmal  einem  Moren 
10  000  Ducaten  gab,  das  er  jhm  in  fernen 
landen  solte  Pferdt  darvor  kauffen;  di6  er- 
fuhr  der  Geck,  zeichnet  also  des  Kònigs 
Nahmen  auch  in  das  Buch.  Als  nun  der 
Kònig  einmal  vber  dieses  Narren  buch  kam, 
vnd  seinen  Nahmen  drin  fandt,  setzt  er 
den  Narren  driiber  zu  redi.  Der  Narr  sagt, 
es  wàre  ja  die  gròste  thorheit,  so  mòcht  be- 
gangen  werden,  daB  er  einem  frembden  ein 
solch  grosse  Summ  Gelts  dòrfte  vertrawen. 
Der  Kònig  antwort:  „Wann  er  dann  wider 
kam,  vnd  bràcht  die  Pferdt,  solt  es  dann 
thòricht  gethan  seyn?"  Der  Narr:  „Kombt  er 
wider,  so  wil  ich  ewren  Nahmen  auBleschen, 
vnd  an  dessen  platz  des  Mohren  Nahmen 
stellen;  dann  so  wird  er  ein  gròsserer  Narr 
seyn  als  jhr." 

299 


Teuttcher  Nation 

Apophthegmatum 

. .  .Vierdter  Theil.. 

zusammen  ge- 

tragen  Durch 

loh.    Leonhardum 

Weidnerum, 

Amsterdam,  1655, 

S.  263  ff. 


(Dreux  du  Radier) 

Récréations 

historiques,  criti- 

ques,  morales 

et  d'érudition; 

avec  Vhistoire  des 

fous  en  atre 

d'office, 

A  la  Haye, 

1768,  I,  S.  5  ff. 


Récréations 
historiques,  S.  7  ff. 


TRiboulet,  Fou  de  Louis  XII.  et  de  Fran- 
90ÌS  L,  a  acquis  quelque  célébrité  sous 
le  regne  du  dernier  de  ces  deux  Princes. 
Ce  fut  lui  qui  ayant  dit  que  si  Charles- 
Quint  étoit  assez  fou  pour  venir  en  France, 
et  se  fier  à  un  ennemi  qu'il  avoit  si  mal- 
traité,  il  lui  donneroit  son  bonnet,  et  auquel 
le  Roy  ayant  demandé  ce  qu'il  feroit  si 
l'Empereur  passoit,  comme  s'il  eùt  marche 
dans  ses  propres  Etats,  répondit:  Sire,  en 
ce  cas-là,  je  lui  reprends  mon  bonnet,  et 
vous  en  fais  présent, 

IL  (Triboulet)  avoit  des  tablettes  où  il 
écrivoit  en  forme  de  journal  tout  ce  qui 
lui  paroissoit  digne  de  comparaison  avec 
ses  propres  actions.  Le  Roi  ayant  une  dé- 
péche  à  envoyer  à  Rome,  dans  un  tems  ex- 
trémement  limite,  et  pendant  lequel  il  étoit 
impossible  de  faire  le  voyage,  fit  chercher 
un  Courier  qui  se  chargeàt  du  Paquet,  et 
s'engageàt  de  le  remettre.  Il  s'en  presenta 
un,  auquel  on  donna  deux  mille  écus  de 
récompense  avant  qu'il  montàt  à  cheval; 
Triboulet  ne  manqua  pas  d'employer  le  fait 
sur  ses  Tablettes.  Le  Roi  qui  le  vit  écrire, 
lui  en  demanda  la  raison:  Farce  qu'il  est 
impossible,  dit  Triboulet,  d'allcr  à  Rome  en 
si  peu  de  tems,  et  parce  que,  quand  cela 
seroit  possible,  c'étoit  toujours  une  folle  de 
donner  deux  mille  écus,  dans  une  occasion 


300 


ou  le  quart  suffiroit.  Mais,  dit  le  Roi,  si  le 
Courier  ne  peut  venir  à  bout  d'cxécuter  sa 
promesse,  et  me  rend  mon  argent,  qu'aura-tu 
à  dire?  Il  faudra  que  tu  effaces  ta  rcmar- 
que.  Non,  répondit  Triboulet,  elle  sub- 
sistera  d'une  fa9on  ou  d'une  autre;  parceque 
si  le  Courier  est  assez  sot  pour  vous  rap- 
porter  votre  argent,  j'eff acerai  le  nom  de 
votre  Majesté;  et  je  laisserai  le  sien.  S'il  ne 
revient  point,  je  laisserai  le  votre. 

BResquet  (sic),  jester  to  Francis  the  First 
of  France,  did  keep  a  calendar  of  fools, 
wherewith  he  did  use  to  make  the  king 
sport;  telling  him  ever  the  reason  why  he 
put  any  one  into  his  calendar.  When  Char- 
les the  Fifth,  emperor,  upon  confidence  of 
the  noble  nature  of  Francis,  passed  through 
France,  for  the  appeasing  of  the  rebellion 
of  Gaunt  ^,  Bresquet  put  him  into  his  calen- 
dar. The  king  asked  him  the  cause.  He 
answered,  „Because  you  have  suffered  at 
the  hands  of  Charles  the  greatest  bittemes 
that  ever  prince  did  from  another,  never- 
theless  he  would  trust  his  person  into  your 
hands."  „Why,  Bresquet,"  said  the  king, 
„what  wilt  thou  say,  if  thou  seest  him  pass 
back  in  as  great  safety,  as  if  he  marched 
through  the  midst  of  Spain?"     Saith  Bres- 


Francis  Bacon, 

A  collection 

of  apophthegms 

new  and  old 

in  den  Essayt 

or  counsels  civil 

and  moral 

of  Francis  Bacon, 

London.  1902, 

S.  728  tt. 


^  Gaunt  ist  die  Stadt  Gent  in  Flandern. 


301 


Juan  de  Timoneda, 

El  sobremesa 

y  alivio  de  cami- 

nantes, 

p.  II,  e.  29 

in  der  Biblioteca 

de  autores 

espanoles, 

t.  Ili,  3  a  ed.. 

Madrid,  1850, 

S.  179. 


Luis  de  Pinedo, 
Libro  de  chistes, 

bei  A.  Paz  y  Mélia, 
Sales  espanolas, 

Madrid,  1890  ff.,  I. 
S.  302  ff. 


quet:  „Why  then  I  will  put  him  out,  and 
put  in  you," 

Por  qué  se  dijo.  —  Quìtaré  a  vuestra 
senoria,  y  porne  a  él. 

TEnia  un  gran  senor,  entre  otros  criados, 
uno  muy  diligente  en  saber  escrebir 
todo  lo  que  de  nuevo  acontescia,  asi  de 
burlas  corno  de  veras,  Acontesció,  que 
estando  el  seiior  sobre  mesa,  mandòle  que 
le  trujese  el  libro  de  las  novedades;  y 
trai  do,  vió  en  el  principio  de  una  hoja,  que 
decia  ansi:  ,,el  duque  mi  seiior  hizo  tal  dia 
una  necedad,  en  dar  quinientos  ducados  a 
un  alquimista  para  que  con  ellos  fuese  a 
Italia  a  traer  apare jo  para  hacer  piata  y 
oro."  Dijo  entonces  el  seiior:  „y  si  vuelve, 
iqué  haràs  tu?"  „Si  volviere,  quitaré  a 
vuestra  seiioria,  y  porne  a  él," 

EL  Arzobispo  de  Toledo,  D.  Alonso  Ca- 
rrillo,  procurò  é  hizo  grandes  gastos 
y  excesivos  en  hacerse  alquimista,  y  daba 
grandes  sueldos  a  los  que  lo  entendian.  A 
fama  desto  vino  a  él  un  hombre  no  cono- 
cido,  y  asentàndole  partido  en  su  casa  para 
buscar  ciertas  hierbas  y  otras  cosas  nesce- 
sarias,  diòle  copia  de  dineros  y  una  buena 
mula  en  que  fuese  à  lo  buscar  y  traer. 
Habfa  en  su  casa  un  paje  que,  por  gracia 
y  tener  que  hacer  y  decir,  asentaba  en  un 

302 


librillo  que  tenia  las  neccdades  quc  por  ano 
se  hacian  por  el  Arzobispo  y  sus  criados, 
y  asentó  aquélla  que  el  Arzobispo  habia 
hecho,  con  dia,  mes  y  ario.  Lo  cual,  venido 
a  oidos  del  Arzobispo,  di  Jole  que  por  qué 
le  ponia  y  acotaba  aquélla  por  necedad 
basta  ver  si  venia  el  mensa j  ero.  Respon- 
dió:  —  Cuando  él  venga  se  quitarà  a  vucstra 
seiioria,  y  se  pornà  a  él  con  mas  razon. 

DEr  Ertzbischof  f  Alphonsus  Carillus  batte  Exilium 

einen    Diener,    so    zu    keiner    andern        melancholiae, 
Verrichtung  bestellt,   dann  dafi  er  fleissig  .    •  ♦• 

protocolliren  oder  auffschreiben  muste,  was 
etwan  fùr  Thorheit  einer  oder  der  ander 
bey  der  gantzen  Hoffhaltung  begienge.  Nun 
waren  von  eben  selbigem  Ertzbischoff,  kurtz 
hiebevor,  einem  Alchymisten  etlich  hundert 
Doppelducaten  zugestellt  worden,  darumb 
allerhand  Materialien  vnd  Werckzeug,  zu 
seiner  Kunst  nothwendig,  in  frembden  Lan- 
den  einzukauffen,  Als  aber  folgends  er  das 
Register  obgedachten  seines  Dieners  ùber 
die  Tafel  bringen  lieD  zu  sehen,  was  in 
Newlichkeit  darein  geschrieben,  vnd  alida 
gleich  erstlich  befande,  dafi  sein  eigner 
Name  derohalben  daselbst  eingezeichnet, 
weil  er  einem  vnbekandten  so  viel  Gelts  an- 
vertrawet,  vnd  noch  darzu  ihn  mit  selbigen 
weit  iiber  Feld  geschickt,  forderte  der  Herr 
Ertzbischoff  alsobald  solchen  seinen  Diener 

303 


D.  Juan  de  Ar- 

guijo,  Cuentos, 

bei  A.  Paz  y  Mélia, 

Sales  espanolas,  II, 

S.  177  ff. 


irOttville, 

L'Elite  de$  contes, 

Paris,  1883,  II, 

S.  314  ff. 


zu  sich,  vnd  sagt,  daB  ihmc  darmit  noch  zur 
Zeit  vnrecht  geschehe,  weiln  verhoffentlich 
der  Chymist  mit  gutcr  Verrichtung  wieder- 
umb  zu  HauB  kommen  werde.  Worauff  der 
Diencr  dergestalt  replicirt,  daB  alsdann  der 
Alchymist  zugleich  in  die  Narren  Chronic 
miiste,  als  der  solch  guter  Gelegenheit  sich 
zu  gebrauchen  nicht  gewust  bàtte, 

ROgó  un  seiior  a  un  su  secretano  que 
notase  por  entretenimiento  las  nece- 
dades  de  los  de  casa.  Prestò  ci  amo  500 
ducados  a  una  maladita.  Vió  el  libro,  y 
asenta  da  està  necedad,  dijo  el  senor: 
—  Veréis  còrno  me  los  paga.  —  Entonces 
dijo  el  secretarlo:  —  Borraré  la  necedad 
de  habérselo  prestado  y  la  pondré  a  su 
cuenta  si  los  pagare;  mas  cntretanto  estése 
corno  se  està. 

Repartie  hardie  d'un  secretaire 
à  son  maistre, 

UN  prince  souverain  avoit  un  secretaire 
qui  ne  luy  servoit  d'autre  chose  que 
de  reraarquer  toutes  les  sottises  qui  se 
faisoient  en  ville,  et  en  faire  un  livre  pour 
le  divertir:  car  il  étoit  d'une  humeur  fort 
joviale,  et  qui  aimoit  fort  à  rire.  Il  étoit 
grandement  exact  dans  ce  recueil,  et,  quand 
il  arrivoit  quelque  compagnie,  il  prenoit 
plaisir  à  divertir  le  monde  par  ce  moyen-là. 

304 


Un  jour  il  arriva  dans  sa  cour  certains 
matois  qui  se  disoient  excellens  chimistes,  et 
qui  se  vantoient  de  s<;avoir  la  grand'  oeuvre, 
et  moyennant  quelques  drogues  qu'ils 
disoient  leur  ctre  necessaires,  qu'ils  pour- 
roient  tres-facilement  convertir  toutes  sortes 
de  metaux  en  or  pur  et  tres-fin.  Ce  prìnce 
ajoùtant  legerement  foy  aux  discours  de  ces 
affronteurs,  ayant  siju  d'cux  quel  argent  il 
leur  falloit  pour  avoir  les  drogues  qu'ils 
disoient  leur  ctre  necessaires,  ils  luy  deman- 
derent  deux  mil  écus,  qu'il  leur  fit  délivrer 
è  l'instant,  et  sur  l'heure  ils  se  mettent  en 
chemin  pour  les  aller  acheter,  luy  ayant 
fait  accroire  qu'on  ne  les  trouvoit  que  bien 
loin  de  là.  Ce  secretaire  ne  manque  pas 
de  mettre  son  maitre  au  nombre  des  sots 
dont  il  faisoit  le  recueil,  Comme,  quelques 
jours  après,  il  arriva  compagnie  chez  luy, 
la  voulant  divertir,  il  commanda  à  son  secre- 
taire de  luy  aporter  son  livre,  ce  qu'il  fit; 
l'ayant  ouvert,  il  vid  au  commencement  d'un 
feuillet:  Le  due  monseigneur  fit  un  tei  jour 
une  telle  sottise.  Ce  que  voyant  ce  prince, 
il  luy  dit:  „Quoy!  vous  m'y  mettez  aussi!  — 
Monseigneur,  dit-il,  personne  ne  merite  d'y 
étre  mieux  que  vous,  —  Pourquoy?  dit-il,  — 
Quoy!  Monseigneur,  répondit  le  secretaire, 
y  a-t-il  une  plus  grande  sottise  que  de  don- 
ner  une  telle  somme  d'argent  à  des  marauds 
que  vous  ne  connoissez  point,  qui  s'en  iront 

Arlotto,  Schwanke  II.  20  305 


loh.  Balth.  Schupp, 

Salomo 

oder  der 

Regenten-Spiegel, 

Cap.  10  in 

Schuppii  Schrifften 

(Hanau,  1663), 

S.  117. 


avec  et  qui  ne  reviendront  jamais?  —  Tu  le 
dis,  luy  dit  son  maitre,  ils  n'ont  pas  encor 
trop  tarde  à  revenir,  et,  s'ils  reviennent 
aussi,  ne  seras-tu  pas  le  sot  toy  méme?  que 
diras-tu?  —  Ah!  dit-il,  Monseigneur,  s'ils 
reviennent,  je  vous  effaceray  et  les  mettray 
en  vòtre  place,  car  ils  seront  encor  plus 
sots  que  vous;  et  par  ce  moyen  il  ne  faudra 
effacer  que  le  nom,  car  pour  le  reste  il  n'y 
aura  rien  de  perdu." 

MAn  sagt,  da6  ein  vornehmer  Fiirst  in 
Italien  hab  einen  eigenen  Secretarium 
gehalten,  der  hab  jm  eine  Narren-Chronic 
machen,  und  auffzeichnen  sollen  alle  Thor- 
heiten,  welche  an  seiner  gantzen  Hoffstatt 
vorgiengen.  Da  sey  einsmals  ein  Gold- 
macher  zu  dem  Fùrsten  kommen,  und  hab 
jm  versprochen,  er  wolte  jm  Gold  machen. 
Der  Fiirst  hab  jm  200  Ducaten  geben,  dafi 
er  materialia  darzu  in  der  nechsten  Stadt 
einkauffen  solle.  Da  hab  der  Secretarius 
seines  Herrn  Namen  alsbald  in  die  Narren- 
Chronic  geschrieben.  Der  Fiirst  sey  eins- 
mals lustig  gewesen,  und  hab  begehrt,  man 
sol  jm  die  Narren-Chronic  herbringen.  Als 
er  ein  wenig  darin  gelesen,  hab  er  seinen 
eignen  Namen  drin  gefunden,  und  hab  den 
Secretarium  gefragt,  wie  er  dazu  komme. 
Der  Secretarius  hab  geantwortet,  er  halt  es 
vor  cine  Thorheit,  daB  seinc  Altetza  einem 


306 


frembden  kerle  habcn  Geld  anvertrauet,  an 
einem  andern  Ort  materialia  abzuholen,  und 
Gold  darauB  zu  machen.  Wann  der  kerle 
wider  komme,  und  die  gute  occasion,  Geld 
zu  gewinnen,  oder  vielmehr  zu  stehlen,  nit  in 
acht  genommen  hab,  so  wol  er  seinen  Namen 
auch  in  die  Narren-Chronic  schreiben. 


vermehrt,  1685, 
S.  143. 


IN  Spanien  hielte  ein  vornehmer  Fùrst  C.  A.  M.  von  W., 
einen  eigenen  Protocollisten,  dessen  Ver-  ^^^KurfzweUi'ir'^' 
richtung  anders  nichts  war,  als  dafi  er  alle  Zeitvert'r'eiberf^'zum 
nàrrische  Possen  und  Begebenheiten,  so  sich  Vierdtenmal 
bey  Hoff  zutrùgen,  in  ein  besonders  Buch 
auffzeichnen  muste.  Als  nun  einsmals  der 
Fiirst  gemeldtes  ProtocoU  oder  Journall 
zu  sehen  begehrte,  und  im  Auffschlagen 
stracks  anfangs  seinen  Namen  fand,  wie  er 
nemlich  einem  Alchymisten  sechs  hundert 
Cronen  gegeben,  allerley  nothwendige  In- 
strumenten  ein  zukauffen,  und  selbiger  sey 
nicht  wieder  kommen.  Da  sagte  der  Fùrst, 
er  wàre  noch  viel  zu  frùh  eingeschrieben, 
dann  dieser  Geselle  noch  wohl  kommen 
werde,  wann  er  die  Sachen  wùrde  gekaufft 
haben,  so  er  vonnòthen  bàtte.  „Das  ist  gut, 
gnàdigster  Herr,"  sprach  der  ProtocoUist, 
„wann  er  wieder  kommt,  so  schreib  ich  ihn 
auch  in  das  Buch,  daB  er  so  thòricht  ge- 
wesen,  sich  dieser  guten  Gelegenheit  nicht 
bedienet,  und  ihm  das  Geld,  so  er  emp- 
fangen,  nicht  selbst  zu  Nutz  gemacht." 


20^ 


307 


Dritte  Beilage. 
Lodovico  Domenichis  Facetien. 

Die  erste  Ausgabe  der  den  Namen  Do- 
menichis   tragenden    Schwànkesamm- 
lung  ist  unter  folgendem  Titel  erschienen: 

Facetie  /  et  motti  argv-  /  ti  di  alcvni  ec-  / 
cellentissimi  in-  /  gcgni,  et  no-  /  bilissimi  / 
signo  I  ri.  I  In  Fiorenza  /  M.D.XLVIIL  (In 
fine:  Stampate  in  Fiorenza  a.  ix.  d'Ottobre  / 
M.D.XLVIII.) 

8°;  80  Bl.  mit  den  Signaturen  A  bis  K. 
Das  Buch  ist,  obwohl  eine  darauf  beziigliche 
Angabe  fehlt,  bei  Lorenzo  Torrentino  ge- 
druckt;  vgl.  dazu  G.  Passano,  /  Novellieri 
italiani  in  prosa,  2^  ed,,  Torino,  1878,  I, 
S.  245. 

Sofort  hinter  dem  rùckwàrts  weiBen 
Titelblatte  beginnt  auf  Bl.  A,^  der  Wid- 
mungsbrief  mit  der  Aufschrift  Al  molto 
magnifico  et  nobiliBimo  Signor  Sebastiano 
Cvrz,  Lodouico  Domenichi.  In  diesem  Wid- 
mungsbriefe,  der  auf  Bl.  A4''  mit  dcmDatum 
Alti  xiij.  d'Agosto  MDXLVIII.  Di  Fiorenza 
schliefit,  gibt  Domenichi  zuerst  eine  allge- 
meine  Einleitung  uber  die  Notwendigkeit 
ciner  Zerstreuung  und  teilt  dann  mit,  wie 
scin  Buch  entstanden  sei:  er  habe  von  sei- 
ncm  hochgeehrtcn  edeln  Freunde,  Messer 
Giovanni  Mazzuoli  von  Strada,  genannt 
Stradino,   ein  schònes   Bùchlein   mit   sinn- 

308 


reichen  Ausspriichen  vieler  ausgezeichncter 
Geister  und  mit  hiibschen  Facetien  erhalten, 
das  ihm  so  gefallen  habe,  daB  er  diese 
Scherzreden  und  lustigen  Geschichten  habe 
seinen  Gònnern  mitteilen  woUen;  da  ihm 
dies  aber  als  cine  zu  geringfùgige  Gabe  er- 
schienen  sei,  habe  er,  um  seiner  Ergebenheit 
fùr  seine  Gònner  einen  bessern  Ausdruck 
zu  verleihen,  noch  einige  Facetien  bei- 
gefùgt,  die  er  zum  Teil  aus  verschiedenen 
Autoren  gesammelt,  zum  Teil  von  einigen 
Freunden  gehòrt  habe  \     Auf  Bl.  A»  be- 


^  Da  die  betreffende  Stelle  auch  sonst  von 
Interesse  ist,  sei  sie  hier  mitgeteilt:  „  ,  ,  .  mi  diedi 
a  leggere  un  bel  libretto  di  facetie  piaceuoli  et  di 
motti  arguti  di  molti  eccellentiB.  et  nobil.  ingegni; 
il  quale  io  hebbi  dal  molto  cortese  et  gentile  et  mio 
honorato  amico  M.  Giouanni  Mazzuoli  da  Strata, 
detto  lo  Stradino,  cittadin  Fiorentino.  Alla  cortesia 
et  diligenza  del  quale  debbono  infinitamente  le  per- 
sone dotte  et  uirtuose:  perch'egli  in  tutto  il  tempo 
di  sua  uita,  peregrinando  per  diuersi  et  lontani 
paesi,  non  ha  mai  perdonato  ne  a  fatica  ne  a  spesa, 
per  ragunare  da  tutte  le  parti  del  mondo  i  più 
antichi  et  più  esquisiti  libri,  della  lingua  Thoscana 
e'  ha  saputo  trouare.  Talché  egli  solo  di  cosi  fatti 
arnesi  maggior  copia  ha  raccolto,  che  non  pure  in 
Fiorenza  et  in  Thoscana,  ma  ardirò  dire  quasi  in 
tutta  Italia  non  se  ne  ritroua  altrettanto.  Et  di 
questi  thesori  tanto  liberale  et  amoreuole  dispen- 
satore si  mostra,  che  non  aspettando  altrui  preghi, 
spesse  uolte  ha  preuenuto  il  desiderio  de  gli  huo- 
mini  curiosi.  Hauendo  io  dunque  riceuuto  da  lui 
cosi  piaceuole  libro,  et  trattone  per  me  quel  piacere 

309 


ginnen  nun  die  Facetien  ohne  einc  weiterc 
Ùbcrschrift  und  ohne  da6  die  einzelnen 
Stùcke  Titel  hàtten;  dieser  Teil  des  Buches 
schlieBt  auf  Bl.  G,^.  Auf  Bl.  Ge^  folgen 
dann  die  Facetie  raccolte  par  M.  Lodouico 
Domenichi,  deren  jede  einen  Titel  tràgt. 

Mit  diesem  zweiten  Abschnitte  des 
Buches  wollen  wir  uns  zuerst  beschàftigen: 
Wic  dieÙberschrift  sagt,  enthàlt  er  die  Face- 
tien, die  Domenichi  selber  gesammelt  hat; 
ihre  Zahl  betràgt  85,  Von  diesen  85  Face- 
tien sind  aber  nicht  weniger  als  77  einfache 
Ùbertragungen  aus  dem  ersten  Teile  der 
Convivales  sermones  von  Joh.  Gast,  die,  wie 
deren  Verf  asser  auf  dem  Titelblatte  bemerkt, 
aus  den  „besten  und  bewàhrtesten  Autoren 
gesammelt"  sind.  Bei  der  ersten  Facetie, 
L'oratione  della  uecchia,  die  bei  Gast  (zit. 
Ausg.  S.  31)  De  aniculae  oratìone  heiBt,  er- 
setzt  Domenichi  mit  einer  leicht  zu  ver- 
stehenden  Anspielung  den  Tyrannen  Diony- 
sius  von  Syrakus  durch  einen  Herzog  von 
Mailand;  das  ist  aber  auch  die  einzige  wich- 
tige  Ànderung,  die  er  sich  in  alien  77  Stùcken 

ch'io    desideraua   maggiore,    ho   voluto   anco    farne 

parte  alla  S,  V ho  uoluto  inuiare  a  V,  S. 

queste    piaceuolezze;     lequali    parendomi    pur    pie-* 
ciola  cosa  et  basso  dono,  per  fare  in  un  certo  modo 

maggior  testimonianza  dell'  affettione  mia 

le  ho  accompagnato  con  alcune  facetie  parte  per 
me  raccolte  da  diuersi  auttori,  et  parte  udite  de 
alcuni  amici  miei," 

310 


erlaubt.  Von  dcn  restlichcn  acht  werden 
zwei,  Detto  dì  Diogene  und  Dionigio  Sira- 
cusano, schon  von  Diogenes  Laertius  und 
Plutarch  erzàhlt,  haben  also  Domenichi 
sicher  schon  gedruckt  vorgelegen;  es  bleiben 
also  nur  sechs,  die  er  von  seinen  Frcunden 
gehort  haben  mag,  Fiir  diese  sechs  weiB  ich 
auch  keine  Quelle  anzugeben;  es  sind  die 
folgenden:  Detto  del  Cardinale  di  Porto- 
gallo, Bl.  H^a,  Detto  di  Galeotto  Martio  da 
Narni^,  Bl.  H7^  D'uno  errore  d'un  Segre- 
tario, Bl.  Ks'',  D'uno  errore  della  stampa, 
ebendort,  D'una  gentildonna  Bolognese, 
Bl.  Kg»  und  D'un  marito  uecchio,  Bl,  K^^ 
Man  sieht,  der  Anteil,  den  Domenichi  an 
diesem  Abschnitte  des  Buches  hat,  ùber  den 
er  seinen  Namen  setzt,  ist  sehr  gering. 

So  bedeutungslos  nun  dieser  zweite  Teil 
der  Facetie  e  motti  arguti  ist,  so  wichtig  ist 
der  erste,  der  aus  dem  „bel  libretto"  des 
Padre  Stradino  entnommen  ist  und  iiber 
vierhundert  Schnurren  enthàlt. 

Die  Angaben  Domenichis  lassen  die 
Frage  offen,  ob  dieses  Bùchlein  Stradino 
selbst  geschrieben  hat,  oder  ob  es  nur  in 
seinem  Besitze  gewesen  ist;  sicher  ist  hin- 
gegen  wohl,  daB  Stradino  nicht  der  Ver- 
fasser  ist.    Da  er  damals,  als  die  erste  Aus- 

1  Die  Form  Martio  statt  Marzi  làBt  den  SchluO 
zu,  daB  es  sich  auch  hier  um  eine  Ubertragung  aus 
dem  Lateinischen  handelt. 

311 


gabc  von  Domcnichis  Facetien  erschienen 
ist,  bald  siebzig  Jahre  alt  war,  bleibt  cin 
groBer  Spielraum  fiir  die  Annahme  der 
Zeit,  wo  das  Biichlein  verfaBt  wurde;  gliick- 
licherweise  sind  wir  aber  in  der  Lage,  sic 
dcnnoch  mit  ziemlicher  Bestimmtheit  fest- 
zustellen.  Nicht  unwichtig  sind  dabei  fùr 
uns  die  Facezie  e  motti  dei  secoli  XV  e  XVI, 
die  G.  Papanti  1874  nach  einer  der  von 
Magliabecchi  hinterlassenen  Handschriften 
herausgegeben  hat. 

In  der  Einleitung  dieser  Ausgabe  sagt 
Papanti,  daB  nicht  alle  ihre  Facetien  —  im 
ganzen  sind  es  280  —  neu  seien:  eine  finde 
sich  in  Boccaccios  Vita  di  Dante,  eine  ent- 
spreche  der  8,  Novelle  Sacchettis  und  einige 
seien  von  Castiglione  in  den  Cortegiano 
aufgenommen  worden;  andere  stiinden  auch 
bei  Domenichi,  und  da  sie  dort  schier  mit 
denselben  Worten  wiedergegeben  seien, 
diirfe  man  annehmen,  Domenichi  habe  die 
Handschrift  der  Facezie  e  motti  dei  secoli 
XV  e  XVI  in  den  Hànden  gehabt.  Augen- 
scheinlich  hat  nun  Papanti  die  erste  Aus- 
gabe von  Domenichis  Facetien,  die  auch  in 
seinem  Catalogo  dei  novellieri  italiani  (Li- 
vorno, 1871)  nicht  verzeichnet  ist,  nicht  gc- 
kannt;  sonst  bàtte  er  wohl  in  dieser  Bemer- 
kung  den  Namen  Domenichis  durch  den  dcs 
Padre  Stradino  ersetzt.  Immerhin  wollen 
wir  untersuchen,  in  welchc  Verbindung  die 

312 


Vorlagcn  dcr  von  Papanti  1874  hcrausgc- 
gebcnen  Facezie  e  motti  dei  secoli  XV  e 
XVI  mit  dem  von  Domenichi  326  Jahrc 
vorher  herausgegebenen  „bel  libretto"  des 
Padre  Stradino  gebracht  werden  kònnen. 

In  dem  ersten  Hundert  der  Facetien  Pa- 
pantis  finden  wir  sieben,  die  bei  Domenichi 
ein  Gegenstùck  haben.  Davon  sind  zwei, 
nàmlich  die  Nrn.  64  und  86,  mit  den  ihnen 
bei  Domenichi  entsprechenden  Facetien 
(Bl.  Ce"^  und  Cs^]  fast  identisch,  und  vier, 
nàmlich  die  Nrn.  38,  61,  87  und  93',  er- 
scheinen  bei  Domenichi  Bl.  Cg^,  Ce**,  E*  und 
Ab»  entweder  gekiirzt  oder  es  wird  nur  der 
ihren  Kern  bildende  Ausspruch  wieder- 
gegeben;  eine  aber  wird  bei  Domenichi  aus- 
fùhrlicher  erzàhlt: 

Bei  Papanti  lautet  nàmlich  die  71.  Fa- 
cetie: 

„Soleva  dire  ....*,  huomo  di  non  piccola 
auctorità  et  prudentia  non  minore,  che  al 
mondo  erano  quattro  buone  madre,  che  ha- 
vevano  quattro  tristi  figliuoli:  Veritas, 
odium:  prosperitas,  superbiam:  securitas, 
periculum:  familiaritas  contemptum." 

Domenichi  hingegen  erzàhlt  auf  Bl.  C^'': 

„Messer  Marcello  raccontò  da  un 
Matto  hauer  udito  dire  in  Fran- 

^  Nr,  93  ist  in  der  FuOnote  auf  S.  34  unsers 
I.  Bandes  iibersetzt. 

^  Papanti  bemerkt:  Lùcke  im  Manuskripte. 

313 


eia  questa  sentenza;  che  sono 
quattro  buone  madri,  che  hanno  quattro 
cattiui  figliuoli,  e  diceuale  in  Latino 
a  questo  modo.  Veritas  odium.  Pro- 
speritas  superbiam.  Securitas  periculum. 
Familiaritas  contemptum,  id  est,  parit." 

In  ali  diesen  sieben  Fàllen  beschrànkt 
sich  die  tJbereinstimmung,  sei  sie  nun  groB 
oder  geringfùgig,  stets  nur  auf  eine  Facetie; 
die  vorhergehenden  und  die  nachfolgenden 
haben  nichts  gemeinsames.  Dies  àndert  sich 
sofort  mit  dem  Beginne  des  zweiten  Hun- 
derts  von  Papantis  Facetien:  die  101.  Fa- 
cetie Papantis  stimmt  mit  der  crsten  Dome- 
nichis,  die  102.  Papantis  mit  der  zweiten 
Domenichis  iiberein,  und  so  haben  von  den 
Papantischen  Facetien  101  bis  156  nur  die 
Nummern  111,  117,  125,  126  und  150  kein 
Gegenstiick  in  Domenichis  Sammlung,  die 
jedoch  bis  dahin  (Bl.  B^^)  noch  71  andere, 
mit  Ausnahme  der  schon  erwàhnten  einen, 
die  einen  Auszug  aus  Papantis  Nr.  93  dar- 
stellt,  nicht  bei  Papanti  vertretene  Face- 
tien eingeschoben  hat,  ohne  dafi  aber  die 
Reihenfolge  der  beiden  Biichern  gemein- 
samen  Stùcke  geàndert  worden  wàre.  Nach 
weitern  vier  bei  Papanti  nicht  vorkommen- 
den  Facetien  folgen  bei  Domenichi  die 
Gegenstiicke  zu  den  Papantischen  Facetien 
201  bis  238,  mit  Ausnahme  von  212,  213  und 
237,   wieder  in   ungeànderter  Reihenfolge, 

314 


"$:-:.. 


aber  vermischt  mit  77  andern  Schnurren, 
von  denen  fiinf  ihre  schon  erwàhnten  Paral- 
lelen  im  ersten  Hundert  der  Faceticn  Pa- 
pantis  haben  (64,  61,  71,  38  und  86)  und 
eine,  die  Bl.  Cs^ff.  steht,  den  Inhalt  der 
182.  Facetie  Papantis  in  sehr  gekiirzter 
Form  wiedergibt.  Nach  fùnf  in  Papantis 
Tcxt  nicht  enthaltenen  Facetien  bringt  Do- 
menichi  die  Gegenstùcke  zu  den  friiher 
ausgelassenen  Nrn.  157  bis  200  mit  Aus- 
nahme  der  cben  genannten  Nr.  182  und  der 
Nrn.  168,  169,  171,  181  und  183:  die  Reihen- 
folge  wird  hier  dreimal  unterbrochen,  indem 
die  Parallele  zu  Nr.  170  zu  spàt  und  die  zu 
Nr.  180  zu  friih  steht  und  die  Parallelen 
zu  den  Nrn.  191  und  192  miteinander  ver- 
tauscht  sind;  auBerdem  sind  92  Face- 
tien eingeschoben,  von  denen  17  hinter- 
einander  stehende  (Bl.  Fg»  bis  Bl.  F**») 
nichts  andres  als  Auszùge  aus  Schwànken 
Arlottos  sind.  In  gròBern  Zwischenràumen 
folgen  nun  die  Gegenstùcke  zu  Papantis 
Facetien  239  bis  243  und  zu  dessen  friiher 
ausgelassener  Facetie  237;  die  letzte  Face- 
tie in  diesem  ersten  Teile  der  Sammlung 
Domenichis  entspricht  der  letzten  (280.)  in 
der  Sammlung  Papantis. 

Sieht  man  also  von  den  wenigen  Stiicken 
ab,  die  innerhalb  der  angegebenen  Reihen 
bei  Domenichi  fehlen,  so  kann  man  summa- 
risch  folgende  Beziehungen  aufstellen: 

315 


Die  Facetien  101  bis  156  bei  Papanti  ent- 
sprechen  Domenichi,  Bl.  Ag^  bis  Bl  Bg'', 

die  Facetien  157  bis  200  bei  Papanti  ent- 
sprechen  Domenichi,  BL  Dg^  bis  Bl.  Fgb, 

die  Facetien  201  bis  238  bei  Papanti  ent- 
sprechen  Domenichi,  Bl,  C^  bis  Bl.  D^^  und 

die  Facetien  239  bis  243  bei  Papanti  ent- 1 
sprechen  Domenichi,  Bl.  Fj^  bis  Bl.  G4*'. 

Bei  einer  so  groBen  Ùbereinstimmung, 
die  sich  nicht  nur  in  dem  Inhalte  der  ein- 
zelnen  Stiicke,  sondern  auch  in  ihrer 
Reihenfolge  àuBert,  ist  es  selbstverstànd- 
lich,  dafi  zwischen  den  zwei  Sammlungen 
ein  Zusammenhang  besteht;  welcher  Art  ist 
aber  dieser? 

Vor  allem  sei  festgestellt,  dafi,  von  den 
Stiicken  abgesehn,  wo  beide  Texte  so  ziem- 
lich  gleichmàBig,  oft  auch  mit  demselben 
Wortbilde  erzàhlen,  die  von  Papanti  heraus- 
gegebenen  Facetien  meist  eine  ausfùhr- 
lichere  Fassung  aufweisen  als  die  des  Padre 
Stradino,  auch  wenn  dabei  auf  tadelnde 
oder  lobende  Epitheta,  wie  z.  B,  in  der  obenl 
mitgeteilten  Facetie  die  Worte  „huomo  di; 
non  piccola  auctorità  et  prudentia  non 
minore",  die  vom  Kopisten  nach  seinen 
Neigungen  eingefùgt  worden  sein  kònnen* 
kcin  Gewicht  gelegt  wird.  Einige  Ver- 
gleiche  mògen  das  veranschaulichen. 

Bei  Domenichi  wird  auf  Bl.  Da  ^  f  f .  er- 
zàhlt: 

316 


„I1  Piouano  Arlotto  si  trouò  à  cena  con 
Messer  Iacopo  Cardinale  di  Pania  à  Roma 
insieme  con  Messer  Falcone,  dimandando 
più  uolte  Pania  in  questo  modo;  Piouano 
conoscestemi  uoi  mai  à  Firenze,  negaua 
anchor,  che  l'hauesse  conosciuto,  perche  à 
quel  tempo  detto  Messer  Iacopo  era  molto 
pouero  e  haueua  per  male  che  gli  fusse 
ricordato,  hora  Inter  cenandum  gittò  gli 
occhi  à  una  ueste  di  detto  Piouano  uolta 
ritto  rouescio  .  .  .  ." 

Hingegen  beginnt  die  230.  Facetie  Pa- 
pantis: 

„I1  piovano  Arlotto,  essendo  a  Roma,  si 
trovò  a  cena  col  cardinale  di  Pavia,  chia- 
mato messer  Iacopo  da  Lucca,  il  quale 
già  era  stato  in  Firenze  come 
povero  cappellano,  et,  tra  li 
altri,  maestro  in  casa  Lorenzo 
di  Piero  Francesco  de'  Medici. 
Dixe  adunque  monsignore  più  volte  al 
piovano:  Cognoscestimi  voi  mai  in  Firenze? 
Neghò  sempre  il  piovano,  anchora  che 
l'avessi  cognosciuto ,  perchè  monsignore 
haveva  per  male  gli  fussi  ricordato  i  1 
tempo  et  termine  in  che  lui 
s'era  trovato  a  Firenze.  Inter  ce- 
nando *  poi,  monsignore  pose  mente  a  una 


^  Das   Intercacenando    Papantis    ist    wohl    ein 
Lese-  oder  ein  Druckfehler. 

317 


vesta,   che   haveva   il   piovano,   vòlta   ritto 
rovescio  .  .  .  ." 

Bei  Domenichi  Bl.  B^^  lautet  einc  kurze 
Facetie  ; 

„Lorenzo  predetto  (se.  de'  Medici)  do-^ 
mandato    da    Vgolino    Martelli    perche    sii 
leuasse    la    mattina    tardi,    ridomandò    lui| 
quelche  hauesse  fatto  la  mattina   à  buoi 
hora,  e  contando  egli  alcune  cose  leggici 
gli  disse;  e  ual  più  quello  che  io  sognai 
à  cotest'  hora,  che  cloche  uoi  faceuate.' 

Das  entsprechende  Stùck  bei  Papant 
(Nr.  139)  erzàhlt  hingegen: 

„Lorenzo  de'  Medici,  costumandosi  le- 
vare la  mattina  molto  tardi,  una  mattina 
fra  l'altre,  andando  fuora,  si  riscontrò 
in  Ugholino  Martegli,  el  quale, 
a  queir  ora  tornava  a  desinare 
(che  costumava  levarsi  la  mattina  a  buon' 
ora)  ;  et  riprehendendo  decto  Lorenzo,  che 
si  levava  troppo  tardi,  Lorenzo  gli  domandò 
quello  che  egli  haveva  facto  dappoi  che 
s'era  levato.  Rispostogli  Ugholino,  che 
haveva  [facte]  certe  sue  gite  per  divotione, 
et  udito  la  messa  de'  chantori 
in  Sancto  Giovanni;  Lorenzo  gli 
dixe,  che  valeva  molto  più  quello  haveva 
sognato  in  quello  tempo,  che  ciò  che  lui 
havessi  facto  in  tutta  la  mattina  \" 

^  Vgl,  dazu  Castiglione,  //  Cortegiano,  1,  II, 
e,  70,  in  meiner  Ausgabe  I.  Band,  S.  203  und  316. 

318 


Bei  Domcnichi  Bl.  Bq^  beginnt  cine  Fa- 
cetie  folgendermaBen: 

„Messer  Otto  esponeua  à  Roma  nel  con- 
cilio una  ambasciata,  et  essendo  dal  Cardi- 
nale in  Portico  huomo  curioso,  et  strano 
nella  dimanda  più  uolte  adimandato;  che 
cosa  fusse  stata  quella  perche  esso  hauesse 
mozzo  un  Braccio,  seguitaua  pure  la  sua 
ambasciata  dicendo  al  Cardinale;  Testé  ui 
risponderò . .  .*' 

Dem  entspricht  in  der  144.  Facetie 
Papantis  folgendes: 

„Messer  Octo  Nicolini,  cicta- 
dino,  doctore  in  J.  Civili  et 
cavaliere  fiorentino,  huomo  di 
auctorità  et  prudentia  non  piccola,  trovan- 
dosi imbasciadore  de'  Fiorentini  a  p  a  p  a 
Pagholo;  et  a  sua  santità  exponendo 
in  concestorio  la  'mbasciata;  essendo 
scevola  a  nativitate,  il  cardinale 
di  Sancta  Maria  in  Portico,  curiosamente, 
et  più  importune  che  opportune  (come  suole 
nelle  più  delle  sue  actioni),  lo  domandò  più 
volte,  perchè  havessi  chosi  mozza  la  mano. 
Continuando  la  sua  oratione,  dixe:  Testé  vi 
risponderò  . . , ." 

Andererseits  kommt  es,  wiewohl  nicht 
so  oft,  vor,  daB  Domenichis  Version  ein- 
gehender  ist. 

So  lautet  bei  Papanti  die  Facetie  203: 

..Maestro  Giuliano  Ghostanza  medicava 

319 


a  Roma  di  mal  di  pecto,  et  haveva  nella 
scarsella  di  molte  polize,  che  dicevano: 
Guardalo  da  carne  et  vino,  et  dagli  lattugha 
et  farferegli.  Dipoi,  a  qualunche  gli  doman- 
dava consiglio,  gli  dava  di  decte  polize." 
Dazu  vergleiche  man  Domenichi,  Bl.  Cz^: 
„A  uuenne  che  un  tratto  la 
Signoria  s'azzuffò,  laqual  cosa 
dicendo  Cosmo  à  Puccio,  e  di- 
mandando del  rimedio,  rispose 
Puccio;  ame  pare  di  dare  à 
ognuno  di  loro  la  polliza  d'un 
Costanzo,  ilquale  medicando  à  Roma 
di  mal  di  petti;  hauea  nella  scarsella  di 
molte  pollize;  lequali  daua  achi  della  in- 
firmiti chiedeua  consiglio:  nelle  quali  era 
scritto;  Cuardalo  da  carne  e  uino;  e  dagli 
latughe  e  farf creili.  Monstrando  per 
questo,  che  e  detti  Signori  fa- 
ceuano  questa  pazzia;  per  hauere 
troppo  buone  spese." 

Welter  erzàhlt  die  103.  Facetie  Pa- 
pantis: 

„Macteo  del  Teghia  rispose  a  Cosimo 
de'  Medici,  che  lo  dimandò  in  quello  stu- 
diava: In  libris.  Cosimo,  voltatosi  al  Teghia 
suo  padre,  che  l'haveva  menato  a  lui,  pen- 
sando fusse  introdocto  assai,  gli  dixe:  Fallo 
studiare,  che  n'a  bisognio." 

Dcm  entspricht  bei  Domenichi,  Bl.  A»": 
„Cosmo  predetto  [se.  de  Medici]  csscn- 

320 


doli  menato  innanzi  Matteo  del  Tegghia 
anchora  garzone  del  Tegghia  suo  padre,  il- 
quale  (benché  detto  Matteo  in- 
sino  all'  hora  fusse  sciocco, 
come  egli  è  anchora  al  presente) 
stimaua  (dall'  Amor'  paterno  in- 
gannato) che  e'  fusse  sauiBimo,  e  molto 
introdotto  nelli  studi:  Hora  dimandando 
Cosmo,  in  che  esso  studiasse,  e  rispondendo 
egli  scioccamente,  che  studiaua  in  libris: 
Voltosi  al  padre  Cosmo  disse;  fallo  stu- 
diare; che  n'  ha  bisogno." 

Aus  diesen  Gegeniiberstellungen,  die 
leicht  vermehrt  werden  kònnten  \  ergibt 
sich,  dafi  Papanti  unrecht  hat.  Domenichi 
oder,  besser  gesagt,  der  Verfasser  des  von 
Domenichi  herausgegebenen  „bel  libretto" 
des  Padre  Stradino  hat  die  Handschrift  der 
Facezie  e  motti  dei  secoli  XY  e  XVI  nicht 
benutzt;  ebensowenig  hat  aber  deren  Ver- 
fasser das  „bel  libretto"  benutzt:  hingegen 
mùssen  die  zwei  Sammlungen  eine  gemein- 
same,  vielleicht  lateinische  Vorlage  gehabt 
haben,  woraus  jeder  Abschreiber  das  ge- 
wàhlt  hat,  was  ihm  zusagte,  und  zwar  der 
Verfasser  des  Biichleins  Stradinos  mehr  als 
der  von  Papantis  Facetien. 

Es  ergibt  sich  nun  die  Frage,  wann  diese 

1  So  fehlen  z.  B,  in  der  oben,  S,  317  erwàhnten 
Papantischen  Facetie  230  die  Worte  Domenichis: 
insieme  con  Messer  Falcone. 

Arlotto,  Schwanke  II.  21  'lOI 


den  beiden  Sammlungen  gemeinsame  Vor- 
lagc  abgefaBt  worden  ist. 

Nach  den  Ergebnissen  der  angestelltei 
Textvergleichung  solite  man  annehmen 
dìirfen,  daB  darùber  die  Sammlung  Pa- 
pantis,  die  in  viel  mehr  Fàllen  ausfùhrlicher 
erzàhlt  als  die  Domenichis,  eher  einen  Auf- 
schluB  gcben  werde;  dem  ist  aber  nicht  so. 
Wie  die  letzte  der  oben  in  beiden  Fassungen 
wiedergegebenen  Schnurren  zeigt,  fehlt  dort 
im  Texte  Papantis  die  persònliche  Note, 
die  den  Erzàhler  als  Zeitgenossen  und  Be- 
kannten  einer  handelnden  Person  charak- 
terisiert;  noch  deutlicher  tritt  dieselbe  Er- 
scheinung  bei  dem  Stùcke  hervor,  das  zum 
93.  Schwanke  Arlottos  in  Domenichis  Ver- 
sion  abgedruckt  worden  ist:  in  der  ent- 
sprechenden  Facetie  Papantis  fehlt  nàmlich 
nicht  nur  die  ganze  Erklàrung  der  Redens- 
art  „Einem  die  Schelle  anhàngen",  sondern 
auch  die  Ichform  der  Erzàhlung,  Diese 
persònliche  Erzàhlungsweise  findet  sich  bei 
Domenichi  noch  mehrfach,  bei  Papanti  hin- 
gegen  nie;  und  auch  die  bei  Domenichi  hin 
und  wieder  vorkommende  zeitliche  Fest- 
legung  durch  die  Worte  „a  questi  dì"  ist  in 
Papantis  Sammlung  nirgends  zu  finden. 

Wàre  nun  schon  aus  diesen  bedeuten- 
dcn  Unterschieden  zu  schlieBen,  daB  die 
Faceticn  Domenichis  trotz  der  geringern 
Ausfùhrlichkeit    wcnigstens    in    der    Zeit- 

322 


i 


angabe  ihrer  Vorlage  getreuer  folgen,  so 
steigert  sich  diesc  Annahme  zur  Gewifiheit 
durch  die  Beobachtung,  daB  in  den  Facetien 
Domenichis  von  einer  nicht  unbetràchtlichen 
Zahl  von  Personen  im  Pràsens  berichtet 
wird,  wàhrend  der  Papantische  Text,  wo 
er  iiberhaupt  cine  Parallele  bietet,  das  Er- 
zàhlte  in  die  Vergangenheit  verlegt;  so  heifit 
es  bei  Domenichi,  Bl.  C^^:  „Messer  Marsilio 
dice;  che  e  si  uuole  usare  le  Donne.,.", 
wàhrend  Papantis  Version,  die  denselben 
tatsàchlichen  Inhalt  hat  (Fac.  220),  be- 
ginnt:  "Messer  Marsilio  Ficino  usava 
dire,  che  le  donne  si  volevano  usare  . .  .'*, 
und  derlei  Beispiele  werden  uns  noch  einige 
begegnen.  Bei  dieser  Sachlage  ist  es  klar, 
daB  die  Facetien  Domenichis  fiir  die  Datie- 
rung  der  Vorlage  viel  wertvoller  sind  als 
die  Papantis. 

Marsilio  Ficino,  der  auch  an  zwei  andern 
Stellen  bei  Domenichi  als  lebend  erwàhnt 
wird,  ist  1499  gestorben,  Botticelli,  dessen 
persònlicher  Mitteilung  der  Verfasser  ein 
Wortspiel  verdankt  \  gar  erst  1510;  wich- 
tiger  ist  schon,  daB  auch  Lorenzo  de'  Me- 


^  Domenichi,  BI,  Fb;  „Vn  bisticcio  piaceuole 
mi  disse  a  questi  di  Sandro  di  Botticello; 
Questo  uetro  chi  il  uotrà?  uo  tre:  e  io  u'  atro." 
Sowohl  zu  dieser  Facetie,  als  auch  zu  den  zwei 
andern,  die  von  Ficino  handeln  (Domenichi,  Bl.  Cga 
und  Gga)   fehlen  bei  Rapanti  die  Gegenstùcke. 

21*  323 


dici  (t  1492)  als  lebender  Zeitgenosse  des 
Verfassers  erscheint.  Einen  noch  bestimm- 
tern  AufschluB  ùber  die  Zeit  dcr  Entstehung 
des  Mutterwerkes  gcben  aber  die  vier  Fa- 
cetien  Domenichis,  die  von  Luigi  Pulci  als 
von  einem  Lebenden  sprechen  (Bl.  F^*): 

„Luigi  Pulci  lodando  un  medico  suol; 
dire;  e  si  porta  come  un  Paladino,  e  | 
Messer  Pandolfo  da  Pesaro  dice;  egli 
attende  à  trionfare;  perche  non  si  poteua 
trionfare  à  Roma,  senon  quando  erano  statij 
morti  parecchi  migliaia  ^. 

Luigi   detto  non  siede  mai  a  tauola| 
di  dentro,  e  dice;  che  ha  paura  a  rima- 
nere appicato  al  muro,  come  cessante. 

Il    medesimo    dice;    che    sarà    pure 
meglio  che'l  Duca  di  Ferrara  si  tolga  quella, 
bestia  da  Vinitiani,  e  che  se  pure  non  la 
uuole  riscriua  in  dietro;  che  gncne  mande-i 
rebbono  un'  altra. 

Luigi  Pulci  dice;  che  non  si  dourebbc 
mai  dare  limosina  a  un  cicco:  perche  dati 
che  tu  gli  l'hai,  ti  uorrebbe  all'  hora  all' 
hora  ucdere  appicato  ^," 

^  Diesem  Stiicke  entsprechen  bei  Papanti  dil 
Nrn,  194  und  195;  194  beginnt:  „Luigi  Pulci,  quande 
lodava., .diceva..."  und  195:  „Messer  Pan- ■ 
dolfo  Collenuctio  da  Peserò  (sic!)  lodando  ....  di  - 
e  e  V  a  .  ,  .".  Die  Erwàhnung  Pandolfo  Collenuccios 
kommt  nicht  in  Betracht,  weil  er  Luigi  Pulci  una 
zwanzig  Jahre  ùberlebt  hat. 

2  Diese  letztc  Facctie  hat  wieder  ein  Gegen- 

324 


I 


Aus  der  drittcn  dieser  vier  Facetien  làCt 
sich  nun  die  Entstehungszeit  sowohl  nach 
oben,  als  auch  nach  unten  einschrànkcn; 
da  es  vor  1471  keinen  Herzog  von  Ferrara 
gab  —  Borso  von  Este  ist  am  14,  Aprii  1471 
mit  der  Herzogswùrde  bekleidet  worden  — 
und  da  Luigi  Pulci  1484  gestorben  ist,  muB 
die  Abfassung  der  urspriinglichen  Samm- 
lung  zwischen  1471  und  1484  gesetzt 
werden. 

Aber  innerhalb  dieser  Grenzen  ist  noch 
eine  genauere  Bestimmung  mòglich,  und 
zwar  aus  einer  bei  Domenichi  Bl,  C»^  stehen- 
den  Facetie  folgenden  Inhalts: 

„Nella  guerra  presente  che  si  a  p  - 
parecchia  tra  Sanesi  e  Fiorentini  di- 
cendo un  garzone  Sanese  al  Padre;  e  ci  è 
buona  speranza  che  le  genti  del  Re  [se.  di 
Napoli]  s'accostano  in  qua,  rispose;  oihmè 
Figliuol  mio,  ch'io  ho  maggiore  paura 
dell'utriaca,  che  del  ueleno  \** 

stùck  bei  Papanti  und  zwar  die  Nr.   1%,  die  be- 
ginnt:  ..Luigi  Pulci  usava  dire  .  ,  ." 

^  Noch  eine  zweite  Facetie  Domenichis,  die  eine 
Seite  vorher  steht,  spricht  von  der  Gefahr,  die  dem 
senesischen  Staate  gegenwàrtig  drohe:  ,.E  Sanesi 
dicono  (essendo  in  gran  pericolo  il  loro  stato, 
e  mettendoui  quel  di  Firenze)  che  fanno  come  la 
Puttana  quando  e  abbracciata  per  amore  lene  gioua; 
quando  per  forza  non  lene  gioua."  Weder  diese 
Facetie,  noch  die  andere  hat  bei  Papanti  ein  Gegen- 
sttick. 

325 


Von  Vorbcreitungen  eines  Kriegs  zwi- 
schen  Siena  und  Florenz  kann  innerhalb 
dieser  Zeit  nur  im  Jahre  1479  gesprochen 
werden;  in  diescm  Jahre  haben  schlieBlich 
auch  die  Truppen  des  neapolitanischen 
Kònigs  den  VorstoB  gegen  das  florentinische 
Heer  von  Siena  aus  unternommen. 

Die  Vorlage  fùr  die  von  Domenichi 
herausgegebenen  Facetien  des  Padre  Stra- 
dino ist  also  im  Jahre  1479  niedergeschrie- 
ben  worden;  und  damit  stimmt  trefflich 
ùberein,  da6  weder  in  dem  Buche  Dome- 
nichis,  noch  in  den  auf  derselben  Quelle 
beruhenden  Papantischen  Facetien  101  bis 
243  irgendeine  Anspielung  auf  ein  spàters 
Faktum  zu  finden  ist. 

Im  Jahre  1479  war  nun  der  Pfarrer 
Arlotto  zwar  schon  ein  hochbetagter  Mann, 
aber  noch  am  Leben;  und  so  wird  denn, 
um  unsere  SchluBfolgerung  noch  mehr  zu 
stiitzen,  ein  von  ihm  wohl  òfter  gebrauch- 
ter  kurzweiliger  Ausspruch  bei  Domenichi 
(Bl.  B.;'')  in  einer  Form  erzàhlt,  die  ihn  als 
lebenden  Zeitgenossen  des  Verfassers  kenn- 
zeichnet.  Es  handelt  sich  um  die  oben  als 
Nr.  204  deutsch  wiedergegebene  Facetie,  in 
der  berichtet  wird,  wic  sich  der  Pfarrer 
gegen  die  bei  seinem  damaligen  Alter 
leicht  verstàndlichen  Zumutungen,  auf 
scine  Pfarre  zu  vcrzichten,  scherzender- 
weise  wehrtc: 

326 


„I1  Piouano  Arlotto  dice  che  non  uollc 
mai  essere  compare,  per  non  hauere  à  dire 
abrenuntio,  accio  non  fusse  chi  interpretasse 
che  egli  renuntiasse  la  Piene  ^" 

Auf  denselben  Gegenstand,  nàmlich  auf 
die  wiederholt  von  Arlotto  geforderte  Ver- 
zichtleistung  auf  scine  Pfarre,  bezieht  sich 
auch  die  Facetie,  die  oben,  S.  220  mitgeteilt 
worden  ist.  Sie  beginnt  zwar  im  Passato 
remoto,  bestimmt  jedoch  wieder  die  Zeit 
genauer  durch  den  Zusatz  „a  questi  dì"; 
und  zum  Schlusse  heifit  es:  „Aber  er  (der 
Pfarrer)  s  a  g  t ,  er  tue  es  nicht,  weil  die 
Zeiten  nicht  danach  seien;  dabei  ist 
doch  d  i  e  s  e  r  Papst  ein  Monch".  Six- 
tus  IV.  war  Franziskaner. 

Ùber  die  Person  seines  Verfassers  gibt 
das  „bel  libretto"  Stradinos,  wie  es  in 
Domenichis  Ausgabe  vorliegt,  keinen  Auf- 
schluB;  das  einzige,  was  wir  daraus  ent- 
nehmen  kònnen,  ist,  dafi  er,  wie  wir  gesehn 
haben,  ein  Bekannter  Botticellis  war  und 
daB  er,  was  der  Vollstàndigkeit  halber  er- 
wàhnt  sei,  einen  Gevatter  batte,  der  Lagata 
hieB  (Bl.  F'').  Sicher  scheint  wohl  zu  sein, 
daB  er  in  Verhàltnissen  gelebt  haben  muB, 
die  einen  vertrauten  Verkehr  mit  den  an- 
gesehnen  Mànnern  von  Florenz  zulieBen. 


1  Papantis    Text    (Facetie    142)    hat    natùrlich 
wieder:  „I1  piovano  Arlotto  diceva  ,  ,  .", 

327 


Wie  wir  schon  gcsagt  und  durch  ge- 
niigend  vide  Beispiele  bewàhrt  haben,  sind 
in  den  Papantischen  Facetien  101  bis  243, 
die  dieselbe  Vorlage  wie  die  des  Padre 
Stradino  gehabt  haben,  alle  relativen  Zeit- 
angaben  ausgemerzt  worden,  ohne  dafi  sie 
aber  durch  absolute  ersetzt  worden  wàren; 
mit  einer  cinzigen,  hier  jedoch  nicht  in 
Betracht  kommenden  Ausnahme  ^  hat  auch 
der  Kopist  alles,  wodurch  der  Verfasser 
als  Zeitgenosse  einer  Person  erscheint,  ge- 
tilgt,  so  da6  eine  untere  Grenze  fùr  die  Zeit 
der  Abschrift  nicht  abgeleitet  werden  kann. 
Fiir  die  Bestimmung  der  obern  bietet  hin- 
gegcn  eine  Handhabe  die  169.  Facetie,  aus 
der  hervorgeht,  daB  die  Abschrift  oder  der 
Auszug  erst  nach  dem  Tode  Sixtus  IV. 
(1484)  angefertigt  sein  kann  ". 

Im  Eingange  unsers  Exkurses  haben  wir 


^  Diese  wird  von  der  oben,  S,  319  zum  Teile  ab- 
gedruckten  144.  Facetie  gebildet,  wo  der  Kardinal 
von  S.  Maria  in  Portico  noch  als  lebend  erwàhnt 
wird  (come  suole  nelle  più  delle  sue  actioni)  ;  aber 
der  in  Rede  stehende  Kardinal  —  es  handelt  sich 
um  Battista  Zeno,  Kardinal  seit  dem  21.  November 
1468  —  hat  die  Jahrhundertwende  ùberlebt. 

^  («Bernardo  da  Castiglione,  quello  che  fu  pa- 
drone di  ghalee  armate,  et,  tra  le  altre  volte,  a  1 
tempo  di  Sixto,..";  leider  hat  diese  Facetie 
kein  Gegenstùck  bei  Domenichi.  Andere  Angaben, 
wie  „al  tempo  di  Donatello",  die  sich  òfter  findcn, 
sind,  weil  sie  in  eine  frùhere  Zeit  verweisen,  wertlos. 

328 


■:f 


festgestellt,  dafi  das  erste  Hundert  der 
Papantischcn  Facetien,  das  wir  dann  nicht 
mehr  in  die  Eròrterung  einbezogen  haben« 
keine  systematischen  Parallelen  zu  dcn 
Facetien  des  Padre  Stradino  aufweist;  liegt 
schon  deshalb  der  SchluB  nahe,  daQ  es  aus 
einer  andern  Quelle  stammt,  so  geht  das 
zweifellos  daraus  hervor,  daO  gleich  die 
erste  Facetie  von  dem  Jahre  1486  als  einem 
vergangenen  spricht  und  daB  noch  in  der 
75.  das  Jahr  1484  ebenso  erwàhnt  wird,  wie 
denn  auch  die  dazwischen  liegenden  Stùcke 
ofter  solche  Zeitangaben  brìngen.  Eine 
andere  Quelle  als  die,  nach  der  auch  Stra- 
dinos  Buch  erzàhlt,  muB  noch  fiir  die  hinter 
der  Facetie  243  stehenden  Stùcke  ange- 
nommen  werden;  nicht  nur  daB  jede  Be- 
ziehung  zur  andern  Sammlung  aufhort,  ge- 
schieht  auch  in  der  Facetie  249  Michel- 
angelos  als  treff lichen  KùnstlersErwàhnung, 
und  Michelangelo  ist  erst  1475  geboren  \ 
Wàhrend   so    die    erste    Niederschrift    der 


^  Selbstverstàndlich  ist  es  mòglich,  daO  die  ge- 
meinsame  Vorlage  beider  Sammlungen  fiir  ein  paar 
Nummern  mehr  gilt,  die  dann  der  Verfasser  des  „bel 
libretto"  weggelassen  bàtte;  die  Facetie  248  aber 
ist  die  àuBerste  Grenze.  Ebenso  mogen  auch  noch 
einige  Facetien  vor  der  101.  Papantis  in  der  ge- 
meinsamen  Vorlage  gestanden  haben;  hier  ist  die 
Grenze  die  Facetie  77,  wo  von  dem  Prediger  Ro- 
berto Caracciolo  da  Lecce  (t  1483)  wie  von  einem 
Verstorbenen  gesprochen  wird. 

329 


Facetien  um  Nr.  249,  wenn  sie,  wie  Papanti] 
behauptet,  noch  im  15.  Jahrhundert  erfolgt 
ist,  nicht  vor  dessen  allerletztcn  Jahren  ge-^ 
schehn  sein  kann,  ergibt  sich  fùr  die  Numi 
mern  bis  100  die  Wahrscheinlichkeit,  daf 
sie  etwa  ein  Jahrzehnt  frùher  abgefafif 
worden  sind;  in  der  Facetie  13  wird  nàm- 
lich  Roberto  da  Sanseverino  als  noch  lebend 
genannt;  dieser  Feldherr  ist  aber  schon 
1488  gestorben.  Ob  aber  auf  diese  Stelle  ^ 
viel  Gewicht  gelegt  werdcn  kann,  soli  nicht 
entschieden  werden,  weil  bei  dem  Um- 
stande,  daB  sich  etwas  àhnliches  in  diesem 
Teile  der  Facetien  gar  nicht  und  in  dem  fol- 
genden  auch  nur  das  eine  schon  besprochene 
Mal  findet,  die  Annahme  eines  Schreib- 
fehlers  ziemlich  nahe  liegt.  Die  Facetien 
264  bis  280,  die  nach  Papanti  im  Gegensatz 
zu  den  vorhergehenden  die  Schrift  des 
16.  Jahrhunderts  aufweisen,  brauchen  nicht 
in  den  Bereich  unsrer  Untersuchung  ein- 
bezogen  zu  werden. 

Dadurch,  daB  wir  nun  die  Abfassungs- 
zeit  der  unter  Domenichis  Namen  1548  er- 
schienenen  Facetien  des  „bel  libretto"  Stra- 
dinos  um  etwa  70  Jahre  zurùckverlegen 
kònnen,  stcigt  ihr  Wcrt  fiir  die  Geschichte 
der  volkstiimlichcn  Schwankmotive  erhcb- 


1  „I1   signore   Ruberto   da    san    Severino   usa 
dire , , ," 

330 


lich.  Nicht  nur,  daC  sich  bei  Domenichi 
manche  Stoffe  Poggios  in  einer  urspriing- 
lichern  Form  finden,  die  ihre  unmittelbare 
Entnahme  aus  der  Cberlieferung  wahr- 
scheinlich  macht,  enthàlt  die  Sammlung 
Domenichis  auch  eine  Reihe  von  Erzàh- 
lungen,  die  auf  bisher  unbekannte  Be- 
ziehungen  schlieBen  lasscn.  Dies  mòge 
durch  einige  Beispiele  bewàhrt  werden. 

Auf  Bl.  Fo^  steht  eine  Facetie,  die  auf 
ein  oft  behandeltes,  in  anderer  Fassung  zu- 
erst  in  der  Farce  vom  Maitre  Pathelin  vor- 
kommendes  Motiv  zuriickgeht: 

„Vn  dottore  promise  à  un  contadino,  che 
gli  uoleua  insegnare  a  piatire,  se  egli  do- 
nasse un  ducato,  per  modo  che  sempre  uin- 
cerebbe;  colui  promise,  e  il  dottore  gli  disse; 
niega  sempre  mai  e  uincerai;  poi  chiese  il 
ducato  promesso,  e'I  contadino  subito  negò, 
hauendo  glielo  promesso."  Vgl.  dazu  Bol- 
tcs  Noten  zu  Wickrams  RoUwagenbiichleìn, 
Nr.  36,  S.  371. 

Eine  merkwiirdige  Parallele  zu  den  in 
diesem  Bande,  S.  257  erwàhnten  Predigt- 
màrlein  von  Odo  von  Ceritona  usw.  bietet 
folgende  Facetie  (Bl.  E^^]: 

„A1  tempo  che  gl'animali  fauellauano, 
si  soleuano  anchora  confessare;  bora  con- 
fefiandosi  l'Asino  dell'arte  sua,  cioè  del 
toppa  la  chiane,  era  molto  ripreso  dal  con- 
fessore; Ilquale  gli  mostraua  quanto  fuBero 

331 


aspre  le  pene  dell'inferno:  e  mostraua  la 
gloria  del  paradiso  quanto  fusse  grande: 
annouerando  molte  parti  dimandò  l'Asino; 
se  in  paradiso  si  chiauasse.  Inteso  che  non, 
disse;  et  io  ne  uoglio  inanzi  ire  all'inferno." 

Besonders  wichtig  ist  eine  Facetie  auf 
Bl.  Dgb,  weil  sie,  obgleich  sie  nur  cin  verdor- 
bener  Auszug  aus  einer  ausfùhrlichern  Ge- 
schichte  zu  sein  scheint,  mehrere  Zùge  auf- 
weist,  die  sich  in  der  Bearbeitung  Sercambis 
[Novelle  inedite,  ed.  R.  Renier,  Torino, 
1889,  S.  421  ff.:  De  novo  ludo)  nicht  finden: 

,,San  Martino  per  punire  un  suo  prete 
che  s'impacciaua  con  una  sua  popolana, 
diuentò  un  fanciullo,  e  acconcioBi  col  marito 
a  recare  legne,  perfinche  la  moglie  mutasse 
fauella,  scaricò  le  legne  prima  sotto  la 
scala,  poi  nel  forno  doue  '1  prete  si  nascon- 
deua,  poi  pel  mettere  per  il  buco  dell'uscio 
la  mattina  al  Prete,  tagliossela,  e  mettella 
in  una  paniera  di  berlingozzi  che  la  donna 
gli  portaua.  Il  prete  sotto  spetie  di  baciarla 
gli  tagliò  la  lingua,  et  cosi  mutò  fauella  \" 


^  So  wie  sich  hier  der  hi,  Martin  auf  so  lange 
verdingt,  bis  das  Weib  des  Bauern  die  Sprache  ge- 
àndert  haben  werde,  so  verdingt  sich  der  Knecht  in 
der  Nr.  106  der  Gartengesellschaft  von  Montanus, 
bis  die  Frau  „weder  teutsch  noch  welsch  kan  und 
dannocht  noch  bey  frischem  gesundem  leben  sein 
muss",  wàhrend  in  Schumanns  Nachtbiichlein  der 
Bauer   dem   Knechte   seinen   besten   Ochsen   geben 

332 


Den  Stoff  einer  Novelle  der  Novelle  an- 
tiche (ed.  Biagi,  S.  109  ff.,  Nr.  155)  behan- 
delt  die  folgende  Facetie,  die  den  hi.  Petrus 
durch  den  Teufel  ersetzt,  und  wiedcr  einer 
Inhaltsangabe  àhnelt  (ebenfalls  Bl.  D^^]: 

„La  moglie  del  Nero,  monta  sul  Pero,  e 
si  trastulla  con  lo  amante;  il  Nero  geloso 
tiene  abbracciato  il  Pedale.  Passa  Christo 
à  cauallo  col  dianolo  in  groppa  che  anda- 
uano  à  una  anima  che  era  in  quistione:  allu- 
minano il  Cieco,  ilquale  gli  domanda  quello 
che  la  su  faccia,  rispose  la  moglie;  facciamo 
acqua  da  occhi."  Vgl.  dazu  Landau,  Die 
Quellen  des  Dekameron,  2.  Aufl.,  Stuttgart, 
1880,  S.  80  und  die  bei  Chauvin,  Vili,  S.  98 
(IX,  S.  39)  angegebene  Literatur. 

AuBer  in  dem  zweiten  Drucke  der  Face- 
tien  Domenichis,  der  wohl  mit  dem  ersten 
identisch  ist,  wird  man  diese  vier  Erzàh- 
lungen  ebenso  wie  so  viele  andere  in  den 
spàtern  Ausgaben  vergeblich  suchen;  Do- 
menichi  hat  nàmlich  fiir  die  dritte  von  ihm 


soli,  „wann  sein  weyb  kùndt  nymmer  teùtsch  reden". 
In  Hans  Sachsens  Schwank  Der  Schmid  knecht  mit 
dem  geschleuder  (Goetze-Drescher,  S.  174  ff.)  ist, 
ebenso  wie  bei  Sercambi,  von  etwas  àhnlichem  nicht 
die  Rede,  so  daO  wohl  Montanus  und  Schumann 
cine  andere  Quelle  gehabt  haben  mùssen.  Vgl. 
Boltes  Nachweise  zu  diesen  zwei  Schwànken  (Schu- 
mann, S,  386,  Frey,  S.  277  und  Montanus,  S.  629). 

333 


besorgte  Ausgabe  den  Pian  seines  Buches 
vollstàndig  geàndert.  Wàhrend  in  der  von 
1548  und  in  der  1550  in  Venedig  bei  Bald. 
Costantini  herausgekommenen  ^  die  Face- 
tien,  die  er  aus  dem  „bel  libretto"  des  Padre 
Stradinos  gewonnen  hat,  von  den  von  ihm 
selbst  gesammelten,  das  heifit  bis  zu  neun 
Zehnteln  aus  Gastius  ùbcrsetzten  Facetien 
getrennt  sind,  gibt  seine  nàchste  Ausgabe 
ein  regelloses  Durcheinander;  aus  beiden 
Teilen  ist  welter  eine  groBe  Zahl  Facetien 
weggelassen  und  dafiir  eine  weitaus  gròBerc 
Reihe  neuer  Facetien  hinzugefiigt  worden. 
Diese  Ausgabe  hat  folgenden  Titel: 

Detti,  /  et  Fatti  /  Di  diversi  /  signori  et 
persone  /  private,  i  qvali  commvne-  /  mente  si 
chiamano  Facetie,  /  Motti,  &  Bvrle;  raccolti 
per  /  M.  Lodovico  /  Domeniche  /  Al  molto 
magnifico  et  nobi-  /  lissimo  signore,  M.  Vin- 
centio  /  Malpighi,  Gentil'huomo  Lucchese.  / 
Con  Gratia  &  Priuilegio.  /  In  Fiorenza,  / 
Appresso  Lorenzo  Torrentino.  /  MDLXII. 

8°;  8  ungez.  Bl,  (das  letzte  da  von  weifi), 
320S,  undSBl.  (Index). 

In  dem  aus  Rom  vom  23.  Jànner  1562 
datierten  Widmungsbriefe  (Bl.  a.,")  sagt  Do- 
menichi,  das  Buch  sei  nun  schon  dreimal  er- 
schienen;  zwei  Ausgaben  habe  er  selber  be- 


»  Vgl.  Passano,  I,  S.  245;  in  der  Hand  gehabt 
habe  ich  das  Buch  nicht. 

334 


sorgt,  die  dritte  abcr,  „con  la  maschera  al 
viso",  sei  von  einer  Person  veranstaltet  wor- 
den,  ,,la  quale  volentieri,  come  nuoua  cor- 
nacchia, vsa  abbellirsi  con  le  penne  del 
pauone".  Und  voli  Bitterkeit  setzt  er  hinzu, 
diese  zweite  Nachdrucksedition,  die  ebenso 
wie  die  erste  in  Venedig  erschienen  sei,  sei 
eher  „imbarbarescata,  che  imitata". 

Diesen,  also  vernichtend  charakteri- 
sierten  Nachdruck  habe  ich  ebenso  wie  den 
von  Domenichi  selber  besorgten  zweiten 
Druck  nicht  zu  Gesicht  bekommen  kònnen, 
wohl  aber  eine  andere,  auch  vor  1562  er- 
schienene  Ausgabe,  die  zugleich  einen  ita- 
liànischen  und  einen  franzòsischen  Text 
gibt;  es  ist  die  folgende: 

Facecies,  /  et  mo^  fubttl3,  b'aucuns  cj* 
ceUcns  /  c[pti^  et  trefnobles  /  [eigneurs.  /  Cn 
grancots,  et  Ztalìan.  [Holzschnitt,  einen 
Askulapstab  darstellend;  links  v.  u.  n.  o. 
die  Worte  „Ex  Aeqvitate,  Et",  rechts  v.  o. 
n.  u.  „Prvdentia,  Honos".]  91  2x)on,  /  3nt« 
ptime  par  9?obert  ©ranion.  /  Wlxl  ©  .  lt|.  / 
Slueq  priuttege  bu  9?oi). 

8";  64  gez,  Bl.  Auf  der  Ruckseite  des 
Titels  steht  ein  Gìtratt  bu  priuilege  bu 
^ox);  Bl,  2^»  bis  3«>  enthalten  die  Gpifttc 
(dieses  Wort  nur  als  Columnentitel)  21  Xrcfs 
ntagniftque  et  noble  [etgneur,  /  Sebaftien  Gru^ 
(sic!).  /  fiot)5  J)omtnique.  Titel  (mit  Aus- 
nahme    der    oben   in    Antiqua    gedruckten 

335 


Worte),  Privilegsauszug  und  Widmungs- 
brief  in  gothischer  Schrift.  Bl.  itiia  beginneuP 
die  gttceties,  et  mo^  [ubtils,  b'aucuns  /  ejs 
ceÓcns  efprt^  et  trefnoBIes  /  Seigneurs:  (£n 
gxancois  /  et  Stalicn.  Die  folgenden  Seiten 
sind  bis  zur  letztcn  bedruckten  (fijinia) 
alle  zweispaltig;  die  breitere  linke  Spalte 
in  gothischer  Schrift  enthàlt  den  franzosi- 
schen,  die  schmàlere  rechts  in  Kursivschrift 
den  italiànischen  Text.  Auf  Bl.  fijì^  be- 
ginnen  die  „Motz  svbtilz"  ^. 

Wie  sich  aus  der  oben  angefùhrten  Stelle 
aus  dem  Widmungsbriefe  der  Ausgabe  Flo- 
renz,  Torrentino,  1562  ergibt,  scheint  Do- 
menichi  diese  italiànisch-franzosische  Aus- 
gabe nicht  gekannt  zu  haben;  in  seiner 
Eitelkeit  bàtte  er  sich  ihrer,  wenn  auch  mit 
tadelnden  Worten,  sicherlich  geriihmt. 

Die  Facecies,  et  motz  subtilz  stimmen 


1  Von  einer  andern,  bei  Gamba,  Delle  novelle 
italiane  in  prosa  bibliografia,  2a  ed.,  Firenze,  1835, 
S,  98  und  nach  ihm  von  Passano,  I,  S.  249  H,  an- 
gefùhrten Ausgabe  von  Lyon,  Robert  Grufoy,  1556 
ist  es  hòchst  wahrscheinlich,  daB  sie  nie  existiert 
hat;  hat  sie  aber  existiert,  so  war  sie  sicherlich  mit 
der  eben  beschriebenen  identisch.  In  der  Hand  ge- 
habt  habe  ich  noch  einen  Nachdruck  Lyon,  Benoist 
Rigaud,  1597,  der  mit  der  Ausgabe  von  1559  genau 
ùbereinstimmt;  nach  den  Angaben  Passanos  (I, 
S.  250  ff.)  und  Brunets  (II,  Sp.  801)  ist  sie  nur  cin 
Abdruck  der  Ausgabe  Lyon,  1574,  so  daB  also  auch 
diese  denselben  Text  wie  die  von  1559  bieten  muQ. 

336 


nun  kcineswegs  mit  Domenichis  Facetien 
von  1548  und  ebensowenig  mit  denen  von 
1562  iiberein.  Unter  den  erstcn  78  Stiick, 
die  den  ùber  400  des  Padre  Stradino  ent- 
sprechen,  sind  im  ganzen  sechs,  und  zwar 
9,  41,  54,  56,  58  und  61  \  die  beim  Padre 
Stradino  oder  bei  Domenichi  kein  Gegen- 
stùck  haben,  und  ebenso  trifft  dies  bei  den 
Facetien  79,  80  und  81  zu;  aus  dem  zweiten 
Teile,  nàmlich  aus  den  von  Domenichi  an- 
geblich  selbst  gesammelten  Stùcken,  die 
zum  groBten  Teil  auf  Gastius  beruhen,  sind 
nur  die  Facetien  82  bis  96  genommen,  wàh- 
rend  die  restlichen  97  bei  Domenichi  ohne 
beniitzte  Parallelen  sind  ^.  Von  den  rund 
500  Facetien  Domenichis  sind  also  in  den 
Facecies,  et  motz  suhtilz  nur  87  ùbernom- 
men;  die  gròBere  Hàlfte  gehòrt  daher  gar 
nicht  Domenichi  an,  wenn  bei  diesem  Pla- 
giator  iiberhaupt  von  einem  Eigentums- 
rechte  gesprochen  werden  darf.  Dazu 
kommt  noch,  daB  einige  Facetien  auch  in 
der  Textierung  Unterschiede  aufweisen.  So 
erzàhlt  Domenichi,  1548,  Bl,  F^- 

„Vn  Predicatore  trattando  della  Anun- 


^  Im  Originale  sind  die  Facetien  nicht  nume- 
riert. 

-  Wo  doch  von  Parallelen  gesprochen  werden 
kònnte,  handelt  es  sich  um  eine  Entnahme  aus  einer 
andern  Vorlage;  vgl,  dazu  die  oben,  S.  293  ff.  zur 
5.  Facetie  Arlottos  mitgeteilte  Erzàhlung. 

Arlotto,  Schwànke  II.  22  337 


tiatione  disse  tra  l'altre  sue  sciochezze; 
che  credete  uoi  donne  che  facesse  all'hora 
la  uergine  Maria?  ch'ella  s'imbiondisse? 
Madonna  non:  anzi  si  staua  dinanzi  à  un 
Crocifisso,  e  leggeua  il  libriccino  della 
Donna." 

In  den  Facecies,  et  motz  subtìlz,  Bl,  19^ 
(Nr,  72)  hingegen  lautet  die  entsprechende 
Stelle  im  italiànischen  Texte: 

„Vn  predicatore  parlando  della  Annun- 
ciatione,  disse  fra  le  sue  altre  sciochesse: 
che  credete  voi  donne  che  facesse  all'hora 
la  Virgine  Maria  quando  l'Angelo  veni  a 
essa  apportandogli  le  nuoue  de  la  salute 
de  gli  huomini?  Credete  che  elle  se  imbion- 
diBe?  Madonna  non:  anzi  staua  dinanzi 
vn  crucifisso,  e  diceua  l'vfficio  de  la  Ma- 
donna," ^ 

Wesentlicher  ist  die  Ànderung  einer 
Facctie,  die  bei  Domenichi  Bl,  He^ff,  den 
Titel  D'uno  Scolare  ignorante  tràgt  und  fol- 
gendermaCen  lautet: 

,,Vn  certo  gentilhuomo  Francese  ^  con- 


*  Vgl,  zu  dieser  Facetie  H.  E^tienne,  Apologie 
pour  Hérodote,  zit,  Ausg,,  II,  S,  84  f{. 

*  Domenichis  Quelle  —  die  Facetie  ist  eine  der 
von  ihm  gesammelten  —  war  Gastius,  S,  278:  Alitid 
exemplum  de  studente  indocto  (=:  Luscinius,  loci 
ac  sales,  1524,  Bl.  L  b,  Nr.  179;  vgl.  die  Nr.  63  dcs 
II.  Buches  von  H.  Bebels  Schwdnken)  ;  da  sich  hier 
Domenichi    eine    kleine    Abweichung    erlaubt    hat, 

338 


sumando  il  tempo  senza  frutto  in  uno  stu- 
dio famoso,  essendo  richiamato  a  casa  dal 
padre,  senza  hauere  imparato  scienza  ne 
disciplina  alcuna,  uolendosi  mettere  in 
uiaggio,  prima  che  montasse  a  caualio,  chia- 
mato un  notaio  et  alcuni  testimoni,  fece 
rogare  uno  contratto,  et  giuro,  che  egli  non 
era  per  portare  lettera  alcuna  fuor  di 
quella  academia.  Onde  se  per  l'auenirc 
quegli  scolari  hauessero  perduto  per  negli- 
genza dottrina  ucruna,  protestaua  loro  dili- 
gentemente, che  non  douessero  sospettare 
che  ciò  per  sua  colpa  fosse  accaduto;  et  che 
per  tempo  alcuno  non  la  douessero  mai  cer- 
care appresso  di  lui." 

In  den  Facecies,  et  motz  subtilz  aber  ist, 
von  geringfìigigen  Abweichungen  abgesehn, 
der  erste  Satz  folgendermaBen  geàndert: 
„Vn  certo  gentilhuomo  Fiorentino,  consu- 


sei,  um  zu  zeigen,  wie  sklavisch  er  sonst  trotz 
manchen  MiOverstàndnissen  nachzuschreiben  bemuht 
ist,  die  Fassung  von  Gastius  mitgeteilt:  „Eques  qui- 
dam Germanus,  in  celebri  gymnasio  sine  fructu  tem- 
pora terens,  quum  a  parentibus  rudis  disciplinarum, 
ac  penitus  expers  reuocaretur,  equo  insidens,  et 
iamiam  abiturus,  tabellionem,  adhibitis  aliquot  testi- 
bus,  ad  se  uocabat,  ac  uerbis  conceptis,  sancte 
iurauit,  se  nihil  prorsus  literarum  ab  illa  Academia 
ablaturum.  Itaque  si  quid  eruditionis  posthac  qua- 
cunque  incuria  decideret,  diligenter  se  iam  con- 
testari,  ne  sua  culpa  id  accidisse  suspicarentur, 
neu  penes  se  rem  huiusmodi  perpetuo  quaererent." 

22*  339 


mando  il  tempo  senza  frutto  nel  studio  di 
Paula  . . .".  ^ 

Wàhrcnd  diese  Ànderung  dem  franzo- 
sischen  Herausgeber  zugeschrieben  werden 
konntc,  der  ja,  wenn  er  aus  vaterlàndischem 
Stolze  anders  iibersetzen  wollte,  auch  den 
neben  der  Ùbersetzung  abgedruckten  ita- 
liànischen  Text  àndern  muBte,  kònnen  die 
sonstigen  Verschiedenheiten,  besonders  der 
Einschub  einer  so  groBen  Zahl  neuer  Facc- 
tien,  nur  von  einem  Italiàner  herrùhren;  da 
wir  nun  wissen,  daB  cine  von  einem  Un- 
bekannten  1550  in  Venedig  veranstaltete 
Neuausgabe  der  Facetien  Domenichis  so 
viel  Abweichungen  von  der  echten  Ausgabe 
zeigt,  daB  sie  Domenichi  entriistet  als  nbar- 
barisiert"  ablehnt,  so  liegt  die  Annahme 
nahe,  daB  der  italiànische  Text  der  Face- 
cies,  et  motz  subtilz  ein  Abdruck  dieser  un- 
rechtmàBigen  Ausgabe  ist. 

Die  in  die  Facecies,  et  motz  subtilz  und 
also  wohl  vorher  schon  in  die  Ausgabe 
Venedig,  1550,  die  keinen  Drucker  nennt, 
neu  aufgenommenen  Facetien  sind  teils 
historische  Erzàhlungen,  teils  behandeln  sic 
weitverbreitete  Schwankmotive;  von  einigen 


1  Bemerkt  sei  noch,  daO  die  Facetie  in  der 
zitierten  Ausgabe  von  1562,  S.  246  und  in  den  spM- 
tern  Ausgaben  also  beginnt:  „Vn  certo  gentilhuomo 
Tedesco,  consumando  il  tempo  nello  studio  di 
Padoua  . , .". 

340 


làBt  sich  die  Quelle  miilielos  in  Castigliones 
Cortegiano,  bei  Poggio,  bei  Panormita,  bei 
Aneas  Sylvius  usw.  nachweisen  \ 

Etwa  dreimal  so  viel  Stiicke  als  die  Fa- 
cecies,  et  motz  suhtilz  hat  aus  dem  erstcn 
Drucke  die  zitierte  Ausgabe  Fiorenza,  Tor- 
rentino,  1562  ùbernommen  ;  aber  in  demsel- 
ben  Verhàltnisse  ist  auch  die  Zahl  der  neuen 
Einschùbe  gewachsen.  Woher  er  diese  ge- 
nommen  hat,  dariiber  spricht  sich  Dome- 
nichi  in  einer  Mitteilung  an  die  Leser  aus, 
die  sich  u.  a.  in  der  Ausgabe  der  Facetie  he- 
findet,  die  1581  bei  Domenico  Farri  in 
Venedig  erschienen  ist:  auBer  aus  dem  Buche 
Stradinos,  das  jetzt  auf  einmal  „rozzo  et 
mal  dettato"  genannt  wird,  habe  er  einiges 
wenige  aus  einem  àhnlichen  Buche  eines 
damals  in  Pisa  studierenden  Edelmanns  aus 
Brescia,  Giacinto  Mondelli  mit  Namen,  gc- 
nommen,   andres   aus   einer  ihm   vor   zwei 

^  Eine  habe  ich  im  Euphorion,  XV,  S,  11  be- 
sprochen,  eine  andere  in  meinem  Mònchslatein, 
S,  248  ff .  mitgeteilt  (was  dort  von  der  Hecaton- 
graphie  Corrozets  steht,  beruht  auf  einem  Irrtum; 
die  Parallele  steht  in  den  zum  ersten  Male  1556  er- 
schienenen  Divers  propos  memorables  Corrozets,  die 
mit  der  Hecatongraphie  nichts  als  den  Verfasser  ge- 
mein  haben);  die  Facetie  41  (Bl,  11  b),  zu  der  man 
auch  Bouchet,  Les  Serées,  zit,  Ausg,  III,  S.  Ili  ver- 
gleiche,  ist  eine  Variante  des  Stoffes  von  Waldis, 
Esopus,  IV,  Nr,  41  (vgl,  auch  Chauvin,  II,  S.  196, 
Nr,  26), 

341 


Jahren  —  diese  Mitteilung  ist  nicht  da- 
tiert  —  von  einem  Aquilaner,  Leon  Casella, 
gewidmeten  Sammlung  von  zweihundert 
„Motti"  und  vieles  aus  einer  vorlàufig  nicht 
zur  Veròffentlichung  bestimmten  Schrift 
iiber  den  wirklichen  liebenswiirdigen  Welt- 
mann  („del  uero  gentil'huomo  affabile,  pia- 
ceuole  et  gratioso")  von  einem  gewissen 
Gherardo  Spini;  viele  andere  Leute  habe 
er  je  nachdem  bei  den  einzelncn  Facetien 
genannt  oder  verschwiegen.  Zu  den  Ver- 
schwiegenen  gehort  natùrlich  wieder  Ga- 
stius,  den  er  fùr  die  genannte  Ausgabe  von 
1562  noch  mehr  als  vorher  geplùndert  hat. 
Auf  Domenichis  Angaben  einzugehn  und  sie 
auf  ihren  Wert  zu  priifen,  wiirde  uns  zu 
weit  abseits  fùhren;  der  Zweck  dieser 
langen  Eròrterung  war  ja  wohl  hauptsàch- 
lich,  eine  Grundlage  herzustellen,  die  eine 
Beurteilung  ermòglicht,  ob  den  Facetien 
Domenichis  ein  wichtiger  oder  unwichtiger 
Platz  in  der  Geschichte  der  Arlottoschen 
Facetien  gebùhrt, 

Ùber  die  Ausgaben,  die  mir  welter  vor- 
gelegen  haben,  seien  noch  folgende  An- 
gaben gemacht.  Die  Drucke  Vcnetia,  Lo- 
renzini,  1562  und  1564  sind  identisch  mit 
der  Ausgabe  Fiorenza,  Torrentino,  1562 
und  bcstehn  wie  diese  aus  sechs  Biichern; 
der  Druck  von  1564  steht  daher  bei  Pas- 
sano, II,  S.  246  an  einer  falschen  Stelle. 

342 


Die  Ausgabe  Firenze,  Giunti,  1564  ist  cin 
um  einige  Stiicke  gekùrzter  Abdruck  der 
Ausgabe  Fiorenza,  Torrentino,  1562,  ist 
jedoch  um  ein  siebentes  Buch  vermehrt.  Den- 
selben  Text,  aber  aufierdem  noch  die  „Motti 
diversi  raccolti  per  Tomaso  Porcacchi" 
bietet  die  Ausgabe  Vinetia,  Cavalli,  1565, 
die  wieder  mit  den  Ausgaben  Venetia, 
Muschio,  1571,  Venetia,  Leoncini,  1574  und 
Venetia,  Farri,  1581  identisch  ist. 

Domenichi  ist  am  29.  August   1564  im 
Alter  von  49  Jahren  gestorben. 


343 


Index.  Abraham  a  S.  Clara,  Judas  der  Erzschelm  I,  205, 

Àbstemius,  Hecatomythia  I,  201. 
Acro,  Scholia  Horatiana  II,  271. 
Adelphus,  Margarita  facetiarum  I,  214, 
Agricola,  Sprichwòrter  I,  173;  II,  241  ff, 
Albert  v,  Stade,  Annales  1,  223, 
Alberus    (Erasmus),   Der  Barfuser   Manche   Eulen- 

spiegel  vnd  Alcoran  I,  202  ff. 
Alfonso  I.,  Konig  von  Neapel  I,  19  ff.;  II,  17. 
Ammanati  (Jacopo)  II,  77  ff. 
Antoninus   (HI.)   s.  Pierozzi. 
Apophthegmata  Patrum  II,  225. 
(Aprosio)  La  Grillaia  I,  187  200;  II,  244  254. 
Àragonés  (Juan),  Doce  cuentos  I,  226. 
Arcadia  (L)  in  Brenta  I,  174  183  190  205  221  228; 

II,  215  247  266  270  271  287. 
Aretino  (Leonardo)  s.  Bruni. 
Arguijo  (Juan  de),  Cuentos  1,  185;  II,  219  304, 
Arienti,  Gynevera  II,  6, 

—  Porretane  II,  246, 

Armeno  (Cristoforo),  Die  Reise  der  Sóhne  Giaffers 

I,  186. 

Bacon,  Apophthegms  I,  185;  II,  301  ff, 
Baldinucci,  Delle  notizie  de'  professori  del  disegno 

II,  263. 

Bandello,  Novelle  II,  49  132  253, 
Baraton,  Poesies  I,  184;  II,  267  296  ff. 
Barleta,  Sanctuarium  II,  73, 

—  Sermones  quadragesimales  I,  193;  II,  250  257, 
Bartolommeo  da  Pisa,  Liber  conformitatum  I,  202, 
Basilius,  Hexameron  I,  218. 

Beaumont    and    Fletcher,    Knight    of    the    Burning 

Pesile  I    224. 
Bebel,  Schwànke  I,  63  192  200  202  203;  II,  215  219 

233  263  266  338, 
Becchi  (Guglielmo)  II,  94. 
Benfey,  Pantschatantra  I,  201  205;  II,  261, 
Bentivogli  von  Bologna  II,  93. 

344 


Benvenuto  da  Imola,  Daniekommentar  I,  214. 
Beroalde  de  Verville,  Le  Moyen  de  parvenir  I,  175 

214;  II,  217, 
Bisticci  (Vespasiano  da).  Vite  1,  3  35;  II,  42  94  231. 
Bobertag,  Narrenbuch  I,  175, 
Boccaccio,  Decameron  I,  188  192  213;  II,  240. 
Boscoli   (Giovanni)  I,  114;  II,  111. 
Bouchet,  Les  Serées  I,  184  190  205  207;  II,  217  270 

295  ff,  341, 
Bozon,  Metaphorae  I,  217  ff, 
Brancaleone  (II)  II,  267, 
Brani,  Esopi  appologi  II,  266  269. 
—  Narrenschiff  II,  227, 
Branthóme,    Discours    sur    les    sermens    espaignols 

II,  230, 
Bromyard,    Summa   praedicantium    I,    216;    II,    215 

218  222  ff,  233  253  255  263, 
Brunetto,  Lettere  I,  226. 
Bruni   (Leonardo)   I,  79  ff, 
Brusquet  I,  185;  II,  301. 

Calixtus  III.    II,  73, 

Camerarius,  Fabellae  II,  234  ff.  266. 

C,  A.  M.  V.  W.  s,  Zeitvertreiher. 

Carbone,  Facezie  I,  193  213;  II,  269. 

(Caron)  Le  Fiat  de  Carnaval  II,  270, 

Casalicchio,  L'utile  col  dolce  I,  191  226;  II,  254, 

Castiglione,  //  Cortegiano  I,  193;  II,  262  269  318, 

Cent  nouvelles  nouvelles  II,  243, 

Chappuis,  Les  facétieuses  Journées  passim, 

Chauvin,  Bibliographie  I,   186  201  206;  II,  261  333 

341, 
Cherico    (II)    del    Piovano    Arlotto     (Zeitschrift) 

passim. 
Corrozet,  Propos  memorables  I,  183;  II,  341. 
Costo,  //  Fuggilozio  II,  262, 
Croce,  Astuzie  di  Bertoldo  II,  253  270, 
Cuentos  y  chascarrillos  andaluces  I,  196. 

345 


Dati,  Cicalate  I,  174, 

Delrius,  Disquisitiones  magicae  I,  186. 

Democritus  ridens  I,   182  207  221;  II,  215  220  230 

254  259  (bis)  266  267  270  279  ff. 
Des  Periers,  Nouvelles  récréatìons  I,  195  204  222. 
Dialogus  creaturarum  II,  227  257. 
Dicaeus,  Progymnaston  libellus  II,  244. 
Dini  (Francesco)  I,  89  ff. 
Diogenes  Laertius  II,  256  257  258  259. 
Doni,  /  Marmi  II,  264. 

—  La  seconda  Libraria  II,  264. 

—  La  Zucca  I,  38;  II,  215  269, 

D'Ouville,  L'Elite  des  contes  I,  185  207;  II,  246  266 

270  304  ff . 
(Dreux  du  Radier)   Récréations  historiques  I,   185; 

II,  300  ff. 

Engelgrave,  Lux  evangelica  II,  254. 

Erasmus  v.  Rotterdam,  Colloquia  familiaria  I,  226. 

—  Ecclesiastes  I,  176. 

Ercole  I,  V,  Este,  Herzog  v,  Ferrara  II,  20, 
Ergòtzende  (Der)  Schimpf  und  Ernst  II,  230  253. 
Erigena    (Scotus),   De   divisione    naturae   I,    175  ff. 

217  ff, 
Estienne    (Henri),   Apologie   pour   Hérodote   I,   192 

193  ff,  196  ff,  215;  II,  224  338. 
Evangelien  I,  64  65  145;  II,  95. 
Exilium  melancholiae  s.  Lehmann. 

Fabliaux  I,  190. 

Facecieux  (Le)  Reveillematin  I,  184;  II,  266  269, 

Federigo   II,  v.  Montefeltro,   Herzog   v.   Urbino   II, 

5  20  f f. 
Federmann,  Erquickstunden  I,  202;  II,  225  229  230 

253  259  263  277  ff. 
Ferrante  I,,  Kònig  v,  Neapel  II,  20  49, 
Ficino  (Marsilio)  I,  35;  II,  323. 
Fiore  di  virtù  II,  265. 

346 


Firenzuola,  Capitolo  in  lode  della  sete  II,  267  ff. 
Flògel,   Geschichte   der  Hofnarren   I,    184   201    203 

204;  II,  229  233  (bis)  245  250  257  260  265, 
Franceschini  (Baldassarre)  II,  263  272. 
Fregoso,  Riso  di  Democrito  e  pianto  die  Heraclito 

II,  224, 
Frey,  Gartengesellschaft  I,  215  225  248;  II,  267  (bis) 

268. 

Garibay,  Cuentos  I,  220;  II,  249, 

Garon,  Le  Chasse-ennuy  I,  184  226;  II,  266  (bis)  267 

269  270. 
Garzoni,  La  piazza  universale  I,  221, 

—  La  sinagoga  I,  222;  II,  271. 

Gastius,  Convivales  sermones  I,  191  226;  II,  258  267 

310  334  337  ff. 
Gellius,  Noctes  Attìcae  II,  262, 
Gerlach,  Eutrapeliae  I,  202  226;  II,  263. 
Gesta  Romanorum  I,  217  ff.;  II,  261. 
Giraldi  Cinthio,  Ecatommiti  I,  226. 
Giugni  (Girolamo)  I,  155  ff. 
Gonnella  II,  216  246  247  ff. 
Gonzenbach,  Sicilianische  Màrchen  I,  225. 
Grasso  (II)  legnaiuolo  I  43  ff.  180. 
Grillaia  (La)  s.  Aprosio, 
Grimm,  KHM  I,  225  226. 
Guicciardini,  Detti  et  fatti  I,  202  204  207;  II,  225 

229  230  247  252  ff .  259  ff.  263  270, 

Hagen  (v.  d.),  Briefe  in  die  Heimat  I,  175  204;  II, 
238  245. 

—  Narrenbuch  I,  11  175  224, 

Hermotimus,  Additamenta  I,  175  203;  II,  266  271. 
Heywood,  //  you  know  not  me,  you  know  nohody 

I,  224. 
Histori  Peter  Lewen  I,  11  175. 
Hollen,  Sermones  dominicales  II,  231  ff. 
Hulsbusch,  Sylva  sermonum  II,  270. 

347 


Jacopo  della  Lana,  Dantekommentar  II,  243, 

Jacopone  da  Todi  I,  82  ff.;  II,  279,  i 

Jakob  V,  Vitry  II,  261  263. 

Johann  v,  Sheppey  II,  257, 

Joyeuses  (Les)  Aventures  II,  243  270, 

Kalìlah  und  Dimnah  II,  226, 
Keller,  Dyokletianus  Leben  I,  206. 

—  Italianischer  Novellenschatz  I,  43. 

—  Li  Romans  des  sept  Sages  I,  206. 

Kirchhof,  Wendunmuth  I,  195  208  226;  II,  226  238 

257  261  263  270, 
Korner,  Chronica  novella  I,  223, 
Krùger,  Hans  Clawert  I,  213, 

La  Fontaine,  Fables  I,  201;  II,  226  255, 

Lalenbuch  I,  175  176  224, 

La  Monnoye  II,  234  247, 

Landi,  Commentario  I,  215, 

Landino  (Cristoforo)  I,  35. 

Lehmann,    Exilium    melancholiae    I,    184    185    189 

226  (bis);   II,   249  254  260  263  265  266  267  269 

270  (bis)  294  ff.  303  ff. 

—  Florilegium  politicum  II,  263  ff, 
Lenfant,  Foggiana  II,  221  231  267  269. 
Leroux,  Dictionnaire  comique  l,  221. 
Lew  (Peter)  s.  Histori. 

Lindener,  Kalzipori  I,  209;  II,  216. 

Lippi,  //  Malmantile  racquistaio  I,  213;  II,  233  238 

260  ff. 
Lundorff,  WiBbadisch  Wisenbrunnlein  I,  226;  II,  271. 
Luscinius,  Joci  ac  sales  II,  339, 

MacchiavelH,  Istorie  I,  4. 
Magalotti,  Lettere  familiari  I,  225. 
Maiolus,  Dies  caniculares  I,  226. 
Maitre  Pathelin  II,  331. 
Malespini,  Ducento  novelle  II,  243, 
Mannelli  (Raimondo)  II,  169, 

348 


Manni,  Veglie  piacevoli  passim, 
Manuel  (Juan),  Conde  Lucanor  I,  181. 
Mariano  v.  Siena  I,  134  ff.  136  ff. 
Maringhi  (Domenico)  II,  193, 
Martelli  (Francesco)  I,  35, 
Mathesius,  Luthers  Leben  II,  227  263. 
Mazzuoli  (Giovanni)  I,  182;  II,  308  ff. 
Medici  (Carlo  de')  I,  115  ff, 

—  (Cosimo  de')  I,  34  115;  II,  42, 

—  (Giovanni  de')  I,  34  ff,  54  115;  II,  28, 

—  (Giuliano  de')  I,  116  117, 

—  (Lorenzo  de*)  I,  34  35  116  117;  II,  44  ff,  49  323  ff. 

—  (Pietro  de')  I,  54  ff.  57  115  117  195. 
Medrano,  Silva  curiosa  I,  185, 
Melander,  Jocoseria  I,  208;  II,  255, 

Memel    (J,  P,  de),  Lustige  Gesellschaft  I,  222;  II, 

228  260  269  270, 
Menagiana  II,  218. 
Mensa  philosophica  I,  200;  II,  217, 
Merckens,  Was  sich  das  Volk  erzàhlt  I,  1%  225;  II, 

267  270, 
Mey,  Fabulario  II,  227, 
Mirandola  (Pico  della)  I,  35. 
Montanus,  Gartengesellschaft  I,  208;  II,  332  ff. 
Morlini,  Novellae  II,  22^  246  26?, 

Nasr-eddin  I,  188  221  228. 

Nevizanis  (Joh.  de),  Sylva  nuptialis  I,  187  205  (bis); 

II,  250. 
Nick,  Hofnarren  I,  201  203  204;  II,  229  233  (bis)  250 

257  260  265. 
Nicolas  de  Troyes,  Grand  parangon  des  nouvelles 

I,  225, 
Nikolaus  V,  I,  124;  II,  21  ff. 
Nouveaux  Contes  à  rire  I,  184;  II,  270, 
Novella  del  Grasso  legnaiuolo  I,  43  180, 
Novelle  antiche  I,  181  ff,  183  211  ff,;  II,  265  282  333. 
Nugae  venales  I,  221, 

349 


Ochino   (Bernardino),  Apologi  I,  187  191  213  ff,;  II, 

223  ff . 

Odo  V,  Ceritona  II,  221  257  331. 
Orsini  (Rinaldo  'degli)  I,  61, 

Panormita,  De  dictis  et  factis  Alphonsi  I,   186;  II, 

244  ff, 
Pantschatantra  s.  Benfey, 
Paolo  da  Castro  II,  142, 
Parabosco,  Diporti  II,  272, 

Parangon  (Le)  des  Nouvelles  honnestes  II,  266, 
Passe-tems  (Le)  agréable  II,  251  272. 
Patron  (Le)  de  l'honneste  raillerie  passim. 
Pauli,  Schimpf  und  Ernst  I,  193  206  208;  II,  216  219 

224  225  226  241  248  258  263  265  267, 
Pazzi  (Jacopo  de')  II,  194. 

—  (Piero  de')  I,  35. 

Petrarca,    Rerum    memorandarum   libri   quattuor   I, 

207;  II,  252  257, 
Picchini    (Antonio)   I,  37  ff.  87  ff,  121  ff,   155  ff„  II, 

163  ff.  166  167. 
Pierozzi  (Antonino)  I,  3  ff,  49  ff,  93  ff,  II,  137  ff.  168, 
Pienotti,  Favole  e  Novelle  II,  256, 
Pinedo  (Luis  de).  Libro  de  chistes  I,  185;  II,  302 ff, 
Pirke  Aboth  I,  178, 

Pitrè,  Fiabe  . . .  siciliani  I,  191  225;  II,  224. 
Plaisant  (Le)  Boutehors  d'oysiveté  II,  262, 
Plutarch,  De  educatione  puerorum  II,  259  265, 

—  De  garrulitate  II,  265, 

—  De  sanitate  praecepta  II,  265, 

—  Sermones  convivales  II,  252. 

Poggio,  Facetiae  I,   180   188   191  (bis);  II,  215  243 

247  265  266  267  268  269. 
Poliziano  I,  35. 

Pontanus  (Jak.),  Attica  bellaria  II,  267  270, 
Psalmen  I,  60, 
Pulci  (Luigi)  I,  35;  II,  324  ff. 


350 


Raparius  I,  226  228, 

Récréations  (Les)  fratìQoises  I,  190;  II,  246, 

Recueil  de  pièces  sérieuses  II,  267, 

Recueil  des  plaisantes  et  facétieuses  Nouvelles  II, 

243  270. 
René  I,  v,  Anjou,  Konig  v.  Neapel  II,  169  fi. 
Robert,  Fables  inédites  I,  201  ;  II,  226  227  262. 
Roger  Bontemps  I,  184;  II,  247  269  270, 
Roseli!  (Rosello)  II,  28  ff. 
Rovere  (Giuliano  della)  II,  43  f£. 

Sacchetti,  Novelle  I,  209  211   216  227;  II,  232  243 

245  ff.  247  (bis)   269. 
Sachs   (Hans),  Schwdnke  I,  186  206  218  ff,  221;  II, 

226  234  ff.  261  268  333. 
Sagredo  s.  Arcadia. 
Sandrub,  Delitiae  hìstoricae  I,  175  208. 
Santa  Cruz  (Melchor  de),  Floresta  espanola  I,  185 

192  ff,;  II,  230  248  261  262  266, 
Sassetti  (Bartolommeo)  I,  89  93  ff,;  II,  95  137. 
Schabbath  I,  208, 

Schertz  mit  der  Warheyt  I,  226;  II,  265. 
Schimpf  und  Ernst,  1545  II,  265. 
Schumann,  Nachtbùchlein  I,  224  225;  II,  332  ff. 
Schupp    (Joh.   Balth.),  Der  rachgierige  Lucidar  II, 

254  f f. 
—  Salomo  I,  186;  II,  263  306  ff. 
Sébillot,  Littérature  orale  de  la  Haute-Bretagne  1, 

196. 
Sercambi,  Novelle  II,  253  332. 
Ser  Giovanni,  Pecorone  II,  240. 
Sermini,  Novelle  I,  188. 
Sforza  (Battista)  II,  5. 

Sinibaldi  (Falcone)  I,  5  ff.  96  ff.  115  ff.;  II,  76  ff.  194. 
Sixtus  IV,  II,  44  187  327, 
Sorberiana  I,  179, 
Speculum  boni  principia  II,  244  ff, 
Speculum  morale  II,  221. 
Stradino  s.  Mazzuoli. 

351 


Strafforello,  La  sapienza  del  mondo  I,  175  205  221; 

II,  261. 
StraBburger  Ràtselbuch  1,  204;  II,  271, 
Strozzi  (Palla  degli)  II,  42  ff , 

Tabarin,  Oeuvres  I,  205;  II,  271, 

Tabouret,  Bigarrures  du  Seigneur  d'Accords  II,  251. 

Timoneda  (Juan  de),  Sobremesa  I,  185;  II,  262  302. 

Tombeau  (Le)  de  la  melancolie  II,  266, 

Tornabuoni  (Lucrezia)  I,  117  ff, 

Triboulet  I,  185;  II,  300  ff, 

Tyron,  Recueil  de  . . .  nouvelles  I,  184. 

Valerius  Maximus,  Factorum  et  dictorum  memora- 

bilium  libri  IX  I,  206;  II,  256  259  265, 
Varchi,  Storia  fiorentina  I,  67;  II,  141. 
Ventura  (Ser)  I,  25  ff.  27  ff,  130  ff,;  II,  113  114  115. 
Vespucci  (Nastagio)  I,  147  ff. 
Villamarina  (Bernardo)  I,  67  ff. 
Vitelli   (Niccolo  di)  II,  4  88. 
Volterrano  s.  Franceschini. 

Wajikra  rabba  I,  208  227;  II,  255. 

Waldau,  Bóhmisches  Mdrchenbuch  I,  225. 

Waldis,  Esopus  I,  201;  II,  238  262  341. 

Weidner     (Job.    Jak.j,    Teutsche    Poetische    HauB 

Apotheck  II,  258, 
Weidner   (Job.  Leonb.),  Apophthegmata  I,   184  195 

196  198  ff.  204  205;  II,  224  299. 
Wbittington  (Sir)  I,  224. 

Wickram,  Rollwagenbuchlein  I,  175;  II,  267  331, 
Wolfenbuttler  Priamelhandschrift  II,  258, 

Zeitvertreiber  I,   175  186  216  226;  II,  215  229  259 

260  270  307, 
Zimmerische  Chronik  I,  188;  II,  227  237  270. 
Zincgref,  Apophthegmata  I,  174;  II,  266  270. 

352 


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