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Full text of "Die Trennung von Staat und Kirche, der staatliche Religionsunterricht und die theologischen Fakultäten"

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R: ; Die Trennung von Staat und Kirche, 
der staatliche Religionsunterricht 


“ und die theologischen Fakultäten. 


Von 


_D. Dr. Ernst Troeltsch, 


Professor der Theologie in Heidelberg. 





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Verlag von J. C. B. Ki is h r u Siebeck) 





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Die Trennung vonStaat undKirche, 
der staatliche Religionsunterricht 


und die theologischen Fakultäten. 


Von 


D. Dr. Ernst Troeltsch, |865- 192% 


Professor der Theologie in Heidelberg. 





Tübingen 
Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 
1907. 


Vorbemerkung. Der folgende Essay ist die Rede, welche 
der Verfasser als Prorektor der Universität Heidelberg am Jahres- 
feste der Universität, dem 22. November 1906, gehalten hat. 


Hochansehnliche Versammlung! 


Dem Herkommen gemäss erörtert der Prorektor an diesem 
Tage eine prinzipielle Frage seines Faches. Da fehlt es nun 
in dem Fache, das ich zu vertreten die Ehre habe, nicht an 
prinzipiellen Fragen, ja seine ganze Existenz innerhalb der 
Tätigkeit der Universität ist selbst eine ernsthafte Prin- 
zipienfrage. Wer die in den letzten Jahren von Theologen 
gehaltenen Rektoratsreden überblickt, wird hier sehr häufig 
die Fragen wiederkehren sehen: „Ist die Theologie eine 
Wissenschaft, und ist sie berechtigt innerhalb des Rahmens 
der Universität?*, Fragen, die ja nicht bloss von Theologen 
aufgeworfen werden, sondern die auch sonst oft genug ge- 
stellt und verneint oder bejaht worden sind. 

Die beiden Fragen werden dabei meist als völlig gleich- 
bedeutend aufgefasst. Sie sind es aber nicht, und man trifft 
den eigentlichen praktischen Kern des Problems nicht, solange 
man von ihrer Gleichbedeutung ausgeht. Auch für einen 
Teil der anderen Fakultäten und Disziplinen ist der Grund 
ihres Existenzrechtes an der Universität nicht ihr rein wissen- 
schaftlicher Charakter. Medizin, Jurisprudenz, Philologie sind 


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nicht um ihres rein wissenschaftlichen Wertes willen an der 
Universität vertreten und sind auch keine reinen Wissen- 
schaften. Sie werden hier gelehrt, weil grosse allgemeine 
soziale Interessen an der Volksgesundheit, an der Rechts- 
ordnung, an der sprachlichen und kulturlichen Jugenderziehung 
eine Heranziehung der Wissenschaft für diese Interessen in 
möglichst weitem Umfange nötig machen. Auch bleibt in der 
Universitäts-Medizin immer die ärztliche Kunst, in der Uni- 
versitäts-Jurisprudenz immer das positiv gegebene Recht und 
in der Universitäts-Philologie die positiv vorhandene Schätzung 
des Altertums und praktisch-pädagogisches Interesse wirksam. 
So ist auch die theologische Fakultät die Zufuhr wissen- 
schaftlicher Bildung und Kenntnis an das grosse soziale Ge- 
bilde der Kirchen, und ihr Existenzrecht ist in erster Linie 
darauf begründet, dass die Gesellschaft sowohl das religiös- 
kirchliche Interesse selbst als auch das einer Beeinflussung 
der Religion durch die Wissenschaft hat und betätigt. Es 
bleibt also selbstverständlich in der Theologie ein dem tat- 
sächlichen religiösen Zustand und seiner Organisation zu- 
gewandtes Interesse, und, wenn aus dem Zusammenstoss 
dieses Interesses mit den hierfür aufgebotenen wissen- 
schaftlichen Mitteln allerhand Kämpfe entstehen, so steht die 
Theologie damit nicht allein. Auch auf den anderen Gebieten 
sind die im Volksleben die betreffenden Interessen vertreten- 
den Arbeiter nicht immer einverstanden mit der Art und dem 
Sinn, in welchem die Universitätsgelehrten diese Gebiete von 
der reinen Wissenschaft her beeinflussen zu müssen glauben. 

Von den beiden derart unterschiedenen Fragen möchte 
ich die erstere, ob die Theologie rein und restlos in wissen- 
schaftlichem Geiste und Interesse bearbeitet werden kann, hier 


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nicht weiter verfolgen. Das ist nur in einer ausgeführten 
religionsphilosophischen Lehre zu zeigen und nicht in einer 
Stunde zu erledigen. Auch müsste man sich hier vor allem 
über den Begriff der Wissenschaft selbst verständigen, der 
durchaus nichts unmittelbar Evidentes, sondern selber erst 
das feinste Ergebnis des prinzipiellen Denkens ist und je nach 
dessen zu Grunde gelegten Axiomen sich sehr verschieden 
gestalten wird. So würde freilich auch eine ausführliche 
Darstellung solche nicht überzeugen, die von vornherein jeden 
Idealismus oder jeden Theismus oder jede religiöse Verwertung 
geschichtlicher Vorgänge für „unwissenschaftlich“ erklären. 
Aber, was wissenschaftlich sei, das ist eben durchaus nicht 
selbstverständlich, und in solchen Meinungsverschiedenheiten 
sind die Vorurteile durchaus nicht immer nur auf Seite der 
Theologen. 


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Aber davon soll nicht weiter die Rede, sein; es soll sich 
nicht um den wissenschaftlichen Charakter, sondern um die 
Berechtigung der Theologie an den Universitäten handeln, 
wobei sich ja wenigstens ein gewisses Mass wissenschaftlichen 
Geistes für sie von selbst versteht. Jene Berechtigung aber 
hängt an der Bedeutung, die Staat und Gesellschaft den 
christlichen Kirchen und dem Christentum zuweisen, sie hängt 
allein an dem Verhältnis von Staat und Kirchen. Und die be- 
sondere Gestaltung dieses Verhältnisses wiederum ist dann 
entscheidend für den besonderen Sinn der Berechtigung, für 
die Art und Weise der Eingliederung der theologischen Fa- 
kultät in die höchsten wissenschaftlichen Lehranstalten des 


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Staates. Damit aber gelangen wir zu einem brennenden 
Problem unseres öffentlichen Lebens überhaupt, das in dem 
Masse für uns ein immer ernsteres geworden ist und werden 
wird, je mehr wir mit der ganz andersartigen Lösung des 
Problems auf angelsächsischem Boden vertraut werden und 
je mehr die grosse, eine tausendjährige Vergangenheit been- 
dende Kirchenrevolution Frankreichs ihre Wirkungen zu uns 
herüberwerfen wird. Sehen wir aber die Dinge in diesem Zu- 
sammenhange, dann erweist sich die Unterhaltung einer theo- 
logischen Fakultät an den Universitäten nur als der Einzelfall 
eines allgemeinen Prinzips, des Prinzips des staatlichen Reli- 
gionsunterrichts an der Staatsschule überhaupt. Die theolo- 
gische Staatsfakultät ist nur der Gipfelpunkt des staatlichen 
Religionsunterrichts, und Gipfel und Grundmasse hängen 
gleicher Weise mit der allgemeinen Regelung des Verhält- 
nisses von Staat, Religion und Kirche zusammen. Damit rückt 
nun aber unsere Frage nach der Berechtigung der theolo- 
gischen Fakultät ein in die allgemeine Frage nach Recht und 
Notwendigkeit eines staatlich gelehrten oder staatlich an- 
erkannten und unterstützten Religionsunterrichts überhaupt, 
und damit stellen sich dann auch alle die Prinzipienfragen 
des Verhältnisses von Staat und Schule, Religion und Kirche 
ein, die unter uns seit langem leidenschaftlich erörtert wer- 
den und die insbesondere aus Anlass des letzten preus- 
sischen Volksschulgesetzes die öffentliche Meinung ernstlich 
beschäftigt haben. 

Allein damit ist der Umkreis der hier sich auftuenden 
Probleme noch nicht erschöpft. Es ist die weitere Frage, 
worauf beruht die so oder so geartete Stellung des Staates 
zur Kirche. Sie beruht selbstverständlich nicht auf willkür- 


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lichen Festsetzungen der Regierungen oder auf blossen 
äusserlichen Machtverhältnissen. Sie beruht im Wesentlichen 
auf der inneren Stellung der Gesellschaft zum religiösen 
Leben überhaupt”und auf der Art, wie sie das Wesen der 
religiösen Wahrheit in der grossen Majorität instinktiv, sei 
es bewusst oder unbewusst, empfindet. Aus den verschieden- 
artigen Gestaltungen dieser inneren Stellung gehen die grossen 
Formationen und verschiedenen Typen des Verhältnisses von 
Staat und Kirche hervor; mit dem Wandel in diesen inneren 
Grundlagen wandeln sich. schliesslich auch die äusseren Lebens- 
formen, das Verhältnis von Staat, Kirche und Schule. Der 
jeweils herrschende Begriff vom Wesen religiöser Wahrheit, 
und, da für die grosse Masse mit ihrem Begriff von reli- 
eiöser Wahrheit der der Wahrheit überhaupt eng zusammen- 
hängt, der Begriff von Wesen und Art der Wahrheit überhaupt 
ist es, der über die Gestaltung dieser Dinge entscheidet. 
Der naturwüchsige grobe Wahrheitsbegriff kennt nur die eine 
und gleiche Wahrheit für alle und damit nur eine Kirche, 
die, weil sie die reine Wahrheit hat, auch alles ihr unter- 
werfen muss. Ein feinerer Wahrheitsbegriff kennt verschie- 
dene Wahrheiten von subjektiver Ueberzeugungskraft und 
damit verschiedene Kirchen und damit die Unmöglichkeit einer 
einfachen Herrschaft dieser vielen über die Gesellschaft. Und 
steht eine Gesellschaft unter der Einwirkung beider Wahrheits- 
ideale zugleich, so wird es an künstlichen oder schwierigen 
Vermittlungen nicht fehlen, die die vielen Wahrheiten aus der 
einen begreifen und die Gesellschaft der Herrschaft des 
Vielen und Einen zugleich unterwerfen. Es ist dies leicht 
zu zeigen an den drei Haupttypen, die die Lösung des Problems 
geschichtlich aufweist: an dem System der Einheitskirche, 


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die mit dem ganzen Staatsleben innerlichst und untrennbar 
verbunden ist; an dem System der Freikirchen, wo eine 
beliebige Zahl verschiedener Kirchen im Wesentlichen nach 
dem allgemeinen Vereinsrecht vom Staat aus behandelt wer- 
den und sich selbst zu ihm verhalten; schliesslich an dem 
paritätisch-landeskirchlichen System, das eine be- 
stimmte kleine Zahl von Kirchen mit dem Privileg öffentlich- 
rechtlicher, für den Staatszweck wesentlicher, Korporationen 
ausrüstet, den materiellen Unterhalt durch den Staat bestreitet 
und dafür dem Staat eine starke Einflussnahme auf die Kirchen 
einräumt.!) Im ersteren Falle ist die allgemeine soziale Voraus- 
setzung ein Begriff von der Wahrheit, der die höchste Wahr- 
heit nur als religiöse und diese höchste religiöse Wahrheit 
nur als eine absolut einheitliche und eindeutige kennt. Daraus 
ergibt sich die Welt- oder Landesorganisation der Einheits- 
kirche, die mit der absoluten Wahrheit auch allein den abso- 
luten Lebenszweck kennt und daher nicht bloss in ihrem, 
sondern auch im eigensten Interesse des Staates selbst die 
Eingliederung des Staates und seiner Güter in das kirchliche 
Lebenssystem verlangt. Im zweiten Falle liegt eine Zerteilung 
der religiösen Wahrheit in verschiedene möglicher Weise gil- 
tige Wahrheiten zu Grunde, zwischen denen aber keine 
Entscheidung von objektiver Allgemeingiltigkeit, nur eine 
solche von subjektiver gewissensmässiger Verbindlichkeit 
möglich ist. Daraus folgt von selbst die Unmöglichkeit der 
Einmischung des Staates in ein so vielfach verschiedenes 
System von letzten Wahrheiten und Werten, die Zurück- 
ziehung des Staates von der Beeinflussung des Gewissens 
und seine Konzentrierung auf diejenigen Wahrheiten und 
Werte, die unabhängig von dem so vielfachen religiösen 


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Denken mit den Mitteln des profanen Denkens in leidlicher 
Uebereinstimmung erreicht werden können. Es ist die Sä- 
kularisation und Laicisation des Staates, die Trennung von 
Staat und Kirche, die Begründung der religiösen Ueberzeu- 
gung auf wesentlich subjektive Instanzen. Bei dem dritten 
System ist eine allgemeine Uebereinstimmung der Gesellschaft 
über ihren wesentlich-christlichen Charakter und über eine 
wesentlich einheitliche religiöse Wahrheitserkenntnis voraus- 
gesetzt, aber zugleich die Ausprägung dieser Einheit in ver- 
schiedenen geschichtlich bedingten Formen, die hinreichend 
nahe mit einander verwandt sind, um doch im Ganzen als 
einheitlich beitragend zu dem für Staat und Kirche gemein- 
samen christlichen Wahrheits- und Lebensideal angesehen zu 
werden. Es ist im ersten Fall ein absoluter, im zweiten ein 
relativer und im dritten ein aus Absolutismus und Relativis- 
mus gemischter Wahrheitsbegriff, der hier jedesmal als die 
mehr oder minder bewusste Voraussetzung und Selbstver- 
ständlichkeit logisch zu Grunde liegt. Freilich wirken zur 
Gestaltung der Dinge neben dem noch zahllose verstärkende 
oder hemmende Motive. Aber wo ein System wirklich ehrlich 
herrscht, da ist das eine oder andere die Voraussetzung, 
und es herrscht nur da dauernd und innerlich, wo es ehrlich ist. 

Liegen so die letzten Wurzeln der Gestaltung des Ver- 
hältnisses von Staat und Kirche in der Art der jeweils 
herrschenden religiösen Wahrheitsidee, so müssen wir noch 
tiefer in die innere Struktur des religiösen Gedankens selbst 
eindringen. Die Religion verdankt ihre Gotteserkenntnis, 
ihre Gewissheit und damit die Art ihrer Wahrheitsidee immer 
irgendwie der Offenbarung, an die sie glaubt. Das Göttliche 
kann nicht von den tausend Einzelheiten der Welt abgelesen 


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werden, es kann nur geschaut werden in inneren Gesichten 
und Gefühlen, in denen der sonst nirgends erkennbare Grund 
der Dinge sich selbst entschleiert. Aber diese Gesichte und 
Gefühle werden in den allermeisten Menschen erst erweckt, 
wenn sie von der religiösen Kraft eines überlegenen religiösen 
Genius dazu aufgerüttelt werden, und dieser Genius samt 
allem, ‚was ihn umgibt und an die Menschen heranbringt, 
wird ihnen zur Offenbarung im gewöhnlichen Sinne des Wortes. 
Von der Art und Weise, wie eine religiöse Gemeinschaft diese 
Offenbarung auffasst und sie für ihre Organisation zu Grunde 
legt, ist die ganze Gestalt der religiösen Gemeinschaft selbst 
und ihre Wirkung auf die Umgebung bedingt. Erkennt sie in 
dieser Offenbarung, wie es der Katholizismus und die Orthodoxie 
tun, eine präzise, objektiv dargebotene und geschlossene, mit 
ihren Trägern und Vermittlern identische Kundgebung und 
Stiftung Gottes, dann wird sie daran den natürlichen Trieb 
nach absoluter Erkenntnis nähren bis zu der Behauptung, 
dass es nur diese Eine Kirche als alleinige Heilsanstalt geben 
könne und dass ihr eine absolute Kundgebung Gottes über 
Wesen und Sinn der Welt und des Lebens genau erkennbar 
und umgrenzbar gegeben sei, unter die sie selbstverständlich 
die Beugung alles bloss Weltlichen und Menschlichen fordern 
muss und erwarten darf. Eine solche Offenbarung verlangt 
die Unterwerfung des Staates, der mit seinen Mitteln auch 
bei aller natürlichen Selbständigkeit doch die übernatürlichen 
Lebenszwecke fördern muss. Wird dagegen an dieser Offen- 
barung das persönliche subjektive Moment betont, ist auch 
die an der geschichtlichen Offenbarung, an Jesus und der 
Bibel, entstehende Gewissheit eine rein persönliche und ge- 
wissensmässige Glaubensüberzeugung, dann ist der Kern der 


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Offenbarung diese Weckung persönlichen, innerlichen und 
nicht bestimmt präzisierbaren oder umgrenzbaren inneren 
Lebens. Solches innere Leben kann daher sein Recht nicht 
allgemeingiltig beweisen und kann in sehr verschiedenen 
Formen und Hüllen, sei es der Vorstellung, sei es der kul- 
tischen und sozialen Organisation, enthalten sein. Die Ein- 
heitskirche wird unmöglich, und an ihre Stelle tritt eine Mehr- 
heit von Kirchen, in deren verschiedenen Formen jener 
innere Wahrheitsgehalt enthalten sein, aber jedenfalls nicht 
objektiv festgestellt werden kann. ‘Dann aber muss auch 
der Staat eine gewisse Neutralität gegen diese Vielheit von 
Kirchen beobachten, um keiner zu nahe zu treten und in das 
Gewissen sich nicht einzumischen, und, ist er erst einmal so 
kirchlich neutralisiert, dann wird er auch eine eigene Sphäre 
von Lebenszwecken sich schaffen, die vielleicht mit den 
religiösen verträglich sind, die aber jedenfalls sich selb- 
ständig neben diesen entfalten können. Das dritte System 
freilich hat keine derart durchsichtige und einfache Grundlage 
im allgemeinen religiösen Bewusstsein, es ist auch mehr ein 
Erzeugnis der geschichtlichen Lage, die zum Zusammenleben 
verschiedener Konfessionen geführt und doch die alte Grund- 
stimmung eines-Zusammenfallens staatlicher und kirchlicher 
Lebenszwecke beibehalten hat. Es ist daher auch mehr eine 
Theorie, die nachträglich der geschichtlichen Lage sich an- 
gepasst hat, als eine elementare Idee, die diese Lage herbei- 
geführt hätte. Aber auch so wäre die ganze Lage nicht mög- 
lich und haltbar, wenn diese Theorie nicht mit allgemeinen, 
selbstverständlichen oder wenigstens selbstverständlich ge- 
wordenen Ueberzeugungen in einem grossen Teil der Volksseele 
zusammenhinge. Auch hier ist der letzte Grund der religiösen 


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Idee ein eigentümlicher Offenbarungsgedanke. Das Christen- 
tum im Ganzen ist absolute Offenbarung und göttliche Stiftung, 
aber dies Ganze ist doch zugleich auch eine bildsame geistige, 
innerlich persönliche Macht, die mit ihren jeweiligen Formen 
und Ausprägungen nicht zusammenfällt; das aber bedeutet 
dann doch keine unendliche Bildsamkeit, sondern die Zerlegung 
in zwei oder drei geschichtliche Konfessionen, die etwa nach 
ihrem Rassenboden oder nach der allgemeinen Kulturbesonder- 
heit die verschiedenen, allein möglichen Formen des Christen- 
tums bilden, die drei geschichtlichen Ausprägungen der einen 
Offenbarung, die die Vorsehung gewollt und hervorgebracht 
hat, und mit denen daher der Staat gleichmässig sich in 
die Erziehung der Menschen zu einer christlichen Kultur zu 
verbinden hat. Nur wo und soweit dieser Gedanke die Ge- 
müter beherrscht, hat das paritätische System feste Wurzeln 
und einen ernsthaften Sinn; wo er nicht herrscht, da ist es 
ein Gegenstand des politischen Opportunismus, der Gedanken- 
losigkeit, der stillen Abneigung oder des lauten Hasses, in 
welchen Empfindungen sich in der Tat auch eine sehr bunte 
Gegnerschaft von hierarchischen Kirchenmännern, von Frei- 
kirchlern und radikalen Freidenkern gegen das System zu- 
sammenfindet; und, wo es vom rein politischen Standpunkt aus 
vertreten wird, da muss doch der Politiker für das Pathos 
seiner offiziellen Begründung die Anleihen bei diesem Grund- 
gedanken ebenso machen, wie die französischen radikalen 
Christentumsfeinde ihre Anleihen bei der amerikanischen Ge- 
wissensfreiheit machen. 

So erweitert sich der Umkreis des Problems auf einen 
grossen kulturgeschichtlichen Zusammenhang und geht er 
zurück auf letzte Grundlagen im Wesen des religiösen Be- 


Ben aan. 


wusstseins und des Denkens selbst. In diesem Zusammen- 
hang gilt es daher auch, das Problem zu durchleuchten, die 
Haupttypen seiner Lösung in ihrer Wirkung auf die Idee 
eines staatlichen Religionsunterrichts verständlich zu machen 
und von hier aus Stellung zu nehmen zu seiner Gestaltung 
in der Gegenwart und der nächsten unsern Augen erreich- 
baren Zukunft. 


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Längst hinter unserer Kulturperiode liegend und doch 
noch höchst einflussreich in sie hineinragend stellt sich uns 
das System der Einheitskirche dar. Es ist das System 
der mittelalterlichen Welt oder der kirchlichen Kultur. Diese 
Kultur war aufgebaut auf dem Gedanken eines absolut sicher 
garantierten und schlechthin einheitlichen Wahrheitsbesitzes, 
der in der wunderbaren Stiftung des Christentums und der 
Kirche unmittelbar aus der Wahrheit und Einheit Gottes 
selbst herausfloss und eben dadurch auch die Unterordnung 
aller bloss menschlichen und relativen Lebenswerte unter den 
hiermit festgestellten absoluten und jenseitigen Lebenswert 
bedeutete. Angesichts der Relativität alles menschlichen 
Wissens schien in der Tat ein absolutes Wissen nur als 
eine wunderbare göttliche Mitteilung und Stiftung und an- 
gesichts der Endlichkeit aller menschlichen Lebenswerte ein 
absoluter Wert nur als jenseitige Seligkeit möglich zu sein. 
So charakterisieren Absolutheit, Einheit und Jenseitigkeit 
diesen Kulturgedanken, und der Träger aller dieser hohen 
Dinge war die mit einem hierarchischen Rechtsorganismus 
ausgestattete Kirche als ein völlig neu mit dem Christentum 


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in die Welt getretenes Rechts- und Sozialgebilde. Diese Or- 
canisation des Absolutismus verstand demgemäss auch alle 
menschlich-relativen Wahrheiten und Lebenswerte sich ein- 
zugliedern und unterzuordnen. Nach anfänglich schroffem 
Gegensatz gegen die Welt lernte sie die Welt relativ wür- 
digen und ihre Güter und Gesellschaftsformen dem obersten 
Zweck der himmlischen Seligkeit und des Heils eingliedern 
in einem System aufsteigender Lebenszwecke und Gesell- 
schaftsformen, welches System sie teils nach dem Stufen- 
gang der aristotelischen Entelechien, teils nach der neu- 
platonischen Lehre von der Ueberordnung des Geistig-Ueber- 
sinnlichen über das Natürlich-Sinnliche ausbaute. Freilich 
hatte ein solches System noch nicht im Gesichtskreis des 
ältesten Missionschristentums gelegen, und auch noch nicht 
in dem des byzantinischen Staatschristentums, das sich in 
das christlich gedeutete jus sacrum des alten Kaiserstaates 
einzuordnen lernen und seinen geistigen Kulturbesitz noch 
aus einer uralten und selbständigen literarischen Bildung mit 
eigenen Bildungsanstalten schöpfen musste. Die Kirche kam 
als letzte und umfassendste Schöpfung der Antike an einen 
bereits gedeckten Tisch, an dem sie wohl als wichtigster 
Gast speisen, aber den sie nicht selber decken durfte. Daher 
hatte das antike Staatschristentum den „rein religiösen Cha- 
rakter“‘, den man so oft seiner späteren Entwickelung gegen- 
überhält, oder es war, wie man auch sagen kann, noch nicht 
in der Lage, aus seinem absoluten Wahrheits- und Heilsbesitz 
die Folgerung einer von ihm selbst geleiteten und den geist- 
lichen Massstäben unterworfenen Gesamtkultur zu ziehen. 
Nur in blossen Theorien, wie etwa bei Augustin, hat es diese 
Folgerungen an die Wand gemalt. Aber als die Kirche in 


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den Umkreis der germanischen Barbarenwelt überging und 
hier neben ihrer religiösen Funktion zugleich die der Ueber- 
mittelung und Erhaltung der antiken Kulturreste übernahm, 
da begann sie seit dem gregorianischen Zeitalter die Kon- 
sequenzen praktisch zu ziehen und das System einer kirch- 
lichen Kultur auszubauen, das in der Kirche das ewige Heil, 
die absolute Wahrheit, die Lebensnorm und das Ziel aller 
sozialen Gemeinschaft enthält, das daher zugleich die anderen 
Verbände in Reich, Staat, Frohnhof, Markgenossenschaft, 
Stadt, Zunft, Verein bis herab zum Individuum in sich befasst 
als ein harmonisches Stufen-Ganzes und in diesen Stufen von 
der sündig verderbten natürlichen Lebensbefriedigung bis zur 
Verleihung des ewigen Heils aus Gnade und Wiedergeburt 
aufsteigt. Im allgemeinen ist dabei darauf gerechnet, dass 
die innere Uebereinstimmung über den Zielgedanken, die ge- 
meinsame Anerkennung der Offenbarung und die überein- 
stimmende Bewertung der Mittelzwecke in ihrem Verhältnis 
zum obersten Zweck, das Ganze in friedlicher und freiwilliger 
Hingebung gegenüber der Kirche erhält. Nur für Streitfälle 
und Unklarheiten ist ein direktesEingreifen der Kirche vor- 
gesehen und von den Voraussetzungen aus selbstverständlich. 
So kommt es zur Entwickelung der bekannten Sätze von der 
Unterwerfung aller weltlichen Gewalt unter die Kirche und 
zu den gewaltsamen politischen Mitteln für die Durchsetzung 
dieser Unterwerfung, wobei die grausamen und barbarischen 
Formen wohl auf Rechnung des allgemeinen mittelalterlichen 
Geistes gesetzt werden mögen, die Sache selbst aber aus dem 
Wesen der Einheitskirche fliesst. Wer das ewige Heil absolut 
sicher hat, darf ohne Heuchelei glauben, die anderen zu 
ihrem Heil zwingen zu dürfen. Und wenn die Kirche seit 


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Bellarmin sich von der Lehre einer potestas directa über 
die weltliche Gewalt auf die von einer potestas indirecta 
zurückgezogen hat, so meint sie damit nur, dass sie für 
gewöhnlich die profanen Gemeinschaften ihren natürlichen 
sittlichen Gesetzen überlassen müsse, dass sie aber in Fällen 
von Beeinträchtigung der geistlichen Kulturmassstäbe um der 
ewigen Wahrheit und des Heils willen einzugreifen habe. 
Das ist in der Sache nichts anderes. Denn es bedeutet immer 
noch Recht und Pflicht der Kirche, in die untergeordneten 
Sozialgebilde und Mittelzwecke einzugreifen, wo es um des 
Heils und der ewigen Wahrheiten willen nötig ist, und immer 
noch bestimmt die Kirche allein darüber, ob ein solcher Fall 
notwendigen Eingreifens vorliege.!?) 

Für ein solches System versteht sich die grundsätzliche 
Beherrschung des Bildungs- und Erziehungswesens von selbst, 
umsomehr als die Kirche zunächst selbst die Inhaberin aller 
Bildung und aller Schulen war, von den Dom- und Kirchen- 
schulen bis zu den durch päpstliche Privilegien begründeten 
Genossenschaften der Hochschulen. Die theologisch-dogma- 
tische und die kanonistische Fakultät sind der Mittelpunkt 
der letzteren und die philosophische oder Artisten-Fakultät 
nur eine Vorschule der oberen.’) Aber daran hat sachlich 
auch die moderne Verstaatlichung der Schulen und Univer- 
sitäten nicht viel geändert. Auf die obersten, mittleren und 
vor allem die untersten Schulbehörden verlangt der Klerus 
einen geordneten Einfluss, über Schulbetrieb und Unterrichts- 
mittel eine Kontrolle. Die Forderung einer Zentralstellung 
des Religionsunterrichts und der stärkste Einfluss des nur 
unter Voraussetzung der kirchlichen Missio angestellten Reli- 
gionslehrers versteht sich von selbst. Bei den Volksschulen 


soll der geistliche Schulinspektor das Ganze unmittelbar be- 
stimmen, und die Lehrerseminare sollen katholische Gesinnung 
sicher stellen. In den Mittelschulen soll weitgehende Rück- 
sicht auf die katholische Ideenwelt genommen und die Anteil- 
nahme der Jugend am Kultus von der Schule unterstützt 
werden. Das eigentliche Ideal sind hier immer noch die 
Jesuitenschulen.’) An den Hochschulen soll eine unter bischöf- 
licher Kontrolle stehende katholisch-theologische Fakultät den 
Kern bilden, und die übrigen Fakultäten sollen ihr in die 
Hände arbeiten, wie es an der päpstlichen Muster-Hochschule 
in Rom verwirklicht ist und von den staatlichen verlangt 
wird, wo man nicht aus Misstrauen gegen sie die Bildung 
der Kleriker lieber abgresonderten Klerikalseminaren über- 
trägt. Was wäre auch eine Erziehung, die nicht vor allem 
den Charakter bildete, und was wäre unter diesen Voraus- 
setzungen eine Charakterbildung, die nicht von der ewigen 
Wahrheit und dem ewigen Heil ausginge! So hat es die 
Kirche in Oesterreich verstanden, auch die Simultanschulen 
unter ihren indirekten Einfluss zu bringen, *) und alle Nach- 
siebigkeit gegen weltliche Schulverwaltung kann nur Rück- 
sicht auf ungünstige Zeitläufte sein, wo man das Bessere 
nicht den Feind des Guten sein lassen will. 

Alles das ist aus leidenschaftlichen Kämpfen der Gegen- 
wart bekannt. Man muss nur die Billigkeit haben zu ver- 
stehen, dass dies aus logisch sehr wohl begründeten For- 
derungen stammt, die auch der katholischen Kirche keines- 
wegs allein eigentümlich sind. Es ist eben der Besitz einer 
absoluten Wahrheit, der zu diesen Folgerungen drängt und 
‘der sich vielleicht der politischen Beeinflussung des Staates, 


aber nimmermehr der geistigen Beeinflussung der Schule 
2 


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enthalten kann. Wo der Staat Schulen und Bildungsanstalten 
in seiner Hand hat, wird die Kirche wenigstens diese Seite 
der Staatsverwaltung mit unter ihren Einfluss zu bringen 
suchen müssen und auch die dazu dienlichen politischen 
Mittel nicht wohl verschmähen können. Erleben wir es doch 
auch sonst stets von neuem, dass jede wissenschaftliche oder 
sozialethische Lehre, die sich als absolute Wahrheit oder, 
wie man sagt, als Ergebnis der modernen Wissenschaft und 
Forderung der Vernunft empfindet, ihre Hand auf die Schule 
legt, ihre Ergebnisse an der Staatsschule gelehrt oder gar 
ihre Weltanschauung dem Unterricht zu Grunde gelegt sehen 
will. Es sind nieht weniger Anathematismen im Namen der 
modernen Wissenschaft, des Fortschritts und der Bildung 
ergangen als in dem der Kirche, und alle diese Anathema- 
tismen waren zugleich eine meist politisch-agitatorisch unter- 
stützte Forderung, der eigenen Lehre den Thron in der 
Schule zu errichten. Das ist nur natürlich; denn das ist 
überall die Folge eines Glaubens an den Besitz gültiger all- 
gemeiner Wahrheiten, und eine rein technisch-fachmässige 
Erziehung ohne jede Weltanschauung wäre in der Tat der 
geistige Tod. Die Kirche hat für diese ihre Ueberzeugung 
nur besonders alte und eindrucksvolle Begründungen, sie 
schützt die Absolutheit ihrer Erkenntnis durch die Behauptung 
ihres zugleich übernatürlichen Charakters, womit sie Unzäh- 
ligen, die von dem Wechsel menschlicher Meinungen ermüdet 
sind, den allein möglichen Ausweg zu treffen scheint. Aber 
in alledem vertritt sie doch nur auf besondere Weise ein 
ganz allgemeines natürliches Bedürfnis des Menschen, das 
Bedürfnis nach festen und bleibenden Wahrheiten und Werten, 
die insbesondere für die Erziehung unentbehrlich sind. Die 


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Staatsschule von Ländern, die inbezug auf die Weltanschau- 
ung völlig neutral sind, sind das entweder nur scheinbar 
oder sie empfinden auch vielfach diesen Mangel eines geistigen 
Mittelpunktes.*?) So liegt in dem Absolutismus des kirch- 
lichen Systems in der Tat ein Wahrheitsmoment, das sich 
immer wieder geltend machen wird, und gegen das nur der 
Vorwurf zu erheben ist, dass der von der kirchlichen Abso- 
lutheit gedachte Inhalt von Weltanschauung und Ethik für 
den modernen Menschen grösstenteils unerträglich ist. 

So dürfen wir insbesondere nicht vergessen, dass dieses 
Ideal der auf absolute Alleinwahrheit begründeten Einheits- 
kirche und damit der kirchlich bestimmten Kultur und des 
kirchlich geleiteten Bildungswesens gar nicht der katholischen 
Kirche allein angehört. Es ist auch das Ideal der altprote- 
stantischen, lutherischen oder reformierten, Landeskirchen, 
und, wo der Altprotestantismus heute noch herrscht, bringt 
er auch heute noch die gleichen Folgerungen aus sich hervor. 
Der Protestantismus hat die Hierarchie verworfen und sich 
damit des Organs zur zwangsweisen Durchführung des Ideals 
freiwillig beraubt; er hat die Bejahung absoluter Werte und 
Normen dem einzelnen Individuum in das Gewissen und in die 
persönliche Ueberzeugung geschoben und damit die Offen- 
barungsautorität aus einer äusseren zu einer inneren gemacht. 
Aber gleichwohl war für die Reformatoren diese innere 
Offenbarung, wie sie ihnen aus der objektiven Grundlage, 
der Bibel, entstand, eine überall gleiche, da der heilige Geist 
sie aus der für alle identischen Bibelgrundlage auch nur auf 
eine für alle identische Weise wirken konnte. War der hei- 
lige Geist der Geist der Wahrheit, so musste er bei dem 
vorausgesetzten Wahrheitsbegriff eine absolute Wahrheit und 


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ein absolutes Gut enthüllen, die dann aber auch wegen ihrer 
Absolutheit für alle die gleichen sind in Wesen und Form. 
Gerade dazu bedurfte man ja auch des Wunders der Wieder- 
geburt und Erleuchtung, da doch schwankende menschliche 
Meinungen mit natürlichen Kräften mehr als genug zu haben 
waren. So haben auch die Reformatoren von der Einheits- 
kirche sich nicht etwa freikirchlich getrennt, sondern sind von 
ihr nur gewaltsam ausgeschieden worden; und, ausgeschieden, 
haben sie nicht die Bahn einem frei variierenden Gemeinde- 
christentum gebrochen, sondern, soweit es ihnen möglich war, 
und das heisst, soweit die Hand der von ihnen beratenen 
Landesgewalt reichte, die Einheitskirche als Landeskirche 
aufgerichtet, in der die Obrigkeit für die Gleichmässigkeit 
der christlichen Lehre und für den Einfluss dieser Lehre auf 
das Gesamtleben zu sorgen hatte. Die gleichartigen, durch die 
Beziehungen ihrer Landesfürsten zusammengehaltenen Landes- 
kirchen bildeten schliesslich die wahre Einheitskirche, neben der 
die anderen Kirchen als Abgefallene und Häretiker zu beur- 
teilen waren; nur sofern die auch in den anderen Kirchen 
vorhandene Bibel in den fremden Kirchen gleichfalls in ein- 
zelnen Seelen verwandte Wirkungen hervorbrachte, erstreckte 
sich die eigene Einheitskirche unsichtbar auch in die fremden 
hinein. Da war es denn auch von dieser Voraussetzung der 
einen, übernatürlichen Wahrheit aus ein schweres Problem, 
wie Gott einen solchen Abfall von ihr hatte zulassen können; 
und schon Luther hatte zur Beruhigung dieses schweren Be- 
denkens die Lehre ausgebildet, dass eben die katholische 
Papstkirche die in der Bibel geweissagte Kirche des Anti- 
christ sei. Nur unter dieser Bedingung, nur wenn Gott 
selbst sie vorausgesagt hatte und damit die Verantwortung 


dafür übernahm, war ein derartiger Bruch in der absoluten 
göttlichen Wahrheit erträglich.’) Selbstverständlich sind dann 
auch die Folgerungen, die aus diesem Landeskirchentum, 
dieser neuen Gestalt der Einheitskirche, fliessen: die Folgerung 
einer durch Vermittelung der Polizei alles beherrschenden 
christlichen Lebens- und Lehrordnung und die Folgerung eines 
durchaus kirchlich bestimmten und abzweckenden Schulwesens. 
Die Schulen des Protestantismus sind Gelehrtenschulen für 
Theologen und Juristen mit dem Mittelpunkt in der alles 
beherrschenden theologischen Fakultät, die Bürgerschulen 
sind meist von zukünftigen Theologen geleitete, stark geist- 
liche Stadtschulen, die Volksschulen sind Kirchen- und Küster- 
schulen mit dem Schwerpunkt im Katechismus.°) Und wie 
sehr diese Schulen als geistliche Anstalten gelten trotz ihres 
staatlichen Charakters, zeigt die technisch-juristische Lehre, 
dass die Verwendung des säkularisierten Kirchengutes für 
Schulzwecke eine pia causa, eine Erhaltung des Vermögens 
beim geistlichen Stiftungszwecke bleibt, das Rechtssubjekt 
der Stiftung nicht berührt.”) 

An diesem Punkte liegt denn auch der eigentliche 
Gegensatz des Altprotestantismus gegen das Täufertum. Ge- 
wiss handelt es sich hier um noch weitere Gegensätze, um 
die Verschiedenheit der Lebensstimmung gegenüber der Welt, 
um den konservativen rein geistlichen Charakter der luthe- 
rischen Reform, um den sozial-radikalen Charakter der täu- 
ferischen Wiedergeburt der Gesellschaft aus dem Geiste der 
Bergpredigt. Aber das Täufertum hat diese Neigungen 
keineswegs überall gehabt und hat sie nach der Münsterischen 
Katastrophe aufgegeben. Gleichwohl blieb der Gegensatz 
und verschärfte sich fortwährend. Er liegt eben im letzten 


BER 0% 


Grunde darin, dass das Täufertum die objektive Alleinwahr- 
heit und die Einheitskirche durchbrochen hat, in dem es aus 
der lutherischen Innerlichkeit und Persönlichkeit des Glaubens 
auch eine mögliche Verschiedenheit des Glaubensausdrucks 
gefolgert und sich auf die Einheit im Praktischen zurück- 
gezogen hat. Das Täufertum hat den absolutistischen Wahr- 
heitsbegriff durchbrochen und einen relativistischen behauptet, 
der ihm freilich nur unwesentliche Verschiedenheiten zu be- 
deuten schien und die praktische Einigung nicht ausschloss. 
Es ist eine Vielheit religiöser Vereine. Das ist nun aber ein 
scharfer Gegensatz gegen die reformatorische Lehre, die bei 
allen Reformatoren den Absolutismus der Erkenntnis und die 
ihm dienende gottgestiftete Kirchenanstalt zur Voraussetzung 
hat. Allerdings hat Luther mit grossartigem Idealismus am 
Anfang für ein freies Gemeinde-Christentum gekämpft, das 
auf Gewalt verzichten und alles vom Geiste hervorgebracht 
sehen will. Allein Luthers Glaube setzte dabei als selbst- 
verständlich voraus, dass der Anstalts-Geist hierbei mit gering- 
fügigen, leicht zu duldenden Ausnahmen alle in dieselbe 
Wahrheit führen werde. Als er in dieser Erwartung sich 
enttäuscht sah, wandte er sich mit hartem Grimm gegen 
den erbsündigen Trotz und Irrgeist der Masse dem strengen 
Landeskirchentum zu und musste in steigendem Masse alle die 
staatlichen Nachhilfen dulden und anerkennen, welche die 
Einheit des Glaubens und der Lehre aufrecht zu erhalten 
allein geeignet waren. Und so haben ohne Luthers anfäng- 
lichen idealistischen Glauben Zwingli und Calvin in ihrer 
Weltverständigkeit von Anfang an gedacht. °) 

Es liegt daher auch dem protestantischen Kirchentum, 
soweit es nicht modernen Einflüssen sich geöffnet und Luthers 


u a 


anfängliche Lehre von der Freiheit des Glaubens nicht zu- 
gleich als Freiheit mannigfaltiger Lehre umdeuten gelernt hat, 
bis heute im Blute, sich in dem absolutistischen Sinne der 
Einheitskirche als Gesetzgeberin der gesamten Kultur zu 
fühlen. So zieht auch der konservative Protestantismus mit 
Gründen, die von den katholischen sich nicht unterscheiden, 
und mit Mitteln, die von den katholischen nur durch die 
besondere, Beichtstuhl und Hierarchie ablehnende Art des Pro- 
testantismus sich unterscheiden, die Konsequenzen der kon- 
fessionellen Schule, der kirchlichen Beeinflussung des Bil- 
dungswesens überhaupt, der Forderung gläubiger Universitäten 
und theologischer Fakultäten insbesondere, Auch er setzt 
den politischen Apparat höfischer Einflüsse und parlamenta- 
rischer Majoritäten hierfür in Bewegung. Dabei sind seine 
Darlegungen über die Notwendigkeit einer solchen Weltan- 
schauung insbesondere bei der Erziehung und Charakterbil- 
dung durch die Schule eindrucksvoll genug, um auch viele 
freigesinnte Protestanten für die konfessionelle Volksschule 
zu erwärmen, während sie freilich gegen die Besetzung der 
theologischen Fakultäten durch parlamentarische, höfische, 
kirchenbehördliche und synodale Einflüsse sich leidenschaftlich: 
wehren. Wir alle kennen die bitteren und verworrenen Kämpfe, 
die um diese Dinge unter uns ausgefochten werden, und wir 
Theologen insbesondere kennen zur Genüge das dadurch so 
schmerzenreich gewordene Schicksal der theologischen Fa- 
kultäten.’) 


III. 


Was aber auch immer das Wahrheitsmoment der hier- 
mit beschriebenen Einheitskirche und der von ihr bestimmten 


I  W8 


Einheitskultur sein mag, das System besteht unter uns nur 
mehr in Resten, freilich in überaus starken Resten, die aus 
der mittelalterlichen Kultur in die unsere hereinragen. Die 
Gründe dieser Veränderung darstellen, hiesse die Geschichte 
der Entstehung der modernen Kultur darstellen. Hier mögen 
nur wenige Andeutungen genügen. 

Erstlich ist das Ergebnis der grossen Kämpfe von Staat 
und Kirche, zu denen das mittelalterliche System auch die 
christlichst gesinnten Regierungen führen musste, die Ver- 
selbständigung des Staates, die Gewinnung der modernen 
Kernlehre von der Souveränetät des Staates. Ist aber ein- 
mal erst der Staat. derart die höchste irdische Gewalt, so 
zieht er in steigendem Masse alle weltlichen Interessen der 
Gesellschaft in seinen Machtbereich. Er verstärkt die Selb- 
ständigkeit der irdischen Interessen, und, indem aus der 
inneren Geschichte des Mittelalters sich überhaupt eine starke 
Verdiesseitigung aller Lebensinteressen sich ergibt, entsteht 
aus der Vereinigung von alledem eine starke Diesseitigkeit 
der Gesinnung. Der zunächst absolutistisch sich gestaltende 
Staat fährt zwar fort, die Kirchen aufs höchste zu schätzen, 
aber er benützt sie zu wesentlich irdischen, politischen und 
sozialen Zwecken, das jus in sacra als ihn nicht berührend 
den Kirchen selbst überlassend. Damit aber lösen sich auch 
die religiösen Interessen selbst innerlich vom Staat, müssen 
auf eigene Pilege und Organisation bedacht sein und treten 
neben der machtvollen Kulturorganisation des Staates als das 
Jenseits betreffend und als von subjektiver Ueberzeugung 
abhängig mehr und mehr zur Seite. Je mehr dann aber aus 
der Nivellierung durch den Absolutismus sich der moderne 
demokratische oder demokratisierte Staat ergab, um so 


RE 


schwieriger wurde die Verbindung des Staates mit der Ein- 
heitskirche. Die Demokratie mit ihrer Entfesselung des In- 
dividualismus und ihrem Bedürfnis nach freien Gruppierungen 
verträgt den religiösen Absolutismus nicht.!®) 

Zweitens bedeutet die moderne Welt eine gründliche 
Wandlung aller Gemeinschafts- und Korporationsideen. Hatte 
das Mittelalter trotz aller aristotelischen oder sonstigen An- 
leihen bei der antiken Staatislehre doch den Staat als eine 
Anstalt und Stiftung Gottes angesehen und in noch viel 
höherem Grade die Kirche als eine im Klerus organisierte 
anstaltliche Stiftung betrachtet, so hat die moderne Welt 
alle Gemeinschaften vom Staat bis zum Verein herab als eine 
aus menschlicher Tat und Schöpfung hervorgehende Willens- 
organisation betrachten gelehrt. Und wo sie nicht als solche 
entstanden sind, da werden sie doch als solche behandelt. 
So fiel die Idee der das Individuum einfach aus ihrem Schoss 
hervorbringenden und in ihn aufnehmenden Anstalt für den 
Staat, sie fiel seit der Freigebung der Assoziation für die 
innerhalb des Staates befindlichen einzelnen Korporationen, 
sie fiel auch für die Kirchen. -Sie fiel grossenteils für das 
eigene Selbstbewusstsein der Kirchen, die ihre Innerlichkeit 
und Selbständigkeit gegenüber einem verweltlichten Staate 
nur durch die Betonung der Freiwilligkeit ihrer Organisation 
behaupten konnten, und sie fiel jedenfalls für alle nicht die 
kirchlichen Voraussetzungen teilenden Betrachter.!!) 

Das Dritte ist die Erschütterung der ideellen Voraus- 
setzungen und Inhalte der kirchlichen Weltanschauung. Eine 
neue Kosmologie und Anthropologie, eine Kritische Geschichts- 
wissenschaft, eine humanitäre Ethik erschütterten ihren 
ganzen Bestand, ihre formelle Offenbarungsautorität und ihre 


2: Wo re 


sachlichen Ueberzeugungen. Unter diesen Umständen ver- 
schwindet die allgemeine Selbstverständlichkeit der Kultur- 
voraussetzungen der Kirche, und ein grosser Teil der leben- 
digsten geistigen Kultur ist geradezu entkirchlicht. Weder 
die kirchliche Jenseitigkeit des Lebenszweckes, noch die ab- 
solute, um die Offenbarung gesammelte Autorität hält die 
Geister mehr in allgemeinem und unfraglichem Banne. Dann 
aber ist es für die im Staate organisierte Gesellschaft auch 
nicht mehr möglich, die Kirchen zum Mittelpunkt ihrer Kultur- 
organisation zu machen. Sie rücken in ihren verschiedenen 
Formen in den Bereich persönlicher Ueberzeugungen, die 
nicht zu einer Pflicht des Ganzen gemacht werden können, 
sondern ihren Anhängern überlassen bleiben müssen. Wo sie 
aber dennoch etwa von den Machthabern dem Ganzen auf- 
gezwungen werden sollen, da erhebt sich eine leidenschaft- 
liche, nicht zu stillende Gegnerschaft, die solche Religion 
für Privatsache erklärt.!?) 

Stärker noch als alle diese Stösse wirkte viertens das 
Nebeneinander verschiedener Konfessionen in demselben 
Staate, das seit dem westfälischen Frieden nach und nach 
in fast allen Staaten Platz gegriffen hat. Ein solches Neben- 
einander relativiert mehr als irgend etwas anderes die Wahr- 
heitsidee. Was bei der Einheitskirche möglich und logisch 
gefordert ist, die Herrschaft ihrer Kulturidee über das Ganze, 
das ist bei der Vielheit konfessioneller Kirchen ganz unmög- 
lich. Das Ganze der Gesellschaft muss sich auf den Stand- 
punkt eines nur relativen Wertes dieser Kirchen stellen. 
Die religiös-ethische Wahrheit, wenn es sie gibt, muss über 
den Kirchen schweben, ist sozusagen eine ausser und über 
den Kirchen liegende Toleranzreligion, die das Gemeinsame 


HD 


ihrer aller darstellt und jedenfalls mit keiner von ihnen zu- 
sammenfällt. Damit aber kommt von selbst entweder der 
Kampf des kirchlichen Absolutheitsgeistes gegen diese Lage 
und mit diesem Kampf eine verstärkte skeptische, die Kirchen 
auf reine Privatexistenz zurückweisende Reaktion, oder es 
ergibt sich in den Kirchen selbst ein Gefühl ihrer Relativität, 
das ihren Absolutheitsgeist bricht und es ihnen selbst von 
sich aus unmöglich macht, als öffentliche Macht das Gesamt- 
leben beherrschen zu wollen. Sie ziehen sich auf sich selbst 
zurück und suchen ihre Stärke in der freiwilligen und persön- 
lichen Zugehörigkeit ihrer Mitglieder. '?) 

Das Wichtigste aber ist, dass im eigentlichen Kern des 
religiösen Gedankens selbst jene Wendung von der objektiven 
äusseren zur subjektiven inneren Offenbarung, von dem für 
alle identischen Absolutismus zu dem jeden am Mass seiner 
Gewissensüberzeugung messenden Relativismus eintrat. Es 
ist das die Folge des protestantischen Glaubensbegriffes, 
sobald die wissenschaftliche und sonstige Kritik jenen Ge- 
danken einer schlechthin objektiven Bibeloffenbarung und ein- 
heitlichen Kirchenlehre zertrümmert hatten, der bei Luther 
und den anderen Reformatoren die subjektivistischen Konse- 
quenzen zu verhindern ausdrücklich bestimmt war. Aber 
auch schon vorher waren diese Konsequenzen von kleineren 
Gruppen gezogen worden, von den Täufern, Mystikern und 
Spiritualisten, die neben anderen eigentümlichen Lehren doch 
vor allem die vom Geiste als dem Träger subjektiver Offen- 
barungsgewissheit und dem Bewirker subjektiv verschiedener 
religiöser Vorstellungswelten ausgebildet hatten. Der Geist 
wirkt durch Vermittelung der Bibel und der Ueberlieferung, 
aber gestaltet daraus frei jedesmal verschiedene subjektive 


ENDEN 


Wahrheitserkenntnis. Im niederländisch-englischen und vor 
allem dann im englischen Independentismus kam diese Rich- 
tung zur Verschmelzung mit dem radikalen Calvinismus, der 
von seiner Prädestinationslehre her ihr innerlich wahlver- 
wandt war und nur der Abwerfung der Lehre von der Ver- 
mittelung der Prädestion lediglich durch reine Kirchendoktrin 
bedurfte; und damit verbanden sich wohl auch die alten ger- 
manisch-rechtlichen Korporationsgedanken, die in der eng- 
lischen Revolution sich gegen den fürstlichen Absolutismus 
erhoben. Von hier aus erwuchs dann die grosse freikirchlich- 
independentistische Bewegung, die seit der Toleranzakte und 
der Konstituierung des parlamentarischen Regiments zwei 
Drittel von England und Schottland und seit der Mitte des 
17. Jahrhunderts die amerikanischen Kolonialstaaten erfüllt. 
Der wesentlich von hier aus angeregte Pietismus trug in 
verkleinertem und ins Private gezogenem Masse diesen Ge- 
danken auch auf den Kontinent; die grossen, den Siegeszug 
des Methodismus begleitenden Vereinsbildungen und Sekten, 
schliesslich auch die „Innere Mission“ breiteten ihn aus; und 
gleichzeitig kam auch eine auf die Freiheit und Beweglich- 
keit der Wissenschaft sich einrichtende Frömmigkeit zu dem 
gleichen Ergebnis, religiöse Vereinigungen nur auf freiwillige 
Ueberzeugung zu begründen und religiösen Ueberzeugungen 
den Ausdruck ihres Gedankens frei zu geben. Das alles 
aber bedeutet eine freie Beweglichkeit des religiösen Ge- 
dankens, und eine auch bei weitgehender Würdigung der 
Ueberlieferung doch völlig subjektivierte Ueberzeugung, wo- 
mit der Gedanke einer Einheitskirche und einer rein objektiv 
gestifteten Anstalt unverträglich wurde.') 


Von allen diesen Seiten her ist die Konsequenz die Ent- 
staatlichung der Kirche und die Freigebung der Gemeinde- 
bildung. Sie ist bereits vollzogen in den Demokratien von 
Brasilien, Mexiko und Kuba, wo dadurch freilich an der 
Herrschaft des Katholizismus wenig geändert ist; sie hat 
ihr vielbewundertes und vielgescholtenes Musterbild in den 
Vereinigten Staaten und ist nun auch in Europa als Folge 
der Kämpfe der Demokratie gegen die römische Kirche in 
Frankreich durchgesetzt. In anderen Ländern, wie in der 
französischen Schweiz, in Holland und Norwegen, kämpfen 
starke politische Parteien dafür; in Italien hatte schon Cavour 
die berühmte Parole von der „freien Kirche im freien Staat“ 
als einzige Ueberwindung des italienischen Kirchenelends 
verkündigt und auch bei uns regt sich allenthalben dieser 
Grundsatz. Doch bleiben freilich in all diesen Fällen die 
Kirchen infolge ihrer besonderen sozialen Bedeutung und 
Macht immer noch Gegenstand einer besonderen Gesetzgebung, 
die teils ihnen besondere Rechte, z. B. Schutz vor Störungen, 
gibt, teils vor ihnen, z. B. vor dem Wachstum der toten 
Hand, den Staat schützt; einfach auf die Stufe des Tanzklubs 
oder Turnvereins, wie die Gegner die Sache meist bezeich- 
nen, ist die Kirche hierbei nirgends herabgedrückt, nicht ein- 
mal im französischen Gesetz. Aber allerdings ist bei gleichem 
Namen Sinn und Art des freikirchlichen Systems in den ein- 
zelnen Ländern grundverschieden, je nachdem das eine oder 
das andere der geschilderten Motive vorwiegt. Insbesondere 
besteht ein sehr grosser Unterschied zwischen dem ameri- 
kanischen Zustand und dem französischen Gesetz. Die 
amerikanischen Verhältnisse beruhen unter dem Einfluss 
täuferischer und puritanischer Gedanken, einer von Anfang 


rag 


ah bestehenden bunten Vielheit der Kirchen, einer nicht bloss 
nivellierenden, sondern zugleich stark individualisierenden 
Demokratie und schliesslich auch der aufklärerisch-relati- 
vistischen Ideen auf einer wirklichen Hochachtung vor den 
Kirchen, in deren Gewissen der Staat nicht eingreifen will 
und als ein rein weltliches Institut einzugreifen auch nicht 
befähigt‘ist, und die ihrerseits mit ihren politisch indifferenten 
geistlichen Ueberzeugungen in keine politische Frage ein- 
greifen und vor allem keinerlei Bedingungen für Amtsfähigkeit 
herbeiführen dürfen. Darüber wacht die Demokratie der Union 
und der Einzelstaaten mit Eifersucht. Im übrigen aber gilt 
die Gesellschaft und die Kultur ausdrücklich als eine christ- 
liche, ist die Vereinsgesetzgebung vielfach den besonderen 
kirchlichen Gesetzgebungen sehr schmiegsam angepasst, wahren 
die in allen Konfliktsfällen angerufenen Zivilgerichte das re- 
ligiös-ethische Interesse aufs Lebhafteste, wird der kirchlichen 
Ordnung weitgehender Schutz zu teil und sind auch die ein- 
schränkenden Gesetze gegen die tote Hand sehr billig, ver- 
mutlich in der Praxis noch billiger als im Gesetz. Das System 
ist eben hier nur der Ausdruck einer als christlich sieh 
empfindenden Gesellschaft und zugleich einer radikalen Ach- 
tung vor der gerade die verschiedenen positiv-religiösen 
Systeme hochschätzenden Gewissensfreiheit.!?) Demgegenüber 
ist das französische Gesetz wesentlich ein Kampfgesetz, das 
von einer gegen das Christentum skeptischen oder feindlichen 
Gesellschaft getragen ist und nicht der Anerkennung der 
religiösen Gewissensmächte, sondern der Repression des der 
Demokratie gefährlich gewordenen Katholizismus dient, in 
alle dem das Endergebnis des heissen Kampfes von Einheits- 
staat und Einheitskirche. Es war das unverhüllt in seinem 


ersten Entwurf; aber auch in seiner sehr gemilderten end- 
giltigen Gestalt, zu der weiter gemilderte Ausführungs- 
bestimmungen kamen, ist es noch drakonisch genug. Es 
stellt die Kirchen unter das Gesetz der Privatvereine und 
gesteht ihnen nicht einmal die Vorrechte der Associations 
d’utilit publique, wie z.B. den Wohltätigkeitsvereinen u. s. w., 
zu. Es nimmt ihnen das Recht, Vermächtnisse und Stiftungen 
anzunehmen, Schulen und Krankenhäuser und ähnliches zu 
unterhalten, beschränkt ihnen die Ansammlung von Reserve- 
fonds und Zinskapital auf lächerlich geringe Summen, unter- 
wirft sie einer äusserst eingehenden Polizeikontrolle in der 
Vermögensverwaltung und in der Ueberwachung der Predigt, 
beschränkt ihnen jedes Auftreten nach aussen ausserhalb des 
Kultgebäudes, konfisziert das in der grossen Revolution schon 
einmal konfiszierte Kircheneigentum noch einmal als Staats- 
eigentum und erschwert recht im Unterschied von den ameri- 
kanischen Gesetzen gerade der katholischen Kirche durch 
die Forderung einer rein laienhaften Organisation der Kult- 
vereine die Behauptung ihres kanonischen Rechtes. Die 
einzige Rücksicht auf die soziale Bedeutung der Kirche ist 
die Ueberlassung der Kirchengebäude, wobei aber die Pfarr- 
häuser u. ä. nicht inbegriffen sind, der Schutz gegen Gottes- 
dienststörungen und die Erlaubnis zur Verbindung der Vereine 
zu Nationalvereinen. Dieses Gesetz wird Frankreich sicher- 
lich nicht den religiösen Frieden geben. Jedenfalls aber be- 
leuchtet es aufs deutlichste, welch verschiedenen Sinn die 
Trennung von Staat und Kirche haben kann.'‘) 

So sind denn auch die uns hier in erster Linie inter- 
essierenden Wirkungen des Systems auf das Verhalten des 
Staats zum religiösen Unterricht in beiden Fällen gründlich 


a en 


verschieden. Für Amerika versteht es sich von selbst, dass 
das staatliche und städtische Schulwesen und auch die nicht- 
denominationellen Schulunternehmungen gymnasialer Art kei- 
nerlei Religionsunterricht kennen. Dieser bleibt den Kirchen 
überwiesen und ist von ihnen sehr stark entwickelt, bildet 
auch einen Hauptpfeiler ihres sozialen Einflusses. Aber die 
Religionslosigkeit der Schule schliesst doch eine selbstver- 
ständliche Schätzung des religiösen Erziehungselementes 
nicht aus. In vielen Staaten wird Bibellektüre und Schul- 
gebet als interdenominationell gepflegt. Hier sind es eigent- 
lich nur die Katholiken, die auf strenge Neutralität der Schule 
dringen. In den Mittelschulen geben vermutlich die philo- 
sophischen und historischen Fächer vielfach Gelegenheit, die 
allgemeine selbstverständliche Christlichkeit der amerikani- 
schen Welt geltend zu machen. Vor allem aber gibt es 
neben den Staatsschulen auch die Parochial- oder Kirchen- 
schulen, die von den freilich daneben die allgemeine Schulsteuer 
bezahlenden Denominationen errichtet werden, sofern sie eine 
ausgesprochen religiöse Erziehung wünschen. In ihnen lernen 
ungefähr 7°/, der Schulbevölkerung. Und weiter gibt es 
charakteristische Kompromissschulen, wo etwa eine Konfes- 
sion in der Staatsschule die Lehrer stellt und in den offi- 
ziellen Unterrichtsstunden absolute religiöse Neutralität wal- 
ten lässt, um dann nach deren Beendigung im selben Raum 
und mit demselben Lehrpersonal eigentlich religiösen Unter- 
richt zu erteilen. Und ebenso gibt es, wenn auch bei den 
hohen Kosten seltener, denominationell beeinflusste oder ge- 
stiftete Mittelschulen. Die Universitäten schiesslich sind 
grossenteils denominationell beeinflusste Stiftungen und haben 
dann alle selbstverständlich einen religiösen Mittelpunkt in 


I 


ihrer Kirche und ihren Gottesdiensten, sehr häufig auch eine 
theologische Fakultät, die aber freilich auch dann stets eine 
sehr gesonderte Stellung im Ganzen einnimmt. Die Staats- 
universitäten kennen natürlich keine theologischen Institute. 
Dass aber dabei die theologischen Institute überhaupt nicht 
zu kurz kommen, zeigt ein statistischer Vergleich von 1902 
mit den juristischen und medizinischen Instituten oder Fa- 
kultäten: 


|  Gra- Jährliche Biblio- 


Anstalten. | duierte | Srnt- |.Stftungs- | Schon. | Min | thels- 
Horror esitz. | vermögen. kungen. kommen. Bände, 


Theol. 148) 2069 |15 705 770 | 23 058 877 |1 269 433 | 1414 724 | 1527 156 


Jur. 102) 2644 1 670 000 486 001 52859| 522763| 386 905 
Med. 154) 2476 12986642] 2132568] 160584| 888453| 156 929 











All das lässt deutlich erkennen, dass hier trotz aller religiösen 
Neutralität die Erziehung doch stark religiös beeinflusst ist 
und dass im übrigen, wo stärkerer religiöser Einfluss gewünscht 
wird, die kirchliche Privatschule ergänzend hinzutritt. Der 
Amerikaner verlangt dabei im allgemeinen vom Unterricht 
überhaupt wesentlich nur positive” Kenntnisse und nicht Er- 
ziehung der Weltanschauung; sofern solches erstrebt wird, 
leistet es die allgemeine Christlichkeit der Atmosphäre, und, 
wo es noch nachdrücklicher erstrebt wird, da zieht er aus 
dem Prinzip der Freikirche auch die Konsequenz der Frei- 
schule. Dass damit kommenden Konflikten nicht vorgebeugt 
ist, liegt auf der Hand. Einerseits wird das Eindringen der 
Katholiken in die Schulen dafür sorgen, andrerseits wird die 
auch in Amerika vordringende religiöse Skepsis und Er- 
schütterung der Kirchen die Schule an Gesinnungsbildung 
mahnen. In solchen Erwägungen wurzelt die bis jetzt freilich 


Troeltsch, Trennung, 8 


ea 


aur in Privatschulen und Sonntagsschulen verwirklichte For- 
derung eines religiös neutralen, von allen Fragen der Welt- 
anschauung unabhängigen Moralunterrichts. Es ist die For- 
derung der Gesellschaften für ethische Kultur, die ganz 
folgerichtig aus diesen Verhältnissen dort entsprungen sind 
und von da sich auch nach Europa ausgedehnt haben. Allein 
entweder wird es hierbei mit der Neutralität streng genom- 
men, und dann behalten die Kirchen das Uebergewicht, oder 
es werden die doch unvermeidlichen Grundlagen der Welt- 
anschauung, sei es im religiösen, sei es im antireligiösen 
Sinne entwickelt und damit der Moralunterricht auf tiefere 
Voraussetzungen gestellt; dann ist es vorbei mit der Neu- 
tralität.!”) 

Mitten im Konflikte befindet sich das auf so ganz anderen 
Grundlagen beruhende Frankreich. Im Unterschied von der 
Unfertigkeit und Buntheit des amerikanischen Schulwesens, 
das vielfach experimentiert und von lokalen Einflüssen ab- 
hängig ist, und auch im Gegensatz gegen die prinzipielle 
Richtung auf positive Kenntnisse ist das französische Bil- 
dungswesen streng zentralisiert wie bei uns und verzichtet es 
so wenig wie bei uns auf die Gesinnungs- und Weltanschauungs- 
bildung. Hier wie überall auf dem Kontinent wirkt die ur- 
alte Erziehung durch die Einheitskirche nach und ist man nicht 
so rein praktisch wie in dem jungen Amerika. So fehlt hier 
von vorneherein gerade die Rlastizität, die in unserer Frage 
das amerikanische Bildungswesen hat, und die Konflikte mit 
der herrschaft-gewohnten Kirche haben hier viel mehr Reibungs- 
flächen. Die Unterrichtsgesetzgebung der dritten Republik 
hat nun freilich die Schulen dem geistlichen Einfluss, der 
geistlichen Mitwirkung und dem Religionsunterricht nach und 


Ha 


nach völlig entzogen. Die katholisch-theologischen Fakultäten 
wurden 1885 aufgehoben und die katholische Theologie dem 
engherzigsten Seminarbetrieb damit ausgeliefert. Aber man 
musste die kirchlichen Freischulen bestehen lassen, die von 
den, auch durch ihre Billigkeit sehr konkurrenzfähigen, Orden 
geleitet wurden. Zudem entstanden sieben freie katholische 
Universitäten für alle Wissenschaften. Darauf wurde dann 
1880 diesen Universitäten das Graduierungsrecht entzogen 
und 1904 den Kongregationen jede Art von Schultätigkeit 
verboten. Das neue Kirchengesetz wird dem nur mehr die 
Schliessung auch der beiden protestantisch-theologischen 
Fakultäten von Paris und Montauban hinzufügen. Aber dieses 
Kirchengesetz wird doch schliesslich noch eine weitere starke 
Rückwirkung auf das Schulproblem ausüben. Ist für die 
Kirchen der Grundsatz der Freiwilligkeit und Achtung der 
Ueberzeugung proklamiert, so wird man den Gläubigen nicht 
zumuten können, ihre Kinder in eine ihre Religiosität igno- 
rierende oder bekämpfende Staatsschule zu schicken. Sie 
werden verstärkt den Ruf nach freien Schulen erheben, wo 
sie ihre Lebensüberzeugung auch dem Unterricht einhauchen 
können, und sie werden dann die logische Konsequenz und 
das moralische Recht auf ihrer Seite haben. Sie werden 
es um so mehr auf ihrer Seite haben, als auch der Staat aus 
guten Gründen der Meinung ist, sich nicht rein auf positive 
Kenntnisse beschränken zu sollen, sondern ‚gerade religiöse 
Aufklärung und eine ethische prinzipielle Weltanschauung 
durch die Schule seinen Bürgern erteilen zu müssen. So 
hat er Unterrichtsbücher für Staatskunde und Moral schaffen 
lassen, die freilich wesentlich ein Kampfmittel gegen die 
Kirche sind, bisweilen allerdings auch eine allgemeine Ge- 


SE rAan a 


fühlsreligiosität vertreten. Einer der Mitschöpfer dieser Ge- 
setzgebung, Buisson, gibt sich alle Mühe, eine solche aus Kant, 
Spencer und Schleiermacher destillierte neue Religion als 
die Schulreligion erscheinen zu lassen. Insbesondere ist z.B. 
die Schöpfung einer Bildungsschule für Lehrerinnen zur Ge- 
winnung eines weltlichen Mädchenschulwesens charakteristisch, 
wo der erste Leiter der Anstalt zu Fontenay, P&caut, mit 
scheinbar grosser Wirkung und unter Billigung des Ministe- 
riums religiöse, der protestantischen extremliberalen Theologie 
verwandte Grundsätze lehrte. Dagegen kehrt sich mit dop- 
peltem Grimm die kirchliche Ideenwelt und ebenso der reli- 
gionslose Positivismus, und die religiösen Kämpfe sind nun 
mitten in der Schule, die doch zu deren Schlichtung nur eine 
zentralistische Bureaukratie hat und als Einheits- und Ideen- 
schule nicht wie das Kirchengesetz die Bildung der Ueber- 
zeugungsgruppen freigeben will.!®) 

Hinter dem freikirchlichen System taucht überall das 
Schulproblem als noch schwierigeres auf. Es gibt freilich noch 
mehrere solche wunde Punkte des Systems, die für die Entbu- 
siasten einer solchen Neuordnung hier nur im Vorbeiweg an- 
gedeutet seien. Das erste und wichtigste ist, dass die römische 
Kirche, so wie sie bis jetzt.bei uns ist, sich ihm niemals fügen 
wird oder nur mit soviel Bewegungsfreiheit ausgestattet sich 
auf das System einlassen wird, dass die Parole von „der freien 
Kirche im freien. Staate“ sich zu der „vom freien Hecht im 
freien Karpfenteich“ verwandelt. Das amerikanische System 
ist nur möglich bei der besonderen Gestaltung des Katholi- 
zismus, die dieser dort in absolut demokratischer Luft und 
unter protestantischem Einfluss angenommen hat. Der 
„Amerikanismus“ enthält sich schlechthin jeder Politik, stellt 


das Dogma zurück, betreibt die praktische caritativ-soziale 
Arbeit und fördert überall die persönliche Initiative. Es 
fehlte nicht an Versuchen, die gleichen Ideen nach Europa 
zu übertragen, und die Zukunft wird deren vermutlich immer 
mehr bringen. Aber dem Unternehmen einer Verpflanzung 
dieses Geistes in die französische Kirche ist die offizielle 
Hierarchie und Theologie mit so leidenschaftlichem Hass und 
mit so vernichtenden Schlägen entgegengetreten, dass in 
dieser Hinsicht vorläufig in Europa und vollends in monar- 
chischen Ländern sehr wenig zu hoffen ist.) Eine zweite 
Schwierigkeit ist, dass mit diesem System der Staat die 
Kirchen in die Arme der ÖOrthodoxie treibt, die immer die 
stärkere und aggressivere Macht ist, und auf dieGegengewichte 
einer von ihm geforderten wissenschaftlichen Ausbildung gym- 
nasialer und universitärer Art verzichtet, was jedenfalls vom 
allgemeinen Kulturinteresse aus kein Vorteil ist.?2) Weiter 
bringt das System die Gefahr einer Herrschaft des Geldsacks 
in den Kirchen mit sich, eine Gefahr, die in Amerika recht 
häufig verwirklicht ist und die seiner Zeibt-Robespierre be- 
stimmte, gerade aus demokratischen Gründen im Interesse 
der Armen und der Masse gegen die Trennung sich zu er- 
klären.?!) Ferner überschüttet das geschäftliche Reklame- 
und Konkurrenzwesen, wozu die Kirchen durch ihre finanziellen 
Bedürfnisse und ihren Propagandatrieb genötigt werden, sie 
mit einer Unmasse widerwärtiger, roher und äusserlicher 
Praktiken. Zugleich entstehen ernste vermögensrechtliche 
Schwierigkeiten, die eine beständige Hereinziehung der Civil- 
gerichte in das kirchliche Leben nötig machen.?’) Schliess- 
lich aber ist gerade vom religiösen Standpunkt selbst aus 
eine derartige Spaltung und Zertrümmerung des religiösen 


Gemeinbesitzes, eine derartige Herabsetzung des mitgege- 
benen Erbes zu einem Gemächte jedesmal neuer Willens- 
erklärungen, diese Verwandelung der grossen geistigen Heimat 
in lauter selbstgewählte Vereine mit fortwährendem Aus- und 
Eintritt doch auch ein schwerer Verlust alter Lebenswerte 
und alter Lebenssicherheit.”?) Aber es stehe mit diesen Be- 
denken, wie es wolle, am allgemeinsten fühlbar und am 
brennendsten ist doch die Wirkung auf das Schul- und Er- 
ziehungsproblem. In Holland hat der streng calvinistische 
Minister Kuyper sich vom religiösen Standpunkt aus ener- 
gisch für die Freikirche erklärt, aber zugleich gesetzlich 
gefordert und durchgesetzt, dass die freikirchlichen Schulen 
dann überall vom Staat übernommen werden und bisher staat- 
liche bei Einhaltung der allgemeinen Unterrichtsbestimmungen 
religiös geleitet werden, sobald ihre Besucherzahl einen 
gewissen Prozentsatz von Konfessionellen erreicht.) Auch 
in England hat das dort bestehende relativ freikirchliche 
System einen schweren Schulkonflikt herbeigeführt, indem der 
Staat, die bisherige Freischule zurückdrängend, reine Staats- 
schulen schaffen will, an denen er einen undogmatisch- 
neutralen Religionsunterricht zur Befriedigung der verschie- 
denen Gruppen in Aussicht nimmt. Aber dagegen erhebt sich 
leidensehaftlich der Dissent, die Stütze der liberalen Partei, 
weil er von da eine unvermeidliche religiöse Beeinflussung 
der Schule durch die anglikanische Staatskirche fürchtet. Der 
Dissent will die Beibehaltung eines Systems, das dem jetzt 
in Holland eingeführten ähnlich ist.) Es ist überall dieselbe 
Sache: das Leben des Staates ist von der religiösen Ueber- 
zeugung seiner Bürger nicht zu trennen, und, wenn diese 
Ueberzeugungen stark sich unterscheiden, dann wird dieser 


Kampf überall bis in das innere Gefüge des Staates hinein- 
reichen. Man kann dann Staat und Kirche trennen und damit 
in solcher Lage Staat wie Kirchen zu befreien und zu entlasten 
scheinen, aber mindestens in der Schule treffen die Gewalten 
doch wieder aufeinander; das Interesse des Staates und der 
Gesellschaft an einer einheitlichen idealen Weltanschauung 
und Ethik und die Interessen geschiedener Kirchen an der 
charaktervollen Durchbildung ihrer Gläubigen mit ihren Ge- 
sinnungs- und Weltanschauungsgrundsätzen, stossen immer 
wieder zusammen. Wenn der Staat in der allgemeinen Staats- 
schule eine neue Schulreligion zu pflegen sucht ohne Mög- 
lichkeit eines Kultus und ohne positive Anschaulichkeit, dann 
wird er in diesem Kampf schwerlich der stärkere sein. Ver- 
zichtet er aber ganz darauf, so wird er auf die Dauer die 
geistige Verarmung seiner Schule empfindlich spüren und wird 
der Kirche durch alleinige Ueberlassung des Religionsunter- 
richtes eine ungeahnte Macht verleihen, gegen die zu kämpfen 
er sich der Mittel beraubt hat. Sucht er aber allen gerecht 
zu werden, so sprengt er sein einheitliches Schulwesen und 
hat mit der Herrschaft über die-Kirche auch die über die 
Schule aus der Hand gegeben. 


Der Fortfall der theologischen Fakultäten freilich wird 
scheinbar bei alledem am leichtesten verschmerzt werden. 
Die Leute, welche glauben, dass jede Vertretung des Ohristen- 
tums bei wissenschaftlicher Gesinnung nur durch grobe Selbst- 
täuschung möglich sei, werden jubeln über die Reinigung der 
Wissenschaft, und die Konfessionellen werden sehr zufrieden 
sein, dass ihnen der Staat keine Gymnasial- und Universitäts- 
bildung und vor allem keine Einwirkung der modernen Wissen- 


En 


schaft mehr aufnötigt. Aber in Wahrheit ist auch hier ein 
ernster Verlust anzuerkennen. Es fällt jedes, mit allen Mit- 
teln der Wissenschaft und allen Anregungen wissenschaft- 
licher Umgebung ausgestattete Organ weg, das historisch 
über Entstehung und Wesen der Kirchen unterrichten und 
prinzipiell die Fortentwicklung der Religion mitbestimmen 
könnte, jeder Einfluss, der die gewaltigen sozialen Energien 
der Kirchen mit der vollen Wissenschaft in Berührung brächte, 
und jede Möglichkeit für aufrichtige Fromme, eine Religions- 
gestalt zu gewinnen, in der wissenschaftlicher Wahrheits- 
gehalt und religiöser Geist durch eine planmässige, umfassende 
Arbeit sich durchdringen können.?‘) Eine in die philosophische 
Fakultät etwa einzustellende Professur für Kirchengeschichte 
und die Vorlesungen der Philosophen über Religionsphilosophie 
und Ethik können bei dem grossen Umfang der hier vorliegen- 
den Aufgaben und Stoffe nicht genügen. Wollte man aber etwa 
eine religionswissenschaftliche Sektion in oder neben der phi- 
losophischen Fakultät schaffen, wie es die Holländer in Ver- 
folgung des Gedankens einer Trennung von Staat und Kirche 
getan haben, so bekäme man entweder eine Disziplin, die zu 
entwickelungsgeschichtlichem Herumschweifen in allen Zeit- 
altern, zum Dilettantismus ohne Spezialfach, zur Religions- 
forschung ohne religiöse Stellungnahme verbunden ist und 
daher niemand, am wenigsten sich selbst, Freude bereitet; 
oder man hätte bei Vertretung eines religiösen Programms 
doch wieder unter anderem Namen eine theologische Fa- 
kultät und mit ihr alle Queielen der Gläubigen und Ungläu- 
bigen über sie; und fehlen würde ihr nur das wichtigste, ein 
geordneter Zufluss von Zuhörern. ?°) 


—. 41 — 


le: 


Solche Schwierigkeiten sind bei uns in Deutschland in - 
dieser Weise unbekannt oder noch unbekannt. Hier herrscht 
das paritätisch-landeskirchliche System, das oben charakteri- 
siert worden ist, zusammen mit einem fast völlig verstaat- 
lichten und zentralisierten Unterrichtswesen, das die staatliche 
Selbständigkeit der Schule mit den kirchlichen Einflüssen 
prinzipiell auszugleichen gewusst hat. Das System ist ein 
Erzeugnis der besonderen deutschen Ueberlieferungen, die bis 
zum Beginn des 19. Jahrhunderts — von Preussen abgesehen 
— die Einheitskirche und die Deckung des Staates und der 
Konfession rechtlich oder tatsächlich festgehalten hatten, und 
der politischen Umgestaltung infolge der napoleonischen 
Kriege, wobei die Staaten ohne jede Rücksicht auf konfes- 
sionelle Verhältnisse und mit der damals üblichen Gleich- 
gültigkeit dagegen neu zusammengesetzt wurden. Alle Staaten 
erhielten konfessionell gemischte Bevölkerungen. Da konnte 
nirgends mehr das Staats- und Gesellschaftsinteresse sich mit 
dem einer einzelnen Konfession decken und musste daher 
ihnen allen mit einem neuen juristischen Aufbau der Kirchen 
und einer neuen Regelung des Verhältnisses von Staat und 
Kirche notwendig zugleich eine gewisse Selbständigkeit und 
Selbstverwaltung überlassen werden. Zugleich war von dem 
individualisierenden und staatliche von religiösen Interessen 
trennenden Geiste der modernen Welt genug übrig, um diese 
Kirchen als gleichberechtigte individuelle Religionsgestal- 
tungen zu würdigen und um das eigene innere religiöse Leben 
der Kirchen im wesentlichen sich selbst zu überlassen oder 
im Unterstützungsfall sie doch so zu unterstützen, wie sie 


» 


RE 


von ihrem eigenen religiösen Prinzip es zu wünschen und zu 
fordern angewiesen waren. Andererseits war aber doch auch 
noch genug von dem alten Zusammengehörigkeitsgefühl poli- 
tisch-sozialer und religiöser Interessen übrig, was in den 
grossen Kämpfen der Freiheitskriege durch den Uebergang 
von der Idee des blossen Rechtsstaates zu dem mit allem 
geistigen Kulturinhalt erfüllten Kulturstaat nur sich stärkte 
und vertiefte, und war zugleich von dem alten Souveräne- 
tätsgeiste der Aufklärungspolitik mit ihrer Ueberwachung 
und Eingrenzung der Kirche noch genügend viel lebendig, 
dass der Staat sein ethisches Interesse mit dem den drei 
Konfessionen gemeinsamen Christentum innerlich eng ver- 
schmolz und zugleich die Kirchen stark unter seiner Aufsicht 
hielt, ja sogar in den protestantischen Kirchen das landes- 
herrliche Kirchenregiment neu betonte. Das Ergebnis von 
alledem ist das komplizierte System, das die alten Volkskirchen 
als staatlich privilegierte Kirchen gleichmässig anerkennt, eng 
mit den eigensten Interessen des Staates verbindet, aber zu- 
gleich doch ihnen eine vom Staat verschiedene, im religiösen 
Kern staatlich unantastbare Selbständigkeit gibt, deren Ge- 
fahren dann aber wieder durch ein Ueberwachungs- und Ein- 
schränkungssystem begegnet wird. Die religiösen Ideen 
werden vom Staate tatsächlich, wie in alter Zeit, als ab- 
solute und für alle verbindliche eingeschätzt, was vor allem 
in einer ausserordentlichen sozialen Prämiierung der Kirchen- 
zugehörigkeit zum Ausdruck kommt. Aber die einzelnen 
Kirchen kann er als viele und stark verschiedene nicht zu 
Organen dieser seiner Religionspolitik direkt machen, er muss 
ihnen eine relative Schätzung und damit eine die Verant- 
wortung für sich seibst tragende Selbständigkeit zuweisen ; 


und sofern von dieser Selbständigkeit her dann wieder seiner 
allgemeinen religiös-ethischen Kulturpolitik Gefahren drohen, 
muss er mit seinen Kulturorganisationen und seinem Staats- 
kirchenrecht dem wieder direkt und indirekt entgegenwirken. 
Es ist die oben charakterisierte Mischung absoluter und rela- 
tiver Massstäbe, deren Mischung dadurch so unauflöslich wird, 
dass der Staat seine absolute Schätzung des religiösen Ele- 
mentes doch wieder — von Streitfällen abgesehen — durch 
die nur relativ eingeschätzten, sehr verselbständigten Kirchen 
selbst grösstenteils an seiner Stelle ausüben lässt. Das vom 
Kirchenrecht der Aufklärung auf die Einzelgemeinden ange- 
wandte Kollegialprinzip war doch im Grunde damit bloss auf 
die grossen Kirchenkörper selbst übertragen und diese dem 
gewöhnlichen Korporationsrecht nur dadurch entnommen, dass 
sie um des in ihnen allen zusammen enthaltenen absoluten 
Wertes willen als öffentlich-rechtliche Korporationen, als mit 
dem Staatszweck eng zusammenhängende Zweck-Korpora- 
tionen, angesehen wurden. Seit 1848 entfalten sich mit der 
Demokratisierung unserer Staaten die auseinanderstrebenden 
Konsequenzen dieses Gedankens in steigendem Masse.?”) 
Das ganze System ist nunmehr etwa hundert Jahre alt, 
und seine Wirkungen zeigten sich sofort. Die neugebildete 
katholische Kirche wurde, ganz abgesehen von Romantik und 
römisch-jesuitischer Zentralisierung, schon allein durch die 
Notwendigkeit einer neuen, relativ selbständigen Konsoli- 
dation auf Grund der Parität und Toleranz zu einer zuneh- 
menden Verstärkung ihrer Ausschliesslichkeit und Herrschafts- 
ansprüche getrieben. Nirgends lässt sich das deutlicher ver- 
folgen als an dem jüngst dargestellten Leben des Würzburger 
Weihbischofs von Zirkel, der aus einer völlig Kantisierenden 


FR 


Dogmatik heraus zum Vertreter des strengsten Autoritäts- 
Katholizismus geworden ist.2) Als dann als weiteres Mittel 
zu dieser Konsolidation noch das allgemeine Wahlrecht und 
die Möglichkeit der Bildung einer katholisch-politischen Partei 
hinzukam, da stieg das verselbständigte Kirchentum auf dem 
Boden der paritätischen Toleranz immer stärker empor. Aber 
nicht viel anders ist es auch mit dem Protestantismus er- 
gangen. Er — und das ist in Deutschland wesentlich das 
Luthertum — hatte, wie man etwas paradox aber richtig gesagt 
hat, eigentlich bis dahin überhaupt kein Kirchentum. Der 
Altprotestantismus hatte für die Theologen nur die Predigt 
des Wortes, dessen Normierung nach reiner Lehre sie von 
den Regierungen erwirkten, und für die Gemeinden hin und 
wieder die Pfarrwahl und vermögensrechtliche Befugnisse 
behauptet; alles übrige und damit die ganze Organisation und 
Erhaltung und Ueberwachung, die Sorge für Einheit und Zu- 
sammenhang, überliess er der Obrigkeit als dem dazu be- 
rufenen christlichen Bruder, der denn auch Staat und Dienst 
am Wort als unauflösliche Einheit betrachtete. Als der rela- 
tivistische, die individuelle Ueberzeugung hochschätzende und 
das politische Souveränetätsinteresse vom religiösen Innen- 
leben trennende Geist der Aufklärung einzog, da hat er in 
Deutschland nicht wie in England und Amerika die Forderung 
der Trennung der Kirchenkörper vom Staate zur Folge ge- 
habt, sondern die Verwandelung des bisher religiös begrün- 
deten Kirchenregiments des Staates in ein rein polizeilich 
und utilitarisch begründetes und die Freigebung der Einzel- 
gemeinden und Einzelprediger zu einer fast völligen Inde- 
pendenz, die sich vor allem in der Lehrfreiheit des Einzel- 
Geistlichen und in der Unterlassung jeder über das Bisherige 


Zain — 


hinausgehenden materiellen Unterstützung von Seite des 
Staates kundgab. Die Kirchen wurden unter den modernen 
Gesichtspunkt des Vereinsrechtes gestellt, und, da es bei der 
Identität des Staates und der Kirche eine geschlossene Ge- 
samtkirche nicht gab, so kam diese vereinsrechtliche Theorie 
zur wirklichen Anwendung nur bei der Einzelgemeinde und 
auch da mit der charakteristischen Einschränkung, dass 
diese Vereine als das Regiment durch einen tacitus consensus 
an den Staat abgebend betrachtet wurden. Durch diese 
Fiktion blieb die alte Lage ohne den alten Geist, und es 
herrschte die neue Theorie ohne die ihr natürlichen prak- 
tischen Folgen. Darüber fielen die Gemeinden vielfach in 
Verarmung und Verwilderung mit allen weiteren ungünstigen 
Folgen, weshalb gerade die Geistlichen an der grossen Er- 
rungenschaft der Aufklärung, der Möglichkeit, die Religion 
aus dem neuen Geistesleben neu zu befruchten, nur einen 
bescheidenen Anteil nehmen konnten. Die grosse Zeit der 
Neuordnung aller Staatsverhältnisse am Beginn des 19. Jahr- 
hunderts führte dann aber mit der Aufgabe einer Neubelebung 
des geistlichen Lebens und mit der Notwendigkeit, eine vom 
Staat unterschiedene evangelische Kirche neben der katho- 
lischen zu konstituieren, zur Gründung eines neuen Kirchen- 
baus. Dieser neue Kirchenbau ist naturgemäss zu einer Ver- 
selbständigung der so auf eigene Füsse gestellten und zen- 
tralisierten protestantischen Kirche geworden, woraus auch 
hier die natürliche Folge einer doktrinellen und kultischen 
Uniformierung, einer Wiederbelebung der Autorität und der 
Ausschliesslichkeit, sich ergab. Die aus dem Gegensatz 
gegen den Rationalismus entsprungene und eines tiefen inneren 
Rechtes nicht entbehrende neue Gläubigkeit traf mit den 


BE ne 


naturgemässen Wirkungen einer neuen Betonung des juristi- 
schen und organisatorischen Gedankens zusammen, und beides 
verstärkte sich gegenseitig, da die Grundlagen des neuen 
Kirchenrechtes doch die alten Bekenntnisse geblieben waren. 
Als diese so gefestigten Tendenzen vollends die Unterstützung 
des pietistischen Königs und Hofes unter Friedrich Wilhelm IV. 
erhielten, da wurden sie überall mit Gewalt zur Herrschaft 
geführt; und als dann bei der Demokratisierung des Staates 
der König als Staatsorgan vom König als Inhaber des pro- 
testantischen Kirchenregiments sich schied und damit die 
Kirche um ein weiteres gegen den Staat verselbständigt 
wurde, da hat auch die protestantische Kirche die demokra- 
tischen Mächte des parlamentarischen Stimmrechts — freilich 
zumeist in engem Bund mit der konservativen Partei — 
für ‚sich verwenden gelernt. Das Ergebnis ist, dass auch 
die neugeschaffene, innerlich und äusserlich bedeutend geho- 
bene, uniformierte und zentralisierte protestantische Kirche 
trotz aller, im landesherrlichen Kirchenregiment verbleibenden 
Staatsabhängigkeit eine vom Staat innerlich getrennte, macht- 
volle Organisation geworden ist, deren politischer Einfluss 
über ihren rein sozialen und menschlichen noch weit hinaus- 
geht.??) 

Diese Verselbständigung der Kirchen hatte zum Aus- 
gangspunkt die Selbständigkeit des Staates und seine Stellung 
gegenüber einer Mehrheit von Konfessionen. Und nun nahm 
bei uns der Staat, über den Staatsbegriff der Aufklärung 
hinausgehend, mit Stein und Hegel wieder die allgemeinen 
Kulturaufgaben in sich hinein, verstaatlichte und zentrali- 
sierte zum Ausdruck dessen vor allem sein ganzes Bildungs- 
wesen völlig bis fast zum Ausschluss der Privatschule. ®) 


AT 


Aber hierbei und bei der geschilderten Stellung der Kirchen 
zum Staat und des Staates zu den Kirchen versteht sich von 
seibst, dass nun doch dieses Bildungswesen nicht bloss aufs 
tiefste mit religiösen Elementen durchwoben ist, sondern 
dass der Staat auch diese religiösen Elemente überall nur 
im engsten Zusammenhang mit den Kirchen geltend machen 
kann und will. Die Schule soll nicht bloss Religionsunter- 
richt, sondern auch religiösen Geist haben. Die Volksschule 
hat daher teils Religionsunterricht durch die hierzu im Se- 
minar gebildeten Lehrer selbst, teils durch vom Staat beauf- 
tragte Geistliche; in der Schulaufsicht sind Geistliche mittätig, 
und auf den ganzen Schulplan wie auf die Unterrichtsmittel 
üben die Kirchen teils direkten teils indirekten Einfluss aus 
bei aller im übrigen bestehenden rein schultechnischen Selb- 
ständigkeit der Unterrichtsverwaltung und modernen Päda- 
gogik. Die Konsequenz davon ist in der Tat die Konfessions- 
schule, wenn man wirklich ernstlich eine kirchlichreligiöse 
Beeinflussung des Geistes der Schule will, oder auch die 
Simultanschule, wenn man die Konzessionen an die Kirche 
nicht weiter, als absolut notwendig, treiben und den Geist 
der Schule mehr im Sinn einer allgemeinen interkonfessio- 
nellen Religiosität oder auch der Indifferenz beeinflussen will. 
An den Mittelschulen hat der weitschichtige und geistig 
selbständige Unterrichtsstoff naturgemäss eine grössere Un- 
abhängigkeit gegenüber religiöser Beeinflussung, aber auch 
hier spielt nicht bloss der bald von kirchlich, bald von staat- 
lich ausgebildeten Religionslehrern gegebene Religionsunter- 
richt eine grosse Rolle, sondern auch die allgemeinen Fächer 
bieten vielfach Gelegenheit zur Forderung oder Betätigung 
von allerhand Einwirkung. Am wenigsten unterstehen die 


EN ARTE 


Hochschulen bei der verfassungsmässigen Freiheit der Wissen- 
schaft diesen Einflüssen, aber auch hier werden historische, 
philosophische und juristische Professuren nicht selten unter 
solchen Gesichtspunkten besetzt. Vor allem besteht hier als 
Krönung der staatlichen Fürsorge für religiöses Bildungs- 
wesen die theologische Fakultät, bei der Geistliche und 
höhere Religionslehrer ihre Ausbildung finden und die zugleich 
im Interesse des Staates den Kirchen die wissenschaftlichen, 
kultursteigernden und Toleranz wirkenden Einflüsse zuführen 
soll. Auf diese Fakultäten suchen nun aber auch die Kirchen 
einen möglichst starken Einfluss zu üben. Der Katholizismus 
hält sie in völliger Abhängigkeit von den Bischöfen, der 
Protestantismus versucht Kirchenbehörden und Synoden einen 
sei es faktischen sei es rechtlichen Einfluss darauf zu sichern 
und führt hier zu heissen Kämpfen mit den wissenschaftlichen 
Interessen und der Selbstbestimmung der Fakultäten wie der 
Unterrichtsministerien.?!) 

Unter diesen Verhältnissen leben wir. Sie sind der Er- 
trag eines vielhundertjährigen Kampfes des Staates um die 
Kirchenhoheit, einer zweihundertjährigen Arbeit um gegen- 
seitige Toleranz der Konfessionen auf dem gemeinsamen all- 
gemeinchristlichen Boden und der durchgängigen Subjekti- 
vierung des religiösen Denkens selbst. Wenn wir ehrlich 
sind, können wir nicht leugnen, dass wir im allgemeinen bei 
dem Prinzip, bei der Mischung der verschiedenen Haupt- 
interessen und Gedanken, uns leidlich wohl befinden, so wohl, 
als es bei der konfessionellen Gespaltenheit unseres Volkes 
eben überhaupt möglich ist. Diese Gespaltenheit selbst frei- 
lich ist der Geburtsfehler des neuen deutschen Reiches, den 
wir schwerlich je heilen werden und auf den es sich ein- 


iu sl. 


zurichten gilt mit Gerechtigkeit gegen 'die Katholiken und 
mit möglichster Förderung freier Geistesbewegung und reli- 
giöser Selbständigkeit im Protestantismus. Dazu kommt ja 
auch noch die sonstige Uneinheitlichkeit unserer geistigen 
Kultur, die neben den Kirchen auch noch den Unchristen 
und Antireligiösen Luft und Raum zu schaffen nötigt.?) All 
das leistet das System leidlich. Das Volk in seiner Masse 
weiss es nicht anders, als dass die Kirche — etwa noch 
mit der Schule zu den öffentlichen Gewalten gehört und 
hat keinen Sinn für einen wesentlichen Unterschied unter 
ihnen. Die katholische Kirche hat bei dem System sich stets 
erträglich gut gestanden und weiss, dass ohne Zertrümmerung 
des modernen Staates, sie weiteres kaum erlangen kann; sie 
ist im ganzen bereit, hier auf die Lage einzugehen und 
benützt ihre weitergehenden Forderungen immer nur als 
Kampf- und Belebungsmittel. Der Protestantismus hat auf 
sein Zusammenfallen mit dem Staat und dem Staatsinteresse 
verzichten müssen und sich gleich der katholischen Kirche 
neben den Staat zu stellen lernen müssen. - Allein er hat 
sein Kirchentum in dem Ansehen als "eines besonderen Zweiges 
der göttlichen Stiftung, einer allgemeinen Volksanstalt und 
einer Gesamtheit von Wirkungen des Christusgeistes be- 
hauptet, in die jeder hineingeboren wird und in der jeder 
seine religiöse Heimat hat. Er ist nicht der sonst unver- 
meidlichen Zersplitterung preisgegeben.®?) Allerdings hat er 
mit dieser Behauptung dann nun freilich die Sachlage, dass 
ünzählige seiner Glieder, von der modernen Ideenwelt be- 
stimmt, seine offiziellen kirchlichen Grundlehren nicht mehr 
oder nur bedingt teilen. Aber da ist es gerade der zu- 
sammenhaltende und ausgleichende Einfluss des staatlichen 


Troeltsch, Trennung. 4 





Sta 


Kirchenregiments, die mit der Wissenschaft versöhnende 
Wirkung der staatlichen theologischen Fakultäten und das 
ganze Interesse des Staates an einer gewissen Temperierung 
der religiösen Leidenschaften, das ihn zusammenhält und ihm 
die Existenz möglich macht; er kann so von den reichen, 
in seinem Schoss enthaltenen Gegensätzen eine starke Be- 
lebung. und Anregung empfangen, ohne gesprengt zu werden. 
Er bleibt vom Staat als solche anerkannte Stiftung und An- 
stalt, die alle ihre Glieder umfasst und von der sich niemand 
zu scheiden braucht, der es nicht ausdrücklich will.) Die 
lähmende, seinem Ansehen abträgliche und seine sozialen 
Energieen hindernde Staatsabhängigkeit kann er innerhalb 
des Systems zu korrigieren suchen.?°) Erträglich aber ist der 
Zustand auch für alle gegen das Kirchentum Indifferenten und 
Feindseligen. Sie können völlig zu den Dissidenten übergehen 
oder sie können nach der Bekanntschaft mit diesen Dingen 
in den ersten Jugendjahren alles wieder vergessen und im 
übrigen von den Kirchen ungestört bleiben bis zur völligen 
Unkenntnis von allen kirchlichen Dingen, ja bis zum Ver- 
gessen der Existenz der Kirchen überhaupt, wovon die Zei- 
tungspresse und das akademische Deutschland ja auch den 
reichlichsten Gebrauch machen. Wo aber aus dem System 
nach der einen oder anderen Seite beängstigende und be- 
drückende Wirkungen hervorgehen, wo staatliche Einrich- 
tungen unter allzu starken kirchlichen Einfluss geraten oder 
kirchliche Interessen von der Unkirchlichkeit der Intellek- 
tuellen allzu stark berührt werden, da pflegt man darin Ex- 
zesse und Einseitigkeiten des Systems zu sehen, die vor 
allem die Regierung wieder auf ihre mittlere Linie zurück- 
zubringen hat. 


Fr: BE 


Gleichwohl aber hat das System schwere und sehr em- 
pfindliche Gebrechen, die seine Dauerhaftigkeit zweifelhaft 
machen. Ueberall macht gerade die Mischung staatskirch- 
licher und freikirchlicher Elemente, absolutistischer und rela- 
tivistischer Wahrheitsideen, die in ihm steckt, das System 
unsicher und droht es zu sprengen. In erster Linie ist es 
die römische Kirche, die sich diese Doppelseitigkeit der Lage 
für ihre staatszerstörenden Interessen nutzbar macht. Sie 
fordert im Namen ihrer Absolutheit die staatliche Privile- 
gierung als mindestes Zugeständnis an ihre eigentlich allein 
geltende und alles beherrschende Wahrheit und nützt diese 
Privilegierung überall aus. Aber andererseits verwertet sie 
die liberale Toleranzidee und die freikirchlichen Elemente 
des Systems, um im Namen der Freiheit das Gewährenlassen 
ihrer vollen Ansprüche zu erwirken, zu denen es nach ihren 
Grundsätzen nun einmal gehört, alle Lebensverhältnisse und 
Institutionen direkt oder indirekt dem geistlichen Einfluss zu 
unterwerfen. Sie fordert mit einem bekannten Wort in der 
Minorität nach den Prinzipien der Liberalen die Freiheit für 
sich, die sie in der Majorität nach ihren Prinzipien den Li- 
beralen versagen müsste. Das neueste Dokument dieses Ver- 
fahrens ist der sog. Toleranzantrag, die Forderung eines 
Reichs-Religionsgesetzes das, wie die Denkschrift des Evan- 
gelischen Kirchenausschusses treffend sagt, der Kirche zu 
den Vorteilen der Privilegierung auch noch die des freien, an 
keine Staatskontrole gebundenen Vereins verschaffen soll. 
Das aber ist in Wahrheit unmöglich und eine Auflösung un- 
seres Staates und unserer Kultur.) Aus diesen Konflikten 
gibt es keinen Ausweg als eine wirkliche Trennung von Staat 
und Kirche derart, dass dabei die Kirche wirklich rein auf 


ihre religiösen Funktionen gesetzlich eingeschränkt würde, 
was ihr an sich ja auch, wie Amerika und in Europa das 
Beispiel Bonomellis zeigt, wohl möglich wäre. Von den Sätzen 
des Syllabus geht ja schon der Toleranzantrag ab.?”) Anders- 
artige aber nicht minder ernste Schwierigkeiten bestehen 
auf Seite des Protestantismus. Seine Anhängerschaft ist so 
ungleichartig, dass er in der Tat nur mit den grössten 
Schwierigkeiten zusammenzuhalten ist. Er hat offiziell ein 
Bekenntnis und eine Doktrin, die von Unzähligen nicht geteilt 
werden;?®) der Einfluss der modernen Wissenschaft hat seine 
Theologie stark zersetzt, auch wo seine Religiosität wesent- 
lich übereinstimmend geblieben ist. Idealisten und fromme 
Gläubige wie Sulze werden immer wieder versuchen, ihn in 
praktischen ethisch-sozialen Aufgaben zu einigen und die 
theologischen Differenzen durch Betonung des rein Religiösen 
zu beseitigen oder zurückzudrängen.?) In dieser Richtung 
arbeitet der beste Teil der Theologie und eine Schar be- 
geisterter Geistlicher. Allein die Scheidung des Religiösen 
und Theologischen ist praktisch sehr schwer durchführbar, und 
die Independenz der Gemeinden, die der Protestantismus in 
dieser Lage entwickelt hat und faktisch fordert, stösst überall 
mit den rechtlichen Grundbestimmungen und den wesentlich 
orthodoxen Lehrgesetzen der grossen Kirchenkörper in hartem 
Kampf zusammen. Es ist auch hier überall eine Mischung 
freikirchlicher, anstaltskirchlicher und staatskirchlicher Grund- 
sätze. Vom Freikirchenstandpunkt aus argumentiert die Ortho- 
doxie, wenn sie modern gesinnte Pfarrer wegen Nichtüber- 
einstimmung mit den Vereinsgrundsätzen zur Niederlegung 
der Aemter auffordert, während diese von anstaltskirchlichen 
Grundsätzen aus ihrerseits mit vollem Recht ihr Teilhaben 


« 


am Geiste Christi und Geisteserbe der Reformation behaup- 
ten und wie Luther nicht austreten, sondern die gemeinsame 
Kirche erneuern wollen. Umgekehrt urteilt dieselbe Ortho- 
doxie vom anstaltskirchlichen Prinzip aus, wenn sie überall 
den Arm des Staats zur Beseitigung der Heterodoxie ver- 
langt und zwar die liberalen Geistlichen zum Austritt nöti- 
gen, aber die Massen auch bei sehr unkirchlicher Gesinnung 
in der Kirche behalten will, da die Liebe hier Unterschiede 
ertragen und der Glaube eine endgültige Christianisierung 
hoffen müsse. Und der liberale Protestantismus, der über 
sein Heimatsrecht im Protestantismus aus anstaltskirchlichen 
Gründen gewiss ist, macht doch für die Lehrfreiheit des ein- 
zelnen Amtes wieder die Selbständigkeit der Gemeinde und 
das Recht der individuellen Gewissensüberzeugung geltend, 
deren Konsequenz dann aber doch die vereinskirchliche In- 
dependenz wäre.) Wie schwer von dem letzteren Stand- 
punkt aus dann die Einheit zu wahren und wie unent- 
behrlich doch auch von ihm aus eine Lehrgemeinsamkeit 
ist, hat plötzlich mit Schrecken die Bremer Kirchenrevolution 
gezeigt, wo Kalthoff den Philosophen Häckel und den Monisten- 
bund auf der Kanzel einsetzte und man den übrigen frei- 
gesinnten Theologen „religiösen Schwachsinn“ vorwarf.‘!) 
Allen diesen Schwierigkeiten entgeht eben doch nur die 
Trennung in gleichartigere Bestandteile, die zugleich not- 
wendig eine Trennung vom Staate ist; denn die Naivetät der 
Orthodoxie, von denLiberalen Austritt nach vereinskirchlichen 
Grundsätzen und für sich die Staats- und Gesellschaftsprivi- 
legien nach staats- und anstaltskirchlichen Grundsätzen zu 
fordern, ist doch im Grunde nichts anderes als eben Naive- 
tät. Die freien Protestanten werden sich so leichten Kaufes 


Se 


nicht aus dem gemeinsamen Erbe hinauswerfen lassen, so 
lange es besteht, und werden keine Lust haben, sich selbst 
das Schicksal der Dissidenten zu bereiten. Schliesslich aber 
wird die Forderung auch für die Unkirchlichen und ausser- 
kirchlich Religiösen nicht zu umgehen sein. Denn sie können 
im Ernste doch nicht den Austritt der Gebildeten aus der 
Kirche. fordern, um, dieselbe Kirche der Orthodoxie über- 
lassend, damit der Orthodoxie zur Herrschaft über den Staat- 
zu verhelfen, ganz abgesehen davon, dass sie fortfahren, für 
sie ihre Steuern zu bezahlen. Auch sie können nur Trennung 
von Staat und Kirche verlangen. 

Alle diese Schwierigkeiten aber kehren verdoppelt wieder 
in den Schulkämpfen der deutschen Gegenwart. Hier ist es 
vor allem die Volkschule, die schwer darunter leidet. Eine 
widerwillig im konfessionellen Joch gehaltene Lehrerschaft, 
ein oft widerwillig erteilter Religionsunterricht, die Reibungen 
der weltlichen und der geistlichen Gewalt in der Schulaufsicht 
und Schulverwaltung, ein gegen all das leidenschaftlich rea- 
gierender Radikalismus eines grossen Teiles der Liehrer- 
schaft, eine völlige Verworrenheit der Lage ist hier in den 
meisten deutschen Ländern das Ergebnis der Verhältnisse. 
Aber auch an den höheren Schulen nimmt der Religionsunter- 
richt, der nicht als freie Untersuchung religiöser Dinge, son- 
dern als kirchlicher Glaubensunterricht gegeben wird, eine 
äusserst schwierige Stellung ein. Ihm begegnet instinktives 
Misstrauen und nur eine vertrauenerweckende Lehrerpersön- 
lichkeit überwindet diese Schwierigkeiten. Und auch an den 
Hochschulen ist der Kampf um die theologischen Fakultäten, 
mit dem sich ein solcher um verwandte ebenfalls die Welt- 
anschauung berührende Professuren leicht verbindet, eine 


— 55 — 


offene Wunde des Universitätslebens. Aus all diesen Miseren 
hilft nur eine grundsätzliche Entkirchlichung der Schule, und 
diese wiederum setzt die Trennung von Staat und Kirche 
voraus.??) 

Am schlimmsten aber ist, dass das System zwar histo- 
risch und tatsächlich herrscht, aber von keiner inneren Be- 
geisterung getragen wird. Wohl erblicken viele Vaterlands- 
freunde und viele lautere und fromme Männer ‘aller Kon- 
fessionen und Richtungen in ihm ein Kleinod der besonderen 
deutschen Verhältnisse. Aber es sind nicht viele, und bei 
den meisten ist es mehr eine Vernunftliebe als eine wirkliche 
innere Wärme. Man nimmt es hin wie selbstverständlich und 
unabwendbar, man unterbaut ihm eine Theorie vom festen, 
treuen, christlichen Volk und seiner duldsamen Betätigung 
dieses Christentums in verschiedenen Formen, aber die inneren 
Widersprüche des Ganzen lassen keine durchschlagende Hin- 
gebung daran zu Stande kommen. So liegt in ihm eine tiefe 
innere Unwahrheit. Und diese Unwahrheit kommt überall da 
zum schmerzlichsten Ausdruck, wo. diese Kirchentümer sich 
getragen zeigen von einer Politik, von einer sozialen Respek- 
tabilität und einer übereinkömmlichen Zustimmung, die doch 
innerlich gauz kalt und gleichgültig, ja feindlich und höhnisch 
sich zu der von ihnen vertretenen Sache stellt, wo sie in 
der Hand der herrschenden Gesellschaft Zwecken dienen, die 
mit ihrem inneren Geist nichts zu tun haben. Gegenüber 
dieser Unwahrhaftigkeit wird es für das aufrichtige religiöse 
Gefühl selbst ein Bedürfnis, seine Gemeinschaft innerlich von 
dieser fremden Welt zu trennen und auf die wirkliche Frei- 
willigkeit und Gesinnungswärme der Teilnehmer zu stellen. 
Bei allen schweren Opfern, die der Verzicht nicht auf das 


— 56 — 


Kultusbudget — denn das ist das geringste —, sondern auf 
die Volkskirche und auf die selbstverständliche Gemein- 
schaft des Volkes in dem Besitz seines religiösen Erbes und 
seiner religiösenHeimat kostet, wird es so eine Forderung der 
religiösen Gesinnung selbst, die Kirche vom Staat zu trennen 
und das religiöse Leben auf freie Vereine zu stellen, in denen 
es sich- vertiefen und beleben wird. 

So taucht von allen Seiten her auch für uns die Mög- 
lichkeit, vielleicht Wahrscheinlichkeit einer Trennung von 
Staat und Kirche auf. Freilich die unmittelbare Gegenwart 
sieht darnach durchaus nicht aus. Sie wird sicherlich eine 
Steigerung des Klerikalismus und seiner Macht über den 
Staat bringen. Daran arbeitet die ganze politische Lage und 
gerade auch die religiöse Haltung des Liberalismus und der 
von ihm in dieser Hinsicht ganz abhängigen Sozialdemokratie 
selbst, die durch ihre Geringschätzung oder Bekämpfung des 
Christentums auch sehr frei gesinnte Christen den Kirchen 
nähern. Aber gerade durch diese allerseits beförderte und 
sicher zunehmende Herrschaft des Klerikalismus wird aller 
Wahrscheinlichkeit nach eine erbitterte Gegenbewegung her- 
vorgerufen werden, die sehr leicht mit der Herrschaft der 
Kirchen auch das staatskirchliche System selbst zertrümmern 
kann. Das Vorbild Frankreichs, von dem alle grossen poli- 
tischen Umwälzungen ihren Ausgang genommen haben, wird 
weiter wirken, und wir werden mit einer Trennung von Staat 
und Kirche auch bei uns als sehr wohl möglich zu rechnen 
haben. 

Das Verhältnis von Staat und Kirche ist in seinem 
Wesen irrational. Es ist das Verhältnis zweier Souveräne- 
täten, die sich nicht entbehren und doch auch nicht ertragen 


a ee 


können, einer weltlichen Macht- und Rechtsorganisation, die 
für ihr Volk die seelischen Kräfte der Religion braucht und 
doch durch die Religion in der Konsequenz ihres Macht- und 
Rechtsgedankens sich nicht stören lassen kann, und einer 
geistlichen Gedanken- und Seelenorganisation, die die ma- 
terielle Macht und die Hilfe des Rechts nicht entbehren und 
doch in ihre höchsten Werte vom Staat nicht hineinreden 
lassen kann. Die Trennung von Staat und Kirche würde 
die Probleme nur auf einen neuen Boden hinüberschieben, 
nicht lösen. Sie wären gelöst, nur. wenn die Religion stürbe, 
und dann wäre die Trennung überflüssig. Viele freilich betrei- 
ben die Trennung nur als Anfang vom Ende der Religion, 
in der Hoffnung, sie damit auf den Aussterbeetat zu setzen, 
und dürfen sie darum dann in der Tat für die Lösung des 
Problems halten. Aber diese Hofinung ist völlig trügerisch, 
sie beruht auf der Utopie eines dereinst kommenden reli- 
gionslosen Zustandes oder einer alle überzeugenden wissen- 
schaftlichen Ethik und Weltanschauung. Derartiges hat es 
nie gegeben, gibt es heute nicht und wird es nie geben. Eben 
darum aber ist die Trennung von Staat und Kirche auch nur 
eine Verschiebung des Problems, wo erst die Erfahrung lehren 
muss, ob die neuen Zustände besser sein werden als die 
alten. Bringen es die allgemeinen Weltverhältnisse mit sich, 
dass auch bei uns die Stunde schlägt für die Lösung dieser 
Probleme vom Boden der Trennung aus, dann wollen wir uns 
mutig und getrost an diese Aufgabe machen und haben das 
Problem vor allem so zu lösen, dass dabei das Bestmögliche 
geschehe für die innere Einheit und geistige Gesundheit, für 
die Charakterstärke und seelische Vertiefung unseres Volkes 
in einem Zeitalter kolossaler technischer Kultur, intellek- 
tueller Raffiniertheit und nervöser Ueberreizung.*?) 


Te 


V. 


An dieser Zukunftsmöglichkeit interessiert uns hier in 
diesem Zusammenhange nur die eine Frage: Wird dann auch 
bei uns der staatliche Religionsunterricht in jeder Form weg- 
fallen, und wird dann auch die theologische Fakultät ihre 
Berechtigung an den Universitäten verloren haben? 

Was in dieser Lage seiner Zeit geschehen wird, darüber 
zu prophezeien hat keinerlei Sinn. Alles wird davon abhängen, 
wie der Liberalismus, der. jene Revolution durchsetzt, zu der 
unzweifelhaft wesentlich christlichen Religiosität unseres 
Volkes sich stellen wird, ob er sie in sich aufnehmen und 
fortzuentwickeln bestrebt sein wird, oder ob er sie, wie bisher 
zumeist, wird bekämpfen oder unter Gleichgiltigkeit begraben 
wollen. Ich kann hier nicht sagen, was kommen wird, son- 
dern nur, was wir in einer solchen Lage unter der Voraus- 
setzung eines grundsätzlichen Bekenntnisses zu allen wesent- 
lichen religiösen Ideen des Christentums für sachlich geboten 
und unter der Voraussetzung einer auch dann noch bestehen- 
den Christlichkeit der Hauptmasse unseres Volkes für unter- 
richtspolitisch erforderlich halten. 

Es ist oben gezeigt worden, wie die Trennung von 
Staat und Kirche gerade für das Problem der Religion in 
Schule und Unterricht die schwierigsten Folgen hat. Weder 
die amerikanische noch die französische Regelung kann 
uns befriedigen oder hätte wirklichen Boden bei uns. Die 
Sitte der einen, die Schule als reinen Fachunterricht zu 
neutralisieren und von den Kirchen eine starke Orthodoxie 
pflegen zu lassen, streitet mit unserem Staatsbegriff, der 
nach alter deutscher Sitte und im Sinne aller unserer grossen 


a 


idealistischen Denker den Staat und die Schule auch zum 
„Weltanschauungskörper“ macht, und mit unserer religiösen 
Bildung, die unter dem Einfluss eben dieser Denker in den 
allerweitesten Kreisen der Orthodoxie entwachsen ist. Die 
Forderung der anderen, in der Staatsschule eine bürgerlich- 
philosophische Ethik antichristlichen und eine Metaphysik rein 
abstrakten Gepräges zu lehren, widerspricht der pädagogischen 
Forderung einer positiv-anschaulichen Religion, widerspricht 
dem inneren Wert und der Bedeutung, die die christliche 
Ideenwelt für unser Leben hat. Die Forderung der Gesell- 
schaften für ethische Kultur aber, einen religiös absolut neu- 
tralen Moralunterricht zu pflegen, setzt eine natürlich-wissen- 
schaftliche, allgemein übereinstimmende, von der Weltanschau- 
ung unabhängige Moral voraus, die es nicht gibt, und enthält 
entweder die Ablehnung der Religion überhaupt, die eine 
Verkümmerung unseres Lebens wäre und die sich der grösste 
Teil des Volkes nicht wird gefallen lassen, oder eine religiöse 
Zuspitzung, die ihre volle Kraft nur beim Anschluss an die 
Majestät und Kraft, an die Zartheit und Milde, an die Ziel- 
gewissheit der christlichen Geistes- und Persönlichkeits- 
religion wird finden können.**) Die Schwierigkeiten des Schul- 
problems bei der Trennung von Staat und Kirche bestehen 
ja eben darin, dass in Wahrheit doch die Gesellschaft eine 
starke, tiefe und lebendige Religion braucht und von ihr sich 
nicht trennen kann, auch wenn sie die Kirchen vom Staate 
trennt. Eine solche Religion ist aber unter uns nur das 
Christentum, das man mit der modernen Ideenwelt ver- 
schmelzen mag, das man aber nicht durch ethisch-pan- 
theistische Abstraktionen wirkungskräftig ersetzen kann. An 
dem Anschauungsmaterial der Bibel, ergänzt durch jedes 


weitere erreichbare Anschauungsmaterial, kann die früheste 
Kindheit Religion und Moral lernen, aus der Kenntnis des 
Christentums und seiner Geschichte in Kampf und Verschmel- 
zung mit der übrigen europäischen Ideenwelt mag der reife 
Schüler seine eigene Religiosität bilden. Aber wie die Reli- 
gion kein Erzeugnis, sondern ein Gegenstand der Wissen- 
schaft ist, so wird man auch nicht von einer „wissenschaft- 
lichen Religion“ ausgehen können, sondern umgekehrt nur 
aus der Kenntnis der Religion, die unser Leben geformt hat, 
seine eigenen wissenschaftlichen Ideen über die Religion ge- 
winnen und weiterbilden können. Die bekannte Forderung 
der Bremer Lehrer, die zur Parole eines grossen Teils der 
Lehrerschaft werden wird, meint zwar, den Religionsunter- 
richt nur in Gestalt vergleichender Religionsgeschichte geben 
zu können.*°) Allein das ist dieselbe historistische, in allen 
Weltaltern herumtastende Unsicherheit, wie die Forderung, 
Kunstbildung durch „Kunstgeschichte aller Völker und Zeiten“ 
zu erzielen. Man muss ein festes Zentrum haben, mag dieses 
durch Vergleichung befestigen und illustrieren, muss aber 
doch überall von unserem gegebenen Besitz ausgehen. Und 
das Christentum ist tatsächlich die einzige Religiosität, die 
für uns praktisch als Zentrum und Ausgangspunkt in Betracht 
kommen kann. So bleibt für den Unterricht nichts als ein 
Unterricht in dem von unserer geistigen Welt und unserem 
Staat nicht zu trennenden Christentum. Die Trennung von 
Staat und Kirche kann keine Trennung von Staat und 
Christentum sein und daher auch keine unchristliche oder 
neutrale Schule zur Folge haben. Gesellschaft und Staat 
bleiben interessiert an einem Unterricht der Jugend im 
Christentum und mögen dann jedem die Freiheit lassen, diesen 
Unterricht zu verwerten, wie er will. 


ER 


Es wäre ein wesentlich historischer Unterricht, der in 
der Volksschule aus dem anschaulichen Stoff die religiös- 
ethischen Ideen entwickelte und auf den höheren Schulen 
vom geschichtlich Gegebenen aus in die Kämpfe der grossen 
Weltanschauungsgegensätze einführte und aus ihnen heraus 
zur Gewinnung einer modernen Christlichkeit anleitete. Der 
feste Kern biiebe überall das Historische, das auf den obersten 
Stufen auch durch religionsgeschichtliche Vergleichung ver- 
deutlicht werden mag und von dem aus eine eigene Welt- 
anschauung erstrebt werden mag, die nur eben ihre wesent- 
lichen Wurzeln im Christentum behält. Einen solchen Unter- 
richt könnte nur der Staat allein erteilen, und der Staat wäre 
hierfür angewiesen auf die Wissenschaft vom Christentum. 
Das heisst aber, er bliebe angewiesen auf eine theologische 
Fakultät, die ihm seine Religionslehrer und Seminarlehrer 
ausbildete und deren Leistung dann die oberste Quelle für 
den Religionsunterricht wäre. Neben der theologischen Fa- 
kultät würde die Pädagogik massgebend, die die Methode 
religiösen Elementarunterrichts ausarbeitet: Im Einverständ- 
nis mit den Fakultäten und der wissenschaftlichen Schul- 
pädagogik würde ein rein staatliches Unterrichtsministerium 
von sich aus. das Ganze leiten. Dabei könnte man eine so 
warm religiöse und allgemein christliche Richtung einhalten, 
dass der spezielle dogmatische Unterricht der Kirchen in 
Sonntagsschule, Konfirmationsunterricht und Predigt wenig- 
stens im allgemeinen sich daran anschliessen könnte.‘°) 

Vorausgesetzt ist dabei freilich, dass die theologischen 
Fakultäten sachlich christliche bleiben und sich nicht durch 
das Prinzip der Voraussetzungslosigkeit genötigt glauben, 
das Christentum selbst in seiner Geltung und seinem Werte 


BE 


als möglichst fraglich zu behandeln. Gewiss müssen die Vor- 
aussetzungen geprüft werden, aber doch nur dazu, um feste 
Voraussetzungen zu gewinnen auf denen die weitere Arbeit 
beruhen kann. Aber einmal muss doch die Prüfung der Vor- 
aussetzung fertig werden, und in einer so grossen und ein- 
fachen Sache, wie in der Frage nach der Grundwahrheit des 
Christentums, muss man doch einmal zu einer ruhigen Klarheit 
kommen. Man wird einmal erkennen, dass man von der ein- 
gewurzelten Religion nur dann abgehen kann, wenn eine 
höhere sich darbietet, und dass man dann, wenn dies nicht 
der Fall ist, in allen religiösen Dingen von der eingewur- 
zelten Religion als Grundlage ausgehen muss. Man wird 
wieder den Mut fassen, im Christentum eine der Selbst- 
verständlichkeiten unseres Daseins zu sehen, und es müde 
werden, immer wieder die Voraussetzung der Voraussetzung 
zu unterwühlen, immer wieder die Wurzeln unseres Daseins 
an das Licht zu zerren und alle Selbstverständlichkeiten zu 
zerreiben. Man wird von dem Christentum ausgehen als 
dem Glauben an das Personwerden des Menschen durch die 
Hingabe an Gott und wird an seiner Geschichte sich die 
Kraft dieses Glaubens deutlich machen. Man wird aus 
diesem Kapital mutig und ernsthaft die Zinsen zu ziehen 
lernen und nicht immer von neuem das Kapital nachrechnen. 
Die herostratischen Lorbeeren werden durch Billigkeit weniger 
loekend werden und der Instinkt der Selbsterhaltung es über 
die Lust zur Selbstzersetzung davon tragen. Man wird die 
theologischen Fakultäten nicht mehr zu einem Herumflattern 
zwischen den verschiedenen Religionen der Welt verurteilen 
und wird von ihnen nicht das Unmögliche verlangen, eine 
neue wissenschaftliche Religion zu erfinden. -Man wird viel- 


GE 


mehr einsehen, dass man beim Gegebenen seinen Standort 
nehmen muss, und dass dies Gegebene die höchste uns be- 
kannte religiöse Kraft ist, zu der alle die verschiedenen 
idealistisch-philosophischen Systeme sich nur als wissen- 
schaftliche Abzweigungen verhalten. Dann wird es möglich 
sein, dass man die Freiheit der theologischen Wissenschaft 
nicht in der beständigen Aufhebung ihrer eigenen Voraus- 
setzung, sondern in einer freien Fortentwickelung auf Grund 
der gegebenen Voraussetzungen sehen wird.*”) 

Man darf auch nicht einwenden, das alles heisse die freie 
Theologie zur Staatsreligion proklamieren. Denn es ist nur 
ein Religionsunterricht, und ihm fehlt zur Religion das We- 
sentliche, der Kultus. Der Kultus und der besondere dog- 
matische Unterricht verbleibt den Kirchen, denen wir dann 
ein neues Leben zutrauen dürfen und die nicht bloss ein 
Gegengewicht gegen diesen staatlichen Religionsunterricht 
bilden, sondern die ihre Wärme und ihre Kraft durch ver- 
schiedene Kanäle auch dem neuen Religionsunterricht und 
den interkonfessionellen, rein wissenschaftlichen Fakultäten 
zuführen würden. Auch würden sie für ihre Diener die theo- 
logischen Fakultäten nach wie vor gewiss vielfach benützen, 
nur ohne staatlichen Zwang und darum in segensreicherer 
Freiheit. 

Es wäre eine völlige Umwälzung, ein neues System. 
Aber es wäre doch nur das System, das von unseren grössten - 
idealistischen Denkern gefordert worden ist. Es wäre die 
Verwirklichung des Hegelschen Programms von dem Staat 
als dem Inbegriff der Kultur, der insbesondere auch den reli- 
giösen Gedanken mit der ganzen Bildung verknüpfen muss. 
Es wäre das Eintreffen von Richard Rothes Prophezeiung, 


ee 


dass die Kirchen, wie sie geschichtlich sich immer mehr zer- 
splittern und schwächen, schliesslich in den Staat übergehen 
werden. Und es wäre nur gegenüber solchen abstrakten 
Lehren die konkrete Wirklichkeit der Kirchen als Kultus- 
gemeinschaften behauptet, die ja wesentlich zum Leben der 
Religion gehört und vom Staate niemals übernommen werden 
kann. Es wäre die praktische Verwertung der mühsam er- 
oberten Unterscheidung von Religion und Kirche, die dann 
doch überall frei sich wieder finden und verbinden Könnten. 
Es käme das Wahrheitsmoment der katholischen und der alt- 
protestantischen Kirche wieder zu ihrem Rechte, dass die 
religiöse Idee eine allgemeine und allbeherrschende sein 
müsse, weil die Wahrheit nur eine ist. Sie käme zu ihrem 
Recht durch den Staat und die Wissenschaft und nicht als 
Kirchenautorität, als gemeinsames Suchen auf gemeinsamer 
Voraussetzung zu gemeinsamem Ziel. Es bliebe als Unter- 
grund dieser gemeinsamen religiösen Wahrheit auch dann 
ein bestimmter Offenbarungsbegriff, aber nicht der Begriff 
einer übernatürlichen autoritativen Lehrmitteilung für alle, 
auch nicht der einer übernatürlichen, jedesmal besonderen 
Erleuchtung des Individuums, sondern der Begriff eines 
Durchbruchs höchster religiöser Kräfte in der Geschichte, 
die nach immer neuer Konzentration und immer neuer Ver- 
schmelzung mit dem Gesamtleben drängen. Es würde der 
‘ täuferische und independente Relativismus wieder überwunden, 
der jeden nur auf sich selbst stellt, und es würde alle in- 
dividuelle Religiosität wieder auf gemeinsame Quelle und auf 
gemeinsames Ziel hingewiesen. Und zugleich bliebe die 
moderne Gewissensfreiheit, die in alledem niemand verge- 
waltigt und den Kultgemeinschaften völlig freie Bahn lässt, 


ne 


soweit sie auf wirklich religiöse Zwecke hinarbeiten und die 
Religion als freien nicht als erzwungenen Glauben verstehen. 

Blicken wir auf die anfangs geschilderten drei Typen 
des Verhältnisses von Staat, Religion und Kirche zurück, so 
gehörte auch diese Regelung der Verhältnisse dem dritten 
Typus an. Aber es wäre nicht die Zusammenordnung einer 
unfassbaren Staats-Christlichkeit mit drei absoluten Staats- 
kirchen, sondern eine wissenschaftliche Bearbeitung des 
Christentums durch die Unterrichtsanstalten des Staates zu 
Unterrichtszwecken, neben denen als freie private oder 
wenigstens nicht vom Staat gehaltene Korporationen die 
Kirchen auf eigene Verantwortung ihre starken Gemeinschafts- 
kräfte kirchlich entfalten. Es wäre das Ideal der einen 
Wahrheit aufrecht erhalten, aber als wissenschaftliche 
Verständigung über die Gestaltung unserer religiösen Kräfte, 
und es blieben daneben die vielen subjektiven Wahrheits- 
überzeugungen, aber als persönliche Vereinigungen, die für 
die Macht des Gemeinschaftslebens grösserer Konkretheit be- 
dürfen. Und es wäre das eine Lösung, die dem Volke Kants 
und Goethes entspräche, das durch seine idealistische Philo- 
sophie nun einmal von Amerika und Frankreich für immer 
verschieden ist. 

Man könnte all dem entgegenhalten, dass die dafür vor- 
ausgesetzte Einheitlichkeit einer deutschen Geisteskultur nie 
kommen werde, dass sie überhaupt nur beim Glauben an su- 
pranaturale Autoritäten möglich gewesen sei und unter der 
Herrschaft der Wissenschaft und des freien Individualismus 
unwiderbringlich dahin sei. Man kann weiter sagen, dass 
insbesondere die Konfessionellen und die Antichristen nie auf 
eine derartige Gestaltung eingehen werden. Allein eine solche 


Troeltsch, Trennung. 5 


Hoffnung kann man nicht fahren lassen, wenn man an die 
Zukunft glauben und die Wissenschaft nicht einfach als ein 
Prinzip der Selbstauflösung aller Kultur betrachten will; und 
für solche, die durch ein solches System ihre Gewissensfrei- 
heit bedroht fühlen, könnte man immer noch mit religiös neu- 
tralen Schulen oder auch mit reichlicherer Gestattung der 
Privatschulen oder mit Dispensen vom Religionsunterricht aus- 
helfen. Von der grossen Masse des Volkes würden wir hoffen, 
dass sie in einer Periode grossen politischen Umschwungs 
auf ein solches System einzugehen bereit ist, und so bliebe 
dem System immer eine ausreichend starke Organisation. 

Freilich das sind Zukunftssorgen. Aber wer über die 
Entwirrung der so verschlungenen Knoten des heutigen deut- 
schen Lebens nachdenkt, wird ihnen sich nicht völlig ver- 
schliessen können; und sie sind entscheidend für die Beant- 
wortung der Frage, von der wir ausgingen, für die Frage 
nach der Berechtigung der theologischen Fa- 
kultät an den Universitäten. Es mag werden wie es 
will, aber wir müssen für unsere Fakultäten eine Klarheit 
haben über die Berechtigurg, die wir selbst für sie fordern 
können. Wir müssen uns vor allem selber für unser eigenes 
Wollen und Handeln, für unsere Hoffnung und Selbstgewiss- 
heit darüber klar sein, was wir von der dunkeln Zukunft 
für uns beanspruchen dürfen, gleichviel, ob es uns dann in 
Wirklichkeit genehmigt wird oder nicht. 

In diesem Sinne können wir nun auf unsere Eingangs- 
frage antworten. Unsere Daseinsberechtigung beruht jetzt 
und auf absehbare Zeit auf dem paritätisch-landeskirch- 
lichen System, auf dem Staatsauftrage, rein wissenschaftliche 
Bildung für das kirchliche und religiöse Leben des Volkes 


nutzbar zu machen. Wir arbeiten in unserem Unterricht für 
die Landeskirche und ihre Diener. Wir tuen es mit Freuden 
und dem Bewusstsein des grossen Segens, den uns der Zu- 
sammenhang mit diesen Kirchen und der innere erziehende 
Verkehr mit ihren zukünftigen Dienern gibt. Wir sind uns 
auch überall bewusst, dass die Landeskirche Schonung und 
Pietät für ihre Ordnungen verlangen darf und dass unser 
wissenschaftlicher Unterricht nicht Radikalismen verkünden, 
sondern schonend Kirche und Wissenschaft vermitteln soll. 
Wir arbeiten für eine Landes- und Volkskirche, die ihre ver- 
schiedenen Richtungen und Gruppen im Praktischen und 
Rein-Religiösen nach Möglichkeit versöhnt und allen ihren 
Kindern eine Heimat sein will. 

Aber wir sind uns ebenso gewiss, dass unser Daseins- 
recht bleibt, auch wenn diese Verbindung durch die Trennung 
von Staat und Kirche fallen sollte, wenn zu den mancherlei 
Opfern, die sie fordert, auch die Lösung unserer Fakultät 
von dem uns so sehr am Herzen liegenden und uns selbst 
zugleich miterziehenden Nachwuchs des. geistlichen Amtes 
kommen sollte. Wir werden dann rein wissenschaftliche 
interkonfessionelle Aufgaben empfangen und insofern dem 
eigentlichen Geist der Wissenschaft rücksichtsloser dienen 
können. Das wird uns für den Verlust entschädigen müssen 
und damit werden neue Beziehungen sich auftun. 

Was aber auch kommen mag, die neue Fakultät würde 
doch keine grundsätzliche Aufhebung der alten sein. Denn 
in unserer eigentlich wissenschaftlichen Tätigkeit, in unserer 
literarischen Forschung uud Arbeit, die an das gelehrte und 
das grosse Publikum, nicht bloss an die Kirche sich wendet, 
arbeiten wir bereits nach den Grundsätzen jener Zukunfts- 


RN N 


fakultät und stellen wir die allgemeinen Grunderkenntnisse 
fest, von denen aus wir die Deutung der Kirchenlehre unter- 
nehmen. Wir verstehen schon heute unseren Staatsauftrag 
nicht bloss als Dienst für die Kirche, sondern auch als wissen- 
schaftliche Arbeit an dem allgemeinen religiösen Lebens- 
problem der Nation.*°) 

Der Riss zwischen beiden geht jetzt schon durch unsere 
Arbeit hindurch und trennt unsere pädagogische und unsere 
rein wissenschaftliche Tätigkeit. Aber dieser Riss hebt doch 
schon heute nicht die innere Einheit unserer Aufgabe und 
unseres Wesens auf. Es ist in beiden Fällen nur in ver- 
schiedener Form und verschiedenem Ausdruck dasselbe, was 
wir wollen. Und was heute schon in uns alte und neue Fa- 
kultät verbindet, das wird auch in Zukunft die Religions- 
wissenschaft und die Kultusgemeinschaft verbinden, der in 
verschiedenen Formen selbige Grundgedanke des Christen- 
tums, durch den es die höchste uns gegebene Religionsstufe 
ist und den das Johannesevangelium mit den einfachen und 
doch so inhaltsschweren Worten ausdrückt: „Gott ist Geist 
und die ihn anbeten, sollen ihn im Geiste und in der Wahr- 
heit anbeten.“ 


Anmerkungen. 


1) Hinschius, „Allgemeine Darstellung der Verhältnisse von Staat und 
Kirche“. Handbuch des öffentlichen Rechts I 1; O. Mejer, Lehrbuch des 
deutschen Kirchenrechtes ® 1869; Sohm, Kirchenrecht I 1892; Kahl, Lehr- 
system des Kirchenrechtes und der Kirchenpolitik 1894, Otto Mayer „Staat 
und Kirche“ Prot. Real. Encykl.°; E. Zeller „Staat und Kirche“ 1873. Für 
die prinzipielle Auffassung macht die Unterscheidung von universaler Theo- 
kratie und Staats- oder Landeskirchentum sehr wenig aus, da in beiden 
Fällen die absolutistische Wahrheitstheorie herrscht und nur die Organe 
verschieden sind, durch welche sie mit grösserem oder geringerem Zwang 
durchgesetzt wird. So wichtig daher für die ganze vormoderne Zeit der 
Kampf und Wechsel zwischen landeskirchlichen und päpstlich-weltkirchlichen 
Bestrebungen ist und so wenig die letzteren je praktisch vollständig geherrscht 
haben, so wenig macht doch dieser Unterschied für das Prinzip aus. Ganz 
richtig behandelt daher auch Hinschius beide nur als verschiedene Formen 
desselben Prinzips. 

. 1b) Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht III 1881; Graf Hoens- 
broech „Moderner Staat und römische Kirche“ 1906; W. Köhler „Das katho- 
lische Staatslexikon und der Syllabus“ Christliche Welt 1905 No. 7—10. 
Wie sehr all das an der prinzipiellen Erkenntnistheorie hängt, zeigt die wieder- 
holte offizielle Erklärung, dass jede Trennung von Staat und Kirche „mani- 
chäisch“, d. h. metaphysischer Dualismus sei, vgl. die Citate bei Hoensbroech 
S. 77, 65, schon in der Bulle „Unam sanctam“ ebenda 17; die Zusammen- 
fassung der römischen Lehre in der Bulle „Vehementer nos“ vom 11. II, 
1906 bei Sabatier „A propos de la söparation“? Paris 1906, hier die charak- 
teristischen Sätze: „Der Begriff der Wahrheit wird dadurch gestört und die 
Seelen mit grosser Unsicherheit erfüllt, S. 159. — Sofern das geistreiche 
Buch von A. Ehrhard „Der Katholizismus und das zwanzigste Jahrhundert“ ? 


ee 


1902 den modernen Katholizismus vom mittelalterlichen prinzipiell trennt und 
den modernen auf eine rein moralisch-geistige Einwirkung und Gewalt stel- 
len will, gehört es eben dem überall heftig bekämpften Reformkatholizismus 
an; und sofern es dessen Verurteilung nicht anheimgefallen ist, dankt es 
das dem Umstand, dass die praktische Folge dieser Anschauung, eine wirk- 
liche Abgrenzung der geistlichen Kircheneinflüsse von den ihrer Selbständig- 
keit übergebenen weltlichen, die wirkliche Abgrenzung dessen, was die Kirche 
behaupten muss und was sie freigeben kann, nirgends vollzogen ist, nament- 
lich nicht in Bezug auf die Schule. Vgl. Meinen Aufsatz „Der Ehrhard’sche 
Reformkatholizismus“ Christliche Welt 1902 No. 20. Vgl. auch Anm, 37. 

2) Paulsen „Das deutsche Bildungswesen in seiner geschichtlichen Ent- 
wickelung“ 1906; „Geschichte des gelehrten Unterrichts“ 1885; „Die deut- 
schen Universitäten“ 1902. 

3) Tews „Schulkämpfe der Gegenwart“ 1906, wo viel interessantes Ma- 
terial; Cathrein „Kirche und Volksschule“ 1896. 

4) Siehe die Anklage der Katecheten gegen Professor Masaryk, Christl. 
Welt 1906 No. 20; Schiele „Ueber die Simultanschule eines Staates, wo 
katholisch Trumpf ist“ Christl. Welt 1904 No. 25. 

4b) Rein „Zum Religionsunterricht* Hilfe 1906 No. 27; W. Förster 
„Jugendlehre“1° 1906 S.165ff. Ein amerikanischer Gelehrter beantwortete 
meine Frage, weshalb die Erziehungsliteratur in Amerika einen so ungeheuren 
Raum einnehme, mit der Erklärung, dass der Mangel des Religionsunter- 
richtes an den‘Schulen zu Schwierigkeiten in der einheitlichen Charakter- 
bildung führe, und dass man ein Gefühl habe das ersetzen zu müssen, Der 
Unterrichtsminister der Union, Herr Harris, meinte freilich, dadurch werde 
die Religion nur verwässert und es sei besser, sich auf die Kirchen zu ver- 
lassen, die zugleich den Einfluss des Kultus auf das Gemüt zur Verfügung 
hätten. 

5) Meine Arbeiten „Protestantisches Christentum und Kirche in der 
Neuzeit“ in „Kultur der Gegenwart“ herausg. von Hinneberg I4 und „Die Be- 
deutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt“ 1906; 
ausserdem W. Köhler „Reformation und Ketzerprozess“ 1901; Scheel „L.’s 
Stellung zur heiligen Schrift“ 1902 und vor allem Rieker „Die rechtliche Stel- 
lung der ev. Kirche Deutschlands“ 1893, wo die Bedeutung der absolutistischen 
Erkenntnistheorie richtig erkannt ist, wie übrigens schon bei Mejer. 

7) Gierke „Genossenschaftsrecht“ III S. 807. 

8) Zum Täufertum vgl. meine erwähnten Arbeiten, sowie Hegler „Seb. 
Franks lateinische Paraphrase der deutschen Theologie“ 1901 und „Geist und 


A 


Schrift bei Seb. Frank“ 1892, anch Max Weber „Kirche und Sekten“ Christl. 
Welt 1906 No.24 und 25. Luthers anfängliche Gemeindeidee ist allerdings bei 
Rieker sehr wenig einleuchtend gewürdigt, und seine Meinung durch den Verweis 
auf die dürftigen Bemerkungen von Achelis (System der prakt. Theol. I 35£.) 
nicht gedeckt. Sehr einleuchtend sind mir dagegen die Ausführungen von 
W. Köhler „Entstehung der reformatio ecelesiorum Hassiae v. 1526 (Deutsche 
Z. f. Kirchenrecht 1906 S. 199—232), wo das Zusammenbestehen von Luthers 
Staatskirchentum und seiner idealistischen Idee einer engeren Vereinigung der 
wahrhaft lebendigen Gläubigen zur eigentlichen Kult- und Liebesgemeinschaft 
sehr gut gezeigt ist. Es wäre ein besonderer Zusammenschluss der Erweck- 
ten und Bekehrten innerhalb einer im Ganzen durch die Obrigkeit in christ- 
licher Zucht und christlicher Lehreinheit gehaltenen „äusseren Christenheit“. 
Dabei wäre der starke überweltliche Spiritualismus von Luthers erster Zeit 
mit in Anschlag zu bringen, der später nicht bloss Not-Kompromissen, son- 
dern einer stärkeren Innerweltlichkeit weicht, worüber ebenfalls Köhler richtig 
urteilt in den letzten Jahrgängen des „Theologischen Jahresberichtes“ und in 
„Entstehung des Problems Staat uud Kirche“ 1903 S. 34. Das Wichtigste 
ist, dass in allen Fällen die grundlegende Wahrheitsidee dieselbe ist. An- 
dererseits ist auch bei den Täufern der Relativismus und die Vereinskirch- 
lichkeit aus stark supranaturalen Ideen erst hervorgegangen, aus der pessi- 
mistischen Abschliessung von der Welt, aus der schwärmerischen Erleuchtung 
und aus der Vielheit ihrer weltscheuen Konventikel. 

9) Tews „Schulkämpfe“; Theod. Kaftan „Die Schule im Dienst der 
Familie, des Staates und der Kirche“ 1906. Die hier und sonst bei der 
Verteidigung der protestantischen Konfessionsschule gehörte Einschränkung, 
dass das eine Beherrschung der Schule nicht durch die Kirche, sondern durch 
den protestantischen Staat und daher vom lutherischen Staatsbegriff aus zu 
verstehen sei, könnte an sich wohl eine Milderung des Klerikalismus bedeu- 
ten, ist aber heute im paritätischen Staate ganz unmöglich, der sich mit dem 
Zweck einer Konfessionskirche nicht mehr identifizieren kann. In Wahrheit 
müssen hier doch dann als Träger der Konfessionalität der Schule die kirch- 
lichen und synodalen Instanzen und die protestantisch-konservativ-Konfessio- 
nellen Parlamentsparteien eingreifen. Alles Argumentieren aus dem lutherischen 
Staatsbegriff ist für die Gegenwart völlig unpraktisch, weil es einen diesem 
Begriff entsprechenden Staat nicht mehr gibt. Auch wo er wie bei Stein und 
Hegel Ethos und Religion in sich aufnimmt, tut er das als ein völlig mo- 
dernes Kulturgebilde, das nicht supranaturalen Autoritäten dient, sondern 
die human-religiöse Lebenssub stanz einer freien und weltlichen Gesamtkultur 


a ER 


entwickelt, wobei er sich der Kirchen etwa bedient, aber nicht selbst den 
Kirchen dient. Dadurch ist Hegels Staatsbegriff, den Rieker viel zu nah an 
den Luthers heranrückt, prinzipiell von ihm geschieden, und darum sind auch 
die zahlreichen, an sich höchst lehrreichen und grossgesinnten Artikel der Christ- 
lichen Welt zu unserer Frage in diesem Punkt m. E. unzutreffend. Förster 
schreibt (1808 Christl. Welt 1904 No, 46) von Stein’s protestantischer Staats- 
idee und nennt sie „die durch idealistische Philosophie und Dich- 
tung humanisierte protestantische Staatsidee. In dieser Humanisierung 
steckt der Unterschied, wozu die Souveränetät als eine gleichfalls nicht 
wesentlich protestantische Idee hinzukommt. 

10) Ueber die Bedeutung der Demokratie für unsere Frage s. P. Sabatier, 
A propos de la söparation * 1900 und das hochinteressante Buch von Houtin 
„L’amöricanisme“ 1904, 

11) Gierke „Genossenschaftsrecht“ I. 

12) Troeltsch „Wissenschaftliche Lage und ihre Anforderungen an die 
Theologie“ 1900, Typische Aeusserungen dieser Art in der Dokumenten- 
, sammlung der Cahiers de la Quinzaine VI 14, Raoul Allier „La s&paration“, 

13) Hauptgesichtspunkt bei Hinschius S. 210ff. und O. Mejer, Vorrede. 

14) Alexandre Vinet „Memoire en faveur de la liberte des cultes“ 
1826, Kuyper „Reformation wider Revolution“ 1904; Rieker „Grundsätze 
reformierter Kirchenverfassung“ 1899, v. Schulze-Gävernitz „Britischer Impe- 
rialismus und englischer Freihandel“ 1906, Meine bereits erwähnten Ar- 
beiten. Wenn die letzteren so verstanden worden sind, als wollten sie 
Luther zu Gunsten der Täufer herabdrücken, so war dieser Eindruck jeden- 
falls nicht beabsichtigt. Der von den Täufern ausgehende Subjektivismus 
und Relativismus in religiösen Dingen entspricht jedenfalls den modernen 
Verhältnissen, während der dem Katholizismus und Altprotestantismus ge- 
meinsame supranaturale Absolutismus ihnen zweifellos nicht mehr entspricht. 
In den hier interessierenden Fragen zeigt dies besonders charakteristisch der 
extreme Subjektivismus von Bonus „Der Kulturwert der deutschen Schule“ 
1904 oder „Staat nnd Kulturstaat“ Christl. Welt 1904. Aber ob er auch sach- 
lich ein reiner Fortschritt ist, das ist eine andere Frage. In der Weise der 
Reformatoren ist das Allgemeingültige nicht wieder herzustellen, aber an 
und für sich ist der Gedanke endlos verschiedener Wahrheiten unmöglich 
und eine Zersetzung der Kultur, die bei den mehr praktisch gerichteten und 
sich praktisch einigenden Angelsachsen leichter ertragen wird als bei uns 
theoretisierenden Deutschen. Sehr hübsch zeigt das eine an Goethes päda- 
gogische Provinz anknüpfende Erwiderung Schieles an Bonus, Christl. Welt 


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1905 No. 13. Ich meinerseits halte es durchaus mit der pädagogischen 
Provinz. 

15) Rüttimann „Kirche und Staat in Nordamerika“ 1871, Thompson 
„Kirche und Staat in den Vereinigten Staaten* 1873, G. v. Polenz „Das 
Land der Zukunft“, Lohans „Streiflichter auf amerikanisches Kirchenwesen“ 
Christl. Welt 1902 No. 14—16. Dazu kommen allerhand persönliche Reiseein- 
drücke. 

16) Raoul Allier „Une revolution“ 1906, P. Sabatier „A propos de la 
separation“, Cahiers de Quinzaine VI 14. In der ersten Schrift auch der Text 
des Gesetzes, derselbe deutsch Tübingen 1906. Die Schriften von Allier orien- 
tieren vortrefflich, das Cahier enthält Beleuchtungen des Gesetzes aus allen 
Lagern. Wesentlich übereinstimmend mit meiner Auffassung: Otto Mayer 
„Frage der Trennung von Staat und Kirche in der Gegenwart“ Neues Säch- 
sisches Kirchenblatt 1906 No. 31—32. Wenn die französischen Protestanten 
das Gesetz verhältnismässig mild beurteilen, so kommt das davon her, dass 
es für sie eine Lebensfrage ist, sich auf die Seite der Demokratie gegen den 
Katholizismus zu stellen. Zum Allgemeinen s. auch die zahlreichen Artikel 
von Lachenmann über die religiöse Lage in Frankreich in Christl. W.. 190% 
1905 u. 1906. 

17) Rein „Handbuch der Pädagogik“ ?, Art „Amerikanisches Schul- 
wesen“; die statistischen Notizen stammen aus dem Bericht des United States 
Bureau of education c. XXXVI Professional schools, den ich der Güte des 
Herrn Harris, des U.-St.-Commissioners of education, verdanke. Die Reform- 
bestrebungen der ethischen Kultur bei Förster „Jugendlehre* 1906 S.152f 

15) Rein, ebenda „Französisches Schulwesen“, die charakteristische 
Schrift von Buisson „La religion, la morale et la science: leur conflit dans 
/’education contemporaine“® 1904. Ein Exemplar einer Instruction eivique, 
deren es gegen 200 verschiedene gibt, habe ich in Paris bei einem fliegenden 
Buchhändler erstanden. Im übrigen Förster „Jugendlehre* 1900ff., dessen 
Urteil über diese Literatur sehr ungünstig ist. 

19) Houtin „L’americanisme“; das Buch ist eine Fundgrube für die 
Geschichte und innere Entwickelung des modernen Katholizismus. 

20) Siehe die hübsche „Bremer Phantasie“ in Schiele „Religion und 
Schule“ 1906 und die treffenden Sätze von Bonus über „Die freie Kirche im 
freien Staat“ Christl. Welt 1904 No. 10: „In unseren Verhältnissen bedeutet 
die Formel praktisch weiter nichts als die Entschlossenheit des Liberalismus 
seinen parlamentarischen Einfluss auf diesen Zweig des Kultusministeriums 
und seinen agitatorischen Einfluss auf die kirchlichen Vertreterschaften nicht 


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auszuüben. Dieser Entwickelung geht parallel die orthodox-reaktionäre sogen. 
„Selbständigkeitsbewegung“, die das offene Programm hat, dass alsbald nach 
erlangter „Freiheit“ ein allgemeines Morden innerhalb der „frei* gewordenen 
Kirche angehen solle. Und so wurden Pilatus und Herodes Freunde auf 
Kosten der Religion.“ Bekannt sind die abschreckenden Wirkungen des 
Systems in Belgien, die nicht anders wären, auch wenn der Staat das Kultus- 
budget abschaftte. 

21) Robespierres Einspruch bei Allier „Une revolution“ 8. 65 und 
0. Mayer a. a. 0. 

22) Siehe die Prozesse bei Rüttimann, wo im Falle von Streitigkeiten 
oder Lehrdifferenzen in Gemeinden die Zivilgerichte die Berechtigung zum 
Fortgebrauch des Kircheneigentums zu entscheiden haben. Ein ungeheuer- 
licher Fall dieser Art ist die Folge der Wiedervereinigung der schottischen 
Freikirche mit den freikirchlichen Presbyterianern, wo ein kleiner dissentie- 
render Rest die Millionen des Vermögens, die Gebäude und Anstalten erhal- 
ten hat und, während er selbst mit all dem nichts anfangen kann, die andern 
ohne Pfennig auf die Strasse gesetzt hat. Der Prozess erregt ganz Schott- 
land aufs Tiefste. Auch dem französischen Staat entstehen von hier aus 
Schwierigkeiten, indem er in Fällen von Schismen den obersten Verwaltungs- 
gerichtshof anerkennt. Urteilt dieser hierbei über die Kontinuität nach dem 
Urteil der Bischöfe, dann ist jedes Schisma tot geboren und von dem Staat 
selbst verhindert, der es dringend wünschen muss. Urteilt er nicht nach dem 
bischöflichen Urteil, dann verletzt er innere Glaubensgesetze der Kirche und 
die formelle Gerechtigkeit. Auch bei uns würde für alle Trennungen hier 
die Hauptschwierigkeit liegen, die Konfessionellen würden als die rechtlich 
und formell allein berechtigten Inhaber des Vermögens alle NichtKonfessio- 
nellen ohne jedes Vermögen und ohne jede Kirche zum Auszug nötigen. 

25) Gegen die Trennung Hinschius 261 f., vom religiösen Standpunkt aus 
G. Traub „Die gemeinschaftbildende Kraft der Religion“ in „Beiträge zur 
Weiterentwickelung der Religion“, die scharfsinnige Schrift von C. Scheer 
„Staat und Kirche“ Mühlhausen i. E. 1905, treffiche Aufsätze E. Försters, 
Christl. Welt 1904 No. 1, 1905 No. 34—38, 

24) Schowalter „Christl. Politik in Holland“ Christl. Welt 1905 No. 41, 
43, 45, 52 u. 1906 No. 18; auch das schon erwähnte Buch von Kuyper selbst. 

25) Eyck „Sir Henrys erste Session“ Hilfe 1905 No. 32, Nation No. 34. 

26) Aehnliche Ausführungen in der ergreifenden Rede, die Menögoz zur 
Eröffnung des letzten Semesters der Pariser Fakultät gehalten hat „Lecon 
d’ouverture“ 1905; auch Paulsen „Deutsche Universitäten“ 1902 8. 495ff.; mit 


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der dort vertretenen Auffassung von der Aufgabe der Theologie bin ich durch- 
aus einverstanden. Ueber die holländischen theologischen Fakultäten s. Scho- 
walter Christl. Welt 1900 No. 18. 


27) Z2.B. Sohm „Das Verhältnis von Staat und Kirche“ 1873 und 
Zeller a. a. O. Den Mischungscharakter erkennt Hinschius S. 249 und beson- 
ders scharf und treffend O. Mejer, Vorrede und 8. 223 ff. 


28) A. Ludwig, Weihbischof Zirkel von Würzburg I 1904. 


29) E. Förster „Die Entstehung der preuss. Landeskirche“ I 1905, ein 
vortreffliches Buch mit äusserst interessanten Mitteilungen. Hausrath „Richard 
Rothe und seine Freunde“ 1902/06. 


30) M. Lehmann „Freiherr v. Stein“ II 1903 und dazu .Förster a.a. 0. 


31) Tews „Schulkämpfe*, Schiele „Religion und Schule“, Naumann „Die 
Konfessionen und die Schule 1904“, und eine Anzahl von Artikeln E, Försters 
in der Christl. Welt. 

32) Rade „Zur Kirchenpolitik“ Chr. Welt 1902. Die 9 Artikel gehören 
m. E. zum besten, was über die Sache geschrieben ist, und haben jedenfalls 
meine Zustimmung, vorausgesetzt, dass die nur relative Haltbarkeit des 
ganzen Zustandes anerkannt wird und das Programm ein 'provisorisches ist. 
Die Lage von Seite des Staates und seiner notwendigen Forderungen und 
Konsequenzen gut charakterisiert bei Hinschius und bei O0. Mayer P.R. E. >; 
E. Förster „Unsere kirchliche Zukunft“ Christ. Welt 1904 No. 1. Sehr zu 
beachten sind die Darstellungen zur „Ev. Kirchenkunde“: P. Drews „Kirchliche 
Leben im Königreich Sachsen“ 1902, Schian „Kirchliche Leben in der Provinz 
Schlesien“ 1903. 

33) O. Mayer bestreitet diese Gefahr, allein sie liegt im Protestantis- 
mus sehr nahe, da nicht der allein zur Einflössung sakramentaler Kräfte 
befähigte Klerus, sondern der Glaube und damit der Gedanke sein Einheits- 
band bildet. Die französische protestantische Kirche scheint in hoher Ge- 
fahr der Spaltung, und in Deutschland ist schon der Weg der neu verselb- 
ständigten Kirche begleitet gewesen von allerhand Abspaltungen vom Alt- 
luthertum bis zu den Sekten. Die Sekten und die Gemeinschaftsbewegung 
würden dann noch viel mehr sich geltend machen, s. Gelshorn „Moderne Ge- 
meinschaftsbewegung“ Christl. Welt 1905 No. 36—38. 

34) E. Förster „Weshalb wir in der Kirche bleiben“ 1905 und dazu 
„Ueber die Aufnahme meiner Schrift: Weshalb u. s. w.“ Christl. Welt 1905 
No. 37, Ch. Schrempf „Ueber die Frage des Austrittes aus der Kirche“ 1906 
No. 34. 


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35) M. v. Nathusius „Die Mitarbeit der Kirche an der Lösung der 
sozialen Frage“® Leipzig 1904. Die Staatsabhängigkeit der protestantischen 
Kirche ist übrigens doch zum guten Teil Abhängigkeit von den konservativen 
Parteien, und deren Herrschaft in der Kirche beruht auf der kirchlichen In- 
differenz und Teilnahmlosigkeit der Liberalen. Die Christlich-Sozialen Stöcker- 
scher Richtung sind doch wesentlich von den Konservativen fallen gelassen 
worden, während die Naumannscher Richtung aus inneren Gründen die Sozial- 
politik von der nicht wesentlich politisch veranlagten Kirche getrennt haben 
und für die Kirche bloss die Freiheit der geistigen Bewegung fordern. Siehe 
Naumann „Briefe über Religion“ 1904 und „Das Recht einer freien Theo- 
logie in der Kirche“ Christl. Welt 1905 No. 26. Die katholische Sozialpolitik 
dagegen beruht 'nicht bloss auf der grösseren Selbständigkeit der katholischen 
Kirche, sondern vor allem auf dem absoluten, auch das Weltleben grössten- 
teils direkt umfassenden katholischen Kulturgedanken. 

36) Denkschrift über den Entwurf eines Reichsgesetzes betr. Freiheit der 
Religionsübung. S. 25, etwas milder Otto Mayer „Zum Toleranzantrag des 
Zentrums“ Christl. Welt 1905 No. 41. 

37) Aussicht hat eine Trennung nur bei Fortschreiten dieser inneren 
Vertiefung des Katholizismus, vermöge deren er sich selbst vom Prinzip der 
Gewaltherrschaft auf das Prinzip der rein geistigen Herrschaft zurückzieht. 
Dass derartige Bewegungen im ganzen heutigen Katholizismus als Reaktion 
gegen die hierarchische Zentralisation und Versteinerung und gegen die Be- 
herrschung der Volksmassen durch krasse Devotionen und Superstitionen 
überall und in sehr verschiedener Richtung am Werke sind, kann niemand 
verkennen. Hier haben wir die von Hecker, einem konvertierten Protestanten, 
ausgehende amerikanistische Bewegung, die in der Tat einen neuen Katho- 
lizismus demokratischer, toleranter und aktiv-weltfreundlicher Art schafft; 
dann die von Cardinal Newman, gleichfalls einem Konvertiten, ausgehende 
Bewegung eines verinnerlichten, mystischen und die historische Kritik und 
Entwickelungsidee aufnehmenden Katholizismus, die in Tyrrel und Loisy 
gipfelt. P. Sabatier besitzt tausende von Briefen, in denen der französische 
Klerus ihm die Zustimmung zu diesen Ideen ausspricht und begründet darauf 
die Hoffnung eines neuen Katholizismus auch in Frankreich. In Deutschland 
ist der Katholizismus des Zentrums und des Staatslexikons keineswegs iden- 
tisch mit dem offiziell römischen, wenn auch hier die Bewegung vorläufig am 
schwächsten ist. In Italien haben, in letzter Linie von Rosmini ausgehend, 
Bonomelli, die christlichen Demokraten und Fogazzaro die neuen Ideen höchst 
eindrucksvoll verkündet. S. den hochinteressanten Roman des letzteren „Der 


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Heilige“, ausserdem Labanca „Die Zukunft des Papsttums“ deutsch 1906, und 
die Artikel der Christl. Welt 1905 über die italienische Lage von M. Sell 
No. 22, 24, 26, 29, 30, 31 und 33. In Polen nimmt diese Bestrebungen 
der Philosoph Zdziechowski auf, s. „Pestis pernieiosissima, ein Beitrag zur 
Charakteristik der modernen Strömungen im Katholizismus“ Wien 1905. Ich 
stehe zum Teil mit den Führern dieser Bewegungen in persönlicher Beziehung 
und habe die grösste Hochachtung vor ihrem wissenschaftlichen und religiösen 
Charakter, erhalte auch zahlreiche Schriften, die ich hier nicht alle anführen 
kann. Hiervon allein ist eine Heilung zu erwarten, und die gebildete Welt 
sollte diesen Bewegungen mit Verständnis und Sympathie entgegen kommen. 
Ohne das Durchdringen solchen Geistes würde jede Trennung von der katho- 
lischen Kirche nur mit Hilfe eines Knebelungsgesetzes möglich sein, das kein 
Mensch wünschen kann. 

38) Mulert „Die Lehrverpflichtungen in der ev. Kirche Deutschlands“ 1904, 

39) Die herrliche Schrift von E. Sulze „Die Reform der ev. Landes- 
kirchen nach den Grundsätzen des neueren Protestantismus“ 1906. Trotz 
aller lar-deskirchlichen Gesinnung enthält die Schrift zahllose freikirchliche 
Elemente. Solche an sich sehr wünschenswerte Gestaltung und Bearbeitung 
der Landeskirche kann ich mir nur als Vorbereitung des Uebergangs zur 
Freikirche denken. 

40) Zahlreiche Artikel der Christl. Welt, bes. Hackenschmidt „Ein Wort 
zum Frieden in elfter Stunde“ 1905 No. 40, Rade „Eine neue Religion“ No. 5, 
auch die unter 34 genannten Artikel. 

41) Burggraf „Was nun?“ 1906, auf dessen Seite ich mich meinerseits 
unbedenklich stelle. 

42) Naumann, Tews, Schiele. 

43) Die Trennung nimmt in sichere Aussicht auch O. Mayer P.R.E. >, 
und zwar mit sehr interessanten Besonderheiten. Er meint, dass die Trennung 
gar nicht gleich zum blossen Vereinsrecht zu greifen braucht, sondern die 
Kirchen als Selbstverwaltungskörper mit staatlicher Bewilligung des Be- 
Steuerungsrechtes nach Analogie der Kommunen und anderer Selbstverwal- 
tungen konstruieren könne. Damit sei der Weltlichkeit des Staates und der 
Selbständigkeit des religiösen Interesses gleich gedient und doch zugleich die 
besondere Anstaltsbedeutung der Kirchen gewahrt. Die Folgen solcher Ge- 
staltung für das Schulproblem sind leider nicht angedeutet. — Zur Irratio- 
nalität des Verhältnisses von Staat und Kirche s. meinen Aufsatz in den 
Preuss. Jahrb. 1895 „Religion und Kirche“. — Bemerkenswerte Zeichnungen 
der geistig-ethisch-religiösen Lage s. bei Eucken „Der innere Mensch am 


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Ausgang des 19. Jahrhunderts“ Deutsche Rundschau 1897, J. Goldstein „Unter- 
suchungen zum Kulturproblem der Gegenwart“ 1899, W. Förster „Jugend- 
lehre“ 1906, Hellpach „Nervenleben und Weltanschauung“ in „Grenzfragen 
des Nerven- und Seelenlebens“ XLI 1906, Weinel „Jesus im 19. Jahrh.“ ® 1907. 

44) Mein Aufsatz „Atheistische Ethik“ Preuss. Jahrb. 1896. Im übrigen 
sollen die Verdienste der „G. f. ethische Kultur“ nicht unterschätzt werden, 
Ein Erzeugnis wie Försters Jugendlehre ist eine grosse Bereicherung, wobei 
mit Freuden zu konstatieren ist, dass Förster die Unterbauung und die Ab- 
»ielung der Ethik auf religiöse Gedanken voll anerkennt. Er gibt nur den 
Verhältnissen nach, die eben vielfach religionslose Ethik verlangen und ist 
der Meinung, dass eine solche immerhin besser ist als gar keine, worin er 
gewiss Recht hat, aber wobei ich mich nicht beruhigen kann. S. auch Natorp 
und Schiele Christl. Welt 1906 No. 4. 

45) Schian „Ein Dokument zur religiösen Zeitgeschichte“ Christl. Welt 
1905 No. 41 und Schiele „Religion und Schule“, 

A6) Ebenso Paulsens Zukunftsprogramm „Deutsches Bildungswesen“ 
S. 174f£., s. auch den Aufsatz von Rein „Religion und Schule“ in „Beiträge 
zur Weiterentwickelung u. s. w.“, dem ich durchaus zustimme; Rein verweist 
auf Ergänzung solcher Schulen durch Privatschulen, wonach dann die Ent- 
scheidung bei den Eltern steht. Auch W. Förster scheint eine solche Schule 
wenigstens als Ideal ins Auge zu fassen „Jugendlehre“ 104 ff, Schieles (Reli- 
gion und Schule) Idee ist ebenfalls ein staatlicher Religionsunterricht, der von 
der Pädagogik und nicht von der Kirche abhängt; warum er ihn noch kon- 
fessionell nennt, ist nicht abzusehen. Für besonders schwierige Fälle, wie 
etwa bereits heute die polnischen Schulwirren, scheint allerdings die religiös 
neutrale Schule mit Ueberlassung alles Religionsunterrichtes an die Kirche 
der einzig mögliche Ausweg. 

47) S. Meinen Aufsatz zum damaligen Mommsen-Protest „Voraussetzungs- 
lose Wissenschaft“ Christl. Welt 1901 No. 50 und Meine „Absolutheit des 
Christentums und die Religionsgeschichte* 1901 Vorrede. Damit wende ich 
mich auch gegen den Vorschlag von de Lagardes „Deutschen Schriften“, in den 
theologischen Fakultäten durch Geschichte aller Religionen die religiöse 
Erneuerung der Zukunft vorzubereiten. Die eigentliche Religionsgeschichte 
ist an die Sprachwissenschaft gebunden und bleibt Sache der Philologen der 
einzelnen Sprachgebiete, soweit sie dafür Interesse und Verständnis haben. 
Von ihnen lernt die Religionsphilosophie ihr konkretes Material, und mit ihrer 
Verarbeitung wirkt sie auf jene zurück, zu welchen die christlichen Theo- 
logen nur als Historiker der Religion Israels und des-Christentums gehören 


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Die theologische Fakultät als solche aber dient auf Grund der Religionsphilo- 
sophie der Gestaltung normativer Religionsideen und schöpft sie aus der 
religionsphilosophisch begründeten Geltung der christlichen Grundideen; ohne 
das hätte sie keinen Lebenszweck. 

48) Diese Sätze scheinen zu erinnern an das einst viel genannte Buch 
von Bernoulli „Die wissenschaftliche und die kirchliche Methode“ 1897, das 
der Verfasser inzwischen übrigens vermutlich zugunsten weit radikalerer 
Thesen preisgegeben haben wird, und an Overbecks „Christlichkeit der heutigen 
Theologie“ 1873, von der B. ausging und in deren zweiter Auflage 1902 
ÖOverbeck den positiv-religiösen Schein der ersten selbst zerstört hat. Allein 
sie sind von mir ganz anders gemeint, da ich die wissenschaftliche Theologie 
eben nicht wie beide in religiöse Skepsis und unbegrenzten Historismus auf- 
löse, sondern überzeugt bin, von der prinzipiellen Religionstheorie einen Weg 
zur Geschichte zu finden, der uns im Christentum die höchste Offenbarung 
religiöser Kräfte erkennen lässt. S. Meine Anzeige Bernoullis im Gött. Ge. 
Anzg. 1898 und Overbecks in „Deutsche Litt.-Ztg.“ 1903. Im übrigen aller- 
dings bin ich der Meinung, dass in kirchlichen Dingen man eben auch Rück- 
sicht nehmen muss, Anschluss suchen und Anstoss vermeiden soll. Es kann 
hier nicht jeder mit dem Kopf durch die Wand, und in der Freikirche wird 
Vorsicht und Pietät erst recht nötig sein, wie O, Mayer P.R. E.? mit Recht 
hervorhebt. 


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Mr S\ Berrorglan muß. werden, ‚a das Urteil des Yeah Kar. per- 
5 sönliche Eindrücke, die er selbst in Frankreich gesammelt hat, sich gründet 
i und als ‚zutreffend sich erweist, PEARERORSICHEN Zentralblatt. 1913. Ar 26. 








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(Sammlung gemeinverständlicher Vorträge. 85.) 
8 1918. M. 1.50. | 


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Druck von VER Laupp jr in Tübingen,